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Full text of "Handbuch der Notationskunde"

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Kleine  Handbücher 

der 

Musikgeschichte  nach  Gattungen 


Herausgegeben 

von 

Hermann  Kretzschmar 


Band  VIII 
Handbuch  der  Notationskunde 

IL  Teü: 

Tonschriften  der  Neuzeit 

Tabulaturen,  Partitur,  Generalbaß  und  Reformversuche 

von 

Johannes  Wolf 


Leipzig 

Druck  und  Verlag  von  Breitkopf  &  Härtel 

1919 


Handbuch 

der 

Notationskunde 

IL  Teil: 
Tonschriften  der  Neuzeit    . 
Tabulaturen,  Partitur,  Generalbaß  und  Reformversuche 

von 

Johannes  Wolf 


Mit  zahlreichen  Abbildungen  und  3  Beilagen 


Leipzig 

Druck  und  Verlag  von  Breitkopf  &  Härtel 

1919 


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151  m.  57  St.     tK.  JJ.  C. 


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Copyright  1919  by  Breitkopf  &  Härtel,  Leipzig 
Übersetzungsrecht  vorbehalten. 


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Hugo  Riemann 


in  Verehrung  und  Freundschaft 


gewidmet 


Vorwort. 

Der  vorliegende  zweite  Band  meines  Handbuches  ist  1914  zum 
Abschluß  gebracht  worden.  Mehr  als  drei  Jahre  vergingen, 
ehe  die  Verleger  trotz  aller  Opferwilligkeit  an  die  Drucklegung  des 
Werkes  denken  konnten.  Auch  dann  ließen  die  Kriegsmaßnahmen 
nur  ein  schrittweises  Tempo  der  Fertigstellung  zu.  Besonders  fühl- 
bar machte  sich  dadurch  bei  der  Vielgestaltigkeit  des  Stoffes  die 
Gefahr,  mit  den  Tausenden  von  Einzelheiten  die  Fühlung  zu  ver- 
lieren. Doch  hoffe  ich,  daß  es  mir  gelungen  ist,  an  dieser  Klippe 
vorbei  zu  kommen  und  das  Werk  zu  einem  guten  Ende  zu  führen. 

Den  öffentlichen  Bibliotheken  gebührt  wieder  mein  Dank  für 
die  freundliche  Herleihung  von  Materialien.  Besonders  verpflichtet 
fühle  ich  mich  meinem  Freunde  Dr.  Werner  Wolffheim,  der 
meine  Arbeit  mit  größtem  Interesse  begleitet  und  mir  seine  gerade 
an  Tabulaturen  so  reiche  Bibliothek  ganz  zur  Verfügung  gestellt  hat. 
Auch  mein  ehemaliger  Schüler  Herr  Ludwig  Wachtel,  der  wieder 
so  manche  treffliche  Aufnahme  beigesteuert  hat,  sei  nicht  vergessen. 
Uneingeschränktes  Lob  verdient  das  Haus  Breitkopf  &  Härtel, 
das  trotz  der  Kriegsnöte  die  besonders  schwere  Aufgabe  der  Druck- 
legung mit  aller  Sorgfalt  und  Liebe  durchgeführt  hat. 

Eine  besondere  Freude  ist  es  mir,  die  Namen  der  bedeutendsten 
Führer  der  Musikwissenschaft  Hermann  Kretzschmar  und  Hugo 
Riemann  an  die  Spitze  meiner  Bände  stellen  zu  dürfen.  Möge 
sich  das  Werk  ihrer  wert  erweisen  und   reichen  Nutzen  schaffen. 

Berlin,  den  14.  März  1919. 

Johannes  Wolf. 


Inhaltsverzeichnis. 

Seit« 

Vorwort "^ 

Verzeichnis  der  mitgeteilten  Kompositionen XIII 

I.  Abschnitt.    Tabulaturen. 

Einleitung 1 

4.  Kapitel.    Orgeltabulaturen. 

Das  älteste  englische  Orgeldenkmal.  —  Die  Tabulatur  des  Adam 
Ileborgh  von  Stendal.  —  Das  Fundamentum  organisandi  von 
Conrad  Paumann.  —  Das  Buxheimer  Orgelbuch.  —  Die  ältesten 
Orgeltabulaturdrucke  von  Virdung  und  Schlick.  —  Die  Tabula- 
turen von  Hans  Kotter,  Oßwald  Holtzach,  Hans  von  Kon- 
stanz, Leonhard  Kleber.  —  Polnische  Orgeltabulaturen.  — 
Deutsche  Tabulaturdrucke  seit  Elias  N.  Ammerbach.  —  Ver- 
zeichnis wichtiger  deutscher  Orgeltabulaturen 3 

2.  Kapitel.    Lautentabulaturen. 

Die  Form  der  Laute.  —  Die  deutsche  Lautentabulatur.  —  Ver- 
zeichnis einiger  wichtiger  deutscher  Lautentabulaturen 35 

Die  italienische  Lautentabulatur.  —  Lautenstimmungen.  —  Das 
Absetzen  auf  die  Laute.  —  Italienische  Lautentabulaturen  ...  54 
Die  französische  Lautentabulatur.  —  Troys  breues  rigles  pour 
estre  tost  et  facillement  introduict  en  la  tabulature  du  lutz.  — 
Verschiedene  Lautenstimmungen.  —  Die  letzten  Ausläufer  der  fran- 
zösischen Lautenkunst  in  Deutschland.  —  Quellen  französischer 

Lautentabulaturen '4 

Spanische  Lautentabulaturen 4  06 

Die  Theorbe  und  ihre  Stimmung.  —  Theorbentabulaturen    .    .    .   <U 

Der  Chitarone  und  seine  Tabulaturen 4  48 

Die  Mandora  und  ihre  Tabulaturen 4  20 

Denkmäler  für  Mandoline  und  colachon 425 

Die  Angelica  und  ihre  Quellen 4  27 

Cistern,  Cithern  und  Cithernen.  —  Das  Hamburger  Cithrinchen.  — 

Verzeichnis  der  Literatur 4  29 

Verzierungen  in  der  Lautenpraxis 4  47 

3.  Kapitel.    Guitarrentabulaturen. 

Zur  Geschichte  der  Guitarre.  —  Die  Lautentabulaturen  als  Mittel 
der  Aufzeichnung.  —  Das  Griffspiel.  —  Das  Alphabet  des  Girolamo 
Montesardo.  —  Die  lettere  tagliate  und  false.  —  Das  Alfabetto 
dissonante  des  Caliginoso.  —  Griff-  (rasgado)  und  Stimmenspiel 
(punteado).  —  Die  Guitarre  als  Begleitinstrument.  —  Die  Guitarre 
bei  den  Spaniern:  Der  estilo  Castellano  und  Catalan.  —  Ver- 
zierungen in  der  Guitarrenmusik.  —  Verzeichnis  von  Tabulaturen  4  57 


X  Inhaltsverzeichnis. 

4.  Kapitel.    Tabulaturen  für  Geigeninstrumente. 

Das  >cruit<,  das  »rebecc  und  die  >viella«.  —  Groß-  und  Klein- 
geigen. —  Violen,  Viola  bastarda,  Paradon  und  Lyra.  —  Polische 
Geigen  und  ihre  Notation.  —  Verzeichnis  einiger  Tabulaturen  für 
Geigeninstrumente 218 

5.  Kapitel.    Tabulaturen  für  Blasinstrumente. 

Tabulaturen  für  Holzblasinstrumente  (Flöte,  Flageolet  und  Sack- 
pfeife). —  Tabulaturen  für  Blechblasinstrumente.  Die  russische 
Jagdmusik.  Der  > Tresor  de  venerie«  des  Messire  Hardouin  de 
Fontaines  Guerin 241 

6.  Kapitel.    Akkordiontabulaturen 248 

7.  Kapitel.    Außerdeutsche  Orgel-  und  Klaviertabulaturen. 

Die  italienische  Orgel-  und  Klaviertabulatur.  —  Italienische  Orgel- 
denkmäler des  14.  Jahrhunderts.  Die  Hypothesen  Riemann, 
Kinkeldey,  Schering.  —  Die  Notation  der  englischen  Virgina- 
listen.  —  Die  Verzierungen.  —  Purcell's  »Rules  for  gracesc.  — 

Tabulaturen  in  den  Niederlanden  und  Deutschland 249 

Spanische  Klavier-  und  Orgeltabulaturen.  —  Die  Tabulaturversuche 
Bermudo's.  —  Tabulaturen  nach  Vinegas  de  Hinestrosa  und 

Cabegon.  —  Das  Psalterium 264 

Französische  Orgel-  und  Klaviertabulaturen 270 

Italienische  Orgel-  und  Klaviertabulaturen 272 

Italienische  Orgel-  und  Klavierpartituren 276 

Tabulaturen  der  Virginalisten 278 

Deutsche  Klaviertabulaturen.  —  Spanische  Klaviertabulaturen  .    .   279 

8.  Kapitel.    Verzierungen  der  Klaviermusik  bis  1800 279 

9.  Kapitel.    Tabulaturen  für  Harfe. 

Die  ocham  Musiktabulatur.  —  Irische  Tabulaturen.  —  Die  Musica 
neu  Beroriaeth.  —  Die  Buchstaben-Tabulatur  für  Harfe  in  Deutsch- 
land: —  Die  Ziffern-Notation  und  die  gewöhnliche  Tonschrift  für 
Harfe  in  Frankreich.  —  Ziffernschrift  in  Spanien 291 

H.  Abschnitt.    Partitur  und  Generalbaß. 

Die  Partitur  in  der  ältesten  Zeit  der  Mehrstimmigkeit.  —  Partituren 
in  Deutschland.  —  Älteste  Partiturendrucke.  —  Orgelpartituren.  — 
Partiturreformen.  —  Generalbaß  in  Italien.  —  Generalbaßbeziffe- 
rungen. —  Grundforderungen  an  den  Generalbassisten.  —  Ver- 
schiedenheiten der  Bezifferung.  —  Generalbaßtabelle  R  am  e  au 's.  — 
Die  Generalbaßbezifferungen  von  Rameau,  Langle,  Gottfried 
Weber,  Tiersch,  M.  Hauptmann,  A.  v.  Oettingen.  —  Die 
Funktionsbezeichnungen  HugoRiemann's.  —  Generalbaßschriften 
von  Colet,  Keefer  und  A.  Andre    .    . 303 

ITJ.  Abschnitt.    Reformversuche. 

Bestrebungen  zur  Beseitigung  von  caudae  und  Fahnen.  —  Schlüssel- 
reformen. —  Neue  Versuche  der  Darstellung  chromatisch  alterierter 
Töne.  —  Reformen  des  Liniensystems.  —  Darstellung  kleinster 
Intervalle.  —  Versuche  einer  symmetrischen  Darstellung  der  Ok- 
tave. —  Versuche,  für  jeden  Ton  ein  charakteristisches  Schrift- 
bild zu  schaffen.  —  Ilmari  Kr ohn's  Akzentschrift  bei  Psalmen.  — 
Die  Alphabete  im  Dienste  der  Unterscheidung  der  Oktavlagen.  — 


Inhaltsverzeichnis.  XI 

Seite 
Buchstabentonschriften.  —  Solmisationstonschriften.  Die  Tonic-£o/- 
/a-Methode.  —  Die  Notationssysteme  von  Brody,  Vidales,Danel, 
Eyquem  und  Micci.  Die  Verwendung  farbiger  Linien  bei  Cornier  335 

IV.  Abschnitt. 

1.  Kapitel.    Ziffern-Tonschriften  bei  Davantes,  Kircher,  Avella 

und  Mersenne.  —  Zählung  der  Töne  von  einem  gegebenen  Ton 
aus  bei  Bontempi,  Stierlein,  Mine.  —  Beschränkung  der  ver- 
wendeten Zahlen.  —  J.  A.  P.  Schulz's  Partiturdruckversuch  mit 
Zahlen.  —  J.  J.  Rousseau' s  Zahlentonschriften.  —  Die  Methode 
Galin  -  Paris  -  Cheve.  —  Die  Zifferntonschrift  in  Deutschland  im 
Dienste  von  Kirche  und  Volksschule.  —  Die  Schriftversuche  von 
Geisler,  Teule,  Gatting  und  Karlowicz 387 

2.  Kapitel.    Musikalische  Stenographie. 

Die  ersten  Versuche  von  Sauveur,  M.  de  l'Aulnaye  und  J. 
de  la  Salette.  —  Das  System  von  Demotz  de  la  Salle.  — 
G.  Romanö's  >Notazione  stenografica  musicale«.  —  Die  Kurz- 
schriften von  Riom,  Raab  und  M.  de  Rambures.  —  Die  steno- 
graphischen Versuche  von  Bertini,  Montanello,  Depierre, 
Seymat  und  Zichy-Ferraris.  —  Die  musikalischen  Kurzschriften 
von  Berufsstenographen  wie  Vidal.Prevost.  —  Die  Musiksteno- 
graphie in  Deutschland.  Die  Versuche  Baumgartner's  und  Ram- 
bach's  im  Anschluß  an  das  System  Gabelsberger's.  —  Die 
Systeme  von  C.Hermann  und  H.Moser  im  Anschluß  an  die  Steno- 
graphie Stolze's.  —  Die  Kurzschriftversuche  von  Woldemar, 
Eisenmenger,  H.Wagner,  Miss  Busby,  J.  Baumann  u.a.   .    41 9 

3.  Kapitel.    Die  Notenschrift  der  Blinden. 

Ältere  Versuche.  —  Die  »Anaglyptographie«  von  Braille.  —  Die 
Erweiterung  des  Braille'schen  Systems  durch  Gabrielle  Abreu. 
—  Stericker's  »Seven  digit  system<  und  andere  Versuche   .    .   449 

4.  Kapitel.    Tanzschriften. 

Die  >Basses  dances  de  Marguerite  d'Autriche«.  —  Die  »Chore- 
graphie«  Feuillet's *S5 

5.  Kapitel.    Notiermaschinen. 

Die  Versuche  von  Creed,  Unger,  Engramelle  und  anderen  bis 
hin  zum  Kromarographen  von  Laurenz  Kromar  und  dem  Ap- 
parat von  William  Moldenhauer 458 

6.  Kapitel.    Die  Farbe  in  der  Musik 460 

7.  Kapitel.    Musikalische  Geheimschrift  und  Weltsprache. 

Die  Sprach-Noten  Faber's.  —  Musikalische  Geheimschriften  von 
Ath.  Kircher  und  P.  Gaspar  Schott.  —  Die  »Cryptographiac 
von  Johann  Balthasar  Friderici.  —  Geheimschriften  von 
Michael  Haydn,  Bliesener,  Woldemar  und  Bertini.  —  Die 
Weltsprache  Francois  Sudre's.  —  Musikalische  Rätselspielereien  464 

8.  Kapitel.    Der  Musikdruck. 

Älteste  Forschungen  zum  Musiknotendruck  von  Fournier  le 
Jeune,  Gando,  Duverger  und  Anton  Schmid.  —  Die  neueren 
Forschungen  von  F.  Chrysander,  Hugo  Riemann,  Barclay 
Squire  und  anderen.  —  Der  Missaldruck  im  1 5.  Jahrhundert.  — 
Die  Blockdrucke  des  4  5.  und  \  6.  Jahrhunderts.  —  Der  Druck  mit 


XII 


Inhaltsverzeichnis. 


Seite 
beweglichen  Typen  bei  Choralbüchern.  —  Der  Druck  mit  beweg- 
lichen Typen  bei  Figuralmnsik.  Ottaviano  de'  Petrucci  da  Fos- 
sombrone.  —  Die  ersten  deutschen  Drucker  von  Figuralmusik.  — 
Der  einfache  Musiktypendruck  in  Frankreich.  —  Johann  Gott- 
lob Immanuel  Breitkopf  und  die  zusammensetzbaren  Noten- 
typen; ihre  Bedeutung  für  den  Musikbuchdruck.  —  Der  Musik- 
druck in  England.  —  Der  Musik-Kupferstich  in  den  Niederlanden, 
Italien  und  Deutschland.  —  Der  Noten-Steindruck 475 

Namen-  und  Sachregister 488 


Berichtigung.    Bei  Umordnung  des  Kapitels  »Musikalische  Stenographie«  ist 
es  leider  übersehen  worden,  die  Kapitelzählung  im  Text  zu  ändern. 

S.  235:  »Der  Rolandt«  in  folgender  Fassung: 


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-• — •- 


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Zusatz.     Zu  S.  307  Anmerk.  1  füge  hinzu:   Vgl.  auch  J.  A.  Herbst,  Musica 
poetica  (Nürnberg  1643)  S.  33. 


Notiz. 

Eine  erneute  Durchsicht  meines  zweiten  Teiles  des  »Handbuches  der  Nota- 
tionskunde« ergab  einige  Druckfehler  und  Versehen,  die  ich  wie  folgt  zu  ver- 
bessern bitte: 

S.  9  lies  Petrone  statt  Retroue. 

S.  12  Übertragung  des  letzten  Beispiels  Baß  zweite  Note  Halbe  e. 

S.  56  Baß  letzte  Note  Ganze  d. 

S.  57  Takt  3  zweite  Stimme  Ganze  g. 

Takt  8  ßs  als  Unterstimme  Halbe,  als  zweite  Stimme  Viertel. 
S.  81  zweites  System  Baß  eckige  semibrevis  punktiert. 
S.  107  Zeile  8  letztes  rhythmisches  Zeichen  (>. 

Zeile  9  letzte  Notenform    ß . 


S.  108  Takt  1  der  Laute 


i 


-* gH 


~ZS~- 


I         I 


^ 


~<s- 


^= 


vorletzter  Takt  der  Laute  □  vor  b. 
S.  11 1    Laute  Takt  6  fei  vor  fis'. 

Laute  Takt  1 1    < 


~r~r 


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m 


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S.  124  Übertragung  Takt  2  Note  2  e'. 

S.  127  Takt  4  Note  2  d'. 

8.  143  Tanz  Takt  3  Akkorde  2  und  3  g'  einfügen. 


S.  144  Takt  9  der  Übertragung 


-i,  r? 


— •- 


*: 


•    ß 


S.  1 62  Takt  2  b  unnötig. 
S.  1 63  System  3  Baß  Takt  2  fej  statt  l?. 

S.  197  Punkt  neben  der  zweiten  und  zehnten  Note  des  Canto  primo. 
S.  198  Zeile  2  Note  7  punktiert. 

S.  205  über  der  obersten  Note  des   ersten  Akkords  fehlt  das   Zeichen 
des  Pral'trillers. 


Berlin,  den  19.  Juli  1919. 


Johannes  Wolf. 


Kl.  Handb.  der  Muaikgesch.    VIII,  2. 


Verzeichnis 

der  mitgeteilten  Kompositionen. 

Seite 

Air  aus  Ms.  Bernardina  Charlotta  Trezier  (Angelica) 128  f. 

Allemande  Sol  dan  mein  Treuw  (Laute) 89  f. 

Angloise  (Mandora) 12°  J- 

Aragona,  Paolo  d',  Ohime  che  far  degg'io  (3  v.  Guitarre) 198  f. 

Aria  die  Firenze  passeggiata  (Guitarre) 184 

Ay  amor  loco  (Guitarre) 200 

Baile  de  Mantua  nach  Gaspar  Sanz  (Guitarre) 179 

Bal[l]etto  detto  l'Imperiale  (Guitarre) 189 

Balletto  Polacco  (Guitarre) 1 90 

Ballo  del  Granduca  (Guitarre) • 186  f- 

Basse  dance. 


Cueur  angoisseux.     P.  B.  (Laute) 75  f. 


Bellony,  Sarabande  (Guitarre) *70 

Bergamasca  (Guitarre) 1 88 

Bergamasco  (Guitarre) *66 

Beyer,  Joh.  Chr.,  Vier  Dinge  nenn  ich  stets  (1  Singst.  Laute) 94  f. 

Bon  di,  bella  Tessara *9< 

Bon  voyage,  eher  Dumolet 379 

Branle  de  bresse  (Musette) ■ 246  f. 

Bransle  de  Poictou  (Guitarre) * 69 

Brescianello,  Menuet  (Colaclion) <26  f. 

Cabecon,  Anton,  Kyrie  de  nuestra  Senora 268  f. 

Canario  (Guitarre) 202 

Cara,  Marchetto,  Jo  non  compro  piu  speranza  (1   Singst.  Laute)  ...      60  f. 

Caracossa  nach  Seb.  Vreedman  (Cither) 133 

Carillon  milanois  (Campana  che  sona)  (3  v.) 402 

Chacona,  la  gran  (Guitarre) 201 

Chaconne  aus  dem  Tabulaturbuch  der  Marguerite  Monin  (Angelica).    .  127  f. 

Chiacone  (Guitarre) m 

Choral,  Nicht  so  traurig,  nicht  so  sehr  (Cither) 143  f. 

Consumo  la  vita  mia  (Tanz) 457 

Corbetta,  Francisque,  Allemande  du  Roy  (Guitarre) 205  1. 

Corelli,  Tonsatz  [Cc) *•    •    •  372  f- 

Coucou,  coueou,  dis-moi  (1   v.) 424 

Del  crud'  amor  io  sempre  mi  lamento  (1    Singst.  Laute) 62  f. 

Dieu!  quel  ardeur  (1   Singst.) 374 

Donde  bala  nina  bonita  (Guitarre) 200 

na    , 

Du  Faut,  Sarabande  (Laute) "  *■ 

Ein  Maydt  die  sagt  mir  zu  ;4  Geigen) 222  f« 


XIV  Verzeichnis  der  mitgeteilten  Kompositionen. 

Seite 

Fanfarrona  (Guitarre) 201 

Folia  (Guitarre) 202 

Folias  (Guitarre) 183 

Folie  de  Spange  (Hamburger  Cithrinchen) 4  40  f. 

Fortune  a  bien  couru  sur  moy  (Laute) 76  f. 

Francesco  da  Milano,  Toccata  (Laute) 56  f. 

Frere  Jacques  (1  v.) 427 

Gagliarda  (Guitarre) 187 

Gagliarde  (Guitarre) 184 

Gaillarde  P.  B.  (Laute) 80ff. 

Gregor,  Galliarda  (Theorbe) 116 

Gugel  (4  Geigen) 223 

Händel,  Halleluia  aus  »Judas  Maccabaeus«  (4  v.) 381 

Hasse,  Johann  Adolph,  Marsch  a.  d.  Oper  Artemisia  (Laute) 86 

Herr,  ich  habe  mißgehandelt  (Laute) 87 

Hoe  losteleck  (Org.) 20  1. 

II  me  suffit  de  tous  mes  maulx  (1  Singst.  Laute) 78 

In  banger  Leidensstunde  (4  v.) 412 

In  convertendo  (4  v.) 393 

Isaac,  H.,  0  sanctissima.     In  Fa.  Hans  Buchner  (Org.) 24  ff. 

Kapsberger,  Girolamo,  Negatemi  pur  cruda  (1   Singst.  Guitarre)    .    .    .  194 ff. 

Kyrieleison  Angelicum  (Org.) 1 8  f. 

Landino,  Francesco,  Questa  fanciulla  amor  (3  v.) 254  f. 

Landino,  Francesco,  Questa  fanciulla  amor  (Org.) 254  f. 

Lauda  Sion  Salvatorem  (1   v.) 432 

Mac  mwn  hir  (Harfe) 298 

M'amour  (Tanz) 456 

March.     Ca  donc  [Dessauer  Marsch]  (Mandora) 121  f. 

Mariona  (Guitarre).    .    .    : 202 

Menuet  (1.  v.) 423 

Merulo,  Claudio,  Toccata  prima  (Org.) 257 

Milan,  Luys,  Sospiro  una  senora  (1   Singst.  Laute) 107  f. 

Milanesa  tertia  nach  S.  Kärgel  —  J.  D.  Lais  (Cither) 141  f. 

Monache  (Guitarre) 185 

Nos  qui  vivimus  (2  v.) 249 

0  cite  d'harmonie  (1  v.) 432 

Pabana  (Guitarre) 202 

Padoana  Milanese  nach  Sixt  Kärgel  (Cither) 137 

Parthenia  (Flageolet) 243  f. 

Passacalle  (Guitarre) 201 

Passacalli  passeggiati  (Guitarre) 181 

Passeava  se  el  rey  (1  Singst.  Guitarre) 161  ff. 

Pass'e  mezzo  (Guitarre) 185 

Passomezo  Milanese  nach  Sixt  Kärgel 138 

Pavane  La  vecchio  (Cither) 134  ff. 

Pavaniglia  (Guitarre) 179 

Pavaniglia  (Guitarre) 187  f. 

Perin,  L.,  La  plainte  de  l'opprime  (O  toi  qui  fais)  (3  v.) 404  f. 

Pisador,  Diego,  Passeava  se  el  rey  (1   Singst.  Laute) 108  f. 


Verzeichnis  der  mitgeteilten  Kompositionen.  XV 

Seite 

Recercar  (Geige) 225 

Recercar  primo  (Geige) 225 

Retroue,  primus  punctus  tOrg.) 9  ff. 

Rolandt  (Violine) 235 

Rontani,  Raffaello,  Se  bei  rio  (4   Singst.  Guitarre) 4  92  f. 

Rugero  nach  Gaspar  Sanz  (Guitarre) 4  78 

Sacchini,  Fragment  d'un  choeur  de  Dardanus  (4  v.) 404 

Saltarello  Milanese  nach  Sixt  Kärgel  (Cither) 4 37 

Saltaren  nach  Gaspar  Sanz  (Guitarre^ 4  79 

Saraband  (Klar.) 34 

Sarabanda  sopra  l'A  (Guitarre) 177 

Sarabande  (Guitarre) 205 

Sauli,  Filippo,  Fupa  (Mandoline) 4  24 

Senffei,  Ludwig,  Die  weyber  mit  den  Höhen  (Laute) 44  f. 

Spagnoletta  (Guitarre) ' 183 

Tablature  du  cistre 132 

Tallis,  Natus  est  nobis  (Org.) 259 

Tantz,  Ännerlein  von  Torgen  nach  D.  Sammenhammer  (Cither) .    .    .    .  1 39  i. 

Tanz-Sprungk  (Cither) 4  43 

Tarantela  nach  Gaspar  Sanz  (Guitarre) 179 

Tastar  de  corde  (Laute) 5* 

Tenor  di  Napoli  (Guitarre) 4  83  1. 

Tonsatz  (c3/4)  (Guitarre) 166  f. 

Tonsatz  (Gc)  (Guitarre) •    •    •  204  f. 

Tonsatz  (ÖC)  (Viola) 227  f. 

Trost  und  Wonn'  und  Heil  entquoll  (Part.) 397 

Tu  patris  sempiternus  es  filius 24» 

Veni  creator  spiritus  (4  v.) 389 

Veni  creator  spiritus 398  f. 

Vilan  de  spagna  (Guitarre) 1 82 

Villano  (Guitarre) 202 

Villano  di  Spagna  (Guitarre) 177 

Was  lebet,  das  schwindet  (4   Singst.) *16 

Willaert,  Adriano,  Augustine  lux  doctorum  (4  Singst.  Laute) 4  09  ff. 

Zarabanda  (Guitarre) 182 

Zarabanda    Guitarre) 202 


I.  Abschnitt. 

Tabulaturen. 
Einleitung. 

Unterschieden  die  Griechen  zwischen  einer  Vokal-  und  einer  In- 
strumentalnotation, so  bildeten  sich  auch  im  Mittelalter  neben 
den  Gesangstonschriften  besondere  Arten  der  Aufzeichnung  für  ver- 
schiedene Instrumente  aus,  die  Tabulaturen.  Die  tabula  war  die 
Tafel  oder  das  Blatt,  auf  welchem  ein  Musikstück  niedergeschrieben 
wurde.  Notationen  entstanden  für  alle  Arten  von  Tasten-,  Zupf-, 
Streich-  und  Blasinstrumenten.  Buchstabe  und  Zahl  bildeten  neben 
der  Note  ihre  Grundelemente.  Das  eine  oder  das  andere  Zeichen- 
system mag  mit  seinen  Anfängen  in  der  Praxis  der  Spielleute  wur- 
zeln, die  als  die  volkstümlichen  Träger  der  Instrumentalmusik  an- 
zusehen sind.  Im  allgemeinen  werden  diese  aber  nur  selten  auf 
ein  Schriftbild  zurückgegriffen  haben.  Frei  strömten  die  Melodien 
aus  ihrem  Instrument,  so  schlecht  und  recht  es  ihr  Können  zuließ. 
Erst  als  die  Kunst  sich  der  Pflege  des  Instrumentenspiels  annahm, 
blühte  auch  die  schriftliche  Tradition  auf. 

So  mancher  Traktat  gibt  uns  Kunde  von  den  verschiedenen 
Praktiken.  Beichen  Ertrag  liefert  vor  allem  das  Studium  des  zweiten 
Teils  von  Mersenne's  »Harmonie  Universelle«.  Die  älteste  zusam- 
menfassende Behandlung  der  Tabulaturen  aus  neuerer  Zeit  ver- 
danken wir  B.  G.  Kiesewetter.  In  der  »Allgemeinen  Musikalischen 
Zeitung«  vom  Jahre  1831  erschien  seine  heute  nicht  mehr  ganz 
ausreichende  Aufsatzreihe  »Die  Tabulaturen  der  älteren  Practiker 
seit  der  Einführung  des  Figural-  und  Mensuralgesanges  und  des 
Gontrapunctes,  aus  dem  Gesichtspuncte  der  Kunstgeschichte  be- 
trachtet«. 

Im  übrigen  finden  sich  meist  nur  gelegentliche  Vermerke  in  den 
Musikgeschichten  und  Lexicis.  Auch  in  H.  Biemann's  »Studien 
zur  Geschichte  der  Notenschrift«  wird  nur  vorübergehend  auf  S.  65  ff. 
der  Tabulaturen  Erwähnung  getan.  Ausführlicher  ist  seine  Darstel- 
lung in  der  Abhandlung  »Notenschrift  und  Notendruck«  in  Boeder's 

Kl.  Handb.  der  Musikgesch.   VIII,  2.  1 


Einleitung 


B< 


»Festschrift«  1896  und  in  seinem  »Kompendium  der  Notenschrift- 
kunde« (Pustet,  Regensburg  1910)  S.  145  ff.  Wenige  Seiten  hatten 
schon  1882  David  und  Lussy  den  Tabulaturen  in  ihrer  vom  In- 
stitut preisgekrönten  Schrift  »Histoire  de  la  notation  musicale«  ge- 
widmet. Breiter  angelegt  ist  das  Kapitel,  welches  Gasperini  in 
seiner  »Storia  della  semiografia  musicale«  (Milano,  Hoepli  1905) 
für  die  Instrumentalnotationen  vorgesehen  hat.  Das  Studium  der 
Tabulaturen  zu  seiner  Lebensaufgabe  machte  einst  Wilhelm  Tap- 
pert.  Seine  im  Besitz  der  Kgl.  Bibliothek  Berlin  befindlichen  Zettel- 
kästen legen  Zeugnis  ab  von  dem  unendlichen  Fleiß,  welchen  er 
auf  die  Erkenntnis  der  überkommenen  Materialien  verwendet  hat. 
Kein  Werk  kam  auf  den  Antiquariatsmarkt,  ohne  nicht  von  ihm 
mit  einigen  Strichen  festgehalten  zu  sein.  Keine  Reise  war  ihm 
zu  weit,  um  eine  ihm  noch  unbekannte  Tabulatur  anzusehen.  Leider 
kamen  seine  gewonnenen  Spezialkenntnisse  in  Veröffentlichungen 
wenig  zur  Geltung.  Seine  im  Manuskript  vorhandene  und  in  der 
Kgl.  Bibliothek  zu  Berlin  bewahrte  »Geschichte  der  Notenschrift« 
habe  ich,  um  mir  die  nötige  Unabhängigkeit  zu  wahren,  nicht  ein- 
gesehen und  auch  seine  Zettel  nur  soweit  herangezogen,  als  sie 
mir  schwer  zugängliche  Materialien  erschließen  konnten.  Seine  in 
Druck  erschienenen  Spezialstudien  werden  am  gegebenen  Orte  ihre 
Erwähnung  finden.  Hier  sei  nur  seine  Sammlung  »Sang  und  Klang 
aus  alter  Zeit«  erwähnt,  welche  hübsches  Material  zur  Kenntnis  der 
Tabulaturen  beisteuert,  ohne  dasselbe  aber  fehlerfrei  und  restlos 
zu  verwerten.  Nicht  ohne  Interesse  ist  auch  seine  Ȇbertragung 
einer  Melodie  aus  der  modernen  Tonschrift  in  die  verschiedenen 
Tabulaturen«,  welche  als  Beilage  zum  »Echo«  1868  Nr.  51  er- 
schienen ist. 

Eine  ähnliche  Bedeutung  wie  Tappert  in  Deutschland  gewinnt 
Oscar  Chilesotti  (Bassano-Vicenza)  für  das  Studium  der  Tabulaturen 
in  Italien.  Seine  zahlreichen  Beiträge  zur  Lautenmusik,  die  einzeln 
oder  in  Zeitschriften,  wie  in  der  »Rivista  musicale  italiana«,  in  den 
»Sammelbänden  der  IMG.«  und  in  der  »Revue  d'histoire  et  de  cri- 
tique  musicale«  erschienen  sind,  seine  Neuausgaben,  wie  sie  vor 
allem  in  den  bei  Breitkopf  &  Härtel  in  Leipzig  verlegten  Werken 
»Da  un  codice  Lautenbuch  del  Cinquecento«  (1890)  und  »Lauten- 
spieler des  16.  Jahrhunderts«  (1891)  sowie  in  der  bei  Ricordi  in 
Mailand  ausgegangenen  »Biblioteca  di  rarita  musicali«  vorliegen, 
und  schließlich  sein  tiefer  schürfender  Aufsatz  »Notes  sur  les  tabla- 
tures  de  luth  et  de  guitare«  in  A.  Lavignac's  »Encyclop6die  de 
la  musique  et  dictionnaire  du  Conservatoire«  Faszikel  20 — 22  haben 
wesentlich  zur  Klärung  der  Tabulaturenfrage  beigetragen. 


1.  Kapitel. 
Orgeltabulaturen. 

Eins  der  Organe1,  welche  am  frühsten  mit  dem  Gottesdienst 
in  Verbindung  traten  und  damit  am  ehesten  die  Aufmerksamkeit 
der  gebildeten  Musiker  jener  Zeit,  der  Geistlichen,  auf  sich  zogen, 
war  die  Orgel.  Von  den  beiden  Typen,  welche  die  Griechen  und 
Römer  ausgebildet  hatten,  der  Wasserorgel  und  der  pneumatischen 
Orgel,  scheint  ersterer  seit  der  Mitte  des  4.  Jahrhunderts  zugunsten 
des  letzteren  in  den  Hintergrund  gerückt  und  schließlich  ganz  ver- 
gessen zu  sein2.  Schon  früh  ist  die  Kenntnis  der  pneumatischen 
Orgel  in  Italien,  Spanien  und  England  nachzuweisen,  wohingegen 
das  Frankenland  mit  ihr  nach  unserer  Kenntnis  erst  durch  jenes 
Orgelwerk  in  Berührung  gekommen  ist,  welches  757  Konstantin 
Kopronymos  an  Pippin  den  Kleinen  geschickt  hat3. 

Geistliche  haben  den  Bau  der  Orgeln  aufgegriffen  und  gefördert. 
Der  Venetianer  Priester  Georgius  stellt  826  für  den  Aachener 
Palast  Ludwigs  des  Frommen  ein  Orgelwerk  her.  Notker  und 
Bernelinus  verfassen  Traktate  über  Pfeifenmensuren.  Im  Bistum 
Freising  findet  der  Orgelbau  besondere  Pflege.  Anfangs  mehr  ein 
Luxusinstrument  und  ein  Lehrmittel  in  der  Klosterschule,  hält  die 
Orgel  allmählich  seit  dem  1 0.  Jahrhundert  in  die  Kirche  ihren  Einzug. 
Wenig  bedeutsam  ist  vorderhand  die  Rolle,  welche  sie  spielt;  denn 
gar  zu  ungefüge  ist  ihr  Bau  und  zu  beschwerlich  ihre  Handhabung. 


1  Organum  war  im  frühen  Mittelalter  Allgemeinbegriff  für  Musikinstru- 
mente, wurde  aber  bereits  zur  Zeit  des  Augustin  speziell  für  die  Orgel  ge- 
braucht (Augustini  Enarrationes  in  Psalmos,  Patrol.  lat.  Bd.  37,  col.  1964 
ps.  1 50,  v.  4).  Vgl.  Buhle,  »Die  musikalischen  Instrumente  in  den  Miniaturen 
des  Mittelalters«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel  1903)  S.  53  Anmerk.  I. 

2  Buhle,  a.  a.  0.  S.  55. 

3  Vgl.  die  »Annales  Einhardic  757  (Mon.  Germ.  I,  141)  und  die  bei  H.  Rie- 
mann  (»Präludien  und  Studient  II,  190  ff.)  und  Buhle  (a.  a.  O.  S.  57,  aul- 
geführten Chroniken,  sowie  Simon  Tunstede  in  C.  S.  IV,  297*  und  C.  S.  III, 
363b. 

*   »Einhardi  annales«  (Mon.  Germ.  I,  214  f.).     Vgl.  Buhle,  a.  a.  0.  S.  58. 

1* 


4  Entstehung  der  ältesten  Orgelta'oulatur. 

Die  nach  Art  von  Registern  gezogenen  Tasten1  ließen  wohl  kaum 
ein  mehr  als  einstimmiges  Spiel  zu.  Bemerkenswert  ist  die  Praxis, 
die  Tonnamen  mit  Farbe  den  Tasten  aufzuzeichnen.  Sowohl  der  von 
Schubiger  aus  dem  Martianus  Capella-Kodex  abgedruckte  Berner 
Orgeltraktat2  des  10.  Jahrhunderts,  als  auch  die  wenig  spätere 
»Cita  et  vera  divisio  monochordi«  des  Pseudo-Bernelinus3  und 
die  »Schedula«  des  Priesters  Theophilus4  berichten  hierüber  mit 
klaren  Worten. 

Der  Schritt  von  diesen  bezeichneten  Tasten  zur  Tonschrift  war 
nur  ein  unbedeutender.  Mit  der  Fixierung  der  nacheinander  anzu- 
schlagenden Tasten  mit  Hilfe  der  ihnen  aufgemalten  Buchstaben 
war  die  Orgeltabulatur  in  ihrer  einfachsten  Form  gegeben.  Es  ist 
erwiesen,  daß  die  boethianische  Notation5  dem  Orgelspiel  wie  dem 
Gesänge  gedient  hat,  und  daher  möglich,  daß  jenes  Loblied  auf  die 
Orgel  »Audi  chorum  organicum«  zugleich  für  Stimme  und  Instru- 
ment bestimmt  war6.  Da  der  Buchstabenreihe  in  der  instrumen- 
talen Praxis  nach  dem  Zeugnis  des  Notker  Labeo  und  anderer7 
ursprünglich  eine  Durreihe  entsprach,  so  können  wir  für  die  älteste 
Orgeltabulatur  die  Buchstaben  von  A — P  in  diesem  Sinne  annehmen. 
Sicherlich  ist  aber  die  seit  Oddo  von  Clugny  innerhalb  der  Ge- 
sangsmusik nachweisbare  Beschränkung  auf  den  Alphabetausschnitt 
von  A — G  im  Sinne  der  Mollskala  von  A — G  auch  innerhalb  der 
Instrumentalmusik  bald,  sicher  seit  dem  1  1 .  Jahrhundert,  in  Anwen- 
dung gekommen  und  das  Tonmaterial  nach  Oktaven  gegliedert 
worden: 

a  b  c  d 
ABGDEFGabcdefgabcd 


i  Siehe  Buhle,  a.  a.  0.  S.  81  f. 

2  Schubiger,  >Musikalische  Spicilegien«  (Berlin,  Liepmannssohn,  1876), 
S.  83 f.:  In  laminis  vero  ligneis  scribantur  alphabeti  litterae  dupliciter  ita:  ABC 
DEFGABCDEFGH,  ut  cilius  modulator  possit  scire,  quam  linguara 
debeat  tangere. 

3  Gerbert,  »Scriptores«  I,  3 1 S a :  Non  queraris,  aut  ignorasse  putes  nos, 
quod  literas  vel  notas,  quibus  Boetius  utitur,  non  posuerimus,  quod  propter 
facilitatem  et  ut  melius  agnoscerentur,  factum  est,  ut  eis  potius  literis, 
quibus  Organa  nostra  notata  sunt  hos  numeros  praesignaremus,  etc. 

4  Vgl.  den  nach  der  Ausgabe  von  Albert  Ilg  in  den  »Quellenschriften 
für  Kunstgeschichtet  VII  besorgten  Abdruck  von  üb.  III  cap.  80 — 83  bei  Buhle, 
a.a.O.  S.  105  ff.  Die  einschlägige  Stelle  findet  sich  auf  S.  109:  In  caudis 
autem  linguarum  scribantur  litterae  seeundum  ascensum  et  descensum  cantus, 
quibus  possit  cognosci,  quis  ille  vel  ille  tonus  sit. 

5  Vgl.  im  ersten  Bande  meines  »Handbuches«   S.  39  f.  und  M  f. 

6  Siehe  Buhle,  a.  a.  O.  S.  98  f. 

7  Vgl.  mein  »Handbuch«   I,  48. 


Das  älteste  englische  Orgeldenkmal.  5 

Denkmäler  der  Orgelkunst  vor  dem  1 4.  Jahrhundert  sind  bis 
jetzt  nicht  nachweisbar.  Daß  aber  das  ausgehende  13.  Jahrhundert 
bereits  eine  Instrumentalnotation  kannte,  geht  aus  dem  nach  1272 
abgefaßten  Traktate  des  englischen  Anonymus l  hervor.  Damals 
scheint  der  Umfang  der  Orgel  schon  über  zwei  Oktaven  und  eine 
Quinte  hinausgegangen  zu  sein2.  Das  frühste  zweifellose  Orgel- 
denkmal begegnet  uns  in  der  ersten  Hälfte  des  1 4.  Jahrhunderts 
auf  englischem  Boden.  Angehängt  einem  Register  der  Abtei  Ro- 
bertsbridge finden  sich  in  der  Londoner  Handschrift  British  Museum 
Add.  28550  rein  instrumentale  Stücke  und  auf  ein  Instrument  ab- 
gesetzte, d.  h.  intavolierte  Vokalkompositionen,  deren  Vorlagen  zum 
Teil  dem  »Roman  de  Fauvel«3  entstammen.  Die  in  Frage  stehenden 
Seiten  sind  bei  Wooldridge  in  seiner  »Early  English  Harmony« 
(London,  Quaritch  1897)  auf  Tafel  42 — 45  faksimiliert.  Da  es  sich 
nach  der  Anlage  der  Sätze,  die  im  Prinzip  zweistimmig  sind,  dann 
und  wann  aber  auch  einen  drei-  und  viertünigen  Zusammenklang 
zulassen,  bei  der  Ausführung  nur  um  ein  Akkordinstrument  han- 
deln kann,  welches  das  Vermögen  hat,  Töne  nach  Bedarf  kurz 
oder  lang  auszuhalten,  so  kommt  von  den  Musikinstrumenten  des 
Mittelalters  nu-r  die  Orgel  in  Betracht. 

Charakteristisch  für  diese  Tabulatur  ist  die  Verbindung  von 
Mensural-  und  Buchstabennotierung.  Die  Ober-,  zuweilen  auch  eine 
Mittelstimme,  ist  mit  den  dem  beginnenden  1 4.  Jahrhundert  ent- 
sprechenden Zeichen  der  Mensuralmusik  auf  einem  System  von  fünf 
Linien ,  die  Unterstimme  und  dann  und  wann  eine  Mittelstimme 
mit  den  kleinen  Buchstaben  von  a— g  aufgezeichnet.  Die  Noten- 
figuren sind  bei  den  rein  instrumentalen  Stücken  und  »Flos  ver- 
nalis«  jene  der  letzten  Zeit  der  ars  antiqua,  bei  den  dem  »Roman 
de  Fauvel«  entlehnten  Sätzen  aber  stark  beeinflußt  durch  die  ars 
nova  der  Franzosen.  Neben  longa  und  brevis  kommt  die  semi- 
brevis  mit  den  nach  unten  und  nach  oben  gestrichenen  Nebenformen 

vor:  ■  ■  |  ♦  4.  Breviswerte  werden,  wenn  sie  mit  Hilfe  kleinerer 
Noten  zur  Darstellung  gelangen ,  durch  Taktpunkte  abgegrenzt. 
Finden  sich  gegen  eine  longa  oder  brevis  eine  Reihe  kleinerer  Werte 


1  C.  S.  I,  339 a:  Simplicia  puneta  quaedara  aeeipiuntur,  prout  utuntur  in 
tropis  ecclesiasticis,  et  quaedam,  prout  utuntur  in  libris  organi,  et  hoc  seeun- 
dum  sua  volumina  diversa,  et  etiam  prout  utuntur  in  libris  nostrorum  diversi 
generis,  prout  utuntur  in  quolibet  genere  omnium  instrumentorum, 
etc.  prout  in  posteris  patebit. 

2  G.  S.  I,  351b. 

3  Vgl.  meine  »Geschichte  der  Mensuralnotalion  von  4  250 — 1460«  I,  40  ff. 
und  3.17  (f.,  sowie  »Handbuch«  I,  278  ff. 


g  Das  älteste  englische  Orgeldenkmal. 

gesetzt,  so  verlängert  sich  der  Notenkörper  von  longa  oder  brevis 
bis  zur  Höhe   der  letzten  gegen  sie  erklingenden  kleineren  Figur: 


3£ 


*  i  FH 


m 


5 


Unter  den  Mensuralnoten  haben  die  Buchstaben  a— g  mit  Unter- 
scheidung von  i7  und  tj  für  den  doppeldeutigen  Ton  b  ihren  Platz; 
jeder  erklingt  bis  zur  Auslösung  durch  den  folgenden.  Soll  die 
Klangdauer  eines  Buchstaben  über  den  nächsten  hinausreichen,  so 
wird  dies  durch  einen  Plorizontalstrich  angedeutet,  der  von  dem 
betreffenden  Buchstaben  ausgehend  bis  zur  Höhe  derjenigen  men- 
surierlen  Note  gezogen  wird,  bis  zu  welcher  der  Ton  ausgehalten 
werden  soll: 


m 


=  -te 


-J-U 


4- 


.qtWulil. 


«-frft- 


& 


Sag 


&? 


p 


Pausen  innerhalb  der  mit  Buchstaben  bezeichneten  Stimmen 
werden  durch  das  Wörtchen  sine  oder  dessen  ersten  Buchstaben 
zum  Ausdruck  gebracht,  Pausen  innerhalb  der  Figuralreihen  durch 
die  Pausen  der  Mensuralmusik  dargestellt: 


bbc  b- 


ffi 


4 


■!•■  tiu 


ÜU'UWu  ff-H- 


C^r 


mne 


i-  i  1  U 


Das  älteste  englische  Orgeldcnkmal. 


3=r^ 


s      fl  «  a  »  a   » 


TTCT 


CT 


«9f  dffl  »9» 


^ 


-&-- 


-&— i 


■g-r*^f-i-psH-g-rg- 


«-r-Ä- 


W=i 


■&—•-?- 


-&- 


Die  Oktavlage  der  Buchstaben  ist  im  Schriftbilde  nicht  unter- 
schieden, aber  aus  der  Stimmführung  leicht  ersichtlich. 

Chromatische  Veränderungen  der  in  Mensuralnoten  aufgezeich- 
neten Stimmen  werden  durch  Vorsetzung  von  \  und  ?  kenntlich 
gemacht.  So  begegnen  uns  fis,  eis,  gis,  b  und  es.  Die  in  Buch- 
staben notierten  Stimmen  kennen  nur  Kreuztöne;  sie  werden  mit 
Hilfe  eines  dem  doppelten  Pralltriller  ähnlichen  Zeichens  dargestellt, 
das  dem  Kopfe  des  Buchstabens  angefügt  wird,  z.  B.  f ".  Neben 
b  rotundum  kommen  vor:  fis,  eis,  gis  und  dis  =  es.  Auf  den  be- 
nutzten Umfang  von  e— e"  verteilen  sich  die  chromatischen  Tüne 
wie  folgt: 

kleine  Oktave:  fis,  gis,  b, 
eingestrichene  Oktave:  eis',  es',  fis',  gis',  b' , 
zweigestrichene  Oktave:  eis". 
Von  f  an  ist  jeder  Ganzton  geteilt.    Die  Praxis  bestätigt  somit 
jene  Nachricht  des  Johannes  de  Muris  im  »Speculum  musicae« 
lib.  VI  cap.  66  \  daß   fast  jeder  Ganzton    der  Orgel   in   zwei  un- 
gleiche Halbtüne  geteilt  sei. 

Findet  die  Zerlegung  größerer  Werte  in  kleinere2,  die  soge- 
nannte Diminution,  in  der  vorliegenden  ältesten  Quelle  der  Orgel- 
musik reichen  schriftlichen  Ausdruck,  so  scheinen  doch  auch  eine 
Reihe  von  Verzierungen  nur  im  Sigel  mitgeteilt  worden  zu  sein. 
Es  begegnen: 


■  D  □  = 

Ui- 


\o  a   _ 


o    =    ♦  +   ♦ 


« 


t?  - 


(♦)  =i 


i  Vgl  CSU  294-  Ideo  in  aliquibus  instrumentis,  utinorganis,  quasi  ubique 
tonus  dividitur  in  duo  semitonia  inequalia,  ut  plures  ibi  ficri  possint  concordic. 

2  Petrus  dictus  Palma  ociosa  bezeichnet  diese  Technik  als  duscantus 
mensurabüü  floribus  adorncOus  (vgl.  Sammelbände  der  IMG.  XV,  504  ff.). 


8  Der  flos  harmonicus  des  Hieronymus  de  Moravia. 

Die  Zeichen  erinnern  an  jene,  welche  in  dem  aus  dem  gleichen 
Jahrhundert  überlieferten  »Tr<§sor  de  veneriet  des  Hardouin  de 
Fontaines  Guerin  für  die  Fanfaren  des  Jagdhorns  gebraucht 
wurden1.  In  der  überlieferten  theoretischen  Literatur  finde  ich 
nur  eine  Stelle,  die  zur  Erklärung  herangezogen  werden  könnte. 
Der  in  der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  wirkende  Hiero- 
nymus de  Moravia  erwähnt  im  25.  Kapitel  seiner  »Musica«2  eine 
Orgelverzierung,  den  flos  harmonicus.  Zu  einem  langausgehaltenen 
Tone  erklingt  die  höhere  Sekunde  vibrierend.  Vollzieht  sich  das 
vibrato  langsam  im  Abstände  eines  halben  Tones,  so  liegt  der  flos 
longus  vor.  Setzt  bei  gleichem  Tonabstand  das  vibrato  zwar  lang- 
sam ein,  gewinnt  aber  in  Mitte  und  Schluß  große  Schnelligkeit, 
so  spricht  man  vom  flos  subitus.  Hat  der  mit  mittlerer  Schnellig- 
keit vibrierende  Ton  Ganztonabstand,  so  wird  der  flos  als  apertus 
bezeichnet.  Eine  gewisse  Ähnlichkeit  in  der  Ausführung  offenbart 
der  flos  mit  dem  Mordent  der  späteren  Zeit,  der  nach  der  Erklä- 
rung des  Hans  von  Constanz  die  untere  Sekunde  als  vibrie- 
renden Ton  zum  aufgezeichneten  hinzunimmt3. 

Die  Worte  ouert  und  dos  bezeichnen  Halb-  und  Ganzschluß, 
return  den  Refrain.  Ein  Beispiel  möge  diese  frühste  Tabulatur4 
veranschaulichen: 


i  Siehe  die  Ausgabe  von  Jer.  Pichon  (Paris  1855)  und  Buhle,  a.  a.  0.  S.  22f. 

2  C.  S.  I,  91 b:  Est  autem  flos  armonicus  decora  vocis  sive  soni  celerrima 
procellarisque  vibratio.  Florum  autem  alii  longi,  alii  aperti,  alii  vero  existunt 
subiti.  Longi  flores  sunt,  quorum  vibratio  est  raorosa  metasque  toni  non  ex- 
cedit.  Subiti  vero  sunt,  quorum  quidem  vibratio  in  principio  est  morosa,  in 
medio  autem  et  in  fine  est  celerrima  metasque  semitonii  non  excedit.  Horum 
autem  florum  qualitas  simul  et  diversitas  in  organis  ostenditur  hoc  modo: 
Quando  enim  aliquem  cantum  te[ti]gimus  in  organis,  si  aliquam  notam  eius- 
dem  cantus  florizare  volumus,  puta  O  in  gravibus,  tunc  ipsa  aperta  immo- 
biliterque  detenta  non  sui  inferiorem  immediate,  puta  F  grave,  scd  polius  su- 
periorem  a  scilicet  acutum  vibramus,  ex  quo  pulcherrima  armonia  decoraque 
consurgit,  quam  quidem  florem  armonicum  appellamus.  Quando  igitur  claves 
immobiles  cum  vibratione  semitonium  constituunt,  et  ipsa  vibratio  est  morosa, 
tunc  est  flos  qui  dicitur  longus.  Quando  autem  includunt  tonum  et  vibratio 
nee  est  morosa,  nee  subita,  sed  media  inter  ista,  est  flos  apertus.  Quando 
vero  conslituunt  quidem  semitonium,  sed  vibratio  in  agressu  sit  morosa,  in 
progressu  autem  et  egressu  sit  celerrima,  tunc  est  flos  qui  subitus  appellatur. 
Quinto  igitur  est  notandum,  quod  dicti  flores  non  debent  fieri  in  aliis  notis, 
praeterquam  in  V  singulariter  mensuratis,  sed  differenter.  Nam  longi  flores  fieri 
debent  in  prima,  penultima  et  ultima  nota,  in  ascensu  semitonium  intendente,  si 
vero  aliquem  aliorum  modorum  in  descensu  constituunt  flores  apertos,  quos  et 
nota  seeunda  sillabe  debet  habere ;  sed  flores  subitos  non  alia  quam  plica  longa,  etc. 

3  Vgl.   »Vierteljahrschrift  für  Musikwissenschaft«  V,  33. 

4  Die  Übertragungen  in  dem  jüngst  erschienenen  zweiten  Bande  der  »Early 
English  Harmon)«  (London   1913)  sind  als  unzulänglich  abzulehnen. 


Beispiel  der  ältesten  Orgeltabulatur. 


izrisfer 


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London,  British  Museum,  .b/</.  28550. 


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Retroue,  primus  punctus. 


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10 


Beispiel  der  ältesten  Orgeltabulatur. 


4 


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Die  Tabulatur  des  Ad.  Ileborgh  von  Stendal. 


11 


§ 


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1 

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— «— 

=* 

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Diesem  Denkmal  englischer  Orgelmusik  ist  bis  zur  Mitte  des 
15.  Jahrhunderts  weder  im  Inselreich  noch  auf  dem  Festlande  ein 
anderes  ähnliches  an  die  Seite  zu  stellen.  Dann  entfaltet  sich  aber 
auf  deutschem  Boden  eine  reiche  Blüte  der  Orgelmusik.  Schon 
das  Jahr  1448  zeitigte  eine  Präludiensammlung  des  Frater  Adam 
Ileborgh,  Rektors  zu  Stendal,  deren  Notation  die  Verwandtschaft 
mit  dem  englischen  Orgeldenkmal  nicht  verleugnet.  Das  Manuskript, 
eine  Pergamenthandschrift  von  12  Seiten  in  klein  8°,  befindet  sich 
jetzt  im  Besitz  von  Dr.  Gummings  in  London,  der  mir  freund- 
lichst eine  Photographie  der  beiden  ersten  Seiten  zur  Verfügung 
stellte.    (Siehe  das  Faksimile.) 

Wir  lesen:  Incipiunt  praeludict  diversarum  notarum  secundum 
modernum  modum  subtiliter  et  diligenter  collecta  cum  mensuris  di- 
ver sis  hie  infra  annexis  per  fratrem  Adam  Ileborgh  Anno  domini 
1448  tempore  sui  rectoriatus  in  stendall.  Eine  moderne,  eine  neue 
Praxis  tritt  also  mit  diesem  Denkmal  in  unsern  Gesichtskreis.  Ma- 
nualiter  wie  pedaliter  auszuführende  Präludien  werden  vorgelegt, 
Das  Pedal  scheint  im  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  von  dem  Bra- 
banter  Orgelbauer  Louis  van  Valbeke  (f  1318)  erfunden  worden 
zu  sein  *.  Die  für  dasselbe  in  Frage  kommenden  Noten  mögen  nach 
Ausweis  des  lleborgh-Manuskriptes  mit  Hilfe  von  Buchstaben  zum 
Ausdruck  gelangt  sein  im  Gegensatze  zu  den  für  die  Hände  be- 
stimmten Mensuralnoten.  Diese  finden  sich  auf  Systemen  von  acht 
durch  die  Schlüsselbuchstaben  3  (für  f)  c  und  g  näher  bezeichneten 
Linien  in  folgenden  vollen  Formen: 

r  r 

■    ■♦♦♦♦ 


1  Vgl.  Gurt  Sachs,  »Real-Lexikon  der  Musikinstrumente<   (Berlin,  Julius 
Bard,    1913)  S.  283». 


12 


Die  Tabulatur  des  Ad.  Ileborgh  von  Stendal. 


Wenn  auch  das  Wertverhältnis   von 


♦  Uei 


einigermaßen  fest- 


steht, so  scheint  die  Figur  4  einen  fließenden  Wert  zu  haben.    In 

den  im  Faksimile  vorliegenden  Beispielen  steht  sie  bald  gegen  eine 
longa,  bald  gegen  eine  brevis,  bald  gegen  einen  kleineren  Wert: 


^^ 


m 


£ 


I  nN'*fr 


S 


i 


«I x «J ■ i— 


±r±}t 


x=z 


fczbc 


TT 


AK- 


Ja  in  dem  folgenden  Beispiele  scheint  ♦  einer  punktierten  Viertel- 
note gleichzukommen:  "^ 


^m 


I 


£ 


m 


£ 


4-4 


m^ 


**f 


Der  sequenzenartige  Aufbau   läßt   doch  offenbar  folgende  tak- 
tische Struktur  erkennen: 


» 


-ß-0-ß 


FJ-P- 


i 


— 1—1- 


-#"•- 


£' 


Ä 


^ 


S& 


zfc±* 


•-J-» 


; 


Vielleicht   bezeichnet  4  eine   mordentartige   Spielmanier.     Akzi- 

dentien  sind  durch  eine  vom  Notenkörper  nach  unten  gezogene 
Senkrechte  bezeichnet.  Alle  sind,  soweit  ich  sie  nachzuprüfen  ver- 
mag, Kreuztüne. 


g  U  r .  i  1  I  I  j  l=^%f 


¥ 


ctf 


fl**t* 


^± 


* 


^=* 


* 


Eine  von  der  Oktavlage  abhängige  deutliche  Unterscheidung  der 
Buchstaben  nach  Majuskeln  und  Minuskeln  ist  in  der  Probe  nicht  er- 


Das  »Fundamenlum  organisandi«  von  l'aumann.  13 

kennbar.  Kleine  Distinktionsstriche  scheinen,  wie  das  letzte  Bei- 
spiel des  Faksimile  erkennen  läßt,  die  Taktgrenzen  markieren  zu 
wollen. 

Vier  Jahre  nach  Ileborgh  trat  der  blinde  Nürnberger  Organist 
Conrad  Paumann1  (um  1410 — 1473)  mit  seinem  »Fundamentum 
organisandi«  hervor,  als  dessen  Hauptquelle  wir  die  Wernigeroder 
Handschrift  Zb  14  kennen2.  Einen  Neudruck  besorgten  F.  W.  Ar- 
nold und  H.  Bellermann  in  Chrysander's  »Jahrbüchern  für  musi- 
kalische Wissenschaft«  II,  66  ff.  Nur  in  wenigen  Zügen  geht  dieses 
Lehrbuch  des  Orgelsatzes  über  die  Tabulatur  des  Ileborgh  hinaus. 
Neu  ist  die  Einführung  des  Taktstriches,  dessen  Herkunft  aus 
dem  Distinktionsstriche  offenbar  ist.  Meist  werden  brevis-Werte 
abgeteilt,  dann  und  wann  aber  auch  zwei  und  mehr  breves  zu 
einem  Takte  zusammengefaßt.  Statt  des  Systemes  von  acht  Linien 
bei  Ileborgh  begegnen  wir  hier  nur  Hegeln  von  sieben  Linien.  Die 
Reihe  der  verwendeten  Notenfiguren    ist  erweitert   um  die  Form 

der  fusa   ♦   und   die  rhythmische  Folge  4  ♦=!•♦.     Stufenmäßig 

absteigende  semiminimae  ♦  vereinigen  gern  die  Fahnen  zu  einem 
Querbalken,  wie  der  faksimilierte  Satz  »Des  klaffers  neyden«  zu 
zeigen  vermag.    (Siehe  das  Faksimile  S.  14.) 

Wie  in  den  vorangehenden  Tabulaturen  dienen  die  Buchstaben 
a — g  zur  Bezeichnung  der  Unter-  und  Mittelstimmen.  Abgesehen 
von  dem  ersten  Buchstaben  eines  Stückes,  der  gern  als  Majuskel 
geschrieben  wird,  und  von  dem  Schlußbuchstaben,  der  häufig  Ver- 
doppelung erfährt,  sind  Minuskeln  verwendet,  die  ihrer'  Oktavlage 
nach  unterschieden  werden.  Die  Oktave  reicht  von  f) — o.  Die 
höhere  Oktave  wird  durch  ein  über  den  Buchstaben  gesetztes  mor- 
dentartiges  Zeichen  charakterisiert,  das  schon  in  den  wenig  spä- 
teren Nachträgen  des  »Fundamentum«  in  einen  wagerechten  Strich 
übergeht,  z.  B.  a  c  "ö  g  6  a  und  später  a  t)  c  c.  Eine  besondere 
rhythmische  Bezeichnung  der  Buchstabenreihe  erfolgt  nur  dann, 
wenn  durch  die  Beziehung  der  Buchstaben  zu  den  Mensuralnoten 
der  Oberstimme  keine  deutliche  Darstellung  der  Rhythmik  zu  er- 
zielen ist.  In  solchem  Falle  werden  über  den  Buchstaben  rote, 
dem  gewollten  Werte  entsprechende  Mensuralnoten  hinzugefügt,  die 
bald   auf  die  gleiche  Linie   oder    in    den   gleichen    Zwischenraum 


i  Das  Werk  von  Hyacinth  Abele  »Erinnerungen  an  einen  großen  Mün- 
chener Tonmeister  aus  alter  Zeit«  (München,  Louis  Finsterlin,  1910)  bringt 
nichts  wesentlich  Neues. 

2  Siehe  meine  »Geschichte  der  Mensuralnotation«  I,  390  ff. 


14 


Das  »Fundamentum  organisandi«  von  Paumann. 


^Tcn<*  •  YfO&  föffkrt  ^^ 


Wernigerode,  Fürst!.  Stolberg'sche  Bibl.    Ms.  Zh  14.    (Zu  S.  13.) 


gesetzt  werden,  bald  Hühenanordnung,  aber  obne  tonale  Bedeutung, 
erfahren : 


t=^=t 


£££.    l.    I 


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1,1. 

cf       9a         g   f       e    &         cc 


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Das  »Fundainenfum  organisandi«  von  P  au  mann. 


15 


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-«- 


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^— *? 


Der  Körper  jener  die  Rhythmik  bezeichnenden  Noten  schrumpft, 
wie  wir  an  der  folgenden  Seite  aus  dem  »Fundamentum«  erkennen 
können,  bald  zum  Punkt  zusammen,  und  es  entstehen  die  rhyth- 
mischen Zeichen: 

. . .  (aus  ♦♦♦)  =  3  semibreves  =  H« 
..  (aus  ♦♦)    =  2  semibreves  =  H 
•  (aus  ♦)     =  semibrevis      =  <s> 


I   (aus  4) 

r 

r  (aus  ♦) 
F  (aus  ♦) 


=  minima 


=  ä» 


semiminima    =  * 


=  fusa 


=  • 


Diese  gewinnen  allgemeine  Bedeutung  für  Buchstaben-  und 
Zahlentabulaturen.    (Siehe  das  Faksimile  S.  1 6.) 

In  der  Darstellung  der  Chromatik  zeigt  Paumann  mit  Ileborgh 
verwandte  Züge.  Auch  er  sieht  in  der  Oberstimme  alle  alterierten 
Töne  als  Kreuztöne  an  und  zieht  von  dem  Notenkürper  eine  cauda 
senkrecht  abwärts,  die  er  aber  von  links  oben  nach  rechts  unten 
durchstreicht.  Merkwürdigerweise  gewinnt  er  den  Ton  6  ebenfalls 
als  Kreuzton  von  der  Stufe  £)  aus: 


ö 


t^Ufttt 


IS 


r  9        6  d 


ii^ 


&- 


# 


rn  t-H — i — f^ — ^ — -f5^ — i^^- 


*-& 


Z12± 


Kl.  Handb.  der  Müsikgesch.   VIII,  2. 


16 


Das  >Fundamentum  organisandi«  von  P  au  mann. 


■güssm 


msmmm 


rrjn 

■- 


Wernigerode,  Fürstl.  Stolberg'sche  Bibl.    Ms.  Zb  14,    (Zu  S,  15.; 


Die  Buchstabenreihe  kennt  nur  Kreuztüne,  die  durch  eine  Schleife l 


am  Buchstaben  charakterisiert  werden,  z.  B.: 


c  — 


b     a 


i 


ff 


4=t 


ra=at 


-^ 


^ 


^ 


Nur  als  Verzierungen   zu   deuten   sind   die  Formen  ♦   und  i. 

P  vi 

Vielleicht  verbirgt  sich  hinter   ihnen  der  flos  harmonicus  oder  der 
Mordent.    Jedenfalls  verbietet  sich  angesichts  folgender  Stellen  die 


Auffassung  als  alterierter  Ton 


i  Zu  beachten  ist  das  Moment,  daß  die  Schleife  paläographisch  der  Silbe  is 
entspricht. 


Das  Buxheimer  Orgelbuch. 


17 


± 


I  '•*!  |  Ul 


f^H 


C     0 


c     b 


aa 


Die  gleiche  Notation  tritt  uns  in  einigen  Orgelstücken  entgegen, 
welche  uns  die  Handschriften  Berlin  Kgl.  Bibl.  theol.  lat.  quart.  290, 
München  Hofbibl.  lat.  5963  und  Erlangen  Univ.-Bibl.  729  be- 
wahrt haben.  Letztere  Quelle  steht  in  direkter  Beziehung  zum 
»Fundamentum«  Paumann's.  Vorgelegt  werden  Beispiele  für  die 
ascensus  et  descensus  per  tertias,  quartas,  quintas,  die  unter  dem  Titel 
»Fundamentum  bonum  trium  notarum  magistri  Conradi  In  Nuren- 
bergk  Et  ascenditur  ut  descenditur  simpliciter  clausulatim«  einge- 
führt werden.  Der  Berliner  Kodex  enthält  neben  einem  Liede  »wol 
vp  ghesellen,  yst  an  der  tyet«  ein  Kyrie,  ein  Siimmum  Sanctus 
und  ein  Patrem,  der  Münchener  ein  Magnificat  des  achten  Tones. 

Wieder  einen  Schritt  vorwärts  in  der  Entwicklung  bedeutet  das 
einige  Jahrzehnte  jüngere,  jetzt,  in  der  Kgl.  Hofbibliothek  München 
unter  der  Signatur  Mus.  Ms.  3725  bewahrte  Bux heimer  Orgel- 
buch1. Es  gehörte  einst  der  Karthause  Buxheim  und  stimmt  in- 
haltlich zum  Teil  mit  dem  »Fundamentum  organisandi«  Conrad 
Paumann's  überein,  bezeichnet  aber  schon  rein  äußerlich  mit  der 
überwiegenden  Dreistimmigkeit  gegenüber  der  Zweistimmigkeit  des 
»Fundamentum«  einen  Fortschritt.  Die  Oktave  rechnet  hier  meist 
von  c—h,  seltener  von  h—b.  Die  tieferen  Töne  sind  mit  den  großen 
Lettern  2f  <T>  OL  %  bezeichnet;  die  höhere  Oktave  zeigt  meist 
den  Horizontalstrich,  seltener  das  mordentartige  Zeichen  über  den 
Buchstaben.  Können  wir  zuweilen  schon  im  Wernigeroder  Manu- 
skript beobachten,  wie  in  einem  mehr  als  zweistimmigen  Satze  die 
tiefste  Stimme  sich  zwischen  Ober-  und  Mittelstimme  schiebt,  so 
tritt  uns  eine  ähnliche,  offenbar  praktischen  Bedürfnissen  entspre- 
chende Stimmengruppierung  im  Buxheimer  Orgelbuche  bei  weitem 
häufiger  entgegen.  Auch  die  mit  den  Zeichen  der  Mensuralmusik 
dargestellte  Pause  spielt  innerhalb  der  Buchstabenreihe  bereits  eine 
größere  Rolle,  z.  B.:  d  d  ~r.  Ein  neues  Moment  tritt  uns  mit  der 
Bezeichnung  von  Pedaltönen  durch  Jje  oder  p  entgegen. 


1  Eine  unzureichende  Ausgabe  dieser  wichtigen  Quelle  liegt  von  Robert 
Eitner  als  Beilage  der  »Monatshefte  für  Musikgeschichte«  Jahrg.  20/21  vor.  Vier 
Seiten  im  Faksimile  siehe  bei  Arnold  Schering,  »Studien  zur  Musikgescbichte 
der  Frührenaissance«  (Leipzig,  Kahnt,  1914)  S.  149  ff.  Besonders  charakteristisch 


sind  sie  für  die  Verwendung  von  Pedallönen. 


2* 


18 


Kyrieleison  Angelicum. 


Die  mensurierte  Oberstimme,  der  meist  nur  der  C-Schlüssel  vor- 
gezeichnet ist,  benutzt  das  traditionelle  Zeichenmaterial.  Ein  neues 
Gesicht   gewinnt  die  Tabulatur   durch  die  prinzipielle  Vereinigung 

der  Fahnen  stufenmäßig  absteigender  semiminimae  *und  fusae  ♦  zu 

gemeinsamen  Balken  und  durch  die  aufsteigende  Trioie  |V  =  ♦. 
Nicht  selten  werden  auch  nur  die  erste  und  letzte  Note  einer  Reihe 
gleicher  rhythmischer  Werte  mit  dem  rhythmischen  Zeichen  aus- 
gestattet und  von  den  mittleren  nur  der  Notenkürper  gesetzt,  wie 
auf  dem  Faksimile  von  Seite  138  der  Handschrift  zu  erkennen  ist. 
Zur  Darstellung  der  Ghromatik  in  der  Oberstimme  genügt  wieder 
wie  bei  Ileborgh  die  vom  Notenkürper  senkrecht  heruntergezogene 
cauda.  Neu  ist  die  Einführung  des  Mordenls  unter  dem  Zeichen 
der  nach  unten  gezogenen  und  links  nach  oben  umgebogenen  cauda  T 
Tritt  bei  demselben  Tone  chromatische  Veränderung  ein,  so  wird 
die  cauda  durchstrichen,  z.  B.: 


m 


t-b- 


* 


f 


Im    übrigen    ist   das  Bild   der   Tabulatur  unverändert,   wie   ein 
paar  Seiten  der  Quelle  zeigen  mögen.    (Siehe  das  Faksimile.) 


fs 


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Nr.  153.    Kyrieleison  Angelicum 


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-G—T-& 


J — G>\ 


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X        X 


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X  X 


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1  In  der  Vorlage  e. 


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3 


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35 


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Der  erste  Orgeltabulaturdrurk. 


19 


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x 


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* 


5 


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•      # 


TT 

I 
= 


zz: 


CTt 


^fr- 


H^= 


-I 


Den  genannten  Tabulaturen  anzureihen  ist  eine  wichtige  Hand- 
schrift der  Münchner  Hofbibliothek  Mus.  Ms.  2987  in  fol.,  die  in 
ihrem  ersten  Teile  ganz  nach  Art  der  ältesten  deutschen  Orgeltabu- 
latur  aufgezeichnete  französische  chansons  darbietet.  Benutzt  sind 
Systeme  von  fünf  Linien,  denen  die  Oberstimme,  zuweilen  auch 
noch  eine  oder  zwei  Mittelslimmen  in  Mensuralnoten  eingezeichnet 
sind.  Die  übrigen  Töne  sind  mit  Buchstaben  zum  Ausdruck  ge- 
bracht; ihnen  ist  die  Mensur  in  der  bekannten  Weise  übergeschrieben. 
Die  Oktave  rechnet  von  c — h.  In  den  Buchstabenreihen  tritt  für 
die  Pause  das  entsprechende  rhythmische  Zeichen  in  die  Zeile. 

Die  erste  gedruckte  Tabulatur,  welche  in  Seb.  Virduna's  »Mu- 
sica  getutscht«  vom  Jahre  1511  vorliegt2,  zeigt  einige  neue  Züge. 
Das  System  der  Oberstimme  ist  auf  fünf  Linien  zusammengeschrumpft, 
denen  die  Schlüsselbuchstaben  cj  und  bb  vorgezeichnet  sind.  Die 
Stimmenzahl  ist  gewachsen.  Die  Oktave  reicht  von  f — e  (==  f — e'), 
die  tiefere  Oktave  wird  durch  einen  Strich  unter,  die  höhere  durch 
einen  Strich  über  dem  Buchstaben  und  von  c  ab  durch  doppelte  Buch- 
staben charakterisiert.  Virdung  kennt  aber  auch  noch  andere  Prak- 
tiken, so  die  Bezeichnung  der  tiefsten  Oktave  mit  den  großen  Buch- 
staben von  g— (5,  so  die  Zählung  der  Oklave  von  q — f,  g — f,  g — f, 
so 


die  Oktaveinteilung  nach  Guido: 


aa  bb  cc  dd  ee  ff  gg 
ä    b    c     d     e    f 


g 


ABCDEFG|abcdefg 
abcdefg|abcdefg 

Taktstriche  trennen  in  der  »Musica  getutscht*  semibrevis- Werte 
ab.  Pausen  werden  allenthalben  mit  den  ihnen  in  der  Mensural- 
theorie entsprechenden  Zeichen  zum  Ausdruck  gebracht  bis  auf  die 


i  In  der  Vorlage  a. 

2  Die   verwendeten  Holztafeln    sind    IÖ36    und   1542    von  Luscinius    in 
einer   »Musurgia«   wieder  benutzt  worden. 


20 


Arnolt  Schlick's  Tabulaturen. 


ganze  Taktpause  im  Werte  einer  semibrevis,  die  als  brevis-Pause 
dargestellt  wird.  Vereinigung  der  Fahnen  der  kleineren  rhythmi- 
schen Werte  kommt  vornehmlich  in  der  Oberstimme  vor. 

Von  der  hier  gezeichneten  Orgeltabulatur  weichen  die  1512  bei 
Peter  Schüffer  in  Mainz  gedruckten  »Tabulaturen  etlicher  lob- 
gesang  und  lidlein«  von  Arnolt  Schlick  in  mannigfachen  Zügen 
ab.  Vor  allem  ist  die  Oberstimme  mit  den  seit  etwa  1450  üblichen 
leeren  Formen  auf  Systemen  von  sechs  Linien  aufgezeichnet  worden. 
In  den  mit  Buchstaben  notierten  Stimmen  herrscht  die  Oktave  von 
c — h.  Die  Oktaylagen  werden  in  der  gleichen  Weise  unterschieden 
wie  bei  Virdung.  Der  Gebrauch  der  Pausen  ist  ein  genauerer. 
Innerhalb  der  Buchstabenreihen  finden  sich  t  -•-  /*"  /^.  Gemeinsame 
Balken  werden  für  die  kleineren  Notenwerte  nicht  verwendet.  Der 
rhythmische  Wert  der  Tabulaturnoten  hat  sich  verringert;  einer 
brevis  der  Gesangsmusik  und  damit  auch  der  in  Gesangsnoten  auf- 
gezeichneten Oberstimme  steht  jetzt  ein  Punkt,  einer  semibrevis 
ein  Strichlein  gegenüber: 

h-     i-r 
♦-i     r-i» 

A  =  r      f- H 

Zeichen  der  Chromatik  in  der  Oberstimme  ist  eine  kleine  Schleife 
unten  am  Körper  der  bis  auf  wenige  Ausnahmen  nach  oben  gestri- 
chenen Noten.  Doch  kommt  bei  den  nach  unten  kaudierten  Noten 
auch  die  oben  hinzugefügte  Schleife  vor.  An  Stelle  der  Taktstriche 
sind  kleine  Zwischenräume  gewahrt.    (Siehe  das  Faksimile  S.  21.) 

Hoe  losteleck. 


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Arnolt  Schlick's  Tabulaturen. 


21 


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irrrr  rrrrrffr  rrrfffff  rrrrrr      iffff  nrrrr  rrr 

gagfg  agababcÖ  cäcfeSeef  fccfccÖe  fc  cfccba     bagjrcb  /"eft> 


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9be    f  «  a  5        f  *  Ö  brtcba    bg  g  gg 

irr  i  i  fi  i  i 

brtS   a   8  Teff    g        c  ha  g  t    c     c 

ii  -n  i  r  i  i  1 1  r 

gb       c  b  c  /*&  9        f  g  6  g  xc    r  c    6 

(Zu  S.  20.) 

Eine  der  Schlick'schen  Tabulatur  ähnliche  Physiognomie  zeigt 
das  von  Adrien  de  la  Fage  in  seiner  »Diphtherographie  musi- 
cale«1    beschriebene,  wohl   mehr  dem   Ende  des  16.  Jahrhunderts 

l  Paris  1864,  S.  261-271. 


22  Die  Tabulatur  bei  Kotter  und  Holtzach. 

angehörende  Manuskript  »Missae  tres  ad  Organum  choro  alternanle«, 
nur  daß  Systeme  von  acht  Linien  verwendet  sind,  die  Oktave  von 
a — g  reicht  und  die  Fahnen  der  kleinen  Werte  zu  Balken  ver- 
bunden sind.  Besonders  charakteristisch  wirken  die  Erhöhungs- 
zeichen an  den  Buchstaben,  die  hier  die  später  häufiger  nachzu- 
weisende Form  eines  Winkels  bzw.  einer  Sieben  angenommen 
haben: 

e -^r     — = 

Aber  der  Gebrauch  leerer  Noten  dringt  in  den  Orgeltabulaturen 
noch  nicht  durch.  Die  von  Hans  Kotter1  1513  für  Bonifacius 
Amerbach  geschriebene  Tabulatur  der  Basler  Universitäts  Biblio- 
thek F IX  22"1  zeigt  gefüllte  Notenkörper  und  ebenso  die  von  der- 
selben Hand  stammende  Sammlung  von  Orgelsätzen  Basel  Univ.- 
Bibl.  F  IX  58*)  sowie  der  »Oßwald  Holtzach  von  Basel  1515« 
gezeichnete  Kodex  derselben  Bibliothek  F  VI  26  (c).  Über  die  bei 
beiden  waltenden  Notationsverhältnisse  bringt  das  folgende  Funda- 
mentum  Aufschluß.  Für  die  Ausführung  des  Mordents  sei  die  Er- 
klärung aus  dem  Fundamentbuch  des  Hans  von  Konstanz4  vor- 
weggenommen: Zu  der  durch  den  Notenkürper  bezeichneten  aus- 
gehaltenen Hauptnote  tritt  als  gleichzeitig  mit  ihr  angeschlagener 
vibrierender  Hilfston  die  tiefere  Sekunde,  die  aber  bald  in  dem 
Hauptton  aufgeht. 


1  Vgl.  den  Artikel  von  Ad.  Fluri  im  3.  Bande  der  »Sammlung  bernischer 
Biographien«  S.  548  ff. 

2  Siehe  Julius  Richter:  »Katalog  der  Musiksammlung  auf  der  Universitäts- 
Bibliothek  Basel«   (Leipzig  1892)  S.  32  ff. 

3  Beide  Kotter-Tabulaturen  haben  eingehende  Behandlung  gefunden  in  der 
Basler  Dissertation  von  Wilhelm  Merian:  »Die  Tabulaturen  des  Organisten 
Hans  Kotter«.  Ein  Beitrag  zur  Musikgeschichte  des  beginnenden  16.  Jahrh. 
(Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1916). 

4  Vgl.  Carl  Paesler:  »Fundamentbuch  von  Hans  von  Konstanz«  in  der 
»Vierteljahrsschrift  für  Musikwissenschaft«  V,  32  ff.:  Memineris  igitur  eas  notas 
quae  curvatas  habent  lineas  vocari  mordentes,  ubi  observandum  semper  duas 
esse  simul  tangendas,  ea  videlicet  quae  per  lineam  curvatam  Signatur  medio 
digito,  proxima  vero  inferiorque  indice  digito,  qui  tarnen  tremebundus  mox 
est  subducendus. 


Die  Tabulatur  bei  Kotter  und  Holtzach. 


23 


Fuudamentum  Totius  artis  Musice  Artificialiter  compositum. 
Et  primo  uolumus  congnoscere  claues  Clauicordij: 

*****    ftg****** 


dd   *-*ffl*-ß 


fcn-r,  M  ^J  zc^ 


Sequitur  forma  Notarum   et  quantitas  et  Valor  tarn  in  Inslru- 
mento  quam  voce: 

Semifusela    £   ^       ♦♦♦♦       ♦     ♦       ♦♦      ♦♦      ♦♦      ♦♦ 


Fusela 
Semibrevis 

Breuis 


Longa 


r 

♦ 


r 


r 


♦      ♦ 

r 
♦ 


f      I 


r 


r 
♦ 


r 
♦ 


r 


i 


Exernpluin 
figura 


1 


In  arte 
Organica 


m  illa  dicitur  longa 

■  Breuis 

+  semibrevis 

^  Minima 

r* 

+  Semiminima 

+  fusela 

4  semifusela 


~  Maxima 

i 

fj  lon^a 

i 

H  Breuis 

ad  Canlum     0  Minima  (!) 

6  semiminima  (!) 

i  fusela  (!) 

4  Semifusela  (!) 


Pausa 


♦     T 

4  J- 

r  r 


Semitonia    < 


,i  ni 


L         L 


•   /   r  /*  /* 


24 


Leonhard  Kleber's  Tabulaturbuc  . 


Murdantes 


f 
t       t      \ 

\J  \J  V 

1   1  i 


Proportio 
tripla 


5       P       f 
♦      ♦       ♦ 


ß      ß      ß      ß      ß      ß 
♦      ♦♦♦♦♦ 


proportio 

semitripla      {    " « ' 

Im  wesentlichen  das  gleiche  Bild  bietet  das  Leonhard  Kleb  er - 
sche  Tabulaturbuch  aus  den  Jahren  1520—1524,  das  die  Kgl.  Bi- 
bliothek Berlin  unter  der  Signatur  Mus.  Ms.  Z  26  bewahrt1.  Die 
Oberstimme  ist  mit  vollen  Formen  auf  5 — 7  Linien  notiert,  die 
Oktave  rechnet  von  h—b,  wenn  auch  zuweilen  eine  Hinneigung 
zur  Oktave  c—h  zu  erkennen  ist.  Die  tiefsten  Tone  werden  mit 
den  großen  Buchstaben  2f  (E>  OC  B  aufgezeichnet.  Die  tiefste 
Stimme  ist  gleich  unter  der  Oberstimme  angeordnet.  Taktgrenzen 
werden  durch  weitere  Zwischenräume  markiert.  Versetzungs-  und 
Verzierungszeichen  gelangen  in  der  gewohnten  Weise  zur  Ausfüh- 
rung, nur  daß  Mordent  und  Chroma  sich  zum  Zeichen  J  vereinigen. 

Fahnen  werden  in  der  Oberstimme  zu  Balken  verbunden,  wofern 
das  zu  überspannende  Intervall  nicht  grüßer  als  eine  Quarte  ist. 
Gleiche  Rhythmen  mit  zwei  und  mehr  Fahnen  werden  dort,  wo 
sie  reihenweise  auftreten,  gern  nur  in  ihrem  ersten  Werte  bezeichnet. 
Eine  besondere  Bewertung  erfährt  zuweilen  der  Punkt.  Bald  übt 
er  die  gewohnte  Wirkung  eines  Additionspunktes  aus,  bald  fügt 
er  der  vorangehenden  Note  nur  den  Wert  der  folgenden  Notengat- 


I     egS-    m- — ■ — — - 

tung  hinzu,  wie  in  folgendem  Falle:  zi__^*    *~=z  =  {fo  . _ J    1  jE  j 


Der  Anschauung  diene  der  Anfang  von  H.  lsaac's  »0  sanctissima « . 
(Siehe  das  Faksimile  S.  26.) 

H.  Isaac,  O  sanctissima.     In  Fa.    IB  (Hans  Buchner). 


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§P5 


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i  Hans  Loeweni'eld  machte   den  Kodex  zum  Gegenstand  seiner  Disser- 
tation »Leonhard  Kleber  und  sein  Orgeltabulaturbucli«   (Berlin  1897). 


H.  Isaac:  0  sanctissiroa. 


25 


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26 


H.  Isaac:  0  sanctissima. 


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lrf    *  U^t  Iffiti  frei.     9     ~f§    -■/■ 


Berlin,  Kgl.  Bibl.    Mus.  Ms.  Z  26.    (Zu  S.  24.) 


Hans  Buchner's  Fundament  buch.  27 

Ein  wichtiges  Dokument  der  Orgelmusik  verdanken  wir  der 
Schule  Paul  Hofhaymer's,  der  von  Luscinius  in  seiner  »Mu- 
surgia«  als  der  Fürst  der  Instrumentalmusik  gepriesen  wird.  Ein 
Orgelsatz  in  Basel  F IX  57  spricht  für  seine  Kunst.  Der  1483  zu 
Ravensburg  geborene,  in  der  Schule  Hofhaymer's  aufgewachsene 
und  lange  Jahre  bis  zu  seinem  Tode  um  1540  am  Konstanzer 
Münster  als  Organist  tätige  Hans  Buchner  verfaßte  ein  in  latei- 
nischer Sprache  geschriebenes  Lehrbuch  des  Orgelspiels  und  der 
Orgelkunst,  sein  »Fundamentbuch«,  das  sich  in  zwei  wichtigen 
Quellen,  dem  Kodex  284  der  Züricher  Stadtbibliothek  und  dem  aus 
Bonifacius  Amerbach's  Besitz  stammenden,  1551  datierten  Basier 
Manuskripte  Univ.-Bibl.  FI8  erhalten  hat1.  Es  schafft  uns  die 
Möglichkeit,  den  Stand  der  damaligen  Technik  klar  zu  erkennen. 
Drei-  und  Vierstimmigkeit  halten  sich  nahezu  die  Wage.  Auch 
Füiifslimmigkeit  kommt  wie  bei  Kleber  vor.  Für  die  Oberstimme 
werden  Systeme  von  fünf  Linien  verwendet.  Das  Notenmaterial 
stellt  die  auf  die  Hälfte  reduzierten  Werte  der  Gesangsmusik  dar. 
Wie  Kleber  und  Luscinius  spricht  Meister  Hans  die  Note  «*,  als 

brevis  (=  2  Schläge),  -L  als  semibrevls  (=  I  Schlag),  -L  als  minima 

■'s,  ^  Es 

(=  i/2  Schlag),  -C  als  semiininima,  ■£  als  fusela  und  ^  als  semi- 
fusela  an  und  stellt  damit  die  Kongruenz  mit  den  rhythmischen 
Werten  der  Buchstabenreihen  .  |  iv  f*  p-j§  wieder  her,  die  seit  Schlick's 
Zeit  verloren  gegangen  war.  Die  krausen  Verhältnisse  der  Tabellen 
Kolter's  und  Oswald  Holtzach's  sind  damit  eliminiert.  Bemer- 
kenswert ist  bei  Hans  Buchner  noch  die  Fingersatzbezeichnung. 
Beide  Hände  werden  in  gleicher  Weise  behandelt:  den  Daumen 
entspricht  die  Zahl  5,  den  Fingern,  vom  Zeigefinger  aus  gerechnet, 
die  Zahlen  1—4;  die  für  die  linke  Hand  bestimmten  Ziffern  werden 
durchstiichen. 

13215     5   12  3  4 

Die  deutsche  Orgeltabulatur  griff  aber  in  ihrem  Einflüsse  auch 
auf  außerdeutsches  Gebiet  über.  In  Krakau,  dem  alten  polnischen 
Kultursitzc,  der  deutscher  Kunst,  deutschem  Wissen  und  deutschem 
Gewerbefleiße   viel    zu  danken    hat,  sammelte  vor  1540  der  cano- 


1  Siehe  die  Ausgabe  von  Carl  Paesler  in  der  »Vierleljahrsschrift  für 
Musikwissenschaft«  V,  Iff.,  die  hübsche  Studie  über  »Johann  Buchner«  von 
Ernst  von  Werra  in  Haberl's  »Kirchenmusikalischem  Jahrbuch  für  1895« 
S.  88  ü".  und  die  Beiträge  in  den  »Monatsheften  für  Musikgeschichte.«  21,  103, 
142  und  191.  Heranzuziehen  ist  auch  der  Aufsatz  von  Wilibald  Nagel  in 
den  »Monatsheften  für  Musikgeschichte«  -23.  Jahrg.  S.  74  ff. 


28  Das  Orgelbuch  des  Jan  von  Lublin. 

nicus  regularis  des  Klosters  Krasnik  Jan  von  Lublin  die  Mate- 
rialien zu  seinem  Orgelbuche,  das  in  den  Jahren  1537  — 1548  ent- 
stand und  das  umfangreichste  Denkmal  deutscher  Orgeltabulatur 
und  ein  wichtiges  Dokument  für  deutsche  und  polnische  Musik  dar- 
stellt. Es  gehurt  jetzt  der  Akademie  der  Wissenschaften  in  Krakau 
und  trägt  die  Signatur  Ms.  1716.  Eingehende  Nachrichten  über  diese 
Quelle  verdanken  wir  den  tüchtigen  polnischen  Musikforschern 
A.  Chybinski1  und  Z.  Jachimecki2.  Wie  Hans  Buchner  leitet 
Jan  von  Lublin  sein  Tabulaturbuch  mit  einem  lateinischen,  reich 
mit  Beispielen  ausgestatteten  Lehrtraktat  über  den  mehrstimmigen 
Satz  ein3,  der  uns  aber  über  Orgeltechnik  keinerlei  Aufschlüsse 
gibt.  Die  Notation  der  Tabulatur  entspricht  bis  auf  kleine  Züge  der 
Hans  Buchner's.  Das  System  der  Oberstimme  umfaßt  5 — 9  Linien. 
Der  Gebrauch  von  sieben  und  acht  Linien  überwiegt.  Die  verwen- 
deten Notenzeichen  mit  den  entsprechenden  rhythmischen  Zeichen 
der  Buchstaben- Stimmen  sind  nach  Chybinski: 


semiminima  ♦ 
fusa  ♦ 

semifusa         ♦ 


longa  H 

H 

brevis  + 

• 

♦ 

i 

semibrevis 

♦ 

r- 

minima 

♦ 

p 


Von  besonderen  Charakteren  sei  das  nach  rechts  umgebogene, 
dem  Notenkürper  unten  angefügte  Häkchen  q  erwähnt.  Die  von 
Chybinski  gegebene  Erklärung  desselben  als  Warnungszeichen  vor 
Alteration  hat  wenig  Einleuchtendes.  Sollte  sich  nicht  doch  eine 
mordentartige  Verzierung  darunter  verbergen?  Wichtig  ist  die  von 
Chybinski  durch  Vergleich  eruierte  Deutung  von 


und  |^  = 


1  »Tabulatura  organowa  Jana  z  Lublina  (1540)«  in  >Kwartalnik  Muzyczny« 
Jahrg.  1  Heft  -I  S.  9  ff.  (Warschau  19-11)  —  »Polnische  Musik  und  Musikkultur 
des  1 6.  Jahrhunderts  in  ihren  Beziehungen  zu  Deutschland«  in  den  »Sammel- 
bänden der  IMG.«  XIII  (1912)  S.  463  IT. 

2  »Wplywy  wloskie  w  muzyce  polskiej«  (Krakau  1911)  cap.  1.  Hierzu  er- 
schien der  deutsche  Auszug  aus  dem  »Bulletin  de  l'Academie  des  Sciences  de 
Cracovie.  Avril-Mai  1911«  »Italienische  Einflüsse  in  der  polnischen  Musik. 
I.Teil.    1540  —  1640«. 

3  Siehe  den  auszugsweisen  Abdruck  bei  Chybinski  in  den  »Sammel- 
bänden der  IMG.«  XIII,  486  11 


Elias  Nicolaus  Amnierbach.  29 

Ebenfalls  von  Krakauer  Boden,  aus  der  Bibl.  Grac.  St.  Spiritus, 
kommt  eine  zweite,  1548  datierte  Tabulatur,  die  sich  jetzt  im  Be- 
sitze von  Prof.  A.  Polinski  in  Warschau  befindet  und  in  vielen 
Stücken   mit  dem  Orgelbuch   des  Jan  von  Lublin  korrespondiert1. 

Wenige  Jahrzehnte  nach  Hans  Buchner's  Wirken  vollzieht  sich 
ein  Umschwung  in  der  deutschen  Orgelnotation.  Alle  Stimmen 
werden  mit  Hilfe  von  Buchstaben  zum  Ausdruck  gebracht.  Die 
Reihe  der  in  dieser  Weise  aufgezeichneten  Tabulaturen  eröffneten 
die  Werke  des  Leipziger  Thomas-Organisten  Elias  Nicolaus  Am- 
merbach (Ammorbach): 

1571  Orgel  oder  Instrument  Tabulatur.  Leipzig,  Jac.  Berwald's 
Erben.    (Leipzig,  Stadtbibl.,  Rostock,  Kopenhagen,  London.) 

I575  Ein  New  Kunstlich  Tabulaturbuch.  Leipzig,  durch  Joh. 
Beyer.     (München,  Hofbibl.) 

1583  Orgel  oder  Instrument  Tabulaturbuch2.  Nürnberg,  Typis 
Gerlachianis.  (Magdeburg,  Dombibl.,  München,  Hofbibl.,  Re- 
gensburg, Wien,  Wolfenbüttel.) 

Es  ist  bemerkenswert,  daß  hier  die  Taktstriche  wieder  in  die 
orgeltabulatur  einziehen.  Die  Oktave  rechnet  von  h — b,  die  tiefste 
Oktave  ist  als  kurze  Oktave  angeordnet: 

c    c  Cn  D*   Bu        1a  9l      ffr     *     bü    -<Ia  V  7  fr-  ^  h   s     ^ 

EF    6     A    Hcd     e  f    g     ahcd     et    g     ah  c— c 

Die  Fingersatzbezeichnung  weicht  insofern  von  der  früheren  ab, 
als  der  Daumen  mit  0  bezeichnet  ist.  Hinsichtlich  des  Mordent 
bemerkt  Ammerbach  in  seinem  Werke  von  1583: 

>Mordanten  sind,  wenn  ein  Clauis  mit  dem  Nechsten  neben  ihm  gerürt 
-wird  /  dienen  viel  zur  zierd  vnnd  liebligkeit  des  gesangs  /  wenn  sie  recht  ge- 
braucht werden.  Und  sind  zweyerley  art  /  als  auff  vnnd  absteigen.  Erstlichen 
im  aufsteigen  /  als  e  f  wird  das  e  mit  dem  d  geduplirt  vnd  im  absteigen  f  ~e  / 
So  wird  das  f  mit  dem  g  duplirt  vnnd  das  e  mit  dem  f  als  Exempli  gratia. 

r  r 


i_  i 

Ascendendo     e    J   e  d  e  d     e    f  e  f  e      f 
Descendendo  f  e    f  g  f  g     f    efef    e 


1  Eine  ausführliche  Studie  über  diese  Tabulatur  besitzen  wir  von  Z.  Jachi- 
mecki  in  dem  »Krakauer  Akademiebericht  der  phil.  Klasse«  Bd.  53  (1913): 
»Tabulatura  organowa  z  biblioteki  klastoru  Sw.  Ducha  w  Krakowie  z  r.  1548«. 
Siehe  auch  Polinski,  »Dzieje  muzyki  polskiej  w  zarysie«  [Warschau,  s.a.) 
S.  101  Faksimile  des  Kyrie  einer  Messe  von  Nicolaus  von  Krakau. 

2  Es  war  mir  nicht  möglich,  die  beiden  Drucke  von  1571  und  1583  zu 
vergleichen,  um  festzustellen,  ob  hier  nur  eine  Neuauflage  mit  anderem  Titel- 
druck vorliegt.     Die  Drucke  von   157:;  und  1583  sind  inhaltlich  verschieden. 

Kl.  Handb.  der  MimVgesch.    VIII.  2.  3 


30  Die  Orgeltabulatur  im   17.  und  -1 8.  Jahrhundert. 

Der  durch  Ammerbach  gegebene  Aufriß  der  deutschen  Orgel- 
tabulatur1 bleibt  im  großen  und  ganzen  bis  in  die  zweite  Hälfte 
des  1 8.  Jahrhunderts  bestehen,  nur  daß  sich  während  des  1  7.  Jahr- 
hunderts die  Oktavlage  c — h  immer  mehr  Geltung  verschafft  und 
der  Gebrauch  der  kurzen  Oktave  gänzlich  aufhört. 


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4 


7  ?  v 


Lübeck,  Stadtbibl.,  „Buxtehude 's  Kantaten". 

Die  Periode  der  deutschen  Tabulaturdrucke  scheint  mit  der 
»Harmonia  organica«  des  Erasmus  Kindermann  und  der  »Tabu- 
latura«  des  Christian  Michel  1645  ihren  Abschluß  zu  finden. 
In  den  Büchern  der  Organisten  mischt  sich  gern  Kirchliches  und 
Weltliches.  Bei  den  weltlichen  Liedern  und  Tanzsätzen  ist  in  erster 
Linie  an  Klavierinstrumente  als  ausübende  Faktoren  zu  denken, 
wenn  auch  die  kleinen  Typen  der  Orgel,  Positiv  und  Portativ,  ihre 
Rolle  als  Gesellschaftsinstrumente  noch  nicht  ausgespielt  haben. 
Ein  solcher  handschriftlich  auf  der  Kgl.  Bibl.  Berlin  bewahrter  Tanz 
veranschauliche  die  deutsche  Orgeltabulatur  seit  Ammerbach.  (Siehe 
das  Faksimile.) 

1  Auch  nach  Polen  reicht  die  Machtsphäre  dieser  deutschen  Tabulatur. 
Die  Bibliothek  Polinski  in  Warschau  besitzt  hierfür  einen  trefflichen  Beleg; 
ein  Stück  »Cibavit«  von  Martin  Leopolita  liegt  faksimiliert  in  Polinski's 
»Dzieje  Muzyki  Polskiej«   S.  81   vor. 


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Kleine  abweichende  Züge  machen  sich  innerhalb  der  Orgeltabu- 
latur  auch  seit  der  Wende  des  16.  Jahrhunderts  geltend.  So  ist 
in  der  aus  der  Zeit  1593 — 1597  stammenden  Berliner  Handschrift 
Z  115  die  zweigestrichene  Oktave  durch  eine  Wellenlinie  über  den 
Buchstaben  statt  durch  zwei  Striche  charakterisiert.  Dann  und 
wann  ersetzt  man  auch  reihenweis  auftretende  rhythmische  Zeichen 
mit  vielen  Fahnen  durch  Zahlen,  die  die  Zahl  der  Fahnen  des  an- 
gewandten rhythmischen  Wertes  angeben.  Als  Beispiel  führe  ich 
in  erster  Linie  Lüneburger  Tabulaturen  an.  Auch  auf  die  Yincenz 
Lübeck-Tabulatur  aus  Schmahl's  Besitz  in  der  Kgl.  Bibliothek  Berlin 
sei  hingewiesen. 


32  Deutsche  Orgeltabulaturen. 

Eine  Reihe  wichtiger  Orgeltabulaturen  möge  in  chronologischer 
Folge  das  Kapitel  beschließen.  Vorweg  genannt  seien  die  reichen 
Bestände  der  Breslauer  Stadtbibliothek,  die  aus  Emil  Bohn's  Ka- 
talog der  »musikalischen  Handschriften«1  (Breslau  1890)  leicht  zu 
ersehen  sind. 

4562  Handschr.  Anhang  zu  »Ochsenkun's  Tabulaturbuch  -1 558«  (Berlin, 
Kgl.  Bibl.). 

1563  Claudio  Sebastiani,  Bellum  musicale.  Argentorati  Bl.  Nv.  (Berlin,  Kgl. 
Bibl.,  Breslau,  Dresden,  Göttingen,  Hannover,  München, 
Douai,  Glasgow,  Kopenhagen,  London,  Paris,  Rouen). 

4571  Elias  Nicolaus  Am  in  erb  ach,  Orgel  oder  Instrument  Tabulatur.  Leipzig, 
Jac.  Berwald's  Erben.  (Leipzig,  Stadtbibl.,  Rostock,  Kopenhagen, 
London,  British  Museum). 

4  575  Elias  Nicolaus  Ammerbach,  Ein  New  Kunstlich  Tabulaturbuch.  Leipzig, 
durch  Joh.  Beyer.   (München,  Kgl.  Hof  bibl.,  London,  British  Museum) . 

1 576,  1 577  Bernhart  Schmid,  Zwey  Bücher  Einer  Neuen  Kunstlichen  Tabu- 
latur auff  Orgel  vnd  Instrument.  Getruckt  zu  Straßburg  /  bei  Bern- 
hart Jobin  (Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Mus.  mit.  praet.  S  650,  Breslau, 
Leipzig,  Nürnberg,  Regensburg,  Proske-Bibl.,  Wolfenbüttel. 

1583  Elias  Nicolaus  Ammerbach,  Orgel  oder  Instrument  Tabulaturbuch. 
Nürnberg,  Typis  Gerlachianis  (Breslau,  Univ.-Bibl.,  Magdeburg, 
München,    Regensburg,  Wien,  Wolfenbüttel). 

1583  Johann  Rühling  von  Born,  Tabulaturbuch  Auff  Orgeln  vnd  Instrument 
Der  Erste  Theil.  Gedruckt  zu  Leipzig  bey  Johann  Beyer  (Annaberg, 
Berlin,  Kgl.  Bibl.,  München,  Kgl.  Hofbibl.,  Wolfenbüttel,  herzogl. 
Bibl.,  Basel,  Univ.-Bibl.  F IX.  44). 

15S3  Jacob  Paix,  Ein  Schön  NVtz  vnnd  Gebreuchlich  Orgel  Tabulaturbuch. 
Getruckt  bey  Leonhart  Beinmichel  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  ant.  pract. 
P  70,  Rostock,  Univ.-Bibl.,  Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Wien, 
Bibl.  der  Gesellschaft  der  Musikfreunde). 

1585  Christoff  Löffelholtz  von  Kolbergk,  Tabulatur  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus. 
Ms.  Z34). 

1589  Jacob  Paix,  Thesaurus  motetorum.  Straßburg,  Jobin  (München,  Kgl. 
Hofbibl.,  Stuttgart,  Kgl.  Hofbibl.). 

1593—97  Handschr.  Tabulatur  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  Z  115)  mit  Cho- 
rälen, Liedern  und  Tänzen. 

1594 — 96  Joh.  Fischer  Morungensis,  Künstlich  Tabulatur-Buch,  Lib.  secun- 
dus  (Thorn,  Ratsbibl.)2. 

1596  Thomas  Vorburger,  Fasciculus  selectarum  cantionum  (München,  Kgl. 
Hofbibl.  Mus.  Ms.  1640). 

1  598  Nörmiger,  Tabulaturbuch  auff  dem  Instrumente  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Muh. 
Ms.  Z89). 

um  1600  Orgeltabulatur  (Ms.  Leipzig,  Stadtbibl.). 

um  1600  Orgeltabulatur  (Ms.  Regensburg,  Proske-Bibl.)  mit  Motetten  italie- 
nischer, niederländischer  und  deutscher  Meister. 


1  Es  sind  im  Bohn'schen  Katalog  die  Nummern  1—4,  6,  18—21,  33,  34, 
36,  42,  43,  47,  51,  52,  55,  67,  101,  102,  105,  109,  110,  119,  120,  150,  150a, 
166,  200—200=,  201,  207. 

2  Vgl.  Döring,  »Geschichte  der  Musik  in  Preußen«  (Elbing  1852)  S.  187  ff. 


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Deutsche  Orgeltabulaturen.  33 

um  1600  Choralbuch  von  Johann  und  Caspar  Plütz  aus  Brieg  (Berlin,  Kgl. 
Bibl.  Mus.  Ms.  Z  56). 

1601  Joh.  Stephan,  Fragment  (Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Uns.  Ms.  2139% 

1602  Wilhelm  Sixt ...,  Tabulatur  Buch  auf  der  Orgcll  vnndt  Instrument  aller- 

hand auserleßner  Mudeten  (München,  Kgl.  Hofbibl.  Mus.  Ms.  t748). 

1602  Erasmus  Hofer,  Tabulaturbuch  (wurde  1888  vom  Antiquariat  L.  Liep- 
mannssohn  ausgeboten). 

um  1605  Tabulatur  Aurich,  Kgl.  Staatsarchiv. 

1607  Bernhard  Schmid  (der  Jüngere),  Tabulatur  Buch  Von  Allerhand  auß- 
erlesnen  /  Schönen  /  Lieblichen  Praeludijs,  Toccaten,  Mottelen,  Canzo- 
netten,  Madrigalien  vnnd  Fugen  von  4.  5.  vnd  6.  Stimmen.  Straßburg, 
Lazarus  Zetzner  (Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Mus.  ant.  pract.  S  655  u.  655". 
München,  Kgl.  Hofbibl.,  Straßburg,  Univ.-Bibl.,  Prag,  Univ.-Bibl., 
Wolfenbüttel). 

1617  Joh.  Woltz,  Nova  musices  organicae  tabulatura.  Basel  (Breslau,  Stadt- 
bibl.,  Wolfenbüttel). 

1617  Jos.  Bötticher,  Te  Deum  laudamus  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  autogr.). 

1621  Werke  von  Dr.  John  Bull  in  deutscher  Orgeltabulatur  (Wien,  k.  k.  Hof- 
bibl. Ms.  17771). 

1628  Orgeltabulatur  (London,  British  Museum  Add.  34S98). 

1629  Klavierbuch  der  Jungfrau  Regina  Clara  Im  Hoff  (Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Ms.  18491). 

um  1630  Tabulatur  mit  Werken  J.  Leo  Haßler's  (Leipzig,  Stadtbibl.  an 
Mus.  17.  4o). 

um  1630  Daniel  Hofer,  Tabulaturbuch  (Basel,  Univ.-Bibl.  F IX  52). 

1630 — 43  Choräle,  Lieder  und  Tänze  von  Frescobaldi,  du  Charreart  u.  a. 
(Berlin- Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim). 

1631  Valentinus  Zeiß  aus  Neuhen  Öttingen,  Tabulaturbuch  (Florenz,  Bibl. 
Riccardiana  Ms.  3132). 

1631  Wolfgang  Schonsleder,  Architectonice  Musices  Universalis  ex  qua  Melo- 
poeam  per  universa  et  solida  fundamenta  musicorum  proprio  marte 
condiscere  possis.  Ingolstadii  Typis  Wilhelmi  Ederi  [S.  71]  (Berlin, 
Kgl.  Bibl.,  Göttingen,  Univ.-Bibl.,  München,  Kgl.  Hof-  u.  Staatsbibl., 
Mainz,  Stadtbibl.,  Regensburg,  Proske-Bibl.,  Glasgow,  Univ.-Bilil.  . 

1635  Remy  Fesch,  Tabulaturbuch  (Basel,  Univ.-Bibl.  Ms.  F  IX 42). 

1638—40  Samuel  Mareschal,  Orgelstücke  (Basel,  Univ.-Bibl.  F  IX  47— 50). 

um  1640  Tabulatur  (München,  Kgl.  Hofbibl.  Mus.  Ms.  1657). 

um  1640  Madrigale  von  Claudio  Monteverde  (Berlin-Grunewald,  Bibl. 
Dr.  Werner  Wolffheim). 

1641   Orgelbuch  Gustav  Düben's  (Upsala,  Univ.-Bibl.  J.  Mus.  10s  . 

1645  Joh.  Erasmus  Kindermann,  Harmonia  Organica  In  Tabulaturam  Ger- 
manicam composita.     Norimbergae  aere  incisa  (Berlin,  Kgl.  Bibl.). 

1645  Christian  Michel,  Tabulatura,  Darinnen  Etzliche  Praeludia  Toccaten  vnd 

Couranlen  uff  das  Clavir  Instrument  gesetzt.     Braunschweig,  Godfiidt 
Müller  (Berlin,  Kgl.  Bibl.). 

1646  Deutsche  Orgeltabulatur  mit  Werken  von  Schcidt,  Buxtehude,  Cherll, 

Pachelbel.T.  Merula,  Frescobaldi,  Froberg er,  Saxer,  Brunck- 
horst,  Andr.  Werckmeister  u.a.  (Leipzig,  Stadtbibl,  Ms.  51). 
1649  Melchior  Vulpius,  Choral  oder  Kirchen  Gesenge  vnd  Geistliche  Lieder 
In    die  Tabulatur   transponirt  von  Johannes  Vockerodt  Mulh.  Thur. 
(Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  Z 65). 


34  Deutsche  Orgeltabulaturen. 

4  650  Geistliche  Kirchen  Melodien  in  vier  Vocal  und  zwey  Instrumentalsjtimmen 
als  Violinen  oder  Cornette  übersetzt  von  Johann  Crügern.  In  die  Tabu- 
latur  Transponirt  von  Johannes  Vockerodt  (Berlin,  Kgl.  Bibl.). 

1650  Harmonia  cantionum  ecclesiaslicarum.  Kirchengesänge  mit  4  stimmen 
durch  Sethum  Calvisium.  In  die  Tabulatur  transponiert  von  Johannes 
Vockerodt  (Berlin,  Kgl.  Bibl.). 

um  1650  Tabulatur  mit  geistlichen  und  weltlichen  Sätzen  von  Wilhelm  For- 
melis,  Lud.  Viadanus,  G.  Aichinger  (Berlin,  Kgl.  ßibl.  Mus.  Ms. 
misc.  121"). 

1653  Handschr.  kirchliches  Gesangbuch  (Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner 
Wolffheim). 

1657  Burchardus  Gramman's  Abschrift  der  Compositions  Regeln  Herrn  M.  Jo- 
han  Peterson  Sweling  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  theor.  4<>  62). 

um  1660  Praeludien,  Fantasien  und  Fugen  von  Froberger,  Sfcheidemann^, 
Sjweelinck]  u.  a.  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Amaliensamml.  Nr.  340). 

1663  Thomas  Seile,  3  Bände  Kompositionen  (Hamburg,  Stadtbibl.  Ms.  100"). 

um  1664  Tabulaturbuch  mit  Fantasie,  Ricercari,  Capricci  von  Jo.  Froberger, 
D.  F.,  W.  K.,  B.  M.,  J.  P.,  F.  S.,  H.  S.  (Berlin,  Amaliensamml.  Nr.  340,. 

nach  166S  Handschr.  Anhang  an  Gabriel  Voigtländer's  »Sammlung  deutscher 
Arien  und  Lieder«  mit  Werken  von  M.  Seh  ildt  (Kopenhagen,  Kgl.  Bibl). 

1643 — 69  Orgeltabulatur  Matth.  Haertel  (Amalienbibl.).  In  der  Bibl.  des  Joa- 
chimsthai'schen  Gymnasiums  verloren  gegangen. 

um  1670  Suiten,  Tänze  und  Lieder  von  J.  B[esardus],  G.  G.  Frob[erger],  J'ohannj 
Efrasmus]  Kindermann;,  Adam  Krije]ger,  M.  Pesenti,  D[avid]  Sfchedlichj. 
Schmidt,  V[alentinJ  St^robel]  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40147). 

1672—74  Neue  Allemanden,  Couranten,  Sarabanden,  Giquen,  Cavoten  Und 
Canarien  mit  sonderbahrem  fleiß  von  der  Angelique  und  Lauten  auff 
das  Klavier  gesetzt  auff  einem  Spinet  zu  spielen.  Zwei  Sammlungen 
(Darmstadt,  Hofbibl.). 

1676  Daniel  Schmidt,  Orgeltabulatur  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40158). 

1678  Tabulatur  G.  A.  R.  C.  mit  Arien,  deutschen  Liedern  und  Tänzen  (Berlin- 
Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim). 

um  1680  Joh.  Kasp.  Kerl,  Angelorum  esca  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  11563). 

um  1680  Adoramus  te  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus:  Ms.  40240). 

1681   Suiten  von  Biber,  Froberger,  Schmeltzer  (Leipzig,  Stadtbibl.  Ms.  19). 

1683  Suiten-Fragment  (Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Mus.  Ms.  40167). 

1683  G.  A.  A.  französische  Tanzsuiten  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  Z  76). 

1686  Reinh.  Kirstein,  Choral-Buch  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40186). 

1 687  Tabulatur  Franc.  Max.  de  Pückh  (München,  Kgl.  Hofbibl.  Mus.  Ms.  4112). 
1689  Joh.  Christian  Ungar,  Tabulatura  seu  potius  Partitura  (Berlin,  Kgl.  Bibl. 

Mus.  Ms.  40144). 

1692  Johan  Valentin  Eckold,  Phantasien",  Fugen  und  Capriciosen  Berlin, 
Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  Z35). 

1692 — 97  Ms.  Meilstorff  (1885  von  L.  Liepmannssohn  angeboten). 

I699  Klavierbuch  der  Anna  Margaretha  Stromerin  (Nürnberg,  Germ.  Mu- 
seum). 


1  Aus  der  Münchener  Hofbibliothek  seien  noch  folgende  deutsche  Orgel- 
tabulaturen herausgehoben:  Mus.  Mss.  1581, 1640,  1641,  262,  264,  265.  Auch 
die  Bibliothek  des  Fürsten  Thurn  und  Taxis  zu  Regensburg  besitzt  eine  ganze 
Reihe  handschriftlicher  Orgeltabulaturen  des   1 6.  und   I  7.  Jahrhunderts. 


Laulentaliulaluren.  35 

1<;99  Suiten  von  Froberger  (Wien,  k.  k.  Hofbibl.  Ms.  16798). 

1646—4700  Tabulatur  (Leipzig,  Stadtbibl.). 

1  650 — 1700  Tabulatur  mit  kirchlichen  Werken  von  Capricornus.Schmetzn. 
Wecker.  Flixio,  Caspar  Kerl,  Kindermann,  Clemens  Thieme, 
Heinr.  Schwemmer  und  Paul  Heinlein  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms. 
misc.  296.4). 

um   1 700  Nun  lob  mein  Seel  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  4010S). 

um  1700  Jesu  decus  angelicum  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40169). 

um  1700  Tabulatur  mit  kirchlichen  Werken  von  Ant.  Bartali  und  Paul  Hein- 
lein (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus  Ms.  misc.  121"). 

1702  Tabulaturbuch  der  Charlotte  Amalie  Trolle  [Preetz;  (Kopenhagen, 
Kgl.  Bibl.). 

1679 — 1704  Tabulatur vnnd  Gesangbuch  mit  Werken  von  Corn.  Freund. 

Jo.  Stoll,  Tob.  Roth,  Jo.  Walther,  Jo.  H.  Schein,  Seth  Calvisius, 
Melchior  Franck,  Thom.  Walliser  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40038). 

1710  Tabulatur  Johann]  C[hrislian]  Schieferdecker]  mit  Chorälen  an:  Störl's 
»Neubezogenes  Davidisches  Harpfen  und  Psalter-Spiel«  1710  (Berlin- 
Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim). 

1715  Tabulatur  mit  Chorälen,  Arien  und  Tänzen  (Berlin-Grunewald,  Bibl. 
Dr.  Werner  Wolffheim). 

I720  Christoph  Guillaume  Hoeckner,  Tabulaturbuch  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus. 
Ms.  Z30). 

1717 — 1723  Orgel-Büchlein  J.  S.  Bach's  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  P 283)K 

um  1725  Concerto  Lobe  den  Herrn  a  14  di  F.  W.  Zach  au  (Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Mus.  Ms.  misc.  121"). 

um  1725  H.  Schmahl's  Tabulaturen  mit  Orgelwerken  von  D.  Buxtehude. 
Nicolaus  Bruhns,  Leyding  und  Vincenz  Lübeck  (Berlin.,  Kgl.  Bibl.). 

um  1730  Geistliche  Psalmen-  und  Lieder-Fugen  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Ms.  acc.41s4  . 

IT  15  Sorge,  Vorgemach  der  musicalischen  Komposition  [darin  Beispiele  in 
deutscher  Orgeltabulatur]. 

i  75  4  Ciavier  und  Orgelbuch  des  J.Andreas  Bach  (Leipzig,  Stadtbibl.. 

1782  Petri.  Anleitung  zur  practischen  Musik. 


2.  Kapitel. 
Lautentabulaturen. 

Die  Laute,  ein  Instrument  asiatischen  Ursprungs,  ist,  wenn  auch 
in  anderer  Form,  zuerst  bei  den  Persern  sicher  nachweisbar.  Eine 
gewisse  Ähnlichkeit  mit  dem  nefer  der  Ägypter  ist  nicht  zu  ver- 
kennen. Von  den  Persern  übernahmen  die  Araber  die  Laute.  Nach 
Kosegarten2  soll  Saib  Ghatir,  ein  Handelsmann  persischer 
Herkunft,  um  682  in  Medina  als  erster  die  Laute  gespielt  haben. 


1  Bach  bedient  sich  hier  der  Orgeltabulatur,  wenn  es  ihm  bei  Nieder- 
schriften an  Platz  mangelt,  um  ein  Stück  auf  einer  Seite  zu  Ende  zu  führen. 
Siehe  im  .Orgel-Büchlein«   S.  9,  17,  22,  26,  30. 

-  »Alii  Ispahanensis  Liber  cantilenarum  magnus«,  Greifswald    I  s 4 0 . 


36  Lautentabulaturen. 

AI  Farabi1,  der  älteste  uns  bekannte  arabische  Musiktheoretiker 
(•j-  950),  gibt  uns  eine  eingehende  Schilderung  des  Instruments, 
ebenso  die  etwa  derselben  Zeit  entstammende  »Encyklopädie  der 
lauteren  Brüder«2.  Vier  Saiten  hatte  vordem  die  Laute,  Saiten, 
die  aus  Seidenfäden  zusammengedreht  waren.  Die  Verwendung  von 
64,  48,  36  und  27  zusammengedrehten  Fäden  lassen  aus  ihrem 
Verhältnis  ohne  weiteres  die  Quartenstimmung  erkennen.  Körte3 
bestimmt  ihre  ungefähre  Tonhöhe  als  dg  c'  f.  Dieser  Quarten- 
stimmung gegenüber  sucht  0.  Fleischer4  noch  eine  Quartterz- 
Stimmung  abendländischen  Ursprungs  nachzuweisen.  Aber  auch 
ihr  arabischer  Ursprung  ist  nicht  ausgeschlossen,  da  AI  Farabi  von 
ihr  bereits  Kenntnis  hat5.  Nach  der  Überlieferung  soll  dieser  Theo- 
retiker im  Hinblick  auf  die  Doppeloktave  der  Griechen  nach  unten 
hin  im  Quartabstande  noch  eine  fünfte  Saite  hinzugefügt  haben. 
Ihm  war  bereits  die  Verwendung  von  Darmsaiten  bekannt.  Das 
Abendland,  in  welches  die  Laute  (aP  üd)  durch  die  Vermittelung 
der  Araber  seit  dem  8.  Jahrhundert  besonders  von  Spanien6  und 
Sizilien  her  eindrang,  kannte  bei  Lauteninstrumenten  nur  Darm- 
saitenbezug. 

Charakteristika  der  abendländischen  Form  der  Laute  sind:  der 
einer  Birne  im  Längsschnitt  ähnelnde  Körper7  mit  der  Schallrose, 
der  lange,  mit  Bünden  (in  ältester  Zeit  vier)  versehene  Hals  und 
der  nicht  selten  umgebogene  Kragen  mit  dem  Wirbelkasten.  Wie 
andere  Instrumente  des  Mittelalters  wurde  auch  die  Laute  chorisch 
gebaut,  verfügte  über  einen  Diskant-,  Alt-,  Tenor-  und  Baßtypus8. 
Die  großen  Typen  wiesen  oft  über  den  Wirbelkasten  hinausgehend 
noch  eine  Verlängerung  des  Halses  bis  zu  einem  zweiten  Wirbelkasten 


1  J.  P.  N.  Land,  »Recherches  sur  l'histoire  de  la  gamme  arabe«  (vol.  II 
des  travaux  de  la  6e  session  du  Congres  international  des  Orientalistes  ä  Leide) 
Leide,  E.  J.  Brill,  1884.  Siehe  die  Besprechung  von  Oskar  Fleischer  in  der 
»Vierteljahrsschrift  für  Musikwissenschaft«  II,  497  ff. 

2  Kiesewetter,  »Die  Musik  der  Araber«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel, 
I842)  S.  61. 

3  »Laute  und  Lautenmusik  bis  zur  Mitte  des  1 6.  Jahrhunderts«  (Leipzig, 
Breitkopf  &  Härtel,  1901)  S.  55  ff. 

*  »V.  f.  M.«  II,  504  ff. 

5  Siehe  J.  P.  Land  in  der  »V.  f.  M.«  II,  348. 

6  Vgl.  Jones,  »Die  Musik  der  Inder«  (Erfurt  1802)  S.  118.  Siehe  auch 
Georg  Kinsky,  Musikhistorisches  Museum  von  Wilhelm  Heyer  in  Köln.  Ka- 
talog.   Zweiter  Band  S.  77  ff. 

7  Nach  Curt  Sachs,  »Real-Lexikon  der  Musikinstrumente«  (Berlin,  Julius 
Bard,  1913)  S.  239a  wird  die  Ausbildung  der  Birnenform  dem  1528  verstor- 
benen Bologneser  Laux  Maler  zugeschrieben. 

8  Vgl.  auch  Mich.  Praetorius,  »Organographia«  cap.  XXIV. 


Die  Form  der  Laute. 


37 


für  die  neben  dem  Halse  herlaufenden,  freischvvebenden  Bordun- 
saiten auf.  Instrumente  dieser  Art  pflegte  man  als  Tbeorben,  Chitar- 
ronen  oder  Erzlauten  zu  bezeichnen.  Die  Grundform  der  Laute  sei 
durch  ein  Blatt  aus  Ochsenkun's  »Tabulaturbuch«  veranschaulicht: 


Die  Darstellung  einer  Laute  in  einer  Prager  Handschrift  aus 
der  Zeit  um  1400  weist  nur  vier  Saiten  oder  Chöre  auf,  die  Lauten 
der  musizierenden  Jungfrauen  Luca  della  Robbia's  (1433)  aber 
bereits  fünf  Chöre  mit  neun  Saiten.  Auch  die  älteste  deutsche 
Lautentabulatur,  deren  Spuren  bis  in  die  Mitte  des  15.  Jahrhun- 
derts zurückgehen,  rechnet  schon  mit  fünf  Chören.  Folgen  wir 
dem  Zeugnis  von  Johannes  Tinctoris  in  seinem  gewissermaßen 
nur  Kostproben  aus  dem  vier  Bücher  umfassenden  Werke  »De  in- 
ventione  et  usu  musicae«  darstellenden  Druck  der  Proske-Bibl.  zu 
Regensburg1,  so  genossen  die  Deutschen  in  der  Pflege  des  Spiels 
der  Laute,  die  unter  dem  Namen  lyra  oder  leutum  aufgeführt  wird, 
besonderen  Ruf.     Nach  den  Berichten  von  Sebastian  Virdung2 


i  V<d.  Fr.  X.  Haberl's  Bericht  im  »Kirchenmusikalischen  Jahrbuch«  1809 
S.  69  ff.  und  die 'Neuausgabe  K.  Weinmann's  iRegensburg,  Pustet  1917. 
2  »Musica  getutscht«   löM. 


38  Stimmung  der  Laute. 

und  Martin  Agricola1  soll  der  blinde  Nürnberger  Orgelmeister 
Conrad  Paumann  die  deutsche  Tabulatur  erfunden  haben.  Sie 
ist,  wie  eben  berührt  worden  ist,  für  die  fünfchörige  Laute  er- 
sonnen. Aber  schon  die  ersten  greifbaren  Tabulaturen  eines  Vir- 
dung2  (1511)  und  Schlick  (1512)  rechnen  bereits  mit  einem  sechs- 
chörigen  Instrument  von  der  Stimmung  A  d  g  h  e  a',  wobei  nach 
den  Untersuchungen  Körte's3  über  die  Zerreißungsgrenzen  der 
Saiten  etwa  eine  absolute  Tonhöhe  F  B  es  g  c'  f  anzunehmen  ist. 
Diese  sechschörige  Laute,  deren  erste  Spuren  Michel  Brenet4  bis 
ins  1  3.  Jahrhundert  zurück  verfolgt,  wird  vornehmlich  von  der  Praxis 
berücksichtigt.  Zwar  treten  in  der  Folge  noch  manche  Saiten 
hinzu,  wie  z.  B.  der  siebente  Chor  bei  Judenkünig  und  Gerle, 
laufen  aber  meist  nicht  über  das  Griffbrett,  sondern  sind  Bordun- 
saiten. Die  Bezeichnung  Chor  bezieht  sich  darauf,  daß  selten  die 
Saiten  einzeln  gesetzt,  sondern  ihnen  zur  Erzielung  größerer  Klang- 
fülle Begleitsaiten  zugesellt  werden.  Die  höchste  Saite,  die  Quint- 
saite, steht  gewöhnlich  allein,  die  folgenden  beiden,  Gesangssaite  und 
Mittelsaite,  erhalten  Einklangsbegleitsaiten,  Kleinbrummer,  Mittel- 
brummer und  Großbrummer  dagegen  Begleitsaiten  in  der  höheren 
Oktave.  Doch  geht  hierin  die  Praxis  der  verschiedenen  Zeiten 
und  Länder  auseinander. 

Die  Tabulaturen  für  Lauteninstrumente  operieren  mit  Zahlen 
und  Buchstaben.  Die  deutsche  Lautentabulatur  bezeichnet  die 
leeren  Saiten  mit  den  Zahlen  1 — 5  für  die  Töne  dg  h  e'  a'  und 
die  Bundfortschreitungen  mit  Buchstaben.  Der  Umstand,  daß  die 
Reihe  der  fortlaufenden  Zahlen  und  Buchstaben  sich  nur  auf  die 
obersten  fünf  Chöre  beschränkt,  läßt  erkennen,  daß  zur  Zeit  der 
Erfindung  dieser  Tabulatur  nur  fünf  Chöre  über  das  Griffbrett  liefen. 
Die  Bünde,  welche  in  alter  Zeit  der  guten  Einstimmung  wegen 
bewegliche  waren  und  aus  Darmsaiten  hergestellt  wurden,  folgten 
in  Abständen  von  Halbtünen  aufeinander.  Die  Bünde  entlang  über 
die  fünf  höchsten  Chöre  hinweg  läuft  nun  das  Alphabet  der  kleinen 
Buchstaben. 

In  der  Bundreihe  x  y  %  %  g  vermutet  Fleischer  die  Überreste 
einer  vergessenen   alten  Notation  und  erkennt  in  den  Zeichen  die 


i  »Musica  instrumentalis  deudsch«  (Gedruckt  zu  Wittemberg  durch  Georgen 
Rhaw.    1529). 

2  Vir  düng  kennt  Lauten  mit  9,  11,  13  und  14  Saiten,  gibt  aber  für  den 
Lernenden  der  mit  11  Saiten  den  Vorzug. 

3  A.  a.  0.  S.  52  f. 

■*  »Notes  sur  fhistoire  du  luth  en  France«  (Rivista  musicale  Italiana  1898;. 


Die  deutsche  Lautentabulatur. 


39 


Zahlen   1  2  3    i   51.     Diese  Anschauung  wird  durch  die  Alphabete 
alter  Zeit  widerlegt*2,  die  fast  immer  den  Buchstaben  die  Abkürzungen 


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für  die  Silben  et,  con  und  rum  anreihen,  zuweilen  sich  aber  auch  nur 
auf  Hinzufügung  des  neunartigen  Zeichens  für  con  beschränken3.  Daß 
z.  B.  schon  Hans  Gerle  in  seiner  »Musica  Teusch«  1532  (37)  aus- 
drücklich 9  als  Zahl  ablehnt  und  als  Abkürzungszeichen  für  die 
Silbe  con  erklärt,  sei  besonders  betont. 


i  Tatsache  ist  es,  daß  die  Abkürzungszeichen  für  et  und  con  arabischen 
Buchstaben  entsprechen,  die  auch  für  die  Zahlzeichen  3  und  6  gelten.  Vgl. 
z.  B.  Anne-Pierre-Jacques  de  Visrnes,  »Pusilogie  ou  de  la  musique  cons.deree 
comme  langue  universelle«  (Paris  1806,  S.  27. 

2  Erinnert  sei  nur  an  das  Werk  »Libro  di  M.  Giovan  Battista  Palatino 
Citadino  Romano  nelquale  s'insegna  a  scriver  ogni  sorte  lettere«    1561 

3  Vgl.  das  »alphabetum  trinitatis«  in  Trier,  Stadtbibl.  cod.  eart.  310  (1982) 
fol.  'iOb. 

Kl.  Handfc.  der  Musik gesch.   VIII,  2.  4 


40 


Die  Griffe  der  deutschen  Lautentabulatur. 


Vom  sechsten  Bunde  an  wiederholt  sich  das  Alphabet  entweder 
mit  doppelten  oder  mit  über-  bzw.  durchstrichenen  Buchstaben: 
aa  oder  ä  oder  t*. 

Die  verwendeten  Buchstaben  bezeichnen  Griffe;  n  ist  z.  B.  der 
dritte  Buchstabe  auf  der  h- Saite  und  verlangt  den  Griff  auf  be- 
ziehungsweise hinter  den  dritten  Bund  der  h- Saite,  entspricht  so- 
mit dem  Tone  h  +  drei  Halbton  seh  ritte  =  d'.  9  bezeichnet  den 
5.  Bund  auf  der  a '-Saite,  erklingt  also  als  a'  -\-  fünf  Halbtöne  =  d". 
Hinsichtlich  der  Bezeichnung  der  A-  Saite  und  ihrer  Bundfortschrei- 
tungen  gehen  die  Praktiken  auseinander.  Ein  Faksimile  aus  H.  New- 
sidler  1536  und  eine  Tabelle  mögen  hierüber  Aufschluß  geben: 


Bemerkenswert  ist  aus  dem  letzten  Denkmal  der  deutscher» 
Lautentabulatur,  einer  1619  datierten  Handschrift  der  Stadtbiblio- 
thek Leipzig,   die  gelegentliche  Bezeichnung  des  leeren   siebenten 


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Die  Laute  im  Abzug,  Darstellung  der  Rhythmik. 


41 


bis  zehnten  Chores  mit  den  Zahlen  7,  8,  9  und   10.    Als  Beispiel 
diene  folgende  kurze  Reihe: 

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10 


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Ist  der  tiefste  Chor  der  sechschörigen  Laute  z.  B.  mit  der  Stim- 
mung Ä  d  g  h  e'  a'  statt  in  A  in  G  gestimmt,  so  steht  die  Laute 
im  >Abzug«.  Wir  befinden  uns  hier  dem  Anfange  der  »scorda- 
tura«  gegenüber.  Über  den  Griffbuchstaben  stehen  die  rhythmi- 
schen Zeichen,  welche  mit  jenen  der  Orgeltabulatur  übereinstimmen. 

Es  entsprechen: 

r  i5 

fi*     H     o    i>   1   i   ♦ 

Notiert  wird  nicht  der  Dauerwert  der  Note,  sondern  der  Zeit- 
unterschied der  aufeinander  folgenden  Griffe.  Für  das  musikalische 
Verständnis  ist  die  Rekonstruktion  der  Dauerwerte  zur  Erkenntnis 
der  Stimmführung  notwendig1.  Behilflich  sind  hierzu  bei  Schul- 
stücken Kreuze  und  Sternchen.  Soll  ein  Finger  beim  Griff  still  ge- 
halten werden,  das  heißt  der  Ton  breit  ausströmen,  so  setzen  Hans 
Newsidler  und  Judenkünig  ein  kleines  Kreuz  (+),  Hans  Gerle 
ein  Sternchen  (*).     Letzter  sagt  z.B.  in  »Musica  vnd  Tabulatur* : 

»Das  wiß  auch  du  wirst  zu  zeytten  stemle  *  linden  hinter  ei  liehen  Buch- 
staben, derselben  wo  eins  hinter  einem  buchstaben  steet  so  mustu  den  finger 
darauff  still  halten  biß  der  schlag  auß  ist  /  Dann  es  wirdt  nur  gefunden  wo 
ein  leuflein  in  demselben  Schlag  geet  /  so  mustu  den  finger  der  dan  zu  dem 
selben  buchstaben  gehört  so  lang  still  halten  biß  das  leuflein  auß  ist  /  das 
must  du  wol  in  acht  haben.« 


l  Vgl.  0.  Körte. 
1901)  S.  äff. 


>Laute  und  Lautenmusik«  (Leipzig.  Breitkopf  &  Härtel, 


42 


Über  den  Fingersatz. 


Noch  deutlicher  erklärt  Judenkünig: 

^und  wo  ein  Kreutzlein  über  ainen  puechstaben  steet,  so  laß  den  finger 
auff  demselben  puechstaben  still  liegen  /  und  nimm  die  weil  für  denselben  den 
negsten  finger  darneben  /  es  sey  in  welchem  pund  es  well  /  so  laß  den  selben  finger 
still  liegen  /  als  lang  es  sich  leiden  will  /  so  behelt  die  lang  notenn  jren  don.c 

Gleiche  kleinere  Rhythmen  wie  i85  p5  oder  ^  ^  ^  ^  werden  mit- 

Punkte,  die  sich  unter, 


einander  zu  einer  Figur  verbunden  ~~ 


TTT 


über  oder  neben  den  Buchstaben  finden,  zielen  auf  den  Fingersatz 
der  rechten  Hand.  Hans  Newsidler  in  seinem  künstlichen  Lauten- 
buch 1535/36,  Hans  Gerle  in  seinen  Tabulaturen  von  1532,  1537, 
1546  und  1552  setzen  z.  B. : 


einen  Punkt  .  für  den  »zeygfinger«, 

zwei  Punkte  :  für  den  »mittelfinger«, 

drei  Punkte  •  für  den  »goldfinger«, 

vier  Punkte  I  für  den  »kleinen  finger« 


Diese  Fingersatzbezeichnung  findet  sich  gemeinhin  nur  in  Schul- 
werken1. Auch  die  Einführung  des  nach  oben  gehakten  rhyth- 
mischen Zeichens  ^  durch  Hans  Judenkünig  für  mit  dem  Zeige- 
finger zu  spielende  Noten  dient  wohl  nur  dem  Unterricht.  Über 
die  Technik  des  Lautenspiels  kann  hier  nicht  gesprochen  werden. 
Was  die  Griff  lagen  (Positionen)  angeht,  so  verweise  ich  auf  die 
Ausführungen  bei  Koczirz  in  den  »Denkmälern  der  Tonkunst  in 
Österreich«  Band  37  S.  XLIXf. 

Tritt  uns  die  älteste  Orgeltabulatur  in  der  Form  entgegen,  daß 
die  Oberstimme,  zuweilen  auch  noch  eine  Mittelstimme  mit  Hilfe 
von  Mensuralnoten  auf  einem  System  von  sechs  Linien  zur  Dar- 
stellung gelangt,  so  begegnet  uns  die  gleiche  Erscheinung  auch  auf 
dem  Gebiete  der  deutschen  Lautentabulaturen,  wie  eine  Seite  aus 
Arnolt  Schlick's  »Tabulaturen  etlicher  lobgesang  vnd  lidlein  uff 
die  orgeln  vnd  lauten«  (Mentz,  Peter  Schoeffer,  1512)  zeigen  mag: 


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1  Ergiebig  handelt  über  Fingersatz  usw.  MatthaeusWaisselius  in  sei- 
nem »Lautcnbuch~  von   1592. 


Über  Intavolieren. 


43 


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Arnolt  Schlick,  Tabulaturen  etlicher  lobgesang  vnd  lidlein. 

Hier  kommt  die  Ausführung  der  Vorschrift  »zwo  stimmen  zu 
zwicken  vnd  ein  zu  singen«  klar  im  Notenbilde  zum  Ausdruck. 
Die  »en  musique«  d.  h.  mit  Mensuralnoten  aufgezeichnete  Stimme 
dient  dem  Gesänge,  die  übrigen  beiden  dem  Instrument.  Anders 
liegt  das  Verhältnis  bei  dem  folgenden  Satze  Si  dormiero  von  Hain- 
ricus  Finck  aus  Hans  Newsidler  1536: 


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Hans  Newsidler,  Der  ander  theil  des  Lautenbuchs.  Nürnberg  1336.  Fol.  Kill' . 

Hier  ist  der  ganze  Chorsatz  auf  das  Instrument  abgesetzt,  inta- 
voliert.  Und  wieder  anders  scheinen  die  Verhältnisse  bei  dem  von 
Ochsenkun  mitgeteilten  mehrstimmigen  Liede  »Die  Weiber  mit  den 
flöhen«  von  Ludwig  Senffei  zu  liegen.    Siehe  das  Faksimile  S.  45.) 

Hier  spielt  das  Instrument  den  ganzen  Liedsatz.  Aus  dem  voll- 
ständig untergedruckten  Texte  möchte  man  den  Schluß  ziehen,  daß 
die  Stimme  »in  das  Instrument  hineinsingt«.  Das  ist  aber  kaum 
der  Fall,  wovon  die  Übertragung  überzeugen  möge: 


44  Senffei,  Die  weyber  mit  den  flöhen. 

Ludwig  Senffei,  Die  weyber  mit  den  flöhen. 

Laute  im  Abzug.    Stimmung:   G  d  g  h  e'  a'.  I    J      I      I 


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1  Das  in  der  Vorlage  auftretende  t  erweist  sich  nicht  nur  durch  die  The- 
matik, sondern  auch  durch  die  Technik  als  ein  Versehen.  Die  Griffe  t  und 
e  beziehungsweise  o  können  nicht  gleichzeitig  auf  derselben  Saite  erfolgen. 
Für  t  ist  {  zu  lesen. 


Senffei,  Die  weyber  mit  den  flöhen. 


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Ijffl  rnöbrt>fn.mrmfd>ldd)t.X'1nM'o&«  f.t  bditfcAt onc-tictf 


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F-irm  tu.+  rt.Mrnrntfr^gtrant«. ^tfrtritjrmrr*«  ?.n-b<, -^rt  an  I4fi!i 
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Sebastian  Ochsenkun,  Tabulaturbuch  auff  die  Lauten.   Heidelberg  1558. 

(Zu  S.  43.) 


46 


Die  Einrichtung  der  Übertragung  für  den  Lautenisten. 


Um  der  Übertragung  aber  auch  für  den  Lautenisten  die  prak- 
tische Bedeutung  zu  erhalten,  können  in  allen  den  Fällen,  wo  ein 
Ton  nicht  auf  der  Saite  des  nächst  tieferen  Stammtones  erregt 
werden  soll,  Zahlen  hinzugefügt  werden,  die  die  Spielsaite,  bezie- 
hungsweise den  Spielchor  angeben.  Die  Zahl  der. Chöre  und  die 
Stimmung  ist  vorher  festzulegen.  Die  Übertragung  würde  damit 
folgendes  Aussehen  gewinnen : 

Sechschörige  Laute  im  Abzug.    Stimmung:   0  d  g  h  e'  a'. 


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usw. 


Derselbe  Zweck  würde  auch  auf  dem  Wege  erreicht  werden, 
den  die  »Kommission  zum  Studium  der  Lautenmusik  und  Instru- 
mentaltabulaturen«  vorgeschlagen  hat  und  der  bereits  in  dem 
von  Adolf  Koczirz  innerhalb  der  »Denkmäler  der  Tonkunst  in 
Österreich«1  herausgegebenen  Bande  »Österreichische  Lautenmusik 
im  XVI.  Jahrhundert«  mit  Glück  beschritten  worden  ist,  nämlich 
nicht  den  Chor,  sondern  den  Bund  anzugeben,  welcher  zur  Erzeu- 
gung des  Tones  gegriffen  werden  muß.  Selbstverständlich  sind 
alle  konventionellen  Zeichen,  welche  auf  Fingersatz,  Anschlag,  Ver- 
zierung und  Spielmanier  zielen,  beizubehalten  und  ihrer  Bedeutung 
nach  zu  erklären. 

Ein  rein  instrumentaler  Satz  beschließe  die  Ausführungen  über 
die  deutsche  Lautentabulatur: 


i  XVIII.  Jahrgang  zweiter  Teil  S.  XLVIII  ff. 


Verzeichnis  deutscher  Lautentalmlaturen.  47 


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Hans  Gerle,  Ein  Newes  sehr  Künstlichs  Lautenbuch.    Nürnberg  M.D.LII. 

Verzeichnis   einiger  wichtiger   deutscher  Lautentabulaturen. 

A.  Drucke. 

1.  Sebastian  Vir  düng,  Musica  getutscht.     Basel   1511. 

Basel,  Berlin,  Innsbruck,  Karlsruhe,  München,  Nürnberg,  Wien. 

1 054(68)  kam    ein   niederländischer  Nachdruck  zu  Antwerpen  unter 
dem  Titel  heraus:  Dit  is  een  seer  schoon  Boecxken  om  te  leeren  maken 
alderhande  tabulatueren  wten  Discante. 
Paris,  Bibl.  Nat,  Haag,  Kgl.  Bibl. 
■2.  Arnolt  Schlick,  Tabulaturen  Etlicher  lobgesang  vnd  lidlein.    Mentz  1512. 
Beilin,  Leipzig. 

3.  Hans  Judenkünig,  Utilis  et  compendiaria  introduetio.    Viennae  s.  a.  (um 

1515 — 1519). 

München,  Wien. 

4.  Hans  Judenkünig  1,   Ain    schone  kunstliche  vnderweisung.     Wien   1523. 

Brunn,  Brüssel,  München,  Wien. 

5.  Martin  Agricola,  Musica  Instrumentalis  deudsch.     Wittenberg  1529. 

Augsburg,  Berlin,  Brüssel,  Einsiedeln,  Göttingen,  Halberstadt,  Leipzig, 
London,  München,  Upsala,  Wien,  Wolfenbüttel. 

6.  Hans  Gerle,  Musica  Teutsch.     Nürnberg  1532,  zweite  Auflage  1537. 

153-2  Berlin,  Cöln  (Musikhist.  Museum  von  W.  Heyer),  Wolfenbüttel, 
herzogl.  Bibl.,   1537  Berlin,  Paris. 


1  Vgl.  die  »Denkmäler  der  Tonkunst  in  Österreich«  Jahrgang  XVIII,  2 
»  Österreichische  Lautenmusik  im  16.  Jahrhundert«,  bearbeitet  von  Adolf  Ko- 
czirz  'Wien   I9I1),  S.  XVII  ff.  und  »Sammelbände  der  IMG.«  VI,  237  ff. 


48  Verzeichnis  deutscher  Lautentabulaturen. 

7.  Hans  Gerle,  Tabulatur  auff  die  Laudten.     Nürnberg  1533. 

Co  In  (Musikhist.  Museum  von  W.  Heyer),  London,  British  Museum. 

8.  Hans  Gerle,  Musica  vnd  Tabulatur.  [Nürnberg  1536. 

Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Nürnberg  1546. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 

9.  Hans  Gerle,  Ein  Newes   sehr  Künstlichs   Lautenbuch.     Nürenberg   1552. 

Berlin,  Leipzig,  Wien. 

10.  Oltomar  Luscinius,  Musurgia.     Straßburg  1536. 

Berlin,  Bologna,  Paris,  Wien. 

11.  Hans  Newsidleri,  Ein  Newgeordnet  Künstlich  Lautenbuch.  Nürnberg1536. 

Berlin,   Brüssel,   Kopenhagen,   Leipzig,    Liegnitz,  München,   Nürnberg, 
Straßburg,  Wolfenbüttel. 

12.  Hans  Newsidler,  Ein  newes  Lautenbüchlein.     Nürnberg  1540. 

Wien. 

13.  Hans  Newsidler,  Das  Erst  Buch.  Ein  Newes  Lautenbüchlein.    Das  Ander 

Buch.    Ein  New  künstlich  Lautten  Buch.     Nürnberg  1544. 

Karlsruhe,  Paris,  Bibl.  du  Conserv.  (nur  das  zweite  Buch). 

14.  Rudolf  Wyssenbach,  Tabulaturbuch  uff  die  Lutten.     Zürich  1550. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Leipzig,  Stadtbibl. 

15.  Hans  Jacob  Wecker,  Lautenbuch  von  mancherley  schönen  vnd  lieblichen 

Stücken  mitt  zweyen  lauten  zusamen  zu  schlagen.    Basel  15522. 
Wernigerode. 

16.  Benedictus  de  Drusina,  Tabulatura  continens   et  selectissimas  quasdam 

Fantasias.     Francoforti  ad  Viadrum  1556. 
Leipzig,  Stadtbibl. 

17.  Wolff  Heckel,  Discant  Lautten  Buch.    Straßburg. 

1556  Berlin,  Breslau;  1562  Breslau,  Dresden,  Trier,  Wien. 

Tenor  Lautten  Buch.    Straßburg. 

1556  Hamburg;  1562  Berlin,  Breslau,  Brüssel,   Dresden,  Wernigerode, 
Wien. 

18.  Sebastian  Ochs enkun,  Tabulaturbuch  auff  die  Lautten.   Heydelberg  1558. 

Berlin,  Breslau,  Karlsruhe,  Leipzig,  München,  Wolfenbüttel,  London, 
British  Museum,  Wien,  Univ.-Bibl. 

19.  Rudolf  Wyssenbach,  Ein  schön  Tabulaturbuch  auff  der  Lauten  ....  auß 

Welscher  Tabulatur  fleyssig  in  Teutsche  gesetzt.     Getruckt  zu  zürych 
bey  Jacobo  Geßner.    1563. 

Dresden,  Kgl.  Bibl.,  Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Wien. 

20.  Claudio  Sebastiani,  Bellum  musicale.    Argentorati  1563.    Bl.  N2r. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Breslau,  Göttingen,  München,  Dresden,  Hannover, 
London,  Paris,  Kopenhagen  u.  a.  m. 

i  Ebenda  S.  XXIII  ff.  Eine  Abschrift  des  ersten  Teils,  vermehrt  um  einige 
Stücke  des  zweiten,  findet  sich  in  einer  aus  der  Zeit  vor  1544  stammenden 
Pergamenthandschrift  der  Riks-Bibliothek  zu  Stockholm. 

2  Der  »Fachkatalog  der  Musikhistorischen  Abteilung  von  Deutschland  und 
Österreich  -  Ungarn c  der  Internat.  Ausstellung  für  Musik  und  Theaterwesen, 
Wien  1892  S.  156,  gibt  1570  als  Druckjahr  des  Wernigeroder  Exemplars  an 
gegenüber  1552  von  Eitner.  Norlind  (»Sammelbände  der  IMG.«  VII,  179) 
führt  das  Werk  unter  dem  Jahre  1552  auf. 


Verzeichnis  deutscher  Lautentabulaturen.  49 

21.  Bernhard  Job  in,  Das   Erste  Buch   Newerleßner  .  .  .  Lautenstück.     Straß- 

burg  1572. 

Berlin,  Breslau,  Dresden,  Karlsruhe,  Nürnberg,  London,  British  Mu- 
seum, Wien. 

22.  Bernhard  Jobin,  Das  Ander  Buch  Newerleßner  Lautenstück.  Straßburg  1573. 

Berlin,  Dresden,  Karlsruhe,  Wien. 

23.  Matthaeus  Waisselius,   Tabulatura    continens    insignes    et    selectissimas 

quasque  Cantiones.    Francofordiae  ad  Yiadrum.    Anno  M.D.LXXIII. 
Brüssel,  Leipzig,  München,  Wolfenbüttel. 

24.  Benedictus   de  Drusina,   Tabulatura  continens  praestantissimas   et   sele- 

ctissimas quasque  cantiones  in  usum  testudinis  a  (Melchiore  Neusidler) 
italice  invulgatas  nunc  typis  germanicis  redditas.  Francoforti  eis  Yiadrum 
1573. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl. 

25.  Melchior  Newsidler,  Teutsch  Lautenbuch.  Straßburg,  Bernhart  Jobin,  1574. 

Dresden,  München,  Wolfenbüttel. 

26.  Gregorius  Krengel,  Tabulatura  nova.     Francofordiae  eis  Yiadrum  1584. 

München. 

27.  Sixtus  Kargel,  Lautenbuch  viler  Newerleßner  fleissiger  schöner  Lauten- 

stück.    Straßburg,  Bernhart  Jobin,  1586. 
Berlin,  Breslau,  Brüssel.  Wien. 

28.  Matthaeus  Waisselius,  Tabulatura  allerley  künstliche  Preambuln.   Frank- 

furt a.  d.  Oder  1591    (1592). 

Lübeck,  Nürnberg,  Wolfenbüttel. 

29.  Matthaeus  Waisselius,  Lautenbuch,  Darinn  von  der  Tabulatur  vnd  Ap- 

plication der  Lauten  gründlicher  vnd  voller  Unterricht:    Sampt  außer- 
lesenen  Deutdschen  vnd  Polnischen  Tentzen  etc.  Franckfurt  a.  d.  0.  1 592. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 

30.  Matthaeus  Waisselius,    Tabulatura  Guter  gemeiner  Deudtscher  Tentze. 

Frankfurt  a.  0.  1 592. 
Wolfenbüttel. 

Mit  den  Waisselius'schen  Werken  schließen  nach  meiner  Kenntnis 
die  deutschen  Lautendrucke  ab.  Die  folgenden  Werke  eines  Matth. 
Reymann  1598,  eines  Joh.  Rüden  1600,  eines  Fuhrmann  und 
Mertel   1615  bedienen  sich  bereits  der  französischen  Tabulatur. 

B.  Handschriften. 

Basel,  Univ.-Bibl.  Ms.  F  X  11. 

Ms.  F IX 23.    Ludovicus  Iselin's  Lautenbuch  von   15  75. 

Berlin-Grunewald,    Bibl.    Dr.  Werner    Wolfl'heim,    Tabulatur    Nauclerus- 

Bacfarc. 
Berlin,  Kgl.  Bibl.  Anhang  von  Rudolff  Wyssenbach's  Tabulaturbuch  von  1550 
mit  Sätzen  von  C.  Neusidler  [Mus.  ant.  pract.    W.  510). 

Tabulaturfragment  des  16.  Jahrb.  mit  deutschen  Liedern  und  ital.  Tänzen. 

Mus.  Ms.  40161. 

Tabulatur  des  16.  Jahrh.  mit  deutschen  und  franz.  Liedern,  iat.  Motetten 

und  Tänzen.  Genannt  sind  als  Komponisten  Felix  Lutinist  und  Ludwig 
Blanckenheim  [Mus.  Ms.  40154). 


50  Verzeichnis  deutscher  Lautentabulaturen. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.  Joh.  Nauclerus  Ms.  (1615,  Mus.  Ms.  40141). 

Charlottenburg,  Kgl.  Hochschule  für  Musik  Ms.  Grässe  (1588). 

Danzig,  Stadtbibl.  Ms.  4021  Tänze  von  David  Pohl,  Stock,  P.  Apfel, 
Hamm  u.  a. 

Dresden,  Kgl.  Bibl.  Ms.  B 1030.     Tabulatur  des  Joachim  von  Loss. 

Karlsruhe,  Großherzogl.  Hof  bibl.  Handschr.  Anhang  an  Sammelband  Ochsenkun- 
Jobin.    (Anfang  des  1  7.  Jahrh.) 

Kopenhagen,  Kgl.  Bibl.,  Thottske-Sammlung  Nr.  S41^  in  4°  (Petrus  Fabritius- 
Lautenbuch). 

Leipzig,  Stadtbibl.  Ms.  vom  Jahre  1619.  Lautenbuch  des  Albert  Dlugorai 
mit  Sätzen  von  Raphael  de  Viola,  Gregor  (Hovet),  A[lbert]  Dlu- 
gorai], Reymann,  Otto,  Engelmann,  Joh.  Klipstein,  Dr.  Jakob 
Schultes. 

Liegnitz,  Bibl.  Rudolfina  Mss.  98—101  mit  intavolierten  Sätzen  von  Meistern 
des  1  6/1 7.  Jahrh. 

München,  Kgl.  Hof  bibl.  Mus.  Ms.  267  (lat.  Motetten  von  Consilium,  Gom- 
bert,  Hans  D.  v.  Mentz,  H.  H.  Herwart,  Josquin,  Jannequin, 
La«Fage,  Ludw.  Senfl  teils  in  deutscher,  teils  in  ital.  Tabulatur). 

Mus.  Ms.  272  (Tänze  und  Lieder). 

Mus.  Ms.  1512. 

Mus.  Ms.  1627  (lat.  Motetten  und  franz.  Lieder;  an  Autoren  sind  genannt: 

Dambert,  Orl.  diLassus,  Melch.  Neusidler,  Jo.  Richafort,  Cipri- 
ano  de  Rore,  Sandrin,  de  Silva  und  Willaert. 
Mus.  Ms.  2987. 

Prag,  Fürstl.  Lobkowitz'sche  Bibl.  Lautenbuch  des  Nicolaus  Seh  mall  von 
Lebendorf  (1613). 

Wien,  k.  k.  Hof  bibl.  Ms.  18688  (Lautenbuch  des  Stephen  Craus  aus  Ebenfurt)2 

Ms.  192593. 

Ms.  19374. 

Zwickau,  Ratsbibl.  Kat.  Nr.  50. 

Über  das  Jahr  1619  hinaus  vermag  ich  keine  deutsche  hand- 
schriftliche Lautentabulatur  nachzuweisen.  Aber  doch  müßte  sie 
noch  längere  Zeit  gepflegt  worden  sein,  soll  die  allerdings  vor- 
sichtig angebrachte  Nachricht  bei  Baron  auf  Richtigkeit  beruhen, 
daß  der  1608  geborene  und  in  Nürnberg  wirkende  Melchior 
Schmidt  der  erste  gewesen  sei,  »welcher  die  alte  teutsche  Tabu- 
latur samt  allen  andern  Verwirrungen  abgeschafft  und  bey  der 
wegen  sonderbahrer  Kürtze  und  Deutlichkeit  sehr  beliebten  Italiä- 
nischen  geblieben«4. 


1  Siehe  die  Studie  von  Joh.  Bolte  im  »Jahrbuch  des  Vereins  für  nieder- 
deutsche Sprachforschung«  XIII  (1887)  S.  55  ff. 

2  Vgl.  in  den  »Denkmälern  der  Tonkunst  in  Österreich«  Bd.  37  S.  XLVf. 
die  Beschreibung  von  Koczirz. 

3  Siehe  ebenda  S.  XLVIII. 

4  Ernst  Gottlieb  Baron 's  »Untersuchung  des  Instruments  der  Lauten« 
(Nürnberg,  Johann  Friederich  Rüdiger,  1727;  S.  65. 


Die  italienische  Lautcntabulatur. 


51 


Die  italienische  Lautentabulatur. 

Charakterisiert  die  deutsche  Lautentabulatur  jeden  Bund  durch 
einen  besonderen  Buchstaben,  so  stimmen  alle  andern  Lautentabu- 
laturen  darin  überein,  daß  die  Bundfortschreitungen  aller  Saiten 
in  entsprechender  Weise  bezeichnet  werden.  Linien  werden  als 
Abbilder  der  Saiten  gebraucht  und  auf  ihnen  die  zu  greifenden 
Bünde  durch  Zahlen  oder  Buchstaben  vermerkt. 

Die  italienische  Tabulatur  wendet  ein  System  von  sechs  Linien 
an,  bei  denen  die  oberste  der  tiefsten  Saite  entspricht: 


Contrabasso 

Bordone 

Tenore 

Mezzana 

Sottana 

Canto 


Gegen  Ende  des  1 5.  Jahrhunderts  scheint  noch  die  fünfchürige 
Laute  °in  der  Stimmung  G  c  e  a  d'  die  Grundlage  gebildet  zu  haben. 
Als  Zeuge  hierfür  sei  Ramis  de  Pareia  mit  seiner  »Musica  practica«* 
aus  dem  Jahre  1 482  angerufen.  Sehr  bald  muß  sich  aber  die  sechs- 
chürige  Laute  in  der  Stimmung  G  e  f  a  d'  g'  durchgesetzt  haben. 
Dieser  Akkord  ergibt  sich  auch,  wenn  man  z.  B.  das  in  den  frühsten 
Lautendrucken  Petrucci's  erhaltene  anonyme  »Christe  de  si  dedero«, 
einen  Satz  von  Jacob  Obrecht,  mit  der  in  der  Gesamtausgabe 2 
mitgeteilten  vokalen  Vorlage  vergleicht.   (Siehe  das  Faksimile  S.  52.) 

Cbriste  der  Messe  »Si  dedero«   von  Obrecht. 


Christe  e  -le 


%  -  son, 


Chri 


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] 


Chri- 


i  lib  I  cap.  VI  (Neuausgabe  Wolf  [Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1901]  S.  16 f.): 
Utuntur  autem  nunc  quinque  sie  dispositis,  ut  grossior  in  tota  sua  extens.one 
sonet  tono  sub  proslambanomeno,  quod  dieimus  T  ut,  seeunda  parhypate 
hypaton  diatessaron  distans  ab  ea,  tertia  hypate  meson  ditono  altior  ista;  sed 
quarta  mesen  pronuntiet,  quinta  paraneten  diezeugmenon,  sive  netes  synem- 
menon  sonum  emittat,  diapason  et  diapente. 

2  Werken  van  Jacob  Obrecht  uitgegeven  door  Prof.  Dr.  Johannes  Wolf 
(Amsterdam,  G.  Aisbach  &  Co.;  Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel).  Twaalfde  Afle- 
vering  S.  4  ff. 


52 


Die  italienische  Lautentabulatur. 


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Petrucci,  Intabulatura  de  Lauto.    Libro  secondo.    Venetiis  1507.    Fol.  4V. 

Noch  Gerreto1  führt  1601  die  Stimmung  G  c  f  a  d'  g'  als 
Normalstimmung  an.  Die  leere  Saite  wird  mit  0;  jede  Fortschrei- 
tung um  einen  Bund,  d.  h.  um  einen  Halbton,  durch  Fortschreiten 

G  

c    — ■ 

in  der  Zahlenreihe  um  eine  Zahl  ausgedrückt.    In  a  l~ff~    bedeutet 


-3- 

d'—s- 
9'  — 2- 


z.  B.  0  die  leere  /"-Saite,  3  den  dritten  Bund  auf  der  a-Saite,  also  e', 
die  nächste  3  den  dritten  Bund  auf  der  d'-  Saite,  also  f,  und  2  den 
zweiten  Bund  auf  der  g'- Saite,  also  a'.    Der  ganze  Akkord  erklingt 
a' 

f 
demnach  als  c, . 

f 

Wie  bei  der  deutschen  Orgeltabulatur  die  Rhythmen  der  in 
Buchstaben  aufgezeichneten  Stimmen  mit  Hilfe  von  Mensuralnoten 
festgelegt  werden,  deren  Körper  dann  im  Laufe  der  Entwickelung 
zusammenschrumpft,  so  sind  diese  beiden  Typen  auch  in  der  ita- 
lienischen Tabulatur,  aber  nebeneinander  zu  verfolgen.  Bald  bilden 
Noten,  bald  nur  Notenhälse  und  Fahnen  das  Zeichenmaterial  der 
Rhythmik.  Die  ältesten  Dokumente  der  italienischen  Lautenmusik, 
welche  1507 — 1509  aus  der  Offizin  Ottaviano  dei  Petrucci's  hervor- 
gingen und  Tabulaturen  von  Spinacino,  Ioanambrosio  Dalza  und 
Franciscus  Bossinensis  umfassen,  gebrauchen  für  die  semibrevis  I, 
für  die  minima  P,   für  die   semiminima  f*5,    für  die  fusa  ^  und  für 


i  >Della  Prattica  Musica  vocale  et  strumentale«  (Napoli  MDCI)  S.  315. 


Regel  für  die,  welche  nicht  singen  können.  53 

die  semifusa  |.  Daneben  erwähnen  sie  noch  Zeichen  der  Propor- 
tion P  P  P  =    und  [?  ß  =  P  sowie  1  1  ^  1  1  =    und  *]  ^  ==  1  . 

Die  Zählung  der  Bünde  reicht  bis  12;  die  letzten  drei  gelangten, 
um  Irrtümern  vorzubeugen,  mit  den  römischen  Zahlen  x  x  x  zum 
Ausdruck.  Griffe  mit  einem  Punkt  unter  dem  Buchstaben  wurden 
von  unten  nach  oben,  Griffe  ohne  Punkt  von  oben  nach  unten  an- 
geschlagen. 

Der  kleine  Traktat,  welcher  uns  diese  Kenntnisse  vermittelt, 
sei  als  ein  wichtiges  Dokument  der  Lautenkunst  hier  im  Faksimile 
und  in  einer  Übersetzung  mitgeteilt: 

Wrgoln  pfrqiirtKc^fiioiiwnnocanMrt. 
Tfcr  im  .i  seile  int  Jdcre  cl><  in  In  prricme  uttabul.mir.i  lonnc  fei  o:dlnc  oc  co:de  e otno  (n  lo  laute  .Xa  Unea  ce  Topra  e  per  el 
c onf  r  i  bnjo  c  eofi  va  le^uti ando  per  orduic.*.;  quäl  fr  bano  n  toebare  in  u  lo.rafh  fccödo  fonno  m  ciTi  fisnan  h  numert. 
Cj-u.1i  tcra  ftsnato.o'.(id;nlncacbe  ic  roeba  quell.*  corda  201K  r  tal  fijuo  voda.£c  quando  c  fignalo.i.  fc  mcitc  c  ?ei© 
tnlopruno(aito:  ceoft  oelrcrto  oetinuiueri.  fcpercoea  HC>ij'ar.io.ii.i:.pcrciTer  ooilctTCTcpoflcaiarco;irntioi.ce-iTj 
nieilbpcr.io.  x -pcr.u  x.pcr.i:.x.£  aiicborao-iiapcTccbelecoicc^iionanopcr  bauerlnfuaperieaioncie  bottenö  fc 
t>äno  equali  per  tanco  lonno  (ta  raai  lüpra  li  oiclt  iiuuieo  li  inlralcrtim  li^ualcli  qu.ili  touno  l'e.jnl  oe  noie  reduetc  in  tal 
formi:acctocbcaia  quellt  cbe  nöfamiocantar  poflino  ancbo:a  ioro  pamclpar  ce Ol  vir«:  liqualt  fi  fc  aeco  I  r  C  t  t 
nio,1armuo.i[i(;nirt.ilnieluraronarJnotu(ct  le  <oleinial>ulaieperrc.iiHini.iin>'nit.ßuj;lli  ibnno  lifejni  I  I  I  r  K 
H\  priiuo  lignirica  la  mefiira  cbe  oeut  tejiunla  quäl bifogn  i  h  jh ji i  1  li  lar^a  ct,>e  in  qucl  tenipo  iu  poflt  jare  le  borte  t>d 
immer  o  cum  in  uro   per  cbe  lofccondo  legno  vateper  1.1  iinr.i  ort  pnnio.  ttl  ictjo  reTla  tntta  cel  iecondo.  tfclquar/ 


Afnus  6c  vt  tt  mi  f*  (61 1* 

V. 

Akirpttz 

im. 

A  mours  jmoun 

XXJ- 

B<m;.Ttffc  (auofent 

II. 

Baffjffjiuj 

XIX). 

Chnrtr  Je  fi  dfdero 

IUI, 

Cent  nni  efeuj 

XVII. 

Comctif  pcult  juort  tof  c 

XIX. 

Dung  aiitrnrrwT 

XX. 

Forturu  dcfpcrjU               i 

ncxv.ii. 

XV. 

Lj  mijnonne 

xliii. 

XX1III. 

M^lor  fTHrhJl 

XVIII. 

11'. 

Mo  in.in  nu  drfiunc 

KUH. 

IX. 

M^r<;iicni 

XXVI. 

XIII. 

Mof-.uo  odukis  lrfij 

XIVII. 

Ibi, 

Man  pitus  6£  filu 

XiINI. 

xlv. 

prfllr  d«-  lOirti 

XVI. 

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X«»V*. 

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XXII. 

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clno  tn<u:crccpro  quiao  lonno  piu  ce  vita  cbe  le  pt;;i<bano  non  cilen.:o  ^e  10110  el  ponio  cbe  bnobiu  oaric  nm<  infu. 

tfXcutil.i  p:o  u;u.  qui  e.uiere  neuiunr. 
Inrellisc'du;  :H  p:imo  e»  in  p:cenic  uuabulaiui  i  lum  fc»  o:duuo  co:,la;  p:oui  m  lauio.Suprema  linca  Du  pio  eorra 
l»afio i  fic per ozdiuc'.Cueoebeni lati^i m föte caihtj ^in iiumei: iniifw hgnatä.Q*! inueiiifr.o.ianginir  eorda  in >  t«ai» 
l  i]iH"ii:nta.i.rJ.;irur  in  p:imoiaftu.^  Tieoe  ÄneflJUfi.  3ducnecyiiluuinifriiuni  Agnat  p  iml  li;iera;%rni  f.  10  h  u  fie 
XXX.  itiquiaciiilcne  vibabc  I  p  t  C  caiit  eap  p:eciione  ra«e  nonoebemcireeoualrc.-.ideo  inucniainniinfrt/ 
icriptaiunaquemniloco  noias  I  |  \  f-  Cquor  pcimu'.  vaUi  pro  icu.ib.ru  uccüdu>  p:o  miniina: .'  fe-pe  angmn.tal 
fiefecüdiijoalei  proniedieiaie  f>  Dp:uMi:ttiuapiomfJuiaieiceu  |  M.',  Iic  per  o:dinC.Suni :  queda  lignit  que  iciif 
Hgna-1  3  jpporilOHÜ:lfdllD.i.  [  rinac*  pnmopoiiülur  proilto  |  tltcudli  l  promcdieiaiepnnil.t-ur  i  jli,,  hmnf 
modl  1  1  eiiiorr«ddD  viilci  p:onicaieiaiep:iini:i  quiiiq;«  ceunjo  0:0  n.i  |  Jreinuiendo  opquäqo  inueme  pooum 
fubliiieiaiUacorda  oeba  moucriiunuin  omnee alie  ceoriuni.  iyoli  örolaneijonor  t  glo:la. 

Tabula.  Hjr.11  rrr  amoun 

Hrlo^eron  iious 
Jene  OJiJt 
Jene  dinuna'c 
1)\  i  r .  s  Jninuri 
Jene  tj.  codi  damer 
In  pace 

Krric  d»  Ici  armes 
Lcurcei  lenuc 
L«  fouviiir 
Lom  c  bani 
La  Oanglirua 

Petrucci,  Iritabulatiira  <lo  Lauto.     Libro  secondo.     Venetiis  1507.    Fol.  7'. 

Regel  für  die,  welche  nicht  singen  können. 

Zuerst  mußt  du  darauf  achten,  daß  in  der  folgenden  Tabulatur  wie  auf 
der  Laute  sechs  Saitenreihen  vorliegen.  Die  oberste  Linie  entspricht  dem 
contrabasso  und  so  der  Reihe  nach  weiter.  Diese  sind  in  den  mit  Zahlen  be- 
zeichneten Bünden  anzuschlagen.  Bei  0  wird  die  Saite,  auf  welcher  sie  sich 
findet,  leer  angeschlagen.  Bei  1  erklingt  sie  bis  zum  ersten  Bunde  und  ent- 
sprechend bei  den  übrigen  Zahlen.  Und  da  die  Bezeichnung  mit  10.  H.  12. 
der  beiden  Zahlen  wegen  Verwirrung  anrichten  kann,  ist  10  durch  x,  11  durch  x 
und  1 2  durch  x  ersetzt  worden.  Damit  nun  das,  was  klingt,  auch  Vollkommen, 
heit  besitzt,  muß  man  wissen,  daß  die  Schläge  nicht  alle  gleich  sind,  und  daß 
aus  diesem  Grunde  über  den  besagten  Zahlen  die  unten  angefügten  Zeichen 
hinzugetan  worden  sind;  das  sind  Zeichen  von  Noten,  die  in  diese  Form 
gebracht  worden  sind,  damit  auch  jene,  welche  nicht  zu  singen  vermögen, 
doch  ihre  Bedeutung  erfassen  können.  Wenn  diese  sich  daran  gewöhnen 
werden,  so  die  Mensur  auszuführen,  wird  alles  Intavolierte  aufs  vollkommenste 
klingen.  Das  sind  die  Zeichen:  j  f*  ^  $  |.  Das  erste  bezeichnet  die  Mensur, 
welche  man  beachten  muß  und  welche  man  so  breit  zu  nehmen  hat,  daß  man 


54 


Tastar  de  corde. 


in  jener  Zeit  die  Schläge  der  kleineren  Werte  auszuführen  vermag;  denn  das 
zweite  Zeichen  gilt  nur  die  Hälfte  des  ersten,  das  dritte  die  Hälfte  des  zweiten, 
das  vierte  die  Hälfte  des  dritten  und  das.  fünfte  die  Hälfte  des  vierten.  Wenn 
sich  ein  Punkt  hinter  dem  ersten  oder  dem  zweiten  Zeichen  findet,  so  gilt 
dieser  die  Hälfte  des  Zeichens,  bei  dem  er  gesetzt  worden  ist.  Es  gibt  auch 
gewisse  Mensurzeichen,  die  Proportionszeichen  genannt  werden,  nämlich:  p  R. 
Drei  vom  ersten  entsprechen  dem  Werte  von  |;  das  zweite  gilt  die  Hälfte  des 
ersten.  Es  gibt  auch  noch  andere^  ^;  von  ihnen  gilt  das  zweite  die  Hälfte 
des  ersten.  Vom  zweiten  gehen  fünf  auf  ein  solches  Zeichen  .  Beachte  weiter, 
daß  alle  Schläge  ohne  darunterstehenden  Punkt  nach  unten  und  alle  mit  Punkt 
versehenen  nach  oben  gerichtet  sind.  Ausnahme  bildet  nur  der  Fall,  daß 
mehr  als  eine  Note  vorhanden  ist,  die  abgestoßen  werden,  und  kein  Punkt  da 
ist,  der  es  nötig  macht,  sie  alle  nach  oben  anzuschlagen. 


Ein   kurzes  Beispiel   aus   dem  vierten  Buche  der  »Intabulatura 
de  Lauto«  Petrucci's  veranschauliche  diese  Art  der  Tabulatur: 


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Tastar  de  corde. 


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Über  die  Bezeichnung  der  Rhythmik. 


55 


Ein  zweites  Beispiel  sei  nur  im  Faksimile  beigegeben: 


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Petrucci,  Intabulatura  de  Lauto.    Libro  primo.    Venetiis  \  507.    Fol.  46v. 

Die  andere  Art  der  rhythmischen  Bezeichnung  begegnet  uns, 
um  einige  Belege  zu  geben,  bei  Francesco  Milano  in  seiner  »In- 
tabolatura  di  Liuto«  vom  Jahre  1536,  bei  Antonio  Gasteliono 
(»Intabolatura  de  Leuto«  1 536),  Melchior  de  Barberiis  (>Intabu- 
latura  di  Lautto«  1546),  Simone  Molinaro  (»Intavolatura  di  Liuto« 
1599),  Jean  Paul  Paladin,  >Livre  de  Tablature  de  Luth«  (Lyon, 
Simon  Gorlier,  1560),  Valentin  G.  Bacfarc  (»Harmoniarum  musi- 
carum  tomus  primus«  1565),  Scipione  Cerreto  (»Della  prattica 
musica  vocale  et  strumentale«  1601),  Gesare  Negri  (»Gratie  d'a- 
more«  1602,  »Nuove  Inventioni  di  Balli«  1604),  Philipp  Hain- 
hofer  1603,  Giov.  Francesco  Anerio  (»Gagliarde«  [1607]), 
Pierre  de  Pouille  (»Tabulatura  de  leuto«  1609),  Pietro  Paolo 
Melii  da  Reggio   (> Intavolatura  di    Liuto  attiorbato«  1616).    Ge- 

P*   15: 

wohnlich  entsprechen  den  Zeichen  r  I*  ^  j|  die  Noten  o  6  4  4  4 ' 
Für  gleiche  Rhythmen  wird  das  Zeichen  nur  einmal  an  den  Anfang 
der  Wertreihe  gesetzt.  Ein  Beispiel  von  Francesco  da  Milano  aus 
einem  Mailand  1536  datierten  Kodex  belege  diese  Praxis  rhyth- 
mischer Zeichengebung: 

Tochata  Del  Diuino  Franc,  da  Milano. 


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8    8   0 
L-O— ! : 1 

A 

Le — , — i 

*-* 4 — 

| 0    : — ■ 

Kl.  Handb.  der  Musikgeaoh.    VUI,  2. 


56 


Francesco  dp.  Milano,  Toccata. 


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I  ! 

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i 

4 

0      v 
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Toccata  del  divino  Francesco  da  Milano. 


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Vermischung  rhythmischer  Zeichensysteme. 


57 


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Zur  Bezeichnung  der  Pausen  werden  die  entsprechenden  rhyth- 
mischen Zeichen  in  das  System  eingefügt,  z.  B.: 

Val.  Greff  Bacfarc  (1565)*. 


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Beide  rhythmische  Zeichensysteme  durchdringen  sich  in  der 
»Intavolatura  di  Lauto  dell'  eccellente  Pietro  Paolo  Borrono  da 
Milano.  Libro  ottavo«  (Venedig  1548).  In  dieser  Sammlung  von 
Pavane,  Saltarelli,  Fantasie  und  Ganzoni  Francesi  sind  als  rhyth- 


mische Werte   die  Figuren  o 


verwendet. 


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1  Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim    Berlin-Grunewald). 


5* 


58 


Über  die  Bedeutung  des  Sternchens  oder  Doppelkreuzes. 


Auch  das  Berliner  Ms.  Mus.  Z  32  zeigt  eine  ähnliche  Vermi- 
schung der  beiden  rhythmischen  Zeichensysteme1. 

Geht  die  Laute  über  die  Sechschörigkeit  hinaus,  so  werden  die 
Bünde  einer  siebenten  über  das  Griffbrett  laufenden  Saite  auf  einer 
Hilfslinie  oberhalb  des  Liniensystems  zur  Darstellung  gebracht. 
Scipione  Gerreto  zieht  in  seiner  »Prattica  musica  vocale  et  stru- 
mentale«  (Napoli  1601)  für  eine  achtchürige  Laute,  deren  Saitea 
alle  über  das  Griffbrett  laufen,  gleich  ein  System  von  acht  Linien 
aus.  Handelt  es  sich  aber  um  eine  siebente,  achte,  neunte,  zehnte 
bis  vierzehnte  am  Rande  entlang  laufendende  Bordunsaite,  so  dienen 
die  über  das  Liniensystem  gesetzten  Zahlen  7,  8,  9,  x,  1 1,  12,  13,  142 
zur  Kenntlichmachung  dieser  nur  leer  erklingenden  Saiten. 

Das  Aushalten  eines  Tones  über  den  Einsatz  eines  folgenden 
hinaus  wird  durch  ein  Sternchen  (x)  oder  ein  Doppelkreuz  (*)  hinter 
der  Zahl  bezeichnet.  Antonio  Rotta  (»Intabolatura  de  Lauto«,  Ve- 
netiis  MDXLVI)  notiert  z.  B. : 


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Ähnliche  Stellen  finden  sich  bei  Melchior  de  Barberiis,  Bian- 
chini(1546),  Simon  Gintzler  (1547)  und  anderen.  ; Häufiger  ist 


i  Vgl.  z.  B.  die  Seiten  S9,  118  ff.  und  U4  ff. 

2  Mit  vierzehn  Chören  operiert  z.  B.  die  Tabulatur  des  Germanischen  Mu- 
seums zu  Nürnberg  Ms.  33748,  VIII. 


Eigenheiten  der  Aufzeichnung. 


59 


die  Anwendung  des  Kreuzes.     Verwiesen   sei  nur  auf  Vincenzo 
Galilei  in  seinem  »Fronimo«  aus  dem  Jahre  1584. 

Gewöhnlich  genügt  ein  einziges  Liniensystem  für  die  Aufzeichnung 
des  ganzen  Lautensatzes.  Dann  und  wann  benutzt  aber  Spinacino 
für  die  Oberstimme  eines  Stückes  ein  zweites  oberhalb  des  Linien- 
verbandes der  übrigen  Stimmen  gelegenes,  z.  B. : 

J'ay  pris  amours. 


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Beim  Zusammenwirken  von  Gesang  und  Laute  wird  die  Singstimme, 
wenn  sie  vom  Lautenpart  losgelöst  ist,  auf  einem  besonderen  Linien- 
system in  mensuralen  Werten  aufgezeichnet.  Um  der  Anwendung  von 
Akzidentien  aus  dem  Wege  zu  gehen,  wird  die  Singstimme  in  mög- 
lichst einfacher  Lage  notiert  und  meist  durch  einen  Hinweis  mit  dem 
Lautenpart  in  Beziehung  gebracht l.  Zum  Verständnisse  dieser  Hin- 
weise ist  es  nötig,  sich  die  Bezeichnungen  der  Lautensaiten  gegen- 
wärtig zu  halten.  Heißt  es  z.  B.  (Akkord  A  d  g  h  e'  o'):  »La  voce  del 
soprano  ne  la  sotana  al  terzo  tasto«,  so  ist  damit  die  Übereinstimmung 
des  Anfangstones  der  Singstimme  mit  dem  aus  dem  Griff  des  dritten 
Bundes  der  sottana  (e')  resultierenden  Tone  g'  ausgesprochen: 

La  voce  del  soprano  ne  la  sotana  al  terzo  tasto. 


ff 


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Seamornon  e  che  a  dun  que    quel  chio  sen 


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1  Vgl.  nur  die  Tabulaturen  von  Franciscus  Bossinensis  (Venetiis  per 
Oct.  Petrutium  1509),  die  »Frottole  de  Misser  Bortolomio  Tromboncino  et 
de  Misser  Marcheto  Carra  con  Tenori  et  Bassi  tabulati  et  con  soprani  in 
canto  figurato  per  cantar  et  sonar  col  lauto«  (s.  a.,  nach  dem  Druckprivileg 
zwischen  1513 — 1521),  die  »Intavolatura  de  li  Madrigali  di  Yerdelotto  et 
Willaert«  (1536),  Brüssel  Kgl.  Bibl.  Ms.  704  (anc.  8750),  die  »Nuove  inven- 
tioni  di  Balli  di  Cesare  Negri«  1604  und  die  >Gagliarde  a  quattro  voci  in- 
tavolate  per  sonare  sul  cimbalo  et  sul  liuto«  des  Giov.  Franc.  Anerio. 


60 


Sing- 
stimme 


Marchetto  Cara,  Jo  non  compro. 


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Ein  anderes  Beispiel  von  Marchetto  Cara  sei  zur  Übung  ganz 
in  der  Originalaufzeichnung  beigegeben: 


La  voce  del 
soprano  al 

terzo  tasto  de 
la  sottana 


M(archetto)  C(ara). 

Francisci  Bossinensis  opus  (Venetiis  1 509). 


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Del  crud'  amor  io  sempre  mi  lamento. 


