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Full text of "Handbuch der römischen Alterthümer"

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HANDBUCH 


DER 


RÖMISCHEN  ALTERTHÜMER 


VON 


JOACHIM  MARQUARDT  UND  THEODOR  MOMMSEN. 


VIERTER  BAND. 
RÖMISCHE  STAATSVERWALTUNG  VON  J.  MARQUARDT.    I. 


LEIPZIG 

VERLAG  VON  S.  HIRZEL. 
1873. 


RÖMISCHE 


STAATSVERWALTUNG 


VON 


JOACHIM  MARQUARDT. 


ERSTER  BAND. 


LEIPZIG 

VERLAO  VON  8.  HlUZKL. 
1873. 


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Das  Recht  der  Uebersetzung  ist  vorbehalten. 


SEINEM  VEREHRTEN  FREUNDE 
HERRN 

GEH.  JÜSTIZEATH  W  MAßTENS 

IN  D ANZIG 

ZUGEEIGNET. 


Das  Buch,  welches  ich  den  Freunden  des  römischen  Alter- 
thunis  tibergebe,  enthält  eine  fast  in  allen  Theilen  neue  Bear- 
beitung des  Stoffes,  welchen  der  im  Jahre  1851  erschienene 
dritte  Band  des  von  mir  fortgesetzten  Beekerschen  Handbuches 
in  seiner  ersten  Abtheilung  behandelte.  Diesen  Stoff  zu  ver- 
einigen und  zu  einigem  Verständniss  zu  bringen  war  vor  zwan- 
zig Jahren  ein  gewagter  Versuch,  ftir  welchen  weder  Quellen 
noch  Vorarbeiten  ausreichten.  Wenn  derselbe  gegenwärtig  mit 
mehr  Zuversicht  erneuert  werden  kann,  so  ist  das  zunächst  das 
Verdienst  der  vielseitigen  und  erfolgreichen  Betheiligung ,  welche 
den  hier  in  Betracht  kommenden  Fragen  in  den  letzten  Decen- 
nien  zugewendet  worden  ist.  Insbesondere  war  es  ftir  mich 
eine  erfreuliche  Aufgabe,  den  reichen  Zuwachs  an  Quellen- 
material und  daraus  gewonnenen  neuen  Aufschltissen ,  welcher 
der  unermüdlichen  und  glticklichen  Thätigkeit  Mommsens  ver- 
dankt wird,  sowie  die  meisterhaften  Arbeiten  Waddington's, 
deren  Benutzung  in  Deutschland  bisher  nur  einem  kleinen 
Kreise  vergönnt  war,  ftir  meine  Zwecke  zu  verwerthen.  So 
mit  andern  Mitteln  ausgerüstet  und,  wie  ich  hoffe,  durch  längere 
15eschäftigung  mit  dem  Gegenstande  in  meinem  eigenen  Urtheil 
sicherer  geworden,  bin  ich  })emtiht  gewesen,  meine  frühere 
Darstellung  einer  völlig  objectiven  Kritik  zu  unterziehen;  was 
sich  trotz  manchem  Widerspruche  schliesslich  bewährt  hat,  bei- 


VIII 


zubehalten,  was  sich  als  falsch  herausgestellt  hat,  ohne  Wei- 
teres zu  verbessern.  Es  liegt  in  der  Natur  eines  Handbuches, 
dass  jeder  Fortschritt  der  Disciplin,  welche  es  zum  Gegen- 
stande hat,  Berichtigungen  und  Erweiterungen  nothwendig 
macht,  und  auch  die  vorliegende  Arbeit  dürfte  ihrem  Zwecke 
entsprechen,  wenn  sie,  über  den  gegenwärtigen  Stand  der 
Untersuchung  orientirend  und  noch  ungelöste  Fragen  bezeich- 
nend, zu  weiteren  Forschungen  Veranlassung  wird. 

Gotha,  im  November  1873. 


INHALT. 


I.  Organisation  des  römischen  Reichs. 


Die  städtischen  Gemeinden  S.  3—18. 

Entwickelung  des  Städtewesens  Seite  3.  Payi,  nicht  selbständige  Gemein- 
den 4.  Pa<ji  in  Rom,  in  Italien  5.  Aufhören  der  Gauverfassung.  Die  Städte  6, 
Vici  7.  Castella.  Praefecturae  als  Dorfgemeinden  9,  Fora  und  conciliahula  10. 
Pagi  der  Stadtgemeinden  12. 

Die  Stadtgemeinde  als  Organ  der  Verwaltung  in  Italien ,  in  Gallia  Cisal- 
pina  13,  In  den  Provinzen  14.  Stadtterritorium.  Attribuirte  Ortschaften  15. 
Neue  Städteanlagen  von  der  Regierung  gefördert  17. 


A.   Italia  S.  19—89. 

Grenzen  Italiens  19.     Geschichtliche  Entwickelung: 

Erste  Periode.  Italien  vor  der  lex  Itllia.  Erweiterung  der  Stadt- 
gemeinde Roms  22.  Latinerbund.  Bündniss  des  Spurius  Cassius  23.  Isopoli- 
tie  24.  Stimmrecht  der  Latiner  in  Rom  25.  Autlösung  des  Latinerbundes.  Ver- 
hältniss  Italiens  nach  der  Auflösung  26. 

1.  Municipia  26.  Ursprünglicher  Begriff  28.  Zwei  Arten  von  Munici- 
pien  29.     Späterer  Begriff  des  municipium  34. 

»  2.  Römische  Colon  ien  35.  Verzeichniss  derselben  39.  Folgen  der 
Ausdehnung  der  römischen  Gemeinde.  Veränderte  Zusantmensctzung  der  Tribns. 
Italia  tributim  descripta  40.  Die  Ausdehnung  der  Bürgerschaft  beeinträchtigt 
die  Ausüburjg  des  Stimmrechtes.  Prae fecturae  4^  Die  praefecti  werden  er- 
nannt 41.     Aufhören  der  praefecturae  43. 

3.  Civilatea  foederatae  44.  Freundschaftsverträge.  HofpUium  puhli- 
rum  44.  Fnedun.  Bundesstaaten  mit  vollständiger  Souveränität.  Exilrecht.  Bun- 
desstaaten mit  beschränkter  Selbständigkeit  45.  Ucberslcht  der  Bundesstaaten. 
Latinisrhe  Colon  Ien,  vom  Lntineibutido  gegrHndet  47;  von  Korn  gegrün- 
det. Verzoichnifis  48.  Die  coloniae  inaritimae  bleiben  römisch  50;  die  Colo- 
nien  im   Binnonlarclc    sind  latinisch.      Zahl  der  ('olünis((!M  51.      Rcch(o  der  La- 


Uni  roloniurii  1)2.  Besdiränkuiigen  derselben.  Jüngeres  Recht  der  12  Coloiiien  53. 
Heschräiikuiig  des  Münzreohts,  des  connuhium  54,  der  Freizügigkeit  und  der  Er- 
werbung des  römischen  Bürgerrechts  55.     Latium  maiua  und  minus  57. 

Zweite  Periode.  Italien  nach  dem  Bundesgenossenkrie^e.  Erwei- 
ternng:  Italiens  durch  Hin/u/ichung  von  Gallia  (Jisalpina  57.     Un- 

zufriodeiihcit  der  Italiker.  liundesgenossenkrieg.  IjCx  lulia  58.  Lex  PlauÜa 
Papiria  59.  Das  cJsalpinisclie  Gallien.  Das  cispadanisclie  erhält  das  Bürger- 
recht, das  transpadanische  das  Kecht  der  jüngeren  latinischen  Colonien,  dann 
das  Bürgerrecht,  lu»  Lata  dor  Provinzen  60.  Folgen  der  Ertheilung  des  Bür- 
gerrechts an  ganz  Italien.  Die  Munlciplen  als  selbständige  Staaten  constituirt 
und  in  ein  neues  Verhältniss  zur  Regierung  gesetzt  62.  Leyes  municipales  63. 
Lex  Ilubria.    Lex  lulia  municipalis  65. 

Dritte  Periode.  Italien  unter  den  Kaisern  67.  Italien  im  Uebergang 
zur  rrovincialvcrt'assung  67.  Eintheilung  desselben  in  11  Regionen.  Verzeich- 
niss  derselben  68.  Mängel  der  städtischen  A'^erwaltungeii  71.  Italien  unter 
Consulare  gestellt  72.  Italien  unter  den  iuridici  73.  Zahl  derselben  74.  Be- 
schränkung der  Municipalgerichtsbarkeit  durch  dieselben  76.  Ausserordentliche 
Verwaltungsbehörden,  corrcctores  77.  Ständige  correctores  78.  Eintheilung  Ita- 
liens in  Provinzen.  Aufhören  der  Steuerfreiheit.  Regio  annonaria  und  urbica- 
ria  80.  Diocletianische  Reichseiutheilung.  Praefectura  Italiae  81.  Provinzen 
des   Vicarius  Italiae  83 ,    des    Vicarius   Urbis  85. 


B.  Die  römisclien  Provinzen  S.  90—425. 
1,  statistische  Uehersicht. 

I.  Sicilia.    Einrichtung   der  Provinz  91.      Verwaltung  92.      Gemeinden  93. 

II.  Sardinia  mit  Corsica  95. 

III — V.  Die  spanischen  Provinzen.  Einrichtung  99.  Hispania  citerior  und 
uUerior.  Spanien  in  drei  Provinzen  getheilt  101:  1.  Tarraconensis  102; 
2.  Baetica  105;  3.  Lusitania  106.  Romanisirung  Spaniens  106.  Land- 
tage der  drei  Provinzen  107.      Eintheilung  Spaniens  nach  Diocletiau  109. 

VI — XIV.  Die  gallischen  Provinzen.  Einrichtung  der  provincia  Narbonen- 
sis  HO.  Seit  Cäsar  vier  gallische  Provinzen  112.  Provinzen  der  Kaiserzeit: 
1.  Narbonensis  113;  2.  Aquitania  114;  3.  Lugdunensis;  4.  Bel- 
giea  115.  Verwaltung  116.  Gauverfassung.  Entstehung  der  grösseren  Städte 
117.  Landtag  in  Lngdunum  118.  5.  und  6.  Germania  superior  und  in- 
ferior 120.  Romanisirung  der  gallischen  Provinzen  125.  7.  Alpes  mariti- 
mae;  8.  Alpes  Cottiae  127;  9.  Alpes  Poeninae  128.  Eintheilung  Gal- 
liens im  vierten  Jahrhundert  129.  - 

XV.  Britannia.     Einrichtung  der  Provinz.     Verwaltung  130.  ^ 

XVI.  Kaetia.  Procuratorische  Provinz  133,  erhält  einen  Legaten  135.  Wird 
zu  Italien  gezogen  135. 

XVII.  Noricum  135.  ^ßeyn«??!  A^oricwm  unter  einem  Procurator ;  erhält  einen 
Legaten  136. 

XVIII.  XIX.  Pannonia  137.  Eroberung  des  Landes.  Theilung  in  P.  in- 
ferior und  superior  138.     Städteanlagen   139.     Weitere  Theilung  140. 

XX.  lUyricum,  später  Dalmatia  141.  Ethnographischer  Begriff  von  JUyri- 
cum.  Erste  Eroberungen  142.  Beginn  der  Provinz  143.  Verwaltung.  Der 
Name  Dalmatia  144.     Gemeinden  146, 


XI      — 

XXI,  XXII.  Moesia  146.  Erste  Eroberungen.  Einrichtung  der  Provinz  147. 
Theilung  derselben  148.  Städteanlagen  149.  Politischer  Einfluss  der  Römer 
auf  die  Nordküste  des  schwarzen  Meeres  150. 

XXIII.  Dacia.  Einrichtung  der  Provinz  152.  Theilung  derselben  in  zwei, 
dann  in  drei  Provinzen  153.      Städteanlagen  154.     Aufgabe  der  Provinz  155. 

XXIV.  Tliracia,  procuratorische  Provinz  156.  Prätorische  Provinz.  Städte 
158,     Theilung  der  Provinz  159, 

XXV.  Macedonia.  Vorläufige  Organisation  160,  Provinz.  Grenzen  161. 
Verwaltung  162.     Colonieanlagen.     Theilung  der  Provinz  163. 

XXVI.  XXVII.  Achaia  mit  Epirus  164.  Politik  der  Römer  in  Griechen- 
land 165.  Unterwerfung  Griechenlands  167.  Regulirung  der  städtischen  Terri- 
torien 169.  Neue  Stadtverfassungen  169.  Freie  Staaten  171,  Achaia  mit  Ma- 
cedonien  vereinigt  171.  Acliaia  selbständige  Provinz.  Thessalien.  Epirus  173. 
Verwaltung  174.     Colonien.     Zustand  der  Provinz  175. 

XXVIII.  Asia  176.  Aera  der  Provinz.  Grenzen  177.  Statthalter  178. 
Sullanische  Constitution;  Eintheilung  in  44  Districte  180.  Conventus  iuridici 
182.  Metropolen  185.  Landtag  187.  Freie  Städte  188.  Colonien  189.  Dio- 
detianische  Theilung.     Insularum  provincia  190. 

XXIX.  Bithynia  und  Pontus  191.     Verwaltung  193.     Plinius  in  Bithynien 

194.     Doppelter  Landtag  197.     Stadtgebiete  198.     Freie  Städte.    Colonien.    Thei- 
lung im  4.  Jahrhundert  199. 

XXX.  Galatia  mit  dem  Pontus  Polemoniacus  200.  Bestandtheile  der  Pro- 
vinz: 1.  Galatia;  2.  Pisidia;  3.  Phrygia;  4.  Lycaonia;  5.  Isauria;  6.  Paphla- 
gonia;  7.  Pontus  Galaticus;  8.  Pontus  Polemoniacus;  9.  Armenia  minor  200. 
Verwaltung  203.     Städte  206.     Spätere  Theilung  207, 

XXXI.  Cappadocia.  Umfang  207.  Eintheilung  in  Strategien  208.  Pro- 
curatorische, später  consularische  Provinz  209.  Grenzen  seit  Traian.  Armenia 
minor  211.  Politische  Bedeutung  der  Provinz  211.  Neue  Städteanlagen  214. 
Spätere  Theilung  216. 

XXXII.  Lycia  et  Pamphylia  216.  Lycische  Bundesverfassung  2J8.  Pam- 
phylischer  Landtag  221. 

XXXIII.  Cilicia  221.  Organisation  des  Jahres  64  v,  Chr.  225.  Gerichts- 
.>prengel.  Casars  Constitution  225.  Augustus  ändert  den  Umfang  der  Provinz 
226.  Dynastie  von  Elaiussa  226.  Dynastie  von  Olbe  227.  Dyna- 
stie des  Tarcondimotus  228.  Cilicien  zu  Syrien  geschlagen  228.  Cilicien 
besondere  Provinz  229.     Freie  Städte  230. 

XXXIV.  CypruB.   Senatsprovinz  232.     Städte  233. 

XXXV.  Byria  234.  Bevölkerung  235.  Stadtgebiete  236.  Freilieit  der 
Städte  238.  Dynastien  innerhalb  der  Provinz:  1.  Commagcne  240.  2.  Chal- 
cis  242.  3.  Abilenc  243.  4.  Arethusa  und  Emesa  245.  5.  Damas- 
cus  2A{'k  6.  ludaea  247.  Herodcs  d.  Gr.  249.  Herodes  Söhne  251.  Ilero- 
des  Agrippa  252.     Procuratorcn  von  ludaea  253.     Palmyra  254. 

Verwaltung  der  Provinz  257.  ludaea  b((S(»ndero  Provinz  seit  70  n.  (!lir.  261. 
Theilung  von  Syrien  in  Syria  Coole  und  Syria  Phoenice  264.  Weitere  Theilung 
in  7  Provinzen  2(')6.  Stadtgemeinden  270.  Colonien  271.  Sacrale  Verhält- 
nisse 273. 

XXXVI.  Arabia.     Aera  der  Provinz  274.     TheUunti  d.r  l'roNinz  276. 
\ XXVII.  Araenia  277. 

W XVIII.  XX MX    Meiopotamia.    Asiyria  278. 


XII 


XI..  Aegyptus.  Veivraltung  unter  einem  Vicekönig  282.  Praefectus  Ae- 
yypti  285.  Centralisation  der  Verwaltung.  Epistrategien.  Nomen.  Toparc'  en. 
Komon  288.  Exirairte  Stallte  293.  luridicus  ALexandriae  294.  Bevölkerung  von 
Alexandria  296.     Aegypten  zur  Diücese  des  Orients  gezogen  298. 

XLI.  Greta  und  Cyrenaica.  Frühere  Geschichte.  Pentapolis  298.  Cyrene 
wird  Provinz  301.  Creta  und  Cyrene  combinirt  302.  Die  Stadtgemeinde  von 
Cyrene.     Verfall  der  Stadt  304. 

XLII.  XLIII.  Africa  und  Numidia.  Entstehung  der  Provinz.  Numidien 
mit  derselben  vereinigt  306.  Africa  unter  einem  Proconsul,  der  eine  Legion  com- 
mandirt  307.  Dies  Commando  geht  an  einen  kaiserlichen  Legaten  über  308. 
Numidien  selbständige  Provinz  310.     Weitere  Theilung  durch  Dioclctian  311. 

Beveohner  der  Provinz :  Berbern,  Phönicier.  Romanisirung  313.  CivUates 
Liberae.  Ansiedelungen  der  Römer  315.  Städtegründungen  318.  Numidien 
colonisirt  319. 

XLIV.  XLV.  Mauretaniae,  Tingitana  und  Caesariensis.  Aera  der  Pro- 
vinz 323.  Procuratorische  Verwaltung.  Mauretania  Sitifensis.  Colonie- 
anlagen  327. 

Uebersicht:  I.  Römische  Provinzen  im  J.  117  n.  Chr.  330.  IL  Chro- 
nologische Uebersicht  334.  III.  Eintheilung  der  Provinzen  nach  der  Verwaltung 
Im  ersten  und  am  Anfange  des  zweiten  Jahrhunderts  335.  IV.  Verwaltung  des 
Römischen  Reiches  um  400  n.  Chr.  336. 


2.  Verwaltung  der  Proyiiizen. 

A.    Einrichtung  der  Provinz. 

Begriff  der  Provinz  338.  Verfahren  bei  der  Einrichtung.  Stadtbezirke  341. 
Städte  verschiedenen  Rechtes  343. 

Freie  Städte  344:  1.  CivUates  foederatae  347.  2.  CivUates  sine  foedere 
immunes  et  liberae  349.     Begriff  der  Autonomie  351. 

Unterthänige  Städte  353.     Verfall  der  freien  Städte  358. 

Städte  römischer  Verfassung  359.  Rechtliche  Stellung  der  römi- 
schen Städte  in  den  Provinzen  360.  Colonien  und  Municipien  361.  Coloniae 
liberae  362 ;    immunes,    iuris  Italici  363. 

Die  Provinciallandtage  365.  Vorrömische  Landtage.  Neueingerich- 
tete Landtage  366.  Cult  des  Kaisers;  sacerdoi  provinciae  367.  Sacerdotales . 
Landtagsabgeordnete  369.  Competenz  des  Landtags  370.  Alle  Provinzen  haben 
Landtage  372.     Bedeutung  der  Titel  'Aoiapy/]?,  Bt^uviapyT]?  u.  s.  w.  374. 

B.    Der  Statthalter  und  seine  Beamten. 

Beamtenpersonal  der  republicanischen  Zeit  377.  Prätoren,  Pro- 
prätoren, regelmässig  seit  Sulla,  ausserordentlich  schon  seit  632=122;  Pro- 
consuln  378.  Proconsularische  und  proprätorische  Provinzen  380.  Zeit  des  An- 
tritts. Lex  Pompeia  382.  Amtsdauer.  Lex  Cornelia  383.  Lex  lulia  de  pro- 
vinciis.  Ornatio  provinciae  385.  Unterbeamte:  legati  pro  praetore  386. 
Quaestores.  Pro  quaestare  388.  Quaestor  pro  praetore.  Quaestor  vice  procon- 
sulis  390.  Comites.  Cohors  praetoria  391.  Apparitores.  Persönliche  Bedie- 
nung 394. 

Auszug  des  Statthalters.  Reise.  Antritt  394.  Amtsgewalt  396.  Zustand 
der  Provinzen  während  der  Republik  397. 

Die  Kaiserzeit  402.  Einrichtungen  des  Augustus  403.  Senatspro- 
vinzen 404,     Amtsantritt  405.     Proconsuln  verschiedenen  Ranges  407. 


XIII       

.  Kaiserliche  Provinzen:  legati  Augusti  pro  praetore.  Consulares  408. 
Q'  Inquefascales.  Vier  Arten  von  legati  410.  luridici  provinciarum  411.  Pro- 
curatores.  Praefecü  412.  Procurator  vice  praesidis.  Procurator  et  praeses  415. 
Gehalt  der  Provincialbeamten  416. 

Posteinrichtung  417.     Grenzpolizei  420.     Ausgleichung  der  nationalen  Dif- 
ferenzen 422. 


Verfassung  der  Städte  des  römischen  Eeiches  S.  426 — 523. 

Das  römische  Colonial-  nnd  Mnuicipalweseu  iii  seiner 
Entwickelnng. 

Die  Colonien.  Bürgercolonien  427,  Militärcolonien  429.  Colonien  und 
Aeckerassignationen  der  älteren  Republik.  Entstehung  der  Domaine  430.  Pos- 
sessio 431.  Unterschied  der  viritanischen  Assignation  und  der  Colonieausfüh- 
rung  434.  Fortdauer  der  possessiones  436.  Entstehung  der  latifundia  437.  Co- 
lonien und  Assignationen  seit  den  Gracchen  438.  Lex  Sempronia  agraria  439. 
Lex  Livia  440.  Lex  agraria  von  633=121.  Lex  Thoria.  Lex  agraria  von 
631=111  441.  Lex  Appuleia  442.  Lex  Titia ,  leges  lAviae  443.  Colonien 
des  Sulla  444.  Lex  Plotia ,  lex  Servilia  445.  Lex  Flavia  446.  Leges  luliae 
447.  Colonien  Cäsars  448,  der  Triumvirn,  des  Augustus  449.  Regelmässige 
Versorgung  der  Veteranen  in  der  Kaiserzeit  453.  Doppelte  Art  der  Ansiede- 
lung 455.  Ritus  der  Colonieanlage  457.  Vermessung  458.  Veränderung  des 
Begriffs  der  Municipien. 

Die  Mnnicipalyerfassnngr« 

Quellen.     Die  Gesetze  von  Salpensa  und  Malaca  464. 

1.  Die  Gemeinde  und  die  Yolksyersammlnng. 

Cives  und  incolae  465.  Eintheilung  der  Bürgerschaft  in  Curien  467.  Cu- 
riatcomitien  468.  Vorsitz.  Wahl  der  Beamten  472.  Stimmrecht  der  incolae 
473.     lebergang  der  Wahlen  an  den  Senat  474.  ' 

2.  Die  Behörden. 

Dictatoren  und  Prätoren  475.  Consuln  477.  Aedilen  478.  Spätere  Muni- 
cipalordnung :  duoviri  und  quatuorviri  478.  Octoviri  480.  Competenz:  1.  Die 
duoviri  und  quatuorviri  481.  2.  Die  quinquennales  482.  Entstehung  der  Mu- 
nn  ipalcensur  484.  üebcrtragung  derselben  auf  die  IJviri  oder  Illlviri  quin- 
quennales 485.  Der  curator  reipublicae  487.  3>  Die  Aedilen.  4.  Die  Quästo- 
ren  491.     5.   Die  pracfecii  iure  dicundo  492. 

Khrenreclite  der  Magistrate.  Praetexta ;  fascea  495;  seUa  vurulis.  Die 
apparitores  49(5. 

QualiflcatioM  der  Beamten  497.  Cautionsstellung.  Senatorischer  Censns  498. 
Antrittsgeld  499. 

8.  Der  Senat. 

Zahl  der  Decurionen.  Lectio  semitua  502.  Ergänzung  des  Senats  durch 
die  gewesenen  Beamten  und  aus  der  senatorlsrhen  ('ensusclasse  504.  Kangver- 
hiiltniss  der  Senatoren:  1.  patroni  505;  2.  quinqurnnal irii f  3.  duumiüralicii ; 
■\.  »irdilicü;    5.  qwieiiiorii;    6.  alltcli  507;     7.  pedani ;    8.  praetextiUi  508. 

Ornamenta  derurionalia  509. 

Competenz  des  Senates  509.      Senat8verhan«llungen.     Verfall  dor  Cnricn   510. 


xrv 


4.  Die  Augnstnlcii. 

Ursprung  derselben  513.      Seviri  Augustales  514.     Organisation    des   Colle- 
giums  der  Angnstalen  515.     Verfall  desselben  516. 


Verfassung  der  nichtrömischen  Städte. 

Unrömische  Stadtverfassungen  in  Africa,  Spanien,  Gallien  und  den  griechi- 
schen Provinzen  516.  1.  Aenderungen  derselben  bei  der  Einrichtung  der  Pro- 
vinz 517.  Einführung  des  Census.  Die  Behörden.^  Üer  liath.  Das  Census- 
anit  518.  2.  Umwandlung  unrörnischer  Gemeinden  in  römische  520.  3.  Neue 
Stadtbehürden :  Der  Logist ;  der  P]irenarch ;  die  BexöiTrpajTOt,  der  ^x^jtxo;,  a6v- 
01X.0C,  defensor  521. 


ROMISCHE  STAATSVERWALTUNG 


I 

ORGANISATION  DES  RÖMISCHEN  REICHS 


Ifoin.  Alt»rtb.  IV 


Die  städtischen  Gemeinden. 


Di 


'ie  Verwaltung  des  römischen  Reiches  war  in  der  Periode,  ^]un^'^^^' 
auf  welche  sich  die  folgende  Darstelluns  zunächst  beziehen  wird,     stadte- 

ö  o  >      Wesens. 

d.  h.  am  Ende  der  Republik  und  in  den  ersten  Jahrhunderten 
der  Kaiserzeit  basirt  auf  die  städtischen  Gemeinden.  Sowohl 
Italien  bestand  damals  aus  einem  Complex  von  Stadtbezirken, 
deren  jeder  in  Rezug  auf  die  Verwaltung  eine  Einheit  ausmachte  i), 
als  auch  die  Provinzen  zerfielen  grossentheils  in  eine  bestimmte, 
bei  der  Organisation  derselben  genau  festgestellte  Anzahl  von 
selbständigen  Communen  [civüates]  ,  so  dass  der  ganze  Roden 
Italiens  und  wenigstens  ein  grosser  Theil  des  Provinciallandes  in 
den  Gebieten  dieser  Städte  enthalten  war.  Indessen  ist  dies  Sy- 
stem weder  in  Italien  ursprünglich  vorhanden  gewesen ,  noch  in 
den  Provinzen  unmittelbar  bei  der  Einrichtung  gleichmässig  durch- 
geführt worden  ;  es  war  vielmehr  nur  durchführl)ar  in  dem  Grade, 
als  das  Slildtewesen  selbst  sich  entwickelte ,  und  es  wird  daher 
nöthig  sein  über  diese  Entwickelung  einige  einleitende  Remer- 
kungen  vorauszuschicken  2) . 

Die    italischen  Völkerschaften  wohnten    in   ältester  Zeit   nicht      ragt. 
in    Städten,    sondern    in    Geschlechtergenieinschaften    odcu'   Gauen 

(/)«<//)  3) j  in  welchen  Hütten  und  Höfe   {vici]  oixoi)  zerstreut  lagen, 

ft 

1)  8.  V.  Savigny  System  des  heutigen  römischen  Rechts  2,  248  ff.  und  die 
dort  angeführten  »Stellen. 

2)  Kin  reiches  Material  findet  man  hloröber  in  K.  Kuhn  Die  städtische 
u/id  biirgtTli<-lii!   Verla-isiinK  des  Köm.   Iti'ichs,    f.cipzig  ISOl.   05.   2  Hde.   H. 

13)  Lieber  pthji  uti<l  viri  s.  Ma/ochi  Cnmnientiirinrttm  in  liftjii  Hcrculdnenmia 
muHci  aenenn  InhuldH  HemrleenueH  I*.  I.  II.  Ncaiioli  17r)4.  ITör).  fol.  p.  31)7  ff. 
Hiniard  in  Miiratori  thtsaurun  I  p.  IM  sqq.  Avj'Jliiio  Opiuroli,  Napoli  1M2C — 37. 
M.    Vol.   III    p.  f)  ff.     Ileiizen  Tabula   alimenlafia  Jiaeblanorum  ,    Kumao   1845.  8 


—     4     — 

aber  für  den  Kriegsfall  eine  Burg  {aron,  caUellum)  vorhanden  war, 
welche  den  Gaugenossen  zur  ZufluchtsUHlo  diente  und  die  Hei- 
liglhümer  des  Gaues  schützte^).  Da  die  Burg  ebenfalls  pagus 
heisst^)  ,  so  darf  man  diese  Benennung,  welche  die  Alten  von 
TTTj^T]  ableiten  und  als  Brunnengenossenschaft  erklären  ■'*),  die  Neue- 
ren auf  den  Verbalstamin  tttJy'^^I^^)  Pf^<70r  imngo  zurückführen  und 
auf  einen  Landgemeindeverband  deuten,  zu  welchem  die  Gauge- 
nossen sich  rechtlich  vereinigten  "*),  vielleicht  auf  den  festen  um- 
friedigten Platz  beziehn,  um  welchen  der  Gau  lag,  und  an  welchem 
durch  Zuzug  allmählich  eine  Ortschaft  entstand.  Jedenfalls  wird 
unter  pagus  auch  später  beides  verstanden,  ein  Landbezirk  ^)  und 
Nicht  selb-  eine  Ortschaft,   welche  den  Mittelpunct  desselben  bildet.    Indessen 

ständige  '  '■ 

Gomeindon.  \y^\^  j^ian  dcu  italischeu  Gau  selbst  der  ältesten  Zeit  nicht  als  eine 
selbständig  organisirte  Commune,  sondern  als  ein  unselbständi- 
ges Glied  einer  grösseren  Gemeinde  {civitas,  popiilus)  zu  denken^»), 
welche  zu  Märkten,  Gerichtstagen,  Berathungen  und  Opferhand- 
lungen zusammentrat.  Denn  die  Malstätten  dieser  grossen  Ge- 
meinde {foi^a  oder  conciUahula)  ^  in  welchen  sich  der  Verkehr  der 
sämmtlichen  zu  derselben  gehörigen  Gaue  concentrirte"),  führten 
schliesslich  zu  der  Entstehung  von  Städten ,  in  deren  Territorien 
nunmehr  die  pagi   entweder  ganz    verschwanden    oder  nur  noch 


p.  75  sqq.  Kudorff  Rom.  Feldmesser  2,  236.  M.  Voigt  Drei  epigraphische  Con- 
stitutionen Constantins  des  Gr.,  Leipzig  1860.  8.  A.  Jacobs  Geographie  de  Gre- 
goire  de  Tours,  Paris  1861.  8  p.  43  ff. 

1)  Mommsen  Rom.  Gesch.   1,  37. 

2)  Dionys.  4,  15:  SieXwv  S*  ouv  6  TuXXio?  e?;  6Troaa(;S-fjTroTe  (xoipac  r^v 
Y^jv  xaxa  toCx;  6petvo'j;  vcat  ttoXu  t6  d^cpaXe?  xoTi;  ■^ewp'^oii  Tiapeyetv  ouvtjoo(jl^vou; 
öyßo'jii  %pT]0cp6YeTa  -/.axeoxeuaoev,  'EXXTQvtxot;  6v6(j.aofv  ayxa  xaXtöv  TrotYoog,  evr^a 
o'jv£cpuYOV  i'/.  Töiv  cxYpwv  aTravxe?,  67:6x£  y-'^o''^  TroXejjiiujv  ecpooo?.  Eine  Analogie 
dieser  Urzustände  findet  sich  später  in  Numidien ,  wo  Alexander  Severus  einem 
numidischen  Stamme  die  Mauern  seines  pagus  (muros  paganicenses)  ausbessern 
Hess.    Renier  Comptes  rendus  1865  p.  367. 

3)  Festi  epit.  p.  221  M. :  pagi  dicti  a  fontihus,  quod  eadem  aqua  uterentur. 
Servius  ad  Verg.  Oe.  2,  381 :  pagi  dr.b  xöiv  'JTTJYwv  appellantur  —  —  unde  et 
pagani  dicti  sunt  quasi  ex  uno  fönte  potantes. 

4)  Rudorff  Feldmesser  2,  239. 

5)  In  demselben  Sinne,  wie  pagus,  wird  regio  gebraucht.  Siculus  Flaccus  in 
Qromatici  ed.  Lachm.  p.  165,  8.  Acron  ad  Hör.  Od.  2,  13,  4.  Zu  der  Stadt  Nola 
gehören  ausser  drei  pagi  auch  zwei  regiones,  welche,  da  sie  Beschlüsse  fassen, 
nur  Dorfgemeinden,  pagi,  sein  können.  Mommsen  /.  N.  1989.  1990.  Griechisch 
wird  pagus  mit  o-^ao;  übersetzt,  Festus  epil.  p.  72,  in  den  Glossarien  auch  mitr 
xo~apyta,  vo[a6;. 

6)  Diese  Ansicht  Mommsens  R.  G.  1,  37.  C.  1.  L.  I  n.  801  scheint  auch 
mir  für  die  italischen  Gaue  die  richtige.  Anders  urtheilen  Voigt  a.  a.  0.  und 
Detlefsen  Bull.   1861   p.  54. 

7)  Kuhn  2,  8.     Niebuhr  R.  G.  2,  27  ff. 


als  geoizraphische  Bezirke  und  untergeordnete  Dorfgemeinden  fort- 
bestanden ,  ein  Vorgang,  der  in  den  späteren  Verhältnissen  der 
Stadt  Rom  wie  ganz  Italiens  noch  deutlich  erkennbar  ist. 

Was  zuerst  Rom  betrifft,  so  zerfielen  dessen  älteste  Bewohner  p«(7« in Rnn, 
in  monfani  und  pagaui.  Moiitani  heissen  die,  welche  in  der  älte- 
sten Stadt,  dem  Scptimonlium ,  pafjani  die,  welche  in  den  zur 
Stadt  gehörigen  Fluren  ansässig  waren  i) .  Aus  beiden  machte 
Servius  die  vier  städtischen  Tribus^)  ;  nichtsdestoweniger  bestan- 
den noch  zu  Giccros  Zeit  montani  und  pagani  als  religiöse  Golle- 
gien  3)  ,  und  von  den  pagi  der  Stadt  haben  sich  bis  zum  Jahre 
747=7,  in  welchem  Augustus  die  neue  Eintheilung  der  Stadt  in 
regiones  und  v/c«  vornahm  *),  wenigstens  zwei,  der  pugus  Janico- 
lensis-')  und  der  pagns  Aventinensis  erhalten  ^^j.  Ebenso  sind  die 
ländlichen  Tribus  unzweifelhaft  aus  pagi  entstanden,  deren  Name 
zum  Theil  auf  sie  überging ;  denn  die  Iribus  Lemonia  ist  benannt 
von  dem  pagus  Lemonius'^)^  die  tribus  Claudia  von  dem  pagus 
Claudius^)  und  die  Geschlechternamen  der  tribus  Aemilia^  Cornelia^ 
Fabia^  fJoratia,  Menenia,  Pupiria,  Sergia,  Veluria  weisen  gleich- 
falls auf  gentilicische  pagi  desselben  Namens  hin. 

Viel  länger  dauerten  die  Gaue  in  Italien  und  dem  cisalpini-  in  Italien. 
sehen  Gallien ,  aber  auch  hier  waren  sie  schon  in  der  Zeit  der 
Republik  eine  Antiquität  geworden  und  hatten  aufgehört  ein  or- 
ganisches Glied  des  Staats  zu  sein.  In  einigen  Gegenden  war  ihre 
Begrenzung  zweifelhaft  geworden ;  denn  es  gab  für  dieselbe  keine 
andre  Beurkundung,  als  den  nach  alter  Sitte  jährlich  stattfinden- 
den Umzug  bei  der  Imtralio   pugi-*)  ;    anderswo  waren   sie  durch 


1)  Festus  p.  340,  15.  Varro  de  L.  L.  5,  41 ;  6,  24.  Mommsen  Die  Rom. 
Tribu»   S.   15—20.  211—215.    Mommsen  R.  G.  1,   109.   C.  I.  L.  I  n.  801. 

2)  Die  tribus  Suburana  oder  Succusana  hat  ihren  Namen  von  dem  pagua 
Succtisunus.    Festus  p.  309,  5.    Varro  de  L.  L.  5,  48. 

3j  Cic.  ff.  domo  28,  74  :  nullurn  est  in  hac  urbe  coUeyium,  nuUi  pagani  aut 
montani  (qv/miam  plebei  quoifue  urbanae  maiores  nostri  conventicula  et  quasi  con- 
ciLia  quaedam  esse  voluerunt),  qui  non  amplissime  non  modo  de  salute  mea,  sed 
etiam  de  dignitate  decreverint.  Cic.  de  pet.  cons.  8,  30:  deinde  habeto  rationem 
urbis  totius,  coUegiorum  omnium,  payorum,  vicinitatum. 

'       4)  Die  Casß.  55,  8.     Suet.  Aug.  30.     Preller  Die  Kegionen  der  »Stadt  Korn 
S.   H3. 

5j  C.   /.  L.  I  n.  801.    Dctlefsen  liulL.   1801  p.  48  fr. 

6)  Henzen  n.  6010. 

7)  Festus  epit.  p.   115,   10. 

8)  DIonys.  5,  40.     Liv.  2,  16.    Mommsen  K.   Trib.   S.   6. 

9)  Sirnlns  FlarniH  p.  164:  sed  et  pagi  saepe  «ignifiranter  finiuntur.  Pr  qui- 
bus  non  pulo  quaestionem  futuram  ,    i/uortm»  terfitorioruin  ipsi  pagi  sitU  ,   sed  qua- 


—     G      — 

wiederholte  Städteanlagen  zerrissen,  so  dass  z,  B.  der  parjus  Ro- 
manus  und  Mcflanus  theiis  zu  Benevent,  theils  zu  der  Colonie 
der  Ugures  Baebiani,  der  pagiis  Mincrvius  theils  zu  Luca,  theils 
zu  Placentia,  der  pagus  Salvius  theils  zu  Veleia,  theils  zu  Parma, 
der  pagus  Salularis.  Vakrius,  Venetius  theils  zu  Veleiii,  theiis  zu 
Plaeenlia  gehörte  ^)  ,  und  in  den  beiden  Gesetzen ,  durch  welche 
Cäsar  die  municipalen  Verhältnisse  Italiens  und  des  cisalpinischen 
(ialliens  ordnete,  der  lex  Rubria  de  civitate  Galliae  cisalpinae  vouj 
Aufhören    L^hr   49  V.  Chr.  uud    der  lex  Julia  mwiicipalis  von  45  v.  Chr., 

der  Gauver-  '  ' 

fassung.    geschieht  der  pagi  überhaupt  keine  Erwähnung  mehr.   Nach  diesen 
Gesetzen   gab  es  vielmehr   in  Italien   nur  sieben  Arten  von  Ort- 
schaften, rnwucipiuj  coloniae^  praefeclurae^  fora^  conciliabiila^  vici, 
castella^)^  welche  sich  auf  drei  C lassen  reduciren  lassen. 
Die  Städte.  Die  muiücipia ,  coloniae  und  praefecturae ,    mit  gemeinsamem 

Namen  oppkla  genannt,  sind  städtische  Communen  mit  eigener 
Verwaltung  und  Gerichtsbarkeit'^).  Zu  ihnen  gehört  ein  Landbe- 
bezirk  [territorium^)^  regio-')),  welcher  bei  Colonien  durch  Grenz- 
monumente bezeichnet  und  durch  officielle  Documente,  namentlich 
einen  Grundriss  [aes,  forma)  ^)  beurkundet  war,  bei  den  andern 
Stadigemeinden  aber  entweder  von  Allers  her  feststand  oder, 
wenn  sich  Zweifel  darüber  erhoben ,  durch  eine  Commission  des 
Senats  regulirt  wurde  ^). 

tenus  territoria.  Quod  tarnen  intellegi  potest  vel  ex  hoc ,  magistri  pagorum  quod 
pagos  lustrare  soliti  sunt,  uti  trahamus,  quatenus  lustrarent. 

1)  Henzen  Tab.  alim.  Baeb.  p.  76. 

2)  Lex  Rubria  {C.  I.  L.  I  n.  205)  II  liii.  3.  26.  53.  56.  58.  Lex  Julia 
municipalis  (C.  /.  L.  n.  206)  lin.  83.   108.   124.   126.   128. 

3)  Siculus  Flacciis  p.  163:  inter  civitates,  id  est  inter  municipia  et  colonius 
et  praefecturas. 

4)  Groinat.  ed.  Laclim.  p.  19,  20;  114,  30;  164,  26.  Digest.  50,  16,  239 
§  8:   territorium  est  nniversitas  ogrorum  intra  ßnes  cuiusque  civitatis. 

5)  Siculus  Flaccus  p.  135,  4:  regiones  autem  dicimus ,  intra  quorum  fines 
singularum  coloniarum  aut  municipiorum  magistratibiis  las  dicendi  coercendique  est 
libera  potestas.  Rudorff  Feldmesser  S.  235.  251.  So  liegen  in  der  regio  von  Fi- 
culea  (nahe  bei  Rom)  drei  pagi  (Orelli  111)  und  die  regio  Ariminensium  erwähnt 
die  Inschr.  Henzen  6519. 

6)  Mommsen  und  Rudorff  Feldmesser  S.  152.  405  ff. 

7)  Diese  Grenzregulirungen  fanden  nicht  allein  bei  der  ersten  Constitnirung 
römischer  Erwerbungen,  sondern  in  jedem  Falle  des  Bedürfnisses  während  der 
Republik  wie  während  der  Kaiserzeit,  in  Italien  wie  in  den  Provinzen  statt.  So 
wurde  619=135  die  Grenze  zwischen  Ateste  und  Vicetia  (Orelli  3110.  C.  J.  L. 
V,  2490),  vielleicht  um  dieselbe  Zeit  die  Grenze  zwischen  Ateste  und  Patavium 
(a  /.  L.  V,  2191),  im  J.  637=117  das  Gebiet  von  Genua  ex  SCto  regulirt. 
Andre  Fälle  findet  man  gesammelt  bei  Borghesi  Oeuvres  7,  200.  Henzen  Bull, 
1856  p.  73.     S.  ausserdem  Mommsen  Hermes  2,  102—127. 


—     7      — 

Inneihalb  dieser  Stadtbezirke  liegen  die  vici  und  castella,  yia. 
welche  der  Stadt  altribuirt^j  oder  contribuirt^)  ,  d.  h.  der  Ver- 
waltung und  Gerichtsbarkeit  derselben  unterworfen  sind^).  Ein 
vicus  ist  ein  Complex  von  Gebäuden^),  in  der  Stadt  eine  Strasse^) 
oder  ein  Stadtlheil^),  ausserhalb  der  Stadt  ein  Dorf,  in  welchem 
die  Gehöfte  zusaninien,  nicht,  wie  in  dem  pagiis,  zerstreut  liegen'). 

1)  Isidor  Or.  15,  2,  11:  vici  et  castella  et  pagi  sunt,  quae  nulla  dignitate 
civitatis  ornantur,  sed  vulyari  homivum  conventu  incoiuntur  et  propter  purvUatein 
sui  maioribus  civitatibus  attribuwüur.  Plin.  N.  H.  3,  134:  Camuni  compluresque 
similes  finitimis  attributl  inunicipiis.  3,  138:  civitates  —  ■ —  attributae  municipiis 
lege  Pompeia.  3,  37  :  oppida  vero  ignobilia  XXIIII  Neinausiensibus  ottributa. 
Decretum  Teryestinum  (C.  I.  L.  Y,  1  n.  532)  col.  2,  5:  Carni  Catalique  attri- 
buti  a  divo  Auguslo  rei  publicae  nostrae.  Edict  des  Claudius  C  /.  L.  V,  1, 
5050  =  Mommsen  Hermes  4,  103.  Hh.  23  :  quoruni  (Anaunorum^  pnrtem  delator 
adtributam  Tridentinis  —  arguisse  dicitur.  Wenn  oppida  attribuirt  werden,  so  ver- 
lieren sie,  wie  wir  unten  sehen  werden,  die  selbständige  Verwaltung  und  treten 
in  die  Kategorie  der  vici.  Daher  heissen  die  an  Neniausus  attribuirten  Ort- 
schaften bei  Strabo  4  p:   186  a.  E.  -/öjfxai. 

2)  Caesar  B.  C.  1,  60:  Calagurritani ,  qui  erant  cum  Oscensibus  contributi. 
Plin.  N.  H.  4,  117:  contributa  sunt  in  eam  (coloniam  Norbenseni)  Castra  Servilia, 
Castra  Caecilia.  3,  18:  civitates  provincia  ipsa  {Tarraconensis)  praeter  contributas 
aliis  t'CXClII  continet.  3,  20:  in  eam  [coloniam  llici)  contribuuntur  Icositani. 
14,   62 :   coloniam  Sullanam  nuper   Capuae  contributam. 

3)  Isidor  Or.  15,  2,  11.  L'lpian  Dig.  50,  1,  30:  qui  ex  vico  ortus  est,  eam 
patriam  intelleyitur  habere,  cui  reipublicae  vicus  ille  rcspondet.  Cod.  Just.  5,  27, 
3:  eius  civitatis  —  sub  qua   vicus  ille  vel  possessio  censetur.     10,   19,   8:  eiusdem 

civitatis,    sub  qua  vici  sunt.    1,   3,  28    §  4:   illius  civitatis, sub  qua  vicus 

vel  territorium  esse  dignoscitur. 

4)  Isidor  Or.  15,  2,  12 :  vicus  autem  dictus  a  vicinis  tantum  habitatoribus, 
vel  quod  vias  habeat  tantum  sine  muris.  Placidi  gloss.  in  Mai  Class.  Auct.  VI 
p.  574:  vicatim ,  castellatim.  Sunt  enim  loca,  quae  ab  ingenuis  habitantur  et  quia 
nee  viUae  nee  civitates  possunt  appellari,  vici  dicuntur. 

5)  Varro  de  L.  L.  5,  145:  in  oppido  vici  a  via,  quod  ex  utraque  parte  viae 
sunt  aedificia.  Festus  p.  371  nach  der  Lesung  von  Mommsen  Abh.  d.  Berlin. 
Acad.   1864   p.   77:    \vici\  accipiuntur  —  —  altero,  cum    id   genus   aedificio\rum 

defi]nitur,   quae  continentia  sunt  his  oppidis,   quae itineribus   regionibusque 

distributa  inter  se  distant  nominibusque  dissimilibus  discriminis  causa  sunt  dispar- 
tila.  S.  Jordan  de  vicis  urbis  Komae  in  Nuooe  memorie  deW  Iristituto ,  Lips. 
1865.  8  p.  237  ff. 

6)  Rom  hatte  nach  Plin.  N.  H.  3,  66:  compita  Lamm  CCLXV,  d.  h.  265 
vici  (Jordan  p.  221 );  Ariminum  hatte  ihrer  sieben.  S.  Tonini  Rimini  avantiit  prin- 
cipio  delV  era  Vulgare,  Kimini  1848  p.  206  ff.  ürelli  80.  3116.  3177;  Alexandria 
Troas  zehn,  Henzen  5970  =  C,  /.  L.  III,  384;  ebenso  kommen  vici  vor  in  An- 
tiochla  Pisidiae  Henzen  6156.  6981;  Atella  Or.  4430,  Luceria  Henzen  6984; 
Mediolanum  Or.  713.  Moguntiacum  Or.  4095.  4978. 

7)  Varro  de  r.  r.  3,  1  :  fuit  tempua,  cum  rura  olerent  homines  neque  urbem 
kaberent ,  und  weiter  redet  er  von  der  Zeit,  quo  agri  coli  sunt  coepti  atque  in 
casis  et  tuyurii«  habitabanl,  nee  murus  nee  porta  quid  esset,  sriebant.  Ammian. 
31,  2,  17  drü<  kl  dieHen  Gegensatz  von  pagus  und  vicus  noch  stärker  aus:  Alaiti 
—  per  pagos,  ut  nnmades ,  v<iganlur  immensos ,  und  im  gewöhnlichen  Sprachge- 
branch werden  Städter  und  Landleutu  cntgegengebützt  uls  oppidani  und  pagani. 
Uirt.  Hell.  Alex.  36. 


Es  gab  Dörfer,  welche  Eigenthurn  einer  Privatperson  waren  '), 
gewöhnlich  aber  bestanden  dieselben  aus  einer  Anzahl  von  Grund- 
stücken (fundi)'^),  deren  Eigenthümer  [possessores)  grossentheils  in 
der  Stadt  wohnten  und  auf  dem  Gute  nur  Bauern  (coloni),  Sclaven 
und  Freigelassene  zurUckliessen  •'^) .  Diese  Dorfbewohner  {iricani) 
machten  eine  bäuerliche  Gemeinde  aus  ^) ,  hatten  ihre  eigenen 
Sacra,  Tempel  und  Altäre'*),  besassen  ein  Gemeindevermögen *"•), 
aus  welchem  sie  Bauten  und  Denkmäler  errichteten  und  erhiel- 
ten'), fassten  in  Comitien  Beschlüsse^)  und  wählten  in  denselben 
jährliche  Ortsvorsteher  (ma(//5/n^),   aediles^^))^  denen  die  Verwal- 

1)  Cic.  ad  fam.  14,  1,  5:  scribis  te  vicum  venditurum.  Von  der  Provinz 
At'rica  sagt  Frontin  in  Grom.  p.  53:  habent  auteni  in  saltibus  privati  non  exiyuum 
populum  plebeium  et  vicos  circa  villam  in  modum  rnunitionum.  Der  vicus  Spu- 
rianus  bei  Piiteoli ,  welchen  A.  Plautius  Euhodus  zur  Erhaltung  seines  Grabmo- 
numents bestimmt  (Mommsen  /.  R.  N.  3545),   scheint  ein  einzelnes  Haus  zu  sein. 

2)  In  der  7'abula  alimentaria  von  Veleia  werden  die  fundi  theils  nach  dem 
vicxM  und  pagus,  theils  nach  dem  letzteren  allein  bestimmt;  so  heisst  es  I,  65: 
debet  obligare  fundos  II,  Antonianum  et  Comelianum  qui  sunt  in  Veleiate  pag(o) 
Albense,  vico  Seceniae,  dagegen  I,  6  :  debet  obligare  fundum  Planianum,  qui  est 
in  Veleiate  pago  Junonio.     S.  die  Uebersicht  bei  Desjardins  p.  XLIII  ff. 

3)  Dig.  50,  5,  1  §  2.    Kuhn  1,  32. 

4)  Cod.  Theod.  II,  24,  5:  agricolis  vel  vicanis  und  dazu  Gothofr. 

5)  Die  eigentlichen  Gottheiten  der  vici  sind  die  Lares.  Arnobius  adv.  nat. 
3,  41.  Marini  in  Visconti  Museo  Pia  Clem.  T.  IV  tab.  45  p.  343  ff.  der  Mai- 
länder Ausg.  Doch  sind  in  den  vici  auch  andre  Culte,  wie  z.  B.  in  dem  vicus 
Furfo  bei  Peltuinum  ein  Tempel  des  Jupiter  über  (C  /.  L.  I  n.  603)  und  in 
dem  vicus  Novanensis  bei  Suessula  ein  sacerdos  matris  magnae  (Mommsen  /.  R.  N. 
3552)  war. 

6)  Der  vicus  kauft  und  verkauft  (C.  /.  L.  1  n.  603.  Mommsen  Inscr.  Helv. 
n.  86  und  mehr  bei  Voigt  S.  214),  empfängt  Schenkungen  und  ist  berechtigt 
Legate  anzunehmen.   Dig.   30,   1,  73  §  1.  Voigt  S.  215. 

7)  S.  die  Sammlung  bei  Voigt  S.  216. 

8)  Nach  der  Inschr.  von  Furfo  (C  /.  L.  1  n.  603)  wählen  diese  Comitien  den 
Ortsvorsteher  (lin.  9:  venditio  locatio  aedilis  esto,  quemquomque  veicus  Furfensis 
fecerint)  und  bilden  eine  Appellationsinstanz  ,  an  welche  man  von  den  ürtheilen 
des    Ortsvorstehers    provociren    kann   (lin.   15:     sei   qui   Imc   sacrum   surupuerit, 

aedilis  multatio  esto  quanti  volet.     Idque   veicus  Furfensis  mai{or^  pars 

sei  absolvere  volent  sive  condemnare,  liceto'). 

9)  Festus  p.  371,  21  :  magistri  vici  —  quotannis  fiunt.  Festi  epit.  p.  126,  6. 
Ueber  die  Zahl  der  magistri  wissen  wir  nichts  Sicheres,  da  ein  grosser  Theil  der 
sie  betreffenden  Inschriften  sich  auf  die  städtischen  vici  zu  beziehen  scheint. 
Wie  in  Rom  selbst  jeder  vicus  vier  magistri  hatte  (Egger  examen  critique  des 
historiens  anciens,  Paris  1844.  8  p.  365),  so  kommen  vier  magistri  vici  vor  in 
dem  vicus  Furfo  C.  I.  L.  I,  1285  und  in  Concordia  [C.  I.  L.  V,  1,  1890),  wel- 
ches, ehe  es  Colonie  wurde,  ein  vicus  gewesen  sein  wird,  dagegen  drei  in  Verona 
(C.  /.  L.  V,  1  n.  3257),  Pisaurum  (Olivieri  Marm.  Pisaur.  n.  IX.  X.  XI), 
Senagallia  (Mur.  p.  693,  1),  welche  ich  mit  Borghesi  bei  Furlanetto  Museo  di 
Este  ip.  13  für  städtische  magistri  halte;  zwei  in  Julium  Carnicum,  einem  vicus, 
der  später  zur  Colonie  erhoben  wurde  C.  I.  L.  V,  1,  1829.  1830,  in  Nauportus, 
dem  heutigen  Oberlaibach,  C.  I.  L.  I,  1466,  1467;  Salonae  und  Narona  C.  I.  L. 
III  p.  291.  304,  433  und  Mommsen  Hermes  7,  321. 

10)  Einen  Aedilen  hat   der  vicus   Furfo  (C.  /.  L,  I  n.  603);    ein   anderer 


—     9     — 

tung  des  Cultiis,  das  Bauwesen  und  die  Ortspolizei  oblag  *).  Nicht  castcUa. 
anders  war  die  Lage  der  caslella  oder  castra^).  So  bestand,  wie  wir 
aus  einer  merkwürdigen  uns  erhaltenen  Urkunde^)  ersehen,  im  J. 
637  =  117  das  Territorium  von  Genua,  damals  noch  einer  ausser- 
italischen  civitas  foederata  ,  aus  fünf  Gastellen ,  welche  ihre  Ab- 
gaben an  die  Stadtcasse  zahlten  ^)  und  unter  den  städtischen 
Gerichten  standen''),  im  Uebrigen  aber  über  ihre  eigenen  Ange- 
legenheiten in  Volksversammlungen  abstimmten  ^'j,  eigene  Ortsvor- 
steher hatten^)  und  eine  Streitigkeit  mit  der  städtischen  Verwal- 
tung zur  Entscheidung  des  römischen  Senats  brachten.  Zuweilen 
kam  es  vor,  dass  die  Stadtgemeinde  auch  ausserhalb  ihres  Ter- 
ritoriums Grundbesitz  hatte,  und  dass  namentlich  denjenigen 
Colonien,  für  welche  der  vorhandene  Stadtbezirk  nicht  ausreichte. 
Ländereien  in  dem  Territorium  einer  benachbarten  oder  auch 
weit  entlegenen  Stadt  angewiesen  wurden^).  Solche  vici,  welche 
weder  der  Jurisdiction  des  Municipiums,  in  welchem  sie  lagen, 
unterworfen  werden,  noch  der  Entfernung  wegen  in  der  Colonie, 
welcher  sie  attribuirt  waren,  Recht  holen  konnten,  erhielten,  wie 
es  scheint,  von  ihren  Stadtgemeinden  einen  praefectus  iure  dicundo 
und  heissen  praefecturae''^),  wie  die  Stadigemeinden  dieses  Na- ^'^«^^If^^J'^r«* 
mens,  von  denen  weiter  unten  die  Rede  sein  wird.  gemeindon. 


Aedilis  wird  erwähnt  in  Geneva  (Mommsen  /.  Helv.  n.  87).  Da  in  Furfo  auch 
vier  magistri  vici  vorkommen,  so  vermuthet  Voigt  S.  70,  dass  unter  diesen  vier 
magistri  zwei  Aedilen  gewesen  seien. 

1)  Wir  besitzen  hierüber  nur  ein  Zeugniss  in  der  Inschrift  von  Furfo,  in 
welcher  dem  Aedilen  die  genannten  Functionen  nur  in  Betreff  des  Tempels  zu- 
geschrieben werden. 

2)  Solche  castra  kommen  öfters  vor,  z.  B.  castrum  Frentinum  bei  Thurii 
Liv.  35,  9;  castrum  novum  In  Picenum ,  welches  später  Colonie  wurde.  Liv. 
ep.   11. 

3j  C.  I.  L.  I  n.  199.  8.  ausser  Mommsen  zu  dieser  Inschr.  Uudorff  Sen- 
tentia  Q.  M.  Minuciorum  inter  Oenuates  et    Viturios  dicta,   Berolini   1842.   4. 

4)  C.  f.  L.  I  n.  199.  lin.  2r> :  "pro  eo  ngro  vectigal  Langenses  Veituris  in 
poblicum  Oenuam  dent  in  nnnos  singulos  vic{toriatos)  n{timmos)   CCCC. 

5)  Ib.  lin.  43:  Vituries  quei  controversias  Oenuensiwn  ob  iniourias  iudicnti 
fiut  ddmnnti  aunt ,  sei  r/wü'.s  in  vinculcis  oh  eas  res  est ,  eos  omneis  solvei  mittei 
leibcrareique  (iennenses  videtur  oportere. 

T))  Ib.  lin.  30:  prneteren  in  eo  ngro  ni  quis  posideto  nisi  de  m<tiore  parte  Lnn- 
gensium    Veituriorum  senitvlia.    (f.   lin.   32. 

7)  Die  possesHorcs  ngri  puhliri  zahliMi  ihre  Steuer  an  die  Langevses,  d.  h.  an 
die  ('a«se  des  ('astells ,  und  diese  /..iliit  dann  die  ^^anze  Summe,  welche  in  dem 
Castell  aufgebracht  werden  muss,  an  die  Stadt  Uenua ,  ein  (ir-cliätt ,  welclies 
einen  Ortsvorsteher  voraussetzen  lässt,  8.  lin.  29. 

8)  Beispiel«!  hiervon  s.   bei   Kuhn   1,  63. 

9)  Frontintis  in  (/rom.  p.  49:  coloniae  (fiwjue  locti  quaeda  udtabtnt  thlsignata 
in  nlienit  finihus,  (ftme  lora  »oUynus  praefecturas  appcUarc.   Siculus  Flaccus  p.  Iö9: 


10 


Wenn  ausstT  den  SUidlen  und  den  dem  Territorium  dersel 
hen  eingeordneten  Dörfein,  welche  für  die  Organisation  der  römi- 
selien  Verwaltung  ausreichend  waren,  noch  zwei  Classen  von 
/-Wrtuud  Oilschal'ten ,  die  fora  und  coticiliabula ,  erwähnt  werden,  so  hat 
das  darin  seinen  Grund,  dass  zu  Cäsars  Zeit  in  Italien  die  Gau- 
verfassung der  Stadtverfassung  noch  nicht  vollkommen  gewichen 
war.  Co7iciliabulum  ist  nämlich  ein  Sammelplatz  *)  nicht  sowohl 
für  den  einzelnen  Gau  2),  als  für  alle  zu  einem  populus  gehöri- 
gen Gauen,  liier  hielt,  so  lange  es  noch  an  einer  Stadt  fehlte, 
die  ganze  Volksgemeindc  ihre  Märkte  ^) ,  Truppenaushebun- 
gen*),  Gerichte'')  und  religiösen  Feierlichkeiten ß),  hier  war  der 
Sitz  der  Verwaltung.  Ein  concUiabulum  oder  forum  hat  daher 
ein    bestimmtes   Territorium'),    wie    die   Stadt;    es    hat   Decurio- 


^ 


illud  praeterea  comperimus ,  deficiente  numero  militum  veteranorum  agro,  qui  ter- 
ritorio  eins  loci  continetur ,  in  quo  veterani  milites  deducebontur ,  sumptos  agros 
ex  vicinis  territoriis  divisisse  et  assignasse.  Horum  etiam  agrorum,  qui  ex  vicinis 
populis  sumpti  sunt,  proprias  factas  esse  formas,  id  est  suis  limitihus  quaeque  regio 
divisa  est  et  non  ab' uno  puncto  omnes  limites  acti  sunt,  sed,   ut  supra  dictum  est, 

suam  quaeque  regio  formam  habet.     Quae  singulae  praefecturae  appellantur 

ex  eo  quod  in  diversis  regionibus  magistratus  coloniarum  iuris  dictioneni  mittere 
solcnt.  Vgl.  Groin.  p.  26,  8.  55,  18.  80,  3.  171,  5.  Mommsen  Feldmesser  2, 
155.  Mommseii  Hermes  1,  62. 

1)  Festus  epit.  p.  38:    ConcUiabulum  locus,  ubi  in  concilium  convenitur. 

2}  Wenn  Isidor  Or.  15,  2,  14  sagt:  pagi  sunt  apta  aedificiis  loca  inter  agros 
habitantibus.  Haec  et  conciliabula  dicta  a  conventu  et  societate  multorum  in  unum, 
so  ist  dies  zwar  insofern  richtig,  als  concUiabulum  überhaupt  ein  Versammlungs- 
ort ist;   allein  die  pagani  versammelten  sich  in  compitis  d.  h.  an  einem  Central- 

punct  der  Wege  des  pagus  (Philarg.  ad   Verg.   Ge.  2,   382:    compita  locus 

ubi  pagani  agrestes  buccina  convocati  solent  certa  inire  consilia^  wo  sie  auch  ihre 
Feste  feierten.  Verg.  a.a.O.  Propert.  5,  1,  23.  5,  3,  57.  Mommsen  I.  R.  N.  1504. 

3)  Liv.   7,   15:   hominum  —  qui  nundinas  et  conciliabula  obire  soliti  erant. 

4)  Vom  Jahr  542  =  212  sagt  Liv.  25,  5:  senatus  —  triumviros  binos  creari 
iussit,  älteres,  qui  citra,  alteros,  qui  ultra  quinquagesimum  lapidem  in  pagis  foris- 
que  et  conciliabulis  omnem  copiam,  ingenuorum  inspicerent. 

5)  So  Hess  im  J.  574=180  der  römische  Senat  durch  zwei  Prätoren  eine 
quaestio  veneficii  per  fora  conciliabulaque  halten  (Liv.  40,  37),  und  wenn  Festus 
p.  371  zweierlei  vici  unterscheidet,  indem  er  sagt:  ex  vicis  partim  habent  rem 
publicam  et  ius  dicitur  partim  nihil  eorum  et  tarnen  ibi  nundinae  aguntur  negotii 
gerendi  causa  et  magistri  vici  item  magistri  pagi  quotannis  fiunt,  so  versteht  er 
unter  der  ersten  Classe  die  fora  und  conciliabula. 

6)  Liv.  40,  37 :  decemviri  supplicationem  in  biduum,  valetudinis  causa  et 
per  omnia  fora  conciliabulaque  edixerunt,  maiores  duodecim  annis  omnes  coronati 
et  lauream  in  manu  tenentes  supplicaverunt. 

7)  Lex  Mamilia  in  Grom.  p.  263 :  quae  colonia  hac  lege  deducta  quodve 
municipium  praefectura  forum  concUiabulum  constitutum  erit,  qui  ager  intra  fines 
eorum  erit,  qui  termini  in  eo  agro  statuti  erunt ,  quo  in  loco  terminus  non  stabil, 
in  eo  loco  is ,  cuius  is  ager  erit,  terminum  restituendum  curato ,  uti  quod  rede 
factum  esse  volet ,  idque  magistratus  qui  in  ea  colonia  municipio  praefectura  foro 
conciliabido  iure  dicundo  praeerit  facito  uti  fiat.  p.  265:  cum  curator  hac  lege 
non  erit,  tum  quicunque  magistratus  in  ea  colonia  municipio  praefectura  foro  con- 


—    11    — 

nen*),  welche  aus  den  po^/5  gewählt  sein  werden,  und  Beamte, 
die  im  Namen  des  ganzen  Volkes  Recht  sprechen.  Wurde  ein 
conciUahulum  im  Laufe  der  Zeit  einer  benachbarten  Stadt  attri- 
buirt^j,  so  zerfällt  das  Territorium  derselben  in  zwei  Theile,  das 
der  Stadt  und  das  des  Conciliabuluins,  und  in  dem  letzteren  wird 
das  Gericht  von  der  städtischen  Behörde  abgehalten  '^]  ;  weitere 
Nachrichten  aber  fehlen  über  die  fora  und  conciliabulo  gänzlich^), 
da  dieselben  nur  ein  Uebergangsverhältniss  darstellen  und  schliess- 
lich zu  selbständigen  Stadtgemeinden  erhoben  worden  sind^). 

ciliabulo  iure  dicundo  praeerit,  eins  mayistratus  de  ea  re  iurisdictio  iudicisque 
datio  addictio  esto. 

1)  Dies  ist  ersichtlich  aus  der  lex  Julia  municipalis  C.  I.  L.  1  n.  206, 
welche  an  den  Stellen,  wo  sie  von  den  Erfordernissen  zum  Duumvirat  und  Qua- 
tuorvirat  handelt,  nur  die  Municipien  ,  Colonien  und  Prälecturen  erwähnt  (lin. 
89  ff.  98  ff.  142  ff.),  dagegen  bei  der  Befähigung  zum  Decurionat  ausser  diesen 
auch  die  fora  und  conciliabula  in  Betracht  zieht  (lin.  83  fl.  108  ff.  124.  126. 
135).  In  ähnlicher  Weise  finden  wir  später  castella,  welche  Decurionen  haben, 
wie  das  castellum  Arsagalitanmn  Renier  Inscr.  de  l' Alger.   n.  2364. 

2)  Dass  die  conciliabula,  welche  zur  Zeit  der  lex  Julia  municipalis  bestan- 
den ,  nicht  selbständige  Stadtgemeinden  waren ,  beweist  der  Umstand ,  dass  der 
Census  nicht  in  ihnen,  sondern  nur  in  den  Municipien,  Colonien  und  Präfecturen 
abgehalten  wurde.    S.  lin.   142  ff.   157.    Savigny  Verm.  Schriften  3,  333. 

3)  Auch  aus  der  Stelle  der  lex  Julia  mun.  lin.  83  :  queiquomque  in  muni- 
cipieis  coloneis  praefectureis  foreis  conciliabuleis  civium  Romanoruin  II  virei  IUI  inrei 
erunt  aliove  quo  nomine  mayistraturn  potestutemve  sufrayio  eorum,  quei  quoiusque 
municipi  coloniae  praefecturae  fori  conciliabuli  erunt,  habebunt,  nei  quis  eorum  — ■  — 
darf  man  nicht  folgern  ,  dass  die  fora  und  conciliabula  II  viri  oder  IUI  viri 
gehabt  haben,  vielmehr  werden  auf  sie  sich  die  Worte  beziehen  :  aliove  quo  no- 
mine mayistraturn  potestatemve  —  habebunt;  denn  ihre  Beamten  werden  mayistri  ge- 
wesen sein.  Vgl.  Dirksen  Observ.  ad  Tabulae  Ileracleensis  partem  alteram,  Berol. 
1817.  8  p.  8.     Savigny  Verm.  Schriften  3,   333. 

4)  Selbst  für  Vermuthungen  fehlt  es  an  dem  nöthigen  Anhalt.  Wenn  Zumpt 
(omni.  ep.  1,  91  annimmt,  es  sei  aus  jedem  forum  oder  conciliabuium  eine  be- 
stimmte Anzahl  von  Personen  in  die  Curie  des  llauptortes  gewählt  worden,  diese 
Decurionen  hätten  aber  gleichzeitig  auch  für  ihren  Ort  einen  Senat  gebildet,  und 
dies  durch  das  Beispiel  des  vicus  Auyustinorum  beweist,  welcher  Decurionen  für 
seine  Stadtgemeinde  Lavinium  gestellt  zu  haben  scheint  (Grut.  318,  6  =  398,  7: 
decurioni  Laurentium  vici  Auy.  Murat.  158,  1:  dec.  Laur.  vic.  Auy.),  so  ist  zu 
bemerken,  dass,  wenn  dies  aus  den  beiden  angeführten,  sehr  unsicher  beglau- 
bigten Inschriften  wirklich  zu  schliessen  ist,  <loch  der  vicus  Auyustinus  keinen 
eignen  Senat  liatte  und  somit  für  die  conciliabula  keine  Analogie  darbitttet. 

5)  Den  Namen  forum  hat  eine  grosse  Anzahl  von  Städten  in  Italien  und 
(tallien  behalten,  wie  forum,  (-lodii.  Livii,  Popilii,  Truentinorum,  Comelii,  Licinii 
(Plin.  N.  H.  3,  116),  Appii  3,  64;  Decii  3,  107;  Fulvii 'A,  49;  forum  norum  i\, 
107;  f.  FLaminii  in  tJmhri<!n ,  Henzen  6747;  f.  Julii  in  Samnium,  Mommseu 
/.  K.  N.  4628;  f.  Julinm  bei  Aquileia  ('.  /.  /..  V,  1  p.  163;  f.  Julium  oder 
rolonia  Pacensis  in  (Jallia  Narbonensis  Ilenzen  5231.  Auch  Julium  (\irnicum 
war  ein  forum  oder  vicus,  bevor  oh  Colonie  wurde  C,  I.  L.  V,  1  n.  1829.  1830. 
Ueber  die  conriliabula  aber  s.  Frontin.  grom.  p.  55:  Sunt  autem  loc.a  publica 
coloniarum,  ubi  yrins  fuere  conciliabula  et  poatea  sunt  in  municipii  ius  relata. 
Vgl,  p,  21,  18;  p.  19:  hoc  (oppidum  Interamnatium  Praetutianorum  in  Piceno) 
conciliabuium   fuisae   fertur   et  postea   in   municipii  ius  relatum.     Auch  der  vicus 


Fagider  Nrtcli    ilicson    Vcriinderuiiiien    erhielten    sich    zvvcir   die    allen 

Stadtge-  ^ 

meinden.  pagi  noeh  Jahrhunderte  lang,  aber  für  die  Administration  hatten 
sie  keine  eigenthüniliche  liedeutunt;  mehr').  In  der  Kaiserzeit  ist 
aus  dem  Gau  selbst  ein  geographischer  Bezirk  geworden  2),  der 
einen  Theil  eines  stadtischen  Territoriums  ausmacht,  und  in  wel- 
chem Dörfer  [vici),  Heirschaften  [viUae]  und  Hofe  (fündig  prae- 
dia)  liegen;  der  Sammelplatz  des  Gaues  aber  besteht,  insofern  er 
nicht  in  e4n  conciliahulum  oder  schliesslich  eine  selbständige  Stadt- 
gemeinde verwandelt  ist-^),  noch  als  Dorf  fort,  das,  obgleich  es 
noch  den  Namen  payiis  führt,  genau  die  Verfassung  des  vicus  hat. 
Es  ist  einer  civitas  untergeordnet '^) ,  beschliesst  aber  über  seine 
eigenen  Angelegenheiten  in  Comitien'^),  wählt  in  denselben  jähr- 
lich^) einen  Ortsvorstand,  der  sowohl  priesterliche  Functionen 
ausübt 7),   als  auch  die  Ortspolizei  verwaltet^),    in  Latium  wahr- 

Censorglacensis  bei  Camerinum ,    welcher   unter  Aiitoninus  Pius    sich   municipium 
nennt  (Orelli  804),   wird  ein  conciliahulum  gewesen  sein. 

1)  Dass  die  pagi  administrative  Bezirke  gewesen  und  in  kleinere  Verwal- 
tungsbezirke {viel)  zerfallen  seien  (Voigt  S.  80),  bestreitet  mit  Recht  Desjardins 
De  tabulis  nlimentariis  p.  50.  Zu  Trajans  Zeit  lagen  die  Grundstücke  zum  klein- 
sten Theil  in  vicis,  die  meisten  zerstreut  in  pagis ,  ohne  zu  einem  vicus  zu  ge- 
hören (s.  die  Uebersicht  bei  Desjardins  p.  XLIII  ff.). 

2)  Ulpian  Dig,  50,  15,  4  pr. :  forma  censuali  cavetur ,  ut  agri  sie  in  censum 
referantur :  nomen  fundi  cuiusqite  et  in  qua  civitate  et  in  quo  pago  sit  et  quos 
duos  vicinos  proximos  habeat.  Siculus  Flaccus  p.  160,  18.  Dieselbe  Regel  ist 
"befolgt  in  den  beiden  tabulae  alimentariae  (s.  oben  S.  8  Anm.  2)  und  in  einer 
andern  Urkunde  bei  Mommsen  /.  R.  N.  216.  Vgl.  Dig.  33,  1,  12:  Gaius  Seius 
praedia  diversis  pagis  Malviae  et  Seiae  legavit. 

3)  Ein  Beispiel  hiefür  ist  der  pagus  Condatus,  an  dessen  Stelle  die  Colonie 
Lugdunum  trat.    Boissieu  Inscr,  ant.  de  Lyon  p.  19  ff. 

4)  Siculus  Flaccus  p.  164,  25.  Isidor  Or.  15,  2,  11:  payi  ii  sunt  qui  nulla 
dignitate  civitatis  ornantur  —  et  propter  parvitatem  sui  maioribus  civitatibus  attri- 
buuntur.  So  kennen  wir  von  der  colonia  Cornelianorum  Ligurum  13  pagi  (Desjar- 
dins p.  72),  von  Benevent  11  pagi,  nämlich  ausser  den  in  der  tabula  Ligurum 
Baebianorum  vorkommenden  (Desjardins  a.  a.  0.)  den  pagus  Lucul{lianus)  (Momm- 
sen 1.  R.  N.  1504)  und  Veianus  (ib.  n.  1487);  von  Nola  drei  pagi  und  zwei 
regiones  (Mommsen  /.  R.  N.  1981.  1982.  1983.  1989.  1990),  von  Pompeii  einen 
pagus  Aug.  Felix  Suburbanus  (ib.  2209.  2252.  2293.  2255.  2378;  von  Sulmo  einen 
pagus  Fabianus  (Plin.  N.  H.  17,  250);  von  Ficulea  in  der  Nähe  Roms  drei  pagi 
Orelli  111  ;  von  Veleia  20,  von  Placentia  15,  von  Parma  3,  von  Libarna  3  (Desjar- 
dins a.  a.  0.  p.  46),   von  Verona  den  pagus  Arusnatium  C.  I.  L.  V,   1  p.  390. 

5)  Daher  die  Formeln  Pagus  Herculaneus  scivit  (C.  /.  L.  I  n.  571),  ex 
pagei  scitu  (ib.  n.  573),  ex  scitu  pagi  paganorum  Farratic(anorurn)  C.  1.  L.  V 
n.  4148  =  Henzen  6132,  de  pagi  sententia  Mommsen  I.  R.  N.  6024  =  Orelli  4948, 
ex  pagi  decreto  Henzen  6594.  Mommsen  i.  R.  N.  5474:  l(ocus)  d(atus)  d^ecreto) 
p(agi)  Cond(ati).  Boissieu  Inscr.  ant.  de  Lyon  p.  19. 

6)  Festus  p.  371 :  magislri  pagi  quotannis  fiunt. 

7)  Der  priesterliche  Character  des  magister  pagi  geht  besonders  daraus  her- 
vor,  dass  bei  Opfern  seine  Frau  als  magistra  fungirt.    Orelli  1495. 

8)  Er  hat  insbesondre  die  cura  viarum.  Siculus  Flaccus  p.  146  :  vicinales 
autem  viae,  de  publicis  quae  devertuntur  —  —  muniuntur  per  pagos ,    id  est  per 


—     13     — 

scheinlich  einen  magisler^),  anderswo  mehrere  magistri'^)  oder 
aediles^)^  verfügt  über  ein  Gemeindevermögen ^j ,  aus  welchem  es 
Bauten  und  Ehrendenkmaler  bestreitet^),  und  feiert  namentlich 
noch  immer  seine  althergebrachten  sacra  paganalia^  zu  denen  die 
jährliche  lustratio  pogi  gehört  ^j. 

In  den  Enlwickelun2:ss;an2,  welchen  wir  bisher  verfolgt  haben,  ßiß  stadtge- 
hatte   von  Anfang   an  die  römische  Reeierunc;   in  ihrem  Interesse   Organ  der 

^  1  Verwaltung, 

fördernd  und  organisirend  eingegrifien  und  in  dem  Grade,  wie 
sich  die  römische  Herrschaft  in  Italien  Verbreitete,  in  den  aus- 
geführten Goionien  und  den  als  zuverlässig  bewährten  Municipien  in  Italien, 
und  verbündeten  Städten  ,  welchen  sie  die  unterworfenen  Terri- 
torien attribuirle,  Mittelpuncte  für  die  Administration  geschaßen, 
durch  welche  es  allein  möglich  wurde,  das  ganze  Land  von  Rom 
aus  zu  beherrschen.  Als  sie  später  Gallia  cisalpina  ebenfalls  in  ^V  ^"^*'^ 
ihren  Vcrwaltungskreis  zog,  war  es  ihre  erste  Maassregel,  auch 
hier  städtische  Territorien  zu  gründen,  welchen  die  gallischen 
Völkerschaften  zunächst  nicht  als  gleichberechtigte  Mitglieder  der 
Gemeinde,  sondern  als  unterthänige  Insassen  einverleibt  wurden. 
So  unterwarf  die  lex  Pompeia  des  .1.  005^^89,  welche  die  Ver- 
hältnisse des  transpadanischen  Galliens  ordnete,  die  alpinischen 
Stämme  den  latinischen  Stadtgemeinden  Tridentum,  Verona,  Brixia, 


maghtroH  pagorum,  qui  operas  n  pos/tessoribus  ad  eas  iuendtis  cxigere  solitl  sunt, 
aut,  ut  comperimns,  nnlrnique  possesMri  per  singulos  agros  cerin  spatia  adsignantur, 
qtuxe  Ruis  impendiis  tuettntur.     Vgl.   die  Stelle  ex  libris  Magonis  p.  348,  23. 

1)  Dionys.  2,  70.  (Nnma)  hiziXz  ttjv  ydipav  aTraaav  ef?  to'j?  %aXouixlvouc 
-ay^'j;  -xai  y.otTtOTTjaev  dcp'  ivAoTO'j  xmv  Tzd^oiv  apyovta.  Vgl.  4,  If).  Einen  ma~ 
gintcr  scheint  «ier  rainpaiiische  pagiis  JJerculnnens  gehabt  zu  haben.  C.  I.  L.  I 
n.  571   und  Mommsen  zu  n.  801. 

2)  Auch  von  Nuraa  sagt  Plut.  Num.  16:  e{;  y-^pf]  t^V  yj^P'^^  oieiXev ,  a 
TtaYO'Ji  7:f.o;r^Y'^fȣ'joe  xat  -/.at)'  2xaaTov  drtr/C^ro'j;  ixa^e  xai  TrepiTcriXoy;.  Der 
payus  Laverni  bei  Sulmo  hat  vier  magUlri  Orelli  4941  =  Mouinisen  /.  R.  N. 
Ö351  ,  in  einer  andern  Inschrift,  welche  demselben  pagus  anzugehciren  scheint, 
kommen  nur  drei  vor  (Henzen  6594),  und  magistri  pngi,  also  In  der  Mohrzahl, 
erwähnt  Festus  p.  371,  21,  während  aus  denjenigen  Stellen,  in  welchen  im 
Allgemeinen  der  magistri  pagorum  gedacht  wird  (Festus  ep,  126,  6.  Siculus 
P'laccus  p.  146,  8.  164,  28),  und  dem  Vorkommen  eines  einzelnen  magister  pngi 
(Mommsen  /.  R.  N.  2209.  2252.  2355.  2378)  auf  die  Zahl  der  magistri  kein 
Schluss  gemaclit  werden  kann. 

3)  Drei  aediUs  eines  pagus  ».  Mommsen  I.  R.  N.  5474.  ö47ö;  einöu  Orelli 
3984.  Kin  aediLis  pagi  llmlet  sich  auch  in  (Udlia  Narhonensis  (Mommsen  Annali 
1854  p.  43)  und  in  dem  pagus  deneiui  ((ienf)  Mouuuseu    Insrr.    Utb\   n.  87. 

4)  Ho  wir<l  einem  payu»  eine  Stiftung  zur  Verwaltung  übergeben  Orelli  4419. 

5)  Orelli  197.  202.  Henzon  5177»».  Momniaen  /.  Ä.  N.  b'ibX.  Ö472.  5786. 
60*24.  7235. 

6)  Siculus  Flaccu.H  p.  164.  Von  diesen  Festen  wird  in  den  SacraUlterthü- 
inern  weiler  die  lUjde  sein. 


vinzen. 


—     14     — 

Cremona,  Mediolanum  i)  ;  die  Anauni,  Tulliasses  und  Sinduni, 
welche  an  Trident  attribuirt  waren,  erhielten  erst  unter  Claudius 
römisches  Bürgerrecht  und  damit  auch  Bürgerrecht  in  dem  muni- 
ciphim  2) ;  den  Carni  und  Catali ,  die  Oclavian  der  Colonie  Ter- 
gesle  (Triest)  zugewiesen  hatte 3),  wurde  erst  unter  Antoninus 
Pius  die  Latinität,  also  auch  damals  noch  nicht  die  civitas  ge- 
währt'•j.  Bei  dieser  Einrichtung  übernahmen  die  städtischen  Be- 
hörden ausser  ihrem  Municipalamte  zugleich  wichtige  Functionen 
im  Dienste  des  Staates:  sie  stellten  die  Recruten  der  vici  zur 
Aushebung,  übernahmen  die  Sorge  für  Einquartierung  und  Ver- 
pflegung von  Beamten  und  Soldaten,  den  Transport  von  Pferden 
und  Proviantvorruthen  ^) ,  den  Bau  und  die  Unterhaltung  der  öffent- 
lichen Wege%  in  den  Provinzen  aber  namentlich  die  Erhebung 
der  Steuern  [Iributa]  und  Naturalabgaben  [annona)^  bei  welcher 
sie  für  jeden  Ausfall  mit  ihrem  eigenen  Vermögen  einzutreten 
verpflichtet  waren  ^j. 
in  den  Pro-  Es   Icuchtct   ciu ,    dass    schou    aus   dem    zuletzt   angeführten 

Grunde  auch  für  die  Provinzen  die  Einrichtung  von  Stadtbezirken 

1)  Plin.  JV.  H.  3,  138:  non  sunt  adieclae  Cottianae  civitates  XII,  quae  non 
fuerunt  hostiles,   item  attributae  municipiis  lege  Pompeia. 

2)  Edict  des  Claudius  C.  /.  L.  V,   1,  5050  lin.  23. 
3}  Henzen  7168=  C.  I.  L.  V,  1,  532.  col.  2  lin.  4:    Carni  Catalique  atlri- 

buti  a  divo  Augusto  rei  publicae  nostrae. 

4)  Das.  col.  2  lin.  6  und  dazu  Mommsen  p.  53. 

5)  Frontin  in  Gromat.  p.  53 :  tum  respubiicne  controversias  de  iure  territorii 
solent  movere,  quod  aut  indicere  munera  dicunt  oportere  in  ea  parte  soli,  aut  legere 
tironem  ex  vico,  aut  vecturas  aut  copias  devehendas  indicere  eis  locis ,  quae  loca 
respuhlicae  asserere  conantur.  Siculus  Flaccus  p.  165:  nam  et  quotiens  militi 
praetereunti  aliive  cui  comitatui  annona  publica  praestanda  est,  si  ligna  aut  stra- 
menta  deportanda ,  quaerendum ,  quae  civitates  quihus  pagis  huiusmodi  munera 
praebere  solitae  sint.  Welche  Yerantwortlichkeit  namentlich  durchreisende  Magi- 
strate den  städtischen  Behörden  auflegten,  erwähnt  schon  C.  Gracchus  bei  Gellius 
10,  3:  nuper  Teanum  Sidicinum  consul  venit.  Uxor  eius  dixit,  se  in  balneis  viri- 
libus  lavari  velle.  Quaestori  Sidicino  a  M.  Mario  datum  est  negotium,  uti  balneis 
exigerentur,  qui  lavabantur.  Vxor  renuntiat  viro ,  purum  cito  sibi  balneas  traditas 
esse  et  purum  lautas  fuisse.  Idcirco  palus  destitutus  est  in  foro  eoque  adductus 
suae  civitatis  nobilissimus  homo  M^Marius.  Vestimenta  detracta  sunt,  virgis  caesus 
est. Ferentini  ob  eandem  causam  praetor  noster  quaestores  arripi  iussit. 

6)  Siculus  Flaccus  p.  146,  4:  et  in  quarundam  (yiarum  publicarum')  tutelam 
a  possessoribus  per  tempora  summa  certa  exigitur.  Digest.  31,  1,  30:  quidam  in 
testamento  ita  scripsit :  rei  publicae  Oraviscanorum  lego  in  tutelam  viae  refi- 
ciendae,  quae  est  in  colonia  eorum  usque  ad  viam  Aureliam.  Dig.  50,  4,  1  §  2. 
50,  4,  18  §  7.  §  15.  So  wird  auch  in  Syrien  ein  Weg  auf  Kosten  der  Stadt 
Abila  {impendiis  Abilenorum  Orelli  4997  =  Waddiugton  1874),  in  Afrika  eine 
Brückenverbindung  auf  dem  Wege  nach  Kusicade  von  der  Stadt  Cirta  gebaut. 
Renier  Inscr.  d'Alg.  2296.  Ueber  die  Wegebauten  in  der  Schweiz  s.  Mommsen 
Inscr.  conf.  Helv.  p.  63. 

7)  Dig.  50,  4,  18  §  26.  27.    Ausführlich  handelt  hierüber  Kuhn  1,  49—67. 


-      15     — 

nothwendig  erscheinen  musste ;  indessen  waren  in  diesen  die 
Vorbedingungen  zu  einer  solchen  Organisation  nur  theilweise  und 
ungleichmässig  vorhanden.  In  den  Ländern  griechischer  und  phö- 
nicischer  Cultur,  d.  li.  im  eigentlichen  Griechenland,  in  Sicilien, 
den  westlichen  und  südlichen  Theilen  Kleinasiens  und  dem  car- 
thagischen  Afrika  war  das  zerstreute  Wohnen  in  Landbezirken, 
von  welchem  auch  in  Attika  eine  alte  Kunde  sich  erhalten  hatte  y, 
schon  in  früher  Zeit  dem  städtischen  Leben  gewichen  und  fanden 
die  Römer  überall  vollständig  constituirte  Gemeinden  vor.  Jede 
Stadt  hat  ihr  bestimmtes  Territorium  [regio'^),  oioixrjai?^),  opoi*),  stadttem- 
ßnes)  und  der  Stadtname  dient  nicht  allein  zur  Bezeichnung  der 
ttoXk;  selbst,  sondern  gilt  auch  für  den  dazu  gehörigen  geogra- 
phischen Bezirk^),  in  welchem  Landgemeinden  ohne  selbständige 
Verfassung,  y.u>jjLat  [vici)^)  und  cppoopia  [caslella]'^)  ,  liegen.  Es  Attribuirte 
sind  dies  nicht  durchgängig  unbedeutende  Dörfer,  sondern  theil- 
weise Ortschaften,   welche  früher  Stadtrecht  gehabt^),   aber  theils 

1)  Bei  Liv,  31,  30  sagen  die  Athener,  delubra  sibi  fuisse,  quae  quondam 
pagatim  habitantes  in  parvis  iUis  casteUis  vicisque  consecrata  ne  in  unam  urlem 
quidem  contributi  maiores  sui  deseria  reliquerini. 

2)  C.  1.  Gr.  3436:  ßor^iio;  drtTpÖTituv  ^tt-^imso^  ^DiXaoEXcpiQvTj?.  Grut.  521,  7: 
nat.  Alysia  superiore  regi^ione)  Ratiarese  (d.  h.  im  Gebiet  der  Colonie  Ulpia  liatia- 
rid)  vico  Cinisco.  Gr.  527,  7:  nutus  ex  provincia  Maesia  inferiore,  regione  Nico- 
politanae  vico  Saprisara.  Gr.  526,  3 :  nat.  Bessus  natus  reg.  Serdica,  vico  Ma- 
gari.  Andere  Beispiele  s.  bei  Marini  Arv.  p,  476.  Mommsen  Hermes  4,  108.  In 
byzantinischer  Zeit  heisst  die  vttujATj  selbst  f^e^eiuv.  S.  Kuhn  2,  239.  Collect. 
Concil.  ed.  Harduin  11  p.  565:  i-^vj  oe  oeixvuixt ,  BaoiXtvouTToXiv  dei  'jtio  Ni- 
'/aiav  ^^t•io^i■^^^y^  ■  -/at  -yo^P  'h^  ^ey^wv  aux*^;  und  bei  llierocles  finden  sich  7Ctt»|i,at, 
deren  Name  mit  ^e-yecuv  zusammengesetzt  ist,  wie  'PeY£7:ooavo6<;,  PeYeooapot, 
'l*e7£(x(«xiooo;  (p.  699.  700.  701  Wess.). 

3)  AiotxYjat;  hat  verschiedene  Bedeutungen  und  bezeichnet  namentlich  den 
conventus  iuridicus;  Stadtbezirk  aber  ist  es  bei  Cic.  ad  fam.  13,  53:  praecipue 
autem  tibi  commendo  negotia  eius,  quae  sunt  in  Jlellesponto,  priinmn  ,  ut  obtineut 
id  iuris  in  agris,  quod  ei  Variana  civitas  decrevit^  —  deinde,  si  quid  habehil  cum 
aliquo  HeUespontio  controversiae,  ut  in  illam  oior/CYjOiv  reiicias.  Denn  der  conventus 
des  Ilellespontes  war  nicht  in  Parium,   sondern  in  Cyzicus. 

4)  C.  I.  Gr.  9893 :  ävOcxoe  xiTat  "ACiCo;  'A^pira  S6po;  -/.cu((j.Tf];)  KairpoCoi- 
ßaoa(a)v,   (Jpoov  'AraiA^ojv.     Das  Dorf  gehörte  zu  Apamea  in  Syrien. 

5j  Steplianus  llyz.  p.  10  Mein.  :  ttjv  iv  MtXr)T«)  'A(3'joov.  p.  151  :  fori  oe 
X^Jcf-o;  h  KapüSTijj  xal  totto;  oido-opo;.  p.  226 :  A/jXiov  ,  TtoXt/viov  l^ouuTiai  £v 
TT^  Tavdypa.  p.  366:  Kdarviov,  opo;  dv  'yVoTz^vooj  tyj;  Ila|x'fyXia;.  p.  412:  eoxi 
xal  £v  Kü^iv^Mi  x()[)(XTj  NUXtoaa. 

())  S.  Kuhn  Die  <iriech.  Komenverfassung,  im  Rheinischen  Museum  1860 
S.  20  IT. 

7j  Steph,  Byz.  v.  'AvTi^oveia  .  .  .  toxi  vtal  (ppo6piov  r?);  K'jCtxrjvfj;  und  tue 
von  Kuhn  2,  251   angerührten  Stellen. 

8)  Strabo  p.  436 :  ^xiiac  It  ATrjfjf/jTpio;  />  TtoXiopvtrjr?);  irrtfjvjaov  ivjxo'j  r^v 
Aif)|jLir)Tc.tüa  —  —  Tci;  ttXifjo(ov  TtoXlj^vac  ei;  ot-ir^jv  oyvotxlaa; ,  NVjXeiofv  re  xal 
Uayxoai  %rd '()^\ii'no'f,    In   li  'Vil^o'jsra  XtjTCtöWa  'OXtCöva  BolfJtjv  MwXxiv,    aX 


—     16     — 


n 


in  Folge  von  Verarmung  i) ,  Iheils  unter  dem  Kinfluss  politischer 
Verhältnisse  ihre  Selbständigkeit  verloren  hatten  2),  Iheilweise  auch 
Flecken ,  welche  durch  günstige  Lage  aufblühten  und  schliesslich 
zu  Städten  erhoben  wurden  ^) .  Alle  Komen  haben,  wie  die  römi- 
schen vici^  ihr  Gemeindevermögen  (xoivov)'*),  fassen  Beschlüsse^) 
über  Errichtung  von  Bauten  und  Denkmälern^'),  wählen  ihre  Ge- 
meindebeamten (xü)}jLap)<ai)  '),  zahlen  aber  Abgaben  an  die  Stadt- 
gemeinde und  sind  dem  Gerichte  derselben  unterworfen  8). 

Die  späteren  Griechen  definiren  die  Provinz  gradezu  als  einen 
Complex  von  Städtebezirken  ^)  ;  und  es  handelte  sich  bei  der 
Einrichtung  der  Provinzen  dieser  Gegend  in  erster  Stelle  nur  um 
die  Bestimmung,    welche  Städte  als  selbständige  Communen  an- 

1)  Strabo  14  p.  G36  :  Muou?,  fi.ta  twv  'laotov  xwv  ocuBexot,  t^  vDv  oi'  ^Xt^av^fitav 
MtXTjaioti;  o'jfXTreTToXiaTat. 

2)  Es  war  dies  theils  in  vorrömischer  Zeit  geschehen ,  theils  gesclial»  es 
durch  die  Römer.  Um  nur  einige  von  den  Beispielen  anzuführen,  die  man  bei 
Kuhn  Verf.  des  R.  Reichs  2,  41  ff.  gesammelt  llndet,  so  wurden  nach  und  nach 
von  den  Römern  die  Stadt  Haliartus  in  Böotien  und  die  Inseln  Skyros  ,  Imbros, 
Lemnos ,  Delos,  Aegina,  Keos ,  Skiathns,  Peparethus  und  Kephalenia  an  Athen 
attribuirt  (Polyb.  30,  21  (18).  Appian  B.  C.  5,  7.  Dio  Cass.  69,  16),  und  der 
Kaiser  Severus  nahm  der  Stadt  Kyzantium,  welche  auf  Seiten  des  Niger  gestan- 
den hatte ,  nicht  nur  ihre  Freiheit ,  sondern  auch  ihr  Stadtrecht  (xo  d^itufxa  xo 
TToXixixöv),  machte  sie  zu  einer  y.a)[X'rj  und  übergab  sie  der  Stadt  Perinth  als 
Eigenthum.     Dio  Cass.  74,   14. 

3)  So  sind  z.  B.  die  Orte  Ancyra,  Synaus ,  Cadi  in  Phrygia  Epiotetus  im 
ersten  Jahrhundert  vor  Chr.  aus  Komen  zu  Städten  geworden.  Waddington  in 
Le  Bas    Voy.  Explkation  des  inscriptions  III,  p.  257. 

4)  An  diese  Dorfcasse  werden  Strafgelder  gezahlt  in  den  Bithynischen  Komen 
Lesa  und  xwix-q   'ApßsiXavujv.    Waddington  n.   1171.   C.  I.  Gr.  3785. 

5)  Waddington  n.  2505:  eSo^ev  xoT?  (XTzb  Kto[p]ivo'j  xtujxTjc  ix  -/oivYJ;  a[uxu)vj 
e6Soy.7]o[ea)s],   jAT^Bsva  xtöv  auxöjv  •xtup.Yjxöiv  ....  ItzI  -/otvüi  xottoj  x.  x.  X. 

6)  Eine  Korne  beschliesst  einen  Bau  iv.  xoivuiv  dvctXtofxaxujv  xfj?  xto|xifjc 
(Waddington  1963),  oder  i^  iSiwv  (n.  2399),  oder  es  heisst:  ol  anh  xiofx-rjc 
'K^Xtuv  t}e(L  auxcöv  dv^axYjoav  BYjfxooiav  xy]v  otxooofATjv  (n.  2209),  -^  xcöjjiy^  dviGXTjoev 
(n.  2160),  xo  xoivov  "A^potivT];  ^7rotY](5ev  i%uj  AOfxov  (n.  2455),  ^xxtai^  -^  lepd 
xaXuß-?)  UTTÖ   xoivoü   x-^;  x(u[j.7];  (n.  2545);    [xo]üxo   x[6  7:]p6[7ruX]ov    £&Y]x[e]v  xo 

["/.oiMov  r-qi]  xojfXYj? •  iv.  Tipovocas  xal  orouc-iQ?  xifjiitoxdxujv  ötotxTjxiüv  (folgen 

drei  Namen) :  xo^xqu?  Trdv'j  OTTO'JOatou?  xa)[jLY]?    d-eXsqaxo  S-^fJLo;.     Wetzstein  Gr. 
u.  Lat.  Inschr.  in  Abhandl.  der  Berliner  Academie  1863  S.  308  n.  151. 

7)  Die  xa)(jL'r]  MuXeixwv  bei  Philadelphia  auf  dem  Wege  nach  Sardes  hat 
zwei  x(0{idp5^at.  Waddington  n.  1669.  In  Batanaea  in  Syrien  haben  die  Komen 
einen  qxpaxTjY^»  (Waddington  n.  2399),  in  Aegypten  einen  xtu[j.0Ypa[xp.axe6(;. 

8)  Theodoret.  hist  relig.  c.  2  T.  III  Vol.  II  p.  1126  ed.  Schulz:  dv  xoi; 
Ttepi  XTjv  TivBapov  ^/topiot?,  x^ixt]  he  auxTj  fxeYtaxr)  xeXeiv  UTto  xy]v  'Avxiö^^eiav 
X£xaY(Ji.£vYj.  Justiniani  Nov.  89  c.  2  §  2:  xt^  ttoXec  —  ixp'  •}^v  xö  ycupiov  '^  xd  x-tj; 
'/.ib\i.'f]<;  xeXotTj.  Dio  Chrysostomus  sagt  in  einer  in  Prusa  gehaltenen  Rede  II 
p.  163  R.  :  eu  Y*P  ?<3X£,  oxi  xat  xoT?  o{xooo(XTj{j.aoi  xai  xai?  ^opxau  xal  xu) 
oixdCew  auxoi  xai  xtp  (X'?j  Tiap'  dxspoi?  l^exdCeo&oti  {jitjos  ouvxeXeTv  dXXoti; ,  xa^aTiep 
oI[xat  xtbfXTjV,  Tidoi  xouxoi«;  ouvaipso^ai  Tcecpuxe  xo  cppovTjjAa  xöjv  TioXetov. 

9)  S.  die  Stellen  bei  Kuhn  2,  5. 


—      17     — 

erkannt,  und  welche  Ortschaften  denselben  attribuirt  werden  soll- 
ten ,  mit  einem  Wort  um  die  Feststellung  einer  bestimmten  Zahl 
von  Stadtlerritorien ,  welche  für  einen  Theil  der  Provinzen  auch 
ausdrücklich  überliefert  oder  annähernd  festzustellen  ist.  Doch 
wurde  es  zuweilen  für  zweckmassig  erachtet,  einer  Korne  das 
Stadtrecht  zu  verleihen ,  oder  mehrere  kleinere  benachbarte  Orte 
in  der  Art  zu  einer  Commune  zu  vereinigen,  dass  alle  darin  glei- 
ches Recht   erhielten,  einer  aber  Sitz    der  Verwaltung   wurde. 

Für  den  ersten  Fall  haben  wir  ein  zwar  einer  späteren  Zeit 
angehöriges  aber  urkundlich  überliefertes  Beispiel  an  Orcistus  in 
Phri/gin  snhitarfs.  Dieser  Ort  war  seit  alter  Zeit  eine  Stadt  ge- 
wesen, und  halte  noch  unter  M.  Aurel  (171 — 180)  vier  Archon- 
len  1)  ,  eine  Geiusie  und  einen  hr^\loz^),  verlor  aber  darauf  das 
ins  civitatis  und  wurde  eine  xtofxrj  der  benachbarten  Stadt  Na- 
colia,  wo  nunmehr  seine  Grundbesitzer  eingeschätzt  wurden.  Erst 
Constantin  d.  Gr.  verlieh  im  .1.  331  durch  eine  Verordnung,  in 
welcher  er  es  für  Pflicht  erklärt,  neue  Städte  zu  gründen  und 
alte  zu  erhalten  und  zu  heben  3)  ,  den  Einwohnern  von  Orcistus 
aufs  Neue  das  Stadtrecht,  in  Folge  dessen  sie  nun  aufhörten  ihre 
Abgaben  nach  Nacolia  zu  zahlen,  und  selbst,  gerechter  als  es 
unter  den)  fremden  Regimente  geschehen  war,  das  tribiitum  auf 
die  possessores  ausschrieben.  Der  zweite  Fall  kommt  vor  in  Ly- 
cien ,  wo  die  vier  Ortschaften  Aperlae,  Simena ,  Apollonia  und 
Isinda  zu  einer  Gemeinde  zusammen  gelegt  waren,  eine  ßouXTj 
hatten,   und  einen  or^\loc,  bildeten'*). 

Ganz    andere  Verhältnisse    fanden    sich    bei    der  Ori^anisation  Neuestädte- 

*  anlagen  von 

<ler  übiiüen  Provinzen  vor,   von  welchen  eine,   nämlich  Aee;>pten,  ''«^rRegie- 
eine  seit  den    ältesten  Zeiten    fest   ausgebildete   centralisirte  Ver-      ***''"* 
waltung  besass  und  auch  unter  der  römischen  Herrschaft  behielt, 
die  meisten    aber   sich    in    verschiedenen  Stadien   desselben    Ent- 
wickelungsprocesses  befanden,  welchen  die  F^äoder  italischer,  grie- 
chischer und  carthagischer  Bevölkerung  langst  durcligemachl  bat- 

1)  r.   I.   (h.  3822 '^  2.  2J  C.  /.  (it.  3S22»'. 

3j  (\  I.  L.  III  n.  3Ö2.  I>i(!  <itirtc  StJtllo  ist  zwar  lüokonhaft,  abor  doch  in 
«ier  llaiiptsach»!  duiitlich  :  incolae  Orcisli^  inm  nunc  o^rpiili  et  civUiili»,  iueundam 
munifirenline  noMtrae   muteriein  praebuerunl.      (Juibun   enitn  Studium  est,    urbe»  vtl 

ntmiM  rändere  vel  langaevm  erudlre  vel  intermorluaii  rtparare .    Der  Sclilnss 

(Um  Satzes  f«'lilt. 

A)  S.  Waddington  zu  n.  1290.  Vgl.  1292:  'AucfiXciTüiv  xai  xdiv  oyvnoXci- 
T£'jo|xivojv  rj  [^O'jX-^j  xotl  4  ?i7j|i.o;.  I>asH  Aperlae  «ier  Sitz  der  Krgiernng  war,  zeigt 
n.    12%:    Hef»v£iXY]  'A/.-/([i'/J   'Ar:^>iTt;  dr.b  ilifif/jvoiv. 

Uum.  Altwrth.  IV.  2 


—     18     — 

ten,  und  welchen  im  Interesse  der  Administration  zu  fördern  die 
Römer  als  ihre  Aufgabe  betrachteten.    In  den  spanischen  Provinzen 
war  bei  ihrer  Entstehung  die  Gauverfassung  noch  in  voller  Gel- 
tung,  aber  während  Agrippa   bei  seinen  statistischen  Aufnahmen, 
welche  Plinius  seinem  Berichte  zu  Grunde  legt,  in  Hispania  Tar- 
raconensis  293  Gemeinden  {populi,  civüates)  vorfand,   von  welchen 
479  sich  in  einer  Stadt  [oppidum)  concentrirten ,    H4  aber  keine 
Stadt  besassen,    so  zählt  Ptolemäus,    der   unter   Antoninus   Pius 
schrieb,    in  derselben  Provinz  248  Städte  und   27  ländliche  Ge- 
meinden ^) ;   die  gallischen  Provinzen  bestanden  ebenfalls  ursprüng- 
lich nicht  aus  Städtebezirken,  sondern  aus  Völkerschaften,  welche 
civüates  genannt  wurden  und  in  Gaue  zerfielen,  aber  im  narbo- 
nensischen   Gallion    vornehmlich    nahm   die   Städtebildung    einen 
schnellen  Aufschwung ;  in  den  östlichsten  Provinzen,    in  Galatien, 
Cappadocien  und  den  nicht  gräcisirten  Theilen  Syriens  entstanden 
zwar    langsam    aber    doch    fortwährend    neue    Communen     und 
selbst  in  den  Uferländern  der  Donau  und  in  Numidien  und  Mau- 
retanien   hatte   die    durch    die    militärische   Besatzung   sich  voll- 
ziehende Romanisirung  zahlreiche  Städteanlagen  zur  unmittelbaren 
Folget).     Wie   nun  einerseits  die   Communen,    wo  sie  vorhanden 
waren,    zu   grösseren   Verwaltungsbezirken   zusammengelegt   und 
mit  dem  Centrum  der  Regierung  in  Rom   in  Verbindung  gesetzt, 
andererseits  für  die  Länder,    in  welchen  Stadtgemeinden   nur  in 
unzureichender  Zahl  vorhanden  waren,  andere  Grundlagen  für  die 
Administration   gewonnen   wurden ,    werden    wir   in   dem    ersten 
Abschnitte  der  folgenden  Erörterung  nachweisen,  in  welchem  wir 
den  Zustand  Italiens,    insofern  dasselbe   ein  Ganzes   bildet,    und 
die    sehr   disparaten  Verhältnisse    der  Provinzen    zur  Anschauung 
bringen  werden  ,    während   der   zweite  Abschnitt   die  Verfassung 
der   in    Italien    und    den    Provinzen    enthaltenen    Stadtgemeinden 
besonders  behandeln  soll. 

1)  Detlefsen  im  Philologus  Ed.  82  S.  604  ff. 

2)  Um  hier  nur  ein  Beispiel  von  vielen  anzuführen ,  so  war  die  nachherige 
Colonie  Apnlum  in  Dacien  (Carlsburg)  zuerst  ein  vicus,  der  unter  mayislri  stand 
und  Canabac  hiess.  Seit  142  n.  Chr.  hatte  dort  die  legio  XIIl  gemina  ihre  caslra 
stativa,  unter  Antoninus  Pius  wurde  die  Stadt  grösser  und  168  Sitz  eines  pro- 
curator.  S.  Mommsen  C.  1.  L.  III  p.  182.  Ausführlich  handeln  liierüber  I.  Vetter 
lieber  das  röm.  Ansiedlungs-  und  Befestigungswesen  —  so  wie  über  den  Ur- 
sprung der  Städte  und  Burgen  —  im  südwetslichen  Deutschland,  Karlsruhe  1868. 
4.   und  Mommsen  im  Hermes  7,   299  ff. 


A.  Italia. 


Der  Name  ItJillen,  welcher  nach  Niebuhrs  Ansicht M  ursprüns;-    Grenzen 

'  /  1  i  Italiens. 

lieh  die  alten  Wohnsitze  der  Oenotrer  oder  Italer  zwischen  den) 
Tiber  und  dem  Vorgebirge  Garganus  bezeichnete ,  und  durch 
diese,  als  sie  von  den  Sabellern  verdrängt  wurden,  auf  die  Süd- 
spilze Italiens,  das  Land  der  Bruttier,  übergingt),  wurde  erst  in 
Folge  der  Ausdehnung  der  römischen  Herrschaft  über  die  ganze 
Halbinsel  verbreitet.  Geographisch  reicht  schon  im  zweiten  Jahr- 
hundert V.  Chr.  Italien  bis  zu  den  Alpen  "^j,  aber  staatsrechtlich 
wird  es  nach  den)  Kriege  mit  Pyrrhus  im  Norden  durch  die  Flüsse 
Arnus  und  Aesis  begrenzt.  An  der  Westseite  haben  sich  in  der 
Gegend  von  Livorno  noch  später  zwei  Orte  eihalten,  welche  den 
Namen  ad  fines  führen,  und  die  alte  italische  Mark  bezeichnen  ^j; 
denn  die  Macra,  welche  in  der  Kaiserzeit  die  9te  Region  (Ligu- 
rien)  von  der  7ten  (Etrurien)  scheidet'»),  gehörte  im  J.  569=185 
noch  in  das  ligurische  Gebiet  6),  welches  erst  574  =  180  erobert 
wurde ')  ;  auf  der  Oslseite  ist  der  Aesis  ^)  bei  Ancona  der  Grenz- 
fluss    zwischen   Italien   und   Gallien ;    denn   das   Gebiet  zwischen 

1)  Niebubr  B.  G.  1,  17. 

2)  Von  diesem  braucht  den  Namen  Antiochus  von  Syracus  bei  Strabo  G 
p.  254. 

3)  Im  J.  183  V.  Chr.  lässt  Llvius  39,  54  den  Senat  den  Gesandten  eines 
gallischen  Stammes,  welcher  über  die  Alpen  gekommen  war,  eröffnen:  neque 
iUos  rede  ferisse ,  quum  in  Jtaliam  venerinl ,  oppidumque  in  alieno  ayrn  nulUus 
Homani  mdyixtrdtus ,  qui  ei  provinciae  praeesset ,  pennissu  (ledificare  conati  sint. 
Auch  l*olybius  giebt  als  Nordgren/e  Italiens  die  Alpen  an  '2,  14.  3,  r)4;  ebenso 
Cato  Oriy.  4,  11  bei  Serv,  ad  Very.  Aen.  10,  13:  Alpes  —  quae  secnndum  Ca- 
tontni  et  /Avium  muri  vice  tucbantur  lUdiam  und  bei  Mv.  21,  3:')  zeigt  schon 
Hannibal  von  den  Alpen  aus  seinen  Soldaten  Italien:  mililihus  Ualiaui  ostenlat 
moeniaque  eo»  tum  IntMcendere  rum  Italiae  modo  sed  etium  urbis  liomae. 

4j  Mouimscn  K.  («.   1*,  432  Anm.  , 

■))  Fun.   A'.  JI.  3,  49.  bO. 
üj  Liv.  39,  32,  2. 
7)  Llv.  40,  41,  3. 

b)  Strabo  5  p.  217:  gptov  li  Tfj;  /((•ftcti;  Ta6TTj; ,  f^v  isrli  KeXxix^v 
XQ^ou(i&v,    T,pii  xi^s   Xom^jv  'iTaXiav   i6  ic  'Arciwtvov  opoj  t^  uzip  Tf^i  Tupprj- 

2» 


—     20     — 

Aesis  und  Rubico  (jetzt  Fiumicino)  ^)  mit  seinem  llauplorle ,  der 
486=268  gegründeten  Colonie  Ariminum ,  gehört  nicht  mehr  zu 
Italien,  sondern  führt  den  Namen  ager  Gtillicus'^)  oder  provinvia 
Ariminum'^).  Es  ist  l)ekannt,  dass  dies  in  der  Folge  geändert 
wurde,  und  dass,  als  im  Jahre  59  v.  Chr.  CUsar  durch  die  kx 
Vatinia  die  gallischen  Provinzen  erhielt ''),  der  Rubico  die  Grenze 
Italiens  bildete^),  so  dass  die  südlichste  Stadt  Galliens  Ravenna, 
die  nördlichste  Stadt  auf  der  Ostseite  Italiens  Ariminum  war^); 
über  die  Zeit  aber,  wann  diese  Veränderung  eintrat,  wird  ebenso 
wenig  etwas  berichtet,  als  über  den  Ursprung  der  Provinz  Gal- 
lia  cisalpina^  in  welchem  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  die  Ver- 
anlassung der  neuen  Grenzbeslimmung  zu  suchen  ist.  Dies  Land, 
welches  die  Römer  im  J.  503  =  191  in  ihre  Gewalt  bekamen")  und 
seitdem  durch  Anlage  verschiedener  Colonien  sicherten  ^) ,  wurde 
unzweifelhaft  nicht  sofort  einem  eigenen  Statthalter  übergeben, 
sondern  lange  Zeit,  wie  Italien,  von  den  römischen  Rehörden  ver- 
waltet ;  wer  es  zuerst  von  Italien  trennte,  ist  eine  streitige  Frage, 
über  welche  man  die  verschiedensten  Vermuthungen  aufgestellt 
hat'«*);  nach  Mommsens  Ansicht  war  es  Sulla,   der  im  J.  673=81 

vta?  aTreoeostvtxo  xal  6  Aict?  Trötafxo;,  uaxepov  0£  6  'Poußixujv.  p.  227:  TxpÖTepov 
fi^v  Y^  '^0''  Aiotv  Ittoiouvto  opiov,  TcdXtv  8s  xov  'Pou^i'/vOuva  7TOTa[j.ov. 

1)  L.  Tonini  Rimini  avanti  il  principio  delV  era  volgare,  Rimini  1848.  8 
p.  82. 

2)  Liv,  24,  10,  3 :   iussique  in  provinciis  manere  TL  Gracchus  Luceriae, 

C.  Terentius   Varro  in  agro  Piceno,  M\  Pomponius  in  Qallico. 

3)  Liv.  24,  44,  2;  28,  38,  13  (Jahr  205  v.  Chr.):  tum  praetoriae  provin- 
ciae  in  sortem  coniectae.  Vrbana  Cn.  Servilio  obtigit,  Ariminum  (ita  Galliam  ap- 
pellabant^  Sp.  Lucretio ,  Sicilia  L.  Aemilio,  Cn.  Octavio  Sardinia.  Vgl.  Voigt 
Jus  natunde  2,  357  ff. 

4)  Suet.  Caes.  22:  et  initio  quidem  Galliam  Cisalpinam  Illyrico  adiecto  lege 
Vatinia  accepit.    Dio  Cass.  38,  8.  Appian.  B.  C.  2,  13.  Vell.  2,  44. 

5)  Cic.  Phil.  6,  3,  5 :  an  ille  id  faciat ,  quod  paulo  ante  decretum  est ,  ut 
exercitum  citra  fumen  Rubiconem,  qui  finis  est  Galliae,  educeret?  Suet.  Caes.  31. 
Plut.   Caes.  20.  32.  Appian.  B.  C.  2,  35.  Lucan.  1,  185  ff.  Plin.  N.  H.  3,  115. 

6)  Appian.  B.   C.  2,  32,  35. 

7)  Liv.  36,  38. 

8}  Mommsen  R.  G.  1«,  670.  677.  A.  W.  Zumpt  De  Gallia  Romanorum  pro- 
vincia  in  Studia  Romana,  Berol.  1859.   8  p.  5  ff. 

9)  Pighius  Annal.  Vol.  II  p.  140  datirt  die  Provinz  von  217  v.  Chr.;  Voigt 
lus  nat.  2  p.  359  und  ihm  folgend  Walter  Gesch.  d.  R.  Rechts  1  §  245  neh- 
men an,  dass  die  Provinz  Ariminum  548=206  eingerichtet  und  dann  allmählich 
zu  der  Provinz  Gallia  Cisalpina  erweitert  worden  sei;  allein  das  ist  durch  Zumpt 
a.  a.  0.  ausser  Frage  gestellt,  dass  das  cisalpinische  Gallien  zu  den  Provinzen, 
welche  jährlich  einen  besondern  Statthalter  erhielten,  wenigstens  bis  auf  die  Zeit 
des  Sulla  nicht  gehörte.  Auch  die  von  Zumpt  noch  nicht  benutzte  Stelle  des 
Granius  Licinianus  p.  39  Bonn.  :  data  erat  et  Sullae  provincia  Gallia  cisalpina 
widerspricht   dem  nicht;    sie   bezieht    sich    auf  das   Jahr  89,    in   welchem  Sulla 


—      21      — 

sowohl  die  Einrichtung  der  cisalpinischen  Provinz  als  die  Erwei- 
lei'ung  Italiens  bis  zum  Rubico  vollzog')  ;  und  in  der  That  scheint 
die  Reihe  regelniässiger  Stalthalter  der  Provinz  Gallia  cisalpina 
schon  mit  dieser  Zeit  zu  beginnen  2).  Dieselbe  dauert  aber  nur 
bis  zum  J.  712  =  42,  in  welchem  die  Provinz  wieder  aufgeho- 
ben 3)  und  die  Grenze  Italiens  nördlich  bis  zu  den  Alpen,  östlich 
bis  zu  dem  Flusse  Formio  (jetzt  Risnno)  bei  Tergeste  (Triest) 
vorgeschoben  wurde  *),  bis  endlich  Augustus  bei  der  Eintheilung 
Italiens  in  \  1  Regionen  die  zehnte  Region  (Venetien  und  llistrieti) 
noch  weiter  südöstlich  bis  zum  Flusse  Arsia  ausdehnte''). 

Auf  diesen  Umfanc;  Italiens  wird  sich  die  nachfolgende  Erör-  Geschicht- 

"  ^  hebe  Eut- 

terung  der  politischen  Zustände  desselben  beziehen,   bei  welcher  Wickelung. 
wir   drei   Perioden   unterscheiden,    von    denen   die  erste  mit  der 
allmählichen  Unterwerfung  der  italischen  Völkerschaften,  die  zweite 
mit  der  lex  Julia   (604=90)   und  Plautia  Papiria   (605=89),    die 
dritte  mit  der  Regioneneintheilung  des  Augustus  beginnt. 

Legat  des  Consuls  L.  Cato  war  (Driimann  2,  433),  so  dass  damals  wie  früher 
(Jallia  cisalpina  unter  einem  der  Consuln  selbst  stand.  Wenn  aber  Zumpt  p.  70 
die  Einrichtung  der  Provinz  erst  der  lex  Vatinia  (59)  zuschreibt,  so  scheint  mir 
diese  Annahme  zu  weit  zu  gehn  und  auch  mit  den  historischen  Zeugnissen 
schwer  zu  vereinigen.  Borghesis  Untersuchung  bei  Tonini  a.  a  0.  p.  151  ff.  hat 
ebenfalls  zu  keinem  sicheren  Resultate  geführt.     S.  Mommsen  C.  1.  L.  I  n.  583. 

1)  Mommsen  K.  G.  2,  3G1  Anm.  erinnert  namentlich  daran,  dass  Sulla  das 
pomoerium  erweiterte ,  was  nur  geschah  ,  wenn  die  italische  Grenze  vorgerückt 
wurde.  Seneca  de  brevitate  vit.  13 :  Sullain  ultimum  Romanorum  protulisse  pomoe- 
rium ,  quod  nunquam  provinciali  sed  Italico  agro  adquisito  proferre  moris  apud 
antiquos  fuit.  Dio  Cass.  43,  50.  Tac.  Ann.  12,  23.  Der  Mommsenschcn  Ansicht 
ist  auch  Lange  liöm.  Alterth.   3,    IGO. 

2)  So  heisst  im  J.  72  Cassius  6  t-^;  rept  Ildoov  FaXaTia;  OTparr^Y^i  ''^"*'- 
Crasn.  9  und  im  J.  02  verwaltete  Q.  Metelltis  Ccler,  nachdem  er  63  praetor  gewe- 
sen war,  (luUia  cisalpina  als  propraetor.  Cic.  ad  fam.  5,  1  und  2.  Plin.  N.  II. 
2,   170.    Mola  3,  5  p.  72,  22  Parthey.    Dio  Cass.  37,  33.    Drumann  2,  26. 

3j  Mommsen  C.  /.  L.  1  p.   118. 

4)  Plin.  N.  H.  3,  127  nennt  den  Formio  anliquun  auctae  Italiae  terminus. 
Vgl.  Ptolem.  3,  1,  27. 

5)  Plin.  iV.  //.  3,  44.  129.  132.  150.  Mommsen  C.  I.  L.  V.  I  p.  1.  Vgl. 
Strabo  5  p.  210:  ^>'j^e  o£  ttote,  rxrp'  ou  (JiCTdoocav  'Pu)|j.cxiot  to(:  iTaXtoiTaic  t^v 
iaoTTo/.iTeiav,  2oo;e  y.at  T015  iuzrji  'AXTreojv  FaXaTottc  vtal  'FiVeToT;  tVjv  auT^jv 
a;:ovei(xat  TtjXT,"^,  7:f>0(;aYopeüoat  hi  xal  'ItaXiwTa;  Kctvtas  xcii  'l*(u|Aa(ou;. 


Erste  Periode. 
Italien  vor  der  lex  Jvlia  *) . 

Erweiterung  Bei   den    crstcii  Erweilerunüen    des    römischen   Stadtgebietes 

der  Stadt-  ,.        ,  ,  ,  ^  .....  ,.  r 

gemeinde  waren  die  benachbarten  Gaue  völlig  in  dasselbe  aulgenonmien 
worden ;  mochten  die  Ueberwundenen  nach  Rom  ziehn  2)  oder 
auf  dem  Lande  bleiben,  so  bildeten  sie  einen  Zuwachs  der  Stadt- 
bevölkerung  und   wurden    in   ältester   Zeit  dienten   des   Königs, 

1)  Für  die  Behandlung  der  staatsrechtlichen  Fragen ,  welche  in  diesem  Ab- 
schnitte zu  erledigen  sind ,  liegt  eine  ebenso  grosse  Schwierigkeit  vor  in  dem 
ärmlichen  und  unzureichenden  Quellenmaterial  wie  in  der  Masse  neuerer  For- 
schungen ,  welche ,  zum  Theil  mit  ausserordentlichem  Scharfsinn  durchgeführt, 
doch  zu  ganz  disparaten  Ergebnissen  gelangt  sind.  Es  war  unmöglich  in  den 
engen  Grenzen  eines  Handbuches  auf  eine  Kritik  dieser  Ansichten  einzugehn, 
und  es  schien  mir  zweckmässiger,  den  Zusammenhang  der  Thatsachen,  wie  ich 
ihn  auffasse,  bestimmt  und  vielleicht  einseitig  darzustellen ,  als  durch  eine  Ge- 
genüberstellung entgegengesetzter  Behauptungen  den ,  welcher  sich  zuerst  über 
diese  Fragen  orientiren  will ,  zu  verwirren.  Bei  weiterer  eigener  Forschung  ist 
auf  die  folgende  Literatur  zurückzugohn :  Sigonius  de  antiquo  iure  populi  Ro- 
mani,  Lips.  et  Halae  1715.  8.  Vol.  I  p.  342  ff.  Spanhemii  Orbis  Romanus 
ed.  Heineccius,  Hai.  et  Lips.  1728.  4.  I  c.  7.  J.  Wasteau  de  iure  et  iuriad.  mu- 
nicip.  Lugd.  Bat.  1727,  auch  in  Oelrichs  Thes.  diss.  II,  2  p.  233  ff.  Trekell 
Selectarum  aniiquitatum  pars  prima ,  Hagae  Comit.  1744.  8.  Mazochii  Commen- 
tariorum  in  aeneas  tabulas  Heracleenses  P.  I  et  II.  Neapel.  1754.  fol.  p.  389  ff. 
Niebuhr  R.  G.  2,  56  ff.  Madvig  de  iure  et  condicione  coloniarum  populi  Romani 
in  dessen  Opusc.  Havniae  1834  p.  208  ff.  C.  G.  Zumpt  lieber  den  Unterschied 
der  Benennungen  Municipium,  Colonia,  Praefectura  im  röm.  Staatsrecht;  in  den 
Abh.  der  Berliner  Acad.  Hist.  phil.  Classe  1839,  auch  einzeln  abgedruckt  mit 
der  Abh.  über  die  Ritter ,  1840.  4.  Chr.  N.  Grauer  De  re  municipali  Romano- 
rum particula  im  Programm  der  Kieler  Universität  1840.  Peter  Das  Verhältniss 
Roms  zu  den  besiegten  italischen  Städten  und  Völkern  bis  zur  lex  Julia  im  J. 
90  V.  Chr.  in  Zeitschr.  für  Alterthumswiss.  1844  N.  25  —  28.  Rubino  Ueber 
die  Bedeutung  der  Ausdrücke  municipium  und  municeps ,  in  Zeitschr.  f.  Alter- 
thumswiss. 1844  N.  109—111;  121  —  124.  1847  N.  86.  87.  100.  101.  121—123. 
Kiene  Der  röm.  Bundesgenossenkrieg,  Leipz.  1845.  8.  Rein  Diss.  de  Romano- 
rum municipiis,  Eisenach  1847.  4  und  in  Paulys  Realencycl.  5,  212  ff.  Kiene 
in  Zeitschr.  f.  Alterthumswiss.  1849  p.  219  ff.  Kuhn  in  der  inhaltreichen  Re- 
cension  der  ersten  Ausgabe  dieses  Bandes  (Zeitschr.  f.  Alterthumswiss.  1854 
N.  57 — 59;  67 — -69),  deren  Ergebnisse  ich  im  Einzelnen  dankbar  benutze,  in 
Betreff  der  Municipien  mir  aber  nicht  habe  aneignen  können ;  Voigt  Das  ius  civile 
und  ius  gentium  der  Römer,  Leipzig  1858.  8  S.  280.  Walter  G.  d.  R.  Rechts  §  80  flf. 
Puchta  Institutionen  §  60  ff.  A.  W.  Zumpt  De  propagatione  civitatis  Rom.  in 
Studia  Romana,  Berol.  1859.  8  p.  364  ff.  Mommsen  Die  röm.  Tribus  S.  157. 
R.  G.  13,  339.  349  und  besonders  Gesch.  d.  Röm.  Münzwesens,  Berlin  1860.  8 
S.  308  ff.  Haeckermann  Sententiarum  aliquot  de  municipiis  Romanorum  post  Nie- 
buhrium  propositarum  examinatio,  Stolp.  1861.  4.  Dubois  Essai  sur  les  municipes 
dans  le  droit  romain,  Paris  1862.  8.  Zoeller  De  civitate  sine  suffragio  et  muni- 
cipio  Romanorum,  Heidelberg  1866.  4.  Vilatte  De  propagatione  civ.  Rom.  Bonn 
1870.  8. 

2)  So  die  Albaner  unter  TuUus  Hostilius  Liv.  1,  29.  30.  Dionys.  3,  31 ; 
die  Einwohner  von  Politorium  unter  Ancus  Liv.   1,  33. 


—     23     — 

hernach  römische  Plebejer i),  insofern  nicht,  was  unter  den  Kö- 
nigen und  in  den  ersten  Jahren  der  Repubhk  vorkam,  ein  Theil 
der  anziehenden  Famihcn  unter  den  Patriciern  Aufnahme  fand  2). 
Nach  der  Eroberung  von  Alba  longa  trat  Rom  in  ein  aequum  Latiner- 
foedus  mit  den  Latinern,  welche  damals  eine  Eidgenossenschaft 
von  30  Städten  bildeten  3),  deren  Vorort  Alba  gewesen  war^). 
In  dessen  Stelle  tretend  erhob  Rom  von  Anfang  an  den  Anspruch 
auf  ein  Protectorat  des  Rundes;  das  Widerstreben  der  Latiner 
führte  zum  Kriege^),  und  die  Reendigung  desselben  unter  Tarqui- 
nius  Priscus  hatte  die  Folge,  dass  die  Latiner  zwar  dem  Namen 
nach  ou}X{xa)(oi  blieben,  aber  factisch  von  Rom  abhängig  wurden ^j. 
Durch  die  Anlegung  eines  gemeinsamen  Ileiligthums  auf  dem  Avcn- 
tinus ,  welches  den  früheren  Zusammenkunftsort  der  Rundesmit- 
glieder am  Quelle  der  Ferentina  im  Albanergebirge  ^)  zu  ersetzen 
bestimmt  war,  bezeichnete  Servius  Tullius  zuerst  die  neue  Hege- 
monie Roms^),  weiche  Tarquinius  Superbus  in  eine  völlige  Ober- 
herrschaft verwandelte'-').  Die  Demüthigung  Roms  durch  Persona 
(2i.7  =  507)  gab  indessen  den  Latinern  Gelegenheit,  das  ihnen 
aufgedrungene  Joch  abzuschütteln,  und  der  im  J.  258=496  be- 
gonnene Krieg,  wenn  auch  vorläufig  durch  die  Schlacht  am  See 
Regillus  zu  Gunsten  der  Römer  entschieden,  führte  doch  am  Ende 
im  J.  261  =  493  zu  der  Erneuerunc;  des  Ründnisses   durch  Spu-   Buudniss 

^  '         desSpurius 

rius  Cassius*^)^  in  welchem  ewiger  Friede  zwischen  beiden  Gon-    fassius. 

1)  Mommsen  R.  G,   1,  88.  Köm.  Forschungen  1,  338. 

2)  Liv.  1,  30:  principes  Albanorum  in  patres  —  leyit^  Tullios ,  ServUioSj 
Quinctios,  Geganios,  Curiatios,  Cloelios.  Im  J.  250 — 504  wurde  der  Sabiiier  Attus 
Clausus  unter  die  Patricier  aufgenommen.  Liv.  2,  16.  Dionys.  5,  4ü.  Plut.  Publ. 
21.    Suet.  Tib.  1.   Tac.  Ann.  4,  9;   11,  23. 

3)  Dionys.  5,  61.     Mommsen  R.   G.   1,  337  Anm. 

4)  Dionys.  3,   10.   11.  31.    Liv.   1,  52,  2.    Festus  p.  241,   10. 

5)  Dionys.  3,   34. 

6)  Filvat  cpiÄou;  'P(M(Aauov  -/.ctl  0'j(X(ji,a5^o'j;  aTtavxa  rpaTTovxa;  oaa  av  dxeivot 
■AeXe'JWJiv  sagt  Dionys.   ;»,   54.    Vgl.   Liv     1,  35 — 38. 

7)  Dionys.  3,  34.  51. 

't^)  Liv.  1,  45:  ea  erat  confessio ,  cnput  rei'um  Roniarn  esse,  de  quo  totits 
armiH  certntuni  fuerat. 

9j  Cic.  de  rep.  2,  24,  44:  omne  Latium  bello  devicit.  Liv,  i,  52.  Dionys. 
4,  49.    Vgl.   I,iv.  1,  50—52.    Dionys.  4,  45—48. 

10)  Liv.  2.  33.  Cic.  pr.  Halb.  23,  53.  Dionys.  6,  95.  Die  Worte  des  Bünd- 
nisses sind:  'P(a(Aaioi(;  xat  Toti;  AaTtvü)v  7t»5Xeoiv  airaoat;  elp-rjvTj  Kp6;  öXXVjXoy; 
li'ui  \U/rjii  av  o'jpav«5;  re  xctt  -^i]  r^iV  aOxVjv  axotaiv  iymoi '  xai  jJ^^xe  aiixol  ko- 
Xe(i.etx(«'3'iv  rpo;  dX).TjXou; ,  |i,r,x'  aXXoOev  7roXe(A{ouc  iT^afhotoaLw,  \ii]xt  xoi;  ini- 
cp£po'j3t  Tt'^XeiAOv  6oo'j;  Trapcy^xojaav  äa'^potXei;,  jSoTjOelxtwadv  xc  xoic  TroXe|xou(A£votc 
aTidorj  ?/jvd(Aet,  Xa'f6p(«v  xc  Wt  Xe(a;  r?);  dx  T:oXi|Atuv  xotv&v  x^  toov  XaY/ctvf- 
xwa'jtv  (i.£po;  exdxepoi  *  xd)v  xe  iotuixtxojv  oj|A[ioXa(ojv  al  xploei;  ^v  -fjixjpai; 
■yiYväaöüiaav  *ji%n,  Kap'  oU  Äv  fisrj[zoii  t6  oufJißöXaiov. 


trahenten,  gegenseitiger  Bcisland  im  Kriege,  gleicher  Antheil  an 
der  Beute,  Wechsel  des  0!)crbefeljls  ül)er  das  Heer  zwischen 
beiden  Theilen  i)  ,  eine  Bestimmung  über  Geld-  und  Plandge- 
schilftc^)  und  ein  gerichtUches  Verfaiiren  für  Processe  aus  Con- 
tracten  festgesetzt  wurde.  Das  ist  das  aeqiaun  foedus ,  weiches 
isopoiitie.  von  Üionysius  als  Isopolitie  bezeichnet  wird  '^)  ,  d.  h.  als  ein 
Ucchtsverhaltniss,  nach  welchem  den  Mitgliedern  zweier  oder 
mehrerer  selbständiger  und  von  einander  unal)hangiger  Staaten 
gleiche  Fähigkeit  zu  Erwerb  von  Grundbesitz  und  beweglichem 
Vermögen  (commercium)^  zur  Schliessung  von  Ehen  (conmibium) 
und  zur  Niederlassung  in  jeder  der  Bundesstädte  zugestanden 
wird*).  Das  Commercium  haben  die  Latiner  sowohl  unter  sich 
als  mit  den  Bömern  unzweifelhaft  gehabt-^)  ;  connubium  bestand 
zwischen  den  latinischen  Städten  ebenfalls"),  und  auch  zwischen 
Bom  und  Latium  wird  es  unter  denjenigen  Beschränkungen  be- 
standen haben,   welche  zu  einer  Zeit,   wo  in  Bom  selbst  zwischen 

1)  Festus  p.  241  nach  Müllers  Lesung :  praetor  ad  portain  nunc  salutatur 
is,  qui  in  provinciam  pro  praetore  a%d  pro  consule  exit :  cuius  rei  morem  ait  fuisse 
Cincius  in  libro  de  consulum  potestate  talem:  Albanos  verum  potitos  usque  ad  Tul- 
lum  regem;  Alba  deinde  diruta  usque  ad  P.  Deciuni  Murem  cos.  popuLos  Latinos 
ad  Caput  Ferentinae,  quod  est  sub  monte  Albano ,  consulere  solitos  et  imperium 
comm.uni  consilio  administrare.  Itaque  quo  anno  Romanos  imperatores  ad  exercitum 
mittere  oporteret  iussu  nominis  Latini,  compiures  nostros  in  Capitolio  a  sole  Oriente 
auspiciis  operam  dare  solitos  ubi  aves  addixissent ,  rnititeni  illum,  qui  a  communi 
Latio  missus  esset ,  illum ,  quem  aves  addixerant ,  praetorem  salutare  solitum ,  qui 
eam  provinciam  optineret  praetor is  nomine. 

2)  Festus  p.  166b,  24:  item  in  foedere  Latino :  ,,pecuniam  quis  nancitor, 
habeto^'^  et:  ,,si  quid  piynoris  nanciscitur,  sibi  habeto/'' 

3)  Dionys.  8,  70:  Aoctivou?  —  sie,  cptXoxYjxa  O'jVTjYaYS  tfj?  (aoTroXtxeia?  [j.e- 
Taoo6?.  8,  74:  "Epvtxa?  (jisv  y^P  ~^-^^^  Aaxivouc,  olc,  vetoaxi  060(6xa[X£V  xtjv  iaoTto- 
Xixeiav  — .  8,  76:  xoi?  oe  looTToXixat? ;  ebenso  wird  8,  77  mit  Sylburg  und  Nie- 
buhr  K.  G.  2,  56  zu  lesen  sein:  Aaxivouc  [J-sv  Tipuixov ,  ot<;  ä-e/pTj  TroXtxeta? 
xot^^-rj;  d^ttoilfjvat,  (A£Y'^  £Üx6yr^|xa  Tf^YO'jfxsvot?,  ei  y.al  xauxi];  xuyoiev,  oü  |j.6vov  f^v 
•^xo'jv  iooTToXtxeiav  (der  Cod.  L'rbinas  hat  TtoXixeiav)  ünazoc,  cüv  dyapioaxo ,  dXX' 
£xi  xat  xöjv  ix  xoü  7toX£(j.oü  Xacpupojv  £av  '/.oivrj  -^i^rixai  axpax£ici  x-rjv  xpixTjv 
dt^T]Cfioaxo  oiooai}at.    Vgl.  7,  53.  6,  63. 

4)  Hauptquelle  für  die  Deftnition  der  Isopolitie  ist  der  Vertrag  der  cretisclien 
Gemeinden  der 'l£pa7r6xvioi  und  Ilpiavoiot.  C.  I.  Gr.  2556:  'kpaTi'Jxvioi?  xal  Dpiav- 
oioi;  rj[j.ev  Tiap'  dXXöcXoi;  bo7:oXix£iav  xal  dTTtYap.ta?  {connubium')  -mi  Evxx-rjoiv  {com- 
mercium') y,ai  fxsxoydv  %ai  {)£i(uv  xal  dvilpcuTrivouv  rrdvxojv,  8coi  xa  £(uvxt  £'{j,cp'jXoi  Tiap' 
ev.axEpoii;,  xal  TtcuXovxa?  xal  cuvojjj-svoi;  xal  6av£tCovxa;  xoct  oav£iCo[J.£vo?  xal  xdXXa 
Tidvxa  auvctXXdoaovxa;  y.'jptoc  ■pjfXEV  /.axd  x6;  UTidpyovxa!;  Tiap'  £xax£poi?  sö\xoz. 
d^eaxw  o£  xo~)  x£  'kpar'jxvuu  a7T£ip£v  iv  xä  Opiavoia  xai  xfTj  npiavatET  £v  xä 
'Upa-'jxvia  ,  5io(öai  xd  xfiXea  xaftd-£p  ot  d'XXot  -oXixat  xaxd  x6;  v6[ji.o;  x6?  r/.a- 
x£pTf]  x£i[j.£vo;.  X.  X.  X.  Vgl.  den  ähnlichen  Vertrag  zwischen  Alloria  und  Creta 
und  Faros  n.  2557.    Viel  häufiger  wird  einzelnen  Personen  die  Isopolitie  ertheilt. 

5)  Walter  G.  d.  R.  lt.   §  227. 

6)  Es  wurde  im  J.  338  aufgehoben,  bestand  also  vorher.    Liv.  8,  14.  9,  43. 


—     25      - 

Pntriciern  und  Plebejern  ö'u)  Ehegemeinschaft  ausgeschlossen  war, 
vorausgesetzt  werden  müssen  i)  ;  auf  die  Niederlassung  von  Lali- 
nern  in  Rom  werden  w  ir  später  zurückkommen ,  hier  erwähnen 
wir  nur,  dass  den  in  Rom  angesiedeilen  Latinern  sogar  ein  be- 
schränktes Stimmrecht  in  den  Tributcomilien  und  zwar  in  einer  ^^i^j^'iJJgJ 
für  sie  besonders  ausgeloosten  Tribus  gestattet  wurde  2).  Der  i"^<>"- 
durch  den  Cassianischen  Vertrag  aufs  Neue  constituirte  Bund,  in 
welchen  im  J.  268=486  als  drittes  Glied  die  Herniker  aufgenom- 
men wurden^),  bestand  etwa  100  Jahre;  im  J.  365=389  traten 
die  Latiner  wie  die  Herniker  aus  demselben  aus,  um  sich  mit 
den  Volskern  gegen  Rom  zu  erheben  ^] ;  es  gelang  im  J.  396 
=358  nochmals  das  Bündniss  herzustellen'^),  und  im  ersten  sam- 
nitischen  Kriege  (411=343)  hielten  anfangs,  wie  es  scheint,  die 
Latiner  zu  den  Römern  :  als  die  letzteren  zwei  Jahre  später  einen 
einseitigen  Frieden  mit  Samnium  abschlössen ,  führten  sie  ihrer- 
seits den  Krieg  weiter  fort,  zugleich  gegen  Rom  eine  feindliche 
Stellung  einnehmend,  bis  endlich  ihre  Forderung,  einer  der  Con- 
suln  solle  immer  ein  Latiner  sein,  im  J.  414=340  den  latinischen 
Krieg  veranlasste*'),  dessen  siegreiche  Beendigung  im  J.  416  =  33S 
uns  zum  erstenmal  einen  Einblick    in  die  politischen  Grundsätze 

1)  Mommsen  K,  G.  I,  40.  104  nimmt  an  ,,dass  jeder  Vollbürger  einer  lati- 
iiischen  Gemeinde  mit  jeder  latinischen  Vollbürgerin  eine  echte  Ehe  abschliesscn 
konnte."  Vgl.  Walter  ^87  Anm.  21.  Voigt  Das  ius  civile  und  ius  yentium  der 
liömer  S.   140  f. 

2)  Leber  diesen  vielbesprochenen  Satz  s.  die  Literatur  bei  Rein  in  Paulys 
Hcalencyclopädie  4,  817.  Dionysius  8,  72  redet  von  dem  Stimmrecht  der  in  Rom 
angesiedelten  Latiner  schon  im  J.  208=186:  xal  (xeTe7:£|xz£T0  (6  Koiaoio;)  Aaxt- 
vojv  Te  xal  'Epvr/ojv  (diese  waren  eben  in  den  latinischen  Bund  aufgenommen 
worden)  göo-j;  douvato  TtXeioxo'j;  ^7:1  ttjV  'l/r^cpo'^oplav ,  oi  0£  O'jvr^soocv  dHpoot, 
•/.at  Ol'  ÖXiYO'j  (j-eoT-^j  $iv(«v  y^v  yj  ttoXi;  •  xaD-ca  (xa^obv  6  O'je[j^v^ioi  xr^puT- 
xeiv  i-Ai'Kfjoe  v.axa  xou;  oxevoiTToO;  dmi^ai  xo'j;  |Ai,  vcaxoivto^ivxa;  dv  x^  r.oKei,  r 
später  (042=212)  Liv.  2'\,  3,  16:  testibus  datis  tribuni  popuLum  summoventnt, 
sitellatjue  lata  est,  ut  sortirentur,  uhi  Latini  suffragium  ferrent,  und  noch  später 
Appian.  Ti.  C.  1,23:  xal  xo-j;  Aaxi'vo'j;  ir.i  rdvxa  ivAlti  xd  'Pto.aaituv  (h  Fpa^/o;), 

—  —  xöiv  5e  sxcoojv  ou(/[xd/(!)V,  ot;  o'j%  iqf^u  •j'fj'fov  dv  xai;  'Poj|JLa(<ov  yeipoxo- 
v(at;  'fipetv,  iotoou  cp^ostv  'dr.b  xo-jJ^e  —  —  dcp'  n>  o-?)  (AdXioxa  ■))  ßr/jX-fj  otaxa- 
P'/./Uei'sa  xo'j;  Ozdxou;  i'/iO.vj'st  Trpoypd'l'at ,  |j,YjO£va  xör;  o'j  cpepövxojv  'l'Yjopov 
irtOT^(i.6iv  x:^  r/;Xei.  Vgl.  Niobuhr  K.  ri  2,  86.  89;  3,  620.  Walter  ^  '227. 
Mommsen  R.  G.   1,  332.     Zumpt  Slud.  Rom.  p.  291—295.  344  ff. 

3)  Diony».  8,  69.  72.  74;  9,  2.  Sie  dienen  daher  mit  den  Latinern  im 
römischen  Meere,  Dinnys.  0,  15.  16.  Liv.  2,  64,  3.  4.  0.  6.  22,  und  die  Reute 
wird  nunmehr  in  drei  Theile  getlieiit.  Dionys.  a.  a.  0.  Plin.  A^.  //.  34,  20:  La- 
tiTU)H,   quibua  ex  foedere  tertiaa  praedae  populua  Romanua  praettabat. 

4)  Liv.  6,  2.   10  IT. 

5)  Liv.  7,   12;  8,  2.     Niehulir  R.  <J.  3,   102  flf. 

6)  Ich  vcrweiüo  auf  dio  Ausführung  von  Mouimben  R.  (i.   1,  329—341. 


eröffnet,  welche  die  Römer  bis  dahin  nur  in  einzelnen  Fällen  und 
ausserhall)  ihrer  bundesrechtlichen  Verpflichtungen  halten  zur 
Anwendung  bringen  können,  von  dieser  Zeit  an  aber  bei  der 
Organisation  ihrer  ferneren  italischen  und  ausseritalischen  Erobe- 
EöSosung  runcen  mit  Consequenz  durchführten.    Der  latinische  Bund  wurde 

MsLatiiier- 

bnndos.  als  politischer  Körpcr  aufgclöst  und  behielt  nur  als  religiöse  Fest- 
gemeinschaft sein  Bestehen ;  die  Verbindungen  der  eroberten 
Städte  unter  einander,  die  Befugniss  zu  gemeinsamen  Versamm- 
lungen [concilia)  ,  zu  gegenseitiger  Eheschliessung  (connubium) 
und  civilrechtlichcm  Verkehr  [commercium)  wurden  aufgehoben  i) 
und  jede  Stadt  einzeln  in  ein  bestimmtes  aber  keineswegs  gleiches 
Rechtsvcrhältniss  zu  Rom  gesetzt,  um  auch  durch  diese  Ungleich- 
heit der  politischen  Lage  jede  Gemeinsamkeit  der  Interessen  fern 
verhäjtniöse  zu  halten.    Unter  den  italischen  Staaten  lassen  sich  seitdem  zwei 

Italiens  nach 

derAufiö-  Hauptclasscn  unterscheiden,  nämlich  solche ,  welche  das  römische 

snng. 

Bürgerrecht  theilweise  oder  ganz  erhielten,  und  solche,  die  durch 
ein  foedus  in  ihrer  Selbständigkeit  anerkannt  und  nur  zu  be- 
stimmten Leistungen,  namentlich  zur  Stellung  von  Truppen  ver- 
pflichtet waren.  Zu  der  ersten  Classe  gehören  einmal  die  Muni- 
cipien  und  zweitens  die  römischen  Bürgercolonien ,  zu  der  zweiten 
die  civitates  foederatae  und  insbesondre  die  zu  denselben  zu 
rechnenden  coloniae  Latinae.  Von  diesen  vier  Arten  von  Städten, 
über  deren  innere  Verfassung  später  die  Rede  sein  wird,  haben 
wir  hier  in  ihrer  Beziehung  zu  Rom  einzeln  zu  handeln. 
me.yinm-  ].  Muiiiciptci.     W^eder   die  Etymologie   des  Wortes   muni- 

ceps ,  welches  im  Alterthum  auf  mimus  capere  oder  capessere  im 
Sinne  von  munere  fungi  zurückgeführt  ^) ,  in  neuerer  Zeit  von 
rhunus  capere  ,, Geschenk  erhalten"  ^j  abgeleitet   und  auf  das  ius 

1)  Liv.  8,  14 :  principes  senatus  relationern  consulis  de  summa  verum,  lau- 
dare,  sed  quum  aliorum  causa  alia  esset ,  ita  expediri  posse  consilium  dicere ,  ut 
pro  merito  cuiusque  statueretur,  si  de  slnguUs  nominatim  referrent  populis  (es  fol- 
gen die  einzelnen  Bedingungen).  Ceteris  Latinis  populis  connubia  commerciaque 
et  concilia  inter  se  ademerunt.  Ebenso  erging  es  448=306  den  Anagninern.  Liv. 
9,  43,  24 :  Hernicorum  tribus  populis,  Aletrinati,  Verulano,  Ferentinati,  quia  ma- 
luerunt  quam  civitatem,  suae  leges  redditae  (d.  h.  sie  blieben  föderirte  Städte), 
connubiumque  inter  ipsos,  quod  aliquamdiu  soli  Hernicorum  habuerant,  permissum, 
Anayninis  quique  arma  Romanis  intulerant,  civitas  sine  suffragii  latione  data; 
concilia  connubiaque  adempta. 

2)  Gelliiis  16,  13:  municipes  ergo  sunt  cives  Romani  ex  municipiis ,  legibus 
suis  et  suo  iure  utentes^  muneris  tantum  cum  populo  Romano  honorarii  participes^ 
a  quo  munere  capessendo  appellati  vidtntur.  Yario  de  L.  L.  5  §  179  Müll. 
Llpian.   Big.  50,    1,   1   §  1.    Paulus  Dig.  öO,    16,   18. 

3)  Rudorff  im  Berliner  Lectionscatalog,  Winter  1848 — 49. 


cniia. 


—     27     — 

hospitn  bezogen  worden  ist,  welches  zwischen  Rom  und  italischen 
Staaten  bestand  '),  noch  die  unvollkommenen  Definitionen  dessel- 
ben, welche  auf  uns  gekommen  sind,  geben  über  den  staatsrecht- 
lichen Begriff'  von  municipium  genügenden  Aufschluss,  und  wir 
haben  kein  anderes  Mittel  denselben  zu  bestimmen,  als  die  That- 
sachen,   welche  seinen  Inhalt  ausmachen. 

Bis  zur  Mitte  des  vierten  Jahrhunderts  der  Stadt  hatte  Rom 
die  eroberten  Ortschaften  entweder  seiner  eigenen  Stadtgemeinde 
incorporirt  oder  in  den  latinischen  Bund  eintreten  lassen.  Beides 
konnte  nicht  fortgesetzt  werden.  Das  Zusammenlegen  von  Ge- 
meinden oder,  um  mich  eines  griechischen  Ausdrucks  zu  bedie- 
nen, der  Synoikismos,  hat  seine  natürliche  Grenze  und  die  poli- 
tische Gleichberechtigung  des  latinischen  Bundes  war  für  die 
Machtcnlwickclung  Boms  eine  so  unerträgliche  Schranke  gewor- 
den ,  dass  sie  unter  allen  Umständen  gebrochen  werden  musste. 
Es  war  eine  Aenderunc  der  bisherisen  Politik  Geboten  und  diese  Aenderung 

°  ÖD  derrömi- 

becinnt  wirklich  um  das  Jahr  370  =  384  und   kommt   zur  vollen     «^.V.« 

'^  Politik. 

Ausführung  im  J.  416=338;  sie  bestand  darin,  dass  erstens  die- 
jenigen Orte,  welche  das  Bürgerrecht  nicht  erhielten,  nur  zu  Rom 
selbst  in  ein  Bundesverhältniss  traten ,  ohne  unter  sich  irgend- 
welche Verbindung  zu  haben  2) ^  und  dass  zweitens  die  Einwohner 
derjenigen  Orte,  welche  man  in  das  Bürgerrecht  aufnahm,  nicht 
mehr  nach  Rom  übersiedelten ,  sondern  fortfuhren  eine  eigene, 
freilich  unselbständige  und  von  Rom  aus  constituirte  Stadt-  oder 
Dorfgemeinde  zu  bilden.  Es  begann  somit  in  Beziehung  auf  die 
Ertheilung  des  Bürgerrechtes  schon  damals  das  Verfahren,  welches 
wir  später  in  den  Provinzen   beobachtet   sehen  ^) .     Man   Hess  die 

1)  Wie  nämlich  Privatgastfreunde  sich  beim  Abschiede  ein  ^eviov  schenken, 
80  erhalten  hospites  puhlici  und  legati  in  Rom  ausser  Wohnung  und  Beköstigung 
(lauti(i)  ein  Abschiedsgeschenk.  S.  die  von  Rudorff  angeführten  Stellen  Liv.  28, 
:J9;  30,  17;  33,  24;  3;'),  23;  42,  6.  19;  43,  5.  (1.  8;  44,  14;  45,  42  und  das 
SCtum  de  AscUpiade  Clazmnenio  C.  I.  L.  I  n.  203.  Vgl.  Mommscn  Die  röm. 
Tribus  S.  159.  Derselbe  Das  röm.  Gastrecht  und  die  röm.  Clientel  in  v.  Sybels 
Hist.  Zeitschr,  I,  2  S.  2H2  tf.  Kin  Bezug  auf  diese  Geschenke  scheint  in  der 
Definition  bei  Isidor.  Orig.  9,  4,  21  zu  liegen:  municipes  sunt  in  eodem  niuni- 
cipio  nati,  ab  officio  munerutn  dicti ,  co  quod  puhlica  munia  accipiunt^  obgleich 
er  fortfälirt :  muniti  enim  offiria  mnl,  undc  et  immune»  dicuntury  qui  nuUum 
gerunt  officium,   was  auf  die  S.  20  Anm.  2  angeführte  Erklärung  hinauskommt. 

2)  Man  f'.icht  die«  namentlicli  daraus,  dass  die  vor  370  =  384  gegründeten 
latinischen  ("olonien  in  dem  Verzeichniss  der  Biitid<\sniitglieder  bei  Dionys.  5,  (>1 
stehn,   die  später  »:«igründeten  ab«T  nicht,    8.  iMonimson  K.  CJ.    1'',  3!{7  Anm. 

3)  K»  ist  bekannt,  dass  im  J.  48  n.  ('hr.  unter  dem  Kaiser  Claiuiitis  die 
rönilsclieu  Bürger  der  Uallia  coiwtta  das  iua  lionurum  noch  nicht  bosassen.    T»c. 


--.--      28      — 

NcubUrger  Thcil  nohinon  iin  den  [)rivatrechtlichen  Privilegien  des 
röniischen  IJürgors ,  dem  connubiiun  und  commercium  ,  aber  be- 
willigte ihnen  nicht  die  politischen  Hechte,  welche  in  Rom  selbst 
ausgeübt  wurden,  das  ins  sußragii  und  das  ins  honorum^),  und 
schuf  sonnt  ein  Passivbürgerrecht,  welches  die  Historiker  mit  dem 
wohl  nicht  officiellen  und  jedenfalls  unvollständigen  Ausdruck 
civilas  sine  sulJragio  bezeichnen.  Der  technische  Ausdruck  für 
I^hS'iS'i'iv  ^^^^^^  Recht  ist  vielmehr  municipium.  Denn  wie  mancipiu77i  oder 
des  nnuiüi-  civHiis,  SO  wird  auch  municipium  in  abstractem  wie  in  concretem 

jitniii.  '  ' 

Sinne  gebraucht:  im  ersten  bedeutet  es  das  unvollständige  Bür- 
gerrecht, im  zweiten  den  Ort,  welchem  dasselbe  verliehen  ist. 
Dass  die  Geschichtschreiber  den  Ausdruck  im  ersten  Sinne  anzu- 
wenden vermeiden,  hat  seinen  Grund  in  dem  Umstände,  dass  zu 
der  Zeit,  als  sie  schrieben,  das  unvollständige  Bürgerrecht  in 
Italien  in  ein  vollständiges  übergegangen  und  der  ursprüngliche 
Begriff  des  Municipiums  verändert  war  2);  denn  wie  Cicero  civis 
Romanus,  municeps  Arpinas  war,  so  gehörten  damals  alle  muni- 
cipes  Italiens  zur  römischen  Vollbürgerschaft  -^j .  Für  die  Stadt 
aber,  in  der  sie  ihren  Wohnsitz  hatten,  war  auch  fernerhin  der 
Name  municipium  von  Bedeutung,  weil  diese,  genau  gesprochen, 
zwar  eine  respublica  (d.  h.  eine  Commune  mit  Stadtrecht)  war, 
aber  eine  civitas  im  Sinne  eines  selbständigen  Staates  nicht  ge- 
nannt werden  konnte^). 

Zwei  Cliis-  i      /.  1  •      1  T     1.1       .    •    •  .1 

senvon  \on  Anfang  an  hatten  mdessen  die  Municipien  nicht  sämmt- 

Municipicu. 

Ann.  11,  23:  A.  Vitellio  L.  Vipstano  consulibus  cum  de  supplendo  senatu  agita- 
retur,  primoresque  Gallüie,  quae  Comata  appellatur,  foedera  et  civitatem  Romanam 
pridern  assecuti,  ius  adipiscendorwn  in  urbe  honorum  expeterent ,  multus  ea  super 
re  variusque  rumer  und  c.  25 :  primi  Aedui  senatorum  in  urbe  ius  adepti  sunt. 
Hierüber  s.   Zumpt  Stud.   Korn.  p.  332  ff. 

1)  Festus  p.  142  m.:  at  Servius  ßius  aiebat  (^municipes)  initio  fuisse,  qui 
ea  conditione  cives  Komani  fuissent  ^  ut  semper  rem  publicum  separcitim  a  populo 
Romano  haberent,  Cumanos,  Acerranos ,  Atellanos ,  qui  aeque  cives  Romani  erant 
et  in  legione  rnerebant,  sed  dignitates  non  capiebant. 

2)  Diese  Aendenmg  bezeichnet  ausdrücklich  Ulpian  Dig.  50,  1,  1  §  1:  et 
proprie  quidem  municipes  appellaniur  muneris  participes  ^  recepti  in  civitatem^  ut 
munera  nobiscum  facerent :  sed  nunc  abusive  municipes  dicimus  suae  cuiusque  ci- 
vitatis cives^   ut  puta   Campanos,   Puteolanos. 

3)  Cic.  de  leg.  2,  2,  5 :  ego  mehercule  et  Uli  (^Catoni^  et  omnibus  munici- 
pibus  duas  esse  censeo_  patrias,  unam  naturae,  alteram  civitatis,  üt  ille  Cato,  quum 
esset  Tusculi  natus,  in  populi  Romani  civitatem  susceptus  est,  itaque,  quum  ortu 
Tusculanus  esset^  civitate  Romanus,  habuit  alteram  loci  patriam,  alteram  iuris. 

4)  Festus  zwar  und  Ulpian  nennen  auch  das  municipium  eine  civitas,  aber 
dem  Kechtsbegriff  nach  ist  civitas  eine  politisch  selbständige  Gemeinde,  und  das 
ist  weder  eine  Colonie  noch  ein  municipium.  Dies  ist  gut  erwiesen  von  Kubino 
Zeitschr.  f.  Alterthumswiss.   1844  S.  872.   1847  S.  (384. 


—     29     — 

lieh  eine  Comnuinalverfassung ,  sondern  sie  zerfielen  in  zwei 
Classen,  jenachdetn  ihnen  dieselbe  gegeben  oder  genommen  war. 
Zu  der  ersten  Classe  gehörte  schon  373  =  381  Tusculum ') ,  seit 
401=353  Caere,  welches  civikis  sine  sußrngin  erhielt  2)  und  das 
eigene  Gemeinwesen  nicht  eingebüsst  zu  haben  scheint^)  ,  seit 
416=338  Cumae,  Fundi,  Formiae,  Suessula^)^  vielleicht  seil  der- 
selben Zeit  Atella^)  und  Calatia «) ,  seit  422=332  Acerrae^),  seit 
451=303  Arpinum  und  Trebula^)  ;  zu  der  zweiten  Classe  Anag- 
nia^)  und  ein  grosser  Theil  der  Orte,  welche  als  praefecitirae 
erwähnt  1^)  und  weiter  unten  besonders  besprochen  werden.  Auf 
diesen  Unterschied  bezieht  sich  das  vielbesprochene  Excerpt  aus 
Festus  p.  127  M.  :  municipiiiin  -  id  genus  hominum  dicitur ,  qui 
qimm  Homum  venissenty  neque  cives  Romani  essent  (d.  h.  welche 
nicht  in  den  Tiibuslisten  standen ;   denn  in  eine  trihns  waren  die 

1)  Es  heisst  bei  Cic.  pr.  Plancio  8,  19 :  municipium  antiquissimum  und  ist 
in  der  That  das  älteste,  von  dem  wir  wissen,  da  es  im  J.  373=381  bereits  volles 
Bürgerrecht  erhielt  (Liv.  6,  26,  vgl.  6,  36,  2;  8,  14.  Val.  Max.  7,  3  ext.  9], 
nnd  schon  vorher  civitas  sine  suffragio  hatte  (Festus  p.   127}. 

2)  Gellius  16,  13 :  primos  autem  municipes  sine  suffrayii  iure  Caerites  esse 
factos  (lecepimus  concessumque  Ulis,  ut  civitatis  honorem  quideni  caperent,  sed  ne- 
(jotiis  tarnen  atque  oneribus  vacarent.  —  Hinc  tnhulae  Caerites  appellatae  versa 
vice,  in  quas  censores  referri  iubebant,  quos  notae  causa  suffrayiis  privabant.  Scho- 
liasta  Cruquianus  ad  hör.  epist.  1,  6,  62:  quae  [sacra)  quum  servassent  integra, 
pro  eo  beneficio  Caerites  civitate  donati  sunt  inwiicipesque  facti.  At  posteaqumn 
sunt  ausi  Romanis  rebellare,  eis  devictis  iterumqne  civitate  donatis  ius  suffragiorum 
ademtum  est,  censusque  eorum  in  tabulas  reiati  et  a  ceterorum  censibus  remoti  sunt. 
Strabo  f)  p.  220 :  roXtxeiav  -^ä^  o6vTec  o-jv.  dv^Ypa-l'av  eU  to'j;  TioXita?,  dXXd  xai 
TO'j;  dXXou?  TO'j;  {xtj  (xeT^/ovrac  xf^;  bovo{j.ia;  eU  xd;  o^Xxou;  ^^topiCov  xd; 
Kottpexctvwv.     Ueber  die  Zeit  s.  Liv.  7,  2ü.     Dio  Cass.  fr.   142. 

3)  Hnbino  a.  a.  0  S.  883.  Mommsen  Köm.  Münzw.  S.  333.  Ks  ist  anzu- 
nehmen, dass  der  in  Caere  noch  unter  den  Kaisern  vorkommende  dic.talor  und 
aedilis  (Orelli  3787  =  Mommsen  /.  R.  N.  6828)  die  alten  Behörden  des  Munici- 
piums  sind.  Dem  widerspricht  indessen  das  Excerpt  des  Festus  p.  127  M., 
welches  Caere  zu  der  zweiten  ('lasse  rechnet. 

4)  Diese  nennt  Liv.  8,  14.  vgl.  Vellei,  1,  14,  3.  Dar  senatua  Fundunorum 
kommt  noch  nach  dieser  Zeit  vor  Liv.  8,  19. 

5)  Festus  p.   131.   142  M. 

6j  Mommsen  Rom.  Münzw.   S.  335  Anm.   123. 

7)  Liv.  8,   17.    Vellei.   1,   14,  4. 

8J  Liv,  10,  1.  Die  aediles  in  Arpinum  (Cic.  ad  fam.  13,  11,  3.  Orelli  571) 
sind  ebenso  wie  die  dictatores  von  Tusculnm  und  Lanuvium  als  die  alten  Stadt- 
behörden zu  betrachten. 

9)  Liv.  9,  43,  24  vom  Jahr  448=306:  Anngniniit ,  quique  arma  Romanis 
intulerant,  civitas  sine  suffragii  laliont  data:  roncilia  connuhinque  (mit  den  übri- 
gen hernicischen  .Städten)  ademin  et  magistrtitibus  praeterquam  sacromm  curalinne 
interdictum. 

10)  I''e.'<tus  p.  233:  praeferturae  cae  «ipptlhihinitui  in  Hat  in,  in  tjuihuH  et  ins 
dicehaiur  et  nundinae  agehantur,  et  erat  qnaednm  earum  respublira  .  «r./ur  tarnen 
mayi$tratu«  suos  hahebant. 


—     30     ~ 

mum'cipes  nicht  aufgenommen)  ^),  participes  tarnen  fuerunt  omnium 
rerum  ad  rnimus  fungendum  una  cum  Romanis  civibus^),  praeter- 
quam  de  suffragio  ferenda  aut  magistratu  capiendo ,  sicnt  fuerunl 
Fundaniy  Formiani  ^  Cumani,  Acerrani,  Lanuvini,  Tusculani,  qui 
post  aliquot  annos  cives  Romani  eßecfi  sunt.  Alio  modo,  quum  id 
yenus  hominum  definilur,  quorum  civitas  universa  in  civitatem 
Romanam  venit,  ut  Aricini,  Cerites.  Anagnini'^).  Die  beiden  Clas- 
sen  von  Municipien,  welche  in  dieser  Stelle  unterschieden  werden, 
haben  das  Gemeinsame,  dass  die  Bürger  derselben  cives  Romani 
sine  suffragio  sind,  dagegen  ist  unter  ihnen  der  Unterschied,  dass 
die  erste  Classe  den  Vorzug  hat,  eine  eigne  Gemeinde  zu  bilden 
{ut  semper  rempublicam  separaiim  a  populo  Romano  habeient,  wie 
es  an  einer  andern  Stelle  des  Festus  p.  142  M.  heisst),  während 
die  zweite  keinen  Senat,  keine  Magistrate,  keine  Volksversamm- 
lung hat,  sondern  als  ein  viciis  von  Rom  aus  regiert  wird.  Für 
beide  Classen  haben  wir  ausser  den  in  der  angeführten  Stelle 
genannten  Städten  ein  Beispiel  an  Capua,  welches  von  Festus 
otfenbar  absichtlich  übergangen  wird,  in  den  neueren  Forschungen 
aber  eine  ausserordentliche  Verwirrung  verursacht  hat.  Capua 
erhielt  im  J.  416=338  die  civitas  sine  suffragio  ^)j  und  da  es  als 
Commune  fortbestand,  so  ist  es  zu  der  ersten  Classe  der  Muni- 
cipien zu  rechnen.  Als  es  aber  nach  der  Schlacht  bei  Cannae 
von  Rom  abgefallen  und  543=21  I  wieder  unterworfen  war,  wurde 
es  in  die  zweite  Classe  versetzt  und  war  seitdem,  seiner  Behör- 
den und  seines  Senats  beraubt,  nichts  als  ein  receptaculum  aralo- 
rum  und  ein  locus  condendis  fructibus^).    Das  campanische  Gebiet 

1)  Es  sind  die,  von  denen  Strabo  5  p.  220  sagt :  TroXixetav  ^ap  ^(SvTe;  oux 

2)  Zu  diesem  munus  gehört  namentlich  der  Kriegsdienst  im  römischen  Heere, 
wie  ausdrücklich  bei  Festus  p.  142  von  den  municipes  gesagt  wird  :  aeque  cives 
Romani  erant  et  in  legione  merebant,  sed  dignitates  non  capiebant. 

3)  Von  diesen  drei  Beispielen  ist  das  letzte  gesichert  durch  Liv.   9,  43 ;  in 

Beziehung  auf  Aricia  berichtet  Liv.  8,  14  abweichend:   Aricini eodem  iure 

quo  Lanuvini  in  civitatem  recepti  und  auch  Caere  scheint  nicht  in  diese  Classe 
zu  gehören,    S.  oben  S.  29  Anm.  3. 

4)  Liv.  8,  14.   Vellei.  1,  14,  welcher  letztere  die  Verleihung  420=334  setzt. 

5)  Cicero  de  l.  agr.  2,  33,  89.  Livius  26,  16:  ceterum  habitari  tantum, 
ianquam  urbem,  Capuam  frequentarique  placuit :  corpus  nullum  civitatis  nee  sena- 
tum nee  plebis  concilium  nee  magistratus  esse :  sine  consilio  publico ,  sine  imperio 
multitudinem,  nullius  rei  inter  se  sociam,  ad  eonsensum  inhabilem  fore :  praefectum 
ad  iura  reddenda  ab  Roma  quotannis  missuros.  Genauer  schildert  diesen  Zustand 
Cicero  a.  a.  0.  32,  88 :  statuerunt  homines  sapientes,  si  agrum  Campanis  ademis- 
sent,  magistratus,  publicum  ex  Uta  urbe  consilium  sustulissent,  imaginem  reipublicae 
nullam  reliquissent ,  nihil  fore,  quod  Capuam  timeremus.     Seitdem ,  fährt  er  fort, 


—     31     — 

zerfiel  in  jingi,  die  uDier  magistri  pagi  standen,  und  die  frühere 
Stadt,  welche  noch  immer  ein  wohlhabender  Ort  blieb,  war  eben- 
falls zu  einem  pagiis  oder  conciUahihim  degradirt,  in  welchem  ein 
römischer  praefectus  iure  dicundo  Recht  sprach  i) .  Die  letzlere  Stel- 
lung Capuas  zu  Rom  ist  sicher  beglaubigt,  die  erste  dagegen 
streitig.  Denn  auch  nach  416  =  338  erscheint  die  Stadt,  welche 
un7.weifelhaft  Rürgerrecht  hatte,  in  unsern  Quellen  als  eine  foederata 
civitas'^)  ^  und  man  muss  entweder  eine  zwiefache,  sich  wider- 
sprechende Ueberlieferung  über  diesen  Punkt  3)  oder  eine  unklare 
Auffassung  desselben  in  unseren  Nachrichten  annehmen,  zu  wel- 
cher die  Veranlassung  allerdings  gegeben  war.  Denn  die  Stellung 
der  Halbbürgergemeinden  war  in  der  Thal  ein  Uebergangsver- 
hältniss;  die  Mitglieder  derselben  werden  Römer  genannt  "*)  und 
sind  es  in  privatrechtlicher  Hinsicht,  da  sie  aber  in  die  römischen 
Tribus  nicht  aufgenommen  sind^),  sondern  eine  eigne  respublica 
bilden'''),  so  wird  von  ihnen  auch  wiedergesagt,  dass  sie  Rürger 
in   ihrer  Stadt  "^j,    nicht   aber   in   Rom    sind^).     Sie   haben   nicht 

ist  Capua  immer  ruhig  geblieben.  33,  91  :  neque  enim  contionandi  potestas  erat 
cuiquam  nee  consilii  capiundi  puhlici  j  non  gloriae  cupiditate  efferebantur,  propterea 
quod,  ubi  honos  publice  non  est,  ibi  gloriae  cupiditas  esse  non  potest. 

1)  Ueber  die  campanischen  pagi ,  von  welchen  uns  eine  Anzahl  Inschriften 
erhalten  ist,  s.  Mommsen  C.  I.  L.  I  p.  159  ff. 

2)  Socii  nennt  die  Campaner  Liv.  9,  (i,  5 ;  23,  5,  1 ;  23,  10,  1 ;  25,  18, 
19;  dass  dieser  Ausdruck  aber  in  der  Zeit,  von  welcher  er  ihn  braucht,  falsch 
war,  scheint  ihm  selbst  nicht  unbekannt  gewesen  zu  sein.  Denn  wenn  er  23, 
5,  9  sagt :  adiicite  ad  haec,  quod  foedus  aequum  deditia,  quod  leges  vestras,  quod 
ad  extremum  —  —  civitatem   nostram   magnae  parti   vestrum   dedimus  communi- 

cavimusque  vobiscum,  und  31,  31,  10:   quam ipsos  (^Campunos^  foedere  pri- 

mum,  deinde  ronnubio  atque  cognationibus,  postremo  civilate  nobis  coniunxissenius, 
so  unterscheidet  er  deutlich  die  Zeit  des  aequum  foedus,  welches  sie  nach  ihrer 
Dedition  im  .1.  411=343,  und  der  Civität,  welche  sie  416=.338  erhielten. 
Vgl.  Kubino  Zeitschr.   f.  Alterthumswiss.   1844  S.  972. 

3)  Momm.sen  G.  d.   K.  Münzw.   S.  334  Anm.  122.  II.  Gesch.  13,  345  f. 

4)  Knnius  ann.  174  Vahlen :  cives  Romani  tunc  facti  sunt  Campani.  Liv. 
8,  14;  20,  33,  10:  per  senatum  agi  de  Campanis,  qui  cives  Romani  sunt,  iniussu 
populi  non  rideo  posse.     Die  Truppen   der  Campaner    nennt  Polybius   1,   6.   7.  8 

l*(o(i.atou;,  und  unterscheidet  sie  2,  24  ebenso  wie  Liv.  10,  2(5,  14  von  den  socii 
ihm!  allgemeiner  sagt  Festus  p.  142:  Cumanos ,  Acerranos ,  Atellanos,  qui  aeque 
rives  Romani  erant  et  in  legione  merebant.  Liv,  8,  17  :  Romani  facti  Acerrani  lege 
ah  L.   Papirio  praetore  lata,   qwi  civitas  sine  suffragio  data. 

5)  Strabo  5  p.  220.  Formiao,  Fundi  un<l  Arpinum  wtirden  erst  55()=188, 
alfl  8ie  volle«  Hürgerrecht  erhielten,  in  die  Trihiis  eingeschrieben.  Liv.  ;{8,  3ü : 
rcgatio  perlata  est ,  t/(  in  Aemilia  trihu  Formiani  et  I-Xtndani ,  in  Cornelia  Arpi- 
nates  ferrent,  atque  in  his  trihubu»  tum  primum  ex   VaUrio  plebiscito  cenai  mnt. 

i>)  Festus  p.  142. 

7)  Es  ist  indesKen  zu  bemerken,  das»,  wenn  LiviuH  23,  7;  23,  40;  20,  12; 
20,  10;  28,  40  civis  Campanus  Hagt,  di«8  sich  auf  die  Zeit  des  Abfalls  bezieht, 
in  welcher  Capua  Autonomie  {$ua»  Uyea  \.\\.  23,  7,  Ij  hatte  und  mit  den  Fu- 
uiern  verbündet  war.  öj  Festus  p.  127  M. 


32 


Autonomie  [suus  lc(jes)  ^) ,  wie  die  löderirten  SlaaUn,  aber  ih 
Recht  ist  für  jede  Sladt  besonders  constituirt^)  und  ihre  einhei- 
mischen Behörden,  z.  B.  in  Capua  der  Meddix^*),  anerkannt;  sie 
dienen  im  Heere  nicht,  wie  die  Bundesgenossen,  unter  Präfecten 
in  Gehörten,  sondern,  wie  die  Bömer,  unter  Tribunen  in  Legio- 
nen, aber  da  sie  nicht  nacl»  den  Tribush'sten  ausgehoben  werden, 
in  eignen  Legionen  ^J  ,  sie  bedienen  sieh  endlich  ihrer  Landes- 
sprache, z.  B.  die  Campaner  der  oskisehen "').  In  Betracht  dieser 
Sachlage  sind  Niebuhr  und  seine  Anhänger  zu  dem  Resultate 
gelangt,  dass  unter  der  eisten  Classe  der  von  Festus  erwähnten 
Municipien  selbständige  Staaten  zu  verstehen  seien ,  welche  mit 
Rom  in  gegenseitigem  Bürgerrecht,  d.  h.  Isopolitie  gestanden 
hätten  ß).  Nach  seiner  Meinung  bestand  also  das  Municipium, 
wie  Walter  es  formulirt')  ,  darin,  ,,dass  der  Bürger  der  andern 
Stadt,  der  sich  in  Rom,  oder  der  Römer,  der  sich  in  der  andern 
Stadt  aufhielt  oder  niederliess,  hier  aller  Vortheile  und  Lasten 
des  Landrechts  und  Bürgerrechts,  mit  Ausnahme  des  Stimn) rechts 
und  des  Zutritts  zu  den  öffentlichen  Aemtern,  theilhaftig  wurde, 
ohne  jedoch  Bürger  zu  sein  und  ohne  das  Bürgerrecht  seiner 
Heimath  zu  verlieren."  Mit  dieser  Definition  aber  ist  weder  das 
angeführte  Excerpt  des  Festus,  auf  dessen  falscher  Erklärung  der 
letzte  Theil  derselben  beruht^);  noch  der  Begriff  der  griechischen 
Isopolitie-'),    noch  endlich   der  Grundsatz   des   späteren  römischen 

1)  Liv.  9,  43,  23.  24;  9,  45,  7. 

2)  Liv.  9,  20.  Dass  den  Municipien,  welche  ihre  eignen  Gesetze  aufgaben 
(Liv.  a.  a.  0.) ,  römisches  Recht  gegeben  wurde ,  ist  nicht  zu  bezweifeln ,  aber 
dies  geschah  in  einer  Form,  welche  den  Uebergang  des  alten  Rechtszustandes  in 
den  neuen  practisch  vermittelte.     S.  Mommsen  G.   d.   R.  Münzw.   S.   339. 

3)  Liv.  24,  19;  27,  6.  Schoemann  im  Progr.  der  Gre'ifswalder,  Univers. 
Sommer  1840.    Mommsen  Die  unteritalischen  Dialekte,  Leipz.  1850  S.  278. 

4}  Die  legio  Campana  wird  erwähnt  Liv.  epit.  12.  15.  Polyb.  1,  7;  2,  24. 
Vgl.  Liv.  28,  28.    Frontin.  Strat.  4,  1,  38.    Grauer  a.  a.  0.  p.  14.   15. 

5)  Mommsen  Die  unteritalischen  Dialekte  S.  104  ff.  J.  Friedländer  Die 
oskischen  Münzen,  Leipz.  1850  S.  7  ff. 

6)  Niebuhr  R.  G.  2,  65. 

7)  Walter  G.  d.  R.  R.  §  85. 

8)  Die  Worte  neque  civea  essent  (Festus  p.  127)  bedeuten  nicht  ,,ohne  über- 
haupt irgend  eine  Art  des  Bürgerrechts  zu  haben''  wie  Walter  annimmt,  son- 
dern ,,ohne  Vollbürger  zu  sein."  Denn  cives  Eomani  waren  die  municipes  nach 
den  S.  30  Anm.  1  S.  31  A.  4  angeführten  Zeugnissen. 

9)  Dies  scheint  auch  Kuhn  Zeitschr.  f.  Alterthumswiss.  1854  S.  4G6  zuzu- 
geben, wenn  er  annimmt,  civitas  bedeute  dreierlei:  1.  volles  Bürgerrecht,  2.  Bür- 
gerrecht ohne  Stimmrecht,  3.  Isopolitie,  und  die  letzte  Bedeutung  bei  Livius 
31,  15,  7  tindet,  wo  in  den  Worten  civitasque  Rhodiis  data,  quemadmodwn  Khodil 
prius  Atheniensibus  dederant  von  Eithieilung  gegenseitigen  Bürgerrechts  die  Rede 


—     33     — 

Rechts  vereinbar,  dass  ein  römischer  Bürger  nicht  zugleich  Bürger 
einer  andern  selbständigen  Stadt  sein  darf  i).  Denn  die  ausführ- 
liche Interpretation,  welche  Cicero  an  mehreren  Stellen  von  diesem 
Satze  giebt,  lässt  keinen  Zweifel  darüber,  dass  die  griechische 
Isopolitie  den  römischen  Gesetzen  seiner  Zeit  widersprechend  war. 
Gab  es  aber  bis  zu  dem  Latinerkriege  zwischen  Rom  und  andern 
Staaten  ein  gegenseitiges  Bürgerrecht,  und  war  dies  in  späterer 
Zeit  gesetzlich  nicht  gestattet,  so  muss  in  dem  römischen  Staats- 
recht ein  anderes  Princip  in  dieser  Beziehung  zur  Geltung  ge- 
kommen sein ,  dessen  Entstehung  seine  natürliche  Erklärung  in 
dem  Kampfe  mit  dem  latinischen  Bunde  findet.  In  der  That  wird 
das  Municipalrecht  dargestellt  als  entstanden  nicht  aus  dem  aequum 
foedus  der  Latiner,  sondern  im  Gegensatze  zu  demselben :  Tuscu- 
lum,  eine  der  30  latinischen  Städte,  w^urde  durch  Verleihung  des 
Municipalrechts  dem  latinischen  Bunde  entfremdet  und  dem  römi- 
schen Staate  einverleibt  2).  Gellius  nennt  Caere  das  älteste  Muni- 
cipium,  lässt  also  diese  Classe  von  Städten  40i=353  entstehen  3), 
und  Festus  wählt  a.  a.  0.  seine  Beispiele  nicht  aus  den  latinischen 
Gemeinden,  sondern  aus  denjenigen,  welche  seit  370=384  und 
namentlich  im  Jahre  416=338  Municipien  geworden  waren.  Wir 
werden  also  das  municipium  als  eine  neue,  im  Gegensatz  zu 
dem  alten  Rechte  der  Latiner  eingeführte  Institution  zu  betrachten 
haben,  welche  in  der  ersten  Zeit  mannigfache  Vermittelungen  mit 
den  früheren  Rechtszuständen  der  Städte,  denen  sie  verliehen 
ward,  nöthig  machte,  und  über  welche  wir  darum  so  unvollständig 

Ist,  welches  Walter  nicht  statuirt.  Uebrigens  scheint  mir  aus  der  Stelle  des  Li- 
vius  nur  hervorzugehn ,  dass  die  Römer  lür  Isopolitie  gar  kein  Wort  haben;  in 
der  Zeit  des  Latlnerbundes  nennen  sie  dieselbe  aequum  foedus ,  später  ist  ioo- 
iroXixeia  nichts  als  civitas,  Bürgerrecht ,  wie  bei  Strabo  5  p.  210 :  6^k  hi  Trote, 
dcp'  ou  (jLexioooav  'P(0{Aaioi  xoi;  'iTaXiiuTaii  v}^s  iaoTToXixeiav,  ^oo^e  xai  xot;  ivxö; 
"A/.Tewv  FaXdixcti?  xal  fjvexoic  xi^^v  aux^jv  dTXoveijxat  xifA-^jv,  iipooaYopeuoai  Öe  xai 
'lxaXi(j(>xa5  Tidvxac  xal    PojjAatou;. 

1)  Cic.  pr.  Balbo  11,  28:  duarum  civitatum  civia  noster  eaae  iure  eivili 
nemo  polest.  12,  21) :  atqui  ceterae  civitates  omnes  non  dubitarent  nostroa  hominea 
recipere  in  auas  civitates,  si  idern  nos  iuris  haberemus,  quod  ceteri.  Sed  nos  non 
posaumus  et  huius  esse  civitatis  et  cuiusvis  praeterea,  ceteris  concesaum  est.  Itaque 
in  Graecia  civilalihua  videmua  Alhenia  Rhodios,  Lacedaemonioa ,  ceteroa  undique 
adacribi  multarumque  eaae  eoadem  hominea  civitatum.  Quo  errore  ductoa  vidi 
egomet  nonnulloa  imperitoa  hominea,  noatroa  civca,  Athenia  in  numero  iudicum  atque 
Areopayitarum  certa  tribu,  certo  numero,  cum  iynorarent,  si  illam  civitatem  essent 
ndepti ,  hanc  se  perdidisse.  —  Peritua  vero  noatrl  moria  ac  iuria  nemo  unquam, 
qui  hanc  cixnlatem  retinere  velUt,  in  aliam  ae  civitatem  dicavit;  13,  31  ;  pr.  Cae- 
rina  34,  100. 

2)  LIv.  6,  26.  26. 

3)  Gell.  1«,  13.  * 

Köm.  Altorth.  IV.  3 


34     —  

Spaterer Be- unterrichtet  sind,    weil  sie  in  der  Periode,    welcher   wir   unsere 

griff  des  '  ' 

«mmc»i>««wi.  N.ichrichten  über  sie  verdanken,  nur  noch  dem  Namen  nach  vor- 
handen war.  Denn  theils  in  Folge  des  Einflusses,  welchen  in 
Rom  die  Democratie  allmählich  gewann,  theils  auf  Grund  der  ge- 
rechten Ansprüche,  welche  diese  Städte,  die  die  Geiahren  und 
Anstrengungen  der  römischen  Eroberungskriege  theilten ,  für  die 
Verbesserung  ihrer  Lage  gemacht  haben  werden  i),  wurde  den- 
selben allen  nach  und  nach  das  volle  Bürgerrecht  ertheilt,  und 
zwar  bereits  zu  einer  Zeit,  als  die  verbündeten  Städte  Italiens 
mit  denselben  Ansprüchen  noch  nicht  hervorzutreten  wagten. 
Dasselbe  erhielten  schon  373=381  Tusculum2),  416  =  338  La- 
nuvium,  Aricia,  Nomentum,  Pedum^),  486=268  die  sabinischen 
Gommunen^),  566=188  Arpinum,  Fundi,  Formiae^),  und  zu  einer 
nicht  bestimmt  angegebenen  Zeit  Atina  ^)  und  sämmlliche  äquische, 
hernikische  und  volskische  Städte  ') .  Durch  das  so  geänderte 
Rechtsverhältniss  wurde  auch  der  Begriff  der  municipes  ein  an- 
derer, welcher  nunmehr  solche  Personen  bezeichnet,  die  zwar 
der  Geburt  nach  nicht  der  Stadt  Rom  angehören,  aber  cives  opiimo 
iure  und  somit  in  einer  römischen  Tribus  sind^).  Hierauf  bezieht 
sich  die  dritte  Definition  in  der  angeführten  Stelle  des  Paulus-'): 
terlio  f  quum  id  genus  hominum  definüur,  qui  ad  civüatem  Roma- 
nam  ita  venerunt,  ut  municipes  essent  sitae  cuiusque  civilatis^^)  et 
coloniae,  ut  Tiburtes ,  Praenestini,  Pisani,  Urbiimtes,  Noiani,  Bo- 
nonienses ,  Piacentini,  Nepesini,  Sutrini,  Luccnses.  Die  hier  als 
Beispiel  angeführten  Städte  sind,   wie  es  scheint,  alle  erst  durch 

1)  S.  Peter  in  Zeitschr.  f.  Alterthumswiss.  1844  S.  217. 

2)  Liv.  6,  26.  S.  oben  S.  29  Anm.  1. 

3)  Liv.  8,   14. 

4)  Vellei.  1,   14,  7. 
5}  Liv.  38,  36. 

6)  Es  hatte  Bürgerrecht  652=102.    Plin.  N.  H.  22,  11. 

7)  Cic.  pr.  Balbo  13,  31,  de  off.  1,  11,  35.  Ueber  diese  Städte  s.  Mommsenii 
epistola  in   T.  Livii  periochae  ed.  Jahn  p.   XXII  ff. 

8)  Diese  früheren  und  späteren  municipes  unterscheidet  die  Stelle  des  Festus 
im  Cod.  Vatie.  bei  Mommsen  Festi  codicis  quaternio  XVI  in  Abh.  d.  Berl.  Acad. 
1864  p.  61 :  municeps  [est].,  ut  ait  Aelius  Gallus ,  qui  in  municipio  über  natus 
est  ,•  item  qui  ex  alio  genere  hominum  m,unus  functus  est ;  item  qui  in  municipio 
ex  Servitute  se  liberavit  a  municipe  (d.  h.  also  municeps  wird  jemand  jetzt  1.  durch 
Geburt,  2.  durch  Aufnahme,  3.  durch  Freilassung).  At  Ser.  filius  aiebat,  initio 
fuisse,  qui  ea  conditione  cives  fuissent,  ut  semper  rempublicam  separatim  a  populo 
Romano  haberent  [videlicet]   Cumanos^   Acerranos,  Atellanos. 

9)  Paulus  p.   127  Müll. 

10)  So  lesen  Niebuhr  und  Madvig  statt  der  handschriftlichen  T-epart  nti  mn- 
nicipia  essent  sua  cuiusque  civitatis. 


—     35     — 

die  lex  Julia  Municipien  geworden  i) ,  sie  hatten  demnach  volles 
Bürgerrecht  und  von  der  Verfassung  dieser  Municipien,  welche 
nach  der  lex  Julia  noch  aHein  bestanden ,  werden  wir  später 
handeln. 

2.    Römische   Colonien^j.     Den   unterworfenen    Völkern  Römische 

'  Colonien. 

pflegten  die  Römer,  gleichviel  ob  denselben  ihre  Selbständigkeit 
gelassen  oder  die  civilas  sine  suffragio  verliehen  wurde,  einen 
Theil  ihres  Gebietes,  und  zwar  in  der  Regel  ein  Drittel  desselben 
zu  nehmen  ^) ,  welches  Land  entweder  ager  publicus  blieb  oder 
verkauft  4)  oder  endlich  römischen  Colonisten  angewiesen  wurde. 
Die  aus  ihren  Besitzungen  vertriebenen  Einwohner  zogen  nach 
Rom ,  im  Falle  ihnen  nicht  die  Möglichkeit  gelassen  wurde ,  in 
ihrer  Heimath  zu  bleiben  ^)  ;  die  Ansiedlung  von  Römern  aber 
hatte  vorzüglich  den  Zweck,  die  neue  Eroberung  der  römischen- 
Herrschaft  zu  erhalten  und  geschah  somit  zunächst  aus  mili- 
tärischen Gründen ,  da  ein  stehendes  Heer  zur  Behauptung  der 
unterworfenen  Orte  nicht  vorhanden  war*^)  ;  erst  in  der  Zeit  der 
Gracchen  sind  Colonien  zur  Versorgung  des  ärmsten  Theiles  der 
städtischen  Bevölkerung  angelegt  worden').    Da  die  neue  Ansiede- 

1)  Savigny  in  Zeitschr.  f.  geschichtl.  Rechtswiss.  IX,  3  S.  223.  C.  G.  Zumpt 
a.  a.  0.    Peter  a.  a.  0.   S.  220. 

2)  lieber  die  Colonien  ist  die  Hauptuntersuchung  Madvig  de  iure  et  condi- 
cione  coloniarum  populi  Rom.  in  dessen  Opusc.  p.  208  ff.  Ausserdem  handein  dar- 
über Sigonius  de  ant.  iure  Italiae  II  c.  2 — 5.  Spanheim  Orb.  Rom.  1  o.  9.  Trekell 
a.  a.  0.  p.  187  ff.  Heyne  de  vett.  colon.  iure,  Opusc.  I  p.  290  fi'.;  de  Romanorum 
prudentia  in  colon.  regendis,  Opusc.  III  p.  79  ff.  Niehuhr  R.  G.  2,  48 — 56.  Wei- 
land de  hello  Marsico,  Berol,  1834  c.  2.  Rupert!  de  coloniis  Romanorum,  Romae 
1834.  4.  C.  Dumont  Essai  sur  les  colonies  Romaines,  Brüssel  1844.  8.  Schmidt 
Das  Colonialwesen  der  Römer,  Potsdam  1847.  4,  Sambeth  De  Romanorum  colo- 
niis, Tübingen  Pars  1.  2.  1861.  62.  4.  Rudorff  Rom.  Feldmesser  2,  323  ff. 
Voigt  Jus  natur.  2,  337  ff. 

3)  Dionys.  2,  35.  50.  53.    Liv.  10,  1. 

4j  Hygin.  Orom.  p.  115  Lachra.  :  quaestorii  autem  dicunlur  ayri ,  quos  po- 
pulus  Romanus  devictis  pulsisque  hostibus  possedit  mandavitque  quaestoribus ,  ut 
eos  venderent.   Vgl.  p.  116.  117.  131.  136.  137.  151.  152. 

5)  S.  oben  S.  27.  Dionys.  2,  35:  6  6e  'FwfAuXo;  Tpiaxo(Jiou<;  (a^v  ÄvSpo; 
e(s  iy.aTipai  dTioixou;  diiioxiO.e,^,  oi;  looaav  al  rJAtm  t^ittjv  xXTj(iouyf/Cai  (xoipav 
TY^;  dot'jTüJv  rrj;.  Kaivixwv  Ik  v.ai  'AvTe(i,vaTwv  xou;  ßouXo(i.£vo'j;  fxeTaö^oOai  r^v 
rA-A(^<sv^  e{;  'ra)(AT|V,  -jf'jvaiStv  a(j.a  y.cti  tItcvoic  |J.er^(YaY^- 

ü)  Daher  heisst  die  Colouie  cp-jXaxV)  oder  cppoupa  (Dionys.  2,  53.  54),  die 
Colonisten  cppoypoi  (Dionys.  6,  32.  34,  und  von  ('ruslumcrium  heisst  es  bei  dem- 
selben 3,  49:  Toy  Ik  \}.r^hvi  iii  Ttapaxi'Jfjaai  vdf^iv  irofxou;  ajxol;  xax^XiTre  '  Ptu- 
fioloü«.).    Vgl.  7,  13.   Llv.  1,  56;  %  34;  4,  11.  Appian.  H.  l\  1,  7. 

7)  Die  Ansicht,  dass  dlo  Colonien  den  Zweck  gehabt  hätten,  die  Hefe  der 
rümiHchen  plebs  zu  versorgen  (Roth  de  re  municipali,  Stuttgart  IHOl  p.  5  Anm. ) 
Ist  von  Madvig  p.  245  Hchlagcnd  wldorb'gt  worden,  d«»r  das  Boi»pi<'l  der  Coloni- 
satlon  von  Velitrae  262=492  anülhrt.   l)«*i  wcl.hcr,  als  es  an   freiwilligen  Colonen 

3* 


-     36     - 

lung  in  der  Regel  an  bereits  bewohnten  Orten  und  in  schon  vor- 
handenen Gemeinden  stattfand  ^) ,  so  sind  in  der  Colonie  zwei 
verschiedene  Bestandtheile  zu  unterscheiden,  die  Colonisten  und 
die  ursprünglichen,  unterworfenen  Einwohner.  Die  ersteren,  mei- 
stens 300  an  Zahl 2),  haben  unter  sich  ein  der  Mutterstadt  Rom 
nachgebildetes  Gemeinwesen ^j ,  wie  denn  auch  die  Zahl  selbst 
den  ursprünglichen  300  römischen  gentes  analog  ist"*).  Sie  bil- 
deten in  dem  Orte  den  bevorzugten  Stand,  wie  die  Palricier  in 
Rom  ^) ,  besassen  den  dritten  Theil  des  zu  dem  Orte  gehörigen 
Gebietes,  wählten  aus  sich  ihren  Senat  und  ihre  Behörden  und 
blieben,  so  viel  wir  erkennen  können,  auch  nach  ihrer  Ansiede- 
lung im  Besitze  der  unverminderten  civitas  cum  suffragio  et  iure  • 
lionorum^).  Auf  sie  allein  bezieht  sich  ursprünglich  der  Begrift 
.der  Colonie,  der  die  unterworfenen  Einwohner  nicht  mit  umfasst'). 
Im  Gegenlheil  versuchten  die  letzteren  oftmals  ihre  Freiheit  durch 

fehlte,  durch  das  Loos  aus  dem  ganzen  Volke  die  Colonisten  bestimmt  und  durch 
Androhung  schwerer  Strafe  gezwungen  wurden ,  an  der  Colonie  Theil  zu  neh- 
men. Dionys.  7,  13.  Plut.  Coriol.  13.  Allerdings  benutzte  man  schon  in  dem  Streite 
zwischen  Palriciern  und  Plebejern  die  Colonien,  um  die  plebs  zu  beruhigen  und 
einen  Theil  derselben  zu  entfernen  (Liv.  5,  24.  6,  16),  oder,  wie  Liv.  8,  IG 
sagt:  ut  beneficio  praevenirent  desiderium  plebis,  aber  dabei  ging  die  Colonie  im- 
mer in  eben  erobertes  Gebiet  und  erfüllte  so  auch  ihren  eigentlichen  Zweck. 

1)  Was  Niebuhr  2,  49  bemerkt,  die  griechischen  Colonien  seien  durchge- 
hends  neu  erbaute  Orte  gewesen,  die  römischen  dagegen  nicht,  erleidet  zwar  in 
Bezug  auf  die  letzteren  einige  Ausnahmen,  da  Ostia  (Liv.  1,  33)  und  Signia 
(Dionys.  4,  63)  neu  angelegt  wurden,  scheint  aber  auch  in  den  alten  Definitio- 
nen der  Colonie  als  Regel  angenommen  zu  werden.  Siculus  Flaccus  in  Grom. 
ed.  Lachm.  p.  135:  coloniae  autem  inde  dittae  sunt,  quod  Romani  in  ea  muni- 
cipia  miserint  colonos ,  vel  ad  ipsos  priores  municipiorum  populos  coercendos,  vel 
ad  hostium  incursus  repellendos.  Serv.  ad  Verg.  Aen.  1,  12:  sane  veteres  colonias 
ita  definiunt.  Colonia  est  coetus  eorum  hominum,  qui  universi  deducti  sunt  in 
locum  certum  aedificiis  munitum ,  quem  certo  iure  obtinerent.  Alii :  colonia  est, 
quae  Graece  dTrotxta  vocatur :  dicta  autem  est  a  colendo :  est  autem  pars  civium 
aut  sociorum  missa,  ubi  rempublicam  habeant  ex  consensu  suae  civitatis  aut  publico 
eius  populi,  unde  profecti  sunt,  consilio.  Hae  autem  coloniae  sunt,  quae  ex  con- 
sensu publico,  non  ex  secessione  sunt  conditae.    Dionys.  2,  16. 

2)  Madvig  p.  226  und  die  dort  angeführten  Stellen  Dionys.  2,  35.  53.  Liv. 
7,  21 ;  32,  29;  34,  45.  Doch  ist  dies  nicht  ohne  Ausnahme  geschehen,  wie  z.  B. 
Lavici  1500  coloni  erhielt  Liv.  4,  47. 

3)  Gellius  16,   13:  quasi  effigies  parvae  simulacraque  populi  Romani. 

4)  Niebuhr  R.  G.  2,  55.  Madvig  p.  225. 

5)  Niebuhr  a.  a.  0. 

6)  Ein  directes  Zeugniss  für  diese  Ansicht,  welche  Madvig  p.  244  —  254 
ausführlich  entwickelt  und  Peter  Zeitschr.  f.  Aiterth.  1844  S.  198,  Rein  in 
Pauly's  Realenc.  2,  506,  Walter  §  219  theilen,  ist  nicht  vorhanden;  ebenso  we- 
nig aber  giebt  es  einen  Beweis  für  die  entgegengesetzte  Annahme ,  für  welche 
sich  Kuhn  Zeitschr.  f.  Aiterth.  1854  N.  67.  68  und  A.  W.  Zumpt  Studia  Rom, 
p.  367  erklären. 

7)  Dionys.  8,  14 :  ^tti  Ktp-aiav  tioXiv,  Iv  t^  xXyjpou/oi  'Ptofxaioav  r,aotv  a|jLa 
Tou  £7if/(üpioti  7ToXtT£u6|jL£vot.    Niebuhr  2,  52. 


—     37     — 

Austreibung  oder  Ermordung  der  cohni  wieder  zu  gewinnen  *), 
woraus  zu  ersehen  ist,  dass  ihre  Lnge  sehr  ungünstig  sein  musste. 
Etwas  Näheres  über  dieselbe  wird  nirgends  berichtet.  Unter  den 
verschiedenen  Ansichten  darüber  ist  indessen  die  von  Madvig  die 
bei  weitem  wahrscheinlichste,  wonach  sie,  wie  die  älteren  muni- 
cipia,  civilas  sine  suffragio  hatten  2).  Denn  erstens  wird  ausdrück- 
lich erwähnt,  dass  sie  Bürger  wurden  ^^),  was  natürlich  bei  eben 
unterworfenen  Orten  in  dem  vorhin  besprochenen  Sinne  einer 
Unterthänigkeit  ohne  politische  Rechte  zu  verstehen  ist;  sodann 
gab  es  für  die  alten  Einwohner  keine  anderen  Behörden,  als  die 
der  Colonie,  unter  welchen  sie  ebenfalls  standen ,  und  kein  an- 
deres Recht,  als  das  der  römischen  Colonen'*)  ,  so  dass  sie  in 
keinei"  Beziehung  diesen  gegenüber  als  eine  eigene  Gemeinde  zu 
betrachten  sind;  und  endlich  würde  die  Verschmelzung  der  beiden 
Bestandtheile  in  den  Colonien ,  welche  lange  vor  der  lex  Julia 
eintrat,  und  durch  welche  der  Begriff  der  colonia  auf  die  ganze 
Bevölkerung  derselben  ausgedehnt  wurde  •''),  viel  schwieriger  ei- 
folgt  sein,  wenn  die  alten  Einwohner  pereyrini  geblieben  wären. 
So  aber  erhielten  einerseits  diese  allmählich  das  volle  Bürger- 
recht, wie  die  nmnicipes,  andrerseits  verloren  die  Colon isten  den 
Character  einer  militärischen  Besatzung,  welche  nach  Unterwer- 
fung Italiens  nicht  mehr  nölhig  war.  Das  alte  Verfahren,  neu- 
eroberte Länder  durch  Bürgercolonien  zu  sichern,  haben  die  Römer 
nur  noch  auf  Gallia  Cisalpina  angewendet,  wovon  weiter  unten 
die  Rede  sein  wird ;  seit  den  Gracchen  hört  dieser  ursprüngliche 


1)  S.  Madvig  p.  227.  So  helsst  es  von  Cameria  Diouys.  2,  54 :  xou;  (xev 
är^xTeivav  xtüv  d7rot-/.t»v  tou;  o  i^^ßaXov.  So  fiel  Sora  444=310  zu  den  Samniten 
ab  interfectia  colonis  Romanorum.   Liv.  9,  23.  Diodor  14,  102. 

2)  Madvig  p.  232—244. 

3)  Niebuhr  2,  56.  S.  Dionys.  2,  35.  50;  3,  49.  Liv,  8,  14;  vgl.  6,  17; 
9,   16  und  über  diese  Stellen  Rein  a.  a.  O.   S.  506  f. 

4j  S.  unten  über  die  Präfecturen. 

5)  Niebuhr  2,  52:  ,, Allein  der  Spraclig(;braucii  iuidtrte  sich  angemessen, 
wenn  Colonen  und  Einwohner  zu  einer  gesamniten  Hürgersrhaft  verschmolzen, 
wie  zu  Hom  Bürger  und  Gemeinde  zu  einem  gesammten  römischen  pnpulu«.  Ehe 
08  zu  Honi  80  weit  gekommen  war,  konnte  das  freilich  nicht  geschehen,  und  als 
die  Patricier  den  gemischten  Ehen  noch  keine  bürgerliche  Oültigkeit  zugestan- 
den, werden  sie  auch  in  den  nach  der  P'ornj  des  alten  Hechts  gegründeten  (Kolo- 
nien kein  crmnuhium  mit  den  alten  Einwohnern,  schwerlich  nur  ein  conimercium, 
gestattet  haben."  Die  letztere  Hemorkung  bezieht  sich  auf  die  ältesten  Colonien 
vor  Servius  Tullins,  in  welche  nur  l'ntricior  ausgeführt  wurden,  und  von  wel- 
chen ich  absichtlich  hier  nicht  spreche  ,  weil  über  ihre  Verfassung  nichts  über- 
liefert Ist.  Für  die  Colonien  der  frühonüi  IJepublik  gicbt  die  Verfassung  der 
damaligen  Municipien  die  einzige  sichoro  Analogie. 


—     38     — 

Zweck  derselben  gänzlich  auf,  und  bei  neuen  Coionisationen  ist 
nur  noch  die  Versorgung' ärmerer  Bürger  mnassgebcnd ;  bis  endlich 
seit  dem  J.  100  v.  Chr.  *)  die  Beslimnmng  derselben  wieder  eine 
andere  wird,  nämlich  die  Belohnung  ausgedienter  Soldaten  durch 
einen  Ackerbesitz,  hi  dieser  letzten  Kntwickelungsperiode,  welche 
hier  nicht  in  Betracht  kommt,  stehen  die  Colonien,  nunmehr  aus- 
schliesslich Militärcolonien,  ihrer  ursprünglichen  Bestimmung  zum 
Verzeich-   gehutze   eroberter   Länder   wieder   näher.     Das  Verzeichniss   der 

niss  der- 
selben.    BUrgercolonien  in  Italien,   denen  wir,   um  uns  hernach  darauf  zu 

beziehen,   zugleich  die  wenigen  ausseritalischen  bis  zum  J.  654= 

100  hinzufügen,   ist  nach  Madvig  und  Mommsen  folgendes  2)  : 

1 .  Ostia  gegründet  unter  Ancus  Marcius  ^) . 
[Labici  336=  418]  4). 

2.  Antium  416  =  338  5). 

3.  Anxur  oder  Terracina  425=329  6). 

4.  Minturnae  in  Campanien, 

5.  Sinuessa  in  Campanien,   beide  458  ==296^). 

6.  Sena  Gallica  in  ümbrien, 

7.  Castrum  novum  in  Piccnum,   beide  um  471  =283^). 

8.  Aesium  in  ümbrien   (jetzt  Jesi)   507  =  247-*). 

9.  Alsium  in  Elrurien  507  =  247  i»). 


1)  Vellei.  1,  15,  5:  in  Bagiennis  Eporedia  (^deducta  colonia  est)  Mario 
sextum  Valerioque  Flacco  consulibus .  Neque  facile  memoriae  mandaverim,  quae, 
nisi  militaris,  post  hoc  tempus  deducta  sit.    Vgl.  Zuinpt  comment.  epiyr.  1  p.  205. 

2)  Madvig  p.  265.  295  ff.  Mommsen  K.  Münzw.  S.  332  ff.  Das  Verzeichniss 
ist,  wie  Mommsen  S.  860  bemerkt,  nicht  vollständig;  denn  nach  Asconius  in 
Pison.  p.  8  war  die  536  =  218  gegründete  Colonie  die  53ste,  wir  kennen  indess 
bis  zu  diesem  Jahre  nur  11  Bürger-  und  34  latinische,  im  Ganzen  45  Colo- 
nien, so  dass  hienach  8  unbekannt  sind.  Viel  ist  aber  auf  diese  Notiz  nicht  zu 
geben,  da  der  Text  des  Asconius  auf  der  unkritischen  editio  princeps  beruht. 
Madv.  p.  300  Anm.  1. 

3)  Liv.  1,  33;  27,  38.  Dionys.  3,  44.  Polyb.  6,  2,  9.  Cic.  de  rep.  2,  18,  33. 

4)  Liv.  4,  47,  7.  Die  Nachricht  ist  aber  zweifelhaft  und  Mommsen  R.  G.  13, 
338  glaubt,  dass  in  derselben  nur  von  einer  Ackerassignation  die  Rede  ist.  Vgl. 
Madvig  p.  264. 

5)  Liv.  8,  14;  27,  38;  36,  3.  Es  war  schon  seit  287=467  Colonie  gewor- 
den (Liv.  3,  1.  Dionys.  9,  59),  aber  wahrscheinlich  latinische.  S.  Madvig  p.  260. 
Mommsen  S.  311  Anm.  63. 

6)  Liv.  8,  21;  27,  38;  36,  3.    Velleius  setzt  sie  1,  14  ins  Jahr  427=327. 

7)  Liv.  10,  21;  27,  38;  36,  3. 

8)  Das  Jahr  ist  nicht  bestimmt  überliefert.  Für  Sena  Gallica  ergiebt  es  sich 
aus  Polyb.  2,  19,  12 ;  Castrum ,  worunter  wohl  Castrum  novum  Piceni  zu  ver- 
stehen ist,  erwähnt  mit  Sena  und  lladria  zugleich  Liv.  ep.  11,  während  Velleius 
1,  14,  8  es  in  den  Beginn  des  ersten  punischen  Kriegs,  490  =  264  setzt. 
Castrum  novum  nennt  die  Colonie  Liv.  36,  3. 

9)  Vellei.  1,  14,  8  wo  Aesulum  steht.  S.  Mommsen  a.  a.  O.  S.  332  Anm.  113. 
10)  Vellei.   1,  14,  8.    Liv.  27,  38. 


--     39     — 

10.  Fregenae  in  Etrurien  509  =  245  1). 

11.  Pyrgi  in  Etrurien  vor  563=1912,. 
\2.  Puteoli  in  Gampanien, 

i;{.  Volturnuni  in  Gampanien, 

14.  Liternum  in  Gampanien, 

15.  Salernum  in  Gampanien, 
1 0.  Buxentum  in  Lucanien, 
17.  Sipontum  in  Apulien, 

i  8.   Tempsa  in  BruUiis, 

19.  Groton  in  ßruttiis,   alle  560  =  194  3). 

20.  Polen tia  in  Picenum, 

21.  Pisaürum  in  Umbria  570  =  184^). 

22.  Parma  in  Gallia  Gispadana, 

23.  Mutina  in  Gallia  Gispadana, 

24.  Saturnia  in  Etrurien  571  =  18;^ '>). 

25.  Graviscae  in   Etrurien  573  =  181**). 

26.  Luna  in  Etrurien  574  =  1 80  und  nochmals  577=177') 

27.  Auximum  in  Picenum  597=  157 s). 

28.  Fabrateria  in  Latium  630  =  124  9). 

29.  Minervia,   ehemals  Scylacium,   in  Bruttiis, 

30.  Neptunia,   ehemals  Tarent,   632=  122  i<»). 

31.  Dertona  in  LigurienV  i'). 

32.  Eporedia  in  Gallia  Transpadana  654=100*2). 
F^ndlich  ausserhalb  Italiens  : 

Golonia  Junonia  Garthago,   welche  keinen   Bestand  halte, 
Narbo  Martins  636  =  1 1 8  i^). 


1)-Vell.   a.   a.   0.    Liv.   ep.   19.    Liv.  36,   3. 

2)  Liv.  36,  3.  3)  Liv.  34,  45. 

4)  Liv    39,  44.    Hieronyni.  ad  OL  160,  2. 

5)  Liv.  39,  55.  6)  Liv.  40,  29. 

7)  Liv.  41,  13.    Mommsen   C.  I.  L.  I  ad  ti.  539. 

8)  Voll.   1,  15,  3.  9)  Vcll.   1,  15,  4. 

10)  Vell.  1,  15,  4.  Appiaii.  li.  C.  2,  23.  S.  Mommsen  lieber  zwei  lom.  (  u- 
lonien  bei  Velleius  in  Berichten  der  sächs.  Gesellsch.  d.  Wiss.  t'hilol.  hil>tor. 
('lasse  1849  S.  49  IT.  Castra,  d.  h.  r.aslra  JJarwibalii,  der  llafenort  von  Scyla- 
rinm,  wurde  nacli  Livius  32,  7  schon  im  J.  555=199  durch  300  Ansiedler  colo- 
nisirt ,  blieb  aber  zunächst  naclt  .Mommsens  Ansicht  ein  payim  und  wurde  erst 
632=122  mit  der  damals  ausf^efi'ihrten  (Jolonie  Scylacium  zu  einer  Stadtgemeinde 
vereinigt. 

11)  Vcll.   1,   15,   5.    Ks  ist  unsicher,  ob  dies  eine  Bürgercolonlo  war, 

12)  Vell.    1,    15,  5. 

13)  Von  ihnen  ist  bei  den  Provinzen  Africa  und  (Jallla  Narbonensis  nochmaU 
die  Rede. 


—     40     — 


Folgender  Wir    haben    l)isher    die    beiden    Slautsinstitute    besprochen 

Ausdehnung  .111 

derrömi-   dercn  dic  Römer  sich   als  Mittel  bedienten,    um   emen  Theil  der 

sehen  Ge-  1     r      1  •        j 

meinde.  Bevölkerung  Italiens  durch  unmittelbare  Aufnahme  m  den  rönn- 
schen  Staat  seinen  früheren  Interessen  und  Verbindungen  zu 
entziehen  und  der  römischen  Gemeinde  für  alle  Zeit  unter  ver- 
schiedenen Modificationen  einzuverleiben.  Ehe  wir  zweitens  ihr 
Verfahren  gegen  diejenigen  italischen  Gemeinden  in  Betracht  zichn, 
welche  sie  als  selbständige  Staaten  fortbestehen  Hessen,  müssen 
wir  in  Kürze  die  Folgen  andeuten,  welche  dieses  Verhältniss  so- 
wohl für  den  römischen  Staat  als  für  die  in  denselben  neu  ein- 
getretenen Gemeinden  hatte.  Für  den  ersten  war  die  Folge  die, 
dass,  da  nicht  nur  die  ausgesendeten  Colonisten  in  den  Tribus 
blieben  ,  sondern  auch  die  in  den  Colonien  und  Municipien  ur- 
sprünglich ansässige  Einwohnerschaft  nach  und  nach  ebenfalls  das 
volle  Bürgerrecht  und  damit  Aufnahme  in  eine  Tribus  erlangte  *), 
zusammeit  die  Zahl  der  Tribus ,  welche  nunmehr  ihren  Namen  nicht  mehr 
''^Tribus^^'^  von  patricischen  Geschlechtern ,  sondern  von  den  eroberten  Ort- 
schaften erhielten  2),  bis  zum  Jahr  513  =  241  auf  35  erhöht  wurde, 
und  dass  in  diesen  35  Tribus  schon  damals  ein  grosser  Theil 
Italiens,  nach  der  lex  Julia  (90)  aber  das  ganze  Italien  enthalten 
war.  Die  Tribus  sind,  wie  man  aus  ihrer  Eintheilung  in  urbanae 
und  rusticae  und  aus  ihren  Localnamen  erkennt,  ursprünglich 
geographische  Bezirke  gewesen,  sie  sind  aber  als  solche  nicht 
erhalten  worden,  sondern  man  scheint  schon  früh,  um  das  Prä- 
valieren  einer  näher  gelegenen  Tribus  gegen  eine  entferntere  in 
den  Comitien  zu  verhindern,  neu  aufgenommene  Städte  einer  und 
derselben  Gegend  absichtlich  in  verschiedene  Tribus  vertheilt  zu 
haben:  nach  dem  Schluss  der  Tribuszahl  (513  =  241)  aber  war 
man  genöthigt,  die  grosse  Masse  der  Neubürger  in  die  vorhande- 
huU,Vde-  "^^  Tribus  gleichmässig  aufzunehmen.  Unter  der  Italia  tribulim 
scripta,    descripta  3)  hat  man  daher  nicht  eine  chartographische  Darstellung, 

1)  Die  Bewilligung  des  vollen  Bürgerrechtes  an  eine  Gemeinde  geschah  durch 
ein  Plebiscit ,  in  welchem  bestimmt  wurde ,  welcher  Tribus  die  neue  Bürgerge- 
meinde angehören  solle.    Liv.   38,  36. 

2)  Die  tribus  Crustumina  hat  ihren  Namen  von  Crustumeria,  das  die  Römer 
255  =  499  eroberten  (Liv.  2,  19),  und  ist  wohl  259  =  495  eingerichtet  (Liv. 
2,  21);  die  Maecia  und  Scaptia,  entstanden  421=333  (Liv.  8,  17),  sind,  die 
erstere  von  einem  castrum ,  die  zweite  von  einer  urbs  Scaptia  benannt.  Festus 
p.  136.  343;  die  Teretina  ist  abzuleiten  vom  Flusse  Teres,  dem  heutigen  Sacro. 
S.  hierüber  Grotefend  in  der  gleich  anzuführenden  Schrift  S.  4. 

3)  Q.  Cic.  de  petit,  cons.  8,  30. 


;hen,       ^ 


—     41     — 

sondern   eine  Liste    zu   verstehn ,    in    welcher  jede   Stadt  Italiens 
nebst  der  Tribus,    zu  der  sie  gehörte,   verzeichnet  war^).     Allein 
trotz  der  gleichmässigen  Verthciliing  der  italischen  Bürger  auf  alle  ^jJ;xn"dM^" 
Tribus  konnte  es  nicht  verhindert  werden,   dass  die  Ausdehnung  ^^^^^Jl^^^g-.^^ 
der  stimmberechtigten  Bürgerschaft  über  die  ganze  Halbinsel  die  ^^^^^J'^^^J^^i® 
Ausübung  des  Stimmrechtes  einem  Theile  derselben  gradezu  un-  '^^^g^J't"™" 
möglich  machte,  und  eine  vollständige  Vertretung  der  Bürgerschaft 
in   den  Gomitien  nicht  mehr  vorhanden  war  2). 

Für  die  Municipien  und  Colonien  war  andererseits  die  Folge 
die,  dass,  nachdem  sie  in  die  civitas  Romana  aufgc^gangen  waren, 
sie  selbst  aufhörten ,  civitates  zu  sein  ^) ,  und  dass,  seitdem  das 
römische  Recht  bei  ihnen  Geltung  erhalten  hatte,  sie  unter  die 
Jurisdiction  des  praetor  urb<mus  cestellt  wurden.   Der  Prätor  sprach     Praefe- 

cturae. 

indessen  in  diesen  Ortschaften  nicht  in  Person  Recht,  sondern 
mandirte  seine  Jurisdiction  an  Stellvertreter ^J  [praefecli  iure  di- 
cutido)  j  von  welchen  die  praefecturae  ihren  Namen  bekommen 
haben,  deren  Begriff  noch  zu  erörtern  ist^).  Die  praefecti  iure 
diciindo  gehören  zu  den  Beamten,  welche  ursprünglich  nicht  ge- 
wählt, sondern  ernannt  wurden  ß),  und  zwar  in  diesem  Falle  vom  Die /va«- 
praelor  urhanus ;  auch  später  werden  von  ihnen  nur  vier,  welche  werden" 
in  den  campanischen  Städten  Recht  sprachen,  den  Titel  Illlviri 
praefecti  iure  dicundo  Copiiae  Cumis  führen,  und  zu  dem  Celle- 
gium  der  XXVI viri  gerechnet  werden,  auf  Vorschlag  des  Prätors 
in  Tributcomitien  gewählt,  die  Übrigen  aber  nach  wie  vor  vom 
Prätor  ernannt^).     Fraglich  ist  nur,  ob  dieselben  ursprünglich  in 

1)  Dieses  Verzeichniss  herzustellen  ist  der  Zweck  der  vortrefflichen  Schrift: 
Grotefend  Imperium  Romanum  tributim  descriptum,  Hannover  1863.   8. 

2)  Erst  in  der  Kaiserz.eit  hat  man  angefangen,  ganze  Provinzen  einer  Tribus 
zuzuweisen.  So  gehören  seit  Augiistiis  alle  neuen  Colonien  und  Municipien 
von  Lusitania  und  Hispania  zur  (Juirina  und  Galeria,  die  von  Gallia  Narbonensis 
zur  VolUnia^  die  von  Griechenland,  Kleinasien  und  Africa  zur  Quirina.  Grote- 
fend S.  7. 

3)  S.  oben  S.  28  Anm.  4,  So  sagt  Cicero  von  Placentia  bei  Asconius  in 
Piaonianam  p.  4  Or.  :  hie  (Piaonia  avw)  —  —  in  enm.  civitatem  (nam  tum  erat 
civitcu)  adacendit. 

A)  Momuisen  Staatsrecht,  185. 

5)  S.  Kein  In  Pauly's  Kealencyci.  VI,  4—8.  A.  W.  Zumpt  Comment.  epiyr. 
I  p.  50 — <)()  um!  namentlich  Mommsen  C.  1.  L.  I  n.  637. 

6)  Alle  Arten  von  praefecli  worden  ernannt,  nicht  gewählt,  so  der  praefectus 
praetor  in ,  praef.  urbi,  praef.  annrmae.  Aurh  die  BulehlshabiT  der  Flotte  heissen, 
80  lange  sie  vom  Volk«;  gewählt  weiden,  II  viri  nntudea  {IA\.  1),  3U ;  40,  18.  26; 
41,  Ij;  hcitdem  sie  ernannt  werden,  was  schon  in  den  liürgerkriogeii  und  später 
unter  den   Kaisern  geschah,  praefecti.   S.  Zunjpt  a.  a.  O. 

7)  Liv.  9,  20:  eodem  anno  (436s=3I8j  primum  praefecti  Capuam  creari 
coepU,  legibus  ab  L.  Furio  praetore  dati»f  ({uum  titrumc/uc  ipai  pro  remedio  aegris 


ernannt. 


—     42     — 

alle  Colonien  und  Municipien  abgesendet  wurden,  oder  nur  in 
einige;  ob  also  der  Name  praefectura  ursprünglich  allen  Ort- 
schaften römischen  Rechtes  gemeinsam  zukommt,  oder  die  Be- 
zeichnung einer  besonders  organisirten  Commune  ist,  wie  nach 
der  lex  Julia  wirklich  drei  Arten  römischer  Städte ,  coloniae, 
nmnicipid,  praefecLiirae  unterschieden  werden  ^) .  In  der  Haupt- 
steile  über  die  Präfecturcn  bei  Festus  p.  233  lassen  sich  nun 
namentlich  auf  Grund  der  angeführten  Beispiele  drei  C lassen  der- 
selben unterscheiden :  erstens  Municipien  ohne  Stimmrecht  und 
ohne  Gemeinwesen,  zu  welchen  seit  448  =  306  Anagnia'-^),  seit 
543  =  211  Capua  gehörte;  zweitens  Municipien  ohne  Stimmrecht 
mit  erhaltenem  Gemeindewesen,  wie  Capua  seit  41 6=:  338  war, 
als  es  436  =  318  Prafectur  wurde ^),  ferner  Cumae^),  Acerrae-^), 
Suessula''),  Atella,  Calatia'),  Fundi,  Formiae^),  Alifae'^),  Priver- 
num^ö),  Frusino^i),  Arpinum^^)^  und  drittens  Colonien,  wie  Liter- 
num,   Volturnum,   Puteoli,  Saturnia,  in  welchen  Recht  zu  sprechen 

rebus  discordia  intestina  petissent.  Weim  Livius  sagen  will,  die  praefecti  seien 
schon  damals  vom  Volk  gewählt  worden,  so  ist  das  eine  Ungenauigkeit.  8.  Momm- 
sen  C.  I.  L.  I  p.  47.  R.  G.  1^,  412.  Festus  p.  233:  praefecturae  eae  appella- 
bantur  in  Italia,  in  quibus  et  las  dicebatur  et  nundinae  ayebantur,  et  erat  quaedam 
earum  res  publica^  neque  tarnen  mayistratus  suos  habebant,  in  quas  legibus  prae- 
fecti  mittebantur  quotannis  qui  ius  dicerenl.  Quorum  genera  fuerunt  duo :  alterum, 
in  quas  solebant  ire  praefecti  quattuor  e  viyinti  sex  virum  numero  populi  suffragio 
creati  in  haec  oppida:  Capuam,  Cumas ,  Casilinurn ,  Volturnum^  Liternum,  Fu- 
teolos,  Acerras,  Suessulam,  Atellam,  Calatiam :  alterum,  in  quas  ibant,  quos  praetor 
urbanus  quotannis  in  quaeque  loca  niiserat  legibus ,  ut  Fundos ,  Formias ,  Caere, 
Venafrum,  AUifas,  Privernum,  Anagniam,  Frusinonem,  Beate,  Saturniam,  Nur- 
siam ,  Arpinum  aliaque  complura.     Dio  Cass.   54,  26  vom  Jähr  741=^13:   oi  xe 

h-^  eixo^iv  ouTot  avope?  iv.  xwv  £?  y.o.1  eixootv  eiatv  • oi  ^ap  otj  ouo  oi 

xac  i^(»  xou  xetyou?  ooou?  SY/eiptC^iJ-evot,  oi  xe  xeaoctpe?  oi  i<;  xtjv  KajXTtaviav 
7re(j!,7T6|X£Voi  xaxe^vsXuvxo  (nach  Mommsen  734=20.  Dio  Cass.  54,  8).  In  In- 
schriften ünden  sich  die  Titel:  IUI  Villi  PRaefecti{C.  1.  L.  I  n.  637);  PRAEF. 
CAPuae  CVMis  (Henzen  n.  6463). 

1)  Cic.  pr.  Sext.  14,  32:  nullum  erat  Italiae  municipium,  nulla  colonia, 
nulla  praefectura,  —  nullum  colleyium  —  quod  tum  non  lionorificentissime  decre- 
visset  de  mea  salute.  in  Pison.  22,  51  :  neque  enim  regio  fuit  ulla  nee  munici- 
pium neque  praefectura  aut  colonia,  ex  qua  non  publice  ad  me  x^enerint  yratulatum. 
Phil.  4,  3,  7:  quid?  municipia ,  colonias,  praefecturas  num  aliter  iudicare  cen- 
setis?   Vgl.  oben  S.  6. 

2)  Liv.  9,  43,  24.  3)  Liv.  9,  20. 

4)  Liv.  8,  14,  11.    Festus  p.   142. 

5)  Liv    8,  17,  12.  6)  Liv.  8,  14,  11. 

7)  Festus  p.  142.  Sie"  verloren  ihr  Recht  mit  Capua  zugleich  544  =  210. 
Liv.  26,  34,  6. 

8)  Liv.  8,  14,   10. 

9)  Seit  444  =  310.    Liv.  9,  38,  1. 

10)  Seit  425=329.    Liv.  8,  21. 

11)  Wohl  seit  451=303.    Liv.  10,   1. 

12)  Seit  451=303.    Liv.  10,  1. 


—     43     — 

war  nicht  nur  für  die  Colonisten,  sondern  auch  für  die  ursprüng- 
lichen Einwohner,  denen  das  volle  Bürgerrecht  nicht  verliehen 
war.  Nach  der  Ansicht  des  Festus  waren  also  alle  Municipien 
und  Colonien  ursprünglich  prae/'ectitrae .  und  für  die  Richtigkeit 
dieser  Ansicht  spricht  der  Umstand ,  dass  noch  in  der  Kaiserzeit 
Municipien  und  Colonien  aus  besonderen  Gründen  vorübergehend 
in  praefecturae  verwandelt  werden  '),  woraus  man  schliessen  darf, 
dass  in  dem  Begriffe  der  Präfectur  nichts  liegt,  was  mit  dem  der 
Colonie  und  des  Municipiums  unvereinbar  wäre.  Die  Präfecturen 
haben  in  den  besprochenen  Gemeinden  grosscntheils  nur  so  lange 
gedauert,  bis  dieselben  das  volle  Bürgerrecht  erhielten,  in  wel- 
chem Falle  den  Colonien,  die  nunmehr  keine  doppelte  Bevölke- 
rung mehr  hatten,  und  den  Municipien  gestaltet  ward,  ihre  eig- 
nen richterlichen  Behörden  selbst  zu  wählen  2)  •   nach  der  lex  Julia   A»fi»ören 

''  '  der  prae- 

fmden  sich  nur  noch  in  geringer  Anzahl  praefecturae,  aber  auch  f^cturae. 
diese  haben  später  immer  mehr  aufgehört^).  Wo  sie  aus  Grün- 
den, welche  uns  unbekannt  sind,  noch  nach  der  lex  Julia  (90) 
fortbestanden,  haben  auch  sie  ihren  Begriff' verändert;  denn  wäh- 
rend unter  ihnen  ursprünglich  entweder  municipia  ohne  ins  suf- 
fragii  und  honorum  oder  solche  Colonien  zu  verstehen  sind,  deren 
alte  Einwohnerschaft  noch  nicht  das  Vollbürgerrecht  erlangt  hat, 
sind  die  späteren  Präfecturen  ebenfalls  Vollbürgerslädte,  und  un- 
terscheiden sich  von  den  Municipien  und  Colonien  durch  nichts 
weiter  als  dadurch,  dass  sie  statt  der  von  der  Gemeinde  gewählten 
llviri  oder  IV vir i  iure  dicundo  einen  prue/'ectus  iure  dicmido  hatten, 
welcher  in  Rom  ernannt  wurde. 

1)  Cenot.  Pisan.  bei  Orelli  643:  quando  eo  casu  in  colonia  neque  Jlvir 
neque  praefecti  erant  neque  quisquam  iure  dicundo  praeerat.  In  die  italischen 
Municipien  und  Colonien  pllegtc  nänilicli,  wenn  wegen  Parteiungen  in  denselben 
oder  aus  andern  Gründen  die  Wahl  der  Ilviri  oder  JVviri  nicht  zu  »Stande  katn, 
von  Koni  aus  ein  praefeclus  iure  dicundo  geschi(;kt  zu  werden,  welchen  vielleicht, 
wie  in  alter  Zeit,  der  praetor  ernannte,  und  welcher  interimistisch  fungirtc, 
namentlich  der  Curie  präsldirte.    S.  Zumpt  Comin.  ep.  I  p.  58 — 60. 

2)  Von  deu  bei  Festus  aufgezählten  Präfecturen  erhielten  Formiao,  Fundi 
und  Arpinuni  im  J,  566  =  188  volles  Bürgerrecht  Liv.  38,  36.  Arpinum  ist  her- 
nach municipium  (Cic.  de  le<j.  2,  3,  6)  und  hat  drei  aedile»  (Cic.  ad  favi.  13, 
11,  3,  Orelli  571);  ebenso  linden  sich  aedites  als  höchster  Magistrat  in  Fundi. 
Hcnzcn  7035.  7036.  Die  Colonie  Puteoii  hatte  649=105  aufgehört  Präfectur  zu 
sein  und  stand  unter  Ilviri^  C.  I.  L.  l  n.  577;  Cumae  hatte  705=49  IJ llviri, 
Cic.  ad  AU.   10,   13. 

3j  Mutina,  wtdches  uovh  bei  tler  Auflösung  der  «Isalpinischen  Prosinz  Prä- 
foctur  war,  bat  hernach  quatuorviri  (Zumpt  C'omm.  ep,  1  p.  54),  Amitornum, 
noch  unter  Augustus  Präfectur  (Orelli  3699J,  später  duumviri  Orelli  3b'28. 


—     44     — 

v«rbfindete  3.  Ctv itale s  fo 6 der (i tu 6.  Völkerrechiliclie  Beziehungen  sind 

dem  Altei'lhum  ursprünglich  unbekannt,  und  wie  bei  den  Grie- 
chen, so  steht  bei  den  Römern  der  Fremde  ausser  jeder  Verbin- 
dung des  Rechtes  und  der  Sitte,  bei  jenen  als  ßapßapo?,  bei 
diesen  als  hostis^);  erst  allmählich  hat  sich  ein  ius  cjentium  aus- 
gebildet, dessen  erste  Spuren  in  der  Unverletzlichkeit  der  Ge- 
sandten zu  erkennen  sind  2).  Einem  rechtlichen  Verhältniss  zwi- 
schen zwei  unabhängigen  Staaten  muss  daher  ein  ausdrücklicher 
Vertrag  zu  Grunde  liegen ,  und  durch  einen  solchen  haben  die 
Römer  schon  frühe  mit  italischen  und  ausseritalischen  Staaten 
Verbindungen  angeknüpft,  unter  welchen  sich  hauptsächlich  drei 
Formen  unterscheiden  lassen  3)  ^    nämlich  erstens  die   eines  allge- 

schafts^vtr-  "»einen    Freundschaftsverhältnisses,     wodurch    zunächst    nur    ein 

tr&ge.     FYicdenszustand  und  Verkehr  zwischen   beiden  Theilen   gesichert 

wurde ,    wie    in   dem  Vertrag   des  Romulus   mit  Alba  '*)    und  den 

beiden  ersten  Freundschaftstractalen  zwischen  Rom  und  Carthago 

aus  den  Jahren  406  =  3i8    und  448=^306^);    zweitens   die   des 

puMicwn  hosptiium  publicum,  welches  nach  der  gallischen  Invasion  der 
Stadt  Caere  ertheilt  ward*^),  und  wodurch,  wie  es  scheint,  den 
Mitgliedern  einer  ganzen  Commune  die  Rechte  zuerkannt  wurden, 
welche  einzelne  Fremde  öfters  durch  ein  besonderes  Privilegium 
erhielten,  nämlich  ehrenvolle  Aufnahme,  Verpflegung  auf  öfl'ent- 
liche  Kosten,  Zutritt  zu  Opfern  und  Spielen,  Anspruch  auf  ein 
Gastgeschenk  und  vornehmlich  die  Befähigung  zu  kaufen  und  zu 
verkaufen  und  in  diesen  Geschäften  in  eigener  Person  und  ohne 
die    Vermittelung    eines    römischen    Bürgers    vor  Gericht    aufzu- 

1)  Varro  de  l.  L.  5,  3 :  multa  verha  aliud  nunc  ostendunt,  aliud  ante  signi- 
ficabant,  ut  hostis :  nam  tum  eo  verbo  dicebant  pereyrinum ,  qui  suis  legibus  ute- 
retur,  nunc  dicunt  eum,  quem  tuyn  dicebant  perduellem.  Festus  p.  314  :  status 
dies  vocatur  qui  iudici  causa  est  constitutus  cum  peregrino.  eius  enim  gener is  ab 
antiquis  hostes  appellabantur ,  quod  erant  pari  iure  cum  populo  R.  atque  hostire 
ponebatur  pro  aequare.  Paulus  p.  82  s.  v.  exesto.  Dig.  49,  15,  5  §  2.  Osenbrüg- 
gen  de  iure  belli  et  pacis,  Lips.  1836.  8  p.  8  ff. 

2)  S.  Voigt  Das  ius  civile  und  ms  gentium  der  Römer  S.  26  und  die  dort 
angeführten  Stellen  Cic.  acc.  in  Verr.  1,  33,  85.  Caes.  B.  G.  3,  9.  Nepos  Pelop. 
5.  Tac.  Hist.  3,  80.  Cic.  de  off.  3,  29,  108. 

3)  Dig.  49,  15,  5  §  2. 

4)  Dionys.  3,  1. 

5)  Polyb.  3,  22.  24.  Der  erste  beginnt  mit  den  Worten:  £t:1  ToX^he  cptXtav 
ehai  'Pwfxatot?  -itai  toT?  Tto(jLai(ov  o'j{jL[xayoi?  xal  Kapy7]Oovioi;  %at  xoT;  Kapyr^- 
oovtcuv  o'j|X{j.ayoi<;.  Ueber  die  Zeit  derselben  s.  Mommsen  Rom.  Chronologie 
2te  Aufl.   S.  320. 

6)  Liv.  5,  50 :  rettulit  —  cum  Caeritibus  hospitium  publice  fieret,  quod  sacra 
populi  Romani  ac  sacerdotes  recepissent. 


I 


—     45     — 

treten  1)  ,  drittens  endlich  die  Form  eines  wirklichen  Bündnisses  Foedus. 
mit  bestimmten  Rechten  und  Verpflichtungen,  welches  indessen 
unter  verschiedenen  Bedingungen  abgeschlossen  wurde.  Gemein- 
sam nämlich  ist  allen  civitates  foederatae,  dass  sie  autonome,  oder 
wie  wir  sagen,  souveräne  Staaten  sind ;  als  solche  haben  sie  das 
Münzrechl2),  Befreiung  vom  Dienste  in  den  Legionen  gegen  Stellung 
von  Hüifstruppen  oder  Schiffen  und  Matrosen  ^J,  eigene  städtische 
Verwaltung  und  eigene  Gerichtsbarkeit;  im  übrigen  aber  kann  ihre 
Souveränität  von  Rom  entweder  vollständig  anerkannt  oder  durch 
die  Bedingungen  des  foedus  beschränkt  werden. 

Die   vollständige  Souveränität   zeigt  sich   namentlich    in    dem  ^^^""/^^it 
Exilrechte,  d.  h.  der  gegenseitigen  Anerkennung  politisclier  Selb-  von^'^tändi- 
ständigkeit,   wie  diese  zwischen  Tibur,  Praeneste,  Neapolis  einer-  e^^/^^^^j^ 
seits  und  Rom  andererseits  statt  fand  ^j,  in  Folge  deren  ein  römi- 
scher  exul  in    diesen   Städten    sich    niederlassen    und   statt   des 
verlorenen  römischen  Bürgerrechts  das  dortige  Bürgerrecht  erwer- 
ben konnte  5).    Städte,   welche  in  diesem  Bündniss  standen,  hielten 
ihre  Stellung  für  so  vortheilhaft ,  dass  sie  nicht  allein  im  hanni- 
balischen   Kriege   ihre   Treue   gegen   Rom    bewährten  ß)  ,    sondern 
auch  nach  dem  Bundesgenossenkriege  zur  Annahme  des  römischen 
Bürgerrechtes  wenig  Neigung  zeigten'). 

Die  Beschränkung  der  Souveränität  eines  Bundesstaates  findet  t"" mu  be-' 
dagegen  ihren  Ausdruck  in  der  Clausel  des  Bündnisses:  ut  ^s ^^^^^J^^^^f^^ 
poputus  alterius  populi  maiestatem  comiter  cottservarelj  deren  Sinn    8^®»*- 

1)  S.  Mommsen  in  v.  Sybels  bist.  Zeitschr.  1,  2  S.  332  ff.    Walter  §  83. 
2j  Dies  ist,  wie  in  neuerer  Zeit,  so  auch  im  Alterthum  ein  Vorrecht  sou- 
veräner Staaten.    S.  Mommsen  G.  d.  K.  Münzw.  S.  309. 

3)  S.  die  Nachweisungen  bei  Mommsen  a.  a.  0.  S.  323. 

4)  Polyb.  i),  14,  8:  Ion  o'  äocpdXeia  toi;  cpe6Youaiv  is  xe  xig  NeaitoXiTÖav 
xai  ripaiveaTiNaiv  hi  oe  TiSouptvwv  itöXet  xat  xaii;  dt)^Xaii,  Trpo;  Äs  Ivouoiv  8pxia. 
Liv.  43,  2,  10. 

f))  Cic.  pr.  Balbo  11,  28:  duarum  civitatum  civis  noster  esse  iure  civili  nemo 
polest :  non  esse  huius  civitatis ,  qui  se  alii  civitati  dicarit ,  potest :  neqtie  solum 
dicatione,  quod  in  caUimitate  clarissimis  viris  Q.  Maximo,  (\  Laemäi,  Q.  Philippo 
Nur.eriae,  C.  Catoni  Tarracone ,  Q.  Caepioni ,  P.  liutilio  Zniymae  videmus  acci- 
disse,  ut  earum  civitatum  fierent  cives, sed  etiam  postliminio  potest  civi- 
tatis ßeri  mutatin.  Ib.  12,  29:  civi  Romano  licet  esse  (taditanum  sive  exilio  sive 
postliminio  sive  reiectione  huius  civitatis. 

6)  So  Neapoli»  Llv.  23,  1;  24,  13;  Petelia  Liv.  23,  30;  Croton,  Regium 
Liv.  23,  30. 

7)  So  Heracloa  und  Neapolis.  Cic.  pr.  Balbo  8,  21.  Ein  ähnliches  Beispiel 
kommt  schon  Im  J.  448s=3  30G  vor  bei  Liv.  9,  43,  23:  Hertücorum  tribus  populis^ 
Aletrinali,  Verulano,  Ferentinati,  quia  maluerunt  quam  eivltatem,  suae  leges  red- 
ditac.    Vgl.  c.   45,   7. 


Staaten. 


—     46     — 

ist,  dass  der  in  den  Bund  mit  Rom  eintretende  Staat  nicht  ein 
cieqimm  foediis  erhält,  sondern  als  in  einem  Abhiingigkeits-  oder 
Glientel Verhältnisse  stehend  betrachtet  wird^).  Es  handelt  sich 
also  bei  dieser  Unterscheidung  nicht  um  die  factische  Präpotenz 
des  römischen  Staates,  welche  sich  mit  der  Zeit  gegen  alle  Bun- 
desstadte  geltend  machte  2)  ,  sondern  um  eine  von  Anfang  an 
rechtlich  festgestellte  Unterordnung,  in  welche  wahrscheinlich  der 
grösste  Theil  der  föderirten  Städte  sich  fügen  musste. 
dlÄndes-  Darin  aufgenommen  sind  in  das  Bündniss  mit  Rom  nach  und 

nach  alle  Städte  Mittel-  und  Unteritaliens,  weiche  nicht  entweder 
actives  oder  passives  Bürgerrecht  erlangt  oder  zur  Strafe  in  einen 
Zustand  der  politischen  Unfreiheit  versetzt  waren,  wie  Tarent  im 
zweiten  punischen  Kriege'^)  und  nach  demselben  die  Bruttier "^j  ; 
über  die  Bedingungen  desselben  aber  können  wir  nur  zuweilen 
aus  den  Verhältnissen  einen  Schluss  ziehn,  unter  welchen  das 
foedus  zu  Stande  kam.  Den  ältesten  Theil  der  50c//  bilden  die 
latinischen  Städte,  mit  welchen,  nachdem  sie  anfangs  dem  lati- 
nischen Bunde  angehört  hatten,  später  ein  besonderes  Bündniss 
geschlossen  worden  war,  wie  Tibur,   Praeneste^),  Lavinium^)  und 

1)  Proculus  Dig.  49,  15,  7  §  1:  Über  autem  populus  est  is ,  qui  nullius 
alterius  populi  potestati  est  subiectus :  is  foederatus  est  item,  sive  aequo  foedere  in 
amicitiam  venit  sive  foedere  comprehensum  est ,  ut  is  populus  alterius  populi  mn- 
iestatem  comiter  conservaret.  Hoc  enim  adiicitur,  ut  intelleg atur,  alterum  populum 
superiorem  esse,  non  ut  intellegatur,  alterum  non  esse  liberum :  et  quemadmodum 
clientes  nostros  intelleg irrlns  Liberos  esse,  etiamsi  neque  auctoritate  neque  dignitate 
—  • —  nobis  praesunt ,  sie  eos,  qui  maiestatem  nostram  comiter  conservare  debent, 
liberos  esse  intellegendum  est.  At  fiunt  apud  nos  rei  ex  civitatibus  foederatis  et  in 
eos  damnatos  animadvertimus. 

2)  So  wurde  das  Münzrecht  den  föderirten  Staaten  seit  486=268  entweder 
beschränkt  oder  ganz  entzogen  (Mommsen  a.  a.  0.  S.  322);  das  römische  Geld- 
schuldrecht durch  das  Sempronische  Plebiscit  von  561=193  auf  alle  Italiker  aus- 
gedehnt (Liv.  35,  7)  und  die  Feier  der  Bacchanalien  568=186  in  ganz  Italien 
verboten  (Liv.  39,   18,   7). 

3)  Strabo  6  p.  281 :  Tiept  re  xd  Avvi^eta  %ai  lip  IXeu^epiav  dcpTjp^^Yjaav. 
Liv.  27,  25. 

4)  Gellius  10,  3,  19 :  Romani  —  Bruttios  ignominiae  causa  non  milites  scri- 
bebant,  nee  pro  sociis  habebant,  sed  magistratibus  in  provincias  euntibus  parere  et 
praeministrare  servorum  vicem  iusserunt. 

5)  Polyb.  6,  14,  8.  Liv.  43,  2,  10:  Furius  Praeneste,  Mtdienus  Tibur  exula- 
tum  abierunt  (a.  583  =  171).  Beide  Städte  blieben  verbündet  bis  zur  lex  Julia  (90) 
Appian.  B.  C.  1,  65,  Ob  sie  aber  die  Bedingungen  des  alten  cassianischen  Bünd- 
nisses hatten,  wie  aus  Cic.  pr.  Balbo  23,  53  geschlossen  worden  ist,  bezweifle 
ich,  da  mir  das  Exilrecht  mit  dem  gegenseitigen  Bürgerrecht  nicht  ohne  weiteres 
vereinbar  erscheint.  Auch  bei  den  latinischen  Colonien  wird  das  Exilrecht  nie- 
mals erwähnt. 

6)  Im  J.  414  =  340.  Liv.  8,  11,  15.  Orelli  n.  2276.  Zumpt  de  Lavinio  et 
Laurentibus  Lavinatibus  p.  12. 


—     47     — 

die  hernikischen  Städte  Aletrium  ,  Ferentinum  ,  Verulae  *)  ;  dazu 
kamen  2)  nach  und  nach  die  etruskischen  Städte  3) ,  namentlich 
Populonin^),  Tarquinii ,  Volaterrae,  Arretium ,  Pcrusia ,  Clusium, 
Rusellae^)  ;  in  Umbrien  Tguviumß),  Camerinum'),  OcriculumS), 
die  Samnitischen  Stämme  der  Picenies  •^) ,  Vestini  lo)  ^  Marrucini, 
Marsi,  Peligni,  Frentani  i^j  ;  in  Campanien  Neapolis^^;^  Nola^^), 
Nuceria  1^)  ,  Teanum  Sidicinum  i^)  ;  in  Lucanien  Veliai<^),  Hera- 
clea  ^')  ,  Thuni;!^)  ;  im  Lande  der  Bruttii  Rhegium  i'-^),  Locri^o)^ 
Petelia^i).  Neben  diesen  und  den  übrigen  verbündeten  Staaten,  Latinischp 
über  welche  besondre  Zeugnisse  nicht  vorliegen,  sind  endlich 
die  latinischen  Colonien  zu  erwähnen ,  die  ausdrücklich  zu  den 
dvitates  foederatae  gerechnet  werden  ^2).  Der  Kriegsgebrauch 
nämlich,  besiegten  Völkern  ein  Drittel  des  Landes  zu  nehmen 
und  auf  dieses  Land  eine  Ansiedelung  auszuführen ,  war  nicht 
den  Römern  eigenthümlich  23)  ^  sondern  gemeinsame  Sitte  aller 
Italiker^*).  Auch  die  Latiner  haben  Colonien  gegründet,  welche,  vom Latinei- 
(la  sie  von  dem  Bunde  ausgingen,   in  diesem  eine  Stellung  erhalten    gründet, 

1)  Liv.  9,  43.     Die  Ferentinates  nennt  daher  Liv.  34,  42,  5  Latini. 
2}  Ueber  die  folgenden  Angaben  s.  die  Sammlungen  bei  Mommsen  G.  d.  H. 
Münzw.   S.  322  ff.    Voigt  Das  ins  civile  und  ius  gentium  S.  211  ff. 

3)  Seit  471=283.  Polyb.  2,  20,  5.    Sie  stellen  im  zweiten  punisohen  Kriege 
Hülfstruppen.  Polyb.  2,  24,  5.  Liv.  27,  26,  11. 

4)  Liv.  28,  45,  15.    Ueber  die  Münzen  s.  Mommsen  a.  a.  O.  S.  2U).  285. 
5J  Liv.  28,  45.  Mommsen  a.  a.  0.  S.  219—222. 

ß)  Cic.  pr.  Balbo  20,  47. 

7)  Liv.  9,  30,  7;  28,  45,  20.    Val.  Max.  G,  5,  1.    Cic.  pr.  Balbo  20,  4(i. 

8j  Liv..  9,  41. 

9J  Liv.   10,   10,   12. 
lOj  Liv.  10,  3,  1  vgl.  44,  40,  6. 

11 J  Liv.  9,  45,  18  vgl.  25,  14,  4;  33,  36,  10;  44,  40,  5. 
12)  Seit  428  =  326.  Liv.  8,  26  vgl.  23,  15;  29,  21;  35,  16;  36,  42.  Polyb. 
1,  20;  6,  14.  Cic.  pr.  Balbo  8,  21;  24,  55. 

13j  Liv.  8,  26;  9,  28;  23,  14;  23,  44.    Paulu.s  p.  127  Müll. 
14j  Cic.  pr.  Balb.  11,  28. 

15)  Liv.  22,  57;  23,24;  26,  14. 

16)  Cic.  pr.  Balbo  24,  55,  vgl.  Polyb.  1,  20,  14.  Liv.  26,  39,  5. 

17)  Cic.  pr.  Balbo  8,  21. 

18)  Von  452=302.  Liv,  10,  2;  epit.  11.  Plin.  N.H.  34,  32.  Appian.  S,tmnH. 
7,  1.  2.     Im  J.  560  =  194  wurde  es  latinische  Colonie.   Liv.  34,  53. 

19)  Polyb.  1,  7;   Liv.  26,  39;  31,  31  ;  35,  16;  36,  42;  42,  48. 

20)  Polyb.  1,  20,  14.  Liv.  29,  17  ff. ;  36,  42;  42,  48. 

21j  Appian.  de  bello  Hannibalico  29.  57.  Mommsen  a.  a.  0.   S.  324. 

22j  ("ic.  pr.  Balb.  24,  54  :    LaUniH,   id  enl  foederalin. 

23j  Dionysius  2,   16  macht  CriMlich  den  Komulus  /.um   Krflnder  der  ('olonien. 

24)  So  kommen  Colonien  der  Samnitor  (Liv.  4,  37),  Aeqtier  (Liv.  4,  49), 
Ktrusker  (lladria  Liv.  5,  33j,  der  AntiatiMi  ( Satricnm  Liv.  7,  27),  der  Umbrer 
(Strabo  5  p.  216),  der  Lur^iier  ( PoHidoiiia  Strabo  6  p.  254.  Athenaeim  14,  91 
Schweigh.J  vor,   welche   Iteispiele   Walter  ^  217  anlührt. 


—     48     — 

haben  werden.  Noch  nach  der  Erneuerung  des  Bundes  durch 
Spurius  Cassius  und  der  Aufnahme  der  Herniker  in  das  Bünd- 
niss  helheiligten  sich  bei  diesen  Colonien  Bömer,  Latiner  und 
Herniker  i) ,  aber  auf  alle  Colonislen  ging  der  Name  der  Latini 
über,  von  welchem  der  Bund  selbst  benannt  war.  Nach  den  im 
J.  365=389  beginnenden  Zerwürfnissen  zwischen  den  Bundes- 
mitgliedern war  eine  fernere  gemeinsame  Colonieanlage  unmöglich 
und  die  nach  dieser  Zeit  entstandenen  latinischen  Colonien  Su- 
trium,  Nepete  und  Setia  werden  in  Bom  selbst  beschlossen  sein. 

vonßom  Als  uach  Beendigung  des  Krieges  mit  den  Latinern  (416  =  338) 
und  Ilernikern  (448  =  306)  das  Bündniss  definitiv  aufgelöst  war, 
fuhren  die  Bömer  fort,  in  ihren  ausserhalb  Latiums  erworbenen 
Gebieten  Colonien,  nicht  römischer  Bürger,  sondern  mit  dem 
Bechte  der  bisher  bestehenden  latinischen  Colonien  anzulegen,  so 
dass  man  drei  Perioden  in  dieser  Colonisation  unterscheiden  kann, 
die  des  alten  latinischen  Bundes  vor  261=493,  die  des  Drei- 
völkerbündnisses bis  365=389  und  die  der  römischen  Deduction. 

Verzeich-  Das  Verzeichuiss   der   latinischen  Colonien    ist   nach   Madvie    und 

niss  dersel- 
ben.      Mommsen  folgendes: 

1.  Signia, 

2.  Circeii,  beide  dem  Tarquinius  Superbus  zugeschrieben  2), 
beide  nochmals  deducirt,  die  erste  259  =  495,  die  letztere 
361=393  3). 

3.  Suessa  Cometia  im  Volskerlande, 

4.  Cora  im  Volskerlande,  beide  ebenfalls  vielleicht  aus  der 
Königszeit  ^) . 

5.  Velitrae  im  Volskerlande,  gegründet  260  =  494,  wieder 
aufgehoben  41 6  =  338  &). 


I 


1)  Dionys.  9,  59  sagt  von  der  Colonie  Antiiim  :  ^Xi^tov  xe  d7roYpa4"a|A^vajv 
eSo^e  TT]  ßouXTf]  —  iviix^i^rii  Aaxtvouv  te  -/cti  'Epvixojv  toT;  ßouXofx^vots  t7)<; 
duoixiai;  ^zxiy&i^. 

2)  Liv.  1,  56.    Dionys.  4,  63. 

3)  Liv.  2,  21.    Diodor.  14,  102  vgl.  Liv.  6,  21. 

4)  Liv.  2,  16.  Niebuhr  R.  G.  2,  123.  Madvig  p.  259.  Mommsen  a.  a.  O. 
S.  311. 

5)  Liv.  2,  30.  31.  Dion.  6,  42.  43;  sie  wurde  verstärkt  262  =  492  Liv.  2, 
34.  Dionys.  7,  13  und  nochmals  350=404  Diodor.  14,  34,  wird  aber  nach  416 
=  338  nicht  mehr  erwähnt  und  hat  damals  wahrscheinlich  civitas  sine  suffragio 
erhalten.     Madvig  p.  295.    Mommsen  S.  312. 


—     49     — 

6.  Norba  im  Volskerlande  262  =  4921). 

7.  Anlium  287=467  2),  hernach  416  =  338  in  eine  römische 
Golonie  verwandelt  3). 

8.  Ardea  im  Rutulerlande  312  =  442  4). 

9.  Salricum  im  Volskerlande  369  =  385  5). 
iO.   Sutrium  in  Etrurien  371  =383^). 

11.  Nepete  in  Etrurien  371=383'). 

12.  Setia  im  Volskerlande  372  =  382^). 


13.  Cales  in  Campanien  420  =  334^). 

14.  Fregellae    im  Volskerlande  426  =  328  i«),    wurde  zerstört 
629  =  12511;. 

15.  Luceria  in  Apulien  440  =  314^2). 

16.  Suessa  im  Aurunkergebiete  441=313, 

17.  Pontiac,   Insel  der  Volsker  441=31313). 

18.  Saticula  in  Samnium  441  =313  i^). 

19.  Interamna  Lirinas  im  Volskerlande  442  =  312  i^). 

20.  Sora  im  Volskerlande  451=30316). 

21.  Alba  am  lacus  Fucinus  451=303  1'). 

22.  Narnia  in  Umbrien  455  =  2991^). 

23.  Carseoli  im  Aequerlande  456  =  298  i'^). 

1)  Liv.  2,  34.    Dionys.  7,   13. 

2)  Liv.  3,   1.    Dionys.  9,  59. 
8)  Liv.  8,  14. 

4)  Liv.  4,  11.    DiodoT.   12,  34. 

5j  Livius  6,  16  sagt  zwar:  senatus  —  Satricum  coloniam  duo  millia  civium 
Komanorum  deduci  iussit,  allein  Satricum  gehört  zu  den  30  launischen  Gemeinden 
(Dionys.  5,  61.  Mommsen  R.  G.  1^,  337)  und  kann  erst  später  Bürgerrecht  erhal- 
ten haben.  Nach  ihrem  Abfall  zu  den  Samniten  wurde  sie  43ö  =  319  ganz  auf- 
gelöst. Liv.  9,  16.  Mommsen  G.  d.  R.  Münzw.  S.  313. 

6)  Vellei.  1,   14. 

7)  Liv.  6,  21.  Velleius  setzt  die  Gründung  10  Jahre  nach  Sutrium,  also 
381=373. 

8)  Vellei.   1,   14.    Liv.  6,  30. 

9)  Liv.  8,   16.    Vell.   1,   14. 

10)  Liv.  8,  22. 

11)  Liv.  tpit.  60.  Obsequens  c.  30(90).   Auet.  ad  Herenn.  4,  15,  22  und  öfters. 

12)  Liv.  9,  26;  nach  Diodor.  19,  72  im  J.  439  =  315;  nach  Velleius  431=323. 

13)  Ueber  beide  8.  Liv.  9,  28. 

14)  Festus  p.  340.    Liv.  9,  22.    Vell.   1,   14. 

15)  Liv.  9,  28.    Vell.   1,   14.    Diodor.   19,   105. 

16)  Liv.  10,  1.  Vell.  1,  14.  Livins  9,  Ti.  24  (vgl.  Diodor.  19,  72)  erwähnt 
freilich  schon  439  =  315  C'olonlsten  ,  welche  bei  dem  Abfall  der  Stadt  zu  den 
Samniten  ermordet  wurden  ;    über  diese  Colonie  ist  aber  nichts  weiter  bekannt. 

17)  Liv.   10,    1.    Vell.    1,    14.     Ueber  die  Stadt  h.  Flin.  V.  H    3,    107. 

18)  Liv.   10,   10. 

19)  Liv.   10,   13. 

Um.  Allerth.  IV.  4 


—     50     — 

24.  Venusia  in  Apulien  463  =  294  i). 

25.  Hatria  in  Picenum  4(j5  =  2S9 '-^j. 

26.  Cosa   (in  CampanienV)   481=273»), 

27.  Paestum  in  Lucanien  481  =273  ^]. 


28.  Ariminum  im  aj^er  Gallicu.s  48(5  =  268, 

29.  Benevenlum  in  Samnium  486  =  268,5). 

30.  Firmum  in  Pirenum  490=264  ^^j. 

31.  Aesernia  in  Saninium  491=263'). 

32.  Brundisium  in  Calabrien  510  =  244**). 

33.  Spoletium  in   Unibrien   513  =  241«). 

34.  Gremona  in  Gallien  und 

35.  Placenlia  in  Gallien  536  =  218 1<'). 

36.  Copia    (Thurii)   in  Lucanien  561  =193^1). 

37.  Valentia   (Vibo)   im  Lande  der  Bruttier  562  =  192  ^ 

38.  Bononia  in  Gallien  565  =  18913). 

39.  Aquileia  in  Gallien  573  =  181  ^*). 


römisch. 


Die  coioniae  Vergleicht  man  das  Verzeichniss  der  latinischen  Colonien  seit 

bipibeu  416  =  338  mit  dem  der  Bürge rcolonien  derselben  Periode,  so 
findet  man,  dass  bis  zum  Endß  des  zweiten  punischen  Krieges 
die  letzteren  immer  noch  zum  Schutze  der  beiden  Seeküsten  Ita- 
liens  ausgeführt  wurden  '•'')    und  die   vacatio  militiae    für  sich  in 

1)  Dionys.  Exe.  p.  2335.    Vell.   1,   14. 

2)  Liv.  epit.   11. 

3)  Liv.  epit.  14.    Vell.  1,  14.     Die  Lage  ist  unbekannt.     S.  darüber  Moinm- 
sen  G.  d.  R.  Münzw.  S.  315. 

4)  Vell.   und  Liv.  a.  a.  O. 

5)  Ueber  beide  s.  Vell.   1,   14.    Liv.   epit.   15.    Eutrop.  2,   16. 

6)  Vell.   1,   14. 
7}  Vell.   1,   14.    Liv.  epit.   16. 

8)  Vell.   1,  14.    Liv.  epit.   19. 

9)  Vell.   1,   14.    Liv.  epit.  20. 

10)  Asconius  in  Cic.  Pisoniantim  p.  3  Or.  Polyb.  3,  40.  Liv.  ep.  20.  Vell. 
1,  14,  8. 

11)  Liv.  34,  53.  Es  scheint  dieselbe  Colonie,  welche  iji  das  castrum  Frenti- 
num  geführt  wurde.    Liv.   35,   9.    Momrasen  S.  316. 

12)  Liv.  35,  40,  vgl.  34,  53.    Velleius  setzt  sie  schon  515=239. 

13)  Liv.  37,  57.    Vell.  1,  15. 

14)  Liv.  40,   34.    Vell.  1,   15.    Mommsen  C.  I.  L.  I  n.  538;  V  p.  83. 

15)  Dass  nämlich  alle  sogenannten  coioniae  marilimae  Bürgercolonien  sind, 
beweist  Madvig  p.  2G5  daraus,  dass  Livius  27,  9.  10,  wo  er  die  im  J.  545=209 
bestehendeai  latinischen  Colonien  aulzählt,  diese  nicht  aufführt;  dass  bei  Liv. 
36,  3  die  coioniae  niaritimae  das  auxilium  tribunicium  anrufen  und  das»  die 
Aushebung  in  ihnen  durch  römische  Magistrate  geschieht. 


—     51     — 

Anspruch  nahmen  ^)  ,  welche  den  alten  Bürgercolonien  insofern 
gewährt  worden  war,  als  der  Stationsdienst  als  Kriegsleistung 
ancesehn  wurde  2).    Zur  Besetzunc;  des  ausserhalb  Latiums  erober- Die  Kolonien 

"  '  '^  im  Binnen- 

ten  Landes  bedienten  sich  daeeeen  die  Römer  in  der  Re^el  nicht  lande  sind 

^  latinisch. 

mehr  der  eigenen  Bürger,  sondern  verbündeter  und  verwandter 
Stämme,  welche,  nunmehr  unter  sich  ohne  alle  Verbindimg,  mitten 
unter  fremden  und  eben  unterworfenen  Völkern ,  zum  fortwäh- 
renden engen  Anschluss  an  Rom  durch  ihre  Lage  selbst  gezwun- 
gen waren,  und  den  ihnen  assignirten  Acker  als  eine  Wohlthat 
annahmen,  woiiegen  die  römische  Bürgerschaft  zusammen  blieb 
und  nur  ärmere  Personen  aus  derselben  \on  der  Erlaubniss  Ge- 
brauch machten,  mit  Aufgabe  ihres  Bürgerrechtes^)  um  des  Acker- 
besitzes willen  sich  einer  latinischen  Colonie  anzuschliessen.  Nur 
noch  zweimal  finden  wir  später  Bürgercolonien  zum  Schutz  erober- 
ten Landes  angelegt,  einmal  nach  dem  zweiten  punischen  Kriege 
in  den  von  Hanni])Hl  längere  Zeit  besessenen  Gegenden  Unter- 
italiens, wo,  während  die  Einwohner  selbst  hart  bestraft  wurden, 
an  der  Küste  mehrere  co/oniae  marilimae ,  im  Binnenlande  da- 
gegen zwei  latinische  Colonien  gegründet  worden  sind^),  und 
zuletzt  zur  Befestigung  der  römischen  Herrschaft  auf  dem  galli- 
schen Gebiete. 

Die  latinischen  Colonien  der  letzten  unter  den  drei  oben  be-    ^ahi  der 

Colonisten. 

zeichneten  Perioden  wurden  zwar,  wie  die  Bürgercolonien,  auf 
Beschluss  des  Volks  durch  Iriumviri  ausgeführt'»),  allein  sie  waren 


\)  iAs.  27,  38;  36,  3. 

2)  Husehke  Die  Verf.  des  Servius  Tullius   S.  481  ff. 

3)  Der  rivia  Romanua  ,  welcher  sich  in  eine  latinische  Colonie  einschreiben 
Hess,  erlitt  capitis  diminutio  minor,  (laius  !J,  56 :  Latinos  ideo  (appeUatos  esse), 
quia  lex  eos  liberos  perinde  esse  voluit  atque  si  essent  cives  liomani  inyenui ,  qui 
ex  urhe  Roma  in  Latinas  colonias  deducti,  Latini  rotoniurii  esse  coeperunt.  1,  131 
nach  Hu8<hke8  Restitution  :  olim  quidern,  quo  tempore  popuius  Romnnus  in  La- 
tina»  reyiones  colonias  deducebat ,  qui  iussu  parentis  profectus  erat  in  Latinam 
colonlam,  et  ipse  ex  polestate  exibat,  cum  qui  itu  civitate  Romana  cesserant,  ncci- 
perenlur  alterius  civitatis  cives.  Boethius  in  Cic.  Topica  p.  302  Or.  :  media  vero 
(capitis  deminutio)  est,  in  qua  civitas  amittitur,  retinetur  libertas,  ut  in  Latinas 
colonias  tranamiy ratio.  Cic.  pr.  Caecirut  33,  98 :  certe  quaeri  hoc  solere  me  non 
praeterit  —  quewtdmodum ,  si  civitas  adimi  non  possit,  in  colonias  Latinas  saepe 
nostri  cives  profecti  sint.  Aut  sua  voluntate,  aiit  leyis  multa  profecti  sunt:  quam 
multam  si  mfferre  voluissmt ,  tum  manere  in  civitate  potuisscnt.  Cic.  pr.  domo 
30,  78:  qui  cives  Romani  in  colonias  Latinas  profiriscebimtur  ,  fieri  non  pnterant 
Latini,   qui  non  erant  auctores  facti  nomtnque  dederant. 

A)  8.  über  di'-  r.'Mti..r  <M-Iliii  \i\,  :\.  l'anlns  -^  v  Unilinui  ).  .!l  M. 
I.iv.   34,   53. 

r^)  I,iv.  :i\.  :i  ; 

4* 


—     52     — 

darin  von  jenen  wesentlich  verschieden,  dass  sie  nicht  in  kleiner 
Anzahl  als  praesiilia  in  bewohnte  Städte  {gelegt,  sondern  in  grossen 
Massen  zu  neuen  Slädteanlagen  gebraucht  wurden.  Cales  z.  B. 
erhielt  2500,  Luceria  ebensoviele,  Alba  6000,  Sora  4000  Coloni- 
sten,  eine  Anzahl,  die,  wenn  nian  Weiber  und  Kinder  hin- 
Hechteder  zurcchuct,  zur  Bcvölkcrung  einer  Stadt  hinreichte.  Die  neue 
eoioniuru.  (ieineindc  bildet  einen  souveränen  Staat,  ist  nicht  verbunden, 
römische  Gesetze  anzunehmen,  ausser  wenn  sie  dieselben  beson- 
ders genehmigt  (fimihts  fit)  ^) ,  ist  keinem  römischen  Magistrate 
unterworfen'^)  und  besitzt  das  Münzrecht,  dessen  die  Bürgercolo- 
nien  entbehren,  da  sie  in  die  civüas  Homana  aufgehn  ;  ihre  Mit- 
glieder sind  peregrini'^)  und  dienen  daher  nicht  in  den  Legionen, 
sondern,  wie  die  übrigen  Bundesgenossen  in  nlae  und  cohortes. 
Im  Uebrigen  traten  die  latinischen  Colonien  auch  nach  dem  Jahre 
416  =  338  in  dasselbe  Rechlsverhältniss  ein,  in  welchem  sich 
damals  die  ursprünglichen  Bundesslädte,  wie  Tibur  und  Praeneste, 
erhalten  hatten  :  sie  bildeten  mit  diesen  zusammen  das  nomen 
Lutinum^)  j  welches  zwar  keine  politische  Einheit,  aber  einen 
bevorzugten  Theil  der  socii  bezeichnet,  der  sich  noch  im  Genüsse 
eines  Theils  der  Zugeständnisse  befand ,  welche  das  cassianische 
ßündniss  den  latinischen  Städten  gewährt  hattet),  namentlich  des 
commercium  ^) ,  des  connubium  ^)   und  des  Niederlassungsrechtes  in 

1)  Fundus  ist  auctor.  Plautus  Trin.  b,  1,  6  (1122):  nunc  mi  is  propere 
conveniundust,  ut,  quae  cum  eius  ßlio  egi,  ei  rei  fundus  pater  sit  potior.  Gellius 
16,  13:  municipes  sunt  cives  Romani  ex  municipiis ,  —  —  nulla  populi  Bomani 
lege  adstricti,  ni  in  quam  populus  eorum  fundus  factus  est.  19,  8:  non  ut  huius 
sententiae  legisque  fundus  suhscriptorque  fierem.  .Cic.  pr.  Balh.  8,  21  :  tulit  apud 
maiores  nostros  legem  C.  Furius  de  testamentis ,  tulit  Q.  Voconius  de  mulierum 
hereditatibus,  innumerabiles  aliae  leg  es  de  civili  iure  sunt  latae ;  quas  Latini  voiue- 
runt,  adsciverunt ;  ipsa  denique  lege  lulia ,  qua  lege  civitas  est  sociis  et  Latinis 
data ,  qui  fundi  populi  facti  non  essent ,  civitatem  non  haberent.  So  hatten  die 
latinischen  Städte  ein  eigenes  ius  sponsaliorum ,  welches  den  Römern  unbekannt 
war.    Gell.  4,  4. 

2)  Von  Nemausus  in  Gallien,  welches  latinische  Stadt  war,  sagt  Strabo  4 
p.  187 :  hia  he  toDto  ouS"  uttö  -01?  Tzpoaxd^iKaai  xüjv  ix  xfji;  'PwfXY);  OTpaTTj^öJv 
ioxi  TÖ  IQ^vo;  toOto. 

3)  Gaius  1,  79  :  sed  ad  alias  Latinos  perünet,  qui  proprios  populos  propriasque 
civitates  habebant  et  erant  peregrinorum  numero.   Liv.  43,  13  :   duo  non  suscepta  pro- 

digia  sunt alterum,   quod  in  loco  peregrino  (factum  esset):   Fregellis  —  hasta 

—  arsisse  —  dicebatur. 

4)  Sie  heissen  socii  Latini  nominis.  S.  die  Stellen  bei  Kiene  Rom.  Bundes- 
genossenkrieg S.  112  ff. 

5)  Auf  dieses  führt  noch  Cicero  pr.  Balbo  23,  53  das  Recht  von  Tibur  und 
Präneste  zurück.     Doch  s.  oben  S.  46  Anm.  5. 

6)  Dies  geht  namentlich  daraus  hervor,  dass  ein  Latiner  seine  Kinder  einem 
Römer  mancipiren  konnte.  Liv.  41,  8.  S.  Walter  G.  d.  R.  R.  §  85.  87.  227  Anm.  29. 

7)  Hiefür  fehlt  ein  besiimmtes   Zeugniss   uiid  die  Meinungen    sind  hierüber 


—     53     — 
Rom.     Allein   in   diesen  Zueeständnissen    sind   später  wesentliche  Beschrän- 

kungen 

Beschränkungen  eingetreten  *) .  Denn  wie  bei  der  Auflösung  des  derselben. 
latinischen  Bundes  den  latinischen  Städten  ein  Theii  ihrer  Rechte 
verloren  ging,  nämlich  die  Befugniss  zu  jeder  politischen  Verbin- 
dung untereinander,  die  gegenseitige  Ehegemeinschaft  und  das 
gegenseitige  Commercium,  so  hat  auch  die  Unterwerfung  des  gan- 
zen Italiens  den  Unterschied  des  herrschenden  Volkes  und  der 
Verbündeten  immer  ungleicher  gestaltet,  den  Zutritt  zu  dem  rö- 
mischen Bürgerrechte  erschwert  und  die  Weiterbewilligung  des 
alten  Latinerrechtes  an  neue  Gemeinden  aufhören  lassen.  Wir 
haben  hierüber  ein  zwar  vereinzeltes,  aber  bestimmtes  Zeugniss 
des  Cicero,  nach  welchem  Sulla  durch  eine  lex  Cornelia  sowohl 
andern  Municipien^)  als  auch  Volaterrae  das  Bürgerrecht  nahm 
und  ihnen  nur  das  Commercium  liess,  indem  er  sie  in  die  Classe 
der  zwölf  latinischen  Colonien    versetzte,    welche   das  Recht   von    Jüngeres 

1  1.    1  T-.  Recht  der 

Ariminum  hatten  3).   Er  memt,   wie  nach  vielen  vergeblichen  Er-i2Coionien. 
klärungsversuchen  dieser  Stelle  ^)   zuerst  Mommsen  bemerkt  hat^), 

getheilt.  S.  Walter  ^  227  Aiim.  30.  Man  kann  daher  nur  sagen,  dass  die  An- 
nahme des  connubiurns  wahrscheinlich  ist  (Mommsen  R.  G.  1^,  104.  411),  zumal 
da  dasselbe  auch  später  noch  an  pereyrini  ertheilt  wurde.  S.  die  von  Momm- 
sen angeführten  Stellen  Diodor.  Excerpta  de  virt.  p.  590 ,  62  Wess. ;  fr.  Vat. 
p.  130  Dind. 

1)  Ueber  die  Rechtsverhältnisse  der  Latini  s.  Savigny  l'eber  die  Entstehung 
und  Fortbildung  der  Latinität,  zuerst  herausgeg.  in  Abh.  d.  Berliner  Acad.  1812. 
1813,  sodann  in  Zeitschr.  f.  gesch.  Rechtswiss.  5,  2.  1823  S.  229—241,  zuletzt 
in  Savigny's  Verm.  Schriften,  Berlin  1850.  8.  Bd.  1,  14 — 28.  Savigny  Der  röm. 
Volksbeschluss  der  Tafel  von  Heraclea  in  Zeitschr.  f.  gesch.  Rechtswiss.  9,  3 
8.  300—378;  Verm.  Sehr.  3,  279—412.  Madvig  a.  a!  0.  Walter  §227.  Rein  in 
Pauly's  Realenc.  4,  818  ff.  Kudorff  R.  Rechtsgesch.  1  §  11.  Zumpt  Stud.  Rom. 
p.  354  und  im  Philologus  17,  1  (1860)  p.  111  ff.  Huschke  Gaius,  Beiträge  zur 
Kritik  und  zum  Verständniss  seiner  Institutionen.   Leipz.  1855.  8  S.  3  ff. 

2)  Cic.  pr.  dorn.  30,  79 :  populus  Romanus  L.  Sulla  dictatore  ferente  co- 
mitiis  cenlurintis  municipiis  chntatem  ademil.  Sallust.  Hist.  1  fr.  41  p.  12,  6 
Dietsch. 

3)  Cic.  pr.  (^aecina  35,  102:  iubet  enim  {^Sulla  Volaterranos)  eodern  iure 
enne,  quo  fuerint  Ariminenaes,  quos  quis  iynorat  duodecim  coloniarum  fuisse,  et  a 
civibua  Romania  hereditates  capere  potuisse? 

4)  Ueber  diese  Stelle  handeln  Savigny  Verm.  Sehr.  1,  20—26;  3,  301  —302 
[Savigny  denkt  an  die  12  latinischen  Colonien,  welche  im  zweiten  punischen 
Kriege  von  Rom  abfielen  f  Liv.  27,  9.  10;  29,  15),  während  18  treu  blieben. 
Von  diesen  letzteren,  glaubt  er,  rede  Cicero,  und  es  sei  daher  in  der  angeführten 
Stelle  XII  in  XIIX  zu  ändern].  Vangerow  Latini  luniani  ^  19.  Madvig  a.  a.  0. 
p.  282.  283.  Huschke  Servius  Tullius  S.  571.  C.  G.  Zumpt  Ueber  die  Bevölke- 
rung im  Alterthum  N.  26.  A.  W.  Ztimpt  Comm.  ep.  I  p.  230—239.  Eine  Kritik 
der  verschiedenen  Ansichten  giebt  Walter  §253  Anni.  84. 

5)  Mommsen  G.  d.  R.  Münzw.  S.  317  ff.  Ihm  folgen  Rudorff  R.  Rcchtsge- 
nchichto  I  S,  30;  Lange  2,  118;  Voigt  Das  iua  civile  uud  tut  yentium  der  Römer 
H.  348  ff. 


-     54     — 

die  zwölf  jüngsten  Colonien  unseres  Verzeichnisses,  Ariniinuui, 
Benevonluni,  Firmuiu,  Aesernia ,  Brundisium,  Spoletium ,  Cre- 
raona  ,  Piacentia ,  Gopia  ,  Valentia ,  Bononia  ,  Aquileia ,  und  lasst 
erkennen,  dass  seitdem  J.  486=^268  den  latinischen  Colonien 
nicht  mehr  die  bis  dahin  anerkannten  Vorrechte  bewilligt,  son- 
dern ein  anderes  Recht  gegeben  wurde,  nämlich  dasjenige,  wel- 
ches spiiler,  wie  wir  sehen  werden,  dem  transpadanischen  Gal- 
lien und  verschiedenen  sicilischen  Städten ,  und  unter  den  Kai- 
se>rn  ganzen  Provinzen  verliehen  worden  ist.  Worin  der  Unter- 
schied der  älteren  und  jüngeren  latiuischen  Gemeinden  lag*),  ist 
zwar  vollständig  nicht  mehr  zu  erkennen,  in  drei  Puncten  aber 
noch  deutlich  nachweisbar. 
BeHchrän-  Zucrst  ist  dcu    jüneercn    latinischen  Städten  ein  Hauplerfor- 

kung  des  j        o 

Münzrechts,  derniss  der  Souveränität,  das  Münzrecht,  entweder  gar  nicht,  oder 
nur  in  beschränkter  Weise  zugestanden  woi*den;  von  den  ge- 
nannten zwölf  Colonien  haben  fünf,  nämlich  Spoletium,  Bononia, 
Piacentia,  Cremona,  Aquileia  überhaupt  nicht,  die  übrigen  sieben 
nur  in  Kupfer  gemünzt  2)  ;    zweitens  haben  sie  zwar  commercium 

des  com«-  mit   den  Römern  3)  ,    aber  nicht   connubium^]:    und  drittens    sind 


biuiii, 


ihren  Gemeindemitgliedern  für  die  Erwerbung  des  römischen  Bür- 
gerrechtes neue  und  erschwerende  Bedingungen  gestellt  worden. 
Die  Latiner,  welche  sich  noch  im  Besitze  der  alten  Vorrechte  befan- 
den, hatten  die  Befugniss,  sich  in  Rom  niederzulassen,  dort  ein 
Passivbürgerrecht  auszuüben  und  sogar  an  den  Comitien  einen  ge- 
wissen Antheil  zu  nehmen  (S.  25);  auch  die  Erwerbung  des  vollen 
römischen  Bürgerrechtes  war  ihnen  durch  ein  Gesetz  ausdrück- 
lich gestattet ,    im  Falle  sie  einen  Sohn  in  ihrer  Colonie    zurück- 

1)  Die  Stellen,  in  welchen  altes  und  neues  Latium  unterschieden  -wird,  ge- 
hen üher  die  vorliegende  Frage  keinen  Aufschluss.  Denn  wenn  Tacitus  Ann. 
4,  5  sagt,  die  cohortes  urhanae  und  praetoriae  seien  ausgehoben  worden  Etruria 
fermr  Vmbriaque  aut  vetere  Latio  et  colonis  antiquitus  Romanis,  so  meint  er,  wie 
Nipperdey  richtig  erklärt,  die  Städte ,  welche  vor  der  lex  Julia  latinisches  Recht 
gehabt  hatten;  und  wenn  Plinius  in  Spanien  oppidani  Latii  veter is  (3,  25),  mu- 
nicipia  Latii  antiqui  (A,  117),  oppida  Latio  antiquitus  donata  {3,  7),  oppida  Lati- 
noTum  veterum  anführt,  sp  meint  er  die  Städte,  welche  vor  Vespasian  das  ius  Latii 
erhalten  haben.    S.  Rudorff  De  maiore  ac  minore  Latio  p.  22. 

2)  Mommsen  G.  d.  R.  Münzw.   S.  319. 

3)  l'lpian  fr.  19,  4;  mancipatio  locum  habet  inter  cives  Romanos  et  Latinos 
coloniarios  Latinosque  lunianos  eosque  peregrinos ,  quibus  commercium  datum  est. 
Ausführlich  handelt  hierüber  Mommsen  Die  Stadtrechte  S.  401  Anm.  27. 

4)  Uipian  fr.  5,  4 :  connubium  habent  cives  Romani  cum  civibus  Romanis ; 
cy,n%  Latinis  autem  et  peregrinis  ita,  si  concessum  sit.  In  der  Urkunde  von  Sal- 
pensa  und  Malaca  findet  sich  keine  Erwähnung  des  connubium. 


—     55     — 

Hessen  i) .  Je  grösser  die  Neigung  der  Latiner  war,  diese  Freiheit 
selbst  mit  Umgehung  der  gesetzlichen  Bedingung  2)  und  zum  Nach- 
theil ihrer  heimatlichen  Gemeinde  ^]  zu  benutzen ,  desto  geringer 
wurde  in  Rom  die  Bereitwilligkeit,  immer  aufs  Neue  Latinern  die 
Gleichberechtigung  zuzugestehn,  und  namentlich  ihnen  den  Zutritt 
zu  den  Ehrenämtern  zu  gestatten^).  Man  wies  im  J.  567  =  187  f^^^gj^-^ 
12000  Latiner  aus  Rom  aus-^)  und  wiederholte  diese  Maassregel 
zehn  Jahre  später  ^)  ,  aber  der  Uebelstand  dauerte  fort  bis  zum 
Ende  dieser  Periode  "^j  ,  und  mit  demselben  steht  es  offenbar  im 
Zusammenhange,  dass  man  den  Latini  coloniarü  seit  486  =  268 
diese  Freiheiten  nicht  mehr  zugestand,  sondern  ihnert  den  Eintritt 
in  das  römische  Bürgerrecht  nur  in  einzelnen  Fällen  als  eine  per- 
sönliche Belohnung  gestattete.  Dieser  Fälle  sind  zwei.  Einmal  Werbung  des 
erwerben  diejenigen  der  jüngeren  Latini  die  civitas  Romana,  ^Mrger-" 
welche  in  ihrer  Gemeinde  einen  honor ^  d.  h.  das  Amt  eines 
duumvir ,  aedilis  oder  quaestor  bekleidet  haben  ^) ,    und   zweitens 

1)  Liv.  41,  8,  9  vom  Jahr  577  =  177:  lex  sociis  nominis  Latini,  qui  stirpem 
ex  sese  domi  relinquerent,  dahat,  ut  cives  Romani  fierent.  Lange  2,  120  verrau- 
thet,  es  sei  bei  der  Gründung  von  Cales  (420  =  334)  und  Fregellae  (426  =  328) 
gegeben,  um  die  Bürger  zur  Theilnahme  an  den  latinischen  Colonien  willfährig 
zu  machen. 

2)  Liv.  41,  8,   10  und  dazu  Huschke  Gaius  p.  8. 

3)  Bei  Liv.  41,  8  sagen  die  Gesandten  der  socii  nominis  Latini:  perpaucis 
lustris  futurum,  ut  deserta  oppida,  deserti  agri  nulium  militem  dare  possint. 

4)  Liv.  23,  22 ;  34,  42. 

5)  Liv.  39,  3. 

6)  Liv.  41,  9,  9. 

7)  Das  letzte  Gesetz,  welches  sich  mit  demselben  besehäftigt ,  ist  die  lex 
Licinia  et  Mucia  de  civibus  regundis  vom  J.  609=:  95.  Asconius  p.  67:  cum 
aumma  cupiditate  civitatis  Romanae  Italici  populi  tenerentur,  et  ob  id  magna  pars 
eorum  pro  civibus  Romanis  se  gereret,  necessaria  lex  visa  est,  ut  in  suae  quisque 
civitatis  ius  redigeretur.     Verum  ea  lege  ita  alienati  animi  sunt  principum  Italico- 

rum  populorum,  ut  ea  vel  maxima  causa  belli  Italici fuerit.    Cic.  pr.  Best. 

13,  30.    Schol.  ßobiens.  p.  296. 

8)  Dieses  Recht  erhielten  im  J.  665  =  89  durch  den  Consul  Cn.  Pompeius 
Strabo  die  transpadaniscben  Gemeinden ,  wie  es  bis  dahin  die  andern  latinischen 
Städte  gehabt  hatten.  Ascon.  in  Pisonianam  p.  3:  Pompeius  enim  non  novis  co- 
lonis  eaa  (colonias)  constituit,  sed  veteribus  incoUs  manentibus  ius  dedit  Latii,  ut 
possent  habere  (KudorfT  liest:  ut  postea  haberenl)  ius,  quo<i  ceterae  Latinae  coio- 
niae ,  id  est,  ut  yerendo  mayistratus  civitatem  Romanam  adipiscerentur.  Von  (.'o- 
uium ,  welches  695=59  latinische  Colonie  wurde  und  .seitdem  Novum  Coniuni 
heisst  (s.  .Madvig  p.  291.  Zumpt  Comm.  epigr.  1,  308),  säst  Appian.  B.  C.  2,  26: 
7r(5Xiv  li  Ne^xojfAov  6  Koiiactp  1;  AotTiou  Jixaiov  <iix(xei  wv  oaot  xat  Ixoc  '^p/ov, 
i^ipovio  l'tojxoitoov  TCoXiTa'.  •  xöoe  ^dp  is/yei  t6  Aaxiov.  Cic.  ad  Att.  5,  ll,  2. 
Strabo  4  p.  1H7  :  N^jAauaoc  —  —  e/o'jaa  x«i  t6  xaÄo'jfACvov  Aflixiov,  tuorc  tccjc 
dl^icoH^vTa;  dYOf>avö|Ala;  xai  Ta(A(etac  iv  Ncfi-oi'jou)  Paip.alouc  UTrdp/eiv.  Lex  mu~ 
nicipii  Salpensnni  (Mommseu  Die  Stadfrechte  S.'374«=sf'.  i.  L.  2,'  1963.)  \Ru- 
brica.     Lt  mayistratus   civitatem   Romanam   eonse^uantur.     XXI  ....   Qui  11  vir 


—     56     — 

wurde,  nachdem  die  lex  Aciltu  repetundarum  des  Jahres  631  oder 
632  (123  oder  122)  jedem  Peregrinen ,  wenn  er  eine  Anklage 
nach  diesem  Gesetze  durchführte,  entweder  das  römische  Bürger- 
recht i)  ,  oder,  wenn  er  dieses  nicht  wünschte,  wenigstens  das 
Provocationsrecht  der  römischen  Bürger  2)  als  Belohnung  zuge- 
sichert hatte,  durch  die  lex  Servilia  repetundarum  des  J.  643= 
111  3)  diese  Belohnung  den  Latinern  allein  vorbehalten'*).  Die 
zweite  Art  der  Erwerbung  des  Bürgerrechtes  konnte  nur  selten  vor- 
kommen :  die  erste  war  die  regelmässige ;  auf  sie  bezieht  sich  die 
Formel  per  Lalium  venire  in  civäalem^).  In  der  Kaiserzeit  ist  aber 
auch  in  Beziehung  auf  die  erste  Art  der  Unterschied  gemacht 
worden,    dass  der  Latinus ,    welcher  einen  honor  bekleidet  hatte, 

aedilis  quaestor  ex  hac  lege  f actus  erit,  cives  Romani  sunto  cum  post  annum  ma- 
gistratu]  abierint,  cum  parentibus  coniugibusque  ac  liberis.  Vgl.  cap.  XXII.  XXIII. 
XXV.  Inschrift  von  Tergeste  aus  der  Zeit  des  Antoninus  Pius  C.  1.  L  6  n.  532 
col.  2,  3:  impetrando,  uti  Carni  Catalique  attributi  a  divo  Auyusto  rei  publicae 
nostrae  —  per  aedilitatis  gradum.  in  curiam  nostram,  admitterentur  ac  per  hoc  ci- 
vitatem  Romanam  apiscerentur ,  et  aerarium  nostrum  ditavit  et  curiam  complevit 
et  universam  rempublicam  nostram  cum  fomentis  ampliavit  admittendo  ad  honorum 
communionem  et  usurpationem  Romanae  civitatis  et  optimum  et  locupletissimum 
quemque.   C.  J.  L.  2  n.  1631 :   L.  lunius  Faustinus^  L.  lunius  L.  f.  Mamius  Fau- 

stinus  c(ivitatem')  R(omanam)  per  honorem  consec(uti}.  Ib.  n,  2096  : m(uni- 

cipes^  m(unicipii)  ben^eficio')  imp.  Caesar is  Auy.  Vespasiani  —  —  c[ivitatem) 
R^omanam)  cons{ecuti^  cum  u[x]or[e  et  liberis]  per  hon(orem  II  vir{atus').  Dalier 
führt  ein  gewesener  Ilvir  in  seinem  Namen  die  Tribus.  Inschr.  v.  Astigi  in 
ßaetica  C.  I.  L.  2,   1478. 

1)  C.  /.  L.  I,  198  lin.  76  :  de  ceivitate  danda.  Sei  quis  eorum,  quei  ceivis  Ro- 
manus non  erit,   ex  hac  lege  alterei  nomen [ad  praetor]em,  quoius  ex  hac  lege 

quaestio  erit^  detolerit,  et  is  [eo]  iudicio  hace  lege  condemnatus  erit,  tu[m  eis,  quei 
eius  nomen  detolerit,   quoius  eorum  opera  maxime  unius  eum  condemnatum  esse  ei 

iudicio  constiterit,    sei  volet ipse  filieique   quei  eiei  gnatei  erunt,    cum] 

ceivis  Romanus  ex  hace  lege  fiel,  nepotesque  [tu]m  eiei  filio  gnateis,  civeis  Romanei 
iustei  sunto  j  [et  in  qua  tribu,  quoius  is  nomen  ex  hace  lege  detolerit,  sufragium 
tulerit,  in  ea  tribu  sufragiu]m  ferunto  inque  eam  tribum  censento. 

2)  Ibid.  lin.  78  und  dazu  Mommsen  p.  71.  Dies  Privilegium  sicherte  dem 
Latiner  die  Vortheile  der  lex  Valeria  (Liv.  10,  9)  und  der  drei  leges  Porciae, 
d.  h.  die  Provocation  gegen  körperliche  Strafen,  welche  dem  gewöhnlichen  Latinus 

nicht  zustand.     Sali.   lug.  69:    Turpilius condemnatus  verberatusque  capite 

poenas  solvit :  nam  is  civis  ex  Latio  erat.    Rudorff  a.  a.  0.  p.   15  ff. 

3)  Mommsen  a.  a.  0.  p.  55. 

4)  Cic.  pr.  Balb.  23,  53 :  quomodo  L.  Cossinius  Tiburs  —  —  damnato 
T.  Coelio,  quomodo  ex  eadem  civitate  T.  Coponius  —  damnato  C.  Massone  civis 
Romanus  est  factus  ?  —  24,  54 :  quod  si  acerbissima  lege  Servilia  principes  viri 
et  gravissimi  cives  hanc  Latinis,  id  est  foederatis,  viam  ad  civitatem  populi  iussu 
patere  passi  sunt  —  —  cum  praeserlim  genus  ipsum  accusationis  et  nomen  et 
eiusmodi  praemium,  quod  nemo  assequi  posset  nisi  ex  senatoris  calamitate ,  neque 
senatori  neque  bono  cuiquam  nimis  iucundum  esse  posset,  dubitandum  fuit,  quin  quo 
in  genere  iudicum  praemia  rata  essent ,  in  eodem  iudicia  imperatorum  valerent? 
Num  fundos  igitur  factos  populos  Latinos  arbitramur  aut  Serviliae  legi  aut  cete- 
ris,   quibus  Latinis  hominibus  erat  propositum  aliqua  ex  re  praemium  civitatis? 

5)  Plin.  paneg.  37.    Gaius  1,  95. 


—     57     — 

in   einigen  Gemeinden   nur   für   seine    Person   den  Anspruch   er-     LuUum 

1       •  •  m   •!  •         1        -1  maius  und 

langte,  sich  m  eine  Tribus  einschreiben  zu  lassen,  in  andern  minm. 
Gemeinden  dagegen  mit  seiner  ganzen  Familie,  seinen  Eltern,  seiner 
Frau  und  seinen  Kindern  des  Bürgerrechts  theilhaftig  wurde  i), 
und  dies  ist  der  Unterschied,  welchen  die  Ausdrücke  Latium  maius 
und  Laif  um  minus^)  bezeichnen,  welche  auf  die  hier  in  Rede  ste- 
hende Zeit  keine  Anwendung  zu  haben  scheinen. 


Zweite  Periode. 

Italien  nach  dem  Bundesgenossenkriege.    Erweiterung 
Italiens  durch  Hinzuziehung  von  Gallia  Cisalpina. 

Das   Verhältniss    der   Bundesstädte,    von    welchen    wir   i^e- ,^'nz«^"«- 

'  ^        denheit  der 

^prochen  haben,  war  durch  die  wachsende  Macht  Roms  schon  itaiiker. 
nach  dem  zweiten  punischen  Kriege  ein  so  ungleiches  geworden, 
dass,  während  die  Lasten  der  fortdauernden  Kriege  grossentheils 
den  Verbündeten  aufgebürdet  wurden,  die  Früchte  der  Erobe- 
rungen den  Römern  allein  zu  Gute  kamen.  Seit  dem  J.  536=218 
hatten  die  socii  doppelt  so  viel  Truppen  gestellt,  als  die  Römer  ^) 
und  ihr  Contingent  selbst  besoldet  ^) ,  bei  dem  Triumph  des 
C.  Claudius  Pulcher  über  die  Ligurer  577  =  177  erhielten  sie 
dagegen  als  Triumphalgeschenk  die  Hälfte  von  dem ,  was  die 
römischen  Soldaten  bekamen''),  und  bei  der  Ackerassignation  in 
Ligurien  im  J.  581  =  173  wurden  den  Römern  zehn,  den  Lali- 
nern  drei  iuyera  angewiesen**).     Dies  sind  nur  einzelne  Beispiele 

1)  Lex  munic.  Salpens.  v..  21.  Mommsen  Stadtrechte  S.  405.  Rudorff  De 
tnaiore  ac  minore  Latio  ad  Gaimn  1,   95.  96  disputatio  critica,   Berol.  1860.  4. 

2)  Gaius  1  ,  95  nach  Uudorffs ,  Moiiimsens  und  Huschkeü  Itcätitution  in 
Ffuschke  lurisprudentiu  anleiustiniana :  alia  causa  est  eorurn ,  qui  F^ati[i  iure]  cum 
hherii*  suis  ad  ciritatem  Romanam  perveniunt ;  nam  horum  in  potestate  fiunt  liheri. 
'Juod  ius  quibusdam  pe\r€yrinis  civitalibus  cnmpetit,   si  modo  maius  Jjatium  habent. 

\am  aut  maius  Latium.  dicitur  aut  minus.     Maius  Latium  est,   cum  mayistratum 

•  l  honorem  in  civitate  sua  yerendo  etiam  parentes  et  Liberi  et  uxor  cum  bis,   qui] 

•  ayistratum  yerunt ,  civitalem  Romanam  consequuntur ;  minus  Latium  est,  cum 
I  tantum,  qui  vel  mayistratum  vel  honorem  yerunt ,  ad  ciritatem  Romanam  per- 
>niunt,   idque  compluribus  epistulis  principum  siynificatur . 

3j  So  stellten  im  .1.  536  =  218  die  Körner  21,000  M.  Infanterie,  1800  Rfiiter ; 
'lie  iocii  40,000  M.  Kussvolk,  4400  Heiter.  Liv.  21,  17,   vgl.  Polyb.  2,  '1\. 
13. 


4)  Liv.  27,  9, 

5)  Liv.  41,  13. 

6)  Liv.  42,  4. 


—     58     — 

einer  Zurücksetzung,  welche,  mit  Gonsequenz  durchgel'ührt^),  die 
Italiker  in  eben  dem  Grade  erbitterte  2)  ,  wie  die  Ausschliessung 
von  den  gesetzlichen  Schutzmittehi,  welche  die  römischen  BUrgri 
der  anmaassenden  Willkühr  der  Behörden  gegenüber  zu  ihrer  per- 
sönlichen Sicherstellung  errungen  hatten-').  Dazu  kam,  dass  die 
eigene  Verwaltung  eines  Gemeinwesens  um  so  mehr  an  ihrem 
Werthe  verlor,  je  mehr  dieselbe  den  Eingriffen  des  übermSchligen 
Rom  fortwahrend  ausgesetzt  war,  während  das  Streben  nach 
politischem  Einflüsse,  welches  in  Rom  durch  die  Fortschritte  der 
Demokratie  immer  allgemeiner  ward,  sich  den  Italikern  mittheille 
und  am  Ende  zu  der  Ueberzeugung  führte,  dass  nur  in  einer 
vollständigen  Gleichberechtigung  zwischen  Rom  und  Italien  eine 
Abhülfe  der  vorhandenen  Uebel  zu  finden  sei.  Der  erste  Antrag, 
allen  italischen  Bundesgenossen  das  Bürgerrecht  zu  ertheilen,  ging 
von  dem  Consul  M.  Fulvius  Flaccus  (629  =  125)  aus^),  aber  weder 
er  noch  drei  Jahre  darauf  C.  Gracchus^)  drangen  damit  gegen  die 
Nobilität  durch;  die  harte  Ausweisung  aller  Italiker,  welche  in 
Rom  das  Bürgerrecht  zu  usurpiren  suchten,  durch  die  lex  Licinia 
Mucia  des  J.  659  =  95  0)  und  die  Vereitelung  der  durch  den  Tri- 
bunen M.  Livius  Drusus  im  J.  663=91  zum  dritten  Mal  den 
lorÄnkneg.  ^^^^^'^®''"  erregten  Hoffnungen')  führte  endlich  zu  dem  kurzen 
aber  blutigen  Bundesgenossenkriege ,  durch  welchen  die  Italiker 
ihren  Forderungen  Gewährung  verschafften.  Schon  Ende  664  =  90 
wurde  das  Gesetz  des  Consuls  L.  lulius  Caesar  [lex  lulia]  geneh- 
migt, durch  welches  die  bis  dahin  treu  gebliebenen  föderirten 
und  namentlich  alle  latinischen  Städte  Italiens  das  Bürgerrecht 
erhielten,  wenn  sie  dasselbe  annehmen  wollten  [si  ei  legi  fundi  facti 
essent)  ^)  ;   unmittelbar  darauf,  im  December  desselben  Jahres  oder 


lex  lulia. 


1)  S.  die  Ausführungen  bei  Mommsen  R.  G.   1^,  796  ff.   Lange  2,  254  ff. 

2)  Liv.  41,  13,  8.    Asconius  p.  67. 

3)  S.  oben  S.  56  Anm.  2. 

4)  Appian.  B.  C.  1,  21.  34.  Val.  Max.  9,  5,  1. 

5)  Appian.  B.  C.  1,  23.  34.  Plut.  C.  Gracch.  5.  8.  9.  Vell.  2,  6:  dabat  civi- 
tatem  Omnibus  Jtalicis,  extendebat  eam  paene  usque  Alpes. 

6)  S.  oben  S.  55  Anm.  7  und  Rudorff  R.  Rechtsgesch.  1,  30.  Lange  3,  88. 

7)  Appian.  B.  C.   1,  35.  Liv.  ep.  71.  Vell.  2,  14. 

8)  Appian.  B.  C,  1,'49:  'lTa>a(oTä)V  oi  to-j?  sti  ^v  t-q  oufj.(j.a)^ia  7rapa[j.e- 
vovTa;  Itl^-^jcpioaxo  (y)  ßo'jX9))  eivai  roXiTa;  •  oij  otj  \xd\toTa  {jiovo'j  ravTes  d7t606|j.o'jv. 
v.a\  xdSe  ii  T'jppTjvou*;  7repi^7r£(j,7rev  •  ol  oe  aofxevot  xf^i  TroAixetac;  (j.eTeXa[j.ß<avov. 
Cic.  pr.  Balb.  8,  21:  ipsa  denique  (lege  lulia),  qua  lege  civitas  est  sociis  et 
Latinis  data,  qui  fundi  populi  facti  non  essent,  civitatem  non  haberent.  Gell.  4, 
4,  3.  Vell.  2,  16, 


—     59     --^ 

im  Januar  665  =  89^),  bestimmle  ein  zweites,  von  den  Voikslri- 
f^unen  M.  Plautius  Silvanus  und  C.  Papirius  Garbo  rogirtes  Gesetz, 
die  lex  PUiutia  Piipivia,  dass  alle  cives  und  incolae  der  föderirten  ^'^^^^'?Jf'*" 
Staaten,  welche  zur  Zeit  des  Gesetzes  in  Italien  ihr  Domicil  hatten, 
das  rönjische  Bürgerrecht  bekommen  sollten ,  im  Falle  sie  sich 
innerhalb  60  Tagen  bei  dem  städtischen  Prätor  in  Rom  melde- 
ten 2).  Allein  die  Ausführung  dieser  Gesetze  stiess  auf  verschiedene 
Schwierigkeiten.  Die  erste  war  die  Einschreibung  der  neuen  Bür- 
uer  in  die  Tribus.  Man  beabsichtigte,  dieselben,  um  sie  nicht  ein 
L'ebergewicht  in  den  Comitien  erlangen  zu  lassen,  in  acht  Tribus 
zu  vertheilen  «^j ,  in  derselben  Art,  wie  man  die  Freigelassenen  in 
vier  Tribus  stimmen  liess,  allein  diese  halbe  Maassregel  kam  weder 
hei  dem  nächsten  Census  des  J.  665  =  89^),  noch  überhaupt  zur 
Ausführung,  sondern  nach  einem  vergeblichen  Versuche  des  Tri- 
bunen P.  Sulpicius  666  =  88,  diese  beschränkende  Bedingung 
durch  ein  neues  Gesetz  aufzuheben^)  ,  gestand  schliesslich  der 
Senat  durch  einen  Beschluss  des  Jahres  670  =  84  den  Neubür- 
tzern  das  Stimmrecht  in  allen  Tribus  zu^').  Sodann  hatte  ein 
Theil  der  Bundesgenossen  das  angebotene  römische  Bürgerrecht 
nicht  sofort  angenommen")  ,  ein  anderer  Theil  durch  Sullas  lex 
Cornelia  de  civücUe  (673  =  81)  wieder  verloren^);  es  dauerte  so- 
nach noch  einige  Zeit,  bis  ganz  Italien  wirklich  desselben  theil- 
haftig  wurde  •^) . 

Ij  Mommsen  R.  G.  2,  242  Anm. 

2)  Cic.  pr.  Arch.  4,  7:  data  est  civitas  Silvani  lege  et  Carbonis  ,,si  qui 
foederatis  civitatibus  adscripti  fuissent ;  si  tum,  quum  lex  ferebatur,  in  Jtalia  do- 
inicilium  habuissent ;  et  si  sexaginta  diebus  apud  praetorem  essent  professi.'*  Schol. 
liob.  p.  353.  Cic.  ad  fam.  13,  30. 

3)  Velleius  2,  20 :  itaque  quum  ita  civitas  Italiae  data  esset,  ut  in  octo  tribus 
ontribuerentur  novi  cives ,    ne  potentia  eorum  et  midtitudo   vetenim  civium  digni- 

t'ttem    frangeret ,    plusque  posstnt   recepti   in   heneflcium ,    quam   auctores    henefiri, 
(  mnn  in  Omnibus  tribubus  eos  se  distributurum  pollicitus  est.     Appiaii  1,  49  sagt 
II,  flass  iitMie  Tribus  gebildet  werden  sollten.     Die  Stelle  ist  indess  in  der 
Hing  zweifelhaft.    S,  Mommsen  Die  U.  Trilms  S.  11. 

4)  Cic.  pr.  Arch.  b,  11  :  est  enim  obscurum^  —  primis  (censoribus)  Julio  et 
('rasto,  nullam  populi  partem  esse  censam. 

b)  Liv.  ep.  77.    Appian.   li.  C.  1,  55.  56. 

6)  Llv.  ep.  84. 

7)  So  die  Liicafier  und  Kamniten.  Appiau.  /?.  (\  1,  53.  DIo  Cass.  f^.  102, 
II)  Kekk. 

8)  Sali.  Hist.  1  fr.  41   p.  12,  6  Dictsth.    Cic.  pr.   domo  30,   70.   de  Uye  nyr. 
,  2,  6.    Appian,   B.  C.    1,    100. 

9)  Vell.  2,  16:  paulalim  deinde  recipiendo  in  civitateiu  qui  arma  aut  non 
'peront  aut  deposuerant  malurius  vires  refcctat  sunt. 


60 


Dascisai-  Wir  haben  oben  S.  19  eesehn ,  dass  Italien  damals  im  Nor 

pinischd  ^ 

Gallien,  den  nui*  bis  zum  Arnus  und  Aesis  reichte,  Gallia  Gisalpina  aber 
ebenfalls  von  Rom  aus  verwaltet  und,  nachdem  es  aus  unbe- 
kannten Gründen  auf  kurze  Zeit,  wahrscheinlich  von  673=81 
bis  712=42,  mit  einer  neuen  Begrenzung  als  Provinz  admini- 
strirt  war,  definitiv  zu  Italien  gezogen  wurde.  Während  des  Bun- 
desgenossenkrieges stand  das  cisalpinische  Gallien  treu  zu  Rom 
und  nahm  am  Ende  desselben  Theil  an  den  Bewilligungen  der 
lex  lulia.  Es  lagen  in  ihm  sieben  Colonien,  drei  colotiiae  civium 
Romanorum,  Mutina,  Parma  und  Eporedia,  und  vier  latinische, 
nämlich  südlich  vom  Po  Placentia  und  Bononia,  nördlich  vom  Po 
Cremona  undAquileia;  die  ersteren  blieben  in  ihrem  alten  Ver- 
hältnisse, die  letzteren  wurden  in  die  civüus  aufgenommen  und 
in  munii'ipia  verwandelt  ^).  In  Beziehung  auf  die  übrigen  föde- 
Dascispa-  rirtcn  Städte  unterschied  man  zwischen  dem  cispadanischen  Lande, 

dänische 

welches  bereits  grossentheils  romanisirt  war,    und  dem  transpa- 

danischen,   in  welchem  sich  noch  bis  in  die  Kaiserzeit  barbarische 

erhwt  das  Keltenstämme   erhielten ;    dem  ersteren    scheint  damals   das  BUr- 

Bürgerrecht, 

gerrecht  allgemein  verliehen  zu  sein 2),  das  Verhältniss  des  letz- 
teren ordnete  im  J.  665  =  89  der  Consul  Cn.  Pompeius  Strabo 
durch  ein  eigenes  Gesetz   {lex  Pompeia]  '^) ,    indem  er  dasselbe  in 

1)  Daher  nennt  Cicero  in  der  Pisoniana  bei  Asconius  p.  3  Placentia  ein 
municipium,  und  es  ist  nur  Unkenntniss ,  wenn  Asconius  dazu  bemerkt :  magno 
opere  me  haesitare  confiteor,  quid  sit  quare  Cicero  \Placentiam  munivipium  esae 
dicat.  Video  enim  in  annalibus  eorum,  qui  Punicum  bellum  aecundum  scripserunt, 
tradi,  Placentiam  coloniam  deductam.  Auch  Aquileia  heisst  municipium.  Vitruv. 
1,  4,  11.   C.  I.  L.  V  n.  903.  968  und  dazu  Mommsen  p.  83. 

2)  Hiefür  giebt  es  ein  directes  Zeugniss  nicht,  man  kann  nur  einen  Scbluss 
machen  aus  dem  besonderen  Verfahren,  welches  die  Transpadaner  nöthig  machten. 
Im  J.  689  =  65  hatten  die  Cispadaner  bereits  das  Bürgerrecht.  Denn  Cicero  ad 
AU.  1,  1,  2  sagt  in  diesem  Jahre :  videtur  in  suffragiis  multum  passe  Gallia,  und 
Dio  Cass.  37,  9  von  den  Censoren  desselben  Jahres  :  xai  oi  Ttfxr^xal  Trept  t(öv 
UTiep  Tov  'Hpiooivov  ol*/.o6vT«av  oieve^^^^vteg  (xu)    (xev  "^o.^  e;  ttjV  TroAireta^  autou^ 

.  doocYsiv  dSoxet,  tu)  5e  ou)  oüBev  ouSe  töjv  aXXtuv  eTipot^av,  d)Xd.  xat  ttjv  äpy-nv 
äTreiTtov.  Ausführlich  handelt  über  die  ganze  Frage  Savigny  Verm.  Sehr.  3, 
304  ff.  Mommsen  R.  Gr.  2,  242  f.  und  im  Widerspruch  zu  Savigny  Zumpt  Stud. 
Rom.  p.  32  —  42. 

3)  Plin.  N.  H.  3,  138  giebt  das  Verzeichniss  der  von  Augustus  unterworfe- 
nen Alpenvölker  und  fügt  hinzu  :  non  sunt  adiectae  Cottianae  civitatea  XII,  quae 
non  fuerunt  hostiles ,  item,  attributae  municipiis  lege  Pompeia.  Asconius  in  Piso- 
nianam  p.  3:  neque  illud  dici  polest,  sie  eam  coloniam  esse  deductam  (nämlich 
Placentiam),  quemadmodum  post  plures  aetates  Cn.  Pompeius  Strabo,  pater  Cn. 
Pompeii  Magni,  Transpadanas  colonias  deduxerat.  Pompeius  enim  non  novis  colonis 
eas  constituit,  sed  veteribus  incolis  manentibus  ius  dedit  Latii,  ut  possent  habere 
[ut  post  ea  haberent  Rudorff]  ius,  quod  ceterae  Latinae  coloniae,  id  est,  ut  gerendo 
magistratus  civitatem  Bomanam  adipiscerentur. 


—     61     — 

eine  Anzahl  von  städtischen  Territorien  eintheilte,  diese  Städte 
tuf  italische  Weise  constituirte,  ihnen  zwar  nicht  die  römische 
Civität,    aber   das    Recht   der    jüneeren    latinischen    Colonien    ee- *^^»  <^r^"8pa- 

'  .10  n  danische 

währte,   und  ihren  Stadtgebieten  die  noch  eanz  unröniischen  Kel- Z^*"?  ß^^ht 

'  '^  "^  der  jüngeren 

lenstämme  nicht  als  gleichberechtigte  Gemeindemitglieder,  sondern  '(^^J^^'^J^" 
lis  unterworfene  und  zinspflichtige  Peregrinen  einverleibte^).  Für 
die  Transpadaner  selbst  war  diese  Organisation  nur  eine  vorbe- 
reitende Maassregel,  deren  baldige  Abstellung  sowohl  sie  selbst 
erstrebten  als  auch  die  römischen  Behörden  von  vorn  herein  an- 
nahmen 2).    Im  .1.  705=49  gewährte  Cäsar  ihnen  das  Bürgerrecht  „«^^n*»«!»» 

'  ^  "  Bürgerrecht. 

und  rönusche  Municipalverfassung'^j  ;  nach  der  Schlacht  bei  Phi- 
lippi,  712=42,  wurde  die  Provinz  Gallien  aufgehoben^),  das 
Land  definitiv  mit  Italien  vereinigt,  und  seitdem  giebt  es  in  Ita- 
lien keine  latinischen  Städte  mehr.  Nichtsdestoweniger  erhielt 
sich  aber  das  neue  Rechtsverhältniss,  welches  Cn.  Pompeius 
Strabo  dadurch  geschaffen  hatte,  dass  er,  ohne  Colonisten  aus- 
zuführen, vorhandene  Gemeinden  mit  einem  fingirten  Rechte  von 
rolmi  Lalim  ausstattete,  durch  die  ganze  Kaiserzeit  als  ein  neues 
lus  Lata   oder  Lathiin^) ,    welches   theils   eanzen  Provinzen,    wie ^«' ^a'" der 

'  '  ^  '  Provinzen. 

Spanien  durch  Vespanian*^),  theils  durch  die  /ex  lunia  Norbatiu 
des  J.  772i=19  n.  Chr.  einer  gewissen  Classe  von  Freigelas- 
senen   mit     besonderen    Beschränkungen    ertheilt    wurde''),    so 

1)  S.  oben  S.  13  f.   Mommsen  Hermes  4,  112  ff. 

2)  Im  J.  688  =  66  heisst  es  von  Caesar  Suet.  Caes.  8:  decedens  ergo  ante 
tempu.i  colonias  Latinas  de  petenda  civitate  ayituntes  adiit,  worunter  nur  die  trans- 
[ladaiiiöchen  verntanden  werden  können  (Savigny  Yerm.  Sehr.  3,  309);  im  fol- 
genden Jahre  war  einer  der  Censoren  Willens,  die  Transpadaner  in  die  Tribus 
aufzunehmen  (Dio  Cass.  37,  9);  Cäsar  Hess    sie  schon   vor  705=49  in  den  Le- 

ionen  dienen  (Caes.  B.  C.  3,  87:  hae  copiae,  quaa  videtis,  ex  dilectibus  horum 
innoTum  in  citeriore  GdUia  »unt  refectae :  et  plerique  sunt  ex  colonis  Transpada- 
M<?;   im  .J.  703  =  51   spricht  Cicero  ad  Att.   5,  2,  3:    eratque  rumor  de  Transpa- 

inis,  eos  iussoa  IHlviros  creare.  Vgl.  ad  fam.  8,  1,  2  und  Mommsen  R.  O. 
.    309  Anm. 

3j  Dio  Cass.  41,  36:  xoT;  FaXaTat;  xoi«;    £vt6;  täv  "AXTreujv  uitep  töv  'Hpt-  ♦ 

.T^^r^  o(y.oOci  ttjV  KoXiTeiav  -^  dTieoojxe. 

4)  Appian.  B.  C.  5,  3:  tVjv  re  fäp  KeXxixVjv  r^jv  dvxoi;  "AXueuiv  ih6iui, 
Kctiootpo;  d^iojvTOC,  a'jTiivöfxov  dcpievai,  Y'^'^F'-Ti  "^^^  Trpordpou  Kaloapo;,   vgl.  r.  22. 

»io  Cass.  48,    12.   Ks  war  die«  schon  früher  beabsichtigt.  Appian.  B.  C.   3,  30: 

'ijav  0    oi  xal  TÖ   lOvo;  8/.tu;   dÄeudepoüv   Vjejjtovlai;   r^^^idu'*  •    outüj^   ^5eoo(xeoav 

C/O'j  xVjV  KeXrivt-^jv  o'joa»^.    ,S.  Dmniann  1,  387.     Moninisen  (\  I.  L.  I  p.  118. 

5)  Leber  die  Bezeichnungen  iuH  Latii  (  Ta<\  Ann.  15,32),  AotIo'j  Sixaiov 
(Appian.  B.  ('.  2,  26).    Latium  (Tac.   JUnt.  3,  55.    tMin.  A.  H.   3.  7  n.  ö.)  s.  Ru- 

lurfl    I)e  maiore  et  minore   Lnlio  p.  21  Anm. 

6)  Hlin.    A.  H.  3,  30. 

1)  8.  Vangerow  Ceber  die  Laiini  luniuni ,  Marburg  1833.  8.  RudorlT  R. 
Reiht  (/t;s(h    8.  62.   Leber  die  Zeit  des  üeaetzes  4iorgh<'si   Oeuvre»  5,  216. 


—     62     — 

(lass  es  bis  auf  lustinian  noch  immer  ein  iatinisches  Recht  dop- 
pelter Art  üsiebt,  das  der  Latini  coloniarii  und  der  Lntini  funiuni^). 
Folgender  Die  Krtheilunß  der  Civität  brachte  in  Italien  wie  in  dem  cis- 

Ertheilung  '^' 

de8Hüri?pr-  alpinischen  Gallien  eine  vollit'e  Univvandelunij;  der  Verhältnisse  her- 

rechts  an  ' 

ganz  Italien,  vor ;  uiit  ihr  erhielt  die  römische  Sprache  ot'ticielle  Geltunt^  und 
allgemeine  Verbreitung,  wogegen  die  einheimischen  Dialecte,  z.  B. 
in  Cam[)anien  dasOskische,  ausstarben;  die  Berechtigung  Münzen 
zu  schlagen  horte  in  ganz  Italien  auf;  das  alte  Frivatrecht  der 
löderirten  Städte  wurde  durch  das  römische  Recht  ersetzt;  römische 
Tracht,  römische  Sitte,  römische  Vornamen,  römische  Zeitbestim- 
mung kamen  auch  in  Unteritalien  in  Gebrauch  und  die  Erinne- 
rungen an  vorrömische  Zustände  verschwanden  in  Kurzem  gänz- 
lich '^).  Die  wichtigste  Folge  dieser  Umgestaltung  war  indessen 
Die  Munici- die  Ausbildung  des  römischen  Municipalwesens.  Der  dem  ganzen 
selbständige Alterth um    gemeinsame  Grundsatz,    dass   Stadt   und    Staat   iden- 

Staaten 

constituirt  tischc  Begriffe  sind,  war  bisher  auch  von  den  Römern  in  der 
Weise  befolgt  worden,  dass  der  römische  Staat  nur  eine  Gemeine 
bildete,  die  römischen  Municipien  und  Colonien  nicht  selbständige 
civitates ,  sondern  Theile  der  römischen  civitas  ausmachten ,  die 
föderirlen  Städte  dagegen,  zu  denen  die  latinischen  Colonien  ge- 
hörten, als  formell  selbständige,  ausserhalb  der  römischen  civitas 
stehende  Staaten  betrachtet  wurden.  Nunmehr  war  jeder  Unter- 
schied der  italischen  Städte  beseitigt,  sowohl  die  alten  Munici- 
pien (s.  S.  26  ff.)  als  die  Bundesstaaten  waren  römische  Vollbürger- 
gemeinden geworden,  und  es  stellte  sich  als  unmöghch  heraus  die 
Einwohnerschaft  ganz  Italiens  zu  einer  Stadigemeinde  zu  vereini- 
gen 3).  Die  städtische  Republik  hatte  sich  zu  einem  grossen 
republikanischen  Staat  erweitert ;  und  es  kam  darauf  an ,  die 
neuen  Bürgergemeinden  als  gleichberechtigte  Glieder  in  den  Or- 
ganismus desselben  einzufügen  4).    Vollständig  ist  dies  den  Römern 


1)  Ulpian.  fr.  19,  4 :  mancipatio  locum  habet  ifiter  cives  Romanos  et  Latinos 
coloniarioa  Latinosque  lunianos.  Dositheus  de  manumiss.  §  6  p.  49  Böcking :  sed 
nunc  habent  proprium  libertatem  inter  amicos  manumissi  et  fiunt  Latini  Juniani, 
quoniam  lex  lunia ,  quae  libertatem  eis  dedit ,  exaequavit  eos  Latinis  coloniariis, 
qui  cum  essent  cives  Romani  liberti,  nom,en  suum  in  coloniam  dedissent.  Oaius 
3,  56. 

2)  S.  Mommsen  Unteritalische  Dialekte  S.  113. 

3}  Mit  Bezug  hierauf  bezeichnet  Tiberius  bei  Tacit.  Ann.  3,  54  drei  Pe- 
rioden der  römischen  Geschichte.  Von  der  ersten  sagt  er:  unius  urbis  cives  era- 
mus ;  die  zweite,  d.  h.  die  Zeit  nach  dem  Bundesgenossenkriege,  nennt  er  Ro- 
manorum intra  Italiam  dominatio ;    die  dritte  ist  die  Periode  der  Weltherrschaft. 

4)  Mommsen  R.  G.  2,  366  ff. 


\  or  1) . 


—      63     — 

nie  gelungen,  namentlich  haben  sie  kein  Mittel  gefunden  die  Aus- 
übung des  Stimmrechtes  den  entfernter  wohnenden  Municipes  zu 
t^imöglichen  ;  sie  begnügten  sich  vielmehr,  die  neuen  Bürgerge- 
meinden einerseits  selbständig  zu  machen,  indem  sie  ihnen  die 
Wahl  eigener  Gerichts-  und  Verwaltungsbeamten  gestatteten,  an- 
dererseits in  ein  bestimmtes  Abhängigkeitsverhältniss  zur  Staats-  „e^uesVeT- 
regierung  zu  setzen,  indem  sie  die  Grenze  zwischen  der  Competenz  ^Regierung^ 
der  Stadt-  und  Staatsbehörden  durch   besondere  gesetzliche  Be-    gesetzt. 

.    .  Leges  muni- 

siimmungen  [leges  mumcipales)  leststellten.  dpaies. 

Der  Ausdruck  lex  municipalis  kommt  in  zweierlei  Bedeutung 

Zuerst  hat  jede  römische  Colonie'^),  jedes  römische  Muni- 

pium,   jede  latinische  Stadt  •^),   endhch  jede  autonome  Provincial- 

gemeinde'^)   ihr  eigenes  Gesetz  (lex  municipalis^]^   lex  rnunicipii ^) , 

1}  Savigny  Verm.  Sehr.  3,  354.  Mommseii  Stadtiechte  von  Salpensa  und  Ma- 
lara  S.  392. 

2j  Frontin.  grom.  p.  19,  4:  quidquid  eniin  ad  roloniae  municipiive  privile- 
lum  pertinet,  territorü  iuris  appeUant.  Hygin.  p.  118,  9:  sed  et  haec  meminerimus 
■  I  legibus  saepe  inveniri  —  —  inscriptum  :  ,^Quos  agros  —  inlra  fines  —  dedero 
^signuvero,  in  iis  agris  iurisdictio  cohereitio'que  esto  roloniae  ifims.'*    p.  133,   17: 

de  iure  territoriorum quid  possumus  aliud  suadere  ,   quam  ul  leges  —  per- 

legamus  et  ut  interpreternur  secundum  singula  momenla.  Sulla  schrieb  der  Stadt 
l'iiteoli  (Dikaearclüa ),  welche  damals  schon  Militärcolonie  war,  Gesetze  (Phit. 
SuU.  37),  und  Fronte  ad  amicos  2,  7  p.  193  Naber.  sagt  von  der  CoLorhia  lulia 
(  oncordia  (C.  1.  L.  V  p.  178):  estne  lege  Concordensium  cautum,  ne  quis  scribam 
jnxit  nisi  eum,   quem  decurionem  quoque  rede  facere  possit? 

3)  Die  formula  von  Nemausus  erwähnt  Plin.  N.  H.  3,  37,  und  die  Inschrit- 
ten  von  Salpensa  und  Malaca  enthalten  zwei  leges  municipales. 

A)  Hierüber  s.  den  Abschnitt  von  den  Provinzen.  Als  Beispiele  mögen  die- 
nen Aniisus  in  Blthynien,  dessen  leges  bei  Plin.  ep.  ad  Traian.  93  erwähnt  wer- 
•ien,  und  Antiochia  in  Syrien.  Papinian.  Big.  42,  5,  37:  Antiochensium  Coelue 
Si^riae  civitati ,  quod  lege  sua  Privilegium  in  bonis  defuncti  debitoris  accepit ,  ius 
fjersequendi  pignoris  durare  constitit ,  welche  Stelle  sich  auf  die  Zeit  bezieht,  in 
welcher  Antiuchia  noch  nicht  (Kolonie  war.  Erhalten  ist  noch  die  lex  Antonin  de 
lenntssibua  vom  Jahre  683  =  71.  C.  I.  L.  I  n.  204.  In  Sicilien  hatte  Jede  Stadt 
ihre  lex.  Cic.  acc.  in  Verr.  2,  49,  120:  legati  ("enturipini,  HaLesini,  Catinenses, 
l'anonnitanique  dixerunt  —  — ,  neminem  ulla  in  civitate  senalorem  factum  esse 
i/ratis,  nemirum,  ut  leges  eorum  sunt,   suffragiis.   Vgl.  J^  122. 

:'))  I)ig.  43,  24,  3  }^  4:  hoc  itn  verum  est,  si  non  lex  munieipalis  curatori 
iti  public.ae  amplius  concedat.  47,  12,  3  <^  f) :  quid  tarnen,  si  lex  muniriprdis 
jtrinittat  in  ciuitate  sepeliri?  öO,  1,  20:  jwigistratus  municipales  cum  umim  uui- 
•iistratum  administrent ,  etiam  uniuA  hominis  vicem  sustinent.  Et  hoc  plerumque 
luidem  lege  municipali  eis  datur,  verum  et  si  non  sit  datum,  dummodo  non  dene- 
hituin,  moribus  c(nnpetit.  ÖO,  3,  1  pr.  :  decuriones  in  alho  ita  scriptos  esse  oportet, 
ii  lege  municipali  praeripitur.  ÖO,  4,  11  V>  1  :  ttsi  Lege  municipali  caveatur,  ul 
j  nitferantur  in  honoribua  certae  conditionis  homines ,  tUlamen  sciendum  est,  hoc 
esse  observandumy  ai  idonei  sint. 

6)  Dig.  3,  4,  (>  pr.  :  qtiod  et  in  hrmorum  petitione  erit  senmndum ,  nisi  lex 
iiunieipii  -  —  prohibent.  Co«!.  Iu»t.  8,  4V),  1  und  von  einer  griechischen  Sta»lt : 
'n;.  fjü,  9,   6:   municipii  lege  ita  CAiutum  ertU :    iav  Ti;  e^iu  toO   cjvefiplo'j  otxd- 

w.xat    -A.  T.   X. 


—     64     — 

lex  civitatis  ^)j  lex  loci^))y  worunter  weder  ein  römischer  Volks- 
beschiuss,  noch  eine  von  der  Sladtgemeinde  selbst  ausgegangene 
Bestimmung,  sondern  eine  Constitution  zu  verstehen  ist,  welche 
ein  vom  römischen  Volke  bevollmächtigter  Commissar,  und  zwar 
ein  macjistratus  cum  imperio,  gewöhnlich  ein  commandirender 
Feldherr  der  betreffenden  Stadt  verlieh  ^) .  Hiefür  ist  die  Formel  : 
legem  dare^),  d.  h.  ein  Stadtrecht  oder  ein  Provincialrecht  vor- 
schreiben, während  die  Römischen  Gesetze  beim  Volke  beantragt 
[leyem  rogare)  und  vom  Volke  genehmigt  werden.  Der  F>lass 
solcher  speciellen  Municipalgesetze  wird  zwar  in  alter  Zeit  selten 
erwähnt'*),  wurde  aber  schon  damals  nöthig,  als  man  den  Mu- 
nicipien  mit  unvollständigem  Bürgerrecht  nach  und  nach  die  volle 
civitas  ertheilte  und  statt  der  bisher  aus  Rom  gesendeten  prae- 
fecli  iure  dicimdo  eigene  richterliche  Beamte  bewilligte**),  und  es 
ist  unbedenklich  anzunehmen,  dass  es  specielle  leges  municipaks 
dieser  Art  lange  vor  dem  Bundesgenossenkriege  gab. 

Nach  der  lex  lulia  dagegerr  bedurfte  es  einer  allgemeinen 
und  gleichmässigen  Gesetzgebung  für  eine  grosse  Anzahl  neuer 
Vollbürgermunicipien  und  zu  diesem  Zwecke  sind  in  Rom  selbst 

1)  Dig.  50,  4,  18  §  26.  Cod.  lust.  11,  29,  4.  Plin.  ep.  ad  Traian.  113  (114). 

2)  Dig.  50,  6,  6  §  1  vgl.  50,  4,  3 :  ceteri  autem  —  legibus  patriae  suae  et 
provinciae  oboedire  debent. 

3)  Ueber  diese  Bedeutung  von  lex  handelt  Mommsen  a.  a.  O.  S.  393.  Bei- 
spiele sind:  die  Constitution,  welche  L.  Aemilius  Paulus  587  =  167  für  Mace- 
donien  gab.  Sie  bestand  aus  einer  formula  (Liv.  44,  31),  welche  die  Grenzen 
der  vier  Theile  Macedoniens  fe.ststellte ,  und  aus  leges  entweder  für  diese  vier 
Theile  oder  lür  die  einzelnen  Städte  (Liv.  45,  32,  7  .•  leges  Macedoniae  dedit. 
lustin.  33,  2:  legesque ,  quibus  adhuc  uiitur,  a  Paulo  accepit)  \  die  Constitution 
des  Mummius  für  Achaia  (Polyb.  40,  9.  10.  Pausan.  7,  16,  6.  Zonar.  9,  31); 
die  lex  Pompeia  von  691=63  für  Bithynien  und  Pontus  (Plin.  ep.  ad  Traian. 
79  (83),  80(84).  Die  lex  Rupilia  (623  =  131)  für  Sicilien  war  nur  auf  Anord- 
nung des  Senates  erlassen  (Cic.  accus,  in  Verr.  2,  16,  40;  2,  37,  90)  und  daher 
nicht  eigentlich  eine  lex  zu  nennen.  Cic.  acc.  in  Verr.  2,  13,  32:  ex  Rupilii 
decreto ,  quod  is  de  decem  legatorum  sententia  statuit,  quam  Uli  legem  Rupiliam 
vocant.  Ueber  die  leges  colonicae  s.  Mommsen  und  Rudorff  Feldmesser  S.  188. 
332  und  besonders  Hygin.  grom.  p.  117,  15:  hi  agri  leges  accipiunt  ab  his ,  qui 
veter anos  deducunt  et  ita  propriam  observationem   eorum,  lex  data  praestat. 

4)  S.  Mommsen  a.  a.  0.  S.  394.  So  heisst  es  in  der  lex  Julia  municip. 
lin.  159:  quei  lege  plebeive  scito  permissus  est  fuit,  utei  leges  in  municipio  fun- 
dano  municipibusque  eius  municipii  daret;  in  der  lex  von  Salpensa  S.  26:  post 
h(iinc)  l{€gem)  datam ;  von  der  lex  Aemilia  für  Macedonien  leges  se  daturum 
(ostendit)  (Liv,  45,  31  :  leges  dedit,  ib.  45,  32.  Andere  St.  s.  b.  Mommsen). 

5)  Liv.  9,  20  erwähnt  nur  eine  ausnahmsweise  Constitution  dieser  Art  im 
J.  436=318:  eodem  anno  primum  praefecti  Capuam  creari  coepti ,  legibus  a 
L.  Furio  praetore  datis ,  quum  utrurnque  ipsi  pro  remedio  aegris  rebus  discordia 
intestina  petissent. 

6)  Dies  ist  auch  Mommsens  Ansicht  a.  a.  0.   S.  392  Anm.  10. 


—     65     — 

kges  municipales  rogirt  worden ,  um  gemeinschaftliche  Bestim- 
mungen über  deren  Verfassung  zu  treffen.  Die  älteren  Gesetze 
dieser  Art  kennen  wir  nicht,  dagegen  sind  zwei  Municipalgesetze 
aus  Cäsars  Zeit  wenigstens  theilweise  erhalten. 

Das  eine  ist  die  lex  Riibria^),  auf  Veranlassung  Cäsars  \ot\  Lex  Ruhia. 
einem  sonst  unbekannten  Tribunen  Rubrius  eingebracht  im  J. 
705  =  49  2).  Es  enthält  eine  Gerichtsordnung  für  die  cisalpinischen 
Municipien,  welche  sich  der  römischen  Gerichtsordnung,  d.  h.  dem 
prätorischen  Edict,  anschliesst  und  in  dem  uns  erhaltenen  Theile 
anordnet,  dass  die  Municipalmagislrate  die  Befugniss  haben  soll- 
ten, alle  Processe,  deren  Objoct  I  'iOOO  Sesterzen  nicht  überstieg, 
und  ausserdem  gewisse  Processe  ohne  Rücksicht  auf  den  Betrag 
des  Objectes  durch  Geschworene  aburtheilen  zu  lassen,  in  Sachen 
aber,  in  welchen  sie  nicht  competent  waren,  nur  die  Vorunter- 
suchung zu  übernehmen  und  die  Parteien  an  den  römischen 
Prator  zu  verweisen  3). 

Das  zweite  Gesetz  ist  die  lex  Julia  mum'cipolis  *)  ^  von  Cäsar  LexiuUa 

municipalis. 

1)  Von  mehreren  Erztaieln,  welche  das  Gesetz  enthielten,  ist  eine,  nämlich 
die  vierte,  im  J.  1760  in  den  Ruinen  von  Veleia  gefunden  und  zuerst  in  Carli 
Antichita  Italiche  T.  I,  1788  p.  135,  zuletzt  in  C,  I.  L.  I  n.  205  herausgegeben. 
Zur  Erklärung  desselben  s.  Hugo  im  Civilistischen  Magazin  Bd.  2  (3te  Ausg. 
1812)  S.  431 — 496;  Dirksen  Obss.  ad  selecta  legis  Oalliae  Cisalpinae  capila, 
Berol.  1812.  4;  Huschke  Gaius  S.  203—242.  Huschke  u.  Ritschi  im  Rhein.  Mu- 
seum N.  F.  8,  44b;  Mommsen  lieber  den  Inhalt  des  rubrischen  Gesetzes  in 
Bekker  u.  Muther  Jahrbuch  des  Deutschen  Rechts  2,  319 — 334  und  im  C.  J.  L. 

1,  205.     Den  Namen  des  Gesetzes  gefunden  zu  haben  ist  das  Verdienst  Puchtas. 

2)  Sicher  ist  das  Gesetz  nicht  vor  705  =  49  und  nicht  nach  712  =  42  ge- 
geben. Für  das  letztere  Jahr  entscheiden  sich  Savigny  Verm.  Sehr.  3,  319  und 
Puchta  Institutionen  §90,  für  das  erste  Mommsen  und  Rudorff  R.  Rechtsgesch. 
S.  34.  Für  das  J.  705  =  49  spricht  namentlich,  dass  das  Land  in  dem  Gesetze 
cd.  II  lin.  26.  27  fiallia  eis  Alpeis,  lin.  54  Gallia  Cisalpeina  genannt,  und  dass 
in  der  mehrfach  vorkommenden  Formel  (col.  II  lin.  53)  queiquomque  in  eorum 
quo  n(ppido)  m(uniripio)  r{oloniu')  p(ra€f€clura)  f(oro)  v(€ico)  r(onciliabuln)  c((ist€Uo) 
Herritoriofve  —  —  i(ure)  d(eicnn<lo^  p(ra€erit)  hinter  territoriove  nicht  zugesetzt 
ist  r{ivium)  R(f>m(inorum) ,  so  dass  also  die  Ortschaften  noch  nicht  als  Bürger- 
gemeinden bezeichnet  werden,   wie  es  in  der  lex  Julia  municipalis  geschieht. 

3)  Mommsen  in  Bekker  u.  Muther  Jahrbuch  des  gemeinen  Deutschen  Rechts 

2,  326. 

4j  f.  /.  L.  I  n.  206  und  dazu  Mommsen.  lieber  dies  Gesetz  s.  Mazochi 
('ommentariorum  in  lieyii  Herculanensis  mu^ei  aeneas  tabulas  HeracUenses  P.  I. 
II,  Neap.  1754.  1755  fol,  Marczoll  Fraymenlwn  legis  Romanae  in  aversa  tabulae 
Heracleensis  paf#,  Gott.  1816.  8.  Dirksen  Obss.  ad  tnb.  Heracl.  parlem  alteram, 
Berol.  1817.  8  und  in  (üvilistisrhu  Abhandl.,  Berlin  1H2().  8  Bd.  2  S.  145  ff., 
besonder»  aber  Savigny  Verm.  Sehr.  3,  27*.< — 412.  Der  Name  lex  Julia  munici- 
palis für  dies  Gesetz  war  schon  von  Mazo<'-hi  p  409  vernnitliet  und  wurde  erwie- 
sen von  Savigny  S.  365  ff.  403  ff.  Er  fliidet  »ich  in  drr  Inschrift  von  Padua 
C.  /.  L.  V,   1  n.  2864. 

Hörn.  Alterth.  IV.  5 


—     66     — 

selbst  rogirt  im  J.  709=45i),  uns  wenigstens  theilweise  erhalten 
auf  zwei  im  J.  1732  in  dem  alten  Ileraclea  gefundenen  Bronce- 
tafeln  und  daher  anfangs  tabula  Heracleensis  genannt  2)  ;  eine 
vollständige  und  allgemeine,  sowohl  für  die  Hauptstadt  selbst  als 
für  die  italischen  und  ausseritalischen  Municipien  geltende  Com- 
munalordnung ,  welche  in  der  Kaiserzeit  fortbestand  ^) .  Der  Zu- 
sammenhang der  sehr  disparaten  Theile  derselben,  insbesondere 
der  erste  Theil,  welcher  Anordnungen  über  Getreidespenden  und 
Strassenpolizei  der  Stadt  Rom  enthält,  hat  zu  verschiedenen  Er- 
klärungen Veranlassung  gegeben  "*),  nach  Mommsens  Ansicht  5)  gab 
Cäsar  in  seinem  Gesetze  zuerst  dem  Resultate  der  bis  hieher 
dargestellten  Entwickelung  Ausdruck ,  indem  er  Rom ,  welches 
nun  aufgehört  hatte  die  ganze  Bürgerschaft  zu  umfassen,  als  eine 
und  zwar  die  erste  der  italischen  Municipalstädte  behandelte.  Dies 
war  unvermeidlich  in  einem  Gesetze,  dessen  Hauptzweck  dahin 
ging,  sämmtliche  Städte  römischen  Rechtes  von  ihrer  Unterord- 
nung unter  die  Stadt  Rom  loszulösen  und  ihnen  eine  Selbstän- 
digkeit neben  der  Stadt  Rom  zu  gewähren,  welche  hauptsächlich 
in  drei  Puncten  enthalten  ist.  Zuerst  wurde  für  alle  diese  Städte 
eine  Communalverfassung  festgestellt  mit  eigener  Volksversamm- 
lung, eigenem  Senat  und  eigenen  Behörden  ß),  welchen  das  ganze 
Territorium  der  Stadt  mit  den  darin  liegenden  conciliahula  und  viel 
untergeben  wurde,  zweitens  übertrug  das  Gesetz  die  Abhaltung 
des  Census,  welche  bisher  für  alle  römischen  Bürger  in  Rom 
statt  gefunden  hatte,  den  höchsten  Municipalmagistraten  in  der 
Art,  dass  dieselben  die  Censuslisten  in  ihren  Communen  anfer- 
tigten und  nach  Rom  ablieferten^)  ;  drittens  endlich  verlieh  es 
jeder  Stadt  eine  eigene  Gerichtsbarkeit,  welche  von  den  IVviri 
oder  //  viiH  iure  dicundo  ausgeübt  wurde ,  und ,  obgleich  sie  die- 
jenigen Handlungen  nicht  gestattete,    welche   der   Prätor  vermit- 

1)  Die  Zeit  ergiebt  sich  aus  Cic.  ad  fam.  6,  18,  2. 

2)  Von  den  drei  gefundenen  Tafeln,  auf  welchen  sich  eine  griechische, 
C.  I.  Gr.  n.  5774.  5775  edirte  Inschrift  belindet,  sind  zwei  auf  der  Rückseite 
beschrieben  und  enthalten  den  grösseren  Theil  der  l.  lulia  mun. 

3)  Bei  den  classischen  Juristen  heisst  sie  nur  lex  municipalis.  Savigny  S.  356. 
Dig.  50,  9,  3.  Dig.  50,  1  ad  municipalem.   Cod.  lust.  7,  9,  1.       ^ 

4)  Savigny  a.  a.  0.   S.  328.  ^ 

b)  Mommsen  C.  I.  L.  I  p.  124.  Vgl.  Bethmann- Hollweg  Rom.  Civilprocess 
2,  21.  Anderer  Ansicht  sind  Zumpt  Comment.  epigr.  I  p.  82  ff.  Nipperdey  Die 
legea  annales,  Leipz,  1865.  8  p.  14 — 19. 

6)  Hierüber  s.  unten  den  Abschnitt  über  die  Municipalverfassung 
1)  Lex  Julia  municipalis  lin.  142  ft.    Mommsen  R.  G.  3,  542. 


\ 


~     67     — 

telst  des  ihm  durch  Volksbeschluss  übertragenen  imperium  aus- 
übte 1) ,  doch  darin  der  prätorischen  gleichstand ,  dass  sie  nicht 
delegirt,  sondern  selbständig  war  2).  Sie  bezog  sich  sowohl  auf 
Civilsachen-^),  jedoch  mit  Beschränkung  auf  eine  bestimmte  Summe 
des  Streitobjects ,  als  auch  auf  Criminalprocesse  von  Sclaven^) 
und  Freien  mit  Ausnahme  derjenigen ,  welche  nach  den  leges 
iudiciorum  pnblicoriim  vor  eine  römische  quaestio  gehörten  s). 

Dritte  Periode. 
Italien  unter  den  Kaisern«). 

Während  in  der  ersten  der  von   uns  unterschiedenen  Perio-  Italien  im 
den  die  Bevölkerung  des   römischen  Reichs   in  drei   ungleich  be-  zu?  Pr?vilf- 
rechtigte  Classen  zerfiel,  nämlich  die  herrschende  Nation,  welche    'sung.*^ 
sich  in  der  Stadt  Rom  concentrirte,  die  italischen  Bundesgenossen 
und   die   Unterthanen   der  Provinzen,    hatte   sich    in  der   zweiten 
Periode  der  Gegensatz    zwischen  Römern   und  Italikern   ausgegli- 
chen ;    ganz  Italien  bestand  am  Ende  derselben  aus  einem  Com- 
plex  freier  römischer  Städte,   welche  zunächst  einer  concentrirten 
Verwaltung    durch    einen    Statthalter    nicht    bedurften,     da    vSie 
Grundsteuer   nicht    zahlten    und   unter    den   Kaisern    wenigstens 
auch  Recruten  zum  Heere  regelmässig  nicht  stellten.    Es  gab  nur 
noch   einen  Gegensatz   zwischen    Italien    und   den  Provinzen.     In 
der  dritten  Periode  verschwindet  auch  dieser.    Denn  nachdem  die 
Souveränität  des  Volkes   factisch    auf    den   Kaiser  übergegangen 

1)  Paulus  Dig.  öO,  1,  26:  en,  quae  magia  imperii  sunt  quam  iuris  dictionis, 
magifstratus  municipalis  facere  non  "polest.  Magistratihus  mnnicipalibus  non  per- 
mittitur  in  integrum  restituere  aut  bona  rei  servandtie  causa  iubere  possideri  nut 
dotis  servandae  causa  vel  legatorum  servandorum  causa.  S.  hierüber  Mommsen 
Jahrbuch  des  gemeinen  Deutschen  Rechts  v,  Bekker  u.  Muther  2,  328  ff.  und 
Staatsrecht  1,  48  f. 

2^  Mommsen  Jahrbtich  a.  a.  0.   S.  332. 

3l  Lex  lul.  mun.  1.  116—118.    Bethmann-Hollweg  Rom.  Civilprocess  2,  23. 

4)  Cic.  pro   Cluent.  64 — 66,   nach  welcher  Stelle  in  Larinum  ein  Sclave  ge- 
kreuzigt wird.    In  der  Kaisorzeit  ist  diese  Jurisdiction  ebenfalls  beschränkt  worden.  " 
ülpian.    Dig.  2,  1,  12:  mngiatratibus  municipalibus  supplirium  a  servo  iumere  non 

licet,  modica  autem  rastigatio  eis  non  est  deneganda. 

5)  liethmann-Hollweg  a.  a.  ().   S.  24  Anm.  32. 

6)  S.  Mommsen  Die  Schriften  d.  Rom.  Feldmesser  Bd.  2,  Berlin  1852  S.  172 
—  214.  Korghesi  Jscritione  onoraria  di  Conrordia.  Oeuvres  5,  383 — 422.  A.  W. 
/umpt  TittUus  Corwordiensiif  Arrii  Anlonini  In  Comment.  epigr.  2  p.  3  —  72. 
V.  Bethmann-Hollweg  Der  Rom.  Civilprocess  Bd.  2  H.  63  IT.  Roulez  Explication 
d'une  inscription  latine  in^dite  in  liuUelin  de  l'acad.  roy.  de  Belyique  XVIII 
n.  11.  12.    Dirksen   Die  Scriplortu  Iliitorine  Augustne,   Leipzig  1842.  8  S.  78  ff. 

5» 


—     68     — 

war,  wurde  die  italische  Bevölkei*ung,  ihres  Anthoils  an  der  Re- 
gierung beraubt,  immer  mehr  in  ein  Unterthanenverhältniss  hinab- 
gedrangt,  welches  vor  der  politischen  Stellung  der  Provincialen 
wenig  mehr  voraus  hatte,  und  einer  staatlichen  Administration 
unterworfen,  welche  schliesslich  in  eine  völlige  Provincialvei-wal- 
tung  tiberging. 
Eintheiiong  £g  jg^  bekannt,   dass  bereits  Aueustus  Italien  in  elf  Regionen 

desselben  in  70  o 

eifRegio-  theiltc,   ZU  denen  als  zwölfte  der  Stadtkreis  von  Rom  zu  rechnen 

nen.  ' 

ist.  Welchen  Zweck  diese  Eintheilung  hatte,  wissen  wir  nicht: 
kein  Historiker  gedenkt  ihrer  ^)  und  der  einzig  vorhandene  Be- 
richt desPlinius^)  beschränkt  sich  auf  die  geographische  Darstel- 
lung derselben.  Ging  aber  die  Absicht  des  Kaisers  zunächst  nur 
auf  eine  statistische  Aufnahme  Italiens^),  so  ist  diese  doch  sofort 
zu  gewissen  administrativen  Zwecken  verwerthet  worden;  die  in 
dem  kaiserlichen  tabularium  *)  deponirten  Verzeichnisse  der  sub- 
seciva^  d.  h.  der  bei  der  Anlage  von  Colonien  nicht  assignirten, 
entweder  den  Gemeinden  überlassenen  oder  noch  verfügbaren 
Centurientheile^),  waren  nach  Regionen  verzeichnet^);  in  der  Ver- 
waltung   der   Domainen  ') ,    der    Erbschaftsteuer    ( XX  hered. )  ^) , 


1)  Nur  Dio  Cass.  52,  22  lässt  den  Maecenas  dem  Augustus  den  Rath  geben  : 
Tifjv  xe  'IxaXiav  iräoav  x-^v  uTiep  iTe>^x'/]xovxa  v-oX  eTcxaxooiouc  aTiö  x-^;  röXeojt; 
oxaoioui;  ouoav  xat  xaXXa  Tiötvxa  xd  x£  dv  xat?  ^Yjaoi?  xoX  xa  iv  xaT<;  'fjTieipoi^ 
6[xoXoYOÜvta  ■i]\)Ä.'i  xaxdveifAov  exaaxa^öi^t  -xaxd  xe  -^k-^ri  xoX  l^vrj.  Man  lernt 
al)er  aus  dieser  Stelle  nichts  über  die  Regioneneintheilung. 

2)  Plin.  N.  H.  3,  46 :  nunc  ambitum  eins  (Jtaliae)  urbisque  enumerabimus, 
qua  in  re  praefari  necessarium  est  auctorem  nos  divum  Augustum  secuturos, 
descriptionemque  ab  eo  factum  Italiae  totius  in  regiones  XI,  sed  ordine  eo,  qui 
litorum  tractu  fiet ,  urbium  quidem  vicinitates  oratione  utique  praepropera  servari 
non  posse ,  itaque  interiore  parte  digestionem  in  literas  eiusdem  nos  secuturos, 
coloniarum  mentione  signata  quas  ille  in  eo  prodidit  numero.  Der  augusteische 
Über  regionum  (Gromat.  vet.  p.  229,  12;  258,  2)  enthielt  also  ein  alphabetisches 
Verzeichniss  der  in  jeder  Region  liegenden  Städte. 

3)  Mommsen  a.  a.  0.   S.  190. 

4)  Gromat.  p.  202,  17 ;  203,  3 ;  400,  9.  14. 

5)  Rudorff  Feldmesser  S.  455. 

6)  Nämlich  in  den  libri  beneficiorum.  (iromat.  p.  202,  5;  203,  1;  295,  12: 
vel  (^uaeris  si  in  libro  beneficiorum  regionis  illius  beneficium  alicui  Augustus  dederit. 
So  wird  in  dem  liber  coloniarum  erwähnt  p.  221,  14  regio  Campaniae,  p.  226, 
5  Picenum,  229,  12  civitates  Campaniae  ex  libro  regionum,  252  civitates  Piceni, 
259  civitates  regionis  Samnii. 

7)  Es  ist  damit  nicht  behauptet,  dass  jede  Region  einen  procurator  gehabt 
hätte,  wie  ein  proc.  reg{ionis)  Calabric(ae^  Momm-sen  /.  K.  N.  2627  nachweisbar 
ist,  sondern  nur,  dass  die  procuratorischen  Districte  auf  der  Grundlage  der  Re- 
gioneneintheilung beruhn,  also  entweder  Theile  einer  Kegion  oder  auch  mehrere 
Regionen  umfassten.   S.  Mommsen  Feldmesser  2,  190  Anm.  57. 

8)  Orelli  3835:  proc.  XX  her.  region.  Camp.  Apul.  Calabr.  Grut.  411,  1: 
[|)roc.J  XX  her.    Vmbriae  Tusciae,  Piceni. 


—     69     — 

der  Steuer  der  Freigelassenen  [cicesima  lihertalis)  ^)  sind  die  Ver- 
waltungsbezirke nach  Regionen  normirt;  die  Resultate  des  Census 
werden  nach  Regionen  zusammengestellt  2),  und  später  bilden  die 
Regionen  die  Grundlage  für  die  ganze  Administration  und  die 
schliessliche  Provincialeinrichtung  Italiens.  Es  wird  daher  zweck-  Jg^dersei- 
niässig  sein  der  folgenden  Darstellung  eine  Uebersicht  der  augu-  ^®"- 
steischen  Regionen  voranzuschicken. 

A.  Oberitalien. 

Regio  XJ,  regio  Tfanspadana'-^),  llalia  Transpnäana*),  begrenzt 
im  N.  und  W.  durch  die  Alpen,  im  S.  durch  den  Po,  im  Osten 
durch  die  Addua^). 

Regio  X^),  Venelia  el  Uistria'')^  im  W.  durch  die  Addua,  im 
N.  durch  die  carnischen  Alpen ,  im  0.  durch  den  Fluss  Arsia, 
im  S.   durch  das  adriatische  Meer  und  den  Padus  begrenzt^). 

Regio  IX,  Liguria,  begrenzt  im  W.  durch  den  Fluss  Varus, 
die  Alpes  maritimae  und  Alpes  Cottiae ,  welche  vor  Diocletian 
nicht  zu  Italien  gerechnet  wurden,  im  N.  durch  den  Padus,  im 
0.  durch  die  Trebia  und  Macra,  im  S.  durch  das  tyrrhenische 
Meer  '-^j . 

Regio  VIII,  begrenzt  im  N.  durch  den  Padus,  im  W.  durch 
die  Trebia,  im  S.  durch  den  Apenninus  und  an  der  Küste  durch 
den  Fluss  Crustumius,  der  südlich  von  Ariminum  ausfliesst,  im 
0.   durch    das  adriatische  Meeri^'l.     Sie  erhielt  den  Namen  Aemi- 


1)  Eine  familia  XX  lib.  regQonis')  Transpad.  Orelli  3340=0.  7.  L.  V, 
1,  3301. 

2)  Pliii.  N.  //.  7,  162  ff.:  (iccedunt  experimenta  receniissimi  census,  quem  intra 
(jUddriennium  imperatores  Caesares  Vespasinni  palet  filiusque  censores  egerunt. 
—  —  (164j  in  regione  lUdüie  octava  rentevum  awwrum  censi  sunt  homines 
LH II,  eentenum  denum  homine/t  XIllI,  centenum  vicenum  quinum  hoininea  duo, 
rentenum  tricenum  hominen  qudttuor. 

3)  Pliii.  N.  //.  3,  123.  Orelli  2273.  3143.  (irut.  1054,  3.  Mommseii  J.  R.  N. 
3604. 

4)  Ordli   tli)4. 

5)  riin.  \.  II.  3,  123—125.  l'aiilu.s  Diac.  dt  geslis  Lonyob.  2,  14:  Venetia 
enim  non  nulum  in  paiirin  iniiuU» .  quas  nuiv;  Venetian  dicimua ,  constat,  »ed  eiu$ 
terminuM  n   Ptttmonine  finihun  unque  Adduain  /luviwn  protelatur. 

H)  Plin.   /V.  //.   3,   126-131. 

7)  IMiii.   a.  a.  O.   On-Ili  22K5.    HoiMkiriK   N.  />.  Orr.   y    MO  n. 
S)  Diese  Urgioii  biliU't  den  Inhalt  von  C.  LI      \,    I. 
y )  Plin.    .\.  //.   3,  47—49. 
10}  l'iin.    \.  //.  3,  115.  116. 


—     70     — 

lia^)   von  der  via  Aemilia^    welche    der  Consul    M.   Aemilius  Le- 
pidus  567  =  187  von  Ariminum  bis  Placenlia  geführt  halte  2), 

B.  Miltelitallen. 

Begio  VII,  Btriirm'^),  später  Tuscia^],  im  N.  durch  die  Macra 
und  den  Apenninus,   im  0.  und  S.   durch  den  Tiber  begrenzt. 

Regio  VI,  Umbria^).  Sie  geht  an  der  Küste  des  adriatischen 
Meeres  vom  Flusse  Crustumius  bis  zum  Flusse  Aesis,  im  W.  bis 
zum  Tiber,  im  S.  bis  Ocriculum,  und  hat  als  Ostgrenze  den  Nar 
und  Aesis. 

Regio  V,  Picenum,  der  Küstenstrich  zwischeUv  Aesis  und 
Aternus  ^) . 

Regio  IV ^  Sanmium'').  Die  Grenze  gegen  Umbria  bildet  der 
obere  Lauf  des  Nar,  gegen  Etruria  der  Tiber;  im  SO.  reicht  es 
bis  in  die  Nähe  Roms ;  im  S.  wird  es  von  Campanien  getrennt 
durch  eine  Linie,  welche  südlich  von  den  Städten  Fidenae,  Tibur, 
Sublaqueum ,  Antinum  ,  Aufidena ,  Aesernia ,  Bovianum  undecu- 
manorum  liegt;  im  0.  umfasst  es  das  Küstenland  vom  Aternus 
bis  zum  Frento^). 

Regio  I ,  Campania^]  ,  deren  Nordgrenze  bereits  bezeichnet 
ist,  reichte  an  der  Küste  vom  Tiber  bis  zum  Silarus  ^^)  ,  schloss 
also  ganz  Latium  ein.  Die  Ostgrenze  ist  zu  verschiedenen  Zeiten 
verschieden  gewesen;  denn  das  Land  der  Hirpini  mit  der  Stadt 
Beneventum  rechnet  Plinius  zur  zweiten  Region  ^^)  ;  später  gehörte 
es  zur  ersten  i2) . 

1)  Martial.  3,  4,  1 : 

Romam  vade,  über:  si,  veneris  unde,  requiret, 
Aemiliae  dices  de  regione  viae. 
6,  85,  5 :  Funde  tuo  lacrimas,  orhata  Bononia,   Rufo, 
Et  resonet  tota  planctus  in  Aemilia. 
Orelli  3044.    Mommsen  1.  R.  N.  4237. 

2)  Liv.  39,  2,  10.     Strabo  5  p.  217. 

3)  Plin.   N.  H.  3,  50—52. 

4)  Forbiger  Handb.  der  alten  Geogr.  3,  589. 

5)  Plin.  N.  H.  3,   112—114. 

6)  Plin.   iV.  H.  3,  HO.  111.  Liher  coloniarum  in  Gromat.  vet.  p.  252  ff. 

7)  Plin.  a.  a.  0.  3,  106—109. 

8)  Teate,  welches  in  der  Nähe  des  Frento  liegt,  rechnet  Plinius  §  106  zur 
vierten  Region. 

9)  Plin.  N.  H.  3,  53—70. 

10)  Plin.  iV.  H    3,  63.  71. 

11)  Plin.   N.  H.  3,  99.   105. 

12)  Mommsen  Sulla  topographia  degli  Jrpini  im  Bullett.   1847  p.  161  nimmt 
gradezu  einen  Irrthum  des  Plinius  an,  später  (Feldmesser  2,  206  Anm.  113)  be- 


1 


Verwaltun- 
gen. 


—     71 


C.  Unteritalien. 

Regio  III,  Bruttii  et  Lucania^),  gegen  Campanien  begrenzt 
durch  den  Silarus,  gegen  Apulien  wahrscheinlich  durch  den 
Br^danus^). 

Regio  II f  Apulia  et  Calabria^). 

Dass  die  Stadt  Rom,  welche  Plinius  zur  ersten  Region  rech- 
net^), von  Anfang  an  einen  eigenen  Bezirk  bildete,  ist  an  sich 
anzunehmen^),  welche  Ausdehnung  dieser  Bezirk  aber  hatte  und 
wie  er  sich  zu  der  alten  Bannmeile  der  Stadt  ß)  und  der  später 
vorkommenden  iirbica  dioecesis  verhielt,    ist  unbekannt. 

Wir  haben  bereits  bemerkt,  dass  die  augusteische  Regio- 
neneintheilung  nicht  den  Zweck  hatte,  die  durch  die  lex  iw/ia  Sütlhen 
municipalis  den  italischen  Städten  gewährte  Selbständigkeit  zu 
beeinträchtigen ;  vielmehr  bestand  diese  ungeschmälert  fort  bis 
zum  Anfange  des  zweiten  Jahrhunderts,  um  welche  Zeit  sich  zu- 
erst ein  Verfall  der  freien  Communen  und  gleichzeitig  eine  Ab- 
nahme des  Gemeinsinnes  in  Italien  wie  in  den  Provinzen  be- 
merklich macht.  Die  grössten  Uebelstände  scheinen  in  der 
Rechtspflege  hervorgetreten  zu  sein ;    aber  auch  die  Finanzen  der 

zeichnet  er  die  Grenze  als  schwankend.  S.  auch  Desjardins  De  tabulis  alimen- 
tariis,  Paris  1854.  4  p.  73  ff.  Dass  Benevent  später  zu  Campanien  gehörte,  geht 
hervor  aus  den  von  Mommsen  angeführten  Zeugnissen  J.  Regni  Neap.  n.  1413. 
1418.  1419.  1422.  1429.  1431,  der  Unterschrift  des  sardischen  Concils  von  347, 
Mansi  3  p.  42  und  dem  liber  colon.  in  Gromatici  vet.  p.  231,  in  welchem  unter 
den  civitatea  Campaniae  ex  libro  regionum  auch  Beneventum  aufgeführt  wird. 

1)  Plin.  N.  //.  3,  71—75. 

2)  Dieser  Fluss  kommt  nur  einmal  vor  im  Itinerar.  Antonini  p.  104  Wess., 
allein  seine  Lage  ist  sicher;  er  heisst  noch  Bradano  und  macht  die  Grenze  zwi- 
schen der  Basilicata  und  terra  d'Otranto. 

.3)  Plin.  N.  H.  3,  99—105. 
4j  Plin.  JV.  //.  3,  65. 

5)  Vgl.  Huschke  Ueber  den  Census  und  die  Steuerverfassung  der  früheren 
röm.  Kaiserzeit,  Berlin  1847.  8  S.  63.  Bethmann-Hollweg  2,  64.  Dass  in  Be- 
ziehung auf  die  Erbschaftsteuer  Rom  einen  eigenen  Bezirk  bildete,  zeigt  die 
Inschrift  <'.  I.  Or.  2980:    [xöv   /pdxiOTjov  d7:lTpo7:o['^  J   eix[oJoT[i^c]    xX7)povo(Aiü)v 

6)  Liv.  3,  20,  7  :  ne(fue  efüm  pravocationem  esse  longitu  ab  wrbe  milU  pas- 
suum  et  tribuno»,  »i  eo  veniant ,  in  alia  turba  Quirilium  aubiectos  fort  oonaulari 
imperio.  Dio  Cas».  51,  19:  xat  töv  Kaiaapa  rrjv  te  ä^ouatav  t^'^  twv  OTjfJig^pyoiv 
oid  ii'wj  ^/etv  (ityfi'j,iofji^Tr,)  xai  xot;  irt^^oo)(Aivot;  lüiöv  xat  ^vtö;  toü  7:a>|XT)pio'j 
xai  ^^(!>  l^e/pu  ^j^ffi^w  tuAtaraOiou  (d.  h.  bis  auf  772  f^tadion,  was  1000  pnssu* 
ist)  <i(i,6vciv.  Oaiuu  4,  104:  Uyitima  sunt  iudicia,  quae  in  urbc  Rotna  vei  intra 
primum  urbis  Romae  miliaritun  inter  omnes  civ€$  Romanos  sub  uno  iudic4  acei' 
piuntur. 


—     72     — 

freien  Städte  fingen  an  in  Unordnung  zu  gerathen ;  die  Verant- 
wortlichkeit für  dicselbün,  welche  auf  den  Magistraten  und  Decu- 
rionen  lag,  machte  deren  Stellung  bereits  damals  zu  einer  lästigen 
und  gefahrlichen  ^);  die  Sicherheit  dos  Verkehrs  litt  unter  schlechter 
Strassenpolizei  und  für  das  Bcdürfniss  der  Truppenaushebung, 
obwohl  diese  in  Italien  nur  eine  sehr  beschrankte  war  2) ,  schei- 
nen die  städtischen  Behörden  ebenfalls  ungeeignet  geworden 
zu  sein. 

Diesen  Uebelständcn  gegenüber  begnügte  man  sich  zunächst, 
die  Rechtspflege  wiederholentlich  neu  zu  organisiren ,  die  ver- 
schiedenen Zweige  der  Verwaltung  aber,  soweit  es  nöthig  war, 
durch  Einsetzung  ausserordentlicher  Commissarien  in  Controle  zu 
nehmen,  und  es  dauerte  noch  beinahe  zweihundert  Jahre,  ehe 
man  sich  entschloss,  die  alten  gesetzlich  garantirten  Freiheiten 
Italiens  abzustellen  und  dasselbe  einer  dauernden  und  regel- 
mässigen Staatsverwaltung  zu  unterwerfen. 
^vfer*Con"u-'  ^^^  crstc  Organisation    des  Justizwesens   unternahm  Hadrian 

lare  gestellt,  j^  ,|  7  —  138),  welchcr  Italien  in  vier,  mehrere  Regionen  umfas- 
sende 3)  Gerichtssprengel  theilte^),  jeden  derselben  einem  Consu- 
laren  übergab,   und  diesem  nicht  nur  die  höhere  Civiljurisdiction, 

1)  Hievon  wird  weiter  ausführlich  die  Rede  sein,  ich  bemerke  hier  nur,  dass 
schon  Plin.  ep.  10,  113  Leute  erwähnt,  qui  inviti  fiunt  decuriones. 

2)  In  Italien  landen  seit  dem  Ende  der  Bürgerkriege  allgemeine  Truppen- 
aushebungen nicht  mehr  statt.  Herodian,  2,  11  und  mehr  in  meiner  Hist.  equitum 
Rom.  p.  62  ff.  Nur  die  Besatzung  der  Stadt  Rom  recrutirte  sich  aus  Italikern 
(Tac.  Ann.  4,  5);  Freiwillige  dienten  allerdings  in  den  cohortes  Italicae  civium 
Romanorum  voluntariorum  (Kellermann  Vig.  n.  269.  Borghesi  Oeuvres  4  p.  198), 
aber  wenn  in  Zeiten  der  Noth  eine  Conscription  in  Italien  versucht  wurde,  so 
stiess  diese  auf  grosse  Hindernisse,  wie  unter  Augustus  nach  der  Varusschlacht 
(Tac.  Ann.  1,  31  mit  Nipperdeys  Note  und  dazu  Dio  Cass,  56,  23),  unter  Nero 
(Suet.   Nero  44)  und  Vitellius  (Suet.   Vitell.  lö). 

3)  Die  Region,  welche  Antoninus  als  Consular  verwaltete  (Capitolin.  Ant.  P. 
2,  11),  war  Campanien  (ib.  7),  wahrscheinlich  mit  Hinzufügung  zweier  anderen 
Regionen. 

4)  Spartian.  Hadr.  22,  13 :  quattuor  consulares  per  omnem  Italiam  iudices 
constituit.  Capitolin.  Anton.  P.  2,  11:  ab  Iladriano  inter  quattuor  consulares^ 
quibus  Italia  committebatur ,  electus  est  ad  eam  partem  Italiae  regendam ,  in  qua 
plurimum  possidebat.  c.  3 :  huic,  quum  Italiam  regeret,  imperii  omen  est  factum. 
Nam  cum  tribunal  ascendisset,  inter  alias  ucclamationes  dictum  est:  Auguste,  di 
te  servent.  Capitolin.  M.  Ant.  11:  ad  id  exemplum,  quo  Hadrianus  consulares 
viros  reddere  iura  praeceperat.  Appian.  B.  C.  1,  38:  r^aav  y^P;  *"?  eoixe,  xote 
xai  T-rj;  'IraXiot^  apyovxe^  dv&yTraxoi  (er  versteht  darunter  consulares.  S.  Marini 
Arval.  p.  759)  xatot  fxepY).  "0  xai  'Aöptavos  apa  fJLi{j.o6(xevo!;  uoxepov  xpovqj  tioXXoj 
XT^v  aüxoxpaxopa  apyrjv  'Pioixaioi?  ri-^ouiKe-^oi  ävexaiviae  xal  fxex'  aüxov  dTtejAeivev 
ii  ßpay^u. 


—    1'^    — 

sondern  auch  die  Criminaljusliz  in  diesem  Sprengel  ertheilte^). 
Die  Consularen  blieben  indess  nicht  lange  in  Wirksamkeit^). 
M.  Aurel  ersetzte  sie  in  der  Zeit  zwischen  161 — 169  3)  durch 
eine  andere  Behörde,  die  iuridici^],  welche  sich  von  den  Con- ^*^*'^«" ?°^' 
sularen  dadurch  unterschieden,  dass  sie  erstens  praetorii  waren  ^), 
zweitens  eine  beschränkte  Competenz  hatten  ^) ,  und  drittens  nur 
in  einem  Theile  von  Italien  Recht  sprachen").  Die  Criminalgerichts- 
barkeit  hat  nämlich  seit  dieser  Zeit  in  der  Stadt  Rom  und  hun- 
dert römische  Meilen  im  Umkreise  derselben  der  praefectus  urbi, 
in  dem  übrigen  Italien  der  praefectus  praetorio  ^]  :  in  Beziehung 
auf  die  Civiljurisdiction  zerfällt  Italien  ebenfalls  in  zwei  Theile, 
die  urbica  dioecesis,  in  welcher  die  städtischen  Prätoren  Recht 
sprechen,  und  die  entfernteren  Regionen,  in  welchen  die  präto- 
rische  Gewalt  auf  die  iuridici  übergingt).    Leider  giebt  es  weder 

1)  Die  verschiedenen  Ansichten  über  die  Befugnisse  der  Consularen  findet 
man  zusammengestellt  bei  Dirksen  Die  Scr.  Hist.  Aug.  S.  80  ff.  S.  besonders 
S    95. 

2)  Appian.   B.  C.   1,  38. 

3j  Diese  Zeitbestimmung  ergiebt  sich  aus  der  Inschrift  von  Concordia  C.  I.  L, 
V.    1S74.    Borghesi   Oeuvres  5,   392. 

4)  C'apitolin.  M.  Ant.  phil.  11:  datis  iuridicis  Jtaliae  consuluit  ad  id  exem- 
plum,  quo  Hadrianus  consuiares  viros  reddere  iura  praeceperat.  Einen  iuridicus 
prwähnt  Scaevola   Dig.  40,   5,  41   §  5. 

5)  Dies  ergiebt  sich  aus  den  weiter  unten  angeführten  Inschriften. 

6)  Zuerst  beschränkte  sich  ihre  Jurisdiction  auf  Civilsachen ;  dass  sie  aber 
auch  in  diesen  nur  über  Objecto  bis  zu  einer  gewissen  Summe  urtheilten,  schliesst 
man  ans  zwei  Zeugnissen.  Dio  Cass.  78,  22  sagt  zum  J.  217  von  Maorinus : 
rAxrxirM\).m  rA  TT?)v  'IraXiotv  StoixouvTe?  ira'joavxo  UTcep  xä  voixio^isrrt  utio  toD 
Mapxo'j  oixdCovre;,  d.  h.  nach  der  Erklärung  von  Henzen  Bull.  1853  p.  25, 
welcher  Borghesi  und  Mommsen  zustimmen:  iuridici  Itnliam  administrantes  de- 
sierunt  ultra  ea,  quae  a  Marco  lege  ordinata  erant,  iudicare.  Allein  dieser  Satz 
ist  in  dem  Kxrerpt  des  Xiphilin  so  ausser  allem  Zusammenhange  mit  dem  Vor- 
hergehenden, dass  seine  Interpretation  jedenfalls  unsicher  scheint.  Beweisender 
ist  der  unter  Valerianus  und  Oallienus  (253)  vorkommende  iuridicus  de  infinito 
per  Flam.  ei  i'mhrinm  Picenum  (Orelli  3174),  welcher  im  Gegensatze  zu  den 
übrigen  iuridici  mit  ausserordentlicher  Vollmacht  versehn  gewesen  sein  muss. 

1)  Dirksen   Die  Scr.  H.  Aug.   S.  94  ff.     Bethmann-Hollweg  a.  a.  0.   S.  66. 

8j  Mos.  et  Korn,  legum  coli.  14,  3,  2:  aed  enini  iam  eo  pervenium  est  con- 
atilutionihus,  ut  Romae  quidern  praefectus  urbi«  aoiua  ^uper  ea  re  cognoacat,  $i 
irUra  tniliariwn  centesimum  sit  in  Fabiani  commismirn.  PMimvero  si  ultra  cerUesi- 
mtim,  praefertorum  praetorio  erit  cognitio.  Dig.  1,  12,  1  pr.  :  omnia  onmino  cri- 
mina  praefertura  urbis  nibi  vindicavit ,  nee  tantuin  ea  ,  quae  intra  urbein  admit- 
tuntuT ,  verum  ea  quoque,  quae  extra  urhem  intra  lialiam.  JJ  4:  quidquid  igitur 
intra  urbcm  admittilur.  a<l  praefeclum  urbi  videtur  pertinere.  Sed  et  ai  quid  intra 
eenteaimuiii  miliurium  adtnia-tum  ail,  ad  praefectum  urbi  perlinet.  Diesen  üerichts- 
uprengei  giobt  auch  Dio  Ca»».  52,  22  an.  Vgl.  Fr.  Vat.  ^  155.  Otloi  1,  27. 
Herodian.  2,  13,  9.    Cod.  Th.  16,  5,  62. 

9)  IHpian.  fr.  Vat.  S^O:  ai  quia  ad  urbicam  dioeceain  pertinena  [teatamentn 
lutor  datu\r ,  excuaare  »e  debebit  ab  eo  palrimonio ,  quod  in  reyio\nibu»  iuridico- 
rum  eat,  aimiliter]  a  re  provinciall.    %23i:  obaeroari  autem  oportet,  ne  hi»  pupiUia 


—      74     — 

über  den  Umfang  der  städtischen  Diöcese')  noch  über  die  Zahl 
der  luridici  und  ihrer  Bezirke  eine  bestimmte  Nachricht ;  die  in- 
schrifllichen  Zeugnisse  lassen  uns  erkennen,  dass  die  Sprengel 
der  iuridici  nach  Regionen  abgegrenzt,  aber  im  Laufe  der  Zeit 
vielfach  verändert  worden  sind^j  ;  indessen  darf  man  als  die 
Zahl  dersei- Normalzahl  dev  iuridici  fünf  annehmen  =^),  deren  Bezirke  sich  fol- 
gendermaassen  vertheilen : 

1.  regio  Transpadana^]  mit  Einschluss  von  Venetia  und  Histria, 
also  Reg.  XI  und  X^). 

tutorem  det  [praetor),  qui  patrimonia  in  his  reyionihus  hahent,  quae  sunt  sub  iuri- 
dicis,  ut  Claudio  Pornpeiano  praetori  imperator  noster  rescripsit.  §  241  :  si  quis 
Patrimonium  in  ea  regione,  quam,  iuridicua  administrat,  habet.    Dig.  40,  5,  41  §  5. 

1)  Der  Gerichtssprengel  der  Prätoren  ist  weder  identisch  mit  der  alten  Bann- 
meile (s.  S.  71  Anra.  6)  noch  mit  dem  unter  dem  praefectus  urbi  stehenden  Po- 
lizeibezirk, der  bis  zum  hundertsten  Meilenstein  reichte.  Denn  Campanien,  wel- 
ches zur  urbica  dioecesis  gehörte,  lag  schon  ultra  centesimum  lapidem.  S.  Tac. 
Ann.  13,  26 :  quid  eniin  aliud  laeso  patrono  concessum,  quam  ut  centesimum  ultra 
lapidem  in  oram  Campaniae  libertum  releget  und  die  Ausleger  zu  d.  St. 

2)  Mommsen  Feldmesser  2,  193  nimmt  an,  dass  die  mWc/jci  bleibende  Spren- 
gel überhaupt  nicht  hatten,  sondern  bald  für  diese,  bald  für  jene  Landschaften 
nach  Umständen  committirt  wurden ,  und  hierin  stimmt  ihm  bei  Heuzen  Annali 
1863  p.  282,  während  Borghesi  die  Bezirke  als  eine  dauernde  Organisation  nach- 
zuweisen sucht ,  in  welcher  nur  einmal  und  zwar  unter  Caracalla  eine  wesent- 
liche Aenderung  eingetreten  sei.  Die  Differenz  hat  ihren  Grund  in  der  verschie- 
denen Art ,  wie  beide  die  inschriftlich  überlieferten  Namen  der  Bezirke  zusam- 
menstellen. Giebt  man  zu,  was,  wie  ich  glaube,  von  Borghesi  erwiesen  ist,  dass 
in  dem  Titel  der  iuridici  nicht  immer  alle  Regionen  aufgeführt  werden ,  welche 
zu  ihrem  Sprengel  gehören  ,  sondern  dass  dieser  Titel  abgekürzt  wird,  wie  dies 
auch  bei  den  später  zu  besprechenden  correctores  unzweifelhaft  geschieht ,  so 
vereinfacht  sich  die  Liste  der  Sprengel  erheblich  und  beschränkt  sich  die  Zahl 
der  Veränderungen  auf  dasjenige  Maass,  welches  bei  einem  hundertjährigen  Be- 
stehen der  Einrichtung  niclits  auffallendes  hat. 

3)  Zumpt  Comm.  epigr.  2,  45,  welcher  mit  Borghesi's  Ansicht  übereinstimmt, 
nimmt  4  an  ,  indem  er  die  Zahl  der  iuridici  mit  der  der  Consularen  identiücirt, 
wie  dies  schon  Carli  Ant.  Ital.  III  p.  38  gethan  hatte.  Diese  Annahme  lässt 
sich  indessen  mit  den  inschriftlichen  Zeugnissen  nicht  vereinigen. 

4)  Hieher  gehören : 

[C]  Arrius  Antoninus  —  iuridicus  per  Italiam  regionis  Transpadanae  primus 
(zwischen  161  und  169),  Inschr.  v.  Concordia  C.  I.  L.  V,  1874  =  Borghesi 
Oeuvr.  5,  383. 

M.  Nonius  Arrius  Paulinus  Aper  —  iuridicus  region(is^  Tran{spadarhae'), 
Inschr.   v.  Brixia  (vor  207)  C.  I.  L.  V,  4341  =  Borghesi  O.  5,  393. 

L.  Fulvius  Oavius  N(umiaius  Petronius)  Aemilianus  —  electus  ab  op(timo  imp. 
Severo)  Alexandra  Aug.  ad  (ms  dicendum)  per  regionem  Tra(nspadana7n^  (223 
--235.    Mommsen  /.  R.  N.  3604=:Henzen  6486). 

C.  Luxilius  Sabinus  Egnatius  Proculus  —  iur.  reg.  Transpad.  (unter  den 
Gordianen,  nach  237.    Orelli  3134). 

{Siynonius  Proculus  lulianus  —  (^iu^ridicus  per  Transpadum ,  aus  derselben 
Zeit.  Borghesi  O.  5,  403. 

L.  Gabonius  Arunculeius  Pacilius  Severus ,  iurid.  reg.  Transpad.  Inschr.  v. 
Brixia  C.  I.  L.  V,  4332. 

5)  Dass  die  X.  Region  (Venetia)  unter  diesem  iuridicus  stand,  zeigen  nicht 
nur  die    angeführten  Inschriften  von  Brixia   und  Concordia,    sondern  namentlich 


I 


—     75     — 

2.  Aemilia  Liguria   (Reg.  IX  und  VIII) /). 

3.  Apulia  et  Calabria  (Reg.  H)^). 

4.  Lucania  Britta  (Reg.  III)  ^). 

5.  Umbria  et  Picenum  nebst  dem  ager  GaUicus ,  welcher  in 
dieser  Zeit  von  der  durch  denselben  führenden  Strasse  den  Na- 
men Flaminia  hat  (Reg.  V  und  VI)  ^) . 

Es  sind  sonach  in  diesen  Bezirken  acht  Regionen  enthalten, 
während  drei,  Campania  (Reg.  I)^),  Tuscia  (Reg.  VII)  und  Samtiium 
(Reg.  IV)  ♦*)   nicht  vorkommen;   man  wird  vermuthen  dürfen,  dass 


ein  Brief  des  Fronto  an  Arrius  Antoninus  (ad  amicos  2,  7  p.  192  Naber),  in 
welchem  Fronto  sich  in  einer  Processsache  für  den  Concordienser  Voliimnius  Se- 
renus  bei  dem  Arrius  Antoninus  verwendet,  und  von  diesem  sagt,  dass  er  sich 
administranda  provincia  Lob  erwerben  müsse.  Man  sielit  also  deutlich,  dass  der 
Titel  des  Arrius,  iuridicus  regionis  Transpadanae,  ein  abgekürzter  ist,  in  welchem 
Venetia  nicht  besonders  erwähnt  wird,  und  ist  somit  berechtigt  auch  in  den  an- 
dern Titeln  eine  Abkürzung  anzunehmen. 

1)  P.  Plotius  Romanus  —  iur.  per  Aem.  Lig.  (vor  Alexander  Severus. 
Orelli  3044). 

(Ohne  Namen)  —  iuridicus  per  Aemiliam  et  Liguriam.  Mommsen  /.  R.  N. 
4237=Henzen  6482. 

2)  L.  Sempronius  Celsus  Servilius  Fabianus,  —  [m]red.  per  Apu[lia7n  et] 
C'alabria(Tn).   Marini  Arv.  p.  180. 

M.  Caecilius  Novatillianus  —  iurid.  Apul.  et  Calabr.  Mommsen  I.  R.  N. 
1420=  Orelli  1178.    Und  hieher  gehört  wohl  auch 

L.  Ragonius  Urinatius  Larcius  Quintianus  —  —  iuridicus  per  Apul.  unter 
Commodus  in  drei  Inschriften:  Grut.  p.  1029;  Orelli  2377  =  C\  /.  L.  V,  2112; 
Henzen  6492. 

3)  Dieser  Sprengel  beruht  allerdings  nur  auf  einer  Vermuthung  Borghesi's 
5,  398,  für  welche  der  Umstand  spricht,  dass  auch  später  Lucania  und  Brittii 
einerseits  (Cod.  Theod.  11,  29,  1;  11,  30,  1)  und  Apulia  und  Calabria  anderer- 
seits unter  einem  Corrector  stehn.  S.  Borghesi  O.  5,  398;  6,  384  If.  In  der  Zeit 
des  Caracalla  war  Calabricu  zu  diesem  Sprengel  gezogen ,  Apulien  dagegen  mit 
Picenum  zu  einem  Bezirk  vereinigt.    Dies  geht  hervor  aus  den  Inschriften  des 

G.  Jlerennius  Silvius  Maxirnus  —  iurid.  per  Calabr.  Lucar^iam  Briltio«. 
Henzen  6745  und  des 

C.  Sallius  Aristaerietus  —  iuridicus  per  Picenum  et  Apuliam.  Grut.  465,  5.  6. 

4j  C  Sabucius  Mnior  Caecilianus  —  iurid.  per  Flamin,  et  Umbriam,  unter 
Commodus.  Henzen  7420. 

C  Cornelius  Felix  Tlirallus,   iurid.  per  Flam.   et   Vmbr.  Orelli  3177. 

P.  Aelius  Coeranus  —  iuridicus  per  Flaminiam  et  imbriam,  unter  Caracalla. 
Orelli  3851. 

L.  Annius  ltaLicu$  Honoralus,  —  iurid.  per  Fl.  et  Vmbriam.  Desjardins  Annali 
1868  p.  97. 

(/.  Mamilius  ('apitolinus ,  iurid.  per  Flaminiam  et  Umbrinm  et  Picenum. 
C.  I.  L.   JI,  2634. 

M.  Aelius  Aurelius  Theo ,  Aug{usti^  iuridicus  de  infirüto  per  Flam.  et  Um- 
briam  Picenum  (Orelli  3174),   aus  der  Z«!it  de.s  Valorianus  und  Gallienus  (253). 

5)  I>ie  Inschrift  Orelli  3173,  in  welcher  oln  iuridicus  prov.  Campaniae  vor- 
kommt, ist  falsch.   S.  Mommsen   /.  R.  N.  Falsae  n.  538.   Borghesi  Oewr.  5,  393. 

6)  Einen  Bezirk  I*icenum  Valeria ,  in  welchem  man  die  vierte  Region  hat 
erkennen  wollen,  giebt  es  iiborhaupt  nicht.  Die  Inschrift,  in  welcher  man  ihn 
in  finden  glaubte ,   ist   nach  Borghesi  O.  5,  401  =  Henzen  6489  zu  lesen  :   Sex. 


—     76     — 

(iie  beiden  crslcrcn  ganz  und  von  der  letzten  wenigstens  ein 
Theil  zur  urhica  dioecesis  gehörten.  Nichtsdestoweniger  war  auch 
diese  Einrichtung  nicht  constant,  sondern  am  Ende  des  zweiten 
Jahrhunderts  wenigstens  hatte  Tuscia  ebenfalls  einen  iuridicus^]. 
^vi^l^x  ^^^^  unmittelbare  Folge  der  durch  M.  Aurel  eingeführten  Or- 

^r"ic3a\'-  i^^'^nisation  der  höheren  Gerichte  scheint  die  Beschränkung  der 
dieselben^  Municipalgcrichtsbarkeit  gewesen  zu  sein ,  welche  für  das  zweite 
und  dritte  Jahrhundert  die  classischen  Juristen  bezeugen  2).  Das 
Strafverfahren  der  städtischen  Behörden  war  in  dieser  Zeit  auf 
eine  massige  Züchtigung  der  Sclaven  reducirt^);  in  Civilprocessen 
unter  einer  gewissen,  uns  unbekannten  Summe  urtheilten  «ic  zwar 
sowohl  selbst '^j  als  mit  Hinzuziehung  von  Geschworenen  ^j ,  aber 
wichtigere  Sachen  kamen  extra  ordinem^)  zur  Cognition  des 
iuridicus'^]j  während  alle  Entscheidungen,  die  auf  dem  imperium 
beruhten,  selbstverständlich  den  römischen  Behörden  vorbehalten 
blieben  8).  Das  Wichtigste  war  indess,  dass  die  Municipalmagi- 
strate  überhaupt  in  ein  untergeordnetes  Verhältniss  zu  dem  Prätor 
und  iuridicus  traten,    welche  in  einigen  Sachen  ihnen  die  Juris- 


Pedio.   Sex.  f.   Arn.  Hirruto    Lucilio   Pollion.    Cos.  praef.  aer.  militar.  leg.  Aug. 
iurid.  (^Asturiae)  et  OaUaec{iae^. 

1)  Iiischr.  von  Chiusi  bei  Henzen  Annali  1863  p.  277:  M.  Fabio  M.  f. 
Quir.  Magno  Valeriano  —  iur.  reg.  Tusciae  et  Piceni.  Henzen  erklärt  sich  zwar 
bestimmt  gegen  Borghesi's  Annahme  einer  Abkürzung  der  Titel  der  iuridici ;  da 
aber  Tuscia  und  Picenum  durch  Umbria  getrennt  sind,  so  sehe  ich  doch  auch  in 
diesem  Falle  keine  leichtere  Erklärung  der  Sache,  als  die  Supposition ,  dass 
Tuscia  zeitweise  mit  dem  Bezirk  Umbria  Picenum  vereinigt,  und  in  der  Titu- 
latur  Umbria  ausgelassen  ist. 

2)  Bethmann-HoUweg  a.  a.  0.  vS.  68.  Anders  Puchta  in  Zeitschr.  f.  gesch. 
Rechtswiss.  10  S.  204.  Institutionen  1  §  92.   Savigny  Gesch.   d.   R.  R.  im  Mittel- 

Sj'oig.  2,  1,  12;  47,  10,  15  §  39;  47,  10,  17  §  2;  47,  2,  52  §  12. 

4)  Paulus  5,  5*,  1 :  res  iudicatae  videntur  —  —  a  mag  istrat  ibus  rnunicipa- 
libus  usque  ad  summam.,   qua  ius  dicere  possunt.    Dig.  2,  1,  20;    ÖO,  1,  28. 

5)  Dig.  2,   1,   13  §  1. 

6)  lieber  den  Begriff  der  extraordinariae  cognitiones  und  die  Fälle,  in  wel- 
chen sie  zur  Anwendung  kamen,  verweise  ich  auf  Bethmann-Holhveg  Civilprocess 
2  §  122  S.  763  ff. 

7)  In  dem  Digestentitel  de  variis  et  extraordinariis  cognitionihus  et  si  iudex 
litem  suam  fecisse  dicetur  (Dig.  50,  13j  heisst  es  in  dem  fr.  des  Oallistratus  1.  5 
pr. :  numerus  ergo  cognitionum  in  quattuor  fere  genera  dividi  potest :  aut  enim  de 
honoribus  sive  muneribus  gerendis  agitatur ,  aut  de  re  pecuniaria  disreptatur ,  aut 
de  existimatione  alicuius  cognoscitur ,  aut  de  eapitali  crimine  quaeritur.  In  die 
dritte  Classe  gehört  die  Sache  des  Volunmius  Serenus  aus  Concordia ,  welcher 
scriba  und  decurio  gewesen ,  dann  aber  relegirt  worden  war  und  nach  seiner 
Rückkehr  verhindert  wurde  wieder  in  die  Curie  von  Concordia  einzutreten.  Diese 
Sache  kam  vor  den  iuridicus  regionis  Transpadanae  Arrius  Antoninus,  an  welchen 
Fronto  ep.  ad  amicos  2,  7  p.  193  Naber  darüber  berichtet. 

8)  Paulus  Dig.  50,  1,  26.    S.  oben  S.  67  Anm.  1. 


—     77     — 

(liction  delegirten  i) ,  in  andern  die  Vollziehung  des  Urtheils  auf- 
trugen 2) ,  dabei  ein  Aufsichtsrechl  über  die  Ausführung  ihrer 
Aufträge  üblen  ^j  und  in  allen  Sachen  Appellation  annahmen  4). 
Ueberhaupt  werden  die  iuridici  im  gewöhnlichen  Sprachgebrauch 
schon  den  praesides  ^  d.  h.  den  Provinzialstatthaltern ,  gleichge- 
stellt ^) ,  obgleich  ihnen  dieser  Titel  officiell  nicht  zukam  und  sie 
Verwaltungsgeschäfte  nur  ausnahmsweise  übernommen  zu  haben 
scheinen  6).  Vielmehr  lag  die  ganze  Administration  damals  noch 
in  den  Händen  der  Municipalbehörden ,  und  nur  wo  diese  sich 
unwirksam  zeieten,  eriff  der  Staat  durch  ausserordentliche  Com-  Ausseror- 
missarien  ein,  welchen  in  einzelnen  Resionen  oder  in  eanz  Italien    verwai- 

'  ^  ^  tungsbehör- 

gewisse  Verwaltungszweige  zeitweise  übertragen  wurden,  ohne  den,  cor- 
dass  dieselben  dabei  mit  den  mridici  concurrirten.  Das  erste  Bei- 
spiel einer  solchen  Specialcommission  giebt  schon  vor  der  Epoche 
der  mridici,  nämlich  unter  Traian ,  ein  leg[atus)  Aug(usti)  p{ro) 
p{raetore)  region{is)  Ti^anspadanae,  dessen  Auftrag  uns  unbekannt 
ist^)  ;  später  kommen  vor  ein  praepositus  tracfus  Apuliae  Cala- 
hriae  Lucaniae  Bruttiorum,  dessen  Sorgfalt  in  der  Erhaltung  der 
Sicherheit  des  Landes  erwähnt  wird^),  und  ein  praepositus  Um- 
briae  Piceni  et  Apuliae-).    Das  dringendste  BedUrfniss  einer  Staats- 


1)  Dig.  39,  2,  1 ;  39,  2,  4  §  3. 

2)  Paulus  4,  4,  2. 

3}  Dig.  27,  8  pr.  §  f).  6. 

4}  Dig.  49,  1,  21  pr.;  49,  4,  1  §  3.  4. 

5)  In  den  angerührten  Stellen  der  Digesten  ist  immer  vom  praetor  und 
praeses  die  Rede,  vom  mW<//cws  speciell  nur  40,  5,  41  J^  5,  aber  man  sagt:  iuri- 
dicuK  regiontm  adrninistrat  (fr.  Vat.  ^  241 J  oder  provinciam  aärninistrat  (Fronte 
ep.   ad  am.   2,  7  p.  192  Naber),   wie  man  dies  auch   vom  praeses  sagt. 

ü)  Ein  Fall  dieser  Art  wird  erwähnt  in  der  Insclir.  ürelli  3177  :  C.  Cor- 
nelio  —  Thrallo,  iurid.  per  FLain.  et  Vrnbr.  —  iuridiratus  eins  ob  eximiam  niode- 
ralionem  et  in  aterilitale  annonae  laboriosam  erya  ipsos  fidein  et  industriaiu,  ut  et 
rivihus  annorui  superesset  et  vicinis  rivitatibus  subveniretttr.  Man  darf  aber  aus 
diesem  einen  Falle  nicht  mit  Ziimpt  Comm.  ep.  2,  47  srhliessen,  das»  die  iuri- 
dici überhaupt   Verwaltung.sbeamte  gewesen   wären. 

7)  Orelli  2273=  Marini  Isrr.  Alb.  p.  54.  Zumpt  Coinm.  ep.  2,  41  hält  diesen 
liCgaten  für  einen  während  des  Dacischen  Krieges  in  der  Transpadana  eingesetz- 
ten militäriHchen  (iouverneur;  Horghesi  Oeuvres  f),  408,  dem  Menzen  zu  n.  G482 
folgt,  für  «inen  Vorläufer  der  späteren  Correctoren ;  Mommsen  Ephem.  epiijr. 
1872  p.  13H  für  einen  mit  der  AuslM^iung  beauftragten  Offizier  (dilerlator ,  Ke- 
nier  Müanyes  p.  73),  wie  er  erwähnt  wird  in  ,der  Inschr.  Renirr  Inscr.  de  VAlg. 
n.  1817.  7'.  Caesemio  —  —  rnisno  ad  dilec[tu\m  iuniorum  a  difo  Hadriano  in 
rtgionem  TrarMpadaruim .  Nach  dieser  Inschr.  glaubt  Mommsen  auch  /.  H.  N. 
3604  Uisen  zu  dürfen:  Ij.  Fulvio  Arrniliano  —  elerto  ab  nft\limo  imp.  Severo] 
Aletandro  ad\diltcluin   babendum]  per  reifionem   Tra\nspadar\am\. 

8j  Mouimsen  /.  A'.  041»:  oft  —  sinyuiart  m  i)ulat<tri(nn  ad  qHietein  reyiouis 
tervaruiam. 

9)  Urem  3175. 


—     78     — 

aufsieht  lag  aber  vor  in  (U^v  Finanzverwaltung  der  freien  Städte, 
zu  deren  Revision  nicht  nur  in  denjenigen  Provinzen ,  welche 
nicht  unmittelbar  unter  dem  Kaiser,  sondern  unter  dem  Senat 
standen,  seit  Traian  besondere  kaiserliche  Legaten  cornmittirt  wur- 
den j  welche  griechisch  SiopOwiai  oder  i7ravopi)u)tai,  auch  wohl 
Xo^toTai,  lateinisch  correctores  heissen^),  sondern  auch  für  ganz 
Italien  zeitweise  ein  corrector  eingesetzt  wurde,  der  wenigstens 
seit  Caracalla  nachweisbar  ist  und  zuerst  ohne  eigentlichen  Titel 
electus  ad  corrigendiim  statum  Italiae  genannt  wird  2).  Alle  diese 
interimistischen  Maassregeln  wurden  beseitigt  am  Ende  des  dritten 
Jahrhunderts,  zu  welcher  Zeit  die  2wnd2C?"  aufhörten  3),  die  urhica 
dioecesis  einging  4)  ^  und  ganz  Italien  in  feste  Verwaltungsbezirke 
getheilt  wurde,  welche  sich  von  den  Provinzen  nur  dadurch  un- 
terschieden, dass  man  für  ihre  Statthalter  den  in  Italien  bereits 
ständige  bekannten    Titel    corrector  ^)    beibehielt ,    obgleich    dieselben    die 

correctores. ' '_ 

1)  Ausführlich  handelt  über  diese  kaiserlichen  Commissarien  Borghesi  Oeuvres 
5,  408  ff.  S.  Epicteti  diss.  3,  7,  welches  Capitel  die  Ueberschrift  hat:  Ttpoc  t6«v 
Siopi}(urfjV  Töiv  ^Xeu^cptuv  TcoXetuv.  Ein  solches  Amt  bekleidete  unter  Traian  in 
Achaia  Messius  Maximus  —  —  missus  in  provinciam  Achaiam  ad  ordinandum 
statum  liberarum  civitatum  (Plin.  ep.  8,  24,  2),  in  Bithynien  Plinius  selbst,  von 
dem  Traian  (Plin.  ep.  10,  32(41))  schreibt:  meminerimus,  idcirco  te  in  istam 
provinciam   missum,  quoniam  mulia  in  ea  emendanda  apparuerunt.     Vgl.  ep.   117 

(118);   18,  29;  unter  Hadrian  P.  Pactumeius  Clemens legatus  divi  Hadriani 

Athenis  Thespiis  Plateis  item,  in  Thessalia,  —  —  legatus  divi  Hadriani  ad  ratio- 
nes  civitatium  Syriae  putandas  (Henzen  6483  =  ßenier  Jnscr.  de  l'Alg.  1812); 
L.  Egnatius  Victor,  d7ravopi*}(uTTji;  ^kyoXai  (C.  /.  Gr.  1624);  Ti.  Severus,  rpo;  Trfvxe 
^dßSou;  T£[jLcp^et(;  ei?  Bei^uviav  Siopi^coT/];  y.ai  XoYtot^j?  'jtio  ^eoö  'ASpiavou 
C.  I.  Qr.  4033.  4034;  L.  Burbuleius  Optatus  —  logista  Syriae  Henzen  6484; 
Herodes  Atticus,  -von  dem  Philostratus  Vit.  Soph.  1,  25,  6  sagt:  dcpTxTO  piev  ii 
TTiv  XfjLupvav  —  -icaxa  ypovou?,  ouc  xdi  ^Xeu^spa?  töjv  TtöXeojv  auxo;  oitop^oÜTO  • 
und  2,  1,  3:  •/jpye  [aev  y^P  '^"iv  -/.axd  xtjv  'Aotav  dXeuftepoov  iroXetov  6 'HpwSirjc  • 
endlich  unter  Septimius  Severus  Ti.  Claudius  Callippianus ,  ütiocxo;  ,  Tzpta^euriic, 
'AoX  dvxtoxpdxTjYOi;  xwv  Seßacxöjv,  \o^i(STi]i  'aoI  ^Ttavop^ujx-?];  xöjv  dXe'ji4lpu)v  tz6- 
Xewv  (Athenische  Inschr.  Bullett.  d.  Inst.  1862  p.  119).  Wenn  Papinian  im 
ersten  Buche  seiner  Digesten,  welches  zwischen  198  und  206,  also  unter  Seve- 
rus ,  geschrieben  ist ,  sagt :  legatus  Caesaris ,  id  est  praeses  vel  corrector  provin- 
eiae,  abdicando  se  non  amittit  imperium  (Dig.  1,  18,  20),  so  unterscheidet  er  zwei 
Arten  legati ,  die  ordentlichen  Statthalter  der  kaiserlichen  Provinzen ,  welche  er 
praesides  nennt,  und  die  ausserordentlichen  kaiserlichen  Commissarien,  correctores 
oder  SiojpOcoxai. 

2)  So  C.  Octavius  Sabinus  aus  Caracallas  Zeit  in  zwei  Inschr.  Ephem.  epigr. 
1872  p.  130  und  Henzen  6482.  Dagegen  war  Pomponius  Bassus,  wahrscheinlich 
der  Cos.  271,  vor  seinem  Consulat  l7ravopd((oxY];)  7rdoTf](<;  'IxaXia«;),  Inschr.  bei 
de  Rossi  Bullettino  cristiano  1871  p.  45  =  Mommsen  Ephem.  epigr.  1872  p.  139. 

3)  Die  iuridici  sind  bis  zu  Aurelians  Zeit  nachzuweisen;  C.  Luxilius  (Orelli 
3143)  und  Simonius  Proculus  lebten  unter  oder  nach  den  Gordianen ,  Aelius 
Aurelius  Theon  (Orelli  3174)  unter  Valerian  und  Gallien,  S.  Borghesi  Oeuvres 
5,  403. 

4)  Dies  zeigt  der  später  vorkommende  corrector  Campaniae. 

5)  lieber  den  Namen ,  der  von  corrigere  abzuleiten  ist ,  das  Qaellenmaterial 


—     79     — 

Gewalt  der  Provincialstatthalter  in  vollem  Umfang  erhielten,  die 
Civilgerichtsbarkeit  wie  die  Criminaljustiz  ^)  ausübten  und  die 
ganze  Vei^waltung  übernahmen. 

Dies  ist  die  letzte  Organisation  Italiens,  welche  mit  einigen 
Veränderungen  bis  zym  Untergange  des  weströmischen  Reiches 
bestehen  blieb;  wir  haben  von  dei'selben  eine  Anschauung  erst 
aus  dem  vierten  Jahrhundert,  in  welchem  in  einigen  Provinzen 
der  Statthalter  einen  höheren  Rang  erhalten  und  von  einem  coy^- 
rector  mit  fünf  fasces^)  zu  einem  consularis  mit  sechs  fasces^) 
erhoben  war.  Ob  die  Einrichtung  der  correctorischen  Provin- 
zen von  Aurelian  herrührt  ^)  ,  oder  ob  zuerst  für  ganz  Italien 
ein  Corrector  fortbestand^),    und  erst  Diocletian ,    wie    die  Pro- 

und  die  Ansichten  der  älteren  Forscher  über  die  correctores  findet  sich  die 
Hauptsammlung  bei  Boecking  Not.  Dign.  Occ.  p.  1180  ff. ;  Borghesi  Oeuvres  5, 
395  IT.  Die  bisher  sehr  unklaren  Verhältnisse  Italiens  während  dieser  letzten 
Periode  hat  Mommseu  Feldmesser  2,  196  ff.  mit  glücklichem  Scharfsinn  erörtert 
und  nochmals  Ephem.  epigr.  1872  S.  138  ff",  einer  Prüfung  unterworfen.  Die  uns 
vorliegenden  Zeugnisse  sind  indessen  so  unzureichend,  dass  eine  sichere  Behand- 
lung dieser  Zeit  noch  nicht  möglich  ist. 

1)  Ammian.   15,  7,  5.    Cassiodor.    Var.  6,  21. 

2j  C.  I.  Gr.  4033.  4034. 

3J  Rutilius  Namatianus  Itin.  I,  579  sagt  von  seinem  Vater  Lachanius,  der 
um  389  als  consularis  Tuscia  und  Umbria  verwaltete: 

Namque  pater  quondam  Tyrrhenis  praefuä  arvis. 
Fascibus  et  senis  credita  iura  dedit. 
Die  fasces  werden    auch    bei   dem  consularis  Campaniae   erwähnt   in   der  Inschr. 
Orelli  3170  =  Mommsen  I.  N.  1422. 

4)  Dies  nehmen  an  Borghesi  a.  a.  0.  und  Mommsen  Feldmesser  2,  196. 
Nach  Vopisc.  Aurel.  39 ;  Aurel.  Vict.  Caes.  35  und  epit.  35,  7 ;  Eutrop.  9,  13 
war  Tetricus  bejeits  unter  Aurelian  corrector  Lucaniue ,  nach  Aurel.  Vict.  Caes. 
39,  10  war  lulianiis  bei  dem  Tode  des  Carus  (284)  corrector  Venetiae,  und  unter 
Carinus  (f  285)  kommt  in  einer  freilich  unsicher  und  ohne  Ortsangabe  überlie- 
ferten Inschrift  Mommsen  I.  N.  6328  Kufttus  Volusianus  als  corrector  Campaniae 
vor.     Die  Zeit  wird  bestimmt  durch  n.  2497=  Henzen  6481. 

5j  Von  den  ebenangeführten  drei  Zeugnissen  werden  zwei  unsicher  gemacht 
durch  widersprechende  Nachrichten.  Na<'h  Trebellius  l'ollio  trig.  tyr.  24  war 
Tetiicus  nicht  corrector  Lucaniae^  sondern  totius  llaliae.  Die  .Stelle  ist  merk- 
würdig wegen  der  Aufzählung  der  nachherigen  Provinzen  ,  und  so  zu  interpun- 
giren :  [Aurelümus  Telricum )  correctoreni  totius  /taliae  fecit  j  id  est  (^irnpaniae, 
Samnii,  Lucaniae  lirittiorum,  Apuliae  Calabriae,  Ktrurint  atque  Umbriae,  Piceni 
et  FLaminiae  omnisque  annonariae  regionis.  Kbenso  heisst  Kuflius  Volusianus  in 
zwei  andern  Inschriften  corrector  Italiae  per  annos  octo  (Grut.  p.  387,  5)  und 
itertan  corrector  ohüe  Zusatz  Mommsen  /.  N.  2497 ,  so  dass  nur  noch  lulia- 
nas  bei  Aur.  Vict^)r  Cnes.  39,  10  übrig  bleibt,  der,  wenn  Victor  in  Betreff  des 
Tetricus  irrt,  ebenfalls  auf  einem  Irrthum  beruhen  kann.  Dagegen  llndet  »Ich 
noch  unter  Diorh^tian  Niimidius  corrector  Itidkie  im  J.  21K)  (Cod.  lust.  7,  35,  3) 
und  Paetus  HonoratUK  —  corrector  H<di(nt)  (a,  293.  Cod.  lust.  2,  11,  1)  C.  1.  L. 
V,  2>S17.  Auch  gehört  hleher  wohl  L.  Aeliii«  Hfdvius  Dionytdas  —  —  eorrer.tor 
utriunque  lUdiae  (Orelli  ♦>()),  der  also  nach  d»«r  gb'ich  zu  besprechenden  Thel- 
lung  Italiens  in  zwei  I)iö<;ffM(>n  zu  setzen  ttein  würde.  Dieser  scheint  in  einer 
alldem   Inschrift  Mommsen   /.  N.  4<)Ö7  aU  eorr.   4 ninpar^iae)  vorzukommen,   also 


—     80     — 
Eintheiiung  vinzen  *) ,    SO   auch  Italien    in  kleine  Amtsbezirke   Iheilte,    ist  hei 

Italiens  in  '  '  ' 

Provinzen,  der  unvollständigen  und  widersprechenden  Ueberlieferung  nicht 
ins  Klare  zu  bringen.  In  den  Jahren  290  —  300  war  die  neue 
Provinzialeintheilung   Italiens    vollendet 2),    und    die   unmittelbare 

de^steüer-  Fo^gG  derselben  war,    dass    die   alte  Steuerfreiheit   des   italischen 

freiheit.    Rodeus  aufhörte.    Maximian,  welcher  seit  280  Augustus  war  und 

in    Mailand   residirte^)  ,    erhob    in   dem    Theile   Italiens,    welcher 

nördlich  von  den  Flüssen  Macra  und  Rubico  liegt  4) ,  eine  Abgabe 

für  seine  Hofhaltung   [annonn]^    von  welcher  seitdem  diese  Land- 

^^^JJJ*^**^' Schaft  7'egio  annonaria  heisst,    während  Mittel-   und  Unteritalien 

urbicaria.  wenigstens  im  vierten  Jahrhundert  zur  Versorgung  der  Stadt  Rom 
Kalk ,  Holz ,  Schweine ,  Rinder  und  Wein  lieferte  ^)  und  den 
Namen  der  urhicariae  oder  suburbicariae  regiones  erhielt ''). 

eben  die  sich  widersprechenden  Titel  zu  haben ,  welche  dem  Tetricus  und  dem 
Rufflus  Volusianus  beigelegt  werden  (vgl.  über  ihn  Mommsen  Eph.  epigr.  1872 
p.  141).  Die  Lösung  dieser  Widersprüche  geben  nach  meiner  Ansicht  die  beiden 
Inschriften  des  F.  Fl.  Postumius  Titianus  (Cos.  301)  bei  Henzen  Tab.  Alim.  p, 
52.  53.  In  der  einen  heisst  dieser  corrector  Italiae  Transpadanae,  in  der  andern 
corrector  Italiae  reyionis  Transpadanae.  Der  Titel  war  also  ursprünglich  corrector 
Italiae  oder  corrector  ohne  Zusatz  ,  wie  auch  die  vier  praefecti  praetorio  bis  zum 
Ende  des  4ten  Jahrh.  ihre  Diöcese  ihrem  Titel  nicht  zusetzen  (Mommsen  A/e- 
morie  d.  Inst.  2,  301) ,  es  folgt  aber  aus  demselben  nicht,  dass  dieser  corrector 
nach  Aurelians  Zeit  noch  ganz  Italien  verwaltete.  Tetricus  konnte  demnach  cor- 
rector Italiae  regionis  Lucaniae  sein,  und  Trebellius  Pollio  durch  die  Abkür- 
zung dieses  Titels  getäuscht  werden. 

1)  Lactant.  de  mort.  persec.  7. 

2)  Die  Correctoren  dieser  Zeit  sind  unten  bei  den  einzelnen  Provinzen  an- 
geführt. 

3)  Burkhardt  Die  Zeit  Constantins  des  Grossen,  Basel  1853  S.  56  ff.  Ausonii 
Ordo  nöbilium  urbium  5.  • 

4)  Trebellius  Pollio  trig.  tyr.  24  bezeichnet  als  annonaria  regio  das  Land 
nördlich  von  Tuscia  und  Flamiuia. 

5)  Die  Beweisstellen  s.   bei  Mommsen  Feldmesser  2,    199. 

6)  Leber  die  regiones  annonariae  und  suburbicariae  ist  ein  heftiger  Streit 
namentlich  mit  Rücksicht  auf  die  ursprüngliche  Herrschaft  des  Pabstes  geführt 
worden ,  über  welchen  man  eine  vollständige  literarische  Nachweisung  findet  in 
der  Vorrede  zu  Jac.  Gothofredi  Opera  iuridica  minora  ed.  Trotz,  Lugd.  Bat.  1733 
fol.  p.  16  f.  Gothofredus  in  der  anonym  erschienenen  Schrift  De  suburbicariis 
regionibus  et  ecclesiis ,  seil  de  praefectura  et  episcopi  urbis  Romae  dioecesi  con- 
iectura,  Francofurti  1618.  4,  und  zum  Cod.  Theod.  2,  16,  2  deflnirt  die  regio 
urbicaria  als  die  nächste  Umgebung  Roms  bis  zum  100  Meilenstein,  welche  unter 
dem  Stadtpräfecten  stand,  die  regio  annonaria  aber  als  das  ganze  übrige  Italien. 
Seiner  Ansicht  sind  ausser  Salmasius  auch  Savigny  Verm.  Sehr,  2,  105  und 
Boecking  A\  T>.  Occ.  p.  172  beigetreten.  Nach  Jac.  Sirmond  dagegen  (s.  Jac. 
Sirmondi  Opera,  Venetiis  1728  fol.  Vol.  IV  p.  1  — 159)  umfasst  die  annonaria 
regio  nur  die  Lombardei ;  die  urbicaria  regio  aber  ist  nicht  der  Sprengel  des 
praefeclus  urbi,  sondern  die  Diöcese  de»  vicarius  urbis  Romae  und  umfasst  ganz 
Mittel-  und  Unteritalien.  Mommsen  Feldm.  2,  200  entscheidet  sich  für  Sirmonds 
Ansicht,  dessen  Argumente  er  kurz  zusammenstellt.  Auch  ich  bin  dieser  Ansicht 
gefolgt  und  verweise  darüber  auf  Sirmond  und  Mommsen. 


—     81     — 
Im   J.    292    wurde    das    römische   Reich    unter    vier  Kaiser  Diocietiani- 

sche  Keicns- 

getheilt,  nämlich  Diocietianus,  Maximianus,  Constantius  und  Gale-  eintheiiung. 
rius^J,  von  welchen  jeder  seinen  prae/ectus  praetorio-  hatte  2), 
und  als  Constantin  im  J.  321  zur  Alleinherrschaft  gelangte,  be- 
hielt er  die  vier  praefecii  praetorio  für  die  vier  von  ihm  con- 
stituirten  Theile  des  Reiches,  On'ens,  lllyricum ,  Italia  ^  GaUiae, 
bei 3).  Unter  ihnen  standen  12  vicarii^)  und  unter  diesen  H6 
Statthalter  der  einzelnen  Provinzen  mit  verschiedenen  Titeln,  aber 
sowohl  die  ersteren^)  als  die  letzteren  sind  nicht  von  Constantin, 
sondern  bereits  von  Diocletian  eingesetzt,  und  auf  diesen  hat 
man  wenigstens  in  der  Hauptsache  die  spätere  Organisation  Ita- 
liens zurückzuführen  ^j ,  welche  wir  im  Folgenden  übersichtlich 
darstellen. 

Die  praefectiira  Italiae  umfasste  drei  Diöcesen,  Africa,  Italia  Prae/ectura 
und  lllyricum  occidentale.  Das  letztere,  welches  in  dem  veroneser 
Verzeichniss  dioecesis  Pamioniarum  heisst'),  stand  unmittelbar 
unter  dem  praefectus  praetorio  Jtaliae^)  y  während  Africa  einen 
vicarius,  Italien  aber,  mit  welchem  unter  Diocletian  mehrere  be- 
nachbarte Provinzen  vereinigt  worden  waren ,  zwei  vicarii  hatte, 
von  welchen  der  eine  in  Rom  residierte  und  daher  vicarius  in 
urbe  oder  vicarius  urbis  heisst^j,  der  andre  in  Mediolanum  seinen 

1)  Aur.  Vict.  Caes.   c.  39  §  23—30. 

2j  Constantius  hatte  zum  pr.  praet.  den  Asclepiodotus  (Aur.  Victor  Caes,  39, 
42),  Maxentius  (306—312)  den  liullus  Volusianus  (Zosim.  2,  14.  Aur.  Vict.  40,  18). 

3)  Zoaimiis  2,  32  schreibt  die  Einsetzung  der  4  praefecti  dem  Constantin 
zu,  was  nicht  genau  ist.  S.  Tillemont  4,  284.  Mommsen  Memorie  delV  Instituto 
2  p.  301.    Bethmann-HoUweg  Köm.  Civilprocess  3,  14. 

4)  Bethmann-Iloilweg  Köm.  Civilprocess  3,  49  ff. 

o)  Lactant.  de  mort.  ptrsec.  7  sagt  \on  Diocletian  :  tres  enhn  participes 
reyni  sui  fecit,  in  quutuor  partes  orbe  diviso ,  —  —  provinciae  quoque  in  fru^ta 
concisae,  rnulti  pruesidcs  et  pLura  ofßcia  sinyulis  reyionibus  ac  paene  iarn  civitati- 
bu8  incubare,  item  rationales  multi  et  mayistri  et  vicarii  praefectorurn ,  und  dies 
bestätigt  die  römische,  von  Mommsen  Memorie  deW  Instituto  2,  298  behandelte 
Inschrift  des  C.  Caeliiis  Saturninus,  welcher  schon  vor  Constantin  vicarius  prat ff . 
praetorio  bis  in  urbe  Roma  et  per  Mysias  gewesen  zu  sein  scheint;  ferner  Septimius 
Valentio  v.  c.  a(yen8)  v(ices)  praeff.  pruttt.  aus  dem  Jahre  293  ürelli  1049.  Ein 
vicarius  Africae  ist  schon  31.0  nachweisbar.   Mommsen  Feldmesser  2,  202. 

ü)  Dies  folgt  jetzt  auch  aus  dem  veroneser  Verzeichniss  von  297,  welches, 
obwohl  an  dieser  Steile  lückenhaft,  doch  die  Provinzen  der  Italischen  Diöcese 
bereite  aufzählt.    S.  Mommsen  Abh.  d.   Uerliner  Acad.   1802  S.  Ö13. 

7)  Mommsen  a.  a.  O.   S.  491. 

8)  Mommsen  a.  a.  O.  8.  497  und  l'olemii  Sitvii  Laterculua  (Abh.  der  sächs. 
üesellach.   d.   Wiss.  3,  2(10).    iJtthmann-Hollweg  K.  Civilprocess  3,  47  JT.   öl  ff. 

9)  Bethmann-Iloilweg  a.  a.  O.  8.  f)!  Anm.  27.  Der  Titel  ist  vicarius  prae- 
fertorum  praetorio  in  urbe  lioma.  Inschr.  bei  Monim  en  Memorie  d.  Inst.  2,  31f); 
nicht  vicarius  praefecti,   denn  er  ist  ein  selbständiger  Beamter,    der  unmittelbar 

Köm.  Altcrth.  IV.  ti 


-     82    — 

Sitz  nahm  1)  und  den  Titel  vicarius  Italiae  bekam '^).  Der  Name 
Italia  hat  also  in  dieser  Zeit  zwei  neue  Bedeutungen  erhalten : 
er  bezeiehnet  zuerst  den  Verwaltungsbezirk  des  praefectus  prae- 
torio,  zu  welchem  ausser  der  apenninischen  Halbinsel  verschiedene 
früher  selbständige  Provinzen  gehörten,  zweitens  aber  in  speciel- 
lem  Sinne  die  Italia  annonaria,  welche  zur  Hauptstadt  Mediola- 
num  hat'^)  und  der  urbs  mit  den  regiones  suburbicariae  entge- 
gengesetzt wird  *) .  Es  zerfällt  demnach  die  ganze  Diöcese  in 
folgende  Unterabtheilungen  &). 

unter  dem  Kaiser  steht.  S.  Mommsen  a.  a.  0.  Auch  pro  praefectis  praetorio  in 
urbe  Roma  finitimisque  provinciis  Orelli  1186  oder  kurz  vicarius  urbis  oder  vica- 
rius urbi  Cod.  Theod.  10,  4,  1  aus  dem  Jahr  813;  Orelli  3171.  Henzen  6471. 
6473.  6904.    Cassiodor.  6,   15. 

1)  Bücking  N.  D.  Occ.  p.  440.  Auch  der  praef.  praet.  Italiae  residiert  in 
Mailand.    Cod.  Th.  8,  4,  6;   16,  2,  15;  8,  11,  3. 

2)  Vic(uriics)  praef^ecturae)  per  Ital[iam]  Orelli  3764,  vgl.  Borghesi  Oeuvres 
6,  385.  Mommsen  Memorie  2,  315.  Im  Codex  Theodos.  wird  er  erwähnt  in  den 
Jahren  320  (9,  8,  1),  321  (6,  35,  4),  365  (9,  1,  12),  370  (8,  5,  31;  11,  10,  2), 
374  (13,  1,  10);  im  J.  368  erzählt  Ammian  27,  7,  5  von  drei  apparitores  pote- 
statis  vicariae  per  Italiam. 

3)  Athanasius  Hist.  Arianorum  ad  monachos  in  Äthan.  Opp.  Paris  1698 
fol.  I  p.  363 :  Atov'jaio?  6  drö  MeStoXdvoj«^  •  laxl  hk  xat  auTTj  ^r(z^6Tzo\i<i  tt]^ 
'I-aXia?.     Die  Notiz  bezieht  sich  auf  das  Jahr  355. 

4)  Schon  Trebellius  Pollio  trig.  tyr.  24  setzt  der  annonaria  regio  die  sub- 
urbicariae regiones  entgegen,  welche  er  einzeln  aufführt ;  ebenso  werden  in  einer 
Verordnung  des  Cod.  Th.  11,  1,  9  die  suburbicariae  regiones  den  regiones  Italiae 
entgegengesetzt.  Vgl.  11,  16,  9:  non  enim  per  Italiam  tantum,  sed  etiam  per  ur- 
bicarius  regiones.  11,  13,  1  :  per  omnem  Italiam,  tum  etiam  per  urbicarias  Afri- 
canasque  regiones.  In  den  Acten  der  Concilien  finden  sich  die  Unterschriften  : 
Merocles  episcopus  de  civitate  Mediolanensi ,  provincia  Italia  ( Conc.  Arelatense 
a.  314  bei  Mansi  2,  476),  Lucius  ab  Italia  de  Verona,  Fortunatianus  ab  Italia 
de  Aquileia,  Ursacius  ab  Italia  de  Brixia ,  Severus  ab  Italia  de  Ravenna  (Con. 
Sardicense  a.  347.  Mansi  3,  38.  42).  In  der  Notitia  Dign.  endlich  haben  nicht 
nur  die  vicarii  ihre  Titel  von  diesen  beiden  Diöcesen,  sondern  auch  andere  Be- 
amten, wie  der  rationalis  rei  privatae  per  Italiam.  und  der  rationalis  rei  privatae 
per  urbem  Romum  et  suburbicarias  regiones  {N.  D.  Occ.   c.  XI). 

5)  Die  Provinzen  Italiens  sind  aufgeführt  im  veroneser  Verzeichniss  S.  513, 
im  laterculus  des  Polemius  Silvius  S.  251 ,  welchem  Mommsen  auch  das  früher 
bekannte ,  von  Schonhoven  in  der  Ausgabe  des  Eutrop  Basil.  1552  publicirte, 
hernach  oft  wiederholte  Verzeichniss  der  römischen  Provinzen  hinzugefügt  hat, 
und  in  der  Notitia  Dignitatum  Occid.  c.  2;  die  Diöcese  des  vicarius  urbis  ist  in 
derselben  besonders  behandelt  c.  18 ,  das  Capitel  aber ,  welches  die  Provinzen 
des  vicarius '  Italiae  enthielt,  ist  in  der  Notitia  nicht  mehr  vorhanden  und  von 
Böcking  p.  439  ergänzt.  In  der  geographischen  Begrenzung  der  Provinzen  ist 
mehrfach  geändert  worden ,  es  fehlt  über  dieselbe  aber  noch  eine  Untersuchung, 
denn  das  Hauptwerk  Caroli  a  S.  Paulo  Geographia  sacra,  Acnesserunt  Lucae 
Holstenii  animadversiones,  Amstelaedami  1704  fol.,  enthält  nur  ein  kritisch  un- 
gesichtetes  Material,  das  Bingham  Origines,  vertit  I.  H.  Grischov,  Halae  1727.  4 
Vol.  III  p.  504  ff.  benutzt  und  auch  Böcking  nicht  überall  einer  Prüfung  unter- 
zogen hat. 


I 


—     83     — 


A.  Unter  dem  Vicarius  Italiae, 

1,  Venetia  et  Histria   (Reg.  X)   mit  der  Hauptstadt  Aqui-  JjJ^j"^^^^ 
leia  M   unter  einem  corrector  2) ,   später  unter  einem  consularis  ^) .       vicartus 

'  n      r  I  Itahae. 

2.  Italia  Transpadana  (Reg.  XI)  ,  unter  Diocletian  eine 
besondere  Provinz  unter  einem  corrector'^).  Sie  hiess  später  Li- 
guria,  hatte  zur  Hauptstadt  Mediolanum  ^)  und  stand  damals  unter 
einem  consularis^).  Die  Uebertragung  des  Namens  Liguria,  wel- 
cher früher  die  IX  Region  bezeichnete ,  auf  die  XI  Region  ist  nur 
durch  die  Annahme  erklärbar,  dass  beide  Regionen  zu  einer  Pro- 
vinz vereinigt  waren ')  ,  bis  etwa  in  der  Zeit  lustinians  (527 — 
565)  die  Rezeichnung  Liguria  auf  die  mailändische  Provinz  be- 
schränkt^)   und   die   IX  Region   mit  den  Alpes  Cotliae    zu   einem 

1)  Polemius  Silvius  p.  251.  Gothofred.  Topograpkia  codicis  Theodosiani  p. 
112  f.  ed.  Lips.    Boecking  N.  D.  Occ.  p.  441. 

2)  lulianus  (corr.  Venetiae^  a.  284.  Aur.  Vict.  Caes.  39,  10.  Cor.  Gaudentius 
V.  p.  com(es)  et  corr.    Ven.  et  Histr.   C.  I.  L.  V,  4327.  4328. 

Isteius  Tertullus  —  corr.  Ven.  et  Histriae  unter  Maximian  (286  —  305)  Or. 
1050=  C.  /.  L.  V,  2818. 

C.  Vettius  Cossinius  Rutinus  c.  v.  corr.  Venetiae  et  Histriae  um  312.  Orelli 
2285. 

M.  Maecius  Balburius  —  corrector  Venetiarum  et  Hystriae  vor  343.  Or,  3191 
=  Mommsen  /.  N.  2618. 

L.  Nonius  Veras  —  correct.  Venetiarum  et  Istriae  unter  Constantin.  Orelli 
3764.    Borghesi   Oeuvres  6,  388. 

3)  Florianua  consularis  Venetiae  365  Cod.  Th.  8,  8,  1;  11,  7,  10.  Consulares 
hat  die  Provinz  auch  nach  der  N.  D.  Occ.  p.  5. 

4)  T.  FL  Postumius  Titianus  —  • —  corr.   Campaniae,  corr.   Italiae   Transpa- 
danae  (Orelli   1194)  vor  301,    in  welchem  Jahre   er    zum    zweiten    Male    Consul    • 
war.     Auf   ihn    bezieht    sich  eine    zweite  Inschrift   bei   Janssen  Musei  Lugduno- 
liatavi  Inscr,  tab.  IX  n.  2.    Henzen   Tab.  Alim.  p.  52,  in  welcher  er  den  Titel 
(cor)rector  Italiae  reg{ionis)   Tr(anspadanae')  führt. 

5)  Polem.  Silvius  p.  251 :  Liguria,  in  qua  est  Mediolanum.  Not.  Dign.  Occ. 
p.  47:  praepositus  thesaurorum  Mediolanensium  Liguriae.  p.  48:  procurator  Oy- 
naecii  Mediolanensis  Liguriae.  Procop.  de  B.  Ooth.  1,  14:  int.  MeSioXavoiv — ^  is 
AtYoypotc  xeixai,  vgl.  2,  18.  Paulus  Diac.  de  gest.  Lombard.  2,  15:  Liguria  — 
in  qua  MedioUmum  est.  Auch  Vercellae,  welches  nördlich  vom  Po  liegt,  heisst 
bei  Ilieronym.  ep.   1,  1  §3  (um  37ü)  Ligurum  civitas. 

6)  Ein  Statthalter  Liguriens,  Magnillus,  vor  392  bei  Symraachus  ep.  3,  34,- 
Arrianus,  consuUiris  Liguriae  "i^^ .  Cod.  Theod.  4,  22,  4.  PMnen  consularis  pro- 
vineiae  Liguriae  erwähnt  noch  Cassiodor.   Var.  12,  8. 

7)  Zu  Liguria  gehören  z.  B.  Pollentia,  welches  südlich  vom  Po  in  der  IX  Re- 
gion Hegt,  noch  um  400  (N.  I).  Occ.  p.  121.  1137),  Asta  (am  tyrrhenischen 
Meerbusen,  westlich  von  Genua)  noch  jum  500  (Cassiodor.  Var.  11,  15),  worauf 
Menke  im  Atlas  antiq.  zu  Taf.  XX  aufmerksam  gemacht  hat,  endlich  im  J.  355 
Genua,  Liguriae  oppidum.  Ammian.  15,  10,  10. 

8)  Procop.  B.  G.  1,  15:  {jnkp  hi  'Pa3£wT)c  i:6Xcw«  Udho^j  tou  iroxafxoO  iv 
^tOTcp"  AiYo6pioi  q>xT)vTai  —  toO  hi  Flaftou  iv  htiiä  Aifi.iX(a  ri  iaxi  xal  xd 
To6axmv. 


—     84     — 

Bezirk   verbunden  wurde,    der   von  da   ab  Alpes  Cottiae   genannt 
wirdi). 

3.  Aemilia,  die  Vlll  Region  mit  Ausnahme  des  Ravenna- 
tischen  Gebietes,  war  zeitweise,  vielleicht  bis  39G  mit  Liguria 
zu  einer  consularischen  Provinz  verbunden'^),  bildete  aber  nach 
diesem  Jahre  einen  eigenen  Verwaltungsbezirk  mit  der  Hauptstadt 
Placentia  ^) . 

4.  Flaminia  et  Picenurn  anno n avium  unter  einem 
consularis  ^)  j  auch  Flaminia  genannt,  mit  der  Hauptstadt  Ra- 
venna^),  ist  keine  Diocletianische  Provinz,  sondern  erst  nach  364 
von  der  Provinz  Picenum  und  Flaminia  abgesondert,  welche  bis 
dahin  ganz  zu  den  urbicariae  regiones  gerechnet  wurde  ^).  Fla- 
minia reichte  südlich  bis  zum  Aesis  und  es  gehörten  dazu  ausser 
Ravenna  auch  Forum  Popilii,  Ariminum,  Pisaurum,  Fanum  und 
Sena'). 

5.  Alpes  Cottiae,  eine  der  gallischen  Provinzen,  seil  Dio- 
cletian  zu  Italien  gezogen^),   unter  einem  praeses^). 

6.  und  7.  Raetia,  früher  eine  der  Donauprovinzen,  wurde 
unter    Diocletian    ungetheilt     mit    Italien    vereinigt  ,     im    vierten 

Ij  Paulus  Diac,  de  gest.  Longob.  2,  16:  quinta  vero  provincia  Alpes  Cottiae 
dicuntur.  —  In  his  Aquis  —  Dertona,  et  monaaterium  Bobium,  Genua  quoque  et 
Savona  chitates  habentur.  Diese  geographische  Bezeichnung  braucht  auch  Jor- 
uandes  in  seinem  552  geschriebenen  Buche  de  rebus  Geticis  c.  30,  indem  er  den 
Stilico  die  Schlacht  des  Jahres  402  gegen  die  Westgothen  liefern  lässt  ad  Po- 
lentkim  civitatem ,  in  Alpibus  Cottiis  locatam.  Auch  in  dem  über  Schonhovianus 
(Mommsen  Polem.  Silv.  p.  251)  findet  sich  die  Notiz :  Alpes  Cottioae  et  Apenn. 
in  quibus  est  Genua. 

2}  Es  kommen  vor : 
a.  321    lunius  Rufus,   consularis  Aemiliae  Cod.  Th.  4,  12,  1. 
a.  323   JJlplus  Flavianus ,   cons.   Aemiliae  et  Liguriae  Cod.  Th.    11,    16,  2. 
unter  Constantin  (324 — 337)  C.  lulius  Rufinianus  Ablavius  Tatianus,  —  con- 
sularis Aemiliae  et  Liguriae  Orelli  1181. 

a.  357  Dulcitius,  consularis  Aemiliae  Cod.  Th.  13,  10,  3. 
a.  385  Romulus,  consularis  Aemiliae  et  Liguriae  Cod.  Th.  2,  4,  4. 
Man    kann  daher   \vohl    mit   Mommsen  Feldm.  2,   204   annehmen,    dass  der 
zweimal  erwähnte  Titel  consularis  Aemiliae  abgekürzt  ist.     Im  J.  396  findet  sich 
dagegen  ein  consularis  Liguriae  (Cod.  Th.   4,  22,  4)  und  vor  399   Chronius  Euse- 
hius  V.  c.  consularis  Aemiliae,   addita  praedictae  provinciae  —  etiam  Ravennatium 
civitate,    quae  antea  Piceni  caput  provinciae  videbatur.   Orelli  3649.      In  der  JSot. 
Dign.   ist  Aemilia  eine  besondere  Provinz. 
3)  Boecking  N.  D.  Occ.  p.  442. 
4}  Not.   Dign.  Occ.  p.  5.  p.  10. 

5)  Polem.  Silvius  p.  251.     Zosimus  5,   27:  'PaßsvvYj  {jnrjTpoTtoXK;  <I)Xa[ji.iviai;. 

6)  Cod.   Th.  9,  30,   1  und  3.    Mommsen  Feldm.  2,  210. 

7)  S.  Mommsen  a,  a   0. 

8)  Veroneser  Verzeichniss  S.  514. 
9}  Not.   Dign.    Occ.   p.  6. 


—     85     — 

Jahrhundert  aber  getrennt  i)  in  Baetia  prima  mit  der  Hst.  Curia 
(Chur)  2)  und  liaetia  secunda  mit  der  Hst.  Augusta  Vindelicorum 
(Augsburg)  3) ,  jede  unter  einem  praeses^). 

B.  Unter  dem  Vicariiis  Urbis, 

8.   Tuscia  et  Umbria,    schon  vor  Constantin  durch  einen  Provinzen 

unter  dem 

gemeinsamen  Landtag  verbunden,  welcher  in  Volsinii  zusammen-  yicarms 
kam'^),  stand  bis  366  unter  Correctoren,  welche  öfters  mit  abge- 
kürztem Titel  correctores  Tusciae  genannt  wurden  ß)  und  in  Flo- 
rentia  residirten'),  seit  370  aber  unter  Consularen  ^J .  Schon  367 
war  die  Provinz  in  zwei  Theile  getheilt :  Tuscia  annonaria  nörd- 
lich vom  Arnus  und  Tuscia  suhurbicaria  südlich  vom  Arnus, 
welche  beide  ursprünglich  unter  dem  corrector  oder  consuhiris 
gestanden    zu  haben   scheinen  9).     Später,  im  J.   458,  kommt  ein 


1)  Im  veroneser  Verzeichniss  S.  514  heisst  sie  Raetia  und  im  J.  290  kommt 
ein  praesea  provinciae  v.  p.  vor  C.  /,  L.  III,  5810;  Raetia  prima  und  Raetia  se- 
cunda hat  zuerst  der  Catalog  des  Polemius  Silvias,  abgefasst  385,  dann  die  Notitia 
Dign.  Occ.  (um  400)  p.  6.  p.  10. 

2)  Boecking  N.  D.  Occ.  p.  444. 

3)  N.  D.  Occ.  p.  48. 

4)  N.  I).  Occ.  p.  6. 

5)  Mommsen  Berichte  d.  sächs.  Gesellsch.  1850  S.  209. 

6)  C.  Vettius  Cosainiuft  Rufinus  —  corr.  Tusciae  et  Umbriae  um  312.  Orelli 
2285  =  Mommsen  /.  N.  4550. 

Tatianus  —  —  corrector  Tusciae  et  Umbriae  unter  Constantin  (324  —  337). 
Orelli  1184  =  Mommsen  /.  N.   1883. 