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Cara  un  tempo  la  comprai, 

Hör  la  vendo  a  bon  mercato 

E  consiglio  ben  che  mai 

Non  ne  compri  vn  suenturato, 

Ma  piu  presto  nel  suo  stato 

Se  ne  resli  con  constanza.    Jo  non 


El  sperare  e  come  el  sogno 

Che  per  piü  riesce  in  nulla. 

El  sperare  e  proprio  il  bisogno 

De  chi  al  vento  si  trastulla. 

El  sperare  souente  anulla 

Chi  conünua  la  sua  danza.    Jo  non 


Aber  wie  unsere  Zeit,  so  kannte  auch  die  alte  den  Liedsatz,  bei 
dem  die  Singstimme  als  Oberstimme  in  die  Begleitung  einbezogen 
wird.  Aus  der  Florentiner  Handschrift  Bibl.  Naz.  Gentr.  XIX  168 
sei  ein  villanellenartiges  Beispiel  mitgeteilt: 


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Del    crud'  a-mor    io    sera  -  pre,    io     sem-pre    mi  la-raen 


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del 


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stral       che      nii      pas  -  so      nel      pet 


to: 


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62 


Del  crud'  amor  io  sempre  mi  lamento. 


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Ser  -  uir  a  chi,    ser-  uir  a  chi  mi  do   -   na,  ser  -  uir  a    chi  mi  do- 


4. 

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te, 


hör      la     mor 


Ne  la  notte,  ne  '1  di  fin  ha  '1  tormento. 
Cosi  mi  strigge  et  mai  prendo  diletto, 
Ch'  io  son  costretto  per  mia  dura  sorte 
Seruir  etc. 

Ma  spero  presto  uscir  di  tanto  stento 
E  di  mutar  un'  altra  fantasia. 
Anima  mia  lascia  te  di  seruire, 
Anchor  ch'  io  sappia  certo  di  morire. 


te. 


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Del  crud'  a  -  mor   io  sempre,  io     sempre  mi  la-men  -  to 


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E     del    suo  stral  che      mi  pas-so     nel  pet  -  to  Ch'io  son 

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stretto  per  mie  du  -  ra     sor  -  te  Seruir  a     chi,  ser- uir     a     chi    mi 


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Über  Lautenstimmungen. 


63 


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!      Ij       Ij           Ij      !' 

do  -    na,  ser-uir   a    chi    mi     do      -      -      na  Ogn1  hör  la  morte,  ogn' 

i—j   -_   rn    0^u,  fl  J"l    J         n  j"] 

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hör    la     mor 


te. 


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Die  italienische  Normalstim- 

:  mung  der  Laute  G  c  f  a  d'  g' 

kann  wie  bei  den  Deutschen  durch 

den  »Abzug«,  den  »bordone  de- 

scordato«    modifiziert   werden. 

ztzi  Daneben    kommen    aber    noch 


eine  ganze  Reihe  anderer  Stim- 


mungen vor. 


Paladin  erwähnt  in  seinem  »Li vre  de  Tablature« 
(Lyon  1560)  die  G-,  A-,  c-  und  rf-Stimmung,  und  Vincenzo  Ga- 
lilei gibt  in  seinem  »Fronimo«  (1584)  noch  E,  F,  H,  c  und  d 
als  Ausgangspunkte  der  Quart-Terz-Stimmung  an.  Werden  ganz 
abweichende  Stimmungen  zugrunde  gelegt,  so  dient  der  accordo, 
die  cordatura  oder  accordatura  der  Orientierung.  So  stehen  wir 
z.  B.  bei  Jan  Maria  da  Grema  in  seiner  »Intabolatura  de  Lauto 
Libro  pximo«  (Venezia,  Ant.  Gardano,  1546)  folgender  accordatura 
gegenüber : 


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8 

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3 

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Diese  zeigt  uns  verschiedene  Griffe,  welche  im  Gleich-  oder 
Oktavklange  miteinander  stehen.  Nehmen  wir  für  den  bordunus  8 
den  Ton  E  an,  so  drückt  die  darunter  vermerkte  Null  aus,  daß  die 
leere  dritte  Saite  mit  der  8  im  Oktavverhältnis  steht,  also  als  e 
erklingt.  Die  Zahl  7  entspricht  demnach  dem  bordunus  F,  denn 
ihr  Klang  soll  dem  Griff  des  ersten  Bundes  auf  der  dritten  Saite  (e) 
gleichkommen.  Das  e  soll  aber  auch  mit  dem  Griff  des  vierten 
Bundes  auf  der  zweiten  über  das  Griffbrett  laufenden  Saite  gleich- 
kommen, diese  muß  also  in  c  gestimmt  sein.  Da  weiter  der  dritte 
Bund  auf  der  dritten  Saite  mit  der  vierten  leeren  Saite  als  uni- 
sonus  erklingen  soll,  so  erkennen  wir  hieraus  die  Stimmung  der 
vierten  leeren  Saite  g.  Der  Griff  ihres  fünften  Bundes  soll  den 
Gleichklang  mit  der  leeren  fünften  Saite  bringen,  die  demnach  in  c' 


ß^.  Die  cordatura  und  das  Absetzen  auf  die  Laute. 

gestimmt  sein  muß.  Greifen  wir  auf  ihr  den  vierten  Bund,  so  er- 
halten wir  den  Klang  der  sechsten  leeren  Saite.  Unbestimmt  bleibt 
bei  dieser  accordatura  die  Stimmung  der  tiefsten  über  das  Griffbrett 
gehenden  Saite,  die  aber  offenbar  G  sein  soll,  so  daß  sich  als 
Akkord  E  F  G  c  e  g  c'  e'  ergibt.  Noch  willkürlicher  ist  z.  B. 
die  cordatura  del  Signor  Paolo  Virgo,  welche  uns  als  A  H  c  d  f 
h  g  d'  e  überliefert  wird.  Für  die  12  chörige  Laute  gibt  uns  ein 
Nürnberger  Manuskript  die  Stimmung  BCDEsFG\Adgbd'f, 
und  Pietro  Paolo  Melii  da  Reggio  (»Intavolatura  di  Liuto  at- 
tiorbato«,  Yen.  1616)  operiert  für  die  13chürige  Laute  mit  dem 
Akkord   G  As  B  G  D  Es  F  G  c  f  a  d'  g'. 

Über  das  Absetzen  eines  »en  musique«  notierten,  d.  h.  in  Men- 
suralnoten aufgezeichneten  Stückes  auf  die  Laute,  besitzen  wir  einen 
wertvollen  Traktat  des  Ilev.  Don  Bartholomeo  lieto  Panhor- 
mitano1  mit  dem  Titel  »Dialogo  quarto  di  musica  dove  si  ragiona 
sotto  un  piaceuole  discorso  delle  cose  pertinenti  per  intauolare  le 
opere  di  Musica  esercitarle  con  uiola  a  mano  ouer  Liuto  con  sue 
tauole  Ordinate  per  diuersi  gradi  alti  et  bassi«  (Napoli,  Mathio 
Cancer,  M.D.LIX).  Er  gibt  zuerst  einen  Überblick  über  die  Zeichen 
der  Mensuralmusik,  die  ihnen  bei  den  Instrumentisten  (sonatori) 
entsprechenden  Figuren  und  ihre  Werte: 

Massima    Longa    Breue    Semibreue    Minima    Seraiminima    Croma    Semicrom 
Figure  de  Sonatori  p 

rzq         D  D  0  <>  t  ♦  ♦ 

Figure  de  Musica  '  f>  V 

Qnantita  delle  figure      S  tempi  4  tempi    2  tempi    1  terapo      1/2  temP°      'A  tempo    i/s  tempo     >/k  tempo 

Kurze  Bemerkungen  orientieren  über  die  noch  gebräuchlichen 
Ligaturen  und  die  Bedeutung  der  Schwärzung  der  Noten.  In  das 
für  die  Tabulatur  nötige  Sechslinien-System  zeichnet  er  mit  Hilfe 
des  Taktstriches  so  viele  caselle,  so  viele  Fächer  ein,  wieviele  tempi 
oder  comp^issi  vorliegen.  Die  Spieltechnik  verhindert  zuweilen,  alle 
Töne  einer  Partitur  zu  berücksichtigen.  Um  aber  keine  wesent- 
lichen Konsonanzen  fallen  zu  lassen,  rät  der  Verfasser2,  die  Tabu- 

1  Ich   benutzte    das   Exemplar    der  Bibliothek  Dr.  Werner    Wolffheim 
Berlin-Grunewald). 

2  Primierainente  intavolareti  il  Canto  et  puoi  il  Basso,  over  prima  il  Basso 
et  puoi  il  Canto  et  dopo  questi  intavolate  1' Alto,  ö  Tenore  et  sopra  questi 
siate  vigilanti  et  si  u'  aecorgete  d'  aleuni  Tasti  scomodi,  non  li  intavolate  et 
questo  osservate,  accio  non  leuate  1'  aria  al' opera.  Perche  si  uoi  lasciate 
aleun  Tasto  del  Basso,  ö  Canto,  stroppiaresti  1'  opera;  et  quando  uolesseuo 
affatigarve  di  ricercar  il  suono  d1  un  Tasto  d1  una  Corda  in  un'  altra,  per  so- 
nare  1'  opere  di  quella  perfettione  che  1'  ha  composta  il  compositore,  per  quanto 


Der  Rückgang  und  das  Ende  der  italienischen  Lautentabulutur.        (55 

latur  bei  der  Oberstimme  zu  beginnen  und  den  Baß  folgen  zu  lassen 
oder  umgekehrt.  Erst  wenn  diese  beiden  Stimmen  ihren  Nieder- 
schlag gefunden  haben,  soll  zu  dem  Absetzen  der  Mittelstimmen 
geschritten  und  hierbei  auf  bequemes  Spiel  geachtet,  der  Ton  bald 
auf  dieser,  bald  auf  jener  Saite  gegriffen  werden.  Mit  Hilfe  einer 
Tabelle  zeigt  er,  daß  einzelne  Töne  auf  zwei  und  drei  Saiten  er- 
zeugt werden  können.  Synkopen  sind  nur  in  ihrem  ersten  Teile 
bis  zum  Taktabschluß  zu  notieren  und  im  folgenden  Takt  durch 
freien  Raum  zu  markieren. 

Schließt  sich  die  italienische  Tabulatur  im  allgemeinen  einem 
System  von  sechs  Linien  an,  so  kennt  doch  z.  B.  Cerreto  in  seiner 
»Prattica  musica  vocale  et  strumentale«  (1601)  für  die  achtchürige 
Laute  auch  ein  Achtliniensystem,  das  den  leeren  Saiten  CD  Gcfad'g' 
entspricht.    Doch  gewinnt  dies  kaum  grüßere  praktische  Bedeutung. 

Das  Wirken  der  italienischen  Lautentabulatur  erstreckt  sich  auf 
rund  150  Jahre.  Mit  den  Lautendrucken  Petrucci's  1507  tritt  die 
italienische  Tabulatur  in  unsern  Gesichtskreis,  um  mit  der  Wolken- 
stein-Tabulatur  aus  der  Zeit  um  1656  wieder  aus  demselben  zu 
verschwinden,  nachdem  der  Druck  bereits  4  61 6  mit  der  »Intavo- 
latura  di  Liuto  attiorbato«  des  Pietro  Paolo  Melii  da  Reggio  sein 
Ende  erreicht  hatte.  Es  ist  dies  um  so  seltsamer,  als  1601  Scipione 
Cerreto  in  seiner  Schrift  »Della  prattica  Musica  vocale  et  strumen- 
tale« die  »intavolatura  del  zero«  noch  als  allgemein  gebräuchlich 
bezeichnet.  1628  schreibt  Vincenzo  Giustiniani1:  Das  Spiel  der 
Laute  war  früher  sehr  im  Schwange.  Dieses  Instrument  hat  man 
aber  fast  ganz  aufgegeben,  seitdem  die  Theorbe  in  Gebrauch  kam; 
denn  diese  ist  geeigneter  für  den,  der  nur  mittelmäßig  und  mit 
schlechter  Stimme  singt,  und  ist  allgemein  gern  angenommen  worden, 


sia  possibile,  dalla  parte  mia,  non  si  manchera  farue  per  una  Tauola  lo  rin- 
contro,  ouer  1'  unita  d' un  suono  fra  le  Corde.     Eccolo  qui: 


Bmbo  O1O040OT60 


Bordoue      0    18  8*00     T   8   9- 


Muzzana  Ol     08460780 

Tenore 0    10  0    4    5    3-7    8   9 

S'Jttana  0108460789 

Canto — 0103400789 — 

.  l  >Era  anche  per  il  passato  multo  in  uso  il  suonare  di  Liuto,  ma  questi 
stromento  resta  quasi  abbandonato  afiatto,  doppoi  che  s' introdusse  1' uso 
della  Tiorba,  laquale  essendo  piu  atta  al  cantare  anche  medioeremente  e  con 
cattiva  voce,  e  stata  accettata  volontieri  generalmente,  per  schivare  la  gran 
difßcolta  che  ricerca  il  saper  sonar  bene  de  Liuto.  Tanto  piu  che  nell'  istesso 
Tempo  s'  introdusse  la  Chitarra  alla  spagnola  per  tutta  Italia,  massime  in  Na- 
poli,  che  unita  con  la  Tiorba  pare  che  abbiano  congiurato  di  sbandire  affatto 
il  Liuto.  Et  e  quasi  riuscito  a  punto,  como  il  modo  di  vestire  alla  spagnola 
in  Italia  prevale  a  tutte  le  altre  foggie.« 


66  Italienische  Lautentabulaturen. 

weil  sie  die  große  Schwierigkeit  vermeidet,  die  das  gute  Lauten- 
spiel anstrebt,  zumal  zu  gleicher  Zeit  in  ganz  Italien,  besonders  in 
Neapel,  die  spanische  Guitarre  eingeführt  wurde,  die  im  Verein 
mit  der  Theorbe  sich  verschworen  zu  haben  scheint,  die  Laute 
ganz  zu  verbannen.  Und  das  ist  fast  gelungen,  wie  die  spanische 
Mode  in  Italien  über  alle  andern  Trachten  überwiegt. 

Ein  kurzer  Abriß  zeige  uns  die  wichtigsten  italienischen  Lauten- 
tabulaturen: 

A.  Drucke1. 

Ottaviano  dei  Petrucci,  Intabulatura  de  Lauto.    Libro  primo  (Spinacino).    Ve- 
netiis  1507. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Libro  secondo.    Venetiis  1507. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 

Libro  terzo. 

Libro  quarto  (Joanambrosio  Dalza).    Venetiis  1508. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Tenori   e  contrabassi  intabulati  col  sopran  in  canto  figurato  per  cantar 

e  sonar  col  lauto.    Libro  primo  (Franciscus  Bossinensis).    Venetiis  1509. 

Wien,  k.  k.  Hofbibl.,  Paris,  Bibl.  Nat.,  Sevilla,  Bibl.  Colombina. 

Frottole  de  Misser  Bortolomio  Tromboncino  et  de  Misser  Marcheto  Carra  con 

Tenori  et  Bassi  tabulati  et  con  soprani  in  canto  figurato  per  cantar  et 

sonar  col  lauto.    s.  1.  et  a. 
Firenze,  R.  Ist.  mus. 
Antonio  Casteliono,  Intabolatura   de  Levto  de  diversi  autori.    Milano  1536. 

Paris,  Bibl.  Nat,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Francesco  da  Milano,  Intabolatura  di  Liuto  de  diversi.     Vinegia  1536. 

Wien  k.  k.  Hofbibl. 
Messer  Adriano,   Intavolatura   de   li  Madrigali  di  Verdelotto   da  cantare  et 

sonare  nel  Lauto.    Ven.  153o  (154o). 

Wien,  k.  k.  Hofbibl.,  London,  British  Museum. 
Julio  Abondante,  Intabolatura  di  lautto.    Ven.  1546. 

Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Intabolatura  sopra  el  Lauto.    Venetia  1546. 

Sorau,  Stadtbibl. 
Melchior  de  Barberiis,  Intabulatura  di  Lautto.    Libro  4 — 6.    Ven.  1546. 

Wolfe nbüttel,  herzogl.  Bibl. 
Dominico  Bianchini,  Intabolatura  de  Lauto  ditto  Rossetto  di  Recercari,  Mo 
tetti,  Madrigali,  Canzon  Francese,  Napolitane  et  Balli  novamente  stam- 
pati.    Libro  primo.    Ven.  1546. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolff heim,  Nürnberg,  Ger- 
manisches Museum,  Sorau,  Stadtbibl. 


1  Das  Verzeichnis  ist  mit  Hilfe  der  Werke  von  Doni  (»La  Libraria«,  Vi- 
negia 1557)  und  Flurschütz  (»Index  novus  cantionum«,  Augsburg  1  61 3,  und 
»Officina  musica«,  Augsburg  1615,  1616.  1618,  1619,  1620  und  1628)  ergänzt 
worden. 


Italienische  Lautentabulaturen.  67 

Joan  Maria  da  Crema,  Intabolatura  de.  Lauto.    Libro  primo.    Yen.  1.146. 

Nürnberg,  Germanisches  Museum.  Sorau,  Stadtbibl.,  London,  British 

Museum,  Upsala,  Univ.-Bibl. 
Marcantonio  del  Pifaro  Bolognese,  Intabolatura  de  Lauto.  Libro  primo.  Vcn.  I  >J6. 

Sorau,  Stadtbibl.,  London,  British  Museum,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Antonio  Rotta,  Intabolatura  de  Lauto  .  .  .  di  Recercari,  Motetti,  Balli,  Madri- 

gali,  Canzon  francese  da  lui  composti  et  intaboladi.  Libro  primo.  Ven.  1 546. 
München,  Kgl.  Hofbibl.,  Nürnberg,  Germanisches  Museum,  Ro- 
stock,   Univ.-Bibl.,    Sorau,     Stadtbibl.,    Bologna,    Liceo    mus., 
London,  British  Museum,  Upsala,  Univ.-Bibl.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Francesco  Vindella,  Intavolatura  di  Liuto.    Libro  primo.    Ven.  1546. 

München,  Kgl.  Hofbibl.,  Nürnberg,  Germanisches  Museum,  Sorau, 

Stadtbibl.,  Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibliothek,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Francesco  da  Milano,  Intabolatura  de  Lauto.    Libro  primo.    Ven.  1546. 

Nürnberg,  Germanisches  Museum,  Sorau,  Stadtbibl.,  London,  British 

Museum,  Wien.  k.  k.  Hofbibl. 
Libro  secondo.    Ven.  1546. 

Nürnberg,  Germanisches  Museum,  London,  British  Museum,  Wien, 

k.  k.  Hofbibl. 
Libro  terzo.    Ven.  1546. 


London,  British  Museum. 
Pietro  Paolo  Borrono,  Intabolatura  de  Lauto.    Libro  secondo.    Ven.,  Ant.  Gar- 
dano,  1546. 

Upsala,  Univ.-Bibl. 
Francesco  Mi  1  an  es  e   e   Perino  Fiorentino,   Intabolatura  de  Lauto.    Libro 
terzo.    Ven.  1547. 

München,  Kgl.  Hofbibl.,  Nürnberg,  Germanisches  Museum,  Sorau, 
Stadtbibl. 
Simon  Gintzler,  Intabolatura  de  Lauto.    Libro  primo.    Ven.  1547. 

Nürnberg,  Germanisches  Museum,  Sorau,  Stadtbibl.,  Genua,  Univ.- 
Bibl,  London,  British  Museum,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Francesco  da  Milano,  Intabolatura   de  Lautto.    Libro  Settimo.    Venet,   Hie- 
ronimo  Schotto,  1548. 

London,  British  Museum. 
Abondante,  Intabolatura  di  lautto.    Libro  secondo.    Ven.  1548. 

Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Pietro  Paolo  Borrono  da  Milano,  Intavolatura  di  Lauto.  Libro  ottavo.  Ven.  1548. 
Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim. 

Libro  IX  intitolato  il  Bembo.    Ven.  1549. 

Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Melchior  de  B  arberiis,  Opera  intitolata  Contina.  Intabolatura  di  lauto.  Libro  X. 
Ven.  1549. 

Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Rev.  Don  Bartholomeo  lieto  Panhormitano,  Dialogo  quarto  di  musica.    Na- 
poli  1558. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim. 
Valentinus  Bacfarc,  Intabulatura.    Liber  primus.    Lugduni  apud  Jacobum  Mo- 
dernum.    1552. 

Vesoul,  Stadtbibl. 
Bernardino  Balletti,  Intabolatura  de  lauto  lib.  I.    Ven.  1554. 
Wien,  k.  k.  Hofbibl. 


63  Italienische  Lautentabulaturen. 

Jo.  Matelart,  Intavolatura  de  leuto.    Roma  4559. 

Bologna,    Liceo    mus.,    Rom,    Bibl.    C.  Lozzi    (vgl.   Bibliofilia  VI,  4 

S.  4  3  ff). 
Paladin,  Livre  de  Tablature  de  Luth.    Lyon  4  560. 

München,  Kgl.  Hofbibl.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Francesco     da    Milano     et    Perino    Fiorentino,     Intabolatura    di    liuto. 

Ven.  4  562. 

London,  British  Museum,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Francesco  da  Milano,  La  Intabolatura  de  Lauto.    Vinegia  4  563. 

Genua,  Univ.-Bibl. 
Pietro  Pauolo  Borrono,  La  Intabolatura  de  Lauto.    Vinegia  4  563. 

Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Vincenzo  Galilei  Fiorentino,    Intavolature  de  Lauto.    Madrigali  e  Ricercate. 

Libro  primo.    Roma  4  564. 
Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Giacomo  Gorzanis,  Intabolatura  di  Liuto.    Primo  Libro.    Ven.  4  564. 

Genua,  Univ.-Bibl. 
Secondo  Libro.    Ven.  4  563. 

Genua,  Univ.-Bibl. 
Terzo  Libro.    Ven.  4  564. 


Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Secondo  Libro.    Ven.  4  565. 


Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Opera  nova  de  Lauto.    Libro  quarlo.    Ven.  s.  a. 

Wien,  k.  k.  Hofbibl.  Ven.  45-9.  Bologna,  Liceo  mus. 

Valentini  Grelfi  Bakfarci  Pannonii,  Harmoniarum  Musicarum  in  usum  Testu- 
dinis  lactarum  Tomus  primus.    Cracoviae  4  565. 

München,  Kfd.  Hofbibl.,  Bologna,  Liceo  mus.    Der  Nachdruck  von 
4569  in  der  k.  k.  Hofbibl.   Wien. 

Francesco  Milanese  et  M.  Perino  Fiorentino,  Intabolatura  de  lauto.  Libro 
primo.    Roma  4  )66. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim. 

Melchior  Neysidler,  Intabolatura  di  Liuto.    Libro  I  e  II.    Ven.  4566. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  München,  Kgl.  Hofbibl.,  London,  British  Museum 
(nur  Libro  I),  Upsala,  Univ.-Bibl. 

Antonio  di  Becchi,  Intabulatura  da  Leuto.    Vinegia  4  568. 
Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Vincenzo  Galilei,  Fronimo.    Vinegia  4  56^. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.   Dr.  Werner  WollTheim. 

Giulio  Cesare  Barbetta,  Intavolatura  de  buto.    Primo  libro.    Vinegia  4  569. 
London,  British  Museum,  Venedig,  Bibl.  San  Marco. 

Sixt  Kärgel,  Novae  eleganlissimae  Gallicae  item  et  Italicae  Cantilenae,  Mu- 
tetae  et  Passomezo.    Straßburt;,  Jobin   1574. 

München,  Kgl.  Hofbibl.,  Trier,  Sladtbibl.,  Upsala,  Univ.-Bibl. 

Fabritio  Carosu  da  Sermoneta,  II  Ballarino.  Ven.  1581  (1600,  1605,  4  630}. 
Berlin,  K-l.  Bibl.,  Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim, 
Breslau,  Univ.-Bibl.  u.  Sladtbibl.,  Frankfurt  a.  M..  Bibl.  Paul  Hirsch, 
München,  Kgl.  Hofbibl.,  Nürnberg.  G.-rmanischos  Museum,  Wolfen- 
büttel, herzogl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  mus.,  Ferrara,  Bibl.  Com.. 
Glasgow,  Univ.-Bibl,  London,  British  Mus.,  Paris,  Bibl.  du  Conser- 
vatoire,  Roma,  Santa  Cecilia,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 


Italienische  Lautentabulaturen.  69 

Giulio  Cesare  Barbetta,  Novae  tabulae  musicae  testudinariac  hexaehordae  et 
heptachordac.    Straßhurg,  Jobin,  1582. 
Breslau,  Stadtbibl.,  Donaueschingen. 
Vincenzo  Galilei,  Fronimo.    Vinegia1584. 

Berlin     Kgl.  Bibliothek,  Bologna,   Liceo   mus.,   Brüssel,  Kgl.  Bibl., 
Florenz,  R.  Ist.  Mus.,  Glasgow,  Univ.-Bibl.,  London,  British  Museum, 
Paris,  Bibl.  du  Conservatoire  und  Bibl.  Nat.,  Rom,  Santa  Cecilia. 
Gabriel  Fallamero,  II  prinio  übro  de  Intavolatura  da  Liuto.    Vin.  1584. 

Genua,  Univ.-Bibl. 
Giulio  Cesare  Barbetta,  Intavolatura  de  Liuto.    Ven.  1585. 

London,  British  Museum. 
Simone  VeroVio,  Diletto  Spiriluale,  Roma  1586. 

Berlin,   Kgl.  Bibl.,   München,  Kgl.  Hof  bibl.,    Bologna,  Liceo  mus., 
Brüssel  Kgl.Bibl.,  London,  British  Museum,  Padua,  Univ.-Bibl.-  Aus- 
gabe 1  590  Liegnitz,  Ritterakademie,  Ausgabe  1592  Bologna,  Liceo  mus. 
AbuncTante,  11  quinto  libro  de  tabulatura  da  liuto.    Ven.  1587. 
Bologna,  Liceo  mus.,  Wien,  k.  k.  Hof  bibl. 

Simone  Yerovio,  Ghirlanda  di  Fioretti  musicali con  l'intavolatura  del 

Cimbalo  et  Liuto.    Roma  1589. 

Berlin,  Kgl.  Bibliothek,  Liegnitz,  Ritterakademie,  München,  Kgl. 
Hofbibl    Bologna,  Liceo  mus.,  Brüssel,  Bibl.  duConserv.,  London, 
British  Museum,  Padua,   Bibl.  Anton.,   Paris,  Bibl.   du   Conserv., 
Venedig,  Bibl.  San  Marco. 
Orazio  Vecchi,  Selva  di  Varia  Ricreatione.    Ven.  1590. 

Berlin     Kgl    Bibl.,  Bologna,  Liceo  mus.,    Brüssel,  Florenz,  Mo- 

dena,  Bibl.  Estense,  Rom,  Santa  Cecilia.  1595,  London,  British  Museum. 

Simone  Verovio,  Canzonette  a  4  voci  .  .  .  con  l'intavolatura  del  Cimbalo  et 

del  Liuto.    Roma  1591. 

Liegnitz,  Ritterakademie,  München,  Kgl.  Hofbibl.,  Bologna,  Liceo 

mus.,  Brüssel,  Bibl.  du  Conserv.,  London,  British  Museum,  Padua, 
Bibl.  Anton.,  Venedig,  Bibl.  Marciana. 
Giov.  Ant.  Terzi,  Intavolatura  di  Liutto.    Ven.  1593. 

Bologna,  Liceo  mus.,  Florenz,  Bibl.  Naz. 
Alessandro  Piccinini,  Trattato  sopra  la  Tabulatura.    Bologna  1594. 
Simone  Verovio,  Lodi   della  musica  ...  con  l'intavolatura   del  Cimbalo   e 
Liuto.    Roma  1595. 

München,  Kgl.  Hofbibl.,  Bologna,  Liceo  mus.,  London,  Britisn 

Museum,  Padua,  Bibl.  Anton. 
Simone  Molinaro,  Intavolatura  di  Liuto.    LiBro  Primo.    Ven.  1599. 

Florenz,  Bibl.  Naz.,  London,  British  Museum. 
Giov.  Antonio  Terzi,  II  secondo  libro  de  Intavolatura  di  Liuto.    Ven.  1599. 

Bologna,  Liceo  mus. 
Alfonso  Fer.ari  da  Reggio,  Canzonette  a  tre  voci  con  l'intavolatura  per  sonar 

di  Liuto.    Ven.   1G00. 

Cesare  NegH^Miianese  detto  il  Trombone.  Le  Gratie  d'amore.  Milano  1602. 
Berlin  tgl.  B.W.,  Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Bologna,  L.ceo  mus., 
Brüsse'l,  Kgl.  Bibl.,  Mailand,  Bibl.  Naz,  Wien,  k.  k.  Hofb.bl. 

Giulio  Cesare  Barbetta,  Intavolatura  di  liuto  delle  canzonette  a  tre  voc. 
Ven.  1603. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl. 


70  Italienische  Lautentabulaturen. 

Cesare  Negri,  Nuove  Inventioni  di  Balli.    Milano  1604. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Frankfurt  a.M.,  Bibl.  Paul  Hirsch,  München,  Kgl. 

Hofbibl.,  Nürnberg,  Germanisches  Museum,  Wolfenbüttel,  herzogl. 

Bibl.,  London,  British  Museum,  Paris,  Bibl.  duConserv.,Prag,Univ.-Bibl. 
Giov.  Franc.  Anerio,  Galliarde  a  quattro  voci  intavolate  per  sonare  sul  Ciin- 

balo  e  sul  Liuto,  s.  a.  (1607). 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Dom.  Maria  Melii,  Le  Prime  (Seconde,  Terze)  Musiche.    Ven.  1609. 
Pierre  de  Pouille,  Tabulatura  de  leuto.    1609. 
Giov.  Girolamo  Kapsberger,  Libro  primo  di  Villanelle.    Roma  1610. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 

Libro  primo  d'Intavolatura  di  Lauto.    Roma  1611. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  mus. 

Libro  primo  di  Arie  passeggiate.    Roma  1612. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 

B.  Handschriften. 

B ass an  o-Vicenza,  Bibl.  Dr.  O.  Chilesotti,  ital.  Lautenhandschrift  des  16.  Jahrfa. 
Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  Z 32 ,  ital.  Lautentabulatur  für  7chörige  Labte. 

Mus.  Ms.  Z  68,  Lautenbuch  Wolckenstein  et  Rodenegg  in  Collegio  Par- 

mensi  1656. 

Brüssel,  Bibl.  du  Conserv.  Nr.  704,  Florentiner  Handschrift  aus  dem  Anfang 
des  17.  Jahrh.  mit  einstimmigen  Gesängen,  Basso  Continuo  und  Laute. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl.  Ms.  II 275,  ital.  Lautentabulatur  aus  dem  Ende  des 
16.  Jahrh.  mit  Arien,  Madrigalen,  Balleten,  Fantasien,  Passemezzen,  Toc- 
caten, Pavaniglien,  Kontrapunkten,  Saltarelli,  Ricercari  und  Gagliarde 
von  Santino  da  Parma,  Giovambatista  da  Milano,  Giulio  Giovanni,  Orazio 
Vecchi,  Mortali,  Christofano  Malvezzi,  AI.  Striggio  und  andern. 

Ms.  704  (anc.  8750),  mit  Monodien  aus  dem  Anfange  des  17.  Jahrh 

Florenz,  Bibl.  Naz.  Centrale  Ms.  XIX.  105,  S.  Giuseppe  Rasponi.    A  di  12  di 

Marzo  1635.  Questo  Libro  e  da  sonare  di  Liuto.  Di  me  Giulio  Medici 
et  suoi  Amici.  Inhalt:  Bergamasco,  Gagliarda,  Passo  e  Mezzo,  Corrente 
della  Stella  mit  Variazione,  Pauaniglia,  Romanescha,  Spagnoletta,  Co- 
cogniella,  Saione,  Ballo  del  Palazzo,  Follia,  Mattaccina,  Ruggieri,  Corrente 
di  Ruggieri,  Cacia  crocida,  Contadina,  Canario,  Marchetta,  Ciacchone. 
Ms.  XIX 106,  Tabulatur  aus  dem  Anfange  des  17.  Jahrh.  mit  Tänzen. 

Ms.  XIX 109,  ital.  Lieder  zur  Laute;  16.  Jahrh. 

Ms.  XIX 16 S,  Lieder  mit  und  ohne  Text  sowie  Tänze  (16.  Jahrh.?). 

Ms.  XIX 179,  Lieder  mit.  und  ohne  Text  sowie  Tänze,  wie  Contrapasso, 
Spagnioletta,  Pavaniglia,  Corrente,  Tordiglione,  Gagliarda,  Monacha 
(16.  Jahrh.).  ' 

Genua,  Univ.-Bibl.  Cod.  F  VIII,  Giardino  di  Intavolature  per  il  Leuto. 
Lucca,  Bibl.  pubblica  Cod.  174,  Intavolatura  di  Leuto   da  sonare  e  cantare. 
München,  Kgl.  Hofbibl.  Mus.  Mss.  62,  266,  268-271,  1511a  (Jacomo  Gor- 

zanis),  15U\  1511 c,  1511d,  1627,  2987. 
Nürnberg,  Germanisches  Museum  Ms.  33748,  I— VI,  VIII,  mit  Tänzen. 
Paris,  Bibl.  du  Conservatoire  Ms.  23000,  Lautenhandschrift  vom  Jahre  1589. 
Sorau,  Stadtbibl.,  Ms.  an  Gardane-Drucken  von  1546/47 
Vesoul,  Stadtbibl.  Ms.  9287  {698) K 

1  Vgl.  Michel  Brenet  in  der  »Revue  d'histoire  et  de  critique  musicales« 
1901   Nr.  1—2  und  1902  Nr.  1. 


Die  französische  Lautentabulatur.  71 

Wien,  k.  k.  Hofbibl.  Mus.  Mss.  18821,  18S27,  187901. 

Ms.  18821,  Lautenbuch    des    Octavianus   Secundus   Fuggcr,    datiert   Ho- 

uonia  1562. 

Ms.  18S27,  Tabulatur  eines  »Hanns  Antonius«. 

Ms.  18790,  Lautenbuch  des  Herrn  Jörg  Fugger. 

Wien,  Bibl.  des  Grafen  Hans  Wilczek,  Tabulatur  des  16.  Jahrb. 
Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Lautenbücher  von  Philipp  Hainhofer  1603. 


Die  französische  Lautentabulatur. 

Hochbedeutsam  ist  die  Geschichte  der  Laute  auf  französischem 
Boden.  Ihr  Vorkommen  in  Darstellungen  der  Kunst  läßt  sich  bis 
ins  12.  Jahrhundert  zurück  verfolgen.  Literarische  Erwähnungen 
sind  schon  im  13.  Jahrhundert  anzutreffen2.  Als  ältesten  Zeugen 
aus  fachmännischen  Kreisen  führe  ich  nur  Johannes  de  Gro- 
cheo3  an,  der  ihrer  unter  dem  Terminus  lira4  gedenkt.  Die  ältesten 
praktischen  Denkmäler  sind  uns  aus  dem  Jahre  1529  überliefert. 
Aus  der  Offizin  des  Pariser  Druckers  Pierre  Attaingnant  gingen 
hervor: 

1529  Kai.  Februarii.  Dixhuit  basses  dances  garnies  de  Recoupes  et  Tor- 
dions  auec  dixneuf  Branles  quatre  que  Sauterelles  que  Haulberroys  / 
quinze  Gaillardes  /  et  neuf  Pauennes  de  la  plus  grant  part  desquelles 
le  subiect  est  en  musique.  Le  tout  reduyt  en  la  tabulature  du  Lutz 
nouuellement  imprime  a  Paris. 

1529  le  VI.  iour  d'octobre.  Tres  breue  et  familiere  introduction  pour  en- 
tendre  et  apprendre  par  soy  mesmes  a  iouer  toutes  chansons  re- 
duictes  en  la  tabulature  du  Lutz  auec  la  maniere  daccorder  le  dict 
Lutz.  Ensemble  XXXIX  chansons  dont  la  plus  part  dicelles  sont 
en  deux  sortes  cest  assauoir  a  deux  parties  et  la  musique.  Et  a 
troys  sans  musique.  Le  tout  acheue  d  imprimer  le  VI  iour  d  oc- 
tobre  1529. 

Die  dem  zweiten  Drucke  zum  Zwecke  schneller  und  leichter 
Einführung  in  die  Lautentabulatur  beigegebenen  Regeln  bilden  mit 
den  sich  anschließenden  Bemerkungen  ein  wichtiges  Dokument  der 
Lautengeschichte  und  seien  aus  diesem  Grunde  hier  mitgeteilt: 


1  Siehe  die  Beschreibung  dieser  Wiener  Lautenhandschriften  von  Ad.  Ko- 
czirc  in  den  »Denkmälern  der  Tonkunst  in  Österreich«  Jahrgang  XVIII,  2 
Bd.  37  S.  XLVIf. 

2  Siehe  die  Arbeit  von  Michel  Brenet:  »Notes  sur  l'histoire  du  luth  en 
France«  in  der  »Rivista  Musicale  Italiana«  1898  S.  637  ff. 

3  Vgl.  meine  Ausgabe  in  den  »Sammelbänden  der  IMG.<  I,  96. 

4  Daß  die  lira  mit  der  Laute  identisch  ist,  können  wir  aus  Tinctoris 
schließen  (vgl.  »Haberl's  kirchenmusikalisches  Jahrbuch«  1899  S.  74  undK.Wein- 
mann,  »Johannes  Tinctoris  und  sein  unbekannter  Traktat  ,De  inventione  et 
usu  musicae'«.     Regensburg  und  Rom,  Friedrich  Pustet,  1917  S.  40  ff.}. 

Kl.  Handb.  der  Musikgesch.   VIII,  2.  6 


72  Tres  breue  et  familiere  introduction. 

Troys  breues  rigles  pour  estre  tost  et  facillement  introduict  en  la 

tabulature  du  lntz. 

Premiere  rigle.  La  poingnee  ou  manche  du  lutz  a  huit  touches  desquelles 
la  premiere  doit  estre  signee  par  b.  La  .II.  par  c.  La  .III.  par  d.  La  .IUI.  par  e. 
La  .V.  par  f.  La  .VI.  par  g.  La  .VII.  par  h.  La  VIII.  par  i.  Et  aulcunefoys 
on  faict  la  .IX.  sur  le  commencement  de  la  table  du  lutz  /  laquelle  est  signee 
par  k.  A  nest  point  signe  sur  la  dicte  poingnee  pour  ce  que  la  corde  ou  il 
vient  ne  se  touche  sur  la  dicte  poingnee  mais  seullement  sur  la  table. 

Seconde  rigle.  Le  lutz  a  .XI.  cordes  ordonnez  par  six  ordres  desquelz  le 
premier  commence  a  la  premiere  grosse  corde  /  et  sa  compaigne  qui  sont 
signees  en  lespasse  dessoubz  les  cinq  rigles  de  la  tabulature.  Lesquelles  cinq 
rigles  representent  les  aultres  cinq  ordres  de  cordes  cest  assauoir  la  premiere 
rigle  le  second  ordre.  La  seconde  /  le  tiers.  La  tierce  rigle  le  quart  ordre. 
La  quarte  /  le  quint  et  la  sixte  le  .VI.  ordre.  Et  notez  que  les  letres  signees 
tant  sur  le  dict  espasse  que  sur  les  dictes  cinq  rigles  doyuent  estre  touchees 
sur  la  poingnee  de  la  main  senestre  chacune  en  sa  touche  et  ordre  par  la 
mesure  cy  apres  dcclairee.  Et  quant  il  en  vient  deux  ou  Iroys  lune  sur  laultrc 
on  les  doit  toucher  toutes  ensemble.  Item  notez  que  Celles  ou  il  y  a  vng 
point  dessoubz  doiuent  estre  touchees  du  doit  /  et  les  aultres  du  poulce. 

Tierce  rigle.  Ilz  sont  cinq  sortes  de  mesures  ou  signes  par  lesquelz  toutes 
chansons  mises  en  tabulature  sont  touchees  par  mesure  ou  longue  ou  breue  etc. 
Lesquelz  .V.  signes  representent  .V.  sortes  de  notes  de  musique.  Le  premier 
est  ainsi  figure  |  et  vault  vne  semibreue.  Le  second  est  ainsi  f*  et  vault  vne 
minime  /  et  en  fault  deux  pour  la  valeur  du  premier.  Le  tiers  est  ainsi  t  et 
vault  vne  semiminime  et  en  fault  ,1111.  pour  le  premier  et  .II.  pour  le  second. 
Le  quart  est  ainsi  R  et  vault  vne  crochue  /  duquel  il  en  fault  .VIII.  pour 
le  premier  .HÜ.  pour  le  second  /  et  .Ü.  pour  le  liers.  Le  .V.  est  ainsi  |  le  quel 
on  ne  treuue  pas  souuent  et  vault  vng  fradon  du  quel  il  en  fault  .XVI.  pour 

le  premier  .VIII.  pour  le  second  .IUI.  pour  le  tiers  et  deux  pour  le  quart.  Et 
notez  que  en  la  tabulature  du  lutz  on  ne  vse  point  de  breues  /  longues  /  ne 
maximes  /  pour  ce  que  le  son  de  chacune  corde  nest  nomplus  long  que  vne 
semibreue.     Et  de  tout  ce  que  dit  est  voyes  ceste  figure). 


u  u  u  u  u  u  u  u 


Fredons 


Crochues 


Semiminimes  f  J*  3 


Minimes  f1  [> 

Semibreue 

Oultre  les  mesures  ou  signes  dessus  ditz  il  y  en  a  encore  vne  aultre  qu 
\ient  comme  aux  fins  des  chansons  et  est  ainsi  signe  ^  et  sapelle  poinct 
dorgue  et  vault  double  semibreue  /  ou  autant  quon  le  veult  faire  valoir.  Item 
souuentes  fois  se  treuue  vng  point  dedens  les  mesures  de  minime  et  semi- 
minime ainsi  P*  fr  lequel  poinct  leur  augmente  leurs  valeurs  de  moytie  dauan- 
taige  quelz  ne  valloient.    Item  aussi  on  trouue  aulcunes  foys  parmy  les  rigles 


Französische  Lautentabulatur.  73 

vng  tel  signe  i*"  lequel  denote  vne  pause  de  minime  /  et  vng  tel  X  leque 
denote  vne  pause  de  semiminime.  Pour  accorder  le  lutz  Mettez  la  grosse 
corde  du  premier  ordre  en  si  bas  ton  que  vouldres  et  la  compaigne  huit  notes 
plus  hault  puis  accordez  la  grosse  corde  du  second  ordre  quatre  notes  plus  hault 
que  la  premiere  / -et  sa  compaigne  huit  notes  plus  hault.  Et  ainsi  faites  de 
la  grosse  du  tiers  et  de  sa  compaigne.  Puis  acordez  les  deux  menues  du 
quart  ordre  trois  notes  plus  hault  que  le  tiers  ordre.  Et  les  deux  du  .V.  ordre 
soient  .ÜÜ.  notes  plus  hault  que  le  quart  ordre.  Et  celle  du  .VI.  qui  est  seulle 
soit  .ÜÜ.  notes  plus  hault  que  le  .V.  ordre.  "Et  si  vous  auez  bien  fait  vous 
trouuerez  le  premier  et  le  .VI.  ordres  en  a  /  et  le  tiers  en  c  (en  les  faisant 
toutes  sonner  ensemble)  tout  dun  accord.  Puis  sonneres  le  second  ordre  en  a  / 
auec  le  quart  en  d  /  et  le  .VI.  ordre  en  f.  tous  ensemble  et  trouueres  bon  ac- 
cord. Puis  sonnez  ensemble  le  tiers  ordre  en  a  /  et  le  .V.  en  d.  et  trouueres 
bon  accord.  Apres  sonnes  le  .II.  ordre  en  .c.  et  le  quint  en  a  tout  ensemble  / 
et  trouueres  bon  accord.  Et  ainsi  fault  faire  pour  auoir  son  lutz  bien  accorde. 
Et  de  tous  les  accordz  dessus  ditz  voyez  la  figure. 

-F- 


-&- 


-B- 


-&- 


Et  notez  pour  rigle  generale  que  la  grosse  corde  du  second  ordre  est 
vne  quarte  plus  hault  que  la  grosse  du  premier  /  et  la  tierce  vne  quarte  plus 
hault  que  la  seconde.  Et  leurs  compaignes  sont  tousiours  vne  octaue  plus 
haultes  que  leurs  grosses.  Et  Celles  du  quart  sont  vne  tierce  note  au  dessus 
du  tiers  ordre.  Et  les  deux  ordres  ensuyuans  sont  vne  quarte  lun  au  dessus 
de  lautre  etc.  et  doiuent  estre  chacune  en  son  ordre  egalles  en  son  et  grosseur. 

Die  Laute  hatte  damals  elf  Saiten,  die,  abgesehen  von  der 
chanterelle,  je  zwei  zu  einem  Chore  vereinigt  waren;  der  zweite 
und  dritte  Chor  wiesen  Einklangs-,  die  übrigen  Oktav-Begleitsaiten 
auf.  Wie  wir  aus  dem  ebenfalls  bei  Pierre  Attaingnant  1530  er- 
schienenen Traktate  des  Orontius  Fineus  »Epithoma  musice  instru- 
mentalis  ad  omnimodam  Hemispherii  Luthine  et  theoricam  et  pra- 
cticam«  entnehmen  können,  war  die  Stimmung  der  sechs  Chöre 
Adghe'a'.  Doch  führt  er  daneben  auch  Stimmungen  entspre- 
chenden Aufbaues  an,  die  von  Cr,  E  und  D  ihren  Ausgang  nehmen. 
Die  »Introductio«  gibt  keine  bestimmte  Tonlage  an,  sondern  emp- 
fiehlt nur,  den  untersten  Chor  möglichst  tief  zu  nehmen.  Alle 
sechs  Chöre  liefen  über  den  Hals  des  Instruments,  der  acht,  selten 
neun  Bünde  aufwies.  Systeme  von  fünf  Linien  dienten  der  Nota- 
tion. Die  höchste  Linie  entsprach  dem  höchsten  Chore,  der  tiefste 
Chor  wurde  auf  einer  Hilfslinie  unter  dem  Systeme  verzeichnet. 
Zur  Bezeichnung  der  Halbton  fortschreitungen  auf  jeder  Saite  dienten 
die  Buchstaben  a — i(k).  Während  der  erste  Druck  sich  des  Alpha- 
bets der  kleinen  Buchstaben  bediente,  griff  die  »Tres  breue  et  fa- 


74  Französische  Lautentabulatur. 

miliere  introduction«  wohl  versuchsweise  zu  großen  Lettern.  A  bzw.  a 
bezeichnete  in  jedem  Falle  die  leere  Saite,  B  (b)  den  ersten,  C  (c) 
den  zweiten  Bund  usf.  Mit  andern  Worten:  B  (b)  drückte  die  Halb- 
ton-, G  (c)  die  Ganzton-,  D  (d)  die  kleine  Terz-,  E  (e)  die  große 
Terz-,  F  (f)  die  Quart-,  G  (g)  die  Tritonus-,  H  (h)  die  Quint-,  I  (i) 
die  kleine  Sext-  und  K  (k)  die  große  Sext-Fortschreitung  aus.  Über- 
einandergesetzte  Buchstaben  erklangen  gleichzeitig.  Die  rhythmische 
Folge  der  Griffe  gelangte  mit  den  aus  den  übrigen  Tabulaturen 
bekannten  rhythmischen  Zeichen  zum  Ausdruck: 


semibreve     =  ^ 

K  ■  .  .  ! 

)  minime         =  ^> 


H       •   •  •  i 

I  semiminime  =  • 
crochue        =  • 

fredon  =  • 

Longae  und  breves  werden  nicht  gebraucht,  da  der  Klang  jeder 
Saite  nicht  länger  währe,  als  eine  semibrevis  (pour  ce  que  le  son 
de  chacune  corde  n'est  non  plus  long  que  une  semibreue).  Rhyth- 
mische Zeichen  ohne  Verbindung  mit  Buchstaben  gelten  für  die 
Pausen.  Punkte  unter  den  Buchstaben  zielen  auf  den  Fingersatz 
der  rechten  Hand l  und  bezeichnen  den  Anschlag  mit  dem  zweiten 
bis  fünften  Finger.  Ein  Punkt  verlangt  den  zweiten,  zwei  Punkte 
den  dritten  Finger  usf.  Wo  Punkte  fehlen,  da  kommt  der  Daumen 
zur  Anwendung.  Der  Punkt  neben  einem  rhythmischen  Zeichen 
gilt  als  Augmentationspunkt  und  verlängert  den  Rhythmus  um  die 
Hälfte  seines  Wertes.  Die  Fermate  (point  d'orgue)  t*  bezeichnet 
den  Wert  zweier  semibreves  oder  einer  beliebigen  Verlängerung. 
Um  die  klare  Beziehung  weit  auseinanderliegender  übereinander- 
stehender  Zeichen  herzustellen,  dient  der  Vertikalstrich. 


i  Die  spätere  Zeit  kennt  eine  Bezeichnung  des  Fingersatzes  der  linken 
Hand  mit  Zahlen.  Zu  verweisen  ist  in  erster  Linie  aufMersenne:  »Harmonie 
Universelle«  II  Livre  II  proposition  IX  article  IV  S.  79.  »Les  nombres  qui  prece- 
dent  les  lettres  de  la  tablature  signifient  les  doigts  de  la  main  gauche«.  Weiter 
zu  nennen  ist  Baron  mit  seiner  »Untersuchung  des  Instruments  der  Lauten« 
(Nürnberg  1727)  S.  453  ff.  Schließlich  sei  auch  Beyer  1760  mit  der  »Anwei- 
sung« zu  »Prof.  Gellerts  Oden,  Lieder  und  Fabeln«  angeführt,  wo  es  heißt: 
»Die  bey  den  Buchstaben  gesetzten  Zahlen  deuten  die  Application  der  Finger 
der  linken  Hand  an.« 


Beispiele  aus  Attaingnant. 


75 


Zwei  Beispiele  mögen  diese  älteste  französische  Lautentabulatur 
veranschaulichen : 

<u«irait«o(lftur.>B8ire6i«Kk.IS.     .......  , 

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Pierre  Attaingnant,  Dixhuit  basses  dances.     Paris  4529. 

Cueur  angoisseux.    Basse  dance.    P.  B. 
Stimmung:   Q  e  f  a  d'  g'. 


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76 


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Fortune  a  bien  couru  sur  moy. 


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Die  Anwendung  großer  Buchstaben  blieb  ohne  Folge  für  die  Ent- 
wicklung; die  kleinen  Buchstaben  errangen  den  Sieg. 

Wie  die  Italiener  für  Vokal-  oder  Instrumentalstimmen,  die  zu 
dem  Lautenpart  hinzutraten,  sich  der  Mensuralnotation  bedienten, 
so  griffen  auch  die  Franzosen  für  den  gleichen  Zweck  zur  »musique« 
gegenüber  der  »tabulature«. 


i-ii 


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3j  Der  letzte  Takt  fehlt 
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letzte liegt  rhythmisch 
verderbt  vor. 


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Aus:  Attaingnant,  Dixhuit  basses  dances  (Paris   1 Ü29)  Bl.  XXXIIII. 


80 


Gaillarde  P.  B. 


Gaillarde  P.  B. 


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transponiert  notiert  und  wie  bei  den  Italienern  die  Beziehung  von 
»musique«  und  Tabulatur  durch  kurze  Hinweise  wie  »La  voix  a 
sur  la  premiere«  geregelt.  Beispiele  hierfür  bieten  Werke  von  Mor- 
leye  (1597),  Rosseter  (1601),  Gampion  (1606),  Bataille  (161 4) 
und  anderen. 

Die  geschilderte  älteste  französische  Lautentabulatur  behält  bis 
in  das  letzte  Drittel  des  4  6.  Jahrhunderts  hinein  ihre  Bedeutung. 
Zwar  scheint  schon  Orontius  Fineus  in  seiner  »Epithoma«  (At- 
taingnant  1530)  zu  einem  Sechsliniensyslem  fortschreiten  zu  wollen. 
Die  Praxis  hält  aber  noch  lange  am  Fünfliniensystem  fest.  Als 
Zeugen  seien  nur  die  bei  Phalesius  in  Lüwen  erschienenen  »Car- 
mina  pro  Testudine«  (1547)  und  das  »Luculentum  theatrum  musi- 
cum«  (4  568)  sowie  die  von  Roy  et  Ballard  veröffentlichten  Lauten- 
bücher eines  Albert  de  Rippe  (1553 — 58),  eines  Morleye  (1552 
u.  54),  Nicolas  de  Gheuin  (1556),  Valentin  Bacfarc  (1564)  und 
die  bei  Le  Roy  erschienene  »Instruction«  vom  Jahre  15742  an- 
geführt.   Mit  dem  aus  der  Phalesius'schen  Offizin  hervorgehenden 


1  Vorlage  g. 

2  Vgl.   Faksimile  24    in   Robert   Steele, 
Printing«  (London  1903). 


»The    earliest    English    Music 


Die  Bezeichnung  der  tiefen  Chöre. 


83 


»Pratum  musicum«  des  Emanuel  Hadrianius  Antverpiensis  1584 
beginnt  die  Herrschaft  des  Sechsliniensystems,  das  bis  zum  Ende  des 
18.  Jahrhunderts  fast  durchaus  anzutreffen  ist.  Nur  das  Thysius- 
Lnutenbuch  (Bibl.  Leyden)  aus  der  Zeit  um  1600  scheint  mit  einem 
Siebenliniensystem  das  Prinzip  zu  durchbrechen. 


Titelbild  aus:  Fuhrmann,  Testudo  Gallo-Germanica  1615. 

Wächst  auch  die  Zahl  der  Chüre  bedeutend1,  so  finden  sich 
doch  Mittel,  mit  dem  Sechsliniensystem  auszukommen.  Nehmen 
wir  als  Grundstimmung  G  c  f  a  d'  g'  an,  so  wird  das  tiefere  F 
als  a  unter  den  Linien,  das  E  als  a  oder 


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das  C  als  a  oder  '"a  notiert. 


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1  Thomas  Mace  berichtet  in  seinem 
»Musick's  monument«  (London  1676),  daß 
1620  die  Laute  10—14,  bald  danach  16,  18 
und  20  Saiten  zählte  und  daß  bis  1675  ihre 
Zahl  auf  24,  ja  bei  der  Theorbe  auf  26  an- 
wuchs. 


84  Die  Bezeichnung  der  tiefen  Chöre. 

Als  Beispiele  für  eine  derartige  Praxis  lassen  sich  der  »Hortus 
musicalis  novus«  von  Elias  Mertel  (Straßburg  1615),  die  »Testudo 
Gallo -Germanica«  von  Georg  Leopold  Fuhrmann  (Nürnberg 
1615),  der  »Novus  partus«  von  Besardus  (Augsburg  1617),  die 
Lautentabulatur  des  Ernst  Schele  vom  Jahre  1619  (Hamburg, 
Stadtbibl.  Ms.  3238),  der  »Thesaurus  Gratiarum«  des  Joh.  Daniel 
Mylius  vom  Jahre  1622  und  andere  Werke  anführen.  Es  kommen 
aber  auch  Fälle  vor,  wo  die  oben  dargelegten  Bezeichnungen  nicht 
stufen-,  sondern  sprungweise  abwärts  schreiten.  Bei  der  vorliegen- 
den O  c  f  a  d'  g'~ Stimmung  notiert  z.  B.  Mattheus  Reymann 
in  den  »Noctes  musicae«  (1598)  mit  a  unter  den  Linien  den  Ton  D, 
mit  a  den  Ton  G  und  bezeichnet  in  ähnlicher  Weise  in  der  »Gitbara 
sacra«  (1613)  den  Ton  C  mit  «. 

Aber  nicht  immer  werden  die  Chöre  in  der  oben  angegebenen 
Weise  notiert.  In  der  aus  dem  Besitze  von  J.  Stobaeus  (1640) 
stammenden  Tabulatur  London,  British  Museum  Sloane  1021  ent- 
sprechen dem  siebenten  und  achten  Chore  die  Zahlen  7  und  8. 
Das  dem  Anfang  des  1 7.  Jahrhunderts  entstammende  Lautenbuch 
des  Joannes  Friderici  (Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim)  bezeichnet 
den  siebenten  bis  zehnten  Chor  bald  mit  «*ä  ä,  bald  mit  den 
Zahlen  7,  8,  9  und  10.  Michelangelo  Galilei  verwendet  1620  in 
seinem  »Primo  libro  d'  intavolatura  di  liuto«  dagegen  erst  vom 
achten  bis  zum  zehnten  Chore  die  Zahlen  8,  9  und  X.  Die  gleiche 
Praxis  treffen  wir  auch  in  dem  Lautenbuche  des  Kasimir  Stanis- 
laus  Rudomina  Dusiacki  (Padua  1620)  an,  nur  daß  er  in  der 
Zahlenreihe  noch  bis  zum  13.  Chore  vorschreitet.  Über  ihn  hin- 
aus geht  das  Lautenbuch  des  Grafen  Wolkenstein-Rodenegg 
(Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  Z  68)  mit  einem  durch  die  Zahl  14 
bezeichneten  vierzehnten  Chore.  Das  Lautenbuch  der  Virginia 
Renata  von  Gehema  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40264)  wendet 
dagegen  nur  für  den  elften  und  zwölften  Chor  die  Zahlen  1 1  und 
12  an. 

Werden  hier  die  Chöre  gezählt,  so  liegt  noch  eine  andere 
Praxis  vor,  die  die  über  die  Zehnchörigkeit  hinausgehenden  Chöre 
mit  denjenigen  Zahlen  belegt,  welche  der  Anzahl  der  über  dem  Buch- 
staben a  anzubringenden  Striche  entsprechen.   Für  den  elften  Chor 

wird  statt  a  die  Zahl  4,  für  den  zwölften  statt  a  die  Zahl  5,  für 

den  dreizehnten  statt  a  die  Zahl  6  und  für  den  vierzehnten  in  ent- 
sprechender Beziehung  die  Zahl  7  gebraucht.  Die  ältesten  Spuren 
dieser  Bezeichnungsweise  führen  in   die   Pariser  Lautenschule  der 


J.  A.  Hasse,  Marsch  aus  Artemisia. 


85 


Gaultier's1  (um  1635),  die  in  spieltechnischer  wie  formaler  Be- 
ziehung von  allgemeiner  Bedeutung  für  die  Entwickelung  der  Lauten- 
musik auf  festländischem  Boden  war.  Die  Lautenbücher  von  Mou- 
ton2,  Perrine  (1679),  Milleian  (Paris,  Bibl.  du  Cons.),  Bocquet 
(Paris,   Bibl.  Nat.  V"1  2660),   die  Handschrift   Rostock,  Univ.-Bibl. 

Mus.  18.  52:,  die  Lautendrucke  von  Esaias  Reusner,  die  »Pieces 
de  Lut«  von  Jacques  Bittner  (Nürnberg  1682),  die  »neuen  Lauten- 
stücke« Gonradi's  (Frankfurt  a.  0.  1724),  um  nur  ein  paar  Bei- 
spiele anzuführen,  alle  rechnen  mit  der  elfchörigen  Laute,  deren  letzte 

fünf  Chöre  mit  aäaak  unter  dem  Liniensystem  notiert  sind.  Ein 
Hasse'scher  Marsch  aus  der  Oper  »Artemisia«  nach  einer  Tabulatur 
der  Bibliothek  Dr.  Werner  Wolffheim  vom  Jahre  1755  sei  hier  als 
Beispiel  eingeflochten. 

March  del  Opera  Artemisia. 


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i  Vgl.  den  Hamilton- Kodex  des  Berliner  Kupferstichkabinets  78  C  12, 
über  den  eine  gründliche  und  tiefgehende,  wenn  auch  nicht  fehlerlose  Studie 
von  0.  Fleischer  in  der  »Vierteljahrsschrift  für  Musikwissenschaft«  Jahrg.  II 

vorliegt.    Fast  durchgehends  wird  für  den  siebenten  bis  elften  Chor  a  ä  ä  ä  a 

gebraucht.   Nur  auf  den  Seiten  123,  234,  250,  251,  254  tritt  4  für  ä  ein.    Der 
siebente  Chor  liegt  übrigens  noch  auf  dem  Griffbrett. 

2  Siehe  »Monatsh.  f.  Musikgesch.  <  1891  (XXIII.  Jahrg.)  Nr.  1 ,  Aufsatz  L  i  n  d  g  r  e  n 


86 


J.  A.  Hasse,  Marsch  aus  Artemisia. 
Joh.  Ad.  Hasse,  Marsch  aus  der  Oper  »Artemisia«, 


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Eine  dreizehnchörige  Laute  mit  der  Bezeichnung  der  tiefsten 
Chöre  durch  die  Zahlen  4  5  6  liegt  zugrunde  bei  Telemann  in 
seinem  »getreuen  Musikmeister«  (1728),  in  der  Handschrift  des 
J.  M.  Sciurus  vom  Jahre  1742  (Berlin,  Kgl.  Bibl.),  bei  Dav.  Kellner 
in  seinen  »XVI  auserlesenen  Lautenstücken«  (Hamburg  1747),  in 
Joh.  Seb.  Bach's  Lautenkompositionen  (Leipzig,  Stadtbibl.),  in  den 
von  Joh.  Gottlob  Immanuel  Breitkopf  in  Leipzig  1757  gedruckten 
»Zwölf  Menuetten  für  die  Laute  von  Herrn  Ferdinand  Seidel 
samt  einer  Fantasie  von  Herrn  Baron«,  in  den  »geistlichen  Liedern 
von  Herrn  Deckert«  (Berlin -Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolff- 
heim),  in  den  Karl  Koh aufsehen  Lautenkompositionen  (Berlin, 
Kgl.  Bibl.)   sowie   in   Lautentabulaturen  von  Friedrich  Wilhelm 


*  In  der  Vorlage  gis. 


Herr,  ich  habe  mißgehandelt. 


87 


Rust1,  Scheidler2,  Giov.  Amad.  Naumann3  und  andern.  Ein 
Choral  im  Deckert'schen  Satze  möge  die  Verwendung  der  drei- 
zehnchürigen  Laute  belegen: 

Herr,  ich  habe  mißgehandelt. 


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Für  das  bereits  erwähnte  Thysius -Lautenbuch  mit  seinem 
Siebenliniensystem  beginnt  die  Anwendung  der  Zahlen  bereits  beim 
achten  Chore: 


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1  Z.  B.  1791    »Tre  sonate  per  il  liuto  con  Violino  obligato«    (abschriftlich 
in  der  Tappert-Sammlung  der  Kgl.  ßibl.,  Berlin). 

2  Z.  B.  »Theme  de  Mozart  varie  par  Scheidler«  (Champagnerlied  aus  Don 
Giovanni).     Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  19765. 

3  Z.B.  »Wie  ein  Hirt  sein  Volk  zu    weiden«    für  Harmonica  und  Laute 
aus  der  Zeit  um  1780  (Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  15948). 

Kl.  Handb.  der  Musikgesch.   VIII,  2.  7 


88 


Polnische  Lautentabulaturen. 


Eine  polnische  Lautentabulatur  des  1 7.  Jahrhunderts  aus  dem 
Besitze  Polin ski's  in  Warschau  setzt  bei  dem  zehnten  Chore  mit 
der  Zahl  3  ein,  wie  ein  Faksimile  in  Polinski's  »Dzieje  muzyki 
polskiej  w  zarysie«  auf  S.  153  dartut. 

Ist  als  Grundprinzip  der  Lagerung  der  Saiten  bei  französischer 
Lautentabulatur  die  tiefste  Saite  entsprechend  der  tiefsten  Linie 
anzunehmen,  so  begegnen  auch  auf  polnischem  Boden  Tabulaturen 
mit  umgekehrter  Lagerung.  Ein  charakteristisches  Beispiel  hat  Po- 
linski1 in  seiner  polnischen  Musikgeschichte  im  Faksimile  mitgeteilt. 
Ein  Ausschnitt  daraus  sei  hier  in   der  Orisinalschrift  dargeboten: 


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Auch  die  Besaitung  im  allgemeinen  unterliegt  Schwankungen. 
So  gibt  Robert  Dowland  in  seinen  »Varieties  of  Lute-lessons« 
1610  dem  sechsten  Chore  zwei  gleichdicke,  also  Einklangssaiten, 
und  gebraucht  Gabriel  Bataille  in  seinen  »Airs  de  differents 
autheurs«  (1608—18)  bei  D  E  F  G  Oktav-  und  bei  e  f  a  d'  Ein- 
klangs-Begleitsaiten.  Mersenne2  scheint  dagegen  durchweg  Oktav- 
Begleitsaiten  anzunehmen. 

In  Deutschland  entspricht  ebenfalls  die  Einstimmung  der  Begleit- 
saiten nicht  immer  dem  alten  Modus.  Johann  Christian  Beyer 
(1760)  hat   für  den   zweiten  bis  fünften  Chor  Einklangs-  und  für 

i   »Dzieje  muzyki  polskiej  w  zarysie«  S.  130. 

-  »Harmonie  universelle«  (Paris  1637)  Livre  second  Proposition  XI  S.  Sfif. 


Noten  als  rhythmische  Zeichen. 


89 


den  sechsten  bis  dreizehnten  Chor  Oktav-Begleitsaiten.  Bei  den 
( tktav-Begleitsaiten  erklingt  immer  die  höhere  Oktave  der  durch 
die  Grundstimmung  gegebenen  Töne. 

Die  genannten  Bataille- Sammlungen  gehören  übrigens  auch  zu 
den  ältesten  gedruckten  Belegen  für  die  Anwendung  von  Noten  als 
rhvthmische  Zeichen  innerhalb  der  französischen  Lautentabulaturen. 


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Gabriel  Bataille,  Airs  de  differents  autheurs  mis  en  tablature  de  luth. 
Livre  premier  (Paris  1611)  fol.  60v.    (Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim.) 

Auf  deutschem  Boden  ist  diese  Praxis  früher  anzutreffen,  wie 
ein  Stück  vom  29.  Januar  1601  aus  der  Handschrift  Berlin  Kgl.  Bibl. 
Mus.  Ms.  40143  zeigen  mag.    (Siehe  das  Faksimile  S.  90.) 

Alleman.de  Sol  dan  mein  Treuw. 
Anno  1601,  29.  Januarii. 


90 


Allemande  Sol  dan  mein  Treuw. 

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Biß  nicht  zu  hart.    Jungfreuwelin  zart,  Laß  ah  von  sulcher  art. 


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Verschiedene  Lautenstimmungen. 


91 


Zur  Feststellung  der  Chöre,  welche  über  das  Griffbrett  laufen, 
bedarf  es  nur  einer  Beobachtung  der  Griffbuchstaben.  Kommt  in 
einem  Chore  ein  anderer  Buchstabe  als  a  vor,  so  ist  die  Saiten- 
länge modifizierbar,  und  der  Chor  liegt  auf  dem  Griffbrett.  Frei- 
schwebende, sogenannte  Bordunsaiten  können  sowohl  im  leiter- 
eigenen wie  im  abgeleiteten  Tone  je  nach  dem  Willen  des  Spielers 
und  den  Forderungen  der  zu  spielenden  Literatur  gestimmt  sein. 
Deutlich  erkennen  wir  dies  z.  B.  schon  aus  dem  accord  des  Du- 
siacki'schen  Lautenbuches. 


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Entsprechend  der  Laute  im  Abzüge  bei  den  Deutschen,  dem 
liuto  descordato  bei  den  Italienern,  kennt  auch  der  Franzose  eine 
Laute  ä  corde  avalee,  deren  Stimmung  F  c  f  a  d'  g'  ist  oder  deren 
Chöre  entsprechenden  Aufbau  aufweisen.  Im  übrigen  hatte  jeder 
Lautenist  das  Recht,  seine  Laute  nach  seinem  Belieben  je  nach 
Erfordernis  der  Kompositionen  einzustimmen,  mußte  aber  für  die 
Ausführung  seiner  Tonstücke  durch  andere  den  Akkord  angeben. 
Wir  begegnen  den  verschiedensten  Stimmungen :  D  G  c  e  a  d'} 
C  F  c  f  a  d',  A  d  fis  a  eis'  e'\  A  d gb  d'  f  (eine  Stimmung,  welche 
von  Thomas  Mace  als  die  beste  französische  Stimmung  hingestellt 
wird),  A  d  g  h  c'  a'  (vieil  ton),  A  d  g  h  d'  fis'  (kj  quarre  gegenüber 
A  d  g  b  d'  f  als  b  mol  bei  Mersenne  1648)  und  viele  andere 
mehr.  Erst  mit  dem  Wirken  der  Gaultiers  um  1 635  *  kommt  wieder 
Einheitlichkeit  in  die  Stimmung  des  Instruments.  Der  Akkord 
A  d  f  a  d'  f  gewinnt  allgemeinere  Bedeutung,  nicht  nur  für  Frank- 
reich2, sondern  auch  für  Italien3  und  besonders  für  Deutschland 4, 
was  aber  nicht  ausschließt,  daß  daneben  gelegentlich  die  ab- 
weichendsten   Stimmungen   gebraucht   werden   wie   G  c  f  as  c'  f 

1  Thomas  Mace  sagt  in  seinem  »Musick's  monument«  4675:  at  least 
fourty  years  old. 

2  Siehe  die  Tabulaturen  von  Denis  Gaultier,  den  berühmten  Hamilton- 
Kodex,  die  Lautensammlungen  von  Gallot  (1 670',  Brossard  (1672/73),  le  Sage 
de  Richee  tl695j,  Milleran,  St.  Luc  (um  1700). 

3  Ms.  Sciurus  »Canzoni  divot.e«   (4  742). 

4  Vergl.  die  Tabulaturen  von  Esaias  Reusner,  Jacques  Bittner, 
Wenzel  Ludwig  Edler  von  Radolt  (1701),  Graf  Kasimir  Wardenberg 
(4743),  Telemann  (1728),  Kellner  (1747),  Joh.  Seb.  Bach,  Job.  Friedrich 
Daube  (4755),  Seidel-Baron  (1757),  Kohaut  (1761),  Leopold  Weiss  (1769), 
Arien  aus  Hiller's  Singspielen  (1771)  und  Rust  (1791). 


92 


Du  Faut,  Sarabande. 


(Basel,    Univ.-Bibl.  F  IX  53),    A  d  fis  a  d'  fis' ',    B  d  f  a  d'  /", 
B  d  f  b  d'  f  (Rostock,  Univ.-Bibl.  mus.  saec.  XVII  18.  54). 


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Du  Faut,   Sarabande. 


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Bis  zum  letzten  deutschen  Lautendrucke  bei  Breitkopf  4771 
bleibt  die  Stimmung  A  d  f  a  d'  f  in  Deutschland  in  Geltung1. 
In  England,  wo  1574  mit  Kingston's  Nachdruck  von  Le  Roy's 
»Instruction«  vom  Jahre  1551  unter  dem  Titel  »A  briefe  and  plaine 
Instruction  to  set  all  Musicke  of  eight  diuers  tunes  in  Tableture  for 
the  Lute«  der  französische  Tabulaturdruck  sich  heimisch  machte, 
setzte  sich  allerdings  Thomas  Mace  in  seinem  »Musick's  monu- 
ment«  1676  enthusiastisch  für  jene  ältere  französische  Stimmung 
A  d  g  b  d'  f  ein,  ohne  aber  die  Gaultier's  in  ihrem  Siegeslauf 
hemmen  zu  können.  In  Deutschland  war  es  nach  Werken  von  Seidel 
(1757),  Hiller  (1759,  1760),  Beyer  und  Kohaut  (1760/61)  Breit- 
kopf's  thematisches  Verzeichnis  von  65  Nummern  aus  Hiller's 
Singspielen  (1771),  welches  den  deutschen  Lautendruck  zum  Abschluß 
gebracht  hat.    Noch  1756  betonte  zwar  Baron  in  der  im  zweiten 


i  Beyer  gibt  in  dem  Werk  >Gellerts  Oden  Lieder  u.  Fabeln«  (Leipzig  1  760i 
eine  Anweisung,  wie  aus  der  Z)moll- Stimmung  alle  andern,  die  zum  Vortrag 
der  Lautenstücke  eines  Weiss,  Baron,  Kropffgans,  Falkenhagen,  Durant 
nötig  sind,  leicht  abgeleitet  werden  können. 


94 


Joh.  Chr.  Beyer,  Das  Vergnügen. 


Bande  von  Marpurg's  »Historisch -Kritischen  Beyträgen  zur  Auf- 
nahme der  Musik«1  veröffentlichten  »Abhandlung  von  dem  Noten- 
system der  Laute  und  der  Theorbe«,  daß  es  »nicht  möglich  sey, 
die  gewöhnliche  Lautentabulatur,  die  in  kleinen  lateinischen  Current- 
buchstaben  bestehet,  abzuschaffen,  und  an  deren  statt  das  System 
der  fünf  Linien  mit  ordentlichen  Noten  einzuführen«.  Aber  doch 
nahm  die  Entwickelung  diesen  Lauf.  Handschriftlich  bilden  die 
Werke  von  Friedrich  Wilhelm  Rust2  (f  1796),  Joh.  Gottlieb 
Naumann  (f  1801)  und  Christian  Gottlieb  Scheidler  (f  1815) 
die  letzten  Ausläufer. 

Schon  Schubart3  klagt  in  seiner  1777 — 88  auf  dem  Hohen- 
asperg  verfaßten  »Ästhetik  der  Tonkunst«  über  den  Rückgang  der 
Lautenkunst,  die  man  »nur  mehr  in  Reichsstädten,  in  Klöstern, 
sonderlich  bey  den  Nonnen  und  an  kleinen  Höfen«  antreffe.  »Die 
Tonkunst  würde  eine  sehr  rührende  Eigenheit  verlieren,  wenn  die 
Laute  ganz  und  gar  verdrängt  werden  sollte.«  Ihr  Schicksal  war 
aber  nicht  mehr  aufzuhalten.  Mit  Christian  Gottlieb  Scheidler 
sank  1815  die  Lautenkunst  dahin,  um  erst  wieder  in  unserer  Zeit 
neue  Belebung  zu  erfahren. 

Auf  französischem  Boden  muß  die  Lautenkunst  viel  früher  ihr 
Ende  erreicht  haben.  Schon  am  Anfange  des  1  8.  Jahrhunderts  war 
die  französische  Tabulatur  unpopulär  geworden.  1716  schreibt 
Mr.  de  Visee  in  der  Vorrede  zu  seinen  »Pieces  de  Theorbe  et  de 
Luth« :  »Plusieurs  auteurs  auroient  peut-etre  souhaite  que  jeusse 
[ecrit]  en  tablature;  mais  le  nombre  de  ceux  qui  entendent  la  tabla- 
ture  est  si  petit  que  j'ay  cru  ne  devoir  pas  grossir  mon  livre  inu- 
tilement  .  .  .  Le  but  de  cette  impression  est  le  Clavecin,  la  Viole  et 
le  Violon  sur  lesquels  Instruments  elles  ont  toujours  concerte«. 


Das  Vergnügen. 

Joh.  Chr.  Beyer,  »Gellerts  Oden,  Lieder  und  Fabeln« 
Leipzig,  Breitkopf,   1760,  Nr.  28. 


In  der  Bewegung  einer  Menuet. 


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1  S.  \  1 9  ff. 

2  Seine    handschriftlich   erhaltenen  »Tre  Sonate  per  il  Liuto  con  Violina 
obligato«  sind  datiert  1  791. 

3  Schubart,  »Ideen  zu  einer  Ästhetik  der  Tonkunst«  (Wien  1806)  S.  306. 


Quellen  französischer  Lautentabulatur. 


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Ich  will  den  Ton,  den  ihr  mir  bringt, 

Uzt  durch  ein  muntres  Lob  begleiten, 

Damit  es  desto  süßer  klingt, 

Wenn  die  Freude 

Durch  euch  beyde 

Doppelt  stark  ins  Herze  dringt. 


Erst  dank  ich  dir,  erwünschte  Liebe,. 

Daß  ich  ein  Herz  von  dir  gewann, 

Das  nach  dem  Zuge  sanfter  Triebe 

Getreu  und  zärtlich  lieben  kann. 

Diese  Triebe 

Deiner  Liebe 

Seh  ich  als  mein  größtes  an. 


Auch  dank  ich  dir,  du  Gott  der  Reben, 

Für  deinen  Saft,  der  mich  ergötzt; 

Und  dessen  Ruhm  muß  ewig  leben, 

Der  uns  den  ersten  Stock  gesetzt. 

Laßt,  ihr  Wetter, 

Stock  und  Blätter 

Auf  den  Bergen  unverletzt. 


Quellen  französischer  Lautentabulatur. 


A.  Drucke. 

Pierre  Attaingnant,  Dixhuit  basses  dances.     Paris,  Kai.  Febr.  1529. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 

Tres  breue  et  familiere  introduction.     Paris,   le  VI  iour  d'octobre  1529. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 

Epithoma  musice  instrumentalis  ad  omnimodam  Hemispherii  seu  Luthine 

et  theoricam  et  practicam  per  Orontium  fineum.     Paris   1530. 


Berlin, 


Kgl.  Bibl. 


"96  Quellen  französischer  Lautenlabulatur. 

Peter  Phalesius,  Carmina  pro  Testudine.     Loewen  1546 — i7. 
Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Des   Chansons   reduictz   en   Tabulaturc   de   lue  d   3  et  4  parties.    Livre 

deuxieme.    Louuain  1346. 

Frankfurt  a.  M.,  Bibl.  Paul  Hirsch. 

■  Des  Chansons  Reduiclz  en  Tabulalure  de  lvt  ä  2,  3  et  4  parties.    Auec 

une  briefue  et  familiere  Introduction.     Louuain  -1  ."547. 
Frankfurt  a.  M.,  Bibl.  Paul  Hirsch. 
Pierre  de  Teghi,    Des   chansons    et  molctz   reduictz   en  tabulature  de   Luc. 
Livre  3me.     Louvain,  Phalese  1547. 

Frankfurt  a.  M.,  Bibl.  Paul  Hirsch,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Carminum   pro   Testudine  Liber  IUI.   in   quo   continentur  excellentissima 

carmina   dieta  Paduana  et  Galiarda  composita  per  Franciscum  Medio- 
lanensem  et  Petrum  Paulum  Mediolanensem  et  alios  artifices  Lovanii  154  0. 
Frankfurt  a.  M.,  Bibl.  Paul  Hirsch. 
Piere  Phaleys,  Des  Chansons,  Gaillardes,  Paduanes  et  Motetz  reduitz  en  tabu- 
lature de  lue  .  .  .     Livre  V.     Louvain  1547. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Adrian  Le  Roy,  Premier  livre  de  Tabulature  de  Luth.     Paris  1551. 
München,  Kgl.  Hofbibl. 


Tiers  livre  de  Tabulature  de  Luth.     Paris  1555 


München,  Kgl.  Hofbibl. 
Guillaume  Morleye,  Premier  livre  de  tabulature  de  Levt.     Paris  1552. 
Paris,  Bibl.  Nat. 

Premier,  second  et  troisieme  livres  de  tabulature  de  leut.    Paris  1552 — 58. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl. 
Petrus  Phalesius,  Hortus  musarum.    Lovanii  1552/53. 

Cambrai,  Dunkerque. 
Albert  de  Rippe  de  Mantoue,  Tabulature  de  Luth.     Paris  1553. 

Rostock,  Univ.-Bibl.,   München,   Kgl.  Hofbibl.,   Brüssel,  Kgl.  Bibl.. 

Vesoul,  Stadtbibl. 
Guillaume  Morlaye,   Premier  livre  de  Psalmes  mis  en  musique  par  Certon. 

Paris  1554. 

München,  Kgl.  Bibl.,  Sorau,  Stadtbibl.,  Brüssel,  Paris,  Bibl.  Nat. 
Albert  de  Rippe  de  Mantoue,    Premier,   troisieme   et   quatriesme   livre   de 

tabulature  de  leut.     Paris  1554. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Rostock,  Univ.-Bibl. 

Cinquiesme  livre  de  tabulature  de  leut.     Paris  1555. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl. 

Sixiesme  livre  de  tabulature  de  leut.     Paris  1558. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl. 
Nicolas  du  Che  min,  Premier  livre  contenant  plusieurs  motetz,  chansons  etc. 

Paris  1556. 

Paris,  Conserv.  u.  Ste.  Genevieve. 
Julien  Belin,   Motets,  Chansons   et  Fantaisies   reduites  en  tablature  de  Luth. 

Paris  1556. 

München,  Kgl.  Hofbibl. 
Adrian  Leroy  et  Robert  Ballard,    Instruction   de  partir  toute  musique  des 

huit  divers  tons  en  tablature  de  luth.     Paris  1557  (1570,  1583). 
Adrian  Le  Roy,  Livre  de  Tabulature  sur  le  Luth.     Paris  1562. 

Sorau,  Stadtbibl. 


Quellen  französischer  Lautentabulatur.  9  • 

Vallentin  Bacfarc,  Premier  livre  de  tabelature  de  luth.     Paris  1364. 
München,  Kgl.  Hofbibl.,  Brüssel,  Kgl.  Bibl. 

Petrus  Phalesius,  Luculentum  Theatrum  musicum.     Lovanii  1568. 
Rostock,  Univ.-Bibl.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

A  briefe  and  easye  Instruction  to  learne  the  tableture.  London  1568.  (Über- 
setzung von  Leroy  et  Ballard,  Instruction.) 

Petrus  Phalesius,  Theatrum  musicum  longe  amplissimum.    Lovanii  1571. 
Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Warschau,  Bibl.  Polinski. 

\  briefe  and  'plaine  Instruction  to  set  all  musicke  of  eight  diverse  tunes  in 
tableture  .  .  .  translated  into  English  by  F.  Ke.  London  1574.  (Über- 
setzung von  Leroy  et  Ballard,  Instruction.) 

Thesaurus  musicus  seu  Cantiones  testudini  aptatae.    Lovanii  apud  P.  Phalesium 

1574. 
Emanuel  Hadrianius  Antverpiensis,  Pratum  musicum.  Antwerpiae  (P.  Pha- 

lese)  1584. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.    2.  Aufl.  1600  Kopenhagen. 

Novum  Pratum  Musicum  longe  amoenissimum.     Antverpiae  1592. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim,    Hamburg,  Stadtb.bl.. 
Arras,  London,  British  Museum,  Paris,  Bibl.  Mazarine. 
Adrianus  Denss,  Florilegium.     Cöln  1594. 

Hamburg,  Stadtbibl.,  Trier,  Stadtbibl.,  Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl. 
W.  Barley,  A  new  Booke  of  Tabliture.     London  1596. 

London,  British  Museum. 
John  Dowland,  The  first  Booke  of  Songes  or  Ayres.     London  (Short)  1597. 

Dublin,  Univ.-Bibl.,  London,  British  Museum. 
Thomas  Morley,  Canzonets.     London  1597. 

London,  British  Museum. 
Mattha°us  Revmann,  Noctes  musicae.     Heidelberg  1598. 

Breslau,  Stadtbibl.,   Hamburg,  Stadtbibl.,   Wolfenbüttel,   herzogl. 
Bibl.,  Brüssel,  Kgl.  Bibl. 
Allison,  The  Psalmes  of  David.     1599. 

London,  British  Museum. 
Johannes  Rüden  Lipsiensis,  Flores  musicae.    Lib.  1.  2.     Heidelberg  1600. 

Breslau,    Stadtbibl.,    Dresden,    Kgl.  Bibl.,   Wolfenbuttel,   herzogl. 
Bibl.  und  Wien,  Ges.  d.  Musikfreunde. 
Thomas  Morley,  The  first  booke  of  Ayres.     London  1600. 

Birmingham,  Corporation-Libr. 
Robert  Jones.  The  First  (Second)  Booke  of  Songes  and  Ayres  set  out  to  thc 
lute.     London  (Short)  1600  (1601). 
London,  British  Museum. 
John  Dowland,  The  sec.  booke  of  songs  or  ayres.     London  1600. 

London,  British  Museum  und  Royal  College  of  Music. 
Antoine  Francisque,  Le  tresor  d'Orphee.     Paris  1600. 

Paris,  Bibl.  Nat. 
Philipp  Rosseter  and  Thomas  Campion,  A  Booke  of  Ayres.   London  1601. 

Kassel.  Landesbibl.,  London,  British  Museum. 
Joachim  van  den  Hove,  Florida.     Ultrajecti  1601. 

Berlin,  Kgl.  Bibl..  Breslau,  Stadtbibl,  Skottorp,  B.bl.  Moller,  Wien, 

k.  k.  Hofbibl. 
Thomas  Robinson,  The  schoole  of  musicke.     London  1603. 
London,  British  Museum  und  Royal  College  of  Music. 


98  Quellen  französischer  Lautentabulatur. 

Besardus,  Thesaurus  harmonicus.     Col.  Agrippinae  1603. 

Bautzen  Stadtbibl.,  Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Breslau,  Stadtbibl.,  Göt- 
tingen, Univ.-Bibl.,  Hamburg,  Stadtbibl.,  München,  Kgl.  Hofbibl 
Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Glasgow,  Univ.-Bibl,  Kremsmünster' 
Stifisbibl.,  Laibach,  Fürst  Auersperg-Bibl.,  London,  British  Museum' 
Paris,  Bibl.  Mazarine  und  Bibl.  Nat.,  Wien,  Verein  d.  Musikfreunde' 
Rom,  Santa  Cecilia. 

Tobias  Hume,  The  first  part  of  Ayres.     London  1605. 
London,  British  Museum. 

Francis  Pilkington,  The  first  booke  of  songs  or  ayres.     London  1605. 
Glasgow,  Univ.-Bibl,  London,  British  Museum. 

John  Danyel,  Songs  for  the  lute,  viol  and  voice.     London  1606. 
London,  British  Museum. 

John  Bartlet,  A  booke  of  ayres.     London  1606. 
London.  British  Museum. 

Thomas    Campion,    The    first    second    third    and    fourth    booke    of   Ayres 
London  1606. 

London,  British  Museum,  Oxford,  Christ  Church. 
Tobias  Hume,  Poeticall  Musicke.     London  1607. 

Glasgow,  Univ.-Bibl,  London,  British  Museum. 
Thomas  Ford,  Musicke  of  sundrie  kindes.     London  1607. 

Glasgow.  Univ.-Bibl,  London,  British  Museum. 
Robert  Jones,  A  musical  Dreame.     London  1609. 

London,  British  Museum,  Glasgow. 
William  C  orkine,  Ayres  to  sing  and  play  to  the  lute  and  Bass-Viol  London  1 61 0 
London,  British  Museum  und  Royal  College  of  Music,    Glasgow 
Univ.-Bibl 
Robert  Dowland,  Varieties  of  Lute-lessons.     London  1610. 
London,  British  Museum,  Oxford,  Bodley  Library. 
A  musicall  Banquet.     London  1610. 

London,  British  Museum  u.  Royal  College  of  Music,  Oxford,  Bodlev 
Library. 

Jean  Maynard,  The  twelve  Wonders  of  the  World.     London  1611. 

London,  British  Museum. 
Thomas  Morley,  Consort  Lessons.    London  1611.     Einzelne  Stimmen  in  Ox-   ! 

ford  und  London.     Lautenpart  fehlt. 
Gabriel  Bataille,  Airs  de  differents  autheurs  mis  en  tablature  de  luth.    Paris 
(Pierre  Ballard).    8  livres.    1608—18. 

Aachen,  Stadtbibl,  Berlin-Grunewald,  Bibl  Dr  W.  Wolffheim 
Breslau,    Stadtbibl,    München,    Kgl.  Hofbibl,    WolfenbüttelJ 
herzogl.  Bibl,    London,  British  Museum,  Paris,  Bibl.  Nat.  u    Bibl 
de  1  Arsenal,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Robert  Jones,  The  Muse's  garden  for  delights.     London  1611. 

Glasgow. 
Joachim  van  den  Hove,  Delitiae.     Ultrajecti  1612. 

Breslau,  Stadtbibl,  Liegnitz,  Ritterakademie,   München,  Kgl.  Hof- 
bibl, London,  British  Museum,  Wien,  k.  k.  Hofbibl 
William  Corkine,  The  second  booke  of  Ayres.     London  1612. 

London,  British  Museum. 
Matthaeus  Reymann,  Cythara  sacra.    Coloniae  1613. 
Berlin,  Kgl.  Bibl,  Hamburg,  Stadtbibl. 


Quellen  französischer  Laulcntabulatur.  99 

Robert  Taylour,  Sacred  hymns.     London  1615. 

London,  British  Museum  und  Lambeth  Palace  sowie  Chi  ehest  er. 

Georg  Leopold  Fuhrmann,  Testudo  Gallo-Germanica.     Nürnberg  1615. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Breslau,  Stadtbibl.,  Kassel,  Landesbibl.,  Königs- 
berg, Univ.-Bibl.,  München,  Kgl.  Hofbibl.,  Straßburg,  Univ.-Bibl.. 
Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum. 

Elias  Mertel,  Hortus  musicalis  novus.     Pars  prima.     Straßburg  1615. 

Breslau,  Stadtbibl.,  London,  British  Museum,  Paris.  Bibl.  Mazarine. 

Nicolaus  Vallet,  Secretum  Musarum.     t' Amsterdam  1615. 
Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl. 

Anonym.     Een  en   twintich   Psalmen   Davids   ghestelt   om   te   singhen   ende 
speien,     t' Amsterdam  1615. 

Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl. 

Het  tweede  Boeck  van  de  Luyt-Tablatuer,  ghenoemt  het  Gheheymenisse 

der  Sangh  Goddinnen.     T'Amsterdam  1615. 
Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl. 
Joachim  van  den  Hove,  Praeludia  testudinis.    Lugduni  Bat.  1616. 

Breslau,  Stadtbibl. 
Besardus,  Isagoge  in  artem  testudinariam.     Augsburg  1617. 

Straßburg,  Univ.-Bibl.,  Basel,  Univ.-Bibl. 

Novus  partus.     Augsburg  1617. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim,  Heilbronn,  Gymn., 
München,  Kgl.  Hofbibl,  Straßburg,  Univ.-Bibl.,  Wolfenbüttel, 
herzogl.  Bibl.,  Mailand. 
Nicolaus  Vallet,  Lesecret  des  Muses.  Amsterdam  161 8— 19.  (Paradisus  Musicus 
Testudinis  —  Le  second  Livre  de  Tablature  de  Luth  —  XXI  Pseaumes 
de  David  aecommodes  pour  chanter  et  jouer  du  Luth  Ensemble.) 

Berlin,   Kgl.  Bibl.,    Breslau,  Stadtbibl.,  Wolfenbüttel,  herzogl. 

Bibl.,  London,  British  Museum,  Paris,  Bibl.  du  Conserv. 

Regia  Pietas  hoc  est  Psalmi  Dauidici.     Amsterdam  1  620. 

London,  British  Museum. 

Michelangelo  Galilei,   11  primo  libro  d'intavolatura  di  liuto.     München   1620. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 

Anthoyne  Boesset,  Airs  de  Cour  mis  en  tablature  de  Luth.   Paris  1621  (1624  . 
Paris,  Bibl.  Nat. 

Joh.  Daniel  Mylius,  Thesaurus  Gratiarum.     Francoforti  a.  M.  1622. 
Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Leipzig,  Stadtbibl. 

Louys  de  Rigaud,  Airs  faits  et  mis  en  tablature  de  Luth.     Paris  1623. 
Paris,  Bibl.  Nat.  u.  Bibl.  de  P  Arsenal. 

Adrianus  Valerius,  Neder-Landtsche  Gedenck-Clanck.     Haerlem  1626. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim, 
Amsterdam,  Bibl.  der  Maatschappij,  Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  London, 
British  Museum. 

Louis  de  Moy,  Le  petit  Boucquet  de  Frise  Orientale.     1631. 
Bo stock,  Univ.-Bibl. 

Mersenne,  Harmonie  Universelle.     Paris  1636/37. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Dresden,  Hannover,  Leipzig,  Stadtbibl., 
Nürnberg,  Germ. Museum,  Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Amiens, 
Besancon,  Bologna,  Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Kopenhagen,  Lon- 
don, British  Museum  u.  Royal  College  of  Music,  Paris,  Bibl.  du  Cons., 
Bibl.  Nat.  u.  Bibl.  Mazarine,  Reims,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 


100  Quellen  französischer  Lautentabulatur. 

Mcrsenne,  Harmonicorum  libri  XII.    Paris  1635,  1636,  1648,  1652. 

Berlin,  Dresden,  Göttingen,  G  otha,  Hamburg,  Hannover, j 
München,    Arras,    Brüssel,    Döle,    Florenz,    Haag,   Kopen- 
hagen, London,  Lund,  Paris,  Prag,  Bouen,  Upsala. 

Franeois  Bichard,  A:rs  de  cour  avec  la  tablature  de  luth.   Paris  (Ballard)  1C37. 
Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

A  n  on ym.    Tablature  de  Luth  de  differents  autheurs  sur  les  accords  nouveaux. 
Paris  1638. 

Norrköping,  Stadtbibl. 

Pierre  Gaultier,  Les  oeuvres  de  P.  G.     (163S.) 
Bologna,  Liceo  musicalc. 

Esaias  Beusner,  Musicalischer  Lustgarten.     Breßlaw  1643. 
Danzig,  Bibl.  der  Marienkirche. 

Bcrnardo  Gianoncello  delto  il  Bernardello,  II  liuto.    Ven.  1650. 
Venedig,  Bibl.  Marciana. 

Denis  Gaultier,  Pieces  de  Luth  de  D.  G.  sur  trois  differens  modes  nouveaux. 
Paris  s.  a. 

Paris,  Bibl.  Nat. 

Livre  de  Tablature  des  Pieces  de  Luth.     Paris  (1664). 

Paris,  Bibl.  du  Cons.,  Baudnitz,  Bibl. 

Jacques  Gallot,  Pieces  de  Luth.     Paris,  Bonneul  (1670). 

Esaias  Beusner,  Delitiae  Testudinis.     Breslau,  Trescher. 

Leipzig,  Stadtbibl.,  Kremsmünstcr,  Stiftsbibl.,  Brüssel,  Cons. 

-  Neue  Lauten-Früchte  s.  1.     (Berlin)  1  676. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Hannover,  Kgl.  Bibl.,  Leipzig,  Stadtbibl.,  Krems- 
münster, Stiftsbibl.,  Paris,  Bibl.  du  Cons.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Hundert  geistliche  Melodien  ev.  Lieder.     Berlin  (1676). 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.Wolffheim,  Han- 
nover, Kgl.  Bibl.,  Brüssel,  Conserv.  u.  Kgl.  Bibl.,  London,  British 
Museum,  Paris,  Bibl.  du  Conserv.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl.  u.  Ges.  der 
Musikfreunde. 

Thomas  Mace,  Musick's  monument.     London  1676. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Berlin- Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim, 
Frankfurt  a.  M.,  Bibl.  Paul  Hirsch,  Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Cambridge, 
Univ.-Bibl.,  Dublin,  Univ.-Bibl.,  Glasgow,  Univ.-Bibl.,  London, 
British  Museum  u.  Boyal  College  of  Music,  Oxford,  Bodl.,  Paris, 
Bibl.  Nat.  u.  Bibl.  du  Cons.,  Bom,  Santa  Cccilia. 

Perrine,  Livre  de  Musique  pour  le  Lut.     Paris  1679  (1680). 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim,  Brüssel,  Kgl.  Bibl., 
London,  British  Museum,  Paris,  Bibl.  Nat.  u.  Bibl.  du  Conserv. 

Pieces  de  Luth.     Paris  1680. 

Paris,  Bibl.  Nat.  und  Bibl.  du  Conservatoire. 

Jacques  Bittner,  Pieces  de  Lut.     Nürnberg  1682. 
Paris,  Bibl.  Nat. 

Pietro  Sammartini,  Sinfonie  a  2  Viol.  e  Liuto  e  Basso  di  Viola.  Firenze  1688. 
Florenz,  London,  British  Museum  (Org.). 

Jacob  Kremberg,  Musicalische  Gemüths-Ergötzung.     Dresden  1689. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim, 
Dresden,  Kgl.  Bibl.,  Schwerin,  Großherzogl.  Bibl.,  Brüssel,  Con- 
serv., Kopenhagen,  Univ.-Bibl.,  London,  British  Museum,  Baud- 
nitz, fürst).  Lobkowitz'sche  Bibl.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 


Quellen  französischer  Lautentabulalur.  101 

Mo u ton,  Pieces  de  Luth  sur  differenls  modes.     Paris  s.  a.  (hdschr.  Vermerk 
27.  fevrier  l'an  1699). 

Früher  Stockholm,  Bibl.  Lindgren,  jetzt  Malmö,  Bibl.  C.  Claudius. 
Philipp  Franz  Le  Sage  de  Richee,  Cabinet  der  Lauten,  s.  1.  et  a1. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,    Raigern,  Benediktinerstift,   Wien,    k.  k.  Hofbibl. 
und  Ver.  der  Musikfreunde. 
Wenzel  Ludwig  Edler  von  Radolt,  Die  Aller  Treueste  .  .  .  Freindin.    Wienn 
1701. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  München,  Kgl.  Hofbibl.,  Raigern,  Stiftsbibl.r 
London,  British  Museum,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Joh.  Gottfr.  Conradi,  Neue  Lautenstücke.     Frankfurth  a.  d.  Oder  1724. 

Leipzig,  Stadtbibl. 
Telemann,  Der  getreue  Musikmeister.     Hamburg  1728. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Bibl.  des  Verf.,  Leipzig,  Stadtbibl. 
Adam  Falkenhagen,  Sonate  di  Liuto  solo  op.  I  s.  1.  1740. 
Leipzig,  Stadtbibl.,  Rostock,  Univ.-Bibl. 

Sei  partite  a  liuto  solo,  opera  secunda.     [1740.] 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Brüssel,  Gonserv. 
Rudolph  Straube,  2  Sonate  a  Liuto  solo.     Leipzig  1746. 

London,  British  Museum. 
David  Kellner,  XVI  Auserlesene  Lauten-Stücke.     Hamburg  1747. 

Berlin,    Kgl.    Bibl.,    Berlin  -  GrunewaJd,    Bibl.    Dr.  W.  Wolffheimr 
Brüssel,  Conserv. 
Adam  Falken hagen,    Erstes   Dutzend   erbauungsvoller   geistlicher   Gesänge 
mit  Var.  auf  die  Laute.    Nürnberg,  J.  Ulr.  Haffner. 
Früher  Marburg,  Bibl.  Wagener. 
Ferdinand  Seidel,  12  Menuetten  für  die  Laute  .  .  .  samt  einer  Fantasie  von 
Herrn  Baron.     Als   eine  Probe   eines  neuen  Druckes  von  musikalischen. 
Characteren  für  die  Laute.     Leipzig,  Joh.  Gottlob  Immanuel  Breitkopf, 
1757. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Johann  Christian  Beyer,    Herrn  Professor  Gellerts  Oden.  Lieder  und  Fabeln 
...  für  die  Laute  übersetzt.     Leipzig,  Breitkopf,  1760. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Bibl.  des  Verf.,  Dresden,  Kgl.  Bibl.,  München, 
Kgl.  Hofbibl.,  Brüssel,  Bibl.  des  Cons.,  London,  British  Museum. 
Karl  Kohaut,    Divertimento    I    per    il    liuto    obligato    due   Violini   e   Basso. 
Leipzig,  Breitkopf,  1761. 

(Abschrift  in  Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Tappert-Sammlung.) 
.Supplemento  IV  dei  Catalogi  delle  Sinfonie,  Partite  .  .  .  che  si  trovano  in  mano- 
scritto   nella  officina  musica  di  Breitkopf  in  Lipsia.    1769.    Partite  per 
il  liuto  solo  (Werke  von  S.  L.  Weiß,  Durant  und  J.  B.  von  Hagen). 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Supplemento  VI  dei  Catalogi  delle  Sinfonie,  Partite  ...  che  si  trovano  in  manu- 
scritto   nella  officina   musica  di  Breitkopf  in  Lipsia  1771.    Die  Laute. 
Arien  aus  Herrn  Hiller's  Operetten  in  die  Laute  übersetzt. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 


i  Ein  einst  Hugo  Riemann   gehöriges  Exemplar   soll  das  Datum  1695- 
getragen  haben.     Ein  Breitkopf-Katalog  nennt  das  Jahr  1715. 


102  Quellen  französischer  Lautentabulatur. 

B.  Handschriften. 

Augsburg,  Stadtbibl.     Lautenbuch  des  17.  Jahrh.  (Gautier). 

Basel,  Univ.-Bibl.  Ms.  F  IX  56.     Tabulatur  des  Bonifacius  Ammerbach  mit 

franz.  Chansons  und  Präludium. 

—  F  IX  53.     Tabulatur  mit  Werken  des  1  7.  Jahrh.  (Gautier). 

Berlin,   Kupferstich -Kabinett  Ms.  142  in  4°  obl.     La  Rhetorique  des  Dieux 

(Hamilton-Kodex)  i. 
Kgl.  Bibl.  Musikabt.    Handschriftlicher  Anhang  der  Wyssenbach-Tabulatur 

von  1550  {Mus.  ant.  praet.  W 10)  mit  italienischen  u.  deutschen  Tänzen 

u.  Liedern,  sowie  einigen  französischen  Sätzen. 

Nauclerus-Lautenbuch  aus  dem  Anfang  des  1  7.  Jahrh.  [Mus.  Ms. 40141). 

Lautenbuch  der  Virginia  Renata  von  Gehema  (Mus.  Ms.  40264). 

Lautenbuch  aus  den  Jahren  1600 — 1602  mit  datierten  Tabulaturen 

von  franz.  Liedern  und  Tänzen.    An  Autoren  sind  genannt  Besardus, 

Richard  Anglus  u.  Bocquet.    Voran  gehen  ital.  Orgeltabulaturen  von 

1594  (Mm.  Ms.  40143). 
Lautenbuch  des  Kasimir  Stanislaus  Rudomina  Dusiacki   mit  ital. 


Tänzen,  Schlachten  etc.  von  Santino  Garsi,  Ascanio  Garsi  und  vor 
allem  von  Donino  Garsi,  der  der  erste  Eigentümer  des  Buches  gewesen 
zu  sein  scheint.     Padua  1  620  (Mus.  Ms.  40159). 

-  Tabulatur  aus  der  Zeit  um  1640  (Geschenk  Stiehl's  an  Tappert). 
Codex  Wolckenstein-Rodenegg.    In  Collegio  Parmensi  A.  1656  (Mus. 


Ms.  40048). 

-  Fragment  ex  libr.  Christ.  Francisci  Co.  ä  Wolckenstein  et  Rodnegg 


(Gavotte  u.  Menuet)  [Mus.  Ms.  40152]. 

Ms.  Reusner  an  Reusner 's  >Neue  Lauten-Früchte  <  1676. 

Tabulatur  aus  dem  Besitze  des  Grafen  Wolkenstein-Rodenegg   aus 


der  Zeit  1684—86  (Mus.  Ms.  40149). 

Deutsche  Tabulatur  mit  Märschen,  Tänzen  usw.  aus  dem  Ende  des 


17.  Jahrh.  {Mus.  Ms.  40179). 
Blatt  einer  Tabulatur  um  1700  mit  dem  Satze  La  Dolente.    Sara- 


bande (Mus.  Ms.  40226). 
Ms.  J.  M.  Sciurus  1742.    Canzoni  divoti  tradotti  nell'  Liuto  (Mus. 


Ms.  40159). 
Karl  K  o  h  a  u  t ,  5  Konzerte  für  concertierende  Laute  mit  Begleitung 


von  Streichinstrumenten. 
Joh.  Ludwig  Krebs,   Concerto   (G  u.   F)   ä  5.     Liuto   concertato, 


2  Vi ol.  Va.  Vcello.  (Mus.  Ms.  12019/20). 

Joh.  Kropffgans  II,  .Fdur-Sonata  ä  3.    Liuto  Viol.  e  Vcello.  (Mus. 


Ms.  12165). 

Giov.  Amad.  Naumann,  »Wie  ein  Hirt  sein  Volk  zu  weiden«  für 


Harmonica  und  Laute  (um  1 780  [Mus.  Ms.  15948}). 
Lautenbuch  mit  Chorälen  u.  zwei  Sonaten  von  F.W.  Rust  (18.  Jahrh. 


[Mus.  Ms.  40150)). 

Friedrich  Wilhelm  Rust,  Tre  sonate  per  il  liuto  con  Violino  obli- 


gato  1791  (Mus.  Ms.  autogr.) 

Fr.  W.  Rust,  Sonata  I  (Q) -Thema  con  Variazioni  (Ö)-Sonata  II  (D 


[Laute  u.  Violine]). 


1  Vgl.  die  eingehende  Studie  von  Oskar  Fleischer  in  der  »Vierteljahrs- 
schrift f.  Musikwissenschaft«  II,  1  ff.  (mit  Faksimilien). 


Quellen  französischer  Lautentabulatur.  103 

Berlin,  Krl.  Bibl.  Scheidler,  Theme  de  Mozart  varie  pur  Scheidler.  12  Va- 
riationen über  das  Champagnerlied  aus  Don  Giovanni  (Mus.  Ms.  19765  . 

Bibl.   Prof.  Dr.  II.  Springer.    Accompagncment   mit   der   Laute   zu  vier 

Arien  von  Sigr.  [Giuseppe  Maria]  Orlandini. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolf f heim.  Lautenbuch  des  Johannes 
Friderici  (M.  Jahrh.). 

Erfreuliebe  Lauten  Lust.  3  Bände  mit  Suiten  von  Dubut,  Du  Faux, 

Pinell,  Dupre,  Gumprecht,  E.  R.  (?  Esaias  Reusner),  Gaultier  de 
Vicnne,  A.  C.  Hültz. 

Lautenbuch  des  18.  Jahrh.  mit  Partien  von  Baron,  Weichen- 
berg, Galot,  Comte  de  Logus,  Pasch,  Gautier,  Mouton,  de  Broni- 
kowsky. 

Conzert  von  Weiss   für  Laute,  2  Violinen,  Violoncell  u.  Kontrebaß. 

6  Concerti  ä  3  Luth  e  Viola  da  Gamba  e  Cembalo  di  S.  Schotte. 

3  Ouvertures  ä  3  Luth,  Violino  e  Basso  di  Kühnel. 

Ouvertüre  ä  2  Luth  e  Flauto  di  Kühnel. 


Brüssel,  Bibl.  du  Conserv.  Nr.  5616.    Tabulatur  aus  der  Mitte  des  17.  Jahrh. 
für  1 1  chörige  Laute. 

Kgl.  Bibl.     Sonata  ä  3  Lutb,  Violino  e  Basso  di  Kühnel. 

Sonata  ä  2  Luth  e  Flauto  traverso  di  S.  Baron. 

Concerti  ä  3  Luth,  Violino  e  Basso  di  Kühnel. 

Ms.  II*087.    Drei  Suitcnsammlungen  und  2  Sonaten  für  Solo-Laute, 

Concert  für  Liuto  obligato,  Violino  e  Basso   und   Duett  für  Liuto  und 
Traverso  von  Baron. 

Ms.  II*"88.    Kammermusikwerke  mit  obligater  und  konzertierender 

Laute  von  Neruda,  Giuseppe  Haydn  und  Giov.  Kropffganß. 

Cassel,  ständische  Landesbibl.     Franz.  »Gesangsstücke  für  die  Laute.«    Kat. 

Israel  Anhang  S.  74  Nr.  8. 
Danzig,  Stadtbibl.  Ms.  4022  aus  dem  Anfang  des  17.  Jahrh.  mit  Tänzen  und 

geistlichen    wie    weltlichen   Liedern.     Von   Komponisten   genannt  sind 

Nani  di  Milano,  Mercurius,  Gaultier,  Jan  Barino  u.  Baiard. 
Darm  Stadt,  Hofbibl.     Tabulatur  in  quer  4°. 
Dresden,  Kgl.  Bibl.  Ms.  297.   Liederbuch  eines  Jenenser  Studenten  B.  K.  S.  S. 

1603. 

Privatsammlung  des  Königs.     Cantata  sacra  mit  Lautenbegleilung. 

Dublin,  Univ.-Bibl.     Lute  lessons  by  Dr.  Dallis  of  Cambridge. 
Edinburgh,  Un. -College  Library.     Rowallan  Ms. 

Library  of  the  Faculty  of  Advocates.     Straloch  Ms. 

Hamburg,  Stadtbibl.  Ms.  3238.   Tabulaturbuch  des  Ernst  Scheele  von  1619. 

■ Ms.  3241.     Geistliche  u.  weltliche  Lieder  nebst  einigen  Tänzen. 

Kopenhagen,  Kgl.  Bibl    Ms.  1879  in  4°. 

Kremsmünster,  Benediktinerstift1.     Tabulatur  aus  der  zweiten  Hälfte  des 

17.  Jahrh.  mit  Stücken  von  Gautier. 
Tabulatur  des  17.  Jahrh.  mit   Stücken  von   Du  Faut,   Lauffen- 

steiner  und  Weichenberger. 
Leipzig,  Stadtbibl.     Sammelband  v/us.  17  in  4°  (16.  Jahrh.). 

Lautenmanuskript  vom  Jahre  1681. 

Lautenstücke  von  J.  S.  Bach  und  Kropffgans. 


i  Vgl.  den  >Fach-Katalog  der  musikbist.  Abtheilung  von  Deutschland  und 
Oesterreich-Ungarn«.     Wien  1892,  S.  159. 

Kl.  Handb.  der  Musik  gesch.    Vlll,  2.  8 


104  Quellen  französischer  Lautentabulatur. 

Leiden,  Univ.-Bibl.     Lautenbuch  des  Tbysius»  (c.  1600). 

London,  British  Museum,  Royal  Appendix  58  (16.  Jahrb.).  »Possessor  huius 
libri  nuncupatur  magister  Johannes. < 

Add  Ms.  4900.  Vertreten  sind  Heywood,  Taverner,  Sheparde, 

Johnson,  Theophilus. 

Egerton  2046.     Darin  Sätze  von  Strogers,  Dowland,  Francis  Cut- 

tinge,  Johnson,  Whitfelden,  Anthony  Holborne,  Rosseters,  Edmond  Col- 
larde,  Daniell  Bathler,  Lawrence,  Gautier. 

Sloane  Ms.  1021.    Tabulatur  J.  Stobaeus  1640. 

Add.  31392  mit  Pavyns  von  Allison. 

Add.  Mss.  30513  mit  Stücken  von  Mulliner,  Churchyard  u.  Anonymen. 

Royal  College  of  Music.     Sacred  Harmonie   Society  No.  1964.     Edward 

Pasion  Lute  Book. 

München,  Kgl.  Hofbibl.  Ms.  2987. 

Ms.  1112.   Tabulatur  des  Franciscus  Maximilianus  de  Puckh. 

1687. 

Nikolsburg,  Bibl.  der  Fürstin  Dietrichsstein.     Tabulatur  des  17.  Jahrb. 

Norrköping,  Stadtbibl.  Lautenbuch  »Ludovicus  de  Geer«.  A  Paris  lc  8  sep- 
temb.  A°1639.     Provenienz  Bibl.  Finspäng. 

Nürnberg,  Germanisches  Seminar.  Ms.  33,748 r.'  Tabulatur  mit  Werken 
*  (Tänzen)  von  Gregor,  John  Douland,  Jacob,  Ballardt,  Servatius 
Saremont,  Mercurius,  Mauritius,  Mertelius. 

Ms.  33,748 M.  Auf lösungen  von  Generalbaßbezifferungen in  Lauten- 
tabulatur. 

Oxford,  Bibl.  Taphouse.     Kopie  des  Gordon  Lute-book. 

Paris,  Bibl.  du  Conservatoire.  Ms.  22342.  Livre  de  Lut  de  Ms.  Milleran 
mit  Werken  von  Berens,  Boquet,  de  Blanc  Rocher,  du  But, 
Dufaux,  Dupre  d'Angleterre,  Emond,  le  Fevre,  Gallot, 
Gautier,  Gomprecht  de  Strasbourg,  Jacson,  Jasseuve,  Krem- 
berg de  Varsovie,  deLaunay,  Mesangeau,  Merville,  Mouton, 
Otto,  Porion,  Reusner  de  Brandenbourg,  Strobel  de  Strasbourg, 
Vignon. 

•  Ms.  24372.    Ms.   Ruthwen  mit  Tänzen  von   Mercure,    Pinel, 

Vincent,  Bouuie,  le  vieux  Gaultier. 

Bibl.  Nat.     Ms.  Vm  2658  reserve.     Tabulatur  G.  de  Brossard,     Pieces 

de  Luth  recueuillies  et  ecrites  ä  Caen  et  autres  lieux  es  annee  1672/73. 

Ms.  V>n  2659.    Tabulaturbuch. 

Ms.  V>"  2660.    Tabulaturbuch. 

■  Ms.  V">  2660.    Ms.  Bocquet. 

3 

Ms.  Vm7  675.    Tänze  des  17.  Jahrb.     An    Autoren    sind   genannt 

Lc  Genest,  Gautier,  Hotmann,  Le  Juif,  Luigi,  Valleroy. 

Ms.  Vm7  6211.  Tänze  des  17.  Jahrh.  von  Gautier  de  Paris,  Gautier 

de  Lion,  vieux  Gautier,  du  but  (du  butb),  Du  Pre,  Lamare  le 
bras,  Mesangeau. 

Ms.   Vm7  6212.    Lautenbuch  Marguerile  Monin.    1664.    Tänze  von 


Gautier,  Daucery,  Du  but,  Gaultier  le  vieux,  Roland(?). 
.Ms.   Vm7  6213.     Tänze  des  17.  Jahrh.;  geschrieben  um  1670. 


i  Siehe  die  Veröffentlichung  von  J.  P.  Land  in  >Tijdschrift  der  Vereeniging 
voor  Noord-Nederlands  Muziekgeschiedenis«  Deel  1  (1884)  S.  129  ff. 


Quellen  französischer  Lautenfahulatur.  105 

Paris,  Bibl.  Nat.  Ms.  V,,,7  6214.  »Ms.  de  Luth«  mit  Werken  von  Bouquet, 
Enrici,  le  Faux,  Gautier,  Vpeux]  G[autier],  du  Kut. 

■  Ms.   Vm7  6216.    Handschriften   des  17.  Jahrb.  mit  Tänzen  von  Le 

Faux,  le  vicux  Gauthier  sowie  Opernarien  und  Sinfonien. 

Ms.  Vm7  6265.    Suiten.    Als  Autor  ist  vor  allem  Visee  vertreten. 

Raigern,  Benediktinerstift.  Laulben  Conccrt  von  Jobann  Georg  Weichen- 
berger  (17.  Jahrb.). 

■ Tabulatur  des  17.  Jabrb.,   mehrere   Stücke  von  Wcichcnpergcr. 

Tabulatur  des  M.  Jabrb.  deutscher  Herkunft. 

Tabulatur  des  17./18.  Jahrb. 


Lautenbuch  des  Casimir  Comes  Werdenberg  et  Namischt  von  1713. 

Raudnitz,  fürstl.  Lobkowitz'sche  Bibl.  IIk.k.80.  Lautenslücke  von  Mouton, 
G  a  u  t  i  e  r  usw. 

■  II  L.  /.'.  83.    31s.  »commence  le  16  de  may  par  Gallot  a  paris«. 

X  46.  210.    Lautenstücke  von  St.  Luc. 

Funilamenta  der  Lautben  Musique. 

Rostock,  Univ. -Bibl.  Mus.  saee.  XVII  18.  522.  Picces  eboisies  pour  le  Lut. 
Pour  Son  Altesse  Serenissime  Madame  la  Princesse  Louise  de  Württem- 
berg. 

■  Mus.  saec.  XVII  18.  54.   Mit  Sätzen  von  Vincent,  Gumprecht,  Mer- 

cure,  Gautier,  Pinelle,  Du  Faut,  De  But,  Merville,  Bourbon, 
Neu  Wart  (Neuwert),  Gautier  d'Angleterre,  Gautier  de  Paris, 
Strobel,  Emmon,  Bechon,  Henry,  Montrovie,  Boivinette, 
Mezangcau,  Havernickkel,  Villiers,  Frapart,  H.  Albert  u.  a. 

Ms.  65 1>.     Suiten. 

-  Daube,  Joh.  Friedr. :  Trio  a  Liuto  avec  Flute  trav.  et  Basso  cont. 

Salzburg,  k.  k.  Studienbibl.  Kammerkonzerte  u.  Suiten  von  Blockh,  Sieg- 
mund Weis,  Pietro,  Mechk,  Behr,  Fichtel  u.a.  (18.  Jabrh.). 

Schwerin,  Großherzogl.  Bibl.  Lautenbuch  von  1651  (auf  Papier  von  Robert 
Ballard.  Au  Mont  Parnasse.  Rue  S.  Jean  de  Beauvois)  mit  Werken  von 
Gautier  und  Pinel. 

Skokl oster- Bibl.     Liederbuch  »Petrus  Brahe.   Jan.  16  20.    Giessae«. 

Sorau,  Stadtbibl.  Nr.  536.  An  Druckwerke  von  Morlaye  (1554)  und  Adrian 
le  Roy  (1562)    schließt   sich  ein  hs.  Anhang  mit  polnischen  Liedern  an. 

Stockholm,  Bibl.  Dr.  Lindgren.  Tabulatur  (ein  Präludium  aus  Swea  Hof- 
gericht teilt  Norlind  in  »Sammelband  I«  der  JMG  S.  195  in  Über- 
tragung mit). 

Straßburg,  Univ.-Bibl.  An  Besardus,  Isagoge  in  artem  testudinariam,  deutsch 
von  J.  N.,  Augsburg  1617,  handsebriftlicher  Anhang  für  7chörige  Laute. 

Upsala,  Univ.-Bibl.    Ms.  Pier  Verdier  (J  M  0). 

V  e  s  o  u  1 ,  Stadtbibl.    Tabulatur  mit  Werken  des  1 6.  Jahrh.  (Orlando  di  L  a  s  s  u  s)  l. 

■ Ms.  0287  {711).    Genannt  sind  als  Autoren  Costanzo  Antegnali, 

Claudio  Merulo,  Horatio  Vecchi,  Andrea  Rola,  Leone  Lconi,  Ti- 
burtio  Massaino,  Valerio  Bona2. 

Warmbrunn,  Gräflich  Schaffgotsch-Bibl.  Tabulatur  des  Hermien  Kniebandl, 
Cisterziensers  im  Kloster  Grissau  (Ms.  K  44). 


1  Vgl.  Michel  Brenet  in  »Rivista  Musicale  Italiana«  V  (1898). 

2  Nach  Mitteilungen   von  Michel  Brenet   in   der  »Revue  d'histoire  et  de 
critique  musicales«   1901   Nr.  11 — 12  und  1902  Nr.  1. 

8* 


106  Spanische  Lautentabulaturen. 

Wien,  k.  k.  Hofbibl.  Ms.  18761.    Tabulatur  des  18.  Jahrb.  mit  Werken  vom 

Grafen  Logi  und  Sylvius  Weiss. 

Ms.  18829  mit  Lautenstücken  von  Sylvius  Weiss. 

Ms.  19374  mit  Sätzen  in  deutscher  und  französischer  Tabulatur. 

suppl.  mus.  1078.     Tabulatur    des    18.  Jahrh.    mit    Werken    von 

Prince  de  Lobkowitz,    Comte  Bergen,   Borsilli,   Silvius  Ledpoldus 

Weiss. 

Bibl.  Max  Kalbeck.    Tabulatur  des  17.  Jahrh.  mit  Kompositionen   von 

Galilei,  Perichon,  Mesangeau,  Gauthier,  Ballard,  Lepin  u.  a. 

Bibl.  des  Grafen  Hans  Wilczek.    Tabulatur,  1623  begonnen;  darin  mehrere 

polnische  Stücke. 


Spanische  Lautentabulaturen. 

Eine  wenn  auch  nicht  ganz  zureichende,  so  doch  brauchbare 
Arbeit  über  spanische  Lautenkunst  verdanken  wir  dem  Grafen 
Morphy1.  .Hatte  die  Pflege  des  Lautenspiels  bei  den  Deutschen, 
Italienern  und  Franzosen  Tabulaturen  von  scharfem  nationalen  Ge- 
präge gezeitigt,  so  lehnten  sich  die  übrigen  Kulturvölker  Europas 
in  den  Aufzeichnungen  von  Lautenmusik  teils  an  Italien,  teils  an 
Frankreich  an.  Es  ist  schon  berührt  worden,  welchen  Anklang 
allenthalben  die  französische  Tabulatur  fand  und  wie  sie  mit  fran- 
zösischer Sprache  und  Kultur  überall  Eingang  fand.  England,  die 
Niederlande  und  Deutschland  verfielen  ihrem  Einfluß.  Nur  die  Spanier 
bewahrten  sich  noch  eine  gewisse  Eigenart.  Zwar  hingen  sie  äußer- 
lich der  italienischen  Tabulatur  an,  lieferten  aber  doch  gar  manchen 
nationalen  Einschlag.  Das  Lauteninstrument  der  Spanier  war  die 
Vihuela,  welche  nach  Gurt  Sachs2  eine  Mittelform  zwischen  Laute 
und  Guitarre  darstellt  und  mit  Drahtsaiten  bezogen  war. 

War,  wie  wir  aus  der  »Declaracion  de  instrumentos  musicales« 
des  Juan  Bermudo  erkennen,  bei  den  älteren  Spaniern  Guzman, 
Martin  de  Jaen,  Hernando  Lopez,  Baltasar  Tellez  bis  Luys 
Milan  (»El  Maestro  1535)  und  Thomas  de  Sancta  Maria  (»Libro 
llamado  Arte  de  taner  Fantasia  1565)  eine  der  französischen  Praxis 
entsprechende  Lagerung  der  Saiten  im  Liniensystem  vorgesehen, 
die  merkwürdigerweise  noch  einmal  ganz  spät  (1741)  auf  deutschem 
Boden  in  Majer's  »Neu  eröffnetem  theoretischen  und  praktischen 
Music  Saal«  in  ihrer  Anwendung  auf  eine  sechschörige  Guitarre 
mit  der  Stimmung  d  a  d'  fis'  a'  d"  wiederkehrt,  so  zeigten  sich 
Luys  de  Narbaez  (»El  Delfin  para  vihuela«  1538),  Alonso  de 
Mudarra  (»Tres  libros  de  musica  para  vihuela«  1546),  Anriquez 


1  G.  Morphy,  »Les  luthistes  espagnols  du  XVIe  siecle«.    2  Bde.,  Leipzig, 
Breilkopf  &  Härtel,  1902. 

2  »Real-Lexikon  der  Musikinstrumente«.    Berlin,  Julius  Bard,  1913. 


L.  Milan,  Sospiro  una  senora. 


107 


de  Valderravano  (»Libro  de  musica  de  vihuela  intitulado  Silva 
de  Sirenas«  1547),  Diego  Pisador  (»Libro  de  musica  de  vihuela« 
1552)  und  Miguel  de  Fuenllana1  (»Orphenica  Lyra«  1554)  ganz 
in  italienischem  Fahrwasser. 

Für  die  Rhythmik  wurden  nach  Bermudo  von  den  Vorläufern 
Milan's  eine  Reihe  charakteristischer  Figuren  aufgestellt,  die  alle 
als  Varianten  der  minima  anzusehen  sind: 


I  = 


r-j  r-i-  p-i  f 


>  =  r 


i  i 


Milan  und  seine  Nachfolger  gebrauchen  die  Noten  d  o  6  4  ♦, 
die  als  rhythmische  Zeichen  über  die  die  Tonhöhe  angebenden 
Zahlen  des  Liniensystems  gesetzt  werden. 

Luys  Milan,  Libro  de  musica  de  vihuela.    1535  Bl.  H  ijr. 


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I   I 

0 

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ten  -   der 
llo    -    ra 


Gesang. 


Laute 


1  Siehe   den   lehrreichen  Aufsatz   von  Hugo  Riemann   in    den  »Monats- 


heften für  Musikgeschichte«  XXVII  (1895)  Nr.  6. 


108 


D.  Pisador,  Passeava  se  el  rey. 


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se 
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A — <S>- 

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A — r- 

Bei  Gesang  zur  Laute 
wird  die  Singstimme 
teils  auf  einem  beson- 
deren Liniensystem  in 
mensuralen  Formen 
aufgezeichnet  oder  in 
Zahlen  mit  in  die  Ta- 
bulatur  übernommen. 
In  letzterem  Falle  hebt 
sie  Milan,  Luis  de 
i  Narbaez,  Valderra- 
vano,  Pisador  und  Fuenllana  durch  rote  Farbe  von  den  übrigen 

Tönen  ab. 

Diego  Pisador,  Libro  de  musica  de  vihuela. 
Salamanca  1552. 


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1  Nach  einer  Abschrift  aus  dem  Besitz  des  Herrn  Dr.  Werner  Wolffheim. 


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Mudarra  greift  dagegen  zu  dem  Hilfsmittel,  den  die  Gesangs- 
noten vertretenden  Zahlen  kleine  kommaartige  Häkchen  beizufügen. 
Esteban  Daza  zeichnet  die  Gesangsnoten  durch  Punkte  über  den 
Zahlen  aus. 

Während  gemeinhin  die  in  die  Tabulatur  aufgenommenen  Ge- 
sangsnoten mitgespielt  werden,  verlangt  Fuenllana,  daß  sie  vom 
Instrument  unberücksichtigt  bleiben  sollen.   (Siehe  Faksimile  S.  113.) 

Mit  Esteban  Daza's  »Parnaso«  1576  schließt  die  Reihe  der 
spanischen  Lautentabulaturen  ab.  Die  Guitarre  beginnt,  der  Laute 
den  Rang  streitig  zu  machen,  übernimmt  allmählich  die  führende 
Rolle  in  der  Gesellschaftsmusik. 


Spanische  Lautentabulaturen. 

Luys  Milan,  Libro  de  musica  de  vihuela  de  mano.     Intitulado  El  maestro. 
Valencia  1535  (1536). 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  WolfTheim,  London,  British 
Museum,  Madrid,  Kgl.  Bibl.  lind  Nat.-Bibl.,  Paris,  Bibl.  du  Conserv. 
und  Bibl.  Nat. 
Luys  de  Narbaez,  El  primero  (segondo ,  tercero,  quarto,  quinto  et  sesto) 
libro  del  Delphin  de  musica  de  cifras  para  tarier  Vihuela.  Valladolid  1538. 
Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  WolfTheim,  London,  British 
Museum,  Madrid,  Nat.-Bibl. 


Spanische  Lauten tabulaturcn. 


113 


Alonso  de  Mudarra,  Tres  libros  de  musica  en  cifras  para  vihuela.   Sevilla  1546. 

Madrid,  Bibl.  des  Escorial  und  Bibl.  Barbieri. 

Anriquez  de  Valderravano,  Libro  de  musica  de  vihuela  intitulado  Silva  de 

Sirenas.    Valladolid  1547. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.WernerWolff  heim  (Abschrift),  London, 

British  Museum,  Madrid,  Nat.-Bibl.,  Modena,  Bibl.  Estense,  Wien, 

k.  k.  Hofbibl. 

Diego  Pisador,  Libro  de  Musica  de  Vihuela.    Salamanca  1552. 

London,    British  Museum,  Madrid,  Bibl.  Escorial,  Paris,  Bibl.  Nat. 

(V"  2624). 
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Miguel  de  Fuenllana,  Libro  de  musica  para  Vihuela, 
intitulado  Orphenica  lyra.    1554.    Libro  primero.    fol.  X. 


Miguel  de  Fuenllana,  Libro  de  Musica  para  Vihuela  intitulado  Orphenica  lyra. 
Sevilla  1554. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Wiesbaden,  Landesbibl.,  Innsbruck,  Univ.- 
Bibl. ,   London,  British  Museum,   Madrid,   Bibl.  Escorial,    Paris, 
Bibl.  du  Conserv.  und  Bibl.  Nat.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
7ray  Juan  Bermudo,  Declaracion   de  instrumentos  musicales.    Ossuna  1555. 
Barcelona,  Bibl.  Carreras,  Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Mu- 
seum, Madrid,  Nat.-Bibl.,  Paris,  Bibl.   du  Conserv.   und   Bibl.   Nat., 
Wien.  k.  k.  Hofbibl. 


114  Die  Thcorbe  und  ihre  Stimmung. 

Fray  Thomas  de  Sancta  Maria,  Libro  llamado  Arte  de  taner  Fantasia  assi 
para  Tecla  como  para  Vihuela.    Valladolid  1 563. 

Berlin,   Kgl.  Bibl.,    Glasgow,    Univ.-Bibl.,   London,   British  Mu- 
seum. 
Esteban  Daza,  Libro  de  musica  en  cifras  para  vihuela  intitulado  el  Parnaso 
1576. 

Madrid,  Nat.-Bibl.  und  Bibl.  Escorial. 


Die  bisher  bei  den  Lauten  aufgewiesenen  Notenschriften  finden 
auch  auf  eine  Reihe  anderer,  mit  den  Lauten  verwandter  Instru- 
mente Anwendung.  In  erster  Linie  genannt  seien  die  Theorben, 
bei  denen  sich  der  Hals  über  den  ersten  Kragen  hinaus  noch  bis 
zu  einem  zweiten  fortsetzt,  der  die  Bordunsaiten  trägt.  An  ihrer 
Ausbildung  scheint  Hieronymus  Kapsberger  nach  dem  Urteile 
von  Athanasius  Kirch  er1  stark  beteiligt. 

Als  generalbassierendes  Instrument  spielte  die  Theorbe  im  17. 
und  18.  Jahrhundert  eine  bedeutende  Rolle,  namentlich  bei  größeren 
Aufführungen2  und  bei  Begleitung  von  Chören  in  Verbindung  mit 
Lauten,  Violen  und  Clavicembali.  Schon  Michael  Praetorius3 
unterschied  bei  ihr  14  —  16  Chöre,  von  denen  sechs  (römische  The- 
orbe) bis  acht  (paduanische  Theorbe)  über  das  Griffbrett  liefen. 
Mersenne  gibt  im  12.  Buche  seiner  »Harmonicorum  libri«  eine 
Abbildung  einer  elfchörigen  Theorbe  mit  21  Saiten.  Thomas  Mace 
spricht  in  seinem  »Musick's  Monument«  von  einem  dreizehnchörigen 
Instrument.  Folgen  wir  Praetorius4  und  Mersenne5,  so  ent- 
sprach die  Stimmung  der  sechs  oberen  Chöre  der  der  Laute,  nur 
daß  die  beiden  höchsten  Chöre  eine  Oktave  tiefer  klangen:  Adghea 
oder  G  g  f  a  d  g.  Nach  unten  schlössen  si«h  die  andern  Chöre 
stufenmäßig  an.  Das  Tonmaterial  fand  bald  mit  Hilfe  französischer, 
bald  mit  Hilfe  italienischer  Tabulatur  seinen  Ausdruck.  Baron  in 
seiner  »Abhandlung  von  dem  Notensystem  der  Laute  und  der  The- 
orbe«6 hält  für  die  Theorbe  als  generalbassierendes  Instrument  »das 
System  der  5  Linien  mit  ordentlichen  Noten«  am  tauglichsten.  Der 
italienischen  Bezeichnung  der  Bordunsaiten  mit 


i   »Musurgia«   (Rom  1650)  I,  476. 

2  Nach  Mattheson  bei  Musiken  von  30 — 40  Personen  in  Kirche  und  Oper. 
Vgl.  auch  Albrechtsb erger,  »Anweisung  zur  Composition«  (Leipzig  1790) 
S.  41 7  f. 

3  >Syntagma  musicum«  II,  52  (Neuausgabe  S.  61). 

4  Neuausgabe  des  »Syntagma  II«  S.  30. 

5  »Harmonicorum  libri«  I,  10. 

6  Friedr.  Wilhelm  Marpurg's  »Historisch-Kritische  Beyträge  zur  Auf- 
nahme der  Musik«  II  (Berlin  1756)  S.  119  ff. 


Die  Theorbo  und  ihre  Stimmung. 
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115 


stand  die  franzö- 
sische mit 


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gegenüber.    Ein  paar  Beispiele1  italienischer  Praxis  mögen  folgen: 


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Castaldi,  »Capricci  a  due  Stromenti  cioe  Tiorba 
e  Tiorbino«  (Paris,  Bibl.  du  Conserv.). 

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1  Die  Kenntnis  der  Vorlage  verdanke  ich  einer  Abschrift  in  der  Tappert- 


Sammlung  der  Kgl.  Bibl.  Berlin. 


116 


Die  Theorbe  und  ihre  Stimmung. 


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Ein  Teil  der  Praktiker  hielt  sich  aber,  wahrscheinlich  unter 
Zuhilfenahme  von  Melallsaiten,  an  die  normale  Stimmung  der  Laute 
G  c  f  a  (V  g\  die  auch  Mace  für  die  Theorbe  aufführt.  Einige 
Takte  aus  einem  französischen  Theorbenbuch  der  Leipziger  Stadt- 
bibliothek sollen  der  Anschauung  dienen: 


Galliarda  Gregorii. 


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Ja,  es  ist  nicht  ausgeschlossen,  daß,  abgesehen  von  verschie- 
dener Stimmung  der  Bordunsaiten,  der  Akkord  A  d  g  h  e'  a  vor- 
gekommen sei,  denn   sonst  gibt  eine  mir  durch  eine  Tappert'sche 


Theorbentabulaturen. 


117 


Kopie  bekannte  Stelle  aus  dem  Chrysander  Theorben-Kodex  keine 
befriedigende  Lagerung  der  Töne  in  den  Harmonien: 


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Zur  ZeitBaron's  (um  \  725)  wurden  auch  dieTheorben  der  damals 
üblichen  französischen  Lautenstimmung  A  d  f  a  d'  f  unterworfen. 

Verzeichnis  einiger  Theorbentabulaturen. 

Clamlio  Saracini,  Le  Musiche.    Venctia  1614  (darin  due  Toccate  per  il  liulo 

attiorbato). 
Breslau. 
Pietro  Paolo  Melii  da  Reggio.  Intavolatura  di  Liuto  attiorbato.  Ven.  1614 — 1616. 

Augsburg,  Stadtbibl.  (Buch  II— V),  München,  Kgl.  Hofbibl.  (Buch  II 

u.  III),  Brüssel,  Kgl.  Bibl   (Buch  IV),  London,  British  Museum  (Buch  II 

u.  III). 
Giov.  Girolamo  Kapsperger,  Capricci   a   due   strumenti,  Tiorba  e  Tiorbino. 

Roma  1617. 


Ijg  Über  die  Verwendung  von  Chitaronen. 

Bellerofonte  Castaldi,  Capricci  a  due  stromenti  cioe  Tiorba  e  Tiorbino  e  per 
sonar  solo  varie  sorti  di  ballt  e  fantastiche  arie.  Modena  1622  (1 4  chörig). 
Paris,  Bibl.  du  Conserv.  , 

Bernardo  Gianoncelli,  Ballelti.    Ven.  1650  (Uchörig). 

Venedig,  Bibl.  Marciana. 
Nicolas  Fleury,  Methode  pour  apprendre  facilement  ä  toucher  le  Theorbe  sur 
la  Basse  continue.    Paris  1660  (Uchörig). 
Paris,  Bibl.  Nat.   V"  2650. 
Giovanni  Pittoni,  Intavolatura  di  Tiorba  (12  sonate  da  camera  per  tiorba  sola 
col  basso  per  il  clavicembalo).    Bologna  1669  (Uchörig). 
Dresden,  Landesbibl.,  München,  Kgl.  Hofbibl. 
Henry  Grenerin,  Livre  de  Theorbe.    Paris. 
Brüssel,  Kgl.  Bibl. 


Ms.  der  Bibl.  Chrysander  zu  Bergedorf  (aus  der  Sammlung  Bottee  de  Touhnon). 

[Uchörig]  1  7.  Jahrb. 
Ms.  der  Landesbibliothek  Cassel  (sub  fol.  Ol.  1)  [Uchörig].    17.  Jahrh. 
Ms.  der  Stadlbibl.  Leipzig  (Uchörig). 
Ms.  17  700  der  k.  k.  Hofbibl.  Wien  (Uchörig). 

Von  den  Theorben  heben  sich  durch  schlankeren  Bau,  größeren 
Abstand  der  beiden  Slimmhalter  und  durch  Bezug  mit  Metall-  oder 
Stahlsaiten  die  Chitaronen  ab,  die  ebenfalls  zu  den  generalbas- 
sierenden  Instrumenten  zählen.  Wir  erfahren  hierüber  aus  Ales- 
sandro  Guidotti's  Vorrede  zur  Ausgabe  der  »Rappresentazione  di 
Anima  e  di  Corpo«  des  Emilio  de'  Cavalieri  (1600)1,  wo  das  Zu- 
sammenwirken von  Lira  doppia,  Clavicembalo  und  Chitarone  bzw. 
Tiorba  oder  von  einer  sanften  Orgel  mit  Chitarone  zur  Begleitung 
des  Gesanges  als  besonders  wertvoll  gepriesen  wird.  Auch  Jacopo 
Peri2  berührt  in  dem  Bericht  über  die  Aufführung  der  »Euridice«, 
daß  hinter  der  Szene  Jacopo  Corsi  Gravicembalo,  Don  Grazia 
Montalvo  Chitarone,  Messer  Giovanni  Battista  dal  Violino 
Lira  grande  und  Messer  Giovanni  Lapi  Liuto  grosso  gespielt  habe. 
Andere  Zeugnisse  belegen,  von  der  Praxis  abgesehen,  das  Vorkom- 
men des  Chitarone3  als  einziges  Begleitinstrument  zum  Sologesänge; 
besonders  in  Verbindung  mit  dem  Tenor  wird  er  bevorzugt.  Als 
Erfinder  des  Instruments  wird  von  Giulio  Caccini  in  der  Vorrede 


1  Vgl.  Angelo  Solerti,  »Le  origini  del  melodramma«  (Torino,  Bocca, 
1903)  S.  5  ff. 

2  Siehe  ebenda  S.  48  f.,  dazu  auch  S.  83  und  221. 

3  Vgl.,  abgesehen  von  der  Praxis,  die  Vorrede  Giulio  Caccini's  zu  den 
»Nuove  Musiche«  (Solerti,  a.  a.  0.  S.  62):  »intendendo  io  di  mostrare  quanto 
appartiene  a  chi  fa  professione  di  cantar  solo  sopra  l'armonia  di  chitarrone  o 
d'altro  strumento  di  corde,  pur  che  giä  sia  introdotto  nella  teorica  di  essa 
musica  e  suoni  a  bastanza«.    Siehe  auch  S.  67. 


Chitaronctabulaturen.  119 

zu  den  »Nuove  Musiche«1  Antonio  Naldi  detto  il  Bardella  ge- 
nannt. Da  Lady  Mary  Sidney,  welche  1586  starb,  bereits  mit 
einem  Chitarone  in  der  Hand  gemalt  ist2,  so  muß  die  Erfindung 
vor  dieser  Zeit  liegen3. 

Verzeichnis  einiger  Chitaronetabulaturen. 

Don  Maria  Megli,  Le  prirne  Musiche   nelle   quali  si   contengono  Madrigali  et 
Arie  a  una  et  due  voci  per  cantare  nel  Chittaronc,  Clauicembalo  et  altri 
Instromenti.    Venetia,  Giac.  Vincenti,  1603. 
London,  British  Museum. 
Gio.  Girolamo  Kapsperger.  Libro  primo  d'intavolatura  di  Chitarone  (Raccolto 
dal  Sig1.  Giacomo  Antonio  Pfender).    Roma  1604. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  mus.,  London,  British  Mu- 
seum, Wien,  k.  k.  Hof  bibl. 
Libro  primo  di  Villanelle  a  1 ,  2  et  3  voci  accommodate  per  qualsivoglia 
strumento  con  l'intavolatura  del  Chitarone   et  alfabeto  per  la  Chitarra 
Spagnola  (racc.  dal  Sigr.  Caualier  Flamminio  Flamminij  .  .  .).  Roma  1  610. 
Berlin,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum. 
—  Libro  primo  di  Arie  Passeggiate  ä  Una  Voce  con  l'intavolatura  del  Chitarone 
(racc.  dal  Sigr.  Cau.  Fra  Jacomo  Christoforo  Ab  Andlaw).    Roma  1612. 
Berlin,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum. 

Libro  secondo  d'intavolatura  di  Chitarone  (racc.  dal  Sigr.  Giacomo  An- 

tonio Pfender).    Roma  1616. 

Libro  secondo   (terzo)   di  Villanelle  ....  con  l'alfabeto   per  la  Chitarra 

Spagnola.    Roma  1619. 

London,  British  Museum. 

Libro  quarto  di  Villanelle.    Roma  1623. 

London,  British  Museum. 
Libro  terzo  d'intavolatura  di  Chitarone  (racc.  dal  Sigr.  Giacomo  Antonio 

Pfender).    Roma  1626. 
Gio.  Ghizzolo,  Madrigali  et  Arie  per  sonare  et  cantare  nel  Chitarrone,  Liuto 

o  Clauicembalo  a  una  et  due  voci.  Libro  primo.  Venetia,  A.  Raverii,  1609. 
London,  British  Museum. 

II  secondo  libro.    Opera  sesta.    Milano  1610. 

London,  British  Museum. 
AI.  Grandi,  Madrigali  concertati  a  due  tre  et  quattro  voci  per  cantar  et  sonar 
nel  clauicembalo  Chitarrone  o  altro  simile  stromento.    Libro  2°.  op.  XI. 
Yen.,  AI.  Vincenti,   1623. 

London,  British  Museum. 

1  Solerti,  a.  a.  O.  S.  70.  Einige  Zeugnisse  für  Naldi  bringt  Emil  Vogel 
in  seiner  Studie  über  »Marco  da  Gagliano«  in  der  »Vierteljahrsschrift  für  Musik- 
wissenschaft« V,  420  ff.  bei. 

2  Siehe  die  Abbildung  bei  Francis  W.  Galpin.  »Old  Englisb  Instruments 
of  Music«  (London,  Methuen  &  Co.)  und  vergleiche  seine  Ausführungen  auf  S.  43  f. 

3  Instrumente  sind  uns  erhalten  von  >Magnus  Dieffopruchar  a  Ve- 
netia«, Giovanni  Bechardini  in  Venedig  1609,  Magnus  Steger  in  Venedig 
1614,  Ben  Dellio  Venere  in  Padua  1622,  Michele  Alton  in  Padua  1G28, 
Antonio  Siciliano  1630,  Matteo  Seilas  1635,  Peter  Khöpff  in  München 
1637  usw. 

Kl.  Handb    der  Musikgesch.    VI II,  2.  q 


120 


Die  Mandora  und  ihre  Stimmungen. 


Alessandro   Piccinini,   Intavolatura   di  Liuto   e   di   Chitarone.     Libro   primo. 
Bologna  1623. 

Bologna,  Liceo  mus. 
Alessandro  Piccinini  e  Leonardo  Marra  P. ,  Intavolatura   di  Liuto  e  di  Chi- 
tarone  (Libro  secondo).    Bologna   1 639. 
Bologna,  Liceo  mus. 

Einen  kleineren  Typus  der  Laute1  mit  flacherem  Corpus2  stellte 
die  Mandora  oder  Mandola  dar,  welche  gewöhnlich  vier  bis 
fünf,  zuweilen  aber  auch  mehr  Chöre  aufweist,  die  alle  über  das 
Griffbrett  gehen.  Über  das  Vorkommen  dieses  Instruments  im  Mittel- 
alter seit  dem  11.  Jahrhundert  bietet  Galpin3  bemerkenswertes 
Material  dar.  Die  Stimmung  der  vierchörigen  Mandora  ist  nach 
Praetorius4  und  Mersenne5  c'  g'  c"  g";  doch  kennt  letzterer 
auch  die  Akkorde  c'  g'  c"  f"  (accord  ä  ehorde  avalJec)  oder  c'  g'  c"  c" 
(aecord  en  tierce).  Galpin6  gibt  aus  dem  Skene- Manuskript 7  die 
Stimmung  der  fünfchürigen  Mandora  als  c'  f  a'  d"  g"  an.  Im 
18.  Jahrhundert  begegnet  uns  vornehmlich  die  sechs-  bis  acht- 
chörige  Mandora  mit  dem  Akkorde  Ad  g  c'  f  a'  d"  f" .  Ihre 
Litteratur  wird  mit  Hilfe  der  französischen  Lautentabulatur  auf 
Systemen  von  4 — 6  Linien  verzeichnet,  bei  denen  die  unterste  der 
tiefsten  Saite  entspricht.  Ein  Beispiel  für  sechschörige  Mandora 
mit.  der  Stimmung  d  g  cr  f  a'  d"  möge  folgen.  (Siehe  Faksimile 
S.  121.) 

Angloise. 


1  Vgl.  die  Beschreibungen  des  Instruments  bei  Michael  Praetorius, 
»Syntagma  musicum«  II  (Neuausgabe)  S.  63,  Mersenne,  >Harmonicorum 
libri«  I,  26  und  »Harmonie  Universelle«  II  Livre  Second  Proposition  XIII  (S.  93), 
Kircher,  »Musurgia«  (Rom  1650)  I,  476,  Bonanni,  »Gabinetto  Armonico« 
(Roma  1722)  S.  99,  Galpin,  »Old  English  Instruments«  cap.  III  und  im  Katalog 
der  Heyer- Sammlung.  Siehe  auch  den  lehrreichen  Artikel  in  Gurt  Sachs' 
»Real-Lexikon  der  Musikinstrumente«  (Berlin,  Julius  Bard,  1913)  S.  251  f. 

2  Siehe  Kircher,  a.  a.  0.  und  Bonanni,  a.  a.  0.  S.  99. 

3  A.  a.  0.  S.  37  ff. 

4  A.  a.  0.  S.  31.  Neben  der  obengenannten  kennt  Praetorius  noch  die 
Stimmungen  des  fünfchörigen  Mandürichen  c  g  c'  g'  c"  und  c  f  c'  f  c". 

5  »Harmonie  universelle«,  a.  a.  0.  S.  93. 

6  A.  a.  0.  S.  39. 

7  Edinburgh,  Advocates  Library. 


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Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40146.  S.  55. 


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Leipzig,  Stadtbibl.,  Mandora-Kodex. 


122  Über  Pflege  des  Mandora-Spiels. 

[Dessauer  Marsch." 


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Molitor  behauptet  in  der  Vorrede  zu  seiner  »großen  Sonate 
für  Guitare«  (Wien  1806)  die  besondere  Pflege  des  Mandora-Spiels 
in  Italien  und  am  Anfange  des  18.  Jahrhunderts  in  Wien.  In  ein- 
zelnen Gegenden  muß  dieses  Instrument  bis  ins  19.  Jahrhundert  in 
Gebrauch  geblieben  sein.  1829  berichtet  wenigstens  Ander  seh  in 
seinem  »musikalischen  Wörterbuch«:  »Mandora  seit  lange  nicht 
mehr  in  Gebrauch,  jetzt  von  einigen  Damen  in  Polen  gespielt.« 

Für  die  Mandora  scheint,  wenn  wir  der  Darstellung  von  Vir- 
dung und  Agricola  Glauben  schenken  dürfen,  bis  zum  16.  Jahr- 
hundert auch  der  Ausdruck  Quintern1  gebräuchlich  gewesen  zu 
sein.  Jedenfalls  erkennen  wir  in  den  von  ihnen  dargebotenen  Abbil- 
dungen einen  kleinen  Lauten-Typus.  Der  Name  ist  schon  früh  nach- 
weisbar. 1387  wird  bereits  in  Frankfurt  a.  M.  neben  acht  Pfeifern, 
einem  Trommler  und  einem  Fiedler  auch  ein  Quynterner  erwähnt 2. 
Über  das  Vorkommen  des  English  gittern  ist  Galpin's  Schrift 
*01d  English  Instruments«3  zu  vergleichen.  Das  17.  Jahrhundert 
gebraucht  die  Bezeichnung  Quintern  für  die  Guitarre 4. 


1  Heranzuziehen   ist  der   Artikel    »Quinterne«    aus   Gurt   Sachs'    »Real- 
Lexikon  der  Musikinstrumente«  S.  31 2. 

2  Vgl.  Caroline  Valentin,  »Geschichte  der  Musik  in  Frankfurt  am  Main« 
(Frankfurt,  K.  Th.  Völcker,  -1 906)  S.  41. 

3  S.  20  ff. 

4  Siehe  z.  B.  Michael  Praetorius,  »Syntagma  musicum  II«  cap.  26  und 
Tnfel  16  Figur  Nr.  4. 


Tabulaturen  für  Mandora. 


123 


Tabulaturen  für  Mandora. 

Augsburg,  Kreis-  u.  Stadtbibl.    Kat.  Nr.  43.   Divertissement  Mandour.  Marelie, 

Aria,  Quique,  Menuetts  u.  Polonaisen,  Harlequinaten  u.  Bourrees.     Am 

Schluß:  Regulae  universales  Mandorae. 
Merlin,   Kgl.  Bibl.    Tabulatur   mit    Divertimenti1   aus   dem   Besitz   des    Herrn 

Marschall  in  Bremen. 
Edinburgh,  Advocates  Library.    Skene-3/s.2. 
Hamburg,  Stadtbibl.  Ms.  3242  (für  achtchörige  Mandora). 
Leipzig,  Stadtbibl.    Ms.  aus  der  Zeit  um  1730. 
London,  British  Museum.    Sloane  1021.    Darin  Galliarda  Anglica  für  Testudo 

minor  et  maior. 
Mersenne,  »Harmonie  Universelle  II«  Livre  Second  Propositio  XIII  Blatt  94v. 

Allemande  de  M.  Chancy. 
Der  musikalische  Dilettante.    Eine  Wochenschrift,  Wien  1770,  4".    Darin  eine 

Sonata  ;'i  duc  (Violino  e  Mandora). 

Aus  der  Mandora  entwickelte  sich  die  Mandoline3,  welche 
breiteres  Corpus"  und  offenes  Schalloch  aufwies.  Sie  umfaßte  im 
1 8.  Jahrhundert  vier  Chöre,  die  bald  Quartabstand  hatten,  bald  die 
Terz-Quarten-Stimmung  der  Lauten  erkennen  ließen.  Erstere  Stim- 
mung kommt  z.  B.  in  einer  » Sonata  al  Mandolino  solo  di  Signor 
Francesco   Contini«    zur   Geltung,  wie   ein   paar  Takte4   zeigen 


mögen 


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Mandolino 


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1  Divertimento  XXX  'Mandora  e  Yiolino  solo)  trägt  die  Bemerkung:  il 
guslo  moderno  de  Manheim. 

2  Vgl.  Dauney,  »Ancient  Scottish  Melodies«  1838.  Die  Stimmung  der 
Mandora  soll  hier  e'  f  a'  d"  g"  sein.  (Galpin,  »Old  English  Instruments« 
S.  39.) 

3  Siehe  den  alle  wesentlichen  Characteristica  umfassenden  Artikel  »Mando- 
lino milanese«  in  Curt  Sachs'  »Real-Lexikon  der  Musikinstrumente«  (Berlin, 
liard,  1913). 

*  Die  Vorlage  zu  denselben  habe  ich  der  Tappert-Sammlung  in  der  Kgl. 
Bibl.  Berlin  entlehnt. 


124 


Filippo  Sauli,  Fuga. 


Der  zweiten  Stimmung  gehorcht  ein  Manuskript  in  der  Biblio- 
thek des  Fürsten  Lobkowitz  zu  Raudnitz  in  Böhmen.  Eine  Fuga 
aus  einer  Partita  von  Filippo  Sauli1  sei  mitgeteilt: 


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Die  Sammlung  von  Mandolinenstücken,  welche  die  Bibliothek  des  Konser- 
vatoriums zu  Brüssel  unter  Nr.  5619  bewahrt,  habe  ich  noch  nicht  einsehen 
können. 


1  Auch  dieses  Denkmal  kenne  ich  nur  von  einer  Tappert'schen  Abschrift  her. 


TabulaUtren  für  das  colachön.  125 

Als  ein  Lauteninstrument  von  135 — 200  cm  Länge  mit  kleinem 
Körper,  langem  Halse  und  16 — 24  Bünden  tritt  uns  das  colachön1 
entgegen,  das  bei  JMersenne2  und  Kircher3  nur  2 — 3  Saiten 
von  der  Stimmung  Grundton,  Quinte  bzw.  Grundton,  Oktave,  Tre- 
dezime  aufweist,  in  der  Folge  aber  noch  eine  vierte  bis  sechste  Saite 
hinzunimmt.  Im  18.  Jahrhundert  ist  nur  das  sechssaitige  colachone 
im  Gebrauch,  das  uns  bald  als  colascione,  calichon,  gallicona,  galli- 
chona,  gallichana,  colochone  oder  chalcedon  begegnet.  Es  wurde 
sowohl  solistisch  als  auch  als  generalbassierendes  Instrument4  ver- 
wendet. Seine  gewöhnliche  Stimmung  ist  D  G  c  f  a  d'h,  doch 
kommen  auch  Akkorde  wie  DGcrad'^,  DGcfisa  d"1  und 
I)  Fis  A  c  a  d'%  vor.  Von  Denkmälern,  die  in  französischer  Lauten- 
tabulatur  vorliegen,  seien  aufgeführt: 

Brüssel  (?).     Tabulatur  für  Callichon   aus   dem  Besitze   von   Prof.  Wagener 

Marburg). 
Dresden,  öffentliche  Bibl.     Ms.  für  Calichon  aus  der  Zeit  um  1750. 

Privatsammlung  des  Königs. 

Tre  sonate  per  il  Gallichona  di  S.  A.  Duca  demente  di  Baviera  (1  722 
bis  1770  . 

—  12  Menuetti  per  il  Gallichona  di  S.  A.  Duca  demente  di  Baviera. 
P.  A.  Sonatina  per  il  Gallichona  Solo. 

—  Tabulatur  Giuseppe  Antonio  Brescianello  (1716 — 57   im  Dienste 


des  Herzogs  von  Württemberg; : 

I.  Preludio  —  Allegro  —  Andante  —  Menuet  —  Allegro. 
II.  Allegro  —  Andante  —  Gigue. 
III.  Allegro  —  Adagio  —  Gigue. 

Schiffelholz,  Sonate  (1 — 5)  a  due  Gallichane. 

-  Schiffelholz,  Sei  duetti  a  Gallichona  e  Violoncello  concertanti. 

Als  Beispiel  sei  ein  Menuett  von  Brescianello  mitgeteilt.  Bei 
der  Übertragung  sind  vorderhand  die  Verzierungen  noch  fort- 
gelassen. 


1  Siehe  Sachs,  a.  a.  0.  S.  89  f.  und  Kinsky's  »Katalog  des  Musikhistori- 
schen Museums  von  Wilhelm  Heyer  in  Köln«  II. 

2  »Harmonie  Universelle«  II.  Livre  second  proposition  XVI  fol.  99v.  Er 
gibt  als  Länge  4 — 5  Fuß  und  als  Stimmung  c'  c"  g"  an. 

3  »Musurgia«  I    Tafel  zu  S.  476. 

4  Nach  Mattheson  noch  in  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  ge- 
braucht. Ei  sei,  »Musicus  autodidactus«  (Erfurt  1738)  ist  ein  Beleg  für  die 
seltene  Verwendung  des  colachön. 

5  Z.  B.  bei  Brescanello. 
fi  In  Tabulatur  Wagener. 
"  In  der  Sonatina. 

8  In  »Sei  Duetti  .  .  .  del  Schiffelholz«. 


126 


Menuet  del  Sig1.  Brescianello. 


Menuet  del  Sigr.  Brescianello. 

Dresden,  Privatsammlung  des  Königs  von  Sachsen, 
jetzt  in  der  Öffentl.  Bibl. 


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Tabulaturen  für  Angelica. 


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Ein  Lauten-Instrument,  das  mit  der  Terz -Quarten -Stimmung 
vollkommen  bricht  und  für  alle  diatonischen  Töne  selbständige 
Saiten  (16 — 17)  aufweist,  ist  die  Angelica  1.  Auf  sie  gelangte  die 
französische  Lautentabulatur  mit  geringen  Modifikationen  zur  An- 
wendung. In  drei  Gruppen  lassen  sich  die  überkommenen  Auf- 
zeichnungen anordnen. 

Die  erste,  belegt  durch  das  Tabulaturbuch  der  Marguerite 
Monin  aus  dem  Jahre  1664  und  die  Tabulatur  Raigern,  benutzt 
folgendes  Notationssystem : 


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1  Siehe  den  Artikel  >Angelica«  bei  Curt  Sachs,  a.  a.  0.  S.  12. 


128 


Tabulaturen  für  Angelica. 


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Die  zweite  Gruppe,  belegt  durch  die  »Musicalische  Gemüths- 
Ergötzung«  Jacob  Kremberg's,  führt  die  Bezeichnung  unter  den 

Linien   nur  bis  zum   dreigestrichenen  a  (ä)  und   setzt  dann  sofort 
mit  den  Zahlen  4 — 8  ein.    (Siehe  die  Tafel.) 

Die  dritte  Gruppe,  vertreten  durch  das  Manuskript  der  Bernar- 
dina Charlotta  Trezier  der  Bibliothek  Schwerin,  geht  schon 
mit  der  achten  Saite  zur  Bezeichnung  mit  Hilfe  der  Zahlen  8 — 17 
über : 


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9.  13.     12.     13.     14.  15  14  13 

Schwerin,  herzogl.  Bibl.    Tabulatur  der  Frau  Trezier  nee  Blankenfordt 

(17.  Jahrh.). 


Wolf,  Nofdt.anskundc  I 


Tafel  II. 


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Aria  et  Poesis  de  Jacob  Kremberg. 

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J.  Kremberg,  Musicalische  Gemüths-Ergötxunc 
Dresden   1689. 


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ffitüfinet  bic   .ftoffming  halb  hob  id)  geovon  «  nm/Bfü-tjet  Die    Iren  c  bolb  hob  ith  gc  <  fiegt;  Sft  nur  mein  ©lüde  nidjt  gänjsfidj  j««ton    •  nen/SBartidjfo     bin       ich  üon  gerben  S3er<gnttgt, 


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Tabuluturen  für  Angelica. 


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Tabulaturen  für  Angelica: 

A.  Drucke. 

Jacob  Kremberg,  Musicalische  Gemüths- Ergötzung  Oder  Arien  Welche  .  .  . 

Auff  der  Lauthe,  Angelique,  Viola  di  Gamba   und  Chitarra  können  ge- 

äpielet  werden.     Dresden  \  689. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolff- 
heim,  Dresden,  Landesbibl.,  Schwerin,  großherzogl. Bibl.,  Kopen- 
hagen, Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum,  Raudnitz,  fürstl. 
Lobkowitz'sche  Bibl.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

B.  Handschriften. 

Paris,  Bibl.  des  Konservatoriums.     Ms.  Bethune  [23595). 

Bibl.  Nat.     Ym  2660.    Ms.  der  Marguerite  Monin. 

Raigern,  Benediktinerstift.    Angelica- Ms. 

Schwerin,  großherzogl.  Bibl.  Ms.  Bernardina  Charlotta  Trezier  nee  Blancken- 
fordt. 

Zu  den  Guitarren  leiten  die  Cistern1,  Githern  und  Cithernen 
hinüber.  Sie  zeigen  im  Querschnitt  die  Umrisse  einer  Laute-,  haben 
aber  Ilachen  Schallkürper,  Zargen,  4—6  Ghüre  von  2—3  Draht- 
saiten und  werden  meist  mit  einem  Federkiel  angerissen.  Ihr  Vor- 
kommen ist  an  Hand  von  Abbildungen  bis  in  das  8.  Jahrhundert 
zurück  zu  verfolgen 2. 


In  der  lateinischen  Literatur  begegnet  das 


1  Siehe  die  einzelnen  termini  bei  Curt  Sachs,  a.  a.  0. 

2  Vgl.  Francis  W.  Galpin.  a.  a.  0.  S.  25  ff. 


130  Stimmungen  der  Cither. 

Instrument  als  citola,  cetera  oder  cithara,  im  übrigen  als  cister, 
cistre,  Zitter,  sytholle,  Sitole,  Cythol,  Cytol,  cithren,  cittern,  cy- 
therne,  cittharne,  citharen,  cithar,  cythar,  Cithrinchen. 

Den  Jongleurs  sollte  nach  den  Forderungen,  die  Guifaut  de 
Galanson1  1210  für  sie  aufstellt,  das  Spiel  dieses  Instruments 
geläufig  sein.  Es  scheint  immer  mehr  volkstümliche  Bedeutung 
gehabt  zu  haben;  noch  1618  nennt  es  Michael  Praetorius2  »il- 
liberale sutoribus  et  sartoribus  usitatum  instrumentum«. 

Nach  Johannes  Tinctoris  in  seiner  Schrift  >De  inventione 
et  usu  musicae3  ist  die  cetula«  ein  von  den  Italienern  erfundenes 
Bundinstrument,  das  vier  Saiten  von  Erz  oder  Eisendraht  hat, 
welche  mit  der  Feder  angespielt  werden  und  die  Stimmung  Ganz- 
ton, Quarte,  Ganzton  aufweisen. 

Michael  Praetorius4  führt  als  Stimmung  der  gemeinen  Cither 
bei  den  Italienern  h  g  d'  c'  und  bei  den  Franzosen  a  g  d'  e '  auf. 
Pablo  Minguet  erwähnt  1752  nur  die  Stimmung  h  a  d'  e':  welche 
vielleicht  Spanien  eigentümlich  ist.  Für  die  fünfchürige  Cither  kennt 
M.  Praetorius  die  Akkorde  d  li  g  d'  e',  F  e  c  g  a  und  G  fis  d  a  h. 
Bei  der  sechschürigen  unterscheidet  er  die  Stimmung  der  alten 
Italiener  a  c'  (oder  c)  h  g  d'  c'  und  jene  von  Sixt  Kärgel  in  Straß- 
burg h  G  d  g  d'  e\  Ja,  er  weiß  noch  von  einem  dritten  Akkorde 
G  d  h  g  d'  c'  und  führt  schließlich  auch  die  Stimmung  der  großen 
sechschürigen  Zither,  deren  Corpus  doppelt  so  groß  ist,  auf  als 
fis  DA  d  ah,  nicht  zu  vergessen  die  alte  Lautenstimmung 
f  b  d'  g'  für  die  vierchürige  Cither.  Mersenne5  und  Kircher* 
bieten  für  die  vierchürige  Cither  der  Italiener,  Kircher  ebenfalls 
für  die  der  Deutschen  die  Stimmung  a'  g'  o"  d"  dar.  Ersterem 
ist  aber  auch  der  Akkord  a  g  d'  e'  bekannt. 

Die  Praxis  bestätigt  diese  Ausführungen  im  allgemeinen.  Die » Nova 
et  elegantissima  carmina«  des  Frederico  Viaera  (Löwen  4 564 j,  die 
1565  bei  Adrien  le  Roy  und  Robert  Ballard  erschienene  >Breve 
et  facile  Instruction  pour  apprendre  la  tablature  ä  bien  accorder 
conduire  et  disposer  la  main  sur  le  Cistre«  sowie  die  beiden  in 
demselben  Jahre  aus  der  gleichen  Offizin  hervorgegangenen  Bücher 
für  die  Cister,    nicht   zu  vergessen    die    beiden   cithara-Werke  des 

1  Diez,  >Poesie  der  Troubadours«  (Zwickau   1826)  S.  42  Anmerk. 
-  >Syntagma  musicum«  Neuausgabe  S.  65. 

3  Besprochen  ven  Haberl  im  >Kirchenmusikal.  Jahrbuch«  4899  S.  74  l  und 
herausgegeben  von  Karl  Weinmann  (Regensburg,  Pustet  1917). 

4  >Syntagma  musicum«  II  S.  54  f.  (Neuausgabe)  S.  64  f. 

5  »Harmonie  Universelle«,  livre  second  prop.  XV  fol.  97  sq.;  siehe  auch 
»Harmonicorum  libri«  XII. 

*    6  »Musurgia«  I,  Tafel  zu  S.  476. 


Stimmungen  der  Cither.  131 

aus  Mecheln  gebürtigen  Sebastian  Vreedmann  aus  den  Jahren 
1568  und  1569,  den  1570  bei  Phalesius  in  Löwen  erschienenen 
»Hortulus  Cytharae«,  die  »Renovata  Cytbara«  des  Sixt  Kärgel 
von  1578,  die  1590  in  Chemnitz  geschriebene  Sammlung  David 
Sammenhammer's,  den  »Nederlandtsche  Cedendo  Clanck«  des 
Adrian  Valerius  von  1626  und  die  Citherstücke  des  Johannes 
Nauclerus,  alle  weisen  die  Stimmung  a  g  d'  e'  auf,  wobei  zu 
beachten  ist,  daß  die  beiden  unteren  Saiten  tiefere  Oktav-Begleit- 
saiten und  alle  Einklangs-Begleitsaiten  haben : 

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Anders  aber  auf  englischem  Boden.  Hier  begegnen  wir  schon 
im  16.,  besonders  aber  im  17.  Jahrhundert  Cithertabulaturen,  die 
der  Stimmung  hg  d'  e'  gehorchen.  Genannt  seien  nur  die  »Cithern 
School«  des  Holborne  aus  dem  Jahre  1597  *,  die  1609  veröffent- 
lichten New  Githaren  Lessons«  von  Thomas  Robinson  und  das 
aus  dem  Jahre  1666  stammende  Werk  »Musick's  Delight  on  the 
Cithren«.  Spezifisch  italienische  Tabulaturen  sind  mir  nicht  be- 
kannt. 

Für  die  fünfchörige  Cither  vermag  ich  aus  der  Praxis  kein 
Beispiel  anzugeben.  Wohl  aber  sind  mehrere  Tabulaturen  für  eine 
Abart  der  Cither,  das  Hamburger  Cithrinchen,  nachzuweisen, 
deren  fünf  Chöre  e  e  g  h  e'  gestimmt  sind. 

Die  sechschörige  Doppel -Cither  Sixt  Kärgel 's  entspricht  in 
ihrer  Stimmung  nicht  ganz  der  Schilderung  des  Meisters  Michael 
Praetorius.     Die  Anordnung  der  Saiten  von  unten  nach  oben  war: 

iiG  da  d'  e' '"  ^e  S^0^  Stimmung  treffen  wir  in  dem  Dresdner 
Manuskript  Johann  Georg's  von  Sachsen  aus  dem  Jabre  1592, 
jenem  > Tabulatur-Buch  Auff  der  Cythar«,  das  in  der  Landes- 
bibliothek unter  der  Signatur  J  307  bewahrt  wird;  die  gleiche 
Stimmung  zeigt  auch  die  Cithertabulatur,  welche  Fürstin  Dietrich- 
stein auf  Nikolsburg  1892  in  Wien  ausgestellt  hatte. 


1  Vgl.  das   Faksimile   bei    Robert  Steele,    »The  earliest  English  Music 
Printing«. 


132 


Tablature  du  cistre. 


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Messingsaiten 


Bei  der  Sechschürigkeit  macht  aber  die  Gither  keineswegs  Halt» 
Die  Kgl.  Bibliothek  Berlin  bewahrt  einen  Kodex,  in  dem  um  1750 
Bunsold's  »Evangelisches  Choralbuch«  auf  die  dreizehnchörige 
Cither  übersetzt  ist.     Ihre  Stimmung  war: 

e    d    e    f  g       c  e'     g' 

Messingsaiten       Messingsaiten       StaTilsaiten 
mit  Silber  übersp. 

Anders  gestaltet  sich  die  Gruppierung  der  Cithern-Literatur  von 
notationsgeschichtlichen  Gesichtspunkten  aus.  Deutlich  tritt  als 
gemeinsames  Band,  welches  französische,  niederländische  und  eng- 
lische Denkmäler  verknüpft,  die  französische  Bundbezeichnung  mit 
Buchstaben  heraus,  während  deutsche  Tabulaturen  mit  Zahlen  ope- 
rieren. Bei  fast  allen  ist  zwischen  dem  dritten  und  vierten  Bunde 
statt  der  Halbtonfortschreitung  eine  Ganztonstufe  zu  beobachten, 
so  daß  also  d  e  und  3  4  Ganztonschritte  bedeuten.  Je  ein  Bei- 
spiel mag  das  Spiel  auf  der  vierchörigen  Gither  bei  Franzosen, 
Niederländern  und  Engländern  beleuchten: 

Mersenne,   Seconde  Partie  de  THarmonie  Universelle 
(Paris  MDGXXXVII)  Livre  Second  des  Instruments  fol.  98  v. 

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Tablature  du  cistre. 


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133 


Caracossa. 


Seb.  Vreedman,  Cainiinuni  quae  cytliara  pulsantur 
über  secundus  (Lovanii,  Petr.  Phalesius  -t  .i<>9). 

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134 


Pauane  La  vecchio. 


Bei  dem  englischen  Beispiele  ist  zu  beachten,  daß  hier  die  Cither 
keinen  größeren  Abstand  zwischen  den  Bünden  d  und  e  aufweist, 
also  auch  keine  Ganztonfortschreitung  stattfindet: 


Holborne,  Citherne  School,  1597.    4°  Short1. 


LH 

da       ad 


a    a      a     c      a   c  a 


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1  Aus:  Robert  Steele.  >The  earliest  English  Music  Printing«  Fig.  37. 


Übertragung  der  Pavane  La  vecchio. 
Pavane  La  vecchio. 


135 


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136 


Zahlentabulaturen  der  Cithem. 


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Die  Cithertabulaturen,  welche  mit  Zahlen  operieren,  scheiden 
sich  in  zwei  Gruppen.  Die  Vertreter  der  einen  Gruppe  nehmen 
wie  die  spanischen  Lautenisten  die  tiefste  Linie  des  Systems  als 
Abbild  des  tiefsten,  die  der  andern  Gruppe  aber  als  Abbild  des 
höchsten  Chores  an.  Sixt  Kärgel  folgt  in  seiner  »Renovata  Gy- 
thara«  vom  Jahre  1578  dem  ersten  Prinzipe: 

Sixt  Kärgel,  Renovata  Cythara  (Strasburg,  Bernh.  Jobin,  1578) 

Nr.  58—60. 


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137 


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Tanz:  Ännerlein  von  Torgen. 


139 


David  Sammenharamer  beobachtet  dagegen  das  Prinzip  der 
italienischen  Lautenisten;  bei  ihm  weisen  alle  Bünde  Halbton- 
abstand auf. 

Nr.  39.    Tantz:  Ännerlein  von  Torgen. 


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Tantz:  Ännerlein  von  Torgen. 


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140 


Beispiel  für  Hamburger  Cithrinchen. 


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Als  Repräsentant  der  fünfchürigen  Gither  tritt  uns  das  Ham- 
burger Cithrinchen  entgegen,  eine  »Cister  mit  glockenförmigem 
Korpusumriß  und  5  Doppelsaiten« l.  Ihre  Stimmung  ist,  wie  bereits 
bemerkt  wurde,  e  e  g  h  e'.    Ein  Beispiel  möge  ihre  Tabulatur  be- 


legen. 


La  folie  de  Spange. 


Ans:  Berlin  Kgl.  Bibl.  Mm.  Ms.  40267. 


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1  Vgl.  Curt  Sachs,  a.  a.  0.  S.  174^. 


Beispiel  für  Toppel-Cythar. 


141 


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Bei  den  sechschürigen  Githern  scheidet  sich  wie  bei  den  vierchü- 
rigen  italienische  und  französische  Notationspraxis.  Die  »Toppel 
Cythar«  von  S ixt  Kärgel  und  Johann  Domin icus  Lais  operiert  mit 
Zahlen,  das  >Tabulatur  Buch  au  ff  der  Cythar  von  Johannes  Geor- 
gius  Hertzogk  zu  Sachssen«  und  die  Tabulatur  der  Fürstin 
Dietrichstein  in  Nikolsburg  dagegen  mit  Buchstaben.  Alle  Bünde 
bezeichnen  Halbtonfortschreitungen.  Die  Stimmung  der  leeren  Saiten 

ist  ft  QCd  %  (}'  e'  •     Die  italienische  Tabulatur  belege  eine  Milanesa 

aus  Kärgel  und  Lais: 


Sixt  Kärgel  Lautenist  vnd  Johan  Dominicus  Lais, 
Toppel-Cythar  (Strasburg,  Jobin,  -1578)  Nr.  43. 


Tertia 
Milanesa. 


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Französische  Notation  der  sechschörigen  Cither. 


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Die  französische  Notation  der  sechschörigen  Cither  veranschau- 
liche ein  Satz  aus  dem  in  Dresden  bewahrten  »Tabulatur  Buch  von 
Joh.  Georgius  Hertzogk  zu  Sachssen«: 


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Die  Notation  der  dreizehnchörigen  Cither. 


143 


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Die  Notation  der  dreizehnchürigen  Cither,  für  welche  die  Kgl. 
Bibliothek  Berlin  in  dem  von  Bunsold  abgesetzten  »Evangelischen 
Choralbuch«  einen  schönen  Beleg  besitzt,  greift  wieder  auf  die 
italienische  Tabulatur  im  Gebrauch  der  Ziffern  zurück.  Nur  die 
vier  höchsten  Chöre  rechnen  mit  Bundfortschreitungen.  die  übrigen 
werden  von  oben  her  mit  den  Zahlen  1—9  belegt: 


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8 
F 


7 
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6  5 

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B 


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Nicht  so  traurig,  nicht  so  sehr.    i*Mur. 

Evangelisches  Choralbuch,  für  dreizehnchörichte  Zither 

übersetzt  von  J.  W.  Bunsold.    J.  A.  1765.    Nr.  103. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40145. 


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Verzeichnis  der  Cithertabulaturen.  145 

Verzeichnis  der  Literatur. 

A.  Vierchörige  Cither. 

4.  Französische  Tabulatur,  Stimmung  a  g  d'  e'. 

Frederico  Viaera,  Nova  et  elegantissima  in  Cythara  ludenda  carmina.     L>- 
vanii,  Petr.  Phalesius,  1564. 
Trier,  Stadtbibl. 

Adrian  le  Roy  et  Robert  Ballard,  Breve  et  facile  instruction  pour  apprendiv 
la  tablature  ä  bien  accorder,  conduire  et  disposer  la  main  sur  le  Cistre. 
Paris  4  565. 

(Premier),  second  livre  de  cistre.     Paris  4  565  (1564). 

Trier,  Stadtbibl. 

Sebastianus  Vreedman  Mechlinensis,  Nova  longeque  elegantissima  cithara  lu- 
denda carmina  cum  gallica  tum  etiam  germanica:  fantasiae  etiam  Passo- 
mezi,  Gailliarde,  Branles,  Almandes  etc.  Nunc  primum  ex  Musica  in 
vsum  Citharae  traducta.  Lovanii.  Excudebat  Petrus  Phalesius  Biblio- 
graphus  Juratus.     Anno  4  568. 

Thorn,  Gymnasialbibl.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Carminum  quae   cythara  pulsantur  liber  secundus  in  quo  selectissima 

quaeque  et  iucunda  carmina  continentur:  ut  Passomezi,  Gailliardes, 
Branles,  Alemande,  et  alia  eius  generis  permulta  quae  sua  dulcedine 
auditorum  animos  mire  oblectant.  Nunc  primum  summa  qua  fieri  po- 
tuit  facilitate  in  tyronum  usum  .  .  .  composita.  Lovanii.  Excudebat 
Petrus  Phalesius  Typographus  Juratus.  Anno  M.  D.  LXIX. 
Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Petrus  Phalesius,  Hortulus  Cytharae  in  duos  distinctus  libros,  quorum  prior 
cantiones  musicas  longe  pulcherrimas,  Passomezo,  Paduanas,  Galliardas, 
Alemandes,  Branles  ad  usum  volgaris  Cytharae:  posterior  similiter  can- 
tiones musicas,  Passomezo,  Alemandes  aliaque  nonnulla  in  Tabulaturam 

Cytharae,   Italicae   vulgo   dietae   convenientem   redaeta  continet 

Lovanii  4  570. 

Rostock,  Univ.-Bibl. 

Petrus  Phalesius  et  J.  Bellerus,  Hortulus  Citharae  vulgaris  continens  op- 
timas  fantasias  cantionesque  musicas  pulcherrimas.    Acc.  praeterea  brevi.-. 
et  dilueida  in  Citharam  introduetio,  qua  sua  in  arte  quilibet  artem  pul- 
sandae  Citharae  addiscere  possit  facillime.    Antverpiae  4  582. 
Breslau,  Univ.-Bibl. 

Johannes  Nauclerus,  Tabulaturbuch.  Darin  einige  Stücke  für  vierchörige 
Cither. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40141. 

Adrian  Valerius,  Neder-Landtsche  Gedenck-Clanck.    Harlem   1626. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Berlin  -  Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim. 
Amsterdam,  Bibl.  der  Maatschappij ,  Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  London, 
British  Museum. 

Mersenne,  >Harmonie  Universelle  Hc  (Paris  4637).    Livre  second  (fol.  98"). 
Berlin,    Kgl.  Bibl.,    Berlin-Grunewald,    Bibl.   Dr.  W.  Wolffheim, 
Dresden,    Landesbibl.,    Hannover,   Kgl.  Bibl.,    Leipzig,  Stadtbibl.. 
Nürnberg.  Germ.  Museum,  Wolfenbüttel,  herzog!.  Bibl.,   Amiens, 
Besancon,  Bologna,  Brüssel,  Kopenhagen,  Grenoble.  Londo 
Paris,  Reims,  Wien. 


146  Verzeichnis  der  Cilhertabulaturen. 

Mersenne,  Harmonicorum  libri  XII  (Paris  1648). 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Dresden,  Landesbibl.,  Gotha,  Göttingen,  Univ.- 
Bibl.,  Hamburg,  Stadtbibl.,  Hannover,  München,  Arras,  Copena 
hagen,  Florenz,  Haag,  London,  Lund,  Paris.  Rouen,  Upsal.- 

2.  Französische  Tabulatur,  Stimmung  h  g  d'  e'. 

Holborne,  Citherne  School.     London,  Peter  Short,  1597. 

London,  Royal  College  of  Music. 
Thomas  Robinson,  New  Citharen  Lessons.    London,  William  Barley,  1609. 

London,  British  Museum. 
John  Playford,  Musick's  delight  on  the  Cithren.     London,  W.  G.,  1666. 

London,  British  Museum,  Oxford,  Bodleiana. 

3.  Italienische  Tabulatur,   tiefste  Linie  =  tiefstem   Chor, 

Stimmung  a  g  d'  e'. 

Sixt  Kärgel,  »Renovata  Cythara«   (Strasburg,  Bernhart  Jobin,  I578). 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 

4.  Italienische  Tabulatur,  tiefste  Linie  =  höchstem  Chor, 

Stimmung  a  g  d'  e'. 

David  Sammenhammer,  Schone  Psalm  vnd  Geistreiche  Lieder  auf  der 
Cither  zue  schlagen  abgesatzt  auß  des  Lobwassers  Psalterio  —  Welsche 
Gaillarden  und  Passametzo  auch  schöne  Täntze.  Handschrift,  datiert 
Kemnitz  1590. 

Thorn,  Gymnasialbibl. 

B.  Fiiufchörige  Cither.  —  Hamburger  Cithriiicheii. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40267  Tabulatur  aus  der  Zeit  um  1700. 
Hamburg,  Stadtbibl.  Ms.  3241.     Tabulatur  aus  der  Zeit  um  1700. 

C.  Sechschörige  Cither. 

1.  Italienische  Tabulatur,  Stimmung  H  G  dg  d'  e'. 

Sixt  Kärgel  u.  Job.  Dom.  Lais,  Toppel-Cythar.  Strasburg,  Bernhart  Jobin 
1578. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim,  Breslau,  Univ.- 
Bibl.,  Thorn,  Gymnasialbibl. 

2.  Französische  Tabulatur,  Stimmung  H  G  d  g  d'  e'. 

Dresden,  Landesbibl.   Ms.  J 307.  Tabulatur  Buch  auff  der  Cythar.  Johannes 

Georgius  Hertzogk  zu  Sachssen.    1592. 
Nikolsburg,    Bibl.    der    Fürstin    Dietrichstein.     Tabulatur   vom    Ende    des 

1  6.  Jahrh. 