L.  Turcius  Apronianus  —  corrector  Tusciae  et  Umbriae  a.  346.  Orelli  1100. 
ürut.  379,  1. 

Anonymer  corrector  Tusciae  et  Umbriae  zwischen  315 — 366.  Bull.  1863  p.  208. 

Dynamius  corrector   Tusciae  a.  355.   Ammian.  15,  5,  14. 

lulius  Feslus  Hymetius  corrector  Tusciae  et  Umbriae  vor  362.  Henzen  6904 
lind  liuU.   1852  p.  178. 

Vettius  Agorius  Praetextatus  —  corrector  Tusciae  et  Umbriae  vor  367.  Orelli 
2354.    Borghesi  Oeuvres  3,  505. 

Auxonius  corrector  Tusciae  a.  362,    Cod.  Th.  8,  1,  6. 

Terentius  corrector  Tusciae  a.  364  und  36^.  Cod.  Th.  2,  1,  4;  12,  1,  61;  12, 
1,  65.   Ammian.  27,  3,  2. 

Maximus  corrector   Tusciae  a.  366.   Cod.  Th.  9,  1,8. 

Maximinus  —  rexit   Tusciam  vor  368.     Ammian.  28,  1,  6. 

lulius  Eubulides  c.  v.  corr.   Tusciae  aus  unbestimmter  Zeit.  Grut.  422,  1. 

Publicius  Caeionius  lulianus  v.  c.  corrector  Tusciae  et  Umbriae  aus  unbest. 
Zeit.   Henzen  5130. 

7)  Cod.  Th.  9,   1,  8. 

8)  Olybrius  rorumlaris   Tusciae  a.  H70.   Cod.  Th.  12,  1,  72. 
HeticiuA   Perpetuus  Artirius  conn.    Thwtciae  et   Umbr.   Orelli  3648. 

Ctaudiu»  LachaniuH  consularls  Tusciae  a.  389.  Cod.  Th.  2,  4,  5.  Kutilius  N«- 
mat.  Hin.    1,  579. 

(aecirui  Deciut  Albinus  a.  416.  Hut.  Nam.  Hin.  1,  599. 
9j  Ammian.  27,  3,  1  und  Mommsen  Feldm.  2,  207. 


—     86     — 

eigener  constclaris  Tusciae  stiburbicariae  vor  *) .  Für  Tuscta  an- 
nonaria  ist  ein  solcher  nicht  nachzuweisen,  und  da  in  der  Notitia 
dignüatum  die  Stadt  Luca,  welche  in  Tuscia  annonaria  liegt,  zur 
Diöcese  Italia  gezählt  wird^),  ohne  dass  Tuscia  annonaria  als 
Provinz  dieser  Diöcese  genannt  ist,  so  muss  man  annehmen,  dass 
dieser  kleine  District  überhaupt  keinen  eigenen  Statthalter  erhielt, 
sondern  zur  Aemilia  gezogen  wurde  und  zwar,  wie  es  sjcheint, 
bereits  vor  dem  Jahr  400. 

9.  Campania  ("Reg.  \)^)  mit  der  Hauptstadt  Gapua^).  Die 
correctores  Campaniae  sind  von  Anfang  an  viri  clarissimi  oder  viri 
consulares ^) y  von  etwa  333  an  haben  sie  den  Titel  consulares^), 
einmal  kommt  auch  ein  proconsiil  Campaniae  vor'). 

10.  Lucania  et  Brittii  (Reg.  III)  ^)   mit  der  Hauptst.   Re- 

1)  Nov.  Maiorian.  9,   1  p.  327  Haenel. 

2)  Not.  Dign.    Occ.  p.  43,  24. 

3)  lieber  die  Ausdehnung  dieser  Region  s.  den  über  coloniarum  I  in  Groma- 
tici  ed.  Lachm.  I  p.  229  ff.  Mommsen  Feldm.  2,  203. 

4)  Athanasius  Hist.  Arian.  ad  monachos  (geschrieben  358)  in  Äthan.  Opp. 
Paris  1698  fol.  I  p.  355:   KaiiUY]«;  •   soti  he  auxT)  {jnrjTpoTioXt?  ttj;  Ka(j.7iavia;. 

5)  Wenn  die  nicht  mehr  vorhandene  Inschrift  Mommsen  1.  N.  1413:  Divo 
Valeriano  parenti  reip.  Pio  Felici  Victori  Naeratius  Scopi.  v.  c.  Cons.  Camp,  nu- 
mini  eins  maiestatique  devot,  richtig  überliefert  ist  und  sich  auf  den  Kaiser 
Saloninus  bezieht,  welcher  260  starb,  so  war  Naeratius  Scopius  ,  der  nochmals 
n.  1987  als  Cons.  Camp,  vorkommt,  schon  in  diesem  Jahre  oder  nicht  lange 
darauf,  jedenfalls  vor  der  Zeit  der  Correctoren  Statthalter  von  Campanien,  eine 
Thatsache,   deren  Erklärung  für  jetzt  ganz  unsicher  ist.     Später  kommen  vor: 

Buffius  Volusianus  v.  c.  corrector  Campaniae  (Mommsen  1.  N.  6328),  iterum 
corrector  unter  Carinus  im  J.  283.    Mommsen  /.  N.  2497=Henzen  6481. 

P.  Helvius  Aelius  Dionysius,  Cons{ularis)  vir,  corr.  Campaniae  a.  298.  Momm- 
sen /.  N.  4087=  Henzen  6909.  Fragm.  Vat.  §41. 

T.  Fl.  Postümius  Titianus  v.  c.  — corr.  Campaniae  vor  301.    Orelli  1194. 

Pompeius  Faustinus  v.  c.  corr.  Campaniae  zwischen  292 — 306.  Mommsen  /.  N. 
3992.  Borghesi  Oeuvres  6,  381. 

C.  Vettius  Cossinius  Rufinus  c.  v.  —  corr.  Camp,  um  312.  Orelli  2285  = 
Mommsen  /.  N.  4550. 

Virius  Qallus  v.  c.  Corr.  Campaniae  aus  unbestimmter  Zeit  Henzen  5156, 

6)  Von  den  consulares  Campaniae  kommen  im  Cod.  Theod.  sowie  in  Momm- 
sens  Neapolitanischen  Inschriften,  ferner  Bull.  1863  p.  208.  Henzen  6909  zu- 
sammen etwa  29  vor ,  von  denen  der  älteste  Barbaras  Pompeianus ,  Consularis 
Campaniae  i.  J.  331  ist.  Cod.  Th.  1,  2,  6.  Orelli  3316=  Mommsen  J.  N.  1946. 
Einer  der  spätesten   ist   Acilius  Qlabrio   um  438.    Henzen  6910. 

7)  Anicius  Auchenius  Bassus ,  v.  c.  proconsul  Campaniae,  hernach  praefectus 
urbi  383.  Orelli  105.  Mommsen  /.  N.  1418.  1419.  C.  I.  Gr.  2597.  Garucci  Bull. 
1859  p.  90  ff.  Die  Inschr.  Orelli  753=  Mommsen  /.  N.  520*  ist  falsch;  ebenso 
Orelli  1425  =  Mommsen  /.  N.  749*. 

8)  Ueber  den  Umfang  der  Provinz  s.  Lib.  Colon,  in  Grom.  ed.  Lachm. 
p,  209. 


—     87     — 

gium  ^)  ,    stand     von   Aurelian    bis    wenigstens    500    unter   cor- 
rectores  ^j . 

11.  Apiilia  et  Calahria  (Reg.  II)  ,  deren  correctores  bis 
zum  Ende  des  vierten  Jahrhunderts  nachweisbar  sind^). 

12.  Samiiium  (Reg.  IV)  ^),  zuweilen  mit  Campania  ver- 
einigt, scheint  correctores  nicht  gehabt  zu  haben.  Die  Statthalter 
heissen  wenigstens  nach  352  rectores  oder  praesides^). 

1)  Cod.  Th.   11,  29,  1;  7,  22,  1 ;   Olympiodor  bei  Photius  p.  58^,  20  Bekk. : 
ro    Ptjyiov  {j.7]xpo7:oXU  ^«xi  xf]?  Bpexxiai. 

2)  Tetricus  corrector  Lucaniae  nach  274.  Vopisc.  Aurelian.  39.  Eutrop. 
9,  13.    Aur.  Vict.  Caes.  35. 

Claudius  Plotianus  corrector  Lucaniae  et  Brittiorum  a.  313.  Cod.  Th.  11,  29,  1  ; 
11,  30,   1. 

Mechilius  Hilarianus  corrector  Lucaniae  et  Brittiorum  a.  316.  Cod.  Th.  9,  19, 
1  ;   12,  1,  3. 

Octavianus   Corrector  Lucaniae  et  Brittiorum  Cod.  Th,   7,  22,  1 ;    16,  2,  2. 

Arthemius  corrector  a.  364.   Cod.  Th.  8,  3,  1. 

Q.  Aur.  Symmachus  v.  c.  corrector  Lucaniae  et  Brittiorum  a.  365.   Orellili87. 

Alpinu^  Magnus  v.  c.  corr.  Lucaniae  et  Brittiorum  unter  Constantin.  Orelli  1074. 

Annius   Victorinus  v.  c.  corr.  Lucaniae  et  Brittiorum.    Mommsen  /.  N.  107. 

Kultus  Festus  corr.  Lucan.  et  Brit.    Mommsen  /.  N.  315. 

Venantius  vir  spectabilis ,  corrector  Lucaniae  et  Brittiorum  unter  Theodorich. 
Cassiodor.   Var.  3,  8.  46.  47.   Marini  Pap.  Dipl.  p.  138. 

3)  Vibonius  Caecilianus  v.  p.  corr.  Apuliae  et  (^Calabriae^  a.  312.  Borghesi 
Oeuvres  6,  388.     Die  Inschr.  Lupoli   Iter   Venus,    p.  312   hält   Mommsen  /.   N. 

210*   für    falsch ;    der    Caecilianus  p.  v. corr.   Apul.  et   Calab.  wird    aber 

gesichert  durch  eine  andre  Inschr.   Orelli  3764  =  Cavedoni  Marmi  Modenesi  n.  XI. 

L.  Nonius  Veras  v.  cons.  bis  correct.  Apuliae  et  Calab.  unter  Constantin,  in 
mehreren  Inschr.  Orelli  3764  =  Cavedoni  Marm.  Mod.  n.  XI.  Henzen  5574  = 
Mommsen  /.  N.  1107.   BuUett.  1855  p.  XXVII.  Henzen  5574». 

Volusius  Venusius  v.  c.  corrector  Apul.  et  Calabr.  um  337.  Orelli  3285  = 
iVfomm.^en  /.  A'.  7200. 

Annius  Antiochus  v.  p.  corr.  Apul.  et  Cal.  unter  Constantius  II  (Mommsen 
J.  N.  1108,  fehlerhaft  Orelli  1087)  und  lulianus  (Mommsen  /.  A^  631  =  Henzen 
5588),  also  a.  361. 

Flavius  Sexiü,  vir  perfectissirnus,  corrector  Apuliae  et  Calabriae  um  376.  Orelli 
1126.  Mommsen  /.  A'.  642. 

Clodiua  Celainus,  c.  v.  corr.  reyionutn  duarrnn.  Inschrift  v.  Benevent  Mommsen 
L  N.  1423. 

Ael.  Restitutianus  v.  p.  corr.   Apuliae  et  Calabriae.  Mommsen  /.  A'.   706. 

Fl.  Cornelius  Marcellinus  v.  [c.  corr.   Apul.]  et  Calabriae.    Monunsen  1425. 
Auch  in  der  Not.  Diyn.   Occ.  p.  6  hat  die  Provinz  einen  Corrector. 

4)  Ueber  die  Ausdehnung  der  Provinz  s.  Mommsen  Feldm.  2,  159.  207. 

5)  Fabius  Maximus  v.  c.  rect.  provinciae  a.  352.  Mommsen  /.  A.  4758.  4850. 
4926.  5018. 

Fl.  l'ranius  v.  p.  rec.  prov.  Mommsen  /.  N.  5191. 
Maeciua  Felix  —  rector  provinciae  Samnii  adiniunctivae  vicis.  Ib.  4620. 
Avionius   lustinianus  praeses  provinciae.   Ib.  4617.  5017.  52^)2. 
FlnriuH   ItUius  Innorentius    V(jr)  F\erffrti.'<simus\  F\raesea]  S[nmnil].  Ib.  5020. 
(Juintiliunus  [rectnr  8]amnitleiu.  Ib.  4621. 

JuUuM  Festus  Hynietiu»  —  eonmUaris  Cttmpaniae  cum  Samnio  vor  362,  Hen- 
zen 6904. 


—     88     — 

13.  Flaminia  et  Picenum,  (Reg.  V  und  ein  Theil  von 
Reg.  VI)  mit  den  Städten  Tibur,  Amiternum,  Alba  am  lacus  Fu- 
cinus ,  Ancona,  Fanum,  Ravenna^).  Die  Geschichte  dieser  Pro- 
vinz, welche  nach  und  nach  in  drei  Theile  zerlegt  wurde,  ist 
noch  sehr  unklar.  In  dem  veroneser  Verzeichniss  von  297  wer- 
den bereits  Flaminia  und  Picenum  getrennt  aufgeführt 2)  ;  nichts- 
destoweniger scheinen,  wie  wir  oben  S.  84  gesehen  haben,  beide 
Bezirke  bis  364  unter  einem  corrector^)  vereinigt  gewesen  zu  sein. 
Um  diese  Zeit  wurde  das  Küstenland  nördlich  vom  Aesis,  d.  h. 
der  alte  ager  Galliens  mit  der  Hauptstadt  Ravenna ,  zuerst  viel- 
leicht mit  der  Aemilia  zusammengelegt-*)  ,  dann  aber  als  eigene 
Provinz  unter  dem  Namen  Flaminia  et  Picenum  annonarium  dem 
vicarius  Jtaliae  untergeben ;  das  Land  südlich  vom  Aesis  dagegen 
nochmals  in  zwei  Provinzen  getheilt,  von  denen  die  östliche,  mit 
den  Städten  Potentia,  Firmum,  Asculum,  Truentum,  Hadria^),  nun- 
mehr Picenum  suhurbicarium  ^)  oder  Picenum  hiess  und  einen  con- 
sularis  erhielt'),  die  westliche,  mit  den  Städten  Tibur,  Carseoli, 
Reate,  Amiternum,  Nursia^),  als  eine  selbständige  Provinz,  nämlich 

1)  S.  Mommsen  Feldm.  2,  210. 

2)  Abh.   der  Berl.  Acad.  1862  S.  513. 

3)  Bekannt  sind  folgende  : 

M.  Aurelius  Valerius  Valentinus  —  corr.  Flam.  et  —  —  vor  330.  De  Con- 
stanzo  mem.  di  S.  Rufino  p,  56,   angeführt  von  Mommsen  Feldm.  2,  208. 

Fabius  Titianus  v.  c.  corrector  Fiaminiae  et  Piceni  vor  337.  Grut.  407,  8. 
Borghesi   Oeuvres  3,  466. 

corrector  Piceni.  Fr,  Vat.   §  35.   a.  337. 

L.  Crepereius  Madalianus  v.  c.  —  —  corrector  Fiaminiae  et  [Pi]c.  vor  341. 
Renier  Inscr.  de  l'Alg.  2743.    Mommsen  Feldm.  2,  209. 

Turcius  Secundus  Asterius  corr.  Flam.  Piceni  vor  350  in  mehreren  Inschr. 
Orelli  603.  1099.  Henzen  6475.  Grut.  1079,  1.   Borghesi  Oeuvres  3,  162  ff. 

Furius  Maecius  Gracchus  v.  c.  corrector  Fiaminiae  et  Piceni.   Orelli  3172. 

M.  Aur.  Consius  Quartus  lunior  c.  v.  corrector  Fiaminiae  et  Piceni.  Orelli  3969. 
Unter  den  Orellischen  Inschr.  ist  n.  3173  falsch  (s.  Borghesi  Oeuvr.  5,  393), 
n.  1087  =  Mommsen  1.  N.   1108  falsch  gelesen. 

4)  Orelli  3649 :  Cronio  Eusebio  v.  c.  Consulari  Aemiliae  addita  praedictae 
provinciae  contuitu  vigilantiae  et  iustitiae  eius  etiam  Ravennatensium  civitate,  quae 
antea  Piceni  caput  provinciae  videbatur.  Mommsen  Feldm.  2,  210  hält  diesen 
Eusebius  für  den  Consul  des  J.  359 ,  obgleich  ihm  die  Inschrift  erst  40  Jahre 
später  a.  399  gesetzt  ist. 

5)  Mommsen  F'eldm.  2,  212. 

6)  Not.  Dign.  Occ.  p.  5. 

7)  Patruinus  consularis  Piceni  nach  355.   Ammian.  15,  7,  5. 
Valentinianus  Cons.  Piceni  365.   Cod.   Th.  15,  1,  17;  9,  30,  4;  9,  2,  2. 
Sophronius   Cons.   Piceni  370.    Cod.  Th.  12,  1,  71. 

Tarrutenius  Maximilianus  v.  c.  —  consularis  Piceni  438.   Or.  3171,  in  v^^elcher 
Inschr.   zu  lesen  ist :  consulari  Piceni,  anno  aetatis  nonodecimo. 
Consularis  Piceni  458.   Nov.  Maioriani  5,  2  ed.  Jlaenel  p.  305, 

8)  Mommsen  Feldm,  2,  212. 


—     89     — 

14.  Valeria.  unter  einen  praeses  gestellt  wurde  ^).  Hiezu 
kamen  endlich  noch  drei  Provinzen ,  welche  vor  Diocletian  eine 
selbständige  Verwaltung  gehabt  hatten  2)^   nämlich: 

15.  Sicilia,  zuerst  unter  einem  coiTector^)  ^  dann  unter 
einem  considaris  *) , 

16.  Sardinia,  unter  einem  praeses^), 

17.  Corsica,  unter  einem  praeses^). 

Die  beiden  letzteren  Provinzen  wurden  nach  439  von  den 
Vandalen  besetzt  und  nach  ihrer  Wiedereroberung  534  dem  neuen 
praefectus  praetorio  von  Africa  zugewiesen. 


1)  Not.  I)ign.  Occ.  p.  6.  64.  Die  provincia  Valeria  wird  erwähnt  399.  Cod. 
Th.  9,  30,  5. 

2)  In  dem  veroneser  Verzeichniss  von  297 ,  welches  an  dieser  Stelle  un- 
vollständig ist,  wird  wenigstens  Corsica  unter  den  italischen  Provinzen  schon 
aufgeführt. 

3)  Calvisianus  corrector  Sictliae  304.  Ruinart  Acta  primorum  martyrum  p.  406. 
Darüber,  dass  hier  corrector,  nicht  considaris  zu  lesen  ist,  s.  Acta  Sanctorum 
Augusti  Tom.  II  p.  717.    Hienach  ist  Böcking  zu  berichtigen, 

Latronianus  corrector  Siciliae  314.  Mansi  2,  467.  Euseb.  H.  E.  10,  5.  Tor- 
remuzza  p.  35  n.  32. 

Betitius  Perpetuus  v.  c.  corr.  prov.   Sicü.  unter  Constantin.   Torremuzza  p.  36. 
Zenofilus  v.  c.  corr.  prov.  Sicil.   Torremuzza  p.  55  n.  42. 

4)  Fabius  Titianus  v.  c.  —  —  consularis  Siciliae  vor  337.  Grut.  407,  8. 
Borghesi   Oeuvr.  3,   466. 

L.  Aradius  Val.  Proculus  v.  c.  —  consularis  provinciae  Siciliae  vor  340. 
Orelli  3672. 

C.  Caelius  Censorinxis  —  cos.  provinc.  Sicil.  unter  Constantin.   Henzen  6507. 

Memmius    Vitrasius  Orfitus  —  consularis  Sicil.  vor  353.    Orelli  3185. 

Orfitus  et  Fl.  Dulcitius  vv.  cc.    Consulares  p.  S.  Orelli  3181. 

Ar.nnius  v.  c.  consularis  p.  S.  vor  359.  Orelli  5049  =C.  I.  Gr.  5649^. 

M.  Valerius  Quinctianus  v.  c.  cons.  p.  S.  unter  Valentinian  (364 — 375).  Tor- 
remu7za  p.  37.   n.  35.  n.  37. 

Domnus   Consularis  Siciliae  368.    Cod.  Th.  8,  5,  29. 

Virius  Nicomachus  Flavianus  —  consularis  Siciliae  vor  377.  Orelli  1188. 
Henzen  5593. 

5)  Sex.  Rufiis  brev.  4.   N.  D.  Occ.  p.  6.  64.    Es  kommen  vor: 
Septimius  Januarius  v.  c.  praes.  prov.  Sard.   um  312.    Henzen  5567. 
Festus  praeses  Sardiniae  319.    Cod.  Th.  9,  40,  3. 

Bibuleniua  Reslitutu.%  praeses  Sardiniae  353?   Cod.  Th.  11,  7,  7. 
Laodicius  praeses  Sardiniae  374.   Cod.  Th.  9,  1,  12. 

6)  Sex.  Ruf.  brev.  4.  Not.  Diyn.  Occ.  p.  6.  64.  Felix,  praeses  Corsicae  319. 
Cod.  Th.  1,  16,  3;  2,  6,  2. 


B.   Die  römischen  Provinzen. 


I 


1.  statistische  Uebersicht. 

Bevor  ich  von  den  allgemeinen  Grundsätzen  handele,  welche 
die  Römer  bei  der  Errichtung  und  Verwaltung  der  Provinzen 
befolgt  haben ,  ist  es  nöthig  eine  specielle  Uebersicht  der  Pro- 
vinzen selbst  voranzuschicken,  welche  theils  zur  Orientierung  über 
die  äusseren  Verhältnisse  derselben,  theils  zur  Grundlage  für  die 
folgende  Erörterung  der  inneren  Organisation  der  unterworfenen 
Länder  dienen  soll.  Bei  der  Aufzählung  der  Provinzen  kann  man 
nach  chronologischer  oder  nach  geographischer  Ordnung  verfahren ; 
bei  der  ersteren  Methode  würden  drei  Perioden  zu  unterscheiden 
sein,  die  Zeit  der  Republik,  die  Zeit  von  Augustus  bis  Diocletian 
und  die  Zeit  Diocletians  und  seiner  Nachfolger  i)  ;  ich  wähle 
indess  für  diesen  Abschnitt  die  letztere  Methode,  um  nicht  bei 
den  in  einem  und  demselben  Lande  zu  verschiedenen  Zeiten  vor- 


1)  Ueber  die  Provinzen  der  ersten  Periode  s.  Sigonius  De  antiquo  iure  po- 
puli  Romani,  Lips.  et  Halae  1715  Vol.  11.  W.  Bergfeld  Commentatio  de  iure  et 
conditione  provinciarum  Rom.  ante  Caesaris  principatum ,  Neustrelitz  1841.  4; 
über  die  der  zweiten  Periode  Hoeck'Röm  Gesch.  vom  Verfall  der  Rep.  bis  zur 
Vollendung  der  Monarchie  Th.  I  S.  356 — 387.  Mommsen  Res  gestae  Divi  Augusti, 
Berolin.  1865.  8.  A.  M.  Poinsignon  Sur  le  nombre  et  Vorigine  des  provinces  Ro- 
maines, creees  depuis  Auguste  jusquh  Diocletien,  Paris  1846.  8  und  die  in  den 
letzten  Jahren  erschienenen  Untersuchungen  über  einzelne  Provinzen,  welche  an 
ihrem  Orte  citirt  werden ;  für  die  Zeit  des  Diocletian  und  seiner  Nachfolger 
endlich  haben  wir  jetzt  fünf  Quellen:  1.  Ein  Verzeichniss  der  Provinzen  aus 
dem  Jahr  297,  herausg.  von  Mommsen  in  Abh.  d.  Berliner  Academie  1862 
S.  489  ff.  2.  Das  Breviarium  des  Rufus  Festus ,  geschrieben  um  369.  3.  Den 
laterculus  des  Polemius  Silvius ,  verfasst  um  385,  herausg.  von  Mommsen  in 
Abhandl.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  III  (1853)  S.  233  ff.  4.  Die  Notitia  digni- 
tatum ,  abgefasst  um  400,  herausg.  von  Boecking,  Bonn  1839 — 53.  8.  Endlich 
5.  für  den  Orient  den  um  535  redigirten  Synecdemus  des  Hierocles ,  zuletzt 
herausg.   von  Parthey,  Berolini  1866.  8, 


—     91     — 

genommenen  Veränderungen  wiederholenllich  auf  eine  und  dieselbe 
Provinz  zurückzukommen.  Vier  Tabellen  werden  am  Ende  dieses 
Abschnittes  die  Resultate  desselben  sowohl  geographisch  als  chro- 
nologisch zusammenstellen ;  aus  ihnen  wird  die  Zahl  der  Provinzen 
für  jede  Zeit  zu  ersehen  sein.  Bei  der  Zählung  ist  das  Ende  der 
Regierung  des  Traian  zu  Grunde  gelegt,  zu  welcher  Zeit  das 
römische  Reich  seinen  grössten  Umfang  erreicht  hatte. 

I.  Sicilia. 
Der  westliche,  bei  weitem  srössere  Theil  Siciliens,   welchen  Einrichtung 

'  °  '  der  Provinz. 

die  Römer  nach  dem  ersten  punischen  Kriege  241  besetzten  i), 
bildete  die  erste  römische  Provinz  2).  Daneben  bestand  damals 
noch  das  Königreich  Syracus ,  welches  aber  nur  die  Territorien 
von  sieben  Städten,  Syracusae,  Acrae,  Leontini,  Megara,  Elorum, 
Netum  und  Tauromenium  in  sich  begrifft).  Nachdem  auch  Sy- 
racus im  zweiten  punischen  Kriege  542  =  212  von  Marcellus 
erobert  war^),  wurde  ganz  Sicilien  durch  M.  Valerius  Laevinus 
im  J.  544=210  beruhigt  und  zur  Provinz  gemacht^).  Noch  ein- 
mal störte  den  Frieden  der  Sclavenkrieg  der  Jahre  619  —  022  = 
135 — 132*^),  nach  dessen  Beendigung  der  Proconsul  P.  Rupilius 
die  rechtlichen  Verhältnisse  Siciliens  mit  Hülfe  einer  Commission 
von  10  Legaten  in  einem  Grundgesetz,  der  lex  Rupilia^  fest- 
stellte 7) .  Der  zweite  Sclavenkrieg  651  —  654  =  1 03  —  1 00  schejnt 
fUr  den  Zustand  der  Provinz  von  weniger  nachtheiliger  Einwir- 
kung gewesen  zu  sein^). 

1)  Polyb.  1,  63;  2,  1.  Zonaras  8,  17.  Oros.  4,  11.  Appian.  Sic.  '2,  2  und 
über  die  Grenzen  der  Provinz  Bergfeld  a.  a.  0.  S.  6  ff.  Eine  kurze  Schilderung 
der  Provincialverhältnisse  giebt  C.  G.  Zumpt  lieber  den  Zustand  und  die  Ver- 
waltung von  Sicilien  unter  röm.  Herrschaft  in  Seebode's  Archiv  f.  Piniol,  und 
Paedagogik  II,  2  (1825)  S.  259  ff.  R.  Dareste  De  forma  et  conditione  Siciliae 
provinciae  Romanae,   Lutetiae  1850.  8. 

2)  Cic.   act.  II  in   Verr.  2,   1,  2. 

3)  Diodor.  exe.  Hoesch.  28,  5. 

4)  Liv.  25,  23-31. 

5)  Liv.  26,  40. 

6)  Diodor.  exe.  l.  34  (Exe.  Phot.  p.  525—29.  Exe.  Vales.  p.  598  —  601. 
Exe.   Vatic.   p.   100—102). 

7)  Cic.  act.  II  In  Verr.  2,  16,  39:  leycm  esae  Kupiliayn,  quam  P.  Rupilius 
connil  de  decem  legatorum  nententia  dedisset :  hanc  omnett  aemper  in  Sicilia  con- 
Buleapraetoreaque  servaase.  Vgl.  2,  IH,  40;  13,  32.  34;  15,  37;  37,  90.  Pseudo- 
Asconius  in  divin.  p.  106.  in  Act.  II  p.  212.  Schol.  Gronov.  p.  391  Or.  Valer. 
Max.  6,  9,  8. 

8)  Florus  3,  19.  Dlo  Cast.  fr.  P«ireM.  101.  104  (93  Bekk.).  Liv.  ep.  69. 
Diodor.  36  p.  536,26;  608,23. 


—     92     — 

Verwaltung.  Nach  Appian  1)  wurde  Sicilien  schon  seit  513  =  241  von  einem 

Piator  verwallet.  Wenn  dies,  wie  es  scheint,  eine  irrthümliche 
Nachricht  ist,  da  nach  Livius  epit.  XX  erst  um  das  J.  527=227 
die  Zahl  der  Prätoren  von  zwei  auf  vier  erhöht  und  einer  der 
beiden  neuen  Prätoren  zur  Regierung  Siciliens  bestimmt  wurde, 
so  wissen  wir  von  der  frühesten  Administration  der  Provinz 
nichts  und  können  nur  vermuthen,  dass  sie  unter  einem  der 
beiden  städtischen  Prätoren  oder  unter  einem  vom  Volke  ausser- 
ordentlich gewählten  Statthalter  gestanden  hat.  Seil  527  =  227 
war  aber  in  Sicilien  ein  praetor '^)^  und  später,  seit  632=122^) 
ein  propraetor  ^) .  Bei  der  Theilung  der  Provinzen  unter  Augustus 
im  J.  727  =  27  wurde  Sicilien  eine  senatorische  Provinz,  deren 
Statthalter  den  Titel  proconsid  führt '')  und  auch  einen  Legaten 
hat<^)  ;  erst  unter  Diocletian  wurde  Sicilien  zu  Italien  gezogen  und 
erhielt  einen  corrector  wie  die  italischen  Provinzen'),  nach  Con- 
stantin  einen  consularis^). 

Die  beiden  Theile  der  Provinz  liess  man  insofern  gesondert, 
als  Sicilien,  was  sonst  nirgends  vorkommt,  zwei  quaestores  halte '^), 
von  denen  der  eine  in  Lilybaeum,  der  andere  in  Syracus  resi- 
dierte lo).  Ob  diese  Einrichtung  unter  den  Kaisern  fortdauerte,  ist 
unbekannt  11). 

1)  Appian.  Sic.  2 :  cpopou?  xe  autoic  dTte^eoav  xai  x^Xt)  xd  ^aXocaota  xai? 
TToXeoi  [xepiaafxevot  oxpaxTjYov  ixTjotov  £7:e[j,7cov  de  StxeXtav. 

2)  Liv.  ep.  20 :  praetorum  numerus  ampliatus  est,  ut  essent  quattuor.  Pom- 
pouius  de  orig.  iur.  (Dig.  1,  2  §  32)  :  capta  deinde  Sardinia  mox  SicUia  item 
Hispania  deinde  Narbonensi  provincia  totidem  praetores  ,  quot  provinciae  in  ditio- 
nem  venerant,  crenti  sunt.  Vgl.  Liv.  32,  27.  Der  erste  Prätor  von  Sicilien,  also 
im  J.  226,  war  nach  Solinus  polyh.  5,  1  C.  Flaminius.  Prätoren  von  Sicilien 
erwähnt  in  den  Jahren  216  nnd  215  Liv.  23,  22,8;  30,  18;  32,  2. 

3)  lieber  diese  Zeitbestimmung  wird  weiter  unten  die  Rede  sein. 

4)  Cicero  nennt  zwar  noch  den  Verres  öfters  praetor  [act.  1,  4,  13.  act.  II, 
13,  33  u.  ö.),  allein  dies  ist  nur  ein  ungenauer  Ausdruck,  da  Verres  74  praetor 
urbanus  war  und  73  als  propraetor  nach  Sicilien  ging. 

5)  Orelli-Henzen  Inscr.  n.  151.  723  3179.  6506.  Borghesi  Oeuvres  2  p.  208. 
451—457. 

6)  Als  solcher  kommt  ein  Ti.  Claudius  Herodianus,  vielleicht  der  Historiker, 
vor  auf  der  Inschr.  Henzen  5604.    Vgl.  Borghesi  Oeuvres  3  p.  120. 

7)  S.  oben  S.  89  Anm.  3.  8)  S.  oben  S.  89  Anm.  4. 
9)  Cic.  act.  II  in  Verr.  2,  4,  11  u.  ö. 

10)  Pseudo-Ascon.  p.  100:  cum  a  duobus  quaestoribus  Sicilia  regi  soleat,  uno 
Lilybaetano  altero  Syracusano ,  ipse  vero  ( Cicero )  Lilybaetanus  quaestor  fuerit 
Sex.  Peducaeo  praetore ,  omnibus  tarnen  se  placuisse  dicit.  p.  298 :  Lilybaetanus 
scilicet  quaestor ,  non  Syracusanus.  Nam  hos  binos  quaestores  annuos  habuit  Si- 
cilia. Cic.  pr.  Plancio  27,  65.  Ein  dvTtTa[j.ioti;  (pro  quaestore)  C.  Vergilius  Baibus, 
wahrscheinlich  der,  welcher  60  v.  Chr.  praetor  war,  kommt  vor  C.  I.  Gr.  n.  5597. 
11)  Sonst  kommen  quaestores  Siciliae  öfters  vor.  Orelli-Henzen  n.  3177.  6452. 
6491.  6506. 


—     93     — 

Sicilien  bestand  zu  Ciceros  Zeit  aus  etwa  68  Communalver- Gemeinden, 
bänden  1) ,  deren  innere  Verfassung  sich  noch  lange  unverändert 
erhielt 2).  Bei  der  Einrichtung  der  Provinz  wurden  von  diesen 
17  durch  ein  besonderes  Privilegium  bei  dem  Cult  der  Venus 
Erycina  ausgezeichnet^),  alle  aber  ihrer  politischen  Berechtigung 
nach  in  4  Classen  getheilt^),  nämlich:  \.  drei  cfvitates  foederatae^ 
Messana,  Tauromenium  und  Netum-^),  welche  ihr  Land  frei  be- 
sassen,  keinerlei  Abgaben  zahlten  und  nur  zu  Leistungen  ftir  den 
Fall  eines  Krieges  verpflichtet  waren  ;  2.  fünf  civitates  Uberae  et 
immunes,  Centuripae,  zu  Ciceros  Zeit  die  blühendste  Stadt  der 
Insel^)  mit  10,000  Bürgern'),  Alesa,  Segesta,  Panormus,  Halicyae; 
3.  34  civtlates  decumunae^),  welche,  wie  schon  unter  Hiero,  den 
Zehnten  des  jährlichen  Ertrages  an  Weizen,  Gerste,  Wein,  Oel 
und  kleinen  Früchten  als  Abgabe  zahlten'-^);  4.  26  civitates  cen- 
soriae,  welche  im  Kriege  erobert  worden  waren,  und  deren  Land 
ager  publicus  v^'uvde^^).  Zu  ihnen  gehören  Syracusae,  Lilybaeum, 
und  ursprünglich  vielleicht  auch  Agrigent,  dessen  Einwohner  nach 
der  Eroberung  544  =  210  hingerichtet  oder  in  die  Sclaverei  ver- 


1)  Im  ersten  pnnischen  Kriege  werden  67  Städte  angegeben ,  Diodor.  exe. 
Hoeschel.  23,  5;  im  zweiten  panischen  Kriege  66,  Liv.  26,  40,  14.  Eutrop.  3,  8; 
nach  Cicero  wurden  in  Sicilien  130  Censoren  gewählt  {act.  II  in  Verr.  II,  55, 
137),  zwei  auf  jede  Stadt  (ib.  II,  53,  133);  er  zählt  demnach  65  Städte,  wobei 
freilich  nicht  sicher  ist,  ob  er  die  zu  Sicilien  gehörigen  kleinen  Inseln  oder  auch 
die  freien  Städte  mitrechnet.  Plinius  iV.  //.  3  §  88  giebt  die  Zahl  68  an,  Ptole- 
maeus  3,  4  die  Zahl  58. 

2j  Leber  die  griechische  Verfassung  der  sicilischen  Städte  und  deren  unter 
den  Kömern  fortbestehende  Behörden  s.  Tittmann  Darstellung  der  griech.  Staats- 
verfassungen,  Leipzig  1822.  8.    Kuhn  a.  a.  0.   S.  58 — 63. 

3j  Diodor.  4,  83:  ■|^^  t£  ouyv.Xtjto;  twv  'PiujJiatwv  di  xd;  ttj;  ifeoD  TtjAÖl; 
cptXoTtfXTjOeTaa  xd;  (xev  -rttoxoTaToti;  twv  xaxd  t9jv  ^ixsXtav  TiöXeoiv  oüciac  eTiraxai- 
Oexa  yp'jaocfopciv  llofixd'iae  tt]  'AcfpooiXT].  In  Beziehung  hierauf  sagen  bei  Cic. 
act.  II  in  Verr.  5,  47,  124  die  Tyndaritaner:  nos  in  septemdecim  populis  nume- 
ramur. 

A)  Hauptstelle  ist  Cic.  act.  II  in  Verr.  3,  6,  12.  13. 

5j  Cic.  act.  II  in    Verr.  5,  22,  56.    Ueb.   Messana  l»lut.  Pomp.  10. 

6)  Ib.  4,  23,  50. 

7J  Ib.  2,  68,   163. 

8)  Wie  es  scheint ,  zählt  Cicero  in  der  dritten  Verrinischen  Rede  sie  voll- 
standig  auf,  nämlich  in  alphabetischer  Zusammenstellung:  Acestenses ,  Acherini, 
Aetnenses,  Agyrinensea,  Amestratini,  Apollonieiisus,  Assorini,  Calactini,  Capitini, 
Catinenses,  Cephalooditani,  Cetarini,  Knguini,  Elorini,  Knnenses,  Kiitellini,  Ge- 
lenses,  Ilaluntini,  llcradeenses,  Ilerbitenses,  Ilyblenses ,  letini,  Imucharenses, 
liienses,  Lt-ontiiii,  Liparcnsus,  Menaeni,  Murgentini,  Mutycenses,  Petrini,  Solun- 
tini,   Therm itani,    Tissenses,   Tyndaritani. 

Oj  Zumpt  in  S(;ebo<le  s  Archiv  a.  a.  0.   S.  265. 

10)  i)iHHe  Zahl  giebt  IA\.  26,  40,    14  an.     Auf  sie    kommt    auch  Zumpt    ad 
Verr.  3,  ü,   13,   wiewohl  dort  durch  einen  Druckfehler  X\l  statt  XXVi  steht. 


—     94    — 

kauft  wurden  1).  Drei  Jahre  später  wurden  dahin  Golonisten  aus 
sicilischen  Städten  2)  geführt,  woraus  ich  nicht  mit  Mommsen  auf 
eine  schon  damals  stattgefundene  Gründung  einer  latinischen  Co- 
lonie  in  Agrigent  schliessen  möchte"^). 

Ueber  die  Veränderungen,  welche  diese  Verhältnisse  am  Ende 
der  Republik  und  im  Beginne  der  Kaiserzeit  erfuhren ,  sind  wir 
mehrfach  auf  Vermuthungen  angewiesen,  da  unsre  Hauptquelle, 
der  Bericht  des  Plinius,  nachweislich  unvollständig  und  ungenau 
ist.  Plinius  zählt  unter  den  noch  zu  seiner  Zeit  vorhandenen  68 
Communen  3  Städte  latinischen  Rechtes,  Centuripae,  Netum,  Se- 
gesta,  2  oppida  civium  Romanorum,  Messana  und  Lipara ,  und  5 
römische  Colonien.  Die  übrigen  Städte  nennt  er  oppida  ohne  wei- 
teren Zusatz  oder  civitates  stipendiariae.  Nun  aber  befinden  sich 
unter  diesen  oppidis  Agrigent,  welches  nachweislich  latinische 
Stadt  war"*),  und  Aluntium,  welches  in  Inschriften  municipium 
heisst^) ;  unter  den  stipendiariae  aber  Henna,  ebenfalls  eine  lati- 
nische Stadt ^) ,  Melite  (Malta)  und  Gaulos,  welche  zur  Provinz 
gehörten'),  aber  von  Plinius  nur  als  geographische  Namen  erwähnt 
werden,  waren  römische  Municipien  ^j.  Es  ergiebt  sich  hieraus, 
dass  zu  Plinius  Zeit  viel  mehr  latinische  und  römische  Gemeinden 
in  Sicilien  waren ,  als  man  aus  seinem  Berichte  ersieht.  Diese 
Veränderung  aber  ist  herbeigeführt  durch  Caesar,  Antonius  und 
Augustus.  Cäsar  scheint  nicht  nur  die  Abgabenverhältnisse  der 
Provinz   anders   geordnet  9)     und   namentlich    die   Naturalabgaben 

1)  Liv.  26,  40,  13. 

2)  Cic.  ad.  II  in  Ven.  2,  50,   123:   ,,de  oppidis  Siculorum.^^ 

3)  Mommsen  G.  d.  R.  Münzw.  S.  663  hält  diese  Gründung  für  wahrschein- 
lich; dagegen  R.  G.  P  S.  631;  113  g.  4  für  sicher.  Meiner  Ansicht  ist  Henzen 
Annali  d.  I.  1857  p.  114;  Mommsen  folgt  Walter  G.  d.  R.  R.  §  245.  246. 

4)  Agrigent  schlägt  Kupfermünzen  mit  römischer  Aufschrift 'und  hat  Ilviri. 
Eckhel  1,   194.    Mionnet  Suppl.  1,  368.    Mommsen  G.  d.  R.  M.   S.  663. 

5)  C.  I.  Gr.  5608:  tö  [xouvixitciov  twv  'AXovtivcov,  wo  zwei  andre  lateinische 
Inschriften  citirt  werden. 

6}  Auf  Münzen  MVNicipium  HENNA  nebst  den  Namen  von  Ilviri.  Eckhel 
1,  207.    Mionnet  1,  234.  Suppl.   1,  385.  Henzen  Annali  1857  p.  113. 

7)  Ueber  Malta  s.  Cic.  act.  II  in  Verr.  4,  46,  103;  4,  18,  39,  über  beide 
Plin.   N.  U.  3  S  92. 

8)  Die  Bürger  beider  Städte  sind  in  der  trihus  Quirina  C.  I.  Gr.  5754. 
Henzen  6469.  Grotefend  Imperium  Romanum  tributim  descriptum ,  Hannover 
1863.  8  p.  92. 

9)  Mommsen  R.  G.  HI*  S.  492  bemerkt ,  dass  bereits  Varro  de  r.  r.  II  pr. 
unter  den  Kornprovinzen  nur  noch  Africa  und  Sardinien ,  nicht  Sicilien  nennt, 
und  in  dem  Verzeichniss  des  Plinius  fehlen  civitates  decumanae,  wogegen  47  ci- 
vitates stipendiariae  aufgezählt  werden. 


I 


—     95     — 

aufgehoben,  sondern  auch  vielen  —  Mommsen  nimmt  an  allen  — 
sicilischen  Städten  die  Latinität  verliehen  zu  haben  ^]  ;  in  wie 
weit  das  Gesetz  des  Antonius  über  Erlheilung  des  Bürgerrechtes 
an  die  Siculer  zur  Ausführung  gekommen  ist,  lässt  sich  ebenfalls 
im  Einzelnen  nicht  nachweisen  2)  ;  Augustus  endlich  gründete  in 
der  Provinz  sieben  Militärcolonien  3)^  Tauromenium ,  Catina  ,  Sy- 
racusae,  Thermae  Himereuses,  Tyndaris^),  Lilybaeum  und  Pa- 
normus  ^) . 

In  Beziehung  auf  die  Jurisdiction  zerfiel  die  Provinz  von 
Anfang  an  in  eine  Anzahl  convenLus  (Gerichtsbezirke)  ß) ,  unter 
welchen  der  von  Syracus^),  Lilybaeum,  Panormus^)  und  Agri- 
gentum  •^)  erwähnt  wird. 

n.  Sardinia  mit  Corsica. 

Bald  nach  dem  Ende  des  ersten  punischen  Krieges,  im  J. 
546  =  238  i<*),  entrissen  die  Bömer  ohne  einen  genügenden  recht- 


1)  Die  einzige  Erwähnung  dieser  Verleihung  findet  sich  bei  Cic.  nd  AU. 
14,  12,  1  :  scis ,  quam  diligam  Siculos  et  quam  illarn  clientelam  honestam  iudicem, 
Multa  Ulis  Caesar,  neque  me  invito,  etsi  Latinitas  erat  non  ferenda,  verum  tam.en  — 
welche  Stelle  bisher  so  verstanden  worden  ist  (s.  z.  B.  Voigt  Ins  nat.  II  S.  720}, 
dass  Cäsars  Absichten  nicht,  oder  doch  nicht  vollständig,  zur  Durchführung  ka- 
men. Mommsen  R.  G.  III*  S.  491  versteht  sie  dahin ,  dass  ganz  Sicilien  die 
Latinität  erhielt. 

23  Cic.  ad  Att.  14,  12,  1 :  ecce  autem  Antonius,  accepta  grandi  pecunia,  fixit 
legem  a  dictatore  comitiis  latam ,  qua  Sieuli  cives  Romani ;  cuius  rei  vivo  illo 
mentio  nulla.  Hierauf  geht  auch  Cic.  Phil.  2,  36,  92:  toto  Capitolio  tabulae  fige- 
hantur ,  neque  solum  singulis  venibant  immunitates  sed  etiam  populis  universis : 
civitas  non  iam  singillatim,  sed  provinciis  totis  dabatur.  Dio  Cass.  44,  53  ;  45,  23. 
Diodor.  13,  35 :  roXX-ai  -^ou-^  xwv  xa~a  Ti|V  vnaov  TiöXecuv  ^pcu(j.evai  Siex^Xeoav 
Toi;  to6to'j  v<5|xoi;  (des  Diocles),  (J.£ypi  2to'j  TravTe;  ot  SixeXtoiTat  -rf^i  'Pio|j.altuv 
zoXiTSia;  ifiioi^TiZa'i .  Dass  diese  Gesetze  aufgehoben  wurden,  berichtet  Cic.  Phil. 
12,  5,   12;   13,  3,  5. 

3)  Dio  Cass.  54,  7.    Monum.  Ancyr.  5,  35.    Borghesl   Oeuvres  2  p.  209.  453. 

4)  Diese  5  Colonien  nennt  Plinius  N.  H.  3  %  88.  89.  90.  Ueber  Syracus 
8.  Dio  54,  7;  über  Tyiidaris  Appian.  B.  C.  5,  116.  Borghesi  Oeuvres  2 
p.  452  ff.    Henzen  Inscr.   n.  5483. 

5)  Dass  auch  diese  beiden ,  welche  Plinius  als  Colonien  nicht  bezeichnet 
und  Zumpt  Comm.  Kpigr.  I  p.  409  als  Colonien  Hadrians  ansieht,  bereits  von 
Augustus  herrühren,  zeigen  Borghesi  Oeuvres  ^l  p.  208.  Henzen  Anrudi  d.  Inst. 
1857  p.  115  ff.  Ueber  Panormus  s.  auch  Schubring  Der  historischen  Topographie 
von  Panormus  erster  Theil,   Lübeck  1870.  4  S.  15. 

6)  Cic.  act.  II  in  Verr.  5,  11,  28:  nam  sciiote  oppidum  esse  in  Sicilia  nul- 
lum  ex  Um  oppldis,  in  quibus  ronsintere  prnetores  et  conventum  ngere  soleant,  quo 
in  oppido  non  isti  ex  nliqua  familia  non  ignobili  delecta  ad  libidinem  mutier  esset. 

7)  Ib.  4,  25,  55. 

8J  Beide  erwähnt  ih.   5.   54,   140. 
9j  Ib.  2,  2(J,  f)3. 
10)  Polyb.   1,  88;  3,  10.  27.     Appian    6,  4 ;  8,  2.  5.     /.mar.  8,  18.    Liv.  21, 
1,  5.    S.  Hudemann  im  Philologu«  2,  4.   S.  632  ff. 


—     96      — 

liehen  Vorvvandi)  auch  Sardinien  den  Garthagern.  Sie  mussten 
es  indess  vollständig  erobern,  und  obwohl  dies  im  J.  519  =  235 
durch  T.  Manlius  Torquatus  geschah'-^),  so  ist  doch  noch  in  beiden 
folgenden  Jahren  der  Kampf  fortgesetzt  worden^).  Zugleich  mit 
Sardinien  wurde  im  J.  516  =  238  Corsica  occupirt^)  und,  nach- 
dem es  523  =  231  durch  C.  Papirius  Maso  unterworfen  war»), 
zu  einer  Provinz  mit  Sardinien  vereinigt  <»)  und  einem  praetor 
untergeben"^),  weshalb  im  J.  527  =  227  nur  zwei  Prätoren,  einer 
für  Sicilien ,  der  andre  für  Sardinien  neu  gewählt  wurden^). 
Unter  Sardinia  ist  daher  immer  die  combinirte  Provinz  Sardinia- 
Corsica   zu   verstehn^).     Seit   632  =  122    führen   die    Verwaltung 

1)  Die  Bedingungen  des  Friedens  von  241  enthielten  keine  Abtretung  von 
Sardinien.  Polyb.  1,  63:  xwv  te  vtjoojv  dxyujpeiv  KapyTjoovioi»?  TtpooeTcIxa^av, 
ocai  fxexa^u  x-rj?  [raKiac.  vteTvxai  xat  x-^;  St"/.£Xia; ,  vgl.  3,  27 ;  Zonar.  8,  17 ; 
Appian.  5,  2 :  xal  SixeXia;  'Pajfxaiot?  dnoGxipai  v.al  xöj^  ßpayjxtptov  vrjocov, 
oaat  TTspi  SixeXiav.  Erst  späte  Schriftsteller  verstehen  diese  Worte  von  einer 
Abtretung  Sardiniens.  Eutrop.  3,  2.  Aurel.  Vict.  de  v.  iU.  41.  Oros.  4,  11,  wäh- 
rend Polyb.  3,  28  urtheilt:  ÄGTrep  o'jv  x-i^jv  eU  SixeXiav  oidßaoiv  'P(o|xaitov  ou 
Tiapd  xou;  opxou;  supiG'/Ofxev  ^^e-^e^'qiii^T^y ,  o'jxü);  uTiep  xoO  oeuXiOO'j  7:oXe(Ji.o'j, 
%aff  8v  dTconqaavxo  xd;  Tiepi  EapSovo;  ouv^-qxa;,  oiixe  7:p6cpaatv  o'jx  aixiav  eupot 
TIC,  dv  e'jXoYOv,  dXX'  öfjLoXoYoufJievco;  xou?  Kapy'r]Oovtouc  -/^vaYxaafxevou?  Tiapd  Ttdvxa 
xd  Si7.aia  oid  xov  xatpov  dxywp^aoit  {jl£V  2!apo6vo;  d^6ve-("/erv  he  x6  TcpoetpiQfAevov 
TtX-^^o?  xwv  ypTjixdxoDV.  Liv.  21,  1,  5.    Vgl.  Bergfeld  a.  a.  0.   S.  10. 

2)  Velleius  2,  38 :  Sardinia  —  ductu  T.  Manli  consulis  certum  recepit  im- 
peri  iugum.    Eutrop.   3,  3. 

3)  Die  Fasti  triumph.  Capitolini  (C.  I.  L.  I  p.  458)  lassen  den  T.  Manlius 
519  =  235,  den  Sp.  Carvilius  520  =  234,  den  Q.  Fabius  Maximus  521=233  de 
Sardis  triumphiren, 

4)  Festus  p.  322b :  Sinnius  Capito  ait ,  Ti.  Gracchum  consulem ,  coUeyam 
P.  Valeri  Faltonis,  Sardiniam  Corsicamque  subegisse.  Ueber  abweichende  Zeitbe- 
stimmungen Neuerer  s.  Bergfeld  p.  12.  Hudemann  a.  a.  0.  —  J.  Rospatt  de 
Corsica  insula  a  Romanis  capta ,  Monasterii  1850.  8  p.  21  nimmt  ohne  Grund 
das  Jahr  236  au. 

5)  Fasti  triumph.  in  C.  I.  L.  I  p.  458  ad  a.  523.  Val.  Max.  3,  6.  5.  Fun. 
N.  H.   15  §  126.    Zonaras  8,  18. 

6}  S.  Rufus  4:  iuncta  administratio  harum  insularum  fuerat;  post  quaelibet 
suos  praetores  habuit :  nunc  singulae  a  suis  praesidibus  reguntur. 

7)  Zonaras  8,  19 :  {jiexd  os  xoOxo  SapSovioi  ^v  oeivojji  irotouiJ-evoi ,  oxi  oxpa- 
x-rjYo;  'P(u[ji.aitov  dsi  -/.a^etaxTjxei  atixoT?,   dzaveaxYjcav.   Liv.  40,  18,  3:  provinciae 

ita  Sorte  evenerunt : M.  Pinario  Sardinia.  c.  19,  6:  pestilentiae  tanta  vis 

erat,  ut  cum  propter  defectionem.  Corsorum  beilumque  ab  Iliensibus  concitatum.  in 
Sardinia  acta  milia  peditum  —  placuisset  scribi  —  is  numerus  effici  militum  non  po- 
tuerit.  c.  34,  12:  in  Corsica  pugnatum  cum,  Corsis,  —  inde  in  Sardiniam  exer- 
citus  ductus.  42,  1,  3  :  ad  hoc  miUe  et  quingenti  pedites  —  scribi  iussi,  cum  quibus 
praetor,  cui  Sardinia  obtigisset,  in  Corsicam  transgressus  bellum  gereret.  c.  7,  2 : 
ex   Corsica  subacta  Cicereius  in  Sardiniam  transmisit. 

8)  S.  S.  92  Anm.  2.  Unter  den  Prätoren  ist  der  bekannteste  der  ältere 
Cato,  der  die  Provinz  556=198  verwaltete.  Liv.  32,  8,  5.  Nepos  Cat.  m.  1.  Plut. 
Cat.  m.  6. 

9)  Auch  Strabo  p.  840  zählt  unter  den  Provinzen  der  augusteischen  Zeit  auf 
Xapow  (xexd  Kupvou.     Beide  Provinzen  gelten   immer  als  zusammengehörig ;    bei 


—     97     — 

Propra loren ,    von  denen   bekannt   sind  T.  Albucius  propraetor  ^) 
Sardiniae  um  650  =  104  2)  und  M.  Aemilius  Scaurus  pr.  pr.  Sard. 
099^55  3),    von  dem  wieder  ausdrücklich   bezeugt   wird,    dass 
ihm  auch  Corsica  untergeben  war  4).     Bei  der  Theilung  der  Pro- 
vinzen   im   J.  727  =-27    verblieb   Sardinien    dem   Senate  ^)    und 
erhielt  als   Statthalter   einen   Proprätor   mit   dem  Titel   proconsul, 
dem  ein  legahis^*]   und  ein   quaestor'')    beigegeben  wurde.     Allein 
theils   der    unruhige   und   unzuverlässige  Gharacter  der  Einwoh- 
ner ^)  ,    theils    äussere   Veranlassungen    machten    wiederholentlich 
einen  Wechsel   der  Verwaltung   nöthig.     Im  J.   6   n.  Chr.   wurde 
dieselbe   einem    kaiserlichen   Procurator    übergeben  ^)  ,    und    erst 
unter   Nero   erhielt   der   Senat   Sardinien    zurück   als   Ersatz    für 
Arhaia,    welches  Nero  im  Herbste  67  für  frei  erklärte  i*^) .     Unter 


Varro  fr.  Vol.  II  p.  3Ö8  Bip.  kommt  schon  in  mythischer  Zeit  ein  Phorrys,  rex 
Corsicae  et  Sardiniae,  vor. 

1)  Cic.  de  prov.  cons.  7,   15. 

2j  Kr  wurde  repetundarum  belangt  und  verurtheilt  Cic.  in  Pison.  38,  92; 
de  off.  2,  14,  50;   in  Q.  Caeciliurn  divin.   19,  G3.  S.  Orelli   Onomast.   p.  27. 

3)  Asconius  p.  118.  Ueber  seinen  Process  s.  Drumann  Gesch.  Roms  6,  36  ff. 

4)  Asconius  p.  19  sagt  von  den  Anklägern  des  8caurus :  [in]  inquisitionem 
in  Sardiniam  itemque  Corsicam  insulas  dies  tricenos  acceperunt. 

5)  Dio  Cass.  53,   12.    Strabo  p.  840. 

6)  M.  Iiil.  Ilomulus,  leg.  pr.  pr.  des  proconsul  L.  Helvius  Agrippa  im  J.  68 
kommt  vor  in  dem  Decret  des  letzteren  bei  Mommsen  Hermes  2,  104;  C.  Caesius 
Aper  —  leyat.  pro  pr.  provinciae  Sardiniae  in  der  Inschr.  v.  Sestinum  Borghesi 
Bullett.   1856,   141.    Mommsen  Hermes  2,   173. 

7)  Der  Kaiser  Severus  hatte  die  quaestura  Sardiniensia  bekleidet.  Spartian. 
Sev.  2,   5. 

8)  Cic.  pr.  Scauro  2,  38;  ipsa  natio,  cuius  tanta  vanitas  est,  ut  libertatem 
a  Servitute  nulLa  re  alia  nisi  mentiendi  licentia  distingutndam  putent.  Vgl.  ^42; 
ad  fiim.  7,  42,  2:  hahes  Sardos  venales ,  aliuin  alio  nequiorem.  Ueber  dies 
Sprüchwort  s.   Varro  fr.  p.  304  Bip.  Festus  p.  322. 

9)  Dio  Cass.  65,  28:  vcdv  xoi;  auroi;  xoutoi;  ypovot;  "-ical  iroXeixot  iroXXot 
d^^vovTO  ■  Ttal  Y°^P  XTjSxal  cu/vd  xotTctpeyov,  Äote  xtjv  ^apotu  {j.y]o'  apyovxa 
ßo'jXeux^jV  Ixeat  xict  (die  von  Bekker  aufgenommene  Conjectur  xpiot  entbehrt  der 
historischen  Begründung)  «J^^iv,  dXXa  oxpaxicbxaic  xe  xai  oxpaxiap/ai;  iTnreüoiv 
drtxpaK^vat. 

lOj  Fausan.  7,  17,  2:  -/al  dXeyOepov  6  N^pcov  dcp^Yjoiv  aTrdvxmv ,  dXXaY-^v 
Ttpo;  xov  ofijAOv  7:otr^od(j.evoc  twv  'Pwpiaituv  •  Sapow  ydp  x?jv  v^oov  ii  xd  {xdXtaxa 
euoal[i.ova  avxl  'EXXdoo;  ocplatv  dTT^Oojxev.  Diese  Nachricht  wird  jetzt  bestätigt 
durch  das  von  Mommsen  Hermes  2,  102 — 127  herausgegebene  Decret  des  Pro- 
consul L.  Helvius  Agrippa,  der  im  J.  68  n.  Chr.  eine  Orenzstreitlgkeit  zwischen 
zwei  sardiniftclien  Oemeinden  entscheidet,  in  welcher  vor  ilim  der  procurator 
AuyuM  M.  Iiiventiiis  Uixa  und  darauf  sein  Vorgänger  Caecilius  Simplex  ein  Ur- 
thoil  gesprochen  halten.  Nimmt  man  mit  Mommsen  an,  dass  diese  drei  Personen 
in  der  Verwaltung  Sardiniens  unmittelbar  auf  einander  folgten,  was  wahrschein- 
lich ist,  so  dauerte  djts  Ueginient  der  Procuratoren  in  Sardinien  von  6  n.  Chr. 
bis  1.  Juni  ()6.  Von  da  begann  die  proconsularischo  Verwaltung  des  Caecilius 
Simplex,  auf  den  am  1.  Juni  67  der  l^roconsui  L.  Helvius  Agrippa  folgte.  Un- 
gelöst  bleibt   indessen    bei    diesen  Annahoien   eine  chrouologische  Schwierigkeit. 

Kbm.  Alt«rth.  IV.  7 


—     98     — 

Vespasian  verlor  Achaia  diese  Freiheit  wieder  i)  und  gleichzeitig 
wurde  Sardinien  kaiserliche  Provinz  unter  einem  procurator  et 
praeses^^).  Dieser  Wechsel  scheint  noch  einmal  eingetreten  zu  sein 
unter  M.  Aurel,  der  auf  kurze  Zeit  dem  Senate  die  Provinz  zu- 
rückgab ^) .  Commodus  stellte  aber  die  kaiserliche  Verwaltung 
wieder  her*)  und  von  ihm  an  lassen  sich  bis  in  das  dritte  Jahr- 
hundert procuratores  Augusti  et  praesides  (oder  praefectt)  provin- 
ciae  Sardi'niae  nachweisen  ^j .  Seit  Diocletian  sind  Sardinien  und 
Corsica  getrennte  Provinzen,  jede  unter  einem  Präses'^). 

In  Hinsicht  auf  die  politische  Stellung  der  Einwohner  gehörte 
Sardinien  zu  den  am  wenigsten  begünstigten  Provinzen;    es  war 

Denn  da  Nero  die  Freiheit  Griechenlands  an  den  isthmischen  Spielen  des  Jahres 
(37  proclamirte  (Plutarch.  Titas  Flamin.  12.  Suet.  Nero  24.  Dio  Cass.  43,  11. 
Clinton  Fasti  Rom.  ad  a.  67),  so  muss  das  dem  Senat  dafür  verliehene  Sardi- 
nien auch  erst  67  proconsularische  Provinz  geworden  sein,  üie  Lösung  dieser 
Schwierigkeit  versucht  nochmals  Mommsen  Hermes  3,  172,  ohne  ein  überzeu- 
gendes Resultat  zu  gewinnen. 

1)  Suet,  Vesp.  8.  Pausan.  a.  a.  0.  Dass  bis  auf  Vespasian  und  vielleicht 
noch  unter  diesem  die  Verwaltung  proconsularisch  war ,  zeigt  die  Inschr.  von 
Sestinum  BuUett.  1856  p.  141  n.  3;  vgl.  Mommsen  Hermes  2,  173.  Der  pro- 
curator von  Corsica,  den  Tac.  Bist.  2,  16  unter  Otho  erwähnt,  kann  ein  kaiser- 
licher Beamter  sein,  wie  er  auch  sonst  in  senatorischen  Provinzen  vorkommt. 

2)  Orelli-Henzen  4031.  5190. 

3)  Spartian.  Sever.  2,  3 :  post  quaesturam  sorte  Baeticam  accepit  atque  inde 
Africam  petit,  ut  mortuo  patre  rem  domesticam  componeret.  Sed  dum  in  Africa 
est ,  pro  Baetica  Sardinia  ei  attributa  est ,  quod  Baeticam  Mauri  populahantur. 
Severus  ging  also  nach  Vollendung  der  städtischen  Quästur  als  quaestor  pro  prae- 
tore  (s.  Borghesi  Oeuvres  I,  482)  nach  Sardinien ,  welches  somit  Senatsprovinz 
war.  Es  ist  eine  ansprechende  Vermuthung  von  Zumpt  Stud.  Rom.  p.  144,  dass 
wegen  des  Einfalls  der  Mauren  in  Baetica  etwa  im  J.  172  M.  Aurel  diese  Pro- 
vinz übernommen  habe,  um  darin  den  Krieg  zu  führen,  und  dass  an  Stelle  der- 
selben Sardinien  dem  Senat  überlassen  worden  sei. 

4)  Unter  Commodus  war  L.  Ragonius  Urinatius  proconsul  prov.  Sardiniae 
(Orelli-Henzen  2377.  6492),  aber  unter  ihm  kommt  auch  wieder  ein  procurator 
vor.  Origenes  oder  llippolytus  refut.  haeresium  IX  p.  288  Miller:  xuyoüaa  o'jv 
rrj;  d^ia)0£iu?  t]  Mapvaa  Tcapa  toO  Koafxöoo'j  oiötosi  ttjV  a7roX6at|Aov  'dTrtaToXTjv 
'Ta"/.ivi)uj  Tivl  ardSovTt  TTpsoßarepo},  8;  Xaßcbv  SieTiXe'joev  ei;  ttjv  }iocpooviav  -/at 
aKOOO'j;  xijj  xaT  iY.eivo  y.aipou  rfii  yiopa;  dzixpo-euovTi  aTteXuae  xou?  (xocpTupa;. 
Gleich  darauf  nennt  er  wieder  den  iT.kpor.oc,  d.  h.  procurator. 

5)  Es  sind  dies :  M.  Metellus  proc.  unter  Sepiimius  Severus  und  Caracalla 
Henzen  5191 ;  M.  Ulpius  Victor,  proc.  Aug.  praef.  prov.  Sard.  unter  Philippus 
(243—249),  Orelli-Henzen  4929.  5192.  5195;  M.  Calpurnius  Caelianus  praeljes 
prov.  Sardiniae,  proc.^  um  254,  Henzen  5542 j  lanuarius  proc.  im  Jahr  257  unter 
Gallienus,  Henzen  5544;  M.  Aelius  Vitalis,  praeses  pr.  Sard.  unter  Carus  ,  Gaz- 
zera  di  un  decreto  di  patronato  p.  53.  Borghesi  Annali  1853  p.  211.  Ausserdem 
kommen  vor  P.  Viblus  Marianus  proc.  et  praeses  prov.  Sardiniae  Orelli  74; 
Q.  Cosconius  Fronto  proc.  Augy.  et  praef.  pr.  Sardiniae  Henzen  6940;  L.  Bal- 
bius  luncinus,  proc.  Aug.  praef.  prov.  Sard.  Murat.  782,  4;  Ho.  üSaXXouaTto;  — 
O'JiTttüup  —  'r(Y£{J.(uv  /cat  SouxrjNapto^  Sapoovta?   C.  1.  Gr.  2509. 

6)  Mommsen  Verz.  d.  röm.  Prov.  von  297  in  Abb.  d.  Berl.  Acad.  1862,  513. 
Boecking  mt.  Dign.  H  p.  6,  28;   10,  14;  p.  805  If.    S.  Rufus  4. 


—     99     — 

iin  Kriege  erobert  und  in  seinem  ganzen  Umfange  ager  publicus 
geworden  ;  es  zahlte  von  allem  Lande  den  Zehnten  und  ausser- 
dem ein  Stipendium  ^) ;  in  Zeiten  grösseren  Bedarfs  wurde  ein 
zweiter  Zehnte,  indessen  dieser  gegen  eine  Entschädigung  aus 
der  Staatscasse,  aufgelegt  2),  so  dass  Sardinien  unter  die  tria  fru- 
menturia  subsidia  reipublicne  gerechnet  werden  konnte  3) .  Zu  Ci- 
ceros  Zeit  gab  es  in  der  Provinz  keine  Stadt  mit  besonderen 
Vorrechten 4J  j  sondern  die  Communen  wurden,  wie  die  campa- 
nischen, durch  praefecti  verwaltet^),  die  in  Sardinien  der  Pro- 
praetor  ernannt  haben  wird.  Dagegen  hatte  Corsica  unter  seinen 
32  Städten  ^)  zwei  Militärcolonien ,  Mariana,  eine  Colonie  des 
Marius,  und  Aleria,  eine  Colonie  des  Sulla''),  und  später  erhielt 
auch  Sardinien  einige  Ansiedelungen ,  die  Stadt  ad  turrim  Liby- 
S(mis^)y  vielleicht  unter  Augustus -'),  Uselis^^)  und  Cornus  ^i).  Ga- 
rales wird  als  municipium  aufgeführt  ^^J . 

III  -V.  Die  spanischen  Provinzen. 

Der   Krieg,    in    welchem    die   Völker   Spaniens   einzeln   utid Einriciitung. 
nacheinander   von  den  Römern    unterworfen   wurden,    hat  zwei- 
hundert  Jahre   gedauert  i^),    nämlich   vom   Anfange    des    zweiten 
punischen   Krieges   536=2i8   bis    zur   definitiven  Besiegung   der 

1)  Cic.  pr.  Balbo  18,  41:  quod  si  Afris,  si  Sardis ,  si  Hispanis ,  agris  sti- 
pendioque  multatis,  virtute  adipisci  licet  civitatem ,  Gaditanis  autem  —  idem  non 
licebit,  non  foedus  sibi  nobiscum  sed  iniquissimas  leyes  impositas  a  nobis  esse  ar- 
bitrabuntur.  Liv.  23,  32,  9:  (^Sardos)  gravi  tributo  et  conlatione  iniqua  fintmenti 
preasos^   vgl.  41,  6. 

2)  Liv.  36,  2,  13:  idem  L.  Oppio  de  alteris  decumis  exiyendis  in  Sardinid 
imperatum.    37,  2,  12;  37,  50,  10;  42,  31,  8. 

3)  Cic.  de  imp.  Pomp.  12,  34.  Val.  Max.  7,  6,  1.  Varro  der.  r.  2,  1.  Hu- 
demaiin  a.  a.  0.   S.  630  Aiim.  Gothofr.  ad  C.  Th.  9,  40,  3 ;   14,  17,  5. 

4)  Cic.  pr.  Scauro  2,  44:  quae  e<t  cnim  praeter  Sardiniam  provincia,  qwie 
nuUam  habeat  amicam  populo  Romano  ac  liberani  civitatem  ? 

f))  Üie»  lääst  sich  scbliessen  aus  einer  dur  Zeit  der  liepublik  aiigehöri- 
geii  iMsrlirift:  TERMIN VS  CIDD/LITANORVM  PRAEFecturae  N(ymphaei?) 
PORTVs,  über  welche  s.  Bormann  Hallett.  1869  p.   182  ff. 

6)  Plin.  N.  H.  3  %  80. 

7)  Plin.  1.  l.  Henec.  eoru.  ad  Helv.  7,  9.  Soiin.  3,  3.  Meia  2,  7,  19.  Zumpt 
Comm.  epiyr.  I,  228.  255. 

8)  IMin.   N.  //.   3  S  85. 

9)  Zumpt  a.  a.  O.  p.  364. 

10)  I'tol.MM.  3,  3,  2.  Hie  heUnt  Colonia  lulin  Augusta  UselUt.  Henzen  6413. 

11)  Zumi.t  a.  a.  O.   p.  410. 


12l  Ks  hcÄnnt  oppidum  nivium  KonuiMfrum.   Plin.   N.  H.  3  S  ^•'^• 
13)  Strabo  3  p.  158,  vgl.  I.iv.  28,  12;  l'i.  Velleiu*  2,  38,  4. 


7* 


—     100     — 

Canlabrer  735  =  19^).  Nachdem  die  Carthager  unter  Hamilcar 
seil  517=237  in  Spanien  festen  Fuss  gefasst  hatten  2),  schlössen 
526  =  228  die  Römer  mit  ihnen  den  Vertrag,  dass  der  Ebro  die 
Grenze  des  carthagischen  Gebietes  sein -^j  und  Sagunt,  welches 
schon  um  diese  Zeit  mit  Rom  verbündet  war  4),  neutral  bleiben 
sollte.  Sie  selbst  hatten  damals  noch  keinen  Besitz  in  Spanien  5). 
Der  Bruch  dieses  Vertrages  durch  die  Eroberung  von  Sagunt 
(535  =  219)  hatte  zur  Folge,  dass  die  Römer  536=218  den 
Krieg  in  Spanien  begannen^)  und,  nachdem  P.  Cornelius  Scipio, 
der  543  =  211  die  Führung  desselben  erhielt'),  im  folgenden 
Jahre  Neucarthago  erobert  hatte ^),  die  Carthager  548  =  206  zur 
gänzlichen  Räumung  Spaniens  nöthigten  '•^).  Von  dieser  Zeit  an 
schritt  man  zur  Unterwerfung  der  einheimischen  Völkerschaften  *ö). 
Der  Verlauf  dieser  Unterwerfung  ist  im  Allgemeinen  bekannt, 
während  über  die  Ausdehnung  des  römischen  Gebietes  in  den 
verschiedenen  Perioden  des  Krieges  es  an  jeder  speciellen  Nach- 
richt fehlt.  Die  Entstehung  der  Provinz  setzt  Appian  schon  in 
das  Jahr  548  =  206 ii),  in  welchem  Scipio  nach  Rom  zurückging  12); 
aber  obwohl  es  richtig  ist,  dass  die  Römer  ihre  Eroberung  be- 
haupteten und  zu  diesem  Zwecke  jährlich  zwei  ausserordentlich 
gewählten  Proconsuln   das  Commando   in  Spanien  übertrugen  i^)^ 

1)  In  den  Jahren  26  und  25  v.  Chr.  war  Augustus  selbst  des  Krieges  wegen 
in  der  Provinz,  Sueton.  Oct.  26.  81.  Dio  Cass.  53,  22.  25,  im  J.  19  v.  Chr. 
beendigte  Agrippa  den  Krieg.  Dio  Cass.  54,  11  ;  vgl.  Strabo  3  p.  156.  Mon. 
Anc.    5,  10—12.    Tac.  Ann.  4,  4. 

2)  Polyb.  2,   1.    Liv.  22,  2,   1. 

3)  Polyb.  2,   13. 

4)  Polyb.  3,  30. 

5)  Liv.  34,  13,  7:  patres  nostri,  cum  in  Hispania  Carthaginiensium  et  im- 
peratores  et  exercitus  essent,  ipsi  nulLum  in  ea  militem  haberent,  tarnen  addere  hoc 
in  foedere  voluerunt,  ut  imperii  sui  Hiherus  fluvius  esset  finis.  21,  2,  7.  Appian. 
Bisp.  7. 

6)  Polyb.  3,  76.    Liv.  21,  22.  60.  61. 

7)  Liv.  26,  18. 

8)  Polyb.  10,  8-20.   Liv.  26,  41-51. 

9)  Polyb.  11,  24a.    Liv.  28,  16. 

10)  Polyb.  11,  31 

11)  Appian.  Hisp.  38:  axpaxTjYoij?  os  'Ißirjpias  dxTjciou;  ii  xd  t%vr]  xd  eiXruxixhja 
ETtefATTOv,  drco  xcOSs  dp^d}j.£voi,  [xixpov  rrpo"  x-rj?  xexdpxYji;  -/ai  xeoaapaxoaTTJ;  -/ai 
e-/.axoox'^?  6'K'jinzidhoc,  (diese  beginnt  204),  dppLosxd?  ri  imaxdTac,  auxoT?  Tf^i 
e[p'/)V7]c  dao(j.^vou<;.  Kai  atixoT?  6  ExtTiitov  öXiyitjv  axpaxidv,  ox;  iizl  eipTjviß,  xctxa- 
XiTiojv  —  ii  'Pobainv  —  otsTiXei. 

12)  Liv.  28,  38. 

13)  Die  Nachfolger  des  Scipio  waren  die  Proconsuln  L.  Lentulus  und 
L.  Manlius  Acidinus  (Liv.  28,  38,  1  ;  29,  13,  7),  von  denen  der  erste,  welcher 
erst  200  nach  Rom  zurückkehrte,  nicht  triumphiren  konnte,  veeil  er  weder  cor? ^wf 
noch  praetor  gewesen  war.   Liv.  31,  20. 


—     101      — 
so  wird  man  doch  die  Oreanisation  der  beiden  Provinzen   Hispania   nispama 

^  citerior  ViVidi 

citerior  und  uUerior^)  erst  557=197  setzen  müssen,  von  welchem  viterior. 
Jahre  an  zwei  ständige  Prätoren  2)^  gewöhnlich  ebenfalls  mit  pro- 
consularischer  Gewalt-^)  und  mit  12  fasces^)  ,  für  dieselben  ge- 
wählt wurden.  Die  Grenze  beider  Provinzen  bildete  seit  dem  J. 
557  =  1 97  5)  der  snltus  Castuloiiensü  '') ,  so  dass  Neucarthago,  zur 
Zeit  der  Punier  die  erste  Stadt  in  ganz  Spanien ,  Hauptstadt  der 
diesseitigen,  Corduba  Hauptstadt  der  jenseitigen  Provinz  wurde'). 
Eine  Vereinigung  beider  Provinzen  fand  vorübergehend  im  zweiten 
macedonischen  Kriege  statt;  seit  587  =  167  sind  wieder  zwei  Pro- 
vinzen vorhanden  8).    Eine  weitere  Theiluns  von  Hispania  ulterior  spanion  in 

'  ^  '  dreiProvin- 

in  zwei  Provinzen,   Baetica  und  Lusitania,  welche  sich  schon  dem  ze« geti»eiit. 
Pompeius    im   spanischen   Kriege   des  J.   705  =  49   empfohlen   zu 
haben  scheint^),   kam  zur  Ausführung  im  Beginne  der  Kaiserzeit, 
nach   gewöhnlicher  Annahme   im    J.  727  =  27.     Diese  Annahme 
beruht   nicht   allein  auf  einer   unsicheren  Aeusserung  Appians  lo) 

1)  Strabo  3  p.  166 :  'P(o[j.aioi  0£  t-^jv  auiArotoocv  xaXeoavxe?  a'jvwvjfAu)!; 
'IßTjpiav  TS  -/.at  'loraviav  xo  fxev  aÜTfj?  [j-spo?  eiTiov  tyjv  dxxo?,  xo  oe  Ixepov  xrjv 
ivxo?  •  a>.Xoxe  o'  aXXuj;  oiatpoOai  Tipö?  xou;  xaipou?  TroXtxe-jOfxevot.  Hispania  ulte- 
rior erwähnt  Varro  de  r.  r.  1,  10,  1.  Cic.  pr.  Fonteio  20,  45;  duae  Hispaniae 
Cic.  pr.   Fonteio  7,  16;   de  imp.  Pomp.  12,  35. 

2)  Liv.  32,  27,  6:  sex  praetores  illo  anno  primum  creati  crescentibus  iam 
provinciis  et  latius  patescente  imperio.  Ib.  c.  28,  2:  Hispanias  Sempronius  citerio- 
rem,  Htlvius  ulteriorem  est  sortitus. 

3]  Liv.  37,  46,  7;  39,  29,4;  40,  39. 

4)  Plutarch.  Aemil.  Paul.  4:  iid  xoüxov  (xov  is  'IßTjpia  TroXefxov)  6  AifAiXio; 
d$6rc(JLcpO"r]  oxpaxTjYo;  (er  war  190 — 189  propraetor  Hispaniae  ulterioris  Liv,  36, 
2,  8;  öl,  57,  5),  o'jy  £$  e/ojv  7:eXey.et;,  oooü;  eyouoiv  ol  oxpaxTjYoüvxec ,  aXXd 
<tpo;Xajiltuv  iripo'Ji  xosouxo'ji;,  &<jxe  xt];  ap/"^;  ÜTiaxixov  •^esi's^ai  x6  ä^itujjia. 

5 j  Liv.  32,  28,  11:  et  terminare  iussi  (^praetores),  qua  ulterior  citeriorve  pro- 
vincia  servaretur. 

6)  Ilübner  im  Hermes  1,  106,   Weissenborn  zu  Liv.  32,  28,   11. 

7)  HiJbner  a.  a.  0.  S.  106—109  und  über  Neucarthago  Strabo  3  p.  158. 
Hübner  C.  I.  L.  II  p,  462. 

8)  Liv.  44,  17,  10;  45,  16,  1  :  Q.  Aelio  M.  Junio  consulibus  (167)  de  pro- 
vinciis referentibus  cenauere  patres,  duas  provincias  Hispaniam  rursus  fieri,  quae 
una  per  bellum  Macedonicum  fuerat. 

9}  Caesar  B.  C.  1 ,  38 :  Afranius  et  Petreius  et  Varro ,  leyati  Pompeii ,  quo- 
rum  tmus  tribus  legionibus  Hispaniam  citeriorem ,  alter  a  salin  Castulonensi  ad 
Anam  (dies  ist  die  nachherigc  I'roviiiA  Hac^tica)  duabus  legionibus,  tertius  ab  Ana 
Veltonum  ayrum  Lusitaniamque  pari  numero  tegionum  obtinebat,  officia  inter  ae 
parliuntnr. 

lOl  Applan.  Jiisp.  102:  xat  ä^  dxelvou  (dem  Augustus)  |Aot  ooxouoi  'Po)|A'xrot 
T^,v  'Ij^Tipiotv ,  ?^v  r»Y,  vOv  'laravlav  xaXoyotv,  ii  xpla  oiotipeiv  xal  oxpaTTjYou; 
iri7:£(/7:etv ,  £xtjOio'j;  jacv  i;  xa  h'jo  i\  [io'jXVj ,  x6v  hk  xplxov  ßaotXeu;  i^>  Soov 
^oxtixdoeiev.  Kr  Hprirht  also  nur  eine  Vermuthung  aus  und  ist  insofern  ebenfalls 
»chhicht  unterrichtet,  aU  er  Lusltanien  für  eine  Öenataprovinz  hält. 


—     102     — 

und  dem  sputen  Zeugniss  des  Dio  Gnssius^),  sondern  r»uch  aut 
Strabos  Aussage,  welcher,  unmittelbar  nach  Augustus  Tode 
schreibend 2) ,  die  Theilung  nicht  als  eine  so  eben  eingetretene, 
sondern  als  seit  27  bestehend  deutlich  bezeichnet^).  Wenn  daher 
Augustus  selbst  im  Monumentum  Ancyranum  V,  35.  3G  von  seinen 
Colonieanlagen  in  idraque  Ilispania  redet,  so  möchte  ich  diesen 
Ausdruck  nicht  sofort  als  einen  Beweis  dafür  betrachten,  dass 
-  Lusitaniens  Einrichtung  erst  dem  Tiberius  zuzuschreiben  sei*), 
sondern  vielmehr  von  dem  kaiserlichen  und  dem  senatoiischen 
Spanien  verstehn^).  Unter  Tiberius  kommt  ein  legatus  Ti.  Caesaris 
Aug.  provinciae  Lusitaniae  vor^)  und  seit  dieser  Zeit  ist  immer 
von  drei  spanischen  Provinzen  die  Rede-^).  Es  sind  dies: 
'«Tust?"  ''•     Hispania   citerior   oder   Tarraconeiisis ,    begrenzt 

gegen  die  beiden  andern  Provinzen  durch  den  Durius  ^)  ,  den 
saltus  Castiilonensis  und  die  Stadt  Urci  am  mittelländischen  Meere'-*), 
kaiserliche  Provinz  unter  einem  consularischen  legatus  Augusti  pro 
praetore^^],    durch  dessen  Residenz    nunmehr  Tarraco  Hauptstadt 

1)  Dio  Cass.  53,  12. 

2)  Strabo  schrieb  das  6te  Buch  zwischen  14—19  u.  Chr.  (Strabo  7  p.  288), 
das  4te  Buch  im  J.  18  (4  p.  206.  Clinton.  Fasti  Hellen,  from  the  CXXIV  Olym- 
piad  to  the  death  of  Augustus  ad  a.  14).  Wenn  also  Tiberius  die  Provinzen 
getheilt  hätte,  so  wäre  dies  eine  ganz  neue  Einrichtung  gewesen ,  die  wolil  eine 
besondre  Andeutung  verdient  hätte. 

3)  Strabo  3  p.  166:  vjvi  oe  twv  dTrap/töiv  töjv  (j,£v  a.Tiooziy^ei'söi^  t(Ü  orj[j,(i) 
TS  vcal  T^fj  <3DYA\i\xvi  Tüjv  oe  ti|)  ir)Y£|^.6vt  xöiv  ^Pu)(jLai(ov  (d.  h.  jetzt ,  nach  der 
Theilung  der  Provinzen  im  J.  27)  -^j  (xev  Battty.-?!  TTpooxstTai  xtj)  STj(Ji.t{i ,  xal 
7:£{xTC£Tai  OTpotxirj'YÖ;  d-Ti'  auTTj^  eyojv  Tafxtocv  xe  xal  7rp£oߣux'rjv  "  —  i]  he  XontY] 
Kaioapo?  ^axi "  Tt£(Ji.7rovxai  5'  ut:'  aüxoD  o6o  rcp£aߣ'jxai,  oxpaxYjYixos  xe  %a\  biza- 
Ti'Aoc  ,  6  [X£v  axpax-rjYtxoi;  £yu>v  auv  auxijj  TTp£oߣi>xT]v ,  Bt-/Cato5oxTja«jv  AuoixavoiQ 
ToXc,  7iapax£i[j,£vot5  xifj  Botixt"/C-;{j  •  —  xaXoucJi  ^(äp  oSxoi  xtjv  ytopav  xauxTjV  ioiiai 
£v    x(|)  Tiapovxt  .  .  .  (Lusitania  ist    also    ein   neuer  Name)  —    'f]    he  Xoitcyj   (auxir] 

,  o'  daxiv  ■(]  TiXsiaxT]  xfj;  Tßrjpiai;)  utto  xco  UTraxi-xco  tjY£(j.övt  axpaxta^  x£  eyovxt 
d^ioXoYOV  xpiöiv  TCO'j  xaYfAdcxcuv  xai  7ip£oߣuxd^  xp£t?,  uiv  6  [).h  ouo  £'/(ov  xaYfAOtxa 
7tapacppoup£i  XTjV  TiEpav  xou  Aoupiou  Träaav  ^tiI  xd?  dpxxou;,  -/^v  ot  [xe^J  rpoxEpov 
Auotxavoui;  eke^o^i,  oi  0£  vüv  KaXXa'i-itou;  xaXoOoi  •  —  x-qv  o'  d^-ric  irapopEiov  [J-r/pt 
IlupiQVir]?  6  5£ux£po?  xöiv  TTpeaßfiuxöjv  (j.£xd  xoü  exdpou"  xdY[J.axoi;  ixioxor^eX.  o  oe 
xpixos  x-ip  |x£a6Yatav. 

4)  Mommsen  J?es  g.  d.  Aug.  p.  83. 

5)  Was  Mommsen  zu  Henzen  n.  6928  vermuthetc,  dass  die  getheilte  Provinz 
Baetica  vetus  und  Baetica  nova  genannt  worden  sei ,  hat  sich  nicht  bestätigt. 
S.  C.  /.  L.  II  n.  1970. 

6)  Orelli  3128  =  Mommsen  /.  R.  N.  4234.  Mommsen  R.  g.  d.  Aug.  p.  83. 

7)  Mela  2,  6,  3.  Plin.  N.  H.  3  §  6.  .  Solin.  23,  2  p.  116.  Mommsen  Ma- 
rini  Atti  p.  785^. 

8)  Ptolemaeus  2,  6,  1. 

9)  Plin.   N.  H.  3  S  6.     - 

10)  Oefters  in  Inschriften.  Orelli-Henzen  798.  1045.  6495.  Tac.  Ann.  4,  45. 
Galba  war  8  Jahre  leg.  Aug.  pr.  pr.  pr.    Tarraconenais.     Suet.   Galb.  9. 


—     103     — 

wurde  1).  Die  Provinz  bestand  aus  vier  Districten,  drei  des  Fest- 
landes und  einem  der  balearischen  Inseln.  Die  erstem  wurden 
von  drei  Legaten  des  Statthalters  verwaltet,  von  denen  einer  das 
Land  nördlich  vom  Durius  mit  zwei  Legionen ,  der  zweite  die 
übrige  Nordküsle  mit  einer  Legion  besetzt  hielt,  der  dritte  das 
bereits  romanisirte  Binnenland  ohne  Truppenmacht  administrirte^), 
während  die  Inseln  von  einem  praefectus  pro  legato  regiert  wer- 
den 3).  Aus  allen  vier  Districten  sind  später  selbständige  Provin- 
zen gemacht  worden.  Der  erste,  in  welchem  schon  in  dem  Be- 
ginne der  Kaiserzeil  ein  praefectus  Gallaeciae^)  ,  ein  praefectus 
Asturiae  •'>)  und  verschiedene  procuratores  Asturiae  et  Gallaeciae 
oder  procuratores  Hispaniae  citerioris  per  Asturicam  et  Gallaeciam 
vorkommen  ^)  und  welcher  seit  Antoninus  Pius  vorübergehend  von 
Tarraconensis  getrennt  durch  einen  legatus  Augusti  iuridicus  Astu- 
riae et  Gallaeciae  verwaltet'),  dann  aber  vielleicht  wieder  mit  der 
larraconensischen  Provinz  verbunden  wurde  ^),  ist  seit  216  oder 
217  n.  Chr.  besondre  Provinz  mit  dem  Namen  provincia  Hispania 
nova  citerior  oder  Astur ia  et  Gallaecia  und  hat  einen  prätorischen 
kaiserlichen  Legaten  ^) ;  aus  den  drei  andern  Bezirken  sind  unter 

1)  Strabo  3  p.  159.  167.  Mela  2,  6,  5.  Hübiier  im  Hermes  1,  109  und 
C.  I.  L.  II  p.  538. 

2)  Einen  dieser  Legaten  erwähnt  die  Inschr.  Henzen  5449. 

3)  Ein  praefectus  pro  legnto  insularum  Ballarum,  Orelli  732.  Verschieden 
davon  ist  der  praefectus  orae  maritimae,  welcher  in  Tarraco  stand.  S.  Hübner  im 
Hermes  I,  123.  Henzen  6942.   C.  I.  L.  II  n.  4138.  4224.  42G4.  4266.  4217.  4239. 

4)  C.  /.  L.  II  n.  3271. 

5)  ('.  I.  L.  U  n.  4616  =  Henzen  6937. 

6)  Ein  proc.  imp.  Nervae  Traian(i)  L'aes. —  provinc.  Astur.  et  Uallaec.  Henzen 
5212;  Q.  Petronius  Modestus  proc.  provinc.  Hispaniae  citer.  Asturiae  et  Callae- 
riarum  Grut.  193,  3,  besser  Furlanetto  her.  Patavine  n.  87  =C'.  /.  7y.  V,  1,  534, 
ebenfalls  unter  Traian ;  Bassaeus  Kufus  —  —  proc.  Asturiae  et  Gallaeciae  unter 
den  Antoninen,  Orelli  3574;  0.  lunius  Flavianus  —  proc.  Hispaniae  citerioris  per 
Asturicam  et  Gallaeciam  aus  derselben  Zeit,  Orelli  3331.  Aul"  den  einheimischen 
Inschriften  kommt  ein  proc.  Asturiae  et  Gallaeciae  nur  einmal  vor  C.  J.  L.  II, 
2643,   sonst  heisst  er  procurator  ohne  Zusatz. 

7)  Von  diesen  sind  bekannt  L.  Novius  Crispinus  —  Saturninus  —  ley.  Aug. 
iuridicus  Astyriae  et  Gallaeciae  vor  146,  Henzen  p.  511  n.  742Üa;  Sex.  Pedius 
llirrutus  —  ley.  Auy.  iurid.  {Asturiae)  et  Gallaec[iae')  Henzen  6489;  L.  Kauius 
Optatus,  welcher  (irut.  4ü3,  4  leyatus  Auy.  et  iuridicus  Astyriae  et  Galaeciae,  in 
einer  andern  Inschr.  iiorghesi  Oeuvres  4,  133  ley.  Auy.  iuridicus  Astur{^iae  et 
>j<il)leciae  heisst.  In  diese  Zeit  scheint  auch  Q.  Mamil.  Capitolinus,  ley.  Auy.  per 
Asturiam  et  Gallaeciam,  dux  ley.  VII  G.  P.  F.  bei  Murat.  716,  5  «=  r.  /  / 
II  n.  2634  zu  gehören,  ^»iowohl  er  sich  nicht  iuridicus  nennt. 

8)  Dies  schliesst  wenigstens  Zumpt  St.  Born.  p.  149  aus  der  Inschr.  Orelli 
798  =  C.  /,  L.  II,  4114,  in  welcher  Tib.  Claudius  Candidus  unter  Septimiu» 
Soverus  (s.  Henzen  Juscr.  p.  78  und  Rhein.  Jahrb.  XII  (1848)  8.  5  ff.)  ley.  Auyg. 
pr.  pr.  provinciae  Ilisp.  Citerioris  heisst. 

9j  In  der  Inschr.  Henzen  6914  =  C.   1.   L.   II  n.  2661    aus  Caracallas  Uc- 


—      104     — 

Diocletian    die  Provinzen    Tarraconensis    und  Carthai^iiii(Misis    und 
zwischen    3ü9    und   386    die    Provinz    der   insidae    Baleares   ent- 
standen 1). 
Gemeinden.  Nach  den   untcr   Augustus   gemachten   Aufnahmen  2)    gab   es 

in  der  ganzen  tarraconensischen  Provinz,  ungerechnet  die  Inseln, 
293  selbständige  civitales  ^  nämlich  179  städtische  Gemeinden 
{oppidu) ,  unter   denen    1 2  coloniae  3) ,    13  oppida  civium  Romano- 

gierung  (n.  Chr.  216  oder  217)  heisst  C.  lulius  Cerealis  cos.  leg.  Aug.  pr.  pr. 
pr{ovinciae)  H[i$paniae)  I\{ovae)  C(iterioris)  Antoninianae ,  post  division^ern)  pro- 
vinc.  primus  ab  eo  m(issus).  Zu  seinen  Nachfolgern  scheinen  zu  rechnen: 
L.  Coelius  Festus  leg.  imp.  Antonini  Aug.  (des  Caracalla)  Asturiae  et  Callaeciae, 
Oielli  77  =  Borghesi  Oeuvres  lY,  128;  der  leg.  AVG.  FROVINCIAKum  ASturiae 
et  gALLElCAE  Mariiii  Atti  p.  341  ;  L.  Albinius  Saturninus  leg.  Aug.  Asturicae 
et  Gallaec[iae}  Mommseu  /.  B.  N.  4033.  Auch  der  Triarius  Ma(^gnus?)  leg.  iur.  in 
der  Inschr.  von  Braga  lallt  der  Schrift  nach  frühestens  in  die  Zeit  des  Caracalla. 
Hübner  Berl.  xM.  B.  1861  S.  791  =  C.  I.  L.  II  n.  2415.  Von  diesen  Verände- 
rungen handeln  Borghesi  Oeuvres  8,  324  ff.  ;  Zumpt  Stud.  Rom.  p.  144  ff.;  Kuhn 
Verf.  d.  Rom.  Reichs  II,  182.  Uebrigens  kommen  auch  in  Terraconensis  iuri- 
dici  vor ,  nämlich  T.  lulius  Maximus  iuridicus  Hisp.  citerior,  Tarraconens.  aus 
M.  Aurels  Zeit,  Henzen  6490 ;  M.  Caecilius  Novatillianus  iurid.  Hisp.  cit.  aus 
Gordians  Zeit,  Mommsen  J.  B.  N.  1420  und  C.  I.  L.  II  n.  4113;  AUius  Maximus 
leg.  iur.  prov.  Hisp.  Tarraconens.  im  J.  280  n.  Chr.  Mur.  250,  2  =  Hübner  Berl. 
M.  B.  1860  S.  430.    C.  I.  L.  II  n.  3738. 

1)  Mommsen  A.  d.  Berl.  Acad.  1862  S.  514.  Not.  Dign.  Occ.  c.  XX, 
Boecking  II  p.  466  ff. 

2)  Dieser  Quelle  folgt  Plinius  (S.  Zumpt  Comm.  ep.  I  p.  197  ff.),  welcher 
über  die  tarraconensische  Pro\inz  N.  H.  3  §18  —  30.  76  —  79;  4  §110—112 
handelt.  Die  Resultate,  welche  sich  aus  seinem  Bericht  ergeben,  findet  man  auf 
Grund  eines  zum  erstenmal  kritisch  gesicherten  Textes  zusammengestellt  von 
Detlefsen  Die  Geographie  der  tarraconensischen  Provinz  bei  Plinius  im  Philolo- 
gus  Bd.  XXXII  S.'  600  ff.  Ein  wesentliches  Ergebniss  dieser  Untersuchung  ist 
die  Feststellung  des  summarischen  Berichtes  3  §  18 ,  welcher  so  zu  lesen  ist : 
nunc  universu  provincia  dividitur  in  conventus  septem,  Carthaginiensem  Tarraco- 
nensem  Caesar augustanum  Cluniensem  Aslurum  Lucensem  Bracarum.  accedunt 
insulae,  quarum  mentione  seposita  civitates  provincia  ipsa  praeter  contributas  aliis 
CCXCIII  continet ,  oppida  CLXXVIUl ,  in  iis  colonias  XII,  oppida  civium  Bo- 
manorum  XIII ,  Latinorum  veter  um  X  VIII ,  foederatorum  unum ,  stipendiaria 
CXXXV. 

3)  Es  sind  dies:  5  Colonien  Cäsars :  1.  Cartnago  nova  oder  colonia  Victrix 
lulia  Nova  Carthago ;  2.  Valentia  {C.  I.  L.  II  p.  501);  3.  Tarraco,  oder  COL. 
I.  V.  T.  TABBAC,  nach  Hübner  im  Hermes  I,  96  ff.  C.  I.  L.  II  p.  538  zu 
lesen  Colonia  lulia  Victrix  Triumphalis  Tarraco ;  4.  Celsa  qder  Colonia  lulia 
Victrix  Celsa;  5.  Acci,  Colonia  lulia  Gemella  Accitana,  über  welche  s.  Zumpt 
Comm.  epigr.  I,  311  ff.  Hübner  C.  I.  L.  II  p.  458.  Ferner  6  des  Augustus: 
6,  Ilici;  7.  Barcino;  8.  Caesaraugusta;  9.  Libisosa;  10.  Salaria  ( C.  /.  L.  II 
p.  448);  11.  nach  Zumpts  Vermuthung  Clunia  (s.  Zumpt  Comm.  epigr.  I,  366  f.), 
welches  aber  erst  unter  Hadrian  (C.  /.  L.  II  n.  2780)  colonia  genannt  wird 
(Hübner  C.  /.  L.  II  p.  383);  nach  Hübners  Annahme  (C.  /.  L.  II  p.  535)  Der- 
tosa ,  welche  Stadt  Plinius  3,  23  als  {oppidum~)  civium  Bomanorum  bezeichnet ; 
nach  Detlefsen  p.  616  Belblis  oder  Bilbilis ;  vgl.  Plin.  N.  H.  3  §  24 :  Caesar- 
augusta colonia  immunis  —  —  recipit  populos  L  V ,  ex  his  civium  Bomanorum 
Belblitanos,  Celsenses  ex  cdonia,  welche  Stelle  Detlefsen  so  versteht ,  dass,  weil 
der  von  Plinius  beobachteten  Rangfolge  nach  Municipien   nicht  vor  den  Colonien 


1 

I    : 

I 


—      105     — 

luni^j,  18  oppida  mit  im:  Latir^),  1  urbs  foederata'^^),  135  civi- 
tates  stipendiariae  waren,  und  H4  ländliche  Gemeinden,  welche 
keine  Stadt  hatten.  Alle  diese  waren  unter  sieben  Gerichtsspren- 
gel (conventus)  verlheilt^J,  deren  Hauptorte  Garlhago  nova,  Tar- 
raco,  Caesaraugusta,  Glunia  und  für  Asturien  Lucus  Augusti  (t'o?j- 
ventus  Lucensis)j  Bracara  Augusta  und  Asturica  Augusta  waren  ^j. 

2.  H ispania  ulterior,  nach  der  Abtrennung  von  Lusita-  Daetica. 
nien  auch  Baelica^)  genannt,  erstreckte  sich  von  Urci  bis  zum 
Anas,  und  wurde  als  senatorische  Provinz')  von  einem  proprae- 
lor^)  mit  dem  Titel  proconsul^)  verwaltet,  der  einen  legatus  und 
einen  quaestor  unter  sich  hatte  i^)  und  in  Corduba  residirte  i^). 
Nui"  vorübergehend  während  des  Krieges  mit  den  Mauren  unter 
M.  Aurel  scheint  der  Kaiser  selbst  die  Provinz  übernommen  zu 
haben  12),  Dieselbe  zerfiel  in  4  conventus,  Gades  ,  Corduba, 
Astici  und  Hispal,   und  enthielt   \  75  Städte  ^'^) ,    darunter   9  colo- 

aufgeführt  werden,  der  Zusatz  ex  colonia  auf  beide  Städte,  Belblis  und  Celsa  zu 
beziehn  ist.  Die  12te ,  Flaviobriga  ,  bezeichnet  Plin.  N.  II.  4  §  liO  als  eine 
Coloiiie  seiner  Zeit :   Amanum  portus,   ubi  nunc  Flaviobriga  colonia. 

1)  Von  diesen  13  nennt  Plinius  11,  nämlich  Sagüntum  (3  §  20),  Baelulo, 
Iluro,  Blandae,  Empor iae  (§  22),  Dertosani,  Bisgargitnni  (§  23),  Calagurritani, 
Ilerdenses,    Oscenses,    Turriasonenses  (§  24). 

2)  Namentlich  nennt  Plinius  hievon  16  in  g  20.  23.  24.  2ü. 

3)  foederati  Tarracenses  Plin.   iV.  //.  3  §  24. 

4)  Plin.   iV.  //.  3  §  18. 

5)  Ueber  die  conventus,  deren  Namen  Plinius  anführt,  s.  Ilübner  im  Hermes 
1,  111  ff.  und  im  C.  I.  L.  II;  über  den  Ort  Lucus  Augusti  ausserdem  Boecking 
A.  J)    11,    1035  f.    TJspana  sagrada  Vol.  XL  p.  1—49. 

6)  Plin.  A'.  //.  3  §  0:  ulterior  appellata  eadem  Baetica. —  Ulterior  in  duas 
per  longitudinern  provincias  dividitur,  siquidem  Baeticae  latere  septentrionali 
praelenditur  Lusitania  amne  Ann  discreta.    Den  alten  Namen  hat  Tac.  Ann.  4,  13: 

Vibius  Serenus,  proconaul  ulterioris  Ilisponiae;  beide  Namen  hat  die  Provinz  Orelli 
0040:  proc.  Aug.  provinciae  ulterioris  Nispaniae  Baeticae.  Bei  Liv.  28,  2,  15  ist 
in  Baetica  jedenfalls  an  falscher  Stelle.  Mommsen  R.  g.  d.  A.  p.  83  streicht  es 
gänzlich,  da  für  diese  Zeit  der  Name  ganz  unerhört  ist. 

7)  Strabo  3  p.  166.    Dio  Cass.  53,  12. 

8)  Strabo  a.  a.  0. :  xal  rAixr.t-vxi  CTOotxYjYo;  Itz    auTT]v. 

9)  Beispiele  sind:  unter  Tiberius  Tac.  Ann.  4,  13;  unter  Traian  Plin.  ep. 
3,  4,  2;  6,  29,  8;  7,  16,  3;  7,  33,  4.  Orelli  3570.  Henzen  0497;  unter  Hadrian 
Orelli  2759.  3306;  unter  Antoninus  Pius  Digest.  1,  6,  2;  unter  Septimius  Se- 
verus  C.  I.  L  2073;   aus  unbestimmter  Zeit  Orelli  3670.    Henzen  6461. 

10)  Strabo  3  p.  166 :  ^/tov  Tct(j.(av  te  xal  ^peoßeur/jv.  Beispiele  von  Lega- 
ten:  Orelli  3179.  3306.  .Marini  AIÜ  p.  71)3.  (\  I.  L.  II  n.  4967,  1  ;  von  Quä- 
»loron:  Tac.  Iliü.   1,  53.    Henzen  5199.  5494. 

11)  Hübner  Berl.   Monatsbcr.   1861   S.  51;   C.  /.  L.   W  p.  306. 

12)  S.  oben  Sardinien.  Zumpt  8tud.  Rom.  p.  144  IT.  Hübner  Berl.  M.  B. 
1860  H.  614.  1861   S.  9*2, 

13)  Plin.  N.  n.  3  S  7  ff.  und  dazu  Detlefson  Die  Oeographie  der 
I»rovlnz  Baetica  bei  Plinius  Im  Philologus  Bd.  XXX  S.  265— 310.   Strabo 

i  1».  141   hat  von  200  Städten  gehört;  Ptoleraaeus  2,  4  zahlt  92  Städte  auf. 


—      1  OH     - 

niete  ^),  10  tnunicipin,  27  civitates  iuria  Latdii,  6  liberae ,  3  foe- 
deicUae,    I ijJO  ulipemUuriae. 

Lusitania.  3.  LusHania,  vom  Anas  bis  zum  Diirius,   kaiserliche  Pro- 

vinz unter  einem  prätorischen  legntus  Augiisii^^)  ,  der  unter  sich 
einen  legatuS'^)  und  einen  procurator ^)  hatte,  war  in  drei  co7i~ 
ventiis  getheilt,  nämlich  Ementa,  Pax  Itilia  und  Scallabis^),  und 
enthielt  zu  Augustus  Zeit  5  Colonien ,  nämlich  Aicgusta  Emerita, 
Metellinensis ,  Pax  htliu,  Norba  colonia  CaeaarinUj  ScaUabis,  ein 
munictpium  civiiim  Romanoriim ,  3  civitates  mit  ins  Latii  und  36 
civitates  stipendiariue^).  Hauptstadt  der  Provinz  war  Emerita^) 
(Merida) . 

fmrs'a  Sowohl  Baetica  ^)   als  der  angrenzende  Theil  von  Tarraconen- 

niens.     gjs  9)  warcH  bcrcits   zu  Strabos  Zeit   in  Sitte  und  Sprache  völlig 

1)  Es  sind  dies  1)  Hispalis  oder  Julia  Eomula^  2)  Ituci  oder  Virlus  Julia, 
3)  Ucubi  oder  Ciaritas  Julia,  4)  Corduba  oder  colonia  Patricia,  5)  IJasta  Regia, 
6)  Astigi ,  colonia  Augusta  Firma ,  7)  Tucci ,  Augusta  Gemella ,  8)  Vrso  oder 
Genua  ürbanorum  (s.  Plin.  N.  H.  3  §  11.  12.  Zumpt  Comm.  ep.  I,  311  ff.;  365  f. 
llübner  C.  J.  L.  II  p.  152.  213.  210.  306.  175.  201.  221.  191).  Die  9te  ist  bei 
Plinius  3  §  11  Asido ,  quae  Caesarina,  welches  in  Inschriften  nicht  als  Colonie 
erscheint  (C.  /.  L.  II  n.  1315  Municipes  Caesarini.  n.  1305  POFVLVS  Municipii 
Caesarini).  Hübner  will  daher  bei  Plinius  lesen  colonia  (statt  coloniae)  Asta,  quae 
Regia  dicitur,  et  in  mediterraneo  Asido,  quae  Caesarina,  und  betrachtet  als  9te 
Colonie  Carteia  (s.  C.  J.  L.  II  p.  152.  242),  von  welcher  wir  indessen  nur  wis- 
sen ,  dass  sie  als  latinische  Colonie  im  J.  171  v.  Chr.  angelegt  war.  Liv.  43,  3, 
wozu  Detlefsen  S.  271  als  9te  Colonie  Munda  rechnet. 

2)  Strabo  3  p.  166.  Borghesi  Ballett.  1856  p.  85.  Ein  leg.  Ti.  Caesaris  Aug. 
prov.  J.usit.  Orelli  3128  =  Mommsen  J.  R.  N.  4234,  vgl.  Orelli  25.  3665,  ein 
leg.  Aug.  propr.  prov.  Lusitan.  unter  Hadrian  Orelli  2759.  3306;  unter  Alexan- 
der Severus,  Marini  Atti  p.  793  =  Grut.  p.  381,  1;  ein  TTpeaSeurrj?  xal  dvTiatpa- 
TTfioi  AuTOxpaTopoc  Kataapoi;  Tpa'iavoO  'Aopiavoü  ^eßaaToü  ^Tiotp-yeias  Ao'joixa- 
viai  C.  J.  Gr.  2638.  Vgl.  C.  J.  L.  II  n.  258.  259.  Dass  der  Kaiser  Traianus 
Decius  vor  seiner  Thronbesteigung  etwa  238  Legat  von  Lusitania  war  (Borghesi 
Oeuvres  4,  289),  ist  nicht  sicher. 

3)  Strabo  3  p.  166. 

4)  Er  heisst  procurator  prov.  Jjusitaniae  C.  I.  L.  II  n.  1120.  Orelli  485. 
Henzen  6767;  unter  Nero  s.  Borghesi  Oeuvr.  3  p.  307  oder  proc.  Augusti  C.  I.  L. 
II  n.  2015;  nach  Septimius  Severus  proc.  provinciae  Jjusitaniae  et  Vettoniae 
C.  J.  L.  II  n.  484  (=  Orelli  3664),  n.  1178.  1267,  so  wie  in  dieser  Zeit  auch 
ein  tabidarius  Lusitaniae  et  Vettoniae  C.  J.  L.  II  n.  485  vorkommt.  Vettonia 
ist  derjenige  Theil  Lusitaniens ,  der  von  der  heutigen  Grenze  Portugals  östlich 
liegt.  S.  die  Karte  im  C.  J.  L.  II.  Ein  subprocurator  provinc.  Jjusitaniae  nach 
Borghesi's  Lesung  Borghesi  Oeuvr.  5,  275. 

5)  Plin.   N.  H.  i  %  117. 

6)  Plin.  a.  a.  0.  Zumpt  Comm.  ep.  I  p.  369.  C.  J.  L.  II  p.  52.  72.  8. 
81.  35. 

7)  Hübner  C.  J.  L.  II  p.  52. 

8)  Strabo  3  p.  151 :  ol  [Aevxot  ToupÖYjTavot  xoX  fxcxXiaxa  ot  Trepl  tov  Baixiv 
TeXeio«;  eig  xöv  'Ptofxaiojv  (ji,£TciߣßXTjVTai  xpoTiov  ouSe  xfj?  oiaXeTCxou  xf)?  ocpexepac 
£xi  (jLefxv7][j.£vot.    Vgl.  Ukert  Geogr.  d.  Gr.  u.  Rom.  II,  1  S.  332. 

9)  Strabo  3  p.  167:  6  5e  xpixov  (xwv  Tcpetjßeuxoiv  STttaxoTtei)  xrjv  {j-eooYaiav, 


—      107      — 

löniisch  geworden.  Die  Anlage  von  Landstrassen  i) ,  um  welche 
sich  namentlich  Pompeius,  spater  die  Kaiser  verdient  machten 2), 
die  Ansiedelung  von  Römern  im  Lande  und  der  Militärdienst  im 
lömischen  Heere  zogen  auch  die  übrigen  Theile  der  Halbinsel 
immer  mehr  in  den  Bereich  römischer  Cultur,  so  dass,  als  Ve- 
spasian,  welchem  bei  seiner  Erhebung  die  Provinzen  Spaniens 
sich  sogleich  anschlössen^),  denselben  während  seiner  Censur  im 
J.  75  sämmtlich  das  ins  Latii  ertheilte^)  ,  die  Romanisirung  der 
Halbinsel  als  vollendet  betrachtet  werden  konnte.  Unter  den 
Mitteln,  welche  man  anw  endete ,  um  einerseits  die  noch  dispara- 
len  Theile  der  Provinz  zu  vereinigen,  anderseits  dem  kaiserlichen 
Regiment  in  denselben  eine  innere  Autorität  zu  schaffen ,  ist 
namentlich  eine  Institution  zu  erwähnen ,  welche  wir  bei  den 
andern  Provinzen  wiederliiiden  werden ,  nämlich  der  religiöse 
Cult  der  Stadt  Rom  und  des  kaiserlichen  Hauses.  Schon. zu  Leb- 
zeiten des  Augustus  gab  es  in  Tarraco  eine  ura  Augusti^)  und 
im  J.  iö  n.  Chr.  gestattete  Tiberius  der  provincia  Tarraconensis 
einen  Tempel  des  Aueustus  zu  bauend).    Seit  dieser  Zeit  versam-   Landtage 

.  .  .der  drei 

melte   sich   jährlich   einmal   in    Tarraco   ein    concilium   provinciae  rrovinzen. 
Tarraconensia ')    und  in  gleicher  Art   bald  darauf  in  Emerita   ein 
concilium  provinciae  Lusitaniae  ^) ,    in  Corduba  ein  concilium  pro- 
vinciae Baeticae'-^)  j  d.  h.  eine  Feslgemeinschaft  von  Abgesandten 

ouveyei  6e  xa  xwv  [xo'fdxvy^]  -fjoT]  Xe^ofAdvcov  w;  av  efp-rjvr/ojv  xat  et;  xö  -»^[Jiepov 
xai  Tov  'IxaXiy.ov  xuirov  aeraxeitievöjv  h  xri  x-rßevvr/.ri  doO-nxt. 

1)  Polyb.  3,  39.      '  '^  ./      n  j  i 

2)  Ukert  a.  a.  O.  S.  246. 
8)  Tac.  Hist.  3,  53.  70. 

4j  PI  in.  A'.  //.  3  §  30:  universae  Hispaniae  Vespasianus  imperator  Augu- 
Htus  —  —  Latium  tribuit.  Daher  bezeichnet  Plinius  3  §  18  u.  ö.  diejenigen, 
welche  schon  vorher  das  iun  Ldtii  hatten ,  als  Latini  veteres.  Dass  Vespasian 
während  geiner  Censur  im  J.  75  den  Spaniern  die  Latinität  verlieh,  ergiebt  sich 
aus  den  Jnschr.   C.  I.  L.  II  n.  1049.  1050,  vgl.  lÜlO.  1631. 

5)  Münzen  von  Tarraco  mit  viereckigem  Altar,  aus  dem  eine  Palme  hervor- 
wichst.  Kckhel,  1).  N.  1  p.  58.  Flore/,  Medallas  II  t.  44.  45,  vgl.  Qtiintilian.  6, 
3,  77 :  Au(fii8lus  nuntinntihus  Tarraconensibus  palmam  in  ara  eiua  enatam :  Ap- 
pnret,   in'juit,   quam  mepe  (uictndutis. 

6)  Tac.  Ann.  1,  78:  ttmpluin  ut  in  colonia  TarrnconenM  strueretur  Augusto^ 
pelentibuH  JUnpanis  permiMsum ,  dalumque  in  oninen  provincinH  exemplwn.  Dieser 
Tempel,  der  ebenfalls  auf  Münzen  von  Tarraco  ersclieint,  welche  auf  der  H.  S. 
den  sitzenden  A,ngustU8  mit  der  Inschr.  y>/;0  AV(fVS'l'()  darstellen  (Kckhel  D.  IS. 

I  p.  57),   wird  noch  später  erwähnt  bei  Spartian  v.  Iladr.  12;   v.  Seoeri  3. 

7)  C.  f.  L.  II  n.  4055.  4127.  4230.  4246. 

8)  Obwohl  das  concilium  nicht  besonders  erwähnt  wird,  ergiebt  »ich  das  Vor- 
handensein desselben  aus  dum  /lamen  divi  Augutti  provinciae  Lusitaniae  t\  L  L. 

II  n.  473.  35.  160.  396  u.  ö. 

9)  concilium    universae  provinciae    ßaeticae  C.   I.   L.   11    n.  2221.    rf.  2344. 


—      108     — 

[le(jnU)  Jiller  selbsliindigen  Stiidte  jeder  Provinz  i),  welche  bei 
den  Festspielen  Ehrenplätze  erhielten  2)  und  zugleich  einen  Land- 
tag der  Provinz  bildeten,  der  zuniichst  die  für  die  Bestreitung 
der  Opfer  und  Spiele  erforderlichen  Geldbeiträge  ausschrieb,  diese 
Gelder  durch  eigne  Beamte  verwaltete^),  für  den  Tempel  einen 
curator^)  und  für  den  Opferdienst  einen  jährlich  wechselnden'») 
Priester  [flamen  Romae  et  divorum  Angustorum  provinciae^'))  aus 
einer  der  betheiligten  Provincialstädte ^)  erwählte,  dessen  Frau 
zugleich  als  flaminica  fungirte  ^) ;  ausserdem  aber  bei  dem  Hei- 
ligthume  als  dem  Mittelpunct  der  Provinz  verdienten  Männern 
Statuen  decretirte'J)  ,  Beamte  zur  Ausführung  dieser  Beschlüsse 
ernannte  lo)  ,  Privatpersonen  die  Errichtung  von  Monumenten 
gestattete  ^i)     und   zuweilen    auch    im   Interesse    allgemeiner   Be- 

Falscl»  ist  demnach,  was  Nipperdey  zu  Tac.  A.  1,  78  annimmt,  dass  für  alle  drei 
spanischen  Provinzen  in  Tarraco  ein  Tempel  gegründet  worden  sei. 

1)  Dass  die  Abgesandten  legati  hiessen  und  von  ihrer  Stadt  eine  Instruction 
{mandatd)  erhielten,  lehrt  in  Bezug  auf  den  Landtag  in  Lugdununi,  von  welchem 
unten  die  Rede  sein  wird,  die  Inschr.  von  Torigny  (Moranisen  Ep.  An.  in  Ber. 
d.  K.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  phil.  hist.  Classe.  1852  p.  242).  Ilienach  scheint  mir 
die  Inschr.  C,  I.  L.  11  n.  4055,  welche  Hübner  nicht  gesehn  hat,  von  einer  dop- 
pelten Legation  zu  verstehn  und  so  zu  lesen :  ob  leyationes  in  concilio  Provin- 
ciae  Hisp.   Cit.  [et]  aput  Antoninum  Aug.  prospere  gestas. 

2)  C.  I.  L.  II  n.  4280.    Dasselbe  wissen  wir  von  den  Spielen  in  Lugdunum. 

3)  Hierüber  s.  unten  bei  Galliae. 

4)  a  /.  Z.  II  n.  4202. 

5)  Dass   das  Amt  jährlich   war,    lehrt    1)  die   Inschr.   C.  I.  L.  II  n.  2221: 

—  —  Fabio flamini  divorum  Aug.  provinc.  Baeticae.    Haie  consummaio 

honore  ßamoni  —  —  consensu  concili  universae  prov.  Baet.  decreti  sunt  honores. 
Vgl.  n.  2344:  hie  provinciae  Baeticae  consensu  ßaminis  munus  est  consequutus. 
Peracto  honore  —  —  —  omn(^e^  concil(ium)  et  consensus  (lies  ex  consensu)  sta- 
tuam  decrevit.  2}  der  Ausdruck  flaminaUs .  der  nach  Analogie  von  duumviralis^ 
sacerdotalis  den  gewesenen  flamen  bezeichnet.  C.  I.  L.  II  n.  983 :  C.  Varinio 
Pientiss.  viro  flaminali  provinciae  Baeticae  annorum  LXX.  n.  4248:    C.   Val.  Ara- 

hino sacerdoti  Romae  et  Aug.   P.  H.  C. statuam  inter  flaminales  viros 

positam  exornandam  univers(J)  censuer(^e').  Aus  diesen  Inschiiiten  geht  hervor, 
dass  die  Statuen  vor  dem  Tempel  den  flamines  nach  ihrem  Austritte  aus  dem 
Amt  gesetzt  wurden,   dass  die  flamines  also  nicht  lebenslänglich  waren. 

6)  Der  Titel  wechselt:  flamen  Romae  divorum  et  Augusti  (oder  Augustorum) 
prov.  Hisp.  citer.  (n.  4205.  4222  u.  ö.);  flamen  Romae  et  Aug.  (4224.  4225); 
sacerdos  Romae  et  Aug.  (4248);  flamen  divorum  et  Augustorum  (4199.  4217); 
flamen  Augustalis  (4223)  oder  flamen  provinciae  (2220  u.  oft)  S.  Hübner  C.  I.  L. 
U  p.  541. 

7)  Die  in  den  Inschriften  erwähnten  flamines  prov.  Tarraconensis  sind  aus 
39  verschiedenen  Städten.    S.  Hübner  a.  a.  0.  p.  541. 

8)  C.  I.  L.  II  n.  4198.  4233.  4236.  4241.  4242.  4252.  Meine  von  Hübners 
Resultaten  in  einigen  Puiicten  abweichende  Ansicht  über  den  ganzen  Gegenstand 
habe  ich  in  der  Ephemeris  epigr.   1872  p.  201  ff.  ausführlich  begründet. 

9)  n.  4127.  4192.  4210. 
10}  n.  4230. 

11)  n.  4246.  4233.  4269. 


1 


—     109     — 

dürfnisse     der     Provinz     Gesandtschaften     an     den     Kaiser    ab- 
schickte 1) . 

Der  Cultus  des  kaiserlichen  Hauses  bestand,  den  Denkmälern 
nach  zu  urtheilen,  so  lange,  als  die  Provinzen  in  ihrer  Integrität 
sich  erhielten,  d.  h.  bis  ins  dritte  Jahrhundert,  in  welchem  die 
Provinzen  selbst  verkleinert  und  einer  andern  Verwaltung  unter- 
geben wurden.  Die  Entstehung  der  Provinz  Cullaecia  ist  bereits  Eintheiiung 
erwähnt  worden;  nach  der  diocletianischen  Einrichtung  ^j  besteht  nach  oiocie- 
die  dioecesis  Hispaniarum  aus  ftinf  spanischen  Provinzen  und  einer 
africanischen ,  Muurelania  Tingitana;  dazu  wurde  noch  zwischen 
3G9  und  386  eine  siebente  Provinz  der  balearischen  Inseln  ein- 
gerichtet ') ,  so  dass  im  5ten  Jahrhundert  unter  dem  vicarius 
Hispaniarum  sieben  Provinzen  stehn'^),  Baetica,  Lusitania,  Car- 
t hagin ie7is IS,  Gallaecia,  Tarraconensis ,  Tingitana,  insulae  Baleares. 
Alle  diese  Provinzen  wurden  am  Ende  des  dritten  Jahihunderts 
von  praesides  verwaltet,  die  kein  Militärcommando  haben  und  zu 
der  untergeordneten  Rangclasse  der  viri  perfeclissimi  (entgegen- 
gesetzt den  viri  vlarissimi)  gehören ;  indessen  erhielt  Baetica  unter 
Constantius  II  (337 — 361)  zum  Statthalter  wieder  einen  vir  cla- 
rissimus  consularis  ^)  \  um  dieselbe  Zeit  ebenfalls  Lusitania^'), 
später,  zwischen  383  und  388,  Gallaecia'^);  die  übrigen  Provinzen 
sind  präsidialisch  geblieben^). 

1)  n.  4201.  4055.  4208. 

2)  S,  das  Verzeichniss  der  röm.  Provinzen  von  297  herausg.  v.  Momnisen 
Abb.  d.   Herl.  Acad.  1862  S.  514. 

3j  Mommsen  a.  a.  0.   S.  515. 

4)  Not.  I)i(jn.  Occid.  c.  XX  und  Boecking  dazu  II  p.  464  flf. 

5)  Praesides  Baeticae,  viri  perfeclissimi  kommen  vor :  im  J.  276  CLL.  11 
n.  1115.  1116;  unter  Constantin  ib.  n.  2204;  im  J.  337  ib.  n.  2205.  Cod.  Tbeod. 
XI,  9,  2.  Dagegen  unter  Constantius  II  ein  consularis  C.  L  L.  II  n.  2206.  Auch 
S.  liufus,  der  369  schrieb,   nennt  Haetica  eine  consularische  Provinz. 

6)  S.  Rnfus  brev.  5.  Praesides  Lusitaniae  sind  bekannt  aus  dem  J.  315 
C.  L  L.  II  n.  481;  aus  dem  J.  336  ib.  n.  191,  und  aus  derselben  Zeit  Orelli 
n,  3764  =  Cavedoni  Marmi  Moden,  p.  1()3  ff.;  ein  cor^sularis  aus  dem  J.  390  Orelli 
n.  2354. 

7)  In  der  Inscbr.  C.  L  L.  II  n.  4911  aus  der  Zeit  des  Maximus  (383—388) 
häisst  es:  Antonius  Maximinusa  nova  provincia  [G]al\l\u\ecia\  primus  consutaris, 
\ant\e  praeses.  Die  Krgänzuiig  ist  .sehr  wahrscheinlich,  da  369  Uallaecia  noch  prä- 
sidialisch war  (Jtulus  c.  5),  um  400  aber  (iVot.  JJiyn.  1.  1.)  consularisch  i^t.  Ilif- 
nach  aber  kann  der  Catullinus  vir  consularis  praeaes  prov.  CuUaciue  ('.  I.  /..  11 
n.  2635  nicht  in  das  Jahr  315  gesetzt  werden. 

8)  .S.  Kufu»  hr.  5.  Not.  Diyn.  l.  1.  Kin  praeses  prov.  Tarraconensis  ist  nach- 
weisbar aus  dem  .1.  288  C.  L  L.  4104,  aus  dem  J.  312  ib.  4105,  aus  dem  J. 
316  Cod.  Theod.  II,  6,  1  und  aus  etwas  späterer  Zeit  C.  L  L.  II  n.  4100. 
4108.  4112.  4133.  Für  diu  andern  spanischen  Provinzen  sind  Beispiele  nicht 
vorhanden. 


110 


\ 


VI  — XIV.   Die  gallischen  Provinzen. 

Einrichtung  Ungeachtet   der   vielen    und   zum    Theil    sorgffiltigen    Unter- 

Narbonen-  suchungen  über  die  gallischen  Provinzen  ^)  ist  die  Geschichte 
derselben  in  vieler  Beziehung  dunkel.  Die  erste  Eroberung  in 
Gallia  Celtica  oder  Transalpina^^)  —  denn  von  dieser  allein  haben 
wir  hier  zu  reden  —  machte  der  Consul  Q.  Opimius,  als  er  600 
=  154  den  Massiliern  gegen  die  Ligurer  zu  Hülfe  zog  3).  Diese 
Kämpfe  wurden  fortgesetzt  in  den  Jahren  629  und  630  =  125  und 
durch  M.  Fulvius  Flaccus^),  123  und  122  durch  C.  Sextius  Cal- 
vinus,  die  Gründer  von  Aquae  Sextiae,  welches  eine  römische 
Besatzung  erhielt^)  ;  der  doppelte  entscheidende  Sieg,  welchen  des 
letzteren  Nachfolger,  Gnaeus  Domitius  Ahenobarbus,  und  der  ihm 
zu  Hülfe  gesendete  Consul  Q.  Fabius  Maximus  über  die  Allobro- 
ger  und  Averner  im  J.  633  =  121  an  dem  Einfluss  der  Is^re  in 
die  Rhone  und  bei  Vindalium  in  der  Nähe  von  Avignon  erfoch- 
ten 6),   hatte  zur  Folge  die  Einrichtung  der  Provinz  ^) ,   welche  von 

1)  Ueber  die  ältere  Geschichte  derselben  s.  A.  Thieiry  Histoire  des  Gaulois 
depuis  les  temps  les  plus  reculis  jusqu  ii  l'entiere  sournission  de  la  Gaule  sous 
V administration  romaine ,  Paris  1828.  8.  Derselbe  Histoire  de  la  Gaule  sous  la 
domination  romaine,  Paris  1840.  8.  E.  Herzog  Galliae  Narbonensis  provinciae 
Romanae  historia,  Lips.  1869.  8.  Zumpt  Studia  Rom.,  Berol.  1859.  8.  Kuhn 
Verf.  d.  R.  R.  II  S.  407  ff.  Mommsen  R.  G.  11^,  166  ff.  III4,  211  und  beson- 
ders E.  Desjardins  Geographie  de  la  Gaule,  Paris  1869.  8. 

2)  Das  von  Cäsar  eroberte  Gallien  heisst  gewöhnlich  Celtica  oder  Nova  (Hen- 
zen  Inscr.  p.  28  ad  n.  186),  aber  Gallia  transalpina  intus  ad  Rhenum  hat  Varro 
de  r.  r.   1,   7,  8. 

3)  Polyb.  33,  o.  7.  8.  Liv.  ep.  47.    Herzog  a.  a.  0.  p.  42. 

4)  Fasti  triumph.  ad  a.  631  (C.  /.  L.  I  p.  460).  Liv.  ep.  60.  Ammian.  Marc. 
15,  12:  hae  regiones,  praecipue  quae  confines  Jtalicis ,  paullatim  levi  sudore  sub 
imperiutn  venere  Romanum :  prirno  tentatae  per  Fulvium ,  deinde  proeliis  parvis 
quassatae  per  Sextium,   ad  ultimum  per  Fabium  Maximum  domitae. 

5)  Fasti  triumph.  ad  a.  632  (C.  /.  L.  I  p.  460).  Liv.  ep.  61.  Cassiodori 
Chron.  (Abh.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  YlII  p.  618)  zum  J.  632:  his  conss. 
C.  Sextius  oppidum  aedificavit,  in  quo  Aquae  Sextiae,  in  Gallia.  Aquae  Sextiae 
wild  von  Livius  a.  a.  0,  irrthümlich  Colonie  genannt;  es  war  ein  casteUum, 
cppoupa.    Strabo  4  p.  180,    Vellei.  1,  15.    Herzog  a.  a.  0.  p.  50  f. 

6)  Fasti  triumph.  ad  a.  634  (C.  /.  L.  I  p.  460).  Strabo  4  p.  185.  191  und 
mehr  bei  Drumann  3,  226.  Herzog  p.  46  und  über  die  Zeitbestimmung  der 
beiden  Schlachten  Mommsen  R.  G.  II»,  166  f. 

7)  Ein  directes  Zeugniss  über  das  Jahr  der  Einrichtung  der  Provinz  ist  nicht 
vorhanden.  Da  jedoch  Caesar  B.  G.  1,  45  sagt:  bello  superatos  esse  Avernos  et 
Rutenos  ab  Q.  Fabio  Maximo,  quibus  populus  Romanus  ignovisset ,  neque  in  pro- 
vinciam  redegisset  neque  Stipendium  imposuisset,  so  lässt  sich  aus  dieser  Erwäh- 
nung von  Völkerschaften,  die  nicht  zur  Provinz  gezogen  wurden,  auf  die  Ein- 
richtung der  Provinz  selbst  schliessen.  Zumpt  Stud.  Rom.  p.  25  lässt  die  Pro- 
vinz im  J.  100  durch  Marius  einrichten,  gegen  welche  Annahme  sich  auch  Her- 
zog p.  63  erklärt. 


—    111    — 

der  1 1 8  gegründeten  Colonie  Narbo  Martins  i)  den  Namen  Nar- 
bonensis  erhielt  2) .  Dass  die  Eroberung  einer  neuen  Provinz  schon 
bei  dem  Beginne  des  Krieges  beabsichtigt  war,  liisst  sich  thoils 
aus  der  Nothwendigkeit  einer  Landverbindung  zwischen  Spanien 
und  Italien,  theils  aus  den  Plänen  der  Gracchischen  Parthei,  wel- 
cher Fulvius  Flaccus  angehörte,  schliessen.  Man  hoffte  hier  ein 
neues  Gebiet  für  die  römische  Colonisation  zu  gewinnen ,  das 
ohne  den  Widerstand  der  Gegenparthei  ausgebeutet  werden 
konnte  3) . 

Die  Grenzen  der  Provinz  bildeten  im  Osten  die  Alpen,  im 
Norden  der  Lauf  der  Rhone  vom  Genfer  See"^)  bis  Vienna,  im 
Westen  die  Cevennen^)  und  der  obere  Lauf  der  Garonne,  im 
Süden  die  Pyrenäen  und  das  mittelländische  Meer,  sie  sind  in  der 
nächsten  Zeit  nicht  verändert  worden,  da  der  Sturz  der  Gracchen 
(las  politische  Interesse  an  dieser  Erwerbung  für  eine  Zeit  lang 
beseitigte.  Der  Krieg  mit  den  Cimbern  645  —  652=109  —  102 
stellte  sogar  das  Bestehen  der  Provinz  in  Frage,  und  erst  Cäsar 
fand  es  seinen  Absichten  entsprechend,  den  Eroberungskrieg  in 
Gallien  aufs  Neue  zu  beginnen  ß).  Im  J.  695  =  59  erhielt  er  beide 
Gallien,  das  cisalpinische  und  das  narbonensische,  dazu  Dalmatien 
und   Istrien"),    und   in   acht  Jahren,    von  58—51,    halte   er  die 

1)  Velleius  1,  15,  der  das  Jahr  angiebt.  Eutrop.  4,  23.  Gründer  der  Colonie 
war  L.  Licinius  Crassus.    Cic.  Brut.  43,  IGO. 

2)  Sie  hiess  zuerst  Gallia  Braccata.  Meia  2,  5,  1 :  fuit  aliqunndo  Braccata, 
nunc  ?sarbonensia.  Plin.  fs.  //.  3  ^  31 :  Nurhonensis  provincia  —  Braccata  antea 
dicta.   Im  Gegensatze  dazu  heisst  das  übrige  Gallien  Comata.  Plin.  N.H.  A%  105. 

3)  Mommsen  K.  G.  115,  1Ü7. 

4)  Genava  (Genf)  liegt  im  Gebiete  von  Vienna.  Caesar.  B.  G.  1,  ü.  Momm- 
sen Inscr.   Confoed.  Helvet.  p.  IL 

5)  Nach  der  jetzt  bei  Cicero  pr.  Fonteio  9,  19  aufgenommenen,  von  Momm- 
sen in  Halms  Ausgabe  II,  1  p.  477  vertheidigten  Lesart  gehörte  noch  Segodu- 
num  im  Gebiet  der  liiiteni  zur  Provinz,  und  lag  demnach  die  Grenze  westlich 
von  den  Cevennen.  Indessen  ist  dies  unsicher,  da  Caesar  B.  U.  1,  45  ausdrück- 
lich sagt,  dass  Q.  Fabius  Maximus  die  liuteni  nicht  in  provinciam  redegmet, 
vgl..  Herzog  p.  47. 

0)  Cic,  de  prov.  cons.  13,  32:  beUum  GalUcum,  patres  conscripti,  C.  Caesare 
imperatore  geHum  est,  antea  tantummodo  repulaum.  Semper  Utas  naliones  nosiri 
imperatores  ref'utandas  potius  hello  quam  lacessendas  putaverunt.  Ipse  ille  C.  Marius 
—  in/lutntes  in  Ilaliam  GalLorum  maximus  copias  repressit ,  non  ipse  ad  eorum 
urbe»  sedesque  penetravit.  —  —  C.  Caeaaris  longe  aliani  video  fuisse  rationem : 
non  enirn  sibi  solum  cum  tis,  quoa  iam  annatos  contra  popuLum  liomanum  vidt- 
bat,   bellanduui  esse  duxit,  sed  totam  Galliam  in  nostram  dicionem  esae  redigendam. 

7)  Plut.  Pomp.  48:  Kotioapi  oe  tV)v  £vt^j;  "AXTtetuv  xai  xi^jv  dxri;  f/eiv  l'a- 
W(av  rnX  MXX'jpio'j;.  Der».  Caes.  14:  r^,v  £vt6;  "AXrewv  xal  t-^,v  £xto; ' Ar awv 
^OrA'fAp     I>t*rs.    ( nlo  min.  33:   d'J;T)'.f(oavTO  Kaloapi  (Jiev  'O.Xuptflav  mX  laXarla; 


ringen. 


—      112     — 

Eroberung  von  ganz  Gallien  vollendet,  so  dass  das  Jahr  704  =  50 
seitcä«ai  als  Anfangspunct  der  nouen  Provinzen  gellen  kann^).    Das  ganze 
lUcWlo-  Land,   die  alte  Provinz  nnl  eini^oschlossen.   Hess  er  bis  zum  Jahre 
710  =  44  ungelheilt  verwalten'^),   und  erst  kurz  vor  seinem  Tode 
verlieh  er  das  Commando   in    der  Narbonensis   dem  Lepidus,    in 
der  Belgica  dem  Hirlius,   in  dem  übrigen  Gallien,   also  der  nach- 
herigen Aquitania  und  Lugdunensis  dem  Munatlus  Plancus^).  Eine 
eigentlich  organisatorische  Thätigkeit   hatte   er  bis   dahin  nur  i\ev 
alten  Provinz  zuwenden  können.    In  Folge  des  Widerslandes  näm- 
lich ,    welchen  ihm  im  J.  705  =  49  Massilia ,    die  älteste  Bundes- 
genossin Roms  auf  gallischem  Boden  und  die  durch  die  Ausdeh- 
nung  ihres  Gebietes    mächtigste  Commune   des    Landes,    leistete, 
hatte  er  der  Stadt  zwar  ihre  Freiheit  gelassen'*),  aber  den  grösslen 
Theil  des  Territoriums  genommen  ^j  und  als  agei^  puhlicus  einge- 
zogen 6) ,    so  dass  damals   der   ursprüngliche   Plan    der  Gracchen, 
das  Land  zu  romanisiren,  aufs  Neue  aufgenommen  werden  konnte. 
In   Folge    dessen    wurde    seit   dem    J.   708  =  40    nicht    nur   nach 
Narbo  eine  neue  Colonie  ausgeführt  ^j ,    sondern    auch  zur  Anlage 
der   Colonien    Baclerrae   { Beziers),    Arelate   (Arles),    Forum    lulii 
(Frejus)  ,    Arausio   (Orange)    geschrillen  S) ,    von   welchen    die   drei 
ersten  auf  dem  früheren  Gebiete  von  Massilia  gelegen  sind,  und 
gleichzeitig  einer  grossen  Anzahl  von  Ortschaften  laiin isches  Recht 

dp^^Tjv  aTraGT)?.  Dio  Cass.  38,  8.  Appian.  B  C.  2,  13.  Suet.  ('aes.  22:  et  initio 
quidem  Galliam  Cisalpinam,  Illyrico  adiecto ,  lege  Vatinia  accepit,  mox  per  sena- 
tum Comatam  quoque. 

1)  Suet.  Caes.  25 :  omnem  Galliam,  quae  saltu  Pyrenaeo  Alpibusque  et  monte 
Oebenna,  fluminibus  Rheno  et  Rhodano  continetur  —  in  provinciae  formam  re- 
degit.    Dio  Cass.  40,  43.    Velleius  2,  39.    Eutrop.  6,  17.    Rufus  brev.  6. 

2)  So  verwaltete  im  J.  48  und  46  D.  Brutus  alle  transalpinischen  Provinzen. 
Appian.  B.  C.  2,  48.  111  und  Schweighäuser  zu  3,  98.  Drumann  3,  568. 

3)  Drumann  3,  685. 

4)  Strabo  4  p.  181.    Plin.  H.  N.  3  %  34. 

5)  Dio  Cass.  41,  25:  xat  8;  (Caesar)  dxeivwv  tote  fxev  xd  xe  oTrXa  xai  Ta? 
Vau?  xa  T£  yprjfJLaxa  dcpetXexo,  uaxepov  hk  %at  xot  Xoi-a  Tiavxct  tcXyjv  xoü  xyj;  dXeu- 
^spiai;  ovofxaxoi;.    Florus  2,  13.   Orosius  6,  15. 

6)  Darauf  geht  wie  Mommsen  R.  G.  III*,  537  bemerkt,  Cic.  de  off.  2,  8,  27: 
secutiis  est  (^Sullam),  qui  in  causa  impia,  victoria  etiam.  foediore  non  slngulorum 
civium  bona  publicaret,  sed  universas  provincias  regionesque  uno  calamitatis  iure 
comprehenderet.  Itaque  vexatis  ac  perditis  exteris  nationibus  ad  exemplum  amissi 
imperii  portari  in  triumpho  Massiliam  vidimus  et  ex  ea  urbe  trivmphari,  sine  qua 
nunquam  nostri  imperatores  ex  transalpinis  bellis  triumpharunt. 

7)  Suet.  Ti.  4.  Zumpt  Comm.  epigr.  1,  313.  Herzog  Gall.  Narb.  p.  81.  Sie 
heisst  spüter   Colonia  lulia  Paterna  Claudia  Narbo  Martius.    llenzen  5232.  7253. 

8)  Zumpt  Comm.  ep.  1,  315  fT. 


—     113     — 

verliehen,  namentlich  Nemausus  i)  und  Cabellio^),  ebenfalls  auf 
dem  Gebiet  von  Massilia ,  und  wahrscheinlich  zu  derselben  Zeit 
Antipolis,  Avenio,  Alba  Helviorum ,  Glanum  Livii,  Caenicenses, 
Anatilia ,  Forum  Voconii,  Sexliae^).  Die  neuerworbenen  Land- 
schaften waren  dagegen  bei  Beendigung  des  Krieges  weder  völlig 
unterworfen  "*) ,  noch  vollständig  besetzt,  noch  endlich  neu  orga- 
nisirt  worden;  im  J.  708  =  46  empörten  sich  die  Bellovaci  in 
Belgien^)  und  in  den  Jahren  43,  28  und  27  ist  noch  dreimal 
über  Gallien  triumphirt  worden^*).  Wie  viel  noch  an  der  voll- 
ständigen Einrichtung  der  Provinz  fehlte,  sieht  man  daraus,  dass 
bei  der  neuen  Organisation  des  Reiches  im  .1.  727  =  27  v.  Chr. 
Auguslus  den  ganzen  gallischen  Ländercomplex  mit  Einschluss  Provinzen 
der  Narbonensis  selbst  übernahm ,  und  alle  vier  Provinzen ,  in  ^e»*- 
welche  er  denselben  theilte,  zuerst  äusserlich  fest  begrenzte  und 
innerlich  constituirte").    Diese  Provinzen  waren: 

i.  Narbonensis,  welche,  so  lanee  die  Organisation  dauerte,    ^-^ario 
nämlich   von  27  —  22  v.  Chr.,   in  kaiserlicher  Verwaltung   blieb, 
im  J.  22  aber  dem  Senate  übergeben  wurde  ^)   und  seitdem,  wie 

1)  Dass  Nemausus  latinische  Colonie  war,  sagt  ausdrücklich  Strabo  4  p.  187. 
Plin.  N.  H.  'S  ^  37.  Dass  diese  Colonie  von  Caesar  herrührt,  lehren  ihre  Mün- 
zen; das  Jahr  ihrer  Gründung  scheint  49  v.  Chr.  zu  sein.  S.  Mommsen  a.  a.  0. 
S.  675.  Herzog  p.  85.  Die  übrigen  oppida  Latina  der  Provinz  s.  bei  Plin.  N.  H. 
2  S  36.  37. 

2)  Herzog  G.  N.  p.  86.  Die  Münzen  von  Cabellio  aus  den  Jahren  44  und 
42  V.  Chr.  haben  die  Inschrift  COL  CABE.    S.  De  la  Saussaye  p.  42.  pl.  XVII. 

3)  Herzog  O.  N.  p.  87.    Mommsen  R.  G.  3,  536. 

4)  Sali.  Hist.  1,  9  Kritz:  omnia  Gallia  eis  Rhenum  atque  inier  mare  nostrum, 
niai  qua  a  paludihus  invia  fuit,  perdomita.  Vgl.  Mommsen  G.  d.  Rom.  Münzw. 
S.  686.  Noch  vom  J.  27  v.  Chr.  sagt  Dio  Cass.  53,  22:  /.ai  xa  toutwv  (twv  Fa- 
>.aTü)v)  d-xaTötaTaxa  In,   Are  töjv  ^fAcpyXiwv  iroXejjLOJV  euö'j;  im   xt^  äXcuoei  im-^t- 

VOU^VODV,    "f^V. 

5)  Liv.  ep.   114. 

6)  a.  43  von  L.  Munatius  Plancus,  a.  28  von  C.  Carinas,  a.  27  von  M.  Va- 
lerius  Messalla.   C.  1.  L.   I  p.  461. 

7)  Die  Kintheilung  Galliens  in  vier  Provinzen  geben  einstimmig  an  Strabo 
4  p.  177;  Plin.  N.  H.  A  %  105;  Dio  Cass.  53,  12;  Ptolemaeus  2,  7—9.  Dass 
sie  von  Angustiis  herrührt,  sagt  Strabo  ausdrücklich  und  folgt  auch  aus  Pliniug, 
welcher  die  statistischen  Nachrirhten  aus  augusteischer  Zeit  benutzt;  in  das  Jahr 
27  n.  ('hr.  setzt  sie  Dio  ('assius,  und  dieser  Ansatz  wird  bestätigt  durch  den 
I  mstand,  das»  im  J.  27  der  erste  Census  in  allen  Theilen  Galliens  abgehalten 
wurde,  welcher  eine  feste  Begrenzung  dieser  Theiie  und  eine  Kintheilung  der- 
selben in  Steuerbezirke  voraussetzen  lässt.  liiv.  ep.  134:  C.  dtesar  rebus  com- 
ponilin  ei  Omnibus  provinc.iis  in  rertnm  fnrmnm  redariiit  —  Augtuius  quoque  cogno- 
miruitus  est.  —  Cum  Ute  convmtum  Nurbone  eyit^  renxus  a  tribus  GuUiis .  quas 
Cinvir  pnter  vicertU,  nrlun.  Dio  Cass.  53,  22:  %oX  d^f/ipixt)«  (Afiv  cb;  xal  ii  r^v 
lioeTT'r/lrxv  orpareuaiov ,  {;  oe  ?>-^j  TaXotTla;  iXO(öv,  ivraDl^a  6iiTpt«|;cv.  —  Kai 
auTuiv  xal  dTtoYpacf'dc  dTtoiriaaTO  xai  t6v  ß(ov  r/^jV  re  iroXtrclav  ^(C7iÖ0|j.7]ae. 

8)  Dio  Cass.  53,  12;  54,  4.    Strabo  17  p.  840. 

Bim.  AUerth.  IV.  ^  g 


—     114     — 

früher*),  unter  einem  propraetnv  stand,  welcher  nunmehr  den  Titel 
procoYisuV^)  führte  und  einen  lc(jatus^)  und  einen  quaestor^)  unter 
sich  hatte.  Von  den  speciellen  P^inrichtungen  erfahren  wir  wenig, 
wie  z.  B.  die  Gerichtssprengel  (convenlus)  nirgends  aufgezählt 
werden s);  dagegen  wissen  wir,  dass  Augustus  theils  während 
des  Triumvirats,  theils  bei  einem  späteren  Aufenthalte  in  der 
Provinz  in  den  J.  16  — 13  neue  ßürgercolonien  gründete^*),  zu 
denen  wahrscheinHch  Carcaso^),  Ruscino*^),  Vienna^),  Valentia '<^j 
und  Aquae  Sextiae^^)  zu  rechnen  sind. 
'i.Aqnitanin.  2.   AqiiitaTiia ,  erobcrt  im  J.  5(3  durch  P.  Licinius  Crassus, 

den  Sohn  des  Triumvir  und  Cäsars  Legaten  ^2)  ^  musste  in  Folge 
wiederholter  Aufstände  noch  zweimal  unterwoifen  werden,  im 
J.  38  durch  M.  Agrippa  ^^)  und  bald  nach  der  Schlacht  bei 
Actiumi'')   durch  Messala*^),    welcher  am  25.  September  27  über 

1)  So  war  M.  Fonteius  propraetor  Galliae  Narbonensis.  wie  Mommsen  R.  G. 
II14,  212  annimmt,  von  76  —  74-,  sicher  von  75  —  74.  S.' Drumann  5,  330;  er 
heisst  praetor  Cic.  pr.  Font.  5,  11;  7,  16  und  hatte  zwei  legati  ib.  8,  18.  Im 
J.  64  war  propraetor  L.  Licinius  Murena,  Cic.  pr.  Mur.  26,  53;  im  J.  62  C.  Pon- 
tinus,    Liv.  ep.  103. 

2}  Beispiele  yon  proconsules  Q.  N.:  unter  Claudius  :  Borghesi  Oeuvr.  5,  7,  8; 
unter  demselben  oder  Nero:  Tac.  H.  1,  48.  Plin.  N.  H.  35  §20;  unter  Traian  : 
Orelli-Henzen  3659.  6915;  unter  Antoninus  Plus:  Henzen  7420a;  unter  Septi- 
mius  Severus:  Marini  Iscr.  Alb.  p.  50;  unter  Caracalla :  Henzen  6450;  unter 
Alexander  Severus:  Borghesi  Oeuvres  ^^  133.  lust.  Cod.  9,  9,  4;  aus  unbestimm- 
ter Zeit:   C.  I.  Qr.  n.  5800. 

3)  Orelli-Henzen  3179.  6488.    Marini  Iscr.  Alb.  p.  50.  51. 

4J  Orelli  3179.  3186.  3865.    Marini  Atti  p.  793. 

5)  Erwähnt  werden  sie  von  Caesar  B.  O.  8,  46;  genannt  wird  nur  der  con- 
ventus  Narbonen.sis  Liv.   ep.  134. 

6)  Monum.  Anc.  5,  36:  Colonias  in  —  —  Gallia  Narb[onensi)  —  müitum 
deduxi.    Dio  Cass.  54,  23  :  TCoXei;  h  tq  FaXatia  y.ai  ev  ttJ 'Iß-rjpia  cj-^vd?  aTTtuxiae. 

7)  Colonia  lulia  Carcaso  in  einer  Inschr.  bei  Herzog  Galt.  N.  H.  App.  n.  266. 

8)  Auf  ihren  zwischen  27  und  23  v.  Chr.  geprägten  Münzen  heisst  die  Stadt 
COL  RVSC  LEG  VI.  De  la  Saussaye  Numismatique  de  la  Gaule  Narbonnaise, 
Blois  et  Paris  1842.  4  p.  193  pl.  XXIII. 

9)  Auf  Münzen  Colonia  lulia  Vienna.  Eckhel  D.  N.  I  p.  71.  De  la  Saussaye 
a.  a.  O.  p.  131.    Borghesi   Oeuvr.  5  p.  260. 

10)  Plin.  N.  H.  3  %  36.  Herzog  Gall.  N.  H.  p.  94.  95.  Zumpt  Comm.  ep. 
I  p.  370. 

11)  Herzog  G.  N.  H.  App.  356:  COLonia  IVLIA  AVGusta  AQVIS  SEXTJS. 
Dass  Plinius  die  Stadt  unter  die  oppida  Lutina  rechnet,  hat  darin  seinen  Grund, 
dass  seine  Quelle  ausschliesslich  Agrippa  ist.     S.  Desjardins  p.  429. 

12)  Caesar  B.  G.   3,  27.    Drumann  4,  116;   3,  269. 

13j  Appian.  B.  C.  5,  92.    Dio  Cass.  48,  49.    Eutrop.  7,  5. 

14)  Appian.  B.  C.  4,  38.  Messala  war  Consul  31  v.  Chr.  und  führte  den  Krieg 
als  Proconsul ,  also  frühestens  von  30  an.  Fasti  triumph.  ad  a.  727.  C.  J.  L.  I 
p.  461. 

15)  Tibull.  1,  7,  3  ff.  L.  Wiese  De  M.  Valerü  Messalae  Corvini  vita  et  studiis 
doctrinae,  Berol.  1829.  8  p.  22.  Vgl.  Suelon.  Oct.  21.  Eutrop.  7,  9.  AureL  Vict. 
Epit.   1,  7. 


—      115     — 

Aquilanien  Iriumphirtei).  Bei  der  Constituirung  der  Provinz  wur- 
den zu  der  aquilanischen  Landschaft,  welche  zwischen  den  Py- 
renäen, dem  Meer,  der  Garonne  und  den  Gevennen  liec;t2),  noch 
44  Stämme  zwischen  Garonne  und  Loire  gefügt  und  somit  die 
Nordgrenze  bis  zur  Loire  vorgeschoben  ^j . 

3.  Lugdunensis ,    der   Landstrich    zwischen    Loire,    Seine  i.  lugdu- 
und  Saöne**),   erhielt  seinen  Namen  von  der  an  dem  südlichsten     **^*"**- 
Puncte  der  Provinz  gelegenen,   im  .1.  71 1  =43  gegründeten  rönii- 

schen  Colonie  Lugdunum  ^) . 

4.  Die  vierte,   dem  Umfange  nach  grössle  Provinz,    ßelgica,  i.  Belgien. 
war  bei    ihrer  Einrichtung  begrenzt   im  Westen   durch    die  Seine 

und  Saöne,  im  Norden  durch  die  Nordsee,  im  Osten  durch  den 
Rhein  von  seiner  Mündung  bis  zum  Bodensee  ß);  ihr  südlichstes 
Gebiet  umfasste  den  ganzen  westlichen  Theil  der  Schweiz,  den 
bereits  Cäsar  im  J.  58  durch  Besiegung  der  Helvetier  und  Rau- 
riker')  und  im  .1.  57  durch  die  Besetzung  des  Rhonethals  unter- 
worfen hatte ^),  und  in  welchem  zwei  Colonien,  Colonia  Equestris 
oder  Noviodimum  (Nyon)  ^)  und  Colonia  Raurica  (Äugst  bei  Ba- 
sel) ^^),  schon  im  J.  43  angelegt  waren.  Die  Residenz  des  Statt- 
halters der  Provinz  war  Durocortorum  Remonim   (Reims)  **). 


1)  Fasti  tr.  ad  a.  727.  C.  I.  L.  I  p.  461.  Appian.  B.  C.  4,  38.  Tibull.  2, 
1,  33;  2,  5,  Hoff. 

2)  Caesar  ß.  G.  1,  1:  Aquitania  a  Garumna  flumine  ad  I'yrenaeos  montes  et 
cdm  parlem  Oceani,   quae  est  nd  Hispaniam,  pertinet.    Strabo  4  p.   177:   'AxuiTctvouc 

'Ev  Tö(vuv  eXeYOV   tou;  ra    ßopeia   ttj;  riypr^vr];  piprj  xotxlyovtai;    "/.oii  xoü   KefJ.- 
f.ivo'j  }J-dypi  Trp6;  t6v  o'jxeavov  xd  ivxo?  Lapouva  ToxotfArjO. 

3)  Strabo  a.  a.  0.  :  6  oe  Seßctoxo;  Katoap  xexpayfj  oieXtbv  xo'j?  jxsv  K^Xxa? 
:7,;  Nctpßmvixioo;  ir.a^yyx^  aze'f  t^vev  ,  'Ax-jitoivou;  V'  ouorrep  xdxeivo;  (Caesar), 
-poG^&T^xe  oe  xexxvpecroiioey.a  lUv^  xöiv  piexa^'j  xoö  Tapo'jva  v.ai  xoü  AiYTjpo; 
rroxctfiioü  ve(xo(i.dvojv.    Plin.   N.  H.  4  §  108.    Ptoleniaeus  2,  7. 

4)  Ptolem.  2,  8. 

5)  Ueber  die  Anlage  der  Colonie  s.  Znnipt  Comm.  ep.  1,  371.  Boissieu 
fnHcr.  de  Lyon  p.  126  ff. 

6j  Plin.   N.  H.  A  %  lOf).  106.    Ptolem.  2,  9. 

7j  (aas.  //.  (/.  1,  9—30.  Liv.  ep.  103.  Die  Cass.  38,  31—33.  Plut.  Caes.  18. 

8)  Caes.   /i.  O.   3,   1. 

9j  Da  die  Colonie  nur  Julia,  nicht  Auyuata  heisst,  so  ist  sie  vor  27  v.  Chr. , 
ntweder  von  Caesar  selbst  oder  von  den  Triumvirn  oder  von  Octavian    angelegt 
vorden.    Colonia  equestris  nennt  sie  Plin.    N.  H.  4  J^  106,   rivilas  equeslrium  die 
IhÄchr.   bei  Monmisen  Inner.   Conf.   Ilelv.   n.  llf). 

10)  Von  L.  Munatius  Plancus ,  der  in  den  Jahren  44  und  43  Statthalter  in 
Um  neuen  (Pallien  war  (I)ruinann  4,207),  heisst  es  in  dessen  Orabinsrhrift, 
Orelli  r)90  =  Monmisen  /.  R.  N.  4089:  in  (iallia  rolonias  deduxil  Lugdunum  et 
liauriram.  Den  'i'itel  Augusta  hat  die  ('olonie  erst  spiiter  erhalten,  wahrschein- 
lich in  Koljie  einer  Krneuening  der  Colonie,  viellciiht  16 — 13  v.  Chr.,  während 
Nvt'bhcr  Jahre  Augustus  rnefirere  Col'Mii<'ii   in   <;;illit'ii   (iriimlct«'. 

1 1  )  *trabo  4  p.  194. 


—     116     — 

Verwaltung.  Die  drei  von  Cäsar  eroberten  Provinzen ,    welche  im  Gegen- 

salze zur  Narbonensis  die  tres  Galliae  heissen  ^) ,  wurden  nicht 
nur  gleichmässig  eingerichtet,  sondern  auch,  theiis  weil  sie  noch 
nicht  vollständig  beruhigt  waren ,  theiis  weil  sie  zum  Ausgangs- 
punct  für  die  forldauernden  Kriege  gegen  die  Germanen  dienten, 
während  der  ganzen  Regierung  des  Augustus  einem  gemeinsamen 
militärischen  Gommandeur  untergeben,  der  die  einzelnen  Provin- 
zen durch  seine  Legalen  verwaltete  2).  Auf  diese  Weise  regierte 
in  den  sämmllichen  drei  Provinzen  in  den  J.  20  und  19  v.  Chr. 
Agrippa^),  darauf,  vielleicht  im  J.  18  Tiberius'*),  von  16 — 13 
Augustus  selbst,  welcher  sich  fast  drei  Jahre  in  Gallien  aufhielt  ^j; 
von  13  —  9  der  ältere  Drusus  ^) ,  von  9  —  7  Tiberius ') ,  und  erst 
damals  kann  die  gelheilte  Verwaltung  der  Provinzen  begonnen 
haben  ^).  Noch  einmal  indessen  finden  wir  alle  drei  Provinzen 
zusammen  unter  dem  Commando  des  Germanicus,  welcher  von 
13  —  17  n.  Chr.  ^)  nicht  nur  den  Krieg  gegen  die  Germanen  führte, 
sondern  auch  während  dieser  Zeit  den  Census  in  den  drei  Gal- 
lien abhielt  lö),  die  Huldigung  beim  Regierungsantritt  des  Tiberius 

1)  Liv.  ep.  134 :  cum  ille  (Augustus)  conventum  Narbone  egit,  census  a  iri- 
bus  Galliis,  quas  Caesar  pater  vicerat,  actus.  Plin.  N.  H.  A  ^  105.  Ein  sacerdos 
111  provinciarum  Galliarum  Orelli  184.  185,  vgl.  Orelli  3650.  3653.  Henzen 
5967.  5968.  6393.  6944.  6949.  6950.  Die  Inschr.  Orelli  3178,  in  welcher  ein 
praef.  vehicul.  triam  prov.  Gall.  Lugdunens.  Narbonens.  et  Aquitani(ae')  vorkommt, 
also  die  tres  Galliae  in  andeim  Sinne  gebraucht  werden,  ist  ligorianisch. 

2)  Dass  dies  auch  in  andern  Provinzen  der  Fall  gewesen  sein  mag ,  lehrt 
Dio  Cass.  53,  12,  der,  nachdem  er  die  im  Jahr  27  zwischen  Senat  und  Kaiser  ge- 
theilten  Provinzen  autgezählt  hat,  hinzufügt:  TaOxa  he  ouxio  xateXe^a,  Ott  vüv 
^ojpi?  IxaoTov  auT&v  ii-(zixo^e{ieTai.  inzi  x6  -^e  dp^aiov  xal  ^7:1  noku  xai  a6v5uo 
rai  ouvrpta  xd  IOvtq  d[j.a  T^p^^exo. 

3)  Dio  Cass.   54,   11.    Zumpt  Studia  Romana  p,  103. 

4}  Suet.  Tib.  9  :  post  hoc  Comatam  Galliam  anno  fere  rexit,  d.  h.  das  von  Cäsar 
eroberte  ganze  Gallien.  Die  Zeitbestimmung  ist  nicht  sicher  gegeben.  S.  Zumpt 
St.  Rom.  p.  103. 

5)  Dio  Cass.  54,   19.  20.  25. 

6)  Dio  Cass.  54,  25  und  die  übrigen  Stellen  bei  Zumpt  St.  Rom.  p.  118. 
Obgleich  er  in  Germanien  commandirte ,  hielt  er  doch  den  Census  in  Gallien  ab 
(Liv.  ep.  139.  Oratio  Claudii  bei  Boissieu  Inscr.  de  Lyon  p.  139:  et  quidem 
cum  a  census  novo  tum  opere  et  inadsueto  Galliis  ad  bellum  avocatus  esset)  und 
gründete  in  Lugdunum  die  ara  Augusti  (Liv.  ep.  139).  Seine  Residenz  war 
Lugdunum,  wo  am  1.  Aug.  11  v.  Chr.  sein  Sohn  Claudius  geboren  wurde,  Suet. 
Claud.  2.  Nach  seinem  Tode  wurde  ihm  bei  Mainz  ein  tumulus  errichtet,  circa 
quem  deinceps  stato  die  miles  decurreret  Galliarumque  civitates  publice  supplica- 
rent.    Suet.  Claud.  1. 

7)  Vellei.  2,  97.  Dio  Cass.  55,  6.  8. 

8)  Das  unvollständige  Material  über  die  Verwaltung  Galliens  seit  dieser  Zeit 
findet  man  bei  Zumpt  Stud.  Rom.  p.  119  ff. 

9)  Suet.    Cal.   8.    Tac.   Ann.  2,   41. 
10}  Tac.   Ann.   1,  31.  33. 


—      117     — 

in    Belgien    veranstaltete  i)    und   sechs   legati   hatte  2),    von   denen 
einige  in  den  gallischen  Provinzen  verwendet  wurden  3). 

Das  Ganze  Land  enthielt,  als  es  Cäsar  eroberte,  weniee  Städte ;   Gauverfas- 

""  „  I  ^j  1  sung. 

('S  zerfiel  in  Völkerschaften,  eövyj  ,  civitafes^)  ,  und  diese  waren 
izetheilt  in  Gaue,  deren  Cäsar  300  ^)  oder  400  ^)  vorgefunden 
haben  soll.  Aus  diesen  bildete  Augustus  64  Verwaltungs-  und 
Steuerdislricte^),  und  gab  jedem  Districte  einen  Vorort  als  Mit- 
telpunct  der  Administration.  So  bestand  z.  B.  die  civitas  Helve- 
tiorum  aus  4  pogi^),  in  welchen  die  Helvetier  vor  ihrem  Auszuge 
nach  Gallien  400  vici  und  12  oppida  niederbrannten^),  nach  ihrer 
Rückkehr  aber  wieder  eine  Anzahl  vici  aufbauten,  wie  Lousonna 
Lausanne),  Eburodunum  (Yverdun),  Minnodunum  (Moudon),  Sa- 
lodurum  (Solothurn) ,  Turicum  (Zürich) ,  Vituclurum  (Oberwinter- 
thur),  Aquae  (Baden  bei  Zürich) ,  Vindonissa  (Windisch)  i^)  ,  deren 
gemeinsamer  Vorort  Aventicum^^)  schon  unter  Augustus  der  Sitz 
des  Steuereinnehmers  für  den  District  isti2).     Aus  diesen  Vororten  Entstehung 

dör  crrössc— 

sind   die    grösseren   Städte    Frankreichs  entstanden,    deren  Name  renstädte. 
grossentheils  noch  ein  Andenken  ihrer  urspünglichen  Bestimmung 

1)  Tac.  Ann.  1,  34. 

2)  Es  waren  C.  Silius  ,  A.  Caecina ,  Tac.  Ann.  1,  31,  L.  Apronius  1,  56, 
P.  Vitellius  1,  70,  der  keineswegs  legatus  legionis  war,  wie  Nipperdey  annimmt; 
C.  Antius  2,  6,  L.  Seius  Tubero  2,  20. 

3)  Tac.   Ann.  2,  6:  missis  ad  census  Galliarum  P.   ViteUio  et  C.  Antio. 

4)  S.  Mommsen  Die  Schweiz  in  römischer  Zeit  S.  17  IT.  Kuhn  2,  407 — 425. 

5)  Plut.    Caes.   15. 

6j  Appian.  de  r.   0(dl.  2. 

7)  Tac.  Ann.  3,  44:  quattuor  et  sexaginta  Galliarum  civitates.  Die  Zahl  hat 
auch  Serv.  ad.  Verg.  Aen.  1,  285,  nur  irrt  er  darin,  dass  er  den  Caesar  64  civitates 
''(dliarum    besiegen    lässt.     In  runder  Zahl    giebt  60    an  Strabo  4   p.    192:    eoxi 

£  [-Jojjxo;  d^i6Ko^o^  (in  Lugdunum),  driYpotcpTjv  syojv  töjv  ir^^ws  e^-Aovxa  xöv 
dptUji.'Sv.  Auch  Ptolemäus  zählt  in  Aquitania  17,  in  Liigdunensis  25,  in  Belgica 
22,  im  (ianzen  also  64  ei}vr).  Aus  der  kirchlichen  Notitia  (talliarum  dos  Mittel- 
ilters  sucht  die  civitates  zu  ermitteln  Branibach  im  Rhein.  Mus.  N.  F.  XXIII 
1S68J  S.  263—302.  Vgl.  Desjardins  Giogr.  de  In  Gaule  p.  XXVIII.  Nach  diesen 
i'istricten  wurde  auch  das  Militär  ausgehoben,  und  darauf  bezieht  sich  der  di- 
rtntor  per  Aquitanirae  XI  populos  Henzen  6929,  der  also  nur  in  einen»  Theile 
it-r  Provinz  die  Aushebung  besorgte. 

8)  Caes.  B.  O.  1,  12:  Helvetia  in  quatuor  pagos  divisa  est.  Die  pagi  er- 
wähnt die  Inschr,  von  Aventicum  Mommsen  fnscr.  Conf.  HeLv.  n.  192:  C.  Valer. 
CamiUo,   quoi civitas  Helvei.  qua  pagatim  qua  publice  atatuas  deerevit. 

9)  Caes.   B.  G.   1,  5. 

10)  Mommsen   /rwrr.   Conf.   Helv.  n.  133.  142.  149.  219   236.  239.  241.  245. 

11  j  GenXiH  caput,  Tac.  Hist.  1,  68.  Unter  Vespasian  oder  seinen  Söhnen  ist 
Aventicum  Colonic  geworden  und  heisst  seitdem  Colonia  pia  Flavia  ConMans 
l'merila  Helvetiorum,  Mommsen  a.  a.  ().  p.  27.  l'eber  die  Alterthiimer  von  Aven- 
ticum s.  I'iursian  Mittheilungen  d.  ant.  Ge.s.   in  Zürich  XVI,    1,    1.   2. 

12)  Der  Kimiehmer  ist  ein  Sdavc ,  Donalmt .  (\irsnris  Au(g.  servus')  f^alvia- 
nua,  exactor  trlbtUorum  in  helvetia)  Mommgen  Jnscr.   Conf.  Helv.  n.  178. 


—     118     — 

geblieben  ist.  Der  Vorort  verlor  niimlich  allmählich  den  Orts- 
namen, und  erhielt  seine  Benennung  von  dem  Districte;  und  die 
letztere  ist  noch  vorhanden.  Avaricum,  der  Vorort  der  Bituriges, 
heisst  noch  Bourges.  Samarobriva ,  der  Vorort  der  Ambiani^), 
Amiens,  Noviomagus,  der  Vorort  der  Lexovii,  Lisieux,  Condevin- 
cum,  der  Vorort  der  Namnetes,  Nantes,  Condate,  der  Vorort  der 
Redones,  Rennest). 
Landtag  in  Die   64    DistHcte    hatten    zu    ihrer   gemeinsamen   Hauptstadt 

Lugdunum.  .  i  ,^  •  i 

Lugdunum,  das  sich  wegen  semer  Lage  an  dem  Puncto,  m  wel- 
chem die  drei  Provinzen  zusammenstiessen ,  zum  Sitze  der  Re- 
gierung besonders  eignete.  Von  hier  gingen  die  Strassen  nach 
allen  Richtungen  des  Landes  aus  ^] ,  hier  wurde  am  1 .  August 
12  v.  Chr.  4)  die  ara  Romae  el  Augtisti  eingeweiht  ^j  ,  an  welcher 
die  64,  oder  wie  Strabo  sagt,  60  civüates  der  tres  Galliae  ver- 
zeichnet waren  *')  und  ein  Priester  ( sacerdos  ad  temphim  Romae 
et  Augusti  ad  confluentes  Aiaris  et  Rhodani)  ,  abwechselnd  aus 
verschiedenen  Districten  aller  drei  Provinzen  gewählt,  fungirte'). 

1)  Vom  Jahr  355  sagt  Ammian  15,  11,  10:  Belgica ,  qua  Ambiani  sunt, 
urbs  inter  alias  eminens.    Vgl.  27,  8,  1. 

2)  Vollständig  findet  man  die  Namen  zusammengestellt  in  A.  Bernard  Le 
temple  d'Auguste  p.  120  ff.  Desjardins  Geogr.  de  La  Gaule  p.  54 — 89.  Vgl.  Kuhn 
Verf.   d.  Rom.   Reichs  2,   419  ff. 

3)  Strabo  4  p.  208. 

4)  Dio  Cass.  54,  32.  Ueber  den  Tag  Suet.  Claud.  2.  Vgl.  Liv.  epit.  139. 
Ueber  das  Jahr  s.  Clinton  Fasti  Hell,  ad  a.  742.  744. 

5)  Ueber  die  ara ,  deren  Form  aus  den  Münzen  ersichtlich  ist ,  ihre  Lage 
und  ihre  Bedeutung  s.  Artaud  Discours  sur  les  medailles  d'Auguste  et  de  Tibere 
au  revers  de  l'autel  de  Lyon,  Lyon  1818.  4.  Boissieu  Inscr.  ant.  de  Lyon,  Lyon 
1854  fol.  p.  82  ff.  Comarmond  Description  du  Musee  des  antiques  de  la  ville  de 
Lyon.  2  Voll,  iol,  Lyon  1854 — 58.  Spon  Recherche  des  antiquites  et  curiosites  de 
la  ville  de  Lyon.  2™e  ed.  p.  L.  Renier,  Lyon  1857.  8.  A.  Bernard  Le  temple 
d^Auguste  et  la  nationalite   Gauloise,  Lyon  1863  fol. 

6)  Strabo  4  p.  192. 

7}  Die  auf  diese  Priester  bezüglichen  Inschriften  s.  bei  Boissieu  p.  84 — 114. 
Bernard  p.  51  ff.  Vgl.  Orelli-Henzeu  n.  184.  185.  5965—5968.  Renier  Comptes 
rendus  1865  p.  96.  Boissieu  und  Bernard  nehmen  an,  dass  60  Priester,  für  jede 
civitas  einer,  gleichzeitig  im  Amt  gewesen  seien ,  wogegen  Kuhn  2  S.  408  sich 
mit  Recht  erklärt.  Von  der  Gründung  des  Altars  sagt  Liv.  ep.  139 :  ara  Cae- 
sari  ad  confluentem  Araris  et  Rhodani  dedicata,  sacerdote  creato  C.  lulio  Vercon- 
daridubno  Aeduo ;  er  nennt  also  einen  sacerdos,  und  auch  später  ist  dieser 
sacerdos  trium  provinciarum  Galliarum  (Or.  184),  wird  auch  ernannt  von  den 
drei  Provinzen,  nicht  von  seiner  civitas  (Henzen  5967).  Wenn  nun  Priester  aus 
allen  drei  Provinzen  vorkommen,  nämlich  aus  Lugdunensis  ein  Aeduus  (Or.  184), 
ein  Carnutinus  (Boissieu  p.  90.  607),  ein  Tricassinus  (Henzen  5965) ;  aus  Aqui- 
tania  ein  Avernus  (Boissieu  p.  86),  ein  Cadurcus  (Boissieu  p.  95.  Bernard  p.  68); 
aus  Belgica  ein  Nervius  (Boissieu  p.  114)  und  ein  Sequanus  (Orelli  4018),  so  ist 
anzunehmen,  dass  das  Priesterthum  jährlich  besetzt  wurde,  und  die  Inschr.  Boiss, 
p.  91.  92:   Q.  Licinio,    TJlpi  Licini  Taurici  fil.,  qui  sacerdotium  apud  aram  duo  et 


1 


—     119     — 

Hier  fand  an  dem  Sliflungstage  bis  zu  Dio  Cassius  Zeit  ein  Fest 
statt  1),  bei  welchem  im  Amphitheater  allen  (50  civiUdes  ihre  Plätze 
angewiesen  waren  2)  und  seit  Caligula  Wettkämpfe  griechischer 
und  lateinischer  Redner  gehalten  wurden  ^)  ;  hier  versammelte 
sich  wahrscheinlich  gleichzeitig  der  Landtag  der  drei  Provinzen, 
um  Ehren  zu  dccretiren  ^)  ,  Beschwerden  zu  erheben  ^j  ,  die  zu 
Provincialzwecken  bestehende  Gasse,  arca  Galliarum,  zu  revidi- 
ren,  deren  Beamte  zu  ernennen  oder  zu  belohnen^)  und  andre 
Provincialgeschäfte  zu  ordnen')  ;  hier  war  endlich  die  oberste 
Sleuerverwaltung  der  drei  Provinzen,  deren  directe^j  und  indi- 
recte  Steuern  9)  in  eine  Gasse  flössen  und  auch  in  späterer  Kaiser- 

—  -^  aus  Mommsen  Annali  1853  p.  60  zu  ergänzen :  vitfinti  annos  natus  gessit. 
Genauer  habe  ich  hierüber  gehandelt  Ephem.  Epigr.  1872  p.  203  ff. 

1)  Dio  Cass.  54,  32. 

2)  Dies  ergiebt  sich  aus  den  Inschriften  des  Amphitheaters,  Boissieu  p.  467. 
Bernard  p.  30  ff. 

3)  Suet.   Cal.  20.    luven.   1,  44. 

4)  Die  Statuen  und  Inschriften  werden  immer  gesetzt  von  den  ///  provin- 
ciae  Galliae. 

5)  Eine  solche  Beschwerde  erwähnt  die  Inschr.  von  Thorigny  bei  Mommsen 
Ber.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  1852  phil.  hist.  Gl.  S.  243 ,  aus  welcher  man 
ersieht,  dass  die  Landtagsdeputirten  eine  Instruction  von  ihrer  civitas  erhielten : 
his  accedit ,  quod ,  cum  Cl.  Faulino  decessori  meo  in  concilio  Cfaliiarum  instinctu 
quorundam,  qui  ab  eo  propler  merita  sua  laesi  videbantur,  quasi  ex  consensu  pro- 
vinciae  accusationem  instituere  temptarent.  SoLemnis  iste  mens  proposito  eorum 
restitit,  provocatione  scilicet  interposita,  quod  patria  eius,  cum  inter  ceteros  legatum, 
eum  creasset,  nihil  de  accusatione  mandasset,  immo  contra  laudationem.  Qua 
ratione  effectum  est,  ut  omnes  ab  accusdtione  desisterent. 

6)  Als  Beamte  dieser  Casse  scheinen  zu  betrachten  der  alleclor  arcae  Qal- 
liarum ,  dem  ob  allecturam  fldeliter  administratam  von  den  tres  provinciae  eine 
Inschrift  gesetzt  wird,  Uenzen  6950;  nochmals  erwähnt  in  der  Inschr.  Boiss. 
p.  259 ;  der  inquisitor  Galliarum  Boiss.  p.  265.  266 ;  der  iudex  arcae  Galliarum 
Boiss,  p.  278.  279,   über  deren  Geschäfte  wir  nicht  weiter  unterrichtet  sind. 

7)  Z.  B.  die  Freilassung  eines  der  Commune  gehörigen  Sclaven,  der  dann 
Irium  Galliarum  libertua  heisst.    llenzen  6393. 

8)  Dass  der  Censiis  in  allen  drei  Provinzen  von  dem  älteren  Drusus  und 
von  Germanicus  abgehalten  wurde,  ist  oben  bemerkt  worden;  aber  noch  unter 
M.  Aurel  oder  Severus  errichten  die  tres  Galliae  einem  procurator  a  censibu^ 
accipiendis  eine  Statue,  llenzen  6944. 

9j  Der  Eingangszoll  für  Waaren  von  2>/2%>  <lie  quadragesima  Galliarum, 
wurde  an  der  Grenze  für  alle  drei  Provinzen  erhoben,  so  dass  der  Verkehr  zwi- 
schen den  drei  Provinzen  frei  war.  Zollstationen  findifn  sich  l)  in  Zürich  {prae- 
poiitus  HtationiH  Turicennis  quudragenimae  Galliarum  Mommsen  Inser.  Conf.  JJelv. 
n.  236  =  (>rclli  459),  2)  in  St.  Maurice  in  Wallis  (Mommsen  1.  1.  n.  14),  3)  in 
Conflans  im  Thal  der  ]8^re  ,  dessen  Name  Ad  puhlicanos  (Itinerar.  Anton.  Aug. 
ed.  Parthny  p.  164)  auf  eine  Zoilstation  schliessen  läset;  vgl,  Desjardins  a.  a.  0. 
p.  392.  Hier  ist  kürzlich  eine  Inschr.  gefunden  {IhUl.  d.  Imt.  1869  p.  265),  in 
welcher  ein  .S'OC,  XL  VIL  i\.  h.  nociorum  quadrayeaimae  rnUicus  erwälmt  wird. 
4)  in  Avigliana  {ad  (inen  Cottii,  ad  (iiua  {Juadrayesimae) ,  der  Grenze  der  alten 
(Jallia  citerior ,    später   des  reynum   Cottii.     8.   l'romiü  Storia   dcW  antioo  2'orino 


—      120     — 

zeit  entweder  in  allen  drei  *)  ,  oder  doch  in  zwei  Provinzen  von 
einem  Procurator  administrirt  werden'^). 

Das  grosse  Gebiet,    welches   somit   wenigstens   während  der 

Regierungszeit  des  Auguslus  der   gemeinsamen  Verwaltung  eines 

Oberslatthalters  übergeben  war,  wurde  noch  erweitert  durch  die 

Eroberungen  jenseits  dos  Rheines,  welche  die  Entstehung  zweier 

5.6.  (?m»fl- neuer  Provinzen,  nämlich  5.  Germania  superior  und  6.  Ger- 

nta  supertor  '  * 

iandinferior.ffi(ifii(^  inferloT  zur  Folgc  hatten.  Wann  diese  Provinzen  ent- 
standen sind,  ist  namentlich  deshalb  streitig 3),  weil  dieselben 
ebenfalls  dem  Oberstatthalter  der  tres  Galliae  übergeben  wurden, 
ohne  sofort  eine  selbständige  Verwaltung  zu  erhalten  und  ihre 
Organisation  überdies  durch  die  Einwirkung  unerwarteter  Ereig- 
nisse gestört  und  verzögert  wurde.  Zwei  Umstände  scheinen  in- 
dess  für  die  Gründung  dieser  Provinzen  maassgebend  gewesen  zu 
sein  :  einmal  hatten  die  bereits  von  Cäsar  zur  Sicherung  Galliens 
begonnenen,  von  Augustus  fortgesetzten,  und  namentlich  von  dem 
älteren  Drusus  (13  —  9  v,  Chr.)'*),  von  Tiberius  (8  v.  Chr.)  ^)  und 
Domitius   Ahenobarbus    (6  v.  Chr. — 2  n.  Chr.  )^*)    mit  Glück  ge- 

p.  286  ff.  Desjardiris  Revue  Archeol.  XI,  8  (1870)  p.  124  ff.  5)  Die  statio  Maien- 
sium  quadragesimae  Galiiarum  zwischen  Chur  und  Bregenz,  Orelli  3343.  C.  I.  L. 
III  p.  705  ;  V  n.  5090.  S.  über  den  ganzen  Gegenstand  Mofamsen  Die  Schweiz 
in  röm.  Zeit  (9ter  Bericht    der   antiq.   Gesellschaft  in  Zürich   1853.  4  S.  7  f.). 

1)  Henzen  6928,  besser  C.  1.  L.  II  n.  1970. 

2)  Von  einem  proc.  Oalliarum  Lugdunensis  et  Aquitaniae  haben  wir  minde- 
stens acht  Beispiele,  alle  aus  der  Zeit  nach  Hadrian :  Orelii-Henzen  3331.  3651. 
5530.  6642.  6933.  Boissieu  p.  246.  251.  252.  Doch  kommt  auch  ein  iTzk^or.oi 
AouYOouvou  FaXXia?  unter  M.  Aurel  vor  C.  I.  Gr.   3888. 

3)  Ueber  die  beiden  Germaniae  s.  Schoepflin  Alsatia  ülustrata  Vol.  I  (Colmar 
1751  fol.)  p.  139—148.  AValckenaer  Geographie  —  des  Gaules,  Paris  1839.  8  II 
p.  310  ff.  Fechter  Helvetien  in  der  vorconstantinischen  Provincialeintheilung  Gal- 
liens in  Gerlachs,  Hottingers  und  Wackernagels  Schweiz.  Museum  für  hist.  Wiss. 
Bd.  III,  Frauenfeld  1839  S.  308—341.  Mommsen  Die  Schweiz  in  römischer  Zeit 
(Neunter  Bericht  der  ant.  Ges.  in  Zürich  1853.  4)  S.  6.  7;  Mommsen  Ep.  Anal. 
21  in  ßer.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  ph.  hist.  Gl.  1852  S.  230—235,  nach  dessen 
Ansicht  die  beiden  Germaniae  überhaupt  keine  Provinzen  ,  sondern  eine  Militär- 
grenze waren,  und  zu  Belgica  in  einem  ähnlichen  Verhältnisse  standen,  wie  Nu- 
midien  zu  Africa.  Gegen  diese  Ansicht  erklären  sich  Roulez  Examen  de  la  que- 
stion:  les  deux  Germanies  faisaient-elles  partie  de  la  province  de  la  Gaule  Bel- 
gique?  im  Bull,  de  Vacad.  roy.  de  Belgique  Tome  XXIII  n.  6.  Zumpt  Stud. 
Romana,  Berol.  1859.  8  p.  94  If.  Desjardins  Geographie  de  Ui-Gaule,  Paris  1869. 
8  p.  38  ff.  Neuerdings  hat  Mommsen  die  Frage  nochmals  behandelt  in  dem  Auf- 
satz :  Die  germanische  Politik  des  Augustus ,  in  der  Wochenschrift  Im  neuen 
Reich  1871.  Bd.  1  S.  537  ff'. 

4)  Dio  Cass.  54,  32—36;  55,  1.    Liv.  ep.  139—142. 

5)  Dio  Cass.  55,  5.    Vell.  2,  97.    Suet.  Aug.  21. 

6}  Dio  Cass.  55  Vol.  III  p.  363  Sturz.  Tac.  Ann.  4,  44.  Ueber  die  nicht 
sichere  Zeit  seines  Commandos  s.  Zumpt  a.  a.  0."  p.  119. 


—      121      — 

führten  Kriege  das  Resultat,  dass  das  Land  zwischen  Rhein  und 
Elbe  als  bereits  erobert  und  seine  Einrichtuni^  zur  Provinz  als 
gesichert  betrachtet  wurde  ^)  ;  zweitens  aber  machte  der  ursprüng- 
liche Plan  des  Augustus,  den  Rhein  und  die  Donau  als  Hmes  im- 
perii  zu  benutzen,  die  Eroberung  Graubündtens,  Tirols  und  des 
südlichen  Bayern  nöthig,  welche  durch  einen  gleichzeitigen  An- 
griff des  Drusus  und  Tiberius  im  J.  15.  v.  Chr.  ausgeführt  wurde 2). 
Da  nun  die  grosse  Militärmacht  von  8  Legionen  und  den  dazu 
gehörigen  Auxiliartruppen ,  d.  h.  im  Ganzen  von  80,000  Mann, 
bereits  unter  Augustus  ihre  Standquartiere  am  Rhein  hatte  3), 
da  ferner  im  J.  9  n.  Chr.  in  der  civitas  Uhiorum^  dem  nachherigen 
Cöln,  nach  dem  Beispiele  Aer'ara  Liigdunensis  ein  Altar  des 
Augustus  bestand,  an  welchem  ein  Cherusker  als  gewählter  Prie- 
ster fungirte^),  so  kann  man  annehmen,  dass  die  Organisation 
der  beiden  Germaniae  von  Augustus  selbst  herrührt,  und  dass 
diese  Provinzen,  deren  Hauptwaffenplätze  auf  dem  linken,  durch 
Cäsar,    Agrippa  und  Tiberius  ebenfalls   mit  germanischen  Ansie- 

1)  Mon.  Anc.  V,  10 — 12:  Gallias  et  Hispanias  provi[n]cia[s  ab  ea  parte, 
qua  eas  adlui]t  oceanus,  [a]  Gadibus  ad  ostium  Albis  flum[inis  pacavi].  S.  Momm- 
sen  Res  yestae  divi  Auyusti  p.  71,  Vell.  2,  97:  rnoles  deinde  eins  belli  transluta  in 
Neronem  est,  quod  is  sua  et  virtute  et  fortuna  administravit ,  peragratusque  victor 
omnis  partis  Germaniae  —  sie  perdomuit  eam ,  ut  in  formam  paene  stipendiariae 
rediyeret  provinciae.  Cassiod.  ad  a.  746  :  his  conss.  inter  Albim  et  lihenum  Ger- 
mani    omnes    Tiberio  Neroni    dediti.     Florus  2,  30   (4,   12 ) :    Germaniam  quoque 

(^Augustus)  —  —  concupierat  facere  provinciam. Drusus in  tutelam 

provinciae  praesidia  atque  custodias  ubique  disposuit  per  Mosam  ßumen,  per  Albin, 
per  Visurgin.  —  —  Ea  denique  in  Germania  pax  erat ,  ut  mutati  homines,  alia 
terra,  coelum  ipsum  mitius  molliu-^que  solito  videretur.  Darauf  erzählt  er ,  dass 
Varus  es  versucht  liabe,  einen  gerichtlichen  conventus  in  der  Provinz  zu  halten, 
und  dies  habe  zum  Aufstande  geführt,  in  Folge  dessen  die  Provinz  verloren 
worden  sei.  Uies  erwähnt  ebenfalls  Tac.  Ann.  1,  59:  Germanos  nunquam  saus 
excusaturos ,  quod  inter  Albim  et  lihenum  virgas  et  secures  et  togarn  viderint. 
Hienach  wird  es  unbedenkli«  h  sein  in  allen  Stellen  des  Tacitus  {Ann.  1,  57: 
anno,  quo  Germaniae  descivere.  Agr.  ib:  sie  Germanias  excussisse  iugum.  Vgl. 
Ann,  2,  73;  3,  46;  11,  19)  den  Plural  Germaniae  von  demjenigen  Theile  Deutsch- 
lands zu  verstehn,  welcher  Provinz  war  oder  gewesen  war,  während  der  geogra- 
phische Name  des  ganzen  Landes  Germania  ist  (Tac.  G.  1  u.  ö.  Paulus  Dig.  21 , 
2,  11:  Lucius  Titius  praedia  in  Germania  trans  lihenum  emit.). 

2)  S.  die  Beweisstellen  in  dem   Abschnitt  über  Haetia. 

3)  Tac.   Ann.   1,  31. 

4)  Tac.  Ann.  1,  39,  57:  addiderut  ISegestes  legaiis  (ilium,  jwmittf  t^egiinun- 
dum ;  aed  iuvenis  conscientia  cunclabalur.  Quippe  anno,  quo  Germaniae  descivere, 
»acerdos  apud  aram  V.biorum  creatus  ruperat  vittas ,  profugns  ad  rebelles.  Au» 
der  Wahl  eines  ('hernskers  zum  Priester  ist  ersichtlich,  dass  die  ara  nicht  ein 
Heiligthum  der  Ubier,  sondern  der  ganzen  Provinz  war.  Von  ihr  hat  die  Stadt 
Cöln  den  Namen  Colonia  (Claudia  Ara  Ayrippinensin  oder  Clatuiia  Ara.  S.  die 
Inschr,  Borghesi   Oeuvres  VI  p,  2Ö2  und  dazu  Kenicr  p,  284. 


—      122     — 

delungen  besetzten  i)  Rheinufer  lagen,  nach  Osten  hin  bis  zur 
Elbe  reichen  solllen.  Erst  nachdem  einerseits  dieser  Plan  durch 
die  Niederlage  des  Varus  vereitelt,  andererseits  die  Goncentration 
so  bedeutender  militärischer  und  financieller  Mittel  unter  einem 
Commando  ein  Gegenstand  der  Besorgniss  für  den  Kaiser  selbst 
geworden  war,  scheint  in  Folge  der  Abberufung  des  Germanicus 
im  J.  17  n.  Chr.  die  getheilte  Verwaltung  der  sechs  Provinzen 
unter  selbständigen  Statthaltern  begonnen  zu  haben  2)  und  der 
Umfang  der  beiden  Germaniae  wesentlich  beschränkt  worden  zu 
sein  3).  Seit  dieser  Zeit  lassen  sich  selbständige  prälorische  leguti 
Augusti  pi'o  praelore   ftir  Aquitania^),  Lugdunensis  ^j ,    Belgica  ^) 


1 


1)  Der  Name  Germania  oder  Germaniae  für  das  linke  Rheinufer  ist  wahr- 
scheinlich älter  als  die  Provinz,  da  schon  vor  Cäsars  Zeit  deutsche  Stämme  hier 
angesiedelt  waren  (Caos.  B.  G.  1,  31.  33;  4,  16.  Strabo  4  p.  193),  andre,  wie 
die  Ubii,  durch  Agrippa  (Strabo  4  p.  194),  noch  andre,  wie  die  Siganibri  (Tac. 
Ann.  12,  39.  Suet.  Oct.  21.  Suet.  Tib.  9)  durch  Tiberius  hier  Wohnsitze  erhal- 
ten hatten. 

2)  S.  Zumpt  Stud.   Rom.  p.  129  f.    Mommsen  Die  Schweiz  S.  7. 

3)  Im  J.  28  V.  Chr.  nennt  Tac.  Ann.  4,  74  das  Gebiet  der  Frisii  extrema  imperii. 

4)  Unter  Tiberius  oder  Claudius  setzt  Plin.  N.  II.  26  §  4  den  Manilius 
Cornutus  e  praetoriis,  legatus  Aquitanicae  provinciae-^  unter  Claudius  wird  zu 
setzen  sein  Duhius  Avitus  praesidens  provinciae  Aquitaniae  (Plin.  N.  II.  34  §  47), 
welcher  hernach  im  J.  58  n.  Chr.  legatus  Aug.  Germaniae  inferioris  war  (Tac. 
Ann.  13,  54;  vgl.  Urlichs  Comm.  de  vita  et  honoribus  Agricolae ,  Wirceburgi 
1868.  4  p,  21),  dessen  Name  nach  Borghesi  Oeuvres  3,  14;  5,  183  A.  Vibius 
Habitus  zu  lesen  ist;  im  J.  69  n.  Chr.  bekleidete  diese  Stelle  Q.  lulius  Cordus 
(Tac.  H.  1,  76.  Borgh.  Oeuvr.  5-,  323),  unter  Vespasian  Agricola.  Tac.  Agr.  9: 
revertentem  ab  legatione  legionis  divus  Vespasianus  —  —  provinciae  Aquitaniae 
praeposuit ,  splendidae  inprimis  dignitatis  administratione  ac  spe  consulatus ,  cui 
destinarat.  Ueber  diese  St.  s.  Urlichs  a.  a.  0.  Andre  legati  unter  Traian  Orelli 
3659,  unter  Hadrian  Dig.  48,  3,  12  pr.,  aus  späterer  Zeit  Orelli-Henzen  n.  189. 
4910.  6907.  Borghesi  Oeuvres  3  p.  109.  Renier  in  Spon  Recherche  des  antiq.  — 
de  Lyon.  2*^^  ed.  p.  194. 

5)  Die  älte.sten  bekannten  sind:  im  J.  21  n.  Chr.  Acilius  Aviola,  der  später, 
vielleicht  27,  cos.  suff.  wurde  (Tac.  Ann.  3,  41);  im  J.  68  lulius  Vindex  (Tac. 
Ann.  15,  74.  Suet.  Uer.  40);  im  J.  69  lunius  Blaesus  Lugdunensis  GuUiae  rector 
(Tac.  H.  1,  59;  2,  59;  3,  39);  im  J.  77  Tettieuus  Serenus,  im  J.  83  Comelius 
Gallicanus ,  im  J.  88  Minicius  Rufus  (alle  drei  bei  Mommsen  Inscr.  Conf.  Helv. 
n.  78).    Ueber  die  späteren  Legaten  s.   Hoissieu  p.  225  tf. 

6)  Strabo,  welcher  das  vierte  Buch  im  J.  18  n.  Chr  ,  also  gleich  nach  des 
Germanicus  Abberufung  schrieb  (Clinton  Fasti  Hell,  ad  a.  14  n.  Chr.)  sagt ^^4 
p.  194:  -/.all?)  [XTjxpoTroXic  auxöjv  (xwv 'Ptiij-wv)  Aouptxopxopa  fj-ocXiaxa  ouvoizsixat 
y.ai  hiyezai  xou?  xöjv  'Poi(xai(uv  -^^^J^^va;  Ein  legatus  Belgicae  wird  zuerst  ge- 
nannt im  J.  58  n.  Chr.  Tac.  Ann.  13,  53,  wo  erzählt  wird,  dass  L.  Vetus,  leg. 
Germ.  inf.  einen  Canal  zwischen  Mosel  und  Saöne  graben  lassen  wollte,  worauf 
es  heisst :  invidit  operi  Aelius  Gracilis  Belgicae  legatus,  deterrendo  Veterem,  ne 
legiones  alienae  provinciae  inferret.  Im  J.  69  war  Valcrius  Asiaticus  Belgicae  pro- 
vinciae legatus  (Tac.  H.  1,59).  Dass  er  prätorischer  Legat  war,  zeigen  die  In- 
schriften Henzen  5448.  5449,  5502.  7420.  Die  letzte  ist  besonders  commentirt 
von  Roulez  Bull,  de  l'Acad.  roy.  de  Belgique  XVIIi  n.  11.  12.  Eine  Samm- 
lung der  Statthalter  giebt  derselbe  Memoire  sur  les  magistr.  Rom.  de  la  Belgique 
in  Mem.  de  VAcad.  roy.  de  Brux.  XVII  (1843). 


—     123     — 

und  consularische  legati  Aug,  pr.  pr.  für  Germania  inferior  *) 
und  siiperior^)  nachweisen,  und  wenn  gleich  die  Geographen  und 
Historiker  späterer  Zeit  noch  immer  an  der  Yiertheilung  Galliens 
festhaken  und  die  beiden  Germaniae  zu  Belgica  rechnen  ^) ,  so 
werden  doch  diese  officiell  als  Provinzen  betrachtet^)  und  be- 
nannt^). Hiemit  steht  nicht  in  Widerspruch,  dass  in  Beziehung 
auf  die  Finanzverwaltung  allerdings  die  Germaniae  mit  Belgica 
zusammengehörig  erscheinen;  denn  wenn  oben  mit  Recht  ange- 
nommen worden  ist,   dass  ursprünglich  alle  kaiserlichen  Provinzen 

1)  Im  Jahre  21  u.  Chr.  Visellius  Varro,  inferioris  Germaniae  legatus  (Tac, 
Ann.  3,  41),  Cos.  12  n.  Chr.,  im  J.  28  n.  Chr.  L.  Apronius ,  Germaniae  inf. 
propraetor,  d.  h.  legatus  pr.  pr.  Tac,  Ann.   1,   73, 

2)  Lentulus  Gaetulicus  war  29 — 39  n,  Chr.  leg.  Aug.  pr.  pr.  inf.  Germ. 
Dio  Cass,  59,  22.  Tac.  Ann.  G,  30,  Die  folgenden  Statthalter  beider  Germaniae 
bis  auf  Vespasian  sind  bekannt  und  zusammengestellt  von  Zunipt  Stud.  Rom. 
p.  152  f.  Desjardins  a.  a.  0.  p.  44.    Dass  sie  Consularen  waren,  zeigen  Tac.  H. 

I,  56  und  die  Inschriften,  in  denen  sie  öfters  legati  consulares  heissen  (Orelli 
3666.  Brambach  C.  I.  Rh.  n.  484).  Leg.  Aug.  pr.  pr.  Germ.  inf.  kommen  vor 
Orelli-Henzen  505.  822.  1270.  1767.  3297.  5024.  5458.  5502.  6500  (besser 
Renier  Inscr.  de  l'Alg.  n.  2319).  6804.  Brambach  C.  I.  Rh.  6».  55.  151.  ,334. 
464.  484.  663,  1844;  leg.  A.  pr.  pr.  Germ.  sup.  Orelli-Henzen  182.  391,  5501. 
6051.  6501,    Brambach  n.  1559.   1560.  1608. 

3)  Plin.  A;  //.  4  §  106.  Dio  Cass.  53,  12.  Ptolemaeus  2,  9,  14—21;  8, 
5,  1,  der  indessen  Germania  inferior  und  superior  als  eigene,  von  Belgica  abge- 
trennte Provinzen  namhaft  macht.   Vgl.  Desjardins  a,  a.  0.  p.  42.     Ammian.   15, 

II,  6  zu  lesen  nach  der  Emendation  von  Zumpt  Stud.  Rom.  p.  100:  regehantur 
auiem  Galliae  omnes,  iam  inde  uti  crebritate  bellorum  urgenti  cessere  Julio  dicta- 
tori,  potestate  in  partes  divisa  quatuor,  quarum  Narbonensis  una  Viennensem  intra 
se  continebat,  altera  Aquitanis  praeerat  universis,  Lugdunensem,  superiorem  et  in- 
feriorem Germaniam  lielgasque  duae  iurisdictiones  iisdem  rexere  temporibus.  Und 
so  noch  Orosius  1,  2.   Isidor.    Or.   14,  4,  25. 

4)  Mommsen  Ber.  d.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  h.  ph.  Classe  1852  S.  232  ver- 
weist namentlich  auf  die  Inschriften  eines  natus  in  Germania  superiore  Orelli 
3528;  eines  Tribocus  ex  Germania  Superiore  Luco  Augusti  Grut.  850,  10=Fca 
Indic.  della  villa  Albani  p.  97;  wozu  noch  kommt  der  Melonius  Senilis  ex  pr(o- 
vincia)  GeT(mania)  sup(eriore)  Hühner  Monatsber.  der  Acad.  zu  Berlin  1866  S.  794 
und  Victoria  Verina  —  —  domu  foro  Hadrianensi ,  provincia  Germania  inferiori 
C.  1.  L.  III  n.  4279;  auf  den  Kechtssatz  Dig.  1,  22,  3:  si  eadem  provincia 
postea  divisa  sub  duobus  praesidibus  constituta  est ,  veluti  Germania ,  Mysia ,  ex 
altera  ortus  in  altera  adsidebit  nee  videtur  in  sua  provincia  adsedisse;  endlich 
auf  Tac,  Ann.  13,  53,  wo  Belgica  in  Bezug  auf  Germania  superior  eine  oliena 
provincia  genannt  wird.  Plinins,  welcher  in  der  (reographie  Galliens  dunhatis 
dem  Agrippa  folgt  und  deshalb  nur  4  Provinzen  (xalliens  erwiihnt  (Desjardins 
Gioyr.  de  la  Gaule  p.  36  IT.  Zumpt  Stud.  Rom.  p.  107.  Comm.  ep.  1  p.  198), 
redet  doch  19  %  145  von  Spargeln  ,  die  in  superior  Germania  wachsen  ,  und  34 
S  2  von  einer  Germania  provincia. 

5)  Unter  Hadrian  kommen  vor:  A.  Platorius  —  leg.  propr.  provinc.  German. 
Inferior.  Orelli  822;  Q.  Lollins  —  Urbicus  —  leg.  Aug.  provinc.  Germ,  inferio- 
ri» Henzen  6500;  [lulius  Hevcrusl,  leg.  Aug.  pr.  pr.  provinc.  Germaniae  infe- 
rioris Henzen  5458  nach  der  Ergänzung  von  Horghesi  Burb.  p.  67=  Oeuvres 
4  p.  169.  Spätere  Inschr.  mit  ICrwähnunu  der  provincia  i.  bei  Mommsen  a.  a.  O. 
8.  233. 


—     124     — 

Galliens  unter  einem  Procurator  standen,  so  wird  die  Thatsache, 
dass  später  Aquilania  mit  Lugdunensis  und  Belgica  mit  den  bei- 
den Germaniae  ebenfalls  einen  Verwaltungsbezirk  bilden  ^j  ,  sich 
aus  dem  Hinzutreten  dieser  neuen  Provinzen  erklaren ,  durch 
welches  die  Theilung  der  zu  umfangreichen  Verwaltung  noth- 
wendig  wurde.  Allein  auch  in  Beziehung  auf  die  financielle  Ver- 
waltung bestand  zwischen  den  Germaniae  und  Belgica  eine  feste 
Zollgrenze;  denn  um  den  Heeren  Zollfreiheit  zu  gewähren,  hatte 
man  die  Accisestalion  für  Gallien  nach  Metz  verlegt  2), 

Von  den  beiden  Provinzen,  welche  durch  die  Nahe  (Nava) 
von  einander  getrennt  wurden  3),  umfassle  die  südliche,  Germania 
supenor,  die  Gegenden  um  Strassburg,  Speier,  Worms  bis  Mainz 
(Moguntiacum)  hinauf,  wo  der  Statthalter  residirte^).  Noch  bei 
Augustus  Tode  bildete  der  Rhein  die  Ostgrenze  der  Provinz, 
später,  wahrscheinlich  durch  Domitian^),  wurde  dieselbe  nach 
Osten  hin  erweitert,    und  noch  später,    vielleicht  seit  Hadrian^^), 

1)  T.  Yarius  Clemens  heisst  in  mehreren,  c.  160  n.  Chr.  gesetzten  In- 
schriften proc(urator)  provinciarum  Belgicae ,  Germaniae  superioris ,  Germaniae 
inferioris  (  C,  /.  L.  III  n.  5212);  proc.  provinciarum  Belgicae  et  utriusque  Ger- 
maniae ib.  n.  5215;  vgl.  5213.  5214.  Ein  proc.  a  rationib.  provinciarum  Belgicae 
et  duarum  Germaniar.  unter  M.  Aurel  Orelli  3574;  ein  vice  proc.  patrimon. 
prov.  Belgic.  et  duarum  Germaniar.  Henzen  5530;  ein  proc.  rat(ionis)  priv(atae') 
per  Belgicam  et  duas  Germanias  Henzen  6932.  Tac.  H.  1,  12:  paucis  post  Ka- 
lendas  lanuarias  diehus  Pompeii  Propinqui  procüratoris  e  Belgica  litterae  adfe- 
runtur ,  superioris  Germaniae  legiones  rupta  sacramenti  reverentia  imperatorem 
alium  flagitare ;  vgl.  c.  58.  Doch  unter  Hadrian  auch  ein  proc.  provinciae  Bel- 
gicae ohne  weiteren  Zusatz,  Henzen  6539.  Der  cens{itor)  Germ.  inf€ricr(is^  bei 
Schiassi  Guida  al  mus.  di  Bologna  p.  72,  welchen  Momrasen  anführt,  ist  ein 
Unterbeamter,  wie  der  subprocurator  provinc.  Belgicae  in  der  Inschr.  Hermes  4 
S.  218.  Bei  den  procuratores  vicesimae  hereditatum  findet  sich  noch  eine  andre 
Combination ;  einer  verwaltet  Lugdunensis,  Belgica  und  beide  Germaniae  [Orelli 
798  aus  der  Zeit  des  Septimius  Severus  s.  Henzen  Rhein.  Jahrb.  XII  (1848)  und 
Inscr.  p.  78),  ein  andrer  Narboneusis  und  Aquitania,  Henzen  5480  aus  der  Zeit 
der  Antonine.  Ib.  6929. 

2}  Inschr.  v.  Metz  bei  Desjardins  p.  46:  GENIO  C.  AVR.  MATERNi 
PREP.  STATIonis  quadragesimae  civitatis  mediomatricorum.  CATHlRIGus 
DELFICVS  CLIENS. 

3)  Boecking  zu  Ausonius  Mos.  v.  10  und  Not.  Dign.  II  p.  483.  849. 

4)  Boecking  iV.  D.  II  p.  483. 

5)  S.  K.  L.  Roth  Die  Vereinigung  Schwabens  mit  dem  römischen  Reiche 
durch  Domitianus,  im  Schweizer.  Museum  für  hist.  Wiss.  2  S.  30.  Frontin.  Strat. 
1.  3,  10:  Imperator  Caesar  Domitianus  Augustus,  cum  Germani  more  suo  e  sal- 
tibus  et  ohscuris  latebris  subinde  impugnarent  nostros.,  tutumque  regressum  in  pro- 
funda 'silvarum  haberent,  limitibiis  per  centum  viginti  milia  passuum  actis ,  non 
mutavit  tantum  statum  belli,  sed  subiecit  ditioni  suae  hostes ,  quorum  refugia  nu- 
daverat.    Auf  ihn  beziehen  sich  die  Arae  Flaviae  (Rottweil). 

6)  Man  beruft  sich  für  diese  Annahme  auf  Spart,  v.  Hadr.  12,  6  :  per  ea 
tempora  et  alias  frequenter  in  plurimis  locis,   in  quibtis  barbari  non  ßuminibus  sed 


—     125     — 

durch  eine  Mauer  gesichert,  welche,  an  der  Lahn  beginnend  und 
in  einer  krummen  Linie  bis  Regensburg  geführt  i),  die  Ostgrenze 
der  Germania  swperior  und  die  Nordgrenze  von  Raetia  bildend, 
das  Dreieck  zwischen  Rhein  und  Donau  abschloss,  das  unter  dem 
Namen  der  agri  decumates  bekannt  ist.  Der  nur  einmal  vorkom- 
mende Name^)  ist  von  unsicherer  Deutung,  indessen  wird  er 
doch  jedenfalls  auf  den  Zehnten  zu  beziehen  sein^),  welchen  die 
Ansiedler  zahlten.  Aus  den  vielen  erhaltenen  Denkmalern  der 
Gegend  ist  ersichtlich,  dass  das  Land  bevölkert  war,  durch  Kunst, 
Handel  und  Gewerbe  blühte,  und  dass  auch  römische  Truppen 
darin  stalionirt  waren.  Erst  nach  Aurelians  Tode  durchbrachen 
die  Deutschen  den  Grenzwall  und  nahmen  das  Land  in  Resitz'*), 
welche» ,  obwohl  noch  einmal  von  Probus  276  erobert  und  be- 
festigt^), doch  wieder  verloren  ging;  denn  Valentinian  und  Gra- 
tian  befestigten  im  J.  369  den  Rhein  als  Grenze^).  Germania 
inferior  ging  schon  seit  der  Niederlage  des  Varus ,  wenn  man 
einzelne  befestigte  Puncte,  wie  das  unter  Tiberius  erwähnte  Ca- 
stell  Aliso  an  der  Lippe  abrechnet,  östlich  nicht  über  den  Rhein 
hinaus').  Seine  Hauptstadt  wurde  Colonia  Agrippinensis  ^  früher 
oppidum  Uhiorum  genannt^),  das  im  J.  51  n.  Chr.  zu  Ehren  der 
Agrippina ,  Gemahlin  des  Claudius,  zur  römischen  Colonie  erho- 
ben wurde  ^). 

Von  den  durch  Cüsar  eroberten  Provinzen  leistete  Aquitanien  Romanisi- 

rungdörgal- 

dem  Eindringen  römischer  Gesittung  am  wenigsten  Widerstands^*) ;  nscheuPro- 

limitihua  dividuntur ,  stipitibus  magnis  in  modum  muralis  sacpis  funditus  (actis 
atque  conexis  harbaroa  aepanivit. 

i)  S.  Lkert  Geogr.  d.  Gr.  u.  R.  Germania  S.  278  ff.  C.  1.  Leichtlen  Schwa- 
ben unter  den  Kömern,   Freiburg  1825.  8. 

1)  Tar.  Germ.  29  :  non  numeraverim  inter  Germanine  populos,  quanquam  Irans 
Rhenurn  Danubiumqut  consederint,  eos^  qui  decumates  ayros  exercent.  Levissimtis 
quisque  Gallorum  et  iw/pia  audax  dubiae  possessionis  solum  occupavere.  Mox  limite 
acto  promotisqtie  praesidiis  simis  imperii  et  pars  provinciae  habentur.  Kin  limes  be- 
stand also  schon  im  J.  98  n.  Chr.,   in  welchem  die  Germania  herausgegeben  ist. 

3)  Decumus  hat  eine  Analogie  mit  infemas  und  supernas. 

4)  Vopiscus  V.   Taciti  3,  4. 
b)  Vopigcus  V.  Probi  13.   14. 

6)  Ammian.  28,  2:  Hhenum  omnem  a  RaeÜarum  exordio  adusque  frttaUm 
Oceanum  muynis  molibus  communiebal,  castra  extoUens  altius  et  castella,  turresque 
assiduas  per  hnbiles  locoa  et  opporlurioB^  qua  Galliarwn  extendHur  longitudo.  Vgl. 
30,  3. 

7)  Ukert  Germania  S.  270  ff. 
8J  Tac.  Ann.   1,  3«. 

9)  Zompt   Comm.  epiyr.   I  p.  384. 
10)  Ammian.  15,  11:   Aquitani  tnimf  ad  quorum  Utora  ut  proxima  placidaqut 


—     126     — 

in  den  andern  suclilo  man  einzelne  Stumme  durch  Gewährung 
eines  billigen  Bündnisses  *),  die  Vornehmen  aber  durch  Verleihung 
der  römischen  Civitiit  2)  in  das  römische  Interesse  zu  ziehen. 
Die  letztere  lehnten  die  Gallier  anfangs  entschieden  ab^)^  aber 
bereits  unter  Claudius  strebten  sie  nach  dem  ins  bonorum  in 
Rom  '*)  ,  wie  dieses  die  Bürger  aus  Gallia  Narbonensis  schon 
seit  Cäsars  Zeiten  theilweise  erhalten  hatten  •'>).  Durch  Claudius 
erhielten  dieAedui*»),  durch  Galba  eine  Anzahl  anderer  Stamme^) 
das  volle  Bürgerrecht;  den  Lingones  wurde  es  durch  Olho  ver- 
liehen^), und  auch  Hadrian  scheint  in  dieser  Beziehung  thUtig  ge- 
wesen zu  sein*"').  Von  den  Colonien,  welche  erwähnt  werden,  ist 
ausser  der  Golonia  Agrippinensis  (Köln)  auch  Augusta  Treverorutn 
(Trier)  wahrscheinlich  dem  Claudius  i«)^  Aventicum  (Avenches  in 
der  Schweiz)  dem  Vespasian  oder  einem  seiner  Söhne  i^),  Colonia 
Traiana   (Kelln  bei  Cleve)   dem  Traian  zuzuschreiben.    Unbekannt 


merces  adventiciae  convehuntur ,    moribus   ad  mollitiem  lapsis,    facile  in  ditionem 
venere  Romanam. 

1)  Nach  Plin.  N.  i/.  4  §  106  waren  in  Belgica  liberi  die  Nervii,  Suessio- 
nes,  Ulmanectes,  Treviri,  foederati  die  Lingones,  Remi.  Von  den  Batavi  sagt 
Tac.  Germ.  29 :  rnanet  honos  et  antiquae  societatis  insigne.  Nam  nee  trihuüs 
contemnuntur,  nee  j)ublicanus  atterit:  exempti  oneribus  et  collationibus  et  tantum 
in  usum  proeliorum  seposiii  velut  tela  atque  arma  bellis  reservantur.  cf.  Tac.  Hist. 
5,  25,  2.  In  Liigdunensis  waren  die  Meldi  und  Secusiavi  liberi,  die  Aedui  und 
Garnuteni  foederati  (Plin.  4  §  107),  in  Aquitanica  die  Santones,  Bituriges  und 
Averni  Liberi  (§  108). 

2)  Tac.  Ann.  11,  23:  primores  Oalliae,  quae  Comata  appeliatur,  foedera  et 
civitatem  Romanam  pridem  assecuti.  Hierüber  handelt  ausfülulich  Zumpt  De  pro- 
pagatione  civitatis  Romanae  in  Stud.  Rom.  p.  325  ff. 

3)  Cic.  pr.  Balbo  14,  32:  etenim  quaedam  foedera  exstant,  ut  Cenomanorum, 
Insubrium,  Helvetiorum^  lapydum,  nonnuUorum  item  ex  Gallia  barbarorum,  quorum 
in  foederibus  exceptum  est,  ne  quis  eorum  a  nobis  civis  recipiatur. 

4)  Tac.  Ann.  11,  23. 

5)  Tac.  Ann.  11,  24:  num  paenitet  Balbos  ex  Uispania  nee  minus  insignes 
viros  e  Gallia  Narbonensi  transivisse?  und  in  der  Originalrede  des  Kaiser  Clau- 
dius auf  der  Broncetafel  von  Lyon  (abgedr.  im  Tacitus  v.  Nipperdey  Bd.  2)  heisst 
es :  ornatissima  ecce  colonia  valentissimaque  Viennensium  quam  longo  iam  tem- 
pore senatores  huic  curiae  confert!  und  weiterhin:  qicod  si  haec  ita  esse  consen- 
titis ,  quid  ultra  desideratis  quam  ut  vobis  digito  demonstrem ,  solurn  ipsum  ultra 
fines  provinciae  Narbonensis  iam  vobis  senatores  mittere,  quando  ex  Lugduno  ha- 
bere nos  nostri  ordinis  viros  non  poenitet? 

6)  Tac.  Ann.   11,  25. 

7)  Tac.  H.   1,  8.    Plut.  Galba  18. 

8)  Tac.  H.  1,  78. 

9)  Wenn  es  bei  Spart.  Hadr.  21,  7  von  ihm  heisst:  Latium  multis  civitati- 
bus  dedit,  so  ist  daraus  wohl  zu  schliessen,  dass  er  den  Communen,  die  bereits 
das  ius  Lata  hatten,  das  Bürgerrecht  verlieh. 

10)  Zumpt  Comm.  ep.  I  p.  385. 

11)  Mommsen  Inscr.   Confoed.  Helvet.  p.  27. 


—     127     — 

ist   dagegen    der   Ursprung    der    narbonensischen    Bürgercolonien 

Acusio,  Apla  (Colonia  lulia  Apta  Vulgientium,  jetzt  Apt),  Cabellio 
(Cavaillon),  Dea  Angusta  Vocontiorum  (Die),  Maritima,  Nemausus 
(NImes),   Colonia  lulia  Augusta  Apollinarium   Reioruni   (Riez)   und 

Tolosa   (Toulouse)  ^). 