D.  Dreizehnchörige  Cither. 

.Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40145  Evangelisches  Choralbuch  für  dreizehnchö- 
richte  Zither  übersetzt  von  J.  W.  Bunsold.  Ein  alter  Besitzervermerk 
lautet:  J(ean)  A(delmann)  1765. 


Lauten  •Verzierungen.  147 

Verzierungen  in  der  Lautenpraxis. 

Das  Verzierungswesen  ist  so  alt  wie  die  Gesangskunst  selbst. 
Bis  in  das  frühe  Mittelalter  können  wir  im  einstimmigen  kirch- 
lichen Gesänge  Verzierungsformen  wie  reverberatwnest  liquescente 
Töne,  plicae  und  quilisma  verfolgen,  und  auch  auf  dem  Boden  der 
mehrstimmigen  Kunst  erblüht  an  den  Zentren  der  Musikübung,  den 
Singeschulen  der  Kathedralen,  früh  die  sogenannte  Diminutionspraxis, 
die  durch  Zerteilung  langer  Notenwerte  aus  langgehaltenen  Tünen 
der  einfach  geführten  Melodie  zierliches  Rankenwerk  herauswachsen 
läßt.  Wir  brauchen  nur  an  das  reich  ausgebildete  Figurenwesen 
zu  denken,  wie  es  uns  der  englische  Anonymus  des  13.  Jahr- 
hunderts1 schildert,  oder  auf  den  »discantus  floribus  adornatus« 
hinzublicken,  wie  ihn  Petrus  dictus  Palma  ociosa2  eingehend 
in  seinem  »Compendium  de  discantu  mensurabili«  vom  Jahre  1336 
behandelt. 

Besonderen  Aufschwung  nahm  das  Verzierungswesen  im  1 6.  Jahr- 
hundert. Die  fortschreitende  Gesangstechnik  verlieh  auch  der  in- 
strumentalen Praxis,  die  trotz  spärlich  auf  uns  gekommener  prak- 
tischer Belege  nicht  unbedeutend  gewesen  sein  kann,  besonderen 
Aufschwung.  Die  Verzierungen,  denen  wir  auf  gesanglichem  Boden 
begegnen,  kehren  auch  auf  instrumentalem  Gebiete  wieder3.  Es 
braucht  wrohl  nur  auf  die  Schulwerke  eines  Ganassi  dal  Fonte^o 
Ortiz4,  Girolamo  dalla  Casa,  Rognono,  Conforto  und  Bas- 
sano  verwiesen  zu  werden,  um  die  die  ganze  Praxis  beherrschende 
Tendenz  des  Auszierens  scharf  zu  beleuchten.  Wenn  aber  diese 
aus  der  Kehlfertigkeit  geborenen  trilli,  tr&moli,  gropjri,  acce?iti,  mo- 
nachme,  zimbeli  und  wie  die  Verzierungsformen  alle  heißen,  auch 
den  Instrumenten  angepaßt  wurden,  so  entsprachen  sie  doch  selten 
ihrer  Eigenart5.  Instrumentale  Verzierungsformen,  die  im  Ansätze 
bereits  im  14.  bis  16.  Jahrhundert  anzutreffen  sind,  entwickeln  sich 
vornehmlich  seit  der  Wende  des  16.  Jahrhunderts  in  England  auf 
dem  Boden  der  Virginal-  und  in  Italien  und  Frankreich  auf  dem 
Gebiete  der  Lauten-  und  später  der  Klavier-Musik.    Beide  Instru- 


'  Siehe  Walter  Niemann,  Ȇber  die  abweichende  Bedeutung  der  Liga- 
turen in  der  Mensuraltheorie  der  Zeit  vor  Johannes  de  Garlandia«  (Leipzig 
Breitkopf  &  Härtel,  1902).     Kapitel  III:   De  minutione  et  fractione  modoruni. 

2  > Sammelbände  der  Int.  Musik-Gesellschaft«  Jahrg.  XV  Heft  3. 

3  Vgl.  Max  Kuhn,  »Die  Verzierungs- Kunst  in  der  Gesangs -Musik  dos 
16.— -17.  Jahrh.«   (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1902). 

4  Neuausgabe  von  Max  Schneider  (Berlin,  Liepmannssohn). 

5  Aus  dem  Anfange  des  1 6.  Jahrhunderts  ist  eigentlich  nur  der  Mordant 
der  deutschen  Organisten  (Hans  v.  Konstanz)  auszunehmen. 


148  Lauten -Verzierungen. 

mente.  Laute  und  Klavier,  suchen  durch  Verzierungen  über  offen- 
bare Mängel,  wie  geringe  Klangkraft  und  Klangdauer,  hinwegzu- 
täuschen. Diese  fioriture,  tremblements,  agrements,  graoes  oder  »Ma- 
nieren«, wie  die  termini  technici  bei  den  verschiedenen  Nationen 
lauten,  liegen  zum  Teil  ausgeschrieben  schon  früher  vor,  ehe  sie 
ihren  stenographischen  Ausdruck  gewinnen.  Die  vorhandenen 
Werke  von  Dannreu th er1  und  Beyschlag2  über  Verzierungs- 
praxis reichen  mit  Bezug  auf  die  alte  Zeit  nicht  zu.  Wertvolles 
bietet  dagegen  der  in  den  »Sammelbänden  der  Internationalen 
Musikgesellschaft«3  veröffentlichte  Aufsatz  von  Janet  Dodge  über 
»Ornamentation  as  indicated  by  signs  in  lute  tablature«  und  in 
einzelnen  Zügen  auch  das  Kapitel  »Ornamentation«  des  Werkes 
»The  Interpretation  of  the  music  of  the  17th  and  18th  centuries« 
von  Arnold  Dolmetsch4. 

1637  betont  Mersenne  in  seiner  »Harmonie  universelle«5,  daß 
die  Musikübung  der  Früheren  nicht  an  die  der  Zeitgenossen  heran- 
reiche wegen  des  Gebrauchs  der  »tremblements«,  die  niemals  so 
reiche  Verwendung  gefunden  hätten  wie  in  seiner  Zeit.  Er  weist 
aber  auch  darauf  hin,  daß  keine  einheitliche  Benennung  und  Dar- 
stellung der  Verzierungsformen  anzutreffen  sei,  was  ihn  veranlaßt, 
den  Gegenstand  selbständig  zu  behandeln6. 

Die  ältesten  Verzierungszeichen  der  Lautenmusik  begegnen  uns 
in  Italien7  in  Verbindung  mit  dem  Chitarone,  einer  Abart  der 
Laute.  Kapsperger  (bzw.  der  Herausgeber  Antonio  Pfender) 
führt  4  604  in  seinem  ersten  Tabulaturbuche  für  Chitarone  auf: 

. .  als  Zeichen  des  trillo  (des  Trillers,  der  auf  einer  Saite  wahr- 
scheinlich mit  oberem  Hilfston  zur  Ausführung  gelangte), 

—  als  Zeichen  des  strascino  (des  Schleifers), 

>:  als  Zeichen  des  arpeggio  (der  Brechung). 

Aus  einer  ähnlichen  Aufführung  von  Zeichen  bei  Pietro  Paolo 
Melii  da  Reggio  in  seiner  »Intavolatura  di  Liuto  attiorbato«  4  614 
sei  das  Zeichen  des  tremolo  t  herausgehoben.  Die  Hauptkenntnisse 
gewinnen  wir  indes  für  das  17.  Jahrhundert  aus  den  Werken  fran- 


1  »Musical  Ornamentation.« 

2  >Die  Ornamentik  der  Musik«   (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1908). 

3  Jahrg.  IX  S.  318  ff. 

4  London,  Novello  &  Co.,  1916. 

5  Seconde  Partie  Liure  Second  Proposition  IX  Article  IV. 

6  A.  a.  0.,  Article  IV— VIII. 

7  Janet  Dodge  weist  auf  Thomas  Robinson's  >School  of  Musicke«, 
in  der  bereits  1603  »relishes«  erwähnt  werden,  die  die  Aufgabe  haben,  lange 
Töne  auszuschmücken  und  über  ihre  geringe  Klangdauer  hinwegzutäuschen. 


Verzierungen  nach  Pater  Mersennc. 


149 


züsischer  und  englischer  und  für  das  18.  Jahrhundert  aus  solchen 
deutscher  Lautenisten. 

In  Nicolas  Vallet's  »Secret  des  Muses«  16I9  erhalten  wir  ein- 
mal eine  Erklärung  des  schrägliegenden  langen  Striches  und  Bogens 

^*       -\ s ,  Zeichen,   die  nicht  zu  den  Verzierungen 

zu  rechnen  sind  und  das  Stillhalten  eines  Fingers  auf  einem  Buch- 
staben, d.  h.  das  Aushalten  eines  Tones  charakterisieren,  wie  z.B.: 


a  o  d 


■a-e — d  c  a 


~d-b- 


-a- 


b  a  b  d 


a   b  d — b-et 


a  o 


-4* 


-d 


.--    V0M-M 


IE 


LQl 


% 


-o- 


9~&- 


Uaneben  begegnen  die  wirklichen  Verzierungszeichen  D  und  x, 
welche  später  bei  Mersenne  als  trembhment  und  martellement 
wiederkehren.  D  läßt  auf  derselben  Saite  bei  einmaligem  Anschlag 
die  höhere  Sekunde  als  Vorschlag  erklingen: 


«M- 


-^7" 


-&- 


-etr 


m 


?•- 


9> 


Bei  x,  einer  Verzierung,  die  gern  auf  punktierter  Viertelnote 
mit  folgendem  Achtel  steht,  wird  dieselbe  Bewegung  zwei-  oder 
dreimal  wiederholt: 


U 


-«*- 


4-c- 


Eine  systematische  Durchbildung  erfahren  die  Verzierungszeichen 
bei  Pater  Mersenne.  Zwei  tremblements  werden  unterschieden, 
das  eine  mit  großer  Sekunde  als  oberem  Hilfston  ~),  das  andere 
mit  kleiner  Sekunde  5-    Ihnen  gegenüber  steht  der  accent  plaintifr 


150  Verzierungen  nach  Gallot. 

der  als  Vorschlagsnote  die  große  oder  kleine  Untersekunde  zur 
Hauptnote  hinzubezieht  und  die  Zeichen    •)  und    •)  erhält. 

Eine  Art  vibrato  auf  demselben  Ton  ist  zu  erzeugen  bei  dem 
Zeichen  x.  Diesem  martellement  stehen  zwei  andere  gegenüber, 
die  mit  dem  Mordant  des  Hans  von  Konstanz  große  Ähnlich- 
keit haben  und  durch  die  signa  A  und  \  charakterisiert  werden. 
In  beiden  Fällen  wird  mit  dem  bezeichneten  Tone  gleichzeitig  die 
tiefere  Sekunde  gegriffen  und  diese  mehrfach  angeschlagen,  während 
der  erstere  Ton  festgehalten  wird.  Dadurch  ergibt  sich  eine  triller- 
artige Wirkung  zwischen  der  Hauptnote  und  dem  tieferen  Ganztone 
bei  A,  zwischen  Hauptnote  und  tieferem  Halbtone  bei  A. 

Das  verre  casse  •>  Mersenne:s  entspricht  dem  vibrato  der  Vio- 
linen. Die  den  bei  dem  Zeichen  stehenden  Griff  fest  fassende  Hand 
wird  in  der  Richtung  der  Saitenlänge  hin  und  her  bewegt  und  läßt 
kleine  Tonschwankungen  der  erregten  Saite  nach  oben  und  unten  hören. 

Das  battement  j  bezeichnet  Mersenne  als  ein  Ornament,  das 
mehr  der  Violine  eigentümlich  ist.  Gleichzeitig  mit  dem  notierten 
Buchstaben  wird  die  große  Obersekunde  gegriffen  und  die  Saite 
von  der  rechten  Hand  einmal  angeschlagen.  Während  der  erste 
Ton  aber  festgehalten  wird,  wird  die  Obersekunde  in  kurzen  Ab- 
ständen mit  dem  Finger  geschlagen.  Daraus  ergibt  sich  eine  triller- 
artige Wirkung  ~~\f\  ff-f+-f— .    Wie  Janet  Dodge  richtig  bemerkt 

ist  das  battement  in  der  Lautenliteratur  des  \  7.  Jahrhunderts  nicht 
verwendet.  Die  übrigen  Zeichen  kommen  zwar  vor;  ob  aber  ihre 
Ausdeutung  im  Sinne  Mersenne's  zu  erfolgen  hat,  bleibt  fraglich. 
Ja,  das  Gegenteil  wjrd  sogar  wahrscheinlich,  wenn  man  beachtet, 
daß  z.  B.  Denis  Gautier  in  den  Zeichenreihen  zu  seinen  beiden 
Drucken  das  Signum  des  martellement  für  den  Vorschlag  mit  oberem 
Hilfston  gebraucht. 

Eine  interessante  Zeichentabelle  bietet  auch  Jacques  de  Gallot 
in  seinen  »Pieces  de  Luthc  vom  Jahre  1670  dar.  Bezieht  sich 
auch  der  Hauptinhalt  auf  Fingersatzbezeichnungen,  wie  Strich  unter 
zwei  Buchstaben  für  den  Anschlag  mit  dem  ersten  Finger,  Buch- 
stabe ohne  Punkt  für  den  Anschlag  mit  dem  zweiten  Finger,  Buch- 
stabe mit  darunterstehendem  Punkt  für  den  Anschlag  mit  dem  ersten 
Finger,  Buchstabe  mit  davorstehendem  Punkt  für  den  Anschlag  mit 
der  Rückseite  des  ersten  Fingers,  so  fehlt  es  auch  nicht  an  wirk- 
lichen Verzierungszeichen,  wie  D  für  das  tremblement,  V  für  das 
martellement,  A  für  den  Abzug  (chute  oder  tombe)  und  einen  schräg - 
liegenden  Strich  zwischen  zwei  übereinander  gesetzten  Buchstaben 
für  den  Anschlag  im  Nacheinander  (lierpegement  oder  separe). 


Verzierungen  nach  Loulie  und  Chr.  Simpson. 


151 


Tabellen  von  ägröments,  wie  sie  sich  z.  B.  in  den  »Pieces  de 
clauessin«  von  Le  Begue  vom  Jahre  1 677  linden,  kommen  für  die 
Laute  nicht  in  Betracht.  Mehr  Berührungspunkte  finden  sich  da- 
gegen mit  den  agremcnts  de  cliant,  wie  sie  Loulie  in  seinen  > Cle- 
ments ou  prineipes  de  musique«  (Paris  1696)  darbietet.  Coule  ~)y 
chutc  \,  port  de  roix  /,  aeeent  I  ,  tremblemmt  /,  martellcmerit  vw 
zeigen  in  ihrer  Ausführung  doch  immerhin  verwandte  Züge. 

Helles  Licht  über  Verzierungen  auf  englischem  Boden  verbreitet 
in  erster  Linie  Christopher  Simpson's  »Division  Viol«,  die  1667 
in  London  erschien.  Obwohl  für  die  Viola  bestimmt,  können  seine 
»graces«  doch  auch  für  die  Laute  als  verbindlich  angesehen  werden. 
Simpson's  erklärende  Tabelle  möge  daher  hier  Platz  finden: 

I  Smooth  Graces. 


^£ggfil=£g^3igg^^^i 


Beat       exp : 


-IN*- 


*=*= 


Backfall    exp: 


=jS 


Double  Backf.     exp: 


*** 


♦ 


3S 


fc^ 


*£=?=* 


:=* 


^fc 


♦- 


*=fcdi 


Elevation 


exp: 


Spinger  exp:        Gadent    exp: 


Shaked  Graces. 


_ — * — 


ÖÄSÖ 


:£: 


iztfc*ifctt*Ü=* 


Backfall     exp : 
shaked 


Close 
shake 


exp: 


-0-m-m-ß-»-ß-»- 

'     I    -j — I— I — h- J— {- 


i'»'  ß^m-»- 


Shaked  beat    exp: 


Elevation     exp : 


4=-#=P* 


-m — ö>- 


-i — i- 


zezj=i  4  •  4  'jL±ji 


~i~**-&- 


Cadent 


exp: 


Double  relish 


exp: 
For  these  T   am   obliged  to  the  ever  famous  Charles  Colman,    Doctor 
in   Musick. 

Kl.  Handh.  der  Mnsikgescb.    VIII,  2.  \\ 


152 


Verzierungen  nach  Thomas  Mace. 


Weit  an  Bedeutung  überragt  werden  Simpson's  Ausführungen 
durch   die  klaren  Erörterungen    der  »graces«  in  Thomas  Mace's 
>Musick's  Monument«  vom  Jahre  1676.    Wir  lernen  kennen: 
.a  =  shake  als  einen  Triller  mit  oberem  Hilfstone, 
ld  =  beate  als  einen  Triller  mit  unterem  Hilfstone, 
Vt  =  backfall  als  einen  Vorschlag  mit  der  Obersekunde, 
i  a  —  halffall  als  einen  Vorschlag  mit  kleiner  Untersekunde, 
+a  =  wholefall  als  ein  Aufwärtsgleiten  um  eine  Terz  zu  dem 
notierten  Tone, 
•  l^a  =  elevation. 

Das  Beispiel,  welches  die  Anwendung  erklären   soll,   ist  wohl 
so  zu  verstehen: 

J  .       J  J^J     J  .       J  J^J^J 


-« e — «- 


-« — c  ef   %e  c  e 


-« 6 Br- 


-e c  ef — e  c  a 


Ascending. 


Descending. 


jJti'iJiWJ'iiJjWJJkUJ.1 


■  a  =  Single  relish, 

J  l  b  J     J 


1  J\J 


-a e «- 


-a e — a-e — e~ 


*  C ft- 


-« c — aoa 


Ascending. 


Descending. 


§  iJti'MjJti  Vj.-j  ^  '«j-jJ-JdU1 


:;=a  =  double  relish, 

J        „      ^ 


rj* 


-4 -e d- 


-d — c  d  f  d  fdfd  cadcdcdcac 


-d- 


4|.   bp    vi 


§ 


^- 


a  =  slur  als  Bindung  aufsteigender  Töne, 

a  =  slide  als  Bindung  von  zwei  oder  drei  absteigenden  Tönen, 


Verzierungen  nach  Railolt. 


153 


„/=  spinger  als  Abdämpfung  eines  Tones, 
"a  =  sting  als  vibrato, 
Ut  =  tut  als  plötzliches  Abbrechen  eines  Tones, 

a  oder  ä  =  pause, 
so  =  soft  als  leise, 
lo  =  loud  als  laut. 
Jan  et  Dodge  macht  die  richtige  Beobachtung,  daß  das  Orna- 
ment in   der  Lautenmusik   erst  Platz   findet,    nachdem   der  poly- 
phone Stil  des  Lautensatzes  aufgegeben  wird.     Erst  als  gediegene 
Stimmführung  fadenscheipigem  Satze  weicht,  greift  die  Verzierung 
um   sich,   um   über  die  Dürftigkeit  der  Anlage  hinwegzutäuschen. 
In  Deutschland  setzt  die  reichere  Verwendung  von  Manieren  in  der 
zweiten  Hälfte  des  1 7.  Jahrhunderts  ein.    Französischer  Geschmack 
macht  sich  breit.    Schon  in  den  Werken  Esaias  Reusner's  stoßen 
wir  auf  Verzierungen,  die  wir  aus  der  vorangehenden  französischen 
Praxis  kennen.     Als  Beispiel  seien  ein  paar  Takte  eines  Reusner- 
schen  »Courant«    aus   den   »Neuen   Lauten -Früchten«  (1676)  vor- 


gelegt 


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Die  gleichen  Verzierungen  treffen  wir  auch  in  Kremberg's 
»Musikalischen  Gemütsergötzungen«  vom  Jahre  1689  an,  einem 
Werke,  welches  wegen  der  zu  den  Arien  hinzutretenden  Tabula- 
turen  für  Laute,  Angelica,  Viola  und  Guitarre  besondere  notations- 
geschichtliche Bedeutung  hat.  Tabellarische  Erklärungen  der  »Ma- 
nieren« finden  sich  auf  deutschem  Boden  erst  um  die  Wende  des 
Jahrhunderts  im  »Gabinet  der  Laute«  von  Philipp  Franz  le  Sage 
de  Richee  und  im  Lautenbuche  des  Wenzel  Ludwig  Edlen  von 
Radolt,  das  1701  in  Wien  gestochen  wurde.  Beide  zeigen  so  viele 
verwandte  Züge,  daß  die  Mitteilung  der  anschaulicheren  Tabelle  des 
letzteren  genügt: 

—  Dise  Ziffer   bedeutten,   daß  man  es  mit   den 

—  Daumb  und  3  finger  der  rechten  hand  nehmen 

—  Solte  welches  vill  clärer  die  oonsonantm  oder  Dis- 
sonanten Verstehen  macht,  alß  in  Streiffen. 


-*-*- 


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a 


-et- 


~3—Z*- 


Durch  die  Zwerch  Strich  wird  angezeiget  die 


_    Zertheillung  der  Notten. 


11* 


154  Verzierungen  nach  Rad o lt. 


-«-3- 


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r^b- 


a 


-*t- 


-Or- 


-U- 


Diser   umbgekherte  Manschein   bedeuttet  den 
Triller. 

Wo  dise  Punctlein  Stehen,  wird  alles  mit  den 
ersten  finger  gestraiffet. 


Daß  grosse  A  bedeuttet,  daß  man  den  Bass1 
allein  anschlage ,  hernach  die  Klein  Saitten  zu 
den  volgenden  Kleinen  a. 


m 

Man  mueß  den  ersten  buech  Stab  mit  der  rechten 

/  e  e hand  berühren  und  die  anderen  mit  der  Linkhen 

'    "^  hand  außziehen. 

— * — e- — = —       Dises  zaichen  bedeuttet,  daß  man  die  Saitten 

mit  der  rechten  hand  berühre,  und  hernach  mit 

— « der  Linkhen  hand  einfalle.    NB.   Der  nägste  Ac- 

0 ^ 

c          —    cord,  So  volget,  wird  mit  den  Ersten  finger  wider 
zuruckh  geschlagen. 

Dises  zaichen  bedeuttet  die  Etoufement  und 
Pfleget  ordinari  zu  geschehen,  wan  ein  buechstab 
zwäymahl  angeschlagen  wird,  man  berühret  eine 
Saitten  mit  der  rechten  hand,  und  gleich  mit  den 
nägsten  finger  auch  rechter  hand  daran  gehalten, 
dardurch  man  den  Klang  hindert. 


Der  grade  Strich  zaiget  an,   daß  man  beide 
buech  Stäben  zugleich  Schlage. 

Man  mueß  dise  zway  buech  Stäben  mit  den 
ersten  Finger  der  rechten  hand  Straiffen. 


Daß   doppelt   Creuzlein   bedeuttet   eine   Veste 

_^l anhaltung  und  Schwankhung  des  fingers,  nemb- 

lich  einen   Tremulantcn. 


— —        Wo  diser  Strich,  mueß  der  erste  buechstab,  biß 
^—    die  anderen  vorbey  Seind,  von  der  linkhen  hand 


gehalten  werden. 


1  Die  Oktav-Begleitsaite   soll    noch    nicht   angeschlagen   werden,    sondern 


erst  zum  kleinen  a  erklingen. 


Verzierungen  nach  Radolt. 


155 


-e — e- 


-^zr 


-cx- 


Hier  mueß  man  den  ersten  buechstab  mit  der 
rechten  hand  anschlagen  und  den  andern  mit 
der  Linkhen  hand  außziehen. 

Daß  einfache  Creuzlein  bedeuttet,  wan  man  mit 
der  rechten  hand  die  Saitten  anschlaget  und  mit 
der  Linkhen  hand  durch  etliche  außzüg  die  Saitten 
gleichsamb  hamert,  Martellement  genannt. 


Wo  diser  Strich,  mueß  man  mit  dem  Daumb 
beede  Saitten  anschlagen. 


<2- 


Eine  Bouröe  Radolt's  möge  als  Beispiel  dienen: 


Bouree. 
B:  R: 


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Ein  Vierteljahrhundert  später  lernen  wir  in  Baron's  »Unter- 
suchung des  Instruments  der  Lauten«  (Nürnberg,  Joh.  Friedr.  Rü- 
diger, 1727)  ein  neues  Dokument  der  Verzierungspraxis  kennen. 
Im  allgemeinen  ist  das  Zeichenmaterial  das  glejche  geblieben:  Ein- 
fall, trilli,  vibrato   und   Mordant  operieren   mit  denselben  Figuren. 


Nur  der  Abzug  wird  durch  eine  neue  Form 


gebracht. 


zum   Ausdruck 


Noch  zwei  Tabellen  ziehen  unsere  besondere  Aufmerksamkeit 
auf  sich;  beide  gehören  der  letzten  Periode  des  Lautenspiels  an. 
Die  erste  findet  sich  in  der  Tabulatur  eines  Bayreuther  Lautenisten 
aus  der  Zeit  um  1 750,  die  jetzt  im  Germanischen  Museum  zu 
Nürnberg  als  Ms.  25461  bewahrt  wird: 


^56  Verzierungen  eines  Bayreuther  Lautenisten. 

Andeutung  der  Finger  rechter       und  linker  Hand  zugleich  geschlagen        gebrochen 


-«- 


-e- 


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der  Daumen  Schlag 


d  o  „  d 


sincubirt 


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Gestossen 
I I 


a         o,         a  "■      a 

Ausgeschriebener  Abzug. 


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a  rf- 


-<£- 


Derselbe  nicht  ausgeschrieben. 
(fi 


Doppelter  Einfall. 

a — ö- 


oder 


Beyderley  Abzug. 


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-a — b- 


-*4- 


c  d  a 


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c  d  a 


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Einfall  auf  3  Koten.  Dergleichen  Abzug.  Bebunjr. 


Mordant. 


C  <«>«' 


-d — c<   a 


-f- 


-d+ 


-d — e — a- 


-a — e — e- 


-a — c — d- 


Semi-Mordant.     Schleifer. 
— «*- 


Driller.        Senri-Driller.  Doppelter  Driller. 


-d#- 


-a-x- 


ax 


d  c   d  f  d   c 


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Fortgang  des  Drillers. 
-0* * 


Überlegung. 


oder  Bindung. 


-*— d — «~ 


-Or- 


-Or- 


-a- 


-Or- 


-a> et~ 


-a a- 


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Die  zweite  ist  in  der  Einleitung  zu  Johann  Christian  Beyer's 
Ausgabe  von  »Herrn  Professor  Gellerts  Oden  Lieder  und  Fabeln  .  .  . 
für  die  Laute  übersetzt«  (Leipzig  1760)  mitgeteilt.  Stenographische 
Aufzeichnung  und  Ausführung  stehen  zum  Teil  nebeneinander,  so 
daß  die  Tabelle  keiner  weiteren  Erklärung  bedarf- 

Die   bey    der  Laute   vorkommenden   Zeichen   und   Manieren 

oder  o  vero 


H^ 


-«->. 


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-c — a- 


-^ — b— o- 


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s~^      ca 


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Abzug. 


doppelter  Abzug. 


Abzug  auf  3  Buchstaben. 


Guitarrentabulaturen. 


157 


0    V.'IO 


o  vero 


l  a  e- 

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T— <*— ß 1 

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— **■ «-* — 

kb— 

N — S 

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<.° 

Einfall. 


doppelter  Einfall. 


Einfall  auf  3  Buchstaben. 


Abzüge  und  Einfälle  Beyde  Arten  der  Abzüge  Kurzer 

zusammenhängend.  zusammenhängend.  Mordent. 


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Einfall  u. 
Mordent. 


Trillo 


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ix. 


a 


Kurzes  Trillo. 


Doppeltes 
Trillo. 


Fortgehendes  Trillo. 
I      I       I 


Bebung. 


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a.  a — et — ft- 


-a — etr- 


-b-b- 


a 


a    a    a     d. 


Sincopirte  Noten.  Separe"e  oder  Staccato  oder      Zugleich 
gebrochen.       gestoßen.      geschlagen 

o  vero. 


Bindung. 


zz? 


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-e-d — a- 


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Daumen-Schla«;. 


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•I-  Vi/    I- 

Arpeggio.    Gebrochener 
Baß. 


Ueberlage. 


Circulo 
mezzo. 


3.  Kapitel. 

Guitarrentabulaturen. 

Quinternen  und  Mandoren  neigten  mit  ihren  flachen  Körpern 
bereits  zu  einer  andern  Gattung  von  Akkord-Instrumenten,  den 
Guitarren1,  hinüber.    Ihr  Ursprung  ist  dunkel,  die  Herkunft  aus 

i  Am  besten  orientiert  in  kurzen  Zügen  über  das  Instrument  Curt  Sachs 
in  seinem  »Real-Lexikon  der  Musikinstrumenten  Siehe  auch  im  2.  Bande  des 
Kinski'schen  »Katalogs  des  Musikhistorischen  Museums  von  Wilhelm  Heyer 
in  Cölnc  (1912)  S.  129  ff.  Das  Werk  von  Egmont  Schroen,  »Die  Guitarre 
und  ihre  Geschichte«  (Leipzig,  Klemm,  1879),  ist  ein  unzulänglicher  Versuch. 
Einige  historische  Einzelheiten  trägt  Otto's  »Bau  der  Bogeninstrumente«  (2.  Aufl., 


158  Zur  Geschichte   der  Guitarre. 

4 

dem  Oriente  aber  wahrscheinlich.  Schon  im  13.  Jahrhundert  sind 
sie  nach  Miniaturen  zu  den  von  Alfonso  el  Sabio  herausgegebenen 
»Cantigas  de  Santa  Maria«1  auf  spanischem  Boden  nachweisbar. 
Aus  den  Versen  des  Juan  Ruiz,  arcipreste  de  Hita2,  lernen  wir 
für  das  14.  Jahrhundert  zwei  Typen:  die  guitarra  morisca  und  die 
guitarra  latina  kennen;  mit  der  ersteren  dürfte  vielleicht  die  qui- 
tarra  sarracenica  identisch  sein,  deren  Johannes  de  Grocheo  am 
Ende  des  13.  Jahrhunderts  Erwähnung  tut,  während  die  guitarra 
latina  wohl  eher  als  Vorfahr  unserer  Guitarre  zu  gelten  haben  wird. 
Fraglich  ist,  welches  Instrument  Guillaume  de  Machaut  in  seiner 
»Prise  d'Alexandrie«  und  Jean  Lefevre  in  den  Glossen  zu  Richard 
de  Fournival's  »La  vieille«  als  guistcrne  anzieht.  Mit  größerer  Sicher- 
heit läßt  sich  dagegen  die  am  Ende  des  15.  Jahrhunderts  von  Jo. 
Tinctoris  in  seinem  Tractate  »De  origine  et  usu  musicae«3  er- 
wähnte Ghiterra  oder  Ghiterna,  welche  in  Catalonien  erfunden  und 
mehr  von  Weibern  als  von  Männern  gespielt  worden  sein  soll,  mit 
unserer  Guitarre  identifizieren. 

Wir  erkennen  in  der  Guitarre  ein  Bundinstrument  von  ovalem, 
an  beiden  Seiten  eingebuchtetem  Aufriß  und  flachem,  mit  einer 
Schallrose  gezierten  Körper,  dessen  oberer  und  unterer  Resonanz- 
boden durch  Zargen  verbunden  sind.  Ursprünglich  in  Spanien 
nur  vierchörig  (d  g  h  e')  und  mit  acht  Bünden  versehen,  wurde 
sie  ihres  dünnen  Tones  wegen  nur  gering  eingeschätzt.  Erst  als 
Vicente  Espinel  im  letzten  Drittel  des  16.  Jahrhunderts  einen 
um  eine  Quarte  höheren  fünften  Chor  («')  hinzufügte4,  soll  der 
Siegeslauf  der  Guitarre  eingesetzt  haben.  Dagegen  spricht  aller- 
dings der  Bericht  in  der  vermutlich  auf  Jacques  Pelletier  aus 
Mans  zurückgehenden  und  aus  dem  Jahre  1556  stammenden  »Ma- 
niere  de  bien  et  justement  entoucher  les  lucs  et  guitemes*,  aus  der 
einerseits  die  Vierchürigkeit  der  damaligen  Guitarre  und  anderer- 
seits die  Tatsache  hervorgeht,  daß  »depuis  douze  ou  quinxe  ans 
en  pa,  tout  notre  monde  s'est  mis  ä  guitarer,  le  luth  presqae  mis  en 


Jena  1873)  im  Anhange  bei.  Unbrauchbar  ist  die  Arbeit  von  Ernst  Biernath, 
»Die  Guitarre  seit  dem  3.  Jahrtausend  vor  Christus«  (Berlin,  A.  Haack,  1907}.  Vgl. 
das  Referat  von  Adolf  Koczirz  in  der  »Zeitschrift  der  JMG.«  Jahrg.  X  S.  107  ff. 
1  Siehe  Juan  F.  Riäno,  »Notes  on  Early  Spanish  Music«  (London, 
B.  Quaritch,  1887)  S.  108  ff. 
•      2  Ebenda  S.  128  f. 

3  Vgl.  das  Referat  Haberl's,  »Ein  unbekanntes  Werk  des  Johannes 
Tinctoris«  im  »Kirchenmusikalischen  Jahrbuch  1899«  S.  74  und  Karl  Wein- 
mann's  bereits  erwähnte  Neuausgabe  S.  46. 

4  Vgl.  GasparSanz,  »Instruccion  de  Musica  sobre  ia  guitarra  espafiola« 
(Zaragoza,  por  los  Herederos  de  Diego  Donner,  Anno  de  1697). 


LiurcSccond 


Aus  Mersenne,  »Harmonie  Universelle«. 

(Zu  S.  158.) 


Zur  Geschichte  der  Guitarre.  159 

oubli,  pour  ttrc  m  la  guifair  ie  ne  sais  quelle  musique,  et  icelle  beau- 
conp  plus  aisee  que  celle-ld  du  luth,  comrne  vous  disent  les  Grecs: 
Lex  choses  taut  plus  que  sont  helles,  plus  ä  les  avoir  content -eile*. 
Eh  moniert  que  trouverex  aujourdliui  plus  de  guitemeurs  m  Fran<< 
qu'en  Espagne**.  Also  bereits  seit  etwa  1540  muß  die  Guitarre 
reichere  Pflege  gefunden  haben.  Ja  schon  um  1 400  singt  Simone 
di  Golino  Prudenziani2  im  achten  seiner  Sonette: 

Gon  la  chitarra  fe'  suoni  a  tenore 
Con  tanta  melodia,  che  a  ciaschuno 
Per  la  dolce^a  gli  alegrava  '1  core. 

Besonderen  Aufschwung  nahm  das  Guitarrespiel  im  17.  Jahrhun- 
dert. Werk  über  Werk  passierte  die  Presse.  Selbst  der  einfache  Hand- 
werksmann verfügte,  wie  aus  dem  Reiseberichte  der  Gräfin  d'Aunoy 
von  1695  ersichtlich  ist,  in  Spanien  über  ein  solches  Instrument3. 

Auch  nach  Deutschland  griff  die  Guitarre  über.  Michael  Prae- 
torius  erwähnt  sie  zuerst  1619  in  seiner  »Organographia«  unter 
dem  Terminus  »Quinterna«.  Weiter  gibt  Athanasius  Kircher1 
das  Abbild  einer  »guitarra  germanica«,  die  allerdings  mehr  einer 
Cister  gleicht.  Tatsache  ist  ferner,  daß  bereits  1653  die  Prinzessin 
Adelheid,  Tochter  des  Herzogs  Victor  Amadeus  von  Piemont,  ein 
Instrument  nach  München  mitgebracht  hat5.  Wenige  Jahre  später, 
1689,  sehen  wir  Jacob  Kremberg,  um  seinen  Schülern  zu  Diensten 
zu  sein,  den  Arien  seiner  »Musikalischen  Gemüths-Ergützung«  auch 
Guitarren-Begleitung  beifügen.  Wie  im  17.  so  lassen  sich  auch  im 
18.  Jahrhundert  mehrfache  Spuren  für  die  Pflege  des  Guitarrespiels 
aufweisen.  So  kommt  in  Breitkopf's  Supplementen  handschriftlich 
vorhandener  Musik  für  1771  bereits  ein  Guitarrenwerk  vor.  Un- 
genau ist  demnach  die  Nachricht,  daß  erst  durch  die  Herzogin 
Amalie  von  Weimar  über  diese  Musenstadt  die  Guitarre  aus 
Italien,  wo  sie  als  neues  Instrument  galt,  in  Deutschland  eingeführt 
wurde.  An  der  Verbreitung  und  dem  weiteren  Ausbau  mag  der 
Weimarer  Instrumentenbauer  Jakob  August  Otto  Anteil  haben. 
Fraglich  ist  es,  ob  die  einfache  Besaitung  (französische  Guitarre) 
auf  ihn  zurückzuführen  ist.  Die  Hinzufügung  einer  sechsten  Saite 
scheint  für  Deutschland  sein  Verdienst  zu  sein,  wenn  auch  Molitor 

i  Weckerlin,  »Nouvcaux  Musiciana«  (Paris  1890)  S.  1 03  ff. 

2  Vgl.  Ferretti,  »II  codice  palalino  parmense  286c  (Parma  -1913). 

3  Siehe  Wilhelm  Tappert  in  den  »Monatsheften  für  Musikgeschichte«, 
IS 82,  Nr.  ä,  S.  7 9  f. 

*  »Musurgia«  I,  Tafel  zu  S.  476. 

5  Vgl.  den  Aufsatz  von  Eugen  Schmitz  in  den  »Monatsheften  f.  Musik- 
geschichte«   1903  S.  4  33  ff. 


160  Beiträge  zur  Guitarrentabulatur. 

1806  vermutungsweise  diese  Verbesserung  den  Italienern  zuschreiben 
möchte l. 

Früher  noch  als  in  Deutschland  faßte  das  Instrument  in  Eng- 
land festeren  Fuß.  Auch  hier  fiel  der  Aufschwung  in  das  Ende 
des  1 7.  Jahrhunderts  und  die  Nachblüte  unter  spanischem  Einfluß 
in  den  Anfang  des  1 9.  Jahrhunderts. 

Über  die  Notation  lagen  bisher  nur  wenige  Arbeiten  vor. 
1882  erschien  in  den  »Monatsheften  für  Musikgeschichte«  Wil- 
helm Tappert's  orientierender  Artikel  »Zur  Geschichte  der  Gui- 
tarre«.  1899  veröffentlichte  J.  Fr.  Stainer  in  der  Augustnummer 
der  »Musical  Times«  einen  Artikel  über  »Lutes  and  guitars«,  1903 
folgte  in  den  »Monatsheften  für  Musikgeschichte«  ein  trotz  einiger 
Versehen  anregender  und  tiefer  schürfender  Aufsatz  von  Eugen 
Schmitz  und  1906  in  der  »Zeitschrift  der  J.  M.  G. «  Jahrg.  VII 
eine  anerkennenswerte  historische  Studie  über  »Guitarristik«  von 
Adolf  Koczirz.  Auch  eine  Besprechung  von  Tappert's  »Sang 
und  Klang  aus  alter  Zeit«  in  »Zeitschrift«  V,  6  hat  wegen  einer 
Fülle  methodologischer  Bemerkungen  besonderen  Wert.  Haupt- 
quelle für  die  Erkenntnis  von  Notation  und  Wesen  des  Guitarre- 
spiels  bilden  aber  vor  allem  die  Originalwerke,  die  in  überreicher 
Fülle  auf  uns  gekommen  sind.  Nur  wenige  Denkmäler  sind  bisher 
durch  Branzoli2,  Tappert3  und  die  unermüdliche  Tätigkeit  von 
Oscar  Ghilesotti4  erschlossen  worden.  Dem  Verständnis  stellt 
die  Notation  zum  Teil  immer  noch  ein  starkes  Hindernis  entgegen. 

Die  ursprüngliche  Stimmung  der  Guitarre,  wie  wir  sie  1549 
bei  Melchior  de  Barberiis  in  den  seiner  »Intabolatura  di  Lauto« 
angehängten  »Fantasie  per  sonar  sopra  la  Chitarra  da  sette  corde« 
antreffen,  ist  die  alte  Lautenstimmung  Quarte  Terz  Quarte  cfad', 
wobei  die  beiden  tiefsten  Saiten  Oktav-Begleitsaiten  haben,  die  fol- 
gende mit  einer  Einklangs-Begleitsaite  versehen  ist  und  nur  die  Sang- 
saite (cantino)  einzeln  auftritt.  Die  Notation  vollzieht  sich  mit  Hilfe 
der  Zahlen  I,  2,  3  usw.  für  die  Halbtonfortschreitungen  auf  einem 
System  von  vier  Linien,  deren  tiefste  der  tiefsten  Saite  entspricht. 


1  S.  Molitor,  »Große  Sonate  für  die  Guitarre«  op.  7  (Wien,  Artaria  &  Co., 
4806)  S.  9  f.  Siehe  auch  Speyer,  »Anleitung  zum  Guitarrespiel«  (Oifenbach, 
Andre),  Einleitung. 

2  »Sunto  storico  dell'  Intavolatura«   (Firenze-Roma,  G.  Venturini)  -1 891 . 

3  Siehe  vor  allem  seinen  >Sang  und  Klang  aus  alter  Zeit«  (Berlin,  Leo 
Liepmannssohn,  4  906). 

4  Neben  Beiträgen  in  der  »Rivista  musicale  Italiana«  sei  vor  allem  seine 
Neuausgabe  der  »Capricci  Armonici  sopra  la  Chitarra  Spagnola  del  Conte 
Lodovico  Roncalli«  (Bergamo  46. 2),  bei  F.  Lucca  in  Mailand  4881,  und 
sein  Beitrag  in  Lavignac's  »Encyclopedie«  erwähnt. 


Die  Tabulatur  bei  Fuenllana. 


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In  der  »Orphenica  Lyra«  des  Miguel  Fuenllana  aus  dem 
Jahre  1 554  liegt  im  sechsten  Buche1  zwar  dieselbe  Stimmung  und 
die  gleiche  Notation,  aber  nach  echt  italienischem  Vorbilde  die  um- 
gekehrte Beziehung  der  Saiten  zu  den  Linien  vor.  Barberiis  wie 
Fuenllana  bezeichnen  die  Rhythmen  mit  Hilfe  von  eckigen  Mensural- 
noten. In  die  Tabulatur  hineinbezogene  Gesangsnoten  hebt  Fuenllana 
wieder  durch  rote  Zahlen  heraus : 


El  autlior  sobre  el  canto  llano 
de  este  romance. 


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Fuenllana,  Orpbenica  Lyra  -1554. 
Libro  Sexto  fol.  163v.  Para  guitarra. 

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Die  Tabulalur  bei  Cerreto. 


165 


Wesentlich  weicht  von  den  vorhergenannten  Verfassern  Sci- 
pione  Cerreto  in  seinem  Werke  »Della  Prattica  Musica  vocale 
et  strumentale«  (Napoli  1601)  ab1.  Er  kennt  bei  der  siebensaitigen 
Chitarra    Bordeletto  alla  Taliana)   nur  Einklangs-Begleitsaiten   und 

Bei  der  Tabulatur  sollen 


verlangt  die  Stimmung 


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diese  Töne  den  vier  Linien  als  Abbildern  der  leeren  Saiten  von 
oben  nach  unten  gerechnet  entsprechen.  Fehlende  tiefe  Töne 
werden  durch  höhere  Oktaven  ersetzt2.  Folgendes  Beispiel  wird 
am  besten  die  Art  seines  Intavolierens  zu  zeigen  vermögen: 


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von  denen  die  Gesangsaite  allein,  die  übrigen  aber  paarig,  und 
zwar  der  zweite  und  dritte  Chor  mit  Einklangs-,  der  vierte  und 
fünfte  mit  Oktav-Begleitsaiten  auftreten,  braucht,  wie  die  »Guitarra 
Espanola  Vandola  en  dos  maneras  de  guitarra  castellana  y  valen- 
ciana«4  versichert,  de  necessitate  nur  vier  Bünde.  Die  Notation  ist 
in  der  Lagerung  der  den  Chören  entsprechenden  Linien  wie  in  der 


1  In  Betracht  kommt  das  9.  Kapitel  des  4.  Buches. 

2  »Ma  tuttauolta  volendosi  mtauolare  potrassi  trasportare  le  Notule  graui 
per  Ottava  ö  Quinta  deeima  alta.< 

3  In  der  Zeit  des  Mersenne  muß  sie  zehn  Saiten  gehabt  haben,  wie  aus 
der  Abbildung  ersichtlich  ist.  Auch  Bonanni  spricht  im  »Gabinetto  Armonico« 
(Roma  1722)  S.  97  von  fünf  Doppelsaiten. 

4  Das  Werk  erschien  zuerst  1586,  dann  1629  bei  Joseph  Bro  in  Gerona 
und  schließlich  1  639  in  Valencia  bei  der  Witwe  von  Agustin  Laborda. 

Kl.  Handb.  der  Musikgesch.    VIII,  2.  12 


166 


Bergamasco  aus  dem  >Poema  Harmonico«  von  Guerau. 


Verwendung  der  Zahlen  ganz  italienisch.  Die  Stimmung  der  Chöre 
ist  Gcfad'.  Die  gleiche  Art  der  Aufzeichnung  liegt  auch  in  der 
»Intavolatura  di  Ghitarra  e  Chitarriglia«  (Bologna,  Giacomo  Monti, 
1646)  und  in  dem  »Poema  Harmonico«  des  Don  Francisco  Guerau 
vom  Jahre  1694  vor.     Zwei  Beispiele  mögen  hierfür  sprechen: 


Bergamasco. 


Intavolatura  di  Chitarra  e  Chitarriglia  1646. 


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Madrid  1694. 


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Lautentabulatur  in  ihrer  Anwendung  auf  die  spanische  Guitarre 
zeitweilig  der  noch  zu  besprechenden  »alphabetischen«  ganz  oder 
geht  mit  ihr  eine  Verbindung  ein.  Nochmals  an  die  Oberfläche 
dringt  die  italienische  Tabulatur  im  18.  Jahrhundert  in  Majer's 
»Neu  eröffnetem  theoretischen  und  praktischen  Music  Saal  -  (Nürn- 
berg 1741).  Er  rechnet  n 
Stimmung  d  a  &'  fis'  "'  d". 


berg  1741).     Er   rechnet   mit   der   sechschürigen  Guitarre   in   der 


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168 


Französische  Tabulatur  für  die  Guitarre. 


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Einen  letzten  Ausläufer  für  die  hier  zwar  nur  didaktische  Ver- 
wendung der  Zahlen  als  Bund-  und  Fingersatzbezeichnungen  stellt 
1806  die  »Neue  Guitarre-Schule«  von  J.T.Lehmann  (Dresden, 
Arnoldische  Buchhandlung)  dar;  der  Verfasser  hat  noch  einen 
klaren  Begriff  von  der  alten  Tabulatur  und  ihrem  praktischen 
Werte,  während  der  zur  selben  Zeit  in  Wien  wirkende  S.  Molitor 
sie  mit  dem  Ausdrucke  > barbarisch«  abtut  und  ihr  neben  der 
doppelten  Besaitung  den  Verfall  von  Lauten-  und  Mandoraspiel  zu- 
schreiben will. 

Vor  und  neben  Lehmann  seien  noch  einige  andere  Schul- 
werke genannt,  die  ebenfalls  die  zahlenmäßige  Bezeichnung  der 
Bünde  und  Fingersätze  zur  Einführung  in  das  Guitarrespiel  nach 
modernen  Noten  benutzen: 

Heinrich  Christian  Bergmann,  Kurze  Anweisung  zum  Guitarrespielen.    Halle 

1802. 
Doisy,  Principes  generaux  de  la  Guitare.     Paris  (1804). 
J.  F.  Scheidler,  Nouvelle  methode  en  francais  et  en  allemand  pour  apprendre 

la  Guitarre  ou  la  Lyre.     Bonn,  N.  Simrock. 
W.  Speyer,  Anleitung  zum  Guitarrespiel.     Offenbach,  Johann  Andre. 
Maximilian  v.  Schack,   Gründliche   auf  praktische   Erfahrung   sich   stützende 

Anleitung  die  Guitarre  spielen  zu  lernen. 
F.  Carulli,  Guitarren-Schule.     Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel. 

Wie  die  italienische,  so  fand  auch  die  französische  Tabulatur 
für  die  Guitarre  Anwendung.  In  den  Jahren  -1 551 — 1555  kamen 
bei  Adrian  Le  Roy  und  Robert  Ballard  »Tabulatures  de  Gui- 
terre«  heraus,  welche  mit  vier  Linien  in  der  Stimmung  c  f  a  d' 
und  dem  kleinen  Alphabet  für  die  Bundbezeichnung  operieren.  Ab- 
gesehen von  der  Verwendung  der  Buchstaben  über  den  Linien  ist 
kein  besonderer  Zug  der  Notation  zu  erkennen. 


1  Die  beiden  letzten  Takte  sind  in  der  Vorlage  (S.  92)  verderbt  und  hier 
verbessert. 


Bransle  de  Poiclou. 


169 


Bransle  de  Poictou. 


Adrian  Le  Roy  et  Robert  Ballard, 

Troisieme  livre  de  tabulature  de  Guiterre. 

Paris  155-2. 


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Für  die  fünfchörige  Guitarre  erweitert  sich  das  Liniensystem 
auf  fünf  Linien.  Denkmäler  sind  nicht  reich  gesät.  Dadurch  er- 
hält  das  Berliner  Manuskript,  welches  sich  1 652  der  Hessen-Cassel- 
sche  Gesandte  in  Paris  Johann  Caspar  von  Düremberg  an- 
gelegt hat,   besonderen  Wert.      Um    zu    zeigen,    daß   damals    das 


170 


Sarabande  von  Bellony. 


Stimmenspiel  immerhin  noch  reich   entwickelt  war,   möge   daraus 
eine  Sarabande  von  Bellony  hier  ihren  Platz  finden: 


Sarrabande  de  Bellony. 


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Das  Alphabet  des  Girolamo  Montesardo. 


171 


Von  gedruckten  Sammlungen  sei  besonders  auf  jene  von  Adrien 
Le  Roy  und  Ballard,  Grenerin,  Kremberg,  Gougelet  und 
M.  de  Lagarde  verwiesen. 

Allgemein  künnen  wir  im  1 7.  Jahrhundert  ein  starkes  Über- 
handnehmen des  Griffspiels  auf  der  Guitarre  beobachten.  Dieselben 
Akkorde  kehren  immer  und  immer  wieder.  Sie  stets  in  ihren  Einzel- 
tönen zu  notieren  wurde  als  zeitraubend  und  unübersichtlich  emp- 
funden. Nach  der  Aufstellung  einer  Art  Kurzschrift  richtete  sich 
das  Streben  der  Guitarristen. 

Zwei  Methoden  kamen  auf:  die  italienische,  die  zur  Bezeich- 
nung der  Akkorde  Buchstaben  verwendet,  und  die  spanische1, 
die  sich  zum  gleichen  Zwecke  der  Zahlen  bedient. 

Was  erstere  angeht,  so  trat  1606  Girolamo  Montesardo  in 
seiner  »Nuova  Inventione  d'Intavolatura  per  sonare  li  balletti  sopra 
la  Chitarra  Spagniuola  senza  numeri  e  note«  mit  seinem  »Alpha- 
bet«, einer  Art  Selbstunterrichtsmethode,  hervor,  in  dem  die  ein- 
zelnen Buchstaben  ganze  Griffe  vertreten.  Zur  Erklärung  zog  er 
die  italienische  Notation  heran.     Sein  Alphabet  ist  dieses: 


B 


D     E      F     + 


G 

-8— 


E    I 

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K 
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Übertragung  bei  der  Stimmung  Gefad'. 


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Stimmung 

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1  Pablo  Minguet  unterscheidet  in  seiner  »Academia  Musical  de  los  in- 
strumentos«  (Madrid,  Joaquin  Ibarra,  1752)  noch  zwischen  einem  *rstilo  Castel- 
lano*   und  einem  »cslilo  Catalano*. 


172 


Erweiterungen  des  Alphabets  von  Montesardo. 


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Übertragung  bei  der  Stimmung  Oefad'.    \ 


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Übertragung  bei  der  Stimmung  Adghe'. 


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Dieses  »Abecedario«  gewann  allgemeine  Bedeutung,  wenn  sieb 
auch  in  der  Folge  mannigfache  Veränderungen  und  Erweiterungen 
feststellen  lassen.  Fast  durchgängig  erhält  der  Griff  A  bei  der  Stim- 
mung A  d  g  h  c'  die  Bedeutung  H  d  g  d'  g'  und  der  Griff  L  die 
Bedeutung  e  es g es' g'.  Bei  Giovanni  Stefani  (Ganzonette  1621} 
weichen  die  Akkorde  R  =  H  fis  h  dis'  fis'  und  S  =  H  c  gis  e'  gisr 
ab;  die  gleichen  Zusammenklänge  finden  wir  bei  Steffano  Landi 
1637.  Busatti  (1644)  führt  den  Akkord  li  in  der  Bedeutung 
e  f  o'  /'  a'  ein. 

Bei  Benedetto  Sanseverino  (1622)  tritt  der  Griff  B9  (=  Bus) 
H  dis  gis  dis'  gis'  hinzu.  Daneben  kommen  bei  ihm  eine  Reihe 
mit  kleinen  Buchstaben  bezeichneter  Akkorde  vor: 


i  Bei  Millioni  et  Monte  »II  facil  modo«  zweite  Zahl  von  oben  irr- 
tümlich i . 

-  In  der  Vorlage  heißt  die  obere  Zahl  2;  ebenso  auch  bei  Millioni  et 
Monte  und  Busatti. 

3  Daß  wir  es  in  den  letzten  drei  Zeichen  mit  konventionellen  Abkürzungen 
der  Paläographie  zu  tun  haben,  ist  zweifellos,  wird  aber  dadurch  evident,  daß. 
Giovanni  Pietro  Ricci  in  seiner  »Scuola  d'intavolatura  vom  Jahre  1671 
das  Zeichen  9  als  con  auflöst. 


Das  Alphabet  von  Pietro  Millioni. 


173 


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Übertragung  bei  Stimmung  A  d  g  h  e' . 


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Bedeutend  ist  die  Erweiterung  des  Akkord- Materials  bei  Pietro 
Millioni,  der  übrigens  in  seiner  »Corona  del  primo,  secondo  e 
terzo  libro  d'intavolatura  di  chitarra  spagnola«  1635  auch  für  die 
vierchürige  Chitarra  Italiana  (Clritarriiio)  ein  Alphabet  mitteilt,  das 
hier  kurz  aufgeführt  sei: 

Alphabet  für  Chitarrino  oder  Chitarra  Italiana. 


+  ABCDFFGEIKL      M    N  0    P 

-* — e — 8 0 * — e 3- -3 8 8 9 1 1 J © 3— 

-e — e — o e — 8 — » 1 — e — a « s e s { — e — f— 


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-e — i- 


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Übertragung  bei  Annahme  der  Stimmung  dg  h  e'. 


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Was  die  fünfchürige  Guitarre  angeht,  so  führt  er  in  seiner  ge- 
meinsam mit  Lodovico  Monte  herausgegebenen  Schrift  »Vero  e 
facil  modo  d'imparare  sonare  et  accordare  da  se  medesimo  la  Chi- 
tarra Spagnuola«  (Venetia)  neben  dem  »Alfabeto  ordinario«,  welches 
mit  einigen  Modifikationen1  jenem  Montesardo's  entspricht,  noch 
ein  »Alfabeto  straordinario  nuouamente  inuentato«  auf,  das  das 
alte  Akkordmaterial  nur  in  einer  andern  Stimmung  (G  He  b  ä")2 
aufzeichnet: 


1  Ich  erinnere  an  die  Veränderung  der  Grille  A  [H  d  g  d'  g';,  L  [c  es  g  es'  g'), 
N    c  es  as  es'  as'j  und  an  das  Fehlen  von  S,  T,  Y,  Z  &  9  ]'/. 

2  Die  Stimmung  der  Sangsaite  ist  im  Druck  falsch  angegeben:  La  prima 
si  deue  accordare  con  la  seconda  tastata  al  terzo  tasto  a  voce  agnale.  Es 
muß  heißen:  al  quarto  tasto  a  voce  eguale. 


174 


Die  Erweiterung  des  Alphabets  durch  Mi  1  Moni. 


*     A 


-e- 


D   C     D     E    F 


C 
-a- 


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Bei  weitem  reicher  ist  Millioni's  Akkordmaterial  in  den  vier 
»Libri  d'Intavolatura«,  welche  1627  in  vierter  Ausgabe  heraus- 
kamen.    Zu  dem  alten  Bestände  treten  hinzu  die  Griffe: 


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-8 


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3a: 


Die  mit  t  bezeichneten  Griffe  sind  sogenannte  »lettere  tagliate«. 
G.  P.- Ricci  gibt  folgende  Definition:  »Si  ohiamano  lettere  tagliate, 
poiche  si  lascia  di  tasteggiare  vna  corda  come  per  esempio: 

Al  la  quinta  va  vota  (gegenüber  dem  Griffe  .4) 
Gl  la  prima  va  vota 
Dl  la' seconda  va  vota 
El  la  prima  va  vota.*. 


Die  »Lettere  false«  und  das  »Alfabetto  dissonante«. 


175 


Die  übrigen  Griffe  sind,  abgesehen  von  den  beiden  ersten  (Bä 
und  C;,),  deren  Zahlen  auf  die  Bundveränderungen  der  ersten  Saite 
hinweisen,  transponierte  Akkorde,  Griffe,  die  in  einer  andern  Posi- 
tion ausgeführt  werden.  Bezeichnet  z.  B.  G  einen  Griff  in  der 
ersten  Position,  so  ist  derselbe  Akkord  in  der  dritten  Position  G3 
drei  weniger  eins,  d.  h.  zwei  Halbtüne  höher  zu  spielen.  Allgemein 
ausgedrückt  ist  der  Griff  Xn  gegenüber  dem  Griff  X  um  (n  —  1) 
Halbtüne  erhöht  worden.  Diese  Lehre  von  der  Transposition  ganzer 
Akkorde  finden  wir  bei  Caliginoso,  Garbonchi,  Bicci,  Sanz 
und  vielen  andern. 

Hinzu  treten  schließlich  bei  Millioni  noch  die   »lettere  false«: 


Jf      Bf       Cf     Df      FJ      F*     G*      H'     If 


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-6 e- 


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Eine  weitere  starke  Vermehrung  der  Griffmöglichkeiten  erwächst 
aus  dem  »Alfabetto  dissonante«  des  Caliginoso.  Nach  Gaspar 
Sanz  verbirgt  sich  unter  dem  Pseudonym  des  »Academico  caligi- 
noso« ein  gewisser  Foscarini.  Von  den  beiden  Werken,  die  in 
Berlin  und  Warschau  erhalten  sind,  trägt  das  jüngere  das  Datum 
Macerata  1626,  so  daß  also  das  >alfabetto  dissonante«  etwa  um 
die  Zeit   1630  aufkam.     Es  umfaßt  folgende  Griffe1: 


a   A+   B+  C+  D+  F+  F+  G+      H+    I+      K+  L+  M+   N+  P  + 


-3-^ 


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i  Die  Punkte  neben  den  Zahlen  bezeichnen  den  Fingersatz.  In  der  von 
den  Lauten  her  bekannten  Weise  steht  •  für  den  Zeigefinger,  :  für  den  Mittel- 
finger, .•.  für  den  Ringfinger  und  ::  für  den  kleinen  Finger. 


176 


Scala  di  Musica  per  B  quadro  et  per  B  molle. 


Hier  stehen  wir  zugleich  einer  Vereinfachung  der  Aufzeichnung 
gegenüber.  Alle  unbezeichneten  Linien  lassen  die  leeren  Saiten  mit- 
klingen. Es  ist  dies  eine  Praxis,  die  innerhalb  der  Guitarrenmusik 
mehrfach  zu  beobachten  ist. 

Nicht  unwesentlich  von  Caliginoso  weicht  das  »Alfabeto  falso« 
ab,  welches  die  anonym  bei  Giacomo  Monti  1646  in  Bologna  er- 
schienene  »Intavolatura  di  Chitarra  e  Chitarriglia«   darbietet: 


B* 
-a — 


C*     D*     E* 


G" 


L*     N*    0*     P 

-8 1 9— 


+ 


-f- 


-*- 


-» 


-i- 


h 


Das  Alphabet  wird  bei  einigen  Guitarristen  wie  bei  Fra  Carlo 
Milanuzzi  in  seinen  »Scherzi«  aus  den  Jahren  1622  und  1 625 
sowie  bei  Busatti  in  seinem  »Settimo  Libro  d'ariette«  1 6 4 4  zum 
Aufbau  der  »Scalla  di  Musica  per  B  quadro  et  per  B  molle«  ver- 
wendet: 


D 


F 


G 


A 
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D 
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et 


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Scala  di  Musica  per  B  quadro. 


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D 


H       B       E       F       G        0 


D 


H 


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SS 


SS 


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Scala  di  Musica  per  B  molle. 


Nach  dieser  kurzen  Übersicht  über  die  Verwendung  der  Buch- 
staben zur  Bezeichnung  von  Akkorden  kehren  wir  zur  »Nuova  In- 
ventione«  des  Montesardo  zurück.    Die  Aufzeichnung  seiner  Griffe 


gruppierte  sich  um  eine  Horizontallinie. 


Sollten  die  Akkorde  von 
unten  nach  oben  angeschlagen  werden,  so  setzte  er  den  Griff- 
buchstaben unter  diese  Linie;  war  der  entgegengesetzte  Anschlag 
beabsichtigt,  so  erhielt  der  Buchstabe  über  der  Linie  seinen  Platz. 


Darstellung  des  Rhythmus. 


177 


Im  ersteren  Falle  sprach  er  vom  »colpo  da  sii  in  giü«,  da  bei  der 
Guitarre  in  Spielstellung  die  tiefste  Saite  oben  lag,  in  letzterem 
Falle  vom  »colpo  da  giii  in  sü«.  Diese  Art  des  Griffspiels,  das  soge- 
nannte »rasgado*,  ist  bei  der  Übertragung  äußerlich  durch  die  cauda 
zu  charakterisieren,  deren  Richtung  zum  Notenkopf  die  Richtung 
des  Schlages  anzeigen  möge. 

Zur  Darstellung  des  Rhythmus  führte  Montesardo  die  Unter- 
scheidung von  großen  und  kleinen  Buchstaben  ein,  wobei  der  kleine 
Buchstabe  den  halben  Wert  des  großen  hatte.  Ein  Punkt  neben 
einem  Buchstaben  verlängerte  seinen  Wert  um  die  Hälfte,  die  von 
dem  Werte  des  nächsten  Buchstaben  in  Abzug  gebracht  wurde, 
z.  B.: 


Villano  di  Spagna  sopra  l'A. 

<i  h  ab  <■ 


A.       b 


A       (i 


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Sarabanda  sopra  l'A. 
"  '»  </ 


y 


A 


Diese  Darstellung  des  Rhythmus  fand  keinen  Anklang,  ebenso- 
wenig die  Charakterisierung  des  Anschlags  durch  die  Stellung  der 
Buchstaben  zur  Linie.  Dafür  wurde  vielmehr  ein  Strichchen  ein- 
geführt, das  nach  Art  der  kleineren  Pausen  an  der  Linie  hängt 
oder  auf  ihr  steht.  Für  den  Anschlag  eines  Akkordes  vom  tiefsten 
zum  höchsten  Tone  tritt  ein 


wegung 


und  für  die  entgegengesetzte  Be- 
Wie  oft  sich    auch   dieser   Strich    finden    mag,    so 


oft  wird  der  durch  den  beistehenden  Buchstaben  bezeichnete  Schlag 
von  oben  oder  unten  her  wiederholt.  Benedetto  Sanseverino 
betont,  daß  jeder  Schlag  den  Wert  einer  semiminima  haben  solle. 


178 


Darstellung  der  Rhythmik  bei  Sanseverino  und  Sanz. 


und  gibt  auch  Beispiele,  deren  rhythmische  Bezeichnung  ganz  dieser 
Generalregel  entspricht: 


Passacalli. 


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B 


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•    * 

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a           1  « 

c 

^        :||: 

3^ 


JL  B 


v 


-"1 — 1" 


:||: 


II: 


Daneben  finden  sich  aber  andere  Beispiele,  die  aufs  deutlichste 
eine  verschiedene  rhythmische  Behandlung  der  colpi  dartun,  so 
wenn  Sanseverino  einen  »Passacallo«  folgendermaßen  aufzeichnet: 


C 


u 


-~t — i- 


— i r~ 

R 


1     N 

4  4 


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& 


I  o 


:||: 


oder  eine  »Pauaniglia  sopra  l'E«   auf  diese  Weise  notiert: 


C 


IN  IN! 

4  ♦      4  4    4 


J L 


JE 


U  1   .U 


JS 


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— i 1 1 1 — l r~"    i 

I        C     JL    1   \C 


i 


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— i 1 — I 1 — r- 

G         \B 


1  f    1 


:||: 


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I  \C 


:||: 


Deutlich  ersehen  wir  aus  diesen  wie  aus  andern  Aufzeichnungen, 
daß  die  Stellung  der  Anschlagsstriche  zueinander  rhythmische  Be- 
ziehungen offenbaren  soll,  wenn  ja  auch  das  alte  Prinzip  zu  beob- 
achten ist,  daß  die  Geltung  eines  rhythmischen  Zeichens  bis  zur 
Auslösung  durch  ein  abweichendes  neues  währt.  Ein  paar  Beispiele 
aus  Gaspar  Sanz'  »Instruccion  de  Musica  sobre  la  guitarra  espanola« 
(Zaragoza  1 697)  mögen  sprechen: 


Rugero. 


i  * 


j  j 


—    J-_  -, J r — -i- T T  — a , r      -t— 


Ü4^. 


*        L_T_I— 


Praktische  Beispiele  zur  Rhythmik. 


179 


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Bailo  de  Mantuu. 


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Saltaren. 

1C     «.     4 <      4     A    4.     4      4     I      4.     #  '   «     '        4.     4      4 
J  ■  '       l  •  L     T T— «— .- 


La  Tarantela. 

3    ■    ■ 


<    . 


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»J      /' 

DJ       > 

T 

II" 


Aus  einer  Espanoleta. 

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Auch  ein  Beispiel  aus  der  1 646  anonym  in  Bologna  erschienenen 
»Intavolatura  di  Chitarra  e  Ghitarriglia«  sei  noch  hinzugenommen; 
obwohl  es  keine  rhythmischen  Zeichen  aufweist,  läßt  es  doch 
Schlüsse  für  die  rhythmische  Gliederung  zu: 

Pauaniglia  sopra  D. 


J) 


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C  A 


-T- T  ■    I    '    I 


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E 


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i  t r ■  — I 1 r* rJ r 


Nach  diesen  und  ähnlichen  Sätzen  dürften  im  4/4 -Takte  folgende 
Rhythmen  zweifellos  feststehen: 


=  o 


i—    •  =  bald 


,  bald  = 


4      4 


0       0 


0       00 


180 


Tabellarische  Darstellung  der  Rhythmen. 


T     -T^-T^T 


1    1 

•      • 

i 

1     I 

•      • 

1     1 

•      0  0 

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•    •  • 

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i      H 
•     00 

H   ' 

000 

n  n 

•  •  •  • 

H  f 

000 

Für  den  dreiteiligen  Takt  erscheinen  folgende  rhythmische  Dar- 


stellungen im  allgemeinen  gesichert: 


■  i      i      i 


i    i 


i    i 
•  • 

r.  n 

000 


nach  Calisinoso  = 


Ein  Punkt  neben  einem  Strich  verlängert  dessen  rhythmischen 
Wert  auf  Kosten  des  folgenden  (Montesardo,  Ricci  u.  a.). 

Diese  Rhythmik  erweist  sich  nicht  immer  als  durchaus  stich- 
haltig gegenüber  jenen  Denkmälern,  deren  Rhythmus  allein  aus  der 
Stellung  der  Anschlagsstriche  zu  entwickeln  ist.  Oft  heißt  es  zur 
Feststellung  desselben  aufmerksam  den  Wechsel  der  »colpi*  ver- 
folgen. Ein  treffliches  Hilfsmittel  zur  Restimmung  der  rhythmi- 
schen Folgen  ist  häufig  ein  Punkt  neben  dem  zur  Linie  aufstei- 
genden Strich;  er  bezeichnet  die  schwere  Taktzeit. 

Lassen  wir  einmal  eine  Reihe  von  Denkmälern,  die  an  einer 
fortlaufenden  Linie  notiert  sind,  an  uns  vorüberziehen.  Ein  Bei- 
spiel aus  Foriano  Pico's  »Nuova  Scelta  di  Sonate«  (1628)  zeige 
uns  die  Tabulatur  im  Dienste  des  Choralgesangs: 


Heispiele  aus  C  a  1  i  g  i  n  o  s  o. 


181 


n 


SanaaMarla     A       C       Ar  1       M? 

G 

M?    ,N7     n 

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Orapronob.      i         1                        1 

1 

1        1 

1, 

SanäaDei    AI      C      Atl      M? 

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A  1 

Orapronob.  1         l                    l 

1       1        1 

1. 

San                g      AI      C     AM      Mj 

H;l 

G     Mj     Nj     CI 

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Orapronol).          1         1                 ! 

1. 

1       I         1 

J. 

Sanfte  Mich.     A        Mj        Hj  i 

G 

Mj        Nj        CI 

AI 

Ora  pio  nob.    1 1         | 

J. 

1            1 

l 

Sanäe          A       Nj       Mj       H_j  I 

G 

Mj      N3      a 

A! 

Stepluif.      1        1          1 

1 

l           1 

J. 

Omn.Saa.Mar.  A!    C   At!   Mj    Hj 

!     G 

Bl    O    B   C!    A! 

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i 

4;  J             h 

ÜJ 

Foriano  Pico,  Nuova  Scelta  di  Sonate  per  la  Ghitarra  Spagnola. 
Francesco  Pari  1628.     Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolffheim. 


Unvergleichlich  interessanter  sind  die  Beispiele  aus  dem  Bereiche 
der  gemessenen  Musik.  Vor  allem  ziehen  hier  die  Kompositionen  im 
dreiteiligen  Takt  unser  .Interesse  auf  sich.  Aus  dem  zweiten  Buche 
der  Tabulatur  für  spanische  Guitarre  von  Galiginoso  (Foscarini) 
seien  einige  mitgeteilt: 


0 


G 


Passacalli  passeggiati  sopra  l'G. 

B      E    D       H    B      G     G       O  EU 


B  G 


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3         T 


I        E 


H 


r.      g  .  . 


Kl.  Handb.  der  Musikgesch.  VIII,  2. 


13 


182 


Beispiele  aus  Galiginoso. 
Chiacone  diuerse. 

B  C       ,||.  A 


CA      B 


C     .„. 


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Zarabanda. 


B 


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II-  « 


ß 


B         A 


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•II. 


Vilan  de  spagna. 


C 


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«  ß 


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G 


B 


B   • 


Beispiele  aus  Galiginoso. 


Folias  sopra  L. 


183 


A 


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i      i      '            ■ — i — •            ii1          ■ — r — ■          ii1          i     t — ' — 

1 

■     1 — ■ — 

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TT     A- 

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p 

\  JB  M           X              P  y                 1          JJ   .    . 

•       • 

Spagnoletta. 


m  ii  i  r.i  m  n  i  m 


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A 


D 


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B 


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A  B 


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•      • 


B 


P 


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Tenor  di  Napoli. 

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F     I  CF 


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B      P      1)        B 


13* 


184 


Beispiele  aus  Caliginoso. 


.  .  A 


-J-     .—  ->- 


C 

1  .        T 


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Bei  den  geradteiligen  Takten  wird  vornehmlich  zwischen  dem 
Schlage  *r  als  Viertel  und  -t-1-  als  zwei  Achtel  unterschieden.  Ein 
paar  Beispiele  aus  dem  zweiten  Buche  der  Tabulalur  des  Caligi- 
noso mögen  wieder  diese  Tatsache  erhärten. 


Aria  di  Firenze  passeggiata. 


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77 


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G           J>  \  H  H  :  M              JE      M 

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1         (         (                II1!    T          TT"1"   T    T 

M                     Tt         i:                T>         TT 

L          T-t-  "»-*■  T-  '     1    ■*■         T^T^TT    '          T-*-T 

It        G 

•     • 

Gagliarde  de  pass'  e  mezzi 

per  B.  m. 

it                       B 

O                         G                 i 

T T    !      T.   T  ^1    '  T      T       T          T.    1,           Tll         r 

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•      • 

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Beispiele  aus  Caliginoso.  185 

Monache  diuerse. 

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1 . I I . 1 . 1 . L. 


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Pass'  e  mezzo. 

(Siehe  das  Faksimile.) 


§5 


•    4    # 4  !_•    m    4 •    4    m — jLl-g 


W~»    m     4A5-*—*     m     •     .     «  J_^=^ 


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V      [f       V       V 


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186 


Ballo  del  Granduca. 


In  vielen  Handschriften  bekommt  aber  jeder  Griff buchstabe 
seine  eigene  bald  gerade,  bald  geschwungene  Horizontallinie,  an 
welcher  durch  Striche  oder  Häkchen  der  Anschlag  des  Akkordes 
offenbar  gemacht  wird.  Drei  Beispiele  mögen  die  Anwendung  er- 
läutern.    (Siehe  das  Faksimile.) 

Ballo  del  Granduca. 


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Heispiele  aus  Florenz,  Bibl.  Riccardiana  Ms.  2793. 


187 


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Gagliarda. 


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Florenz,  Bibl.  Riccardiana  Jl/s.  2795 


I 


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Florenz,  Bibl.  Riccardiana  Ms.  2793. 


1r 


188 


Bergamasca. 


uii  'Tu   r.r    r-FFPr  u      r"  F 


Für  die  Verwendung  des  Additions-  oder  Augmentationspunktes 
sei  noch  ein  kleines  Beispiel  aus  Florenz  Bibl.  Naz.  Centr.  XIX.  143 
beigetragen : 


>J 


Bergamasca. 

•      ß        n 


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jf  B 

~T<  TT"* 

jf  ß 

t^  -r-V 


C 


Jf 
Jf 
Jf 


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•^-•^ 


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"• •" 


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i=t 


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r  -] — r~~\ p— p 

I 
•  a-    «    *   ä    •#••»•  -g-    i     L 


1-f 


TT. 


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5=?=fc±E»E5=?=«: 


=t=f: 


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t=* 


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-#--#■•••■*•       »    " 
i  i 


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I    *■    »— -C 


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-I— *— g 


-» — € 


£ 


-g-*- 


*4 


£* 


^=c 


Zum    Vergleich    sei    eine    entsprechende    Bergamasca    Monte- 


sardo's  mitgeteilt: 


j: 


ii 


<; 


JH        0 


G 


A        n 


Ji 


Verbindung  von  rasgado  und  punteado. 


189 


Neben  der  durch  die  Stellung  der  Anschlagsstriche  charakteri- 
sierten Rhythmik  kennt  Galiginoso  (Foscarini)  auch  eine  solche, 
die  wie  bei  den  Orgel-  und  Lautentabulaturen  durch  Figuralnoten 
über  den  Griffen  zum  Ausdruck  gelangt.  Diese  Notenwerte  finden 
sich  aber  so  ungenau  gesetzt,  daß  es  zuweilen  kaum  gelingen  will, 
den  rhythmischen  Sinn  zu  erkennen.  Ein  »Baletto  detto  11m- 
periale«  diene  als  Beispiel: 


Baletto  detto  l'Imperiale. 


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Dieses  Griffspiel,  dieses  »rasgado«  genügte  aber  den  Musikern 
nicht;  sie  suchten  es  vielmehr  mit  dem  Stimmenspiel  {punteado)  in 
Verbindung  zu  bringen.  So  sagt  z.  B.  Antonio  Garbonchi  Fio- 
rentino  in  seinen  »Dodici  Chitarre  spostate«  1643:  »Avvertasi  che 
quando  troveranno  nuineri  sotto  o  a  canto  alle  battute  cioe  in  questa 
maniera  — r  ^  T  .  I  *  *  *.  ■  5  ,_  sHntendono  che  vanno  fatte  sopra 
il  cantino  et  i  numeri  die  sono  di  sopra  si  fanno  alla  corda  che  e 
accanto  il  cantino  tenendo  fermo  la  lettera  che  si  fä  e  facendo  detti 
numeri  con  il  dito  piccolo  ö  dito  piu  agile  sino  a  Valtra  lettera  batten- 
dole  delicatamente*  K    Während  also  der  Akkord  festgehalten  wird, 


i  Vgl.  auch   die  >Intavolatura  di  Chitarra  e  Chitarriglia«    (Bologna,   Gia- 
como  Monti,   1646. 


190 


Balletto  Polacco  aus  Caliginoso. 


werden  die  unter  den  Schlägen  stehenden  Zahlen  von  dem  kleinen 
Finger  auf  der  Gesangssaite,  die  über  den  Schlägen  vermerkten 
auf  der  ihr  benachbarten  Saite  feinfühlig  zur  Ausführung  gebracht. 
Aber  über  die  hier  geschilderte  Praxis  geht  das  künstlerische  Gui- 
tarrenspiel weit  hinaus  und  stellt  eine  enge  Verbindung  zwischen 
dem  Griffspiel  (rasgado),  dargetan  durch  Alphabet  und  Schläge,  und 
dem  Spiel  einzelner  Töne  (punteado),  aufgezeichnet  nach  den  Prin- 
zipien der  italienischen  Lautentabulatur,  her.  Ein  »Balletto  Polacco« 
aus  dem  >Libro  della  Chitarra  Spagnola«  des  Caliginoso  (Fosca- 
rini)1  möge  als  Beispiel  dienen.     (Siehe  das  Faksimile.) 


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Eine  ähnliche  Praxis  liegt  in  den  »Varii  Capricci«  Francesco 
Corbetta's  (1643),  in  den  »Armoniosi  Concerti«  Domenico  Pelle- 
grino's  (1650),    in   den  »Soavi   Concenti«  (1659)  und   den  »Novi 


1  Exemplar  in  der  Kgl.  Bibl.  Berlin. 


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Aus:  Caliginoso,  Libro  della  Chitarra  Spagnola. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 

(Zu  S.  190.) 


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Die  Guitarre  als  Begleitinstrument.  191 

Capricci  armonici  musicali«  (1674)  von  Giovanni  Battista  Gra- 
nata  und  in  den  »Capricci  armonici«  Ludovico  Roncalli's  (1692) 
vor,  nicht  zu  vergessen  das  für  den  Generalbaß  wichtige  Werk 
»Resumen  de  Acompaiiar  la  Parte  con  la  Guitara«  von  Santiago 
de  Murcia  (1714).     (Siehe  Faksimile  Granata.) 

Reiche  Verwendung  fand  die  Guitarre  als  Begleitinstrument  zum 
Gesänge.  Wir  hatten  bereits  Beispiele  kennen  gelernt,  in  denen  für 
die  Lieder  zur  Guitarre  eine  der  Lautenmusik  ähnliche  Technik  und 
.Notation  zur  Anwendung  kam.  Es  sei  nur  an  Fuenllana  erinnert. 
Aber  auch  das  »Alfabeto«  Montesardo's  geht  mit  Texten  eine 
Verbindung  ein.  Bald  sind  es  große  Buchstaben  wie  in  den  »Nuove 
canzonette  musicali  de  diversi  auttori«  (Venezia,  Giacomo  Batti, 
1659),  in  den  meisten  Fällen  aber  kleine,  die  in  der  Bedeutung 
der  großen  Verwendung  finden.  Daß  übrigens  auch  kleine  Buch- 
staben für  reine  Guitarrenmusik  gebraucht  wurden,  das  lehren  uns 
Werke  wie  der  bei  Costantini  in  Perugia  erschienene  »vero  modo 
per  imparare  sonare  la  Chitarriglia  spagnuola«  oder  die  Tabulatur 
der  »Adelaida  di  Savoya  Elettrice  di  Baviera«  in  der  Hofbibliothek 
München  Ms.  1522.  In  Verbindung  mit  Texten  finden  sich  diese 
großen  oder  kleinen  Buchstaben  teils  ohne  Hinzufügung  einer  be- 
sonderen Singstimme,  teils  ist  letztere  in  mensuralen  Werten  ge- 
geben, wie  in  den  »Varie  Musiche«  von  Raffaello  Rontani  (1621) 
oder  in  den  »Vezzosetti  fiori«  (Roma,  Robletti,  1622).  Wie  in  dem 
ersteren  Falle  die  Ausführungsweise  zu  denken  ist,  bleibt  fraglich, 
zumal  nur  dann  und  wann  ein  Griffbuchstabe  eingestreut  ist.  Ist 
hier  vielleicht  an  melodramatischen  Vortrag  zu  denken?  Ein  paar 
Beispiele  mögen  der  Anschauung  dienen: 

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Gredemelo,  fia  cara, 

ii  B       II        G 

Non  posso  aspettar  piü. 

G      B  G  Ji         <i  A      B 

Se  vole  far  sta  tellä,  guarde  il  filo 

li  .H"       I       E  O    I  E 

E  perdoneme,  se  '1  fosse  sottilo.  (»Nuove  Canz.«  1659.) 
■1.  Beispiel  siehe  Faksimile  0  stell'  homicide.) 
Bei  der  Verbindung  mit  gemessenen  Tonreihen  ist  aus  ihrer 
Stellung  zu  denselben  auf  den  Rhythmus  der  Griffbuchstaben  zu 
schließen.  Als  Beispiele  wähle  ich  einen  von  Raffaello  Rontani 
vertonten  Chiabrera'schen  Text  »Se  bei  rio«  und  einen  begleiteten 
Chorsatz   »Xegate  mi«   von  Hieronymus  Kapsberger: 


192 


Raffaello  Rontani,  Se  bei  rio. 


Raffaello  Rontani. 
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Girolamo  Kapsberger ,  Libro  primo  di  Villanelle 
(Roma  i61 0). 

[Zu  S.  194.) 


Girolamo  Kapsberger.  Negatemi  pur  cruda. 


195 


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quel  che    ne-gar    vo 


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i)  Griff  T  der 
Vorlage  ersetzt 
durch  Griff  F. 

2)  Der  Griff  X 
der  Vorlage  paßt 
nicht;  ich  habe  tfi 
dafür  eingesetzt, 
ein  Griff,  der  aller- 
dings auch  nicht 
ganz  zutrifft. 

3)  Vorlage  I  er- 
setzt durch  E. 


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Paolo  if  Aragon  a,  Ohime!  che  far  degg'io. 


197 


Filii  cruda  e  fallace 

De  I'amor  suo  m'ha  priuo. 

E  non  moro,  e  pur  viuo. 

Date  fine.  ö  martiri,  al  viuer  mio. 

Filii  non  m'ama  piu.  niorir  vogl'io. 

Poiche  Filii  cruilelc 

Pia  non  vuol  darm'aita. 

Che  farö  di  mia  vita? 

Morte,  prenditi  tu  la  vita  mia. 

Poiche  Filii  e  crudel.  siami  tu  pia. 

Quanto  poco  fui  Meto, 
O  mio  breue  content« 
Fugace  piü  del  vento. 
Viuano  in  pianto  gl'occhi,  e'l  cor  in  foco. 
Jleglio  e  mai  non  gioir,  che  gioir  poco. 


0 


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Canto  Primo. 


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H  BMBPBG  E      0     ,  ~TT 

Hi  me,   che  far    degg'  i      o?  Ri    tor  na    te,6  mar  ti 


r  t  if  t  r «  ■  f.  Mir 


i^fi  ±  | 


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R  H    E  HM      ,  ~~ CU  G~  E    L     O E 

ri,Nonces  sa  te,6  so  spi  ri.       Vi  ua  tra  flamm'  il  cor,  e  gl'occhi  in 


>■  Mm  i  M  i^^ 


ff 


I      CHOH  ÖG  H       G  MC      5        C~       0 

pian  to,  Poi  che  Fil  li  m'a  mau'  hör,  m'o    dia  tan     to. 


Canto  Secondo. 


0 


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Hi  me,  che  far  degg'  i 


o?  Ri  tor   na  te,b  mar  ti 


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32 


ri.Nonces  sa  te,b  so  spi  ri.     Vi  uatrafiamm'ilco   reglocch' in 


5ZX 


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E 


t   '  U{M  i  iöt  '  »1 


pian  toJ*oi  che  Filii  m'amau'hor,m'o 


di    a  tan      to. 


Basso. 


0 


1 1  n  .  ,  r '  |  j  j  f 


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H  B      M        BPB       G  E      0  GH 

Hi  me,  che  far  degg'  i      o?  Ri  tor  na  te,6  mar  ti      ti, 


198 


Paolo  d'Aragona,  Ohime!  che  far  degg' io. 


n  '•  i  "r  f  f ' 


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E       H      M  C06  EL 

Noncessate,ö  so  6pi  ri.    Vi  ua  tra  fiantm'  il    cor, 


o 

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♦ — f 


E  ICHOH  OGHG     MCOO       0 

glocch'in  pian  to,  Poi  che  Fil  lim'amau'  hör,  m'o  dia  tan  to. 


Canto 
Primo. 


Canto 
Secondo. 


Paolo  d'Aragona,  Amorose  Querelle.  Napoli  \  61 G  Nr.  2. 


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degg'  i     -     o?    Ri    -  tor- 


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Ohi  me!  che  far  degg1  i 


o?  Ri  - 


Basso.      g^ICZ^^^Pf^ 


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Ohi  me!  che  far  degg'  i 


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Chitarra 
alla      { 
spagnola. 


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te,  ö  mar-ti 


ri!  Noncessa  -   te,ö  so  -  spi 


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tor-na 


te,ö  marti-ri!  Non       ces-sa 


te,ö  so-spi-ri! 


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tor-na 


te,  ö  marti  -  ri!  Non       ces-sa 


te,o  so-spi-ri 


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Ja. 


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Spanische  Guitarrentabulaturen. 


199 


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Vi-va  tra  fiamm'il     cor 


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e  gl*occhi  in    pian  -  to, 


Poi- 


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Vi-va  tra  fiamm'il     cor, 


ö^^hüSe^ö 


e    gl'occhi  in      pianto,  Poiche  Fil 


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Vi-va  tra  fiamm'il     cor,_ 


e  gl'occhi  in  pian  -  to,  Poiche  Fil- 


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dia    tan 


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dia    tan 


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Benutzten  die  Italiener  seit  Montesardo  den  Buchstaben  zur 
Bezeichnung  des  Griffes,  so  wandten  die  Spanier  im  gleichen  Sinne 
die  Zahl  an.  Zwei  Methoden  hält  Pablo  Minguet  1752  in  seiner 
»Academia  Musical«  auseinander:  den  estilo  Castellano  und  den 
estilo   CatalanK     Der  erstere  wird  vor  allem   bezeugt  durch  Luis 


i  Vgl.  auch  »Guitarra  Espanola  y  Vandola  en  dos  maneras  de  Guitarra 
Castellana  y  Cathalana  de  cinco  ordenes,  laqual  ensena  de  templar  y  tarier  ras- 
gado  todos  los  puntos  naturales  y  b  mollados  con  estilo  maravilloso  y  para 
poner  en  ella  qualquier  tono,  se  pone  una  tabla  con  la  quäl  podra  .  .  .  cifrar 
el  tono  y  despues  tarier  y  cantarle  por  doze  modos.«  Gerona,  por  Antonio- 
Oliva,  16*9.     Exemplar  in  London,  British  Museum. 


200 


Spanische  Guitarrentabulaturen. 


de  Bricneo  mit  seinem  »Metodo  mui  facilissimo  para  aprender 
a  taner  la  guitarra  a  lo  Espanol«  (Paris,  MVIC.  XXVI).  Zur  Er- 
läuterung seiner  Grifftabelle  dient  die  französische  Lautentabulatur; 
der  »metodo  para  templar  la  Guitarra«  erschließt  uns  die  Stimmung 

als  a  d-  9  h 


A   d  g   h 

12     3      4    5     6      7 
-d — « — ä b — b — «- 


8      9 


P    +    § 

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-d — b — b d — d — b et- 

-e b- 


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LO- 


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Die  Rhythmik  wird  mit  Hilfe  leerer  runder  Mensuralnoten  zum 
Ausdruck  gebracht,  die  über  den  Griffen  ihren  Platz  haben.  Inner- 
halb dieser  Mensuralnoten  ist  im  dreiteiligen  Takte  die  alte  Lehre 
von  der  Perfektion  und  Imperfektion  im  Schwange. 


Beispiele: 


Primera  liQion  tono  frankes  palabras  espanolas. 

i  iii 

e  e    o      9  9        999      99 

fr  1  * 

Bis.    Ay  araor  loco.    Ay  amor  loco. 


i 


i 


i 


9        Ö  9       9      Ö 

fr  P  fr 

Yo  soy  por  vos.    Yo  vos  por  otro. 


9 
P 


i 


-^~G>-G>- 


^^MF^f^^p^^^^^r^^%^ 


Otra  liQion  llamada  la  Gascona. 

,ii  i 

9        9      *.  9      9    «        9    9   &  9      9         9    9        «• 

fr'  1  fr  1  * 

Donde  bala  niiia  bonita.    abuscar  el  amor.     Bis. 


ii  i  i 

e       af    a   9      9     9  ö      o     9  6 

fr        1  fr  p 


i  i        i 

*         9     91       9      9         4       9      9    9      9      9 
fr  1  fr  P  fr 


Pues  bolando  con  alas  combate.    con  arcos  y  flechas  se  hace  senor.     Bis. 


Die  Tabulatur  des  Lucas  Ruiz  de  Ribayaz. 


201 


La  gran  chacona  en  Qifra. 


i  i 


V      V         V 


3  2      5  23  25  2 

Villa  vida.    vida  bona,    vida  bamonos  a  chacona. 


i 


«5       55  555      55 


I  I 

5       Z'    O      4      &    ? 


3  2        56   423  2         5  2 

Vida  vida.    vidita  vida.    vida  bamonos  a  castilla. 

La  Fanfarrona,    nuevamente  hecha. 

iii  ii 

2  3      2  1.  1         6      12 


Passacalle  o  Fantaaia. 


s*     >     > 


II  I  I        I         I        I  I  III 


3      1     *     1.1 


1     *     11 


I  I  I  II  I  I  I  Rjs 


4   4       2 


1.  1 


Auch  Lucas  Ruiz  de  Ribayaz  bedient  sich  in  seinem  Werke 
»Luz  y  Norte  Musical  para  caminar  por  las  Gifras«  (Madrid  1677) 
der  Zahlen,  die  im  allgemeinen  denselben  Akkorden  entsprechen 
wie  bei  Bricüeo.     Abweichend  gebraucht  werden  die  Schläge: 


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Es  fehlen  die  Griffe  §   G  I 


Gleich  den  Griffbuchstaben  werden  nun  die  Zeichen  des  Ribayaz 
über  eine  Horizontallinie  gestellt,  an  der  auf-  und  absteigende  Strich- 
chen in  bekannter  Weise  den  Anschlag  bezeichnen.  Der  Takt  ist 
mit  den  uns  vertrauten,  den  Linien  vorangestellten  Zeichen  C  und  r> 
fest  bestimmt.  Die  einzelnen  Takte  (compas)  werden  durch  Vertikal- 
striche geschieden,  die  Fingersätze  der  linken  Hand  durch  a  e  i  o 
bezeichnet;  der  Daumen  wird  nicht  angegeben. 

Kl.  Handb.  der  Musikgesch.  VIII.  2.  15 


202 


Folia. 


Beispiele  des  Ribayaz. 

Beispiele: 


1 


P  P      5     2 


2  2      5     P 


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2 

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Pabana. 

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5 

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2     1 

2 

3    2 

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1    ■ 

■      ■ 

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1      p 


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P      5 

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Villano. 


*  1      *        *      1         -P     * 


Zarabanda. 


o   * 

J  ■  ■  ' 

1*1 

II 

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■ 
1       1 

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-i— r— »~      ■      ■      '      -■      ■      ■ r 


Mari  ona. 


3^ 


2  5 


6  1 


34 


Canario. 
*  1 


1      P* 


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Eine  andere  Bezeichnung  findet  das  gleiche  Akkordmaterial  nach 
katalanischem  Gebrauche.  Pablo  Minguet1  und  Andres  de  Sotos2 
geben  folgende  Grifftabelle: 


1  a.  a.  0. 

2  »Arte  para  aprender  con  facilidad  y  sin  Maestro  ä  templar  y  taner  ras- 
gado  la  Guitarra  de  cinco  ordenes,  ö  cuerdas;  y  tambien  la  de  quatro,  ö  seis 


(intl'tabellen  bei  Minguet  und  So  tos. 


203 


Naturales. 


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10 


11 


12 


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n  n  n  n  n  n  n  n  n  n  n  n 

12  3  4         5  6  7  8  9  10         11  12 


Bemollados. 


8     ' 


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5" 


6 
10 


6 
11 


b 

12 


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3 


b 
10 


11 


b 
12 


Denkmäler  dieser  Notation  sind  mir  nicht  begegnet. 

Auch  Frankreich  strebte  für  die  häufiger  wiederkehrenden  Akkorde 
derGuitarre  eine  Art  Kurzschrift  an.  Zuerst  ließ  man  in  den  Akkorden 
bei  der  Aufzeichnung  die  leeren  Saiten  unberücksichtigt,  wodurch 
sich  das  Notenbild  schon  wesentlich  vereinfachte.  Alsdann  führte 
man  unter  dem  Einflüsse  der  Italiener  für  die  Wiederholung  gleicher 
Akkorde  die  Anschlagsstriche,  die  >colpi«  oder  »golpes«  ein.  In  dem 
handschriftlichen  Tabulaturbuche  der  Isabel  van  Langhenhove 

Air  de  ballet«  wie   folgt: 


aus  dem  Jahre   1635  beginnt  z.  B 


3: 


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ein 


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ordenes,  llamadas  Guitarra  Espafiola,  Bandurria,  y  Vandola,  y  tambien  el  Tiple. 
En  Madrid,  en  la  Imprenta  de  Cruzada.   Aüo  de  1764.«    (Berlin,  Kgl.  Bibl.) 

1  Bei  Sotos  c  e  g  c'  g'. 

2  Bei  So  tos  c  es  g  c'  g'. 

15* 


204 


Französische  Guitarretabulaturen. 


Wie  bei  Montesardo  große  und  kleine  Buchstaben,  so  werden 
hier  zur  Differenzierung  rhythmischer  Werte  lange  und  kurze  Striche 
unterschieden,  die  zugleich  die  Richtung  des  Anschlags  verraten. 
Bei  den  Griffen  kommen  die  leeren  Saiten  als  a  mit  in  Betracht, 
wofern  sie  nicht  durchstrichen  oder  punktiert  sind.  Griffe  mit 
darübergesetzten  rhythmischen  Zeichen  gelten  als  Einzeltüne  und 
berücksichtigen  die  leeren  Saiten  nicht. 


Häufiger  als  mit  Strichen  wird  mit  den  rhythmischen  Werten 
selbst  operiert;  die  Richtung  der  cauda  zeigt  die  Richtung  des 
Schlages,  die  Zahl  der  Rhythmen  die  Zahl  der  Schläge  und  der 
rhythmische  Wert  selbst  die  Dauer  des  einzelnen  Schlages  an. 
Mersenne1  scheint  diese  Praxis  auf  einen  gewissen  Martin  zurück- 
führen zu  wollen.  Beispiele  finden  wir  in  der  Döremberg-Tabu- 
latur  der  Kgl.  Bibliothek  Berlin,  in  der  »Guitarre  Royalle«  des 
Francisque  Corbetta  (1671),  in  den  Guitarrewerken  von  Robert 
de  Visee  (1682—89),  in  Nivers'  »M6thode  facile«  1696,  in  De- 
rosier's  »Principes  de  la  Guitarre«  1696  u.  1699,  bei  Anthoine 
Garre,  Nicola  Matteis,  Francois  Campion  in  seinen  »Nouvelles 
decouvertes  sur  la  Guitarre«  (Paris  1705)  bis  hin  zu  dem  »Journal 
de  Musique«  von  De  Lagarde  aus  dem  Jahre  1758.  Ein  paar 
Beispiele  mögen  die  Eigenart  dieser  Notation  zeigen: 


Berlin  Kgl.  Bibl.  Ms.  de  Döremberg  1625. 


i  »Harmonie  Universelle«  II,  livre  second  proposition  XIV  fol.  96v  sq. 


Francisque  Corbetta,  Allemande  du  Roy. 


205 


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Berlin,  Kgl.  Bibl.  Uta.  itfs.  ^0267. 


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Allemande  du  Roy.  Francisque  Corbetta,  La  Guitarre  Royalle. 


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Beachtenswert  ist  in  diesem  Denkmal,  daß  der  Hilfston  der 
Verzierung  x  über,  beziehungsweise  unter  dem  System  mit  dem 
entsprechenden  Bund-Buchstaben  bezeichnet  ist. 


206 


Die  »musique<  als  Tonschrift  der  Guitarre. 


Allemande  du  Roy. 


Der  Vollständigkeit  halber  sei  schließlich  noch  erwähnt,  daß  in 
der  Guitarrentabulatur  auf  französischem  Boden  die  rhythmischen 
Bezeichnungen  nicht  nur  über  und  neben,  sondern  auch  unter  den 
Grillen  zu  finden  sind.  Ein  Beispiel  für  die  letzte  Möglichkeit  bieten 
Gougelet's  »Airs  choisis  avec  accompagnement  de  guitare«,  z.  B.: 


-f—f- 


-Jr-br- 


r  r  r  rr  r  • 

Bis  zum  Ende  des  1 8.  Jahrhunderts  bleiben  Tabulaturen  für  die 
Guitarre  in  Gebrauch,  um  dann  der  modernen  Notenschrift  zu 
weichen.  Zu  den  ersten  spanischen  Guitarre- Schulwerken,  welche 
für  die  Aufzeichnung  zur  »musique«,  der  Gesangstonschrift,  greifen, 
gehören  der  »Estudo  de  Guitarra«  (Porto  1796)  von  Antonio  de 
Silva  Leite  aus  Porto  und  die  »Arte  de  tocar  la  Guitarra  Es- 
paiiola«  (Madrid  1799)  von  Fernando  Ferandiere.  Letzterer  zählt 
übrigens  nach  D.  D.  Aguado1  neben  Laporta,  Arizpacochaga, 
Abreu,  Pere  Basilio,  Federigo  Moretti  und  Fernando  Sor 
zu  den  bedeutendsten  Vertretern  des  Instruments. 


1  Methode  complete  pour  la  Guitare,  traduite  en  francais  par  F.  de  Fossa. 
Paris  (1827). 


Verzierungen  in  der  Guitarrenmusik.  207 

Deutschland  beteiligt  sich  erst  intensiver  an  der  Guitarrenliteratur, 
nachdem  der  Umschwung  in  der  Notation  bereits  eingetreten  ist. 
"Werke  wieS.  Molitor's  >Große  Sonate  für  die  Guitarre  allein,  als  Probe 
einer  bessern  Behandlung  dieses  Instruments«1  sind  im  G-Schlüssel 
auf  einem  System  von  fünf  Linien  mit  modernen  Noten  aufgezeichnet. 

Verzierungen  [primäres,  habilidades)  kommen  in  der  Guitarren- 
musik nur  in  beschränktem  Maße  vor.  Angaben  darüber  finden 
sich  bei  Foscarini,  Millioni,  Ricci,  Ruiz  de  Ribayaz,  Guerau, 
Gaspar  Sanz,  Campion  und  andern.  Die  verwendeten  Zeichen 
lassen  sich  fast  durchgängig  in  der  Lautenmusik  nachweisen.  Ge- 
meinhin handelt  es  sich  um  strascino  [extrasino),  trino  (aleado,  trillo), 
repicco,  mordente,  temblor  und  harpeado.  Der  strascino  stellt  eine  Ver- 
bindung von  Tönen  derselben  Saite  dar,  bei  der  nur  der  erste  durch 
die  Rechte  angeschlagen  wird  und  die  übrigen  während  der  Bewegung 
der  Saite  durch  Berührung  der  Linken  erzeugt  werden;  sein  Zeichen 
ist  ein  Bindebogen  _  .  Beim  trino  erklingt  derselbe  Griff  viermal :  von 
unten  nach  oben,  von  oben  nach  unten,  von  unten  nach  oben  und 
von  oben  nach  unten;  als  Zeichen  gilt  bei  den  Spaniern  ><  und  bei 
den  Italienern  T.  Der  repicco  umfaßt  vier  Schläge  desselben  Griffes, 
von  denen  die  ersten  beiden  nach  oben,  die  andern  nach  unten 
gerichtet  sind  und  der  letzte  nur  die  Klangsaite  (cantino  —  höchsten 
Ton  des  Griffes)  berührt2.  Den  mordente  charakterisieren  Ribayaz 
und  Sanz  durch  eine  I,  während  Francisco  Guerau  im  Anschluß 
an  die  Praxis  der  Italiener  die  Zeichen  c  oder  o  darbietet.  Seine 
Erklärung3  deckt  sich  nahezu  mit  der  Beschreibung  des  Orgel- 
Mordant  bei  Hans  von  Constanz.  Zu  der  Untersekunde  des 
notierten  Tones  erklingt  dieser  selbst  in  schnelleren  Schlägen  als 
beim  trino  und  schließt  das  Ornament  ab.    Beim  temblor 4,  den  ein 


1  Wien,  Artaria  &  Comp.,  1806.  In  der  Vorrede,  welche  einen  kurzen 
Abriß  der  Geschichte  der  Saiteninstrumente  darbietet,  heißt  es  gegen  den  Schluß 
(S.  4  3):  »Gegenwärtige  große  Sonate  gebe  ich  nun  dem  kunstliebenden  Publi- 
kum als  den  ersten  Versuch,  auf  der  Guitarre  allein  ein  ganzes 
mit  beständiger  Rücksicht  auf  die  Regeln  und  Forderungen 
der  Kunst  ausgeführtes  Tonstück  darzustellen.« 

2  Vgl.  Pietro  Millioni,  »Corona  del  primo,  secondo  e  terzo  libro  d"in- 
tavolatura  di  chitarra  spagnola«.  In  Roma  et  ristampata  in  Torino,  ad  in- 
stanza  di  Giovanni  Manzolino  et  Domenico  Roveda,  1635. 

3  »Poema  Harmonico«  (Madrid  16941:  »Este  se  executa  poniendo  el  dedo 
conitenicnte  dos  trastes,  6  uno  mas  aträs  de  lo  que  el  numero  sehala,  segun 
lo  pidiere  el  pitnto,  y  con  otro  dedo  se  ha  de  herir  con  mas  viuexa  que  en 
el  trino  la  cuerda  en  el  traste  que  el  numero  seiiala,  rematando  el  punto  en  el.  < 

4  Vgl.  Guerau  a.  a.  0.:  »Este  se  executa,  dando  el  golpe  en  la  cuerda 
con  la  mano  derecha,  y  moviendo  ä  un  tiempo  la  izquierda  ä  vno  y  otro 
lado  sin  leoantar  el  dedo  del  traste  que  pisa.< 


208 


Die  Manieren  bei  Franrois  Campion. 


liegendes  Doppelkreuz  X  auszeichnet,  wird  die  fest  greifende  Linke 
nach  beiden  Seiten  bewegt,  während  die  Rechte  den  Schlag  aus- 
führt. Für  das  harpeado,  bei  dem  die  Töne  des  Akkordes  vom 
tiefsten  angefangen  nacheinander  erklingen,  bietet  Sanz  das  Zeichen 
'r  dar. 

Frangois  Campion  gibt  in  seinen  »Nouvelles  decouvertes  sur 
la  Guitarre«  (Paris  1705)  folgende  Erklärungen  der  Manieren  und 
sonstiger  Zeichen: 

^  — v.  Je  mets  ces  deux  niarques   les  premieres  comme  les  plus  ne- 

cessaires.    Elles  sont  indispensables;  c'est  pourquoi  favrrtis  et 

je  prie  meine  de  tenir  les  doigts  uuteu/t  que  Von  potirra.    La 

premiere  est  pour  les  basses  et  la  seconde  est  pour  les  dessus. 

x   Tremblement  ou  cadence.     On  trouvera  sur  cette  marque  V&nr 

droit  ou  il  faul  trembler. 
>   Martellement.    11  se  faxt  en  tirant  le  doigt  de  dessus  la  corde 

et  Vy  remettant  promptement  (=  mordente). 
-   Cest  une  espece  de  petite  ckutte. 

b  a  Ceci  est  tirade.     b  d  Ceci  est  ehutte.     On  les  lie  souveut  en- 
semble  d  b  a  b  d,  quelque  fois  aussi  en  batterie  (==  strascino). 

•S*  Signe  de  repetition. 

X    Miattlement  on  balance  du  poignet  de  la  main,  gauche  (=  tem- 
blor). 
(  Marque  de  jeu  harre,  qui  cesse  par  cellecy  ) . 
Wieder  ein  anderes  Gesicht  zeigen  die  »agremens«  in  den  »Prin- 
cipes  Genöraux  de  la  Guitarre  ä  cinq  et  a  six  cordes  et  de  la  Lyre« 
von  Doisy  aus  dem  Jahre  1801.    Sieben  werden  aufgeführt,  von 
denen  son  porte,   chute  (Vorschlag  höherer  Töne)  und  plamte  (Auf- 
steigen um  einen  Halbton)  ausgeschrieben,  die  übrigen  aber  durch 
die  Zeichen   «    *ß  +  kenntlich  gemacht  werden,  z.  B. : 


•  m 

■T 

■u 

cadence 

• 

I     I     y 

parfaite : 

■4- 

+ 

cadence 

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jetee: 

A*.        -jf 

cadence 

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feinte: 

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Guitarrelabulalurcn.  209 

Verzeichnis  von  Tabulaturen. 
a)  Italienische  Tabulatur. 

Melchiore   de  Barberiis,  Intabolatura  di   Lauto.     Ven.,  Scotus,  1549.     Als 
Anhang:  Fantasie  per  sonar  sopra  la  Chitara  da  sette  corde. 
Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Misuel    Fuenllana,   Libro   de   musica  para  Vihuela,    intitulado   Orphenica 
lyra.     Sevilla   1554. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Wiesbaden,  Landesbibl.,  Innsbruck,  Univ. - 
Bibl.,  London,  British  Museum,  Madrid,  öff.  Bibl.,  Paris,  Bibl. 
Cons.  und  Bibl.  Nat.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Autori  diversi,  Secondo  Libro  d'intavolatura  di  Citara.    Venetia  1602. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Fr.  Leonardo  de  San  Martino,   Guitarra  Espanola  y  Vandola,    en  dos  ma- 
neras  de  guitarra,  castellana  y  valenciana,  de  cinco  ordenes.    Valencia 
1639    (zum    ersten   Male  1586   gedruckt,    dann  1629  bei  Joseph  Brö  in 
Gerona). 

Berlin-Grunewald,  Dr.  W.  Wolffheim. 
Carlo  Calvi,  Intavolatura  di  Chilarra  e  Chittariglia.  See.  parte.  Bologna  1646. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Domenico  Pellegrini,   Armoniosi   Concerti.     Seconda  parte.     Bologna  1650. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Don  Francisco  Guerau,   Poema  Harmonico   compuesto  de  varias  eifras  por 
el  temple  de  la  Guitarra  Espanola.     Madrid  1694. 

Berlin-Grunewald,   Bibl.   Dr.  W.  Wolffheim,    London,    British 
Museum. 
Gaspar  Sanz,   Instruction   de   Musica  sobre  la  guitarra   espanola   y  metodo 
de  sus  primeros  rudimentos  hasta  tanerla  con  destreza.    Zaragoza  1697. 
Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim,  Brüssel,  Kgl.  Bibl., 
London,    British  Museum,    Paris,  Bibl.  du  Cons.     Ausgabe  1674 
in  München,  Kgl.  Hofbibl. 
Jos.  Fried.  Bernh.  Caspar  Majer's  Neu- eröffneter  Theoretischer  und  Prakti- 
scher Music-Saal.     Nürnberg  1732  (1741). 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Dresden,  öff.  Bibl.,  Hamburg,  Stadtbibl., 
Leipzig,  Stadtbibl.,  Nürnberg,  Germ.  Museum,  Regensburg, 
Proske-Bibl.,  Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Kopenhagen,  Kgl.  Bibl.,  Wien, 
Ver.  der  Musikfreunde. 

b)  Französische  Tabulatur. 

Adrian  le  Roy  et  Robert  Ballard,  Premier  livre  de  tabulature  de  Guiterre. 
Paris  1551.  —  2.  livre  1555.  —  3.  livre  1552.  —  4.  livre  1553.  — 
5.  livre  1554. 

London,  British  Museum,  Paris,  Bibl.  Mazarine. 
Petrus  Phalesius,   Selectissima  elegantissimaque  gallica  italica  et  latina  in 
Guiterna  ludenda  carmina.     Lovanii  1570. 
Rostock,  Univ.-Bibl.  [Musica  58). 
Antonio  Carbonchi,  Sonate  di  Chitarra  Spagnola  con  intavolatura  francese. 
Firenze  1640. 

Florenz,  Bibl.  Naz. 
Tabulatur  des  Johann  Caspar  von  Döremberg.   Ms.  aus  dem  Jahre  1652. 
Berlin.  Kgl.  Bibl. 


210  Guitarretabulaturen. 

Henri  Grenerin,  Livre  de  guitare  et  autres  pieces  de  musique  meslees  de 
Symphonies  avec  une  Instruction  pour  jouer  la  basse  continue.  Paris 
1680  (Angeboten  von  Liepmannssohn  1888,  Kat.  66). 

J.  Kremberg,  Musicalische  Gemüths-Ergötzung.     Dresden  1689. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim, 
Dresden,  off.  Bibl.,  Schwerin,  Großherzogl.  Bibl.,  Kopenhagen, 
Kgl.  Bibl.,  L o n d o n ,  British  Museum,  Baudnitz,  fürstl.  Lobkowitzsche 
Bibl.,  Wien,  k.'k.  Hofbibl. 

Gougelet,  Airs  choisis  avec  accompagnement  de  guitarre  (zweite  Hälfte  des 
18.  Jahrb..). 

Paris,  Bibl.  du  Conserv. 

M.  de  Lagarde,   I.  II.  III  Recueil  de  Brünettes.     Avec  accompagnement   de 
Guitarre  de  Clavecin  ou  de  Harpe.     A  Paris  1764. 
Berlin,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum. 

Recueil  de  Duo.   Paris  1764.    In  Betracht  kommt  nur  die  Chanson  Dia- 

loguee  entre  Tirsis  et  Philis. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 
F.  A.  Pitterlin,  Gantate  u.  Berg-Reihen.     Freyberg,  d.  8.  May  1792. 
Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  17620. 

c)  Grifftabulaturen  (estilo  Italiano),  große  Buchstaben  und 

Anschlagsstriche. 

Girolamo  Montesardo,   Nuova  Inventione  d'Intavolatura  per  sonare  li  bal- 

letti  sopra  la  Chitarra  Spagniuola,  senza  numeri  e  note.  Firenze,  Chr. 

Marescotti,  1606. 

Wien,  Gesellsch.  der  Musikfreunde,  Bologna,  Liceo  musicale. 
Giov.  Ambrosio  Colonna,  Intavolatura  di  Chitarra  alla  Spagnuola.  Milano  1620. 

Bologna,  Liceo  musicale,  London,  British  Museum. 
II  2.  libro  d'Intavolatura  di  Chitarra  alla  Spagnuola.     Milano  1620. 

Mailand,  Bibl.  Carolina  Cattaneo. 

II  3.  libro  de  Intavolature  di  Chitarra  alla  Spagnola.     Milano  1  623. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Benedetto  Sanseverino,   II  primo   libro  d'intavolatura  per  la  Chitarra  alla 
Spagnuola  de  Passacalli,  Ciaccone,  Saravande  etc.  op.  3.    Milano  1622. 
Bologna,  Liceo  musicale,  London,  British  Museum. 
Carlo  Milanuzzi,  Terzo  Scherzo   delle   ariose   vaghezze    op.  9.    Venetia,  AI. 
Vincenti,   1623. 

Hamburg,  Stadtbibl. 

Secundo  Scherzo  delle  ariose  vaghezze.    Venezia,  AI.  Vincenti,  1 625. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Fabrizio  Costanzi,  Fior  novello  Libro  I.     Bologna  1627. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Pietro  Millioni,    Corona   del  primo, -secondo   e  terzo  libro  d'intavolatura  di 

Chitarra  Spagnola.     Roma  1627  (4.  Ausgabe). 
Bologna,  Liceo  musicale,  Paris,  Bibl.  Nat. 


Neuausgabe  Torino  1635. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim. 
Intavolatura  di  Chitarra  Spagnola  4.  libro.  Seconda  impressione.  Romal  627. 

Bologna,  Liceo  musicale,  London,  British  Museum. 
Prima  Impressione  del  Quinto  Libro  d'Intavolatura  di  Chitarra  Spagnola. 
Roma  1627. 

Bologna,  Liceo  musicale. 


Guitarretabulaturen.  211 

Giovanni  Battista  Abbatessa  Bitontino,   Corona   di  vaghi   fiori  overo  nuova 
intavolatura  di  Cbitarra  alla  spagnuola.    Yen.,  Magni,  1627. 
London,  British  Museum. 
Foriano  Pico,  Nuova  Scelta  di  Sonate  per  la  Cbitarra  Spagnola.     Francesco 
Pari  1628. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim. 
L'Academico    Caliginoso   detto    il   Furioso  (Foscarini),    Intavolatura   di 
Chitarra  Spagnola.    Libro  secondo.    In  Macerata,  appresso  Giov.  Battista 
Bononio,  1629. 

Warschau,  Bibl.  des  Musikvereins,  Berlin,  Kgl.  Bibl.  (im  Faksim.). 

11  Primo  Secondo  e  Terzo  Libro  della  Chitarra  Spagnola.     s.  1.  et  a. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,   Bologna,  Liceo  mus.,  London,  British  Museum, 

Paris,  Bibl.  Nat. 
I  Quatro  Libri  della  Chitarra  Spagnola.     s.  1.  et  a. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Giovanni  Battista  Abbatessa,  Cespuglio  di  varii  fiori,  overo  intavulatura  di 

Chitarra  Spagnola.     Orvieto  1635. 
London,  British  Museum. 
Fiorenza  1637. 

Bologna,  Liceo  musicale. 

Ghirlanda  di  varii  fiori  overo  intavolatura  di  Chitarra  Spagnuola.    Milano, 

Ludouico  Monza,  s.  a. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum. 
Pietro  Milioni   e  Lodovico  Monte,  Vero  e  facil   modo  d'imparare   a  sonare 

et  accordare  da  se  medesimo  la  Chitarra  Spagnuola  non  solo  con  l'Alfa- 

betto  et  accordatura  ordinaria  mä  anco  con  vn'altro  Alfabetto,  et  Ac- 

cordatura  straordinaria.     Ausgabe  Roma  1637. 
London,  British  Museum. 
Ausgabe  Roma  1644. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Ausgabe  Venetia  1652. 


Bologna,  Liceo  musicale. 
Ausgabe  Venetia  1673. 


Berlin,   Kgl.  Bibl.,    Berlin-Grunewald,   Bibl.   Dr.  W.  Wolffheim, 
Hannover,  Kgl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  musicale. 


Ausgabe  1678. 


Bologna,  Liceo  mus.,  Modena,  Bibl.  Est.,  London,  British  Museum. 
Ausgabe  Venedig  1684. 


Bologna,  Liceo  musicale. 
Ausgabe  Venedig  1737 


Paris,  Bibl.  du  Conserv. 
Lodovico  Monte,  Vago  Fior  di  virtü.     Venezia,  A.  Salvadori. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Giovanni  Ambrosio  Colonna,  Intavolatura  di  Chitarra  Spagnuola  del  primo, 

secondo,  terzo  et  quarto  Libro.     Milano,  Dionisio  Gariboldi,  1637. 
Bologna,  Liceo  musicale,  London,  British  Museum. 
Agostino  Trombetti,   Intavolatura  di  sonate  nuovamente   tradotte  sopra  la 

Chitarra  Spagnuola  Libri  I  e  II.     1639. 
Bologna,  Liceo  musicale. 
Angiolo  Michele  Bartolotti,  Libro  primo  di  Chitarra  Spagnola.    Firenze  1640. 

Florenz,  Bibl.  Naz.,  London,  British  Museum,  Bologna,  Liceo  mus. 


212  Guitarretabulaturen. 

Antonio    Carbonchi,    Le    dodici    Chitarre    spostate.     Libro    2    di    Chitarra 
Spagnola  con  due  alfabeti,   uno   alla  Francese  ed  uno  alla  Spagnola. 
Fiorenza,  Franc.  Sabatini,  1643. 
Rom,  Sa.  Cecilia. 
Intavolatura  di  Chitarra  e  Chitarriglia  con  le   piü  necessarie  e  facili  Suonate 
a  chi  si  diletta  di  tal  professione.    Bologna,  per  Giacomo  Monti,  1646. 
London,  British  Museum. 
Carlo  Calvi,  Intavolatura  di  Chitarra  e  Chitarriglia.     Bologna  1646. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Domenico    Pellegrini,     Armoniosi    concerti     sopra    la    chitarra    spagnuola. 
Bologna  1650. 

Bologna,  Liceo  musicale,  Paris,  Bibl.  du  Conserv.  . 
Giov.  Battista  Abbatessa,  Intessitura  di  vari  fiori.     Roma  et  Lucca  1652. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Biagio  Marini,  Diversi  genere  di  Sonate  da  chiesa  e  da  camera.   Ven.  1655. 

Breslau,  Stadtbibl. 
Tomaso  Marchetti,  II  primo  libro  di  Intavolatura.     Roma  1660. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Pietro  Millioni,  Nuova  Corona  d'intavolatura.     Roma  1661. 

Bologna,  Liceo  musicale. —  Ausgabe  1676.     Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Giov.  Pietro  Ricci,  Scuola  d'intavolatura  con  laquale  ciascuno  senza  Maestro 
puole  imparare  a  suonare  la  Chitarriglia  Spagnuola   accordare,  fare  il 
trillo,    il   repicco,    trasmutar   da  una  lettera  all   altra  corrispondenti. 
Roma,  Paolo  Moneta,  1677. 
London,  British  Museum. 
Gaspar  Sanz,   Instruccion  de  Musica  sobre  la  guitarra  espahola.     En  Zara- 
goza, por  los  Herederos  de  Diego  Dormer.     Ano  de  1674  (1697). 

München,  Kgl.  Hofbibl.  —  Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolff- 
heim,  Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum,  Paris,  Bibl. 
du  Conserv. 

Handschriften. 
Berlin,  Kgl.  Bibl.    Mus.  Ms.  Z  85  mit  ital.  Tänzen;  saec.  XVII. 
Florenz,  Bibl.  Naz.  Centr.    Ms.  XIX  143  mit  ital.  Tänzen  und  Liedern  zur 

Guitarre;  saec.  XVII. 
Bibl.  Ricardiana.     Ms.  2793  mit  ital.  Tänzen   und  Liedern  zur  Guitarre; 

saec.  XVII. 
Perugia,  Bibl.  Comunale.   Nr.  586  [H  72)  Sonate  per  Chitarra.  Vorn  Kupfer: 

Antonio  Carbonchi  Fiorentino   inventore   di  sonare   sopra  dodici  chiavi 

della  chitarra  Spagnola.  Vorgeheftet  sind  vier  Blätter  Lautentabulatur. 

Inhalt:  Passacagli,  Follias,  Ciacone,  Servande,  Villan  di  spagna,  Pauan, 

Pavaniglia,  Spagnoletta,  Ruggiero  etc.;  saec.  XVII. 
Regensburg,    Bibl.   Haberl.     Tabulatur    von    Domenico    Romani    mit    ital. 

Tänzen;  saec.  XVII. 

d)  Grifftabulaturen  (estilo  Italiauo),  große  Buchstaben  ohne 

Anschlagszeichen. 

Giov.  Girolamo  Kapsperger,  Libro  primo  di Villanelle  a  1 ,  2  et  3  voci  con l'inta- 

volatura  del  Chitarone  et  alfabeto  per  la  Chitarra  Spagnola.   Roma  1 61 0. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,   Bologna,  Liceo  musicale,  Brüssel,  Kgl.  Bibl. 

u.  Bibl.  du  Conserv.,  Florenz,  Bibl.  Laur.,   London,  British  Mus. 

u.  Royal  College  of  Music,  Rom,  Cappella  Giulia. 


(itiilarrotabulaturen.  213 

Giov.  Girolamo  Kapsberger,  Libro  2  <ü  Villanelle.     Roma  1619. 

Bologna,    Licco  mus.,    Brüssel,  Kgl.  Bibl.,    Florenz,  Bibl.  Laur., 

London   British  Museum,  Rom,  Cappella  Giulia. 
Libro  3  di  Villanelle.     Roma  1619. 

Bologna,    Liceo    mus.,    Brüssel,    Kgl.  Bibl.,    Florenz,   Bibl.  Laur., 

London,  British  Museum,  Rom,  Cappella  Giulia. 

Libro  4  di  Villanelle.     Roma  1623. 

Bologna,   Liceo  mus.,    Brüssel,  Kgl.  Bibl.,    Florenz,  Bibl.  Laur., 
London,  British  Museum,  Rom,  Cappella  Giulia  u.  Sa.  Cecilia. 
Giovanni  Stefani,  Affetti  amorosi.   Canzonette  ad  una  voce  sola  ...  con  la 
parte  del  Basso  e  le  lettere  dell'  alfabetto  per  la  chitarra  alla  spagnola. 
Ven.  1618. 

Bologna,  Liceo  musicale;    Ausgaben   von   1621,  1623  und  1626  in 
Bologna,  Liceo  mus.,  von  1623  auch  in  Hamburg,  Stadtbibl. 
Girolamo  Marinoni,  R  1.  libro  de  Motetti  ä  una  voce  et  in  fine  un  Salve 
regina  a  2  posti  in  Musica  per  alfabcto.    Ven.,  Magni,  1614. 
Breslau,  Stadtbibl.,  Kassel,  Landesbibl.,  Prag,  Univ.-Bibl. 
Paolo  d'Aragona,    Amorose  Querelle,   canzonette  a  tre  voci   segnate   con  le 
lettere  dell'  Alfabeto  per  la  Chitarra  alla  spagnola  sopra  la  parte  del 
Basso  e  Canto.    Parte  seconda.    In  Napoli  per  Lucretio  Nucci,  1616. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Oratio  Giaccio,  Laberinto  amoroso.     Lib.  3.     Napoli  1618. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Giov.  Stefani,   Scherzi  amorosi,  Canzonette   ad  una  voce  sola  lib.  2.    Ven., 
Vincenti,  1620. 

Mailand,  Konserv. 
Stefano  Landi,  Arie  a  una  voce.   Ven.,  Magni,  1 620.  (Nr.  55 — 60  mit  Tabulatur.) 
Breslau,  Stadtbibl.,  London,  British  Mus.,  Paris,  Bibl.  du  Cons. 
Giovanni  Stefani,  Scherzi  amorosi  Canzonette  ad  una  voce  sola  lib.  2.  Venetia, 
A.  Vincenti,  1622. 

Hamburg.  Stadtbibl. 
Filippo  Vitali,   Arie  a  1.  2.  3.  voci.     Da    cantarsi    nel    Chitarrone,    Chitarra 
Spagnuola  et  altri  stromenti  lib.  4.    Ven.,  Gardano,  1622. 
Breslau,  Stadtbibl. 
Carlo  Milanuzi,   Primo  Scherzo  delle  ariose  vaghezze  commode  da  cantarsi 
a  voce  sola  nel  Clauicembalo,  Chitarrone,  Arpa  doppia  et  altro  simile 
stromento  con  le  Lettere  del  Alfabetto,  con  l'intavolatura  e  con  la  Scala 
di  Musica  per  la  Chitarra  alla  Spagnola.    op.  7.    Ven.  1622. 
Hamburg,  Stadtbibl..  Bologna,  Liceo  musicale. 

Secondo  Scherzo,    op.  8.    Ven.  1625. 

Bologna,  Liceo  musicale. 

Terzo  Scherzo,    op.  9.    Ven.  1623. 

Hamburg,  Stadtbibl. 

Quarto  Scherzo,    op.  11.    Ven.  1624. 

Hamburg,  Stadtbibl. 

Sesto  Scherzo,    op.  15.    Ven.  1628. 

Bologna,  Liceo  musicale. 

Settimo  Scherzo,    op.  17.    Ven.  1630. 

Bologna,  Liceo  musicale. 

Ottavo  Scherzo,    op.  18.    Ven.  1635. 

Bologna,  Liceo  musicale. 


214  Guitarretabulaturen. 

Giovanni  Ghizzolo,  Frutti  d'amore  in  vaghe  et  variate  Arie  da  cantarsi  co'l 
Chittarone,  Clauicembalo  ö  altro  simile  stromento  accomodatavi  l'Alfa- 
betto  con  le  lettere  per  la  Chitarra  Spagnola.    Ven.  4  623. 
Bologna,  Liceo  musicale. 
Remigio  Romano,    Prima   (secunda,    terza,    quarta)    Raecolta    di    bellissime 
canzonette  musicali.     1624. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl.  —  Pavia  1625.    London,  British  Museum. 
Giov.  Pietro  Berti,  Cantade  ed  Arie.    Lib.  4.    Venetia  1624. 

Hamburg,  Stadtbibl. 
Alessandro  Grandi,  Cantade  et  Arie  a  voce  sola  commode   da  cantarsi  nel 
Clavicembalo,  Chitarrone  et  altro  simile  stromento  con  le  lettere  dell' 
Alfabetto  per  la  Chitarra  Spagnola.    lib.  3.    Ven.,  Vincenti,  1626. 
Breslau,  Stadtbibl. 
Francesco  Severi   Perugino,   Arie  .  .  .  a  una,  due  et  tre  voci.      Da  cantarsi 
nel  Chitarrone,  Clavicembalo  et  altri  simili  Instromenti.    Con  alcune  Arie 
con  l'Alfabeto    per   la   Chitarra   alla  Spagnola.     Libro    primo.     op.  2. 
Roma,  Paolo  Masotti,  1626. 

Bassano-Vicenza,  Bibl.  Dr.  0.  Chilesotti. 
Giovanni   Battista   Fasolo,     Misticanza   di  vigna    alla    Bergamasca.     Roma, 
Robletti,  1627. 

Bassano-Vicenza,  Bibl.  Dr.  0.  Chilesotti. 
Pietro  Millioni,  Prima  scelta  die  Villanelle  accommodate  con  l'intavolatura 
per  cantare  sopra  la  Chitarra  alla  spagnola.    Roma,  Facciotti,  4  627. 
Bologna,  Liceo  musicale. 
Domenico  Crivellati,  Cantate  diverse  a  una,  due  e  tre  voci  con  l'intavola- 
tura per  la  chitarra  spagnola.     Roma,  Robletti,  1628. 
London,  British  Museum. 
Giovanni  Battista  Fasolo, 'II  carro  di  Madama  Lucia.   Roma,  Robletti,  1628. 

London,  British  Museum. 
Alessandro  Grandi,  Cantade  et  Arie  a  voce  sola  commode  da  cantarsi  nel  Clavi- 
cembalo, Chitarrone  ö  altro  simile  stromento  con  le  lettere  dell' Alfabetto  et 
intavolatura  per  la  Chitarra  alla  Spagnola.  Libro  4.  Ven.,  AI.  Vincenti,  1 629. 
Breslau,  Stadtbibl.  (?) 
Giovanni  Battista  Camarella,  Madrigali  e  Arie.   Op.  1.   In  Venetia,  appresso 
Alessandro  Vincenti,  MDCXX  [XIII?]. 
Berlin,  Kgl.  Bibl, 
Stefano  Landi,  II  5.  libro  d'Arie  da  cantarsi  ad  una  voce  con  la  Spinetta  e 
con  le  lettere  per  la  Chitarra.    Ven.,  Magni,  1637. 
Breslau,  Stadtbibl. 
Pietro  Paolo  Sabbatini,  Varii  Capricci  Canzonette  a  1  et  3  voci  da  cantarsi 
sopra  qualsivoglia  istrumento  con  l'alfabeto  della  Chitarra  Spagnuola. 
lib.  7.    op.  1  4.     Roma,  Vinc.  Bianchi,  4  644. 

London,  British  Museum,   Rom,  Cappella  Giulia. 
Cherubino  Busatti,  Settimo  libro  d'Ariette  a  voce  sola.    Ven.,  Vincenti,  4644. 

Breslau,  Stadtbibl.1 
Pietro  Paolo  Sabbatini,  Prima  scelta  di  Villanelle  a  due  voci  composte  .  .  . 
da  sonarsi  in  qualsivoglia  instromento  con  le  lettere  accommodate  alla 
Chitarra  Spagnola.     Roma,  Vitale  Mascardi,  4  652. 
London,  British  Museum. 


1  Vgl.  Bohn's  »Bibliographie  der  Musik-Druckwerke  bis  4700«  S.  84  f. 


Guitarretabulaturen.  215 

Canzonette  spirituali  e  morali  che  si  cantano  neu'  Oratorio  di  Chiavenna 
erctto  sotto  la  Protettione  di  S.  Filippo  Neri.  Accommodate  per  cantar 
a  1.  2.  3  voci  come  piu  piace  con  le  lettere  della  Cliitarra  sopra  Arie 
communi.     Milano,  C.  F.  Rolla,   1657. 

Nuove  Canzonette  musicali  de  diversi  auttori.     Venezia,  Giaconio  Batti,  -1659. 

Guillaume-Gabriel  Nivers),  Methode  facile  pour  apprendre  ä  chanter  la  mu- 
sique.     Par  un  maitre  celebre  de  Paris.     Paris  1666. 

Bologna,  Liceo  mus.  —  Ausgabe  Paris  1696.  Brüssel,  Kgl.  Bibl. 

e)  Grifftabulaturen  (estilo  Italiano),  kleine  Buchstaben. 

Raffaello  Rontani,   Le  varie  Musiche  a  una,  due  e  tre  voci  per  cantare  nel 

Cimbalo,  6  in  altri  stroraenti  simili  con  Talfabeto  per  la  Chitarra  Spagnola. 

lib.  1.     Roma   1623. 

Crespano,  Bibl.  Com.,  London,  British  Museum. 
lib.  2.     Roma  1618. 

Rom,   Sa.  Cecilia.    —    Rom   1623.    Crespano,   Bibl.  Com.,    London, 

British  Museum. 
lib.  3.     Roma  1619. 


Crespano,  Bibl.  Com.,  London,  British  Museum, 
lib.  4.     Roma  1620. 


Crespano,  Bibl.  Com.,  London,  British  Mus.,  Rom,  Cappella  Giulia. 
lib.  5.     Roma  1620. 


Crespano,  Bibl.  Com.,  London,  British  Museum. 
lib.  6.     Roma  1622. 


Crespano,  Bibl.  Com.,  London,  British  Museum. 

Eine  Kopie  aller  Bücher  in  Bassano-Vicenza,  Bibl.  Dr.  Chilesotti. 
Filippo  Vitali,  Musiche  a  una,  due  et  tre  voci  per  cantare  nel  Cimbalo  ö  in 
altri  stromenti  simili  con  l'alfabeto  per  la  Chitarra  in  quelle  piu  ä  pro- 
posito  per  tale  stromento.    Libro  Terzo.    Roma,  Luca  Antonio  Soldi,  1 620. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Vezzosetti  fiori  di  varii  eccellenti  autori  cioe  Madrigali,  Ottave,  Dialoghi,  Arie 
et  Villanelle  a  una  e  due  voci.     Da   cantarsi   con   il  Cembalo,  Tiorba, 
Chitarra  Spagnola  etc.     Roma,  Giov.  Battista  Robletti,  1622. 
London,  British  Museum. 
Romigio  Romano,  Prima  (2a,  3a,  4a  e  residuo)  raccolta  di  bellissime  canzo- 
nette musicali  e  moderne  di  autori  grauissimi  nella  poesia  e  nella  musica. 
Vicenza  e  Venetia,  per  Angelo  Salvadori,   1618—1627.    5  part.    4  Teile. 
Pauia,  G.  B.  de  Rossi,  1625. 
London,  British  Museum. 
II  vero  modo  per  imparare  sonare  la  Chitarriglia  spagnuola  con  sonate  nuove 
e  facili  per  Principianti  raccolte  da  diversi.    In  Perugia,  per  il  CosUa]ntini. 

Handschriften. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.     Mus.  Ms.  Z  85,  saec.  XVII.    Tänze  und  Lieder. 

Mus.  Ms.  acc.  4118.  Dreistimmige  Sätze  über  spanische  und  ita- 
lienische Texte  in  Chorbuchform  notiert  mit  Griffbuchstaben  für  Guitarre 
über  Tenor  und  Baß;  saec.  XVII. 

Florenz,  Bibl.  Naz.  Centr.     Ms.  XIX.  143.    Tänze  und  Lieder;  saec.  XVII. 

Bibl.  Riccardiana.     Ms.  2793.     Canzonette  musicali;  saec.  XVII. 

München,  Kgl.  Hofbibl.  Mus.  Ms.  1522.  Tabulatur  der  Adelaida  di  Savoya, 
Elettrice  di  Baviera;  saec.  XVII. 


216  Guitarretabulaturen. 

l'j  Tabulatoren  mit  einer  Mischung  von  Griff-  uud  Stimmenspiel. 

L;Academico  Caliginoso  detto  il  Furioso  (Foscarini),  II  Primo,  Secondo 
e  Terzo  Libro  della  Chitarra  Spagnola.     s.  1.  et  a. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum,  Paris,  Bibl.  Nat. 
Francesco  Corbetta,  Scherzi  Armonici  trovati  e  facilitati  in  alcune  curiosis- 
sime  Suonate  sopra  la  Chitarra  Spagnuola.     Bologna  4  639. 
Bologna,  Liceo  musicale. 
Angiolo  Michele  Bartolotti,  Libro  4  di  Chitarra  Spagnola.    Firenze  4640. 

Bologna,  Liceo  raus.,  Florenz,  Bibl.  Naz.,  London,  British  Museum. 
Francesco  Corbetta,  Varii  Capricci  per  la  Ghittara  Spagnuola.    Milano  1643. 

Bologna,  Liceo  musicale,   London,  British  Museum. 
Giovanni  Battista  Gran  ata,  Capricci  Armonici  sopra  la  Chittarriglia  Spagnola. 
Bologna,  Giacomo  Monti,  4  646. 

Bologna,  Liceo  musicale,  Florenz,  Bibl.  Naz.,  London,  British 
Museum. 
Stefano  Pisari,  Gallena  musicale.    Verona  4648. 
Bologna,  Liceo  musicale. 

Ricreationi  armoniche  overo  Toccate  di  Chitarriglia. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Domenico    Pellegrini,    Armoniosi    Concerti    sopra    la    Chitarra    Spagnuola. 
Bologna  4  650. 

Bologna,  Liceo  musicale,  Paris,  Bibl.  du  Conserv. 
Giovanni  Battista  Gran  ata,   Nuova  scielta   di  Capricci  Armonici   e   Suonate 
Musicali  in  vari  Tuoni.     Bologna  4  654. 
Bologna,  Liceo  musicale. 

Soavi  Concenti  di  Sonate  musicali  per  la  Chitarra  Spagnuola.     Bologna, 

Monti,  4  659. 

Einst  in  Marburg,  Bibl.  Wagener,  Bologna,  Liceo  musicale. 
Giovanni  Bottazzari,  Sonate  nuove  per  la  Chitarra  spagnola.    Venetia4663. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Giovanni  Battista  Gran  ata,   Armoniosi  Toni   di  varie   Suonate  Musicali  per 
la  Chitarra  Spagnuola  et  altre  Suonate  concertate  a  doi  Violini  e  Basso. 
op.  7.     Bologna,  Giacomo  Monti,   4  664. 

London,  British  Museum.    Ausgabe  4684  in  Bologna,  Liceo  mus. 

Novi  Capricci  Armonici  musicali.   In  varj  Toni  per  la  Chitarra  Spagnola. 

Violino  e  Viola  Concertati  et  altre  Sonate  per  la  Chitarra  sola.    Bologna, 
Giacomo  Monti,  4  674. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  musicale. 

Nuovi  sovavi  (!)  Concenti  di  Sonate  musicali   in  varii  Toni  per  la  Chit- 

tarra  Spagnola  et  altre  Sonate  concertate  a  due  Violini  e  Basso.    Bologna, 
Giac.  Monti,  4  680. 

Bologna,  Liceo  musicale. 

Nuove  Suonate  di  Chitarriglia  Spagnuola  piccicate  e  battute.     s.  1.  e.  a. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Ludovico   Ron c all i,   Capricci   Armonici    sopra  la  Chitarra  Spagnola  op.  4. 
Bergamo,  Sebastian  Casetti,  4  692. 

Bergamo,   Bibl.  Civica,    Bologna,    Liceo    musicale,    London, 
British  Museum,  Rom,  Sa.  Cecilia. 
Santiago  d  e  M  u  r  c  i  a  (Maestro  de  Guitarra  de  la  Reyna  J.Ca.Sa.Da.Ma.  Luisa  Gabriela 
deSaboya),Resumen  de  Acompanar  la  Parte  con  la  Guitarra.  Ano  DE  4  74  4. 
Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim. 


Guitarretabulaturen.  217 

g)  Ziffern  als  Griffe  (estilo  Castellano). 

Luis  de  Briciieo,  Metodo  mui  facilissirao  para  aprender  a  tarier  la  guitarra 
a  lo  Lspaiiol  .  .  .  en  el  quäl  sc  hallaran  cosas  curiosas  de  Romances 
y  Seguidillas.  Iuntamente  sesenta  liciones  diferentes.  vn  Metodo  para 
teinplar.  otro  para  conocer  los  aquerdos.  todo  por  vna  horden  agra- 
dable  y  facilissima.  Inipreso  en  Paris.  Por  Pedro  Ballard.  Impresor 
del  Rey.  M.  VI  C.  XXVI. 
Paris,  Bibl.  Nat. 

Lucas  Ruiz  de  Ribayaz,  Luz  y  Norte  Musical  para  caminar  por  las  Cifras 
de  la  Guitarra  Espaflola,  y  Arpa,  täner,  y  cantar  ä  compäs  por  canto 
de  Organo;  y  breue  explicacion  del  Arte,  con  preceptos  faciles,  indubi- 
tables y  explicados  con  ciaras  reglas  por  teorica  y  practica.  En  Madrid; 
Por  Melchor  Alvarez.  Afio  de  1672. 
London,  British  Museum. 

Anno  de  1677. 

Berlin-Grunewald,    Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim,    Brüssel,   Kgl.  Bibl., 
Paris,  Bibl.  du  Conserv. 

Pablo  Minguet,  Academia  Musical  de  los  instrumentos  que  explica  Pablo 
Minguet  en  sus  Tratados,  los  quales  enseiian  el  nuevo  estilo  de  tänerlos 
por  musica  y  cifra  con  perfeccion.  Reglas  y  advertencias  generales 
que  enseiian  el  modo  de  tarier  todos  los  instrumentos  mejores  y  mas 
usuales  como  son  la  Guitarra,  Tiple,  Vandola,  Cythara,  Clavicordio 
Organo,  Harpa,  Psalterio,  Bandurria,  Yiolin,  Flauta  Travesera,  Flauta 
Dulce  y  las  Flautilla  con  varios  tanidos,  danzas,  contradanzas  y  otras 
cosas  semejantes,  demonstradas  y  figuradas  en  diferentes  Laminas  finas 
por  Musica  y  cifra,  al  estilo  Castellano,  Italiano,  Catalän  y  Frances 
paraque  qualquier  Aficionado  las  pueda  comprehender  con  mucha  fa- 
cilidad  y  sin  Maestro:  con  una  breve  explicacion  de  como  el  Autor  los 
aprendiu,  que  estä  al  bolver  de  esta  hoja.  Madrid,  Joaquin  Ibarra  (17521. 
Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim. 

M  i  n  g  u  e  t  y  Y  r  o  1 ,  Reglas  y  Advertencias  generales  que  enseiian  el  modo  de  tarier 
todos  los  Instrumentos  mejores  . . .  como  son  la  Guitarra,  Tiple,  Vandola, 
Cythara,  Clavicordio,  Organo,  Harpa,  Psalterio,  Bandurria,  Violin,  Flauta 
Traversa,  Flauta  Dulce  y  la  Flautilla.  Madrid,  Joachin  Ibarra,  1752 — 54. 
London,  British  Museum. 


i 


h)  Französische  Tabulator;  Anschlag  bezeichnet  durch  Striche  oder 
durch  candae  der  rhythmischen  Zeichen. 

Ms.  Isabel  van  Langenhove,  datiert  1635. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  Ms.  40142.    Ms.  von  Döremberg,  1652. 

Francisque  Corbetta,  La  Guitarre  Royalle.     Paris  1671. 

London,  British  Museum,   Paris,  Bibl.  Nat.,   Raudnitz,  fürstl.  Lob- 

kowitz'sche  Bibl. 
Ausgabe  1673. 


Paris,  Bibl.  Nat. 

Ausgabe  1674. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Robert  de  Visee,  Premier  JDeuxieme,  Troisieme)  livre  de  pieces  pour  la  Guitare. 
Paris   1682,  1686,   1689. 

Raudnitz,    fürstl.    Lobkowitz'sche    Bibl.     Buch    1  —  2    in    Paris, 
Bibl.  Nat. 
Kl.  Handb.  der  Musikgesch.   VIII,  2.  16 


218  Tabulaturen  für  Geigeninstrumente. 

Guillaume- Gabriel  Nivers,  Methode  facile  pour  apprendre  ä  chanter  la  mu- 
sique.     Par  un  Maistre  celebre  de  Paris.     Paris  1666. 
Bologna,  Liceo  musicale. 

Paris  1696. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl. 
Nicolas  Derosier,  Douze  ouvertures  pour  la  guitare  op.  5.     La  Haye  1688. 

Les  principes  de  la  guitare.     Amsterdam  4  696  (1699) 

Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  musicale. 
—  Nouveaux  principes  pour  la  Guitarre.     Paris,  Ballard,  4  689. 
Paris,  Bibl.  Nat. 
Anthoine  Carre  sieur  De  la  grange,   Livre  de  pieces  de  Guitarre  et  de  Mu- 
sique.     s.  1.  e.  a.  ; 

Einst  in  Breslau,  Bibl.  Bohn. 
Nicola  Matt  eis,    Le  false   consonanze   della  Musica.     Per  toccar  la  Chitarra 
sopra  alla  parte  in  breve. 

Raudnitz,  fürstl.  Lobkowitz'sche  Bibl.    Mss.  X  hb  207,  209,  211. 
Francois  Campion,  Nouvelles  decouvertes  sur  la  Guitarre.    Paris,  M.  Brunet, 
1705. 

Vgl.  Liepmannssohn,  4  901,  Katalog  152. 
Francois  le  Cocq,  Recueil  des  pieces  de  guitarre  .  .  .  presentees  .  .  .  en  1729 
ä  Mr.  de  CastiHion.  Daran  schließt  sich  an:  Recueil  de  pieces  de  guitare 
des  meilleurs  maitres  du  XVIIe  siecle  (N.  Derosier,  F.  Corbet,  Gaspar 
Sanchez,  St.  Luc,  de  Lelio,  Robert  de  Visee,  Perez  de  Zavala,  J.  B.  Granata 
und  zwei  Anonymi). 

Brüssel,  Bibl.  du  Conserv.  Nr.  5615. 
De  Lagarde,  Journal  de  Musique  (Paris  1758,  Decembre).  Air:  >Je  ne  scau- 
rois   chanter«    arrange  de  maniere  ä  pouvoir  estre   execute  par  deux 
Violons,  un  Violoncelle,  un  Clavecin  et  une  Guitarre;  on  peut  l'executer 
avec  la  Guitarre  seule. 


4.  Kapitel. 
Tabulaturen  für  Geigeninstrumente. 

Das  Mittelalter  kannte  vor  allem  drei  Formen,  welche  die  Grund- 
lagen für  die  späteren  Geigeninstrumente  zu  bilden  scheinen,  das 
»cruit«  (chorus),  die  »lyra  (rubeba,  rebec)«  und  die  »viella«.  Alle 
drei  wurden  in  der  Blütezeit  mit  dem  Bogen  angespielt.  Auf  ihre 
Geschichte,  welche  manchen  dunklen  Punkt  enthält,  kann  hier  nicht 
eingegangen  werden.  Wertvolle  Materialien  bieten  Sandys-Forster1, 
Welcker  v.  Gondershausen2,    Vidal3,  Wasielewski4,   Engel5, 

i  »The  History  of  the  Violin«  (London  1864). 

-  >Über  den  Bau  der  Saiteninstrumente«  (Frankfurt  a.  M.,  1870). 

:(  »Les  instruments  ä  archet«   (Paris  1876 — 78)  3  Bde. 

4  »Geschichte  der  Instrumentalmusik  im  16.  Jahrb.«  (Berlin  4  878). 

5  »Researches  into  the  early  history  of  the  Violin  Family«  (London  1883). 


Nachrichten  über  cruit,  rebec,  rubeba  und  viella.  219 

M  B  h  il  Ion !,  G  alpin  2,KathleenSchlesinger3,  E.  van  derStraeten4, 
Georg  Kinsky5  und  Curt  Sachs6. 

Das  »cruit  (crowd  oder  crwth)«  genoß  besonders  auf  englischem 
Boden  eifrige  Pflege.  Erste  Erwähnung  fand  es  im  Anfange  des 
7.  Jahrhunderts  von  Venantius  Fortunatus.  Kinsky  vermutet 
die  Entwickelung  aus  der  antiken  Lyra.  In  der  Fachliteratur  be- 
gegnet es  zuerst  im  11.  Jahrhundert  als  chorus.  Es  hatte  vier 
Saiten  und  wurde  an  der  Schulter  gespielt.  Charakteristisch  ist 
die  mehr  ovale  Form,  bei  der  später  im  13.  Jahrhundert  für  die 
die  Saiten  greifende  Hand  durch  Ausschnitte  zu  beiden  Seiten  der 
Mittellinie  ein   schmaler  Steg  als  Griffbrett  geschaffen  worden  ist. 

Bis  ins  8.  Jahrhundert  hinein  können  wir  an  Hand  von  literari- 
schen Vermerken  das  birnenförmige  »rebec  (lyra)«,  das  in  Abbil- 
dungen seit  dem  10.  Jahrhundert  mit  einer,  dann  schon  im  11.  Jahr- 
hundert mit  drei  Saiten  begegnet,  verfolgen.  Ein  größerer  Typus,  .die 
»rubeba«,  bei  der  sich  bereits  der  Hals  klar  vom  Körper  abhebt, 
und  die  sowohl  an  der  Schulter,  wie  zwischen  den  Knien  gespielt 
werden  konnte,  ist  frühestens  in  Abbildungen  des  1 2.  Jahrhunderts 
anzutreffen.  In  den  Gesichtskreis  der  Theorie  tritt  sie  zuerst  im 
13.  Jahrhundert  bei  Hieronymus  de  Moravia7,  der  sie  uns  als 
ein  zweisaitiges,  offenbar  aber,  wie  aus  Abbildungen  zu  schließen 
ist,  doppelchöriges,  wie  unsere  Violine  gehaltenes  Instrument  mit 
Quintstimmung  und  dem  Umfange  c — d'  beschreibt. 

Den  hervorragendsten  Platz  unter  den  Streichinstrumenten  nahm 
aber  die  »viella8«  ein.  Diese  Bezeichnung  geht,  wie  die  späteren 
vihuela,  viola  auf  fidula  zurück,  das  schon  868  in  Otfrid  von  Weißen- 
burg's  »Evangelienharmonie«  vorkommt.  Die  viella  w7ar  ein  fünf- 
saitiges  Zargeninstrument  mit  eingebuchtetem  Körper  und  einem 
mit  Wirbeln  versehenen  Kopfe,  wie  schon  eine  Abbildung  in  dem 
1066  von  Theodor  von  Caesarea  illuminierten  cod.  Add.  19352  des 
British  Museums  zeigt.    Bünde  lassen  die  Darstellungen  des  Mittel- 


i  »Catalogue  descriptif  et  analytique  du  Musee  Instrumental  du  Conserva- 
toire  Royal  de  Musique  de  Bruxelles«. 

-  »Old  English  Instruments  of  Music<  (London,  Methuen  &  Co.)  S.  73 ff. 

3  »The  Instruments  of  the  Modern  Orchestra  and  Early  Records  of  the 
Precursors  of  the  Violin  Family«  vol.  II  (London,  W.  Reeves,  1910). 

4  »The  Romance  of  the  Fiddle«  (London,  Rebman  lmtd.  1911). 

5  »Musikhistorisches  Museum  von  "Wilhelm  Heyer  in  Cöln«  (Cöln  1912). 

6  »Real-Lexikon  der  Musikinstrumente«  (Berlin,  Julius  Bard,  1913). 
'  Gerbert,  »Scriptores«  III,  20. 

8  Nicht  zu  verwechseln  mit  der  Vielle  =  Bauernleier,  organistrum,  Sym- 
phonie, chifonie,  lyra  mendicorum,  über  welche  eine  Spezialstudie  von  E.  de 
Bricqueville  vorliegt:  »Notice  sur  la  Vielle«  (Paris,  Fischbacher,  1911). 

16* 


220  Mittelalterliche  Berichte  über  die  Vielle. 

alters  nicht  erkennen.  Wann  diese  hinzugetreten  sein  mögen,  ver- 
mag ich  nicht  anzugeben.  Vielleicht  ist  die  Notiz  des  gegen  Ende  des 
13.  Jahrhunderts  schreibenden  Elias  Salomonis:  »Sicut  videmus 
quod  in  viella  non  sunt  'nisi  quinque  chordae  et  tarnen  secundum  di- 
versitatem  traetuum  chordarum  puncti  et  sonus  viellae  possunt  multi- 
plicari  ultra  quinque  punctos  pro  voluntate  actoris  et  cantus  qui  regitur 
in  Ulis  instrumentis«  ein  Beleg  und  die  »tractus1  cordarum«  als 
Bünde  zu  deuten,  da  an  eine  Verschiedenheit  der  Spannung  und 
dadurch  hervorgerufene  Erweiterung  des  Tonmaterials  während  des 
Spiels  nicht  zu  denken  ist.  Es  müßte  gerade  Salomon  nur  ganz 
allgemein  die  Möglichkeit  der  Tonveränderung  durch  andere  Spannung 
haben  hinstellen  wollen. 

Über  die  im  Mittelalter  für  die  »viella«  vorliegenden  Stimmungen 
Klärt  uns  Hieronymus  de  Moravia2  auf.  Als  erste  gibt  er  D 
r  G  d  d,  nach  unserer  Bezeichnung  also  d  G  d'  d'  an.  Die  Saite 
D  ist  als  bordunus  angesprochen,  läßt  also,  weil  sie  neben  dem 
Griff brette3  einherläuft,  während  des  Spiels  keine  Veränderung  des 
Tones  zu.  Eine  zweite  Stimmung,  die  den  unregelmäßigen  Gesängen 
des  Volkes  ihren  Ursprung  verdankt,  kennt  nur  über  das  Griffbrett 
laufende  Saiten,  die  der  Stimmung  FD  Gdg  =  G  d g  d'  g'  ge- 
horchen. Noch  einer  zur  ersten  gegensätzlichen  dritten  Stimmung 
F  r  D  c  c  wird  Erwähnung  getan,  die  aber  nicht  zweifellos  feststeht 
und  nicht  erkennen  läßt,  ob  eine  Saite  und  im  bejahenden  Falle 
welche  die  Rolle  des  bordunus  spielt. 

Über  die  Bedeutung  der  Vielle  am  Ausgange  des  13.  Jahrhunderts 
werden  wir  von  Johannes  deGrocheo4  unterrichtet,  der  ihr  unter 
den  Saiteninstrumenten  die  vornehmste  Stellung  einräumt  und  betont, 
daß  auf  ihr  vor  allen  andern  Instrumenten  alle  musikalischen  Formen 
feinfühlig  zur  Ausführung  gelangen.  Nicht  minder  enthusiastisch 
ist  das  Lob,  welches  Tinctoris5  undMersenne6  ihrem  Nachfahren, 
der  Viola,  spenden.  Die  Violen  wurden  zuerst  in  Italien  ausge- 
bildet, gewannen  dann  aber  auch  für  alle  anderen  Länder  Bedeutung. 
Eine  besondere  Blüte  der  Violenkunst  erlebte  England7,  . 


i  tractus  =  pars,  portio  ist  für  die  zweite  Hälfte  des  1  3.  Jahrhunderts  aus 
Ducange  zu  belegen. 

2  C.  S.  I,  153. 

3  »extra  corpus  viellae«. 

*  »Sammelbände  der  IMG.«  I,  96 f. 

5  »De  inventione  et  usu  musicae«  (vgl.  Haberl's  kirchenmusikalisches  Jahr- 
buch 4  899),  S.  75  und  die  Neuausgabe  von  Karl  Weinmann. 

6  »Seconde  Partie  de  THarmonie  Universelle«    (Paris  1637)  S.  195. 

7  Jean  Rousseau  schreibt  in  seinem  »Traite  de  la  Viole«  (Paris,  Chri- 
stophe Ballard,  1687)  S.  17 f.:  eile  [la  Viole)  a  passe  des  Egyptiens  aux  Orecs, 


Stimmungen  der  großen  und  kleinen  Geigen.  221 

Aus  Deutschland  kommt  uns  die  erste  theoretische  Behandlung 
der  Geigeninstrumente.  Sebastian  Vir  düng  berührt  in  seiner 
»Musica  getutscht« l  1511  die  großen  Geigen,  welche  den  Viellen 
der  älteren  Zeit  entsprechen  dürften,  nur  flüchtig  und  lehrt  für  sie 
die  gleiche  Notation  wie  für  die  Laute.  Reicher  fallen  schon  die 
Nachrichten  bei  Martin  Agricola  in  seiner  »Musica  instrumentalis 
deudsch«2  aus  dem  Jahre  1529  (1545)  aus.  Wir  lernen  den  chori- 
schen Bau  dieser  großen  Geigen  in  den  Typen  des  Discants,  Alts, 
Tenors  und  Basses  kennen.  Auch  hier  ist  die  deutsche  Lautenta- 
bulatur  zur  Fixierung  der  Tonstücke  verwendet.  Die  Stimmung 
der  fünfsaitigen  Diskantgeige  ist  /'  a  d  g  c",  der  Alt-  und  Tenorgeige 
c  f  a  d'  g'  und  der  sechssaitigen  Baßgeige  G  c  f  a  d'  g  .  Daneben 
kennt  aber  Agricola  auch  eine  viersaitige  große  Geige,  deren  Diskant- 
Typus  die  Stimmung  g  c  f  a  aufweist  und  für  deren  Alt(Tenor)- 
Typus  der  Akkord  c  f  a  d'  wie  für  den  Baßtypus  der  Akkord 
G  c  f  a  maßgebend  ist.  Letztere  Stimmung  kommt  auch  für  die 
viersaitigen  bundlosen  kleinen  Geigen  vor. 

Von  kleinen  Geigen  ist  jene  mit  drei  in  Quinten  gestimmten 
Saiten  am  gebräuchlichsten:  Der  Diskant-Typus  gehorcht  der  Stim- 
mung g  d'  u' ,  der  Alt-  und  Tenortypus  der  Stimmung  c  g  d'  und 
der  Baßtypus  der  Stimmung  Feg. 

Wesentlich  andere  Stimmungsergebnisse  zeitigt  das  Studium  von 
Hans  Gerle's  »Musica  Teusch  auf  die  Instrument  der  grossen  vnnd 
kleinen  Geygen  auch  Lautten«  1532,  die  4  537  und  1546  erweitert 
unter  dem  Titel  »Musica  vnd  Tabulatur  auff  die  Instrument  der  kleinen 
vnd  grossen  Geygen  auch  Lautten«  ausging.  Hier  sind  es  die  Stim- 
mungen d  g  h  e  a  ,  G  c  e  a  d'  und  D  G  II  e  a  beziehungsweise  für 
die  sechssaitige  Geige  AD  G  h  e'  a\  mit  denen  operiert  wird.  Alle 
Typen  weisen  sieben  Bünde  auf,  nur  der  Baß  begnügt  sich  mit  fünf. 

Wieder  andere  Wege  führt  uns  die  Neuausgabe  der  »Musica 
Instrumentalis  Deudsch«   M.  Agricola's  aus  dem  Jahre  I545:;,  die 

des  Grecs  aux  Italiens  et  des  Italiens  aux  Anglois  qui  ont  commence  les Pre- 
miers ä  composer  et  ä  joncr  des  püces  cFharmonie  sur  la  Viole  et  qui  cn 
ont  porte  la  connoissance  dans  les  auf  res  Royaumes,  tcls  qiCon  este  WaldSraxi 
ä  la  Cour  de  Saxe,  Boudler  ä  la  Cour  d  Espagne,  Joung  aupres  du  Comte 
d'Inspruck,  Preis  ä  Vienne  et  plusienrs  autres  cn  differents  endroits;  ainsi 
eile  a  passe  des  Anglois  aux  Allemaus  et  aux  Fspai/nols  et  nous  potivons 
dire  que  nous  somnies  les  demiers  qui  en  acotts  jout    . 

i  Ein  Neudruck  erfolgte  4SS2  als  \\.  Bd.  der  »Publikation  älterer  prak- 
tischer und  theoretischer  Musikwerke«. 

2  Siehe  den  Neudruck,  der  als  20.  Bd.  der  >Publikation  älterer  praktischer 
und  theoretischer  Musik- Werke«   1896  erschienen  ist. 

3  Neudruck  als  20.  Band  der  »Publikation  älterer  praktischer  und  theore- 
tischer Musik-Werke«   (Leipzig,  Breitkopf  u.  Ilärtel  1896,. 


222  Geigen-Beispiele  von  Hans  Gerle. 

nur  bei  dem  Baßtypus  der  großen  welschen  Geigen  fünf  Saiten, 
sonst  aber  nur  vier  Saiten  berücksichtigt  und  für  den  Diskant  die 
Stimmung  g  h  e  a',  für  Alt  und  Tenor  c  e  a  d'  und  für  den  Baß 
FAdgh  als  Akkord  angibt.  Ihnen  gegenüber  stehen  bei  ihm  die 
bundlosen,  mit  dem  Nagel  an  gezwickten  »Polischen  Geigen«  oder 
dreisaitigen  »kleinen  handgeigen«,  die  der  Quintstimmung  unter- 
worfen sind.  Angegeben  sind  die  Akkorde  g  d'  a',  c  g  d'  und 
F  G  da. 

Aus  Michael  Praetorius1  ist  ersichtlich,  daß  mit  den  großen 
welschen  Geigen  die  »Viole  de  gamba«  und  mit  den  polischen  Geigen 
die  »Viole  de  braccio«  identisch  sind.  Erstere  gehorchen  nach  ihm 
der  Quart-Terz-Quart-Stimmung  der  Lauten,  werden  aber  auch  in 
ihrem  größten  Typus  durchweg  nach  Quarten  gestimmt.  Nicht  un- 
interessant ist  seine  Bemerkung,  daß  die  englischen  Viola-Solospieler 
gern  eine  Quarte  oder  Quinte  unter  die  gewöhnliche  Stimmung  hinab- 
gehen.    Diese  ist  nach  Praetorius: 


Viole  de  Gamba 


Viole  de  Braccio 


Discantus:        A  d g  h  e'  a 
Altus  u.  Tenor:  D  G  c  e  a  d' 
Bassus:  G_  G  F A  dg 

Discantus:        g  d'  a'  e" 
Altus  u.  Tenor:  c  g  d'  a 

Bassus:  F  c  g  d'  (G  G  d  a) 


Als  Notation  tritt  bei  Virdung,  Agricola  und  Gerle  die  deutsche 
Lauten-Tabulatur  ein.  Zur  Veranschaulichung  seien  zwei  Beispiele 
aus  Gerle's  »Musica  Teusch«  für  große  und  kleine  Geigen  heran- 
gezogen : 


(£in  ITEayöt  öie  fagt  mir  3U. 


fians  (Serie,  OTnftca  Ceufdi  /  auf  bie  3*»fh"ument  ber  groffen 
pnb  «einen  ©eyaen  (J532)  Statt  Jv. 

Disfant  |  f"  T  f"  I"  T  T  I      T   l~  "   F^Fi  f  T   FT  '   *]}  f   ~  l"   l~  1"   T  l"   I 

o    4  4;     o   o      b   b    4  |     ^     o55ob^no      oio     |—     o      bn^^     b^b 

irrrrririr.iriiTi    i  r  ,  ^ ' . 

^14:     no     o    i     oj     oo|     0     |    0    0    !    5   5  0     b|^n|^ 


y-cnor  1  r  -  r  r  ~~  i  _ r  r  r  .  ~  r     i  _  r  r  r  r  r  r  r  r  r  i 

ooonn     4;  i  o|     o     t    ^    5    i  o    ^   n  |     3    c    c    5  n    ^  o     o    i    «  f 

r  r  r  i  i  _  r  i    r    i  r    I  r    i  i    ^ 

oio     ^    n  f  o  o  |     o     |oo     |    ^    ^    |    n    c'5 


1  >Syntagma  musicum«  II  cap.  XX. 


Geigen-Beispiele  von  Hans  Gerle.  223 

2Mt       rr  rr  rr  i  _r  r r  r r  r r  i  i  H«  r  r r  r r  rr  rr  i  _  r 

nnn  3  3  cc   f"  n  n  g  5  i  i  f  5  5  f"  o  ^  4:  4:  "  c  n  nc  n  T 

rr  I  l    r  i .  r    i  r ,  i  r   r  i    r  r  r " ,  ^ 

&*%    i  rr  rr  rr  i  _r  rr  rr  rr  i  '  tu  r  rr  rr  rr  i  i  _r  rr 

cccttnnc"  c^bnoocn2  cnn    g^ncncfc     oc 

i      r !  _  r   r  pf  r    i  r   r  l    r  f?8  r  *  ^ 

n  2Tc    f|"(        c    c  n   4    [    g   g     |cn|g    g2g|f 

Die  (Sugel. 

JSans  (Serie,  ITIufica  deufd?  /  auf  bie  Jnftrurnent  ber  großen 
unnb  fleinen  (Seggen  (\532)  Slott  Er. 

DisFant      r      I    I   TT      IT,       I"  TT     frff      IT     ^ 

_l_   5    |    p    5    o    o     |    o     5;o     bjO     ^bb[^^bolö5J     b 

r    i  i  r  r    i  r .  .  .     r.rr  r  f  l     r   r  r  f  f 

JLo|b4obj^^|n|-Ln|^boo|_L^        boöö 

r  r  r    i  r   r  r  r  ^ 

ob4nC|bno|b 

<£*«<«     -      irr    i  r    i  r    i  i  r  r    i  r    i  r  ^      r 

-I-  t    !    *   t   »     I    I    o   o    I    o    <(    |    nn  H     i|oo|4$|<t|_l_ni 

i r  r    i  r    i  r    r  r  r r      r   r r ff      r    r r r 

4  o    i    ^    |    n  3    |    cg|3cnn|J--3[cn^^|_l_o    |i^n| 


c    3   |    g  g    |    g 

2«*       r  .  l  I  r r  .  I , r    fr,  i  irr   r r r   ff?z-f  * 

JL5|fp55|jj)|       15    |     i    t    5  5    |    n    q   b        o    f   p    (    5  o   |  5 

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nc2n!tc|n5     cg221_Lc|n3gg|JLg        4be 

r  i    i  r  ^ 

n  g   |   n  2   '    I 


224  Stimmungen  der  Violen. 

In  Italien  ist  es  zuerst  Johannes  Tinctoris,  der  sich  in  seinem 
Traktate  »De  inventione  et  usu  musicae«  eingehender  mit  der  Viola 
beschäftigt.  Er  betont,  daß  »in  Italien  und  Spanien  dieses  Instru- 
ment meist  ohne  Bogen  gespielt  werde,  daß  die  Viola  mit  Bogen 
jedoch  sowohl  zur  Begleitung  und  Verzierung  des  Gesanges  als  auch 
für  Balladen  (ad  historiarum  recitationem)  in  den  meisten  Gegenden 
gebraucht«  werde1.  Nächst  ihm  widmet  Lanfranco  den  sechs- 
saitigen  »Violoni  da  tasti  et  da  arco«  in  seinem  »Scintille«  I5332 
einen  kurzen  Abschnitt,  der  die  gemeinsamen  Züge  mit  der  Laute 
wie  die  gleiche  Stimmung  betont  und  als  einzigen  Unterschied  beider 
Instrumente  die  doppelte  Besaitung  bei  den  Lauten  und  die  einfache 
Besaitung  bei  den  Violen  hervorhebt.  Neun  Jahre  später  kommt 
Silvestro  Ganassi  dal  Fontego  mit  der  ersten  Violen-Schule, 
der  »Regola  Rubertina.  Regola  che  insegna  sonar  de  uiola  d'archo 
tastada«  hervor.  Für  die  sechs  Saiten,  denen  in  der  Schrift  sechs 
Linien  mit  oben  liegender  tiefster  Saite  entsprechen,  gibt  er  ver- 
schiedene Stimmungen  an,  aus  denen  ich  nur  zwei  herausheben 
möchte:  die  erste  für  die  »proprietä  de  be  quadro  \*  (Cdur-Reihe) 
und  »de  be  mole  \><  (i^dur-Reihe)  und  die  zweite  für  die  »proprietä 
de  musicha  finta«   (5dur-Reihe). 

Discantus:        d  g   c'  e'  a'  d"  c   f  b   d'  g'  c" 

Altus  u.  Tenor:   G  c   f    a    d'  g'  F  B  es  g    e'   f 

Bassus:         D  G  c    e    a    d'  CF B  d    g     c' 

Auf  den  bereits  erwähnten  Sechsliniensystemen  erfolgt  die  No- 
tation mit  Hilfe  der  Zahlen  für  die  Bundfortschreitungen.     Hierbei 

fällt  eine  eigene  Bezeichnung  der  Bünde  10  bis  15  auf:  XX3fXXX. 
Auch  die  Bezeichnung  des  Fingersatzes  ist  durchaus  individuell: 

Punkt  über  der  Linie  vor  der  Zahl  Ausführung  durch  Zeige- 
finger -^     c    -3 — ^ — 

Punkt  unter  der  Linie  vor  der  Zahl  Ausführung  durch  Mittel- 


finger -Tt- 


Punkt  über  der  Linie  hinter  der  Zahl  Ausführung  durch  Ring- 


finger — * — * — ^ 


Punkt  unter  der  Linie  hinter  der  Zahl  Ausführung  durch  Gold- 
finger —*-■ ^ 3    -* 


i  Vgl.  auch  bei  Gastiglione  im  »Cortigiano<  das  >cantare  alla  viola  per 
recitar«.  »Cantastorie«  ist  die  gewöhnliche  italienische  Bezeichnung  solcher 
volkstümlichen  Balladensänger. 

2  Seite  142. 


Violenlabulaturen  aus  Ganassi. 


225 


Kin  Punkt  unter  der  Zahl  weistauf  die  Ausführung  mit  Bogenaul- 

strich,  das  Fehlen  eines  Punktes  auf  die  Ausführung  mit  Bogenabstrich. 

**  gilt  als  Zeichen  des  Aushaltens. 

Bei  -  ist  der  Finger  fest  auf  der  Saite  zu  halten  bis  zum  Uar- 

moniewechsel. 

Rccercar  Primo. 


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X  X  X  X  X  X  X  9   XX  XX  XX  9  -X   '  X 


Noch  ein  zweites  Beispiel  sei  aus  Ganassi  in  Klavier-  und  Violen- 

Tabulatur  dargeboten: 

Recerchar  primo. 


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226 


Stimmung  der  Violen  nach  Cerreto. 


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Cerreto,  dessen  Schrift  »Della  Prattica  Musica  vocale  et  stru- 
mentale«  1601  in  Neapel  erschien,  zeigt  den  spanischen  Einfluß 
in  der  umgekehrten  Lagerung  der  Linien  als  Abbilder  der  Saiten; 
der  tieferen  Linie  entspricht  eine  tiefere  Saite.  Nur  Fünflinien- 
systeme werden  verwendet,  im  übrigen  aber  wird  wie  bei  Ganassi 
die  Zahl  der  Bundbezeichnung  dienstbar  gemacht.  Die  einzelnen 
Typen  der  »Viole  da  Gamba«   weisen  folgende  Stimmung  auf1: 

Discantus:  d  ff   c'  c'  a'  (l" 

Contraaltus  oder  Tenor:  Ad   ff   h    &'   a' 

Bassus:  D  G  c    e    a    d' 

i  a.  a.  0.,  S.  329  ff. 


Mußcl^in  (jener al.    .'  2^v 


Chap,  IX. 
Harp-Way-Timng  Sharp. 


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Aus:  Mace,  Thomas:  Musick's  Monument. 

(Zu  S.  227.) 


Aufzeichnung  von  Violenmusik  in  England. 


227 


Im  17.  Jahrhundert  kenne  ich  in  Italien  kein  praktisches  Violen- 
werk, welches  mit  Hilfe  der  italienischen  Tabulalur  aufgezeichnet 
worden  wäre.    Allenthalben  bediente  man  sich  der  Mensuralnob-n. 

Die  von  Cerreto  dargebotene  Stimmung  der  Baßviole  hatte  auch 
für  England  allgemeine  Bedeutung.  Simpson1,  Mace2,  Playford3, 
alle  haben  bis  ins  18.  Jahrhundert  hinein  den  gleichen  Akkord. 
Doch  sind  auch  andere  Stimmungen  bekannt,  wie  die  »Harp-Way- 
Tuning-Sharp«  Thomas  Mace's:  B  Gdg\  d"*.  Die  Stimmung  der 
Treble  (Discant)  Viol  gibt  Playford  als  d  g  e'  e'  a'  d"  und  die 
der  Tenor- Viol  als  G  c  f  a  d'  gk  an.  Wie  in  Frankreich,  so  ist  auch 
in  England  die  Aufzeichnung  »en  musique«  und  »en  tablature«  in 
Gebrauch.  Von  den  bedeutendsten  theoretischen  Vertretern  der  Viole 
notiert  Christopher  Simpson  die  Diminutionen  seiner  »Division- 
Viol«  ausschließlich  mit  den  Zeichen  der  Gesangstonschrift,  während 
Thomas  Mace  durchgehends  zur  französischen  Tabulatur  greift, 
sich  aber  dessen  bewußt  ist,  daß  die  Tabulatur  für  den  Anfänger 
zu  schwer  ist.  Beiden  Lagern  gerecht  wird  John  Playford.  Ein 
Beispiel  englischer  Praxis  veranschauliche  die  Tabulatur.  (Siehe  das 
Faksimile.) 


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i  Christopher  Simpson,  »The  Division- Viol«  (London,  1667). 
-  Thomas  Mace,  »Musick's  Monument«  (London  1676). 

3  John  Playford,  »An  Introduction  to  the  Skill  of  Musick«  (London  1700). 

4  Im  Mace'schen  Druck  lesen  wir  D  0  d  gv  d.  Aber  schon  die  Bezeichnung 
dieser  Stimmung  als  >sharp«,  dann  aber  das  folgende  Beispiel  machen  den 
Fehler  offensichtlich. 


228         Aufzeichnung  von  Violenmusik  in  England  und  Frankreich. 


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Im  allgemeinen  ist  aber  zu  beachten,  daß  die  praktische  Literatur 
der  Viole  auf  englischem  Boden  von  Anfang  an  mit  den  Zeichen 
der  Gesangsmusik  notiert  ist.  Die  Violen-Werke  Morley's  aus  den 
Jahren  1595  und  1599,  die  Violenbegleitung  der  »Ayres«  Rosseter' s 
und  Campion's,  die  Fancies  und  Lessons  von  Dam  an,  Lupo, 
Cooper,  Chi.  Gibbons,  Alfonso  Ferrabosco,  Michel  Este,  die 
Suitenkompositionen  von  William  Brade,  Thomas  Simpson, 
Peter  Philips,  Thomas  Mons,  Jacob  Harding,  Anton  Holborne, 
John  Dowland,  Edward  Johnson  bis  hin  zu  den  letzten  Ausläufern 
der  Violenmusik  um  1675  Robert  Bäte  man,  William  Law  es, 
John  Jenkins,  Christopher  Simpson,  Dr.  Golman  und  Matthew 
Locke,  alle  gebrauchen  die  Zeichen  der  Mensuralmusik. 

In  Frankreich  herrschte  anfangs,  wie  wir  von  Mersenne1  und 
Jean  Rousseau2  her  wissen,  eine  fünfsaitige  große  Art  von  Viole, 
die  dem  Basse  de  Violon  ähnlich  war  und  deren  Stimmung  lauter 
Quarten  aufwies;  EAdgc.  Diese  Viole,  welche  wir  auch  in  der 
Schweiz  nachweisen  können3,  machte  aber  später  der  kleineren 
sechssaitigen  mit  sieben  Bünden  versehenen  Viola  Platz,  deren  Akkord 
zwischen  zwei  Quartenpaaren  eine  große  Terz  erkennen  ließ.  Die 
Stimmung  des  Diskant (Dessus)-Typus  war:  dgc'e'  a'd".  Ihm 
gegenüber  wurden  die  andern  Typen  nach  Cerreto'schem  Vorbilde 
gegliedert.  Mersenne  wie  Rousseau  kannten  aber  auch  eine 
derartige  Differenzierung  der  Stimmcharaktere,  daß  Basse,  Taille 
und  Haute-Contre  Quarten,  Haute-Contre  und  Dessus  jedoch  nur  einen 
Ganzton  von  einander  abstanden: 

Dessus:  d  g   c'  e'  a'  d"  d  g   e' 

Haute-Contre:  A  d  g    h    e'  a' 
Taille:  A  d  g    h    e'  a' 

Basse:  D  G  c    e    a    d'  D  G  c 


e'  a  d" 

G    f   b    d'  g'  c" 

G  c   f    a    d'  g' 

e    a  d' 


(Paris,   Pierre   Ballard,    1637)    Seconde   Partie, 


1  »Harmonie   Universelle-« 
Livre  Quatriesme  S.  190  ff. 

2  »Traite  de  la  Viole«  (Paris,  Christophe  Ballard,  1687). 

3  1589    führt   Samuel  Marescallus   in   seiner    »Porta  Musices« 
Seb.  Henricpetri)  die  Stimmung  der  Baßviole  als  EAdge', 


(Basel 
der  Tenor-  und 


Altviole  als  fj  e  c  dg'  und  die  der  Diskantviole  als  fis  h  e'  a'  d"  auf. 


Violentabulatureo  in  Deutschland  und  Spanien. 


229 


Einen  siebenten  um  eine  Quarte  tieferen  Chor  fügte  nach  Rousseau 
M.  de  Sainte  Colombe,  einer  der  bedeutendsten  Violenspieler  aus 
der  zweiten  Hälfte  des   17.  Jahrhunderts  (gest.  vor  1701)    hinzu1. 

Mersenne  und  Rousseau  kennen  die  Aufzeichnung  »en  mu- 
sique«  und  »en  tablature«.  Die  französische  Violen-Tabulatur  ent- 
spricht durchaus  der  französischen  Lauten-Tabulatur.  Ein  Sechs- 
liniensystem findet  Verwendung,  die  Bünde  der  siebenten  tiefsten 
Saite  werden  unter  den  Linien  verzeichnet.  Die  Rhythmen  ge- 
langen über  dem  System  mit  den  Noteriformen  o  a  J  J  J  ' 
Rousseau)  zum  Ausdruck. 

Mit  ganz  kleinen  Abweichungen  treffen  wir  dieselbe  Violen- 
Tabulatur  und  die  gleiche  Stimmung  auch  auf  deutschem  Boden, 
wie  Handschriften  in  Kassel  dartun.  Daneben  ist  aber  auch  der 
Akkord  I)  G  d  g  b  d'  (Mace's  Harp-Way-Tuning- Sharp)  in  Umlauf, 

(S) 
wofür  Codices  in  Darmstadt  und  Paris  (Bibl.  du  Conserv.)  sprechen. 

Es  sei  nur  aus   einem  I.  B.  R.    1674  gezeichneten  Manuskript  des 
Pariser  Konservatoriums  ein  kleines  Beispiel  dargeboten: 


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Gebräuchlicher  scheint  indes  auch  auf  deutschem  Boden  die 
Aufzeichnung  »en  musique«  gewesen  zu  sein.  Fast  die  gesamte  über- 
kommene deutsche  Violen-Literatur  bedient  sich  der  Gesangsnoten. 

In  Spanien  hat  die  vihuela  de  arco  schon  frühzeitig  Bedeutung 
gewonnen,  wie  uns  die  aus  der  Zeit  um  1350  stammenden  Verse 
des  Juan  Ruiz2,  Arcipreste  de  Kita,  erkennen  lassen.  Es  hat 
daher  nichts  Wunderbares,  wenn  wenige  Jahre  nach  dem  Erscheinen 
der  ersten  Schulwerke  für  Flöte  und  Viole  auf  italienischem  Boden 


i  Von  einer  »vor  kurtzcr  Zeit  bey  denen  Herren  Frantzosen«  erfolgten 
Einführung  eines  siebenten  Chores  ^4.  spricht  Eisel  im  »Musicus  autodidaktos« 
Erfurt  1738)  S.  40. 

2  Vgl.  Riano,  »Critical  and  Biographical  Notes  on  early  Spanish  Music« 
(London  -1887)  S.  129. 


230  Tabulaturen  für  Viola  bastarda  und  Viola  Paradon. 

auch  Spanien  sein  erstes  Schulwerk  für  vihuela  erhält,  das  uns  die 
Violenkunst  in  einer  besonderen  Entwicklung  zeigt,  sowohl  im  Zu- 
sammenwirken mehrerer  gleicher  Instrumente,  als  auch  in  der 
solistischen  Verwendung  eines  Instrumentes  im  Zusammenwirken 
mit  dem  Cembalo:  Diego  Ortiz'  »Tratado  de  glosas  sobre  clau- 
sulas  y  otros  generös  de  puntos  en  la  musica  de  violones«,  Rom 
1553.  Wir  erhalten  in  die  Diminutionspraxis  jener  Zeit  einen  tiefen 
Einblick.  Von  der  Tabulatur  in  ihrer  Anwendung  auf  das  Violen- 
spiel weiß  der  Verfasser  nichts.  Alles  ist  mit  Hilfe  der  Gesangs- 
notation zum  Ausdruck  gebracht.  Die  Stimmung  der  einzelnen 
Violentypen  ist  die  bekannte:  Baßviola  D  G  c  e  a  d',  Tenor-  und 
Altviola  A  d  g  h  e'  a'  und  Diskantviola  dg  c'  e'  a'  d".  Sicherlich 
ist  gar  mancher  Satz  auch  vorübergehend  mit  Hilfe  der  Lauten- 
tabulatur  zum  Ausdruck  gebracht  worden. 

Wie  sich  Portugal  zur  Pflege  der  Violenmusik  verhielt,  vermag 
ich  nicht  zu  sagen.  Jedenfalls  legt  die  1789  in  Coimbra  erschienene 
»Nova  Arte  de  Viola  que  ensina  a  toealla  con  fundamento  semmestre« 
des  Manoel  da  Paixao  Ribeiro  für  den  Gebrauch  der  Notation 
»en  musique«  Zeugnis  ab. 

Als  »Mischling  der  viola  da  gamba  und  der  lira  da  gamba  in 
ihrem  letzten  Entwickelungsstadium«  erklärt  Curt  Sachs1  die 
Viola  bastarda,  deren  gewöhnliche  Stimmung  D  (C)  G  c  e  a  d'  ist 
und  deren  Literatur  ebenfalls  mit  Hilfe  der  französischen  Tabulatur 
auf  Systemen  von  sechs  Linien  aufgezeichnet  wurde,  wie  z.  B.  eine 
Handschrift  aus  der  Bibliothek  Darmstadt  erweist.  Dieses  Instru- 
ment ist  nach  dem  Urteile  des  genannten  Forschers  identisch  mit 
jener  von  Michael  Praetorius2  erwähnten  Gambenart  englischer 
Provenienz,  bei  der  unter  den  sechs  gewöhnlichen  Saiten  auf  einem 
messingnen  Stege  »noch  acht  andere  stählene  und  gedrehete  Messing- 
Saiten  liegen,  welche  mit  den  obersten  gleich  und  gar  rein  einge- 
stimmet«  sympathetisch  mitschwingen  sollen.  Ein  ähnliches  In- 
strument, bei  dem  aber  die  \  6  unteren  Metallsaiten  mit  dem  Daumen 
der  linken  Hand  gezwickt  werden  sollen,  tritt  uns  in  der  Viola 
Paradon  entgegen.  Für  sie  schrieb  z.  B.  am  Anfange  des  \  8.  Jahr- 
hunderts der  Musicus  in  Weigelsdorf  Johann  Georg  Krause  seine 
»IX  Partien«.  Bei  ihm  ist  das  mit  dem  Bogen  zu  spielende  Ober- 
instrument der  Viola  di  Gamba  A  d  f  a  d'  f  gestimmt,  während 
das  Unterinstrument  über  die  Halbtonreihe  von  C  bis  dis  verfügt. 
Die  Aufzeichnung  der  Töne  des  Oberinstruments  erfolgt   mit  Hilfe 


Die  Viola  bastarda«  in  »Zeitschrift  der  IMG.«  XV,  12 3 ff. 

•Syntagma  musicum«  II  (Wolffenbüttel  1618)  Kap.  XXI  (Neudruck  S.  56). 


Tabulaturen  für  Lyra. 


231 


der   französischen  Tabulatur,    zu   der  dann  die  Töne  des  Unterin- 
struments als  Zahlen  nach  folgendem  Prinzip  hinzutreten: 


Ein  Präludium  beginnt  z.  B. : 


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-« 6- 

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Eine  Abart  der  Viola  ist  die  Lyra *,  die  sich  durch  einen  breiteren 
Hals,  einen  zwar  längeren,  aber  niedrigeren  und  flacheren  Steg  und 
12  Saiten  auszeichnet,  deren  erste  drei  Begleitsaiten  in  der-  höheren 
Oktave  haben.  Das  erste  Saitenpaar  sind  Bordunsaiten.  Der  glän- 
zendste Vertreter  des  Instruments  war  der  Orpheus  Frankreichs 
M.  le  Baillif.  Nach  ihm  waren  die  Saiten  folgendermaßen  gestimmt: 


-ö- 


9t 


-&- 


12.    11.   10.    9. 


8.      7.     6.      5.     4.     3.      2.      1. 


Ihnen  entsprechen  im  Schriftbilde  \i  Linien,  deren  tiefste  für 
die  tiefste  Saite  eintritt.  Als  Bundbezeichnungen  figurieren  die 
kleinen  Buchstaben,  als  Rhythmen  Noten.  Ein  kurzes  Beispiel  Lau- 
date  Dominum  veranschaulicht  bei  Mersenne  diese  Notation.  Letz- 
terer betont  im  übrigen,  daß  sich  jeder  die  Stimmung  nach  seinem 
Belieben   unter  Wahrung   bequemer  Spielbarkeit  einrichten  könne. 

Anders  ist  die  Stimmung  der  »elfsaitigen  lira  in  gamba«  bei 
Scipione  Cerreto  im  10.  Kapitel  des  4.  Buches  seiner  »Prattica 
Musica  vocale  et  strumentale«  (Napoli  1601).  Hier  bietet  das  Schrift- 
bild nur  elf  Linien,  welche  von  unten  nach  oben  gerechnet  folgende 
tonliche  Bedeutung  haben:    1  G,  2  #,  3e,  kc','5g}  üd',  7  a,  8  e', 

i  Vgl.    Mersenne,    >Harmonie    Universelle«  [Paris,  Pierre   Ballard    1637, 
II,  livre  IV  S.  20 5 ff. 

Kl.  H;(ndb.  der  Musikgesch.   VIII,  2.  17 


232  Tabulaturen  für  Viole  da  braccio. 

9  h,  1  0  fis',  1  1  cis'\  mit  ihnen  wird  die  italienische  Tabulatur  in  Ver- 
bindung gebracht,  wieder  mit  solcher  Lagerung  der  Linien,  daß  der 
tiefsten  die  tiefste  Saite  entspricht.  * 

Wieder  anders  sind  die  Verhältnisse  auf  englischem  Boden,  wo 
die  »lyra  viol«  mehr  mit  der  Viola  bastarda  identisch  gewesen  zu 
sein  scheint. 

Playford  in  seinem  »Viol  lyra  book<  (1652)  rechnet  nur  mit 
sechs  Saiten  und  notiert  mit  Hilfe  der  französischen  Tabulatur,  eben- 
so Alfonso  Ferrabosco,  aus  dessen  »Lessons  for  the  Lyra  ViolU 
die  Stimmung  G  d  g  d'  g'  c"  besonders  herausgehoben  sei1. 

Bis  zu  welchem  Zeitpunkte  Violen-Tabulaturen  gebraucht  wurden, 
läßt  sich  vor  der  Hand  noch  schwer  bestimmen.  Einzelne  Länder 
wie  Italien  und  England  bevorzugten  von  vornherein  die  Aufzeich- 
nung »en  musique«.  In  andern  wie  Frankreich  und  z.  T.  auch 
Deutschland  laufen  beide  Praktiken  nebeneinander  her.  »Les  uns 
veulent  des  pieces  en  musique  et  lautres  en  tablature  "■  sagt  1685 
Demachy  in  seinen  »Pieces  de  Violle  en  Musique  et  en  Tablature« 
(Paris  Bibl.  Nat.).  Um  jene  Zeit  scheint  aber  doch  die  Entscheidung 
für  die  Aufzeichnung  in  der  gewöhnlichen  Notation  gefallen  zu  sein. 
Die  »Fantaisies  Bisarres«  eines  Johann  Schenk,  die  »Sonate  XII  pro 
diversis  instrumentis  quarum  tres  priores  pro  Violino  et  Viola  di 
Gamba«  eines  Finger  1 688,  die  Violenstücke  eines  Marais  (c.  1 700), 
die  »Sonate  o  Partite  -ad  una  o  due  Viole  da  Gamba«  August 
Kühnel's  1698  (Gassei),  alle  sind  »en  musique«  aufgezeichnet. 

Eine  besondere  Rolle  spielen  in  der  Geschichte  der  Notation  die 
bündelosen  »Polischen  Geigen«  oder  »viole  da  braccio«,  unsere 
Violinen.  Für  sie  gelangen  im  17.  und  18.  Jahrhundert  zuweilen 
wie  bei  der  italienischen  Lautentabulatur  Zahlen  auf  Linien  zur 
Anwendung.  Diese  Zahlen  12  3  4  usw.  bedeuten  aber  nicht  Bund- 
d.  h.  Halbtonfortschreitungen,  sondern  Fortschreitungen  um  dia- 
tonische Stufen.  Alterationen  werden  durch  Vorzeichnung  von  X 
und  b  kenntlich  gemacht.  Diese  Lehre  tritt  uns  zuerst  bei  Gasparo 
Zannetti  in  seinem  »Scolaro  per  imparar  a  suonare  di  Violino  et 
altri  stromenti«  (Milano,  Carlo  Gamagno,  1645)  entgegen  und  ist 
noch  1752  bei  Pablo  Minguet  in  seiner  »Academia  Musical« 
nachzuweisen.  Vier  Linien  entsprechen  den  in  Quinten  gestimmten 
Saiten,  und  zwar  im  Diskanttypus  g  d'  a  e",  im  Alt-  und  Tenor- 
typus o  g  d'  a'  und  im  Baßtypus  B  F  c  g.  Sie  sind  so  gelagert, 
daß  die  oberste  Linie  die  tiefste  Saite  vertritt.  Noten  bezeichnen 
die  rhythmischen  Werte.     Die  »Aria  del  Gran  Ducha«  beginnt  z.  B.  : 

1  Siehe  die  Faksimilien  zweier  »Pavins«  bei  E.  van  der  Straeten,  »The 
Romance  of  the  fiddle«.     (London,  Rebman  lmtd.,  19-H)  S.  75  und  79. 


Tabulaturen  für  Viole  da  braccio. 


233 


Carito. 


i.  n   i.  i  r  i 


* 


Tablatura. 


XI 


{m    o 


-a — e- 


0     4     8 » 4 3- 


Der  gleichen  Notation  mit  Beziehung  auf  eine  Alt-  oder  Tenor- Viola 
da  braccio  stehen  wir  in  dem  Ms.  33  748  des  Germanischen  Museums 
zu  Nürnberg1  gegenüber,  wie  der  »Ballo   del  Fiore*  zeigen  mag: 


J.JJ  J.J.  JU  J^- 


J  J  J.  JJ  J 


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-*— e — 8- 


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J  J 


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Der  Punkt  bezeichnet  den  Aufstrich  des  Bogens. 


i 


f-» 


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-«- 


Ein  Passemezzo  sei  noch  im  Faksimile  angefügt  (siehe  S.  234). 

Weist  diese  Aufzeichnung  der  italienischen  Lautentabulatur  ähn- 
liche Züge  auf,  so  treten  mehr  der  spanischen  Lautentabulatur  ent- 
sprechende in  einem  am  26.  September  1613  begonnenen  Kodex 
desselben  Nürnberger  Museums  Ms.  14976  2  zutage.  Hier  haben 
wir  es  mit  einer  Diskant-Viola  da  braccio,  d.h.  mit  unserer  Vio- 

i  Zuerst  behandelt  von  Wilhelm  Tappert  in  der  >Neuen  Berliner  Musik- 
zeitung«  1882  Nr.  1. 

2  Aus  ihr  ist  auch  folgender  Schreibervers  nicht  uninteressant: 
Johann  Wolff  Gerhard  bin  ich  genand 
In  Nürnberg  ist  mein  Vaterlandt 
Pappier  ist  mein  Acker 
Darmit  schreib  ich  wacker. 
Auf  die  Handschrift   machte  zuerst  Wilhelm  Tappert  in  der    »Neuen 
Berliner  Musikzeitung«  1882  Nr.  1  aufmerksam.    Die  Vorlagen  für  einige  Stücke 
in  Werken  von  Georg  Hase  (Nr.  57)  und  Hans  Leo  Hassler  (Nr.  26)  hat  zuerst 
Gustav  Beckmann  in  seiner  Schrift  »Die  Entwickelung  des  deutschen  Violinspiels 
im17.Jahrh.«  fBerliner  Dissertation  1916)  nachgewiesen. 

17* 


234     Tabulatur  des  Jo.  Wolff  Gerhard,  Tabulatur  für  Viole  da  braccio. 

line  in  der  gewöhnlichen  Stimmung  g  d'  a    e"  zu  tun.    In  der  Schrift 
entspricht  die  tiefste  Linie  der  tiefsten  Saite.    Im  übrigen  bezeichnen 


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3 


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*    \  X  1  X  \ 


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5^ 


%  \    c    \ 


Nürnberg,  Germanisches  Museum  Ms.  33748.  VII. 

auch  hier  die  Zahlen  12  3  4  diatonische  Fortschreitungen.  Rhyth- 
mische Bezeichnungen,  wie  wir  sie  von  Orgel-  und  Lautentabula- 
turen  her  kennen,  offenbaren  die  Notenwerte: 


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'     ■:■   . 


J  »    ff   ,  «^gs       r  r     (  ffTT-  £ L_   !  CJ 

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- — Li— > . 3   3   10   '*     1 r- *< — «-^- 


J ffff  /*-   f gfT7  fiX.-JT-Jl.L-  TT    et    TTTf     r- 

-i — J V    «       » — « — » -5 — 1 » — 9 1 — 1r- * — *-* 

„ #-*-* « ÜH?- 


iä^pffir: 


— »»»     0  3   1»   «»->*>  3 * — TTp -v  »  « — '»  «  *> 

4    4/4 '-U1 — <-«V     1  4-$- •— 4»-5 — 


^ 


OV0^^-  rT 


. *l-j 1 — 


Nürnberg,  Germanisches  Museum  Ms.  14,  976. 


Tabulaturen  für  Viole  da  braccio. 


235 


1^ 


Der  Rolandt. 


-Hl 


I  1  • 


•    * 


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1 


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l=t 


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:f=F 


1* 


Aber  nicht  allein  die  italienische,  auch  die  französische  Tabu- 
latur  kommt  bei  der  Aufzeichnung  von  Violinstücken  zu  ihrem  Recht 
Angehängt  an  den  Druck  der  Moral  von  Aristoteles  aus  dem  Jahre 
1576  finden  sich  in  dem  Exemplar  des  Pariser  Konservatoriums 
Tonsätze,  bei  denen  die  zur  Darstellung  benutzten  Buchstaben  a  b 
c  d  usw.  in  Verbindung  mit  einem  Vierliniensystem  ebenfalls  dia- 
tonische Fortschreitungen  charakterisieren.  Die  zugrunde  liegende 
Stimmung  der  den  Linien  entsprechenden  Saiten  ist  r/  d'  g'  d".  Der 
Anfang  einer  »Branle  simple«  veranschauliche  diese  Art  der  Notierung: 

1     I  ' 


cdcbabcda 


b   c    d   o  b    a      6~ö~ 


e    b    c    b~ 


jl_LJl 


a 

a 

* 

d     c      b     a 

b     c      d 

c      b  c  d  c    b  a 

ha                     ab"              a 

a 

c  b    c              0     a     a       a 

a 

a 

a             a 

Leider  ist  die  rhythmische  Überlieferung  sehr  mangelhaft. 


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Ja,  im  »Guthrie  Ms.«  der  Bibl.  Edinburgh  findet  sich  sogar  der 
seltene  Fall,  daß  sich  mit  der  französischen  Tabulatur  die  italienische 
Lagerung  der  Saiten  (oberste  Linie  =  tiefste  Saite)  verbindet. 


236 


Beispiele  der  scordatura  bei  Biber. 


Aber  auch  die  bei  den  Lauten  und  Violen  geübte  Praxis,  Halb- 
tonfortschreitungen  mit  den  Buchstaben  des  kleinen  Alphabets  zu 
bezeichnen,  findet  auf  die  Violinen  ihre  Anwendung.  John  Play  ford 
notiert  z.  B.  in  seiner  »Introduction  to  the  Skill  of  Musick«  ein 
»Parthenia<  betiteltes  Stück  folgendermaßen: 

en  tablature: 

illJJ  U  Ulli  U  Uli  IIA  lUlll 


a   c      d 

f     h 

f  d  c    a 

c 

d      c 

a                     a 

c 

a                    a 

,  «-          Ü 

f 

t  e  f 

a 

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h 

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ni  un  i  n  i  üü  i  üii  i   ü  i.  i 


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f 

c 

a 

ach 

f  h  c    a 

f  e   f 

f  «    c 

e 

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f 

f 

en  musique: 


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x=x 


i — r 


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«= 


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-  «•-•    .    &-ß — 1 — U-P- 
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4= 

4= 

=t 

4— 

-1— 

'       - 

1 

-4 1 — 

Diese  für  viola  da  braccio  vorkommenden  Tabulaturen  scheinen 
keine  allgemeine  Bedeutung  gehabt  zu  haben.  Über  die  angeführten 
Denkmäler  hinaus  ist  es  mir  bisher  nicht  gelungen,,  auch  nur 
Spuren  von  ihnen  zu  entdecken.  Die  Aufzeichnung  »en  musique« 
war  von  vornherein  die  herrschende.  Aber  auch  sie  bot  eigene 
Züge  dar.  Als  den  markantesten  hebe  ich  die  »scordatura«  her- 
aus. Sie  bildet  ein  Gegenstück  zu  der  »scordatura«  bei  den 
Lauten,  zu  den  Lauten  im  Abzüge.  Eine  oder  mehrere  Saiten 
weichen  von  der  Normalstimmung  ab  und  schaffen  ein  Notenbild, 
das  im  ersten  Augenblicke  unsinnig  anmutet  und  erst  durch  die 
Ausführung  auf  dem  umgestimmten  Instrument  sein  richtiges  Ge- 
präge gewinnt.  Ein  paar  Beispiele  von  Heinrich  Biber  aus  seinen 
»Sonatae,  Violino  solo«  1  684  *  mögen  diese  Praxis  belegen  und  er- 
läutern: 


i  Auch  Biber's  »Harmonia  artificiosa«  (Nürnberg,  Endter)  bietet  reiches 
Material  zur  scordatura. 


Beispiele  der  scordatura  bei  Biber. 


237 


Sonata  I. 
Accordo. 


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l>6 


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Alle  auf  der  e"-Saite  auszuführenden  Töne  sind  von  e"  aus  no- 
tiert, müssen  aber  wegen  der  Umstimmung  der  e"-Saite  nach  d" 
um  einen  Ganzton  tiefer  transponiert  werden: 


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Sonata  IV 

Accordo. 


jjlffiq:  I  jJ    J   J|eJ| 


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6     0       5 

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238 


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Vertreter  der  scordatura 

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6   6    5 

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3 


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Die  Saiten  #  d'  sind  einen  Ganzton  höher,  die  Quinte  e"  einen 
Ganzton  tiefer  gestimmt. 


P 


m 


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5 
H 


5 


* 


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Auch  andere  Komponisten  machten  sich  dieses  etwas  äußerlich 
und  unkünstlerisch  anmutende,  aber  der  Technik  neue  Perspek- 
tiven eröffnende  Mittel  der  scordatura  Untertan,  ich  nenne  nur 
Georg  Arnold  (Psalmi  de  beata  Maria  Virgine  1 662),  Johann  Heinrich 
Schmelzer  (in  hdsch.  Violinsätzen  der  Bibl.  Upsala),  Clamor  Hein- 
rich Abel  (Musikalischer  Blumen  3.  Theil  1677),  Joh.  Fischer  (Das 
Eins-Drey  Bibl.  Upsala),  Georg  Falck  (Idea  boni  cantoris  -1688), 
Gottfried  Hungar  (Neue  musicalische  Kirchen-Lust  1690),  Marini 
(Sonata  II  per  il  Violino  d'inventione),  Carlo  Ambrogio  Lonati  (1 2  So- 
nate a  Violino  solo  1701)  und  aus  neuerer  Zeit  Bach,  Karl  Stamitz, 
Tartini,   Barbella,  J.  M.  König,  Lolli,   Baillot,   Paganini1. 

Von  Besonderheiten  der  Aufzeichnung  sei  noch  auf  die  Dar- 
stellung von  Doppelgriffen  mit  Zahlen  unter  der  »en  musique«  no- 
tierten Stimme  durch  Carlo  Farina  hingewiesen. 


Vgl.  dazu  G.  Beckmann,  a.  a.  0.,  S.  25. 


Tabulaturen  für  Geigeninstrumente.  23£ 

Verzeichnis  einiger  Tabulaturen  für  Geigeninstrumente. 
a)  in  deutscher  Tabulatur. 

Hans  GerTe,   Musica  Teusch    auf  die  Instrument  der  grossen    vnnd  kleinen. 
Geygen  auch  Lautten.    Nürnberg,  Formschneyder,  1532. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum,  Wolfenbüttel,  herzogl. 
Bibl.  —  Ausgabe  1337.  Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Paris,  Bibl.  du  Conserv. 
—  Ausgabe  1546.  Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Königsberg,  Univ.  Bibl.T 
Wien,  k.  k.  Hof  bibl. 

b|  in  italienischer  Tabulator. 

Silvestro  Ganassi  dal  Fontego,  Regola  Rubertina.    Ven.  1542/1543. 

Bologna,  Liceo  musicale,   Brüssel,   Bibl.  du  Conserv.    (frgm.,  durch 
Faksimilierung  vervollständigt). 
Scipione  Cerreto,  Della  Prattica  Musica  vocale  et  strumentale.    Napoli  160  1 
(nur  Lehrbeispiele). 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Hannover,  Kgl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  musi- 
cale, Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum,  Paris,  BibL 
du  Conservatoire,  Rom,  Sta.  Cecilia. 

c)  in  französischer  Tabulatur. 

Cassel,    Landesbibliothek    Ms.   Katalog  Israel,    Anhang   Nr.  28.     Stücke   für 
2  Gamben. 

Suite  für  Viol  di  Gamba  von  G.  Tielke  Ms. 

Ms.  Katalog  Israel,  Anhang  Nr.  30. 

Darmstadt,  großherz.  Hof  bibl.  Ms.  in  quer  4°. 

Paris,  Bibl.  du  Conservatoire.    Ms.  gezeichnet  I.  B.  R.  1674.   Darin  Berlinische- 

Stücke. 
Paris,  Bibl.  Nat.     Demachy,  Pieces  de  Violle   en  Musique  et  en  Tablature 

(datiert  1  685). 

Tabulatur  für  Bariton  oder  Viola  Paradon. 

Cassel,  Landesbibl.    Convolut  sub  folio  61,1. 

Dresden,   öffentliche  Bibl.    Joh.   Georg  Krause,   IX  Partien  auf  die  Viola 
Paradon  (Ende  des  1 7.  Jahrb.). 

Tabulatur  für  Viola  bastarda. 

Darmstadt,  großherz.  Hofbibl.  einzelnes  Blatt. 

Tabulaturen  für  die  Violine. 
a)  italienische  (diatonische  Fortschreitungen). 

Gasparo  Za(n)netti,  II  Scolaro  per  imparar  a  suonare  di  Violino  et  altri  stro- 
menti.    Milano,  Carlo  Camagno,  1645. 
Glasgow,  Univ.  Bib). 
Pablo   Minguet,    Academia    Musical   de   los   instrumentos.     Madrid,  Joaquin 
Ibarra,  1752. 

Berlin-Grunewald,   Bibl.   Dr.  W.  Wolffheim,   London,    British 
Museum. 
Nürnberg,  Germanisches  Museum,  Ms.  33  748. 
Ms.  14  976.  Tabulatur  Johann  Wolff  Gerhard. 


240  Besondere  Zeichen  für  Geigeninstrumente. 

b)  französische  (diatonische  Fortschreitungen). 

Paris,   Bibl.    des  Konservatoriums.     Handschriftlicher  Anhang   an  die   Moral 

des  Aristoteles  (1576). 
Edinburgh,  Guthrie  Ms.1  (Tiefste  Saite  oben). 

c)  französische  (Halbton-Fortschreitungen). 

John  Playford,   A  Breefe  Introduction   to   the  Skill   of  Musick   for  Song  or 
Violl.    London  1654. 

Kopenhagen,    Univ.  Bibl.,   London,  British  Museum   und  Royal 
College  of  Music.  —  Spätere  Ausgaben  in  vielen  Bibliotheken. 

Tabulaturen  für  Lyra- Violl. 

Alfonso  Ferrabosco,  Lessons  for  the  Lyra- Violl. 

London,  Royal  College  of  Music  (?). 
John  Playford,  Musick's  recreation  on  the  Lyra-Violl.    London  1652   (1655, 

1661). 

London,  British  Museum  und  Royal  College  of  Music. 
Musick's  Recreation  on  the  Viol,  Lyra-way.     London  1669. 

London,  British  Museum. 


Von  besonderen  Zeichen  sei  bei  den  Geigeninstrumenten  in  erster 
Linie  der  Bezeichnung  der  Bogenführung  gedacht.  Die  französische 
Praxis  entschied  sich  für  T  (tirer)  und  P  (pousser).  Marais  ge- 
braucht in  seinen  »Pieces  ä  une  et  ä  deux  Violes«  (Paris,  c.  1701) 
kleine,  Corrette  in  seiner  »Ecole  d'Orphee«  (Paris  1738)  große 
Buchstaben.  Diese  scheinen  das  Ursprüngliche  zu  sein,  denn  schon 
Joh.  Andr.  Herbst  führt  in  seiner  1653  in  Frankfurt  erschienenen 
»Musica  moderna  prattica«  an:  »T  den  Bogen  unter  sich  ziehen, 
P  den  Bogen  über  sich  ziehen«2.  Leopold  Mozart  verwendet  in 
«einer  > Gründlichen  Violinschule«  die  Worte  »hin«  (Hinaufstrich) 
und  »her«  Herabstrich,  George  Simon  Lühlein  in  seiner  »An- 
weisung zum  Violinspielen«  (Leipzig  und  Züllichau  1774)  dagegen 
das  Zeichen  des  b.  »Gehet  das  spitzige  Ende  aufwärts  (b),  so  wird 
der  Aufstrich  darunter  verstanden;  stehet  es  aber  unterwärts  (q), 
so  bedeutet  es  den  Niederstrich«.  Der  für  englische  Verhältnisse 
schreibende  Corelli-Schüler  Gemini ani  gebraucht  in  seinem  »Entire 
New  and  Compleat  Tutor  for  the  Violin«  (London,  printed  for  John 
Preston,  s.  a.)  u  (up)  für  Auf-  und  d  (down)  für  Abstrich.  Von 
Verzierungen  sei  aus  Jo.  Jacob  Walther's    »Hortulus  Chelicus« 


1  Vgl.  S.  51 . 

2  Die  Kenntnis  verdanke  ich  Frl.  Dr.  Nelly  Diem  (St.  Gallen),  welche  darüber 
«ingehender  in  ihrer  Dissertation  »Beiträge  zur  schottischen  Musik«  (Zürich  1918) 
berichten  wird. 


Flötentabulatuien. 


241 


Moguntiae,  sumptibus  Ludovici  Bourgeat,  MDGLXXXVIII)  das  m 
für  den  Mordent  erwähnt.  Daniel  Merck  kennzeichnet  in  seinem 
»Compendium  musicae  Instrumentalis  chelicae«  vom  Jahre  1695 
einmal  die  unter  einem  Bogenstrich  auszuführenden  Noten  durch 

die  Zeichen    - — -   oder    i 1    und   gebraucht   ein   t   oder   zwey 

Strichlein  auf  oder  unter  einer  Note  für  den  Sekund-Triller  oder 
Mordanten.  Wo  der  Buchstabe  m  steht,  muß  nach  ihm  mit  dem 
Finger  fest  zugedrückt,  aber  die  ganze  Hand  bewegt  werden.  In- 
teressante Tabellen  von  Verzierungszeichen  liegen  z.  B.  bei  Marais 
in  seinen  »Pieces  ä  une  et  ä  deux  Violes  (Paris  c.  1701)  und  bei 
Geminiani  in  seinem  »Entire  New  and  Gompleat  Tutor  for  the 
Violin«  (London,  Preston,  o.  J.),  vor.  Aus  Corrette's  »Ecole  d'Or- 
phee«  (Paris  1738)  sei  besonders  auf  die  Ausführung  des  Pince 
und  des  Arpegio  hingewiesen: 


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5.  Kapitel. 
Tabulaturen  für  Blasinstrumente. 

A.  Tabulaturen  für  Holzblasinstrumente. 

Bei  den  Flüteninstrumenten  kommt  früh  der  Ausdruck  Tabulatur 
unter  einem  ganz  besonderen  Sinne  vor.  Er  bezeichnet  das  Abbild 
des  Instruments  bei  dem  jeweiligen  Hervorbringen  des  einen  oder 
des  anderen  Tones.  Gedeckte  Lücher  sind  durch  gefüllte,  halb- 
gedeckte durch  zur  Hälfte  geschwärzte,  offene  durch  leere  kleine 
Kreise  zum  Ausdruck  gebracht.  Silvestro  di  Ganassi  dal  Fon- 
tego, der  erste,  der  1535  mit  einer  »Fontegara«  betitelten  Flüten- 
schule  hervortrat,  erläutert  z.  B.  das  Zustandekommen  der  diato- 
nischen Leiter  in  Baß-,  Tenor-  oder  Alt-  und  Diskantflöte  durch 
folgende  Tabulatur: 


242 


Flötentabulaturen. 


r 

\r\ 

r\ 

r\ 

r\ 

r\ 

r\ 

o 

o 

i 

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• 

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<=a 

J  kjJ 

kjj 

kjJ 

q? 

=3= 

<=p 

LJ 

kjJ 

^ 

^p 

cp 

cp 

wf       re       mi     fa        re       mi     fa       sol      re       mi     fa       sol     la 


n^a 


w£      re       wii     /a       soi      Ja      /a       so/      la      mi     fa       sol      la 


Dieselbe  Art  der  Darstellung  läßt  sich  in  fast  allen  späteren 
Schulen  für  flütenartige  Instrumente  nachweisen,  nur  daß  zuweilen 
an  die  Stelle  des  gefüllten  Kreises  ein  kurzer  Strich  tritt.  Genannt 
seien  nur  Mersenne's  »Harmonie  Universelle«  (Paris  1 637)  II  livr*eV, 
Borjon's  »Traite  de  la  Musette«  (Lyon  1672),  Eisel's  »Musicus 
ctuTooiöcr/Toc«  (Erfurt  1738),  William  Tans'ur's  »A  new  mu- 
sical  grammar«  London  1756),  Hotteterre's  »Principes  de  la 
flute  traversiere  (Amsterdam,  Etienne  Roger),  Coche's  »Methode 
pour  servir  ä  l'enseignement  de  la  nouvelle  flute«  (1838)  und 
Dienst's  »Flageoletschule«  (1890). 

Der  wirklichen  Aufzeichnung  von  Tonstücken  diente  aber  bei 
Ganassi  sowohl  wie  bei  den  späteren  die  gewöhnliche  Tonschrift. 
Allerdings  gewann  sie  bei  ihm  dadurch  ein  eigentümliches  Gepräge, 
daß  Folgen  von  Achteln,  Sechzehnteln,  Zweiunddreißigsteln  usw. 
durch  einen  Balken  zusammengeschlossen  und  der  eigentliche  Noten- 
wert erst  an  der  Schlußnote  der  Reihe  gleichartiger  kenntlich  ge- 
macht wurde.    (Siehe  Beispiel  S.  243.) 

In  seltenen  Fällen  verdichtet  sich  die  für  den  Unterricht  be- 
stimmte Tabulatur  zu  einer  wirklichen  Notation.  Ein  hübsches 
Beispiel  bietet  Thomas  Greeting,  der  in  seinem  »Pleasant  Com- 
panion  or  new  lessons  and   Instructions  for  the  flagelet«  (London 


Greeting's  Tubulutur  für  das  Plageolet, 


243 


1682  >   diese  Abbilder   des  Instruments    mit  den   darübergesetzten 
rhythmischen  Bezeichnungen  0  ^  i  ♦    in  Verbindung  bringt  und  auf 
Ganassi 


£ 


S 


3=E 


Efg^F 


:  Jetzige  Sehreibung. 


Q 


£ 


3E 


r  r  r  r  ^  r  r " 


^p 


•    *> 


g^S^ffi 


ar: 


diese  Weise  ein  ausdrucksfähiges  Mittel  schriftlicher  Fixierung  ge- 


winnt: 


o  ov 


nin  u.  im  1 1 1  in  j  jQ 

H-1 — *  +    +  i  "*• — * — .+  •*-*•*•■*■.  +     +    .-*-■■     ■    3     ■ 

-f? — I ' — ' — ' — ' —  i .  i  i   i     ■  I  ■      ■     1 1         I         I  ■ 

-^ — *— -9 ' — i 1 — 9 is  i  i    i i i      i       ■ i     o  i 

■TT. L^ 1 -9 '- ZZ  I    I      I        I     _J__L__  J ^  ^ 


W—Z- 


* 


Parthenia 


u.fliu.ui.au  uu.au  nuMHij 

+  ,+   111     V,  0 +.-H  I    I      2  ,  + 4-.+  I  I    I      II      0  +   ++++++     |    _  L_ 


-t- 

1 

+   111     V 

9         i 

+  1  1    1     V 

+ 
1 

+ 
i 

+ 1 

i 

1 1  i 

• 

I     9  +-  + 
i     i 

+++++    i 
i  i  i  i    i 

' 

1 

-J.     1  --> 

'         I 

1     1  T 

1          1 

i    i     i 

--\       i 

i  /  i  i  i 

ll.l 

,/ 

i 

s 

'-i        1 

'       1 

ly  i 

y> 

r- 

« 

'     ! 

.     o 

i 

l 

-^ 

U? 1 

■ 

1 9__J 

— yj — 1_    .. 

1 U^ 

Sechs  Linien  entsprechen  den  sechs  Löchern  des  Flageolets.  Ein 
kurzer  Vertikalstrich  bedeutet  die  Deckung,  ein  Kreuz  die  Halb- 
deckung, welche  so  hervorgerufen  wird,  daß  der  Daumennagel  der 
Linken  quer  über  das  Luftloch  fest  aufgesetzt  wird.  Das  Häkchen 
bedeutet  den  Triller.  Die  Tonhöhen  sind  aus  folgender  Tabelle  er- 
sichtlich, bei  deren  Aufstellung  auch  die  Tabulatur  Mersenne's2  Be- 
rücksichtigung gefunden  hat.  Bemerkenswert  ist  es,  daß  bei  letz- 
terem das  Kreuz  stets  durch  O,  d.  h.  ein  geöffnetes  Loch  ersetzt  ist: 


1  Exemplar  in  London  British  Museum. 

2  >IIarmonie  Universelle«  II  (Paris  1637)  livre  V  S.  232  ff. 


244 


Flötentabulaturen  bei  Minguet  und  Vir  düng. 


1 -L 1_ 

■ 

• 

■ 

1 

■ 

-e — + — 

4- +- 

■           1 

_+ +- 

■           ■ 

-  + + + 

■           ■           ■ 

■ 

t           ■           ■           ■ 

i 

•           ■ 

■                       t                                   ■■ 

•              ■                                           t                                                                               ■ 1 

■           • 

-e- 


d'   e'  f  fis'  g'  a'  b'  \'  c"  d"  d"  es"  e"  f"  fis" g"  a"  [j"  c" 


-$—* 


tr 


tr    £..      tr 


tr 


-ß G>- 


E 


fr    fr 


i 


tr 


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tr 


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tr        tr_ 


tr 


ß  •    r*- 


&•  <g  •  - 


-&-&-*- 


■P-+-&- 


i 


-m3- 


tr         tr        tr  -p-    p-+  ß       tr         tr_ 


*-ß- 


5r 


*=& 


«: 


t 


-G^tS*- 


Ein  Achtliniensystem  bildet  die  Grundlage  der  Flötentabulatur 
bei  Pablo  Minguet  in  seiner  »Academia  Musical  de  los  instru- 
mentos«  (Madrid  1752).  Die  sieben  Zwischenräume  entsprechen 
den  sieben  Löchern  des  Instruments.  Offenen  Löchern  entsprechen 
leere  Kreise,  halbgedeckten  Halbkreise,  ganzgedeckten  volle  Kreise. 

Mit  einer  Tabulatur,  welche  die  Zahl  der  Fixierung  von  Flöten- 
musik dienstbar  macht,  trat  bereits  Sebastian  Virdung  in  seiner 
»Musica  getutscht«  (Basel  1511)  hervor.  Auch  er  geht  von  der 
Technik  des  Flötenspiels  aus.  Den  Zustand,  daß  alle  Löcher  ge- 
schlossen sind,  wobei  sich  auf  seiner  Diskantflöte  der  Ton  g  ergibt, 
bezeichnet  er  mit  einem  Punkte  im  Kreise  Q.  Die  Öffnung  des 
ersten  Loches,  welches  den  Ton  a  erzielt,  drückt  er  mit  der  Zahl  1 , 
die  Öffnung  des  zweiten  Loches,  welche  den  Ton  b  erklingen  läßt, 
mit  1&,  die  Öffnung  der  ersten  beiden  Löcher,  welche  den  Ton  h 
hervorbringt,  mit  2  aus.  Auf  die  Öffnung  der  Löcher  3  1 ,  welche 
c'  erzeugt,  weist  'S-  hin.  Die  ersten  drei  Löcher  sind  offen  bei 
3  =  eis',  die  ersten  vier  bei  4  =  d' ,  die  Löcher  5  3  2  1  bei  §  =  es', 
5  4  3  2  1  bei  5  =  e' ,  6  4  3  2  1  bei  fc  =  f,  6  5  4  3  2  1  bei  6  =  fis', 
7  5  4  3  2  1  bei^  =  g',  7654321  bei  7=  gis',  alle  Löcher  sind 
geöffnet  bei  O  =  «'•  Durch  Halbdeckung  des  achten  Loches  lassen 
sich  entsprechend  der  tieferen  Oktave  die  höheren  Oktavtöne  finden. 

So  geht  aus  2  =  h  hervor  2  =  h',  aus  B  =  c'  &  =  c",  aus  4  =  d' 

T=  d"  usf. 


Tabulatur  für  Musette.  245- 


Q  =  g 

^ 

1  =a 

5  =Ä' 

5  =b 

—v 

2-l| 

2-lf 

S  =  c 

3  =  eis' 

t> 

4  =  rf' 

3  =  cis" 

5  =  es' 

'TS 

4  =rf" 

5  =e' 

^N 

ft-f 

Ix  =  es* 

6=/"is' 

5  =e" 

l=gis' 

6  =/"' 

0  =  a' 

Mit  den  Zahlen  sind  zur  Bezeichnung  der  Tondauer  die  in  der 
Orgel-  und  Lautentabulatur  üblichen  Mensurzeichen  .  I  I  r  in  Ver- 
bindung zu  bringen.  Ein  Beispiel  dieser  Notation  scheint  aus  der 
Zeit  Virdung's  nicht  überliefert  zu  sein.  Daß  sich  aber  das  Prinzip 
erhalten  hat,  beweist  die  Tabulatur  der  Sackpfeife  (musette),  wie 
sie  Mersenne1  und  Borjon2  (Bourgeon)  darbieten.  Aber  auch 
hier  soll,  wie  letzterer  betont,  die  Tabulatur  besonders  denen  dienen, 
die  die  »musique«,  d.  h.  die  gewöhnliche  Gesangstonschrift  nicht 
kennen.  Die  Melodiepfeife  der  Musette,  eine  Schalmei  mit  acht 
Löchern  und  drei  Klappen,  wird  so  gehandhabt,  daß  die  oberen 
vier  Löcher  mit  dem  Daumen  und  den  ersten  drei  Fingern  der 
linken  Hand,  die  übrigen  mit  den  Fingern  der  rechten  Hand  ge- 
deckt werden.  Bleibt  nur  das  achte  Loch  geöffnet,  so  erklingt  g', 
bei  Öffnung  des  siebenten  a' ,  beim  sechsten  h',  bei  der  Klappe  zu 
Loch  6  b',  beim  fünften  c",  beim  vierten  d",  beim  dritten  e",  bei 
der  Klappe  zum  dritten  Loch  es",  beim  zweiten  Loch  f",  beim 
ersten  g"  und  bei  der  Klappe  zum  ersten  Loch  a".  Diese  Töne 
werden  nun  entsprechend  den  Ordnungszahlen  der  Löcher,  auf  denen 
sie  erzeugt  werden,  mit  Zahlen  bezeichnet,  wobei  den  Klappentönen 
mit  Ausnahme  des  ersten  durch  eine  Null  charakterisierten  noch 
Kreuze  hinzugefügt  werden.  Das  gewonnene  Zahlenmaterial  wird 
auf  Systemen  von  fünf  Linien  angeordnet,  wobei  die  Zahl  8  auf 
der  untersten  Linie  einsetzt  und  die  Null  auf  der  obersten  Linie 
ihren  Platz  findet.    Zur  Darstellung  der  Bhythmik  dienen  die  Noten- 

1  »Harmonicorum  über  XII«  (1648). 

2  »Traite  de  la  Musette«  (Lyon  1672).  Exemplare  in  Berlin,  Kgl.  Bibl., 
Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolff  heim,  Dresden,  Kgl.  Bibl.,  Frank- 
furt a.  M.,  Bibl.  Paul  Hirsch,  Bologna,  Brüssel,  Paris,  Wien. 


246 


Branlc  de  bresse  nach  Borjon. 


formen  o  o l  4  4  .  Fügen  wir  noch  das  den  Triller  kennzeichnende 
Häkchen  hinzu,  so  haben  wir  alle  wesentlichen  Züge  der  Musette- 
tabulatur  berührt.  Dieser  Triller  wird  gemeinhin  mit  oberem  Hilfs- 
tone ausgeführt;  das  durch  die  Zahl  bezeichnete  Loch  bleibt  ge- 
öffnet, während  das  des  nächsthöheren  Tones  abwechselnd  geöffnet 
und  geschlossen  wird.  Aber  auch  der  Triller  mit  unterem  Hilfs- 
tone findet  den  Beifall  Borjon's. 

Erinnert  sei  daran,  daß  Hotteterre  den  Tonumfang  und  die 
Ausdrucksfähigkeit  der  Musette  durch  Hinzufügung  einer  kleinen 
.Schalmeipfeife  nach  dem  Berichte  Borjon's  wesentlich  gesteigert 
hat.  Gavottes,  Bransles  und  Aubades  waren  neben  Liedern  aller 
Art  diejenigen  Formen,  die  vornehmlich  für  die  Musette  geeignet 
waren.  Als  Beispiel  sei  eine  Branle  de  bresse  in  der  Form  vor- 
gelegt, in  welcher  sie  Borjon  »en  tabulature  et  en  musique«  dar- 
bietet: 


Branle  de  bresse. 

Aus:  Borjon,  Traite  de  la  Musette. 


Seconde  Partie,  S.  8. 


f    J.N.N  J  X    JJNJN   /    J 


J 


4   ,  4  3  4~>   3~ 


*-? 4>    4 


43      3  4  „      8 **- 


5^5 


-5-a-S 


-«V 


Simple 


Simple 


j-r j j -r  jj  !■  j   jj 

jj"  jr     |  J 

A4' 

1 H 

n  6)           "*  5  „       A 

4    .  4  3  4~)    J   .   4 

5                          B           n^ 

,       «)  t*    rt 

7     7°                               '           0 

7      7°             0)                             °               II 

s-tf.r     f  f   «r     j 

jT        ^           f 

,3°.  3        ,3S,  3   .    3 

5  f,  5                           5 

5  e  6  *          464          *' 

4  5  *       *          4  5       *  6  „ 

double 


}   Js    f    JJ  s~      s* 


f  f 


J 


J."L      8 


*  k*     * *TE * 


5 Sg)  5 


"4 —    4)  ,  4 


6,  65 H 5  0  ,  0) 


8,«^ »- 


r«B 


7"7 


7     7 


j  ^HTrfrri^Trj'rri'ri^rri-^ 


Simple 


Braille  de  bresse  nach  Borjon. 


247 


[^jiccEfrrrMy^c^r1! 


a&iwWrd^mu  tottcrSasB 


double 


|  jJjJJWjJjlQjQ^^flylJJjJBEg^M 


B.    Tabulaturen  für  Blechblasinstrumente. 

Bei  den  Blechblasinstrumenten  verdient  die  Tabulatur  für  rus- 
sische Jagdmusik1  einige  Worte  der  Erwähnung.  Jedem  Tone  des 
benutzten  Tonmaterials  kommt  eine  Linie  zu,  die  die  Stimme  des 
entsprechenden  Hornes  darstellt.  Die  Noten  sind  mit  den  gewöhn- 
lichen Formen  &  1  •  usw.  eingetragen,  die  überwiegenden  Pausen 
in  älterer  Zeit  durch  O  =  V4-Pause,  tt  =  Vg-Pause,  in  jüngerer 

Zeit  durch  □  =  1/4-»  ^  =  i/s~  und  <•>  =  Vi6-Pause  ausgedrückt. 
Bemerkenswert  ist  aus  dem  Mittelalter  noch  die  rhythmische  Dar- 
stellung der  Fanfaren  des  Jagdhorns,  wie  sie  uns  der  »Tresor  de 
venerie«  des  Messire  Hardouin  de  Fontaines  Gu6rin  überliefert2. 
Die  Deutung  der  Rhythmen  ist  nicht  zweifellos.  Aber  sowohl  im 
Hinblick  auf  die  angewandten  Bezeichnungen  als  auf  die  rhyth- 
mischen Ergebnisse  dürfte  der  Lösungsversuch  Buhle's3  das  Rich- 
tige treffen: 


Le  mot  Sengle  ■ 

Demi-double-de-chemin  OD 

Double-  de  -chemin  1  1  1  1  1 

Double  de  chasse  KD 

Long  « 

Le  mot  d'apel  tenent  m~Tm 


4 

r, 

•  4 


1  1 

0     0     0     0 

I      H 

•       0  4 


=  4        00 


1  "Vgl.  Johann   Christian  Hinrichs,    »Entstehung,  Fortgang  und  jetzige 
Beschaffenheit  der  russischen  Jagdmusik«.     St.  Petersburg  1796. 

2  Vgl.  die  Ausgabe  von  Jer.  Pichon  (Paris  1855)  mit  musikhistorischen 
Bemerkungen  von  Bottee  de  Toulmon. 

3  Siehe  sein  treffliches  Werk  >Die  musikalischen  Instrumente  in  den  Mi- 
niaturen des  frühen  Mittelalters«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1903).  S.  22  f. 


Kl.  Handb.  der  Musikgesch.   VIII.  2. 


18 


248  Tabulaturen  für  Akkordion,  Luthercither  und  Balalaika. 

6.  Kapitel. 

Akkordiontafoulatureii. 

Spielt  die  Zahl  beim  Volksgesange  eine  Rolle,  so  bleibt  ihr  auch 
die  Notation  für  volkstümliche  Instrumente  nicht  verschlossen.  Bei 
Bundinstrumenten  hatten  wir  ihr  Wirken  schon  beobachtet.  Aber 
auch  für  die  diatonischen  Fortschreitungen  der  Ziehharmonika  oder 
des  Akkordions  werden  wie  in  aller  Zeit  bei  den  bundlosen  polischen 
Geigen  Ziffern  verwendet.  Jede  der  acht  gewöhnlich  vorliegenden 
Tasten  entspricht  aber  hier  zwei  Tünen,  deren  einer  beim  Zudrücken, 
der  andere  beim  Aufziehen  des  Balges  erklingt.  Deutsche1  wie  engli- 
sche2 Werke  über  das  Akkordion  offenbaren  die  Stimmung  der  Tasten 

\       9       3       k  ^       fi       7 

beim  Zudrücken: 

beim  Aufziehen: 

Englische  Schulen  bezeichnen  das  Zudrücken  des  Balges  mit 
einer  Null  unter  der  Zahl,  deutsche  lassen  es  unbezeichnet.  Er- 
stere  kennzeichnen  das  Aufziehen  des  Balges  mit  einem  Kreuz  (+' 
unter  der  Zahl,  letztere  mit  einem  Winkel  (\)  über  derselben3.  Fran- 
zösische Akkordions4  gehen  bis  zum  e  hinab. 

Die  Zahl  als  Bundbezeichnung  wirkt  noch  bei  manchem  älteren 
und  neueren  Instrument.  Fraglich  bleibt  es  vor  der  Hand,  für 
welches  Instrument  die  Tabulatur  der  Johanna  Friederica  Heppe 
neuve  Antoine  Pagot(?)  bestimmt  gewesen  sein  mag,  welche 
das  Kgl.  Konservatorium  zu  Brüssel  bewahrt.  Vier  Saiten  in  der 
Stimmung  d  g  h  d'  liegen  vor. 

Mit  einem  Viersaiter  in  der  Stimmung  g  o'  e'  g'  haben  wir  es 
bei  der  Luthercither  zu  tun,  für  die  ebenfalls  Zahlen  zur  Bund- 
bezeichnung in  Anwendung  gelangen5. 

Die  gleiche  Ziffernpraxis  wird  bei  der  Balalaika  geübt,  deren 
drei  Saiten  c'  e'  a'  gestimmt  sind6. 


1 

2 

3 

4 

5 

6     7 

8 

9 

c 

e' 

9' 

c" 

e     9 

c'" 

1 

2 

3 

4 

5 

6     7 

8 

h 

d' 

f 

r 

a 

h' 

d"  f 

a" 

1  Z.  B.  Friedrich  Rüdiger,  >Die  Kunst  auf  dem  Zieh-Harmonica-Accor- 
dion  in  einer  Stunde  ein  Stück  zu  spielen«. 

2  Vgl.  John  Simpson,  »A  selection  of  sacred  music  arranged  for  tlie 
Accordeon«  (London,  Simpson). 

3  Auf  deutschem  Boden  kommt  für  den  Zudruck  auch  der  Buchstabe  x 
und  für  den  Aufzug  a  zur  Verwendung  (vgl.  Zieschang,  »Praktische  Num- 
mernoten-Schule für  die  lange  Harmonika  mit  10  Tasten«). 

4  Siehe  Carnaud,  »Methode  en  chiffre  pour  l'Accordeon«  (Paris). 

5  Vgl.  Roese,  »Schule   zur  Erlernung   der  Luthercither«  (Wismar  189C  . 

6  Siehe  z.  B.  Nasonov,  »Pesni  i  Durnki  Ukraincy«  und  Poljakov,  »Sbor- 
nik  pesen  alja  balalajki«. 


Partituren  des  Mittelalters.  249 

7.  Kapitel. 
Außerdeutsche  Orgel-  uud  Klaviertabulaturen. 

A.  Die  italienische  Orgel-  und  Klaviertabulatur. 
Zur  Fixierung  gregorianischer  Melodien  benutzte  das  frühe  Mittel- 
alter in  theoretischen  Traktaten  zuweilen  ein  mit  Schlüsselvorzeich- 
nung versehenes  Liniensystem,  das  nicht  unschwer  als  Abbild  eines 
Saiteninstrumentes  zu  erkennen  ist.  Die  Zahl  der  Linien  war  je 
nach  dem  Umfange  der  Weisen  bedeutenden  Schwankungen  unter- 
worfen. Bis  zu  18  sehen  wir  bei  dem  Verfasser  der  »Musica  en- 
chiriadis«  und  der  mit  ihr  verwandten  Schriften  zur  Darstellung 
der  Organa  zusammentreten.  Ein  paar  Beispiele  auf  neun  und  zehn 
Linien  mögen  die  geschilderte  Praxis  belegen: 

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1  Gerbert,  Scriptores  I,  471a.         2  Gerbert,  Scriptores  I,  185. 

18* 


250  Orgel-  und  Klaviertabulatur  bei  Attaingnant. 

Dieses  Prinzip  der  Anwendung  einer  größeren  Linienzahl  zum 
Zwecke  deutlicher  Darstellung  mehrerer  Stimmen  ist  auch  außer- 
halb der  Schulschriften  in  den  mehrstimmigen  Sätzen  der  Frühzeit 
(Ms.  Douai  124) l  anzutreffen.  Viele  Kompositionen  aus  der  ältesten 
Zeit  der  Mensuralmusik  sind  auf  ähnliche  Weise  partiturartig  über- 
liefert, nur  daß  bei  ihnen  die  Benutzung  von  Linie  und  Zwischen- 
raum verrät,  daß  die  alte  Vorstellung  eines  Saiteninstruments 
beim  Schriftbilde  abhanden  gekommen  ist.  Die  Charakteristika  der 
Verwendung  einer  größeren  Linienzahl  und  der  Darstellung  der 
Stimmen  übereinander  sind  aber  geblieben.  Im  Laufe  der  Ent- 
wickelung  lernte  sich  die  Mensuralmusik  im  allgemeinen  für  Dar- 
stellung von  Einzelstimmen  auf  Systeme  von  fünf  Linien  beschränken, 
wenn  auch  einzelne  Fälle  noch  im  15.  Jahrhundert  das  Vorkommen 
von  sechs  und  acht  Linien  belegen,  wobei  nur  an  Codices  wie 
Escorial  V.  HI.  24  2,  Bologna  37  und  Trient  89  erinnert  sei.  Handelt 
es  sich  dagegen  um  partiturmäßige  Darstellung,  so  rücken  noch 
im  16.  Jahrhundert  zwei  Fünfliniensysteme  zusammen.  Eine  solche 
zehnlinige  Partitur  liegt  bei  Martin  Agricola  in  seiner  »Musica 
instrumentalis  deudsch«  (Wittenberg  1529)  auf  der  Tafel  zu  Seite 
50  vor.  Beispiel  über  Beispiel  bieten  die  handschriftlich  in  Berlin 
unter  der  Signatur  Ms.  theor.  8°  84  erhaltenen  »Praecepta  musicae 
poeticae«  von  Gallus  Dreßler  und  das  verwandten  Inhalt  auf- 
weisende Manuskript  mus.  theor.  4°  57  derselben  Bibliothek  dar. 

An  die  alten  Partituren  lehnen  sich  die  Tabulaturen  der  italie- 
nischen und  französischen  Organisten  und  Klavecinisten  sowie  der 
englischen  Virginalisten  an,  nur  daß  sie  alle  in  den  meisten  Fällen 
aus  Gründen  der  Übersichtlichkeit,  und  um  das  Notenmaterial  der 
rechten  Hand  von  dem  der  linken  zu  trennen,  eine  Scheidung  der 
Linien  in  zwei  Gruppen  vornehmen. 

Die  Franzosen  griffen  sofort  zu  zwei  Systemen  von  fünf  Linien 3 
wie  die  für  Orgel-  und  Klavierinstrumente  bestimmten,  in  München 
erhaltenen  sieben  Sammlungen   des  Pariser  Verlegers  Pierre  At- 
taingnant  aus    den  Jahren   1530 — 1531    dartun,   und    notierten 


1  Vgl. Coussemaker,»Histoirederharmonieaumoyen-äge«,  planche24/25. 

2  Vgl.  z.  B.  die  Aufzeichnung  von  »J'ayme  bien  celui  qui  s'en  va«  in 
Pierre*Aubry's  >Iter  Hispanicum  II«  (»Sammelbände  der  IMG.«  VIII,  526). 
siehe  im  übrigen  die  Nachweise  bei  Arnold  Schering  in  seinem  "Werke 
»Studien  zur  Musikgeschichte  der  Renaissance«  S.  92. 

3  Man  erinnere  sich  dessen,  daß  im  ausgehenden  Mittelalter  Systeme  von 
vier  Linien  typisch  für  die  Choralnotation  und  solche  von  fünf  Linien  typisch 
für  die  Mensuralnotation  geworden  waren.  Zu  vergleichen  ist  hierfür  die  Lehre 
von  Johannes  de  Garlandia  (Coussemaker,  Scriptores  I,  139b)  und  dem 
englischen  Anonymus  IV  (G.  S.  I). 


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Orgel-  und  Klaviertabulatur  bei  Attaingnant.  251 


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darauf  mit  Hilfe  der  für  die  Gesangsmusik  gebräuchlichen  Mensural- 
notation, wobei  sie  bei  den  kleineren  Werten   sich   für  die  leeren 

Formen    0    0    anstelle  der  vollen  ♦    ♦    entschieden     und    gefüllte 

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Notenwerte  erst  bei    ♦    eintreten    ließen.      Als    Schlüssel    ist    der 

C-Schlüssel  verwendet,  für  das  obere  System  in  der  Diskant-,  für 
das  untere  in  der  Tenorlage.  Mehrere  auf  einem  Liniensystem 
vereinigte  Stimmen  sind  durch  verschiedene,  aber  nicht  konsequent 
durchgeführte  Streichung  (Kaudierung)  auseinander  gehalten.  Eine 
klare  Übersicht  über  die  Stimmführung  ist  nicht  erreicht.  Einen 
besonderen  Zug  erhält  diese  älteste  französische  Orgeltabulatur 
durch  die  Darstellung  der  Chromatik.  Wandten  die  deutschen 
Organisten  nach  unten  gezogene  Striche  und  Schleifen  zur  Bezeich- 
nung des  alterierten  Tones  an,  so  griff  Attaingnant,  offenbar 
weil  ihm  dieses  Mittel  typographisch  zu  unbeholfen  schien,  zu  dem 
Punkte,  der  unter  die  Noten  gesetzt  gemeinhin  Kreuztöne,  unter 
a  und  d  aber  auch  B-Töne  charakterisiert.    (Siehe  Faksimile.) 

Auf  diese  Bedeutung  des  Punktes  machte  zuerst  Eduard  Ber- 
noulli,  angeregt  durch  frühere  Beobachtungen  Rob.  Eitner's  und 
Ritters,  nachdrücklich  in  einem  Vortrage  auf  dem  Wiener  Kon- 
gresse 1909  i  aufmerksam.  Die  Zweifel,  welchen  anfangs  seine 
Theorie  begegnete,  wurden  durch  die  Neuausgabe  der  1530  bei 
Pierre  Attaingnant  in  Paris  erschienenen  Tabulaturdrucke  für  Tasten- 
instrumente vollständig  beseitigt2. 

Ein  diesen  Attaingnant-Tabulaturen  ähnliches  Bild  mag  auch 
das  verschollene  Werk  »Premier  livre  de  tablature  d'Espinette«  von 
Simon  Gorlier  (Lyon  1560)  mit  Chansons,  Madrigales  und  Galli- 
ardes  dargeboten  haben.  Ob  die  Chromatik  einen  entsprechenden 
Ausdruck  gefunden  hat,  vermag  ich  nicht  zu  sagen.  Die  spätere 
Zeit  gebrauchte  hierfür  jedenfalls  die  bekannten  Zeichen  X  und  ?. 

Andere  Wege  ging  die  Praxis  Italiens.  Hier  tritt  uns  sofort 
ein  Problem  entgegen.  Bekanntlich  zeichneten  die  Raliener  im 
I  i.  Jahrhundert  ihre  Werke  gemessener  Musik  auf  Systemen  von 
sechs  Linien  auf.  Da  nun  ein  großer  Teil  dieser  Kompositionen 
von  Organisten  herrühren  und  in  ihrer  Faktur  ohne  Frage  instru- 
mentalen Einschlag  aufweisen,  da  sich  aber  sonst  keine  praktischen 
Belege  für  das  den  Berichten  nach  hochstehende  italienische  Orgel- 
spiel des  1 4.  Jahrhunderts  erhalten  haben  und  da  schließlich  die 
ältesten  zweifellosen    italienischen    Orgeltabulaturdenkmäler  Sechs- 


i  Kongreßbericht  S.  126 f. 

2  München,  Carl  Kühn,  1914.     5  Bände.     Siehe  besonders  V,  15  IT. 


252  Hypothesen  Kinkeldey,  Riemann,  Schering. 

linien-Systeme  erkennen  lassen,  so  ist  Otto  Kinkeldey  in  seinem 
verdienstlichen  Buche  »Orgel  und  Klavier«1  geneigt,  diese  ganze 
mit  Texten  überkommene  Literatur  in  erster  Linie  der  Orgel  zuzu- 
weisen. Damit  bedrohte  er  die  bisher  herrschende  Theorie  Hugo 
Riemann's2,  der,  gestützt  auf  Untersuchungen  des  Verhältnisses 
von  Ton  und  Wort  und  auf  Beobachtung  der  melodischen  Linie 
eine  Durchdringung  von  Solostimme  und  demjenigen  Instrument, 
welches  damals  nach  dem  Urteile  von  Johannes  de  Grocheo 
die  vornehmste  Rolle  spielte,  der  Vielle,  angenommen  hatte.  Des 
Kinkeldeyschen  Gedankens  bemächtigte  sich  Arnold  Schering 
und  führte  ihn  nach  einem  ersten  Anlauf  in  seiner  Schrift  »Die 
Niederländische  Orgelmesse  im  Zeitalter  des  Josquin«3  auf  gesicher- 
terer Basis  in  seinen  »Studien  zur  Musikgeschichte  der  Frührenais- 
sance«4  fort.  Die  Instrumentenkunde,  Ikonographie,  formalanalytische 
Betrachtungen  und  13  Sonette  von  Simone  di  Golino  Pruden- 
ziani  aus  dem  Parmeser  Kodex  pal.  286  5  wurden  ihm  zu  Leit- 
sternen, die  den  Gang  seiner  Untersuchung  bestimmten.  Im  einzelnen 
werden  viele  treffende  und  die  Erkenntnis  fördernde  Beobachtungen 
gemacht,  im  ganzen  wirken  aber  auch  hier  seine  Darlegungen 
nicht  überzeugend.  Die  Tatsache,  daß  auch  in  Stimmen  geschrie- 
bene, in  Chorbuchform  überlieferte  Kompositionen  von  der  Orgel 
ganz  oder  teilweise  gespielt  werden  konnten,  wird  nach  den  Kinkel- 
deyschen Forschungen  von  keinem  Einsichtigen  mehr  geleugnet 
werden  können.  Aber  Schering's  Beweise  dafür,  daß  von  den 
Werken  der  Florentiner  Meister  des  14.  Jahrhunderts  diese  in  ein- 
zelnen Stimmen  und  Stimmteilen  auf  dem  Portativ,  jene  auf  zwei 
Portativen,  jene  andere  auf  Positiven,  daß  bestimmte  dreistimmige 
Sätze  des  Dufay-Zeitalters  auf  der  Pedalorgel  mit  zwei  Manualen 
also  als  Trios  gespielt  wurden,  haben  keine  verbindliche  Kraft  und 
trotz  aller  Feinheit  der  Dialektik  nichts  Zwingendes.  Verkehrt 
erscheint  es  mir,  von  den  Gesängen,  die  der  Dichter  Prudenziani 
mit  diesem  oder  jenem  Instrument  in  Verbindung  bringt,  auf  die 


i  Leipzig,  Breitkopf  '&  Härtel,  1910  S.  100  ff. 

2  Ausgesprochen  im  »Handbuch  der  Musikgeschichte«  I,  2  (Leipzig,  Breitkopf 
&  Härtel  1905)  §  53  S.  305  ff.,  II,  1  (1907)  S.  18  ff.  und  in  der  Studie  »Das  Kunst- 
lied im  14.  und  15.  Jahrh.«  in  den  »Sammelbänden  der  IMG.«  Jahrgang  VII 
S.  529  ff.  Vgl.  auch  desselben  Verfassers  Aufsatz  »Ein-  und  mehrstimmige 
weltliche  Gesangsmusik  mit  obligater  Instrumentalbegleitung  im  14.  Jahrh.« 
in  den  »Blättern  für  Haus-  und  Kirchenmusik«. 

3  Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel  1912. 

4  Leipzig,  C.  F.  Kahnt,  1914. 

5  Dom.  Ferretti,  »II  codice  palatino  parmense  286  e  una  nuova  in- 
catenatura«,  Parma  1913. 


Beispiel  einer  italienischen  Orgeltabulatur. 


253 


Technik  dieses  Instrumentes  schließen  und  sich  damit  einen  Maß- 
stab für  die  Beurteilung  anderer  Werke  schmieden  zu  wollen. 
Deutlich  leuchtet  aus  den  Versen  eben  nur  die  Tatsache  hervor, 
daß  den  Instrumenten  diese  Musik  offenstand  und  mit  ihnen  gern 
für  die  Zwecke  häuslicher  Erbauung  in  Beziehung  trat.  Dieselben 
Stücke  hätten  auch  für  andere  Instrumente  herangezogen  werden 
können.  Den  Streichinstrumenten  (Viellen)  gebührt  nach  Joh.  de 
Grocheo  eine  Vorrangstellung.  Voll  und  ganz  sei  anerkannt,  daß 
gerade  über  die  Orgelmusik  bei  Paumann  und  im  Buxheimer  Orgel- 
buch z.  B.  sehr  viel  Treffliches  von  Schering  gesagt  worden  ist. 
Die  eigenmächtige  Behandlung  des  Textes  und  die  der  Vokalmusik 
zugewiesene  inferiore  Stellung  auf  Grund  der  Verkennung  der 
Tatsache,  daß  Stimme  und  Instrumente  die  gleichen  Verzierungs- 
formen aufweisen,  trennen  unsere  Anschauungen.  Als  Denkmäler 
italienischer  Orgelmusik  vermag  ich  die  Florentiner  Kunst  des 
Trecento  um  so  weniger  anzusehen,  als  sich  in  dem  Pariser  Kodex 
fr.  nouv.  acq.  6771  auf  Blatt  81  offenbar  ein  paar  zweistimmige 
Denkmäler  desselben  Kreises  nach  italienischer  Art  intavoliert,  d.  h. 
partiturartig  aufgezeichnet  vorfinden.  Besonders  interessiert  das 
variierte  Lied  Francesco  Landino's  »Questa  fanciulla«.  Der  Ver- 
gleich einiger  Takte  von  Vorlage  und  mutmaßlicher  Orgelfassung 
dürfte  nicht  ganz  belanglos  sein: 


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i  Nach  TaktH  ist  in  der  Unterstimme  eine  brevis  d'  ausgefallen,  wie  auch  der 
Originalsatz  in  Florenz  Bibl.  Laur.  Cim.  87  beweist.  Das  a  in  Takt  I S  ist  zu  tilgen. 


254 


Questa  faneiulla  in  Partitur  und  Tabulatur. 

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Florenz,  Bibl.  Laur.  C*'m.  S7  fol.  1 38r. 


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Contratenor.  Questa  faneiulla. 


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Paris,  Bibl.  Nat.  /r.  »wit».  aeq.  6771  fol.  85 


Beispiele  italienischer  Orgeltabulalur. 


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Tatsache  ist  jedenfalls,  daß  die  älteste  gedruckte  italienische 
Orgeltabulatur1,  das  erste  Buch  der  »Recerchari,  Motetti,  Canzoni« 
des  Marcoantonio  di  Bologna2  (Ven.  apud  Bernardinum  Ver- 
celensem,  mense  Aprili  1523)  zwei  Systeme  von  je  sechs  Linien 
mit  dem  C-Schlüssel  auf  der  ersten  Linie  im  oberen  und  auf  der 
dritten  Linie  im  unteren  System   aufweist.     Daß  aber  hier  keine 


i  Ein  Privileg  für  den  Druck    von   »Intavolature    d'organo«   erhielt   IV- 
trucci  bereits  1498. 

London,  British  Museum. 


256  Italienische  Orgel-  und  Klaviertabulaturen. 

feststehende  Praxis  waltet,  erkennen  wir  an  den  folgenden  Drucken. 
Die  »Musica  nova  accommodata  per  cantar  et  sonar  sopra  organi 
et  altri  strumenti«   (Venetia  1540)1,   die  >Intavolatura  cioe  Recer- 
cari,  Canzoni,  Hinni,  Magnificati  composti  per  Hie ronimo  di  Marc- 
antonio da  Bologna  detto  d'Urbino«  (1542)  operieren   mit  der 
Verbindung  eines   oberen   Systems  von   sechs  und    eines  unteren 
von   sieben  Linien,  ebenso   die  » Intabolatura  d'Organo  cioe  Misse,  I 
Hinni,   Magnificat«    desselben   Autors  aus   dem  Jahre   1543.     Das 
erste   Buch  der    »Intabolatura  d'Organo    di  ricercari  di  M.  Giac- 
ques  Buus,  das  1547  in  Venedig  bei  A.  Gardano  gedruckt  wurde 
und    1549    eine    Neuauflage   erfuhr,   zeigt   oben    ein  System    von 
fünf,   unten   ein   solches  von    sechs  Linien.     Dieselbe   Anordnung 
der  Linien   begegnet   noch    1592   im    »Primo   libro   d'intavolatura 
di    balli    d'arpicordo«    des    Gio.    Maria    Radino    und    1608    in 
Werken   von    Antegnati.     Simone  Verovio    benutzt    1586   in 
seinem   »Diletto   spirituale«    zwei    Systeme   von   je   sieben   Linien, 
1589  in  der  »Ghirlanda  di  Fioretti  musicali«    dagegen  bald  zwei 
Systeme   von  je   fünf,    bald   von   je    sieben   Linien   und    1591    in 
den   »Canzonette«    die  Verbindung  von    einem   Sechs-    und  einem 
Siebenliniensystem.    (Siehe  Faksimilien.)    Das  Gewöhnliche  war  um 
die  Wende    des    16.  Jahrhunderts   die  Verbindung  von    fünf  und 
acht  Linien,  wie  sie  bei  Claudio  Merulo  in  den  beiden  Büchern 
der  »Toccate   d'intavolatura   d'organo«    von    1598   und    1604,  bei 
Luzzasco  Luzzaschi  in  seinen  »Madrigali«  mit  Klavierbegleitung2 
1601   sowie  in  Handschriften   von  Florenz3  und  Nürnberg4  anzu- 
treffen ist.     Frescobaldi5  gibt  in    seinen   Cembalo -Werken    der 
Anordnung  {j  den  Vorzug,  während  sein  Schüler  Froberger  bald 
die  Verbindung  *6,    bald  aber   die  Gruppierung  |7  erkennen  läßt. 
Letztere  liegt  auch  in  den  »Gagliarde«  G.  Fr.  Anerio's  (Ven.  1607) 
vor.    (Siehe  das  Faksimile.) 

i  Vgl.  den  Bologneser  Katalog  von  Gaspari-Torchi  IV,  24. 

2  Exemplar  in  Berlin  Kgl.  ßibl.  Siehe  im  übrigen  die  interessante  Studie 
von  0.  Kinkeldey  in  den  »Sammelbänden  der  IMG.«  IX,  538ff. 

3  Bibl.  Naz.  Centr.  XIX,  1  1  5. 

4  Mss.  33748  und  33748v  des  germanischen  Museums. 

5  Siehe  z.  B.  seine  »Toccate  e  Partite  d'intavolatura  di  cimbalo.  Libro  primo« 
(Roma,  Nicolö  Borbour,  1  61 5)  und  »II  secondo  libro  di  Toccate  etc.«  Roma  1 627). 

6  »Diverse  Ingegnosissime,  Rarissime  et  non  mai  piu  viste  Curiose  Partite 
di  Toccate,  Canzone,  Ricercate,  Alemande,  Correnti,  Sarabande  e  Gique  di 
cimbali,  organi  e  instromenti«  (Moguntia,  Ludovico  Bourgeat  16<>3). 

7  »Diverse  Curiose  e  Rare  Partite  musicali  .  .  .  .,  di  cimbali,  organi,  in- 
stromenti e  spinetti«  (Moguntia,  a  coste  de  Ludovico  Bourgeat,  1696),  »10 
Suittes  de  Clavessin«  (Amsterdam,  Estienne  Roger)  u.  a.  Auch  Bernardo 
Pasquini  zeigt  in  seinem  Werk  von  1699  die  Liniengruppierung  f. 


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G.  Fr.  Anerio,  Gagliarde.     Yen.  1G07. 
(Zu  S.  256.1 


Italienische  Orcel-  und  Klaviertabulaturen. 


257 


Meist  wurden  dem  unteren,  zuweilen  auch  dem  oberen  Systeme 
mehrere  Schlüssel  vorgezeichnet. 


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Merulo,  Claudio:  Libro  primo  di  Toccate.    Roma,  S.  Verovio  459S. 
Kl.  Handl).  der  Musikgesch.   VI1L  2.  19 


258     Orgel-  und  Klaviertabulaturen  in  Spanien,  Portugal  u.  Deutschland. 

Im  übrigen  erinnern  wir  uns  dessen,  daß  Bermudo  1555  im 
44.  Kapitel  seiner  »Declaracion  de  instrumentos«  für  den  Klavier- 
und  Orgelspieler  in  Beziehung  zur  schriftlich  fixierten  Literatur 
drei  Möglichkeiten  ins  Auge  faßt1: 

1 .  das  Spielen  aus  dem  Ghorbuch, 

2.  das  Spielen  aus  der  Partitur, 

3.  das  Spielen  aus  der  Tabulatur. 

Die  zweite  Möglichkeit,  das  Spielen  aus  der  Partitur  nimmt  er  für 
den  Anfänger  und  den,  der  größere  Mühe  scheut,  in  Anspruch. 
Diese  Methode  hat  sich  nun  in  einer  ganzen  Reihe  von  Schrift- 
denkmälern aus  den  verschiedensten  Gegenden  erhalten.  Italien 
hat  an  dieser  Praxis  besonderen  Anteil.  Eins  der  ältesten  Beispiele 
führt  den  Titel  »Tutti  i  Madrigali  di  Cipriano  di  Rore  a  quattro 
voci  spartiti  et  accommodati  per  sonar  d'ogni  sorte  dTstromento 
perfetto  et  per  qualunque  studioso  di  Contrapunti«  (Ven.,  A.  Gar- 
dano,  1577).  Werke  von  Antonio  Valente,  Gio.  Maria  Tra- 
baci,  Girolamo  Frescobaldi,  Antonio  Cifra,  Fabritio 
Fontana,  Giovammaria  Casini  und  andern  schließen  sich  an. 
Trabaci  bemerkt  in  seinen  »Ricercate,  Ganzone  Francese,  Gapricci« 
von  1603  besonders  -»da  sonarsi  sopra  qualsivoglia  stromento,  ma, 
piü  proportioneaolmente  ne  gli  Organi  e  nei  Cimbali*-. 

Aus  Spanien  kommt  uns  die  erste  Kenntnis  dieser  Praxis,  aber 
doch  scheint  es  diese  Form  der  Klavier-  und  Orgelliteratur  nicht 
begünstigt  zu  haben.  Für  Portugal  haben  wir  einen  trefflichen 
Beleg  in  den  »Flores  de  Musica  pera  o  instrumento  de  Tecla  et 
Harpa«  des  Padre  Manoel  Rodrigues  Coelho  aus  dem  Jahre 
1622.  Auch  Deutschland  bleibt  nicht  unbeteiligt;  kein  geringeres 
Werk  als  die  »Tabulatura  nova«  von  Samuel  Scheidt  aus  dem 
Jahre  1624  weist  die  Partiturform  auf.  Ihr  anzuschließen  ist 
Johann  Klemmes  »Partitura  seu  Tabulatura  itaUca«  vom  Jahre 
1631. 

Auf  die  anders  gearteten  Partituren  des  Organisten,  die  General- 
baßstimmen, sei  hier  nur  flüchtig  hingewiesen. 

Die  englischen  Virginalisten  haben  unter  dem  Einflüsse  Italiens 
zuerst  zweimal  sieben  Linien2,  dann  zweimal  sechs  Linien  ver- 
wendet,   die  sie  nach   dem  Vorbilde    der   alten  Partitur  bald  zu- 


1  Darauf  machte  zuerst  0.  Kinkel dey  in   seinem  Werke    »Klavier  und 
Orgel«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel  1910)  S.  20  ff.  nachdrücklich  aufmerksam. 

2  Vgl.  die  Kompositionen  vonHughe  Aston  in  London  British  Museum 
Royal  App.  56. 


Die  Notation  der  englischen  Virginalisten. 


259 


sammenrückten  wie  in  dem  folgenden  Beispiel  von  Tallis  aus 
dem  Mulliner  Virginalbuch1,  bald  in  zwei  Gruppen  von  je  sechs 
Linien  zerlegten  wie  im  Fitzwilliam  Virginal  Book2,  in  Lady 
Neville's  Virginal  Book3  und  vielen  andren  handschriftlichen  Doku- 
menten englischer  Klaviermusik  bis  hin  zur  gedruckten  Sammlung 
>Parthenia   or  the    Maydenhead    of   the   first  Musicke«    aus   dem 

Jahre   I6H  4.  „    ... 

Talus. 


=                 m                         m 

O 

4 

&             +      d      - 

*.         \    h. 

K      \ 

1»         kS    V'        'i       ^ 

1-    s     «       N  s 

=  °                       i\  S  r-  S  J  *     S 

'    S     J  *  •                      *  - 

m  *       •  m 

=  9         r  r^  \  ^    •      «  •      « 

•  «    0  *                                     # 

4  •              • 

ny     k,   ^  r  > 4  •  4  •        + 

\       ^4  •  4  * 

Natus  est  nobis. 


i 


äggs 


IK5 


5 


PB^ 


nIVnIS 


R^S 


h 


5XE 


K 


fv 


s 


5 


Den  Linien  vorgezeichnet  sind  die  voces  signatae  F  C  und  Cr. 


* 


fr 


i 


3^ 


Hinsichtlich  der  Notation5  ist  im  allgemeinen  zu  bemerken,  daß 
die  Parte  der  beiden  Hände  in  den  Systemen  geschieden  werden, 

1  London  British  Museum  Add.  Mss.  30,  513. 

2  Cambridge  Fitzwilliam  Museum.    Neuausgabe  von  Fuller-Maitland 
und  Barclay  Squire  bei  Breitkopf  &  Härtel  1894—1899. 

3  London  Buckingham  Pallace. 

4  Siehe  das  Faksimile  im  Neudruck  der  »Musical  Antiquarian  Society«. 

5  Vgl.  die  Einleitung  zur  Neuausgabe  des  Fitz  william  Virginalbook  S.  XI  ff. 
und  Max  Seiffert,  »J.  P.  Sweelinck  und  seine  direkten  Schüler«  in  »Viertel- 

19* 


260 


Verzierungen  bei  Bevin. 


und  daß  die  Regeln  der  Mensuralnotation  des  15.  bis  16.  Jahr- 
hunderts Geltung  behalten.  Dreiteilige  Rhythmen,  die  in  die  zwei- 
teiligen eingeschoben  werden,  gelangen  mit  Hilfe  schwarzer  Noten 
zum  Ausdruck  (proportio  hemiolia).  Zur  Bezeichnung  des  tempus 
imperfectum  cum  prolatione  imperfecta  bedienen  sich  die  Virgina- 
listen  der  Zeichen  C  3,  Ci  Die  Dreiteilung  der  semibrevis  ohne 
Rücksicht  auf  größere  Werte  bezeichnen  sie  mit  3,  wobei  zugleich 
die  Zweiteilung  der  minima  im  Zeichen  ihren  Ausdruck  findet, 
während  bei  dreizeitiger  Unterteilung  das  Zeichen  3—  gesetzt  wird, 
worunter  zwei  minimae  zu  einer  schwarzen  semibrevis  zusammen- 


0    0    0 


0    0 


geschlossen  werden  können:  ^ 

Die  Versetzungszeichen  sind  $  und  t7,  deren  eins  das  andere 
aufhebt.  Als  Verzierungszeichen  treten  ein  oder  zwei  Strichchen 
mit  oder  ohne  Häkchen  auf,  die  den  Hals  der  Note  durchkreuzen 
oder  bei  fehlendem  Halse  über  der  Note  schweben  beziehungs- 
weise wie  in  den  »Parthenia«  dem  Notenkopfe  angefügt  sind  ff  • 

Folgende  Zeichen  kommen  vor:    O     O     O     O     O     G* 

Für  sie  gibt  Edward  Bevin  in  der  Handschrift  British  Museum 
52,  403  ;iuf  fol.  5r   nachstehende  Erklärung: 


Graces 
in  play. 


Se£ 


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H 


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ZTSI 


-©- 


The  graces 

before  is  here 

exprest  in 

notes. 


jahrschrift  für  Musikwissenschaft«  VII,  146  IT.,  »Geschichte  der  Klaviermusik« 
(Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1899)  S.  55  und  Sweelinck-Gesamtausgabe  Deel  I 
S.  VIff.  Faksimilien  liegen  vor  bei  Farrenc  im  »Tresor  des  Pianistes«,  bei 
Rimbault  in  der  Neuausgabe  der  »Parthenia«,  bei  Fuller-Maitland  und 
Barclay  Squire  in  dem  Neudruck  des  Fitzwilliam  Virginalbook  (Leipzig, 
Breitkopf  &  Härtel),  bei  Chappell  in  seiner  »Populär  Music  of  the  Olden 
Time«  (London,  Chappell),  bei  Naylor  in  »An  Elizabethan  Virginal  Book« 
(London,  Dent,  1905)  und  anderen  Werken  mehr. 


Pur  cell  s  »Rules  for  graces«.  261 

Hiernach   bedeutet   also  O   einen  Schleifer  (slide)    bis   zum   no- 
tierten Tone  als  der  höheren  Terz.    Bei  O     ist  der  Schleifer  mit 

einer  appoggiatura  verbunden,  wohingegen  bei  O  der  Schleifer 
in  einen  tremolo  ausläuft  (shake  with  a  turn);  die  vorletzte  Note 
bringt  den  tremolo  getrennt  zur  Darstellung.  Auch  Jo.  Ad.  Reincken 
deutet  in  der  »Admonitio«  zu  seinem  »Hortus  musicus«  das  Zeichen 
als  ein  tremolo  (=  Triller)  mit  oberem  Hilfston1,  wenn  er  sagt: 
Si  quis  forte  ignoraverit,  quidnam  simplex  X  sibi  velit,  is  sciat2 
tremul.  significare,  qui  inferne,  tonum  feriat:  quemadmodum  hae 
duae  tremul.  notant  qui  superne  tonum  contingit. 
Die  Praxis  ist  indes  nicht  einmütig  in  der  Erklärung  der 
Zeichen.  Christopher  Simpson  bestimmt  z.  B.  in  seiner  »Division 
Viol«  den  schräg  aufsteigenden  Strich  „"  als  Vorschlag  aufwärts 
(beat).  Thomas  Mace  führt  ihn  in  seinem  »Musick's  monument« 
1676  zwar  unter  demselben  Namen  auf,  versteht  darunter  aber 
einen  Mordent.  Matthew  Locke  in  seiner  »Melothesia«  (1673) 
und  Pu reell  in  seinen  »Lessons  for  the  harpsichord«  (1696) 
schließen  sich  in  der  Wirkung  an  Simpson  an,  belegen  diesen 
»grace«  aber  mit  dem  Namen  »forefall«.  Einig  sind  alle  in  der 
Deutung  des  schräg  abwärts  gerichteten  Striches  (backfall)  als 
Vorschlag  der  höheren  Sekunde.  Mannigfaltig  sind  dagegen  wieder 
die  Erklärungen  des  Doppelstriches.  Locke  führt  ihn  offenbar 
bald  als  mit  oberem  Hilfston  einsetzenden  Triller,  bald  als  vibrato 
aus,  Pure  eil  dagegen  nur  als  Triller  (shake).  Playford  ver- 
wendet in  seinem  Werke  »Musick's  Handmaid*  1678  zur  Charak- 
terisierung derselben  Wirkung  das  Zeichen  **.  Henry  Purcell's 
»Rules  for  graces*3  machen  uns  mit  folgenden  Manieren 


shake  turn 


beat  shake 


i  Vgl.  Max  Seiffert,  Sweelinck-Ausgabe  Bd.  I  (1894)  S.  XIV,  Edw. 
Uannreuther  »Musical  Ornamentati on«  (2d  edition)  S.  25f.  und  Beyschlag  , 
>Die  Ornamentik  der  Musik«    Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  4  908)  S.  5t  ff. 

-  Vorlage  sicat. 

3  Mitgeteilt  nach  der  von  William  Barclay  Squire  besorgten  Ausgabe  der 
»Harpsichord  Music«  in  Bd.  VI  der  Purcell  Society  (London,  Novello,  4  895)  S.  V. 


262  Die  Orgeltabulatur  in  den  Niederlanden. 


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piain  note1  and  shake  slur 


_ ./gl 

S=   Efe- 


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-W—  —  e««^ 

t 


«+^ *- 


forefall  battery 


backfall 

Jede  shake  beginnt  mit  oberem,  jeder  beat  mit  unterem 
Hilfston. 

Die  erläuterte  Art  der  Aufzeichnung  von  Virginal-  und  Orgelmusik 
griff  auch  auf  den  Kontinent  über  und  faßte  besonders  in  den  Nieder- 
landen festeren  Fuß,  wo  die  Kunst  eines  Peter  Philips  und 
eines  John  Bull  tiefer  Wurzel  schlug  und  auf  die  Entwickelung 
von  Klavier-  und  Orgelmusik  nachhaltigen  Einfluß  ausübte.  Jan 
Pieter  Sweelinck  und  Anthoni  van  Noordt  mit  seinem 
»Tabulatuur  Boeck  van  Psalmen  en  Fantasyen«  (t'Amsterdam  1659) 
sind  Zeugen  hierfür.  Die  Tabulatur  des  letzteren  zeigt  uns  dabei 
eine  interessante  Verschmelzung  der  italienischen  und  deutschen 
Orgeltabulatur,  indem  zur  Darstellung  der  oberen  Stimmen  auf 
zwei  Sechsliniensystemen  unter  denselben  die  Aufzeichnung  der 
Pedaltöne  als  Buchstaben  mit  den  entsprechenden  rhythmischen 
Zeichen  hinzutritt.    (Siehe  Faksimile  S.  263.) 

Diese  Mischung  geht  offenbar  auf  italienische  Vorbilder  zurück. 
Denn  1604  treffen  wir  z.  B.  die  gleiche  Praxis  in  Annibale  Pado- 
van o's  »Toccate  et  Bicercari  d'Organo«,  nur  daß  sie  uns  bei  van 
Noordt  weit  entwickelter  entgegentritt. 

Auf  deutschem  Boden  macht  die  italienische  Orgeltabulatur 
frühzeitig  der  deutschen  Konkurrenz.  Folgendes  1594  zu  Köln 
geschriebenes  Beispiel  spricht  dafür.     (Siehe  Faksimile.) 

Doch  behält  die  deutsche  Tabulatur  weitaus  das  Übergewicht. 
Bis  gegen  die  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  bewahrt  sie  für  die  geist- 
liche wie  weltliche  Literatur  von  Tastinstrumenten  ihre  Bedeutung. 
Erinnert  sei  nur,  um  ein  paar  Beispiele  herauszugreifen,  an  den 
handschriftlichen    Anhang    an    Ochsenkun's   Tabulaturbuch    von 


i  Die  »piain  note«  verlangt  die  Hälfte  des  ganzen  Wertes;  bei  punktierten 
Noten  kommt  auf  den  »shake«  nur  der  Wert  des  Punktes. 


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Tabulaturen  in  Deutschland. 


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1 558  in  dem  Exemplar  der  Kgl.  Bibliothek  Berlin  mit  der  Über- 
schrift: >Folgende  Gesang  sind  auff  das  Clauir  abgesetzt  1562«1, 
erinnert  an  das  Klavierbuch  der  Jungfrau  Regina  Clara  Im  Hoff 
Anno  16292  und  an  Christian  MichePs  »Tabulatura  Darinnen 
Etzliche  Praeludia,  Toccaten  vnd  Couranten  uff  das  Clavir  Instru- 
mente ^Braunschweig  1645),  erinnert  schließlich  an  jene  Tabulatur 


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Anthoni    van    Noordt,   Tabulatuur   Boeck    van 
Psalmen  en  Fantasyen,  fAmsterdam  1659. 

der  Leipziger  Stadtbibliothek  aus   der  Becker-Stiftung,   die   kleine 
zu  Wien   1681   geschriebene  Klavierstücke  (Suiten)  darbietet3,  und 


i  Oktave  c—h,  Umfang  E—g". 

2  Oktave  h — a. 

3  Oktave  h — a. 


264 


Merkwürdige  Tabulatun  ersuche. 


an  die  Klavierbücher  von  Anna  Margarethe  Stromerin  1699, 
Anna  Magdalena  Bachin  1 722  und  J.  Andreas  Bach  1754. 
Nebenher  laufen  noch  ein  paar  Versuche,  die  aber  keine  oder 
geringe  Gefolgschaft  gehabt  zu  haben  scheinen.  Vor  allem  zu  nennen 
sind  die  Handschriften  151V  und  151P  der  Kgl.  Bibliothek  Mün- 
chen. Hier  sind  auf  Systemen  von  zweimal  fünf  Linien  die  Ton- 
buchstaben von  a  bis  g  ihrer  Höhe  nach  angeordnet,  z.  B.: 


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S- 


a 


-d- 


te. 


-d- 


-d- 


-9i- 


d 


-d- 


-f- 


**- 


a 


a 


M 


-d- 


7 


a 


d 


Eine  Übertragung  würde    etwa  folgendes  Gesicht  haben.     Die 


rhythmischen  Werte  stehen  nicht  zweifellos  fest: 


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4 


-^ 


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*—•-+ 


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tfel 


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«-• 


^s>- 


V 


Ml. 


I 


Durchaus  geistlos  ist  ein  anderer  Versuch  in  der  Rostocker 
Handschrift  Univ.  Bibl.  mus.  saec.  XVII 18.  532.  Das  Buchstaben- 
material vom  Contra  D  bis  zum  eingestrichenen  e'  geschieden  nach 
Oktaven  von  f—e,  ist  ohne  sichtbaren  Grund  mit  zwei  Systemen 
von  je  sechs  Linien  in  Verbindung  gebracht  worden.  Rein  äußer- 
lich könnte  man  von  einer  Verschmelzung  von  deutscher  und 
italienischer  beziehungsweise  englischer  Klavier-  oder  Orgeltabulatur 
reden.  In  Wirklichkeit  dient  das  Liniensystem  keinem  vernünftigen 
Zwecke. 


B.  Spanische  Klavier-  und  Orgeltabulaturen. 

In  Spanien,  wo  nach  der  Schilderung  des  Ramis  de  Pareja 
die  Orgeln  und  Vielsaiter  frühzeitig  eine  reiche  Entwickelung  er- 
fahren zu  haben  scheinen,  bildeten  sich  auch  selbständige  Notations- 
systeme für  Klaviermusik  heraus,  bei  denen  die  Zahl  eine  besondere 


Eine  Klaviertabulatur  Bermudo's. 


265 


Rolle  spielte.  Ziemlich  geistlos  ist  das  Verfahren,  welches  Bermudo 
in  seiner  »Declaracion  de  instrumentos  musicales«  (Ossuna  1555) 
lib.  IV  cap.  41  angibt1.  Er  bezeichnet  das  vorliegende  Tasten- 
material von  C — a"  der  Reihe  nach  mit  den  arabischen  Ziffern 
von  1 — 42.  Erwähnt  sei,  daß  Bermudo  in  der  tiefsten  Lage  die 
kurze  Oktave  mit  der  Lagerung  der  Töne 

BEB 
G      F       G       A       H 

gebraucht,  hier  also  nur  den  Halbton  B  mitzählt,  während  in  den 
übrigen  Oktaven  jeder  Ganzton  geteilt  ist.  Diese  kurze  Oktave  ist  übri- 
gens auch  bei  Thomas  de  Sancta  Maria  (Valladolid  1565),  bei  Zar- 
lino  1589,  Girolamo  Diruta2  1597,  Nörmiger  1598,  Cerone 
1613,  M.  Praetorius  1618  und  Gio.  Filippo  Gavaliere  alias  Pal- 
lero  Genovese  (II  scolaro  prineipiante  di  musica)  1 634  anzutreffen, 
bei  Nicolaus  Amerbach  1571   in   der  abweichenden  Anordnung 

G     B     B 
E    Fs  Q    A    H 

Mit  diesen  Zahlen  von  1 — 42  notiert  nun  Bermudo  auf  einem 
System  von  Linien,  deren  Anzahl  von  der  Stimmenzahl  der  ab- 
zusetzenden Komposition  abhängt.  Die  räumliche  Anordnung  der 
Zahlen  im  Takt  läßt  auf  den  Rhythmus  schließen,  wie  ein  kurzes 
Beispiel  zeigen  mag: 

Declaracion  de  instrumentos  musicales  1555  fol.  83. 


Cantus. 
Altus. 
Tenor, 
iasis. 


-26- 


-30- 


-20- 


-43- 


-35- 


-33- 


-13- 


-*3- 


-23- 


-48- 


-30- 


-23- 


-W- 


-H- 


S 


^ 


ES 


?  r-     *» 


^ 


IE 


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n       n 


4&- 


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rec 


"'       i 


1  Vgl.  W.  Tappert's  Artikel  »Eine  sonderbare  Notenschrift«  im  »Leipziger 
Musikalischen  Wochenblatt«  (Fritzsch)  Jahrgang  XV  N.  1  und  0.  Kinkeldey, 
a.  a.  0.,  S.  20  f. 

2  Siehe  Carl  Krebs,  »Girolamo  Diruta's  Transilvano«  in  der  »Viertel- 
jahrsschrift für  Musikwissenschaft  1892  S.  360  f. 


266 


Andere  Tabulaturversuche  nach  Bermudo. 


-36- 


-36- 


-ae- 


-20- 


-36- 


-33- 


-34- 
-48- 


-30- 


-48 — 26- 


-32 

13    U'8W- 


46- 


4?- 


46- 
43- 


44 — 43 — 44- 


L43- 


44- 


44- 


-8- 


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Bermudo  erwähnt  aber  auch,  daß  andere  Intavolatoren  nur  die 
weißen  Tasten  zählen  und  die  schwarzen  mit  Hilfe  von  $  und  7 
zum  Ausdruck  bringen l.  Eine  solche  Tabulatur  weist  z.  B.  der 
handschriftliche  Anhang  des  in  Dr.  0.  Chilesotti's  Besitz  befind- 
lichen Exemplares  von  Giovanni  Picchi's  »Balli  d'Arpicordo« 
aus  dem  Jahre  1620  auf.     Hier  handelt  es  sich  um   ein  Klavier 

BEB 
vom  Umfange  C — e"   mit   der   kurzen  Oktave    C    F     G     A     H. 
Mit  diesem  Tonmaterial  verbinden  sich  die  Zahlen  in  folgender  Weise: 

1      2     3     4     5     6     7     8     9     10     11      12     13     14     15     16 

CFGAHcdefg       a       b       c'      d'       e'      f 

17     18     19     20     21      22     23     24     23     26     27 


9 


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b' 


d" 


f"      9" 


a 


b" 


Weiter  kennt  Bermudo  die  Verwendung  der  Buchstaben  A—  G 
mit  jf  und  ?  und  auch  des  ganzen  Alphabets  von  a — %.  Um  Ver- 
wechslungen vorzubeugen,  macht  er  den  Vorschlag,  bei  diesen 
Notierungen  das  i7  durch  x  zu  ersetzen2. 

Trat  der  boethianischen  Notation  mit  ihrer  Verwendung  des 
ganzen  Alphabets  von  a — p  jene  spätere  durch  Odo,  Hucbald  und 
Notker  zuerst  belegbare  gegenüber,  die  sich  auf  die  ersten  sieben 
Buchstaben  beschränkte3,  so  ersann  Vinegas  de  Hinestrosa  eben- 
falls eine  Tabulatur,  die  mit  den  ersten  sieben  Zahlen  auszukommen 
suchte.      In   seinem    »Libro   de   cifra   nueva    para    tecla    harpa  y 


i  Vgl.  0.  Kinkeldey,  a.  a.  O.,  S.  21. 

2  Kinkeldey,  a.  a.  0.,  S.  21  f. 

3  Siehe  im  ersten  Teil  dieses  Handbuches  S.  461". 


Tabulaturen  nach  Vinegas  de  Hinestrosa  und  Cabe«;on.        267 


vihuela«  (Alcala  1 557) 4  macht  er  uns  mit  einer  Notation  für  Tast- 
instrumente, Harfe  und  Laute  bekannt,  die  auf  die  leitereigenen 
Töne  von  f — e'  die  Zahlen  von  \ — 7  anwendet.  Dieselbe  Reihe 
kehrt  eine  Oktave  tiefer  mit  einem  Strichchen,  zwei  Oktaven  tiefer 
mit  zwei  Strichchen  an  den  Zahlen  wieder.  Von  f — e"  wiederholt 
sich  die  Folge  mit  einem  den  Zahlen  rechts  oben  beigefügten  Punkte, 
um  mit  den  rechts  oben  mit  einem  Häkchen  versehenen  Zahlen 
I'  r  V  für  die  Töne  f"  g"  a"  abzuschließen. 

5      6       2      L     2.      3.     4.     5-      6.     7,      I       2       3      4 


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Wieder  werden  die  Zahlen  auf  Systemen  von  Linien  angeordnet, 
deren  Anzahl  der  Stimmenzahl  entspricht. 

In  der  gleichen  Weise  zeichnete  Hernando   de  Gabegon  die 
Werke  seines  Vaters  Antonio  auf.    In  den  »Obras  de  musica  para 
tecla  arpa  y  vihuela«  (Madrid  1578)  stellen  dar 
5 6 £ die  Töne  ÖDE, 


^h-9" 


-y 


-6 3 die  Töne  F  G  A  H  c  d  e, 


die  Töne  f  g  a  h  c'  d'  e', 


4^-& 3^- 


Sr 


■¥ 


-3^ 


die  Töne  f  g'  a'  V  c"  d"  e", 
die  Töne  f"  g"  a". 


der  Linien  hängt  ab  von  der  Zahl  der  Stimmen 
fungiert  ein  Strich  durch  die  Linie  - 

hängendes 


Die  Akzidentien   X  und  P  bezeichnen   die  Alterationen.     Die   Zahl 

Als  Pausenzeichen 

als  Zeichen   der  Bindung 

ein  kleines   an   der  Linie  hängendes   Häkchen  -  ■>    .     Rhythmische 

Werte  werden  durch  die  über  die  Zahlen  geschriebenen  Notenformen 

I     I    h 
-    &    es  4  4    gekennzeichnet.      Für   gleiche    Rhythmen    wird    nur 

der  ersten  Note  der  rhythmische  Wert  beigefügt.     Vertikalstriche 

trennen  die  Takte  ab.    Ein  paar  Faksimilien  mögen  die  geschilderte 

Praxis  beleuchten: 


1  Vgl.  G.  Morphy,  >Les  Luthistes  espagnols  du  XVIme  siecle«  (Die  spani- 
schen Lautenmeister  des  16.  Jahrhunderts)    Leipzig,   Breitkopf  u.  Härtel  1902. 


Band  I  Einleitung  S.  XXI  u.XXXHI  f. 


268  Kyrie  de  nuestra  Seiiora  aus  Cabegon. 

Kyrie  de  nuestra  Senora. 


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Das  Psalterium  und  seine  Geschichte. 


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Die  gleiche  Notation  begegnet  auch  bei  Francisco  Gorrea  de 
Araujo  in  seinem  »Libro  de  tientos  y  discursos  de  müsica  präc- 
tica<  (Alcalä  I626). 

Bei  Gelegenheit  der  Besprechung  von  Klavier-Tabulaturen  sei 
auch  kurz  die  Notenschrift  in  ihrer  Beziehung  zum  Psalterium, 
einem  Ahnherrn  des  Virginais,  gestreift.  Durch  die  Araber  kam 
es  über  Spanien  nach  Europa.  Es  zeichnet  sich  durch  eine  Fülle 
von  Saiten  aus,  die  über  einen  dreieckigen  oder  trapezförmigen 
Resonanzboden  gespannt  sind.  Bis  in  das  I  I .  Jahrhundert  läßt  sich  an 
Hand  von  bildlichen  Darstellungen  und  litterarischen  Erwähnungen 
sein  Vorkommen  auf  abendländischem  Boden  zurückverfolgen1.  Auf 
dem  Gebiete  der  Instrumentenbeschreibung  begegnet  es  gleich 
bei  Virdung2  und  M.  Agricola3.  Die  Nachrichten,  die  uns  hier 
zufließen,  sind  aber  nur  spärlich.  Immerhin  erkennen  wir  den 
Umfang  von  F—b"  und  können  eine  der  Orgel  ähnliche  Aufzeich- 
nung mutmaßen.  Etwa  100  Jahre  später  spricht  Mersenne4  von 
1  3  Saitenchören;  die  einen  Saiten  haben  Einklangs-,  die  andern  Oktav- 


i  Vgl.  Galpin,   a.  a.  0.,   S.  56ff.     Siehe   auch  Riaiio,   »Early   Spanish 
Music«  (London  4  887:  S.  108  ff. 

2  >Musica  getutscht«  (1511)  Blatt  BW. 

3  »Musica  instrumentalisc  (1529)  Blatt  G  VF. 

*  >  Harmonie  Universelle«  (1637)  II  livre  3™  f.  4  73''. 


Kl.  Handb.  der  Musikgesch.  VIII,  2. 


20 


270 


Tabulaturen  für  Psalterium. 


Begleitsaiten.  Die  ersten  beiden  weisen  Quartabstand  [G  c)  auf,  die 
übrigen  schreiten  diatonisch  stufenweis  aufwärts.  Die  gewöhnliche 
Tonschrift,  Buchstaben  und  Zahlen,  das  sind  die  Mittel,  die  getrennt 
für  die  Aufzeichnung  in  Frage  kamen.  Einen  wieder  anderen  Auf- 
bau des  Instruments  lehrt  Athanasius  Kircher  in  seiner  »Musur- 
gia«1.  Er  unterscheidet  drei  Saitenreihen  und  notiert  das  Ton- 
material entsprechend  auf  drei  Linien  mit  Hilfe  der  großen  Buch- 
staben. Für  die  erste  Saitenreihe  setzt  das  Alphabet  bei  dem  Tone  i?, 
für  die  zweite  bei  E  und  für  die  dritte  bei  G  ein.  Die  Oktavlage 
ist  aus  Kirch  er 's  Angaben  nicht  sicher  zu  ersehen.  Folgendes 
Beispiel  bietet  er  dar: 

i  hui  i  in  i  Hin  i  n 


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Wieder  1 00  Jahre  später  würdigt  Pablo  Minguet  in  seiner 
»Academia  Musical  de  los  instrumentos«3  das  Psalterium  einer 
kurzen  Besprechung.     Die  Darstellung  des  Umfangs 


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8   I    9   I  4   t    0   I    O- 


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läßt  vermuten,  daß  er  auf  drei  Linien  mit  Hilfe  der  Zahlen  1 — 7 
notiert. 

Französische  Orgel-  und  Klaviertabulaturen. 

Pierre  Attaingnant,    Tabulature  pour  le   ieu   Dorgues   Espinetes  et  Mani- 
cordions  sur  le  piain  chant  de  Gunctipotens  et  Kyrie  fons.    s.  a. 
München,  Kgl.  Bibl.  Mus.  pract.  232. 

Magnificats  sur  les  huit  tons  avec  Te  deum  laudamus  et  deux  Preludes 

le  tout  mys  en  tabulature  des  Orgues  Espinettes  et  Manicordions  .... 
Kai.  Mart.  1530. 

München,  Kgl.  Bibl.  Mus.  pract.  233. 
Treze  Motetz  musicaulx  auec  vng  Prelude  le  tout  reduict   en  la  Tabu- 
lature etc.    Kai.  Apr.  1531. 

München,  Kgl.  Bibl.  Mus.  pract.  234. 


1  Romae  1650,  I,  495  ff. 

2  Die  Übertragung  ist  ohne  Rücksicht  auf  Stimmführung  erfolgt. 

3  Madrid,  Joaquin  Ibarra,  1752. 


Französische  Orgel-  und  Klaviertabulaturen.  271 

Pierre  Attain gnant,  Dixneuf  chansons  musicales   reduictes  en  la  tabulature 
des  Orgues  Espinettcs  Manicordions  et  telz  semblables  instrumentz  musi- 
caulx.     Imprimees  a  Paris  ....  Idibus  Ianuarii  1530. 
München,  Kgl.  Bibl.  Mus.  pract.  235. 

—  Vingt  et  cinq  chansons  musicales  reduictes  en  la  tabulature  ....    Kai. 
Februarii  4  530. 

München,  Kgl.  Bibl.  Mus.  pract.  236. 

Vingt  et  six  chansons  musicales  reduictes  en  la  tabulature   ....    Non. 

Februarii  1530. 

München,  Kgl.  Bibl.  Mus.  pract.  237. 

Quatorze  Gaillardes  neuf  Pauennes  sept  Branles  et  deux  Basses  Dances 

le  tout  reduict  de  musique  en  la  tabulature  du  jeu  Dorgues  Espinettes 

Manicordions    et   telz    semblables    instrumentz    musicaulx.      Imprimees 

a  Paris. 

München,  Kgl.  Bibl.  Mus.  pract.  238. 
Simon  Gorlier,  Premier  livre  de  tablature  d'Espinette.    Chansons,  Madrigales 

et  Galliardes.     Lyon  1560. 
Champion   de  Chambonnieres,  Pieces   de  clavessin   (2  Bücher).     Paris,  Jol- 

lain  1670. 

Paris,  Bibl.  du  Cons.  u.  Bibl.  Nat. 
Gabr.  Guillaume  Nivers,  Livre  d'Orgue.     Paris  1665. 

Paris,  Bibl.  Nat. 
Le  Begue,  Les  Pieces  de  Clavessin.     Paris  1677. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Paris,  Bibl.  Nat. 

Second  Livre  d'Orgue. 


Perrine,  Pieces  de  Luth  en  musique  avec  des  Regles  pour  les  toucher  par- 
faitement  sur  le  Luth  et  sur  le  Clavessin.     Paris  1680. 

Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim  und  Paris,  Bibl.  Nat. 
H.  d'Anglebert,  Pieces  de  Clavessin.    Livre  premier.    Paris  1689  (Nachdruckj. 
A  Amsterdam  chez  Estienne  Roger. 

Berlin,   Kgl.  Bibl.,   Haag  (Bibl.  Dr.  Scheurleer),   Paris,   Bibl.  Nat., 
Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Froberger,  Divese(!)  Curiose  e  Rare  Partite   Musicali.     Moguntia,   Ludovico 
Bourgeat,  1696. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.  London,  British  Museum. 
L.  Marchand,  Pieces  de  Clavessin  (2  Bücher).     Paris,  Ballard,  1702 — 1703. 

Paris,  Bibl.  Nat. 
Joh.  Bachelbel,  Erster  Theil  etlicher  Choräle.  Nürnberg,  Joh.  Chr.  Weigel,  o.  J. 

Berlin,  Kgl.  akad.  Institut  f.  Kirchenmusik. 
Fr.  Couperin,  Pieces  de  Clavecin.    1.  livre  1713,  2.  livre  1717,  3.  livre  172?, 
4.  livre  1730. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Fr.  d'Agincourt,  Pieces  de  clavecin.     1.  livre.     Paris  1733. 

Paris,  Bibl.  du  Conserv. 
J.  J.  Froberger,  Diverse  ingegnosissime  rarissime  et  non  mai  piu  viste  curiose 
Partite  di  Toccate  etc.     Frankfurt,  L.  Bourgeat,  1734. 
Berlin,  Kgl.  akad.  Inst.  f.  Kirchenmusik. 
L.  Cl.  Da  quin,  I.  livre  de  pieces  de  clavecin.     Paris  1735. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Paris,  Bibl.  du  Conserv.  und  Bibl.  Nat. 
J.  Ph.  Rameau,  Premier  Livre  de  pieces  de  clavecin.     Paris  1706. 
Paris,  Bibl.  Nat. 

20* 


272  Italienische  Orgel-  und  Klaviertabulaturen. 

J.  Ph.  Rameau,  Pieces  de  Clavessin.     Paris  [-1724]  (4731,  1736). 

Berlin,  Kgl.  Bibl. ,  Darmstadt,  Hofbibl.,  London,  British  Museum, 
Paris,  Bibl.  du  Conserv.  und  Bibl.  Nat.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Nouvelles  suites  de  Pieces  de  Clavecin.     Paris  (c.  4  736). 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Darmstadt,  Hofbibl.,   London,   British  Museum, 
Paris,  Bibl.  Nat.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 

Pieces  de  Clavecin  en  concerts.     Paris  4  741   (1752). 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Cambridge,  Fitzwilliam  Museum,  London,  British 
Museum,  Paris,  Bibl.  Nat. 

Italienische  Orgel-  und  Klaviertabulaturen. 

Ottaviano  dei  Petrucci  erhält  ein  Privileg  für  den  Druck  von  >Intavolature 

d'organo«   4  498. 
Marcantonio  di  Bologna,  Recerchari,   Motetti,   Canzoni.     Ven.  apud  Bernar- 
dinum  Vercelensem,  mense  Aprili,  4  523.    ,]. 
London,  British  Museum. 
Musica  nova  accommodata  per  cantar   et  sonar  sopra   organi   et   altri  stru- 
menti    composta   per    diversi    eccellentissimi    musici.      In    Venetia,    al 
segno  del  Pozzo.  4  54  0.    7. 
Bologna,  Liceo  musicale. 
Hieronimo  (Cavazzoni)  di  Marcantonio   da   Bologna,   detto   d'Urbino,    In- 
tavolatura  cioe  Recercari  Canzoni  Himni  Magnificati.  Libro  primo.  s.  1.  s.  a. 
(4  542).    ~. 

Bologna,  Liceo  musicale. 

Intabolatura    d'Organo    cioe    Misse   Himni    Magnificat.     Libro    Secondo. 

Venezia  4  543.    y. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
di  Hieronimo    d'Urbino.      11   primo   libro  de   Intabulatura   d'Organo   dove   si 
contiene  tre  Messe  Novamente  da  Antonio  Gardano  Ristampato   et   da 
molti  errori  emendato.    Missa  apostolorum.     Missa  dominicalis.     Missa 
de  Beata  Virgine.     Venetia  s.  a. 
Giacques  Buus,  Intabolatura  d'Organo  di  Ricercari.    Nouamente  stampata  con 
carateri  di  Stagno.     Libro  4.     Ven.,  Ant.  Gardane,  4  547  (15^9).    ^. 
London,  British  Museum, 
Intabolatura  nova  di  varie  sorti  di  Balli  da  sonare  per  Arpichordi,  Clavicembali 
Spinetti    et    Monachordi.      Raccolta   da    diversi    eccellentissimi  Autori. 
Libro  primo.     In  Venetia  1.'i51. 
Bologna,  Liceo  musicale. 
Simone  Verovio,  Diletto  spirituale.     Canzonette  a  3  et  a  4  voci.     Con  l'inta- 
volatura  del  Cimbalo  et  Liuto.     Roma  4  586.    -r 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  München,  Hofbibl.,  Bologna,  Liceo  musicale, 
Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum,  Padua,  Bibl.  Anton., 
Ausgabe  4  590,  Liegnitz,  Ritterakademie,  Ausgabe  4 592,  Bologna, 
Liceo  musicale. 

Ghirlanda  de  Fioretti   musicali   composta  da  diuersi   eccellenti  Musici  a 

3  voci.     Con  l'intavolatura  del  Cimbalo  et  Liuto.     Roma  4  589.    £  ~. 
Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Liegnitz,  Ritterakademie,  München,  Hofbibl. 
Bologna,  Liceo  musicale,  Brüssel,   Kgl.  Bibl.,   London,   British 
Museum,  Padua,  Bibl.  Anton.,  Paris,  Bibl.  du  Conserv. 


Italienische  Orgel-  und  Klaviertabulaturen.  273 

Simone  Verovio,  Canzonette  a  4  voci  composte  da  diuersi  eccellenti  Musici 

con  l'intavolatura   del  Ciinbalo  et  del  Liuto.     Roma  1591.    ~. 

Liegnitz,    Ritterakademie,   München,   Hofbibl..    Bologna,   Liceo 
musicale,  Brüssel,  Bibl.  du  Cons.,  London,  British  Museum,  Padua, 
Bibl.  Anton.,  Venedig,  San  Marco. 
Spirindio  Bertoldo,    Toccate,   Ricercari   et  Canzoni   Francese  intavolate   per 
sonar  d'organo.     Venetia,  appresso  Giac.  Vincenti,  1591.    '^. 
Basel,  Univ.-Bibl.  /.-.  k.  IV.  28. 
Canzoni  Francese  intavolate  per   sonar  d'organo.     Venetia,   Giac.  Vin- 
centi, 1591.    *. 

Basel,  Univ.-Bibl.  k.  k,  IV.  28. 
Claudio   Merulo   da  Correggio,    Canzoni  d'intavolatura   d'organo  a  quattro 
voci,  fatte  alla  francese.    Venetia,  Ang.  Gardano,  1592.    $H). 
Basel,  Univ.-Bibl.  /.-.  k  IV.  28. 
Gio.  Maria   Radino,    II   primo   libro    d'intavolatura   di   balli   d'arpicordo.     In 
Venetia,  appresso  Giacomo  Vincenti,  1592.     J^. 
Brüssel,  Kgl.  Bibl.  Fetis  2918. 
Andrea  e  Giovanni  Gabrieli,  Intonationi  d'Organo.    Venetia  1593.    6. 

Bologna,  Liceo  musicale.     Basel,  Univ.-Bibl.  k.  k.  IV.  28. 
Simone  Verovio,   Lodi  della  Musica  a  3  voci  composte  da  diuersi  eccellenti 
Musici  con  Fintauolatura  del  Cimbalo  e  Liuto.    Libro  1 .   Roma  (1 594)  1  595. 
München,  Hofbibl.,  Bologna,   Liceo  musicale,   London,   British 
Museum,  Padua,  Bibl.  Anton. 
Andrea  Gabrieli,   Ricercari  composti  et  tabulati  per  ogni  sorte  di  strömen ti 
da  tasti.    Libro  2  (3).  Venetia,  Ang.  Gardano,  1595  (1596).    g. 
Basel,  Univ.-Bibl.  k.  k.  IV.  28,  Bologna,  Liceo  musicale. 
Girolamo  Diruta,   II  Transilvano.     In  Venetia,   appresso   Giacomo  Vincenti 

I   1597   (1612,   1615,  162Ö,   1626).    j,. 

Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  musicale,  Glasgow, 
Univ.-Bibl.,  London,  British  Museum,  Paris,  Bibl.  du  Conserv. 
Claudio  Merulo,   Toccate   d'intavolatura   d'organo.     Lib.  1.     Roma,  Simone 

Verovio,  1 598.    y. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  München,  Hofbibl.,  Bologna,  Liceo  musicale, 

Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Florenz,  Bibl.  Naz.,  Paris,  Bibl.  du  Conserv. 

Vincenzo   Pellegrini,    Canzoni    d'intavolatura  d'organo    fatte    alla    francese 

Libro  1.     Venetia  1599.    ^'. 

Bologna,  Liceo  musicale. 

Luzzasco  Luzzaschi,  Madrigali  a  uno,  e  doi,  e  tre  soprani  fatti  per  la  musica 

del  giä  Ser»10  Duca  Alfonso  d'Este.    In  Roma  appresso  Simone  Verovio 

1601.    |. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Rom,  Sta.  Cecilia. 
Annibale  Padoano,  Toccate  et  Ricercari  d'Organo.    Venetia,  appresso  Angelo 
Gardano  1604. 

Augsburg,  Stadtbibl. 
Claudio  Merulo,    Toccate  d'intavolatura  d'organo.     Lib.  2.     Roma,   Simone 

Verovio,  1604.    g. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.  und  Kgl.  akad.  Inst.  f.  Kirchenmusik,  München, 
Hofbibl.,  Bologna,  Liceo  musicale,  Brüssel,  Kgl.  Bibl. 


274  Italienische  Orgel-  und  Klaviertabulaturen. 

Gio.  Francesco  Anerio,  Gagliarde  a  4  voci.     Intavolate  per  sonare  sul  Cem- 
balo   et   sul    Liuto.     Lib.  1.     Ven.    1607.     5. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Costanzo    Antegnati,    L'Antegnata.      Intavolatura    de    Ricercari    d'Organo. 

Ven.,    Ang.    Gardano    et   Fratelli,    4  608.    6. 

Augsburg,  Stadtbibl.,  Bologna,  Liceo  musicale,  London,  British 
Museum. 
Girolamo    Diruta,    Seconda    Parte    del    Transilvano.    Ven.,   Giac.    Vincenti, 
1609  (1622). 

Augsburg,  Stadtbibl.,  Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Wolfenbüttel,  herzogl. 
Bibl.,  Bologna,  Liceo  musicale,  Paris,  Bibl.  du  Conserv. 
Girolamo  Frescobaldi1,  Toccate  e  Partite  d'intavolatura  di  Cimbalo,  Libro 
primo.     Roma,  Nie.  Borbone  (1616).     Vorrede  datiert  22.  Dez.  1614,  con 

licenza  delli  Superiori  1615,  »AI  Lettore«  gestochen  (1616).    8. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.  (2  Exemplare  mit  verschiedenen  Tittelblättern), 
Hamburg,  Stadtbibl.,  Ferrara,  Accad.  di  Musica,  London, 
British  Museum,  Paris,  Bibl.  Nat.  und  Bibl.  du  Conserv.  Ausgabe 
1628.  Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  musicale, 
Brüssel,  Bibl.  du  Conserv.,  Rom,  Sta.  Cecilia. 
Giovanni  Picchi,  Intavolatura  di  Balli  d'Arpicordo.    Ven.,  AI.  Vincenti,  1620.   y. 

Bassano  (Vicenza),  Bibl.  Dr.  0.  Chilesotti. 
Girolamo  Frescobaldi,  II  2.  libro  di  Toccate,  Canzone,  Versi  d'Hinni,  Magni- 
ficat,   Gagliarde,   Correnti  et  altre  Partite  d'intavolatura  di  Cimbalo  et 
Organo.   (Rom,  Nie.  Borbone,  1 627,  Vorrede  datiert  di  Roma  li  1 5.  Gen°. 

1627.)   £. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Hamburg,  Stadtbibl.,  Karlsruhe,  Kgl.  BULL, 
Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  London,  British  Museum. 

II  primo  libro  d'intavolatura  di  Toccate  di  Cimbalo  et  Organo.  Roma, 

Nie.  Borbone,  1628. 

Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.. 

Toccate  e  Partite  d'intavolatura  di  Cembalo.    Libro  secondo.    Roma  1628. 

Vorrede  datiert  15.  Jan.  1627.    g. 

Hamburg,  Stadtbibl.,  Glasgow,  Univ.  Bibl. 

Toccate  d'intavolatura  di  Cimbalo  et  Organo.    Partite  di  diverse  Arie  et 

Corrente,  Balletti,  Ciaccone,  Passachagli.  Libro  P°.  Roma,  Nicolo  Bor- 
bone, 1637  (Neudruck  der  Ausgabe  von  1616).    g. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Frankfurt  a.  M.,  Bibl.  Paul  Hirsch,  London, 

British  Museum. 

II  Secondo   Libro'  di   Toccate,   Canzone,  Versi  d'Hinni,  Magnificat,   Ga- 

gliarde. Correnti  et  altre  Partite  d'intavolatura  di  Cimbalo  et  Organo. 
Roma,  Nicolo  Borbone,  1637.  (Neudruck  der  Ausgabe  von  1627  ver- 
mindert um  die  Partite  sopra  Ciaccona  und  sopra  Passacagli.)  g. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Frankfurt  a.  M.  Bibl.  Paul  Hirsch,  München, 
Hofbibl.,  Bologna,  Liceo  musicale,  Einsiedeln,  Klosterbibl.,  Fer- 
rara, Accademia  di  Musica,  London,  British  Museum,  Royal  College 
ofMusic,  Neapel,  Cons.  della  Pietä  dei  Turchini,  Paris,  Bibl.  Nat. 


1  Vgl.  die  Quellenstudie  von  Fr.  X.  Haberl  im   »Kirchenmusik.  Jahrbuch 
1887«   S.  67  ff. 


Italienische  Orgel-  und  Klavierlabulaturen.  275 

und  Bibl.  du  Conserv.,  Rom,  Sta.  Cecilia,  Wien,  k.  k.  Hofbibl.  und 
Ges.  der  Musikfreunde. 
Giovanni  Giacomo  Froberger,  Diverse  Ingegnosissime,  Rarissime  c  non  niai 
piu  viste  Curiose  Partite  di  Toccate,  Ganzone,  Ricercate,  Allemande, 
Correnti,  Sarabande  e  Gique  di  Cimbali,  Organi  e  Instrumenti.  Per  la 
prima  volte(!)  con  diligentissimo  Studio  stampato  da  Ludovico  Bourgcat 
1693.    J. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Frankfurt  a.  M.  Bibl.  Paul  Hirsch,  München. 
Hofbibl.,  London,  British  Museum.  Abdruck  mit  hinzugefügtem 
deutschen  Titel  in  Abschrift:  s'Gravenhage,  Bibl.  Scheurleer.  Neu- 
druck 1695:  Berlin,  Kgl.  akad.  Inst.  f.  Kirchenmusik,  Leipzig, 
Stadtbibl.,  Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  s'Gravenhage,  Bibl.  Scheurleer. 

Handschriften. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Ms.  acc.  4075.    ~. 

Kgl.  akad.  Institut  f.  Kirchenmusik.    Tabulatur  mit  Praeambula,  Toccate, 

Ricercari,   Canzoni   und  Tänzen.     Bei   einem  Stück   ist  Frescobaldi   als 

Komp.  genannt.    t\. 
Florenz,  Bibl.  Naz.  Centr.  XIX.  115.    |. 
London,  British  Museum.     Add.  15233.     XVI.  Jahrh.  Orgelfantasien  von 

John  Redford.    \  oder  12  (13)  — 

Royal  App.  56.     XVI.  Jahrh.    %  oder  i. 

Add.  29996.     Systeme  von  5,  6,  7  oder  8  Linien. 

Add.  5465.     XVI.  Jahrh.     Systeme  von  5,  6,  7  Linien. 

Add.  23623.  Kompositionen  von  Dr.  John  Bull.    g. 

Add.  36661.  XVII.  Jahrh.     Komp.  f.  Orgel  und  Virginal.    J. 

Add.  29996.  Eine  Komposition  von  Bird.    7. 

Add.  24313.  Toccate  von  Michele  Angelo  Rossi.    £. 

Add.  31468.  Orgelstücke  des  17./18.  Jahrh.    %. 

Add.  34695.  Orgelwerke  des  17.  Jahrh.  6.  Von  Engländern  sind  ge- 
nannt Blow,  Batten,  Gibbons,  Hart,  Purcell. 

Add.  31403.  Werke  von  Blewin,  Blitheman,  Blow,  Bull,  Byrd, 
Orl.  Gibbons,  Taliis.    jj. 

Eg.  2485.    Orgelwerke  des  16./1 7.  Jahrh.,  vornehmlich  von  C 00p er.    g. 

Sacred  Harmonie  Society   (Royal   College   of  Music).     Nr.  1960   Ballets, 

Pavans    and    other    pieces.     Ital.  Hs.    |. 

Nr.  1968.    Preludes,  Voluntaries,  Fantasies,  Grounds  von  Blow,  Bull, 

Byrd,  Maynard,  Rogers,    g. 
Nürnberg,    Germ.    Museum.     Ms.  33748.     Ital.   Orgeltabulaturen.     Teils  |, 

teils  y. 
Wien,   k.  k.  Hofbibl.     Ms.  17806.     Libro    secondo.     Di   Toccate,   Fantasie, 

Canzone,  Allemande,  Courante,  Sarabande,  Gigue  et  altre  Partite.    Alla 

Saca  Gaesa  Mk»  Diuotissimte  dedicato.   In  Vienna  li  29  Settembre  A°  1649. 

Da  Gio.  Giacomo  Froberger. 

18707.     Libro  Quarto  di  Toccate,  Ricercari,  Capricci,  Allemande,  Gigue, 

Courante,   Sarabande,    Composto   et  humilissimte  dedicato  Alla  Sacra 
Cesarea  Maesta  di  Fernando  Terzo  da  Giov.  Giacomo  Froberger. 


276  Italienische  Orgel-  und  Klavierpartituren. 

Italienische  Orgel-  und  Klavierpartituren. 

Sebastiani,  Bellum  musicale.     Argentorati  1563. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Breslau,  Stadtbibl.,  Dresden,  Göttingen,  Hannover, 
München,  Hof  bibl.,  Douai,  Glasgow,  Kopenhagen,  London,  British 
Museum,  Paris,  Bibl.  du  Conserv.,  Rouen. 
Cipriano  de  Rore,  Tutti  i  Madrigali  .  .  .  .  a  quattro  voci,  spartiti  et  accom- 
modati  per  sonar  d'ogni  sorte  d'Istrumento  perfetto.  Venetia,  Angelo 
Gardano,  1577. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Musica  de  diversi  autori,  la  bataglia  francese  et  canzon  delli  Uccelli.     Partite 
in  caselle  per  sonar  d'instromento  perfetto.    Venetia,  Gardano,  1577. 
Bologna,  Liceo  musicale. 
Antonio   Valente,    Versi  spirituali   sopra  tutte  le  Note  con   diversi   Canoni 
spartiti  per  sonar  ne  gli   Organi  Messe  Vespere  et   altri  officii   divini. 
Napoli  1580. 

Bologna;  Liceo  musicale. 
Spartitura  per  sonare  nel  organo  accommodata  al  Primo  Choro  nei  Concerti 
di  D.  Adriano  Banchieri.     Venetia,  Vincenti,  1595. 
Bologna,  Liceo  musicale. 
Lucrezio  Quintiani,   Partitura  de  Bassi  delle  Messe  et  Motetti  a  otto   voci 
Libro  primo.     Milano  1598. 

München,  Hof  bibl.  Mus.  pract.  23. 
Josephus  Gallus,  Totius  libri  primi  Sacri  operis  Musici  alterius  modulis  con- 
cinendi  Partitio  seu  quam  praestantiss.  Musici  Partituram  vocant  .... 
Studio  tarnen  et  labore  R.  D.  Aurelii  Ribrochi  ....  in  gratiam  Organi- 
starum  in  lucem  edita.     Mediolani   I598. 
München,  Hof  bibl.  Mus.  pract.  23. 
Guglielmo  Arnone,  Motetti  a  5  et  8  voci,  1599. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Serafino  Cantone,  Sacrae  Cantiones  ....  octonis  vocibus  decantandae.   Medio- 
lani 1599. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Thomae  Ludovici  de  Victoria,  Missae,  Magnificat,  Motecta,  Psalmi  ....  quae 
partim  Octonis,  alia  Nonis,  alia  Duodenis  vocibus   concinuntur.     Haec 
omnia  sunt  in  hoc  libro  ad  pulsandum  in  organis.     Matriti  1600. 
München,  Hofbibl. 
Giuseppe  Guami,  Partidura  per  sonare  delle  canzonette  alia  francese.    Venetia, 
Giac.  Vincenti  1601. 

Bologna,  Liceo  musicale. 
Gio.  Maria  Trabaci,  Ricercate,  Canzone  Francese,  Capricci,  Ganti  fermi,  Gag- 
liarde,    Partite    diverse   etc.    Libro   Primo.     Napoli,    Costantino  Vitale, 
4603. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 

II  secondo  Libro  de  Ricercate  et  altri  varii  Capricci.     Napoli,    Giacomo 

Carlino,  1615. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  musicale. 
Girolamo  Frescobaldi,   Recercari  et   Canzoni   Franzese   fatte  sopra  diversi 
oblighi  in  partitura.     Libro  primo.     Roma,  Bart.  Zannetti,  1615. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum,  Paris,  Bibl.  du  Con- 
serv., Roma,  Cappella  Giulia. 


Italienische  Orgel-  und  Klavierpartituren.  277 

Antonio  Cifra  Romano,  Ricercari   et  Canzoni  Franzese.     In  Roma,   appresso 

Luca  Antonio  Soldi,  1619. 
Padre  Manoel  Rodrigues  Coelho,   Flores   de   Musica  pera  o  instrumento   de 
Tecla  et  Harpa.     Lisboa  16-20. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Gir.  Frescobaldi,   II  Primo  Libro  di  Capricci  fatti  sopra  diversi  soggetti   et 
arie  in  partitura.    Roma,  Soldi,  f  624. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Wolfenbüttel,  großherzogl.  Bibl.,   Bologna, 
Liceo  musicale,  London,  British  Museum,  Paris,  Bibl.  du  Conserv. 
Rom,  Bibl.  Casan. 
Samuel  Scheidt,  Tabulatura  nova.    Hamburgi,  typis  et  sumptibus  Heringianis, 
1624. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Breslau,  Stadtbibl.,  Leipzig,  Stadtbibl.,  Lüne- 
burg, Stadtbibl.,  München,  Kgl.  Hofbibl.,  Wolfenbüttel,  herzogl. 
Bibl.,  Paris,  Bibl.  Nat. 
Girolamo  Fre.scobaldi,  II  primo  libro  di  Capricci,  Ganzon  Francese  e  Recer- 
cari  fatti  sopra  diversi  soggetti  et  arie  in  partidura.    Yenetia,  AI.  Vin- 
centi,  1626  (1642). 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  München,  Hofbibl.,  Wolfenbüttel,  herzogl. 
Bibl.,  Bologna,  Liceo  musicale,  Ferrara,  Com.  Bibl. 

II  primo  libro  delle  Canzoni  in  Partitura.     Roma,  Masolti  1628. 

Berlin,  Bibl.  des  grauen  Klosters,  Lüneburg,  Wolfenbüttel,  herzogl. 
Bibl.,  Bologna,  Liceo  musicale. 

Fiori  musicali  di  diverse  compositioni  Toccate,    Kirie,   Canzoni,  Capricci 

e  Recercari  in  partitura  a  quattro  utili  per  sonatori.    Venetia,  AI.  Vin- 

centi,  1635. 

Berlin,    Kgl.  Bibl.  und  akad.  Institut  f.  Kirchenmusik,    München, 
Hofbibl.,  Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  musicale 
Ferrara,  Accademia  di  Musica,  Glasgow,  Univ.-Bibl.,  Monte  Cas- 
sino,  Klosterbibl.,  Paris,  Bibl.  Nat.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl. 
Martino  Pesenti,   II  1°.  (2°)  libro  delle  Correnli  alla  Francese  per  sonar  nel 

Clavicembalo  et  altri  stromenti.     Venetia,  Vincenü,  1633  (1630). 
München,  Hofbibl..  Bologna,  Liceo  musicale. 

Correnti,    Gagliarde   e   Balletti   Diatonici    ....   per   sonarsi    nel    Clauin- 

cembalo '!;  et  altri  Stromenti.    Libro  4  op.  15.    Venetia,  Alessandro  Yin- 
centi,  1645. 

Berlin,  Kgl.  Bibl. 
Girol.  Frescobaldi,   Canzoni  alla  Francese  in  partitura.     Venetia,   AI.  Vin- 
centi,  1645. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Ferrara,  Com.  Bibl. 
Fabritio  Fontana,  Ricercari  (per  l'organo).     Roma,  Gio.  Angelo  Mutij,   1677. 
Berlin,   Kgl.  Bibl.,  Bologna,   Liceo   musicale,   Rom,   Cappella  Giulia 
und  S*.  Cecilia. 
Don  Gregorio  Strozzi,   Capricci  da  sonare  sopra  Cembali   et  Organi,   op.  4. 
Napoli,  Novello  de  Bonis,  1687. 
London,  British  Museum. 
Giovanni  Maria  Casini,   Pensieri  per  lOrgano  in  partitura.     Op.  3.     Firenze, 
I.  Guiducci  e  S.  Franchi  1714. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Werner  Wolff heim. 
Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Glasgow,  Univ.-Bibl.,  Wien,  k.  k.  Hofbibl., 
Bologna,  Liceo  musicale. 


278  Tabulaturen  der  Virginalisten. 

Handschriften. 

Berlin,   Kgl.  Bibl.  Ms.  6715  (=  Joachimsthal  434)  Fugen  und  Capricci  von 

Gio.  Giac.  Fro berger. 
Hamburg,  Stadtbibl.,  Ms.  3215.    IX  Ricercari  e  II  Capricci  a  4  voci. 
London,  British  Museum  Add.  34003  (Girolamo  Frescobaldi). 

Tabulaturen  der  Virginalisten. 

Handschriften. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.  Ms.  fol.  191.    Brown,  Bull,  Kennedy,  Luython,  Peter 

Philips. 
Cambridge,   Fitzwilliam  Museum  Ms.  32  G  29  (Fitzwilliam  Virginal  Book). 
London,  Buckingham  Pallace. 

Ladye  Neville's  Virginal  Book  (1591).     Darin  Byrd. 

William  Forster  Virginal   Book  (1624).     Darin  Byrd,  Morley,  Ward. 

Benjamin. Cosyn's  Virginal  Book.     Darin  Bevin,Bull,  Byrd,  Cosyn, 

Gibbons,  Strogers,  Tallis,  Weelkes. 

British  Museum: 

Roy.  App.  58  (frühes  16.  Jahrh.).    Darin  Hughe  Aston.     Systeme  von 
5 — 7  Linien. 

Add.  29996.     (16.  Jahrh.  für  Orgel  oder  Virginal). 
Add,  29485.     Susanne  van  Soldt's  Klavierbuch  1 599.    {}. 
Add.  30485.   Auszüge  aus  Lady  Neville's  Virginal  Book.    16./17.  Jahrh.  jj. 
Add.  30486  mit  Beziehungen   zum  Fitzwilliam  Virginal   Book.    „.   ge- 
legentlich 7  und  8  Linien. 
Add.  31392.     1 6./1 7.  Jahrh.    \  (7  oder  8y 
Add.  23623.    Werke  von  Dr.  John  Bull.    |j. 
Add.  10337.    Elizabeth  Rogers  hir  Virginall  booke  (1656).    £. 
Printed  book  k.  I.  e.  5  S.  63 — 76.  Zwei  Kompositionen  von  Henry  Pur  cell. 
Add.  31465.  Kompositionen  von  Blow,  Clarke,  Hart,  Locke,  Purcell. 

Sacred  Harmonie  Society  (Royal  College  of  Music)  Nr.  1968. 

Kompositionen  von  Blow,  Bull,  Byrd,  Maynard,  Rogers  für  Orgel 
oder  andere  Tastinstrumente. 
Lüttich,  Univ.-Bibl.  Ms.  888  mit  Werken  von  Philips  und  Brown. 

Drucke. 

1611  Parthenia  or  the  Maydenhead  of  the  first  musicke  that  euer  was  printed 
for  the  Virginalls  composed  by  three  famous   masters  William  Byrd, 
Dr.  John  Bull  and  Orlando  Gibbons. 
London,  British  Museum. 

1655  Parthenia. 

London,  British  Museum. 

1659  Anthonii  van  Noordt,  Tabulatuur  Boeck  van  Psalmen  en  Fantasyen 
waar  van  de  Psalmen  door  verscheyden  versen  verändert  zijn  soo  in 
de  Sirperms,  Tenor,  als  Bassus,  met  2  .  3  en  4  part.  t' Amsterdam, 
By  Willem  van  Beaumont  .  .  A°  1 659.  g.  Dazu  Buchstaben  zur  Be- 
zeichnung des  Pedals. 
Berlin,  Kgl.  Bibl. 

1663  John  Playford's  »Musick's  Handmaid«. 

1673  Matthew  Locke's  »Melothesia«. 

4  696  Henry  Purcell's  »Lessons  for  the  Harpsichord  or  Spinet«. 


Verzierungen  der  Klaviermusik.  279 

Deutsche  Klaviertabulaturen. 
Berlin,   Kgl.  Bibl.  Ms.  aus  Tappert's  Besitz  mit  Tänzen  und  Liedern  aus  der 
Wende  des  4  6.  Jahrh.     Eine  ganze  Reihe  Sätze  tragen  feste  Daten.    j£. 
München,  Hof  bibl.  Ms.  151F  und  151t. 
Rostock,  Univ.-Bibl.  Ms.  XVII.  18.  53*. 

Spanische  Klaviertabulaturen. 

Bermudo,  Declaracion  de  instrumentos  musicales  Ossuna  4  555. 

London,  British  Museum. 
Vinegas  de  Hinestrosa,   Libro  de  cifra  nueva  para  tecla  harpa  y  vihuela. 

Alcalä  4  557. 
Antonio  de  Cabecon,  Obras  de  musica  para  tecla  arpa  y  vihuela  recopiladas 
y  puestas  en  cifra  por  Hernando  de  Cabecon  suo  hijo.     Madrid  4  578. 
Berlin,   Kgl.  Bibl.,   Regensburg,  Proske   Bibl.,    Wolfenbüttel, 
herzogl.  Bibl.,  Brüssel,  Kgl.  Bibl. 
Francisco  Correa  de  Arauxo.     Libro  de  tientos  y  discursos  de  musica  pra- 
ctica y  theorica  de  organo,  intitulado  Facultad  organica.    Alcalä  4  626. 
Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  Madrid,  Bibl.  Nac. 
Ruiz  de  Ribayaz,  Luz  y  horte  musical.     Madrid  4  677. 

Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum,  Madrid. 


VIII.  Kapitel. 
Verzierungen  der  Klaviermusik  bis  1800. 

Die  Diminution  spielte  seit  altersher  in  der  Musik  eine  bedeutende 
Rolle.  Besondere  Wichtigkeit  erlangte  sie  für  die  Instrumente  mit 
schnell  verschwebendem  Ton,  um  über  die  Klangschwäche  hinweg- 
zutäuschen. Für  die  Verzierungspraxis  der  Klavierinstrumente1 
gewinnen  vor  allem  Engländer,  Franzosen  und  Deutsche  Bedeutung. 
Ihre  Zeichengebung  hat  verwandte  Züge.  Starke  Berührungen 
lassen  sich  mit  den  Ornamenten  der  Lautenmusik  feststellen2.  Daß 
die  Verzierungszeichen  z.  T.  bis  in  die  Zeit  der  Neumen  zurück- 
reichen, sei  hier  nur  flüchtig  berührt3. 

Sehen  wir  von  Handschriften  ab,  so  lassen  sich  für  die  englische 
Virginalmusik  als  gedrucktes  Untersuchungsmaterial  heranziehen: 

Die  Ausgabe   des   Fitzwilliam-Virginal   book    von   Fuller-Maitland  und 

Barclay  Squire  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel). 
Die  »Parthenia«  (Neudrucke  von  Rimbault  und  Farrenc).     4  644. 


1  Siehe  die  bereits  zitierten  Werke  von  Dannreuther  und  Beyschlag. 

2  Beachte  den  Vergleich  bei  0.  Fleischer  in  seinem  »Denis  Gaultier« 
(Vierteljahrsschr.  für  Musikwissensch.  II). 

3  Vgl.  Franz  Kuhlo,  »Über  melodische  Verzierungen  in  der  Tonkunst«. 
Berliner  Dissertation  (Charlottenburg,  4  896).  Besonders  hingewiesen  sei  auf 
quilisma,  porrectus,  torculus  u.  a.  m. 


280  Verzierungen  der  englischen  Virginalisten. 

John  Playford's  »Musick's  Handmaid«  (1 663). 

Matthew  Locke's  »Melothesia«  (1673). 

Henry  Purcell's  »Lessons  for  the  Harpsichord  or  Spinet«  (4696). 

Während  die  ersten  Werke  eine  Erklärung  der  »graces«  ver- 
missen lassen,  sind  aus  den  folgenden  doch  gewisse  Richtlinien 
erkennbar.  Verwendet  werden  der  einfache,  der  doppelte  Strich, 
ihre  Verbindung,  die  gebrochene  und  die  geschweifte  Linie.  An 
Hand  der  bei  Playford,  Locke  und  vor  allem  bei  Purcell  gege- 
benen Erklärungen  sind  folgende  Auflösungen  offenbar: 


forefall:  — E — :  =      *  f~  (Locke,  Purcell) 


backfall:        "        =     I.  r     (Locke,  Purcell) 


beat:  — F —  =  — •- 


rm 


(Locke,  Purcell) 


piain  note  and     — a —  ■  -     , 

shake:  ~ f~   =      11*1*      (Playford,  Purcell) 


=  :f~£=ßIfi 


(Purcell) 


^ — m — ä — m — a m — 

shake  turned:        y         =   -| — g-| — w-t-V—  (purcell) 


slur:  A.     —      gj f  |  (Purcell) 


Daß  aber  diese  Formen  nicht  den  ganzen  Schatz  der  Ver- 
zierungen ausmachen  und  nicht  allgemein  verbindlich  sind,  beweist 
jenes  aus  der  Zeit  um  1680  von  Edward  Bevin  erhaltene  Ver- 
zierungs-Schulbeispiel in  der  Handschrift  London  British  Museum 
31,403  fol.  15,  das  auf  S.  260  mitgeteilt  ist. 

Für  die  Verzierungspraxis  der  älteren  Zeit  lassen  sich  auch 
einige  Schlüsse  ziehen.  Berücksichtigt  man,  daß  Reincken  von 
den  Niederlanden  beeinflußt  ist  und  daß  diese  durch  Dr.  John  Bull 
ganz  im  Banne  englischer  Klaviermusik    standen,   so  möchte  man 


Verzierungen  der  französischen  Klaviermeister. 


281 


die  von  jenem  in  der  Admonitio  zum  »Hortus  musicus«  überlie- 
ferten Verzierungen  ^  (tremulus  qui  inferne  tonum  feriat)  und  // 
(tremulus  qui  superne  tonum  contingit)  auch  für  die  altenglische 
Klaviermusik  in  Anspruch  nehmen. 


=  ^ß~^ 


Farrenc  erklärt  im  > Tresor  des  pianistes«  Band  II -^  als  pince 

Die 


jß~i~*^  und  s=  als  tremblement  oder  trillo 


_ 


r 


Herausgeber  des  Fitzwilliam  Virginal  Book  enthalten  sich  einer  bin- 
denden Deutung  und  berufen   sich  auf  Dannreuther's   »Musical 

Ornamentation«.   Nach  diesem  Werke  kann  •  das  Hinaufgleiten  um 
eine  Terz  nach  oben  oder  einen  Doppelschlag,  möglicherweise  dann 


«P 


langer 


und  wann  auch  einen  Mordent  bedeuten,  während  in  «  ein 
oder  kurzer  Triller,  ein  Pralltriller  oder  ein  Mordent  zu  erblicken  sei. 
Auch  dem  18.  Jahrhundert  ist  die  Erinnerung  an  die  alten 
Zeichen  noch  nicht  ganz  verloren  gegangen.  Nicolo  Pasquali 
verwendet  in  seiner  »Art  of  fingering  the  harpsichord«  (Edinburgh, 
um  4  757): 


// 


tr 


S^ 


=P=  = 


zeigen 


in 
Heran- 


Die  französischen   Klaviermeister  von    1650  — 1750 
den  Verzierungsformen  (agrements)    starke  Abweichungen 
gezogen  seien  als  Quellen : 

Chambonnieres,  Pieces  de  Clavessin.     Paris,  1670. 

Le  Begue,  Pieces  de  Clavessin.     Paris,  1677. 

d'Anglebert,  Pieces  de  Clavecin.     Paris,  1689. 

Pieces  de  Clavessin.     Amsterdam,  Estienne  Roger,  s.  a. 

St.  Lambert,  Principes  du  Clavecin.    Paris,  Christophe  Ballard  1702. 

Fr.  Couperin,  Pieces  de  Clavecin.     Livre  I— IV  Paris,  1713,  1716(9), 
1722,  1730. 

J.  Ph.  Rameau,  Pieces  de  Clavecin.    Paris,  1731   (1736'. 

Dieupart. 

Die    folgende    Tabelle   möge   eine    oberflächliche   Übersicht  er- 
möglichen : 


282 


Verzierungen  der  französischen  Klaviermeister. 


*v 


Pince", 
Pince"ment: 


Chambonnieres  (1670), 
Le  Begue  (1677) 


* 


_        *        Le  Begue  (1677),  —gy-    d'Anglebert  (1679), 

—        |  Fr.  Coaperin  (1713)   =   ~T         Sl-  Lanibert  (1702), 

— P —  — [~         Dienpart 


Chute, 

Port  de  voix, 

Coulez: 


?=££ 


-U-4-     •  =4= 


a d'Anglebert, 

ß    Cf —   St.  Lambert  (17021, 
U     | Rameau  (1731,  1736) 

St.  Lambert  (1702) 


-^*- 


d'Anglebert, 
St.  Lambert, 
Rameau 


=  ■ — ß     ß —  Dienpart 

-U-4— 


Chambunuieres    = 


-*; 


St.  Lambert 
Bameau 


Aspiration:        ß    — ß —  =        ß  ^- 


St.  Lambert 


Aspiration:        ß  »— *- 

-4-4(4- 


Port  de  voix 


simple  :        — £ä— i — 


==  — ß~^~ß —  St.  Lambert 


Demi  port  de     ß*   ß — =- 


voix  : 


* 


=         *     ß        Fr.  Couperin  ( 1 713) 


_  — | — Xp —  st_  Lambert 


•  m  m 


3=4 


ß        St.  Lambert 


=•=*= 


Coule",  Tierce        ß1  0- 


coule'e  en  kj     ß— 

descendant:      ZSBJiJIZ 


Coule",  Tierce 
coule'e  en 
montant' 


m 


=  — * —  St.  Lambert 


=*= 


=        ~        d' Anglebe 


rt    =  ^1^    Fr 


i 


Couperin 


Chambonnieres, 
Le  Begue, 
Fr.  Couperin 


— &—  d'Anglebert, 
— i_ Dieupart 


^ 


ß—   = 


m 


Dieupart 


Port  de  voix  ~~~ß~ß~  ß~~m~ 
appuye":  \     L-(     | 


=        ß   »• —  St.  Lambert 

I       1 


Verzierungen  der  französischen  Klaviermeister. 


283 


Port  de  voix 

appuye":  "    ' 


^r^ 


St.  Lambert 


T    P —  d'Anglebert 
— ^A      - 


£ 


St.  Lambert. 


r 


^  i — i  j 

Chute  snr  nne  -   |   J  d 

note:  m        H- 

-i v- 


~<i 


<v 


d'Anglebert  =  — (— ■  -  Dienpart 


Double  cadence: 


Double  chute 
ä  nne  tierce: 


SSEE  = 


0 — .  Chambonnieres, 

1     |  d'Anglebert, 
St.  Lambert 


—m —  d'Anglebert, 
~~p —  Fr.  Conperin, 
-l Kameau 


5t= 


d'Anglebert 


Double   chute    ä 
une   note    seule: 


jt?_z 


d  Anglebert 


foule"  snr  dem     tta    *  P  r     f     _ .        (?    (' 
notes:  ^J     -I —  — t~=**~ 


d'Anglebert. 


Pinc<5: 


— m-r d'Anglebert, 

=   — P2 St.  Lambert,         = 

Z  Rameau 


Fr.  Couperia 


<v 


Double:     f  *  *  •  P~  =  H1 


r 


St  Lambert, 
-  Dieupart 


«V 


Double: 


d'Anglebert 


Double    snr    une  ~P~fi~ ä 

tierce :  Sr»    _Fr~ 


=s^cr 


d'Anglebert 


Chute  et  Pinea 


y_   «VAnglebtrt, 
—  St.  Lambert. 


-^     | —  Dieupart 


Chute  sur  denz 
notes: 


T 


rc£ 


f 


Port  de  voix      J  ^|  J    g?~   


d'Anglebert 


-k-4 


double: 


—         *        —    Ft.  Conperin 


284 


Verzierungen  der  französischen  Klaviermeister. 


Tremblement:  — ; — "H — r~1 — ~~   == 

'  I    II         IM  ' 


Fr.  Couperin 


-w 


Cadence, 
Treinblement   -  f-   "         " 


simple: 


d'Anglebert, 
ß        Le  Begue, 
\ St.  Lambert, 


Chambonnieres, 


=  '      *        Dieupart, 
— i Le  Begue 


— 1 Rameau 

|  Fr.  Couperin 


Tremblement    et     0  d 
pinee\  Double      ~F- 
cadence:  — __ 


±tt   = 


w 


I    I    I 


ß        d'Anglebert,  _ 
1  St.  Lambert 


C**v 


f«2 


Cadence: 


Cadence : 


-•-»-•- 


r         d'Anglebert  = 


Raiueau 


St.  Lambert 


=        P   -  d'Anglebert  =  ~- P~-   St.  Lambert 


I« 


Tremblement  -•-•-j-»-j->-  _ 


appuye" :      -p-fr 


—   — P~~  d'Anglebert  =   ~~P~~  St.  Lambert 


U*v 


Cadence  äppuyö:     1     T  !  !     ,     I     r      =      — r —  Rameau 


<**' 


Pincö  continu:  —  p-»-p— •- , 


Fr.  Couperin 


■*-*■"- 


•T1  >•  *-^"  ^-  ^s^-  «*> 


Tremblement  -•■ß-^ß-f-ß-ß-ß-f-  -frfyrßl 
continn :        -    «■■ili»'«wi  ■   —  ~t 


E  §=£ 


Fr. 


Couperia 


Arpegement  \         en 
Harpege"      j    montant 


gjj U-         s£EE   Fl 


r* 


Chambounidres 
Couperin 


31 d'Anglebert  9 

H> —  Rameau         =  — • —  St.  Lambert 
_". Dienpart  "*r 


Arpegement  1      en  de- 
Harpege'     |  scendant: 


fe 


¥ 


Chambonnieres, 
Fr.  Couperin 


Verzierungen  der  Deutschen. 


285 


d'Anglebert, 


Harpege"  figure" 
en  descendant: 


Z%~  Rameau, 
d? — .  Dieupart 


St.  Lambert 


Harpege*  figure:   — ■  , 
en  montant       — J_ft 


-0 


=  — (• —  St.  Lambert 


-t- 


£ 


=  —A —  8t.  Lambert 


Detache,  . — _ — __ 
Son  coupe",  *  7~ 
Aspiration:  — p 


St.  Lambert  = 


m        Fr.  Couperin 
H Rameau 


Suspension:        3     p* 
1     U- 


^        Fr.  Couperin, 
i  Rameau 


Die  Deutschen  greifen  zum  Teil  auf  die  Gesangsverzierungen 
der  Italiener  zurück,  zum  Teil  lehnen  sie  sich  an  die  Praxis  der 
Franzosen  und  Engländer  an.  In  Italien  blühte  im  16.  Jahrhundert 
die  Diminutionspraxis  frisch  auf1  und  ließ  auch  einige  Formeln 
in  Schriftzeichen  erstarren.  Bei  Bovicelli  und  Rognoni  lernen 
wir  den  tremolo  {tr)  als  ein  »Beben  der  Stimme  auf  ein  und 
derselben  Note«  kennen.  Die  Zeit  seit  1600  versteht  aber  unter 
tremolo  einen  bei  der  Hauptnote  beginnenden  Triller  mit  der  Ober- 
sekunde, während  der  Triller  mit  der  Untersekunde  als  groppo  (g) 
bezeichnet  wird.  Hinzu  treten  die  Umspielungsformeln  der  minuta  (m) 


oder 


TO3E* 


-I — I H 


die    clamazione    (e) 


3E 


mt 


7&T-    =    TQr 


der  accento 


f11^—  —  —  (Ä~  j  der  zimbelo  [%] 


üf- 


pjf    fg     =  -z &---&—  (Emilio  de'  Cavalieri)  und  die  monachina 


5C 


raZT- 


-#i-  =  -f- 


-sr 


(Emilio  de'  Cavalieri). 


1  Vgl.  Max  Kuhn.  >Die  Verzierungskunst  in  der  Gesangs- Musik  des 
16 —17.  Jahrhunderts  (1535—1650)«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1902. 
Heranzuziehen  ist  auch  Hugo  Golds chraidt,  >Die  italienische  Gesangs- 
methode des  XVII.  Jahrhunderts  und  ihre  Bedeutung  für  die  Gegenwart« 
(Breslau,  1890).  Die  ältesten  Klavierverzierungen  Italiens  werden  hübsch  be- 
leuchtet in  der  Studie  von  Carl  Krebs  über  »Girolamo  Diruta's  Transilvano« 
(V.  f.  M.  VIII)  besonders  S.  338  ff. 

Kl.  Handb.  der  Musikgeach.    VIII,  2.  21    . 


286  Verzierungsformen  der  Deutschen. 

Aus  den  an  konventionellen  Verzierungszeichen  armen  Orgel- 
und  Klavierwerken  des  1 7.  Jahrhunderts  seien  erwähnt  o  x  und  .-* 
in  den  Suiten  Johann  Pachelbel's  aus  dem  Jahre  1683,  das  mehr- 
fach in  einen  kleinen  Kreis  übergehende  Zeichen  u  in  Johann 
Valentin  Eckolds  Tabulaturbuch  von  1 692  und  t:  im  »Hexa- 
chordum  Apollinis«  des  erstgenannten  Meisters.  Mit  Recht  führt 
Seiffert1  u  auf  das  alte  Tremolozeichen  der  Engländer  und 
Reincken's  //  zurück  und  setzt  es  dem  in  der  Wirkung  verwandten  t: 
gleich.  Da  es  aber  schon  bei  Eckold  mehrfach  in  den  kleinen 
Kreis  übergeht,  —  man   beachte   nur  in  der  ^moll-Tokkata  Joh. 

Pachelbel's  Stellen  wie  j^^^E  und  ^  [g|  — ■  so  dürfte  die  Glei- 
ch e  hod  e^—de 
chung  gesichert  sein  //  =  u  =  o  =  t:  =  tremolo  oder  trillo  mit  oberem 
Hilfstone.  In  x  ist  wohl  ohne  Frage  Reincken's  >  zu  erkennen 
und  somit  Seiffert's  Übertragung  als  Mordent  gesichert.  Ebenso 
dürfte  die  Ausdeutung  von  /  als  Schleifer,  wobei  man  sich  der  ent- 
sprechenden Formen  Buttstedt's  ///  und  Muffat's  /.'  erinnert, 
richtig  sein. 

Die  gebräuchlichsten  Verzierungsformen  der  Deutschen2  seien 
in  folgender  Tabelle  zusammengestellt: 


x*,,     ,       — P~m —              c*         J.  S.  Bach  in  W.  Fr.  Bach's 
Akzent  fallend:     ,     ^r        —  _f »Clavier-Büchlein« 


Akzent  steigend:    — •  *    -  =  —<&■ — 


J.  S.  Bach  in  W.  Fr.  Bach's 
»Clavier-Büchlein« 


±=P=  = 


■^ 


Accentus:  r —  ==  — ,  —  Kuhnau  1689       =  — p —  Mnrschhausei' 


•        Buttstedt   1713, ~T-#   <#     m —  „  ,_,. 

—        T        J.  S.  Bach  —        i       r     i  MarPurS  1755 


/ 


.  JSg— r   —^s —  Kuhnau,    — m —  Mursch-         —r* —  Buttstedt, 

Accentus:  '-*—   —  rf£zZ  Marpurg   ~        ,  ~  hauser    =   ZJTZZ  J.S.Bach 


— (4-a—  '-^3 


Schleifer:   — jr*  P    ~   =   ~kr~\  —  Kuhnau  =   — P —   Murschhaus 


1  Klavierwerke  von  Johann  Pachelbel  (1653— 1 706)  in  den  >Denkmälern 
der  Tonkunst  in  Bayern«  Jahrgang  I1 1  (1901),  Vorrede  S.  XXXIII. 

2  Hingewiesen  sei  auf  die  für  das  richtige  Verständnis  der  Verzierungen 
der  älteren  deutschen  Klaviermusik  wichtigen  Ausführungen  von  Carl  Paes- 
ler  im  Vorwort  zum  4.  Bande  der  >Denkmäler  deutscher  Tonkunst«  S.  XV ff. 


Verzierungsformen  der  Deutschen. 


287 


in 


Buttstedt      =  — f —  Muffdt 


£ 


Söe  =  5? 


Kuhnau 


Mordant,  » .    #        , 

Semitremulus:  -£f    "     oder 


oder  -f-f-f^-  bzw.  rf-f-f  f 


— 


=   -^f —  Kuhn 


^       J.  C.  F.Fischer   (c.  1700), 

Muffat,  Mattueson.    J.  S. 

ß        Bach,     Ph.    Em.    BachM, 
I  Marpurg.     Türk,     G.  Fr. 

--4- —   Wolf,  heichardt 


zvfv  ty1**  "^^ 


=        P        =        P        ß —  Buttstedt 


^ 


*=  =  =p2qc 


Marpurg 


a        Marpurg,  Türk, 
T        Jo.  Chr.  Fr.  Bach 


=  — ß —  Buttstedt 


ß     ß  0     =        f       • —  Muffat 

4=U=  -I 1— 


Jß 


^ 


-* 


Fischer,  Buttstedt,  Muffat, 
J.  S.  Bach,  Marpurg 


=   — p —  Muffat 


-t»*- 


=£=t 


-* 


~    Marpurg 


^=PE 


-•- 


Türk  (ältere  Praxis) 


'+' 


-0-ß-»-ß—  =  -iß —  j,  s.  Bach 


-ß—ß-0 


s^  = 


^P —   Marpurg 


1  -4y  kurzer,  /m|v  langer  Mordent. 


21" 


288 


Verzierungsformen  der  Deutschen. 


=*H*± 


-^*r 


-I Marpurg,  Türk  (ältere  Praxis) 


-ZP~'     ß  ß-  =  — ß —  Keichardt 


oder 


-*~f-*~    bzw.      ^H^ 


oder 


<XJ  Muffat,    J.   S.  Bach,    Ph. 

_^ .  Em   Bach,  Marpurg,  Rei- 

—  chardt,  Türk,  Jo.  Chr.  Fr.    = 

~  Bach,  G.  Fr.  Wolf. 


Türk 


qth 


»        Bach,  Marpurg,  Türk, 
i  G.  Fr.  Wolf,  Keichardt 


t±m- 


-0  -ß-  =  — , 


■#—  i»f —  Heimchen 


-P— » 


^P=^=   = 


=tt 


-* —  Marpurg 


-0— ß- 


» 


•-P- 


-!•*; 


Marpurg 


*    P       Eeichardt 


=F 


»« 


_   -*-   Mursch-         -,—  Türk,Jo_Chr 

hauser  =  ~T~  £r:  B»«1?: 
| Keichardt 


tu? 

=  — f—   Buttstedt 


l 


?E=F 


Kuhnau, 
Murschhauser 


Pralltriller:  -j — f-+ 


oder  -b 


*=t=f 


i       i 


J.  S.  Bach, 


=   — f—  Ph.  Em.  Bach, 
— i Beichardt 


Circuitus 
deorsum: 


^ 


-ß-  =        ß      *• —  Buttstedt 


Circuitus 
sursum : 


S^  =  ^ 


Buttstedt 


Verzierungsformen  der  Deutschen. 


289 


Muffat 


Heimchen 


—^0 — ^r*-*-  =  -— f^zrf —  Heinichen 


^W^i-ß-^-ß-0-  =  —  •—  Muffat,  J.  S.  Bach 

i : i _ 


-•-*-•-; 


oder 


*TK  „   *  — a —   J.  C.  F. 

-rrr-f-f.^:  =   — r~  Fischer 


U  oder  t 

Muffat 


-»-m-ß-rß- 


=        E        G.  Fr.  Wolf 

-i — I — i —  — I- — 

■Hi    '  — f — 


x**' 


•^9 


^*=r=p=r=p=  =  ^q^  = 


— f- 


=  — ß — ■  J.  S.  Bach 


^""™ 


-R- 


^a2t*^3t  =  =*: 


Muffat  1727 


IfVL- 


•-■^   =  —r=r=1  G.  Fr.  Wolf 


i=t± 


:?=P=i=P= 


^        J.  S.Bach, 
r        Reichardt 


CN9 


-0  ?  *  ß  0-f-   =      -*'1  f—  Reichardt 


Behnng.  tremolo : 


^ 


J.  S.  Bach, 
Türk,  Petri 


=   -  — &  Marpurgi 


Tremulum,  —t 
trilla:       II 


fjcfitrpz  = 


~        J.  C.  F.  Fischer, 
r        Bach,  Reichardt. : 
1  Petri 


—  Marpnrg,  Petri, 
-ß —  Ph.  Em.  Bach, 
1         Jo.Chr.Fr.Bach 


i  Nach  ihm  entspricht  die  Zahl  der  Bebungen  der  Zahl  der  Punkte. 


290 


Klavierverzierungen  deutscher  Meister. 


Buttstedt, 


tr       Buttstedt,    J.   S. 
Bach,     Marpurg, 


w 


Buttstedt 


w 


—  Marpurg,       — 
_  Petri 


Marpurg,   Türk, 
Chr.  Fr.  Bach 


fr 


=    — f«- 


J  S.Bach, 
Reichardt 


i= 


J.  S.  Bach 


(**"  J.  S.  Bach, 

„  Ph.  Em.  Bach, 

— F—  J.  Chr.  Fr.  Bach,    = 

|  G.  Fr.  Wolf 


Cvw» 


V 


£ 


J.  S.  Bach 


=   — F —  Petri 


Ph.  Em.  Bach, 

— ? —   Joh.  Chr.  Fr.  Bach, 
—\  Türk,  G.  Fr.  Wolf 


rv*** 


J.  S.  Bach 


(Wf 


Petri  = 


J.  S. 
Bach 


Zt-P-m  •     T~^t=W=f~P-»-ß     =  =P=  J.  S.  Bach 


-fr-  — 


^Ä'  ESE^E  =  EfjE  J.C.  F.  Fischer 

-f— tr 


— e#- 


H —  <  J       J.  S.  Bach,  =zjl 

=    -6*     •   Buttstedt      =       3  "       Ph.  Em.  Bach,     =  ^^z 

>%  (I  -   Türk  -^Jl 


Gniher ' 


i 


#=^  =  =se 


^p"^ 


Buttstedt 


^ —  J.  S.  Bach, 
EZ  Ph.  Em.  Ba 


{  f   -  Türk 


Em.  Bach, 


i  Bürger's  Gedichte  [Nürnberg  1780). 


Die  ocham  Musiktabulatur. 


291 


■--=* 


Marpurg 


Ä 


Z*3t 


* 


— rr* 

-Ag Marpurg 


^ 


~Tg Marpurg 


z^fzäim^z^ —  =  =  3^ 


Marpurg 


^s=*liS 


pp 


:ir=^=±=iiz 


:£*=•== 


^-« 


E  =  ^3 


Butt3tedt 


f 


Türk 


~^f^^~  =      'g     "  Marpurg 


Petri 


IX.  Kapitel. 
Tahulaturen  für  Harfe. 

Es  ist  allgemein  bekannt,  welche  Bedeutung  die  Harfe *  bei 
Egyptern,  Assyrern,  Juden,  Griechen  und  Römern  gewonnen  hat. 
Aber  auch  in  der  abendländischen  Musik  nimmt  sie  eine  herrschende 
Stellung  ein.  Die  Literatur  zeigt  sie  uns  in  besonderer  Beziehung 
zum  irischen  Volke.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  hat  dieses  sie 
aber  erst  gegen  Ende  des  10.  Jahrhunderts  durch  den  Einfluß  der 
Angeln,  Sachsen  und  Normannen  kennen  gelernt.  Bis  dahin  spielte 
das  Cruit,  das  im  Gegensatz  zur  dreieckigen  Form  der  Harfe 
quadratisch    im  Aufriß   war,   die    Rolle    des    Nationalinstruments. 


i  Zum  Bau  vergleiche  die  treffenden  Darlegungen  in  Curt  Sachs'  »Real- 
Lexikon  der  Musikinstrumente«  (Berlin,  Julius  Bard,  1913)  Artikel  »Harfe«. 


292  Die  ocham  Musiktabulatur. 

Seit  dem  Anfange  des  1  \ .  Jahrhunderts  sehen  wir  die  Harfe  in 
den  Händen  der  irischen  Barden1. 

Früh  soll  unter  ihnen  eine  Notenschrift  im  Gebrauch  gewesen 
sein,  die  vermutungsweise  mit  dem  irischen  Alphabet  im  Zusam- 
menhang steht  und  in  vorchristlicher  Zeit  unter  dem  Einflüsse  von 
Babylon  entstanden  ist,  die  ocham  Schrift  und  ocham  Musiktabulatur. 
So  bestimmt  auch  W?  H.  Grattan  Flood2  ihr  Vorhandensein 
hinstellt,  so  zweifelhaft  macht  eine  gründliche  Nachprüfung  der 
Forschung  W.  William's  in  seinen  »Ocham  Readings«3.  Ob  die 
Herleitung  des  Wortes  ocham  von  o  =  Musik  und  cum  oder  cam 
=  Form  wissenschaftlich  haltbar  ist,  vermag  ich  nicht  zu  sagen. 
Daß  aber  das  dreimalige  Vorkommen  des  Vertikalstriches  mit 
einer  notenkopffürmigen  Verdickung  am  oberen  Ende  bei  m  und 
n,  das  mehr  wie  problematische  Vorkommen  eines  Violinschlüssels, 
sowie  die  Verwendung  von  D  (con)  und  C  (cead)  in  der  Bressay- 
Inschrift  von  den  Shetland-Inseln  zusammen  mit  dem  gelegentlichen 
Auftauchen  der  Rautenform  statt  des  Striches  für  a  und  e  genügen 
sollte,  um  in  jener  entlegenen  Zeit  eine  unserer  Tonschrift  ähnliche 
Notation  anzunehmen  und  gar  die  unsrige  von  jener  abhängig  zu 
machen,  das  erscheint  mir  vor  der  Hand  mehr  als  fraglich.  Das 
Wesen  dieses  ocham  Alphabets  bestand  ähnlich  den  Runen  in 
größeren  oder  kleineren  Horizontalkerben,  die  gerade  oder  schräg 
auf  einer  gedachten  Vertikalachse  aufstanden  oder  sie  schnitten, 
bis  zu  fünf  zu  einem  Buchstaben  zusammentrafen  und  sich  auch 
in  gebrochenen  Linien  zu  Buchstabenverbindungen  vereinigen 
konnten.  Das  Bild  des  vorchristlichen  irischen  Musikschülers  mit 
dem  Musikstabe  in  der  Hand,  wie  es  Flood  malt,  ist  verlockend, 
aber  vorläufig  noch  in  phantastisches  Dunkel  gehüllt. 

Andererseits  soll  nicht  abgeleugnet  werden,  daß  jene  Akzent- 
schrift,   die    William    Beauford4    nach    einem    alten    irischen 

i  Siehe  Fr.  W.  Galpin,  »Old  English  Instruments  of  Music<.  London, 
Methuen  &  Co.,  -1910  S.  8  ff. 

2  »A  History  of  Irish  Music«  (Dublin,  Brown  &  Nolan  Lmtd,  -1 906)  S.  4: 
>There  is  scarcely  any  room  for  doubt  that  the  pre-Christian  inhabitants 
of  Ireland  had  the  use  of  letters,  the  ogham  scale  and  the  ogham  music 
tablature«. 

3  »Journal  of  the  Kilkenny  and  South  East  of  Ireland  Archaeological 
Society  Vol.  I  (new  series)  \  856/57  (Dublin  4  858)  S.  324  ff. 

4  »An  essay  on  the  poetical  accents  of  the  Irish«  in  Jos.  Walker' s 
»Historical  Memoirs  of  the  Irish  Bards  interspersed  with  anecdotes  of  and 
occasional  observations  on  the  Music  of  Ireland  also  an  Historical  and  De- 
scriptive  Account  of  the  Musical  Instruments  of  the  ancient  Irish.  London  4  786. 
S.  27  ff.  Siehe  auch  Fetis,  »Histoire  Generale  da  la  Musique«  IV,  390 f.  und 
O'Neill,   »Irish  Folk  Music«  (Chicago  1910). 


Irische  Tabulaturen.  293 

Manuskript  aus  der  Zeit  der  Königin  Elisabeth  mitteilt,  manche 
verwandte  Züge  mit  der  ocham  Tabulatur  aufweist.  In  ihr  be- 
zeichnet der  Vertikalstrich  den  Mittelton  (ceol  =  modicus).  Von 
ihm  aus  erhebt  sich  der  ardceol  (acutus)  /  zur  höheren  Terz  und 
senkt  sich  der  basceol  (gravis)  \  zur  tieferen  Terz.  Ein  Punkt  über 
den  Zeichen  erhöht  die  Tonlage  um  einen  Ton,  ein  Punkt  unter 
denselben  erniedrigt  sie  um  das  gleiche  Intervall.  Das  Zeichen 
X  drückt  das  Heben,  das  Zeichen  — •  das  Senken  um  einen  Ton 
aus.  Im  ci reu mflexus —  sind  drei  Töne  verborgen:  die  Terz  über 
dem  Mittelton,  der  Mittelton  selbst  und  die  tiefere  Terz.  Das 
Gegenbild  stellt  A  dar,  während  /""  Terz  auf  Terz  ab  bezeichnet. 
Aus  diesen  Zeichen  ergeben  sich  somit  die  tonlichen  Verbindungen : 


/ 


-•—(»- 


\— ■=*«—  A 


r 


— • — i — r — •— 


•\ 


Als  Mensurzeichen  werden  verwendet  —  für  die  doppelte  Länge, 
"~|  für  die  Länge  und  /N  für  die  halbe  Kürze;  die  Kürze  gleich 
der  halben  Länge  bleibt  unbezeichnet. 

Auch  eine  zweite,  offenbar  für  die  Harfe  bestimmte  irische 
Tonschrift,  die  sich  in  einem  Manuskripte  der  Familie  Cavanagh 
findet  und  nach  Beauford1  als  Schriftversuch  eines  Mönches  des 
15./16.  Jahrhunderts  für  den  privaten  Gebrauch  anzusehen  ist,  läßt 
ohne  weiteres  gewisse  Ähnlichkeiten  erkennen,  verleugnet  aber 
auch  nicht  die  Bekanntschaft  mit  der  griechischen  Notation2.  Ja 
selbst  mit  den  Runen3  lassen  sich  einige  Übereinstimmungen  fest- 


i  A.  a.  0.  bei  Walke  r. 

2  Vgl.  hierzu  Fleisch  er's  feinsinnige  Beobachtungen  in  der  Kritik  über 
J.  P.  Land's  >Reeherches  sur  l'histoirc  de  la  gamme  arabe«  in  der  Viertcl- 
jahrsschrift  für  Musikwissenschaft«  Band  II  besonders  S.  504  f.  Die  Überein- 
stimmung der  Zeichen  ^  ^  ^  E  ^  ist  höchst  bemerkenswert.    Der  griechische 

Einfluß  auf  Irland  wird  übrigens  auch  schon  von  Edward  Ledwich  in 
seinen  bei  Walker  abgedruckten  »Inquiries  concerning  the  ancient  Irish  harp« 
stark  betout. 

3  T;  {d)  C  W  M  (*)  l  (0*  Vergleiche  die  entsprechenden  Buchstaben  in 
Teill  S.  119. 


294 


Musica  neu  Beroriaeth. 


stellen.    Das  offenbar  nur  zur  Aufzeichnung  instrumentaler  Reihen 
verwendete  Tonmaterial  ist  folgendes: 


i 


ii(  j  13/nni  3vii 


^ 


^ 


fffW3 


£ 


Jenes  seit  Beauford's  Veröffentlichung  oftmals  abgedruckte  Denk- 
mal aus  der  Cavanagh-Handschrift  möge  auch  hier  seinen  Platz 
finden. 


1J31 

2ni^ii7iimU  w3sj]<i 

Jl<  J 

tjjj 

j     jj 

j< 

< 

177 

S,3  J  S 

nni 

s  s  s  s  s  s 

s  s 

a 

3    S 

Noch  eine  dritte  Notation  für  die  Harfe  kommt  uns  aus  kelti- 
schem Gebiete,  und  zwar  aus  dem  unter  irischem  Einflüsse  stehenden 
Wales.  Sie  tritt  uns  in  einer  Handschrift  des  British  Museum 
Add.  14905  mit  dem  Titel  »Musica  neu  Beroriaeth«  entgegen1. 
Diese  enthält  der  Sage  nach  Kompositionen,  deren  Sammlung  auf 
dem  von  Griffyd  ap  Conan  1040  einberufenen  Bardenkongresse 
beschlossen  worden  war.  Die  Niederschrift  stammt  von  Robert 
ab  Huw  of  Bodwigan  in  Anglesey,  der  zur  Zeit  Karls  des  Ersten 
lebte2,  und  soll  zum  Teil  auf  eine  ältere  Abschrift  eines  gewissen 
William  Penllyn,  Harfenspielers  unter  der  Regierung  Hein- 
richs VIII.  (1509—1547)  und  Preisrichters  im  Eisteddfod  von 
Caerwys  1556,  zurückgehen.  Ein  Neudruck  dieser  Kompositionen 
liegt  im  3.  Bande  der  »Myvyrian  Archaeology  of  Wales3«  vor. 
Vorangestellt  sind  eine  Reihe  verwandter  Harfensätze,  welche  aus 
dem  Buche  eines  gewissen  »Rice  Jones  of  Blaenau  near  Dol- 
gellan«  geschöpft  sind. 


i  Das  British  Museum  enthält  noch  einige  andere  Handschriften,  welche 
sich  auf  diese  walisische  Notation  beziehen:  Adel.  14939,  eine  Abschrift  von 
Add.  14905,  Add.  15022,  ein  Bericht  über  die  alte  walisische  Tonschrift,  und 
Add.  14970,  Beispiele  alter  walisischer  Tonschrift,  die  1800  von  Edw.  Wil- 
liams nach  einer  Handschrift  aus  dem  Besitz  von  Rice  Jones  of  Blaenau 
umgeschrieben  worden  sind. 

2  Nicht  zu  übersehen  ist  auf  S.  569  der  Neuausgabe  das  Datum :  Tervyn 
Caniad  Tro  Tant  1613. 

3  London,  1807,  S.  465—624. 


Musica  neu  ßeroriaeth.  295 

Diese  Tonschrift  hat  von  Burney1,  W.  Bingley2,  F^tis3  und 
David4  Erörterung  gefunden.  Gegenüber  den  Darlegungen  der 
beiden  erstgenannten  Forscher  macht  Fetis  mit  Recht  geltend, 
daß  sie  angesichts  des  mittelalterlichen  Tonsystems  und  der  Be- 
schaffenheit des  Instruments  die  Tonlage  um  eine  Oktave  zu  tief 
angenommen  und  irrtümlich  das  J?  als  tj  gelesen  haben.  Nicht 
beizupflichten  ist  ihm,  wenn  er  Burney 's  Zweifel  an  dem  hohen 
Alter  des  Denkmals  nicht  anerkennt.  Stütze  fand  Fetis'  Anschauung 
allerdings  später  in  den  Forschungen  eines  John  Thomas,  der 
in  seiner  »Dissertation  sur  la  notation  musicale  des  anciens  Bretons«5 
diese  Tonschrift  bis  in  die  Zeit  Gregors  des  Großen  zurückführen 
will.  Demgegenüber  ist  David  geneigt,  die  allgemeine  Bedeutung 
des  Denkmals  zu  leugnen  und  es  als  einen  Schriftversuch  eines 
einzelnen  Musikers  der  elisabethanischen  Zeit  anzusehen. 

Die  Notation  in  allen  Zügen  klarzustellen  ist  bisher  niemand 
gelungen.  Eine  völlige  Lösung  glaubte  im  18.  Jahrhundert  der 
in  Bordeaux  lebende  französische  Violinist  Barthelemon6  auf 
Grund  der  Kenntnis  der  spanischen  Lautentabulatur  geben  zu 
können.  Er  starb  aber  über  die  Veröffentlichung  hinweg,  und 
seine  Papiere  verbrannten  1809. 

Schon  ein  flüchtiger  Blick  in  das  Denkmal  zeigt,  daß  wir  es 
hier  mit  einer  Tabulatur  zu  tun  haben,  die  mit  der  deutschen 
Orgeltabulatur 7  seit  Nicolaus  Ammerbach  (1571)  große  Überein- 
stimmung zeigt.  Zur  Fixierung  der  Töne  sind  die  Buchstaben 
a — g  verwendet,  deren  Oktavlage  nach  Art  der  spanischen  Klavier- 
tabulatur  durch  Hinzufügung  eines  kleinen  Vertikalstriches,  eines 
Horizontalstriches  und  eines  Punktes  unterschieden  werden.  Die 
Oktave  reicht  von  g — f.  Mit  Fetis8  nehme  ich  in  Anschluß  an 
Giraldus  Cambrensis9  das  b  als  b  rotundum  an: 


i  »A  General  History  of  Music«  II,  11  Off. 

2  »North  Wales<  (London,  1804)  II,  236. 

3  »Histoire  Generale  de  la  Musique<  IV  (1874)  S.  372  ff. 

4  Ernest  David  et  Mathis  Lussy.  »Histoire  de  la  Notation  Musicale 
depuis  ses  origines<  (Paris,  1882)  S.  132  ff. 

5  »Myvyrian  Archaeology«  Jahrgang  1870.    Es  war  mir  leider  nicht  mög- 
lich, diesen  Jahrgang  zu  erlangen. 

6  Siehe  die  Ausführungen   bei  Ernest  David,   »Etudes    historiques  sur 
la  poesie  et  la  musique  dans  la  Cambrie«  (Paris  1884). 

7  Ernest  David,  a.  a.  0.,  spricht  immer  von  einer  Ähnlichkeit  mit  der 
Lautentabulatur. 

8  »Histoire  generale  de  la  Musique<  IV  (1874)  S.  374. 

9  »Descriptio  Cambriae<  cap.  13. 


296 


Musica  neu  Beroriaeth. 


HE 


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»o 


JOE 


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3JZ 


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3X 


^O- 


-©- 


-o- 


ffi  gi  ai    bt 


r    &  9i  fi  g    ä    t   f    &  &   f  g'  a' 


Die  Stimmen  sind  partiturartig  übereinander  gestellt,  der  Part 
der  Linken  von  dem  der  Rechten  durch  einen  Horizontalstrich  ge- 
schieden. Vertikalstriche  trennen  die  Takte  ab.  Über  den  Griffen  ist, 
falls  es  sich  nicht  um  gleiche  Rhythmen  handelt,  die  Mensur  nach 
dem  Vorbilde  der  übrigen  Tabulaturen  mit  !  T  f5  angezeigt. 
Zwischen  den  rhythmischen  Zeichen  und  den  Griffen  oder  beim 
Fehlen  der  ersteren  über  den  Griffen  finden  sich  noch  eine  Reihe 
von  Vortragszeichen,  die  das  Rätsel  der  übereinander  stehenden, 
also  scheinbar  zusammenklingenden  dissonierenden  Töne  bergen. 
Eine  beigegebene  Tabelle  vermag  zwar  nicht  allenthalben  klares  Licht 
zu  verbreiten,  verrät  aber  doch  soviel,  daß  die  übereinandergesetzten 
Buchstaben  bei  /  in  ein  Nacheinander  von  unten  nach  oben  und  bei  \ 
in  ein  Nacheinander  von  oben  nach  unten  aufgelöst  werden. 

Gogwyddawr    i    ddysgu 

Gogwyddawr  priciad  arale. 


y  priciad 
Tagiad  y  vawd 


// 

a 


Y  Plethiad  byr 


Plethiad  y  pedwarbys 


9 

i 

a 

9 

i  + 
n  a 

9  9 
ii 


-+z — *- 


2t 


EE 


-Ar- 


^ 


V^- 


n  n 


*   s    * 


Plethiad  y  bys  bach        ä 


9 

Craviad  dwbyl 

5 

a 

9 

Craviad  sengyl 

b 

ä 

9 

Hanner  Craviad 

a 
9 

^ 


fejk 


&=&± 


^=^ 


1F 


Hl   JJ 


jj ij 


F 


y  vawd    P 


y  rail       jj 


0 


3 


a 


i    i    i 

Crychu  vawd       i    i     i 


Musica  neu  Beroriaelh. 


297 


Tavliad  y  bys 


Plethiad  dwbvl 


Plethiad  y  wenynen 


Crychu  y  vawd 


Ysgwyd  y  bys 


Tagiad  dwbyl 


Tagiad  forcbawg 
Cevyn  ewin    . 


TTT 


Q 

9 

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a 

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9 


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3 


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Ä 


3±± 


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5 


w~ ? 


Ysbonc 


Plethiad  mawr 


/ 

(i 


-0- 


^  jl 


-^— 1 


Jj    J      ^  ! 


4 


Nid  yw  y  Nodau  diweddar  ond  dyvaliad  L.  Morris. 


R=l   I     F^3  : 

c  f  c  f     bebe 
<  b  b  b  b     a  a'  a  ä 


ff  9      9 

al  a-         <j      g 


c  f  b  e      c  er  c  a~  '; 
b  b  a  a     b  b  b   b 


f  Off 

a1         rj    a      a' 


Bys:  canu  y  diwedd 

yn   yr    un    vath    a'r 

gainc. 


t_ 


- 


Proviad 
cyfredin 


/_  +  /    +  /    + 
f  g-a-fra-g- 

e  e   e  c  *    •■ 


f-gaba  g 


" 


f  <r  f  g-  f 


I      i 


d       : 


;    Bys 


298 


Musica  neu  Beroriaeth. 


Clyman  cydgerdd  yn  dechre. 

Yma  canlyn  y  pedwar  Cwlwm  Cydgerdd  ar  ugain,  wedi  eu  pricio  allan  o  Lyvyr 

William  Pennllyn.  —  Mal  y  dywed  Llyvyr  Mr.  Meurig.  —  Ebai  L.  Morris. 

1444000040401  44400094041 


MAC  MWN 
HIR 


i  i  i 

<r  g;       .<r  g; 

e  c          e.  e 

)    c    d  c    d  c    d  c    (I 


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c'         c1 

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bl 


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e        d        e        d       e 
ed\bc\ed\bced 


c 


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P 
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V 


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c 

g 


iii 
g-     9'      g- 

e        e         e 
cd    cd    cd 


g' 


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d       d 

b  c     b  c 


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d  _d 

c  b  c 


f      f       f       f 
rf1     d]      tf1      d] 

bl     fc1      bl       Z>' 


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sr      f      9' r    '       1'!} 

e        d  £  cd 

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Tervyn     : 
y  gainc 
gyntav. 