Zu  den   genannten    6  Provinzen  Galliens   kommen  nun  noch 

drei  Alpendistricte,   nämlich 

7.  Alpes  maritimae,    im  J.   14   v.  Chr.   durch    Aueustus    T-Aipcs 

'  '  ^  maritimae. 

zur  Provinz  gemacht  2).  Sie  standen  unter  einem  procurator'^] 
und  erhielten  63  n.  Chr.   durch  Nero  das  ins  Latii^). 

8.  Alpes    Colliae.     Die    <4  Gemeinden,    welche   im   J.   8    i-^}P<'^ 

'  '  Cotttae. 

V.  Chr.  dem  Augustus  den  Triumphbogen  in  ihrem  Hauptort  der 
civitas  Segusinorum  errichteten  und  in  dessen  Inschrift  verzeichnet 
sind^),  bildeten  damals  ein  Königreich  ^j ,  regnum  Coltii'^),  welches 
hernach  Claudius  anerkannte  und  vergrösserte  ^) ,  Nero  aber  nach 
dem  Tode  des  Cottius  in  eine  procuratorische  Provinz  verwan- 
delte^).   Die  Einwohner  hatten,   vielleicht  seit  dieser  Zeit,  latini- 

1)  S.  Desjardiiis  zu  den  einzelnen  Städten  und  Zumpt  a.  a.  O.  p.  412,  der 
diese  Colonien  ohne  Grund  dem  Hadrian   zuschreibt. 

2)  Dio  Cass.  54,  24 :  xfixe  oe  oi  te  flawovioi  vewTepioavxe?  ctür^t;  iyei^iii- 
Orjoav  xotl  al  "AXret?  al  7rapai*}oiXd(J5ioi ,    'jtto  Af/uwv  twv  Ko[j.tjT(«v   %aXo'j[Aevwv 

3)  Strabo  4  p.  203 :  xtöv  hi  pexa^u  xou  O'Jotpo'j  y.al  x-^;  Fevo'ja;  Aqutov  oi 
(jiev  ^Tii  xV]  ftotXaxxT]  xoT;  'IxaXt(uxat;  eiolv  o\  a'jxoi.  inl  oe  xou;  ipeivou;  rifj-Trexai 
xt?  uTiapyo;  xör;  l-riy-ojv  dvopojv,  xotDaTrep  y.ai  dr  dXXou?  xöiv  xeXäo;  ßcxpßdpojv. 
Der  procurator  Alpium  Marilimarum  (denn  diesen  meint  Strabo)  kommt  öfters 
vor.  Tac.  H.  2,  12:  maritimas  tum  Alpes  tenebat  procurator  Marias  Malurus,  vgl. 
3,  42.  Orelli  2223.  3331.  Henzen  6928  =C.  /.  L.  11  n.  1970.  Ein  praefectm 
Alpium  maritimar.  Grut.  p.  287,  7;  ein  praef.  rivitat.  in  Alpib.  Maritumis, 
Ilenzen  6938.  Ein  ir.krjOTioi  xal  -fiYefxwv  xwv  TtapaftaXctactojv  "AXretuv  in  einer 
Inschr.  von  Massilia  C.  J.  Gr.  G771.  Kin(/Iamen)  provinriae  Alpium  Marilimarum 
aus  dem  Jahr  181  n.  Chr.  Orelli  2214.  Ein  Aurdius  Khodismanus  Aug.  Hb.  (a) 
comment^ariis)  Alp.    Maril.    Miirat.   p.  1022,   5. 

4)  Tac.  Ann.  If),  32:  eodem  anno  Caesar  nationes  Alpium  maritimarum  in 
ius  Lata  transtulit. 

h)  MafTei   Mus.    Ver.   p.  234  =  Orelli  626. 

0)  Der  König  lieisst  in  der  Inschrift  M.  Julius  reyis  Donni  f.  Cottius,  prae- 
fectua  ceivitalium  quae  aubscriptae  sunt. 

7)  regnum  Cotii  helsst  der  District  noch  auf  der  Peutingerschen  Tafel.  Des- 
jardins  a.  a.  O.  p.  3.')  f. 

8)  Dio  CasH.  60,  24 :  Mdfpxtfi  'IouX(<{)  Koxxdji  tV)v  rotxptoav  dtpy^v ,  \i  ivX 
T&v  "ÄXitetov  x<üv  />[xoj^6(i.<ov  elye ,  TTpo^eTTT^uSTjoe ,  paotXda  auxiv  röte  itpffirov 
«ivo(ji<£o7;. 

9)  Suet.  f^tro  18:  Pnnti  modo  regnum,  ronredente  Polemone ,  item  Alpium 
defuncto  Cottio  in  provinciae  formam  redegit.  Eulrop.  7,  14.  Aurel.  VMct.  Cnea. 
ö,  2;  epit.  f),  4.  Kuseb.  p.  161  Hral.  Paulus  Diac.  Hist.  misr.  8,  f).  Vopisc. 
Auirel.  21.  Kufu.H  Inev.  3.  Ein  procurator  Aug.  Alpium  i'ottinn.  Orelli  2ir>6; 
procurator  Aug.  nostri ,    prneaes  Alpium    Cottiar.    Henzen  ()939'»;    (proruryitor   et 


—     128     — 

sches  Recht  ^) .     In  der   diocletianischen  Reichseintheilung   gehören 
die  Alpes  Cottiae  zur  italischen  Diöcese,    und  bei   dieser   blieben 
sie  auch  in  der  Folge  2). 
2.  Alpen  9.    Die  Alpes  P oeninae^),  auch  Alpes  Atractianae  et  Poe- 

Poenttuie.  ^  n  i 

ninaej  Alpes  Graiae  et  Poeniruie,  vielleicht  anfangs  zu  Raetia  ge- 
hörig'*), dann  aber^  man  weiss  nicht  seit  wann,  jedenfalls  im  zwei- 
ten Jahrhundert,  eine  procuratorische  Provinz  5)  ^  umfassten  das 
ganze  schweizerische  Rhonelhal  (Canlon  Vallis)  ^)  mit  4  civitates'^) 
und  das  südlich  vom  Genfersee  liegende  Gebiet  der  Ceutrones, 
deren  Westgrenze  gegen  das  Gebiet  von  Vienne  im  Jahr  74  durch 
den  Statthalter  von  Obergermanien ,  Gnaeus  Pinarius  Cornelius 
Clemens,  unter  dem  die  westliche  Schweiz  stand  ^),  regulirt  ward^). 

praeses  Alpium  Cotti  Grut.  p.  493,  7.  In  der  römischen  Inschr.  aus  Tiberius 
Zeit  Ballett.  1853  p.  182  ist  nach  Mommsen  ( C.  /.  L.  III  p.  588)  zu  lesen: 
procurator  re[gni   Cotti]  et  provin[c]  Nar\bonens]. 

1)  Plin.   N.  E.  d  %  135. 

2)  S.  oben  S.  83.  84. 

3)  üeber  die  Schreibart  Poeninae,  nicht  Penninae  s.  Mommsen  Die  Schweiz 
in  römischer  Zeit.  9ter  Bericht  der  antiq.  Gesellsch.  in  Zürich  1853.  4  S.  6. 
Mommsen  Inscr.    Conf.  Helv.  p.  4  ff. 

4)  Mommsen  Die  Schweiz  S.  6, 

5)  Ein  proc.  Alpium  Atractianar.  et  Poeninar.  iur.  gladi.  Orelli  3888 ;  proc. 
Alp.  Atrectianar.  Orelli  2223.  Ausserdem  haben  sich  in  Axima  Ceutronum  (Ptolem. 
3,  1,  37),  jetzt  Aixme,  eine  Anzahl  \on  Inschriften  gefunden,  in  welchen  4 
Procuratoren  genannt  werden  :  1.  2'.  Pomponius  Victor  proc.  August.  (Orelli  1613), 
der  in  der  von  ihm  gesetzten  versiücirten  Inschrift  sagt :  dum  ius  guberno  rem- 
que  fungor  Caesarum;  2.  Malli{us)  —  —  proc.  Am(^.);  3.  Caetronius  Cus[p^a- 
nus  proc.  Aug.  4.  L.  Atinius  Marhinianus  v(jr)  e{gregius)  proc.  Aug.  S.  Allmer 
im  Bull.  d.  Inst.  1869  p.  263  ff.  Von  diesen  nennt  sich  der  erste  proc.  Augusto- 
rum ,  lebte  also  wohl  unter  M.  Aurel  und  Verus  (161  — 172)  oder  M.  Aurel  und 
Commodus  (177—180)  oder  Sever  und  Caracalla  (198  ff.). 

6)  Mommsen  Die  Schweiz  S.  6. 

7)  Inschr.  v.  S.  Maurice,  Mommsen  Inscr.  Conf.  Helv.  n.  17  aus  dem  Jahr 
23  n.  Chr.  :  Druso  Caesari  —  —  civitates  IUI  vallis  Poeninae.  Es  sind  dies 
Sedunorum  civitas  (Sitten),  Vallensium  civitas  oder  Octodurum  (Martigny),  Nan- 
tuütium  civitas  oder   Tarnaiae  (8.  Maurice),   Penneloci  (Villeneuve). 

8)  Vgl.   Mommsen  Die  Schweiz  S.  7. 

9)  Die  Inschrift,  aus  welcher  sich  dies  ergiebt  (Henzen  5256),  ist  erst  neuer- 
dings von  Renier  Revue  archeol.  XVP  annee  p.  358  ff.  sicher  gelesen  worden  und 
lautet:  ex  auctorita{te')  imp.  Caes.  Vespasian.  Aug.  pontifieis  max.  trib.  potest.  V 
cos.  V  design.  VI  Cn.  Pinarius  Cornel.  Clemens  leg.  eius  pro  pr.  exercitus  Ger- 
manici  superioris  inter  Viennenses  et  Ceutronas  terminavit.  Aus  dieser  Inschrift 
und  dem  dazu  von  Itenier  beigebrachten  Material  geht  hervor,  1)  dass  die  in 
den  jetzigen  Texten  des  Caesar,  Strabo,  Plinius  und  Ptolemaeus  vorkommenden 
Centrones  richtiger  Ceutrones  zu  schreiben  sind;  2)  dass,  da  die  Grenze  zwi- 
schen ihnen  und  den  Viennenses  nicht  durch  den  Statthalter  der  Narbonensis 
festgestellt  wird,  die  Ceutrones  nicht  zu  Oallia  Narbonensis  gehören,  sondern 
zu  einer  andern  Provinz,  die  nur  die  der  Alpes  Poeninae  sein  kann. 


—     129     — 

Nach  Diocletian  heisst  die  Provinz  Alpes  Graiae  et  Poemnae  i),  ge- 
wöhnlich   Alpes  Graiae,  und  gehört  zur  dioecesis  Galliarum^). 

Im   vierten   Jahrhundert  finden    wir   eine   wesentlich   andere  Eintheiiung 

Galliens 

Theilung  der  gallischen  Provinzen,    welche  im  Ganzen  dem  Dio-nachDiocie- 
cletian  zuzuschreiben  ist,    später  aber  noch  einige  Veränderungen 
erfahren  hat^).     Nach  dieser  zerfällt  ganz  Gallien  in  zwei  grosse 
Ländercomplexe,    die  dioecesis  Galliarum  und  die  dioecesis  Vien- 
nensis. 

Die  dioecesis  Galliar^um  hat  um  297  8  Provinzen: 

1.  Belgica  prima  unter  einem  consularis ,  Hauptstadt  civitas 
Trevirorum  (Trier) . 

2.  Belgica  secunda  unter  einem  consularis^  Hst.  Durocortorum 
Remorum   (Reims) . 

3.  Germania  prima  u.  e.  consularis,  Hst.  Mogimtiacum  (Mainz). 

4.  Germania  secunda  u.  e.  consularis ,  Hst.  Coloriia  Aprippi- 
nensis  (Köln). 

5.  Maxima  Sequanoriim  u.  e.  praeses  *)  ^  Hst.  Vesontio  (Be- 
sancon). 

6.  Lugdunensis  prima  u.  e.  praeses^),  Hst.  Liigdunum  (Lyon). 

7.  Lugdunensis  secunda  w.  e.  praeseSj  Hst.  Rotomagus  (Ronen). 

8.  Alpes  Graiae  et  Poeninae  u.  e.  praeses  j  mit  den  Städten 
civitas  Vallensium  Octodurum  (Martigny)  und  civitas  Ceu- 
tronum  Darantasia  (Moutiers-en-Tarentaise) . 

Hiezu  kommen  um  385  6) : 

9.  Lugdunensis  u.  e.  praeses,  Hst.  Caesarodunum  Turonum 
(Tours). 

4  0.  Lugdunensis   Senonia  u.  e.   praeses,    Hst.  civitas   Senonum 
(Sens). 

1)  Ammiaii.  15,   11. 

2)  Verz.  der  Prov.  v.  297  p.  511,  Polemii  Silvii  laterculus  ed.  Mommsen 
p.  253.  266.    Not.  Diyn.   Occ.  cd.  Roecking  p.  489. 

3)  Quellen  für  diese  neue  Provincialverfassung  sind  ausser  dem  veroneser 
Verzeichniss  der  Provinzen  (um  297),  dem  hreviarium  des  S.  liufus  (um  369), 
dem  laterculus  des  Polemius  Silvius  (um  386)  und  der  Notitia  Digniiutum  auch 
die  Notitia  provinciarum  et  civitatum  Galliae  aus  Honorius  Zeit  (.'{95 — 423)  her. 
V.  Sirraond  in  der  zweiten  Ausgabe  der  Concilien  Tom.  I  (1629  fol.)  und  bei 
Rouquet  Recueil  des  historiens  des  Gaules  et  de  la  France,  Paris  1738  ff.  fol.  1 
p.  122  ff.  Andere  Kecensionen  dieses  Verzdrhnisses  s.  bei  J.  F.  Gronov.  Var. 
(Jeoyr.  ,    Lugd.   Hat.    1739.   8  p.  40  ff.  Houquct  Vol.  2. 

4)  Inschr.   von  294.   Mommsen   Inscr.   Conf.   Uelv.   n.  239. 

5)  Diesen  hatte  wie  nocli  .'Jl'J.  Cod.  Th.  11,  3,  1,  dagegen  hat  sie  372 
einen  consuUiris.  Fr.  Vat.  ^  36. 

6)  S.  .Mommsen  Verz.  d.  K.   Pr.  um  297  ö.  611. 

lt. .111    A  lürth,  IV.  9 

1 


—     130     — 

Die  dioecesis   Viennensis  hat  um  297  7  Provinzen: 

1.  Viennensis  unter  einem  consulariSj   Hst.    Vienna. 

2.  Narhonensis  prima  u.  e.  praeses,    Hst.  Nai^bo. 

3.  Narhonensis  secunda  u.  e.  praeses,  Hst.  Aquae  Sextiae  (Aix). 

4.  Novem  populi  oder  Novempopulana  u.  e.  praeses,  Hst.  ^/M.9a 
(Ciutat  prös  d'Eause) . 

5.  Aquitanica   prima   u.    e.    praeses ,    Hst.    civitas   Bilurigum 
(Bourges) . 

6.  Aquitanica  secunda  u.  e.  praeses.  Hst.  Burdigala  (Bordeaux). 

7.  i4/p^s  maritimae  u.  e.  praeses,  Hst.  Ebrodunum  (Embrun). 
Die  Theilung  der  Narhonensis  und  Aquitanica  in  zwei  Pro- 
vinzen muss  später  erfolgt  sein^  als  die  Einrichtung  der  Diöcese, 
deren  Statthalter  noch  im  vierten  Jahrhundert  den  Titel  vicarius 
quinque  provinciarum  führte),  während  er  später  allerdings  vica- 
rius Septem  provinciarum  genannt  wird  2). 


XV.  Britannia. 


Die  Eroberung  von  Britannien  ist  langsam  vor  sich  gegangen, 
zunächst  vielleicht  deshalb,  weil  sie  wenig  Vortheil  zu  versprechen 
schien 3).  Die  beiden  Expeditionen,  welche  Cäsar  in  den  Jahren 
55  4)  und  54  5)  dahinunternahm,  hatten  keine  dauernden  Folgen; 
denn  die  Abgabe,  welche  er  den  von  ihm  besiegten  Stämmen 
auflegte ♦j),  wird,  da  er  eine  Besatzung  nicht  zurückliess,  nicht 
lange  gezahlt  worden  sein.    Augustus  hat  einen  Z\i%  nach  Britan- 

1)  Inschr.  Henzen  6471. 

2)  Henzen  6910.  Vgl.  Gothofr.  ad  C.  Th.  16,  10,  15.  Boecking  N.  D.  2 
p.  470  ff.    Mommsen  a.  a.  0.  S.  512. 

3)  Appian.  prooem.  Yol.  I  p.  5,  28  Bekk,  :    v.a\  xöv  ßopetov  (juxeavov  d?  ttjv 

BpexxaviSa  v^oov  Trepdaavxe; xö  -/.pdxioxov  auxfj?  eyouoiv  UTrep  i^fjLtcu,  ouSev 

XTJ?  aXXv]?  SeöfJievot  •    ou  ^(äp  e'jcpopo?  auxoTc  doxiv  ouo'  tj^  syo'jotv.     Cic.   ad  AU. 

4,  16,  13  :  etiam  illud  iam  cognitum  est ,  neque  argenti  scripulum  esse  ullum  in 
illa  insula,  neque  ullam  spem  praedae  nisi  ex  manclpiis.  —  ad  fam.  7,  7:  in 
Britannia  nihil  esse  audio  neque  auri  neque  argenti. 

4)  Caesar  B.  G.  4,  20—36.    Drumann  3,  293  ff. 

5)  Caesar  B.  O.  5,  5—23.    Drumann.  3,  299  ff. 

6)  Caesar  B.  G.  5,  22 :  obsides  imperat  et  quid  in  annos  singnlos  vectigalis 
populo  Romano  Britannia  penderet ,  constituit.  Cic.  ad  Att.  4,  17,  8:  confecta 
Britannia.,  ohsidihus  acceptis  nulla  praeda,  imperata  tarnen  pecunia.  Liv.  ep.  105 : 
aliquam  partem  insulae  in  potestatem  redegit.  Hieraus  haben  Spätere  eine  Erobe- 
rung des  Landes  gemacht,   wie  l'^utrop.   6,    17(14):  Britannos  stipendiarios  fecit. 

5.  Ruf  US  6:   decimo  anno   Gallias  et  Britannias  tributarias  fecit. 


—     131     — 

nien  zwar  zweimal ,  34  ^j  und  27  v.  Chr.  2)  vorbereitet,  aber  nie- 
mals ^virklich  ausgeführt  ^)  und  sich  begnügt  einen  gewissen 
politischen  Einfluss  in  Britannien  geltend  zu  machen  ^J.  Einige 
Häuptlinge  suchten  bei  ihm  Schutz  ^)  ,  andere  öffneten  ihr  Land 
dem  römischen  Handel  6),  und  das  Land  blieb  frei,  bis  der  im 
J.  43  unternommene  Feldzug  des  Kaisers  Claudius")  zu  einer 
theilweisen  Besetzung  der  Insel  ^),  der  Auflegung  regelmässiger 
Abgaben^)   und  der  Einrichtuns  der  Provinz  ^ö)   führte.     In  Fol ee Einrichtung 

o  /  n  /  o    der  Provinz. 

dessen  wurde,  obwohl  die  Eroberung  des  Landes  erst  nach  und 
nach,  namentlich  durch  Agricola  (78  —  84)  in  Ausführung  kam, 
doch  sogleich  ein  Heer  in  der  Provinz  stationirt  ^i),  ein  Statthalter 
eingesetzt  J 2)  und  im  J.  50  die  Colonie  Camulodunum  (Colchesler) 


1)  Dio  Cass.  49,  38. 

2)  Dio  Cass.  53,  22.  25.  Horat.  Od.  1,  35,  30:  3,  5,  3 ;  vgl.  1,  21,  15: 
4,  14,  48. 

3)  Dio  Cass.  62,  4. 

4)  Strabo  4  p.  200:  vjvi  pivxot  töjv  O'jvaaTöiv  xtve;  töjv  auxoi^t  zpeG^euoeat 
7.at  0epci7:e(ai?  xarao'/f'jaaafxevoi  ttjv  x:p6;  Kataapa  tov  ^eßaaxov  cpiXtav  dvaO-r]- 
(xaxd  xe  dv^&tj7.otv  ^v  xtjj  KaTrexcuXico  xal  oizeiav  <r/eh6v  xt  Tiapeoy.s'jcxaav  xoi? 
Ttt)(j.aiot;  2XrjV  xtjv  v^oov. 

5)  Mon.  Ancyr.  5,   54. 

6)  Strabo  4  p.  200. 

7)  Sueton.  Claud.  17.  Vespas.  4.  Dio  Cass.  GO,  19—23.  H.  Lehmann  Clau- 
dius und  Nero  und  ihre  Zeit  Bd.  I,  Gotha  1858.   S.  225—229. 

8)  Suet.  Claud.  17:  parte  insulae  in  ditionem  recepta.  Suet.  Vesp.  4:  Claudio 
principe  Narcissi  gratia  legaius  leyionis  in  Germaniam  missus  est;  inde  in  Bri- 
tanniam  translatus  iricies  cum  hoste  conßixit.  Duas  validissimas  yentes  superque 
viginti  oppida  et  insidam  Vectem  (Wight)  liritanniae  proximam  in  dicionem  rede- 
git,  partim  Auli  Plauti  legati  consularis  partim  Claudii  ipsius  ductu.  Es  ist  noch 
ein  Theil  der  Inschrift  des  Triumphbogens  vorhanden;  welcher  in  Rom  dem  Clau- 
dius wegen  der  Beilegung  Britanniens  errichtet  war.  Die  Inschrift  ist  von  Bor- 
mann Kph.  epigraph.  1872  p.  221  so  ergänzt  worden:  TI,  CLAVdio  drusi  f. 
caiSARI  AVGVsto  germaniCO  PONTIFICi  maximo  trib.  potesTAT.  XI  cos  V 
IMp.  xxi  patri  paTRIAI  SENAT VS  POpulusque  ROmanua  qVOI)  REGES 
BRlTanniai  sine  VLLA  JACTVRa  in  deditionem  acceperit  GENTESQVE  Bar- 
baras Irans  oceanum  PRIMVS.  IN  DIClonem  populi  romani  redegerit. 

9)  Dio  Cass.  62,  3. 

10)  Tacit.  Agr.  13:   divus  Claudius   auctor  iterati  operis  transvectis  legionibus 

nuxiliisque  et  assumpto  in  partem  rerum    Vespasiano. Domitae  genles,  capti 

reges  et  monstratus  fatis  Vespasianus.  c.  14:  consularium  primus  Aulus  Plautius 
praepositus  ac  subinde  Ostorius  Scapula  —  —  redactaque  paulatim  in  fnrmam 
provinciae  proxima  pars  Britanniae.  Claudius  selbst  crwälint  in  seiner  Kode  col. 
I  a.  Ende  (Nipperdey  Taciius  2  p.  224)  die  gloria  prolati  imperi  ultra  Oceanum. 
Auf  die  Eroberung  bczichn  sich  auch  dio  Inschr.  Orelli  715  und  acht  Epigramme 
der  Anthologia  Lat.  2,  84—91  Biirm.  n.  762—769  Moyer. 

11)  E.  llübner  Diu  römischen  Heeresabtheilungen  in  Britannien  im  Rhein. 
Museum  N.  F.  XI  (1857)  S.  1—57  und  Nachträge  XH  (18ö7j  8.  84  (T.  XIV 
(1859)  S.  347-357. 

12)  Die  Reihe  der  Statthalter  bis  auf  Domitian  ist  volUtändig  bekannt.  Es 
siiid  1.  Auluii  I'lautiuM  44 — 47.     2.  P.  OütoriuK  ticapula  47—51.     3.  A.  Dldiutt 

9* 


—     132     —      ' 

angelegt  1).  Im  J.  81  begann  Agricola  das  Befestigungswerk,  wel- 
ches den  Norden  der  Provinz  gegen  die  Picten  und  Calidonier 
sichern  sollte.  Dasselbe  liegt  zwischen  der  Clota  und  Bodotria 
[the  Friths  of  Clyde  und  of  Forth)^)  und  ist  im  J.  140  unter 
Antoninus  Pius  zum  zweitenmale  gebaut  worden  ^) ,  nachdem  es 
theilweise  zerstört  worden  war.  Unter  Hadrian  nämlich  fand  eine 
grosse  Empörung  [der  Einwohner  statt  '^)  ,  die  der  Kaiser  zwar 
persönlich  niederwarft),  in  Folge  deren  er  aber  die  Grenze  süd- 
licher rückte,  und  dieselbe  durch  einen  neuen  Grenzwall,  den 
murus  Hadriani  sicherte,  der  vom  Frith  von  Solway  (Ituna  Aestua- 
rium)  bis  zur  Mündung  des  Flusses  Tyne  reichend,  für  die  fol- 
genden Jahrhunderte  den  limes  provinciae  bildet.  Diese  Mauer 
ist   von    Severus   verstärkt   worden  ^)    und   bestand   seitdem   aus 

Gallus  52  —  57.  4.  Q,  Veranius  Nepos  58.  5.  C.  Suetonius  Paulinus  59 — 61. 
6.  Q.  Petronius  Turpilianus  62 — 64.  7.  Trebellius  Maximus  64 — 69.  8.  Vettius 
Bolanus  69—71.  9.  Q.  Petilius  Cerealis  71—74.  10.  S.  Julius  Frontinus  74—78. 
11.  Cn.  lulius  Agricola  78 — 85.  S.  Tacit.  Agr.  14 — 18.  Hübner  Die  röm.  Le- 
gaten von  Britannien,  im  Rhein.  Museum  N.  F.  XII  (1857)  S.  46—83;  vgl.  XIV 
S.  357  ff.  Urlichs  Comm.  de  vita  et  honoribus  Agricolae,  Wirzeburgi  1868.  4 
p.  25  if.    Borghesi   Oeuvres  3,  70.   188;  6,  34.  476.    Boecking  N.  D.  2  p.  498  f. 

1)  Tac.  Ann.  12,  32.  Zumpt  Comm.  ep.  1  p.  389.  Ueber  die  zweifelhafte 
Lage  des  Ortes  s.  W.  Smith  Dictionary  of  Öreek  and  Roman  Geography,  London 
1856.  8  Vol.  I  p.  645. 

2)  Tac,  Agr.  23 :  quarta  aestas  obtinendis ,  quae  percucurrerat ,  insumpta, 
nc,  si  virtus  exercituum  et  Romani  nominis  gloria  pateretur,  inventus  in  ipsa  Bri- 
tannia  terminus.  Namque  Clota  et  Bodotria  ,  diversi  maris  aestibus  per  immensum 
revectae,  angusto  terrarum  spatio  dirimuntur,  quod  tum  praesidiis  firmabatur,  atque 
omnis  propior  sinus  tenebatur ,  summotis  velut  in  aliam  insulam  hostibus.  Ueber 
diesen  Wall  handelt  mit  Benutzung  der  englischen  Quellen  Boecking  N.  D.  2, 
887  Anm.    Vgl.  Hübner  Monatsberichte  der  Acad.  zu  Berlin  1866  S.  794  ff. 

3)  Capitolin.  Anton.  P.  5,   ^•.  Britannos  per  Lollium  Vrbicum  vicit  legatum 

alio  muro  cespiticio  summotis  barbaris  ducto.  Pausan.   8,  43 :  'Avtcavivo? 

dTrexIfxeTO  he  vtai  xtbv  dv  BpSTxavta  x-^jv  tioXXtjV,  oxt  iTrecßaivstv  xal  ouxoi  ouv 
SttXoii;  TJp^av  ic,  x-iqv  Fevou^nav  [xoTpctv,  »jtutjXoou;  'P(o|jLaiu)V.  Dio  Cass.  72,  8. 
Orelli  n.  845.  Dass  Antonius  Wall  mit  dem  des  Agricola  ein  und  derselbe  ist, 
wird  allgemein  angenommen.  Vgl.  Mannert  Geogr.  d.  Gr.  u.  Römer  2,  2  (1822) 
S.  67.  113.  215  ff. 

4)  Spart.  Hadr.  5,  2 :  Britanni  teneri  sub  Romana  ditione  non  poterant. 
Fronte  p.  200  ed.  Rom.  1823  =  p.  144  ed.  Rom.  1846  =  p.  218  Naber.:  quid? 
avo  vestro  Hadriano  Imperium  obtinente  quantum  militum  a  ludaeis ,  quantum  ab 
Brittannis  caesum? 

5)  Spart.  Hadr.  11 :  Britanniam  petit  in  qua  multa  correxit  murumque  per 
octoginta  milia  passuum  primus  duxit,  qui  barbaros  Romanosque  divideret.  Die 
expeditio  Britannica  des  Hadrian  erwähnen  die  Inschriften  Orelli  804.  Hen- 
zen  5456. 

6)  Spart.  Sever.  18,  2 :  Brittanniam ,  quod  maximum  eins  imperii  decus  est, 
muro  per  transversam  insulam  ducto  utrimque  ad  finem  Oceani  munivit.  Vgl.  c. 
22,  4.  Aurel.  Vict.  Caes.  20.  Eutrop.  8,  10  (19).  Cassiodor  ad  a.  207  in  Momm- 
sen  Die  Chronik  des  Cassiodorus  Senator  p.  640 :  his  conss.  Severus  in  Brittan- 
nos  bellum  movit,  ubi  ut  receptas  provincias  ab  incursione  barbarica  faceret  secu- 


—     133     — 

einer  doppelten  Kette  von  Verschanzungen.  Die  nördliche  Linie 
ist  gemauert  und  enthält  81  Castelle,  die  südliche  ist  nur  durch 
einen  Erdwall  und  dazu  gehörigen  Graben  befestigt.  Die  letztere 
schreibt  man  dem  Hadrian,   die  erstere  dem  Severus  zu^). 

Die  ungetheilte  Verwaltung  der  so  begrenzten  Provinz  führte  ygj.^^j^^j^ 
ein  consularischer  legatiis  Aug.  pr.  pr.  2)  ,  der  einen  Procurator 
unter  sich  hattet),  bis  sie  im  J.  197  n.  Chr.  nach  dem  Tode  des 
Clodius  Albinus  von  Septimius  Severus  in  zwei  Theile  getheilt 
wurde,  Britannia  sttperior  und  inferior^),  jede,  wie  es  scheint, 
unter  einem  praeses^).  Nach  der  Diocletianischen  Organisation 
hat  das  Land  vier  Provinzen:  i.  Britannia  prima,  2.  Britannia 
secunda,  3.  Maxima  Caesariensis,  4.  Flavia  Caesariensis^),  w'ozu 
im  J.  369  als  fünfte  Provinz  Valentia  gefügt  wurde').  Von  die- 
sen waren  Maxima  Caesariensis  und  Valentia  consularisch,  die 
drei  andern  präsidialisch  ^j . 

Die  Donauprovinzen. 

XVI.  Eaetia9> 

Rätien,  welches  den  von  der  Donau  südlich  liegenden  Theil 
Baierns,  den  nördlichen  Theil  von  Tirol  und  den  östlichen  Theil 

riores,  vallum  per  CXXXJI  passuum  milia  a  mari  ad  mare  duxit.  Die  übrigen 
Zeugnisse  s.  bei  Boecking  N.  D.  2  p.  889  ff. 

1)  lieber  diesen  Wall  ist  die  Hauptuntersuchung  C.  Bruce  The  Roman 
■wall;  descript.  of  the  mural  harrier  of  the  Nord  of  England.  3  edit.  London 
1867.  4.  Vgl.  Boecking  N.  D.  2  p.  887  ff.  Hübner  Monatsberichte  der  Berl.  Acad. 
1866  S.  789. 

2)  Dies  sagt  Tac.  Agr.  14.  Auch  ergiebt  es  sich  aus  den  bekannten  Lega- 
ten, vgl,  Borghesi   Oeuvr.  6  p.  145, 

3)  Proc.  Aug.  prov.  Britanniae  Orelli  2222.  Henzen  6701.  6936.  C\  /.  Gr. 
6627.    Hübner  im  Rhein.  Mus.  N.  F.   XIV  8.  361.  362. 

4)  Herodian.  3,  8,  2:  (Severus)  oioi%T)oai;  oe  xd  xaxd  t^jv  Bperravtav  xai 
öteXwv  £(;  86o  -fjfeiAOvla;  tt^jV  tou  Iffvouc  d^ouoiav  —  —  el;  ti^jv  'P(6fA7jv  -/jirei- 
fCTO.  Von  der  Bperravia  yj  dvo»  spricht  Dio  Cass.  oö,  23  schon  bei  der  Aufzäh- 
lung der  Legionen  unter  Augustus ,  offenbar  den  Namen  anachronistisch  anwen- 
dend; provincia  Brittannia  inferior  hat  die  Inschr.  Henzen  7414ß  fp.  494)  und 
die  fragmentirte  Inschrift  v.  Musti  in  Gu^rin  Voy.  Arch.  dan.<t  la  regence  dt 
TuniH  2  p.  102  n.  296.  Die  Art  der  Abgrenzung  ist  unbekannt.  S.  Hühner  im 
Rhein.  Museum  N.  V\   XH,  84. 

5)  Ulpian.  Dig.  28,  6,  2  J^  4:  quae  senleniia  rescripto  imperatoris  noatri 
(die»  ist  Caracalla.  8.  Fittirig  Ueber  das  Alter  der  Schriften  Itömischer  Juristen, 
Basel   1860  S.  43)  ad   Viriurn  Lupum  Brittanniae  praesidem  comprobata  est. 


V> 


Ammian.  28,  3,  7. 

8)  Not.  Dig.   Occ.  c,  22.    Boecking  2  p.  500  ff. 

9)  Ueber  diese  Provinz  handelt  erschöpfend  Mommson  C.  1.  L.  III  p.  706  ff. 
8.  auch  P.  C.  Planta  Das  alte  Uaetien,  Berlin  1872.  8.  J.  S.  Douglas»  Die  Rö- 
mer in  Vorarlberg,  8.  Oallen  1871.  4. 


vinz, 


—     134     — 

der  Schweiz  urnlasst'),  wurde  im  Jaliie  73*.)=!-)  von  den  Stief- 
söhnen des  Auguslus,  Drusus  und  Tiberius  unterworfen  und  zur 
Provinz  gemacht 2),  Drusus  schlug  die  Räler  in  den  Iridenti- 
nischen  Alpen  ^),  drang  über  den  Brenner  zum  Aenus  (Inn)  und 
dem  Lande  der  Breuni  vor^)  und  eröfl'nete  so  die  Strasse  von 
Italien  bis  zur  Donau  ^)  ;  Tiberius  kam  seinem  Bruder  von  Gallien 
aus  zur  Hülfe,  schlug  am  Bodensee  [lacus  Brigantinus)  die  Vin- 
delici  und  gelangte  bis  zu  den  Quellen  der  Donau  ^j.  Auf  diesen 
Sieg  bezieht  sich  die  Inschrift  des  tropaeum  Alphtm,  welches  der 
römische  Senat  und  das  römische  Volk  im  Jahre  747  =  7  dem 
Tiberius  errichtete ') . 
rischePro-  Regiert  wurde  Rätien   zuerst  von  einem  Procuralor  oder  mit 

vollständigem  Titel  procurator  et  pro  legato  provinciae  Raetiae  et 
Vindeliciae  et  Vallis  Poeninae^),  welchem  nur  einheimische  alae 
et  cohortes   zur  Verfügung  standen 'J);    M.  Aurel    legte   indess  die 

1)  Ausführlich  sind  die  Grenzen  bestimmt  von  Mommsen  a.  a.  0.  p.  707. 
Planta  S.  55  ff.,   welcher  letztere  auch  eine  Karte  der  Provinz  entworfen  hat. 

2)  Vellei.  2,  39 :  Raetiam  autem  et  Vindelicos  —  novas  imperio  nostro  sub- 
iunxit  provincias.  Liv.  ep.  138  :  liaeti  a  Tiberio  Nerone  et  Druso  Caesaris  pri- 
vignis  domiti.  Suet.  Oct.  21.  Tib.  9.  Horat.  Od.  4,  4,  17;  4,  14,  6  ff. ;  4,  15,  21. 
Florus  4,  12,  4.  Oros.  6,  21.  Aurel.  Vict.  ep'.  1.  Eutrop.  7,  9.- 

3)  Dio  Cass.  54,  22. 

4)  Horat.  Od.  4,  14,  11;   4,  4,  17.    Florus  2,  22  (4,  12). 

5)  Daher  sagt  sein  Sohn  Claudius ,  welcher  diese  Strasse  später  baute ,  in 
der  Inschr.  Marini  Arvali  p.  77  :  Ti.  Claudius  Drusi  f.  Caesar  Aug.  Germanicus, 
pontifex  maximus,  tribunicia  potestate  VI,  Cos.  IV,  Imp.  XI,  p.  p.  censor,  viam 
Claudiam  Augustam,  quam  Drusus  pater  Alpibus  bello  patefactis  derivavit,.  munit 
ab  Altino  usque  ad  ßumen  Danuvium.  MP.  CCCL.  Ueber  diese  Strasse  s.  Pall- 
hausen  Beschreibung  der  röm.  Heerstrasse  von  Verona  nach  Augsburg,  München 
1816.    Planta  a.  a.  A.   S.  75  ff. 

6)  Strabo  7  p.  292. 

7)  Plin.  N.  H.  S  ^  136:  imperatori  Caesari  Divi  f.  Aug.  pontifici  maxumo, 
imp.  XIIII,  tribuniciae  potestatis  XVII  SPQB,  quod  eins  ductu  auspiciisque  gentes 
Alpinae  omnes  quae  a  mari  supero  ad  inferum  pertinebant ,  sub  imperium  pop. 
Rom.  sunt  redactae.  Es  folgen  die  Namen  von  44  Völkerschaften ,  von  welchen 
aber  nur  ein  Theil  nach  Raetien  gehört.  S.  Mommsen  p.  706. 

8)  Tac.  Hist.  1,  11:  Raetia,  Noricum,  Thracia  et  quae  aliae  procuratoribus 
cohibentur.     Genannt  werden : 

Porcius  Septiminus  procurator  im  J.  68.    Tac.  Hist.  3,  5. 

Ti.  lulius  Aquilinus  a.  108.    C.  I.  L.  HI  p.  867. 

Q.  Caicilius  Cisiacus  —  procur.  Augustor.  et  pro  leg.  provinciai  Raitiai  et 
Vindelic.  et  Vallis  Poenin.  Orelli  488  =  C.  I.  L.  V,  3936.  (Die  vallis  Poenina 
hat  einen  eigenen  praefecius,  Henzen  n.  6939.) 

T.  Varius  Clemens  proc  —  Raetiae,  Orelli  485.  C.  I.  L.  111,  5211.  5212 
um  152. 

L.  Tit[ulenus proc]  Aug.  Raetiae  €[t   Vindeliciae],  Henzen  Ballett.  1860 

p.  200. 

Die  Inschrift  Grut.  446,  3  ist  ligorianisch.    S.  Borghesi  Oeuvres  3,  186. 
9}  Tac.  Hist.  1,  68. 


i 


—     135     — 

von    ihm    neu    eriichtele    legio  111  Ualica    oder   Concordia^]    nach  erhält  einen 
Rälien^)   und  seit  dieser  Zeit  war  der  Commandeur  derselben  zu- 
gleich Statthalter  der  Provinz   mit  dem  Titel   legatus  Augusti  pro 
praetore  legionis  III  Ilalicac'^)^   bis  unter  Diocletian,  unter  welchem  wird  zu  ita- 

.1  1  •         T      n/%/\        •  •       •         r.         •  .  licn  gezogen. 

Sich  schon  im  J.  290  em  praeses  provinciae  Raeliae  vir  perfec- 
tissimus  findet '*),  die  Provinz  mit  der  Diöcese  des  vicarius  Italiae 
vereinigt  wurde.  Unter  den  wenigen  Städten  Rätiens  war  Augusta 
Vindelicorum  die  bedeutendste.  Gegründet  unter  Augustus,  war 
sie  wohl  Anfangs  ein  forum  ohne  Stadirecht,  später  heisst  sie 
municipiwn  ^) . 

XVII.  Noricum«). 

Im  Jahre  706  =  48  war  Noricum  ein  Königreich,  welches  Regnum 
im  Bürgerkriege  zwischen  Cäsar  und  Pompeius  auf  Seiten  des 
ersleren  stand').  Als  im  J.  738  =  16  die  Noriker  und  Pannonier 
einen  Einfall  in  Histria  machten,  wurden  sie  von  dem  Proconsul 
von  Ulyricum,  P.  Silius  geschlagen^)  und  scheinen  sich  in  Folge 
dieser  Schlacht  ohne  weiteren  Widerstand  unterworfen  zu  haben ; 
denn  in  der  Inschrift  des  tropaeum  Alpium  wird  ihrer  nicht  ge- 
dacht.    Seit  dieser  Zeit  wird  Noricum  provincia  genannt  9),   inso- 

1)  C.  /.  L.  III,  1980. 

2)  Dio  Cass.  55,  24. 

3)  Iiischr.  V.  Augsburg  C,  /.  L.  III,  5793:  Appiiis  Cl.  Lateranus  —  leg. 
Aug.  pr.  pr.  leg.  III  Ital.  Ausserdem  kommt  vor:  Olus  Terentius  Pudens  — 
ley.  Augg.  leg.  XIII  Gem.^  leg.  Augg.  pro  praet.  provinciae  lietiae,  Orelli  1943 
=r  C.  I.  L.  III,  993  ;  C.  Octavius  Sabiiius  —  legatus  [Aug.\  pr.  pr.  prov.  Raet. 
a.  213.  Mommsen  Ephem.  epiyr.  1872  p.  130.  135.  [Aelius  Diojnysius  leg.  Aug. 
pr.  pr.   C.  I.  L.  III  5874;   Petronius  Poliaiius  leg.  Aug.  pr.  pr.  liuet.  ib.  n.  1017. 

4)  C.  I.  L.  III,  5810. 

5)  C.  /.  L.  III,  5800,  Wenn  Tac.  (hrm.  41  sagt:  (^Hermunduris)  solis  G'er- 
manorum  non  in  ripa  comynercium ,  sed  penitus  atque  in  splendidissima  Raetiae 
pfvinciae  colonia ,  so  meint  er  ohne  Zweifel  Augsiburg,  colonia  scheint  er  die 
Stadt  aber  nur  zu  nennen,  insofern  sie  eine  römische  Gründung  war,  nicht,  weil 
sie  das  ius  coloniae  Romanae  hatte.  8.  über  diese  Stelle  Znmpt  Comm.  ep.  1 
p.  403.    Mommsen  C.  I.  L.  III  p.  708. 

6)  Auch  diese  Provinz  behandelt  Mommsen  C.  /,  L.  III  p.  587  IT.  Vgl. 
Muchar  Das  röm.  Norikum ,  Grätz  1825.  8.  ü.  v.  Ankershoven  liandb.  der  Gesch. 
des  Herz.  Kärnlon  IJd,  I,  Klagenfurt  1850.  8.  Büdinger  Oestreichische  Geschichte 
bis  zum  Ausgang  dos  13ten  Jahrhunderts  Bd.  I,  Leipzig  1858.  8.  Aschbach  lieber 
die  röm.  Militärstationen  im  Ufer- Noricum,  "Wien  1861,  8.  v.  Jabornegg- Alten- 
fcl»  Kärntens  Komische  Alterthüraer,  Klagenfurt  1870.  4.  L.  Grotefend  Kpigra- 
phisches,  Hannover  1857.  8, 

7)  Caesar  IL  C.   1,  18. 

8)  Die  Cass.  54,  20.    Vgl.  Strabo  4  p.  206. 

9j  Velleius  2,  39  :  Rhatiiam  autem  et  Vindelicoa  ac  Noricos  Pannoniamque 
et  ScordiacoB  novaa  imperio  noatro  aubiunxU  provinciaa.     Tac.  Ann.  2,  63:   Dant^- 


—     136     — 

fern  es  dem  römischen  Reiche  einverleibt  wurde ;  eine  eigentliche 
Organisation  als  Provinz  indessen  erhielt  es  nicht  sofort,  sondern 
es  blieb  ein  Königreich  mit  dem  Namen  regnum  Noricum  i) ,  dessen 

"procura'tor"  Rcg'ß^i^^S  ^'^  kaiserlicher  ;)rocwra^or  2)  führte,  der,  wie  der  prae- 
fectus  Aegypti  als  ein  Vicekönig  zu  betrachten  ist  und  über  eine 
römische  Truppenmacht  nicht  verfügte.  Erst  unter  M.  Antoninus 
kam  die  Icgio  II  Pia  ^) ,  hernach  Ilalica  genannt,  nach  Noricum  *] , 

* i!e ^at^en^° ^"^  scit  dicscr  Zeit  wurde  der  Legat  dieser  Legion,  wie  dies 
auch  in  Raetia  und  Numidia  vorkommt,  Statthalter  der  Provinz -^j . 
Unter  Diocletian  ist  auch  Noricum  in  zwei  Theile  getheilt  wor- 
den, nämlich  Noricum  ripense  und  Noricum  mediterraneum,  jedes 
unter  einem  Präses  ^j .  Als  römische  Colonien  lassen  sich  mit 
Sicherheit   nur   zwei   Städte   nachweisen,    Virunum')    (Mariasaal) 


vium,  qua  Noricam  provinciam  praefluit.     Ptolemaeus  2,  13,  2 :   xdc  fxev  Suojxtxa)- 
xepa  TT]?    drcapyia?.     Grut.   1028,   6  (unter  Traian):   proc(urator)  Iprov .   Noricae. 

1)  Vellei.  2,  109.  Suet.  Tib.  16.  So  heisst  es  in  den  offlciellen  Titulatu- 
ren :  procurator  regni  Norici  (s.  die  folgende  Anm.),  dispensator  p.  r(egni)  Norici 
(C.  /.  L.  III,  4820);  tab(ularius)  p.  r.  Norici  (Orelli  2348=  C.  I.  L.  4800); 
arcar{ius)  regn.   Noric.  (Orelli  495  =  C.  I.  L.  III,   4797). 

2)  Tac.  Hist.  1,  11;  1,  70.  Das  Verzeichniss  der  Procuratoren  von  Nori- 
cum, welches  Seidl  Sitzungsberichte  der  phil.  hist.  Classe  der  Wiener  Academie 
1854  S.  62  ff.  zusammengestellt  hat,  kann  jetzt  sehr  vervollständigt  werden. 
Es  kommen  vor:  unter  Claudius  (41 — 54):  C.  Baebius  Atticus  —  procurator  Ti. 
Claudi  Caesaris  Aug.  Germanici  in  Norico .  Henzen  6938=  C.  I.  L.  III,  1838; 
unter  Traian :  Paetus  Memmius  Apollinaris  —  —  proc.  prov(inciae)  Noricae, 
Cxrut.  p.  1028,  6.  Vgl.  C.  I.  L.  III,  5179;  unter  Antoninus  Plus:  M.  Bassaeus 
Rufus  —  proc.  regni  (nori^ci,  Henzen  Inscr.  III  p.  372;  ohne  Zeitangabe:  Ti. 
Cl.  Priscianus  —  —  proc.  regni  Norici,  Renier  Inscr.  d'Alg.  n.  3889;  endlich  in 
einheimischen  Inschriften  mit  dem  kurzen  Titel  proc.  Aug. :  Flavius  Titianus, 
C.  I.  L.  III,  5164.  5172;  Ulp.  Victor  (um  158)  ib.  5161.  5169;  Usienus  Secun- 
dus  im  J.  158  n.  5162.  5166;  C.  Antistius  Auspex  n.  5173;  Q.  Caecilius  Red- 
ditus  n.  5163;  C.  Rasinius  Silo  n.  5165;  Q.  Lisinius  Sabinus  n.  5167.  5168. 
5175.  5176;  L  .Cammius  Secundinus  n.  5328;  Drusius  Proculus  n.  5170;  C.  Cen- 
sorinus  Niger  n.  5174.  5181;  Plautius  Caesianus  n.  5177;  M.  Porcius  Veras 
n.  5317;  C.  Antonius  Rufus  n.  5117.    Caecilius  luventianus  n.  5182.  * 

3)  CLL.  III,   1980. . 

4)  Dio  Cass.  55,  24. 

5)  Renier  Inscr.  de  VAlg.  n.  101:  C.  Marcinius  Decianus,  v.  c.  leg.  Augg . 
pr.  pr.  prov.  Numidiae  et  Norici.  C.  1.  L.  III,  5746  :  curante  M.  luventio  Suro 
Proculo  leg.  pr.  pr.  im  J.  201.  Ti.  Cl.  Candidus  —  leg.  Augg.  pr.  pr.  pro- 
vinciae  —  Noricae  unter  Severus  und  Caracalla.  Orelli  798.  Henzen  Inscr.  III 
p.  78. 

6)  Not.  Dign.  Occ.  p.  10  und  Boecking  p.  146.  Rufus  brev.  8.  Ein  p(raeses) 
p(rovinciae')  N(^orici')  mt  (d.  h.  mediterranei)  kommt  zuerst  vor  311.  S.  Orelli  1064. 
Später  werden  diese  praesides  erwähnt  Henzen  5258.  5259  =  C.  I.  L.  III,  5209, 
vgl.  5207.  5208.  5326. 

7)  Orelli  3504. 


—      137     — 

und   Ovilava    (Wels) ,    welche    letztere    col    Aurelia   Antoniniana 
Ovilava  heisst^). 

XVIII.  XIX.  Pannonia2). 

Viel  grösseren  Widerstand  als  die  Noriker  haben  den  Römern  Eroberung 
die  Pannonier  geleistet,  deren  Land  erst  nach  langen  Kämpfen 
stückweise  occupirt  werden  konnte.  Den  ersten  pannonischen 
Krieg  führte  in  den  Jahren  719—20  =  35—34  Octavian  selbst. 
Er  drang  bis  zur  Donau  vor  3)  und  eroberte  die  Stadt  Siscia  am 
Einfluss  des  Colops  in  den  Savus^j^  welche  er  besetzt  behielt, 
um  sie  zum  Ausgangspunct  späterer  Unternehmungen  zu  be- 
nutzen ^j.  Zu  einer  wirklichen  Unterwerfung  des  Landes  kam 
es  indessen  erst  im  zweiten  pannonischen  Kriege,  welcher,  von 
Agrippa  und  M.  Vinicius  begonnen  6),  in  den  Jahren  742 — 745 
=  i  2 — 9  von  Tiberius  beendigt  wurde  ^j .  Das  in  demselben  ge- 
wonnene Terrain  wurde  zu  Illyricum  gezogen  und  diese  Provinz 
bis  zur  Don-au  hin  erweitert^).  Obgleich  aber  Tiberius  zur  Siche- 
rung der  neuen  Eroberung  kein  Mittel  unversucht  gelassen  und 
den  grössten  Theil  der  waffenfähigen  Männer  als  Sclaven  in  das 
Ausland  verkauft  hatte  ^),  so  erneuerte  sich  nochmals  der  Auf- 
stand in  den  Jahren  6 — 9  n.  Chr.  und  es  bedurfte  eines  noch- 
maligen zweijährigen  Feldzuges  unter  dem  Commando  des  Ger- 
manicus  und  Tiberius,  um  denselben  niederzuwerfen  ^^) .  In  Folge 
dieses  letzten  Sieges  wurde  im  J.  10  n.  Chr.  Pannonien  als  eine 
eigene  Provinz  organisirt^^).    Wenigstens   hatte  im  J.   14  n.  Chr. 

1)  C.  /.  L.  III,  o606.  5630. 

2)  S.  Mommsen  C.  /.  L.  III  p.  415  ff. 

3)  Dio  Gas».  50,  24. 
A)  Dio  Cas8.  49,  36  flF. 

5)  Dio  Cass.  49,  38.    Appian.  JUyr.  24. 
6J  Velleius  2,  96. 

7)  Dio  Cass.  54,  31—34.  36.    Vell.  2,  39.    Liv.  epit.  141.    Suet.  Aug.  21. 

8)  Monum.  Anc.  5,  44  c.  30  nach  Mominseiu»  Kestitutioii  (lies  </.  I),  Aug. 
p.  86) :  Pannoniorum  gentes ,  quaa  ante  me  principem  populi  Roniani  erercitus 
nunquarn  adit,  devictait  per  Ti.  IS'eronem,  qui  tum  erat  privignus  et  legatu»  meus, 
imperio  populi  Romani  nibieri  proluLique  (inis  lllyriri  ad  ripani  ßuminis  Dnnuvii. 
Tiberius  scheint  damals  legatas  Aug.pr.  pr.  Iliyrici  gewesen  zu  sein;  obiuiso  ist 
im  J.  6  n.  Chr.  Valerius  Messalinus  xf^c  AeÄjjiaTlai  xyl  rfj«  llavvovia;  ap7(t>v, 
Dio  Cass.  55,  29. 

9)  Dio  Cass.  54,  31. 

10)  Dio  Cass.  55,28—32;  56,  1 .  Vell.  2, 110—115.  Zonar.  10,37.  Suot.  Tib.  16. 

11 J  BorghcHi  Oeuvre»  4,  457.  ö.  Hufus  brev.  7:  Jiutone,  Pannorüorum  rege, 
tubacto  in  ditionern  nontram  Pannoniae  venerunt.  Zunipt  Studia  Bomana  p.  116 
läi-Ht  die  Provinz  erst  im  J.  20  n.  Chr.  einrichten. 


—     138     — 

Pannonia  schon  einen  eigenen  Legaten,  lunius  Blaesus,  welcher 
drei  Legionen  commandirte  i),  während  der  südliche  Theil  Illy- 
riens  (maritima  pars  lllyrid)  gleichzeitig  unter  einem  andern 
Statthalter,  dem  P.  Dolabella,  stand  2).  Währenddes  ersten  Jahr- 
hunderts blieb  die  Provinz,  welche  damals  noch  nicht  ihren  nach- 
herigen Umfang  gehabt  zu  haben  scheint  3),  ungetheilt  unter  einem 
consularischen  legatus  Augusti^).  Zwischen  dem  Jahre  102,  in 
welchem  der  erste  dacische  Kriegt),  und  dem  Jahre  107,  in  wel- 
chem der  zweite  endete  6) ,  wurde  indessen  die  Provinz  in  zwei 
Theile,  einen  westlichen,  Pannonia  inferior ^  und  einen  östlichen, 
'^^^^^^^.^^  Pannonia  superior^  getheilt'),  die  Grenze  des  römischen  Gebietes 
w.superior.  \y\^  j^uv  Donau  vorgcschobeu  und  später  von  Hadrian  durch  die 
Anlage  der  Golonien  Aelia  Mursa  und  Aelia  Aquincum  gesichert^). 
Pannonia  inferior  hatte  anfänglich  einen  prätorischen  Legaten  und 
als  Besatzung  eine  Legion  9),  unter  und  nach  M.  Aurel  einen  con- 
sularischen Legaten  lö),  der  indess  ebenfalls  nur  eine  Legion  com- 

1)  Tac.  Ann.  1,  16,  der  dieselben  Pannonicas  legiones  nennt. 

2)  Vellei.  2,  125.  Vgl.  Grut.  p.  396,  i  =  C.  I.  L.  III,  1741:  P.  Cornelio 
Dolabellae  —  leg.  pro  pr.  Divi  Augusti  et  Ti.  Caesaris  Augusti  civitates  superiorü 
provinciae  Hillyrici. 

3)  Den  limes  scheinen  damals  die  Städte  Carnuntum ,  Poetovio  und  Siscla 
gebildet  zu  haben.    Mommsen   C.  I.  L.  III  p.  415. 

4)  Borghesi  Oeuvres  5,  353.  Auch  Blaesus  war  bereits  763  =  10  Consul  ge- 
wesen, ehe  er  legatus  Pannoniae  wurde.    Borghesi   Oeuvres  4,  449.  458. 

5)  Im  J.  102  und  wahrscheinlich  bis  zum  Frühjahr  103  führt  der  Consular 
Q.  Glitius  Agricola  noch  den  Titel  leg.  propr.  [imp.  Nervae]  Traiani  —  provin- 
ciae Pannoniae  (Henzen  5449.  Borghesi  Annali  1846  p.  343.  1855  p.  24.  Oeuvres 
3,  72),  wie  ihn  auch  seine  Vorgänger  0.  Calpetanus  Rantius  Quirinalis  unter 
Vespasian  (Henzen  6495),  L.  Funisulanus  Vettonianus  (Henzen  5431.  5432. 
Borgh.  Oeuvr.  3,  73)  und  L.  Neratius  Priscus  (Henzen  5446.  6562.  Borghesi 
Oeuvres  5,  353)  unter  Domitian  führten. 

6)  Im  J.  107  war  der  nachherige  Kaiser  Hadrian  prätorischer  Legat  \on 
Pannonia  inferior.  Spartian.  Hadr.  3 :  praetor  factus  est.  —  Legatus  postea  praeto- 
rius  in  Pannoniam  inferiorem  missus  Sarmatas  compressit.  Athenische  Inschr. 
Annali  1862  p.  139:  P.  Aelio  P.  f.  Serg.  Hadriano  —  leg.  pro  pr.  imp.  Nervae 
Traiani  Caesaris  Aug.  —  Pannoniae  inferioris.  Ueber  das  Jahr  s.  Borghesi  und 
Henzen  a.  a.  0.  p.  155. 

7)  Seitdem  sind  beide  Provinzen  nachMeisbar.  So  heisst  es  z.  B.  in  dem 
Militärdiplom  d.  J.  114,  Henzen  n.  Q8Ö7^=  Annali  1855  p.  22:  et  sunt  in  Pan- 
nonia inferiore  sub  P.  Afranio  Flaviano.  Ueber  die  Zeit  der  Theilung  der  Pro- 
vinz s.  Borghesi  Oeuvres  3,  72;  5,  353.  367  und  in  Mommsen  /.  jV.  n.  4931. 
Henzen  Annali  1862  p.  155.  156  und  in  Borghesi  Oeuvres  3,  76.  Mommsen 
C.  I.  L.  III  p.  415.  Die  Grenzen  beider  Provinzen  giebt  Ptolemaeus  2,  14.  15 
an.  Vgl.  Muchar  Das  röm.  Norikum  1  S.  2  und  desselben  Gesch.  des  Herz. 
Steiermark,  Grätz  1844.  8  Th.  I  S.  18  ff. 

8)  Mommsen  C.  /.  L.  III  p.  415. 

9)  Mommsen  a.  a.  0.  p.  416. 

10}  S.  hierüber  Borghesi  Annali  1855  p.  24  f.  =  Oeuvres  8,  456  ff. 


—     139     — 

niandirle  und  mit  seinem  Hauptquartier  in  Acumincum  stand  *), 
bis  dieses  unter  Diocletian  nach  Aquincum  verlegt  wurde  2);  Pan- 
nonia  siiperior  dagegen  behielt  den  consularischen  Legaten,  wel- 
cher vorher  die  ungetheille  Provinz  verwaltet  hatte  ^).  Er  hatte 
unter  sich  drei  Legionen,  deren  Hauptquartiere  seit  Antoninus 
Pius  Brigetio,   Carnuntum  und  Vindobona  waren  4). 

Das  Land  hatte  ursprünglich  wenig  Städte  und  war  in  pagi  städtean- 
getheilt,  in  welchen  viel  lagen  ^).  Die  grösseren  Städte  sind  rö- 
mischen Ursprungs ,  wie  in  Pannonia  inferior  Sirmium  oder  Co- 
lonia  Fla  via  Sirmium  (Mitrovic),  von  Vespasian  oder  seinen  Söh- 
nen ß),  Colonia  Aelia  Mursa  (Eszeg)  von  Hadrian^)  herrührend, 
Aquincum  (Alt-Ofen)  ,  seit  Hadrian  Municipium ,  seit  Septimius 
Severus  Colonie  mit  dem  Namen  Colonia  Aelia  Septimia  Aquin- 
cum s)  ;  in  Pannonia  superior  Colonia  Claudia  Savaria  (Stein  am 
Anger),  Colonie  des  Claudius 'J),  Colonia  lulia  Emona  (Laibach), 
schon  von  Plinius  erwähnt  und  später  zu  Itahen  gerechnet  ^<^) , 
Siscia  (Sziszek),  von  Augustus  erobert  im  J.  719  =  35,  Colonie 
wahrscheinlich  seit  Vespasian,  später  Colonia  Flavia  Septimia 
Siscia  genannt  ^^);  Colonia  Ulpia  Traiana  Poetovio  (Pettau)i2)  ;  Bri- 
getio, zuerst  ein  Castell,  dann  Municipium,  zuletzt  Colonie  ^3), 
Carnuntum  (Petronell),  zuerst  Municipium  Aelium  Carnuntum  i^) , 
später  Colonie  1^),  ferner  Municipium  Latovicorum  (Treffen),  Muni- 


1)  Ptolemaeus  2,  15,  5. 

2)  Itinerar.  Anton,  p.  245. 

3)  Dio  Cass.  78,  13.  So  war  Claudius  Maximus,  leg.  Aug.  Pannoniae  su- 
perioris  im  J.  153  (Militärdiplom  Marini  Arvali  p.  464),  Consul  gewesen  c.  144. 
Waddington  in  Borghesi  Oeuvres  8  p.  460.  Die  übrigen  Nacliweisungen  giebt 
Borghesi  Oeuvres  8,  456  ff. 

4)  Mommsen   C.  I.  L.  III  p.  481.  482. 

5)  Appian.  Illyr.  22:  uXtöoTj?  hi  ioxiv  •/]  Hatovojv*  —  —  xal  o'j  TCÖXei<; 
tpxo'jv  ol  Haiove;  otos ,  a}X  d'([jO'Ji  t)  y.a)(xai  xaxa  ouYY^vetav.  Inschr.  Marini 
Arvali  p.  477  :  —  ex  Fan.  Sup.  natus  ad  Aquas  lializas  pago  Jovistd  Vico  Cor  . , 
netibus ,  an  welcher  Stelle  mehrere  ähnliche  Inschriften  zusammengestellt  sind. 
Ueber  die  pagi  der  Donauprovinzen  s.  auch  Muchar  1  S.  150  ff. 

6)  C.  I.  L.  III  n.  3230.  3242.  3243.  3683. 

7)  Steph.  Byz.  s.  v.  Vgl.  C.  I.  L.  III  n.  3279.  3280.  Colonie  heilst  die 
Stadt  Ptolem.  2,  15,  7.   C  7.  L.  III  n.  3288.  3560. 

8)  Mommsen  C.  /.  L.  III  p.  439. 

9)  Plln.   N.  H.  3,   146.    Mommsen  a.  «.  0.  p.  626. 
10^  Plln.  N.  H.  3,  147.    Mommsen  a.  a.  0.  p.  489. 

11)  Mommsen  a.  a.  0.  p.  501. 

12)  Mommsen  a.  a.  0.  p.  510. 

13)  C.  /.  L.  III,  4335. 

14)  C.  l.  L.  III,  4554.    Orelli  2675. 

15)  v.  I.  L.  III,  4236.  4567.  4539. 


—      140     — 

cipiuai  Flavium  Neviodunum  ^),  Municipium  Andautonia'^),  Muni- 
cipium  Flavium  Scarbantia  (Oedenburg)  3),  Municipium  Vindobona 
(Wien),  wahrscheinlich  von  Vespasian  angelegt "*). 
Theifun^  Unter  Diocletian   erlitten,    wie    die   meisten    Provinzen,    auch 

die  beiden  Pannonien  eine  weitere  Zerstückelung^).  Punnonia  in- 
ferior zerfällt  seitdem  in  zwei  Theile,  von  denen  der  nördliche 
von  Diocletians  Tochter,  der  Gemahlin  des  Galerius,  den  Namen 
Vakria  erhielt  ß)  und  einem  praeses  und  einem  dtix  untergeben 
wurde,  deren  Residenzen  Sopianae  (Fünfkirchen)  7)  und  Aquin- 
cum  waren  ^).  Der  südliche,  mit  der  Hauptstadt  Sirmium-'),  hiess 
nunmehr  Pannonia  secunda  und  stand  unter  einem  considaris^^) 
und  einem  dux^^).  Pannonia  superior  wurde  gleichzeitig  nicht 
nur  überhaupt  verkleinert,  indem  Poetovio  zu  Noricum  gezogen 
wurde  12)^  sondern  ebenfalls  in  zwei  Theile  zerlegt.  Der  nörd- 
liche hiess  Pannonia  prima  und  erhielt  einen  praeses  ^^)  und  einen 
dux^^)  und  zum  Hauptort  wahrscheinlich  Savaria  (Stein  am  An- 
ger) 15)  ^  der  südliche ,  Savia  oder  Pannonia  ripariensis  ^^) ,  einen 
corrector  ^'') ,  der  in  Siscia  residirte '^^) . 

1)  Mommsen  a,  a.  0.  p.  496.  498. 

2)  C.  /.  L.  m  n.  4013. 

3)  C,  I.  L.  III  n.  4192  ff. 

4)  C.  I.  L.  III  n.  4557. 

5)  Die  neuen  Provinzen  nennt  schon  das  veroneser  Verzeichniss  S.  510. 

6)  Ammian.  19,  11,  4:  Valeriam  venu,  partem  quondam  Pannoniae  sed  ad 
honorem  Valeriae  Diocletiani  filiae  et  institutam  et  ita  cognominatam.  Aur.  Yict. 
Caes.  40,  10  :  (Galerius)  provineiam  uxoris  nomine  Valeriam  appellavit.  Die  Pro- 
vinz wird  erwähnt  im  veroneser  Verz.  p.  510,  bei  S.  Rufus  hr.  8,  Polemius 
Silvius  p.  254,  Zosimus  2,  33,  fehlt  aber  aus  unbekannten  Gründen  in  der  No- 
titia  Dignitatum  Occ.  c.  2,  während  von  ihr  handelt  c.  32.  S.  hierüber  Boecking 
p.  144.  691.  1193.  Mommsen  zu  Polem.  Silv.  S.  263.  Ammian.  28,  3,  4  nennt 
sie    Valeria  Pannoniae  zum  Unterschiede  von    Valeria  Italiae. 

7)  Ammian.  28,  1,  5.    Boecking  ad  N.  D.  Occ.  p.  691. 

8)  Ein  dux  Valeriae  wird  erwähnt  Ammian.  29,  6,  3.  In  Aquincum  musste 
er  residiren,  weil  dort  noch  unter  Diocletian  die  leg.  II  adiut.  stand.  Itiner.  Anton, 
p.  245.    Böcking  N.  D.  Occ.  p.  1194. 

9)  Böcking  N.  D.  Occ.  p.  310.  1179.    Mommsen  C.  /.  L.  III  p.  416. 

10)  Böcking  a.  a.  0.  p.  1178.    Henzen  n.  6916. 

11)  Not.  D.    Occ.  c.  31  p.  91. 

12)  Mommsen  CLL.  III  p.  482. 

13)  Not.  D.    Occ.  p.  6. 

14)  Not.  I).   Occ.  p.  4. 

15)  Böcking  a.  a.  0.  p.  1194.    Mommsen  C.  I.  L.  III  p.  525. 

16)  Böcking  a.  a.  0.  p.  142  ff. 

17)  Not.  D.   Occ.  p.  6. 

18)  Böcking  a.  a.  0.  p.  347. 


—     141 


XX.   Illyricum,  später  Dalmatia^. 
Der  Name  Illyricum  dient  den  Allen  zur  ethnographischen  Be-   Ethnogra- 

.  *'  O      r  phischer  Be- 

zeichnung   aller   der    stammverwandten  Völker,    welche    sich    von    gnffvon 

den  Alpen  östlich  bis  zum  Ausfluss  der  Donau  und  von  der  Donau 

südlich  bis  zum  adriatischen  Meere  und  zum  Hämus  hinziehn'^). 

Es  gehörten  dazu  die   römischen   Provinzen   Dalmatia,    Pannonia, 

Moesia^),  nach  Appian  auch  Raetia  und  Noricum'*),  welche  in  der 

ganzen   Kaiserzeit   in   Betreff  der   Steuerverwaltung   eine  Einheit 

unter  dem    alten  Namen  Illyricum   bilden^)    und   deren   Truppen 

oft  als  exercitiis  Illyrici  erwähnt  werden  6),  ferner  Dacia'),  end- 

1)  Ueber  diese  Provinz  handelt  Mommsen  C.  I.  L.  III  p.  278  fF.  Die  Schreib- 
art Delmatia,  welche  Tacitus,  Velleius  und  Dio  Cassius  befolgt  zu  haben  scheinen, 
war  nicht  allgemein ;  in  olficiellen  Documenten  finden  sich  beide  Formen ,  Dal- 
malia  und  Delmatia. 

2)  Appian.  ILlyr.  1 :  'IXXupioui;  "¥XKfpt<i  -/jYoOvrai  Tou;  uzsp  xe  MaxeSoviav 
y.al  Bpa7.rjV  (xtio  Xaovcav  y.al  B&OTrpoiTöJv  irX  TC0Ta{x6v  "laxpov.  Eine  brauchbare 
1  ntersuchung  über  den  Begriff  Illyriens  ist  A.  M.  Poinsignon  Quid  praecipue 
npud  Romano»  adusque  Diocletiani  tempora  Illyricum  fuerit,  Parisiis  1846.  8  mit 
'iner  Karte. 

3j  Suet.  Tib.  16:  toto  Illyrico ,  quod  inter  Italiam  regnumque  Noricum  et 
Thraciam  et  Macedoniam  interque  Danubium  flumen  et  sinum  maris  Adriatici 
patet,  perdomito.  Suet.  Aug.  21.  Strabo  7  p.  313  ff.  Joseph.  B.  lud.  2,  16,  4; 
Tac.  Hist.  1,  2.  76.  Ann.  1,46. 

4)  Wenn  Appian.  III.  6  nicht  nur  die  Dalmater,  Pannonier  und  Moeser, 
II dem  auch  die  Räter  und  Noriker  zu  Illyrien  rechnet,  so  befindet  er  sich 
cht  nur  mit  den  in  der  vorigen  Anm.  angeführten  Stellen,  sondern  auch  mit 
>'T  sonstigen  Ueberlieferung  in  Widerspruch,  wie  Poinsignon  p.  41  —  54  gut 
I  ichgewiesen  hat,  und  es  scheint  auf  Appians  Zeugniss  um  so  weniger  zu  geben, 
ils  er  über  die  Räter  und  Noriker  sich  auch  c.  29  schlecht  unterrichtet  zeigt. 
Allerdings  gehört  Noricum  in  der  diocletianischen  Verfassung  zu  der  Diöcese 
Illyricum  (^Not.  D.  Occ.  p.  6),  und  dass  es  schon  früher  zu  dem  Steuerbezirk 
Illyricum  gezogen  war,  zeigt  der  in  Boiodurum  (Innstadt  bei  Passau)  vorkom- 
mende vil(Ucua)  vectljgali.i)  Illyr(ici),  Mommsen  C.  I.  L.  III  n.  5691;  Raetia  aber 
gehörte  auch  später  nicht  zu  Illyricum,  sondern  zu  Italien. 

')j  Appian.  Jllyr.  6:  xai  xo  x^Xo;  xä)v5e  xöiv  dOvöiv,  a.Tzo  dvioyovxo?  "loxpou 
Msypi  x'Tj;  riovTt-/.f^;  Oa/.aasTj;  ucp'  Sv  dxjJLicdoOci  xai  'IXXuptxov  xfeXo;  7tpo;aYO- 
P=.'j0'j3iv.  Das  Hauptsteueramt  scheint  in  Poetovio  gewesen  zu  sein  ,  wo  ein  lib. 
Aug.  ex  tnbulario  vect.  JUyr(ici)  (C.  /,  L.  111  n.  4063J ,  eontrascriptorea  portorii 
Illyrici  (ib.  4U15.  4017.  4024),  ein  arkarius  conductoris  portori  Illyrici  (4015)  vor- 
kommen;  ausserdem  wird  erwähnt  ein  conductor  p{ortorii^  p(ublici?^  Illyrici 
II.  751  (=^Ilenzen  Annali  1859  p,  109);  n.  753;  ein  mtvus  villicua  vectigalis 
Illyrici  n.  752;  da«  vectigaL  Illyricum  n.  1647;  ein  proc.  vect.  lUyrieorum,  (\  I.  L. 
II,  4135. 

6)  Illyrici  exercitua,  Tac.  Hiat.  2,  60.  85.  86,  ceterae  Illyrici  legionea,  ib.  2, 
l;  praepoaitua  numeri  equitum  electorum  et  Illyrico,  llenzen  6729.  Vgl.  das 
lilitardiplom  des  J.  60,   Uenzen  5407:    et  sunt  in  Illyrico  aub  L.   Salvidieno  — 

'  "fo.  ^ 

7)  Treboll.  Foliio  v.  Claudii  15:  dux  factua  eat  et  dux  totiua  Illyrici,  habet 
"i  poteatatem  Thraeioa,   Mottos,  Dalmataa,   Punnonioa,   Daco«  exercilua. 


rungen. 


~      142     — 

lieh  (ins  zwischen  Dalmatien  und  Epirus  liegende  Küstenland  mit! 
den  Städten  Aiilona,  Apollonia,  Dyrrhachium  und  Lissus,  welches 
grossentheils  zur  Provinz  Macedonicn  gezogen  wurde.  Dies  letz- 
Erste  Erobo- tere  Stück  ist  es,  welches  die  Römer  in  ältester  Zeit  unter  dem 
Namen  Illyrien  verstehen ,  und  in  welchem  sie  sich  zuerst  fest- 
setzten. Der  erste  illyrische  Krieg  525 — 526  =  229 — 228  endete 
mit  der  Absetzung  der  Königin  Teuta,  statt  deren  ihr  Sohn  Pin- 
neus  unter  Vormundschaft  des  Demelrius  von  Pharus  die  Regie- 
rung erhielt  1),  und  der  Abmachung,  dass  die  illyrischen  Schiffe 
nicht  über  Lissus  hinaus  bewaffnet  fahren  sollten.  Schon  damals 
scheinen  die  Römer  das  Land  in  verschiedene  Theile  zerstückelt 
zu  haben;  Apollonia,  Corcyra,  welches  Teuta  ebenfalls  besessen 
hatte,  und  Dyrrhachium  wurden  für  frei  erklärt  und  erhielten  ein 
JBündniss  mit  den  Römern  2);  einige  Städte  wurden  dem  Königs- 
hause gelassen ;  andere  Orte  nahmen  die  Römer  selbst  in  Besitz 
und  sicherten  sie  durch  eine  Besatzung  ^j ,  deren  Commandant  zu- 
nächst unter  den  römischen  Consuln,  später  vielleicht  unter  den 
Statthaltern  von  Gallia  Cisalpina  oder  Macedonien  gestanden  haben 
wird"^).  Von  dem  zweiten  illyrischen  Kriege  535  =  21 9  5)  wissen 
wir  nicht  viel  mehr,  als  dass  er  die  Vertreibung  des  Demetrius 
von  Pharus  zur  Folge  hatte.  Erst  zweiundfünfzig  Jahre  später  führte 
der  Untergang  des  Königs  Perseus  von  Macedonien  auch  seines 
Verbündeten,  des  Königs  Gentius  von  Illyrien,  Unterwerfung  her- 
bei ^) .  Das  Reich  des  Gentius,  welches  zur  Hauptstadt  Scodra 
hatte  und  nur  den  südlichsten  Theil  der  nachherigen  Provinz  ura- 
fasste,  wurde  in  drei  Theile  getheilt,  in  derselben  Weise,  wie 
Macedonien  in  vier ;  das  Land  wurde  für  frei  erklärt  und  die  Be- 
satzung der  Römer  zurückgezogen,  allein  es  wurde  abgaben- 
pflichtig  mit  Ausnahme  der  .Städte ,   welche  während  des  Krieges 

1)  Polyb.  2,  12.    Appian.  III.  7,    Zonaras  8,  19.    Eutrop.  3,  4. 

2)  Appian.  III.  8.    Polyb.  2,  11. 

3)  Im  J.  535=219  erwähnt  Polyb.  3,  16:  xot;  y,aTd  ty)v  'IXXuptSa  TtoXei; 
T«?  UTTo  'P(o|xaiou5  T7.-T0(Ji£va?.  Nach  Appian.  lU.  7  waren  dies  Corcyra,  Pharos, 
Issa  und  Epidamnns  (Dyrrhachium).  In  Issa  stand  584=170  ein  legatus,  qui 
cum  praesidio  duarum  Issensium  navium  insulae  praeerat  (Liv.  43,  9),  und  565 
=:189  in  Corcyra  ein  ap-/tuv  (Polyb.  22,  15,  6),  der  wohl  nicht,  wie  Liv.  38, 
11,  5  annimmt,  ein  städtischer  Magistrat'  war.  Der  Titel  dieses  Commandanten 
wird  praefectus  gewesen  sein. 

4)  Mommsen  R.  G.  1,  545.   C.  /.  L.  III  p.  279. 

5)  Polyb.  3,  16.  18—19.  33.   Appian.  III.  8.    Zon.  8,  20. 

6)  Liv.  44,  23.  30-32.    Appian.  III.  9. 


—     143     — 

auf  Seiten  der  Römer  gewesen  waren  ^).  Diese  587  =  107  ge-  Beginn  dei 
Iroffene  Anordnung,  welche  Livius,  wie  bei  der  Einrichtung  einer 
Provinz,  formula  nennt  2),  kann  als  der  thatsächiiche  Beginn  der 
Provinz  ?>etrachtet  werden  3),  obwohl  ein  Statthalter  derselben 
damals  noch  nicht  ernannt  wurde  und  wir  auch  nicht  sicher 
wissen,  wann  dies  geschehen  ist.  Die  Grenze  derselben  bildete 
im  Süden  der  Fluss  Drilo  und  diese  Grenze  blieb  später  un- 
verändert'*), nach  Norden  zog  sich  das  römische  Gebiet  an  der 
Küste  hin  bis  zu  den  Sitzen  der  Dalmater  und  der  ihnen  ver- 
wandten Völker,  mit  welchen  nunmehr  erst  eine  Reihe  von  Krie- 
izen  begann^),  in  welchen  wenigstens  ein  Theil  Dalmatiens  nach 
und  nach  occupirt  wurde.  Ein  Beweis  für  die  Existenz  der  Pro- 
vinz lllyrien  lässt  sich  aber  erst  für  die  letzten  Zeiten  der  Repu- 
blik geben ;  sie  ward  dem  Cäsar  zusammen  mit  Gallien  im  J.  59 
V.  Chr.  auf  fünf  Jahre  verliehen  6)  und  hatte  damals  bereits  eine 
ordentliche  Organisation,  namentlich  eine  Eintheilung  in  Conventus, 
welche  Cäsar  mehrmals  erwähnt  ^j.  Im  J.  49  commandirte  darin 
sein  Legat  Antonius^);  als  selbständiger  Verwaltungsbezirk  er- 
scheint sie   aber  zuerst   unter  Vatinius^)   709 — 710=45 — ik^^]. 


1)  Liv.  45,  26,  wo  es  §  14  heisst:  Scodrensibus  et  Dassarensibus  et  Selepi- 
ianis  ceterisque  JUyriis  vectigal  dimidium  eius  (Jmpositum),  quod  regi  pependisaent. 

2)  Liv.  45,  26,  15. 

3)  Liv.  45,  26,   11  bezeichnet  schon  damals  lllyrien  als  provincia. 

4)  S.  Appian.  B.  C.  5,  65,  der  im  J.  40  v.  Chr.  Scodra  als  Grenze  er- 
wähnt, und  Plin.  N.  H.  3,  145. 

5}  Im  J.  598  =  156  kämpfte  gegen  dieselben  C.  Marcius  Figulus  (Appian. 
lU.  11.  Liv.  cp.  47.  Polyb.  32,  24);  599  =  155  P.  Scipio  Nasica  (Liv.  ep.  47. 
Appian.  III.  5.  Fasti  triiimph.  Capitol.  ad  a.  599.  C.  I.  L.  I  p.  459);  625  =  129 
C.  Sempronius  Tuditanus  (Liv.  ep.  59.  Appian.  lll.  10.  B.  C.  1,  19.  Plin.  N.  H. 
3,  129);  637  =  117  L.  Caecilius  Metellus  (Appian.  III.  111.   Liv.  ep.  62). 

6)  Dio  Cass.  38,  8.  .Schol.  Bob.  in  Vatin.  p.  317:  servante  de  coelo  Bibulo 
rfmnule  hunc  Vatinlum  legem  tulisse  de  imperio  Caesaria,  ut  exercitum  per  Illy- 
ricum  et  Gallias  duceret.    Suet.  Caes.  22.    Caes.  B.  O.  2,  35;  5,  1.  2. 

7)  Caes.  B.  O.  2,  2 :  his  perfectia  rebus,  conventibusque  peractia  m  citeriorem 
Oallinm  revertitur.    Den  Conventus  in  Salonae  erwähnt  er  B.  (\  3,  9. 

8)  Appian.  B.  C.  2,  41.  ,    .,  .; 

9)  Cic.  Phil.  10,  5,  11. 

10)  Er  stand  dort  schon  47.  Bell.  Alex.  46.  Nach  seinem  Consulat,  das  er 
Ende  47  erhielt ,  ««'ndete  ihn  Cäsar  46  wieder  nach  lllyrien.  Appian.  lU.  13. 
Aus  dem  .L  45,  in  welchem  er  einen  Feldzug  unternahm,  sind  seine  Briefe  aus 
Narona  vorhanden,  ('ic.  ad  fam.  5,  9,  10;  5,  10,  3.  l'eber  das  Jahr  44  s.  die 
Stellen  bei  Druinann  1,  262  Anm.  98.  Vgl.  das  fr.  der  Trluraphalfasten  C  I.  L. 
I  p.  478:  P.  Valiniug  de  KiUurico  prid.  K.  Sex.  triumphavU.  Mommsen  R.  G.  3, 
524  und  C.  I.  L.  III  p.  279  glaubt  deshalb  den  Anfang  der  Provinz  etwa  47 
setzen  zu  mQssen. 


—      144     — 

Octavian  war ,  nachdem  er  sie  im  Brundusinischen  Vertrage 
714  =  40  übernommen  halte  ^) ,  gezwungen,  nochmals  einen 
schweren,  und  wechselvollen  Krieg  gegen  die  üalmater  zu 
fuhren,  in  welchem  zuerst  Agrippa,  dann  er  selbst,  und  schliess- 
lich Statilius  Taurus  das  Commando  übernahm  2) ;  nach  Beendi- 
gung desselben   im  J,   720=34    schien   die  Ruhe   soweit  herge- 

verwaitung  Stellt,  dass  bei  der  Theilung  der  Provinzen  im  J.  727  =  27  lUy- 
rien  dem  Senate  übergeben  3)  und  seitdem  von  einem  Proconsul 
verwaltet  wurde  "^j.  Allein  der  Widerstand  der  dalmatinischen 
Bergvölker  war  noch  keineswegs  gebrochen  und  die  Nordgrenze 
der  Provinz  noch  fortwährend  durch  die  Pannonier  beunruhigt; 
in  Folge  dessen  trat  im  J.  743  =  \  1  der  Senat  die  Provinz  an  den 
Kaiser  ab^)  ;  als  Legat  desselben  beendigte  Tiberius  im  J.  745  =  9 
den  ersten  dalmatisch-pannonischen  Krieg,  welcher  die  Erweite- 
rung der  Provinz  lllyricum  bis  zur  Donau  zum  Resultat  hatte 
(S.  137);  erst  nach  dem  zweiten  pannonischen  Kriege  (6 — 9  n. 
Chr.)  wurde  Pannonien  im  J.  10  als  eigene  Provinz  constituirt, 
und  gleichzeitig  der  ältere  Theil  der  Provinz,  d.  h.  das  Küsten- 
land von  der  Grenze  Macedoniens  bis  zur  Grenze  Italiens  oder 
von  der  Stadt  Lissus  bis  zu  den  Städten  Albona  und  Flanona 
und  dem  Flusse  Arsia,  selbständig  organisirt  zuerst  unter  dem 
Namen  superior  provincia  lllyricum ^)   oder  kurz  lllyricum'^),   wo- 

sie  erhielt  für  später,    uud   zwar  bald   nach  Augustus,    der  Name  Dalmatia 

den  Namen  *■  '  >^  t 

Dalmatia.  gewöhnlich  wurdc  ^) . 

1)  Dio  Cass.  48,  28. 

2)  Dio  Cass.  49,  38.  Liv.  ep.  132.  Appian.  III.  24—27.  Vell.  2,  90.  Suet. 
Oct.  20. 

3)  Dio  Cass.  53,  12. 

4)  Im  J.  738  =  16  verwaltete  sie  P.  Silius  (Dio  Cass.  54,  20)  als  Proconsul 
(C.  I.  L.  III,  2973),  nachdem  er  734  Consul  gewesen  war.  Eutrop.  6,  4  erwähnt 
schon  früher  einen  Proconsul  Cosconius,  der  in  lllyricum  Krieg  fiJhrte,  vgl.  Oro- 
sius  5,  23.  Hieraus  ist  aber  auf  das  Bestehen  einer  Provinz  lUyrien  noch  kein 
Schluss  zu  machen.    S.  Mommsen  C.  /.  L.  III  p.  279. 

5)  Dio  Cass.  54,  34. 

6)  S.  oben  S.  138  Anm.  1.  2. 

7)  Plin.  N.  H.  3,  139.  147.  Ptolemaeus  2,  16  nennt  die  Provinz  'IXXupU 
und  lässt  sie  bestehen  aus  AaXfxoiTia  und  Aißoup^na;  bei  Strabo  17  p.  840  heisst 
sie  'IXXupl«;  -/)  upo;  ttJ]  ^HTieipiu.    Vgl.  Poinsignon  p.  35. 

8)  Dio  Cassius ,  w^elcher  selbst  Statthalter  von  Dalmatia  war  (49,  36 :  [xerci 
Yctp  TOI  TTjV  is  Tjf]  'Acppixin  -^Y^M-O"'^'^"'  '^  "^^  AeXfxaxta  —  xoX  rrj  Fla^vovta  tt^  avw 
•/.aXo'jfAeNT]  7rpoi;£Tayi)Tr)V,  6%^^  dxptßö)?  TrdvTa  xa  '/.0.x  autouc  eiSoj;  YPö^^t»)»  nennt 
die  Provinz  vor  Augustus  lUyrien  (38,  8;  48,  21),  unter  und  nach  Augustus 
immer  Delmatia.  Bei  der  Aufzählung  der  Legionen,  deren  in  Dalmatien  bis  auf 
Vespasian  zwei  standen,  heisst  die  Provinz  bei  Tac.  Ann.  4,  5;  Joseph. B.  lud. 
2,  16  Delmatia. 


—      145     — 

Dalmatien  stand  unter  einem  consularischen  legatus  Augusfi 
pro  praetore^)j  der  nebst  dem  Procurator  der  Provinz  2)  in  Sa- 
lonae  residirte^),  seit  dem  Ende  des  dritten  Jahrhunderts  dage- 
gen unter  einem  praeses  ^)  ;  es  war  zusammengesetzt  aus  zwei 
Bestandtheilen,  Liburnia ,  nördlich  vom  Flusse  Titius,  und  dem 
eigentlichen  Dalmatien,  südlich  von  demselben  ^]  ;  von  den  drei 
conventus  iuridici,  in  welche  die  Provinz  getheilt  war,  umfasste 
der  Conventus  von  Scardona  Liburnien^),  die  Conventus  von  Na- 
rona  und  Salonae  dagegen  das  eigentliche  Dalmatien ") .  In  dieser 
Verwaltung  erhielt  sich  die  Provinz  bis  auf  Diocletian,  unter  wel- 
chem auch  sie  zerstückelt  wurde,  indem  der  südliche  Theil  mit 
der  Hauptstadt  Scodra  zu  einem  eigenen  District  mit  dem  Namen 
Praevalitana  oder  Praevalis  gemacht  und  unter  einen  besonderen 
praeses  gestellt  wurde  ^). 

1)  Borghesi  Oeuvres  6,  246.  Tac.  Hist.  2,  86:  iuncti  inde  Moesici  ac  Pan- 
nonici  exercitus  Dalmaticum  militem  traxere,  quanquam  consularibus  legatis  nihil 
turbantibus.  Später  heisst  er  mit  abgekürztem  Titel  consularis.  C.  I.  L.  III  n. 
2015.   1906.  1909.   1910.   1911.     Es  kommen  namentlich  vor: 

P.  Cornelius  Dolabella  leg.  pr.  pr.  im  J.  18—19,   0.  7.  L.  III,  2908. 

M.  Furius  Camillus  Scribonianus ,  a.  42  Delmatiae  legatus,  Suet.  Claud.  13, 
vgl.  Tac.  Ann.  12,  52.  Ac(X{j.aTia;  d'pycuv,  Dio  Cass.  60,  15.  Dagegen  sagt  Plin. 
ep.  3,  16  :   Scribonianus  arma  in  Illyrico  contra  Claudium  moverat. 

Pompeius  Silvanus  (Cos.  45)  Dalmatiam  tenebat  (a.  69),   Tac.  Hist.  2,  86. 

L.  Funisulanus  Vettonianus leg.  pr.  pr.  provinc.  Delmatiae,  Henzen  5431. 

5432.    Borghesi  Oeuvr.  3,  73  unter  Domitian. 

Q.  Pomponius  Rufus  {leg.  pr.  pr.)  Delmatiae,  Cardinali  Diplomi  n.  IX.  Orelli 
SU2,  im  .1.  93. 

M.  Cutius  Priscus  —  leg.  (Aug.)  pro  pr.  provinciae  Delmat.  a.  147,  C.  I.  L. 
II,   1282. 

Scapula  Tertullus,  leg.  Augg.  p(rov.)  Dalmatiae  a.  180,  C.  I.  L.  III,  2809. 
Bortihesi   Oeuvr.  6,  246. 

L.  Tunius  Rufinus  —  leg.  pr.  pr.  a.  184,  Henzen  5272. 

Jj.  Dominus  (Jallicanua  —  leg.  Atig.  pr.  pr.  Dalmatiae,  C.  1.  L.  II,  4115  = 
Grut.  p.  402,  6. 

2)  procurator  ducenarius  prov.  Dalm.,  C.  I.  L.  III,  1985;  drixpozo;  Souxt)- 
vipio;  d-otpyetct;  ActX[Aa-:ia;  xal  'larpiot;,   C.  /.  6r.  3751. 

,3)  C.  I.  L.  III,   1985.  2075. 
A)  Zuerst    kommt  dieser   vor  im  J.  280,    C.  I.  L.  III,  1805.     Spätere  Bei- 
Kpiele  8.  Orelli  1098.    C.  I.  L.  III,   1938.  2771.     Not.   Dign.    Occ.    p.    127    nnd 
dazu   Boecking  p.  1188  ff. 

5)  Ptolemaeus  2,  16.  Schon  vor  dem  J.  31  n.  Chr.  errichten  die  civitates  lA- 
bumine  dem  Nero,  Sohn  de»  Germanicns,  ein  Denkmal,  C.  1.  L.  III,  2808,  und 
später  8ch«'int  Liburnia  eine  eigne  am  Augusti  und  einen  meerdos  derselben  ge- 
habt zu  haben,  C  1.  L.  III,  2810.  Vielleicht  dürfte  auch  n.  1919  pror.  rentena- 
riuM  provinciae  Li(humiae)  zu   ergänzen  sein. 

6)  Plin.   N.  II.  3,   139  ff. 
7j  Plin.    iV.  //.  3,   141  ff. 

8)  Veroneser  V(!rz,   S.  508.    S.  Kufus  hrrv.  8.    ^o^  lUgn     Orient,   p    .     I  i 
Boecking  ad  Not.  Dign    Orr    p    1189. 

Rom.  Alt<»rth.  IV.  10 


—     146     — 

Gptneinden.  Stildtische   Gemeinden    muss    es   ursprünglich    in   Dalmatien 

wenige  gegeben  haben,  da  die  conventns  nicht,  wie  in  andern 
Provinzen,  aus  einer  Anzahl  von  Städten,  sondern  aus  einer  An- 
zahl von  gentes  bestanden,  welche  wieder  in  Decurien  zerfielen. 
So  gehörten  z.  B.  zum  Convent  von  Salonae  342  Decurien  der 
üclmatae,  22  der  Denni,  239  der  Ditiones,  269  der  Mazaei,  52 
der  Sardiates  i)  und  diese  Decurien  müssen  auch  eine  administra- 
tive Einheit  gebildet  haben,  da  sie  eine  eigene  Gasse  hatten  2). 
Mit  der  Romanisirung  der  Provinz  entwickelte  sich  indessen  auch 
das  Stiidtewesen,  und  zu  Plinius  Zeit  gab  es  bereits  eine  erheb- 
liche Anzahl  von  römischen  Municipien,  unter  denen  Scardona, 
die  Hauptstadt  von  Liburnia,  das  bedeutendste  ist 3),  Ausserdem 
lagen  in  Dalmatien  fünf  römische  Colonien,  Epidaurus^),  Narona^), 
Salonae^),  Aequum^)  und  lader ^). 

XXI.  XXn.  Moesiä. 

Erste  Erobe-  Mocsia^),  bcgrcuzt  im  N.  durch  die  Donau,  im  W.  durch 
rungen.  ^^^^  Fluss  Drinus,  im  S.  durch  den  Scardus  und  Haemus,  im 
O.  durch  den  Pontus  Euxinus^*^),  bei  den  Griechen  Muaia  ge- 
nannt, kam  mit  den  Römern  zuerst  679  =  75  in  Berührung,  als 
C.  Scribonius  Curio,  proconsul  Macedoniae,  in  das  Land  bis  zur 
Donau  vordrang  i^).  Die  Untei^werfung  der  Moeser  ist  indess,  wie 
es  scheint,  dem  M.  Licinius  Grassus,  Grosssohn  des  Triumvir  und 

1)  Plin.   N.  B.  3,  142. 

2)  C.  I.  L.  III,  2107:  si  quis  eam  arcam  post  mortem  eorum  aperire  vo- 
luerit,  (inferet)  decuriae  meae  denarios  XXV. 

3)  Municipium  Ftavium  Scardona,  C.  1.  L.  III,  2802.  Das  Appellativ  Fla- 
vium ,  das  ein  grosser  Theil  dieser  Municipien  führt ,  lässt  auf  ein  besonderes 
Verdienst  der  flavischen  Kaiser  um  die  Städte  Dalmatiens  schliessen.  S.  Borghesi 
Oeuvres  6,   248. 

4)  Plin.  iV.  H.  3,  143. 

5)  Plin.  N.  H.  3,  142.   Ptol.  2,  IG,  12. 

6)  Plin.  N.  II.  3,  141.  Der  Name  Colonia  Martia  lulia  Salonae  C.  I.  L.  III, 
1933  zeigt,  dass  die  Anlage  der  Colonie  vor  727  =  27  erfolgt  ist,  da  sie  sonst 
Augusta  helssen  würde.     Colonia  nennt  sie  auch  Plin.   iV.  H.  3,  141. 

7)  Colonia  Claudia  Aequum ,  C.  /.  L.  III,  2026.  Grotefend  Imperium  Rom. 
tributim  descriptum  p.  135. 

8)  Colonia  lader,   C.  I.  L.  III  n.  2909.  2932. 

9)  S.  Mommsen  C.  I.  L.  III  n.  749  ff.  1641  ff.  P.  Becker  Beiträge  zur  ge- 
naueren Kenntniss  Tomi's  und  der  Nachbarstädte  in  Jahns  Jahrb.  f.  Philologie 
u.  Pädag.    Supplementband  XIX  (1853)  S.  325  ff. 

10)  Dio  Cass.  51,  27.    Ptolem.  3,  9  und  10. 

11)  p:utrop.  6,  2.  Oros.  5,  23.  Liv.  ep.  92.   S.  Rufus  hrev.  7. 


I 


—     147     — 

im  J.  725  =  29  Proconsul  von  Macedonien ,  zuzuschreiben  ^j  ; 
wenigstens  lässt  Dio  Cassius  zwei  Jahre  später  den  Augustus  von 
der  Unterwerfung  Galliens,  Mösiens  und  Aegyptens  reden  2),  ob- 
wohl er  eine  Provinz  Moesia  in  diesem  Jahre  noch  nicht  kennt  ^j. 
In  den  letzten  Regierungsjahren  des  August  war  aber  Moesia  be-  Einrichtung 
reits  Provinz  ^)  ;  im  J.  6  n.  Chr.  kommt  ihr  erster  Statthalter 
vor^);  im  Jahre  9  n.  Chr.  erwähnt  Ovid  sie^)  ;  die  Nachricht  des 
Appian  dagegen,  welcher  die  Einrichtung  der  Provinz  dem  Tibe- 
rius  zuschreibt^  scheint  wie  der  übrige  Bericht  desselben  tlber 
dieses  Land  ungenau  und  irrthümlich ')  und  ist  w^ohl  darauf  zu- 
rückzuführen, dass  Tiberius  in  dem  grossen  pannonischen  Kriege 
743 — 745=11 — 9  v.  Chr.  auch  die  Eroberung  von  Mösien  be- 
wirkt hat. 

Moesia  wurde  zuerst  als  eine  Provinz  von  einem  kaiser- 
lichen, in  der  Regel  consularischen  Legaten  verwaltet,  und  in  den 
Jahren  15 — 44,  in  welchen  Macedonien  und  Achaia  vorübergehend 
vom  Kaiser  übernommen  waren,  wurden  auch  diese  Provinzen 
zeitweise  unter    denselben   Legaten    gestellt s).     Nach    44   bildete 

1)  Liv.  ep.  134.  135.   Dio  Cass.  51,  25—27.  Florus  2,  26. 

2)  Dio  Cass.  53,  7. 

3)  Dio  Cass.  53,  12. 

4)  Zumpt  Comm.  epigr.  2,  253  ff.  setzt,  freilich  nur  vermuthungsweise, 
die  Plinrichtung  derselben  738  =  IG. 

5)  Dio  Cass,  55,  29:  Kaiv-wa;  ^eou-^po;,  6  t^i;  TiXTiotoytöpou  Mual<x<;  äoyujv. 

6)  Ovid.    Trist.  2,  197 :  /.  rA 

Haclenus  Euxini  pars  est  Romana  sinistri ; 

Proxima  Bastemae  Sauromataeque  tenent. 
Haec  est  Ausonio  suh  iure  novissima  vixque 

Haeret  in  imperii  mar (j ine  terra  tui. 
Dies  Buch  ist  7G2  =  9  geschrieben.    S.  Fischer  Zeittafeln  zu  761. 

7)  Appian.  Illyr.  30  erwähnt  den  Curio  nicht,  dagegen  seinen  Nachfolger 
Luculluß,  den  Bruder  des  bekannten  Lucullus,  der  682  =  72  gegen  die  Barba- 
ren des  Haemus  zog  (Drumann  4,  177);  dann  sagt  er:  xat  irXeTov  o'jSe^  eGpov 
Iti  ^z■7^i  'Pwixaiojv  or^fjioxpaTia!;  ii  M'joo'j;  7ev(i(x£vov  •  oö5'  ii  cp«5pov  U7:ayi}£vTa; 
o'jo'  ^7:1  Toy  XeßaoToO.  br.-(f/\\riizoLu  oe  üzo  'i'nSepioy,  toO  (xetd  t6v  lePaoTov  toTs 
Pü)(Aoiioti  otUTOXpaTOpOi;  ^^''öixevou,  und  am  Ende  dos  Capitels  wiederholt  er: 
xal  'l'tß^pioc  eiXe  (toü;  Muor/j;)  -AaTu  t9jV  [x6vapyov  d^ouoiav.  Dass  dies  falsch 
ist,  zeigt  Tac.  Ann.  1,  80,  nach  welchen»  im  J.  14  n.  Chr.  Poppaeus  Sabinus 
leytituH  Moesine  war,  Suet.  Tib.  41 ,  welcher  die  Provinz  Moesia  als  unter  Tibe- 
rius bestehend  erwähnt,  und  das  Schweigen  des  Velleius ,  welcher  Mösiens  wohl 
gedacht  haben  würde,  wenn  die  Provinz  von  Tiberius  herrührte,  endlich  das  an- 
gefCihrte  Zeiignlss  dt;«  Dio  Cassius,  der  über  «lie  Verwaltung  Mösiens  während 
der  ganzen  Kegierungszcdt  des  Tiberius  gut  orientlrt  ist  (58,  24.  25). 

8)  Poppaeus  Sabiiins  verwaltete  Moesia,  nachdem  er  9  n.  Chr.  Consul  ge- 
wesen war,  schon  14  n.  Chr.;  seit  15  n.  Chr.  aber  aucti  Achaia  und  Marcdonia, 
Tac.  Ann.  1,  80.  Nach  Dio  Cassius  28,  25  blieb  er  In  dieser  Stellung  bis  35, 
also  21   .lahre,    sein   Nachfolger  P.    Memmius  Kegulns  ,   Co».  31  ,    erhielt  ebenfalls 

10  ♦ 


—     148     — 

(las  ungelheille  Mösien  eine  eigene  Vorwaltung  bis  auf  Domilian^), 

Theiiung   untcp  welchem  es  in  zwei  Theile,   Moesia  siiperior'^),    das  jetzige 

Serbien,  westlich  vom  Fluss  Ciabrus,  und  Moesia  inferior  ^)y  mit 

alle  drei  Provinzen,  und  erst  Claudius  gab  im  J.  43  Acliaia  und  Macedonia  dem 
Senat  zurück  (Dio  Cass.  60,  24).  Da  indessen  in  dieser  Zeit  drei  besondre  leguti 
Aug.  Moesiae  vorkommen  ,  nämlich  Ti.  Latinius  Pandusa  (Tac.  Ann.  2,  66)  im 
J.  19,  sein  Nachfolger  Pomponius  Flaocus,  Cos.  17  (Tac.  a.  a.  0.  Ovid  ep.  ex 
Ponto  A,  9,  7ö),  und  Pomponius  Labeo  im  J.  26,  welcher  nicht  Consular,  son- 
dern nur  praetorius  war  (Tac.  Ann.  4,  47.  Dio  Cass.  58,  24),  so  kann  die  Verbin- 
dung der  drei  Provinzen  nur  zu  Zeiten  stattgefunden  haben.  S.  Zumpt  Comm. 
epigr.  2,  257  ff. 

1)  Aus  dieser  Zeit  sind  von  den  Statthaltern  bekannt 

unter  Claudius :  L.  Marlius  —  Macer  —  leg.  Ti.  Claudi  Caes.  Aug.  pr.  pr. 
provinciae  Moesiae,  ein  praetorius.    Borghesi   Oeuvres  3,   183. 

a.  51 — 57  oder  58:  Flavius  Sabinus.  Tac.  Hist.  3,  75.  Henzen  Avnali  1859 
p.  16. 

a.  62  (vielleicht  schon  seit  57):  Ti.  Plautius  Silvanus  Aelianus,  Cos.  45.  Orelli 
750.  Henzen  a.  a.  0.  p.  16.  20.  Waddington  Fastes  des  provinces  Asiatiques, 
Paris  1872.  8  n.  85.  Vol.  I  p.  130.    Mommsen  C.  I.  L.  III  n.  781. 

a.  67 — 69:   M.  Aponius  Saturninus ,  Cos.  66  (Henzen  Scavi  j^.  22).  Tac.  Hist. 

I,  79;  2,  85;  5,  26. 

a.  69 :  Fonteius  Agrippa.  Tac,  Hist.  3,  40 ;  TipeoßeuTYji;  'jTraxt-Ao?.  Joseph.  B. 
lud.  7,  4,  3. 

a.  71 :  Bubrius  Gallus.  Joseph.   B.  lud.  7,  4,  3. 

2)  Es  kommen  vor : 

Bald  nach  85 :  L.  Funisidanus  Vettonianus  —  —  leg.  pro  pr.  proiünc.  Del- 
matiae ,  item  prov ine.  Pannoniae ,  item  Moesiae  superioris.  Henzen  5431.  5432. 
Pannonien  regierte  er  85  (Henzen  5430),  Mösien  wahrscheinlich  bald  darauf, 
jedenfalls  noch  unter  Domitian.    Henzen  Annali  1857  p.  19. 

Unter  Traian  :  P.  Tullius  Varro  —  leg.  Aug.  pro  pr.  Moesiae  superior.  Hen- 
zen 6497. 

nach  159:  M.  Statius  Priscus  —  leg.  Auga.  pr.  pr.  prov.  Moesiae  super. 
Henzen  5480. 

c.  167:  M.  Cl.  Fronto,  leg.  Aug.  pr.  pr.  —  Moes.  sup.  Henzen  5478.  5479 
=  C.  I.  L.  III,  1457.    Borghesi  Oeuvr.  6,  266. 

c.  168.  P.  Mummius  Sisenna  —  legatus  Aug.  pr.  pr.  Moesiae  superioris, 
Cos.   c.  157.    Henzen  6499.    Waddington   Fastes  n.  153. 

c.  176:  Pertinax  Cassiano  motu  composito  (175)  —  Moesiae  utriusque  —  regi- 
men   accepit.    Capitolin.   Pert.  2,   11.  202  —  209.     Q.  Anicius  Faustus ,    C.  I.    L. 

II,  1685.     . 

Aus  unbestimmter  Zeit:  M.  Caecilius  Novatilianus  c.  v.  —  allectus  inter  con- 
sulares,  praeses  prov.  Maes.  super.    Orelli  1178  =  Mommsen  /.  N.  1420. 

3)  Spartian.   Hadr.  2,  3  :  posi  hoc  in  inferiorem  Moesiam    translatus  extremis 
iam  Domitiani  temporibus.    Statthalter  dieser  Provinz  sind  : 

a.  99  :   Q.  Pomponius  Rufus.  Renier  in  Borghesi  Oeuvres  6,  525.  Vgl.  Orelli  802. 

a.  106  :  A.  Caecilius  Faustinus.  Henzen  6857, 

a.  112:  P.  Calpurnius  Macer.    C.  J.  L.   III  n..  777.    Vgl.  Plin.  ep.  5,  18. 

a.  113:  Q.  Roscius  Pompeius  Fidco.  Henzen  5451.  Waddington  Fastes  n.  133 
p.  203. 

nach  127:  L.  Minicius  Natalis.  Orelli  1551.  Henzen  6498.   C.  1.  Gr.  5977. 

a.  134:  lulius  Maior.  Miliiärdiplom  Henzen  Annali  1857  p.  6.  19  ff.  Vgl. 
Annali  1868  p.  69  n.  70. 

nach  133:   Antonius  Hiberus.   Henzen  6429  =r'.  /.  L.  III,  781. 

nach  138:    T.  Vitrasius  Pollid.  Henzen  5290.    Waddington  Foste?  n.  142. 

zwischen  161—172:    M.  Servilius  Fabianus.    Orelli  2274. 


I 


—     149     — 

iilteni  Namen  auch  Ripa  Thracia  genannt  i),  östlich  von  demsel- 
ben, getheilt  wurde,  von  welchem  jeder  Theil  einen  consulari- 
schen  Legaten  2)   und  einen  procurator^)   erhielt. 

Die  Städte  der  beiden  Moesiae  sind  entweder  römische  An-  städieania- 
lagen  oder  griechische  Handelsplätze,  welche  die  Römer  bereits 
vorfanden.  Unter  ihnen  sind  die  bedeutendsten  in  der  oberen 
Provinz  Ratiaria,  Colonie  des  Traian  [colonia  Ulpia  Ratiarm)  4)  ; 
Aelium  Viminacium,  zuerst  Municipium  5) ,  später  Colonie  ß),  Sin- 
gidunum,  Colonie');  in  der  unteren  Provinz:  Qescus^  Colonie 
[colonia  Ulpia  Oescensium)  ^),  jetzt  Gicen,  Novae  (Sistov),  Nico- 
polis  (Nikup),  Troesmis  (Iglizza),  Municipium  9) ,  endlich  die  grie- 
chischen Küstenstädte  Istros,  Tomi  (Dorf  Anadol-Köi  bei  Koestendje), 
civilas  Pontica  Tomitanorum^^)^  [xr^Tpo7roXt(;ii);  Odessus  (Varna),  civi- 
tas  Odessitanorum  ^2)^  Mesambria,  welche  zusammen  mit  Apollonia, 

nach  195:  A.  Pollenius  Auspex.  Dio  Cass.  76,  9,  wo  der  Name  Auspex  noch 
in  den  neuesten  Texten  corrunipirt  ist.    S.  Borghesi  Oeuvres  2,  234. 

a.  201:  L.  Ovinim  Teriullus.  Henzen  6429=  C.  I.  L.  781.  Grut.  446,  9. 
Moramsen  /.  N.  6819.  Dig.  49,  15,  9;  38,  17,  1  ^  3.  Cod.  lust.  8,  51,  1. 
Borghesi   Oeuvres  2,  225. 

unter  Elagabal  (218  —  222):  T.  Fl.  Novius  Rufus.  Desjardins  Anmli  1868 
p.  75  =C.  /.  L.  III,  773. 

a.  238 — 240:  Tullius  Menophilus ,  auf  Münzen  von  Marcianopolis  (Borghesi 
Oeuvres  2,  227  ff.),  erwähnt  von  Petrus  Patricius  fr.  8  (Müller  fr.  Hist.  Gr.  IV 
p.  186).  Vielleicht  hiess  er  Julius  Menophilus  und  bezieht  sich  auf  ihn  die  Inschr. 
Desjardins  Annali  1868  p.  38. 

ohne  Zeitbestimmung:   T.  Flavius  Longinus.    C.  I.  L.  III,  767. 

M.  Pontius  Aelianus.    Annali  1868  p.  74=C\  7.  L.  III,  774. 

P.  Vigellius  Raius  Saturninus.    Annali  1868  p.  74  =  C.  I.  L.  III,  775. 

L.  lunius  Faustinianus.  Annali  1868  p.  77. 

L.  Annius  Italicus  Honoratus.  Annali  1868  p.  97,  wohl  unter  Caracalla.  Vgl. 
MafFei  Mus.  Veron.  p.  240,  6.  Ueber  die  zuletzt  angeführten  s.  auch  Renier  In- 
scriptions  de  Troesmis ,   Paris  1865.  8. 

1)  C.  I.  L.  III,  751.  752.  753.    Henzen  Annali  1859  p.  109. 

2)  Tac.  Nist.  2,  86  nennt  sie  consulares  leijati.  Vgl.  Capitolin.  Pertin.  2. 
Ausführlich  handelt  hierüber  Borghesi  Oeuvres  4,  290;  6,  250. 

3)  Häufig  erwähnt,  z.  B.  Orelli  3664.   C.  I.  Gr.  3751. 

4)  C.  I.  L.  HI,  753.  1641. 

5)  C.  i.  X.  III,  1654.  1655. 

6)  C.  /.  L.  111,  1474.    Eckhel  D.  N.  2,  8  IT. 

7)  C.  /.  L.  III,  1660. 

8)  C.  I.  L.  HI,  753. 

9)  Desjardins  Annali  1858  p.  63.  67.  Die  Stadt  ist  aus  einem  grossen  Lager 
entstanden  und  bildete  eine  Grenzfestung.  Derselbe  p.  48.  Sie  wird  erwähnt  von 
Ovid  ep.  ex  Ponto  4,  9,  79.    Ptolem.  3,  10,  11. 

10)  C.  I.  L.  in,  753. 

11)  In  dem  Epigramm  bei  Desjardins  Annnli  1868  p.  92  Imisst  TomI  fA<XTp/i- 
TToXt«  R'J;e(voio;  |XT)Tp<'iTtoXt;  auch  in  der  Inschr.  obend.  p.  95  und  auf  Münzen. 
Mionnct  Suppl.  1  p.  185.  Dio  Stadt  hat  eine  griechische  Verfassung,  huleuiat 
(C.  1.  L.  III,  753)  und  Pbylen.  Annall  18Ü8  p.  96. 

12)  C.  1.  L.  III,  762 «Henzen  5290. 


—      150     — 

das  Ptolcmäus  zu  Thracien  rechnet  i),  eine  Pentapolis  gebiidet  zu 
haben  scheinen  2). 
Politischer  Dcp  Statthalter  von  Nieder-Mösien   war  zugleich  der  nächste 

Ronipriinf  Repräsentant  des  römischen  Einflusses  auf  die  Nordküste  des 
küste  des  schwarzen  Meeres,  welche  zwar  keine  römische  Provinz  wurde, 
Meeres,  aber  doch  mittelbar  unter  römischem  Imperium  stand.  Die  grie- 
chischen Colonien  dieser  Gegend,  tlber  deren  lange  Blüthe  uns 
aus  den  Funden  der  letzten  Decennien  ein  reiches  historisches 
und  archäologisches  Material  vorliegt  ^j,  waren  zwar  freie  Städte, 
aber  den  sarmatischen  Königen  tributär^),  und  da  diese  von  den 
Römern  theils  gradezu  eingesetzt,  theils  wenigstens  in  Abhängig- 
keit gehalten  wurden  5) ,  so  fanden  die  Römer  beständig  Gelegen- 
heit, zwischen  beiden  Theilen  politisch  zu  vermitteln  oder  zum 
Schutze  der  Städte  thatsächlich  einzugreifen.  Das  Gebiet  der 
Stadt  Tyras,  einer  milesischen  Colonie  zwischen  Donau  und 
Dniester,  wurde  unter  Nero,  wie  die  Aera  derselben  vom  Jahre 
56  oder  57  anzeigt,  ganz  zur  Provinz  Niedermösien  gezogen^) 
und  blieb  bei  derselben '),  bis  Maximinus  es  etwa  im  Jahre  237 
den  Barbaren  preis  gab  ^) ;  der  cimmerische  Bosporus  dagegen  I)lieb 

1)  Ptolein.  3,   11,  4. 

2)  Inschr.  v.  Odessus  C.  I.  Or.  2056«:  'Hpooooov  OapvaYOU,  d'pEavta  t-^C 
iroXeojs  xal  d'pqavxa  tou  xoivoü  XTJi;  TtevTaTroXetoc  vcat  xzi\).T^%isxrx  UTto  xoD  xotvoO 
TYJ?  irevxaTroXeoj?.  In  einer  andern  Inschr.  von  Mesambria  C,  I.  Gr.  2053^  Vol.  II 
p.  995  wird  jemand  durch  ein  Denkmal  geehrt  von  den  Städten  Tomi,  Istros 
und  ApoUonia,   so  dass  die  fünf  Städte  unzweifelhaft  sind. 

3)  Boeckh  C.  /.  Gr.  Vol.  II  p.  80—170.  H.  K.  E.  Koehlers  Gesammelte 
Schriften  herausg.  von  Stephani  Bd.  2,  Petersburg  1850.  8.  B.  Koehne  Beiträge  zur 
Geschichte  und  Archäologie  von  Chersonesus  in  Taurien.  II  Die  ßömisch-Bospo- 
ranische  Zeit.  In  den  Memoiren  der  Gesellsch.  für  Archäologie  und  Numismatik 
in  Petersburg.  Vol.  II  1848  S.  301  ff.  353  ff.  Auch  daraus  separat  abgedruckt 
Sabatier  Souvenirs  de  Kertch  et  Chronologie  du  royaume  de  Bosphore,  Petersburg 
1849.  4.  B.  de  Koehne  Description  du  musee  de  feu  le  Prince  Basile  Kotschoubey 
et  recherches  sur  Vhistoire  et  la  numismatique  des  colonies  grecques  en  Eussie  ainsi 
que  des  royaumes  du  Pont  et  du  Bosphore  Cimmerien,  Petersburg  1857.  2  Vol.  4 
mit  28  Tafeln,  Comte-Rendu  de  la  Commission  Imperiale  Archeologique ,  Peters- 
burg 1859  und  folgende  Jahrgänge.  4  mit  Atlas  in  fol. 

4)  Ueber  Olbia  s.  Boeckh  C.  1.  Gr.  II  p.  87^. 

5)  Boeckh  C.  I.  Gr.  II  p.  107b  und  zu  n.  2108b.  2108^.  2122.  2123.  2124. 
2125.  2126. 

6)  C.  I.  L.  III,  781  =  Henzen  6429. 

7)  Ptolemaeus  3,  8,   10. 

8)  Die  Münzen  der  Stadt  beginnen  mit  Vespasian  und  hören  auf  mit  Alexan- 
der Severus,  es  ist  daher  wohl  in  dem  Kriege  mit  den  Carpen  und  Scythen  auf- 
gegeben worden ,  dessen  Capitolin  v.  Max.  et  Balb.  16  gedenkt.  S.  Mommsen 
C.  1.  L.  III,  781. 


—     151     — 

ein  Königreich,  in  welchem  zu  Cäsars  Zeit  Pharnaces ,  der  Sohn 
Mithridates  des  Grossen  regierte^).  Seinen  Nachfolger  Asander 
machte  M.  Antonius  im  J.  713  =  41  zum  König ;  als  er  737  starb, 
übernahm  Scribonius  die  Regierung  und  heirathete  seine  Wittwe 
Dynamis,  beides  mit  Erlaubniss  des  Augustus  2) .  Im  J.  740  =  14 
ordnete  Agrippa  die  bosporanischen  Verhältnisse  '^)  und  die  ganze 
Reihe  der  bosporanischen  Fürsten  bis  auf  Rescuporis  VIII  (f  336 
n.  Chr.)  prägte  auf  ihren  Münzen  das  Rildniss  des  regierenden 
römischen  Kaisers.  Dieselbe  Oberhoheit  der  Römer  zeigt  sich 
darin,  dass  sie  die  bedeutendste  Stadt  der  taurischcn  Cherrone- 
sus,  Heraclea  Chersonesus,  von  dem  bosporanischen  Reiche  ab- 
sonderten und  für  frei  erklärten  ^j.  Diese  Freiheit  dauerte  bis 
auf  Constantin  ^) ,  unter  welchem  die  Chersonesiten  die  IXeoi^spia 
xat  oLiiXsia  geniessen,  aber  dabei  uTrrxooi  xr^c,  'P(0[xai(jDV  ßaaiXeta; 
genannt  werden f').  In  demselben  Sinne  ist  die  merkwürdige 
Stelle  des  Procop  zu  erklären,  der  von  mehreren  alten  Resitzun- 
gen  der  Römer  in  der  taurischen  Halbinsel  redet  ^);  es  sind  dies 
keine  andern,  als  die  freien  griechischen  Städte,  um  welche  sie 
sich  in  der  That  wesentliche  Verdienste  erwarben.  Denn  sie 
zogen  ihnen  nicht  nur  zu  Hülfe,  wie  unter  Nero  der  legatus 
Moesiae  inferioris  Ti.  Plautius  Süvanus  der  Stadt  Cherronesus  ge- 
gen den  bosporanischen  König  ^)  und  Kaiser  Antoninus  Pius  der 
Stadt  Olbia  gegen  die  Tauroscylae^),    oder  erwiesen  ihnen    sonst 


1)  Ueber  das  Folgende  s.  v.  Sallet  Beiträge  zur  Geschichte  und  Numismatik 
der  Könige  des  Cimmerischen  Bosporus  und  des  Pontus  von  der  Schlacht  bei 
Zela  bis  zur  Abdankung  Polemo  II,  Berlin  1866.  8.  Waddington  in  Revue  nu- 
nUsmatique  1866  p.  417  ff. 

2)  Dio  Cass.  54,  24. 

3)  Dio  Cass.  a.  a.  0. 

4)  Plin.  N.  H.  4,  85:  Heraclea  Cherronesus  (^oppidum)  liberlate  a  Ronianis 
donatum.  Boeckh   C.  /.  Gr.  p.  90. 

5)  Constantin.  Porphyrog.  de  administr.  imp.  53  p.  251  Bekk. 

6)  a.  a.  0.  p.  250,  8;  251,  9. 

7)  Procop.  B.  Oolh.  4,  5 :  (Aetd  5e  xa  i\Wri  xaÜTa  u^Xi;  OaXaoofa  olxeixae, 
B^OTTOpo;  5vo|Aa  xcti  'P(u|j.aiojv  xaTf]7Coo;  y^'^'^I-«-^'^'']  oo  TioXXtj)  Trpoxepov.  'Ex  ße 
Boor'ipou  T./Atoii  d;  rA\\.u  Xepooiva  iiivxi,  t'j  xeixai  jjiiv  ^v  xi^  TtapaXi'^,  'Ptu|xaituv 
Ik  xai  vjTh  xaxTjXoo;  1%  rotXaioO  daxi ,  ßappapoi  —  xd  ixexot^u  änavxa  Ij^ouoi. 
Kai  o[).Xa  oe  roXiaixaxa  c6o  df/o^  Xepawvo;,  Kf|7:ol  xe  xal  «PavotYOUpis  xaXo6- 
|A€v«,  'Ptujxaliuv  xaxfjxoa  ix  TtaXatoD  xe  xal  ii  iiU  ^v. 

8)  Inschrift  Orelli  750:  ScytUarum  qwjquc  rcijem  (lies  reye)  a  Cherronerui  quac 
eat  tUtra  liorysthenem  opsidione  summolo  primun  tx  eu  provincia  niayno  trilici  modo 
annonam  P.  It.  adlevavit.  Ueber  die  Zeit  dieses  Ereignissos  s.  oben  S.  148  Anui.  1. 

9)  Capltolln.  Afü.  P.  9. 


—     152     — 

Wohlthalen  '),   sondern  sie  hielten  auch  in  Chen-onesus  wenigstens 
zeitweise  eine  römische  Militärstation  2j . 

XXIII.  Dacia3). 

Mit  den  Dakern  sind  die  Römer  schon  seit  CUsars  Zeiten  in 
Berührung  gekommen  ^J;  ihr  König  Cotiso  war  im  Jahre  723  =  31 
Bundesgenosse  des  Antonius  ^) ,  so  dass  man  damals  in  Rom 
neben  den  Aegyptern  auch  die  Daker  fürchtete  ^') ,  und  unter 
Augustus  sind  später  noch  mehrere  Feldzüge  gegen  sie  unter- 
nommen worden');  Provinz  aber  wurde  Dacien,  dessen  sehr  be- 
deutendes Gebiet  nach  Ptolemäus  in  Westen  durch  den  Tibiscus 
(Temes)  und  die  westlich  von  demselben  wohnenden  lazyges 
Metanastae  von  Pannonien  getrennt,  im  N.  durch  die  Karpathen, 
im  0.  durch  den  Tyras,  im  S.  durch  die  Donau  begrenzt  ist^), 
erst  nach  dem  Tode  des  Königs  Decebalus,  gegen  welchen  Traian 
zwei  dacische  Kriege  führte,  nach  Beendigung  derselben  im  J. 
d^ei"pÄz^^079).     Nachdem   die   Provinz   eine   Zeit   lang   von   einem   Statt- 

1)  Ueber  Phanagoria  s.  Boeckh  C.  /.  Gr.  ad  n.  2126^  und  über  die  freund- 
lichen Beziehungen  mehrerer  Kaiser  zu  Olbia  n.  2060.  2087.  2091. 

2)  Inschr.  v.  Chersonesus  bei  Koehne  Beiträge  S.  308  :  D.  M.  Aur.  Salvia- 
nus  tub(icen)  leg.  XI  Cl.,  qui  militavit  annos  XIIII  vixit  annos  XXXVI.  Die 
legio  XI  Claudia  lag  zu  Dio  Cassius  Zeit  in  Moesia  inferior.  Dio  Cass.  55,  23. 
Ein  älteres  Zeugniss  aus  dem  J.  66  giebt  losephus  B.  lud.  2,  16,  4:  xi  oei 
Xeyeiv  'Hvioyou?  xe  xal  KoXyou?  xal  xo  xöiv  Taupoav  cpüXov ,  BooTcopavo'j!;  xe  xoti 
xd  rcepioixa  xoü  üovxou  xal  x-^?  Maicuxioo?  Ii}vy],  Tiap  ot?  rrplv  p,£v  o'jos  or/teio? 
EYivtuoxexo  SeoTioxY]?,  vüv  hk  xpicyiXtoi;  67:Xixai?  uTzoxotooexoii  y.al  x£Ooapdy.ovxa 
v-^ec  {xaxpai  xyjv  uplv  aTtXujxov  xal  aYpiotv  eipTfjve6ouai  OdXocaaav. 

3)  Nach  den  erschöpfenden  Untersuchungen  von  Mommsen  C.  I.  L.  III  p. 
160  ff.  bedarf  es  einer  vollständigen  Anführung  der  früheren  Literatur  über  Da- 
cien nicht.  Ich  erwähne  nur:  Fabretti  de  columna  Traiani ,  Romae  1690  fol. 
Marsili  Danubius  Pannonico- Mysicus,  Hag.  Com.  et  Amstelod.  1726.  6  Bde.  fol. 
Seivert  Inscriptiones  monumentorum  Rom.  in  Dada  mediterranea,  Viennae  1773.  4. 
Sulzer  Gesch.  des  transalpin.  Daciens,  Wien  1781.  2  Bde.  8.  Mannert  Res  Traiani 
ad  Danubium  gestae,  Norimb.  1793.  8.  v.  Hohenhausen  Alterth.  Daciens  zu  Zeiten 
der  Römer,  1775.  4.  Katancsich  Istri  accolarum  geographia  vetus ,  Budae  1827. 
2  Bde.  4.  Franke  Zur  Geschichte  Traians,  Güstrow  1837.  8.  Neigebaur  Dacien, 
Kronstadt  1851.  8.  W.  Froehner  La  colonne  Trajane,  Paris  1865.  8.  Dierauer 
Beiträge  zu  einer  kritischen  Gesch.  Traians,  Leipzig  1868.  8.  M.  J.  Ackner  und 
Fr.  Müller  Die  röm.   Inschriften  in  Dacien,  Wien  1865.   8. 

4)  Appian.  Illyr.  22.  23. 

5)  Dio  Cass.  51,  22.  Ausführlich  handelt  hierüber  Mommsen  Res  gestae  divi 
Augusti  p.  88. 

6)  Verg.   Ge.  2,  497.    Hör.  Serm.  2,  6,  53.    Od.  3,  6,  13. 

7)  Auf  den  Krieg  des  M.  Crassus  gegen  sie  724  —  726=30  —  28.  (Dio 
Cass.  51,  23.  Liv.  ep.  134)  bezieht  sich  Horat.  Od.  3,  8,  18:  occidit  Daci  Co- 
tisonis  agmen.    Ueber  die  späteren  Kriege  s.  Mommsen  a.  a.  0. 

8)  Ptolem.  3,  8. 

9)  Dio  Cass.  68,  14:    AexsßaXoi;  Se,  tu?  xal  xö  ßaotXeio^  auxou  xai  i]  yjapcL 


\ 


—     153     — 

halter  verwaltet  worden  war  i) ,  wurde  sie  unter  Hadrian  in  der- 
selben Weise,  wie  dies  früher  mit  Pannonia  und  Moesia  ge- 
schehen war,  in  zwei  Hälften  zerlegt,  von  denen  die  westliche 
Dada  supeiior^)  ,    die   östliche  Dada   inferior^]  hiess.     Unter  M.    Theiiung 

1  .    ,,    .    1  ,  .       .  ^.  1     derselben  in 

Aurel  dagegen,  vielleicht  schon  seit  Antoninus  Pius,  unter  wel-  zwei, 
cheni  eine  Empörung  der  Daker  unterdrückt  werden  mussle''), 
war  die  Provinz  in  drei  Theile,  tres  Dadae,  getheilt,  nämlich  dann  in  drei 
Dada  Porolissensis  ^) ,  benannt  von  der  Stadt  Porolissum  im  Nor- 
den des  Landes  bei  Mojgrad,  Dada  Apulensis^),  benannt  von 
Apulum  (Carlsburg),  und  Dada  Maluensis"'] ^  benannt  von  der 
Colonia  Maluensis^),  die  der  Lage  nach  unbekannt,  aber  wohl  in 
den  östlichen  Theil  von  Dacien  zu  setzen  ist.  Die  tres  Dadae 
bilden  zwar  ein  Commune,  welches  eine  gemeinsame  Hauptstadt, 
Sarmizegetusa-^),    einen   gemeinsamen   Landtag  i^)    und  einen  ge- 

■/.aTeiXr^TiTO  ou[jLTraoa, oteypfjOaTo  ^auTov  —  y.al  outou;  i]  Aaria  'Poüfj-aiouv 

•jzTjxoo;  i-^iszTO.  Aurel.  Vict.  Caes.  13.  Der  erste  dacische  Krieg  dauerte  von 
lül  — 102,  der  zweite  105—107.  S.  Henzen  Annali  1862  p.  148  ff.  Dass  der 
letztere  nicht  106,  wie  llenzen  annimmt,  sondern  erst  107  beendigt  wurde, 
/(■igt  Mommsen  ad  C.  I.  L.  III  n.  550. 

1)  In  dem  Militärdiplom  des  Traian  von  110,  Henzen  5443,  heisst  es  :  et  sunt 
m  Dada  s^ub  D.  Terentio  Scauriano ,    und    nach    der  Inschrift  C.  I.  L.  III,  2830 

-t  Sex.  lulius  Severus  kurz  vor  seinem  Consulat  (127)  leg.  pr.  pr.  imp.  Traiani 
lladriani  Aug.  provinciae  Daciae.  Auf  den  Münzen  seit  Traian  heisst  die  Pro- 
vinz immer  Dada  August^i)  provinda.   Eckhel  D.  JV.  6,  428. 

2)  Insdirift  C.  I.  L.  III,  753  (zwischen  161  —  168):  lulio  Capitoni  —  hono- 
rnto  ab  ordinibus  coloniarum  Vlpiae  Poetoviensia  ex  Pannonia  superiore  —  Traia- 
luie  Sarmizegethusensium  ex  Dada  superiore.  Vgl.  n.  4501 :  Valeria  Dionysia 
domo  Sa(r7nizegetusa')  Da(ciae^  S(uperioris'). 

3)  Militärdiplom  des  Hadrian  von  129  bei  Arneth  n.  VII :  et  sunt  in  Dada 
inferiore  sab  Plauiio  Caesiano. 

4)  Capitolin.  Anton.  P.  5,  4.    Henzen  zu  n.  6919. 

5)  C.  J.  L.   1464  (a.  211  — 12):    Ulpio proc(uratori)  Aug.  (provindae) 

l>ac.  Apul.  a(genti)  v(ices^  p(raesidis'),  item  proc.  prov.  PorolQssensis').  Inschr.  bei 
J'errot  Exploration  archeol.  de  la  Galatie  et  de  la  Bithynie  p.  264  n.  146: 
/'.  8emp.  Ael.  lyijcino  proc.  Aug.  nn.  prov.  Syriae  Palaestinae,  proc.  hidilogi,  proc. 
l>aciae  Porolisensis ,  proc.  XX  h^ereditatum)  Galliarum  Narbonensis  et  Aquitaniae  cic. 
Die  erwähnten  Augusti  sind  Caracalla  und  Geta  (211 — 212),  s.  Grut.  259,  1  =  Mur. 
M7,  4.    Waddington  in  Le  Bas  Voy.  n.  1786;  proc.  hidilogi  ist  dTrlxporo;  5ctjx(rjNd- 

'o;j  'A).e;avope(a;  xoD  io(o'j  \6*(o\)  d.  h.  rei  privatae,  C.  I.  Gr.  3751 ,  der  ge- 
vMJhnlich  kurz  toio;  Xf^yo?  (^'.  /.  Gr.  n.  4957  lin.  39.  44),  {oKiXoyo?  (Strabo  17 
p.  797),  idiologus,  Henzen  6926,  genannt  wird.  Die  Annahme  von  IJorghesi  Bull. 
\>'<\X  p.  153  und  Oeuvr.  6,  482,  dass  eine  der  drei  Provinzen  Dacia  Auraria  gc- 
li<  i>'^t;M  habe,  beruhte  auf  einer  fehlerhaften  Lesung  der  Inschr.  Honzen  6920, 
«.;i(li(!  jetzt  C.  J.  L.  III,   1464  steht  und  eben  angeführt  ist. 

6)  Kommt  öfter»  vor.  Orelli  3888.   Henzen  6932. 

7)  (Jrut.  p.  433,  5  =  ßorghesl  Oeuvres  3,  481  :  M.  Macrinio  Avito  —  proc. 
:  rov.   Dac.   Malv. 

8)  Henzen  5520. 

9)  Im  dritten  .Jahrhundert  führt  sie  auch  den  Titel  metropoLi»,  C.  J.  L.  III, 
1456.  1175. 

10)  Condlium  prhvinciarum  Daclarurn  trium  im  J.  241,   C.  1.  L.  III,  1454. 


—     154     — 

meinsanien   Cult    des   kaiserlichen   Hauses    hat^j,  allein   als  Ver- 
waltungsbezirk steht  jede  als  besondere  Provinz 2)  nicht  nur  untei 
einem  eigenen  Procurator  ^')  ,    sondern   auch  wahrscheinlich   unte 
einem  eigenen  Legaten ''),  obwohl  der  Titel  desselben  immer  leg a- 
tus  trium  Daciarum  ist  ^) .    Derselbe  war  anfangs  nur  prätorischen 
Ranges  und  pflegte  erst  nach  seiner  dacischen  Legation  das  Con- 
sulat  zu  erhalten '')  ;  seit  M.   Aurel   aber   kommen   in   den  Daciae 
nur  consularische  Legaten  vor'), 
stfidteania-  Die   Kriege    des   Traian    müssen    mit    der   schonungslosesten 

Energie  geführt  worden  sein,  denn  sie  hatten  zur  Folge,  dass  die 
Provinz  bei  ihrer  Einrichtung  menschenleer  war  und  Colonisten 
aus  andern,  zum  Theil  entfernten  Provinzen  nach  Dacien  über- 
gesiedelt wurden  8).  In  der  Colonie  Napoca  gab  es  noch  lange 
nachher  ein  collegium  Asianorum^) ,  und  zu  den  Colonisten  gehör- 

1)  Hierauf  bezieht  sich  der  sacerdos  arae  Augusti  C.  I.  L.  1209.  1433. 
1509.  1513  und  der  coronatus  Daciarum  trium  n.  1433. 

2)  Ulp.  Dig.  48,  22,  7  %  iO:  interdicere  autem  quis  ea  provincia  potest, 
quam  regit,  alia  non  polest.  §  14 :  quibusdam  tamen  praesidihus,  ut  multis  pro- 
vinciis  interdicere  possint,   indultum  est,  ut  praesidihus  Syriarum,  scd  et  Daciarum. 

3)  Es  kommen  vor  ein 

procurator  prov(inciae~)  Porolissensis ,  C.  I.  L.  III,  1464. 
proc.  prov.  Dac.  Malv(€nsis),  Borghesi  Oeuvres  3,  481. 
proc.   Aug.  Daciae  Apulensis,  Orelli  3888. 

4)  Dies  sieht  man  schon  daraus,  dass  die  genannten  Procuratoren  auch  vice 
praesidis  fungiren,  d.  h.  im  Falle  einer  Vacanz  der  Statthalterstelle.  So  ist 
Q.  Axius  —  proc.  prov.  Dac.  Apul.  bis  vice  praesidis,  Henzen  6932=  C.  I.  L.  III, 
1456;  JJlpius  —  proc.  Aug.  prov.  Dac.  Apul.  agens  vices  praesidis,  C.  I.  L. 
III,  1464. 

5)  Die  vorkommenden  Legaten  der  dacischen  Provinzen  Ündet  man  gesam- 
melt bei  Borghesi  Oeuvres  8,  471  ff.  Darunter  sind:  M.  Gl.  Fronto  Cos.  Leg. 
Aug.  pr.  pr.  trium  Dac(iarum')  et  Moes.  sup.  im  J.  168,  C.  J.  L.  III,  1457; 
L.  Aemilius  Carus  leg.  Aug.  pr.  pr.  111  Daciarum,  C.  1.  L.  III,  1153.  1415; 
L.  Pomp.  Liberalis  Cos.  (d.  h.  consularis^  Dac.  III  unter  Sever  und  Caracalla, 
C.  1.  L.  III,  1174;  L.  Marias  Perpetuus  Cos.  Dac.  III  nach  dem  J.  210,  C.  I.  L. 
III,  1178;  L.  Octavius  lulianus  cos.  111  Dac,  C.  I.  L.  III,  876.  1393;  D.  Simo- 
nius  Proculus  lulianus  praeses  Daciarum  III,  C.  I.  L.  III,  1578 ;  Sex.  Cornelius 
Clemens,   Cos.  et  dux  trium  Daciarum,  Renier  Inscr.  de  l'Algerie  u.  3897. 

6)  S.  Borghesi  Oeuvres  8,  480  ff.  So  ist  M.  Statius  Priscus  im  J.  157  leg. 
Aug.  pr.  pr.  Cos.  design.  Henzen  6858^;  P.  Furius  Saturninus  leg.  pr.  pr.  Cos. 
des.  im  J.  161,   C.  I.  L.  III,   1171. 

7)  Borghesi  a.  a.  0.  Sie  heissen  später  mit  kurzem  Titel  consulares.  S.  ausser 
den  Anm.  5  angeführten  Beispielen  C.  L  L.  III,  823.  826.  827.  1092.  Vgl.  Capi- 
tolin,  Pertin.  2.  3  ,  nach  welchem  Pertinax  quatuor  provincias  consulares  verwal- 
tete, nämlich  Moesia  utraque,  Syria  und  Dada. 

8)  Eutrop.  8,  6:  Traianus  victa  Dada  ex  toto  orbe  Romano  infinitas  eo  co- 
pias  hominum  transtulerat  ad  agros  et  urbes  colendas.  Dada  enim  diuturno  hello 
Decehali  viris  fuerat  exhausta. 

9}  C.  I.  L.  m,  870. 


i 


—      155     — 

ten  Galater  aus  Tavium^).  In  keiner  andern  Provinz  lasst  sich 
die  Entwickelung  der  römischen  Städteanlagen  so  genau  verfol- 
gen, als  in  Dacien.  Die  einzige  grössere  Stadt,  welche  die  Römer 
vorfanden,  war  Sarmizegetusa,  die  Residenz  des  Decebalus  2),  die, 
von  Traian  zur  Colonie  erhoben,  den  Namen  Colonia  Ulpia  Traiana 
Augusta  Dacica  Sarmizegetusa  führt  ^j;  die  neuen  Anlagen  waren 
theils  Grenzfeslungen,  castella^),  thcils  Dorfgemeinden,  welche 
im  Laufe  der  Zeit  Stadtrecht  und  zuletzt  das  ius  coloniae  erhiel- 
ten. So  wurde  Apulum  (Carlsburg)  unter  Traian  5)  als  Dorf  an- 
gelegt; es  hiess  zuerst  Canabae<^)  und  hatte  magistri;  Hadrian 
baute  die  castra  legionis  XIII,  welche  hier  ihr  Hauptquartier  er- 
hielt, später  ist  die  Stadt  Municipium  ^) ,  Residenz  des  Procura- 
tors,  und  wird  endlich  colonia  iuris  Tlalici^).  Ebenso  ist  Potaissa 
seit  Traian  vicus^) ,  seit  Severus  Colonie  ^0)^  Napoca  {Klausenburg) 
zuerst  Municipium  n),  dann  Colonie  i^j;  das  municipium  Drohetarum 
an  der  Donau  wird  später  Colonie  i^).  Ausserdem  werden  noch 
drei  Colonien  erwähnt,  über  deren  Geschichte  nichts  bekannt  ist, 
Zerna,  colonia  iuris  Italici^^)^  Colonia  Aequum  i^)  und  Colonia  Mal- 
vensisi'^'),  der  Hauptort  der  Provinz  gleichen  Namens. 

Trotz  dieser  Ansiedelungen  blieb  der  Besitz   des  Landes  für  Aufgabe  der 
die  Römer  ein  unsicherer  und  schon  Hadrian   hatte   die  Absicht, 
wie   er  Armenien,  Mesopotamien   und  Assyrien   aufgab,    so   auch 
die  Provinz  Dacien  wieder  eingehen  zu  lassen,  und  nur  die  Rück- 
sicht auf  die  Menge  der  bereits  eingewanderten  römischen  Bürger 


1)  C.  /.  L.  III,  860.   Henzen  Bxdl.  1848  p.  129. 
2) 


2)  Dio  Cass.  68,  8.  9. 

3)  Ausführlich   handelt   über  die  Stadt  Mommsen  C.  I.  L.  III  p.  228.   Vgl. 
/ijinpt  im  Rhein,  Museum  1843   S.  253  ff.  und  Comm.  epigr.   1,  404. 

4)  C.  1.  L.  III,  786.  821. 

5)  C.  I.  L.  III,  1004. 

6)  C.  7.  L.  III,   1008.  1093  u.  ö.     S.  über  diesen  Ort  überhaupt  Mommsen 
'  .  /.  L.  III  p.  182. 

7)  Sie  heisst  municipium  Aurelium,  C.  1.  L.  III,  986.   1132  von  M.  Aurel 
liiid  municipium  Septimium  (n.  976.  985.  1051)  von  Septimius  Severus. 

8J  l'lp.  IHy.  50,   15,  1  S  Ö.  9  und  Mommsen  a.  a.  0. 
9j  C.  I.  L.  III,  1627. 

10)  Dig.  50,  15,  1  %  8.  9.   C.  1.  L.  III,  1030. 

11)  C.  I.  L.  III,  860.  1100. 

12)  Ib.  865.  1141.   Dig.  50,  15,  1  S  9. 

13)  C.  J.  L.  III,  1209.  1559.  2679. 

14)  Dig.  50,   15,  1    S  ^'     Bei   ^^^'  3>  ^>  ^^   heisst  der   Ort  Alepva;    eine 
itio   T8iemen(/iium)  kommt  vor  C.  I.  L.  III,    1568  f. 

15)  C.  I.  L.  III,   1596. 

16)  liQiueii  5520. 


156 


hielt  ihn  von  der  Ausfülirung  dieses  IMancs  zurück ').  So  besUinc 
die  Provinz,  bis  sie  unter  Galiicnus  im  .1.  256  verloren  ging^), 
mit  Ausnahme  der  festen  Plätze,  aus  welchen  dann  Aurelian 
(270—275)  ebenfalls  die  Besatzungen  zurückzogt).  Diese  und  was 
noch  von  römischen  Einwohnern  in  der  Provinz  vorhanden  war, 
versetzte  er  an  das  südliche  Ufer  der  Donau  und  richtete  zwi- 
schen Moesia  superior  und  Moesia  inferior  zwei  neue  Provinzen 
ein'*),  Dada  ripensis  an  der  Donau  mit  der  Hauptstadt  Ratiaria 
und  Dada  mediterranea  oder  Dardania  mit  der  Hauptstadt  Ser- 
dica.  Vor  dem  J.  386  ist  die  letztere  nochmals  in  zwei  Hälften 
getheilt  worden,  nämlich  Dardania  und  Dada  mediterranea  mit 
der  Hauptstadt  Scupi^). 

XXrV.  Thracia. 

Schon  zur  Zeit  der  Republik  war  die  Südküste  Thraciens,  an 
welcher  eine  Strasse  nach  dem  Hellespont  führte^),  sowie  die 
thracische  Ghersonesus  7)  in  der  Gewalt  der  Römer  und  wurde  zu 
Macedonien  gerechnet.  Die  Chersonesus  war  später  Privatbesitz  des 
Agrippa,  von  welchem  sie  auf  die  kaiserliche  Familie  vererbte. 
Sie  wurde  noch  unter  Traian  als  kaiserliche  Domaine  von  einem 
besondern  Procurator  administrirt^).    Mit  den  thracischen  Völker- 

1)  Eutrop.  8,   6. 

2)  S.  Mommseii  C.  1.  L.  III  p.  161,  welcher  bemerkt,  dass  auch  die  Münzen 
der  provincia  Dada,  die  247  beginnen,  256  aufhören.  Eckhel  D.  N.  2,  9.  Das 
Factum  erwähnen  Sex.  Rufus  br.  8:  sub  Gallieno  imperatore  amissa  est  (7)acia). 
Oros.  7,  22.  lornandes  de  regn.  succ.  51.  Den  Krieg  im  vierten  Jahre  des  Vale- 
rianus  und  Gallienus  erwähnt  Vopiscus  Aurelian.  11.  Clinton  Fasti  Romani  ad 
a.  256.  257. 

3)  Vopiscus  Aurelian.  39 :  cum  vastatum  Illyricum  et  Moesiam  deperditam 
videret,  provinciam  Transdanuvianam  Daciam  a  Traiano  constitutum  sublato  exer- 
citu  et  provincialibus  reliquit ,  desperans ,  eam,  posse  retineri ,  abductosque  ex  ea 
populos  in  Moesia  coUocavit  appellavitque  suam  Daciam,  quae  nunc  duas  Moesias 
dividit.  S.  Rufus  brev.  8 :  sed  sub  Gallieno  imperatore  amissa  est  (^Dacia')  et  per 
Aurelianum  translatis  exinde  Romanis  duae  Daciae  in  regionibus  Moesiae  ac  Dar- 
daniae  factae  sunt.  lornandes  de  regn.  succ.  51  :  sed  Gallienus  eos  {Dacos'),  dum 
regnaret,  amisit,  Aurelianusque  imperator  evocatis  exinde  legionibus  in  Moesia  col- 
locavit ,  ibique  aliquam  partem  Daciam  mediterraneam,  Daciamque  ripensem,  con- 
stituit  et  Dardaniam  coniunxit.  Malalas  12  p.  301  Bonn. :  6  oe  auToc,  AupYjXta- 
v6?  xal  Aaxiav  dTTOiYjoev  dTiapyiav  x-^^  TiapaTroTa{xiav,   TrXifjoiov  ouaav  toO  Aavo'j- 

ßtO'J    TTOTafJ-OÜ. 

4)  S.  über  diese  Provinzen  Boecking  N.  D.  Or.  p.  135  f.  153.  244  und 
Mommsen  zum  veroneser  Verzeichniss  Abb.  d.  Berl.  Acad.  1862  S.  508. 

5)  Mommsen  a.  a.  0.  S.  509.    Boecking  N.  D.  Or.  p.  229. 
6}  Cic.  de  prov.  cons.  2,  4. 

7)  Cic.  in  Pison.  35,  86. 

8)  Dio  Cass.   54,  29.  Ein  procurator  Augusti  regionis  Chersonesi   aus   dieser 


—      157     — 

Schäften  wurde  von  Macedonien  aus  ein  sich  immer  wieder  er- 
neuernder Krieg  geführt,  in  Folge  dessen  alle  zu  einem  Bündnisse 
mit  Rom  gezwungen  und  die  einheimischen  Fürsten,  welche  bis 
auf  Rhoemetalces  II,  d.  h.  bis  auf  Galigulas  Regierung,  nach- 
weisbar sind^),  völlig  abhängig  wurden.  Tiberius  liess  während 
der  Minderjährigkeit  des  Cotys  das  Reich  durch  den  gewesenen 
Prätor  Trebellenus  Rufus  2)  verwalten,  unter  Claudius  wurde  das- 
selbe  im   J.   46    Provinz  3]    und    zwar    eine    procuratorische ,    alsPr«f^«ratoii 

'  '  '  sehe  Pro- 

weiche   es   auch    unter  Nero  4)   und    Galba'')   erwähnt   wird.     Die     vinz4G. 

Annahme,  dass  erst  Vespasian  die  Provinz  gegründet  habe,  be- 
ruht nur  auf  einer  verderbten  Stelle  Suetons^),  und  eine  späte 
Nachricht,  dass  derselbe  Thracien  von  Europa  getrennt  und  zu 
Asien    gezogen    habe,    vielleicht    auf    einem    Missverständniss^), 

Zeit  C.  I.  L.  III  n.  726.  Vielleicht  ist  mit  diesem  identisch  der  'proc.  provinr. 
Hell€spont(i).  Orelli  3651. 

1)  S.  die  unter  Caligula  geschlagene  Münze  dieses  Fürsten  bei  Visconti 
Jronographie  Grccque  III  p.  302.  Vgl.  Cary  Histoire  des  rois  de  Tlirace  et  de 
reux  du  Bosphore  Cimmerien,  Paris  1752.  4.    Boeckh  C.  I.  Qr.  n.  359. 

2)  Tacit.  Ann.  2,  67:  Trebellenus  (nicht  Trehellienus)  hat  der  Medicens 
und  die  von  Mommsen  gesehene  Inschrift  Borghesi   Oeuvres  3,  272. 

3)  Eusebii  Chron.  Can.  p.  153  Schoene :  Thracia  hucusque  regnaia  in  pro- 
vinciam  redigitur.  Syncellus  p.  630,  3:  BpaxT]  dizo  xojoe  xoO  ypoMou  ^Trapyta 
dypr^jxaTtae  ßasiXe'jouca  rptv.  Die  Anlage  der  Colonie  Apros  im  Binnenlande 
Tiiraciens  durch  Claudius  bestätigt  dies  Zeugniss. 

4)  Bei  loseph.  B.  I.  2,  16,  4  sagt  im  J.  66  der  König  Agrippa,  indem  er 
lle  Provinzen    der  Bömer  aufzählt:    xt  0£  Bpäxei;;   —  O'iyi   StoyiXiot;  'Pojfxatojv 

^-ay.ouo'jot  cppo'jpoT;; 

5)  Bei  Tac.  Ilist.  1,  11  heisst  es  vom  J.  69:  Thracia  et  qune  aliae  procu- 
ratoribus  cohibentur. 

6}  Bei  Suet.  Vesp.  8  steht  allerdings  in  den  besten  Handschriften,  auch  dem 
Memmianus:  Achaiam ,  Lyciam ,  Rliodum,  Byzantium  ,  Samum  lihertate  adet^pta^ 
'tfm  T/iraciam,   ('iliciam   et  Commagenen    ditionis   regiae  usque  od  id  tempus,    in 

rovinciarum  formam  redegil,  hiu\  diese  Worte  wiederliolen  Eiitrop.  7,  19,  bei 
Aclchem  der  ('od.  (iothanus  Thrariam,  der  griechische  Uebersctzer  Bpaxa?  xe  im 
xo'jxot;  y.al  KiXiy.a?  hat,  ferner  Ilieronymus  Eusebii  Chron.  C'an.  p,  159  Schoene, 
[»ei  welchem  der  Leydener  Codex  trachia  hat,  endlich  Aurel.  Victor  epit.  9.  Dass 
iltcr  bei  Sueton  gelesen  werden  muss  trarhiam  Ciliciam  oder  tracheam  Ciliciam, 
liabe  idi  bereits  frülier  bemerkt  und  hat  Borghesi  Oeuvres  3,  273  ausführlich 
'  rwiesen.  Erstens  nämlich  stellt  es  fest,  dass  Thracien  bereits  vor  Vespasian 
Provinz  war  (Tac.  Ifist.  1,  11),  zweitens  ist  es  falsch,  dass  Cilicien  ditionis  regiae 
i^que  ad  id  lempus  gewesen  sei,   da  es  schon  seit  103  v.  Chr.   eine  Provinz  C'i- 

'  ia  gab,  und  das  ebene  ('ilicien  namentlicli  seit  64  Provinz  war;  eiidlirh  würde 
llif^roriymus  sich  gradezu  widersprechen,  wenn  er  Tliracien  unt(fr  Claudius,  und 
nochmals  unter  Vcsp.isian  Provinz  werden  lässt.  Alles  ist  dagegen  richtig  l)ei 
der  Lesung  tracheam  Citiciam,  wie  schon  Scaliger  un<l  Turnebus  erkannten. 

7}  Knstath,  ad  Dionya.  perieg.  v.  270:  xöixctvo  hi  yv«>5t£ov,  2ti  F.üpcdrr^ 
"?v  izd-na  xa  %axd  o6atv,  äoSajAcvot;  öir^> 'K)vXTja7t//vxoi».    (U  o^  7:aXaio(  cpaoiv,  ^xt 

'>eo7:75ta*^o;   iyifipiae  x7jv  Hp^rr^v  «tt'  vjxfj;     I'nd  zu  n.  323  sagt  er,  die  Thra- 

icr  seien   ein    grosser    Stamm   und    wohnten    auch  JtMiHeits    dos  llellespontcs    in 


I 


—     158     — 

denn    es   ist   sicher,    dass   bis   auf   Traian  Thracien   unter   eine 
Procurator  stand*),  welcher  dem  leg.  pr.  pr.  Aug.  Moesiae  unter- 
geben  war 2).     Unter  Traian   aber  wurde   diese  Verwaltung  ge 
Prätorisciio  ändert  und  zum  Statthalter  der  Provinz  ein  prä torischer  ^)   kaiser- 
licher  Legat   gemacht "*),    unter   dem   zwar   auch   ein   Procurator, 
indessen  nicht  mehr  als  praeses,  fungirt^). 
Städte.  Die  Städte,  welche  die  Römer  in  Thracien  vorfanden,  waren 

griechische  Ansiedelungen  und  erhielten  zum  Theil  das  Privile- 
gium der  Freiheit,  wie  Abdera,  Aenus,  Byzantium^)  und  die  zu 
Thracien  gehörige  ^)  Insel  Samothrace  ^) ;  das  Binnenland  war  da- 
gegen arm  an  Städten  und  wie  Cappadocien  und  Grossarmenien 
in  Strategien  getheilt,  deren  Zahl  Plinius  auf  50,  Ptolemaeus  aber 
auf  14  angiebt^),  was  vielleicht  darin  seinen  Grund  hat,  dass 
durch  die  Römer  selbst  ein  Theil  derselben  in  Städtebezirke  ver- 
wandelt worden  war,  wie  wir  dies  in  den  spanischen  Provinzen 
für   dieselbe  Zeit   nachgewiesen   haben.     Denn  auch   hier  haben 

Asien,  v.a\  xaya  ota  t6  outoj  TroXuxevei;  r^c  )((j&pa?  y.al  Trepicpave?  {Sfaoev  auxTjv 
tfii  EupiuTTY]!;  Ou£07raota^/6<;  w?  irpoeipTjTai.  Der  Sinn  der  Stelle  ist  also ,  dass 
Vespasian  Thracien  zu  Asien  gerechnet  habe.  In  anderm  Sinne  berichtet  Malalas 
10  p.  262  Bonn.,  indem  er  von  der  späteren  Provinz  Thraciens ,  Europa  redet 
und  diese  dem  Vespasian  zuschreibt:  %a\  x-^jv  EuptoTtrjv  dcTto  öpax'/]?  djxeptoe, 
-/.xtoai; 'HpaxXetav  ttoXiv,  xtjV  7rpu)-r]v  XeYop^^VYjv  IleipivQ^ov,  7]vxiva  ETtoiTjas  fxirjxpo- 
TioXiv,  houi  auxrj  d'pyovxa.  Natürlich  ist  diese  Notiz  ebenso  verkehrt,  als  die 
p.  261,  wonach  Vespasian  Macedonien  In  prima  und  secunda  getheilt  haben  soll, 
was  frühestens  386  geschah. 

1)  Unter  Domitian  war  Vettidius  Bassus  iTTtxpoTto?  Spaxini;.  Borghesi  Oeuvr. 
3,  274. 

2)  Man  kann  dies  daraus  schliessen ,  dass  unter  Traian  die  Byzantier  jähr- 
lich einen  Gesandten  zur  Begrüssung  des  legatus  Moesiae  zu  schicken  pflegten. 
Plin.  ep.  10,  43  (52). 

3)  S.  Borghesi  Oeuvr.  3,  278. 

4)  Unter  Traian  fallen  noch:  Juventius  Celsus,  TrpeaßeuxYj«;  dvxtoxpaxYjYo;. 
Münzen  von  Perinth,  Borghesi  Oeuvr.  3,  275.  Mommsen  in  Plin.  ep.  ed.  Keil 
p.  416;  und  Aulus  Platorius  Nepos  leg.  pr.  pr.  provinc.  Thraciae,  C.  I.  L.  V,  877 
und  dazu  Mommsen;  unter  Hadrian:   Tineius  Rufus,  Ttpeo.  •/at  dvxt.  xoO  Ceßao. 

/  Borgh.  Oeuvr.  3,  275;  und  aus  der  Zeit  des  Septimius  Severus  und  Caracalla 
kennen  wir  ihrer  zwei :  Statilius  Barbarus  ■ —  leg.  Augg.  prov.  Thrac.  Henzen 
5501.  Borghesi  Oeuvr.  3,  263  ff.  und  Q.  Atrius  Clonius ,  leg.  Aug.  pr.  pr.  pro- 
vinciarum  Thraciae  Cappadociae  Syriae,  C.  I.  L.  II,  4111.  Es  ist  daher  ein  Irr- 
thum ,  wenn  Eckhel  2,  20,  43  ans  dem  auf  Münzen  thracischer  Städte  vorkom- 
menden Titel  der  Statthalter,  -t^^eiiiii-i ,  schliesst ,  dass  seit  Antoninus  Pius  die 
legati  Thraciae  aufgehört  hätten  und  an  ihre  Stelle  wieder  Procuratoren  getre- 
ten seien ;  vielmehr  ist  unter  dem  i^Y^f^^"'  ^^^  Legat  selbst  zu  verstehn. 

5)  Ein  solcher  ist  der  ^Tcixpozog  ir.apyeiai  6pax7]?  in  einer  Inschr.  vom 
Ende  des  zweiten  Jahrhunderts,   C.  I.  Gr.  37ol. 

6)  Plin.  N.  H.  A  %  42.  43.  46. 

7)  Ptolem.  3,   11,'  14. 

8)  Plin.  N.  H.  4,  73; 

9)  Plin.  iV.  H.  4,  40.    Ptolem.   3,   11  §  8.  9.  10. 


—     159     — 

ich   die   Römer   um    Gründung   neuer  Städte   verdient   gemacht. 

\pri^),  oder  colonia  Claudia  Aprensis'^) ,  verdankt  seinen  Ur- 
sprung dem  Claudius,  die  Colonien  Develtus  und  Flaviopolis  ^) , 
wahrscheinlich  auch  die  Colonia  AuXaiou  xsiyoc,  (Oleiticos),  welche 
in  einem  Militärdiplom  des  Domitian  vom  Jahre  86  erwähnt  wird^), 
dem  Vespasian ;  die  Städte  Plotinopolis,  Marcianopolis  und  Tra- 
ianopolis  dem  Traian,  von  welchem  auch  Anchialus  und  Serdica 
den  Beinamen  Ulpia  führen  ^j  ;  endlich  ist  auch  Philippopolis  kurz 
vor  seiner  Zerstörung  durch  die  Gothen  (251)  Colonie  geworden, 
und  zwar,  wie  Eusebius  berichtet,  durch  den  Kaiser  Philippus 
im  J.  248  6). 

Nach  der  Diocletianischen  Verfassung  gehörten    zur  D/oecesiSTheiiungdei 

r,  i  •  1        TA         .  I.   1  Provinz. 

Ihractae  sechs  Provmzen,  nämlich 

1.  Europa  mit  den  Städten  Perinthos  und  Apri, 

2.  Rhodope   mit   den    Städten  Maximianopolis ,    Maronea   und 
Aenus, 

3.  Thracia   im   engern   Sinne    mit    den   Städten    Philippopolis 
und  Beroea, 

4.  Haemimontus  mit  den  Städten  Hadrianopolis  und  Anchialos, 

5.  Scythia  mit  den  Städten  Dionysopolis,  Tomi  und  Calatis, 

6.  Moesia  inferior  mit  den  Städten  Marcianopolis  und  Nico- 
polis  ^) . 

Ob  diese  Eintheilung  von  Diocletian  selbst  herrührt  oder  älter 
ist,  lässt  sich  nach  unseren  Quellen  nicht  mit  Bestimmtheit  aus- 
machen, da  einige  dieser  Provinzen  schon  vor  Diocletian  gesetzt 
werden,  allein  von  Schriftstellern,  welche  vielleicht  die  Einrich- 
tungen ihrer  Zeit  auf  eine  frühere  Periode  übertragen  haben  s). 

1)  Zumpt  Comm.  ep.  1,  386.  Boeckh  C.  1.  Qr.  3685.  Boeckiiig  N.  D.  Or. 
p.  302. 

2J  Waddington  in  Le  Bas  Voy.  III  n.  1731  =  OreUi  512. 
3)  Zumpt  a.  a.  0.  p.  396. 
4j  Henzen  n,  5433. 

5)  Eckhel  D.  N.  2  p.  45.  47.  24.  46.  Ammian.  27,  4,  12:  Marcianopolis  eat 
n  Horore  Traiani  principia  ita  coynominata. 

6)  Zumpt  a.  a.  O.  p.  435. 

7)  Ammian.  27,  4,  12.  13.  Veronesisches  VerzeichnisB  S.  507.  Sex.  Rufaa 
'l  l'olemius  Süvius  S.  254.  Not.  Dign.  Or.  p.  10.  11  und  dazu  Boecking 
134. 

8)  8o  heiflst  efl  in  einem  Briefe  des  Kaisers  Claudius  Oothicus  an  Aur^Iian 
f '  i  Voplsc.  Aurtl.  17  :  Oolhi  n  Thrariin  amorendi.  Korxim  enim  pleriijxie  Unani- 
immlum  hAiropmrujue  vexnnt.  I'tdxT  diene  F'rage  handelt  ausführlidi  Kulm  Verf. 
den  liom.  ItoicJis  2,  2()t).  Der  Hrir-f  bei  VopiKcus  wird  al>»!r  s(  liwrrlirh  j^lnnhwiir- 
direr  Kein  als  die  übrigen  in  den  Scripiortn  hint.  Autj.  voikoninienden  Actenstüvke, 


—     160 


XXV.  Macedonia  1). 


1 

nichP 


Vori&nflge  Es  ist   bekannt,    dass   nach    dem  Siege   des  Aemilius  Paul 

tioniüs.    bei  Pydna  586  =  168  Macedonien  zwar  factisch   aber  noch 

der  Form  nach  Provinz  wurde;  man  sendete  zehn  Legaten,  mit 
deren  Hülfe  Aemilius  die  Verhältnisse  des  Landes  in  folgender 
Weise  ordnete  2).  Macedonien  wurde  in  vier  Theile  getheilt  und 
jedem  dieser  Theile  ein  Concilium  in  dem  Hauptorte  bewilligt, 
als  Hauptorte  aber  für  die  erste  regio  Amphipolis,  für  die  zweite 
Thessalonike,  für  die  dritte  Pella,  für  die  vierte  Pelagonia  be- 
stimmt*^). Jede  Verbindung  der  vier  Regionen  unter  einander 
wurde  aufgehoben,  connubiiim  und  commercium  nur  innerhalb  je- 
der Region,  nicht  aber  zwischen  den  Regionen  gestattet*),  alle 
Macedonier  für  frei  erklart,  ihnen  der  Gebrauch  ihrer  Gesetze, 
die  Wahl  jähriger  Rehörden  und  eine  kleine  Truppenmacht  zum 
Schutze  der  Grenzen  bewilligt,  aber  die  Zahlung  ihrer  früheren 
Abgaben,  eines  tributum  und  vectigalj  welche  freilich  auf  die  Hälfte 
herabgesetzt  wurden,  auferlegt^).  Die  Eintreibung  der  Steuern 
wurde  ihnen  selbst  überlassen,  indess  das  dabei  zu  beobachtende 
Verfahren  ohne  Zweifel  durch  die  Gesetze  normirt,  welche  Aemi- 
lius ihnen  gab  und  welche  das  Grundgesetz  für  die  spätere  Pro- 
vinz bildeten^').  Nach  diesen  führten  die  Verwaltung  der  vier 
Regionen  selbstgewählte  ouvsSpot'),  und  Hessen  die  Regionen  eigene 

über  welche  s,  C.  Czwalina  De  epistularum  actorumque,  quae  a  scriptoribus  histo- 
riae  Aug.  proferuntur,  fide  atque  auctoritate,    Bonn  1870.  8. 

1)  A.  W.  Zumpt  De  Macedoniae  Romnnorum  provinciae  praesidibus,  qui  fue- 
runt  usque  ad  T.  Vespasianum  in  Comm.  epigr.  2  p.  153  ff.  Cousinery  Voyage 
dans  la  Macedoine ,  contenant  des  recher ches  siir  l'histoire ,  la  geographie  et  les 
antiquites  de  ce  pays.  2  Voll.  Paris  1831.  4.  Leon  Heuzey  Mission  archeologique 
de  Macedoine,  Paris  1864.  4  (noch  unvollendet). 

2)  Liv.  45,  17.  18.  29. 

3)  Die  genauere  Begrenzung  dieser  Regionen  giebt  Liv.  45,  29  an. 

4)  Liv.  a.  a.  0.:  pronunciavit  deinde ,  neque  connubium  neque  commercium 
agrorum  aedificiorumque  inter  se  placere  cuiquam  extra  fines  regionis  suae  esse. 

5)  Liv.  45,  18.  Plut.  Aem.  Paul.  28 :  xöiv  hk  osxa  Ttp^aßecov  Ix  'P(6|j.'Aj? 
dcpr/0[xsvajv  Maxe^oci  [xsv  dTteotuxe  t-?)v  yiapav  xal  zac,  TiöXet?  dXeuiJspai;  or/.£tv 
xai  a'jTov6[jLOU?,  exaröv  0£  xdXavTa 'Ptuixottot?  uTTOxeXsiv ,  ou  TiXeov  -q  SiTcXdotov 
TOI?  ßaciXeüatv  eU^cpepov. 

6)  Liv.  45,  30.  32 :  leges  Macedoniae  dedit  cum  tanta  cura,  ut  non  hoslibus 
victis,  sed  sociis  bene  meritis  dare  videretur :  et  quas  ne  usus  quidem  longo  tem- 
pore (gut  unus  est  legum  correclor')  experiendo  argueret.  lustin.  33,  2:  itaque 
quum  in  ditionem  Romanorum  cessisset ,  magistratibus  per  singidas  civitates  con- 
stitutis,   libera  facta  est  legesque,   quibus  adhuc  utitur,   a  Paullo  accepit. 

7)  Liv.  a.  a.  0.:  quod  ad  statum  Macedoniae  pertinebat ,  senatores ,  quos 
synedros  vocant,  legendos  esse,  quorum  consilio  respublica  administraretur.    In  einer 


—     161     — 

Münzen  schlagen  i),  welches  Recht  in  der  Zeit  der  Republik  nur 
souveränen  Staaten  zusteht  ^j.  Die  künstlich  errichtete  Scheide- 
wand zwischen  den  vier  Regionen  hinderte  jede  Verbindung  der 
macedonischen  Stämme^)  und  gab  den  Siegern  eine  Gewähr  gegen 
eine  gemeinsame  Auflehnung ;  dennoch  erfolgte  dieselbe  noch  ein- 
mal im  J.  606  =  148  unter  Andriscus  oder  PseudophiHppus,  nach 
dessen   Besiegung    durch   Q.  Caecilius   Metellus"^)  Macedonien   im 

J.     608  =  146    Provinz    wurde  ^j.  Provinz  146. 

Nach  Ptolemäus^)  reichte  die  Provinz  im  Osten  bis  an  den  Grenzen. 
Fluss  Nestus,  im  Westen  bis  an  das  adriatische  Meer,  im  Norden 
wurde  sie  von  Dalmatien  durch  den  Fluss  Drilo^,  von  Mösien  durch 
das  Gebirge  Scardus  geschieden;  im  Süden  stiess  sie  an  Epirus 
und  ging  im  S.O.  bis  an  den  Oeta  und  Sinus  Maliacus.  Im 
Norden,  Westen  und  Osten  scheint  sie  diese  Grenzen  von  Anfang 

Inschrift  von  Pelagonia,  dem  Hauptorte  der  vierten  Region,  C.  I.  Gr.  1999  findet 
sich  Maxeoovoyv  ol  ouveSpoi, 

1)  Die  Münzen  haben  die  Aufschrift:  May.eoovujv  TtptuTY]?,  M.  Seuxspa?, 
M.  TeTaprr^;.    Eckhel  D.  N.  2,  63. 

2)  Mommsen  G.  d.  Rom.  Münzwesens  309.  727.  748. 

3)  Liv.  45,  30 :  haec  pronuntiata  primo  die  conventus  varie  adfecerunt  ani- 
mos.  Liberias  praeter  spern  data  adrexit  et  levatum  annuum  vectigal.  Regionatim 
commercio  interrupto  ita  videri  lacerati,  tanquam  animali  in  artus  alterum  alterius 
indigentes  distracto. 

4)  Liv.  ep.  50 :  PseudophiHppus  in  Macedonia  —  ab  Q.  Caecilio  viclus 
captusque  est  et  recepta  Macedonia. 

ö)  Bei  Liv.  ep.  45  heisst  es  schon  vom  J.  168:  Macedonia  in  provinciae 
formam  redacta.  Dagegen  sagt  Florus  1,  30  (2,  14):  Metellus  —  Macedoniam 
Servitute  multavit,  und  1,  32(2,  16j  vom  Jahre  146:  igitur  Metello  ordinanti  cum 
maxime  Macedoniae  [statum]  mandata  est  ultio.  (iesichert  wird  dies  Jahr  durch 
die  Aera  der  Provinz.  Macedonien  rechnet  nämlich  später  nach  einer  doppelten 
Aera.  Eine  derselben  findet  sich  in  den  Inschriften  von  Thessaionike  C\  /.  Gr. 
1965.  1971;  Vol.  11  p.  993  n.  2007^1.  2007«;  p.  994  n.  2007^.  2007>".  Le  Bas 
Voyage.  Inscriptions  ][  n.  1359;  beide  zusammen  C.  I.  Gr.  n,  1970,  aus  welcher 
Inschrift  bereits  Boeckl»  festgestellt  hat,  dass  die  ältere  Aera  von  608=146,  die 
jüngere  von  724  =  30,  der  Schlacht  bei  Actium  beginnt.  Neuerdings  sind  noch 
zwei  Inschriften  von  Thessaionike  mit  doppeltem  Datum  bekannt  geworden.  In 
der  einen  bei  Heuzey  Mission  p.  234  n.  105  ist  datirt :  ^tou;  <;5o  Xeßaotou  xal 
pTTT  d.  h.  im  Jahr  266  der  jüngeren,  im  Jahr  382  der  älteren  Aera.  Also 
266  +  723  =  989;  382  +  607  =  989  oder  236  n.  Chr.  Die  andre,  mitgetheilt  von 
Vidal-Lablache  Revue  arrMol.  XX  ('1869)  p.  62,  führe  ich,  da  sie  weder  sicher 
gelesen  norh  erklärt  ist,  hier  an  :  Kto'j;  Co  ie^^aoToy  xoO  xal  ßqp  ||  a'jxoxpdlxopt 
Tißeplm  KXayolo)  t|  Kalootpi  leßaooxö)  rep(i.avi-/.«o  ||  dp/iepT,  AT^jxapyixfjC  d^ou- 
o(a;  II  x6  xdxapxov,  yraxfo  <i7:o^eotY|A^v<|)  ||  x6  x^xapxov,  a-jxoxpdixopi  xö  ^"^hrio^,  |{ 

raxpl  raxploo;  Y)  7:«i>.i;   zoXixap!j/o6vxai'v .  Claudius  war  Co».  III  des.   IV 

im  J.  799  =  46.  Da«  erste  Datum  'ist  also  76 -|- 723  «  799  ;  da»  zweite  192 -f- 607 
=  799.  Aus  beiden  Insihriften  Irrnt  man,  dass  das  Jahr  der  jüngeren  Aera  Ito« 
X£^aox<iv  oder  Xe^aaxoO  hless. 

6)  Ptolem.  3,   13. 

Koin.  Alt..rth.  IV.  .  U 


—     162     — 

an  gehabt  zu  haben;  denn  die  illyrische  Küste  zwischen  Epirus 
und  Dalrnatien,  d.  h.  von  Lissus  bis  Aulona  war  schon  zur  Zeit 
der  Republik  ein  Bestandtheil  derselben  ;  in  den  Jahren  697  und 
698^=57 — 56,  als  Piso  Macedonien  verwaltete,  stand  unter  ihm 
Dyrrhachiurn  1)  und  Apollonia^)-  und  diese  Städte  werden  immer 
zu  Macedonien  gerechnet«^).  Was  aber  die  Südgrenze  betrifft,  so 
ist  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  in  der  Zeit  der  Republik  nicht 
nur  Thessalien,  welches,  seit  dem  zweiten  Philipp  mit  Macedonien 
verbunden  "*),  von  Flamininus  für  frei  erklHrt  wurde^)  und  eine 
aristokratische  Verfassung  auf  Grund  eines  Census^^),  sowie  eine 
gemeinsame  Organisation  erhielt,  deren  Mittelpunct  das  concilium 
in  Larissa  war^),  sondern  auch  Epirus^)  und  endlich,  wie  wir 
sehen  werden,  ganz  Griechenland  als  ein  Theil  Macedoniens  zu 
betrachten,  so  dass  diese  Provinz  die  ganze  Hämushalbinsel  um- 
fasste,  bis  sie  im  Beginne  der  Kaiserzeit  mit  Ausscheidung  von 
Epirus  und  Achaia  auf  die  von  PtolemfSus  angegebenen  Grenzen 
reducirt  wurde. 
Verwaltung.  Bei  der  Theilung  der  Provinzen  im  J.  7^7  —  27  blieb  Mace- 

donien Senatsprovinz  9)  ;  von  Tiberius^^^)  bis  Claudius^^),  nämlich 
von  15 — 44,  war  es  kaiserlich  und  wieder  mit  Achaia  vereinigt; 
nach  dieser  Zeit  stand  es  unter  einem  Propraetor  ^2)  mit  dem  Titel 
Proconsul  1^),   dessen  legati^^)    und  quaestores '^^)  ebenfalls  oft  er- 

1)  Cic.  de  prov.  cons.  3,  5;  in  Pison.  34,  83;  38,  93. 

2)  Cic.  in  Pison.  35,  86. 

3)  Dio  Cass.  41,  49:  tö  Be  Auppa^^iov  Iv  x^  yyJ  t^  Trpoxepov  pisv  'IXXupi&v 
TöJv  üap^ivöjv ,  vüv  0£  xoci  Toxe  y^  ^^f]  MaTceoovia?  \i£vo[J.iO[x£vrj  "/.stxat.  Von 
Apollonia  begann  die  Hauptstrasse  Macedoniens,   die  via  Egnatia.   Strabo  7  p.  322. 

4)  S.  hierüber  Fr.  Hörn  De  Thessalia  Macedonum  imperio  subiecta,  Grvphiae 
1829.  8. 

5)  Liv.  32,  10 ;  33,  32. 

6)  Liv.  34,  52:  a  censu  maxime  et  senatum  et  iudices  legit:  potioremque 
eam  partem  civitatium  fecit,  cui  salva  tranquillaque  omnia  magis  esse  expediebat. 

7)  Liv.  36,  8;  42,  38. 

8)  Epirus  stand  auf  Seite  des  Perseus  (Liv.  45,  26),  Aemilius  Paullus  plün- 
derte dort  70  Städte  und  schleppte  150,000  Menschen  in  die  Sclaverei.  Flut. 
Aem.   Pauli.  29.    Liv.  45,  34. 

9)  Dio  Cass.  53,  12.    Strabo  17  p.  840. 
10}  Tac.   Ann.  1,  76.  80;   5,  10. 

11}  Suet.   Claud.  25.    Dio  Cass.  60,  24.    S.  oben. 

12}  Strabo  17  p.  840.    Borghesi  Oeuvres  3,  185. 

13}  Oreili  1170.  3851.  Henzen  6006.  6504.  6512.  6908.  6911.  C.  1.  Gr.  II 
p.  993  n.  1999b.    Renier  Inscr.  de  V Alger.   1818. 

14}  Oreili  3658.   C\  I.  Or.   3990. 

15}  Oreili  822.  3144.  6488.  Grut.  p.  436,  7;  446,  3;  1102,  3.  Ein  quaestor 
pro  praetore  Henzen  7420^. 


—     163     — 

wähnt  werden.  Der  Sitz  der  Regierung  war  Thcssalonike^),  welche 
Stadt  TcpüJTT^  MaxsSovtüv  2)  und  p-r^TpoTroXi?  ^j  hiess  und  nebst  Dyrrha- 
chium,  Auiphipolis  und  mehreren  einheimischen  Völkerschaften  die 
libertas  besass-*).  Römische  Colonien  wurden  unter  den  Kaisern  coionien. 
folgende  Städte :  Dyrrhachium  (Epidamnus)  durch  Augustus  nach 
der  Schlacht  bei  Actium^),  Pella,  Colonie  desselben  6),  Philippi, 
gegründet  712  =  42^),  verstärkt  nach  der  Schlacht  bei  Actium, 
seitdem  Colonia  Aug.  lul.  Philippensis  benannt^),  Byllis  oder 
colonia  Byllideiisium--),  Dium  (Colonia  lulia  Augusta  Dium)  ^'^j,  Cas- 
sandria,  früher  Potidaea  ^^),  Stobi^^j^  endlich  unter  Valerian  auch 
Thessalonike  ^'^). 

Im  dritten  und  vierten  Jahrhundert  sind  aus  Macedonien  vier  Theiiung  der 

Provinz. 

Provinzen  geworden;  unter  Diocletian  wurden  selbständig  consli- 
tuirt  Thessalia  unter  einem  praeses^^),  und  das  illyrische  Küsten- 
land,  welches  seitdem  Epirus  nova  heisst,    ebenfalls  unter  einem 

1)  Boecking  ad  N.  D.  Or.  p.  243.  Ueber  die  Geschichte  der  Stadt  handelt 
ausführlich  T.L.  F.  Tafel  Historia  Thessalonicae  res  yestas  usque  ad  a.  Chr.  904 
compUetenSf   Tubingae  1835.  4. 

2)  C.  I.  Gr.   1967. 

3)  Eckhel  D.  N.  2,  80. 

4)  lieber  Thessalonike  s.  Plin.  N.  H.  4,  3ß;  über  Amphipolis  4,  38;  über 
Dyrrhachium  Cic.  ad  fam.  13,  1,  7.  Die  Amautini,  Orestae  und  JScotussaei,  welche 
Plinius  4,  35  ebenfalls  frei  nennt,  bildeten  wohl  eam  partem  provinciae,  quae 
libera  appellatur,  wie  Caesar  B.  C.  3,  34  sagt.  Vgl.  Strabo  7,  326  :  y.ai  o-?]  xai 
Ta  Trept  A'jyxov  vtoil  FIsXaYOviav  7.ai  OpeoTtdöa  'aciX  'EXifxetav  ty]v  avu>  MaxeSo^fav 
IxaXo'jv ,  Ol  S'  uorepov  -/.ai  iXeuOspav.  Dass  diese  Freiheit  des  ganzen  Thessa- 
liens von  Caesar  herrührte,  sagt  Appian  B.  C.  2,  88.  Plut.  Caes.  48.  Auch* 
Plin.  jY.  //.  4,  29  erwähnt  Pharsalici  campi  cum  civitate  libera.  Die  Insel  Thasus 
war  ebenfalls  libera.    Plin.  N.  II.  4,  73. 

5)  Im  J.  696  =  58  war  Dyrrhachium  noch  libera  civitas  (Cic.  ad  fam.  14, 
1,  7j;  nach  der  Schlacht  bei  Actium  siedelte  hier  Augustus  Italiker  an,  welche 
er  ihres  Ackerbesitzes  beraubt  hatte.  Dio  Cass.  51,  4.  Seitdem  ist  es  colonia, 
Plin.  3,  145,  und  zwar  iuris  lialici.  Dig.  50,  16,  8  §  8.  S.  Mommsen  C.  I.  L. 
III  n.  602. 

6)  Colonia  lulia  Aug.   Pella,   C.  I.  Gr.  1997. 
7J  Strabo  7,  fr.  42. 

8j  Dio  Cass.  51,  4.  Hernach  ebenfalls  iuris  Italici.  Dig.  50,  15,  8  J^  8. 
Mommsen  ad  C.  I.  L.  III,  633.  Orelli  512.  Waddington  in  \a\  llis  Vny.  In- 
scriptiom  III  n,  1731. 

[))  C.  I.  L.  III,  600  =  IIenzen  Annali  1863  p.  263. 

10)  Plin.  4,  35.  Ptolem.  3,  13,  15  col.  iuris  Italici.  Dig.  50,  15,  H  J^  8.  Der 
Name  auf  Münzen  bei   Kckhel   I).  N.  2,  71. 

11)  Plin.  4,  36.  Dig.  50,  15,  8  S  8.  Kckhel  I).  N.  2,  70. 

12)  Zu  Plinius  Zeit  (Plin.  4,  34)  und  bis  auf  Klagabal  Muniripium  (Münzen 
bei  Eckhel  D.  ^.  2,  77.  ('.  I.  L.  III,  629),  hernach  cM.  iur.  Hai.  Dig.  50, 
15,  8  S  8. 

13)  Kckhel  D.  N.  2,  HO.    Vgl.   C.  I.  Gr.  1969. 

14)  Veroneser  VerzeichnlH«  S.  508.  Not.  Diyn.  (h.  I  p.  7  nn<i  <la/n  Moecking 
p.   151. 

11* 


—     164     — 

praeses  steht,  und  Dyrrhachium  zur  Hauptstadt  hat^);  noch  spa- 
ter, vielleicht  um  386  2),  wurde  auch  das  eigentliche  Macedonien 
in  zwei  Theile,  Macedonia  prima  und  Macedonia  secunda  oder 
salutaris  getheilt  3) . 

XXVI.  XXVII.  Achaia  mit  Epirus. 

Die  Besitznahme  Macedoniens  im  Jahre  608  —  146  führte  auch 
für  Griechenland  noch  in  demselben  Jahre  4)  die  entscheidende 
Katastrophe  herbei,  welche  Q.  Caecilius  Metellus,  der  Besieger 
des  Pseudophilippus,  selbst  bewirkt  haben  würde  ^),  wenn  nicht 
der  Consul  des  J.  146  L.  Mummius  einen  besondern  Auftrag  dazu 
erhalten  hätte.  Nach  der  Zerstörung  von  Corinth  kam  eine  Com- 
mission  von  zehn  Senatoren  nach  Griechenland  und  verweilte  da- 
selbst sechs  Monate,  um  den  Zustand  des  Landes  zu  ordnen^), 
und  es  galt  seit  Sigonius ')  als  unzweifelhaft,  dass  diese  Com- 
mission  den  Auftrag  gehabt  habe,  sofort  mit  der  Einrichtung  der 
Provinz  vorzugehn.  Erst  seit  dem  Jahre  1847  hat  sich  über  die 
Richtigkeit  dieser  Ansicht  ein  lebhafter  Streit  entsponnen^),  wel- 

1)  Veroneser  Verz.   S.  508.    Boecking  N.  D.  Or.  p.  152.  153. 

2)  Momrasen  zum  veroneser  Verz.   S,  509. 

3)  Wie  es  sich  mit  dieser  Theilung  verhielt,  ist  indessen  unklar.  Die  Not. 
Dign.  Or.  p.  7  führt  Macedonia  salutaris  unter  einem  praeses  an ,  p.  14  aber 
wird  ein  Theil  derselben  mit  Epirus  nova,  der  andre  mit  Praevalitana  verbun- 
den. Hierocles  p.  391  Bonn,  hat  dagegen  die  Provinz  wieder.  S,  hierüber  Kuhn 
Verf.  d.  R.  Reichs  2,  228. 

4)  Dass  dies  das  Jahr  der  Eroberung  ist,  zeigt  C.  F.  Hermann  Die  Erobe- 
rung von  Korinth  und  ihre  Folgen  für  Griechenland ,  zuerst  in  den  Verhand- 
lungen der  Philologenversammluug  zu  Basel  1847  S.  32  ff.,  hernach  in  C.  F.  H.'s 
Gesammelten  Abh.  und  Beitr.  zur  class.  Literatur  und  Alterthumskunde,  Göt- 
tingen 1849.  8.  Für  das  Jahr  145  hatte  sich  erklärt  K.  naTTOt^^rjoTTO'jXo;  T6 
TeXe'JxaTov  exo?  T"^?  'JLXXtpiv.fi'i  iXeu^epiai,  bToptx-?]  y.al  ypovoXoYi'/C?]  TroaYM-axeia. 
'Ev  'A%iivaii  1844.  8. 

5)  Pausan.  7,  15,  1  :  McxeXXoi;  hk  7rapauxr/a  iTTSTioaxo,  tu;  M6{JL[j.to;  -/.al  6 
auv  auxöi  oxpaxoi;  iizi  'A)(aiou?  dcpr^ccixo,  xal  dTioisixo  aTTO'JÖYjv  l7:ii}£U  ci'jxo? 
rApac,  xw  TToXefxip  cpav^vat ,  Trpiv  rj  Möfxjxiov  h  t'?jv  'EXXdoa  dcptyj}at.  Dass  der 
achäische  Krieg  in  unmittelbarem  Zusammenhange  mit  dem  Aufstande  des  An- 
driscus  oder  Pseudophilippus  stand,  sagt  ausdrücklich  Liv.  ep.  51  :  belli  Achaici 
semina  referuntur  haec,  quod  legati  Romani  ab  Achaeis  pulsati  sint  Corinthi,  missi, 
ut  eas  civitates,  quae  sub  dicione  Philippi  fuerant,  ab  Achaico  concilio  secernerent. 
ep.  52:  cum  Achaeis,  qui  in  auxilio  Boeotos  et  Chalcidenses  habebant,  Q.  Caeci- 
lius Metellus  ad  Thermopylas  bello  conflixit.- 

6)  Polyb.  39,  15  (40,  9):  fxexd  xrjv  xaxdaxaoiv  xü>v  hixa,  r^v  dTcoiTjaavxo  dv 
x^  ^Ayalci..  39,  16(40,  10):  xaüxa  hk  ätotxiQcavxes  ^v  'i^  {jlyjoiv  ot  Sexa  xai  xfj? 
daptv-nc  (jjpac  dviaxau.dvTn?  dTT^TtXeuoav  ei?  x-^iv  'IxaXtav.  Cic.  ad  Att.  13,  6,  4; 
13,  3J2,  3;   13,  33. 

7J  Sigonius  de  ant.   iure  pop.   Rom.  IJ,  lib.  I  c.  9  p.  70. 
8)  Eine    belehrende  Uebersicht    über   diese    Frage   und   ihre  Literatur   giebt 
G.   F.  Hertzberg  Gesch.   Griechenlands    unter    der  Herrschaft    der  Römer,    Halle 


—     165     — 

eher  eine  genaue  Prüfung  der  überlieferten  Thatsachen  veranlasst 
und  wenigstens  für  den  unbefangen  urtheilenden  als  Resultat 
herausgestellt  hat,  dass  Griechenland  im  Jahre  608=146  aller- 
dings zur  Provinz  gemacht,  damals  aber  noch  nicht  von  einem 
eigenen  Statthalter  verwaltet,  sondern  als  ein  Theil  der  Provinz 
Macedonien  in  das  römische  Reich  aufgenommen  worden  ist. 

Eine  grossmüthige  Politik  haben  die  Römer   in   Griechenland  Politik  der 

Römer  in 

niemals  getrieben  i).  Die  Freiheit,  welche  Flamininus  558  =  196  Griechen- 
bei  den  Isthmischen  Spielen  verkündete,  war  die  Befreiung  von 
der  macedonischen  Herrschaft  2);  da  aber  Macedonien  der  einzige 
natürliche  Bundesgenosse  war,  auf  welchen  die  Griechen  im  Falle 
eines  Conflictes  mit  Rom  sich  stützen  konnten,  so  hatte  diese 
Freiheit  eine  ähnliche  Wirkung,  wie  die  ehedem  in  dem  antal- 
cidischen  Frieden  gegebene  Selbständigkeit  der  einzelnen  Städte, 
d.  h.  eine  völlige  Wehrlosigkeit,  und  zu  dieser  Erkenntniss  kamen 
einige  der  Griechen   sogleich  3),  alle   aber   in   der  Folge  "*).     Zwar 

1860.  8  Bd.  1  S.  284  ff.  und  im  Philologus  XXVIII  (1869)  S.  123  ff.  Hermann 
in  dem  eben  angeführten  Aufsatz :  Die  Eroberung  von  Korinth  ( Ges.  Abb. 
S.  359  ff.),  war  es,  der  die  alte  Annahme  für  einen  ,, verjährten  Irrthum"  erklärte, 
eine  Provinz  Achaia  erst  seit  727  =  27  annahm,  und  behauptete,  bis  dahin  sei 
Griechenland  im  Besitze  seiner  Freiheit  geblieben.  In  Folge  meines  Widerspruchs 
in  der  ersten  Ausgabe  dieses  Bandes  schrieb  Hermann  seine  Defensio  disputa- 
tionis  de  Graeciae  post  captam  Corinthum  conditione  ,  Gotting.  1852.  4.  Da  ich 
auch  auf  diese  Ausführung  erwidert  habe  in  der  Schrift  Zur  Statistik  der  röm. 
Provinzen,  Leipzig  1854.  4,  so  kann  i(h  mich  in  diesem  Handbuche  auf  eine 
objective  Darstellung  der  Sache  beschränken  und  führe  von  der  weiteren  Litera- 
tur nur  die  bedeutenderen  Schriften  an.  Für  Hermanns  Ansicht  sind :  Kuhn 
Verf.  des  röm.  Reichs  2,  68  if.  E.  Curtius  Peloponnes  1,  76.  Heitz  De  politico 
Oraeciae  statu  inde  ah  Achaici  foederis  interitu  usque  ad  Vespasianwn,  Strassburg 
1851.  8.  C.  Hoetler  Untersuchung  der  Frage,  ob  Griechenland  mit  der  Zerstö- 
rung Korinths  römische  Provinz  geworden  sei,^  in  den  Sitzungsberichten  der  phil. 
bist.  Classe  der  Wiener  Academie  LXV  (1870)  S.  267—310.  Gegen  Hermanns 
Ansicht :  A.  W.  Zumpt  De  Macedoniae  Romanorum  provinciae  praesidibus  in  Com- 
ment.  epigr.  Vol.  II,  Berol.  1H54.  4  p.  153  ff.  ,  dessen  gründliche  Untersuchung 
den  Streit,  wie  ich  glaube,  entscheidet.  G.  F.  Hertzberg  Gesch.  Griechenlands 
unter  der  Herrschaft  der  Römer,  Halle  1H66  Th.  1  S.  284.  Mommson  R.  G. 
2,  48  f.  Lange  R.  Alterth.  2,  312.  Ausserdem  handelt  über  die  letzte  Periode 
der  Geschichte  Griechenlands  (f.  Finlay  (Jreece  under  the  Romans,  Edinburg 
1851.  8,  Deutsch  Leipzig  1861.  8.  Brunet  de  Preale  et  A.  Blanchet  La  ürhce 
dep.   la  conquHe  des  Romainn,   Paris   1860.  8. 

1)  S.  C.  Peter  Die  Marchiavellistlschc  Politik  der  Römer  in  der  Zeit  vom 
Ende  des  2.  punischen  Kriegs  bis  zu  den  Gracchen,  in  desselben  Studien  zur 
römischen  Geschichte,  Hallo  1863.  8  S.  115  ff. 

2)  Die  Gri(Mhen  hatten  früher  immer  geltend  gemacht,  ihr  Land  würde  nie 
frei  sein,  so  latige  Philipp  feste  Plätze  in  Griechenland  besetzt  halte,  oder  über- 
hi^upt  lebe.  Liv.  32,  37;  33,  12.  Indem  Sonatusconsult,  da.s  Klamininuü  aus- 
tührtt',  war  daher  die  Zurückziehung  aller  macedonischen  Besatzungen  aus  Grie- 
chenland angeordnet.    Polyb.  18,  27,  Liv.  33,  30. 

3)  Liv.  33,  31.  Polyb.  18,  28.  4)  Polyb.  2ö,  9. 


166     — 


1 


bestanden  nach  196  noch  die  Bündnisse  der  griechischen  Stumme 
(xotva),  aber  schon  bei  der  nächsten  Gelegenheit,  dem  Ausbruche 
des  Krieges  mit  Perscus,  fand  es  der  römische  Senat  gebo- 
ten, sowohl  mit  der  Auflösung  dieser  Bündnisse  zu  beginnen 
als  auch  zur  directen  Besitznahme  griechischer  Territorien  zu 
schreiten.  Im  J.  583  =  171  schickte  derselbe  fünf  Legaten  ab, 
um  sich  der  Griechen  in  dem  bevorstehenden  Kampfe  zu  ver- 
sichern i).  Mit  den  Böotern,  welche  grossentheils  macedonisch 
gesinnt  waren,  weigerten  sie  sich  im  Ganzen  zu  verhandeln ; 
vielmehr  verlangten  sie  von  jeder  Stadt  eine  besondere  Erklä- 
rung ^J,  veranlassten  eine  jede,  einzeln  in  Rom  ihre  Untei^wer- 
fung  anzukündigen  3)  und  lösten  auf  diese  Weise  den  böotischen 
Bund  völlig  auf^).  Drei  Städte  blieben  trotzdem  auf  Seite  der 
Macedonier,  Haliartus,  Thisbae  und  Coronea  ^) .  Von  diesen  wurde 
Haliartus  sofort  belagert,  erobert  und  zerstört^),  Thisbae  ergab 
sich    nach    der    römischen   DeditionsformeP]    und    wurde    in   die 


1)  Liv.  42,  37. 

2)  Polyb,  27,  1 :  Iv  t(|)  -/taipu)  Touxtp  TrapeY^^ovro  Ttplaßet?,  —  ol  fxsv  rept 
Aotouv  dy/eiptCovre?  t'?]V  sauxäiv  TraxpiSa  'Pcufxaiotc,  6  he  'lajjievia?  xaxa  xotvov 
TTccoai;  ra?  ^v  x-q  Botwxla  uöXei?  öioo'j?  ei?  x-i^v  xwv  Trpeaßsuxcüv  Ttiaxiv.  t^v  Be  xoOxo 
dvavxitoxaxoM  xoi?  Tiepi  xov  Mapxiov  (dies  war  einer  der  römischen  legati)  •  x6  5e 
xaxd  TtoXiv  cteXeiv  xo'Js  Boiwxouc  oiretoxaxov  v..  x.  X.    Liv.  42,  38. 

3)  Polyb.  27,  2,  6 :  Tiap'/jYYetXa^  Txpeaße'jsiv  Traat  xoT?  duo  xujv  ttoXeoiv  ei; 
XT]M  'P(u|jnr]v,  SiSovxa?  a'jxoü;  ei?  xr]V  ittaxtv  %ax'  iSia>^  ixdaxo'j?. 

4)  Polyb.  27,  2,  10 :  x6  he  xwv  Boiojxöiv  e&vo?,  eTit  ttoXuv  ypovov  ouvxexr^ 
pTfjxo«;  x-^jV  xoivfjV  oufjnroXixsiav  —  xoxe  —  7.axeX6^Yj  rat  oteaxopTiio^Yj  xaxd 
TtoXet?.  Liv.  42,  44.  Nach  ihrer  Rückkehr  rühmten  sich  die  Gesandten  :  Boeotorum 
quoque  se  concilium  arte  distraxisse,  ne  coniungi  amplius  ullo  consensu  Macedoni- 
bus  possent.  Liv.  42,  47,  3. 

5)  Polyb.  27,  5.  Ueber  Thisbae ,  welches  am  südlichen  Fusse  des  Helikon 
liegt  und  sich  mit  seinem  Gebiete  bis  zum  Meere  erstreckte,  ist  vor  Kurzem  ein 
merkwürdiges  Document  bekannt  geworden,  welches  zuerst  von  P'oucart,  sodann 
von  Mommsen  Ephem.  epigr.  1872  p.  278  ff.  herausgegeben  und  commcntirt  ist. 
Die  Inschrift  enthält  ein  doppeltes  Senatusconsult  vom  9ten  und  14ten  October 
584  =  170,  welches  einerseits  ein  ganz  neues  Licht  auf  die  griechische  Politik 
der  Römer  wirft,  andererseits  einen  alten  Fehler  im  Texte  des  Polybius  emen- 
dirt,  welchen  schon  Livius  vorfand.  Polybius  nennt  nämlich  die  drei  erwähnten 
Städte  Kcopa)N/etav  y.al  0r]ßa<;  Ixi  5' 'AXiapxov ,  was  schon  Casaubonus  als  Fehler 
erkannte ,  aber  Livius  42,  46,  7  ebenfalls  hat.  Aus  dem  Senatusconsult  ergiebt 
sich,   dass  öiaßct?  zu  lesen  ist.    S.  Mommsen  a.  a.  0.   8.  290. 

6)  Liv.  42,  56,  3 ;  42,  63. 

7}  Die  Formel  ist  (Liv.  1,  38,  2):  deditisne  vos  populumque  Collatinum  ur- 
bem  agros  aquam  terminos  delubra  utensilia  divina  humanaque  omnia  in  meam 
populique  Romani  dicionem?  —  ,J)edimus'-'-  —  At  ego  recipio.  Polyb.  36,  4(2): 
ot  ydp  oioovxe?  auxou;  ei;  xtjv  F(o|j.ai(ov  STTixpoTTTjV  oiBoaoi  ttoujxov  asv  ythp'xv 
xTjV  »j-dpyo'jcav  «6x01?  xai  rroXet?  xd?  dv  xaux'o ,  auv  hi  xo'jxok;  dvopa?  v.al 
Y'Jvary.a?  —  7toxa{jLO'j;  Xiijivac  iepd  xd^ou?  a'jXXfjiSST^v  waxe  Trdvxcov  eivat  xuptoo; 
'  Pojij.oiio'j?,   a'jxou?  0^  tou;  öiöovxa?  dTiXü)?  fi-rjxdxi  i)/qhs\6z. 


14C. 


—     167     — 

Classe  der  deditüü  versetzt,  d.  h.  es  erhielt  zwar  sein  Gebiet 
zurück,  aber  gegen  Zahlung  einer  Abgabe;  es  wurde  also  eine 
slipendiäre  Gemeinde!).  Dieselben  Bedingungen  wird  Coronea  er- 
halten haben,  über  welches  der  Senat  ebenfalls  eine  besondere 
Verfügung  erliess^).  Nach  diesen  Vorgangen  hatten  die  Achäer 
allen  Grund,  ein  ähnliches  Schicksal  für  ihren  Bund  zu  fürchten^), 
und  dies  Schicksal  vollendete  sich  wirklich  durch  den  achäischen 
Krieg  und  die  in  Folge  desselben  von  den  zehn  römischen  Ge- 
sandten getroffenen  Anordnungen. 

Ganz  Griechenland  wurde  als  erobertes  Land  in  römischen  unterwer- 
Besitz  genommen^)  und  jeder  wirklichen  Freiheit  beraubt ^j.  chenian.ds 
Corinth,   Theben,   Chalcis^)   wurden  zerstört,   der  Platz,  auf  wel- 

1)  Es  heisst  in  der  Inschrift  lin.  17:  'Q^auTO)?  Trepi  wv  oi  ot'jxol  Xö^oui;  iTzoü\- 
oavTO  Trepl  youpai;  xai  Trept  TeiAevÄv  xal  -poaöoiov  xal  Tiepl  optojv  eauxöjv ,  iizzX 
dveiaav  xauTa,  i^[i.ü)V  (asv  2v£%£v  eyetv  d^eivai  eoolev.  Die  Erklärung  der  For- 
meln, besonders  des  l/etv,  s.  bei  Momrasen  p.  293. 

2)  Liv.  43,  4,   li: 

3)  Dass  die  Kömer  vor  dem  Beginne  des  achäischen  Krieges  die  Forderung 
gestellt  hätten,  den  achäischen  Bund  aufzulösen,  stellt  Polybius  38,  1  in  Abrede, 
bemerkt  aber ,  einige  seien  der  Meinung  gewesen ,  dass  sie  nur  deswegen  noch 
mit  dieser  Forderung  zurückgehalten  hätten  ,  weil  der  carthagische  Krieg  damals 
noch  nicht  beendet  war.  Einer  andern  Quelle  folgt  lustin.  34,  1:  sed  legatis 
occulta  mandata  data  sunt ,  ut  corpus  Achaeorum  dissolverent ,  singulasque  urbes 
propra  iuris  facerent,  quo  facilius  ad  ohsequia  cogerentur,  et  si  quae  ttrbes  contu- 
inaces  essent,  frangerentur.  Igitur  legali ,  omnium  civitatium  principibus  Corin- 
thum  evocatis,  decretum  senatus  recitant ;  quid  consilii  habeant,  aperiunt :  expedire 
omnitjus  dicunt,  ut  singulae  civitates  sua  iura  et  suas  leges  habeant. 

4)  Liv.  ep.  52:  omni  Achaia  in  deditionem  accepta.  Inschr.  Orelli  563  = 
C.  I.  L.  I,  541 :  L.  Mummi.  L.  f.  (Jos.  duct.  auspicio  imperioque  eins  Achaia 
eapt(a)  Corinto  deleto  Romam  redieit.  Cic.  accus,  in  Verr.  1,  21,  55:  quid  de 
L.  Mummio ,  qui  —  Corinthum  —  suslutit ,  urbesque  Achaiae  et  Boeotiae  muLtas 
sub  imperium  populi  liomani  dicionemque  subiunxit.  Strabo  8  p.  381 :  %al  xdXXa 
(ausser  CorinthJ  fji/pt  Motxeooviot;  Otto  'Foj(Aaioi(;  d^evexo.  p.  377:  'ApYeioi  — 
(A6Ta«3y«ivT6?  xoD  Tör;  'Ayaiöiv  oucx-^jj-axo;  ouv  ^xeivot?  eic  tt^jV  xtüv  'roj(xa(ot>v 
igo'joiav  y,XOov.  Tac.  Ann.  14,  21:  possessn  Achaia  Asiaque.  Älaccab.  1,  8,  10. 
8.  Kufus  hrev.  7:  libera  diu  sub  amicitiis  nostris  Achaia  fuit:  ad  extremum  — 
per  L.  Mummium  proconsuLem  capta  Corinlho  Achaia  omnis  obtenta  est.  Um  dies 
in  verstehen  ,  muss  man  wissen  ,  dass  obtinere  provinciam  als  technischer  Aus- 
druck vom  Statthalter  der  Provinz  gebraucht  wird.  8.  SCtum  de  Aaclepiadt 
C.  I.  L.  I  n.  203  lin.  10.  Cic.  in  Piaon.  10,  37.  Liv.  32,  27;  37,  2.  Val.  Max. 
7,  6,  1  ;  5,  8,  3. 

5)  Polybins  in  Mai  Nova  coli.  II  p.  452(=:  38,  3  Hultsch)  stellt  den  Zu- 
stand (iriechonlands  nach  dem  Kriege  als  den  schrecklichsten  wud  traurigsten 
dar,  der  Jemals  das  Land  butroHen  habe,  und  Diodor  faest  seine  Schilderung 
zusammen  in  den  Worten:  xai  xi  c6*^oXov  -zi^^  dXcuöeplav  xal  xVjv  TrappTjaiotv 
äTToßaXövre;  jj.eYi3xo)V  d^adöJv  -/jXXdtSavto  tä;  ioyaTac  oufAcpopdk.  (Diodor.  fr.  Vat. 
p.  106  Dind.) 

ü)  Liv,  ep.  52.  Ueber  Theben  a.  Dio  (.'hryaost.  I  p.  263  K.  ;  über  Corinth 
Cic.  pr.  l.  ManiL.  5,  11;  de  off.  2,  22,  70.  Vcll.  1,  13;  2,  38.  Plin.  N.  H.  34, 
12;  35,  152.  Klorus  1,  32  (2,  10);  Dio  Chrys.  11  p.  123  H.  Anthol.  ür.  od.  Jacobs 
JI  p.  30  n.  84;  p.  1  n.  2;  p.  2Ö  u.  50;  p.  132  u.  20. 


_     168     — 

chem  Corinth  gestanden  halle,  devovirti),  die  Befestigungen  aller 
Städte  gesehleift,  allen  Hellenen  die  Waffen  abgenommen  2).  Das 
Gebiet  von  Corinth  war  seitdem  ager  publicus  und  somit  vecti- 
galis^)j  ebenso  ganz  Böotien  "*)  und  Euböa^),  und  dasselbe  Schick- 
sal theilten  ohne  Zweifel  alle  andern  in  diesem  Kriege  mit  Waf- 
fengewalt eroberten  Städte^).  Aber  auch  das  übrige  Land  wurde 
Provincialboden  und  als  solcher'^)  steuerpflichtig^)  mit  Ausnahme 
derjenigen  Städte,  welche  die  Steuerfreiheit  jetzt  oder  später  als 
besonderes  Privilegium  erhielten  •') . 

Nicht  nur  der  achäische  Bund,  sondern  sämmtliche  Bünd- 
nisse der  griechischen  Stämme  wurden  aufgelöst  ^^)  und  Griechen- 
land bestand  nunmehr  aus  einem  Complex  völlig  von  einander 
gesonderter  Stadtgemeinden ;  den  Besitzenden  wurde  zuerst  sogar 

1)  Macrob.  Sat.  3,  9. 

2)  Pausan.  7,  16,  5;  2,  1,  2.  Zonaras  9,  31. 

3)  Cie.  de  lege  agr.  1,  2,  5:  deinde  agrum  Optimum  et  fructuosissimum  Co- 
rinthium,  qui  L.  Memmii  imperio  ac  felicitate  ad  vectigalia  populi  Romani  ad- 
iunctus  est.  Ein  Theil  desselben  wurde  den  Sicyoniern  überlassen,  wogegen  sie 
die  Bestreitung  der  Isthmischen  Spiele  übernahmen.  Pansan.  2,  2,  2.  Strabo  8 
p.  381.  Der  grösste  Theil  wurde  von  den  Censoren  in  Rom  verpachtet.  Rullus 
wollte  ihn  verkaufen.  Cic.  de  leg.  agr.  1,  2,  5;  2,  19,  51.  Von  ihm  handelt  auch 
die  lex  agraria  des  J.  643.  C.  I.  L.  I  n.  200.  Rudorff  in  Zeitschr.  f.  gesch. 
Rechtswiss.  X,   133. 

4)  Cic.  de  nat.  deor.  3,  19,  49:  an  Amphiaraus  erit  deus  et  Trophonius? 
nostri  quidem  publicani,  cum  essent  agri  in  Boeotia  deorum  immortalium  excepti 
lege  censoria  negabant  immortales  esse  uUos,   qui  aliquando  homines  fuissent. 

5)  SCtum  de  Asclepiade  C.  I.  Gr.  n.  5879=  C.  J.L  In.  203  (aus  dem  J. 
676  =  78)  Lat.  Text  lin.  6:  magistratus  nostri  queiquomque  Asiam  Euboeam  loca- 
hunt  vectigalve  Asiae  Euboeae  imponent.  lin.  10:  magistratus  nostros,  qui  Asiam, 
Macedoniam  provincias  optinent.  Aus  der  Vergleichung  beider  Stellen  ergiebt 
sich,   dass  damals  Euboea  unter  dem  Statthalter   von  Macedonien   stand. 

6)  Daher  heisst  es  allgemein  bei  Aur.  Victor  de  v.  ill.  73  :  Saturninus  — 
tribunus  plehis  refectus,  Siciliam,  Achaiam,  Macedoniam  novis  colonis  destinavit, 

7)  Gaius  2,  21.    S,  den  Abschnitt  über  die  Finanzverwaltung^ 

8)  Pausan.  7,  16,  6:  %al  cpopoc  xe  sxayQr]  tt^  'EXXaoi.  Tac.  Ann.  1,  76: 
Achaiam  et  Macedoniam  onera  deprecantis  levari  in  praesens  proconsulari  imperio 
tradique  Caesari  placuit.  Cic.  de  prov.  cons.  3,  5  :  quis  ignorat,  Achaeos  ingentem 
pecuniam  pendere  L.  Pisoni  quotannis,  vectigal  ac  portorium  Dyrrhachinorum  totum 
in  huius  unius  quaestum  esse  conversum  ?  Tac.  Ann.  4,  13  :  factaque  auctore  eo 
senatus  consulta ,  ut  civitati  Cibyraticae  apud  Asiam ,  Aegiensi  apud  Achaiam  — 
subveniretur  remissione  tributi  in  triennium.  Die  Insel  Gyaros  zahlte  schon  vor 
der  Kaiserzeit  150  Drachmen  Tribut  (cpopo;),  Strabo  10  p.  485  extr.  und  der 
Stadt  Pallantion  in  Arcadien  gab  Antoninus  Pius  sXeu&spiav  7.0.1  dxeXeiav  cpopcov, 
Pausan.  8,  43,  2;  Elatea  in  Phocis  erhielt' erst  nach  dem  mithridatischen  Kriege 
das  Privilegium  dxeXTJ  v£[j,eai}ai  tt]V  )((upav,   Pausan.  10,  34,  2. 

9)  Ausdrücklich  erwähnt  werden  nur  wenig  Städte  dieser  Art,  nämlich  alle 
der  Locri  Ozolae  (Plin.  N.  H.  4,  7),  Amphissa  (daselbst  4,  8),  Pallantium  und 
Elatea  (Pausan.  8,  43,  2;   10,  34,  2). 

10)  Pausan.  7,   16,  6:    ouv^Spid  t£  -/ard  eiivo;  xo  ev.daxcov ,   'Ayaiiöv,  xat  x6 
dv  OcoXiiioiv  r\  Botwxoi;  r^  exeptum  ttou  xtj?  'EXXdöo;,  -/.ocxeXdXuxo  öfxoito^  iiötvxa. 


—     169     — 

verboten,  ausser  ihrer  Heimalh  Grundstücke  zu  erwerben  i)  und 
obgleich  beide  Anordnungen  nach  einiger  Zeit  zurückgenommen  2) 
und  die  Bundesversammlungen  der  Achäer,  Böoter,  Phocenser, 
Locrer,  Euböer,  Eleutherolaconen  ^  Nesioten  und  Amphiktyonen 
wieder  gestattet  wurden,  so  bestanden  doch  ferner  diese  Verbin- 
dungen nur  in  der  Umwandlung  fort ,  welche  ehedem  das 
latinische  Bündniss  erfahren  hatte,  d.  h.  sie  erhielten  sich  als 
Festgemeinschaften  ohne  politischen  Character^). 

An  Städten  war  Griechenland  reich,  es  lassen  sich  in  dem 
eigentlichen  Griechenland  (mit  Ausschluss  von  Epirus  und  Thessa- 
lien) etwa  hundert  Ortschaften  nachweisen  4).  Bei  der  Ueber- 
nahme  des  Landes  musste  zuerst  festgestellt  werden,  welche  von  ReguUiung 
diesen  als  Stadtgemeinden  anerkannt  werden  sollten  und  welche  sehen  Tem- 
nicht.  Die  Territorien  der  ersteren  wurden  abgegrenzt  und  den- 
selben die  Territorien  der  letzteren  attribuirt,  insofern  sie  nicht 
zur  römischen  Domaine  gezogen  wurden,  wie  z.  B.  Athen,  das 
damals  bereits  die  Inseln  Lemnos,  Imbros,  Dolos  und  Scyros  be- 
sass^),  jetzt  auch  Haliartos  in  Böotien^j,  Sikyon  aber  einen  Theil 
des  corinthischen  Gebietes  erhielt').  Von  früher  unselbständigen 
Gemeinden  wurden  dagegen  einige  mit  Stadtrecht  ausgerüstet, 
wie  die  Komen  von  Sparta,  welche  seitdem  als  Städte  der  Eleu- 
therolaconen  erscheinen  ^) . 

Den  anerkannten  Stadtgemeinden  wurde  zweitens  eine  neue  Neuestadt- 
Verfassung  gegeben.     In  allen  wurde   die  Demokratie  abgeschafft      gen"! 
und   eine    Timokratie   eingerichtet,    welche   darauf  beruhte,    dass 
das  active  Bürgerrecht  von  einem  Census  abhängig  gemacht  wurde 
und  somit  nur  die  Besitzenden  (possessores)  Vollbürger  waren  ^). 

1)  Pausan.  7,  16,6:  xal  ol  xd  yp-fjixaTa  l^ovre;  dxouXuovTo  dv  x^n  u7tepop(qt 
xxaoöat.  Also  Aufliebung  des  Commerciums,  ob  zwischen  den  Stadtgebieten  oder 
den  Landschaften,   ist  ans  dem  Ausdruck  dv  UTiepopia  nicht  deutlich  zu  ersehen. 

2)  Pausan.  7,  16,7:  ^xeoi  hk  ou  roXXoii;  uaxepov  dxpaTrovxo  ii  .^Xeov  'Poi- 
(xaioi  xfj;  'EXXdooc  y.ctl  o'jv£optd  xe  "/.axd  sdvo;  dTTOOtoöaoiv  exdoxoi;  xd  dpyaTa  xal 
Y^jv  iv  XTfj  'jTtepopla  xxdaftai. 

3)  Kuhn  Verfassung  2,    13. 
A)  Kuhn  a.  a.  0.  2,  65  ff. 

öj  Liv.  33,  30,  11.  Vitruv.  7,  7:  Lemno ,  cuiw  insulae  vectiyalia  Athenieii- 
aibus  Senatus  populuaqtie  Komanus  concesnit  fruenda. 

6)  Polyb.  30,  18.  Strabo  9  p.  411  :  'AXlapxo;  hi  vuv  f>tjx£xi  ^oxt,  xax7oy.a- 
(pcToa  is  X(p  rpö;  Ilepoia  itoXijAc^),  x-^jV  yc/jpav  o'  l/n'j^i^  'AHr^vaioi  56vx(uv  'Ptu- 
(AatoDV. 

7)  Strabo  8  p.  ö84. 

8)  Kuhn  V.Tfassunj;  2,  48.  49.    Strabo  8  p.  366. 

9}  Pausan,  7,   16,  (> :   w;  oi  d<plxovxo  ol  oyv  düxijp  ßouXiuööfxevoi  (die  zehn 


Freie 
Staaten. 