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ii    ii 

ii 

ii 

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g~  9' 

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e     e     f 

9" 

a    a 

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a 

g    a    g     g 

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f    f 

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c 

c 

cl    e    el    c 

c1   c1 

el    c 

a1  a1 

a 

a 

g]  al  g1   gl 

a]   a] 

a1    a 

ff  ff 

ff 

ff 

ff 

ff   ff 

ff    ff 

w    // 

e    f 

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f 

d     e 
c    d 

e 

f 

e                e 
d    e     f    d    c 

f     f 

f                f 

c     c 

e1               c 

a]  a 

a1              a 

ff  ff 

ff               ff 

Harfentabulaturen  in  Deutschland  und  Frankreich.  299 

Auf  festländischem  Boden  herrschen  für  die  Aufzeichnung  von 
Harfenmusik  verschiedene  Methoden.  In  Deutschland  ist  nach  dem 
Zeugnis  Martin  Agricola's  die  Buchstaben-Tabulalur  verwendet 
worden.  In  seiner  »Musica  instrumentalis«  (Wittenberg  1529} 
heißt  es  auf  fol.  XXXII: 

Denn  Lauten  Harffen  Orgeln  vnd  Psalter 
Haben  fast  eine  art  bey  unserm  alter, 
Das  drey  odder  vier  stymmen  gemeyn 
Obernander  gesatzt  werden  allein. 
Discantus  oben,  darnach  Alt  vnd  Tenor 
Gantz  vnden  der  Bas,  das  gleub  mir  verwar. 
Auff  der  Orgel  wird  stete  der  Discant 
Auff  fünf  linien  gesatzt  allzuhant 
Und  die  andern  stymmen  darunter  gestalt 
Mit  buchstaben  aus  dem  gesang  gemalt. 
Auff  die  andern  drey  wie  oben  genent 
Werden  alle  stimmen  gemacht  behent 
Mit  buchstaben  gemeinlich  geschrieben 
So  wird  das  absetzen  recht  getrieben. 

In  Frankreich  scheint  man  der  gewöhnlichen  Notation  für  die 
Harfe  den  Vorzug  gegeben,  daneben  aber  auch  die  Ziffern-Notation  ge- 
braucht zu  haben.  Mersenne*  sagt  jedenfalls:  » Sa  tablature  ordinaire 
n'est  pas  differente  des  notes  de  Musique,  quoy   que  Von  puisse  user 
du    nombre   de  ses   chordes  pour   ce   suiet:  par  exemple,   Von  peut 
marquer  VOctave  par  1  et  13,    la  Quinte  par  1  et  8*,    etc.  d'autant 
que   la  premiere  ekorde   fait  VOctave  auec  la  13,  et  la  Quinte  auec 
la    8*;  et  parce    qu'il  y   a    49    chordes,    ä  scauoir  celles  des  deux 
Premiers   rangs,   qui  toutes  ont  leurs  so?is  differents,  il  faut  vser  de 
49  nombres,  dont  chacun  signifiera   tousiours    sa  propre  chorde;  or 
Von  peut  commencer  par  la  jyhis  courte,  que  Von  appelle  chanterelle, 
et  finir   ä   la  plus   longue,  qui   sert   de   bourdon   et  de  Proslamba-  ■ 
nomine,    comme  parlent  les   Grecs,    afin   de  suiure  Vordre  que  Von 
garde   aux   autres  instrumens;    quoy   que   Von  puisse  semblablement 
commencer  ä  conter  1,  2,  3,  etc.   par  la  plus  grosse  chorde,  comme 
fönt  les  Italiens,  puis  qu'elle  sert  de  base  et  de  fondement  aux  autres 
chordes,  comme  Vunite  aux  nombres.     Quant  aux  pieces  qui  se  iouent 
sur  la  Harpe,  elles  ne   sont  point   differentes  de  celles  qui  se  iouent 
sur  le  Luth  et  sur  V Epinette*. 

1  »Harmonie  Universelle«  II  (Paris  1637)  livre  III  p.  w\, 

2  In  der  Vorlage  6. 


oqq  Französische  Harfentabulaturen. 

Der  letzte  Satz    läßt    es    uns   nicht   überraschend   erscheinen 
daß   auch  Harfenmusik  in   französischer  Lautentabulatur  vorliegt 
Erinnert  sei  nur  an  die  dem  17.  Jahrhundert  entstammende  Hand-j 
schritt  der  Basler  Universitätsbibliothek  F  IX.  53. 

Zwei  Stimmungen    werden   hier  dargeboten:    der    »ton    de  la 
harpe  par  bmoU  mit  dem  Akkord 


-6b- 


-«• 


Sr- 


-d *- 


-d- 


a       S 


und  der  »ton  de  la  harpe  par  f>dur«  mit  dem  Akkord 


Ersterer  Akkord  offenbart  die  Stimmung  der  zehn  notierten  Saiten 
TdEsF  GAigbf  g\  letzterer  als  V  E  V»  G  A  dg  \i  g. 
Ein  kurzer  Satz  in  der  idur-Stimmung  sei  vorgelegt: 


j  l  I      l       I  l-M      i. 


£ 


-*— «- 


a  a- 

■a  a- 


■Or 


a  a 

a  a 


a  a 


-4- 


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a  a- 


-4b- 


-a eb-b 


■rf- 


-a- 


-d- 


j-J ^-J ^         *"^  a  a 

i  i-  n  IJLNJIJI'— iJS 


-a — b-d- 


-Or 


b   a 


a 


i-^  ^r 


-Gr 


-dr 


-6b- 


■a — £- 


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« «z- 


a 


a 


a 


a 


-er 


a 


i     i     s     h.p 


-a- 


a  a- 


-dr 


-a eb-b 


-dr 


-Or- 


a 


a 


a 


J    I 

m 


-Or) » 


~a ■ 


i  j  i.     J  i  i I 


~0r 


-6b- 


-Or-b- 


-dr 


-6b- 


-a a- 


-6b- 


-6t- 


\h'~      ~^ 


a 


a-a 


Es  muß  dahingestellt  bleiben,  ob  die  in  dem  Mersenne'scher 
Zitat   berührte  Zahlennotation   bei  den  Franzosen  praktische  Be- 


Spanische  Harfentabulaturen. 


301 


ileutung  gewonnen  hat.  Jedenfalls  erfahren  wir,  daß  die  Italiener 
von  der  längsten  also  tiefsten  Saite  aufsteigend  eine  Bezeichnung 
der  Saiten  mit  Zahlen  kannten.  Unwillkürlich  kommt  uns  hier 
die  Notation  des  Spaniers  Bermudo  für  das  Monachordio  *  ins 
Gedächtnis  und  werden  wir  an  jenen  handschriftlichen  Anhang 
erinnert,  der  sich  an  Chile sotti's  Exemplar  der  »Balli  d'Arpicordo« 
von  Giovanni  Picchi  aus  dem  Jahre  1620  findet2.  Bei  ersterem 
sehen  wir  die  Zahlen  1 — 42  auf  die  Töne  von  C — A  diatonisch 
und  dann  chromatisch  bis  a",  bei  letzterem  die  Ziffern  1 — 27 
auf  die  Untertasten  G  F  G  A  H  c—c'"  angewendet. 

Daß  die  Zahlen  in  der  Tat  der  Aufzeichnung  von  Harfenmusik 
gedient  haben,  beweist  die  spanische  Literatur.  Schon  aus  den 
Titeln  der  Drucke  wird  offenbar,  daß  Klavier,  Laute  und  Harfe 
sich  in  die  gleiche  Literatur  teilten  und  damit  die  gleiche  Notation 
für  sich  in  Anspruch  nahmen.  Vinegas  de  Hinestrosa  (»Libro 
de  cifra  nueva  para  tecla  harpa  y  vihuela«  4  557),  Antonio  de 
Cabecon  (»Obras  de  musica  para  tecla  arpa  y  vihuela«,  1578 
herausgegeben  von  Hernando  de  Cabecon)  sowie  Ruiz  de 
Ribayaz  (»Luz  y  norte  musical  para  caminar  por  las  cifras  de 
la  guitarra  espafiola  y  arpa,  taiier  y  cantar  a  compäs  por  canto 
d'organo«  Madrid  1677)  beschränken  sich  auf  die  ersten  sieben 
Zahlen,  die  sie  auf  die  diatonischen  Töne  der  Oktave  von  f--e  an- 
wenden. Die  Oktavlage  wird  durch  Begleitzeichen,  die  chromatisch 
alterierten  Töne  durch  $  oder  ^  hinter  den  Zahlen  charakterisiert3: 


c 

D 

E 

F 

G 

A 

H 

c 

d 

e 

f 

S 

a 

h 

c' 

d' 

e' 

Vinega6  de 
Hineetrosa 

5 

6 

% 

1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

Cabecon, 
Correa  de  Arauxo 

5 

6 

ar 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

Ruiz  de 
Ribayaz 

5 

6 

7 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

f 

t 

a' 

h' 

c" 

d" 

e" 

f" 

g" 

a" 

1* 

2' 

3 

4 

5' 

6 

7' 

1? 

V 

3' 

r 

2' 

3" 

4 

5* 

6* 

7' 

V 

2" 

31 

i. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

1 

2 

3 

1  Siehe  oben  S.  265  f. 

2  Vgl.  oben  S.  266. 

3  Siehe  oben  S.  267. 


Kl.  Handb.  der  Musikgesch.    VIII,  2. 


22 


302 


Spanische  Harfentabulaturen. 


Diese  Zahlen  finden  auf  einem  System  von  Linien  Platz,  deren 
Anzahl  von  der  in  der  Komposition  vorliegenden  Stimmenzahl  ab- 
hängt. Der  Anfang  einer  Zarabanda  von  Ribayaz  veranschauliche 
diese  Art  der  Aufzeichnung: 


«•  *•■•■ 


7--0--S" 


6°   -B'- 


-&- 


■«*- 


■«•—•»- 


1*S 


,x     u.s.ty. 


-6— 


■a — «- 


■n—v- 


U  fi:JJ|p:JJ|^|^|iip:rrtfj^ff 


*fc»  p 


g 


22 


£ 


£ 


p 


=£ 


¥3 


Ribayaz  zeigt  uns  auch,  wie  in  einer  Tabulatur  die  Parte  von 
Guitarre  und  Harfe  zu  vereinigen  sind.  Für  diese  Praxis  spreche 
ein  kurzer  Abschnitt  einer  »Batalla«; 


$ 


6"     V 


o-   v    »■ 


*•  »- 


»•    o"   a- 


«'     6' 


6"     f     6' 


y  p  y 


t 


p  y 


y  p  y   \y  p  y 


y  p  y 


-Gr- 


-a^ — »i- 


-«^ 

-^ — fr1 
-a^ — ^ 


-+: ^ 

-B^ »i 


-V- 


•  *% 


II.  Abschnitt. 

Partitur  und  Generalbaß. 

Mit  den  ersten  Versuchen  der  Mehrstimmigkeit  zog  die  Partitur 
in  die  Musik  ein.  Man  hatte  kein  anderes  Mittel,  die  Stimmen 
miteinander  zu  vergleichen,  als  sie  übereinander  zu  fügen.  So 
tritt  uns  die  Partitur  in  ihrer  ältesten  Form  bereits  in  der  »Musica 
enchiriadis«  entgegen.  Auch  an  die  frühsten  mehrstimmigen  Ver- 
suche der  Mensuralmusik  blieb  sie  gekettet,  da  die  Schrift  noch 
nicht  genügende  Ausdrucksfähigkeit  besaß,  um  jeden  Wert  zweifel- 
los hinzustellen.  Der  mündlichen  Unterweisung  blieb  die  richtige 
Beziehung  übereinanderstehender  Töne  vorbehalten,  wie  wir  von 
dem  englischen  Anonymus  (um  1270)  gelegentlich  der  Beschreibung 
der  Satztechnik  von  Perotinus  Magnus  erfahren1.  Prüfen  wir 
daraufhin  die  Praxis,  so  können  wir  in  der  Tat  bis  weit  in  das 
13.  Jahrhundert  hinein  die  Herrschaft  der  Partitur  beobachten. 
Einige  im  Faksimile  zugängliche  Manuskripte  seien  aufgeführt: 

saec:  XI/XII.  Paris,  Bibl.  Nat.  1139  Mira  lege  miro  modo  2  voc.     (Cousse- 

maker,  Histoire  de  l'harmonie  Tafel  23). 
saec:  XII.       Paris,   Bibl.  Nat.   .Ms.  812  Ascende  Christe  —  Sanctus  —  Bene- 
dictes —  Benedicamus   Domino  Alleluia  —  Tumba   Sancti 
Nicholai.     (Coussemaker,  a.  a.  0.,  Tafel  28—30. 

Ms.  813   Lonc  le  rieu  —  Regnat  "j  p 

Dames  sont  en  grand  esmai  —  Etinfines        ou^e- 
Ohne  Text  —  Dieus  je  ne  puis  —  Et  vide  /  ft  ' 

Gustodi  nos  3  voc.  L  '    '     ' 

-7—  Ms.  1817  Dulcia  3  voc.  )  lalel  27" 

Douai,  Ms.  124  Verbum  bonum  et  suave  2  voc.    Coussemaker. 
a.  a.  0.,  Tafel  24—25. 
saec:  XIII.      Lille,  .Ms.  95  Agnus  fili  virginis  2  voc.    Coussemaker,  a.  a.  0 
Tafel  26. 
Florenz,  Med.  Law.  Plut.  29.  \  Antiphonarium  Medicaeum 
Judea  et  Jherusalem  2  voc. 
Descendit  de  coelis  3  voc. 
Viderunt  omnes  4  voc. 
Pater  noster  commiserans  2  voc 
Salvatoris  hodie  3  voc. 


H.  E.  Wooldridge, 
The   Oxford   History  of 
Music  vol.  I  S.  4  88,  208, 

222,  252,  und  292. 


1  C.  S.  I,  344a:  Sed  materialem  significationem  parvam  habebant  et  d 
bant:  punctus  ille  superior  sie  concordat  cum  puncto  inferiori  et  sufficiebat 


ice- 
eis 


22* 


30 1 


Partituren  des  Mittelalters. 


Ad  solitum  vomitum  —  Regnat  3  voc. 
Hodie  marie  coneurrant  laudi  mentes  2  voc. 


Regnat  2  voc. 


Pierre   Aubry, 
Cent  Motets  du 
XIRe  siede 
(Paris  1908) 
)  Bd.  III Tafel  VIII. 
Johannes  Wolf,  Handbuch  der  Notations- 
kunde I,  Tafel  zu  S.  229. 
Wolfenbüttel,  Heimst.  628 

Nativitas  —  Ex  semine   abrahe   3  voc.     Pierre   Aubry, 
a.  a.  0.,  Tafel  I. 
Worcester,  Cathedral  Bibl.  Frgm. 

Alleluia  3  voc  }  pien.e  Aufa        ft  a  Q    TaffiI  „ 

Ex  semine  habrahe  3  voc.  J 
Madrid,  Nationalbibl.  Hh  167 

Si  mundus  viveret  3.  voc;  Tenor  fehlt    {  Pierre   Aubry, 
Qui  servare  puberem  3  voc;  Tenor  fehlt  J  a.a.O., Tafel  III. 
Viderunt   omnes    4  voc.     Pierre   Aubry,   Iter   Hispanicum 
(Sammelbände  der  IMG.  VIII,  345). 
Paris,  Bibl.  Nat.  lat.  15139 
Fiat  2  voc. 
Johanne  2  voc. 
Pro  patribus  2  voc 
Ut  in  fines  2  voc. 
l'ropter  veritatem   2  voc. 
Flos  filius  eius  2  voc. 
Oxford,  Bodley  Douce  139 


.Pierre  Aubry,  a.  a.  0.,  Tafel  IV. 


Foweles  in  ye  frith  2  voc. 
Instrumentalsatz  3  voc. 


Wooldridge,  Early  EnglisL 
Harmony  (Londonl  897)  Tafel  7 
u.  24.  Stainer,  Early  Bodleian 
Music  (London  1901)  Tafel  VI 
u.  VII. 
London,  British  Museum  Burney  357 

Amor  patris  2  voc.     Wooldridge,   a.  a.  0.,  Tafel  9 — 10. 
Cot  ton  Titus  A  XXI 

Virtute   numinis   non   natura   dei   3  voc.     Wooldridge, 

a.  a.  0.,  Tafel  11. 
Harley  978 

Ave  gloriosa  naater  saluatoris  3  voc.    Wooldridge,  a.a.O., 

Tafel  20—21. 
Cambridge,  University  Library  Ff.  1.  17 

Cuius  dextra  largitatis  2  voc. 

Regis  cuius  potentia  2  voc. 

In  honorem  saluatoris  2  voc. 

Filie  ierusalem  2  voc. 

Agnus  qui  impius  es  factus  2  voc. 

Flos  floriger  2  voc. 

.  d  cantus  leticie  2  voc. 

Verbum  patris  umanatur  3  voc. 

Amborum  sacrum  spiramen  2  voc. 
Toledo,  Cath.  33,  23 

Gaude    2  voc.      Riaiio,    Notes   on   Early    Spanish    Music 

(London  1887)  Fig.  26. 


Wo  oldridge,a.  a.  0, 
Tafel  25—30. 


Partitur  und  Tabulatur  in  ihrer  Bedeutung  für  den  Organisten.      305 

Cambrai,  Bibl.  Com.  Frgm.  Adam  de  la  Halle,  Rondeaux.  Cousse- 
maker,  Histoire  de  Tharmonie  au  moyen  äge  Tafel  31 
und  Oeuvres  completes  du  trouvere  Adam  de  la  Halle 
(Paris  1872)  S.  207  ff. 

Paris,  Bibl.  Nat.  de  la  Valliere  2736  Li  Rondel  Adan.  Cousse- 
maker,  Oeuvres  completes. 

Ein  Wandel  in  der  Aufzeichnungsweise,  die  Abkehr  von  der 
Partitur,  scheint  mit  der  Wirksamkeit  der  Frankonen  in  Beziehung 
zu  stehen.  Sie  beginnen  nach  Aussage  des  englischen  Anonymus 
damit,  aliter  pro  parte  notare1  —  Worte,  die  nach  meiner  Auffassung 
auf  die  Aufzeichnung  der  Kompositionen  in  Stimmen  zielen.  Weist 
das  13.  Jahrhundert  einen  Reichtum  von  Partituren  auf,  so  sind 
im   14.  nur  noch  wenige  anzutreffen.     Faksimiliert  liegen  vor: 

Paris,  Bibl.  Nat.  fr.  146 

Jehannot  de  Lescurel,  A  vous  douce  debonnaire  3  voc.     Pierre  Aubry, 
Les  plus  anciens  monuments  de  la  musique  franeaisc  (Paris  1905)  Tafel  20. 

London,  British  Museum  Arundel  248 

0  labilis  o  flebilis  2  voc.  |  Wooldridge,  Early  English  Harruony 

Jesu  cristes  milde  uioder  2  voc.  1  Tafel  32  und  35. 

Cambridge,  Universlty  Library  Ff.  II.  29 

Sanctus  (paraphrasiert)  3  voc.    Wooldridge,  a.  a.  0.,  Tafel  37  und  38. 

Diese  alte  Form  der  Aufzeichnungsweise  eines  mehrstimmigen 
Satzes  ist  in  der  Folge  von  den  Organisten  bewahrt  worden.  Als 
Denkmal  der  Orgelpraxis  begegnet  uns  um  die  Wende  des  1  4.  Jahr- 
hunderts in  der  Handschrift  Paris  Bibl.  Nat.  fr.  nouv.  acq.  6771 
fol.  85  das  Lied  Francesco  Landin o's  Questa  fanciulla  variiert  in 
zweistimmiger  Partitur.  Zwar  führt  Otto  Kinkeldey  in  seinem 
trefflichen  Werke  »Orgel  und  Klavier  im  16.  Jahrhundert2«  vor- 
nehmlich an  Hand  von  Bermudo's  »Declaracion  de  instrumentos 
musicales«  (1555)  den  Nachweis,  daß  der  geübte  Organist  vom  Chor- 
jDuch  ausging  und  die  einzeln  aufgezeichneten  Stimmen  in  seinem 
Spiel  zusammenfaßte',  während  der  Schüler  und  weniger  Geübte 
die  Tabulatur  als  Notbehelf  benutzte  und  der  Anfänger  in  der  Kom- 
position von  der  Partitur  ausging.  Die  überkommenen  Tabulaturen 
und  die  Titel  der  in  Partitur  gedruckten  Orgelwerke  offenbaren  uns 
aber  die  Bedeutung,  die  beide  Arten  der  Niederschrift  für  den 
Organisten  gewonnen  haben.  Beide,  Partitur  und  Tabulatur,  mag 
man  italienische  und  französische  oder  deutsche  Tabulaturen  ins 
Auge  fassen,  sind  im  Grunde  genommen  wesensgleich,  sind  Parti- 


1  C.  S.  I,  342a. 

2  Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel  1910,  S.  20  und  188  ff. 

3  Hiernach  erscheint  es  durchaus  natürlich,  daß  uns  die  ältesten  italieni- 
schen Orgeldenkmäler  des  IG.  Jahrhunderts,  Werke  eines  Willaert,  eines 
Buus  und  anderer,  in  Stimmdrucken  entgegentreten. 


306  Partituren  in  Deutschland. 

turen.  Die  übereinander  angeordneten  Stimmen  werden  bald  mehr, 
bald  weniger  regelmäßig  in  Takte  oder  Distinktionen  geteilt,  die 
durch  Striche  oder  Lücken  abgegrenzt  werden.  Von  diesen  Abteilen 
leiten  einzelne  wie  Diruta  die  Bezeichnung  »Partitur«  ab1.  Die  An- 
ordnung der  Stimmen  in  vielen  frühen  deutschen  Tabulaturen  ist  nicht 
ohne  Bedeutung  für  die  praktische  Weiterentwickelung  und  läßt  uns 
schon  die  Generalbaßpraxis,  die  sicherlich  ein  alter  Organistenbrauch 
war,  vorausahnen.  Ist  auch  die  Vermutung  Kinkeldey's2,  daß 
die  Eigentümlichkeit  der  Lagerung  der  Stimmen,  nämlich  die  beiden 
Außenstimmen  direkt  untereinanderzusetzen,  sich  aus  der  Beschaffen- 
heit der  Chorbücher  erklärt,  nicht  von  der  Hand  zu  weisen,  so 
ist  die  mit  der  Annäherung  der  Außenstimmen  gebotene  leichtere 
Übersicht  über  das  Tonwerk  für  diese  Einrichtung  wohl  ausschlag- 
gebend gewesen.  Neben  der  deutschen  Orgeltabulatur,  die  für  die 
Direktion  von  Chören  besondere  Bedeutung  gewonnen  zu  haben 
scheint3,  behauptet  sich  auch  auf  deutschem  Boden  die  italienische 
Tabulatur.  Es  war  nur  natürlich,  daß  man,  um  die  fortlaufende 
Reihe  der  Töne  zu  bezeichnen,  auch  zu  einer  fortlaufenden  Reihe 
von  Linien  als  Darstellungsmittel  griff.  Man  brauchte  ja  nur  zwei 
der  für  gemessene  Musik  üblichen  Fünfliniensysteme  mit  der  ge- 
wöhnlichen Schlüsselstellung  zusammenzurücken,  um  für  das  ganze 
Tonsystem  Raum  zu  gewinnen.  Derartige  Schemata  als  Grundlage 
für  partiturähnliche  Niederschriften  liegen  schou  im  frühen  Mittel- 
alter vor  und  lassen  sich  im  1 6.  Jahrhundert  allenthalben  in  Lehr- 
büchern der  Kontrapunktik  nachweisen.  Martin  Agricola  führt 
sie  in  seiner  »Musica  instrumentalis  deudsch«  (Wittenberg  1528) 
im  dritten  Kapitel  als  »die  art  der  Compositum«  auf,  die  er  als 
Vorlage  für  die  Übertragung  in  »die  art  der  deudschen  Orgalischen 
tabulatur«  mitteilt.  Gallus  Dreßler  zeigt  in  den  handschriftlich 
unter  der  Signatur  Mus.  Ms.  theor.  8°  84  auf  der  Kgl.  Bibl.  Berlin 
bewahrten  am  21.  Oktober  1563  begonnenen  und  am  29.  Februar 
1564  vollendeten  »Praecepta  musicae  poeticae«  das  gleiche  Prinzip. 


1  »Transilvanoc  Seconda  parte  üb  1.  Seite  4.  Vgl.  auch  Kinkeldey, 
a.  a.  0.,  S..  4  93  ff. 

2  A.  a.  0.,  S.  190. 

3  Andreas  Werckmeister  bemerkt  in  seinen  >Paradoxal-Discursen«  (Qued- 
linburg 4  707),  daß  tdirectores  ihre  Partituren  in  die  deutsche  Tabulatur  gesetzt 
und  daraus  gesungen  und  dirigiert«.  Mehrfach  begegnet  Aufführungsmaterial, 
bei  dem  sich,  obwohl  keine  Stimme  solistisch  verwendet  ist,  neben  dem  Basso 
Continuo  noch  eine  Orgeltabulatur  findet,  in  der  allen  Stimmen  die  vollstän- 
digen Texte  beigefügt  siDd.  Angeführt  sei  nur  eine  Sinfonia  mit  folgendem 
Sanctus  Dominus  Dens  Sabaoth  aus  dem  Besitze  von  Dr.  W.  Wolffheim 
(Berlin-Grunewald).     Vgl.  auch  Kinkeldey,  a.a.O.,  S.  494  ff. 


Alteste  Partiturdrucke.  307 

Zwei  Fünfliniensysteme  werden  aneinandergerückt  und  die  Stimmen 
mit  unterschiedener  Streichung  der  caudae  eingetragen.  In  einigen 
Füllen  ist  auch  das  Mittel  der  farbigen  Unterscheidung  der  Stimmen 
herangezogen.  Der  gleichen  Schreibpraxis  stehen  wir  in  der 
»Musica  Poetica«  der  Berliner  Handschrift  Mus.  Ms.  theor.  4°  57  gegen- 
über, wo  für  Anfänger  (tyrones)  der  »discantus  rott  0  Altus  gruen 
Tenor  schwartz  Bassus  rott  <»«  auf  Systemen  von  10  Linien  mit  den 
Schlüsseln  T  o:  p  0  dd  notiert  ist1.  Bei  Jo.  Lippius  in  seiner  »Dispu- 
tatio  musica  tertia«  vom  Jahre  1610  und  in  der  1612  erschienenen 
»Synopsis  musicae«  haben  wir  es  sogar  mit  11  bis  12  Linien  zu  tun. 
Mochte  also,  abgesehen  von  der  ältesten  Periode,  die  Partitur 
ursprünglich  nur  ein  Notbehelf  für  den  weniger  tüchtigen  Spieler 
und  Setzer  sein,  auf  die  Dauer  konnte  sich  der  Praktiker  doch 
nicht  der  Erkenntnis  ihrer  größeren  Übersichtlichkeit  gegenüber 
der  Chorbuchform  oder  den  Stimmen  verschließen.  Deutlich  spricht 
es  denn  auch  1622  Barth.  Grassi  aus,  daß  der  Mangel  an  Über- 
sichtlichkeit und  Spielbarkeit  für  alle  Gattungen  von  Instrumenten 
ihn  veranlaßt  hätten,  der  Stimmenausgabe  des  ersten  Buches  von 
Frescobaldi's  »Canzoni  ä  1.  2.  3  e  4  voci<  eine  Partiturausgabe  folgen 
zu  lassen.  Den  genannten  deutschen  Partituren  können  wir  1571 
die  in  der  Zwickauer  Batsbibliothek  bewahrte  partiturartige  Nieder- 
schrift des  Tedeum  von  Leonhart  Schroeter2  anschließen.  Die 
ältesten  über  Lehrbeispiele  hinausgehenden  Partiturdrucke  stammen 
von  italienischem  Boden.  Im  Titel  des  ersten  kommt  allerdings 
noch  der  didaktische  Zweck  der  Partitur  nach  alter  Anschauung 
deutlich  zum  Ausdruck. 

1577  Tutti  Madrigali  di  Cipriano  de  Rore  a  4  voci  spartiti  et  accommodati  per 
sonare  d'ogni  sorte  d'instrumento  perfetto  et  per  qualunque  studioso  di 
contrapunti.     Yenetia,  Angeko  Gardano. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  Musicale. 
1577  Musica  de  diversi  autori  la  bataglia  francese  et  canzon  d'uccelli.    Partite 
in  caselle  per  sonar  d'instrumento  perfetto.     Venetia,  Angelo  Gardano. 
Bologna,  Liceo  musicale. 
1580  Mikolaja  Gomölka,  Melodiae  na  Psalterz  Polski.   W.  Kräkowie.   W.  Dru- 
karni  Läzarzowey. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.  (besitzt  Abschrift.),  Krakau,  Univ.-Bibl.  und  Bibl. 
des  Fürsten  Czartoryski,  Warschau,  Univ.-Bibl.3. 


i  Siehe  H.  Bellermann,  »Der  Contrapunkt«  (Berlin,  Julius  Springer  1901) 
Beilage  4  zu  S.  68. 

2  Vgl.  Otto  Rade  »Auserwählte  Tonwerke  der  berühmtesten  Meister  des 
15.  und  16.  Jahrhunderts«  JAmbros,  »Musikgeschichte«  Bd.  V)  Leipzig,  Leuckart 
1882  S.  XLIX. 

3  Vgl.  Josef  W.  Reis s,  »Nikolaus  Gomölka  und  seine  Psalmen-Melodien« 
in  »Zeitschrift  der  IMG.«  XIII,  249  ff. 


308  Orgelpartituren. 

1584  Antonio  Valente,  Versi  spirituali  sopra  tutte  le  Note  con  diversi  canonr 
spartiti  per  sonar  negli  Organi  messe  vespere  et  altri  olficii  divini. 
Napoli,  Eredi  di  Cancer. 

London,  Royal  College  of  Music. 

1584  Vincenzo  Galilei,  Fronimo.    Vineggia,  Girolamo  Scotto. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Bologna,  Liceo  Musicale,  Brüssel,  Kgl.  Bibl.r 
Florenz,  Bibl.  Naz.,  Glasgow,  Univ.-Bibl.,  London,  British  Museum^ 
Mailand,  Bibl.  Braid.,  Paris,  Bibl.  Nat.  und  Conserv.,  Rom,  Santa 
Cecilia  (diese  Bibl.  soll  auch  eine  Ausgabe  von  1  568  besitzen.  Ob  auch 
sie  Partituren  enthält,  vermag  ich  nicht  zu  sagen). 

1588  Tigrini,  Compendio  della  musica.     Venetia,  R.  Amadino. 

1594  Intermedii  e  concerti  fatti  per  la  Commedia  rappresentata  in  Firenze 
nelle  Nozze  del  Serenissimo  Don  Fernando  Medici  e  Madama  Christiana 
da  Loreno  Gran  Duchi  di  Toscana.     Venetia,  Vincenti. 

Wien,  Hofbibl.     Diese  Ausgabe  Malvezzi's  enthält  im  9.  Stimmheft 
zu  drei  Sologesängen  vierstimmige  Instrumentalbegleitung  in  Partitur  i. 

1597  Thomas  Morley,  >A  plaine  and  easie  Introduction  to  Practicall  Musicke 

(Neudruck  1771)2. 

1598  Josephus  Gallus,  Totius  libri  primi  Sacri  operis  Musici  alterius  modulis 

concinendi  Partiüo  seu   quam   praestantiss.     Musici  Partituram  vocant. 
Mediolani,  apud  haeredes  Francisci  et  Simonis  Tini.     (Studio  tarnen  et 
labore  R.  D.  Aurelii  Ribrochi,   Nobilis  Derthonensis  in  gratiam  Organis- 
tarum  in  lucem  edita)3. 
München,  Hofbibl. 

1599  Guglielmo  Arnone,  Motetti  ä  5  et  a  8  voci.     Orgelpartitur. 

Bologna,  Liceo  Musicale. 
1599  Serafino  Cantone,  Sacrae  Cantiones.    Mediolani,  Augustinus  Tradatus4. 
Orgelpartitur. 

Berlin,  Kgl.  Bibl.,  München,  Kgl.  Hofbibl. 

Deutlich  läßt  die  Fassung  der  meisten  Titel  erkennen,  daß  die 
Orgel  als  ausführendes  Organ  nicht  ausgeschlossen,  ja  sogar  in 
einigen  Fällen  besonders  ins  Auge  gefaßt  ist.  Für  Tastinstrumente, 
besonders  die  Orgel,  bewahrt  denn  auch  die  Partitur  in  Zukunft 
ihre  Bedeutung.  Gio.  Paolo  Cim-a  veröffentlicht  1606  seinen 
»Partito  de  Ricercari  et  Ganzoni  alla  Francese« 5.  Gio.  Maria 
Trabaci  tritt  1615  mit  seinem  »Secondo  libro  de  Ricercate  et 
altri  varii  Capricci«  für  Orgel  und  Cembalo  in  Partiturform  heraus. 
Ihm  folgt  1620  Padre  Manuel  Rodrigues  Goelho  mit  seinen 
»Flores  de  musica«  für  Tast-  und  Zupfinstrumente,  1624  der 
Sweelinck-Schüler  Samuel  Scheidt  mit  seiner  »Tabulatura  nova.  .  . 
in  gratiam  organistarum  adornata«  (Hamburg  1624)  und  1650 
mit  seinem  >Tabulatur-Buch<  sowie  1631   Johann  Klemme  mit 


1  Hierauf  macht  0.  Kinkeldey,  a.  a.  O.,  S.  172  f.  aufmerksam. 

2  Morley  bedient  sich  des  Ausdruckes  »partition«  für  Partitur  (score). 

3  Siehe  ebenfalls  Kinkeldey,  a.  a.  O.,  S.  198. 

4  Vgl.  Otto  Kinkeldey,  a.  a.  0.,  S.  201. 
•"'  Exemplar  in  London,  British  Museum. 


Partiturreformen.  309 

seiner  »Partitura  seu  Tabulatura  italica«.  Letzterer  glaubt  sich 
gewissermaßen  rechtfertigen  zu  müssen.  In  der  Dedikation  heißt 
es:  »Lange  Zeit  sei  bisher  die  deutsche  Orgeltabulatur  in  den 
deutschen  Landen  gebräuchlich  gewesen;  verwichener  Zeit  sei  aber 
die  Partitur-Tabulatur  der  Italiener  nach  Deutschland  gekommen 
und,  da  sie  nützlicher  und  notwendiger  befunden  wäre,  von  den 
erfahrenen  Meistern  für  den  ferneren  Gebrauch  bevorzugt  worden«. 
Auch  Gio.  Cavaccio's  »Sudori  musicali«  (Venetia,  B.  Magni,  1626) 
dürften  in  diese  Reihe  gehören1,  ebenso  die  Frescobaldi-Drucke: 

Recercari  et  Canzoni  Franzese  fatte  sopra  diversi  oblighi  in  Partitura. 
Libro  primo.     Roma,  Zannetti  1615  oder  ■16I82. 

II  primo  libro  di  Capricci  l'atti  sopra  diversi  soggetti  et  Arie  in  Parti- 
tura.   Roma,  Ant.  Soldi  1  624  3. 

II  primo  libro  di  Capricci,  Canzon  Francese  e  Recercari  fatti  sopra  di- 
versi soggetti  et  Arie  in  Partitura.     Venetia,  AI.  Vincenti  16264. 


'OB1 


Seit  dem  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  gewann  die  Partitur  allge- 
meine Bedeutung  und  wuchs  sich  gelegentlich  zu  solchen  Riesen- 
gebilden aus,  wie  wir  sie  in  der  53 stimmigen  Festmesse  von  Orazio 
Benevoli  zur  Einweihung  des  Salzburger  Doms  1628  und  vielen 
modernen  Partituren  kennen.  Daß  die  Überzahl  von  Systemen 
die  Übersicht  nicht  erleichtert,  ist  offenbar.  Diesem  Übelstande 
suchte  man  dadurch  zu  begegnen,  daß  man  mehrere  Trombe,  Corni, 
Oboi  etc.  auf  ein  System  zusammenzog  und  das  Schlagzeug  gar 
nur  auf  einer  Linie  notierte5.  Auch  einer  zweiten  Schwierigkeit, 
der  Aufzeichnung  der  transponierenden  Instrumente,  suchte  man  Herr 
zu  werden.  Bis  ins  1 7.  Jahrhundert  reicht,  wie  später  in  dem  Ab- 
schnitt über  Reformversuche  dargetan  werden  wird,  jene  Bewegung 
hinab,  die  auf  weitestgehende  Vereinfachung  der  Schlüsselgebung 
in  den  Partituren  zielt.  Die  Versuche,  die  transponierende  Schreib- 
weise aus  der  Welt  zu  schaffen,  sind  jüngeren  Datums6. 


i  Exemplar  in  London,  British  Museum. 

2  Exemplar  in  Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Paris,  Bibl.  du  Conserv.,  Rom,  Cap- 
pella Giulia,  London,  British  Museum. 

3  Exemplar  in  Berlin,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum,  Paris,  Bibl. 
du  Conserv.,  Bologna,  Liceo  musicale. 

4  Exemplar  in  Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Wolfenbüttel,  herzogl.  Bibl.,  Bo- 
logna, Liceo  musicale,   London,  British  Museum,  Rom,  Bibl.  Casanatense. 

5  In  Rolle's  »Ps.  137.  Singet  dem  Herrn«  sind  Timpani  und  Oboi  auf 
einem  System  notiert. 

6  Leopold  Mozart  verlangt  in  seinem  »Versuch  einer  gründlichen 
Violinschule«  (Augspurg  1756)  S.  24  geradezu  nach  einer  transponierenden 
Schreibweise  für  Trompete  und  Jägerhorn:  »so  würde  es  doch  sehr  gut 
seyn,  wenn  man  den  Schlüssel  wenigstens  bey  der  Trompete  und  bey  dem 
Jägerhorn    versetzete.      Aus    dieser  Versetzung    könnte    man    doch    alsobald 


310 


Partiturreformen. 


Als  transponierende  Instrumente  gelten  Kontrabaß,  dann  und 
wann  Violoncell,  Flöten  mit  Ausnahme,  des  gewöhnlichen  englischen 
Horns,  die  Klarinetten  mit  Ausschluß  der  C-Klarinette,  Quintfagott, 
Kontrafagott,  alle  Hörner  mit  Ausnahme  des  C-Horns,  die  Trom- 
peten mit  Ausschluß  der  C-Trompete,  Altposaune,  Ophikleide  (unter 
Ausschluß  derjenigen  in  C),  Serpent  und  andere  mehr.  Hinsicht- 
lich der  Aufzeichnung  der  transponierenden  Instrumente  haben 
sich  in  neuerer  Zeit  unter  den  schaffenden  Musikern  mehrere 
Lager  gebildet.  Ein  Teil  der  Praktiker  *  hält  mit  den  Historikern 
an  der  transponierenden  Schreibweise  fest.  Richard  Strauß 
und  Felix  Dräsecke  scheuen  sich  z.  B.,  die  Geheimnisse  ihrer 
Kunst  dem  Dilettantismus  preiszugeben,  dem  zu  Liebe 
Einfachheit  angestrebt  werde.  Wieder  andere  wie  Schill 
Cap eilen  machen  sich 
zu    notieren,    halten    aber 


möglichste 


ings, 


Weingartner, 
C-Stimmung 


1907    schlüssig,    stets  in 


Ö> 


an    den    drei    Schlüsseln 


^%—     9—    und  an    der 


Oktavversetzung   fest,   während 


sich  Franz  Dubitzky2  auf  Violin-  und  Baßschlüssel  oder  nur 
auf  Violinschlüssel  und  F- Schlüssel  als  Oktavschlüssel  beschränkt 
und  Hermann  Stephani3,  der  Vertreter  der  Einheitspartitur,  nur 


wissen,  ob  man  eine  C-  oder  Z)-Trompete  und  ob  man  ein  c-,  d-,  f-,  g-  oder 
o-Horn  usf.  nöthig  hat.     Man  könnte  es  also  setzen: 
C-IIorn. 


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i  Ein  jeder,  der  sich  eingehend  mit  alter  Vokalmusik  beschäftigt,  wird 
bei  dem  Gebrauch  der  alten,  den  natürlichen  Stimmlagen  entsprechenden 
Schlüssel  verharren.  Vgl.  den  belehrenden  Aufsatz  von  Mayrhofer  »Zur 
Schlüsselfrage«  in  der  »Gregorianischen  Rundschau«  II,  6. 

2  >Die  zopfigen  C-  Schlüssel  und  der  unentbehrliche  heilige  Bratschenschlüssel« 
in  »Blätter  für  Haus-  und  Kirchenmusik«  VIII,  1  38  f.  Siehe  auch  »Musikalisches 
Wochenblatt«  XXXVII  Nr.  20.    (»Wie  erhalten  wir  ein  lichteres  Notenbild?«). 

3  Siehe  seine  Aufsätze  im  Juniheft  1901  der  »Zeitschrift  der  Int.  Musik- 
Gesellschaft«,  in  der  »Neuen  Musik-Zeitung«  Jahrgang  XXVI  (1905)  Nr.  7  und 
ebenda  Jahrgang  XXXI  Nr.  16.  Dezember  1905  erschien  als  erste  Einheits- 
partitur im  Dreililien- Verlag  Robert  Schumann's  »Ouvertüre  zu  Manfred«. 
Arthur  Seidl,  Willy  Pastor,  Walther  Niemann  begrüßten  sie  als  die 
Partitur  der  Zukunft. 


Partiturreformen.  311 

den  landläufigen  G-Schlüssel,  der  gar  nicht  gesetzt  zu  werden 
braucht,  und  seit  1907  die  Oktavversetzung  mit  Hilfe  von  Zahlen 
kennt.  Die  Normallage  bleibt  unbezeichnet,  die  Transposition  in 
die  höhere  Oktave  wird  durch  eine  8  auf  der  obersten  Linie,  die 
Versetzung  in  die  tiefere  Oktave  durch  eine  1  auf  der  untersten  Linie, 
die  Versetzung  um  2  oder  3  Oktaven  nach  unten  durch  eine  2  oder 
3  gekennzeichnet.  Diese  Oktavunterscheidung  fand  zum  ersten  Male 
in  Stephani's  Festouverture  1911  praktische  Verwendung. 

Mit  der  Einheitspartitur  steht  Stephani  nicht  allein  da.  Auch 
England  hat  sein  »Uniclef  Score«  mit  dem  G-Schlüssel  auf  der 
zweiten  Linie  und  das  »Uniclef  System«  Thelwall's  mit  dem 
C-Schlüssel  auf  der  Mittellinie.  Ja  selbst  in  Deutschland  fehlt  es 
Stephani  nicht  an  Vorgängern,  wie  z.  B.  Joseph  Lanz  mit  seinem 
Schlüsselreformversuch  vom  Jahre  1842  zeigt. 

Die  Niederlande  erlebten  bereits  in  der  zweiten  Hälfte  des 
17.  Jahrhunderts  eine  Bestrebung,  die  auf  einheitliche  Schlüssel- 
gebung  zielte.  Sie  spielte  sich  auf  dem  Boden  des  Psalmengesangs 
auf  der  Grundlage  der  Übersetzung  von  Petrus  Dathenus  ab. 
»Op  eenen  sleutel  gesteh«  das  ist  das  Schlagwort,  welches  uns 
aus  den  Titeln  der  Ausgaben  von  1662,  64,  66,  69,  70,  75,  83, 
90,  95,  98,  1708,  11,  12,  15,  20,  25,  27,  37,  41,  57,  59  und 
6 1    immer  wieder  entgegentünt. 

Auch  Frankreich  und  Italien  treten  mit  Partiturreformen  hervor. 
Im  »Guide  Musicale«  Band  55  (1909)  erschien  eine  Studie  von 
Dwelshauvers  »De  la  simplification  de  l'ecriture  orchestrale«. 
Er  strebt    eine  Vereinfachung  zugunsten   der  Musikdilettanten  an, 

schlägt  den  alleinigen  Gebrauch   der  Schlüssel  /k  und  O:  vor  und 


|>und9: 


macht  bei  ihnen  die  Oktavversötzung  mit  Hilfe  verdickter  und 
oben  oder  unten  gesetzter  punktierter  Linien  im  Fünfliniensystem 
kenntlich. 


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bei  Klavier       beim  Alt 


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In  Italien  blieb  der  Dezember  1908  auf  dem  Musikkongreß  zu 
Mailand  vorgebrachte  Partitur-Reformvorschlag  Umberto   Gior- 


312  Orgelparte  zu  Vokal-  und  Instrumentalsätzen. 

d an o's1  nicht  ohne  Bedeutung.  Auch  er  beschränkt  den  Schlüssel- 
gebrauch auf  Violin-  und  gewöhnlichen  Baß-Schlüssel,  verlangt  die 
Aufzeichnung  aller  Instrumente  in  G  und  in  der  ihrem  Klange 
entsprechenden  Oktavlage  und  nimmt  Oktavversetzung  nur  bei  Alt, 
Kontrabaß  und  Pikkolo-Flöte  an.  Nach  diesen  Prinzipien  einge- 
richtete Partituren  erschienen  bei  Sonzogno  und  Bicordi.  Erinnert 
sei  nur  an  die  bei  letzterem  veröffentlichten  Symphonien  Beethöven's. 
Wie  bereits  dargetan  worden  ist,  erlangte  die  Partitur  für  die 
Orgelmusik  besondere  Bedeutung.  Partiturartige  Anlage  gewinnen 
aber  vor  allem  auch  jene  Orgelparte,  die  seit  dem  Ende  des 
1 6.  Jahrhunderts  zu  Vokal-  und  Instrumentalsätzen  abgefaßt  werden 
und  unter  dem  Namen  >partitura«  oder  »spartitura«  bald  alle 
Stimmen  darbieten,  bald  sich  auf  die  Außenstimmen  beschränken2 
oder  auch  nur  die  Grundstimmen  nach  Takten  eingeteilt  vorlegen 3. 
Diese  Bezeichnung  »Partitur«  wird  aber  bald  durch  die  andere 
»bassi  generali«  oder  »principali«  verdrängt.  Deutlich  weist  hier 
der  Weg  von  den  Partituren  zur  Generalbaßpraxis  hinüber.  Der 
innere  Zusammenhang  und  die  Beziehung  beider  zum  Organisten 
läßt  sich  auch  aus  der  Vorrede  zu  Viadana's  »Centum  Concerti 
Ecclesiastici«  von  1602  belegen,  wo  es  heißt: 

»Es  ist  unterblieben,  bei  diesen  Konzerten  die  Stimmen  über  ein- 
ander völlig  in  Partitur  (ital.  Orgeltabulatur)  auszusetzen,  nicht  um 
die  Mühe  zu  sparen,  sondern  um  dem  Organisten  die  Begleitung  zu 
erleichtern ;  denn  nicht  jeder  spielt  ein  solches  ausgesetztes  Musik- 
stück leicht  vom  Blatte,   die  meisten  werden  mit  einer  bloßen 
Grundstimme  (Partitura)  eher  fertig.  Jeder  Organist  aber  wird  jed- 
wedes Stück,  so  hoffe  ich,  leicht  in  Tabulatur  bringen  können«4. 
Daß  aber  von  vielen  Meistern  aus  dem  Anfange  des  1 7.  Jahr- 
hunderts der  Partitur  die  größere  Bedeutung  für  den  vollkommenen 
Organisten  zuerkannt  wurde,   das   läßt  sich    durch  die  Zeugnisse 
von  Domenico  Rognoni5,  Girolamo  Diruta6,  Adriano  Ban- 
chieri7  und  anderen  belegen. 


1  Vgl.  seine  Schrift  >Partiture  con  notazione  a  suoni  reali«  (Milane-,  Son- 
zogno).    Darüber  wurde  auf  dem  Musikkongreß  zu  Mailand  4  908  verhandelt. 

2  Vgl.  z.  B.  die  in  dieser  Beziehung  besonders  interessanten  »Partiturae 
ad  Organum«  zu  beiden  Teilen  von  Johannes  Staden's  »Harmoniae  sacrae« 
(Nürnberg  1616  und  1621). 

3  Siehe  die  »Sectio  gravium  partium  harmoniae  sacrae  ad  organistarum 
usum  et   commodum  auetore  D.  Gregorio  Zuchinio.    Venetiis  1602«. 

4  Vgl.  »Kirchenmusikalisches  Jahrbuch  für  1889«  S.  52  f. 

5  Kinkeldey,  a.  a.  0.,  S.  222. 
e  Ebenda,  S.  211. 

~  Ebenda,  S.  211  f. 


Orgelparlituren.  313 

Adriano  Banchieri's  »Concerti  ecclestiastici  ü  8  voci«  1595 
bieten  z.  B.  allein  für  den  ersten  Chor  eine  »spartiturac  dar,  welche 
sich  auf  Ober-  und  Unterstimme  beschränkt,  wohl  mit  der  stillen 
Voraussetzung,  daß  dieses  Prinzip  vom  Organisten  auch  auf  den 
zweiten  Chor  übertragen  würde.  Die  Harmonien  sind  nicht  weiter 
angegeben,  nur  ab  und  zu  ein  §  oder  t7  zur  Bezeichnung  des 
Dur-  oder  Moll-Dreiklanges  gesetzt.  Da  wohl  in  den  wenigsten 
Fällen  zwei  Orgeln  zur  Verfügung  standen,  so  war  es  nur  natür- 
lich, daß  bei  doppelchürigen  Werken  die  Baßstimmen  sich  in  einer 
solchen  Partitur  zusammenfanden.  So  geartet  ist  die  »Partidura«, 
welche  1596  zu  Giovanni  Groce's  >Messe  a  otto  voci«  erschien, 
so  geartet  1598  die  »Partitura  de  Bassi  delle  Messe  et  Motetti  a 
otto  voci  di  Lucretio  Quintiniani  und  in  einigen  Teilen  das 
von  Aurelius  Ribrochus  herausgegebene  »Sacrum  opus  musi- 
cum<;  des  Josephus  Gallus,  nicht  zu  vergessen  Gio.  Batt. 
Tonnolini's  »Salmi  a  otto  voci«  (1616)  mit  seinem  »Partito  delli 
doi  Bassi«,  um  nur  ein  paar  besonders  charakteristische  der  von 
Kinkeldey  zitierten  Beispiele  aufzuführen.  Daß  ab  und  zu  ein 
Satz  in  vollständiger  Partitur  erscheint  und  z.  B.  in  dem  letzt- 
genannten Werke  drei  Messen  mit  allen  Stimmen  partiturmäßig 
mitgeteilt  werden,  bleibe  nicht  unerwähnt. 

Neue  Aufgaben  erwachsen  den  Organisten  seit  1600  mit  der 
Begleitung  der  monodischen  und  konzerthaften  Formen,  die  aus 
der  Renaissance-Bewegung  hervorgegangen  sind.  Um  sie  über 
die  erklingenden  Töne  genau  zu  orientieren,  um  ihnen  klar  zu 
zeigen,  wo  ihre  Aufgabe  des  Stutzens  und  des  Ausfüllens  von 
Klanglücken  einzusetzen  hat,  werden  die  Werke  jetzt  häufiger  in 
Partiturform  veröffentlicht.  Auf  dem  Gebiete  des  Oratoriums  und 
der  Oper  eröffnen  die  »Rappresentazione  di  anima  e  corpo«  des 
Emilio  de'  Gavalieri  und  die  »Euridice«  -  Musikdramen  des 
Caccini  und  des  Peri  die  neue  Reihe  der  Partituren  mit  Bassi 
continui.  Auf  dem  Boden  der  konzerthaften  Formen  stehen  die 
»Concerti  ecclesiastici«  des  Ludovico  Grossi  da  Viadana  an 
der  Spitze  einer  neuen  Bewegung ;  sie  verbinden  mit  den  Solostimmen 
einen  frei  zu  ihnen  verlaufenden  Grundbaß.  Im  Bereiche  der 
Gesellschaftsmusik  hatte  schon  das  ganze  16.  Jahrhundert  hindurch 
von  den  Liedern  eines  Tromboncino  und  Cara  bis  hin  zu  den 
Ayrs  eines  Rosseter  und  Campion  die  Laute  eine  ähnliche  Rolle 
gespielt,  wie  sie  jetzt  der  Orgel  und  dem  Klavier  mit  anderen 
bassierenden  Instrumenten  wie  Lauten,  Theorben,  Chitarronen, 
Violen  zugemutet  wurde.  Der  Begleitungspart  ist  klar  zu  über- 
schauen. 


314  Generalbaß  in  Italien. 

Auch  für  das  Klavier  liegt  bereits  4  601  ein  nicht  unwichtiges 
Dokument  in  den  dem  Titel  nach  schon  früher  abgefaßten  »Madri- 
gal! di  Luzzasco  Luzzaschi  per  cantare  et  sonare  a  uno  e  doi 
e  tre  Soprani  fatti  per  la  Musica  del  gia  Serm0  Duca  Alfonso  d'Este«  * 
vor,  die  mit  einer  ausgearbeiteten  vierstimmigen  Begleitung  in 
italienischer  Orgeltabulatur  versehen  sind. 

Partitur  und  Generalbaß  gehen  nunmehr  häufig  Hand  in  Hand. 
Kann  vor  dem  Jahre  1595  für  den  Basso  continuo  keine  nähere 
Bezeichnung  der  Harmonien  als  mit  Hilfe  eines  $  und  v  nachge- 
wiesen werden,  so  setzt  1600  mit  der  »Bappresentazione  di  Anima 
e  Corpo«  des  Emilio  de'  Gavalieri  und  den  beiden  »Euridice«  von 
Gaccini  und  Peri2  die  Benutzung  von  Zahlen  ein,  die  vom  Baß- 
tone gerechnet  das  Intervall  angeben,  welches  in  der  zu  wählenden 
Harmonie  erklingen  soll.  Eine  derartige  Verwendung  der  Zahlen 
war  ja  dem  Musiker  nichts  Ungewohntes.  Sprechen  doch  schon 
die  Alten  von  diatessaron  und  diapente,  waren  doch  weiter  dem 
Mittelalter  schon  seit  der  Zeit  des  Diskants  die  Ausdrücke  prima, 
secunda,  tertia,  quarta,  quinta,  sexta,  septima,  octava  usw.  geläufig 
und  wurden  Zahlen  für  Stufen  in  den  Tabulaturen  des  1 6.  Jahr- 
hunderts für  Klavier,  Harfe,  Violinen3  verwendet.  Einige  fiegeln 
über  die  Ausführung  der  Bezifferung  finden  sich  sowohl  in  der 
»Bappresentazione«  wie  in  Peri's  »Euridice«.  In  ersterem  Werke 
heißt  es,  daß  die  kleinen  über  dem  »basso  continuato«  gesetzten 
Ziffern  die  Konsonanz  oder  Dissonanz  besagter  Zahlen  bezeichnen, 
wie  z.  B.  die  Zahl  3  die  Terz,  die  Zahl  4  die  Quarte.  Das  Kreuz 
vor  oder  unter  einer  Ziffer  weist  darauf,  daß  betreffendes  Intervall 
erhöht  wird.  Die  Erniedrigung  wird  in  entsprechender  Weise  durch 
9  bezeichnet.  Das  »Avvertimento«  von  Peri's  »Euridice«  erwähnt 
die  Bezeichnung  m  für  die  große  Sexte  über  Stufen,  die  nur  die 
kleine  Sexte  aufweisen,  und  die  Beziehung  der  Diesis  X  auf  die 
große  Terz  oder  Dezime  sowie  des  9  auf  die  kleine  Terz  oder  Dezime 
und  betont,  daß  beide  Zeichen  sich  nur  auf  den  Klang  beziehen, 
in  welchem  sie  sich  finden.  Ganz  richtig  bemerkt  Sabbatini4, 
daß  alle  Zahlen  über  den  Noten  nichts  anderes  als  exceptiones,  als 
Ausnahmen  vom  Dreiklang  seien.     Bei  2  und  4  wird  die  3  aus- 

i  Vgl.  Kinkeldey,  a.  a.  0.,  S.  157 f.  und  desselben  Verfassers  Studie 
»Luzzasco  Luzzaschi's  Solo-Madrigale  mit  Klavierbegleitung«  in  den  »Sammel- 
bänden der  Intern.  Musik-Gesellschaft«  Jahrgang  IX  S.  538 ff. 

2  Nicht  ohne  Grund  weist  H.  Riemann  darauf  hin,  daß  möglicherweise 
schon  die  »Dafne«  Peri's  von  1  597  mit  einem  solchen  Generalbaß  ausgestattet 
gewesen  sein  mag  (Riemann,  »Geschichte  der  Musiktheorie«  S.  4H). 

3  Siehe  oben  S.  232  ff.,  266  ff.,  301  f. 

4  »Regola  facile  e  brevc  per  sonar  sopra  il  basso«  (Venetia  1644). 


Generalbaßbezifferungen. 


315 


gelassen,  bei  6  oder  7  bleibt  die  Oktave  oder  Quinte  zurück,  es 
sei  denn,  daß  sie  ausdrücklich  darübergesetzt  werde1.  Einer 
Akkordkurzschrift  stehen  wir  im  Generalbaß  gegenüber,  die  mit 
einer  oder  mehreren  Zahlen  ganze  Harmonien  charakterisiert.  Die 
Bezifferung  ist  anfangs  sehr  sparsam  verwendet,  ja  fehlt  zum  Teil 
ganz2,  besonders  wenn  durch  Hinzutreten  mehrerer  Stimmen  zum 
Generalbaß  der  Gang  der  Harmonien  zweifellos  bestimmt  ist3.  In  den 
»Euridice«-Dramen  begegnen  vornehmlich  die  Bezifferungen  6,  76  für 
den  Übergang  von  Septime  zu  Sexte,  43  für  den  Quartvorhalt  vor  der 
Terz.  Bis  in  die  zweite  Oktave  hinein  werden  bei  einzelnen  Autoren 
die  Intervalle  gezählt.  So  findet  sich  in  den  »Nuove  Musiche«  Giulio 
Gaccini's  in  dem  Gesänge  »Io  parto,  amati  lumi«   folgende  Stelle: 


3=3=? 


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-©- 


Auch  später  finden  sich  über  8  hinausgehende  Zahlen.  1700  sagt 
Friedr.  Erh.  Niedt  in  seiner  »Musicalischen  Handleitung«:  Zu 
Zeiten  kommen  auch  diese  Zahlen  Undecima,  Nona,  Decima  und 
Octave  also  übereinander  \j  *£  /  alsdann  liegt  erstlich  die  \}  und 
wird  die  ]8Ü  hernach  geschlagen«.  Noch  gegen  Ende  des  18.  Jahr- 
hunderts stehen  wir  bei  Türck  der  gleichen  Praxis  gegenüber.  Ja  selbst 


1  Vgl.  Andreas  Werkmeister  »Die  Nothwendigsten  Anmerkungen  und 
Regeln  Wie  der  Bassus  Continuus  oder  General-Baß  wol  könne  tradiert  werden« 
(Aschersleben  1698). 

2  Keine  Bezifferung  weist  z.  B.  die  »Partitura  per  sonar  nell'  organo  della 
musica  a  una  due  et  tre  voci«  (Venetia,  AI.  Raverii,  1607)  von  Tiburtio  Mas- 
saino  auf. 

3  Vgl.  z.  B.  die  »Diversi  Scherzi«  von  Antonio  C  i  f r  a  (Roma,  G-  B.  Robletti,  1613). 


316  Älteste  Generalbaßlehren. 

in  neuster  Zeit  (Jo.  Evang.  Habert,  Hugo  Riemann  u.  a.)  ist  die 
Zahl  1 0  in  Verbindung  mit  der  None  dann  und  wann  anzutreffen. 

Die  »Concerti  ecclesiastici«  des  Viadana,  die  lange  als  der  An- 
fang der  Generalbaßpraxis  angesehen  worden  sind,  enthalten  zwar 
keine  Bezifferung,  sind  aber  doch  mit  ihren  Regeln  maßgebend  für 
den  allgemeinen  Charakter  des  Generalbasses  geworden1.  Ein- 
gehendere Lehren  treten  bald  auf  den  Plan.  1605  erschien  in 
Venedig  Banchieri's  »Organo  suonarino«,  4  607  in  Siena  ßian- 
ciardi's  »Breve  regola  per  imparar  a  sonare  sopra  il  Basso  con 
ogni  sorte  d'istrumento«  und  1609  Agazzari's  »Discorso  del  sonare 
sopra  il  basso  con  tutti  li  stromenti  e  dell'  uso  loro  nel  conserto«2. 
Es  schließen  sich  an  die  Generalbaßerklärungen  Burlini's  in  seinem 
Fior  di  concerti  spirituali«  vom  Jahre  16I23,  die  Erläuterungen  Ber- 
nardo  Strozzi's  zum  3.  Buch  seiner  »Affettuosi  concerti«  von  1619, 
das  VI.  Kapitel  im  3.  Teil  des  »Syntagma  musicum«4  von  Mich.  Prae- 
torius  1619,  der  Bericht  »für  diejenigen  so  im  Basso  ad  Organum 
unerfahren«  im  andern  Teile  von  Johann  Staden's  »Kirchen-Musik« 
1626,  die  »Regola  facile  e  breve  per  sonare  sopra  il  Basso  continuo« 
von  Galeazzo  Sabbatini  1628  und  die  Vorrede  zum  2.  Teile  der 
Arien  Heinrich  Albert's  aus  dem  Jahre  1640,  um  nur  einige  der 
wichtigsten  Dokumente  der  frühen  Generalbaßpraxis  herauszuheben. 

Aus  dem  »Organo  suonarino«  ist  die  Verwendung  der  Ver- 
setzungszeichen bemerkenswert.  In  der  Höhe  der  Note  vor  die- 
selbe gesetzt  beziehen  sie  sich  auf  diese,  eine  Terz  höher  vor  die- 
selbe gestellt  aber  auf  die  Terz  oder  Dezime  und  eine  Terz  tiefer 
vor  dieselbe  gestellt  auf  die  Sexte  und  ihre  Oktavverdoppelung: 


-* X  »  oder  ||t> 

$ § 0 —  — 6 — = — 0  oder 


-it- &4 e $ o 0 — = — $- 

|3     xo  x         x8 


"snr 


i  1613  (1620)  brachte  Nikolaus  Stein  in  Frankfurt  a.  M.  eine  Neuausgabe 
der  »Concerti  ecclesiastici«  heraus,  in  der  er  dem  originalen  Texte  eine  latei- 
nische und  deutsche  Übertragung  beifügte.  Letztere  ist  in  den  »Monatsheften 
für  Musikgeschichte«  4876  S.  105  ff.  und  in  HaberTs  »Kirchenmusikalischem 
Jahrbuch«  1 889  S.  49  ff.  abgedruckt.  Neue  Übersetzungen  lieferten  C.  v.  "Winter- 
feld in  »Jo.  Gabrieli  und  sein  Zeitalter«  II,  59,  Fr.  Chrysander  in  der  »Allg. 
musikalischen  Zeitung«  (Leipzig  1877)  S.  85  ff.  und  unter  Benutzung  beider 
Fr.  X.  Haberl.  Vgl.  auch  M.  Seiffert's  »Geschichte  der  Klaviermusik«  I,  122fl. 
Die  lateinische  Übersetzung  veröffentlichte  Carl  Israel  im  »Programm  des 
städtischen  Gymnasiums  zu  Frankfurt  a.  M.  Ostern  4 872«  (»Die  musikalischen 
Schätze  der  Gymnasialbibliothek«). 

2  Siehe  den  Neudruck  bei  Kinkel dey,  a.  a.  O.,  S.  21 6 ff. 

3  Vgl.  Fetis,  »Biographie  Universelle«  (2me  edition)  II,  118b. 

4  S.  425—152. 


Grundforderungen  an  den  Generalbassisten.  317 

Bei  allen  zielt  aber  die  Zahl  vorerst  auf  das  tonale  Intervall. 
Erhöhungen  und  Vertiefungen  werden  mit  Hilfe  von  vor,  hinter, 
über,  ja  zuweilen  auch  unter  die  Zahl  gesetzten  X  und  i7  aus- 
gedrückt. Die  Sexte,  welche  zu  Baßtünen  mit  vorangestelltem  Kreuze 
oder  zum  dritten  Tone  des  hexachordum  molle  erklingen  soll,  wird 
von  einigen  wie  Bern.  Strozzi  unbezeichnet  gelassen.  Im  allge- 
meinen ist  aus  den  Lehren  ersichtlich,  daß  eine  genaue  Bezifferung 
für  notwendig  erachtet  wird,  um  den  Generalbassisten  vor  Irrtümern 
zu  bewahren  (Bern.  Strozzi1).  Von  ihm  wird  einige  Kenntnis  des 
Kontrapunkts,  tüchtiges  Verständnis  der  Takt-,  Rhythmus-  und 
Intervallenlehre,  gute  Praxis  des  Instrumentenspiels  und  ein  treff- 
liches Gehür  verlangt.  Ein  Studium  der  zu  begleitenden  Komposition 
muß  dem  Generalbaßspiel  vorangehen.  Eine  einfache  Gestaltung 
der  Generalbaßpartie,  bei  der  die  linke  Hand  neben  dem  Baß  allen- 
falls noch  eine  Quinte  oder  Oktave  (Mich.  Praetorius),  die  rechte 
Hand  die  Akkorde  übernimmt2,  wird  empfohlen,  vor  Behinderung 
der  Koloraturen  des  Sängers  durch  eigene  Verzierungen  des  Instru- 
ments gewarnt.  Doch  heißt  es  z.  B.  Michael  Praetorius  gut, 
daß  das  Instrument  die  Wendungen  und  Verzierungen  der  Stimme 
gleichsam  im  Echo  erklingen  läßt,  wenn  diese  selbst  müde  ausruht. 
Auf  Quinten-  und  Oktavparallelen  ist  nicht  ängstlich  zu  achten, 
wohl  aber  auf  den  Gang  der  Stimme,  damit  sich  das  Instrument 
ihrer  Lage  anpaßt.  Die  Übernahme  der  Diskantmelodie  ist  nach 
Agazzari  für  den  Generalbaß  verpönt.  Nach  Andreas  Herbst3 
soll  die  Rechte  nicht  über  den  Diskant  hinaussteigen.  Fugen  sind 
einstimmig  zu  beginnen,  Kadenzen  in  der  Lage  der  kadenzierenden 
Stimmen  auszuführen.  Bei  der  Verknüpfung  der  Harmonien  ist  von 
unvollkommenen  zu  vollkommenen  Konkordanzen  fortzuschreiten4. 
Den  Sprüngen  der  einen  Hand  sind  schrittweise  Fortschreitungen 
der  andern  entgegenzustellen;  wenigen  Stimmen  soll  auch  ein  luf- 
tiger Generalbaßpart  entsprechen. 

Hatte  man  anfangs  Intervalle  ihrer  genauen  Größe  nach  fest- 
gelegt und  mit  über  die  Oktave  hinausreichenden  Zahlen  operiert, 
so  beschränkte  man  sich  in  der  Folge  auf  die  Aufzeichnung  der 
einfachen  Intervalle.    Ein  Versetzungszeichen  unter  oder  neben  einer 

i  Siehe  Michael  Praetorius  »Syntagrna«  111,  127. 

2  Die  Notwendigkeit,  daß  die  Linke  nur  den  notierten  Generalbaß  greift, 
wird  von  vielen  (z.  B.  dem  Verfasser  des  >Kurtzen  jedoch  gründlichen  Weg- 
weisers« [Augsburg  1692,  Niedt  1700  undRameau  1732)  betont,  von  andern 
(wie  Böddecker  in  seiner  »Manuductio  Nova«  1701)  bestritten.  Schon  Sabba- 
tini läßt  in  seiner  »Regola  facile  e  breve*  für  die  linke  Hand  8,  5,  6  oder  3  zu. 

3  »Arte  pratüca  et  poetica«  Frankfurt  1653). 

*  Michael  Praetorius,  »Syntagma  rausicum«  III.   127. 
Kl    Handb.  der  Musikgesch.  V11I.  2.  23 


318  Fundament-  und  Ornamentinstrumente. 

Note  bezieht  sich  nur  auf  diese,  über  derselben  aber  auf  den  Zusam- 
menklang.   Bei  Kadenzen  wird  die  große  Terz  gefordert,  selbst  wenn 
sie  nicht  bezeichnet  ist l.     Bei  Jeitermäßigem  Aufstieg  des  Basses  in 
kleinen  Noten  bleibt  die  rechte  Hand  ruhig  liegen.    Bewegt  er  sich 
aber  sprunghaft,  so  muß  auch  die  Rechte  in  Harmonien  folgen.  Bei 
stufenmäßig  in  kleinen  Noten  abwärts  schreitendem  Baß  verlangt 
Heinrich  Albert  zu  je  zwei  Noten  des  Basses  frische  Konkordanzen. 
Wichtig  ist  Agazzari's  Einteilung  der  bassierenden  Instrumente 
in  Fundament-  und  Ornamentinstrumente.    Beide  Gruppen  erfüllen 
ganz  verschiedene  Aufgaben.     Die  ersten,   zu  denen  Orgel,  Gravi- 
cembalo,    Liuto,    Tiorba    und   Arpa  doppia  zählen,    »müssen   den 
Generalbaß  spielen,   wie  er  hingestellt  ist,   müssen   feste  und  ge- 
haltene Harmonien  erklingen  lassen,    um  die  Stimme  zu  stützen, 
müssen  bald  leise,  bald  stark  ganz  nach  Erfordernis  der  Stimmen, 
des  Ortes  und  des  Werkes  spielen  und  nicht   zu  stark  die  Saiten 
anschlagen,   während  die  Stimme  einen  Lauf  oder   eine  Vortrags- 
manier ausführt,   um  sie  nicht   zu  unterbrechen2«.     Die   zweiten, 
welche  Cither,  Lirone,  Laute,  Theorbe,  Harfe,  Spinett,   Ghitarrina, 
Viola,  Violine,  Pandore  und  andere  umfassen,  sollen  dagegen  über 
demselben  Baß  neue  höhere  Stimmen  bilden,  neue  veränderte  Gänge 
erklingen,   ganz   nach  Vermögen   des  Instruments    die   Melodie   in 
mannigfaltigen,    schönen   Kontrapunkten    erblühen   lassen   und   ihr 
Schwung   geben3.      Als   Vorzüge   und   Gründe    der  Erfindung   des 
Generalbasses  werde   erkannt  seine   bequeme  Ausführbarkeit  auch 
von  denen,  welche  nicht  über  tiefergehende  Kenntnis  der  schwie- 
rigen Partitur  oder  Tabulatur  verfügen,  seine  verkürzende  Schreib- 
weise, die  den  Organisten  in  den  Stand  setzt,  das  für  seinen  Dienst 
nötige  Ausführungsmaterial  bei  sich  zu  haben,  das  sonst  eine  um- 
fangreiche Bibliothek  in  Anspruch  nehmen  würde,  und  vor  allem, 
daß   zur  Begleitung   der   wahren  Ausdrucksform   der   Worte    (des 
neuen  Rezitativstiles)  nicht  mehr  Partituren  oder  Tabulaturen  her- 
gestellt werden  brauchen,  sondern  der  Generalbaß  vollauf  genüge4. 
Die  Folgezeit  bildet  die  Generalbaßschrift,  welche  übrigens  auch 
später  noch  zuweilen  als  Partitur  angesprochen  wird5,  weiter  aus. 
In  Deutschland   bringt  Samuel  Scheidt  1622    in    seinem    »Prima 
pars  concertuum  sacrorum«  die  durchstrichene  6  (6)  für  die  erhöhte 


i  Ebenda  S.  135. 

^  Vgl.  Kinkeldey,  a.  a.  0.,  S.  218. 

3  Ebenda  S.  21 9  f. 

4  Vgl.  die  Übersetzung  M.  Praetorius'  im  »Syntagma«  III,  149. 

5  Stade  in  seiner  »Anleitung  zum  General-Baß«    (1626)   redet  noch   von 
»Partituren,  so  in  Italien  sehr  wollen  brauchlich  werden«. 


Verschiedenheiten  der  Bezifferung.  319 

Sexte  in  Anwendung.  Wie  aber  Andreas  Gleichen  in  seinem 
»Compendium  Musicum  Instrumentale«  (Jena  1657)  betont,  »bat 
zwar  Samuel  Scheid  die  Sextant  maiorem  durch  ein  strichlein  wollen 
andeuten  nemlich  6 ;  weil  aber  keiner  der  vornehmen  musicomm 
hierinnen  nachfolgen  wollen,  indem  ihnen  zur  gnüge  bekand,  daß 
Tertia  oder  Sexta  maior  vel  minor  aus  dem  Cantu  molli  oder  duro 
ohne  das  fliesse,  habe  ich  solche  auch  vorbey  gehen  wollen«.  Und 
doch  gewinnt  diese  Praxis  in  der  zweiten  Hälfte  des  1 7.  Jahr- 
hunderts allgemeine  Bedeutung.  Wir  treffen  sie  bei  Jo.  Rosen- 
müller1, Christoph  Bernhard2,  Jo.  Jac.  Walther3,  Jo.  Caspar 
Hörn4,  Adam  Krieger5,  Reinhard  Keiser6  an,  um  nur  ein  paar 
Namen  zu  nennen.  In  der  2.  Hälfte  dieses  Jahrhunderts  begegnet 
auf  deutschem  Boden  auch  der  Brauch,  das  V  durch  die  Zahl  6  zu 
ziehen  (&).  Die  1665  in  Dresden  erschienenen  »Geistlichen  Har- 
monien «Christoph  Bernhard's,  sowie  das  in  Hamburg  1690  her- 
ausgekommene »Musicalisch  Hand-Buch  der  Geistlichen  Melodien« 
sind  Zeugen  hierfür,  und  auch  Keiser 's  »Gemüts-Ergützung«  (Ham- 
burg 1698)  ist  als  Beleg  heranzuziehen. 

War  bisher  nur  die  durchstrichene  Sechs  anzutreffen,  so  scheint 
die  Durchführung  des  Prinzips  der  Durchstreichung  als  Zeichen  der 
Intervallerweiterung  für  alle  Zahlen  und  des  »Ziehens  des  V  durch 
die  Ziffer«  als  Zeichen  der  Intervallverengung  mit  dem  Namen 
Arcangelo  Corelli's  verknüpft  zu  sein.  In  den  ersten  Auflagen 
seiner  bei  Etienne  Roger  et  Marie  Susanne  de  Magneville  in  Amster- 
dam erschienenen  Werke  herrscht  noch  die  alte  Praxis,  in  dem 
unter  der  Verlagsnummer  351  bei  Etienne  Roger  allein  als  »derniere 
tidition«  ausgehenden  op.  1  sowie  in  dem  unter  der  Signatur  40 
ebenda  erschienenen  op.  5,  um  nur  ein  paar  mir  erreichbare  Bei- 
spiele herauszugreifen,  sind  neben  6  auch  die  Ziffern  4,  5,  7,  9 
durchstrichen  und  5,  6,  7  mit  dem  ?  durchzogen: 

+  5  H   9  N  fr, 


In  beschränkterem  Maße   treffen  wir  diese  Schreibweise  auch 
schon  1699  bei  Steffani  in  seinen   »Arien  aus  der  Oper  Roland« 

1  »Kern-Sprüche«   (Leipzig,  1652). 

a  »Geistliche  Harmonien«  (Dresden,  1665). 

3  »Hortulus  Chelicus«  (Moguntiae,  1688). 

^Geistliche  Harmonien«  (Dresden,  1680). 

>Neue  Arien«  (Dresden  1667). 

»Gemüts-Ergötzung«  (Hamburg  1698). 

23* 


i 


32Ü  Bezifferungstabellen. 

an,  in  ausgedehnterem  1700  bei  Friderich  Erhard  Niedt  in 
seiner  »Musicalischen  Handleitung «,  wo  die  Praktiken  2X  3X  4X 
6X  7X  und  Z  "Sr  fr  f>  i  nebeneinander  gestellt  werden.  Als 
einer  der  frühesten  deutschen  theoretischen  Vertreter  dieser  Lehre 
wäre  auch  Johann  Philipp  Treiber  mit  seinem  »Accuraten  Orga- 
nisten im  Generalbaß«  (Jena  1704)  zu  nennen. 

Originell  ist  der  Versuch  Matthaeus  Gugl's,  beim  Generalbaß 
die  Partien  der  linken  und  rechten  Hand  reinlich  zu  scheiden. 
Hierzu  dient  ihm  ein  kleiner  Horizontalstrich,  dessen  Anwendung 
er  folgendermaßen  erklärt1:  »Die  Zwerch-Strich ,  die  gleich  über 
den  Noten  stehen,  bedeuten,  daß  die  Ziffer  von  der  Ootav  müssen 
außgezehlet  werden ;  die  aber  zwischen  den  Ziffern  sich  befinden, 
bedeuten,  daß  das  Ziffer,  welches  unter  dem  Strichlein  stehet,  mit 
der  lincken  Hand  soll  genommen  werden«. 

Finden,  je  weiter  wir  in  der  Entwicklung  vorwärtsschreiten, 
um  so  eingehendere  Erklärungen  der  durch  eine  oder  wenige 
Zahlen  ausgedrückten  Harmonien  und  ihrer  Verbindung  statt,  so  be- 
gegnen auch  sehr  bald  im  1 8.  Jahrhundert  tabellarische  Übersichten, 
aus  denen  aufs  klarste  die  Bedeutung  der  abgekürzten  Schreibweise 
zu  erkennen  ist.  Zu  den  wichtigsten  gehören  auf  deutschem  Boden 
die  von  Heinichen2  (1711  und  1728),  Mattheson^  (1713  und 
1734),  Telemann4  (1744)  und  Sorge5.    Telemann  schreibt: 

»Ich  habe  wahrgenommen,  daß  man  oft  zu  sparsam,  (i)  und  oft 
so  verschwenderisch  mit  den  Ziefern  umgehet,  daß  ein  Generalbaß 
bisweilen  einem  Rechenbuche,  mit  aufgethürmten  Exempeln,  ähn- 
lich siehet,  und  die  Noten  vor  jenen  kaum  zu  finden  sind,  [k] 
Daher  habe  ich  gesuchet,  eine  bequeme  Mittelstrasse  zu  treffen, 
und  nur  allein  das  zur  Deutlichkeit  erforderte  dabey  anzuwenden. 


1  >Fundamenta  Parüturae  in  compendio  data«  (Augsburg  1727)  S.  5. 

2  »Neu  erfundene  und  Gründliche  Anweisung«  (Hamburg  1711  und  Dreß- 
den  1728). 

3  »Neu  eröffnetes  Orchester«  (1713)  und  »Kleine  General-Baß-Schule« 
(Hamburg,  1734). 

4  In  der  Hamburg  den  16.  August  1744  datierten  Vorrede  zu  »Musicalisches 
Lob  Gottes  an  der  Gemeine  des  Herrn  bestehend  aus  einem  Jahrgange  über 
die  Evangelien«.  Auf  diese  Vorrede  hat  mich  Herr  Prof.  Dr.  Max  Schneider 
freundlichst  hingewiesen.  Daß  von  dem  trefflichen  Kenner  der  Generalbaß- 
praxis Max  Seiffert  Telemann's  »Singe-,  Spiel-  und  Generalbaß-Übungen« 
(Hamburg  1733/34),  welche  als  zweites  Heft  der  »Veröffentlichungen  der  Orts- 
gruppe Berlin  der  Internationalen  Musikgesellschaft«  (Berlin,  Leo  Liepmannssohn 
1914)  in  Neudruck  vorliegen,  als  der  beste  Führer  zur  Generalbaßpraxis  des 
18.  Jahrhunderts  bezeichnet  wird,  sei  betont. 

5  »Herrn  G.  A.  Sorgens  Anleitung  zum  Generalbaß  und  zur  Composition« 
mit  Anmerkungen  herausgegeben  von  Marpurg.     Berlin,  Lange  17G0. 


Telemann  über  Bezifferung.  321 

Solches  nun  geschiehet  entweder  durch  Weglassung  der  Ziefern 
bey  durchgehenden  Noten,  (Z)  oder  bey  solchen,  wo  sich  die  Har- 
monie von  selbst  beurtheilen  lässt,  (m)  oder  auch,  wo  bereits  vier 
Partien  da  sind,  und  also  die  fünfte  damit  übereinstimmende  für 
überflüssig  erachtet  wird;  (?i)  ferner  durch  Einsetzung  einer 
Warnungs-Ziefer,  um  nicht  einen  Accord  anschlagen  zu  laäsen, 
zu  welchem  die  benachbarte  Harmonie  Anlaß  geben  könnte,  (o) 
der  aber  mit  meiner  Absicht  nicht  übereinkömmt;  (p)  oder  durch 
Anwendung  einer  einzigen  Ziefer,  oder  deren  zwo,  worunter  die 
übrigen  dazu  gehörigen  zu  verstehen  sind.     Zum  Exempel: 

Bey  4-  versteht  sich  3  -  5  (q) 


-    2!> 

- 

— 

4  -  6Kr) 

-    2 

— 

— 

4-6.(s) 

~   * 

— 

— 

4-6.(0 

~     3/Xy 

■I|,b 

— 

6  -  8  (u) 

-  4  , 

— 

— 

5  -  8  (w) 

-   4- 

— 

— 

2-6W 

-  4» 

— 

— 

2-6(3/) 

-  5 

— 

— 

3-6, 

-  5 

— 

— 

3-  8, 

-  $ 

— 

— 

3-  8(W>) 

-  6 

— 

— 

3-  8, 

-  6 

— 

— 

3-4, 

-  7 

— 

— 

3  -  5  (ee) 

-  8 

— 

— 

3-5  07) 

-  9 

— 

— 

3-5(gg) 

-4 

— 

— 

4  -  - (hk) 

-Ö 

— 

— 

6  -  -  (ii) 

-ä 

— 

| 

8  -  -  (kk) 

l6 

15 

— 

— 

3-  -(M) 

-I7 
16 

— 

— 

3  -  -  (twot) 

-!2 

(7 

— 

— 

3, 

wenn  jene  die  kleine  ist.  (*; 
wenn  jene  die  grosse  ist.  [aa] 


oder  besser  6 — 3,  oder  3 — 3.  (ce) 

wenn  jene  herunter  in  einem  Accord  gehet,  oder  hinauf  in 

eben  denselben  durch  eine  6.  bemerkten  Accord  trit.  (dd) 


nothwendig,  und  wenn  es  gefällt,  noch  die  5.  [nri] 

Die  Zeichen,  als  nächste  Verwandten  der  Bezieferung,  deuten 
folgendes  an :  Ein  Strich,  — ,  daß  die  zweite  Note  die  Vorzeichnung 
der  ersten  behalten  soll:  5? — 4,  (oo)  g  — i,  (pp)  v — 9,  (qq),  X — 9 ;  (rr). 
Ein  Bogen  — ,  über  einer  kleinen  Quinte,  daß  diese  nicht  die  Sexte, 
sondern  an  deren  Stelle  die  Octave  zu  sich  nehmen  soll  (ss). 
Endlich  füge  ich  einen  Querstrich  /,  \,  über  etliche  Noten,  zum 
Merkmahle,  daß  die  rechte  Hand  daselbst  zu  ruhen  hat  (tt). 


322 


Telemann  über  Bezifferung. 


Ich  bemerke  die  kleine  und  die  kleineste  Septime  mit  einerley 
Ziefer.  Man  will  aber  jene  so,  ^7,  und  diese  so,  7^,  unterschieden 
wissen  (uu).     Allein  ich  sehe  nicht,  warum,  etc.« 


1  fr  Irr  V&JTiPiMtä&täte^ 

D   r    -^-            =5-^«       -gi^    &  ***  ^  *— '    f 

-     f                                    5                                      6                               6     6 

6N-f— »  — p-! p -^ — r— — M-f- 

v          -! * — ^    ^ * — - — -    ->■  - 

a) 


ül 


ah^ 


iJ^fi 


IfS 


i 


"|ray — 


e^ö 


7655     8      76     7  6 

98443    3     6     56     5  4 

6     5533994334  3 

5     43  9876     3     98     3  8 


6*- 
4 
3     0 


6  5 
4  3 


6  5 
4  3 


besser 


m 


3 


S 


WJ  j  j 


i 


(n) 


u 


(') 


m 


(p) 


±44 


£ 


OL 


0 # 


f 


6    6 


fc7 


W 


6  6   6 


6    5    6 


a^ 


JCZjIE 


^3 


(9)        (r) 


i 


(s)         (t) 


(u) 


-ö- 


-e 


-©- 


re- 


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o 


o_ 


o_ 


2k 


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-o- 


o 


o 


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(eW        (a?;       (y;  (*)       (aoj     (5ö)     (cc) 


-o- 


o 


«e- 


* 


* 


Lo~ 

xo 


-©- 


-o- 


3 


o 


o 
-o- 


o 


(dd) 


-o- 


o 
-o- 


e^ 


:s: 


o 


o 


o 


o 


o 


-©- 


o 


Zeichen  der  Generalbaßschrift. 
(ee)  (ff)      (ig)  CM) 


323 


_sx 


**- 


o 


i 


f 


a^a: 


p^£ 


I 


f 


«>—■"- 


F 


i 


(ii) 


f 


5 


<=»- 


5 


O- 


■o- 


lO 


S 


so- 


tt-*; 


3szn 


o 


o 


7    6      8-* 


3F 


9    8 


6!. 
2S> 


4» 
-3- 


6 
4 


o 


i 


o 


(ZZ)         fmm)     (>m) 


-Ö 


o_ 


-o- 


a 


-Ö»- 


-&- 


-e*- 


9 


-©- 
-o- 


(00) 


-o- 


9 


(PP) 


*r-& 


t 

m) 


ff     -     4 


~<5~ 


O 


:a 


►.st- 


(rr) 


(ss) ,     (ft) 


e 


i 


(*m) 


tFF? 


^o- 


I»     -     9 


zrg=ag 


* 


mm 


TTcT 


Der  aufsteigende  Strich,  welchen  Telemann  auch  berührt,  kommt 
später  in  anderer  Bedeutung  vor.  Nach  Kirnb erger  (»Grundsätze 
des  Generalbasses«  Seite  74)1,  der  sich  hierbei  auf  Graun'sche  Praxis 
beruft,  deutet  er  an,  daß  zu  der  Note,  über  welcher  er  sich  findet, 
bereits  der  Akkord  der  folgenden  zu  erklingen  hat,  z.  B.: 


/  6   /  5 


m 


9i 


=*=ü= 


Der  wagerechte  Strich  steht  für  die  Wiederholung  eines  Intervalls, 
gelegentlich  auch  eines  Akkords.  Soll  ein  Baßton  in  der  Oktave 
begleitet  werden,  so  pflegt  dies  durch  die  Worte  aW  unisono  oder 
alV  ottava  bezeichnet  zu  werden.  Soll  er  in  einzelnen  Taktteilen 
aber  ohne  jede  Begleitstimme  erklingen,   so  führt   Daniel  Gott- 


i  Siehe  auch  Klein,  > Versuch   eines  Lehrbuchs  der  praktischen  Musik«. 
Gera  1 783,  S.  241  f.  und  Türk's    »Kurze  Anweisung  zum  Generalbaßspielen« 
Halle  und  Leipzig  1791)   S.  27 ff.     Türk  kennt    für  denselben   Vorgang  auch 
<lie  Zeichen  O  w  ~~,  lehnt  sie  aber  ab. 


324     Entwickelung  der  Generalbaßschrift  in  Deutschland  und  Frankreich. 

lob  Türk1  hierfür  die  Null  über  der  Note  ein.  Verminderte 
Dreiklänge  und  unvollständige  Akkorde  werden  durch  einen  nach 
unten  geöffneten  Bogen  charakterisiert. 

War  auf  deutschem  Boden  eine  Einheitlichkeit  der  Generalbaß- 
bezeichnung bis  etwa  um  die  Mitte  des  1  8.  Jahrhunderts  zu  er- 
kennen, so  dringen  in  der  Folge  hier  und  dort  französische  Ein- 
flüsse ein,  die  sich  besonders  in  der  Streichung  von  Ziffern  zur 
Bezeichnung  von  Intervall-Verkleinerungen  offenbaren.  So  führt 
z.  B.  Gottlieb  Poetzolt  in  seinem  »Kurtzen  aber  meist  hinläng- 
lichen Unterricht  von  dem  so  genanndten  General-Baß«  (Anno  1745 
den  '1 1 .  Juni)  die  durchstrichene  Zwei  $  als  secunda  falsa  (z.  B. 
eis  des)  auf,  das  heißt:  er  verwendet  ein  Zeichen,  das  nach  all- 
gemeiner deutscher  Lehre  für  die  übermäßige  Sekunde  Geltung  hat. 
Derartige  Fälle  mehren  sich  bis  zu  Türk's  »Kurzer  Anweisung 
zum  Generalbaßspielen«  (Halle  und  Leipzig  1791),  die  mit  solchen 
Undeutlichkeiten  aufzuräumen  sucht.  In  Frankreich  konnte  ich 
an  Hand  des  mir  zugänglichen  Materials  diese  Praxis  auf  dem 
Boden  der  Theorie2  zuerst  in  dem  »Nouveau  Traite  de  l'accom- 
pagnement  du  clavecin«  des  M.  de  St.  Lambert  nachweisen,  der 
1  707  bei  Christophe  Ballard  in  Paris  erschien.  Er  führt  z.  B.  wie 
später  Dandrieu  in  seinen  »Principes  de  l'accompagnement  du 
clavecin«  (um  1725)  die  fausse  quinte  unter  dem  Zeichen  #{=-&) 
auf  gegenüber  der  querdurchstrichenen  Ar  für  den  Tritonus.  Bei 
ihm  ist  auch  der  unterschiedliche  Gebrauch  des  Kreuzes  x  für  die 
Generalbaß-Notierung  und  der  Form  X  für  den  musikalischen  Text 
erwähnenswert.  Diesen  beobachten  wir  in  praxi  schon  in  Cam- 
pra's  Ballet  »Les  Muses«  (1703),  in  La  Coste's  »Philomele. 
Tragedie  mise  en  musique«  (Paris,  Christophe  Ballard  1705)  und 
verfolgen  ihn  z.  B.  weiter  in  Pierre  Mortier's  Druck  von  Lully's 
»Phaeton«  (Amsterdam  1711),  wohingegen  die  Pariser  Drucke  von 
Lully's  »Armide«  und  »Perseus«  (1710)  noch  im  Generalbaß  neben- 
einander X  für  die  Bezeichnung  des  Durdreiklangs  und  x  vor  Zahlen 
z.  B.  x2  kennen.  Ähnlich  ist  die  Haltung  Joseph  de  Torres'  zu  dieser 
Frage  in  seinen   »Reglas  generales  de  aecompafiar«  (Madrid  1702). 

Wie  groß  im  Anfange  des  1 8.  Jahrhunderts  die  Regellosigkeit 
der  Generalbaßbezifferung  auf  französischem  Boden  wird,  das  lernen 
wir  aus  jener  noch  nicht   einmal  alle  Fälle  umfassenden  Tabelle 


i  A.  a.  O.,  S.  30  f. 

2  In  der  Praxis  beobachtete  ich  o  (durchstrichene  FünfJ  als  Zeichen  der  ver- 
minderten Quinte  zuerst  bei  Bernier  in  seinen  »Motets«  (Paris  1703).  Die 
übermäßige  Quarte  (Tritonus)  notiert  er  x4,  die  erhöhte  Sexte  (z.  B.  fts  dis) 
6X,  die  große  Terz  X. 


Generalbaßtabelle  Rameau's. 


325 


kennen,  die  Rameau  1732  seiner  »Dissertation  sur  les  differentes 
metodes  d'acconipagnement  pour  le  clavecin  ou  pour  l'orgue«  bei- 


fügt: 


Colomne  des 
Accords  Dissonans 

Septieme 7. 

Septieme  majeure X  7  ou-7: 

Septieme  mineure [>  7. 


Colomne  des 
Signes  ou  Chifl'res. 


Accords  de  < 


Accords  de 


Septieme  superflue X  7,  ou^  ou|. 

2 

Septieme  superflue  avec  la  Sixte  mineure  Lg' ou kg' ou  4 • 

Septieme  diminuee vT,  ou?. 

Sixte   majeure  avec  la  Tierce  mineure  ^6  ou  6  out. 

et  la  Quarte,  dite  petite  Sixte  .     .     .  3 

Sixte   majeure  avec  la  Tierce  majeure  x.6,  ou  6   ou  2. 

et  le  Triton ' 


6         1,6 
3,  ou     3 


Sixte   mineure  avec  la  Tierce  mineure 
et  la  Quarte 4 

Sixte  majeure  avec  la  fausse  Quinte     .     i  %u 


4 
6 


Sixte  superflue X  6,  ou  6. 

,  Sixte  et  Quinte 6 


Quinte  superflue 


X5,  OU  ^r  ,  ou        7. 

Ä  5 


Fausse  Quinte !?5,  ou-&;ou| 


Accords  de  ' 


Triton X4,  ou  4 

Triton  avec  la  Tierce  mineure      .     .     .     Lo>ou 

X4 


t-14- 


3,  ou    3. 


4, 


ou 


4" 
9 
7. 
4 


Accords  de 


Accords  de 


l  Triton  avec  la  Tierce  majeure. 

{Quarte,  ou  Quarte  et  Quinte    . 
o  9 

Quarte  avec  la  Neuvicme |,ou  7 

Seconde 2. 

Seconde  majeure         x2,ou2'. 

Seconde  mineure t>2. 

Seconde  superflue' X2,ou2". 

Seconde  avec  la  Quinte 2»ou  !• 

Neuvieme 9,  ou  ?,  ou  f. 

Neuvieme  majeure x9  ou  9-. 

Neuviame  mineure !p  g# 

Septieme  et  Sixte 7 

6' 

Septieme  et  Seconde »>,ou  4. 

Sixte  mineure  avec  la  Tierce  majeure  .  l>6    ou  t>6# 


326  Der  >Basse  fondamentale«  Rameau's. 

Auf  italienischem  Gebiete  scheint  eine  konsequente  Durchführung 
der  Durchstreichung  zur  Bezeichnung  des  verminderten  Intervalls 
versucht  worden  zu  sein.  Jedenfalls  besitzt  die  Kgl.  Bibliothek 
Berlin  unter  der  Signatur  Mus.  Ms.  iheor.  4°  114  einen  »Concor- 
danze  musicali«  betitelten  anonymen  1750  datierten  Traktat,  welcher 
für  die  verminderte  Quarte  das  Zeichen  4  ,  für  die  verminderte 
Quinte  -6,  und  für  die  verminderte  None  •§-  einführt  und  für  die 
übermäßigen  Intervalle  ein  neues  Zeichen  f  aufstellt,  welches  unter 
die  Zahlen  gesetzt  wird. 

Doch  zurück  zur  Lehre  der  Franzosen.  Rameau(1683 — 1764) 
erkennt  das  Regellose  der  Generalbaß-Bezifferung.  Selbst  Meistern 
wie  Corelli  weist  er  nach,  daß  sie  sich  bei  der  Verwendung  der 
Zahlen  weniger  durch  theoretisches  Wissen  als  durch  musikalisches 
Empfinden  haben  leiten  lassen  und  daß  ihnen  so  mancher  Jrrtum 
untergelaufen  ist1.  Er  führt  ein  theoretisch  fest  begründetes,  auf 
akustische  Phänomene  (Obertonreihe) 2  gestütztes  Gebäude  der  Lehre 
von  den  Akkorden  und  Akkordverbindungen  auf.  Sein  »Traite 
de  l'harmonie  reduite  ä  ses  principes  naturels«  (Paris,  J.-R.-Chr. 
Ballard,  1722)  bedeutet  einen  Markstein  in  der  Geschichte  der 
Theorie3.  An  Hand  des  »Basse  fondamentale«,  der  als  Verbindung 
der  tiefsten  Töne  der  aneinandergereihten  Akkorde  in  ihren  Grund- 
stellungen anzusehen  ist,  erläutert  er  den  harmonischen  Verlauf. 
»La  Basse  fondamentale  n'est  donnee  que  pour  connoitre  l'Har- 
monie  et  ses  routes;  nullement  pour  etre  entendue  au-des- 
sous  des  autres  parties«4.  Tonika  mit  Dreiklang,  Subdominante 
mit  Quintsextakkord  (6),  Dominante  mit  Septimenakkord,  das  sind 
die  Wurzeln  der  Harmonie-Verbindungen. 

Knüpft  Rameau  im  »Traite«  an  die  übliche  Bezifferungspraxis 


1  Vgl.  sein  >Nouveau  Systeme  de  musique  theorique,  oü  Ton  decouvre 
le  principe  de  toutes  les  regles  necessaires  ä  la  pratique«  (Paris,  J.-B.-Chr. 
Ballard,  1726)  cap.  23. 

2  Tartini  weist  ihm  hier  allerdings  einige  Unrichtigkeiten  nach  und 
schreitet  mit  Hilfe  des  Phänomens  der  Differenztöne  zur  Erklärung  der  Vier- 
klänge weiter.  Vgl.  seinen  »Trattato  di  Musica  secondo  la  vera  scienza 
dell'armonia«  (Padua1754)  und  »De'  Principi  dell'armonia  musicale  contenuta 
nel  diatonico  genere«  (Padua  1767)  S.  82. 

3  Vgl.  auch  seine  Schriften:  »Abrege  de  la  nouvelle  methode«  (Paris  4  725  , 
»Dissertation  sur  les  differentes  methodes  d'accompagnement«  (Paris  4  732), 
»Generation  Harmonique  ou  Traite  de  Musique  theorique  et  pratique«  (Paris 
4  737),  »Demonstration  du  principe  de  l'harmonie«  (Paris  1750),  »Nouvelles 
reflexions  sur  la  demonstration  du  principe  de  l'harmonie«  (Paris  1752),  »Code 
de  Musique  pratique«  (Paris  1760). 

4  »Generation  Harmonique«  S.  190. 


Rameau's  Generalbaßbezifferung.  327 

an,  so  macht  er  doch  auch  später  den  Versuch,  eine  neue  Be- 
zeichnung zu  gewinnen1.  In  Erkenntnis  der  Wichtigkeit  der 
Tonika  legt  er  Dreiklänge  mit  den  Tonbuchstaben  ihrer  Tonika 
fest.  Fußend  auf  der  Tatsache  der  Umkehrbarkeit  der  Akkorde, 
welche  in  nuce  bereits  von  Ramis  de  Pareia  1482  für  Zwei- 
klänge erkannt  und  für  Drei-  und  Vierklänge,  wie  Riemann2 
richtig  bemerkt,  schon  von  Gottfried  Keller3  um  1700  lehrhaft 
behandelt  wird,  zeichnet  er  alle  Akkorde,  in  welcher  Lagerung 
sie  ihm  auch  entgegentreten,  stets  in  der  Grundstellung  auf.  Jeden 
Dreiklang  (accord  consonant)  sieht  er  als  Tonika-Dreiklang  an  und 
bestimmt  ihn  nur  durch  die  Tonika.  Von  accords  dissonants  er- 
kennt er  nur  jenen  Vierklang  als  grundlegend  an,  der  sich  wie 
der  accord  consonant  terzenweis  über  der  Tonika  aufbaut.  Doch 
unterscheidet  er,  auf  Cdur  bezogen: 

l'accord  de  la  seconde  (c  d  f  a)  bezeichnet  durch  2 

l'accord  sensible  {h  d  f  g)  bezeichnet  durch  x 

l'accord  de  la  septieme  [e  e  g  h)  bezeichnet  durch  7 

l'accord  de  la  sixte  ajoutee  (e  e  g  a)  bezeichnet  durch  aj 

l'accord  de  la  tierce-quarte  [c  e  f  a)  bezeichnet  durch  * 

l'accord  de  la  quarte  (c  d  g)  bezeichnet  durch  4 

So  beginnt  seine  Generalbaßbezifferung  zum  Adagio  der  dritten 
Sonate  Corelli's: 


CA  C 
12   3    4 


2   4   x   Cx 
12-34 


Cx  C  aj  y      G  G  EG 

12    3  4«        123411234 


Dieses  Prinzip  der  Generalbaßbezifferung,  von  welchem  Rameau 
Ersprießliches  für  die  Praxis  erhoffte,  drang  aber  nicht  durch4. 
In  seinem  »Code  de  musique  pratique«  (1760)  hält  er  nur  fest  an  der 
Auszeichnung  des  accord  sensible  durch  ein  Kreuz  +  statt  x,  welches 
sich  weniger  leicht  mit  den  Ziffern  verbindet,  und  betont  die  Not- 
wendigkeit der  Hinzufügung  von  *  zur  üblichen  6  als  Bezeich- 
nung des  Terz-Quartakkordes  {petite  sixte).  Im  übrigen  bedient  er 
sich  der  geläufigen  Generalbaßbezeichnungen:  6,  §,  8,  ?,  2,  9,  £,  % 


i 


Vgl.  seine  >  Dissertation  sur  les  differentes  methodes  d'accompagnement«. 
Siehe  auch  »Livre  quatrieme.     Principes  d'Accompagnement«.     S.  363 ff. 

2  > Geschichte  der  Musiktheoriec  (Leipzig,  Max  Hesse.  1898)  S.  431. 

3  Siehe  seine  >Rules  for  playing  a  thorough  bass«,  die  erst  nach  seinem 
Tode  -1707  als  »Compleat  method  for  attaining  to  play  a  thorough  bass«  in 
London  bei  J.  Cullen  veröffentlicht  wurden. 

*  Siehe  Rameau,  >Code  de  musique  pratique«    Paris  1760)  S.  74. 


328 


Generalbaßbezifferung  L angle's. 


(fausse  quinte1)  usw.  Auch  sein  Epigone  d'Alembert2  vermag  zur 
Entwickelung  der  Generalbaßschrift  nichts  Wesentliches  beizutragen. 
Zu  einer  Einmütigkeit  in  der  Bezeichnung  der  Akkorde  kam  es 
durch  Rameau's  Wirken  noch  nicht.  Man  braucht  nur  einmal  die 
Schriften  Roussier's3  heranzuziehen,  um  so  manchen  Unterschied 
der  Bezifferung  zu  erkennen.  Angestrebt  wird  eine  genaue  Fest- 
legung der  Größe  der  erklingenden  Intervalle.  Besonders  erwähnens- 
wert in  dieser  Richtung  ist  der  Versuch  H.  F.  M.  Langle's,  dessen 
»Nouvelle  methode  pour  chiffrer  les  accords«  1801  in  Paris  erschien. 
Er  verlangt  die  ziffermäßige  Bezeichnung  eines  Klanges  nach  seinen 
charakteristischen  Intervallen,  so  die  Bezeichnung  des  vollkommenen 
Dreiklangs  nach  der  Quinte.  Übermäßigen  Intervallen  fügt  er  ein 
Kreuz  +,  verminderten  einen  Strich  -,  solchen,  die  trotz  ihrer  Ver- 
änderung konsonant  bleiben  wie  Moll  gegen  Dur,  ein  Gleichheits- 
zeichen hinzu.  Diese  Beizeichen  gelten  nicht  nur  für  die  Grundakkorde, 
sondern  auch  für  die  entsprechenden  Intervalle  der  Umkehrungen, 
z.  B.: 


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5 


Genau  unterschieden  werden  die  einzelnen  Septimenakkorde. 
Die  »septieme  dominante«  (auf  der  5.  Stufe)  mit  der  Folge  große 
Terz,  kleine  Terz,  kleine  Terz  wird  durch  eine  Sieben  mit  vor- 
stehendem Punkt  "7  charakterisiert,  die  »septieme  de  seconde«  (auf 
der  2.  Stufe)  mit  der  Folge  kleine  Terz,  große  Terz,  kleine  Terz 
durch  .7.,  die  »septieme  simple  majeure«  (auf  der  I.  und  4.  Stufe) 
mit  der  Folge  große  Terz,  kleine  Terz,  große  Terz  durch  +7,  die 
»septieme  simple  mineure«  (auf  der  3.  und  6.  Stufe)  mit  der  Folge 
kleine  Terz,   große  Terz,   kleine  Terz  durch  7  und   die    »septieme 

i  Wir  finden  die  Bezeichnung  des  5  Akkords  mit  falscher  Quinte  noch 
später  bei  Bethizy  in  seiner  »Exposition  de  la  theorie  et  de  la  pratique  de 
la  musique«  (Paris  1764),  in  Bemetzrieder's  »Traite  de  musique«  (Paris 
1776),  in  Mercadier  de  Belesta's  »Nouveau  Systeme«  (Paris  1777)  und  bei 
andern  mehr. 

"  »Elemens  de  musique  theorique  et  pratique«   (Lyon  1766)  S.  136  ff. 

3  »Traite  des  accords  et  de  leur  succession  selon  le  Systeme  de  la  basse 
fundamentale«  (Paris  1764) —  »Observations  sur  differens  points  d'harmonie« 
Geneve  1765)  —  »L'IIarmonie  pratique  ou  exemples  pour  le  traite  des  accords« 
(mis  au  jour  par  M.  Bailleux,  Paris  1775). 


Die    Generalbaßlehre  Gottfried  Webers. 


329 


de  sensible«   (auf  der  7.  Stufe)   mit  der  Folger  kleine  Terz,   kleine 

Terz,  große  Terz  durch  7.     Kommt  derselbe  Akkord  aber  auf  der 

■2.  Stufe  der  verwandten  Molltonart  vor,  so  wird  er  mit  7  notiert. 
Wieder  gelten  die  Beizeichen  für  alle  Ziffern,  die  in  den  Umkeh- 
rungen des  Vierklanges  die  Septime  festlegen. 


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6 
+5 


+3 


2 
+ 


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22: 


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In  ähnlicher  Weise  werden  auch  genaue  Bezeichnungen  ge- 
wonnen für  diejenigen  vollkommenen  Dreiklänge,  die  durch  Erhöhung 
von  Terz  oder  Oktave  zur  Entstehung  von  Quart-,  Quint-  und  Nonen- 
akkorden  Veranlassung  werden,  und  für  die  Septimenakkorde,  die 
mit  der  None  und  Undecime  in  Verbindung  treten.  Immer  läßt 
sich  aus  der  Bezeichnung  die  genaue  Beschaffenheit  des  Akkordes 
ablesen.  Trotz  aller  Klarheit  hat  aber  diese  Bezifferungsmethode 
keine  größere  Bedeutung  gewonnen. 

Ein  Deutscher,-  Gottfried  Weber1,  greift  75  Jahre  später  den 
in  den  Sand  verlaufenen  Reformgedanken  Rameau's  wieder  auf  und 
führt  ihn  erfolgreich  durch.     Im  Gegensatze  zu  Rameau   scheidet 

er  Dur-  und  Molldreiklänge  und  läßt  ersteren  große,  letzteren  kleine 

G 
Buchstaben  entsprechen.     Ein  C  deutet  z.  B.  auf  den  Dreiklang  K 

0  C 

ein  c  auf  Es.     Verminderte  Dreiklänge  werden  durch  eine  Null  am 
c 

ges 

kleinen   Buchstaben   gekennzeichnet.      So    bedeutet  z.  B.   c  =  es . 

c 

Tritt  zu  diesen  Grundharmonien  die  kleine  Septime,  so  ergeben  sich 


i  Siehe  seinen  »Versuch  einer  geordneten  Theorie  der  Tonsetzkunst«  Band  I 
(3.  Aufl.,  Mainz,  Paris,  Antwerpen  1830—32)  S.  207  f.  Die  erste  Auflage  er 
schien  1817. 


330    Weiterentwickelung  d.  Akkordschrift  durch  Tiersch,  Hauptmann  u.  a. 


die  Vierklänge  C"  =c 


b  b 

ü  9     °~ 


CS' 

e 


b 

ges. 

es 

c 


Gesellt   sich  zum   Dur- 


h 


dreiklange   die   große   Septime, 


so    en 


tsteht  C    =1 


Um  aber  ein  allgemeines  Ausdrucksmittel  für  alle  Tonarten  zu  ge- 
winnen, zählt  Weber  die  Stufen  der  Leiter  und  bezeichnet  sie,  je  nach- 
dem auf  sie  innerhalb  einer  Dur-  oder  Moll-Leiter  eine  Dur-  oder  Moll- 
harmonie entfällt,  mit  großen  oder  kleinen  römischen  Ziffern,  denen 
wiederum  die  Null  und  die  Zahl  7  undurchstrichen  oder  durchstrichen 
beigesellt  werden  kann1.  Die  Tonart  bestimmt  auch  hier  am  Anfange 
der  Harmonie  verbin  düng  bis  zur  Modulation  die  als  Buchstabe 
fixierte  Tonika.  Die  Lage  des  Akkords  wird  nicht  festgelegt,  z.  B.: 
G    I    V7     vi  G    V7  e  V7       i        i°i         V  usw. 


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Einer  der  ersten  Nachahmer  Weber's  war  Friedrich  Schnei- 
der mit  seinem  »Elementarbuch  der  Harmonie  und  Tonsetzkunst«, 
das  1820  in  erster,  1827  in  zweiter  Auflage  in  Leipzig  erschien. 
Eine  Erweiterung  fand  Weber's  Harmonieschrift  durch  Hinzufügung 
des  übermäßigen  Dreiklangs,  den  Ernst  Friedrich  Richter2  mit 
Hilfe  eines  Kreuzes  (+)  am  großen  Buchstaben  zur  Darstellung 
brachte.  Über  Weber  hinaus  ging  Otto  Tiersch3,  indem  er  einen 
Akkord  nicht  nur  der  Stufe  der  Tonart,   sondern  auch  der  Lage 

6 

nach  zum  Ausdruck  brachte.  Bei  ihm  bedeutet  CV-i  den  Dominant- 
dreiklang von  Cdur  in  der  Quartsextlage  oder  Du6  den  Dreiklang 
auf  der  zweiten  Stufe  von  Dduv  in  der  Sextakkordlage. 

Mittlerweile  trat  Moritz  Hauptmann4  mit  seiner  Anschauung 
des  Mollakkords  als  Umkehrung  des  Durakkords  hervor,  einer  Lehre, 
die   schon   seit   Zarlino   und   Salinas   lebendig  war   und   nun    von 

i  Vgl.  ebenda  Band  II  (3.  Aufl.)  S.  44  ff.  Die  erste  Auflage  des  2.  Bandes 
kam  1818  heraus.  ■ 

-  >Lehrbuch  der  Harmonie«  (Leipzig  1853). 

8  Vgl.  seine  »Kurze  praktische  Generalbaß-Harmonie  und  Modulationslehre« 
(Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1876). 

4  >Die  Natur  der  Harmonik  und  der  Metrik«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel, 
1853)  S.  32  ff. 


Die  Funktionsbezeichnungen  Hugo  Riemann's. 


331 


A.  v.  Oettingen1  aufgegriffen  und  vertieft  wurde.  Er  bezeichnete 
den  Durdreiklang  durch  ein  Kreuz  am  Tonbuchstaben  der  Tonika 
und  fixierte  den  Molldreiklang  von  der  Dominante  aus,  deren  Ton- 
buchstaben er  eine  Null  beifügte.  In  allen  Fällen  bediente  er  sich  im 
Gegensatze  zu  Weber  nur  der  kleinen  Buchstaben.    So  bedeutet  ihm 

9  9 

c+  den  Akkord  e  und  g°  den  Akkord  es . 

c  ,  e 

Diese  Harmonieschrift  wurde  von  Hugo  Riemann2  weiter  ent- 
wickelt. Zur  Bezeichnung  der  Stufen  eines  Oberklanges  wählt  er 
die  arabischen  Ziffern  von  I  bis  1  0  aufwärts  und  entsprechend  für 
die  Stufen  eines  Unterklangs  die  römischen  Ziffern  von  I  bis  X 
abwärts.  Beide  werden  den  Klangbuchstaben  angefügt.  Erhöhungen 
und  Erniedrigungen  werden  bei  der  Zahl  durch  <  und  >  bezeichnet. 
Durchstrichene  Ziffern  bewirken  den  Ausfall  der  entsprechenden 
Töne.  Unmittelbar  über  und  unter  die  Buchstaben  gesetzte  Zahlen 
bestimmen  die  Ober-  und  Unterstimme.  Zwei  Punkte  .  .  weisen 
auf  die  vorangegangene  Harmonie  zurück.  Kreuz  und  Null  sind 
häufig  infolge  der  Hinzufügung  von  Zahlen  entbehrlich.  Klang- 
buchstaben allein  bedeuten  den  Durakkord. 

Noch  ein  Schritt  weiter  führte  Riemann  zu  seinen  Funktionsbezeich- 
nungen, die  den  Gang  der  Modulation  völlig  klarstellen.  Von  den  Ton- 
buchstaben nimmt  hier  Riemann  gänzlich  Abstand.  Jeder  Akkord  wird 
nach  der  Bedeutung  seines  Grundtons  als  Tonika-fT1),  Dominante-(D) 
und  Subdominante-(xS)  Klang,  als  Dur-(+)  oder  Molldreiklang  (o),  als 
Parallelklang  (p),  welcher  statt  der  Quinte  die  Sexte  verwendet  (z.  B. 
d'  b  /statt  d'  b  g  in  dmoll),  als  Leittonwechselklang  mit  Hilfe  der  Zei- 
chen <und  >  (z.  B.  he' g'  statt  e  e' g'=  &,  a  c  f  statt  a  o'  e'=  ¥■), 
als  Sext-,  Quartsext-,  Septimen-  oder  Nonenakkord  (6,  ^,  7,  9)  usw. 
festgelegt  und  jeder  Funktionswechsel  genau  bezeichnet3,  z.  B.: 


g— fS- 


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321 


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i  »Harmoniesystem  in  dualer  Entwickelung«  (Dorpat  und  Leipzig,  W.  Gläser, 
1866)  S.  46. 

2  Siehe  seine  > Vereinfachte  Harmonielehre <  1873  und  seine  »Anleitung  zum 
Generalbaßspielen«  (Leipzig,  Hesse). 

3  Ebenda. 


332  Die  Generalbaßbezeichnung  Colet's  und  Ch.  H.  Keefer's. 


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Zwei   außerhalb    dieser  Entwicklungsreihe   liegende   verwandte 
Methoden  der  Generalbaßbezifferung,  die  beide  nur  als  .Versuche  zu 


Jo> 


betrachten  sind,  mögen  sich  anschließen.  Im  Jahre  1840  trat  in 
Paris  Colet  in  seiner  »Panharmonie  musicale«  mit  einer  »neuen 
genaueren  und  einfacheren  Methode  der  Bezifferung«  hervor.  Aus- 
gang nimmt  er  von  den  Grundakkorden.  Jeder  wesentliche  Ton 
einer  zu  greifenden  Harmonie  wird  von  dem  notierten  Tone  aus 
in  seinem  Verhältnis  zum  tiefsten  und  höchsten  Tone  des  betreffen- 
den Akkordes  in  seiner  Grundstellung  bezeichnet.  Unter  dem 
Generalbaß  liegende  Töne  erhalten  ihre  Ziffer  unter  demselben,  über 
dem  Generalbaß  liegende  über  demselben.     Soll  z.  B.  der  Akkord 


g  h  d  f  über  h  erklingen,  so  notiert  er:    ^l    o     :.    Oder  soll  der 


Nonenakkord  g  h  d  f  a  über  d  verwendet  werden,  so  zeigt  er  dies 

_5 

^bezeichnet  den  um  eine 


in  folgender  Weise  an:    ^$1 


-©- 


Oktave  tiefer  liegenden  Violinschlüssel. 


Auch  Charles  H.  Keefer,  der  in  der  »S.  I.  M.  (Revue  Musicale 
Mensuelle)  VI  (1910)  Nr.  3  S.  180 ff  eine  Studie  »Un  nouveau  chif- 
frage  de  la  basse«  veröffentlichte,  knüpft  an  die  Grundstellung  der 
Akkorde  an  und  bestimmt  die  Lage  mit  Hilfe  einer  Zahl,  die  den 
Abstand  des  Generalbaßtones   vom   Grundtone   der  Harmonie  an- 


gibt, z.  B. 


I 


-GL. 


~&- 


-G>- 


■<&■ 
3 


5 


221 


Septimenakkorde  werden  in  bekannter  Weise  durch  eine  7  aus- 
gedrückt, die  als  Potenz  der  die  Lage  des  Akkordes  bestimmenden 


Zahl  anzufügen  ist. 


Die  Akkordschrift  A.  Andre's. 


333 


t 


ÖL 


5" 


Zur  Bezeichnung  der  Vorhalte  dienen  ihm  die  Zahlen  2,  4  und  6; 
die  2  als  Vorhalt  vor  dem  Grundtone,  die  4  als  Vorhalt  vor  der 
lVrz  und  die  6  als  Vorhalt  vor  der  Quinte.  Ein  neben  die  Zahl 
gesetzter  schräg  aufsteigender  Strich  leitet  den  ihr  entsprechenden 
Ton  zur  nächsthöheren  Stufe,  ein  schräg  abwärts  geführter  in  ent- 
sprechender Weise  zur  nächsttieferen  Stufe.  Im  übrigen  zielt  schräge 
Durchstreichung  auf  einen  Kreuz-,  horizontale  auf  einen  B- Ton. 
Bei  Doppelkreuz  und  B  wird  der  Strich  doppelt  gesetzt.  Als  Auflö- 
sungszeichen fungiert  ein  leicht  nach  unten  gekrümmter  Horizontal- 
strich.   Ein  Beispiel  Keefer's  möge  für  seine  Methode  sprechen: 


Bestimmen  hier  Zahlen  den  Akkord,  so  liegt  auch  ein  Versuch 
A.  Andre's  in  seinem  >Lehrbuch  der  Tonsetzkunst«  1832  vor, 
durch  Figuren  in  Verbindung  mit  Zahlen  den  Akkord  genau  fest- 
zulegen. Einem  Dreiklang  entspricht  ein  Dreieck,  einem  Vierklang 
ein  Quadrat,  einem  Fünf-  bis  Siebenklang  eine  Figur,  die  aus  der 
entsprechenden  Zahl  von  Strichen  besteht.  Die  verschiedene  Art  der 
Klänge  ist  durch  Zahlen  in  der  Figur  unterschieden;  die  erste,  zweite 
und  dritte  Umkehrung  heben  sich  vom  Grundklange  mit  Hilfe  von 
ein,  zwei  und  drei  die  Grundlinie  der  Figur  schneidende  Strichchen  ab. 

1.  Dur-Dreiklang.   2.  MoD-Dreiklang.  3.  Verminderter  Dreiklan*. 


i 


4.UbermäBiger  Dreiklang.      5.  Doppelt  verminderter  Dreiklamr. 


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Kl.  Handb.  der  Musikgesch.    VIII.  2. 


sz 


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T^ 


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+3: 


2i 


334 


Die  Akkordschrift  A.  Andre's. 


1.  Dominant-  2.  Großer         3. Kleiner  Septimen-  |;^°m^. 

septimen-Akkord.  Septimenakkord  Nr.l.  akkordNr.2.    ^g^J^i-n 

Q0QQ  0 


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|00@^| 


I»  :*  :'  I 


'*- 


5  Kleiner  6.  Verminderter    "     7.  Septimen- 

Septimenakkord  Nr.3.  Septimenakkord.         akkordNr.4. 

H    0    0    0       HESS-      0 


H 


H 


•    bf    !>+' 


S 


8.  Septimen- 
akkord Nr.  B. 

H 


9.  Sept- 
Nonen- Akkord 

a 


IG.  Terz-Quint- 
Nonen-Akkord 


i 


^ 


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~~1 

11.  Undezimen-Akkord.  12.  Terz-  Dezimen-Akkord. 


~3T 


$ 


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Einen  wirklichen  praktischen  Wert  konnte  diese  Akkordschrift 
nie  gewinnen.  Verlangten  ihre  Zeichen  doch  fast  mehr  Federzüge 
als  die  vollständige  Niederschrift  der  Zusammenklänge.  Immerhin 
verdiente  der  Gedanke,  für  ganze  Akkorde  einen  kurzen  Ausdruck 
zu  finden,  es  wohl,  weiter  verfolgt  zu  werden. 


III.  Abschnitt. 

Reform  versuche. 

Unsere  Tonschrift  ist,  wie  wir  gesehen  haben,  aus  jahrhunderte- 
langer Arbeit  hervorgegangen.  Eine  stattliche  Reihe  bedeutender 
Köpfe  ist  an  ihrem  Ausbau  beteiligt  gewesen  und  hat  sie  zu  einer 
solchen  Vollkommenheit  entwickelt,  daß  sie  den  Fortschritten  der 
Musik  von  den  einfachsten  isometrischen  einstimmigen  Gebilden 
des  Mittelalters  bis  zu  den  verzwicktesten  vielstimmigen  poly- 
rhythmischen Kunstwerken  unserer  Zeit  zu  folgen  vermocht  hat. 
Dem  scharfblickenden  Musiker  blieben  allerdings  schon  frühzeitig 
gewisse  Konstruktions-  und  Schönheitsfehler  seiner  Tonschrift 
nicht  verborgen,  und  so  mancher  erprobte  seine  Kraft  daran,  ein- 
fachere Ausdrucksmittel  für  die  schriftliche  Fixierung  von  Ton- 
schöpfungen  zu  gewinnen. 

Ein  umfassender  Überblick  über  die  verschiedenen  Verbesserungs-, 
Weiterbildungs-  und  Neubildungsversuche,  die  sich  von  der  allge- 
meinen Entwickelung  abzweigen,  ist  noch  nicht  gegeben  worden. 
Einzelne  Ansätze  sind  von  F.  J.  Fätis1,  Raymondi,  August 
Baumgartner2,  Quantz3,  F.  David-Lussy4,  Sacher5,  Abdy 
Williams6,  K.  M.  Bäßler7,  Diettrich-Kalkhoff8  und  anderen 
gemacht  worden.  Methodologisch  wertvoll  sind  namentlich  die 
Arbeiten  Raymondi' s.  1843  ging  in  Paris  und  Turin  sein  »Essai 
de  simplification  musicographique  avec  un  precis  analytique  des 
principaux  systemes  de  notation  musicale  propos6s  depuis  le 
sixieme  siecle«  aus9,  von  dem  die  Hauptabschnitte  in  noch  klarerer 


1  »La  musique  mise  ä  la  portee  de  tout  le  monde«,   3me  edition  (Paris 
4847)  S.  60 ff.  und  490 ff. 

2  »Kurzgefaßte  Geschichte  der  musikalischen  Notation«  (München,  1856). 

3  »Zur  Geschichte  der  neuen  chromatischen  Klaviatur  und  Notenschrift« 
Berlin,  Georg  Stilke,  4877. 

4  »Histoire  de  la  notation  musicale  depuis  ses  origines<  (Paris  1882)  livre 
VII  chap.  5. 

5  »Unsere  Notenschrift«  Wien,  A.  Pichlers  Witwe,  1903. 

6  »The  Story  of  Notation«  London,  The  Walter  Scott  Publishing  Co.,  1903. 
"?  »Alte   und    neue    Vorschläge    zur    Vereinfachung    unserer    Tonschrift« 

Zwickau  1903;  bringt  im  Grunde  genommen  nur  eigene  Vorschläge. 

8  »Geschichte  der  Notenschrift«  (Jauer  1907).  ein  Werk,  das  wissenschaft- 
lich nicht  verwendbar  ist. 

9  Vgl.  auch  die  1825  in   den  »Memoires   de  PAcademie  de  Turin«  XXX. 
1—154  erschienene  Arbeit  »Les  principaux  systemes  de  notation  musicale«. 

.       24* 


336 


Reformversuch  van  der  Eist. 


Form  1856  als  »Examen  critique  des  notations  musicales  propo- 
sees  depuis  deux  siecles«  erschienen.  Wenn  auch  nur  eine  be- 
schränktere Zahl  von  Lehren  herausgegriffen  worden  ist,  so 
veranschaulichen  sie  doch  deutlich,  in  welchen  Punkten  den  Re- 
formern die  Notation  mangelhaft  erschien  und  mit  welchen  Mitteln 
sie  die  ünvollkommenheiten  abzustellen  hofften.  Ein  Versuch  auf 
breiterer  Basis  möge  hier  folgen.  Als  Richtschnur  für  die  Rubri- 
zierung mögen  die  Vorwürfe  dienen,  die  gegen  unsere  Notenschrift 
erhoben  worden  sind. 

Seit  der  ältesten  Zeit  der  Mensuraltheorie  können  wir  das 
Bestreben  verfolgen,  immer  kleinere  Notenwerte  aufzustellen,  um 
die  melodische  Linie  mit  allen  Verzierungen  aufs  klarste  zum 
schriftlichen  Ausdruck  zu  bringen.  Die  hierbei  zur  Anwendung 
zu  bringenden  caudae  und  Fahnen  erschwerten  aber  die  Deutlich- 
keit und  Übersichtlichkeit  des  Bildes.  Auf  ihre  Beseitigung  zielte 
daher  die  Absicht  einiger  Reformer.  1657  trat  in  Gent  Johannes 
van  der  Eist  mit  seinen  »Notae  Augustianae1«  hervor. 


Nomina  antiqua  Longa 


Figurae  veteres 
nunc  usitatae 

Denominatio,    nova 


Maxima 


Brevis 


3= 


emibrevis 


(Druckj  Typis    | B&. 

(Schrift;  Calamo    j- 


potoot 


Longa 


e5t 


Brevis 


Minima 


-*— 4 


Semibrevis 


-B- 


-***- 


-o- 


Seminima 


Minima 


Fusa 


J— 4- 


Semiminima 


Semifusa 


-3-B- 


-*h& 


T    ^ 


Fusa 


^  T 


I 


Semifusa. 


i  »Notae  augustianae  sive  musices  figurae  seu  notae  novae  concinend.s 
modulis  faciliores,  tabulaturis  organicis  adhibendis  aptiores«  Gandav.  Max 
Graet  1657  (B  rüssel,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum,  Paris,  Bibl.  du 
Conserv)  Dasselbe  Plattenmaterial  ist  auch  verwendet  in  der  zweiten,  -1662 
,n  demselben  Verlage  erschienenen  Schrift  des  gleichen  Verfassers  »Den  ouden 
,.nde  nieuwen  grondt  van  de  musiicke«  (Berlin-Grunewald,  Bibl.  Dr.  Vv . 
Wolffheim,  Brüssel,  Kgl.  Bibl.,  London,  British  Museum). 


Reformen  Lacassagne,  Krause. 


337 


MV5ICES  F1GV 


SEV   HOTjE  NOYiEl 


ftynwtt/J4>^  f^quit  LpieteMu.  Sem/ym  crmnism  per 


stltnti  äßinde 


CU  *i$  Cwrrtn&MOU*    in  Ao. 
Watte 


Trmcrtwn'  CAATteierUna 


cotcOiA  pegfeui*n**n  efii4f&ntrtt.<tniare,  cum  enuftitrwre 
xx*  UMfapieatWfrJk&  neca^fti  cularrfyttm/KTjfcJipnu  coro- 


,'tonn  imprvm '  pv/fi 


Aus:  Jo.  van  der  Eist,  Notae  Augustianae  1657. 

Daß  dieses  Formenmaterial  nicht  auf  allgemeine  Annahme 
rechnen  konnte,  liegt  auf  der  Hand. 

Dieselbe  Absicht  der  Vermeidung  der  caudae  führte  Lacas- 
sagne in  seinem  »Traite  gSneral«  vom  Jahre  1766  zur  Aufstellung 
folgender  Notenwerte: 


=    G> 


■  ■ 


£? 


_      h 


Wenn  sich  auch  dieses  Formenmaterial  durch  größere  Einfach- 
heit vor  dem  van  der  Eist's  auszeichnet,  so  hieße  seine  Anerkennung 
doch  die  Entwicklung  der  Tonschrift  wieder  in  das  12. — 13.  Jahr- 
hundert zurückverweisen. 

Mehr  den  Eindruck  eines  Stenogramms  erweckt  der  Versuch 
K.  Chr.  Fr.  Krause's1,    der   sich    in  seiner  chromatischen  Ton- 

1  Vgl.  »Allgemeine  musik.  Zeitung«  [Leipzig)  181-1,  Nr.  30. 


338  Reformen  Bonnard    Wagner,  Menchaca. 

schrift  jeglichen  Wertzeichens  entschlägt  und  den  Zeitwert  von 
der  Länge  des  den  Zwischenraum  füllenden  Striches  abhängig 
macht1.  Ähnlich  verfährt  Paul  Bonnard  in  seiner  »Notation 
Musicale  ä  l'aide  de  traits  sur  le  clavier«2;  er  zieht  auf  seinem 
der  Tastatur  des  Klaviers  entsprechenden  farbigen  Liniensystem 
je  nach  der  Dauer  der  Tüne  die  rechteckigen  Notenköpfe  mehr 
oder  weniger  lang  aus.  Anzureihen  ist  ferner  Meta  Römer- 
Neubner  mit  ihren  »Quadratnoten«  (1902).  Auch  Hans  Wagner 
sucht  in  seiner  »Vereinfachten  Musiknotenschrift«3  ohne  jedes 
rhythmische  Zeichen  auszukommen.  Eine  einzige  Notenform  o  • 
und  eine  einzige  Pause  — .  genügen  bei  seiner  räumlich  anschau- 
lichen Takteinteilung  als  Ausdrucksmittel.  Haupttaktteile  (=  1/A) 
werden  durch  senkrechte  Striche,  ganze  Takte  durch  stärkere 
Vertikallinien  abgetrennt.  Aus  der  Anordnung  der  Töne  in  den 
Taktteilen  wird  die  Unterteilung  ersichtlich.  Ähnliche  Prinzipien 
der  rhythmischen  Darstellung  gelten  auch  für  M.  E.  Sachs'  Schrift 
des  temperierten  1 9-Tonsystems  4. 

Nur  bei  genauester  Schreibung  durchführbar  und  daher  kaum 
praktisch  verwendbar  ist  der  von  Angel  Menchaca  in  seinem 
»Nouveau  Systeme  de  notation  musicale«  niedergelegte  Vorschlag5. 
Ihm  wird  der  Punkt  an  der  nach  rechts  zugespitzten  eiförmigen 
ganzen  Note  O  und  für  Pausen  an  einem  kurzen  Horizontalstrich 
zum  Ausdrucksmittel  der  Rhythmik: 


«o    • 

;  ^ 

(—   ) 

o 

=    a 

(—• ) 

o 

o 

(  ) 

£> 

I 
=     o 

(•—  ) 

o    = 

:        J 

(•— ) 

i  Siehe  unten  S.  358  u.  447. 

2  Paris,  Typographie  Charles  Unsinger.  1885. 

3  1888.  Vgl.  auch  sein  »Zircular-Gesuch  um  Einführung  einer  Parallel- 
Auflage  in  Prof.  Hans  Wagner's  vereinfachter  Musiknotenschrift.    Wien,  (1898). 

4  »Report  of  the  Fourth  Congress  of  the  International  Musical  Society, 
London,  29«i  May  —  3rd  June  1911    (London,  Novello  &  Co.,  1912)    S.  279 ff. 

5  Ebenda  S.  267  ff.  Siehe  auch  S.  J.  M.  Jahrgang  VII  Nr.  1.  Merkwürdig 
berührt  die  Nachricht,  daß  diese  Notation  in  Amerika  eine  große  Anhänger- 
schaft besitzen  soll.  Hellouin  lehnt  sie  in  seinen  »Remarques  au  sujet  de 
nouvelles  notations  musicalesc  (»Guide  Musical«  52.39)  als  einen  nicht  ernst 
zu  nehmenden  Verbesserungsversuch  ab. 


Schlüsselreformen. 


339 


Die  zwölf  Halbtüne  der  Oktave  bezeichnet  er  durch  verschiedene 

sonl 

e 


Stellung  der  Notenform  zu  einer  Horizontalen: 


b 

o 


c 


d 

o 


^2. 


ff" 


h 


a 


d\» 


o 

f 


ff 


Hier   aber  tritt  die   Kaudierung    wieder    zur  Bezeichnung  der 

^z> — b — ^     öl 


Oktavlagen  ein: 


Ol 


°1 


p> 


F* 


Große  Pein  erwuchs  manchem  Musiker  aus  der  Anwendung 
der  verschiedenen  Schlüssel  in  Partituren,  Tabulaturen  und  Stimmen. 
Bekanntlich  unterscheidet  man  jetzt,  nachdem  im  frühen  Mittelalter 
ein  jeder  Tonbuchstabe  Schlüsselfunktionen  ausüben  konnte,  vor- 
nehmlich drei  Familien  von  Schlüsselzeichen,  die,  wie  Athanasius 
Kircher1  richtig  bemerkt,    sich   aus   den   Buchstaben  g  c  und  f 

entwickelt   haben:  die  /L  oder  G-Schlüssel,    die    C-Schlüssel  und 

die  iT-Schlüssel,  deren  jeder  auf  jeder  Linie  des  Systems  Platz 
haben  kann,  wenn  auch  die  Praxis  der  letzten  Jahrhunderte  eine 
gewisse  Auslese  getroffen  hat: 


fcr-ä 


y-ä 


w& 


Rfl 


Je    nach  der  Wahl   des   Schlüssels   erhielt   ein  Tonzeichen  im 
Liniensystem  ganz  verschiedene  tonliche  Bedeutung,  z.  B. : 

O     IxO    vJ.Q        O     «'S.!»        i\     \>t\  n  o     rto       flo 


w 


^ 


1  »Musurgia«  (Rom  1650). 


340 


Schlüsselreformen  von  Lobkowitz  und  Salmon. 


Schon  Johannes  Caramuel  de  Lobkowitz  behauptet  in 
seiner  »Arte  nueva  de  musica«  (Rom  1644),  daß  ein  einziger 
Schlüssel  genüge.  Ihm  schließt  sich  Thomas  Salmon  in  seinem 
»Essay  to  the  advancement  of  musick  by  casting  away  the  per- 
plexity  of  different  cliffs  and  uniting  all  sorts  of  Musick  ...  in 
one  universal  Character«,  einem  Werk,  welches  1672  in  London 
herauskam,  an.  Sein  Bestreben  ist  es,  auf  alle  Stimmgattungen 
einen  eindeutigen  Schlüssel  zur  Anwendung  zu  bringen  und  die 
verschiedenen  Tonlagen  durch  ein  vorangesetztes  Ttr  (hohe  Dis- 
kantlage)1, Tr  =  Treble,  M  =  Mean  und  B  =  Base  zu  bezeichnen: 


Ttr- 


Tr- 


M- 


=t 


:t=t 


~s>- 


-s>- 


-tf—&- 


~%B 


-&—&- 


-&-*-? 


&—&- 


jz^u^hg^ 


&— &- 


-<s>- 


■&—& 


-*>-*-?  r  i: 


^=^= 


st  -*  * 


-ö  —G- 


-0- 


=  9i 


-rj—*- 


Salmon  erntete  für  seinen  nicht  unpraktischen  Vorschlag,  der 
aber  sprunghaften,  weit  ausholenden  Melodien  einen  ziemlich 
krausen  schriftlichen  Ausdruck  verlieh,  reichen  Spott  und  fand 
nur  geringe  Beachtung,  bot  aber  offenbar  doch  Veranlassung,  daß 
der  C-Schlüssel  zu  gunsten  des  Violin-  und  Baß-Schlüssels  in  den 
Hintergrund  trat.  Seit  dem  Ende  des  17.  Jahrhunderts  begegnet 
der  C-Schlüssel  auf  englischem  Boden  in  einer  besonders  charakte- 
ristischen Form,  die  offenbar  als  Abkürzung  von  g  sol  zu  erklären 
ist  gs.  In  dem  von  Heptinstall  1698  in  London  besorgten  Drucke 
von  Purcell's  »Orpheus  Britannicus«  scheint  dieser  Schlüssel  zu- 
erst verwendet;  von  da  ab  können  wir  ihn  das  ganze  18.  Jahr- 
hundert hindurch  verfolgen.  Erwähnt  sei  nur  von  späteren  Drucken 
John  Arnold's  »Essex  Harmony«  vom  Jahre  1767.  In  England 
erhielt  sich  auch  die  Vorliebe  für  G-  und  i^-Schlüssel  und  führte 
im  19.  Jahrhundert  dazu,  die  im  Vergleich  zum  Sopran  um  eine 
Oktave  tiefere  Lage  des  Tenor  durch  doppelten  Violin-Schlüssel  zu 
charakterisieren. 


*  Vgl.  Salmon,  a.  a.  0.,  S.  15.     In   praxi  benutzt  er  in  den  Beispielen 
nur  Tr.     Matthew  Locke  erwähnt  in  seiner  Apologie  auch  BB  für  die  tiefe 


Baßlage. 


M.  de  St.  Lambert's  Schlüsselreform.  341 

Salmon's  Gedanke  blieb  trotz  aller  Anfeindung1  lebendig  und 
fand  bei  M.  de  St.  Lambert  in  seinen  »Principes  du  clavecin«, 
die  1 702  bei  Christophe  Ballard  in  Paris  erschienen,  erneuten  Aus- 
druck. In  den  »Remarques«2  redet  er  dem  Gebrauche  von  nur 
einem  Schlüssel  bei  Klavier  und  Violine  das  Wort  oder  will  bei 
Anwendung  mehrerer  diese  so  gesetzt  wissen,  daß  in  allen  Linien- 
systemen die  gleiche  Benennung  der  Töne  erfolge.  Für  letzteren 
Fall  schlägt  er  folgende  Schlüsselstellung  vor: 

Clef  de  sol. 


Clef  d'ut.       ^- 


Clef  de  fa. 


Hier  ist  dem  Umfang  der  Stimmen  Rechnung  getragen  und  für  den 
gemeinen  Musiker  eine  wesentliche  Erleichterung  der  Lesung  durch 
die  gleiche  Benennung  der  Noten  in  allen  Systemen  geschaffen. 
Ungewöhnlich  ist  der  Gebrauch  des  C-Schlüssels  für  den  zweiten 
Zwischenraum,  der  sich  historisch  nicht  stützen  läßt,  wohingegen 
der  Violinschlüssel  auf  der  ersten  Linie  seit  Lully  für  Violinen 
und  Trompeten  bekannt  ist. 

Anreihen  läßt  sich  der  Versuch  des  M.  de  Monteclair  in 
seinen  »Principes  de  Musique«3,  der  durchweg  den  Alt-Schlüssel 
zur  Grundlage  der  Lesung  erhebt,  ihn  als  entbehrlich  fortläßt  und 
nur  die  Oktavlage  durch  die  Buchstaben  D  (dessus),  H  (haute-contre), 
T  (taille)  bezeichnet. 


1  Zu  beachten  sind  vor  allen  die  gegen  ihn  gerichteten  Streitschriften: 
The  Present  Practice  of  Musick  Vindicated  Against  the  Exceptions  and  New 
Way  of  Attaining  MUSICK  Lately  Publish'd  by  Thomas  Salraon,  M.  A.  etc.: 
By  MATTHEW  LOCKE  Composer  in  Ordinary  to  bis  Majesty  and  Organist  of 
Her  Majesties  Chappel.  To  which  is  added  DUELLUM  MUSICUM  By  JOHN 
PHILLIPS,  Gent.  Together  with  A  LETTER  from  John  Playford  to  Mr.  T. 
Salmon  by  way  of  Confutation  of  his  Essay  etc.  London  -1673.  —  William 
Tans'ur  »A  new  musical  grammar  and  dictionary«  (London  1756)  nennt 
Salmon's  Vorschlag  des  Gebrauchs  eines  Schlüssels  wunderlich  und  grillen- 
haft. Er  empfiehlt  selbst  statt  der  alten  Schlüsselzeichen  gs  lg — sol),  cf  [c — fa) 
und  Ff  (/"—/«),  ein  Vorschlag,  der  nur  die  Heptinstall'sche  Schlüsselpraxis 
weiter  ausbaut. 

2  S.  59  f. 

3  Quatrieme  partie,  pp.  101,  110,  127  ff.,  131.  Vgl.  auch  die  Erörterungen 
bei  Boy  er  in  dem  unten  zitierten  Briefe  an  Diderot  S.  3  ff. 


342 


Die  Schlüsselreformen  von  Lacassagne  und  Gretry. 


Weiter  schreitet  auf  dem  betretenen  Wege  Lacassagne  in 
seinem  1766  in  Paris  erschienenen  »Traitö  göneral  des  elemens 
du  chant«.  Seine  »Erwägungen  über  den  Gebrauch  der  Schlüssel«1 
lassen  ihn  die  Entsprechung  des  ö-Schlüssels  auf  der  ersten  und 
des  .F-Schlüssels  auf  der  vierten  Linie  erkennen  und  führen  ihn 
zu  dem  Vorschlage,  den  ö-Schlüssel  auf  der  ersten  oder  auch  auf 
der  zweiten  Linie  für  eine  höhere,  mittlere  und  tiefere  Lage  zu 
verwenden.  Als  Zeichen  will  er  für  die  Mittellage  den  durch- 
strichenen  und  für  die  tiefe  Lage  den  umgekehrten  Violinschlüssel 
gebraucht  wissen: 


ö       sol 


«7      söf 


sol 


~OTt?r  ^)' 


sol 


sol 


sol 


f 


sol 


Daß  in  jener  Zeit  von  dem  alten  Schlüsselsystem  immer  mehr 
abbröckelte  und  neben  dem  C-Schlüssel  in  seinen  bekannten 
Stellungen  nur  noch  der  Violin-  und  Baß-Schlüssel  in  der  bis 
heute  geläufigen  Verwendung  übrig  blieb,  das  wissen  wir  aus  der 
Praxis,  das  betont  aber  auch  noch  besonders  J.  J.  Rousseau  in 
seinem  Lexikon  in  dem  Artikel  »clef«. 

Gretry  knüpft  in  seinen  »Memoires  ou  essais  sur  la  musique« 
(Paris   1789)  gewissermaßen  an  Lacassagne  an.     Er  läßt  nur  den 

/^-Schlüssel  auf  der  zweiten  und  den  F-Schlüssel  auf  der  vierten 

Linie  bestehen.     Für    den  Part   der  Piccolo-Flüte   wendet  er   den 
doppelten  Violin-Schlüssel,  für  Sopran,  Violinen,  Oboen,  Flöten  den 

gewöhnlichen    (r-Schlüssel  /L  ,  für  Alt    und   Tenor   den  um   eine 

für  Violen  und  Baß  den  Baßschlüssel 


Oktave  tiefer  liegenden  3 


1  A.  a.  0.,  S.  175:  Reflexions  sur  l'usage  des  clefs.  —  Als  Supplement 
erschien:  »L'uniclefier  musical  pour  servir  de  Supplement  au  traite  general  des 
elements  du  chant  et  de  reponse  ä  quelques  objections«.  Paris  4768.  Diderot 
veröffentlichte  zu  gunsten  der  Methode  La  Cassagne  einen  Brief  im  »Mercure« 
(Juli  1767),  der  Boyer  Veranlassung  bot,  gegen  diese  in  einem  Briefe  an 
Diderot  Front  zu  machen  (»Lettre  ä  Monsieur  Diderot  sur  le  Projet  de  l'unite 
de  clef  dans  la  musique  et  la  reforme  des  mesures  proposes  par  M.  l'Abbe 
La  Cassagne  dans  ses  Elemens  du  Chant.  Par  M.  Boy  er  ci-devant  Maitre 
de  Chapelle.  Ä  Amsterdam  et  se  trouve  ä  Paris.  M.  D.  CC.  LXVII).  Siehe 
auch  »Journal  des  Scavans«  4  767  juin,  2d  volume. 


Die  Reformbestrebungen  von  Colet  und  Lanz.  343 

]}  y    und   für   die  Kontrabässe   einen   um   eine  Oktave  tieferen 


/•-Schlüssel  an. 

Rückt  bei  Lacassagne  und  Gretry  der  Cr-Schlüssel  in  den  Vor- 
dergrund, der  ja  in  jener  Zeit  auch  in  der  Klaviermusik  den 
C-Schlüssel  zu  verdrängen  beginnt1,  so  herrscht  in  den  Schlüssel- 
reformversuchen des  19.  Jahrhunderts  bald  der  G-,  bald  der  G-- 
Schlüssel.    Colet  z.  B.   beschränkt  sich    in   seiner    »Panharmonie 

musicale«  (Paris  1840)  für  die  Vokalpartitur  auf  den  /L-Schlüssel, 
nur  daß  er  als  Zeichen  für  die  um  eine  Oktave  tiefere  Lage  von 
Tenor  und  Baß  die  durchstrichene  8  einführt  x  .  Für  die  instru- 
mentale Partitur  wählt  er  ebenfalls  die  Schlüssel  so,  daß  abgesehen 
von  der  Oktavlage  die  Bedeutung  der  Noten  stets  der  im  gewöhn- 
lichen Violin -Schlüssel  entspricht,  indem  er  für  die  Bratsche  den 

h'         und  für  Violoncell 


C-Schlüssel  im   dritten  Zwischenraum 


und  Kontrabaß  den  F- Schlüssel  auf  der  obersten  Linie  einführt. 
Die  Hoffnung,  daß  sein  Schlüsselsystem  sich  im  ganzen  musikali- 
schen Europa  durchsetzen  würde,  hat  sich  nicht  erfüllt2. 

Zwei  Jahre  später,  1842,  suchte  in  Wien  Joseph  Lanz  Geltung 
zu  gewinnen  mit  einem  »System  der  Musik-Schlüssel  auf  die  ein- 
fachsten   Grundsätze    zurückgeführt,    wodurch    die    Einheit    des 


1  Erinnert  sei  nur  an  die  ersten  drei  Sammlungen  von  Klavier-Sonaten 
K.  P  h.  Em.  Bach 's  aus  den  Jahren  1779—1781. 

2  Vgl.  a.  a.  0.,  S.  177:  II  est  malheureux  qu'en  France  on  ait  tant  de 
peine  ä  adopter  les  ameliorations  qu'on  peut  introduire  dans  un  art,  si 
elles  ne  viennent  d'un  pays  etranger:  en  effet,  puisquHl  est  si  facile  de 
shnplifier  pour  les  voix  et  les  Instruments  le  mecanisme  des  clefs  differentes, 
si  difßciles  et  lire,  et  perdre  ainsi  un  temps  si  precieux  que  reclament 
des  etudes  plus  importantes?  et  qiCimporte  au  public  que  la  musique  que 
vous  lui  faites  entendre  soit  ecrite  en  clef  d'ut  lre  ligne,  ou  en  clef  de  Fa 
4me  ligne,  pourvu  qiCelle  soit  bonne,  mais  alors  ä  quoi  sert  de  les  apprendre, 
si  elles  peuvent  devenir  inutiles?  Nous  esperons,  nous,  que  peu-ä-peu  notre 
Systeme  prevaudra  sur  celui  des  anciens,  et  que  cette  revolution,  si  simple, 
si  facile,  dans  le  mecanisme  des  clefs,  finira  par  s'executer  dans  toute 
VEurope  musicale?  Si  le  hasard  nous  Vavait  empörte  d'Allemagne  ou  d'Italie, 
il  ri'est  pas  un  musicien,  un  jeune  compositeur,  qui  ne  se  füt  empresse  de 
V adopter,  les  arlistes  les  plus  ienaces,  les  plus  difficiles  ä  gagner  seront  sans 
doute  les  anciens  maitres,  qui  ne  manqueront  pas  de  £  elever  d'abord  conire 
cette  innovation  barbare ;  mais  si  les  amateurs  vrais  et  sinceres  de  la  musique 
s'en  emparent,  les  maitres  seront  bien  forces  de  Vetudier  pour  Vapprendre 
ä  leurs  eleves. 


344  D'e  Reformvorschläge  von  Lauf  und  Meerens. 

Schlüssels  und  größere  Bestimmtheit,  Deutlichkeit  und  Bequemlich- 
keit in  der  Tonhühenbezeichnung  erzielt  wird«.  Er  erkennt  nur 
einen  Schlüssel,  den  C-Schlüssel  auf  der  dritten  Linie,  an  und  führt 
für  die  verschiedenen  Oktaven  folgende  Unterscheidungen  ein: 


gj-g-  =  jfe==  c""       H*^  =  §^ 


w 


-&-  c 


\      ^r_  =  gö^  c'"  =^=  =  || 


e — «—  = 


h£H — 9—    = 


<&-  ß" 


e —  =  5- 


8 


Mit  diesem  Schlüsselsvstem  berührt  sich  der  an  Ferdinand  Hiller 
gerichtete  Eventualitätsvorschlag  des  Justizrats  Lauf1  vom  24.  De- 
zember 1883,  der  auf  die  Verwendung  eines  einzigen  Schlüssels 
für  Baß-  und  Violinsystem  auf  der  dritten  Linie  in  Gestalt  eines  c 
zielt.  Als  Baßschlüssel  sollte  dieses  c  mit  einem  Strich,  als  Violin- 
schlüssel mit  zwei  Punkten  ausgezeichnet  werden. 

Im  Gegensatze  zu  ihnen  entscheidet  sich  Charles  Meerens 
1873  in  seiner  Schrift  »Le  diapason  et  la  notation  musicale  simpli- 
fies«  für  eine  Lesung  der  Noten  im  Diskantschlüssel,  das  heißt 
dem  C-Schlüssel  auf  der  ersten  Linie,  ohne  ihn  aber  in  Wirklich- 
keit zu  setzen.     Die  Oktavlage  reguliert  er  mit  den  Zahlen  7 — 16. 


— | 

_ß 

"9 

| 

ß 

r 

1 

0 

i 

* 

■i           -  • 

o 

ß 

rr 

| 

ä 

f 

i 

• 

ß 

ß 

•f 

-4- 

-m- 

-J- 

-0- 

ä 

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4- 

4- 

-1 — 

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*   1. 

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J     m 

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0  *--*-^-^*+-^  ■*  *■ 

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,#•  f*m**S**0+t4 

*^r~ 

Ck*- 

. 

k  J. 

■ 

^/ 

1       | 

m 

1 

i 

•         • 

•+  ■*- 

4     • 

=   §±EBE£ 


t=T 


•— ^ 


tu 

usw. 


1  Vgl.  den  »Klavierlehrer«  Jahrgang  XV,  5. 


Die  Reformvorschläge  von  Azevedo,  Damme  und  Wickström.     345 

In  der  1902  veröffentlichten  Schrift  »La  science  musicale  ä 
la  portee  de  tous  les  artistes  et  amateurs«1  berührt  er  nochmals 
sein  Notationssystem,  weicht  aber  darin  von  der  früheren  Dar- 
stellung ab,  daß  er  die  Zahl  9  der  eingestrichenen  Oktave  entsprechen 
läßt.  Im  übrigen  redet  er  der  Notierung  aller  Instrumente  in  c 
zu  gunsten  einer  Vereinfachung  der  Partitur  das  Wort.  Nicht 
unberührt  bleibe  die  Tatsache,  daß  sich  zur  Einführung  dieser 
vereinfachten  Tonschrift  und  der  Stimmung  a!  =  864  Schwingungen 
1875  in  Brüssel  eine  Gesellschaft  mit  einem  Kapital  von  1  00,000  fres. 
gründete.  Zu  ihrem  Vorstande  gehörten  hervorragende  Standes- 
personen, Musiker  und  Gelehrte  wie  Graf  Lebailly  de  Seret, 
Graf  Camille  Durutte,  Graf  de  Sauvage,  Van  der  Straeten, 
Charles  van  Zuylen  Limnander,  Vivier,  Meerens  und  der 
Notendrucker  Fuytinck-Bajart2.  Über  die  Erfolge  der  Gesell- 
schaftsbestrebungen vermag  ich  keine  Auskunft  zu  geben. 

An  den  C-Schlüssel  knüpft  auch  der  Vorschlag  von  Alexis 
Azevedo  an,  der  in  seiner  Schrift  »Sur  un  nouveau  signe  pro- 
pose  pour  remplacer  les  trois  clefs  de  la  notation  musicale«  (Paris 
1868)  das  umgelegte  große  G  ( ^  und  <u> )  als  C-Schlüssel  auf 
allen  Linien  und  Zwischenräumen  benutzt  und  die  Oktaven  durch 
folgende  Modifikation  des  Schlüssels  auseinander  hält: 


-•*=»? «=£ a^=rÄ üZZfc o p 

)  )  )  odei 

C 


Die  auf  die  allgemeine  Einführung  des  C-Schlüssels  zielenden 
Bestrebungen  nahm  H.  Damme  in  seiner  aus  dem  Jahre  1847 
stammenden  Schrift  »Ein  Wort  über  die  Unzweckmäßigkeit  des 
bisherigen  Schlüsselsystems  in  der  Musik  und  Vorschlag  zur  Ab- 
änderung desselben«  wieder  auf.  August  Wickström,  der  1880 
die  Frage  aufstellt  »Lassen  die  musikalischen  Töne  sich  nicht  ein- 
facher bezeichnen?«,  schließt  sich  ihm  an  und  erhebt  in  seiner 
Schrift      Die    Vereinfachung    der    Tonbezeichnung«3    den    Violin- 

1  Bruxelles,  J.  B.  Katto.     S.  4  8  f. 

-  Vgl.  das  »Supplement  au  Guide  Musical  du  3  juin  1875.  Societe  pour 
la  propagation  du  Systeme  de  notation  simplifiee  par  la  Classification  nume- 
rique  des  oetaves  selon  la  theorie  du  diapason.  Projet  de  prospectus« 
Bruxelles,  J.  Sannes,   1875. 

3  Aus  dem  Russischen  übersetzt  von  Alexander  von  Bernard.  Leip- 
zig, Belaieff,  s.  a. 


346  Die  Reformversuche  von  Törnudd,  Raimondi. 

Schlüssel  zum  Normalschlüssel.  Die  Höhenlage  von  Sopran  und 
allen  Diskantinstrumenten  bezeichnet  ein  S,  von  Alt,  Tenor  und 
allen  Alt-  und  Tenor-Instrumenten  ein  M  (mezzo),  das  den  eine 
Oktave  tiefer  liegenden  Tonbereich  charakterisiert,  von  Baß  und 
Baß-Instrumenten  ein  B  (eine  Oktave  unter  M)  und  von  Kontrabaß 
ein  K  (eine  Oktave  unter  B).  Für  die  Piccolo-Flötej  welche  eine 
Oktave  höher  klingt  als  Flute  und  Geige,  bringt  er  ein  0  (Otta- 
vino)  in  Vorschlag. 

Für  andere  Bezeichnungen  der  Oktavlage  setzt  sich  Axel  Tör- 
nudd ein,  der  im  »Säveletär«  1906  Nr.  6  im  übrigen  dieselbe  An- 
sicht vertritt1.  Er  nimmt  vier  Varianten  des  Ö-Schlüssels  an,  deren 
Bezeichnungen  bereits  historische  Bedeutung  haben:    Den  Piccolo- 

8 

Schlüssel  ,  den  Diskant-Schlüssel  ^F       =,  den  Alt-  und 


■&■  —  c"  ^  ■<*■  =  c 


Tenorschlüssel  — und  den  Baßschlüssel    m  Dieser 


® 


Gedanke  der  einschlüsseligen  Partitur  (Uniclef  Score),  welcher  im 
Anfange  des  19.  Jahrhunderts  in  Spanien  auftaucht2),  zählt  in 
England  viele  Anhänger.  Die  Mehrzahl  hält  am  Ö-Schlüssel  fest. 
Joseph  Raimondis  will  für  den  Gesang  nur  zwei  Linien  ver- 
wendet wissen,  die  nach  seinen  ersten  Plänen  im  Abstände  der 
ersten  und  vierten,  später  aber  der  ersten  und  fünften  Linie  des 
alten  Systems  gezogen  werden  sollen;  die  dazwischen  liegenden 
Linien  sind  als  Hilfslinien  zu  denken. 


früheres  System: 


späteres  System: 


-ß  t- 

I   ' 

rf  r 

-0— 

I 

.0 

I 

— •- 

I 

-l I 

I 

— J- 

•  ♦ 

■r*~ 

0 

Mit  letzterem  System  strebt  er  eine  symmetrische  Darstellung 
der  Oktave  zwischen  zwei  Notenlinien  an.  Der  Anfangsbuchstabe 
der  Solmisationssilbe  sol  wird  als  Schlüssel  vorangestellt,  die 
Generalvorzeichnung  an  dem  Stiele  der  als  Viertelnote  aufgezeich- 

i  Vgl.  den  »Bericht  über  den  2.  Kongreß   der  IMG.«  (Leipzig  4  907)  S.  55. 

2  Siehe  die  Schrift  von  Moretti,  »Sistema  uniclave  ö  ensayo  sobre  uni- 
formar  las  claves  de  la  musica  su  jestandolas  a  una  sola  escala«  (Madrid  1824). 

3  Im  »Essai  de  simplification  musicographique«  (4  843)  und  im  »Nouveau 

Systeme«  (1846). 


Die  Reformvorschläge  von  Thelwall,  Striby,  Riesen  u.  a.        347 

netcn  Tonika  mit  Hilfe  von  Strichchen  nach  links  für  t>-  und  Strich- 
chen nach  rechts  für  Kreuz- Vorzeichnung  zum  Ausdruck  gebracht: 


§_*- =  Desdur        «    - =  Hdur. 


2  f 

&  f 


Neuerdings  sucht  Thelwall1,  der  ein  Siebenlinien-System  mit 
verdickter  Mittellinie  c  aufgestellt  hat,  wieder  für  den  C-Schlüssel 
eine  Entscheidung  herbeizuführen. 

Aber  auch  die  Reihe  Salmon-Lambert-Lacassagne  findet  im 
1 9.  Jahrhundert  ihre  Fortsetzung  in  den  Bestrebungen  von  Striby, 
Lauf,  Bennert  und  Riesen.  Wm.  Striby  schlägt  um  1850  in 
seinem  »Systeme  universel  de  notation  .  .  .  pour  le  chant  et  tous 
les  Instruments  de  Musique«  zwei  Sechslinien-Systeme  mit  ver- 
stärkter vierter  Linie  als  »ligne  d'union«  und  dem  Violinschlüssel 
auf  der  zweiten  Linie  für  das  obere  System  sowie  dem  Baßschlüssel 
auf  der  fünften  Linie  für  das  untere  System  vor.  Als  die  Schlüssel 
der  einzelnen  Stimmgattungen  gibt  er  an: 

_ Q 


5 


XL 


Diskant       Alt        Tenor      Baryton 

Baß 

Im  Grunde  genommen  dasselbe  Prinzip  wie  Striby  verfechtet 
auch  Justizrat  Lauf  in  dem  bereits  erwähnten  Briefe  an  Hiller, 
nur  daß  er  die  Verdickung  der  vierten  Linie  und  die  abenteuer- 
lichen Alt-  und  Tenor-Schlüssel  Striby 's  nicht  kennt,  und  auch 
die  Versuche  von  Harlington  Jones  in  seinem  »Harlingtonian 
new  System  of  musical  notation«2,  von  F.  W.  Hoeftmann  in  seiner 
»Neuen  Notenschrift«3  1892  sowie  von  Paul  Riesen  in  seiner 
Schrift  »Revolte  oder  Reform?  Das  schlüssellose  Notensystem  der 
Zukunft«4  fallen  hiermit  zusammen.  Neu  ist  bei  letzterem  nur 
die  Verstärkung  der  obersten  Linie  des  oberen  und  der  untersten 
Linie  des  unteren  Systems,  um  das  Bild  des  alten  Fünflinien- 
Systems  unverändert  heraustreten  zu  lassen. 

Dieselbe  Tendenz  des  Gleichmachens  beider  Liniensysteme  leitet 
auch    Julius    Eduard    Bennert    in    seinen    1884    erschienenen 

1  »Note  for  Note  Musical  Notation«  (London,  Chappell  &  Co.,  1897). 

2  London,  Williams  1886. 

3  Vgl.  den  »Klavier-Lehrer*  XV,  5  (März  1892). 

4  Dresden,  Riesen  und  Calebow. 


348        Neue  Versuche  der  Darstellung  chromatisch  alterierter  Töne. 

»Reformen  der  Notenschrift«,  nur  daß  er  Fünfliniensysteme  ver- 
wendet und  neben  dem  Violinschlüssel  auf  der  zweiten  und  dem 
.F-Schlüssel  auf  der  fünften  Linie  für  Tenor  und  Baryton,  Viola, 
Baßklarinette ,  Tenorhorn,  Tenortuba,  Altposaune,  Guitarre,  Alt- 
trompete und  Flügelhorn  noch  als  Zitherschlüssel  den  F-Schlüssel 
auf  der  zweiten  Linie  verwendet. 

Noch  einer  Schlüsselreform  sei  schließlich  gedacht,  die  zwar 
ein  einheitliches  Schlüsselzeichen  einführt,  diesem  aber  als  Violin- 
und  Baßschlüssel  eine  verschiedene  Stellung  im  Liniensysteme  gibt, 
der  Schlüsselreform  Hermann  Schroeder's,  die  1891  in  seinem 
»System  der  neuen  verbesserten  und  vereinfachten  Tonschrift« 
zur  Erscheinung  trat.  Das  c  im  dritten  Zwischenraum  dient  ihm 
zur  Bezeichnung  des  c  der  ein-  bis  dreigestrichenen  Oktave,  das  e 
im  zweiten  Zwischenraum  für  die  kleine  bis  Kontra-Oktave.  Die  ein- 
zelnen Oktavlagen  werden  in  folgender  Weise  auseinander  gehalten: 


r       c       c 


Eine  große  Reihe  von  Reformvorschlägen  findet  sich  in  der 
Gefolgschaft  der  Akzidentien.  Die  Anwendung  der  Chromatik,  welche 
ursprünglich  auf  wenige  Fälle  beschränkt  blieb  und  zum  Teil 
keinen  schriftlichen  Ausdruck  fand1,  hat  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
einen  bedeutenden  Umfang  angenommen  und  ist,  nachdem  das 
16.  Jahrhundert  bereits  eine  Hochblüte  derselben  gesehen  hat, 
heute  zu  einem  derart  dominierenden  Faktor  geworden,  daß  sie 
geradezu  auflösend  auf  die  Tonarten  gewirkt  hat.  Statt  einer 
Generalvorzeichnung  wird  von  einigen  Meistern  bereits  jeder  einzelne 
Ton  mit  dem  ihm  zukommenden  Akzidenz  versehen.  Durch  den 
Überreichtum  an  Vorzeichnungen  verliert  aber  das  Notationsbild 
an  Übersichtlichkeit.  Die  verloren  gegangene  Klarheit  durch 
andere  Mittel  wieder  herzustellen  ist  das  Bestreben  einiger  Reformer. 
Schon  die  alte  deutsche  Orgeltabulatur2  kannte  ein  Mittel,  in  der 
mensural  aufgezeichneten  Oberstimme  ohne  Versetzungszeichen  die 
alterierten  Töne  zum  Ausdruck  zu  bringen.  Vom  Notenkörper 
wurde  eine  cauda  abwärts  gezogen  und  durchstrichen.  Eines  ähn- 
lichen Mittels  bedienen  sich  einige  Neuerer  des  19.  Jahrhunderts. 
Die  vier  hervorragendsten  zeigen  in  ihren  Versuchen  durchaus 
verwandte  Züge.    Joseph  Raymondi  bezeichnet  1843  in  seinem 

1  Über  diese  »semitonia  subintellecta«  vergleiche  meine  »Geschichte  der 
Mensuralnotation«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel  1904)  S.  \\ 6  ff. 

2  Siehe  oben  S.  4  2. 


Reformvorschlägc  von  Gapellen,  Schroeder,  Hoeftmann  u.  a.     349 

»Essai  de  simplification  musicographique«  und  1846  in  seinem 
»Nouveau  Systeme«  den  Kreuzton  mit  einem  vom  Notenkürper 
rechts  schräg  aufsteigenden,  den  B-Ton  mit  einem  vom  Notenkörper 
links  schräg  absteigenden  kleinen  Strich,  ersetzt  das  Auflösungs- 
zeichen durch  einen  Doppelpunkt  vor  der  Note  und  verdoppelt 
das  Strichchen  bei  Doppelkreuz  und  doppelten  7: 


ftj   b#    \\m  um    \bm         =       mr   B    :f     #  JB 


Nicht  wesentlich  anders  ist  der  Vorschlag,  welchen  Bartolo- 
meo  Montanello  1844  in  seinem  Briefe  an  Giovanni  Ricordi l 
»Di  un  modo  facile  ed  economico  per  istampare  la  musica«  er- 
örtert. Neu  ist  die  Durchstreichung  des  Strichchens  zur  Bezeich- 
nung von  Doppelkreuz  und  Doppel-t7.  Wie  die  Notenschreiber 
des  15. —  1  7.  Jahrhunderts  die  cauda  einer  Note  durch  Kaudierung 
nach  der  entgegengesetzten  Seite  unwirksam  machten,  so  Monta- 
nello ein  Kreuz  oder  P  durch  Verlängerung  des  Strichchens  über 
den  Notenkopf  hinaus:  jg . 

Eine  ähnliche  Darstellungsweise  findet  sich  auch  bei  Georg 
Gapellen,  der  1901  in  seinem  »Vorschlag  zur  Vereinfachung  des 
Systems  der  Versetzungszeichen  und  Tonartvorzeichen« 2  erhöhte  und 

vertiefte  Töne  folgendermaßen  zum  Ausdruck  bringt:  ö  //      u   / 

Nur  unwesentlich  weicht  schließlich  Hermann  Schroeder's3 
Darstellung    alterierter  Töne  von   der  bisher   gegebenen    ab,  läßt 

man  die  Form  des  Notenkörpers  außer  acht:   w    o  J°     o^  . 

eis     c     ces    cisis 

Ist  in  den  dargebotenen  Reformen  die  Richtung  eines  hinzu- 
gefügten Striches  maßgebend  für  Erhöhung  und  Erniedrigung,  so 
zeigt  bei  den  Vorschlägen  von  Hoeftmann  und  Hans  Wagner  die 
Lage  des  Notenkörpers  selbst  an,  ob  eine  Erhöhung  oder  Erniedri- 
gung vorliegt.    Hoeftmann  bringt  in  seiner  »Neuen  Notenschrift« 

1892  für  den  Stammton  die  runde  (•  &  «>),  für  den  Kreuzton  die 
langgestreckten  vom  Stiele  aufwärtsgehenden  1%  #  d  b    ö)  und 

1  Milano,  Giovanni  Ricordi. 

2  »Zeilschrift  der  Internationalen  Musik-Gesellschaft«  II,  193ff.  und  273. 
Siehe  auch  Sacher  »Unsere  Tonschrift«  S.  53 ff. 

3  »System  der  neuen  verbesserten  und  vereinfachten  Tonschrift«  (Berlin, 
1891).  Siehe  auch  H.  Wagner' s  »Musikstenographie  für  Handschrift  und 
Notendruck«   (Wien  1892)  S.  7  ff . 

Kl.  Handb.  der  Musikgesch.    VIII.  2.  25 


350  D^e  Farbe  als  Ausdrucksmittel  der  Chromatik. 

für   den  B-  Ton   die  langgestreckten  vom   Stiele  abwärtsgehenden 

Notenformen  \#  %  O  b  Ö  )  in  Vorschlag.  Bei  Hans  Wagner 
in  seiner  »Vereinfachten  Musiknotenschrift«  weist  der  nach  rechts 
aufwärtsgerichtete  Notenkopf  «?  0  auf  Kreuztüne,  Cdur-  und 
Kreuztonarten,  der  nach  rechts  abwärts  geneigte  Notenkopf  %  O 
auf  5-Tüne  und  5-Tonarten.  Bei  Doppelkreuz  verstärket  er  den 
oberen,  bei  Doppel-t7  den  unteren  Rand  solcher  auf-  und  abwärts- 
gerichteter weißer  Notenköpfe.  In  ähnlicher  Weise  bezeichnet 
August  Unbereit  den  Kopf  einer  erhöhten  Note  X,  aber  nicht 
ganz  folgerichtig  den  einer  vertieften  Note  mit  °% .  Durchaus 
logisch  schlägt  der  über  seine  Reform  in  den  »Blättern  für  Haus- 
und Kirchenmusik«1  referierende  Heinrich  Bohl  als  die  entspre- 
chenden Formen  "^  und  0  vor. 

Auf  die  Akzidentien  selbst  greift  der  Vorschlag  von  Graaff2 
zurück.  Die  Zeichen  für  Erhöhungen  und  Vertiefungen  läßt  er 
an  die  Stelle  der  Noten  treten.  Ausgang  nimmt  er  bei  den  Er- 
höhungen von  dem  Doppelkreuz,  das  durch  Halbierung  das  Zeichen 
der  einfachen  Erhöhung  hergibt.  Für  Viertel,  Halbe  und  Ganze 
gelten  folgende  verschiedene  Notenformen: 

J    J     x'       o    >    J        o    >    m 

Weniger  glücklich  ist  seine  Bezeichnung  der  einfachen  und 
doppelten  Erniedrigung,  da  hier  das  altgewohnte  Bild  des  7  kaum 


gewahrt  wird3: 


fc>     d        <>    w         o    w 


Ein  anderes  Mittel  zur  Darstellung  chromatischer  Töne  ist  der 
Wechsel  der  Farbe.  Mattheson  teilt  in  seiner  »kleinen  Generalbaß- 
schule4«, die  1734  in  Hamburg  erschien,  die  chromatische  Ton- 
schrift eines  Doctoris  medicinae  mit;  die  12  verschiedenen  Stufen 
der  Oktave  sind  abwechselnd  mit  voller  und  leerer  Note  derart  in 
ein  System  von  vier  Linien  eingetragen  worden,  daß  einerseits  die 
Note  frei  schwebt,  andererseits  aber  die  Linie  erst  von  unten  und 
dann  von  oben  berührt.  So  genügt  das  Vierliniensystem  für  die 
Aufnahme  des  Tonmaterials  zweier  Oktaven  in  chromatischer  Folge. 


1  Jahrgang  XVI  Nr.  1. 


2  Einzeichen-Tonschrift.     Köln,  Gonski  1913. 

3  Man  hätte  mindestens  vermutet      1/     K    O    M 

4  S.  122  £f.     Unterste  Klasse  7<'e  Aufgabe. 


Die  Farbe  als  Ausdrucksmittel  der  Chromatik.  351 


•p  ■    u 


n  ■    P  ■    u-*-0- 


TT 


XL 


"     °8    d     dis    e     f  fis    g   gis    a     b       h     c'   eis'  d'  dis'   e'   f  fis' g'  gis'  a'    b'    h'    c" 

Auf  verwandten  Bahnen   bewegt  sich  Arthur  Wallbridge  in 
einem   »Sequential   System  of  Musical   Notation«    (London    1844). 


'■  Ac/d  l/ 


E     y  Fis  G   Gis  A   Ais  H    C   Cis   D  Dis  E   F  Fia   G    Gis   A     B    E    c    eis   d    dis 
8 


d  m.ä   -•*   J  —  |    ,    I    / 


fis         gis    a  h  eis'        dis'  e'         fis  gis    a  h  cis         dis 


t-h^ ,    _  ■  m   P   >'  * 


kh^^1"  ■.■P'g^ 


ki.^'  ,   m   P  ,-  ^ 


an 

e" 

Die  Tonreihe  ist  hier  in  E'dur  (5.  Halbton  der  C-Reihe  mit  dem 
Zeichen  von  Dur  r\)  notiert,  wird  aber  ebenso  in  jeder  andern  Ton- 
art aufgezeichnet,  die  nur  am  Anfange  nach  der  Stellung  der  Tonika 
in  der  Halbton  reihe  von  G  aus  mit  den  Zeichen  von  Dur  r\  unter 
oder  Moll  kj  über  der  Zahl  anzugeben  ist.  Die  Unterscheidung  der 
Oktavlagen  durch  die  Form  und  Streichung  des  Notenkörpers  ist 
aus  der  Aufstellung  klar  ersichtlich. 

Auch  die  von  Perbandt'sche  Notenschrift1  zeigt  einige  Be- 
rührungspunkte. Sein  Liniensystem  gliedert  sich  eigentlich  nur  in 
zwei  Linien  und  eine.  Die  größeren  Linienabstände  charakterisieren 
den  diatonischen  Halbton.  Die  Verteilung  der  Noten  auf  das  Linien- 
system und  die  Anwendung  gegensätzlicher  Formen  zur  Bezeichnung 
der  Kreuztöne  entbehrt  der  Logik2: 


♦  ♦   *  « 


~9 W » 

f         fis        g         gis         a         ais         fi  c  cis         d  dis         e 


1  Zu  vergleichen  ist  der  Prospekt  von  1912. 

2  Als  Notenwerte  gelangen  zur  Anwendung  €J     O  für  die  Ganze,  <$     £j 

für  die  Halbe,  ^      *   für  die  Viertelnote,  ♦      m    für   die  Achtelnote  usw. 

Die  entsprechenden  Pausen  sind   /      A     /»     /  usw. 

25* 


352  Die  Farbe  als  Ausdrucksmittel  der  Chromatik. 

Das  von  Mattheson  mitgeteilte  Prinzip  der  Notenstellung  werden 
wir  später  bei  Sacher,  Weigand,  Engelke  und  in  der  Wiener 
Notenschrift  weiter  ausgebildet  sehen.  Der  Wechsel  von  voller 
und  leerer  Note  zur  Bezeichnung  von  Stammton  und  abgeleitetem 
Ton  oder  allgemein  zweier  auf  einander  folgender  Halbtöne  ist 
öfter  anzutreffen.  Ernst  von  Heeringen1  setzt  in  seinem  »Neuen 
System"«  1851  einer  jeden  weißen  Taste  eine  weiße  Note  und  einer 
schwarzen  Taste  eine  schwarze  Note  gleich.  In  ähnlicher  Weise 
bezeichnet  auch  Hans  Wagner  in  seiner  »Musikstenographie  für 
Handschrift  und  Notendruck«  jede  Obertaste  mit  einem  vollen  und 
jede  Untertaste  mit  einem  leeren  Notenkopf2).  Nicht  andere  Wege 
geht  Ernst  Weigand  in  seinem  »Anschauungssystem«  1888. 

Johannes  Rohleder,  ein  Prediger  zu  Friedland  in  Pommern, 
der  auf  Grund  der  zwülfstufigen  Leiter  eine  chromatische  Klaviatur 
mit  abwechselnden  weißen  und  schwarzen  Tasten  konstruierte,  gibt 
1792  in  seiner  »Chromatischen  Notenschrift  für  chromatische  Kla- 
viatur« in  Parallele  zur  Farbe  der  Taste  je  zwei  aufeinanderfolgende 
Töne  als  schwarze  und  weiße  Note  gleicher  Stufe  wieder: 

; r—   ■     J U    I      I      !    J=d= 


-gl         •        «g- 


Trf— g»  *        <»- 


c      eis    d    dis     e     f     fis     g     gis    a      b      h      e 

Dasselbe  Prinzip  vertritt  auch  Charles  Lemme  in  seiner  »Nou- 
velle  möthode  de  musique  et  gamme  chromatique«  (Paris,  Firmin 
Didot,  1829)3.  Ihnen  anzureihen  sind  Gambale  mit  seiner  »Riforma 
musicale4«  (Mailand  1840),  der  ein  Dreiliniensystem  für  den  Ge- 
sang und  ein  Sechsliniensystem  für  die  Instrumentalmusik  aufstellt, 
Giuseppe  Borio  mit  seiner  Schrift  »Sulla  opportunitä  di  una 
nuova  segnatura  musicale«  (Milano  1 842),  Sac.  Bartolomeo  Grassi- 


1  In  seiner  Tonschrift  liegt  der  Prinzessin  von  Preußen  »Marsch  über 
einen  spanischen  Nationaltanz«  (Kgl.  Preuß.  Armeemarsch  Nr.  4  02)  vor. 

2  Vgl.  auch  H.  Wagner's  Schrift  >Die  bisherige  und  die  vereinfachte  Musik- 
notenschrift« (Wien)  und  den  Artikel  L.  Wuthmann  »Eine  neue  Notenschrift« 
in  den  »Blättern  für  Haus-  und  Kirchenmusik«  VIII,  138. 

3  Siehe  die  Kritik  in  Fetis'  »Revue  musicale«  V  (1829)  S.  49  ff. 

4  Der  genaue  Titel  ist:  »La  riforma  musicale  risguardante  un  nuovo  stabili- 
mento  di  segni  e  di  regole  per  apprendere  la  musica«  (Milano  1840).  Eine 
deutsche  Übersetzung  von  dem  Weimarer  Chordirektor  F.  A.  Häser  erschien 
4  844  in  Leipzig  bei  Breitkopf  &  Härtel.  Gambale's  System  wurde  widerlegt  im 
»Messagiere  Torinese«  1841  durch  Luigi  Rossi,  Vitali  und  N.  E.  Cattaneo. 
Vgl.  auch  »Allgem.  Mus.  Zeitung«  1841  Nr.  5  und  13,  184  3  S.  273  und  Luigi 
Malvezzi  im  »Cosmorama  pittorico«. 


Ganz-  und  Halbschwärzung  im  Dienste  der  Chromatik.  353 

Landi  mit  seiner  >Descrizione  della  nuova  tastiera  cromatica  ed 
esposizione  del  nuovo  sistema  di  scrittura  musicale«  (Rom  1880), 
R.  M.  Mayrhofer  mit  seinem  »Ciavierschlüssel«  (Wien  1896)  und 
Paul  Riesen1  mit  seinem  »schlüssellosen  Notensystem  der  Zukunft« 
(Dresden  1902,  2.  Auflage). 

Neben  der  Ganzschwärzung  ist  aber  auch  die  Halbschwärzung  als 
Ausdrucksmittel  der  Chromatik  in  Vorschlag  gebracht  worden.  K.  M. 
Bäßler  läßt  in  seinem  zwülfstufigen  »Non  plus  ultra-Notensystem«2 
je  zwei  Noten  gleicher  Stufe  folgen,  deren  erste  die  untere  Hälfte 
und  deren  zweite  die  obere  Hälfte  des  Notenkürpers  gefüllt  erhält : 


-Q — 9- 


fc>    9 


Q     9 


V    i      V     9       C     9       »     " 

c        eis  d        dxs  e        f  fi»       g  gis       a  b         h  c         ein 

Ähnliche  Wege  geht  Ernst  Weigand  in  seiner  »vermittelnden 
neuen  Tonschrift«,  die  dem  Unterschiede  von  Kreuz-  und  B- Tönen 
gerecht  zu  werden  sucht.  Leere  weiße  Noten  bezeichnen  die  Stamm- 
töne, in  der  oberen  Hälfte  geschwärzte  die  Kreuztöne  und  in  der 
unteren  Hälfte  geschwärzte  die  B- Töne: 


o   o  h   g  g   D 


n — o — H — B — b- 

egHa°B°P" 

c       eis     des       d      di»      es        e        f     fis    ges     g      gig      a%       a       aia      b        h         c 

Einige  der  Reformer  sehen  wir  bereits  das  überkommene  Noten- 
system durchbrechen,  indem  sie  an  die  Stelle  des  siebenstufigen  ein 
sechsstufiges,  in  12  Halbstufen  zerfallendes  setzen.  Teilten  bei 
ihnen  aber  mehrere  Noten  denselben  Platz  im  System,  so  suchten 
andere  Reformer  für  jeden  Ton  eine*  eigene  Stelle  zu  gewinnen. 
Sacher  in  seinem  »Entwurf  einer  Vereinfachung  der  Tonschrift« 
vom  Jahre  1889,  Leopold  Engelke  in  seinem  »neuen  System 
der  Musikschrift«  18933  und  die  Wiener  Notenschrift  verfolgen 
jenes  Prinzip   weiter,  welches  uns  bereits   bei  Mattheson   begegnet 

1  Er  benutzt  ein  System  von  sieben  Linien,  deren  Mittel-  und  Außenlinien 
verstärkt  sind.     Jede  verdickte  Linie  ist  der  Ort  für  den  Ton  e. 

2  Zwickau  (Sachsen),  Verlag  des  Herausgebers,  1903. 

3  In  seiner  Schrift  »Die  Wurzeln  des  musikalischen  Ausdrucks«  (Oppen- 
heim a.  Rh.  1887)  gibt  er  bei  Niederschrift  der  Beispiele  von  den  alterierten 
Noten  nur  die  schwarzen  Hälften  an,  so  daß  diese  als  schmale  Rechtecke  in 
die  Erscheinung  treten. 


354 


Reformen  des  Liniensystems. 


ist.     Bei  jeder  Linie  nehmen  sie  eine  Berührung  durch  den  Noten- 
korper  von  unten,  eine  Deckung  und  eine  Berührung  von  oben  an. 


Sacher 


c        eis       d       dii 


f       /**       g      gi»       ab         he. 


Engelke 


da       de        ga       ge       ma      me       fa        fe         la        le         sa        se 
c        eis         d        dis       e         f        ges      g         as         a  b  h 


Wiener  Notenschrift 


|  J  J  J  I  J  J 


c        de»       d         er 
eis  dis 


f      £■«»       g       as        a 
fi*  gi» 


b         h         c 
it»     ce» 


Ernst  Weigand1  weicht  in  seiner  Normalschrift  insofern  von 
den  Vorhergenannten  ab,  als  er  an  der  Stellung  der  diatonischen 
Tüne  im  herkömmlichen  Liniensystem  festhält: 


I-. 

m 

n 

m 

des 
ci» 

d 
d 

'  ■ 

es 
dis 

D 

e 

n 
/ 

■ 

ges 
fis 

g 

as 
gi» 

a 

b 
ais 

h 

-» 

Auch  Hugo  Riemann's  4  882  herausgestellter  Versuch2,  die 
chromatische  Leiter  zur  Darstellung  zu  bringen,  unterscheidet  sich 
im  Grunde  genommen  nicht  von  jenen  Versuchen  Sacher's,  Engelke's 
und  anderer,  die  nach  ihm  kamen,  nur  daß  er  der  im  Zwischen- 
raum schwebenden  Note  zur  genaueren  Unterscheidung  ein  Strich- 
lein, eine  Hilfslinie  hinzufügt. 


=£=j=^ 


El 


j  ^ 


/     fis     g     gis     a 


h 


eis     d     dis     e 


Das  überkommene  guidonische  Liniensystem  mit  seinem  Wechsel 
von  Linie  und  Zwischenraum  für  die  Reihe  der  diatonischen  Tüne 
war  gerade  für  manchen  Musiker  ein  Stein  des  Anstoßes,  weil  das 


i  »Anschauungssystem  für  Klanghöhe  und  Klangdauert  (Mainz,  Kern,  1 888).— 
»Die  Unhaltbarkeit  der  bisherigen  Tonschrift  und  Theorie«.  (Frankfurt  a.  M.  1 891.) 

2  Vgl.  seinen  Artikel  »Die  zwölfstufige  Notenschrift«  im  »Musikalischen 
Wochenblatt«  Jahrgang  XIII  Nr.  52  (Leipzig,  den  21.  Dezember  1882). 


Reformen  des  Liniensystems.  355 

Intervall,  welches  seiner  Natur  nach  die  grüßte  Symmetrie  aufweist, 
die  Oktave,  innerhalb  dieses  Liniensystems  durchaus  keine  volle  Ent- 
sprechung im  Notenbild  findet.  Diesem  Übelstande  helfen  die  bereits 
erwähnten  Reformvorschläge  Mattheson's,  Rohleder's,  Gam- 
bale's,  Borio's,  Engelkes,  Riesen's  und  anderer  ab.  Drei 
Linien  umfassen  bei  ihnen  eine  volle  Oktave  und  genügen  daher  auch 
einzelnen  von  ihnen  als  Liniensystem.  Das  Oktavintervall,  welches 
auf  der  Linie  beginnt,  hört  auch  auf  der  Linie  auf.  Andere,  welche 
sich  des  Gegensatzes  der  Farbe  entschlagen,  gebrauchen  für  die 
nach  altem  Vorbilde  von  Linie  zu  Zwischenraum  fortschreitenden 
Stufen  der  eine  Oktave  umfassenden  chromatischen  Leiter  ein  Sechs- 
bezw.  Siebenliniensystem.  Die  Reihe  eröffnen  Roualle  de  Bois- 
gelou  (1764)i  und  der  General  Blein  (1828)2; 

Roualle  '     ^      ~    -vg— <g — - 


de 


ßoisgelou.  ^ 21 


ut     de      re    tna    mi     fa     fi     sol      bi    la    sa     si     ut 
c      eis    de    dis      e       f     fis      g      gis    a      b      h        c 
es 

In  der  gleichen  Weise  schreiten  aber  auch  vorwärts  Amadeus 
Autodidactos  in  seinen  »Aphorismen  über  Musik«  (Leipzig  1847) 3, 
Karl  Bernhard  Schumann  in  seinen  »Vorschlägen  zu  einer 
Reform  auf  dem  Gebiete  der  Musik  durch  Einführung  eines  ein- 
fachen und  naturgemäßen  Tastatur-  und  Notensystems«  (Berlin 
1859)4,   IL  J.  Vincent   in    seiner   Schrift   »Einheit   der   Tonwelt« 

i  Vgl.  J.  J.  Rousseau,  »Dictionnaire  de  Musique«  4  782  S.  4  53  und  Ray- 
inondi,  »Examen  critique  des  notations  musicales«  (Paris  1856)  S.  27  und  34. 

2  Raymondi,  a.  a.  0.,  S.  27,  34  und  Tafel.  Siehe  auch  den  Brief  Blein's 
an  Fetis  vom  23.  Dezember  1828  in  dessen  »Revue  musicale«  IV  (1829)  S.  537  ff. 
In  ihm  macht  er  Front  gegen  die  chromatische  Klaviatur  Gauvin's  (vgl. 
Revue  musicale  IV,  489 ff.),  die  aus  lauter  gleichen  Tasten  besteht.  Er  selbst 
läßt  wie  Rohleder  weiße  und  schwarze  Tasten  regelmäßig  abwechseln.  Es  er- 
geben sich  damit  zwei  hintereinander  liegende,  um  einen  Halbton  verschiedene 
Ganztonreihen  wie  später  bei  Wallbridge,  Vincent  und  Janko.  Mit  allen 
genannten  chromatischen  Klaviaturen  scheint  jene  ältere  vom  Mathematiker 
Conrad  Haenfling  aus  dem  Jahre  1708  (vgl.  Miscellanea  Berolinensia  1710 
und  Mattheson  »Critica  musica«  I,  51  f.)  die  Grundlagen  gemein  zu  haben. 
Sicher  ist  ibnen  die  Klaviatur  des  Herrn  F.  A.  aus  Richmond  voranzustellen,  über 
welche  Mattheson  im  »Musikalischen  Patrioten«  (Hamburg  1728)  29.  und  30. 
Betrachtung  S.  233  ff.  berichtet. 

3  S.  56  ff.  Notenschrift.  Er  zieht  auch  ein  Viertellonsystem  mit  zwei  durch 
eine  dicke  Mittellinie  getrennten  Fünfliniensystemen  in  Frage. 

*  2.  Auflage  1861.  Vgl.  auch  »Allgem.  Lehrerzeitung«  (red.  von  Berthold) 
1859  Nr.  42  und  1860  Nr.  43,  »Euterpe«  1860  Nr.  10,  »Echo«  1875  Nr.  26  und 
»Wochenblatt«   1875  Nr.  42. 


356      Zwölftonschriften  von  K.  B.  Schumann,  Decher,  Morven,  Laker. 

(München  1874),  G.  Decher  in  seiner  »Tonschrift  für  das  gleich- 
stufige Tonsystem  in  ihrer  Anwendung  für  die  chromatische  Kla- 
viatur« (1877),  Kalo  Morven  in  seiner  »Notation  Morven«  (Paris 
Oktober  1886),  Thelwall  1897  in  seinem  »Note-for-Note-System« i, 
Anna  Claud  Saar  aus  Nizza  in  ihrer  »neuen  Notierungsmethode 
ohne  Vorzeichen«2,  Hans  Krenn  in  seinem  Aufsatz  »Siebenton- 
oder Zwölftonschrift«3  und  Karl  Laker  in  seiner  »Vereinfachung  der 
Notenschrift«  (Graz  1910).  Zu  den  Systemen  der  einzelnen  seien 
noch  ein  paar  Bemerkungen  hinzugefügt.  K.  B.  Schumann  denkt 
sich  die  Leiter  aus  sechs  untergeteilten  Ganztonstufen  bestehend, 
merzt  infolgedessen  den  siebenten  Tonnamen  g  aus  und  bezieht  die 
Stammbezeichnungen  auf  die  auf  den  Linien  anzutreffenden  Ganzton- 
stufen, während  die  Zwischenräume' die  abgeleiteten  Halbtonstufen 


tragen : 

m 

m                ■ 

0 

0 

0 

m  ' 

-0-      * 

c       d 

e        f        a        b 
(=fis){=gis)  {=ais) 

0 
eis 

dis 

0 
eis     fis      ais      his 

(=/")  i=9)  (=«)  (=/>■) 

G.  Decher  nimmt  in  seinem  »Rationellen  Lehrgebäude  der  Ton- 
kunst« (München  1870)  für  die  Mittellinie  den  Ton  a  an  und  ersetzt 
sie  durch  einen  kurzen  Strich.  Die  Oktavlagen  werden  durch  die 
römischen  Zahlen  von  I — VIII  bezeichnet.  Seine  Tonschrift  ist  unter 
der  Mitarbeit  von  M.  E.  Sachs  entstanden. 

Morven  und  Laker  verwenden  ein  Sechsliniensystem.  Ersterer 
verstärkt  die  Außenlinien,  um  benachbarte  Systeme,  die  übrigens 
auch  durch  einen  unbedeutend  größeren  Zwischenraum  getrennt 
sind,  klar  von  einander  unterscheiden  und  die  Tonbedeutung  mühe- 
los ablesen  zu  können.  Jede  untere  Grenzlinie  bedeutet  ö,  jeder 
mittlere  Zwischenraum  f.  Laker's  System  ist  dadurch  interessant, 
daß  er  über  eine  Oktave  hinausgehende  Töne  transponiert  inner- 
halb desselben  Liniensystems  aufzuzeichnen  vermag.    Mittel  hierzu 


1  Thelwall  verwendet  ein  Siebenliniensystem  mit  verstärkter  Mittellinie 
als  Sitz  von  C.  Die  Oktavlage  wird  durch  die  mit  Kreisen  umzogenen  Ziffern 
0— -8  zum  Ausdruck  gebracht,  im  übrigen  aber  an  der  alten  Notation  fest- 
gehalten. Das  Werk  erschien  bei  Chappell  &  Co.  in  London;  in  diesem  System 
gedruckte  Kompositionen  kamen  bei  Houghton  &  Co.  in  London  heraus.  Siehe 
seine  Lehre  auch  im  »Musical  Courier«  January  14*h  -1897  und  May  26th  -1898. 

2  Siehe  das  »Wiener  Fremdenblatt«  1898.  A.  C.  Saar  gebraucht  ein 
Siebenliniensystem. 

3  »Neue  Musikalische  Presse«  XIV,  10.  Er  verdickt  die  erste  von  je  drei 
Linien.  Die  tiefste  seiner  sieben  Hauptlinien,  zu  denen  noch  oben  und  unten 
je  drei  Hilfslinien  treten  können,  ist  Sitz  des  Tones  a. 


Reform  versuche  von  Meta  Rom  er- Neu  bner  u.  K.  Chr.  Fr.  Krause.  357 


sind  ihm  Striche  durch  ein  Spatium,  die  links  von  der  Note  die 
Transposition  um  je  eine  Oktave  nach  unten,  rechts  die  entsprechende 
Transposition  nach  oben  anzeigen,  z.  B.: 


P 


'  4 


•H — 


r 0 •+ •-!! 

1 — ——————  — 


h» 


~rr»~ 


Auf  der  temperierten  Stimmung,  die  die  Oktave  in  zwölf  gleiche 
Halbtüne  zerlegt,  baut  sich  der  ähnliche  Reformversuch  von  Meta 
Römer-Neubner  in  ihrer  Schrift  »Quadratnoten«1  auf.  Sie  ope- 
riert de  facto  mit  einem  Sechsliniensystem,  bei  dem  die  erste  Linie 
als  cis-Linie  rot  ausgezogen  und  die  vierte  Linie  als  Ort  für  g  ver- 
stärkt ist.  Je  nach  dem  Umfang  der  Kompositionen  werden  mehr 
oder  weniger  Systeme  fortlaufend  aneinandergefügt.  Die  einzelnen 
Oktaven  werden  durch  die  Buchstaben  A—H,  die  eingestrichene 
Oktave  in  Vertretung  des  Buchstabens  D  mit  der  roten  Note  c' 
ausgezeichnet.  Die  ganzen  Systeme  sind  von  einem  Netz  von 
Quadraten  von  der  Breite  des  Zwischenraums  überspannt.  Alle 
Noten  gewinnen  die  Form  von  Quadraten,  Vielfachen  oder  Teilen 
desselben  und  stellen  sich  in  der  Komposition  als  ein  fortlaufendes 
Band  dar.  Jedes  Quadrat  im  Notenzeichen  entspricht  dem  Werte 
einer  Achtelnote.  Vielfache  oder  Teile  ziehen  den  entsprechenden 
Wert  auf  sich.  Lücken  im  Bande  sind  ihrer  Grüße  entsprechend 
als  Pausen  zu  deuten.  Kleine  Einschnitte  trennen  zwei  gleiche  auf- 
einanderfolgende Noten.  Eine  geringere  Zahl  von  Zeichen  ist  in 
diesem  Versuche  ohne  Frage  verwendet,  eine  größere  Anschaulich- 
keit für  den  Anfang  auch  erreicht,  die  Übersichtlichkeit  des  Noten- 
bildes aber  stark  beeinträchtigt. 


1  Kronstadt  (Ungarn),  Willi.  Hiemesch,  (1902). 


358  Die  Farbe  im  Dienste  der  Darstellung  der  Chrom atik. 

Sahen  wir  bisher  als  Hüchstzahl  sieben  Linien  in  Gebrauch,  so 
führt  Dr.  Karl  Chr.  Fr.  Krause,  der  in  seiner  chromatischen  Ton- 
schrift1 nur  die  Verwendung  der  Zwischenräume  kennt,  13  Linien 
zur  Fixierung  einer  Oktave  und  37 — 49  Linien  zur  Aufzeichnung 
von  drei  bis  vier  Oktaven  ein. 

Diejenigen  Systeme,  welche  den  Gegensatz  von  schwarzen  und 
weißen  Noten  zur  Darstellung  der  Chromatik  heranzogen,  mußten 
notgedrungen  zu  andern  Mitteln  des  rhythmischen  Ausdrucks  greifen. 
So  gebraucht  Garn bale  das  rhythmische  System  J.  J.  Rousseau's2, 

i    r    f*    * 

d    tö   &    a   a     & 


Grassi-Landi  die  Figuren 


D' 


i   i   r  f*  $ 

g     &  ^    4    4    4    4    und  Weigand 


* 

&  für  die  Werte 

4 

C 

r     f*     * 

d    d    d    -„ 

für 

H   •     •   * 

l=z   d     c 

r   f*   & 


r  p  ^  —■—■■■■ 

o    &    4    4    4   4  .     Bei  De  eher  hat  jede  gestrichene  Note  T  die 

Dauer  eines  Taktschlages;  jedes  Kreuz  hinter  der  Note  verlängert 
ihren  Wert  um  je  einen  Taktschlag.  Stellt  man  diesen  also  einer 
Viertelnote  gleich,  so  gilt  "f"+  +  +  —&•     Die  Pause  zeichnet  er  als 

leeren  Notenkopf  auf,  die  Darstellung  ihrer  Dauer  entspricht  der 
des  Notenwertes. 

Von  den  Reformen,  welche  zur  Darstellung  der  Chromatik 
mit  dem  Gegensatz  der  Farben  operierten,  war  der  Weg  nicht 
weit  zu  andern  Vorschlägen,  die  das  Abbild  der  Klaviertastatur 
benutzen  und  den  weißen  Tasten  die  weißen  Zwischenräume,  den 
schwarzen  Tasten  die  schwarzen  Linien  entsprechen  lassen.  Dieser 
an  und  für  sich  glückliche  Gedanke,  durch  welchen  die  Linien 
abwechselnd  zu  je  zwei  oder  drei  gruppiert  werden,  tritt  uns  zum 
ersten  Male  bei  Michel  Eisenmenger  in  seinem  »Traite  sur  Tart 
graphique  et  la  mecanique  appliques  ä  la  musique«   (Paris  1 838) 3 


1  Vyl.  in  der  »Allgemeinen  Musikzeitung«  (Leipzig)  1811  Nr.  30  seine  »Ver- 
besserte Tonschriftsprache«.  Eine  Kritik  erfuhr  diese  durch  Wilke  in  seinem 
Aufsatze  »Bedenken  über  die  von  Herrn  Prof.  Krause  neuerfundene  Tonschrift« 
in  der  »Allgem.  Musikalischen  Zeitung«  1812  Nr.  8 — 9.  Er  betont  die  Unüber- 
sichtlichkeit durch  die  Fülle  der  Linien,  die  große  Möglichkeit  des  Irrtums,  die 
Schreibschwierigkeit  und  die  Unmöglichkeit  der  Anwendung  des  Prinzips  auf 
die  Partitur,  da  diese  gegen  800  Linien  umfassen  dürfte  und  bei  richtigem  für 
das  Auge  passenden  Linienabstand  die  Größe  einer  Stubentür  einnehmen  würde. 

2  Siehe  unten  S.  446. 

3  Vgl.  S.  84  und  93  ff.  Die  Oktavlagen  werden  mit  Hilfe  der  Buchstaben 
A  —  G  unterschieden.  Die  erste  von  je  zwei  zusammenliegenden  Linien  wird 
der  Übersichtlichkeit  wegen  verstärkt. 


Darstellung  der  Notenwerte  bei  Orser  und  Busoni. 


359 


entgegen  und  wiederholt  sich  bei  Friedrich  von  Drieberg  in 
seinem  »Vorschlag  zu  einer  Vereinfachung  unseres  Notensystems« 
(Allgem.  Musik.  Zeitung  1842  Nr.  46),  bei  Juan  Nepomuceno 
Adorno  in  seiner  » Myographie <  (Paris  1855),  bei  Gesare  Paga- 
nini  aus  Mantua  in  seiner  »Teoria  musicale  vera  normale«  aus 
dem  Jahre  1865,  bei  Johannes  Baumann  in  seiner  »Musikali- 
schen Stenographie«1  1875,  bei  Melchior  Balbi  in  seinem 
»Nuovo  sistema  armonico  fondato  sulla  divisione  dell'ottava  in 
dodici  semitoni  equali«  (Padova  1877),  bei  Gustav  Neuhaus  in 
seinem  im  Anfang  der  achtziger  Jahre  erfundenen  natürlichen  Noten- 
system (veröffentlicht  1906^,  bei  Bonnard  in  seiner  »Notation 
musicale  ä  l'aide  de  traits  sur  le  clavier«  (Paris  1885),  bei  Levi 
Orser  in  seiner  Schrift  »The  natural  method  of  writing  music« 
(Boston  1893),  bei  Paul  von  Janko  in  dem  Hans  Schmitt2 
mündlich  mitgeteilten  Reformversuch,  bei  E.  Walter  in  seinem 
»Notenliniensystem«  (Warmbrunn  i.  Schi.  1896),  bei  Willy  Neu- 
mann (Rostock)  in  seinem  Klavier-Lehrmittel  »Rapid«,  bei  Mit- 
cherd3  in  seinem  »Easy  System  of  Music.  Music  revolutionised. 
No  flats  or  Sharps«  und  bei  Ferruccio  Busoni4  in  seinem 
»Versuch  einer  organischen  Klavier-Notenschrift  praktisch  erprobt 
an  Joh.  Seb.  Bachs  Chromatischer  Phantasie  in  Dmoll«  (Leipzig, 
Breitkopf  &  Härtel,  1909). 


eis 

</,  .< 


dis 

es 


f       fi*      9 

ges 


gis 
as 


a 


ats 
b 


h 


Da  Orser  und  Busoni  auch  in  der  Note  die  Farbe  der  Taste 
festhalten,  also  auf  Obertasten  fallende  Töne  schwarz  darstellen, 
so  müssen  sie  wie  Grassi-Landi ,  Weigand  und  andere  einige 
Änderungen  an  der  rhythmischen  Darstellung  vornehmen.  Levi 
Orser  ist  ziemlich  ungeschickt  in  der  Bezeichnung  der  Werte. 
Er  kennt  sowohl  eine  Messung,  die  durch  die  Größe  des  Noten- 
körpers sichtbar  gemacht  wird,  als  auch  eine  solche,  die  mit  cauda 
und  Fahnen  als  Zeichen  der  Mensur  operiert: 


i  Vgl.  »Harmonie«  Jahrgang  1875  Nr.  22. 

2  Vgl.  Hans  Schmitt,  »Eine  neue  Notenschrift«  (Brunn  1892)  S.  M. 

3  Bei  Mit  che  rd  ist  der  verbreiterte  Zwischenraum  für  e — f  und  /< — c 
durch  eine  punktierte  Linie  geteilt. 

4  Die  Aufzählung  der  Reihe  von  Eisenmenger  bis  Busoni  zeigt,  wie  hin- 
fällig der  Prioritätsstreit  zwischen  Neuhaus  und  Busoni  über  die  Erfindung 
dieses  Klavier-Notensystems  ist. 


360  Die  Reformversuche  von  Adorno  und  Vincent. 

1  1/2     i/i  Schmucknote 


I  I        CZ3     U  & 

O         D       f 


r 


11     r    1*    a    1 

=  0  =&  =4  =4  =*  =•  =  • 

Enger  an  die  Überlieferung  hält  sich  Busoni,  dessen  rhythmische 
Bezeichnungsweise  sich  mit  der  Methode  Grassi-Landfs  und  Wei- 
gand's  berührt: 

r  r     1" 

O     ■  =   £>  ^4=4 

|  I  Pf? 

!    I        I  £   £        fe 

fi>   •  =  4  &     4     =  * 

Des  Schlüssels  entschlägt  er  sich  ganz.  Die  Oktavlage  be- 
stimmt er  durch  B  (Bassus)  =  große  Oktave,  T  (Tenor)  =  kleine 
Oktave,  A  (Altus)  =  eingestrichene  und  S  (Sopranus)  =  zweigestrichene 
Oktave.     Jede  dieser  Oktaven  erhält  ein  Fünfliniensystem. 

Um  im  Liniensystem  ein  vollständiges  Abbild  der  Klaviatur 
zu  gewinnen,  stellt  es  Adorno  in  seinem  »Systeme  melogra- 
phique  relatif«  vertikal  auf.  Die  alten  Notenformen  behält  er  bei ; 
der  Versetzungszeichen  bedarf  er  im  allgemeinen  nicht,  da  jeder 
chromatische  Ton  seinen  Platz  im  Liniensystem  hat.  Bei  der 
Generalvorzeichnung  und  bei  gelegentlicher  Erhöhung  und  Ver- 
tiefung dient  ihm   >  zur  Angabe   des    Kreuz-  und  <  zur  Angabe 

• 

des  B-Tones.  Den  Dur-Charakter  bezeichnet  C  ,  den  Moll-Charakter  C . 

Die  Tonika  der  Leiter  wird   bestimmt   durch  die  Linie    oder  den 

Zwischenraum,  in  welchem  sich  die  Zeichen  C  und  C  mit  darunter 

gesetztem  Kreuz-  oder  B-Zeichen  finden.  Aufeinander  folgende 
Töne  sind  vertikal,  gleichzeitig  erklingende  horizontal  zu  lesen. 
Sein  »Systeme  melographique  absolu«  entschlägt  sich  auch  der 
alten  Notenformen  und  trägt  an  deren  Stelle  Buchstaben   zur  Be- 

1         1         r 

Zeichnung  der  Notenwerte  ein:  A—&,   B  =  &,  D  =  *,  E  —  0  , 

^  ^  | 

F  =  4  ,  G  =  4  ,  H  =  0  .  Als  Pausen  wendet  er  die  entsprechen- 
den kleinen  Buchstaben  an:  a  =  w,  b  =  — ,  d  =  jf,  e  —  1,  f=", 


1  Die  Zeichen  >  und  <  sollen  zugleich  darauf  hinweisen,  >que  le  diese 
se  trouve  un  peu  plus  haut  et  le  be  mol  un  peu  plus  bas  qu'un  demiton« 
(Adorno,  S.  18). 


Die  Cliromatik  bei  Aigre,  Orser,  Wilke,  Heinrich,  Latte.      361 

</  =  •?,  h  =  £.     Die  großen  Buchstaben  in  kleinen   Typen  zeigen 

Vorschlagsnoten  an. 

Zu  den  bisher  angegebenen  neueren  Mitteln  der  Darstellung 
der  Chromatik  seien  noch  einige  wenige  hinzugefügt.  Der  Wiener 
Musiklehrer  H.  J.  Vincent  benutzte  den  nach  unten  gezogenen 
Notenstiel  wie  die  deutschen  Organisten  des  15./1 6.  Jahrhunderts 
einmal  als  Ausdrucksmittel  der  Alteration: 


Andererseits  empfahl  er  aber  in  seiner  Schrift  »Der  Doppel- 
stiel im  Fünfliniensystem  oder  die  vereinfachte  Siebenlinien-Ton- 
schrift G.  Decher's«,  den  Stiel  in  dem  Sinne  einzuführen,  daß  mit 
ihm  eine  Erhöhung  um  sechs  Halbtöne  verbunden  wäre,  wodurch 
die  Zahl  der  zu  schreibenden  Skalen  von  12  auf  6  herabgesetzt 
und  Hilfslinien  gespart  würden: 

I 


f 


statt  i     1 — ä — 9 


■*  |       I  cdefgahc 

c      d      e      f        g      a      h      e 

Durch  die  Veränderung  der  Form  des  Notenkörpers  will  1830 
ein  »Ignorant  qui  frissonne  au  seul  nom  de  Semol«1,  ein  Anony- 
mus, unter  dem  sich  H.  B.  Aigre  verbirgt,  die  Vorzeichen  ver- 
mieden wissen.  Den  diatonischen  Tönen  gibt  er  einen  runden, 
den  chromatischen,  die  er  offenbar  alle  als  5-Töne  auffaßt,  einen 
quadratischen  Notenkörper. 


i 


-s> — e — «" 


~Kt 


H5> 


vi      da      re       bo     mi      fa        di     sol      fi       la       rt      st       ut 
c     des      d        es       e        f       ges     g        as      a        b       h 
eis  dis  fis  gis 


c 


ats 


Bäßler  wendet  in  seinem  »regulären  Fünfliniensystem«  kleine 
Dreiecke  zur  Bezeichnung  chromatischer  Töne  an.  Ähnlich  braucht 
Levi  Orser  <3  für  Kreuz  und  i>  für  5-Töne,  benutzt  diese  Figuren 

1  Seine  4  830  bei  Ladvocat  in  Paris  erschienene  Schrift  führt  den  Titel 
»Reforme  ä  faire  dans  la  maniore  d'ecrire  la  musique  au  moyen  de  laquelle 
les  coramen^ans  n'eprouveront  plus  de  difficultes,  soit  dans  la  lecture,  soit 
meine  dans  l'execution«. 


362        Die  Darstellung  der  Chromatik  bei  Picitono  und  Lusitano. 

aber  nur  als  Beizeichen  vor  und  hinter  der  Note.  Auch  Wilke, 
der  in  der  »Allgemeinen  Musikzeitung«  vom  Jahre  1812  Nr.  8/9 
die  Notation  des  Philosophen  Prof.  Dr.  K.  Chr.  Fr.  Krause  kritisiert, 
möchte,  um  die  vielen  Linien  zu  vermeiden,  für  die  alterierten 
Töne  lieber  einen  viereckigen  Körper  und  zwar  einen  auf  die  Spitze 
gestellten  für  die  Kreuztöne  und  einen  liegenden  für  die  B-TOne 
angewendet  wissen. 

Zu  wieder  andern  Mitteln  greift  die  »Lettern-Notation«  der 
Edition  de  Heinrich.  Sie  fügt  den  für  jeden  der  sieben  Stamm- 
töne der  Oktave  eingeführten  verschiedenen  der  Wiener  Notenschrift 
ähnlichen  Notenköpfen 

J    J    J    J    V    J    i 

bei  Erhöhung  eine  obere  Linieneinsäumung,  bei  Erniedrigung  eine 
untere  Linieneinsäumung  hinzu: 

,       «         ♦         l       >        -      4     d       -         ♦         *         r        ._       , 

eis       dis  ei»         fix         gia         ais        Ais    ce»        de»  es         fe»  ges         a»  b 

Einen  ähnlichen  Vorschlag  macht  1892  auch  Ludwig  Latte 
in  seinem  neuen  Notensystem.  Bei  ganzen  und  halben  Noten  als 
Kreuztönen  verdoppelt  er  im  Notenkopf  den  oberen,  als  B- Tönen 
den  unteren  Band.  Die  Notenkörper  von  Viertelnoten  und  kleineren 
Werten  werden  als  Kreuztöne  mit  unterer,  als  B-  Töne  mit  oberer 
weißer  Hälfte  dargestellt.      O      O      p      p 

Daß  in  der  Zeit  der  Chromatik  und  Enharmonik  auch  Mittel 
zur  Unterscheidung  kleinerer  Intervalle  als  der  Halbton  aufgestellt 
werden,  hat  nichts  Wunderbares.  Schuf  sich  doch  auch  das  aus- 
gehende 16.  Jahrhundert,  um  dem  in  Anlehnung  an  die  Antike 
wieder  eingeführten  chromatischen  und  enharmonischen  Klang- 
geschlecht gerecht  zu  werden,  neue  Ausdrucksmittel.  Erinnert  sei 
nur  an  den  »Fior  angelico«  des  Angelo  da  Picitono  (Ven.  1547)  und 
an  die  »Introduttione  facilissima«  des  Vincentio  Lusitano  (Ven. 
1558),  in  denen  im  Einklänge  mit  der  Lehre  von  der  Neunteilung  des 
Ganztons  sich  soviele  Striche  im  Erhöhungszeichen  kreuzen,  um 
wieviele  commata  (=  Neuntel)  der  betreffende  Ton  erhöht  werden  soll : 

X  =  diesis  (2  commata) 

X  =  semitono  minore  (4  commata) 

%  =  semitono  maggiore  (5  commata) 

Hl  =  tono  (9  commata). 


Darstellung  kleinster  Intervalle  bei  Vicentino,  Sigonio  u.  Neueren.    363 

2  2  5  2  2 

9  9  9  9  9 


Vincent  io 
Lusitano 


^ 


-ö ey- 


Nicola  Vicentino  führt  zur  Bezeichnung  der  Erhöhung  um 
eine  kleine  enharmonische  Diesis  (y6  Ganzton)  den  Punkt  über  der 
Note  ein  und  bezeichnet  die  Erhöhung  um  einen  kleinen  Halbton 
r  5  Ganzton)  mit  x  vor  demselben  Stammtone,  um  einen  großen 
Halbton  (3/5  Ganzton)  mit  t>  vor  dem  nächst  höheren  Stammtone. 
Sein  dritter  enharmonischer  modus  findet  z.  B.  folgenden  schrift- 
lichen Ausdruck: 


Gandolfo  Sigonio  wendet  sich  an  seinen  in  Bottrigari's 
»Melone«  abgedruckten  »Discorsi«  gegen  die  Verwendung  des  Punktes 
für  die  kleine  enharmonische  Diesis  und  schlägt  dafür  =  oder  -+- 
im  Werte  von  zwei  commata  vor. 

Mit  ähnlichen  Problemen  beschäftigt  sich  auch  die  neuere  Zeit. 
Behrens-Senegalden  empfiehlt  in  seiner  Schrift  über  »Die 
Vierteltüne  in  der  Musik«  (Berlin  1892)  als  Zeichen  der  Erniedri- 
gung um  einen  Viertelton  ein  +,  als  Zeichen  der  Erhöhung  um  das 
gleiche  Intervall  ein  5  vor  der  betreffenden  Note1. 

Carl  Schultz  in  seiner  »Notenschrift  des  reinen  Klanges«  be- 
nutzt die  Stellung  der  Kauda  zum  Notenkörper,  um  feinen  Stim- 
mungsunterschieden zum  Ausdruck  zu  verhelfen.  »Die  Stellung 
des  Notenkopfes  rechts  vom  Strich  bezeichnet,  daß  die  Note  die- 
selbe Höhe  wie  auf  dem  Klavier  etc.  (gleichschw.  Temperatur) 
haben  soll;  die  Mittelstellung  des  Notenkopfes  bedeutet,  daß  der 
Ton  um  annähernd  den  sechsten  Teil  einer  halben  Tonstufe,  die 
Linksstellung  dagegen,  daß  derselbe  um  den  sechsten  Teil  einer 
ganzen  Tonstufe  tiefer  klingen  muß  als  auf  dem  Klavier«2. 

Richard  H.  Stein,    der  mit  seinen  »Zwei  Konzertstücken   für 


1  Im  Namen  hielt  er  die  Stammbezeichnung  fest,  bei  den  erhöhten  Ton- 
stufen führte  er  ein  Cus,  Dus,  Eus,  Fus,  Gus,  Aus,  Hus,  bei  den  erniedrigten 
Cos,  Dos,  Eos,  Fos,  Gos,  Aos,  Hos. 

2  Siehe  seine  bei  Friedrich  Luckhardt  in  Berlin  erschienenen  Lieder  für 
vierstimmigen  Männerchor  op.  4  und  5  sowie  sein  Werk  >  Wohlklang«  Berlin, 
Bibl.  Bureau,  1894. 


.364  Versuche  der  symmetrischen  Darstellung  der  Oktave. 

Violoncello  und  Klavier«  op.  26 l  eine  Bewegung  für  die  Viertelton- 
verwendung herbeizuführen  sich  ernstlich  bemühte,  schlägt  als 
Zeichen  für  die  Vierteltonerhöhung  Jjrj  für  die  Erhöhung  um  zwei 

Vierteltöne  # ,  für  Dreivierteltonerhöhung '  $  und  für  Vierviertelton- 
erhöhung x  vor.     Für  die   entsprechende   Erniedrigung  gebraucht 

er  die  Zeichen  ijp,  <H,  W>..  Der  Auflösung  dient  das  gebräuch- 
liche Zeichen  tj,  hinter  welchem  diejenige  Erhöhung  oder  Erniedri- 
gung notiert  wird,  die  noch  bestehen  bleibt.  Von  Instrumenten, 
welche  er  für  Vierteltonverwendung  geeignet  hält,  nennt  er  in  erster 
Linie  die  Streichinstrumente,  ganz  besonders  das  Violoncell,  dann 
Posaune  und  eventuell  die  Oboe. 

Aus  Stein's  Nachwort  S.  11  ist  zu  entnehmen,  daß  auch  der 
Kasseler  Kgl.  Musikdirektor  Lorenz  Spengler  Vierteltöne  praktisch 
verwertet  und  mit  Hilfe  von  Plus-  und  Minuszeichen  in  der  Schrift 
zur  Darstellung  gebracht  hat. 

Sahen  wir  im  Hinblick  auf  die  Chromatik  Änderungen  am  alten 
Liniensystem  vornehmen,  so  modelten  auch  Diatoniker  an  demselben 
herum,  um  eine  symmetrische  Darstellung  der  Oktave  zu  gewinnen. 
Wie  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts  Karl  Gottlieb  Horstig2 
zuerst  erkannte,  genügte  ein  Dreiliniensystem  vollkommen,  um  die 
hieben  diatonischen  Töne  einer  Oktave  zur  Darstellung  zu  bringen. 


=*=»= 


d      e      f      g      a      h         c'     d'     e'     f     g'     a'     h' 


Auf  französischem  »Boden  begegnet  der  gleiche  Gedanke  1 832 
bei  Treuille  de  Beaulieu  in  seinem  Aufsatze  »Resume  d'un  nou- 
veau  mode  d'ecriture  musicale«  (»Revue  Musicale«  de  Felis3  tome  XII, 
281).  Ihm  folgten  um  1850  Charles  Fourrier  und  Perrot. 
Andere  Theoretiker  schlössen  sich  an.  Genannt  seien  Valentin 
Arno  mit  seinem  »Nuovo  Systema  di  tastiera  e  musicografia« 
(Torino,  1860),  A.  Gatting  mit  seinem  Werke  »Eine  musikalische 
Reform  resp.  ein  neues  Notenlinien- System  und  ein   fast  durchaus 


i  Verlag  von  Eisoldt  und  Rohkrämer,  Berlin-Tempelhof  (1906),  Neuausgabe 
4909. 

2  Vgl.  H  orstig's  »Kinder-Lieder  und  Melodien«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel 
[1798])  und  »Allgemeine  musikalische  Zeitung«  1798/99  Bd.  I  Nr.  11— 14. 

3  Siehe  Raymondi,    »Examen   critique   des  notations  musicales«   (Paris 
1856)  S.  34  und  Tafel. 


Versuche  der  symmetrischen  Darstellung  der  Oktave.  365 

neuer  Tonzeichenbau«  (Straßburg  1877 — 79) f,  Levasseur  mit  seiner 
»Nouvelle  portee  musicale  facilitant  la  lecture  et  l'ecriture  de  la 
musique«  (Paris  1878),  Henry  Müller-Braunau  mit  seinem  Auf- 
salze »Die  Vereinfachung  der  musikalischen  Notenschrift«  (Hamburg 
um  1890),  August  Unbereit2,  Thorald  Jerichau  mit  seiner 
Studie  »Zur  Notenschrift  :5  1905,  Ludwig  Groll  mit  seinen  »Neuen 
Noten.  Ein  Fünfminutensystem«  und  Bazin  um  1910  mit  seiner 
Schrift  »Ecriture  et  theorie  octavinale«  (Versailles  s.  a.)4  Treuille 
de  Beaulieu  nimmt  den  (J-Schlüssel  auf  der  zweiten  Linie  als 
grundlegend  an  und  hält  die  Oktaven  mit  Hilfe  der  Zahlen  0 ,  1 , 
•2.  3,  4,  5  auseinander.  Gatting  unterscheidet  die  einzelnen  Ok- 
taven von  der  Kontraoktave  angefangen  als  graue,  grüne,  violette, 
rote,  gelbe,  blaue,  weiße  und  bezeichnet  sie  mit 

X^VCBB  W5 

sein  c  liegt  auf  der  ersten  Linie  wie  bei  Gustave  Levasseur. 
Dieser  faßt  je  zwei  Systeme  von  drei  Linien  zu  einer  größeren  Ein- 
heit zusammen  und  schließt  zwei  solcher  durch  einen  größeren 
Zwischenraum  getrennter  Einheiten  zu  einem  Liniensystem  von 
zwölf  Linien  zusammen.  Die  obere  Einheit  trägt  den  Violinschlüssel, 
die  untere  ein  B  zur  Bezeichnung  der  Baßlage.  Müller  trennt 
die  Dreiliniensysteme  durch  fettgedruckte  Richtlinien  voneinander. 
Ebenso  verfährt  auch  W.  Lundie   in  seinem    »Broad  Line  Staff«. 


Thorald  Jerichau  macht  den  F- Schlüssel  auf  der  Mittellinie  zum 
Ausgangspunkte  der  Lesung.  Die  kleine  und  eingestrichene  Oktave 
bezeichnet  er  mit  F-  und  G- Schlüssel,  die  darüber  liegenden  Ok- 
taven durch  die  arabischen  Ziffern  2,  3  und  4  sowie  die  darunter 
liegenden  Oktaven  durch  die  römischen  Zahlen  II,  IH  und  IV.    Allein 

1  Das  System  selbst  hat  er  nach  seiner  Mitteilung  am  19.  Juni  -1875  er- 
funden. 

-  »Blätter  für  Haus- und  Kirchenmusik«  XVI,  I:  »Ein  neues  Notensystem«. 

3  Abgedruckt  in  der  »Zeitschrift  der  Internationalen  Musik-Gesellschaft« 
VI.    3  30  ff. 

*  Siehe  auch  »Guide  Musical«  LVI  Nr.  4«  S.  77  3  ff.  (1910)  die  Besprechung 
von  Etienne  Destranges.  Nicht  unwichtig  ist  auch  eine  Kritik  von  Franz 
Hacks  »A  propos  de  l'ecriture  octavinale«  (»Guide Musical«  LVII,  Nr.  9  S.  16311.) 
die  an  Beispielen  von  Cr  am  er  und  Cesar  Franck  zeigt,  daß  das  System 
Bazin.  so  einfach  es  auch  auf  den  ersten  Blick  scheine,  in  praxi  nicht  brauch- 
bar sei  und  das  Verständnis  von  Akkorden  erschwere. 

Kl.  Handb.  der  Musikgesch.   VIU.  2.  26 


366  Versuche  der  symmetrischen  Darstellung  der  Oktave. 

die  Linien  der  beiden  mittleren  Systeme  werden  ausgezogen,  die 
übrigen  nur  punktiert,  beziehungsweise  durchbrochen  dargestellt. 
Groll  greift  einen  alten  Gedanken  auf,  indem  er  die  Rot-  und 
Grünfärbung  der  Mittellinie  in  Vorschlag  bringt.  Die  einzelnen 
Oktaven  oder,  wie  er  genauer  sagt,  Septaven  hält  er  derart  aus- 
einander, daß  er  die  Mittelseptave  ohrie  Hälse,  die  erste  Plus-  bez. 

Minusseptave  mit  Hälsen  {&  f>),  die  zweite  mit  Schleifen  \0  o)  , 
die  dritte  mit  Schweif  und  Schleife  o  O  und  die  vierte  mit  ge- 
spaltenem Halse  /  J  p\  zur  Darstellung  bringt.     Ein   leerer  Kopf 

gilt  ihm  als  Ganznote,  ein  voller  als  Viertel,  ein  halbierter  als  Halbe. 
Bazin  verwendet  zur  Bezeichnung  der  Oktaven  die  Zahlen  0  I  II 
III  IV  V  VI  VII,  wobei  0  der  Subkontraoktave  entspricht. 

Scheinbar  mit  einem  Zweiliniensystem  zur  symmetrischen  Dar- 
stellung der  Oktaven  benügt  sich  W.  J.  Lauscher  in  seinem  Auf- 
satze »Ein  neues  Liniensystem«1: 


2  cm. 

3  cm.  i         |         |         ,J         « 
2  cm 


J     ri    " 


3 


/        s      «      * 

Die  in  dem  größeren  Zwischenräume  schwebende  Note  a  vertritt 
aber  gewissermaßen  eine  dritte  Linie.  Noch  weniger  kann  man  bei 
dem  1 843  von  Joseph  Raymondi  in  seinem  »Essai  de  simplification 
musicographique « 2  dargebotenen  Reformsystem  von  einem  Zweilinien- 
system sprechen,  wenn  auch  nur  zwei  Linien  ausgezogen  sind: 
c     d     e     f  ^T~»    m~ 


#   "•"  M.  cdefgahc 

c    h     a    g 

Dem  Raymondi'schen  System  ähnelt  in  gewisser  Weise  W.  Fl  ei  s  ch  - 
hau  er 's  Siebentonschrift,  die  er  in  seiner  »Siebentonschrift-Klavier- 
schule«  (Berlin-Friedenau  1913)  niedergelegt  hat: 


g    a    h    e    d    e    f 
Chromatisch  erhöhte  Töne  werden  als  weiße  Noten,  chromatisch 
erniedrigte  als  weiße  Noten  mit  Punkt  dargestellt.     Bei  doppelter 


i  Vgl.  >Gregoriusblatt«  XXXI  (1906)  Nr.  4. 

-  Siehe  auch  desselben  Vf.'s  »Nouveau  Systeme«  (Paris  1846). 


Sauveur's  Versuch  der  Charakterisierung  der  Töne.  367 

Erhöhung  ist  nur  die  obere  Hälfte,  bei  doppelter  Erniedrigung  die 
untere  Hälfte  weiß.  Leere  durchstochene  Noten  bezeichnen  Pausen. 
Eine  Note  mit  Hals  gilt  einen  Taktschlag,  eine  Note  ohne  Hals  deren 
zwei  oder  mehr.  Ein  Fähnchen  zielt  auf  den  halben  Taktschlas:  usf. 
Auch  das  Fünfliniensystem  wird  zur  symmetrischen  Darstellung 
der  Oktaven  herangezogen.  In  den  »Musical  News«  veröffentlichte 
1 895  ein  Anonymus  A.  J.  S.  den  Vorschlag,  zum  Zwecke  müheloser 
Lesung  des  auf  Hilfslinien  notierten  Tonmaterials  im  Abstände  von 
zwei  Hilfslinien  ein  neues  Fünfliniensystem  hinzuzufügen1.  In  der 
Tat  wird  hierdurch  vollständige  Entsprechung  der  Bedeutung  der 
Noten  und  Klarheit  des  Notenbildes  erreicht: 


=  £££ 

-i-j, — 1 — 

I 

_  i 

1 

F^-*- 

~- i tri — ! — 

— 0— 
i 
i 

LT    k 

— i ^*i — i — 

^ — i — 

■0-M-    4— 

1 — 1 — 1 — 

— bo"— 

Wieder  eine  andere  Reihe  von  Reformern  trachten  danach,  jedem 
Tone  auch  im  Schriftbilde  seine  eigene  Physiognomie  zu  geben,  ihm 
eine  Form  zu  verleihen,  die  ihn  ohne  weiteres  von  jedem  andern 
unterscheidet.  Der  erste  Versuch  in  dieser  Richtung  scheint  auf 
Sauveur  zurückzugehen.  Im  Jahre  1 701  legte  er  der  Kgl.  Akademie 
der  Wissenschaften  zu  Paris  sein  »Systeme  general  des  intervalles 
des  sons  et  son  application  ä  tous  les  systemes  et  ä  tous  les  In- 
struments de  Musique2«  vor,  in  dem  er  zu  seinen  neuen  Solmisations- 
silben  auch  neue  aus  den  Anfangsbuchstaben  der  Silben  entwickelte 
Tonzeichen  aufstellt: 

Xoms   nouveaux:        Pa      Ra       Ga      So      So       Lo      Do        pa         ra       ga        »o     bo        lo 

5:rrT"^"  r  f  1  ^  ^  <\ 

do       pa      ra      ga      *o         bo       lo      do 

O        M       p.      J3.      m.        J2.jfij.id. 


Notes    nouvelles : 


Notes  naturelles: 


pa       ra      ga       10       bo        lo        do       pa 


oac(\p\sao0 


1  Siehe  hierüber  auch  die  >Berliner  Musikinstrumenten -Zeitung-  vom 
9.  Februar  1 895. 

2  »Histoire  de  l'Academie Royale  des  Sciencesc  AnneeMDCCI(ParisMDCCrV\ 
S.  123 — 4  39:  »Sur  un  nouveau  Systeme  de  musique«  und  S.  297 — 364  »Systeme 
general  des  intervalles  des  sons  et  son  application  ä  tous  les  systemes  et  ä 
tous  les  Instruments  de  Musique«. 

26* 


368  Sauveur's  Versuch  der  Charakterisierung  der  Töne. 

pi       ri       gi        ia       ba       la        da       pi 


Notes  diesees: 


tuf  £  sfc 


po      ro      go      »e       be       le        de       j>* 

Notes  en  bmo\\:  H     H       ?  '    H 

double  diese:  z.  B.    _-    *   6»  =  /"ist» 


double  bmol 


:,B.   ^ 


Valeurs  des  notes       '  '  \         \        \>       V      \      \ 

nouvelles:         ü^        =         _  _       =       >-- 

r   r  r   r   r  r  r  f  r  f 


Valeurs  des        ^         w         _         _ 
pauses:  o        o        o        o        o 


Bekanntlich  führt  Sauveur  alle  Musik  auf  die  Zahl  zurück.  Seine 
Oktave  enthält  fünf  mittlere  Ganztöne  und  zwei  größere  Halbtöne. 
Der  mittlere  Ganzton  zerfällt  in  sieben  Teile,  sogenannte  Meriden, 
deren  vier  das  semitonium  majus  und  drei  das  semitonium  minus 
ausmachen.  Die  ganze  Oktave  umfaßt  demnach  43  Meriden.  Jede 
Meride  zerfällt  in  sieben  Heptameriden,  die  ganze  Oktave  demnach 
in  301.  Die  Heptameride  hat  das  Verhältnis  434:435.  Unter- 
schiede um  eine  Heptameride  seien  dem  Musiker  nicht  mehr  fühl- 
bar. Wie  Sauveur  die  Meriden  mit  den  Heptameriden  zur  Dar- 
stellung bringt,  sei  an  einem  Beispiel  dargetan: 

-  r  r  r  r  r  r  r 

„Meride    $$$£££$ 

'■-•*  s  s  s  i  rrr 

4.  Meride  'f  T  I  I   J"J"T 

5.  Meride  %  X  X  ^  C  Ü  Ü 
ä.  Meride  %  %  X  t  Z  Ü  Ü' 
\.  Meride  L     P      U     P      P     P     K 


?rf 


•f  y  j-  <p>  f  f  f 


Charakterisierungsversuche  der  einzelnen  Töne.  369 

Weiter  ausgebaut  sehen  wir  das  System  bei  Edouard  Jue 
de  Berneval1  in  seiner  1843  in  Paris  erschienenen  Schrift  »Mono- 
gamie«.    Folgendes  Formenmaterial  liegt  vor: 


-i-t 

do  re 


2 


re 

mi 

r* 

»ol 

la 

ti 

do 

d 

c 

f 

S 

a 

k 

c 

Verwandten  Prinzipien  folgen  auch  drei  amerikanische  Systeme, 
die  Hubert  P.  Main  in  dem  Kapitel  »Notes  on  early  American  Hymn- 
Tune  Composers«  in  A.  Seidl's  »Music  of  the  modern  world* 
(New  York,  D.  Appleton  &  Co.  Section  II  Text  S.  212)  bespricht: 
Andrew  Law's  »Patent  Notes  System«  rechnet  nur  mit  den 
Zeichen  DO  ^*  für  die  stets  wiederkehrenden  Tonsilben  fa  sol 
la  mi.  Auf  ein  ähnliches  Zeichenmaterial  beziehen  sich  auch  die 
»buckwheat  notes 

LLLUULLU 

fa    sol    la     fa     sol    la    mi    fa. 

Demgegenüber  operiert  das  1845  von  Jesse  Bowman  Aikin  her- 
ausgestellte Notationssystem  mit  den  Formen: 

do    re    mi   fa     sol    la      ti     do 

Maurice  Delcamp  tritt  in  seinem  Werke  »Les  trente-six 
vices  de  la  notation  par  chiffres  de  Rousseau  et  Galin,  appelee 
abusivement  Galin-Paris-Cheve«,  das  1848  abgefaßt  und  1851  und 
1860  zu  Paris  erschien,  für  ein  einfacheres  Typenmaterial  ein, 
das  sich  auch  mehr  an  die  herkömmlichen  Formen  hält: 

■    ♦    •    ©    O    O     *. 
Do  re   mi  fa   sol    la    mi. 

Bringt  Delcamp    diese  Formen    mit    einem   Liniensystem    in   Ver- 
bindung,   so   operiert.  Maurice  Depierre-  mit  einem  ähnlichen, 

1  Vgl.  hierüber  Joseph  Raymondi  in  seinem  »Examen  critique  des 
notations  musicales«.  Nach  meinen  Aufzeichnungen  muß  auch  eine  englische 
Ausgabe  der  Lehre  Jue's  vorliegen  mit  dem  Titel:  »Music  simplified  or  a  new 
method  to  propagate  the  study  of  Music.     The  monogammic  method<. 

2  Siehe  seine  Schrift:  »Caracteres  servant  a  la  notation  de  la  musique 
appliquee  et  etudiee  au  moyen  d'un  systt-me  nouveuu  de  claviers«  (Annecv, 
1872). 


370  Charakterisierungsversuche  der  einzelnen  Töne. 

nur  konsequenter  entwickelten  Figurenschatz  ohne  jede  Beziehung 
auf  ein  Liniensystem.  Immer  mehr  lenken  die  Versuche  auf  das 
Gebiet  der  Stenographie  hinüber: 

■     D     ♦     0     •    o    A    Mode  majeur  et  tonique  du  mode  mineur. 
ut  re   mi  fa  sol  la  si 

^  A  0    >  w  V*<  Mode  mineur  et  tonique  du  mode  majeur. 

ut  re  mi  fa  sol  la  si 

O  A  D    •>  O  V  <•  Dieses. 

/T>  A  3    >  \ls  Y  <  Hypodieses. 

Die  Notenwerte  werden  durch  die  Zeichen  .  =  1/i,  ..  =  l/2 
und  —  =  Y8  ausgedrückt. 

Kaum  noch  zu  erkennen  ist  die  alte  Form  der  Note  in  dem 
» Nuovo  sistema  di  notazione  musicale  che  tende  a  facilitare  la 
lettura,  la  esecuzione  e  la  stampa  della  musica  a  tipi  mobili«  des 
Antonio  Aloysio.  Dieser  Reform  Vorschlag  erschien  1873  in 
Venedig;  wenn  er  auch  die  Bekanntschaft  mit  dem  Versuche  De- 
pierre's  nicht  verleugnet,  so  erscheint  er  doch  bei  weitem  durch- 
gebildeter. Zwei  Reihen  von  Ganztonschritten  werden  unterschieden : 


6 


#    QS>    C     D  O  O 

do     re    mi    tu  bi  ge 

c       d      e     fis  gis  b 

_      V      <      >  A  X 

lu     na  fa     sol  la  si 

eis   dis    f     g  a  h 
es 

Folgende  anzuhängende  caudae  bestimmen  die  Dauer  der  Noten 


III 

|| 

| 

l 

\ 

\ 

'$ 

4 

2 

1 

1 

1 

1 

1 

4 

4 

4 

8 

16 

33 

64 

Als  Pausen  werden  die  althergebrachten  Zeichen  verwendet.     Die 
Oktavlage  wird  durch  besondere  Zeichen  bestimmt: 

Oktaven:  Kontra  große  kleine  ein-  zwei-  drei-  vier- 

gestrichene     gestrichene    gestrichene    gestrichene 

c-|        c|       \  \  I-  \>  $ 

Aber  nicht  nur  an  die  Mensuralnotation  knüpfen  die  Reformer, 
wenn  auch  noch  so  lose,  an.  Auch  auf  ganz  frühe  Phasen  der 
Entwickelung  unserer  Tonschrift  greifen  sie  zurück.  So  erkennt 
Ilmari  Krohn  in  den  alten  Akzentzeichen  ein  einfaches  Mittel 
der  Tonfixierung.    In  seiner  volkstümlichen  Ausgabe  von  >  Psalmen 


Ilmari  Krohn's  Akzentschrilt.  371 

für  Unisono-Gesang  mit  Begleitung  der  Kantele« '  bringt  er  folgendes 
Zeichenmaterial  zur  Anwendung: 

s  Sekunde  aufwärts 
n.  Sekunde  abwärts 
(     Terz  aufwärts 

~)  Terz  abwärts 

f  Quarte  aufwärts 
Quarte  abwärts 

A  Quinte  aufwärts 

~\  Quinte  abwärts 

Der  Anfangston  jeder  Zeile   ist   mit  dem  entsprechenden  Ton- 
buchstaben bezeichnet. 

Beispiel:  -. 

-s-  i  ~)    /  •    ■    o 

Kuul  -  -  -  los!   |  Her  -  -  ra   |    sär kee   |   set ri  -  -   |   puut,  || 

1       >               ^      '                                     f  , 

Her ra  |  sär kee  |  Li  -  -  ba  -  no  -  nin  |  set  -  -  ri |  puut.  || 


^ar-v-v  ^_^z 


-&—&- 


& 1— G—&—&- 


£ 


Kuullos!  Her-ra  sär-tee   set-ri-punt,      Her-ra    sär-kee  Li-ba-no-nin  set- ri- puut. 

Ähnlich  der  boethianischen  Notation  und  der  deutschen  Lauten- 
tabulatur  benutzt  S.  Rootsey  das  ganze  Alphabet  in  seinem  »Attempt 
to  simplify  the  notation  of  music  together  with  an  account  of  that 
now  in  use«  (London  1811).  Er  nimmt  Ausgang  von  den  vier 
Oktaven  von  C—h",  die  für  die  menschliche  Stimme  in  Frage 
kommen,  und  bezeichnet  sie  chromatisch  aufwärtsschreitend,  indem 
er  zweimal  das  kleine  Alphabet  zuerst  in  kursiven,  dann  in  Antiqua- 
Typen  auf  sie  aufteilt.  Hierbei  umfassen  die  Kursiven  von  a — x 
(C — h)  die  männliche  und  die  Antiqua-Typen  von  a — z  (c' — h") 
die  weibliche  Stimme.  Vor  jeder  Note  auf  gutem  Taktteil  steht 
ein  Komma.  Die  Taktteile  von  Komma  zu  Komma  sind  gleich: 
ihre  Länge  wird  durch  Pendellänge  in  Fuß  zahlenmäßig  zum  Aus- 
druck gebracht,  d.  h.  metronomisch  festgestellt.  Ein  Punkt  über 
der  Schriftlinie  bezeichnet  die  Pause,  ein  Punkt  über  einem  Buch- 


1  >Valittuja  Psalmeja.  Alkukielestä  suomentanut  Arthur  Hjelt.  Kan- 
teleen säestämälle  yksiääniselle  yhteislaululle.  Säveltänyt  Ilmari  Krohn. 
Kansa  valistusseura  1903. 


372 


Rei'ormvorschlag  Rootsey.  —  Satz  von  Corelli. 


staben  eine  Wertverminderung  auf  die  Hälfte,  die  andere  Hälfte 
wird  zur  vorangehenden  Note  geschlagen.  Ein  Strich  über  dem 
Buchstaben  verdoppelt  seinen  Zeitwert.  Die  zwischen  zwei  commata 
stehenden  Buchstaben  teilen  sich  im  übrigen  zu  gleichen  Teilen 
in  den  Zeitwert. 


(  e     ,hh  ,        hh  ,h , 

I  n ,    rr    ,    (rn)(pr)   ,     s  , 
!  h  ,    nn  ,      n  (mn)  ,     p  , 


h    ,  nn  ,  nfmn) ,  m  , 

rs)  ,  vv  ,  v  v     ,  v  , 

np) ,  rr   ,  r  (sr)   ,  p  , 

n   ,  nn ,  r[pn)  ,  v  , 


Corelli. 
nn     ,  mm , 

(rs)  ,  vv  ,   (xv)  (sr)  ,     ss    , 

(np),   rr  ,   (sr)(pn),    pp  r 


n,   nn  ,     r  (pn)  ,    h  , 

nh      ,       hh     ,  hg  ,  h  ; 

(vs)(rp)    ,   (rv)(sr)   ,   pn  ,   m;    -n  ;  rs  ,  (vs)(rp)   ,  n-    , 

(rp)(nm),  (nr)(pn) ,  mk  ,  h  ;    «h,  np,  (rp)(nm) ,  k- 

hh     ,       nn     ,  pp  ,  h  ;    •    ,  •   ,       >n      ,  sv   , 

mn  ,  mk     hh  ,  hh  ,  mm ,  nn  ,  nh  ,       nn     ,  nm  ,  n. 

p.  ,     •       -p  ,  rr  ,  vv    ,  vv  ,  rp  ,  (rs)(vx)  ,  vs    ,  r. 
m-  ,     •       -h  ,  nn  ,  pp    ,  rr  ,  vm ,  (ns)(rp)  ,  rp    ,  n. 

vx  ,  vs      rp  ,  nn ,  vv    ,  aa  ,  rv  ,  [np)[rs) ,  vh  ,  n. 


XX 


,  km  ,  (nm)(ki) ,  k«  , 
•     n   .  sv  , 


.    k 

(xv)(sr) 


•     k   ,  pr  ,  (srj(pn) , 
[xv){sr) ,  p'  ,     •    p   , 


i 
i 


rp — ^t 


ÖS 


I    .    U 


-ß-t    I 


-• — • • • «■- 


«3 


i**- 


Corelli. 


-5     I              I 
Ja ä * i. 


^S=P=*=F?="f=P=^ 


ü^t: 


§3E 


^ 


£ 


Verschiedene  Schriftgattungen  im  Dienste  der  Musik. 


373 


m^Mm^^i 


9t 


-*   i     t* 


tttrl    \ir-f~t 


PEE 


msgg 


Sehen  wir  bei  Rootsey  zwei  verschiedene  ganze  Alphabete  in 
Anwendung,  so  wird  auch  der  Ausschnitt  von  a — g  in  abweichenden 
Schriftgattungen  den  mannigfachsten  Zwecken  dienstbar  gemacht. 
Michael  Altenburg  bietet  in  seinem  »Gaudium  Christian  um«  1617 
folgende  Melodie  mit  der  nachstehenden  Erläuterung  dar1: 


ccg   e«f)cb   Ee   ebefg 


egg 


g  f  e  d   e  e 


G  c   e*b  e   c  c 


ege   e-bcf)   CcGg 

»Lies  eine  8ve  höher:  lateinische  kleine  Buchstaben  sind  ganze  Noten, 
deutsche  sind  halbe  Noten  und  die  grossen  Buchstaben  gleich  einer  ßrevis- 
Note.« 

Dasselbe  Prinzip  verfolgen  auch  zwei  Reformvorschläge  des 
18.  Jahrhunderts.  In  einer  aus  Paris  vom  1.  Dezember  1765  da- 
tierten, aber  erst  1766  gedruckten  »Lettre  sur  une  nouvelle  deno- 
mination  des  sept  degres  successifs  de  la  Gamme,  oü  l'on  propose 
de  nouveaux  Caracteres  propres  ä  les  noter«  schlägt  de  Lusse 
vor,  anstelle  der  Solmisationssilben  und  der  ihnen  entsprechenden 


1  Hierauf   machte    zuerst  Auberlen    in    den   »Monatsheften    für  Musik- 
geschichte«  1879  Nr.  H   aufmerksam. 


374 


Die  Alphabete  im  Dienste  der  Musik. 


Noten  die  Vokale  A  E  E  I  0   U  Oü  zu  gebrauchen   und  sie  für 

W 

ganze  Noten  als  Majuskel,  für  Halbe  als  Minuskel  mit  darüberstehen- 
dem Horizontalstrich ,  für  Viertel  als  Minuskel,  für  Achtel  und  Sech- 
zehntel als  Minuskel  mit  einem  oder  zwei  meist  darunter  gezogenen 
Strichen  gleichwie  Noten  in  das  Liniensystem  einzuzeichnen. 


TT 


a 


-4A>- 


a-    —     a 


w- 


8 3 


U 


u 


e       e s- 


-rA- 


Dieu!    quelle    ar  -  deur     Brü-le  mon     ä 


— 

a 

— e — 1 

1 e — 

i  ä 

** 

**** 

u 

— 

V* 

/ 

-"*■■*■ 

0         XT 

H 

me! 


D'A  -  mour      est    -    ce    un         trait      vain 


2E 


IT. 


-W- 


TZ 


u 


-3H»- 


queur      qui  Ten     -     flam 


nie? 


=*=U 


-ü 


i — t- 


ff: 


-<s>- 


Dieux!  quelle    ar    -    deur  Bru  -  le     mon       a     - 
3 


=#=P*=#= 


i 


-S>- 


P—0- 


i- 


^=P= 


-u^ 1 ■- 


w 


-i — ^ 


tT~|- 


me?  D'A-mour    est  -  ce  im 

fr 


3=q: 


££ 


1 


**■ 


#= 


5 


?•- 


P 


t 


-•-•— (S-f-* 


t= 


trait    vain  -  queur    qui    l'en-flam 


me  r 


9 


Gio.  Battista  Doni  macht  sich  1635  in  seinem  »Compendio«1 
verschiedene  Schriftgattungen  des  Alphabets  nutzbar,  um  mit  ihnen 
in  der  Tabulatur  die  Kirchentonarten  zum  Ausdruck  zu  bringen. 
Für    die   Unterscheidung   der   Oktavgattungen  durch   verschiedene 


1  »Compendio  del  Trattato  de'  Generi  e  de'  Modi  della  Musica.  Con  un 
discorso  sopra  la  perfettione  de'  Concenti.  Et  un  saggio  a  due  voci  di  muta- 
tioni  di  genere  e  di  tuono  in  tre  maniere  d'Intavolatura:  e  di  un  principio  di 
Madrigale  del  Principe  ridotto  nella  medesima  Intavolalura«  (Roma  4  635). 


Reformversuche  von  Burmeister,  Lippius,  Werckmeister  u.  a.     375 

Alphabete  liegen  mehrere  Versuche  vor  von  Joachim  Burmeister, 
Johannes  Lippius,  Andreas  Werckmeister,  J.  A.  P.  Schulz  und  J.  Fr. 
Sam.  Döring.  Burmeister  scheint  der  Vater  dieses  Gedankens  zu 
sein.  In  seinem  Werke  »Hypomnematum  musicae  poeticae  .  .  . 
Synopsis«  vom  Jahre  1599  schlägt  er  vor,  die  Töne  unter  G 
mit  großen  deutschen,  von  G  bez.  A — g  mit  großen  lateinischen, 
von  g  bez.a — g'  mit  kleinen  lateinischen,  von  [g')  a' — g"  mit  kleinen 
deutschen  und  über  g"  hinaus  mit  kleinen  griechischen  Lettern 
auszuprägen.  Auch  Lippius  sagt  in  seiner  «Synopsis  musicae 
novae  omnino  verae  atque  methodicae«  vom  Jahre  1612  deutlich: 
Litterae  Badicales  sunt  7  priores  Alphabeti  integrantes  i%  Siauaawv 
sonos  in  Scala  Diatonicä,  et  pro  ratione  Octavarum  gravium  acu- 
tarumque  diversimode  scriptae«  und  führt  dann  die  Buchstaben 
von  A — G  zuerst  als  Majuskeln  in  Fraktur  und  Antiqua,  dann  als 
Minuskeln  einfach,  doppelt  und  dreifach  auf. 

Werckmeister  wendet  sich  in  seinen  »Paradoxal  Discursen« 
vom  Jahre  1707  gegen  die  schwierige  rhythmische  Bezeichnung 
der  Tabulatur  und  gegen  die  Darstellung  der  Oktavlagen.  Die 
Rhythmen  will  er  durch  Zahlen1  (z.  B.  8  für  Achtel,  16  für  Sech- 
zehntel), die  Oktavbezeichnung  durch  verschiedene  Schriftgattungen 
der  betreffenden  Buchstaben  ersetzt  wissen.  Für  die  große  Oktave 
schlägt  er  große  deutsche,  für  die  kleine  große  lateinische,  für  die 
eingestrichene  kleine  deutsche  und  für  die  zweigestrichene  kleine 
lateinische  Typen  vor. 

Durchaus  auf  den  Spuren  Werckmeister' s  finden  wir  J.  A. 
P.  Schulz,  wenn  er  in  seinem  »Entwurf  einer  neuen  und  leicht 
verständlichen  Musiktabulatur« 2  mit  folgendem  Vorschlag  hervortritt: 

C    D  E  F  u  A  H  Cicero  antiqua  versalia  für  die  große  Oktave 
L    V   r     +J    U]  UL  h\  Cicero  Fraktur  versalia  für  die  kleine  Oktave 

b      d     <f 

C    d    6    f    ff    a    D   Cicero  antiqua  gemein  für  die  eingestr.  Oktave 
£    4/    W  j    ■Q    ®"  %     Cicero  Fraktur  gemein  für  die  zweigestr.  Oktave 

C     d    6    f    Q     afl    Cicero  kursiv  gemein  für  die  dreigestr.  Oktave. 
Vorschläge  bezeichnet  er  durch  um  die  Vertikalachse  gedrehte 

I     h    fc 
Buchstaben,  die  Noten  werte   durch  OD  —  .  für  ^    &    •    •  .  Die 


1  Vgl.  oben  S.  34   den  verwandten  Gebrauch  der  Zahlen  in  der  deutschen 
Orgeltabulatur. 

2  Berlin,  im  Verlage  der  R  e  1 1  s  t  a  b'schen  Musikhandlung  und  Musikdruckerey. 


376  Der  Versuch  des  M.  de  l'Aulnaye. 

Viertelnoten  bleiben  unbezeichnet.  Das  Kreuz  wird  durch  einen 
Stern  ersetzt.  !.  gilt  als  Finalzeichen,  s  als  Zeichen  des  Doppel- 
schlags,  m  n  als  Mordente  ^*-  -4y  und  m  n  als  Pralltriller  *+*  +*. 

Nicht  wesentlich  andere  Wege  nimmt  auch  schließlich  Döring 
1815  in  seinem  »Vollständigen  Altenburger  Choral-Melodien-Buch  in 
Buchstaben  vierstimmig  gesetzt«1,  wenn  er  für  die  große  Oktave 
antiqua  versalia,  für  die  kleine  antiqua  gemein,  für  die  eingestrichene 
Fraktur  gemein  und  für  die  zweigestrichene  kursiv  gemein  ver- 
wendet. Die  Rhythmik  stellt  er  übrigens  so  dar,  daß  ganze  Noten 
hinter  dem  Buchstaben  zwei  Parallelstrichchen  aufweisen  und  daß 
Viertelnoten  durch  näheres  Aneinanderrücken  der  Buchstaben  charak- 
terisiert sind.  Alterierte  Töne  sind  an  einem  Komma  vor  dem 
Buchstaben  zu  erkennen;  bei  Kreuztönen  steht  es  oben,  beiI?-Tünen 
unten. 

In  diesem  Zusammenhange  nicht  zu  übergehen  ist  weiter  Adorno, 
der,    wie    bereits    oben2    dargelegt    worden    ist,    die    Buchstaben 

i    i    r    f5    ^    ü 

A  B  D  E  F  G  H  für  die  Wertzeichen  o    c,     *     •       •       •       • 
vorschlägt,   die  Pausen   durch   die  entsprechenden   kleinen  Buch- 
staben   ersetzt    und   Vorschlagsnoten    durch   kleine  3Iajuskeltypen 
zum  Ausdruck  bringt3. 

Schließlich  ist  auch  an  die  Tätigkeit  Sauveur's  zu  erinnern, 
der  aus  den  Anfangsbuchstaben  seiner  Tonsilben  die  zugehörigen 
Tonzeichen  entwickelt4.  An  ihn  lehnt  sich  wiederum  offenbar 
M.  de  l'Aulnaye  an  mit  seiner  Schrift  »Memoire  sur  un  nou- 
veau  Systeme  de  Notation  musicale,  Systeme  par  lequel,  sans  le 
secours  des  portees,  ni  d'aucune  espece  de  clef,  on  peut  exprimer 
tous  les  sons  appreciables  renfermes  dans  l'etendue  du  Glavier,  en 
representant  chacun  de  ces  sons  par  un  caractere  particulier«. 
Diese  erschien  1785  in  der  ersten  Nummer  des  >Musee  de  Paris«. 
Grundelemente  der  Tonschrift  sind  die  sieben  Anfangsbuchstaben 
der  von  de  l'Aulnaye  für  die  diatonischen  Stufen  aufgestellten  Ton- 
silben ba  da  fa  ha  pa  qa  sa7   nämlich  b  d  f  h  p  q  s.     Ihre  Form   ist: 


natürliche  Leiter: 


ba        da         fa  ha         pa  qa  aa 

c  d  *  f  g  a  h 


1  Gedruckt  in  Görlitz  bei  Gotthold  Heinze. 
?  S.  360. 

3  »Myographie    ou    Nouvelle    notation    musicale«    (Paris,    Firmin    Didot 
Freres,  4  855)  S.  25  f. 

*  Siehe  oben  S.  367. 


Der  Versuch  des  M.  de  l'Aulnave. 


377 


Kreuztöne 


:     b       d 


5-Töne: 


h  p  i 


60  rfo  /b  Ao  j>o  qo  *o 

ei*  dl*  ei«  fi*  gi*  aia  hin 

&      6L  9  6|  |9  €| 

4e         <ie  y«  Ae  pe  qe  »« 

ce«  de«  «»  fe»  ges  as  b 


Das  dargelegte  Formenmaterial  bezieht  sich  auf  die  eingestrichene 
Oktave.  Die  Veränderungen,  welche  die  einzelnen  Zeichen  in  den 
übrigen  Oktaven  erfahren,  seien  an  der  Form  des  Tones  c  erklärt: 


1.. 


l 


=     c 


c 
c 

1 


=    c 


=     C 


=    c 


=    c 


In  geistvoller  Weise  ist  hier  in  der  Tat  für  jeden  Ton  ein 
eigenes  Zeichen  gefunden  und  damit  der  Gebrauch  der  Schlüssel 
und  Versetzungszeichen  umgangen  worden.  Der  Anschaulichkeit 
der  Höhenanordnung  entbehrt  diese  Tonschrift  allerdings.  In  der 
Darstellung  der  Rhythmik  lehnt  sich  de  l'Aulnaye  an  J.  J.  Rousseau 
an.  Als  Pause  dient  wie  in  der  altenglischen  Orgeltabulatur  der 
Buchstabe  s,  der  sich  der  Wertbestimmung  der  Töne  unterwirft. 
Taktzeiten  werden  durch  virgulae  abgetrennt,  Tonverlängerung  durch 
einen  Strich  -,  Tonverkürzung  auf  die  Hälfte  durch  einen  Punkt  .,  auf 
ein  Viertel  durch  ein  Semikolon  ;,  auf  ein  Achtel  durch  ein  Kolon  :. 
auf  ein  Sechzehntel  durch  ein  Apostroph  '  zum  Ausdruck  gebracht. 

Gewannen  bei  Benennung  der  Töne  zeitweilig  die  Tonsilben 
Herrschaft  über  die  Buchstaben,  so  suchten  sie  auch  auf  die  Ton- 
schrift ihre  Machtsphäre  auszudehnen.  Schon  der  Traktat  »De 
musica  antiqua  et  moderna«  von  Johannes  Presbyter1  kennt 
eine  Verwendung  ihrer  Anfangsbuchstaben  als  Mittel  schriftlicher 
Fixierung.  Bietet  er  doch  in  der  Fassung  des  Kodex  Monte  Cassino 
Nr.  318  in  Textstellen,  die  Guido  entlehnt  sind,  den  Hymnus  Ut 
queant  laxis  in  folgender  Aufzeichnung  dar: 


1  De  la  Fage.     Diphtherographie  musicale«  I,  39<i. 


378 


Verschiedene  Schriftgattungen  im  Dienste  der  Notation. 


AI    " 

s  r 

/     - 

E»»  I- 

I)r  - 


-h 


~f- 


-K- 


^Wl- 


-m- 


-mr- 


~m- 


-m- 


Ut     que  -  ant    la    -    xis     Re  -  so  -  na  -  re     fi  -  bris      Mi 


ra 


-f- 


-f- 


-jmr- 


-u- 


tu  -  o 


rum 


ge     -    sto  -  rum      Fa     mu     li 

Auch  bei  Mersenne  spielen  diese  Buchstaben  in  seiner  > Har- 
monie Universelle«,  deren  erste  Ausgabe  -1636 — 37  erfolgte,  eine 
Rolle.  In  der  »Seconde  proposition«  des  6.  Buches  stellt  er 
sich  die  Aufgabe:  »Expliquer  une  autre  methode  pour  apprendre 
a  chanter  et  ä  composer  sans  les  notes  ordinaires  par  le  moyen 
des  seules  lettres«.  Den  mit  Hilfe  verschiedener  Schriftgattungen 
nach  Oktavlagen  geordneten  Buchstaben  von  G — F  stellt  er  die 
nach  denselben  Prinzipien  geschiedenen  Anfangsbuchstaben  der 
Solmisationssilben  nt  re  mi  fa  sol  la  unter.  Hinzufügung  der  von 
Le  Maire  aufgestellten  siebenten  Silbe  %a  gegenüber: 


I 

II 

in 

28 

f 

% 

'21 

e 

i 

26 

d 

s 

25 

c 

f 

24 

b 

m 

23 

a 

r 

22 

9 

V 

21 

f 

z 

20 

e 

1 

19 

d 

f 

18 

c 

f 

17 

b 

m 

16 

a 

r 

15 

g 

u 

14 

F 

Z 

13 

E 

L 

12 

D 

S 

11 

C 

F 

10 

B 

M 

9 

A 

R 

8 

G 

V 

7 

F 

z 

6 

E 

L 

5 

D 

S 

4 

G 

F 

3 

B 

M 

2 

A 

R 

1 

r 

V 

Buchstabentonschriften  von  Mersenne,  Delaruelle  u.  Cossart.     379 


Chromatisch  veränderte  Töne  gewinnt  Mersenne  nur  als  Kreuz- 
töne, die  kleine  Terz  von  C  (ut)  z.  B.  als  V  R.     Die  Kreuztöne  zu 

X 
.1/  und  Z  fehlen  ihm.    Da  die  gewöhnlichen  Druckereien  über  die 

Type  des  Kreuzes  nicht  verfügen,  so  schlägt  er  an  dessen  Stelle 
die  Verwendung  eines  kleinen  accent  aigu  vor:  v  v'  r  r'  mff'ff 
I  V  x.  Eins  seiner  Beispiele,  ein  Satz  von  Eustache  du  Gaurroy, 
mag  der  Anschauung  dienen1: 

Dessus      u,  u,  u,  f,  f,  m,  r,  m,  r,  m,  f,  u,  f,  f,  m,  f. 

Taille    jLSLLZuZuZuuLLLSF 

Basse      FMFRRVSSSVMFRFVF 

Das  gleiche  Prinzip  tritt  uns  noch  im   19.  Jahrhundert  in   der 

»Nouvelle  Notation  Musicale«  von  P.  Delaruelle  und  L.  Cossart 

entgegen.     Die  Anfangsbuchstaben  der  Solmisationssilben  D  [do]  R 

M  F  S  L  S-  (si)  werden  als  Noten  verwendet  und  ihrer  Höhe  nach 

in  ein  Fünfliniensystem  eingezeichnet,  dem  als  Schlüssel  die  großen 


Buchstaben  S  {sol)  für  (fa,  F(fa)  für  <):  und  D  (do)  für  4$ 


vor- 


angestellt werden 


Die  Rhythmen  werden  durch  Zahlen  oder  Brüche 
ausgedrückt,  die  unter  die  Buchstaben  gestellt  werden.    Die  Viertel- 

note  hat  die  Geltung  1,  demnach  •  =  y2,  #*  =  i/4,  #s  =  i  8.  Diese 
Zahlen  und  Brüche  bezeichnen  zugleich  die  Pausen.  Ist  diese  Art 
der  Aufzeichnung  bei  einfachen  Melodien  noch  verständlich,  so  er- 
gibt sie  bei  Partituren  ein  gänzlich  wirres  und  unübersichtliches  Bild. 


AUC 


Bon  voyage,   eher  Dumolet. 


* 


3C 


ZK 


TT-«- 


■R- 


ZDL 


S 


ZDL 


IL 


~ir 


-8- 


-4 t- 


TT 


1P* 


PIN 


ZJL 


S 


OEZ 


ZK 


4— t — *- 


a i 


Allegro. 


jfe 


-R 


2        1 


ß'.    ß 


^^m^imi^^i^ 


Tt^ 


fr-^- N- 


*P* 


i=*= 


f=£U=4±4=^ 


»  • 


+— »- 


±±j£? 


1  Die  Beispiele  Mersenne's  bedürfen  starker  Korrekturen. 


380  Solmisationstonschriften  von  Tuft  und  Glover. 

Aber  wie  nicht  allen  Theoretikern  alle  Tonsilben  notwendig  er- 
scheinen, wie  bereits  im  14.  Jahrhundert  Johannes  Verulus  de 
Anagnia  sich  auf  die  Silben  ut  re  mi  fa  beschränkt,  wie  Doni  in 
den  »Progymnastica  musicae«  (nach  Mersenne)  allein  mit  re  mi  fa  sol 
operiert  und  Bontempi  in  seiner  »Historia  musica«  (1695)  mit 
den  voces  mi  fa  sol  la  auszukommen  bemüht  ist1,  deren  ausschließ- 
liche Verwendung  auch  für  England  schon  das  ganze  17.  Jahr- 
hundert hindurch  durch  die  Schriften  von  Butler*,  Playford3 
und  anderen  belegt  ist,  so  sucht  auch  der  Rev.  John  Tuft  in  seinen 
Werken  »A  very  piain  and  easy  Instruction  to  the  art  of  singing 
psalm  tunes«  (um  1 71 2)  und  »An  Introduction  to  the  singing  of  Psalm 
tunes«  (1714)  die  Bedürfnisse  der  Notation  mit  den  Anfangsbuch- 
staben der  Silben  Fa  Sol  La  Mi  (F  S  L  M)  zu  bestreiten,  welche  er 
in  das  Liniensystem  eintrug.  Zwei  Punkte  neben  dem  Buchstaben 
gaben  diesem  den  Wert  einer  brevis,  ein  Punkt  den  einer  semibrevis. 
Ohne  Punkt  galt  der  Buchstabe  eine  halbe  Note.     Kleinere  Noten 

~         I    J         I 
wurden  durch  Bindung  kenntlich  gemacht,  z.  B.  F  F  =-  4    •  —  &  . 

Eine  besondere  Bedeutung  gewann  die  Solmisation  für  die  Ton- 
schrift in  der  um  1812  erfundenen  Tonic  Sol-fa- Methode  der 
Pfarrerstochter  Miss  Glover  aus  Norwich.  Erst  nachdem  diese 
Lehre  seit  1841  durch  den  Pfarrer  Dr.  John  Curwen4  ihre  Durch- 
bildung erfahren  hatte,  gelangte  sie  seit  etwa  1862  in  alle  Volks- 
schulen   und    gewann    dadurch   Allgemeingültigkeit    für   England5. 

i  Vgl.  Georg  Lange,  »Zur  Geschichte  der  Solmisation<  in  den  »Sammel- 
bänden«  der  IMG.  I,  601  f. 

-  »Principles  of  musick«  (London  1636). 

3  »Introduction  to  the  Skill  of  Musick«  (London,  1655). 

4  Folgende  Schriften  seien  besonders  herausgehoben:  1841  The  little  tune 
book  harmonised  —  1843  Singing  for  schools  and  congregations  —  1848  Gram- 
niar  of  vocal  music  —  1858  The  Standard  course  of  lessons  and  exercises  in 
the  Tonic  Sol-fa-Uethod  of  Teaching  Music.  Vgl.  auch  August  Wolter, 
»Neuerungen  auf  dem  Gebiete  der  Tonverhältnisse«  (Bamberg,  1880)   S.  29  ff. 

5  Vgl.  v.  Helmholtz,  Tonempfindungen«.  Aufl.  5,  S.  665.  —  Sir  John 
Stainer  erkannte  als  Musikinspicient  der  Volksschule,  daß  die  alleinige  Kennt- 
nis der  Tonic  So/-/o-Notation  den  Fortschritt  der  Musik  in  den  Volksschulen 
hindere,  da  ja  doch  verhältnismäßig  wenig  Musik  in  dieser  Tonschrift  gedruckt 
vorliegt.  (Dr.  M<\  Naught  hat  sich  um  ihre  Verbreitung  durch  viele  Neu- 
ausgaben bei  Novello  &  Co.  Verdienste  erworben.)  In  der  Tat  betrachtete  sie 
Curwen  auch  nur  als  eine  Vorstufe  der  gewöhnlichen  »staff-notation«,  die 
er  ja  selbst  zum  Gegenstand  eines  Werkes  gemacht  hat.  Stainer's  Nachfolger 
Mr.  Sommervell  erließ  auf  Antrag  der  bedeutenden  englischen  Musiker  Sir 
Hubert  Parry,  Sir  Alexander  Mackenzie,  Sir  Charles  Stanford,  Sir 
Frederick  Bridge  und  Dr.  W.  H.  Cummings  die  Verfügung,  daß  jeder 
Lehrer  vor  Eintritt  in  das  Lehramt  eine  Prüfung  im  Singen  nach  der  Linien- 
notation abzulegen  habe.     (Vgl.  »Musical  News«  vol.  XXIII  Nr.  617.) 


Die  Tonic  <So/-/a-Methode. 


381 


Die  Töne  werden  mit  den  Anfangsbuchstaben  der  Solmisationssilben 
do  ray  me  fah  soft  Iah,  zu  denen  als  siebente  te  hinzutritt,  bezeichnet. 
Moduliert  die  Weise,  so  werden  die  Töne  in  ihrer  Beziehung  zur 
neuen  Tonika  dargestellt: 


::  z 


=3= 


«- 


1 


Key  C 


d  :  m  s  :  m  l  :  f  in  :  *i  Si  :  d  d  :  tj  d  :  — 
Die  Mitteloktave  erscheint  mit  den  einfachen  Buchstaben,  die 
höhere  mit  einer  I  rechts  oben,  die  tiefere  mit  einer  1  rechts 
unten.  Jeder  Buchstabe  mißt,  wenn  er  nicht  besonders  bezeichnet 
ist,  einen  Schlag  (eine  Viertelnote).  Die  Verlängerung  des  Wertes 
über  einen  Schlag  hinaus  zeigt  ein  horizontaler  Strich  an.  Gurwen 
trennte  ursprünglich  jeden  Taktschlag  durch  ein  Kolon,  jeden  ersten 
Teilwert  durch  einen  Punkt  und  jeden  zweiten  Teilwert  durch  ein 
Komma  ab.  Mehrere  Töne  auf  einer  Silbe  wurden  durch  einen 
Horizontalstrich  unter  den  Buchstaben  zusammengeschlossen. 

Händel,  Halleluia  from  »Judas  Maccabaeus«1. 
Key  D  Allegro.  M.  88. 


1 

:  d . r     m,  f . s  :  I .  s 

Hal-le  -  lu-jah,  A   -    men 

:d».  t      d1,  rl  m'rf'.m' 

/ 

d  :  -  .r      m,  f  .  s  :  1  .  s 

1  .  s  :  f  .  in      f  .  m  :  r 

d  :                           : 

'    Hai  -    le  -  lu  -  jah,    Amen, 

Amen.   Hal-le  -  lu-jah,    A-  men 

f.  A.  t. 

f                :               ' 

:  sd  .  r  j  m,  f .  s  :  1 .  s 

l.s  :  f.m|f.m:r 

Hal-le  -  lu  -  jah.  Amen, 

A-men,  Hal-le-lu-jah,  A- 

1  .  s  :  f.mr.m:f 

m:  sd.  t,l  d           :  d 

-.d  :  t,.d  |s,.d  :-.t| 

A  -  men, Hal-le  -  lu- jah.  A- 

men,  Halle  -  lu       -       jah, 

Hai  -  le -lu-jah, Hai    -    le- 

,  t  .  m:  r1.  d1    t  .  d ' :  r ' 

d1  :*s.f  |  s     .  s     :f  „s 

f .  s  :     .  s      s        :  -  .  s 

Hal-le-lu-  jnh,  Halle- 

lu-jah,      Hai  -  le       -       lu- 

:  tm .  r     d,  r .  m  :  f .  m 

f.m:  r.d  [^.d  :  s , 

\ 

f ;  d     :   f                    -          : 

Hal-le 
f.D. 

mt 

-In  -  jah,  Amen,   A-men,  Hal-le  -  lujah,  Hai- 
1:  -                s        : 

1  men,    A    -        -        -        -    ] 

neu, 

A    -        -        -    men 

d     :  -  .  t, ,  1,     's, 
I    In         -         jah,        Hai 

i  s     :  f                  s 

1  jah,    Hai          -          le 
1,     :   -  .  9,,  1,    i    t,.   8, 

-  -^r 

le- 

:    -  "  «p'i 

ln- 

:  ds 

m  :  f   .  m       r        : 

lu   -  jah,                                    etc- 

d1  :  r*  .  di  |   t  .  1  : 

jah, 

-     •   f              1    - 

1  le         -        lu      -     jah 

1  Vgl.  John  Curwen,  »The  Standard  course  of  lessons  and  exercises  in 
the  tonic  sol-fa  method  of  teaching  music«  (London  4  872).  Additional  exer- 
cises, part  4  page  26. 

Kl.  Handh.  der  Musikgesch.   VIII.  2.  27 


382        Agnes  Hundoegger,  Alexander  Brody  u.  Julian  Vidales. 

Die  deutsche  Interpretin  der  Tonic  &>Z-/*a-Methode  Agnes  Hun- 
doegger ließ  die  Doppelpunkte  als  entbehrlich  fort  und  schloß 
sich  in  der  Darstellung  der  Rhythmen  an  Rousseau-Galin  an1. 
Dabei  bewahrte  sie  die  räumliche  Trennung  der  einzelnen  Takt- 
teile und  drückte  erste  und  zweite  Unterteilungen  durch  einen  oder 
zwei  horizontale  Balken  aus. 

Beispiel: 

Beethoven 
Tonika  Es.     La  =  G  ('rm.) 
*/         \P- 


m 


mmm      —  mm  —  m     ,m 


d  ddd  _   d      r   —  d  d 

Rasch      tritt  der  Tod  den  Men  -  sehen  an 

li        V  li     li  — ~k    *i  —  lt  'i 

V 


mmm     —     mm     —     m  m     —     m 


!tj      d      r      _     r      d      —     tj       _    r d       d 

ist    ihm    iei       -       ne    Frist  ge      -      ge       -      ben: 


Sit 


ll       k      —      k      h       —     si  *1       ]1       ]1 


T^ 

■ 

— 

0 

m  i 

tl 

0 

*l 

es 

sij 

ü 

sii  : 

Tv 

0 

m 

0 

m 

es 

et< 

T- 

O 

d 

Denselben  Grundprinzipien  gehorcht  auch  das  »Nouveau  Systeme 
de  notation«  von  Alexander  Brody,  der  nur  im  Gegensatze  zu 
s  =  sol  als  siebentes  Zeichen  die  volle  Silbe  si  einführt  und  die 
Oktaven  wie  in  der  Orgeltabulatur  durch  Striche  über  und  unter 
den  Buchstaben  auseinander  hält. 

.¥   FS   LSiDRMFSLSiDBMFSL  Si  D    usw. 

Ebenso  verleugnet  der  Tonschriftenversuch,  welchen  Julian 
Vidales  1856  (1868,  1869)  unter  dem  Titel  »Nuevo  metodo  para 
aprender  la  musica  por  letras*  veröffentlicht  hat,  durchaus  nicht 
die  Verwandtschaft  mit  der  Methode  Glover-Curwen.  Ziehen  die 
Inder  drei  Linien,  um  an  ihnen  das  Tonmaterial  dreier  Oktaven 
zur  Darstellung  zu  bringen,  so  braucht  Vidales  zur  Unterscheidung 
von  sechs  Oktaven  gar  nur  zwei  Linien.  Als  Schriftzeichen  ver- 
wendet er    die  Anfangsbuchstaben    der    Tonsilben  sol  la  ci  do  re 

mi  fa.     Seine  Oktave  reicht  von  G—g. 

sie  dr  mf  sie  dr  m  f 

s  l  e  d  r  »i  f 
sl  c  dr  mf 


s l c  dr m  f 


sledrmf  eingestrichene  Oktave 


i  Siehe  unten  S.  401. 


Die  Methoden  von  Vidales  und  Danel. 


383 


Als  Zeichen  chromatischer  Veränderung  benutzt  er  das  Ausruiüngs- 
zeichen  !  für  v,  seine  Umkehrung  ;  für  j£  und  das  Fragezeichen  ? 
bzw.  £  für  fl.  Die  rhythmischen  Werte  werden  mit  Hilfe  von 
Punkt,  Komma  und  Strich  in  folgender  Weise  hergestellt: 


z.  B.  d::  d:.  d:     d.     d.     d     d     d 


i   i   r 


& 


•        9 


Bei  den  Pausen  tritt  an  die  Stelle  des  Buchstabens  ein  Hori- 
zontalstrich, der  in  entsprechender  Weise  seinen  rhythmischen 
Wert  erhält.  Zwei  Stimmlagen  werden  unterschieden,  von  denen 
die  tiefe  B  (Bajo)  sich  auf  die  vier  ersten  Oktaven,  die  höhere 
A  (Alto)  sich  auf  die  fünf  letzten  Oktaven  beschränkt. 


Leccion  für  Guitarre. 


1,  c,   d. 


1,  c. 


B3;f     ) 

?      .  *  •  • 

in. 

d 

1 

ni,    r,    d. 

d      c     1 
1 

f. 

r 

r 

f, 
r 

in 
d 

i    r. 
c 
r 

m 

d 

o 

.    d 

r 

m 

0 

1 

m  . 

c 
s 

c    d   r 

1,     c,    d.   r, 

1 
m . 

c,     d,     r 

1 

m  . 

m  . 

6 

1: 

d      s     I     c 

1 

1 

d 
5 

4 

? 

f 

m  . 
m 

d 
1 
6 

c 

s 
6 

d 
1 
1 

L.  Danel  bedient  sich  in  der  »langue  des  sons«,  welche  in 
seiner  »Methode  simplifiee  pour  l'enseignement  populaire  de  la 
musique  vocale«  (6me  edition,  Lille  1861)  niedergelegt  ist,  ebenfalls 
der  Anfangsbuchstaben  der  Silben  Do  Re  Mi  Fa  Sol  La  und  ersetzt 
die  siebente  Silbe,  um  Verwechselungen  vorzubeugen,  durch  den 
Buchstaben  B.  Die  Unterscheidung  der  Oktaven  ist  die  gleiche 
wie  bei  J.  J.  Bousseau. 

D  R  M  F  S  L  B      D  R  M  F  S  L  B      D  R  M  F  S  L  B 


D  R  M  F  S  L  B  D  R  M  F  S  L  B 

Die  Rhythmik  wird  mit  Hilfe  der  Vokale,  die  den  Tonbuchstaben 

angehängt    werden,    dargestellt.  Dabei    entsprechen    die    Vokale 
folgenden  Werten: 


I 


a       e       i       o      u  v 

i     i     r    r*    ,5 

0      ö»       •       •       0  4         0 

Die  Hinzufügung  eines  %  bezeichnet  den  Kreuzton,  eines  l  den 
.B-Ton. 


So  ist  z.  B.  rox  = 


Vorübergehend  erwähnt  sei, 


27* 


384 


Reformversuch  Daniel  Eyquem. 


daß   Danel  auch   die   Zeitvokale  als  Noten   im   Liniensystem  ver- 
wendet und  so  eine  neue  Art  der  Tonschrift  gewinnt1. 

In  dieselbe  Reihe  der  Reformversuche  gehört  auch  die  Notation, 
welche  in  der  1863  in  Paris  erschienenen  Sammlung  >Choix  de 
cantiques  pour  les  missions«  anzutreffen  ist.  Hier  liefern  die  be- 
kannten sieben  Solmisationssilben  das  Tonzeichenmaterial  TJ  R  M 
AOLS,  welches  wie  gefüllte  Notenküpfe  in  das  Liniensystem 
eingetragen  und  zur  Charakterisierung  des  Rhythmus  mit  cauda 
und  Fahnen  versehen  wird.  Der  Buchstabe  mit  cauda  erhält  den 
Wert  einer  Viertelnote  und  bei  durchstrichener  cauda  den  einer 
halben  Note: 


*~Z£ 


■* 


«=-£ 


s- 


a 


ö.  ö  * 


-0- 


-M* 


TL 


TL 


&■ 


3^5 


ß- 


&-& 


&- 


M 


m 


TT 


■B- 


1T& 


■8- 


£ 


&-& 


-4 


■9 


-O 


Nur  zwei  Linien,  die  die  Symmetrie  der  Oktave  zum  Ausdruck 
bringen  sollen,  benutzt  1898  Daniel  Eyquem  in  seiner  »Nouvelle 
methode  d'ecriture  musicale  avec  application  de  la  theorie  des 
douze  sons«2.  Seine  Buchstabenreihe  D  R  M  F  0  L  £,  gewonnen 
aus  den  Silben  Do  Re  Mi  Fa  Sol  La  Si,  scheint  von  der  Notation 
der  »Choix  de  Cantiques«  nicht  unberührt  geblieben  zu  sein. 
Zwischen  zwei  ziemlich  weit  auseinander  stehenden  Linien  ordnet 
er  die  Zeichen  einer  diatonisch  verlaufenden  Oktave  höhenmäßig 
so  an,  daß  der  erste  Ton  und  seine  Oktave  auf  den  Linien  zu 
stehen  kommen.  Kreuztöne  werden  durch  einen  vom  oberen  Teil 
des  Buchstabens  rechts  schräg  aufwärts,  B-Töne  durch  einen  vom 
unteren  Teil  des  Buchstabens  links  schräg  abwärts  gehenden  Pfeil 
charakterisiert: 

T?=  Fis  ß  =  B 

Für   die    Rhythmik   greift  er   auf   die  Anwendung    verschiedener 
Alphabete  zurück.    Der  große  Majuskel-Buchstabe  gilt  ungestrichen 


1  A.  a.  0.,  Si  34. 

2  Paris-Bruxelles,  Henry  Leraoine  «k  Cie. 


Die  Vorschläge  Micci's  und  Corniers.  385 

als  ganze,  nach  unten  gestrichen  als  halbe  Note.  Kleine  Majuskel- 
Buchstaben  mit  Kauda  bezeichnen  die  Viertel,  mit  Kauda  und 
einer  Fahne  die  Achtel  und  so  fort.  Die  Linie  des  eingestrichenen 
o   wird  fett  herausgehoben. 

In  bezug  auf  Chromatik  eigene  Wege  geht  D.  Agostino  Micci 
in  seinem  »Nuovo  sistema  musicale« 1  aus  dem  Jahre  1879.  Auch 
ihm  gelten  die  Anfangsbuchstaben  der  Solmisationssilben  als  Ton- 
zeichen, wobei  er  der  Verwechselung  von  Sol  und  Si  durch  Ver- 
dickung des  S  für  letztere  Silbe  vorbeugt.  Zur  Darstellung  der 
den  schwarzen  Tasten  entsprechenden  Tüne  zieht  er  die  Vokale 
A  E  I  0  U  heran.  Die  Oktavlagen  unterscheidet  er  derart,  daß 
die  Tüne  der  mittleren  Oktave  ohne  besondere  Auszeichnung 
bleiben,  während  die  höheren  Oktaven  durch  -  —  zzz  1ZZ  über 
und  die  tieferen  Oktaven  durch  —  z=  13;    unter  den  Buch- 

staben charakterisiert  werden.  Für  den  Taktschlag  (battuta)  steht 
ein  Vertikalstrich,  wohingegen  die  doppelte  und  dreifache  Dauer 
durch  w  und  \i/  oder  die  Zahlen  2  und  3  bezeichnet  wird.  Ohne 
Buchstaben  gelten  die  betreffenden  Zeichen  für  die  entsprechenden 
Pausen.  Alle  einem  Taktschlag  folgenden  Buchstaben  teilen  sich 
in  den  Wert  der  battuta,  wobei  der  Aufschlag  durch  einen  Punkt 
bezeichnet  wird,  z.  B.: 


DRMF=  fc=qp^=^±-    aber  DR  MF 


Schließlich  seien  auch  diejenigen  Reformversuche  nicht  über- 
sehen, welche  mit  verschiedenen  Farben  operieren.  Als  einen 
Epigonen  Guido's  können  wir  z.  B.  den  Abt  Gornier  bezeichnen, 
der  in  seinem  »Tratte  de  l'art  musical  precede  de  Echelle  Tricolore« 
(Paris  1856)  in  Anknüpfung  an  die  Verwendung  farbiger  Linien 
durch  Guido  zum  Zwecke  der  Unterdrückung  der  Hilfslinien  und 
der  klaren  Erkenntnis  der  Tonbeziehungen  rote  und  grüne  Linien 
einführt.  Die  grün  ausgezogene  Linie  charakterisiert  in  Cdur  e, 
die  rot  ausgezogene  f,  die  grün  punktierte  c',  die  rot  punktierte 
ti '.  Punktierte  Linien  werden  als  tonale,'  ausgezogene  als  mediale 
bezeichnet.  Bei  Transposition  erhalten  die  Linien  den  entsprechen- 
den Platz.  Die  einzelnen  Stimmen  werden  wie  im  1 6.  Jahrhundert 
durch  verschiedene  Farben  unterschieden;  dadurch  ist  es  möglich, 
gewissermaßen  durch  Projektion  alle  Stimmen  eines  mehrstimmigen 
Satzes  auf  einem  System  zur  Darstellung  zu  bringen. 


1  Roma,  Tipografia  della  pace. 


386  Collet,  ein  Verteidiger  unserer  Notenschrift. 

Nicht  mühelos  ist  der  Gang  durch  den  Irrgarten  der  Reform- 
versuche gewesen.  Viel  Geist  ist  aufgewendet  worden  und  wird  noch 
immer  darangesetzt,  um  die  Grundpfeiler  unserer  in  langer  histori- 
scher Entwickelung  entstandenen  Notation  zu  erschüttern.  Gewisse 
ihr  anhaftende  Mängel  und  Schönheitsfehler  sollen  nicht  abgeleugnet, 
aber  auch  nicht  verkannt  werden,  daß  mit  ihr  ein  wenn  auch  nicht 
müheloses,  so  doch  zuverlässiges  Mittel  gewonnen  worden  ist,  den 
Phantasien  unserer  schaffenden  Musiker  besser  zu  folgen  als  mit 
irgendeinem  andern  nach  dieser  oder  jener  Richtung  hin  voll- 
kommeneren Reformversuch.  Als  eine  Arbeit,  welche  mit  Glück 
die  gewöhnliche  Notenschrift  verteidigt,  sei  N.  Collet' s  Studie 
»La  sup6riorite  de  la  notation  musicale  usuelle«  (1865)  aufgeführt. 


IV.  Abschnitt. 

1.  Kapitel. 
Ziffern-Tonschrifteu. 

Die  Zahl,  der  Urgrund  aller  Dinge  bei  den  Pythagoräern,  spielt 
in  der  Musik  eine  besonders  hervorragende  Rolle.  Sie  schafft 
nicht  nur  durch  Teilung  der  Monochordseite  oder  der  Pfeifenlänge 
das  Tonmaterial  und  ordnet  es,  sondern  bringt  es  auch  zu  schrift- 
lichem Ausdruck.  Aus  dem  lateinischen  Mittelalter  sind  keinerlei 
Schriftversuche  mit  Hilfe  der  Zahlen  überliefert,  wohl  aber  aus 
dem  Orient.  Die  Araber,  deren  Einfluß  auf  das  Abendland  auch 
in  musikalischen  Dingen  sich  immer  deutlicher  erweist,  haben  die 
Zahl  zu  Notationszwecken  herangezogen.  Aus  dem  1  3.  Jahrhundert 
ist  uns  in  der  Oxforder  Handschrift  Marsh  161  durch  Qafiu'ddin 
al-Urmavi  eine  Tonschrift  überliefert,  die  sowohl  das  Tonmaterial 
als  auch  die  Rhythmen  durch  Zahlen  zum  Ausdruck  bringt.  Für 
ersteres  verwendet  sie  die  Buchstaben  des  Alphabets  als  Zahlen- 
zeichen, für  letztere  »indische  Zeichen,  das  Vorbild  unserer  arabischen 
Ziffern«.  J.  P.  Land,  der  uns  in  seinem  Aufsatze  »Tonschriftversuche 
und  Melodieproben  aus  dem  muhammedanischen  Mittelalter« 1  zum 
ersten  Male  diese  Kenntnis  vermittelt  hat,  sucht  mit  Hilfe  von  latei- 
nischen und  arabischen  Zahlen  diesen  Tonschriftenversuch  zu  veran- 
schaulichen. Vorweg  zu  bemerken  ist,  daß  die  Oktave  in  I 7  Ton- 
schritte zerfällt,  bei  denen  auf  je  zwei  Limmata  ein  Gomma  folgt.  Der 
nach  Land'schem  Prinzip  verändert  aufgezeichneten  arabischen  Weise 

XIII  XV  XVIII  XV  XIII  X  VIII  VI  VIII  X  VIII  VI  X  VIII  VI  VIII  I 

■2       -2        4        4       444       2      24      4      22    4      1122 

entspricht  bei  Annahme  von  I  =  c  und  1  =  •   folgende  Übertragung: 


Ä 


-: 


m^ 


In  der  Vokalmusik  der  alten  Zeit  sind  es  die  Intervallbezeichnungen, 
Rhythmen  und  Proportionen,  in  denen  die  Zahl  herrscht,  und  die 
Kanonik,  in  der  sie  mannigfachen  Ausdruck  gewinnt.  In  der 
Instrumentalmusik  waltet  sie  vor  allem  in  den  Tabulaturen.  Zahlen 
bezeichnen  die  leeren  Saiten  und  auch  häufig  die  Bünde  des  sechsten 


1  Vgl.  »Vierteljahrsschrift  für  Musikwissenschaftc  II,  350  ff.  Siehe  auch 
Fleischer' s  Kritik  der  Land'schen  Schrift  »Recherches  sur  l'histoire  de  la 
gamme  arabe«  in  »V.  f.  M.«  II,  508. 


c 


388  Die  Zahlenschrift  von  Pierre  Davantes. 

Chores  in  der  deutschen  Lautentabulatur1.  Zahlen  begegnen  in 
der  französischen  Lautentabulatur  bei  Bezeichnung  der  tiefsten 
Bordunsaiten 2  und  gewinnen  eine  übermächtige  Bedeutung  in  der 
italienischen  Lauten-3  und  der  spanischen  Klavier-  und  Harfen- 
tabulatur4.  Bermudo5  operiert  1555  mit  Zahlen  von  1  bis  42, 
Vinegas  de  Hinestrosa6  und  Antonio  de  Gabezon7  wenig 
später  mit  den  Ziffern  von  1  bis  7  und  ihren  leicht  abgewandelten 
Wiederholungen,  um  mit  ihnen  das  ganze  Tonsystem  zu  bezeichnen. 
Vor  allem  wird  [aber  die  Zahl  ein  volkstümliches  Mittel  der  be- 
quemen und  schnellen  Melodiefixierung. 

1560  trat  Pierre  Davantes  mit  seiner  für  »mittelmäßige 
Musiker«  abgefaßten  »Nouvelle  et  facile  methode  pour  chanter 
chacun  couplet  des  Pseaumes  sans  recours  au  premier«8  hervor, 
welche  seiner  Ausgabe  der  »Pseaumes  de  David  mis  en  rhythme 
frangoise  par  Clement  Marot  et  Theodore  de  Besze«  vorangestellt 
ist.  Sie  war  die  Frucht  langer  Bemühungen,  für  die  Melodien 
der  Psalmen  mit  ihren  verschieden  langen  Versen  eine  bequem 
anwendbare  und  wenig  Raum  beanspruchende  Notation  zu  finden. 
Davantes  gebraucht  die  Ziffern  1  bis  9  und  die  Buchstaben  A  und 
B  für  die  zweistelligen  Zahlen  1 0  und  1 1 .  Die  Solmisationslehre 
wird  als  Grundlage  herangezogen  und  entsprechend  dem  hexa- 
chordum  molle,  durum  und  naturale  ein  »chant  du  &mol«,  »du  tj 
quarrte  und  ein  »chant  neutre«  unterschieden.  Ausgangspunkte 
der  Zählung  können   für  jedes   der  drei  Hexachorde   die  Töne  e, 

0  oder  h  beziehungsweise  v  bilden9.  Alle  Töne  des  »chant  du 
imol«  erhalten  einen  Punkt  vor,  alle  Töne  des  »chant  du  \  quarre« 
einen  Punkt  hinter   der  Ziffer.      Ohne  besonderes   Zeichen  stehen 

»  Vgl.  oben  S.  38. 

2  Siehe  auf  S.  84. 

3  Näheres  auf  S.  51  ff. 

4  Vgl.  oben  S.  264  ff. 

5  Eingehender  behandelt  auf  S.  265. 

6  Siehe  die  Darstellung  auf  S.  266  f. 
'  Vgl.  oben  S.  267. 

8  Vgl.  den  von  Georg  Becker  (Lancy)  besorgten  Abdruck  in  den 
»Monatsheften  für  Musikgeschichte«  Jahrgang  I  (1869)  Nr.  11  und  die  Beilage 
zu  Nr.  12  S.  8.  Siehe  auch  das  Faksimile  in  A.  H.  Littleton's  »Catalogue 
of  one  hundred  works  illustrating  the  history  of  music  printing«  (London, 
Novello  and  Co.,  1911)  S.  25. 

9  Der  Text  bemerkt  ausdrücklich,  »que  le  b-mol  commence  icy  tous-iours 
sous  Ut  par  .2  ou  .4  ou  .5:  le  fldur  par  3  ou  5  ou  6;  le  chant  neutre  par 

1  ou  2  ou  6:  et  que  le  .2  et  le  .4  reprente  b-mol  la  bas  et  .5  le  haut  et 
3.  et  5.  t|dur  le  moyen  et  6.  jjdur  le  haut.  1  demonstre  Nature  la  basse 
et  2  et  6  Nature  la  haute«. 


Versuch  Kirchers. 


389 


die  Ziffern  des  >chant  neutre«.  Was  den  Rhythmus  anbetrifft,  so 
bleiben  die  halben  Noten  unbezeichnet.  Als  Ganze  erhalten  die 
Ziffern  oben  einen  kleinen  Vertikalstrich.  Dieser  erreicht  die  Höhe 
der  Ziffer  bei  breves.  Der  kleine  Strich  im  Wert  einer  halben 
Note  übt  auch  die  Funktion  des  Atemzeichens  am  Anfange  der 
Verse  aus.  Für  eine  ganze  Note  tritt  er  dagegen  mit  darunter 
stehendem  Punkte  am  Ende  der  Verse  als  Pause  ein. 

Die  Melodien  des  Psalters  werden  von  Davantes  allen  Strophen 
angepaßt.    Die  erste  weist  Noten,  Solmisationssilben  und  Tabulatur 
Ziffern)  auf,  die  übrigen  nur  die  Tabulatur. 

Davantes  sah  seine  Hoffnung  auf  weitergehenden  Gebrauch 
dieser  Notation  vorerst  noch  nicht  erfüllt.  Aber  die  Bedeutung 
der  Zahl  für  die  Tonschrift  hielt  sich  wach.  1650  benutzt  sie 
Athanasius  Kircher  im  zweiten  Bande  seiner  >Musurgia  uni- 
versalis« l  zur  Darstellung  von  Melodien  und  Partituren.  Ein  Satz 
»Veni  creator  spiritus«2  veranschauliche  seine  Methode: 


b  i      c 

?    9    9    9 

* 

') 

0       0 

p  rf 

1 

o        9 

i>     0     "      ö    ö     v 

y       Y                                   '                ' 

i      i 

R                Ve. 

ni  cre. a .tor 

epi 

.  ri  .  tus 

men  .  tes 

tu.o.rum  vi.si.ta 

ö     o     0     9 

0       * 

0           0 

ö      ö      ö       ö      ■>      ö 

f  l  r 

f 

TT           TT 

E  b  v,                           i 

=    i      , 

A                    A               A           <>           0               ,           ,           6 

:    bA 

n       <r       ö 

0     l     °      ° 

i 

6     ° 

1 

ot      i                ' 

9l       &           A 

i             1 

V              r 

U>  T      o 

6     6     1 

{> 

l 

•f 

— -M- 

o  ■ 

<     6 

g           -fr-    .                                  | 

-a \i <J i 

' V       M       i ;— b- 

0      4     4      ° 

1      * * $ — *_ — 

im  —  ple    su-per.  na    gra.ti  .  a 

'i 

qui         tu     cre  .  a  .  sti      pe  .  cto.  ra. 

*                                l                  1 

■)        (i         J                  <i 

li         °          °        ©         ° 

^               ,,                  *                                   A 

p       A    * 

0                   ^       0 

0 

— Ö— 0 ? —              i          i 

7                                      1                                     ''                 ''              0 

v            ü                 ,,        «►        4>       i>       ö 

y                                             |                                   ■ 

— ö 6 — «  ■             ■  — 

■         ■      1          ?         (           ; 

i             ii 

1                     V         <                               0 

]<<>< 

1 : ^ £_ 1 

L-fl *~ fi 5 B 

1  S.  46 ff.         2  s.  55  und  57. 


390 


Versuch  d'Avella's. 


Musarithmus 

I 

[1 

Stropha 

I 

[I 

c 

o 

S     5     5 

0 

5 

5 

5 

3 

3 

3 

3 

4 

3      3      4 

A 

7 

7     7     7 

8 

7 

7 

8 

8 

8 

8 

8 

8 

5      8      8 

T 

2 

2-2      3 

3 

2 

2 

3 

5 

5 

5 

6 

6 

5      ö      6 

ß 

5 

5      5      3 

III 
III 

8 

5 

5 

8 

8 

8 

8 

6 

IV 
IV 

4 

8      8      4 

3 

3 

2 

8       7 

6 

6 

7 

5 

4 

3 

2 

8 

8 

7       8 

8 

8 

2 

3       ö 

5 

4 

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8 

6 

5 

4 

3 

5 

2       3 

3 

3 

4 

8       2 

2 

2 

-2 

3 

4 

S 

6 

8 

ö 

5       5 

8 

8 

7 

G       5 

2 

2 

ö 

8 

2 

3 

4 

6 

5 

5       8 

Von  der  Tonika  aus  sind  unabhängig  von  der  Oktavlage  die 
Töne  durch  Zahlen  bestimmt.  Die  Bezeichnungsweise  ermangelt 
der  Genauigkeit;  sowohl  das  große  und  kleine,  als  auch  das  ein- 
gestrichene f  werden  z.  B.  mit  der  gleichen  Zahl  8  ohne  besondere 
Unterscheidung  aufgezeichnet. 

Bestimmter  ist  in  dieser  Hinsicht  der  Vorschlag  von  Giovanni 
d'Avella  in  seinen  »Regole  di  Musica«  vom  Jahre  16571.  Für 
den  Baß  geht  bei  Zugrundelegung  des  hexachordum   durum  seine 


Zählung  von  G  aus,  für  den  Tenor,  der  im  hexachordum  naturale 
aufgezeichnet  wird,  setzt  die  Reihe  der  Ziffern  bei  c  ein.  Der 
Alt,  der  wiederum  im  hexachordum  durum  notiert  wird,  nimmt  y 
als  1  an,  während  der  Sopran  mit  der  Zählung  von  c'  =  \  aus- 
geht. Unter  die  Ziffer  1  darf  die  Stimme  nicht  hinabsteigen. 
Alle  Zahlen  beanspruchen  den  gleichen  Wert,  z.  B.: 


Canto.    _§L 

AltO.        _g_     5-5-4-3-3-6-5-G-5-5-5-1-8-6-7-8-7-5-6-5-5-4-6-6 


4-5-3-3-3-5-5-5-4-5-5-5-7-7-6-5-6-6-8-6-6-6-5-6 

X  XX  X 


Tenore.  _£.     6-7-6-5-5-7-7-8-6-7-7-10-9-10-9-8-9-6-6-4-2-6-7-  8 

"  X         •     K  X  X  X 


Basso. 


5-1-2-6-6-6-8-4-5-1-3-4-3-8-7- 6-5-5-4-5-7-7- 6-2 


Parole:  Jesu  Redemptor.   Jesu  Redemptor  tu  nostn  miserere,  tu  nostn  miserere. 
Amen.     Cui  est  honor,  et  gloria,  nunc,  et  in  secula  seculorum. 

Eine  der  am  nächsten  liegenden  Beziehungen  der  Zahlen  zu 
den  Tönen  entwickelt  uns  Mersenne  im  7.  Buche  seiner  »Har- 
monicorum  libri  XII«2.  Unter  Zugrundelegung  eines  c  =  3600  setzt 
er  für  die  Töne  eines  mehrstimmigen  Satzes  die  ihnen  im  Verhält- 
nis zu  d  zukommenden,  aus  den  Saitenlängen  gewonnenen  Zahlen  ein. 


*  In  Roma.     Nella  Stampa  di  Francesco  Moneta.    Vgl.  besonders  S.  -1 66  f. 
2  Lutetiae  Parisiorum,  sumptibus  Guillelmi  ßaudry  4648,  S.  148ff. 


Mcrsenne's  Zahlentonschriften. 


391 


Vorlag  e. 


17 

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0 

0 

T  a  b  u  1  a  t  u  r. 
Superior.         1800   1920  1800  2160  2400   1620   1800  1920 
Kontratenor.  2400  2400  2400  2700  2880  2700  2880  2880 
Tenor.  2880  3200  3600  3600  3600  4320  4320  4608 

Bassus.  7200  4800  5760  5400  7200  6480  8640  5760 

Ve     -     xil     -    la        re     -     gis      prod     -    e    -    unt1. 

Gilt  eine  bekannte,  im  Baß  liegende  Melodie  als  Ausgangspunkt, 
so  können  die  hinzutretenden  Töne  ihrem  Abstände  von  dem  je- 
weiligen Baßtone  nach  zahlenmäßig  bestimmt  werden: 

15   10   13   10   12   15   17   12 
.12    8    10    8    10   10   12    8 
10    5658583 


Ve    -    xil 


la 


re 


prod 


unt  2. 


Schließlich  lassen  sich  auch  die  Intervallverhältnisse  selbst  für 
die  Bestimmung  der  zum  Baß  hinzutretenden  Stimmen  verwenden. 
Der  erste  Ton  des  Tenor  steht  zum  Baß  im  Verhältnis  einer  großen 
Dezime  (e'  :  c  =  5  :  2),  der  erste  Ton  des  Kontratenor  zu  dem  des 
Tenor  im  Verhältnis  einer  kleinen  Terz  {cf  :  e'  =  6  :  5),  der  erste 
Ton  des  Superior  zu  dem  des  Kontratenor  im  Verhältnis  einer 
Quarte  (c"  :  g  =  4  :  3  =  8  :  6).  Bei  Weiterverfolgung  dieses  Prin- 
zips wird  die  Partitur  also  unter  der  Voraussetzung,  daß  die 
Grundmelodie  bekannt  ist,  durch  folgende  Tabulatur  in  allen  Stimmen 
klar  festgelegt: 

1  Die  Zahlenangaben  bei  Mersenne   enthalten  mehrere  offenbare   Fehler 
die  ausgemerzt  worden  sind. 

2  Auch  hier  liegen  bei  Mersenne  mehrere  Druckversehen  vor. 


392 


Mersenne"s  Zahlentonschriften. 


8 
6 
5 
2 
Ve 


i 


100 
75 
3      48 
2      30 
xil  -   la 


o 
4 
3 

9 


6 
5 
4 

9 


8     24 
5     15 

3     10 

2      5 


12 

8 
5 

4 
unt. 


re  -  gis     prod  -  e 

Ähnlich  verfuhr  nach  der  Mitteilung  Mersenne's1  De  Gousu2, 
der  einen  möglichst  tiefen  Ton  A-re  als  Einheit  annahm  und  von 
diesem  aus  das  Intervallverhältnis  aller  angewendeten  Töne  be- 
stimmte.   Seine  Zahlentabulatur  gewährt  in  ihrer  Anwendung  auf 


ein    vierstimmiges     »Misericordias    Domini 

Gaurroy  folgendes  Bild: 

Cantus. 


von    Eustache    du 


o 

5     5 


113      5 


24   24      4      4     16   2  4      9    24      9 


1       3       I 

6      16      6 


1       4       1 
4      15     4 


0 
IS       5      5      I       I 
3    18     16   16    4      4 


Altus. 


5      5       5 
18    18     18 


5       5       5      13)    1       1 
18    18    18   16     3       3 


0 

1  5 

2  9 

0 
I      2 
I      3 


5      3     5      1 
12    8     16    3 


1      1 
3      3 


Tenor. 

3 
8 

Bassus. 


5 
12 


5       4 
12      9 


Vorlage. 


17 

17 

15 

15 

18 

17 

16 

17 

16 

19 

18 

19 

15 

15 

14 

15 

ö  1 

O 

0 

x  <f 

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C 

0 

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0 

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0 

0 

0 

0 

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12 

14 

13 

13 

15 

15 

14 

14 

14 

14 

14 

14 

13 

12 

12 

12 

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13 

12 

12 

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5 

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4 

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3 

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0 

L 

w 


i  A.  a.  O.,  S.  149  f.     Siehe  auch  S.  171   und  173. 

2  Gemeint  ist  wahrscheinlich   Antoine   de    Cousu,   der   als   Kanonikus 
von  St.  Quentin  1658  starh. 

3  Bei  Mersenne  irrtümlich  obere  Zahl  5. 

4  Bei  Mersenne  f. 


Die  Zahl  als  Tonzeichen  bei  Bontempi. 


393 


Diese  Art  der  Tonbezeichnung  hat  dann  und  wann  auch  in 
kanonischen  Kompositionen  Anwendung  gefunden.  So  scheint 
schon  jener  von  Stainer1  aus  dem  Kodex  Add.  10336  des  British 
Museum  mitgeteilte  Kanon  Dunstaple 's  mit  ähnlichen  Prinzipien 
zu  rechnen. 

Von  allen  von  Mersenne  vorgebrachten  Zifferntabulaturen  2  hatte 
indes  nur  eine  Aussicht  auf  weitere  Verbreitung,  und  zwar  jene,  die 
die  Intervalle  von  einem  gegebenen  Tone  aus  zählte.  Vielleicht  von 
Mersenne  unabhängig  trat  1660  Johannes  Andreas  Bontempi 
in  seinem  Werke  »Nova  Quatuor  Vocibus  Componendi  Methodus, 
qua  musicae  artis  plane  nescius  ad  compositionem  accedere  potest« 3 


mit    dem    gleichen  Vorschlage   hervor. 


Er   läßt   die  Zählung  von 


F  (mit  Vorzeichnung  zweier  P),  von  G  und  A  (mit  Vorzeichnung 
zweier  Kreuze)  beginnen  und  setzt  sie  diatonisch  fortschreitend 
bis  zum  Tone  19  fort.  Bhythmische  Bedeutung  erhalten  die 
Zahlen  durch  darunter  gesetzte  Mensuralnoten,  z.  B.: 


Cantus.  17  17  17  15  16 
Altus.  15  15  15  13  13 
Tenor.  12  12  12  «3  11 
Bassus.    1114     2 


15  15 

15  13 

10  13 

6  4 


17 
15 
12 


17  17  17  15  15  18 
12  12  12  15  13  15 
8      8      8    10    13 


1       8 


8      6 


4 


I     fi-   N    I     J  -     I       I        I 
•     4444      4      4      s)       4     4     9     4m 

In  converten-do    Do-mi-nus    ca-pti-vi  -  ta-tem 


16            17 
15Jp4    15 

17  17 
15  15 

12            12 

12  12 

5              1 

1      1 

I              I 
«5*             fi> 

Si     -     on 

I      I 

•     • 

fa  -  cti 

Übertragung  von  G  aus: 


F^M^ 


«=4 


*. 


We4=±:=*=* 


4=fc 


\ — >M^ 


eg^EÜg^^^Xntl^^i 


M  t- 1  t  Vl=EB=t-EU^frT=t 


*=*: 


fes 


3^=QE 


EE 


v=* 


0 


il=t 


*± 


♦ ♦ 


In  converten-do    Do-mi-nus    ca-pti-vi  -  ta-tem       Si     -     on     fa-cti. 


i  »Early  Bodleian  Music<  (London,  Novello  and  Co.,  1901)  vol.  II  S.  97f 
-  Daß  J.  J.  Rousseau    diese  Versuche   Mersenne's    kannte,    geht   aus 
seinen  Worten  >Oeuvres«  VI,  269  f.  (Ausgabe  Paris  1872)  hervor. 
3  Dresdae,  Typis  Seiffertinis. 


394  Zahlentonschriften  des  O.Jahrhunderts. 

Die  gleichen  Wege  ging  auch  Johann  Christoph  Stierlein 
in  seinem  1691  in  Stuttgart  erschienenen  Werke  »Trifolium  musi- 
cale  consistens  in  musica  theoretica  practica  et  poetica,  das  ist: 
eine  dreyfache  Unterweisung  wie  primo  ein  Incipient  die  Funda- 
mente im  Singen  recht  legen  solle  samt  einem  Anhange  die  heutige 
Manier  zu  erlernen.  Secundö  Wie  der  Generalbaß  gründlich  zu 
tractiren  und  tertiö  wie  man  arithmetice  und  mit  lauter  Zahlen 
anstatt  der  Noten  componiren  lernen  könne« '.  Hier  sind  auf  die 
.F-Leiter  von  F — e"  die  Zahlen  von  1 — 21  angewendet.  Nichts 
wesentlich  anderes  enthält  auch  Jacob' s  »Methode  sur  un  nouveau 
plan«  aus  dem  Jahre  1769,  die  ebenfalls  mit  den  Zahlen  1  —21 
als  Bezeichnung  dreier  Oktaven,  aber  mehr  nur  zu  Übungszwecken 
operiert. 

Immer  enger  wird  der  Rahmen  der  zur  Anwendung  gelangenden 
Zahlen  gespannt.  Jacques  Claude  Adolphe  Mino  beschränkt 
sich  in  seiner  »Methode  d'orgue«  aus  dem  Jahre  1835  auf  die 
ersten  15  Ziffern.  Die  Leiter  der  diatonischen  Töne  von  C — c 
bezeichnet  er  mit  den  Zahlen  von  1 — 15,  die  folgenden  Töne  von 
d' — f"  mit  den  kleinen  Buchstaben  von  a — q.  Chromatisch  ver- 
änderte Töne  werden  mit  Hilfe  von  Durchstreichung  dargestellt, 
z.  B.  2  =  Dis  oder  Es\ 

Nur  die  ersten  11 — 12  Ziffern  benutzen  Werneburg3,  Joh. 
Christoph  Schärtlich4,  Leo  Kuncze5,  H.  Hohmann6,  Sachs7, 
Alb.  Hahn8  und  Hans  Schmitt9.  Alle  mit  Ausnahme  von  Schärt- 
lich sind  Chromatiker  und  zerlegen  die  Oktave  in  1 2  Stufen.  Werne- 
burg bezeichnet  sie  mit  den  Ziffern  0 — 11,  wobei  er  für  10  und  11 
einfachere  Typen  einführt,  die  übrigen  mit  den  Ziffern  1 — 12, 
wobei   auch  sie  Doppelzahlen   durch    einfachere   Zeichen  zu  ver- 


i  Exemplare  in  der  Kgl.  Hofbibliothek  Stuttgart  und  der  Univ.  Bibl. 
Glasgow. 

2  Vgl.  die  »Neue  Zeitschrift  für  Musik«  vom  20.  Februar  1838  und  den 
Artikel  von  W.  Tappert  im  »Musikalischen  Wochenblatt«  (Leipzig)  vom 
i.  Dezember  1883  Jahrgang  XV  Nr.  1   S.  2. 

3  »Allgemeine  neue  viel  einfachere  Musikschule«  Gotha  1812. 

4  »Neues  Choralbuch  für  Bürger-  und  Landschulen«  2.  Auflage  Potsdam 
1829,   3te  Auflage  1835. 

5  »Tonziffer-Notation«  (Martinsberg,  1877). 

11  »Chromatische  Notenschrift  nach  einem  Vorschlage  von  H.  Hohmann«. 
0.  0.  u.  o.  J. 

7  »Vortrag  über  den  Nutzen  der  Einführung  einer  auf  die  Gleichberechtigung 
der  zwölf  Töne  gegründeten  Theorie,  Schrift  und  Tastenordnung«  (München.  1 885). 

8  Siehe  seinen  Artikel  »Zur  Notenschrift«  in  der  »Tonkunst«. 

9  »Eine  neue  Notenschrift«  (Brunn,  Rudolf  M.  Rohrer,  1892). 


Die  Zahl  im  Dienste  der  Partitur  bei  J.  A.  P.  Schulz.  395 

meiden  suchen.     So  führt  Kuncze  und  Alb.  Hahn  o    \  g,  Hoh- 
niann  +  0  B,  Hans  Schmitt  8,  u,  s  für   10,   II,  12  ein. 

Mit  den  Zahlen  I  — 10  operiert  Ludwig  Krausnick  in  den 
»Melodien  der  Preußischen  alten  und  neuen  Kirchengesänge  nebst 
den  Chüren  der  Allerhöchst  verordneten  Liturgie-,  die  1825  in 
Berlin  erschienen.  Gleich  hier  sei  seine  bemerkenswerte  Darstellung 
der  Rhythmik  herausgehoben.  Jeder  Horizontalstrich  hinter  der 
Ziffer  verdoppelt  ihren  Grundwert  eines  Viertels  um  den  gleichen 
Wert. 

Auf  die  Ziffern  1 — 9  beschränkt  sich  Johann  Abraham 
Peter  Schulz.  Das  Bemühen,  die  Musik  leicht  druckfähig  zu 
machen ,  führte  diesen  Meister  des  volkstümlichen  Liedes  in  die 
Reihe  der  Tonschriftenerfinder.  Vor  allem  leitete  ihn  ein  Gedanke, 
den  bereits  J.  J.  Rousseau  stark  hervorhebt,  die  Müglichkeit  zu 
gewinnen,  mit  geringeren  Kosten  als  bisher  Partituren  herzustellen 
und  dadurch  allgemein  zugänglich  zu  machen.  Aus  der  Erwägung 
heraus,  daß  »nur  aus  der  Partitur  des  Komponisten  Arbeit  beurteilt 
werden  und  nur  in  Partituren  der  Künstler,  hauptsächlich  der  an- 
gehende Komponist,  mit  wahrem  Nutzen  seine  Kunst  studieren  und 
sich  mit  allen  Geheimnissen  derselben  bekannt  machen  kann«, 
war  er  bestrebt,  die  bisher  bedeutenden  Herstellungskosten  dadurch 
wesentlich  zu  verbilligen,  daß  er  eine  Tabulatur  ausfindig  machte, 
deren  Druck  jede  Offizin  leisten  konnte.  Seinen  Versuch  mit  ver- 
schiedenen Alphabeten  haben  wir  bereits  kennen  gelernt.  Das 
aus  dieser  Tabulatur  gewonnene  Partiturbild  erschien  aber  Schulz 
noch  zu  wenig  einfach,  um  ihm  eine  weitere  Verbreitung  zu  sichern. 
Seine  Bemühungen  führten  ihn  schließlich  zu  den  Zahlen,  die  die 
Vorteile  gewähren,  daß  sie  auf  gewöhnlichem  Druckpapier  um  ein 
Drittel  enger  als  Noten  und  müheloser,  daher  billiger  gedruckt 
werden  könnten.  Freilich  verkennt  er  nicht,  daß  der,  welcher 
»ihren  Inhalt  verstehen  und  benutzen  will,  die  Mühe  des  Aus- 
schreibens derselben  in  Noten«  hat.  In  »Cramer's  Magazin«  Jahr- 
gang III  Stück  2  legte  er  zuerst  seine  Zifferntabulatur  vor.  In 
der  Einleitung  zu  dem  Werke,  mit  dem  er  1791  ihre  Anwendung 
auf  die  Praxis  machte,  in  der  »Partitur  in  Ghiffern  von  Maria  und 
Johannes«1,  faßte  er  nochmals  die  leitenden  Gedanken  zusammen. 

Die  innerhalb  eines  Liniensystems  von  der  ersten  bis  zur  fünften 
Linie  vorkommenden  Stammtüne  werden  mit  den  Zahlen  1 — 9 
ausgedrückt  und  erhalten  auf  einer  Horizontalen  ihren  Platz.  Für 
die  Töne  unter  und  über  dem  System  werden   neue  Zahlenreihen 


1  Ein  Passionsoratorium,  das  1791  in  Kopenhagen  bei  S.  Sönnichsen  erschien. 


396  Die  Zahlentonschrift  Souhaitty's. 

von  1 — 9  aufgestellt,  die  unter  und  über  der  Horizontalen  an- 
geordnet werden.  Die  Bedeutung  der  1  entspricht  sich  in  den 
verschiedenen  Lagen  desselben  Systems: 

— ,     .     „     .     . 1     a     8     4     6     O     7     6     0 '      2     3     *    *      6     7     8     »     ■ 

123466788 

Eine  jede  Stimmgattung  und  ein  jedes  Instrument  verlangt 
eine  solche  Linie.  Für  die  Feststellung  der  Bedeutung  von  4 
ist  das  Schlüsselsystem  maßgebend,  in  welchem  die  betreffende 
-Stimme  oder  das  betreffende  Instrument  notiert  zu  werden  pflegt. 
Immer  ist  der  Ton  auf  der  ersten  Linie  dieses  Schlüsselsystems 
bestimmend  für  die  Bedeutung  der  auf  der  Linie  stehenden  1 .  Stimm- 
gattung oder  Instrument  wird  vorn  durch  den  Anfangsbuchstaben 
•und  eine  römische  Zahl  angegeben,  die  die  weitere  Verfolgung 
der  Stimme  erleichtern  soll.  Im  Diskant  ist  z.  B.  4-  =  e',  in  der 
Viola  4-==  /j  im  Baß  4-  =  G.  Zur  Charakterisierung  der  Werte 
treten  über  die  Zahlen  die  Zeichen 

h 

O   ==   G  • 

J  •    J* 

C    =    O  •    • 

V 

I  :   vK 

unbezeichnet     =  •  •  * 

— t- 

Bei  verkürzter  rhythmischer  Schreibung  o  oder  o  werden 
die  den  häufiger  zu  wiederholenden  Wert  bezeichnenden  Punkte 


nebeneinander  gesetzt,  z.  B. :  £  =  JL-J-#-J-JW^-J- .    Bei  Doppel- 
griffen werden  die  Zahlen  übereinander  gestellt,  jede   aber  genau 

■Q. 

bezeichnet.     J.  bedeutet  z.  B.  in  der  Violine  aT         ,  ^     dagegen 
Taktstriche  und  Vortragsbezeichnungen  werden   aus 


der  gewöhnlichen  Notation  übernommen. 

In  Beschränkung  auf  die  ersten  sieben  Ziffern  begegnet  uns 
die  Zahl  zuerst  in  den  Notationen  von  Vinegas  de  Hinestrosa1 
und  Gabezon2,  dann  im  17.  Jahrhundert  bei  Jean  Jacques 
S»uhaitty,  der  offenbar  von  ihnen  beeinflußt  ist.  Sowohl  in 
seiner  »Nouvelle  m6thode  pour  apprendre  le  plain-chant  et  la 
musique«3,    einer  Schrift,   die    1665   erschien  und  1667   neu  auf- 


i  Siehe  oben  S.  266  f. 

2  Vgl.  Seite  267. 

3  Vgl.  Fetis,  > Biographie  universelle«  (2«  edition)  VIII,  74  f. 


J.  A.  P.  Schulz's  >Partitur  in  Chiffem<.  '     397 


M5 


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Kl.  Handb.  der  Musikgeach.    VIII.  2. 


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X 

X 

x! 

X 

X 

28 


398  Die  Zahlentonschrift  Souhaitty's. 

gelegt  wurde,  als  auch  in  seinen  »Nouveaux  Elemens  de  chant  ou 
l'Essai  d'une  nouvelle  decouverte  qu'on  a  faite  dans  l'art  de 
chanter«  (1677)1  und  in  dem  »Essai  du  chant  de  l'Eglise  par  la 
nouvelle  methode  des  nombres«  (Paris  1679)  wurden  die  einzelnen 
Oktaven  folgendermaßen  unterschieden: 

Große  Oktave  C~H  1,     2,  3,  4,  5,  6,  7, 

Kleine  Oktave  c—h  12  3  4  5  6  7 

Eingestrichene  Oktave  c'—h'  1.     2.  3.  4.  5.  6.  7. 

Zweigestrichene  Oktave  c" — h"  1;     2;  3;  4;  5;  6;  7; 

c'"  1  * 

Die  Erniedrigung  um  einen  halben  Ton  wird  durch  einen  Strich 
durch  die  Zahl  bezeichnet  32,  die  Erhöhung  durch  ein  voran- 
gesetztes Fragezeichen.  Unregelmäßigkeiten  lassen  sich  bei  der 
Aufzeichnung  von  fis  beobachten,  das  bald  als  £,  bald  als  ?4  be- 
gegnet. Auf  die  Bindung  deutet  ein  wagerechter  Strich  unter  den 
Zahlen;  das  »tremblement«  kommt  mit  Hilfe  des  Ausrufungszeichens 
zum  Ausdruck.    Der  Darstellung  der  Rhythmik  dienen  Buchstaben: 


Pausen:   ' 

r> 

^ 

— 

A 

T 

+ 

+ 

Wertbuchstaben:  a 

b 

G 

d 

e 

f 

9 

h 

Entsprechende     te 
Mensuralzeichen:  • 

I 
• 

I 

• 

I 

& 

a 

H 
i 

"1 

Das   einem  Buchstaben   angehängte   i   verlängert  seinen    Wert 

um  die  Hälfte,  z.  B.  di  =  o. . 

Diese  Mensuren  gelangen  in  den  Beispielen  nicht  zum  Ausdruck. 
Ein  kurzer  Gesang  veranschauliche  die  Methode  Souhaitty's: 

Pour  la  Pentecoste. 

5     6  54      5   65  1.2.1.   7  1. 

Ve-ni       Cre-a-tor        Spi  -  ri   -   tus, 

1.        5  6   1.   2.1.        2.8.2.   1.  2. 

Men-tes      tu-o-rum      vi     -    si-ta. . 

1.      2.3.        1.7        6      62.        56      7    1. 
Im  -  ple        su  -  per-na       gra-ti-a 

71.         6  654     6     676     5     4     5 

Quae     tu        cre  -  a  -  sti    pe-cto-ra. 


1  Exemplar  in  Paris,  Bibl.  Nat. 

2  Da  die  Setzerei  die  Typen  3  (es),  4  (fis)  und  7  (b)  nicht  hatte,  so  half 
sie  sich  durch  Vorsetzung  eines  t  (transposition)  vor  die  betreffenden  Zahlen. 


Jean  Jacques  Rousseau's  Zahlentonschriften.  399 


c 


V    &    SSi^-Gr^-v 


<s>-, 


Ve-ni     Cre  -  a  -  tor     Spi     -     ri-tus,  Men-tes  tu-o-rum     vi      -      si  -  ta. 


'g   g    /~^g 


g>   s^^^s^s^s^— - -p- 


Im-ple      su  -  per-na      gra  -  ti  -  a    Quae  tu    cre    -     a  -  sti        pectora. 

Auch  Souhaitty  sah  die  Saat,  welche  er  ausgestreut  hatte, 
noch  nicht  aufgehen.  Aber  das  nächste  Jahrhundert  fand  in 
Jean  Jacques  Rousseau1  einen  begeisterten  Apostel  der  Zahlen- 
schrift. Seit  1735  beschäftigte  er  sich  mit  dem  Gedanken,  die 
Töne  mit  Hilfe  von  Zahlen  darzustellen.  Am  22.  August  1 742 
las  er  vor  der  Kgl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Paris  seinen 
'Projet  concernant  de  nouveaux  signes  pour  la  musique«,  und 
Anfang  \  743  kam,  nachdem  die  Akademie  auf  das  vorsichtige  Ur- 
teil von  de  Mairan,  Heilot  und  de  Fouchy  hin  sich  zwar 
wohlwollend,  aber  nicht  enthusiastisch  über  die  nicht  durchaus 
neue  Art  der  Notenschrift  ausgesprochen  und  Rameau  mit  scharfem 
Bück  den  Mangel  der  Übersichtlichkeit  für  den  Zweck  schneller 
Ausführung  erkannt  hatte,  seine  für  die  breite  Öffentlichkeit  be- 
stimmte »Dissertation  sur  la  musique  moderne«  heraus2.  Wie 
Vinegas  de  Hinestrosa,  Gabezon,  Souhaitty  beschränkt  sich  Rousseau 
auf  den  Gebrauch  der  ersten  sieben  Zahlen  für  die  Töne  der  C- 
Leiter.  Mit  diesen  sieben  Ziffern  überspannt  er  das  ganze  Ton- 
system unter  Anwendung  zweier  Methoden.  Die  erste,  für  große 
Partituren  und  kunstvoll  gefügte  Sätze  in  Frage  kommende,  geht 
von  einer  mittleren  Oktave  aus  und  setzt  die  ihr  entsprechenden 
Zahlen  auf  eine  Linie.  Das  Tonmaterial  der  nächst  höheren  Oktave 
erhält  über  der  Linie  seinen  Ausdruck;  für  die  folgende  Oktave 
wird  eine  zweite  Linie  gezogen.  In  entsprechender  Weise  wird 
die  Zahlenreihe  der  tieferen  Oktave  unter  der  Linie  angeordnet 
und  für  die  folgende  tiefere  Oktave  auch  unten  eine  neue  Linie 
hinzugefügt.  Mit  Hilfe  von  drei  Linien  läßt  sich  also  das  Tonmaterial 


1  Vgl.  Jansen,  »J.  J.  Rousseau  als  Musiker«  (Berlin  1884)  S.  44  ff.  Siehe 
auch  Th.  Braun,  »Die  Ziffernmethode«  (Essen  1883)  S.  6 f. 

2  Siehe  den  Abdruck  beider  Arbeiten  in  den  gesammelten  Werken  und 
in  den  1781  in  Genf  erschienenen  »Traites  sur  la  musique«.  Ein  kurzer  Ab- 
riß seines  Notationssystems  fand  unter  dem  Terminus  »notes«  in  seinem 
>Dictionnaire  de  musique«  Aufnahme.  Vgl.  die  1775  bei  Veuve  Duchesne  in 
Paris  erschienene  Ausgabe  Bd.  II,  S.  1 5  ff. 

28* 


400  Die  Zahlentonschriften  J.  J.  Rousseau's. 

von  fünf,  ja  wenn  wir  den  Raum  über  und  unter  den  drei  Linien 
noch  in  Anspruch  nehmen,  von  sieben  Oktaven  genau  festlegen. 

" . .„„.-.-1234667 

1     2   8   4  S    6   7      l    *  ■    4    8    °  7 

1    »   3    4    5    6    7      1884567 


Aber,  wie  seine  zweite  für  einfache  Melodien  in  Vorschlag  ge- 
brachte Methode1  dartut,  bedurfte  es  nicht  einmal  der  Linien.  Aus- 
gang bildet  irgendeine  Oktave.  Bei  dem  Übergang  in  die  höhere 
Oktave  wird  ein  Punkt  über  die  Zahl  gesetzt.  Je  nach  der  Zahl 
der  Oktaven,  die  ein  Tonschritt  überspannt,  kann  die  Zahl  der 
Punkte  vervielfältigt  werden.  Bei  Schritten  in  die  tiefere  Oktave 
findet  der  Punkt  unter  der  Zahl  seinen  Platz.  Für  alle  folgenden 
Töne  der  gleichen  Oktave  ist  der  Punkt  entbehrlich.  Der  Oktav- 
wechsel gelangt  nur  bei   dem   ersten  Tone   zum  Ausdruck,   z.  B.: 


i 


'-*— *— • —* 


-16   2   1643   2-1654234 

•  •  • 

Steht  eine  Melodie  nicht  in  Cdur  oder  der  entsprechenden  Moll- 
tonart, so  braucht  nur  die  Tonika  der  betreffenden  Dur-  oder  die 
Mediante  der  zugehörigen  Molltonart  als  Tonsilbe  angegeben  zu 
werden,  um  alle  Zahlen  auf  diese  als  1  beziehen  zu  können.  Als 
Mediante  wird  die  Tonsilbe  unterstrichen.  Chromatische  Alteration 
wird  durch  Durchstreichung  der  Zahl  gekennzeichnet.  Der  Strich 
von  links  unten  nach  rechts  oben  bezeichnet  den  Kreuzton,  der 
Strich  von  links  oben  nach  rechts  unten  den  B- Ton2.  Die  Oktav- 
lage wird  durch  Buchstaben  festgelegt:  a  bezieht  sich  gewöhnlich 
auf  die  große,  b  auf  die  kleine,  c  auf  die  eingestrichene,  d  auf  die 
zweigestrichene  und  e  auf  die  dreigestrichene  Oktave.  Die  wenigen 
unter  das  große  C  hinabreichenden  Töne  werden  unter  dem  Buch- 
staben x  zusammengefaßt. 

Zweiteiliger  Takt  wird  durch  eine  2  zwischen  Tonart-  und  Oktav- 
lagezeichen, dreiteiliger  Takt  durch   eine  3  an   der  gleichen  Stelle 

1  Diese  bildete  den  Gegenstand  seiner  Akademievorlesung  vom  22.  August 
4  742.     Vgl.  seinen  »Projet«  und  seine  »Dissertation«  S.  59  ff. 

2  Geistvoll  ziehen  die  späteren  Vertreter  der  Rousseau'schen  Methode 
Galin,  Paris,  Cheve  eine  Parallele  zwischen  diesen  Alterationsstrichen  und 
der  alten  Bedeutung  vom  accentus  acutus  als  Zeichen  eines  relativ  höheren 
und  von  gravis  als  Zeichen  eines  relativ  tieferen  Tones.  Vgl.  z.  B.  Emile  Cheve, 
»La  Routine  et  le  bon  sens«  (Paris  4  852)  S.  45. 


Die  Zahlentonschriften  J.  J.  Rousseau's. 


401 


zum  Ausdruck  gebracht,  Vertikalstriche  trennen  Takte  ab.  Kleine 
Häkchen  markieren  den  Teilwert  bei  ungleicher  Wertverteilung. 
Sollen  mehrere  Unterteilwerte  zu  einem  Teilwerte  zusammentreten, 
so  wird  dies  durch  einen  Horizontalstrich  über  oder  unter  den  be- 
treffenden Ziffern  kenntlich  gemacht,  z.  B.: 

Fa  2    |  d,   I    7   6  3       6     7,    I    2    I      7  I'  6    |    7      3,     4    7     6   i_2    | 


d  3     2   3   2,      17      G   7    |    2      12   4      7    6      5   7    |    3   2    1,     7        0. 


•-»-• 


j * U^^C^ 


i 


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-* — #^* 


' 


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^-# 


^ 


"!©- 


üstzut 


£ 


Weitere  Unterteilungen  lassen  sich  mit  Hilfe  einer  zweiten  Hori- 
zontallinie festlegen,  z.  B.: 


Sol  2  II  d  4      3,     5      12  1        7     2,     5     7  4    7    |    6     1,  c  4     6  7   6 


5   6     7   5,      1    2   3    I    J    4     6,   1      4.5  4    |    3     5,    I      3  4   3 
2      4,     7      2   3   2    |    1    4   3   4,      5      5    |    1    d 


t= 


8va 


l  J     i 


att 


#-«-•- 


i 


i 


.—i    rs 


S^S 


^=P=p: 


V-^F 


I 


3t=Z» 


S-: 


-l — ^h 


i 


3=±3t 


H — i — I- 


i 


— — i — i 


= 


5 


Zur  Bezeichnung  von  Halten  oder  Synkopen  führt  Rousseau 
neben  der  gekrümmten  Linie  den  Punkt  ein,  der  dieselbe  rhyth- 
mische Funktion  ausübt,  wie  wenn  an  seiner  Stelle  eine  Zahl 
stände,  z.  B.: 

Ut  2    |  c,    1        5   4,    •    3        •    2,   4    3  •    2,    •    I         5   5,    •    4    | 


C    6    4,    •    2 


3    2.-     I 


7   I    4    • 


*  Dieses  c  der  Vorlage  kann  nicht  auf  die  Oktavlage  zielen. 


402 


Die  Zahlentonschriften  J.  J.  Rousseau's. 


te 


so: 


-&- 


P 


-t — i 


^^3=^ 


3 


^ 


Als  Pausezeichen  wird  die  Null  eingeführt,  die  wie  die  Ton- 
ziffern behandelt  wird,  der  aber  auch  die  Anzahl  der  Teilwerte 
als  Ziffer  überschrieben  werden  kann.  Für  die  Tempobestimmung 
greift  Rousseau  auf  das  Echometer  Sauveurs  zurück,  metro- 
nomisch will  er  das  Zeitmaß  durch  die  Pendellänge  festgelegt 
wissen. 

Beispiel. 

Carillon  milanois,  en  trio. 
Cam  -  pa  -  na  che     so  -  na    da    lu     -     to     e 


Ut 
4  er  Dessus. 

2d  Dessus.  3 
Basse. 


jj 


» 


6,7,1     |    7  ,  6,  0  |  6,  7  ,   1 


b  "  0 


sta 


d  2 ,    1  ,   7    |  1,2,3 

so -na    da  lu      -      to 

d   7  ,   6  ,   8    |  6,7,1 

b        0         I 


2,  1 


•\   7,   0 
e    da       f e  -  sta 


da 

fes    - 

- 

2 

.  2 

|  4,   2 

,3 

Cam-pa-  na 

che 

• 

3 

1  6,   7 

• 

,1 

• 

1 

Fa 

• 

4 
Fa 

,7,6    I    6,5,0 
Fa 

*  ,    '  ,   3 


rom  -  per    la      tes    - 

6,     7,     1    |    2,     : 


romper  la  tes 
d  4  .   3,  2  I  3 

romper  la  tes 
(22,1,71 


4,5,3 


,3,1 


ta,  Din  di     ra  din    di      ra   din  di     ra    din  don 

,2,5i5,4,3|2,3,4|5,4,3|2 

ta,  Din    di    ra    din   di      ra  din   di    ra    din  don 
',7,   3  |  3,   2,   1   |  7,   1  ,   2  |  3,  2,   1   |  ' 


ta 

don 

don 

don 

6  5,  6,  7  | 

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1 

-  3, 

5 

• 

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'     1,    ', 

b. 

II 

Auch  dieses  geistvoll  ausgebaute  Notationssystem,  mit  welchem 
Rousseau  eine  Umwälzung  in  der  Musik  hervorzurufen  hoffte,   da 


Rousseau's  Ziffernmelhode  verbessert  durch  Galin.  403 

es  Ersparnisse  an  Geisteskraft,  Arbeit,  Zeit,  Papier  und  Kosten 
herbeizuführen  berufen  war,  entsprach  in  seiner  Wirkung  auf 
Musiker  und  Gelehrte  nicht  den  gehegten  Erwartungen.  Teils  zog 
man  seine  Ursprünglichkeit  in  Zweifel  und  wies  namentlich  auf 
Souhaitty  und  Sauveur  als  seine  Vorbilder  hin1,  teils  begegnete 
man  ihm  mit  Gleichgültigkeit2.  Erst  dem  19.  Jahrhundert  blieb 
es  vorbehalten,  diese  Tonschrift  in  ihrer  Bedeutung  für  den  grund- 
legenden musikalischen  Unterricht  und  besonders  für  den  großen 
Kreis  der  musikalischen  Laien  zu  erfassen. 

In  Frankreich  war  es  der  Mathematiker  Pierre  Galin  (1786  bis 
1822),  der  seit  1817  die  Rousseau'sche  Ziffernmethode  wieder  auf- 
griff und  Dank  seiner  Begeisterung  und  seiner  pädagogischen  Be- 
gabung mit  der  von  ihm  bis  ins  Feinste  ausgebauten  Gesanglehre 
zu  weitestgehender  Verbreitung  brachte.  Mit  Feuereifer  unterstützt 
wurde  er  hierin  durch  den  Arzt  Emile  Joseph  Maurice  Cheve, 
der  durch  seine  Frau  Nanine  Paris  und  deren  Bruder  Aim6  mit 
der  Methode  bekannt  geworden  und  zu  ihren  Gunsten  den  ärzt- 
lichen Beruf  aufgegeben  hatte.  Nur  wenig  hat  Galin,  wie  aus 
seiner  »Exposition  d'une  nouvelle  m6thode  pour  l'enseignement  de 
la  musique«3  hervorgeht,  zu  Rousseau's  Zahlenton schrift  hinzu- 
getragen; sein  Verdienst  besteht  in  der  geistigen  Vertiefung.  Auf 
die  Parallele  des  Alterationsstriches  mit  den  Accenten  ist  bereits 
hingewiesen  worden.  Beachtenswert  ist  die  genaue  Durchführung 
der  Oktavbezeichnung  aller  Töne ;  jeder  Ton  wird  seiner  Oktavlage 
nach  bestimmt.  Die  Rhythmen  werden  anschaulich  zur  Darstellung 
gebracht;  ein  aus  erster  Teilung  der  Taktzeit  hervorgegangener  Wert 
erhält  einen  Horizontalstrich,  ein  aus  zweiter  deren  zwei,  aus  dritter 

»  Siehe  D'Alembert,  »EncycIopedie<  (1751)  I,  xliii  in  seinen  »Discours 
preliminaires«. 

2  Vgl.  Grimm,  »Correspondance«  V,  HS. 

3  Paris  1818.  Vgl.  besonders  das  Kapitel  »de  la  mesure«  auf  S.  185  ff. 
Siehe  auch  von  Cheve:  »Methode  elementaire  de  musique  vocale«  (3e  edition, 
Paris  1846)  —  »Methode  elementaire  d'harmonie<  (Paris  1846)  —  Exercices 
«lementaires  de  lecture  musicale  ä  l'usage  des  ecoles  primaires«  (Paris  1862). 
Von  praktischen  Werken  seien  als  Beispiele  aufgeführt:  J.  A.  Malatier,  »Cito- 
legie  et  Stenographie  Musicales,  Repertoire  de  musique  vocale  et  instrumentale < 
(Paris,  1844)  —  Emile  Cheve  et  Amand  Cheve  »800  Duos  gradues  servant 
de  complement  ä  la  methode  elementaire  de  musique  vocale.  (2e  edition,  Paris 
Dec.  1858)  —  Album  musical  du  peuple,  30  esquisses  musicales  tres  faciles 
composees  pour  le  cours  de  Mr.  Emile  Cheve  (Paris,  Alex.  Brülle)  —  A.  Viaion, 
»Chants  heroiques  de  nos  peres.  60  choeurs  patriotiques  .  .  .  traduits  en 
musique  en  chiffres.  Paris.  Vgl.  auch  August  Wolter,  »Die  Neuerungen 
auf  dem  Gebiete  der  Tonverhältnisse,  Tonbenennungen  und  Tonschriften« 
(Bamberg  1880)  S.  32  ff. 


404 


Galin's  Zahlentonschrift. 


deren  drei.     Übersichtliche  Gruppierung  der  rhythmischen  Zeichen 

wird  angestrebt,  z.  B.:  \  2  3  4.  Eine  einfache  Taktzeit  wird  durch 
die  gewöhnliche  Ziffer,  eine  doppelte  durch  die  Ziffer  mit  daneben- 
stehendem Punkt,  eine  dreifache  durch  die  Ziffer  mit  zwei  Punkten 
dargestellt:  1  1.  4..  In  der  gleichen  Weise  werden  die  Pausen 
gemessen,  nur  daß  an  die  Stelle  der  Zahlen  von  1 — 7  die  Null 
tritt.    Die  die  Teilzeit  abtrennenden  commata  Rousseau' s  fallen  fort. 


Beispiele. 

Fragment  d'un  Choeur  de  Dardanus  de  Sacchini  (Ton  de  fa) l 

5*5434      4  3    •   27      6   •    T   ^6      65053 

3    •    32   12       2   4    •    TT       4    •    1    ^T       1103? 

5   •    5     5       5    •    •    43      4.6^4      4305 

1-5     5        1    •    •   TT      1    •    4    ^T       1100 


Soprano. 

5  ^5 

Contralto. 

3  ^3 

Tenor. 

5  ^5 

Basse. 

1  TT 

4  3    32  17 

2  15  5 

6  -Ti   54  32 

4  4     5  5 


1  0  0 

5  0  0 

3  0  0 

1  0  0 


3  2  •    35  ; 

1  7  •    13 I 

5  •  •     5 

0  5  4    3 


La  plainte  de  l'opprime2. 
Paroles  de  A.  Viaion,  musique  de  L.  Perin,  eleve  d'Em.  Cheve. 

ß\  Ton  d'Ut  (MM  60). 


|  Sopranos  pp  |  1 
£  Sopranos  pp 
\  Contraltos 


1   2 

3*35 

0  toi  qui 

1  •    1    1 


• 

3    • 

• 

• 
3 

• 

1    • 

• 

• 

1 

fais 

60US 

1    3 

5 

& 

3     2     3      2 

•  •  «  • 

1114 
la  voü-te  e"  -  toi  - 

6    4    5     5 


7-65 
tröne         ä 

2.«    •    2 


2     16    2 


0   5 


4    6    1    76        5      •    0   5 
jamais  glori-     '  eux;I-ci,  i- 

2234         5      555 


5      2 


2         1 


2   15   0 

4    •    3   0 

le"    -    e 

1*10 

• 

5  1 


I 


7   6 


3-51 
Bril-ler  ton 

3-22 


7    12     3 


7      6      5      43*334351 
ci,  dans  lapous-     sie  -  re,  la      te-te  proster- 

5      55      5        5    •    5   5        5555 


1  Aus  »Methode  elementaire  de  musique  vocale   par  Mme.  Emile  Cheve«. 
Troisieme  edition.     Paris,  1846. 

2  Entnommen  dem  »1er  Album  musical  du  peuple,  30  esquisses  musicales 
tres  faciles  composees  pour  le  cours  de  Mr.  Emile  Cheve«.    Paris,  Alex.  Brülle. 


Die  Methode  Galin-Cheve-Paris  in  Deutschland. 


405 


i   •  5     5 

7   •  7     5 

-ne'  -  e,  Nous 

ö    •  5      5 


5      2     3       2 

5     5    5      5 

t'implorons,jnou8 

4      4*3       2 


(erw.) 

(dim.) 

-j    i    s    o 

5     5     5     0 

6     7     4        2     i' 

•                      • 

6  •       2    • 

7  •      7    • 

6     7      1*        2      1 

t'im-plorons 

en  cestempsmal-heu- 

reux,        oui ! 

1       3      5      0 

6      7      1         7      6 

3      •      5    • 

ipianis.) 

*         •        • 
1       •    1         2 

•                  •             • 

3-33 

1      •   3        5 

•                    •              • 

1-1       1 

Dans      la   pout- 

sie  -  re,  la 

1-1         1 

13    5      6 

• 

3 

•           •            • 

2      3      4 

i 

•             •            • 

1      1      1 

te 

■  te  pio-ster- 

5 

4     5      6 

rons 
3 


6 
en 

1 


2      t         2 

7      8       7 
ces  temps  mal 

5      5        5 


7 
heu- 


1     • 

1     • 

reux! 

1     • 


1       ■ 
ne 

5       ■ 

Fin. 

•  0 

•  0 

•  0 


3  0 

i  o 

e. 

5  0 


Nous 
1 


7      6 

7      6 
t'implo- 

7      6 


Diese  verfeinerte  Methode  GaliD-Cheve- Paris  fand  über  die 
Grenzen  Frankreichs  hinaus  Verbreitung.  In  Deutschland  gewann 
sie  namentlich  in  Tr.  Th.  Stahl,  der  1860  mit  »Sing-Übungen« 
und  1862  mit  einer  »Singschule«  herauskam,  in  August  Koch, 
der  1887  »Lieder  für  Volksschüler«  veröffentlichte,  in  Alfred 
W.  Mueser,  dessen  »38  Choräle«  1897  in  Elberfeld  erschienen, 
und  anderen  Vertreter.  Von  niederländischem  Boden  seien  nur  die 
»Zangoefeningen  naer  Daniel  de  Lange's  Zangschool«  von  W.  H.  de 
Groot  (Groningen  1890),  von  dänischem  Malling's  »Tyve  Viser 
og  Smaasange«  (Kopenhagen,  Wilh.  Hansen),  von  russischem  Al- 
fa recht's  »12  detskich  pesen«  erwähnt. 

Auf  Deutschland  hatte  aber  bereits  von  anderer  Seite  die  Rous- 
seau'sehe  Methode  gewirkt.  Hier  war  namentlich  die  an  Pestalozzi 
mit  seinem  Streben  nach  Anschaulichkeit  anknüpfende  und  von 
Pfeiffer  und  INägeli  unter  starker  Betonung  des  Nationalen  geförderte 
Bewegung,  die  das  ganze  Volk  bewußt  singend  machen  wollte,  der 
Faktor,  der  der  Rousseau'schen  Ziffernschrift  zum  Durchbruch  und 
zur  Anerkennung  verhalf. 

Die  Einflüsse  der  Rousseau'schen  Ideen  und  der  sicherlich  von 
ihnen  nicht  unberührt  gebliebenen  Partiturdruckversuche  J.  A. 
P.  Schulz's  wirkten  zusammen  bei  dem  Konsistorialrat  Carl  Gott- 
lieb Horstig,  der,  durch  den  Tiefstand  des  Schulgesangs  und  des 
damit  in  Verbindung  stehenden  Kirchengesangs  bewogen,  eine  Reform 


406  Horstig's  »Chiffern  für  Choralbücher«. 

der  Singschulen  in  Deutschland  erstrebte1  und  vor  allem  nach 
einem  einfacheren  Notationssystem  suchte.  Nachdem  er  mit  scharfem 
Blick  die  Verbindung  zweier  Dreiliniensysteme  als  wesentliche  Ver- 
einfachung herausgefunden  hatte,  kam  er  durch  die  Bekanntschaft 
mit  J.  A.  P.  Schulz's  Partiturdruckversuch  zur  Zahl  als  Mittel  der 
Melodiefixierung.  In  der  »Allgemeinen  musikalischen  Zeitung«  vom 
12.  Februar  1800  (Jahrgang  II  Nr.  20)  erschien  sein  Artikel  »Chif- 
fern für  Choralbücher«.  Er  beklagt  darin,  daß  des  teuren  Preises 
wegen  die  Noten  den  Gesangbüchern  abhanden  gekommen  seien, 
und  empfiehlt,  die  Melodien  mit  Hilfe  von  Zahlen  aufzuzeichnen. 
Die  über  die  Oktave  nach  oben  und  unten  hinausgehenden  Töne 
werden  als  2  3  4  oder  7  6  5  über  und  unter  einer  Linie  notiert. 
1801  erschien  sein  »Taschenbuch  für  Sänger  und  Organisten«2. 
Die  Verwendung  der  Ziffern  bis  9  läßt  noch  den  Einfluß  des 
Schulz'schen  Versuches  erkennen,  die  Identifizierung  von  8  9  mit 
1  und  2  der  höheren  und  von  1  und  2  mit  8  und  9  der  tieferen 
Reihen  führen  ihn  aber  auf  die  Bahnen  von  Rousseau  zurück.  Wie 
bei  diesem  entspricht  die  Zahl  1  der  Tonica  der  Dur-  und  der 
Mediante  der  Molltonarten.  Für  die  Teilung  des  Tones  führt  er 
den  Bindebogen  ein,  die  Akzidenlien  behält  er  aus  der  gewöhn- 
lichen Notation  bei. 

Langsam  kam  die  Zifferntonschrift  in  ihrer  Beziehung  zur  Kirche 
und  Volksschule  in  Fluß.  Pfarrer  und  Lehrer  nahmen  daran  reg- 
sten Anteil3.  Auf  Horstig  folgte  der  Schullehrer  Hurxthal  zu 
Radevormwalde,  der  die  Zahl  im  Anhange  seines  vierstimmigen 
Choralbuches  zur  Anwendung  brachte.  Auch  der  Schulinspektor 
Zell  er  benutzte  in  seinen  Fortbildungskursen  für  würtembergische 
Schullehrer  und  Geistliche  in  Heilbronn  1809  gedruckte  Ziffern- 
chöre. Vielleicht  durch  ihn  beeinflußt4  setzten  aber  dann  die 
Bemühungen  von  B.  C.  L.  Natorp  ein.  Gestützt  auf  den  Pesta- 
lozzi'schen  Satz,  »daß  die  Musik  und  insbesondere  der  Gesang 
als  die  natürlichste,  allgemeinste  und  wirksamste  Musik  ein  wesent- 
licher  und  Hauptbestandteil   des   öffentlichen   Unterrichts   sei   und 

1  Vgl.  > Allgemeine  Musikalische  Zeitung«  vom  M.  bis  2n.  Dezember  1798 
und  vom  2.  Januar  1 799. 

2  Vgl.  »Allgemeine  Musikzeitung«  (Offenbach  den  24.  und  27.  Oktober 
■1 827)  Artikel:  »Zur  Geschichte  der  Gesangbildung  in  Volkschulen,  ein  Beitrag 
zur  Entscheidung  der  Ziffern-  und  Notenfrage«.  Siehe  auch  den  Aufsatz  von 
A.  D.  »Über  die  Bezeichnung  der  Töne  durch  Ziffern  in  der  Volksschule«  in 
den  Nummern  45  und  46  desselben  Jahrgangs. 

3  In  Brandenburg  vereinigten  sich  Pfarrer  und  Lehrer  zu  methodologischen 
Besprechungen  der  Ziffernmethode. 

4  Zeller  spricht  selbst  die  Möglichkeit  aus. 


Die  Zifferntonschriften  von  Zeller,  Natorp  u.a.  407 


• 


auch  in  den  Volksschulen  auf  dem  Lande  wie  in  den  Städten  unter 
die  Unterrichtsgegenstände  aufgenommen  werden  müsse«  und  vor- 
nehmlich angeregt  durch  die  Tätigkeit  der  beiden  Schweizer  Nägeli 
und  Pfeiffer,  die  1810  eine  »Gesangbildungslehre  nach  Pestalozzi'- 
schen  Grundsätzen«  in  Zürich  herausbrachten  und  1812  einen  Aus- 
zug aus  derselben  für  Volksschulen  vorlegten,  kam  Natorp  1813 
mit  seiner  »Anleitung  zur  Unterweisung  im  Singen«  und  1816  mit 
seinem  »Lehrbüchlein  der  Singekunst  in  2  Kursen«  heraus.  Die 
»Gesanglehre«  von  J.  F.  W.  Koch  (Magdeburg  1814),  das  »Musi- 
kalische Schulgesangbuch«  von  Albrecht  Ludwig  Richter  (Berlin 
1815),  die  »Musikalische  Wandfibel  zum  Gesangunterrichte  in  Volks- 
schulen« von  Stephani  und  Muck  (Erlangen  1815),  das  »Choral- 
büchlein zum  Gebrauch  der  Erlanger  Bürger-Schule«  von  Jac. 
Fried.  Martius  (Erlangen  181 7)  und  ähnliche  Choralmelodienbücher 
von  Dammas,  Wolbold  und  andern  folgten.  So  groß  aber  auch 
der  Kreis  von  Anhängern  wurde,  so  fehlte  es  dem  Zahlensingen 
gegenüber  auch  nicht  an  warnenden  Stimmen  wie  die  von  Wilke 
in  der  »Allgemeinen  Musikalischen  Zeitung«  vom  24.  Februar  1813 
oder  jene  des  Wernigeroder  Musikdirektors  Moritz  Salomon,  der 
1N20  gegen  Natorp's  »Anleitung«  zu  Felde  zog.  Auch  die  Urteile 
von  Dr.  Heinroth  aus  Göttingen  und  Zeller  aus  Kreuznach  sind 
hier  nicht  zu  übersehen  l. 

Nicht  alle  zeigen  durchaus  die  gleichen  Notationsprinzipien. 
Wie  Rousseau  besonders  für  Partituren  und  schwierigere  Sätze,  so 
nimmt  Natorp  allgemein  die  Ziffern  1 — 7  als  Tonbezeichnungen 
der  mittleren  Oktave  auf  einer  Linie  an  und  verwendet  dieselben 
Zahlen  für  die  tiefere  Oktave  unter,  für  die  höhere  Oktave  über 
der  Linie.  Als  Pausen,  Akzidentien  und  Vortragszeichen  benutzt 
er  diejenigen  der  gewöhnlichen  Tonschrift.  Die  gleiche  Oktav- 
unterscheidung können  wir  auch  bei  Jo.  Karl  Wilh.  Niemeyer 
in  seinem  »Dreistimmigen  Choralmelodienbuch  in  Ziffern«  (Halle 
1817  ,  bei  August  Zarnack  in  seinem  »Weisenbuch  zu  den  Volks- 
liedern für  Volksschulen«  (Berlin  1819 — 20),  bei  Engstfeld  in 
seiner  »Kurzen  Beschreibung  des  Tonziffernsystems«  (Essen  1825), 
bei  Jacob  Jos.  Behrendt  in  seiner  »Sammlung  ein-  zwei-  drei- 
und  vierstimmiger  Kirchen- und  Schullieder  «(Glogau  1827),  bei  Loch- 
mann in  seinem  »Schulgesangbuch  für  Volksschulen«  (Leipzig  1830), 
bei  Braune  in  seinem  »Kleinen  Choral-Melodienbuch  für  Schulen. 
Ausgabe  in  Ziffern«  (2.  Aufl.  Berlin  1833),  in  den  »Choralmelodien 
der  evangelischen  Kirche  in  Ziffern  gesetzt«   (Gütersloh  1840),  bei 


i  Vgl.  die  »Musik-Zeitungc    Offenbach)  1S27  Nr.  26  und  33. 


408     Abweichungen  der  Ziffernnotation  bei  Hering,  Koch,  Prozeil  u.  a. 

Friedrich  Wilhelm  Schütze  in  seinem  »Praktischen  Lehrgang 
für  den  Gesangunterricht  in  Volksschulen«  (Dresden  und  Leipzig 
1843),  bei  Knuth  in  seiner  »Unterweisung  im  Singen«  (Berlin 
1843),  bei  Junker  in  seinen  »Sämtlichen  Choralmelodien  zu  den 
Berliner  und  Elberfelder  Gesangbüchern«  (Simmern  1846),  bei  Her- 
mann Knievel  in  seinen  »Melodien  des  Choralbuches  für  katho- 
lische Kirchen«  (Paderborn  1869)  und  bei  F.  Schulte  in  seinen 
»Melodien  zu  Liedern  in  dem  Lesebuch  für  die  Unter-  und  Mittel- 
klassen katholischer  Volksschulen«  (Paderborn  1879)  erkennen,  um 
nur  ein  paar  wichtige  Werke  herauszugreifen.  Andere  verändern 
leicht  Rousseau's  erste  Methode  der  Oktav-Unterscheidung,  indem 
sie  die  Mitteloktave  ohne  Linie  darstellen,  bei  den  umlagernden 
Oktaven  aber  an  seiner  Schreibweise  festhalten  und  die  höhere 
Oktave  mit  einem  Strich  unter,  die  tiefere  mit  einem  Strich  über 
den  Zahlen  auszeichnen.  Genannt  seien  nur  Karl  Gottlieb  Hering 
mit  seiner  »Gesanglehre  für  Volksschulen«  (Leipzig  1820),  Joh.Friedr. 
Wilh.  Koch  mit  seinen  »Vierstimmigen  Chorälen  und  Altargesängen 
in  Ziffern  für  Sängerchöre«  (Magdeburg  1822)  und  W.  Prozell 
mit  seiner  »Kurzen  Einleitung  zum  Singen  nach  Zahlnoten«  (Neu- 
brandenburg 1 855).  Dieses  Prinzip  wird  nun  entgegen  der  Rous- 
seau'schen  Methode,  die  gewissermaßen  Linie  und  Zwischenraum 
benutzt,  für  die  übrigen  Oktaven  dahin  erweitert,  daß  zwei  und 
drei  Striche  unter  oder  über  der  Zahl  gezogen  werden.  Ich  er- 
wähne hier  nur  die  »Chromatische  Tonschrift«  von  H.  Hohmann, 
die  die  Oktaven  folgendermaßen  auseinanderhält: 

i     i     i     i     i  i     i     i     i 

c"'_/j">  I234üli7sii±i»5 

i   i   i   i   i   i   i   i   i   ;   i   i 
c"—k"      ±234öK7X_Sj+JjB 

,  ;  ,  I  I  I  I  I  I  I  I  I  I  I 

C  — n         123     456789     +     0« 

C — h  T234567*89+'ÖB       , 

l       l       l       I       I        I       l       l       l       I       l 

C — H       T234olT7K9+Ö"B 

I        l        I        I        I        I        1        I        I        I        I        I 


Ein  weiterer  Schritt  führte  ganz  von  der  Methode  Rousseau's 
ab.  Eine  Mittellinie  stellt  die  Scheide  zwischen  dem  höheren  und 
tieferen  Tongebiet  dar.  Über  derselben  werden  die  Oktaven  unter- 
schieden mit  Ziffern  ohne  Strich  und  mit  Ziffern  mit  einem,  zwei 
und  drei  Strichen  unter  den  Zahlen.  Entsprechend  ist  die  Unter- 
scheidung der  Ziffern  unter  der  Linie.    J.  E.  Miquel  gibt  in  seiner 


Versuche  von  Miqucl,  v.  Ziwet,  Claviere  u.  a.  409 

» Arithmographie  musicale.  Methode  de  musique  simplifiee  par  l'emploi 
des  chiffres«  (Paris  1842)  folgenden  Aufriß  der  Oktavunterscheidung: 

£l  — 

■&■  —  — 


9- 


-^ 


$ 


—  •#■ 

Liegt  hier  die  Grenzlinie  zwischen  der  ein-  und  zweigestrichenen 
Oktave,  so  wird  sie  bei  Leo  Kuncze  in  seiner  »Tonziffer-Notation 
für  die  Neuklaviatur«  (Raab-Sziget  1877)  und  bei  Hans  Schmitt 
in  seiner  »Neuen  Tonschrift«  (Brunn,  M.  Rohrer,  1892)  zwischen 
der  kleinen  und  eingestrichenen  Oktave  gezogen.  Beide  rechnen 
übrigens  mit  zwölf  Halbtünen. 

Eine  zweite  Reihe  von  Vertretern  der  Ziffernnotation  knüpfen 
an  Rousseau's  zweite  Methode  der  Oktavunterscheidung  an.  Durch- 
aus dieser  Methode  folgen  z.  B.  C.  v.  Ziwet  in  seinem  »System  zur 
Verbesserung  der  Musik  und  zur  leichteren  Erlernung  derselben 
ohne  die  jetzt  gebräuchlichen  italienischen  Noten«  (um  1830), 
J.  Claviere  in  seiner  »Methode  61ementaire  ou  Principes  metho- 
diques  de  la  Musique  en  Chiffres  arabes  ä  Tusage  du  Ghant  popu- 
laire«  (um  1848)  und  J.  Wüllner  in  seinem  »Gesangbuch  für  ein- 
und  zweiklassige  katholische  Volksschulen«  (Arnsberg).  Andere 
ersetzen  aber  den  Punkt  durch  ein  anderes  Zeichen.  Friedrich 
Dammas  gebraucht  1819  in  seinem  »Ziffernchoralbuche  zu  allen 
Melodien  des  alten  und  neuen  Stralsundischen  Gesangbuchs«  den 
Horizontalstrich,  ebenso  G.  A.  Zeller  in  seiner  »Kleinen  Gesanglehre 
für  Volksschulen«  (Stuttgart  1839).  Albrecht  Ludwig  Richter 
wendet  dagegen  in  seinem  »Musikalischen  Schulgesangbuch«  (Berlin 
1815)  den  kleinen  Kreis  an  und  unterscheidet  die  Oktavlagen  als 

o     o    o    o    o    o    o 
ooooooo        ooooooo 

123  4  5  67  1234  5. 67  1234567  123456  7. 

ooooooo 

Der  Präceptor  in  Sindelfingen  Wolbold  ersetzt  wiederum  abweichend 
in  seiner  »Kurzen  Anleitung  zum  Singen«  (Stuttgart  1819)  den  Punkt 
durch  ein  Komma. 

Eine  dritte  Reihe  von  Vertretern  der  Ziffernmethode  unter- 
scheidet die  einzelnen  Oktavlagen  nur  durch  verschiedene  Höhen- 


410    Verschiedene  Methoden  der  Oktavunterscheidung  und  der  Chromatik. 

Ordnung.  Aufgeführt  seien  nur  E.  E.  Langhans  mit  seinem  Ein- 
stimmigen Choralbuch  in  Ziffern  für  evangelische  Schulen  der 
Provinz  Preußen«  (Memel  1837),  die  »Choral-Melodien«  (Schönebeck, 
G.  P.  Winterstein,  1843)  und  L.  Schmidt  mit  seinen  »120  Melodien 
zum  Alten  Magdeburger  und  zum  Braunschweiger  Gesangbuche« 
(1855).  Auch  ein  Versuch,  die  Zwischenräume  eines  Liniensystems 
zur  Oktavunterscheidung  zu  benutzen,  liegt  in  der  »Sammlung  an- 
gemessener Stücke  zur  Übung  in  der  Rousseau'schen  Musikschrift« 
(Böblingen,  Landbeck,  1827)  vor.  Das  Prinzip  scheint  von  M.  C. 
A.  Klett  zu  stammen,  der  1827  in  Stuttgart  mit  »Beiträgen  zur 
Volksnote«  herauskam.  Gegen  dasselbe  wandte  sich  der  Göttinger 
Direktor  Dr.  Heinroth  in  der  Caecilia«  Band  VIII.  Derselbe  Ver- 
such tritt  uns  noch  einmal  1850  auf  englischem  Boden  in  Miss 
Busby's  »Exposition  of  a  new  method  of  writing  music  scientifically« 
(London,  W.  Clowes  and  Sons)  entgegen.  Jens  Andreas  Bramsen, 
der  1824  in  Kopenhagen  mit  »Liedern  für  das  frühere  und  reifere 
Alter  mit  Melodien«  herauskam,  führt  ziemlich  schwerfällig  für  die 
große  Oktave  Zahlen  mit  zwei  Sternchen  unten  links,'  für  die  kleine 
Oktave  Zahlen  mit  einem  Sternchen  unten  links,  für  die  einge- 
strichene Oktave  Zahlen  mit  einem  Strich  darüber,  für  die  zwei- 
gestrichene Oktave  Zahlen  mit  einem  Sternchen  oben  links  ein. 
Mit  der  Größe  der  Zahlen  charakterisieren  die  einzelnen  Oktavlagen 
Alb.  Gereon  Stein  in  seinem  »Kölnischen  Gesang-  und  Andachts- 
buch« (3.  Aufl.  1856)  und  Bernhard  Roth  in  seinem  »Choral- 
büchlein nach  den  Melodien  des  Andingschen  Choralbuchs  in  Ziffern 
und  Noten«  (2.  Aufl.  Hildburghausen,  Gadow,  1905).  Ersterer 
unterscheidet  z.  B.: 

1234567     1234567     MI4S67    TliHe?. 

Eine  zweite  Abweichung  von  Rousseau's  Ziffernmethode  offen- 
bart sich  in  der  Darstellung  der  Chromatik.  Ein  großer  Teil  der 
Zifferisten  hält  an  den  alten  Akzidentien  fest.  Genannt  seien  nur 
Natorp  (1813,  1816),  Jacob  Jos.  Behrendt  (1827),  Lochmann 
(1830),  Braune  (1833),  die  Herausgeber  der  »Choral-Melodien« 
(Gütersloh  1840),  Knuth  1843,  die  Herausgeber  der  »Melodien  zu 
dem  Katholischen  Gesang-  und  Gebetbuch  Sursum  corda«  (Paderborn 
1876),  Schulte  (1879,  1886)  und  Roth  (1905).  Andere  schließen 
einen  Kompromiß  zwischen  der  gewohnten  Praxis  und  der  Rousseau's. 
So  nimmt  Dammas  (1819)  für  den  Kreuzton  die  Durchstreichung 
der  Ziffer  an,  hält  aber  für  den  Z?-Ton  an  der  Vorsetzung  von 
V.  fest.  Wieder  andere  entscheiden  sich  für  das  von  Rousseau  dar- 
gebotene Mittel,  wenden  es  aber  nicht  in  gleichem  Sinne  an.     So 


Mittel  zur  Darstellung  der  Cliromatik,  Pausen  und  Rhythmik.        411 

bezeichnet  Bramsen  1824  die  Tonerniedrigung  durch  einen  Strich 
unter  der  Zahl,  und  verwendet  Miss  Busby  die  Durchstreichung 
von  links  oben  nach  rechts  unten  für  den  Kreuzton  und  die  wage- 
rechte Durchstreichung  für  den  B- Ton.  Bei  dem  Gebrauche  des 
alten  t?  verharren  Joh.  Friedr.  Wilh.  Koch  (1825),  Langhans 
(1837)  und  L.  Schmidt  (1855).  führen  aber  für  das  Kreuz  das 
Sternchen  ein.  Das  Kreuz  wird  durch  *  und  das  B  durch  +  er- 
setzt in  dem  »Einstimmigen  Choralbuch  in  Ziffern  für  Volksschulen « 
von  Joh.  Friedr.  Wilh.  Koch  (3.  Aufl.  Magdeburg  1821)  und  den 
»Choral-Melodien«  (Schönebeck  1843).  Sehr  früh  tauchen  auch 
schon  Versuche  auf,  die  Akzidentien  durch  Bezeichnung  einer  zwölf- 
stufigen  Skala  mit  den  laufenden  Zahlen  zu  vermeiden.  Als  erster 
ist  Dr.  J.  Fr.  Chr.  Werneburg  mit  seiner  »Allgemeinen  neuen  viel 
einfacheren  Musik-Schule«  (Gotha  1812)  zu  nennen,  der  die  Ziffern 
von  0 — 1 1  unter  Einführung  einfacherer  Typen  für  1  0  und  1  1  ver- 
wendet. Ihm  anzuschließen  ist  C.  v.  Ziwet  mit  seinem  »System  zur 
Verbesserung  der  Musik«  (1830),  Leo  Kuncze  mit  seiner  »Tonziffer- 
Xotation«  (1877),  H.  Höh  mann  mit  seiner  »Chromatischen  Notation« 
und  Hans  Schmitt  mit  seiner  »Neuen  Notenschrift«  (1892). 