—     170     — 

Im  Uebrigen  änderte  man  nicht  an  den  Eigenthümlichkeiten  der 
stadtischen  Verhältnisse,  gestattete  den  Gemeinden  eigene  Ver- 
waltung durch  ihre  einheimischen  Behörden  i),  sowie  eigene  Ge- 
richtsbarkeit 2)  und  erklärte  officiell  die  auf  Grund  der  neuen 
Verfassung  gewährte  Selbständigkeit  der  Stadtgemeinden  als  eine 
an  ganz  Griechenland  verliehene  Freiheit  3). 

Trotzdem  war  die  Lage  dieser  selbständigen  Staaten  eine 
sehr  verschiedene.  Bei  einigen  war  ein  altes  Bündniss  mit  den 
Römern  vorhanden,  und  die  foederatae  civitates,  zu  denen  nament- 
lich Athen  und  Sparta  gehörte,  scheinen  allein  diejenigen  zu  sein, 
welche  auch  fernerhin  als  externae  angesehen,  nur  zu  den  Lei- 
stungen, welche  ihnen  das  Bündniss  ausdrücklich  auflegte,  her- 
beigezogen 4)  und  von  der  Regierung  des  Statthalters  überhaupt 
eximirt  wurden  ^j.     Ausserdem  erhielten  einige  Abgabenfreiheit  ^j 

Legaten),  dvxaü&a  OYjiJ-oxpaTia?  (Aev  xaT^Tiaue,  xa^iOTaxo  Be  (xtio  Tijj-irjfxaTajv  xäi 
dpidi,  nämlich  Mummius.  Diese  Siinrichtung ,  welche  die  Römer  in  allen  Pro- 
vinzen vornahmen ,  beschreibt  für  Tarsus  in  Cilicien  ausführlich  Dio  Chrysost. 
II  p.  43  f.  R.    Die  possessores,  ol  xot  ypTjfjLaxa  eyovxe?,  werden  auch  bei  Pausan. 

7,  26,   6  ausdrücklich  erwähnt. 

1)  Hierüber  liegt  ein  reiches  Material  vor.    S.  Kuhn  Verfassung  2,  65  if. 
2}  Tac.  Ann.  2,  55 :   (^Piso^  offensus  urhi  (Athenis)  quia  Theophilum  quendam 
Areo  iudicio  falsi  damnaUim  precibus  suis  non  concederent. 

3)  Zonaras  9,  31 :  (Mummius)  dXeu&epou?  iravxa?  v.a\  auxovofxo'j?  Tzkrp  xwv 
Koptv&itov  dcp-?jxe,  und  weiter:  dxr)pu^£  xfjV  xe  xwv  aXXojv  IXeu&spiav  -mal  x-rjv 
xö)^  KoptvOiujv  SouXujoiv.  Aus  dem  Decret  des  Proconsuls  von  Macedonien,  Q.  Fa- 
bius  Maximus ,  dessen  Verwaltung  von  Zumpt  Comm.  ep.  2,  167  in  das  J.  638 
=  116  gesetzt  wird  und  jedenfalls  bald  nach  der  Besitznahme  Achaias  anzusetzen 
ist  (C.  /.  Gr.  n.  1543),  ersieht  man,  dass  damals  in  Dyme  in  Achaia  ein  gewis- 
ser Sosus  den  Versuch  gemacht  hatte,  die  Timokratie  aufzuheben.  Er  hatte  die 
Archive  und  Srj(j,fjata  fpaiJ-iJ-a-a  d.  h.  die  Censuslisten  verbrannt  und  schrieb 
vo[J.ou?  UTcevavxtou?  x-q  aTToooi^eiarj  xoi?  'Ayaioi?  u-ö  'P(o|j.aiu)V  7ro)axeia  und 
diese  Verwirrung  (xapayrj)  wird  in  dem  Decret  für  strafbar  erklärt  und  dXXo- 
xpta  XTJ;  d7roSe5o[j.evr^?  '/.axä  xotvov  xou  "EXXrjatv  ^X£Ui}epia;. 

4)  So  heisst  es  von  Lacedaemon  hei  Strabo  8  p.  365 :  7-al  e'ixetvav  dXe'j&epoi, 
tiXtjv  xö)V  cpiXt;töJv  Xetxo'jpYiöJv  aXXo  cuvxeXoijvxe;  ouoev. 

5)  In  Betreff  Athens,  das  Plinius  N.  H.  4,  24  einfach  libera  civitas  nennt, 
sagt  Tac.  Ann.  2,  53  von  Germanicus:  hinc  ventum  Athenas ,  foederique  sociae 
et  vetustae  urbis  datum,  ut  uno  lictore  uteretur.  Appian.  B.  C.  5,  76  von  Anto- 
nius :   £?ooot  X£  •^cav  6p.o(uj?  (?v£u  o-^[j.£i(juv  a'jxu).    Von  Sparta  heisst  es  bei  Strabo 

8,  376 :  St£X£X£aav  xtjV  a'jxovo[xiav  cpuXdxxovxE; ,  während  er  über  Argos ,  die 
zweite  Stadt  des  Peloponnes  zu  seiner  Zeit,  hinzufügt:  £i?  xyjv  xoiv  'Pu)p.ai(uv 
e^ouaiav  -pjXi^oM.  Vielleicht  gehört  hieher  auch  Sicyon,  dessen  Gebiet  146  ver- 
grössert  wurde,  und  dessen  Magistrat  bei  Cic.  acc.  in  Verr.  1,  17,  45  socius 
populi  Romani  atque  amicus  heisst,  und  ich  denke,  diese  Städte  bezeichnet  Caesar 
B.  C.  3,  3  :  Pompeius  —  imperatam  —  liberls  Achaiae  populis  pecuniam  exegerat. 
Später  scheint  in  diese  Kategorie  auch  das  von  Augustus  gegründete  Nicopolis 
(Pausan.  5,  23,  2;  Strabo  7  p.  325)  gesetzt  worden  zu  sein.  Serv.  ad  Verg.  Aen. 
3,  501 :  is  {Augustus')  enim ,  cum  in  Epiro  Nicopolim  conderet ,  cavit  in  foedcre 
ciritntis  ipsius,  ut  cognati  observarentur  a  Romanis. 

6)  S.  Seite  168  A.  9, 


_     171      — 

und  zu  Plinius  und  Pausanias  Zeit  gab  es  in  Achaia  überhaupt 
nur  eine  kleine  Anzahl  von  freien  Städten,  von  v^^elchen  mehrere 
erst  unter  den  Kaisern  dies  Privilegium  erhalten  hatten  i) ;  ihnen 
stand  die  Masse  der  nicht  privilegirten  Städte  gegenüber,  und 
wenn  zuweilen  von  einer  allgemeinen  Freiheit  der  Städte  Achaias 
die  Rede  ist  2),  so  kann  sich  das  nur  auf  die  Selbständigkeit  der 
Communen  beziehen  3),  welche  auch  den  civilates  stipendiariae, 
z.  B.  Thisbae  in  Böotien,  fürs  Erste  bewilligt  war^),  und  gegen 
die  Existenz  der  Provinz  nichts  beweist. 

Dass    nämlich   Achaia   bereits   608=146  Provinz,    d.   h.  ein  Aciiaiamit 
Theil  der  Provinz  Macedonien  wurde,  ergiebt  sich  aus  zwei  Grün-  vereinigt 
den.    Der  erste  liegt  in  der  macedonischen  Aera  von  608  =  146^), 
welche  wir  auch  in  den  Städten  Megara*''),  Argos'),  Hermione^), 
Mantinea^),  Messene^^)^  Coronea  in  Messenien  ^i),  Limnae^^)^  An_ 

1)  Es  sind  (s.  Kuhn  Verfassung  2,  71)  Lacedaemon  und  die  Städte  der 
Eleutherolaconen  (Plin.  N.  H.  4.  16.  Kuhn  2,  49),  Athen,  Delphi  (Plin.  N.  H. 
4,  7),  Thespiae  (Plin.  4,  25),  Tanagra  (4,  26),  Abae  (Pausan.  10,  35,  2), 
Pharsalus  (Plin.  4,  29),  seit  dem  mithridatischen  Kriege  Elatea  in  Phocis 
(Paus.  10,  34,  2),  seit  Augustus  Patrae  (Paus.  7,  18,  5)  und  Nicopolis ;  seit 
Traian  Mothone  in  Messenien  (Paus.  4,  35,  2) ;  seit  Antoninus  Pius  Pallantium 
(Paus.  8,  43,  2). 

2)  So  sagt  bei  Appian.  B.  Mithr.  58  Sulla  zum  Mithridates :  Ma-/ce8oviav  xe 
ifjjxeT^pav  ouaav  dTrexpe/e?  xai  xou?  "EXXrjvac  tt^^  dXeu^epiav  dcprjpo-i.  Gar  nichts 
beweist  die  rhetorisch  iibertriebene  Stelle  Seneca  de  henef.  5,  16,  6:  Antonius  — 
palriam  —  hellis  laceratam  post  tot  mala  destinavit  ne  Romanis  quidem  regibus : 
ut  quae  Achaeis,  Rhodiis,  plerisque  urbibus  claris  ius  integrum  libertatemque  cum 
immunitate  reddiderat,  ipsa  tributum  spadonibus  penderet. 

3)  So  sagt  Julian,  ep.  35  von  Argos :  xcxi  ojczep  oi(j.ai,  fxexei^e  xai  aux-?j 
vtaOarep  al  Xotzctl  XTJ;  IXeui)ep(ac  v.ai  töjv  a)vXu)V  Saaiwv,  8aa  v£(j.ou(Jt  xat;  repi 
T-^,v  'EXXaoa  röXeaiv  ot  xpaxoOvxe;  dd.  Allein  der  Anspruch,  den  lulian  in  dem 
Briefe  für  die  Argiver  macht,  beschränkt  sich  darauf,  dass  sie  nicht  an  Corinth 
Abgaben  zahlen  sollten,  wozu  die  Corinthier  sie  nöthigten.  Hierdurch  liörten  sie 
auf  eine  selbständige  Stadt  zu  sein ,  und  auf  diesen  Gegensatz  des  uzd-^eo^mi 
rpo;  ex£p(üv  ouvx^Xeiav  bezieht  sich  dieser  Begriff  der  Freiheit ,  unter  welcher 
also  nur  die  Existenz  als  selbständige  Stadt  zu  verstehn  ist. 

4)  Mommsen  Ephem.  epigr.   1872  p.  293. 

5)  Am  besten  handelt  über  dieselbe  Foucart  in  Le  Bas  Voy.  Explication  des 
irucr.  II  n.  116». 

6J  C.  /.  Gr.  n.  1053.  1062. 

7)  Foucart  in  Le  Bas  Voy.  Expl.  des  inscr.  II  n.  116»  und  Revue  arcMol. 
XXII  (1870—71)  p.  109.  Diese  Inschr.  ist  vom  J.  32  der  Aera,  d.  h.  115  v.  Chr. 

8)  C.  I.  Gr.  1203. 

9)  Foucart  citirt  vier  Inschriften  aus  den  Jahren  85 — 407,  welche  noch  niclit 
cdirt  fiind.  Ich  kenne  nur  zwei  mit  den  .Jahren  der  Aera  47  und  4(>,  cdlrt  im 
liulUtin  de  l'icole  Franraise  d'  Äthanes  S.  I  n.  8.  9,  die  erste  auch  von  W.  Vi- 
8cher  Kpifq-aphischc  und  archilologischo  Heiträge  aus  Griechenland,  Basel  1855. 
4  p.  38. 

10)  r.  /.  Gr.  1297  =  Lo  Bas  11  n.  314.  Mosscnisch  ist  nach  Foucart  auch 
C.  I.  Gr.  n,  1.395. 

1 1 )  Le  Bas  II  n.  305.  12)  Lo  U»8  U  n.  298. 


—     172     — 

dania  1)  und  der  Insel  Aegina^),  welche  ebenfalls  zum  achäischen 
Bunde  gehört  hatte  ^j,  eingeführt  finden.  Wir  werden  weiter 
unten  sehen,  dass  die  dreizehn  Jahre  später  gegründete  Provinz 
Asia  ihre  Jahre  ebenfalls  von  der  Stiftung  der  Provinz  zählte,  und 
nach  dieser  ihre  Provincialmünzen,  die  Cistophoren,  datirte,  dass 
in  Syrien,  Cilicien,  Bithynien,  dem  Pontus  Polemoniacus  und 
Galatien  solche  mit  dem  Beginne  der  römischen  Herrschaft  an- 
fangende Zeitrechnungen  bestanden;  dass  Alexandria  in  Aegyp- 
ten  eine  Aera  von  dem  Jahre  seiner  Eroberung  durch  die  Römer 
hatte,  dass  endlich  in  Mauretanien  und  Arabien  nach  dem  Jahre 
der  Provinz,  anmts  provinciae  ^)  ^  Itoc  t%  £Tcap)(ia?^),  gerechnet 
wird,  und  dürfen  aus  dieser  Analogie  den  sicheren  Schluss  ziehn, 
dass  die  in  Macedonien  und  in  Griechenland  vorhandene  Aera 
von  608=146,  wie  in  demeinen,  so  auch  indem  andern  Lande 
auf  die  Einrichtung  der  Provinz  zurückzuführen  ist.  Denn  dass 
die  achäischen  Städte  wegen  des  Beginnes  der  ihnen  von  den 
Römern  gestatteten  Freiheit  diese  Zeitrechnung  eingeführt  hätten, 
widerlegt  sich  einfach  dadurch,  dass  die  beiden  als  civitates  liberae 
sicher  beglaubigten  Städte  Athen  und  Sparta  die  Provincialära 
niemals  gebraucht  haben  ^'j. 

Der  zweite  Grund  ist,  dass  Griechenland  seit  608  =  146 
nachweislich  unter  einem  Proconsul  stand.  Wir  haben  hierüber 
das  ausdrückliche  Zeugniss  des  Pausanias')  und  einen  urkund- 
lichen Beweis  s),  nach  welchem  der  in  den  ersten  Jahren  der 
Provinz  in  Dymae  in  Achaia  gemachte  Versuch,   die  von  den  Rö- 

1)  TJnedirte  Inschrift ,  citirt  von  Foucart. 

2)  C.  I.  Gr.  2140. 

3)  0.  Müller  Aeginet.  p.  191. 

4)  S.  z.  B.  Henzen  5337 :  ANno  Frovinciae  CLXXIIII.  Ausführlicheres  s. 
in  dem  Abschnitt  über  Mauretanien. 

5)  Waddington  in  Le  Bas   Voy.  n.  2238.  2239. 

6)  Athen  bezeichnet  auch  in  der  Römerzeit  seine  Jahre  nach  seinen  Ar- 
chonten;  in  Sparta  kommt  die  Provincialaera  niemals  vor.  S.  Foucart  a.  a.  0. 
Dies  alles  ignorirt  Hermann  Defensio  p.  9,  wenn  er  sagt:  nemo  unquam  audivit 
amissae  libertatis  tarn  dulcem  recordationem  fuisse  ut  velut  novae  aetatis  inde  ini- 
tium  caperent;  er  ignorirt  auch,  dass  der  Stadt  Alexandria  vom  Senat  befohlen 
wurde  die  Zeitrechnung  vom  Jahre  ihrer  Eroberung  einzuführen  (Dio  Cass.  51, 
19),  und  doch  findet  Höfler  a.  a.  0.  S.  301  Hermanns  Ansicht  so  überzeugend, 
dass  es  nicht  nothwendig  sei,   darauf  zurückzukommen. 

7)  Pausan.  7,  16,  7:  toutouv  (der  von  Mummius  aufgelegten  Kriegssteuer) 
[).h  Byj  d'cpsaiv  rcapa  'P(U[xai(uv  eupovio  "EXXrjve?  •  Y]Ye(J.(uv  Zk  in  %otl  i<;  £(x£ 
dTreaTsXXexo. 

8)  C  I.  Gr.  n.  1543.  Das  Jahr  der  Urkunde  ist  nicht  sicher,  wahrscheinlich 
aber  638  =  116.    S.  Zumpt  a.  a.  0.  p.  167. 


mern  eingeführte  Timokratie  aufzuheben,  von  dem  Proconsul  Q. 
Fabius  Maximus  mit  dem  Tode  des  Anstifters  bestraft  wurde. 
Dieser  Proconsul  war  aber  nicht  ein  Statthalter  von  Achaia  — 
denn  ein  solcher  ist  in  der  Zeit  der  Republik,  überhaupt  nicht 
vorhanden!)  —  sondern  der  Proconsul  von  Macedonien.  Auch 
dies  ist  bestimmt  bezeugt  von  Plutarch,  nach  welchem  zur  Zeit 
des  Lucullus  ein  Criminalprocess  gegen  die  Stadt  Chaeronea  in 
Böotien  vor  dem  Proconsul  von  Macedonien  geführt  wurde,  und 
zwar  deshalb,  weil  Achaia  damals  noch  keinen  eigenen  Proconsul 
halte 2).  Hiemit  stimmt  überein,  was  wir  namentlich  in  der 
ciceronischen  Zeit  von  der  Verwaltung  Macedoniens  erfahren. 
Denn  in  den  Jahren  676  =  78,  als  Cn.  Cornelius  Dolabella'^), 
und  697  und  698  =  57  und  56,  als  L.  Calpurnius  Piso  das  Pro- 
consulat  von  Macedonien  bekleideten'*),  gehörte  zu  ihrem  Amts- 
bezirke auch  Achaia. 

Man  wird  deshalb  nach  dem  jetzigen  Stande  unserer  Kennt-  Acimia 
niss  annehmen  müssen,  dass  Griechenland  eine  eigene  Provinz  prov^n? 
erst  727  =  27,  d.  h.  bei  der  Theilung  der  Provinzen  zwischen 
Senat  und  Kaiser  5)  geworden  ist.  Es  behielt  als  Provinz  den 
Namen  Achaia,  welchen  ihm  in  Folge  der  Besiegung  des  achäi- 
schen  Bundes  die  Römer  gegeben  hatten^),  und  wurde  gegen 
Macedonien   damals   so   abgegrenzt,    dass  Thessalien')    und  Epi-  '^^jess*"«"- 

^  ^  y  y  r  Epirus. 

1)  Die  Stellen,  welche  für  das  Vorhandensein  eines  Statthalters  von  Achaia 
während  der  Zeit  der  Republik  sowohl  von  andern  als  von  mir  selbst  angeführt 
wurden,  sind  nicht  beweisend.  S.  Zumpt  a.  a.  0.  p.  160  und  über  den  von 
Borghesi   Oeuvres  4,  62  angeführten  M'.  Aciliiis  Glabrio  Zumpt  p.  227, 

2)  Plutarch.  Cimon.  2:  }]  rtt  y.ptai;  t^v  drei  xoO  cxpaTiQYOÜ  r?jc  MaxeSovlac ' 
oÜttoj  y^p  tii  T'/jV    FX/Aha  'Foufxaioi  oxpaxTjYOU«;  oieTtdfArovxo. 

3)  Damals  gehörte  Euboea  zu  Macedonien ,  SCtum  de  Asclepiade  C.  I.  L.  I 
n.  203.  S.  oben  Seite  168  A.  5.  Als  Dolabella  nach  seiner  Rückkehr  repetundarum 
angeklagt  wurde,  traten  die  griechischen  Städte  als  Zeugen  gegen  ihn  auf,  Plut. 
Cüw.  4:  xat  roXXai  dr.o  xf^;  'FjXdloi  xoiv  röXecuv  {Jiapxupb;  aüxtp  7Toip^o-;(Ov. 

4)  Cicero  redet  von  Pisos  Unthaten  in  Griechenland  an  vielen  Stellen  der 
Pisoniarui,  welche  man  bei  Zumpt  Comm.  ep.  2,  197  angeführt  und  erklärt  fin- 
det, l)e8onders  c.  40,  96 :  Acluiia  extumsta ,  Thesaalia  vexata ,  laceratae  Athenae 
—   Lorri,   Phocii,   Boeotii  exusti  —  AetolUi  amissa. 

f))  Dio  CasB.   53,   12.    Strabo  17  p.  H40. 

6)  Pausan.  7,  16.  7:  xaXoüot  li  o'iy  'EXXaoo?,  dXX'  'A/aiot;  t)YE(J.<5va  ol 
PuiiialrA,  Wj-zi  iyeipoioavxo  "HXXy^va;  li  'A/Ciiöjv  xöxe  toO  'EXXtjvixoüi  TTpoeorrj- 
/.')/.  Hnidas  1  p.  911  Hernh.  :  ^Oev  ooxoOoi  xal  vOv  'A^^aiav  övojAotCciv  r^v 
\.n'i.',a.    ' Poipz/Foi  hk  i;  x^j  yEipailliv  £ftvo;,  8  TtpoeoTtb;  -f^v  xöxc  r?jc  'EXXdtfio«, 

x-^^v  (JXtjv  |A€Xct|"iotXövTC?  xfj?  /top«;  drtüvjjxlav,  dcplxovxo. 

7)  Strabo  17  p.  840  /.a'hlt  unter  den  augusteischen  Provinzen  auf  iß2ö(AY]v 
'/  'A/ottav  ixi/pt  HexxaXb;  xal  AtxojXwv  xal  'Axotpvdvojv  xa(  xtviuv  'HKCtptuxixräv 
i^uoi'i,  Zza  xin  \Iaxeoov(^  Ttpoadjptoto.  Da  die  Aetoler  immer  zu  Achaia  gehört 
haben  (Ptol.  '3,  IT),  14j,  so  ist  mit  Ofosskurd  und  Hertzburg  1,  505  das  (ii/P^ 
HcxxaXia;  zu  verstehen  ,,inlt  Einschlass  von  Thessalien." 


—     174     — 

rus  ^)  nebst  Acarnanien  zu  Achaia  gezogen  wurden.  Als  dagegen 
Ptolemaeus  schrieb,  d.h.  unter  Anloninus  Pius^),  war  Thessalien 
ein  Theil  Macedoniens^),  Epirus  aber  eine  eigene'*),  procuratorische 
Provinz  ^)  geworden,  welche  auch  Acarnanien  enthielt  und  von 
Achaia  durch  den  Achelous  getrennt  wurde  6).  Es  ist  eine  wahr- 
scheinliche Vermuthung,  dass  diese  Aenderung  dein  Vespasian 
zuzuschreiben  ist,  unter  welchem  eine  neue  Constitution  der  Pro- 
vinz statt  fand'). 
ViMwaitnng.  Auch  die  Verwaltung  Achaias  unterlag  noch  manchem  Wech- 

sel. Nachdem  es  727  =  27  senatorische  Provinz  geworden  war^), 
stand  es  15 — 44  n.  Chr.  mit  Macedonien  zusammen  unter  einem 
kaiserlichen  Legaten,  bis  es  Claudius  dem  Senat  zurückgab^). 
Es  war  nur  ein  thörichtes  Spiel,  welches  Nero  mit  den  Hellenen 
trieb,  als  er  im  Herbst  67  bei  den  isthmischen  Spielen  ihnen 
noch  einmal  Freiheit  und  Abgabenfreiheit  verkündigte  i*^);  sie  endete 
schon  unter  Vespasian,  welcher  die  Griechen  für  unfähig  der  Frei- 
heit erklärte  und  die  senatorische  Provinz  aufs  Neue  einrichtete  ^i). 
Seitdem  regierte  in  derselben  dauernd  ein  Propraetor  i2j  mit  dem 
Titel  proco?isul  ^^)  j  der  einen  Legaten  i^)  und  einen  Quaestor^^)  unter 

1)  Bei  Dio  Cass.  53,  12  heisst  die  Provinz  -^  'EXXd?  fAexd  x-^c  'HTteipo-j 
und  Tacitus  Ann.  2,  53  nennt  das  in  Epirus  gelegene  (Ptolem.  3,  14,  5)  Nlco- 
polis  urbs  Achaiae. 

2)  Mommsen  C.  I.  L.  III  p.  416. 

3)  Ptolem.  3,  13  §  44.  45.  46. 

4)  Ptolem.  3,  14. 

5)  Arrian.  Epict.  diss.  3,  4  erwähnt  einen  ^TTixpoTTo;  z-qc,  'HTretpo'j,  den  er 
auch  nennt  xov  auxöjv  dpyovxa,  xoü  Kottaotoo?  cctXov  xat  ^TrixpoTiov.  Ein  iTiixpo- 
TTO?  SeßaaxoO  'Hixeipou  C' J.  Gr.  Vol.  II  p.  98*3  n.  18131^.  Vgl.  Orelli  2952  = 
C.  L  L.  III,  536. 

6)  Ptolem.  3,  14  §  1.  6. 

7)  Hertzberg  2,   129. 

8J  Dio  Cass.  53,  12.   Strabo  17  p.  840. 

9)  Tac.  Ann.  1,  76.    Dio  Cass.  58,  24.    Suet.  Claud.  25.    Dio  Cass.  60,  24. 
lOj  Suet.  Nero  24.    Plut.   Flamin.  12.    Plln.  N.  H.  4,  22.     Dio  Cass.  63,  11. 
Pausan.  7,  17,  2.  Eckhel  D.  N.  2,  256.    Hertzberg  2,  112  ff. 

11)  Suet.  Vesp.  8.  Pausan.  a.  a.  0. :  7.al  acpä?  UTCOxeXetj  xs  auQ^i;  6  Oueoira- 
oiavö?  elsrxi  cpoptov  %al  dxoustv  dv.sXs'joev  yjy£{J.övo;,  dr:o{ji.£[j.a^'r]/.£vat  <f'/joa?  xtjV 
dXeuT}£piav  xö  TAXTrjviy,öv.    Philostr.  V.  Apoll.  5,  14. 

12)  Strabo  17  p.  840. 

13)  Ueber  die  proconsules  Achaiae  s.  Marini  Arvali  p.  763  ff.  771.  Beispiele 
s.  Orelli  2272.  Henzen  6456a.  6483.  7420.  C.  I.  Gr.  1072.  1073.  1732.  Vgl. 
Plutarch  rei  p.  gerendae  praec.  Vol.  IX  p.  279  R.  Noch  im  vierten  Jahrhundert 
ein  dv&UKaxoi  XTJ?  'EXXdöo;,  C.  I.  Gr.  372.  Ueber  die  delphische  Inschrift  des 
C\  Avidius  Nigrinus  leg.  Aug.  pr.  pr.  Achaiae,  der  als  ausserordentlicher  iudex 
bei  einer  Grenzstreitigkeit  fungirt  und  nicht  als  Statthalter  Achaias  zu  betrach- 
ten ist,  s.  Mommsen  C.  I.  L.  III  n.  566, 

14)  Orelli-Henzen  n.  3143.  3177.  6451.  6910. 

15)  Henzen  5448.  6915.  C.  1.  L.  II  n.  2075.  4117;  ein  quaestor  pr.  pr.  Ma- 
rini Arvali  p.  764.    Orelli  3113  =  Mommsen  I.  N.  1879. 


I 


—     175     — 

sich  hatte.  Unter  den  Colonien,  welche  die  Römer  in  Griechen-  Coionien. 
land  anlegten  —  es  waren  in  Achaia  Corinth,  Laus  lulia  Corin- 
ihus,  Colonie  des  Cäsar  i),  Patrae  oder  Colonia  Augusta  Aroe 
Patrae,  wohin  Augustus  Veteranen  der  X  und  XII  Legion  nebst 
Leuten  aus  der  Umgegend  angesiedelt  halte  2),  und  Dyme,  das 
zuerst  eine  eigene  Ansiedelung  erhalten  zu  haben  scheint^).  al>er 
noch  von  Augustus  an  Patrae  attribuirt  wurde  "*);  in  Epirus  aber 
Actium  und  Buthrotum^)  — ,  erhob  sich  Corinth  allmählich  wie- 
der zu  einer  bedeutenden  Stadt,  in  welcher  der  Proconsul  seine 
Residenz  nahm^). 

Keines  von  allen  den  Römern  unterworfenen  Ländern  war  zustand  der 
im  Vergleich  zu  seiner  früheren  Lage  in  einen  so  elenden  Zu- 
stand gerathen,  wie  Griechenland.  In  den  spanischen,  gallischen, 
germanischen  und  illyrischen  Provinzen  wich  unter  römischer  Ad- 
ministration der  barbarische  Character  der  alten  Bevölkerung  bei 
dem  durch  Ackerbau  und  Handel  sich  entwickelnden  materiellen 
Gedeihen  einer  gewissen  früher  unbekannten  Civilisation  ;  in  Grie- 
chenland schwand  mit  der  politischen  Freiheit  auch  die  materielle 
BlUthe  des  Landes.  Schon  zu  Strabos  Zeit  war  die  Bevölkerung 
auf  furchtbare  Weise  zusammengeschmolzen,  ein  Theil  der  Städte 
völlig  verschwunden,  ein  anderer  verfallen  und  nur  theilweise 
bewohnt;  die  Inseln  waren  grossen theils  zu  einsamen  Felsen  ver- 
ödet, auf  welchen  Verbannte  ein  freudeloses  Leben  fristeten.  Noch 
trauriger  ist  die  Schilderung,  welche  Pausanias  von  den  Zustän- 
den seiner  Zeit  entwirft,  und  welche  die  gelegentlichen  Bemer- 
kungen anderer  Schriftsteller  der  Kaiserzeit  bestätigen.  Allerdings 
gelangten  einige  Gegenden  Griechenlands  noch  einmal  zu  einem 
gewissen  Wohlslande  und  erfreuten  sich  der  Gunst  entweder  der 
Kaiser  selbst,  oder  bemittelter  Römer;  Industrie,  Kunst  und 
Wissenschaft  fanden  wieder  ihre  Vertreter  und  die  Bewunderung 
der  Denkmäler  alter  Zeiten  veranlasste  einen  lebhaften  Fremden- 
verk(!hr,  aber  das  allgemeint?  Bild,  welches  die  Geschichte  von 
Achaia  darbietet,  ist  das  eines  sich  langsam  auslebenden  Volkes, 
dessen  Thatkrafl  längst  gebrochen  ist'). 

IJ  Hertzberg  1,  46L 

2)  Hert/berg  1,  495  ff.    Momrasen  C.  I.  L.  tll  n.  498. 

■\)  Plln.   N.  H.  4.  13.   Htrabo  14  p.  665. 

4)  Pansaii.  7,   17,  3. 

;'))  Hert/borg  1,  493.  498. 

6)  A<U  apoBt.  18,   12.    Boecking  Not.  Dujn.  ih.   p.  277. 

Tj  Kille   eingehende   Darstellung   dieser    ZiistiUide,    welche    zu    geben    nicht 


—     176     — 


XXVIII.   Asia'). 

Nach  der  Besiegung  des  Antiochus  bei  Magnesia  am  Sipy- 
lus2)  schickten  die  Römer  im  J.  565  =  189  den  Consul  Cn.  Man- 
lius  nach  Asien,  um  die  Bundesgenossen  des  Antiochus  zur 
Rechenschaft  zu  ziehen  und  die  Terrilorialverhältnisse  Asiens  zu 
ordnen.  Das  erste  Geschäft,  namentlich  der  Krieg  gegen  die 
Galater,  nahm  das  Jahr  i89  ganz  in  Anspruch 3),  Manlius  blieb 
aber  als  Proconsul  in  Asien  4)  und  regulirte  im  Frühjahr  188, 
unterstützt  von  zehn  Commissaren  des  Senats  in  Apamea  Phry- 
giae  den  Besitzstand  in  der  Weise  ^j,  dass  Lycien  und  Garien  an 
die  Rhodier,  Mysien,  Lydien,  Gross-  und  Kleinphrygien,  endlich 
die  Landschaft  Milyas  und  Lycaonien  (also  auch  wohl  Pisidien) 
an  den  König  Eumenes  von  Pergamum  kamen,  Pamphylien  aber, 
über  welches  zunächst  keine  Bestimmung  getroffen  wurde  ^) ,  seine 
wird  Provinz  Unabhängigkeit  behielt^).  Im  J.  621  =133  starb  der  letzte  König 
von  Pergamum,  Attalus  III  und  vermachte  durch  Testament  sein 
Reich  den  Römern  ^j.  In  dasselbe  Jahr  wird  officiell  der  Ur- 
sprung der  Provinz  Asien  gesetzt;  denn  auf  den  Cistophoren, 
einer  Münze,  welche  dieselbe  in  ganzen,  halben  und  Viertel- 
meine Absicht  ist,  findet  man  bei  Zinkeisen  Gesch.  Griechenlands  1  S.  516 — 574 
und  im  zweiten  Theile  von  Hertzbergs  Gesch.  Griechenlands, 

1}  Ueber  Asien  s.  die  leider  unvollendeten  Untersuchungen  von  Bergmann 
De  Asia  Romanorum  provincia,  Berol.  1846.  8 ;  De  Asiae  Eomanorum  provinciae 
praesidibus  im  Philologus  II,  4  (1847) ;  De  Asiae  Romanorum  provinciae  civitati- 
bus  liberis,  Brandenburg  1855.  4  (handelt  nur  von  Rhodus).  W.  Merckens  Quomodo 
Romani  Asiam  provinciam  constituerint  exponitur ,  Yratislaviae  1860.  8.  Kuhn  II 
S.  264  ff.,  endlich  W.  H.  Waddington  Fastes  des  provinces  Asiatiques  de  Vempire 
Romain  depuis  leur  origine  jusqu'au  rhgne  de  Diocletien  in  Le  Bas  et  Waddington 
Voyage  arch.  Explication  des  inscriptions.  T.  III  p.  655  ff.,  auch  separat  heraus- 
gegeben, Paris  1872.  8. 

2)  Liv.  37,  38  —  44. 

3)  Liv.  38,  12  ff. 

4)  Liv.  38,  35. 

5)  Liv.  38,  37.  38.  39.  Auf  diese  Entscheidung  wird  Bezug  genommen  in 
der  Inschrift  von  Priene ,  Waddington  n.  195  — 198  5  eine  andre  Inschrift  von 
Heraclea  ad  Latmum  in  Carlen  enthält  ein  Decret  des  Manlius  und  der  10  legati, 
durch  welches  dieser  Stadt  die  Autonomie  garantirt  wird.  Waddington  n.  588. 

6)  Polyb.  22,  27.    Liv.  38,  39. 

73  Von  der  im  J.  169  in  Rom  erscheinenden  Gesandtschaft  der  Pamphylier 
sagt  wenigstens  Livius  44,  14 :  benigneque  amicitiam  renovare  volentibus  legatis 
responsum. 

8)  Livius  epit.  58.  59.  Plutarch.  Ti.  Gracch.  14.  lustin.  36,  4.  Strabo  13 
p.  624.   Plin.  N.  H.  33  §  148. 


—     177     — 

Stücken  geprägt  hat*),   findet  sich  die  Datirung  nach  der  Provin- 
cialaera  von  621=1332).     In  Wirklichkeit  aber   verhinderte   die    A^^a^er 

'  rrovinz, 

sofortige  Organisation  des  neu  erworbenen  Gebietes  der  Aufstand 
des  Arislonicus  (131 — 129)  und  erst  nach  dessen  Unterdrückung 
durch  M.  Perperna  constituirte  im  J.  625  =  129  M'.  Aquilius  die 
Provinz^)  in  dem  Umfange,  dass  dieselbe  Mysia  bis  zum  Berge  Grenzen. 
Olympos  nebst  Aeolis,  Lydia  und  die  ionischen  Städte,  Carla  und 
die  dorischen  Städte,  jedoch  mit  Ausnahme  von  Bhodus  und  der 
diesem  gehörigen  Peraea  umfasste"*).  Von  den  übrigen  Theilen 
des  pergamenischen  Reiches  wurde  die  thrakische  Chersonesos  zu 
Macedonien  gezogen ,  zu  welcher  Provinz  sie  später  gerechnet 
wird^);  Phrygia  maior  kam  an  Mithridates  V  von  Pontus*^)  und 
wurde  nach  dessen  Tode  634  =  120^)  seinem  Nachfolger  Mithri- 
dates VI  Eupalor  genommen  und  für  frei  erklärt^) ;  Lycaonien  und 
das  angrenzende,  nördlich  vom  Taurus  gelegene  Cilicien  mit  den 
Städten  Castabala,  Cybistra  und  Derbe  erhielten  die  Söhne  des 
Ariarathes  von  Cappadocien,  der  im  Kriege  gegen  Aristonicus  ge- 
fallen   war^);    Pamphylien    und   Pisidien   wurden   ebenfalls   noch 

1}  S.  M.  Pinder  Ueber  die  Cistophoren  und  über  die  kaiserlichen  Silberme- 
daillons der  Römischen  Provinz  Asia ,  Berlin  1856.  4.  (Ans  den  Abh.  d.  Berl. 
Acad.  1855.) 

2)  Diese  Jahreszahlen  kommen  vor  auf  den  Cistophoren  von  Ephesns,  Nysa 
und  Philomelium.  Ueber  die  Bestimmung  der  Aera  s.  Pinder  a.  a.  O.  S.  544  flf. 
und  in  Pinder  und  Friedländer,  Beiträge  zur  älteren  Münzkunde  I,  1  (1851) 
p.  26  £f.  Borghesi  J)eW  era  Efesina ,  Oeuvres  2,  435  ff.  setzt  den  genauen  An- 
fang auf  den  24.  Sept.  620  =  134  v.  Chr.,  nämlich  den  Anfang  des  asiatischen 
Jahres.   S.  Clinton  Fast.  Hell.  III  p.  419.   Waddington  Fasles  1  p.  19. 

3  j  Strabo  14  p.  646 :  Mavio;  o  'AxuXXto?  ^TeXftcuv  uTraxo;  fxexa  hi%a  Ttpeo- 
ßeuTüJv  otixa^e  ty,v  irap/tav  e{;  to  vüv  sti  aufxfji^vov  -^?  7rrj>aTeta(;  0X'^|J.a.  Vel- 
leius  2,  38.  lustin.  36,  4'.  Auf  ihn  bezieht  sich  die  Inschr.  C.  I.  Gr.  2920  = 
C  /.  /..  I  n.  557. 

4)  Carien  war  nach  dem  Kriege  mit  Antiochus  190  den  Rhodiern  gegeben, 
nach  dem  Kriege  mit  Persens  (168)  aber  denselben  wieder  genommen  worden, 
und  war  seitdem  frei.  Polyb.  30,  5;  31,  7.  Liv.  44,  15.  Appiaii.  Syr.W.  Mtthr. 
23.  Im  J.  129  muss  es  zur  Provinz  Asien  gezogen  sein,  welchem  es  später  an- 
gehört. Die  Bestandtheile  der  Provinz  nennt  Cic.  pr.  Flacco  27,  65 :  nmixjtte  vt 
opinor  Asia  vestra  consUit  ex  Phrygia,   Mysia,   Carla,  Lydia. 

5)  Cic.  in  Mson.  38,  86. 

6)  Appian,   li.  Mithr.  57.  lustin.  37,  1. 

7)  Clinton  F.  Hell.   III  p.  426. 

8)  Appian.   li.  Mithr.   11.   12.   15.  56. 

9)  lustin.  .'J7,  1:  filiiH  Ariarathia  y  regia  Cappadociae  ,  qui  eoilem  hello  ocri- 
äerat,  Lyc.aonia  et  CiUc.ia  datae.  Unter  Cilicien  ist  nicht  die  nachherige  römische 
Provinz,  sondern  ein  Theil  Cappadoriens  zu  vurstehn.  I  nd  zwar  hless  erstens 
eine  der  10  Strategien  (lappadociens  Cilicia  (Strabo  12  p.  534.  Ptolem.  5,  6,  15), 
und  war  zweitens  von  den  Römern  ein  Stück  von  Cilicien,  das  nördlich  vom  Tau- 
rus lag,  zu  Cappadocien  gefügt  worden.  Strabo  12  p.  51)4.  535:  TrpocCY^vcto 
Ä    OoTcpcr^   rotpä    Pwuattov    i%    Tfj;   KtXntla;    rot;   nph  'ApycXdloy  xal   i•ihvAi':r^ 

tum.  Alterth.  IV.  12 


—     178     — 

niclit  besetzt,  sondern  zusammen  mit  Phrygia  maior^  d.  b.  den 
nachherigen  Gerichtsbezirken  Apamea  mid  Synnadai)  wahrschein- 
lich erst  103  v.  Chr.  als  Provinz  Cilicien  in  Besitz  genommen  2). 
Die  phrygischen  Diöcesen  blieben  indess  nachher  nicht  dauernd 
bei  Cilicien;  in  den  Jahren  62 — 56  v.  Chr.  gehören  sie  zu  Asien 3), 
man  darf  daher  annehmen,  dass  Sulla  oder  Murena  im  J.  672  =  82 
diese  Veränderung  der  Grenze  vornahm ,  als  er  Cibyra  zur  Pro- 
vinz Asien  zog"*).  In  den  Jahren  56 — 50  waren  die  drei  Diöcesen 
Cibyra,  Apamea  und  Synnada ,  es  ist  unbekannt  aus  welchem 
Grunde,  mit  Cilicien  vereinigt  5) ;  seit  49  dagegen  werden  sie  im- 
mer zu  Asien  gerechnet^).  Das  östliche  Phrygien  dagegen,  die 
sogenannte  Tiapoipsio^  mit  den  Städten  ApoUonia  und  Antiochia, 
ist  wenigstens  seit  36  v.  Chr.  zu  Galatien  gezogen  worden^). 
Statthalter.  Zur  Zeit  der  Republik  hatte   die  Provinz  in  der  Regel  einen 

propraetor  zum  Statthalter,  der  indessen  auch  den  Titel  proconsnl 
führte '^j  ;  nur  in  Zeiten  des  Krieges  commandirte  in  ihr  einer  der 


oxpaTTjYi'ot,  ■'(]  Tiept  KaotaßaXa  xe  7,ai  Kußtoxpa  |J.d)(pt  tyj?  'AvTiTrarpou  xoO  XTQOTo-i 
Acpßrj?.  Von  dieser  Landschaft  spricht  lustin.  a.  a.  0.  S.  Junge  De  Ciliciae 
origine  p.    20.  21. 

1)  Plin.   N.H.  b  %  105.  106. 

2)  S,  unten  den  Abschnitt  Cilicia.  Die  Anwesenheit  des  P.  Lentulus,  Pio- 
quästors  des  Proconsuls  von  Asien  Trebonius ,  in  Paniphylien  im  J.  43  war  nur 
durch  Rüstungen  veranlasst,  die  er  dort  im  Interesse  der  Mörder  Cäsars  vornahm, 
und  beweist  nicht,  dass  damals  Pamphylien  zu  Asien  gehörte.  Cic.  ad  fam.  12,  15. 
Drumann  2,  544. 

3)  Man  sieht  dies  einerseits  aus  den  Nachrichten  über  die  Verwaltung  des 
L.  Yalerius  Flaccus  (62 — Gl),  für  welchen  Cicero  die  Vertheidigung  in  dem  Re- 
petundenprocess  führte,  des  Q.  Tullius  Cicero  (61 — 58),  des  C.  Fabius  Adrianns 
(58 — 57)  und  T.  Ampius  Baibus  (57 — 56),  worüber  ausführlich  handelt  Bergmann 
im  Philologus  a.  a.  0.  8.  644.  670 — 678,  andererseits  aus  den  Cistophoren,  die 
0.  Fabius  in  Apamea  geprägt  hat.  (Pinder  p.  567.  568.  Borghesi  Oeuvres  1, 
274  ff.  2,  166  ff.) 

4)  Strabo  13  p.  631.    Waddington  Fastes  p.  22. 

5)  Bergmann  a.  a.  0.  S.  644.  678  —  680.  Von  den  Proconsuln  Ciliciens 
P.  Lentulus  (56—53),  Appius  Claudius  Pulcher  (53—51)  und  Cicero  (51—50) 
sind  Cistophoren  in  Apamea  und  Laodicea  geschlagen  worden.  Pinder  p.  547. 
Vgl.   auch  den  Abschnitt  über  Cilicien. 

6)  Bergmann  a.  a.  0.  S.  681.  684.  Für  das  J.  46  liegt  dafür  ein  Beweis  in 
dem  Empfehlungsschreiben,  das  Cicero  ad  fam.  13,  67  für  den  Laodicenser  Andre 
an  den  damaligen  propraetor  Asiäe  P.  Servilius  richtet.  Wenn  er  darin  sagt :  ex 
provincia  mea  Ciliciensi,  cui  scis  xpst?  Ototy//]0£t;  Asiaticas  attributas  fuisse,  nullo 
sum  familiarius  usus  quam  Androne,  so  sind  unter  diesen  Diöcesen  nicht,  wie  No- 
risius  will,  Laodicea,  Pamphylia,  Lycaonia,  sondern  Cibyratica  (Laodicensis),  Apa- 
mensis und  Synnadensis  zu  verstehn.    Vgl.  Bergmann  a.  a.  0.  S.  643. 

7)  Apollonia,  gewöhnlich  Apollonia  Pisidiae  genannt,  gehörte  ursprünglich 
zu  Asien,  denn  es  bedient  sich,  wie  es  scheint,  der  gleich  zu  besprechenden 
sullanischen  Aera  von  84.    Waddington  n.  1192=  C  i.  Or.  3973. 

8)  S.  hierüber  Bergmann  De  Asiae  Romanoram  provinciae  praesidihus  im 
Philologus  II,  4  (1847)  p.  641—690,    Waddington  Fastes  I  p.  28  ff. 


^     179     — 

fungirenden  Consuln,  wie  z.  B.  Luculi  im  .1.  74,  oder  ein  Con- 
sular  mit  dem  Titel  proconsul^)]  bei  der  Theilung  der  Provinzen 
im  J.  27  blieb  sie  dem  Senate  und  wurde  seitdem  von  einem 
Froconsul  mit  zwölf  Fasces  verwaltet  2).  Dem  Statthalter  wurden 
in  der  Zeit  der  Republik  gew^öhnlich  drei  legati^]^  während  eines 
Krieges  auch  mehrere  ^) ,  beigegeben ;  nach  der  Anordnung  des 
Augustus  ebenfalls  drei^);  er  trat  seine  Verw^altung  im  Mai*^), 
unter  den  Kaisern  im  Juli^)  an  und  zwar  in  Ephesus^),  der 
Hauptstadt  der  Provinz  ^) ,  in  w  elcher  auch  die  publicani  Asiae 
ihren  Verwaltungssitz  hatten  lo) . 

Nach  der  ersten  Einrichtung  der  Provinz  durch  M'.  Aquilius 
ist  die  Verwaltung  derselben  in  Folge  der  Kriege,  deren  Schau- 
platz sie  wurde,  noch  fünfmal  reorganisirt  worden,  nämlich  von 
Sulla   und   seinem   Nachfolger  Mur'ena,    von  Lucullus,    von  Pom- 

1)  So  Sulla  Cos.  88,  proconsul  Asiae  87;  G.  Treboniiis  Cos.  suff.  45,  pro- 
consul  Asiae  44 ;  P.  Ventldius  Bassus  Cos.  suff.  43 ,  procos.  Asiae  39.  Bergmann 
p.  684.  689. 

2)  Strabo  17  p.  840.  Dio  Cass.  53,  12.  14.  S.  Mommsen  Staatsr.  I,  304. 
Wenn  in  der  Inschrift  Orelli  798  =C.  7.  L.  II  n.  4114:  Tib.  Cl.  Candido  Cos. 
XV.  vir  s.  f.  leg.  Augg.  pr.  pr.  provinc.  H(ispaniae'j  C(itenoris')  et  in  ea  duci 
terra  marique  adversus  rebelles  h.  h.  p.  li.  item  Asiae  die  V^'^orte  item  Asiae  noch 
abhängig  sind  von  legatus,  was  unklar  ist,  so  hat  Candidus  diesen  Titel  ganz 
ausnahmsweise  als  Feldherr  des  Septimius  Severus  gegen  Pescennius  Niger,  also 
während  eines  Krieges  erhalten.    S.  Henzen  Inscr.  p.  78. 

3j  L.  Valerius  Flaccus  ,  seit  62  v.  Chr.  propraetor  Asiae,  und  Q.  TuUius 
Cicero  (61 — 58)  hatten  drei.    Bergmann  p.  671.  673. 

4)  So  dem  Lucullus.    Bergmann  p.  666. 

5}  Dio  Cass.  53,  14.  Der  Titel  derselben  ist  legatus  provinciae  Asiae,  Hen- 
zen  6007.  6461;  legatus  pro  praetore  provinciae  Asiae,  Orelli-Henzen  2761.  3658. 
6454.  ^zrJto^vJTf^i  'Aaiot;  C.  I.  Gr.  3532,  besser  Borghesi  Oeuvres  2,  15;  rpeo- 
^euT-?^;  -/.Ott  dvTiorpaTTjYo;,  C.  1.  Gr.  2977,  besser  Waddington  n.  147^;  -peoßsuxYji; 
dvTtoT(iarr,7o;  C.  I.  Gr.  4238'». 

6j  Q.  Tiillius  Cicero  kam  nach  Asien  im  Mai  61  und  reiste  zurück  im  Mai 
58  (Bergmann  p.  673);  Trebonius  war  im  Mai  44  auf  der  Reise  nach  Asien. 
Cic.  ad  fum.   12,  16. 

7)  Die  Abreise  aus  Rom  wurde  von  Tiberius  auf  den  1.  Juni  angesetzt, 
Dio  Cass.  57,  14;  von  Claudius  wieder  auf  den  1.  April,  Dio  Cass.  60,  11. 

8j  L'lp.  Dig.  1,  16,  4  ^5:  in  ingressu  eliam  hoc  tum  observare  oportet,  ut 
per  enni  purtem  provinciam  ingrediatur,  per  quam  ingredi  moris  est,  et  quas  Groeri 
dnoTjiAfa;  appellant  sive  xaTCirXo'jv  ohsermre ,  in  quam  primum  civitatem  venial 
vel  iippUcet :  magni  enim  facient  provinciales  servari  sibi  conHueludinem  islam  et 
huiusrnodi  praerngativas.  quaedam  provinciae  etium  hoc  habcnt ,  ul  per  mare  in 
eam  provinciam  procrmsul  veniat,  ut  Asia,  scilicel  usque  adeo,  ut  imperator  noster 
Anlrminus  Augustun  ad  denideria  Asianorttm  rescripserit  proconsuli  necenMitatetn 
imposätam  per  mare  Aniam  applicare  v.rn  tojv  uYiTpoTroXewv  Fi^eaov  primam  aitingere.. 
Hierauf  beziehen  sich  die  Münzen  mit  KUmX'IUN  A  KATAIIAOYC  d.  h.  prima 
fidnavigntio.   I0ckhor2,  518. 

9)  loHeph.   Ant.   14,   10,   11. 

lOj  Cic.  ad  fnm.  5,  20. 

12» 


—     180     — 

peius,  von  Caesar  und  von  Auguslus.  Die  Grundlage  für  alleB 
^^^j^^^.^pj^g  späteren  Einrichtungen  scheint  aber  die  Constitution  des  Sulla 
^ron^s4"  ^'^"^  .lahre  84  geblieben  zu  sein,  von  welchem  die  Provinz  eine 
neue  Zeitrechnung  beginnt^)  und  bis  in  das  sechste  Jhdt.  n.  Chr. 
rortfllhrt2).  Die  Constitution  des  Sulla  und  Murena  3)  bezog  sich 
theils  auf  die  Feststellung  der  Territorien'*),  theils  auf  die  Er- 
theilung  politischer  Rechte  an  einzelne  Städte-^),  theils  auf  die 
Abgaben  Verhältnisse.  In  Beziehung  auf  die  letzteren  war  Asien 
im  J.  129  sehr  schonend  behandelt  worden,  C.  Gracchus  aber 
hatte  im  .1.  123,  theils  um  die  Einkünfte  des  Staates  zu  ver- 
mehren, theils  um  dem  von  ihm  geschaffenen  Ritterstande  eine 
finanzielle  Grundlage  zu  geben,  durch  ein  besonderes  Gesetz  nicht 
nur  die  gewöhnlichen  Abgaben,  d.  h.  den  Zehnten  [decuma], 
das  Weidegeld  (scriplura)  und  die  Zölle  {portoria)  in  Asien  ein- 
geführt, sondern  auch  die  Verpachtung  dieser  Abgaben  durch  die 
Censoren  an  römische  publicani,  d.  h.  Ritter,  angeordnet^).  Es 
lag  allerdings  bei  der  feindlichen  Stellung',  welche  Sulla  den 
Rittern  gegenüber  einnahm,  für  ihn  die  Veranlassung  vor,  die 
Verpachtung   der  Abgaben   an   dieselben   abzuschaffen;    w^enn   er 

1)  Die  SuUanische  Aera,  welche  zuerst  Franz  C.  I.  Gr.  III  Addenda  p.  1103 
festgestellt  hat,  wird  nach  Waddington  zu  n.  980  vom  Herbst  85  an  gerechnet 
und  ist  jetzt  nachweisbar  in  folgenden  Orten  (ich  citire  der  Kürze  wegen 
vorzugsweise  Waddington):  in  Lydia:  Maeonia,  Wadd.  667.  668.  669.  671. 
1672.  1674;  Gordus  677—683;  Coloe  700  ff.;  Silandus  709.  71Q;  Saitta  1667, 
1668;  Philadelphia  1669;  in  Phrygia  maior:  Traianopolis  718.  722.  727.  1676: 
Sebaste  733.  735.  737;  Eumenia  C.  I.  Gr.  3892.  3896;  Eucarpia,  Waddington 
772;  in  Phrygia  epictetus :  Cotiaeum  802;  Aezani831.  945.  966.  980.  998;  An- 
cyra  1012;  in  Mysia :  Apollonia  ad  Rhyndacum  1069.  1088  und  Umgegend  1771. 
1774. 

2)  Traianopolis  bediente  sich  dieser  Aera  noch  279  n.  Chr.  (Wadd.  n.  727j 
und  Aezani  noch  508  n.  Chr.    Wadd.  n.  980. 

3)  Appian  lässt  den  Sulla  -/a^tOTaai^at  t'?jv  'Astav  (Mithr.  61.  62)  und 
ebenso  den  Murena  (^Mithr.  64).  Die  consütuta  SuUae  erwähnt  auch  Tac.  Ann. 
3,  62. 

4)  Die  Grenzregulirung  der  Provinz  nach  Süden  hin  wird  bei  Strabo  13 
p.   631  und  Cic.  ad  Q.  fr.   1,  1,  11   erwähnt. 

5)  Appian.  Mithr.  61.  Tac.  Ann.  3,  62.  Auf  diese  Bewilligungen  beziehn 
sich  die  Inschriften,  welche  Laodicea,  Ephesus  und  das  Commune  Lyciae  zum 
Dank  für  die  erhaltene  Freiheit  auf  dem  Capitol  in  Rom  setzten,  C.  I.  L.  I 
n.  587.  588.  589. 

6)  Bei  Appian.  B.  C.  5,  4  sagt  Antonius  bei  einer  Versammlung  in  Pergamum  : 
ufxä^  '^[J-Tv,  u)  avops?  "FiXX'^ves,  "AttocXo?  6  ßaoiXeu?  ufxtüv  ^v  Sta&Tj'icai;  dTreXiTie, 
xal   e\i%\)i   d}A£ivov£<;   ujxTv   '^[j.£v   'AxxdXou  •    ou?   y*P    i'^eXeixe   cpopou?   'AxtaXtp, 

cföpojv.  'FiTTei  ^e  iSsTjoev,  ou  Trpo?  xd  Tt{ji.Tj(xaTa  uixTv  dTre^YjXczfjiev ,  tus  dv  '/jf^ei? 
dxivSuvov  cpopov  i-Aki'(oi\i.e'^,  dfJ.ä  {xep-r]  cpepetv  tSi^  ixdaroTS  xapTrwv  dTrexd^afxev, 
'(va  xal  X(üv  dvavxtcov  xoivcuvwixev  UfxTv .  xcäv  he  xauxa  Tiapd  x-^c  ßouXf];  pnoÖcu- 


—     181     — 

dies  versucht  hat,  worüber  ein  directes  Zeiigiiiss  nicht  vorliegt  i), 
so  ist  diese  Anordnung  nur  von  vorübergehender  Wirkung  ge- 
wesen 2);  denn  die  Ritter  blieben  Abgabenpächter  =^)  bis  auf  Cäsar, 
der  erst  im  J.  48  die  Verpachtung  aufhob  und  der  Provinz  ein 
festes  von  den  Provincialen  direct  aufzubringendes  Tributuni  auf- 
legte^). Nichtsdestoweniger  erhielt  sich  die  Eintheilung  Asiens 
in  44  Districte^),  welche  Sulla  zum  Zwecke  der  Aufbringung  der  Emtheiiung 
von  ihm  aufgelegten  Zahlung  einer  fünfjährigen  Steuer  und  der  "tricte!" 
Kriegskosion  ♦^J  anordnete.  Denn  in  den  Jahren  82,  64  und  62 
werden  nach  diesen  Bezirken  Auflagen  ausgeschrieben"),   im  J.  63 

|jL£V(uv  Iv'jßptCo^Twv  U(^.iv  "/.al  zoXu  TiXetova  akouvTwv,  Tdioi  Kaioap  tojv  (xev 
ypr^[j.aTa>v  xd  Tpira  U{jliv  avT^rsv  u)V  i'/.ti^oii  ^cpepexe,  xd;  0'  ößpet?  ETtotuaev  *  'ju.iv 
-^ap  Tobi  cpopo'j;  drlxpe^sv  d^t'ipei'^  iiapd  xcjv  '{ev)[j^o'j'JT(M^ .  Cic.  Verr.  3,  6,  l2: 
reteris  (provinciis)  aut  impositum  vectiyal  est  certum ,  quod  siipendiariam  dicitur 
—  —  aut  censoria  locatio  constituta  est,  ut  Asiae  lege  Sempronia.  Froiito  ad 
Verum  p.  121   Frankf.  =  p.  125  Naber.:   iam  Gracchus  locabat  Asiam. 

13  Mommsen  R.  G.  2,  351,  der  die  Einführung  einer  festen  jälirlicben  Ab- 
gabe Asiens  bereits  dem  Sulla  zuschreibt,  folgt  dem  Appian.  Mithr.  62,  bei  dem 
'^ulla  sagt:  (j,6voy?  Ufxiv  cTttYpdcpcu  k£vx£  ixöiv  cpopouc  ^ae^eY/eiv.  Es  fragt  sich 
indess,  ob  dies  ein  festes  Tributum  war,  oder  eine  nach  dem  Ertrage  der  bis- 
herigen locatio  censoria  Üxirte  Summe. 

2)  Dies  scheint  anzudeuten  Cic.  ad  Q.  fr.  1,  1,  11  §33:  nomen  autem 
publicani  aspemari  non  possunt  (^Asiani) ,  qui  pendere  ipsi  vectigal  sine  publicano 
yion  potuerint,   quod  iis  aequaliter  Sulla  descripserat.     Denn  die  Asiaten  brachten 

iif  die  von  Sulla  vorgeschriebene  Weise  das  Geld  nicht  auf,  sondern  fielen  den 
romischen  Wucherern  in  die  Hände.  Plut.  Luculi.  20. 

3)  Hierüber  liegen  Zeugnisse  vor  aus  verschiedenen  Jahren.  Plut.  Luculi.  7, 
wo  die  Bedrückungen  der  publicani  vor  74  geschildert  werden.  Val.  Max.  6,  9,  7 : 
7'.  Aufidius,  cum  Asiatici  publici  exiguam  admodum  particularn  habuisset,  postea 
l'Aam  Asiam  proconsulari  imperio  obtinuit  (wahrscheinlich  09  v.  Chr  Bergmann 
Philologus  2,  650).  Cic.  de  imp.  Pompeii  6,  15  (a.  66)  von  der  Provinz  Asien: 
Ha  neque  ex  portu  neque  ex  decumis  neque  ex  scriptura  vectigal  conservari  polest. 
'ic.   de  I.  agr.  2,  29,   80  (a.   63):    quid  nos  Asiae  portus ,    quid  scriptura,    quid 

mnia  transmarina  vectigalia  iuvnbunl  tcnuissima  suspicione  pracdonuni  aut  hostium 

niecta?  Cic.  ad  Att.  1,  17,  9:  Asiani  (equites),  qui  de  censoribus  conduxerunt, 
juesti  sunt   in  senatu ,    se  cupiditate  prolapsos  nimium   magno  conduxisse ;    ut  in- 

luqeretur  locatio,  postulaverunt.  Diese  Verhandlung  dauerte  von  61  —  59.  wo 
Cäsar  den  Wunsch  erfüllte.  Snot.  Caea.  20.  Oaratoni  ad  Cic.  pro  Vlancio  14. 
Im  J.  60  instruirt  Cicero   ad  Q.  fr.   1,  1,   11  f.  ausfülirlich    seinen  Bruder  über 

lic  Behandlung  der  publicani  in  Asien,  im  J.  51  empfängt  derselbe  in  Ephcsus; 

lf;n   Besuch  der  dtcumani  Asiens  (ad  Att.  5,  13),  und  nocli  im  J.  47  crwälint  er 

/'/  Att.  11,  10,  1  einen  P.  Terentius,  der  kurz  vorher  operas  in  portu  et  scriptura 

\siae  pro  magistro  dedil. 

4)  Appian.  H.  (\  5,  4.    Die  Cass.  42,  6. 

5)  Sie  erwähnt  Appian.  Mithr.  62:  BiaipTjUto  hi  taDtV  ixöfoxoi;  i-^m  xoixd 
r'iXet;  und  gor)auer  Cassiodor  (Mommsen  Die  Chronik  des  CaHsindorns  Senator 
p.  622)  ad  a.  670:  hin  rorws.  Asiam  in  XLIlll  regiones  Sulla  «listribuit.  Die 
Zahl  XLIlll  haben  der  Parlsinus  und  Cuapinianus ,  wogegen  die  Münchener 
HdMihr.  XL  giebt. 

6)  Appian.  Mithr.  62.  Dio  ganze  Summe  giebt  Plut.  LucuU.  20  auf  20,000 
Talente  an. 

7)  Ueber  das  Jahr  82  «.  Cic.  in  Verr.  act.  II,  1,  35,  89:  <Ucem  enimnaves 


—     182     — 

werden  die  vectiyalia  nicht  in  Roni,  sondern  in  Asien,  nicht  im 
Ganzen,  sondern  nach  Bezirken  verpachtet  i),  und  dass  auch  Cäsar 
diese  Bezirke  bei  seiner  neuen  Steuereinrichtung  beibehielt,  lässt 
sich  aus  dem  Umstände  schliessen,  dass  Asien  auch  später  in 
regiones  zerfiel  2)  und  dass  in  den  Hauptorten  derselben  sich 
Archive  befanden  3)  ^  in  denen  die  Vermessungsdocumente,  welche 
der  Steuererhebung  zu  Grunde  lagen  ^j,  die  Besitzurkunden  5)  und 
die  Hypothekenacten  6)  aufbewahrt  wurden.  Bei  der  grossen  An- 
zahl zum  Theil  kleiner  Sladtgemeinden  Asiens  —  sie  wird  auf 
500  angegeben'^)  und  betrug  noch  zu  lustinians  Zeit  über  200^) 
—  war  es  eine  wesentliche  Vereinfachung  der  Verwaltung,  grössere 
Bezirke  unter  einen  Vorort  zu  vereinigen,  wie  dies  auch  in  an- 
dern Provinzen,  z.  B.  in  Gallien '^j  und  unter  Gabinius  in  ludaea 
comentus  gcschah ;  für  die  Gerichtsverwaltung  legte  man  von  diesen  Bezir- 

inridici. 

iussu  L.  Murenae  populus  Milesius  ex  pecunia  vectigali  populo  Romano  fecerat, 
sicut  pro  sua  quaeque  parte  Asiae  ceterae  civitates.  Ueber  die  Jahre  64  und  62 
Cic.  pro  Ftacco  14,  32:  descripsit  autem  pecuniam  ad  Pompeii  rationem,  quae 
fuit  accommodata  L,  Sullae  descriptioni :  qui  cum  omnes  Asiae  civitates  pro  por- 
tione  in  provincia  descripsisset ,  illam  rationem  in  imperando  sumptu  et  Pompeius 
et  Flaccus  secutus  est. 

1)  Cic.  pr.  Ftacco  37,  91 :  at  fructus  isti  Trallianorum  Globulo  praetore  ve- 
nierant:  Falcidius  emerat  HS  nonyentis  milihus. 

2)  Merckens  a.  a.  0.  p.  16  bezieht  wohl  mit  Grund  auf  diese  Eintheilung 
die  regio  Apamena ,  regio  Eumenetica  (Plin.  N.  H.  6  %  113),  regio  Milesia  (Plin. 
N.  H.  11  §  95),  regio  Philadelphena  (C.  /.  Gr.  3436:  Seo'j-^po?,  ^SeßaaxoO  aTreXeu- 
Oepo?,  ßoYj&6;  IrixpoTiuiV  ps.'^evisoi  OtXaoeXcprjvf];),  wiewohl  es  immer  unsicher  sein 
wird  festzustellen ,  ob  hier  eine  der  Sullanischen  Regionen  oder  ein  Stadtbezirk 
überhaupt  gemeint  ist. 

3)  Ein  dpyeiov  in  Smyrna  C.  I.  Gr.  3292.  3295.  3318.  3335.  3356  u.  ö.  ; 
in  Aphrodisias  fi.  2842,  in  Assus  in  Mysien  n.  3573,  in  Euraenia  in  Phrygicn 
n.  3892;  ein  ^pap-fj-otTeTov  in  Nysa  in  Carlen  n.  2943. 

4)  Hygin.  de  limit.  const.  p.  205  Lachm. :  agri  vectigales  multas  habent  con- 
stitutiones.  In  quibusdam  provinciis  fructus  partem  praestant  certam,  alii  quintas, 
alii  septimas,  alii  pecuniam  et  hoc  per  soli  aestimationem.  Certa  enim  pretia  agris 
constituta  sunt,  ut  in  Pannoniu  arvi  primi,  arvi  secundi,  prati,  silvae  glandiferae, 
silvae  vulgaris,  pascuae.  His  Omnibus  agris  vectigal  est  ad  modmn  ubertatis  per 
sinyula  iugera  constitutum.  Horum  aestimio  ne  qua  usurpatio  per  falsas  professio- 
nes  fiat,  adhibenda  est  mensuris  diligentia.  Nam  et  in  Phrygia  et  tota  Asia  ex 
huiusmodi  causis  tarn  frequenter  disconvenit  quam  in  Pannonia. 

5)  C.  /.  G-V.  3264.  3266.  3286. 

6)  Daher  dpyeiov  ■/peojcp'jAaxiov  in  Smyrna  C,  I.  Gr.  3282  oder  ^peojcpuXa- 
xtov  in  Aphrodisias  n.  2826.  2827.  2829  u.  ö. 

7)  Philostratus  V.  soph.  p.  56,  21  Kayser  =  Opp.  I  p,  235,  25.  Apollonii 
Tyanensis  epist.  58  in  Philostrati  Opp.  cd.  Kayser  II  p.  53,  30.  losephus  B.  I.  2, 
16,  4.  Statius  Silv.  5,  2,  56  redet  sogar  von  lOÜO  Städten.  Vgl.  Aristides  I 
p.  770  Dind.  :  o-jxe  Y^p  TcoXeic  Tooa'jxas  xdt?  Trocoa?  o'jhz[x'ia  aX)//]  x&v  Tcaswv 
Trapeyexat  oüxe  ot]  xa?  ^e  [leyaiai  xotaurac. 

8)  Kuhn  2,  264  rechnet  nach  Hierocles  auf  die  alte  Provinz  Asien  206. 

9)  S.  Seite  117. 


I 


—     183     — 

ken  wieder  mehrere  zusammen,  so  dass  die  Zahl  der  conventus 
iuridici  eine  bei  weitem  kleinere  ist.  Die  Gerichtsorte  kennen 
wir  nur  unvollständig;  da  sie  aber  dieselben  sind,  in  welchen 
die  Landesmünzen,  die  Cistophoren,  geprägt  wurden,  so  ist  es 
zweckmässig,  beide  Listen  zusammenzustellen.  Bekannt  sind 
nämlich  als 

Conventus:  Prägortei): 

Alabanda  2) , 

Adramyttium  '^]  Adramyttium 

Apamea  ^)  Apamea 

Cyzicus^) 

Ephesus  ^)        *  Ephesus 

Eumenia?') 


1)  S.  über  diese  Finder  a.  a.  0. 
*2)  Plin.   iV.  Ä^.  5  §  109:  Alabanda  libera  quae  conventum  eum  coynominavit. 

3)  Plin.  A^.  //.  5  ^  122.  Der  Convent  erstreckte  sich  bis  Apollonia  ad 
Khyndacum. 

4)  Plin.  N.  H.  5  §  106 :  tertius  (conventus)  Apameam  vadit  ante  appellatam 
("elaenas,  dein  Ciboton.  Cicero  ad  Att.  5,  21,  9;  ad  fam.  3,  8,  5;  15,  4,  2.  Dio 
Chrysost.  Vol.  II  p.  68.  69  R.  ,  welche  Rede  in  Kelainai  gehalten  ist:  aXXa  xe 
i'ftvTj  Trepiotxei  iroX'javopoxaxa  —  xai  xoutoi?  otTraoiv  d^opolv  ufxei?  xai  ^uvooov 
rapsyedj^s  rfjV  a'jxtüv  ttoXiv  •  —  —  7:p6<;  ok  -06x015  al  oivtai  uap'  Ixo;  a'YOvxat 
Tzap'  uixiv  xai  ^'jsd'^e'Z'xi  7:XfjBo;  dv^ptÖTTwv  aTretpov  StxaCofxivtuv ,  SixaCovxwv, 
^r^xopojv,  rjYe(J.6v(MV,  UT:-/]pexöJv  x.  x.  X. 

5)  Dass  hier  der  Hellespont  (vgl.  Cic.  ad  fam.  13,  53,  2)  seinen  Conven- 
tus  hatte,    ist   wahrscheinlich   aus   Aristides    Vol.  I  p.  544  Dind. :    cpepe  oii  xai 

TTCpi  xfjC  i-iafyoi  ei;  Ku^txov  d^ooou  Y^'^öfASv-r];  £^ifJYTi<3iu[jiott  • aüxöc  5e  xat 

Tj'xT^oa  xov  ftsov  or^[JLfjVat,  axe  xai  oixöjv  ouowv  xat  xtbv  ütXwv  oeofjisvtuv  fjxeiv. 

6)  Plin.  jV.  7/.  5  JJ  120.  loseph.  Ant.  16,  6,  7,  wo  .\ntonins  schreibt:  ol  £v 
XTJj  'Acta  xaxoi7.oOvxe;  'louoatoi  —  oty.rxroooxoOvxi  (j,oi  ^v  'E<p£o(p  urcdoei^av  x.  x.  X. 
Aristides  I  p.  525  D.  :  (j.exd  xciDxa  ^eßfjpo;  —  ei^  x-^jv  "Ecfeoov  xaxifjei  otxwv 
aYopdv  d;ojv. 

7)  Die  Inschr.  von  Kumenia  in  Phrygien  C.  I.  Gr.  3902'»  enthält  ein  öeXxo- 
Ypdcf.rj[Aa  xoO  dvO'jrdxou  xoti  (|'Tjcpi5(j.ot  x-^;  'Ao(a; ,  welches  aufgestellt  werden 
soll  £v  xai;  äcprjYO'j|X£V'xt;  xöiv  oioiXTjaeojv  roXeaiv.  Zu  diesen  miisste  also  Kume- 
nia gehören.  Unter  otoixr^at;  i.st  nun  gcvröhnlich  der  Gerichtsbezirk ,  conventus, 
zu  verstchn.  Cic.  ad  fam.  13,  67,  1  :  ex  provincia  mea  Cüiciensi,  cui  scis  xpeic 
oioixTjOei;  Asiaticas  atlributas  fuiase,  nämlich  Cibyratica,  Apamensis  und  Synna- 
densis.  Strabo  13  p.  629:  e(;  hi  Ti^^v  o6y/u(Jiv  xauxTjV  o'j  (Aixpd  0'jXXa[i.ßdvei  x6 
xouc  'P(0[iot(ou;  u.Tj  xaxd  cpOXa  oteXeiv  7.'jxöu;,  dXXd  2xcpov  xp^irrov  oiaxd^at  xdc 
SioixIjOei? ,  iv  al;  xd?  d^opai^'j;  Troiouvxai  xat  xd;  otxotioooola?.  p.  631:  oüSev 
5'  f^xxov  £v  xaii  (j,eY(3xat;  d^exdCexat  oioiXTjoeot  xfj;  'Aofa;  -/j  Ktßupaxix-/).  Auch 
bei  der  Stadt  Prusa  In  Hithynien,  welche  zu  Dio  Chrysostomus  Zelt  eine  eigene 
oio(xirjOi4  erhielt  (Dio  Clir.  II  p.  205.  208  R.  :  xrxt  xoivjv  5iotxif|3e<o;  vOv  Ttpßixov 
d/ttciTrj;),  bezieht  sich  dieser  Ausdruck  auf  den  conventua.  Dio  Chrys.  II  p.  195  R.: 
xdi  |i.-^|V  x6  vuv  O'jiJLÖeßtjxi;  repi  xi^jv  ■^jU.exipav  TiöXtv  xo  |jiev  d/.r|i>e;  aTTxexai 
TtoXXüJv  xal  xv(Cei  xo'j;  aXXou;  rdvxa;,  oxi  ^  xd;  6(xa;  u|j.er;  drtoUyto^e  xoti 
rap'  OiAiv  a'jxo'j;  dvdYX-r  xp(veoJ)ai.  Aristides  I  p.  527  D.  :  xai  Ydp  "f^v  irA  xfj; 
^touTjacoj;  xifi  rept  i(ji'jpva'rf.  Allein  das  Wort  kommt  allerdinn«  auch  in  allge- 
meiner Hodeutung  in  dem  .Sinne  von  Stadtbezirk  oder  Verwaltungsbezirk  vor  und 
Ist  daher  die  Inschrift  für  den  conventus  nicht  nnbodingt  beweisend." 


—     184     — 

Conventus:  Prägorte: 

Laodicea  i)  Laodicea 

Nysa 
Parium?2) 

Pergamum  ^)  Pergamum 

[Philadelphia^] 

Philomelium'^)  Philomelium  <^) 

Sardes ')  Sardes 

Synnada  ^) 

Smyrna^)  Smyrna 


1)  Plin.  N.  H.  5  §  105 :  una  (iurisdictio)  appellatur  Cibyratica.  —  conve- 
niunt  eo  XXV  civitates  celeberrima  urbe  Laodicea.  Strabo  13  p.  631.  Der  Ge- 
richtstag wurde  in  Laodicea  gehalten,  nicht  in  Kibyra.  Cic.  ad  Att.  5,  21,  9. 
ad  fam.  3,  8.  5;   15,  4,  2. 

2)  Die  Cistophoren,  welche  man  jetzt  Parium  zutheilt,  wurden  früher  Apamea 
zugeschrieben  und  diese  ältere  Ansicht,  der  sich  auch  Finder  a.  a.  0.  p.  540,  562 
zuneigt,  erhält  eine  Bestätigung  dadurch,  dass  der  conventus  des  Hellespontes 
nicht  in  Parium,  sondern,  wie  oben  als  wahrscheinlich  angenommen  ist,  in  Kyzikos 
sich  versammelte. 

3)  Plin.  N.  H.  b  %  126.  Cic.  pr.  Flacco  29,  71.  Aristides  I  p.  532  D.  : 
aYOpa  o'  r^v  Sr/aiv  (in  Pergamum  162  n.  Chr.)  —  6  0£  %toc,  rrjv  xe  Ttpooooov  i^e'jpe 
TTjv  ~pbc,  Tov  Y)Ye|J.öva.  Aristides  selbst  gewann  in  dieser  Sitzung  einen  Process 
wegen  eines  Landgutes.  Pergamum  heisst  bei  Plinius  longe  clarissimum  Asiae ; 
es  hatte  40,000  7:o>äTai  und  im  Ganzen  120,000  Einw.  Galen  Vol.  V  p.  49. 

4)  Nach  Plin.  N.  H.  6  ^  iil  gehörte  Philadelphia  zum  Conventus  von  Sar- 
des. Aber  Aristides  I  p.  529.  530  erzählt,  dass,  als  er  zum  ixXoyeu;  gewählt 
sei ,  der  Legat  des  Proconsuls  diese  Wahl  bestätigt  habe  dv  OiXaoeAcpia  otxaoxr^- 
pioi?.  Aristides  schreibt  darauf  einen  Brief  an  den  Proconsul  und  den  Legaten : 
eii  Se  TTjv  OtXaöeXcpiav  dcpixovxo  oi  ire[j-cp8^£vxe?  7,ai  fjV  (j.£V  dcp£(3i{ji.o?,  wc  ecpaoav, 
Y]fx£pa  (d.  h.  der  Tag,  wo  die  Session  geschlossen  wurde),  t^  xa  Ypd(J.[Ji.axa  dizz- 
oioooav. 

5)  Philomelium,  nach  Kiepert  das  heutige  Ak-Cher,  gelegen  an  der  Strasse 
von  Synnada  nach  Tconium ,  gehörte  im  J.  70  v.  Chr.  zur  Provinz  Asien  und 
war  einer  der  östlichsten  Orte  derselben  (Cic.  act.  II  in  Verr.  3,  83,  191).  Aus 
dem  J.  66  haben  wir  einen  Cistophorus  von  Philomelium,  der  ebenfalls  die  Zu- 
gehörigkeit Mer  Stadt  zu  Asien  bezeugt.  Im  J.  51  war  sie  ein  conventus  der 
Provinz  Cilicien.  Cic.  ad  fam.  3,  8.  5.  Ibid.  6:  iisdem  diebus  meus  conventus 
erat  Apameae.,  Synnadis,  Philomelii,  tuus  Tarsi.  Cic.  ad  fam.  15,  4,  2;  ad  Att. 
5,  20,  1.  Später  ist  sie  wieder  zu  Asia  gezogen  und  erscheint  in  dieser  Provinz 
bei  Ptolem.  5,  2,  25  (erst  bei  Hierocles  ist  sie  Pisidien  zugetheilt  p.  672).  Auch 
Plinius  N.  H.  b  ^  95  erwähnt  sie :  hos  includit  Lycaonia  in  Asiaticam  iurisdictio- 
nem  versa,  cum  qua  conveniunt  Philomelienses ,  Tymbriani  u.  s.  w.  Ob  sie  aber 
damals  noch  einen  eigenen  conventus  bildete,  ist  nicht  ersichtlich. 

6)  Einen  Cistophorus  mit  dem  Stadtnamen  Ol  und  der-Aera  SZ  d.  h.  67 
s.  bei  Borrell  Numismatic  Chronicle  VIII  (1846)  p.  32.  Dass  derselbe  nach  Phi- 
lomelium, nicht  nach  Philadelphia  zu  setzen  ist ,  hat  Borrell  aus  den  gekreuzten 
Füllhörnern ,  die  auf  Münzen  von  Philomelium  vorkommen  ,  mit  Recht  geschlos- 
sen.   Pinder  hat  diesen  Cistophorus  übersehen. 

7)  Plin.  N.  H.  5  §  111. 

8)  Plin.  N.  H.  b  %  105.  Cic.  ad  fam.  3,  8,  5;  15,  4,  2;  ad  Att.  5,  20,  1 ; 
5,  21,  9. 

9)  Plin.  N.  H.  6  %  120.    Cic.  pr.  Flacc.  29,  71, 


—     185     — 

Conventiis :  Prägorte: 

Tralles  i)  Tralles 

Thyatira 

[Tabae?]2) 

In  der  Kaiserzeit  werden  unter  den  Städten  Asiens  über- Metropolen. 
haiipt  drei  Glassen  unterschieden,  ai  {xr^TpoTroXsic,  ai  e^^ouaai  'yo- 
pa;  oixwv  und  ai  ildzxouc,  iroXet«;^).  Nur  über  die  erste  Glasse 
ist  noch  eine  Bemerkung  hinzuzufügen.  Gewöhnlich  wird  unter 
Metropohs  die  Hauptstadt  der  Provinz  verstanden'*);  allein  in  Asien 
gab  es,  wenigstens  im  zweiten  und  dritten  Jahrhundert,  mehrere 

1)  Plin.  N.  H  b  %  108  führt  Tralles  nicht  als  conventus  auf,  zum  deutlichen 
Beweise,  dass  sein  Verzeichniss  unvollständig  ist;  denn  Tralles  war  ein  conven- 
tus. Cic.  pr.  Flacco  29,  71:  cur  non  Fergami,  Smyrnae,  Traliibus ,  uhi  et  multi 
cives  Romani  sunt,  et  ius  a  nostro  magistratu  dicitur.  loseph.  Ant.  14,  10,  21 
in  einem  Rescript  des  Proconsuls  Servilius  Galba:  TipogeXöcuv  [xot  l^  TpaXXeoiv 
ayj^zi  Tov  a^opaiov. 

2)  Die  Annahme  dieses  Prägortes  beruht  auf  einer  Vermuthung  von  Borgliesi 
Oeuvres  2,  163,  welche  Pinder  nicht  gekannt,  Momuisen  C.  I.  L.  I  p.  556 
{Addenda  ad  p.  143  n.  526j  aber  als  richtig  bezeichnet  hat.  Meines  Erailitens 
ist  dieselbe  unhaltbar.  Zuerst  irrt  Borghesi  nacliweislich  in  der  Behauptung,  dass 
der  von  Liebe  (t.  N.  p.  227  herausgegebene  Ci>tophorus  falsch  gelesen  sei.  Ich 
kann  versichern,  dass  auf  demselben  steht:  PVLCHER  IMP  und  unten:  Hl^A 
MßNOS,  also  Ki(J.(uvo;  oder  TifJ-ojvoi,  nicht  aber  MIAQNO^.  Was  zweitens  den 
abgekürzten  Namen  der  Stadt  betrifft,  so  steht  dieser  links  am  Rande,  und  ist 
von  ihm,  da  der  Rand  nicht  vollständig  ist,  zu  lesen  lA.  Jedoch  hat  das  I  oben 
einen  horizontalen  Strich  nach  rechts  hin,  so  dass  man  TA  oder  AFIA  vcrmu- 
then  kann.  Borghesi  liest  nun  auf  seinem  Exemplar  ein  deutliches  TA  und  ist 
sicher,  dass  vor  dem  T  nichts  weiter  gestanden  hat.  Ich  kann  dagegen  nur  be- 
merken,  dass  im  gothaischen  Cabinet  ein  anderer,  mehrfach  vorhandener,  bei 
Pinder  Taf.  I  n.  3  abgebildeter  Cistophorus  sich  beflndet,  auf  dem  man  ebenfalls 
ganz  deutlich  TA  liest,  während  es  aus  den  sonst  bekannten  Exemplaren  fest- 
steht, dass  ADA  zu  lesen  und  das  T  nur  ein  Stück  des  Fl  ist.  Sollte  nicht 
auch  Borghesi  sich  hierin  haben  irren  können,  zumal  da  Tabae ,  eine  unbedeu- 
tende, selten  erwähnte  Stadt,  gar  keinen  Anspruch  auf  das  Recht,  Mittelpunct 
eines  conventus  zu  sein,  hat? 

3)  Modestin.  Dig.  27,  1  (de  excusationibus),  6  §  2;  orep  OTjXoÜTai  i^  in- 
oxoKi\i  'ANTa)Vi«^o'j  ToO  Eu'JeßoO;  "{pn^ftior^i  |j.ev  tm)  xotvip  r^;  A<j(o(;  —  f^;  dariv 
t6  y.ecpdXaiov  touto  uroxeTaYfAdvov  *  AI  fxev  sXaTto'j;  röXei;  o'jvavrat  z^vte  (ottpouc 

(ireXel;  ^/etv  —  al  oe    (xeiCou;   r^Xei;    eTttd al  oe  ixi^iazni   Tr«5).ei;   hixa ' 

—  —  FiUö;  hi  T«{>  (i-iv  [le-^hzw  dpidfxüi  ypfjoaaöai  Tot;  jATvrpoTröXei;  tüs  äftvwv, 
Ttp  0£  oeutip«!)  ra;  i/fj'ja'xi  i^opoii  oixü)v  ,  xtp  hk  Tpttij)  xa;  XotTtd;.  Vgl.  Cod. 
Theod.  12,  1,  12:  si' ijuis  ex  maiore  vel  ex  minore  civitate  originem  ducit,  zu 
welchen  beiden  Arten  drittens  die  urbe»  magnifico  statu  praeditae  (Cod.  TU.  12, 
5,  3j  d.  h.  die  metropoles  kommen. 

4)  Procop.  de  aed.  5,  4 :  i^  ou  hi^  %rn  ci;  |Ayjxpor6/eoj;  <x$(o)(i,a  f^Xftev 
(.Mocesus)*  oOxo)  y«?  ttöXiv  xVjv  rpt6xt)v  xoO  £Bvouc  xaXoOoi '  Pa)(j.atoi  •  de  B.  Goth. 
2,  23:  A^StjAo;  oe  aJJxr^  |i.ev  Trpt/jxt)  x&v  iv  IIixt^voI;  TriXctÄv  ioxtv ,  i^v  h^  \l.r^- 
xpf^TToXiv  xaXeiv  vevojj.f-zaat  xoO  COvoy;  'Pojfxaioi.  Nur  selten  führt  eine  Stadt 
den  Titel  in  altem  Sinne  in  Bezug  atif  «eino  Colonien  ,  wie  z.  B.  Iloradca  in 
Bitbynien,  Tyrus  und  Milet  (s.  8.  1Ö7  Anu.  B). 


Metropolen  1) ,  von  denen  naruentlich  Sniyrna'^)^  Sardes^),  Perga- 
luuni^),  Lainpsacus'^)  und  Cyzicus'')  l)ekannl  sind,  so  dass  die 
wirkliche  liauplsladt  Ephesus  noch  besondere  Titel,  TTpcüir^  Tiaawv 
xat  [isYtoTT^^),  TTpoirr^  xai  lAsyioTr^,  fir^xpoTroXt?  t% 'Aoia?  ^) ,  annimmt. 
In  andern  Provinj^en  hat  das  Vorhandensein  mehrerer  Metropolen 
seinen  Grund  darin,  dass  diese  Provinzen  aus  verschiedenen, 
früher  selbständigen  Theilen  zusammengesetzt  w^aren,  wie  wir 
dies  bei  Bithynien  nachweisen  werden;  sowohl  in  Asien  als  in 
Bithynien  aber  finden  wir,  dass  bei  dem  eitlen  Streben  der 
meisten  Städte  nach  einem  besonderen  Titel  die  Würde  der 
Metropolis  als  ein  blosser  Ehrenname  verliehen  wird'-^).    In  Asien 

1)  Nach  der  Verordnung  des  Caracalla  Dig.  1,  16,  4  §  5  rnuss  der  Procon- 
sul  Asiae  twv  [XYjTpoTcoXswv  "Ecpecov  primam  attingere. 

2)  C.  I.  Gr.  3202.  3197.  3204.  3205.  3206 ,  welche  Inschriften  in  die  Zeit 
des  Commodus  fallen.  In  einer  andern  Inschrift  3179^  aus  Caracalla's  Zeit  und 
auf  Münzen  hat  Smyrna  den  Titel  nicht. 

3)  Auf  Münzen:  Mionnet  4,  128.  138,  und  Inschriften:  C.  /.  Gr.  n.  3467; 
seit  Caracalla  auch  'Aotctc,  AuStoc?,  'E/.Xaoo?  6.  (d.  h.  zpcu-'r^)  [j-r|Tp67:oXi? ,  über 
welchen  Titel  s.  Spanheim  De  praest.  et  usu  num.  1  p.  618.   l'^ckhel  3,  116. 

4)  Unter  Caracalla,  C.  I.  Gr.  n.  3538.  Mionnet  S.  5,  459.  Unter  Macrin 
verlor  die  Stadt  den  Titel  wieder.  Eckhel  2,  472. 

5)  Unter  Caracalla,  Eckhel  2,  458.  Mionnet  2,  566. 

6)  Unter  Caracalla,  Boeckh  C.  I.  Gr.  3497.  3665.  Ueber  Halicarnass  und 
Magnesia  (Mionnet  3,  148.  S.  6,  238),  denen  dasselbe  Prädicat  nicht  mit  Sicher- 
heit zugeschrieben  wird,  s.  Eckhel  2.  583.  529. 

7}  Eckhel  2,  521.  C.  /.  Gr.  2968. 

8)  C.  I.  Gr.  ^988.  2990.  2992.  vgl.  n.  335. 

9)  Das  belehrendste  Beispiel  hierüber  giebt  die  Stadt  Nicaea  in  Bithynien, 
weshalb  ich  dies  hier  gleich  anführe.  Schon  zu  Dio  Chrysostomus  Zeit  stritt  es 
mit  Nicomedia  irept  Tuptoxeiwv ,  d.  h.,  wie  Dio  Chrysost.  Or.  XX  Will  Vol.  IT 
p.  141  R.  sagt ,  Tcepl  ovofj-aro;  (xovov  ,  und  p.  144 :  'rjjxei?  o£  oio[i.£t}ot,  dav  irzi- 
Ypacpä)[X£v  TTO'j  TcpöJTot ,  t6  TtpojxeTov  £?eiv  •  irotov,  avope;  NfAOjJiTjOeT;  ,•  TTpooTeiov ; 
—  ou  Tl.  t6  096X6?  doTiv ;  ou  xi  x6  spYOV ;  cxcp^  ou  zöxepov  T/.ouaiwxepoi  -^z-^rifso- 
fjie^a  r\  (xeiCove?  tq  ouvaxuixepoi;  %.  x.  X.  p.  148:  v.ax£Yva)%aai  0£  Ufxwv  avoiav 
SY]fji.oaia  (die  römischen  Statthalter)  xotl  ypöavxat  xai^aitEp  xoTi;  Ttotioiot;  Ufxiv,  ol? 
TToXXava?  dvxt  xöiv  (J-ey^^xcov  7rpoxeiv£xai  xa  (i-ixpoxaxa  •  —  xd  Y«p  Toiaüxa ,  dcp' 
01;  (j,£Ya  cppoveTx£,  Tiapd  nani  [j.£v  xoi;  op^cö?  £vvoo'j[ji.£vot?  oiaTixuexcti ,  (xdXtoxa 
oe  Tiapd  xoi?  'Pa)[j.aioi?  ikXmxa  xtvei  xai  xaXeixr/t  x6  £xi  ußptoxrAcuxepov  'EXXrj- 
vtxd  d  (AapT'/]  [xaxa.  Damals  galt  der  Streit  dem  Titel  Ttpioxr^,  worüber  weiter 
unten  die  Rede  ist ;  durch  Valentinian  und  Valens  erhielt  Nicaea  auch  den  Titel 
Metropolis;  auf  dem  Concil  von  Chalcedon  451  actio  XIII  {Concil.  ed.  Par.  Vol. 
IX  p.  95  ff.)  wird  deshalb  verhandelt ,  ob  in  Folge  dessen  auch  eine  Aenderung 
der  kirchlichen  Sprengel  eingetreten  sei ,  es  wird  aber  entschieden ,  dass  Nicaea 
blos  den  Titel,  Nicomedia  aber  die  Rechte  der  Metropolis  unverändert  habe,  und 
p.  103  folgendes  Rescript  Valentinians  an  die  Stadt  Nicomedia  angeführt:  'H  repi 
xd  TtptßiXiQYt'x  xfj?  roXeo);  xf\c,  \j\),zxi{)'xz  Tzdk^i  UTtdp^aaa  dpyata  ouvifji^eta  cpu- 
XayJ^-qaexai  •  o'JX£  y^P  '^  7rpo<3i}'r]'/.rj  rfi;,  TiiJ-fj?  x&v  Ntxasojv  üöXso);  x6  oiv.aiov 
x6  ufAsxepov  ouvaxai  pXd^j^ai,  OTioxe  iTTotu^exai  xo  d^icap-a  XYJ;  Ntxo[j.7]0£a)V,  eiTiep 
d-xeiVY],  7]  £v  Seuxepiij  xoTiq)  ojaa,  fj-TiXpoTroXsto?  6v6[j-aTi  xaXeixat.  Unter  den  Con- 
cilbeschlüssen  heisst  es  dann  Canon  XII  (a.  a.  0.  p.  147):  osat  0£  t^oy)  TioXet? 
otd  YP^fJ^IJ-dxcuv  ßasiXtxrä'j  xtp  xf^?  (i.r]Tpo7iöXea>;  dxifxiq^Tfjcav  6v6[xaxi,  {xovyj?  duo- 


—     187     — 

ist  dies  besonders  unter  Caracalla  geschehen  und  zwar,  wie  es 
scheint,  bei  denjenigen  Städten,  in  welchen  sich  abwechselnd 
die  Festgemeinschaft  Asiens  (ro  xoivov  'Aaiac)  versammelte.  Denn  Landtag. 
in  Bezug  hierauf  wird  zwischen  den  Städten,  welche  thcilnehmen 
und  beitragen,  und  denen,  in  welchen  das  Fest  selbst  staltfindet, 
unterschieden  1) .  Zu  den  letzteren  gehören  Ephesus  2) ,  Smyrna^), 
Sardes"*),  Pergamum^)^  Cyzicus'\),  wahrscheinlich  auch  Lamp- 
sacus,  Philadelphia^).  In  anderer  Beziehung,  nämlich  als  Haupt- 
ort der  13  ionischen  Städte,  w^elche  ein  eigenes  xotvov  bilden, 
heisst  Milelus  }x-/)TpoTroXic  Tr^c  'IcDVia;^). 

Vielfach  ist  ferner  über  die  Bedeutung  gestritten,  w^elche  die 
asiatischen  Städte  mit  dem  Titel  irptoTr^  verbanden  ö)  ,  den  Ephesus, 
Pergamus   und   Smyrna   führen ,    neben   welchen   Mytilene  TipcüTr^ 

c»i7.ei(wv    Stxatojv.     Auf  die  Anmassung   des  Titels    der  Metropolis   geht  das  Epi- 
gramm Jacobs  Anth.  Gr.  III  p.  94  ii,  7: 

i'axto  [iTfzpör.oKii  Trpwxov  ttöXic  ,  elxa  'Ke^i<s%m 
{XYjxpoTtoXi;  •  {XTj  vuv,  iQvixa  (j.Tjoe  TtoXi;. 

1)  Dio  Chrys.  Vol.  II  p.  70  R.  sagt  in  Apamea:  xai  (j.rjV  xwv  t£pd)V  x-n; 
'Aoia?  lASxeaTiv  Ojaiv  xfj;  xe  oairavT];  xoooOxov,  o3ov  dxeivat;  xai?  TioXeaiv,  ev  an 
iazi  xd  lepd. 

2)  Münzen  mit  v.oivov  'Aoia;  Eckhel  2,  521;  vgl.  Euseb.  //.  Eccl.  4,  13. 
Hier  befinden  sich  auch  die  von  Dio  Chrysostomus  erwähnten  lepd,  d.  h,  ein 
vaoi  X'?j?  'Aaia;,  worunter  nicht  ein  Tempel  einer  Göttin  Asia,  welche  nicht  vor- 
kommt (Eckhel  4,  209^^),  sondern  ein  für  die  Feier  des  xoivov  bestimmter  Tempel 
verstanden  wird.  Ein  dpyiepeu;  'Aciac  vaöjv  xwv  dv  'Ecps(J<|J  C.  I.  Gr.  2987^»,  eine 
dpyiepeta  'Aotct;  vaoü  xoü  dv  'Ecp^Sfi)  ib.  3415. 

3)  Kotvöv  'Asia;  in  Smyrna,  C.  /.  Gr.  n.  247.  1720.  2810»^,  in  Add.  3208. 
3910. '5804  lin.  26.  5913  lin.  20.  5918.  Eichel  2,  560.  C.  1.  Gr.  2741  :  Mdpxoc 
(lüÄTTto;  'ATTKOuXTjio;  E'jp'JxXfj;,  dp/iepeu;  'Acta;  dTTOoeoeiYfXcvo;  vawv  xai  xöiv  dv 
XfxiipvTQ  x6  ß'.  Eine  äpytcpsia  xfj;  'Aoia;  vaüiv  xujv  dv  X(J.6pvrj  n.  3211.  3508.  3151. 

4)  C.  /.  6'r.  5918:  Idpost;  v.oivöv  'Acta;,  n.  3461:  äp/ieps'j;  x-^;  'Aoiot; 
votöjv  xö>v  dv  A'JOia  ^otpoiavdiv.  Eunap.  p.  57  lioiss.  :  6  oe  (lulianus)  ctpyiepda 
äTTOoei^otc  x6v  dvopa  (den  Chrysanthiiis  )  vcc/l  xtjV  */uvaixa  xf^;  A'joia;  xai  ur' 
ixeivot;  i7:iTp£<j;a5  eivai  xö)v  dXXor;  xy^v  a'i'peoiv,  aJxo;  ^7:1  tov  ilepoix6v  cjvTjYexo 
T:6Xe|xov. 

5)  Koivov  'Aoia;  £v  lIcp^dfAtp,  (J.  1.  Gr.  1720.  2810.  Vol.  II  p.  11121'.  Vol. 
III  n.  5806.  Ein  dp/ierjvji  'Aoiot^  vawv  xibv  dv  llep^datt)  C.  1.  Gr.  3416. 
3494.  3839. 

6)  Koivov  'Aoia;  iv  KuCw»?  *"•  ^-  ^'*'-  ^^674.  3675;  ein  dipyiepcv»;  tf^;  'Ao(a; 
vaoD  xoj  £v  K'jCwji  II.  3662.  Ücber  den  Tempel  selbst  s.  raolno  Schrift  Cyzicus 
und  sein  (Jobict  8.  150  IT. 

7)  Koivov  'A^iot;  iv  <I)iXa5£X'^e(?,   C.  I.  Gr.  1068.  3428. 

8j  Koivöv  71'  TtoXeojv  auf  Mün/.on,  Eckhel  2.  508,  vgl.  Bocckh  (  .  I.  Gr.  3461. 
Ein  ä^yiepeu;  xf,;  'lojvlac  Ib.  n,  2880.  r.  /,  Gr.  2878:  xfj;  rptoxt);  xfj;  Iwvlci; 
«py-tai^ivT^;  xoii  (XTjXporr'iXea»;  ttoXX&v  xal  (xcYaXoiv  7:(5Xc(uv  fv  tc  t«])  I1ovx<|»  xal 
XTJ  AiY'j:tT«o  xat  KoAXayoD  xfj«  olxo'j|jiivT);  MiXr/olwv  tcöXcoi^  Yj  ßouX'f|. 

9J  Eckhel  4,  282  ff. 


Städte 


_     188     — 

Aeaßoo,  Samos  TcpwTYj  'Iwvi'a? ,  Trallos  Trpaiir^  EXXaSo?*)  heisst. 
Da  derselbe  nicht  identisch  ist  mit  dem  Titel  jxrjTpoTroXt?  2) ,  so 
könnte  man  nach  einer  Aeusserung  des  Dio  Chrysostomus'^)  glau- 
ben, er  bezeichne  die  conventus ;  allein  theils  haben  nur  drei 
Städte  den  Titel»  theils  widersprechen  sowohl  Dio  Chrysostomus 
selbst  als  auch  andere  dieser  Ansicht,  indem  sie  den  in  Asien 
geführten  Streit  Trspi  TipoiTciiov  *)  als  einen  «eitlen  und  lächerlichen 
darstellen  5).  Es  ist  unzweifelhaft,  dass  dieses  Rangverhältniss  der 
Städte,  wonach  es  auch  eine  dritte  und  siebente  Stadt  gab^'),  sich 
nur  auf  den  Vortritt  bei  dem  Feslaufzuge  bezieht,  mit  welchem  die 
Spiele  des  xotvov  'Aaia?  eröffnet  wurden'^). 
Freie  Von  Wesentlicherer  Bedeutung  war  das  Privilegium  der  Frei- 

heit (auTovo[Jiia) ,  welches  theils  wegen  ihres  Widerstandes  gegen 
Antiochus  den  Gr.,  theils  wegen  ihrer  im  mithridatischen  Kriege 
bewiesenen   Treue,    theils   aus   unbekannten  Gründen    viele   der 

1)  Dieser  Titel  bezieht  sich  auf  das^xoivöv  t^?  ^EXXaoo;,  wozu  auch  Ribyra 
gehörte  (C.  7.  Or.  5852),  d.  h.  auf  den  Bund  der  HavsXXirjve?,  der  seit  Hadrian 
bestand  und  seinen  Mittelpunkt  in  Athen  hatte.    S.  Boeckh  C.  /.  Gr.  2910.  3822. 

2)  Ein  und  dieselbe  Stadt  führt  beide  Titel.  Auch  in  Bithynien  heisst  Ni- 
comedia  (j.TfjxpoTioXi?  -/al  TtptuxTj  Betftovia; ,  Nicaea  dagegen  Ttpiuxr] ,  aber  nicht 
jjLTjTpoTToXt;.  Dio  Chrys.  11  p.  148  R.:  av  oe  xo  p.sv  xyj;  |jt,rjxpo7r6Xeo);  u{j.iv  ovo(J.a 
i^rtiptTov  -q,  x6  0£  xöJv  Ttpüaxeiiov  y.oiVÖv  ^,  xi  xaxa  xoOxo  sXoixxoOo^e ; 

3)  II  p.  69  R.  :  xoiYOtpoüv  (j-eyisxov  ^^ouliCw  Tcpo;  to/'jv  rcoXew;  x6  xcuv  Bixdiv, 
VvOci  zavxe?  saKO'jBazaotv  UTisp  oySevo?  oüxoj "  |j.dxeoxi  hk  auxoO  xoü;  TipcuxaK;  r.6- 
Xeotv  Iv  (ji.ep£i  Trap'   exo;. 

4)  Aristides  I  p.  771  Dind.  :  cpepe  otj  y.al  xa?  zoXei?  lirsXOu)  xai;  nepi  xoD 
Tiptoxeiou  vOv  d[xiXXo)(J.£Voi?.  In  der  Rede  bezeichnet  er  als  die  streitenden  Per- 
gamum ,  Smyrna'und  Ephesus ,  Avelche  letztere  Stadt  er  p.  775  nennt  apt»}[xü) 
xpixiqv,  o'j  xa^ei.  Philostratus  V.  S.  8  in  Opp.  ed.  Kayser  p.  231,  24:  -r^ptC^v  q 
S[J.6pva  UTtsp  xiov  M7.töv  7,at  xä)V  in'  auxoT;  oty.ai(ov..  Der  Streit  wird  vor  dem 
Kaiser  Antoninus  geführt.  Kai  aTrfjX&ev  Y)  2!(j.6pva  xd  Tipioxsta  vtxdxja.  Vgl.  He- 
rodian.  3,  2 :  dpyaiov  xoOxo  rcd&o;  'EXXrrvtov,  oi  Tcpö?  dXXif]Xo'j?  cxaaidCovxe?  dei, 
'/ai  xoui;  uTiEpeyeiv  ooxoüvxa?  xa^ottpeiv  tfeXovxei,   sxpuycooav  xirjv  TiXXdöa. 

5)  Die  Stellen  des  Dio  Chr.  s.  oben  S.  186  Anm.  9.  Auch  Aristides  prüft 
die  Ansprüche  der  Städte  nur  nach  der  Grösse  und  Schönheit  derselben  (I  p.  791), 
das  Object  des  Streites  sind  nach  ihm  nur  ai  d7r(uvu|j.iai  (p.  790),  al  xö}^  6vo- 
{xdxojv  £'JcpTjij.iai  (p.  791),  auch  nach  Dio  Cass.  52,  37:  i^Ttojvufxirxi  xtve;  xevat. 
So  nennen  sich  die  Smyrnaeer  auf  Münzen    Trpcuxou?  'Aoia;  -/.dXXei   v.al  i).e-(i%ei. 

6)  Magnesia  ist  eßoofXY]  xf^;  'Aoia;.  Eckhel  2,  527.  Aspendus  in  Cilicien 
xpiXT]  xö)^  IxeT.    Philostratus  v.  Apoll.  1,  15. 

7)  Diese  Ansicht  von  Mazzolenus  und  Eckhel  4,  288,  welche  sich  stützt  auf 
Dio  Chrys.  II  p.  148  R.  :  ei  {j,r|  xt  vüJv  §oxeix£  auxo'j?  UTCsp  x-^?  7rpo7ro(X7reta? 
xaXw?  dYüavtCeoOat,  xa^drcep  £v  [Aucxr^pttp  xivt  TiaiCovxa?  uirep  dXXoxpio'j  7rpdY[J-axo;, 
wird  bestätigt  durch  die  von  ihnen  nicht  benutzte  Verordnung  des  Valentinian 
und  Valens  in  den  Acten  des  Concils  von  Chalcedon  (451)  bei  Haenel  Corpus 
legum  anteiust,  p.  220 :  xat  et?  t6  eifj;  a-jxov  (den  Bithyniarches)  oxe'Wvxe?  dv  x-^ 
'jfj.£xepa  TToXei  Ttpois^ai  i&£C(7ri<3a[j.£V  •  5ia[x£V£X(o  xoivuv  £1?  x6  ofr]V£/cei  Y]  ouvTj^Eia 
auxY],  xai  T]  TToXi?  Ofxwv  (Nicaea)  (jir^xpoTioXt?  eaxco ,  xfj;  ouvTj{}£i7.?  zf^^  im  'zf^ 
TTpooSq)  xou  BiOu^^idpyoo  BiafASVoüSTj;. 


—     189     ■— 

asiatischen  Städte  erhalten  hatten  ^),  unter  welchen  Ala])anda2j, 
Aphrodisias"^)  ,  Apollonis  "•)  ,  Astypalaea ♦'') ,  Caunos^^)  ,  Chios')^ 
Cnidus^),  Cos 9),  Cyzicus^^^),  Iliumii),  Magnesia  am  Sipylusi^)^ 
Mytiiene^^j^  Mylasa**),  Phocaeai^),  Samosiß),  Stratonicea  ^^j,  Ter- 
mera^^)  undTeos^^)  bekannt  sind.  Indessen  ist  weder  dies  Ver- 
zeichniss  vollständig,  noch  lässt  sich  ein  solches  überhaupt  auf- 
stellen ,  da  die  Freiheit  diesen  Städten  unter  unerheblichen 
Verwänden  wieder  theilweise  entzogen  wurde.  Römische  Colon ien  Kolonien. 
gab  es  in  Asien  nur  wenige,  nämlich  Alexandria  Troas^o)  und 
Parium  ^i) .  Auch  Tralles  war  nach  seiner  Zerstörung  durch  ein 
Erdbeben    unter   Augustus    grossentheils    von    Römern    colonisirt 

1)  Dio  Cass.  37,  20  (von  Pompeius):  xa  T£  rXeito  Iftvif)  twv  Iv  t:q  'Aola 
Tig  '/jTTeipqj  TOTE  auToT?  fjVTUJV  v6[i.oi?  T£  ih'ioii  %al  TroXiTeiai?  '^taTeor/joaxo  xai 
0i£-/03ij.'/]0£v,  ojaxe  xat  oejpo  auxou;  xot;  br:  IxeiNO'j  vo[xio&eTat  yp^aDat.  loseph. 
Ant.  16,  2,  4  lässt  den  Nicolaus  Damascenus  von  ganz  loiiien  sagen:  ei  ^ap  i'/.'ko'({- 
oaivxo  rfjV  rdXat  ßaatXetav  y.al  xtjV  vüv  dpyj^v  ,  tcoXXöjv  ovxojv  ,  ooa  Ttoo;  euoai- 
fAovtav  auToT?  iTT^otozev,  ext  xaxd  Trdvxtuv  dpv.ei  x6  {j.yjx£xi  oo'jXou;  dXXd  iXeu- 
^^po'j;  oaiveo^ai. 

2)  Plin.   A'.  Ä.  0  S  109.    Liv.  43,  ü.    Eckhel  2,  571. 

3)  Plin.  N.  H.  b  ^  109.  Die  Stadt  erhielt  durch  Antonius  in  den  Jahren 
39—35  iXe»j»eptav  v.al  dxIXeiav,   C.  I.  Gr.  n.  2737.  2845. 

4)  Cic.  v'T'  Flacco2'd,  71,  vgl.  §74. 

5)  Plin.  N.  H.  4  §  71. 
G)  Plin.  N.  H.  6  %  104. 

7)  Plin.  N.  H.  ö  %  136.   C.  I.  Gr.  2222. 

8)  Plin.  ;V.  H.  5  §  104. 

9)  Seit  Claudius  immunis,  Tac,   Ann.   12,   61. 

lOj  Strabo  12  p.  576.  Es  verlor  die  Freiheit  im  J.  20  v.  Chr.  (Dio  Cass. 
54,  7.  Zonaras  10,  34),  erhielt  sie  wieder  15  v.  Chr.  Dio  Cass.  54,  23,  verlor 
sie  aufs  Neue  24  n.  Chr.   Dio  Cass.  57,  24.   Suet.  T/6.  37.  Tac.  Ann.  4,  36. 

11)  Strabo  13  p.  595.  Snet.  Claud.  25.  Tac.  Ann.  12,  58.  Callistratns  /)<(/. 
27,  1,  17  S  1.  r:.  7.  Gr.  3610. 

12)  Appian.  Mithr.  61.  Strabo  13  p.  621.  Tac.  Ann.  3,  62.  Liv.  ep.  81. 
(\  I.  Gr.   Vol.  II  p.  581a. 

13)  Plin.  N.  H.  5  §  139.  Vellei.  2,  18.  Plut.  Pomp.  42,  vgl.  Dio  Chrys.  II 
p.  621.  622  R. 

14)  Plin.   ;V.  //.  5  %  108.  G.  1.  Gr.  2695»». 

15)  Dio  Cass.  41,  25.    Lucan.  Phars.  5,  53. 

16)  Plin.  N,  H.  5  %  135.   Dio  Cass.  54,  9. 

17)  Plin.  N.  H.  5  %  109. 

18)  Plin.  N.  11.  5  S  107. 

19)  "AouXo;  X7l  dc^opoXö^r^To;,   (  .  J.  (.r.  3045. 

20)  Angelegt  von  Augustus.  Plin.  N.  H.  5  %  124.  Paulus  Di\f.  50,  lö,  8 
und  nn'hr  bei  Znmpt  Gonmi.  epiyr.  I,  378,  Ein  demrio  rolonine  und  ein  duumvir 
Waddington  n.  1734.   1740«^.  C  I.  L.  III  n.  392. 

21)  Plin.  ;V.  //.  4  S  48;  5  S  141.  Orelll  n.  512.  Zumpf  a.  a.  O.  LoUmia 
lulia  Pariantj  in  der  Inschr.   Wadrlington  n.  1731,  colonia  n.  1746.  1747. 


—     190     — 

worden  ^)  und   nahm    seit   dieser  Zeit   den  Namen  Caesarea   oder 
Caesarea  Tralles  an  2). 
Diocietia-  Am   Ende   des   dritten   Jahrhunderts   wurde,    walirscheinlich 

Mische  Thei-  rv        i      •  t       rk 

lung.  von  Diocletian,  die  Provinz  Asien  in  sieben  kleine  Provinzen  zer- 
legt, die  im  Jahre  297  bereits  bestanden^)  und  sich  in  den  fol- 
genden Jahrhunderten  erhielten.  Es  sind  dies  1.  Asia  procon- 
stdariSj  damals  ein  schmaler  Küstenstrich  von  Assus  bis  zum 
Maeander  mit  der  Hst.  Ephesus'^),  2.  Hellespontus  mit  der  Hst. 
Cyzicus  unter  einem  consularis -') ,  3.  Lydia  mit  der  Hst,  Sardes 
unter  einem  co7isiilaris^),  4.  Phrygia  prima  oder  Phrygia  Paca- 
tiana  mit  der  Hst.  Laodicea,  der  westliche  Theil  Phrygiens  bis 
herauf  nach  Ancyra  Phrygiae  und  Aezani,  unter  einem  praeses'^], 
5.  Phrygia  secunda  oder  salutariSj  der  nordöstliche  Theil  Phry- 
giens mit  der  Hst.  Eukarpia  und  den  Städten  Dorylaeum,  Syn- 
nada  und  Metropolis^)  —  der  dritte  Conventus  Phrygiens,  Apamea, 
gehörte  in  dieser  Zeit  zu  Pisidien  — ,  6.  Caria  mit  der  Hst.  Aphro- 
insuiariim  disias '^j ,  7.  Insularum  pi'ovincia^^),  iTza^yia  vrjawv  ^^)  oder  vr^acov 
7tuxXa6o>v  ^2),  welche  53  Inseln  umfasste  ^^),  und  zu  der  nach  Hiero- 

.1)  Agathias  Rist.  2,  17  nennt  die  Stadt  dTiotxta.  Dann  sagt  er:  vuv  ouv 
0^  i'ABisri  doxot  DeXocoYoi  [j.ev  o'jy.^Tt  av  ot7.ai(o;  xXYji^eTev,  'Pwfxatot  5e  (xaXXov. 
Die  iv  TpaXXeoi  vcaTotxoyvxe;  'PojfxaToi  werden  erwähnt  C.  I.  Gr.  2927.  Sie 
haben  einen  eigenen  curator,    C.  I.  Gr.  2930. 

2)  Eckhel  3,  125.   C.  /.  Gr.  2929.    Waddington  zu  n.  600». 

3)  Mommsen  Verz.  d.  R.  Provinzen  von  297.  Abh.  d.  Berl.  Acad.  1862 
S.  506.    Waddington  Fastes  I  p.  25. 

4)  Yj  repi  "Ecpsoov  'Aaia,  Eunap.  I  p.  32  Boiss.  Derselbe  I  p.  60:  dvi%7raTov 
auTÖv  dTCtOT'/]Oa;  Tqc.  ^uv  foiw?  'Aoiac  raXoDfAev^C  AÖtyj  hs  dvio  IlepYafxo'j  tö 
äXiT£V£?  ETrsyouaa  irpö;  ttjV  UTrepxetfxev'^v  -J^Tretpov  d'ypt  Kcpta?  aTiotetj-vsTat,  xai 
6  T[jLÜ)Xo;  auT'^;  TisptYpacpei  xo  upö;  Auoiav.  Hierocles  p.  658  ff.  Ueber  den  Um- 
fang dieser  und  der  iilarigen  asiatischen  Provinzen  s.  Bingham  Orig.  eccles.  III 
p.  481  ff. 

5)  Hierocles  p.  661. 

6)  Hierocles  p.  669. 

7)  Phrygia  prima  heisst  die  Provinz  im  veroneser  Verzeichniss  bei  Silvius, 
Pacatiana  in  der  Notitia  Dign.  und  bei  Hierocles  p.  664  f. 

8)  Phrygia  secunda  im  veroneser  Ver/.eichniss ,  später  immer  salutaris.  In 
der  Notitia  hat  sie  einen  praeses  (^Not.  D.  Or.  I  p.  7),  bei  Hierocles  p.  676  einen 
consularis. 

9)  Unter  Diocletian  hat  Caria  einen  praeses,  C.  I.  L.  III  n.  449.  So  auch 
einen  '/jyejjkov  unter  Constantius  II,  C.  I.  Gr.  2744.  2745.  Noch  in  der  Notitia 
ist  die  Provinz  präsidialisch ,  bei  Hierocles  p.  687  consularisch.  Ueber  die  Me- 
tropolis Aphrodisias  s.  Boeckh  zu  C.  I.  Gr.  2712.  2746. 

10)  Ueber  diese  vgl.  Kuhn  II  S,  202.  277.    Merckens  a.  a.  0.  p.  11  ff. 

11)  Hierocles  p.  685.  686. 

12)  'ETiicpavto'j  lxi%5t;  bei  Constant.  Porphyr,  de  caerim.  I  p.  793,  3;  797, 
12  Bonn. 

13)  Descriptio   totius  orbis  ed.  Gothofr.   1628   p.  43,    auch   in  Müller  Geogr. 


—     191     — 

des  namentlich  die  Städte  Rhodus,  Cos,  Samos,  Chios,  Mytilene, 
Melhymna,  Tenedos,  Poroselene,  Andres,  Tenos,  Naxos,  Faros, 
Siphnos,  Melos,  los,  Thera,  Aniorgos.  Astypalaea  gerechnet  wur- 
(len  ^) .  Wenn  Sextus  Rufus  die  Einrichtung  dieser  Provinz,  deren 
Metropolis  Rhodus  war 2),  dem  Vespasian  zuschieibt-^),  so  ist  dies 
in  sofern  richtig,  als  Rhodus  den  unsicheren  Besitz  seinet  Frei- 
heit, welche  ihm  von  Claudius  genommen,  aber  auf  Neros  Ver- 
wendung wiedergegeben  war"^),  unter  Vespasian  eingebUsst  zu 
haben  scheint^).  Es  wird  aber,  wie  die  übrigen  Inseln,  der 
Provinz  Asien  einverleibt  worden  sein  ;  denn  einer  eigenen  pro- 
rincia  insularum  geschieht  zuerst  unter  Diocletian  <^)  und  später 
öfters  Ei-wähnung  ^) . 

XXIX.    Bithynia  und  Pontus^). 
Das  eieentliche  Bithvnien,   d.  h.  das  Küstenland  vom  Rhyn-  Bithynien 

^  J  J  J  Provinz  74. 

dacus  bis  zur  Mündung  des  Sangarius^)  kam  nach  dem  Aus- 
sterben der  bithynischen  Könige  ^^j  durch  das  Testament  des  letz- 

min.  II  p.  528  B.  :  inde  quae  sie  vocantur  Cycladas  insulas  numero  quinquaginta 
tres,  quae  omnes  suum  iudicem  habent. 

1)  Hierocles  p.  686  nennt  ausserdem  Uhü.oi,  welcher  Name  corrumpirt  ist. 

2)  Wesseling  ad  Hierocl.  p.  481  Bonn.   Constantinus  Porph.  a.  a.  O. 

3)  Sex.  Rufus  br.  10:  et  sub  Vespnsiano  principe  Insularum  provincia 
facta  est. 

4)  l)io  Cass.  60,  24.  Tac.  Ann.  12,  08,  Auf  das  Verdienst  des  Nero  um  die 
Insel  bezieht  man  das  Epigramm  Anthol.  Pal.  II,  60.  S.  Jacobs  ad  Anth.  6V.  II, 
2  p.  f)!,  vgl.  Suet.  Ner.  7.  Ueber  das  frühere  Verhältniss  zwischen  Rhodus  und 
lionj  s.  Schneiderwirth  Gesch.  der  Insel  Rhodus,   Heiligenstadt  1868.  8  S.  123  ff. 

öj  Suet.  Vesp.  8 :  Lyciam,  Ithodwn,  Byzantium,  Samum  —  in  proxnnciarum 
formavi  redeyit,  was  wiederholt  wird  von  Eutrop.  7,  19.  Euseb.  chron.  p.  163  Seal. 
In  dem  'Pooiaxo;  des  Dio  Chrysostomus ,  der  am  Anfang  der  Regierung  des 
Vespasian  gehalten  zu  sein  scheint,  wird  die  Insel  als  frei  geschildert.  Vol.  II 
p.  621.  625  R. 

6)  Ein  praesea  prov.  insul.  unter  Piodetian  in  einer  Inschr.  v.  Mytilene 
Orelli  1059,  besser  C.  I.  L.  III  n.  450.  Derselbe  scheint  erwähnt  zu  werden  in 
'l»r  Inschr.  von  Cos,  C.  I.  L.  III  n.  460.  Eine  Verordnung^an  den  praeaes  insM- 
ttirum  aus  dem  Jahre  293  s.  Cod.  lust.  3,  22,  5. 

7)  S.  «othofr.  ad  Cod.   Theod.  13,  5,  32.    Boecking  ad  N.  1).  Or.  p.  145. 

8)  l  eher  diese  Provinz  handeln  A.  Ctn.  O.  Schoenemann  De  liilhynia  et  Ponto 
TT-'incia  liomana,  Ooettingac  1855,  4,  F,  W,  A,  Faber  Qnaeslionum  Propontia- 
•  ■wnii  j)iirl.  prior,  II<;rfor(lae  IBöH,  4.  Neue  Inschriften  von  Bithynien  8.  bei 
Mwi.iLuiann  in   Sitzungsbcr,  der  bayer,   Acad.  1863  I  S.  205—241. 

9)  Strabo  12  p.  513.  Heraclea  gehörte  nebst  dem  Küstenlande  Paphlago- 
nien«  seit  Mithridates  Knpator  zum  Königreiche  Püiitus  und  so  blieb  es  anch 
unter  den  Kömern.  Strabo  12  p.  541:  xaTotXu^^fvTtuv  H  täv  ßaatXiwv  i^puXa^av 
ot  'PojjAaloi  Toy;  aoroy;  2pO'>;,  &otc  t?,v  'Hpd-xXceav  rpoo-KeToOa».  xu)  riövnjj,  tä 
h'  irixciva  BtO'jvou  rpoayajpciv. 

10)  S.  über  diese  Clinton  Fatti  Heil.  111  p.  410-420. 


—     192     — 

len  derselben,  Nicomedes  III,  im  J.  680  =  74  v.  Chr.  an  die 
Pontus  65.  Römer  ^).  Zu  diesem  wurde  im  .T.  65  2)^  noch  vor  dem  Tode 
des  Mithridales  ^)  der  westliche  Theil  des  pontischen  Reiches, 
d.  h.  der  Küstenstrich  Paphlagoniens  von  Heraclea  bis  zum  Ilalys"*) 
hinzugefügt,  welchen  Pompeius  in  1 1  Stadtgebiete  theilte^).  Die 
Oslgrenze  der  Provinz  hat  sich  indessen  im  Laufe  der  Zeit  mehr- 
fach geändert.  Namentlich  scheint  die  Stadt  Amisus,  östlich  vom 
Halys,  schon  im  Jahr  73  zu  Bithynien  gehört  zu  haben  ^j,  viel- 
leicht nur  als  ein  militärisch  wichtiger  Punct ,  gleich  darauf  aber 
im  dritten  mithridatischen  Kriege  wieder  verloren  zu  sein.    Denn 

1)  Appian.  B.C.  1,  111:  toü  o'  Ittiovtoc  Itou?  (680  =  74),  exxTj;  i^oo\i.r^- 
xoaTYJ?  '/cal  exaTOSTYj?  öXufxTTiaoo?  o'js'^c ,  56o  \).k.v  iv.  owft-^xuiv  si}vyj  ^PojfAaiot? 
Tz^oiC'^i'f^tzo ,  Bii^uvta  Te  Nixo(jlt)5oo?  aTroXmovxo?  %at  Kupr^v^  FlToXefiaio'j  toü 
AaYiSo'j  ßaoiXeo); ,  8;  i7riy.X'r]Civ  r^v 'Auituv.  Appiau.  li.  Mithr.  7,71.  Liv.  ep.  93: 
Nicomedes  Bithyniae  rex  populum  Romanum  fecit  heredem ,  regnumque  eins  in 
provinciae  formam  redactum  est.  Vellei.  2,  4,  1,  Eutrop.  6,  6:  L.  Licinio  Lucullo 
et  M.  Aurelio  Cotta  coss.  (74  v.  Chr.)  mortuus  est  Nicomedes  rex  Bithyniae  et 
testamento  populum  Romanum  fecit  heredem.  S.  Rufus  hrev.  11.  Arrian  bei 
Photius  Cod.  93  Vol.  I  p.  73  Bekk.  Wenn  Mommsen  R.  G.  III*,  51 ,  Hen/.en 
n.  5354,  Zumpt  Comm.  ep.  II,  191  gegen  die  Zeugnisse  des  Appian  und  Eutrop 
die  Provinz  im  J.  75  entstehen  lassen ,  so  folgen  sie  hierin  der  Ansicht  von 
Borghesi  Oeuvres  3,  173,  welche,  wie  Waddington  in  Le  Bas  et  Waddington 
Voyage  archeologique.  Explication  des  inscriptions  Vol.  III  p,  121  ff.  nachweist, 
auf  einem  Irrthume  beruht.  Nicomedes  III  starb  erst  im  Anfang  74 ;  eine  Te- 
tradrachme desselben,  geschlagen  in  Nicomedia  (Mionnet  Supplem.  V  p.  274),  hat 
die  Jahrzahl  223,  d.  h.  da  die  bithynische  Aera  mit  297  v.  Chr.  beginnt,  74, 
während  eine  grosse  Anzahl  Münzen  von  Nicaea,  Nicomedia,  Prusa  ad  Olympum 
und  Bithynium  mit  der  Jahrzahl  224(73)  von  dem  propraetor  Bithyniens,  C.  Pa- 
pirius  Garbo,  geschlagen  sind.  Vom  Mai  75  bis  zum  Mai  74  war  propraetor  Asiae 
nicht  Silanus ,  der  vielmehr  Mai  76  bis  Mai  75  zu  setzen  ist  (Plin.  N.  H.  2 
§  100;  35  §131),  sondern  luncus  (so  ist  zu  lesen  Plut.  Caes.  2.  Vell.  II, 
42.  Gellius  5,  13,  6.  S.  Nipperdey  Philologus  VI,  377),  welchen  Cäsar  damals, 
als  er  die  Piraten,  die  ihn  gefangen  hatten,  kreuzigen  lassen  wollte  (Suet.  lul.  4), 
in  Bithynien  bei  der  Organisation  der  neuen  Provinz  beschäftigt  fand  (Vell. 
2,  42).  Das  cognomen  luncus  kommt  vor  in  der  gens  Aemilia  und  Claudia 
(Borghesi  Oeuor.  3,  63  ff.  Waddington  a.  a.  0.  p.  123)  und  in  der  athenischen 
Inschr.  Ephem.  Archaeol.  n.  363  :  TpiTroXiTöiv  ttj;  Ooivixy]?  —  ot  ap/ovxe;  xat  -^ 
ßauX-?)  xai  6  Zfi\xoi  Al|JiiXiov  'Iouy'^^o''  TrpeofJeDT-i^v  SeßaoToO  xat  dvTiOTpcxxrjov  xöv 
dauxöjv  TToXeixTQv  y..  x.  X. 

•  2)  Plutarch.  Pomp.  38.  Liv,  ep.  102:  Cn.  Pompeius  in  provinciae  formam 
Pontum  redegit.  Pharnaces  ßius  Mithridatis  bellum  patri  intulit.  Vgl.  Drumann 
IV,  450  A.  93. 

3)  Er  starb  erst  63.    Appian.  Mithr.  112.    Dio  Cass.  37,  12, 

4)  Diesen  giebt  Strabo  12  p,  544. als  Ostgrenze  an:  xoti  p-sypt  oeüpo  xoT? 
'PüDfxatot;  -ti  TTOVXtvcY]  iizapyia  dcpwptaxai. 

5)  Strabo  12  p.  541 :  y.fx\  orj  IIopLTrrjioi;  xaxaX'joac  ^xetvov  Iv  xouxot?  xoii; 
8pot?  ouoav  xYjV  youpav  xauxYjv  TrapsXaße  •  xd  fxev  Tcpo;  'Ap{Ji£viav  ■/.oti  xd  -ept  T■h^^ 
KoXyiSa  xoTs  0'JvaYa>via7.|X£Voi?  Suvdoxat?  xaxevetfxe,  xd  Se  XoiTid  eU  £v6£7.a  TcoXt- 
xeia;  öietXe  xotl  xt]  Biftuvia  7Z^Joai%r^'AZ^,   wax'  i^  dfAcpoiv  szapyictv  '(e^dQ^on  ptav. 

6)  Auf  ihren  Münzen  kommt  bereits  C.   Papirius  Carbo  vor   (Eckhel  D.  N. 
■     2j  347.  Mionnet  2  p.  344),  welcher  73  propraetor  Bithyniae  war. 


—     193     — 

im  Winter  73—72  belagerte  ^l  und  im  folgenden  Jahre  eroberte 
sie  Lucullus2);  ob  sie  65  zur  Provinz  gezogen  wurde,  ist  unbe- 
kannt; im  J.  47  wurde  sie  von  Pharnaces  erobert ^j,  dann  von 
Cäsar  frei  gemacht  4);  später  wieder  von  Tyrannen  regiert  ^j  und 
erst  im  J.  33  v.  Chr.  durch  Antonius  mit  Bithynien  vereinigt^), 
dessen  östlichste  Stadt  sie  seitdem  ist.  Unter  Traian  lassen  sich 
von  den  11  Städten  der  pontischen  Landschaft  wenigstens  6  mit 
Sicherheit  nachweisen:  Heraclea,  Tium'),  Amastris^),  Abonotei- 
chos»),  (lonopolis)  10)  ^  Sinope  ii)  und  Amisus^^)^  aber  schon  unter 
^ntoninus  Plus  war  die  Grenze  wieder  anders  regulirt,  so  dass 
Bithynia  Pontus  nur  noch  bis  Amastris  und  den  dazu  gehörigen 
Komeni3)  Cromna  und  Cytorus  ging  i*),  Abonoteichos,  Sinope  und 
Amisus  dagegen  zu  Galatien  gehörte  ^^) . 

Die  Provinz  hat  von  Anfang  an  einen  propraetor '^^) ,  seit  27  Verwaitnng. 
v.  Chr.  einen  prätorischen  proconsul'^"'),  und  führt  seit  65  v.  Chr. 
den  Namen  Bithynia  et  Pontus  ^^]  oder  Bithynia  Pontus  ^^) .    Bei  der 
Theilung  der  Provinzen  im  J.  27  v.  Chr.  blieb  sie  Senatsprovinz  20) 

1)  Appian.  Mithr.  78.  Plutarch.  Luc.  14.  15.  33. 

2)  Appian.   Mithr.  82.  83.  Plut.  Luc.  19.  Memnon  bei  Photins  p.  235»  Bekk. 

3)  Dio  Cass.  42,  45.  46. 

4)  Dio  Cass.  42,  48. 

5)  Strabo  12  p.  547. 

6)  Strabo  a.  a.  0.  sagt  zwar :  ek'  iXvj^t^m^  TraXiv  fAera  xd  'Ax-taxd  UTtö 
Kabopo;  toü  XeßaoToO,  aber  die  Aera  der  Stadt  von  721  =  33  (Erkhel  7>.  N. 
2,  349)  beweist,  dass  dies  schon  vor  der  Schlacht  geschah. 

7)  Plin.  ep.  ad  Tr.  75  (79). 

8)  Plin.  ep.  ad  Tr.  98  (99).  99  (100). 

9)  Ptolem.  5,  4  <$  2.    Mionnet  Suppl.  4  p.  550. 

10)  lieber  die  Entstehung  dieses  Namens  berichtet  Lucian  Pneudnmant.  58. 

11)  Plin,  ep.  ad  Tr.  90(91).  91  (92). 

12)  Plin.  a.  a.  0.  92(93).  93(94).  110(111). 

13)  Kuhn  II,  261. 

14)  Ptolem.  5,   1  j;  7. 

15)  Ptolem.  5,  4  S  2.  3. 

16)  Appian.  Mithr.  121:  fl'JvTou  oe  xat  BiH'Jvia;  TtlfATtCTOti  rtc  dnb  rfj;  [louXfj; 
atpaTTj^ö;  drfjOioi;,  So  heisst  z.  H.  P.  SIlius  Nerva,  Statthalter  51  v.  Chr.  in  den 
l'eberschrilten  der  Briefe  Cic.  ad  fam.   IIJ,  61.  62.  63.  64.  65  propraetor. 

17)  Dio  Cass,  53,  13.  Daher  bei  Tac.  Ann.  1,  74:  (iranium  Marrellum^ 
praetorem  Jiithyniae  und  16,  18:  proronMul  Bithynine.  Atjf  den  Münzen  von  Bi- 
thynien erscheinen  die  Propritoren  der  Republik  ohne  Titel  mit  blossem  Namen 
(Schoemann  p.  4  n.  2  irrt),   von  27  v.  Chr.  an  njit  dem  Titel  dtvBuTTaTo;. 

18)  Orelll  n.  77  u.  ö. 

19)  r-,  /.  (ir.  1720  u.  ö. 

20)  Diu  Caw.  53,   12. 

K«)tn.  Alt«rt1i.  IV»rv>   '  13 


Plinius  in 
Bithynien. 


194     — 

und  ihr  proconsul^)  sowie  dessen  Legat 2)  und  Quaestor^)  wird 
öfters  erwähnt.  Die  Verwaltung  scheint  indess  in  Folge  des 
jährlichen  Wechsels  der  Proconsuln  inconsequent  *)  und  mangel- 
haft gewesen  zu  sein ;  denn  sie  machte  wiederholentlich  das  Ein- 
greifen des  Kaisers  nöthig.  Zuerst  besuchte  Augustus  im  J.  20 
V.  Chr.  Bithynien  und  traf  verschiedene  Anordnungen  ^j ;  sodann 
sendete  Traian  den  jüngeren  Plinius  als  kaiserlichen  ausserordent- 
lichen Commissar  mit  dem  Titel  legatus  pro  praetore  provinctae 
Ponti  et  Bühyniae  consulari  potestate  in  die  Provinz  ^j,  wo  der- 
selbe wahrscheinlich  vom  17.  September  111  bis  Ende  Januar 
113    verweilte'),    und    nach   ihm    findet  sich   unter  Traian,    wir 


1)  Ein  Verzeichniss  der  Proconsuln  wird  Waddington  geben;  vorläufig  s.  Eckhel 
D.  N.  2,  400—403.    Schoemann  p.  10  ff. 

2)  C.  I.  Gr.  n.  3548  wird  C.  Antius  A.  Julius  Quadratus  Cos.  suff.  93, 
COS.  ord.  105  n.  Chr.  TtpeaßeuT-?];  xai  dvTtcTpdxTjYOC  [IIövto'j]  y.al  Bei^uvia;  ge- 
nannt, d.  h.  legatus  pro  praetore;  n.  3532  heisst  er  TrpeoßeuT-^i;  IIovToy  xal  Bi^uvia;, 
n.  4238<1  Trpeoße-JTY];  dvxiaxpd-YJYOi  Hovrou  %a\  B£ii}uvia;.  In  der  Arvaleninschrift 
Marini  Atti  n.  LVllI  ist  Julius  Marinas  legatus  pro  pr.  provinciae  Ponti  et  Bi- 
thyniae  proconsulatu  patris  sui ,  bei  Grut.  471,  1,  2  P.  Statius  Paullus  leg.  pro 
pr.  Ponti  et  Bithyniae ;  vgl.  das  Fragment  einer  Inschr.  Marini  Iscr.  Alb.  p.  53: 
leg.  provinc.  Ponti  et  Bithyniae.  Auch  bei  Plin.  ep.  ad  Tr.  31  (40):  iussu  pro- 
consulum  legatorumve  ist  der  legatus  des  Proconsul  zu  verstehn. 

3)  Aus  der  Zeit  der  Republik  sind  bekannt  die  Quästoren  P.  Oppius  im 
J.  74,  Dio  36,  23,  und  Crassipes  im  J.  51,  Cic.  ad  fam.  13,  9;  aus  der  Kai- 
serzeit :  Caepio  Crispinus  14  n.  Chr.,  Tac.  Ann.  1,  74;  M.  Opsius  Navius  Annia- 
nus,  C.  I.  Gr.  n.  5793;  lulius  Bassus ,  Plin.  ep.  4,  9,  6;  S.  Tadius,  Orelli  3658; 
C.  Dillius  Vocula,  Henzen  5426;  S.  Qulnctilius  Valerius  Maximus,  Henzen  5970; 
L.  Burbuleius,  Henzen  6484. 

4)  Plin.  ep.  ad  Tr.  31  (40).  32  (41).  56  (64).  57  (65). 

51  Dio  Cass.  54,  7  :  xal  i^  t'?jv  'Aoiav  —  -/ofxiodeU  rAsxa  xd  xe  i/^X  xai  xd  dv 
X7j  Biwvtijc  hiixa^es.  Plinius  erwähnt  zwei  seiner  Edicte ,  das  eine  über  das  in 
den  Städten  zur  Führung  eines  Amtes  nöthige  Alter  (ep.  ad  Tr.  79.  80),  das 
andre  über  Intestaterbschaften,   ep.  ad  Tr.  84. 

6)  In  der  oft  edirten  Inschrift  auf  Plinius,  Orelli  1172  =  Henzen  p.  124 
heisst  es  nach  der  neuesten  Restitution  derselben  von  Mommsen  im  Hermes  3, 
112:  C.  Plinius,  L.  f.  Ouf.  Caecilius  [Secundus.  co«.]  Augur,  Legat,  propr.  pro- 
vinciae Pon[ti  et  Bithyniae'],  consulari  potesta[te]  in  eam  provinciam  e[x  s.  c.  ab] 
imp.  Caesar.  Nerva  Traiano  Aug.  German[ico  Dacico  missus]  u.  s.  w.  und  Traian 
schreibt  an  Plinius  ep.  32  (41) :  meminerimus  idcirco  te  in  istam  provinciam  mis- 
sum,  quoniam  multa  in  ea  emendanda  apparuerunt.  ep.  117(118):  ego  ideo  pru- 
dentiam  tuam  elegi,  ut  formandis  istius  provinciae  moribus  ipse  moderareris  et  ea 
constitueres ,  quae  ad  perpetuam  eius  provinciae  quietem  essent  profutura.  ep.  18 
(29) :  provinciales,  credo,  prospectum  sibi  a  me  intelligent,  nam  et  tu  dabis  operam, 
ut  manifestum  sit  Ulis,   electum  te  esse,   qui  ad  eos  mei  loco  mittereris. 

7)  Des  Plinius  Verwaltung  dauerte,  wie  man  aus  seinen  Briefen  sieht,  etwa 
18  Monate.  Er  kam  in  der  Provinz  an  am  17.  September  (ep.  ad  Tr.  17*  (28), 
feierte  am  3.  Januar  des  folgenden  Jahres  die  vota  für  den  Kaiser  (ep.  ad  Tr. 
35  (44),  beging  dieselbe  Feier  nochmals  im  nächstfolgenden  Jahre  (ep.  ad  Tr. 
100  (101)  und  auch  die  Feier  des  Regierungsantrittes  Traians  den  27.  Januar, 
zweimal  (ep.  ad  Tr.  52  (60),  102  (103).  Die  Bestimmung  der  Jahre  indess  Ist 
eine  vielbehandelte  Streitfrage.   Tilleraont  (II,  295.  913),   Masson  v.  Plinii  p.  129 


—     195     — 

wissen  nicht,  ob  als  sein  unmittelbarer  Nachfolger,  noch  ein 
legatus  pro  praetore  divi  Traiani  provinciae  Ponti  et  Bithyniae  in 
der  Person  des  C.  lulius  Cornutus  Tertullus^).  Endlich  tiber- 
trug Hadrian,  nachdem,  wie  es  scheint,  die  Provinz  inzwischen 
dem  Senat  zurückgegeben  war,  nochmals  die  Reorganisation  der- 
selben dem  Ti.  lulius  Severus,  welcher  nicht,  wie  früher  aus 
dem  ungeschickt  gemachten  Excerpt  des  Dio  Cassius  geschlossen 
wurde  2),  identisch*  ist  mit  dem  berühmten  General  des  Hadrian, 
Sex.  lulius  Severus 3),  sondern,  wie  wir  aus  zwei  Inschriften 
von   Ancyra   erfahren  ^j,    zuerst   die   leg.    IV  Scythica   in   Syrien 

— 155,  Marini  Atti  II,  757 ,  Clinton  Fasti  Rom.  setzen  die  Legation  des  Plinius 
von  September  103  bis  Januar  105,  Norisius  Cenot.  Pis.  diss.  II  c.  11  Vol.  111 
p.  329  ins  Jahr  110,  Mazochi  Calend.  Nap.  II,  376  zwischen  107—111;  Borghesi, 
der  diese  Frage  mehrfach  behandelt  hat  {Oeuvres  2,  213;  4,  118;  Bull.  1846, 
173),  entscheidet  sich  zuletzt  Oeuvres  8,  324  ff.  für  die  Jahre  109.  110.  Zu- 
letzt hat  Mommsen  Hermes  3,  55  für  die  Entscheidung  der  Frage  einen  neuen 
Anhalt  dadurch  gewonnen  ,  dass  Calpurnius  Macer ,  welcher  gleichzeitig  mit  Pli- 
nius eine  Bithynien  benachbarte  Provinz  verwaltete  (ep.  ad  Tr.  42  (51),  61  (69), 
62(70),  77(81)  sich  durch  die  Inschriit  C.  1.  L.  III,  777  als  legatus  Aug.  pr. 
pr.   Moesiae  inferioris  in  dem  Jahr  112 — 113  nachweisen  lässt. 

1)  Orelli  3659  =  Mommsen  Hermes  3,  114.  Dass  derselbe  nach  Plinius 
Bithynien  verwaltet  hat,  ist  nicht  zu  bezweifeln.    Borghesi   Oeuvr.  4,  117. 

2)  Dio  Cass.  69,  13 :  ir^ci  o  r]  re  'lo'jSaia  räoa  ixexivTQxo  (132  n.  Chr.) 

'z6re  59)  tote  tou;  y.paxiOTOu;  töjv  oxprf.Tfiföiv  b  ASpiavo;  cti^  aüxo'j;  £7:e(j.'i»ev, 
<&-/  rptüTo;  'Io'jXio;  ^eoo^po;  UTiTJpyev,  azö  Bpsravia;  i^;  ^pyev  ^7:1  tou?  'lo'jootlou; 
axaXei;.  c.  14:  xov  0£  ^eou-^pov  d;  Bt-^'Wia^i  l-ea'i'ev,  öttXojv  jj,£v  ou^sv,  apyovxo; 
0^  y,at  dnoxaxo'j  -Art),  or/.ctiou  -Aal  cppovi|i.o'j  %al  7.|i(o|i.7.  eyovxo;  0£0{j.avr|V  '  a  zavxa 
^v  i-AÜsuy  rv.  Kai  6  |j.£v  rjir^'cx^e  xnX  Oio)v.Tjae  %al  xa  ?oia  xat  xa  xoivdi  aOxwv 
oStoj;,  3)'3^  -^lAa;  %ai  £;  osOpo  dti  auxoü  (j.vTj[AOve'j£iv,  rn  0£  S-^j  Po'jXtj  xal  x(u 
•-^X-fjp«f)  Yj  na|A'-fuXi7.  avxl  -f^i  BiH'jvCa;  £o6}>tj.  Dass  der  c.  14  erwähnte  Verwalter 
Bithyniens  niclit  identisch  ist  mit  dem  c.  13  genannten  General,  lehrt  nicht  nur 
die  verschiedene  Charakteristik  beider  Personen,  sondern  auch  der  Umstand,  dass 
ein  gewesener  Legat  von  Syrien  nicht  hinterher  Bithynien  als  Provinz  erhalten 
konnte,  und  hat  dies  bereits  Zumpt  Comm.  epigr.  II  p.  10 — 17  gegen  Borghesi 
Oeuvr.  4,  165  ff.  zur  Evidenz  gebracht.  Neuerdings  handelt  über  die  beiden  Se- 
vere W.  H.  Waddington  Memoire  aur  In  Chronologie  de  la  vie  du  rhHeur  Aeliuif 
Ariitide,  Paris  1867.  4  (Aus  den  MSm.  de  Oacad.  XXVI,  1).  Vgl.  denselben  In 
Borghesi  Oeuvr.  5,  413  not.  1. 

If)  Aus  der  von  Mommsen  gefundenen  dalmatinischen  Inschr.  C.  I.  h.  III 
n.  2830,  welche  den  ganzen  curnus  honorum  dieses  (Jenerals  enthält,  geht  her- 
vor, dass  derselbe  nach  seinem  Consulat  (127  n.  Chr.  Borghesi  Oeuvr.  5,  6V). 
509.  Digest.  40,  5,  28,  4)  legatus  pr.  pr.  provinciae  Moesiae  inferioris ,  leg.  pr. 
pr.  provinciae  Hriitanniae  ^  leg.  pr.  pr.  provinciae  ludeae,  leg.  pr.  pr.  provinciae 
Syriae  war,   während  IMthynien  in  der  Inschrift  nicht  erwähnt  wird. 

4)  In  den  beiden  Inschriften  von  Ancyra  ((\  J.  dr.  n.  4033.  4034)  helsst  es 

gleichlautend :   Ti.  Xeojf^pov rpcaßcüootvxa  dv  'Aol^  i^  ^ttiotoX-TJ;  xoti  xtu5t- 

xlXXoiv  OeoO  'A^ptivoO,  i^jYejxiJva  XejuTjvo;  5  ^^xyOixfJ;  xotl  oioixf-aotvxa  xa  h 
2'jp(ct  rpa-yjxaxa,'  Yjv(xa  lloyßXlxio;  .VidipxeXXo;  5ta  xV^v  xi'^Tjoiv  xl^v  louSaix'^v 
a6X7^ei3/,x£t  irJi  2i'jp(a;,  dvHOraxov  'A/ata;,  7:p6;  e  [»dißSo'j;  rtix^ft^vxa  eic  Bct- 
Wnav  ?>tüpttuir?,v  xal  XoYto'V  '■''^^  ^*'*'^  'AopiavoO,  firop/ov  aipotptoj  toO  Kp«ivoy, 
(JrotTOv,    Er  war  aUo    I)  auHserttrilcnUlcher  kainerllcher  I.cgat  von   Adiuin.  2)  leg. 


—     19G     — 

etwa  132  commandirte,  dann  proconsul  Achaiae  war,  und  in  den 
Jahren  135 — 137  mit  dem  Range  eines  legutus  Augusti,  aber  mit 
dem  Titel  Siop&wn^?  xat  Xo^iatTJ;,  d.  h.  corrector  et  curator,  die 
Angelegenheiten  Bithyniens  ordnete.  Seit  dieser  Zeit  blieb  Bithy- 
nien  kaiserlich  und  wurde  dafür  Pamphylien  dem  Senate  über- 
lassen 1)  ;  indessen  scheint  auch  diese  Anordnung  nicht  ohne 
Unterbrechung  bestanden  zu  haben,  da  neben  den  kaiserlichen 
Legaten  der  folgenden  Zeit  2)  noch  einmal  untef  Caracalla  mehrere 
proconsules  provinciae  Ponti  et  Bithyniae  genannt  werden  ^j. 

Militär  stand  in  Bithynien  nur  in  sehr  geringer  Anzahl,  so 
dass  die  Gefangnisse  von  servi  publici  bewacht  werden  mussten  ^) . 
Doch  hatte  Plinius  mehrere  Gehörten  zu  seiner  Disposition  ^j,  deren 
Hauptstation  Nicomedia  war^),  und  für  welche  wohl  auch  die  Ge- 
treideeinkäufe  gemacht   wurden,    die   Plinius   einmal   erwähnt"). 

leg.  IV  Scyth.  und  als  solcher  Vertreter  des  abwesenden  Statthalters  in  Syrien 
(zwischen  132—135),  3)  proconsul  Achaiae,  4)  upö;  tt^vts  pcxßöoix;  TrejACf^eU  ek 
Biö'uviav.  Denn  dass  diese  Worte  zu  verbinden  sind,  was  Franz  nicht  erkannte, 
geht  hervor  aus  der  von  Mommsen  Bull.  1852  p.  172,  Berichte  der  sächs.  Ge- 
sellsch.  der  Wiss.  1852  Philol.  Hist.  Classe  S.  127,  aus  Dio  Cass.  53,  13  entwickel- 
ten Regel,  dass  die  legati  Augusti  fünf,  die  prätorischen  Proconsuln  sechs,  die 
Proconsuln  von  Asia  und  Africa  zwölf  Lictoren  haben ,  und  ist  bereits  von 
Borghesi  Oeuvr.  5,  411  und  Waddington  p.  20  anerkannt  worden.  Letzterer 
setzt  die  Legation  des  Severus  in  die  Jahre  134 — 136  oder  135 — 137.  Das 
Jahr  137  nahm  schon  Zumpt  Comm.  ep,  II  p.  14  an. 

1)  Dio  Cass.  69,   14. 

2j  Unter  Commodus  war  [Didius  Sev]eru3  lulianus  leg.  Aug.  [pr.  pr.  P]onti 
et  Bithyniae,  Reinesius  Cl.  VI  n.  42.  Vgl.  Spartian.  v.  Didii  luliani  2;  unter 
Septimius  Severus  L.  Fabius  Cilo  leg.  Aug.  pr.  pr.  provinc.  Pann(oniae^  et  Moe- 
siae  sup.,  Bithyn(iae)  et  Ponti,  Grut.  407,  1.  2=Marini  Iscr.  Alb.  p.  50.  51  und 
M.  Claudius  Demetrius ,  6  Xafxrpoxaxo?  UTraxixoc  TTpeoßeuTTj;  xai  ävTioxpaxYjYo; 
xOJv  ]Seßaoxd)V,  C.  I.  Gr.  3771.  3773.  L.  Albinius  Saturninus  —  leg.  Aug.  pr. 
pr.  Ponti  et  Bith.  (Murat.  p.  365,  1)  ist  nach  Muratori's  Vermuthung  identisch 
mit  dem  Consul  264;  endlich  war  im  J.  269  in  Bithynien  Velleius  Macrinus, 
6  Xa[j.7i:p6xaxo<;  U7raxt%65  Trpeoß.  xal  dvxtoxpdx'/jYOS  xoü  Seßaoxoü,  C.  /.  Gr.  3747. 
3748. 

3)  So  L.  Coelius  Festus  Orelli  77  =  Borghesi  Oeuvr.  4,  129  und  daselbst 
Reniers  Note.  In  dieselbe  Zeit  ist  eine  zweite  Inschrift  zu  setzen ,  in  welcher 
ein  proconsul  Ponti  et  Bithyniae  ohne  Namen  vorkommt.  Perrot  De  Galatia  pr.  Rom. 
p.  134  =  Texier  Descript.  de  l'Asie  mineure  l  p.  189.  Endlich  gehört  ebendahin 
M.  Clodius  Puppienus  Maximus ,  der  238  Kaiser  wurde  und  vor  dieser  Zeit  pro- 
consulatum  Bithyniae  egit.  (Capitolin.   Max.  et  Balb.  5.) 

4)  Plin.  ad  Tr.  20  (21). 

5)  Plin.  ad  Tr.  21  (32),  vgl.  52  (60).  106,  wo  ein  P.  Accius  Aquila,  centurio 
cohortis  VI  equestris  genannt  wird.  Auch  erwähnt  Plin.  ep.  29.  30  einen  Offleier 
(etwa  einen  trib.  mil.')  Sempronius  Caelianus,  welcher  Truppen  aushebt,  und  der 
praefectus  orae  Ponticae,  Gavius  Bassus  (ep.  21.  22.  86)  wird  ebenfalls  als  ein 
Militär  zu  betrachten  sein. 

6)  Plin.  ad  Tr.  74  (16). 

7)  Plin.  ad  Tr.  27.  28.  Der  in  einer  Inschr.  von  Cius  (Waddington  III 
n.  1159)  vorkommende  Genialis,   Caesaris  Aug.  servos  verna  dispens(ator  ad)  fru- 


—      197     — 

Bedeutend  war  dagegen  das  Personal  von  Finanzbeamten.  Schon 
in  der  Zeit  dei*  Republik  gab  es  eine  societas  Bühynica  publica- 
norum  und  namentlich  waren  die  pascica  an  publicani  verpachtet  i) , 
so  wie  auch  die  früheren  königlichen  Güter,  welche  ager  piibii- 
cns  geworden  waren  2).  Diese  letzteren  sind  bei  der  Theilung 
der  Provinzen  im  J.  27  v.  Chr.  wahrscheinlich  in  den  Besitz 
des  Kaisers  übergegangen  und  von  einem  Procurator  verwaltet 
worden,  der  schon  unter  den  Proconsuln  fungirte^).  In  der  Zeit 
der  kaiserlichen  Verwaltung  giebt  es  in  Bithynien  gleichzeitig 
mehrere  Procur^toren ^j ,  nämlich  ausser  dem  pi'ocurator  Ponti  et 
Bithyniae,  der  an  die  Stelle  des  Quaestors  trat^),  besondere 
procurntores  für  das  Privatvermögen  des  Kaisers  ^j,  die  vigesimu 
htreditalum'')  ^  die  vigesima  libertatis^)  und  für  die  Grenzzölle 
von  Vj'i  Procent  [quadragesma] '^) . 

Die  beiden  Theile  der  Provinz,    obgleich  unter   einem  Statt-  Doppelter 
halter  vereinigt,  behielten  doch  auch    in  der  Administration    eine 
gewisse  Selbständigkeit.   Bithynien  hat  zur  Metropolis  Nicomedia  ^^)y 

mentum  bestätigt  diese  Vermuthuiig.  Denn  dispensntor  ist  beim  Militär  ein  Zahl- 
meister,  Renier  Melanges  p.  177. 

1)  Cic.  ad  fam.   13,  9  und  65. 

2)  Cic.  de  lege  agr.  2,  19,  50:  adiungit  agroa  Bithyniae  regio»,  quibus  nunc 
publicani  fruuvtur ,  deinde  Attalicos  agros  in  Cherroneso.  §  51  :  adiungit  regios 
agroa  Mithridatis,   qiä  in  Papidagonia  —  fuerunt. 

3)  So  war  proc.  Bithyniae  unter  Claudius  lunius  Cilo  vier  Jahre  lang,  46 
— 49  (Pio  Cass.  60,  33.  Tac.  Ann.  12,  21,  der  ihn  proc.  Ponti  nennt),  unter 
Nero  C.  Julius  Aquila  im  J.  58  (  C  /.  Gr.  3743),  unter  Vespasian  L.  Antonius 
Naso  (Eckhel  D.  N.  2,  404.  Mionnet  2,  408),  unter  Doniitian  Terentius  Maxi- 
mus fPlin.  ad  Tr.   58  (66). 

4j  Plinius  hatte  ihrer  wenigstens  drei :  Virdius  Gemellinus  {ep.  ad  Tr.  27.  28), 
Epimachus  (ep.  84)  und  Maximus,  der  ein  subprocurator  des  Gemellinus  gewe- 
sen zu  sein  scheint,    ep.  28  (37). 

5)  (\  I.  Gr.  II  p.  983  n.  1813b.  Es  ist  wohl  derselbe,  der  in  der  späteren 
Kaiserzeit  oo'jxrjvapto;  tou  leßaoxoD  IIovxou  xat  Beiftuvia;  heisst,  C.  I.  Gr.  2509. 

6)  Henzon  5530:  C.  Furio  Sabinio  Aquilae  l'ernesitheo  —  —  proc.  prov. 
Bithyniae  Ponti  Paphlagon.  tarn  patrimonii  quam  rat.  privatar.  ibi  vice  proc.  .\X.\X. 
Er  ist  der  Schwiegervater  des  (iordian,  praef.  praet.  a.  241.  Capitolin.  Gord.  tres 
*23,  6,  wo  statt  Mifithei  zu  lesen  ist  Timenithei.  S.  Eckhel  />.  N.  7,  319.  Borghesi 
Oeuvr.  3,  484  und  das.  Henier. 

7)  Henzen  6940 :  Q.  Cosconiu  —  proc.  Augg.  ad  vectig.  XX  her.  per  Pontum 
et  Bithyniam. 

8)  (init.  402,  4  =  r.  /.  /.  Ill  „.  249:  Marianus  Aug.  n.  Hb  pr  T\  lib. 
Bithyniae  Ponti  Paflag. 

9)  Henzen  5530. 

10)  Metropolis  hoisst  die  Stadt  schon  unter  Caligula,  Mionnet  ^*?.  V,  170  n.  983;  " 

als  Hauptstadt  der  ganzen  Provinz  nennt  sie  sich  seit  Doniitian  ixTjTpÖTroXi;  %a\ 
i:pt/>T7)  Bt»yv(a;  xai  Il/moj.  Eckhel  I).  N.  2,  399.  Miounct  S.  V,  174  f.,  vgl. 
(\  J.  Gr.  1720.  3771  aus  Septimius  Severus  Zeit,  wo  sie  heisst:  -fj  jacyIott]  xal 
fATjTpÖTroXi;  xai  rpc/nr^  BetBuvla;  re  xal  Hövrou  'AJptavV;  XcouT)piav9j  M;  vc(ox<Jpo; 


biete. 


—      198     — 

die  o/a  Pontica  dagegen  Ainastris^j.  In  Nicomedia,  wo  schon 
bei  Lebzeiten  des  Augustus  ein  Tempel  des  Kaisers  war  2),  wird 
das  xotvov  Biibvia;-^),  in  Amastris  das  xoivov  tou  IIovtou^)  be- 
gangen; durch  das  Grundgesetz,  worin  Pompeius  die  Verwaltung 
^Jadt^e-  j]e,.  Provinz  regelle,  die  lex  Pompeia^),  war  dieselbe  in  eine  be- 
stimmte Anzahl  von  Stadtgebieten  (Sioixrjasi?) '^)  getheilt,  nämlich 
der  Pontus,  wie  bereits  oben  bemerkt  ist,  in  elf,  das  eigentliche 
Bithynien  etwa  in  zwölf)  und  zwar  waren  dies,  nach  den  Mün- 
zen zu  urtheilen,  Nicomedia,  Nicaea,  Cius  oder  Prusias  am  Meer, 
Apamea  (früher  Myrlea),  Tius,  Prusias  am  llyplus,  Chalcedon, 
Bithynium  oder  Claudiopoiis,  Cratia-Flaviopolis,  Gordu-Kome  oder 
luliopolis  und  vielleicht  Dascylium.  Die  übrigen  Ortschaften  der 
Provinz  sind  als  Komen   [vici]  zu  betrachten,  welche  der  Gerichts- 

Nety.o[jLY)0£ia  lepd  7.al  aouXo?,  cpiArj ,  TttoxYj  xal  oufxjjiayo;  avou^e  xio  OYj[xtj)  t(^j 
'P(»|xai(uv.  Sie  stritt  anfänglich  um  diesen  Rang  mit  Nicaea,  welches  bei  Strabo 
12  p.  565  ebenfalls  [xr^TporoXi;  tyj?  Bid'jvta«;  und  auf  Münzen  seit  Domitian 
NeiTcateii;  Ttpöjtot  ttj;  i-apysia;,  NeixateT;  Tipönot  üovToa  xal  Bt&.  genannt  wird 
(Eckher2,  427.  Mionnet  2, '451 ;  S.  5,  85  ff.),  und  weitläufig  handelt  über  diese 
Rivalität  Dio  Chrys.  Or.  38.  So  besonders  Vol.  II  p.  140—144.  148:  av  oe  xo  [x£v 
xfj?  {xr^xpo-oXetui  utj.iv  ovofxa  £?atpexov  r],  x6  oe  xwv  Trpojxeiojv  7.otv6v  r^,  xi  xaxa 
xoüxo  dXaxxoüo&e ;  1^(6^  (xev  ^^p  xoX[j.Tjaai[xt  av  eiTreiv ,  oxt  xav  töcvxwv  d%oxYJx£ 
T(üv  övo[xax(ov,  ouoevo;  dciaxoca^e  Tz^d-^^aioc,.  In  späterer  Zeit  gewann  Nicomedia 
immer  mehr  an  Bedeutung  [s.  die  Schilderung  der  Stadt  bei  Libanius  Or.  62 
Vol.  III  p.  337  R.  Ammian.  22,  9,  3),  wogegen  Nicaea  den  Titel  (AYjxpoTcoXic 
auf  Münzen  nicht  führt  und  auch  den  Titel  TrpwxY]  nach  Domitian  wieder  auf- 
giebt.  Dass  es  den  Titel  [xr^xpoTToXi?  zu  usurpiren  versuchte,  aber  ohne  Erfolg, 
zeigt  die  Inschrift  eines  Thores  von  Nicaea  (Texier  Descr.  de  VAsie  mineure  I 
p.  30):  Tuyjj  TioXeoji  •  Nsuata  [XTjxpoTioXK;,  in  welcher  die  Buchstaben  fA-rjxpo  aus- 
getilgt sind.  Wirklich  wurde  die  Stadt  erst  nach  der  Einrichtung  der  Provinz 
Bithynia  secunda  Metropolis. 

1)  Wenigstens  seit  Traian,  Eckhel  2,  386.  Mionnet  2,  391.  C.  I.  Gr.  4149. 
Ausserdem  hat  auch  Heraclea  den  Titel  (ji-/^xp67ioXt<; ,  indess  in  einem  andern 
Sirme,  wie  die  Münzen  lehren  mit  'HpaxXewxäv  {j.axp6;  a7roiv.(ov  ttoXkuv.  Eckhel 
2,  418.    Mionnet  2,  440.  443  S.  V,  56  ff. 

2)  Dio  Cass.  51,  20.  ^ 

3)  XOIVOV  x"^;  Bet&uvia;  ev  Ntxo[x-r)Oeia,  C.  1.  Gr.  1720.  Auf  dieses  xoivöv 
beziehen  sich  der  Bi&'jviapyir);  (Waddington  III  n.  1142),  die  Btduvtapyia,  Digest. 
27,  1,  6  §  14  und  der  xotvoßotjXo?  d.  h.  der  von  jeder  am  xoivov  theilnehmen- 
den  Stadt  zur  Festversammlung  Delegirte  (Waddington  III  n.  1176),  von  welchen 
Titeln  weiter  unten  die  Rede  sein  wird. 

4)  Auf  dies  xotvov  hat  Bezug  der  apyiepsuc  xoü  flovxoj  in  der  Inschr.  v. 
Amastris,   C.  1.  Gr.  4149  und  der  üovxapyY);,  ib.  4157. 

5)  Plin.  ad  Trat.  79.  80.  112.  114.  Die  lex  Bithynorum  erwähnt  auch  Gaius 
1,   193. 

6)  Das  Wort  oioixTjoi;  kommt  in  verschiedenen  Bedeutungen  vor.  S.  Seite 
183  Anra.  7.  Verwaltung  eines  Stadtbezirks,  zu  welchem  ausser  der  Stadt  selbst 
Komen  (uici)  gehören,  heisst  es  bei  Dio  Chrys.  II  p.  205.  208  R.  Libanius  I 
p.  102  R.  :  ßo'jXai  xat  oioixTjoeic  rroXetuv. 

7)  Plin.  N.  H.  5  §  143  giebt  diese  Zahl  au  und  rechnet  zu  diesen  Städten 
Dascylium,  von  dem  es  Münzen  nicht  giebt. 


—      199     —  l 

barkeii   und    Verwaltung    einer   der   genannten    Gemeinen    enge-  l 

hörten;   im  Laufe  der  Kaiserzeit  hat   sich    indessen   die  Zahl    der  1 

Städte  vermehrt,    indem  theils  Komen  zu   selbständigen  Diöcesen  ■ 
erhoben   wurden,    wie    dies   mit   Prusa    am  Olymp   unter   Traian 

geschehen   zu    sein    scheint  i),    theils    einige   Städte   der   Provinz  ? 
Asien  zu  Bithynien  gezogen  wurden  2). 

Besonders  privilegirte  Städte  giebt  es  in  der  ganzen  Provinz  Freie  stadte, 

sehr    wenige:     nämlich     zwei     Uberae    civüates,    Chalcedon    und  ^ 
Amisus^),   und  drei  Colonien,  Apamea'*),   mit  vollständigem  Namen   coionicn.  J 

Colonia   lulia   Concordia   Augusta    Apamea^),    eine   Colonie   nicht  ] 

des   Augustus^),    sondern    des   Caesar '),    Sinope^)    oder   Colonia  j 

lulia  Caesarea  Felix  Sinope,    ebenfalls   von  Cäsar   gegründet  709  | 

=  45,    von   welcher  Aera    die  Stadt   ihre  Jahre    zählt  ^),  und   im  \ 

vierten  Jahrhundert  auch  Nicomedia '^j.  s 

In  der  Mitte   dieses  Jahrhunderts    bestand   noch    die   combi-  Theiiungei»! 

nirtc  Provinz  11).    Theodosius  der  Gr.  (379 — 395)   scheint  sie  dann  1 

aber  getheilt  zu  haben  i^)^  denn  nach  ihm  finden  wir  sie  getrennt  -\ 

in  die  Provinzen  Bithynia   unter  einem  Consularis   und  Honorias  t 

unter  einem  praeses^^);  die  erste  umfasst  nach  Hierocles  p.  690,  ' 


1)  Dio  Chrys.  II  p.  175  li.    Faber  Quaest.  Propont.  p.  7.  | 

2)  Ich  verweise  hierüber  auf  die  vollständige  Untersuchung  bei  Kuhn  II,  i 
258  ff.                                                                    _  J 

3)  Die  erste  erwähnt  nur  Plinius  N.  H.  b  ^  149,  auf  Münzen  und  Inschrif-  ^ 
ten  wird  ihrer  libertas  nie  gedacht ;  Amisus  dagegen  heisst  nicht  nur  bei  Plinius  | 
N.  H.  GS?  Amiaum  liberum^  sondern  auch  auf  den  Münzen  dXeuOepa  (Eckhel  \ 
2,  347.  348.  Mionnet  2,  344.  S.  4,  438  ff.).  Plinius  ad  Tr.  92  nennt  sie  Ami-  j 
aenorum  civitas  libera  et  foederata  und  Traian  ep.  93  erkennt  ihre  Autonomie  i 
ausdrücklich  an  :  Amisenos  —  «i  legibus  istorum,  quibus  de  officio  foederis  utun-  i 
tur,  concessum  est  eranum  habere,  possumus  quo  minus  habeant  non  impedire  — .  j 
in  ceteris  civitatibus ,  quae  nostro  iure  obstrictae  sunt ,  res  huiusmodi  prohibenda  1 
est.  Erhalten  hatten  die  Amisener  die  Freiheit  von  Augustus.   8trabo  12,  547.  1 

4)  Plin.  N.  H.  b  %  149.  Strabo  12  p.  564.  Plin.  ep.  ad  Tr.  47  (56J.  Ul-  ] 
pian.  Dig.  50,  15  1  §  10.    Dio  Chrys.  II  p.  183  R.  i 

5)  Eckhel  2,  40ü.  Mionnet.  2,  412.  8.  5,  10.  ('.  /.  L.  III  n.  335.  Numis-  i 
matic  Chronicle  VIII  p.  40.  ] 

6)  Im  Monum.  Anc.  erwähnt  Atjgustus  unter  den  Provinzen,  in  welchen  er  1 
Colonien  anlegte,  Bithynien  nicht.    Vgl.  Mommsen  R.  g.  d.  A.  p.  83.  \ 

7)  Faber  Qtuiest.  Prop.  p.  5.  Die  Colonie  ,  welche  Heraclea  erhalten  hatte,  i, 
wurde  noch  vor  der  Schlacht  bei  Actium  vernichtet  (Strabo  12  p.  543)  und  nicht  ] 
wieder  hergestellt.  i 

8)  Strabo  12  p.  546.  Plin.  N.  H.  ^  %  6.  Ulpiau.  Dig.  ÖO,  16,  1  S  10.  l 
C.  I.  (Jr.  4164.  1 

9)  Eckhel  2,  391  ff.  i 

10)  Orelli  n.  1060.  j 

11)  Ein  ronsuUiris  Ponti  et  Bithyniae  um  340  kommt  vor  Henzon  ii.  6480.  i 

12)  Bocrking  ad  Not.   Dig.    Or.  p.  129.    Kuhn  II,  262. 

13)  N.  D.  Or.  p.  6.  7  und  dazu  Böoking  p.  132.  146.  j 


-      200      — 

der  sie  Pontica  prima  nennt,  das  eigentliche  Bithynien  mit  Hin- 
zufügung einiger  früher  zur  Provinz  Asien  gehöriger  Städte'), 
die  letzte  enthält  nur  sechs  Städte:  lleraclca,  Tiuni,  Claudio- 
polis,  Prusias,  Kratia  und  Adrianopolis ;  die  weiter  östlich  liegen- 
den, Abonoteichos,  Sinope  und  Amisus  waren,  wie  oben  erwähnt 
ist,  schon  unter  Antoninus  Pius  zu  Galatien  gezogen  worden, 
und  auch  Amastris  gehört  bei  ilierocles  p.  690  zur  Provinz 
Paphlagonien. 

XXX.  Qalatia2)  mit  dem  Pontus  Polemoniacus, 

Amyntas,  der  letzte  König  Galatiens,  welchem  im  J.  36  von 
Antonius  Galatien  nebst  verschiedenen  angrenzenden  Ländern  ver- 
liehen^), im  J.  31   aber  dieser  Besitz  von  Octavian  bestätigt  wor- 
Provinz2o.  den  War'*),  hatte  bei  seinem  Tode  im  J.  25  v.  Chr.  einen  grossen 
Ländercomplex  unter   sich,    welcher  mit  Ausnahme   des   rauhen 
Ciliciens^)   und  Pamphyliens^),    über  welche  Landschaften  weiter 
unten   die  Rede   sein   wird,    in   demselben   Jahre   zur   römischen 
theTÄ^r    P'^ovinz    gemacht    wurde  ^).      Die    zur   Provinz   gehörigen   Land- 
seiben.     schaftcu,   welchc  in  einer  Inschrift  des   ersten  Jahrhunderts   auf- 
Gaiatia.    gezählt    Werden 8),    waren    folgende:     1.    Die    drei    Stämme    der 

1)  S.  Kuhn  II,  262. 

2)  S.  G.  Perrot  De  Galatia  provincia  Romana,  Lutet.  Paris.  1867.  8,  welche 
Abhandlung  wesentlich  benutzt  ist  in  Fr.  Sieflfert  Galatien  und  seine  ersten  Chri- 
stengemeinden ,  in  Zeitschr.  für  die  historische  Theologie  1871  S,  257  —  292. 
Ueber  die  frühere  Geschichte  der  Galater  ist  noch  brauchbar  Wernsdorf  De  re- 
publica  Galatarum,  Nürnberg  1743.  4.  Ausserdem  s.  Kuhn  II  p.  148  flf.  255  flf. 
Zumpt  Comrn.  ep.  II  p.  93  ff.  und  einige  neue  Inschriften  bei  Le  Bas  et  Wad- 
dington Voyaye  archeoloyique.  Explicaüon  des  inscriptions  III  p.  425  ff.  Perrot 
Exploration  archeoloyique  de  la  Galatie  et  de  la  Bithynie,  Paris,  2  Voll.  fol.  1872. 
Mommsen  C.  1.  L.  III  n.  235  tf.  Nicht  gesehn  habe  ich  C.  H.  Hermes  Rerum 
Galaticarum  specimen,  Vratisl.  1822.  8. 

3)  Dio  Cass.  49,  32. 

4)  Dio  Cass.  51,  2. 

5)  Strabo  12  p.  671. 

6)  Dio  Cass.  53,  26.  ^ 

7)  Dio  Cass.  53,  26  :  xoD  o'  'A|x6vto'j  xeXe'jx-qaavTo;  ou  toi?  Ttatoiv  aiitoD 
TTjv  apyTjv  liretpetj^ev,  aXX'  ii  tyjv  uiiifjxoov  eafjYaife '  xai  oÖtu>  Y]  FaXaria  [xexdc 
T*^;  Auxaovias  roopLaio^  apyovxa  £oye.  Strabo  12  p.  567.  569.  571.  S.  Rufus 
brev.  11.     Eutrop.  7,  10.  Eu'seb.  Chron.  p.  168  Seal. 

8)  Inschr.  von  Antiochia  Pisidiae  (Henzen  6912,  vgl.  dazu  p.  521=  Wad- 
dington Voy.  III  p.  432  n.  1816  =  C.  /.  L.  III  n.  291):  [L.  Bellicio]  P.  [f.] 
Stelllatino]  So\ller]ti,  fetiali,  ley.  Auy.  pro  pr.  provinc.  Gal{atiae~]  Pisidi{ae) 
PhryyQae]  Lyd(aoniae')  Isaur(iae)  Paphlay(oniae}  Ponti  [G]ala(tici)  Ponti  Polemo- 
nian[i)  A[r'\m(^eniae),  ley^ato)  leg(ionis')  .Y///[ö]e(mmae),  donat[o]  don[is]  milita- 
rib[us]  expediti^ione)  Sueb[i\c[a\  et  Sarm[atica]  cor(ona)  mw^ali)  cor^ona)  vall^ari) 
cor(ona)    aur(ea)    ha8t[i8\     pur[ia\    trib(^us) ,    vexiil(i8^    trib(;us) ,    curat(ori)    colo- 


—      201      — 

Galaler*;,    welche    ilaQials   den   Beinamen    ^cßaaxY^vol   annahmen, 
mit  drei  Hauptstädten,   nämlich  die  ^sßaaTy^voi  TsxioaaYS?  mit  der 
Hauptstadt  Ancyra^),    die  ^£ßaarr|Voi  ToXtatofiaj-j'ioi    mit   der  Hst. 
Pessinus^),  die  ^spaatr^vol  Tpox|i,oi  mit  der  Hst.  Tavium^),   welclie 
letztere   die  Aera   der  Provinz    vom  Jahr  25-^)   hat;    2.  Pisidia^),     Pisidia. 
3.  Der  östliche  Theil  von  Phrygia  mit  den    Städten  Antiochia   ad    Phrygia. 
Pisidiam^j,    Amorium  ^J  ^    Aezani^),    Orcistus  i^) ;    4.    Lycaonia^^j;   Lvcaonia. 
5.  Isauriai2).    Hiezu  kamen  später  noch:   6.  Das  Binnenland  von    isamia. 
Paphlagonien  um  den  Berg  Olgassys,  welches  Pompeius  im  J.  65   P*rhiago- 
V.  Chr.  der  Familie  des  Pylaemenes  überlassen  hatte  i^)^  Augustus 
aber   im  Jahre  747  =  7  zur  Provinz    machte,  d.  h.  mit  Galatien 
vereinigte  i^) .     Das  Jahr  geht    hervor    aus    der  Aera    der  Städte 
Gangra  (Germanicopolis),  Andrapa   (Neoclaudiopolis)  ^^)   und  Pom- 
peiopolis  16) ,   welches  sich  fxr^TpoTroXi;  OacpXaYovia?  nennt  i^).  7.  Der 

ni\a]r(um)  et  municipior(um) ,  prae^fecto)  frum(enti)  dand[i]  ex  s^enatus)  c(on- 
sulto),  praetori,  aedili  curul(i),  q{uaestori)  [C]ret(ae^  et  C(yrenarum) ,  trib(uno^ 
ley{ionis)  XX JI  Primil^yjeniae ,  Illviro  a.  a.  a.  f.  f.  Thiasus  lib(ertus).  Ueber 
die  Zeitbestimmung  der  Inschr.   s.  unten. 

1)  Wernsdorf  c.  II  §  25  —  27. 

2)  C.  I.  Gr.  n.  4010.  4011:  tj  fxrjTpoTcoAic  x-^i  FaXotTiac  ^e^aoT-fj  Tex-ooaYtov 

3)  C.  /.  Gr.  4085. 

4)  Mionnet  IV  p.  402  n.  171.  Suppl.  VII  p.  651.  653. 

5)  Eckhel  D.  N.  III  p.  182;  IV  p.  377.  C.  I.  Gr.  n.  4099.  4112.  Cavedoni 
Hüll.  1845  p.  94. 

6)  Pisidien  gehörte  zum  Reiche  des  Amyntas  (Appian.  JB.  C.  5,  75)  und 
'IIr  pisidischen  Städte  Sagalassos  (TipcoTrj  Hioiocov  auf  Münzen,  vgl.  C.  I.  Gr. 
1368)  und  Selge  standen  unter  dem  »Statthalter  von  Galatien.  Strabo  12  p. 
.H9.   571. 

7)  Auch  diese  Landschaft  bcsass  Amyntas,    Strabo  12  p.  569.  In  Antiochia 
I  Pisidiam  ist  die  Inschrift  des  Legaten  L.  Beilicius  Sollers  gefunden  worden. 

8)  Hier  stand  eine  vexillatio  leg.  XU  fulm.,  welche  zur  Garnison  von  Gala- 
tien gehörte,   C.  I.  L.  III  n.  353. 

9)  Mommsen  C.  I.  L.  III  n.  355. 

10)  Mommsen  C.  /.  L.  III  p.  67». 

11)  Dio  Cass.  53,  26.     Vgl.   die   Inschr.  von  Iconiun» ,    in    welcher   ein  itzi- 
rporoc  raXaxtXTJ;  ^Trapyia;  vorkommt,   C.  1.  Gr.  3991. 

12)  Isauria    besass  Amyntas  (Strabo  12  p.  569)   und    noch    Ptolemaeus  5,  4 
S  12  rechnet  es  zu  Galatien. 

13)  Strabo    12   p.  541  :    (Aerot^'j    oe   tojv    riacfiXaY«ivtov    twv    fxtooYatcDv   rivac 

/aiXcyeaBat  7:ap£oujy.e  toi;  drö  IluXaijxivou;  • uoTcpov  o'  ol  tAv  'PiofAatojv 

,'.(j,ove;   oD.hj'ji  xott   a).Xo'j;    droiTjOavxo    (j.epigfj,fjü; ,    [irt.'sO.iai   xe    xrn   h'j^daroii 
/Jhoxdvxe;  xai  7:«5).ei;  xd;  (xev  d/.e'jftef^oüvxei;  xd;  oe  i^/tipiCovtti  xoi;  ouvdoxai;, 

'/;  0    uno  x«|»  OTjfjL«|)  x(|>  'Pa)(Aal(ov  etövxe;. 

14)  Dies  ist  ersichtlich  aus  Honzcn  6912  und  Ptolemaoutf  5,   1  S  «''•   6. 

15)  Eckhel  D.  S.  II  p.  345.  346.  387. 

16)  r.  /.  Gr.    4151.    IJorghesi  Oeuvres  5,  430. 

17)  Eckhel  I).  S.  II  p.  389.    Mionnet  II  p.  379.  *\  IV  p.  5Ü9.     Au*l.  lom- 
lopolis  hat  eine  Aera,  die  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ebeiifalU  7  v.  Chr.  be- 
ginnt. (;.  /.  Or.  4154.    Borghesl  Oeuvr.  5,  429. 


moniacus. 


—     202     — 

pontuhGa-  Poolus  GalaUcus,  XU  dem  an  der  Seeküsle  die  Städle  Themi- 
scyra  und  Phanagoria,  im  Binnenlande  die  Gebiete  von  Amasia 
und  Comana  gehören  i).  ^Er  wurde,  wie  die  Aera  von  Amasia 
zeigt '^),  ebenfalls  747  =  7  zur  Provinz  gemacht  und  noch  anj  Ende 
des  ersten  Jahrhunderts  zu  Galatien  gerechnet  =^) .    8.  Der  Pontus 

Poutus-poio-poieu^oniacus^)  oder  Polemonianus^l.  Diese  Landschaft,  welche 
an  der  Küste  vom  Thermodon  bis  zur  Stadt  Cyleorum  reicht, 
und  ausser  der  Seestadt  Polemonium  (Side)  das  Binnenland  von 
Zela,  Neocaesarea  und  Sebasteia  (Megalopolisj  umfasst^^),  war  ein 
Theil  des  Königreiches,  welches  Antonius  um  718  =  36  dem 
Polemo  I,  Sohn  des  Zeno,  verlieh  ^j,  und  welchem  damals  auch 
Armenia  minor  ^)  und  das  Küstenland  um  Trapezus'-^)  (von  Ptole- 
maeus  Pontus  Cappadocicus  genannt)  ^^j ,  zugehörig  war.  Als 
Polemo  I  746  oder  747  =  8/7  v.  Chr.  starb,  folgte  ihm  seine  Frau 
Pythodoris  11)  bis  wenigstens  772  =  19  n.  Chr.,  und  ihre  Nach- 
kommen regierten  noch  bis  816  =  63  i^)^  in  welchem  Jahre  Nero 
das  Land  zu  einer  Provinz  machte  i^)^  die  zunächst  einen  Theil 
von  Galatien  bildete  i'^). 


1)  Ptolem.  5,  6  §  3.  9. 

2)  Eckhel  D.  N.  II  p.  345.    C.  /.  Gr,  4170. 

3)  Henzen  6912. 

4)  Ptolem.  5,  6  §  4.  10. 

5)  Henzen  6912. 

6)  Ptolem.  5,  6  §  10. 

7)  Strabo  12  p.  578.  Seine  Einsetzung  muss  zwischen  715  und  718  fallen. 
Im  letzteren  Jahre  war  er  bereits  König.    Dio  Cass.  49,  25. 

8)  Dio  Cass.  49,  33.  44. 

9)  Strabo    12  p.  556.      Trapezus  und    Cerasus    gehörten   bis   auf  lustinian 
dazu.    lustinian.  Nov.  31  c.  1. 

10)  Ptolem,  5,  6  §  11.  Im  J.  31  v.  Chr.  bildete  es  noch  ein  eignes  König- 
reich. Dio  Cass.  51,  2. 

11)  Strabo  12  p.  556.  559.  560. 

12)  Ueber  die  Dynastie  des  Polemo  und  besonders  die  schwierige  Chronologie 
derselben  s.  v.  Sallet  Beiträge  zur  Geschichte  und  Numismatik  der  Könige  des 
cimmerischen  Bosporus  und  des  Pontus,  Berlin  1866.  8.  Waddington  Sur  la  Chro- 
nologie des  rois  du  Pont  et  du  Bosphore  in  Revue  numismatique,  1866  p.  417 
-441. 

13)  Suet.  Nero  18:  Ponti  — reynum  concedente  Polemone ,  item  Alpium  de- 
furhcto  Cottio  in  provinciae  formam  redegit.  Vopiscus  Aurel.  21 :  Nero,  ȟb  quo 
Pontus  Polemoniacus  et  Alpes  Cottiae  Romano  nomini  sunt  tributae.  Eutrop. 
7,  14.  Aur.  Vict.  Caes.  5,  2.  epit.  5,  4.  Das  Jahr  wird  bestimmt  durch  die 
Aera  von  Neocaesarea,  Trapezus  und  Zela.    Eckhel  D.  N.  II  p.  356.  358.  359.    • 

14)  Dass  der  Pontus  Polemoniacus  nicht  eine  selbständige  Provinz  wurde, 
wie  ich  früher  nach  Analogie  der  Alpes  Cottiae  annahm ,  sondern  zuerst  wenig- 
stens mit  Galatien  verbunden  wurde,  zeigt  die  Inschr.  Henzen  6912.  Er  hat  aber 
eine  eigene  Metropolis,  Neocaesarea,  deren  Münzen  das  xoivov  riovrou  und  auch 
das  ^otvöv  ^Ttfapyeia;)  IIövTou  erwähnen  (Mionnet  Suppl.  4  p.  448  n.  173  unter 
M.  Aurel.).     Er  war   also   eine   procuratorische  Provinz,    wie   auch  bezeugt   die 


J 


—     203     — 

Die  beiden  zuletzt  genannten  Districte,   der  Pontus  Galaticus 
und  Pontus  Polemoniacus,    wie  auch  9.  Armenia  minor,    welches    Armenia 

'  '  minor. 

ebenfalls  als  Theil  Galatiens  vorkommt  i),  scheinen  nur  vorüber- 
gehend dieser  Provinz  angehört  zu  haben,  da  sie  später  zu  Cap- 
padocien  gerechnet  werden,  weshalb  wir  auf  dieselben  nochmals 
zurückkommen.  Da  nämlich  bis  zum  J.  17  n.  Chr.  Cappadocien 
ein  Königreich,  von  da  aber  bis  auf  Vespasian  eine  procurato- 
rische  Provinz  war,  so  konnte  der  militärische  Schutz  dieser 
Districte,  sowie  der  Bau  der  Heerstrassen,  welcher  in  diesen 
uncivilisirten  Gegenden  eine  Hauptaufgabe  der  Verwaltung  bildete, 
nur  dem  SUUthalter  von  Galatien  übertragen  werden ;  seitdem 
aber  durch  Vespasian  Cappadocien  einen  consularischen  Legaten 
und  eine  eigene  Militärmacht  erhielt,  ist  nicht  nur  eine  Zeit  lang 
Galatien  selbst  zu  Cappadocien  geschlagen,  sondern  es  sind  auch 
nach  der  wiedererfolgten  Trennung  von  Cappadocien  und  Gala- 
tien die  östlichen  Nebenländer  Galatiens  ihrer  geographischen  Lage 
wegen  mit  Cappadocien  vereinigt  worden.  Ueber  die  Zeitbestim- 
nmng  dieser  Veränderungen  lässt  sich  wenigstens  Folgendes  fest- 
stellen. 

Dass  die  legati  Aug.  pr.  pr.  Galatiae  praetorii  waren,  zeigen  Verwaltung. 
die  uns  bekannten  Statthalter,    von  denen    der  erste,  M.  Lollius, 
25  v.  Chr.  die  Provinz  übernahm'-^),  aber  erst  21  Consul  wurdet). 

Inschr.  v.  Ancyra  Marini  Atti  p.  766b  =  Waddington  Vay.  III  p.  427  n.  1793  = 
('.  1.  L.  III  n.  251:  B{onae)  F(ortunae).  C.  /w(i).  Senecionejn,  v(iruin)  d[gre- 
viurnj,  proc(uratorern)  prov.  Galat. ,  item  vice  praesidis  eiusdem  prov(^inciae)  et 
Ponti,  Zeno  Auy(ustoruTn)  iib(ertu8),  tabtUar(ius)  prov{inciae^,  eiusdem  praeposito 
incornparabili. 

i)  Henzen  6912.  Auch  im  Jahr  75  baut  Cn.  Pompeius  Collega,  Legat  von 
(ialatien,  die  Wege  in  Armenia  minor.  S.  die  Inschr.  Waddington  Voy.  III  p.  430 
n.  1814b  =  C\  J.  L.  III  n.  306. 

2)  S.  Kufus  hrev.   11:    eam  ((jalatiani)  primus  I^Uiua  pro  praetore  admini- 

travit.     Marcus   nennt    ihn    Eutrop.  7,   10   und   Eusebius    Chron.    can.   p.   142 

^choene.     S.   über  ihn  Borghesi   Oeuvr.  2,  399,    wo    indessen    in  Beziehung  auf 

die  Inschr,  Muratori  G43,  1  ein  Irrthum  vorliegt,    den  Perrot  Gal.  p.  69  bereits 

aufgeklärt  hat. 

3j  ('.  I.  L.  1  n.  600.  Von  den  übrigen  Statthaltern  vor  Vespasian  ist  nur 
noch  bekannt  Axius  (Inschr.  v.  Ancyra,  Waddington  Voy.  III  p.  426  n.  1791  = 
('.  I.  L.  III  n.  248 j,  wahrscheinlich  identisch  mit  L.  Axius  Naso,  der  im  .1,  30 
II,  ('hr,  proconsul  Cypri  war  (Waddington  a.  a.  O.  III  p.  640  n.  2773);  ferner 
unter  Claudius  der  auf  einer  Münze  von  I^essinus  (Annali  18^17  p.  281)  vorkoni- 
iriende  Afrenus,  dessen  Cousulat  Borghesi  Bull.  Nap.  IV  p.  58  in  das  Jahr  59 
ctzte,  iiidoftttou  auf  (Jrund  eines  pooi pej an i sehen  yraffiiu  {Hüll.  f^ap.  IV  p.  G. 
f  .  J.  L.  IV  n,  1544),  dessen  Lesart  unsicher  ist  (Henzen  Sr.avi  ntl  botco  »acro 
dci  ff.  Afvali  p.  19);  endlich  Im  J.  70  CaljJurMius  Asprcua»  (^Tac.  //.  2,  9), 
über  derou  ConsuUt  überhaupt  nichts  bokiuint  ist. 


1 


204 


L'ritoi'  VcspasitUi  verwaltete  im  .1.  75  die  Provinz  C.  Ponipeius 
Collega');  ob  derselbe  Consular  war  und  zugleich  Cappadocien 
unter  sich  hatte,  ist  unbekannt 2),  seine  Nachfolger  dagegen  sind 
Consularc  und  Legalen  von  Cappadocia  und  Galatia,  nämlich  im 
.1.  78  M.  Neratius  Pansa-*),  in  den  Jahren  80 — 82  A.  Caesennius 
Gallus'*),  nach  dem  J.  86  Ti.  lulius  Candidus,  Marius  Celsus^). 
Hierauf  sind,  soviel  sich  erkennen  lässt,  beide  Provinzen  wieder 
getrennt  und  dann  nochmals  vereinigt  worden.  Denn  bald  nach 
dem   J.   92    war   Statthalter  Galatiens    L.   Bellicius    Söllers^),  der 


1)  Er  kommt  vor  auf  einer  Münze  von  Ancyra  (Mionnet  IV  p.  377  n.  17) 
und  der  datirten  Inschrift  C.  I.  L.  III  n.  306  =  Waddington  Voy.  III  p.  430 
n.   1814b. 

2)  Der  Cn.  Pompeius  Collega ,  welcher  im  J,  93  (Tac.  Ayr.  44.  Borghesi 
Oeuvr.  6,  209)  zusammen  mit  Cornelius  Priscinus  (Mommsen  Index  Plinii 
p.  407)  Consul  war,  kann  mit  dem  Legaten  nicht  identisch  sein,  sondern  ist 
vielleicht  sein  Sohn  (Perrot  Oal.  p.  99). 

3)  Er  hat  Münzen  geprägt  in  Caesarea  Cappadociae  und  zugleich  in  Ancyra. 
Mionnet  IV  p.  377  n.  16;  p.  441  n.  29.  Eckhel  1).  N.  III,  190 ;  und  zwar  in 
Ancyra  eine  im  lOten  Jahr  des  Vespasian,  d.  h.  78.  Mionnet  Suppl.  VII  p.  662 
n.  18.  Sein  Consulat  erwähnt  eine  Inschr.  von  Lyon.    S.  Borghesi  Oeuvr.  5,  348. 

4)  Münzen  von  Caesarea  Mionnet  Suppl.  VII  p.  663  n.  25.  Inschr.  v.  J.  80 
in  Meulk  in  Galatien,  Henzen  6913=  Waddington  III  p.  425  n.  1784=  C.  I.  L. 
III  n.  318:  lynp.  [T.]  Ca[es]a[r]  divi  Vespasiani  f.  Aug.  pont.  max.  trib. 
polest.  X,  imp.  XV.,  cos.  Vl\^ir\^  censor ,  p.  p.  [et]  Caes[ar  divi  f.  Domitianus^ 
COS.  VII ,  princ[eps]  iuventutis ,  \per\  A.  Caesennium  QalLum  leg.  pr.  pr.  vias 
provinciaru[ni]  G[ala]tiae  Cappad\o]ciae  Ponti  Pisidiae  Paphlagoniae  Lycaoniae 
Armeniae  minoris  straverunt  LXXI.  Auf  denselben  scheint  sich  zu  beziehen  die 
Inschr.  von  Sardes,  Wadd.  627.  Inschr.  von  Ancyra  aus  d.  J.  82  bei  Henzen 
Bull.  d.  Inst.  1862  p.  66  =  Perrot  Exploration  p.  227  n.  111  =  Perrot  Gal.  p. 
102  =  Wad dington  III  p.  425  n.  1784^:  hnp.  Caesar,  divi  Vespasiani  [filius  Do- 
mitianus]  Aug.  po[n^t.  max.  trib.  potest.  cos.  VIII,  desig.  IX,  p.  p.  per  A.  Cae- 
sennium Gallum  leg.  pr.  pr.  vias  provinciarum  Galatiae  Cappadociae  Ponti  Pisi- 
diae Paphlagoniae  Lycaoniae  Armeniae  Minoris  stravit.  VIII.  yj'.  Vgl.  Borghesi 
Oeuvr.  6,  251. 

5)  Waddington  III  p.  426  n.  1789  =C.  /.  L.  III  n.  250  (Inschr.  von  An- 
cyra). Er  war  cos.  suffectus  86  (Henzen  5433),  dann  wohl  legatus  Galatiae  und 
zum  zweiten  Male  Consul  105. 

6)  Inschr.  von  Antiochia  ad  Pisidiam ,  Henzen  6912  (s.  S.  201  A.  7)  und 
dazu  Borghesi  Oeuvr.  6,  330.  411.  Mommsen  Hermes  3,  115  und  Index  Plinii 
p.  404.  Perrot  Gal.  p.  109.  Der  L.  Bellicius  Sollers,  dem  die  Inschrift  gesetzt 
ist,  war,  ehe  er  Legat  von  Galatien  wurde,  legatus  legionis  XIII  geminae  gewe- 
sen und  als  solcher  beschenkt  worden  donis  miUtaribus  expeditione  Suebica  et 
Sarmatica.  Henzen  versteht  darunter  den  Krieg,  welchen  im  J.  70  unter  Vespa- 
sian Rubrius  Gallus  gegen  die  Sarmaten  führte  (loseph.  B.  lud.  7,  4,  3),  allein 
der  Umstand,  dass  in  dieser  Inschrift,  wie  in  zwei  ähnlichen  ( Orelli  -  Henzen 
3049,  vgl.  Henzen  p.  265,  und  6766),  der  Kaiser  nicht  genannt  wird,  von  dem 
die  Geschenke  herrühren ,  lässt ,  wie  Perrot  und  Mommsen  bemerkt  haben ,  auf 
Domitian  schliessen ,  dessen  Namen  auf  öffentlichen  Documenten  zu  erwähnen 
ein  Senatusconsult  verbot  (Sueton.  Dom.  23).  Ueber  den  sarmatischen  Krieg  Do- 
mitians  berichten  Suet.  Dom.  6.    Eutrop.  7,  15,  23;  über  seine  Zeit  ist,  da  die 


—     205     — 

noch  nicht  Consul  gewesen  wari),  während  G.  Anlius  lulius 
Quadralus,  cos.  suff.  93,  im  J.  94,  also  wohl  gleichzeitig,  €ap- 
padocien  verwaltete^).  Allein  96  bis  Ende  99  waren  nochmals 
und  zwar  zum  letzten  Male  beide  Provinzen  vereinigt  unter  dem 
Consularen  T.  Pomponius  Bassus-^),  worauf  dann  eine  neue  Son- 
derung der  Provinzen  vorgenommen  worden  zu  sein  scheint,  bei 
welcher  die  geographisch  zu  Gappadocien  gehörigen  Districte, 
Armenia  minor,  der  Pontus  Gappadocicus ,  Polemoniacus  und 
Gnlaticus,  endlich  Lycaonien  dieser  Provinz  zugewiesen  wurde*), 
während  Galatien,  wie  es  scheint,  gleichzeitig  von  dem  bisher 
mit  Bithynien  verbundenen  Pontus  die  Gebiete  von  Abonoteichos, 
Sinope  und  Amisus  erhielt.  Siehe  oben  S.  193.  Seitdem  hat 
Galatien  wieder  einen  eigenen   prätorischen  Legaten^)   mit   einem 

Münze  Eckhel  T).  N.  VI,  371  keinen  Anhalt  gewährt,  Martial  die  einzige  Quelle, 
welcher  7,  2.  6.  7.  8;  8,  11  den  Krieg  besingt  und  namentlich  sagt,  dass 
Domitian  8  Monate  wegen  desselben  entfernt  war  (9,  31,  3)  und  im  Januar 
zurückkehrte  (8,  2,  8),  ohne  zu  triumphiren  (8,  15,  vgl,  Suet.  Dom.  6). 
In  Betreff  des  Jahres,  in  welchem  das  7te  Buch  des  Martial  geschrieben  ist,  hat 
man  aber  nur  die  Wahl  zwischen  93  (Clinton  F.  R.  s.  a.  L.  Friedländer  Königs- 
berger Progr.  1862  und  1865)  und  92  (Stobbe  Philologus  26  [1867J  S.  51),  und 
ifh  glaube ,  da  Domitian  im  Winter  93  bereits  in  Rom  anwesend  gewesen  zu 
•in  scheint  (Stobbe  a.  a.  0.),  den  sarmatischen  Krieg  nicht  mit  Mommsen  und 
i'errot  90,  sondern  von  Mai  bis  Ende  92  setzen  zu  müssen. 

Ij  Dies  geht  mit  Sicherheit  daraus  hervor,  dass  in  der  Inschrift  das  Consulat 
/licht  erwähnt  wird.  War  aber  Bellicius  ein  praetorius,  so  konnte  er  nicht  legatus 
dappadociae  sein,  und  hat  die  Vermuthung  Kuhns  (II,  158)  und  Mommsens 
(\  1.  L.  III  n.  291,  dass  in  der  Inschrift  unter  seinen  Titeln  das  Wort  Cappn- 
dociae  nur  durch  ein   Versehn  ausgefallen  sei,   keinen  Grund. 

2)  Borghesi  Oeuvres  2,  16.  C.  I.  lir.  3532.  3548.  8549.  Waddington  III 
n.   1722.    1722a.  » 

3)  Dies  geht  namentlich  aus  den  Münzen  hervor.  S.  Perrot  Gal.  p.  110. 
Mommsen  Hermes  3,  125.    Inschr.   C.  I.  L.  III  n.  309  aus  dem  Jahr  98. 

4)  Kuhn  II,   147.     Arrian,    welcher  Legat   von  Cappadocien   war   (Die  Cass. 

♦  )9,  15),  rechnet  in  seinem  PeripLun  Fonti  fJuxini  1,  2;  2,  1;  3,  1 ;  6,  2 ;  9,  8; 
10,  3;  17,  2  Müller,  die  Küste  von  Trapezus  bis  zum  Phasis  zu  Cappadocien. 
Nach  Ptolemaeus  gehört  zu  derselben  Provinz  der  Pontus  Galaticus,  Polemoniacus 

11(1  Cappadocicus  (I'tol.  5,   S -^^  3.  4j. 

5)  Perrot  (JaL.  p.  112  ff.  Kuhn  II,  159.  Bekannt  sind  von  diesen  Legaten 
A.  LarciuH  Macedo  unter  lladrian  im  J.  122  —  123  (Inschr.  C.  I^L.  III  n.  BIO. 
:'.13.  Ilenzen  liuU.  d.  Inst.  1H62  p.  68j;  (".  lulius  .Scapula ,  in  den  J.  135-137, 
worauf  er  IHH  Consul  wurde.  Kr  heisst  in  zwei  Ins<;hriften  von  Ancyra  (('.  /.  O'r. 
1022.  4023)  örotTo;  di7:ooeoeiY(i.^^o;,  Trpeoj^e'jTVj;  %al  ävTtOTpaTTjYo; ;  unt«!r  M.  Aurel 
I'.  iuventiu»  CeUus  (Mionnet  IV,  'M'd),  und  A.  KmIvIuh  Kustirus  Aemilianus 
'.  /.  (Jr.  n.  4012,  wohl  derselbe,  den  tlie  l'rayinenta  Vitt.  ^  1HW.  211  unter 
M.  Aurel  setzen,   und  der  Vater  des  (!onsiils  206  n.  Chr.  S.  Borgh.  Oeuvr.  4,  299; 

•  twas  Hpäter  P.  Plotiu.s  BomanuH  (Orelli  8044);  etwa  unter  Conimudus  L.  FabiuH 
<  ilo(Marini  her.  Alb.  n.  40.  165),  und  au«  unbeHtimnit(*r  Zeit  L.  PetroniuH  Verus. 
Uy.  Auy.  pr.  pr.  r(i*iri5t/Tna«)  m(emoriiu)  v(ir)  con.  desiy.  in  der  Inschr.  von 
Ancyra  C.  1.  L.   III   n    '^.2. 


—     206     — 

eigenen  procnrator  ^) ,   welcher  in  seiner  Abwesenheit  seine  Stelle 
vertrat  2). 

Die  Residenz  des  Statthalters  und  der  Sitz  der  Verwaltung 
ist  Ancyra^);  daneben  hat  jeder  der  Bestandtheile  der  Provinz 
seine  eigene  Metropolis,  und  in  derselben  vielleicht  seine  beson- 
dere Festvereinigung.  Die  drei  gala tischen  Stämme  wenigstens 
bilden  ein  xoivov  FaXaiojv'*)  {commune  Galatiae),  bei  dessen  Zu- 
sammenkunft der  weiter  unten  zu  besprechende  ^akaTa^yr^c  den 
Vorsitz  führt;  ebenso  giebt  es  ein  xoivov  Auxaovia?,  das  sich  in 
Iconium^)  und  Dalisandus^)  versammelt;  von  den  andern  Thei- 
len  der  Provinz  sind  wenigstens  die  Metropolen  bekannt,  näm- 
lich von  Pisidien  Sagalassus '^j ,  von  Isaurien  Isaura^),  von  Paphla- 
gonien  Pompeiopolis,  von  Pontus  Galaticus  Amasia  •') ,  von  Pontus 
Polemoniacus  Neocaesarea  ^^) .  Im  Uebrigen  hatte  die  Provinz  zwei 
Städte,  civitates  liherae^  Termessus  maiorii)  und  Sagalassus  ^^j^  und  meh- 
rere römische  Colonien,  nämlich  im  eigentlichen  Galatien  Germe^^), 
in  Lycaonien    Iconium,    welches  Claudius i"*),    und    Pariais,    das 

1)  dTTixpoTcoi;  FaXaTa-^c  iTrap/eia;  unter  Claudius  und  Nero,  C.  1.  Gr.  3991, 
procurator  Oalatiae  Waddington  III  n.  1794=  C.  I.  L.  III  n.  249,  vgl.  C.  I.  Gr. 
3969.  3970.  4037.    Marini  Arvali  p.  766^. 

2^  S.  oben  Seite  202  Anm.  14. 

o)  Ancyra  heisst  amporcoXi?  xfi;  FaXarta«;,  C.  1.  Gr.  4011.  4020.  4030. 
4042.  5896.    Eckhel  D.  iV.  III,  177. 

4)  C.  /.  Gr.  4039.    Eckhel  D.  N.  III,  176. 

5)  Eckhel  D.  N.  III,  32. 

6)  Münze  des  Philippus  im  britischen  Museum :  AAAIOANAEÖN  KOINON 
AYKAOvia;.    Borrell  Numismatic  Chronicle  VIII,  2. 

7)  Sie  heisst  ^pcdirj  IlioiSwv,  Eckhel  7).  N.  IV,  271.  C.  /.  Gr.  4368. 

8)  Auf  Münzen  ixY]To67ToXt5  Uoaupiov ,  Eckhel  1).  N.  III,  29.  Mionnet  III 
p.  531.  S.  VII  p.  144. 

9)  Auf  Münzen  [XTjTpoTroXt;  ITovtou,  Eckhel  D.  N.  II,  344.  Mionnet  II,  335. 
S.  IV,  419.  C.  I.  Gr.  4168;  auch  (j.YjTpoTioXi;  xat  TrptoTr]  toO  Flovrou ,  Mionnet 
Suppl.  IV  p.  420  ff. 

10)  Eckhel  D.  N.  II,  355.  Mionnet  II  p.  352.  8.  IV  p.  449. 

11)  Termessus  erhielt  seine  Autonomie  schon  565  =  189  (Polyb.  22,  18.  Liv. 
38,  15);  sie  wurde  bestätigt  durch  die  lex  Antonia  de  Termessibus  (C.  I,  L.  I 
n.  204).  Dirksen  Versuche  zur  Kritik  und  Auslegung  S.  136 — 202.  Die  TepfAYja- 
oeT;  nennen  sich  daher  auT6vo{xoi.  Eckhel  D.  N.  III,  27.  Waddington  n.  358, 
und  auf  einer  unedirten  Münze  des  britischen  Museums  (Waddington  zu  n.  1202) 
heisst  die  Stadt  dXeu^epa. 

12)  Die  Stadt  nennt  sich  cdiXt]  xai  oufxfxayo;  'PoujJiaiajv ,  Eckhel  D.  N.  IV, 
271.    C.  I.  Gr.  3468. 

13)  Colonia  erst  genannt  unter  Commodus  (Eckhel  7>.  A".  IV  p.  178),  aber 
wahrscheinlich  früher  gegründet. 

14)  Die  Stadt  heisst  Claudia,  die  Einwohner  KXauoetxovieT;,  Eckhel  />.  iV,  III, 
31.  33,  C.  I.  Gr.  n.  3991.  3993;  auch  wird  sie  Colonia  Aelia  Iconiensis  genannt 
(Mionnet  III  p.  535  n.  13),  weshalb  Zumpt  Comm.  epigr.  I  p.  418  sie  von  Ha- 
drian  gründen ,  Perrot  Gal.  p.  144  von  Hadrian  durch  eine  neue  Colonisation 
vermehren  lässt. 


—     207     — 

wahrscheinlich  Auguslus  colonisirle  i) .  Auch  Antiochia  Pisidiae 
erhielt  durch  Auguslus 2)  eine  Golonie"^)  von  Veteranen  der  leg.  V 
Gallica  [Alaudae)  ^),  ebenso  von  demselben  Kaiser  Cremna^). 

Im  dritten  und  vierten  Jahrhundert  finden  wir  Galatien,  nach-  ^^P^ter« 

'  Theilung 

dem  es  bereits  etwa  unter  Traian  seine  nördlichen  und  östlichen 
Districte,  unter  Septimius  Severus  auch  Isauria  und  Lycaonia 
abgegeben  hatte,  seinem  damals  noch  vorhandenen  Länderbestande 
nach  in  3  kleinere  Provinzen  getheilt^).  Von  diesen  bestanden 
schon  297  i.  Galatia,  das  Gebiet  der  drei  galatischen  Stämme, 
unter  einem  consiilaris'^);  2.  Paphlagonia  unter  einem  con^ector^); 
3.  Pisidia  unter  einem  praeses^).  Galatien  selbst  aber  wurde 
bald  nach  381  in  Galatia  prima  mit  der  Hauptstadt  Ancyra  und 
Galatia  secunda  oder  salutaris  mit  der  Hauptstadt  Pessinus  ge- 
theilt  und  der  letztem  Provinz  ein  eigner  praeses  gegeben  i*^). 

XXXI.  Cappadocia»!). 

Als  Tiberius  im  J.   17  n.  Chr.  beschloss,   Cappadocien    nach    umfang. 
dem   Tode    seines    letzten   Königs    Archelaus  ^2)    jjup    Provinz    zu 


Ij  Dies  lässt  der  Name  lul.  Aug.  Col.  Pariais  (Eckhel  III,  34)  auf  den 
Münzen  schliessen,  die  wir  indessen  erst  seit  M.   Aurel  haben. 

2)  Monum.  Anoyr.  c,  28:  dTioixia«  h HiotSia  oxpaTtwTöiv  7(.0Lvf\-^0i'{0'i . 

^trabo  12  p.  577. 

3)  Der  Name  derselben  ist  ('olonia  Caesarea  Antiochia.  Plin.  iV.  H.  5  §  94. 
Kckhel  I).  N.  III,  18.  Mionnet  III  p.  491  :  'Avxioyei;  Kataapei«;  KoXwvot,  (\  1.  Gr. 
2811b  =  Waddington  1620».  Sie  hat  duumviri  (C.  I.  Gr.  3979)  und  decurionea 
(Waddington  n.  1190). 

4)  Henzen   n.  6674.   (irotet'end  Imperium  Romunwn  tributim  deacr.   p.  17. 

.'))  Strabo  12  p.  .069.  Auf  einer  Münze  (Mionnet  Suppl.  VII  p.  llf)  n.  140) 
Aug.  <:ol.  Crem.  Der  Name  Colonia  lulia  Augusta  Felix  (Eckhel  D.  N.  III,  20) 
lässt  sich  aus  Münzen   nicht  mit  Sicherheit  nachweisen.    S.  Waddington  n.  1200. 

6)  lieber  diese  Theilungen  s.  Mommsen  Verz.  d.  rüm.  Provinzen  von  297 
in  Abh.   d.   Berl.   Acad.    1862  p.  503  11.   Kuhn  II,  211. 

7)  Inschr.  v.  Ancyra,  C  I.  Gr.  4050  :  i-\  xf/j  XafxTipoxaToti  üKotTtxoO  Mivix. 
*PA(upevTiO'j.  Kinen  Consular  hatte  die  Provinz  auch  vor  535.  Hierocles  p.  696  W. 
=  35  Parthey.  Vgl.  Boecking  iV.  1).  Or.  p.  132.  Im  .1.  535  dagegen  einen  comft. 
luutinian.   Nov.  8:  f^Otaii  xf^i  irof»'  exaoxrjc  x.  x.  X.  ^  4. 

8)  Hierocles  p.  695  W.  =35  P. 

9)  N.  I).  Or.  c.  I;  seit  lustinian  hat  Pisidia  einen  conauUiria.  Hierocle« 
j..  672  W.   HoecJiing  N.  /).  Or.   p.  141.    lustln.  Nov.  30,  1. 

10)  lieber  die  Zeit  s.  Kuhn  II,  210  ».  ;  über  den  pnififH  A.  />  (fr.  *■.  I  n. 
lioecklng  p.  150,    Hierocle«  p.  697. 

11)  lieber  diese  Provinz  giebt  e»  nur  «ine  ältere  Abhandlung :  lÜHely  De  hi- 
■toria   Cappadoriae,   Anutelod.  1836.  4. 

12)  Kr  erhielt  Cappadocien  im  .).  36  v.  Chr.  dnnli  Antonius.  Dio  OasH.  49,  32. 
Ks  herrschten  damals  neben  ihm  Lycomede»  im  cappadorivehun  Pontus.  Dio 
Cftgs.  51,  2.    Strabo  12  p    560.   Pobuno  im  Übrigen  Pontu»,   Plut    Ant.  61.    Heber 


—     208     — 

machen^),  hatte  dasselbe  noch  keineswegs  die  Ausdehnung,  welche 
es  später  unter  römischer  Verwaltung  erhielt.  Im  Westen  stiess 
es  an  Galatien,  im  Norden  an  den  Pontus  Galaticus  und  Pole- 
moniacus  und  an  Armenia  minor,  im  Osten  wurde  es  durch  den 
Euphrat  von  Armenia  maior^),  im  Süden  durch  den  Taurus  und 
Amanus  von  Cilicien  und  Commagene  getrennt.  Das  Land  war 
fast  ganz  ohne  grössere  Städte  3)  und  ist  im  Gegensatz  zu  Gala- 
tien, welches  im  vierten  Jahrhundert  als  völlig  romanisirt  ge- 
schildert wird^),  überhaupt  nur  langsam  und  unvollkommen  der 
Eintbeihmg  römischeu    Gultur    zusänelich    geworden  -A .     Für  die    Verwaltung 

in  Strate-  o       d  o  ;  o 

gien.  behielt  man  daher  die  Eintheilung  des  Landes  in  10  Strategien 
bei ,  wie  sie  unter  den  Königen  bestanden  hatte ,  nämlich 
1.  MsXiTT^VT^,  2.  Kaxaovia,  3.  KtXtxia,  4.  TuavTxtCj  5.  FapaaupTTt?, 
6.  AaoutavoTjVY^ ,  7.  ^apYapauoTjVig ,  8.  Sapaour^VT^,  9.  Xafxavr^vr], 
10.  MoptjxTjVT^,  wozu  unter  den  letzten  Königen  als  Ute  Strate- 
gie noch  ein  Stück  von  Cilicien  mit  den  Städten  Kastabala  und 
Kybistra  kam^).  Diese  Organisation  war  noch  zu  Ptolemaeus 
Zeit,  d.  h.  unter  Antoninus  Pius,  vorhanden  ^j. 

Dem  Könige  Archelaus,  welcher    leidend   und   schwachsinnig 
war,    hatte   bereits  Augustus   einen  römischen  Procurator   beige- 

die  Geschichte  der  cappadocischen  Könige  s.  Clinton  Fasti  Hell.  III  App.  IX 
p.  429-438. 

1)  Tac.  Ann.  2,  42:    ille  (Archelaus)  ignarus  doli in  urbem  properat, 

exceptusque  immiti  a  principe  et  mox  accusatus  in  senatu fine7n  vitae  sponte 

an  fato  implevit.  Regnum  in  provinciatn  redactum  est.  Es  ist  hier  von  einem 
Beschluss  des  Senats  die  Rede,  der  erst  im  folgenden  Jahr  zur  Ausführung  kam. 
Noch  im  Jahr  21  schrieb  Strabo  12  p.  534:  XYJ?  he  [if^dXT^i  Ka:r7:a8oxta;  vuv 
u.£v  oüx  lOfxev  TTto  T-^jv  Siöcxa^iv  •  xeXeuTTjcavTo?  -(äp  töv  ßiov  'ApyeXaou  toü  ßaot- 
Xe6oavToc  e'Y''"*  KaTodp  xe  %al  i]  au-yxX-ifjToi;  iTzap'/ia^  elvai  'P(u[j.ai(ov  wjvip.  Vgl. 
Dio  Cass.  57,  17.  Suet.  Tib.  38.  Calig.  1.  Suidas  s.  v.  Tiß^pio;.  Vell.  2,  39. 
Eutrop.  7,  11  (6).  Aur.  Vict.  Caes.  2.  3,  epit.  2.  8.  Rufus  brev.  11,  wo  unter 
dem  Claudius  Caesar  Tiberius  gemeint  ist. 

2)  Tac.  Ann.  15,  7. 

3)  Strabo  12  p.  537.    Kuhn  II,  231  ff. 

4)  Themistius  Or.  16  p.  257  Dind.  :  %al  vOv  ouxsti  ^apßapou?  FaXarac 
div  Ti<;  TtpoceiTioi,  dXKa.  %al  7:a>^u  'Puj(j.aiou; '  toüvojj.a  yap  auToi«;  xö  TiaXai  irapa- 
{jte(xdvir]%ev,  6  ßio?  Se  aufjicpuXo?  yjSyj. 

5)  Auch  von  dem  Pontus  im  Norden  von  Cappadocien  sagt  Barth  Reise  von 
Trapezunt  durch  die  nördliche  Hälfte  Kleinasiens,  Gotha  1860.  4  S.  7 :  ,,Wir  fan- 
den nichts  von  Alterthümern  in  dieser  Gegend,  wie  denn  dies  ganze  Binnenland 
sehr  wenig  unter  den  Einfluss  der  Griechen  und  Römer  gekommen  zu  sein 
scheint."  Auch  aus  der  Schilderung  der  Provincialverhältnisse  in  lustinians  Nov. 
30  ersieht  man,  dass  noch  im  J.  536  die  Provinz  schwer  zu  regieren ,  und  dass 
Mord  und  Raub  darin  häufig  war. 