Gering  sind  die  Unterschiede  hinsichtlich  der  Darstellung  der 
Pausen.  Männer  wie  Natorp,  Albr.  Ludw.  Richter  (1815),  Wol- 
bold  (1819),  Miquel  (1842)  halten  an  den  Zeichen  der  Mensural- 
theorie fest,  andere  nehmen  die  Bezeichnung  Rousseau's  mit  einer 
Null  an.  Der  bereits  erwähnte  Jacob  Jos.  Behrendt  vermittelt 
und  verharrt  für  die  Pausen  bis  zum  Viertel  hinunter  bei  den  alten 
Zeichen,  nimmt  aber  für  die  Achtelpause  die  Null  an  und  zeichnet 
diese   für  die  kleineren  Pausen   mit   Horizontalstrichen   am   Kopfe 

der  Zahl  aus:   Ö  Ö. 

Bedeutsamer  sind  die  Abweichungen  bei  der  Darstellung  der 
Rhythmik.  Die  Ziffer  diente  auf  deutschem  Boden  in  erster  Linie 
der  Volksschule  und  der  Kirche.  In  der  Volksschule  sollte  sie 
nach  der  Ansicht  vieler  mehr  nur  auf  die  bei  weitem  anschaulichere 
Note  vorbereiten,  hatte  mehr  nur  Melodien  mit  ganz  einfachen 
Rhythmen  zur  Darstellung  zu  bringen.  Auch  in  der  Kirche  herrschte 
damals  fast  durchgehends  der  isometrische  Choral.  So  manches 
Dokument  der  Ziffernschrift  konnte  daher  ziemlich  leicht  über  den 
Rhythmus  hinweggehen.  Allgemein  zog  die  bloße  Ziffer  den  Wert 
einer  Viertelnote  auf  sich.  Größere  Werte  wurden  gern  durch 
Bindung  hergestellt.  Zum  Belege  führe  ich  nur  die  Werke  von 
Albrecht  Ludwig  Richter  (1815),  Friedrich  Dammas1  (1819), 


1  Der  hier  zur  Anwendung  gebrachte  »langsame«  Bogen  ist  nach  unten  gewölbt. 


412 


Abweichungen  bei  Darstellung  der  Rhythmik. 


Lochmann    (1830),    Lindemann    (um   1835)    und    die    »Choral- 
Melodien«  (Schönebeck  1843)  an: 


33=5 


3    3    3  =  ^. 


3    3    3    3 


Achtel  werden  dadurch  gekennzeichnet,  daß  die  Ziffern  näher 
aneinander  gerückt,  mit  Klammern  oder  Häkchen  eingeschlossen 
werden  wie  bei  Joh.  Friedr.  Wilh.  Koch  (1821,  1822)  oder  mit 
einem  nach  oben  gewölbten  »schnellen«  Bogen  überspannt  werden 
wie  bei  Friedrich  Dammas  (1819),  Wolbold  (1819)  und  andern. 

Am  häufigsten  gelten  auch  in  der  Ziffernschrift  für  Achtelnoten 
und  alle  kleineren  Werte  die  rhythmischen  Zeichen  der  Tabulatur. 
Bald  beobachten  wir  über  den  Zahlen  sowohl  Hälse  (caudae)  als 
auch  Fahnen  wie  bei  August  Zar nack  in  seinem  »Weisenbuch« 
(1819/20),  bei  Engstfeld  in  seiner  > Gesangfibel «  (1830),  bei 
F.  Schulte  in  seinen  »Melodien«  (1879)  und  seinem  »Jugendsänger« 
(1886),  bald  sind  nur  die  Fahnen  als  Horizontalbalken,  die  sowohl 
über  wie  unter  den  Zahlen  ihren  Platz  haben  können,  übrig  ge- 
blieben, wie  in  Langhans'  »Einstimmigem  Choralbuch«  (1837), 
in  Waldmann's  »Gesanglehre«  (1841)  und  bei  Wüllner  in  seinem 
»Gesangbuch  für  ein-  und  zweiklassige  katholische  Volksschulen«. 

Einige  setzen  nach  dem  Vorbilde  französischer,  italienischer 
und  spanischer  Lautenisten  Noten  zur  Bezeichnung  der  Rhythmen 
über  die  Zahlen  wie  z.  B.  Friedrich  Wilhelm  Schütze  in  seinem 
»Praktischen  Lehrgang  für  den  Gesangunterricht  in  Volksschulen« 
(Dresden  und  Leipzig  1843)  oder  Leo  Kuncze  in  seiner  »Tonziffer- 
Notation  für  die  Neuklaviatur«  (1 877),  nach  der  ich  das  Passionslied 
»In  banger  Leidensstunde«  zur  Veranschaulichung  mitteilen  möchte. 


I 

4 

I 

I 

H 

4  0 

I        I 
&      4 

n 

4  0 

< 

8 
4 

4 

8  8   1t 
4   4   9   6 
114   3 

9    8    \> 
6   4    4 

6   6 
9   8    4    4 
4    4    11 

6   8   8 
3    4    3 

8    1     l- 
8    4   9   8 
3    14    4 

9 

6  8 
1    3 

4    3 
8   8 
1    6 

1 

1        9    [ 

\    \i    8 
3    4    2 

9    \i   9~Ö 

1     \ 

\    \    8 
\    4    8 

g        9    4 

8 

6   6 

8 

1    3 

4  4 

I      I 
«i.  4 

4  4^ 

hh       H 

4  4           4  4 

^ 

••* 

I 

1    %  % 
8   8   6 
4    3   3 

1 
4 

4 

9 

\    \    4    8 
4    4    14 

6   8   9   8   8 
4        3    4    1 

6  4       6 
1        13  1 

4 

13  18 

4 

8  3  \   \ 

16  4  3 

1 

4 

S   8        I 


\    \i   9    \ 

8    8         \ 


\    \   8 
\    4    4 


S8   19 
1   8  6 
8 


8  5  4 
6  1 
8 


8      1 


9  8  8 
6      8 


Mittel  für  Oktavunterscheidung  und  Darstellung  der  Rhythmik.       413 

Besonders  mannigfaltig  ist  die  Darstellung  der  größeren  Werte. 
Einige  halten  die  Funktion  des  Punktes  nach  Galin  fest.  Ein  Punkt 
neben  einer  Ziffer  macht  sie  zur  Halbennote,  zwei  Punkte  zur  punk- 
tierten Halben,  drei  Punkte  zur  Ganzen.  Als  Belege  seien  nur 
Natorp's  Werke,  L.  Schmidt's  »120  Melodien«  (1855)  und  Alb. 
Gereon  Stein's  »Kölnisches  Gesang-  und  Andachtbuch«  (3te  Aus- 
gabe 1856)  aufgeführt.  Gewisse  Berührungspunkte  zeigt  auch  das 
Verfahren,  welches  H.  Hohmann  in  seiner  »Chromatischen  Noten- 
schrift« vorschlägt.  Er  behandelt  alle  Zahlen  als  Notenköpfe  und 
kandiert  sie.     Seine  Wertleiter  mit  den  entsprechenden  Pausen  ist: 

15-0      1--J      1  — J        i  =  J        l-J^ 


Diese  rhythmische  Darstellung  ähnelt  jener  älteren  Miquel's 
in  seiner  » Arithmographie  musicale«  (Paris  1842). 

Werte:         o       J       J        J        J^      J* 
Figuren:       2         2        2        2         2         2 


,.^'- 


Bei  mehreren  Zifferisten  tritt  an  die  Stelle  des  Punktes  ein 
kurzer  Horizontalstrich  wie  z.  ß.  bei  Langhans  (1832)  und  Knuth 
I843),  die  ihn  hinter,  und  Braune  (1833),  Leopold  Henkemeyer 
(»40  neue  Lieder«,  4.  Aufl.  Paderborn  1863),  Schulte  (1879)  und 
Roth  (1905),  die  ihn  über  die  Zahl  setzen.  Braune  sieht  allerdings 
die  Halbe  als  Grundwert  an  und  erkennt  daher  in  der  Zahl  mit 
Horizontalstrich  z.  B.  4  den  Wert  der  ganzen  Note.  Martius  (1817) 
und  Waldmann  (1841)  ersetzen  den  Strich  durch  einen  kleinen, 
nach  oben  geöffneten  Halbkreis. 

Auch  die  verschiedene  Größe  der  Ziffern  wird  wie  für  die  Oktav- 
lage so  auch  für  die  Rhythmik  nutzbar  gemacht.  Natorp  (1813), 
August  Zarnack  (1819/20),  Peter  Gleim  in  seinen  »Melodien 
zu  den  Liedern  der  Freude,  Unschuld  und  Tugend«  (Eschwege  1822), 
Engstfeld  in  seinen  »Chorgesängen  für  den  kirchlichen  Gebrauch« 
(1825)  und  Schulte  (1886)  gebrauchen  große  Zahlen  im  Werte 
einer  halben,  kleine  im  Werte  einer  Viertelnote.  Letzterer  notiert 
ganze  Noten  als  Ziffern  mit  folgender  liegender  kleiner  Null.  Zwischen 
dicken  und  dünnen  Ziffern  unterscheidet  Junker  in  seinen  »Sämt- 
lichen Choralmelodien«  vom  Jahre  1846.  Noch  einige  abweichende 
rhythmische  Darstellungsformen  seien  aufgeführt: 

Kl.  Handfc.  der  Musikgesch.   VIII,  2.  29 


414 


Rhythmische  Darstellung  bei  Bramsen  und  Klett. 


E.  Anschütz  (1824):      1       \ 
C.  v.  Ziwet  (1830):        (1)    (1 


4     •  •  #  • 

,1        /    Punkt  neben  der  Zahl  Additions- 
pnnkt. 

1         I  I  I  I 


Hans  Schmitt  (1892):  CO    !  od-  '      K      1  od-  4     i1     |  1     |    * 

Enger  an  Rousseau  knüpfen  einige  Versuche  an,  die  durch  räum- 
liche Anschauung  die  Rhythmik  zum  Ausdruck  bringen.  Zuerst  zu 
nennen  ist  Bramsen  (1824),  der  mit  dem  Komma  zur  Begrenzung 
der  Taktzeit  und  mit  dem  Apostroph  zur  Bezeichnung  der  Unter- 
teilung operiert.  Deutlicher  ist  das  System  von  M.  C.  A.  Klett 
(1827)1.  Er  nimmt,  wie  oben2  bereits  bemerkt  worden  ist,  für 
den  Umfang  von  drei  Oktaven  ein  Vierlieniensystem  an.  Die  Zahlen 
füllen  die  Zwischenräume.  Ein  Strich  durch  alle  Spatien  stellt  den 
Taktstrich  dar,  ein  Strich  durch  ein  Spatium  grenzt  eine  Taktzeit, 
ein  Strich  in  Gestalt  einer  ganzen  Pause  eine  halbe  Taktzeit  ab. 
Dasselbe  Verfahren  beobachten  wir  in  der  >  Sammlung  angemessener 
Stücke  zur  Übung  in  der  Rousseau'schen  Musikschrift«,  welche  1827 
bei  Landbeck  in  Böblingen  erschien.  Ein  kurzer  Abschnitt  sei  als 
Beispiel  vorgelegt: 


Gdur 


3         I    3        3 


4    1-5      |  «     0     I  2   3      1*_5_ 


3    I      0     I     5      3     1   8     7 


AI  -  les  was      O-dem   hat,     lo  -  be  den  Herrn,      lo 


(Tb    I   4    5    I   3     4   I  3~ 


be  den     Herrn 


les  was  0  -  dem  hat,       lo  -  be  den  Herrn, 


be  den  Herrn 


Wichtig  für  die  Intonation  ist  die  Angabe  der  Tonart.  Einige 
schreiben  die  der  Dur-  oder  Moll-Weise  entsprechende  Durtonart 
in  Buchstaben  z.  B.  Es  oder  B  voran.  Andre  stellen  die  Tonika 
der  zu  wählenden  Dur-Leiter  der  entsprechenden  Zahl  der  G-Reihe 
gleich  und  notieren  z.  B.  1  =  4  (i^dur)  oder  1°=6  (4dur).  Für 
erstere  Methode  braucht  nur  an  Joh.  Friedrich  Wilhelm  Kochs 


1  »Beiträge  zur  Volksnote«  (Stuttgart). 

2  S.  410. 


Bezeichnungen  der  Tonart. 


415 


»Einstimmiges  Choralbuch  in  Ziffern«  (Magdeburg  1821),  für  letztere 
an  Albrecht  Ludwig  Richter 's  »Musikalisches  Schulgesangbuch« 
Berlin  1815)  erinnert  zu  werden. 

Ebenso  verständlich  ist  auch  die  Ausdrucksweise  Alb.  Gereon 
Stein's,  der  mit  6  =  Fz.  B.  /moll  charakterisiert,  oder  von  K.  Jung 
und  A.  Linz  in  ihrer  »Anleitung  zum  Gesang- Unterricht  in  der 
Volksschule«  (Donaueschingen  1869),  die  amoll  durch  g  =  ±  zum 
Ausdruck  bringen. 

Im  Anschlüsse  hieran  sei  auch  das  Schlüsselzeichen  Hans 
Schmitt's  erwähnt,  das  der  Lage  des  mittleren  c  entsprechen  soll: 
| —  — |  •  Von  ihm  aus  bestimmen  Zahlen  die  eigentliche  Tonlage 
z.  B.  |-=-:  oberer  Ton  zweigestrichene  Oktave,  unterer  Ton  ein- 
gestrichene Oktave;  L_-  oberer  Ton  kleine  Oktave  unterer  Ton 
große  Oktave  usf. 

Ein  wichtiges  Prinzip  gelangte  frühzeitig  bei  Melodien  zur  An- 
wendung, die  aus  einer  Tonart  in  die  andere  modulieren,  das  Prinzip 
der  Umzifferung.  Schon  Wolbold  (1819)  berührt  es.  Klett  (182  7) 
bezeichnet  die  Stelle,  bei  der  die  Umzifferung  stattfindet,  mit  einem 
liegenden  kleinen  Kreuze.  Dasselbe  Zeichen  begegnet  auch  in  der 
»Sammlung  angemessener  Stücke  zur  Übung  in  der  Rousseau'schen 
Musikschrift«  (1827).  Joseph  Waldmann  setzt  in  seiner  »Gesang- 
lehre für  Volksschulen«  (Karlsruhe  und  Freiburg,  Herder  1841)  bei 
der  Umzifferung  die  neue  Ziffer  in  Klammer  über  oder  neben  die 
erste,  z.  B. : 

1      2.    3   I  4     3     2   fti    1  2(1)   j     1.    2  |Ü>|     8     8      3    3 


e- 


1.   2  I  3     3      3      3 


)^V 


L" 


8l».M^M      \(ü      « 


3.  2 


0*     8    9    f     8    1 


J_ 


i 


E3E 


•  •  9 


£ 


Ö 


— w ■ 


s 


5f 


-w*» 


¥ 


L     •      ♦      •      • 


V  ■»■iJt 


=p= 


M-rt 


?•■=-•-# 


t 


^ 


Charakteristisch  für  den  damaligen  Stand  der  Ziffernnotation  ist 
Ernst  Henschel's  Kritik  des  Waldmann'schen  Werkes  in  der 
» Euterpe«  1 843 i:  » Mit  einer  Art  Wehmuth  betrachte  ich  diese  Gesang- 
lehre.   Sie  ist  eine  der  letzten,  aber  edelsten  Erscheinungen  auf  dem 

*  Seite  IUI. 


29" 


416 


Ausläufer  der  Ziffernnotation. 


Gebiete  der  Tonziffer  ....  Die  Sache  der Tonziffer  ist  rettungslos 
verloren,  nach  wenigen  Jahren  wird  sie  vergessen  sein,  und  nur 
die  Geschichte  der  Pädagogik  wird  ihrer  als  eines  höchst  dankens- 
werthen,  aber  nicht  mit  dem  gehofften  Erfolge  belohnten  Versuches 
gedenken,  dem  Volksgesange  aufzuhelfen«.  Aber  so  schlimm  war 
es  um  die  Tonziffer  doch  noch  nicht  bestellt.  So  manches  Ziffern- 
werk passierte  noch  die  Presse,  unter  ihnen  auch  eins,  welches  sich 
nicht  blos  in  der  Umzifferung  mit  Waldmann's  Werk  nahe  berührt: 
die  nach  pestalozzischen  Grundsätzen  bearbeitete  »Anleitung  zum 
Gesang-Unterricht  in  der  Volksschule«  von  K.  Jung  und  A.  Linz 
(Donaueschingen  1869).    Ein  Beispiel  veranschauliche  die  Methode: 


Im  Herbste. 


S" 


=  4- 


l>3 


Was     le-bet,  das  schwin-det,  was    blü  -  het,   fällt       ab;  für        al-les    er 


t>8(t>») 


-I M8) 6 1— 6 ft- 6 (- 


-   öff-net  die 


Er    -   de  ein       Grab.  Am    Mor-gen  ent  -  hüllt  kaum  die 


-6 8 1    4^0(5)*     c      [     5 


Blum'    ihre        Zier,       so    streift  schon  der     Abend     die      Blätter  von  ihr. 

r-Hgr 


i 


4  • 


=*=i=*: 


-&- 


-r — r — h- 


*=S=* 


i 


i 


ö 


» 


-s>- 


9ß- 


2f=ta 


MäzM 


P 


Üö 


=t 


Auf  dem  alten  Prinzip  der  Umzifferung  beruht  auch  die  »Neue 
Notation  der  Gesang-Musik«  von  Chr.  Geisler  (Kopenhagen),  welche 
1906  auf  dem  Basler  Kongreß  der  Internationalen  Musikgesellschaft 
zu  allgemeiner  Kenntnis  gelangte  *.  Er  unterscheidet  vorübergehende 
Abweichungen  von  der  Normalleiter,  die  als  Kreuzton  durch  einen 
Strich  über,  als  B-Ton  durch  einen  Strich  unter  der  Zahl  charakte- 


1  Siehe  seine  »Vereinfachte  a  cappella  Gesangs-Methode  für  Schule  und 
Volk.  Neue  Notation  der  Gesang-Musik.  Eine  Lösung  des  Grundgedankens 
Cheve's«  (4  906)  und  »Bericht  über  den  zweiten  Kongreß  der  .Internationalen 
Musikgesellschaft  zu  Basel«  (Leipzig.  Breitkopf  &  Härtel,  1907)  S.  48  ff. 


Schriftversuche  Geisler's  und  Teule's. 


417 


risiert  werden,  und  solche,  die  »eine  bleibende  Modulation«  ver- 
ursachen. Auf  letztere  wendet  er  die  »Umstimmung«  an.  Das 
Beispiel 


erhält  in  seiner  Aufzeichnung  folgenden  Ausdruck: 


U=c) 


l   n  i   Hi  mn  i   ri  i   ni   ni  rrn 

0     04  0     00     00000.   00     4  44     000000 

C3     445     24     35545     5     6  6     78 


0 
8   3  4   2  1 


3      4   2   3 


Diesen  Ziffernschriften  seien  noch  einige  Notationsversuche  an- 
gegliedert, die  sich  auf  die  Zahl  stützen.  In  erster  Linie  genannt 
seien  die  Reformversuche  Jules  Charles  Teule's.  Sein  erster 
Vorschlag  in  der  »Exposition  du  Systeme  de  l'ecriture  musicale 
chiffree  suivie  d'une  note  sur  le  comparateur  des  tons«  (Paris  1842) 
fällt  zwar  mehr  in  das  Gebiet  der  Stenographie,  sei  aber  hier  schon 
soweit  erklärt,  daß  Zahlen  die  eingeführten  Zeichen  J  L  -I  !-  ihrer 
Oktavlage  nach  bestimmen. 

33      33-i!-nr4444J^~ir 


J[__||_33      3      3 


J     L     -I     I-     4     4     4      4 


— I 1      !      I — m — 4 — • — ^- 


±. 


Ganz  auf  dem  Boden  der  Ziffer  steht  aber  sein  zweiter  Vor- 
schlag. Jeder  Ton  wird  mit  Hilfe  einer  Ziffer  in  erster  Linie  seiner 
Oktavlage i  nach,  alsdann  mit  einer  zweiten  Zahl  seiner  Stellung  inner- 
halb der  Oktave  nach  bestimmt.  Auf  diese  Weise  gewinnt  die 
natürliche  Leiter  von  G  aufwärts  folgenden  Ausdruck: 


3  t 

32 

33 

34 

35 

36 

37 

38 

41 

42 

43 

44 

45 

46     H 

7 

• 

48 

9- 

• 

y 

| 

0 

1 ' 

/L 

Jr 

• 

0 

1 

| 

«T\ 

| 

| 

| 

J 

4 

|, 

C\ 

— + 

•0- 

51 

■mf 
52 

53 

• 
5 

• 
i      55 

5 

3     57 

58 

| 

I 
61 

62 

63 

64 

65 

0 

66 

67 

GS 

■0- 

v 

I 

• 

1 

1 

/L           ii 

4 

• 

1 

ffV\                                                        -         t 

• 

"  V 

I 

1 

» 

%J 

"  • 

1  Bemerkt  sei,  daß  auch  Meerens  die  Oktavlage  durch  Zahlen,  aber  durch 
römische  Ziffern  bestimmt.  Als  achte  Oktave  gilt  ihm  der  Bereich  des  Kontra- 
basses, als  neunte  das  Gebiet  des  Violoncells,  als  zehnte  die  Oktave  der  Violine, 
d.  h.  die  eingestrichene  Oktave. 


418  Die  Zahlenschriften  von  Gatting  und  Karlowicz. 

Zwecks  Darstellung  der  Rhythmik  grenzt  er  die  Haupttaktteile 
durch  Vertikalstriche  ab,  mißt  die  in  sie  gehörigen  kleinen  Unter- 
teile am  kleinsten  Werte  als  Einheit  und  bringt  sie  durch  eine 
Zahl  zum  Ausdruck,  z.  B.: 


'Pf"     P  •-, J-B&-0-+- 

dr- -+- — Lj    P  m P^— : — t- 


7j      |      |:3     113     113     1|| |   3     1  |     |     | ||3      1|     |3    1   I 

t  31  |  31   3/  33  34  35  j  36  37  41   37  36  3o  34  ]  35  3«  37   36  35  34  33  |  35=33  38=35  I 

Noch  zwei  Tonschriftenversuche  seien  erläutert,  die  beide  eine 
Mittelstellung  zwischen  zwei  Arten  der  Tonschreibung  einnehmen. 
1879  trat  A.  Gatting  mit  einer  »musikalischen   Reform«  hervor, 
die   dem   Kopf  der   alten   Notenform    eine   Zahl   zur   Bezeichnung 
der  Stufe  einfügt.     Bei  Ganzen  und  Halben  ist  die  Zahl  schwarz, 
bei  Vierteln  und  kleineren  Werten  weiß.     Die  Tonlage  wird  am 
Anfange  des  Stückes  bestimmt.     Rein  schreibtechnisch  ist  dieses 
System  aber  zu   umständlich ,   als    daß  es  auf  Einführung   irgend 
welche  Aussicht  hätte  haben  können.     Ebensowenig  traf  dies  auf 
den  »Entwurf  einer  neuen  Notenschrift«  zu,  welchen  Dr.  Johann 
Karlowicz  aus  Warschau   1892   in  Krackau  herausbrachte.     Er 
bezeichnet  die  Reihe  der  natürlichen  Töne  mit   den  Zahlen  [1]  V 
2  3  4  5  6  7  und  die  chromatisch  alterierten  mit  den  Buchstaben 
D  R  F  A  H.    Die  Takteinteilung  zeigen  liegende  Zahlen  n  ~*  «o    «^ 
an.     Der  besseren  Übersicht  halber  werden  zur  Abgrenzung   der 
Taktzeiten  Vertikalstriche  eingeführt  und  im  übrigen  die  Rhythmen 
räumlich  anschaulich  gemacht.     Der  Oktavunterscheidung  werden 
die  Grundelemente  der  Neumatik  dienstbar  gemacht.     Als  Zeichen 
der  Kontraoktave  gilt  ein  Strich,    als  das  der  großen  Oktave  ein 
acutus,  als  das  der  kleinen  Oktave  ein  gravis  und  als  das  der  ein- 
gestrichenen Oktave  ein  circumflexus  unter  den  Tonzeichen.     Für 
die  zwei-  drei-  und  viergestrichene  Oktave  kommen  1,   2  und  3 
Punkte  zur  Anwendung.    Die  Subkontraoktave  wird  durch  ein  Kreuz 
charakterisiert: 

6H7VVVVVVV 

Werfen  wir  noch  einmal  einen  kurzen  Rückblick  auf  die  Ge- 
schichte der  Ziffernotation,  so  können  wir  ihr  die  Bedeutung  für 
den  ersten  Musikunterricht  besonders  in  Beziehung  auf  die  Volks- 
schule nicht  absprechen.  Einen  nicht  zu  unterschätzenden  Vorteil 
bietet  sie  darin,  daß  sie  das  Absingen  von  Melodien  von  jeder 
Stufe  aus  zuläßt.  Besonders  musikalisch  ist  die  Zahlenschrift  nicht 
zu  nennen.     Für  die  Wiedergabe  schwierigerer  Werke   eignet   sie 


Gönner  und  Gegner  der  Zahlenschrift.  419 

sich  nur  als  Unterlage  für  eine  spätere  Umschrift  in  die  gewöhnliche 
Tonschrift,  die  ihr  an  Anschaulichkeit  und  Ausdrucksfähigkeit  weit 
überlegen  ist.  Ihr  Hauptvorzug  liegt  in  der  leichten  Gebrauchs- 
fähigkeit. Jede  Druckerei  vermag  ohne  Schwierigkeiten  und  ohne 
Aufwand  großer  Kosten  Musik  im  Ziffernsystem  herzustellen.  Jedes 
Kind  kennt  die  Zeichen,  die  in  ihm  Verwendung  finden.  Darum 
ist  sie  auch  im  elementaren  Gesangunterricht  bis  in  unsere  Zeit 
anzutreffen1.  Immer  wieder  erstehen  ihr  Verteidiger  wie  z.  B. 
Fr.  J.  Kunkel  mit  seinem  »Tonsystem  in  Zahlen«  (1877).  Immer 
wieder  tauchen  leicht  modifizierte  Beispiele  in  Zahlenschrift  auf, 
wie  jene  Liedniederschrift  von  Eugen  Westen dorp  aus  Gent,  die 
Bäumker  in  seiner  Studie  >Zur  Geschichte  der  Tonkunst  in  Deutsch- 
land von  den  ersten  Anfängen  bis  zur  Reformation«2  mitteilt.  Aber 
es  fehlt  auch  nicht  an  Männern,  die  energisch  gegen  die  Zahlen- 
schrift Front  machten.  Erinnert  sei  nur  an  Delcamp  mit  seiner 
Schrift  »Trente-six  vices  de  la  notation  par  chiffres«  (Paris  1860). 


8.  Kapitel. 
Musikalische  Stenographie. 

Hatten  schon  die  alten  Römer  sich  in  den  tironischen  Noten 
ein  Mittel  geschaffen,  der  Rede  mit  Schriftzeichen  zu  folgen,  ein 
Verfahren,  welches,  nachdem  es  ein  Jahrtausend  hindurch  ein  kärg- 
liches Leben  gefristet  hatte,  im  1 1 .  Jahrhundert  nur  noch  vorüber- 
gehend anzutreffen  war3,  und  besaßen  auch  die  Griechen  ein  Kurz- 
schriftsystem, das  später  zu  neuen  Versuchen  Veranlassung  gab, 
so  setzten  die  Bemühungen,  mit  dem  Griffel  der  Tonsprache  zu 
folgen,  erst  im  1 8.  Jahrhundert  ein,  nachdem  Sonderuntersuchungen 
sich  mit  der  Ergründung  des  alten  tironischen  Zeichensystems  nicht 
ohne  Erfolg  beschäftigt  hatten  und  seit  Ausgang  des  16.  Jahr- 
hunderts in  England  und  später  auch  in  Frankreich  und  Deutsch- 
land neue  Kurzschriftversuche  aufgeblüht  waren.  Man  erkannte, 
wie  bedeutungsvoll  es  für  den  Komponisten  sein  müßte,  einen  Ge- 
danken, der  in  seiner  Phantasie  auftauchte,  schnell  mit  Hilfe  der 


1  Erinnert  sei  nur  an  die  >Kotzolt'sche  Gesangschule  für  den  a  capella- 
Gesang  in  zwei  Kursen  für  die  unteren  Klassen  aller  höheren  Lehranstalten, 
sowie  für  Mittel-  und  Volksschulen«,  neu  herausgegeben  von  Leo  Zellner  und 
Fritz  Pecher  (Magdeburg,  Heinrichshofen's  Verlag  1941). 

2  Freiburg  i.  Br.  -1881  S.  ili :  0  vygand  wat  valsch  hebt  gy  in  uw  gedacht«. 

3  Vgl.  C.  Paoli,  »Grundriß  zu  Vorlesungen  über  lateinische  Paläographie« 
2.  Aufl.  Innsbruck  1889)  I,  öS  ff. 


420      Die  Kurzschriftversuche  von  Sauveur,  M.  del'Aulnaye  u.  a. 

Kurzschrift  aufzuzeichnen,  ehe  er  sich  bei  den  Schreibvorbereitungen 
und  den  umständlichen  Schriftzügen  selbst  verflüchtigte.  Alan  er- 
hoffte von  der  musikalischen  Stenographie  Segen  für  die  Improvi- 
sationen so  manches  geistvollen  Spielers  und  Gewinn  für  jeden 
Musikalischen,  der  im  Konzerte  diesen  oder  jenen  Gedanken  fest- 
halten wollte.  Die  alte  Tonschrift  konnte  die  an  eine  Schnellschrift 
zu  stellenden  Anforderungen  nicht  erfüllen.  Stand  doch  zum  Bei- 
spiel die  Schreibmöglichkeit  in  gar  keinem  rechten  Verhältnisse  zu 
den  Zeitwerten.  Zu  einer  ganzen  Note  bedurfte  es  nur  eines  oder 
zweier  Züge,  für  ein  schnell  vorüberfließendes  Zweiunddreißigstel 
waren  dagegen  fünf  bis  sechs  Züge  notwendig. 

Die  ersten  Bemühungen,  eine  bequemer  brauchbare  Tonschrift  zu 
schaffen,  knüpfen  an  den  Buchstaben  an  *.  Aus  dem  Alphabet  wählte 
Sauveur2  1701  einige  leicht  schreibbare  Typen  aus  und  ent- 
wickelte aus  ihnen  das  Zeichenmaterial  für  drei  Oktaven3.  Ähn- 
liche Wege  ging  auch  M.  de  l'Aulnaye4,  ohne  aber  zu  einem  Er- 
gebnis zu  gelangen,  das  man  als  Kurzschriftversuch  anzuerkennen 
vermag5.  Die  Reihe  setzt  sich  in  dem  Brigadegeneral  P.  J.  de  La  Sa- 
lette  fort,  der  1805  mit  einer  auf  Buchstaben  sich  gründenden 
»Stenographie  musicale  ou  maniere  abregee  d'ecrire  la  musique  ä 
l'usage  des  compositeurs  et  des  imprimeries« 6  hervortrat.  Er  macht 
sich  die  deutsche  Orgeltabulatur  zu  nutze  und  stellt  sie  modificiert  als 
eine  Frucht  mehr  als  zwanzigjähriger  Studien  heraus.  Als  Zeichen 
dienen  ihm  die  Tonbuchstaben  c  d  e  f  g  a  h.  Beziehen  diese  sich 
auf  Töne,  welche  in  irgendeinem  Schlüsselsystem  unter  der  ersten 
oder  über  der  vierten  Linie  ihren  Platz  haben,  so  erhalten  sie 
unter  oder  über  dem  Buchstaben  einen  Punkt.  Liegt  ein  Ton  mehr 
als  eine  Oktave  außerhalb  des  normalen  Tonumfangs,  so  erhält  er 
zwei  und  bei  mehr  als  zwei  Oktaven  drei  Punkte.  Taktstriche 
wrerden  gesetzt,  die  Takteinteilung  räumlich  veranschaulicht.  Mittel 
der  leichteren  Übersicht  sind  ein  kurzer  Vertikalstrich  zur  Abteilung 
von  Taktschlägen  und  Horizontalbalken  unter  den  Buchstaben  zur 
Bezeichnung  von  Achteln  und  Sechzehnteln.  Ein  kleiner  Kreis  stellt 
die  Pause  dar.  Als  Vorzeichnungen  gelten  Iy=#,  k=^,  k  =  x, 
7  =  v.     Ein  Strich  i  unter  einer  Note  bezeichnet  ihre  Verdoppelung, 


1  Eine  kurze  Bemerkung  hierüber  findet   sich    bei  Gerbert  >De  Cantu« 
II.  276. 

2  »Principes  de  l'acoustique«. 

3  Vgl.  oben  S.  367  f. 

4  Siehe  seinen  Artikel  im  »Musee  de  Paris«  4  785  Nr.  \. 

5  Vgl.  oben  S.  376  f. 

6  A  Paris,  chez  Choujon,  An  XIII  —  4  805. 


Tonschriftversuch  La  Salette  und  Demotz  de  la  Sallc. 


421 


ein  Doppelstrich  ihr  viermaliges  Erklingen,  ein  dreifacher  Strich  m 
ihre  achtmalige  Wiederholung.  Ein  paar  Rhythmen  seien  ver- 
anschaulicht und  ein  kurzes  Beispiel  angefügt: 


c  d  e  f  \  ='    *    *    • 


c,  e  d 
c  e,   d 


=  J    4     4 


=  4    4ö 


i    i 


C|   e  dj    =  ö   4    4  4 

I    P    J 
C|   e  a '  f   =  ei   4  4    4 


c_e_d,   f   =4  4    4    & 

c  e  d{   f    =  •    4  4    & 

i  i  rs 

c    e  d  e  f=  >?    4    4  0  4 


C]   e  d  f  e  f=d     4    4  0  0  4 


Klode  W?  I  Clef  de sol,  2* lig.  |  0  ,  0  hh.  \  e  ,/  /  |  g  ,  •  g_f_  \  e  ,  ag  |  g_ffl  0  d_e_  f  ,  etc, 
»iesure  2  !  Clef  de  sol,  2e  lig.  |0|OÄÄ|Ä|ÄÄ!A|»e_d|e  ,^e|e^rf|0  Jic_  |  c? ,  etc. 
^ento  l  Clef  de  fa,  4e  lig.   |  0  ,  0  hh  \  g  ]  dd  \  e  ^  •  e  e  \  ag  \  fe  \  h    h     0  hh,  !  h  ,  etc. 

Allen  diesen  Versuchen  werden  wir  kaum  den  Namen  einer 
Kurzschrift  geben  können,  wenn  auch  nicht  abzuleugnen  ist,  daß 
die  Buchstaben  ein  bequemes  Mittel  zur  schnellen  Fixierung  einer 
Weise  darstellen,  das  bis  heute  von  jedem  Musiker  gelegentlich 
gern  gebraucht  wird.  Zur  musikalischen  Stenographie  führt  aber 
eine  andere  Reihe  von  Versuchen  hinüber,  die  man  wegen  der 
Verwendung  von  Geraden  und  dem  Kreise  nicht  ohne  Grund  als 
geometrische  bezeichnen  möchte  und  die  mit  Dömotz  de  la  Salle1 
einsetzen.  Sein  Versuch,  der  zuerst  im  »Mercure«  erschienen,  1726 
von  der  Akademie  der  Wissenschaften  gebilligt  und  in  der  1728 
zu  Paris  anonym  erschienenen  »Methode  de  Musique  selon  un  nou- 
veau  Systeme  tres-court,  tres-facile  et  tres-sür«  niedergelegt  ist2, 
ist  ohne  Frage  geistvoll  erfaßt.  Als  »Gamme  et  soleil  du  nouveau 
Systeme <  tritt  uns   folgende  Figur   entgegen,   welche    uns   die  für 


i  Gerbert  (»De  cantu«  II,  276)  führt  seinen  Namen  als  Demaux  und 
Dumas  auf. 

2  Vgl.  Fetis,  »Biographie  universelle«  (2de  edition)  Artikel  »Demotz  de  la 
Salle«.  Die  dort  erwähnten  Arbeiten  »Remarques  sur  la  methode  d'ecrire  la 
musique  de  M.  Demotz«  (Paris  1726),  »Reponse  ä  la  critique  de  M.  contre  un 
nouveau  Systeme  de  chant,  par  M.x**  prötre«  (Paris  1727),  »Methode  de 
plain-chant  selon  un  nouveau  Systeme«  (Paris  1728),  »Breviaire  romain  note 
selon  un  nouveau  Systeme«  (Paris  1728)  und  »Lettre  (de  M.  Brossard)  en  forme 
de  dissertation  ä  M.  Demotz  sur  sa  nouvelle  methode  d'ecrire  le  plain-chant 
et  la  musique«  (Paris  1729)  habe  ich  noch  nicht  einsehen  können. 


422  D'e  Tonschrift  Demotz  de  la  Salle. 

die  einzelnen  Töne  der  Oktave  charakteristische  Lage   des  Noten- 
halses offenbart: 


V 

6 

la        » 

4 

fa  — 

2 

Die  Oktavlage  wird 

.  durch  die  Form  des  Notenkörpers 

bestimmt : 

Tiefste  Oktave  {C—c): 

Ox 

T 

^-p 

\>     i 

</ 

*< 

2.  Oktave  (c — e'): 

♦s. 

T 

/  — 

S     1 

/ 

V 

3.  Oktave  [c'—c"): 

•s. 

T 

/  — 

S     1 

/ 

V 

4.  Oktave  {c"—c"'): 

V 

r 

/■  -^ 

%     i 

/ 

\ 

5.  Oktave  {e'"—c"") : 

ut 

?  A~* 

re      mx         fa 

st 

ut 

Durch  Verwendung  des  leeren  runden,  des  gekreuzten  leeren 
quadratischen  und  rhombischen,  sowie  des  dreieckigen  Kopfes  in 
verschiedenen  Stellungen  lassen  sich  noch  Formen  für  [die  Töne 
neuer  Oktaven  finden.    '  Die  Mensur  wird  am  Notenstiele  zur  Dar- 


stellung gebracht: 


3«      •     T      6      o     =      o    mit  den  entsprechenden  Pausen:     T 

t  t  t  :  t  z  -  J 

•A  I  1  i  I  i  .  J 

T  1 I T  T  I  .'  J>  7 

TTTTTX, J  f 

T  T  T  T  T  T  .  J 

Als  Akzidentien  werden  jene  der  gewöhnlichen  Notation  ver- 
wendet. Die  Stimmgattungen  kennzeichnet  er  mit  ihren  Anfangs- 
buchstaben: D  (Dessus),  H  (Haute  Contre),  T  (Taille),  C  (Concordant 


Die  Tonschrift  Demotz  de  la  Salle. 


428 


oder  Basse  Taille),   B  (Basse  oder  Basse  Contre),  Q  (Quinte),  B.  C. 
(Basse  Continue).    Die  Taktart  wird  durch  C,  (^,  die  Zahlen  2  und  3 


oder  durch  Brüche  angegeben. 

Menuct. 


7  lt  v'-«Jv 


*  ^7^ 


l  V\ 


Menuei. 


Schloß  sich  auch  eine  schnelle  Schreibung  dieser  in  ihrer  Form 
und  ihrer  Lage  fein  zu  differenzierenden  Zeichen  nahezu  aus,  so 
war,  ganz  abgesehen  von  dem  Vorteil  ihrer  leichteren  Druckfähig- 
keit, doch  mit  ihnen  ein  Weg  beschritten,  der  zu  einer  Kurzschrift 
führen  konnte.  Aus  einem  einzigen  Zeichen  waren  hier  durch 
Änderung  der  Lage  und  leichte  Abwandlung  der  Form  des  Noten- 
körpers Typen  für  die  ganze  natürliche  Leiter  unter  feiner  Be- 
obachtung der  Symmetrie  der  Oktavtüne  gewonnen.  Das  Prinzip 
der  strahlenförmigen  Anordnung  des  Tonmaterials  einer  Oktave 
wird  im  19.  Jahrhundert  mehrfach  aufgegriffen. 

In  erster  Linie  erinnert  sei  an  Ga spare  Romanö's  »Nota- 
zione  stenografica  musicale«  l  (Mailand  1842  [1845]),  der  drei 
Oktaven  der  C-Leiter  in  folgender  Weise  gewinnt: 

1  Vgl.  Joseph  Raymondi  »Essai  de  simplification  musicographique 
avec  un  precis  analytique  des  principaux  systemes  de  Dotation  musicale 
proposes  depuis  le  seizieme  siecle«  (Paris-Turin,  1843)  Tafel  1  und  »Examen 
critique  des  notations  musicales  proposees  depuis  deux  siecles«  (Paris  1856). 
Das  zweite  Werk  ist  nur  eine  Überarbeitung  des  ersten. 


424  Die  Versuche  Romano  und  Riom. 

Bei  ihm    zeigt  die  Form   des  Notenkürpers  den  rhythmischen 
AVert  an. 


j   J   <r  i5  J5  ^ 


Werte: 

o 

Form  des  Notenkörpers: 

■ 

D 

• 

o 

T 

V 

Form  der  Pause: 

c= 

ZD 

u 

n 

UJ 

ffl 

/\ 


s 


Auch  die  »Stenographie  musicale« ,  welche  J.  L.  Riom  1883 
unter  dem  Obertitel  >Nouveau  Systeme  de  notation  pour  la  musi- 
que«  herausbrachte,  läßt  Bekanntschaft  mit  den  Prinzipien  Demotz 
de  la  Salle's  vermuten1.  Das  ganze  Zeichenmaterial  der  C-Leiter 
entwickelt  sich  auch  bei  ihm  durch  Wechsel  der  Stellung  aus 
einem  Zeichen: 


\\-  -.     ■  r  7 


d        e         f  g         a 

Das  einfache  Zeichen  gilt  ein  Viertel;  ein  kleiner  abwärtsgehen- 
der Strich  gibt  ihm  den  Wert  einer  Ganzen,  ein  kleiner  aufwärts- 
gehender Strich  den  einer  Halben1.  Eine  kleine  Schleife  an  der 
Spitze  des  Winkels  macht  die  Viertelnote  zur  Achtelnote,  die  Halbe 
zum  Sechzehntel,  die  Ganze  zum  Zweiunddreißigstel. 

J         J         -T        J>       i*       ^ 
Werte:    o         ö  •  *  •  •  • 

Formen  der  Noten:    | ,        I _i        I —        J_        J— '       J — ,       i— o 

Formen  der  Pausen:  "[_,       t_        L_        X-        J--       J--       I-o 

Ein  kleiner  Horizontalstrich  über  dem  Zeichen  erhöht,  ein  Strich 
unter  dem  Zeichen  erniedrigt  den  entsprechenden  Ton  um  einen 
Halbton,  während  ein  Kreuz  +  die  Funktion  unseres  Ö  übernimmt. 

Beispiel:  Le  Goucou2. 

?     A.l     ,V|\  I    \  M    t    IN  \  \.|-A 


Cou  -  cou,  cou  -  cou,    dis  -  moi  pour-quoi  ta    voix  tou  -  chan-te 

\.\-~.  1     ,\.|     iij     .\.1-,\A|  I.  t 


sou  -  pi-reet       chan  -  te,     chan-te,     chan  -  te     plei  -  ne  d'e  -  moi? 


i  Auch  Montanello's  Kurzschriftversuche  sind  nicht  spurlos   an  Riom 
vorübergegangen.     Vgl.  unten  S.  428  ff. 

2  »Kuckuck,  Kuckuck  ruft  aus  dem  Wald.« 


Scliril'tversuche  von  F.  Raab  und  M.  de  Rambures. 


425 


f 


- 


Jd    * 


*     -±    *    ■» 


• — #- 


i 


^-V-^- 


• — *- 


^ 


Hier  eingefügt  sei  die  Stenonotie  von  F.  Raab1  (Neusitz).  Er 
stellt  die  zwölf  Halbtonstufen  der  Oktave  an  einer  Horizontallinie 
mit  Hilfe  von  Strichen  dar: 


it_ 


r 

■* 

L 

T 

1 

c 

(2 

e 

f 

9 

a 

h 

eis 
des 

dis 

es 

fis 
ges 

gis 
as 

ais 
b 

Ein  Fünfliniensystem  entspricht  dem  Umfange  von  der  großen 
bis  zur  zweigestrichenen  Oktave. 

Bei  Doppelgriffen  werden  die  Zeichen  kombiniert;  so  bedeutet 

z.  B.  ~p  =  -e .    Einfachheit  und  Anschaulichkeit  lassen  sich  diesem 

Tonschriften  versuch    nicht    absprechen.      Aber    doch    ist    er    nur 
wenig  komplizierten  Tonsätzen  gegenüber  verwendbar. 

Waren  in  den  bisher  erörterten  Systemen  alle  Tonzeichen  aus 
der  verschiedenen  Lagerung  einer  Form  gewonnen,  so  rechnet 
die  > Stenographie  musicale  ou  methode  simplifiee  pour  l'enseigne- 
raent,  la  lecture  et  l'ecriture  de  la  Musique  et  du  Plain-Chant« 
des  M.  de  Rambures2    bereits   mit   zwei   Grundelementen:    dem 

Strich   und   den  Kreisschnitten  i     )  .   Für  die  eingestrichene  Oktave 

liefern  sie  ihm  folgende  Grundzeichen: 

j  r 

a'         h' 


I   \ 

c'      d' 


r 


s' 


i  Vgl.  seine  »Stenonotie-Klavierschule  zumeist  nach  Hohmann  bearbeitete 
Rothenburg  o.  T.,  C.  H.  Trenkle,  (1913).  —  Die  Noten  der  rechten  und  linken 
Hand  werden  durch  Auf-  und  Abstrich  auseinander  gehalten.  Der  Darstellung 
des  Rhythmus  dienen  Beizeichen:  n  =  i/8)  ^  =  i/4,  "ö"  =  i/2,  q!  =  3/4,  q"  =  4/4) 
Die  entsprechenden  Pausenzeichen  sind:  ",    C|  ä  77  #. 

2  Wie  aus  dem  Berichte  zu  entnehmen  ist,  welchen  Lefranc  über  die 
Methode  des  M.  de  Rambures  am  13.  März  1842  in  der  >Societe  Royale  d'Emu- 
lation<  las,  hat  der  Erfinder  bereits  im  November  1841  mit  ihr  eine  Probe 
auf  die  Praxis  gemacht.  Hellouin  (>Feuillets  d'histoirec  S.  164)  führt  noch 
folgende  Werke  R.'s  an:  »Abrege  de  la  methode  musicale  stenographique< 
Regnier-Canaux,  1855)  und  »Notations  comparees  et  art  d'ecrire  le  chant  ä 
la  dictee  aussi  vite  qu'il  est  emis«  (ebenda).  Vgl.  zur  »Stenographie  musicale« 
auch  die  »Memoires  de  la  societe  royale  d'emulation  d'Abbeville«  (1841 — 1843. 


426  Schriftversuch  von  M.  de  Rambure s. 

Dieselben  Formen  in  kleinerer  und  feinerer  Type  bezeichneten 
die  Töne  der  zweigestrichenen  Oktave: 

/  \  _  ^  w  j  r 

c"        d"        e"  /"  g"  a"  h" 

Die  kleine  Oktave  entwickelte  ihre  Tonzeichen  aus  der  ein- 
gestrichenen, die  dreigestrichene  aus  der  zweigestrichenen  durch 
Hinzufügung  einer  Schleife: 


;  \  er- 

c        d        e' 

f 

<^S  Ja 

S         a 

> 

c>"       d'"            «"' 

f" 

^      J 
s       a 

c 

h'" 

f 


h 


Für  den  Violinschlüssel  tritt  ein  kleiner  Vertikalstrich  über  der 
Linie  ■ — ,  für  den  Altschlüssel  ein  die  Linie  schneidender  Vertikal- 
strich * —  und  für  den  Baßschlüssel  ein  Strich  unter  der  Linie 
i —  ein.  Die  Erhöhung  wird  durch  einen  Punkt  im  Zeichen,  die 
Erniedrigung  durch  ein  nebenstehendes  c,  das  fcj  durch  einen  Strich 
neben  oder  in  dem  Tonzeichen  (z.  B.  /,  oder  vjy),  das  Doppelkreuz 
durch  einen  Doppelpunkt  ..,  das  Doppel-^  durch  e  angekündigt. 
Der  Rhythmus  gelangt  an  einer  Linie  teils  durch  verschiedene 
Stellung  der  Tonzeichen,  teils  mit  einer  Schleife  am  Ende  des 
Schriftzeichens  oder  auch  mit  Hilfe  eines  Bogens  unter  dem  Ton- 
zeichen zum  Ausdruck.  Das  Tonzeichen  /  hat,  wenn  es  unten 
mit  einer  Schleife  versehen  ist  ^  und  über  die  Linie  gestellt  ist, 
den  Wert  einer  ganzen  Note.  Auf  der  Linie  gilt  es  eine  punktierte 
Halbe,  unter  der  Linie  nur  eine  Halbe.  Ohne  Schleife  zieht  es 
unter  der  Linie  den  Wert  einer  Viertelnote  auf  sich,  während  es 
auf  der  Linie  nur  ein  Achtel  und  über  der  Linie  nur  ein  Sech- 
zehntel gilt.  Steht  es  auf  der  Linie  und  hat  es  einen  nach  unten 
gekehrten  Bogen  unter  sich,  so  erhält  es  den  Wert  eines  Zwei- 
unddreißigstels, über  der  Linie  gilt  es  unter  derselben  Bedingung 
nur  ein  Vierundsechzigstel : 

l    _p    r~.    ^ 2^-^ 


ü 


wm 


~  "•  a  $ 


Diesen  Notenwerten  entsprechen  die  Pausen: 


Das  System  Bertini. 


427 


Punktierte  Noten  werden  durch  Durchstreichung  des  Noten- 
zeichens oder  durch  Bindung  entsprechender  Werte  kenntlich  ge- 
macht.   Für  die  punktierten  Viertel-,  Achtel-  und  Sechzehntel-Pausen 

— >—     -  eingeführt.     Die  dyna- 


werden  die  besonderen  Zeichen 


mischen  Zeichen  ersetzt  er  in  folgender  Weise: 


P 

rtvp 

P2> 


mf . 


Dieses  Zeichensystem  erfährt  zum  Zwecke  schneller  Brauch- 
barkeit mannigfache  Abwandlungen.  Bindungen  werden  in  reichem 
Maße  eingeführt  und  eine  Fülle  von  Abkürzungen  vorgenommen. 
Sie  hier  eingehend  zu  behandeln  liegt  außerhalb  des  Rahmens 
meines  Werkes.  Verwiesen  sei  zu  diesem  Zwecke  auf  die  Tafeln 
!>  und  6  des  Originaldruckes.  Immerhin  möge  eine  einfache 
Melodie  diese  stenographische  Notation  veranschaulichen: 


Canon  (  7 


4  voix. 


/ 


0 


$ 


/     VI   —     /    I   —   r\  |    v_p    |   _    r\  |     vj? 
Fre-re    jacques,     fre-re    jacques     hä-tez  -  vous     il  [est    tems, 


2 


:± 


-3r-+ 


^^-*- 


—**J-  < 


Fr6-re    Jac-ques,  frö  -  re    Jac-ques,  hä-  tez-vous,     il      est  temps; 


w  r\ 


-J- 


^    r\ 


^/ 


-  /  I  /  v~/|  i   I  /    v_y  I  i 


j'entends  la  clo  -  chet-te    de  Ja  gaie  psal-let-te  du  pa-tron,  ding  ding  don. 
n  n 


£=£ 


$=£ 


Efci-     «a»    -•■*.         fc.»        *■».  -0-        -0  ■&■       -0-  ■&■ 

j'en-tendsla    clo-chet-te     de    la  gaie  psal-let-te     du  pa-tron,  ding  ding  don. 
r— 

Punkt,  Strich  und  Kreis  sind  die  Materialien  des  älteren  Systems 
von  Bertini1,  welches  gegen  das  Jahr  1812  unter  dem  Titel 
»Stigmatographie  ou  l'art  d'6crire  avec  des  points  suivie  de  la 
melographie,    nouvelle   maniere   de    noter    la   musique«    in    Paris 

1  Vgl.  auch  J.  Raymondfi],  > Essai  de  simplification  musicographique< 
(Paris  1843)  und  »Examen  critique  des  notations  musicales<  (Paris  1856), 
Tafel  \  Fig.  9. 


428 


Die  Neuerung  MontanelloY 


erschien.    Für  die  chromatische  Leiter  von  c — h  stellt  er  folgende 
Zeichen  auf: 


S 


o 


© 


2   6:9 


e    :    3 


do  rn  ne  Tai  »dt  mo  bo  lo  bi         jdi  bäi  vdi 

c  da  d  dis  e  f  fi»  g  gis  a  ais  h 

des  es  ges  as  b 

Die  Oktavlage  wird  durch  Punkte  charakterisiert: 


c  -H 


C-B         c-h       c'-h'    c"-h"    c"'-k"'        c"".h"" 


Die  Zeitdauer  wird  der  Zahl  der  Teil  werte  nach  bestimmt  und 
in  besonderen  Zahlenzeichen  ausgedrückt: 


'/. 

z 

7. 

X 

X 

X' 

X 

0 

1 

o 

3 

4 

5 

6 

7 

S 

9 

Mehrstellige  Zahlen  werden  zusammengesetzt  z.  B.  '/T.  =  ^  6> 
Brüche  durch  einen  Vertikalstrich  getrennt.  Das  Papier  ist  mög- 
lichst mit  quadratisch  gesetzten  Punktreihen  vorzubereiten. 

:  S  Nr-  %  13  S€  tl9  *"€  'N  £Wl  % 

^-.S=§2gl3xse  =  3::s:  t\%  * 


Zweigestrichene  Oktave  c"  -^  c" 


g"  g"  a"  a"  \  g"  16  f  8  f 


e"  e"  d"  d"  |  e"  1  6  c"  4  d"  e"  /*'  |  g"  8  #"  a"  4  h"  dreigestrichene 
Oktave  c"  zweigestrichene  Oktave  a"     g"  16. 


f-T- 


X=.-£- 


£S 


^=P=iT 


*= 


^=£ 


ȧ- 


± 


-I — h 


*~ß- 


x~ 


H — i — h 


Daß  diese  Tonschrift  mit  ihrer  schwerfälligen  Bezeichnungs- 
weise nicht  dazu  angetan  war,  als  Kurzschrift  zu  dienen,  ist  ohne 
weiteres  ersichtlich.  Glücklicher  waren  die  Bemühungen  Barto- 
lomeo  Montanello's.  Für  sie  liegen  zwei  Quellen  in  den  Briefen 
an  Marco  Beccafichi  »Intorno  allo  scrivere  la  musica« l  und  an 
Giov.  Ricordi  »Di  un  modo  facile  ed  economico  per  istampare  la 
musica«2  vor. 

Von  seiner  Neuerung  erhoffte  Montanello  eine  derartige  Er- 
leichterung  des  Druckes,    daß   die  Partitur  von  Rossini's  »Stabat 


1  Milano,  Giov.  Ricordi,  1843.     Siehe  auch  die  Kritik  in  »Quattro  Opus- 
coli  Musicali  di  P.  S.«  (Milano,  Giuseppe  Chiusi,  1847)  N.  I. 

2  Milano,  Giov.  Ricordi,  1844.    Vergleiche  auch  die  kritische  Besprechung 
in  N.  II  der  »Quattro  Opuscoli  Musicali  di  P.  S.« 


Die  Neuerung  Montanello's. 


429 


mater«,  die  bis  dahin  bei  Ricordi  50  frcs.  kostete  für  50  centesimi 
käuflich  sein  sollte.  Einem  jeden  würden  die  Partituren  der  großen 
Meister  zugänglich  werden.  Eine  Hebung  der  musikalischen  Bildung 
würde  die  Folge  sein.  Allgemein  bemerkt  sei,  daß  er  von  dem 
Versuche  Jules  Charles  Teule's  (-1842)  nicht  unbeeinflußt  scheint. 
Grundlage  seines  Systems  bilden  die  Schriftzeichen  für  das  leiter- 
eigene Tonmaterial  der  eingestrichenen  Oktave: 


in    r  _r.  t   i_ 

<*'       «'       /'      *■'        „'        *' 


Ein  diesen  Zeichen  angehängtes,  nach  unten  oder  oben  weisen- 
des Strichchen  schafft  das  Figurenmaterial  für  die  tiefere  und  höhere 
Oktave.    In  ersterer  erfahren  die  Figuren  2,  4  und  6  Umkehrung. 

c  j  j  l  ;  i  i  c  i  ]  r  j  t  i  i 

c  d  e         f  g  a  h  c'        d'        e'       /'  g'  o' 


:"        d"       e"     f"        g"        a"  h" 


In  ähnlicher  Weise  werden  mit  2  und    3  Strichen  die  andern 
umliegenden  Oktaven  ausgezeichnet. 

c;   j  j  u  j  x  i_ 

C  J-JL  J"il[.J  JLIil 

C         D'_        E'        P'         G'      "  A'  B'        C  D  E  F  0  A  B 


c  '*i  i  r    -j*  t  i 

Ei]r  jti 


P    /T   1 


c"'        d'"        »"'       /'"       g'"       a'"       h'"       c""      d""     e""      /""      g""     a""     h"" 

Transposition  einer  Tonreihe  in  die  höhere  Oktave  kann  mit 
Hilfe  des  Buchstabens  u  erfolgen,  wohingegen  die  Verwendung  des 
Buchstabens  n  eine  Versetzung  in  die  tiefere  Oktave  erzielt.  Ent- 
sprechend bezeichnen  uu  und  nn  die  Versetzung  um  zwei  Oktaven. 
Die  Rückkehr  in  die  den  Zeichen  zukommende  Tonlage  wird  durch 
ein  r  dargetan.  Bei  Zusammenklängen  werden  für  die  über  dem 
Grundton  lagernden  Töne  kleine  abgerundete  Zeichen  verwendet  und 
hintereinander  geschrieben.  Jene  abgerundeten  Zeichen  füre' — ti  sind : 

od.  T 

c  i  3  r  s  ?  i 

c'     d' 


So  notierte  Montanello 


tSIS 


cn  eme 


Kl.  Handb.  der  Musikgesch.   VIII,  2. 


30 


430 


Die  Neuerung  Montahello's. 


Wie  im  Beispiel  zu  erkennen  ist,  entspricht  die  rhythmische 
Darstellung  der  kleineren  Werte  vom  Viertel  ab  derjenigen  der 
Orgeltabulatur.  Größere  bleiben  unbezeichnet.  Tonwiederholung 
wird  durch  einen  Vertikalstrich  angedeutet.  Der  Punkt  neben 
einer  Note  verlängert  ihre  Dauer  um  die  Hälfte.  Bei  Bindungen 
wird  die  Ton-  oder  Akkordwiederholung  durch  e  (equale)  angezeigt. 
Als  Pausen  werden  angeführt  —  für  **  oder  -- ,   .  für  {,  '  für  **, 

v  für  2j  und  *  für  jj . 

Den  Akzidentien  $  entsprechen  - 

b 

X  + 

\ 

3  steht  für  3/4,  6  für  6/s-  Die  Tonika  bezeichnet  die  Durtonart, 
die  Tonika  mit  dem  Wörtchen  min.  die  Molltonart.  Von  abweichen- 
den Vortragszeichen  seien  aufgeführt: 


Bindung 
punktiert 


wwwwww  pizzicato 

//////  punktiert  und  gebunden. 

Eine  ganze  Reihe  Abkürzungen  sind  dem  Charakter  des  Schrift- 
versuchs als  Kurzschrift  förderlich.  So  wird  von  Leitern  nur  der 
erste  und  letzte  Ton  notiert  und  beide  durch  Horizontalstrich 
unter  Beobachtung  der  Taktzahl  verbunden,  z.  B.: 


# 


±* 


W I  FtF 


Für  Sequenzen  wird  ebenfalls  ein  verkürzter  Ausdruck  geprägt, 


z.  B. 


=  IFT  ^ 


Mehrere  Notationen  lassen  sich  anschließen,  bei  denen  Bruch- 
stücke der  alten  Noten  das  Formenmaterial  abgeben.  Genannt 
seien  die  »Caracteres  servant  ä  la  notation  de  la  musique«  von 
Maurice  Depierre  (Anecy  1872),  das  »Nuovo  sistema  di  notazione 
musicale  che  tende  a  facilitare  la  lettura,  la  esecuzione  e  la  stampa 
della  musica  a  tipi  mobili«  von  Antonio  Aloysio  (Venezia  1873) 
und  das  »Panorama   d'un   nouveau  Systeme  de   notation  pour   la 


Schriftversuche  von  Depierre,  Aloysio  und  Seymat.  431 

Musique  et  le  Piain- chant  ou  m6thode  sti'nographique  de  notation« 
von  Alex.  M.  Seymat1. 

Depierre  benutzt  folgende  Zeichenreihen: 

■  O  ♦  0  •  o  ▲  mode  majeur  et  toniques  du  mode  mineur 

<"*  a  j  >  \y  v  <  mode  mineur  et  toniques    du  mode  majeur 

^  -a.  i)  •>  \y  v  <    dieses 

t*  y\  5  >•  o-  v  <  hypodieses 

Deutlich  erkennen  wir  die  runde  und  die  eckige  semibrevis  als 
die  Grundlagen  der  Zeichenbildung.  Die  gleichen  Bildungselemente 
treffen  wir  auch  in  dem  geistvolleren  Versuche  Aloysio 's,  der 
sich  auf  der  sechstonigen  Leiter  aufbaut: 


# 

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C 

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r\ 

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c 

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gis 

b 

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,  ^ 

eis 

dis 

/ 

S 

a 

h 

Die  rhythmische  Darstellung  entspricht  jener  der  gewöhnlichen 
Notenschrift,  nur  daß  Ganze  mit  drei  und  Halbe  mit  zwei  Vertikal- 
strichen   (Hälsen)    ausgestattet    werden.     Die  Oktavlagen    werden 

durch  die  Zeichen  ^     cj      «|      j      j.     K     b  bestimmt. 

Stark  verwandte  Züge  erkennen  wir  in  dem  Notationssysteme 
Seymat's.  Seine  Tonzeichen  gruppieren  sich  um  eine  Linie  und 
haben  sowohl  feste  Tonbedeutung  als  auch  nur  Stufenbedeutung. 
Folgendes  ist  sein  Zeichenmaterial: 


u-'w 

c      d      e    f    g     a      h      e 

Durchstreichung  mit  aufsteigendem  Strich  charakterisiert  die 
Kreuztüne,  Durchstreichung  mit  absteigendem  Strich  die  i?-Töne. 
Ein  Horizontalstrich  bezeichnet  die  Pause,  ein  Punkt  die  Tonver- 
längerung um  einen  Taktschlag.  Kleinere  Notenwerte  erhalten 
kleinere  Zeichen.  Zwei  Beispiele  mögen  die  Anwendung  dieses 
Schriftversuchs  auf  Choral-  und  Figuralmusik  veranschaulichen: 


1  Dieser  Versuch  erschien  zuerst  unter  dem  Titel:    >Nouveau  Systeme  de 
notation  pour  le  plain-chant  et  la  musique  sur  la  portee  adequate  ä  la  gamme«. 

30* 


432 


Lauda  Sion  —  0  Cite  d'harmonie. 


Hauteur  de  la  Tonique. 
-1  k  1    ) 


-V 


~cr 


_i— t. 


^K- 


-V 


v  y 


~w 


C 

Lau -da      Si  -  on      Sal  -  va  -  to  -  rem,     lau  -  da     du  -cem 


IT' 


.     '  N — ^    '    N 


~X7 


C      s~>  c 

et    pa    -    sto       -       rem        in     hym  -  nis     et        can   -  ti     -     eis. 


" a ■  - ■        1 


Lau-da        Si  -  on         Sal  -  va    -    to  -  rem,      lau  -  da         du  -  cem 


^FS 


et    pa    -    sto 


rem         in    hym  -  nis    et       can  -  ti    -    eis. 


O  Cite  d'harmonie  descendez  des  Cieux. 
Hauteur  de  la  tonique. 


O 


.    I  w    >  w    1   )  '     W 


^-C7 


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•— ^ 


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-#-       -fSL' 


fc3 


-1— T 


Nur  flüchtig  berührt  sei  die  »Musikalische  Stenographie«  des 
Grafen  Emanuel  Zichy-Ferraris,  die  1885  in  Wien  erschien. 
Sein  System  ist  nicht  ausgebaut.     Als  Grundzeichen  fungieren: 

n  u  ) 

e       f        g  ah 


Das  stenographische  System  Vidal's.  433 

Kreuztöne  erhalten  unten  rechts,  i?-Töne  oben  links  am  Grund- 
zeichen einen  kleinen  Horizontalstrich: 


Ln  u 

diu       eis    fis     gis  ais 


ce»  des        e»    fes      ges  as  b 

Die  Melodieaufzeichnung  beginnt  im  mittleren  Zwischenraum 
eines  Vierliniensystems.  Größere  Sprünge  aufwärts  nimmt  der  obere 
Zwischenraum,  abwärts  der  untere  Zwischenraum  auf.  Taktstriche 
werden  eingeführt.  Werte  von  ganzen  und  halben  Noten  bleiben 
unbezeichnet.  Werte  von  Viertelnoten  werden  getrennt  geschrieben 
und  durch  einen  Punkt  unter  dem  Schriftzeichen  gekennzeichnet. 
Bei  Achteln  kommt  der  Punkt  in  Wegfall.  Als  Sechzehntel  werden 
je  zwei  Figuren  zusammengeschlossen  oder  einzeln  durch  einen 
Punkt  vor  der  Figur  ausgezeichnet.  Als  Abkürzungszeichen  wird 
das  Wiederholungszeichen  »  verwendet.  Stufenmäßig  auf-  oder 
abwärtsschreitende  Läufe  werden  nur  in  ihrem  Anfangs-  und  Endtone 
notiert  und  durch  einen  nach  unten  gewölbten  Bogen  verbunden, 
chromatische  Leitern  in  entsprechender  Weise  durch  nach  oben 
gewölbten  Bogen  charakterisiert.  Folgen  gebrochener  Akkorde 
werden  mit  Hilfe  des  Zeichens  —  verkürzt  aufgeschrieben,  Harmonien 
nur  durch  den  einen  oder  andern  ihrer  charakteristischen  Töne 
angedeutet. 

Berufsstenographen  bemächtigten  sich  allmählich  des  Problems 
der  musikalischen  Kurzschrift  und  bildeten  in  ihr  das  die  Schreib- 
flüchtigkeit fördernde  graphische  Prinzip  aus.  Vorangestellt  sei  der 
Versuch  E.  T.  T.  Vidal's,  der  nach  der  Erfindung  seiner  »Steno- 
graphie verticale«  diese  in  seinem  »Systeme  de  musique  steno- 
graphique«  (Toulon  1834)  auch  auf  die  Musik  anwenden  wollte. 
Da  es  aber  in  der  Musik  an  kurzen  eindeutigen  Ausdrücken  fehlt, 
die  mit  dem  Tonnamen  Tonhöhe,  Tonwert  und  Vortrag  bezeichnen, 
so  prägt  er  solche,  indem  er  den  Ton  durch  einen  aus  den  Sol- 
misationssilben  entnommenen  Vokal  und  die  Oktavlage  sowie  die 
Tondauer  durch  verschiedene  Konsonanten  bezeichnet,  die  er  den 
Arokalen  voransetzt.  Auf  diesem  Wege  gewinnt  er  eine  einen  jeden 
Ton  genau  charakterisierende  Silbe,  die  er  nun  leicht  mit  Hilfe 
seiner  »Stenographie  verticale«  in  die  Kurzschrift  übertragen  kann. 
In  ähnlicher  Weise  bringt  er  Pausen  mit  Konsonanten  in  Verbindung, 


434  Das  stenographische  System  Prevost's. 

findet  Bezeichnungen  für  Schlüssel  und  Generalvorzeichnung,  für 
Ausdrücke  der  Dynamik  und  Agogik.  Welches  fremdartige  Gesicht 
dadurch  Melodien  von  ihrer  stenographischen  Fassung  erhalten, 
möge  der  Anfang  der  Marseillaise  dartun: 

ai)  te  te  te  ron  ro  ra  ra  rer  di  don  do  do  do  goun  (blu  foeb)  da  zo  bloq 
do  da  rin  ri  ri  du  di  din  da  raq  da  di  run  ru  ru  de  du.     usw. 

Auf  ganz  anderem  Wege  gelangte  Hippolyte  Prevost,  der 
Redakteurstenograph  des  »Moniteur  Universel«  zu  einem  Mittel 
schneller  Aufzeichnung  von  Tonreihen.  In  seinem  Werke  »Steno- 
graphie musicale  ou  art  de  suivre  l'execution  musicale  en  ecrivant« 
(Paris  1833),  von  dem  eine  deutsche  Ausgabe  1834  bei  B.  Schott 
Söhnen  in  Mainz  und  Antwerpen  erschien  •,  spricht  er  aufs  nach- 
drücklichste aus,  daß  die  musikalische  Stenographie  andere  Wege 
zu  gehen  habe  als  die  gewöhnliche  Kurzschrift.  Voraussetzung 
bildet  für  sie  ein  gewisses  Maß  musikalischer  Grundkenntnisse,  die 
Möglichkeit,  Tonschritte  und  Klänge  mit  dem  Ohr  genau  zu  er- 
fassen, und  Verständnis  der  gewöhnlichen  Notation.  Sein  Schrift- 
versuch knüpft  an  ein  Fünfliniensystem  an,  das  nach  oben  und 
unten  durch  zwei  Hilfslinien  erweitert  werden  kann.  Bei  der  Auf- 
zeichnung einer  Weise  hält  er  nicht  an  den  absoluten  Tönen  fest, 
sondern  fixiert  nach  Angabe  des  Anfangstones  durch  einen  inner- 
halb des  Liniensystems  von  der  gewollten  Tonhöhe  schräg  nach 
links  unten  geführten  Strich  die  Intervallbewegung.  Als  Zeichen 
der  Sekunde  auf-  und  abwärts  wählt  er  einen  auf-  und  absteigen- 
den Strich.  Für  die  Terzen  wendet  er  einen  durch  eine  Horizontale 
geschnittenen  Kreis  an,  dessen  obere  Hälfte  für  die  höhere  und, 
dessen  untere  Hälfte  für  die  tiefere  Terz  bestimmt  ist.  Für  die 
Quarte  und  Quinte  denkt  er  sich  den  Kreis  vertikal  durchschnitten; 
der  linke  Teil  dient  für  die  Bezeichnung  der  Quarte,  der  rechte 
für  die  der  Quinte.  Je  nach  der  Richtung  des  Intervalls  setzt  der 
Kreisbogen  nach  oben  oder  unten  hin  an.  Ein  Punkt  unter  dem 
Intervallzeichen  weist  auf  die  Transposition  des  betreffenden  Tones 
in  die  tiefere  Oktave,  während  er  über  dem  Intervallzeichen  auf 
die  Versetzung  in  die  höhere  Oktave  hindeutet.  Statt  der  tieferen 
Sexte  wird  die  höhere  Terz  mit  darunter  stehendem  Punkte,  statt 
der  höheren  Sexte  die  tiefere  Terz  mit  darüber  gesetztem  Punkte 
notiert.  Der  Einklang  wird  durch  einen  Horizontalstrich  bezeichnet. 
Wird  derselbe  Ton  öfter  angeschlagen,  so  wird  das  Einklangszeichen 
durch  eine  entsprechende  Zahl  nach  oben  gezogener  Schleifen  unter- 


1  Unter  dem  Titel:  »Musikalische  Stenographie  oder  die  Kunst  die  Musik 


so  schnell  zu  schreiben  als  sie  ausgeführt  wird«. 


Das  stenographische  System  Prevost's.  435 

brochen.  Geht  ihm  ein  aufsteigendes  Achtelzeichen  voran,  so  be- 
deutet dies  einen  Sprung  in  die  höhere  Oktave;  auf  einen  Sprung 
in  die  tiefere  Oktave  weist  ein  absteigendes  Achtelzeichen.  Für 
die  Tondauer  verwendet  Prevost  folgende  Zeichen: 


I      I    J*Jl  I 

&     o     4    4    0 r  mF 

Als  Alterationszeichen  dient  eine  Schleife  am  Anfange  des  Inter- 
vallzeichens; die  große  Schleife  bringt  5-Töne,  die  kleine  Kreuz- 
töne zum  Ausdruck.  Folgen  Stamm-  und  alterierter  Ton  aufein- 
ander, so  erhält  das  Einklangszeichen  eine  nach  unten  gezogene 
Schleife.  Jeder  Takt  wird  im  Zusammenhange  dargestellt,  Bindungen 
durch  Abrundung  der  Ecken  charakterisiert. 

Punktierte  Werte  gelangen,  falls  es  sich  um  Verlängerung  des 
Wertes  um  die  Hälfte  handelt,  durch  Verstärkung  des  Zeichens 
zum  Ausdruck.  Andere  Verlängerungen  kommen  mit  Hilfe  des 
Einklangstriches  und  der  Bindung  zur  Darstellung.  Die  durch  einen 
Bogen  oder  eine  Gerade  durchstrichenen  Wertzeichen  gelten  als 
Pausezeichen.  Bei  großen,  mehrere  Takte  umfassenden  Pausen 
bedient  man  sich  der  Zahl.  Die  Pause  am  Anfange  eines  Taktes 
wird  durch  eine  nach  links  gezogene  Schleife  bezeichnet.  Ver- 
zierungen werden  der  Ausführung  entsprechend  notiert.  Alle  Takte 
werden  als  Monogramme  geschrieben.  Bei  Synkopen  können  zwei 
Takte  in  ein  Monogramm  zusammengezogen,  oder  auch  getrennt 
geschrieben  und  mit  einem  Häkchen  am  Ende  des  ersten  und  am 
Anfange  des  zweiten  Taktes  ausgezeichnet  werden.  Schlüssel  werden 
beibehalten.  Die  Taktart  gelangt  mit  Zahlen  zur  Darstellung.  Für 
das  Tempo  sind  die  gewöhnlichen  Bezeichnungen  beizubehalten 
oder  diese  durch  Stenogramme  zu  ersetzen.  Vortragsbezeichnungen 
können  unberücksichtigt  bleiben.  Für  Wiederholung  derselben  Ton- 
reihen können  Abkürzungszeichen  eingeführt  werden.  Aufsteigende 
Tonleitern  sind  durch  einen  nach  oben  gewölbten  Bogen  von  der 
Höhe  der  Anfangs-  bis  zur  Höhe  der  Endnote  zu  ersetzen,  ab- 
steigende Leitern  durch  einen  nach  unten  gewölbten  Bogen.  Ein 
paar  Beispiele  mögen  die  Methode  Prevost's  veranschaulichen: 

j  rJfj-rJTrltrr-  \-W:I^L- 


436 


Das  stenographische  System  Prevost's. 


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:S: 


E3lfEt=e 


tö3r=*stn 


Um  auch  kurz  die  zu  einer  Melodie  hinzutretenden  Harmonien 
angeben  zu  können,  stellt  Prevost  sieben  Zeichen  für  die  Töne  der 
C-Leiter  auf: 

(  \r\  /  vj  —  \ 

C     D       E  P         G  A  E 

Mit  ihnen  zeichnet  er  ohne  Zuhilfenahme  von  Linien  die  Töne 
eines  Akkordes  in    einem    Monogramm  hintereinander  auf,   z.  B: 


P 


*=* 


i $^\f]  j 


3=E± 


1 


m& 


^^ 


K^    X/M^l/^   CO^ 


Will  man  des  Liniensystems  entraten,  so  braucht  man  an  den 
Anfang  eines  jeden  Taktes  nur  die  harmonischen  Tonbezeichnungen 
an  Stelle  der  absoluten  zu  setzen.  Doch  ist  zur  genauen  Bezeichnung 
der  Werte  die  Zuhilfenahme  des  Liniensystems  vorzuziehen.  Pre- 
vost  versichert,  daß  man  nach  seiner  Methode  sechs-  bis  achtmal 


Der  stenographische  Versuch  Aug.  ßaumgartner's.  437 

schneller  Töne  aufzuschreiben  vermag  als  mit   der   gewöhnlichen 
Notation. 

Die  nächsten  musikstenographischen  Versuche  führen  uns  nach 
Deutschland  hinüber.  Die  beiden  ältesten  selbständigen  deutschen 
stenographischen  Systeme  von  Gabelsberger  und  Stoltze  stellen 
mehrere  Vertreter,  die  sich  mit  musikalischen  Kurzschriften  her- 
vorwagen. Der  älteste  Versuch  des  Organisten  August  Baura- 
gartner  »Kurzgefaßte  Anleitung  zur  musikalischen  Stenographie 
oder  Tonzeichenkunst«  (München  1853)  knüpft  an  Gabelsberger's 
Lehre  an.  Für  zwei  Arten  von  Kurzschrift,  die  mit  festen  Tönen 
rechnende  Klangschrift  und  die  Intervallschrift,  werden  für  vier 
Oktaven  je  28  Zeichen  aufgestellt.  Der  Intervallschrift  wird  der 
Vorzug  gegeben,  da  bei  Versetzungen  das  Schriftbild  bis  auf  den 
Anfangston  das  gleiche  bleibt. 

Violin  und  Sopran  g  a  h  c>  d>  e>  f  g>  «'  k>  c»  i»  e"  f" 

Alt  und  Tenor  6  A  H  c  d  e  f  g.  a  h  c'  d'  ».'  / 

Sing-  und  Violoncellbaß  G'  A'  W  C  D  E  F  G  A  B  c  d  e  f 

Kontrabaß  G"  A"  H"  C  D'  E'  f"  C  A'  H'  C  D  E  F 


Klangzeichen: 


■6 


6  * 


7  X     %-  I  jr  V     J   O  C  C     / 

g"       a"        h"       e'"       d">       «"'      /'"  g"'  a'"  h"'  c""     d""  »""  /"" 

g>         a>         h>         c"        d"        e"        f"  g"  a."  h"  c'"       d'"  «'"  /'" 

g          a          h          c>         d'        e>         f  g'  a<  h>  c"        d"  e"  f" 

G          A         H         c           d          e          f  g  a  h  c>         d'  e'  /' 

Intervallzeichen  aufwärts: 


Intervallzeichen  abwärts 
L       -0       «•        \ 


Z  3  4  5  6  7  8  9  10  11  12         13  14         15 

Größere  Intervalle  als  die  Doppeloktave  werden  mit  Hilfe  des 
»Transporteurs«  erzielt.  Sein  Zeichen  ist  bei  Tonschritten  bis  zu 
vier  Oktaven  aufwärts  "  und  abwärts  „.  Darüber  hinaus  werden 
die  Zeichen  und  A  zu  den  oben  angegebenen  Intervallzeichen 
hinzugefügt.  Der  Einklang  wird  durch  einen  die  Verbindungslinien 
der  Zeichen  schneidenden  kleinen  Vertikalstrich  dargestellt.  Hin- 
sichtlich der  Rhythmik  ist  zu  bemerken,  daß  die  ganzen  Noten 
rund  und  verstärkt,  die  Halben  rund  und  leicht,  die  Viertel  flach 
und  verstärkt,  die  Achtel  flach  und  leicht  geschrieben  werden.  Die 
Sechzehntel  werden  etwas  über,  die  Zweiunddreißigstel  etwas  unter 


438 


Der  stenographische  Versuch  Aug.  Baumgartner's. 


die  Linie  gestellt,  die  Vierundsechzigstel  erhalten  einen  noch  tieferen 
Platz. 

g       a       h      c        de/ g       a       h       c       d       e       f 


r 

r 

t 


t 


±±^ 


f 


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g-        a       A        c        d       e        /  g        a        h       c       d        e        f 


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Als  Pausen   dienen:    l__ 


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\         /~\ 


7 


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7 


7 


*        *        »        f       J 


Der  stenographische  Versuch  Aug.  Baumgartner's.  439 

Punktierte  Noten  erhalten  eine  größere  Form.  Kreuztüne  werden 
durch  einen  Punkt  über,  i?-Tüne  durch  einen  Punkt  unter  dem 
Tonzeichen  angedeutet.  Doppelkreuze  und  Doppel-5-Töne  erhalten 
ein  Häkchen  am  Punkte.  Alle  einen  Takt  füllenden  Noten  werden 
in  einem  Zuge  geschrieben.  Nur  in  Partituren,  Klaviermusik  und 
Liedern,  in  denen  der  Text  das  Zusammenziehen  der  Noten 
zu  Monogrammen  verhindert,  wird  der  Taktstrich  gesetzt.  Die 
Verbindung  der  Zeichen  geschieht  mit  Hilfe  des  Haarstriches. 
Neben  die  Zeichenverbindung  tritt  aber  noch  die  Zeichenverschmel- 
zung. 

Der  Haarstrich  kann  neben  der  Tonverbindung  auch  stufen- 
weise auf-  und  absteigende  Töne  bezeichnen.  Gewöhnlich  kommt 
diese  Bedeutung  aber  dem  Dehnungsstrich  zu,  der  da  anzeigt,  daß 
der  Raum  zwischen  den  beiden  von  ihm  getrennten  Tonzeichen 
slufenmäßig  durchmessen  werden  soll.  Begegnet  in  dieser  Reihe 
eine  zufällige  Erhöhung  oder  Erniedrigung,  so  wird  dies  mit  einem 
Punkte  am  Dehnungszeichen  zum  Ausdruck  gebracht.  Moll-Leitern 
erhalten  einen  Punkt  unter  dem  Dehnungsstrich.  Die  auf-  oder 
absteigende  Sequenz  wird  durch  einen  Punkt  nach  dem  Zeichen 
über  oder  unter  der  Linie  verkürzt  dargestellt.  Das  nach  dem 
Punkte  stehende  Zeichen  kündigt  Richtung  und  Grenze  der  Reihe 
an.  Eine  Phrase,  die  in  der  Umkehrung  wiederkehrt  —  eine  Er- 
scheinung, die  namentlich  bei  gebrochenen  Akkorden  häufig  an- 
zutreffen ist  —  wird  durch  ein  Komma  ausgezeichnet.  Bei  höher 
stehendem  Mittelklang  wird  das  Komma  über,  sonst  unter  die 
Linie  gesetzt.  Mehrfache  Wiederholung  derselben  Tonformel  wird 
zahlenmäßig  bei  der  einmal  in  ihren  natürlichen  Werten  aufzu- 
zeichnenden Reihe  angegeben.  Bhythmisch  gleichwertige  Figuren 
brauchen  nur  einmal  ihrer  Rhythmik  nach  festgelegt  zu  werden. 
Ein  Gleichheitszeichen  über  der  ersten  Figur  deutet  die  gleiche 
Behandlung  der  übrigen  Monogramme  bis  zu  einem  vertikal  ge- 
stellten Gleichheitszeichen  an. 

Dieser  hier  nur  in  den  Grundzügen  mitgeteilten  Lehre  beab- 
sichtigte Baumgartner  noch  eine  solche  von  den  Sigeln,  Figuren 
und  Satzkürzungen  folgen  zu  lassen  und  die  Anwendung  der  Steno- 
graphie auf  Klaviersatz  und  Partitur  zu  zeigen.  Von  der  Aus- 
führung dieses  Entschlusses  ist  mir  aber  nichts  bekannt  geworden. 

Ebenfalls  den  Prinzipien  Gabelsberger's  folgt  das  >  System  einer 
Musik-Stenographie«  von  Ludwig  Rambach,  welches  1893  in 
Zürich  erschien.  Die  zugrunde  liegenden  festen  Tonzeichen  in 
ihren  nach  den  Zeitwerten  wechselnden  Formen  sind  aus  der  fol- 
genden Tabelle  zu  ersehen: 


440  Die  Musik-Stenographie  Ludwig  Rambach's. 

c  de  f  g  a  h 


f    v    r    >    x     r 


/    S      C     ]     t     /     </      ; 


^    \     l     l     l     i     2     1 


$    (     e     i     i    i     3     i 


l       L       1      9      1 


y  ■/■.  j     c    /    /    y 


Die  Oktavlage  wird  anfangs  durch  die  Stellung  der  Zeichen  in 

1     2    a     , 

einem  Dreiliniensystem  bestimmt  4     5     g         — , 

6  y 

später  aber  bei  der  Beschränkung  auf  ein  Einliniensystem  durch 
Stufenzeichen  erklärt,  die  als  Symbol  für  je  eine  Oktave  eintreten: 

1  2  3  4  5  6  7 

jL-(r) fl/(g) i w «- ^ v^ 


Ist  eine  Oktave  als  Grundlage  erkannt,  so  können  Töne  der 
beiden  nach  oben  und  unten  hin  benachbarten  Oktaven  durch 
Hoch-  und  Tiefstellung  ihrer  Zeichen  ohne  weiteres  kenntlich  ge- 
macht werden.  Tonwiederholung  wird  durch  eine  nach  aufwärts 
gezogene  Punktschlinge  angezeigt.  Die  zu  einem  Takte  zusammen- 
tretenden Noten  werden  aneinandergereiht  oder  zu  einer  Figur 
zusammengeschlossen  und  durch  einen  größeren  Zwischenraum  vom 
nächsten  Takte  getrennt.  Die  Generaltaktbezeichnung  erfolgt  mit 
Hilfe  von  Zahlen,  die  nur  die  Taktschläge  zählen.  Punktierte  Noten 
erhalten  eine  nach  aufwärts  gezogene  Punktschlinge.  Kreuztöne 
werden  durch  Verdickung  des  Zeichens,  5-Töne  mit  Hilfe  eines 
zum  Tonzeichen  schräg  aufwärts  gezogenen  Bindestrichs  oder  durch 
Ausrundung  kenntlich  gemacht.  Zur  Kennzeichnung  vom  x  ver- 
einigen sich  beide  Darstellungsmittel;  beim  t?l?  erhält  der  Bindestrich 
die  doppelte  Länge.    Für  Pausen  werden  eigene  Zeichen  aufgestellt: 


Das  stenographische  System  Hermann's. 


441 


^ !r 


^-r   'i    fif 


_£_ 


J!^ 


v^ 


Neben  den  absoluten  Tonzeichen  werden  wie  bei  Baumgartner 
Intervallzeichen  aufgestellt,  die  bei  Folgen  gleicher  Notengattung 
angewendet  werden: 


Intervall 

aufwärts 

abwärts 

Halbton 

o 

\j 

Ganzton 

\ 

_D 

Kleine  Terz 

C 

/ 

Große  Terz 

c 

l 

Quarte 

] 

"> 

Quinte 

-* 

— 

Sexte 

\ 

i 

Oktave 

- 

X- 

Wie  bei  Baumgartner  werden  für  die  Wiederholung  einfacher 
und  sequenzenartiger  Gänge  Zeichen  eingeführt,  die  den  Notieren- 
den wesentlich  entlasten.  Für  Verzierungen  werden  selbständige 
Zeichen  aufgestellt.  Bei  Zusammenklängen  werden  an  die  Hauptnote, 
als  welche  die  höchste  oder  auch  tiefste  Note  des  Klanges  angesehen 
wird,  die  Nebennoten  mit  Hilfe  jener  kleinen  Notenzeichen  im  Werte 
von  Vierundsechzigsteln  durch  Haarstriche  angeschlossen. 

Von  der  Stolze'schen  Stenographie  nahmen  C.  Hermann  1851  bis 
1852  und  Hans  Moser  1885  Ausgang.  Hermann's  Arbeit  Ȇber 
musikalische  Stenographie«  erschien  1854  im  zweiten  Hefte  des 
zweiten  Jahrgangs  der  »Zeitschrift  für  Stenographie«  von  Dr.  Micha- 
elis. Er  widerspricht  hierin  der  Anschauung,  daß  die  Zeichen  der 
Sprechschrift  auch  ein  geeignetes  Mittel  zur  schriftlichen  Fixierung 
der  Musik  seien.  Aus  dem  Verständnis  ihres  tiefinnersten  Wesens 
heraus  müßten  ihre  Schriftzeichen  gewonnen  werden.  So  spiegeln 
sich  dann  auch  in  seinem  System  die  Beziehungen  der  Töne  zu- 
einander wider,  wenn  er  die  Tonika  mit  einer  Senkrechten  identi- 
ficiert  und  diese  als  Unterdominante  unten,  als  Oberdominante  oben 
umbiegt.  Ihnen  gegenüber  werden  Sekunde,  Terz,  Sexte  und  Sep- 
time mit  gekrümmten  Linien  zur  Darstellung  gebracht,  wobei 
Sekunde  und  Terz  sowie  Sexte  und  Septime  in  besondere  Beziehung 


442  Das  stenographische  System  Hermann's. 

zueinander  gesetzt  werden.  So  werden  sieben  Zeichen  gewonnen, 
die  einmal  feste  tonliche  Beziehung  zur  .F- Leiter,  das  andere  Mal 
relative  Stufenbedeutung  zu  jeder  Durleiter  haben: 

bequemere  Schreibformen:         £      0  o 

/    C  J   t    7    S    l 

F      G     A     £      C     D     E 

Zur  Unterscheidung  der  Oktavlagen  führt  er  zwei  oder  drei 
Oktaven  umfassende  Tonregionen  ein,  deren  erste  von  F' — f  reicht 
und  durch  das  Zeichen  jf°  (=  4.  r[egion])  zum  Ausdruck  gelangt, 
und  deren  zweite  die  Töne  von  f — f"  in  sich  schließt  und  an  dem 
Zeichen  y°  (=  2.  r[egion])  zu  erkennen  ist.  Innerhalb  der  Ton- 
regionen wird  die  Zugehörigkeit  zu  einer  der  drei  Oktaven  durch  die 
Stellung  der  Zeichen  unter,  auf  oder  über  einer  Linie  offenbar,  z.  B. : 


IßM/Wl 


m 


* 


Außerhalb  der  Durleiter  liegende  Erhöhungen  und  Vertiefungen 
von  Tönen  sind  an  kleinen  nach  oben  gewölbten  Bogen  zu  er- 
kennen, welche  bei  Kreuztönen  in  halber  Höhe  des  Tonzeichens, 
bei  B- Tönen  am  Grunde  desselben  angebracht  sind;  z.  B.:  ^v£ 
oder  ^£ .  Die  Tonart  wird  durch  die  Tonika  als  absoluten  Ton- 
buchstaben festgelegt,  dem  bei  Dur  eine  kleine,  bei  Moll  eine  große 
abwärtsgerichtete  Schleife  und  bei  einer  Kirchentonart  ein  s- artiger 
Schnörkel  (für  die  Silbe  isch  bei  ionisch,  dorisch,  phrygisch  usw.) 
angehängt  wird,  z.  B. : 

'-4 — — 4> ^— ^5 ^_ 

Cdur  cmoll  ionisch.  Cis  dur  c&moll. 

Zur  Bestimmung  der  Tondauer  nimmt  Hermann  im  Einklänge 
mit  der  Stolze'schen  Stenographie  drei  Hühengrade  an  und  schreibt 
in  ihnen  dasselbe  Zeichen  bald  verstärkt,  bald  einfach,  z.  B: 

„  j  j  1 1  ji  t  i 


g^ 


n       n       i       i 


Der  stenographische  Versuch  Hans  Mosers.  443 

Diesen  Werten  entsprechen  die  Pausen: 

— \-ss \^\  r**^ c^. v    ^    w 

Alle  Noten  eines  Taktes  werden  nach  Möglichkeit  zu  einem 
Schriftbilde  zusammengeschlossen.  Bei  Vokalwerken  werden  die 
Taktgrenzen  durch  größere  Abstände  gekennzeichnet.  Auf  Hermann's 
fein  differenzierte  Lehre  der  Dynamik  will  ich  hier  nicht  näher  ein- 
gehen. Es  genüge  zu  wissen,  daß  er  je  nach  dem  dynamischen 
Vorgange  eine  ganze  Fülle  von  Bezeichnungen  vorschlägt.  Zur  Fest- 
legung des  Zeitmaßes  dient  ihm  wie  schon  früher  den  Franzosen 
der  Taktmesser.  Zu  wiederholende  Stellen  werden  in  semicola 
eingeschlossen,  das  Ende  eines  Tonsatzes  durch  Punkt  bezeichnet. 

Das  ganze  Stimmengewebe  beim  Anhören  eines  Tonsatzes 
graphisch  festzuhalten  ist  sowohl  im  Hinblick  auf  das  Ohr  als  auf 
die  Hand  unmöglich.  Wohl  aber  kann  in  groben  Zügen  die  har- 
monische Entwickelung  skizziert  werden.  Zu  diesem  Zwecke  werden 
für  die  Akkorde  eine  Reihe  Sigel  geschaffen,  die  im  wesentlichen 
aus  dem  Grundton  und  den  eine  Stufe  höher  in  einstufigen  Zahlen- 
zeichen fixierten   Tönen   des   darübergelagerten  Akkords  bestehen. 

Auch  Hans  Moser1  hält  an  drei  Stufenhöhen  fest  und  benutzt 
sie,  um  mit  sieben  verschiedenen  Zeichen  die  Schriftcharaktere  für 
drei  Oktaven  zu  gewinnen,  zu  denen  die  durch  eine  kleine  Schleife 
veränderten  Buchstaben  als  vierte  Oktave  hinzutreten: 

i    f    1.   y   v    t  *       1    r    c    (    i    t.    r 

7  r  (  i  i  i  f    1  !  (  I  /^ 


Aus  der  verschiedenen  Stellung  der  Tonzeichen  zur  Schriftlinie 
und  dem  Gegensatz  von  verstärkten  und  gewöhnlichen  Schriftzügen 
werden  die  rhythmischen  Bezeichnungen  der  Töne  gewonnen,  z.  B.: 

z^^2 


7 — T 


zzz 


i 


xt 


? 


v     v  y 


1  Vgl.  »Magazin  für  Stenographie«  6.  Jahrgang  Nr.  4  9,  S.  218  ff. 

2  Es  ist  nicht  verständlich,  aus  welchem  Grunde  Moser  bei  den  Werten 

von  •     an  die  Folge  von  starken  und  schwachen  Zeichen  durchbrochen  hat. 


444 


Das  stenographische  System  Mich.  Woldemar's. 


Wie  bei  den  vorher,  besprochenen  Systemen  werden  die  Noten 
eines  Taktes  nach  Möglichkeit  in  ein  Monogramm  zusammengezogen. 

Zu  dieser  die  absoluten  Töne  fixierenden  Sehreibweise  tritt  wie 
bei  Baumgartner  und  Rambach  eine  zweite,  die  auf  die  Intervall- 
schritte ihr  Augenmerk  richtet: 


Sekunde 

Terz 

Quarte 

Quinte 

Sexte 

Septime 

Oktave 

aufwärts 

> 

/~\ 

\. 

/ 

7 

N 

*- 

abwärts 

-er 

\~s 

1 

S 

D 

1          * 

■* 

None 

Dezime 

Undezime 

Duodezime 

P- 

v_y 

l 

■2- 

-6 

f~\ 

^_ 

■> 

Man  kann  also  z.  B.  ein  Intervall  a  c"  in  Achteln  entweder  mit 
den  absoluten  Tonzeichen  £>  oder  kürzer  mit  dem  absoluten  Ton- 
zeichen a'  und  dem  Intervallzeichen  der  aufsteigenden  Terz  H  schrei- 
ben. Um  aber  diese  Kurzschrift  gebrauchsfähiger  zu  machen,  werden 
noch  eine  ganze  Reihe  von  Abkürzungen  eingeführt.  Unter  den 
mannigfachen  Mitteln  erwähne  ich  nur  den  in  verschiedener  Weise 
abgewandelten,  zwei  Tonzeichen  verbindenden  Haarstrich,  für  dessen 
Ausdrucksfähigkeit  ein  paar  Beispiele  sprechen  mögen: 


$ 


3 


B 


pz:a 


B       B 


T^T 


T^T 


Für  die  Wiederholung  gleicher  und  verwandter  Figuren,  ent- 
sprechender Takte  und  Perioden  wird  die  Verwendung  von  Ab- 
kürzungszeichen als  notwendig  betont. 

Den  besprochenen  stenographischen  Systemen  seien  noch  einige 
angereiht,  die  auf  ganz  anderer  Grundlage  ruhen.  Als  einer  der 
ältesten  Versuche  sei  jener  des  Lolli-Schülers  Michael  Woldemar 
aus  dem  Jahre  1797  aufgeführt,  der,  wenn  er  auch  manche  Un- 
vollkommenheit  in  sich  birgt,  doch  für  die  auf  eine  musikalische 
Kurzschrift  gerichteten  Bestrebungen  nicht  ohne  Einfluß  geblieben 


Die  Stenographie  von  Michael  Eisen  menger. 


445 


ist '.  Woldemar  hielt  am  Fünfliniensystem  und  am  Violinschlüssel 
fest.  Auch  die  alten  Notenformen  behält  er  in  mäßigem  Tempo  bis 
auf  Viertel  und  Achtelnoten  bei,  die  er  als  größere  und  kleinere 
Punkte  einträgt.  In  schnellem  Zeitmaß  stellt  er  Achtel  als  feine, 
Sechzehntel  als  dickere  Striche  dar,  das  heißt,  er  verbindet  die  Sitze 
der  Töne  mit  feineren  und  stärkeren  Linien,  z.  B. : 


-»-v 


^ 


Zur  Charakterisierung  des  Halbtons  bei   chromatischen  Folgen 
bedient  er  sich  des  Punktes,  z.  B. : 


9 


-■Q-,-^- 


Nichts  wesentlich  anderes  bietet  die  Stenographie  von  Michel 
Eisenmenger,  welche  1838  in  Paris  unter  dem  Titel  »Trait6  sur 
l'art  graphique  et  la  mecanique  appliques  ä  la  musique«  ausging2. 
Auch  er  hält  am  Fünfliniensystem  fest.  Als  Einheit  nimmt  er  die 
Achtelnote  an  und  bezeichnet  sie  mit  einem  Punkte.  Jeder  größere 
Wert  wird  als  eine  Summe  von  Achteln  dargestellt  und  mit  einer 
entsprechenden  Zahl  von  Punkten  aufgezeichnet.  Kleinere  Werte 
werden  zwar  auch  als  Punkte  dargestellt,  aber  zu  Summen  von  je 
einem  Achtel  zusammengefaßt  und  durch  einen  Strich  unter  den 
Punkten  charakterisiert.    Hier  entspricht  der  Punkt  dem  kleinsten 


Werte  als  Zahleinheit,  z.  B.: 


In  entsprechen- 


der Weise  werden  die  Pausen  behandelt,  auch  bei  ihnen  gilt  die 
Achtelpause  als  Einheit.  Punktierte  Achtel  mit  folgendem  Sechzehntel 


1  Sein  »Tableau  melo-tachygraphique«  bewahrt  die  Pariser  Bibl.  Nat.  unter 
der  Signatur  Vm8  1.057.  Über  seine  Lehre  berichtet  Fetis  in  der  »Revue 
musicale«  IV,  270.  Vgl.  auch  Frederic  Hell  ouin,  »Feuillets  d'histoire  musicale 
francaise«  (Paris  4  903)  Artikel:  La  Stenographie  musicale. 

2  Siehe  besonders  S.  \h\  ff.  Die  ausführliche  Darstellung  seiner  musikalischen 
Stenographie,  welche  unter  dem  Titel  »Manuel  de  Stenographie  musicale  ou 
moyen  d'ecrire  la  musique  douze  ä  seize  fois  plus  vite  qu'avec  la  notation 
usitee,  praticable  de  suite  pour  toute  personne  qui  sait  sollier<  ausgehen  sollte, 
ist  mir  nicht  zu  Gesicht  gekommen. 

Kl.  Handb.  der  Musikgesch.  VIII,  2.  31 


446 


Die  stenographischen  Systeme  von  Hans  Wagner. 


werden   als   Horizontalstrich   und   Punkt,  doppeltpunktierte  Achtel 
mit  folgendem  Zweiunddreißigstel  als  leicht  aufsteigender  Horizontal- 


strich und  Punkt  notiert,  z.  B.: 

Kreuztüne  werden  durch  einen  kleinen  nach  oben  geöffneten, 
B-Töne  durch  einen  nach  unten  geöffneten  Halbkreis  dargestellt. 
Um  aber  Akzidentien  nach  Möglichkeit  zu  vermeiden,  empfiehlt  er 
die  Aufzeichnung  in  C  und  am  Anfange  der  Komposition  die  Angabe 
der  ursprünglichen  Tonlage.  Jede  Anfangsnote  eines  Taktes  erhält 
die  Form  einer  Senkrechten,  deren  Höhepunkt  den  Sitz  der  Note 
bezeichnet.  Bei  Folgen  zweier  Sechzehntel  können  die  Enden  des 
rhythmischen  Striches  zugleich  die  Tonhöhen  bestimmen.  Das  Zeichen 
c  deutet  auf  den  Sprung  in  die  höhere,  seine  Umkehrung  o  auf  den 
Sprung  in  die  tiefere  Oktave. 

Dieses  stenographische  System,  welches  nach  des  Verfassers  Be- 
rechnung eine  achtmal  schnellere  Niederschrift  eines  Tonstückes  als 
mit  Hilfe  der  gewöhnlichen  Notation  erlaubt,  ist  auch  auf  jenes 
Liniensystem  anwendbar,  welches  ein  Spiegelbild  der  Klaviatur  dar- 
stellt. Ein  Beispiel  möge  die  Art  der  Aufzeichnung,  die  keine  Ak- 
zidentien kennt,  veranschaulichen: 


•    • 

* 

/ 

.  .^ 

~* 

••• 

••• 

- — 

• 

•       • 

•  — 

•  - 

• 

•v 

— ^ 

•*«" 

r~ 


tna 


£gjgttrf7ff^ 


i 


S5 


4\4  A4  J9*±Z3±* 


^r±jt 


: 


^f  j31JB3^jl 


Alle  wesentlichen  Züge  dieses  Schnellschriftversuchs  sind  auch 
in  Hans  Wagner's  »Musik-Stenographie  für  Handschrift  und  Noten- 
druck« zu  erkennen.  Er  verwendet  für  Klaviermusik  zwei  stärker 
gezeichnete  Liniensysteme,  über,  zwischen  und  unter  denen  je  ein 
Hilfssystem   mit    schwächeren   Linien   Platz   hat.      Um   der   rhyth- 


Stenographische  Versuche  von  Miss.  Busby  und  Joh.  Bau  mann.    447 

mischen  Zeichen  entbehren  zu  können,  sind  die  Systeme  in  Satz- 
stücke zerlegt,  die  je  einem  Sechzehnte]  entsprechen  sollen.  Je  nach 
ihrem  Werte  beansprucht  eine  Note  eine  größere  oder  geringere  Zahl 
von  Satzstücken.  Die  Note  selbst  wird  als  Punkt  dem  System  ein- 
gezeichnet. Jedem  Kreuzton  entspricht  ein  aufsteigender,  jedem 
B-Ton  ein  absteigender  Strich.  Bei  Doppelkreuz  und  Doppel  B  läuft 
der  Strich  in  einen  Punkt  aus.  Doppelgriffe  und  Akkorde  werden 
mit  Hilfe  von  Graden  und  Bogen  zur  Darstellung  gebracht,  deren 
Enden  und  etwaige  Schnittpunkte  den  Sitz  der  zu  greifenden  Töne 
offenbaren,  z.  B.: 


i 


r  <  i  v  n 


h'  a>  g'  a'  f 

d'  d'  f 

d' 

Die  Figuren  kommen  meist  so  zustande,  daß  dem  Grundtone  der 
untere,  dem  obersten  Tone  der  obere  Zwischenton  zugesellt  wird. 

Nur  in  bedingtem  Maße  als  Kurzschrift  anzusprechen  ist  der  Ver- 
such von  Miss  Busby1,  innerhalb  ihrer  bereits  erwähnten  Zahlen- 
schrift2 harmonische  Beziehungen  mit  Hilfe  der  Zeichen  \  /  

....  I  O  ^  n=  =  zu  knüpfen.  Ihre  Ausführungen  sind  unklar 
und  schließen  sich  nicht  zu  einer  wirklichen  Stenographie  zusammen. 

Wertvoller  ist  die  »Musikalische  Stenographie«  Johannes 
Baumann's  aus  dem  Jahre  18753;sie  scheint  an  den  Tonschrift- 
versuch K.  Chr.  Fr.  Krause's  aus  dem  Jahre  1811  anzuknüpfen, 
der,  wie  oben4  ausgeführt  worden  ist,  die  Länge  der  Töne  von  der 
Länge  der  die  Zwischenräume  seines  Dreizehnlinien-Systems  füllenden 
Striche  abhängig  macht  und  so  ein  Notenbild  darbietet,  das  mit 
telegraphischen  Aufnahmen  große  Ähnlichkeit  hat.  Baumann's  Schrift 
ist  für  einen  Apparat  erdacht,  der  selbsttätig  gespielte  Musik  auf- 
nimmt. Die  ihren  Zeitwerten  entsprechend  langen  Striche  sind  einem 
Liniensystem  eingefügt,  das  das  Bild  der  Klaviatur  widerspiegelt5. 

Schließlich  sei  auch  noch  nach  flüchtiger  Berührung  der  unwesent- 
lichen Versuche  von  E.  Goupleux6  und  H.  Mussa  eines  stenogra- 

1  Niedergelegt  in  ihrer  >Exposition  of  a  new  raethod  of  wrfting  music 
scientifically  and  theoretic  and  Stenographie  railway  for  composition,  the  piano- 
forte  and  organ«  (London  1850). 

2  Vgl.  S.  410  und  4M. 

3  Vgl.  die  Zeitschrift  »Harmonie«  Jahrgang  1875  Nr.  22. 

4  Siehe  Kapitel  Reformversuche  S.  337  f. 

5  Es  sei  hier  gleich  erwähnt,  daß  auch  Laurenz  Kromar's  Notenschreib- 
maschine  in  entsprechender  Weise  die  Notenwerte  aufzeichnet. 

6  »Stenographie  musieale«  (Paris,  Joanin  et  Co.). 

31* 


448  Stenographischer  Versuch  von  May  Florence  Smith. 

phischen  Systems  gedacht,  welches  der  Amerikaner  May  Florence 
Smith  zur  leichteren  gesanglichen  Ausbildung  seiner  Schüler  auf- 
gestellt hat.  Es  erschien  1 893  in  New  York  unter  dem  Titel  »Original 
Manual  Gourse  for  reading  vocal  music  at  sight,  known  as  the  affinity 
or  circle  of  keys  and  sound  circle  or  System  steno-phonetic  for 
acquiring  absolute  mental  government  of  associate  interval  sound 
without  solfeggio  or  numerals« 2.  Für  die  in  Vokalisen  vorkommenden 
Tonschritte,  Leitern  und  Akkorde  führt  er  konventionelle  Zeichen 
ein.     Es  bedeuten: 


% 


*—*—d 


-•      ä 


— « — zjr- 
V  bezeichnet  den  Umschlag  der  Bewegung,  z.  B. : 


Von  der  Tonika  der  Leiter  aus  bezeichnen: 

f~\ .  drei  aufsteigende  Töne 

— ?*  vier  aufsteigende  Töne 
— ~"S  fünf  aufsteigende  Töne 

k  den  Dreiklang 

3  _  den  Dreiklang  mit  seinen  Umkehrungen 

/      den  Dreiklang  mit  hinzugenommenem  Oktavtone 

/2     die  erste  Umkehrung  mit  hinzugenommenem  Oktavtone 

(3     die  zweite  Umkehrung  mit  hinzugenommenem  Oktavtone 

den  Dreiklang  und  seine  Umkehrungen  mit  hinzugenommener 
Obersekunde  cega,  egcd,  gcef 
s  den  Dreiklang  und  seine  Umkehrungen  mit  hinzugenommener 
Obersekunde  in  der  Folge  ceag,  egdc,  gcfe 
den  Dreiklang  mit  Sexte  offen  cega 

\den  Dreiklang  mit  Sexte  geschlossen  ceag 


Sf 


i  Vgl.  »Le  Guide  Musical«  LH  Nr.  39  Artikel  Hellouin. 
2  Die  Erklärungen  der  Zeichen  sind  sehr  lückenhaft. 


Geschichtliches  und  ältere  Vorschläge  zur  Blindenschrift.  449 


^    steigende  Sekunde 
w  •  fallende  Sekunde 
~\  Terzschritt 

— ^  Quartschritt 
v  Quintschritt 

)  Oktavschritt 
"^    Tonverbindung  1 3 

— ^  Tonverbindung  1  4 

"?~~\  Tonverbindung  15 

^*"  Tonverbindung  1 6 

/  Tonverbindung  17 

/  Tonverbindung  18 


2.  Kapitel. 
Die  Notenschrift  der  Blinden. 

Die  Musik,  welche  das  Innenleben  des  Menschen  am  stärksten 
erfaßt  und  beschäftigt,  hat  seit  alters  eine  besondere  Anziehungs- 
kraft auf  die  Blinden  ausgeübt.  Der  blinde  Musiker  ist  eine  typi- 
sche Figur,  die  in  allen  Zeiten  anzutreffen  ist.  Ja  so  mancher 
von  ihnen  hat  bedeutsam  in  die  Musikentwicklung  eingegriffen,  wie 
die  Beispiele  des  Florentiners  Francesco  Landino  (1325— 1397), 
des  Nürnbergers  Conrad  Paumann  (141 0—1  473)  und  des  Spaniers 
Francesco  Saunas  (1513—1540)  beweisen.  Über  den  Gang 
ihrer  Ausbildung  sind  wir  nicht  unterrichtet.  Aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  vollzog  sie  sich  auf  dem  gewöhnlichen  Wege,  nur 
daß  an  das  Gedächtnis  der  Blinden  erhöhte  Anforderungen  gestellt 
wurden  und  das  Gefühl  vermittelnd  eintrat.  Daß  die  Schrift  nicht 
ganz  ausgeschaltet  worden  sein  kann,  beweist  schon  die  eine  Tat- 
sache, daß  Conrad  Paumann  als  der  Erfinder  eines  neuen 
Notierungsverfahrens  für  die  Laute  genannt  wird.  Aber  die  Note 
mußte  den  Blinden  fühlbar  gemacht  werden.  Die  ältesten  Versuche 
scheinen  an  die  gewöhnliche  Notation  anzuknüpfen. 

J.  Ph.  Rameau  schlägt  in  seinem  »Code  de  Musique  Pratique 
ou  Methodes  pour  apprendre  la  musique,  meme  ä  des  aveugles«1 


i  S.  7. 


450  Blindenschrift  von  Carulhi,  Sodi,  Fritzeri. 

1760  die  Anwendung  von  hölzernen  oder  metallenen  Linien  vor, 
an  denen  die  Noten  und  Zeichen  mit  Häkchen  befestigt  werden. 
Einen  ähnlichen  Apparat  beschreibt  William  Tans'ur  in  seinen 
»Elements  of  Musick«  17721.  Auf  einem  drei  bis  vier  Fuß  langen, 
einen  Zoll  dicken  und  neun  Zoll  hohen  glatten  Brette  werden 
im  Abstände  von  einem  halben  Zoll  fünf  einen  halben  Zoll  breite 
und  hohe  Leisten  angeleimt,  die  den  fünf  Linien  des  Systems 
entsprechen.  Hinzu  tritt  oben  und  unten  eine  etwas  niedrigere 
Leiste  als  Hilfslinie.  In  den  Zwischenräumen  und  auf  den  Linien 
werden  im  horizontalen  Abstände  von  einem  halben  Zoll  auf 
Vertikalen  liegende  Löcher  gebohrt,  in  welche  Pflöcke  verschiedener 
Gestalt  als  Darstellungsmittel  für  die  mannigfaltigen  Formen  von 
Noten,  Pausen  usw.  eingesetzt  werden,  die  von  den  Blinden  ab- 
gefühlt werden  können.  So  wird  für  die  ganze  Note  ein  Pflock 
mit  vier  Kerben,  für  die  halbe  ein  solcher  mit  zwei  Kerben,  für 
die  Viertelnote  einer  mit  einer  Kerbe,  für  die  Achtelnote  einer  mit 
einer  abgeschnittenen  Ecke,  für  die  Sechzehntelnote  ein  solcher 
mit  zwei  abgeschnittenen  Ecken  usw.  vorgeschlagen.  In  ähnlicher 
Weise  werden  alle  andern  Notenzeichen  durch  deutlich  fühlbare 
Veränderungen  der  Form  des  Pflockes  zum  Ausdruck  gebracht. 

Joh.  Christoph  Wilhelm  Kühnau  erzählt  in  seinem  Werke 
»Die  blinden  Tonkünstler«2  von  einer  >  Haken-Noten«  genannten 
fühlbaren  Tonschrift  für  Blinde  eines  gewissen  Wen  dt,  in  der 
an  Stelle  der  Noten  gedrehte  Eisenstifte  verschiedener  Form  an  einem 
Gerüst  befestigt  waren. 

Guillie  erwähnt  1817  in  seinem  »Essai  sur  l'instruction  des 
aveugles«3  die  Benutzung  reliefartig  gepreßter  und  in  Holz  ge- 
schnittener Musik.  Nebenher  liefen  aber  auch  andere  Versuche, 
wie  deren  mehrere  von  Emile  Gouget  in  seinem  Buche  »Histoire 
musicale  de  la  main«4  erwähnt  werden.  Der  Nanter  Organist 
Carulhi  verwendet  Nadeln  mit  verschieden  großen  Köpfen,  die 
er  auf  einem  Zylinder  befestigt.  Männer  wie  Sodi  und  Fritzeri 
stützen  sich  auf  ähnliche  Apparate.  Andere  greifen  dagegen  zu 
Wachs,  aus  dem  sie  die  Noten  formen.  Auf  welchem  Wege 
V.  Haiiy  1788  für  die  Blinden  verständliche  Ausdrucksformen  der 
Musik  fand,  entzieht  sich  meiner  Kenntnis.     Allem  Anschein  nach 


1  Seite  8 1  f. 

-  Berlin  1 81 0  Seite  240f.  Siehe  auch  >Leipziger  Musikalische  Zeitungc 
•1804  S.  721,  wo  die  Erlindung  der  Haken-Noten  einem  gewissen  Chr.  Fried. 
Franz  Helmbrecht  zugeschrieben  wird. 

3  Paris  1817.     Ghapitre  VIII:  De  la  musique. 

4  Paris,  Fischbacher,   IS98,  S.  30  ff. :  La  main  chez  les  Aveugles. 


Blindenschriftversuche  von  Dumas  und  Riedinger.  451 

griff  er  zur  Reliefnote,  wie  er  ja  auch  Reliefbuchstaben  verwendete, 
nachdem  er  die  durch  Nadelstiche  bezeichneten  Buchstaben  des 
als  Pianistin  und  Orgelspielerin  berühmten  blinden  Frl.  von  Paradis 
aus  Wien  (um  1784)  aufgegeben  hatte1.  Originell  ist  der  Schrift- 
versuch des  blinden  Violinisten  Dumas  aus  Bordeaux  (um  1799), 
von  dem  Guillie2  berichtet.  Mit  Knopfformen  stellt  er  die  Takte, 
mit  mehr  oder  weniger  dicken  Korkstückchen  die  Notenwerte  dar. 
Die  ganze  Note  bezeichnet  ihm  ein  Ring,  die  Viertelnote  ein  Geld- 
stück, für  Pausen  treten  ausgezackte  Lederstreifen  ein.  Auf  diese 
Weise  ercab  z.  B.  das  zweite  Violinkonzert  von  Jarnowick  eine 
Art  Rosenkranz  von  sieben  bis  acht  Klafter  Länge.  Guillie*  selbst 
entschlägt  sich  der  Schrift  für  die  Blinden  und  rechnet  allein  mit 
dem  Gedächtnis. 

Besondere  Erwähnung  verdient  aus  dem  Jahre  1810  das  Notations- 
system für  Blinde,  mit  welchem  der  Erfinder  Riedinger  aus  Wien 
bei  der  blinden  Musikerin  Frl.  von  Paradis  bedeutende  Erfolge 
erzielte  und  bei  Meistern  wie  Haydn  und  Salieri  Beifall  fand3. 
Auf  einem  Brette  von  der  Breite  des  Klaviers  sind  durch  einen 
Nuthobel  die  Linien  des  Systems  herausgehoben.  Zwei  und  mehr 
Systeme  haben  auf  einem  Brette  Platz.  Auf  jeder  Linie  oder 
Hilfslinie  und  jedem  Zwischenräume  findet  sich,  in  Vertikalreihen 
von  gleichen  Abständen  angeordnet,  je  ein  Bohrloch,  in  welches 
ein  Holzzäpfchen  hineingesteckt  werden  kann.  Diese  Holzzäpfchen 
zeigen  in  ihrem  oberen  Teile  verschiedene  Form.  Für  die  ganze 
Note  haben  sie  einen  kreisförmigen,  für  die  halbe  Note  einen 
halbkreisförmigen  Abschnitt.  Bei  der  Viertelnote  ist  von  der  Kreis- 
fläche nur  ein  schmaler  Streifen  stehen  geblieben.  Das  Zäpfchen 
des  Achtels  ist  oben  abgerundet  und  ragt  höher  hinaus.  Beim 
Sechzehntel  ist  von  der  letzterwähnten  Form  die  Hälfte  abgeschnitten, 
beim  Zweiunddreißigstel  die  ganze  Form  kegelförmig  zugespitzt, 
beim  Vierundsechzigstel  zwei  Seiten  des  Kegels  abgeflacht.  In 
ähnlicher  Weise  gewinnt  Riedinger  auch  für  alle  andern  musikalischen 
Zeichen  einfache  Formen  der  Zäpfchen,  die  nun  ganz  den  Noten 
entsprechend  in  die  Systeme  des  Brettes  eingefügt  und  von  den 
Blinden  abgefühlt  werden  können.    Wir  sehen,  im  Grunde  genom- 


i  Vgl.  W.  Lachmann,  »Die  Tyflo-Ectypographie,  das  ist  der  Bücherdruck 
für  Blinde  mittelst  Relief-Buchstaben  und  Chiffern«  (Braunschweig,  Meyer, 
1854;  S.  4f.     Siehe  auch  Guillie,  a.  a.  0.,  S.  96. 

-  A.  a.  0.,  S.  \  67  Anmerk. 

8  Vgl.  in  der  »Allgemeinen  Musikalischen  Zeitung«  Bd.  XII  die  Nummern 
vom  2ö.°April  4  810  (Nr.  30)  und  31.  Oktober  18<0  (Nr.  57)  mit  der  zugehörigen 
Tafel  von  Brett  und  Zäpfchen-Formen. 


452  D'e  Anaglyptographie  von  Braille. 

men  entfernt  sich  Riedinger  nicht  wesentlich  von  dem  Vorschlage 
Tans'ur's. 

Ein  anderes  Hilfsmittel  für  den  Musikunterricht  der  Blinden 
war  der  Notensetzkasten,  welchen  Heinrich  Grothe1  (1796 — 1826) 
erfunden  hatte.  Über  seine  Einrichtung  vermag  ich  nichts  zu  sagen. 
Nach  Ledebur2  soll  er  -1 861   mit  Nutzen  verwendet  worden  sein. 

Von  einschneidender  Bedeutung  für  die  musikalische  Erziehung 
der  Blinden  wurde  1829  die  »Anaglyptographie«  des  in  seinem 
dritten  Jahre  erblindeten  Braille  (1806  — 1852)3.  Hatte  schon 
1685  Friderici  in  seiner  »Cryptographia«  Punkte  zur  Darstellung 
von  Buchstaben  verwendet,  und  berichtet  schon  Kühnau4  von 
einem  eigenartigen  Versuch  der  Mademoiselle  de  Savignac  aus 
Saintogne  um  1780,  Weisen  in  Papier  zu  stechen,  so  werden  hier 
in  Anlehnung  an  Versuche  Barbier 's  aus  den  63  Kombinationen 
von  sechs  paarweis  in  der  Form  eines  Rechtecks  von  3x6  mm 
untereinander  gestellten  Punkten  Mittel  der  Darstellung  für  alle 
Töne  gewonnen.  Diese  Punktverbindungen  werden  unter  Benutzung 
eines  Lineals  mit  rechtwinkligem  Ausschnitt,  das  in  der  Höhe  drei, 
in  der  Breite  zwei  Punkten  Raum  gibt,  in  leichten  Karton  gestochen. 
Die  C-Leiter  hat  bei  ihm  folgendes  Aussehen: 


c         d         e        f         g        a         h         c 

Ohne  irgendwelche  andere  Auszeichnung  gelten  diese  Töne  Achtel. 
Unter  dem  Werte  }/4  oder  ^64  erhalten  sie  einen  Punkt  rechts  unten, 
unter  dem  Werte  i/2  oder  i/zi  einen  Punkt  links  unten  und  als 
Ganze  oder  Sechzehntel  beide  Punkte,  so  daß  z.  B.  die  Reihe 


^=j3-^4j^gg 


nach  Braille  folgenden  Ausdruck  findet: 


1  Vgl.  das  Lexikon  von  Mendel-Reißmann,  Artikel  Grothe. 

2  »Tonkünstler-Lexikon  Berlin's«. 

3  Vgl.  die  Schriften:  Braille's  Musiksystem  und  Vorschläge  zur  Aus- 
gestaltung desselben.  Eine  Kongreß-Vorlage,  Berlin  1879.  —  Braille's  Musik- 
schrift-System für  Blinde  nach  den  Beschlüssen  des  6.  Blindenlehrer  Kongresses 
zu  Cöln  a.  Rh.  1888  —  Artikel  in  der  »Neuen  Musikalischen  Presse«  1896 
Nr.  52  und  im  »Musikalischen  Wochenblatt«  XXXV,  32  (Richard  Hauptvogel)  — . 
Braille's  Musikschriftsystem  für  Blinde  von  G.  Fischer  in  der  »Neuen  Musik- 
zeitung« Jahrgang  34  Heft  13. 

*  »Die  blinden  Tonkünstler«   (1810)  S.  207  ff. 


Die  Systeme  von  Braille  und  Abreu.  453 


Die  Oktavlage  wird  ebenfalls  durch  Punkte  bestimmt  und  den 

Tonzeichen  vorangestellt.    Bezeichnen  wir  die  sechs  Punktfelder  mit 

i 


3  '.,  so  deutet  ein  Punkt  an  zweiter  Stelle  auf  die  Kontraoktave, 

5    ti 

Punkte  auf  den  Feldern  zwei  und  vier  auf  die  große,  Punkte  auf 
den  Feldern  zwei,  vier,  sechs  auf  die  kleine  Oktave.  Die  einge- 
strichene Oktave  wird  bestimmt  durch  einen  Punkt  auf  dem  Felde 
vier,  die  zweigestrichene  durch  Punkte  auf  den  Feldern  zwei  und 
sechs,  die  dreigestrichene  durch  Punkte  auf  den  Feldern  vier  und 
sechs  und  die  viergestrichene  durch  einen  Punkt  auf  dem  Felde 
sechs.  In  ähnlicher  Weise  gelangen  auch  die  Pausen,  Versetzungs- 
zeichen und  Punkte  zum  Ausdruck: 


■jy     -oder^     ^oderff     fcrflderjjp-ft 


"■TTriter 


-X W 


Bei  einem  mehrstimmigen  Instrumentalsatze  wird  für  die  rechte 
Hand  der  höchste,  für  die  linke  Hand  der  tiefste  Ton  als  Note, 
die  übrigen  Töne  aber  als  Intervallzeichen  gesetzt.  Als  solche 
sind  in  Gebrauch 


für  Sekunde    Terz         Quarte       Quinte        Sexte        Septime     Oktave. 

■ 

Die  Aufzeichnung  des  Tonmaterials  für  beide  Hände  erfolgt  in 
größeren  Abschnitten  nacheinander.  Zu  den  bisher  besprochenen 
Zeichen  treten  die  Ornamente  und  Vortragszeichen,  die  ebenfalls 
durch  Punktkombinationen  dargestellt  werden. 

Gewann  auch  das  System  Braille's  in  der  erörterten  Form  all- 
gemeine Bedeutung,  so  fehlte  es  doch  nicht  an  Versuchen,  dasselbe 
zu  erweitern.  Gabrielle  Abreu  trat  1856  mit  seinem  »Sistema 
di  scrivere  la  musica  in  punti  di  rilievo«  hervor,  das  bereits  seit  dem 
I.  August  1855  in  der  Blindenanstalt  zu  Madrid  in  Anwendung  war. 

••12 

Er  geht  von  acht  Punkten  in  der  Stellung  '.  '.   \\    aus.      Während 

••78 

er  an  Braille's  Darstellung  der  Töne  festhält,  ändert  er  die  unbe- 
stimmte Bezeichnung  der  Notenwerte  und  Pausen: 


454  Sammlungen  von  Musikliteratur  in  Blindenschrift. 


IXE 


mm  -■**??? 


Neben  einer  umständlicheren  Bezeichnung  der  Oktavlage  bietet 
er  noch  Punktverbindungen  für  alle  Schlüssel  dar: 


$ 


Si- 


^^ 


=  B 

Weiter  weicht  auch  seine  Darstellung    der  Vorsatzzeichen   von 
derjenigen  Braille's  ab: 

ffi    (?)  (8 


,;l      i>      ll      ..»         * 

Eine  Darlegung  des  Abreu'schen  Systems  uis  in  alle  Einzelheiten 
hinein  würde  zu  weit  führen.  Als  eine  Vereinfachung  der  Lehre 
Braille's  ist  es  nicht  anzuerkennen.  Eher  verdient  als  solche  das 
»Seven  digit  system«  des  blinden  in  Schottland  lebenden  Organisten 
Stericker  genannt  zu  werden,  das  sich  mit  drei  untereinander 
stehenden  Punkten  begnügt  und  vor  allem  Partituren  übersicht- 
licher gestalten  soll. 

Diesen  Versuchen,  den  Blinden  die  Musikliteratur  durch  eine 
eigene  Schrift  zu  übermitteln,  stehen  andere  gegenüber,  ihnen  die 
Notation  der  Sehenden  vertraut  zu  machen.  Hingewiesen  sei  nur 
auf  die  Schrift  von  Krage- Kuntz  »Die  Notenschrift  der  Sehen- 
den mit  Relief  und  Erläuterungen«. 

Die Braille'sche  Punktschrift  behielt  indes  überragende  Bedeutung1. 
Eine  umfangreiche  Literatur  wurde  in  ihr  niedergelegt.    Besonders 

i  In  Amerika  ist  nach  der  Mitteilung  meines  verehrten  Kollegen  Herrn 
Dr.  R.  Hohenemser,  dem  ich  einige  interessante  Einzelheiten  über  das 
Blindenschriftwesen  verdanke,  eine  modifizierte  Brailleschrift,  das  sogenannte 
>Newyorker  System«  verbreitet,  das  aber  jetzt  auch  durch  Braille  zurück- 
gedrängt wird. 


Aufzeichnungen  der  basses  dances.  455 

die  Verlagsanstalten  von  Bube  in  Berlin  und  F.  W.  Vogel  in 
Hamburg  ließen  sich  die  Pflege  der  Blindenliteratur  angelegen  sein. 
Spezialbibliotheken  wie  die  Zentralbibliotheken  für  Blinde  in  Ham- 
burg und  Leipzig  sowie  die  Ernst  v.  Ihne-Kriegsblindenbücherei 
in  Berlin  weisen  bereits  umfassende  musikalische  Bestände  auf. 
Förderung  erfuhr  das  musikalische  Schriftwesen  für  Blinde,  seit- 
dem Oskar  Picht  eine  leistungsfähige  Schreibmaschine  für  die 
Braille'sche  Punktschrift  der  Blinden  geschaffen  hat. 


3.  Kapitel. 
Tanzschriften. 

Abseits  von  der  Behandlung  der  Tonschriftversuche  liegt  die 
Erörterung  der  Tanzschriften.  Sie  seien  daher  auch  hier  nur  in- 
soweit näher  berührt,  als  sie  mit  Problemen  der  musikalischen 
Aufzeichnung  verquickt  sind.  Tanzschriftversuche  sollen  bereits 
im  Altertum  gemacht  worden  sein.  Die  ältesten  uns  bekannten 
Versuche  gehen  nicht  über  das  1 5.  Jahrhundert  hinaus.  Während 
die  frühsten  auf  den  Tanz  bezüglichen  Lehrtraktate  eines  Dome- 
nico da  Ferrara1  und  eines  Guglielmo  Ebreo  Pesarese2  sich 
auf  eine  Beschreibung  der  Tänze  beschränken 3,  versucht  der  wahr- 
scheinlich aus  dem  15.  Jahrhundert  stammende  prächtige  mit  Silber 
und  Gold  auf  schwarzem  Papier  geschriebene  Brüsseler  Kodex  der 
>  Basses  dances  de  Marguerite  d'Autriche«4,  in  dem  ebenfalls  eine 
lehrhafte  Darstellung  der  basse  dance  geboten  wird,  zum  ersten 
Male,  die  Tanzschritte  mit  Musik  in  enge  Beziehung  zu  setzen. 

Die  Anfangsbuchstaben  der  Schrittbezeichnungen  f  =  simple 
(der    eine   Fuß    schreitet    vor ,    der    andere    wird    herangezogen), 


1  Handschriftlich  in  der  Bibl.  Com.  zu  Siena. 

-  »Trattato  dell'  Arte  del  Ballo«  Scelta  di  Guriositä  Litterarie  inedite  o 
rare  dal  sec.  XIII  al  XVII«  Dispensa  CXXXI,  Bologna,  Romagnoli,  1873). 

3  Siehe  auch  die  nach  der  Handschrift  B,  V,  U  des  bischöflichen  Semi- 
nars zu  Foligno  von  Falori  Pulignani  veröffentlichten  »Otto  Basse  Danze 
di  M.  Guglielmo  da  Pesaro  e  di  M.  Domenico  da  Ferrara«    Foligno  1887). 

*  Einen  Faksimileneudruck  mit  wertvollen  Untersuchungen  über  das  Wesen 
der  basse  dance  verdanken  wir  Einest  Closson;  im  Auftrage  der  »Societe 
des  Bibliophiles  et  Jconophiles  de  Belgique«  brachte  er  1912  heraus  »Le 
Manuscrit  dit  des  Basses  Dances  de  la  Bibliotheque  de  Bourgogne«.  Daran 
knüpfte  HuüoRiemann  im  1 4 .  Jahrgänge  der  »Sammelbände  der  Int.  Musik- 
Gesellschaft«  ,1913)  eine  Studie  »Die  rhythmische  Struktur  der  Basses  dances 
der  Handschrift  9085  der  Brüsseler  Kgl.  Bibliothek«,  -welche  im  4.  Heft  des- 
selben Jahrganges  eine  Entgegnung  E.  C 1  o  s  s  o  n '  s  zur  Folge  hatte. 


B 


456  Probleme  in  dem  Tanzbuch  der  Margarete  von  Österreich. 

d  ==  double  (=  zwei  simples),  b  =  branle  (eine  Art  balancer)  und 
r  =  desmarche  (vielleicht  eine  mit  einem  Schritt  rückwärts  ver- 
bundene Reverenz)  treten  mit  als  volle  breves  aufgezeichneten 
Tönen  in  Verbindung.  Jedem  dieser  Bewegungskomplexe  entspricht 
nur  ein  Ton.  Alle,  ff,  d,  r  und  b  sollen  für  die  Ausführung  die 
gleiche  Zeit  in  Anspruch  nehmen.  Mit  einem  c  =  conge  (conge- 
dium,  Verabschiedung  von  der  Dame)  schließen  die  Tänze  ab. 
Die  gleiche  Methode  der  Aufzeichnung  der  Tanzbewegungen  mit 
Hilfe  der  genannten  Buchstaben  vertreten  später  Antonius  de  Arena 
in  seiner  Schrift  »Ad  suos  compagnones  studiantes,  qui  sunt  de 
persona  friantes,  bassas  Dansas  et  Branlos  practicantes,  nouuellos 
quam  plurimos  mandat«,  die  zuerst  1536  herauskam1,  und  Thoinot 
Arbeau  (Tabourot)  in  seiner  1588  erschienenen  »Orchesographie«2. 

Während  Arbeau  fein  rhythmisierte  Weisen  darbietet,  die  in 
der  Tat  zum  Tanze  anreizen,  enthält  das  Tanzbuch  der  Margarete 
von  Österreich  bis  auf  wenige  Ausnahmen  nur  Folgen  gleichlange 
gehaltener  Töne,  die  auch  melodischer  Reize  bar  sind.  Ihre  Lesung 
ist  ein  Problem,  an  dem  Ernest  Glosson  vergeblich  seine  Kraft 
erprobt  hat.  Der  Lüsungsversuch  Hugo  Riemann's  ist  abzu- 
lehnen, weil  er  auf  die  Ausführung  der  vorgeschriebenen  Tanz- 
schritte keine  Rücksicht  nimmt.  Die  durch  Michael  Praetorius 
in  »Terpsichore,  Musarum  Aoniarum  quinta»  (1612)  belegte  Diminu- 
tionspraxis  der  französischen  Tanzmeister  läßt  die  Vermutung  zu, 
daß  die  spröde  Folge  gleichlanger  Töne  erst  durch  die  Verzierungs- 
kunst der  Tanzmeister  rhythmisch  beseelt  wurde,  daß  hier  nur 
musikalische  Schemata  vorliegen. 

M'amour  a  XXX  notes  a  Hl   mesures. 


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d      II     z       z       zbHdddlfz 
Aus  dem  Tanzbuch  der  Margarete  von  Österreich. 


1  Eine  spätere  Ausgabe  von  \  670  in  meiner  Bibliothek. 

2  Eine  zweite  Ausgabe  erfolgte  1596,   ein  Neudruck  von  Fonta  1888   in 
Paris.     Eine  teilweise  deutsche  Übersetzung  legte  4878  Albert  Czerwinski 


Literatur  zur  Choreographir.  457 

Consumo  la  vita  mia  ä  XVI. 

Rcjfdrclfdddfrrdlfr      c. 
Aus:  Antonius  de  Arena,  »Ad  suos  Compagnones«  S.  88. 

Die  Methode  der  Aufzeichnung  der  Tanzschritte  mit  Hilfe  von 
Buchstaben  scheint  man  später  aufgegeben  zu  haben.  Wohl  aber 
wurde  die  von  Arbeau  und  vor  ihm  bereits  geübte  Darstellung 
von  Tanzenden  zur  Veranschaulichung  der  Tanzbewegungen  weiter 
gepflegt.  Es  braucht  nur  an  Fabritio  Caroso's  »Ballarino«  vom 
Jahre  1581  und  an  Gesare  Negri's  »Le  Gratie  d'amore«  (1602) 
und  »Nuove  Inventioni  di  Balli«  (1604)  erinnert  zu  werden.  Ganz 
besonders  die  Stellung  der  Hacken  und  Fußlinien  (fünf  Positionen) 
werden  zu  einer  Schrift  ausgebildet.  Die  Entwickelung  führt  über 
Charles  Louis  Beauchamp1  zu  Feuillet,  der  als  der  eigent- 
liche Vater  der  Choreographie  anzusehen  ist.  Seine  »Choregraphie 
ou  l'art  d'ecrire  la  danse  par  caracteres,  figures  et  signes  demon- 
stratifs«  erschien  17002.  Die  weitere  Entwickelung  bezeichnen 
Namen  wie  Pemberton3,  Giambattista  Dufort4,  Kellon 
Tomlincons5,  Magny6,  Magri7,  Blasis8,  St.  Leon9,  Klemm10, 
Dürholz11,  Zorn12  und  Freising13.  Die  Bedeutung  der  Choreo- 
graphie   wurde    nicht    immer   hoch  angeschlagen.     Gallini,    der 

in  seinem  Werke  »Die  Tänze  des  sechzehnten  Jahrhunderts  und  die  alte  fran- 
zösische Tanzschule  vor  Einführung  der  Menuett«  vor. 

i  Mit  ihm  in  Zusammenhang  steht  die  Gründung  der  »Academie  royale 
de  l'art  de  dance«  (1  (562). 

2  1706  erfolgte  die  Ausgabe  seines  »Recueil  de  Contredances«.  1712 
brachte  Dezais  einen  zweiten  »Recueil  de  nouvelles  contredances  mis  en 
choregraphie«  heraus.  1713  erschien  die  »Choregraphie«  von  Feuillet  und 
Dezais.  Auf  Feuillet  geht  zurück  Tauber t's  »Rechtschaffener  Tanzmeister« 
(Leipzig  1717). 

3  »An  essay  for  the  further  improvement  of  dancing;  being  a  collection 
of  Figure  Dances  or  several  numbers  compos'd  by  the  most  eminent  masters 
describ'd  in  characters  after  the  newest  manner  of  Monsieur  Feuillet.  London 
1711.     (London,  British  Museum.) 

4  »Trattato  del  ballo  mobde«  (Napoli,  Feiice  Mossa,  M.  DCC.  XXVIII). 

5  »The  art  of  dancing«  (1735). 

6  »Principes  de  choregraphie«   (Paris  1765). 

7  »Trattato  teorico-prattico  di  ballo«  (Napoli  1779). 

8  Trade  elementaire«  (Milan  1820)  und  »Manuel  complet  de  la  danse« 
;Paris  1830). 

9  »La  stenochoregraphie  ou l'art  d'ecrire  promptement  la  dance«  (Paris  1 852). 

10  »Katechismus  der  Tanzkunst«    '1855). 

11  »Praktischer  Leitfaden  für  Tänzer  und  Tänzerinnen«  (1855). 

12  »Grammatik  der  Tanzkunst«  (1887). 

13  »Tanz-Kurzschrift«,  als  Anhang  zum  »Leitfaden«  1894  in  Berlin  erschienen. 


458  Notiermaschinen  von  Creed  und  Unger. 

Verfasser  von  »Critical  Observations  on  the  Art  of  Dancing«  und 
Herausgeber  einer  >New  collection  of  forty-four  cottillons «  (um  17.71) 
schätzt  sie  gering1,  und  auch  der  große  Nov  er  re  mißt  ihr  keinen 
übermäßigen  Wert  bei.  Immerhin  vermögen  bei  eingehendem 
Studium  und  ausreichenden  Fachkenntnissen  choreographische 
Darstellungen  doch  Nutzen  zu  schaffen. 


4.  Kapitel. 

Notierm  aschin  en. 

Während  sich  Musiker  und  Graphologen  abmühten,  auch  für 
die  Tonsprache  entsprechend  dem  Worte  einen  kurzen  Schrift- 
ausdruck zu  finden,  der  es  ermöglicht,  der  Phantasie  des  Künstlers 
bei  der  Improvisation  zu  folgen,  suchte  die  Technik  die  Beihilfe 
einer  Mittelsperson  gänzlich  auszuschalten  und  die  Aufzeichnung 
selbsttätig  zu  gewinnen.  Nachrichten  von  ersten  Versuchen,  welche 
infolge  ihrer  Gleichartigkeit  den  Gedanken  der  Abhängigkeit  wach- 
riefen, kamen  etwa  gleichzeitig  aus  England  und  Deutschland.  In 
den  »Philosophical  Transactions«  des  Jahres  1747  trat  ein  Geist- 
licher Creed  mit  einem  Aufsatze  »A  demonstration  of  the  possi- 
bility  of  making  a  Machine  that  sball  write  ex  tempore  voluntaries 
or  other  pieces  of  music  as  fast  as  any  master  shall  be  able  to 
play  them  upon  an  Organ  Harpsichord  etc. «  hervor.  Er  beschreibt 
darin  die  gleiche  Vorrichtung  zum  Aufzeichnen  von  auf  dem  Kla- 
vier gespielten  Stücken,  wie  sie  der  Landsyndicus  und  Einbecker 
Bürgermeister  Johann  Friedrich  Unger  nach  bis  auf  das  Jahr 
1745  zurückgehenden  Plänen  in  seinem  bei  der  Kgl.  Akademie  der 
Wissenschaften  zu  Berlin  eingereichten  »Entwürfe  einer  Maschine, 
wodurch  alles,  was  auf  dem  Klavier  gespielet  wird,  sich  von  selbst 
in  Noten  setzt«  vom  Februar  1752  erörtert.  An  Unger's  Unab- 
hängigkeit von  Creed  ist  nicht  zu  zweifeln.  Sein  Gedanke,  die 
Tangenten  des  Klaviers  mit  andern  Tangenten  in  Verbindung  zu 
bringen,  die,  auf  engen  Raum  zusammengedrängt,  mit  Hilfe  von 
Bleistiftspitzen  auf  einem  gleichmäßig  über  Walzen  sich  bewegen- 
den Papierbogen  Spuren  der  angeschlagenen  Töne  in  Gestalt  von 
kürzeren  oder  längeren  Strichen  hinterlassen,  wurde  von  dem  für 
mechanische   Arbeiten  besonders    begabten   Berliner   Posamentier- 


1  G all  inj   wendet   sich  besonders   gegen   den  Artikel    »choregraphie«    in 
der  >Encyclopedie«. 


459 

gesellen  Hohlefeld  aufgegriffen  und  noch   in   demselben  Jahre  in 
die  Praxis  umgesetzt1. 

Nicht  klein  ist  die  Gefolgschaft,  welche  diese  Versuche  bis  auf 
unsere  Zeit  fanden.  Mit  dem  Probleme  beschäftigten  sich  mit  mehr 
oder  weniger  Glück  der  Augustinermünch  Marie-Dominique- 
Joseph  Engramelle2,  der  französische  Mathematiker  Frangois 
Gattey3  (1783),  der  Hoforgelmacher  Pfeiffer  in  Stuttgart  .auf  An- 
regung des  Mathematikers  Briegel  aus  Bieberach  (um  1801),  der 
Engländer  Stanhope  (1804),  ein  Anonymus,  der  um  1816  eine 
Komponiermaschine  erfand,  die  Franzosen  Careyre  und  Bau- 
douin,  die  1828  mit  einem  >Piano  melographe«4  hervortraten, 
der  unbekannte  Verfasser  eines  »Instrument  compositeur«  um  1830, 
Wagner-Maelzel  und  Wetzel5  1836,  Seguier6,  der  Pariser 
Klavierbauer  Pape  (1844),  der  Lehrer  Schmeil  in  Magdeburg  1868, 
der  Wiener  Laurenz  Kromar,  Erfinder  des  Kromarographen, 
seit  1868,  Roncalli7  mit  seinem  Melographen  1873,  der  Telegraphen- 
sekretär Föhr  in  Stuttgart,  der  Schwede  N.  Bengsson  mit  seiner 
Notenschreibmaschine  1881,  Heinrich  Meister8  1886,  der  Löwener 
Kapellmeister  Elewijk  in  demselben  Jahre,  der  Kapitän  Fürs e  in 
London  1889,  der  Amerikaner  Thaule  in  Dresden,  Carpentier 
in  Paris  1900,  Baron  Pilnar  von  Pilchau  in  Petersburg  1900 
und  William  Moldenhauer,  der  1904  eine  Vorrichtung  zur  Auf- 
zeichnung gespielter  Stücke  ankündigte. 

Wie  weit  das  allen  Genannten  vorschwebende  Problem  gelöst 
worden  ist,  ist  mir  nicht  bekannt.  Die  Hauptschwierigkeit  bietet 
die  richtige  Wiedergabe  des  Rhythmischen  bei  nicht  streng  takt- 
mäßigem Spiel.  Kromar9  scheint  allen  Anzeichen  nach  der  Lösung 
am  nächsten  gekommen  zu  sein. 

Die  Niederschriften  seines  automatischen  Schreibapparates  halten 
an  Fünfliniensystemen  und  der  Verwendung  von  Violin-  und  Baß- 
schlüssel fest.     Auf  weißen   Tasten   gespielten   Tönen   entsprechen 


i  Eine  ganze  Reihe  zeitgenössischer  Berichte,  aus  denen  die  des  Mathe- 
matikers Euler  besonders  herausgehoben  seien,  finden  sich  dem  1 774  in 
Braunschweig  gedruckten  .»Entwürfe«  J.  Fr.  Unger's  angefügt.  Siehe  auch 
die  »Mech.  techn.  Encyklopädie«  G  II.  Teil  S.  692  Artikel  >Notensetzer«. 

2  Vgl.  Fetis,   »Biographie  Universelle«. 

3  »Journal  de  Paris«  1783  Nr.  22. 

4  Vgl.  die  »Revue  Musicale«  von  Fetis,  Jahrgang. 

5  Siehe  Eisenmenger's  »Essai«  S.  159  ff. 

6  Siehe  ebenda. 

7  »Description  de  melographe«  (Bergamo  1873). 

8  »Neue  Musikzeitung«   1886. 

9  Nach  Ausstellungsberichten  und  Geschäftsanzeigen. 


460  Die  Farbe  in  der  Mensuralmusik. 

Doppellinien,  zwischen  denen  gewissermaßen  weiße  Noten  liegen, 
auf  schwarzen  Tasten  gespielten  starke  einfache  Linien,  also  schwarze 
Noten.  Diese  werden  immer  als  Kreuztüne  aufgezeichnet.  Die 
Dauer  der  Noten  hängt  von  der  Länge  der  Striche  ab.  Mit  einer 
gewissen  Übung  läßt  sich  ohne  weiteres  von  dem  Maschinenschrift- 
bild das  Tonstück  abspielen  und  ablesen.  Eine  Probe  sei  hier 
beigefügt  (siehe  beiliegende  Tafel): 

Restlos  für  die  mechanische  Wiedergabe  gelöst  ist  die  Aufgabe 
in  den  Phonographen  und  Reproduktionsklavieren,  wie  sie  voll- 
endet in  Hupfeld's  Mignonmodell  vorliegen. 

Daß  im  übrigen  auch  das  maschinelle  Notenschreibverfahren 
eine  befriedigende  Lösung  gefunden  hat,  beweisen  Schriftproben, 
die  mit  der  Blickensderfer  Noten-  und  Korrespondenzschreibmaschine 
hergestellt  worden  sind1. 


5.  Kapitel. 
Die  Farbe  in  der  Musik. 

Die  Farbe  spielt  in  der  Musik  zu  allen  Zeiten  eine  hervorragende 
Rolle.  Schon  die  Theorie  des  Mittelalters  führt  Begriffe  wie  color. 
coloratura  ein.  Ein  ganzer  Entwickelungsabschnitt  der  Orgelmusik 
wird  als  der  der  Koloristen  bezeichnet.  Worte  wie  Tongemälde, 
Klangfarbe  sind  heute  in  den  allgemeinen  Sprachgebrauch  über- 
nommen. Es  nimmt  danach  nicht  Wunder,  wenn  sich  der  Musiker 
die  Farbe  den  verschiedenen  Zwecken  dienstbar  gemacht  hat. 
Zuerst  sind  es  rein  äußerliche  Gründe,  die  ihn  zur  Farbe  greifen 
lassen.  Die  Lesung  der  Neumen,  die  Abschätzung  der  Tonschritte 
soll  durch  eine  augenfällige  Linie  erleichtert  werden.  Die  rote 
F-lAxne  zieht  um  die  Wende  des  ersten  Jahrtausends  in  die  Nota- 
tion ein;  die  gelbe  e-Linie  und  die  grüne  a-Linie  folgen2.  Auf 
dem  Boden  der  Mensuraltheorie  bildet  sich  der  Gegensatz  von 
schwarzer  und  weißer  Note  heraus3.  Hinzu  tritt  im  14.  Jahr- 
hundert die  rote  Note,  die  unter  den  verschiedensten  Gesichts- 
punkten Verwendung  findet,  hier  zur  Darstellung  rhythmischen 
Wechsels,  dort  zur  Bezeichnung  der  Ausführung  einer  Tonreihe  in 


1  Zu  vergleichen  ist  die  Steinreproduktion  des  mit  der  Blickensderfer 
Noten-  und  Korrespondenzschreibmaschine  geschriebenen  Walzers  von  Franz 
Münstedt  »Am  schönen  Rhein«. 

2  Vgl.  »Handbuch  der  Notationskunde«  I,  132  f. 

3  Siehe  ebenda  S.  311  ff.  und  343f. 


Wolf,  Notationskunde  II- 


Die  Farbe  im  Dienst  der  Chromatik  und  der  Kirchentonarten.       461 

der  höheren  Oktave,  an  anderer  Stelle  wieder  zur  Unterscheidung 
voll  cantus  planus  und  cantus  mensuratus  oder  zur  Vermeidung 
der  dreizeiligen  Messung  einer  Note  oder  schließlich  zur  Vermei- 
dung der  Wertverdoppelung  (Alteration)  und  Wertverminderung 
(Imperfektion)  bei  dreizeitiger  Mensur1.  Auch  die  blaue  Note 
kommt  in  jener  Zeit  bei  den  Engländern  vor.  Die  rote  Note  ge- 
winnt später  bei  den  spanischen  Lautenisten  des  1 6.  Jahrhun- 
derts Bedeutung,  um  in  der  das  ganze  Tonstück  umfassenden  Tabu- 
latur  eines  begleiteten  Gesanges  die  Gesangsnoten  kenntlich  zu 
machen. 

Gründe  der  anschaulichen  Darstellung  sind  es,  die  deutsche 
Theoretiker  des  1 6.  Jahrhunderts  in  partiturartigen  Aufzeichnungen 
für  die  gegeneinander  geführten  Stimmen  verschiedene  Farben 
wählen  ließen.  So  stellt  die  dem  IG.  Jahrhundert  entstammende 
>Musica  poetica«  der  Handschrift  Berlin  Kgl.  Bibl.  mus.  ms.  theor.  572 
den  :>Discantus  rott,  Altus  gruen,  Tenor  schwartz,  Bassus  rott« 
dar.  Noch  im  18.  Jahrhundert  lassen  sich  Spuren  dieser  Praxis 
in  liturgischen  Codices  der  Berliner  Bibliothek3  nachweisen,  in  denen 
zwei  Stimmen  auf  einem  Liniensystem  schwarz  und  rot  notiert 
sind.  Giov.  Maria  Trabaci  schlägt  im  Anfange  des  17.  Jahr- 
hunderts für  gewisse  mit  ^  bezeichnete  alterierte  Töne  seines 
Cembalo  enarmonico  gelbe  oder  rote  Noten  vor.  Dieser  Gedanke  der 
Verwendung  der  Farbe  für  die  Darstellung  chromatisch  alterierter 
Töne  ist  auch  im  19.  Jahrhundert  wieder  lebendig  geworden.  Um 
1877  notiert  Anna  Keber  in  ihrem  bei  Hofmeister  in  Leipzig  er- 
schienenen > Musikalischen  Kindergarten«  Kreuztöne  rot  und  B- Töne 
blau. 

In  den  Dienst  der  Unterscheidung  der  Kirchentöne  möchte  zu- 
erst Giov.  Battista  Doni4  die  Farben  stellen.     In   neuerer  Zeit 


1  Vgl.  meine  »Geschichte  der  Mensuralnotation«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel 
I.  H2ff.  und  >Handbuch«  I,  343 f.     Die  rote  Farbe  wurde  übrigens  auch  in 
unserer  Zeit  von  Rauchenecker  in   seinen  Kompositionen  für  Harmonium 
mit   Höfinghoff'scher  Patentdoppelklaviatur    für    die    um    eine   Oktave    tiefer 
notierten  Töne  der  zweiten  Tastatur  verwendet. 

-  Siehe   eine  faksimilierte  Seite  in   Heinrich  Bellermann's  »Contrapunkt«. 

3  Mus.  ms.  40296. 

4  »Compendio  del  Trattato  de'  Generi  e  de'  Modi  della  Musica«  (In  Roma, 
per  Andrea  Fei.  MDCXXXV)  S.  126 ff:  Si  suol  verificare  il  Proverbio  Oreco, 
che  i  secondi  pensieri  sono  migliori  de1  primi,  come  mi  pare  sia  sueceduto 
a  me  stesso  intorno  a  i  segni  de'  modi:  imperoche  doppo  haver1  ben  bene 
considerato  il  tatto.  io  trovo,  ctie  molto  piü  spediente  di  servirsi  nelle  Note 
della  varietä  de'  colori  per  esprimere  la  differenxa  de'  Generi  che  de"  Modi 
(Dorio,  Frigio,  Lidio,  Jastio,  AeolioJ. 

Kl.  Handb.  der  Musikgesck.  Vlil,  2.  32 


462       Die  Farbe  im  Dienst  der  Chromatik  und  der  Kirchentonarten. 

trat  mit  einem  ähnlichen  Gedanken  der  Pfarrer  A.  Beutter1  auf, 
der,  um  Tonalität  und  Modulation  kenntlich  zu  machen,  eine  rote 
Grundtonlinie  für  Dur,  eine  blaue  für  Moll  in  Vorschlag  bringt 
und,  wofern  der  Grundton  in  einen  Zwischenraum  fällt,  diesen  ver- 
schieden schraffiert  (Dur  //////,  Moll  www). 

Mehr  didaktischen  Zwecken  dient  die  rote  Heraushebung  der 
Tenorweisen  in  Rochus  v.  Liliencron's  schöner  Sammlung  »Deut- 
sches Leben  im  Volkslied  um  1530«2.  Auch  Bern.  Boekelmann's 
»Acht  Fugen  aus  Joh.  Seb.  Bach's  Wohltemperiertem  Klavier  durch 
Farben  analytisch  dargestellt«3  wären  hier  gleich  zu  nennen,  in 
denen  mit  Hilfe  der  Farben  der  Aufbau  der  Komposition  dem  Auge 
sichtbar  gemacht  werden  soll. 

Weit  in  das  Altertum  hinab  reicht  der  Vergleich  der  Töne  mit 
den  Farben.  In  dem  chinesischen  Werke  »Tao-te-king«  des  Laotse 
(geb.  604  v.  Chr.)  heißt  es  bereits4:  »Das  Tao  ohne  Namen  ist 
der  Ursprung  des  Himmels  und  der  Erde  ....  Du  betrachtest 
es  und  siehst  es  nicht,  man  nennt  es  farblos;  du  vernimmst  es 
und  du  hörst  es  nicht,  man  nennt  es  tonlos;  du  willst  es  berühren 
und  du  erfassest  es  doch  nicht,  man  nennt  es  unkörperlich.  Die 
fünf  Farben  (blau,  rot,  gelb,  weiß,  schwarz)  stumpfen  das  Gesicht 
des  Menschen  ab;  die  fünf  musikalischen  Töne  stumpfen  das  Ge- 
hör des  Menschen  ab  usw.«.  Die  persisch-arabische  Notenschrift 
identifiziert  die  sieben  Stufen  der  äolischen  Leiter  alicdefg  mit 
den  Farben  Grün,  Rosenrot,  Blau,  Violett,  Kamillengelb,  Ambra- 
schwarz, Hellblau5.  Anders  Newton,  der  in  seinem  »Optics« 
betitelten  Werke  vom  Jahre  1704  die  von  g — a  absteigenden  Töne 
mit  den  Farben  Rot,  Orange,  Gelb,  Grün,  Blau,  Indigo,  Lila,  das 
heißt  mit  den  Farben  des  Spektrums  in  Verbindung  bringt.  Wieder 
verschiedene  Farbenreihen  begegnen   mit  Beziehung  auf  das  Ton- 

1  »Zur  Reform  der  Notenschrift«  in  den  »Monatsheften  für  Gottesdienst  und 
kirchliche  Kunst«  XIII,  373  ff.  Siehe  auch  Jahrg.  XII  (1907)  derselben  Zeitschrift  und 
die  »Mitteilungen  des  Chorgesangsverbandes  für  Brandenburg»  vom  August  1912. 

2  Stuttgart,  Union,  1884.  Erschienen  als  13.  Band  von  Jos.  Kürschner's 
»Deutscher  National-Litteratur«. 

3  Leipzig,  Joh.  Heinrich  Zimmermann. 

4  Vgl.  die  Aufsätze  von  Justus  W.  Lyra  »Farben-Musik«,  erschienen  als 
Beilage  zum  Flugblatt  Nr.  39  und  40  des  Freien  Deutschen  Hochstifts  zu  Frank- 
furt a.  M.  (datiert  Osnabrück  7.  März  und  5.  April  1864).  Sie  knüpfen  an  einen 
Vortrag  über  Farbenmusik  an,  den  ein  gewisser  Dr.  Matthias  am  16.  August 
)  863  im  »Freien  Deutschen  Hochstift«  gehalten  hat,  und  über  den  im  »Organ 
der  Taubstummen-  und  Blinden-Anstalten  in  Deutschland«  (Jahrgang  IX  Nr.  II 
vom  November  1863)  berichtet  worden  ist. 

5  Vgl.  dela  Borde,  »Essai  sur  la  musique«  (Paris  1780)  I,  181.  Kiese- 
wetter »Musik   der  Araber«  S.  67  steht   der  Nachricht  zweifelnd  gegenüber. 


Versuche  von  Farbenklavieren.  463 

material  bei  Louis  Bertrand  Castel  1 725,  bei  F.  W.  Philippy 
»863,  bei  Lyra  1864  und  bei  Huth1  1888. 

Wie  in  dem  Klaviere  ein  bequemes  Mittel  gefunden  worden  ist, 
einzelne  Töne  und  Tonverbindungen,  in  denen  sich  mehrere  Töne 
mischen,  zum  Vortrage  zu  bringen,  so  liegen  schon  frühe  Versuche 
für  die  Erfindung  von  Farbenklavieren  vor.  Eine  »Beschreibung 
der  Augenorgel  oder  des  Augenclavicimbels,  so  der  berühmte  Mathe- 
maticus  und  Jesuit  zu  Paris  Herr  Pater  Castel  (1725)  erfunden 
und  ins  Werk  gerichtet  hat«  verdanken  wir  in  einer  Übersetzung 
nach  einem  französischen  Briefe  Telemann2.  Ein  Abdruck  findet 
sich  in  Lorenz  Mizler's  »Musikalischer  Bibliothek«3.  Eine  Kritik 
des  Gastel'schen  Gedankens  liegt  von  J.  W.  Lyra4  vor.  Offenbar 
gefehlt  hat  Castel,  indem  er  Blau  als  den  Grund  aller  Farben  an- 
nahm. Er  unterscheidet  fünf» tonische«  Saiten  c  d  e  g  a,  die  er 
den  tonischen  Farben:  Blau,  Grün,  Gelb,  Bot,  Violett  entsprechen 
läßt.  Ihnen  gegenüber  stehen  zwei  »halbtonische«  f  h,  denen  die 
zweideutigen  Farben  Aurora  und  Violant  gleichkommen.  Töne 
wie  Farben  führen  ineinander  über.  Wie  zwölf  halbe  Töne  unter- 
schieden werden,  so  auch  zwölf  halbe  Farben:  Blau,  Celadon,  Grün, 
Oliven,  Gelb,  Aurora,  Orange,  Bot,  Karmoisin,  Violett,  Agath  und 
Violant.  Farben  und  Töne  entsprechen  sich  in  der  Oktave.  Beide 
sind  im  Neben-  und  Nacheinander  zu  verwenden.  Aus  der  Kom- 
bination der  Klänge  entsteht  die  Musik,  aus  der  Verbindung  der 
Farben  die  Malerei.  In  dem  Farbenklavier  von  F.  W.  Philip  py 
aus  St.  Johann-Zweibrücken,  dem  sogenannten  »Chromatoskop«  ist 
die  der  Naturleiter  der  Töne  entsprechende  Folge  der  Farben:  Bot, 
Orangegelb,  Schwefelgelb,  Grün,  Hellblau,  Dunkelblau,  Violett. 

Das  Bild  der  Farbe  des  Tones  hält  Adolph  Decher  fest,  um 
auch  für  die  Klangfarbe  einen  anschaulichen  schriftlichen  Ausdruck 
zu  gewinnen.  In  seiner  »Chromographischen  Darstellung  der  Ton- 
dichtungen«5 bringt  er  für  die  Stimme  jedes  Instruments  in  der 
Partitur  ein  eigenes,  nach  der  Klangfarbe  verschiedenes  Farbenband 
in  Vorschlag,  dessen  Lage  die  Tonhöhe,  dessen  Länge  die  Tondauer 
und  dessen  mehr  oder  weniger  intensive  Färbung  die  Stärke  des 
Tones  bestimmt.  Jeder  Halbton  bedeutet  einen  Klangzoll,  jede 
Oktave  gleich  zwölf  Streifen  einen  Klangfuß.  Die  Länge  von 
I  mm  =  Y8-Sekunde  wird  als  Zeiteinheit  gewählt.   Hohe  Instrumente 


1  »Farbige  Noten«  (Hamburg  1888). 

2  Hamburg,  gedruckt  mit  Piscatoris  Schriften,  4  739. 

3  Zweiter  Band  (Leipzig  im  Jahr  1743)  S.  269  ff. 

4  A.  a.  0. 

5  München,  Theodor  Ackermann,   187  .">. 


32* 


464  D'e  Farbe  zur  Charakterisierung  der  Stimmen. 

wie  Violinen,  Flöten,  Oboen  erhalten  helle  und  milde  Farben  (Hell- 
gelb, Hellrot)  der  grelle  Piccolo  grelles  Rot,  Instrumente  mittlerer 
Stimmlage  mittlere  Farben  (Dunkelgelb,  Hellbraun,  Violett),  Baß- 
instrumente dunkle  Farben  (Dunkelbraun,  Dunkelviolett,  Schwarz, 
Dunkelgrau).  Die  fünf  Stärkegrade  ff,  f\  mf,  p,  pp  werden  durch 
Schraffierungen  verschiedener  Stärke  und  Dichte  zum  Ausdruck 
gebracht.  Die  in  dieser  Weise  aufgerissene  Partitur  ist  kaum  les- 
bar. Praktische  Bedeutung  ist  daher  diesem  Versuche  nicht  bei- 
zumessen. 

Auch  für  den  Generalbaß  sind  die  Farben  nutzbar  gemacht 
worden,  wie  wir  aus  der  Einleitung  zu  Lorenz  Mizler's  »Anfangs- 
Gründen  des  Generalbasses  nach  mathematischer  Lehr-Art  abge- 
handelt und  vermittelst  einer  hierzu  erfundenen  Maschine  auf  das 
deutlichste  vorgetragen«  l  wissen.     Nähere  Angaben  fehlen. 

Noch  einmal  begegnen  uns  die  Farben  im  Dienste  der  Harmonie- 
lehre bei  C.  v.  Decker  in  seiner  »Bildlichen  Darstellung  des  Systems 
der  Tonarten,  erläutert  durch  eine  Gedächtnistafel«2.  Hier  er- 
möglichen an  zwei  konzentrischen  Kreisen  gelbe  und  weiße  Drei- 
ecke das  schnelle  Ablesen  von  Dur-  und  Molldreiklängen  von  jeder 
Stufe  aus.  Kleine  blaue  Dreiecke  lassen  die  schnelle  Hinzufügung 
der  kleinen  Septime  zu  den  Dreiklängen  zu. 

In  dem  mannigfaltigsten  Sinne  hat  demnach  die  Farbe  in  der 
Musik  Verwendung  gefunden.  Ihre  Funktionen  fallen  teils  in  das 
Gebiet  des  Schriftwesens,  teils  in  das  des  Unterrichts.  Aber  weder 
hier  noch  dort  hat  ihr  Gebrauch  tiefergehende  und  bleibende  Be- 
deutung gewonnen. 


6.  Kapitel. 

Musikalische  Geheimschrift  und  Weltsprache. 

Fand  schon  die  musikalische  Stenographie  nur  einen  kleinen 
Kreis  von  Freunden,  so  waren  bewußt  die  engsten  Grenzen  gezogen 
in   der  Verwendung  der  Musik  als   Geheimsprache.     Hatte   Guido 

i  Leipzig,  bey  dem  Verfasser.  In  der  Leipzig,  den  \.  May  1739  datierten 
Vorrede  beißt  es:  »Die  Farben,  womit  die  Maschine  illuminiert  ist,  habe  ich 
nach  der  Natur  der  Töne  eingerichtet.  Denn  es  ist  bekannt,  daß  die  optischen 
Wahrheiten  mit  den  musikalischen  parallel  sind,  welches  schon  längstens  der 
unsterbliche  Neu  ton  gesaget,  auch  ohnlängst  der  berühmte  Herr  du  Fay  er- 
kannt, welcher  erst  neulich  in  seiner  Abhandlung  vom  Licht  und  den  Farben 
einen  Streit  mit  Neu  ton  angefangen«. 

2  Erste  Auflage  4  838,  zweite  1 842.  Nur  die  zweite  weist  die  farbige 
Tafel  auf;  die  erste  beschränkt  sich  auf  den  Gegensatz  von  Schwarz  und  Weiß. 


Joh.  Christoph  Faber's  Sprach-Noten.  465 

von  Arezzo  auf  mechanischem  Wege  aus  den  Worten  Melodien  zu 
ziehen  gewußt,  so  bildeten  nun  nach  bestimmten  Prinzipien  zusam- 
mengestellte Weisen  den  Deckmantel  für  die  verschiedensten  Mit- 
teilungen, welche  vor  Uneingeweihten  geheimgehalten  werden 
sollten.  Dürfen  wir  dem  in  Wolfenbüttel  bewahrten  handschrift- 
lichen Berichte  Johann  Christoph  Faber's  aus  der  Zeit  um  1729 
Glauben  schenken,  so  war  es  ein  1584  zu  Rouen  gedrucktes  Werk 
»Les  Bizarreries  du  Seygneur  des  Accors< •■,  welches  zuerst  die  Note 
der  Sprache  dienstbar  machte.  Faber's  Schrift  führt  den  lang- 
atmigen Titel:  »Invention  wie  zwey  Concerten  sowohl  jede  a  parte 
als  auch  hernach  zugleich  auf  zweyen  ein  Wenig  von  einander 
gesetzten  Tafeln  können  aufgeführt  werden,  da  man  eine  überaus 
Reiche  Harmonie  kan  Verfführen,  Welches  meines  Wissens  wegen 
schwehrer  Arbeit  noch  nicht  ans  Licht  kommen,  wobei  in  der 
Mitten  ein  Verset,  da  in  der  Viola  die  Sprach-Noten  vorhanden, 
welche  nachfolgende  Wort  in  sich  halten: 

Sehr  starck  der  Argwohn  ist  bei  hitzigen  Verliebten, 

Redt  man  mit  andern  nur,  vermeint  man,  daß  sie  Liebe  übten.« 

Was  diese  »Sprach-Noten«  angeht,  so  sind  die  Buchstaben  a — m 
ersetzt  durch  die  in  Viertelnoten  ■  aufgezeichneten  Töne  von  f — e" 
und  die  Buchstaben  von  n — z  durch  das  gleiche  als  Achtel  notierte 
Tonmaterial.  Für  die  Umlaute  ä  ö  ü  sind  die  als  punktierte  Viertel 
geschriebenen  Töne  f  g  f  verwendet.  Der  Part  der  Viola  lautete 
demnach: 


^^^!^^£Ö^ 


Derselbe  Gedanke  der  Sprachnoten  wird  mehrfach  im  1 7.  Jahr- 
hundert lebendig.  Athanasius  Kircher  berichtet  in  seiner  »Mu- 
surgia«1  von  der  Möglichkeit,  mit  Hilfe  musikalischer  Töne  oder 
geschriebener  Noten  geheime  Nachrichten  zu  übermitteln.  Erstere 
läßt  er  erklingen,  letztere  bleiben  stumm.  Er  denkt  sich  z.  B.  das 
Alphabet  zu  je  vier  Buchstaben  in  sechs  Reihen  auf  sechs  ver- 
schiedene Instrumente  aufgeteilt.  Die  Reihe  bestimmt  das  ausfüh- 
rende Instrument,  die  Stellung  des  Buchstabens  innerhalb  der  Reihe 


i  Romae:  Corbelletti   1650.    Bd.  II  S.  360  ff. 


466 


Geheimschriften  von  Kirch  er  und  Schott. 


die  Anzahl  der  zu  spielenden  Töne.  Bei  der  stummen  Art  der 
Nachrichtenübermittlung  durch  Niederschrift  paßt  er  das  Alphabet 
in  irgendeiner  Weise  musikalischen  Tönen  an  und  bringt  damit 
Satzgefüge  zum  Ausdruck.  Doch  berührt  er  im  Hinblick  auf  die 
Arbeiten  anderer  und  auf  wichtigere  Aufgaben  den  Gegenstand  nur 
kurz.  Anders  P.  Gaspar  Schott.  Angeregt  durch  den  Spanheimer 
Abt  Jo.  Trithemius  und  gestützt  auf  die  >Steganographia«  des  Her- 
cules a  Sunde1,  lehrt  er  1665  in  seiner  »Schola  steganographica«2, 
wie  man  durch  Gesang  und  Instrumentenspiel  unauffällig  geheime 
Nachrichten  übermitteln  könne.  Folgenden  Schlüssel  verwendet  Her- 
cules a  Sunde3  für  die  Buchstaben  des  Alphabets: 


-*        T — rF^T^T**! a  ii  -  F^ — T  -        ,TF 

^^k^:^— I 1 ^^fefc^feg^J 

b  a •  c      d  e  f     g  h  i       kl     m  n  o      y 


s  t  u      ic  x   q  p 


Schott  gibt  einem  andern  Schlüssel  mit  regelmäßiger  Buchstaben- 
folge den  Vorzug: 


=Ö=S= 


*¥ 


*±tt 


-o-^ 


» '  a  -s- 


a  b  e      d  e  f      g  h  i     k   l  m     n  o      p  q      r  s       tu      iv  x    y   % 


Die  Nachricht;  > Haltet  aus,  die  Rettung  naht«  würde  mit  Hilfe 

sdr 


des  zweiten  Schlüssels  folgenden  musikalischen  Ausdruck  annehmen: 


r- 


-H-$-H — s- 


W¥ 


-0- 


-* 


Noch  einen  dritten,  ebenfalls  von  Kirch  er  bereits  berührten 
Weg,  die  Musik  dem  Geheimdienst  nutzbar  zu  machen,  teilt  Schott 
mit.     Derselbe  knüpft  an  das  nachstehende  Schema  an: 


1  » Steganologia  &  Steganographia  aucta.  Geheime  /  Magische  /  Natürliche 
Red  vnnd  Schreibkunst«  (Nürnberg,  ohne  Jahr,  In  Verlegung  Jeremiä  Dumlers). 

-  Anno  M.DC.LXV.  Prostant  Norimbergae  apud  dictos  (Johannem  Andream 
et  Wolfangum  Juniorem)  Endteros.  Classis  IIX  caput  XIII:  Inter  cantandum 
et  ludendum  in  organo  alteri  secretum  manifestare.  Caput  XV:  De  locutione 
occulta  acustica  per  diversos  sonos. 

3  a.  a.  0.,  S.  303  f.  Ein  wertvoller  Beitrag  für  das  Kinderspiel  in  alter 
Zeit  findet  sich  übrigens  hier  auf  S.  8  f.  Dieselbe  stumme  Sprache,  welche  das 
Alphabet  durch  Berühren  bzw.  Deuten  auf  verschiedene  Körperteile  schafft, 
wurde  mit  geringen  Abweichungen  auch  damals  von  den  Schulkindern  gepflegt. 
»Als  das  Aug  ein  A,  den  Elenbogen  ein  E,  den  Zeiger  an  der  lincken  hand 
ein  I,  das  Ohr  ein  0  etc.« 


Die  >Cryptographia«  Johann  Balthasar  Friderici's. 


467 


1 

i 

3 

4 

5 

6 

Tuba. 

A 

B 

0 

D 

E 

F 

Lituus. 

0 

H 

I 

K 

L 

M 

Tympanum. 

N 

0 

P 

Q 

R 

S 

Campana. 

T 

V 

w 

X 

Y 

z 

Bei  A  wird  die  Tuba  einmal,  bei  H  der  Lituus  zweimal  an- 
geblasen, bei  P  das  Tympanum  dreimal,  bei  X  die  Campana  vier- 
mal angeschlagen.     Hier  ist  die  Schrift  nahezu  ausgeschaltet. 

Schließlich  gibt  er  auch  ein  Mittel  an1,  wie  mit  Hilfe  dreier 
Glocken  oder  anderer  klingender  Instrumente  geheime  Nachricht 
in  belagerte  Städte  und  Festungen  zu  bringen  wäre.  Acht  Töne 
bzw.  Tongruppen,  die  ein-  bis  dreimal  wiederholt  werden,  prägen 
das  ganze  Alphabet  aus: 


c 

A 

-lx.l 

2x5 

-3xC 

-1x2/ 

2xE 
-ZxF 

-\xß 
-2xH 
-ixl 

^ 

-0- 

-0- 

-lxA' 
2x£ 

H 

V 

IxM 
1  xK 

;  1 

-0- 

-0- 

^ 

-0- 

-0- 

2x0 
-ixP 

<v6 

3 

r 

A 

9w  T! 

Ptt 

V 

0 

-3x6" 

=£3 


•  ix  r 

2xU 

3x11" 


lx.V 

-0— -2xr 

AxZ 


Kircher  und  Schott  blieben  mit  ihren  Bestrebungen  nicht  allein. 
1685  trat  Johann  Balthasar  Friderici  mit  einer  »Cryptogra- 
phia2«  hervor,  die  ebenfalls  neben  vielen  andern  Mitteln,  wie  Buch- 
stabe, Zahl,  Punkt,  Linie,  Figur,  auch  die  Musiknoten  dem  gehei- 
men schriftlichen  Verkehr  dienstbar  zu  machen  sucht.  In  dem  sie- 
benten Kapitel  der  dritten  Klasse  mit  der  Überschrift  »Wie  man 
zur  geheimen  Correspondenfz  die  Musicalischen  Noten  gebrauchen 
soll«  schlägt  er  in  erster  Linie  vor,  die  Buchstaben  des  Alphabets 
mit  je  drei  verschieden  rhythmisierten  Noten  zu  identifizieren,  diese 
Noten  dem  Worttexte  nach  zusammenzustellen  und  ohne  Verände- 


1  Vgl.  a.  a.  0.,  classis  IV  caput  VII. 

2  »Cryptographia  oder  Geheime  schrifft-  münd-  und  würckliche  Corre- 
spondenfz /  welche  lehrmäßig  vorstellet  eine  hoch-schätzbare  Kunst  verborgene 
Schrifften  zu  machen  und  auffzulösen«  (Hamburg,  Georg  Rebenlein,  4  685). 


468 


Musikalische  Geheimschriften  Friderici's. 


rung  des  Rhythmus  zur  Ausgleichung  des  Taktes,  aber  mit  Ein- 
streuung von  ungültigen  nach  oben  gestrichenen  Vierteln  und  unter 
Beobachtung  der  Abgrenzung  der  Wörter  durch  Pausen  zu  einem 
unverfänglichen  Musikstücke  auszugestalten.  Wem  diese  musikali- 
sche Fähigkeit  abgeht,  der  könne  auch  unter  Beobachtung  der  glei- 
chen Prinzipien  die  Noten  in  gleicher  Tonhöhe  aneinanderreihen. 
Er  schlägt  vor  für 


B 


ooo 


32=0=0: 


D 


E 


32=0=0: 


32= 


G 


:0_ »    0 


K 


H^BE      L 


0    0    Q- 


32=0=0= 


32=0=*: 


t         H I- 


=o=*= 


M 


:0=0=*: 


N=HE=        Q 


:0=32: 


X  = 


r-f-o- 


_  =o=o=o=         =o=f=o=       T  =*=o^o_     Y 


^=0= 


p  — i- — h — i- 


32=*=$: 


W 


♦  M 


EfE* 


Im  achten  Kapitel  lernen  wir  eine  andere  Methode  mit  folgendem 
Schlüssel  kennen: 


gautze  Schläge 


Ut 

Fa 

Sol 

Mi 

Re 

Ut 

?• 

r. 

s. 

t. 

u. 

Sol 

IC. 

X. 

y- 

(V 

Fa 

a. 

b. 

c. 

d. 

e. 

Mi 

1. 

m. 

11. 

0. 

P- 

Re 

f- 

9- 

h. 

i. 

k. 

32= 


ut.    re.    mi.    fa.  sol. 
halbe  Schläge 


|=4=32: 


J>=& 


ut.    re.    mi.   fa.    sol. 


Jeder  Buchstabe  steht  in  diesem  Schlüssel  mit  zwei  der  am 
linken  und  oberen  Rande  vermerkten  Solmisationssilben  in  Bezie- 
hung. Für  sie  treten  die  entsprechenden  Töne  in  der  angegebenen 
Reihenfolge  ein.    Der  Musikgeübte  kann  Ganze  und  Halbe  mitein- 


Musikalische  Geheimschriften  Friderici's. 


4Ü9 


ander  mischen,  das  Taktverhältnis  ordnen,  die  Worte  durch  Pausen 
abtrennen  und  so  ein  unauffälliges,  musikalisch  vernünftiges  Noten- 
bild schaffen. 

Nicht  wesentlich   anders  ist  der  Weg,   den  Friderici  zu  einer 
dritten  musikalischen  Geheimschrift  aufweist: 


!. 

2. 

3. 

4. 

5. 

I. 

Ä 

B 

C 

D 

E 

II. 

F 

0 

H 

I 

K 

III. 

L 

M 

N 

0 

P 

IV. 

Q 

R 

S 

■   1 

U 

V. 

w 

X 

Y 

z 

Jedem  Buchstaben  entspricht  links  eine  römische,  oben  eine  ara- 
bische Ziffer.  Beide  geben  die  Linie  an,  auf  der  die  den  Buch- 
staben vertretenden  zwei  Tüne  liegen  sollen.  Für  das  Wort  >Bach« 
würde  sich  nach  den  dargebotenen  Anweisungen  folgendes  Melisma 


ergeben : 


T- 


-o—^—o- 


Schließlich  teilt  er  auch  als  einfacheren  Schlüssel  die  Identi- 
fizierung des  Alphabets  mit  der  von  b  bis  e"  als  Ganze  aufsteigenden 
und  als  Halbe  wieder  absteigenden  Reihe  einschließlich  der  beiden 
breves  c'  e'  als  Schlußtüne  mit: 


^°=e=$^= 


^=^ 


F.-0- 

a 


:fESE£ 


4-6-9- 


d    e     f    g    h     i    k     Imnopqrstuwxyx 


Hier  steht  Friderici  offenbar  unter  dem  Einflüsse  von  Hercules 
a  Sunde  und  Gaspar  Schott.  Ihr  Prinzip  wirkt  auch  in  der  ano- 
nymen, 1799  erschienenen  Schrift  »Geheime  Briefschaften  aus  dem 
Portefeuille  der  bey  Rastadt  ermordeten  fränkischen  Gesandtschaft, 
voll  wichtiger  Aufschlüsse  über  mehrere  der  interessantesten  Ereig- 
nisse unserer  Tage«.  Hier  sind  Nachrichten  in  die  Form  einer 
Melodie  gebracht  worden,  die  als  Baß  einer  regelrecht  gesetzten 
mehrstimmigen   Komposition   Verwendung  gefunden  und   dadurch 


470 


Geheimschriften  M.  Haydn's  und  Bliesener's. 


ein  ganz  unverfängliches  Gepräge  gewonnen  hat.  Um  die  Lösung 
zu  erleichtern,  ist  das  Wortende  durch  gehaltene  Noten  ausgezeichnet 
worden  K 

Legt  Friderici  dem  Alphabet  eine  diatonische  Reihe  zu  gründe, 
so  greift  Michael  Haydn2  auf  das  chromatische  und  enharmonische 
Tonmaterial  von   G — h  zurück: 


fe^s^^teiöi 


ifc 


9?  ' 


^M 


befgbijflmnoöqrfSfe 


ß^ß- 


1 


S^ffi^ffiü 


^^m 


tutitojijsä  ö  ü         ,;.:?!() 

Die  großen  Buchstaben  gewinnt  er  in  der  gleichen  Weise  unter 
Anwendung  halber  Noten. 

Den  Eindruck  der  italienischen  Lautentabulatur  erweckt  mit 
seiner  Musik-Zeichen-  und  Ziffernsprache  1801  der  Berliner  Kam- 
mermusiker Bliesener3.  Er  denkt  sich  das  Alphabet  in  Gruppen 
von  je  fünf  Buchstaben  zerlegt,  mit  den  Zahlen  von  1 — 5  bezeichnet 
und  auf  fünf  Notenlinien  aufgeteilt: 


a    b    c    d    e 

f  g  h   i    k 

l   m  n   o   p 

q   r    s    t   u 

V  w  x   z  t% 

-^—^—9 — * — 5— 

Für  den  Fall,  daß  auf  die  Notenlinien  verzichtet  wird,  schlägt 
er  doppelte  Zahlen  vor,  deren  erste  die  Linie  nennt,  ai.f  welche 
sich  die  zweite  Zahl  beziehen  soll.  Ja  auch  auf  die  Firmer  über- 
trägt er  seine  zahlengemäße  Darstellung  des  Alphabets  un  1  rechnet 
mit  doppelten  Fingerbewegungen,  von  denen  die  erst.  j.uf  die 
Reihe,  die  zweite  auf  die  Stellung  des  gewünschten  Buchstabens 
in  der  Reihe  zielt.  Schließlich  stellt  er  auch  klingende  Motive 
auf,  deren  Tonzahl  einmal  die  Reihe,  das  andere  Mal  wiederum 
die  Stellung  des  Buchstabens  in  der  Reihe  festlegt. 

Auf  verwandten  Wegen  bewegt  sich  auch  die  Methode  der 
Geheimschrift,  welche  1798  Michel  de  Woldemar  in  seiner  »Noto- 


1  Vgl.  den  Aufsatz  von  Christmann  >Musik  als  Chiffernsprache<  in  der 
Allgemeinen  Musikalischen  Zeitungc  II,  327  ff. 

> Biographische  Skizze  von  Michael  Haydn«  (Salzburg  1808)  S.  52. 
3  Berlin,  Kgl.  Bibl.  Mus.  ms.  theor.  Bliesener. 


Geheimschriften  Woldemar's  und  Bertini's.  471 

graphie«1  und  I8H  A.  Bertini  in  seiner  zu  Paris  erschienenen 
»Stigmatographie  ou  l'art  d'ecrire  avec  des  points«  lehrt.  Wolde- 
mar  setzt  die  Buchstaben  A — H  den  Tönen  G — g  als  Ganzenoten 
gleich,  identifiziert  dieselben  Töne  als  Halbenoten  mit  den  Buch- 
staben J  [j  ij) — Q  und  wendet  sie  als  Viertel  auf  den  Best  des 
Alphabets  R  S  T  U  {V)  X  Z  an.  Bertini's  Verfahren  ist  etwas 
umständlicher.  Er  unterscheidet  Konsonanten  und  Vokale,  die  alle 
mit  Hilfe  von  Punktnoten  innerhalb  des  Fünfliniensystems  dar- 
gestellt werden: 


• 

•• 

— » . 

Konsonanten 

• 

••       * 

** 

• 

•  • 

•           *           * 

b 

P 

tri        3        88 

l 

11 

,g     i>k,q     n 

gn      d 

t 

i 

ch 

r      v 

• 

• 

** 

..ile 

•      •• 

* 

*  • 

m 

•• 

••— 

•          ••          * 

a  ^ä,ah     an    on     o    6,au    un    in      e 


Vor  jeden  einfachen,  doppelten  oder  dreifachen  Konsonanten 
setzt  er  einen,  vor  jeden  Vokal  zwei  unter  dem  System  liegende 
Punkte.  Mit  genauer  Anpassung  an  die  Aussprache  wählt  er  die 
Laute  und  die  ihnen  entsprechenden  Töne.  Stumme  Buchstaben 
werden  unterdrückt,  für  einzelne  Buchstaben-Zusammenstellungen 
besondere  Melismen  erfunden: 


x,gz  bd  pt  oi,oa  ut  ma  gtrion 

Selbst  qie  Interpunktion  findet  bei  ihm  Berücksichtigung: 


Die  Beine  der  von  der  untersten  Linie  aufsteigenden  Punkte 
führt  er  als  Zeichen  für  die  Zahlen  0 — 9  auf.  Diese  werden  von 
vorangehenden  Buchstaben  durch  vier  Punkte  unter  den  Linien 
getrennt. 

Bei  Mangel  an  Tinte  und  Blei  rät  er  an,  die  Punkte  mit  einer 
Nadel  in  die  Liniensysteme  einzutragen.  Bei  Wiedergabe  der  Beihen 
auf  einem  Instrument  schlägt  er  die  Anwendung  des  Violinschlüssels 
und  die  Vorzeichnung  eines  Kreuzes  vor.  Sein  Beispiel  sei  der 
Kuriosität  halber  wiedergegeben: 


1  Vgl.  die  >Revue  Musicale«  von  Fetis  2.  Jahrgang  Bd.  IV,  S.  272  f. 


472  Die  Weltsprache  Francois  Sudre's. 


• 

-• 

• 

. 

• 

• 

*  * 

•               *  •            •                  •  • 

servez 

•        •  • 
vous 

•            •  • 

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•           •  •         •           •  • 

cette 

•           • 

• 

• 

• 

•          •                     * 

• 

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5 

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• 

* 

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• 

•  • 

•      •  •     •  • 

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• 

•  • 

• 

• 

•          •  • 

•   • 


meilleure  •  1811 

Auch  auf  deutschem  Boden  faßte  diese  Rebuskunst  Wurzel  und 
zeitigte  1887  das  Werk  A.  Michaelis'  »Eine  Notenschrift  auf  Grund 
des  modernen  Tonsystems  enthaltend  das  vollständige  Alphabet 
zur  Korrespondenz  erfunden«. 

Am  geistvollsten  baute  aber  Frangois  Sudre  den  Gedanken 
aus  und  verfolgte  ihn  in  seiner  »Langue  musicale  universelle«  i  bis 
zu  den  letzten  Konsequenzen.  Er  nahm  Abstand  von  dem  spiele- 
rischen Verfahren  der  Melodiegewinnung  und  änderte  auch  den 
Zweck  dieses  Versuches.  Nicht  eine  Geheimsprache,  sondern  eine 
Universalsprache,  eine  Weltsprache  wollte  er  auf  musikalischer 
Grundlage  schaffen,  eine  Sprache,  die  allen  Völkern  der  Erde, 
Sehenden,  Blinden,  Tauben  und  Stummen  verständlich  wäre.  Bis 
in  das  Jahr  4  84  7  gehen  seine  Versuche  zurück.  1823  bildete  er 
den  ersten  Schüler  in  der  neuen  Sprache  aus  und  führte  seine 
Erfindung  öffentlich  vor2.  4  825  machte  er  mit  seinen  Schülern 
Ernst  Deldevez  und  Charles  Larsonneur  eine  siebenmonatige 
Konzertreise  zur  Verbreitung  seiner  musikalischen  Sprache3.  Am 
26.  Januar  1 828  legt  er  der  Akademie  seine  Lehre  vor.  Sein  elf- 
jähriger Schüler  Deldevez  gab  die  Übersetzung  dessen,  was  er 
durch  die  Violine  zu  ihm  sprach4.  Eine  gemischte  Kommission  von 
Mitgliedern  verschiedener  Akademien  beriet  in  gemeinsamer  Sitzung 
vom  4  8.  Februar  mit  der  Musiksektion,  der  Gherubini,  Lesueur, 
Berton,    Catel  und  Boieldieu  angehörten,   über  die  Bedeutung 


1  >Langue  musicale  universelle  inventee  par  Francois  Sudre   egalement 
inventeur  de  la  telephonie«  (Paris   1866). 

2  Vgl.  den  »Moniteur«  vom  29.  Oktober  ■1823. 

3  Vgl.  E.M.-E.  Deldevez,  »Mes  Memoires«  (Le  Puy,  4890)  S.  4  ff . 

4  Eine  Parallele  laßt  sich  im  ausgebildeten  Signalwesen  einzelner  Neger- 
völker erblicken. 


Die  Weltsprache  Francois  Sudre's.  473 

seiner  »langue  musicale«  und  entschied,  daß  er  sein  Ziel  vollkommen 
erreicht  hätte.  Allgemein  wurde  auch  der  Wert  dieses  Mittels  für 
Mitteilungen  auf  große  Entfernungen  hin  anerkannt.  Militärische 
Versuche  der  Befehlsübermittelung  mit  Hilfe  der  Sprache  Sudre's 
sind  vom  Pont  des  Arts  zum  Pont  Royal  mit  vollem  Gelingen  an- 
gestellt worden.  Ebenso  gab  man  die  Möglichkeit  zu,  die  Sprache 
Sudre's  wie  die  Chiffern  der  Diplomatie  zur  Geheimsprache  auszu- 
bilden1. Das  Institut  de  France,  Königliche  Akademien  zu  Metz, 
Rouen  und  Bordeaux,  Alexander  von  Humboldt  und  andere  be- 
deutende Gelehrte  sprachen  sich  lobend  über  die  Erfindung  Sudre's 
aus.  Eifrig  bemühte  er  sich,  dieselbe  auszubauen  und  auf  die 
wesentlichsten  lebenden  Sprachen  anzuwenden.  Als  die  alle  Völker 
vereinende  Weltsprache  schwebte  ihm  seine  Musiksprache  vor. 

Sie  bediente  sich  des  in  ganzen  Noten  ausgedrückten  Ton- 
materials von  e — h"  auf  einem  System  von  drei  Linien  mit  dem 
(T-Schlüssel  auf  der  mittleren.  Der  Kern  der  Lehre  ist  philo- 
sophisch. Nicht  Worte,  sondern  Ideen  werden  zum  Ausdruck  ge- 
bracht, um  die  Tonsprache  allen  Völkern  zugänglich  zu  machen. 
Es  würde  zu  weit  führen,  wollte  ich  tiefer  in  das  System  ein- 
führen. Einige  Grundlinien  müssen  genügen.  Durch  verschiedene 
Kombinationen  von  zwei  bis  vier  Tönen  gewinnt  er  Ausdrucksformen 
für  alle  Begriffe.  Nur  für  die  dem  Pflanzen-,  Tier-  und  Mineral- 
reich entnommenen  Wörter  wendet  er  fünf  Töne  an.  Verwandte 
Gedanken  erhalten  auch  eine  verwandte  musikalische  Phrase.  Ein 
paar  Beispiele  mögen  das  System  veranschaulichen: 

— Non,  pas,  -jL M°n>  ma>  mien> 

"ZZZZZZ  point,  ne,  ni  §P  mienne,  ä  moi, 


mes 


Et  -(Ä o Le  bien 


xr 


ou  -m) — o- 


°  —  monter 


si 


-o- 


-ö Dieu 


°              oui>  V0l0Q-                     (jt)  se  laver 
tiers,  soit                      xf o °~ 


i  Siehe  die  >Revue  Musicale<  von  Fetis  Band  IV  S.  182  ff.,    270  ff.,   319, 
475  sowie  BandV  S.  38U.  und  Band  IX  S.  118. 


474  Musikalische  Rätselspielereien. 


Alouette        fM        ~    ~o 


o- 


<*    ° 


-© descendre 


ton,    ta,    tien, 
tienne,  ä  toi  tes 


-o Satan 

© 


Le  mal  (q) o — se  peigner 

*s ®- 


-&- 


O        Bergeron 
nette. 


Die  Töne,  auf  einem  Instrumente  gespielt  oder  als  Solmisations- 
silben  gesprochen,  in  Silben  oder  Noten  geschrieben,  ähnlich  der 
alten  Gesangsmethode  an  der  Hand  aufgewiesen  oder  schließlich 
auch  den  Taubstummen  durch  einen  leichten  Druck  kenntlich  se- 
macht,  lösten  bei  den  Anhängern  der  Methode  Sudre,  gleichgültig 
welcher  Nationalität  sie  auch  waren,  sofort  den  richtigen  Sprach- 
begriff aus.  Die  Verteilung  der  Silben  an  der  linken  mit  dem 
Daumen  nach  oben  gerichteten  Hand  erfolgte  in  der  Weise,  daß 
am  unteren  Rande  der  inneren  Handfläche  Do,  am  Mittelglied  des 
kleinen  Fingers  Re,  an  seiner  Spitze  Mi,  am  Mittelglied  des  Ring- 
fingers Fa,  an  seiner  Spitze  Sol,  am  Mittelglied  des  Zeigefingers 
La,  an  seiner  Spitze  Si  Platz  hatte. 

Trotz  eifrigster  Bemühungen  Sudre's  und  seiner  Anhänger,  sowie 
großer  äußerer  Ehrungen  und  schließlicher  Drucklegung  des  Werkes 
im  Jahre  1866  gelang  es  nicht,  der  Musiksprache  allgemeinere 
Bedeutung  zu  geben. 

Schließlich  sei  mit  wenigen  Worten  auch  noch  der  Verwendung 
der  Musik  zu  rätselhafter  Einkleidung  von  Glückwünschen  und 
Lobeserhebungen  gedacht,  einer  Spielerei,  die  besonders  im  1  7.  Jahr- 
hundert beliebt  war.  Erinnert  sei  nur  an  die  »Gamelia«1,  die  dem 
Musiker  Heinrich  Grimm  1619  zu  seiner  Hochzeit  von  Freunden 
dargebracht  wurde.  Bald  ist  es  die  Solmisation,  bald  sind  es  musi- 
kalische Zeichen,  bald  die  Bocedisation ,  mit  deren  Hilfe  hier  die 
Glückwünsche  zum  Ausdruck  gelangen.  So  gewinnt  z.  B.  der  Ge- 
danke: Ambobus  cedant  di  gaudia  longa  rnaritis  Nimirum  absque 
malo  gaudia  certa  bonis  folgende  Ausdrucksform2: 

1  Magdeburg:  A.  Betzelius  1619. 

2  Anstelle  der  Noten  sind  die  entsprechenden  Silben  der  Bocedisation 
{bo,  ee,  di,  ga,  lo,  ma,  ni)  zu  lesen. 


Zur  Literatur  des  .Musikdrucks.  475 


Am  :  bus dant  _a__o_    u    — x—    a    — -  0—  n     ^    <T  rjtjs. 


0 


mirum  absque    -6 — $ — ^-    u    — —     a  -  rta 


ms. 


Nichts  anderes  ist  es,  wenn  Jo.  Georg  Ahle  in  der  »Unstru- 
tischen  Calliope«  die  Verse:  Geneust  man  solcher  Lust  in  diesem 
Jammerleben  usw.  auf  folgende  Weise  aufzeichnet: 


n     st  m     n  sol  r  Lust  in     i        s       ml    mm    rl  n 

Aber  nicht  immer  liegt  die  Lösung  so  klar  auf  der  Hand. 


7.  Kapitel. 
Der  Musikdruck. 

Die  Erforschung  des  Musiknotendrucks  setzt  ziemlich  früh  ein. 
Im  Jahre  1765  kam  der  Pariser  Notendrucker  Fourni er  le  Jeune 
mit  seinem  »Traite  historique  et  critique  sur  l'origine  et  le  pro- 
gres  des  caracteres  de  fönte  pour  l'impression  de  la  musique,  avec 
des  epreuves  de  nouveaux  caracteres  de  musique«  heraus,  einem 
Werk,  das  besonders  für  die  Erkenntnis  des  französischen  Musik- 
drucks von  Bedeutung  ist.  Zu  dieser  Studie  verfaßte  Nicolaus 
Gando  seine  »Observations«  (Paris  1766),  die  die  Untersuchungen 
Fournier's  wesentlich  zu  vertiefen  scheinen.  Leider  war  mir  dieses 
Werk  nicht  zugänglich,  ebensowenig  Eugene  Duverger's  »Speci- 
men  des  caracteres  de  musique  graves,  fondus  et  st6r6otyp£s  par 
les  procedes  de  E.  Duverger,  pröcede  d'une  notice  sur  la  typo- 
graphie  musicale«  (Paris  1834).  Wenige  Jahre  später  beginnen  die 
Forschungen  des  Wiener  Bibliothekars  Anton  Schmid,  als  deren 
Frucht  wir  das  wenn  auch  einseitige  und  in  dem  Grundgedanken 
verfehlte,  so  doch  wichtige  Werk  »Ottaviano  dei  Petrucci  da 
Fossombrone  der  erste  Erfinder  des  Musiknotendrucks  mit  beweg- 
lichen  Metalltypen  und    seine  Nachfolger«1  (Wien    1845)  besitzen. 


1  »Beiträge  zur  Geschichte  der  Literatur  der  Tonkunst«  liegen  von  ihm 
im  21. — 26.  Band  der  Mainzer  »Caecilia«  vor.  Zu  vergleichen  sind  auch 
A.  Catelani,  »Bibliografia  di  due  stampe  ignote  di  Ottaviano  Petrucci  da 
Fossombrone«  (Estratto  dalla  Gazzetta  Musicale  di  Milano)  Milano,  Tito  di 
Gio.  Ricordi  und  August  0  Vernarecci  »Ottaviano  de'  Petrucci«  (Bologna  1882). 


476  Anfänge  des  Musikdrucks. 

Den  ersten  Versuch  einer  umfassenderen  Geschichte  des  Musik- 
drucks machte  Weckerlin  1874/75  in  der  »Chronique  musicale« 
Band  VI  und  VII1.  Allgemeingültige  Grundlinien  für  eine  Geschichte 
des  Notendrucks  legte  Friedrich  Chrysander  in  seinem  »Abriß 
einer  Geschichte  des  Musikdrucks  im  15. — 19.  Jahrhundert«  in  der 
»Leipziger  Allgemeinen  Musikalischen  Zeitung«  1879  Nr.  1 1  — 16 
fest.  Ihnen  folgte  Hugo  Riemann  in  seiner  mit  Faksimilien  reich 
unterstützten  Studie  in  »Roeder's  Festschrift  1896«  »Notenschift 
und  Notendruck«.  Nur  den  Wert  einer  Gelegenheitsstudie  besitzt 
AdolphThürlings' Vortrag  »Der  Musikdruck  mit  beweglichen Meta'l- 
typen  im  16.  Jahrhundert«,  abgedruckt  in  der  »Vierteljahrsschrift  für 
Musikwissenschaft«  Jahrgang  1892.  Wichtig  sind  die  Arbeit  von 
Barclay  Squire  »Notes  on  early  music  printing«  in  der  Zeitschrift 
»Bibliographica«  Bd.  IX  Seite  99 — 122  und  das  den  englischen 
Musikdruck  scharf  beleuchtende  Werk  Steel e's  »The  earliest 
English  Music  Printing«  (London  1903).  Die  bedeutsame  Rolle, 
welche  die  Niederlande  im  Musikdruck  gespielt  haben,  ist  aus 
Alphonse  Goovaerts'  »Histoire  et  Bibliographie  de  la  Typographie 
Musicale  dans  les  Pays-Bas«  (Anvers,  Pierre  Kockx,  1880)  klar  zu 
ersehen.  Über  die  Anfänge  des  Musikdrucks  liegen  im  übrigen 
eine  ganze  Reihe   verdienstlicher  Studien   vor.     Aufgeführt   seien: 

Anatole  Ales,  Description  des  livres  liturgiques  imprimes  aux  XVe  et  XVI « 
siecles.     Paris  1878  und  1884. 

Duc  de  Rivoli,  Les  misseis  imprimes  ä  Venise  de  1481  ä  1600.  Paris, 
Rothschild  1896. 

Emil  Vogel,  Der  erste  mit  beweglichen  Metalltypen  hergestellte  Notendruck 
für  Figuralmusik.     Jahrbuch  Peters  II  (1896). 

Mantuani,  »Über  Wiegendrucke  und  ältesten  Notendruck«  im  »Litteraturblatt 
der  Neuen  Freien  Presse«  in  Wien  vom  28.  Oktober  1900. 

»Über   den  Beginn  des  Notendrucks«  in  »Vorträge   und  Abhandlungen« 

herausgegeben  von  der  Leo-Gesellschaft.     Wien  1901. 

Molitor,  »Die  Nach-Tridentinische  Choral-Reform«  Bd.  I  (Leipzig,  Leuckart, 
1901). 

Wendel,  »Aus  der  Wiegenzeit  des  Notendrucks«  im  »Zentralblatt  für  Biblio- 
thekswesen« (Leipzig,  Harrassowitz,  1902).   . 

Hermann  Springer,  »Zur  Musiktypographie  in  der  Inkunabelzeit«  in  den 
Wilmans  gewidmeten  »Beiträgen  zur  Bücherkunde  und  Philologie« 
(Leipzig,  Harassowitz,  1903). 

Molitor,  »Deutsche  Choral- Wiegendrucke«  (Regensburg,  Pustet,  1904). 

Hermann  Springer,  »Die  musikalischen  Blockdrucke  des  15.  und  16.  Jahr- 
hunderts« im  »Bericht  über  den  zweiten  Kongreß  der  Internationalen 
Musikgesellschaft  zu  Basel  vom  25. — 27.  September  1906  (Leipzig, 
Breitkopf  &  Härtel,  1907). 


1  Bd.  VI  Nr.  36  und  Bd.  VII  Nr.  38  und  40. 


Die  Entwicklung  des  Notendrucks.  477 

Heranzuziehen  sind  ferner: 

P  a  n  /.  e  r ,  Annales  typografici. 

Hain,  Repertorium  bibliographicum. 

\\   'ale,  Catalogus  Missalium  ritus  latini  ab  anno  -1475.     London  1886. 

A  descriptive  catalogue  of  rare  manuscripts  and  printed  works.    London 

1886. 
Voul Herne,  Die  Inkunabeln  der  Königlichen  Bibliothek  und  anderer  Berliner 

Sammlungen.     (Leipzig,  Harassowitz,  1906). 

Einen  Umschwung  im  Buchwesen  des  Mittelalters  brachte  die 
Erfindung  der  Buchdruckerkunst  durch  Gutenberg  mit  sich.  Man 
erkannte  sehr  bald  den  Vorzug,  einen  Text  in  beliebig  vielen  gleich- 
lautenden Exemplaren  herstellen  und  Fehler  vor  der  endgültigen 
Drucklegung  ausmerzen  zu  können.  Ins  Gewicht  fiel  auch  der 
erhebliche  Preisunterschied  des  geschriebenen  und  gedruckten 
Exemplars.  Zwar  machten  sich  damals  Stimmen  hervorragender 
Männer  wie  des  Sponheimer  Abtes  Trithemius  geltend,  die  den 
Büchern  kein  langes  Leben  voraussagten.  Wie  wenig  sie  aber  recht 
behielten,  beweisen  die  reichen  Bücherschätze,  welche  sich  aus  der 
ersten  Zeit  des  Buchdrucks  in  unsern  Bibliotheken  erhalten  haben. 

Sehr  bald  setzten  Bestrebungen  ein,  den  Druck  auch  für  die 
Musik  nutzbar  zu  machen.  Schwierigkeiten  ergaben  sich  dadurch, 
daß  neben  den  horizontalen  Linien  die  Notenküpfe  mit  ihren  Ver- 
tikalstrichen und  Fahnen  anzufügen  waren.  Zu  praktisch  brauch- 
baren Ergebnissen  gelangten  die  Versuche  zuerst  auf  dem  Gebiete 
der  Missaldrucke.  Nach  Mantuani  wurde  mit  dem  Drucke  der 
Notenküpfe  begonnen,  wie  er  an  Hand  des  bei  Fyner  in  Eßlingen 
I473  gedruckten  »Collectorium«  von  Gerson  zeigt1.  Die  Noten- 
linien sollten  vielleicht  später  mit  der  Hand  gezogen  werden.  Wie 
die  Neumen,  so  kommen  also  auch  die  gedruckten  Noten  zuerst 
ohne  Linien  vor.  Ein  anderes  bekanntes  Beispiel  ist  die  1480  in 
Venedig  von  Theodor  von  Würz  bürg  gedruckte  »Grammatica 
brevis«  des  Franciscus  Niger2.  Raum  für  einzufügende  Noten 
ist  schon  in  dem  1457  bei  Fust  und  Schoeffer  gedruckten 
»Mainzer  Psalterium«  vorgesehen.  Auch  in  theoretischen  Werken 
rechnete  man  anfangs  mit  der  handschriftlichen  Einfügung  der 
Notenbeispiele  oder  druckte  nur  die  Linien  vor.  Bald  ging  man 
aber  zum  Holztafeldruck  über ,  der  Linien  und  Noten  in  einem 
Block  umfaßte.     Gewöhnlich  benutzte  man  Tafeln  aus  Lindenholz, 


1  Vgl.  auch  »A  catalogue  of  one  hundred  works  illustrating  the  history 
of  music  printing  ...  in  the  library  of  Alfred  Henry  Littletonc  London, 
Novello  and  Co.,  1911]  S.  5 f.  und  Riemann,  »Notenschrift  und  Notendruck« 

Leipzig  1896)  Tafel  VIII. 

2  Siehe  das  Faksimile  in  dem  zitierten  »Catalogue  of  one  hundred  works«. 

Kl.  Handb.  der  Mujikgesch.  Ylil,  2.  33 


478  Blockdrucke  des  1 5.  und  4  6.  Jahrhunderts. 

auf  denen  die  Noten  reliefartig  herausgeschnitten  oder  auch  nach 
Art  des  Intaglios  herausgestochen  waren.  Im  ersteren  Falle  nahmen 
die  Noten  die  schwarze  Farbe  an1,  druckten  also  schwarz,  im 
letzteren  die  Tafel,  so  daß  hier  die  Noten  weiß  zur  Erscheinung 
traten2.  Anstelle  der  Holztafeln  wurden  aber  auch  gleichzeitig 
Metallschnitte  verwendet,  die  an  der  größeren  Schärfe  der  Linien 
und  gewissen  Verbiegungen  der  Geraden  zu  erkennen  sind.  Von 
theoretischen  Werken  mit  Musikbeispielen  in  Holztafeldruck  seien 
nach  H.  Riemann's  wertvoller  Studie  in  Roeder's  Festschrift, 
die  durch  H.  Springer 's  Arbeit  über  »Die  musikalischen  Block- 
drucke des  1 5. und  \  6.  Jahrhunderts*3  Verbesserung  und  Erweiterung 
erfahren  hat,  die  ältesten  aufgeführt: 

1487  Nicolaus  Burtius,  Musices  Opusculum:  cum  defensione  Guidonis  Aretini. 

Bologna,  U^o  de  Rugeriis4. 
4488  Hugo    von    Reutlingen,    Flores     musicae     omnis    cantus    Gregoriani. 

Straßburg,  Joh.  Pryß. 
1492  Franchinus   Gafurius,   Theorica    Musice.     Per  Philippuni  Mantegatium. 

dictum  Cassanum.     Mailand. 
4  493  Marcelüni  Verardi  Casanatensis  Elegia.     Rom,    Eucharius  Silber. 
■1495  Higden's  Polychronicon.     Westminster,   Wynkyn  de  Worde. 
c.  4  4  95  Jo.  Tinctoris,  Terminorum  musicorum  diffinitorium. 
1496  Franchinus  Gafurius,  Praclica  Musice.     Mailand,  Guillaume  Signerre. 
4  4  96  Georgius  Reise hius,  Margarita  philosophica.  Heidelberg  oder  Straßburg. 
4  497  Franchinus  Gafurius,  Musice  utriusque  cantus  practica.    Brescia,  Angelus 

Britannicus. 
4  497  Michael  Keinspeck,  Lilium  musice  plane.     Ulm,  Johann  Schäffler. 
4  500  Franciscus  Niger,  Grammatica  brevis.     Basel,  Jacob  von  Pforzheim. 
4504   Nicolaus    Wollick,     Opus    Aureum    Musicae    castigatissimum.      CölnT 

Heinrich  Quentell. 
4504   Balthasar  Prasperg,  Glarissima   plane  atque  choralis  musice  interpre- 

tatio.     Basel,  Michael  Furter. 
4  507  Joannes  Cochleus,  De  Musica  activa.     Cöln. 
4  508  Vitus  Bild,  Stella  musicae.     Augsburg,  Erhard  Oeglin. 
4  508  Franchinus  Gafurius,  Angelicum  ac  divinum    opus    musice.     Mailand. 

Gotardus  de  Ponte. 
4509  Simon  de  Quercu,  Opusculum  musices.     Wien,  Jo.  Winterburg. 
c.  4540  Sebastianus  F  el  s  tin  ensis,  Opusculum  musices. 
4  54  4   Bonaventura  da  Brescia,  Regulae  musicae  planae.  Venedig,  Jac.  di  Penzi. 
4  54  4   Sebastianus  Virdung,  Musica  getutscht.     Basel. 


i  Vgl.  H.   Riemann,     »Notenschrift    und    Notendruck«     (Leipzig    4  896) 
Tafel  IX  und  X. 

2  Ebenda,   Tafel   XI.     Siehe   auch   Molitor,    »Deutsche   Choral-Wiegen- 
drucke« (Regensburg,  Pustet,  4  904)  S.  32. 

3  > Bericht  über  den  zweiten  Kongreß  der  Internationalen  Musikgesellschaft 
zu  Basel  vom  25.— 27.  September  4  906  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  4  907)  S.  37  fl". 

4  Vgl.  das  Faksimile  in  »A  catalogue  of  one  hundred  works«  S.  4  7. 


Der  Druck  mit  beweglichen  Typen  bei  Choralbüchern.  479 

Auch  in  liturgische  Gesangwerke  fand  der  Blockdruck  wenn  auch 
spärlichen  Eingang1.  So  wandte  ihn  Ratdolt  für  das  »Obsequiale« 
von  1487,  Emericus  von  Speier  1493  für  ein  Missale,  Peter 
Schöffer  für  ein  Meßbuch  an.  Ja  selbst  für  weltliche  Musik  läßt 
sich  dieses  Verfahren  nachweisen.  1497  druckte  Barth.  Kistler 
in  Straßburg  eine  kleine  Schrift  »Von  sant  Ursulens  Schifflin«,  in 
dem  sich  ein  kleines  deutsches  Lied  auf  die  Heilige  in  Choralnoten 
mittelst  Holzschnitts  wiedergegeben  findet.  1498  brachte  Jo. 
Bergmann  von  Olpe  in  Basel  Reuchlin's  »Scenica  Progymnasmata« 
heraus,  eine  Schulkomüdie  nach  antikem  Vorbilde,  deren  einzelne 
Akte  mit  mensurierten,  durch  Blockdruckverfahren  wiedergegebenen 
Chormelodien  abschließen.  Ähnlich  verfuhr  1501  der  Nürnberger 
Drucker  Hier.  Hültzel  bei  seiner  Ausgabe  des  »Ludus  Dianae« 
von  Celtes.  Das  wertvollste  Beispiel  findet  sich  aber  in  dem  die 
Eroberung  Granada's  verherrlichenden  Bühnenspiel » llistoria  Baetica«, 
welches  1493  bei  Eucharius  Silber  in  Rom  im  Druck  erschien 
und  einen  vierstimmigen  komplizierten  Satz  in  Blockdruck  wieder- 
gegeben enthält.  Dieser  Blockdruck,  von  Andrea  Antico  da 
Montona  in  Gemeinschaft  mit  Marcellus  Silber  seit  1510  (»Can- 
zone  Nove«)  bis  zur  Vollendung  betrieben,  trat  mit  Petrucci's 
Doppeldruck  in  Wettbewerb  und  schlug  ihn  bei  den  Orgeltabula- 
turen,  deren  erste  Antico  1517  unter  dem  Titel  »Frottole  inta- 
bulate  da  suonar  organi«  ausgehen  ließ.  Nachdem  er  vorüber- 
gehend den  Holzschnitt  hatte  fallen  lassen,  kehrte  er  1536  wieder 
zu  demselben  zurück.  Der  Blockdruck  bereitete  den  Kupferstich 
und  Steindruck  vor. 

Zehn  Jahre  vor  den  Anfängen  des  Blockdrucks  ist  bei  Choral- 
büchern bereits  der  Druck  mit  beweglichen  Typen  nachweisbar. 
Die  Entwickelung  setzt  bei  den  Werken  ein,  die  die  Worte  drucken 
und  Linien  wie  Noten  der  handschriftlichen  Ergänzung  vorbehalten, 
wie  in  dem  1480  bei  Francesco  di  Dino  in  Neapel  gedruckten 
»Theoricum  opus  musice«  von  Gafurius.  Es  folgen  Fälle,  in  denen 
Worte  und  Linien  gedruckt  und  nur  die  Noten  handschriftlich  ein- 
gefügt werden.  Als  Beispiel  nenne  ich  nur  das  148Ö  bei  Mathias 
Hus  in  Lyon  gedruckte  »Missale  seeundum  usum  Romane  Ecclesie«2. 
Statt  die  Noten  handschriftlich  einzufügen,  bediente  man  sich  in 
seltenen  Fällen  vielleicht  auch  metallener  Stempel,  mit  denen  man 


1  Siehe  die  trefflichen  Ausführungen  in  Molitor's  »Deutsche  Choral- 
Wiegendrucke«  (Regensburg,  Pustet,  i 904)  S.  29ff.  und  in  H.  Springer's 
Studie  über  den  Blockdruck. 

2  Von  englischem  Boden  wäre  hier  das  »Sarum  Missale«  von  Notary 
und  Barbier  aus  dem  Jahre   1498  anzuführen. 

33* 


480  ^er  L>ruck  mit  beweglichen  Typen  bei  Choralbüchern. 

mit  der  Hand  die  Noten  eindruckte.  Man  hat  hierfür  den  Ausdruck 
Patronendruck  geprägt.  Von  ihm  bis  zu  dem  Druck  mit  beweg- 
lichen Typen  wäre  nur  ein  kleiner  Schritt.  Die  Linien  waren  in 
den  Choraldrucken  wie  die  Rubriken  seit  etwa  1460  rot.  Schon 
in  diesen  Büchern  lagen,  als  nur  die  Linien  vorgezeichnet  waren, 
Doppeldrucke  vor:  1.  Text  und  2.  Rubriken  und  Notenlinien.  Die 
Hinzufügung  der  Noten  ergab  einen  dreifachen  Druck.  Offen- 
bleiben muß  die  Frage,  ob  erst  die  Noten  und  dann  die  Linien 
gedruckt  wurden,  oder  ob  umgekehrt  verfahren  wurde.  Erste 
Missaldrucke  in  römischen  Choralnoten  rühren  nach  der  Forschung 
Molitor's1  von  dem  in  Rom  wirkenden  Ulrich  Han  aus  Ingol- 
stadt her,  der  schon  1476  mit  einem  »Missale  Romanum«  in 
Quadratnoten  hervortrat.  Demnächst  wären  Octavianus  Scotus 
in  Venedig  mit  seinem  »Missale  secundum  morem  Romanae  Eccle- 
siae«  (1481),  dessen  Typen  sich  durch  Schönheit  und  Klarheit 
auszeichnen  und  auch  für  Mensuralmusik  wohl  verwendbar  gewesen 
wären,  und  der  Passauer  Stephan  Planck  in  Rom  mit  einem 
Missale  vom  Jahre  1482  zu  nennen. 

Kurz  vor  dem  Erscheinen  des  Scotus'schen  Werkes  kam  der 
Würzhurger  Georg  Reyser  als  erster  mit  einem  Missale  in  deut- 
schen Choralnoten  heraus.  Auf  einen  Reyser-Notendruck  aus  dem 
Jahre  1482,  die  »Agenda  ecclesiastica  episcopatus  Herbipolensis« 
macht  Hermann  Springer  in  den  Wilmans  gewidmeten  »Bei- 
trägen zur  Bücherkunde  und  Philologie«  aufmerksam.  Nach  Reyser 
nahmhaft  zu  machen  ist  Johann  Sensenschmidt  in  Bamberg 
mit  seinen  Missaldrucken  für  Regensburg  1485,  Freising  1487, 
Olmütz  1488  und  Augsburg  1489.  Zwei  Jahre  vorher  trat  Erhart 
Uatdolt  mit  seinem  »Obsequiale  Constantiense«  auf  den  Plan. 
1488  beginnt  die  Tätigkeit  von  Michael  Wennßler  und  Jacob 
de  Küchen  in  Basel.  In  genanntem  Jahre  erschien  das  »Graduale 
Basileense«  und  die  »Agenda  parochialium  ecclesiarum«.  Auch 
Peter  Schüffer  der  Ältere,  der  Schüler  von  Gutenberg,  hat  sich 
in  dem  Psalter  von  1490  und  bedingt  auch  im  Missale  von  1493, 
vornehmlich  aber  im  Halberstädter  Missale  als  trefflicher  Musik- 
drucker bewährt.  Der  bedeutendste  Nürnberger  Missaldrucker  war 
Georg  Stuchs  von  Sulzbach  mit  seinem  »Liber  obsequiorum« 
für  Regensburg  1491,  seinem  »Missale  Salzpurgense«  vom  Jahre 
1492  und  manchem  andern  Werk.  In  Wien  trat  zuerst  seit  1503 
Johann   Winterburger  als  Missaldrucker  auf. 


1  »Die  Nach-Tridentinische  Choral-Reform«.  Erster  Band  (Leipzig,  Leuckart, 
1901)  S.  94  ff. 


Der  Satz  mit  beweglichen  Typen  bei  Figuralmusik.  481 

Das  Verdienst,  den  Satz  mit  beweglichen  Typen  in  ausgedehntem 
Maße  auf  Figuralmusik  übertragen  zu  haben,  gebührt  Ottaviano 
de'  Petrucci  da  Fossombrone1  (1466  —  1539).  Nachdem  er  1498 
von  der  Signoria  zu  Venedig  auf  20  Jahre  ein  Patent  für  den 
Druck  von  Mensuralmusik,  Orgel-  und  Lautentabulatur  erhallen 
hatte,  kam  er  am  15.  Mai  1501  mit  seinem  ersten  Druck,  dem 
»Harmonice  Musices  Odhecaton  A«2  heraus.  Hier  ist  das  Problem 
in  einer  später  nur  noch  von  Peter  Schüffer  übertroffenen  Voll- 
kommenheit gelöst.  Der  ganze  Druck  atmet  schlichteste  Vornehm- 
heit. Die  Typen  sind  in  Anlehnung  an  die  kunstvolle  handschriftliche 
Praxis  geschnitten  und  zeigen  bei  den  kleinen  Werten  spitzige 
Formen.  Der  Druck  ist  ein  dreifacher:  4.  Text  und  Initialen, 
■2.  Linien  und  3.  Noten.  Die  Linien  sind  in  einem  Stücke  geschnitten, 
die  einzelnen  Noten  bilden  ebenfalls  ein  Stück.  Alles  paßt  aufs 
vorzüglichste  zusammen.  Aufstellungen  seiner  Werke  finden  sich 
bei  Schmid,  Vernarecci  und  in  Emil  Vogel's  lehrreicher  Studie 
»Der  erste  mit  beweglichen  Metalltypen  hergestellte  Notendruck  für 
Figuralmusik«  im  zweiten  Jahrgang  der  »Jahrbücher  der  Musik- 
bibliothek Peters«   (I895)3. 

Der  erste  deutsche  Drucker  von  Figuralmusik  mit  beweglichen 
Typen  ist  Erhart  Oeglin  in  Augsburg,  aus  dessen  Offizin  1507 
die  »Melopoeiae«  des  Tritonius  hervorgingen.  Nicht  viel  später 
wird  die  Tätigkeit  des  auf  Basler  Gebiet  tätigen  Gregor  Mewes 
aus  Neu-Angermünde  anzusetzen  sein,  der  mit  einem  Obrecht'schen 
Meßwerke  hervortrat4.  Auch  bei  Oeglin  ist  der  Druck  ein  mehr- 
facher; die  Zeilen  sind  aus  kleineren  Teilen  zusammengesetzt. 
Streng  an  Petrucci  hält  sich  dagegen  der  in  Worms  und  Straßburg 
wirkende  Peter  Schoeffer  der  Jüngere,  der  als  erster  mit  einem 
deutschen  Tabulaturwerk5  herauskam  und  z.  B.  mit  seinen   »Can- 


i  Eingehende  Studien  über  ihn  verdanken  wir  Anton  Schmid  und 
Augusto  Vernarecci. 

2  Exemplarein  Berlin-Grunewald  (Bibl.  Dr.  W.  Wolffheim),  Bologna 
Liceo  Musicale).  Paris  (Bibl.  du  Conservatoire)  und  Treviso  (Bibl.  Capitolare). 

3  Siehe  auch  den  Artikel  von  Aristide  Farrenc  »Les  livres  rares  et 
leur  dcstinee«  in  der  »Revue  de  musique  ancienne  et  moderne«  Jahrgang 
I85G  S.  669CF. 

*  Der  Titel  des  in  der  Univ.  Bibl.  Basel  bewahrten  Druckes  ist:  »Concentus 
harmonici  quattuor  missarum  peritissimi  musicorum  Jacobi  Obrccht«.  Faksi- 
milien  siehe  in  der  von  mir  besorgten  Neuaus^abe  in  den  »Werken  van 
Jacob  Obrecht«  (Amsterdam  G.  Aisbach  und  Leipzig  Breitkopf  &  Härtel) 
Negende  en  tiende  aflevering. 

5  Vergleiche  den  Neudruck  von  RobertEitnerim7.  und  8.  »Monatsheft 
für  Musikgeschichte«  (1869):  Arnold  Schlick  des  Jüngeren  »Tabulaturen  etlicher 
lobgesang  und  lidlein  uff  die  orgeln  und  lauten«  (Menlz,  1512,  Peter  Schoeffer). 


482  Der  Notendruck  in  Frankreich. 

tiones«  von  1539  Petrucci  an  Klarheit  und  Feinheit  der  Ausführung 
fast  noch  übertraf. 

Dem  Petrucci  erstanden  bald  Nachahmer  in  Andrea  Antico  in 
Rom  und  Marco  dal  Aquila  sowie  Jacomo  Ungaro  in  Venedig. 
Besondere  Bedeutung  gewannen  Antonio  Gardane,  Angelo  Gar- 
dano,  Octavianus  und  Hieronymus  Scotus  in  Venedig  und 
Antonio  Giunta  in  Rom.  In  Deutschland  zeichneten  sich  die 
Offizinen  von  Egenolph  in  Frankfurt,  Faber  in  Leipzig,  Form- 
schneider, Petrejus,  Johannes  Montanus  (v.  Berg)  und 
Neuber  in  Nürnberg,  Melchior  Kriesstein  und  Philipp  Uhlard 
in  Augsburg,  Georg  Rhaw  in  Wittenberg,  Adam  Berg  in  München 
undApiarius1  in  Straßburg  und  Bern  aus.  Rege  am  Musikdruck 
beteiligten  sich  auch  die  Niederlande2.  Ein  Bollwerk  des  Musikdrucks 
bildete  namentlich  Antwerpen.  Hier  wirkten  seit  1539  Symon  Gock, 
seit  1542  Guillaume  van  Vissenaecken,  seit  1543  Thielman 
Susato,  seit  1554  Hubert  Waelrant,  seit  1564  Glaes  van  den 
Wouwere,  Guillaume  Silvius  und  Christophe  Plantin  und  seit 
1  582  Peter  Phalesius  der  Jüngere  und  JeanBellere.  Daneben  trat 
seit  1546  Loewen  mit  Peter  Phalesius  und  seit  1552  Utrecht  mitHer- 
man  van  Borculo  hervor,  um  nur  einige  der  wichtigsten  zu  nennen. 

Besondere  Bedeutung  gewann  Frankreich  als  die  Heimat  des  ein- 
fachen Musiktypendrucks,  bei  dem  System  und  Note  in  einer  Type 
vereinigt  waren  und  so  der  ganze  Satz  nur  durch  einmaligen  Druck 
hergestellt  werden  konnte.  Als  Erfinder  nennt  Fournier  le  Jeune3 
den  Pariser  Drucker  Pierre  Hautin  um  1525.  Mit  seinen  Typen 
veröffentlichte  Pierre  Attaingnant  seine  Chansons-Sammlung  von 
1530;  sein  Typenmaterial  diente  weiter  dem  Lyoner  Drucker  Jacques 
Moderne,  und  auch  der  Antwerpener  Tylman  Susato  wandte  sie 
z.  B.  in  seiner  Liederausgabe  von  1543  an.  Als  Typographen  machten 
sich  weiter  verdient:  Guillaume  le  Be4,  besonders  als  Drucker  von 

1  Vgl.  hierzu  den  interessanten,  aber  nicht  in  allen  Zügen  einwandfreien 
Aufsatz  von  Adolf  Thürlings  »Der  Musikdruck  mit  beweglichen  Metalltypen 
irn  16.  Jahrhundert  und  die  Musikdrucke  des  Mathias  Apiarius  in  Straßburg  und 
Bern«  (»Vierteljahrsschrift  für  Musikwissenschaft«  VIII,  389  ff.). 

2  Siehe  das  zitierte  Werk  von  Alphonse  Goovaerts.  Über  den  Noten- 
drucker Jakob  Bathen,  der  1554  in  Maestricht  wirkte,  liegt,  ein  eingehender 
Artikel  von  P.  Doppler  in  der  Zeitschrift  »De  Maascouw«  Jahrgang  7  (1905) 
Nr.  7  vor. 

3  Siehe  sein  verdienstliches  Werk  »Traite  historique  et  critique«. 

4  Sein  Versuch,  Stiele  und  Noten  getrennt  zu  drucken,  wurde  wieder  auf- 
gegeben. Vgl.  Fournier,  a.  a.  0.,  S.  20.  Siehe  auch  »Memoires  de  la  Societe 
de  l'Histoire  de  Paris  et  de  l'Isle  de  France«  (Paris  1889)  tome  XV  (1888) 
pp.  273  sq.:  Specimens  de  caracteres  hebreux  grecs  latins  et  de  musique  par 
Guillaume  Le  Be  und  »La  Chronique  Musicale«  VII  (1875)  S.  59  ff. 


Die  zusammensetzbaren  Notentype»  Joh.  Gottl.  Jm.  Breitkopf's.    483 

Lautenmusik  im  Auftrage  von  Le  Roy  und  Ballard  1554 — 55,  Nico- 
laus Duchemin,  Robert  Ballard  und  dessen  Nachfolger  Robert 
Granjon  (um  1572)  sowie  Jacques  deSanlecque  und  Sohn,  deren 
Hauptwirksamkeit  bereits  in  die  erste  Hälfte  des  1  7.  Jahrhunderts 
fällt.  Ihnen  anreihen  lassen  sich  im  18.  Jahrhundert  Keblin  (1746) 
und  Fournier1  (1765).  Als  Schriftgießer  machte  sich  ferner  für  die 
Offizin  Jean  de  Ghannay's  in  Avignon  Etienne  Briard  aus  Bar-le- 
duc  angeregt  durch  Carpentras  mit  schriftmäßigen  Typen  verdient2. 
Auch  Pierre  Ballard  (1617)  hat  Anteil  daran,  die  geschriebene 
runde  Note  durch  die  Typen  Philippe  d'Anfrie's  druckfähig  ge- 
macht zu  haben3. 

Inzwischen  war  auch  auf  deutschem  Boden  an  der  Vervollkomm- 
nung des  Musikdrucks  weiter  gearbeitet  worden.  Versuche,  die  ge- 
schriebene runde  Note  druckfähig  zu  machen,  gehen  in  Deutschland 
auf  Georg  Caspar  Wecker  zurück.  Im  Verein  mit  seinem  Ver- 
leger und  Drucker  Wolfgang  Moritz  Endter  brachte  er  nach 
längeren  Versuchen  ein  brauchbares  Typenmaterial  heraus,  das  an 
seinen  »Geistlichen  Concerten«  vom  Jahre  1695  zuerst  erprobt 
wurde4.  Eine  der  für  die  Entwickelung  der  Musikdrucktechnik  folgen- 
reichsten Erfindungen  machte  aber  um  die  Mitte  des  1 8.  Jahrhunderts 
der  rührige  Leipziger  Musikverleger  Johann  Gottlob  Immanuel 
Breitkopf  mit  seinen  zusammensetzbaren  Notentypen,  die  den  Musik- 
buchdruck ermöglichten 5.  Als  Proben,  die  für  die  Schönheit  seiner 
Typen  und  ihre  praktische  Brauchbarkeit  beredtes  Zeugnis  ablegen, 
ließ  er  1754  die  Arie  »Wie  mancher  kann  sich  schon  entschließen« 
und  im  Februar  1755  ein  von  dem  Braunschweiger  Kammersekretär 
Graefe  komponiertes  »Sonnet  auf  das  von  Ihrer  Koenigl.  Hoheit 
der  Churprinzessin  zu  Sachsen  selbst  verfertigte,  in  Musik  gesetzte 


1  Er  hat  für  Frankreich  dieselbe  Bedeutung  wie  Johann  Gottlob  Imma- 
nuel Breitkopf  für  Deutschland.  Die  seinem  »Traite  historique«  angehängte, 
vom  Abt  Dugue  komponierte  Ariette  »Charmante  Lyre«  stellt  den  ältesten 
französischen  Druckversuch  mit  zusammensetzbaren  (Musikbuchdruck-)Typendar. 

2  Vgl.  Chrysander  in  der  Leipziger  Allgem.  Musik.  Zeitung  1879  S.  183. 

3  Vgl.  Weckerlin's  Aufsatzreihe  »Histoire  de  l'impression  de  la  rausique« 
in  der  »Chronique  musicale«  tome  VI  (1874)  Nr.  36  und  tome  VII  (1875)  Nr.  38 
und  40,  besonders  VII,  175  ff.,  wo  auch  die  runden  Typen  eines  andern  um 
1700  wirkenden  Pierre  Ballard  nach  Gando's  »Observations«  wiedergegeben 
werden. 

i  Vgl.  E.  L.  Gerber,  »Neues  historisch-biographisches  Lexikon  der  Ton- 
kunst« (Leipzig  1812)  II,  35  f.  und  Mattheson,  »Grundlage  einer  Ehren-Pforte« 
(Hamburg  1740)  S.  392  f. 

5  Zu  seiner  Erfindung  vgl.  den  Artikel  »Notendruck«  in  der  »Mechanisch- 
technischen Encyclopädie«  CIL  Teil  S.  686  ff.  und  Fournier  le  Jeune,  »Traite 
historique«  S.  21  ff. 


484  Johann  Gottlob  Immanuel  Breitkopf' s  >Nachricht«. 

und  abgesungene  Pastoreil  »II  trionfo  della  fedeltä«  erscheinen1. 
Die  als  Dokument  des  Musikdruckes  wichtige,  der  Publikation  an- 
gehängte »Nachricht«   sei  ihrem  Wortlaute  nach  mitgeteilt: 

Die  Liebhaber  der  Tonkunst  empfangen  hiermit  eine  Probe 
einer  neuerfundenen  Art,  Musikalien  zu  drucken,  von  welchen  ich 
hoffe,  daß  sie  weder  ihnen,  noch  auch  denen  Buchdruckern  un- 
angenehm seyn  werde.  Die  bisher  gebräuchliche  Art  ist  einiger- 
maßen aus  der  Gewohnheit  gekommen,  da  sie  weder  die  äußer- 
liche Zierlichkeit  hat,  welche  man  heutigen  Tages  verlanget,  noch 
auch  hinreichend  ist,  alles,  was  die  jetzige  so  vollkommen  ge- 
wordene Tonkunst  verlanget,  auszudrücken.  Die  Buchdrucker 
selbst  sind  damit  nicht  sonderlich  zufrieden,  sowohl,  weil  ihnen 
ihre  Weitläuftigkeit  beschwerlich  fällt,  als  auch  hauptsächlich,  weil 
die  Einrichtung  nicht  so  regelmässig  ist,  daß  sie  ohne  viele  Künsteley 
oder  Flickerey,  die  von  dem  Setzer  selbst  allezeit  erst  ausgedacht 
werden  muß,  könne  gebraucht  werden. 

Gegenwärtige  neue  Art  unterscheidet  sich  in  diesen,  die  Buch- 
druckerey  angehenden  Stücken,  von  jener  sehr  vorzüglich.  Die 
Weitläuftigkeit  der  alten  ist  von  etlichen  hundert  Charakteren 
auf  kaum  die  Hälfte  zusammengezogen,  mit  welcher  kleinern 
Zahl  gleichwohl  alles,  was  nur  in  der  heutigen  Musik  vorkommen 
mag,  darunter  auch  alle  neuere  französischen  Ciaviermanieren 
begriffen  sind,  dargestellet  werden  kann;  und  ihre  Einrichtung 
ist  so  einfach  und  gleichförmig,  daß  auch  nicht  das  geringste 
von  der  alten  Flickerey  dabey  nöthig  ist,  sondern  vielmehr  alle 
Figuren  aus  der  ungekünstelsten  Zusammensetzung  entstehen. 
Da  auch  von  der  alten  Art  drey  bis  viertehalb  Zentner  Schrift 
nöthig  sind,  einen  Bogen  setzen  zu  können ;  so  wird  man  hierzu 
von  dieser  neuen  kaum  einen  Zentner  brauchen,  und  dennoch 
weit  mehr,  und  mit  größerer  Bequemlichkeit,  ausrichten,  als  mit 
jener  viel  größeren  Menge  geschehen  kann. 

Von  dem  Aeußerlichen  überlasset  man  den  Kennern  der  Musik 
und  der  Buchdruckerey  zu  urtheilen,  welchen  sich  aufs  Beste 
empfiehlet 

Leipzig,  im  Februar.   1755. 

Johann  Gottlob  Immanuel  Breitkopf. 

1  Als  erstes  umfangreiches  Werk  veröffentlichte  Breitkopf  mit  den  neuen 
Typen  1756  die  von  der  Kurprinzessin  von  Sachsen  geschaffene  Oper  »Talestri 
regina  delle  Amazoni«. 


Der  Musik-Kupferstich  in  den  Niederlanden.  485 

England  beteiligte  sich  verhältnismäßig  spät  am  Musikdruek. 
Für  das  Blockdruckverfahren  lassen  sich  als  älteste  Beispiele  der 
Day'sche  Psalter  von  1569  und  Le  Roy's  »Instruction  for  the 
Lute«  vom  Jahre  1574  nachweisen.  Der  Metallschnitt  kommt 
schon  früher  in  Crowley's  Psalter  von  1549  vor.  Der  Doppel- 
druck von  Liniensystem  in  einzelnen  Satzstücken  und  Noten  setzt 
1500  mit  dem  Sarum  Missale  von  Pynson  ein.  Als  ältester 
Drucker  von  Figuralmusik  ist  Wynkyn  de  Worde  1530  mit  seinen 
»Twentie  Songes«  zu  nennen,  der  sich  an  den  Augsburger  Drucker 
Öglin  angelehnt  zu  haben  scheint.  Ihm  angereiht  seien  noch 
Gough  und  Seres,  die  mit  Proben  einfachen  Musikdrucks  her- 
vortraten, Crafton,  John  Day  und  Thomas  Este.  Druckpatente 
befanden  sich  in  den  Händen  der  als  Musiker  rühmlich  bekannten 
Meister  Byrd,  Tallis  (1575)  und  Morley  (1598).  Eine  treffliche, 
wenn  auch  nicht  immer  ganz  genaue  Bibliographie  der  Drucke 
findet  sich  bei  Robert  Steele,  »The  earliest  English  Music 
Printing.  A  description  and  bibliography  of  English  printed  music 
to  the  close  of  the  sixteenth  Century«  (London  1903),  einem 
Werke,  das  durch  seine  reichen  Faksimilien-Beigaben  sehr  anschau- 
lich wirkt. 

Inzwischen  hatte  sich  auch  die  Kunst  des  Musikdruckes  ange- 
nommen. Waren  schon  auf  Miniaturen  dann  und  wann  Melodie- 
fragmente, z.  B.  Exultate  Domino- Weisen  in  die  Komposition  einge- 
flochten worden,  so  bildet  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts 
die  Verwendung  ganzer  Tonsätze  eine  Eigentümlichkeit  der  nieder- 
ländischen Maler  Martin  de  Vos,  J.  van  Winghe,  Jakob  de 
Gheyn,  deren  Werke  durch  die  Kupferstiche  von  J.  Sadler,  J.  Stra- 
danus,  Ph.  Galle  und  Zach.  Dolendo  aus  den  Jahren  1584, 
1585,  1588,  1590  usw.,  sowie  manchen  schwächeren  Nachstich 
von  Theod.  Galle,  C.  Vischer  und  J.  Ph.  Schabalie  weitere 
Verbreitung  erfuhren1.  Hier  ist  nicht  nur  auf  die  malerische  Wir- 
kung hingearbeitet,  sondern  jede  Note  und  jede  Pause  wenigstens 
bei  den  Originalstichen  aufs  sorgfältigste  gesetzt,  so  daß  diese 
Kupferstiche  als  musikgeschichtliche  Quellen  für  Werke. von  Pe ver- 
nage, Verdonck,  Cornelis  Schuyt,  D.  Raymundi,  Francesco 
Soriano  und  Orl.  di  Lasso  zu  verwenden  und  als  die  Anfänge 
des  Musik-Kupferstichs   zu   betrachten   sind2.     Erst   1586   begann 


1  Siehe  D.  F.  Scheurleer,  >Oude  Muziekinstrumenten  en  Prenten  en  Foto- 
grafieen  naar  Schilderyen  en  Teekeningen  waarop  Instrumenten  voorkomen» 
(Rotterdam,  190s). 

2  Vgl.  auch  die  Studie  von  Th.  Böttcher  »Musiknoten  auf  Kupferstichen« 
in  den   »Monatsheften  für  Musikgeschichte«  VIII,  121  ff. 


486  Der  Musik-Kupferstich  in  Deutschland. 

Simone  Verovio  in  Rom  den  Kupferstich  systematisch  dem  Musik- 
druck dienstbar  zu  machen.  Max  Seiffert1,  der  sich  zuerst  ein- 
gehend mit  dem  Bildkupferstich  von  Noten  beschäftigt  hat,  hat 
den  bindenden  Beweis  geführt,  daß  Verovio  von  den  Niederlanden 
abhängig  war  und  daß  ein  Holländer  Martinus  van  Buyton 
seinen  ersten  Stich  besorgte.  1586  erschien  Verovio's  »Diletto 
spirituale.  Canzonette  a  tre  et  a  quattro  voci  composte  da  diverse 
eccmi  Musici«,  dem  1589  seine  »Ghirlanda  di  fioretti  musicali«, 
1591  seine  »Canzonette  a  quattro  voci«,  1594  seine  »Lodidellamusica« 
1598  seine  »Toccate  d'intavolatura  d'organo  di  Claudio  Merulo  da 
Correggio«,  sowie  1608  die  >Arie  passeggiati«  von  Durante  und  1612 
die  »Mottetti«  von  Kapsberger  folgten.  Bald  wandten  sich  auch  andere 
dem  Musik-Kupferstich  zu  wie  William  Hole  in  London,  der  1611 
für  Dor.  Euans  die  »Parthenia«  stach,  wie  Nicolo  Borboni,  der 
1615  in  Rom  mit  Frescobaldi's  »Toccate  e  Partite  d'intavolatura  di 
cimbalo«  herauskam,  und  1620  die  Stecher  von  Michelagnolo  Galilei's 
»Primo  Libro  d'intavolatura  di  liuto«  in  München  und  Annibale 
Gregorio's  »Cantiones  ac  sacrae  Lamentationes  singulis  vocibus  con- 
cinendae  cum  ßasso  continuo  Praesertim  ad  Clavicymbalum«  in 
Siena.  Vornehmlich  sind  es  Klavier-  und  Orgelwerke  sowie  Lauten- 
tabulaturen,  die  in  der  Folge  gern  mittels  des  Kupferstiches  weiter 
verbreitet  werden.  Besonders  zeichnet  sich  die  1713  von  Fr.  du 
Plessy  gestochene  Ausgabe  der  »Pieces  de  Clauecin«  von  Francois 
Couperin  aus.  Für  den  Musikkupferstich  auf  deutschem  Boden 
dürfen  die  Stiche  von  Wolfgang  und  Lucas  Kilian  zu  Augs- 
burg, die  mit  den  Kompositionen  Adam  Gumpelzhaimer's  Be- 
rührung haben,  nicht  übersehen  werden.  Besonders  herausgehoben 
seien  von  Wolfgang  Kilian  die  »Musae  IX«  aus  dem  Jahre  1615 
und  von  Lucas  Kilian  das  Bildnis  des  »Adamus  Gumpelzhaimer 
Trospergius  Boius  A.  LXIII  Chr.  MDCXXII«.  Eine  nicht  unwesent- 
liche Förderung  erfuhr  der  Plattenstich  in  England  durch  Verwen- 
dung der  aus  einer  Mischung  von  Zinn  und  Blei  bestehenden 
Pewterplatte  seit  1720.  An  der  Verbesserung  des  Stichs  mit  Hilfe 
von  Stempeln  sind  der  Stecher  Cluer  und  der  Verleger  Walsh 
beteiligt. 

Gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts  kamen  neue  Druckverfahren 
hinzu.  1790  verwendete  Franz  Reinhard  in  Straßburg  zuerst 
den  Stereotypen-Notendruck.  1796  erfand  Alois  Senefelder  in 
Prag  die  Lithographie,  die  auch  bald  von  Gleißner  für  die  Musik 
nutzbar  gemacht  wurde.    Bekannt  sind  die  Bemühungen  Carl  Maria 


*  »Archiv  für  Musikwissenschaft«  I,  \   S.  03. 


Der  Musik-Steindruck.  487 

von  Weber's  um  diese  neue  Technik  18001.  Zwei  Jahre  später 
soll  Anton  Niedermayr  in  Regensburg  mit  ätzender  Tinte  Noten 
auf  Marmorplatten  geschrieben  und  damit  gedruckt  haben  (Stein- 
druck)2. Die  Verwendung  der  Schnellpresse  für  den  Druck  mit 
Steinplatten  glückte  Carl  Gottlieb  Roeder3. 


i  Siehe  »Carl  Maria  von  Weber.    Ein  Lebensbild«  von  Max  Maria  v.  Weber. 

2  Vgl.  die  »Mechaniscb-technische  Encyclopädie«  CIL  Teil  S.  686  ff. 

3  Siehe  H.  Riemann.  Notenschrift  und  Notendruck«  S.  87. 


Namen-  und  Sachregister. 


Abecedario    des    Girolamo    Monte- 
sardo  171   f. 

—  des  Giovanni  Stefani  172. 
Abel,  Clamor  Heinrich  238. 
Abele,  Hyacinth  13. 
Abreu,  Gabrielle  206. 

—  seine  Blindenschrift  453  f. 
Absetzen  auf  die  Laute  64. 
Abzug  der  Laute  41. 

—  bei  J.  de  Gallot  150. 

—  bei  den  Italienern  63. 

—  nach  Baron  155. 

—  nach  Beyer  156. 
accent  151. 

—  plaintif  149. 
accento  147,  285. 
accentus  400. 

accord    im    Dusiacki'schen    Lauten- 
buche 91. 

—  consonant  327. 

—  dissonant  327. 

—  sensible  327. 

accordatura    der    Laute    bei    Jan 

Maria  da  Crema  63. 
Adesto  sancta  trinitas  9. 
Adorno,  J.  N.  359. 

—  sein  „Systeme   melographique  re- 
latif"  360. 

—  schlägt  Buchstaben  als  Wertzeichen 
vor  376. 

Adriano,  siehe  Willaert,  Adrien. 
Annerlein  von  Tor  gen,  Tanz  139  f. 
Agazzari,  seine  Generalbaßlehre  316, 
317. 

—  über  bassierende  Instrumente  318. 
agrements  148,  281   f. 


agrements  de  cbant  bei  Loulie  1 51 . 

—  (Verzierungen)  der  Guitarre  nach 
Doisy  (1801)  208. 

Agricola,  Martin  250,269. 

—  über  den  Erfinder  der  deutschen 
Tabulatur  38. 

—  über  die  Geigen  221,  222. 

—  über  Harfentabulatur  299. 

—  über  die  »art  der  Komposition«  306, 
Ahle,  Johann  Georg  475. 

Air  aus  der  Angelica-Tabulatur  von 
Frau  Trezier  128. 

Aigre,  H.  B.,  sein  Vorschlag  zur  Ver- 
meidung der  Vorzeichen  361. 

Akkord,  seine  Umkehrbarkeit  327. 

Akkord-Instrumente  157. 

Akkordion  248. 

Akkordkurzschrift  315. 

Akzent  286. 

Akzent-Tonschrift  Ilmari  Krohn's 
371. 

Akzidentien,  Reformvorschläge  348. 

—  ihre  Darstellung  34  8  ff. 
Albert,    Heinrich,    über    Generalbaß 

316,  318. 

Albrecht  405. 

aleado  207 

Alembert,  d1  328. 

Ales,  Anatole  476. 

Alfabeto  Montesardo's  in  Verbin- 
dung mit  Texten  191. 

—  dissonante   von  Caliginoso  175. 

—  falso  176. 

—  straordinario  von  Pietro  Millioni 
und  Ludovico  Monte  173  f. 

AI  Farabi  36. 


Namen-  und  Sachregister. 


489 


Alfonso  el  Sabio  158. 
Alleniande,  Sol  das  mein  Treuw  89. 

—  du  Roy  von  Francisque  Corbetta 
205. 

Alles  ivas  Odem  hat  414. 
Aloysio,  Antonio,  seine  Notenreform 
370. 

—  seine  Schrift  versuche  430,  431. 
Alphabet  des  Girolamo  Montesardo 

171. 

—  bei  Giovanni  Stefani,  Steffano 
Landi,  Busatti,  Ben.  Sanse- 
verino,  Pietro  Millioni  u.  Lodo- 
vico  Monte  172. 

—  imDienstederNotationbeiRootsey 
371   f. 

—  bei  Eyquem  384. 

Altenburg,  Michael,  wendet  ver- 
schiedene Alphabete  als  Tonschrift 
an  373. 

Amalie  von  Weimar  159. 
Amerbach,  Bonifacius  22,  27. 
Ammerbach,  Elias  Nicolmis  265. 

—  seine  Tabulaturen  29. 
Anaglyptographie  Braille's  452. 
Andre,  A.,  seine  Akkordschrift  333. 
Anerio,  Giovanni  Francesco  55,256, 

274. 

—  Gagliarda  sopra  Un  gay  bergier 
Tafel  zu  256. 

Anfrie,  Philippe  d'  483. 
Angelica  127. 
Anglebert  281. 
Anglois  e  120  f. 

Anonymus  IV  (C.  S.  I)  als  Zeuge  für 
älteste  Instrumentalnotation  5. 

—  überFigurenwesen(Diminution)1 47. 

—  über  Partitur  303. 
Anschlagsstriche  177. 
Anschütz,  E.  414. 
Antegnati,  Costanzo  256,  274. 
Antico  da  Montona,  Andrea  479, 

482. 
Apiarius  482. 
appoggiature  261. 
Aquila,  Mario  dal  482. 


Aragona,  Paolo  d':  Ohimel  che  far 

deggHo  198  f. 
Arauxo,  Francisco  Correa  279. 
Arbeau,  Thoinot  456. 
ardceol  293. 
Arena,  Antonius  de  456. 
Aria  del  Gran  Ducha  232  f. 
Aria  di  Firenxe  passeggiata  1 84. 
Arizpacochaga  206. 
Arno,  Valentin  364. 
Arnold,  F.  W.,  Herausgeber  des  Fun- 

damentum  organisandi  1 3. 

—  Georg  238. 

—  John  340. 
Arnone,  Guglielmo  276. 

—  „Motetti"  308. 
arpegement  284. 
Arpeggio  bei  Beyer  157. 

—  bei  Corrette  241. 

—  beim  Chitarone  148. 
Ashton,  Hughe  258,  278. 
Aston,  Hughe  siehe  Ashton,  Hughe. 
Aspiration  282. 
Attaingnant,  Pierre  71,  250,  482. 

—  »Tres  breue  et  familiere  intro- 
ductton*   71,  73. 

—  yTreys  breues  rigles*  72  f. 
Aubry,  Pierre  304,  305. 
Audi  chorum  organicum  4. 
Aufzug  bei  Harmonika  248. 
Augustin  3. 

Augustine,  lux  doctorum  von  Adriano 

Willaert  109  ff. 
Aulnaye,  M.  de  1'  420. 

—  sein  Notationssystem  376  f. 
Auberlen  373. 

Aunoy,  Gräfin  d',  ihr  Reisebericht  1  59. 

Autodi  dact  os,  Amadeus  355. 

Aushalten  eines  Tones,  Bezeich- 
nung in  der  ital.  Lautentabulatur 
58  f. 

—  auf  Lauten  149. 

Avella,  Giovanni  d',  seine  Zahlenno- 
tation 390. 

Azevedo,  Alexis,  seine  Schlüssel- 
reform 345. 


490 


Namen-  und  Sachregister. 


Bach,  Joh.  Seb,  238. 
backfall  264,  262,  280. 

—  double  nach  Chr.  Simpson  151. 

—  shaked  nach  Chr.  Simpson  151. 

—  nach  Thomas  Mace  1 52. 
Bacfarc,  Valenlin  Greff  55,  57. 
Bässler,  K.  M.  335,  353. 

—  seine    Darstellung    der    Chromatik 

361. 
Baile  de  Mantua  179. 
Bailleux  328. 
Baillot  238. 
Balalaika  248. 
ßalbi,  Melchior  359. 
Ballard,  Pierre  483. 

—  Robert  4  74,   483. 

Balletto  detto  l'Imperiale  aus 

Tabulatur  Caliginoso  4  89. 
Balletto  Polacco  490. 
Ballo  del  Granducha  486. 
Banchieri,  Adriano  276,  342. 

—  seine  Generalbaßlehre  316. 
Barbella  238. 

Barberiis,  Melchior  de  55,  58,  4  60. 

Barbier  479. 

Barclay  Squire  476. 

B  a  r  d  e  1 1  a ,  siehe  Antonio  Naldi  detto  il 

Bardella. 
Bardenkongreß  294. 
Bariton,  Tabulaturen  239. 
Baron,  Ernst  Gottlieb  50,  93  f. 

—  über  Lautenverzierungen  4  55. 
Barthelemon  über  die  Notation  der 

Musica  neu  Beroriaeth  295. 
basceol  293. 
Basel,  Univ.  Bibl.  F.  IX.  53  92,  300. 

—  Ms.  F  I  8  27. 

—  F  VI  26  22. 

—  F  IX  22  22. 

—  F  IX  57  27. 

—  F  IX  58  22. 
Basilio,  Pere  206. 
Bassano  147. 
Bassano-Vicenza,  Bibl.  Dr.  O.  Chi- 

lesotti  7  0. 
Basse  fondamentaleRameau's326. 


basses  dances  455. 
bassierende  Instrumente  348. 
basso  continuato  344. 
Basso  continuo  344. 
bassi  generali  342. 
bassi  principali  342. 
Baßviole,  ihre  Stimmung  nach  Sa- 
muel Marescallus  228. 
Bataille,  Gabriel  89. 
Batalla,  302. 
Bäte  man,  Robert  228. 
Bathen,  Jakob  482. 
battem ent  4 50. 
Batten  275. 
battery  262. 
Baudouin  4  59. 
Baumann,  Joh.  359. 

—  seine  musikalische  Stenographie 
447. 

Baumgartner  August  335. 

—  seine  Klang-  und  Intervallschrift 
437  ff. 

Bazin  365  f. 
beat  264,  262,  280. 

—  nach  Simpson  4  54. 

—  nach  Thomas  Mace  4  52. 

—  shaked  nach  Chr.  Simpson  4  51. 
Beauchamp,  Charles  Louis  457. 
Beauford,  William  292. 
Beaulieu,  Treuille  de  365. 

— ■  sein  Dreiliniensystem  364. 
Bebung  bei  Beyer  457. 

—  bei  Petri  289  ff. 
Becker,  Georg  388. 
Beckmann,  Gustav  233. 
Beethoven,  L.  van,  Rasch  tritt  der 

Tod  382. 

BegleitsaitenderLaute73,  88  ff. 

Behrendt,  Jacob  Jos.  407,  410,  414. 

Behrens-Senegalden,  über  Vier- 
teltöne 363. 

Bellermann,  H.   1  3. 

Bellony,  Sarabande  470. 

Be  metzrieder  328. 

Benevoli,  Orazio,  die  Partitur  seiner 
Salzburger  Messe  309. 


Namen- 


und  Sachregister. 


491 


Bengson  459. 

Bennert,  Julius  Eduard,  zur  Schlüssel- 
frage 347   f, 

Berg,  Adam  482. 

Bergamasca  aus  Florenz,  Bibl.  Naz. 
Centr.  XIX.  143   188. 

—  Montesardo's  188. 
Bergamasco  166. 
Bergmann  von  Olpe,  Joh.  479. 
Berlin,  Kgl.  Bibl.,  Ms.  acc.  4075  275. 

—  Mus.  ms.  acc.  4118  215. 

—  Ms.  Döremberg  209. 

—  Tabulatur  Vincenz  Lübeck  31. 

—  Mus.  »is.  40026  (Z26)  26. 

—  Mus.  ms.  40032  (Z  32)  5S,  70. 

—  Mus.  ms.  40068  (Z  68)  70. 

—  Mus.  ms.  40085  (Z  8b)  212,  215. 

—  Mus.  ms.  40143  89  f. 

—  Mus.  ms.  40145  143. 

—  Mus.  ms.  40167  Tafel  zu  S.  30. 

—  Mus.  ms.  40267  140. 

—  Mus.ms.theor.4° 57 250.  307,  461. 

—  Mus.  ms.  theor.  8°  84  250,  306. 

—  Ms.  theol.  lat.  quurt.  290  17. 
Berlinische  Stücke  in  Paris,  Bibl. 

du  Conserv.  Ms.  gez.  I.  B.  R.  1  674, 
239. 
Bermudo,  Juan  106,  279,  305,  388. 

—  über  die  Spielvorlagen  des  Orga- 
nisten 258. 

—  seine  Orgeltabulatur  265. 

—  seine  Notation  für  das  monachordio 
301. 

Berner  Orgeltraktat  4. 
Bernelinus,  über  Pfeifenmensuren  3. 
Bernhard,  Christoph  319. 
Bernoulli,  Eduard  251. 
Bertini,  A.,  seine  Geheimschrift  471. 

—  Benoit-Auguste,  seine   >Stigmato- 
graphie«  427  f. 

Berton  472. 
Bertoldo,  Spirindio  273. 
Bethizy  328. 
Beutter,  A.,  462. 
Bevin  275,  278. 

—  Edward,  seine  graces  260. 


Beyer,  Job.  Christian,  über  Fingersatz 
bei  der  Laute  74. 

—  Anweisung  fürLautenstimmungen  9  3 . 

—  seine  Verzierungen  für  Laute  156  f. 
Beyschlag,   Ad.  148,  279. 
Bezifferung  314,  318  ff. 

—  nach  Fr.  Erh.  Niedt  315. 

—  in  den  Euridice-Dramen  315. 

Bezifferungstabellen  von  Heini- 
chen, Mattheson,  Telemann,  Sorge 
320. 

Bianciardi,seineGeneralbaßlehre316. 
Biber,   Heinrich,  Beispiele   für   scor- 

datura  237  f. 
Biernath,  Ernst  158. 
Bild,  Vitus  478. 
Bird,  W.  275,  278,   485. 
Blasinstrumente,  ihre  Tabulaturen 

241    ff. 

c 

Blasis  457. 

Blein  355. 

Blick ensderfer  Noten-  und  Korre- 

spondenzschreibmaschine  460. 
Bliesener,  seine  Geheimschrift  470. 
Blindenschrift  449  ff. 
Blitheman  275. 
Blockdruck  478  f.,  485. 
Blow  275,  278. 
Bocedisation  474. 
Boekelmann,  Bern.     462. 
Böttcher,  Th.,   485. 
Bogen,  nach  unten  geöffnet  324. 
Bogenaufstrich  in  der  Violinenta- 

bulatur  233. 
Bogenführungs-Zeichen  bei  Ma- 

rais,  Corrette,  Herbst,  L.  Mozart, 

Löhlein,   Geminiani  240. 
Bogenstrich-Bezeichnung     bei 

Ganassi  225. 
Bohl,  Heinrich  350. 
Bohn,  Emil  32. 
Boieldieu  472. 

Bologna,  Liceo  musicale  Cod. 37  250. 
Bonaventura  da  Brescia  478. 
Bonnard  359. 
—  Paul,  seine  »Notation  musicale«338. 


492 


Namen-  und  Sachregister. 


Bontempi,  Joh.  Andreas,  über  Sol- 
misationssilben  380. 

—  seine  Zifferntabulatur  393. 
Bon  vogage,  eher  Dumolet  379. 
Borboni,  Nicolo,  Musikkupferstechcr 

486. 
Borio,  Giuseppe  353,  355. 
Borjon  242. 

—  seine  Musette-Tabulatur  245. 
Bordone  51. 

bordone  descordato  63. 
Bordunsaiten  37,  58. 

—  bei  der  Theorbe  114  f. 
Lurdunus  220. 
Borrono,  Pietro  Paolo  57. 
Bossinensis,  Franciscus  52. 
Boudler  221. 

Bouree  von  Radolt  155. 

Bovicelli  285. 

Bowman-Aikin,  Jesse  369. 

Brade,  William  228. 

Braille,  seine  musikalische  Blinden- 
schrift 452. 

Bramsen,  Jens  Andreas  410,  411, 
414. 

branle  456. 

Branle  simple  235. 

Branle  de  bresse  246. 

Bransle  de  Poictou  169. 

Branzoli  160. 

Braune  407,  410,  413. 

Breitkopf,  Johann  Gottlob  Imma- 
nuel 483  f. 

Brenet,  Michel  38. 

Brescianello,  Antonio  125,  Menuett 
126  f. 

Briard,  Etienne  483. 

Bricneo,  Luis  de,  Vertreter  des  estilo 
Castellano  200. 

Bricqueville,  E.  de,  »Notice  sur  la 
vielle«  219. 

Bridge,  Sir  Frederick  380. 

Briefschaften,  Geheime  469. 

Briegel,  459. 

ßrody,  Alexander,  sein  neues  System 
382. 


Brown  278. 

Brüssel,  Bibl.  du   Conserv.  Ms.  Joh. 

Friedr.  Hoppe  veuve  Antoine  Pagot 

248. 

—  Nr.  704  70. 

—  Ms.  5619  124. 

—  Kgl.  Bibl.  Ms.  II.  275  70. 
Bube  455. 

Buchner,  Hans,  seine  Fingersatzbe- 
zeichnung 27. 

—  sein  Fundamentbuch  27. 

—  sein  Lehrtraktat  28. 
Buchstaben,  große  für  franz.  Laute 

74. 

—  als  Wertzeichen  376. 
buckwheat  notes  369. 
Bünde,  bewegliche  38. 

—  in  der  ital.  Lautentabulatur  53. 
Buhle,  Ed.,  247. 

Bull,  John  262,   275,  278,  280. 

Bundbezeichnung,  italienische  bei 
sieben-  u.  mehrchörigen  Lauten  58. 

Bunsold's  Ev.  Choralbuch  132,  143  f. 

Burlini,  über  Generalbaß  316. 

Burmeister,  Joachim,  setzt  verschie- 
dene Schriftgattungen  für  die  Ok- 
tavunterscheidung 375. 

Burtius,  Nicolaus  478. 

Busatti  176. 

—  sein  Alphabet  172. 
Busby,  Miss  410,  411. 

—  ihr  Kurzschriftversuch  447. 
Busoni,  Ferruccio  359  f. 
Butler  380. 

Buttstedt  286. 
Buus,  Giacques  256,  305. 
Buxheimer  Orgelbuch  17. 
Buyton,  Martinus  van  486. 
Byrd,  s.  Bird,  William. 

(labecon,  Antonio  de  267,  279,  301, 
388,  396,  399. 

—  Hernando  de  267. 
Caccini,  313. 
cadence,  284. 
cadence,  double  283. 


Namen-  und  Sachregister. 


493 


cadence,  parfaite,  jetee,   ferme  208. 
cadent  nach  Chr.  Simpson  4  51. 
Qafiu'ddin  al-ürmavi  387. 
Calanson,  Guiraut  de  130. 
calichon  siehe  colachon. 
Caliginoso,  über  lettere  tagliate475. 

—  siehe  auch  Foscarini. 
Gambrai,  Bibl.  Com.  Frgm.  Adam  de 

la  Halle  305. 
Cambridge,       University      Library 
Ff  1.17  304. 

—  Ff  11.29  305. 
Campana  467. 
Campana  che  sona  4  02. 
Campion,  Francois  204,  207. 

—  die  Manieren  der  Guitarre  208. 

—  Thomas  828,  313. 
Campra  324. 
Canario  von  Ribayaz  202. 
Cantastorie  224. 
Cantigas  de  Santa  Maria  158. 
cantino  207. 

Canto  51. 

Cantone,  Seraüno  276. 

—  >Sacrae  Cantiones«  308. 
cantus  mensuratus  461. 
cantus  planus  461. 

Cap eilen,  Georg,  für  die  Notierung 
der  transponierenden  Instrumente 
in  C-Stimmung  310. 

—  seine  Darstellung  chromatisch  alte- 
rierter  Töne  349. 

Cara,  Marchetto,  313. 

—  Jo  non  compro  60. 
Caracossa  133. 

Caramuel     de     Lobkowitz,     Jo- 
hannes 34  0. 
Carbonchi,  Antonio,  189. 

—  über  lettere  tagliate  175. 
Careyre  459. 
Carillon  milanois  402. 
Caroso,  Fabritio  457. 
Carre,  Anthoine  204. 
Casa,  Girolamo  dalla  4  47. 
casella  64. 

Casini,  Gio.  Maria  J58,  277. 

Kl.  Handb.  der  Musikgesch.  VIII,  2. 


Cassel,  Landesbibl.  Ms.  O.  TielkelW. 

—  Convolut  sub  fol.  61, 1  239. 
Casteliono,  Antonio  55. 
Castiglione   über  das  cantare  alla 

viola  per  reeitar  224. 
Castel,  Louis  Bertrand  463. 
Catel  472. 

Cattaneo,  N.  E.  352. 
cauda,     bezeichnet     Richtung     des 

Guitarrenschlages  204. 
Cavaccio,  Gio.  309. 
Cavaliere,  Gio.  Filippo  265. 
Cavalieri,  Emilio  de'  148,285,343. 
ceol  293. 

Cerone,  Pietro  265. 
Cerreto,  Scipione  52,  55. 

—  über  Guitarrentabulatur  4  65. 

—  sein  Liniensystem  für  die  Viola  226. 

—  über  lira  in  gamba  231. 

—  »Della  prattica  musica  vocale  et 
Strumentale  1601«  239. 

cetera  130. 
cetula  130. 
Chaconne  aus  Marg.  Monin's  Tabula- 

turbuch  f.  Angelica  127. 
chalcedon  siehe  colachon. 
Chambonnieres  281. 
Charakterisierung  der  Töne  durch 

die  Form  367  ff. 
Charmante  Lyre  vom  AbtDugue  483. 
Chatir,  Saib  35. 
Cherubini  472. 
Cheve,  E.  J.  M.  400,  403,  416. 
Chiacone  182. 
Chilesotti,  Oscar  460,  266,  304. 

—  Über  Tabulaturen  2. 
Chitarone  448. 
Chitaronetabulaturen  449f. 
Chitarra  Italiana  473. 
Chitarrino  473. 

Chöre,  ihre  Bezeichnung  in  der 
Lautenschule  der  Gaultier's  84  f. 

—  bei  Joannes  Friderici  84. 

—  in  Lautenbuch  Dusiacki,  Wolken- 
stein-Rodenegg  und  Virginia  Renata 
von  Gehema  84. 

34 


494 


Namen-  und  Sachregister. 


Chöre,  bei  J.  Stobaeus  (1640)  84. 

—  in   der  französischen   Lautentabu- 
latur  83. 

—  bezeichnet  durch  Zahlen  41. 

—  bei  Mattheus  Reymann  84. 
Chöre  der  Laute  91. 
Chor  38. 

Choralbuch,   Evangelisches  für  die 

13  chörige  Zither  132. 
Choralnoten     in    gedruckten    Mis- 

salen  480. 
chorus  218. 
Chromatik  348,  385. 

—  im  Buxheimer  Orgelbuch  18. 

—  bei  Schlick  20. 

—  in  der  franz.  Orgeltabulatur  251. 

—  in  der  Ziffernschrift  410. 
Chrysander,  Friedrich,  über  Musik- 
druck 476,  483. 

chute  150,  151,  208,  282,  283,  double 

chute  283. 
Chybinski,  A.  28. 
Cibavit  von  Martin  Leopolita  30. 
Cifra,  Antonio  258,  277. 
Cima,  Paolo  >Partito  de  Ricercari  308. 
circuitus  288. 

circulo  mezzo  nach  Beyer  157. 
Cister  129,  130. 
cistre  130. 
cithar  130. 
cithara  130. 
citharen  130. 
Cither,  ihre  Stimmungen  130. 

—  Tabulaturen  für  vierchörige  145  f. 

—  Tabulaturen  für  fünfchörige  146. 
Cithern  129. 

Cithernen  129. 
Cithertabulaturen  mit  Buchstaben 

132 ff.,  mit  Zahlen  136. 
cithren  130. 
Cithrinchen  130. 

—  Hamburger  131,  140,  146. 
citola  130. 

cittern  130. 
cittharne  130. 
clamazione  285. 


Clarke  278. 

Clavicembalo  118. 

Claviere,  J.  409. 

clos  8 

Closson,  Ernest  455,  456. 

Cluer  486. 

Coche  242. 

Cochleus,  Joannes  478. 

Cock,  Simon  482. 

Coelho,  Man.  Rodr.  258,  277. 

—  »Flores  de  musicat  308. 
Colachon  125. 
colascione  125. 

Colet,  seine  Bezifferungsmethode  332. 

—  zur  Schlüsselfrage  343. 

Coli  et,  N.  Verteidiger  unserer  Noten- 
schrift 386. 

Co  im  an,  Charles  151. 

colochone,  siehe  colachon. 

color  460. 

coloratura  460. 

colpi  177.  ihre  rhytmische  Bezeich- 
nung 178. 

compas  201. 

compasso  64. 

Conforto  147. 

conge  456. 

Contini,  Francesco,  Sonata  al  Man- 
dolino  123. 

Contrabasso  51. 

Cooper  228,  275. 

Corbetta,  Francisque  204. 

—  Alemande  du  Roy  205. 
cordatura     der    Laute    bei     Paolo 

Virgo  64. 

corde  avalee  91 

Corelli,  Arcangelo,  seine  Generalbaß- 
bezifferung 319. 

—  Adagio  der  3.  Sonate  227. 

—  Tonsatz  372. 

Cornier  verwendet  farbige  Linien  385. 
Correa  de  Araujo,  Francesco  269. 
Corrette,  Zeichen  der  Bogenführung 
240. 

—  über  Pince  und  Arpegio  241. 
Corsi,  Jacopo  118. 


Namen-  und  Sachregister. 


495 


Cossart,  L^  379. 
Cosyn  278. 
Coucou,  coucou  424. 
Coule  154,  282,  283. 
Couperin,  Frangois  281,  486. 
Coupleux,  E.  447. 
Coussemaker,  E.  de  803  f.,  305. 
Cousu,    Antoine    de,    seine   Zahlen- 

tabulatur  292. 
Crafton  485. 

Creed,  seine  Notiermaschine  458. 
Crema,  Jan  Maria  da  63. 
Croce,  Giovanni  313. 
crochue  72. 
Crowley,  Psalter  485. 
Crucifixus     etiam    pro    nobis     aus 

Fuenllana  113. 
cruit  218,  219,  291. 
Cueur  angoisseux  75. 
Cummings,  Dr.  W.  H.  380. 

—  sein  Ms.  des  Adam  Ileborgh  11. 
Curwen,  Dr.  John  380,  381. 
cythar  130. 

cytherne  130. 
Cythol  130. 
Cytol  130. 
Czerwinski,  Albert  456. 

Dalza,  Joanambrosio  52. 

Daman  228. 

Dammas,   Friedrich    407,    409,    410, 

411,  412. 
Damme,  H.  zur  Schlüsselfrage   345. 
Dances,  Basses  455. 
Dandrieu,    seine    Bezeichnung    der 

fausse  quinte  324. 
Danel,  L.  383. 
Dannreuther  148,  279,  281. 
Danze,  Basse  455. 
Dathenus,  Petrus,  Einschlüsselsystem 

in  seinem  Psalter  311. 
Davantes,  Pierre,  seine  Ziöernnota- 

tion  388. 
David  über  Tabulaturen  2. 

—  über  die  Notation  der  Musica  neu 
Beroriaeth  295. 


David-Lussy  335. 

Day,  John  485. 

Daza,  Esteban,  seine  Bezeichnung  der 
Gesangsnoten  in  der  Lautentabu- 
latur  112. 

Decher,  Adolph,  versucht  die  Dar- 
stellung der  Klangfarbe  463. 

Decher,  G.  356,  361. 

—  seine  Darstellung  des  Rhythmus  358. 
Decker,  C.  v.  464. 
Delaruelle,  P.,  seine  neue  Notation 

379. 

Del  camp,  Maurice,  Gegner  der  Ziffern- 
notation 369. 

Del  crud''  amor  61  ff. 

Deldevez,  Ernst  472. 

Delight,  Musick's  on  the  Cithren  131. 

Demachy  232. 

—  Pieces  de  Viole  239. 

Demotz  de  la  Salle,  seine  Ton- 
schrift 421. 

Depierre,  Maurice,  sein  Schriftver- 
such 369,  430,  431. 

Derosier  204. 

Des  klaff  er s  neydenn  1 3. 

desmarche  456. 

Dessauer  Marsch  122. 

Destranges,  Etienne,  seine  Bespre- 
chung von  Bazin's  Reform  365. 

detache  285. 

Dezais  457. 

Diderot  für  Lacassagne's  Schlüssel- 
reform 342. 

Dienst,  seine  »Flageoletschule<  242. 

Diesis,  enharmonische  363. 

Dietrichstein,  Fürstin,  ihre  Cithei- 
tabulatur  131. 

Diettrich-Kalkhoff  335. 

Dieupart  281. 

Dien!  quelle  ardeur  374. 

Diminution  7,  147,  456. 

Dino,  Francesco  di  479. 

Diruta,  Girolamo  265,  273f.,  285,  312. 

—  über  Partitur  306. 
discantus  floribus  adornatus   7. 
Dodge,  Janet  148,  133. 

34* 


496 


Namen- 


und  Sachregister. 


Döremberg-Tabulatur    der     Kgl. 

Bibl.  Berlin  204. 
Döring  benutzt  verschiedene  Alphabete 

zur  Oktavunterscheidung  376. 
Dolendo,   Zach.,  Musikkupferstecher 

485. 
Dolmetsch,  Arnold  148. 
Domenico  da  Ferrara  455. 
Doni,  Giov.  Battista  461. 

—  zur  Darstellung  der  Kirchenton- 
arten 374  f. 

—  über  Solmisationssilben  380. 
Doppel-Cither  1  41. 

—  Sixt  Kärgel's  131. 
Doppelkreuz    für    Aushalten    eines 

Tones  58. 

Douai  Ms.  124  250,  303. 

Double  283,  456. 

Dowland,  John  228. 

Draesecke,  Felix,  Gegner  der 
Schlüsselreform  310. 

Drei  klänge,  verminderte,  ihre  Be- 
zeichnung bei  G.  Weber  329. 

—  übermäßige,  330. 
Dreiliniensystem  364. 
Dressler,  Gallus,  seine  Beispiele  der 

Partitur  306. 

Drieberg,  Friedrich  von  359. 

Druck  mit  beweglichen  Typen  479  f. 

Dubitzky,  Franz,  beschränkt  sich  in 
der  Partitur  auf  Violin-  und  Baß- 
schlüssel 310. 

Du  Caurroy,  Eustache,  Satz  3  voc. 
379. 

Duchemin,  Nicolaus  483. 

Dürholz  457. 

Du  Faut,  Sarabande  92 f. 

Dufort,  G.  457. 

Dugue,  A.  483. 

Dumas,  sein  Blindenschriftversuch 
451. 

Dunstaple,  John  of  293. 

Du  Plessy,  Fr.  486. 

Durante,  Francesco  486. 

Durleiter  in  der  Instrumentalmusik 
des  Mittelalters  4. 


Durutte,  Camille  345.  , 
Duverger,  Eugene  475. 
Dwelshauvers,       seine       Partitur- 
reform 311. 

Eckold,  Joh.  Valentin  286. 
Edinburgh,  Guthrie-Ms  235. 
Egenolph  482. 
Einfall  155. 

—  nach  Beyer  157. 

Ein  May  dt  die  sagt  mir  zu  222. 
Einheitspartitur  bei  Stephani  310, 

—  in  England  311. 
Einschlüsselsystem  bei   Dathenus 

311. 
Eisel  242. 
Eisenmenger,  Michel  358. 

—  seine    musikalische     Stenographie 
445. 

Eitner,  Robert  17,  251. 
elevation  nach  Chr.  Simpson  151. 

—  nach  Thomas  Mace  1 52. 
Elewijk  459. 

Eist,  s.  van  der  Eist. 
Emericus  von  Speier  479. 
Endter,  Wolfgang  Moritz  483. 
Engel  218. 

Engelke,  Leopold  353,  355. 
Engramelle,  M.-D.-J.  459. 
Engstfeld  407,  412,  413. 
Enharmonik  und  Mittel  ihrer  Dar- 
stellung 362. 
Erlangen,  Univ.  Bibl.  Ms.  729  17. 
Espanoleta  179. 
Espinel,  Vicente  158. 
Este,  Michel  228. 

—  Thomas  485. 

estilo   Catalano   des  Guitarrespiels 

171. 
estilo  Catalan  nach  Minguet  199. 

—  seine   Griffe  nach   Minguet    und 
Sotos  203. 

estilo    Castellano    des    Guitarren- 
spiels 171. 

—  nach  Minguet  199. 
etoufement  bei  Radolt  154. 


Namen-  und  Sachregister. 


497 


Euler  459. 
extrasino  207. 

Eyquem,  Daniel,  seine  neue  Schreib- 
methode 384. 

Faber,  Johann  Christoph  465. 

—  Nikolaus  482. 
Falck,  Georg  238. 

Fanfarrona  von  Luis  de  Bri<;neo  201. 
Fantasia  von  Luis  de  Briofieo  201. 
Farbe  bei  Cornier  385. 

—  im  Dienste  der  Chromatik  350  ff. 

—  in  der  Musik  46011'. 

—  verglichen  mit  dem  Tone  462. 
Farben  zur  Bezeichnung  der  Tasten  4. 

—  zur  Unterscheidung    der  Stimmen 
einer  Partitur  307. 

Farbenmusik  462. 

Farina,  Carlo,  über  Doppelgriffe  238. 

Farrenc,  Aristide  281,  481. 

fausse  quinte  324. 

Felstin,  Sebastian  478. 

Ferandiere,  Fernando  206. 

Fermate  74. 

Ferrabosco,  Alfonso  228,  232. 

—  »Lessons  for  the  Lyra-Violl  240. 
Fetis,  F.  J.  335. 

—  über  Musica  neu  Beroriaeth  294. 
Feuillet,   seine  »choregraphie<  457. 
fidula  219. 

Finck,  H.  Si  dormiero  43. 
Fineus,  Orontius,  »Epithoma  musice 

instruraentalis«  73. 
Finger  232. 
Fingersatzbezeichnung  42. 

—  bei  Hans  Buchner  27. 

—  bei  E.  N.  Ammerbach  29. 

—  für  Laute  bei  H.  Newsidler  und 
H.  Gerle  42. 

—  für  Laute  bei  Mersenne  74. 

—  bei  der  Guitarre  175. 
lioriture  148. 

Firmissime  fidem  teneamas  9. 
Fischer,  Johann  238. 
Fitzwilliam  Virginal  Book   259. 

278,  279. 


Fleischer,  Oskar  279,  293,   387. 

—  über  Lautenstimmung  36. 

—  über  die  5.  Bundreihe  38  f. 

—  über  den  Hamilton-Kodex  85. 
Fleischhauer,  W.,  seine  Siebenton- 
schrift 366. 

Florenz,  Bibl.  Med.  Laur.  Plut29,l 
303. 

—  Cim.  87  253. 

—  Bibl.  Naz.  Centr.  XIX.  24  192 f. 

—  Ms.  XIX.  105  70. 

—  Ms.  XIX.  106  70. 

—  Ms.  XIX.  109  70. 

—  Ms.  XIX.  143  188. 

—  Ms.  XIX.  143  212. 

—  Ms.  XIX.  143  215. 

—  XIX.  168  61,  70. 

—  Ms.  XIX.  179  70. 

—  Bibl.   Riccardiana  i¥s.  2793    187, 
212,  215. 

flos   harmonicus    bei    Hieronymus 

de  Moravia  8. 
flos    longus     bei   Hieronymus     de 

Moravia  8. 
flos    subitus    bei    Hieronymus     de 

Moravia  8. 
Flöte,  Tabulaturen  244. 
Flood,  Grattan  292. 
Fluri,  Ad.  22. 
Föhr  459. 

Folia  von  Ribayaz  202. 
Folias  183. 
Folie  de  Spange  1 4  0  f. 
Foligno,  bischöfl.  Seminar  Ms.  B.V. 

14  455. 
Fonta  456. 
Fontaines    Guerin,    Hardouin    de 

8,  247. 
Fontana,  Fabritio  258,  277. 
forefall  261,  262,  280. 
Formschneider  482. 
Fortune  a  bieti  couru  sur  moy  76. 
Foscarini,dettoilCaliginoso207. 

—  seine    lettere    tagliate    174,    sein 
alfabetto  dissonante  175. 

—  Beispiele  aus  seiner  Tabulatur  181  ff. 


498 


Namen-  und  Sachregister. 


Fournier  le  Jeune  475,  482,  483. 
Fourrier,  Charles  364. 
FrancescodaMilano,  Tochata  55 ff. 
Franko  305. 
Fredon  72. 
Freising  457. 
Frere  jacques  ä  4v.  427. 
Frescobaldi,    Girolamo,    256,    258, 
274,  275,  276,  277,  278,   486. 

—  Drucke  in  ital.  Orgeltabulatur  309. 
Friderici,    Johann    Balthasar,  seine 

»Cryptographia«  452,  467. 
Froberger,  Joh.  Jakob  256,  275,  278. 
Fuenllana,  Miguel  de  407. 

—  zur  Guitarrentabulatur  4  61. 

—  über  den  Vortrag  der  Gesangsnoten 
in  der  Lautentabulatur  1  1  2. 

Fuga  von  Filippo  Sauli  124. 

Fuller-Maitland  279. 

Fundament-Instrumente  318. 

Fundamentum  bonum  magistri 
Conradi  17. 

Fundamentum  organisandi  43. 

Fundamentum  totius  artis  Mu- 
sice 23. 

Funktionsbezeichnungen  der 
Akkorde  bei  Hugo  Riemann  334. 

Furse  459. 

Fust  477. 

Fuytinck-Bajart  345. 

Fyner  477. 

Gabrieli,  Andrea  273. 

—  Giovanni  273. 
Gafurius,  Franchinus  478. 
Gagliarda     für     deutsche     Lauten- 
tabulatur nach  H.  Gerle  47. 

Gagliarda  de  pass'e  mezzi  4  84. 
Gagliarda   aus    Florenz,    Bibl.    Rice. 

Ms.  2793  187. 
Gagliarda  sopra  Un  gay  bergier  von 

G.  Fr.  Anerio  Tafel  zu  S.  256. 
Gaillarde  P.  B.  7  9  ff. 
Galilei,  Michelagnolo  486. 

—  Vincenzo  59. 

—  »Fronimo«   30S. 


Galin,  Pierre  382,  400,  413. 

—  tritt  für  Rousseau's  Ziffernmethode 
ein  403. 

Galle,   Ph.,  Musikkupferstecher   485. 

—  Theod.  485. 
Galliarda  Gregorii  14  6. 
gallichana,  gallichona,  gallico- 

na  siehe  colachon. 
Gallini  457. 
Gallot,  Jacques  de,  über  Verzierungen 

150. 
Gallus,  Josephus  276,  308,  313. 
Galpin,  Fr.  W.  249,  292. 

—  über  Mandora  4  20. 
Gambale  355. 

—  seine  »Riforma  musicale«  352. 

—  sein  rhythmisches  System  358. 
Gamelia  474. 

Ganassi  dal  Fontego,  Silvestro  4  47. 

—  seine  »Regola  Rubertina«  224. 

—  »Regola  Rubertina«    4  542/43.  239. 

—  seine  »Fontegara«  241. 
Gando,  Nicolaus  475. 
Gardane,  Antonio  482. 
Gardano,  Angelo  482. 
Gascona  von  Luis  de  Bricneo  200. 
Gasperini,  über  Tabulaturen  2. 
Gattey,  Francois  459. 
Gatting,  A.  364,  365. 

—  sein  Reformversuch  418. 
Gaultier  93. 
Gaultier,  Denis  91. 

—  seine  Ausführung  des  martellement 
4  50. 

Gauvin  355. 

Gedenck-Clanck,      Nederlandtsche 

434. 
Geheimschriften  464,  465 ff. 
Geigen  24Sff. 

—  ihre  Stimmungen  221. 

—  polische  232. 

G  e  i  s  1  e  r ,  Chr.,  seine  neue  Notation  4 1 6. 
Geminiani,  Zeichen    der  Bogenfüh- 

rung  240. 
Generalbaß  342ff. 

—  in  Perfs  »Euridice«  314. 


Namen-  und  Sachregister. 


499 


G  e  n  e  r  a  1  b  a  ß ,  seine  Vorzüge  und  Grün- 
de der  Erfindung  318. 

—  bei  Gugl  320. 
Generalbaßb'ezifferung  bei   Stef- 

fani  319,  bei  Niedt  320. 

—  bei  A.  Corelli  319. 
Generalbaßlehren,  älteste  316. 
Generalbaß-Partitur  318. 
Generalbaßpraxis  306. 
Generalbaßschrift,     ihre     weitere 

Ausbildung  in  Deutschland  319. 
Genua,  Univ.  Bibl.  Cod.  F.  VII.  2  70. 
Georgius  3. 

Gerhard,  Johann  Wolff  233. 
Gerle,  Hans  38,  41. 

—  Stimmungen  der  Geigen  221. 

—  Beispiele  für  Geigen  222 f. 

—  seine   >Musica  Teusch  1532«    239. 
Gerson  477. 

Gui- 


Gesangstonschrift    bei    den 
tarren  206. 

Gesellschaftsinstrumente  30. 

Gheyn,  Jakob  de  485. 

Ghiterna  158. 

Ghiterra  158. 

Gibbons,  Orlando  228,  275,  278. 

Gintzler,  Simon  58. 

Giordano,    Umberto,  sein  Partitur- 
Reformvorschlag  311  f. 

Giovambatista  da  Milano  70. 

Giovanni,  Giulio  70. 

Giovanelli,    Rugieri,    Jesu   summa 
benignitas  Tafel  zu  256. 

gittern,  English  122. 

Giunta,  Antonio  482. 

Giustiniani,  Vincenzo  über  Lauten- 
und  Theorbenspiel  65. 

Gleichen,  Andreas,  über  Generalbaß- 
bezifferung 319. 

Gleim,  Peter  413. 

Gleissner  486. 

Glover,  Miss  3s0. 

Goldschmidt,  Hugo  285.    . 

golpes=colpi=GriffederGuitarre203. 

Gomolka,  Mikolaja,   seine  Psalmen- 
ausgabe von  1580   307. 


Goovaerts,  Alphonse  476,  482. 

Gorlier,  Simon  251. 

Gougelet  171. 

Gough  485. 

Graaff,    zur    Darstellung    der    Akzi- 

dentien  350. 
graces  148,  280. 

—  bei  Christopher  Simpson  151. 

—  der  "Virginalisten  260. 
Graefe  483. 

Granata,  Giovanni  Battista,  seine 
»Soavi  concenti«  (1659)  und  »Novi 
Capricci«  (1674). 

Granjon,  Robert  483. 

Grassi-Landi,  Bart.  353. 

—  über  die  Vorzüge  der  Partitur  307. 

—  Darstellung  des  Rhythmus  358. 
Greeting,  Thomas,  seine  Tabulatur 

für  Flageolet  242 f. 
Gregor,  Galliarda  116. 
Gregorio,  Annibale  486. 
Grenerin  171. 

Gretry  zur  Schlüsselfrage  342. 
Griffbuchstaben,  kleine  191. 
Griffe,     ihre     Bezeichnung     in    der 

deutschen  Lautentabulatur  40.    - 

—  der  Guitarre,  ausgedrückt  durch 
Zahlen  199  ff. 

—  der  Guitarre  nach  katalanischem 
Gebrauche  202  f. 

—  der  Guitarre,  ihre  Bezeichnung  in 
Frankreich  203. 

Grifflagen  bei  der  Laute  42. 
Griffspiel  177. 

—  auf  der  Guitarre  171. 
Griffyd  ap  Conan  294. 
Grimm,  Heinrich  474. 
Grocheo,  Johannes  de  158,  252,  253. 

—  über  die  Vielle  220. 
Groll,  Ludwig  365. 

—  schlägt  farbige  Linien  vor  366. 
Groot,  W.  H.  de  405. 
groppo  147,  285. 

Grundbaß  bei    Ludovico    Grossi    da 

Viadana  313. 
Guami,  Giuseppe  276. 


500 


Namen-  und  Sachregister. 


Guerau  207. 

Ougel  223. 

Gugl,  Matthaeus,  über  Generalbaß  320. 

Guglielmo  Ebreo  Pesarese  455. 

Guido  von  Arezzo  377,  385,  464. 

Guillie  über  Blindenschrift  451. 

guisterne  158. 

>Guitarra  Espanola<  (Gerona1639) 

199. 
guitarra  germanica  159. 
guitarra  latina  158. 
guitarra  morisca  158. 
Guitarre  122,  457ff.$; 

—  ihre  Notation  160. 

—  ihre  Stimmungen  1 60  ff. 

—  ihre  bedeutendsten  Vertreter  206. 
Guitarre  Royalle  204. 
Guitarre-Tabulaturen  157,  209 ff. 

—  bei  Fuenllana  und  Barberiis  161, 
bei  Cerreto  165,  bei  Guerau  166, 
bei  Majer  167. 

—  ihre  Rhythmik  177 ff. 

—  französische  203  ff. 
Gumpeltzhaimer,  Adam  486. 
Gutenberg  480. 

Guzman  106. 

Haberl,  Fr.  X.  130,  158. 
habilidades   (Verzierungen)   bei  der 

Guitarre  207. 
Hacks,  Franz,  eine  Kritik  der  »Ecri- 

ture  octavinale«  Bazin's  365. 
Hadrianius,  Emanuel,  sein  »Pratum 

musicum«  83. 
Häkchen  als  Zeichen  des  Teilwertes 

bei  Rousseau  401. 
Haendel,  Halleluia  aus  »Judas  Mac- 

cabäus«  381. 
Haenfling,  Conrad  355. 
Häser,  F.  A.  352. 
Hahn,  Alb.  394,  395. 
Hain,  »Repertorium«   477. 
Hainhofer,  Philipp  55. 
Haken-Noten  450. 
Halbschwärzung  353. 
half  fall  nach  Thomas  Mace  152. 


Halle,  Adam  de  la  305. 

Hamiltonkodex  85. 

Han,  Ulrich  480. 

Hans  von  Constanz  8,  22,  147, 
207. 

Harding,  Jacob  228. 

Hardouin  de  Fontaines-Guerin 
siehe  Fontaines-Guerin,  Har- 
douin de. 

Harfentubulaturen  29)   ff. 

harpeado  207. 

harpege  284,  28   . 

Hart  2r5,  278. 

Hase,  Georg  233. 

Hasse,  Ad.  Marche  dell'  Opera  Arte- 
misia  85  f. 

Hassler,  Hans  Leo  233. 

Hauptmann,  Moritz,  über  den  Moll- 
akkord 330. 

Haydn,  Joseph  451. 

—  Michael,  seine  Geheimschrift  470. 
Heeringen,    Ernst   v.,   sein    »Neues 

System«  352. 

Heinichen  320. 

Heinrich-Edition,  ihre  »Lettern-No- 
tation«  362. 

Heinroth,  Dr.  407,  410. 

Helmbrecht,  Chr.  Friedr.  Franz,  Er- 
finder der  Haken-Noten  4  50. 

Helmholz,  H.  v.  380. 

Hellouin,  Frederic,  425,  445,  448. 

—  über  Menchaca's  Reformversuch 
338. 

Henkemeyer  413. 

Henschel,  Ernst,  über  Ziffernotation 

415. 
Heptameriden  bei  Sauveur  368. 
Heptinstall  340. 
Herbst,  Joh.  Andr.,  Zeichen  der  Bogen- 

führung  240. 

—  über  Generalbaß  317. 
Hering,  Karl  Gottlieb  408. 
Hermann,  C,  seine  musikalische  Ste- 
nographie 441. 

herp  egement  150. 

Herr,  ich  habe  mißgehandelt  87. 


Namen-  und  Sachregister. 


501 


Hieronymus  de  Moravia  8,  219. 

—  über  die  Stimmungen  der  Vielle  220. 
Higden  478. 

Hiller,  Ferdinand  344. 

Hinestrosa,  Vinegas  de  266,279,301, 
388,   396,   399. 

Höfinghoff,  seine  Patentdoppel- 
klaviatur 461. 

Hoeftmann  347. 

—  seine  Darstellung  alterierterTöne  349. 
Hoe  losteleck  20.  •> 
Höltzel,  Hier.  479. 
Hofhaymer,  Paul  27.  v 
Hohenemser,  Richard  45^4. 
Hohmann,  H.  394,  395,  411*  413,  425. 
Holborne,  Anton  228. 

—  seine  »Cithern  School«  131. 

—  Pavane  la  vecchio  134  ff. 
Hole,  William,  Musikkupferstecher  486. 
Holtzach,  Oswald  22,  27. 
Holztafeldruck  477  f. 
Horizontalstrich  bei  Galin  403. 
Hörn,  Jo.  Caspar  319. 

Horstig,  Karl  Gottlieb,  sein  Drei- 
liniensystem 364. 

—  tritt  für  die  Chiffer  ein  405  f. 
Hotteterre  242. 

—  verbessert  die  Musette  246. 
Humboldt,  Alexander  von  473. 
Hundögger,  Agnes  382. 
Hungar,  Gottfried  238. 
Hupfeld,  sein  Mignonmodell  460. 
Hurxthal  406. 

Hus,  Mathias  479. 

Ileborgh,  Adam  1 1. 

—  Praeludia  Tafel  zu  S.  1 1 . 
II  me  saffit  7  7  f. 

In  convertendo  Dominus  393. 
Instrumente,  bassierende  318. 

—  transponierende  310. 
intavolatura  del  zero  65. 
Intervallschrift  Baumgartner's437. 
Intervall- -Verkleinerung,     ihre 

Bezeichnung    in    der    Generalbaß- 
schrift 324. 
Isaac,  H.,  O  sanctissima  24. 


Jachimecki,  Z.  28. 

—  über  die  Tabulatur  Polinski  29. 
Jacob,  seine  Zahlenschrift  394. 
Jaen,  Martin  de  106. 
Jagdhorn,  Zeichen  für  die  Fanfaren  8. 
Janko,  Paul  v.  355,  359. 

Jan  von  Lublin,  sein  Orgelbuch  28. 

—  sein  Lehrtraktat  28. 
Jarnowick  451. 
Jenkins,  John  228. 
Jerichau,  Thorald  365. 
Jesu  Redemptor  390. 

Jesu  summa  benignitas  von  Rugieri 
Giovanelli  Tafel  zu  256. 

Johannes  deGrocheo,  siehe  G ro- 
ch eo,  Joh.  de. 

Johannes  de  Muris  7. 

Johannes  Presbyter,  seine  Tonbe- 
zeichnung 377. 

Johnson,  Edward  228. 

Jones,  Harlington  347. 

—  Rice  of  Blaenau  294. 
Jongleur  130. 
Judenkünig  41,   42. 

—  hat  einen  7  Chor  38. 

Jue  de  Berneval,  Edouard  369. 
Jung,  K.  415,  416. 
Junker  408,  413. 

Kärgel,  Sixt,  seine  Cither-Stimmung 
130. 

—  seine  Doppel-Cither   131. 

—  seine  »Renovata  Cythara«  136. 

—  seine  >Toppel-Cythar«  141. 
Karlowicz,  Dr.  Joh.,  sein  »Entwurf 

einer  neuen  Notenschrift«  418. 
Kanon  Frere  jacques  427. 
Kapsberger,  Hieronymus  114,  486. 

—  über  Verzierungen  beim  Chitarone 
148. 

—  Negatemi  191,  194  ff. 
Keber,  Anna  461. 
Keblin  483. 

Keefer,    Charles   H.,    seine   General- 

baßbezeichnung  332. 
Keinspeck,  Michael  478. 
K  eis  er,  Reinhard  319. 


502 


Namen- 


und  Sachregister. 


Keller,  Gottfried,  über  Umkehrbarkeit 
von  Drei-  und  Vierklängen  327. 

Kennedy  278. 

Kiesewetter,  R.  G.  1. 

Kilchen,  Jacob  de  480. 

Kilian,  Lucas  486. 

Kilian,  Wolfgang  486. 

Kindermann,  Erasmus,  seine  »Har- 
monia  organica«   30. 

Kinkeldey,  Otto  256,  258,  313. 

—  erkennt  die  Florentiner  Liedmusik 
des  14.  Jhrh.  als  Orgelmusik  252. 

—  über  die  schriftlichen  Vorlagen  des 
Organisten  305. 

—  über  Lagerung  der  Stimmen  in 
der  Tabulatur  306. 

Kinsky,  Georg  157,  219. 
Kirchentöne,    ihre    farbige    Unter- 
scheidung 461. 
Kircher,  Athanasius  114,  339,  466. 

—  über  das  colachon  125. 

—  über  Stimmung  der  Cither  130. 

—  über  guitarra  germanica  159. 

—  über  das  Psalterium  270. 

—  benutzt  Zahlen  als  Tonschrift  389. 

—  über  Mittel  geheimer  Nachrichten- 
überlieferung 465. 

Kirnberger  323. 
Kistler,  Barth.  479. 
Klangschrift  Baumgartner's  437. 
Klangzoll  463. 

Klavierbuch  Anna  Magdalena  Bachin 
264. 

—  J.  Andreas  Bach  1754  264. 

—  Regina  Clara  Im  Hoff  263. 

—  Anna  Margarethe  Stromerin  1699 
264. 

Klavierpartituren,  italienische 276. 
Klaviertabulatur  en,       spanische 
264  ff. 

—  französische  270  ff. 

—  italienische  272  ff. 

—  deutsche  279. 
Kleber,  Leonhard  24,  27. 
Klemm  457. 
Klemme,  Johann  258. 


Klett,  M.  C.  A.  410,  414,  415. 
Knievel,  Hermann  40S. 
Knuth  408,  410,  413. 
Koch,  August  405. 

—  Joh.  Friedr.  Wilh.  407,  408,  41 1, 
412,  414. 

Koczirz,  Ad.  42,  46,  158. 
Körte,    Oswald,   über   Tonhöhe    der 
Laute  36. 

—  über  Zerreißungsgrenzen  38. 
Koloristen  460. 
Komponiermaschine  459. 
Kotter,  Hans  22,  27. 
Krage-Kuntz,  Notenschrift  der  Se- 
henden 454. 

Krakau,  Akademie  der  Wissenschaf- 
ten Ms.  1716  28. 

Krause,  Johann  Georg,  seine  »IX 
Partien«  230. 

Krause,  K.  Chr.  Fr.  437. 

—  seine  chromatische  Tonschrift  358. 
Krausnick,   Ludwig,   seine   Zahlen- 

tonschrift  395. 
Krebs,  Carl  285. 
Kremberg,  Jacob  159,  171. 

—  Musikalische  Gemüths- Ergötzung 
428. 

—  seine  Verzierungen  153. 
Krenn,  Hans  356. 

Kreuz  bei  H.  Newsidlcr  u.  Judenkünig 
41,  42. 

—  bei  Dandrieu,  Campra,  La  Coste, 
Lully  324. 

Kreuztöne  16. 
Krieger,  Adam  319. 
Kriesstein,  Melchior  482. 
Krohn,  Ilmari,  seine  Akzent-Tonschrift 

370  f. 
Kr  omar,  Laurenz  447,  459. 
Kühn  au,  Joh.  Cristoph  Wilhelm  450, 

452. 
Kühne  1,  August  232. 
Kuhlo,  Franz  279. 
Kuhn,  Max  285. 

—  die  Verzierungs-Kunst  in  der  Ge- 
sangsmusik 147. 


Namen-  und  Sachregister. 


503 


Kuncze,  Leo  394,  395.  409,  414,  412. 
Kunkel,   Fr.  J.,  Verteidiger  der  Zahl 

419. 
Kupferstich  479. 

—  für  Klavier-,   Lauten-   und  Orgel- 
werke 486. 

Kurzschrift,  musikalische  419  ff. 
Kyrie  de  nuestra  Sehora  von  Cabecon 

268  und  Tafel  zu  268. 
Ki/rieleison  angelicum  18. 

Lacassagne    vermeidet    Notenhälse 

337. 
La  Coste  324. 

Lady  Neville's  Virgin al  Book 259. 
La  Fage,  Adrien  de  21. 
Lagarde,  M.  de  171,  204. 
Lais,  Johann  Dominicus  4  41. 
Laker,  Karl  356. 
Land,  J.  P.,  über  arabische  Notation 

387. 
Landi,  Steffano  172. 
Landin o,  Francesco  449. 
—  sein  Lied  Questa  fanciulla  in  Orgel- 

tabulatur  253,   305. 
Lanfranco,  über  die  Violini  da  tasti 

et  da  arco  224. 
Lange,  Georg  380. 
Langen hove,  Isabelle  von,  ihr  Ta- 

bulaturbuch  von  4  635  203 
Langhans,  E.  E.,  410,  411,  412,  413. 
L angle,    H.  F.  M.,    seine    »nouvelle 

methode  pour  chiffrer  les  accords« 

328. 
Lanz,  Joseph,  sein  Schlüsselreform- 
versuch 3  4  4. 

—  seine  Musik-Schlüssel  343. 
Laotse  462. 

Lapi,  Giovanni  4  4  8. 

Laporta  206. 

Larsonneur,  Charles  472. 

La  Salette,  P.  J.  de  420. 

Lasso,  Orl.  di  485. 

Latte,  Ludwig,  sein  Notensystem  362. 

Lauda  Sion  Salvatorem  432. 

Lauf  zur  Schlüsselfrage  344,  347. 


Lauscher,    J.,    »ein    neues    Linien- 
system« 366. 
Laute,  ihr  Ursprung  und  Form  35. 

—  ihre  Charakteristika  36. 

—  ihre  Stimmung  36. 

—  ihr  Bezug  bei  Luca  della  Robbia  37. 

—  im  Abzüge  41,  91. 

—  fünfchörige,  ihre  Stimmung  51. 

—  sechschörige  51. 

—  Beispiele  in  franz.  Tabulatur  75. 

—  als  Begleitinstrument  313. 
Lautendrucke,  italienische  von 

O.  dei  Petrucci  52. 
Lautendruck,   italienischer,    ge- 
schichtliche Notizen  65. 

—  letzter  deutscher  4  77  4   93. 
Lautentabulatur,  deutsche  38  ff. 

—  deutsche,  letztes  Denkmal  40. 

—  deutsche  bei  Arnolt  Schlick  42. 

—  italienische  54  ff. 

—  spanische,  ihre  Quellen  4  4  2  ff. 
Lautentabulaturen,     Verzeichnis 

von  deutschen  47  ff. 

—  deutsche  in  Hs.  49  f. 

—  Verzeichnis  italienischer  66  ff. 

—  französische  74   ff. 

—  französische  älteste  Drucke  74. 

—  polnische  88. 

—  franz.  gedruckte  Quellen  95  ff. 

—  franz.  handschriftliche  Quellen  4  02ff. 

—  franz.,  ihre  Verbreitung  4  06. 

—  spanische  4  06  ff. 

—  deutsche  371. 

—  italienische,  ihr  Bild  als  Deckmantel 
der  Geheimschrift  470. 

Lautentraktat,  italienischer  53. 

Lavignac,  A.,  seine  »Encyclopedie«  2. 

Law,  Andrew  369. 

Lawes,  William  228. 

Le  Baillif,  glänzendster  Vertreter  der 

Lyra  234 . 
Lebailly  de  Seret  345. 
Le  Be,  Guillaume  482. 
Le  Begue  451,  28t. 
Ledwich,  Edward  293. 
L eli> vre,  Jean   lös. 


504 


Namen-  und  Sachregister. 


Lefranc  425. 

Lehmann,  J.  T.,  über  Guitarrentabu- 

latur  1 68. 
Leipzig,  Stadtbibl.,  deutsche  Lauten- 

tabulaturen  von  -1619  40. 

—  Theorbenbuch  1 1 6. 

—  handschr.  Klavierbuch  von  1681  263. 
Le  Maire  378. 

Lemme,  Charles,  zur  Chromatik  352. 
Leopolita,  Martin  30. 
Le  Roy,  Adrien  171. 

—  Instruction  for  the  Lute  485. 

Le  Sage  de  Richee,  Philipp  Franz 

153. 
Lescurel,  Jehannot  de  305. 
Lesueur  472. 

lettere  false  bei  Millioni  175. 
lettere  tagliate  bei  G.  P.  Ricci  174  f. 
Lettern-Notation  362. 
leutum  37. 

Levasseur,  Gustave  365. 
Lieto,  Don   Bartholomeo  Panhormi- 

tano,  sein  »Dialogo  quarto«  64. 

—  über    das    Absetzen    von    Musik- 
stücken auf  die  Laute  64  f. 

Liliencron,  Rochus  von  462. 
Lille  Ms.  95  303. 
Lindemann  412. 
Linien  als  Abbilder  der  Saiten  51. 

—  farbige  366,  460. 
Liniensystem  250. 

—  deritalienischenLautentabulatur59. 

—  der  ital.  Orgel-  und  Klaviertabula- 
turen  24  9  ff. 

Linz,  A.  415,  416. 
Lippius,  Johannes  375. 

—  Partituren  in  seiner  »Synopsis  mu- 
sicae«  307. 

—  Partituren    in    seiner    »Disputatio 
musica  tertia«  307. 

lira  71. 

—  doppia  118. 

—  in  gamba  231. 
Littleton,  A.  H.  388,  477. 
Lituus  467. 

liuto  descordato  91, 


Lochmann  407,  410,  412. 
Locke,  Matthew  278,  280. 

—  über  Verzierungen  261. 

—  als  Gegner  von  Salmon  341. 
Löhlein,    G.  S.,  Zeichen  der  Bogen- 

führung  240. 
Löwenfeld,  Hans  24. 
Lolli  238. 

Lonati,  Carlo  Ambrogio  238. 
London,  British  Museum  Add.  10336 

393. 

—  Add.  19352  219. 

—  Add.  28550  5. 

—  31403  280. 

—  Arundel  248  305. 

—  Bumey  357  304. 

—  Cotton  Titus  A  XXI  304. 

—  Earley  978  304. 

—  Royal  App.  56  258. 
Lopez,  Hernando  106. 

Loulie,  seine  agrements  de  chant  1 51 . 
Lucca,  Bibl.  pubblica  Cod.  174  70. 
Lübeck,    Stadt -Bibl.,    Buxtehude's 
Kantaten  30. 

—  Vincenz,  seine  Tabulatur  31. 
Lully  324. 

Lundie,  W.,  seine  >Broad  Line  Staff< 

365. 
Lupo  228. 
Luscinius  17. 

—  Urteil  über  Paul  Hofhaymer  27. 

—  benutzt  die  Holzstöcke  Virdung's  19. 
Lusitano,  Vincentio  zur  Darstellung 

kleinerer  Intervalle  362. 
Lusse,    sein   Notenreform-Vorschlag 

373. 
Lussy,  Mathis  2. 
Luthercither  248. 
Luython  278. 

Luzzaschi,  Luzzasco  256,  273,  314. 
Lyra,  Justus  W.  462,  463. 
Lyra  37,  218,  231. 
Lyra  Violl  232. 

Mace,  Thomas,  über  die  Theorbe  114. 

—  über  graces  152. 

—  über  Violinstimmung  226. 


Namen-  und  Sachregister. 


505 


Mace,  seine  Harp-Way-Tuning  Sharp 

226  und  Tafel  zu  S.  227. 
Machaut,  Guillaume  de  158. 
Mackenzie,  Sir  Alexander  380. 
Madrid,  Escorial  V.  III.  24  250. 
—  Nationalbibl.  Hh.  167  3  04. 
Magny  457. 
Magri  457. 
Mahillon  219. 
Main,  P.  369. 

Majer  über  Guitarrentabulatur  1 67-, 
Malatier,  J.  A.  403. 
Maler,  Laux  36. 
Mailing  405. 

Malvezzi,  Christofan  70,  308. 
JWamour  456. 
Mandola  120. 
Mandoline  123. 
Mandora  120,  157. 
Manieren  148. 

—  für  Guitarre  nach  Francois  Campion 

208. 
Mantuani  476,  477. 
Marais  232,  240. 

—  Zeichen  der  ßogenführung  240. 
March[e]  Ca  donc  121. 
Marcantonio    da    Bologna    detto 

d'Urbino,  Hieronimo  255,  256. 
Marescallus    (Mareschall),    Samuel, 

seine  Violenstimmungen  228. 
Margarethe  von  Österreich,  ihr 

Tanzbuch  455. 
Marini  238. 

Marion a  von  Ribayaz  202. 
Martellement  149,  151. 

—  bei  Radolt  155. 
Martin  204. 

—  de  Jaen  106. 

Martius,  Jac.  Fried.  407,  413. 
Matteis,  Nicola  204. 
Mattheson  320,  355. 

—  über  farbige  Darstellung  chromati- 
scher Töne  350. 

Matthias,  Dr.  46-2. 
Maynard  275,  278. 
Meerens,  Charles  345. 


Meerens,  zur  Schlüsselfrage  344. 

—  seine   Bezeichnung   der   Oktavlage 
417. 

Meister,  Heinrich  459. 

Melii,  Pietro  Paolo  da  Reggio  55. 

—  seine  Stimmung  der  Laute  64. 

—  über  Verzierungen  149. 
Menchaca,   Angel,  sein  Reform  ver- 
such 338  f. 

Menuet  von  Ant.  Brescianello  126  f. 
Mercadier  de  Belesta  328. 
Merck,  Daniel,  über  Verzierungen  241. 
Merian,  Wilhelm  22. 
Meriden  bei  Sauveur  368. 
Mersenne,  P.  220,  228,  242. 

—  Harmonie  Universelle  1. 

—  über  Fingersatz  bei  der  Laute  74. 

—  über  die  Theorbe  114. 

—  über  das  colachon  125. 

—  über  Stimmung  der  Cither  130. 

—  Tabulature  du  cistre  132. 

—  über  Verzierungen  149  f. 

—  über  Psalterium  269. 

—  über  Harfentabulatur  in  Frankreich 
299. 

—  benutzt  Solmisationssilben  als  Ton- 
zeichen 378  f. 

Merulo,  Claudio  256,  273,  486. 

—  Toccata  prima  257. 

Mewes,    Gregor,    Drucker    in    Basel 

481. 
Mezzana  51. 
Micci,    Agostino,    seine    Darstellung 

der  Chromatik  385. 
Michaelis,    A.,    seine    Geheimschrift 

472. 
Michel,  Christian,  seine  »Tabulatura« 

30. 
Milan,  Luys  106. 
Milanesa  aus  Kärgel  u.  Lais,  Toppel- 

Cythar   141   f. 
Milanuzzi,  Fra  Carlo  176. 
Millioni,  Pietro  207. 

—  sein  Alphabet  173  f. 

Mine,  Jacques  Claude  Adolphe,  seine 
Ziffernschrift  394. 


506 


Namen-  und  Sachregister. 


Minguet,  Pablp  4  74,  232,   239. 

—  über  die  Stimmung  der  Cither  130. 

—  unterscheidet  bei  der  Guitarre  den 
estilo  Castellano  u.  estilo  Catalan 
199. 

—  Guitarrengriffe  nach  katalanischem 
Gebrauche  203. 

—  Academia  Musical  239. 

—  seine  Flötentabulatur  244. 

—  über  Psalterium  270. 
Minuta  285. 
Miquel  411,  413. 
Mira  lege  303. 

Misericordias  Domini  von  Eustache 

du  Caurroy  392. 
Missaldruck  477. 
Mitcherd  359. 
Mizler,  Lorenz  463,  464. 
Moderne,  Jacques  482. 
Moldenhauer,  William  459. 
Molitor,  Raphael  476,  479,  480. 
Molitor,  S.  207. 

—  über  Mandora  122. 

—  über  Guitarrentabulatur  168. 
Mollakkord  bei  M.  Hauptmann  330. 
Monache  185. 

Monachina  147,  285. 

Monin,  Marg.,  Tabulaturbuch  f.  An- 
gelica  127. 

Mons,  Thomas  228. 

Montalvo,  Don  Grazia  118. 

Montanello,  Bartolomeo,  zur  Be- 
zeichnung der  Akzidentien  349. 

—  seine  Tonschriftversuche  428. 
Montanus,  Johannes  482. 
Monte  Gassino  Ms.  318  377. 
Monteclair,   M.  de,  entscheidet  sich 

für  Altschlüssel  341. 
Montesardo,  Girolamo  177. 

—  sein  Alphabet  für  Guitarre  171. 
Mordant  147,  207. 

Mordant  s.  auch  Mordent. 
Mordent  8,  28,  287. 

—  bei  Hans  von  Konstanz  22,  150. 

—  bei  E.  N.  Ammerbach  29. 

—  bei  Baron  155. 


Mordent,  nach  Beyer  157. 

—  bei  J.  J.  Walther  241. 
Mordente  207. 
Moretti  346. 

—  Federigo  206. 

Morley,  Thomas  228,  278,  308,  485. 

Morphy  106. 

Mortali  70. 

Morven,  Kalo  356. 

Moser,  Hans  441,  sein  stenographi- 
scher Versuch  443  f. 

Mozart,  Leopold,  Zeichen  der  Bogen- 
führung  240. 

—  empfiehlt  transponierende  Schreib- 
weise 309. 

Muck  407. 

Mudarra,  Alonso  de  106. 

—  seine  Bezeichnung  der  Gesangs- 
noten in  der  Lautentabulatur  1 4  2. 

Müller-Braunau,  Henry  365. 
München,  Kgl.Hofbibl.,  Mus.mss.  62, 

266,  268—271, 15m,  151P,  151P, 

1511  d,  1627,  2987  70. 

—  Ms.  15m  und  15m  264. 

—  Ms.  1522  (Tabulatur  der  Adelaida 
di  Savoya)  4  91,  215. 

—  Mus.  ms.  2987  4  9. 

—  Mus.  ms.  3725  4  7. 

—  Ms.  lat.  5963  4  7. 

—  Mus.  pr.  236  Tafel  zu  254. 
Muffat,  G.  286. 

Muris,  Jo.  de  s.  Johannes  de  Muris. 
Musette,  ihre  Tabulatur  bei  Mersenne 

und  Borjon  245. 
Muslca  enchiriadis  249. 
Musica  neu  Beroriaeth  294  ff. 

—  die  Verwandtschaft  ihrer  Notation  mit 

der  deutschen  OrgeltabuJatur  295. 
Musica  poetica  307. 
Musikdruck  475  ff. 
Musikkupferstich  485  ff. 
Musiklithographie  486. 
Musiksteindruck  487. 
Musiktabulatur  J.  A.  P.  Schulz's375. 
musique  232. 
Mussa,  H.  447. 


Namen- 


und  Sachregister. 


507 


Nügeli  405,   407. 

Nagel,  Wilibald  27. 

Naldi,  Antonio  detto  il  Bardella,  Er- 
finder des  Chitarone  119. 

Narbaez,  Luys  de  106. 

Natorp  406f.,  410,   411,  413. 

Katits  est  nobis  von  Thomas  Taliis 
259. 

Nauclerus,  Johannes,  Citherstücke 
131. 

Naught,  Dr.  Mc.  380. 

Naumann,  Johann  Gottlieb,  einer  der 
letzten  Vertreter  der  Lautentabu- 
latur  94. 

Negatemi  von  Hieronymus  Kaps- 
bergcr  1 91,   194  11'. 

Negri,  Cesare  55,  457. 

Neuber  482. 

Neu  haus,  Gustav  359. 

Neumann,  Willy  359. 

Neville's  Virginal  Book  278. 

Newsidler,  Hans  40,  41. 

Newton  464. 

—  seine  Parallelstellung  von  Farbe 
und  Ton  462. 

New  Yorker  System  454. 
Nicht  so  traurig,  nicht  sosehr  143 f. 
Niedermayr,  Anton  487. 
Nie  dt,  Fr.    Erh. ,    seine    Generalbaß- 
bezifferung 320. 
Niemann,   Walther   147,  310. 
Niemeyer,  Jo.  Karl  Wilh.  407. 
Niger,  Franciscus  477,  478. 
Nivers  205. 
Nörmiger  265. 
Noordt,  Anthonii  van  262,  278. 

—  Faksimile  aus  seinem  Tabulatuur 
Boeck  263. 

Notae  Augustianae  336. 

Notary  479. 

Notation,  boethianische  4. 

—  griechische  293. 

—  für  Harfe,  walisische  294. 

—  boethianische  371. 

—  arabische  387. 
Note,  rote  460. 


Noten  zur  Bezeichnung  des  Rhythmus 

412. 
Notenhälse,   ihre  Beseitigung  336  f. 
Notenschreibmaschine  vonBengs- 

son  459. 
Notenschrift,  Wiener  353f. 
Notentypen   bei    Jue    de    Berneval, 

Law,  Bowman  Aikin,  Delcamp  369, 

bei  Depierre  370. 
Notiermaschinen  458. 
Notierung,  transponierte  bei  Laute82 . 
Notker  über  Pfeifenmensuren  3. 
Notker  Labeo    als  Zeuge   für   eine 

Durreihe     in     der     Instrumental- 
notation 4. 
Noverre  458. 
Nürnberg,     Germanisches     Museum 

Ms.  14976  234,  239. 

—  Ms.  25461  155  f. 

—  Ms.  33  748.  70. 

—  Ms.  33  748.  VII  234,  239. 

Null    in    der    Generalbaßschrift    bei 
Türk  324. 

—  als  Pausezeichen  402. 

Obrecht,  Jacob  481. 

—  Christe  de  Si  dedero  51. 
ocham-Musiktabulatur  292. 
Ochsenkun,  Seb.  37,  45,  262. 
O  cite  d'harmonie  432. 
Oddo  von  Clugny  4. 

Oeglin,     Erhart,     erster    deutscher 

Drucker  von  Figuralmusik  481. 
Oettingen,  A.  v.  über  Molldreiklang 

331. 
Ohime!   che   far  degg'io   von   Paolo 

d'Aragona  1 97  ff. 
Oktavbezeichnung  in  Berlin   Kgl. 

Bibl.  Mus.  Ms.  40115  (Z  115)  31. 
Oktave  bei  Virdung  19. 

—  bei  A.  Schlick  20. 

—  kurze  265. 

—  kurze  bei  E.  N.  Ammerbach  29. 

—  ihre  symmetrische  Darstellung  36  4ff. 
Oktavlage  30. 
Oktavunterscheidung       in       der 

Ziffernnotation  407  ff. 


508 


Namen-  und  Sachregister. 


Oktavunterscheidung   bei  Karlo- 

witz  418. 
Organum  3. 

Orgel,  zu  ihrer  Geschichte  3. 
Orgelbuch,  Buxheimer  17. 
Orgelpartituren  312. 

—  italienische  276. 

—  bei   Viadana   312,    bei    Banchieri, 
Croce  u.  a.  313. 

Orgeltabulatur  älteste  5 ff. 

—  französische  250 f. 

—  italienische  253,  305,  309. 

—  älteste  gedruckte  italienische  255. 

—  italienische  in  Deutschland  262. 

—  spanische  264. 
Orgeltabulatur,  deutsche  420. 

—  ihr  Druck  479. 
Orgeltabulaturen  2 ff. 

—  deutsche  32  ff. 

—  französische  270  ff. 

—  italienische  272  ff. 
Ornament-Instrumente  318. 
Orser,  Levi  359. 

—  seine  Figuren  für  alterierte  Töne  361. 
Ortiz,  Diego  147,  229. 

O  sanctissima  von  H.  Isaac  24. 

O  toi  qui  fais  von  A.  Viaion  404. 

Otto,  Jakob  August  157. 

—  sein  Verdienst  um  die  Entwicklung 
der  Guitarre  1 59. 

ouert  8. 

O  vygand  loat  valsch  419. 

Oxford  Bodley  Douce  139  304. 

—  Ms.  Marsh  161  387. 

Pabana  von  Ribayaz  202. 

Pachelbel,  Johann  286. 

Padoana  Milanese  aus   Sixt  Kärgel's 

»Renovata  Citharac  137. 
Padovano,  Annibale  262,  273. 
Paesler,  Carl  22. 

—  über  Verzierungen  286. 
Paganini,  Niccolö  238. 

—  Cesare  359. 
Paladin,  Jean  Paul  55. 

—  über  Stimmungen  der  Laute  63. 


Palma  ociosa,  Petrus  dictus  147. 

Panzer  477. 

Pape  459. 

Paradis,  Frl.  von  451. 

Pareja,  Ramis  de  51. 

Paris,  Aime  400,   403. 

—  Nanine  403. 

—  Bibl.  du  Conserv.  Ms.  23000   70. 

—  Ms.  J.  B.  R.  1674  229. 

—  Hs.    Anhang    an    die    Moral     des 
Aristoteles  (1576)  240. 

Paris,    Bibl.    Nat.    Ms.    812,    813, 
1817  303. 

—  fr.  146  305. 

—  fr.  nouv.  aeq.  6771  253,  254,  305. 

—  de  la  Valliere  2736  305. 

—  lat.  15139  304. 
Parma,   Cod.  Pal.  286  252. 
Parry,  Sir  Hubert  380. 
Parthenia  236,  278,  279. 
Parthenia,   en  tablature  und  en  mu- 

sique  236. 
Parthenia  von  Thomas  Greeting  243 f. 
>Parthenia   or  the   Maydenhead   of 

the  first  Musicke«  259. 
partition  208. 
Partitur    bei    Martin   Agricola   und 

Gallus-Dressler  250. 

—  älteste  gedruckte  258. 

—  älteste  Drucke  307. 

—  Herleitung  der  Bezeichnung  306. 
ihre  Bedeutung  für  Tastinstrumente 
308. 

—  in  der  ars  antiqua  30 3  ff. 

—  Orazio  Benevoli's  309. 

—  in  Chiffern  von  J.  A.  P.  Schulz  397. 
partitura  312. 

Partituren  deutsche  306. 

—  italienische    Orgel-    und    Klavier- 
270  ff. 

Partiturreform  309  ff. 
Partitur-Tabulatur  309. 
Pasquali,  Nicolo  281. 
Pasquini,  Bernardo  256. 
Passacalle  von  Luis  de  Bricüeo   201. 
Passacatti  178. 


Namen-  und  Sachregister. 


509 


Passaealli  passeggiati  sopraH  Q.  181. 

Passeavase  el  rey  108 f.,  161  ff. 

Pass'e  mexxo  185. 

Passionslied  In  banger  Leidens- 
stunde 412. 

Passomexo  Milanese  aus  Sixt  Kärgel's 
»Renovata  Cytharac  136  ff. 

Pastor,  Willi  310. 

Patronendruck  480. 

Paumann,  Konrad  13,  449. 

—  Erfinder  der  deutschen  Lautentabu- 
latur  38. 

Pausen  in  der  ältesten  Orgeltabu- 
latur  6. 

—  ihre  Bezeichnung  nach  Thomas 
Mace  153. 

—  in  der  Ziffernschrift  411. 

—  bei  J.  J.  Rousseau  402. 

Pavane   La  vecchio    aus    Holborne's 

Citherne  School  134 ff. 
Pavaniglia  187. 
Pavaniglia  sopra  D  179. 
Pecher,  Fritz  419. 
Pedaltöne  bezeichnet  17. 
Pelegrino,  Domenico,  seine  >Armo- 

niosi  Concertic  (1650)  190. 
Pellegrini,  Vincenzo  273. 
Pelletier,  Jacques,   seine  »Maniere« 

(1556)  158. 
Pemberton  457. 
Penllyn,  William  294. 
Per  b  an  dt,  v.,  zur  Darstellung    der 

Chromatik  351. 
Perßdiosa  eorrente  115. 
Peri,  Jacopo  313. 

—  über  Instrumente  in  der  »Euridice« 
118. 

Perotinus  Magnus  303. 

Perrot  364. 

Perugia,  Bibl.  Com.  Ms.  586  [H  72) 

212. 
Pesenti,  Martino  277. 
petite  sixte  327. 
Petrejus  482. 
Petrucci,  Ottaviano  dei  481. 

—  als  Lautendrucker  65. 

Kl.  Handb.  dtr  Musikgesch.  Vlll,  2. 


Petrucci,  sein  Privileg  für  den  Druck 
von  Orgelmusik  255. 

PetrusdictusPalmaociosa7,147. 

Pevernage,  Andr.  485. 

Pewterplatte  486. 

Pfeifenmensuren  3. 

Pfeiffer  405,  407,  459. 

Pf  ender,  Antonio,  über  Verzierungen 

beim  Chitarone  148. 
Philips,  Peter  228,  262,  278. 
Philippy,  F.  W.  463. 
Phonograph  460. 
Piano  melographe  459. 
Picchi,  Giovanni  274,  301. 
■*-  »Balli  d'Arpicordo<  266. 
Picht,  Oskar,  seine  Schreibmaschine 

455. 
Picitono,  Angelo  da,  zur  Darstellung 

kleinerer  Intervalle  362. 
Pilnar  v.  Pilchau  459. 
Pince  282. 

—  bei  Gorrette  241. 
Pincement  282. 
Pisador,  Diego  107. 
piain  note  262,  280. 
plainte  208. 
Planck,  Stephan  480. 
Playford,  John  278,  280,  380. 

— ■  über  Violenstimmung   226,    seine 
Methode  der  Aufzeichnung  227. 

—  über  die  Stimmung  der  Lyra  Violl 
232. 

—  »A  Breefe  Introduction«  240. 

—  »Musick's  recreationc  240. 
plica  147. 

Poetzolt,  Gottlieb  324. 
point  d'orgue  72. 
Polinski,  A.  88. 

—  seine    Orgeltabulatur    vom    Jahre 
1548  29. 

Portativ  30. 

port  de  voix  151,  282,  283. 

Positiv  30. 

Pouille,  Pierre  de  55. 

Praeambula  Tafel  zu  S.  1 1 . 

Praeludiu/m  für  Viola  Paradon  231. 

35 


510 


Namen-  und  Sachregister. 


Praetorius,  Michael  265,  456. 

—  über  die  cetula  130. 

—  über  die  Cither  130. 

—  über  die  Theorbe  114. 

—  über  die  Quinterna  159. 

—  über  Geigen  222. 

—  über  Generalbaß  316,  317. 
Pralltriller  288. 
Prasperg,  Balthasar  478. 
Preis  221. 

Prevost,  Hippolyte,  sein  musiksteno- 
graphisches System  434  ff. 

primores  (Verzierungen)  bei  der 
Guitarre  207. 

proportio  hemiolia  260. 

Prozeil,  W.  408. 

Prudenziani,  Simone  di  Golino  159, 
252. 

Psalmen,  ihre  Notation  nach  J.  Krohn 
371. 

Psalterium,  seine  Notenschrift  269. 

Pseudo-Bernelinus  4. 
Pulignani,  Falori  455. 
Punkt  bei  L.  Kleber  24. 

—  als  Zeichen  der  kleinen  enharmo- 
nischen  Diesis  363. 

—  als  Zeichen  der  Synkope  401. 
Punkte  zur  Bezeichnung  des  Finger- 
satzes 42. 

—  für  den  Fingersatz  bei  der  Laute  74. 

—  für  den  Fingersatz  bei  der  Viola  224. 
punteado  189. 

Purcell,  Henry  275,  278,  280,  340. 

—  seine  »Bules  for  graces«  261. 
Pynson,  sein  Sarum  Missale  485. 

Quadratnoten    von    Meta    Römer- 

Neubner  357. 
Quantz  335. 
Quel  fruit  esper e  89. 
Quercu,  Simon  de  478. 
Questa  fanciulla  von  Fr.  Landino  in 

ital.  Orgeltabulatur  253  ff. 
quilisma  147. 
quinte,  fausse  324. 
Quintern  122,  157. 


Quinterna  159. 

Quintiniani,  Lucretio  276,  313. 

quitarra  sarracenica  158. 

Raab,  F.,  seine  »Stenonotie«  425. 

Radino,  Gio.  Maria  256,  273. 

Radolt,  Ludwig  Edler  von,  seine  Ver- 
zierungen 153. 

R  ät  s  el  Spielereien,  musikalische 
474  f. 

Rambach,  Ludwig,  seine  »Musik- 
Stenographie«  439  ff. 

Rambure s,  M.  de,  seine  »Steno- 
graphie musicale«  425. 

Ramis  de  Pareja  über  Umkehrbar- 
keit der  Akkorde  327. 

Rameau,  J.  Ph.  281,  449. 

—  über  Generalbaßbezeichnung  325. 

—  seine  Lehre  von  den  Akkorden  326. 

—  Gegner  der  Zahl  399. 
rasgado  177. 

Ratdolt,  Erhart  479,  480. 
Rauchenecker  461. 
Raymond],  Joseph  335,  369,  427. 

—  seine  symmetrische  Darstellung  der 
Oktave  346. 

—  zur  Bezeichnung  der  Akzidentien 
348  f. 

—  sein  Zweiliniensystem  366. 
Raymundi,  D.  485. 
rebec  218,  219. 
Recercare  55. 

Recerchar  von  Ganassi  225  f. 
Redfor  d,  John  275. 
Reformversuche  335  ff. 

—  des  »Choix  de  cantiques«  384. 
»Regel  für  die,  welche  nicht  singen 

können«  53. 

Regensburg,  Bibl.  Haberl,  Dom.  Ro- 
mani-Tabulatur  212. 

Reincken,  Jo.  Adam,  über  Verzie- 
rungen 261,  280. 

Reinhard,  Franz  486. 

Reisch,  Georg  478. 

Reliefnote  451. 

relish  148. 


Namen-  und  Sachregister. 


511 


relish  double  nach  Chr.  Simpson  154. 

—  Single,  double  nach  Thomas  Mace 
152. 

repicco  207. 

Reproduktionsklavierc  460. 
rel  um  8. 
Reusner,  Esaias,  seine  Verzierungen 

153. 
Reutlingen,  Hugo  von  478. 
reverberatio  147. 
Reyser,  Georg  480. 
Rhaw,  Georg  482. 
Rhythmik   in  den  deutschen  Orgel- 

tabulaturen  15. 

—  bei  der  Lautentabulatur  41. 

—  in  der  italienischen  Lautentabula- 
tur 52. 

—  in  der  spanischen  Lautentabulatur 
107. 

—  in    der   Guitarrentabulatur    177  ff. 

—  ihre  Darstellung  in  der  Ziffern- 
schrift 411. 

Rhythmus   der   colpi  bei  Sanse- 

verino  u.  Sanz  178  f.  • 
Riano  304. 
Ribayaz,  Lucas  Ruiz  de  207,279,  301. 

—  braucht  Zahlen  für  die  Griffe  der 
Guitarre  201,  Beispiele  202  f. 

—  Anfang  einer  Zarabanda  302. 
Ribeiro,  Manoel  da  Paixao  230. 
Ribrochus,  Aurelius  313. 
Ricci  207. 

—  über  lettere  tagliate  175. 
Richter,  Albrecht  Ludwig  409,  411, 

415. 

Richter,  Ernst  Friedrich,  seine  Be- 
zeichnung des  übermäßigen  Drei- 
klangs 330. 

Richter,  Julius  22. 

Riedinger  451. 

Riemann,  Hugo  455,  45(5. 

—  über  Tabulaturen  1   f. 

—  über  Generalbaß  in  Peri's  »Dafne« 
314. 

—  seine  Harmonieschrift  und  seine 
Funktionsbezeichnungen  331. 


Riemann,  Hugo,  sein  Darstellungs- 
versuch der  chromatischen  Leiter 
354. 

—  über  Musikdruck  476. 
Riesen,  Paul  353,  355. 

—  zur  Schlüsselfrage  347. 

Riom,  J.  L.,  seine  »Stenographic  mu- 
sicale«  424. 

Ritter  251. 

Rivoli,  Duc  de  476. 

Robert  ab  Huw  of  Bodwigan  294. 

Robinson,  Thomas,  seine  »New 
Citharen  Lessons«  131. 

Roeder,  Carl  Gottlieb  487. 

Römer-Neubner,  Meta,  ihre  Qua- 
dratnoten 357. 

Rogers  275. 

—  Virginall  booke  278. 
Rognoni,  Francesco  147,  285. 

—  Domenico  312. 
Rohleder,  Johannes  355. 

—  seine  »Chromatische  Notenschrift« 
352. 

Rolandt  235. 

Roman  de  Fauvel  5. 

Romani,  Domenico,  Tabulatur  212. 

Romano,  Gaspare,  seine  »Notazione 

stenografica  musicale«  423  f. 
Roncalli  459. 
Roncalli,  Ludovico,  seine  »Capricci 

armonici«  191. 
Rontani,  Raffaello  191. 

—  Se  bei  rio  191  ff. 

Rootsey,  S.,  seine  Buchstaben-Ton- 
schrift 371   f. 

Rore,  Cipriano  di,  »Tutti  i  Madrigali« 
258. 

—  sein  Madrigaldruck  von  1577  307. 
Rosenmüller,  Jo.  319. 
Rosseter  228,  313. 

Rossi,  Angelo  275. 
Rossi,  Luigi  352. 

R  o  sto  ck,  Univ.  Bibl.  tnus.  saec.  XVII. 
18.  54  92. 

—  Mus.  ms.  saec.  XVII.  18.53  264. 
Roth,  Bernhard  410,  413. 

3ö* 


512 


Namen-  und  Sachregister. 


Rotta,  Antonio  58. 
Rousseau,  Jean  228. 

—  über  die  Viole  220  f. 
Rousseau,  J.  J.  358,  377,  382,  383, 

393,  395,  405,  410. 

—  über  Schlüssel  3  42. 

—  seine  Zahlentonschrift  399  ff. 
rubeba  218. 

Rugero  178. 

Ruiz,  Juan  158,  229. 

Runen  293. 

Rust,   Friedrich  Wilhelm,    einer   der 

letzten  Vertreter   der  Lautentabu- 

latur  94. 

Sachs  394. 

Sachs,  Curt  106,  157,  219,  291. 

—  über  Viola  bastarda  230. 
Sachs,  M.  E.  338. 

Sadler,  J.,  Musikkupferstecher  485. 
Sainte  Colombe,  M.  de  228. 
St.  Lambert,  M.  de  281,  324. 

—  über  Schlüssel  341. 
St.  Leon  457. 

Saiten,  ihre  Bezeichnung  bei  der 
Laute  38. 

Salieri,  Antonio  451. 

Salinas,  Francesco  449. 

Salmon,  Thomas,  seine  Schlüssel- 
reform 340. 

Salomon,  Moritz,  Gegner  des  Zahlen- 
singens  407. 

Salomonis,  Elias  220. 

Saltarello  Milanese  aus  Sixt  Kärgel's 
»Renovata  Cythara«  1 37  f. 

Saltaren  179. 

Sammenhammer,  David  131,  139. 

Sancta  Maria,  Thomas  de  265. 

Sanctus  Dominus  Deus  Sabaoth  306. 

Sandys-Forster  218. 

Sanlecque,  Jacques  de  483. 

Sanseverino,  Benedetto  177. 

—  sein  Alphabet  172  f. 
Santiago  de  Murcia,  sein»Resumen 

de    accompafiar   la    Parte  con  la 
Guitarra«  191. 
Santino  da  Parma  70. 


Sanz,  Gaspar  207. 

—  über  lettere  tagliate  175. 
Saraband  31. 
Sarabanda  sopra  VA  177. 
Sarabande  205. 

—  von  Du  Faut  92  f. 

—  de  Bellony  170. 
Sauli  Filippo,  Fuga  124. 
Sauvage,  M.  de  345. 
Sauveur  420. 

—  sein  »Systeme  general«  367. 

—  seine  Tonzeichen  376. 

—  als  Vorbild  von  Rousseau  40  3. 
Savignac,  Mme  de  452. 
Scaladi  musica  per  |-j  quadro  et  per 

i?  molle  176. 
Schabalie,  J.  Ph.  485. 
Schärtlich,  Joh.  Christoph  394. 
Scheidt,  Samuel  258,  277. 

—  »Tabulalura  nova«   und   »Tabula- 
turbuch«  308. 

—  seine  Bezeichnung  der  großen  Sext 
318. 

Schenk,  Johann  232. 
Schering,  Arnold  17,  251. 

—  über  Aufführungspraxis  252. 
Scheurleer,  D.  F.  485. 
Schiffelholz,  Sonate  u.  Sei  duetti  125. 
Schillings,  Max  v.,  für  die  Notierung 

der  transponierenden  Instrumente 

in  C-Stimmung  31  0. 
Schlagzeug,  seine  Aufzeichnung  auf 

einer  Linie  309. 
Schlesinger,  Kathleen  219. 
Schleifer  261,  286. 
Schlick,  Arnolt  42. 

—  Tabulaturen  20. 
Schlüsselreform  339  ff. 
Schlüsselzeichenvon  Hans  Schmitt 

415. 
Schmeil  459. 

Schmelzer,  Johann  Heinrich  238. 
Schmid,  Anton  475,  481. 
Schmidt,  L.  410,  413. 
Schmidt,  Melchior,  verwirft  die  deut 

sehe  Lautentabulatur  50. 


Namen-  und  Sachregister. 


513 


Schmitt,  Hans  391,  395,409,411,414. 

—  sein  Schlüsselzeichen  415. 
Schmitz,  Eugen  159. 
Schöffer,  Peter,  der  Jüngere  20,  481. 

—  der  ältere  477,  479,  480. 
Schott,  Gaspar  466. 
Schreibweise,  transponierende  310. 
Schroeder,  Hermann,  zur  Schlüssel- 
reform 348. 

—  seine  Darstellung  alterierter  Töne 
349. 

Schroen,  Egmont.157. 

Schroeter,  Leonhart,  sein  Tedeum 
307. 

Schub art,  über  Rückgang  der  Lau- 
tenkunst 94. 

Scheidler,  Christian  Gottlieb,  letzter 
Vertreter  der  Lautentabulatur  94. 

Schütze,  Friedr.  Wilhelm  408,    412. 

Schulte,  F.  408,  410,  412,  413. 

Schultz,  Carl,  seine  »Notenschrift  des 
reinen  Klanges«  363. 

Schulz,  J.  A.  P.,  sein  Entwurf  einer 
neuen  Musiktabulatur  375. 

—  seine  Zahlenpartitur  395. 
Schumann,  Karl  Bernhard  355. 
Schuyt,  Cornelius  485. 
Schwerin,  Herzogl.  Bibl.  Ms.  Bernar- 
dina Gharlotta  Trexier  128. 

Sciurus  Ms.  91. 
scordatura  41,  236. 

—  bei  Heinrich  Biber  236  ff. 
score  308. 

Scotus,  Hieronymus  482. 

Scotus,  Octavianus  480,  482. 

Se  amor  non  e  59  f. 

Sebastiani  276. 

Se   bei  rio  von    Raffaello    Rontani 

191   ff. 
Sechsliniensystem  356. 

—  bei  franz.  Laute  82. 
Seguier  459. 
Seidl,  Arthur  310. 
Seiffert,  Max  259,  286. 

—  über  Musikkupferstich  486. 
Senefelder,  Alois  486. 


Senfl,  Ludwig,  Die  Weiber  mit  den 

Flöhen  4  3  ff. 
Sensenschmidt,  Johann  480. 
separe  150. 

separee  bei  Beyer  157. 
septieme  328. 
Seres  485. 

Seven  digit  System  454. 
Seymat,  Alex.  M.,  sein  Schriftversuch 

431  f. 
shake  261,  262,  280. 

—  nach  Thomas  Mace  1 52. 

—  close  nach  Chr.  Simpson  151. 
Sidney,  Mary  119. 
Siebenliniensystem  355. 

—  bei  Thelwall  356. 
Sigonio,  Gandolfo  363. 
Silber,  Eucharius  479. 
Silva  Leite,  Antonio  de  206. 
simple  455. 

Simpson,    Christopher,    über    Ver- 
zierungen 151. 

—  über  Violenstimmung  226. 

—  über  Verzierungen  261. 
Simpson,  Thomas  228. 
Sitole  130. 

sixte,  petite  327. 
slide  261. 

—  nach  Thomas  Mace  1 52. 
slur  262,  280. 

—  nach  Thomas  Mace  152. 
Smith,  May  Florence  4  48  f. 

Sol  dan  mein  Treuiv  Allemande  89. 
Soldt's  Klavierbuch  278. 
Solmisation  474. 
Solmisationssilben  468. 

—  Sauveur's  367. 

—  als  Tonzeichen  378. 

—  bei  Johannes  Verulus  de  Anagnia 
380. 

Sommervell  380. 
son  porte  208. 
Sor,  Fernando  206. 
Sorau,    Stadtbibl.,  Ms.  an   Gardane- 
Drucken   154C/47   70. 
Sorge,  320. 


514 


Namen-  und  Sachregister. 


Soriano,  Francesco  485. 

Sospiro  una  senora  107  f. 

Sotos.  Andres  de,  Guitarren  griffe  nach 

katalanischen  Gebrauche  203. 
Sottana  51. 
Souhaitty,     Jean     Jacques,     seine 

Zahlentonschrift  396,  398,  399. 

—  als  Vorbild  von  J.  J.  Rousseau  403. 
Spagnoletta  4  83. 

spartitura  312. 

—  bei  Banchieri  313. 
Spielleute  1. 
Spinacino,  Francesco  52. 
spinger  nach  Chr.  Simpson  151. 

—  nach  Thomas  Mace  153. 
Sprach-Noten  465. 
Springer,  Hermann  476,  479,  480. 
Sprimgk  für  sechschörige  Gither142f. 
Squire,  Barclay  279. 

Staden,  Jo.,  über  Generalbaß  316. 

Stahl,  Fr.  Th.  405. 

Stainer,  J.  Fr.  160. 

Stainer,  Sir  John  380,  393. 

Stamitz,  Karl  238. 

Stanford,  Sir  Charles  380. 

Stanhope  459. 

Steele,  Robert  476,  485. 

Stefani,  Giovanni,  sein  Abecedario 
172. 

Steffani,  Agostino,  seine  Generalbaß- 
bezifferung 319. 

Stein,  Alb.  Gereon  410,  413,  415. 

Stein,  Richard  H.,  über  Viertel  ton- 
bezeichnung  363  f. 

Steindruck  479. 

Stempel  zum  Notenstich  486. 

Stenographie  419. 

Stenonotie  von  F.Raab  425. 

Stephani  407. 

Stephani,  Hermann,  seine  Einheits- 
partitur 310  f. 

Stereotypen-Notendruck  486. 

Stericker  45'i. 

Sternchen,  seine  Bedeutung  bei 
Hans  Gerle  41. 

—  für  Aushalten  eines  Tones  58. 


Stierlein,   Johann  Christoph,  seine 

Zahlenschrift  394. 
Stimm  enspiel  bei  der  Guitarre  189. 
Stimmung  |?  mol  bei  Mersenne  91. 

—  (3  quarre  bei  Mersenne  91 . 

—  der  Theorbe  114. 

—  der  Theorbe  zur  Zeit  Baron's  1 1 7. 

—  der  Mandora  120. 
Stimmungen  der  franz.  Laute  91. 

—  der  Laute  in  England  93. 

—  der  Cither  130. 

—  der  Cither  in  England  131. 

—  der  Harfe  in  Frankreich  300. 
sting  nach  Thomas  Mace  153. 
Stockholm,  Riks-Bibl.,  Abschrift  von 

H.  Newsidler's  >Ne  wgeordnet  Künst- 
lich Lautenbuch c  1536  48. 

Stradanus,  J.,  Musikkupferstecher 
485. 

strascino  207. 

—  beim  Chitarone  148. 

S  tr  au  ss,Richard, Gegner  derSchlüssel- 

reform  310. 
Striby  zur  Schlüsselfrage  347. 
Strich,  wagerechter  323. 

—  aufsteigender  nach  Graun  und 
Kirnberger  323. 

Striggio,  Alessandro  70. 

Strogers  278. 

Strozzi,  Bernardo,  über  Generalbaß 

316,  317. 
Strozzi,  Don  Gregorio  277. 
Stuchs,  Georg  480. 
Sudre,  Francois,  seine  >Langue  musi- 

cale  universelle«  472  ff. 
Sunde,  Hercules  a  466. 
Susato,  Thielman  (Tylman)  482. 
Suspension  285. 
Sweelinck,  Jan  Pieter  262. 
Synkope,    ausgedrückt    durch    den 

Punkt  bei  Rousseau  401. 
sytholle  130. 

Tabulatur,  Allgemeines  1. 

—  des  Ileborgh  1 1  ff. 

—  erste  gedruckte  1 9. 


Namen-  und  Sachregister. 


515 


Tabulatur  von  Hans  Kotter  22. 

—  Leonhard  Kleber's  24. 

—  Polinski  vom  Jahre  1 548  29. 

—  für  dreizehnchörige  Cither  4  46. 

—  französische  für  Guitarre  4  68  f. 

—  hei  Anthoni  van  Noordt  262. 

—  Christian  Michel  263. 

—  für  Tastinstrumente  von  Cabecon 
267. 

—  für   Tastinstrumente   von   Vinegas 
de  Hinestrosa  267. 

—  für  Harfe  in  Deutschland  299. 

—  für  Harfe  in  Frankreich  299  f. 

—  für  Harfe  in  Spanien  301. 

—  für  Harfe  in  Italien  301. 

—  italienische  in  Deutschland  306. 

—  für  Orgel  zur  Direktion  306. 

—  ihre   rhythmische   Zeichen   in    der 
Ziffernschrift  412. 

>Tabulatur-Buch  auff  der  Cythar« 

134. 
Tablature  du  cistre  nach  Mersenne 

132. 
Tabulaturen  in  Lüneburg  34. 

—  für  Theorbe  117f. 

—  für  Chitarone  119ff. 

—  für  Mandora  123. 

—  für  Colachon  125. 

—  für  Angelica  129. 

—  für  Doppelcither  141. 

—  für  vierchörige  Cither  145  f. 

—  für  fünfchörige  Cither  146. 

—  für  sechschörige  Cither  146. 

—  für  Hamburger  Cithrinchen  146. 

—  für  Guitarre  209  ff. 

—  für  Geigeninstrumente  218. 

—  für  Violinen  232  ff. 

—  für  Viola  da  braccio  232  ff. 

—  für  Geigeninstrumente  239. 

—  für  Holzblasinstrumente  241. 

—  für  Blechblasinstrumente  247. 

—  für  Akkordion ,    Luthercither    und 
Balalaika  248. 

—  für  Orgel  und  Klavier  249. 

—  für  Klavier  und  Orgel  270  ff. 

—  italienische  Orgel  und  Klavier-  272  ff. 


Tabulaturen  der  Virginalisten  278. 

—  für  Harfe  291  ff. 
Taktstriche     in    der    »Musica    ge- 

tutschtc  4  9. 
Tal  es  tri,  regina  delle  Amazoni  484. 
Tallis,  Thomas  275,  278,  485. 

—  Natus  est  nobis  259. 
Tans'ur,  William  242. 

—  gegen    Salmon    in   der    Schlüssel- 

—  frage  341. 

—  über  Blindenschrift  450. 
Tanz  30. 

—  Annerlein    von    Torgen    aus   Ms. 
David  Sammenhammer  139. 

—  für  sechschörige  Cither  142 f. 
Tanzschriften  455ff. 
Tappert,  Wilhelm  2,  460,  233,  394. 
Tarantela  179. 

Tartini,  Giuseppe  238. 

Tastar  de  corde  54. 

Tastinstrumente,         Tabulaturen 
264  ff. 

Taubert 's     »Rechtschaffener    Tanz- 
meister« 457. 

Tele  mann,  Georg  Philipp,  über  Be- 
zifferung 320  ff. 

Tellez,  Baltasar  4  06. 

temblor  207. 

Tenore  51. 

Tenor  di  Napoli  4  83. 

Teule,  Jules  Charles  429. 

—  sein  Reform  versuch  44  7. 
Thaule  459. 
Thelwall  356. 

—  sein  »Uniclef  System«  34  4. 

—  zur  Schlüsselfrage  347. 
Theodor  von  Würzburg  477. 
Theophilus  4. 

Theorbe  444. 

—  geschichtliche  Bemerkungen  65. 

—  ihre  Saitenzahl  83. 

—  römische  und  paduanische  4  4  4. 

—  als  generalbassierendes  Instrument 
444. 

Theorben-KodexChrysander117 
Theorbentabulaturen  417f. 


516 


Namen-  und  Sachregister. 


Thomas,  John,  über  die  Notation  der 

alten  Bretonen  295. 
Thürlings,  Adolf  482. 

—  über  Musikdruck  476. 
Thysius-Lautenbuch  87. 

Tier  seh,  Otto,  seine  Akkordschrift  330. 
Tigrini,  0.  308. 
Tinctoris,  Jo.  158,  220,  478. 

—  seine  Schrift  »De  inventione  et  usu 
musicae<  37. 

—  über  lira  =  Laute  71. 

—  über  die  Viola  224. 
Tiorba  118. 

Toccata  prima  von  Claudio  Merulo  257. 

Törnudd,Axel,zur  Schlüsselfrage  346. 

Toledo,  Cath.  33,23  304. 

tombe  150. 

Tomlincons,  Kellon  457. 

Ton,  sein  inviduelles  Schriftbild  367. 

ton,  vieil  91. 

Tonart,    ihre    Bezeichnung    in    der 

Zahlenschrift  41 4  f. 
Töne,  liquescente  147. 
Tonic  Sol-fa-Methode  380ff. 
Tonnamen  farbig  auf  Tasten  4. 
Tonnolini,  Gio.  Batt.  313. 
Tonschrift,  walisische  294. 
Tonzeichen  Sauveur's  367,  376. 
Torres,  Joseph  de  324. 
Trabaci,   Gio.  Maria  258,  276,  461. 

—  »2.  Libro  de  Ricercate«  308. 
»Transactions,  PhilosophicaW  458. 
transponierende     Schreibweise 

310. 

Transporteur  437. 

Transposition  in  der  ital.  Lauten- 
musik 59. 

—  von  Akkorden  auf  Guitarre  bei 
Caliginoso,  Carbonchi,  Ricci,  Sanz 
u.  a.  1 75. 

Treiber,  Joh.  Ph.,  seine  Generalbaß- 
bezifferung 320. 
tremblement  148,  149,  151,  284. 
tremolo  140,  261,  289. 

—  bei  Bovicelli  und  Rognoni  285, 
nach  1600  285. 


tremolo  bei  Pietro  Paolo  Melii  daReggio 

148. 
Tremulant  bei  Radolt  154. 
tremulus  281. 
tremulum  289. 
Trezier,  Bernardina  Charlotta,  Aüge- 

lica-Tabulatur  128. 
Trier,    Stadt- Bibl.    cod.    cart.    310 

{1482)  39. 
trilla  289. 
trillo  147,  155,  207. 

—  beim  Chitarone  148. 

—  nach  Beyer  157. 
trino  207. 

Trithemius,  Jo.  466,  477. 
Trombe,  ihre  Aufzeichnung  auf  einem 

System  309. 
Tromboncino  313. 
Trost  und  Wonri1  397. 
Tuba  467. 

Türk,  Daniel  Gottlob  324. 
Tuft,  John  über  Solmisation  380. 
Tunstede,  Simon  3. 
turn  261,  280. 
tut  nach  Thomas  Mace  153. 
Tympanum  467. 
Typen,  bewegliche  481. 

Überlage  bei  Beyer  157. 

Übertragung,  für  den  Gebrauch 
des  Lautenisten  46. 

ühlard,  Philipp  482. 

Ultimi  mei  suspiri  von  Verdulot 
Tafel  zu  268. 

Umzifferung  415. 

Unbereit,  August  365. 

Ungar o,  Jacomo  482. 

Unger,  Johann  Friedrich,  seine  Notier- 
maschine 458. 

Uniclef  System  Thelwall's  311. 

Ut  queant  laxis  nach  Monte  Gassino 
Ms.  318  377  f. 

Valbeke,   Louis    van,    Erfinder    des 

Pedals  11. 
Valderravano,  Anriquez  de  106 f. 


Namen-  und  Sachregister. 


517 


Valente,  Antonio  258,  276. 

—  »Versi  spirituali«  308. 
Valerius,  Adrian  131. 
Vallet,  Nicolas  149. 

van   der  Eist,   Job.,    seine   »Notae 

Augustianae«  336. 
Vanderstraeten,  E.  2I9,  345. 
van  Zuylen  Limnander,    Charles 

345. 
Vecchi,  Orazio  70. 
Venantius  Fortunatus  219. 
Veni  creator  spiritus  389  f.,  398f. 
Verardus  478. 
V  e  r  d  e  1  o  t ,   Ultimo  mei  suspiri  Tafel 

zu  268. 
Verdonck,  Com.  485. 
Vernarecci,  Augusto  475,  481. 
Verovio,  Simone  256,  273,  486. 

—  >Diletlo  spirituale«  Tafel  zu  256. 
verre  casse  150. 

Verulus,  Johannes  de  Anagnia  380. 
Verzierungen   in   der  Lautenmusik 
147  ff. 

—  für  Chitarone  148. 

—  für  Viola  bei  Christopher  Simpson 
151. 

—  nach  Thomas  Mace  1  52. 

—  bei  Kremberg  153. 

—  bei  Reusner  153. 

—  eines  Bayreuther  Lautenisten  156. 

—  bei  L.  Edler  von  Radolt  153  ff. 

—  bei  Baron  155. 

—  nach  Joh.  Christian  Beyer  156 f. 

—  der  Guitarrenmusik  207. 

—  bei  Daniel  Merck  241. 

—  bei  Marais  und  Geminiani  241. 

—  der  Virginalisten  260  ff. 

—  der  Klaviermusik  279  ff. 

—  der    französischen    Klaviermeister 
281  ff. 

—  der  deutschen  Klaviermeister  2 85  ff. 

—  bei  J.  S.  Bach  289  f. 

—  bei  Ph.  Em.  Bach  und  Jo.  Chr.  Fr. 
Bach  289  f. 

—  bei  Buttstedt  290  f. 

—  bei  J.  C.  F.  Fischer  289  f. 


Verzierungen  bei  Heinichen  2S9. 

—  bei  Marpurg  289  ff. 

—  bei  L.  Mozart  290. 

—  bei  Muffat  289. 

—  bei  Reichardt  289  f. 

—  bei  Türk  289  ff. 

—  bei  G.  Fr.  Wolf  289  f. 
Vesoul,  Stadtbibl.  Ms.  9287  70. 
Vexilla  regis  prodeunt  391  f. 
Viadana,  Lud.  Grossi  da,  über  Orgel- 
partituren 312. 

—  seine  Generalbaßlehre  316. 
Viaera,  Frederico  130. 
Viaion,  A.  O  toi  qui  fais  404. 
vibrato  155. 

Vicentino,  Nicola,  zur  Darstellung 

kleinerer  Intervalle  363. 
Victoria,  Thomas  Lud.  de  276. 
Vidal,    E.   T.  T.,  seine  musikalische 

Stenographie  433. 

—  Louis  Antoine  218. 
Vidales,  Julian  382. 
viella  218,  219 f. 
Vielle  253. 

Vier    Dinge   nenn   ich    stets    mein 

Leben  9  4  f. 
Vihuela  106,  219. 
vihuela  de  arco  229. 
Villan  de  spagna  182. 
Villano  von  Ribayaz  202. 
Villano  di  Spagna  177. 
Vincent,  H.  I.  355. 

—  seine  Darstellung  chromatisch  alte- 
rierter  Töne  361. 

viola  219. 

—  ihre  Stimmung  in  Frankreich  228. 

—  ihre  Stimmung  nach  Cerreto  226. 

—  ihre  Stimmung  in  Spanien  230. 
Viola  bastarda  230. 

Viola  bastarda-Tabulatur  239. 
viola  da  braccio  232. 
Viola  di  gamba-Tabulaluron  239. 
Viola  Paradon  230. 

—  Tabulaturen  239. 
Violensatz     aus     Mace's    »Musick's 

Monumente   227  und  Tafel. 


518 


Namen-  und  Sachregister. 


Violinen  232. 

—  Tabulaturcn  23311'.,  239. 
Violino,   Giovanni  Battista  dal    118. 
Virdung,  Sebastian,  269,  478. 

—  »Musica  getutscht«  4  9. 

—  über  die  Zahl  der  Saiten   bei  der 
Laute  38. 

—  rechnet  mit  sechschörigen  Instru- 
menten 38. 

—  über  den   Erfinder   der  deutschen 
Tabulatur  38. 

—  über  die  Geigen  221. 

—  seine  Flötentabulatur  244. 
Virgo,    Paolo,    seine   cordatura    der 

Laute  64. 
Vischer,  C.  485. 
Visee,  Robert  de  204. 

—  über  franz.  Lautentabulatur  94. 
Vismes,  Anne-Pierre-Jacques  de   39. 
Vissenaecken,  Guillaume  van  482. 
Vitali  352. 

Vivier  345. 

voces  signatae  259. 

Vogel,  Emil  476. 

—  481. 

—  F.  W.  455. 
Vos,  Martin  de,  485. 
Voullieme  477. 
Vreedman,  Seb.  131. 

—  Caracossa  133. 

Waelrant,  Hubert  482. 
Wagner,    Hans,     seine    Darstellung 
alterierter  Töne  349  f.,  352. 

—  seine   »Musik-Stenographie«    446  f. 
Wagner-Maelzel  459. 
Waisselius,  Matthaeus  42. 
Walderau  221. 

Waldmann  412. 

—  Joseph  413,  415. 
Walker,  Jos.  292. 
Wallbridge,  Arthur  355. 

—  sein  »Sequential  System  of  musical 
notation«  351. 

Walsh  486. 
Walter,  E.  359. 


Walter,  Joh.  Jakob  240,  319. 

Ward  278. 

Wasielewski,  Jos.  W.  v.  218. 

Was  lebet,  das  schtvindet  44  6. 

Weale  477. 

Weber,  Carl  Maria  von,  seine  Be- 
mühungen um  die  Lithographie 
von  Noten  4 86 f. 

—  Gottfried,  seine  Generalbaßlehre329. 

—  seine  Akkordschrift  329  f. 
Wecker,  Georg  Caspar  483. 
Weckerlin  483. 

—  über  Musikdruck  476. 
Weelkes,  Thomas  278. 
Weigand,  Ernst,  seine  Darstellung 

der  abgeleiteten  Töne  352. 

—  zur  Darstellung  chromatischer  Töne 
353f. 

—  Darstellung  des  Rhythmus  358. 

W eingar tner,  F.  v.,  für  die  Notie- 
rung der  transponierenden  In- 
strumente in  G-Stimmung  310. 

Weinmann,  Karl  130,  158. 
Welker  von  Gondershausen  218. 
Wendel  476. 

Wendt,  seine  Haken-Noten  450. 
Wennssler,  Michael  480. 
Werckmeister,  Andreas,  über  Diri- 
gierstimmen 306. 

—  unterscheidet  die  Oktaven  »durch 
verschiedene  Typen«  375. 

Werneburg,Dr.  J.  Fr.  Chr.  394,411. 

Wernigerode,  Fürstl.  Stolbergsche 
Bibl.  Ms.  ZK  14  4  4.  4  6. 

Werra,  Ernst  von,  über  Johann 
Buchner  27. 

Westendorp,  Eugen  419. 

Wetzel  459. 

wholefall  nach  Thomas  Mace  152. 

Wickström,  August,  zur  Schlüssel- 
frage 34  5. 

Wien,  k.  k.  Hofbibl.  Mus.  ms.  18821, 
18827,  18  790  74. 

—  Bibl.  Graf  Hans  Wilczek  Tabulatur 
74. 

—  Cod.  Trient  89  250. 


Namen-  und  Sachregister. 


519 


Wilke's  »Bedenken«  358. 

—  seine     Notenform     für     alterierte 
Töne  362. 

—  Gegner  des  Zahlensingcns  407. 
Willaert,  Adrian  305. 

—  Augnstine,  lux  doctorum  109  ff. 
William,  W.  292. 
Williams,  Abdy  335. 
Winghe,  J.  van  485. 
Winterburger,  Johann  480. 
Wolbold  407,  409,  411,  412,  415. 
Woldemar,  Michaeide,  seine  musi- 
kalische Stenographie  44 4 f. 

—  seine  Geheimschrift  470  f. 

Wo  fenbüttel,  herzogl.Bibl., Lauten- 
bücher Ph.  Hainhofer's  71. 

—  Heimst.  628  304. 
Wolffheim,  Werner  57,  64,  109,  306. 
Wolkenstein-Tabulatur  65. 
Wollick,  Nicolaus  478. 
Wolter,  August  403. 
Wooldridge  5,  303  f.,  305. 
Worcester,  Gathedral Bibl. Ms  frgm. 

304. 
Worde,  Wynkyn  de  485. 
Wouwere,  Claes  van  den  482. 
Wüllner,  I.  409. 

Young  221. 

Za,  siebente  Solmisationssilbe  von  Le 

Maire  378. 
Zahlen  zur  Bezeichnung  der  leeren 

Chöre   der  deutschen  Lautentabu- 

latur  41. 

—  als  Bundbezeichnungen  52. 

—  für  die  Griffe   der  Guitarre   199  ff. 


Zahlen  im  Generalbaß  bei  Cavalieri» 
Caccini,  Peri  314. 

—  zu  Notationszwecken  bei  den 
Arabern  387. 

—  als  Notenköpfe  413. 
Zahlentonschriften  387ff. 
Zannetti,  Gasparo  232,  239. 

—  »II  Scolaro«  1645  239. 
Zarabanda  182. 

Zarabanda  von  Ribayaz  202,  302. 
Zarlino,  Giuseppe  265. 
Zarnack,  August  407,  412,  413. 
Zeichen,    rhythmische    der  Lauten- 
tabulatur  41. 

—  rhythmische  in  der  franz.  Lauten- 
tabulatur  74. 

Zeller,  G.  A.  406,  409. 

Zellner,  Leo  419. 

Zichy-Ferraris,  Graf  Em.,  seine 
»musikalische  Stenographie«  432 f. 

Ziffern,  ihre  Streichung  in  der  Gene- 
ralbaßschrift 324. 

—  ihre  verschiedene  Größe  als  Aus- 
druck des  Rhythmus  413. 

Ziffernschrift,  Chromatik  410,  die 
Pausen  411. 

—  die  Rhythmik  411. 
Ziffern-Tonschriften  387. 
zimbelo  147,  285. 

Zitter  130. 

Ziwet,  C.  v.  409,  411,  414. 
Zorn  457. 

Zudruck  bei  Harmonica  248. 
Zürich,  Stadt-Bibl.  Ms.  284  27. 
Zweiliniensystem  366. 
Zwischenraum,  benutzt  zur  Oklav- 
unterscheidung  410. 


,7 


Date  Due 

MAY  1  4  1 

Library  Bureau  Cat.  no.  1137 

ML  431  .WS  2 


Wolf,  Johannes,  1869-1947. 


Handbuch  der  notationskunde 


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