6)  Strabo  12  p.  534.    Vgl.  Forbiger  Handb.  d.  a.  Geogr.  II,  292  ff. 

7)  Ptolem.  5,  6  und  7. 


—     209     — 

lieben^),  und  nachdem  im  J.  18  n.  Chr.  Germanicus  im  Auf- 
trage des  Kaisers  Tiberius  durch  seinen  Legaten  Q.  Veranius  die 
Provincialverwaltung  organisirt  halle  2),  blieb  die  Regierung  in  f-^^^J"'"?,*^' 
der  Hand  eines  Procuralors  ^) ,  der  im  Falle  des  Bedürfnisses  auf  ^"i^- 
die  militärische  Unterstützung  des  Statthalters  von  Syrien  ange- 
wiesen war^j.  Hierin  liegt  der  Grund,  dass  die  nördlich  von 
Cappadocien  gelegenen  Landschaften,  als  sie  ihre  Selbständigkeit 
verloren,  nicht  zu  Cappadocien,  sondern  zu  Galatien  geschlagen 
wurden,  dessen  prätorischer  Legat,  wenn  auch  nicht  über  römische 
Legionen,  so  doch  über  Auxiliartruppen  verfügte^).  Dies  Ver- 
hältniss  änderte  Yespasian,   der  im  J.  70  Cappadocien  unter  einen    consuia- 

,  r  7  rr  risclie  Pro- 

consularischen  Legaten  stellte  ß),  diesem  eine  bedeutende  Militär-  vinz. 
macht  zuwies,  und  in  Folge  dessen  auch^Galatien,  wie  oben  er- 
wähnt ist,  bald  darauf  mit  Cappadocien  vereinigte.  Als  später, 
wie  es  scheint,  unter  Traian  beide  Provinzen  wieder  getrennt 
wurden,  so  geschah  dies  in  der  Weise,  dass  die  Pontusland- 
schaften,  welche  geographisch  und  historisch  zu  Cappadocien  ge- 
hörten'),   dieser  Provinz    zugewiesen    wurden,    so    dass  damals 

1}  Dio  Cass.  57,  17:  tov  oe  6-^  'ApyRaov (jL£T£7r^[ji'i;aTo 

'j'j  {xovov  u-EpYTjpcov  ovxa  aXXd  */ai  oetvtü;  TTooaYpoivxa  %cti  Trpoasxi  '/.ai  rapacppo- 
veiv  ooxoOvTa "  izcn^e  [j.ev  ^ap  zote  -ojto  ovtoj;  ,  woxe  v.at  ^TriTpoTtov  rrapa  toO 
A'!>Yo6oxo'j  xf(<;  «ipyrj;  XajSeiv.  Hieraus  erklärt  sich  Appian.  Mithr.  105,  der  Cap- 
padocien unter  Augustus  Provinz  werden  Hess:  vcai  TioXXai  fASxajjoXai  fxeypi  Kai- 

^apo;   ifi-^oy■:rJ   xoO  SeßaoxoO ,    do    O'j "/.oti   •i'jOe    q   ßaatXeia  Ttepif^Xt^ev    i; 

^xpctx'fJYiocv. 

2)  Tac.  Ann.  2,  56 :  at  Cappadoces,  in  forrnarn  provinciae  redacti ,  Q.  Ve~ 
rdniutn  Legatum  uccepere.  Veranius  war  Legat  des  Germanicus  (und  Tac.  Ann. 
2,  74;  3,  10.  13.  17.  19)  und  blieb  nur  so  lange  in  der  Provinz,  als  die  Kin- 
riclitung  dauerte. 

3)  Dio  Cass.  57,  17:  •/<£%  xouxo'j  (von  17  n.  Chr.  an)  xcd  yj  Karraooxia  xu»v 
xe  Ptu|j.cxt(ov  ^Y^vexo  xotl  Ir.Tiel  drexpaTcr^.  Tac.  Ann.  12,  49 :  era't  Cappadociae 
procurator  Julius  Pelignus.  Der  procurator  Cappadociae  llenzen  0928=  C.  1.  L. 
II  p.  1970  gehört  in  die  Zeit  nach  Yespasian. 

4)  Tac.  Ann.  12,  45 — 49.  Zumpt  Cornm.  epiyr.  II,  127,  Auch  der  Münz- 
inss  der  von  den  Römern  in  Cappadocien  geprägten  Geldstücke  ist  der  syrische. 
Momnisen  Gesch.  d.  röm.  Münzw.  S.  713. 

5)  So  hat  im  J.  02  Caesennius  Paetus  Pontica  et  (falatarum  Cappadontm- 
jice  auxilia,  d.  h.  Auxiliarcohorten,  die  in  (Jalatien  ausgehoben  waren  (Tac.  Ann. 
15,  (i)  tind  schon  58  v.  Chr.  werden  in  Galatien  Truppen  ausgehoben.  Tac.  Ann. 
13,,  35. 

0)  Suct.  Vei^.  H :  Cappadociae  propter  adsiduon  barbarorum  incursui*  leyiones 
addidit,  connularemnue  rectoreni  imposuit  pro  equile  linmano.  Tac  Uist.  2,  Ml  : 
^fd  inermen  legali  regehant  (die  asiatischen  Provinzen  im  .1.  (i9),  nonduin  additis 
f  appiidoriae  legionihuH.  Da  die  Uyio  Ml  ftdminaia  im  .1.  70  nach  Mclitcne  ge- 
legt wurde  (  loseph,  1i.  lud.  7,  1,  W) ,  hu  muss  damals  auch  der  consularische 
Legat  eingesetzt  worden  sein. 

7)  Unter  den   PerAern  bildet«  C'appailocicn    zwei  Satrapleii,    Gross  -  Cappado- 
''•n    und   Ka7:;raooy.(a    i^  irp6«   xcji  IlövTq».     Slrab-)    12  y.  534.  541.     Mlthridates 
Köm.  Alterth.  IV.  14 


—     210     — 

Cappndocien  den  Umfang  erhielt,  in   dem  wir   es   bei  Ptolemiius 
renzen  seit  finden.     Es   gehörte   also    damals   zu  Cappadocien  1.  Der  Pontus 

Traian.  ^  ^  ^ 

Galaticus^)j  2.  der  Pontus  Polemoniacns  nebst  dem  Pontus  Cap- 
padocicus.  Dazu  kam  3.  Armenia  minor  und  nach  Plolemäus 
4.  Lycaonia  mit  der  Hauptstadt  Iconium^),  Ueber  die  Pontus- 
landschaften  haben  wir  einen  interessanten  Bericht  des  Legaten 
von  Cappadocien,  Flavius  Arrianus '^) ,  der  in  denselben  im  Jahre 
131/132  eine  militärische  Inspection  abhielt ^j.  Wir  ersehen  aus 
demselben,  dass  damals  die  Provinz  Cappadocien  an  der  Küste 
im  Norden  bis  Dioscurias  (Sebastopolis)  hinaufgingt)  und  durch 
eine  Reihe  von  Festungen  mit  römischer  Besatzung  gesichert  vsar, 
nämlich  Trapezus,  Hyssi  portus,  Apsarus,  Phasis  und  Dioscurias  ^% 
da  das  Binnenland  hinter  der  Seeküste  von  einheimischen  Fürsten 
regiert  wurde,  welche  zwar  abhängig  von  den  Römern,  aber 
immer  unzuverlässig  waren').  Apsarus  war  noch  unter  lustinian 
in  römischem  Besitze;  Phasis  und  Dioscurias  scheinen  aber,  man 
weiss  nicht,  seit  wann,  aufgegeben  zu  sein^). 
^niTnor'^  i4rme/im  minor  am   oberen  Euphrat  war   ein  Königreich   ge- 

heisst  in  der  Inschrift  von  Ephesus  (Waddington  III  n.  136»):  Ka7:7ta5oxi[a; 
ßaotXcus]  und  der  Name  Pontus  wird  erst  in  römischer  Zeit  üblich.  S.  Wad- 
dington III  p.  59. 

1)  Auch  Plin.  N.  Ä.  6  §  8  rechnet  z.  B.  Amaseia,  die  Metropolis  des  Pon- 
tus Galaticus,   zu  Cappadocien. 

2)  Ptolem.  5,  6. 

3)  'Appiavou  imaToXi]  Trpö?  Tpa'iavoM  ['Aopiavov]  dv  i^  xat  TrepiTrXo'j?  Etj^eivo'j 
rioNTOU  in  Müller  Geogr.    Graeci  minores  I  p.  370  ff. 

4)  Der  Bericht  ist  geschrieben  in  dem  Jahre,  in  welchem  Cotys  II,  König 
des  cimmerischen  Bosporus,  starb  (Arrian.  1.  1.  §  26),  d.  h.  im  Jahr  428  der 
bosporanischen  Aera  =  i31  n.  Chr.  (gerechnet  vom  Herbst  297  v.  Chr.).  C.  I.  Gr. 
n.  2108f. 

5)  Arrian.  1.  1.  §26:  ^tiI  Aio?%o'jpiaöa,  d;  o-ep  crpaxo-eoov  TsXsuxa 'Pou- 
[xaioi?  Tj  iTux^dxeia. 

6)  Ceber  Trapezus  Arrian.  §  1.  In  "Yooo'j  Kiii'q^)  steht  eine  cohors^  §  4. 
vgl.  Not.  D.  Or.  p.  96 :  coliors  Apuleia  civium  Romanorum  Ysiporto.  In  Apsarus 
stehn  5  Cohorten  (§7),  in  dem  Castell  Phasis  400  GTpaTtöJTai  sTriXsxTot  (§,  12), 
in  Dioscurias  ist  eine  grosse  Festung  mit  Lazarethen  und  Magazinen,  §  14. 

7)  Arrian.  1.  1.  §  15. 

8)  Procop.  B.  Goth.  4,  2  p.  466  Dind. :  —  ir.l  Oäaiv  t£  Tco-afi.öv  -/al  xou; 
IvSoxaTO)  ßap^apo'j;,  Asy^'-^^t  [^^"^  o'^'^  <^;  "/.axa  to'j?  Tpa'iavoy  toO  'P(u[j.ai(uv 
auTov.paxopo?  vpovou;  -/taxdXoYOi  'Pojfjiaiujv  axpaxKuxtüv  dvxaöi}a  xe  xal  |-»-iXpi  £; 
AaCotj?  xai  Layioa;  i^pu^xo  .  xd  ok  vOv  dvQ^pojzoi  dvxaü^v.  otxoüstv  ouxs  xoO 
'P(o{j.ot(cuv  ojxs  xou  AaCöJv  ßaoiXsw;  "/aiTjXooi  ovxe?,  und  p.  467:  Ia  os  'A'i"3tpoiivxo; 
TzrAzDic,  iz  II^xpocv  xe  TuoXtv  xcti  xo'j;  AaCöiv  opo'j;,  o-ji  Sy]  xsXe-Jxä  6  E'j^eivo;  Ttöv- 
xo;,  [xiä;  daxtv  '^[x^pa?  6o6;.  Petra  im  Lande  der  Colchi  hatte  noch  lustinian 
befestigt  (Proc.  B.  Pers.  2,  17),  es  war  aber  wieder  verloren  worden  (Proc.  de 
aed.  3,  7).  Die  Stadt  Sebastopolis ,  welche  lustinian  Nov.  31  c.  1  im  J.  536 
erwähnt,   ist  Sebastopolis  in  Armenia  minor.    S.  Boecking  Not.  D.  Or.  p.  438. 


—     211     —    ' 

wesen,  welches  Pompeius  an  Deiotarus^),  Caesar  an  Ariobarza- 
nes  III  von  Cappadocien '-^j ,  Antonius  an  Polcmo,  König  des  Pon- 
tus'),  Auguslus  an  Archelaus  von  Cappadocien^)  gegeben  hatte. 
Es  wurde  mit  der  Provinz  Cappadocien  nicht  sofort  vereinigt, 
^ondern  im  J.  38  n.  Chr.  aufs  Neue  durch  Caligula  an  Cotys'»), 
Ml  J.  o4  durch  Nero  an  Aristobulus  abgetreten  ^j  und  ist  wahr- 
(heinHch  von  Yespasian  der  erweiterten  Provinz  einverleibt  wor- 
den. Wenngleich  Ptolemäus  Armenia  minor  in  einem  eigenen 
Capilel  behandelt,  so  ist  doch  die  Zugehörigkeit  dieses  Bezirks 
zu  Cappadocien  nicht  zu  bezweifeln').  Denn  Melitene,  das  zu 
Armenia  minor  gehört^),  war,  wie  bereits  bemerkt  ist,  seit  dem 
.1.  70  Hauptquartier  der  legio  XU  fulminata-^]  und  im  J.  75  baute 
in  Kleinarmenien  der  Legat  von  Cappadocien  die  Strassen  i"). 

Wenn    der    Statthalter    von    Syrien    insofern    die    wichtigste  Politische 

iiriii  1  •  !•!  rk-  •  Bedeutung 

Stelle  unter  allen  Statthaltern  der  orientalischen  Provinzen  ein-  der  Provinz. 
nahm,  als  er  die  römische  Grenze  unmittelbar  gegen  die  Parther 
zu  decken  hatte,  so  war  die  Hauptaufgabe  des  Legaten  von  Cap- 
j)adocien  dagegen,  Grossarmenien  und  die  caucasischen  Stämme 
von  der  Einmischung  parthischen  Einflusses  frei  zu  halten  und 
den  Römern  zu  sichern.  Wenn  die  Römer  in  diesen  Gegenden 
Könige  einsetzten ,  mussten  sie  dieselben  auch  thatsächlich 
schützen:  wie  z.  B.  im  armenischen  Kriege  Neros  (58 — 63  n.  Chr.) 

1)  Strabo  12  p.  547,  vgl.  Hirtius  B.  AUx.  34.  67. 

2)  Dio  Cas<.  41,  63;  42,  48. 
3j  Dio  Cass.  49,  33.  44. 

4)  Dio  Cass.  54,  9.  Strabo  12  p.  555. 

5J  Dio  Cass.  59,  12.  Tac.  Ann.  11,  9.    losepli.  Anl.  19,  8,  1. 

fij  Tac.  Ann.  13,  7.  Joseph.  Ant.  20,  8,  4.  Bdl.  lud.  2,  13,  2. 

7)  S.  Kuhn  II  8.  145  i.  Die  Einwohner  von  Armenia  minor  sind  Cappado- 
<  ier.  S.  die  Inschrift  aus  dem  J.  385  n,  Clw.  bei  de  Rossi  Jnscr.  Christ.  I  p.  155 
u.  355.  Civem  Armeniacum  (.'appadocejn  nwnine  (soll  heissen  nomine)  Quiril- 
Itts  u.  s.  w. 

8)  Ptolem.  5,  7,  5. 

9j  Vgl.  Procop.  de  aedif.  3,  4:  t^v  H  ti  /(«piov  dv  xot;  'Ap{xeviot;  to  ra- 
/.cttov  |Aiit{ior;  v.a/.o'j|jidvot<;  ou  r.oKKi^  dr.o^v^  7:oTä|jtoj  IvjcppciTO'j,  ecp'  ou  59)  Äö/o; 
Pcojxaiojv  5TCiaTia>Tdiv  Kopyio.  Me/.iTTjVYj  jxiv  to  -^cupiov,  Aeyetuv  oe  6  Äöyo;  ^Tttu- 
-'jl).dU''>-  'LvraCtl^a  zr^  fpjjjia  dv  TeTpaYwvc])  irA  yiöp«;  Itr.rlm  ^oei|xavTO  iv  toi; 
/v(u  /p<ivot;  'P(ü|j.aiof  (d.  h.  unter  Yespasian)  —  pieTd  6e  TpaiaNip  Ttp '  Pcjuaiouv 
V  ^roxp-JiTopt  0600Y(Acvov,  d;  itiXeöb;  Te  d^lwixa  hyßi^oi  d^pTxxai  xoil  |jiT)Tp6iToXic 
/.aTioTT,  T«])  COvst. 

10)  Meilen>tein  ,  gefunden  in  Mt'llki -('h«^rif  in  Kleliiarmeninn ,  Waddington 
111  n.  1814'»:  Imp.  Venpa^iuno  Caemre  \Aug.  p.  m.  tr.  pot.  VI]  imp.  XIII  ro«. 
\VI,  den.]  VII,  Imp.  Tito  (\temre  roi.  \l\v,  \de».\  V,  Cn.  Pompeiuit  i'nHlega  leij. 
Auy.\  pr.  pr.  [miUiuria  poMuit\.  l'ebor  diu  Ik'SlimmuiH^  du»  .liihret«  s.  Uorghesi 
Oeuvr.  Ü,  42. 

14* 


—     212     — 

(lorhulo,  der  damals  oin  ausserordonlliches  Commando  erliallen 
halte,  dem  von  ihm  eiiii^esetzlen  Könige  Tigranes  von  Armenien 
iOOO  legionarii,  3  cohortes  sociorum  und  2  alae  equitum  als 
Schutzwache  liess^).  üass  diese  Truppen  in  Armenien  längere 
Zeit  bleiben  konnten,  ist  nicht  anzunehmen,  da  Corbulo  noch  in 
denjselben  Jahre  (00  n.  Chr.)  sein  Commando  in  Armenien  nie- 
derlegte. Seitdem  aber  seit  Vespasian  die  legio  XII  fulminata  in 
Melitene  ^J  und  etwa  seit  Traian  ^)  die  legio  XV  Apollinaris  in 
Satala  (Sadagh)  ^)  ihr  Hauptquartier  hatte -^j ,  ausserdem  eine  Reihe 
von  Festungen  durch  Garnisonen  von  Auxiliartruppen  geschützt 
und  namentlich  die  Seeplätze  des  Pontus  zu  Militärdepots  einge- 
richtet waren"),  wurde  Cappadocien  nicht  nur  ein  sicherer  Aus- 
gangspunct  für  die  armenisch-parthischen  Kriege  des  Traian  im 
.1.  114')  und  des  M.  Aurel  und  Verus  162 — 165,  sondern  auch 
ein  wesentlicher  Schutz  für  die  römische  Politik,  deren  Einfluss 
sich  bis  über  die  Grenzen  Armeniens  erstreckte.  Wir  finden, 
dass  Vespasian  im  J.  75  dem  Könige  Mithridates  von  Iberien  eine 
Festung  am    Cyrus   (Kous)    bauen    liess  ^) ,    dass    unter   Antoninus 

1)  Tac.  Ann.  14,  26.  S.  über  diesen  Krieg  E.  Egli  Feldzüge  in  Armenien 
von  41 — 63  n.  Chr.  in  M.  Büdinger  Untersuchungen  zur  röm.  Kaisergeschichte. 
Bd.  1  Leipzig  1868.  8  S.  267—362. 

2)  Joseph.  B.  lud.  7,  1,  3.  Hier  lag  sie  noch  unter  Hadrian  (Arrian.  Actes 
c.  Alanos  p.  100.  103.  106  ed.  Blanc),  unter  Alexander  Severus  (Dio  Cass.  55, 
23),  und  bis  in  das  fünfte  (A'of.  D.  Or.  p.  97.  421)  und  sechste  Jahrhundert, 
Procop.   de  aed.   3,   5. 

3)  Obgleich  Sueton  Vesp.  8  sagt:  IVespasianus)  Cappadociae  legiones  addidit, 
so  wissen  wir  doch  nur  von  einer  Legion,  dass  sie  unter  ihm  in  die  Provinz 
verlegt  wurde.  Die  legio  ÄV  kam  nach  dem  jüdischen  Kriege  zunächst  nach 
Pannonien  (loseph.  Bell.  lud.  7,  5,  3);  in  Cappadocien  finden  wir  sie  erst  unter 
Hadrian  (Arriani  acies  c.  Alanos  §  5.  6). 

4)  Petermann  Geogr.   Mittheilungen.   Ergänzuugsh.  20  S.  63  Anm.  2. 

5)  Itiner.   Anton,  p.  183  Wess.   N.  D.  Or.  p.  96.  420. 

6)  Arrian.  peripl.  Ponti  Euxini  $  1.4.  7.  12.  14.  Tac.  Hist.  2,  6:  Cappa- 
docia  Pontusque  et  quidquid  caslrorum  Armeniis  praetenditur.  Dass  namentlich 
über  Trapezus  auf  dem  Seewege  Yorräthe  für  die  cappadocischen  Truppen  be- 
schafft wurden,  zeigt  Tac.  Ann.  13,  39. 

7)  Dio  Cass.  68,  18.  Dierauer  Gesch.  Traians  S.  160. 

8)  Griechische  Inschr.,  gefunden  zwischen  Tiflis  und  Metskhe'ta  am  rechten 
Ufer  des  Kour  in  Georgien ,  herausg.  v.  Renier  im  Journal  Asiatique.  Sixieme 
Serie.  Tome  XHI  (1869)  p.  93  :  [AuTO-/pdT(op  Kataajp  Ou£[o7raotav6?  Seßjaaxo;; 
ap/i£[p£u;  [xeYtato]? ,  or^fxapy i[x]'^;  £|o'j[oia;  xo]  C  >  auToxpaT[tu]p  -6  ih ,  'jr:aTo; 
t6  c,  ä7io6sO£iY|X£vo;  t6  C,  7raT'?jp  Traxptoo;,  '^[sip-'']]'^'/]; ,  7.al  a'jxo-zpc'xwp  Tixo; 
Kai[(3ap]  S£ßa(JxoD  uto;,  S7]fJ'0cp)(t[y.]fj!;  d^ouaia?  xö  e,  UTrotxo;  x6  6,  dT:oo£S£tY|Ji.£- 
No;  xo  £,  xEiiATfjXTr]?,  7.al  Ao[i.txtav6?  Kaiooc'p,  2£ßaoxoj  utoc,  uTiaxo;  x6  [^],  dr.o- 
Ö£?j£tY[j.£vo;  xo  0,  ßocotXei  'lß'/]pfjjv  MiDpioaxT],  ßaat/ico;  CJapotafidvou,  v.al  'lotixac- 
öaixttiivj  cptXoxaiootpi  xat  cpiXopcuixocttu  x[u)]  £Bv[£jt  xd  x£iy'^  d^toyjpojoav. 


—     213     — 

Pius  die  südlichen  Landschaften  Armeniens,  Sophenc  und  Gor- 
dyene,  von  Cappadocien  aus  verwaltet  wurden  i),  und  dass  im 
J.  185  unter  Commodus  eine  vexillatio  der  leg.  XV  ApoUinaris 
im  Osten  Armeniens  am  Cyrus  stand 2).  Bei  dieser  Bedeutung 
der  Provinz  hat  dieselbe  auch  nach  ihrer  Abtrennung  von  Gala- 
tien  immer  consularische  Legaten  behalten,  von  denen  aus  dem 
2ten  Jhdt.  bekannt  sind  M.  lunius,  0  xr^?  KaiiTraSoxia?  ap^^tov 
114  n.  Chr.  ^),  Flavius  Arrianus  cos.  suff.  eines  unbestimmten 
Jahres  4),  leg.  Cappad.  131  5)  bis  wenigstens  136  6),  in  welchem 
Jahre  er  seine  Tactica  schrieb^);  sein  Nachfolger  L.  Burbuleius 
Optatus  Ligarianus^),  wenig  später  L.  Aemilius  Carus^),  beim 
Beginne  der  Begierung  M.  Aureis  F.  Aelius  Scverianus  Maxi- 
mus, der  162  in  Elegia  in  Armenien  mit  der  ganzen  Besatzung 
des  Ortes  von  Vologeses  III,  König  der  Parther  i<^),  niedergemacht 
wurde  11);  dessen  Nachfolger  Statius  Priscus,  cos.  159,  leg.  Capp. 


1)  Appian.  Mithr.  105  sagt  von  diesen  Landschaften  :  xai  oxpaTTjYEi'ott  vDv 
a[j.a  TT^  KaTTTiaooxia  y.ai  rdoe.  Appian  sclirieb  nach  Hadrians  Tode  (s.  Clinton 
Fasti  Rom.  ad  a.  147j.  Da  Ptolemäus,  der  ihm  fast  gleichzeitig  ist,  diese  Land- 
schaften zu  Grossarmenien  rechnet  (5,  13,  13  und  20),  so  scheint  ihre  Zuge- 
hörigkeit zu  Cappadocien  nur  eine  vorübergehende  gewesen  zu  sein. 

2)  Inschr.  gef.  im  Kloster  Edchmiadzin  bei  Tiflis,  herausg.  Journal  Asiatique 
a.  a.  0.  p.  103:  Imp.  Caes.  M.  Aurel.  Antonino  Auy.  [Commodo]  Germa.  Sarm. 
Max.,  trib.  pot.,  imp.  VJI,  cos.  IV,  p.  p.  oexiU^atio')  leg.  X.V  Apoll,  sab  Caelio 
Calvino ,  leg.  Aug.  pr.  pr.,  curam  agente  Licinio  Saturnino  trib.  mil.  et  Aurel. 
Labrase  centurione  leg.  eiusdem. 

3)  üio  Cass.  68,   19. 

4)  Photius  bibl.  p.  17^»  Bekk.   Suidas  ;?.  v.  'A^fjiavo?.  Borghesi  Oeuvr.  4,  157, 
0)  8.  Seite  210  Anm.  4. 

6)  Dio  Cass.  69,  15  und  über  das  Jahr  Müller  Geographi  Gr.  min.  I  p.  CXII. 

7)  Arrian.  Tact.  c.  44:  ^;  TT|Voe  tT|V  TtapoOaav  ßaoiXeiav,  T|V  'ABptavö? 
etxooTÖv  toüt'  £To;  ßaoiXeoet.    Das  20ste  Jahr  des  lladrian  ist  136  n.  Chr. 

8)  Ueuzen  n.  6484.    Borghesi  Oeuvr.  4,  158. 

9)  Henzen  n.  6049.    Borghesi  Oeuvr.  4,  159. 

10)  Er  regiert  148 — 192.  8.  De  Bartholomaei  Recherchen  sur  la  numismatique 
arsacide  in  Memoires  de  la  Societe  d'archcologie  et  de  numismatique  de  Peters- 
burg. Vol.  II  (1848.  8)  p.  75  ff.  I.  Lindsay  A  view  of  the  history  and  coinage 
of  the  Parthians,  Cork,  1852.  4  p.  107  flF. 

11)  Den  Namen  Severianus  nennt  Lucian  Quomodo  hist.  sit  conscr.  21  u.  25. 
Dio  71,  2:  -xai  OTpax'ireoov  t£  8Xov  'Ptup-aixov  xo  'jtco  l^EOUTipf/vo)  xexa"]f[Ji-£vov 
dv  XTQ  'FjU-fdo. a'jxoi;  -^li-evöot  7.axex6;£'joe  x'/i  oi^cp&etpe.  Den  vollstän- 
digen Namen  giebt  die  Inschrift  v.  Bostra  Waddinglon^  n.  1943.  Wenn  Horghesi 
Oeuvr.  4,  254;  5,  375  aus  der  Stelle  des  Dio  Cass.  folgert,  dass  bei  dieser  (üe- 
legcnheit  die  legio  XXII  Deiotariana  vernichtet  worden  sei,  so  fehlt  hiefür  jeder 
Beweis.  Capitolin.  v.  Vtri  6  redet  von  caesis  legionibus,  was  j«'denfall8  ein  über- 
triebener Ausdruck  ist,  die  leg.  XXII  Deiotariana  scheint  alx^r  schon  unter  Traian 
eingegangen  zu  sein,  nach  dessen  Zeit  sie  nicht  vorkommt,  und  oxpax'JiTe^jov 
heisst  bei  Dio  überhaupt  nicht  notliweixlig  eine  Legion,  sondern  wird  auch  von 
irgend  einer  IJecresabtheilung  gebraucht. 


—     214     — 

162^),  iiuf  welchen  dann  I'olgle  Marlius  Verus  cos.  162  2)  und 
vielleicht  T.  Ariiiis  Antoninus^)  ;  unter  Commodus  der  bereits 
erwähnte  Caelius  Calvinus  im.!.  185,  endlich  im  Anfang  des  3ten 
Jhdts.  SulhH)  und  Q.  Atrius  Cionius^).  Unter  dem  Legaten 
stand  ohne  Zweifel,  wie  in  allen  kaiserlichen  Provinzen,  ein  Pro- 
cura lor"^). 
Neue  Städte-  Das   eigentliche   Cappadocien   hatte,    als   es   Provinz    wurde, 

nur  vier  Städte,  Tyana,  Mazaca'),  Ariarathia'*)  und  Archelais'*); 
alle  übrigen  Ortschaften  waren  vici,  xÄjxa^  ohne  Stadtverfassung 
und  städtische  Behörden,  so  dass  das  Land  in  ähnlicher  Weise, 
wie  wir  es  in  Aegypten  finden  werden,  von  10  Strategen  admi- 
nistrirt  wurde  i^).  Ausserdem  war  ein  bedeutender  Theil  des 
Landes  kaiserHche  Domaine,  welche  zwar  erst  im  5ten  und  6ten 
Jahrhundert  erwähnt  wird^i),  aber  ohne  Zweifel  aus  den  könig- 
lichen Gütern  herrührte  und  seit  Tiberius  unter  Verwaltung  des 
Procurators  stand.  In  römischer  Zeit  finden  wir  nicht  nur  die 
vier  genannten  Städte,  von  denen  Mazaca  oder  Eusebia  Haupt- 
stadt der  Provinz  ist^'-)   und  den  Namen  Caesarea  führt i^),  Tyana 

1)  Heiizen  n.  5480.    Borghesi  Oeuvr.  3,  249. 

2)  Borghesi  Oeuvr.  5,  258.  Er  heisst  KaTtTiaBoxia?  apytuv ,  Dio  Cass.  71,  23. 
Dass  er  des  Priscus  Nachfolger  war,  sieht  man  aus  Suiclas"  s.  v.  Map"to?. 

3)  C.  I.  Gr.  4193  und  dazu  Waddington  in  Borghesi  Oeuvres  5,  418.  Auch 
in  der  Inschr.  von  Amasia  C.  I.  Gr.  4168  wird  er  nicht,  wie  Borghesi  a.  a.  0. 
annimmt,  als  Statthalter  von  Bithynien ,  sondern,  wie  Kuhn  II,  160  richtig  be- 
merkt, als  Legat  von  Cappadocien  erwähnt.  Denn  Amasia  mit  dem  Pontus  Gala- 
ticus  gehörte  damals  zu  Cappadocien. 

4)  Dio  Cass.   79,  4  (unter  Elagabalus). 

5)  Henzen  n.  6057.  C.  I.  L.  II  n.  4111.  Ulpian.  Big.  26,  10,  7^2  citirt 
eine  epistola  imperatoris  nostri  (^Caracallae^  et  divi  Severi  ad  Atrium  Clonium. 
Die  zweite  der  citirten  Inschriften  ist  aber  unter  Alexander  Severus  gesetzt  und 
dalier  erheblich  jünger. 

6)  Er  kommt  nur  einmal  vor  in  der  spanischen  Inschr,  Orelli  5040  =  6928, 
besser  C.  I.  L.  11  n.  1970,  wo  Hübner  proc.  prov.  Cappadociae  liest,  Mommsen 
dagegen  proc.  provinc.  Capp.  Paflag.  Gal.  vermuthet. 

7)  Strabo  12  p.  537  kennt  nur  diese  beiden.  Tyana  nennt  auch  Philostratus 
V.  Apoll.   1,  4  eine  hellenische  Stadt. 

8)  Steph.  Byz.  s.  v.    Ptelem.  5,  6  §  13. 

9)  Ptolem.  5,   6,   14. 

10)  Hierüber  handelt  vortrefflich  Kuhn  II,  231—258. 

11)  In  der  iV.  D.  Or.  p.  37  werden  sie  angeführt  unter  dem  Namen  Domus 
divina  per  Cappadociam  uftd  lustinian  ordnete  im  J.  536  eine  neue  Verwaltung 
derselben  an,   Nov.  30, 

12)  Den  Titel  {jt-r^Tpozo/vis  hat  sie  auf  Münzen  seit  M.  Antoninus.  Mionnct 
Suppl.  7  p.  672. 

13)  Den  Namen  erhielt  sie  nach  Constantinus  Porphyrog.  de  thematib.  1,  2 
und  lustinian.  Nov.  30  pr.  von  lulius  Caesar,  nach  S.  Rufus  brev.  11  von  Augu- 
stus,  nach  Eutrop.  7,  11  von  Tiberius,  nach  Sozomenus  H.  E.  5,  4  von  Claudius. 


—     215     — 

auf  Münzen  seit  Hadrian  ispa,  aaüXoc,  auiovofio«;  heisst  ^)  und  im 
Jahr  213  unter  Caracalla  Colonie  wurde '^),  endlich  Archeiais  von 
Claudius  zur  Colonie  erhoben  war«^),  sondern  auch  Castabala 
und  Cybislra  sind  Städte  geworden  und  prägen  Münzen^);  aus 
dem  vicus  Halalae  machte  M.  Aurel  die  Stadt  Faustinopolis  •''), 
und  Diocaesarea  bezeugt  durch  seinen  Namen  den  römischen  Ur- 
sprung ^j.  Gleicher  Entstehung  sind  in  Ar^menia  minor  Nicopolis, 
das  Pompeius  baute"),  Melitene,  das  unter  Traian  Stadt  wurde  ^), 
ferner  Claudiopolis'^),  Sebastopolis^oj  ^^id  die  von  Ptolemäus  er- 
wähnte Colonie  Sinis*^);  im  Pontus  Galaticus  Neapolis,  vor  Pom- 
peius eine  xw[xyj  Namens  OaCYjjJ-wv  ^2)  ,  Comana,  zu  Mithridates 
Zeil  noch  ein  vicus  ^^)y  und  Scbastopolis^^);  im  Pontus  Polemoniacus 
Zela,  früher  ein  mcws  1^) ,  seit  Pompeius  eine  Stadt  i^),  Cabira,  das 
von    Pompeius   Diospolis    benannt,    später    Sebaste    biess  ^')   und 

Die  Aera  der  Stadt,  deren  Anfaug  vor  Einrichtung  der  Provinz  zwischen  27 — 15 
vor  Chr.  fallen  muss,  datirt  Borghesi  BuUett.  d.  Inst.  1852  p.  156  vom  Jahr  20 
V.  Chr.,  in  welchem  Augustus  dem  König  Archelaus  Ärmenia  minor  schenkte. 
Mit  der  Aera  dürfte  der  Name  zusammenhängen. 

1)  Mionnet  Suppl.  7  p.  713. 

2)  Sie  heisst  Antoniniana  colonia  Tyana.  Eckhel  Z>.  A'.  3,  195.  Mionnet 
Suppl.  7  p.  715. 

3J  Plin.  N.  i/.  6  §  8.  Itin.  Anton,  p.  144.  Ptol.  5,  6  §  14. 

4)  Eckhel  J).  N.  3,  192.  193.  Mionnet  Suppl.  7  p.  709.  711.  Dass  Comana, 
welches  auf  Münzen  als  Colonie  erscheint  (Mionnet  a.  a.  0.  p.  710),  das  cappa- 
docische  Comana  sei,  ist  mir  sehr  zweifelhaft,  da  es  Col.  Augusta,  Comana  p.  p. 
col.  Iul{ia),  auch  Col.  lul.  Aug.  G.  1.  F.  Comanorum  genannt  wird,  wozu  mir 
jede  Erklärung  fehlt. 

5)  Capitolin.   M.   Ant.  phil.  26:    Faustinam  suam  in  radicihus  montis  Tauri 

in  vico  Halalae  —  amisit fecit   et  coloniam   vicum   in   quo   obiit  Faustina. 

Als  Colonie  kommt  der  Ort  sonst  nicht  vor. 

6)  Plin.  N.  II.  6  §  8. 

7)  Dio  Cass.  36,  33.  Strabo  12  p.  555.  Plin.  N.  H.  G  %  26.  Ptol.  5,  7  §  3. 
Itin.  Anton,  p.  183.  207.  Später  hat  es  die  Titel  'ASptavT]  und  (jiTjTpoTioXt;.  C.  I. 
Gr.  4189. 

8)  Procop.  de  aed.  3,  4.    8.  oben  Seite  211  Anm.  9. 

9)  Plin.  A'.  H.  5,  85.    Ptol.  5,  7  ^  7. 

10)  Ptolem.  5,  6  $  7  rechnet  sie  zu  Cappadocien.  Hierocles  p.  703.  lusti- 
nian.   Nov.  31  c.  1. 

11)  Ptolem.  5,  7  S  5. 

12)  Strabo  12  p.  560. 

13)  Appian.  Mithr.  64.  Hernach  prägt  es  Münzen.  Auch  diejenigen  Münzen, 
in  welchen  COL.  IVL.  AVG.  Felix  COMAiSORVM  vorkommt,  möchte  ich  elier 
mit  Eckhel  I).  A.  2,  351  auf  das  pontische ,  als  mit  Mionnet  Suppl.  7  p.  710 
auf  das  cappadocische  Comana  beziehen. 

14)  Ptolem.  5,  6  S  9.  Eckhel  />.  N.  2,  357. 

15)  Strabo  12  p.  559. 

16)  Strabo  12  p.  560.    Plin.    V.  //.  6  ^  8. 

17)  Strabo  12  p.  557. 


—     216     — 

wohl  auch  mit  Neocaesarea  identisch  ist*),  ausserdem  Magno- 
polis'^)  und  Mogalopolis  (Sebastcia)  =*) .  Deutlicher  als  diese  ein- 
zelnen Beispiele  lassen  die  kirchlichen  Quellen  der  spateren  Zeit, 
sowie  der  um  535  geschriebene  Synekdemos  des  Hierocies  er- 
kennen, dass  während  der  römischen  Verwaltung  die  als  Statio- 
nen an  den  Militärstrassen  oder  Garnisonsorten  sich  vergrössern- 
den  üici  zu  Städten  entwickelt  und  zu  Bischofssitzen  erhoben 
wurden,  und  man  darf  annehmen,  dass,  wie  in  Thracien  und 
Aegypten,  so  auch  in  Cappadocien  namentlich  in  der  Zeit  zwi- 
schen Alexander  Severus  und  Constantin  die  Aufhebung  der 
Strategien  und  die  Einführung  der  der  ganzen  Verwaltung  zu 
Grunde  liegenden  Decurionatsverfassung  stattgefunden  haf^). 
Spätere  Scit    Diöclctian    ist   sodann   die   Provinz    wieder   in   kleinere 

Theiiniig.  'j^jjQJiß  verlegt  worden,  nämlich  1 .  Diospontus  oder  Hellenopontus 
mit  den  Städten  Amasia,  Zela,  Amisus,  Sinope,  schon  vor  297; 
2.  Ponlus  Polemoniacus  mit  den  Städten  Neocaesarea ,  Comana, 
Polemonium,  Cerasus,  Trapezus,  ebenfalls  vor  297;  3.  Cappa- 
docia  prima  mit  den  Städten  Caesarea,  Nyssa,  Therma,  Regepo- 
dandus  und  4.  Cappadocia  secimda  mit  den  Städten  Tyana, 
Faustinopolis,  Cybistra,  Nazianzus,  beide  getrennt  zwischen  381 
und  386  ;  5.  Armenia  prima  mit  den  Städten  Sebastia,  Nicopolis, 
Satala,  Sebastopolis,  6.  Arjnenia  secunda  mit  den  Städten  Meli- 
tene,  Comana,  Ariarathia,  ebenfalls  getheilt  um  386.  Alle  diese 
Provinzen  gehören  zu  der  dioecesls  PonticUy  während  7.  Lycaonia 
mit  den  Städten  Iconium,  Lyslra,  Derbe  um  373  eine  Provinz 
der  dioecesis  Asiana  wurde  5). 

XXXII.   Lycia  et  Pamphylia. 

Nach  Besiegung  des  Antiochus  durch  Scipio  im  J.  564  =  190 
setzten  die  Römer  im  folgenden  Jahre  den  Krieg  gegen  die  Gala- 
ter  fort,  bei  welcher  Gelegenheit  sie  zum  ersten  Male  in  Pam- 
phylien  einrückten").     In  dem  Friedensschlüsse  des  J.  188  wurde 

1)  Forbiger  Geogr.  II,  428.  429. 

2)  Strabo  12  p.  556.    Plin.  N.  H.  6  %  8. 

3)  Strabo  12  p.  559.  560.   Kulm  II,  249. 

4)  S.  hierüber  Kuhn  II,  240. 

5)  Mommsen  Verz.  d.  röm.  Provinzen  von  297  S.  503.  Kuhn  II  S.  243. 
luötinian  richtete  im  Jahr  536  vier  Arnieniae  ein.  S.  lustinian.  Nov.  31.  Kuhn 
II,  244.    Mommsen  a.  a.  0.  S.  505. 

6)  Polyb.  22,   18.    Liv.  38,   15. 


_     217     — 

aber  Über  Pamphylien  noch  keine  Bestimmung  getroffen  i),  sondern 
es  blieb  vorläufig  unabhängig,  bis  es  651=103  wieder  besetzt 
und  mit  der  damals  entstehenden  Provinz  Cilicien  vereinigt 
wurdet).  Eine  Provinz  Pamphylia  wird  zuerst  im  J.  25  v.  Chr. 
erwähnt -^j;  dass  sie  aber  einen  eigenen  Statthalter  gehabt  hat, 
ist  bei  dem  geringen  Umfange  des  Landes  nicht  wahrscheinlich^). 
Lycien  dagegen ,  welches  im  mithridatischcn  Kriege  auf  Seiten 
der  Römer  gestanden  hatte,  erhielt  zuerst  von  Sulla  ^),  und  ob- 
wohl es  später  zu  Lieferungen  und  Abgaben  mehrmals  in  An- 
spruch genommen  wurde  6)  und  namentlich  im  J.  43  v.  Chr. 
unter  Cassius  sehr  zu  leiden  hatte,  zum  zweiten  Male  durch 
Antonius")  die  Anerkennung  seiner  Freiheit,  in  welcher  es  blieb, 
bis  Kaiser  Claudius  im  .1.  43  n.  Chr.  die  Provinz  Lycia  Pam- 
phylia einrichtete^).  Aber  auch  diese  Einrichtung  war  noch  nicht 
definitiv,  da  Lycien  unter  Nero  oder  Galba  nochmals  frei  gewor- 
den zu  sein  scheint,  Pamphylien  aber  unter  Galba  mit  Galatien 
verbunden  war'*).  Sonach  ist  die  eigentliche  Gründung  der  Pro- 
vinz  erst   unter  Vespasian   und    wahrscheinlich    in    das  J.   74  zu  ^'^^J^^^^"^^ 

1)  Polyb.  22,  27.    Liv.  38,  39. 

2)  S.  oben  Seite  178  Anra.  2  und  den  Abschnitt  über  Cilicia. 

3)  Dio  Cass.  53,  26 :  xa  ts  /tupia  xa  iv.  xfj?  riafjLcpuXta?  TTpoxepov  xilp 
'A[j.!jvxa  rpo;ve|j.Tji}£vxa  xti)  lOuo  vo(j.(|)  dr^toodf).  Das  persische  Reich  war  in  20 
8teuerdistricte  getheilt  gewesen,  die  Herodot  3,  90  ff.  aufzählt  und  NO|xoi  nennt. 
So  ist  auch  bei  Dio  Cassius  voiao;  eine  Provinz,  36,  33  :  NixoTToXlxat  —  ii  xov 
KaTTTiaSoxixov  vo|j.6v  auvxeXouvxe?.  Ebenso  sagt  er  6  xf^?  Bi^uvta;  vo(j.6;  42,  -45, 
ö  xfjC  Mucta;  N0(j.6;  51,  22,  b  z-f]i  lIa|xcpuXia<;  vou.65  60,  17. 

4)  Im  J.  13  V.  Chr.  war  nach  Dio  Cass.  54,  34  L.  Piso  Statthalter  von 
Paniphylien.  Da  derselbe  aber  ein  Consular  war  und  Pamphylien  niemals  eine 
consularische  Provinz  gewesen  ist ,  so  scheint  Pamphylien  wie  Cilicien  damals 
mit  Syrien  zusammen  verwaltet  worden  zu  sein,  worüber  das  Nähere  bei  Syrien 
nachzusehen  ist. 

5)  Appian.  Mithr.  61.  Wir  haben  noch  eine  Inschrift  C.  i.  L.  1  p.  169  = 
('.  1.  Gr.  5882,  welche  eine  lycische  Stadt  zum  Dank  für  diese  Privilegien  in 
Rom  setzte. 

6)  Cic.  act.  1  in  Verr.  38,  95. 

7)  Appian.  B.  C.  5,  7. 

8)  Suet.  Claud.  25 :  Lyciis  ob  exiüahiles  intet  se  discordias  libertatem  ademit. 
Dio  Cass.  60,  17:  xo6;  xe  Auxiö'j;  oxaaidaavxa; ,  oiaxe  xal  'Vv)[j.r>.wji  xiva; 
äroxxelvxi,  ioou/.c/joaxo  xe  xal  d;  tos  xtj;  Ilafxcp'jXia;  vo[j.6v  i(3i'(pa<]^&u.  Ks  wer- 
den in  den  nächsten  Jahren  auch  bereits  zwei  Statthalter  Lyciens  genannt, 
nämlich  erstens  Eprius  Marcellus  praetor  48  n.  Chr.  (Tac.  Ann.  12,  4),  Statt- 
halter von  Lycien  wohl  54  —  56  ,  da  er  57  von  den  Lyciern  wegen  Repetunden 
verklagt  wurde  (Tac.  Ann.  13,  33.  Horghesi  Oeuvres  3,  286:  4,  349);  zweitens 
Mcinius  .VTutianus,  Lyciae  leytttus  fl'lin.  N.  II.  12  %  9),  wahrscheinlich  der  Nach- 
folger des   Kprius  .Marcellus  (Uorgliosi   Oeuvr.   4,   350). 

9)  Tac.  lliH.  2,  9:  (rnlatiain  ac  Pamplujliam  provincids  Calpurnio  Aapreiviti 
Teyendna  Galba  permiserat.  Ziimpt  Comin.  tp.  II  p.  143  nimmt  au,  dass  über- 
haupt m:\t  Claudius  I.ycien  und  PamphyliiMi  unter  dem  Legaten  von  Oalatieii 
standen.    Uebcr  da»  Freiwerden  Lyciens  fehlt  jede  Nachricht. 


—     218     — 

setzen  1),  von  welcher  Zeit  an  Lyeia  Piunphylia  unter  kaiserlicher 
Verwaltung,  wie  bereits  früher  unter  Claudius,  stand,  bis  in»  J. 
135  Hadi'ian  sie  gegen  Hithynien  austauschte  und  zur  senatori- 
schen  Provinz  machte'-^).  Aus  diesem  Umstände  erklärt  sich, 
dass  als  Statthalter  in  ihr  bis  zu  dem  genannten  Jahre  ein  lega- 
tus  AiKjusti  pro  praetore'^^)^  später  ein  Pro})rätor  mit  dem  Titel 
pr'oconsul  fungirt  ^) . 
Lycische  Obgleich  durch  eine  gemeinsame  Verwaltung  äusserlich  ver- 

iissung.  einigt,  eihielten  sich  doch  die  beiden  Landschaften  als  getrennte, 
selbständige  Nationalitäten.  Lycien  halte  in  der  Zeit  seiner  Frei- 
heit einen  Städtebund  (Aoxiaxov  ouaTr^jia)  gebildet'^),  in  welchem 
von  den  zahlreichen  Ortschaften  des  Landes  ^)   nach  Artemidorus, 

1)  Suet.  Vesp.  8:  Achaiam,  Lyciam,  Rhodum,  Byzantium,  Samum  libertate 
ademta  —  in  provinciarum  formam  redegit.  Eutrop.  7,  19.  Euse"bius  Chron.  Can. 
p.  159  Schoene  setzt  die  Einrichtung  dieser  Provinzen  Olymp.  213,  2  =  74,  also 
in  das  6te  Jahr  des  Vespasian.  Von  diesem  Jahr  scheint  auch  die  cilicische 
Aera  zu  datiren.    Clinton  F.  Rom.  ad  a.  74. 

2)  Dio  Cass.  69,  14:  x-jj  os  otj  ßo'jXir]  %al  t(|)  vSkr^pw  y]  riap.cp'jXia  dvTt  tT^ 
Bi9^u^iai  dBo^Tf).    Das  Nähere  hierüber  s.  oben  S.  196  An'm.  1.  2.  3. 

3)  Ein  Verzeichniss  der  Statthalter  Lyciens  und  Pamphyliens  hat  schon 
Secchi  MoiiumenÜ  inedlti  d'un  antico  sepolero  di  famiglia  Greca  scoperto  in  Roma 
SU  la  via  Latina,  Roma  1843  fol.  p.  18 — 20  zusammengestellt.  Von  Legaten  Ly- 
ciens sind  jetzt  begannt :  unter  Vespasian  S.  Marcius  Priscus,  C.  I.  Gr.  4270.  4271 
=  AVaddington  n.  1253.  1254  und  L.  Luscius  Ocrea,  Heuzen  Annali  1852  p.  185 
=  Waddington  n.  1225;  unter  Titus  im  J.  80  T.  Aurelius  Avitus  ,  Waddington 
n.  1292;  unter  Traian  A.  lulius  Quadratus,  C.  I.  Gr.  3548.  3532.  4238^,  Wad- 
dington n.  1722a ;  L.  lulius  Marinus  Simplex,  Marini  Arv.  n.  LVIIL  C.  I.  Gr. 
n.  4238c ;   Q.  Pompeius  Falco,  Henzen  5451. 

4)  Hieher  gehört  Q.  Ranius  Honoratianus  Festus ,  Mur.  517,  4,  der  zuerst 
leyatus  des  Proconsuls  von  Lycia  Pamphylia,  dann  proconsul  der  Provinz  war  und 
in  die  Zeit  zwischen  M.  Aurel  und  Alexander  Severus  fällt  (Borghesi  Oeuvres 
5,  388);  C.  Porcius  Priscus  Longinus  unter  Alex.  Sever. ,  Marini  Arv.  n.  LXI; 
ein  namenloser  Proconsul,  Grut.  491,  12  und  Lollianus ,  Ruinart  Acta  mart. 
p.  479.  Schwierigkeit  macht  dagegen  die  Inschr.  C.  I.  Gr.  Vol.  III  p.  1140  n. 
4303h^  =  Waddington  1286,  in  welcher  unter  Antoninus  Pius  der  Rath  und  das 
Volk  von  Cyaneae  ein  Bad  _dediciren :  iizl  Fvotiou  'Appbu  Kop^r^Xiou  IlpoxXou 
-peGfleutou  'AoX  dvTiaTpaxfjYOU.  Denn  dieser  Proculus,  der  in  den  Digesten  mehr- 
mals erwähnt  wird  (Dig.  2,  8,  7;  26,  5,  24;  48,  18,  1),  ist  nicht  für  einen  Le- 
gaten des  Proconsuls,  sondern  für  den  Statthalter  selbst  zu  halten.  Es  würde 
demnach,  wie  bei  Bithynien ,  so  auch  bei  Lycien  nach  Hadrian  eine  nochmalige 
Aenderung  der  Administration  anzunehmen  sein. 

5}  S.  Strabo  14  p.  664.  665  und  die  vortrefflichen  Untersuchungen  von 
Koner  Beiträge  zur  Münzkunde  Lyciens  in  Pinder  und  Friedländer  Beiträge  zur 
älteren  Münzkunde  Bd.  1,  Berlin  1851  S.  93 — 122  und  W^addington  in  Revue  nu- 
mismatique  1853  p.  85  —  98  (vgl.  denselben  in  Le  Bas  Voy.  Expl.  des  inscr.  III 
n.  1221),  welche  Kuhn  II  S.  292  unbenutzt  gelassen  hat. 

6)  Nach  Plinius  zählte  Lycien  früher  70,  zu  seiner  Zeit  36,  nach  Ptole- 
maeus  33 ,  nach  Hierocles  28 ,  nach  Stephanus  'von  Byzanz  64,  Aus  andern 
Quellen,  Münzen  und  Inschriften  sind  nähe  an  100  lycische  Ortschaften  be- 
kannt, die  Koner  a.  a.  0-.  p.  96  ff.  zusammenstellt. 


—     219     — 

der  elwa  100  v.  Chr.  schrieb  i)  und  Strabos  Quelle  ist,  %]  stimm- 
berechtigt waren.  Auch  diese  zerfielen  wieder  in  drei  Classen, 
grosse  Städte,  welche  drei,  mittlere,  welche  zwei,  und  die  übri- 
gen, welche  eine  Stimme  hatten  2);  nur  die  ersten,  sechs  an  Zahl, 
fuhrt  Slrabo  an;  die  übrigen  würden  uns  unbekannt  sein,  wenn 
nicht  der  lycische  Bund  ein  gemeinsames  Münzsystem  gehabt 
hätte,  nach  welchem  die  Münzen  der  Bundesstädte  neben  dem 
abgekürzten  Namen  der  Stadt  das  auf  den  gemeinsamen  Apollo- 
cult  bezügliche  Wappen  des  Bundes,  eine  dreisaitige  Leier  oder 
Bogen  und  Köcher,  nebst  der  Umschrift  AYKIQN  führen.  Mit 
Hülfe  dieser  Münzen  sind  ausser  den  von  Strabo  angeführten 
Bundesstädten:  1.  Patara,  2.  Olympus,  3.  Myra,  4.  Tlos,  5.  Xan- 
thus,  6.  Pinara^J  noch  elf  mit  Sicherheit  nachzuweisen:  7.  Anti- 
phellus,  8.  Aperlae,  9.  Arycanda ,  10.  Gragus,  \\.  Cyaneae, 
12.  Limyra ,  13.  Masicytus,  14.  Phellus,  15.  Podalia,  16.  Bho- 
diapolis,  17.  Trebenna  (oder  Trabala)-  Nicht  ganz  sicher  sind 
dagegen:  18.  Apollonia ,  19.  Araxa,  20.  Telmissus.  Es  fehlen 
somit  für  die  Zeit  des  Artemidorus  wenigstens  drei  Städte.  Für 
die  spätere  Zeit  lässt  sich  indessen  auch  diese  Lücke  ergänzen, 
da  seit  d.  J.  84  v.  Chr.  Bubon^)  und  Balbura^)  und  in  nicht 
näher  zu  bestimmender  Zeit  Phaseiis  ^')  dem  Bunde  angehört 
haben.  Diese  Ortschaften  waren  es,  welche  jährlich  in  einer  aus 
•ihrer  Zahl  durch  Wahl  bestimmten  Stadt  die  Landesversanunlung 
auvsopiov  xotvov)  durch  ihre  Deputirten  (auvsopoi)  abhalten  Hessen. 
In  derselben  wurden  zuerst  der  Lykiarch,  dann  die  anderen 
Bundesbeamten  7)    gewählt,    ein   Bundesgericht    constituirt,    Krieg 

1)  Marcianus  Heracleensis  epitome  peripli  Menippei  in  Müller  Geogr.  min. 
I,  Ö66:  'ApTefj-ioojpo;  0£  6  'Ecfzoto;  YewYpacpo?  -icard  xf^v  sxaxodTT^v  E^axoor^jV 
hudzr^y  '()).'j|A7:iaoa  •'(t^o-^vji,  d.  h.  104  v.  Clir. 

2)  Strabo  braucht  die  Bezeichnungen  al  ixi^i^-ai  —  cti  {Asoat  —  ai  aXXat. 

3)  Von  den  fünf  ersten  sind  Bundesmünzen  vorhanden,  von  Pinara  ist  noch 
keine  aufgefunden. 

4)  Von  Bubon  giebt  es  eine  Bundesmünze,  allein  erst  durch  Murena  wurde 
84  V.  Chr.  die  Tetrapolis  Kibyra,  Bubon,  Balbura  und  Oenanda,  welche  bis  dahin 
eine  eigne  Dynastie  bildete,  aufgelöst  und  Bubo  und  Balbura  zu  Lycien  geschla- 
gen (Strabo  13  p.  631).   Es  lionnte  also  erst  seit  84  Bundesstadt  sein. 

5j  Von  Balbura  giebt  es  Bundesmünzen  nicht,  seine  Zugehörigkeit  zum 
Bunde  beweisen  aber  mehrere  Inschriften.  Heiizen  Annali  1852  p,  178  IT.  Wad- 
diiigton  n.  1221  ff. 

6)  Phaselis  hat  neben  eigenen  Münzen  auch  Bundo^münzcn  geprägt  und 
daher  zu  irgend  einer  Zeit  dem  Bunde  angehört. 

7)  Zu  diesen  gehören  zur  Zeit  der  lycischcn  Freiheit  der  .Xdmiral,  vairxpyo;, 
der  in  den  Inschriften   Waddingtou  n.  1201.  1252  erwähnt  wird. 


—     220     — 

und  Frieden  beschlossen  und  Abj^aben  ausgeschrieben  und  diese 
Verfassung  des  Bundes  bestand  unter  römischer  Herrschaft  fort, 
nur  dass  die  Conipotcnz  für  äussere  Politik  und  ohne  Zweifel  das 
Abgabenvvesen  dem  Bunde  entzogen  war.  Auch  unter  der  Pro- 
vincialverwaltung  also  tinden  wir  das  xoivov  Auxiwv*),  den  Auxt- 
ap/rj?2),  die  Abgeordneten  (auvsSpoi),  und  als  stehende  Beamte 
des  xotvov  die  ßouXsuTal,  die  xoivot  ap^^ovis?  oder  iUvLxot  ap/ov- 
Ts;*^),  insbesondere  einen  ap^^icpuXa^  ^) ,  mehrere  uTCocpuXaxe?  ^) ,  einen 
YpafjLfiarsuc  ^)  und  die  Priester  Lyciens').  In  gleicher  Weise  feierte 
Pamphyii-  Pamphvlien    seine    eigene   Festsemeinschaft,    Miiic,  OauLcpoXiaxTi  ^) 

scher  Land-  "^  7  .'  ''  ' 

tag.  unter  einem  na|xcpuXiap)(Yj?-^),  auch  hat  die  Provinz  keine  gemein- 
same Hauptstadt,  sondern  Lycien  allein  drei  Metropolen,  TIos'"), 
Xanthus  ^')  und  Patara  12)  ^  während  in  Pamphylien  Side  die  erste  ^''j, 
Perge  die  zweite,  Aspendus  die  dritte  Stadt  ist^^).  Nichtsdesto- 
weniger erhielt  sich  die  Vereinigung  beider  Landschaften  unter 
einem    Statthalter    mindestens   bis    313    n.    Chr.  i-^);    nicht    lange 

1)  Es  kommt  vor  in  Inschriften  von  Xanthus  (Waddington  n,  1250),  Tlos 
(n.  1245),  Patara  (n.  1266),  Oenoanda  (n.  1233),  Balbura  (n.  1221.  1224),  Pha- 
selis,   C.  /.  Gr.  4332. 

2)  Inschr.  von  Xanthus,  C.  1.  Gr.  n.  4274.  Addenda  p.  1124  =  Waddington 
n.  1257;  von  Bubon,  Waddington  n.  1219;  von  Balbura,  n.  1224;  von  Telmes- 
sus,   C.  J.  Gr.  n.  4198. 

3)  Inschr.  von  Balbura,  Waddington  n.  1221  :  o6'v[T]a  os  v.ai  toi?  o'JV£[opot; 
y.a]i  Au-Äi(u^;  dpyoaTaxat?  [xal  ßo]'jXe['j]Tai?  "xal  vcot^^oi;  ap"/o'j[otv  &t]avofxfj; 
avot  K  ß^.  Die  dpyooTdxai  sind  unerklärt,  die  -/oivol  dpyovxs?  heissen  in  dersel-' 
ben  Inschr.  mehrmals  i&vixot  dpyovxe?. 

4)  Waddington  n.  1224. 

5)  C.  I.  Gr.  4332.    Waddington  n.  1224. 

6)  Waddington  n.  1266.   Die  Lesart  ist  nicht  sicher;  Henzen  ergänzt  Ta|JLia;. 

7)  Eine  dpyiepeia  Auxta; ,  Waddington  n.  1297,  ein  dpyicpaad|xevo;  xfj; 
Auxiot;,  d.  h.  ein  gewesener  dpytsps'j?,  Römische  Inschr,  bei  Secchi  a.  a.  0.  p.  13 
=  Ballett,  d.  Inst.  1843  p.  138. 

8)  C.  I.  Gr.  4352.  4354.  4355.  Eckhel  3  p.  9 ,  der  den  Ausdruck  indessen 
nicht  verstand.  Mionnet  3,  449. 

9)  Waddington  n.  1224. 

10)  C.  I.  Gr.  n.  4240«;  Waddington  n.  1266. 

11)  C.  1.  Gr.  n.  4276  und  Addenda  p.  1125  =  Waddington  n.  1255;  C.  I.  Gr. 
4273.  4274  =  Waddington  n.  1257.  1258. 

12)  C.  1.  Gr.  n.  4280.  4281.  4283. 

13)  Eckhel  3,  17.  Den  Titel  Metropolis  linde  ich  nur  in  der  sehr  späten 
Inschrift  C.  I.  Gr.  n.  4361. 

14)  Philostratus  u.  Apollon.  1,  15:  dcpUexo  (xev  ydp  e;  "AoTrevoov  xy)v  HaiJL- 
cpüXcDV  •  —  7tp6;  E'jpu[j.£Oovxi  oe  ofxeTxai  rcoxafxtj)  -1^  rcoXi?  a'jxrj ,  xpixT^  xiov  ixei. 

15)  Die  Verordnung  Cod.  Th.  13,  10,  2  vom  Jahr  313  ist  gerichtet  ad  Euse- 
bium  V.  C.  praesidem  Lyciae  et  Pamphyliae.  In  dem  veroneser  Verzeichniss  von 
295  ist  nur  Pamphylia,  nicht  Lycia  aufgeführt  und  Mommsen  nimmt  an,  dass 
der  letztere  Name  nur  durch  ein  Versehen  ausgefallen  sei.  Ich  halte  für  wahr- 
scheinlicher, dass  die  combinirte  Provinz,  welche  damals  noch  existirte,  mit  dem 
einen  Namen  Pamphylia  bezeichnet  ist. 


—     221     — 
darauf^)    aber    wurdo    sie    aufe;ehoben    und    Lvcia    unter    einen   Trennuug 

o  »  beider 

praeses,   Pamphyüa  unter  einen  consularis  gestellt  2),  Tbeiie  der 

XXXIII.  Cilicia»). 

Cilicien  ist  von  Natur  in  zwei  Theile  getbeilt,  deren  Grenz- 
scheide die  Stadt  Soloi  bildet;  westlich  von  derselben  liegt  Cilicia 
aspera  (rpa^^sTa,  Tpa^^sioiTi;),  östlich  bis  zur  syrischen  Grenze 
Cilicia  campestris  (üsBidic).  Nur  mit  dem  ersteren  kamen  die 
Römer  zunächst  in  Berührung  durch  die  Seeräuberkriege.  Der 
Prätor  M.  Antonius  nämlich 4),  welcher  im  J.  103  als  Proconsul^) 
gegen  die  cilicischen  Piraten  den  Krieg  eröffnete,  eroberte  zwar 
nicht  das  rauhe  Cilicien,  in  welchem  dieselben  ihre  festen  Plätze 
hatten,  aber  occupirte  wenigstens  die  benachbarten  Districte,  um 
für  künftige  Land-  und  Seekriege  mit  den  Ciliciern  einen  Aus- 
gangspunct  zu  sichern.  Von  dieser  Zeit  an  ist  von  einer  Provinz 
Cilicien  die  Rede,  was  man  in  doppelter  Weise  verstehen  kann. 
Entweder  nämlich  muss  man,  da  von  dem  eigentlichen  Cilicien 
damals  noch  kein  Theil  in  den  Händen  der  Römer  war,  provin- 
cia  in  dem  Sinne  eines  militärischen  Commandos  nehmen,  dessen 
Aufgabe  die  Eroberung  eines  noch  nicht  occupirten  Landes  ist**), 
oder  man  muss  annehmen,  dass  die  vorläufig  in  Besitz  genom- 
menen, ausserhalb  des  eigentlichen  Kriegsobjects  liegenden  Land- 
schaften von  Anfang   an   den  Namen    erhielten,    den   die  spätere 


1)  Das  Jahr  ist  nicht  zu  ermitteln.  In  den  Subscriptiouen  des  Concils  von 
Nicaea  (325  n.  Chr.),  die  nach  Provinzen  geordnet  sind  (Mansi  II  p.  69ö),  wird 
bereits  Painphylia  und  Lycia  einzeln  aufgeführt.  Indess  ist  diese  lateinische  Re- 
daction  der  Subscriptionen  eine  sehr  trübe  Quelle ,  auf  die  wenig  Gevk'icht  zu 
legen  sein  dürfte.  In  der  um  350  n.  Chr.  verfassten  Descriptio  tothis  orbis  in 
Müller  (ieogr.  min.  II  p.  522  wird  eine  regio  Pamphylia  und  eine  regio  Lycia 
genannt ,  woraus  man  ebenfalls  das  Vorhandensein  zweier  Provinzen  nicht  sicher 
folgern  kann ;  erst  Polemius  Silvius  p.  254.  255  erwähnt  ausdrücklich  um  das 
Jahr  385  beide  Provinzen. 

2)  Sot.  Dign.  Or.  I  p.  6.  7.  Bei  Hierocles  p.  079.  682  sind  beide  Provinzen 
consnlarisch, 

3)  S.  R.  Preuss  De  Cilicia  Romanorum  provincia,  Regimonti  Pr.  1859.  8. 
Caspar  Härtung  De  proconsulatu  Ciceronis  Ciliciemi,  Wirceburgi  1868.  8.  Fr.  Junge 
De  Ciliciae  liotnnnorum  provinciae  origine  ac  primordiis,  Ilalae  1869.  8.  Die  In- 
srhriften  In  V.  Langlois  Jnscription/i  Grecques ,  Rontaines ,  liyzantines  et  Armit- 
niennes  de  lo  Cilicie,  Paris  1854.  4  sind,  so  weit  sie  hieher  gehören,  auch  bei 
Waddington  zu  linden,  den  ich  allein  citire. 

4)  Liv.  ep.  68.  Inl.  Obaequens  44  (104).   Drunianii  1   S.  61. 

5)  Cic.  de  or.   1,   18,  82. 

6j  Dies  ist  die  Ansicht  von  Norisius  Cenolaph.  I'iitan.  II,  11  in  (>pp.  111 
p.  341,  wehher  über  die  Kntstehung  der  Provinz  ausführlich  handelt.  Ueber 
den  Hegrifr  provinria  ist  weiter  unten  die  R(>d«;. 


—     222     — 

Provinz    führen    sollte.     Die   letzte  Ansicht^),    nach   welcher   seit 
Provinz     /|03  ein    bestimmtes  Territorium    unter   dem  Namen   der  Provinz 

103  V.  Chr. 

Cilicien  in  römischer  Verwaltung  war,  hat  das  für. sich,  dass  eine 
ganze  Reihe  von  Statthaltern  dieses  Territoriums  bekannt  ist.  Im 
.f.  92  commandirte  in  demselben  Sulla 2),  in  den  .T.  89 — 88  Q. 
Oppius,  der  in  Laodicea  von  Mithridates  gefangen  wurde.  Er 
hoisst  aTparr^Yo;^),  3T^a■cr^^(oc,  na[x(pu>aa;'^),  legatus^),  bei  Livius 
aber  proconsid ^') ,  und  wenn,  wie  es  scheint,  dieser  Titel  der 
richtige  ist,  so  kann  er,  da  in  Asien  damals  L.  Gassius  proconsuJ 
war''),  nur  proconsid  Ciliciae  gewesen  sein^).  Obgleich  er  die 
Provinz  an  Mithridates  verlor,  so  wurde  dieselbe  nach  dem  Frie- 
densschlüsse des  J.  84  sofort  wieder  hergestellt,  wahrscheinlich  von 
Murena,  den  Sulla  in  Asien  zurückgelassen  hatte,  um  dort  die  nöthi- 
gen  Anordnungen  zu  treffen'').  Von  da  an  verw^alleten  die  Provinz 
in  regelmässiger  Folge:  Cn.  Cornelius  Dolabella  80 — 79i<^j;  P.  Ser- 
vilius  Vatia  Isauricus  78 — 71 1^);  L.  Octavius  [cos.  75)  im  J.  74  ^2]^ 
Lucullus  74  —  6713),  Marcius  Rex  67— 06^4) .  Wenn  sich  so  die 
Reihe  der  Statthalter  von  1 03  bis  zur  Zeit    des  Pompeius  verfol- 

1)  Sie  wurde  schon  aufgestellt  von  Slgonius  De  antiquo  iure  populi  Rom., 
Lipsiae  et  Halae  1715.  8  Vol.  II  p.  88  und  ist  neuerdings  sorgfältig  begründet 
worden  von  Mommsen  R.  Gr.  2,  136.    Junge  a.  a.  0.  p.  9  ff. 

2)  Aurel.  Victor  de  v.  ill.  75:  praetor  Ciliciam  provinciam  habuit.  Bei  Ap- 
pian  heisst  er  KtXtxia?  apytov  (Mithr.  57),  KiXixta;  'fi^O'Jixzvoi  (B.  C.  1,  77). 

3)  Appian.   Mithr.   17. '20. 

4)  Athenaeus  5  p.  213a. 

5)  Granius  Licinianus  p.  35  Bonn. 

6)  Liv.  ep.  78. 

7)  Appian.  Mithr.   11.   17.  24. 

8)  Er  war  demnach  propraetor  mit  dem  Titel  proconsul.  Als  solcher  hatte  er 
Lictoren,  die  Appian.   Mithr.  20  erwähnt. 

9)  Appian.  Mithr.  64.  Drumann  2,  455 ;  4,  184.  Ueber  diese  Anordnungen 
haben  wir  ein  bestimmtes  Zeugniss  bei  Strabo  13,  631,  nach  welchem  die  ciby- 
ratische  Tetrapolis,  ein  Fiirstenthum,  bestehend  aus  den  Städten  Cibyra,  Bubon, 
Balbura  und  Oenoanda  von  Murena  aufgelöst  und  die  Hälfte  desselben,  nämlich 
Bubon  und  Balbura  dem  lycischen  Lande  einverleibt  wurde ;  ein  Factum,  welches 
die  Münzen  dieser  Städte  ebenfalls  erkennen  lassen.  S.  Waddington  in  Revue 
numismatique  1853  p.  92. 

10)  Cic.  Act.  2  in  Verr.  1,  16,  44:  posteaquam  Cn.  Dolabellae  provincia  Ci- 
licia  constituta  est.    Vgl.  1,  29,  73.    Ueber  die  Zeit  Drumann  2,  563  f. 

11)  Er  war  cos.  79,  ging  78  in  die  Provinz  und  führte  den  Krieg  dort  drei 
Jahre  (Eutrop.  6,  3.  Oros.  5,  23)  ,  nach  Cicero  Act.  2  in  Verr.  3,  91,  211  fünf 
Jahre,  d.  h.  78  —  74. 

12)  Er  starb  in  Cilicien  74.  Plut.  Luculi.  6. 

13)  Beim  Ausbruch  des  zweiten  mithridatischen  Krieges  erhielt  er  Cilicien 
(Plut.  Luc.  6) ,  zugleich  aber ,  wie  aus  der"  Geschichte  des  Krieges  hervorgeht, 
Asien  als  Provinz.   Mommsen  R.  G.  3,  72.    Junge  p.  38. 

14)  Dio  Cass.  35,  15.  17.  Sallust.  Hist.  5  fr.  11  Dietsch. 


—     223     — 

gen  Uisst,  so  ist  es  dagegen  schwerer,  den  Umfang  der  Provinz 
in  dieser  Periode  zu  bestimmen.  Es  ist  oben  S.  178  bemerkt 
worden,  dass  bei  der  Constitution  der  Provinz  Asien  im  J.  i29 
Pamphylia ,  Phrygia  maior  und  Pisidia  von  derselben  ausge- 
schlossen wurden.  Dass  diese  Länder  im  J,  103  von  Antonius 
zur  Provinz  gemacht  sind ,  wird  daraus  wahrscheinlich ,  dass 
schon  im  J.  88  sowohl  Pamphylien  ^)  als  auch  Grossphrygien, 
d.  h.  die  späteren  Gerichtskreise  von  Synada  und  Apamea  2) 
als  Provincialland  erscheinen  ^j ,  und  dass  der  Verwaltungsbezirk 
des  Dolabella  (80—79),  den  Cicero  bald  Cilicia '^j,  bald  Pam- 
phylia nennt  ^),  Grossphrygien,  Pisidien,  die  im  Norden  von  Lycien 
gelegene  Landschaft  Milyas  und  Pamphylien  umfasste  ^) .  Auch  der 
glücklichste  der  cilicischen  Proconsuln,  P.  Servilius  Vatia,  den 
ein  Theil  unserer  Quellen  zum  eigentlichen  Gründer  der  Provinz 
Cilicien  macht"),  eroberte  zuerst  in  Lycien  Olympus  und  Phaseiis,  in 
Pisidien  Oroanda,  in  Pamphylien  Atlalea  und  machte  die  Gebiete 
dieser  Städte  zu  ager  publicits  ^) ;  dann  erst  ging  er  über  den 
Taurus  und  eroberte  Isaura  und  dessen  Gebiet,  wovon  er  den 
Beinamen    Isauricus    annahm-').     Auf    diesem   Zuge    occupirte    er 

1)  S.  Seite  222  Anm.  4. 

2)  Plin.  N.  H.6  %  105.  106. 

3)  Liv.  ep.  77 :  Mithridates  Ponti  rex  Bithynia  et  Cappadocia  occupatis  et 
pulso  Aquilio  legato  Phrygiam,  provinciam  populi  Romani ,  cum  ingenti  exercitu 
intravit. 

4)  Cic.  ad.  2  in   Verr.  1,  16,  44. 

O)  Verres,  der  Quästor  des  Dolabella,  heisst  vexator  Pamphyliae,  Cic.  act.  1 
in  Verr.  1,  2.  Vgl.  4,  11  :  cuius  legatio  exitium  fuit  Asiae  totius  et  Pamphyliae, 
quibus  in  provinciis  multas  domos  —  —  depopulatus  est.  Act.  2,  1,  37,  93.  Die 
Käubereien  verübte  er  namentlich  in  Aspendus  und  Perge  {Act.  2,  1,  20,  53.  54). 
Nur  einmal,  Divin.  in  Caec.  2,  6,  wird  als  Schauplatz  derselben  neben  Pamphy- 
lien auch  Cilicia  erwähnt,  ohne  dass  wir  hierüber  etwas  Specielles  erfahren. 

6)  Cic.  act.  2  in  Verr.  1,  38,  05:  pro  quueslore  vero  quomodo  iste  (^Verres) 
commune  Mdyadum  vexarit,  quomodo  Lyciam,  Pamphyliam,  Pisidiam  Phryyiamque 
totam  —  af/Hxerit ,  non  est  necense  demonstrare  verbis.  Lycien  wird  wohl  nur 
deshalb  erwähnt,  weil  die  Landschaft  Milyas  dazu  gerechnet  wird.  Zur  Provinz 
gehörte  es  entschieden  nicht. 

7)  Velleius  2,  39,  2;  Ciliciam  perdomuit  Jsauricus.  Eutrop.  6,3:  is  Cili- 
dorn  subeyil.  Ammian.  14,  8,  4:  liae  duae  provinciae  {Isauria  et  Cilicia)  —  — 
a  Servilio  proconsule  missae  ȟb  iugum  factae  sunt  vectigales.  Im  Widerspruch 
damit  sagt  Appian.  Milhr.  93:  .Mo'jp^,va;  xe  s-^yetpTjSa;  aütoi;  (toi;  KtXi^i)  o'jöev 
ikii.^yx'5'zo  ^t-iy^,  <ifX  oOoe  iepoutXio;  loauptrö;  iri  T<f>  Moup-Zjva.  Das«  dies  das 
nichtige  ist,   zeigt  die  Fortdauer  der  Käubereien. 

Ö)  Cic.  de  Uye  uyr.  1,  2,  5 ;  2,  19,  50.  Act.  2  in  Verr.  1,  21,  50.  Strabo 
14  p.  671.  Corycus,  welches  ausserdem  angefühlt  wird(Kutrop.  6,  3),  ist  waiir- 
»cheiiilicli  nicht  die  bekannte  Stadt  in  Cilicien,  wohin  Serviliiis  kanm  gckonmieu 
sein  dürfte,  sondern  ein  Ort  in  Lycien.    Junge  p.  32  f. 

9j  Liv.  ep.  'J.'{.    Floru»  3,  6.    Kutrop.  6,  3. 


—     224     — 

zuerst  einen  Theil  von  Cilicia  aspera,  der  seitdem  in  römischem 
Besitz  blieb  ^) .  Im  Jahre  67,  also  während  der  Verwaltung  des 
Q.  Marcius  Rex^),  erhielt  in  Folge  der  lex  Gabinia  Fompeius  das 
Commando  gegen  die  Seeräuber,  welche  er  nach  dem  Seesiege 
l)ei  Coracesium  in  ihre  Burgen  verfolgte  und  schliesslich  im  Bin- 
nenlande ansiedelte^);  im  folgenden  Jahre  wurde  ihm  selbst  das 
Proconsulat  von  Cilicien  und  Bithynien  übertragen'*),  um  von 
diesen  Provinzen  aus  den  mithridatischen  Krieg  zu  beendigen. 
Im  Frieden  des  Jahres  CG  fiel  dann  auch  das  ebene  Cilicien, 
welches  seit  83  Tigranes  besessen  hatte  ^),  in  die  Hände  der 
Organisation  Römer   uud  kounte   zwei  Jahre    darauf  (64)   die  Organisation    der 

von  ()4.  \       y  o 

Provinz  in  ihrem  nachherigen  Umfange  vollendet  werden •^j.  Sie 
umfasste  nunmehr  sechs  Theile:  Cilicia  campestris,  Cilicia  aspera, 
Pamphylia ,  Pisidia,  Isauria,  Lycaonia,  wozu  vorübergehend  der 
grösste  Theil  von  Phrygien,  nämlich  die  Bezirke  von  Laodicea, 
Apamea  und  Synnada(S.  178),  im  Jahr  58  aber  als  achter  Bestand- 
theil  die  damals  von  den  Römern  den  Ptolemäern  entrissene  Insel 
Cyprus  kam").     In  diesem  Umfange  verwalteten    die  Provinz  die 

1)  Dies  erkennt  man  daraus,  dass  Mithridates  im  J.  73  angieii'en  Hess: 
riioiSa;  T£  y.al  'loaupou?  xal  KiXr/,tav,  Appian.  Mithr.  75.  Da  Cilicia  campestris 
damals-  dem  Tigranes  gehörte ,  die  Seeräuber  aber  auf  Seite  des  Mithridates 
standen,  so  kann  dies  nur  auf  römische  Besitzungen  in  Cilicien  gehn.  Auch 
Sallust  Eist.  6  fr.  11  Dietsch:  at  Lucullus  audito  Q.  Marcium  Regem  pro  consule 
per  Lycaoniam  cum  tribus  legionibus  in  Ciliciam  tendere  lässt  die  Richtung  des 
Marsches  auf  Cilicia  aspera  nicht  verkennen. 

2)  Die  lex  Gabinia  verordnete;  ut  —  esset  ei  imperium  aequum  in  omnibus 
provinciis  cum  proconsulibus  usque  ad  quinquagesimum  miliarium  a  mari,   Vellei. 

2,  31 ,    welche  Anordnung   in  Greta   zu  einem  Conflict  führte.    Mommsen  K.  G. 

3,  114. 

3)  Drumann  4,  4J2.  Cicero  de  imp.  Pomp.  12,  35:  ipse  autem,  ut  Brun- 
disio  profectus  est,  undequinquagesimo  die  totam  ad  imperium  populi  Romani  Ci- 
liciam adiunxit.  Plut.  Pomp.  28.  Dio  Cass.  36,  20.  Appian.  Mithr.  96.  Flo- 
rus  3,  6. 

4)  Dio  Cass.  36,  25.    Mommsen  R.  G.  3,   108. 

5)  Appian.  Syr.  48:    '^pye  he  b\xo~j  xal  Kikiv.iac, Itu  evt]  xeocapsoxai- 

0£xa.  Vgl.  Mithr.  105.  Die  i4  Jahre  sind  83 — 69  v.  Chr.  bis  zu  seiner  Besie- 
gung durch  LucjiUus.  lustin.  40,  1  rechnet  18  Jahre,  wahrscheinlich  bis  zur 
zweiten  Besiegung  des  Tigranes  durch  Pompeius  66.  S.  Clinton  Fasti  Hell.  III 
p.  340.  Norisius  nimmt  mit  Unrecht  an,  dass  Luculi  69  bereits  das  ebene- Cili- 
oien  besetzt  habe;  aus  Appian.  Syr.  49.  50  geht  vielmehr  hervor,  dass  er  das- 
selbe dam  Könige  Antiochus  von  Syrien  überliess,  den  erst  Pompeius  daraus 
vertrieb. 

6)  Die  Einrichtung  der  Provinzen  Syrien  und  Cilicien  erfolgte  gleichzeitig 
in  diesem  Jahre.  Drumann  4,  453  und  besonders  Appian.  Mithr.  105.  106.  118. 
Syr.  49.  50.    Liv.  ep,  101.  Plut.  Pomp.  33. 

7)  Hierüber  geben  Ciceros  Briefe  genaue  Nachrichten.  Ueber  die  Zugehö- 
rigkeit von  Pamphylien  und  Isaurien  s.  Cic.  ad  Att.  5,  21,  9;   von  Lycaonien  ad 


—     225     — 

Proconsuln  P.  Lenlulus  698—701=50—53  1),  Appius  Claudius 
701—703  =  53—512),  und  Cicero  Ende  Juni  703— Juli  704  = 
51 — 50'^).  Das  ganze  Land  war,  insofern  es  nicht  noch  ein- 
heiniischen  Fürsten,  die  den  Römern  tributär  waren,  gehorchte, 
in  Gerichtssprengel  [conventus]  getheilt,  welche  den  genannten 
Bestandlheilen  möglichst  adäquat  eingerichtet  waren ,  nämlich  Geiichts- 
1.  das  ebene  Cilicien  oder  den  Bezirk  von  Tarsus  ^J,  welches  schon  ^^^^"^^  • 
zu  Ciceros  Zeit  caput  Ciliciae^)  ,  später  Metropolis^)  heisst  und 
Residenz  des  Statthalters  ist,  2.  Iconium  für  Lycaonien'),  3.  das 
forum  Isainicum^]^  wahrscheinlich  in  Philomelium  ^j,  4.  das  forum 
Pamphylhim^^*]  in  Pergep),  5.  das  forum  Cibyraticum,  zu  wel- 
chem später  25  Städte  gehörten,  eine  der  grössten  Diöcesen^^), 
in  Laodicea  und  Lycum^^)^  an  der  Grenze  Cariens,  0.  das  forum 
von  Apamea  1'^),  später  15  Städte  enthaltend  i"^),  7.  das  foiiim  von 
Synnada  mit  51  Städten  i-^),  8.  Cyprus^ß).  Die  bedeutenden  Ver- cüsars con 
änderungen,  welche  gleich  nach  Ciceros  Verwaltung  in  dem  Um- 
fange der  Provinz  eintraten  (S.  178),  scheinen  von  Cäsar,  welcher 
auf  seinem  Zuge  gegen  Pharnaces  im  J.  47  dieselbe  neu  consti- 
tuirte  17)  ,    anerkannt  und    die  bereits  früher   zu  Asien    gehörigen 

AU.  5,  15;  5,  21,  9;  ad  fam.  3,  5,  4;   15,   1,   2;   15,  3;    über  Cyprus    od  fam. 
1,  7,  4;  ad  AU.  6,  2,  9  und  mehr  weiter  unten. 

1)  Drumann  II,  537.  541.  Dass  schon  dieser  Cypern  mitverwaltete,  sagt 
Cic.  ad  fam.   1,   7,  4. 

2)  Borghesi   Oeuvres  2,   168. 

3)  Drumann  II.  191.  Er  hatte  vier  Legaten  und  einen  Quästor.  Der  lef/te 
war  C  Caelius  Caldus ,  über  welchen  vgl.  Rorghesi  OeuvreK  1,  323.  S.  Härtung 
a.  a.  0.  p.  27  f. 

4)  Cic.  ad  fam.  3,  H,  4.  Philostr.  v.  ApoUonii  1.  12:  Iv  TotpooU  0£  «Zpa 
ayopav  r^-^cv.  Ada  martyrum  ed.  lluinart  p.  423.  Leber  Tarsus  vgl.  Hoecking 
ad   \ot.    IHyn.    Or.   p.   311. 

5j  Cic.  ad  fam.  2,  17,  1.    ad  AU.  5,  20,  3. 

ü)  Kckhel  ;},  71.  74.  75.    Dio  Chrysost.  II  p.  S.  p.  -W,  R. 

7J  Cic.  ad  AU.  5,  20,   1. 

8)  Cic.  ad  AU.  5,  21,  9. 

9)  Cic.  ad  fam.   15,  4,  2. 
lOj  Cic.  ad  AU.  5,  21,  9. 

11)  Plin.   N.  H.  5  S  105.    Strabo  13  p.  Olli. 

12)  Cic.  ad  AU.  5,  21,  9.   ad  fam.  3,  8,  5;   15,  4,  2;   i:J,  07,    1. 

13)  (Mc.  ad  fam.  13,  07,  1  und  öfter. 

14)  Plin.   ;V.  H.  5  S  lOH. 

15)  Cic.  und  Plin.  a.  a.  (). 

16)  Cic.  ad  AU.  5,  21,  6. 

17)  Hirtiiis  /^  Alex.  ()6 :  ipne  eadem  rianne,  qua  venerat,  prnfirhrilur  in  Citi- 
rinm ;  rühm  prnvinciae  rivilitteft  nninex  evornt  Tarsnm ,  qvnd  nppidum  ferr  tolitis 
Ciliriiie  nnhilinsimurn  forlisHhnHvnjne  ext.  Ihi ,  rebus  mimihii*  jirr^rinrine  et  fhiiti- 
juaruin  ririliUum  e(mstUuUM  -  non  diutiu.t  nioratur.  Von  diesem  .lilivc  Int  die 
.Stadt  Aeeae  ihre  Aera.    Rrkhel  3,  39. 

Koin.  Altnrth.  IV.  lu 


—     226     — 

Diöcoson  von  Cibyra,  Apamea,  Synnada  und  Philomelium  damals 
ondgUlllü;  wieder  dieser  Provinz  zugewiesen  worden  zu  sein,  bei 
der  sie  fernerhin  blieben ;  über  den  noch  übrigen  Theil  Giliciens 
verfügte  im  .1.  30  vollends  Antonius,  indem  er  Cyprus^j  und 
Cilicia  nspera^)  der  Cleopatra,  das  ebene  Cilicien  seinem  Sohne 
Ptolemaeus^),  Pamphylien,  Isaurien  und  Lycaonien  grossentheils 
dem  Amyntas  von  Galalien*)  zuwies.  Zwar  wurden  diese  Ver- 
fügungen nach  Antonius  Tode  ungültig^),  allein  auch  Augustus 
Aiigustus   stellte    die    Provinz    nicht    in    ihrer    früheren    Ausdehnung    her. 

anchnt  den 

vintanü:  der  Denn  Amyutas  behielt  die  von  ihm  erworbenen  Landschaften, 
und  als  nach  seinem  Tode  25  v.  Chr.  Galatien  Provinz  wurde, 
blieben  bei  dieser  Provinz  auch  Lycaonien  ^j)  und  Isaurien,  wäh- 
rend Pamphylien  nicht  zu  derselben  gezogen  wurde ;  Cilicia  aspera 
hatte  Augustus  ebenfalls  dem  Amyntas  überlassen  und  verlieh  es 
im  .1.   25  V.  Chr.  nochmals   einem    fremden  Herrscher,  Archelaus 

Dynastie  von  von  Coppadocicn ') .     Die  Residenz  desselben  war  die  Insel  Elaiussa 

Llaiussa.  ' 

am  Ausfluss  des  Lamos,  von  ihm  dem  Augustus  zu  Ehren  Sebaste 
genannt 8) j  und  noch  nach  seinem  Tode  17  n.  Chr.,  als  Cappa- 
(locien  Provinz  wurde,  scheint  seine  Familie  im  Besitze  von 
Cilicia  trachea  geblieben  zu  sein-'),  bis  Caligula  dasselbe  nebst 
einigen  andern  Landstrichen  dem  Antiochus  IV  von  Commagene 
überliess*^).      Erst    im   J.    74    n.    Chr.    wurde    durch    Vespasian 

1)  Strabo  14  p.  685.    Plut.  Anton.  54. 

2)  Strabo  14  p.  671. 
3j  Plut.  Ant.  54. 

4}  Dio  Cass.  49,  32.    Strabo  12  p.  568.  569.  571. 
5)  Strabo  14  p.  685. 

0)  p]ine  Zeit  lang  gehörte  Lycaonien  dem  Antiochus  IV  von  Commagene,  wie 
wir  w^eiter  unten  sehen  werden.    Im  l'ebrigen  vgl.   den  Abschnitt  über  Galatien. 

7)  Strabo  14  p.  671.    Dio  Cass.  54,  9.. 

8)  Strabo  a.  a.  0.  loseph.  Ant.  16,  4,  6  :  'Hpwo'/];  os  ttXsoov  cjv  toT;  Tataiv 
oj?  i^bifzo  y.rixa.  KiXty.iav  bi  'E/.£0'j3r],  -r^  iji£Ttovo|j.a3[j.sv7j  vOv  SeßaOT:^  ,  v.ata- 
Xaa^avst  tov  [SasiXsa  T'?j(;  Ka-Traooxiac  'ApysXaov,  ();  a'JTov  ky-Myzxai  cptXocppo- 
vtu:;.  Vgl.  16,  10,  7.  Steph.  I5yz.  1  p.  558  Meineke:  Xi-^t-zrii  v.ai  -f]  Tipo;  xq 
Kwrjd'Ain  yeppovrjcoc  outoj?  ,  nämlich  SsßaatTj,  und  über  diese  Stelle  Norisins 
De  epochis  Syromacedonum  diss.  II  in   Opp.  II  p.  142  f. 

9)  Tac.  Ann.  6,  41 :  per  idem  tempus  (36  n.  Chr.)  Clitarum  natio,  Cappa- 
doci  Archeiao  subiecta  —  in  iuga  Tauri  montis  abscessit.  Die  Clitae  wohnten  bei 
Anemurium  an  der  Südspitze  von  Cilicia  Trachea.  Aiclielaus  kann  aber  der  be- 
kannte König  von  Cappadocien  nicht  sein,  da  dieser  damals  schon  19  Jahre  todt 
war.    Vgl.  Huschke  Ueber  den  znr  Zeit  Christi  gehaltenen  Census  S.  1(l'2  f. 

10)  Ta  TrapaftaXasaia  Tfj?  Ki}dy.[ac,  Dio  Cass.  59,  8.  Aus  seinen  Münzen 
ersehen  wir,  dass  er  besass :  1.  Die  Stadt  Sebaste  und  das  dazu  gehörige  Cili- 
cia Trachea;  vgl.  Tac.  Ann.  12,  55,  der  die  Stadt  Anemurium  als  dem  Antio- 
chus zugehörig  nennt.    2.   Die  Städte  Alexandria  und  wahrscheinlich    auch  Epi- 


—     227     — 

Cilicia  trachea  mit  der  Provinz  vereinigt^),  obwohl  auch  damals 
noch  die  Insel  Sebaste  der  lolape,  Tochter  Antiochus  IV  von 
Commagene  und  ihrem  Manne  Alexander  verblieb^).  Später  ist 
Sebaste  civitas  liberal). 

In  gleicher  Weise  Hess  Auguslus  in  Cilicien  noch  zwei  andere 
Dynastien  bestehen,  indem  er  von  dem  Grundsatze  ausging,  dass 
gebirgige  und  uncivilisirte  Districte,  welche  die  beständige  Gegen- 
wart des  Statthalters  und  einer  Militärmacht  erfordert  haben  wür- 
den, vorläufig  besser  von  einem  einheimischen  Häuptlinge,  als 
von  dem  entfernten  Legaten  verwaltet  würden'*).    Es  waren  dies: 

4 .  Die   Dynastie   von    Olbe,    nördlich    von  Soloi   im   Taurus,  {Dynastie 

•^  '  •  'von  Olbe. 

eine  alte  Priesterherrschaft,  welcher  einstmals  das  ganze-  rauhe 
Cilicien  unterworfen  war  und  welche  ihren  Ursprung  auf  Aias, 
des  Teukros  Sohn,  zurückführte,  weshalb  'die  Fürsten  grossen- 
theils  den  Namen  Aias  und  Teukros  führten s).  Im  J.  711=43 
usurpirte  diese  Herrschaft  Aba,  die  Tochter  des  Tyrannen  Zeno- 
phanes,  mit  Genehmigung  des  Antonius  und  der  Cleopatra ;  nach 
ihrer  Absetzung^*)  im  J.  715  =  39  kam  wieder  die  rechtmässige 
Familie  der  Teukriden  zur  Regierung  und  zwar  zuerst  Polemon, 
der  sich  zu  Fähren  des  Triumvirs  Antonius  M.  Antonius  Polemo 
nannte,  den  Titel  oavaarr^c  'OXßscwv  tyjc  Upac  xai  Ksvvartov  xat 
AaXaaascüv  auf  Münzen  führt,  zugleich  Iconium")  und  das  an- 
grenzende Gebiet  besass,  und  von  39  bis  wenigstens  29  v.  Chr. 

phania   am  Meerbusen   von  Issus.     3.  Den  nordöstlichen  Theil   Cüiciens ,    Lara-* 
i.atis.    4.  Lycaonien.    S.  Eckhel  3,  Ö5.  06.  81.  255.  256.  258. 

1)  Hierauf  ist  zu  beziehen  die  Stelle  Sueton.  Vesp.  8:  item  trnchiam  Cili- 
c'iam  et  Commagenen,  dltionis  regiae  usque  ad  id  tempus,  in  provinciarum  formam 
redegit,  über  deren  richtige  Lesung  vgl.   S.  157  Anm.  6. 

2)  loseph.  Ant.  18,  5,  4:  yx^xzi  os  o'jto;  (Alexander,  Sohn  des  Königs  Ti- 
granes  von  Armenien)  'A»^tio/oj  toü  Ko[j.{j.aY'fjvö[)v  ^aotXsu);  ^'j^rni^a  '[(uxaTTYjv  • 
vTiOtdoo^  T£  ri^;  iv  KiXtv.'.a  (j'jeoTtaaiavo;  a'jTov  lo-aTat  ßaoiXiot.  üeber  diesen 
Alexander  vgl.  Mommsen  Hermes  4,   191. 

3j  Auf  Münzen  seit  Commodus.    Eckhel  3,  82. 

4j  Strabo  14  p.  671  sagt  von  Cilicia  trachea;  cOcpuoOc  ^ap  Ävto;  Toy  Tfizoi» 
Tfio;  -d  XT^arr^pia  -/otl  y.cxTd  yv  ^''^'  '/■'^'^o.  i>dXaTTav  —  —  —  ioQxei  rpö;  Ärav 
TÖ  ToioüTo  ^ctoiXeuecHcti  (la/.Xov  touc  t^-o'j;  yj  utto  toi;  'P(u(jt7(oi;  ii'^cix/m^  eiv/t 
Toi;  i-nX  td;  xpioei;  7Te(ji7:o}x£vot;,  6i  (ji'/jt  dei  irapeivat  ^{jieXXov  ixip:t  |j.eH'  XttXüiv. 

5)  Strabo  14  p.  672.  Ausser  ans  dieser  Hauptstcllr  und  z\v«^j  andern  gelegent- 
lirhen  Erwähnungen  kennen  wir  diese  Dynastie  aus  ihren  Münzen,  über  weh-he 
vortrefriirh  harulclt  Waddington  Herne  numinmatiqtie .  1866  p.  429  — 438.  Die 
Ilesnitate  dieser  Untersn<^hurig  hab»;  ich  benutzt. 

6)  Strabo  a.  a.  ().   und  über  die  Zeit  Waddington  a.  a.  O.  p.  432. 
1)  Strabo  12  \k  568. 

15» 


—     228     — 

re£>iorle^).  Unter  seinen  Nachfolgern  ist  bekannt  Aias,  Sohn  des 
Teukros,  der  in  den  letzten  Jahren  des  Augustus  auf  den  Thron 
gelangte,  wenigstens  5  Jahre,  etwa  11 — 15  n.  Chr.,  regierte  und 
sich  auf  seinen  Münzen  ap/ispsu;  ^o'Kaipyrr^Q  Ksvvrxtwv  AaXocoastov 
nennt;  endlich  ist  als  ziemlich  sicher  überliefert,  dass  der  Kaiser 
Claudius  im  J.  41  n.  Chr.  dem  König  Polemo  11  von  Pontus  das 
bosporanische  Reich  nahm  und  ihm  dagegen  die  Herrschaft  von 
Olbe  zuwies'^). 

^ffromit*""  2.  Eine  zweite  Dynastie  hatte  ihren  Sitz  im  Gebirge  Amanus, 
motus.  welches  Cilicien  im  Osten  begrenzt.  Hier  regierte  seit  Pompeius 
der  König  Tarcondimotus  P),  den  Cicero  im  J.  51  v.  Chr.  er- 
wähnt'^).  Nach  der  Schla(iht  bei  Pharsalus,  in  welcher  er  dem 
Pompeius  Hülfe  leistete,  von  Caesar  begnadigt'^),  im  J.  42  von 
Cassius  wieder  zur  Theilnahme  am  Kriege  gezwungen^'),  starb  er 
endlich  in  der  Schlacht  bei  Actium,  auf  der  Seite  des  Antonius 
kiimpfond').  Von  seinen  beiden  Söhnen  Philopator  und  Tarcon- 
dimotus H  wurde ,  obwohl  sie  die  Partei  des  Antonius  ver- 
liessen^),  der  ältere  seiner  Herrschaft  beraubt  •♦)  und  dieselbe  erst 
im  J.  20  V.  Chr.  dem  jüngeren  wiedergegeben i<>).  Sein  Nach- 
folger und  vielleicht  sein  Sohn,  Philopator  H,  starb  17  n.  Chr.  ^^). 
Unter  Caligula  scheint  auch  diese  Herrschaft  an  Antiochus  IV  von 
Commagene  gekommen  und  später  mit  dessen  übrigen  Ländern 
unter  Vespasian  zur  Provinz  gemacht  worden  zu  sein^^j^ 

Cilicien  zu  [)[q  Ppovinz  Cilicieu  hatte  denmach  nach  dem  letzten  Büreer- 

Syrien  ge-  «^ 

schlagen.  •  kriege  nur  einen  geringen  Umfang ;    es  gehörte   dazu   das   ebene 

1)  Das  Jahr  715  =  39  giebt  Appian.  B.  C.  5,  75  an.  Das  lOte  und  Ute 
Regieningsjahr  ist  auf  seinen  Münzeji  bemerkt. 

2)  Dio  Cass.  60,  8 :  xtü  FloXIfj-aiVt  /(opav  rivd  dvT  auTou  (statt  des  Bospo- 
rusj  T-^;  KOa%'io.i;  (hziowAt .  Es  ist  wenigstens  sehr  wahrscheinlich,  dass  hiemit 
die  Herrschaft  Olbe  gemeint  ist,  und  Waddington  p.  436  bezieht  auf  diesen  Po- 
lemo eine  Münze,  auf  welcher  es  lieisst :  noXsfxwvo;  ßaotXsto?.  IJÜ.  (()X^£)u}v 
AotXotastov  '/al  Rewattuv. 

3)  Strabo  14  p.  676.  Auf  Münzen  heisst  er  ^aatXeu;.    Kckhel  3,  82. 

4)  Cic.  ad  fam.  15,  1:  mihi  litterae  redditae  sunt  a  Tarcondimoto ,  qtii  fide- 
lissimus  socius  Irans  Taurum  amiciHsimusque  popnli  Romani  exisiimatur. 

5)  Dio  Cass.  41,  63. 

6)  Dio  Cass.  47,  26. 

7}  Dio  Cass.   50,  14.     Plut.  Ant.  61. 

8)  Dio  Cass.  51,  7. 

9)  Dio  Cass.  51,  2. 

10)  Dio  Cass.  54,  9. 

11)  Tac.   Ann.  2,  42. 

12)  Die  Stadt  Flaviopolis ,  welche  in  diesem  Bezirke  liegt,  hat  ihren  Namen 
von  Yespasian  und  eine  Aera  von  74  n.  Chr.    Eckhel  3,   56. 


—     229     — 

Cilicien  und  wahrscheinlich  Cypeini);  nachdem  aber  auch  Cypern 
im  .1.  22  V.  Chr.  an  den  Senat  abgetreten  war,  ist  es  fras^Hch, 
ob  Cilicien  überhaupt  eine  eigene  Verwaltung  behielt.  Allerdings 
wird  zweimal  ein  Statthalter  der  Provinz  erwähnt,  in  den  ersten 
Jahren  des  Tiberius'-^)  und  unter  Nero  3);  allein  unter  dem  ersten 
ist  vielleicht  ein  Procurator,  gewiss  kein  kaiserlicher  Legat  zu 
verstehen^)  und  der  zweite  steht  ganz  vereinzelt''),  während  aus 
mehreren  sicher  beglaubigten  Thatsachen  abzunehmen  ist,  dass 
unter  den  ersten  Kaisern  der  Stalthalter  Syriens  auch  in  Cilicien 
commandirte^';.  Denn  Quirinius,  der  751.  752  =  3  und  2  v.  Chr. 
mit  den  Ilomonadensern  im  Taurus  kämpfte"),  ist-  wohl  unbe- 
denklich als  legatus  Syriae  anzusehen^);  Piso,  der  17 — 21  legalus 
Sijriae  war,  hatte  auch  Cilicien  unter  seiner  Verwaltung")  und 
die  Kriege  gegen  die  Clitae,  einen  räuberischen  Stanun  in  Cili- 
cien, wurden  in  den  Jahren  36  und  52  n.  Chr.  von  dem  Statt- 
halter von  Syrien  geführt  i*').     Seit  Vespasian  ii)  ist  aber  Cilicien  ^^J^^^^^^J«- 


1)  Dio  Casöius  53,  12  zählt  unter  den  Provinzen,  welche  bei  der  Theilung 
im  J.  727  =  27  dem  Kaiser  zutielen,  Coelesyria,  Phoenice,  Cilicia,  Cyprus,  Aegyptus 
auf,  bemerkt  aber  ausdrücklich,  dass  dies  Provinzen  seien,  die  zu  seiner  Zeil 
einen  eigenen  .Statthalter  liättcn,  vor  seiner  Zeit  aber  zu  zweien  oder  dreien 
unter  einem  Statthalter  gestanden  hätten.  Wie  also  Coelesyria  und  Phoenice  zur 
Provinz  Syrien  gehörten,  so  lässt  sich  annehmen,  .dass  Cilicien  und  Cyprus  eine 
Zeit  lang  zu  einer  Provinz  vereinigt  waren. 

2j  Pliilostratus  v.  Apoll.  1,  12  p.  13:  KiXiXüov  ^^p/ev  'j[ipii3vr^i  avOpajTCo; 
—  £v  Tapaot;  oe  apa  aYopdv  7)Y£v.  Er  droht  dem  Apollonius,  ihm  den  Kopf  ab- 
schlagen zu  lassen,  wird  aber  bald  darauf  selbst  hingerichtet,  weil  er  mit  Ar- 
chelaus von  Cappadocien  gegen  die  Körner  conspirirte.  Dies  deutet  auf  das  Jahr 
17  n.  Chr.    Dio  Cass.  07,  17. 

3)  Tac.  Ann.  13,  33 :  Cossutianum  Capitonem  Cilices  detulerunt  maculosum 
foedumqiu,  et  idern  ius  audaciae  in  provincia  ratum  quod  in  urbe  exercuerat  (im 
J.  57  n    Chr.)* 

4)  Die  ganze  Erzählung  von  der  Hinrichtung  dieses  apywv  in  seiner  eigenen 
Provinz  ist  schwer  verständlich. 

5)  Zumpt  Comm.  ep.  II  p.  131)  sucht  dalier  nachzuweisen,  dass  Cossutianus 
Capito  Proconsul  von  Asien  gewesen  und  von  den  früher  cilicischen ,  später  zu 
Asien  gezogenen  Diöcesen  angeklagt  worden  sei.  Es  ist  indessen  denkbar,  dass, 
wie  Lycien  und  Pamphylien  nnter  Claudius  Stattlialter  erhielt,  dann  aber  wieder 
frei  wurde,  so  Cilicien  im  J.  57  einen  Statthalter  hatte,  vorher  aber  n\u\  viel- 
leicht auch  nacliher  mit  Syrien   verbunden  war. 

ü)  Dieser  Ansicht  sind  Zumpt  Comm.  epiyr.  U  p.  Uli  fl.  Mummsen  lies 
ijestae  divi  Auytiati  p.  122.    Kuhn  II,   144.  Nipperdey  zu  Tac.  Ann.  2,  43. 

7)  Tac.   Ann.  .1,  4S.     Strabo  12  p.  569. 

8)  Mommsen  a.   a.   ().    p.  121. 

0)  Zumpt  a.  a.  ().  hat  die^i  ausfülirlich  nacligcwlosen.  So  heiast  es  von  ihm 
Tac.  Ann.  2,  78:  reyutis  CUicuni ,  ut  ae  auxiliiii  iuvarenty  Kcribit.  2,  80:  caslel- 
lum  Ciliriue  — ,  cui  nomen  (eUnderis ,  occupat,  —  —  <iuxiUa  (.'ilicuuif  quae 
reijuli  rniserant,  in  numerwn  leyionis  compoaueral . 

10)  Tac.  Ann.  0,  41;    12,  üö. 

11)  Kür  diese  Annahme  spricht  1.  dass  er  Cilicia  iruchen  zur  Provinz  machte. 


Provi 


—     230     — 

iiiil  Kinschluss  der  Iradiea  und  der  genannten  kleinen  Dynastien 
eine  eigene  kaiserliche  Provinz ,  deren  legatus  Aug.  pr.  pr.  i) 
nebst  seinem  prociirato?' '^)  öfters  erwähnt  wird.  Seit  Septimius 
Scverus  isir  auch  Isauria  und  Lycaonia,  welche  bis  dahin  zu 
Galatien  gezogen  waren,  wieder  mit  Cilicien  verbunden;  denn 
Tarsos  nennt  sich  in  dieser  Zeit  yj  7rp[ü)jTy]  [fisYiarrJ  xat  xaXXiatri 
{xfr^TpoTioXtc]  xdiv  y'  STiapj^sitüv  [KiXtxiac]  'laaupiac  Auxaovi[acj  •*). 
Zu  Caracallas  Zeit  kommt  ein  consularis^)  ^  nach  Aurelian  auch 
ein  proconsul^)^  unter  Diocletian  ein  praeses^)  Ciliciae  vor.  Auch 
diese  Provinz  ist  später  in  kleinere  Theile  zerlegt  worden :  in 
dem  veronesischen  Verzeichniss  von  297  werden  deren  bereits 
zwei,  Cilicia  und  Isauria,  d.  h.  das  frühere  rauhe  Ciliciea'), 
erwähnt;  Cilicia  ist  sodann  unter  Aroadius  nochmals  getheilt 
worden^),  so  dass  seitdem  drei  Theile  selbständig  verwaltet  wur- 
den: Cilicia  prima^  llst.  Tarsus,  unter  einem  Consularis;  Cilicia 
secimda^  Hst.  Anazarbus,  unter  einem  Präses;  Isauria ,.  Hst. 
Seleucia,  unter  einem  Präses '^j. 
Freie  Städte.  Unter    den    Städten    der   alten   Provinz    werden   sechs    freie 

Städte  genannt:  Tarsus  i^),  das  seine  Freiheit  dem  Antonius  ver- 
dankte   und   zugleich   Immunität  besass^i),     Anazarbus   (Caesarea 

2.  dass  Flaviopolis  seine  Aera  von  74  hat,  3.  das  Aufhören  der  kleinen  Dyna- 
stien und  endlich  die  Einziehung  des  Königreichs  Commagene  und  der  dazu  ge- 
hörigen Theile  Ciliciens. 

1}  Vibius  Varus,  leg.  provinciae  Ciliciae  unter  Hadrian,  Dlg.  22,  5,  3  ^  1. 
P.  Pactumeius  Clemens  unter  Antoninus  Pius,  Henzen  6483.  Rcnier,  Inscr.  de 
l'Älg.  n.  1812.  1813.  1814.  Venidius  Rufus ,  leg.  Ciliciae,  Dig.  TjO,  6,  2  §  1. 
(Die  Inschr.  Orelli  1767  =  5024  gehört  nicht  hieher.     S.  Henzen  Inscr.  p.  157.) 

2)  Orelli  485.    Dig.  29,  2,  86  pr. 

3)  Inschr.  von  Tarsus  Waddington  n.  1480.  Auch  auf  Münzen  von  Tarsus 
findet  sich  die  Aufschrift  KOINOC  TQN  TPIßN  EIIAPXIQN.  Mionnet  3  p.  634 
n.  478. 

4)  Cod.  lust.  9,  43,  1. 

5)  Carus ,  der  283  Kaiser  wurde ,  war  vorher  proconsul  Ciliciae  ( Vopiscus 
V.  Cari  4),  und  Aurelianus,  ein  Grosssohn  des  Kaisers  Aurelian,  welcher  im 
J.  306,  als  Vopiscus  das  Leben  des  Aurelian  schrieb,  noch  lebte,  war  ebenfalls 
proconsul  Ciliciae  gewesen.    Vopisc.  v.  Aureliani  42. 

6)  Inschr.  Waddington  n.  1474. 

7)  Kuhn  II,  121.  197. 

8)  Norisius  De  epoch.  Syromac.  IV,  1.    Opp.  Vol.  II  p.  375 — 379.  Mommsen 
.    Polemii  Silvii  laterculus  p.  258. 

9)  Not.  Dign.  Or.  p.  5.  6.  9  und  dazu  Boecking  p.  130.  141.  139.  Hierocles 
p.  704.  705.  708.    Bingham   0.  E.   Vol.  III  p.  489. 

10)  Plin.   A\  Ä.  5  S  92.    Eckhel  3,   73.  76.    Mionnet  3,  639.  «.  7,  266. 

11)  Appian.  J5.  C.  5,  7.  Lucian.  Macroh.  21  schreibt  dieses  beneficium  dem 
Augustus  zu,  von  welchem  auch  Dio  Chrysost.  Vol.  II  p.  36  R.  sagt:  vcäy.sTvoi 
'j|jLiv  Ttapeoye  ycupav,  ^^ojaouc,  Ti(xr|V,  e^ouoiav  töu  7toTa|j.oO,  zffi  t^aXaocJYj;  tyj;  v.a%' 


—     231     — 

Ciliciae),  das  eine  Aeia  von  19  v.  Chr.  oder  Herbst  20  v.  Chr. 
hat  und  daher  wohl  von  Auguslus  sein  Privilegium  hatte  ^  , 
Corycus^),  Mopsus  oder  Mopsuestia  ^) ,  dessen  Aera  von  69  oder 
68  V.  Chr.  ^)  auf  Lucullus  Verwaltung  hinweist,  Seleucia  ad 
Caiycadnum^)  und  Aegac^).  Als  Colonien  kommen  im  dritten 
Jahrhundert  vor  Selinus^J,  Mallus'^)   und  Olba^). 

Das  ebene  Cilicien  hatte,  wie  fast  alle  Provinzen,  eine  Fest- 
gemeinschaft, xoivov  KiXr/iaciö),  in  welchem  jährlich  ein  KtXt- 
xap/r^;i^)  gewählt  wurde.  Der  Mittclpunct  dieser  Gemeinschaft 
war  die  Metropolis  Tarsus  i^) ;  seit  Caracalla  erhielt  indessen  auch 
Anazarbus   den  Rang  der  Metropolis  i^) .     Daneben  bestanden   für 

auTou;  d.  h.  ein  Gebiet,  die  Autoiiüiuie,  die  Ehre  der  Metropolis  und  steuerfreie 
Aus-  und  Einfahrt. 

1)  Von  diesem  hat  sie  den  Namen  Caesarea.  Ueber  die  Aera  s,  Eckhel  3,  46. 
Cavedoni  im  Bull.  d.  Inst.  1854  p.  XXV.  Auf  Münzen  nennt  sie  sich  a'jxovojAO?. 
Mionnet  3,  550.  Ä.  7,  171. 

2)  Eckhel  3,  53.    Mionnet  3,  574.  S.  7,  204. 

3)  Eckhel  3,  60,  Mionnet  3,  592.  S.  7,  228.  In  der  römischen  Inschrift 
C.  1.  Gr.  5885  nennt  sich  die  Stadt  'Aopta^r;  Mo^iotjeaTia  tf^;  KtXty.ia?,  lepd  rat 
i'Kvj^ipa  v.rn  ao-jAo;  xoci  auTovoii-o;  %at  cptXrj  y.at  o6|i.[j.ayo;  'P(o(i.aitov  und  dankt 
dem  Kaiser  Antoninus  Pius  im  Jahr  140,  dass  er  ihr  erhalten  habe  ta  d|  apyf^; 
oixaia;  in  einer  andern  Inschr.  Langlois  n.  12=  Waddington  n.  1494  heisst  der 
Titel :  6  ofjp.0;  'Aopiavöjv  Mo'LeaxöJv  ttj;  Upä^  xai  dXeu&gpa;  %al  douXo'j  xai 
a'JTov6|xo'j,   cpiAr^;  xai  ou[ji[j.dyou  'Pcjfxaituv. 

4)  Diese  Aera,  welche  Eckhel  noch  nicht  richtig  Üxiren  konnte,  ist  von 
Mionnet  und  Waddington  zu  n.  1494  festgestellt.  Sie  kommt,  ausser  auf.  den 
Münzen  der  Stadt,  auch  vor  in  der  Inschr.  Waddington  n.  1503. 

5)  Strabo  14  p.  671;  auf  Münzen  ilfjHrja.  Eckhel  3,  66.  Mionnet  3,  605; 
5.  7,  241.  Revue  Numismatique  1854  p.  22. 

6j  Plin.  iV.  JI.  5  §  91.  Abgabenfrei  war  es  nicht,  sondern  die  Aegäer  zahl- 
ten nach  Tarsus  ihre  Abgaben.  Dio  Chrys.  II  p.  38  K.  Auf  Münzen  auTQvo(i.o;. 
Mionnet  3,  539.  JS.  7,  151. 

7)  Dig.  50,  15,  1  §  11 :  est  et  in  Cilicia  Selinus  [t/aaej  et  Traianopolis.  Selinus, 
wo  Traian  starb,  hiess  hernach  Traianopolis.  Dio  Cass.  68,  33.  Zumpt  Conun. 
ep.  I,  419. 

8)  Münze  des  Hostilianus  (249  —  251  n.  Chr.)  mit  dem  Revers  MALLO 
COLON  ...  bei  Borrell  Xumismatic  Chronicle  VIIT,  4;  Münze  der  Herennia 
Etriiscilla  mit  dem  Revers  COLONIA  .  METRO  .  MALLVS.  Mionnet  S.  7,  226. 

9)  Münze  des  Septimius  Severus,  Mionnct  S.  7,  238,  und  des  Gordian,  Mion- 
net 3,  509. 

10)  C.  I.  Gr.  2810,  und  auf  Münzen  seit  Augustus.  Eckhel  3,  78. 

11)  Waddingtou  n.  1480.    Ruinart  Acta  mart.   p.   444. 

12j  Tarsus  heisst  Metropolis  seit  Augustus,  auf  Münzen  bis  zu  Gallicnus. 
.Auch  Strabo  14  p.  674  nennt  sie  Metropolis,  Dio  Chrysost.  II  p.  36  R.  (XTjTpojio- 
).iv  iz  dp/?,;.  In  Tarsus  war  das  xoivoßouXiov  ^Xe'jdepov  (Inschr.  Waddington 
n.  1480),  d.  h.  die  Versammlung  der  Landtagsdeputirten,  das  auch  auf  Münzen 
vorkommt.   Mionnet  S.  7,  267. 

13)  Kckhel  3,  42.  Mionnct  3,  552.  8.7,  173.  Ruinart  Arlnvmrt.  p.  428.  Die 
Stadt  nimmt  hierauf  alle  Titel  von  Tarsus  an ,  auch  den  des  yoivf)|3o'jXiov  und 
nennt  sich  auf  einer  Münze  dos  Elagabal  (Waddington  v.u  n.  1481)  £voo;o; 
|jL7)Tp»i7:oXi;. 


-     232      — 

die  ehemals  unabhangit^en  Theile  der  Provinz  noch  besondere 
Metropoh'n,  wie  sich  Dio-Caesarca  }xr^Tpo7roXi<;  KswaTuiv^),  Olba 
|xr^Tpo:roXic  Kr|Tioo? '-^j  und  Mallos  cohmia  inetropoUs'^)  nennt.  Noch 
deutlicher  zeigt  sich  der  Mangel  einer  einheitlichen  Organisation 
der  Provinz  in  dem  Unjstande,  dass  es  weder  eine  gemeinsan)e 
Provincialära  noch  überhaupt  eine  allgemein  übliche  Zeilrechnung 
in  Cilicien  giebt,  sondern  jede  der  bedeutenderen  Städte  nach 
einer  andern  Epoche  rechnet,  deren  Grund  sich  zuweilen  gar 
nicht  mehr  ermitteln  lässt.  Als  solche  Acren  kommen  vor*) 
das  Jahr  685  =  69  v.  Chr.  in  Mopsus 

687  =  67  in  Alexandria  ad  Issuni  und  Pompeio- 

polis   (Soloi) 

695  oder  696  =  59  oder  58  in  Mopsus 

707  =  47  in  Aegae 

734  =  20  in"  Sebaste 

735=19  in  Anazarbus  und  Antiochia  ad  Sarum 

773  =  20  n.   Chr.  in  Augusta 

774:=  21    n.  Chr.  in  Anazarbus 

790  =  37  n.   Chr.  in  Epiphanea 

805  =  52  n.   Chr.  in  Irenopolis 

827  =  74  n.   Chr.  in  Flaviopolis. 

XXXIV.  Cyprus. 

Zu  Cilicien  Die  luscl  Cypern,    auf  Anstiften    des  Clodius   durch  M.   Cato 

dem  König  Ptolemaeus  im  J.  696  =  58  entrissen^),  war  anfangs 
mit  Cilicien  unter  einer  Verwaltung  vereinigt^),  dann  wurde  sie 
707  =  47  von  Caesar  an  Arsinoc  und  Ptolemaeus,  die  Geschwister 
der  Cleopatra^),  darauf  von  Antonius  an  die  Kinder  der  Cleo- 
patra '^j    geschenkt.     Daher   erscheint   sie   erst   nach    der  Schlacht 

1)  Eckhel  3,  54.    Mionnet  3,  577.  8.  7,  209. 

2)  Ptolem.  5,  S,  6.  iline  Münze  des  Caracalla  bei  Borrell  Numismatic  Chro- 
nicle  VIII,  5  hat  den  Revers  AAPiavwv  ANToJvtavtüv  OABEßP^  MHipoTToXeto? 
KHxtSo?. 

3)  S.  Seite  231  Anm.  8. 

4)  S.  über  diese  Aeren,  insofern  sie  nicht  bereits  besprochen  sind,  Mionnet 
S.  7  unter  den  genannten  StädJ;en. 

5)  Cic.  pr.  domo  20,  52.  pro  Sestio  26,  57.  Vell.  2,  45.  Dio  Cass.  38,  30. 
Plut.  Cato  min.  34—39.    Plut.  Pomp.  48.  Drumann  2,  262  ff, 

6)  Dass  Cypern  unter  Cicero's  Verwaltung  zu  Cilicien  gehörte ,  geht  hervor 
aus  Cic.  ad  fam.  13,  48.    ad  Alt.  5,  21,  6. 

,       7)  Dio  Cass.  42,  35. 

8)  Dio  Cass.  49,  32.  41.    Strabo  14  p.  685. 


I 


—     233     — 

bei  Actiam,  nämlich  bei  der  Theiiuiig  der  Provinzen  zwischen 
Kaiser  und  Senat  im  J.  727  =  27  als  kaiserliche  Provinz,  wahr- 
scheinlich wieder  vereinigt  mit  Cilicien');  bald  darauf  aber,  732 
=  22,   wurde  sie  an  den  Senat  abeelreten^)   und  seit  dieser  Zeit  senatspro- 

'^  '  vinz. 

von  einem  Proprätor  =^)  mit  dem  Titel  proconsul^)  verwaltet,  dem 
ein  legalus^]  und  ein  quaesior^)  beigegeben  ist,  in  nachconstan- 
tinischer  Zeit  von  einem  considaris'). 

Unter  persischer  Herrschaft  war  die  Insel  in  neun  Stadtgebiete     Städte. 
unter  neun  Königen  getheilt^),    nämlich  Salamis,   Amathus,   Soli, 
Curium,   Paphos,    Gittium,   Maria,   Lapethus,    Cerynia;    in  römi- 

1)  Dio  Cass.  53,  12  und  oben  Cilicia. 

2)  Dio  Cass.  54 ,  4 :  xoxe  o'  ouv  xal  tt]V  Kurcpov  -/al  ttjv  FotXaTiav  ttjV 
NapßojvTjOtav  äreoojxs  Toj  OTjfjKu,  cü;  [jirjoev  xw^  o-Xojv  aüxoü  oeo{X£^a;,  xal  ouxoj? 
ävD'jTiaxot  xal  ii  sy.eiva  xa  g\hr]  TtsfxTteoftat  Tjp^avxo. 

3)  Strabo  14  p.  685 :  i^  dxsivoy  (seit  Cato)  o'  ey^vexo  ir.a^yja  tj  vf^ao;  y.a- 
^cx-ep  xal  vDv  doxi  oxp7.xr|Yi"/.T),  vgl.  17  p.  840. 

4)  Der  älteste  bekannte  proconsul  ist  P.  Paquius  Scacva,  von  dem  es  in  der 
Inschr.  Ilenzen  n.  6450  =  Mommsen  /.  R.  N.  5244  heisst,  dass  er  nach  der  Prätur 
pro  ccnsule  provinciam  (ypruin  optinuit  und  weiter:- pro  cos.  Herum  extra  sortem 
auctoritate  Auy.  Caesaris  et  S.  C.  rnisso  ad  componendum  statum  in  reliquum  pro- 
vinciae  Cypri,  es  folgen  dann  noch  unter  Augustus:  Paulus  Fabius  Maxinius  Cos. 
743=11  V.  Chr.  und  vorher,  um  15  v.  Chr.  procos.  Cypri,  C.  1.  Gr.  2629.  Le- 
tronne  Journal  des  Satums  1827  p.  173  f.  und  A.  Plautius,  Eckhel  3,  84.  Borghesi 
Oeuvres  2,  18  IT.;  unter  Tiberius  :  C.  Ummidius  Quadratiis,  Orelli  3128  =  Momm- 
sen  /.  R.  N.  4234;  im  J.  29  n.  Chr.  L.  Axius  Naso,  Inschr.  bei  Waddington 
n.  2773;  unter  Claudius:  T.  Cominius  Proculus,  Kckhel  3,  84.  Borghesi  Oeuvres 
2,  154;  Sergius  Paulus,  Act.  Apost.  13,  7;  L.  Annius  Bassus,  im  J.  ö2  proconsul 
Cypri  und  erst  70  Consul,  C.  I.  Gr.  2632;  unter  Nero:  im  J.  65  (J.  lulius  Coi- 
dus,  C  /.  Gr.  2631.  Borghesi  Oeuvres  b,  323;  am  Ende  des  Isteh  Jahrh.  Q.  Coe- 
liiis  Honoratus  ,  Waddington  n.  2814;  unter  Uadrian  :  T.  Claudius  luncus  Cos. 
suff.  127,  Waddington  n.  2726;  unter  Septimius  8everus :  Audious  oder  Odins 
Bassus  proc.  Cypri  198,  in  der  bilinguen  Inschr.  Waddington  n.  2806=  (.'.  1.  L. 
III  11.218  und  Sex.  Clodius,  Waddington  n.  2728;  unter  Elagabal :  Claudius  At- 
talus,  Dio  Cass.   79,  3. 

5)  M.  Etrilius  Lupercus  TrpeoßeuxTj;  unter  Tiberius,  Waddington  n.  2773; 
L.  lulius  Marinus,  leg.  pr.  pr.  provinciae  Cypri  unter  Trj^ian ,  Marini  Arvali  n. 
LVIII;  M.  Calpurnius  Hulus ,  ley.  pro.  Cypro  pr.  pr.,  Inschr.  v.  Ephesus  bei 
('.  Curtins,  Hermes  4,  217;  T.  ^X.  OtXeivov  —  zpeoßeuaavxa  KjKpoD,  E.  Cur- 
tiiis  im  Khein.  Museum  1843  p.  105. 

6)  Waddington  n.  2773.  Orelli  n.  3102.  Bei  Grut.  492,  4  ist  nach  Marini 
Arvali  p.  766«  zu  lesen:  quaestor  provinc.  Cipri  pro  praetore.  Ein  Proquaestor 
provinc.   Cypri   Ilenzen  n.  6456a. 

7)  Not.  I).   Or.  p.  5.  p.  130.    Hieroclcs  p.  706. 

8)  Diodor.  16,  42:  £v  yo^p  "^fi  ^t^'si])  xauxTj  r^Xet;  y^orzv  d^i6\o'(Oi  (xev  evv£a, 
•jr:o  oe  xauxoi;  urfjpyc  Tt-a'fy.i^a  (Ar/tpa  roXbjj.oiX'x  xd  Tipoox'jpoQvxa  xai;  ivvea 
TToXegiv.  ixd'S-zr^  0£  xouxcuv  ei/e  paotXsa  ifji  p.sv  roXeuj;  ap/ovxa,  x'p  0£  ^3aolXei 
T(i)v  llepoibv  'jroxex'/YiASvov.  IMin.  V.  //.  .)  J^  129.  .Mola  2,  7.  lU-bcr  diese  Kö- 
nigreiche s.  Kulm  2,  107  IT.  und  einige  neue  Data  aus  den  p hon ici schon  In- 
schril'ten  der  Insel  bei  Vogü«,  Milanyea  d'arch^oloyie  Orientale,  Paris  1868.  8 
p.  23  ff.        ■ 


—     234     — 

scher  Zeit  werden  1  ö  Ortschril'ten  t;en;uiiil 'j.  Auch  diese  Städte 
waren  zu  einem  xoivov  vereinigt'^).  Metropolis  derselben  und 
l\esidenz  des  Statthalters  war  Paphos-'),  welches  im  J.  15  v.  Chr. 
den  Heinamon  Augusla  [1^[•icL:sTr^}  erhielt  'i  und  sich  später  l'sßaoTT) 
KXauoia  <I)Xaßia  Flacpoc,  Tj  lepa  jir^TpoTioXtc  twv  xaia  KuTrpov  TToXewv 
nennt '^j;  erst  in)  Oten  Jahrhundert  wird  Salamis,  damals  Con- 
stantia  genannt,  als  Metropolis  erwähnt"). 

XXXV.  Syria?). 
Provinz  Dass  Syrien  im  Jahre  690  =  (34  v.  Chr.   durch  Pompeius  zur 

64  V.  Chr.  ^  ^ 

Provinz  gemacht  wurde,  ist  sicher  überliefert ^j ;  nicht  so,  wel- 
chen Umfang  er  dieser  Provinz  urs[)rünglich  gab.  Denn  obwohl 
er  den  letzten  König  des  seleucidischen  Stammes,  Antiochus  Asia- 
ticus^),  seiner  Herrschaft  gänzlich  beraubte  und  ganz  Syrien  von 
dem  oberen  Euphrat  und  dem  Meerbusen  von  Issus  an  bis  nach 
Aegypten   und   der  arabischen  Wüste   hin  in  Besitz  nahm  ^^) ,  so 

1)  Plln.  N.  IL  5  §  130  und  das  Genauere  bei  Kulm  2,  312. 
2}  '/,ov4hs   Ttüv   K'jrpiwv,    Waddüigton   n.  2734;    ein    dp/ispeu;    xfj;   vtjoo'j 
C.  I.  Gr.  2633. 

3)  Act.  Apost.  13,  6,  7.   Meursii  Cyprus  I  c.  18. 

4)  Dio  Cass.  54,  23.   C.  I.  Gr.  2629. 

5)  Inschr.  Waddington  n.  2806,  vgl.  2785. 
"6)  Ilierocles  p.  706. 

7)  Uebcr  die  Geschichte  dieser  Provinz  s.  Norisius  Annus  et  epochae  Syro- 
macedonum  in  Norisü  Opera,  Veronao  1729  lol.  Vol.  II.  K.  B.  Stark  Gaza  und 
die  philistäische  Küste,  Jena  1852.  8.  A.  W.  Zumpt  Commenlaiionum  epigr. 
Vol.  II,  Berolini  1854.  4  p.  73  ff,  E.  Kuhn  Verfassung  des  Rom.  Reichs  2, 
161  ff.  E.  Bormann  De  Syriae  provinciae  Rornanae  partihus  capita  nonnuUa,  Be- 
rolini 1865.  8.  Ausserdem  lieferten  ein  neues  Material  die  Inschriften  in  Le  Bas 
et  Waddington  Voyage.  ExpLication  Vol.  III;  Corpus  Inscr.  Lat.  Vol.  III;  M.  de 
Vogüe  Syrie  centrale;  Inscriptions  semitiquea,  Paris  1868.  4;  die  vortrefflichen 
Untersuchungen  von  I.  G.  Wetzstein:  Reise  in  den  beiden  Trachonen  und  um 
das  Haurän  -  Gebirge  ,,  in  Neumanns  Zeitschrift  für  allgemeine  Erdkunde,  Berlin 
1859  S.  109  — 208;  21)5—319  (auch  einzeln  gedruckt  1861)  und  Ausgewählte 
griechische  und  lateinische  Inschriften ,  gesammelt  auf  Reisen  in  den  Trachonen 
und  um  das  Haurängebirge,  in  Abhandlungen  der  Berliner  Academie  1863  S.  255 
—  368,  endlich  das  noch  unvollendete  Werk  voji  E,  Renan  Mission  de  Phenicie, 
Paris  1864.  4  mit  Atlas  in  fol. 

8)  Plutarch.  Pomp.  39:  -/cai  "/axaßa?  ctuxos  elc,  ^upwv  Ta'jxr^v  |Jiev  (ü;  oüy, 
eyooarxv   '{^nis'iou;,   [iaiiKzlc,    £7rapyiav    äTiecpiQ^e   xal  xxfjtxa  xoü   oifj[xo'j  M-*(u}j.at(«v. 

Appian.  'Syr.  49  :  no{j.7:-r]toc  0£ 'Avxioyov  EceßrxXe  xf^;  Supojv  dp■/f^(;,  oOoev 

iq.  'P(o[xato'j;  afxctpxovxct.     Idem  c.  70.    Mithr.  106.  Gros,  6,  4.    Eutrop.  6,  14, 

9)  Er  wurde  entthront  65  und  lebte  noch  bis  etwa  49.  Ueber  ihn  und  die 
Reihe  seiner  Vorgänger  s.  Clinton  Fasü  Hell.  III  Appendix  III.  Kings  of  Syria 
p,  308  —  346, 

10)  Appian.  Syr.  50:  cuxw  (X£v  o-r]  KiAr/ta;  xt:  y.al  IS'Jpiot;  xfjt;  (i.£aoYatou  xat 
xoiXt];  vcai  Ooivi-z-if]?  xai  OaXataxfvrj; ,  xal  öoa  ä'XXa  ^upia;  dzö  EO'Jpdxou  i^iypt 
AiY'JTrxrju  7,al  |ji.cypt  i}aXdc(37j?  dv6(Aocxa,,d[J.ayt 'Pojp.aioi  xaxiayov.   Appian,   Mithr. 


—     235     — 

begnügte  ersieh  doch,  dieses  ganze  Gebiet,  welches  Iheils  wegen 
der  ganz  verschiedenen  Nationalität  seiner  JBewohner,  Iheils  wegen 
der  in  den  letzten  Zeiten  der  Seleucidenherrschaft  entstandenen 
politischen  Zerrissenheit  des  Landes  eine  einheitliche  Organisation 
unmöglich  machte,  fürs  erste  in  der  Art  zu  parcelliren,  dass  ein 
Theil  desselben  in  eine  grosse  Anzahl  freier  Stadtgebiete  aufge- 
löst, ein  andrer  aber  verschiedenen  kleinen  Fürsten  zugetheilt 
wurde,  deren  gänzliche  Abhängigkeit  von  Rom  zu  immer  neuen 
Veränderungen  der  Territorien  Veranlassung  gab,  bis  diese  am 
Ende  ganz  der  Provinz  einverleibt  wurden  i).  Der  Umfang  der 
Provinz  hat  sich  sonach  noch  in  dem  ersten  Jahrhundert  fort- 
während geändert  und  werden  wir  die  Geschichte  dieser  Ver- 
änderungen, so  weit  sie  bekannt  ist,  im  Folgenden  zusammen- 
zustellen suchen. 

Die  syrische  Nationalität  und  Sprache  geht  im  Süden  nur  Bevöike- 
bis  Damascus^);  von  da  wohnen  östlich  und  südöstlich  Araber, 
südlich  die  Juden,  westlich  die  Phöniker,  in  dem  syrischen,  phöni- 
cischen  und  jüdischen  Gebiete  aber  liegt  eine  grosse  Anzahl 
hellenischer  Stadtgemeinden,  welche  theils  aus  griechischen  Be- 
satzungen hervorgegangen,  theils  unter  der  Seleucidenherrschaft 
gegründet  waren.  Zu  diesen  nationalen  Differenzen  kam  noch 
eine  Theilung  der  politischen  Verwaltung,  indem  der  südliche 
Theil  des  Landes  längere  Zeit  im  Besitze  der  Ptolemäer,  der 
nördliche  unter  der  Herrschaft  der  Seleuciden  stand,  woraus  sich 
die  Kintheilung  des  Landes  in  zwei  Syrien  erklärt  =^),  bis  endlich 
in  den  seit  152  v.   Chr.   ununterbrochen   fortdauernden  Kämpfen 


rung. 


IlaXatCTivT^   y.ifexai,    v.al  rr^v   'loo'jfj.attov   y.at  'Ixoupaituv   'Aoi   ooa   a).Xa  öv6|x 


ISupia;,   dtriojv  d|i.a/l  'P(ü|j.aioi<;  v.oL^'i'ZTaro. 

1)  Appiaii.  Syr.  50:     IIo[j.ztjIo;    [j.£v    ojv   xaivrjE    xiuv   utto  toi;    ^eXeuxioai; 

Y£'^0|J.£V(ov  iOvÄv  ToT;  |a£v  .  .  .  d7:£0T7]a£v  oiy.Eio'j;  |3aoiX£a;  t^  O'JvdoTa; xai 

rj'j  -oX'j  'jOTEpov  xal  xaoe  T:£pifjX&£v  ii  'Pwfxaioy;,  iizl  Kaiaoipo;  {AciXioxa  xoO 
ileßacToO,  xaxa  {Xtpir;. 

•2)  Wetzstein  lieise  S.  178. 

3)  Cäsar  nennt  bei  Dio  Cass.  38,  38  unter  den  von  den  Körnern  besiegten 
Völkern  ^6po'j;  a(xcpoT^pou;.  Ob  sich  dies  auf  das  obere  und  untere,  yj  avou 
Sl'jpia  TDiodor  18,  6;  19,  79.  93.  loseph.  Ant.  8,  ü,  1 ;  13.  7,2.  StMbo2p.  134) 
und  fj  y.axu)  ii'jpia  floseph.  Ant.  12,  3,  1  ;  Strabo  15  p,  092;  10  p,  742)  bezieht, 
ist  niclit  klar.  Der  avtu  Xupla  wird  gewöhnlich  dio  xolXt)  ^upta  enlgegongesctzt 
(Strabo  2  p.  134.  Diodor.  19,93  u.öKcr),  worunter  in«  eigentlichen  Sinne  das 
Thal  zwischen  Mbanoii  und  Antilibanon  (Strabo  IG  p.  754.  750),  im  weiteren 
Sinne  das  ganze  südliche  Syrien  bis  zur  ägyptischen  (Ircnze  (Diodur.  18,  C)  ver- 
standen wird.   S.  liicrüber  Norisius  a.  a.  ().  III  c.  1.   Kuhn  11,  179. 


—     236     — 

der  Scieuciden  unt«M-  riiianilcr  das  stanze  Reich  sich  auflöste,  die 
Maccabäer  n'whl  nur  ilu*e  Selbständigkeit  cnani^en,  sondern  auch 
eine  Anzahl  töles^iischer  Städte  eroberten,  die  giösseren  Stadt- 
geineinden  sieh  unabhäni^ig  machten  und  an  vielen  Orten  kleine 
Dynastien  entstanden.  Indem  nun  Pompeius  nach  der  Eroberung 
von  Jerusalem  das  jüdische  Gebiet  wieder  auf  die  (Irenzen  der 
iNationalität  l)eschränkte  'j  und  die  freien  Verfassungen  der  grie- 
chischen Städte  entweder  anerkannte  oder  wiederherstellte,  orga- 
stadt-     nisirle  er  die  neue  Provinz  nach  diest^n  Stadtgebieten,  unter  wel- 

gebiete.  ' 

chen  uns  folgende  entweder  ausdrücklich  genannt  oder  durch  die 
bei  ihnen  übliche  Provincialära  vom  Jahre  64  v.  Chr.  bezeichnet 
werden.  Es  gehörte  demnach  ursprünglich  zur  Provinz  das  obere 
Syrien  mit  den  Städten  Antiochra,  Seleukeia  in  Pieria,  Apaniea, 
Laodicea^),  Cyrrus,  Ilieropolis  und  Beroca  (Alep)  ^),  Epiphania 
(Hemath)^),  Balanea^),  Aradus^),  die  phönicische  Küste,  nament- 
lich Tripolis,  dessen  Tyrannen  Dionysius  Pompeius  hinrichten 
Hess');   Byblus,   welches  Pompeius  ebenfalls  von  einem  Tyrannen 

1)  losepli.  Ant.  14,  4,  4:  xctl  xd  (asv  'lepoo6Xu[j.a  UTCoxcXfj  cpopou  'Pu)(j.7.iot«; 
i~oi-qa£.v ,  äi  oi  ol  evotxoi  zpoxspov  rroXet;  s/etpcosavxo  xf^c,  KoiXttj;  '^'jpta; 
acpeXo(j.evo?  uro  xt]j  ocpexspoj  oxpaxTjYqj  exa^e,  xrd  x6  au[x7cav  e'iJvo? ,  irii  {J^Ya 
TTpoxepov  octpofjievov  ,  evxö;  xüjv  ioituv  opoiv  0'jv£ox£iXev.  Kai  Vdoapa  [xsv, 
(J.tzpov  ä'fx-poa&ev  xaxaoxacpelaav ,  ävsxxiae,  —  —  xot?  0£  Xot7:d? ,  "Izkov  'Aoi 
Slxu^oTioXiv  Tccti  rieXXav  zat  Atov  xai  ^a(J.ap£ta^;,  Ixi  oe  Mdpiaaav  'Arn  "X'^wto-^ 
xal  la,u.V£iav  xai  'Apst^ouaav  xoi?  oix'/]xopaiv  cxTrsoojys.  Kai  xauxa;  fxsv  ev  xin 
jj.eooY£Hp,  ycopU  xöiv  ■/axecxafj.p.lvcov,   Fd^av  xe  zpö;  xy]  ^aXdaairj  %al  'Iottttt^v  y.at 

Aöjpa  %al  ^xpdxojvo?  xov  7:6pYO"; Ttdca?  6  no(jt.7irjio;  dz-?]v..zv  iKvj\)ip'xi  y.al 

7rpo?£V£i{jL£  xf^  d;rapy_ia. 

2)  Strabo  16  p.  749.  Von  dicseji  Städten  hat  Antiochia  vier  verschiedene 
Aeren,  von  312,  04,  49  und  31  v.  Chr.  Im  J.  64  erhielt  sie  von  Pompeius  die 
Autonomie,  Noris.  Ep.  S.  M.  diss.  III  c.  3.  Porphyrius  fr.  26  in  Müllers  Fr.  hist. 
Gr.  III  p.  716  :  6  oe  Xaß^v  7:ap'  'Avxtoyetuv  yp'qjj-axa  —  a'Jxövo|xov  xr^v  roXtv 
£iaa£.  Die  Aera  von  64  erwähnt  Euagrius  II ,  12 :  i7,el^oi  [X£v  Y^p  (das  Erd- 
Ijeben)  dviauxov  xal  TtEvxTjXooxov  xal  exaxoaxov  d-^o()0-qc,  x'q;  ttoXeio?  sxo?  rf^^ 
aOxovo{j.ia;  ■^i'fO'^cs.  Auch  Seleucia  erhielt  die  Autonomie  von  Pompeius  (Strabo 
16  p.  751),  die  Aera  von  64  aber  ist  nicht  sicher,  Eckhel  D.  N.  3,  327. 
Borghesi  Oeuvr.  4,  170  ff.  Apamea  nennt  sich  auf  einer  Münze  des  Jahres  41 
v.  Chr.  (Eckhel  3,  307  n.  7)  aux6vo{xo;  (Die  Inschrift  Orelli  623  ist  falsch. 
S.  Henzcn  Inscr.  Vol.  III  p.  58  und  zu  Borghesi  Oeuvres  5,9),  Laodicea  in 
einer  Inschr.   Ephem.  Arch.  11(1862)  p.  42  l£pd  xal  dauXo?  xal  a'jx6vo[j.o;. 

3)  Cyrrus  und  Hieropolis  haben  die  Seleucidenaera  von  312  v.  Chr.  und 
kamen  ohne  Zweifel  gleich  zur  Provinz. 

4)  Auch  sie  hat  die  Aera  von  64.    Eckhel  D.  N.  3,  313. 

5)  Obwohl  die  Aera  der  Stadt  unbestimmbar  ist,  so  ist  doch  die  Autonomie 
derselben  (s.  die  Inschr.  bei  Kenan  Mission  p.  107,  in  welcher  sich  die  liala- 
neer  a'jxovo(Jio6}jL£voi  nennen)  wohl  von  Pompeius  oder  Cäsar  herrührend. 

6)  Bei  Strabo  16  p.  754  zur  Provinz  gerechnet. 

7)  loseph.  Ant.  14,  3,  2.  Das  Jahr  giebt  die  Aera  von  Tripolis,  welche 
64  beginnt.    Eckhel  7).  N.  3,  373.  377.  Ephem.  Archaeol.  n.  362:  TpiToXixwv  xf^; 


I 


—     237     — 

befreite^);  Sidon  und  Tyrus,  welche  sich  schon  unter  den  Königen 
frei  gemacht  hatten  und  ihre  Autonomie  behielten  2),  und  Dora^). 
Von  dem  südlichen  Theile  des  Landes  wurde  das  jüdische  Gebiet, 
von  dem  wir  besonders  reden  werden,  zwar  vorläufig  occupirt, 
später  aber  einheimischen  Königen  übergeben,  dagegen  einerseits 
die  Städte  der  samaritischen  und  philistäischen  Küste,  Turris 
Stratonis  (das  nachherige  Caesarea)  ^j,  loppe^^),  lamneia^),  Azo- 
tus  ') ,  Ascalon  ^) ,  Anthedon  9) ,  Gaza  ^^) ,  Raphia  ^i) ,  anderer- 
seits die  Binnenstädte  Cölesyriens,  Laodicea  ad  Libanum  ^2)  und 
die  Städte  der  Decapolis,  Antiochia  ad  Hippum  oder  Ilippos^^)^ 
Gadarai^),    Abila   Leucosi'^),    Dium  i«) ,     Canata  i') ,    Scythopolis, 

Ooivix-y]?  TTJ?  lepac  -Aal  diouXou  xai  auxovdjxou  xal  vauapyiSo^  ot  ap/ovxes  xai  -f] 
ßo'jX^. 

1)  Strabo  lü  p.  755. 

2)  Sidoii  hat  eine  Aera  von  111  v.  Chr.  ,  Tynis  von  126  v.  Chr.,  welche 
beule  wohl  den  Beginn  der  Freiheit  bezeichnen :  dass  die  Rön)er  diese  aner- 
kannten, bezeugen  Strabo  16  p.  757.  loseph.  Ant.  15,  4,  1.  Erst  Angnstus  nahm 
beiden  Städten  die  Freiheit  (i)io  Cass.  54,  7)  und  auf  den  Münzen  führen  beide 
nicht  den  Titel  auTovofAo;. 

3)  Dora  hat  die  Autonomie  (Münzen  b.  Mionnet  5,  361  f.)  seit  Pompeius 
(loseph.  Ant.  14,  4,  4)  und  die  Aera  von  94.    Kckhel  D.  N.  3,  363. 

4)  loseph.  Ant.   14,  4,  4.  B.  lud.   1,  7,  7. 

5)  loseph.  Ant.   14,  4,  4. 
6j  loseph.  B.  lud.   1,  7,  7. 

7)  loseph.  Ant.  14,  5,  3.    B.  lud.  1,  7,  7. 

8)  Ascalon  hat  nie  zum  jüdischen  Reiche  gehört.  Es  stand  zuerst  unter  den 
Königei>  und  hat  die  Seleucidenaera  von  312  v,  Chr.  ;  dann  war  es  freie  Stadt 
seit  104  v.  Chr.,  von  welchem  Jahre  es  ebenfalls  eine  Aera  hat,  Pompeius  fand 
es  zerstört,  und  es  scheint  zu  den  Städten  zu  gehören,  die  Gabinius  wieder  auf- 
baute (loseph.  Ant.  14,  5,  3),  denn  seine  dritte  Aera  ist  von  58  v.  Chr.  Eckhel 
1).  N.  3,  447. 

9)  loseph.  Ant.  14,  5,  3. 

10)  loseph.  a.  a.  0.  Gaza  hat  eine  Äera  von  61  v.  Chr.,  Eckhel  D.  N.  3,  453, 
oder  62  v.  Chr.  (Stark  Gaza  S.  514)  und  heisst  in  der  Inschr.  C.  I.  Gr.  5892 
lepd  7.ai  (JtjXo;  ral  aüxövojxoi;.  Augustus  schenkte  die  Stadt  noch  einmal  dem 
Herodes  (loseph.  Ant.  15,  7.  3),  schlug  sie  aber  im  Jahr  4  v.  Chr.  wieder  zur 
Provinz  Syrien  (loseph.   Ant,   17,   11,  4).  w 

11)  loseph.  Ant.  14,  5,  3.  Die  Aera  der  Stadt  scheint  von  58  v.  Chr.  zu 
sein.  Stark  Gaza  S.  515, 

12)  Die  Stadt  hat  die  seleucidische  Aera  und  ist  als  Thoil  des  eigentli«!hen 
syrischen  Reichs  ohne  Zweifel  gleich  zur  Provinz  gekommen. 

I3j  Es  hat  die  Aera  von  64,  Eckhel  3,  347  und  erhielt  seine  Freiheit  v<»n 
Pompeius.    loseph.   B.  lud.  1,  7,  7. 

14)  Ks  heisst  aOT(5vofxo;  und  hat  die  Aera  von  64,  Eckhel  3,  350.  Es  war 
von  Pompeius  neu  aufgebaut,    loseph.   B.  lud.   1,  7,  7. 

15)  Die  Stadt  heisst  'AßlXTj  x-^;  Aexa-oXeo;  (Inschr.  von  Palmyra,  C.  I.  Gr. 
4501)  oder  KoCXr^;  X'jpta;  (aul  Münzen,  Eckhel  3,  345)  zum  Unterschied  von 
'A[^iXa  oder  Abila  l>ysaniae,  Steph.  Byz.  p.  6  M.  Sie  ist  ebenfalls  a'ixövofjio;  und 
hat  die  Aera  von  64. 

16)  Die  Stadt,  deren  Lage  unbekannt  ist,  hat  die  Aera  von  64. 

17)  Canata ,  deKsrn  l^age  erst  durch  Wetzstein  und  Waddington  festgestellt 
i-t  ,    Jetzt  Kerak  in  der  Nukra  (Uatanatis),    nordwestlich   von  Kostra,    ist  bisher 


—     238     — 

Pella  i),  Gerasa  oder  Antiochia  am  Chrysoroas^),  Philadelphia  3), 
Freiheit  der  endlich  Samaria  "*)  der  Provinz  einverleibt.  Die  Erlheilung  der  Frei- 
heil  an  so  viele  Städte  ist  nicht  als  ein  Zeichen  von  Grossmuth  der 
Römer,  sondern  als  eine  nothvvendige  Verwaltungsmossregel  anzu- 
sehen. Alle  diese  Städte  halten  zwar  eit^ene  Gerichtsbarkeit  und 
eigene  Verwaltung  ihrer  Einkünfte,  aber  ihre  Veifassung  war  von 
den  Römern  nach  einem  Census  aristocratisch  organisirl"')  und  die 
Steuern  wurden  in  ihnen  nach  dem  bei  der  Organisation  der 
Provinz  eingerichteten  römischen  Steuerverfahren  erhoben'');  sie 
ersparten  daher  dem  römischen  Staate  eine  directe  Verwaltung 
durch  Beamte  oder  zu  sehr  ins  Einzelne  gehende  Abgabenver- 
pachtung. Die  ersten  Statthalter,  namentlich  Gabinius,  welcher 
57  V.  Chr.  Proconsul  Syriens  war  ^) ,  betrieben  eifrig  den  Auf- 
bau   der    zerstörten    Städte  ^)    und   Gabinius    machte    den   Ver- 


von  alten  Schriftstellern  und  den  neueren  Numismatikern  identifldrt  worden  mit 
der  grösseren  und  bekannteren  Stadt  Kanatha  (Qanawät  auf  dem  Haurange- 
birgej,  nordöstlich  von  Kostra.  Canata  muss  eine  Stadt  gewesen  sein,  da  sie 
Münzen  schlug,  welche  die  Aera  von  64  haben  (Waddington  n.  2412*^J,  und  ein 
ßo'jXeur/]?  auf  einer  Inschr.  derselben  (Waddington  n.  2412^}  vorkommt,  aber  im 
J.  106  wurde  sie  zu  der  damals  eingerichteten  Provinz  Arabia  geschlagen,  nahm 
die  Aera  dieser  Provinz  an,  aber  heisst  nunmehr  y.(uij/^,  Waddington  n.  2412  f. 
Canatha  dagegen,  auch  Kavoi}a  oder  KavwDa  geschrieben,  welches  von  Joseph. 
-B.  lud.  1,  19,  2  zu  Coelesyrien  und  von  Plin.  N.  Ä.  o  §  70  zur  Decapolis 
gerechnet  wird,  gehörte  noch  nach  der  Einrichtung  der  Provinz  zum  jüdischen 
Reiche,  kam  aber  später  zu  Syrien,  und  gehörte  dazu  noch  nach  Septimius  Se- 
verus.  S.  Waddington  n.  2329  und  die  daselbst  angeführte  bilingue  Inschr.  von 
Lyon:  0aifj.o?  6  %at  'louXtavos  Sadoou  'AO^£tX'r]vö?,  ßouXeuT'fj;  toXityj?  t£  Ka^oj- 
l}at[(uv]  d[7capyeia?]  Supia?.  Diis  Manibus  Thaemi  luliani,  Sati  fil.  Syri  de  vico 
Athelani,   decurion^i)  Septimiano  Canotha. 

1)  P>eide  erhielten  die  Freiheit  von  Pompeius ,  loseph.  B.  lud.  1,  7,  7. 
Pella  hat  auch  die  Aera  von  64. 

2)  S.  die  Inschrift  bei  Mommsen  Berichte  der  sächs.  Gresellsch.  der  Wiss. 
1850  S.  223  =  Waddington  1722. 

3)  Es  hat  die  Aera  von  64  v.  Chr.    Eckhel  3,  351. 
4j  loseph.  Ant.  14,  4,  4.    B.  lud.  1,  7,  7. 

5)  loseph.  Ant.  14,  5,  4:  Iv  dpiOTO-zcpaTeia  of^Yov. 

6)  Bewiesen  wird  dies  in  einem  andern  Abschnitte.  Als  Beispiel  diene  hier 
Antiochia.  Dies  war  auxovopLO?  (s.  S.  236  Anm.  2}  Antiochia  übern,  Plin.  N.  H.  5 
§  79.  Caracalla  machte  es  zur  Colonie,  jedoch  salvis  tributis,  wie  Paulus  Big.  50, 
15,  8  ^  5  sagt.  Die  Stadt  war  also  ebenso  steuerpflichtig,  wie  die  ganze  Provinz 
(^Syria,  quae  facta  est  stipendiaria,  Velleius  2,  37,  5).  Vgl.  Ulpian.  THg.  50,  15,  3  : 
in  Syriis  a  quattuordecim  annis  masculi,  a  duodecim  feminae  usque  ad  sexagensi- 
mum  quintum  annum  tributo  capitis  obligantur ,  aetas  autem  spectatur  censendi 
tempore.     Ueber  die  Abgaben  der  Stadt  s.  Norisius  Ep.  S.  M.  III,  5  p.  211. 

7)  Borghesi   Oeuvr.  2,    188. 

8)  loseph.  Ant.  14,  5,  3:  xat  dvev.Ttailrjcav  SotjjLapeta  -/at  ' k^mzoc,  7.nX  Sx'j- 
^6r:oXi;  xc/t  'AvHtjOojv  xoti  Facpiot  xoti  Aöjpa,  Mdptoad  re  -/at  Vä^a  y.ai  d'XXai 
oux  (jViyxt.  Zu  diesen  andern  gehört  Ascalon ,  das  eine  Aera  vom  Herbst  58 
v.   Chr.   hat. 


I 


—     239     — 

such,  auch  ludaea  in  fünf  Verwaltungsbezirke  zu  theilen,  deren 
Mitlelpuncte  die  Städte  Jerusalem,  Gadara,  Amathus,  Jericho  und 
Sepphoris   (Diocaesarea)  waren  i). 

Als  Cäsar  im  J.  47  aus  Aegyplen  durch  Syrien  gegen  den 
Pharnaces  zog,  traf  auch  er  verschiedene  Anordnungen  in  den 
Besitzverhältnissen  2);  von  Augustus  Einrichtungen  sind  wir  sehr 
mangelhaft  unterrichtet,  da  Strabo,  der  hierüber  die  beste  Quelle 
sein  würde,  in  Syrien  selbst  nicht  gewesen  ist*^). 

Derselbe  Grund,  welcher  die  Einrichtune  städtischer  Diöcesen  Dynastion 

'  ^  innerhalb 

empfahl,  wo  sie  möglich  war,  machte  im  Osten  und  Süden  derdprProvin/. 
Provinz  sowohl  wiegen  der  nomadisirenden  Bevölkerung  des  Lan- 
des als  wegen  des  starren,  den  Formen  einer  geregelten  Ver- 
waltung widerstrebenden  Characters  der  Einwohner  das  Fortbe- 
stehen dynastischer  Begierungen  nothwendig,  welche  von  den 
Bömcrn  ebenfalls  als  durchaus  abhängige,  verantwortliche ^j  Or- 
gane der  Verwaltung  benutzt  wurden,  da  sie,  was  besonders  zu 
merken  ist,  abgabenpflichtig  waren'»).  I)er  Begriff  der  Provinz 
isü  für  die  Bömer  zunächst  ein  financieller;  die  Provinz  ist  ein 
praedium  populi  Romani^);  insofern  also  dürfen  die  Dynasten 
Syriens  als  bereits  zur  Provinz  mitgehörig,  nicht  als  ausser  ihr 
bestehend  betrachtet  werden'),  da  sie  ebenso  wie  die  freien 
Städte  nur  als  ein  Organ  für  die  Eintreibung  der  Abgaben  an- 
zusehen   sind ,    weshalb    sie    sich    zuweilen    selbst   procuratores 

1)  Joseph.  Ant.  14,  5,  4. 

2)  Hirtius  B.  Alex.  65 :  commoratus  fere  in  omnihus  civitatihus,  quac  maiore 
sunt  dignitate,  praemia  hene  meritis  et  viritim  et  puhlire  trihuit :  de  controversiis 
velerihus  cognoar.it  <ir  statuit.  Reges ,  tyrannos ,  dynastas  provincine  finiÜmoHque , 
qui  omnes  nd  eum  concurrerant,  receptos  in  fidem,  conditionibiis  imposilis  provin- 
riae  tuendne  an  defendendae ,  dimittit  et  sibi  et  populo  Romano  amirissimns.  Er 
trat  loppe  wieder  den  Juden  ab  (loseph.  Ant.  14,  10,  6)  und  ertheilte  besondre 
Privilegien  den  Stäfiten  Antiochia  (Norisius  /cp.  Syr.  Mac.  p.  175 — 21H),  Oabala 
( Kckhel  3,  314),  Laodirea  am  Meere,  dessen  Einwohner  sich  ihm  zu  Ehren 
[fj'j'f.uXi  ol  -Aotl  Aaoot^eic  nennen,  und  Ptolemais  (Eckhel  3,  425),  welche  Städte 
alle  von  dieser  Zeit  eine  neue  Aera  beginnen. 

3)  Grosskurd  zu  Strabo  Band  3  S.  25^.  Eine  Aera  von  31  v.  Clir.  hat  An- 
tiorhia  und  Seleucia;  über  die  ColoniÄtion  von  Berytus  wird  noch  weiter  die 
Rede  sein. 

4)  Beispiele,  dass  diese  Könige  nach  Rom  citirt,  vcrurtheilt  und  bestraft 
wurden,  liefert  die  (Je.schicbte  von  Conimagerie  und  Judaea. 

5)  Ueber  diesen  wichtigen  Satz  verweise  ich  vorläuüg  auf  iluschke  Ueber 
den  z.  Zeit  der  (Jeburt  Je.HU  Christi  gehaltenen  ('ensux  S.  IIH). 

(J)  Cic.    Vfrr.   11,  2,  3  %  7. 

7)  Hirtius  B.  Alex.  G5  nennt  sie  dywiata*  prorinriur.  Sgl.  Huschke  a.  a,  0. 
S.   105. 


—     240 


nennen  ^)  ,  und  da  ihn»  Regierung  nur  so  lange  beibehalten 
wurde,  bis  die  allmJIhliche  Gewöhnung  an  eine  geordnete  Ver- 
waltung und  die  Ueberwaltigung  der  widerstrebenden  Elemente 
die  völlige  Vereinigung  auch  dieser  Theile  mit  der  Provinz  mög- 
lich machte.  Auf  diese  Weise  kamen  zu  der  ursprünglichen 
Provinz  im  ersten  Jahrhundert  n.  Chr.  noch  folgende  Bestand- 
Iheile  hinzu  2): 
coimnagpiie.  1.  Commageue.    Diese  Landschaft,  im  N.  durch  den  Ama- 

nus,  im  0.  durch  den  Euphrat  begrenzt,  im  W.  an  Cilicien,  im 
S.  an  Syrien  stossend,  hatte  schon  während  der  Seleucidenherr- 
schaft  eigene  Könige  =^),  welche  mit  den  Seleuciden  verwandt 
waren  4).  Von  ihnen  sind  bekannt  Antiochus  (1),  der  in  den 
Jahren  G9  bis  38  v.  Chr.  erwühnt  wird  ■'^)  und  vor  31  gestorben 
sein  muss,  in  welchem  Jahre  Mithridates  das  Land  beherrschte  "^j : 
sodann  Antiochus  (II),  w-elchen  Octavian  im  J.  29  nach  Rom 
kommen  und  zum  Tode  verurtheilen  Hess').  Im  J.  20  wurde 
Mithridates  (II)  König  von  Commagene^j,  darauf  Antiochus  (IIIj, 
wahrscheinlich  sein  Sohn,  nach  dessen  Tode  im  J.  17  n.  Chr.'^) 
Tiberius  Commagene  zur  Piovinz  machte  i^) ,  d.  h.  mit  Syrien 
vereinigte.     Allein  es  blieb  nur  20  Jahre  bei  der  Provinz ;    denn 

1)  Sallust.  lug.  14:  Micipsn  pater  meus  moriens  mihi  praecepit,  uti  regni 
Numidiae  tantummodo  procurationem  exisiumarem  meam,  ceterum  ius  ei  imperium 
eins  penes  vos  esäe. 

2)  Plin.  A*".  fl".  5  ^  74  sagt  von  der  Decapolis:  intercursant  cinguntque  hns 
urhes  tetrarchiae ,  regnorum  instar  singulae ,  et  regna  contribuuntur ,  Trachonitis, 
Panias  in  qua  Caesarea,  Abila^  Area,  Ampeloessa,  Gabe,  §82:  reliqua  autem  Sy- 
ria  habet  Arethusios ,  Beroeenses  —  —  —  praeter  tetrarchias  in  regna  descriplns 
barbaris  nominibus  XVII. 

3)  I'eber  die  Geschichte  von  Commagene  s.  Norisiiis  Ep.  S.  M.  diss.  II  c,  4. 
Eckhel  3,  254  ff.  Clinton  Fasti  Hellen.  3,  343  f.  Knhn  2,  174  ff.  Waddington 
Tome  III  p.  60—63. 

4)  S.  Boeckh  C.  I.  Gr.  n.  362. 

5)  Im  J.  59  bestätigte  ihn  Lucullns  in  seinem  Besitze,  Dio  Cass.  35,  2; 
im  Jahr  04  Pompeius ,  Appian.  Mithr.  106.  Später  wird  er  erwähnt  im  J.  51, 
Cic.  ad  fam.  15,  1,  2;  im  J.  49,  Caesar  B.  C.  3,  5.  Appian.  B.  C.  2,  49;  im 
J.  38,    Flut.  Ant.  34.  Dio  Cass.  49,  20.  22. 

6)  Plut.  Ant.  61.  • 

7)  Dio  Cass.  52,  43. 
8}  Dio  Cass.  54,  9. 
9)  Tac.  Ann.  2,  42. 

.10)  Tac.  Ann.  2,  56 :  Commagenis  Q.  Servaeus  praeponitur,  tum  primmn  ad 
ius  praetoris  translatis.  Strabo  16  p,  749:  -^  Kofxij.otY'ir^vYj  (JLt'/pot  t(c  ^axtv  '  r/et 
o'  ^pufxvr^v  TToXiv  SafxoaaTa  £v  t^  t6  ^ctatXeiov  'jTTfjpye ,  vüv  o  inapyyx  li^iove. 
Servaeus  war  einer  der  Legaten  des  Germanicus  (Tac.  Ann.  3,  13;  6,  7j,  der 
die  Provinz  mir  einrichtete,  wie  Veranius,  ein  anderer  Legat  desselben,  Cappa- 
docien.    S.  oben  Seite  209.    Zumpt  Comm.  ep.  II  p.  127. 


n 


^     241     ^ 

Caligula  gab  es  im  J.  38  dem  Sohne  des  letzten  Königs  (Antio- 
chus  III)  zurück  ^) ,  welcher  zwar  von  Caligula  selbst  wieder  abge- 
setzt, aber  von  Claudius  im  .T.  41  nochmals  auf  den  Thron  erho- 
ben 2),  unter  dem  Namen  Antiochus  IV  Epiphanes  Magnus  3)  bis  72 
regierte*)  und  ausser  Commagene  einen  Theil  von  Cilicien  be- 
sass^).  Im  .1.  12  beraubte  ihn  auf  Befehl  Vespasians-'der  Legat 
von  Syrien  Caesennius  Paetus  abermals  seiner  Herrschaft,  worauf 
er  selbst  in  Lacedaemon,  seine  Söhne  Epiphanes  und  Kallinikos 
aber  in  Rom  lebten  ^*) .  So  kam  Commagene  unter  römische  Ver- 
waltung^) :  die  Hauptstadt  Samosata  erhielt  den  Beinamen  Flavia 
und  eine  neue  Aera  vom  Herbst  71,  in  welchen  dor^t  der  Anfang 
des  Jahres  fiel*^);  über  die  auswärtigen  Besitzungen  des  Königs 
wurde  anderweitig  verfügt.  Dass  aber  Commagene  nicht  als 
selbständige  Provinz  constituirt,  sondern  zu  Syrien  geschlagen 
wurde ^),  darf  man  aus  verschiedenen  Gründen  annehmen.  Ptole- 
mäus  5,  15,  10  rechnet  Commagene  zu  Syrien ;  ein  eigener 
Statthalter  von  Commagene  kommt  nicht  vor,  wohl  aber  ein 
legatus  Traiam\  der  Syrien  und  Commagene  zugleich  verwaltet  ^ö): 
endlich  lag  eine  der   syrischen  Legionen,    leg.  XV f  Flavia  firma^ 

1)  Dio  Cass.  59,  8.  Der  Irrthum  von  Fabricins,  welcher  Antiochus  IV  für 
den  Sohn  von  Antiochns  II  hält,  ist  von  Clinton  a,  a.  O.  berichtigt. 

2)  Dio  Cass.  60,  8. 

3)  Ueber  die  Beinamen,  die  er  auf  Münzen  führt,  s.  Eckhel  D.  N.  3,  255. 

4)  Im  J.  43  verlobt  er  seinen  Sohn  Antiochus  Epiphanes  mit  Drusilla,  der 
Tochter  des  Agrippa.  loseph.  Ant.  19,  9,  1 ;  im  J.  54  erwähnt  ihn  Tac,  Ann. 
13,  7;  im  J.  70  zog  er  mit  Titus  vor  Jerusalem.  loseph.  B.  I.  5,  11,  3. 

5)  Ta  TTapaftaXaoota  tyjc  KtXfAia;,  Dio  Cass.  59,  8.  Dazu  gehörte,  wie  wir 
aus  seinen  Münzen  ersehen,  Lacanatis,  die  nordöstlichste,  an  Commagene  gren- 
zende Landschaft  Ciliciens ,  mit  der  Stadt  Eirenopolis ,  ferner  Elaiusa  oder  Se- 
baste,  eine  Insel  an  der  Küste  zwischen  Seleucia  Ciliciae  und  Tarsus,  sodann 
Alexandria  am  Meerbusen  von  Issus  und  endlich  ein  Stück  von  Lycaonien. 
Eckhel  />.  A^.  3,  256. 

6)  Ausführlich  erzählt  dies  loseph,  B.  I.  7,  7,  1—3. 

7)  Suet.   Vesp.  8.    Eutrop.  7,  19.  Aurel.  Victor  epit.  Ö,  13.   Oros.  7,  9. 

8)  Chron.  Pasch,  p.  464  Bonn,  zum  Jahr  71  :  *Ko(j.(aoiy7)voI  xai  2a(i.ooaTeT; 
i-iTt'j^e^  TO'j;  i^'jTwv  «ip.iHfi.oyoi  yp«ivo'JC.  Eckhel  7).  A'.  3,  252.  Clinton  F.  Rom. 
I  p.  60. 

9)  Ich  »elbst  habe  früher  Commagene  als  eigne  Provinz  angesetzt ,  halte 
meine  Ansicht  indessen  für  widerlegt  durch  Hormann  De  Syria  prov.  ^  2;  vgl. 
Borghesl  (>aivren  4,  159.    Kuhn  2,   174. 

10)   Inschrift    von     Pergamus    bei     Mommsen    Berichte    der    sächs     (ies.    der 
Wiss.  II.  Ph.  Cl.  1850  y.  223=Waddin»rton  n.  1722:    [AuJXov  'louXiov   [KJou- 
aof»(äTovj  [?il;J  örarov,  7:[peo3e'jrMv  xai  <ivTtO":pd[TY)Y h"*  oiyToxpaTopo;  Ndpoua[<;] 
[oJe^aaT[oyJ  PcpiJiavtvtoy  AixtxoO  }iyp(o4^;J ,    Ooivlxt);,  Kopi- 


Tpoiicivoy  xottootl  po 

Rom.  AlUrth.  IV.  16 


—    242    — 

unter    M.   Aure]    und   vielleicht    schon    seit    Vespasians   Zeit    in 
Samosata  ^) . 
chaicin.  2.  Die  Dynastie  von  Chalcis^).    Soweit  bei  der  üussersl 

unsicheren  Kenntniss  der  Geographie  des  alten  Syriens  zu  urthei- 
len  möglich  ist,  sind  in  Syrien  zwei  Orte  des  Namens  Ghaicis  zu 
unterscheiden.  Das  eine  (jetzt  Kinnesrtn),  gegründet  von  Seleucus 
Nicator^),  kommt  in  späterer  Zeit  öfters  vor.  Es  lag  auf  der 
Strasse  von  Gyrrus  nach  Emesa,  18  röm.  Meilen  von  Beroea 
(Alep)  4)  in  der  fruchtbaren  Landschaft  Ghalcidice  oder  Ghalci- 
dene^),  welche,  sich  im  Osten  von  Apamea^')  und  am  Westrande 
der  palmyrenischen  Wüste  von  Salaminias  bis  Beroea  heraufzieht. 
Es  wird  durch  einen  Beinamen,  Chalcis  cognominnta  ad  Belum, 
von  dem  andern  gleichnamigen  unterschieden"),  welches  XaXxi? 
f  OTTO  t(ü  Atj3avü)  opsi  heisst^)  und  auch  auf  einen  verschiedenen 
Ursprung  zurückgeführt,  wird  •*).  In  dem  letzteren  herrschte  schon 
etwa  71  V.  Ghr.  i^)  Ptolemaeus,  Sohn  des  Mennaeus^^),  welcher 
nicht  nur  Chalcis  ad  Libanum^'^],  sondern  auch  Heliopolis,  den 
Marsyas,  d.  h.  das  Thal  zwischen  Libanon  und  Antilibanon  ^'^) 
und  Ituraea  ^^),  d.  h.  das  Drusengebirge  im  Gentrum  des  Ilaurän^^), 
also  den    ganzen  Landstrich  westlich  und  südlich   von  Damascus 

1)  S.  Bormann  p.  9  —  11. 

2J  Norisius  Epoch.  Syromaced.  Diss.  III  c.  9  §  3.    Kuhn  2,  169. 

3)  Appian.  Syr.  57. 

4)  Itin.  Anton,  p.   194.  195.    S.  über  die  Ausdehnung  der  Chalcidene  Wad 
dington  zu  n.  2633. 

5)  Plin.   N.  H.  5  §  81 :  regio  Chalcidene  fertilissima  Syriae. 

6)  Strabo  16  p.  753  spricht  erst  von  dem  Chalcis  des  Ptolemäus,  welches 
wir  sogleich  erwähnen  werden ,  und  fährt  dann  fort :  o(j!,opo?  o'  loxl  tt]  'Arajxfojv 
Ttpö;  £U)  {X£v  't]  TöJv  cpuXdpyojv  'Apaßoov  -/aXoufxsvrj  7:apa7:oT'a{xia  xat  -q  XcLhAioiv/q 
dr.h  Tou  Maoa'joi)  %a^'/]%ouaa  '/.rd  iräaa-  ■/)  r.pbc.  votov  toTc  'ATrafxeuotv ,  divSpöiv 
GXTjvtTüJv  t6  ttXeov.  Auch  Ptolemaeus  5,  15,  18  erwähnt  diese  Chalcidice  dicht 
vor  der  'ATrafxrjv/)  und  Hierocles  p.  711  setzt  Chalcis  in  die  Syria  prima  7m- 
nächst  Beroea. 

7)  Plin.  N.  H.  6  ^  81 :  Chalcidem  cognominatam  nd  Belum ,  unde  regio 
Chalcidene  fertilissima  Syriae.  Ob  Belus  ein  Fluss  oder  ein  Berg  ist,  weiss  man 
nicht.  In  der  Nähe  von  Chalcis  lag  aber  SsXe'jxo^tqXoc  (Hierocles  p.  712.  Notitia 
1,  869,  bei  Parthey  p.  86),*  dessen  Einwohner  ieXeuvceii;  7:p6c  toj  B'/jXoj  heissen. 
Steph.  Byz.  p.  560. 

8)  loseph.  Ant.  14,  7,  4.  B.  lud.  1,  9,  2. 

9)  Steph.  Byz.  p.  684:  ToXtg  dv  .Supta,  v-Ttc{}eToa  uttö  MoNr/oO  toü  'Apaßo?. 

10)  loseph.  Ant.  13,  16,  3.  4. 

11)  Einen    älteren  Mennaeus,    wohl    zu   derselben   Familie   gehörig,    erwähnt 
schon  Polybius  5,  71,  2. 

12)  loseph.  Ant.  14,  7,  4.  " 

13)  Polyb.  5,  45,  7  f.   Strabo  16  p.  755.  756. 

14)  Strabo  16  p.  753.    Bio  Cass.  49,  32. 

15)  Wetzstein  Reise  S.  198. 


^     243     ™ 

besass  und  von  diesem  als  ein  gefahrlicher  Nachbar  gefürchtet 
wurde  1).  In  diesem  Besitze  liess  ihn  Pompeius^),  und  als  er 
im  .1.  40  starb,  folgte  ihm  sein  Sohn  Lysanias'^),  welchen  Anto- 
nius tüdten  liess,  um  seine  Herrschaft  der  Cleopatra  zu  schen- 
ken "*).  Später  finden  wir  das  Land  im  Besitz  jüdischer  Fürsten ; 
denn  Claudius  verlieh  es  an  Herodes,  Sohn  des  Arislobulus 
und  Bruder  des  Herodes  Agrippa  I,  welcher  41 — 48  als  König 
von  Chalcis  regierte'^).  Sein  Nachfolger  war  Agrippa  H,  dem 
Claudius  nach  4  Jahren,  im  J.  52,  Chalcis  nahm  und  dagegen 
die  Tetrarchien  des  Philippus  H  und  Lysanias  gab  6).  Die  Herr- 
schaft Chalcis  dauerte  indessen  fort,  denn  im  J.  72  wird  noch 
ein  Aristobulus,  König  von  Chalcis,  erwähnt^),  und  da  die  Stadt 
Chalcis,  deren  sichere  Münzen  erst  mit  Traian  beginnen ,  eine 
Aera  von  845  =  92  hat  und  den  Beinamen  Flavia  führt,  so  darf 
man  mit  Norisius  annehmen,  dass  sie  erst  in  dem  genannten 
Jahre  durch  Domitian  der  Provinz  einverleibt  wurde  ^). 

3.  Die  Tetrarchie  Abilene^).    Abila  am  Fluss  Chrysor-    Abiiene. 
rhoas,    an   der  Strasse  von  Heliopolis  *<^)  nach  Damascus   an   der 
Ostseite  des  Antilibanus  gelegen,  jetzt  Suk  Wade  Barada  ^^),  heisst 
zum    Unterschiede    von    der    gleichnamigen    Stadt    der   Decapolis 
(s.  oben  S.  237)  Abila  Lysaniae^^).     Sie   muss   ursprünglich  zu 

1)  Joseph.  Ant.  13,  15,  2;  13,  IG,  3. 

2)  loseph.  Ant.  14,  3,  2.  Auf  seinen  Münzen  nennt  er  sich  Tetrarrha. 
Eckhel  3,  263.    Mionnet  5,  145. 

3)  loseph.  Ant.  14,  13,  3.   B.  lud.  1,  13,  1. 

4)  loseph.  Ant.  15,  4,  1.  Dio  Cass.  49,  32.  Porphyrii  fragm.  bei  Müller 
Hist.  Gr.  fr.  3  p,  724  §  -^  "•  das.  Müller.  Wanim  Kenan  in  der  Anui.  9  ange- 
führten Abh.  seinen  Tod  34  setzt,  weiss  ich  nicht. 

5)  loseph.  Ant.  19,  8,  1 ;  20,  1,  3.  Er  nennt  sich  auf  seinen  Münzen  ßa- 
otXeu;.  Eckhel  7).  N.  3,  492.  Madden  History  of  Jewish  Coinage,  London  1864. 
8.  p.  112. 

6)  loseph.  Ant.  20,  7,  1.    li.  lud.  2,  12,  8. 
7j  loseph.  li.  lud.  7,  7,  1. 

8)  Norisijis  a.  a.  0.  Diss.  III  c.  9  §  3.   Eckhel  3,  265. 

9)  S.  Renan  Mtmoire  nur  In  dynastie  des  Jjymnian  d' Ahilene  in  Mtm.  de 
l'aend.  des  inner,  et  h.  lettre/t  26,  2  (1870)  p.  49— .S4  ;  von  welchem  meine  Dar- 
«tellung  übrigens  in  mehreren  ^^uneten  abweicht. 

lOj  Itiner.  Anton,  p.  199. 

11)  S.  Wetzsteins  Karte.  Die  Lage  des  Ortes  wird  bestimmt  durch  die  In- 
Hchrift  Orelli  4997  =  Waddington  1874:  Jmp.  Caes.  M.  Aurel.  AntoninuH  Aug. 
Armeninms  et  imp.  Caes.  L.  Aurel.  Verus  Amieniarus  vinin  ßuminh  vi  almiptam 
interciito  monte  reHiluerunt  per  lul.  Verum  leg.  pr.  pr.  prnvinr.  Syr.  et  amirum 
mum,^impendiiii  AbilenoTarn.%  Der  Fluss  ist  der  Chrysorrhoas ,  jetzt  Barada,  an 
dem  anch  Damascus  liegt. 

12)  Ptolcm.  5,  15,  22  kennt  nnr  ein  "AßtXo,  iw^XirjOcToa  Auaotv(oy,  das  er, 
wie  Damascus,    zur  Decapolis- rechnet ;  bei  Joseph.   Ant.   19,5,  1  verleiht  Clau- 

16* 


-^     244     «-- 

der  Dynastie  von  Chalcis  gehört  haben,  da  diese  unmittelbar  an 
das  Gebiet  von  Damascus  stiess^),  und  wenn,  wie  man  mit 
Wahrscheinliclikeit  annimmt,  Leucas  am  Chrysorrhoas,  von  wel- 
chem wir  Münzen  haben,  mit  Abila  Lysaniae  identisch  ist 2),  so 
darf  man  aus  der  älteren  Aera  von  Leucas,  weiche  37  v.  Chr. 
beginnt 3),  schliessen,  dass  die  Stadt  von  dem  Lysanias,  den 
Antonius  im  .1.  36  tödten  licss,  ihren  Namen  hat.  Damals  scheint 
sie  an  Cleopatra  gekommen  zu  sein,  später  aber  war  sie  im  Be- 
sitz des  Zenodorus^),  der,  wie  sich  aus  einer  neuerdings  be- 
kannt gewordenen  Inschrift  ergiebt,  ein  Sohn  des  Lysanias  war*»), 
und  dessen  Familie  nach  seinem  im  J.  20  v.  Chr.  erfolgten  Tode^^) 
fortbestand.  Denn  obwohl  der  grösste  Theil  der  Herrschaft  des 
Zenodorus  an  Herodes  I  übergingt),  so  regierte  doch  in  Abila 
selbst  noch  im  ,1.  28  n.  Chr.  ein  Tetrarch  Lysanias*^]  und  dessen 
Gebiet  wurde  erst  unter  Claudius  im  .1.  41  an  Agrippa  I  ver- 
geben^).    Nach  dessen  Tode  im  J.   44  ist  es  wahrscheinlich  zu- 


dius   dem  Agrippa  "AßiXav  r^jv  Auaaviou  xai   67:60a   ^v  tw  Atßavo»   fjpei,    durch 
welchen  Zusatz  die  Lage  des  Ortes  deutlich  bezeichnet  wird. 

1)  Ptolemaeus,  der  Sohn  des  Mennaeus,  wird  von  loseph.  Ant.  14,  16,  3 
^apuc  -z^  TToXei  y^^""*''  genannt. 

2)  Eckhel  3,  337.  Mionnet  5,  308.  Leucadii  erwähnt  in  dieser  Gegend  Plin. 
N.  H.  ö  %  82,  und  den  Namen  hat  auch  Balanea.  Steph.  Byz,  p.  156 :  BaXaveai 
TToXic  ^PoivixT];,  -i]  ^üv  Aeyxa;. 

3)  Eckhel  3,  338. 

4)  loseph.  Ant.  15,  10,  1  :  Z'^vootopo«;  xt;  Ifxefxto^wTO  tov  oi'>tov  xoy  Auoa- 
v'iou.  los.  B.  I.  1,  20,  4:  ZyjvöSwpo;,  6  xöv  A'joavioy  {Jie{ji.toi}(OfX£vo;  oixov.  Bei 
loseph.  Ant.  15,  10,  2  heisst  seine  Herrschaft  iTza^yja ,  bei  l>io  Cass.  54,  9  re- 
Tpapyia.  Er  wird  erwähnt  von  »Strabo  16  p.  756  und  sein  District  hiess  noch 
später  olxo?  toO  Z'r^voSwpou.  los.  Ant.  17,  11,  4.  B.  I.  2,  6,  3,  wo  Z-^voStopo'j 
zu  schreiben  ist.  Auf  seinen  Münzen  nennt  er  sich  xeTpapyiTjc  xat  dpytepeu?. 
Eckhel  3,  496.  Diese  nach  der  seleucidischen  Aera  datirten  Münzen  siiid  aus 
den  Jahren  32.  30.  26  v.  Chr.  Renan  a.  a.  0.  p.  63. 

5)  Die  Inschr.   C.  I.  Or.  4523  ist  nach  Renan   Mission  p.   318  so  zu  lesen: 

—  ^^JiaT'f]^   ZirjNoStopto   Auo[avio'j   xjexpapyou    7.at  Auafavia -^cai 

xJoTs  yioT? 7,0.1  xoi;  uloXz  fji.v'/]|X7jC  yöcptv  [euoe^iüx;  dvltirjxev.    Ausführlich 

handelt  über  diese  Inschr.  Renan  Mi^m.  de  l'acad.  a,  a.  Ö.  p.  70  ff. 

6)  loseph.  Ant.  15,   10,  3. 

7)  loseph.  a.  a.  0. 

8}  Lucas  Ev.  3,  1 :  ^v  Ixst  oe  7r£Nxexaio£y.dxoi  xy];  '^Yevovtoc?  Ti^epioi»  Kai- 
capo;,  TjYefAOVE'jovxoc  FIovxiou  IltXdxou  x-^?  'lo'JOaiot?  7,a\  xexpapyoO^xo?  xf^?  FaXi- 
Xairxc  'HptoSo'j,  OtXiTtTroy  hk  xoy  dSeXcpoy  otüxoO  xexpapyovvxo;  xy]<;  'Ixo'jpaia;  xal 
TpayujvixiÖoc  ywpac  xai  A'joaviou  xy]?  'AßtXr^vfj;  xexpapyo'üvxoi;.  Auf  ihn  bezieht 
sich  die  Inschr.  von  Abila  C.  I,  Gr.  4521 :  'Yrcsp  [xj-^fsj  xöiv  K'Jpiujv  Se[ßaax(öv] 
otüXTjptot?  xai  xoü  o6[A[7ravxo?}  aOxöJv  oi'/.ou  N6|j.cpato;  — ■ —  —  A'joaviou  xexpdpyou 
d7reXe[6ilepo;]  —  —  ,  in  welcher  die  7,uptoi  Seßa^roi  Tiberius  und  Livia  sind. 
S.  C,  1.  Gr.  Vol.  III  p.  1174.  Add.  ad  n.  4521,  vgl.  Eckhel  3,  497.  Vgl.  Renan 
a.  a.  0.  p.  68  ff. 

9)  loseph.  Ant.  19,  5,  1;  20,  7,  1.    B.  lud.  2,  12,  8. 


—     245     — 

nächst  von  dem  Procuralor  von  ludaea  verwaltet  und  erst  im  J. 
48  oder  49  der  Provinz  Syrien  einverleibt  worden.  Wenn  näm- 
lich die  Identification  von  Abila  und  Leucas  richtig  ist,  so  würde 
die  spätere  Aera  dieser  Stadt  vom  Herbst  48  so  wie  der  Name 
derselben  Claudia  Leucas  dies  Factum  in  den  Herbst  des  Jahres 
48  oder  in  das  Jahr  49  zu  setzen  erlauben  i). 

4.  Die  Dynastie  von  Arethusa  und  Emesa^),  welche  Arethusa 
wahrscheinlich  seit  69  v.  Chr.  im  Besitze  des  Sampsiceramus 
war.  Denn  die  Stadt  Arethusa  hat  eine  Aera  von  diesem  Jahre  3). 
Sampsiceramus  oder  griechisch  la{jnj;tY£pa[jLoc  *) ,  mit  dessen  Namen 
Cicero  mehrmals  spottweise  den  Pompeius  bezeichnet^),  war  von 
diesem,,  wie  es  scheint,  gegen  eine  den  Römern  zu  zahlende 
Abgabe '^j  in  seinem  Besitze  bestätigt  worden  und  wird  erwähnt 
in  den  Jahren  59')  und  44  v.  Chr.  ^).  Ihm  folgte  sein  Sohn 
lamblichus'^),  den  Antonius  im  J.  31  vor  der  Schlacht  bei  Actium 
hinrichten  liess^^),  worauf  dessen  Sohn,  ebenfalls  lamblichus  ge- 
nannt, im  J.  20  von  Augustus  wieder  in  die  väterliche  Herrschaft 
eingesetzt  wurde  i^).  Im  J.  44  n.  Chr.  regierte  wieder  ein 
Sampsiceramus  ^2j  ^  dessen  Tochter  lotape  an  Aristobulus,  den 
Grosssohn  Herodes  des  Gr.  und  Bruder  des  Agrippa  I,  verhci- 
rathet  war^-^).  Sein  Nachfolger  war  Azizus,  der  im  J.  '62  Drusilla, 
die  Schwester  Agrippa  des  11,   heirathctc  ^^)  und  54  starb,   worauf 

1)  Eckhel  3,  338. 

2)  Norisius  a.  a.  0.    Diss.  II  c.  2  §  3.    Waddington  zu  n.  2567. 

3)  Norisius  a.  a.  0.  III  c.  9  §  7.    Eckhel  3,  310. 

4)  So  heisst  er  bei  losephus  und  in  der  Inschrift  von  Emiwi  (Homs)  Wad- 
dington 2567.  Den  Namen  Samsigeram,  der  auch  in  Palmyra  vorkommt,  übersetzt 
Vogüe  Syrie  centrale.  Inscriptions  Semitiques  n.  75  Solis  robur. 

5)  Cic.  ad  AU.  2,  14,  1;  16,  2;  17,  2;  23,  3. 

6)  Cic,  ad  Att.  2,.  16,  2:  nunc  vero,  Sampsicerame ,  quid  dices?  vectigal  te 
nobia  in  monte  Antilibano  conatituisse,  ayri  Campani  abstulinse? 

7)  Cic.  a.  a.  0. 

8)  Strabo  16  p.  753 :  xai  'Ap£ftouoa  yj  2!afAt[itYEpa|i.o'j  %nX  'lap.ßX()(^ou  toü 
^xeivou  Ttatoo;,  cp'jXapycuv  toO  f'j[AiOTj'^ü»v  eftvou;.  Strabo  zählt  hier  die  Dynasten 
auf,  welche  dem  Q.  Caccilius  liassus  bei  seinem  Aufruhr  beistanden.  Dieser  fällt 
aber  46—42  v.  Chr.  S.  Dio  Cass.  47,  26—28.  losoph.  Ant.  14,  11,  L.Drumann 
2,  126-128. 

9)  Dies  kann  sehr  wohl  der  sein ,  den  Cic.  ad  fam.  15 ,  1,2  schon  im 
.1.  51  erwähnt:  eodem  die  ab  Jamblicho,  phylarcho  Arabum  ^  qxum  ftominen  opi- 
nanlur  bene  aentire  amicuinque  eaae  rti  publicae  nostrae,  lilterae  de  iadan  rebfM 
tnihi  redditae  sunt. 


10)  Dio  Cass.  50,   13. 

12j 
13) 
14)  loseph.  y\nl.  20,  7,  1 


10) 

11)  Dio  Cass.  54,  9. 

12)  loBoph.  Ant.  19,  H,   1,  wo  er  'E(xiod»v  ßaoiXg6^  genannt  wird. 


—     246     — 

ihm  sein  Bruder  Soemiis  folgte^),  der  noch  69  und  72  regierte 2). 
Bald  darauf  erlosch    die  Dynastie,    denn   die   ersten  Münzen   von 
Eniesa  sind  von  Domilian  geschlagen-^),  die  Familie   aber  scheint 
fortbestanden  zu  haben,   da  in  einer  Inschrift  von  Emisa  aus  dem, 
Jahre  78  ein  C.   lulius  Sanipsigeramus  vorkommt*). 
Damascus.  5.  Damascus'')    gehörte    im    letzten    Jahrhundert   v.    Chr. 

einer  arabischen  (nabatäischen)  Königsfamilie,  die  in  Petra  resi- 
dirte^)  und  der  die  Damascencr  sich  freiwillig  aus  Furcht  vor 
Ptolemaeus  von  Chalcis  unterworfen  hatten').  Sechs  Könige 
dieser  Familie  haben  über  Damascus  regiert,  deren  Chronologie 
neuerdings  wenigstens  annähernd  hat  bestimmt  werden  können *), 
nämlich 

1.  Harethath,  Aretas  Philhellen,  c.  95  — c.  50  v.  Chr.,  im  Be- 
sitz von  Damascus  seit  85. 

2.  Maliku,  Malchus  oder  Malichus  c,   50 — 28. 

3.  Obodas  c.  30—7. 

4.  Harethath  Philodemus,  Aretas  (II),  7  v.  Chr.—  c.  40  n.  Chr., 
dessen  Tochter  an  den  Tetrarchen  Herodes  Antipas  ver- 
heiraihet  war-'), 

5.  Maliku,  Malchus  c.  40  —  c.  75,  Sohn  des  vorigen,  der  im 
Heere  des  Vespasian  gegen  die  Juden  kämpfte  i«), 

6.  Dabei,   Zabelus  c.   75  —  106. 

M.  Aemilius  Scaurus,  der  erste  von  Pompeius  eingesetzte  Statt- 
halter Syriens,  machte  mit  dem  damals  regierenden  Fürsten  Aretas 
im  J.  62  einen  Vertrag,  nachdem  derselbe  für  die  auf  die  kaum 
geordnete  Provinz  gemachten  Angriffe  eine  Strafe  gezahlt  hatte  ii) . 

1)  T(|)  TtptuTtiJ  zfii  NepojMoc  dpyrii  exet.    loseph.  Ant.  20,  8,  4. 

2)  Im  ersteren  Jahre  erwähnt  ihn  Tac.  H.  2,  81 ,  im'  letzteren  loseph.  Ant. 
20,  7,  1. 

3)  Mionnet  V  p.  227. 

4)  Waddington  n.  2567. 

5)  Vgl.  Kuhn  2,  165. 

6)  Hier  residirte  zur  Zeit  des  Pompeius  Aretas.  loseph.  Ant.  14,  1,  4;  14, 
5,1.    Vgl.- Kuhn  2  8.166  Anm.  1336. 

7)  loseph.  13,  15,  2. 

8)  S.  Duc  de  Luynes  in  Revue  numismatique  1858  p.  292  und  362;  Vict. 
Langlois  Numismatique  des  Arabes  at)ant  VIslamisme ,  Paris  1859.  4  und  beson- 
ders Melch.  de  Vogüe  in  Revue  numism.  1868  p.  153  ff.  (welcher  Aufsatz  noch- 
mals gedruckt  ist  in  dessen  Melanges  d' archeologie  Orientale,  Paris  1868.  8.  Ap- 
pendice  p.  21  f.)  und  Syrie  centrale.  Inscription»  Scmitiques ,  Paris  1868  fol.  p. 
115,  dessen  Resultat  ich  hier  wiedergebe. 

9)  loseph.  Ant.  18,  5,  1. 
10}  loseph.  B.  lud.  3,  4,  2. 

11}  Appian.  Syr.  51.    Die  Cass.  37,  15.    Plut.  Pomp.  41.    loseph.  Ant.  14, 


—     247     — 

Seiidem  war  die  Stadt  den  Römern  factisch  unterthänig*)  und 
hatte  zu  Zeiten  eine  römische  Besatzung  ^j;  die  arabischen  Könige 
behielten  aber,  ohne  Zweifel  gegen  Zahlung  eines  Tributes,  den 
Besitz  derselben.  Um  das  J.  39  star)d  in  Damascus  ein  eOvapj^r^; 
des  Aretas  mit  einer  Besatzung-')  und  erst  im  J.  106,  als  das 
peträische  Arabien  römische  Provinz  wurde,  ist  auch  Damascus 
von  den  Römern  in  Besitz  genommen,  aber  nicht  zu  Arabien, 
sondern  zu  Syrien  geschlagen  worden  ^j,  dem  es  später  immer 
zugerechnet  wird. 

6.  ludaea.     hi  Folge   der  Eroberung   durch  Pompeius  691     ludaea, 
=  63  5)  wurde  ludaea  ein  Theil  der  Provinz  Syrien^),  erhielt  in-  pompeiar 
dess   schon   damals    eine  eigene   Verwaltung   zunächst   in   Betreff' 
der  Steuern,  die  es  seitdem  an  die  Römer   zahlte'^).     Die  Regie- 
rung   der   makkabäischen  Könige   endete    mit  Aristobulus^),    den 

5,  1.  Auf  dieses  Ereigniss  beziehen  sich  die  Münzen  des  Scaurus  mit  der  Auf- 
schrift REX  ARETAS.  Eckhel  5,  131.  Borghesi  Oeuvres  2,  186.  Drumann  1,  29  ; 
4,  457.  467. 

1)  Hieronymus  in  lesaiam  c.  17:  alii  existimant  de  Romana  captivitate  prae- 
dici,  quando  et  ludaeorum  a  Pompeio  captus  est  populus  et  Damascus,  cui  impe- 
rabat  Areta,  simüem  sustinuit  servitutem.  Strabo  16  p.  779:  TrpoJTOt  o'  UTtep  r-fj? 
S'jpia;  Notßaxaiot  xal  iSaßaioi  xtjV  euoaifAOva  'Apaßiav  vefAovxai,  */at  •rfoXXaxii 
xarexpeyov  aux^i  Trpiv  i^  'Pa){Aa((uv  '(t^i(3%(xi  •  vüv  oe  -/.axeivoi  'P(o|xaioic  eiolv 
•jTTTjXoot  xai  Supoi. 

2)  Gleich  nach  Caesars  Tode  erwähnt  Joseph.  Ant.  14,  11,  7  einen  Oaßiov 
h  AafAaoxü)  oxpaxrjYOUVxa. 

3)  Paulus  ep.  ad  Vorinth.  2,  11,  32:  is  A^fxaox<f)  6  £Ovap/T]<:  'Apexa  xoü 
ßaotXctni;  dcppoupei  xtjv  AafxaoxTQ^^öJv  ttoXiv.  S.  über  diese  Stelle  und  die  Zeit, 
auf  welche   sie  sich   bezieht,    Neander   Gesch.  der   Pflanzung   und   Leitupg   der 

•  Christi.  Kirche  durch  die  Apostel,  Bd.  1.  1847  S.  159. 

4)  Eckhel  3,  330. 

5)  Diu  Cass.  37,  15.  16.  loseph.  Ant.  14,  4,  3.  Eutrop.  6;  14.  Oros.  6,  6. 
Liv.  ep.  102.  Strabo  16  p.  762.  763.  Clinton  F.  Hell.  III  ad  a.  63  und  p.  342. 
Fischer  Roem.  Zeittafeln  z.  J.  63. 

6)  loseph.  B.  lud.  1,  7,  7:  Tiapaoou;  oe  xa'jxrjv  (xtjv  XypiavtTjV  ^Ttapyiav) 
xc  vtal  x^v  'lou^alav  -/ai  xa  (xsYpi;  Ai'^iiT.zo^j  xai  Eucppaxou  ]Sxa6p(j)  St^Tretv,  xal 
o6o  xmv  xaY(j,dx(»v,  auxo;  otdt  KtXixiai  et;  'P(u(ATfjv  ■i]7:ti'^zxo.  Ammian.  14,  8,  12: 
verum,  has  quoque  reyiones  pari  sorte  Pompeius  ludaeis  domitis  et  Ilierosolymis 
raptis  in  provinciae  speciem  rectori  delata  iurisdictione  formavit.  Dass  es  schon 
damals  eine  eigene  Verwaltung  hatte,  wie  auch  Cölesyrien,  das  unter  einem 
von  dem  Proconsnl  Syriae  eingesetzten  oxpaTirj^öc  xtj;  KoiXrfi  Xupiac  stand 
(loseph.  Ant.  14,  9,  5),  schliesse  ich  daraus,  dass  Gabinius  das  Land  in  fünf  Bezirke 
tbciltc.  loseph.  Ant.  14, -5,  4.  B.  lud.  1,  8,  5:  oteiXe  oe  räv  xo  £^o;  e(;  nisxe 
auv65ou;,  welche  Kuhn  2,  330  als  convenlus  iuridici  versteht. 

7)  loseph.  Ant.  14,  4,  4:  xal  xot  [xev  'Icpoo<5Xu|xa  OTtoxeXTj  cp6pou  'Pa>{ia(oi; 
^roir^oev  (PompciusJ.  B.  lud.  1,  7,  6:  x^  hi  /c^pa  ^"xl  xoT;  JepoooXOfAöt;  ini- 
xdxxet  c^fipov.  Vgl.  Ant.  14,  4,  5:  xtjv  xe  ^ap  iXeuffeplav  dTceßdXofAev  xat  UTrifjxooi 
'Pm\iai(os  xax£oxT||icv. 

8)  loseph.  Ant.  14,  4,  5 :  xal  •/)  ßaoiXela,  tj  jrpÖTCpov  xol;  ^atd  "^isoi  dlp^iE- 


—     248     — 

Ponipeius  nach  der  Eroberung  von  Jerusalem  nach  Rom  nahm  i) 
und  im  Triumphe  aufführte  2);  sein  Bruder  Hyrcanus  blieb  in 
ludaea  als  apj^tepeu?  xai  £i>vap/r^? '^)  und  wurde  als  solcher  von 
Cäsar  bestätigt^).  Seine  Würde  war  indess  eine  nur  priesler- 
liche  und  richterliche'');  das  Land  wurde,  wie  die  Provinz  Syrien 
nach  StUdtebezirken ,  welche  aristocra lisch  organisirt  waren  ^) , 
verwaltet,  und  wahrend  des  dauernden  Kriegszustandes,  in  wel- 
chem sich  dasselbe  theils  wegen  innerer  Unruhen,  theils  wegen 
der  Einfalle  der  Araber  und  Parther  befand,  war  die  Anwesen- 
heit römischer  Truppen  sowie  des  Statthalters  der  Provinz  selbst 
fast  fortwährend  erforderlich.  Es  gelang  sogar  noch  einmal  dem  letz- 
ten Sprösslinge  der  königlichen  Familie,  dem  Sohne  des  abgesetzten 
Aristobulus,  Anligonus,  im  Jahre  714  =  40  mit  Hülfe  der  Parther 
den  Hyrcanus  zu  verdrängen  und  sich  des  Thrones  zu  bemäch- 
tigen'^). Nachdem  aber  im  folgenden  Jahre  die  Parther  durch 
Ventidius  aus  Syrien  vertrieben  waren ^),  wurde  im  J.  38  v.  Chr. 
auch  ludaea  durch  Sossius,  den  Legaten  des  Antonius,  erobert 
und  Antigonus  gefangen  und  hingerichtet 'J). 

1)  loseph.  a.  u.  0.  und  i?.  lud.  1,  7,  7.  Dio  Cass.  37,  16.  Appian.  Syr.  50. 
Plut.  Pomp.  45. 

2)  Die  Nachricht  Appians  B.  Mithr.  117,  er  sei  nach  dem  Triumphe  ge- 
tödtet  worden,  widerlegt  sich  durch  die  Nachrichten,  die  wir  von  seinen  späte- 
ren Schicksalen  haben.  Im  J.  56  nämlich  entfloh  er  aus  Rom  und  suchte  sich 
in  ludaea  wieder  festzusetzen,  wurde  aber  von  Gabinius  gefangen  und  nach  Rom 
zurückgeschickt.  Dio  Cass.  39,  56.  loseph.  Ant.  14,  6,  1.  B.  lud.  1,8,  6.  Im 
J.  49  liess  ihn  Caesar  wieder  frei ,  um  in  ludaea  gegen  die  Pompeianer  zu  wir- 
ken (Dio  Cass.  41,  18);  hier  starb  er  durch  Vergiftung.  loseph.  Ant.  14,  7,  4. 
B.  lud'.   1,  9,  1. 

3)  Dio  Cass.  37,  16.  loseph.  Ant.  14,  4,  4.  Strabo  16  p.  765. 

4)  loseph.  Ant.  14,  10,2;   12,  3. 

5)  Vgl.  was  loseph.  Ant.  14,  7,  2  voy  dem  i%^6.^yr\i  der  Juden  in  Alexandria 
sagt :  •jcaS^tOTaxai  hi  xal  d^vap^'^s  auxcöv,  8;  Stotvtei  xe  x6  li^voc  xal  Siaixä  xpioei; 
■mv  oupißoXaiuiv  dTTtjxeXeixai  xai  TTpo;xaY{Aax(ov  tbc  av  roXixsia«;  ap/tov  auxoxeXoü?. 
Ein  Ethnarch  existirte  in  ludaea  noch  nach  der  Zerstörung  Jerusalems  durch 
Hadrian.  Ihn  erwähnt  Origenes  (starb  253  n.  Chr.)  responsio  ad  Africanum  c.  14 : 
Xexxeov  o' ,  oxi  ouo£v  Tiapöcoo^ov ,  (xsYaXcuv  e&voiv  UTioveipimv  fC'^o^i.i'^o}^ ,  npöi 
ßaotXeoj;  awfv.tympfia^ ai  xoi«  oixeiot?  vofjiot;  ^(^pTjoOai.xou?  a^XM-aXtoxou;  y.ai  xoii 
oiraaxrjpioi^ '  v-oX  vü^  '(oii'^  'Pwpiaituv  ßaoiXeuovxwv  xai  louoaicuv  x6  oiopa^|xov 
auxoi;  xsXo'Jvxojv,  oca  0'JYX"*P0^'^''^^'J  Kaiaapo;  6  d^vapy^v]«  Trap'  auxoi?  ouvaxai, 
uj;  [XYjöev  Stacpepeiv  ßaoiXeuovxo.;  xou  s^vou;  t'cjxev  o[  Tze.neipaii.i'^oi. 

6)  loseph.  Ant.  1,  8,  5:  Faßwios  —  —  y.a^i(3XTr)0i  xyjv  aXXrjv  TtoXixeiav  ini 
7rpooxa(:i<jc  xöJv  dpioxtov.  Und  weiter  unten :  dofxevoa?  Ik  XTJ;  i^  hbi  iTTixpaxeia; 
^Xeu&epou&evxe;,  x6  Xot7rö>^  dpiaxo^paxeicjc  SttpxoOvxo. 

7)  loseph.  Ant.  14,  13,  3.  Auf  seinen  Münzen  nennt  er  sich  ßaatXeu;. 
Eckhel  3,  480.    Madden  Eist,  of  Jewish  coinage  p.  76  ff. 

8)  Liv.  ep.  127.  Dio  Cass.  48,  39  —  41  und  über  den  siegreichen  Feldzug 
des  J.  38  Dio  Cass.  49,  19.  20.    Plut.  Anton.  34.^  fciv.  ep.  128. 

9)  Dio  Cass.  49,  22.  Plut.  Ant.  36.  Tac.  H.  5,  9.  Liv.  ep.  128.  loseph.  Ant. 


—     249     — 

Seit  dieser  Zeit  wurde  ludaea  wieder  ein  Königreich,  wel-  Herodes 
ches  von  Antonius  und  Oclavian  dem  Idumaeer  Herodes,  der  den 
Beinamen  des  Grossen  führt,  bereits  im  J.  40  verliehen  i),  von 
diesem  aber  erst  37  übernommen  wurde 2).  üeber  sein  Verhält- 
niss  zu  den  Römern  ist  zu  bemerken,  dass  zum  Schutze  seiner 
Herrschaft  eine  Legion  in  Jerusalem  lag  ^) ,  dass  der  Huldigungseid 
zugleich  dem  Kaiser  als  dem  Oberfeldherrn  und  dem  Könige  ge- 
schworen wurde'),  und  dass  der  König  zur  Zahlung  eines  Tri- 
butes ^j  und  zur  Stellung  von  Hülfstruppen  verpflichtet  war. 
Tribut  hatte  ludäa  schon  seit  Pompeius  an  die  Römer  gezahlt 
und  der  öfters  vorkommende  Fall,  dass  einzelne  Landschaften 
mitten  in  der  Provinz  zeitweise  einer  einheimischen  dynastischen 
Verwaltung  übergeben  wurden,  ist  immer  so  zu  denken,  dass 
in  den  Einkünften  des  römischen  Staates  dabei  kein  Ausfall  statt- 
fand. So  wie  Hyrcanus  Tribut  zahlte,  welchem  Cäsar  deshalb 
in  der  Person  des  Antipater,  des  Vaters  des  Herodes,  einen 
iTTiTpoTio;  beigegeben  hatte  ß),  so  ist  auch  Herodes  selbst  factisch 
als  ein  procurator  des  Kaisers  mit  dem  Königstitcl  zu  betrach- 
ten^).    Nach  Cäsars  Bestimmung  hatten  die  zur  Metropolis  Jeru- 

14,  16,  4  setzt  die  Eroberung  von  Jerusalem  in  das  Jahr  37 ,  weü  mit  diesem 
die  Herrschaft  des  Herodes  begann ;  sie  geschah  aber  im  December  38.  S.  Clin- 
ton F.  Hell,  in  ad  a.  38. 

1)  loseph.  Ant.  14,  14,  5.    B.  lud.  1,  14,  4. 

2)  Dio  Cass.  49,  22.    Appian.  B.  C.  5,  75.    Strabo  16  p.  765.  Tac.  //.  5,  9.  / 
lieber  die  Zeit  loseph.  Ant.   17,  8,  1  :  ßaoiXeuoai  (xeö^  8  {xev  aveiXev  'Avti^ovo^ 

£TT]  TEoaapa  y.ai  xptavtovTa  (d.  h.  37  —  4  v.  Chr.),  [xeö'  8  oe  utzo  'Fu>(jiai(ov  äre- 
OtoetxTO  ir.ia  xai  Tpidvtovxa  d.  h.  40 — 4  v.  Chr. 

3)  Itzi  «ppo'jpä  T-^i  ßaoiXeia;,  loseph.  Ant.  15,  3,  7. 

4)  loseph.  Ant.  17,  2,  4 ;  vgl.  18,  5,  3. 

5)  Appian.  B.  C.  5,  75:  Icvr]  oe  Tiif]  (Antonius)  y.i\  ßaoiXsa;,  ou;  ooxi|j.a- 

ceiev,  iizi  cpopoi;  apa  T£TaY(xevotc,  Hövxou  jxh  Aapeiov 'looufxatojv   oe  xat 

Xa(Aap£(DV  'HpcuOT(V. 

6)  loseph.  Ant.  14,  8,  5.    B.  lud.  1,  10,  3. 

7)  Die  ^^inkünfte  eines  Theiles  von  Palästina  wurden  anfänglich  an  Cleopatra 
gezahlt.  loseph.  Ant.  15,  4,  4:  Ttepi  oe  to'j;  <p6po'j;,  oui  loei  xeXeTv  x-^;  uir  'Avxcu- 
vio'j  oofteiar^;  ycbpa;,  6  \iku  'Hptuor;  oixatoi  i^v,  oux  äacprxXei  tjYo6(j.evo;  6tO(5vat  xiq 
KXeoraxpa  (a(oo'j;  aixiav.  Vgl.  15,  7,  3;  15,  5,  1.  Nach  der  Schlacht  bei  Actium 
gab  ihm  Augnstus  diesen  Theil  zurück  nebst  den  Städten  (Jadara ,  Hippos,  Sa- 
niaria,  (Jaza,  Anthcdon ,  loppc  und  Tunis  Siratonis.  loseph.  Ant.  15,  7,  3. 
fi.  lud.  1,  20,  3;  ferner  auch  die  Landschaften  Trachonitis,  Batariaoa  und  Aura- 
nitis,  loseph,  Ant.  15,  10,  1.  Von  diesen  hatte  Trachonitis,  eine  izapyia  (prae- 
ferturn)  von  Syrien  (15,  10,  2),  Zcnodorus  in  Verwaltung  gehabt,  von  welchem 
loseph.  Ant.  15,  10,  1  sagt:  ^(xejAloOeuxo  xov  oixov  xoO  Auoavloy ,  d.  h.  er  hatte 
das  Land  ßegcn  Zahlung  einer  Abgabe  übernommen.  Nach  dem  Tode  des  Zeno- 
dnrus  erhielt  dies  Land  Herodes,  Io.>cph.  Ant.  15,  10,  3:  Katooip  oe  xal  x9)v 
xouxo'J  fjLOipav  oüx  «iXiYTjV  ouoav  'Hptöo^  olooioiv ,  i\  \i.ixi%\i  xoD  Fpciytuvoc  xal 
xfji  FaXiXola;  i(^,  UuXaftav  xal  H'r.id^a  xal  ti?^v  Tcipt^  ytit^a.^    £^^''-'^'^1^^'''^^* 


Söhne. 


—     250     — 

saleni  gehörigen  Ortschaften  mit  Ausnahme  der  Stadt  Toppe  jahr- 
lich, jedoch  mit  Uebergehung  des  siebenten  oder  Sabbatjahres, 
den  Vierten  der  Feldfrüchte  als  Abgabe  zu  steuern  und  im 
folgenden  Jahre  in  Sidon  abzuliefern ;  ausserdem  aber  an  Hyr- 
canus  den  Zehnten  zu  zahlen').  Daneben  wurde  eine  Kopfsteuer 
erhoben  2),  so  dass  in  ludäa  die  Abgaben  drückender  waren,  als 
in  irgend  einer  Provinz.  Ein  bleibendes  Andenken  gründete  sich 
Herodes  durch  den  grossartigen  Ausbau  der  Stadt  Caesarea^), 
früher  Turris  Stratonis,  welche,  zu  Ehren  des  Augustus  so  ge- 
nannt, die  Hauptstadt  der  späteren  Provinz  Palästina  wurde. 
Herodes  Nach  dem  Tode  des  Herodes  750=4  v.  Chr.')   wurde  sein 

Reich  unter  seine  drei  Söhne  getheilt,  der  Königstitel  aber  keinem 
ertheilt. 

1.  Den  Haupttheil,  nämlich  ludaea  und  die  im  Norden  und 
Süden  angrenzenden  Landschaften  Samaria  und  Idumaea  mit 
Ausnahme  der  griechischen  Städte  Gaza,  Oadara  und  Hippos,  welche 
sofort  mit  der  Provinz  vereinigt  wurden,  erhielt  Archelaus  mit 
dem  Titel  sOvap^^Yj? "') ,  welcher  von  4  v.  Chr.  bis  6  n.  Chr. 
regierte  und  in  dem  letzteren  Jahre  auf  Anklage  seiner  Brüder 
von  Augustus  abgesetzt  und  nach  Vienna  in  Gallien  verbannt 
wurde  ^).  Im  J.  759=^6  n.  Chr.  wurde  diese  Herrschaft  durch 
den  kaiserlichen  Legaten  von  Syrien,  P.  Sulpicius  Quirinius  in 
Besitz  genommen  und  als  Theil  der  Provinz  censirt^),  die  weitere 

5'  iauTov.  xai  toT?  ^TttTpOTteuouo  i  tt]?  Supia«,  evTeiXötjAevo;  (Aexa  t-^; 
Ixeivou  'c^iviiit]!;  xa  Travxa  Troieiv.  Wenn  dasselbe  B.  lud.  1,  20,  4  so  ausgedrückt 
wird :  xaTeoTTjae  oe  autöv  xal  2upia<;  SXtq?  imxpor.o-^  —  tbs  (xr^Sev  ^^eivat  h'ija 
T^?  Ixeivou  oufxßouXia;  toU  eTtixpoTiotc  Sioixeiv,  so  scheint  das  nur  richtig,  wenn 
statt  oXy)?  gelesen  wird  tcoiXt]?.  Denn  einen  oxpocxirjYÖ;  x^?  KoiXt];  Supta;  erwähnt 
losephus  schon  Ant.  14,  9,  5  und  mit  dem  eigentlichen  Syrien  hatte  Herodes 
niemals  etwas  zu  thun.  Als  eigentlicher  procurator  verwaltete  er  dagegen  das 
Land,  welches  Antonius  der  Cleopatra  gegeben  hatte,  'Hpwoou  |jLiOT}(uaa(x£vo'j, 
loseph.  Ant.  15,  4,  2  und  die  Kupferbergwerke  in  Cypern,  die. er  für  50  Procent 
des  Gewinnes  von  Octavian  gepachtet  hatte.   loseph.  Ant.  16,  4,  5. 

1)  loseph.  Ant.  14,  10,  6.     ^ 

2)  Appian.  Syr.  50 :  %al  otd  xaDx'  iozh  'louoatot;  ÄTiaoiv  6  cpopo?  xöiv 
oüofxaxojv  ßapuxepo?  xfi<i  0)^X7]?  Tiepioixia?. 

3)  S.  die  Beschreibung  bei  loseph.  Ant.  15,  9,  6. 

4)  Clinton  F.  Hell.  III  ad  a.  750. 

5)  loseph.  Ant.  17,  11,  4.  B.  lud.  2,  6,  3.  Ethnarchcs  nennt  er  sich  auch 
auf  seinen  Münzen.  Madden  p.  91  f. 

6)  Dio  Cass.  55,  25.  27.    loseph.  Ant.  17,  13,  2.    B.  lud.  2,  7,  3. 

7)  loseph.  Ant.  17,  13,  5 :  XTJs  hk  'Ap'/eXaou  X^pa?  UTroxsXoü?  7rpo;v£{XTrj- 
öeiOTj?  XTQ  2'jpojv,  TTEfXTrexai  KupTjvto?  u-ö  Katoapo?,  avYjp  uTcaxixö;,  (XTioxtfxTQOo- 
(Aevo;  xa  £v  E'jpia  -aolI  xov  'Apx.£Xaou  aTroBiuoofxevoc  oixov.  Vgl.  18,  1,  1 :  Trap^jv 
0£  Tcai  KupTjVio;  et;  ttjv  'louSaiouv,  Trpoi^Ttirjv  z-qi  Supias  ^esoiii-ir^ ,   drcoxifjLTj- 


—     251     — 

Verwaltung  aber  einem  procurator  cum  iure  gladii  übergehen  i), 
der  indessen  dem  Statthalter  Syriens  untergeordnet  und  sowohl 
auf  dessen  militärische  Hülfe  angewiesen,  als  auch  demselben 
verantwortlich  war  2).  Diese  Verwaltung  dauerte  von  6  bis  41 
n.  Chr.  und  wurde  während  dieser  Zeit  von  sieben  Procuratoren 
geführt 3),  nämlich  1.  Coponius  6  n.  Chr.,  2.  M.  Ambivius  etwa 
10  n.  Chr.,  3.  Annius  Rufus  im  J.  13,  4.  Valerius  Gratus  etwa 
15—25,  5.  Pontius  Pilatus  25  —  35^),  6.  Marcellus  im  J.  35-^), 
7.  Maryllus  38—416). 

2.  Den  nordöstlichen  Theil,  nämlich  die  Landschaften  Tracho- 
nitis,  Auranitis,  Batanaea,  Gaulonitis  und  Ituraea,  den  ärmsten 
Landstrich^),  erhielt  Philippus  mit  dem  Titel  eines  TcTpap^^rj; ^) , 
nach  dessen  Tode  im  J.  34  n.  Chr.  auch  seine  Herrschaft  der 
Provinz  Syrien  einverleibt  wurde-').  Er  erbaute  die  Stadt  Caesarea 
Paneas,   welche  ihre  Zeitrechnung  vom  J.   3  v.   Chr.   beginnt  *ö). 

3.  Galilaea,    das    nach    losephus    204    Städte    und    Dörfer 

o6(jL£v6;  xe  auTöiv  ta?  o'joiac.  18,  2,  1 :  Kup-rjvioi  8e  xd:  'Apyekdou  ypTjfxaTa 
aTiooofAevo;  fjOir],  vcat  twv  aTtoTtfATjoeuiv  uepai  lyouotöv ,  ai  dYSVOVto  xpiaxoctii) 
-/Ott  eßSofxo)  £Tei  ixexdc  xt^v  'Avxtoviou  ^v  'Axxitu  Xjxxav  bizb  Kaisapo?  —  Avavov 
—  laxa  apyitpii,  d.  h.  im  J.  7  n.  Chr.  Ueber  die  bekannte  Stelle  des  Lucas 
Ev.  2,  1,  welche  diesen  Census  in  das  Jahr  der  Geburt  Christi,  d.  h.  752,  in 
welchem  Jahre  Quirinius  zum  erstenmal  legatus  Syriae  gewesen  zu  sein  scheint, 
verlegt,  wird  an  einem  andern  Orte  die  Rede  sein.  Vgl.  Mommsen  Res  gestae 
Divi  Augusti  p.  124  f. 

1)  loseph.  Ant.  18,  1,  1:  Koarrouviöi  xe  auxtp  (dem  Quirinius)  ouif^taxa- 
Trejxrexat,  xaYfA^To;  töjv  iKireouv,  ■f\'^r\<56\t.t^Oi  'louoaiouv  xig  ivX  näaiv  e^ouota. 
B.  lud.  2,  8,  1 :  x-rk  oe  Ap/eXotou  ycdpac  ei;  STrap/iav  Trepi^pacpeiaiQ; ,  in'vzpoTioi 
xt;  Irrtx-^;  rapa  'F(o[jLatoi;  xd^eox;  KcuKtovio«  7r^(XTTexat,  {xeypi  xoO  xxeiveiv  Xaßojv 
Tiapa  xoO  Krxiaapo;  d;ouotav. 

2)  Pontius  Pilatus  wurde  von  dem  Legaten  Syriens,  Vitellius,  auf  die  Klage 
der  ßouXT]  von  Hamaria  abgesetzt.  loseph.  Ant.  18,  4,  2.  Auf  ähnliche  Weise 
verfuhr  der  Legat  Quadratus.    Tac.  Ann.  12,  54. 

3)  Hauptstelle  über  sie  ist  loseph.  Ant.  18,  2,  2 ,  aus  welcher  die  Zeitbe- 
stimmung indessen  nur  annähernd  entnommen  werden  kann.  Vgl.  Do  Saulcy 
Revue  Numismatique  1853  p,  186  fF.  und  dessen  Recherche»  sur  la  numismatique 
Judaique,  Paris  1854.  4  p.  136  f.    Clinton  Fasti  Rom.  II  p.  235. 

41  Borghesi  Oeuvres  5,  82.    loseph.  Ant.  18,  4,  2. 

5)  loseph.  Ant.  18,  4,  2. 

6)  loseph.  Ant.  18,  6,  10. 

7)  loseph.  Ant.  17,  11,  4.  Ueber  die  Grenzen  und  die  Geschichte  von  Ba- 
lanea  und  Auranlfis  s.  Waddington  in  Comptes  rendus  1865  p.  102  ff. 

8)  Kv.  l>ucac  3,    1.   Münzen  bei  Maddcn  p.  100  f. 

9)  loseph.  Ant.  18,  1,  6:  x«5xe  oe  rat  <^lXtK^TO(;  —  xeXeuxqt  xov  ßiov,  ei/oaxi]) 
\ivi  dvwjxip  x^;  Tißepto'j  dpyf^s,    -fiYT^odiAevo;   oe   auxi;   i^xa  xal  xptdxovxa  xi?); 

TpotytovlxtSoc  xal  Fot'jXavlxioo;  xal  xoD  Baxavalouv  £dNOU(  rp6;  ojxoi;. Ti^s 

0  apyT)v  —  o'j  Y^P  ^iTeXelrexo  r./Toa;  —  Ttߣpto;  uapaXotpwv  T:po;OVjxT,v 
dTrapyfotc  roieixat  rfjc  l^ypouv. 

10)  Kckhcl  3,  342. 


—     252     — 

ziihlte'),  und  Pciaea  fi(»lon  dein  Ilcrodos  Antipas  zu^y,  der  als 
T£Tpapxr^?  von  4  v.  Chr.  bis  39  n.  Chr.  regierte  und  in  dem 
letzteren  Jahre  von  Caligula  naeh  Lugdununi  verbannt  wurde 3). 
Alle  diese  Theile  wurden  indessen  noch  einmal  in  einer 
Hand  vereinigt.  Uerodes  der  Gr.  hatte  ausser  den  drei  genann- 
ten Söhnen  noch  zwei  ältere  gehabt,  die  er  selbst  hatte  hinrich- 
ten lassen,  Antipater  und  Aristobulus  "*) .  Des  Arislobulus  Sohn, 
Herodes  Hcrodcs  Agrippa ,  oder  wie  er  sich'  officiell  nannte,  M.  lulius 
Agrippa  ^) ,  in  Rom  erzogen  und  mit  Caligula  bekannt  gewor- 
den^'), erhielt  bei  dessen  Regierungsantritt  im  J.  37  n.  Chr. 
die  Tetrarchie  des  Philippus'),  darauf  im  J.  39  die  Tetrarchie 
des  Herodes  Antipgs^)  und  endlich  durch  Claudius  im  J.  41 
ludaea  und  Samaria'^'),  während  seinem  Rruder  Herodes  das 
Fürstcnthum  Chaicis  gegeben  wurde  ^oj,  go  zuletzt  die  ganze 
Herrschaft  des  grossen  Herodes  wieder  vereinigend  regierte  er 
sieben  Jahre  lang  als  König  bis  zum  J.  44  ^i).  Sein  Sohn  Hero- 
des Agrippa  II,  auch  Marcus  Agrippa  genannt  ^2)^  erhielt  aber, 
weil  er  noch  sehr  jung  war,  nicht  das  Königreich,  sondern  im 
J.  48/49  zunächst  das  Fürstenthum  Chaicis,  welches  sein  Oheim 
gehabt  hatte  i^).  Vier  Jahre  darauf  (53)  nahm  ihm  Claudius  das- 
selbe wieder  und  gab  ihm  statt  dessen  die  Tetrarchie  des  Phi- 
lippus  14)  mit  dem  KönigstiteP^).  Hiezu  bekam  er  noch  im  J.  55 
von  Nero   die    Städte   Tiberia§    und   Taricheae    in    Galilaea    und 

1)  losepM  vita  §  45. 

2)  loseph.  Ant.  17,  8,  1;  17,  11,  4;  18,  7,  1.  Ev.  Lucae  3,  1 ;  3,  19^ 
9,  7.  Matth.  14,  1.  Act.  Ap.  12,  1. 

3)  loseph.  Ant.  18,  7,  2.  Der  Titel  TerpapyT];  und  das  43ste  Jahr  seiner 
Regierung,  d.  h.  das  Jahr  39  findet  sich  auf  seinen  Münzen  erwähnt.  S.  Norisius 
De  nummo  Herodis  Antipae  in  den  Opp.  Vol.  II  p.  647 — 665.  Eckhel  3,  486  ff. 
Madden  p.  99. 

4)  loseph.  Ant.  17,  7,  1.  B.  lud.  1  c.  22—27.   Strabo  16  p.  765. 

5)  Waddington  n.  2112,  vgl.  C.  /.  Gr.  n.  361. 

6)  loseph.  Ant.  18,  6. 

7)  loseph.  Ant.  18,  6,  10.  B.  lud.  2,  9,  6.  Dio  Cass.  59,  8.  Philo  in  Flac- 
cum  5. 

8)  loseph.  An«.  18,  7,  2. 

9)  loseph.  Ant.  19,  5,  1.  Dio  Cass.  60,  8.  Philo  in  Flaccum  c.  41.  loseph. 
B.  lud.  2,  11,  5. 

10)  loseph.  Ant.  19,  8,  1.  Auch  er  heisst  ßaaiXeu;  auf  seinen  Münzen.  Eckhel 
3,  492. 

11)  loseph.  Ant.   19,  8,  2,     Er  führt  auf  Münzen  den  Titel   ßaoiXeu;  \i^i^rti; 
AYpiTTTia?  <DiXoxaTaap.    Eckhel  3,  492.    Madden  p.  106. 

12)  Waddington  n.  2365.    Madden  p.  117.     • 

13)  loseph.  Ant.  20,  5,  2.  '  B.  lud.  2,  12,  1. 

14)  loseph.  Ant.  20,  7,  1.    B.  lud.  2,  12,  8. 

15}  Acta  apost.  25,  13 ;  26,  2  u.  öfter.    Münzen  bei  Madden  p.  115  ff. 


^     253     — 

lulias    in   Peraea^).     In   dem   jüdischen    Kriege    kämpfte    er    auf 
Seiten    der   Römer    und    wurde   bei   Gamala   verwundet  2);    seine 
Münzen  gehn  bis  95  n.  Chr.,  und  er  starl)  erst  im  dritten  Jahre 
des    Traian    (100  n.   Chr.)    als    der    letzte    König    der   jüdischen 
Familie  3).    ludäa  wurde  seit  dem  J.  44  wieder  von  Procura toren  ^^en^vou**' 
verwaltet,    deren   Residenz   Caesarea   war'^),  und    zwar   regierten     i«<iaea. 
das  Königreich  in  seinem  ganzen  Umfange  Cuspius  Fadus  44 — 46^)    ^ 
und  Tiberius  Alexander  46 — 48  ß),  seit  48  Ventidius  Cumanus^); 
im  J.  52,    als   Herodes   Agrippa  II   die   Tetrarchie    des   Philippus 
erhielt,  wurde  für  den  übrigen  Theil  des  jüdischen  Landes  Clau- 
dius   Felix    Procurator^).      Es    folgen    dann    unter    Nero    Porcius 
Festus  (6i)<»j,  nach  dessen  Tode  Albinus   (62—64)1«)  und  Gessius 

I 

1)  loseph.  Ant.  20,  8,  4. 

2)  loseph.  B.  lud.  4,   1,  3. 

3)  Photii  Bihl.  cod.  33.  Eckhel  3,  496,  vgl.  Madden  p.  133.  Für  die  Er- 
kläniug  der  Münzen  Agrippa's  II  sind  weder  die  Nachrichten,  des  losephns,  noch 
die  Conibinationen  Maddens^ausreichenci.  Es  findet  sich  auf  ihnen  namentlich 
eine  Aera  vom  Jahre  61  n.  Chr.,  deren  Grund  ganz  unbekannt  ist.  S.  Mommsen 
in  Hubers  Numismatischer  Zeitschrift  III,  2  (1872)  p.  449  ff. 

4)  loseph.  B.  lud.  %  1;'),  6.  Acta  apost.  23,  23;  23,  33;  25,  1.  Ueber  die 
Chronologie  der  Procuratoren  handelt  Ewald  Gesch.  des  Volkes  Israel,  2te  Ausg.  6 
S.  46  ff.  Da  Tacitus  Ann.  12,  23  vom  Jahre  49  n.  Chr.  sagt:  Ituraeique  et 
Judaei  defunrlis  regibus ,  Sohaemo  atque  Agrippa ,  provinciae  Suriae  additi ,  so 
nimmt  Bormann  De  Syr.  prov.  p.  4  an ,  erst  in  diesem  Jahre  sei  Palästina  zu- 
gleich mit  Abila  Lysaniae  zur  Provinz  gezogen,  von  44 — 49  ^ber  nur  wegen  der 
Jugend  des  Agrippa  einem  Procurator  übergeben  worden ,  der  nicht  unter  dem 
legntus  Syrine  gestanden  habe.  Dies  bestätige  loseph.  Ant.  19,11,2:  sTrapyov 
O'jv  Tfj;  iouoaia;  y.at  t^<;  draorjC  ^otaiXsia;  drsoteiXe  KouoTtiov  <I)dSov,  tiü  xa- 
Toiyo[xivw  (dem  verstorbenen  Agrippa  1)  otooy;  ti|j.'?jv  to  [i.i]  Mdpoov  iTzn.-^'X'^eX^ 
d<i  'prxzO.tinv  auTtü  cid'fopov.  Allein  gleich  darauf  {Ant.  20,  1,  1)  erzählt  lose- 
phus ,  dass  der  legatun  Syrüie  Vibius  Marsus  anderweitig  beseitigt  wurde,  und 
dass  sein  Nachfolger  Cassius  Longinus,  der  gleichzeitig  mit  Fadus  ankam,  sofort 
mit  einem  Heere  nach  Jerusalem  ging  um  den  Fadus  zu  unterstützen.  Die  Dif- 
ferenz zwischen  Tacitus  und  losephns  ist  demnach  nicht  ohne  Weiteres  zu  erle- 
digen,  da  der  letztere  die  Vereinigung  Palästinas  mit  Syrien  wirklich  44  zu 
setzen  scheint. 

f))  loseph.  Ant.  19,  11,  2:  ETrotpyov  o-jv  f^;  'lo'joaictc  xit  t-^;  dTrdoYj;  ßaat- 
Xeta;  drAsTcilz  Kojoriov  (Ddoov.    Vgl'.  Ant.  15,  11,  4.    B.  lud.  2,  11,  6. 

6)  loseph.  Ant.  20,  5,  2.  B.  lud.  2,  11,  6.  In  einer  Inschrift  von  Aradus, 
(\  1.  Ur.  Vol.  III  p.  1178  n.  453()f  kommt  vielleicht  ein  7vT:r(Tpo[7ro;  Ttßepioju 
lo'jXfoy  'AXfeJ^fdvopo'j,  ^Trdjpyou  frJoO  'ioyoai[xo'i  ^Uvoj;)  \.m.  Indessen  ist  die 
Ergänzung  unsicher.  Später  war  er  prnefertUH  Aegypti.  S.  C.  I.  (ir.  Vol.  III 
p.  311a.    Henier  in   M^'m.  de  l'nrnd.  den  imcr.  XXvi."  1  (1867)  p.  295. 

7)  loseph.  Ant.  20,  5,  2.  B.  lud.  2,  12,  1.  Er  wird  bei  dem  legatun  Syriae 
QuadratuH  verklagt,  welcher  ihn  nach  Rom  zum  Kai.ser  schickt.  Er  wird  schul- 
dig befunden  und  Ins  Exil  geschickt.  loseph.  Ant.  20,  6,  2.  3.  B.  lud.  2,  12,  7. 

8)  loseph.  Ant.  20,  7,  1  ;  20,  8,  5.  B.  lud.  2,  12,  8;  2,  13,  2.  Nach  Tac. 
Ann.    12,  54  waren  Cumanus  und  Felix  gleichzeitig  in  Iiidäa,   8.  Lipsius  z.  d.  St. 

9)  loseph.  Ant.  20,  8.  9.    B.  lud.  2,  14,  1. 
10)  loseph.  Ant.  '^0,  »,  1.  B.  lud.  2,  14,  1. 


_     254     ~ 

Florus^)  (65 — 66)2).  Noch  zweimal  versuchten  die  Juden  die 
drückende  Herrschaft  abzuwerfen;  die  Eroberung  Jerusalems 
durch  Titus  im  J.  70  n.  Chr.  ■^)  hatte  die  Zerstörung  der  Stadt 
zur  Folge  ^)  und  der  letzte  jüdische  Krieg  unter  Iladrinn  132 — 
135  n.  Chr.'»)  eine  fast  gänzliche  Ausrottung  der  Juden  ^j.  .Jeru- 
salem wurde  durch  Griechen  neu  colonisirt  und  erhielt  den  Namen 
Colonia  Aelia  Capitolina"). 
aimyra.  7.  Der    östüchstc   Bestandthcil   der   Provinz   ist    endlich   das 

Gebiet  von  Palmyra,  welche  Stadt  lange  Zeit  eine  neutrale  Stel- 
lung einnahm  und  einen  einträglichen  Zwischenhandel  zwischen 
Parthern  und  Römern  trieb  ^).  Von  den  Stapelplätzen  der  indi- 
schen Waaren  am  persischen  Meerbusen,  Charax  und  dem  12 
röm.  Meilen  davon  entfernten  Forath  gingen  zwei  Caravancnstras- 
sen  nach  dem  Westen,  die  eine  über  Vologesias  am  Euphrat  und 
über  Palmyra  nach  Damascus,  die  andere  durch  die  Wüste  direcl 
nach  Petra  ^) .    Die  erstere  wird  öfters  in  den  neuerdings  bekannt 

1)  Joseph.  Ant.  20,  9,  5.    B.  lud.  2,  14,  2. 

2)  loseph.  B.  lud.  2,  14,  4.  Unter  Vespasian  kommt  noch  vor  ein  M.  An- 
tonius lulianus,  6  tyj?  louoacai;  iTAX^or.oi,  loseph.  *B.  lud.  6,  4,  3  und  Liberius 
Maximus  imxpozoi,  loseph.  B.  lud.  7,  6,  6. 

3)  8.  ausser  losephus  Bellum  ludaicum  Suet.  Tit.  5.  Tac.  Hlst.  5,  1.  Dio 
Cass.  66,  4 — 7.  Clinton  Fasti  Born,  ad  a.  70. 

4)  loseph.  B.  lud.  7,  1. 

5)  Dio  Cass.  69,  12.  Euseb.  Chron.  a.  2148  (132  n.  Chr.),  2150  (134). 
Euseb.  Hist.  Ecd.  4,  6.  Spartian.  Hadr.  14.  Eutrop.  8,  7  ff.  8yncellus  p.  660 
Bonn.  Pausan.  1,  5,  5.  Clinton  F.  R.  ad  a.  132  f.  Ewald  Gesch.  des  Volkes 
Israel,  2te  Ausg.  Bd.  7  S.  359  ff. 

6)  Dio  Cass.  69,  14.  Hieronymus  in  Daniel  c.  9 :  Hierusalem  omnino  mh- 
.  versa  est  et  Tudaeorum  gens   catervatim  eaesa.     Das  Chron.  Pasch,  p.  474  Bonn. 

setzt  die  Gründung  der  Colonie  irrthümlich  schon  119  n.  Chr. ,  worüber  s.  Clin- 
ton a.  a.  0.  p.  118. 

7)  Auf  Münzen.  S.  Eckhel  3,  441—443.  Dio  Cass.  69,  12.  Euseb.  H.  E. 
4,  6.  Malalas  2  p,  279  Bonn.  :  6  hk  auro;  'Aopiwo;  i^^pYtoi^et;  -/taxd  'lo'joaiojv 
dviXeuoev  zic,  ttjv  'kpo'JoaXrjfJL  oJxeTv  "FiXXTjvac ,  (xexovofxdca;  auxYjv  tcoXiv  AiXtav. 
Ulpian.  Dig.  50,  15,  1  ^6:  in  Palaestina  duae  sunt  coloniae,  Caesariensis  et  Aelia 
Capitolina,  sed  neutra  ius  Italicum  habet. 

8)  Appian.  JB.  C.  5,  9:  6  'AvTwvto?  eTOfXTre  to-j;  ir.rAai  naX[jL'jpa  roXtv,  ou 
{j,a-/pdv  ouaav  dub  Eucppdiou,  5iap7:doai,  [xtv-pd  [xsv  iTTixaXtbv  auToT?,  oti  'Piofxaiojv 
xai  Hapi^uatojv  ovxe;  dcpopioi  e?  dv^ax^pou?  dTriSelito?  siyov  (Ipizopot  yap  ovxe;  xopii- 
Co'JOt  [X£V  iv,  riepcav  xd  'Ivoixd  ri  'Apdßta,  Siaxi&evxat  5'  dv  xt^  'Pto{xatu)v).  Plin. 
N.  H.  5  §  88 :  Palmyra  urbs  nobilis  situ ,  divitiis  soli  et  aquis  amoenis,  vasto 
undique  ambitu  harenis  includit  agros  ae  velut  terris  exempta  a  rerum  natura, 
privata  sorte  inter  duo  imperia  summa  Romanorum  Parthorumque ,  et  prima  in 
discordia  semper  utrinque  cura,  ahest  a  Seleucia  Parthorum  quae  vocatur  ad  Tigrim 
CCCXXXVn  mil.  passuum. 

9)  Plin.  N.  H.  Q  ^  145.  Heeren  De  commerciis  urbis  Palmyrae  vicinarumque 
Urbium,  in  Comment.  Societ.  Ooett.  Vol.  VII.  1832. 


1 


_     255     ~ 

gewordenen  1)  palmyrenischen  Inschriften  erwähnt 2).  Palinyra  war 
eine  Stadt  mit  griechischer  Verfassung  3)  und  bediente  sich  der 
seleucidischen  Aera  und  des  macedonischen  Calenders^).  Wann 
sie  in  den  Besitz  der  Römer  kam,  wird  nirgends  berichtet;  schon 
in  einer  Inschrift  des  .1.  79  n.  Chr.  kommt  eine  cpuXi^  Klaooidc, 
vor,  welche  von  dem  Kaiser  Claudius  ihren  Namen  hat  und  der 
älteste  Beweis  römischen  Einflusses  ist"^),  aber  besetzt  ist  sie 
wahrscheinlich  erst  gleichzeitig  mit  Petra  und  Damascus  im  .1.  lOG. 
Bald  darauf,  im  .1.  129,  besuchte  Hadrian  die  Stadt  ^),  welche 
damals  den  Namen  'Aopiavi^  TlaXjxupa  annahm^)  und  ihm  und 
seinen  Nachfolgern  die  glänzendste  Periode  ihrer  Geschichte  ver- 
dankt^). Die  Caravanenstrasse  von  Bostra  nach  Palmyra  wurde 
in  dieser  Zeit  gegen  Angriffe  der  Araber  gesichert  durch  Militär- 


1)  Die  ersten  Inschriften  aus  Palmyra  copirte  Halifax  im  J.  iiuS ;  zu  die- 
sen ist  wenig  hinzugekommen,  bis  im  J.  1861  Waddington  einen  reichen  Schatz 
griechischer,  aramäischer  und  bilinguer  Inschriften  aus  Palmyra  mitbrachte,  von 
denen  die  aramäischen  edirt  sind  in  Vogüe'  Syrie  centrale.  Jmcriptions  Stmiti- 
ques,  Paris  1868  fol. 

2)  Eine  Caravane  heisst  cjvooia,  der  Führer  derselben  ouvootapyr;;.  Die- 
sem ihrem  Führer  setzen  ein  Denkmal  ot  cuvavaßavTe;  fxex  auroO  efxTTopot  dro 
^opdf^o'j  -/£ 'OXotYoiotdoo;,  C  1.  Gr.  4489  =  Waddington  2589;  oi  ou[v  ct-jTw 
d]vaßdvT£[?  dro]  2!7:aaivo'j  Ädpazoc ,  Vogüe  n.  6  =  Waddington  2596;  oi  oijv 
aÜTw  -/.aTEA^ovTe;  £{;  'OXoYSOtdoa  evropoi,  Vogüe  n.  4  =  Waddington  2599.  Die 
Inschriften  sind  aus  den  Jahren  142,  193,  247  n.  Chr.  Charax,  über  welclies 
Vogüe  und  Waddington  Revue  Num.  1866  p.  303  =  Melangeft  de  Numiftmatique 
2mp  Serie  p.  77  ff.  weitere  Nach  Weisungen,  geben ,  heisst  ^Traoi-^o'j  Xdpa$  oder 
Karak-IIispasina  (palmyrenische  Inschr.  bei  Vogüe  n.  5)  von  einem  Fürsten ,  von 
weichem  eine  Münze  aus  dem  Jahr  124  v.  Chr.  mit  der  Aufschrift  BaaiXIwi; 
'ToTraootvo'j  erhalten  ist.   Revue  numismatique  1866  p.  305. 

3)  Im  Jahr  129  n.  Chr.  und  später  werden  ßo'JÄ-?)  lind  o-^jxo;  erwähnt 
(Waddington  n.  2585),  in  demselben  Jahre  ein  f^rx^tirx-czuz  (ib.).  Auch  gab  es 
Phylen  in  Palmyra,  die  allerdings  mehr  arabische  Stämme  gewesen  zu  sein  schei- 
nen (ib.  n.  2578).  In  einer  Inschrift  von  114  n.  Chr.  sind  vier  dpppoTafA^i 
der  eponyme  Magistrat  (n.  2627). 

4)  Waddington  zu  n.  2571  »\ 

5)  Waddington  n.  2613. 

6)  Die  Anwesenheit  des  Hadrian  in  Palmyra  erwähnt  die  Inschrift  C.  I.  Gr. 
4482  =  Waddington  2585,  deren  palmyrenischer  Text  von  130  datirt  ist  (Vogüe' 
n.   16). 

7)  Steph.    Byz.    p.  498:    fldXjx'jpa,    cppo6piov   Supia;' n\    o    auTol 

AoptavoTToXiTat  |xeTajvo[Ad'3U7]5av  ^TtxTtai^eiCTjc  xfjc  rfiXecoc  dri  toj  a'jtoxpdxopo;. 
In  den  Inschriften  von  Palmyra  kommt  dieser  Name  nicht  vor.  wohl  aber  findet 
»ich  in  einer  römischen  Inschr.  des  Jahres  236  n.  Chr.,  C.  I.  Gr.  n.  6015  ein 
A.  A'jp.  HXtoowpo;  ' A'i'i/jjo'j  'Aoptavo;  IIaX[j.upTQv(5g ,  welches  Ethnikon  auf  den 
Namen  der  Stadt  'Aoptav?^  IldXfiupa  schliessen  |ässt.  S.  Norisius  De  epoch. 
Syrom.  IHan.  II  c.  3  }^  2. 

8)  IJeber  die  Bauwerke  Palmyra»  aus  dieser  Periode  8.  Rob.  Wood  Lts  Ruines 
de  Palmyre  aulremenl  dile  T<ulmor,  London  1753  fol,  (Auch  mit  englischem  Text 
nnd  Titel.)  Vgl.  Letroiuie  Journal  de»  Savann  18.36  p.  335,  Recueil  den  Inscr. 
de  Vflgypte  I  p,  218  f. 


-^     256     ™ 

poston,  deren  Spuren  Waddington  in  Nemnra,  östlich  von  Haou- 
rAn,  eine  Tagereise  von  den  letzten  Dörfern  desselben,  Tema  um 
Tarba,  sodann  in  der  Oase  Rouhbe  und  am  Fusse  des  Vulcanj 
Djebel  Seis  vorfand^),  und  welche  von  Bostra  aus  gestellt  wur- 
den 2).  Die  Strasse  von  Damascus  nach  Palmyra  aber,  welchj 
39  Stunden  beträgt,  hatle  nach  der  Tabula  Peutingeriana  ach'j 
Zwischenstationen ,  von  welchen  zwei  festgestellt  sind,  nämlicl 
Nazala  (Qarietein)  ^),  wo  um  400  n.  Chr.  ein  Truppencorps  lag'*) 
und  Geroda  (Djeiroud)  ^);  die  Hauptstation  war  aber  Danaba,  w^ 
zur  Zeit  der  Notitia  die  Icgio  III  Gallien,  stand/').  Zwei  andr^ 
Strassen  führten  von  Palmyra  nach  Emesa  und  nach  Salaminias^) 
Durch  diese  Strassenverbindungen  erhielt  Palmyra  für  die  Römej 
ein  politisches  biteresse,  namentlich  als  Ausgangspuhct  für  di 
parthischen  Kriege,  wie  z.  B.  Alexander  Severus  im  J.  231  b( 
dem  Beginn  seines  Partherkrieges  mit  seinem  Oberfeldhern 
Rutilius  Crispinus  in  Palmyra  war  8).  Zu  Ulpians  Zeit,  d. 
unter  Caracalla,  war  die  Stadt  colonia  iuris  Italici^)  und  dei 
Titel  der  Colonie  führt  sie  auch  in  Inschriften  der  Jahre  242/* 
und  262*^);  wem  sie  ihn  verdankt,  ist  unbekannt:  vielleicht  w;aj 
es  Septimius .  Severus,  wenigstens  ist  unter  den  römischen  Bür 
gern  Palmyras  der  Name  Septimius  gewöhnlich  i^) .  Die  kurzj 
Erhebung  der  Familie  des  Odeynath  ^3)   führte  zu  einer  zweimal^ 

1)  Waddington  n.  2264.  S.  die  Wetzsteinsche  Karte  (Abb.  der  Berliner  Acj 
demie  1863)  und  Wetzstein  Reise  S.  128. 

2)  In  den  Inschriften  von  Nemara  bei  Waddington  werden  erwähnt  ein  de- 
curio  (n.  2270),  ein  eques  der  leg.  III  Cyrenaica  ,  die  in  Bostra  stand  (2271). 
Die  3te  Cohorte  der  leg.  II  Farthica  (2729)  2280. 

3)  Porter  Handbook  for  Syria  p.  536. 

4)  Not.  Dign.    Or.  p.  85. 

5)  S.  über  diese  Orte  Waddington  zu  n.  2571. 

6)  Not.  Dign.   Or.  p.  85. 

7)  Waddington  2629.  2632. 

8)  S.  die  Inschr.  C.  I.  Gr.  4483  =  Waddington  4483.  üeber  das  Jahr  s. 
Eokhel  7,  273.    Clinton  F.  R.  ad  a.  231. 

9)  Digest.  50,  15,  1  §  5. 

10)  Vogüe  n.  15. 

11)  Waddington  2606^^,  wo  sie  |X7]TpoxoX(uveia  heisst,  2607.  cf.  2629.  Im  J, 
252  wird  ein  O'J0[[vSptxü;] ,  duumvirnlis,  erwähnt  2601;  sonst  heissen  die  Ilviri 
CTpaTTjYoi,  welche  in  den  Jahren  224  —  262  vorkommen  n.  2597.  2598.  2601. 
2606'!.  2607.    Vgl.  Vogüe  p.  18.    Daneben  kommt  ein  dYopavofxo;  vor  2598. 

12)  Von  Septimius  Severus  wurden  auch  Tyrus,  Heliopolis  und  Laodicea  zu 
coloniae  iuris  Italici  erhoben.    Digest.  50,  15,  1. 

13)  S.  V.  Sallet  Dife  Fürsten  von  Palmyra,  Berlin  1866.  8.  Vogü^  p.  29  ff. 
Waddington  n.  2600  ff.  Zu  dieser  Familie  gehören  Odeynath  I,  welcher  coy- 
%X7]Ti%6;,  vir  senatorius,  heisst  und  251  starb.    Seine  Nachkommen  sind  Heyran, 


—     257     — 

gen  Eroberung  und  Zerstörung  der  Sladt  durch  Aurelian  273  \), 
bei  welcher  fasl  die  ganze  Bevölkerung  umkam  2).  Seitdem  ist 
Palmyra  eine  Grenzfestung  (cppoopiov)  3),  welche  Diocletian  an- 
legte^] und  in  welcher  von  da  ab  die  legio  1  Illyricorum  statio- 
nirt  war  5).  lustinian  erneuerte  die  Befestigungen  ^j  und  die 
Stadt  gehörte,  wie  früher  zu  Syria  Phoenice'),  so  seit  Diocletian 
zu  Phoenice  Libanesia^). 

Pompeius  übergab  nach  der  Eroberung  von  Syrien  und  Verwaltung 
Palästina  diese  Länder  dem  M.  Scaurus,  der  dieselben  im  J.  -62 
als  quaestor  pro  praetore  verwaltete.  Diesem  folgten  als  Statt- 
halter zuerst  zwei  propraetores,  L.  Marcius  Philippus  61 — 60  und 
Lenlulus  Marcellinus  59 — ^58;  darauf  wegen  der  Kriege  mit  den 
Arabern  proconsules  mit  einem  Heere,  zuerst  Gabinius^)  57 — 55, 
dann  Crassus  55 — 53,  nach  dessen  Tode  sein  Quästor  Cassius 
die  Provinz  52—51  verwaltete  i^) ;  darauf  M.  Calpurnius  Bibulus 
51  _. 50 11)  Nach  der  Schlacht  bei  Pharsalus  übergab  Caesar 
Syrien  dem  S.  lulius  Caesar  im  J.  47,  welcher  im  folgenden 
Jahre  von  dem  Pompeianer  Caecilius  Bassus  getödtet  wurde  i^j. 
In  dessen  Gewalt  blieb  die  Provinz  bis  Ende  44,  wo  Cassius 
sich  derselben  bemächtigte  und  den  Titel  proconsul  annahm  ^^j. 
Nach  der  Schlacht  bei  Philippi   setzte   im  J.   41   Antonius    seinen 

AlpdvY];  oder  Herennianus,  und  Odeynath  II,  der  Mann  der  Zenobia  (mit  einhei- 
mischem Namen   Bathzebinah),  welcher  267  starb ,  nnd  dessen  Sohn  Wahballath. 

1)  Leber  das  Jahr  Clinton  F.  R.  ad  a.  273.    Waddington, zu  n.  2611.    Ueber 
die  zweite  Eroberung  Zosimus  1,  60,  61. 

2)  Vopiscus  Aurelian.  31. 
•   3)  Steph.  Byz.  p.  498. 

4)  Inschr.  von  Palmyra,  Orelli  531  =  0.  /.  L.  III,   133. 

5)  N.  D.  Or.  p.  85. 

6)  Procop.  de  aedif.  2,   11.  ' 

7)  Ulplan.  Dig.  50,  15,  1  §  5. 

8)  Hierocles  p.  717. 

9)  Appian.  8yr.  51:  Supta;  o'  vA)hi  h  Wo^tA\\.oz  SxaOpov  tov  dv  toi;  -Koki- 
fAOi;  ea'jxu)  ^evifAevov  Tafxiav  exaqev  ■'t(^i.lQ%ai  (  vgl.  Joseph.  Ant.  15  c.  4.  5. 
B.  lud.  1  c.  6.  7.  8.  Eckhel  1).  N.  5,  131.  Horghesi  Oeuvr.  2,  186  f.  und  über 
die  Zeit  Clinton  F.  Hell.  2  p.  342),  xat  /j  ßouX-^|  <I)i>a7:TTov  im  Ixa'joiu  tov 
Mqxpiöv,  7.al  MotxpeXXivov  AevtXov  irzi  T(Ö  <I)r/arTC«|j,  afxcftu  OTpaxTjYixou;  xat' 
d^twotv.  äXXd  Ttüv^e  |xev  exax^po)  Sisrrjc  dxpicpi^ri  yp6vo;,  xou;  Tfstxova;  £vo)^Xoüvxa; 
"Apaßa;  djx'j'JofjLdv»;) .  xal  xoO^e  /dpiv  ii  xo  ^Tceixa  ^y^vovxo  i-jp^c  oxpaxYjYot  xwv 
xd  dr(uvu|xa  dpcdvxtov  dv  daxei,  '{va  fyoiev  d^ouaiav  xaxaXovo'j  xe  oxpaxiä;  xal 
iroX£(xo'j  oia  uraxot  •  xal  ttowto;  iv.  xojvoe  iTr^ucpfttj  Pa^ivio;  fxexd  oxpaxid;. 
Ueber  Gabinius  s.  Drumann  3,  46. 

10)  Drumann  2,   118—120. 

11)  Drumann  2,   101. 

12)  Drumann  Ii,  768;  2,  125. 

13)  Cic.  ad  fam.   12,   11. 

Köm.  Alterth.  IV.  17 


—     258     — 

Legaten  L.  Decidius  Saxa  zum  Statthalter  Syriens  ein,  dessen 
Besiegung  durch  die  Parther  im  J.  40  den  Verlust  der  ganzen 
Provinz  zur  Folge  hatte  ^).  Nachdem  dieselben  im  Herbste  39 
durch  Ventidius,  des  Antonius  Legaten,  wieder  vertrieben  waren^), 
wurde  Syrien  wieder  von  Legaten  des  Antonius  verwaltet,  im 
J.  38  von  C.  Sosius,  durch  welchen  der  jüdische  Thron  dem 
Antigonus  entrissen  und  dem  Herodes  übergeben  wurde  (s.  oben 
S..  248),  im  J.  35  von  L.  Munatius  Plauens  ^j  und  31  von  L. 
Bibulus'*),  worauf  im  J.  30  Octavians  Legat  Q.  Didius  die  Provinz 
übernahm  ^) .  Bei  der  Theilung  der  Provinzen  zwischen  Kaiser  und 
Senat  im  J.  727  ==  27  wurde  Syrien  kaiserlich  ^]  und  ist  später  als  die 
in  militärischer  Hinsicht  wichtigste  Provinz,  wie  wir  sehen  wer- 
den, von  consularischen  Legaten  verwaltet  worden"),  deren  Resi- 
denz Antiochia,  an  Grösse  eine  der  ersten  Städte  des  römischen 
Reiches,  als  Metropolis  der  Provinz^)  zu  hoher  Blüthe  gelangte-'). 
Aber  es  bedurfte  noch  langer  Zeit,  bis  die  Provinz  nach  den 
Verwirrungen,  welche  die  Bürgerkriege  im  ganzen  Orient  zur 
Folge  gehabt  hatten,  neu  organisirt  wurde.  Die  Aufgabe ,  die 
Ordnung  in  den  östlichen  Ländern  wiederherzustellen,  übertrug 
Augustus  dem  Agrippa,    welcher  dieselbe   in    den  Jahren  23  —  13 

1)  Dio  Cass.  48,  24.   Liv.  ep.  127.   Norisius  Cenot.  Pis.  p.  445. 

2)  Liv.  ep.  127.  Dio  Cass.  48,  39—43.  Plut.  Anton.  33  und  über  den  Feld- 
zug des  J.  38  Plut.  a.  a.  0.  Dio  Cass.  49,  19—21. 

3)  Appian.  JB.  C.  5,  144.  Noris.  C.  P.  p.  451.  Borghesi  Oeuvres  2,  85. 

4)  Drumann  2,  105.  Borghesi  Oeuvr.  2,  95. 

5)  Dio  Cass.  51,  7.    Noris.  C.  P.  p.  454. 

6)  Dio  Cass.  53,  12. 

7)  lieber  die  legati  Syriae  bis  auf  Vespasian  s,  Norisius  Cenotaphia  Pisana 
II  c.  16  in  Opp.  Vol.  III  p.  424—531  und  Diss.  de  epoch.  Syromac.  Opp.  Vol. 
II  p.  259.  Eckhel  D.  N.  3,  275.  A.  W.  Zumpt  Comm.  epigr.  U  p.  73—152. 
Die  Statthalter  von  731  bis  770  (23  v.  Chr.  —  17  n.  Chr.)  behandelt  Mommsen 
Res  gestae  D,  Aug.  p.  113  if. 

8)  Den  Titel  {A^iQxpoTcoXt?  führt  sie  schon  vor  der  Römerzeit  auf  ihren  Mün- 
zen, Eckhel  3,  270,  und  behielt  ihn  später  bei.  Eckhel  3,  271.  283.  Mionnet 
5,  148.  157.  Als  Residenz  der  Statthalter  kommt  sie  oft  vor.  loseph.  Ant.  17, 
5,  7;  17,  9,  3,  der  sie  auch  {j,r]tp67roXt?  x-^s  Supia«;  nennt.  B.  I.  3,  2,  4. 

9)  S.  0.  Müller  Antiquitates  Antioch.  in  Comment.  SocAet.  Ooetting.  receht. 
Vol.  VIII.  Vgl.  des  Libanius  'Avxioxtxo?  Vol.  I  p.  275  R.  lohannes  Chrysosto- 
mus  Homil.  in  Ignat.  §  4  {Opp.  ed.  Montfaucon  II  p.  597)  bezeichnet  die  christ- 
liche Gemeinde  von  Antiochia  als  S;^[jlov  eixooiv  dxTetvofxevov  (xupta5a?.  Aber 
schon  Strabo  16  p.  750  sagt,  dass  Antiochia  an  Grösse  nur  von  Seleucia  am 
Tigris  und  Alexandria,  natürlich  auch  von  Rom,  übertroifen  werde.  Procop. 
B.  Pers.  1 ,  17  p.  87  nennt  'Avxio^^eiav  —  7rXo6tu)  xe  xai  (xeY£&et  xai  tto- 
Xuav^pcoiria  TioXewv  ■aTraocüv  xwv  dv  xoT«;  ivioii  'PoupLatouv  O'jaav.  Vgl,  2,  8 
p.  189.  19'2. 


—     259     — 

V.  Chr.  ^)  als  Stellvertreter  des  Kaisers  2)  löste  und  im  J.  15  selbst 
in  Syrien  und  Jerusalem  anwesend  war  3).  Ob  er  Syrien  und 
die  andern  ihm  übergebenen  Provinzen  durch  seine  Legaten  ver- 
walten Hess ,  oder  ob  unter  ihm  die  gewöhnlichen  Statthalter 
fungirten,  bedarf  noch  einer  weiteren  Untersuchung'^).  Nach 
dem  J.  43  ist  Syrien  immer  von  consularischen  Legaten  des 
Kaisers  regiert  worden,   von  denen  sicher  bekannt  sind: 

M.  Titius  Cos.   723=31,   leg.  Syrine  c.   745  =  9  5). 

C.  Sentius  Saturninus  Cos.  735  =  19,   leg.  Sijr.  746  =  8. 

P.  Quinctilius  Varus  Cos.  741  =13,  leg.  Syr.  748—750  =  6—4. 

P.  Sulpicius  Quirinius  Cos.  742=12,  leg.  Syr.  751—752  = 
3—2. 

L.  Volusius  Saturninus  Cos.  742  =  12,  leg.  Syr.  757  —  758  = 
4—5  n.  Chr. 

1)  Seine  Verwaltung  begann  23  v.  Chr.,  Dio  Cass.  53,  32,  und  dauerte  10 
Jahre.  loseph.  Ant.  16,  3,  3.  Zumpt  p.  79.  Mommsen  p.  113. 

2)  TOJ  TTspav  'lovtou  otaooyo;  Kaiaapt,  loseph.  Ant.   15,  10,  2. 

.  3)  loseph.  Ant.  16,  2,  1.  Philo  leg.  ad  Caium  p.  589  Mang.  Er  legte  da- 
mals die  Colonie  Berytus  an  (Strabo  16  p.  756),  welche  Eusebius  Chron.  in  das 
Jahr  14  v.  Chr.  setzt. 

4)  Dio  Cass.  53,  32 :  v.oX  (ji  (Agrippa)  iv,  piv  t^?  ToXeio;  eu^u;  i^wpfXTrjoev, 
ou  (jiIvTOt  '/.ai  ii  TTjv  S'jpiav  dcpi7.£T0  dkV  —  —  ey-eiae  [j.ev  tou;  O-ocxpaT'ifjYOu; 
lre|jL'^ev,  ciOto?  oe  iv  A£cßqj  oiixpvbe.  Zumpt  und  Mommsen  p.  114  billigen 
diese  Darstellung  und  einer  ihrer  Gründe  dafür  ist,  dass  in  den  genannten  10 
Jahren  (23 — 13)  kein  andrer  kaiserlicher  l.egat  von  Syrien  genannt  -n-ird.  Nun 
aber  berichtet  Dio  54,  34,  dass  der  Besser  Vologaesus  in  Thracien  den  Rhascu- 
poris  getödtet  habe,  und  fährt  dann  fort:  oj;  ouv  outo?  te  tauTa  Iroiet  xai  oi 
Sia/ixai  TTjV  MaxeSoviav  £xa7,0'jpY0uv,  Ao'jy.io?  Ikiaouv  iv.  nap-cpuAta?,  r^iri^ye, 
Tzpoiexdyßri  ocpioi.  Der  Krieg  dauerte  drei  Jahre,  13 — 11  v.  Chr.  Vellei.  2,  98. 
Liv.  ep.' 140.  Piso  war  also  apycav  na|j.(puXta;  im  J.  13.  Es  ist  aber  unglaub- 
lich, dass  er  nur  Paniphylien  verwaltet  hätte,  da  er  bereits  15  Consul  gewesen 
war,  und  Pamphylien  nie  eine  consularische  Provinz  gewesen  ist.  Ebenso  wenig 
konnte  er  leyatus  Galatiae  sein,  denn  auch  dieses  ist  prätorisch,  noch  auch  etwa 
proconsul  Asiae ,  da  erst  zwei  Jahre  nach  seinem  Consulat  vergangen  waren. 
Nun  wissen  wir,  dass  die  Provinz  Cilicien  von  Antonius  im  J,  36  aufgehoben 
und  theils  an  Cleopatra,  theils  anderweitig  vergeben,  nach  der  Schlacht  bei 
Actium  aber  vorläufig  dem  Statthalter  von  Syrien  übergeben  war.  und  dass  ein 
eigner  Statthalter  Ciliciens  erst  wieder  58  n.  Chr.  genannt  wird.  Tacit  Ann. 
13,  33.  Zumpt  p.  96.  Mommsen  p.  122.  Pamphylien  gehörte  ohne  Zweifel  zu 
den  Provinzen,  deren  Oberbefehl  Agrippa  hatte  (Mommsen  p.  113),  es  war  über- 
dies der  beste  Angriffspunct  gegen  die  llomonadenser,  welche  im  J.  25  v.  Chr. 
den  König  Amyntas  von  Galatien  erschlagen  hatten  (Strabo  12  p.  569)  iind  sich 
im  Kriegszustande  gegen  die  llömer  befanden,  bis  Quirinius,  letjalm  Auy.  Syriar 
Hie  im  J.  3  und  2  t.  Chr.  unschädlich  machte  (Mommsen  p.  117  iT.).  Ich  glaube 
demnach,  dass  L.  Piso  unter  die  leyati  Auy.  Syrüie  zu  rechnen  ist, 'und  dass  er 
sich  im  J.  13  zufällig  in  Pamphylien  befand,  vielleicht  auch  im  Kriege  gegen 
die  Homonadenser.  In  dieseiu  Falle  aber  würde  er  niclit  ein  Legat  des  Agrippa, 
sondern  ein  kaiserlicher  Statthalter  gewesen  sein. 

5)  Mommsen  Ii.  y.  1).  A.  p.  99.  Die  Beweise  für  die  folgenden  Ansätze  s. 
bei  Zumpt  u.  Momuisun  a.  u.  O. 

17* 


—     260     — 

P.  Sulpicius  Quirinius   Cos.   74'2  =  12,    leg.   Syr.   iterum   759 

=  6  n.  Chr. 
Q.  Caecilius  Metellus  Creticus  Silanus,   Cos.  760  =  7,   leg.  Syr. 

764—770  =  11—17. 
Cn.   Calpurnius   Piso ,    Cos.   747  =  7,     leg.    Syr.  770—772  = 

17—19. 
L.  Aelius  Lainia,   Cos.  756  =  3,   leg.  Syr.  774—785  =  21—32. 
L.   Pomponius  Flaccus,  Cos.   770  =  17,    leg.  Syr.  785.   786  = 

32.  33. 
L.  Vitellius,  Cos.   787  =  34,   leg.   Sijr.  788  =  35. 
P.  Petronius,  Cos.  772  =  19,'%.  %r.  792— 795  =  39— 42 1). 
C.  Vibius  Marsus,    Cos.   770=17,    %.  Syr.  795—797  =  42 

—44. 
C.  Cassius  Longinus,    Cos.   783=30,    leg.  Sijr.  798— c.  803 

=  45—50. 
C.  Ummidius  Quadratus,    Cos.   unter   Caligula   oder  Claudius, 

leg.   Syr.   804—813  =  51—60. 
Cn.  Domitius  Corbulo,  Cos.   792  =  39,   leg.  Syr.   814  —  816  = 

61—63. 
Ceslius  Gallus,    Cos.  eines   unbestimmten  Jahres  2),    leg.  Syr. 
818.   819  =  65.   66. 
Unter  diesem  begann  im  J.  66  der  Aufruhr  der  Juden 3),  in 
welchem  sowohl  der  letzte  selbständige  Procurator  ludäas  Gessius 
Florus  erschlagen  4)  als    auch    Cestius   Gallus    schimpflich    besiegt 
wurde  und   bald   darauf  starb  ^j.     In  Folge   dessen   erhielt   noch 
Ende  66  ß)    ludäa  einen  eigenen  kaiserlichen  Legaten  in  der  Per- 
son des  Vespasian   (Cos.  51),   der  im  Mai  67  in  Galilaea  einzogt), 
während  Syrien  unter  den  Legaten  C.  Licinius  Mucianus  gestellt 
wurde  8).    Nach  der  Eroberung  Jerusalems  im  J.  70  blieb  ludaea 


1)  Borghesi  Oeuvr.  3,  357. 

2)  legatus  consularis  nennt  ihn  Suet.    Vesp.  4. 

3)  loseph.  B.  1.  2.  14,  4. 

4)  Suet.    Vesp.  4. 

5)  Suet.  a.  a.  0.    Tac.  H.  5,  10.    loseph.  B.  I.  2,  19. 

6)  Zumpt  a.  a.  0.  p.  142. 

7)  loseph.  B.  I.  3,  6,  2 — ■73.  Der  Monat  Artemisius,  den  losephus  nennt, 
ist  der  Mai,   s.  Waddington  n.  2571  b. 

8)  Tac.  H.  1,  10:  Suriam  et  quattuor  legiones  obtinebat  Licinius  Mucia- 
nus —  — ,  bellum  ludaicum  Flavius  Vespasianus  ( ducem  cum  Nero  delegerat ) 
tribus  legionibus  administrabat.  Der  Name  des  Mucianus  ist  nicht  M.  Licinius 
Grassus  Mucianus,  sondern  C.  Licinius  Mucianus.  S.  das  Verz.  der  feriae  Latinae 
bei  Marini  Arvali  p.  129  und  über  den  Namen  und  die  drei  Consulate  des  Mu- 


—     261      — 
eine   eigene,    von   Syrien   ii;elrennle    Provinz  M,    deren   Statthalter  i^daea  be- 

.   ,  .  ,  ,  sondre  Pro- 

nicht,  wie  vorher,  ein  procurator^  sondern  ein  prä torischer ,  in  vinz 
Kriegszeiten  auch  ein  consularischer  Legat  des  Kaisers  war,  über 
eine  Truppenmacht,  nämlich  die  legio  X  Fretensis  und  verschie- 
dene Auxiharcorps  verfügte"^)  und  unter  sich  einen  procurator 
hatte  3).  Die  Reihe  dieser  Statthalter  begingt  mit  S.  Vettulenus 
Cerialis*);  ihm  folgt  Lucilius  Bassus-'»)  und  diesem  im  J.  72 
Flavius  Silva  6),  der  erst  81  Consul  wurde  ^j;  Aus  der  folgenden 
Zeit  sind  bekannt:  unter  Domitian:  Cn.  Pompeius  Longinus, 
Legat  V.  ludäa  839  =  86^);  unter  Traian :  Tiberianus  *J) ;  Atticus, 
wahrscheinlich  Ti.  Claudius  Atticus  ^^j,  der  Vater  des  bekannten 
Herodes  Atticus,  im  J.  107  i^);  Lusius  Quietus,  Cos.  115  und  dar- 
auf Legat  V.  Iudaea^2j.  q  Pompeius  Falco,  kg.  Aug.  pr.  pr, 
[ludeae]   et  leg.   X  Fret.  vor  dem    Consulat  i^^)  ;    unter    Hadrian : 

cianus  Borgliesi  Oeuvres  4,  345  —  353.     Ihn  erwähnt  auch    als  Legaten  Syriens 
Joseph.  B.  I.  4,  1,  5;  4,  10,  6. 

1)  Dem  Vespasian  schreibt  die  Einrichtung  der  Provinz  zu  Aurel.  Vict. 
Caes.  9.  Epit.  9. 

2)  loseph.  B.  I.  7,  1,  3.  Dio  Cass.  55,  23.  Henzen  in  Jahrb.  d.  Vereins  v. 
Alterthumsfreunden  im  Rheinlande  1848  S.  39  ff. 

3)  So  hatte  z.  B.  der  gleich  zu  erwähnende  Lucilius  Bassus  den  procurator 
Liberias  Maximus,  loseph.  B.  1.  7,  6,  6;  Der  Timesitheus,  proc.  prov.  Syriae 
Palaestinae  bei  Henzen  n.  5530  ist  wahrscheinlich  derselbe,  der  unter  Gordianus 
praefectus  praetorio  wurde.  Capitolin.  Gord.  23.  Eckhcl  7,  319.  Renier  in  Borghesi 
Oeuvres  3,  484. 

4)  loseph.  B.  I.  7,  6,  1  :  et^  hk  tt,v  'louoaiav  TipeoßeuTTji;  Ao-JxiXio;  Baoco; 
i%T.t\i.'^%v.<i  y-at  T-?jV  Gxpa-iav  rapa  KepsaXiou  OuiTeXXiavoO  (d.  Handschr.  haben 
( luETiXtavo j)  7:apo(Xat3(üv  x.  t.  X.  Wahrscheinlich  hiess  er  mit  vollem  Namen  Sex. 
Vetulenus  Civica  Pompeianus,  S.  über  ihn  Renier  in  Mem.  de  l'acad.  des  inscr. 
XXVI,  1  (1867)  p.  309  ff. 

5)  Er  heisst  TrpeoßeuTf,;  bei  loseph.  B.  1.  7,  6,  1. 

6)  loseph.  B.  /.  7,  8,  1. 

7)  Borghesi   Oeuvres  3,   180. 

8)  Militärdiplom  Henzen  n.  5433 :  et  sunt  in  ludaea  sub  Cn.  Pompeio  Lon- 
gino.  Vgl.  Henzen  in  Jahrbücher  des  V.  v.  A.  im  Kheinlande  1848  S.  38.  Bull. 
1848  p.  24-2H. 

9)  Bei  Johannes  Antiochenus  in  Müller  Fr.  Eist.  Gr.  IV  p.  580  heisst  er 
YjYefA0ve6a)v  toj  Ttpodrou  llaXataTtvujv  i^to'j^ ,  d.  h.  der  zur  Zeit  des  Verfassers 
bestehenden  Palaestina  prima. 

10)  Borghesi   Oeuvres  5,  534. 

11)  Eusebius  li.  H.  3,  32  lässt  den  Symeon,  Bischof  von  Jerusalem,  das  Mar 
tyrium  erleiden  ItX  Tpai'avoO  Kotioapo«;  xai  uTraxtxoü  'AttixoD.  Nach  Eusebius 
Chron.  Can.  p.  163  Schoene  geschah  dies  im  10.  Jahr  des  Traian.  Wenn  der 
Titel  yraTixfJ;  ,  consularis^  genau  verstanden  werden  kann,  so  war  Atticus  nach 
dem  Consulat  legntus  ludaeae ,  und  Consul  ist  or  wirtilich  zweimal  gewesen  (s. 
Borghesi  a.  a.  0.),  allein  zu  Eusebius  Zeit  heisst  'jr.n.Tiyt.6i,  wie  wir  weiter  unten 
sehen  werden,   überhatipt  ein  Legat,  auch  ein  prätorisclier. 

1^)   Dio    Cass.  68,  32:    Aare    —    xal  uTraxeviaat  r^;   t£    riaXataxlvT)«    dfp^at. 
Euseb.  E.  H.  4,  2.    Syncellus  p.  657  Bonn,  wo  den  Name  verderbt  ist. 

13)  Henzen  n.  5451.   Der  Name  der  Provinz  ist  Bicber  ergänzt  von  Borghesi 


—     262     — 

0.  Tineius  Rufus,  I.ogal  v.  ludaea  132^),  in  welchem  Jahre  der 
Krieg  mit  Barcocheba  ausbrach,  und  C.  lulius  Severus,  Cos.  127, 
der  nacheinander  lerjalus  pr.  pr.  provinciae  Britlanniae,  leg.  pr. 
pr.  provinciae  ludeae ,  leg.  pr.  pr.  provinciae  Syriae  war,  und 
ludaea  als  Nachfolger  des  Tineius  bis  135  verwaltet  zu  haben 
scheint^);  unter  M. .  Antoninus:  C.  lulius  Severus,  Cos.  155, 
TTpeoßeuTigc  avTtoxpaTYjYo?  Sopioc?  FlaXaiaTivr^?  ^J .  unter  M.  Aurel: 
Flavius  Boethus,  Cos.  eines  unbestimmten  Jahres^),  leg.  Syriae 
Palaestinae  167^);  C.  Erucius  Clarus,  Cos.  170,  TjYsjxtov  'louSa(ac 
avTioTpaTTjYo?  too  xupioo  auToxparopo;  M.  Aupr^Xiou  'Avtwvsivou*), 
endlich  aus  unbestimmter  Zeit  Ulpius  Arabianus,  o  XotfiirpoxaTO«; 
oiratixoc,  TTpsaßsuTT^c  xai  avTtoTpatYjYo?  too  Seßaaiou  Sopiac  Ila- 
XaioTivT]? ') . 

Aus  diesem  Verzeichniss  geht  hervor,  dass  ludaea  oder  Syria 
Palaestina  unzweifelhaft  bis  auf  M.  Aurel  selbständige  Provinz 
war,  als  welche  sie  auch  von  Ptolemäus  aufgeführt  wird^).     Ihr 

Oeuvr.  4,  125.  Das  Jahr  des  Consulats  ist  unbekannt.  Ueber  den  Mann  s. 
Mommsen  Index  Plinii  p.  422. 

1)  Borghesi  Oeuvres  3,  64  setzt  seine  Legation  136  und  Mommsen  zu 
Borghesi  Oeuvr.  4,  168  n.  1  macht  ihn  zum  Nachfolger  des  Severus.  Allein 
nach  der  einzigen  Nachricht,  die  wir  über  ihn  haben.,  war  er  beim  Ausbruche 
des  Krieges  im  J.  132  als  leg.  ludaeae  anwesend.  Hieronymus  in  Euseb.  Chr. 
Can.  ed.  Schöne  p.  167:  ludaei  in,  arma  versi  Palaestinam  depopulati  sunt 
tenente  provinciam  Tineio  Rufo ,  cui  ad  opprimendos  rebelles  Hadrianus  misit 
exercitum.  Euseb.  E.  H.  4,  .6.  Syncellus  p.  660.  Wenn,  wie  Henzen  in  Borghesi 
Oeuvr.  3,  64  n.  3  annimmt,  dieser  Tineiu§  derselbe  ist,  der  158  Cos.  war 
(Orelli  n.  3701),  so  würde  er  prätorischer  Legat  gewesen  und  grade  deshalb 
durch  Severus  ersetzt  sein. 

2)  Er  heisst  vollständig  S.  Vinicius  Faustinus  C.  I(ulius)  Severus,  C.  I.  L. 
III  n.  2830,  durch  welche  Inschrift  er  zuerst  sicher  bekannt  geworden  ist.  Uebri- 
gens  s.  Dio  Cass.  69,  13.  Mommsen  in  Borghesi  Oeuvr.  4,  168  n.  1.  Waddington 
Memoire  sur  la  Chronologie  de  la  vie  du  Bheteur  Aristide  {^Mem.  de  Vacad. 
26,  1)  p.  26. 

3)  C.  I.  ör.  4029.    Borghesi  Oeuvr.  3,  119;  4,  165. 

4)  Galen.  Vol.  II  p.  215:  OXaßio;  Botj^o?  dvYjp  ur.azoc,  TujfAaiaiv.  » 

5)  Galen.  Vol.  XIX  p.  16 :  Bo-r]i%?  i^fik%£  ttj;  TtoXecu?  d|i.oü  Trpoxepoc, 
d'p^ojv  t6t£  t^?  naXaiOTivYjf;  Supia?,  dv  ^  xat  «TC&ave.  Galen  reiste  ab,  während 
in  Rom  eine  Pest  ausbrach,  d.  h.  167,  und  kam  schon  Winter  168 — 169  zurück. 
S.  Clinton  F.  B.  s.  a.  167.  169. 

6)  Inschrift  von  Ephesus  bei  Waddington  n.  1842». 

7)  Inschr.  von  Amastris,  C.  I.  Gr.  415J .  Dieselbe  ist  zwar  datirt  vom  Jahr  260 
der  Aera  von  Amastris ,  diese  Aera  ist  aber  noch  nicht  flxirt.  Eckhel  2,  385. 
Wenn  sie  etwa  689  =  65  »u  setzen  ist,  in  welchem  Jahre  Amastris  der  Provinz 
Bithynien  einverleibt  wurde,  so  fällt  die  Inschrift  949  =  196  unter  Severus. 

8)  Ptolem.  5,  16,  1 :  i]  UoXaiarisri  Xupia  'Jjxtc  xat  'louBata  y-aXeiTat.  Dass 
der  Name  Palaestina  nach  Hadrians  jüdischem  Kriege  üblich  geworden  sei  (Hen- 
zen in  Borghesi  Oeuvr.  4,  160  n.  2.  Inscr.  n.  4533),  ist  nicht  unbedingt  richtig, 
da  Syria  Palaestina  schon  bei  Herodot  1,  105;  2,  104  und  Palaestina  bei  Strabo 


—     263     -- 

ferneres  Bestehen  ist  in  Zweifel  gezogen  worden  von  Borghesi, 
der  auf  Grund  der  Nachricht  des  Dio  Cassius,  dass  M.  Aurel 
nach  dem  Partherkriege  (162 — 165)  die  Sicherung  ganz  Asiens 
dem  Avidius  Cassius  anvertraut  habe^),  die  Vermuthung  zu  be- 
gründen suchte,  dass  Palästina  damals  mit  Syrien  vereinigt,  und 
auch  später  bei  der  gleich  zu  besprechenden  Theilung  Syriens 
mit  Syria  Phoenice  zusammen  verwaltet  worden  sei  2).  Beides 
hat  sich  jetzt  als  unbegründet  erwiesen.  Wenn  Avidius  Cassius 
eine  ausnahmsw:eise  Stellung  erhielt,  wie  sie  in  den  Jahren  731 
—741=23—13  Agrippa3),  770  =  17  Germanicus 4) ,  807  =  54 
Corbulo^)  gehabt  hatte,  so  wissen  wir  doch,  dass  seine  eigent- 
liche Provinz  Syrien  war^),  in  welcher  ihm  Martins  Verus  als 
Legat  folgte ') ,  und  dass  die  umliegenden  Provinzen  während  der 
Zeit  seines  Commandos  ihre  eigenen  Statthalter  behielten^).  Denn 
da  er  sein  Commando  bei  Beginn  des  Marcomannenkrieges,  wahr- 
scheinlich bei  der  Rückkehr  des  L.  Verus  nach  Rom  (919  =  166) 
antrat^),  und  dasselbie  fortführte  bis  zu  dem  Jahre,  in  welchem 
er   sich   empörte   und  getödtet  wurde,    d.  h.  nach  gewöhnlicher 

16,  776  vorkommt  und  andererseits  noch  c.  170  n.  Chr.  der  Name  ludaea  offl- 
ciell  ist  (s.  oben  Seite  262  Anm.  6). 

1)  Dio  Cass.  71,  3:  tov  {ji.£vtot  Kaooiov  6  Mapxo?  rrj;  'Aoiac  ÄTraoY];  im- 
xpoTieueiN  ixeXeuoev.  Die  Nachricht  wird  bestätigt  dadurch,  dass  Cassius  in 
Aegypten  Krieg  führte,  Dio  Cass.  71,  4.  Capitolin.  M.  Ant.  ph.  21,  ebenso  in 
Arabien  und  Armenien.    Volcat.  Gall.  v.  Avid.    Cass.  6. 

2)  Borghesi  Oeuvres  4,  160  ff.  Borghesis  Annahme  ist  bereits  von  Kuhn  2, 
187  flf.  und  Bormann  p.  19  IT.  p.  24  ausführlich  widerlegt  worden,  deren  Argu- 
menten ich  noch  einige  neue  habe  hinzufügen  können.  Die  Inschr.  Mnr.  343,  1, 
in  welcher  ein  leg.  cunctae  Syriae  vorzukommen  schien,  und  aus  welcher  Borghesi 
4,  162  auf  eine  noch  später  bestehende  Zusammenlegung  aller  Theile  Syriens 
schlosä,    steht  jetzt   C.  I.  L.    II    n.  3783   und   ist    nach  Mommsen    zu    lesen: 

M.   Comelio  M.  f.  Gal.   Nigrino Cos.  leg.   Aug.  pr.    pr.   provinc.    Moesiae 

[item  pr]ovinc.  Syriae. 

3)  Mommsen  R.  g.  d.  Aug.  p.  113. 

4)  Tac.  Ann.  2,  43. 

f)J  Tac.   Ann.  13,  8,  9. 

6)  Volc.  Gallicanus  v.  Avid.  Cos».  5.  Dio  Cass.  71,  31.  Er  heisst  TtpeoßeuTTjs 
2eßa5T(üv  (ivTiOTparfiYo;  in  der  Inschrift  des  .Jahres  169  (('.  1.  Gr.  4544  =  Wad- 
dington n.  20203,  rpeoß.  2!e|j(otaTov)  (dvxicJTpaTTjYo;)  in  der  Inschr.  d.  J.  170, 
Waddington  n.  2331,  .jKa-ixo;  in  Inschriften  der  Jahre  169  und  171,  Wadding- 
ton 2212.  2237.  2438. 

7)  Dio  Cass.  71,  29. 

8)  Auch  unter  Germanicus  war  bekanntlich  Piso  Statthalter  von  Syrien, 
unter  Corbulo  l'nmiidius  Quadratus. 

9j  Capitolin.  M.  Ant.  ph.  12,  13;  dum  Parlhicum  bellum  geritur ,  natum  est 
Marcomnnnicum,  qnod  diu  eorum,  qui  aderant,  arte  mispensum  est,  ut  finita  iam 
Orientali  hello  Marcomannicum  agi  posset.  Kt  quum  famis  tempore  fa.  167)  po- 
pulo  insinuasaet  de  hello,  fratre  post  quinquennium  reveno  (a.  166j  in  senatu 
egitf  ambos  necesiarioa  e»ae  dieeru  hello  Germariieo  imperntores. 


—     264     — 

Annahiiie  <)28  =  175,  nach  Waddingions  Ansatz  925=='! 72 1),  so 
fallen  in  diese  Zeit  die  Statthalter  von  ludaea  Flavius  Boethus 
und  Erucius  Clarus  (s.  S.  262),  während  in  Cappadocien  Mar- 
tins Verus  Legat  und  in  Aegypten  Flavius  Calvisius  Präfect  war  2). 
Dass  aber  auch  nach  dieser  Zeit  Palaestina  eine  selbständige 
Provinz  blieb,  lehrt  nicht  nur  das  Vorkommen  derselben  bei 
Schriftstellern  ^) ,  sondern  namentlich  die  officielle  Erwähnung 
der  Provinz  auf  den  Münzen  von  Neapolis,  das  in  der  Zeit  von 
Antoninus  Pius  bis  Alexander  Severüs  sich  OXaouta  NsaTioXic 
l'upia;  riaXaioTivyjc  nennt''),  von  Tiberias,  das  unter  Commodus 
dieselbe  Bezeichnung  braucht 5),  und  von  Caesarea,  welches  von 
Decius  Traianus  (249 — 251)  an  metropolis  pi^ovinciae  Syriae  Pa- 
laestinne  heisst^);  endlich  die  Erwähnung  mehrerer  Statthalter, 
nämlich,  abgesehen  von  dem  bereits  angeführten  Ulpius  Arabia- 
nus,  dessen  Zeit  unsicher  ist,  des  Achaeus  unter  Gallienus 
(c.  261)  7)j  des  Flavianus  im  Jahr  303  8),  des  Urbanus  unter 
Diocletian  im  J.  304  9)  und  seines  Nachfolgers  Firmilianus  unter 
Constantin  im  J.  308  lo). 

Während  sonach  ludaea  oder  Syria  Palaestina  seit  66  n.  Chr. 
von   Syrien    abgetrennt   blieb,    ist   auch   Syrien   selbst   später   in 
^Pro™  fr^^"^^^  Provinzen,  Syria  magna  oder  Syria  Coele  und  Syria  Phoe- 
^^^i^^rf^  nice   zerlegt   worden  n).     Der  Umfang   derselben    entspricht   nur 
Phoenice.   geh,,  unvollkommen  den  früher  unter  denselben  Namen   verstan- 
denen Landschaften;  denn  Syria  Coele  heisst  nunmehr  das  ganze 
nördliche  Syrien,    dessen  Hauptstadt  Antiochia   ist,   und   zu   dem 

1)  Waddington  n.  2212.  • 

2)  Dio  Cass.  71,  23.  28. 

3)  Dio  Cass.  ü5,  23  zählt  die  Legionen  ,  die  zu  seiner  Zeit ,  d.  h.  unter 
Elagabal  und  Alexander  Severus  existirten,  auf,  darunter  zwei,  die  VI  Ferrata 
und  X  in  ludaea. 

4)  Eckhel  3,  435.  Mionnet  5,  500—506 ;  S.  8,  346—352. 

5)  Münze  des  Commodus  in  der  Numismatischen  Zeitschr.  v.  Huber  und 
Karabacek  1869  p.  401:  TIBeptdtuv  tojv  KAauöieujv  CVPta?  nAAaiOTiv'r](;. 

6)  Eckhel  3,  432.  Mionnet  5,  493—497.  8.  8  p.  340—343. 

7)  Euseb.  E.  H.  7,  15. 

8)  Euseb.  De  mart.  Palaest.  prooem.  p.  260  Vales.  =  p.  313  Schwegler: 
fjYeiTO  (JI.SV  OXotßiavö?  xoO  twv  IlaXaiOTivcäv  e^oo?. 

9)  Euseb.   De  mart.   Pal.  3. 

10}  Euseb.  De  mart.   Pal.  8.  9.   11. 

11)  Ulpian,  der  unter  Caracalla  schrieb,  unterscheidet  Dig.  50,  15,  1  bei 
Aufzählung  der  römischen  Colonien  drei  syrische  Provinzen :  Syria  Coele,  Syria 
Phoenice  und  Syria  Palaestina.  Ebenso  bezeichnet  Dio  Cassius  53,  12;  55,  23  j 
79,  7  die  beiden  syrischen  Provinzen,  Coek  und  Phoenice, 


1 


—     265     — 

auch  Commagene  gehört^),  Syria  Phoenice  aber  enthält  ausser 
dem  eigentlichen  Phönicien  das  östlich  liegende  Binnenland  von 
Heliopolis,  Emesa,  Damascus  und  Palmyra  2)  nebst  den  Landschaf- 
ten Auranitis,  Batanea  und  Trachonitis,  welche  erst  unter  Dio- 
cletian  zur  Provinz  Arabia  gezogen  worden  sind  3).  Diese  Thei- 
lung  Syriens  hatte  bereits  Hadrian  beabsichtigt '^j ;  sie  ist  aber 
erst  von  Severus  vor  i  98  ausgeführt  worden  ^) .  Denn  nicht  nur, 
dass  Ptolemäus  (unter  Antoninus  Pius)  die  Provinz  noch  als  ein 
Ganzes  behandelt,  sondern  auch  die  Statthalter  Syriens  heissen 
bis  auf  Severus  einfach  legati  Syriae,  welchen  Titel  unter  Anto- 
ninus Pius  und  M.  Aurel  Burbuleius  ^') ,  L.  Attidius"  Cornelianus 
(a.  162)7),  lulius  Verus  (163—1.65)8),  Avidius  Cassius  (166— 
172)  ■%  M.  Pontius  Laelianusi<>),  PertinaxH)  und  im  J.  193  Pescen- 
nius  Niger  12)  führen,  und  regieren  in  Landschaften,  welche  später 

1)  S.  Kuhn  2,   193  ff.,  der  diesen  Gegenstand  sorgfältig  behandelt  hat, 

2)  Ulpian.  Dig.  50,  15,  1.  Heliopolis  gehört  zu  Syria  Phoenice  im  Jahr  213, 
S,  die  Inschr.  C.  1.  L.  III  n,  202=  Renan  Mission  p.  311;  Emesa  und  Palmyra 
rechnet  auch  Hierocles  p,  717  zu  Syria  Phoenice, 

3)  In  den  Ortschaften  des  Hauran  beginnt  der  Gebrauch  der  Aera  von  Bostra 
erst  295  n,  Chr.  Bis  dahin  rechnet  man  nach  Jahren  des  regierenden  Kaisers, 
S.- Waddington  zu  n.  2081,  2088,  2114,  2463, 

4)  Spartian.  Hadr.  14:  Antiochenses  inter  haec  ita  odio  habuit,  ut  Syriam  a 
Phoenice  separate  voluerit ,  ne  tot  civitatum  metropolis  Antiochia  diceretur.  In 
Ermangelung  eines  anderen  chronologischen  Anhaltes  habe  ich  früher  nach  Vor- 
gang von  Norisius  De  epoch.  Syromaced.  diss.  JV  c,  1  u.  3";  Gothofredus  ad 
Cod.  Th.  7,  13,  11;  Boecking  ad  N.  D.  Or.  p.  129  angenommen,  Hadrian  sei 
der  Urheber  dieser  Theilung  gewesen,  obwohl  Spartian  ihm  nur  die  Absicht  zu- 
schreibt. Nach  den  jetzt  vorliegenden  Untersuchungen  von  Borghesi  Oeuvres  4, 
160—173;  Kuhn  2,  190  ff.;  Bormann  p,  13  f.  ist  nidht  zu  bezweifeln,  dass  die 
Theilung  von  Septimius  Severus  herrührt.  Die  Stelle  des  lustinus  Martyr,  wel- 
cher bald  nach  Hadrians  jüdischem  Krieg  schrieb,  JHal.  c.  Tryphon.  c,  78:  oxt 
6e  Aafjiaoxo;  ttj;  'Apaßixfj?  y'^^  ^f^  "^^^^  eoxiv,  d  xai  vOv  7rpo;vevd|j,'/jTai  ttq  2u- 
pocpotvixrj  XeYO(A£vT^  ist  demnach  nur  von  der  Landschaft,  nicht  von  der  Provinz 
zu  verstehen.    S.  Kuhn  a.  a.  0. 

5)  Ausdrücklich  erwähnt  sie  TerluUian  in  der  im  löten  Jahre  des  Severus 
(207)  verfassten  Schrift  Adv.  Marcionem  3,  13 :  et  Damascus  Arabiae  retro  de- 
putabatur,  anttquam  transscripta  erat  in  Syrophoenicen  ex  distinctione  Syriarum. 

6)  Henzen  n,   6484. 

7)  Capitolin.  M.  Ant.  ph.  8:  qui  Syriam  tunc  administrahat^  d.  h.  beim  Aus- 
bruch des  Partherkrieges  162,  und  starb  198.  Henzen  6057, 

8)  Orelli  4997  =  Waddington  n.  1874=  C.  /,  L.  III  n.  199, 

9)  S.  Seite  263. 

10)  Er  war  Cos.  J63,  später  leg.  Syriae.  Orelli  3186. 

llj  in  den  letzten  Jahren  des  M.  Aurel,  Capitol.   Pert.  2.  3. 

12)  Uerodian,  2,  7,  4:  Xupla«  y^y^Tto  rdoT);.  HoX^  oe  -f^v  xai  (asy^tt] 
ipyij  TÖre  toü  oy^  <l>oiv(vt(»v  IOno'j;  zavxöc  '%n\  rfj;  (A^/pt;  KucppolTou  y"^?  ^^^ 
TiQ  N^YP^y  «^vTinv  i$oua(a.  Herodian  ,  dessen  Geschichte  bis  238  geht,  sagt  hier 
auHdrücklich,  dass  die  'J'hoilung  Syriens,  welche  er  kannte,  zur  Zeit  des  Niger 
noch  nicht  eingetreten  war. 


—     266     — 

zu  Syria  Phoenice  gehören').  Dagegen  kommt  zuerst  198  2)  und 
dann  213  3)  ein  lec/atus  provinciae  Phoenices  vor,  der  sich  auch 
in  der  Folge  nachweisen  lässf*),  und  gleichzeitig  beginnen  die 
legati  Syriae  Coeles^)  oder  Syriae  maioiis^),  unter  denen  auch 
ein  procurator  Syriae  Coeles  steht '^),  so  dass  die  Theilung  der 
Provinz  in  Syria  Coele  und  Syria  Phoenice  unter  Severus  und 
zwar  etwa  194  zu  setzen  ist. 
Weitere  Aus    dicscn    dfci'  Provinzen    sind    später    sieben    Geworden, 

Theilung  in  i 

7  Provinzen,  deren   geographische   Begrenzung  um   das   Jahr  535  n.  Chr.  aus 
Hierocles  ersichtlich  wird^),  nämlich 

1 .  Syria  prima  unter  einem   Consularis ,    mit   den    Städten 
Antiochia,  Seleucia,  Laodicea,  Gabala,  Paltos,  Beroea,  Chalcis. 

1)  So  lag  in  der  Nähe  von  Damascus,  in  dem  jetzigen  Ort  El-Khisb^  die 
coh.  I  Chalcidenorum ,  die  unter  dem  Befehl  des  Attidius  Cornelianus ,  leg.  Syr. 
a.  162  stand,  C.  /.  L.  III  n.  129  =  Waddington  n.  2562^.  Derselbe  Legat  wird 
erwähnt  C.  I.  Or.  4661  in  einer  Inschr.  von  Gerasa  in  der  Decapolis.  lulius 
Verus  aber  baute  163 — 165  eine  Strasse  bei  Abila  Lysaniae,  das  ebenfalls  später 
zu  Phoenice  gehörte ,  Hierocles  p.  717.  S.  Orelli  4997  =  C.  /.  L.  III  n.  199  = 
Waddington  n.  1874. 

2)  Orelli  n.  905  =  C.  i.  L.  III  n.  205  =  Waddington  n.  1844:  per  Q.  Veni- 
dium  Bufum,  leg.  Augg.  pr.  pr.  praesidem  provinc.  Syriae  Phoenices.  Drei  andre 
Inschriften  von  Sidon  aus  demselben  Jahr ,  auf  Wegebauten  desselben  Legaten 
bezüglich,  s.  Renan  Mission  p.  376  ff. 

3)  C.  I.  L.  III  n.  202:  per  D.  Pium  Cassium^  leg.  Aug.  pr.  pr.  praesidem 
provinciae  Syriae  Phoenices.       . 

4)  Kuhn  2,  194  führt  noch  an  Marius  Secundus  x^?  Ootvix'rj?  irpocTaTtöv 
unter  Macrinus  (Dio  Cass.  78,  35],  Crispinus,  praeses  Phoeniciae  unter  Dio- 
cletian  a.  292  CCod.  lustin.  1,  23,  3),  Marcellinus,-  praeses  Phoeniciae  a.  342 
(Cod.  lustin.  2,  58,  1),  und  aus  noch  späterer  Zeit  die  consulares  Phoenices: 
lulianus  im  J.  362  (Cod.  Th.  12,  1,  52j ,  Leontius  im  J.  372  (Cod.  Th.  13,  1,  9), 
Petrus  im  J.  380  (Cod.  Th.  7,  22,  9;  12,  1,  83). 

5)  Von  diesen  sind  bekannt  L.  Marius  Maximus,  Cos.  195,  leg.  Augg.  (d.  h. 
Severi  et  Caracallae)  pr.  pr.  provinciae  Syriae  Coele,  Henzen  5502,  besser  Borghesi 
Oeuvr.  5,  457,  vgl.  p.  466;  Simonius  Proculus  lulianus  [leg.  Aug.  Su]riae  Coeles 
nach  Borghesi  Oeuvr.  3,  482  unter  Gordian ;  L.  Aelius  Helvius  Dionysius,  praeses 
Syriae  Coele  vor  298,  Orelli  n.  60  =  Borghesi  Oeuvres  3,  106,  und  später  Hie- 
rocles, consularis  Syriae  Coeles  a.  344  (Cod.  Th.  11,  36,  7)  und  nochmals  a.  348, 
Cod.  Th.  10,  1,  6;  Theodorus,  consularis  Syriae  Coeles  a.  347,  Cod.  Th.  11,  36, 
8;  Festus,  consularis  Syriae  a.  365,  Cod.  Th.  8,  4,  11.  In  den  Subscriptionen 
der  diocletianischen  Verordnungen  steht  in  dem  Titel  Syria  allein,  ohne  den  Zu- 
satz Coele;. so  kommt  vor  Carisius,  praeses  Syriae  290,  Cod.  lust.  9,  41,  9;  Pri- 
mosus,  praeses  Syriae  293,  ib.  7,  33,  6;  Verinus,  praeses  Syriae  294  (ib.  2, 
13,  20). 

6)  Q.   Atrius  Clonius,  leg.  Aug.  pr.  pr. Syriae  maioris,   Grut.  365,  7  = 

C.  I.  L.  II  n.  4111 ,  unter  Severus.    Digest.  26,  10,  7.    Borghesi  Oeuvr.  3,  396. 

7)  Aelius  lanuarius  \procurator^^  Syriae  Coeles ,  Grut.  346,  i  =  C.  1.  L.  II 
n.  4135.    Dass  zu  ergänzen  ist  proc,  nicht  wie  Kuhn  2,  195  will,  legatus,  leh- 

,  ren  die  übrigen  in  der  Inschrift  angeführten  Aemter  des  lanuarius. 

8)  Ausführlich  handelt  über  die  geographischen  Verhältnisse  dieser  Provin- 
zen Kuhn  2,  314—388. 


—     267     — 

2.  Syria  secunda  unter  einem  praeses ,  mit  den  Städten 
Apamea,  Epiphanea,  Arethusa,  Balanea,  Raphaneae,  Seleucobelos . 

3.  Augusta  Euphratesia^)  unter  einem  praeses,  mit  den 
Städten  Cyrus  (Cyrrhus),  Hierapolis,  Samosata,  Zenyma,  Germanicia. 

4.  Phoenice  unter  einem  considaris,  auch  Ooivixvj  TtapaXo?^) 
genannt,  mit  den  Städten  Tyrus,  Ptolemais,  Sidon,  Berytus,  By- 
blos,  Bostrys,  Tripolis,  Arcae,  Arados,  Paneas. 

5.  Phoenice  Lihanesia  unter  einem  praeses^  mit  den  Städten 
Emesa,  Laodicea,  Heliopolis,  Abila,  Damascus,  Palmyra. 

6.  Palaestina  unter  einem  considaris,  mit  den  Städten  Cae- 
sarea, Diospolis,  AzotoS;  Aelia  Gapitolina  (Jerusalem),  Neapolis, 
Sebaste,  Anthedon,  loppe,  Gaza,  Ascalon. 

7.  Palaestina  secunda  unter  einem  praeses,  mit  den  Städten 
Scythopolis,  Gadara,  Antiochia  ad  Hippum,   Tiberias,  Gabae. 

Die  Geschichte  der  Entstehung  dieser  Provinzen  bedarf  noch 
einer  besonderen  Untersuchung,  welche  Waddington  in  Aussicht 
gestellt  hat.  Eine  durchgreifende  Veränderung  in  den  Verhält- 
nissen Syriens  ist  unzweifelhaft  dem  Diocletian  zuzuschreiben, 
welcher  drei  oder  viermal  persönlich  in  Syrien  war^),  im  J.  288 
von  hier  aus  gegen  die  Saracenen  Krieg  führte  ^J,  in  Palmyra 
eine  Festung  anlegte^)  und  die  Landschaften  Batanea,  Auranitis 
und  Trachonitis  um  295  von  Syrien  abtrennte  und  zur  Provinz 
Arabia  schlugt).  Dass  derselbe  der  Gründer  der  Provinz  Augusta 
Euphratensis  ist,  deren  Einrichtung  man  früher  dem  Constantius 
zuschrieb"),  geht  jetzt  aus  dem  veroneser  Verzeichniss  von  297 
hervor,  das   diese  Provinz   aufzählt^);    dass   er   auch   die  andern 

1)  Ueber  den  Namen,  den  auch  das  veroneser  Verzeichniss  hat,  s.  Boecking 
N.  D.  Or.  p.  389. 
•    »2}  Euagrius  H.  eccl.  3,  33.  Malalas  13  p.  345  Bonn. 

3)  Er  war  288  in  Antiochia  und  Emesa,  295  in  Damascus,  299  und  300 
in  Antiochia.    Mommsen  Abh.  d.  Berl.  Acad.  1860  p.  425.  443—445. 

4)  Mamertini  paneyyr.  in  Maximianum  c,  7 :  credo ,  itidern  optimam  iUam 
fertilemque  Syriam  velut  amplexu  suo  tegebat  Euphrates ,  antequam  Diodetiano 
/tponte  se  dederent  reyna  Permrum.  Mamertini  (ientlhl.  Maximiani  c,  4 :  omitto 
Sarmatiae  vastationem  oppressumque  captiviUUis  vinculis  Saraeenum. 

5)  Inschr.  von  Talmyra,  Orelli  513=  Waddingtoij  n.  2626  =  C.  /.  L.  111 
n.  133. 

6)  Dies  sieht  man  daraus,  dass  seit  d.  ,1.  295  in  diesen  Landschatten  die 
Jahreszählung  nach  den  KegierunRsjahrcn  der  Kaiser  aufhört  und  dio  Aera  von 
Boötra  in  Gebrauch  kommt.  Waddington  n.  2081.  2349.  2463. 

7)  Kuhn  2,  197. 

8J  Moramscn  Abli.  d.  Berl.  Acad,  1862  S.  501.  Sie  wird  dann  erwähnt  im 
J.  358  von  Ammian  14,  8,  7;  im  J.  359  in  den  Acten  des  Concils  von  Seleu- 


—     268     — 

neuen  Provinzen  Syriens  geschaffen  und  gleichzeitig  Arabien  ge- 
theilt  habe,  ist  Waddingions  Ansicht.  In  der  Thal  finden  sich, 
wenn  man  in  dem  veroneser  Verzeichniss  anders  interpungirt, 
als  es  Mommsen  gethan  hat,  in  demselben  sowohl  die  Provinz 
Augusta  Libanesia  als  die  beiden  Arabiaei),  und  einen  Statt- 
halter der  neuen  Provinz  Phoenice  Libanesia  wird  man  erkennen 
müssen  in  dem  Sossianus  Ilierocles  perfectissinius  praeses  pro- 
vinciae  auf  einer  Inschrift  von  Palmyra  aus  den  Jahren  292 — 3042), 
weil  die  sonst  vorkommenden  Statthalter  von  Phoenice  ^J  consu- 
lares,  und  als  solche  clarissimi  praesides  sind,  wogegen  die  per- 
fectissimi  praesides  eine  untergeordnete  Rangclasse  bilden  4).  Mit 
dieser  Ansicht  stehen  indess  im  Widerspruch  die  bisher  allein 
benutzten  historischen  Nachrichten,  auf  Grund  deren  Mommsen 
die  Theilung  von  Syria,  Phoenice  und  Palaestina  nach  381  und 
zwar  vermuthungsweise  zwischen  395 — 399  setzt 5),  Bormann 
aber  eine  Wiederaufhebung  der  diocletianischen  Einrichtungen  und 
somit  eine  zweimalige  Theilung  annimmt'*).  Allein  es  fragt  sich, 
welches  Gewicht  überhaupt  diesen  widersprechenden  Zeugnissen 
zuzuschreiben  sein  dürfte.  Dass  Malalas,  der  die  zweite  Palae- 
stina und  die  zweite  Phoenice  von  Theodosius  I,  die  zweite  Syria 
von  Theodosius  II  einrichten  lässt^),  keinen  Glauben  verdient, 
beweist  seine  Nachricht  über  Euphratesia,  welche  er  dem  Con- 
stantin  zuschreibt^);  dass  in  der  zwischen  350  und  353  abge- 
fassten  descriptio  totius  oi'bis  ^) ,    so  wie  in  den  Acten  der  Coneile 

cia,  Mansi  III,  322;  in  den  J.  359—363  an  mehreren  Stellen  des  Libanius,  der 
anch  einen  Statthalter  derselben,  lulianus,  nennt  (Sievers  Leben  des  Libanius 
p.  251.  287);  im  J.  381  in  den  Acten  des  Concils  von  Constantinopel ,  Mansi 
III,  569;  im  J.  385  in  dem  Verzeichniss  des  Polemius  Silvius  (Mommsen  Abh. 
d.  Sachs.  Gesellsch.  d.  Wiss.  III,  255). 

1)  Die  Stelle  (Mommsen  S.  491)  würde  so  zu  interpungiren  sein  (s.  Bor- 
mann De  Syr.  prov.  p.  27):  diocensis  orientis  habet  provincias  numero  XV III : 
libia  superior,  libia  inferior,  thebais,  aegyptus  iovia ,  aegyptus  herculea ,  arabia, 
item  arabia,  augusta  libanensis,  palestina,  fenicen,  syriae  cohele,  augusta  eupa- 
tenses  (lies  euphratensis'),  u.  s.  w. 

2)  Orelli  513  =  Waddington  n.  2626  =C.  /.  L.  III  n.  133. 

3)  S.  oben  S.  266  Anm.  4. 

4)  Ueber  diesen  Unterschied  s.  Gothofredus  Notitia  Dign.  Cod.  Th.  p.  33 
Ritter.    Henzen  Inscr,  im  Index  p.  113. 

5)  Polem.  Silvii  laterculus  p.  259.  Abh.  d.  Berl.  Acad.   1862  S.  503. 

6)  Bormann  De  Syr.  prov.  p.  28. 

7)  Malalas  13  p.  345.  347 ;  14,  365  Bonn. 

8)  Malalas  13  p.  317  Bonn. 

9)  Sie  ist  in  zwei  lateinischen  Recensionen'  vorhanden,  von  denen  die  eine 
von  Gothofredus  unter  dem  Titel  Vetus  orbis  descriptio,  Genevae  1628,  die  andre 
von  Mai  in  Class.  Auctorum  e   Vat.  codd.  edd.  Vol.  III  p,  385  ff.  herausgegeben 


} 


269 


von  Nicaea  (325)  und  Antiochia   (341)  nur  die  drei  alten  Provin- 
zen Phoenice,   Palaeslina   und  Syria  Coele  aufgeführt  werden,    ist 
jedenfalls  in  sofern  niclit  richtig,    als  Euphratensis    damals    schon 
bestand;   dass  aber  Ammiani),   indem  er  bei  dem  Jahre  353  von 
Syrien  spricht,    nur   vier  Provinzen   erwähnt,    hat   seinen   Grund 
daiin,   dass  er  nicht  die   geographischen  Verhältnisse   seiner  Zeit, 
sondern  die  frühere  Geschichte  Syriens  unter  den  Seleuciden  und 
Römern    erörtert.     Er   würde   auch    Euphratensis   kaum   erwähnt 
haben,  wenn  ihn  nicht  die  Besprechung   von  Commagene  zu  der 
gelogontüchen  Bemerkung  veranlasst  hätte,   dass  Commagene  jetzt 
Is      I    Endlich   wird   als   Hauptbeweis   angefühlt, 
I     lies  Constantinopolitanischen  Concils   von  381 
I     jinern  nur  Bischöfe  von  vier  Provinzen,   Coele, 
jiiilice    und   Palae§tina    vorkommen  2)    und   dass 
.    ijjngen    des   Codex   Theodosianus   im  J.  380^) 
'1)1  X!  iijices,  der  Tyrus  zum  Sitze  hat,  in  Damascus 
j  woraus  man  schliesst,    dass  Phönice  damals 
i    ii  i    Allein  die  Subscriptionen  der  Concile  sind, 
I    der  ursprünglichen  Form,    sondern   in   einer 
I  .(Aiinischen   Relation   haben,    eine   sehr   trübe 
iiijhen  von  der  Frage,  ob  eine  Theilung   einer 
,i;hnamige  Theile  auf  die  kirchliche  Geographie 
rc^wesen  ist;    die  Subscriptionen   der  beiden 
Ih.   aber,   welche  ebenfalls  kritisch  unsicher 

I  j^cht  wohl  so  verstehen,  dass  das  betreffende 

II  i   n   Berytus   publicirt*^),    im  J.   380    nocnmals 
Aen  Consularis  Phoenices  adressirt,   aber  auch 


tlicht  wurde  ^] 


-I ' 

j  |ler  Geogr.  min.  Vol.  II  p.  513  ff.,  wo  es  p.  517  heisst 


meindfln 


—     270     — 

stadtgfe-  Die  syrischen  Binnenländer,  welche  ursprünglich  dem  Städte- 

leben abgeneigt  waren,  haben  ihre  Cuilurperiode  unter  den  Seleu- 
ciden  begonnen  und  unter  den  Römern  vollendet.  Die  Städte 
Syriens  rühren  grossentheils  von  den  Seleuciden,  namentlich  von 
Seleucus  Nicator  her^);  ihnen  eiferten  die  jüdischen  Fürsten  nach, 
denen  Caesarea  J^turris  Stratonis) ,  Samaria  (Sebaste) ,  Tiberias 
und  andere  Städte  ihren  Ursprung  verdanken;  aucH.  die  Römer 
haben  nicht  nur  gleich  nach  der  Besitznahme  der  Provinz  die 
zerstörten  Städte  aufgebaut,  sondern  bis  in  die  letzten  Zeilen 
ihrer  Herrschaft  neue  gegründet  und  trotz  der  wiederholten 
inneren  und  äusseren  Kriege,  deren  Schauplatz  die  Provinz 
wurde,  durch  Anlage  und  Sicherung  der  Strassen  und  durch  Er- 
öffnung eines  lebhaften  Verkehrs  mit  dem  Occident  den  Reich- 
thum  des  Landes  gefördert  und  die  grösseren  Städte,  insbeson- 
dere die  Sitze  der  Verwaltung  zu  einem  blühenden  Zustande 
erhoben.  Selbst  die  unwirthlichen  Districte  des  Hauran  traten 
unter  ihnen  in  den  Bereich  der  Cultur  ein,  die  mit  dem  Auf- 
hören der  römischen  Herrschaft  sofort  wieder  verschwand  2] . 
Ganz  durchgedrungen  ist  in  Syrien  wed^r  der  griechische,  noch 
der  römische  Einfluss ;  die  verschiedenen  Landessprachen ,  das 
Syrische,  Hebräische,  Phönicische,  Aramäische  und  Palmyrenische 
erhielten  sich  ebenso  wie  das  Leben  in  Stamm-  und  Dorfgemein- 
schaften 3)  ;  nichtsdestoweniger  gewann  auch  das  römische  Ele- 
ment einen  festen  Boden  in  den  zahlreichen  Garnisonplätzen  und 
römischen  Colonien.  Von  römischen  Truppen  standen  in  Syrien 
unter*  Augustus  und  namentlich  unter  der  Verwaltung  des  Lega- 
ten Varus   748 — 750  =  6 — 4  v.   Chr.  drei   Legionen^),    im   J.  23 

deutet  auch  dies  darauf,  dass  in  Damascus  nur  eine  Abschrift  der  Verordnung 
publicirt  wurde,  deren  Original  der  Consularis  Phoenices  in  Tyrus  hatte. 

1)  Ammian.  14,  8,  5.  Ausführlich  handelt  über  das  Städtewesen  Syriens 
Kuhn  2,  314  ff. 

2)  S.  Waddington  zu  n.  2329:  le  Ilaourän  na  jamais  joui  que  d'une  seule 
Periode  de  tranquiUite  et  de  hon  gouvernement ,  c'est  celle  qui  embrasse  les  siecles 
prosperes  de  l'empire  romain;  apres,  comme  avant ,  il  a  ete  habite  par  des  races 
plus  ou  moins  nomades  et  a  moitie  barbares. 

3)  Eigenthümlich  ist  der  Provinz  Syrien  der  Begriff  der  {jnrjTpo'/tufxia ,  d.  h. 
eines  in  Ermangelung  einer  Stadt  zum  Hauptort  eines  Districts  erhobenen  Dor- 
fes. So  kennt  man  in  Trachonitis  drei  Metrocomiae,  Bopeyaft  Saßaiuv  (Wadding- 
ton n.  2396),  Zorava  (ib.  n.  2480),  welches  später  im  J."512  n.  Chr.  als  Stadt 
und  Sitz  eines  Bischofs  vorkommt  (ib.  n.  2497),  und  Phaena  (ib.  n.  2524  = 
C.  I.  Or.  4544),  wo  eine  Garnison  aus  der  leg.  III  Gallica  und  leg.  XVI  Flavia 
Firma  lag  (Waddington  2525—2536^);  Epiphanius  Anacephal.  Opp.  ed.  Petav.  11 
p.  145  erwähnt  ty]v  Baxa^ov,  fA7]Tpoxa)(Jt.iav  ific,  'Apaßia?  Tqi  Q>ikaheK^ai. 

4)  Joseph.  Ant.  17,  10,  9.   B.  I.  2,  3,  1. 


—     271     — 

n.  Chr.  vier^),  nämlich  leg.  VI  ferrata,  leg.  X  Pratensis,  leg.  III 
Gallica  2)  ,  leg.  XII  fulminata  ^) ,  unter  Alexander  Severus,  also 
nach  der  ersten  Theilung  der  Provinz  fünf,  nämlich  in  Syria 
Coele  leg.  IV  Scythica  und  leg.  XVI  Flavia,  in  ludaea  leg.  VI 
ferrata  und  leg.  X  Fretensis,  in  Phoenice  leg.  III  Gallica  ^) .  Von 
diesen  hatte  noch  um  das  J.  400  n.  Chr.  die  leg.  IV  Scythica 
ihr  Hauptquartier  in  Oresa  am  Euphrat,  womit  vielleicht  Orima 
gemeint  ist;  die  leg.  XVI  Flavia  Firma  in  Sura  am  Euphrat^), 
die  leg.  X  Fretensis  in  Ailath  in  Palästina,  am  rothen  Meer<^),  die 
leg.  III  Gallica  in  Danaba^j.  Dieselben  Legionen  blieben  also 
Jahrhunderte  lang  in  der  Provinz  und  zwar  vertheilt  auf  viele 
Plätze,  wie  z.  B.  Inschriften  der  leg.  III  Gallica  sich  in  Sidon^), 
Berytus^),  Aera  in  Auranitis  ^^j  und  Phaena  in  TrachonitisH)  finden. 

Die    Anlage    römischer    Colonien    beginnt    mit    Berytus,    wo  Coionien. 
Augustus  Veteranen  der  legio  V  Macedonica  und   VIII  Augusta  im 
.U  740  =  14  ansiedelte,  einer  colonia  iuris  Italici^'^),  in  welcher  seit 
dem  Anfange  des  dritten  Jahrhunderts  eine  berühmte  Schule  des 
römischen  Rechts   beständig)    und  Heliopolis    (Baalbek),   welches, 

1)  Tac.  Ann.  4,  5.  Ueber  die  Geschichte'  der  im  Folgenden  genannten  Le- 
gionen s.  Grotefend  in  Paulys  Realencycl,  IV  S.  868  ff. 

2)  Sie  kämpfte  schon  im  Partherkriege  des  Antonius  (Tac.  H.  8,  24).  Vor 
54  n.  Chr.  stand  sie  eine  Zeit  lang  in  Germanien,  seit  diesem  Jahre  aber  wieder 
in  Syrien.  Mommsen  R.  g,  D.  Aug.  p.  46. 

3)  Unter  Titus  wurde  sie  nach  Cappadocien  verlegt. 

4)  Dio  Cass.  55,  23.  Ueber  die  kg.  X  Fret.  s.  oben  S.  261. 

5)  ;V.  D.  Or.  p.  88. 

6)  N.  D.  Or.  p.  79.    Eusebii  Onomaaticon  ed.  Larsow  et  Parthey  p.  22» 

7)  N.  n.  Or.  p.  85. 

8)  C.  I.  L.  in  n.  152. 

9)  Orelli  932  =  Waddington  n.  1845  =  C.  /.  L.  III  n.  206. 
10)  C.  I.  Gr.  4554  =  Waddington  n.  2413f. 

11 J  Waddington  n.  2528.  2528». 

12)  Auf  Münzen  und  Inschriften  Colonia  lulia  Augusta  felix  Berytus,  Eckhel 
3,  35d.  Orelli  n.  514=  Waddington  n.  1842.  Dass  sie  von  Augustus  herrührt, 
bezeugt  Ulpian  Dig.  50,  15,  1  §  1.  Pas  .lahr  der  Gründung  giebt  an  Euseb. 
Cliron.  ('an.  ed.  Schoene  p.  143.  Ein  IJvir  quinquennalis  der  Colonie  kommt  vor 
in  der  Inschr.  Waddington  n.  1841<'.»fTebrigens  vgl.  Strabo  16  p.  756.  Nonnus 
DlonyH.  41,  389  ff.  Norisius  Cenot.  Pisan.  I  c.  2.  Zumpt  Comm.  ep.  f,  379. 
Mommsen  R.  g.  1).  Aug.  p.  43. 

13)  Totius  orbi.i  de.icriptin  in  Müller  Ueogr.  min.  11  p.  517:  Berytus  civilas 
valde  deliciosa  et  auditoria  leguvi  habens ,  per  quam  ojnnia  Romanorttm  iudicia 
Stare  videntur  und  da/u  Gothofredus.  Ciregorius  Thaumaturgus  erzählt  in  der  um 
da8  J.  239  geschriebenen  Oratio  paneg.  ad  Orig.  {(Jpp.  ed.  Gerard  Vossius  1603.  4) 
p.  186,  er  habe  in  Cappadocien  anRefangcn  lateinisch  zu  lernen  und  römisches 
Kecht  zu  Studiren,  dann  sei  er  nach  Berytus  gegangen :  /)  li  (Berytus)  oü  p.axpdiv 
dTT^'^ovoa  xwv  ivraüda  rJjKii  f»(u(Aaix(UTipa  rw;  xai  xü»v  vö|X(uv  xouTtuv  eivai 
ziOTCudeToct  TiaiSeurrjpiov.    p.  187:  t(  itzi  tV)v  BTjpuxiuiv  ^XdoijJiev  ;:(iXtv ,    i%cX  xh 


—     272     — 

ebenfalls  von  Augustus  gegründet,  unter  Septimius  Severus  das 
ins  Italicum  erhielt*).  Es  folgen  unter  Claudius  Ptolemais,  eine 
Ansiedelung  von  Veteranen  verschiedener  Legionen  2)  ^  unter  Ves- 
pasian  Caesarea  [turris  Slrato?m)  ^)  und  Nicopolis  (Emmaus), 
welches  letztere  indess,  öbv^^ohl  dem  Ursprung  nach  eine  Militär- 
colonie,  die  Hechte  und  den  Namen  einer  römischen  Colonie  nicht 
gehabt  zu  haben  scheint  ^j;  unter  Hadrian  Aelia  Capitolina  (Jeru- 
salem) ^),  unter  Septimius  Severus  Laodicea ,  Tyrus ,  Sebaste 
(Samaria)  6)  und  vielleicht  Palmyra'),  unter  Caracalia  Antiochia  8) 
und  Emesa^),  unter  Elagabal  Sidon*^),  unter  Alexander  Severus 
Damascus**),  unter  Philippus  Neapolis^^)^  j^  unbestimmter  Zeit 
Caesarea  ad  Libanum  (Area)  ^'^),  Gaza  ^*)  und  Gadara  *^).  Ein  merk- 

Tu>"V  vöfxcov  jxa&Yjfxa  d%7rovT)oavTec.  Da  er  von  geiner  Jugend  spricht,  so  muss 
Berytus  schon  bald  nach  200  Rechtsschule  gewesen  sein. 

1)  Ulpian.  Dig.  50,  15,  1  §  2.  Sie  heisst  Colonia  lulia  Augusta  felix  He- 
liopolitana,  C.  1.  L.  III  n.  202  =  Renan  Mission  p.  311;  colonia  Heliupolis,  Kei- 
lermann  Vig.  n.  284.  Mlonnet  5,  299.  8.  8,  210.  Eckhel  3,  334.  Zumpt  C.  ep. 
I,  418  schreibt  sie  dem  Hadrian  zu. 

2)  Plin.  N.  H.  5  §  75.  Auf  Münzen  heisst  sie  colonia  Claudia  und  werden 
die  Legionen  durch  die  Zahlen  VI.  IX.  X.  XI  bezeichnet.  Mionnet  5,  475. 

3)  Plin.  N.  H.  5  §  69.  ülpian.  Dig.  50,  15,  8  §  7.  Auf  Münzen  Colonia 
prima  Flavia  Augusta  Caesarensis,  Eckhel  3,  430 ;  vgl.  lustinian.  Nov.  103  (De 
proconsule  Palaestinae)  pr. 

4)  Hier  wurden  800  Veteranen  angesiedelt ,  loseph.  B.  I.  7,  6,  6.  Ueber 
den  Ort  s.  Euseb.  Onomasticon  ed.  Larsow  et  Parthey  p.  187.  Sozomenus  H. 
eccles.  5,  21.  Die  Stadt  hat  eine  Aera  vom  Jahr  ihrer  Gründung  824  =  71,  kommt 
aber  als  Colonie  nirgends  vor.  Eckhel  3,  454. 

5)  Sie  wurde  135  n.  Chr.  (Clinton  F.  Rom.  ad  a.  131)  durch  griechische 
Ansiedler  gegründet.  Dio  Cass.  69,  12.  Euseb.  E.  H.  4,  6.  Malalas  11  p.  279 
Bonn.  Norisius  De  epoch.  Syromac.  in  Opp.  II  p.  338  f.  Zumpt  Comm.  ep.  I, 
417.  ülpian.  Dig.  50,  15,  1  §  6:  in  Palaestina  duae  sunt  coloniae,  Caesarienses 
et  Aelia  Capitolina,  sed  neutra  ins  Italicum  habet,  vgl.  50,  15,  8  §  8.  Auf 
Münzen  Colonia  Aelia  Capitolina,  Eckhel  3,  441 — 443.  Ein  decretum  decurionum 
der  Colonie  unter  Antoninus  P.  erwähnt  die  Inschr.  Waddington  n.  1895. 

6)  Dig.  50,  15,  1  §  3 ;  prooem. ;  §  7.    Eckhel  3,  319.  387.  440. 

7)  S.  oben  Seite  256. 

8)  Dig.  50,  15,  8  §  5.  Eckhel  3,  302.  Auf  Münzen  führt  sie  den  Titel 
seit  Elagabal.     Mionnet  5,  204  ff.  S.  8,  145. 

9)  Dig.  50,  15,  1  g  4.  Eckhel  3,  310.  Mionnet  5,  228  ff.  Mommsen  Zeit- 
schrift für  Rechtsgeschichte  Bd.  9  (1870)  S".  112  Anm. 

10)  Eckhel  3,  371.  387.    Sie  heisst  Colonia  Aurelia  Pia.  Mionnet  5,  384  ff. 

11)  Eckhel  3,  331  setzt  die  Colonie  unter  Philippus,  aber  es  giebt  schon 
von  Alexander  Sever  eine  Münze  mit  COL.  /1AMAC.  MET.  Mionnet  5,  292  n.  61. 

12)  Eckhel  3,  437.    Mionnet  5,  506. 

13)  Eckhel  3,  360  ff.  Zumpt  Comm.  ep.  I,  433. 

14)  Sie  wird  nur  einmal  erwähnt  auf  der  Inschrift  eines  Gewichtes  bei  Wad- 
dington n.  1904:   KoXcuvia?  rdC"^?,   i-!z\  'Hpwoou  AiocpdvTou  t£? 

15)  Sie  kommt  ebenfalls  nur  einmal  vor  C.  /.  L.  III  n.  181=  Renan  Mission 
p.  191:  DJS  MANIE VS  L  PHILOCALVS  L  F  [Mommsen  liest  [pra]ef.]  CO- 
Lonia   VALENtia  0  AD  ÄRA  MIL  LEO  X  Fr{etensis)  J  GRANU  ROmanI  HSE. 


I 


—      273     — 

würdiges  Beispiel  von  der  Einwirkung  römischer  Colonisalion  giebt 
endlich  eine  Ortschaft  in  der  Batanea,  die  in  Inschriften  'Eaxxaia 
heissti),  bei  Ptolemaeus  aber  2axxata  genannt  wird  2);  diese  ist 
zuerst  eine  xojjjltj^),  hat  aber  eine  Garnison  4),  bedient  sich  des 
römischen  Calenders  ^j ,  der  römischen  Bechnungsweise  ^j  und  der 
römischen  Sprache  ^j ,  besitzt  ein  Theater  ^)  und  wird  endlich  aus 
einer  Korne  eine  Stadt  und  zwar  ebenfalls  eine  Colonie'-^.),  deren 
Aera  leider  nicht  sicher  zu  fixiren,  aber  wahrscheinlich  in  das 
Ende  des  ersten  Jahrhunderts  n.   Chr.   zu  setzen  ist^ö). 

lieber  die  sacralen  Verhältnisse  der  Provinz  sind  wir  wenig  Sacraie  ver- 
unterrichtet.  Es  kommt  zwar  ein  xoivov  lopia;  '^)  und  ein  lupiap- 
/T^;i2),  ein  XOIVOV  Ooivixtj?^^)  und  ein  Ooivtxdcpj^Yjc^^)  vor,  aber 
weder  über  diese  Festgemeinschaften,  noch  über  die  Metropolen, 
in  welchen  dieselben  gefeiert  zu  werden  pflegten ,  erhalten  wir 
genügenden  Aufschluss.  Antiochia  war  Metropolis  von  Syrien 
schon  unter  den  Seleuciden  und  blieb  unter  den  Bömern  Resi- 
denz des  Statthalters^'»),  und  hier  wurde  auch  das  xoivov  Supia? 
gefeiert  16);  ebenso  ist  Caesarea  Hauptstadt  der  Provinz  Palästina  ^^). 
Wenn  aber  unter  Hadrian  auch  Tyrus  ^^j ,  Damascus^*^)   und  wie  es 

1)  Waddington  n.  2073.  2)  Ptolem.  5,  15.  26. 

3)  Waddington  n.  2136.  4)  Waddington  n.  2144. 

5)  up6  C'  ioü)V  MapCxicuv)  ib.  n.  2136. 

6)  Von  einem  Gebäude  baut  jemand  ^j^^.  d.  h.  tres  unciae.    Ib.  2146. 

7)  S.  die  lateinische  Inschr.  ib.  2137. 

8)  Ib.  2136.  9)  Ib.  2139. 

10)  ETOu;  Tfic,  TToXfeto;)  xi  ib.  2159  und  das.  Waddington. 

11)  Münze  des  Traian,  Mionnet  5,   110. 

12)  Cod.  lust.   1,  36;  5,  27,   1.    lustinian.  Nov.  89,   15.      . 

13)  Münze  des  Caracalla,  Mionnet  5,  334. 

14)  Cod.  lust.  5,  27,   1.    lustinian.    Nov.  89,   15. 

15)  S.  oben  Seite  258. 

16)  C.  I.  Qr.  2810. 

17)  Caesarea  heisst  Metropolis  provinciae  Syriae  Palaestinae  auf  Münzen  erst 
seit  Alexander  Severus,   Eckhel  3,  432. 

18)  Schon  Strabo  16  p.  756  sagt  zwar,  es  sei 'stteitig ,  ob  Tyrus  oder  Sidon 
aTjTpfjroXt;  <I)oiv(y.(ov  genannt  werden  müsse ,  und  eine  Münze  vom  J.  178  der 
Aera  von  Tyrus,  d.  h.  vom  J.  53  n.  Chr.  (Eckhel  3,  380.  386)  hat  ebenfalls 
diesen  Titel,  yi'itä  es  scheint  in  dem  Sinne,  wie  die  Münzen  von  Heraclea  in 
Kithynien  ,  nicht  in  )(e/ug  auf  die  Provinz  ,  sondern  auf  die  eigenen  Colouien. 
So  heisst  es  noch  in  der  Inschrift  des  Jahres  174  n.  Chr.  Grut.  1105,  3  =  Momm- 
»en    Berichte   der    Sachs.  GeseJIsch.   1850    S.  57:    x-rj   Tc6Xei   T'jpftuv,    r^;    lepä; 

(itjTpozoXeoj;  <t)ot'^£("itTj;  xal 'iXXruv  7:>5Xea)V  und  BulUlt.  1851   p.  112:  T6po; 

Icpd  xyt.'fouXo;  -/.(oii  (XYjtp'j IroXe;  <I>otv£ixrj;  x[ctl  (iXXwvJ  roXetov.  In  ofticiollcm 
Sinne  aber  erhielt  die  Stadt  den  Titel  von  Hadrian.  Suidas  II  p.  147  Hernh.: 
llotOXo;  Töptoc,  p-rjTojp  —  —  8c  ivX  'ASpiavoO  to9  ßaoiX^oj;  rpeoßcöoa;  (iTjxpö- 
roXf»  xVjV  T'jpov  ^TTot-rjaev. 

19)  Eckhel  3,  331. 

Rom.  Altertta.  IV.  18 


—     274     — 

scheint,  Samosata^),  die  Hauptstadt  des  früheren  Königreichs  Com- 
magene,  zu  Metropolen  erhoben  wurden,  so  muss  man  anneh- 
men, dass  damals,  wenn  auch  nicht  die  Provinz,  so  doch  die 
Feslgemeinschaft  derselben  in  vier  Theile  aufgelöst  wurde 2).  Als 
Severus  nach  der  Besiegung  des  Pescennius  Niger  Antiochia  zu 
einer  Korne  von  Laodicoa  machte^),  ging  auch  der  Titel  Metro- 
polis auf  die  letztere  Stadt  über  und  blieb  derselben  auch,  nach- 
dem Antiochia  seine  alten  Privilegien  wieder  erhalten  hatte*); 
endlich  erhielten  unter  Elagabal  auch  Sidon  und  Emesa  densel- 
ben Titel  ^),  dessen  Bedeutung  für  diese  Städte  nicht  weiter  be- 
kannt ist. 

XXXVI.   Arabia. 

Von  Syrien  aus  liess  Traian  im  J.  105  n.  Chr.  den  Land- 
strich, welcher  sich  im  Osten  Palastinas  bis  an  das  rothe  Meer 
herunterzieht,  und  zwei  grössere  Städte,  im  Norden  Bostra,  im 
Süden  Petra  enthielt,  durch  den  Statthalter  Syriens,  Cornelius 
Palma,  in  Besitz  nehmen^)  und  bildete  daraus  die  Provinz  Arabia, 
Aerader    in  wclchcr  Seitdem  eine  Provincialära  üblich  wird'),   deren  erstes 

Provinz. 

Jahr  mit  dem  22.  März  106  n.   Chr.  beginnt 8).     Petra,    die   alte 

1)  Der  Titel  kommt  auf  Münzen  seit  Hadrian  vor.  Eckhel  3,  252  vermu- 
thet,  Vespasian  habe  ihn  ertheilt. 

2)  Spartlan.  Hadr.  14:  Antiochenses  —  ita  odio  habuit,  ut  Syriam  a  Plioe- 
nice  separare  voluerit,  ne  tot  civitatum  metropoUs  Antiochia  diceretur.  Dass  in 
Damascus  ein  xoivov  gewesen  sei,  schliesst  Eckhel  3,  333  aus  einer  Münze  von 
Damascus,  auf  der  fünf  Frauen,  die  er  für  Symbole  von  Städten  hält,  ein  Opfer 
bringen. 

3)  Herodian.  3,  6,  8. 

4)  Eckhel  3,  317.    Waddington  n.  1839. 
5J  Eckhel  3,  311.  388. 

6)  Dio  Cass.  68,  14:  y.axd  6e  tov  auTo^  touto^  yj>^^^^  *^'<^i  ndX|ia; ,  tt]«; 
Supia?  dpycov,  ttjV  Apaßtav  T-fjV  itpo?  tt]  FlsTpa  ^yeiptuGaio  xat  'Pujfxaiojv  utt'/jxoov 
dTronqaaTO.^  Ammian.  14,  8,  13:  huic  [Palaestinae')  Arabia  est  conserta.  —  — 
Haec  quoque  civitates  habet  inier  oppida  quaedam  ingentes ,  Bostram  et  Gerasam 
atque  Philadelphiam  —  .  Hanc  provinciae  imposito  nomine  rectoreque  attributo  ob- 
temperare  legibus  nostris  Traianus  compulit  imperator.  S.  Rufus  brev.  20.  lornan- 
des  de  regn.  succ.  73.  Hieronymus  in  Euseb.  Chron,  Can.  p.  163  Schoene.  Eiiseb. 
Praep.  Ev.  4,  10. 

7)  Ein  exo?  'zfic,  duapyetai;  erwähnen  die  Inschriften  Waddington  n.  1908. 
1936a.  1995.  2110.  2238.  '2239.  2251.  2261.  2412™.  2463.  2477. 

8)  Chron.  Pasch,  p.  472  Bonn  sagt  zu  dem  Jahre  105,  Candido  et  Quadrato 
coss.:  IleTpaTot  %al  Boaxprjvoi  bmi)\}ev  xou?  iauxüjv  ypovou?  dpt&fxoüct.  Diese 
Nachricht  ist  indessen  so  zu  verstehen ,  dass ,  da  das  Jahr  der  Provinz  Arabia 
mit  der  Frühlings-  Tag-  und  Nachtgleiche  beginnt  (Ideler  1,  437  f.),  der  Anfang  des 
ersten  Jahres  der  Provincialaera  auf  den  22.  März  106  zu  setzen  ist,  so  dass  man 
durch  Addition  von  105  zu  der  Jahreszahl  der  Aera  dasjenige  Jahr  n.  Chr.  findet. 


—     275     — 

Residenz  der  nabataeischen  Könige  i) ,  von  welcher  das  Land  2) 
und  später  die  Provinz  ^)  den  Namen  des  peträischen  Arabien 
führt,  hat  zwar  auf  ihren  Münzen  seit  Hadrian  den  Titel  'Aopiav^ 
rierpa  jir^rpoTToXt?  "*) ,  allein  später  wurde  Bostra,  das  schon  unter 
Traian  besondere  Begünstigungen  erfahren  haben  muss,  da  es 
sich  vsa  TpaiavTJ  Bootpa  nennt  ^j,  Sitz  des  Statthalters  und  Haupt- 
quartier der  legio  lll  Cyrenaica^);  unter  Alexander  Severus  war 
die  Stadt  römische  Colonie')  und  unter  Philippus  erhielt  sie 
ebenfalls   den    Rang  einer  Metropolis^).     Zu    den   bedeutenderen 

mit  dessen  22,  März  das  Provincialjahr  anfing.  S.  Wetzstein  in  Abhandl.  d.  Ber- 
liner Acad.  1863  S.  258.  Waddington  Revue  NumismaUque  N.  S.  XI  (1856) 
p.  '2QS=  Melanges  de  numismatique  2^  Serie  p.  160.  Denselben  in  Vovage  III 
zu  n.  2463.  ^  ^ 

1)  loseph.  Ant.  14,  1,  4;   14,  5,  1;   14,  13,  8;   17,  3,  2.   B.  I.  \,  2%  3. 

2)  Yj  'Apctßia  Y]  is  n^Tpa,   Dioscorides  De  mat.  med.  1,  91. 

3)  'Apaßia  rie-paia,  Ptolem.  5,  17;  t?j  TtctTcx  ttjv  Illxpav  'Apaßia.  Agatheme- 
rus  Geogr.  2,  6. 

4)  Eckhel  3,  504.  Mionnet  5,  587.  C.  I.  Gr.  4667  und  Vol.  III  p.  1242, 
wo  nach  Mommsen  zu  lesen  ist  -^  ßouX-?j  xoti  6  o-^jj,o;  'Aopiavöj^  ITsTpaitov  {xtj- 
Tpö;:6X|oj?  r^?  'Apaßta;. 

5)  Eckhel  3,  501. 

6)  Ptolem.  5,  17,  7:  Bocxpa  AeYttov.  Die  leg.  III  Cyrenaica  diente  im  par- 
thischen  Kriege  des  Traian  (Orelli  832  =  Mommsen  Inscr.  R.  N.  3542)  und  im 
jüdischen  Kriege  des  Hadrian  (Henzen  6501);  seit  M.  Aurel  kommt  sie  oft  in 
Inschriften  von  Bostra  und  der  Umgegend  vor  (Waddington  n.  1927.  1933.  1942. 
1944.  1945.  1947.  1948.  1953  u.  ö.)  und  in  der  bilinguen  Inschr.  Vogüe'  Inscr. 
Semiiiques  n.  22  findet  sich  in  dem  palmyrenischen  Text  eine  legio  von  Bostra, 
die  im  griechischen  Text  Xe^fetuv  K'jpYjvajiy,-r]  heisst.  L'nter  Alexander  Severus 
lag  sie  nach  Dio  Cass.  55,  23  in  Arabien,  und  in  Bostra  stand  sie  noch  um  400. 
N.  D.  Or.  p.  82. 

7)  Eckhel  3,  500  lässt  die  Colonie  von  Septimius  Severus  gründen,  und 
ihm  folgt  Zumpt  Comm.  ep.  I,  431.  Beide  beziehen  sich  auf  die  Stelle  des  I)a- 
mascius  in  Photii  bibl.  p.  347  Bekker:  (i7reoTj{j.-rj3ev  ei?  xd  Bosrpa  x"^; 'Apaßfa;, 
zoXiv  (j.£v  o'jx  dpyaiav  (otto  y^P  ^lejiiTjpou  xoO  ßotoiXeoj?  TcoXiCexai ).  Auch  ich 
glaube  nicht,  dass,"  wie  Waddington  zu  n.  1907  annimmt,  diese  Stelle  ohne  Wei- 
teres von  einer  Colonisirung  des  Alexander  Severus  zu  verstehen  sei,  denn  die- 
ser pflegt  in  griechischen  Quellen  'AX^^avopo;  zu  heissen ;  aber  mag  auch  Bostra 
das  Stadtrecht  durch  Septimius  Severus  erhalten  haben  ,  so  steht  doch  fest,  dass 
die  Colonialmünzen  von  Bostra  erst  mit  Alexander  Severus  beginnen ,  von  dem 
«Jie  Colonie  auch  Alexandriana  heisst.  Die  einzige  Münze  des  Elagabal  mit 
halblateinischer  Aufschrift  und  dem  (  olonialtypus  (Mionnet  5  p.  582  n.  20,  vgl. 
Tafelband  p.  110),  auf  die  sich  Kckhel  beruft,  ist,  wie  mir  .)ul.  Friedländer  mit- 
tbeilt,  weder  auf  (irund  der  unvollständigcin  Umschrift,  nocli  auf  (»rund  der  in 
diesen  entlegenen  Provinzen  inuner  ungfüiauen  Darstellung  des  Kaiserkopfes 
mit  Sicherheit  dem  Klagabal  zuzuschn^ben  ;  von  den  Münzen  d(?s  Uariicalla  aber, 
die  Mionnet  S.  8  p.  384  n.  9 — 13  unter  Bostra  anführt,  und  durch  die  Knhn 
2,. 380  sich  hat  täuschen  lassen,  gehören  die  meisten,  wie  Kckliel  wohl  mit  Recht 
annimmt,  nach  ('arrhae ;  n.  14  hat  Sandemente,  der  Mionnets  Quelle  ist,  aus 
einem  handschriftlichitn  C'atalog  von  Cousint^ry  entnommen,  in  welchem  das  aus- 
geschriebene BOSTRA   Wühl  eine  Ergänzung  Cousinc^ry's  ist.  . 

8)  Eckhel  3,  502. 

lö* 


Provinz. 


—     276     — 

Städten  Arabiens  gehörten  ferner  Adraa  (Der  ät)  i)  und  Philippo- 
polis  (Schehb6)2),  welchen  Ort  Philippus  Arabs^)  in  der  Zeit 
zwischen  247—249  zur  Stadt  erhob ^)  und  darauf  auch  zu  einer 
römischen  Colonie  machte  ^j. 

In  diesem  Umfange  bestand  die  Provinz  unter  der  Verwal- 
tung eines  prätorischen  legatus  pr.  pr.  ^)  und  eines  kaiserlichen 
TheiiungderprQcurators'i  bis  in  das  dritte  Jahrhundert,  in  welchem  sie  in 
zwei  Theile,  Arabien  mit  der  Hauptstadt  Bostra  und  Arabien  mit 
der  Hauptstadt  Petra  getheilt  wurde,  welches  letztere  später  den 
Namen  Pakiestina  salutar^is  oder  Palaestma  tertia  erhielt^).  Die 
Theilung  geschah  vor  297,    da   beide  Provinzen   in   dem  verone- 

1)  Waddington  n.  2070e. 

2)  Waddington  n.  2072  und  Revue  Numismat.  1865  p.  56  =  Melangea 
2«  S^rie  p.  61. 

3)  Aurel.  Vict.  Caes.  28:  iyitur  Marcus  Julius  Philippus  Arabs  Trachonites, 
sumto  in  consortium  Philippo  filio,  rebus  ad  Orientern  compositis,  conditoque  apud 
Arabiam  Philippopoli  oppido,  Romam  venit. 

4)  In  diese  Zeit  lallt  das  sto;  TrpöJxov  tt]?  TtoXetu? ,  Waddington  n,  2072. 
Vorher  bestand  indessen  der  Ort  schon  als.  '/(«[xy]  (Waddingtou  2071),  deren 
Name  unbekannt  ist, 

5)  Waddington  zu  n.  2072. 

6)  Mehrere  der  bekannten  Statthalter  verwalteten  Arabien  als  Consules  de- 
signati ,  so  unter  M.  Aurel  [C.  Aeli]us  Antistius  Adv[entus]  leg.  Augg.  pr.  p\r.\ 
COS.  des.,  Waddington  n.  1944  ==C  /.  L.  III,  92;  P.  lulius  Geminius  Marcianus, 
Leg.  Aug.  pr.  pr.  Cos.  des.,  Henzen  6911  =  Waddington  1945=  C.  I.  L.  III,  96. 
Er  würde  Cos.  suff.  170.  S.  über  ihn  Eenier  Müanges  d'epigr.  p.  97 — 128;  aus 
unbestimmter  Zeit  Aelius  Aurelius  Theon,  leg.  Augg.  pr.  pr.  Cos.  desig.,  Orelli 
3392=Wadd.   1950=C.  /.  L.  III,  89. 

7)  L.  Didius  Marinus  V.  E.  proc.  Aug.  n.  provinc.  Arab.,  Grut.  402,  4  = 
Waddington  n.  1794;  C.  Furius  'Sabinius  Aquila  Temesitheus  —  —  proc.  prov. 
Arabiae  ibi  vice  praesid.,  Henzen  5530. 

8)  Hierüber  haben  wir  bestimmte  Nachrichten  aus  lustinians  Zeit.  Hierocles 
p.  721:  iizapyla  naXaicxivir]!;  y'  utiö  '/jY£[x6va,  TtoXei?  i',  OsTpa  x.  t.  X.  und  wei- 
ter: iTz>x^-/[rx  'Apaßta?,  Ütto  xovaouXdpiov ,  ttoXsi?  iC' ,  Boarpa  %.  t.  X.  Procop. 
de  aedif.  5,  8:  ev  Be  tt^  TidXai  jaev  'Apaßta,  vüv  Se  IlaXaiaTivri  xpitT) 'itctXoufxsvrj 
—  —  opo?  —  Sivd  ovofxa.  Aber  schon  die  Not.  Dign.  Or.  p.  Ö  zählt  unter  den 
15  Diöcesen  des  Orients  eine  Arabia  und  drei  Palaestinae  auf,  nämlich  Palae- 
stina,  Palaestina  salutaris  und  Palaestina  secunda,  und  in  einer  Verordnung  vom 
J.  409  (Cod.  Theod.  7,  4,  30)  heisst  es:  per  primam ,  secundam  ac  tertiam  Pa- 
laestinam.  Damit  stimmt  Hieronymus  in  der  um  390"  verfassten  Schrift  Quae- 
stiones  in  Genesim,  Opp.  III  p.  337  Yall.:  in  Geraris,  ubi  et  Bersabae  hodie  oppi- 
dum  est.  Quae  provincia  ante  non  grande  tempus  ex  divisione  praesidum  Palae- 
stina salutaris  est  dicta.  Ich  bin  mit  Kuhn  2,  369  der  Ansicht,  dass  sowohl  in 
dieser  Stelle  als  in  der  Notitia  unter  Palaestina  salutaris  die  tertia,  d.  h.  Arabia 
Petraea  zu  verstehn  ist.  Anders  urtheilt  Mommsen  Abh.  der  Sachs.  Gesellsch. 
der  Wiss.  1853  S.  265.  Abh.  d.  Berlin.  Acad.  1862  S.  501.  Dass  derselbe  aus 
dem  veroneser  Verzeichniss  für  die  Provinz  von  Bostra  den  Namen  Arabia 
Augusta  Libanensis  deducirt ,  halte  ich  ebenfalls  für  nicht  richtig.  S.  oben 
Seite  268.  Die  Bezeichnung  Arähia  maior,  welche  man  in  der  Inschr.  C.  I.  Gr. 
5366  zu  linden  glaubte,  existirt  nicht,  da  diese  Inschrift  anders  zu  lesen  ist. 
S.   Henzen  6911.     Renier   Revue   Archeologique  1853  p.  546.     Renier   Melanges 


—     277     — 

ser  Verzeichniss  erwähnt  werden  i) .  Ausserdem  erhielt  die  Pro- 
vinz von  Bostra  —  es  ist  unbekannt,  ob  in  Folge  dieser  Theilung 
oder  unabhängig  davon  2)  —  um  das  Jahr  295  eine  Vergrösse- 
rung  dadurch,  dass  ihr  die  Districte  Auranitis,  Batanea  und  Tra- 
chonitis  und  vielleicht  gleichzeitig  einige  Stadtgebiete  der  Deca- 
polis,  namentlich  Gerasa  und  Philadelphia  ^)  einverleibt  wurden. 
Eine  ausdrückliche  Nachricht  zwar  ist  hierüber  nicht  vorhanden, 
allein  der  Umstand,  dass  die  Ortschaften  wenigstens  der  erst- 
genannten Districte  bis  auf  Diocletian  nach  den  Regierungsjahren 
des  Kaisers,  von  295  ab  dagegen  nach  der  Aera  von  Bostra 
rechnen-*),  findet  seine  Erklärung  nur  in  der  Annahme  einer 
Veränderung  der  Grenze  der  Provinzen  Syrien  und  Arabien^). 

XXXVII.  Armenia. 

Armenia  maior,  d.  h.  das  Land   von  dem  oberen  Laufe  des 
Euphrat  bis   zum   caspischen  Meere  ^) ,  war   seit   dem    Siege   des 

i : 

d'epigr.  p.  97 — 128.  Ebensowenig  kommt  eine  Arabia  vetus  vor,  auf  welche  man 
durch  die  Inschr.  von  Bostra,  Waddington  1949  =C.  /.  L.  III  n.  90:  Ael.  Aur. 
Theonem  v.  c.  leg,  Auyg.  pr.  pr.  praes.  provinc.  Arabiae  vet.  integerrimum  benignis- 
simum  atque  iustissimum  u.  s.  w.  geführt  werden  könnte.  Mommsen  ergänzt 
vet[ustiasimum].  Dieselbe  Inschr.  ist  auch  im  Rhein.  Museum  1872  p.  148  als 
unedirt  herausgegeben. 

1)  Abh.  d.  Berl.  Aead.  1862  S.  491.  501. 

2)  Der  ersteren  Ansicht  ist  Waddington ,  dessen  versprochene  Abhandlung 
über  die  Verwaltung  der  Provinz  Syrien  und  Arabien  indess  noch  zu  erwar- 
ten ist. 

3)  Ammian.  14,  8,  8:  haec  quoque  (Arabia')  civitates  habet  inter  oppida 
quaedam  ingentes :  Bostrani  et  Geraaam  atque  Philadelphiam.  Gerasa  gehörte  aber 
unter  Traian  (  Waddiiigton  n.  1722)  und  Antoninus  Pins  (C  /.  Gr.  4661)  zur 
Provinz  Syrien:  Philadelplüa  hat  auf  seinen  Münzen  noch  unter  Alexander  Se- 
verus  die  Aufschrift  (DIAAASAcDeQN  KOIAHC  CTPIAC  (Mionnet  S.  8,  236; 
vgl.  Waddington  zu  n.  1620^^),  und  beide  Städte  rechnet  Ptolem.  5,  15,  23  zu 
Syrien. 

4)  Das  älteste  Datum  dieser  Art  ist  das  Jahr  190  der  Aera  von  Bostra  = 
295  n.  Chr.  in  der  Inschrift  von  'Amra,  Waddington  2081.  Dieser  Ort  liegt  im 
Norden  des  llaniän,  welcher  früher  zu  Syrien  ,  nicht  zu  Arabien  gehörte.  Die 
weiteren  Nach  Weisungen  s»  bei  Waddiiigton  n.  2088.  2114.  24121*.  24H3. 

üj  Hiemit  sind  indessen  keineswegs  alle  Schwierigkeiten  dieser  Frage  gelöst. 
EiDige  Thatsachen  deuten  darauf  hin,  dass  schon  lange  vor  295  eine  Aenderung 
der  Grenze  Arabiens  stattgefunden  hat.  Namentlich  scheint  Canatha  (s.  oben 
Seite  238),  das  noch  unter  M.  Atirel  unter  dem  Legaten  von  Syrien  stand 
f  Waddington  n.  2331),  schon  seit  Soptimius  Severus  zu  Arabien  gezogen  zu 
sein.  Den;i  seitdem  standen  sowohl  dort  als  in  dem  zu  Canatha  gehörigen  Dorfe 
Athila  Soldatfjn  der  legio  HI  Cyrenaka,  also  arabische  Garnison.  Waddington 
2331»'.  2377i>=C'.  /.  Or.  4610. 

6j  lustin.  42,  2:  Armenia  a  Cappadoeia  itaque  mare  Caspium  undecies  cen- 
tum  miUia  patet. 


—     278     — 

Antonius  über  den  Artavasdes  und  seinen  Sohn  Artaxi«s  im  J. 
34  V.  Chr.  1)  ein  von  den  Römern  abhängiges  Königreich.  Diesen 
politischen  Einfluss  erhielten  sich  auch  die  Kaiser,  so  oft  es 
nöthig  wurde,  mit  der  Gewalt  der  Waffen,  aber  eine  dauernde 
Besitznahme  des  Landes  schien  ihnen  nicht  vortheilhaft.  Augustus 
selbst  sagt  im  Monumentum  Ancyranum,"  er  hätte  im  J.  20  v. 
Chr.  Armenien  zur  Provinz  machen  können,  aber  es  vorgezogen, 
dasselbe  als  Königreich  bestehen  zu  lassen  2).  Provinz  wurde  es 
Mi  durch  Traian,  der  es  in  Person  eroberte 3)  und  durch  einen 
kaiserlichen  Legaten  "*)  und  einen  'pi'ocurator^'')  vier  Jahre  lang 
verwalten  Hess,  allein  Hadrian  gab  es  gleich  nach  seiner  Thron- 
besteigung 117  wieder  auf*').  M.  Aurei  eroberte  es  163  noch- 
mals, ohne  es  zur  Provinz  zu  machen ') .  Auch  die  späteren  Pro- 
vinzen Armenia  I  und  //  liegen  westlich  vom  Euphrat  und  sind 
aus  Armenia  minor  entstanden,  weshalb  von  ihnen  in  der  Ge- 
schichte Cappadociens  S.  210  f.  gesprochen  worden  ist;  erst  unter 
lustinian,  der  vier  Armenien  constituirte,  umfasste  die  Armenia 
quarta  einen  Theil  Grossarmeniens  ^) . 

XXXVIII.  Mesopotamia.    XXXIX.  Assjrria. 

Eroberung.  Mcsopotamieu ,    welchcs    später    in    einen    westlichen    Theil 

(Osrhoene)  und  in  einen  östlichen,  der  den  alten  Namen  beibe- 
hielt, zerfiel,  wird  im  N.  durch  Armenien,  im  W.  durch  den 
Euphrat,  im  Süden  durch  die  modische  Mauer,  die  es  von  Baby- 
lonien  trennt,  im  Osten  durch  den  Tigris   und  das  jenseits   des- 

1)  S.  die  Stellen  bei  Drumann  1,  463. 

2)  Mon.  Anc.  c.  27:  Armeniam  maiorem  interfecto  rege  eins  Artax[ia  cujm 
possem  facere  plro^vinciam ,  malui  maiorum  nostrorum  exemplo  reg[nu]m  id  Ti- 
grani  r[€]gis  Artavasdis  filio  —  per  J[i.  Neuronem  tra\dere].  Hierauf  beziehn 
sich  auch  die  Münzen  mit  der  Aufschrift  Armenia  capta  oder  Armenia  recepta. 
S.  Borghesi  Oeuvr.  2,  115  fif.  Mommsen  Res  g.  D.  A.  p.  76  ff. 

3)  Bio  Cass.  68,  19.  20.  Eutrop.  8,  3.  S.  Rufus  br.  14.  Clinton  F.  Hell. 
III  ad  a.  114.    Borghesi  Oeuvres  5,  22.    Dierauer  Gescttichte  Traians  S.  164. 

4)  Spartian.  Hadr.  21:  Armeniis  regem  habere  permisit,  cum  sub  Traiano 
legatum  habuissent. 

5)  Ein  proc.  Aug.  Armeniae  Mai[ori8l^  ans  dieser  Zeit,  Henzen  6947  =  Borghesi 
Oeuvres  5,  3  ff. 

6)  Froiito  p.  353  ed.  Frankf.  =p.  206  Naber.  Spartian.  v.  Hadr.  5,  21. 
Eutrop.  8,  6.  Rufus  brev.  14.  Euseb.  Chron.  Can.  p.  165  Schoene.  Augustinus 
De  C.  D.  4,  29. 

7}  Capitolin.    M.  Ant.  ph.  8.     Veras  7.   Clinton  F.  Rom.  ad  a.  163. 
8)  lustinian.   Nov.'  31.  Die  4te  Armenia  erwähnen  auch  die  Notitiae  episco- 
patuum  in  Partheys  Hierocles  p.  87  n.  909.  p.  274  n.  103. 


—     279     — 

selben  liegende  Assyrien  begrenzt.  Dass  die  Römer  in  diesen 
Gegenden  schon  vor  Traian  wenigstens  zeitweise  ihren  Einfluss 
übten,  ist  aus  verschiedenen  Thatsachen  erkennbar.  Ninus  (Ninive) 
am  Tigris  nannte  sich  Glaudiopolis  i) ,  welchen  Namen  es  von 
Meherdates  erhalten  haben  muss,  der,  im  J.  49  von  Claudius  den 
Parthern  zum  Könige  gegeben,  zwar  nicht  zur  Regierung  gelangte, 
aber  Ninive  wenigstens  in  seine  Gewalt  bekam  2).  Anthemusia 
in  Mesopotamien,  welches  ziemlich  nahe  der  Grenze  an  der  Strasse 
von  Zeugma  liegt,  muss  schon  unter  Domitian  in  römischem  Re- 
sitz  gewesen  sein  3).  Indessen  völlig  erobert  wurden  diese  Län- 
der erst  von  Traian  ^j ,  der  in  den  Feldzügen  von  i  1  4 — 1 1 6  zu- 
erst in  Osrhoene  einrückte,  dessen  Herrschaft  er  der  in  Edessa 
residirenden  seit  dem  Jahre  137  v.  Chr.  bestehenden  einheimi- 
schen Königsfamilie  5)  liess,  dann  in  Mesopotamien  Singara  und 
Nisibis  nahm  ^) ,  bis  an  den  persischen  Meerbusen  vordrang  und 
gleichzeitig  die  drei  Provinzen  Armenia,  Mesopotamia  und  Assyria 
einrichtete.  Von  diesen  scheint  Mesopotamia  bis  zum  Meere  ge- 
reicht, also  Rabylonien  mit  enthalten  zu  haben ;  die  Grenzen  der 
Provinz  Assyrien  sind  unbekannt^).  Traian  selbst  konnte  die 
gemachten  Eroberungen  nicht  behaupten  ^)  und  Hadrian  gab  sie 
völlig  auf'^).  Unter  M.  Aurel  aber  wurde  in  dem  parthischen 
Feldzuge  des  L.  Verus  (162 — 165)  i^).  Mesopotamien  nochmals  er- 

1)  Auf  Münzen  des  Traian  und  Maximinus  bei  Mionnet  S.  8,  420,  des  AI. 
Severus  und  Gordian  bei  Sestini  CLasses  generales  p.  159  heisst  die  Stadt  COL. 
AVO.  FELIx  NIM  CLVV,  COL  NINIVA  CLVV,  auf  einer  Münze  des  Traian 
Numismatical  Chronicle  Vol.  XIX  p.  1  COL.  AVO.  FELIx  NINI  CLAV,  was 
wohl  Claudiopoiis  zu  lesen  ist. 

2)  Tac.  Ann.   12,   13. 

3)  Münze  des  Domitian,  Mionnet  S.  8,  389. 

4)  Dio  Cass.  68,   18  ff.     Dierauer  Gesch.  Traians  S.  164  ff. 

5)  8.  Bayer  Historia  Osrho'ena  et  Edessena  ex  nummis  iUustrata ,  Petrop. 
1734.  4.    f^ckhel  3,  511.    Die  Könige  heissen  meistentheils  Augaros. 

6)  Dio  Cass.  68,  22.  23. 

7)  Eutrop.  8,  3:  Seleuciam  et  Ciesiphontem,  Babylonem  et  Edessios  vicit  ac 
tenuit:  usqtu  ad  Indiae  fines  et  mare  rubrum  accessit  atque  ibi  tres  provincias 
fecit,  Armeniam,  Assyriam ,  Mesopotamiam.  Euseb.  Chron.  Can.  p.  165  Schoene. 
Rufus  6f.  14.  lornandes  de  reyn.  succ.  c.  73.  Dass  das  rubrum  mare  der  per- 
sische Meerbusen  ist,  sagt  Dio  Cass.  68,  28  ausdrücklich.  Vgl.  Forbiger  Handb. 
d.  alten  Geogr.  II  8.  5;  und  diesen  meint  auch  Tac.  Ann.  2,  61:  exin  ventum 
Elephanlinen  ac  Syenen ,  daustra  olim  Romani  imperii,  quod  nunc  rubrum  ad 
mare  patescit.  Ueber  die  Münzen  Traians  mit  der  Inschr.  ARMENIA  ET  ME- 
80P0TAMIA  IN  P0TE8TATEM  P.  R.  REDACTAE  8.  Eckhel  6,  438. 

8)  Dio  Cass.  68,  29. 

9)  Spartian.   Hadr.  f).     Eutrop.  8,  6.    Riifus  br.  14. 

10)  Capitolin.  M.  Ant.  ph.  8.  9.    Veru»  6.  7.    Dio  Cass.  71,  1.    Eutrop.  8,  10. 
Orosius  7,  15.  Ammian.  23,  6,  24.  Clinton  F.  Rom.  ad  a.  162.  163.  166. 


—     280     — 

obert*)  und  diese  Eroberunj^  durch  die  Feldzüge  des  Scptimius 
Severus  195  und  197 — 199  fortgesetzt 2).  Caracalla  entriss  wahr- 
scheinlich 215  Osrhoöno  dem  damals  regierenden  Fürston  Auga- 
ros'*),  vielleicht  nur  vorühc^rgehend,  denn  unter  Gordian  lllfinden 
wir  die  Landschaft  wieder  im  Besitze  eines  Königs  Augaros"^). 
Verwaltung.  lieber  die  Verwaltung  der  Provinz    haben  wir   nur  spärliche 

Nachrichten.  Ein  Legat  derselben  kommt,  so  viel  ich  weiss, 
nirgends  vor,  sondern  in  der  Zeit  der  Gordiane  und  Philippi 
(239—249)  ein  prnefectus  Mesopofainiae-')^  iTiap/o;  ^■') ,  oTtap/o?'), 
TjYSfjLwv  ^) ,  daneben  in  einer  nicht  bestimmbaren  Zeit  ein  procu- 
rator  Mesopotamiae-^)  und  ein  procurator  Chosdroe[nes]  ^^) .  Unter 
dem  Statthalter  standen  seit  Septimius  Severus  zwei  Legionen, 
die  Ite  und  Sie  Parthica^^),  von  welchen  die  letztere  ihr  Haupt- 
quartier in  Rhesaena  hatte  ^^j.  ausserdem  wurden  zum  Schutze 
der  neuen  Eroberungen  zahlreiche  Colonien  angelegt,  nämlich  von 
Traian  Ninus  (Ninive)  in  Assyrien,  welche  bis  auf  Maximi- 
nus bestand  i^) ,  von  M.  Aurel  Carrhae  am  Chaboras  i^j  ^  Sin- 
gara  '^J    und   wahrscheinlich   Edessa  i^) ;    yon   Septimius  Severus 


1)  S.  Rufus  br.  14 :  sed  postea  sub  Antoninis  duobus ,  Marco  et  Vero  ac 
Severo  Pertinace  ceterisque  principibus  Romanis,  qui  adnersus  Parthos  eventu  vario 
dimicaverunt ,  quater  amissa,  quater  recepta  Mesopotam.ia  est.    ■ 

2)  Ueber  den  ersten  Feldzug  s.  Dio  Cass.  75,  1.  2.  Eutrop.  8,  18.  Spartian. 
Sever.  9.  Clinton  F.  Rom.  s.  a. ;  über  den  zweiten  Spartian.  Sever.  14.  Dio  Cass. 
75,  9.  Clinton  F.  R.  ad  a.  198.  199. 

3)  Dio  Cass.  77,   12.    Clinton  F.  R.  ad  a.  215. 

4)  Eckhel  3,  516. 

5)  Henzen  n.  6923.    Murat.  768,  1. 

6)  C.  1.  Gr.  4602.  4603  =  Waddington  2077.  2078. 

7)  Zosimus  1,  60. 

8)  Unter  Alexander  Sever  im  J.  229.  Herodian.  6,  2,  2.  Unter  demselben 
ein  Befehlshaber  der  Trnppen  (apytov).  Dio  Cass.  80,  4. 

9)  Henzen  6930. 

10)  C.  I.  L.  II  n.  4135. 

11)  Dio  Cass.  55,  24. 

12)  Eckhel  3,  518.    Mionnet  5,  630  ff. 

13)  Sie  heisst  auf  Münzen  des  Traian  und  später  Colonia  Aug.  felix  Nirhiva 
Claudiopolis ,  Mionnet  S.  8,  420.  Vgl.  oben  S.  279  A.  1.  Ob  die  Münze  mit 
der  Aufschr.  MAIO.  COLONIA  mit  Mionnet  S.  8  p.  414  der  Stadt  Maiozamalcha 
in  Babylonien  (Ammian.  24,  4,  2)  zu  attribuiren  und  diese  Colonie  ebenfalls  auf 
Traian  zurückzuführen  ist,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 

14)  Auf  Münzen  COLonia  METropoUs  ANTONINIANA  AVRelia,  später 
auch  ALEXandriana,  Eckhel  3,  508.  Mionuet  5,  594  ff.  8.  8,  392  ff.  Hieher  ge- 
hören wahrscheinlich  auch  die  Münzen,  die  Mionnet  S.  8,  385  Bostra  zutheilt. 

15)  Eckhel  3,   519. 

16)  Colonie  war  Edessa  sicher  von  Caracalla  bis  auf  Decius  (Eckhel  3,  510): 
da  es  aber  schon  eine  Münze  des  Commodus  mit  der  Aufschr.  KOA.  M.  SAeCCA 
giebt  (Mionnet  S.  8,  399  n.  1),  so  dürfte  die  Colonie  dem  M.  Aurel  zuzuschrei- 
ben sein. 


—     281     — 

Nisibis^),   Rh^saena^j    und  Zaytlia^^).     Endlich  finden  sich  in  der 
Provinz  drei  Metropolen,   Carrhae^),   Nisibis^)   und  Edessa^). 

Mesopotamien  brachte  dem  Staate  nichts  ein,  sondern  war  Abtretung. 
ein  beständiger  Kampfplatz"^);  zuerst  unter  Gordian  2i1  ^),  dann 
unter  Valerian  (259 — 260),  welcher  von  dem  Partherkönige  Sapor 
gefangen  wurde '^),  worauf  Odenathus  264  Nisibis  und  Carrhae 
und  y>omnem  Mesopolamiam  nostramv.  wieder  eroberte  i^).  Nach 
Probus  Tode  (282)  wieder  verloren,  von  Garus  283  nochmals 
besetzt  1*),  wurde  es  durch  Diocletian  noch  für  einige  Zeit  ge- 
sichert ^2).  Im  ,].  363  trat  indessen  lovianus  den  grössten  Theil 
der  Provinz  mit  der  festen  Stadt  Nisibis  an  die  Perser  ab^^),  das 
erste  Beispiel,  welches  die  römische  Geschichte  von  einer  zwangs- 
weisen Länderabtretung  darbietet  *'*) .  Seitdem  bestehen  von  der 
früheren  Provinz  noch  zwei  kiza^yjai,  Osrhoene,  östlich  und 
südlich  begrenzt  durch  den  Chaboras,  mit  der  Hauptstadt  Edessa, 
und  Mesopotamia,  in  welchem  Hierocles  nur  eine  Stadt  aufführt, 
nämlich  Amida  an  der  Grenze  Armeniens.  Beide  haben  im  5ten 
und  6ten  Jhdt.  als  Statthalter  einen  Präses  ^^) . 

Ij  Schon  von  LucuU  erobert  (Dio  Cass.  35,  6 — 8) ,  dann  an  Tigranes  ab- 
getreten (Plut.  Luculi.  32),  von  Traian  wiedererobert  (Dio  Cass.  68,  23),  wurde 
Nisibis  Colonie  unter  Sevenis,  von  dem  sie  sich  Septimia  Colonia  Nisibis  nennt, 
Dio  Cass.  75,  3.  Eckhel  3,  517. 

2)  Eckhel  3,  518.    Mionnet  5,  630. 

3J  Mioniiet  S.  8,  418. 

4)  Der  Titel  kommt  zuerst  auf  einer  Münze  des  Comraodus  vor.  Mionnet 
5,  594  n.  8. 

5)  Seit  Alexander  Severus  ,   Eckhel  3,  517. 

6)  Seit  Macrinus,  Eckhel  3,  511.    Mionnet  S.  8,  401. 

7J  Dio  Cass.  75 ,  3 :  oiotooi  jjlsv  y«?  sXayiara ,  dvaXioxet  ^e  7rafx7:Xy)9"^  • 
y.ai  «rpoi  if^'jzepo'j^  xai  xtbv  MT]Oa)"V  Ttal  tojv  FlapH&v  Tipoiskr]\ii%6xz<:  dei  xpoTiov 
TivGC  uTtep  aÜTöJv  |xay6jj,£i^a. 

8)  Capitolin.  Gord.  23.  26.  Eutrop.  9,  2.  Orosius  7,  19.  20.  Zosimus  1, 
18.  19. 

9)  Zosimus  1,  36.    Trebell.  Pollio   Valerian.  3.    Clinton  F.  Rom.  ad  a.  260. 

10)  Treb.  FoU.  GaUieni  duo  12.  Zosimus  1,  39.  Eutrop.  9,  10.  11.  Gros. 
7,  ÜB. 

11)  Vopiscus  Carus  7.  8.    Eutrop.  9,   18.    Oros.  7,  24. 

12)  Eutrop.  9,  24.  25.  Oros.  7,  25  und  mehr  bei  Clinton  F.  R.  ad  a.  297. 
298.  S.  Kuf'us  hr.  14:  ac  Diodetiani  temporibus  —  —  pace  facta  Mesopotamia 
est  restituta  et  supra  ripmn  Tigridis  limes  e.tt  'reformatus  ita  ut  quinque  gentium 
Irans  Tigridem  constitutarum  dicionein  adsequeremur .  Diese  fünf  Districto  nennt 
Ammian  25,  7,  9  Arzanena,  Moxoena,  Zabdicena,   Uehimena,  C5orduena. 

13)  Ammian.  25,  6-10.  Zosimus  3,  30—34.  Eutrop.  10,  17.  S.  Rufus  br.  29. 
Libanius  I  p.  615.  «16.  Oros.  7,  31.  Socr&tes  H.  E.  3,  22.  Agathias  4,  25  und 
dazu  Clinton  ad  a.  309. 

14)  Ammian.  25,  9,  9. 

15)  N.  I).  Or.  p.  6.  9.  Cod.  Th.  12,  1,  105.  Hierocles  p.  713.  715.  Die 
Stadt  Amida  war  nicht,  wie  Malalas  p.  274  Bonn  sagt,  von  Traian  zur  Metropolis 


282 


XIj.  Aegyptus, 

Die  Provinz  Aegypten  i) ,  welche  westlich  gegen  Cyrene  hin 
bis  an  den  xaiapai^jxd?  geht'-)  und  beide  Oasen  einschliesst, 
nordöstlich  bis  zum  coliis  Cassius''^),  südlich  bis  Phile,  Elephan- 
tine  und  Syene*),  im  Südosten  bis  Berenike  reicht  •"•),  beginnt 
ihre  Geschichte  mit  der  Eroberung  Alexandrias,  den  1.  August 
Verwaltung  724  =  30 «).     In    Iliusicht    auf    die    Verwallunc    hat    sie    vielfach 

unter  einem  o 

vicekönig.  Eigenthümliches,  welches  theils  in  den  Bodenverhältnissen,  theils 
in  dem  Character  der  Einwohner,  theils  in  der  Administration 
der  ptolemäischen  Zeit,  welche  man  im  Ganzen  beibehielt,  end- 
lich in  der  pohtischen  Wichtigkeit  des  Landes  seine  Erklärung 
findet.  Aegypten  war  von  jeher  ein  dicht  bevölkertes  Land'); 
es   soll   in   alter  Zeit   18,000^)   oder   20,000»),   unter   den  Ptole- 

gemaoht,  sondern  erst  von  Constantius   befestigt.     Vorher  war  sie   ein  unbedeu- 
tender Ort,  Ammian.  18,  9,  1.  Boecking  ad  N.  D.  Or.  p.  406.  407. 

1)  Die  Hauptuntersuchungen  über  die  Provinz  Aegypten  sind :  Letronne 
Recherches  pour  servir  ä  Vhistoire  de  V  Egypte  pendant  la  domination  des  Grecs 
et  des  Romains,  Paris  1823.  8.  Letronne  Recueil  des  inscriptions  grecques  et  la- 
tines  de  V Egypte ,  Paris  4.  Vol.  I.  1842.  Vol.  II.  1848.  Franz  im  C.  I.  Gr. 
Vol.  III.  Kuhn  2,  80—91.  454  ff.  C.  E.  Varges  De  statu  Aeyypti  provinciae  Ro- 
manae  primo  et  secundo  post  Chr.  n.  saeculo,  Goetting.  1842.  4.  Vgl.  Drumann 
Die  Inschrift  von  Rosette,  Koenigsberg  1823.  8.  Rudorff  Das  Edict  des  Tiberius 
lulius  Alexander,  im  Rhein.  Museum  1828  S.  64—84.  133—190.  Rudorff  Cn. 
Vergilii  Capitonis  praef.  Aeg.  edictum,  Berol,  1834,  4.  Regnier  De  V Egypte  sous 
la  domination  des  Romains,  Paris  1807,  8,  S,  Sharpe  The  History  of  Egypt  from 
the  earliest  times  tili  the  conquest  by  the  Arabs,  London  1852.  2  Voll.  (3te  Auf!,). 
S.  Sharpe's  Gesch.  Aegyptens  —  Deutsch  von  H,  Jolowicz  ,  revidirt  und  berich- 
tigt von  A.  V.  Gutschmid.  2te  Ausg.  Leipz,  1862,  2  Bde.  8  (werthvoll  durch  die 
Anmerkungen  von  v.  Gutschmid),  Lepsius  hat  in  seinem  Werke  Denkmäler  aus 
Aegypten  und  Aethiopien,  Berlin  fol,  ohne  J,  im  XII  Bande  590  griechische 
und  66  lateinische  Inschriften  nach  Abklatschen  facsimiliren  lassen ,  deren  Be- 
nutzung äusserst  unbequem  ist ,  da  bei  keiner  Inschrift  eine  Notiz  darüber  ge- 
geben wird,  ob  sie  neu  oder  bereits  edirt  ist.  Es  sind  indessen  durchschnittlich 
Inschriften,  welche  sich  schon  im  Corpus  Inscr.  und  bei  Letronne  finden,  und 
der  Gewinn  aus  diesem  kostbaren  und  schwer  zu  benutzenden  Apparate  ig*  ein 
verhältnissmässig  geringer. 

2)  Strabo  17  p.  798.    Sallust  lug.   19. 

3)  Strabo  17  pv  760.  803. 

4)  Strabo  17  p.  787.    Tac.  Ann.  2,  61.    Plin,  N.  H.  6  $  59. 

5)  Die  Besatzungen ,  welche  die  Römer  in  Nubien  hatten  ,  waren  nur  vor- 
übergehend.   Franz  C.  I.  Gr.  n.  4946.  5100.  5109.  5110. 

6)  Dio  Cass.  51,  4.  Gros.  6,  19.  Ideler  Handbuch  d,  math.  u,  techn,  Chronol, 
1,  153.    Franz  C.  I.  Gr.  HI  p.  309. 

7)  Die  Aegypter  sind  eine  gens  fecundissima,  Plin.  paneg.  31.  Senec.  N.  Q. 
3,  25.   Plin.  N.  H.  1  %  33.    Eckhel  D.  N.  4,  37. 

8)  Diodor.   1,  31. 

9)  Herodot.  2,  177.    Plin.   N.  H.  b  %  60. 


—     283     — 

mäern  80,000  Ortschaften  i)  ,  früher  7  Millionen  2),  unter  den 
Römern  7,800,000  Einwohner  ^^)  gehabt  haben,  während  es  jetzt 
etwa  5  Millionen  Ew.  hat.  Darunter  war  eine  Million  Juden  ^j. 
Die  übrigen  Einwohner  waren  Aegypter,  Griechen,  welche  sich 
über  das  ganze  Land  verbreiteten  und  mit  den  Aegyptern  im 
Connubium  lebten^),  Römer  ündSclaven^).  Die  Aegypter,  durch 
eine  ununterbrochene  despotische  Regierung  entsittlicht,  hart- 
näckig in  Lug  und  Trug'),  und  ebenso  kriechend  als  boshaft 
und  unzuverlässig,  dazu  grämlich  und  in  religiösen  Pingen 
superstitiös  und  streitsüchtig^),  machten  eine  der  gewöhnlichen 
Provincialeinrichtung  entsprechende  Verwaltung  unmöglich.  Nir- 
gends lässt  sich  das  Geschick,  mit  welchem  sich  die  Römer  ganz 
disparate  Nationalitäten  zu  unterwerfen  wussten,  deutlicher  nach- 
weisen als  hier.  Zuerst  h'essen  sie  die  religiösen  Verhältnisse 
völlig  unangetastet;    die  ägyptischen  Tempelbauten  dauerten   un- 

1)  Diodor.  1,  31.  Theocrit.  17,  82,  der  die  heilige  Zahl  33,333  angiebt. 
Vgl.  Tzetzes  Chil.  3,  67  v.  72  und  über  die  Zahl  der  Städte  Plin.  JV.  H.  5 
S  60  ff.    Mala  1,9. 

2)  Diodor.  1,  31. 

3)  ioseph.  B.  I.  2,  16,  4  giebt  nach  den  amtlichen  Kopfsteuer-Registern  an : 
revTTjxovTa  rpo?  xaic  eTTTaxociati;  lyouoa  (xupiaoa;  dv^ptoTttov  Btya  T(h^  'Akt^di- 
opeiav  xaxoixo'jvTtuN  ,  ox;  evsotiv  £%  tyjc  xai}'  iyAzz-qs  -xecpaX-^jV  eiocpopa;  Te%{x-/]- 
pao^ai;  da  die  Einwohner  von  Alexandria  nach  Diodor  17,  52,  der  ebenfalls 
amtlichen  Angaben  folgt,  ohne  die  Sclaven  auf  300,000  kamen,  so  ergiebt  sich 
die  GesammtzahL  7,800,000.  Diese  Zahl  vermehrte  sich  noch  unter  römischer 
Herrschaft.  Letronne  Journal  des  Savans  1844  p.  434.  Im  vierten  Jahrhundert 
hatte  Aegypten  mit  Libyen  und  der  Pentapolis  zusammen  100  Bischofssitze. 
Athanasii  ApoL  II  p.  778  p.  123  ed.  Paris  1698.  Alexandri  Ep.  encycl.  ap. 
Socrat.   1,  6. 

4)  Philo  adv.  Flacc.  6  (11  p.  523  Mang.==p.  971  ed.  Frankf.):  oux  «tto- 
o^O'jot  (rjpiaoajv  exaxov  ol  x^v  'AXe^avOpsiav  zai  tyjv  yobpav  MouSaioi  ■xaxoiy.oDv- 
xei;  diro  xöü  rpo;  Ai^uttjv  xaxa|3aO(xoü  [A^ypt  xwv  6pt(ov  Aii*)i07:ia;. 

5)  Dies  zeigt  die  Inschr.  Letronne  Rec.  1,  99,  in  welcher  ein  Aegypter 
ApxßoDX  eine  Griechin  'loiotupa  zur  Frau  hat.  Ebenso  war  unter  den  Ptolemäern 
Griechen  und  Aegyptern  auf  gleiche  Weise  <ier  Zugang  zu  Staatsänitcrn  und 
Priestcrfhiimern  gestattet,  so  dass  diese  beiden  Theile  der  Bevölkerung  durch 
keine  gesetzliche  Schranke  getrennt  waren.  S.  Hrnyscn  Pe  Lwjidarum  reqiw^ 
Berol.  1831  p.  19.    Kuhn  2,  464  ff. 

6)  Auf  den  Ländereien  gab  es  durchschnittlidi  ktiiio,  da  in  Aegypten  ein 
Bauernstand  .sich  immer  erhalten  hat  (Varro  />e  r.  r,  1 ,  17.  Franz  a.  a.  O. 
p.  319aj,  aber  wohl  in  Alexandria.    Trebell.  PoU.  triyinta  lyr.  28.    Varges  p.  21. 

7)  Aelian.  V.  II.  7,  18:  Ai^^TTTloy«  cpotol  oetvrö;  hi%rx[ixz^i'\.'^  xalc  ßaaoivoic 
xai  8t(  ÄdTTOv  xeftvrj^exai  dWjp  W'^^'jTZ'zin^  axp6ßXo6(xevo;  -^j  xäXTjttii;  ÄfAoXo^Tjoei. 
Amuian.  22,  16,  23:  erubencit  tipud  ton  Hi  qui  non  in/itiundn  Irihuta  plurhnas 
in  corpore  vibice»  oatendat ,  et  nuUa  lonnentorwn  vw  inveniri  adhuc  potuit  qtKie 
obdurato  iUius  Irariun  ItUroni  invilo  elicere  potuit  ut  nomen  proprium  dical. 

8)  lieber  diese  Ch artete rztige  der  Aegypter  s.  Vargea  p.  23;  über  die  Sy- 
cx)pbantie  derselben  Ediet.  flb.  Altx,  Hn.  38— 4Ö. 


—     284     — 

verändert  unter  den  Kaisern  fort  ^)  ;  der  Gebrauch  der  Hierogly- 
phen ist  noch  unter  Caracalla'^)  und  später  nachweisbar 3) ;  die 
letzte  durch  einen  Regentennanien  chronologisch  bestimmte  hiero- 
glyphische Darstellung  ist  eine  Opferhandlung  des  Kaisers  Decius 
um  250  n.  Chr.*);  officiolle  Sprache  blieb  die  von  den  Plole- 
mäern  eingeführte  griechische  ^) ;  der  gesammten  Administration 
aber  wurden  die  Einrichtungen  der  Ptolemäer  durchgängig  zu 
Grunde  geh'gt,  und  an  die  Spitze  derselben  ein  Viceiiönig  ge- 
stellt <»),  der  ohne  die  Insignien  der  römischen  Magistrate  und 
unmittelbar  dem  Kaiser  untergeben,  auch  in  Hinsicht  auf  alle 
gebräuchlichen  Ceremonien  die  Stelle  des  Königs  vertrat').  Zu 
dieser  ausserordentlichen  Massregel  veranlasste  den  Augustus 
ausser  der  Rücksicht  auf  die  Einwohner  auch  die  politische  Wich- 
tigkeit der  Provinz ,  deren  Getreidelieferungen  der  Bevölkerung 
Roms  seit  dieser  Zeit  unentbehrlich  waren,  und  deren  strategisch 
gesicherte  Lage  im  Falle  der  Auflehnung  eines  Stalthalters  für 
die  Ruhe  der  Stadt  und  für  die  Sicherheit  der  Kaiserherrschaft 
selbst  eine  dauernde  Gefahr  verursacht  haben  würde ^).  Er  nahm 
daher  Aegypten  weder  für  den  Senat  noch  für  den  Fiscus  in 
Besitz,  sondern  machte  es  zu  einem  Haus- oder  ChatouUengute"), 
das   er  in  Person  verwaltete,    so  dass   einerseits   die    königlichen 

1)  Dies  hat  Letronne  ausführlich  bewiesen. 

2)  Rosellini  Mon.  stör.  2  p.  455. 

3}  Wahrscheinlich  dauerte  er  bis  in  das  6te  Jahrhundert  n.  Chr.  Letronne 
Journal  des  Savans  1843  p.  464  ff.    Franz  a.  a.  0.  p.  30b. 

4)  Die  hieroglyphischen  Denkmäler  römischer  Zeit  findet  man  bei  Lepsius, 
Vierte  Abtheilung ,  Denkmäler  aus  der  Zeit  der  Griechischen  und  Römischen 
Herrschaft,   Blatt  69  bis  90.    Sie  beginnen  mit  Augustus  und  reichen  bis  Decius. 

5)  Dies  ersieht  man  aus  den  erhaltenen  offlciellen  Urkunden,  z.  B.  den 
Edicten  der  römischen  Präfecten. 

6}  Tac.  Hist  1,  11 :  Aegyptum  copiasque,  quibus  coerceretur,  iam  inde  a  D. 
Augusto  equites  Romani  obtinent  vice  regum.  Ita  visum  expedire,  provinciam 
nditu  difficilem,  annonae  fecundam,  superstitione  ac  lascivia  discordem  ac  mobi- 
lem, insciam  legum ,  ignaram  magistratuum ,  dornt  retinere.  Strabo  16  p.  797 : 
6  [X£V  ouv  TTefjLCpOet?  (eTrapyo?)  tyjv  toj  ßaatXsoj;  ejei  xa^iv. 

7)  Plin.  N.  H.  b  ^  bl:  cum  crescit  (^Nilus')  reges  aut  praefectos  navigare  eo 
nefas  iudicatum  est.  Seneca  N.  Q.  4,  2,  8;  in  haec  ora  stipem  sacerdotes  et  aurea 
dona  praefecti^  cum  solenne  venit  sacrum,   iaciunt. 

8)  Suet.  Caes.  35:  regnum  Aegypti  xnctor  Cleopatrae  fratrique  eius  minori 
permisit ,  veritus  provinciam  facere ,  ne  quandoque  violentiorem  praesidem  nacta 
novarum  rerum  materia  esset.  Tac.  Ann.  2,  59 :  nam  Augustus  Inter  alia  domi- 
nationis  arcana  vetitis  nisi  permissu  ingredi  senatoribus  aut  equitibus  Romanis 
illustribus  seposuit  Aegyptum,,  ne  fama  urgeret  Italiam,  quisquis  eam  provinciam 
claustraque  terrae  ac  maris  quamvis  levi  praesidio  adversum  ingentes  exercitus  in- 
sedisset.    Ygl.  Tac.  H.  3,  8.  48. 

9)  Tac.  //.  !,•  11  lässt  den  Augustus  provinciam  {Aegyptum^  —  domi  reti- 
nere, d.  h.  in  seinem  Privatbesitz.    Der  Gegensatz  von  domus  ist  respublica  (Tac. 


Aegypti. 


—     285     — 

Domainengüter  in  sein  Eigenthum  übergingen,  andrerseits  die  Ab- 
gaben des  ganzen  Landes  in  seine  Privatcasse  [res  privata  pnn~ 
cipis]  flössen  ^) ,  verbot  allen  Senatoren  und  equites  illustres  das- 
selbe überhaupt  zu  betreten  2)  und  ernannte  zum  Vicekönig  einen 
Ritter  =^),  der  im  Verhältniss  zu  ihm  als  ein  Hausbeamter,  pro-  Pme/ectus 
curatoVj  zu  betrachten  isf^),  weil  er  aber  eine  höhere  Stellung, 
als  die  gewöhnlichen  Procuratoren  einnahm  und  wie  die  Statt- 
halter der  kaiserlichen  Provinzen  ein  Heer  (es  waren  unter 
Augustus  drei  5),  unter  Tiberius  zwei  Legionen  ß),  leg.  III  Cyre- 
naica  und  leg.  XXII  Deiotariana^  später,  vielleicht  seit  Traian, 
eine  Legion,   leg.  II  Traiana  fortis'^)   nebst  verschiedenen  Auxi- 

Ann.  13,  4.  H.  1,  15).  Philo  adv.  Flaccum  19  (II  p,  540  Mangey)  nennt  Aegypten 
t6  (jL^YtO'cov  a'JTOü  (Tißepio'j)  xöJv  XTTjfJiaTcov.  Vgl.  Ammlan.  22,  16,  24:  Aegyptus 
—  —  provinciae  nomen  accejyit  ab  Octaviano  Auyusto  possessa. 

1)  Die  Nachricht  des  Strabo  17  p.  817.  818 ,  dass  die  Einkünlte  Aegyptens 
an  die  -/JYefAOvei;  gezahlt  werden  und  dass  die  königliche  Domaine  den  ■f]'(e[t.(j^e<i 
Ertrag  Meiert,  habe  ich  früher,  weil  ''f]-^eij.(hy  eine  gewöhnliche  Bezeichnung  des 
praefectus  Aeyypti  ist,  auf  diesen  bezogen.  Kuhn  2,  473  hat  dagegen  mit  Recht 
angenommen,  dass  unter  den  rf(e\j.6sz<;  bei  Strabo  die  Kaiser  selbst  zu  verstehn 
sind.  Denn  der  praefectus  hat  wohl  von  Anfang  an  ein  Gehalt  bezogen,  und 
dass  die  Einkünfte  an  den  Kaiser  geschickt  wurden,  ist  theils  selbstverständlich, 
theils  von  Dio  Cass.  57,  10;  66,  8  bezeugt. 

2)  Tac.  Ann.  2,  59.  Dio  Cass.  51,  17.  Dies  Gesetz,  dessen  Aufrechterhaltung 
bei  der  strengen  Fremdencontrole ,  die  in  Aegypten  stattfand  (Strabo  2  p.  101), 
ohne  Schwierigkeit  war,  überschritt  zuerst  Germanicus  (Tac.  Ann.  a.  a.  0.),  her- 
nach Andere.    Zoega  N.  reg.  p.  316  n. 

3)  Tac  H.  1,  11.  Arrian.  Anab.  3,  5,  10:  xoti  'FcufxaToi  |j,oi  Boxouoi,  irap' 
'AXe^dvOpou  ptaftoviEi;,  is  cpuXax^  e'yei"^  Ai^uttto^  ,  v.ai  [xr/A^n.  xöjv  dr.b  ßouXt]!; 
Iri  Tojoe  exTTcfxreiv  uzap/ov  Ai^uTTTou ,  ak\d  töjv  ei;  xou;  IrTicat;  acptoi  ^uvre- 
XouvTojv,  Dio  Cass.  53,  13.  Darum  heisst  der  Präfect  6  iTTzap^röJv  xa-d  Tfjv 
AtY'JTTTöv.  loseph.  Ant.  19,  5,  2.  Dass  ein  Senator  jemals  prae/iec^ws /Icy.  gewesen 
sei,  ist  nicht  nachweisbar,  Franz  a.  a.  0.  p.  309^^;  ein  Freigelassener  Severus 
(Dio  Cass.  58,  19.  Philo  in  Flaccum  1  (II  p.  517  Mang. )  war  im  Jahre  32  n.  Chr. 
kurze  Zeit  Vicar  des  verstorbenen  Präfecten  Vitrasius  Pollio  und  Vurde  noch 
in  demselben  Jahre  von  dem  neu  antretenden  Präfecfen  Avillius  Flaccus  abge- 
löst. Den  Avidius  Heliodorus,  der  nach  Dio  Cass.  09,  3  ab  epistolis  Hadriani 
gewesen  war,  und  darauf  praefectus  Aegypti  wurde,  braucht  man  nicht  für  einen 
Freigelassenen  zu  halten.  S.  Spart.  Hadr.  22:  ah  epistolis  et  a  Ubellis  pri- 
mus  equites  Romanos  habuil.  Das  Verzeichniss  der  bekannton  Präfecten  findet 
man  bei  Franz  a.  a.  0.  p  310  ff.  Vgl.  Borghesi  Oeuvres  5,  23  ff.  Henzcn  Inscr. 
p.  522.  Ueber  die  ersten  Präfecten  s.  Mommsen  lies  g.  J).  Augusti  p.  74  ff. 
C.  Wescher  Bull.  1866  p.  51  ff,;  über  die  Präfecten  des  vierten  Jahrhunderts  s. 
Franz  a.  a.  0.  323.  Q.  R.  Sievers  Atharuisii  vita  acephala  in  Zoitschr.  für  die 
histor.  Theologie  1868  I  p.  113  ff.  und  denselben  Leben  des  Libanius  S.  254  ff. 

4)  Er  heisst  zuweilen  auch  procurator,  wie  Cornelius  (Jallus  bei  Ammian 
17,  4,  5;  inixpq^.oi  'AXe^avopelai  xal  vfii  yßi^iiy  Philo  in  Flaccum  1  (  II  p.  517 
Mang.)  und  sein  Amt  procuratio.    Suet.  ^ero  35,  Tac.  Ann.  12,  60. 

5)  Strabo  ^7  p.  797. 

0)  Tac.  Ann.  4,  5,  Grotefend  in  Paulys  Realenoyclopädie  IV,  875.  899. 
7}  Dio  Cm8.  55,  24.  Grotefend  a.  a.  ü,  8.  874.  Unter  Antonlnns  Plus  stond 


—     286     — 

liarcorpsi))  unter  sich  hatte,  den  Titel  praefectus  Aegypti^),  in 
späterer  Zeit  Augustalis,  und  ein  imperium  ad  simiUtudinem  pro- 
consulis'^)^  d.  h.  die  Vollniachl  eines  Provincialstatthalters*)  ohne 
dessen  äussere  Ausstattung  und  ohne  fasces'')  erhielt.  Sein  Be- 
amtenpersonal bestand  aus  Freigelassenen  des  Kaisers,  welche 
ihn  auch  vertraten  <•)  ;  selbst  für  das  militärische  Commando 
galt  in  Aegypten  die  Ausnahme,  dass  die  Legionen  nicht  von 
legati  senatorischen  Ranges ,  sondern  von  Rittern  commandirt 
wurden,  die  den  Titel  praefecUis  caslrorum  führten').  Die  Be- 
stimmung der  Abgaben^),  sowie  die  Besetzung  einiger  Aemter, 
namentlich  des  Vorsteheramtes  am  Museum  zu  Alexandria  ^),  ist 
dem  Kaiser  vorbehalten  ;  alles  Uebrige  steht  unter  dem  praefeclus, 
welcher  nicht  nur  die  höchste  Gerichtsbarkeit,  sondern  auch  die 
Controle  der  Finanzverwaltung ^*^)  und  das  militärische  Obercom- 
sie bereits  in  Alexandria,  Orelli  3456.  Mommsen  Archäologische  Zeitung  XXVII 
(1869)  S.  123  ff. 

1)  Es  waren  unter  Augustus  9  coliortes  und  3  alae ,  Strabo  17  p.  797. 
Uebrigens  vgl.  Franz  a.  a.  0.  p.  314. 

2)  Dieser  offlcielle  Titel  ist  sehr  häufig,  z.  b.  Tac.'fii^f.  2,  74  u.  ö.,  auch 
in  Inschriften.  Ygl.  über  ihn  Kuhn  2,  82  ff.  Griechisch  heisst  er  -fj^efAcov,  Ed. 
Alex,  lin,  1.  2;  '^j^sp-tuv  tt]?  ^Tiapyia;,  Letronne  Rec.  n.  CCCIX;  '^YefjLO^euojv 
C.  I.  Gr.  n.  4701  und  oft  bei  Strabo,  Philo  und  losephus  (s.  die  Stellen  bei 
Kuhn  2,  474,  Anm.  4160);  apywv  Aiyu-tod,  Dio  Cass.  53,  29;  54,  19;  63,  18 
71,28;  ETTapyo?,  Ed.  Alex.  lin.  28;  uTrapyo? ,  Arrian.  Anab.  3,  5,  10.  Vales 
ad  Euseb.  H.E.  4,  1.  Boeckh  C.  I.  Gr.  n."  2592.  3187.  Wernsdorf  ad  Himer 
p.  297. 

3)  Digest.   1,   17,  1. 

4)  Tac.  Ann.  12,  60:  nam  divus  Augustus  apud  equestres,  qui  Aegypto  prae- 
siderent ,  lege  agi  decretaque  eorum  proinde  haberi  iusserot ,  ac  si  niagistratus 
Romani  constituissent. 

5)  Als  Caesar  in  Alexandria  einzog,  waren  die  Alexandriner  sehr  unwillig 
darüber,  dass  ihm  die  fasces  vorgetragen  wurden,  Caesar  B.  C.  3,  106.  Die  Rö- 
mer selbst  aber  glaubten  an  das  Vorhandensein  eines  Orakels,  welches  dies  ver- 
hinderte. Trebeli.  Pollio  XXX  tyr.  22:  qui  (Gallienus')  cum  Theodoto  vellet  im- 
perium proconsulare  decernere,  a  sacerdotibus  est  prohibitus ,  qui  dixerunt,  fasces 
consulares  ingredi  Alexandriam  non  Heere,  cuius  rei  etiam  Ciceronem,  cum  contra 
Gabinium  loquitur  ^  meminisse  satis  novimus.  Dies  Orakel  erwähnt  auch  Lucan. 
8,  823  ff. 

6)  Strabo  17  p.  797  und  S.  285  Anm.  3. 

7)  Hievon  wird  an  einem  andern  Orte  die  Rede  sein.  S.  jetzt  Mommsen 
Archäologische  Zeitung  XXVII  (1869)  S.  124  ff. 

8)  Dio  Cass.  53,  18.  Ed.  Ti.  Alex.  lin.  27.  62—65.  Varges  p.  59. 

9)  Strabo  17  p.  794. 

10)  Philo  in  Flaccum  1  (II  p.  517  Mang.):  xal  ooa  piv  Trspl  XoYtCfAOu;  '/at 
T-^jV  Tä)V  itpo^oBeuopi^ojv  ->caTa)pi}ou  SioiXTrjOtv ,  ei  y.ai  [le-iaXa  vM  d^a^xala  r^v, 
dXX.'  ouSsv  ye  0£iY[J.a  4^UX'^''  ^~icpaiv£v  if(£i).o'^iv.fii;.  Ib.  p.  518 :  doixaCe  xd  iie^akrx 
[j.£Td  TÖJv  ev  TsXei  (nämlich  Flaccus);  derselbe  hält  ein  Gericht  *über  den  jüdi- 
schen Senat  c.  10  p.  529.  Von  einem  gewissen  Ad[XTrtov  heisst  es  dann  c.  16 
p.  536 :   Trpocea-w;  y^^P  xoT?  Tj^ef^-oaiv  orroxe  or/dCotvxo,  üTcefxvYjfAaxiCexo  zd.^  Sr/a; 


—     287     — 

mando  hat,  dem  Kaiser  persönlich  verantwortlich  ist^),  über 
wichtige  Sachen  direct  an  den  Kaiser  berichtet  2)  und  bei  Im- 
mediateingaben an  denselben  den  Vermittler  macht  3).  Er  resi- 
dirt  in  Alexandria'*),  von  wo  aus  er  Inspectionsreisen  in  das 
Land  macht 5);  die  Dauer  seines  Amtes  hängt  von  der  willkühr- 
lichen  Bestimmung  des  Kaisers  ab '') . 

Wie  den  römischen  Senatoren  verboten  war,  nach  Aegypten 
zu  kommen,  so  war  auch  den  Aegyptern,  insofern  sie  römisches 
Bürgerrecht  erlangten,  untersagt,  römische  Aemter  zu  bekleiden, 
welche  den  Zutritt  in  den  Senat  eröffneten').  Auch  die  Erlan- 
gung des  römischen  Bürgerrechtes  wurde  ihnen  erschwert  durch 
die  Bedingung,  dass  sie  zuvor  Bürger  von  Alexandria  werden 
musstenS),  was  durch  Bewilligung  des  Kaisers  selbst  und  zwar 
selten  geschah -V.  Alexandrinische  Bürger  sind  später,  unter 
Caracalla,  in  den  römischen  Senat  gelangt  i^*),  aber  die  eigent- 
lichen Aegypter  scheinen  selbst  nach  der  durch  denselben  Kaiser 
erfolgten  Verleihung  des  römischen  Bürgerrechtes  an  alle  Pere- 
grinen  nach  wie  vor  zur  Bekleidung  römischer  Würden  unfähig 
geblieben  zu  sein^i). 

ehd'fm^  (bc  Ix*"''  Tdi^tv ,    und  von   den  Präfecten   selbst :    d\xy]yavos   (xev   -(d^   "rjv 

TaOxa  o'j  otzdCovra?  ix6vo^  dXkd  -mi  XoYiofxou?  xöiv  Tcpooootuv  -xal  oaojxwv  Xa(jt.- 
ßdvovxa;,  wv  Y)  i^i'^aic,  toO  dviauxoü  ypovov  dvrjXiaxev. 

1)  Philo  in  Flaccum  12  p.  533  M.  von  den  Präfecten  des  Angustus  und 
Tiberius  :  o'j;  fxexa  x6v  ipiuftsvxa  ypovov  x-rj;  dpyfj;;  iraveX^ovxa?  ek  'Ptt)(XY]v  ol 
7'jxoxpdxope!;  X<5yov  -aoli  £ui)6va;  xwv  ze7:paY|J-^v(ov  t^'xouv  ,  xcxl  |j,dXi3H'  ÖTtöxav 
TTpeoße'joatvxo  al  doiXTji^eioott  TroXet?, 

2)  Ed.  Ti.  Alex.  1.  9:  TiposYpot^"^  dvaifxauoc  repi  £y.dGxou  xwv  IttiCyixou- 
[A^veov,  ooa  I;e5xt  (xot  xptv&tv  %ai  tcoisTv.  Td  6e  fj.sito'^a  y.al  5e6[x£va  xfj;  xoO 
ot'jxoxpdxopo;  O'JvdijLEoj;  xcit  u.Ey'^iXe  16x75x0 ;  ot'jxu>  oirjXtoaüj  [xexd  ndcrr];  dXTj^eia;. 

3j  Philo  in  Flaccum  12  p.  532  M. 

4)  Digest.  1,   17,   1  u.  ö. 

b)  Zu  diesem  Zwecke  stehen  In  Schedia,  einem  Orte  240  Stadien  von 
Alexandria,  bedeckte  Schiffe  (tiXoTcc.  OaXafXT^y*»  ^trabo  17  p.  8Ü0).  Strabo  selbst 
begleitete  auf  einer  solchen  Reise  den  Präfecten  Aelius  Gallus,  Strabo  2  p.  liS; 
17  p.  806.  815.  817.  Andre  Erwähnungen  dieser  Reisen  Letronne  Rec.  U  p.  472. 
r.  /.  6'r.  n.  4099  1.  23. 

0 )  Seins  Strabo ,  Seians  Vater,  war  wenige  Monate,  sein  Nachfolger,  Vitra- 
sfus  Pollio  16  Jahre  Präfect.    S.  das  Verz.  bei  Franz  a.  a.  0.  p.  310. 

7)  Dio  ('a88.  51,  17.  Ausführlich  handelt  hierüber  Kuhn  2,  86  ff. 

8)  Plin.  ep.  10.  5(4).   10(5).  6(22).  7(23). 

9)  Joseph,  c  ntrn  ApionemC):  miin  Attjyplii»  neijue  reguni  quisijunm  videtur 
iuH  rivitdtin  fuisse  Idryitw ,  neque  nunc  ijuidtm  iniperdlnrnin.  Apion  st.'lhst  hatte 
es  indessen  erlangt,   ib.  c.  4. 

10)  Dio  Cass.   51,   17. 

11)  S.  Kuhn  ä.  a.  0. 


—     288     — 

Cflntraiisa-  Die  zweile  Eigenthümlichkoit  in   der  Organisation  Aegyplens 

Verwaltung,  war,  dass  das  Land  nicht,  wie  Italien  und  die  meisten  Provin- 
zen, in  eine  Anzahl  neben  einander  bestehender  Comnmnalver- 
bände  und  städtischer  Territorien  zerfiel,  deren  Administration 
von  städtischen  Senaten  und  Behörden  ausging,  sondern  zum 
Zwecke  einer  centralisirten  Verwaltung  in  Theile  zerlegt  war, 
welche,*  einander  untergeordnet,  von  Beamten  verschiedener  Rang- 
stufen   regiert   wurden.      Das    ganze  Land    zerfiel   in    drei   grosse 

Epistrate-  Bezirke  (Epistrategien) :  Oberägypten  (Thebais)  i)  mit  der  Haupt- 
stadt Ptolemais'^),  Mittelägypten  (Heptanomis)  und  Unterägypten 
(Delta)  '^).  Jeder  derselben  war  getheilt  in  Nomen,  die  Nomen 
in  Toparchien  ^),  die  Toparchien  in  xoijxai  und  tottoi,  in  welchen 
das  Land  genau  nach  apoupav  vermessen  war  •'') .  Die  drei  grossen 
Bezirke  standen  jeder  unter  einem  sTrtatpaTTjYo;,  der  ein  Römer 
war^)  und  die  gesammte  Civil-  und  Militärgewalt  in  sich  ver- 
einigte, so  dass  sämmtliche  Beamten  der  Epistrategie  ihm  unter- 
geordnet waren').  Der  Epistrateg  der  Thebais  führt  zugleich  in 
Inschriften  den  Titel  apaßapj^rj? '^)  oder  orparriYo?  xr^c,  TvoixTJ?  xai 
'Epudpac  OaXaoor^?^);   zu  seinem  Bezirke  gehört  nämlich  das  Land 

1)  Strabo  17  p.  787.    Ptolem.  4,  5,  62. 

2)  Strabo  17  p.  813.    Franz  a.  a.  0.  zu  n.  4751.    Letronne  Rec.  II,  405. 

3)  Strabo  17  p.  787.    Ptolem.  4,  5,  45.  55. 

4)  Herod.  2,  109.  165  ff.    Strabo  17  p.  787. 

5)  Strabo  17  p.  787.    apoupa   ist   ein  Maass  Yon  100   ägyptischen  Ellen  im 
•  Quadrat.  Herodot.  2,  168.   Journal  des  Savans  1828  p.  486.   Peyron  Pap.  Taur.  I 

p.  135.    Hultsch  Metrologie  S.  284. 

6)  Nur  der  älteste  der  uns  bekannten  Epistrategen,  nToXsp-aio?  'HpaicXeiSou 
dTTiSTpaTTQYO?  xj\c,  B'rjßaioo?,  im  14ten  Jahr  des  Augustus  (Inschr.  Letronne  Rec. 
11,  141),  hat  einen  griechischen  Namen  ;  offenbar  bedienten  sich  die  Römer  zu- 
erst einheimischer  Beamten ,  die  das  Land  kannten ;  später  kommen  vor  Itti- 
oxpatTjYOi  0-^^atoo;,  und  zwar  Römer,  C.  I.  Gr.  4745.  4751.  4753,  epistrategus 
Thebaidis  in  der  lat.  Inschr.  Orelli  3881,  vgl.  C.  I.  Gr.  4715.  4716.  4955,  wo 
Brjßaioo?  nicht  zugesetzt,  aber  zu  verstehen  ist.  Der  iriKSTpd'zrffOi  töjv  Itttoi 
vofxöjv  findet  sich  Orelli  516  mit  dem  lateinischen  Titel  proc.  Aug.  epistrategiae 
Septem  nomor.  et  Arsinoitae;  er  ist  ar.ch  gemeint  in  der  Inschr.  von  Antinoe, 
C.  1.  Gr.  4705:  eTciaxpaTTQYO'JVTOc  [2!]£0'j[-^pou  Oü]ißiou  [A'jp]YjXiavo[D],  und  in 
einer  andern  Inschrift  Letronne  Rec.  II,  465.  466.  Ein  Epistrateg  des  Delta  wird 
nicht  mit  vollem  Titel  erwähnt,  scheint  aber  zu  verstehn  in  der  Inschr.  C.  1.  Gr.  4701 . 

7)  Dass  er  eine  Civilbehörde  ist,  folgt  daraus,  dass  unter  ihm  die  Strategen 
stehn;  dass  er  zugleich  militärisches  Commando  hat,  was  Rudorfl'  im  Rhein. 
Museum  a,  a.  0.  p.  80  leugnete,  zeigt  der  M.  Artorius  Priscus,  der  vom  prae- 
fectus  montis  Berenices   zum  Epistrategen  befördert  wurde,    Orelli  n.   3881.    Le- 

^      trenne  Rec.  XXVT.  XXVII.    Franz  a.  a.  0.   p.  315^. 

8}  C.  I.  Gr.  4751  =  Letronne  Rec.  II  n..l80:  Kkwhioc,  Tspiivo?  dprxßapy-r]; 
xai  ^TriaxpdT-rjYo;  0Tr]ßaiSo?. 

9)  C.  I.  Gr.  4897b  aus  der  Zeit  der  Ptolemäer :  KakXiiKayoc,  b  guy^sv?];  xat 
dTTKJxpdxTjYo;  xal  oxpTjxcxYÖc  TTJ;  'IvSiXTJi;  xai  'Epu&pa?  W^docY]?.    Peyron.  Papyr. 


—     289     — 

vom  Nil  bis  zum  rothen  Meere,  welches  in  speciellem  Sinne 
Arabia  heisst,  und  die  Strasse  zwischen  Koptos  und  Berenike, 
deren  Schutz  ihm  obliegt  i).  Der  Nomen  oder  Gaue  gab  es  ur-  Nomen. 
sprünglich  36  2);  j^re  Zahl  muss  indessen  später  bedeutend  ver- 
grössert  sein,  da  Ptolemäus  47  anführt,  aus  den  Münzen,  welche 
unter  Traian,  Hadrian  und  Antoninus  Pius  in  den  Jahren  109 — 
145  n.  Chr.  in  diesen  Nomen  geprägt  sind,  ebenfalls  47  Namen 
nachweisbar  sind,  die  indessen  nicht  durchgängig  denen  des 
Ptolemaeus  entsprechen,  und  im  Ganzen  aus  verschiedenen  Quel- 
len 76  vielleicht  auf  verschiedene  Epochen  bezügliche  Namen 
dieser    Gaue    zusammengebracht    werden    können  ^j.     Wenn    die 

Taurin.  Vol.  I  p.  71:  'AzoXXiuvio;  nToXefxaio'j  'Apaßötpyoy  uW«,  OTpaTty^bi  tou 
'OfxßeiTou  xai  tou  Trepl  'EXecpavxiVTjv  xal  OiXa;  xai  iiapäXiav  rrj«;  dpuftpäg  da- 
XdooTji;. 

j)  Letronne  Rec.  II,  42.  334.  Ganz  verschieden  von  diesem  'Apaßap^rj?  ist 
der  dXaßdpyr^i;,  welcher  in  Alexandria  seinen  Sitz  hat  (loseph.  Ant.  18,  6,  3). 
Dieser  Titel,  an  dessen  Richtigkeit  man  überhaupt  gezweifelt  hat,  weil  die  Masse 
der  analogen  Composita  von  Städte-  und  Yölkernamen  gebildet  ist,  wie  ÖYjßdpyy];, 
BottuTocp/Tj; ,  'AatdpyTj;  und  viele  andere,  kommt  ausser  in  Aegypten  auch  in 
Lycien  vor  (Inschr.  v,  Xanthos,  C.  I.  Gr.  4267),  hat  seine  Analogie  in  elp-r)- 
vapyr]?,  ^aXiap/o;  (Hör.  Carm.  i,  9,  8),  cjcpatpdpyY](;  (C.  7.  Gr.  4794),  (xuonQpidpyr)!: 
(Prüdent.  r.  axecpdv.  Hymn.  2  Str.  88,  2),  TrevxTjxooxapyoc ,  6  apvtuv  t-^c  ttev- 
TTjxoorfjs  Toy  TeXou;  xal  twv  TievTTjXooTwv  (Bekker  Anecd.  Gr.  p.  297),  und  wird 
von  Cuiacius  Obss.  8,  37  abgeleitet  von  akd^'f]  die  Tinte,  und  erklärt  als  scripturae 
magister  mit  Bezug  auf  Cod.  lust.  4,  61,  9:  usurpationem  totius  ticer^tia€  sum- 
movemus  circa  vectigal  Alabarchiae  [die  Lesart  ist  freilich  auch  hier  nicht  sicher] 
per  Aegyptum  atque  Augustaneam  constitutum,  nihilque  super  traductione  anima- 
lium,  quae  sine  prohibitione  solita  minime  permittenda  est,  per  licentiam  vindicari 
concedimus.  Der  Name  ist  vorrömisch,  denn  schon  Cicero  bezeichnet  ad  Att.  2, 
17,  3  damit  scherzhaft  den  Pompeius  als  einen  Zöllner,  da  er  sich  bei  seinem 
Triumphe  61  v.  Chr.  rühmte,  dass  durch  seine  Siege  die  Zölle  von  50  auf  85 
Millionen  erhöht  seien  (Drumann  2,  226);  aber  in  der  Kaiserzeit  scheint  er 
einen  kaiserlichen  Procurator  zu  bezeichnen.  Der  Alexander  wenigstens,  welcher 
nnter  Tiberius ,  Caligula  und  Claudius  dXaßdpyTfj;  in  Alexandria  war  (loseph. 
Ant.  18,  6,  3),  war  vorher  Procurator  der  Antonia,  Mutter  des  Claudius,  gewesen 
( loseph.  Ant.  19,  5,  1 ).  Sein  Bruder  war  Philo ,  dessen  Schriften  wir  haben 
(loseph.  Ant.  18,  8,  1.  Euseb.  H.  E.  2,  5),  sein  Sohn  Ti.  lulius  Alexander,  ein 
römischer  liitter,  wurde  46  n.  Chr.  procurator  ludaeae  und  67  n.  Chr.  praefecttu 
Aegypti.  Dass  der  Alabarch  über  grosse  Geldsummen  verfügte,  zeigt  der  Um- 
stand ,  dass  Agrippa  bei  ihm  eine  Anleihe  zu  machen  suchte  (loseph.  Ant.  18, 
6,  3);  daher  ist  er  sprichwörtlich  der  reiche  Mann,  so  bei  luvenal  1,  130  und 
PallaOas  von  Aiexandria  ep.  30  (Anth.  Pal.  II  p.  430  n.  383,  4=Anth.  Gr.  III 
p.  121),  welcher  einen  Esel  bedauert,  dass  er  iz  dXaßapyelTjc  -^^ait.^i.oi'civ.o'j  Y^lfo- 
vEv  d.  1>.  aus  reichem  Hause  in  ein  armes  gekommen  ist. 

2)  Diodor.  1,  54.  Strabo  17  p.  787,  welcher  10  auf  die  Tbebais,  16  auf, Mit- 
telägypten,   10  auf  das  Delta  rechnet,  aber  selbst  nur  23  namhaft  macht. 

3)  S.  Tochon  d'Annec.y  Recherche»  sur  lea  m^dailleß  des  nomea  de  l'flgypte^ 
Paris  1822.  4,  Parthey  Die  Gaumünzen  Aepyptens ,  in  Pinder  und  Friedländer 
Beiträge  zur  älteren  .Münzkunde  1  S,  137 — 162.  V.  Langlois  Sumismatique  des 
nomes  d' flgypte  mous  Vadminiatration  Romaine,  Paris  1852.  4.  Vgl.  Birch  in  Nu- 
miamatic  Chronicle  1840  p.  86 — 107.  1.  de  Kongo  AJonruiie»  de  noinea  de  L' l^gypte, 
Paris  1873.  8. 

Köm.  Alterth.  IV.  19 


—     290     — 

Alten  selbst  vofio?  als  einen  Stadtbezirk  definiren  ^),  so  ist  dies 
nur  in  sofern  richtig,  als  der  Nomos  eine  Hauptstadt  hat  und 
ein  Analogon  zu  den  städtischen  Diöcesen  anderer  Provinzen  bil- 
det; unrichtig  dagegen  insofern,  als  die  Stadt  weder  selbst  eine 
Commune  bildet,  noch  das  Gebiet  verwaltet,  sondern  nur  einen 
Theil  des  Gaues  ausmacht  2).  Beide,  Stadt  und  Land,  werden 
administrirt  von  dem  Gauverwalter,  der  nach  Diodor  so  alt  ist, 
wie  die  Nomeneintheilung  selbst  und  von  ihm  vo}iapx^^?  genannt 
wird^),  unter  den  Ptolemaern  die  doppelte  Function  eines  Civil- 
beamten ,  vo[Aap5(Yjc,  und  eines  Militarbefehlshabers ,  otpa-njYo;, 
hatte*)  und  unter  den  Römern  den  letzten  Titel  beibehielt  5), 
obgleich  er  ausschliesslich  mit  der  Verwaltung,  namentlich  der 
Ausübung  der  Polizei^),  einer  untergeordneten  Gerichtsbarkeit^), 
der  Bekanntmachung  und  Ausführung  der  Edicte  des  Präfecten'*) 
und  der  Eintreibung  der  Steuern  beschäftigt  war^).  Der  Strateg 
wurde  von  dem  Präfecten   aus  Eingebornen,    d.    h.    Griechen  i^) 

1)  Cyrillus  Alex,  in  Esaiam  19 :  vo|J.ö?  oe  XsYETat  rapd  xoU  tyjv  A^y'^tttiojv 
•/.aTotxoüai  )((6pav  iv.d<szf]  TioXt?  xal  ai  7:£ptoixioe?  auxf^?  xal  at  biz  autin  -/.(»[xai. 
Epiphan.  contra  haeres.  Basüid.  Vol.  II  lib.  I  p.  32  ed.  Basil.  =  I  p.  68  Petav.: 
vo[xöv  -^äp  Ol  AiTUTiTioi  cpaai  rrjv  £7.aoTY]i;  TcoXeto?  Tceptoiztoa  -ffoi  Tiepiywpov. 
Plin.   N.  H.  6  §  49 :   dividitur  in  praefecturas  oppidorum,  quas  nomos  vocant. 

2)  Dies  sieht  man  namentlich  aus  den  Münzen ,  die  nicht  den  Namen  der 
Hauptstadt,  sondern  des  Nomos  tragen,  Parthey  a.  a.  0.  S.  143,  so  wie  aus  ver- 
schiedenen Dedicationsinschriften ,  in  welchen  oL  o.nh  x'?j<;  [XTjTpoTcöXeaji;  -/.al  xoü 
vo|j.oü  unterschieden  werden,   C.I.  Gr.  4715.  4716.   Vgl.  Kuhn  2,  500  ff. 

3)  Diodor  1,  54  sagt  von  Sesoosis  (bei  Herodot  Sesostris):  xyjv  oe  yciupav  aTracav 
eU  £^  vcal  xptd/covxa  (AepTQ  oteXwv,  ä -/.aXouoiv  AiY'J^'Liot  vofxou^,  ETisoxyjosv  arcaai 
vofxdpya;  xou?  d7rt|jL£XYj00[jL£V0U(;  xöüv  xe  Tiposoötov  xwv  ßaaiXtxöi^  xal  ototXYjaovxrxi; 
azavxa  xd  %axd  xd?  toias  (xepioac  */.  x.  X. 

4)  Sein  Titel  ist  oxpax-rjYo?  "/at  vofAapyTj? ,  Peyron  Pap.  Taurin.  I  p.  1  lin, 
10.  14.  Franz  a.  a.  0.  p.  291b.  Da  der  cxpaxYjYO?  der  höhere  Titel  war,  so  blieb 
der  zweite  allmählich  fort,  Kuhn  2,  486. 

5)  Dem  Titel  des  Strategen  wird  der  Nomos  immer  beigefügt,  z.  B.  cxpaxYjYÖ«; 
xoü  '0{J!.ߣixou  (vo[xoü),  C.  /.  Gr.  5075.  Das  Verzeichniss  der  Strategen,  die  in 
Inschriften  vorkommen,  s.  bei  Franz  p.  317. 

6)  C.  1.  Gr.  n.  5069.  Zuweilen  sind  einem  Strategen  zwei  Nomen  unter- 
geben.   Kuhn  2,  487. 

7)  Strabo  17  p.  798:  7rpaY[xdxojv  oii  (j.£YdXajN)  d7:taxax£iv  'rj^tcDpievot,  C.  I.  Gr. 
4723;  vgl.  n.  5078:  r^X[d]£  cxpaxT^Yos  [^Jw^^  'ATtoXXwvto;  [svÜJa  [ö]i7.[d]C(uv/'Av- 
opatJi ,  welche  Verse  sich  auf  den  n.  5076  erwähnten  Apolionius ,  cxpax-rjYÖ« 
'Ofj-ßsixou,    beziehn, 

8)  C.  I.  Gr.  4956.  4957.    Rudorff  im  Rhein.  Mus.  a.  a.  0.  S.  76. 

9)  Ed.  Ti.  Alex.  (C.  /.  Gr.  n.  4957)  lin.  49.  50.  Franz  p.  317^.  Kuhn'  2, 
491:  ,,er  ordnete  die  Repartirung,  die  Erhebung  [Ed.  Alex.  21.  49  —  51),  wie 
die  Verwendung  der  Abgaben  in  dem  Nomos  an  (ed.  Capit.  1.  31—33)  und  haf- 
tete deshalb  für  die  gesammte  Verwaltung  der  üft'entlichen  Einkünfte  ,  worüber 
er  dem  Präfecten  regelmässig  Rechenschaft  abzulegen  hatte  (ed.  Alex.  1.  36.  38. 
50),  persönlich  und  mit  seinem  Vermögen  (ed.  AI,  1.  21.  37)." 

10)  Letronne  Eech.  II,  p.  341. 


—     291     — 

oder  Aegypterni)  auf  drei  Jahre 2)  ernannt^);  das  Amt  gehörte 
zu  den  /copixat  XstToup^iai,  von  welchen  die  Bürger  von  Alexan- 
dria frei  waren ^),  es  war  daher  wahrscheinlich  ohne  Gehalt^); 
in  officiellen  Documenlen  wird  es  in  der  Eingangsformel  neben 
den  beiden  höchsten  Aemtern  der  Provinz  als  eponym  erwähnt  <^) . 

Die  ünterabtheilungen  der  Nomen  werden  TOTrapy^iat  ge- ToparcWen. 
nannt^),  welcher  Ausdruck  nicht  gleichbedeutend  zu  sein  scheint 
mit  TOTToi^),  sondern  einen  Complex  von  Ortschaften  bezeichnet 
und  in  diesem  Sinne  auch  in  ludaea  vorkommt  ^j,  wo  in  einer 
Toparchie  mehrere  Städte  oder  Dörfer  lagen,  welche  letztere 
ihren  Mittelpunct  in  einer  jjLYjxpoxcofita  hatten  i^).  In  Aegypten 
werden  als  Bestandtheile  der  Toparchie  xa){xat,  Flecken  ^i).  und  Komen. 
TOTTot,  loca^'^),  Districte '=^),  unterschieden,  wobei  zu  bemerken  ist, 

1)  Wenn  Isidorus  Pelusiota  I  p.  48^  sagt,  die  Aegypter  hätten  keine  Aemter 
(dpyct;)  verwaltet,  so  meint  er  damit  römische  Magistrate  (Kuhn  2,  492) ;  unter 
den  Strategen  finden  sich  gar  keine  römischen ,  sondern  nur  griechische  und 
ägyptische  Namen.    Letronne  Rech.  p.  272.    Franz  p.  316.  317.    Kuhn  2,  492. 

2)  Ed.  Alex.  lin.  35. 

3)  Strabo  17  p.  798:  vojxapya?  dTroSei^avxe;. 

4)  Ed.  Alex.  lin.  34.  35. 

5)  Rudorff  a.  a.  0.  S.  142  Anm.  44. 

6)  Die  Formel  ist:  ini  NN  szapyo'j  Ai'f'jr.'zo'j,  ^TriOTpaTYjYoOvTO!;  NN,  oxpa- 
TTjYoüvTo;  NN,  C.  I.  Gr.  n.  4701.  4f04.  4715.  4716.  4955.  Letronne  Rec.  II 
n.  525.  526. 

7)  Strabo  17  p.  787 :  TtaXiv  o  ol  ^o{j.ot  xopids  dXXa?  loyov  •  eh  ifap  roTrapyiai 
rA  TiXetaToi  oiTjpTjvTO,  xal  a'jxai  o'  eU  dXXa;  xojxd? "  dXdyiaxai  o'  a{  dpoopat  jjie- 
pioe;.  Ed.  Ti.  Alex.  lin.  49:  vo|j.ü)v  t]  xo7ia[pyitüvJ.  In  einem  Papyrus  bei  Reu- 
vens  III,  1  p.  5  wird  ein  rpo?  xtj  dYopavo[xia  xiöv  MefAvov^ouv  xat  x^;  xdxw  xoTrap- 
yia?  xoy  FlaDupixo'j  (vo[j.oü)  erwähnt. 

8)  Nicht  richtig  scheint  es ,  wenn  Letronne  Rec.  II  p.  469  definirt :  les 
subdivisions  de  nomes  se  nommaient  xoroi  ou  xoTtapytai.  S.  dagegen  Ad.  Schmidt 
Die 'griechischen  Papyrusurkunden  der  k.  Bibliothek  zu  Berlin,  Berlin  1842.  8. 
S.  328  ff.,  dem  Franz  p.  293.  319  folgt. 

9)  loseph.  Ant.  17,  2,  1 :  is  xoTzapyia  xrj  Xe^Ofi^T]  Baxotvaia.  Die  Städte 
lamnia,  Azotus,  Phasaelis  und  Ascalonia  l)ilden  zusammen  eine  xo7:apy(ot.  Ib.  17, 
11,  5.  li.  lud.  1,  1,  5:  r&cfivixiT."^  xoTtapyia.  2,  18,  10:  NotpßaxTjVTj  xoTrapyla. 
2,  13,  2:  .x^n  oe  'A^pir-a  ^aoiXsia  x^aoapa;  röXei;  7:po<;xtO"r]at  o\)s  xai?  xoTrap- 
y[aii.  Vgl.  2,  20,  4;  2,  22,  2;  4,'8,  1 ;  4,  9,  3  und  5;  4,  9,  9.  Plin.  N.  H.  5 
§  70 :  reliqua  ludaea  dividitur  in  ioparchias  decem. 

10)  So  ist  Phaena  die  |i,rjxpoy.oj(j.ia  von  Trachonitis,   C.  i.  Gr.  4551. 

11)  Als  Ortsbey.uichnung  braucht  man  den  Nomos  und  die  'A(ii\i.r].  Suidas  II 
p.  1266  Bernli.:  'iipa-rJXXojv  <l>aiv£ßui)e(u;,  xcbfxr^;  xoO  IlavoTToXixo'j  vopioO.  C.  I. 
Gr.  .3692:  dr.o  xtuar);  Baevxau.upe(u;  xoO  öeiv(xou  vouoö.  Mehr  bei  Kuhn  2, 
495 il.  4300. 

12)  Gromat.  vet.  p.  407  Lachni.  :  maiores  itaque  nostri  orbem  m  pariihus, 
partes  in  pravincii«,  provincina  in  regionibua,  regione»  in  locia ,  Inca  in  territoriia, 
territoria  in  ayris^  ayron  in  centuriis  —  diviserunt.  S.  hierüber  (lothofr.  ad  Cod. 
Theod.  9,  40,  12. 

13)  T6ro;  ist  ein  Stück  Land,  entweder  bebautes  (y^  otxo^(Jpo;)  oder  un- 
bebautes ( 'i/iXiixoro;).     Droyaen   im   Rhein.    Museum  1832  S.  513;    vgl.    xeJiroc 

19* 


—     292     — 

dass  auch  die  Städte  Aegyptens,  da  sie  keine  Communalverfassune; 
haben,  als  xa)|xai  verwaltet  werden^).  Sowohl  die  xu)|jLat  als  die 
TOTToi  haben  ihre  eigenen  Beamten,  die  x(ü[AOYpa|x[xar£Tc  und  totto- 
YpafxjjLaTsT?,  welchen  namentlich  die  Bewahrung  der  Vermessungs- 
documente,  nach  denen  die  durch  die  Ueberschwemmung  des 
Nil  fortwährend  gestörten  Begrenzungen  der  Besitzungen  regulirt 
wurden,  oblag :  ob  die  letzteren  Schreiber  des  totto«;  oder  der 
TOTzoL^yioi  waren,  und  in  welchem  Verhältniss  sie  zu  den  xw^io- 
YpttfifiaxEl?  standen,  ist  unklar  2);  beide  waren  indess  früher  dem 
ßaoLXtxoc  Ypa|x[xaT£U(;,  welcher  die  Steuerkataster  unter  den  Ptole- 
mäern  anfertigte,  untergeordnet^).  Ausserdem  gab  es  in  jedem 
Nomos,  vielleicht  auch  in  jeder  Toparchie  "*) ,  einen  aYopavofioc, 
welcher  die  Marktpolizei  hatte,  und  vor  welchem  Kaufcontracte 
abgeschlossen  wurden  ^j,  und  in  einzelnen  Städten  und  Ortschaf- 

<|>etX6;,  ein  Bauplatz,  C.  l.Gr.  3356.  Erbat  einen  Namen,  z.B.  tÖttoc  BtirjYyti; 
lleTevccptuToo,  Kuhn  2,  495  Anm.  4301.  In  dem  totto;  'AoxXYjTtieio;,  der  in  den 
Papyren  der  Zois  vorkommt,  lag  ein  Garten  von  Q^/g  d'poupai.  Peyron  in  Memcrie 
delV  Accademia  di  Torino  T.  XXXIII  p.  154.  Später  ist  xor^oz  allgemeine  Be- 
zeichnung einer  Ortschaft,  Kuhn  2,  496;  vgl.  loseph.  Ant.  14,  13,  2:  Ttp  -/.ara 
TOTCOV  ap)(OVTt  Trpocsxa^e. 

1)  Ad.  Schmidt  a.  a.  0.  S.  329.  Rudorff  im  Rhein.  Mus.  a.  a.  0.  p.  77. 
Franz  p.  294. 

2)  Letronne  Rec.  II  p.  469  u.  ö.  versteht  unter  dem  T07roYpoifX|xaTe6(;  den 
Beamten  der  Toparchie  und  den  Vorgesetzten  des  -/(o{jibYpot[Xji,at£6<;,  und  in  den 

Tnriner  Papyren  bei  Peyron  VIII  lin.  51  heisst  es :  tottoyP-   IIoew?  -t xporrov 

Ttvd  [dTTiOTdJxou  T  dXXa  t-^?  riojetoi;  7.at  twv  dXXwv  tüjv  Ijaoi  aTrooieaxaXfjLevwv 
'/(ofxwv ,  so  dass  er  Vorsteher  mehrerer  Komen  zu  sein  scheint,  und  er  steht 
auch  voran  in  der  Inschr.  C.  1.  Gr.  4699  =  Letronne  Rec.  n.  DCCVII :  eoo^s 
xoi?  dTTÖ.TCübfxrjs  Bouaipeco?  xoü  ATfjxi[7roX£tJxo'j  7rapotv.oüai  xai«  uupaixiai '/.al  xoi; 
\h  a]ux[iQ]  xaxaY£tvo(JL£voii;  xo7roYpa[jL[i.axeüot  -/.ai  x(o{j!,OYpot[i.(j.axeüct ,  di[Y]cpio]act}c(t 
x[ai  dvja^eivai  ox'rjXTQv.  Dagegen  werden  in  dem  Edict  des  Capito  lin.  31  in 
umgekehrter  Ordnung  aufgezählt  [oi  ßJaoiXtxol'  yP^M-M-ocxeii;  xal  xu)(i.oYpafJt.[J.ax£i<; 
7.ai  xoTtOYpa[J!,[JLaxeT?,  und  aus  dem  Pap.  Taur.  I  p,  4  lin.  5 — 7  geht  hervor,  dass 
der  xo7tOYpafX[xax£6?  an  den  xo)jJiOYpa[j.[xax£6s  berichtet.  Mit  Beziehung  hierauf 
hat  man  den  ersteien  für  den  Schreiber  des  xötio?  ,  und  für  untergeordnet  dem 
'/üDp.0Ypa[X(j,ax£6?  erklärt.  S.  Peyron  Pap.  Taur.  I  p.  111;  II  p.  54.  Droysen  Die 
griech.  Beischriften  von  fünf  ägypt.  Papyren  zu  Berlin  ,  im  Rhein.  Mus.  1829 
S.  515.  Rudorff  Ed.  Capit.  p.  14.  Schinidt  a.  a.  0.  p.  329  ff.  Franz  a.  a.  O. 
p.  293k  319b. 

3)  Sein  Amt  heisst  ßactXtv.-?]  YP'^H'-H-'^t^st«  i"  dem  Papyrus  bei  St.  Martin 
Journal  des  Savans  1822  Sept.  p.  467.  In  dem  leydener  Papyrus  bei  Reuvens 
III  p.  38  heisst  er  6  ^tti  xiüv  TypocoStuv  y.at  ßaciXixo;  -^pa^^areü^,  woraus  man 
sieht,  dass  er  der  Finanzbearate  des  Nomos  ist.  S.  Letronne  Rec.  I  p.  374.  Kr 
macht  nämlich  den  Steuerkataster  des  Nomos,  Franz  p.  293.  294.  Erwähnt 'wird 
er  C.  i:  Gr.  5074.  5085.  5090.    Letr.  Rec.  II  n.  CCCL  u.  ö. 

4)  Leydener  Papyrus  Reuvens  III,  1  p.  5 :  rrpo?  x"^  aYopavouta  xöJv  MetJ.vo- 
vecuv  xal  i-qQ  xdxoj  xoTiapyia?  xoü  Ila^upixou. 

5)  Diese  in  den  Papyren  der  ptolemäischen  Zeit  oft  vorkommende  Behörde 
(s.  Franz  p.  294.  Varges  p.  41)  findet  sich  noch  in  einem  Papyrus  des  Jahres 
154  n.  Chr.  bei  St.  Martin  Journal  des  Savans  1822  p.  566. 


—     293     — 

len  besondere  Gouverneure,  deren  Functionen  nicht  weiter  be- 
kannt sindi). 

Von  der  beschriebenen  bureaucratischen  Verwaltuna:  des  Lan-   ^e^^l^V** 

c  btadte. 

des  waren  einige  völlig  griechische  Städte  eximirt,  welche  nicht 
unter  den  Beamten  des  Nomos  standen,  sondern  eine  griechische 
Communalverfassung  (auair^jia  ttoXitixov  ev  t(J) 'EXXtjvixco  TpoTro))  2) 
hatten,  Hieher  sind  zu  rechnen  Ptolemais,  gegründet  von 
Ptolemaeus  Soter^),  zur  Römerzeit  die  grösste  Stadt  der  Thebais 
und  nicht  kleiner  als  Memphis,  in  welcher  eine  ßouXTJ^)  und  ein 
ap/cüv  '^)  vorkommen ;  A  n  t  i  n  o  e ,  von  Hadrian  angelegt  ^) ,  in 
welcher  es  eine  auf  der  Phylenverfassung  beruhende  ßouXTj ')  und 
einen  Prytanen  ^)  gab,  und  welche  nicht  dem  Strategen  des  Nomos, 
sondern  nur  dem  Epistrategen  der  Heptanomis  untergeben  war^); 
endlich  Naukratis^^j^  eine,alte  Colonie  von  Mileti^),  die  Vaterstadt 
des  Athenaeus,  des  lulius  Pollux  und  mehrerer  namhaften  Sophi- 
sten der  Kaiserzeit^2)  In  derselben  bevorzugten  Lage  scheint  sich 
anfangs  die  Hauptstadt  Aegyptens,  Alexandria,  befunden  zu  haben. 
Der  Landkreis  derselben   bildet   zwar   einen  Nomos   ('A.X£$av8psa)v 

1)  So  der  'Ep{Jtta$  xorcap^if];  'ApiavoaiTto; ,  C.  I.  Gr.  n.  4976  und  die  ^Ttt- 
(jLeXTQxai  n.  4684.  4684^.  Hieher  gehört  ferner  der  öiQßap^ir];,  den  Letronne  Rec. 
I  p.  337.  342;  II  p.  112,  vgl.  n.  73.  299,  für  den  Commandanten  der  Stadt 
Theben,  Franz  dagegen  C.  1.  Gr.  n.  4822  für  den  princeps  mayistratus  urbis 
Thebarum  hält.     Ich  bin  der  ersteren  Ansicht. 

2}  Strabo  17  p.  813:  izena  Uxokeiiai'Aq  tioXk;  ,  fxEYtOTiQ  rtöv  ev  tt^  B-r]ßai6i 
'Ard  O'j/.  cXarrcov  MsjAcpew;,  eyo'jaa  v-cd  a6arr][xa  7roXtTf/6v  dv  x(f>'EXXrjVtxip  xportp. 

3J  C.  1.  Gr.  n.  4925. 

4)  Ein  ßouXeuxT);  C.  1.  Gr.   4989.  4996.  5000.  5032. 

5)  C.  I.  Gr.  '5000. 

6)  Pausan.  8,  9,  7.  Steph.  Byz.  s.  v.  'Avxtvoeta.  Chron.  Pasch.  Vol.  I 
p.  475  Bonn. 

7)  C.  I.  Gr.  4679 :  Y]  ßouXt)  V)  'Avxtvoeojv  vsuiv  'EXX-rjvoav.  Eine  cpuXTj  'A&tj- 
vai«  C.  I.  Gr.  4705.    Letronne  Rech.  p.  281  ff. 

8)  C.  I.  Gr.  4705. 

9)  Letronne  Rech.  p.  293. 

10)  I^etronne  Rec.  II,  50.  51.  Kuhn  2,  505.  Ob  auch  Hermupolii*  magna  und 
Lycopolis  für  griechische  Coinmunen  zu  halten  sind,  ist  dagegen  zweifelhaft. 
Die  erste  Stadt  wird  in  der  Inschr.  C.  I.  Gr.  4679  so  angeführt:  'H  TtöXt«  xmv 
AXe$avop£(uv  vtcil  'Epixo'jTToXi;  yj  i).e^dl-f]  v.ctl  tj  ßouXTj  -i]  'Avxivodtov ,  .woraus  man 
wohl  schliesscn  darf,  dass  sie  ebenso  wenig  wie  Alexandria  eine  ßouX-/)  hatte; 
in  der  zweiten  kommt  zwar  ein  Y^IJ-'^ocotap/Y);  und  ein  dYopav6|xo;  vor ,  aber  da 
sie  T^auptstadt  des  Lycopolitischcn  Nomos  ist  und  ein  Agoranomos  auch  als  ägyp- 
tische Behörde  vorkommt,  so  könnte  man  nur  in  dem  Crymnasiarchcn  ein  An- 
zeichen griechischer  Communalverfassung  vermuthen.  Vgl.  C\  /,  Gr.  4707.  Kuhn 
2,  504. 

11)  Strabo  17  p.  801. 

12)  S.  hierüber  Kuhn  2,  505. 


—     294     — 

j^tüpa?  vofAo;)  mit  einer  eigenen  Hauptstadt,  '  EpfxouTroXt?  fi-ixpa^), 
die  Stadt  alx  r  wai-  \on  demselben  eximirt^),  eingethoilt  in  Phylcn 
und  Denien^^j,  und  ohne  Zweifel  im  Besitz  einer  eigenen  ßouXT]. 
Doch  scheint  diese  schon  unter  den  letzten  Ptolemaecrn  nicht 
mehr  hesliiiidcn  zu  haben  ^) .  Ausdrücklich  berichtet  wird,  dass 
Augustus  wegen  der  ünzuverlässigkeit  der  Bevölkerung  die  Ver- 
waltung der  Stadt  nicht  einem  selbstgewählten  Rathe  anver- 
traute ^j,  sondern  durch  ein  Beamtenpersonal  führeifi  liess,  das 
er  theils  vorfand,  theils  selbst  einsetzte.  Die  erste  Stelle  in  dem- 
inridicits  seihen  nahm  der  iuridicus  Alexandriae  ein'^),  ein  Procurator ') , 
den  der  Kaiser   selbst,    nicht   der  Präfect   ernennt"^),   und   dessen 


1)  Plin.  iV.  R.  5  §  4^.    Ptolem.  4,  ö,  46.    Kuhn  2,  4?6  ff. 

2)  lludorff  im  lihein.  Mus.  a.  a.  0.  S.  81.  Die  Stadt  heisst  7:6X11;  ini  Ge- 
gensatz zu  dem   Lande  Aegypten  (youpa).    Ed.   Ti.  Alex.   1.  4 — 6.  33.  34. 

3)  Wir  haben  hierüber  eine  merkwürdige  aber  verwirrte  Nachricht  bei  Theo- 
philus  ad  Autolyc.  11  p.  94  in  Müller  Fragm.  last.  Gr.  111  p.  164:  dXXa  v.ai  1d- 
Tupoc,  taxopcüv  Touc  oTjij,ouc  'AXe^avopsoj^; ,  dp^dp-evo;  dTto  ^iXoTtdropo;  toj  -/.al 
rixoXepLatou  TrpoaaYopeuiysvTOi;,  toutou  [J.7jv6£t  AtO'^uoov  6.[jyrc[i'ztp  Y^T^^evai.  (Folgt 
der  Stammbaum. )  "U&ev  vcal  £V  t^  Aiovjoia  cpuXiQ  orj[j.ot  eiaiv  7,oiTa7v£/(opiO(j.£voi. 
Es  folgen  nun  9  Namen,  alle  auf  U  endend,  welche,  wie  Meineke  Anal.  Alexan- 
drina p.  347  richtig  erkannte,  Namen  von  Phylen,  nicht  von  Demen  sein  müs- 
sen ,  weshalb  Meineke  liest :  oi}ev  xai  tac,  7Lpo;iov'j[j.ta(;  eyouaiv  oX  'x.a.x'  auroui; 
cpuXat,  '4X1^^^';  —  AYjtavetpl?  —  'AptaovU  —  BectI;  —  öoavxU  —  Sracf-uXU  — 
E'jvei;  —  Mapojvi;.  Es  würden  demnach  seit  Ptolemaeus  Philopator  9  Phylen  in 
Alexandria  gewesen  sein:  Dionysis,  Althaeis,  Deianiris,  Thestis,  Ariadnis,  Thoan- 
tis,  Staphylis,  Euneis,  Maronis.  Aus  früherer  Zeit  kennen  wir  nur  eine  Phyle, 
ritoXe(xai; ,  welcher  Apollonius ,  der  Dichter  der  Argonautica,  angehörte  {Vita 
Apoll.  Rhod.).  Von  den  Demen  in  Alexandria  ist  ebenfalls  nur  einer,  AtjTcosu;, 
bekannt.    Steph.  Byz.  s.  v.  ATfjTwsu;. 

43  Spartian.  Sept.  Sever.  17:  (^Alexandrini^  sine  publica  consilio  ^  ita  ut  sab 
reyibus,  ante  vivcbant.  Kuhn  2,  479  nimmt  auf  Grund  dieser  Stelle  an,  dass  die 
letzten  rtolemäcr  den  Kath  abgeschafft,  und  die  Regierung  auf  die  weiter  unten 
zu  erwähnenden  vier  Beamten,  welche  allerdings  aus  der  Königszeit  herrühren, 
übertragen  haben. 

5)  Dio  Cass.  51,  17:  toi<;  0'  'AXe^avopeüatv  d'veu  ßouXeuxöJv  ToXiTsuear^at 
ixdXeuasv  •  xoaautr^v  ttou  veuixspOTtoiiav  auxöiv  xaxsYVu). 

6)  Der  Titel  findet  sich  in  drei  Inschr.  Henzen  6924 :  Sex.  Cornelio  — 
iJextro  proc.  Asiae,  iuridico  Alexandreae,  proc.  Neaspoleos  et  Mausolei.  Ib.  6920  : 
Sex.  Cornelius  —  Dexter  iuridicus  Alexandreae.  Henzen  Niiove  Memorie  delV  In- 
stituto,   Lips.  1865.  8  p.  286  :   [Quint\ilio  C.  fil.   [adlecto  in  amplissimum]  ordinem 

inter  praetorios  iudici[o ,    ab  epistu\lis  latinis,  procuratori  summarum  ratio- 

[num  Äjsiae,  iuridico  Alexandreae,  ab  epistulis [proc]  Macedoniae,  ab  com- 

mentariis  Gorneli  Ee[p€ntini  praef.  pmef.].  Vgl.  Digest.  1,  20,  2:  iuridico,  qui 
Alexandriae  agit,  datio  tutoris  constitutione  divi  Marci  concessa  est.  Cod.  lust. 
1,  57:  iubemus  apud  Alexandrinae  duntaxat  clarissimae  civitatis  iuridicum  licitum 
et  concessum  esse ,  singulis  quibuscunque  volentibus  donationis  conscriptae  solenniter 
instrumenta  reserare.  Turiner  Institutionenglosse  in  Savigny  G.  d.  R.  R.  im  M.  II 
p.  430  (2te  Ausg.) :  iuridicia  apud  Alexandriam  certa  dignitas  est,  qui  etiam  pri- 
vilegiis  utuntur. 

7)  Dies  geht  hervor  aus  den  angeführten  Inschriften. 

8)  Inschr.  von  Sestinum  bei  Bbrghesi  Bull.  1856  p.  142 :  L.  Voluseno 


—     295     — 

vollständiger  Titel  vielleicht  procurator  Augusti  ad  ms  dic&ndum 
Alexandriae  ist^).  Dass  derselbe  einmal  imidicus  AegypÜ  ge- 
nannt wird  2),  beweist  noch  nicht,  wie  man  mehrfach  angenom- 
men hat  3),  dass  seine  Gerichtsbarkeit  sich  über  ganz  Aegypten 
erstreckt  habe.  Dies  ist  um  so  unwahrscheinlicher,  als  einerseits 
die  höchste  Gerichtsbarkeit  über  das  Land  dem  praefectus  selbst 
zustand  (s.  oben  S.  286),  andererseits  die  iuridici  provinciarum^ 
über  welche  an  einer  andern  Stelle  die  Rede  sein  wird,  ein 
weit  späteres  Institut  sind,  welches  vor  Hädrian  sich  nicht  nach- 
weisen lässt.  Vielmehr  hat  der  iuridicus  seine  Analogie  in  den 
praefeclis  iuri  dicundo^  wie  sie  in  alter  Zeit  theils  in  eroberten 
italischen  Städten  vorkommen ,  deren  Senat  ebenfalls  aufgelöst 
wurde  ^),    theils   in   den   italischen   Colonien,    in   welchen   ausser 

CLementL  Hie  cum  mitteretur  a  Ti.  Caes[are]  Aug[ust6]  in  Aegypt[um]  ad  iur[is] 
dict[ionem],  decessit  provinc[ia]  Aquitania. 

1)  In  der  Inschr.  v.  Ephesiis,  Marini  Arv.  p.  766  =  "Waddington  n.  176 
kommt  vor  ein  proc(urator)  [imp\eratoris  Caesaris  Tra[ia\ni  Hadriani  {Augusti)  ad 
dioecesin  Alexandri[ae].  Kenier  bei  Waddington  a.  a.  0.  nimmt  mit  vieler  Wahr- 
scheinlichkeit an,  da»s  dieser  Titel  wie  die  Titel  procurator  Alexandriae  (C.  /,  L. 
11  n.  4136 :  proc.  divi  Tili  Alexandriae)  und  iuridicus  Alexandriae  nur  gleichbet- 
deutende  Abkürzungen  des  im  Text  angeführten  vollständigen  Titels  sind. 

2)  Den  lateinischen  Titel  finde  ich  nur  einmal  in  einer  Inschr.  von  Mes- 
sana; Torremuzza  c.  9,  5  =  Grut.  373,  4.  Ob  in  der  Inschr,  von  Theben,  C.  /. 
Gr.  n,  4815  =  Letronne  Rec.  II  p.  273:  STrouoaoi;  naXaTivo;  ulo?  [Tpujcpwvo; 
(Letronne  liest  'laaovoc)  [oiJ-aoXoyou  Alfüizzo'j ,  i^£n.ad\i'tp ,  der  übrigens  durch 
Ergänzung  gewonnene  hixo\6'(0^  den  iuridicus  bezeichnet,  wie  Letronne  will, 
ist  keineswegs  sicher.  Denn  or/toXoYo;  ist  nach  gewöhnlichem  Sprachgebrauch 
ein  Advocat  (Plut.  Luculi.  1;  de  fratemo  amore  15  p.  589  Dübner;  de  tranq. 
animi  13  p.  573;  de  Stoicorum  repugn.  10  p.  1267),  In  diesem  Sinne  braucht 
das  Wort  ngch  Nilus  ep.  1,  102,  der  um  das  Jahr  400  auf  dem  Sinai  schrieb, 
und  in  demselben  steht  es  offenbar  C.  I.  Or.  4808  =  Letronne  II  p.  274 ,  wo 
es  heisst:  n^XXdoto;  otxoX^Yoc  Tip(jLOT:oXeiT7)(;  eiowv  l^a6(jiaoa,  während  Strabo 
17  p.  797  den  iuridicus  mit  dem  Titel  otxaioSoTYj?  bezeichnet,  der  auch  für  die 
späteren  iuridici  provinciarum  technisch  ist.  So  kommt  in  Inschriften  von  Tlos 
in  Lycien  vor:  Domitius  Apollinarius  6  otTtaiGOOTT]!;  ( C  /.  Gr.  4236);  lulius 
Marinus  6  oixaioooxTji  (ib.  4237),  und^ein  ungenannter,  welcher  der  leg.  Aug.  pr. 
pr.  Lyciae  et  Pamphyliae  selbst  ist  (ib.  4240) ;  ferner  in  einer  Inschr.  von  Sparta, 
(  .  I.  (tr.  1346  Aemilius  luncus  6  5i-iCaio56Tr^;. 

3)  Keinesius  Iruicr.  2 ,  26 ,  in  welcher  Insohr.  überhaupt  kein  iuridicus 
Aeyypti  vorkommt,  somit  rn  /n  lesen  ist  IVR.  PER  AEMiliam  et  LIGuriam 
(Henzen  Nuove  Memorit  /  /;/  /.  p.  292);  Franz  a.  a.  0.  p.  317*>,  der  den  iuri- 
dicus zu  einem  Legaten  des  praefectus  macht.  Winkler  De  iuridico  Alexandriae, 
Lips  1827,  8,  welche  Schrift  voll  von  Irrthiimorn  ist.  Am  besten  handelt  über 
dies  Amt  Ritter  in  <ler  Vorrede  zum  5ten  Theil  seiner  Ausgabe  des  Cod.  Theo- 
dosianus ,  der'  sich  indessen  durch  die  erwähnte  Inschr.  des  Keinesius  hat  täu- 
schen lassen. 

4^  8.  oben  Seite  41,  Von  dem  im  J.  543  5=211  eroberten  Capua  sagt  Liv, 
26,  Ib :  ceterum  hahitari  tnntum,  tanquam  urbem  Capuam  freqttentarique  placuit  : 
corpus  nulUtm  civitatis ,  nee  setMtus  nee  plebis  concilium  nee  magistratus  esse. 
Sine  eonsilio  pubtico ,    sine  imperio  multitudinem ,    nullius   rei  inter  st  sociam  ad 


—     296     — 

der  römischen  Ansiedelung  noch  eine  ursprüngliche  Einwohner- 
schaft fortbestand,  die  zur  Gemeinde  nicht  mitgehörte i) .  Die 
Analogie  mit  dem  ersteren  Falle  wird  ausdrücklich  bezeugt'^)  und 
durch  den  Umstand  bestätigt,  dass,  als  Septimius  Severus  den 
Alexandrinern  ihren  Senat  wiederherstellte'*),  der  iuridkus  in 
seinen  Functionen  wesentlich  beschränkt  und  ausschliesslich  auf 
die  freiwillige  Gerichtsbarkeit  angewiesen  worden  zu  sein  scheint  ^) ; 
die  Analogie  mit  dem  zweiten  Falle  ergiebt  sich  aus  den  Ver- 
hältnissen der  Bevölkerung  Alexandrias.  Diese  Stadt,  welche 
unter  Ptolemaeus  Physcon  sehr  gelitten  hatte  ^),  unter  den  Römern 
aber  die  erste  Handelsstadt  der  Welt  wurde  ^)  und  der  Grösse 
nach  nur  hinter  Rom  zurückstand ') ,  hatte  ausser  den  zahlreichen 
Römern,  welche  sich  des  Handels  oder  wissenschaftlicher  Studien 
wegen  daselbst  aufhielten  und  unzweifelhaft  unter  dem  iuridicua 
standen,  eine  doppelte  Bevölkerung.  Der  eine  Theil  derselben 
BevöHe-    bestand   aus   Griechen    und  Aesvptern,    welche   sich   zum   Theil 

rang  von  '-'''  *  ' 

Alexandria.  durch  Epigamic  vermischt  hatten,  der  andere  aus  Juden,   welche, 

"^mÄ."   dßs  Bürgerrechtes  der  Stadt  ebenfalls  theilhaftig  ^) ,    von  den  fünf 

Revieren  der  Stadt  zwei   bewohnten^).     Beide  wohnten    getrennt 

consensum  inhabilem  fore.  Praefectum  ad  iura  reddenda  ab  Roma  quotannis  mis- 
suros.    Dies  war  im  Ganzen  auch  der  Zustand  Alexandrias.    Dass  der  regierende 
Beamte  nicht  praefectus  iuri  dicundo  genannt  wurde ,    hatte    seinen  Grund  allein 
^  darin,    dass  in  Aegypten  bereits    ein  Präfect   höheren  Ranges   existirte;    dass  er 

aber  an  der  Spitze  der  ganzen  städtischen  Verwaltung  stand ,  lehrt  Capitolin. 
M.  Ant.  ph.  25:  Maecianum  etiam,  filium  Cassii,  cui  Alexandria  erat  commissa, 
exercitus  occidit.  Vulc.  Gallic.  Avid.  Cass.  7 :  Maecianum ,  cui  erat  commissa 
Alexandria.  Denn  da  im  J.  175  n.  Chr.  ,  auf  welches  sich  diese  Stellen  be- 
ziehn,  Flavius  Calvisius  Präfect  von  Aegypten  war  (Dio  Cass.  71,  28),  so  kann 
Maecianus  diese  Stelle  nicht  bekleidet  haben ,  sondern  wird  mit  Dirkseii  Die 
Script.  Hist.  Auy.  p.  HO  und  Kuhn  2,  475  für  den  iuridicus  Alexandriae  zu 
halten  sein. 

1)  S.  Seite  36. 

2)  Spartian,  Sept.  Sever.  17:  deinde  Alexandrinis  ius  buleutarum  dedit,  qui 
sine  publica  consilio  ita  ut  sab  regibus  ante  vivebant,  uno  iudice  contenti ,  quem, 
Caesar  dedisset. 

3)  S.  die  vorherg.  Anm.  und  Dio  Cass.  51,  17.  Seit  dieser  Zeit  geschieht 
der  curia  Alexandriae  oft  Erwähnung.  S.  die  Stellen  bei  Gothofr.  ad  Cod.  Theod. 
12,   1,   192. 

4)  S.  Ritter  a.  a.  0. 

5)  Strabo  17  p.  797.  798.   lustin.  38,  8. 

6)  Strabo  a.  a.  0.:  (xeYiCTov  dfATTopelov  ttj?  oixoufjievTQi;. 

7)  Dio  Chrys.  or.  XXXII  ad  Alexandrinos  I  p.  669  R.  :  -^  -^ap  TioXtc  Ufxöiv 
Ttj)  [Ae^^^et  xai  xij)  t^tto)  iiXeToTov  ooov  'Siacp£pei  vcal  Treptcpavai^  dnoMhzvAXfxi 
Seuxepa  töjv  Otcö  tov  7]Xiov.    Ammian.  22,   16,  7. 

8)  Es  war  ihnen  von  Caesar  (loseph.  Ant.  14,  10,  1.  contra  Apion.  2,  4) 
und  Augustus  (loseph,  Ant.   19,  5,  2)  bestätigt. 

9)  Philo  in  Place.  8  p.  525  Mang. 


—     297     — 

und  hatten  noch  in  der  Römerzeit  ihre  eigenen  Behörden ;  die 
Griechen  den  klT^^(r^Tr^c,  dem  die  eirijjiiXcLa  täv  r^  ttoXsi  yprpi\i(iy^, 
d.  h.  die  cura  annonae  oblagt),  den  ap^^toixaaTr^c,  ein  in  einer 
Familie  erbliches  richterliches  Amt  für  die  Gemeinde  2),  dem 
e{>vap}(r^;  der  Juden  entsprechend,  ferner  dessen  Gehülfen  und 
Gerichtsschreiber,  den  o7ro[xvr^}iaTOYpacpo?^)  und  endlich  den  vuxts- 
pivoc  oTpatT^Yo?  [praefectus  vigüum),  unter  dem  ein  Corps  von 
vüXTocpuXaxec  stand  ^);  die  Juden  dae;egen  ihren  Ethnarchen^)  und 
eine  eigene  Yspouaia^).  Ausserdem  hielten  sich  in  Alexandria 
Aegypter  aus  dem  Binnenlande  und  Fremde  als  Metoeken  auf), 
wozu  noch  Sciaven  kamen,  so  dass  die  300,^000  Bürger  der 
Stadt ^)  bei  weitem  nicht  die  ganze  Einwohnerschaft  ausmachten. 
In  Processen  der  Griechen,  Juden,  Fremden  und  Römer  unter 
einander  wird  nicht  der  Richter  der  Gemeinde,  sondern  der 
iuridicus  das  Forum  gewesen  sein  und  es  ist  eine  Bestätigung 
dieser  Ansicht ,  dass  der  einzige  iuridicus '  (SixaioSotTjc)  einer 
Stadt,  der  in  römischer  Zeit  vorkommt,  sich  in  Palmyra  findet, 
dessen  aus  Arabern,  Juden,  Griechen  und  Römern  gemischte 
Bevölkerung  der  alexandrinischen  im  Wesentlichen  ähnlich  war  ^j . 

1)  Strabo  17  p.  797:  xwv  o'  EKtyajpiojv  dpyovTojv  xaxd  roXiv  |jl£v  o  xe 
i^^^rfTf,  doxt,  TTopcpupav  d(j.7re/6{jL£vo<;  7.al  lyoov  rraxpiou;  xifj.as  "/ai  d-i(A£Xetav 
xöJv  x^  uoXei  ypT]Ot(jL(öv,  vtal  6  u7:ojxvrj[jLaxoYpdcpo;  xal  6  apyior/tacxt]; ,  x^xotpxos 
Vt  6  vuxxeptvö;  oxpaxrjo;.    C.  /.  Gr.  n.  4688.    Franz  p.  291».  321^^. 

2)  Letronne  Etc.  II  n.  352:  Faio;  'Io'jXio;  Aiovuoio;  dpxiSf/.aox'fji; ,  Beouvo« 
dpxiotxaoxoö  06;  xat  Ttax-np.  Er  kommt  auch  vor  n.  386  {C.  1.  Qr.  n.  4734. 
4755). 

3)  Ausführlich  beschreibt  sein  Amt  Lucian  Pro  mercede  conductis  11.  12. 

4)  Strabo  1.  1.  Philo  m  FLacc.  14  p.  534  Mang. 

5)  Strabo  bei  loseph.  Ant.  14,  7,  2:  xa^ioxaxai  oe  xai  iövdipyTfj;  auxoiv 
('lo'joaiajv),  8;  otoixet  xe  x6  sOvo;  xat  oiaixa  xpioen;  xal  oufxßoXaioov  ditifAeXeixai 
y.ai  7rpo;xaYfJLdx(ov,  (u;  av  zoXixeia;  apytov  a'JxoxeXoO?.  Vgl.  19,  5,  2.  Wesseling 
/)c  ludaeorum  nrchontibus.  Trai.  1738  c  3.  Ethnarchen  kommen  auch  sonst  in 
Aegyptcn  vor  (Strabo  17  p,  798) ,  obwohl  ihr  Begriff  nicht  feststeht.  e'iKo;  ist 
auch  cla/<8is,  ordo,  und  man  sagt  e&no;  lepsojv,  or^(j.io'jpYtt)v  u.  s.  w.  S.  i.etronnc 
zur  Inschr.  von  Rosette  lin.  17.  Rec.  1  p.  278.  Den  Ethnarchen  der  Juden  mit 
dem  Alabarchen  zu  identiflciren ,  wie  Valesius  ad  Euseb.  H.  E.  2,^  p.  24  und 
nach  ihm  Kuhn  2,  506  thun,  ist  ungerechtfertigt. 

6)  Philo  in  Place.  10  p.  528  Mang. 

7)  Deshalb  unterscheidet  das  Ed.  Ti.  Alex.  lin.  33  xou;  i'i^tszl(;  'AXe^av- 
opcii  xal  ^v  XTQ  TiöXei  5td  cpiXepiftav  xaxotxoOvxa;. 

8)  Diodor.   17,  52. 

9)  Inschr.  v.  Palmyra  aus  d.  J.  263  bei  Waddington  n.  2606'»:  'H  ßoujX^ 
»al  6  ofjjfAo;  ^eTTXifxfi'^v  OOopciOTjv )  xov  xpdxioxov  dfTrlxpoTTovJ  ^eßoioxoO  oouxif]v[d- 
piov ,  Ol  jxeooiiTTjV  T?^;  p,T^xpoxoXu»ve(at.  Waddington  verwirft  zwar  diesen  Ver- 
gleich, weil  er  den  iuridicu.n  Alexandriae  mit  Franz  für  einen  Legaten  des  Prä- 
lecten  hält,  dass  er  aber  dies  nicht  war,  glaube  ich  oben  gezeigt  zu  haben. 


29S 
Aeeypteii  Unter  Diocletian    wurde   Accvplen    eine  Diöcese  des  Orients 

zur  Diocese  ^''  ' 

deBümmts  und  spätor  eine  selbständige  Diöcese,  A^YOTTTiaxi^  oioixrjoi;  *) , 
deren  Vorsteher,  der  praefectiis  Aeyypti,  den  vicarii  praefecti  prae- 
lorio  gleichgestellt  wurde  2).  Diese  Diöcese  uinfasste  unter  Dio- 
cletian 5  Provinzen,  nilnilich  i.  Aefjyptus  lovia,  Unteraegypten 
westlich  vom  Nil,  2.  Aeyyptus  Herculia,  später  Augustamnica  oder 
Augusta  prima  ^  3.  Thebais ,  4.  Libya  inferior  (Marmarion  oder 
Mareotis,  zunächst  westlich  von  Aegypten),  5.  Libya  superior 
(Cyrenaica)'^).  Dazu  kam  später  6.  Arcadia,  benannt  von  Arca- 
dius,  dem  Sohne  Theodosius  I ,  welche  Provinz  von  Aegyptus 
Herculia  abgetrennt  wurde  4).  Die  Nomeneintheilung  dauerte  noch 
bis  in  das  siebente  Jahrhundert  n.   Chr.''). 


XIjI.  Greta  und  Cyrenaica. 
Frühere  i)[e  Nordküstc  Africas  zerfiel  in   der  römischen  Kaiserzeit   in 

Geschichte. 

vier  Provinzen,  Cyrenaica,  Africa,  Numidia  und  Mauretania ß) . 
Denn  Aegypten  wird  von  den  älteren  Geographen  zu  Asien  ge- 
lechnet,  und  obwohl  Ptolemäus  dies  missbilligt  und  zuerst  als 
Grenze  beider  Erdtheile  das  rothc  Meer  und  die  Landenge  von 
Suez  feststellt  7) ,  so  gehört  doch,  wie  wir  gesehen  haben,  in  der 
Verwaltung  auch  noch  nach  Diocletian  Aegypten  zu  den  Provin- 
zen des  Orients.  Westlich  von  Aegypten  erhebt  sich  das  Terrain 
in  grossen  Terrassen,  dem  Catabathmics  parvus  und  dem  Catabathmus 

1)  C,  I.  Gr.  4639. 

2)  S,  hierüber  Mommseu  Abb.  d.  Berl.  Acad.   1862  S.  494  ff. 

3)  Yeronesisches  Verzeicbniss  bei  Mommsen  a.  a.  0.   S.  499.  500. 

4)  Eusthathius  ad  Dionys.  Periey.  \.  251 :  oaooi  ^'  STiTaTroXtv  fxoaaxyjv 
'^Tietpov  e/ouotv :  ort  t)  v.ax  At^UTCTOv  'EiixaTtoXts  xal  'Apxaota,  luc  diio  toO 
ßaaiAeoj?  'Äpv.aoiou  ucxepov  £xA'/]^in ,  Tipo  0£  toutou  y.al  'E7rTavo[j,o;  ri  'EuTavo- 
[xta  (uvo(j.aGi)yj.    Kai  xoüxo  u-ev  dxaXelxo  ötd  x6  iTixd  eyei^  vofxou?. 

5)  Franz  a.  a.  0.  p.  322. 

6)  Für  alle  diese  Provinzen  sind  benutzt:  Carte  de  VAfrique  sous  la  domi- 
nation  des  Bomains,  dressee  au  dcpot  de  la  guerre  d'apres  les  travaux  de  Mr.  Fr. 
Lacroix  par  le  capitain  Nau  de  Champlouis  (Paris)  1864  und  1865.  2  Blätter 
nebst  einer  Notice  sur  la  carte  etc.  ,  in  welcher  sich  ein  Verzeicbniss  der  römi- 
schen Ortschaften  mit  Bestimmung  ihrer  Lage  und  Angabe  der  Quellen  befindet ; 
ferner  ein  Band  des  L'  Univers,  enthaltend :  Afrique,  esquisse  generale  de  l'Afrique 
et  Afrique  ancienne  par  M.  D'Avezac;  Carthage  par  Dureau  de  la  Malle  et 
J.  Yanoski,  Numidie  et  Mauritanie  par  L.  Lacroix,  L'Afrique  chretienne  par 
J.  Yanoski,  Paris  1844.  8.  L.  Müller  Numismatique  de  l'ancienne  Afrique.  Vol.  L 
Les  monnaies  de  la  Cyrena'ique,  Copenhague  1860.  4.  Vol.  II.  Les  mannaies  de 
la  Syrtique,  de  la  Byzacene  et  de  la  Zeugitßne,  1861.  Vol.  III.  Les  monnaies  de 
la  Numidie  et  de  la  Mauritanie,   1862. 

7)  Ptolem.  2,   1,  6;  4,  5,  1  ff. 


—      29U      — 

7tiagnus,  welcher  letztere  die  Grenze  zwischen  Aegypten  und 
Cyrene  bildet^),  das,  eine  fruchtbare  Hochebene  einnehmend,  im 
Westen  bis  zu  den  Altaren  der  Philaeni,  der  Grenze  der  Provinz 
Africa^),  reicht.  Der  Staat  Gyrene^),  eine  dorische  Colonie,  bil- 
dete zuerst  ein  Königreich  unter  der  Herrschaft  der  ßattiaden 
(c.  640  —  450),  dann  einen  freien  Staat  (c.  450  —  322),  der 
trotz  fortwährender  bürgerlicher  Unruhen  zu  hohem  Wohl- 
stände gelangte,  bis  er  322  v.  Chr.  von  dem  ersten  Ptole- 
maeer  erobert  wurde.  Erst  nach  dem  Tode  des  Ptolemaeus 
Physcon  oder  Euergetes  H  im  J.  H7  wu^-de  er  wieder  definitiv 
von  Aegypten  getrennt  und  dem  Ptolemaeus  Apion  übergeben, 
welcher,  als  er  658  =  96    kinderlos   starb,    das  Land   in    seinem     Cyre'ie 

'  '  kommt  an 

Testamente  den  Römern  vermachte^).  Damals  lagen  in  dem-  die  Römer. 
selben  ausser  Cyrene  vier  grössere  Städte  nebst  vielen  kleineren 
Ortschaften,  welche  alle  von  Cyrene  aus  gegründet  worden  waren  PentapoUs. 
und  zwar  geographisch  als  Pentapolis  bezeichnet  werden  5),  poli- 
tisch aber  vollkommene  Selbständigkeit  besassen  und  erst  nach 
Beseitigung  der  Königsherrschaft  in  einem  Bundesveihältniss  ge- 
standen zu  haben  scheinen.  Denn  seit  dieser  Zeit  führten  sie 
mehrmals  gemeinsam  Krieg  und  schlugen  gemeinsame  Münzen, 
welche  unter  den  Ptolemäern  die  Aufschrift  xoivov  tragen  6). 
Diese  fünf  Städte   waren')    i.  Cyrene,   2.  Barce,    gegründet    von 

1)  Sallust  lug.  19.  Polyb.  31,  26.  Strabo  17  p.  798. 

2)  Sallust  a.  a.  0.  und  c.  79.    Strabo  17  p.  836. 

3)  Ueber  die  Topographie  Cyrenes  s.  I.  It.  Pacho  Relation  dun  voyaye  dans 
La  Marmarique ,  la  Cyrendique  et  les  Oasis  d'Äudjelah  et  de  Maradeh ,  Paris 
1827.  4,  nebst  Atlas  in  fol.  H.  Barth  Wanderungen  durch  die  Küstenländer  des 
Mittelmeeres,  Berlin  1849.  8.  S.  418  ff.  Kieperts  Karte  der  Cyrcnaica  mit 
G.  Kohlt's  Routen  in  Zeitschr.  der  (tesellsch.  für  Erdkunde  zu  Berlin  1870  Tat".  5; 
über  die  neuesten  Ausgrabungen :  History  of  the  recent  discoverieti  at  Cyrene 
mtide  duriny  an  expedition  to  the  Cyrennica  m  1860 — 61  by  R.  Murdoch  Smith 
and  E.  A.  Porcher,  London  1864  lol.  ;  über  die  (ieschichto  desselben  Thtige  Res 
Cyrenennimn,  Halniae  1828.  8.  Goltsthick  Gesch.  der  Gründung  und  Blüthe  des 
hellen.  Staates  in  Kyrenaika,  Leipzig  1858.  8.  B.  Kolbe  Der  Bischof  Synesius 
vor»  Cyrene  oder  Forschungen  auf  dem  Gebiete  der  Erdkunde  und  (ieschichte 
der  libyschen  Pentapplis,  Berlin  1850.  8.  L.  Müller  a.  a.  0.  1,  1  ff.  Pauly  Keal- 
Kncycl.  1,  1081  ff.  2,  825  ff.    D'Avezac  a.  a.  0.  p.  74—158. 

4)  Appian.  B.  C.  1,  111  setzt*  diese  Begebenheit  irrig  in  das  Jahr  74 ,  Li- 
vius  epit.  70  zwischen  97  und  92.  Das  Jahr  96  geben  richtig  an  lulius  Obse- 
quens  de  prod.  49.  Euseb.  Chron.  Van.  p.  133  Schoeno.  Cassiodori  (ftron.  ad 
a.  658.    S.  das  Nähere  bei  Thrige  p.  258.    Clinton  Fasti  Hell.  III  p.  389. 

5)  Plinius  N.  H.  5  |ij  31.  Ptolem.  4,  4,  4.  Sex.  Kufus  hr.  13,  Synesius  ep. 
14.  47.  58.  59.  67  u.  ö.    Thrige  p.  15. 

6)  L.  Müller  a.  a.  O.  p.  30.  37. 

1)  Strabo  17  p.  837.  Plin.  N.  //.  5  %  31.  Mela  1,  8  p.  13  Parihey.  Die 
bedeutendsten  von  diesen  waron*Cyroue,  Baree,  Eucspcridos,  von  welchen  zahl- 


—     300     — 

den  Battiaden  um  550,  später  Ptolomais  genannt  i),  3.  Euespe- 
rides  oder  Hesperis,   eine  Colonie  Arcesilas  IV,   später  Berenice  '^) , 

4.  ApoUonia  oder  Sozusa  ^*)  ,  5.  Teuchira  oder  Arsinoe"*).  Die 
römische  Regierung  nahm  zwar  diese  Erbschaft  an,  trug  indessen 
Bedenken,  aus  dem  sehr  entlegenen,  verhältnissmässig  kloinen 
und  eines  fortwährenden  Schutzes  bedürftigen  District  sofort  eine 
Provinz  zu  machen  und  begnügte  sich,  die  königlichen  Domainen 
der  Ptolemäer  in  Besitz  zu  nehmen  s),  dem  Lande  eine  Steuer 
von  dessen  Hauptproduct,  dem  süphium^),  aufzulegen^)  und  im 
Uebrigen  den  fünf  Städten  ihre  eigne  Freiheit  und  die  Verwal- 
tung ihrer  Gebiete  zu  gestatten^).  Allein  die  Stadtgemeinden 
waren  bereits  unfähig  geworden,  sich  selbst  zu  regieren;  in 
Cyrene  kam  es  mehrmals  zu  einer  grausamen  Tyrannenherr- 
schaft ^),  und  als  im  J.  668  =  86  LucuUus  zufällig  in  Cyrene 
erschien,  um  Schifte  für  Sulla  zu  requiriren,  nahm  man  dessen 
Hülfe  zu  einer  neuen  Constitution  der  Verfassung  in  Anspruch  i^j , 
In  Folge  dessen  wurde  einige  Zeit  darauf,    nämlich   im  J.   680  = 

reiche  Münzen  vorhanden  sind.  Statt  Apollonia  nennt  Ammian.  22,  16,  4  Darnis, 
welche  Stadt  mit  Balagiae  zusammen  nur  eine  Münze  geprägt  hat  (L.  Müller 
1,  96). 

1)  Thrige  p.  132  ff. 

2)  Thrige  p.  180  f. 

3)  Thrige  p.   101. 

4)  Thrige  p.  114. 

5)  Cic.  ])e  lege  agr.  2,  19,  51 :  adscribit  eidem  auctioni  Corinthios  ayros, 
—  —  et  Cyrenenses,   qui  Apionis  fuerunt:    llygin.  in  Gromat.   vet.  I  p.   122  L.: 

in  provincia  Cyrenensium agri  sunt  regit ,    id  est  Uli,  quos  Ptolemaeus  rex 

populo  Romano  reliquit.  Tac.  Ann.  14,  18:  idem  Cyrenenses  reum  agebant  Aci- 
Uum  Strabonem,  praetoria  potestate  usum  et  missum  disceptatorem  a  Claudio 
ayrorum,  quos  regi  Apioni  quondam  habitos  et  populo  Romano  cum  regno  relictos 
proximus  quisque  possessor  invaserant,  diutinuque  licentia  et  iniuria  quasi  iure  et 
aequo  nitebantur.   Igitur  abiudicaiis  agris  orta  adversus  iudicem  invidia. 

6)  Ueber  das  Silphium ,  das  als  Medicament  verwendet  wurde  und  hoch  im 
Preise  stand,  giebt  es  eine  grosse  Literatur.  Am  besten  handelt  darüber  L.  Mül- 
ler a.  a.  0.  S,  13 — 16.  31.  104 — 109,  wo  weitere  Nachweisungen  gegeben  sind. 
Es  gab  modisches  und  cyrenäisches  Silphium ;  das  letztere  war  schon  unter  Nero 
sehr  selten  geworden  und  ist  gegenwärtig  nicht  mehr  vorhanden.  Das  erstere 
hat  neuerdings  der  englische  Botaniker  Falkoner  im  nördlichen  Kaschmir  wieder- 
gefunden ,    und  es  entspricht  genau  dem  auf   cyrenäischen  Münzen  abgebildeten. 

5.  J.  Friedländer  in  Hubers  Numismatischer -Zeitschrift  1872  p.  430  f. 

7)  Plin.  N.  H.  19  §  40  :  quo  minus  omittendum  videtur  C.  Valerio  M.  Ue- 
rennio  coss.  (661=93)  Cyrenis  advecta  Romam  publice  laserpici  pondo  XXX,  Cae- 
sarem  vero  dictatorem  initio  belli  civilis  inter  aurum  argentumque  protulisse  ex 
aerario  laserpici  pondo  MD. 

8)  Livius  ep.  70. 

9)  Thrige  p.  270  ff.  und  besonders  Plutarch.  De  mulierum  virt.  19  p.  315 
Dübner. 

10)  Plutarch.  Luculi.  2.    loseph.  Ant.  lud.  .14,  7,  2. 


—     301     — 
74    die   Cvrenaica    zur  Provinz    eemachlM    und    zunächst  einem      wird 

^  J  '  Provinz. 

quaestor  pro  praetore  untergeben  2) . 

Im  Jahre  686  =  68  führte  der  Proconsul  Q.  Caecilius  Metel-  . 
lus  den  Krieg  gegen  Greta '^),  dessen  Resultat  war,  dass  im 
folgenden  Jahre  687  =  67  auch  Greta  Provinz  wurde ^)  und  in 
demselben  Jahre  scheint  auch  in  Gyrene  eine  nochmalige  Orga- 
nisation der  Provinz  stattgefunden  zu  haben  ^),  und  zw  ar '  in 
Folge  des  Krieges  mit  den  Piraten,  welche  in  Gyrenaica  recht 
wohl  Verbindungen  gehabt  haben  können  ^j .  Ob  aber  bereits 
damals  die  combinirte  Provinz  Greta-Gyrene  eingerichtet  ist,   wie 

1)  Dies  Jahr  giebt  bestimmt  an  Appiaii.  B.  C.  1,  111.  Wenn  Zurapt  Stud. 
Rom.  p.  48  und  Mommsen  R.  G.  3,  51  das  Jahr  679  =  75  annehmen,  so  hat 
das  seinen  Grund  darin ,  dass  sie  auch  Bithynien  ,  dessen  Provincialeinrichtung 
nach  Appian  gleichzeitig  war,  75  Provinz  werden  lassen.  Allein  auch  Bithy- 
nien ist,  wie  wir  oben  nachgewiesen  haben,  nicht  75,  sondern  74  eingerichtet. 

2)  Dies  besagt  das  von  Heine  entdeckte,  zuerst  von  Pertz  herausgegebene 
Fragment  des  Sallust  Hist.  2,  39  Dietsch  (47  Kritz) :  P[uhlius  ?]q[ue]  Lentulus 
Marcel[linus]  eodem  a[u]ctore  quaest[or]  in  novam  provinci[arn]  Curenas  missus 
est  [quod]  ea  mortui  regia  Apio[nis]  testamento  nohis  d[ata\  prudentiore  quam 
[iUan]  per  gentis  et  minus  g\lo^ria€  avidi  imperio  co[nti\nendu  fuit.  Ueber  dies 
Fr.  s.  Pertz  üeber  ein  Bruchstück  des  98  Buchs  des  Livius ,  Berlin  1848.  4. 
Kreyssig  Comm.  de  T.  Livii  historiarum  reliquiis  ex  palimpsesto  Toletano  erutis, 
Misenae  1849.  4.  Mommsen  in  Berichten  d.  sächs.  Gesellsch.  der  Wiss.  Ph, 
Hist.  Cl.  1850  S.  190,  wo  ein  Brief  Borghesi's  mitgetheilt  ist,  in  welchem  er 
die  in  dem  Aufsatze  SuW  eta,  in  cui  la  Cirenaica  divenne  provincia  Bomana 
(^Oeuvres  2,  395  ff.)  ausgeführte  Ansicht  zurücknimmt.  Huschke  Zeitschr.  f. 
gesch.  Rechtswiss.  XV,  3  S.  273.  Bergk  Zeitschr.  f.  Alterthumswiss.  X  S.  880, 
Heerwagen  in  Kreyssig  Epiat.  ad  Fr.  Kritzium,  Misenae  1852.  K.  L.  Roth  im 
Rhein.  Mus.  VHI  (1853)  S.  436.  Auch  später  kommen  mehrmals  als  Statthalter 
der  Provinz  Quaestoren  vor,  so  A.  Pupius  Rufus  xafxta;  (ivTiOTpaT7]Yo;  auf  Mün- 
zen von  ("yrene,  deren  Zeit  nicht  genau  zu  bestimmen  ist  (L.  Müller  1,  161), 
P.  Septimius  Geta  Tajj.ia;  v.ai  dvTiaTp.dTfj-j'o;  KpTjrrjc  -/.al  Kuprivr];,  C.  I.  Gr.  2591. 

3)  Dio  Cass.  fr.  178,   1  p.  102  Bekk.   Drumann  2,  52  ff. 

4)  Die  Einrichtung  der  Provinz  dauerte  bis  688  =  66.  Vell.  2,  34:  per  id 
tempus  a  Q.  MetelLn  Creta  insula  in  populi  liomani  potestatem  redacta  est ,  quae 
—  per  triennium  Romanos  exercitus  fatignverat.  Eutrop.  6,  11.  l'ebrigens  s. 
Dio  Cass.  36,  2  (p.  103  Bekk.).  lustin.  39,  5:  Creta  CiLiciaque  piratico  hello  per- 
domitae  in  formam  provinciat  rediguntur.  Liv.  ep.  100:  Q.  Melellus  perdomitis 
('retensibxi.i  liberae  in  id  tempus  insulne  leges  dedit.  Cir.  pr.  Mar.  35,  74:  (^Cretes^ 
nostri  imperii  praesidin  disriplinam  suarn  legesque  ronservant.  Cic.  pr.  Flacco 
13,  30. 

5)  In  dem  \ .  i/.ii  tmiss  der  Siege  des  Pompeins  Fr.  Vat.  Diodori  40,  19 
Vol.  III  p.  141  Dind.  lieisst  es:  uTTOToi^ac  —  xat  tajv  xard  KtXixtav  Supiav, 
'lou?^oitav,  'Apot^tiiav ,  KupTj^^aiV/jV.  Darauf  scheint  auch  zu  gehii  Kutrop.  6,  11: 
quo  tempore  (im  .1.  67)  JAbya  quoque  Romano  imperio  per  testamentum  Apionis, 
qui  rex  eins  f'uerat,  accessit.  Dieselben  Worte  witiderliolt  die  llist.  Miscella  6,  10. 
Vgl.  HieronymuH  Euseb.  ('hron.  (\in.  p.  135  Schoene,  der  zu  Ol.  1(8,  4  =  65 
v.  Chr.  die  Notiz  hat:  Lihya  per  trstainenturn  Apiimis  reyis  Romanis  rclirta.  End- 
lich hat  die  Stadt  Herenice  eine  Aera,  die  wahrscheinlich  67  zu  setzen  ist  S  die 
UnterHuchiing  von  Gibert  und  (loepel  bei  Fraiiz  C.  I.  Ur.  5361. 

6j  Borghesi  Oeuvres  2,  398, 


—     302     — 

man  gewöhnlich  annimmt^),  rauss  in  Ermangelung  jeder  Nach- 
richt bezweifelt  werden'^),  zumal  da  nach  Cäsars  Tode  im  .1.  44 
.  der  Senat  die  Provinzen  einzeln  an  Brutus  und  Cassius  vergab  =^), 
und  zwar  Creta  an  Brutus,  Cyrene  an  Cassius'*),  im  J.  718  = 
36  aber  die  Provinz  Cyrene  Von  Antonius  wieder  zum  Köniü;- 
reich  gemacht  und  nebst  einem  Theile  von  Greta  seiner  Tochter 
Cleopatra  verliehen  wurde  •'^).  Erst  nach  dem  Tode  des  Antonius 
stellte  Octavian  die  Provinz  her*»)  und  bei  der  Theilung  der  Pro- 
oretaund  viuzcu  727  =  27  wurdc  Cyrenaica  und  Creta  definitiv  zusammen- 

Cyrene  com  - 

binirt.  gelegt  und  seitdem  unter  dem  Namen  Creta  Cyrenae,  Creta  et 
Cyrenae,  auch  wohl  Creta  oder  Cyrenae  allein')  als  Senatspro- 
vinz 8)  von  einem  Proprätor  *^)  mit  dem  Tipel  proconsul  ^^)  admini- 

1)  Boeckh  C.  I.  Gr.  2588  nach  Pighius,  welcher  die  vereinigte  Provinz 
durch  einen  Prätor  und  zwei  Quästoren  verwalten  lässt ,  ohne  einen  Beweis  bei- 
zubringen. 

2)  Der  Quästor  M.  luventius  Lateranensis  (691=63),  von  dem  Cicero  pro 
Plane.  26,  63  sagt:  Cyrenis  liberalem  in  publicanos,  iustum  in  socios  fuisse  be- 
weist nur,  dass  Cyrene  damals  Provinz  war;  ob  es  mit  Creta  vereinigt,  und 
unter  welchem  Statthalter,  lehrt  die  Stelle  nicht,  lieber  die  ganze  Frage  handelt 
Zumpt  Comm.  ep.  II,  241  ff. 

3)  Appian.  B.  C.  3,  12.  16.  36.   Unklarer  3,  8;  4,  57.   Dio  47,  21. 

4}  Cic.  Phil.  2,  38,  97:  nuper  fixa  tabula  est,  qua  civitates  locupletissimae 
Cretensium  vectigalibus  liberantur  statuiturque  ne  post  M.  Brutum  proconsulem  sit 
Creta  provincia.  Phil.  11,  12,  27:  num  igitur  Brutus  exspectavit  deereta  nosira, 
cum  studia  nosset?  Neque  enim  est  in  provinciam  suam  Cretam  profecturus.  Dio 
Cass.  45,  32;  46,  23.  Appian.  B.  C.  5,  2.  Nach  Plutarch.  Brut.  19  erhielt  Brutus 
Creta,  Cassius  Atß6-r]V.  Dies  ist  die  pentapolis  Libyae  (Sex.  Ruf.  br.  13,  -q  AtßuY] 
il  TrepV  KupY]VY]V  Dio  Cass.  49 ,  41 ,  in  welchem  Sinne  Plutarch  Aiß'JT]  auch 
V.  Anton.  54  braucht),  nichi  die  Provinz  Africa;  denn  diese  verwaltete  im  J.  44 
Corniflcius  (Drumann  2,  619).  Uebrigens  vgl.  Drumann  1,  139.  Borghesi 
Oeuvres  2,  400. 

5)  Dio  Cass.  49,  32.  41.    Plut.  Anton.  54. 

6)  Monum.  Ancyr.  5,  31  p.  81  Mommsen:  provincias  omnis,  quae  Irans  Ha- 
drianum  mare  vergunlt  a]d  orien[teyn,  Cyrenasque ,  iam  ex  parte  magna  regibus 
eas  possidentibus  —  —  reciperavi. 

7)  Caesius  Cordus  pro  consule  Cretae,  Tac.  Ann.  3,  38.  Derselbe  wird  ange- 
klagt von  den  Cyrenenses  ib.  70 :  M.  Aurelius  —  Seranus  —  q(uaestor')  provin- 
ciae  Cretae.  Guerin  Voy.  arch.  dans  la  reg.  de  Tunis  11  p.  253  n.  461.  Andere 
Beispiele  s.  in  den  folgenden  Anm. 

8)  Dio  Cass.  53,   12.   14. 

9)  Strabo  17  p.  840.  Auf  den  Münzen  von  Cyrene  kommt  ein  L.  LoUius 
vor,  den  Borghesi  Oeuvres  2,  400  und  L.  Müller  1,  158  für  den  ersten  Proprä- 
tor von  Cyrene  halten,  der  dies  Amt  67 — 66  v.  Chr.  bekleidet  habe. 

10)  Bekannt  sind  Scato  procos.  auf  Münzen  von  Cyrene,  unter  Augustus  und 
zwar  nach  23  v.  Chr.,  L.  Müller  1,  166;  .  [M.  Lollius]  Palik(anus)  pr(oconsul')  aus 
derselben  Zeit,  L.  Müller  1,  167;  Occius  Flamma  (Seneca  conir.  9  p.  273  Burs. : 
secutus  erat  in  provinciam  Cretam  Occium  Flammam  proconsulem,  cf.  p.  439) ; 
Caesius  Cordus,  proconsule  Cretae  unter  Tib'erius ,  Tac.  Ann.  3,  38;  Cornelius 
Lupus  Cos.  795  =  42,  vorher  dvi^Ttaxoc,  auf  Münzen  von  Creta,  Borghesi 
Oeuvres  1,  437;  Cn.  Petronius  Probatns  — ■ procons.  provinc.   Cretae  (nach 


—     303     — 

strirt,  unter  dem  ein  legatus^)  und  ein  quaestor  fungirte^).  Die 
Landschaft  Marmarica,  welche  zwischen  der  Pentapolis  und 
Aegypten  liegt  und,  wie  noch  jetzt,  von  Noniadenstämmen  be- 
wohnt wurde,  musste  erst  erobert  werden,  und  wird  diese  Er- 
oberung dem  P.  Sulpicius  Quirinius  zugeschrieben  3)  ^  dessen  Pro-, 
consulat  vermuthungsweise  in  das  Jahr  734=210  gesetzt  wird'*). 
Erst  unter  Diocletian  wurde  die  Combination  der  Provinzen  Greta 
und  Cyrene  wieder  aufgelöst  und  das  wüste  Libyen  unter  dem 
Namen  Libya  inferior  mit  der  Hst.  Paraetonium,  die  Pentapolis 
unter  dem  Namen  Lihya  superior  mit  der  Hst.  Sozusa  zur  dioe- 
cesis  Orientis,  später  zur  dioecesis  Aegypti,  Greta  aber  mit  der 
Hst.  Gortyne  zur  dioecesis  Moesiae  gezogen^). 

Claudius),  Henzen  n.  6451 ;  A.  lulius  Quadratus  [dv&UTiaTO?]  Kp-^inr];  KupTjVT]?, 
Waddington  1722»;  C.  I.  Gr.  3532,  und  so  ist  auch  zu  lesen  in  der  auf  den- 
selben Quadratus  bezüglichen  Inschr.   C.  1.  Gr.  3548,  wo  jetzt  KprjTT]?  KuTrpou 

steht  (aus  Domitians  Zeit):  Q.  Gargilius Macer trib.  pleb.  praet(or), 

proco3.  prov.  Cretae  Cyr(enarurn),  Grut,  415,  5  =  C.  1.  L.  II  n.  4120?  Sex.  Ta- 
dius  —  Paulinus  pro  cos.  sortitus  prov.  Cret.  Cyr.,  Orelli  3658;  M.  Nonius  Bai- 
bus procos.  Henzen  5296 ;  Q.  Caecilius  Ruflnus  —  dvt^UTraxo?  KprjTY];  -ical  Ku- 
p-/)vif];,  C.  I.  Gr.  2588.  Die  Inschr.  Grut.  476,  5  gehört  nicht  hieher.  S.  Borghesi 
Oeuvr.  3,  186. 

1)  Orelli  3659  =  Hermes  3,  114:  C.  lulio  —  Cornuto  Tertullo  —  —  legato 
pro  praetore  provinc.   Cretae   et  Cyrenarum;    Maffei  Mus.    Ver.  p.  416  ==  Boissieu 

Insnr.  ant.  de  Lyon  p.-  82 :    C.  Alfidio  Gallo leg.  pr.  pr.  provinciae   Cretae 

et  Cyrenarum. 

2)  Suet.  Vesp.  2 :  quaestor  Cretam  et  Cyrenas  provinciam  sorte  cepit.  Dio 
Cass.  57,  14:  xoxe  or\  -/j  Kpr^xr^,  xoü  apyovxoc  aux*?];  dnoOavovxo?  xü)  x£  xafxia 
'*.nX  x^  rotp^opq)  auxoü  xöv  Xotrov  ypovov  rposexa/ftv].  Auf  Münzen  von  Cyrene 
linden   sich  A.  Pupius   Rufus  xaiJiia?  dvxiaxpd(x7jYÖ;) ,  L.  Müller  1,  161;    Capito 

Q(uaestor),   L.  Müller  1,  168;  in  Inschriften:   L.  Fabius  Cilo quaest.  prov. 

Cret.  Cyr.,  Marini  Jscr.  Alb.  p.  50;  derselbe  mit  dem  Titel  Q.  pr&v.  Cretae 
ib.  p.  51;  ein  namenloser  Quaes[to\r  provinciae  [C]retae  et  Cyrenar(uni)  ib.  p.  53; 
Bellicius  Sollers,  Q.  Cret.  et  C[yr.\,  Henzen  6912;  C.  Luxilius  —  Sabinus  — , 
quaest.  pr(o)  pr{aetore)  prov.  Cretae  Cyr.,  Grut.  433,  1  =  Orelli  3143;  Marcelli- 
nijs  xapLta;,  C.  1.  Gr.  2589;  P.  Septimius  Geta  xafxia;  xal  dvxioxpdxtjYO^  KpTjTrji; 
vcott  K'jpTjVTj;,  C.  I.  Gr.  2591;  quaest.  pro  [pr.  pr\ovinciae  Cretae  et  Cyren(arum), 
\Utu7Aiii  6766;  ein  pro  q.  provinc.  Cretae  et  Cyrenarum,  Borghesi  Oeuvres  3,  186. 

3j  Florus  2,  31 :  Musulamos  atque  Gaetulos  accolas  Syrtium  (Augustus)  Cosso 
luce  compescuit,  unde  Uli  Gaetulici  nomen  latius  quam  ipsa  victoria.  (Dies  ge- 
schah 6  n.  Chr.,  Dio  Cass.  55,  28.)  Pariter  Marmaridas  atque  Garamantas  Qui- 
rinio  subiyendos  dedit;  potuit  et  ille  redire  Marmaricus ,  sed  modestior  in  aesti- 
manda  victoria  fuit. 

4)  .Mommson  li.  y.  1).  A.  p.  120.  Ks  würde  dabei  anzunehmen  sein,  dass 
damals  der  Proconsul  von  Cyrene  noch  ein  Heer  hatte ,  wie  der  Proconsnl  von 
Africa,  wofür  der  Name  der  leyio  III  Cyrenaica,  welche  doch  ihren  Namen  von 
<  yiene  hat,  sprechen  würde.  Die  Bestlmmting  des  Jahres  ist  aber  sehr  unsicher. 
\i:,\.  Zunipt  Comm.  ep.  II.  91  f.    Henzen  Inscr.  p.  496. 

5)  Veronesisches  Verz.  Abh.  d.  Bari.  Arad.  1862  S.  499.  508.  Zoslmus  2, 
33.    Boecking  iV.  i>.  1,  135.  137.    lilerocles  p.  649.  732.  733. 


—     304     — 
Die  stadtge-         In  der  Einwohnerschaft  der  Stadt  Cyrene  werden  vier  Classen 

meinde  von  "' 

Cyrene.  unterschieden'),  TtoXTxai,  d.  h,  Griechen,  welche  indess  wie  die 
alexandrinischen  durch  Epigamie  mit  den  Einc;eborenen  vermischt 
waren 2),  Ystüp^o^,  d.  h.  Libyer,  {xstotxoi  und  'louSotot^  welche 
letzteren  seit  den  Ptolemäern  einen  grossen  Theil  der  Bevölkerung 
ausmachten'*)  und  das  Bürgerrecht  genossen "*),  aber  sowohl  hier 
als  in  Berenike  eine  eigene  Gemeinde  (iroXiTsojxa)  unter  neun 
Archonten  bildeten^).  Der  in  alter  Zeit  blühende  Handel  der 
^*o!*yx^®''  Stadt  verlor  seit  der  Anläse  Alexandrias  und  sank  in  dem  Grade, 

Stadt.  ^  *=•      , 

als  das  letztere  sich  erhob  ^');  und  die  römische  Regierung  scheint 
wenig  gethan  zu  haben  ^) ,  um  den  Verfall  der  Stadt  aufzuhalten, 
welcher  zu  Synesius  Zeit  seinen  höchsten  Grad  erreicht  hatte  ^j. 
Greta,  einstmals  wegen  seiner  hundert  Städte  gepriesen,  hatte  zwar 
noch  unter  den  Römern  seine  alte  Städtegemeinschaft,  das  xotvov  ^) 
unter  dem  Kpr^tap^^Yj?  ^^j,  aber  es  erholte  sich  ebenfalls  nie  mehr 
von  der  Zerstörung,  die  mit  der  lömischen  Eroberung  verbunden 
gewesen  war^^).  Einen  grossen  Landbesitz  bei  Gnosus  hatten 
darin  die  Einwohner  der  von  Caesar  gegründeten  Colonie^^)  Capua, 
welche  Augustus  damit  entschädigt  hatte,  als  er  seine  Colonie 
in  Capua  anlegte;  derselbe  gewährte  einen  Ertrag  von  1,200,000 
Sesterzen  ^'^)  und  war  noch  am  Ende  des  vierten  Jahrhunderts  im 
Besitze  der  Campaner  i'*). 

1)  Strabo  bei  loseph.  Ant.   14,  7,  2. 

2)  Thrige  p.  122.  3)  Thrige  p.  219. 

4)  loseph,  Ant.  16,  6,  1:  xtuv  (X£v  Ttpoxepwv  ßaoiXfwv  ioovofxiav  auroTc 
7rapeayr]|xeva)V  (in  Cyrene). 

5)  Sie  kommen  vor  in  einer  Insohr.  von  Berenike.    C.  I.  Gr.  5361. 

6)  Thrige  p.  336. 

7)  Eckhel  4,  127  schliesst  aus  einer  Münze  mit  der  Aufschrift  (PAAYta 
KYPHNH ,  dass  Vespasian  sich  um  die  Stadt  besonders  verdient  gemacht  habe, 
allein  Müller  (p.  173)  hat  diese  Münze  nicht  auflinden  können.  Ebenso  unsicher 
ist  es  mit  dem  ius  coloniae ,  das  den  vStädten  Cyreiie  und  Tauchira  (Arsinoe)  in 
der  Tabula  Peutingeriana  zugeschrieben  wird. 

8)  Synesius,  Bischof  von  Ptolemais,  sagt  in  seiner  im  J.  399  n.  Chr.  gehal- 
tenen Orat.  de  regno  p.  2  von  Cyrene :  TtoXi?  'EXX-rjvic,  TiaXcxtöv  ovofxa  %ai  dv  tpÖTJ 
fjLupia  Tcüv  TcdXat  cocpöJv,  ^Ov  Tie^Yji;  -/.at  %ar/jcp'?j;  vcal  [xi'^a  ipe'nz'^w^  xai  ßoLOiXlw? 
8£6{xevov,  et  [j.cXXei  xi  Tzpa^en  xfj?  Tcepi  aux'?jv  dp'/aioXoYiai;  iizd^ios.  Aehnliche 
Klagen  findet  man  bei  ihm  an  vielen,   von  Thrige  p.  21  angeführten  Stellen. 

9)  Eckhel  2,  300. 

10)  C.  1.  Gr.  2744.    Hoeck  Greta  tl  S.  6.  290. 

11)  Servius  ad  Verg.  Aen.  3,  106:  et  primo  quidem  centum  hahuit  civitates 
(^Creta),  unde  et  Hecatompolis  dicta  esf,  post  viginti  et  quattuor,  inde  duas,  Gnoson 
et  Hierapydnam,  quamvis  Livius  plures  a  Metello  expugnatas  dicat. 

12)  Suet.    Caes.  20. 

13)  Velleius  2,  81.    Dio  Cass.  49,   14. 

14)  C.  /.  Gr.  2597  und  das.  Boeckh. 


305     — 


XLII.  XLni.     Africa  und  Numidia '}. 
Die  Besitzungen  der  Carthaeer  zur  Zeit  des  dritten  punischen  Entstehung 

'-'  ^  der  Provinz. 

Krieges  waren  nur  ein  kleiner  Rest  des  grossen  Gebietes,  weiches 
ihnen  ehedem  unterthänig  gewesen  war,  und  die  ganze  Nordküste 
Africas  von  der  Cyrenaischen  Grenze  bis  zur  Strasse  von  Gibral- 
tar umfasst  hatte  2).  Unter  dem  Schutze  der  Römer  hatte  Masi- 
nissa,  der  König  des  benachbarten  Numidiens,  während  durch 
die  arghstige  Politik  der  Römer  in  Folge  des  zweiten  Friedens- 
schlusses (201  V.  Chr.)  die  Garthager  wehrlos  gemacht  waren, 
nicht  nur  den  westlichen,  sondern  auch  den  südlichen  und  öst- 
lichen Theil  der  punischen  Länder  an  sich  gerissen.  Was  im  J. 
446  V.  Chr.  noch  übrig  war,  nämlich  das  Land  von  dem  Flusse 
Tusca^),  jetzt  Oued  Zain  oder  Oued  Berber,  vor  dessen  Mün- 
dung die  Insel  Tabraca  mit  der  Stadt  gleichen  Namens  liegt,  bis 
südlich  herunter  nach  Thena  ^)  am  Meerbusen  von  Gabes,  wurde 
nach  der  grausamen  Verwüstung  der  Stadt  Carthago^)  und  der 
Niedermetzelung  ihrer  früher  auf  700,000  Ew.  geschätzten  Be- 
völkerung durch  Scipio  mit  Hülfe  von  zehn  Legaten  zur  Provinz 
gemacht  6);  das  von  Masinissa  occupirte  Gebiet  dagegen  nach  dessen 

1)  Ausser  den  S.  298  A.  6  angeführten,  auf  alle  africanischen  Provinzen  be- 
züglichen Werken  sind  für  Africa,  Numidia  und  Mauretania  von  älteren  Quellen 
zu  erwähnen :  die  africanischen  Inschriften  in  0.  Falconerii  Inscriptiones  athlt- 
ticae,  Romae  1668.  4  p.  157—164.  Maffei  Mus.  Veron.  p.  427  ff.  Th.  Shaw  Tra- 
vels or  observations  relating  to  several  parts  of  Barbary  and  the  Levant,  London 
1738.  4.  Janssen  Musei  Lugduni-Batavi  inscriptiones  Graecae  et  Latinae,  Lugd. 
Bat.  1842.  4.  Hefner  in  Abh.  d.  bayer.  Acad.  Phil.  Cl.  V,  2  (1849).  Eine 
genauere  Kenntniss  namentlich  von  Numidia  und  Mauretania  Caesariensis  ver- 
danken wir  erst  den  französischen  Forschungen.  Hieher  gehören :  Exploration 
scientifique  de  l'Algerie  pendant  les  annees  1840 — 44.  Archeoloyie  pur  de  la  Mare, 
Paris  18o0.  3  Voll.  4.  Beaux  arts,  architecture  et  sculpture  pur  A.  Ravoisie,  Pa- 
ris 1846.  2  Voll.  fol.  Renier  Inscriptions  Komaines  de  VAUjerie.  Vol.  I.  Paris 
1860.  fol.,  das  Hauptwerk,  dessen  zweiter  Theil  noch  nicht  erschienen  ist;  An- 
nuaire  de  la  societe  archeologique  de  la  province  de  Constantine ,  Constantine  8. 
1853  bis  1862,  von  da  ab  unter  dem  Titel  Recueil  des  Notices  et  Memoires  de  la 
Sociale  arch.  de  la  prov.  de  Const.  1863  bis  1870.  Ou^rin  Voyage  arcMologique 
dann  la  rigence  de  Tunis,  Paris  1862.  2  Voll.  8.  Der  folgenden  Darstellung 
liegen  namentlich  zu  (Irunde  die  Abhandlungen  von  Mommsen  in  Herichten  der 
Hächs.  (Jesellsch.  d.  Wiss.  ph.  h.  Cl.  1852  8.  213—230  und  Henzen  in  Annali 
deW  Inst.  1860  p.  23—99. 

2J  Kuhn  2,  431  ff. 

3}  Plin.  N.  H.b  %  22.  23.  Ptolem.  5,  3,  21.  28. 

4)  Plin.  ;V.  //.  5  J  25. 

5)  Appian.  Pun.  129.  130.   Liv.  ep.  51.   Oros.  5,  22. 

6)  Appian.  Pun.  135.  Cic.  de  l.  agr.  2,  19,  41.  Da.ss  die  Provinz  nur  die 
letzten   Besitzungen   der  Carthager  umfaßte,  sagt  Sali.   R.    lug.    19:    igitur  bello 

Rom.  Alterth.  IV.  20 


—     306     — 

im  J.  606  =  148  erfolgten  Tode  seinen  drei  Söhnen  Micipsa, 
Gulussa  und  Mastanabai  bestätigt  i),  deren  Herrschaft  an  der 
Küste  vom  Flusse  Tusca  bis  zum  Flusse  Muluccha  ging,  sich  tief 
nach  Süden  hin  erstreckte  und  im  Osten  bis  nach  Cyrene  reichte  2). 
Der  jugurthinische  Krieg  änderte  in  diesen  Verhältnissen  nichts, 
als  dass  die  Stadt  Leptis  magna  im  Kriege  sich  für  die  Römer 
erklärte  und  eine  römische  Besatzung  erhielt  3).  Diese  Stadt  liegt 
in  der  Syrtica,  d.  h.  dem  Landstrich  zwischen  der  kleinen  und 
grossen  Syrte,  und  bildete  mit  den  Städten  Oea  und  Sabrata  die 
sogenannte  Tripolis,  einen  Städtebund  (xoivov),  der  noch  im 
vierten  Jahrhundert  erwähnt  wird"*).  Man  darf  daher  annehmen, 
dass  die  ganze  regio  Tripolüana  damals  zur  Provinz  Africa  ge- 
Numidien  zoscn  wurdc ,   wclchcr  sie   später   aneehört^).     Numidien   wurde 

mit  dersel-        ^  ,        ,  ,  ,  , 

benyer-  crst  uach  der  Schlacht  bei  Thapsus  708  =  46  von  den  Römern 
in  Besitz  genommen  und  daraus  eine  Provinz  unter  dem  Namen 
Africa  nova  geschaffen^);  sie  bestand  aber  nur  kurze  Zeit,  denn 


einigt. 


lugurthino  pleraque  ex  Punicis  oppida  et  finis  Carthaginiensium ,  quos  novissume 
habuerant ,  populus  Romanus  per  magistratus  administrabat ;  Oaetulorum  magna 
pars  et  Numidae  usque  ad  flumen  Muluecham  sub  Jugurtha  erant.  Mauris  Omni- 
bus rex  Bocchus  imperitabat. 

1)  Sali.  B.  lug.  5.  11.  13  ff.    Strabo  17  p.  833.    Appian.  Fun.  106. 

2)  Appian.  Fun.  106.  Sali.  B.  lug.  19.  92.  Dies  Gebiet  enthielt  demnach 
nicht  allein  Numidien,  sondern  auch  die  spätere  Provinz  Mauretania  Caesariensis. 
lieber  die  Grenzen  der  numidischen  Königreiche  und  der  späteren  Provinzen 
dieser  Gegend  findet  man  eine  brauchbare  Untersuchung  von  Poulle  im  Recueü 
de  la  Societe  arch.  de  Constantine  1863  p.  1 — 159. 

3)  Sali.  B.  lug.  11:  78. 

4)  Ammian.  28,  6,  7 :  qua  spe  Tripolitani  frustrati  —  —  adlapso  legitimo 
die  concilii,  quod  apud  eos  est  annuum,  Severum  et  FLaccianum  creavere  legatos. 
Dass  dieser  Bund  seit  der  Gründung  der  Städte  bestand,  ist  wahrscheinlich. 
S.  Movers  Die  Phoenicier  II,  2  S.  482. 

5)  Plin.  N.  H.  b  %  27.  38.  Ptolem.  4,  3,  12.  13.  Die  Stadt  Gergis  schlug 
unter  Augustus  Kupfermünzen  mit  der  Aufschrift  perm(issu)  Z.  Volusi  pro  cos. 
(Müller  2  p.  35  n.  65J ;  ein  Streit  der  Städte  Oea  und  Leptis  magna  wurde  im 
J.  70  durch  Valerius  Festus,  den  kaiserlichen  Legaten  von  Africa,  beigelegt 
(Tac.  H.  4,  50}  und  im  J.  163  unter  M.  Aurel  und  Verus  wird  ein  arcus  in 
Oea  (Tripolis)  dedicirt  von  Ser.  Cornelius  Orütus  procos  (^Africae^  und  seinem 
Legaten  L'ttedius  Marcellus.   Maiitei  M.  V.  p.  467,  2.    Borghesi  Oeuvres  3,  60. 

6)  Auct.  B.  Afr.  97 :  ex  regnoque  provincia  facta ,  atque  ibi  Crispo  Sallustio 
pro  consule  cum  imperio  relicto ,  ipse  (Caesar)  Zama  egressus  Uticam  se  recepit. 
Ebenso  Dio  Cass.  43,  9,  der  hinzufügt :  xai  xa  s^^^yj  xd  ^v  t^  AtßuTg  xaÜTa  t6 
|j.£v  Ttspt  TYjv  Kap)(Tf]S6va ,  0  OTj  y.al  'Acpptx-rjv  xaXoDfAev ,  naXatov,  oxi  iv.  ttoXXoü 
vcaxeipYaaxo ,  xo  os  Stj  xcöv  Nofxd5(ov  ^eov ,  oxt  vewaxl  eiXifjTrxo ,  drcovofxdo^. 
Appian.  JS.  C.  2,  100:  %a\  xtjv  dpyrjv  xrjv  'loßa  Kaiaap  UTroxeXYJ  'Pcufxaioi<; 
STioi-rjoev,  aux-^  SaXouaxtov  KpiOTrov  ij^aracsTr^aac..  4,  53 :  Aiß'JYj;  'Pcofjiaioi  xtjv 
{X£v  Ixt  xaXoüst  TiaXaidv,  ocyjv  KapyjjSovtou«;  dcpetXovxo  •  7]v  hk  'I6ßa<;  eiyev, 
uoxepov  xe  sXaßov  im  Vaiox)  Kaicapo? ,  xal  oid  xoOxo  v^av  TrpooaYopeuouot  Ai- 
ßuYjv.    Statthalter  der  neuen  Provinz  war  damals  (711  =43)  T.  Sextius,   der  alten 


--     307     — 

724=30  übergab  sie  Octavian  wieder  dem  Juba,  Sohn  des  ver- 
storbenen Königs  Juba  von  Numidieni),  und  als  er  sie  diesem 
729  =  25  nahm  und  ihn  durch  das  Königreich  Mauretanien  ent- 
schädigte 2),  wurde  Numidia  mit  der  alten  Provinz  Africa  ver- 
einigt 3),  welche  nunmehr  im  Westen  bis  zum  Flusse  Ampsaga'*) 
(Oued  Rhumel  oder  Kebir),  im  Osten  bis  zur  Grenze  der  Cyre- 
naica  reichte.    In  dieser  Ausdehnune  wurde  Africa  seit  Aueustus  ^^"9* '^"*«^ 

ö  o  einem 

als  senatorische  Provinz  verwaltet  und  zwar  nicht,  wie  dies  in  Proconsui, 
der  Zeit  der  Republik  in  der  Regel  geschehen  war,  durch  einen 
praetor j  hernach  einen  propraetor  ^) ,  sondern  durch  einen  Con- 
sular  mit  dem  Titel  procoiisul^  dessen  Legaten  sich  in  ähnlicher 
Weise,  wie  wir  es  bei  Spanien  nachgewiesen  haben,  in  die  Ad- 
ministration des  Landes  theilten^).  Noch  in  späterer  Zeit  wer- 
den erwähnt  legati  dioeceseos  Carthaginiensis '^) ,  regionis  Hippo- 
niensis^)y  eine  dioecesis  Hadrumetina^)    und  ausserdem  die  gleich 

Corniücius.  Dio  Cass.  48,  21.  Dnimann  2,  618.  Vgl.  Plin.  N.  H.  o  §  25  :  ea 
pars,  quam  Africam  appellavimus,  dividitur  in  duas  provincias,  veterem  et  novam. 
Ptolem.  4,  3,  21 :  xaxd  r^jv  NoufxiSiav  ttjv  'Aoi  N^av  ^Trap^iav. 

1)  Dio  Cass.  51,  15. 

2)  Dio  Cass.  53,  26.    Tac.  Ann.  4,  5. 

3)  Strabo  17  p.  840. 

4)  Plin.  N.  H.  5  §  22.    Ptolem.  4,  2,  1 ;  4,  3,  3 ;  4,  3,  28. 

5)  Appian.  Pun.  135:  xal  arpaTriyj^  ^ttjOiov  auxoT?  ix  'PtöjAT];  iTtiTr^fxTieiv 
Ixpivav.  Von  Proprätoren  sind  bekannt:  im  J.  94  v,  Chr.  P.  Sextilius  pr.  p.  Af. 
anf  Münzen  von  Hadrumetum  (Müller  2  S.  51.  Plutarch.  Marius  40.  Appian. 
B.  C.  1,  62,  wo  Se^TtXto'j  statt  Se^fo'j  zu  schreiben  ist),  im  J.  76  L.  Licinius 
Lucullus  (Cic.  Acad.  2,  1,  1.  Aur.  Vict.  de  vir.  ill.  74),  im  J.  66  L.  Sergius 
Catilina  (Cic.  pr.  Caelio  4,  10.  Asconius  p.  85),  im  J.  61  Q.  Pompeius  Rüfus, 
der  bei  Cic,  pr.  Cael.  30,  73  zwar  proc&nsul  heisst,  aber  nur  praetor  gewesen 
war.  Drumann  4,  316. 

6)  Nach  Dio  Cass.  53,  14  hatte  der  proconsul  Africae  drei  Legaten.  Es  ist 
anzunehmen ,  dass  er  selbst  den  carthagischen  Bezirk ,  die  Legaten  die  andern 
drei  Diöcesen  verwalteten,  bis  für  Numidien  ein  kaiserlicher  Legat  eingesetzt 
und  dadurch  für  Carthago  einer  der  drei  vorhandenen  Legaten  vacant  wurde. 
Der  Proconsul  selbst  mandirte  diesen  Legaten  die  Jurisdiction.  Dig.  1,  21,  4: 
imperatores  Severua  et  AntoninuH  Braduae  proconsuli  Africae.  Cum  propriam  iuris- 
diclionem  legatis  tuia  dederia ,  conaequens  est,  ut  etiam  de  auspectis  tutoribua  poa- 
sint  cognoacere.    Vgl.  26,  10,  1^4. 

T)  L.  Miniciiis  —  Natalis,  q(uae8tor^  candid(atu3  divi)  Hadriani  Aug.  et 
eodem  terr^pore)  leg.  prov.  Africae  dioeceseos  Ca(rthag)  procos.  patris  sui.  C.  I.  L. 
II  n.  4510.  4511  (llenzen  n.  6498).  Auf  denselben  bezieht  sich  die  griechische 
Inschrift  von  Megara  bei  Le  Has  II  n.  57.  M.  Acenna  —  trib.  pleh.  leg.  pro- 
vinriae  Africae  dioecexis  Carthaginiensium.    Henzen  6012.    C.  I.  L.   II  n.  1262. 

8)  [leg.  prov.  afr\irae  regionis  JJippnnienaia ,  Uenzen  6482;  legatus  prov. 
Afric.  dioeceseos  Hipponensis.  Momm.scn  /.  H.  N.  1433.  Schon  Plinius  ep.  9,  33 
erwähnt  den  Octavius  Avitu»,  Legatus  proconsulis ,  der  seinen  Sitz  In  Hippe 
DiarrhytUH  hat.     Vgl.  Mornmson   Kphem.  epigr.    1872  p.  133. 

9)  Recueil  —  de  la  socifU  arch.  de  Constantiru  1869  p.  690  n.  11  :  M.  Clau- 
dio (J.  f.   (Juir.   Restituto ,  proc.   Aug.   dioeceseos   regionis  I Indruineiinae  et  l'heve- 

20* 


über. 


—     308     — 

der  eine  Le- zu  besprechende  dioecesis  Numidica^).  Eine  ganz  ausnahmsweise 
mandr".  Stellung  nahm  der  Proconsul  von  Africa  insofern  ein,  als  er  ein 
Heer  commandirte,  während  alle  andern  Provinzen,  welche  eines 
militärischen  Schutzes  bedurften,  bei  der  Theilung  im  J.  727  = 
27  kaiserlich  geworden  waren.  Es  lag  nämlich  in  Africa  die 
legio  III  Augusta'^)  nebst  verschiedenen  Auxiliartruppen  =^) ,  zu- 
sammen ein  Corps  von  etwa  10,000  Mann:  zu  Zeiten  auch  noch 
eine  zweite  Legion  *].    Diesen  ausnahmsweisen  Zustand  beseitigte 

Dies  Com- >  im  Jahr  37  n.  Chr.  ^j   Calieula  dadurch,   dass  er   selbst  denjeni- 

mando  geht  j  <j 

an  einen  kai-2en  Legaten  ernannte,  welcher  das  Heer  in  Africa  commandiren 
Legaten  solltc^),  ohuc  jedoch  eine  absolute  Trennung  der  Provinz  in 
zwei  Theile  durchzuführen  ^j,  was  in  miHtärischer  Hinsicht  un- 
practisch  gewesen  wäre.  Da  nämlich  die  Militärmacht  vornehm- 
lich die  Aufgabe  hatte,  die  fruchtbare  alte  Provinz,  deren  Ge- 
treideertrag für  die  Stadt  Rom  unentbehrlich  war,  vor  Einfällen 
der  umwohnenden  Nomaden  zu  schützen,  so  war  dieselbe  auf 
der  ganzen  Mihtärgrenze,  welche  sich  von  Mauretanien  in  einem 
weiten    Bogen    bis   zur  Cyrenaica   hinzog '^j,    in   Posten    vertheilt, 

stinae.  Henzen  6931 :  cui  divus  Aurel.  Antoninus  centenariam  procuTation(erri) 
pro(yinciae)  Hadrimetinae  dedit.  Diese  provincia  oder  dioecesis  scheint  mehrere 
regiones  gehabt  zu  haben.  Denn  es  kommt  unter  Commodus  auch  ein  proc.  reg. 
Thevestinae  vor.    Maffei  M.   V.  p.  272  n.  10. 

1)  Grut.  404,  7. 

2)  Tac.  Ann.  2,  52.  Hist.  2,  97 ;  4,  48.  4ß.  Dio  Cass.  55,  23 ,  oft  in  In- 
schriften erwähnt. 

3)  üeber  die  Truppen  der  Provinz  handelt  ausführlich  Henzen  Annali  1860 
p.  52—71. 

4)  Tac.  Ann.  3,  9  5  4,  5 ;  4,  23.  Auch  L.  Clodius  Macer,  der  im  J.  68  n. 
Chr.  sich  selbständig  zu  machen  suchte,  errichtete  neben  der  leg.  III  Aug.  noch 
eine  leg.  I  Macriana  liberatrix ,  welche  auf  seinen  Münzen  vorkommt.  Müller  2 
p.   171. 

5)  Borghesi  Oeuvr.  5,  217. 

6)  Tac.  Hist.  4,  48:  legio  in  Africa  auxiliaque  tutandis  imperii  finibus  sub 
divo  Augusto  Tiberioque  principibus  proconsuli  parebant.  Mox  C.  Caesar  turbidus 
animi  et  Marcum  Silanum  obtinentem  Africam  (32 — 37  n.  Chr.)  metuens,  ablatam 
proconsuli  legionem  misso  in  eam  rem  legato  tradidit,  aequatus  inter  duos  benefi- 
ciorum  numerus ,  et  mixtis  utriusque  m,andatis  discordia  quaesita  auctaque  pravo 
certamine.  Legatorum  vis  adolevit  diuturnitate  officii ,  vel  quia  minoribus  maior 
aemulandi  cura,  proconsulum  splendidissimus  quisque  securitati  magis  quam  poten- 
tiae  consulebant.  Der  Nachfolger  des  Silanus  war  L.  Piso.  Daher  sagt  Dio  Cass. 
59,  20:  £7r£iBr)  Te  Aouxto?  Fletotuv  —  ap|a?  tyj?  'AcppaTJ?  huye^,  i<^o^r]h]  [t.i\ 
vetuxeptOT;)  xe  uttö  iKe-^akauyiai; ,  äXkoii  ze  xal  oxt  5uva[xtv  ttoXAtjv  xai  TroXtxfXYjv 
•AoCi  ^evixTjV  lieiv  e'fJieXXs  •  %a\  Uya  x6  e^vo?  vet[xac,  sxlpcjj  xö  xe  oxpaxitoxtxov 
Ttai    xou?  NofJLdSas   xqu?    Tiepi    auTÖ   Trpoaexa|e-    %al   i^    dxeivou   xal   oeüpo   xouxo 

7)  Tac.  Hist.  1,  11  ;  4.  44.  Auch  Ptolem.  4,  3  rechnet  Numidien  zu  Africa. 

8)  Mommsen  a.  a.  0.  p.  216  führt  eine  Inschrift  des  Legaten  von  Numidien 


—     309     — 

communicirte  mit  dem  Legaten,  der  sein  Hauptquartier  in  Lam- 
baese  hatte  i),  auf  den  durch  die  Provinz  führenden  Wegen  2) 
und  bezog  auf  ebendenselben  seine  Fourage^).  Dass  die  Militär- 
strassen durch  die  alte  Provinz  gingen  ^j  und  von  dem  Legaten 
durch  die  Soldaten  der  dritten  Legion  gebaut  und  unterhalten 
wurden  2,  genügt  allein  zu  beweisen,  dass  die  Provinzen  Africa 
und  Numidia  nicht  von  Anfang  an  getrennt  waren  ^j.  Auf  der 
andern  Seite  bedurfte  auch  der  Proconsul  eines  kleinen  Com- 
mandos,  welches,  da  die  gesammte  Truppe  unter  dem  Legaten 
stand,  ihm  von  diesem  gestellt  wurde ^).  Aus  dieser  für  die 
ältere  Kaiserzeit  ganz  exceptionellen  Theilung  der  Militär-  und 
Civilgewalt,  welche  offenbar  grosse  Uebelstände  hatte  und  dem 
kaiserlichen  Legaten  fortwährend  Gelegenheit  bot,  seine  Compe- 
tenz  zu  erweitern  8),  erklärt  sich  die  allmählich  eintretende  Ver- 
änderung in  der  Stellung  des  Legaten,  welche  sich  zunächst  in 
seiner  Titulatur  erkennen  lässt.  Im  ersten  und  zweiten  Jahr- 
hundert heisst  er  entweder,  wie  jeder  andere  Legat,  nur  mit  der 
Bezeichnung  als  kaiserlicher  Beamter,  leg.  Aug.  pr.  pr.^)^  oder 
mit  der  Bezeichnung  als  Legionscoramandeur  leg.  Aug.  leg.  III 
Aug.  pr.  pr.  i^);    wird   im  Titel   die  Provinz   genannt,    so   ist   es 

Q.  Anicius  Faustus  vom  J.  201  an ,    welche  bei  Bondschem ,   in  der  Wüste  zwi- 
schen Tripolis  und  der  kyrenäischen  Grenze  gefunden  ist. 

1)  Recueil  —  de  la  Societe  arch.  de  Constantine  1866  p.  236, 

2)  Im  J.  70  sagt  Tac.  H.  4,  50  von  dem  kaiserlichen  Legaten  Valerius  Fe- 
stus :  Adrumeto ,  ubi  speculabundus  substiterat,  ad  legionem  contendit.  Er  hielt 
sich  also  in  der  proconsularischen  Provinz  auf. 

3)  Die  horrea  bei  Hadrumetum  (Itin.  Ant.  Aug.  p.  52.  56.  58)  und  an  vielen 
andern  Orten  der  Provinz  werden  zu  diesem  Zweck  gedient  haben. 

4j  So  führte  eine  Strasse  von  Lambese  über  Theveste  und  Thenae  nach 
I.eptis  magna,  Itin.  Ant.  p.  33.  46.  57.  Ueber  das  ganze  Strassennetz  handelt 
sehr  übersichtlich  D'Avezac,  Afrique  ancienne  p.  172 — 189. 

5)  So  lässt  unter  Hadrian  der  Legat  P.  Metilius  Secundus  die  Strasse  von 
Carthago  nach  Theveste  bauen  per  legionem  III  Aug.,  Orelli  3563.  Recueil  de 
Constantine  1867  p.  392  n.  36. 

6)  Der  zunächst  sich  darbietenden  Ansicht,  dass  Numidien  immer  eine  eigene 
Provinz  gebildet  habe ,  folgte  ich  selbst  in  der  ersten  Ausgabe  und  ist  auch 
Zuiupt  Studia  Romana  p.  135  ff.  noch  nach  Mommsens  Auseinandersetzungen 
treu  geblieben.  Sie  kann  aber  nach  dem  jetzt  vorhandenen  Quellenmaterial  nicht 
gehalten  werden. 

7j  In  einem  Tairesbefehl  des  Kaisers  Hadrian,  Inschr.  von  Lambaese,  Rcnior 
n.  5B,  heisst  es:  cohors  abeat,  quod  omnibus  annis  per  vices  in  officium  pf(ocon)- 
Huii«  mittitur. 

8)  Dies  bemerkt  ausdrücklich  Tac.  Hiat.  4,  48. 

9)  Renier  n.  11.  n.  1631  und  mehr  bei  Henzen  Annali  1860  p.  Hl.  32    . 
10)  Uonier  n,  2296  funter  Hadrian);  n.  46  (unter  M.  Aurel)  und  sonst  häufig; 

noch  im  .).  206  heisst  er  bei  Tertullian  ad  Scap.  4:  praesea  Uyioni». 


—     310     — 

Africa.  Der  F^egal ')  L.  Clodius  Maccr,  welcher  68  n.  Chr.  sich 
selbständig  zu  machen  suchte  und  von  Galba  getödtet  wurdet), 
nennt  sich  auf  seinen  Münzen  propraetor  Africae  •^)  und  die  sonst 
vorkommenden  Titel  sind:  leg.  pro  praet.  ex[ercitus  Afric)ae*) 
missus  ab  imp.  Vespasiano  Aug.  legatus  pro  praetor e  ad  exercüum, 
qui  est  in  Africa^);  {leg.)  imp.  Caemris  Traiani  Hadriani  Aug. 
(pr.  prj  leg.  III  Aug.  et  exercitus  Africani^)\  legatus  Augusti 
pr.  pr.  provinciae  Africae"^);  praetorius  legatus  provinciae  Afr. 
imp.  Caes.  Aug.^);  leg.  Aug.  prov.  Afr.  dioeces[eos]  Numidicae^)] 
im  dritten  Jahrhundert  dagßgen  lautet  der  Titel  wesentlich  ver- 
ändert leg.  leg.  III  Aug.  praeses  provinciae  Numidiae^^);  leg.  Aug. 
pr.  pr.  provinciae  Numidiae^^)  oder  kurz  Numidiae  legatus^'^).  Da- 
Nnmidien   maig  nmgs  also  Nuraidien   aus  einer  dioecesis  Africae  eine   selb- 

selbstandige  ' 

Provinz,  ständige  Provinz  geworden  sein,  und  dies  geschah,  nach  den 
Inschriften  zu  schliessen,  unter  Septimius  Severus  i^)  (193 — 2ii), 
seit  welchem  auch  die  Finanzverwaltung  Numidiens  nicht  mehr 
unter  dem  quaestor  Africae,  sondern  unter  einem  kaiserlichen 
Procurator  steht  ^^j.    Der  Legat  behielt  das  Commando   nachweis- 

1)  So  nennt  ihn  Sueton  Galba  11. 

2)  Tac.  H.  1,  7.  11.  37.  73;  2,  97;  4,  49.  Plutarch.  Galba  6.  13.  15. 

3)  Müller  2  p.  170  n.  380. 

4)  Henzen  n.  6495  =C.  /.  L.Y,  1,  531.  Tac.  Bist.  4,  49:  sed  tum  legio- 
nem  in  Africa  regebat   Valerius  Festus. 

5)  Murat.  766,  5 ;  858,  4. 
63  Orelli  3382. 

7)  Renier  n.  19.  n.^1817. 

8)  Orelli  773. 

9J  Grut.  404,  7.  Das  Datum  der  Inschr.  ist  nicht  genau  zu  flxiren.  Doch 
setzt  sie  Henzen  a.  a.  0.  p.  33  mit  genügenden  Gründen  in  das  zweite  Jahrhundert. 

10)  Orelli  946,  verbessert  von  Henzen  Annali  1860  p.  33. 

11)  Renier  n.  1505.  n.  101. 

12)  Eine  constitutio  divi  Pii  ad  Tuscium  Fuscianum  Numidiae  legatum  citirt 
Tryphonius  Digest.  37,  5,  7.  "Wenn  dieser  Tuscius  Fuscianus,  wie  Renier  an- 
nimmt, identisch  ist  mit  L.  Matuccius  Fuscinus,  der  als  legatun  Aug.  pr.  pr.  unter 
Pius  vorkommt  (Renier  n.  23.  24.  1631),  so  hat  Tryphonius,  der  seine  Diaputa- 
tionum  libri  XXI  unter  Caracalla  und  Geta  im  J.  211  verfasste  (Fitting  Ueber 
das  Alter  der  Schriften  römischer  Juristen,  Basel  1860.  4  p.  32),  den  Titel  des 
Legaten  so  formulirt,  wie  er  zu  seiner  Zeit  war. 

13)  Unter  diesen  fällt  die  älteste  der  angeführten  Inschriften ,  Orelli  946, 
über  welche  s.  Eckhel  7,  245.  Genauer  erörtert  die  Zeit  Mommsen  a.  a.  0. 
S.  220.  Henzen  a.  a.  0.  p.  34.  Wenn  der  Letztere  als  Beginn  der  Provinz  Nu- 
midien  das  Jahr  194  annimmt,  indem  er  in  der  Inschrift  Renier  1611  die  Siglen 
VPN  erklärt  anno  quinto  provinciae  Numidiae ,  so  wird  zur  Bestätigung  dieser 
Vermuthung  abzuwarten  sein,  ob  sich  anderswo  eine  bis  jetzt  nicht  nachweisbare 
Aera  Numidiens  findet. 

14)  Unter  Severus,  Caracalla  und  Geta  w«r  L.  lulius  Victor  Modianus  pro- 
curator per  Numidiam,  Renier  n.  1833,  wenig  später  Clodianus,  Renier  n.  2535. 
Vgl.  Henzen  a.  a.  0.  p.  48. 


Diocletian. 


—     311     — 

lieh  bis  2601),  wahrscheinlich  aber  bis  Aurelian^)  (270—275), 
seit  welchem  die  Civilverwaltung  Numidiens  einem  praeses  nicht 
senatorischen  Ranges  (vir  perfectissimus)  übergeben^),  das  mili- 
tärische Commando  aber  abgetrennt  wurde '^). 

Eine  weitere  Zerstückelung  der  Provinz  trat  unter  Diocletian    weitere 

Theilnng 

ein,  seit  welchem  dieselbe  in  vier  selbständise  Verwaltuneskreise      <^">ch 
zerlegt  erscheint,   nämlich: 

1 .  Numidia  mit  der  Hst.  Cirta,  daher  auch  Numidia  Cirtensis 
genannt 5).  Nachdem  die  Provinz  in  den  Jahren  308 — 31  i  in 
Folge  des  Aufstandes  des  Alexander  und  der  Niederwerfung  des- 
selben durch  Maxentius  furchtbar  gelitten  hatte  ^),  scheint  sich 
Constantin  d.  Gr.,  als  er  nach  der  Besiegung  des  Maxentius  (312) 
in  den  Besitz  Africas  gelangte,  um  ihre  Wiederherstellung  beson- 
dere Verdienste  erworben  zu  haben.  Denn  nicht  nur  Cirta,  wel- 
ches er  wieder  aufbaute,  heisst  von  ihm  seitdem  Constantina^), 
sondern  die  Provinz  selbst  nahm    von   ihm   den  Namen  Numidia 

1)  Unter  Alexander  Severus  (222 — 235)  kommt  noch  vor  P.  lulius  lunianus 
Martialianus ,  c(larisaimus)  v(ir),  leg.  leg.  III  Aug.  Severianae  Alexandrianae, 
praesea  [Numidiae'),  Renier  n.  1889;  im  J.  237  befehligte  Capellianus  als  Legat 
von  Numidia  das  Heer  gegen  die  Gordiane  (Herodian.  7,  9  und  dazu  Mommsen 
a.  a.  0.  S.  221),  und  als  Dio  Cassius  schrieb  (d.  h.  vor  238,  Eckhel  8,  383), 
bestand  dies  Commando  noch  (Dio  Cass.  59,  20).  Der  letzte  prätorische  Legat, 
welcher  erwähnt  wird,  ist  C.  Macrinius  Decianus  v.  c.  leg.  Augg.  pr.  pr.  prov. 
Numidiae  im  J,  259  oder  260.    Renier  n.  101  =  Henzen  Inscr.  7414y. 

2)  Henzen  Annali  1860  p.  39.' 

3)  Beispiele  sind:  M.  Aurelius  Decimus,  v.  p.  p(rae8es)  p^rovinciae)  N{umi- 
diae^  unter  Carinus  (283)  und  Diocletian,  Renier  n.  1843.  103.  104.  105.  106. 
1732;  M.  Aurelius  Diogenes  v.p.p.p.  N.,  Renier  110.  111.  112,  unter  Diocle- 
tian und  Maximian  ;  [Aurelius  Mjaximianus  unter  denselben  Kaisern  v.  p.  p.  p. 
N.,  Renier  1844;  Concordius  praeses  (so  ist  zu  lesen  statt  proeonsut)  Numidiae 
im  J.  295,  Cod.  lust.  9,  9,  28 ;  ferner  unter  Constantin  d.  Gr.  Aurelius  Alvacius 
V.  p.  p.  p.  (Renier  n.  1674);  Tallius  Antiochus  v.  p.  praeses  prov.  Numid.  (n.  1845); 
Severinius  Apronianus  v.  p.  p.  p.   N.  (n.  117). 

4)  So  heisst  es  Renier  n.  109  in  einer  Inschr.  von  Lambaese :  Aquaeductum 
leg{ionis)  III  Aug.  —  —  Diorletianus  et  Maximianus  AugiusW)  curnnte  Aurelio 
Maximiano  v.  p.  p.  p.  jV.,  et  Clodio  Honorato,  v.  e(gregio),  praef\ecto)  leg(ionis) 
eiusc^eni)  —  —  restituerunt.  Das«  dieser  Offleier  den  sonst  in  dieser  Zeit  be- 
reits üblichen  Titel  dux  limitis  geführt  habe  (Trebell.  PoUio  trig.  tyr.  29.  Vopisc. 
Aurelian.  13.  Mommsen  a.  a.  O.  S.  223),  lässt  sich  für  Numidien  wenigstens 
nicht  nachweisen. 

5)  So  heisst  die  Provinz  im  veronoser  Verzeichniss  S.  515  Mommsen. 

6)  Zosimus  2,  12.  14.  Aurel.  Vict.  de  Caes.  40,  17.  19. 

7)  Aurel.  Viot.  de  Caen.  40,  28 :  Cirtaeque  oppidn,  quod  obsidione  AUxnndri 
recidernt ,  repnsito  exormitnque  nnmen  Constantina  inditum.  Seitdem  heisst  die 
Sihdi  rivitas  Constantina  (.'irtensiwn,  Cod.  Th.  12,  1,  29  und  Gothofredu«  daselbst; 
rolnnia  Constantina,  Annuaire  1H60  p.  136  n.  1.  Rocueil  1865  p.  170=1866 
p.  29;  Corvttantinti  rivitas,  Annuaire  1860  p.  138  n.  2.  Rescript  Constantins  vom 
J.  330  bei  Diipin  in  OptatuH  de  srhimi.  Donat.   p.  189  (ed.  1702). 


—     312     — 

Constantina  an^),  und  während  in  den  ersten  Jahren  seiner 
Regierung  als  Slalthalter  noch  ein  praeses  vorkommt  2)  ^  fungirt 
später  statt  desselben  ein  Statthalter  senatorischen  Ranges  mit 
dem  Titel  legatus  pro  praetore  provinciae  Numidiae^)  oder  con- 
siäaris  Numidiae^)^  welcher  unter  Valentinian  und  Valens  noch- 
mals um  eine  Rangstufe  erhöht  wurde  und  den  der  Würde  des 
Proconsuls  entsprechenden  ^j  Titel  vir  clarissimiis  consularis  sex- 
fascalis  provinciae  Numidiae  Constantinae  erhielt^). 

2.  Africa  proconsularis  oder  Zeugitana  mit  der  Hst.  Carthago'). 

3.  Byzacium^),  dem  Diocletian  zu  Ehren  provincia  Valeria 
Byzacena  genannt  9),  mit  der  Hst.  Hadrumetum  lo)  ^  unter  einem 
consularis  ^^) . 


1)  Renier  n.  1852.  2170.  2171.  2542.    Aimuaire  1862  p.  144  n.  209.    Re- 
cueil  1865  p.  170  =  1866  p.  29.  1867  p.  239  n.  63. 
2}  S.   Seite  311  Anm.  3. 

3)  Orelli  3672:  L.  Aradius  Proculus  v.  c.  legatus  pro  praetore  provinciae 
Numidiae.  Er  war  consul  Ordinarius  340  (bei  Orelli  steht  in  Folge  eines  Druck- 
fehlers irrthümlicli  390)  und  Statthalter  von  Numidien  vor  diesem  Jahre,  im 
Beginne  seiner  Laufbahn. 

4)  Die  bereits  von  Mommsen  und  Henzen  zusammengestellten  Consulare 
sind:  Zenophilus  v.  c.  consularis  im  J.  320  oder  329  (^Acta  purgationis  Caeciliani 
in  Optatus  de  schism.  Donat.,  Antverpiae  1702  fol.  p.  167.  Augustin.  epist.  43 
c.  6  n.  17);  M.  Aurelius  Yalerius  Valentinus  consularis  Numidiae  330  (Cod.  Th. 
16,  2,  7.  De  Costanzo  Disamina  degli  scrittori  e  de'  monumenti  risguardanti  S.  Ru- 
ßno ,  con  appendice  delle  iscrizioni,  Assisi  1797.  4  n.  56);  Alfenius  Ceionius 
lulianus  Kamenius  consularis  provinciae  Numidiae  (Orelli  2351);  Clodius  Celsi- 
nus  V.  c.  cons.  p.  N.  zwischen  333  —  337  (Renier  n.  1848);  Ilicus,  consularis 
Numidiae  3bS,  Cod.  Th.  1,  15,  3;  lanuarius  cons.  Num.  399,  Cod.  Th.  13,  1,  17; 
Generosus  cons.  Num.  410,  Augustin.  ep.  116. 

5)  Gothofred.  Not.  dign.  cod.  Theod.  p,  22  Ritter.  Mommsen  a.  a.  0.  S.  225. 
Bull.  1852  p.  171. 

6)  Der  erste,  der  diesen  Titel  führt,  ist  Publilius  Caeionius  Caecina  Albi- 
nus ,  von  dem  wir  sechs  Inschriften  aus  der  Zeit  des  Valentinian ,  Valens  und 
Gratian  mit  Titulaturen  haben.  Diese  heissen :  vir  clarissimus  consularis  (Renier 
1520);  {consuld)ris  p.  N. ,  Renier  4146;  v.  c.  cons.  p.  N.  C.  (Recueil  —  de 
Constantine  1867  p.  239  n.  63);  dann  aber:  v.  c.  cons(ularis^  sexf.  p.  N.  Con- 
s[tantinae]  (Annuaire  de  Const.  1862  p.  144  n.  209);  v.  c.  consularis  s.  f.  p. 
N.  Constantinae  (Recueil  1866  p.  29  n.  2);  [v.  c.  cons.\  sexfascalis  provinciae 
\N.  Constantinae\,  Recueil  1866  p.  167  n.  179.  Er  scheint  demnach  den  Titel 
sexfascalis  erst  während  seines  Amts  erhalten  zu  haben  und  die  beiden  ausser- 
dem vorkommenden  sexfascales  (Henzen  Inscr.  6508.  6509  =  Renier  1852.  2542) 
werden  als  seine  Nachfolger  zu  betrachten  sein. 

7)  Veroneser  Verzeichniss  S.  515  Mommsen.  S.  Rufus  4.  Polemius  Silvius 
p.  253  Mommsen.    Boecking  N.  D.  Occ.  p.  147. 

8)  N.  D.  Occ.  p.  67.    S.  Rufus  4.   Orelli  3672. 

9)  Orelli  1079. 

10)  Orelli  3058.    Cod.  Th.  11,  30,  2.    Isidor.  Orig.  14,  5,  7. 

11)  Im  J.  321  ist  Q.  Aradius  praeses  prov.  Val.  Byzac. ,  allein  er  ist  ein 
praeses  v.  c.  d.  h.  senatorischen  Ranges,  Orelli  1079.  3058.  3672,  später  sind  die 
Statthalter  immer  consulares,  so  363  (Cod.  Th.  11,  20,  1),  369  (S.  Rufus  4),  372 


—     313     — 

4.  Tripolitana  ^)    mit  der  Hst.  Tacapae  (Gabes)    unter   einem 
praeses  2) . 

Nachdem   wir   so  die   äusseren  Verhältnisse    der  Provinz   in   Bewohner 

der  Provinz ; 

ihrer  geschichtlichen  Entwickelung  verfolgt  haben,  bleibt  uns 
noch  übrig,  auf  die  inneren  Zustände  derselben  einen  Blick  zu 
werfen.  Drei  Nationalitäten  vereinigten  sich  in  derselben:  die  ur- 
sprüngliche Bevölkerung  bildeten  die  Libyer  oder  Berbern,  welche,  Berbern, 
obw'ohl  in  viele  Stämme  zerfallend,  doch  einem  Sprachstamm 
angehören'^).  Sie  haben  unter  den  Bömern  ihre  Namen ^),  ihren 
Gottesdienst  5)  und  theilweise  auch  eine  politische  Selbständigkeit 
ihrer  Horden  6)  conservirt,  und  ihre  Sprache  ist  noch  erhalten ") . 
Dazu  kamen  zweitens  die  Phönicier,  welche,  seit  einem  Jahr-  Phönicier. 
tausend  im  Besitz  der  ganzen  africanischen  Küste  ^),  in  den 
grossentheils  von  ihnen  selbst  gegründeten  Städten  die  vorherr- 
schende Bevölkerung  ausmachten.  Hier  dominirte,  so  lange  die 
Provinz  bestand,  mehr  oder  weniger  das  phönicische  Element; 
die  Behgion  blieb  die  alte  punische^),  die  Stadtmünzen  haben, 
so  lange  sie  überhaupt  geprägt  wurden,  d.  h.  bis  Tiberius, 
grossentheils  punische  Inschriften,  die  duumviri  in  den  punischen 
Städten  heissen  sufetes^^)  und  die  punische  Sprache  erhielt  sich 
nicht  nur  überhaupt  bis   in   das   sechste  Jahrhundert^^),  sondern 


(Cod.  Th.  8,  7,  12),  400  f^.  I>.   Occ.  p.  5.  67)  und  noch  unter  lustinian,  Cod. 
lußt.  1,  27,  1  §  2. 

1)  Im  veroneser  Verz.  heisst  die  Provinz  Numidia  miliciana,  was  wohl  eine 
Corruption  des  Namens  Tripolitana  ist. 

2)  Präsidialisch  nennt  die  Provinz  im  .7.  369  Rufus  c.  4,  um  400  die  Not. 
Dign.  Occ.  p.  67.  Ein  praeses  kommt  vor  im  J.  370  (Ammian.  28,  6,  22)  und 
399  (Cod.  Th.  11,  30,  59);  wenn  es  daher  in  der  Verordnung  des  Cod.  Th.  8, 
7,  12  vom  Jahr  372  heisst :  nullum  militem  a  quolihet  nurnero  ad  stationes  agen- 
das  per  consutares  Byzacenam  et  Tripolitanam  provmcias  destinari  iubemus ,  so 
scheint  hier  irgend  ein  Fehler  der  Lesart  vorzuliegen.  Dass  damals  die  Colonie 
Tacapae  Metropolis  der  Provinz  war,  zeigt  Cod.  Th.  11,  30,  33  und  das.  Goth. 

3)  Movers  Die  Phoenizier  II,  2  S.  363—411. 

4)  Henzen  Annali  1860  p.  80  f. 

5)  Henzen  a.  a.  0.  p.  82. 

6)  Henzen  a.  a.  0.  p.  51. 

7)  Ueber  die  Berbersprache  s.  die  Nachweisungen  bei  Movers  a.  a.  0.   S.  364. 

8)  Movers  a.  a.  0.  S.  363.  412  flF. 

9)  Henzen  a.  a.  O.  p.  63. 

10)  Münze  von  Carthago  mit  den  Köpfen  des  Caesar  und  AuKustus  und  der 
Inschr,  Aristo  Mutumbal  Ricoce  Suf.,  Müller  2  p.  149  n.  319;  ein  sufes  der 
civitas  Themetra  in  Africa  aus  dem  J.  27  n,  Chr.,  Orelli  3056;  sufetes  der  civi- 
tojf  Apisia ,  Orelli  3057 ;  sufetes  der  rivitas  Avittensis  Bibba ,  Gurfrin  1  p.  429 
n.  204;  ein  sufes  der  rivitas  Thibicaensis,  Gu<?rin  2  p.  364  n.  520. 

11)  Arnobius  lunior  um  460  erwähnt  im  (ninment.  ad  Psalm.  104  (p.  481 
Mignej  noch  den  aermo  Punicus  aU  Sprache  der  Garanianten  in  der  kleineu  Syrte. 


rung. 


—     314     — 

blieb  auch  noch  lange  die  Umgangssprache  der  Gebildeten  und 
die  kirchliche  Sprache  in  vielen  christlichen  Gemeinden.  Die 
Schwester  des  Kaisers  Septimius  Severus,  welcher  in  Leptis  n)agna 
geboren  war^),  sprach  so  schlecht  lateinisch,  dass  der  Kaiser  sie 
nicht  in  Rom  behalten  konnte 2):  Ulpian  nimmt  an,  dass  eine 
verborum  obligatio  auch  in  punischer  Sprache  gültig  sei  ^j ;  als  der 
h.  Augustinus  um  das  Jahr  423  in  Fussala,  einem  Castell  bei 
Hippo  in  Numidien,  einen  Bischof  einsetzte,  wählte  er  dazu  einen 
Mann ,  qui  et  Punica  lingua  esset  instructus  ^) ;  in  einer  eignen 
Rede  braucht  er  einmal  ein  punisches  Sprüchwort  und  fügt  hin- 
zu :  Latine  vobis  dicam^  quia  Punice  non  omnes  nostis  ^) ;  und  ein 
andrer  Bischof,  der  nicht  punisch  kann,  muss  sich  bei  einer  An- 
sprache eines  Dolmetschers  bedienen  ß) .  So  xähe  indessen  der 
Widerstand  war,  welchen  die  doppelte  einheimische  Bevölkerung 
den  Eroberern  entgegenstellte,  so  gelang  es  doch  mit  der  Zeit 
RomaniBi-  auch  dcu  Römcm ,  nicht  nur  äusserlich  sich  in  der  Herrschaft 
der  Provinz  zu  befestigen,  sondern  auch  ein  geistiges  Leben  in 
derselben  zu  entwickeln,  in  welchem  sich  zwar  eine  durchgrei- 
fende Romanisirung  des  Landes,  aber  auch  ein  unverkennbarer 
Einfluss  des  einheimischen  Nationalcharacters  kundgiebt.  Car- 
thago  selbst ')  wurde  der  Mittelpunct  einer  eigenthümlich  manierir- 
ten,  aber  doch  in  vieler  Beziehung  merkwürdigen  africanisch- 
römischen  Bildung,  welche  in  der  Literatur  in  profanen  und 
kirchlichen  Schriftstellern,  wie  Apuleius,  Tertullian,  Arnobius, 
Cyprian  und  Augustinus  bedeutende  Vertreter  fand,  aber  auch 
in  den  poetischen  und  prosaischen  Inschriften  zum  Theil  ent- 
fernter Landstriche  sich  characteristisch  ausspricht.     Es  ist  daher 

Aus  Leptis  magna  haben  wir  verschiedene  panische  Inschriften  aus  römischer  Kai- 
serzeit. Movers  II,  2  S.  476.  477.  Noch  Procop  sagt  de  h.  Vand.  2,  10 :  xoti  eii 
iai  Ti(j|  Ooivixtuv  cptovij]  ^ptufAS^joi  ijixrjvxai. 

1)  Spart.  Sev.  1. 

2)  Spart.  Sev.  15:  cum  soror  sua  Leptitana  ad  eum  venisset  vix  Latine  lo- 
quens  ae  de  Uta  multum  Imperator  erubesceret  —  redire  m.ulierem  in  patriam. 
praecepit. 

3)  Digest.  45,  1,  1  §  6.  Vgl.  Dig.  32,  1,  11  pr. :  fideicohimissa  quocunque 
sermone  relinqui  possunt,  non  solum  Latina  vel  Graeca  sed  etiam.  Punica  vel  Oal- 
licana. 

4)  Augustin.  epist.  209,  3. 

5)  Augustin.  sermon.   167,   4. 

6)  Augustin.  epist.   108,   14. 

7)  Salvianus  de  guh.  dei  7  p.  149  ed.  1688.  4:  illic  (in  Carthago)  omnium 
officiorum  publicorum  instrumenta^  illic  artium  liberalium  scholae,  illic  philosopho- 
rum,  officinae,   cuncta  denique  vel  linyuarum,  yymnasia  vel  morum. 


—     315     — 

nicht  ohne  Interesse,    die   allmähliche   Zunahme   römischen   Ein- 
flusses in  der  Provinz,   soweit  es  möglich  ist,   zu  verfolgen. 

Bei  der  Besitznahme  des  Landes  i)  waren  sieben  Städte,  GBmeindeu : 
welche  während  des  dritten  punischen  Krieges  auf  Seiten  der 
Römer  gestanden  hatten  2)^  als  cwitates  liberae  anerkannt  und  ^^*^^'/* 
entweder  im  ungeschmälerten  Besitze  ihres  Territoriums  belassen 
oder  auch  durch  Vergrösserung  desselben  belohnt  worden,  näm- 
lich Utica^),  Hadrumetum 4) ,  Thapsus^),  Leptis  minor ß),  Achulla"), 
üsalis^)  und  Theudalis '^j .  Die  Ortschaften,  welche  den  Garthagern 
treu  geblieben  und  nicht  wenigstens  während  des  Krieges  zu 
den  Röpiern  übergegangen  waren,  wurden  zerstört  ^^j,  ihre  Ein- 
wohner getödtet  oder  als  Sclaven  verkauft,  das  ganze  Gebiet 
derselben  aber  zum  age7^  publicus  gemacht  und  in  dreifacher 
Weise  verwendet  ^^).    In  das  Stadtgebiet  von  Carthaeo  führte  im  vosiedeinn- 

f  o  o  jyen  der 

J.  632=122  C.  Gracchus  eine  römische  Colonie,  welche  den  Römer. 
Namen  lunonia  erhielt  ^2).  Zwar  wurde  dieselbe,  weil  der  Platz, 
auf  welchem  Carthago  gestanden  hatte,  von  Scipio  feierlich  devo- 
virt  worden  war^^)^  im  folgenden  Jahre  durch  ein  Gesetz  des 
Volkstribunen  Minucius  Rufus  wieder  aufgehoben  i^) ,  und  es  musste 
sonach  die  Erbauung  einer  neuen  Stadt  auf  den  Trümmern  Car- 

1)  lieber  die  älteste  Constitution  der  Provinz  ist  Hauptquelle  das  Plebiscit 
vom  J.  643  =  111,  welches  von  Rudorff  (Das  Ackergesetz  des  Sp.  Thorius  in 
Zeitschr.  für  gesch.  Rechtswissenschaft  Bd.  10)  und  Mommsen  Ci  I.  L.  I  p.  75 
n.  200  mit  vortrefflichen  Commentaren  herausgegeben  ist. 

2)  Appian.  Fun.  Ib.    Polyb.  36,  1.    Liv.  ep.  49. 

3)  Appian.  Fun.  135.  Jjtx  agr,  anni  643  lin.  79.  80:  extraque  ewn  agrum, 
quei  ager  intra  finis  popuLorum  leiherorum  Lticensium  H^adrumetinomm  Tyimpsi- 
tanorum  Leptitanorum  Aquillitanorum  Usalitanorum  Teudalensium,  quam  in  amei- 
citiam  populei  Romani  proximum  venerunt,  fuit. 

4)  Es  heisst  oppidum  liberum.    Plin.   iV.  H.  5  §  25. 

5)  Plin.  N.  H.  b  %  25. 

6)  Hirtius  B.  Afr.  7  :  pervenit  ad  oppidum  Leptim,  liberam  civitatem  et  im- 
munem. 

7)  Die  Stadt,  welche  bei  den  Schriftstellern  Acholla,  Achilla,  in  dem  Ge- 
setz von  643  Aquilla  heisst,  nennt  sich  auf  ihren  Münzen  Achulla,  Müller  2 
S.  43  f.    Als  civita-H  libera  bezeichnet  sie  Hirtius  B.  Afr.  33.  Plin.  iV.  H.  b  %  30. 

8)  Lex  agr.  a.  a.  O. 

9)  immune  oppidum.    Plin.    N.  H.   5  J  23. 

10)  Appian.  Pun.  135:  oooti  oe  roXeii  ou(X(Ae|j,a/T)xeaav  toi«  TroXejjiioic  irA- 
(x6vtD;  £5o$e  xat)eXerv  araaa;. 

11)  Hierüber  handelt  ausführlich   Mommsen   C.  I.  L.  I  p.  96  fr. 

12)  Plutarch.  C.  Oracch.  10.  11.  14.  Appian.  B.  C.  1,  24.  Am.  136.  Vell. 
1,  15;  2,  7.  Fronte  ad  Verum  H  p.  125  Naber:  iam  iiracehxia  loeabat  Asiam  et 
Karthaginem  viritim  dividebat.   Liv.  ep,  60.   Solin.  27.    Kutrop.  4,  21.   Oros.  5,  11. 

13)  Appian.  I\in.  135.  B.  C.  1,  24.  Cic.  de  l.  agr.  1,  2,  5;  2,  19,51;  Digest. 
7,  4,  21.   Zonaras  9,  30. 

14)  Appian.   Pun.  136.   B.  C.  1,  24.   Oros.  5,  11.   Florus  2,  3. 


—    :H6    — 

thagos  vorlaufig  unterbleiben,  allein  die  den  Colonislen  bestimm- 
ten Aecker  wurden  nichtsdestoweniger  viritim  assignirt^)  und 
somit  etwa  6000  römische  Bürger  in  Africa  angesiedelt.  Ein 
zweiter  Theil  des  Landes  wurde  vom  Staate  an  Privatleute  ver- 
kauft 2! ,  und  dass  die  Käufer  römische  Speculanten  waren,  lässt 
sich  um  so  weniger  bezweifeln,  da  die  africanischen  Landgüter 
auch  später  eifrig  zusammengekauft  wurden  und  als  lalifundia 
in  den  Händen  weniger  römischer  Gapitalisten  sich  befanden  3). 
Ein  dritter  Theil  des  Landes  endlich  blieb  Staatsdomaine  und 
wurde  entweder  den  Einwohnern,  welche  noch  rechtzeitig  sich 
den  Römern  unterworfen  hatten,  gegen  Zahlung  eines  Stipendium 
gelassen'*),  oder  von  den  Censoren  verpachtet^),  in  welchem 
Falle  die  Pächter  wieder  zum  Theil  Römer  waren.  In  dem  Grade 
also,  wie  die  einheimische  Bevölkerung  durch  die  grausame  Krieg- 
führung aufgerieben  war,  eröffnete  sich  Raum  für  römische  An- 
siedelungen, während  in  den  erhaltenen  punischen  Städten  der 
Handelsverkehr  und  die  Verwaltung  die  Romanisirung  vermittelte. 
Utica,  Hadrumetum  und  Thapsus  wurden  Gerichtsstädte  [conven- 
tus)^)j  das  erste,  welches  damals  am  Meere  lag'),  zog  nicht  nur 
den  Handel  Carthagos  an  sich,  sondern  war  anfangs  Hauptstadt 
der  Provinz  8)  j    erhielt   von  Caesar   die  Latinität^),    von  Augustus 


1)  Mommsen  a,  a.  0.  p.  97. 

2)  Von  den  Bedingungen  dieses  Verkaufs  wird  an  einem  andern  Orte  die 
Rede  sein.    S.  Mommsen  a,  a.  0.  p.  98. 

3)  Frontin.  in  Grom.  p.  53  L. :  in  Africa,  ubi  saltus  non  minores  habent 
privati  quam  respublica  territoria :  quin  immo  multis  saltus  lange  maiores  sunt 
territoriis :  habent  autem  in  saltibus  privati  non  exiguum  populum  plebeium  et  vicos 
circa  villam  in  modum  munitionum.  Dies  erwähnt  auch  Horaz  Od.  1,  1,  10: 
illum  (iuvaf)  si  proprio  condidit  horreo,  quidquid  de  Libycis  verritur  areis  und  be- 
stimmter Plinius  jV.  H.  18  §  35  :  sex  domini  semissem  Africae  possidebant,  cum 
interfecit  eos  Nero  princeps.    Vgl.  Hör.  Od.  3,  16,  31. 

4)  Lex  agraria  vom  J.  111  lin.  80.  81:  cum  agrum  locum,  quem  II vir  ex 
hac  lege  stipendiarieis  dederit  adsignaverit. 

5)  Hierüber  handelt  das  Gesetz  lin.  83— »89. 

6)  Utica  erwähnt  als  conventus  Caesar  B.  C.  2,  36,  Hadrumetum  und  Thapsus 
Hirt.  B.  Afr.  97. 

7)  Die  Küste  hat  sich  seitdem  wesentlich  verändert  und  der  Meerbusen  von 
Utica  ist  versandet.    Müller  2  S.  162. 

8)  Caesar  B.  C.  i,  31  •  2,  36.    Hirtius  B.  Afr.  87.  88. 

9)  Dies  scheint  hervorzugehen  aus  Caesar  B.  C.  2,  36 :  Uticenses  pro  qui- 
busdam  Caesaris  in  se  beneficiis  Uli  amicissimi.  Hirtius  JB.  Afr.  87:  M.  Cato, 
quod  Uticensibus  propter  beneficium  legis  luliae  parum  An  suis  partibus  praesidii 
esse  existimaverat,  plebem  inermem  oppido  eiecerat,  S.  Mommsen  R.  G.  3,  538. 
C.  I.  L.  I  p.  98. 


—     317     — 

das  Bürgerrecht  ^)  und  den  Namen  Munieipium  lulium  Uticense  2) , 
bis  es  unter  Hadrian  römische  Colonie^)  mit  dem  Namen  Colonia 
lulia  Aelia  Hadriana  Augusta  Utikensis^)  und  unter  Seplimius 
Severus  colonia  iuris  Ilalici  wurde  ^) .  Den  Rang  der  Hauptstadt 
indessen  verlor  es,  seitdem  Carthago,  welches  im  J.  44  v.  Chr. 
von  Cäsar  neu  colonisirt^),  von  Augustus  im  J.  29  durch  eine 
zweite  Ansiedelung  von  3000  Colonisten  vergrössert  worden  war^), 
in  kurzer  Zeit  sich  wieder  zur  ersten  Stadt  Africas  erhob  8). 
Während  somit  Utica,  die  älteste  der  punischen  Städte,  voll- 
kommen römisch  wurde,  trat  Carthago  als  ein  ursprünglich  römi- 
sches Element  in  die  Entwickelung  der  Provinz  ein,  und  diese 
doppelte  Methode  der  allmählichen  Romanisirung  und  der  directen 
Colonisirung  finden  wir  fernerhin  während  der  ganzen  Kaiserzeit 
angewendet.  Zu  Plinius  Zeit  hatte  die  damals  noch  ungetheilte, 
von  der  Grenze  Mauretaniens  bis  zur  Grenze  der  Cyrenaica  rei- 
chende Provinz  30  freie  Städte^),  von  welchen  ein  Theil  das 
Privilegium  der  Freiheit  erst  während  des  Bestehens  der  Provinz 
erhalten   zu  haben  scheint  i^),    15  oppida  civium  Romanorum   und 

1)  Dio  Cass.  49,  16:    XJÜca  civium  Romanorum.    Pliii.   N.  H.  0  §  24. 

2)  Auf  Münzen  des  Tiberius  nennt  es  sich  M.  MVN.  IVL.  VTICEN,  was 
Borghesi  Oeuvr.  1,  475  mit  Bezug  auf  Hirt.  B.  Afr.  88  erklärt:  munieipium 
munitum  lulium   Uticense,  während  Eckhel  liest :  municipes  lulii  Uticensis. 

3)  Gellius  16,  13. 

4j  Janssen  Musei  Luyduno-Batavi  Inscr.   Gr.  et  Lat.  p.  80. 

0)  Digest.  50,  15,  8  §  11. 

6j  Strabo  17  p.  833.  Plut.  Caea.  57.  -Pausanias  2,  1,  2.  Dio  Cass.  43,  50. 
Appian.   Pun.   136. 

7}  Dio  Cass.  52,  43.  Appian.  Pun.  136.  Auf  Münzen  heisst  Carthago  Kar. 
Veneria  oder  C.  I.  C.  ,  was  zu  lesen  sein  dürfte  Colonia  lulia  Carthago.  Müller 
2  p.  149.  152.  153. 

8j  Strabo  17  p.  833.  Mela  1,  7,  2.  Herodian.  7,  6,  1  :  i]  ^oüv  röXi;  dxetVTj 
xai  ouvapiei  ypT^p-dTcuv  %a\  zX-rj^ei  twv  TcaxoixouvTtuv  %ai  [xe-fi^ti  [jl^vt);  'PtöfA-rjs 
dTtoXeiTrexat ,  cpiAoveixoüaa  Tipo;  tyjv  dv  A^y'^t^'^*!^  'AXe^avSpou  ttöXiv  zepl  oeuxe- 
peiojv.  Ausonius  de  claris  urb.  2.  Die  Forschungen  über  das  alte  Stadtgebiet 
sind  bisher  von  sehr  geringem  P'.rfolg  gewesen.  S.  BeuM  Fouillea  h  Carthage, 
Paris  1861.  8,  auch  deutsch,  Leipzig  1863.  8.  Davis  Carthage  and  her  remains, 
London  1861.  8.  David  liuined  eitles  within  Numidian  and  Carthaginian  terri- 
torieSj  London  1862.  8.  Es  ergiebt  sich  aus  ihnen  indess  soviel,  dass  das  römische 
Carthago  trotz  der  Devotion  auf  der  Stelle  des  alten  Carthago  erbaut  worden 
ist.    Davis   Carthage  p.  120? 

9)  Plin.   N.  //.  5  S  29. 

lOj  Leptis  magna  erhielt  seine  Freiheit  wahrscheinlich  im  jugurtbinischen 
Kriege;  Sali.  lug.  77.  78;  Clupea  ('Aot:!;),  dag  Plinius  freie  Stadt  nennt,  war 
Im  letzten  "punischen  Kriege  auf  Seiten  der  Carthager  (Appian.  Pun.  HO)  und 
wahrscheinlich  noch  unter  Tiberius  nicht  frei,  da  es  unter  diesem  Kaiser  Mün- 
zen geprägt  hat :  permiaau  L.  Apronii  proconstdiB,  permiasu  P.  Dolahellae  procon- 
nUis  (Müller  2  p.  155.  156),  welcher  Erlaubnis»  freie  Städte  nicht  bedurften. 


—     318     — 

6  Colonien.  Später  verwandeln  sich  ebenso  die  freien  Stiidte  wi 
st&dtegrün-  (jj^  ^^^  Stadtrechts  überhaupt  entbehrenden  castella,  turrea  und 
pagi  in  Municipien  und  Colonien,  und  es  ist  zu  bedauern,  dass 
das  Material  noch  nicht  ausreicht,  diese  Städtegründungen  chro- 
nologisch zu  verfolgen.  Für  jetzt  muss  es  genügen,  die  That- 
sache  im  Allgemeinen  festzustellen,  und  ich  lasse  zu  diesem 
Zwecke  ein  Verzeichniss  der  römischen  Städte  der  Provinz  fol- 
gen, w^obei  ich,  freilich  auf  die  Gefahr  hin,  in  der  Grenzbestim- 
mung zu  irren,  die  alte  Provinz  Africa  von  der  späteren  Provinz 
Numidia  unterscheide.  In  Africa  werden  als  coloniae  genannt: 
Colonia  Abitensis  zur  Zeit  Diocletians  ^) ,  wohl  identisch  mit  civi- 
tas  Avittensis  Bibba^);  Bisica  Lucana  (Tastour  bei  Tunis)  3),  By- 
zacium  oder  Colonia  Byzacena^)^  Capsa^)^  Colonia  lulia  Carpi- 
tanorum^)  Carthago,  Cuina'^)^  Colonia  lulia  Curubis'^),  Hadrume- 
tum  oder  Colonia  Concordia  Ulpia  Traiana  Augusta  Frugifera 
Hadrumetina'^)  ]  Hippo  Diarrhytus  ^^) ;  Leptis  magna  ^^)  \  Maxula 
oder  Maxula  Prates  ^2)  ;  colonia  lulia  Neapolis  ^•^) ;  Oea  i*) ;  Sa- 
brata^^);  colonia  Scillitana^^);  Sufes  oder  colonia  Sufetafia^'');  Ta- 
cape   (Gabes)  ^^)  ;    Thaena  oder  colonia  Aelia  Augusta  Mercurialis 

1)  ßuinart  Acta  mart.  ed.  1713  p.  385. 

2)  Guerin  1  p.  429  ii.  204. 

3)  Orelli  1072  =  Guerin  2  p.  165. 

4)  Reines,  p.  458  n.  122.  Ptolem.  4,  3,  39. 

5)  Tab.  Peuting.    Cyprian.  ep.  53.    Spon.  Mise.  p.  162  n.  2. 
6}  Guerin  2  p.  23  n.  209. 

7)  Ptolem.  4,  3,  34. 

8)  In  der  Inschr.  Orelli  530  ist  nicht  zu  lesen  COL.  FVLminatrix  CVRVBIS, 
sondern  nach  Guerin  2  p.  243   COL.  IVL.   CVRVBIS. 

9)  Orelli  3058.  Die  Colonie  erwähnen  auch  Ptolem.  4,  3,  9.    Spartian.  Did. 
Julian.  1. 

10)  Gue'rin  2  p.  23  n.  209.    Plin.  ep.  9,  33. 

11)  Die  Stadt  erhielt  ms  Italicum  unter  Septimius  Severus  und  Caracalla. 
Digest.  50,  15,  8  §  11.  Ob  sie  schon  früher  Colonie  war,  wissen  wir  nicht,  da 
sie  als  solche  nur  Digest.  28,  6,  30.  Itin.  p.  63  und  in  der  Tab.  Peut.  erwähnt 
wird.  Die  Münzen  mit  COL  VIC  IVIj  LEP,  welche  man  sonst  auf  Leptis 
magna  bezog,  gehören  nach  Celsa  Lepida  in  Spanien.    Müller  2  p.  15. 

12)  Plin.  5  §  24.   Itin.  Ant.  p.  57  Wess. 

13)  Guerin  2  p.  251  n.  460.   Ptol.  4,  3,  8.  * 

14)  Itiner.  p.  62.  Tab.  Peut. 

15)  Itiner.  p.  61. 

16)  Gue'rin  1  p.  324  n.  85  =  Maffei  M.  F.  p.  462,  3,  welcher  Cilitana  hat. 
Cilium  heisst  der  Ort  auch  Itin.  p.  54. 

17)  Gue'rin  1  p.  372  n.  146.    Augustin.  ep.  50. 

18)  Itin.  p.  59.  Tab.  Peut. 


^     319     — 

Thaenitana^);  Thetepte^)  ;  Thugga^  unter  Hadrian  noch  civüas^), 
später  mit  dem  Namen  Alex.  Sever.  municipium  liberum  Thugga^)^ 
zuletzt  Colonia  Licinia  Seplimia  Alexandriana  Thuggensium^); 
colonia  Julia  Aurelia  Commoda  Thuburbo  maius^)  ;  Thysdrus  oder 
colonia  Thysdritana ')  ;  Ulhina  ^)  ;  Vallis  ••) .  Hiezu  kommen  die 
Municipien:  Municipium  Abtugnense^^),  mun.  Agbiensium^^),  mun. 
Canapium^"^),  Gigthi^^),  mun.  Giußtanum  ^^)  ;  Macomades  minores 
municipium  ^^) ;  mun.  Mizigitanum  i^) ;  mun.  Seressitanum  i')  ;  mun . 
Severianum  {Antoni)nianum  liberum  Thibussicensium  Bure  ^^) ,  mun. 
Aurelia  Vina^^),  mun.  Zita^^^).  Veteranen  wurden  auch  in  Dörfern 
angesiedelt  21),  aus  diesen  aber,  wie  aus  den  castella  und  tui-res 
entstanden  allmählich  Städte,  wovon  die  turris  Tamalleni^'^)  ein 
Beispiel  giebt',  die  in  einer  Inschrift  den  Hadrian  als  conditor 
municipii  feiert  ^3). 

Numidien  ist  von  Anfanc  an  durch  militärische  Ansiedelun-  Numidien 

'-  colonisirt. 

gen  colonisirt  worden  (es  giebt  nur  eine  freie  Stadt  darin,  Bulla 
Begia)  ^4)  und  die  zahlreichen  Inschriften  des  Landes  lassen  noch 
deutlich  erkennen,    dass  die  römiwsche  Bevölkerung  in   demselben 


1)  Itin.  p.  59.'  Grut.  p.  363,  3. 

2)  Guerin  1  p.  313  =  Maffei  M.  V.  p.  461,  3.    Gii^rin  1  p.  321  n.  80.  Tab. 
Peuting. 

3)  Henzen  n.  5330. 

4)  Temple  Excursions.  app.  n.  37. 

5)  Henzen  ii.  5329  =  Guerin  2  p.  123  n.  336. 

6)  Guerin  2  p.  372.  Plin.  N.  /?.  5  §  29. 

7)  Henzen  5326=  Guerin  1  p.  98.    Itin.  p.  59.  Tab.  Pent. 

8)  Plin.  N.  H.  5  S  29. 

9j  Guerin  2  p.  178  n.  420.    Die  Vallitani  nochmals  ib.  p.  181  n.  429. 

lOj  Acta  purgationis  Felicis  bei  Baluz.  Mise.  2  p.  81,  wo  indess  municipium 
AutumnitanoTum  geschrieben  wird;  Caecilianu^ ,  magistratus  Aptugnitanorum, 
Augustinus  contra  Cresconium  3,  81. 

11}  Henzen  n.  5328  =  Gue:rin  2  p.  144. 

12)  Morcelli  1  p.  117. 

13)  municipium  Giti  Itin.  p.  60.  Die  Einwohner  heissen  aber  Gigthenses, 
Guörin  1  p.  225  n.  31. 

14)  Shaw  1  p.  231.    Guerin  2  p.  376. 

15)  Itin.  p.  59. 

16)  Guerin  2  p.  208. 

17)  Qxi4nn  2  p.  354  n.  507. 

18)  Gu(?rin  2  p.  111  n.  307. 

19)  Guerin  2  p.  264  n.  466.  p.  266  n.  469. 

20)  Itin.  p.  60. 

21)  Gori  Inner.  Ktr.  I  p.  6  n.  2:  ex  decreto  pagnnorum  pagi  MfrcuTuüi» 
veUranorum  Medelilanorum. 

22)  Itin.  p.  73.  74. 

23)  Go<?rin  1  p.  244  n.  37.     . 

24)  Plin.  N.  H.  5  ^  22. 


—     320     — 

hauptsäclilich  aus  activen  Soldaten  und  Veteranen  bestand.  Den 
Hauplort,  Cirlai),  früher  die  Residenz  des  Syphax^)  und  Masi- 
nissa  '^) ,  übergab  Caesar  nebst  einem  umfangreichen  Territorium 
dem  P.  Sittius,  der,  früher  ein  Anhänger  des  Catiiina,  sich  nach 
Mauretanien  geflüchtet  und  im  J.  708  =  46  ihm  mit  einem  selbst- 
geworbenen Heere  wesentliche  Dienste  geleistet  hatte,  das  ge- 
schenkte Land  zur  Versorgung  seiner  Truppe  verwendete^)  und 
Cirta  als  römische  Colonie  constituirte.  Die  Stadt  heisst  seitdem 
colonia^)  oder  colonia  Sitlicmorum^)  und  wahrscheinlich  von  Cae- 
sar selbst ')  Ci7'ta  lulia  ^)  oder  colonia  lulia  luvenalis  Honoris  et  Vir- 
tutis  Cirta  ^) .  Zu  ihr  gehörte  ein  bedeutendes  Landgebiet,  dessen 
pagi  später  selbständige  Gemeinden,  zum  Theil  Colonien  gewor- 
den sind ;  im  zweiten  Jahrhundert  finden  sich  drei  derselben 
mit  Cirta  zu  einer  gemeinsamen  Communalverwaltung  unter  dem 
Namen  ////  Cirtenses  ^^)  oder  coloniae  Cirtenses  ^^)  vereinigt,  näm- 
lich colonia  Veneria  Rusicade^^)  (Philippeville),  die  Hafenstadt  von 
Cirta,  colonia  Minervia  Chullu^^)  und  colonia  Sarnensis  Mileu^^]^ 
welche  gemeinsame  ///  viri  Uli  coloniarum  i^),  aediles  Uli  coloni- 
arum^^)^  decuriones  IUI  coloniarum^''),  patroni  IUI  coloniarum ^^) 
haben,  bis  etwa  am  Ende  des  dritten  Jahrhunderts  dieser  Ver- 
ein  gelöst   und    alle   vier  Colonien   selbständig    wurden  i^).      Von 

1)  Mommsen  Die  Stadtverfassung  Cirtas  und  der  Cirtensischen  Colonien  in 
Hermes  1  S.  47—68. 

2)  Mela  1,  6,   1.    Liv.  30,   12.  Appian.   Fun.  27. 

3)  Liv.  30,  44,  12.    Strabo  17  p.  832. 

4)  Appian.  B.  C.  4,  54. 

5)  Mela  1,  6,   1.   Plin.   N.  H.  6  %  22.    Renier  n.  172  u.  ö. 

6)  Mela  und  Plin.  a.  a.  0. 

7)  Zumpt  Comm.  ep.   1  p.  380  schreibt  die  Colonie  dem  Augustus  zu. 

8)  Ptolem.  4,  3,  28;  8,  14,  8. 

9)  Renier  n.  1824  =  Henzen  n.  5317. 

10)  Renier  2529.  2530  =  Henzen  6592,  aus  dem  Jahre  169.:  C.  lulius 
Crescens  —  —  flamen  perp.  quatuor  Cirtensibus  et  Cuiculitana ,  pontifex  omni- 
busque  honoribus  in  quinque  coloniis  functus. 

11)  Renier  1868:    Concordiae  coloniarum  Cirtensium  sacrum. 

12)  Renier  1884.  2174.  2323.  2324.    Annuaire  1853  p.  25. 

13)  Renier  2323.  2324. 

14)  Renier  2323.  2324.  Ordo  coloniae  Milevitanae,  Annuaire  1860  p.  138 
n.  2;  Gen^io)  col^oniae)  MiUevitanaeX  Recueil  1868  p.  395  n.  1. 

15)  Renier  1888. 

16)  Renier  1879  nach  Mommsens  Restitution. 

17)  Renier  2175. 

18)  Renier  1812  und  Mommsen  a.  a.  0.  p.  55. 

19)  Die  Commune  der  quattuor  coloniae  ist  aus  Inschriften  nachweisbar  etwa 
von  138  bis  225  (Mommsen  p.  61),  später  kommt  ein  besondrer  ordo  coloniae 
Milevitanae  vor,  Annuaire  1860  p.  138.  Mommsen  bezieht  auf  diese  Abtrennung 


—     321     — 

den  übrigen  Colonien  sind  bekannt^):  Aphrodisium^);  colonia 
Fl((ivia]  Ammaedera^)\  Colonia  lulia  Assuras*)  (Zanfour),  von 
Plinius^)  noch  Oppidum  civium  Romanorum  Assuritanum  genannt 
und  auch  von  Ptolemaeus  nicht  als  Colonie  bezeichnet;  Kalama^ 
zuerst  municipium  ^) ,  später  Colonie^);  Cuiciilj  zuerst  re&puhlica^], 
seit  Severus  und  Caracalla  Colonie  ^j ;  Hippo  Regius  ( Bona )  ^o) ; 
Lambaese y  von  Plinius  noch  gar  nicht  erwähnt,  bei  Ptolemaeus 
Actfxßaiaa,  kilhev  municipium^^),  zu  Constantins  Zeit  Colonie '2); 
Lares  ^'^)  oder  colonia  Aelia  Augusta  Laves  ^"^j  ,  welche  lustinian 
neu  erbaute  ^^);  Madauri^^)^  Sicca  Veiieria^'^)  oder  colonia  Julia 
Cirta  nova^^)  \   Sigus^^);    Simultu'^^) ;    Thahraca,    bei  Plin.  5,   221 

die  von  ihm  zuerst  richtig  gelesene  Inschr.,  Renier  2308,  wonach  ein  III  vir 
[reso\luta  contributione  a  Cirtensib(us)  Herum  in  col{onia)  (Miiev.),  pairia  swa, 
primus  Illlvir  wird. 

1)  Zu  Grunde  liegen  der  nachfolgenden  Aufzählung  die  Zusammenstellungen 
von  Zumpt  Comm.  ep.  I  p.  422  ff.  und  Henzeii  Annali  1860  p.  88  ff.,  welche 
indessen  jetzt  in  einigen  Puncten  modificirt  und  ergänzt  werden  können. 

2)  Ptolem.  4,  3,  5. 

3)  Renier  3194  j   Ilvir  Ammaedarensium  ib.  2715.  3196. 

4)  Gue'rin  2  p.  90.  "Aoacupo;  bei  Ptolem.  4,  3,  30. 

5)  Plin.  iV.  H.  5  §  29. 

6)  Renier  2715.  2719.  2821.  2824.  Als  solches  hat  Kalama  Illlviri.  Renier 
2754.  2755. 

7)  Renier  2726.  2735.  Augustin.  De  civ.  d.  22,  8,  20  p.  505  Dombart. 
Die  Colonie  hat  Ilviri,  Renier  2756.  2757.  2767. 

8)  Renier  2531. 

9)  Renier  2529.  2533.  2535.    Ptolem.  4,  3,  29. 

10)  Augustin.  ep.  35.  de  civ.  dei  22,  8  p.  503  Dombart.  Itin.  p.  44.  Es  hat 
Ilviri,  Renier  2871. 

11)  Renier  76.  1282.  1524. 

12)  Ordo  col.  Latnb.,  Renier  116,  vgl,  187;  Lambesitana  colonia,  Cyprian.  ep. 
55;  oft  auf  Inschriften  RESP.  C.  L.  d.  h.  respublica  coloniae  Lambaesitanorum, 
Renier  118.  4314.  4316.  4364.  4367.  4368.  Duumviri  kommen  vor  n.  79.  85. 
237.  1282.  1406.  1710. 

13)  Itin.  p.  26. 

14)  Henzen  5327  =  Gu^rin  2  p.  73  n.  266. 

15)  Corippus  lohann.  6,  143: 

urbs  Laribus  mediis  surgit  tutissima  ailviü 

et  muris  munita  novis,  quo3  condidit  ipse 

lustinianus  apex. 
i&)  So  heisst  der  Name  bei  Augustin.  cop/*.  2,  3,  dagegen  Ma^oupoc  Ptolem. 
4,  3,  w,  die  Colonie  bezeugt  Renier  2924.  Apul.  Apol.  24  p.  447:  neque  hoc  eo 
dixi ,  quo  me  patriae  meae  poeniteret ,  etsi  adhuc  Syphacis  oppidum  essemu« :  quo 
tarnen  victo  ad  Masinissam  regem  munere  populi  Komani  concessimus  ac  deincepa 
veteranorum  militum  novo  conditu  splendidissima  colonia  sumus,  in  qua  colonia 
patrem  habui  loco  principia  duumviralem,  cunctis  honoribus  perfunctum. 

17)  Ptolem.  4,  3,  30. 

18)  Gu^rin  2  p.  58  n.  233.   Cirthenses  Siccenses,  Gu«^rin  2  p.  59  n.  234. 

19)  Früher  re/fpublica  Siguitanorum  (Renier  2468)  oder  municipium  (  Reuier 
2472);  hernach  colonia.  Kxcursiom  dans  l'Afrique  aeptentrional ,  Paris  1837.  8 
n.  87  in  einer  Tnschr,  des  Caracalla. 

20)  Itin.  p.  43. 

Koro.  AltiTtli.  IV.  21 


—      322     — 

oppidum  civium  liomanorum^  später  colonia^)\  Thamugas,  Colonie 
des  Traian,  gegründet  100  n.  Chr.  unter  dem  Namen  colonia 
Marciana  Traiana  Thamugas  durch  die  leg.  III  Aug.  \  Thevesie'^] 
Thieha^)  Thubursicum^)\  Thunudromum ^)  Tuburmca,  zu  Plinius 
Zeit  oppidum  civium  Rom.,  später  Colonie 'j;  colonia  Septimia 
Vaga^);  colonia  Aelia  iladriana  Augusta  Zama  Regia^);  colonia 
lulia  Zarai^^y  Nicht  alle  Ansiedelungen  aber  wurden  sofort  Co- 
lonien,  sondern  die  pagi  und  castella  entwickelten  sich  allmählich 
zu  Städten  römischer  Verfassung,  wie  wir  an  verschiedenen  Bei- 
spielen verfolgen  können.  Arsacal^  ein  castellum^^)^  das  zu  Cirta 
gehörte  12]  j  nennt  sich  resjow6/ica  ^ 3) ,  Cisus  heissi  municipium  ^*) ,  so 
auch  Diana  ^^)j  Lamasba^^),  Mastar,  ein  castellum  bei  Cirta,  res- 
publica  1') ;  der  pagus  Phuensium,  welcher  unter  einem  magister 
pagi  1^)  oder  castelli  i**)  steht,  ist  dabei  eine  respiiblica  und  hat  De- 
curionen  2<>) ,  Thagaste  ist  mmiicipium'^^],  ebenso  Thignica,  das  sich 
früher  civitas^'^)  ^  hernach  municipium  Septimium  Aurelium  An- 
toninianum  Herculeum  Frugiferum  Thignica  neuntes);   ferner  Tid- 

1)  Ptolem.  4,  3,  5. 

2  Renier  1479,  als  Colonie  erwähnt  auch  1505.  1508.  1509.  1510  ff.  und 
sonst  häufig. 

3)  Itin.  p.  27. 

4)  Bi-q^a  %oX(uvia  Ptolem,  4,  3,  29  Wilberg ,  sonst  ÖtYißa  geschrieben ,  viel- 
leicht identisch  mit  oppidum  civium  Romanorum  Tibigense ,  Plin.  N.  H.  5  §  29 
und  civitas  Thibica,  Gue'rin  2  p.  362  n.  515,  p.  364  n.  520. 

5)  respub.  coloniae  Thuburs.  Numidarum.    Recueil  1866  p.  134  n.  117. 
6}  0ouvo65po(ji.ov  xoXtovia  Ptol.  4,  3,  29  nach  Wübergs  Lesart. 

7)  Plin.  N.  n.  b  %  29.    Ptolem.  4,  3.  29. 

8)  Gue'rin  2  p.  40  n.  216.  p.  41  n.  217. 

9)  Grut.  p.  364,  1.    Reinesius  p.  458  n.  122. 
10)  Renier  n.  5  F.  4113. 

11}  Renier  2364. 

12)  Es  errichtet  ein  Monument  einem  patronus  coloniarum,  ein  anderes  dem 
genius  coloniae,  worunter  wohl  Cirta  zu  verstehn  ist.  Annuaire  1862  p.  80  n.  2. 
p.  107  n.  111. 

13)  Annuaire  1862  p.  80  n.  2. 

14)  Itin.  p.  16. 

15)  Renier  1721.  4323.  Weil  es  Itin.  p.  35  Diana  veteranorum  genannt  wird 
und  Ilviri  hat  (Renier  1718.  1729.  •1730  u.  ö.),  ist  Henzen  Annali  1860  p.  89 
geneigt  es  für  eine  Colonie  zu  halten. 

16)  Renier  1452;  respiiblica  Lamasbensium  Antoniniana,  Renier  4332. 

17)  Annuaire  1858  p.  209. 

18)  Renier  2379.  2381  ff. 

19)  Renier  2399.  2403. 

20)  Renier  2375  ff. 

21)  Bullett.  1859  p.  33.    Der  ordo  kommt  vor  Renier  2902.  2904. 

22)  Guerin  2  p.  157  =  Maffei  Mus.  Ver.  p.  464,  4. 

23)  Gue'rin  2  p.  152  n.  384,  wonach  Henzen  n.  5325  richtiger,  als  es  ge- 
schehen ist,  ergänzt  werden  kann. 


—     323     — 

dis^)  ,   Tlgava'^),   Tubuna^)  ,   Uzelis^)^  und  der  frühere  vicus!   Ve- 
recunda  ^) . 

XLIV.  XLV.  Mauretaniae. 

Ganz  Mauretanien,  d.  h.  den  nordwestlichen  Theil  Africas 
vom  FIuss  Ampsaga  an^),  besass  zu  Augustus  Zeit  luba  II,  der 
Sohn  des  luba,  welcher  sein  Königreich  in  der  Schlacht  bei 
Thapsus  (46  v.  Chr.)  verloren  hatte.  Er  war  verheirathet  mit 
Cleopatra  Selene,  einer  Tochter  des  Antonius  und  der  berühm- 
ten Cleopatra  ^) ,  wurde  von  Octavian  im  J.  25  v.  Chr.  zum 
König  beider  Mauretanien  erhoben,  und  lebte  bis  23  n.  Chr., 
worauf  sein  Sohn  Ptolemaeus  von  23! — 'iO  n.  Chr.  regierte  ^). 
Der  letztere,  noch  von  Tiberius  mit  Geschenken  und  Gunstbe- 
zeugungen geehrt"),  wurde  im  J.  40  von  Caligula  nach  Rom 
berufen  und  dort  ermordet i^),  worauf  Claudius  aus  dem  früheren 
Königreiche  zwei  Provinzen,  Mauretania  Tingitana  mit  der  Haupt-  I^^^^^J'*"^* 
Stadt  Tinsis  (Taneer)   und  Mauretania  Caesariensis  mit  der  Haupt-  ündcaesa- 

o       \  iD      j  *  riensis. 

Stadt  lol,    seit  luba  Caesarea    genannt    (Cherchell   in   der  Provinz 
Oran),    bildete  ^i),    welche  durch  den  Fluss  Mulucha,    den  Ptole- 

1)  Die  Ortschaft  hat  Decurionen,  Aedilen,  Quaestoren,  Renier  2321.  2323  ff, 

2)  Itin.  p.  38. 

3)  Renier  1657,  wo  ein  duumvir  vorkommt. 

4)  Renier  2456. 

5)  possessores  vici  Verecundensis ,  Renier  14i0.  Der  vicus  hat  schon  Decu- 
rionen, 1411.  1413;  hernach  heisst  er  siher  municipiiim,  Renier  1437.  1438.  1439. 

6)  S.  oben  S.  307. 

7)  Dio  Cass.  51,  15. 

8)  Strabo  17  p.  828.  831.  840.  Die  Regierungszeit  beider  Könige,  welche 
sehr  verschieden  angesetzt  worden  ist,  ergiebt  sich  aus  ihren  zahlreichen  Mün- 
zen ,  die  nach  dem  Regierungsjahre  datirt  sind  und  beweisen ,  dass  luba  II  48, 
Ptolemaeus  18  .Tahre  regierte.  Da  nun  der  letztere  40  n.  Chr.  starb,  also  23  zur 
Regierung  kam,  so  ist  der  Regierungsantritt  des  luba  25  v.  Chr.  zu  setzen, 
S.  L.  Müller  Numismatique  de  L' ancienne  Afrique  III  p.  114,  115.  Zugleich 
erweist  es  sich,  wie  L.  Müller  a.  a.  0.  p.  82  n.  3  bemerkt,  als  ein  Irrthum, 
wenn  Boeckh  C.  I.  Gr.  n.  360  die  athenisc^he  Inschrift  6  otjjjio;  ßaaiX^a  IItoXc- 
(j.aTov,  ßaoiXItD;  'Io6|i'x  'A6v ,  [^otai)iaj;  ntoXe|xaio'j  ^•/.'(ovo-^  dahin  erklärt,  dass 
Ptolemaeus  eilien  Sohn  luba  und  dieser  wieder  einen  Sohn  Ptolemaeus  gehabt 
habe.  Vielmehr  bezieht  sich  die  Inschrift  auf  den  in  Rede  stehenden  Ptolemaeus, 
der  ein  Abkömmling  des  ägyptischen  Ptolemaeus  genannt  wird. 

9)  Tac.  Ann.  4,  24,  26, 

10)  Dio  Cas^*.  59,  25.  Suet,  Cal.  26.  35.   Seneca  de  tranq.  an.  c.  11. 

11)  Dio  Cass.  60,  9 :  6  KXoi6oioc  oiyfj  to-j;  Ma'jpou;  to'jc  Ü7:t)x«5ouc  Iveifiev, 
ii  xe  Ttt  Ttepi  T^YT*"^  '^''^^  ^»  "^^  ''^^f^^  Katorfpeiav,  dtf  davuep  xal  ivoixdCovxat,  xat 
?i6o  d(p/0'jotv  IrrTreOai  TTpotdra^c,  Plin.  ^'.  //.  5  jiJ2:  prinr.ipio  terrarum  Maure- 
taniae appelliintiir,  untjue  ad  C.  Cttexarem  (fennanid  filium  re</na ,  saeiütia  eins 
in  dua»  divinae  provinrinn.    <i^  i  1  -.    liomarui  nrma  priinum  Claudio  principe  in  M«iu- 

21* 


—     324     — 

macus  MaXoua   nennt   und    der  jetzt   die  Provinz  Oran  von  Ma- 

Aerader    pocco  trennt,    abgegrenzt   waren.     Die  Gründung  der  Provinz  ist 

durch  eine  eigne  Aera  bezeichnet,    welche  so  lange   in  Gebrauch 

blieb,    als   die  Provinz  bestand,    und  deren  erstes  Jahr  dem  Jahr 

40  n.  Chr.  entspricht^);    da  die  Mauretanier  aber   der  Besetzung 

ihres  Landes  Widerstand  leisteten,   so  dauerte  es  noch  zwei  Jahre, 

bis   das  Land    wirklich   in   den  Besitz    der    Bömer  kam  2).     Jede 

Prorurato-  Proviuz  crhiolt  als  Statthalter  einen  procuralor  ritterlichen  Stan- 

waituntj.    des^),    der   bis  auf  die  Zeit  der  Gordiane  nachweisbar  isf*)   und 

zum  Unterschiede  von  den  ausserdem  in  Mauretanien  fungirenden 

.    Procuratoren  •'^)    auch    pt^ocurator    pro    legato*')    heisst.      Zuweilen 

wurden  beide  Mauretanien  von  einem  procuralor  regiert,   wie  in 

der  Zeit  des  Galba  von  Lucceius  Albinus^),  unter  Severus,  Cara- 

retania  bellavere  Ptolemaeum  regem  a  Qaio  Caesare  interemtum  ulciscente  liberto 
Aedemone.  Aur.  Vict.  de  Caes.  4. 

1)  Die  Aera  kommt  häufig  vor  und  ist  sicher  festgestellt.  S.  Henzen  n.  5337. 
5338.  5859.  Renier  Inscr.  de  l'Alg.  3455.  3504.  3568.  3520  und  die  ausführ- 
lichen Untersuchungen  von  Prevost  in  Revue  Archeolog.  1848  p.  800.  Hefner  in 
Abhandlungen  der  k.  bayer.  Acad.  Phil.  Cl.  V ,  2  (1849)  S.  198  ff.  Creuly  in 
Annuaire  de  Const.  1858  p.  1—8.  Renier  Revue  Archeol.  1854  October  p.  445  f. 
Victor  de  ßuck  Explication  de  deux  epigraphes  chretiennes  etc.  in  CoUection  de 
precis  historiques ,    Bruxelles  1854  (September)  p.  477.     De  Rossi  Inscr.    Christ. 

U.  R.  I  p.  VI.  A.  Poulle  in  Annuaire  de  Const.  1862  p.  261  ff.  Recueü  de 
Const.  1869  p.  710.  Es  genügt  hier  zu  erwähnen,  dass  das  Jahr  158  der  Pro- 
vinz dem  Jahr  197  n.  Chr.  (Renier  Inscr.  de  l'Alg.  3520),  das  Jahr  der  Prov.  110 
dem  J.  149  n.  Chr.  (Inschr.  v.  Setif,  Annuaire  de  Const.  1862  p.  261),  das  Jahr 
413  der  Prov.  dem  Jahr  452  n.  Chr.  entspricht  (Annuaire  de  Const.  1862 
p.  264.  268).  . 

2)  Dies  erzählt  umständlich  Dio  Cass.  60,  9. 

3)  Dio  Cass.  60,  9.  Plin.  N.  H.  5  §  11:  equitibus  quoque  Romanis,  qui  ex 
eo  (seit  Claudius)  praefuere  ibi,  Atlantem  penetrasse  in  gloria  fuit.  Tac.  H.  1,  11: 
duae  Mauretaniae ,  Raetia,  Noricum,  Thracia  et  quae  aliae  procuratoribus  cohi- 
bentur.  2,  58 :  isdem  diebus  accessisse  partibus  utramque  Mauretaniam ,  interfecto 
procuratore  Albino,  nuntii  venere. 

4)  Die    bekannten  Procuratoren   beider    Provinzen   findet   man   bei   Henzen 
.  Annali  1860  p.  43.     Der  letzte  derselben  ist  Catellius  Ruflnus,  proc.   M.  Caesa- 

riensis  unter  Gordian,  Renier  /.  de  VAlg.  n.  3804.  Nachzutragen  sind  C.  Vallius 
Maximianus  proc.  —  Mauretan.  Tingitanae  unter  Marc.  Antonin.  C.  I.  L.  U,  1120; 
Furius  Celsus  proc.  derselben  Provinz  unter  Alexander  Severus,  Lamprid.  Alex. 
58;   M.  Aurelius  Atho  Marcellus  unter  den  Philippi,  Annuaire  1860  p.  226. 

5)  So  kommt  unter  Alexander  Severus  vor  Q.  Axius  Aeliahus  proc.  rat. 
priv.  prov.  Maar.  Caes.,  Henzen  n.  6932  =  C.  I.  L.  III,  1456,  und  nochmals 
mit  dem  Titel  proc.  Aug.  r.  p.  per  Caesariensem,  Renier  Revue  arch.  10.  1864 
p.  2iS  =  Recueil  de  Const.  1864  p.  101  n.  12.  Ein  subprocurator  provinciae  Mau- 
fetaniae  Tingitanae  findet  sich  in  der  ephesischen  Inschr.  Curtius  Hermes  4 
S.  218.  219. 

6)  Ein  solcher  kommt  vor  unter  Traian,  Orelli  3570  und  Vol.  III  p.  372; 
unter  Hadrian,  Recueil  de  Const.  1864  p.  104  n.  12. 

7)  Tac.  Hist.  2,  58 :  Lucceius  Albinus  a  Nerone  Mauretaniae  Caesariensi  prae- 
positus,  addita  per  Galbam  Tingitanae  provinciae  administratione,  haud  spemendis 


—     325     — 

calla  und  Gela  (209—211)  von  Cn.  Haius  Diadumenianus  und 
wenig  später  von  Q.  Sallustius  Macrinianus  i) ;  auch  unter  Ha- 
drian  scheint  Q.  Marcius  Turbo  in  beiden  Provinzen  mit  dem 
Titel  praefectus  commandirt  zu  haben  2).  Der  Zweck  der  Com- 
bination  war  zunächst  die  Concentration  der  Truppen  unter  einem 
Commando.  Denn  obgleich  eine  Legion  in  den  Mauretanien  nicht 
stand,  so  waren  dieselben  doch  von  zahlreichen  Auxiliartruppen, 
namentlich  von  Cavallerie  besetzt  3),  welche  der  procuralor  com- 
niandirte,  insofern  nicht  bei  gefährlichen  Aufständen,  welche  sich 
immer  wiederholten ,  die  Unterstützung  durch  ein  grösseres  Heer 
unter  einem  kaiserlichen  Legaten  nöthig  wurde^).  Unter  Diocletian 
hat  der  Statthalter  beider  Provinzen  den  Titel  praeses^) ,  der  im  J.  288 
für  die  damals  noch  ungetheilte  Mauretania  Caesariensis  vorkommt «); 

viribtis  agehat.  decem  novem  cohortes ,  quinque  alae,  ingens  Maurorum  numerus 
aderat,  —  apta  hello  manus. 

1)  Der  erstere  heisst  proc,  Auggg.  utrarumque  Mauretaniarum.  Kenier  3891 ; 
der  letztere  proc.  Aug(g.)  utriusq(ue')  prov.  Mauretaniae,  Bull.  d.  Inst.  1859  p.  49. 

2)  Spartian.  Hadr.  5:  Lusium  Quietum  sublatis  gentibus  Mauris,  quos  regebat 
—  exarmavit,  Marcio  Turbone  ludaeis  conpressis  ad  deprimendum  tumultum  Mau- 
retaniae  destinato.  c.  6 :  Marcium  Turbonem  post  Mauretaniae  praefecturam  (so 
wird  jedenfalls  zu  lesen  sein)  —  Pannoniae  Daciaeque  ad  tempus  praefecit.  l'eber 
diesen  General  ritterlichen  Standes,  der,  wenn  ihm  Spartian  überhaupt  einen 
ofüciellen  Titel  beilegt,  praefectus  Mauretaniae,  d.  h.  regierender  procurator  war, 
s.  Henzen  Annali  1860  p.  45.    Mommsen  C.  I.  L.  III  n.  1462. 

3)  Tac.  //.  2,  58.  S.  S.  324  Anm.  7.  Die  Corps,  welche  in  Mauretania  Cae- 
sariensis standen,  findet  man  aufgezählt  bei  llenzen  Annali  1860  p.  71  ff. 

4)  Capitolin.  Anton,  p.  5 :  per  legales  suos  plurima  bella  gessit  —  et  Mauroa 
ad  pacem  postulandam  coegit.  v.  Anton,  phil.  21  :  cum  Mauri  Hispanias  omnes 
vaatarent ,  res  per  legatos  bene  gestae  sunt.  Spartian.  v.  Sept.  Sev.  2.  Zumpt 
Studio  Romana  p.  144.  Wenn  Mommsen  Berichte  der  sächs.  Gesellsch.  ph.  hist. 
Cl.  1852  S.  216  annimmt,  die  Militärgewalt  des  Legaten  von  Numidien  habe  sich 
überhaupt  auf  Mauretanien  erstreckt,  so  ist  dies  an  sich  wahrscheinlich,  da  die 
Procuratoren  immer  auf  das  nächste  höhere  Commando  angewiesen  waren ;  aber 
die  Inschrift,  auf  welche  er  sich  beruft,  beweist  dies  nicht,  da  sie  nichi  nach 
Sitifls,  sondern  nach  Diana  (Zana)  gehört.  S.  Kenier  n.  1719.  Dass  dagegen  aus 
Spanien  Truppen  für  Tingitana  requirirt  wurden ,  lehren  die  Inschriften  des 
T.  Varius  Clemens,  (Jrut.  p.  482  n.  5.  6.  7.  8  =  C.  /.  L.  III  n.  5211  ff.  ,  in 
welchen  derselbe  als  praefectus  auxiliorum  in  Mauretaniam  Tingitanam  ex  Jiispa- 
nia  missorum  erscheint.  Die  Inschrift  bezieht  sich  auf  den  Krieg  des  Antoninus 
Pius,  den  Capitolin,  Ant.  p.  5  und  Pausanias  8,  43,  3  erwähnen. 

5j  C.  I.  L.  II  n.  4135 :  Ael.  lanuario  —  —  [prae]sidi  prov.  Ting[it.], 
\praesi}di  prov.  Mau[ret.  Caesariensis].  Dahin  gehört  auch  im  Jahr  298  Anasta- 
sins  Fortunatus,  von  dem  es  Ruinart  Acta  prim.  martyrum ,  Amstelod.  1713 
p.  302  heisst:  in  civitate  Tingitana,  procurante  F'ortunato  praeside.  Kr  comman- 
dirt eine  legio  Traiana  und  wird  c.  2  praeses  legionis  genannt.  Damit  muss  die 
Ugio  JI  Traiana  gemeint  sein,  welche  ihr  gewöhnliches  Standtiuartier  in  Alexan- 
dria hatte,  aber,  wenn  die  Acta  zuverlässig  sind,  in  diesem  Jahre  in  Tingi  ge- 
legen haben  mnss. 

6j  Auf  dieses  Jahr  bezieht  sieb  dio  InBchr.  von  Sitifls  (S^tifj,  Annuaire  de 
Constantine  1862  p.  173:  D.  N.  imp.  Caes.  C.  Valerio  Aure.  {DiocUtiano)  invic. 


—     326     — 

wenig  spater  wurde  die  ganze  Verwaltung  der  Provinzen  dahin 
verändert,  dass  Mauretania  Tingitana  zur  dioecesis  Hispaniarum 
gezogen ,  Mauretania  Caesariensis  aber  in  zwei  Theiie  getheilt 
wurde,  deren  Grenze  der  jetzige  Oued  Flitoun  bildete  i),  und 
Mauretania  vou  deucu  der  westHclie  den  Namen  behielt,  der  östliche  aber 
unter  dem  Namen  Mauretania  Sitifensis  einen  eignen  /;rae6'e6  be- 
kam. Die  neue  Einrichtung  bestand  schon  297  2)  ^J^^^\  der  Name 
der  Mauretania  Sitifensis  kommt  zuerst  vor  in  der  Inschrift  von 
Saldae  (Bougie)^),  aus  welcher  hervorgeht,  dass  Aurelius  Litua, 
prueses  von  Mauretania  Caesariensis^),  zur  Zeit  des  Krieges  mit 
den  Quinquegentanei  beide  Provinzen  verwaltete.  Dieser  Krieg 
begann  289^^),  dauerte  eine  Reihe  von  Jahren  ß),  und  wurde  be- 
endigt von  Maximianus  im  J.  297  7);  die  Theilung  der  Provinzen 

pio  fei.  Aug.  pontif.  max.  trib.  (p.)  V  cons.  111  p.  p.  procos.  Flavius  Pecuarius 
v(ir)  p{erfectissimu$)  p(raeses)  p(rovinciae)  Maur.  Caes.  devotus  numini  maiesta- 
tique  eins.  Da  sie  in  Sitifls  dem  praeses  Maur.  Caes.  gesetzt  ist ,  so  darf  man 
schliessen,   dass  es  damals  eine  Mauretania  Sitifensis  noch  nicht  gab. 

1)  Eecueü  de  Constantine  1863  p.  8. 

2)  Das  veroneser  Verzeichniss  der  Provinzen  (Mommsen  Abb.  d.  Berl.  Acad. 
1862  S..514.  515)  erwähnt  sie  schon. 

3)  Annuaire  de  Constantine  1862  p.  170 :  lunoni  ceterisq.  diis  immortalibus 
gratiarn  referens,  quod  coadunatis  secum  militibus  1).  1).  NN  invictissimorum  Augg. 
tarn  ex  Maure.  Caes.  quam  etiam  de  Sitifensi  adgressus  Quinqucgentaneos  rehel- 
les —  —  repressa  desperatione  eorum  victoriam  reportaverit  Aurel.  Litua  v.  p. 
p(raeses)  p(rovinciae)  M.  Caes. 

4)  Er  kommt  nochmals  vor  in  der  Inschr.  von  Caesarea ,  Renier  Inscr.  de 
l'Alg.  n.  4035  :  lovi  optimo  maximo  ceterisque  dis  immortalibus  gratum  referens., 
quod  erasis  funditus  barbaris  transtagnensibus  secunda  praeda  facta  salvus  et  in- 
columis  cum  omnib.  militibus  D.  D.  NN.  Diocletiani  et  Maximiani  Augg.  regres- 
sus  Aurel.  Litua  v.  p.  p.  p.  M.  C.  votum  libens  posui. 

5)  Euseb.  Chr.   Can.  p.  187  Schoene. 

6)  In  dem  291  gehaltenen  panegyricus  genethliacus  des  Mamertinus  auf  Maxi- 
mian heisst  es  c,  16:  sed  etiam  suo  ipso  lucis  occasu,  qua  Tingitano  litori  Cal- 
petani  montis  obvium  latus  in  mediterraneos  sinus  admittit  oceanum^  ruunt  omnes 
in  sanguinem  suum  populi ,  quibus  nunquam  contigit  esse  Romanis,  obstinataeque 
feritatis  poenas  nunc  sponte  persolvunt.  c.  17 :  furit  in  viscera  gens  effrena  Mau- 
rorum. 

7j  Incerti  panegyricus  Maximiano  et  Constantino  (gehalten  307)  c.  8:  tu 
ferocissimos  Mauretaniae  populos ,  inaccessis  montium  iugis  et  naturali  munitione 
fidentes  expugnasti  recepisti  transtulisti.  Eutrop.  9,  23 :  Maximianus  quoque  Augu- 
stus  bellum  in  Africa  profligavit ,  domitis  Quinquegentianis  et  ad  pacem  redactis. 
Dieser  Sieg  ist  nach  P^utrop  gleichzeitig  mit  Diocletians  Sieg  über  den  Achil- 
leus ,  welchen  Eusebius  in  das  13te  Jahr  des  Diocletian,  d.  h,  297/8  setzt.  Die 
Quinquegentanei  aber,  die  auch  Eutrop.  9,  22.  Aur.  Vict.  Caes.  39,  22.  Oros. 
7,  25.  Euseb.  Chr.  Can.  p.  187  Schoene.  Julius  Ilonorius  in  Mela  ed.  Gronov, 
1696.  8  p.  18  erwähnen,  sind  nicht,  wie  Scaliger  Thes.  temp.,  Amstelod.  1658 
fol.  Animadv.  p.  243^  annahm,  die  Einwohner  der  Pentapolis  Cyrenaica,  sondern 
maurische  Stämme,  welche  von  Paeanius  Metaphr.  9,  22.  23  TevTiavoi,  von  Zo- 
naras  12,  31  Tre^xe  xtvec  TevTiavoi  genannt  werden  und  in  Mauretania  Caesarien- 
sis wohnten.     Sie  kommen  schon  in  der  c.  260  n.  Chr.  gesetzten  Inschr.  des  C. 


anläge. 


—     327     — 

scheint  demnach  vor  diesem  Kriege  in  dem  ersten  Jahre  des 
Diocletian  erfolgt  i) ,  die  Militärgewalt  aber  vorläufig  in  den  Hän- 
den des  prueses  geblieben  zu  sein  2).  Noch  im  Beginn  des  fünf- 
ten Jahrhunderts,  wo  es  neben  dem  praeses  einen  dux  limitis 
Mauretaiiiae  Caesariensis  gab^)  ,  finden  sich,  wie  in  andern 
Provinzen'*),  so  auch  hier  beide  Würden  vereinigt  in  dem  (btx 
et  praeses  provinciae  Mauretaniae  Caesariensis,  unter  welchem 
acht  praepositi  limitum  stehn^).  In  Beziehung  auf  die  Finanz- 
verwaltung waren  wenigstens  seit  Consta ntin  d.  Gr.  die  Maure- 
taniae mit  Numidia  vereinigt  und  unter  einen  rationalis  ge- 
stellt*^); ob  sie  indessen  zeitweise  auch  unter  dem  praeses  Nu- 
midiae  gestanden  haben,  ist  zweifelhaft  7) . 

Von  den  Colonien,  deren  Anlage  die  Bömer  in  beiden  Provinzen  coionien- 
eifrig  förderten,  haben  wir  insofern  nur  eine  mangelhafte  Kennt- 
niss,    als  die  antiquarische  Forschung  sich  bisher   auf  Mauretania 
Caesariensis  beschränkt^)  und  auf  Tingitana  noch  nicht   erstreckt 
hat.    In  der  letzteren  Provinz  kennen  wir  sieben  Colonien,  drei  des 

Macrinius  Decianus  (Renier  n.  101  =  Orelli-Henzen  7414y)  vor,  wo  jetzt  sicher 
zu  ergänzen  ist :  tertioque  [Quinquegeyitaneis  gentilibus  Mauretaniae  Caesariensis 
—  caesis  fugatisque. 

1)  Seitdem  sind  neben  den  praesides  Mauretaniae  Caesariensis  (Renier  3886. 
3888)  auch  die  praesides  Mauretaniae  Sitifensis  unter  Constantius  Chlorus,  d.  h. 
zwischen  292—304  (Renier  3284),  Constantin  d.  Gr.  (Renier  3285.  3286.  3555), 
unter  Valentinian  II,  Theodosius  und  Arcadius,  d.  h.  383  —  391  (Renier  3289) 
und  am  Anfang  des  5ten  Jahrh.  {^Not.  D.  Occ.  p.  63)  nachweisbar. 

2)  Der  praepositus  limitis,  welcher  im  J.  262  der  Provinz  =  223  n.  Chr.  in 
Mauretania  Caesarea  vorkommt  (Renier  3567) ,  würde ,  wenn  diese  Vermuthung 
richtig  ist,  unter  dem  praeses  gestanden  haben. 

3)  Not.  Dign.  Occ-  c.  1  §  21». 

4)  So  kommt  im  J.  382  ein  dux  et  praeses  Sardiniae  vor,  Cod.  Th.  9,  27,  3. 
Vgl.  Cod.  lust.  7,  62,  32  §  1 :  quodsi  a  duce  fuerit  appellatum,  si  idem  et  praeses 
Sit,  praefectura  nesessario  tantum  iure  ordinario  in  sacro  auditorio  iudicabit. 

5)  Not.  Dign.  Occ.  c.  29.  Ein  solcher  praepositus  limitis  kommt  schon  vor 
im  J.  262  der  Provinz  =  301  n.  Chr.   Renier  n.  3567. 

6)  Recueil  de  Constantine  1869  p.  B79:  lulius  Iuvenal{is}  rat.  Numidiae  et 
Mat4reta)niarum.  In  der  an  ihn  gerichteten  Verordnung  des  Cod.  Th.  vom  J.  346 
(Cod.  Th.  10,  8,  4)  führt  er  den  abgekürzten  Titel  rationalis  Numidiae.  Annuaire 
de  Conitt.  1860  p.  141  n.  4:  Vettius  Florentinus  v.  p.  rationalis  Numid.  et 
Mauret.,  wonach  auch  die  Inschr.  Renier  1847  zu  lesen  ist:  [rationaUis  Nu- 
midiae et  Maur(elaniarum),  nicht,  wie  Renier  will,  [consularis  sexfaacojlia  Nu- 
midiae et  Mauretaniae. 

7)  Unter  Diocloiian  kommt  mehrmals  vor  Valerius  Florus  v.  p.  p.  p.  NM, 
was  Renier  1513,  1514.  1515  erklärt  vir  perfectisaimus  praeses  provinciae  Nu- 
midiae Mauretaniae  (vgl,  lienzcn  Anruili  1860  p.  37).  Es  fragt  sich  aber,  ob 
nicht  NVM  zu  lesen  sein  dürfte,  da  das  V  in  dem  N  enthalten  ist.  So  liest 
auch  Monunsen  Kpkem.  epiyr.  1H72  p.  125. 

8)  L'eber  die  (.'olonien  beider  Maiiretanlen  s.  Zunipi  '  nun.  ep,  I,  381.  424, 
über  die  von  Caesariensis  Heuzen  Annali  1860  p.  92  IT. 


—     328     — 

Äugustus,  welche,  noch  zur  Zeit  des  mauretanischen  Königthunis 
angelegt,  zur  Provinz  Baetica  gerechnet  wurden:  Zilis^),  Bal)ba2) 
und  Banasa  »)  ;  zwei  des  Claudius:  Tingi  ^)  und  Lixus  oder  Lix^); 
zwei  aus  späterer  Zeit:  Rusadder  und  Volubilis  ^^).  Bei  weitem 
m(»hr  sind  in  Mauretania  Caesariensis  bekannt,  nämlich  acht  des 
Äugustus');  Cartenna,  colonisirt  durch  die  leg.  7/^),  Gunugi,  An- 
siedelungeiner cohors  praetorium  Igilgili^),  Rusguniae  ^^j ,  Rusazus, 
Saldae  **)  (Bougie)  oder  colonia  lulia  Augusta  Saldantium  Septi- 
manorum  immunis^'^);  Zuccubar*^)  •  colonia  lulia  Aitgusla  legionis 
VlITupusuclu^^];  zwei  des  Claudius^'')  :  Caesarea  ^^)  und  Oppidum 
novum  ^') ;  eine  des  Nerva :  Sitifis  (Setif)  mit  dem  Namen  colonia 
Nerviana  Augusta  Martialis  ^^)  ;  ferner  aus  späterer  Zeit :  Aquae 
calidae^'^)^  Arsennaria^  zu  Plinius  Zeit  oppidum  Latinum^  hernach 
Colonia  20),  Auzia   (Aumale),  unter  Tiberius  ein  castellum  semiru- 


1)  Der  Name  wird  geschrieben  Z^Xtc  Strabo  3  p.  140;  17  p.  827,  ZiXeta 
Ptolem.  4,  1,  13  p.  249  Wilberg;  8,  13,  4;  Zilis  Itin.  p.  8;  während  bei  Plinius 
5  §  2  die  besten  Handschriften  lesen :  in  ora  Oceani  colonia  Augusli  lulia  Con- 
stantia  Zulil,  reyum  dicioni  exempta  et  iura  in  Baeticam  petere  iussa.  Bei  Mela 
3,  10,  ö,  wo  Vossius  Zilia  las,  haben  die  Handschriften  colonia  et  ßuvius  Gna, 
welcher  Name  sonst  ganz  unbekannt  ist. 

2)  lulia  Campestris  Bahba,  Augusti  colonia,  Plin,  5  §  5 ;  auf  Münzen  C.  C. 
I.  B.  d.  h.  colonia  Campestris  lulia  Babba,  Müller  3  p.  173. 

3)  Colonia   Valentia  Banasa,  Plin,  5  §  5. 

4)  Plin.  5  §  2:  Tingi  —  a  Claudio  Caesare,  cum  coloniam  faceret,  appel- 
latum  Traducta  lulia.  Da  die  Stadt  schon  auf  Münzen  des  Äugustus  lulia  Tingis 
heisst  (Müller  3  p.  146),  weil  sie  von  diesem  das  Bürgerrecht  (TroXixeta)  erhal- 
ten hatte  (Dio  Cass.  48,  45),  so  war  sie  vorher  wohl  schon  municipium.  Vgl. 
Zumpt  a.  a.  0.  p.  387. 

5)  Plin.  5  §  2.    Itin.  p.  7. 

6)  Itin.  p.  11.  23. 

7)  Alle  angeführt  von  Plin.  5  §  20. 

8)  colonia,   Renier  3851  =  Henzen  3334. 

9)  Itin.  p.  18. 

10)  colonia  Rusguniensis ,  Renier  3579.  3580.  Die  erste  Inschr.  auch  bei 
Maffei  M.  Ver.  p.  463,   1. 

11)  Ptol.  4,  2,  9.    Itin.  p.  17. 

12)  Renier  3511.  3512.    Recueil  1869  p.  125. 

13)  Der  Name  kommt  vor  Renier  3691. 

14)  Inschr.  von  Bona  vom  Jahr  55  n.  Chr.  bei  Hübner  Monatsberichte  der 
Berliner  Acad.  1861.  2te  Hälfte  S.  984.  In  unsern  Texten  gewöhnlich  Tubusuptu 
geschrieben,  Plin.  5  §  21.    Ptol.  4,  2,  31.  Ammian.  29,  5,  11. 

15)  Plin.  5  §  20. 

16)  colonia  Caesariensis ,  Renier  3913 ;  C(olonia)  C(laudia)  C(aesariensium), 
Renier  3927. 

17)  Ptolem.  4,  2,  25.  34. 

18)  Renier  3270  :  col.  (Nerv.)  Aug.  Marl.  veter(^anorum')  {Sitif(ensium)  ib.  3274. 
3277.  3282,  vgl.  3297;  später  auch  resp.  Sitifensium  Ner,  Antoninianor(um) 
3275.   3278.   3279. 

19)  "TBaxa  öepfjid  xoXtuvia ,  Ptolem.  4,  2,  26. 

20)  Plin.  5  S  19.    Ptolem.  4,  2,  3. 


—     329     — 

tum  ^)  ,  später  colonia  Septimia  Äurelia  Auziensium  2)  ;  Bida  ^) ; 
Gilva^),  Icosium  (Alger),  bei  Plinius  oppidum  Latinum^  hernach 
Colonie^);  colo7iia  Kastiirrensis^);  colonia  Lemellefensium'')',  Quiza^) 
oder  Equiza  *^j  ;  Rusuceurium ,  von  Claudius  mit  dem  Bürger- 
recht beschenkt  '<^j ,  noch  unter  Severus  Municipium  1^)  ,  hernach 
Colonie^2].  Siga^^);  Tipasa^^);  colonia  Usinazensis^^)  und  ausser- 
dem eine  Anzahl  von  Municipieni^). 

1)  Tac.  Ann.  4,  25. 

2)  Kenier  3571;  colonia  3578.  3579.  3581. 

3)  Ptolem.  4,  2,  28. 

4)  Itin.  p.  13. 

5)  Plin.  5  §  20.    Itin.  p.   15. 

6J  Recueil  1864  p.  101  n.  12=  C.  1.  L.  Ul  n.  1456  aus  dem  Jahr  170  n.  Chr. 

7)  Annuaire  1860  p.  228.  Das  oppidum  Lemellefense,  jetzt  Zembia,  liegt 
südwestlich  von  Sitifis  und  gehört  auch  nach  den  kirchlichen  Verzeichnissen  zu 
Mauretania  Sitifensis  (Dupin  p.  XII.  Morcelli  1,  201).  Danach  ist  in  der  Inschr. 
der  Philippi  (244 — 249),  Annuaire  1860  p.  226,  zu  lesen:  instantia  M.  Aurelii 
Athonis  Marcelli  v{iri')  €(^gregii)  proc.  Augg.  rarissimi  praesidis  n(ostri),  nicht 
Numidiae,   wie  die  Herausgeber  ergänzen. 

8)  Quiza  Cenitana  peregrinorum  oppidum,  Plin.  5  §  19;  Ko'jiCot  xoXojviot, 
Ptolem.  4,  2,  3;  Quiza  municipium,  Itin.  p.  13;  DISPunctor  BEJP.  Quizen- 
sium ,    Renier  3844. 

9)  colonia  Equiz(ensi3),  Renier  3580. 

10)  Plin.  5  §  20. 

11)  Renier  4070. 

12)  Itin.  p.  16.  39.  '  '      ' | 

13)  Ptolem.  4,  2,  2. 

14)  Bei  Plin.  5  §  20  oppidum  Latinum;  hernach  colonia,  Renier  4041.  Itin. 
p    15.     Ordo  Tipasensium,   C.  I.  L.  11,  2110. 

15)  Diese  beruht  freilich  auf  einer  Ergänzung  der  Inschr.  Renier  3659,  nach 
welcher  Severus  und  Caracalla  ,,coloniaM  VS1NAZEN8EM  PER  ....  QON- 
STITVERVNT/' 

16)  Diese  sind  bereits  von  llenzcn  a.  a.  0.  p.  94  zusammengestellt  worden. 
Dahin  gehören  lomnium  municipium,  Itin.  p.  17;  municipium  Aeliuin  Clioba^ 
Renier  3504,  Portus  magnus,  bei  Plin.  5  §  19  civium  Romanorum  oppidum; 
respublica  Portuensium ,  Renier  3825  mit  duumviri ,  Renier  3828 ,  und  andre 
sonst  nicht  weiter  bekannte  Ortschaften. 


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11.    ChronologivSohe  Uebersicht. 
A.    Provinzen  dar  Republik. 


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Siciiia  eingerichtet 

513  =  241. 

2. 

Sardinia  eingerichtet 

523  =  231. 

3. 
4. 

Hispania  citerior 
llispania  ulterior 

(557  =  197. 

5. 

Illyricum  eingerichtet 

nach  587  =  107. 

(). 

Macedonia  eingericlitet 

008=140. 

7. 

Achaia  erobert 

008  =  140. 

8. 

Africa  eingerichtet 

008=140. 

9. 

Asia 

021  =  133. 

10. 

Gallia  Narbonensis 

034=120. 

11. 

Gallia  Cisalpina 

073  =  81  ? 

12. 

Bithynia 

080  =  74. 

13. 

Cyrene  et  Greta 

080  =  74;  Greta  OST  =  07. 

14. 

Cilicia 

[051  =  103]  090  =  01. 

15. 

Syria 

090  =  04. 

B.    Provinzen  der  früheren  Kaiserzeit. 


,. 

Aegyptus 

724  =  30. 

2. 

Moesia 

725  =  29? 

3. 
4. 
5, 

Aquitania 

Lugdunensis 

Belgica 

lerobert  seit  704  =  50,  ge- 
J     theilt  17  n.  Chr. 

0. 

Lusitania 

727  =  27? 

7. 
8. 

Germania  superior 
Germania  inferior 

|l7  n.  Chr. 

9. 

Cyprus 

727  =  27. 

10. 

Galatia 

729  =  25. 

11. 

Pamphylia 

729  =  25. 

und  Lycia 

43  n.  Chr. 

12. 

Raetia 

739=15. 

13. 

Noricum 

739=15. 

14. 

Alpes  Maritimae 

740=14. 

15. 

Pannonia 

10  n.  Chr. 

10. 

Cappadocia 

17  n.  Chr. 

17. 

Mauretania  Tingitana 

{40  n.  Chr. 

18. 

Mauretania  Caesariensis 

19. 

Britannia 

43  n.  Chr. 

20. 

Thracia 

40  n.  Chr. 

21. 

Alpes  Cottiae 

unter  Nero. 

22. 

Epirus 

unter  Vespasian? 

23. 

Arabia 

105  n.  Chr. 

24. 

Dacia 

107  n.  Chr. 

25. 

Armenia 

] 

20. 

Mesopotamia 

M15  n.  Chr. 

27. 

Assyria 

J 

'  28. 

Numidia 

zwischen  193-211. 

29. 

Alpes  Poeninae 

im  2.  Jahrh. 

Anm.    Die  Differenz  mit  der  Zahl  der  Provinzen  in  Tab.  I.  entsteht  durcli  Gallia  Cixalpiiia, 
und  die  hier  als  ungetheilt  aufgeführten  Provinzen  Moesia  und  Pannonia. 


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338     — 


2.  Verwaltung  der  Provinzen. 

A.   Einrichtung  der  Provinz. 

Nach  der  gegebenen  Uebersicht  über  die  Bestandtheile  des 
römischen  Reiches  können  wir  nun  die  allgemeinen  Grundsätze 
entwickeln,  welche  von  den  Römern  in  der  Administration  der 
unterworfenen  Länder  befolgt  wurden,  und  deren  consequente 
Durchführung  das  Resultat  hatte,  dass  die  ursprünghch  in  allen 
Beziehungen  disparaten  Provinzen  durch  den  Einfluss  römischer 
Verwaltung,  römischen  Rechtes  und  römischen  Lebens  zu  einem 
nicht  nur  äusserhch  gleichmässig  geregelten,  sondern  auch  in- 
nerlich übereinstimmenden  Ganzen  vereinigt  wurden,  in  welchem 
die  verschiedenen  Nationalitäten  mit  ihren  politischen,  rechtlichen 
und  socialen  Eigenthümlichkeiten  mehr  oder  weniger  aufgingen  i) . 
Begriffdor  Das   Wort  provincia   ist   viel    älter    als    die    ausseritalischen 

Provinz.  * 

Eroberungen,  welche  wir  bisher  mit  dem  Namen  Provinzen  be- 
zeichnet haben,  und  bedarf  einer  besonderen  Erklärung  2).  So 
lange  das  Königthum  in  Rom  bestand,  war  der  König  der  allei- 
nige Inhaber  des  imperium^  d.  h.  der  unumschränkten  militäri- 
schen und  richterlichen  Gewalt  3)  ;  nachdem  aber  das  impe^Hum 
bei  dem  Beginn  der  Republik  auf  zwei  Consuln^),  seit  387  =  367 

1)  lieber  die  Verwaltung  der  Provinzen  s.  Sigonius  I)e  ant.  iure  provinc. 
lib.  II.  Du  Pui  De  iure  provinciarum  imperii  Romani ,  Lugd.  Bat.  1807.  4. 
G.  C.  Th.  Frankii  Prolegom.  in  Cic.  orat.  Verr.  de  provinciarum  Romanarum 
forma  atque  administratione,  in  Friedemann  u.  Seebode  Mise.  Grit.  II,  2  (1823) 
p.  293  ff.  Walter  Gesch.  d.  röui.  Rechts  §  233  ff.  Rein  in  Pauly's  Realency- 
clopädie  VI  S.  144  ff.  Bergfeld  Die  Organisation  der  römischen  Provinzen,  iN'eu- 
strelitz  1846.  4.  Kuhn  Die  Verf.  des  R.  Reichs.  Voigt  lus  naturale  l\ ,  373 
-492;  517—525. 

2)  S.  Mommsen  Die  Rechtsfrage  zwischen  Caesar  und  dem  Senat,  Breslau 
1857.  8.  (Auch  in  den  Abhandlungen  der  bist.  phil.  Gesellsch.  zu  Breslau  Bd.  I.) 
S.  1 — 11;  denselben  Staatsrecht  1,  80;  Festi  epit.  p.  226:  provinciae  appellan- 
tur ,  quod  populus  Romanus  eas  provicit,  id  est  ante  vicit;  p.  379:  vinciam  di- 
cebant  continentem ,  in  welcher  letzteren  Bemerkung  vincia  der  provincia  entge- 
gengesetzt zu  werden  scheint.  S.  Mommsen  a.  a.  0.  S.  2.  Die  Erklärung  von 
Niebuhr  R.  G.  3,  727  provincia  =  proventuß  d.  h.  Steuergut  des  Staates,  ist 
unhaltbar. 

3)  Mommsen  Staatsrecht  1,  49. 

4)  Die  Consuln  haben  regium  imperium,  regiam  potestatem.  Mommsen  Staats- 
recht 1,  43  Anm.  1. 


—     339     — 

auf  einen  praetor^),  seit  507  =  247  auf  einen  zweiten  praetor'^) 
tibertragen  worden  war,  w^urde  es  nöthig,  die  jedem  dieser  Be- 
amten zustehende,  principiell  unbeschränkte  Gewalt  zu  begrenzen 
und  für  jeden  derselben  eine  bestimmte  Competenz  festzustellen, 
deren  officielle  Bezeichnung  provincia  ist.  Unter  provincia  ver- 
steht man.  also  den  durch  ein  Gesetz  oder  Senatusconsult  oder 
auch  durch  Loos  oder  Vereinbarung*^)  einem  Consul  oder  Prätor 
besonders  zugewiesenen  Geschäftskreis,  in  dessen  Grenzen  er 
sein  Imperium  ausübt,  und  in  diesem  Sinne  sagt  man:  consuH- 
bus  Ligures  provincia  decernitur^),  consulibiis  Italia  provincia  de- 
cernitur'^)  und  nennt  das  Amt  des  praetor  urbänus  und  peregri- 
nus  provincia  urbana^]  und  provincia  peregrina'^) .  Beamten  da- 
gegen, welche  kein  Imperium  haben,  wird  auch  keine  provincia 
zugeschrieben,  denn  wenn  von  Provinzen  der  Quästoren  die  Rede 
ist,  so  sind  damit  die  des  Consuls  oder  Prätors  gemeint,  dem 
der  Quästor  als  Unterbeamter  beigegeben  ist  8). 

Nach  der  Besitznahme  Siciliens  und  Sardiniens  wurden  im 
J.  527  =  227  statt  der  bisherigen  zwei  Prätoren  vier  ernannt 'J) 
und  das  imperium  auch  räumlich  in  der  Art  abgegrenzt,  dass 
zwei  Prätoren  in  den  neuen  Amtsbezirken  die  Militär-  und  Ge- 
richtsgewalt zugleich,  also  das  alte  consularische  imperium^  er- 
hielten, und  dieses  ist  auch  fernerhin  den  übrigen  Prätoren  und 
später  den  Proconsuln  und  Proprätoren  ertheilt  worden.  Seit- 
dem wird  provincia  die  Bezeichnung  für  eine  überseeische  Statt- 
halterschaft und  bedeutet  nunmehr  einmal  in  abstractem  Sinne 
das  Commando  in  einem  ausseritalischen  Lande  ^•^j  und  zwei- 
tens in  concretem  Sinne  das   dem  Statthalter  untergebene  Land 

1)  Liv.  6,  42. 

2)  Liv.  epit.  19.     Lydus  De  mayistr.   1.  38.  45. 

3)  Mommsen  Staatsrecht  1,  71.  81. 

4)  Liv.  39,  45. 

5j  Mommsen  Staatsrecht  1,  83  Anm.  6. 

6j  Cic,  in  Verr.  act.  II,  1,  40,  104:  sortem  nactua  eH  urhanae  provineiae. 
Cic,  pr.  Mut.  20,  41 :  huius  sors  ea  fuitj  quam  omnes  —  tibi  optabamus,  iuris 
dicundi : egregia  et  ad  consulatum  apta  provincia. 

7)  Liv.  39,  45:  praetores  ita  sortiri  iussi,  uti  (C.  Valerio)  flamini  diali  uti- 
que  altera  iurin  dicendi  liomae  provincia  esset ;  pereyrinam  est  sortilua. 

8)  Mommsen  Staatsrecht  1,  8(5.  Im  gewöhnlichen  Sprachgebrauch  heisst  pro- 
vincia  jedes  Geschäft,  Plantus  mil.  1159:  nunc  tibi  hanc  eyo  ivipero  provinciam  — 
Mililem  lepide  et  facete  ei  laute  ludificarier .  (aptiv.  474:  ipsi  opsonant,  quae  pa- 
rasitorum  ante  erat  provincia.  Oic.  pr.  Sulla  18,  52:  illtmi  —  provinciam  de- 
poposcit,  ut  —  me  in  meo  lectulo  trucidaret. 

9)  Liv.  ep.  20.    Dig.   1,  2  ^  32. 
10)  Mommsen  Rechtsfrage  S.  11. 

22* 


—     340     — 

selbst^) .  Alles  Provincialland  unterscheidet  sich  aber  von  dem  itali- 
schen Lande  dadurch,  dass  es  abgabenpflichtig  ist,  d.  h.  entweder 
vectigal  oder  tribuUim  zahlt '^);  denn  wenigstens  seit  den  Grac- 
chen  ^')  ist  es  ein  anerkannter  staatsrechtlicher  Grundsatz,  dass 
das  Eigenthum  an  dem  Provinciallande  auf  das  römische  Volk 
tibergegangen  ist  und  den  Provincialen  nur  der  Niessnutz  des- 
selben zusteht ;  dass  sonach  die  Provinz  ein  praedium  popidi  Ro- 
mani  ist^),  dessen  Revenuen  in  die  Staatscasse  fliessen.  Hienach 
wird  man  die  Provinz  als  einen  räumlich  begrenzten,  einem  stän- 
digen Oberbeamten  untergebenen,  steuerpflichtigen  Verwaltungs- 
bezirk des  römischen  Reichs  definiren  dürfen.  Die  Steuerpflich- 
tigkeit ist  ein  so  wichtiges  Merkmal  des  Regriffs  der  Provinz, 
dass  die  Historiker  jedes  von  den  Römern  factisch  in  Rotmässig- 
keit  genommene  und  steuerbar  gemachte  Land,  auch  wenn  es 
noch  keine  regelmässige  Verw^altung  erhalten  hat,  zu  den  Pro- 
vinzen rechnen  5),  und  die  Dynastien,  welche  wir  z.  R.  in  Cili- 
cien  und  Syrien  nachgewiesen  haben,  obwohl  sie  nicht  direct 
unter  den  Statthaltern  standen,  der  Tributpflichtigkeit  wegen  als 
integrirende  Theile  des  Reichs  betrachtet  werden  6). 

1)  Cic.  in  Verr.  act.  II ,  2 ,  2 ,  1 :  i^Sicilia)  prima  omnium,  id  quod  omamen- 
tum  imperii  est,  provincia  appellata. 

2)  Gaius  2,  7:  sed  in  provinciali  solo  placet  plerisque,  solum  religiosum  non 
ßeri,  quia  in  eo  solo  dominium  populi  Romani  est  vel  Caesaris,  nos  autem  pos- 
sessionem  tantum  et  usum  fructum  habere  videmur.  7,  21 :  in  eadem  causa  sunt 
provincialia  praedia ,  quorum  alia  stipendiaria ,  alia  tributaria  vocamus :  stipen- 
diaria  sunt  ea,  quae  in  his  provinciis  sunt,  quae  propriae  populi  Romani  esse  in- 
telleguntur;  tributaria  sunt  ea,  quae  in  his  provinciis  sunt,  quae  propriae  Cae- 
saris  esse  creduntur.  Cicero  Verr.  II,  3,  6,  12:  inter  Siciliam  ceterasque  provincias 
—  hoc  interest,  quod  ceteris  aut  impositum  vectigal  est  certum,  quod  stipendiarium 
dicitur,  ut  Hispanis  et  plerisque  Poenorum,  —  aut  censoria  locatio  constiiuta  est, 
ut  Asiae  lege  Sempronia.    Frontiiius  in  Gromat,  p.  36.  63. 

3)  Mommsen  R.   G.  2?,  120. 

4)  Cic.  in  Verr.  II,  2,  3,  7 :  et  quoniam  quasi  quaedam  praedia  populi  Ro- 
mani sunt  vectigalia  nostra  atque  provinciae,  quemadmodum  vos  propinquis  vestris 
praediis  maxime  delectamini,  sie  populo  Romano  iucunda  suburbanitas  est  huiusce 
provinciae. 

5)  So  nennt  Livius  45,  26,  11  im  J.  587  =  167  Illyricum  provincia,  wie- 
wohl es  damals  grade  für  frei  erklärt  wurde,  ebenso  Macedonien  im  J.  586  =  168 
(Liv.  epit.  45),  bei  Velleius  2,  39  heisst  Noricum  provincia,  obgleich  es  damals 
noch  regnum  blieb  und  von  einem  Vicekönige  verwaltet  wurde ,  und  in  der 
Inschr.   Orelli  750  wird  die   Chersonesus  Taurica  provincia  genannt. 

.  ^  6)  Strabo  17  p.  839  :  raüxTfi  oe  Tfj?  cu(jt,7rdo'^?  y}»9^i  '^'^i  ^t^^-*  'PwjJ-aiot?  'u 
{X£v  ßaoiXsuexai,  t]v  5'  ly^ouaiv  autol  xaXEcavxe?  iTzapyyx-i  -/ai  -rsfxrco'jow  -^ye- 
|j.ova;  "/ai  cpopoXo^ou?.  p.'"840:  xa;  oe  akXai  ir.apyiai^eyei  Kaloap,  wv  ek  äi 
^^"^^f^f^^^'  ~ou;  i7:t[ji.eXir]ao[A£vou?  uTiaxacu?  avopa?,  sie,  ac,  os  oxpaxYjYi'/.ou? ,  £i? 
a?  OS  xal  Ittttixou;-  %ai  ßactXet;  0£  xai  ouvaoxat  %ai  oey.apyiat  xf^;  i'Ae'no'j  (J.e- 
ptSo;   Ttai    doi   xal   U7r'?jp^otv    dei.     Tac.   Agr.  14:    vetere   ac   iam  pridem  recepta 


—     341     — 

Die  Einrichtung  der  Provinz  geschah  zur  Zeit  der  Republik  verfahren 
durch  den  erobernden  Feldherrn  selbst  unter  dem  Beirath  einer  richtnng. 
Conimission  von  zehn  zu  diesem  Zw^ecke  vom  Senat  i)  deputirten 
Senatoren  2)  nach  einer  Instruction  des  Senates  ^j;  das  auf  diese 
Weise  entstandene  Grundgesetz  der  Provinz  [lex  provinciae)  ^) 
bildete  für  die  ganze  Folgezeit  die  Norm  der  Verwaltung,  wäh- 
rend privatrechtliche  Bestimmungen  für  die  Provinzen  theils  durch 
römische  Gesetze  5),  theils  durch  das  Edict  des  Statthalters  auch 
später  getroffen  wurden^).  Die  Anordnungen  der  Commission 
bezogen  sich  namentlich  auf  folgende  Puncte.  Man  begann  mit 
einer   neuen  Eintheilung   der  ganzen  Provinz   in  bestimmte  Ver-    ^^S^® 


populi  Romani  consuetudine ,  ut  haberet  instrumenta  servitutis  et  reges.  Deshalb 
betrachtete  Augustus  die  regna  als  membra  partesque  imperii  (Suet.  Aug.  48.  Tac. 
Ann.  1,  11).  Belehrend  ist  für  diese  Auffassung  das  Verhältniss  des  König- 
reichs ludaea,  über  welches  S.-^249  gehandelt  ist. 

1)  Nur  ausnahmsweise  ist  bei  der  Absendung  einer  solchen  Commission  das 
Volk  betheiligt.    Polyb.   1,  63.    Mommsen   C.  I.  L.  I  p.  99b. 

2)  Die  Sitte ,  einen  Ausschuss  des  Senates  von  zehn  Männern  für  beson- 
dere Geschäfte  zu  bilden,  ist  uralt.  S.  Bergfeld  a.  a.  0.  S.  11.  Schon  nach  Ro- 
mulus  Tode  wird  sie  erwähnt,  Liv.  1,  17.  Dionys.  2,  57;  bei  der  Secession 
des  Plebs,  Dionys.  6,  84;  bei  der  lex  Cassia  agraria,  Dionys.  8,  80.  Auch  in 
den  Municipien  und  Provincialstädten  finden  sich  die  decem  primi  (Cic.  Verr.  11, 
2,  67,  162),  ferner  in  den  latinischen  Colonien,  Liv.  29,  15.  Zehn  Senatoren 
schliessen  den  Fxieden  nach  dem  ersten  punischen  Kriege,  Polyb.  1,  63;  so 
auch  nach  dem  zweiten  punischen  Kriege,  Liv.  30,  43;  den  Frieden  mit  Philipp 
von  Macedonien,  Liv.  33,  24;  mit  Antiochus,  Liv.  37,  55.  Bei  der  Einrich- 
tung der  Provinz  werden  die  decem  legati  erwähnt  in  Macedonien  (Liv.  44,  17), 
Africa  (S.  305),  Achaia  (S.  164),  Asia  (Strabo  14  p.  646),  bei  der  zweiten  Or- 
ganisation Siciliens  nach  dem  Sclavenkriege  (Cic.  Verr.  II,  2,  16,  40),  bei  der 
Einrichtung  Spaniens  nach  der  Eroberung  von  Numantia,  Appian.  Hisp.  99. 

3)  Liv.  45,  17.  18.  Polyb.  22,  7:  Öövxe;  Se  xoui;  xunous  toütou?  uTiep 
Tfji  Z\-f]i  oiotx-rjoeox;  dSsrrefXTTov  tou?  liv.a  Trpö;  Fvociov  tov  UTraxov  ei;  tt]s  'Ao[av. 
Liv.  33,  31:  in  senatus  consulto ,  quo  missi  decem  legati  ab  urbe  erant,  ceterae 
Graeciae  atque  Asiae  (urbes')  haud  dubie  liberabantur. 

4)  Von  diesen  Grundgesetzen  ,  welche  leges  datae,  nicht  leges  rogatae  sind 
(s.  S.  64),  kennen  wir  die  lex  Rupilia  für  Sicilien  (S.  91),  die  lex  des  Aemi- 
liu8  Paulus  für  Macedonien  (S.  160) ,  die  lex  des  Q.  Metellus  für  Creta  (Liv. 
epit.  100),  die  lex  Pompeia  für  Bithynien  (S.  198)  und  andre  asiatische  Pro- 
vlnzf-n.  Dio  Cass.  37,  20:  ra  re  7:Xeiu)  t^f]  xöiv  h  XYJ  Aoia  xiq  -^Trelpo)  xoxe 
aOxoI;  ovx(ov  NÖfxoi;  xe  ihioii  xoti  TToXixeloti«;  xaxeoxYjoaxo  (lIofAirf/io;)  xai  Biex6o(ji,rj- 
oev,  &3xe  v.ai  oeOpo  auxo'j;  xoi;  utt'  ^xsivo'j  vofJMOÖeroi  yp-^a^^at. 

5)  I'lpian.  fr.  11,  18:  sed  quia  lex  Atilia  Romae  tantum  locum  habet,  lege 
Julia  et  Titia  prospectum  est,  ut  in  provinc.ia  quoque  similiter  a  praesidibus  earuin 
dentur  tutores.  Gains  1,  185;  3,  122.  Senatus  consulta  in  Beziehung  auf  das 
Privatrecht  der  Provinzen  erwähnt  Cic.  ad  Att.  5,  21,   11  und  12. 

6)  («aius  1,  6:  ius  autem  edicendi  habent  magistratus  populi  Romani.  Sed 
amplissimum  ius  est  in  edictis  duorum  praetorum ,  urbani  et  peregrini ,  quorum 
in  provinriis  iurisdictionem  prnesides  earum  habent,  item  in  edictis  acdilium  curu- 
lium,  quorum  iurisdictionem  in  provinciis  populi  Romani  quaestores  habent.     Cic. 

Verr.  II,   1,  43,  HO;  1,  45,   115;  1,  46,  118;  2,   13,  33;  3,  10,  26. 


—     342     — 

waltungsbezirke,  welche  zum  Mittelpuncl  eine  grössere  Stadt 
erhielten,  wo  eine  solche  vorhanden  war,  und  wir  haben  ge- 
sehen, dass  solcher  städtischen  Diöcesen  in  Sicilien  etwa  67  (S. 
93),  in  den  drei  Gallien  64  (S.  117),  in  Asia  44  (S.  181),  in 
dem  Theile  von  Bithynien ,  der  63  v.  Chr.  zur  Provinz  gezo- 
gen wurde,  der  Ora  Pontica,  11  (S.  192),  im  Pontus  Pole- 
moniacus  6,  in  Lycien  23  (S.  218  f.),  in  Cyrene  ö  waren;  in 
städtearmen  Provinzen  traten  an  die  Stelle  der  Stadtdiöcesen 
Landkreise ;  man  beobachtete  dabei  das  Verfahren,  mit  Auflösung 
der  vorhandenen  staatlichen  Einheiten  und  diirch  willkührliches 
Theilen  und  Zusammenlegen  von  Ortschaften  die  ursprünglichen 
Völkerverbindungen  zu  zerreissen,  insofern  man  dies  nöthig 
fand^),  und  sogar  zuweilen  unter  den  einzelnen  Stadtgebieten 
das  commercium  aufzuheben  2)  ^  was  bei  der  dadurch  für  die 
Provincialen  erschwerten  Veräusserlichkeit  der  Grundstücke  die 
Ansiedelung  römischer  Grundbesitzer  in  der  Provinz  und  die 
Entstehung    grosser    Gütercomplexe    in    römischem    Besitze    zur 

1)  Am  anschaulichsten  zeigen  dies  die  Anordnungen  in  Macedonien  (S.  160) 
und  die  Aufhebung  der  Yölkervereine  in  Achaia  (S.  168).  Von  Asien  sagt 
Strabo  13  p.  629 :  rd  o'  e^fj?  drei  xd  voxta  M-epiQ  xoi?  tottoi?  toutoi;  i^izko-mc, 
eyet  fJt£)rpi  Tipoc  xöv  Taüpov,  &axe  7.al  xd  u)p6Yta  %al  xd  AuSia  %al  xd  Kapixd 
xat  exi  xd  xwv  Mugöjv  8uc5id">tpixa  eivai,  TcapaTciTüxovxa  sU  dXX-rjXa  *  elc  os  xtjv 
cuYX^'Jt'*'  xauxTjv  ou  {Ai-xpd  ouXXafxßdvei  x6  xou;  'Pojfxaiouc  (J-Tj  ocaxd  cpviXa  oteXeiv 
auxou?,  dXXd  Ixepov  xpoTtov  Staxd^at  xd?  otoix'/]oetc,  h^  oXc,  xd?  aYopaiou?  ttoioüv- 
xat  'AoX  xd?  8txaio5oaia?.  Ebenso  verfuhr  Augustus  in  Gallien,  wo  er  die  alten 
Mittelpuncte  der  Völkerschaften  sinken  liess  und  neue  Städte  zu  heben  suchte. 
Strabo  4  p.  177. 

2)  Dies  geschah  in  verschiedener  Weise  in  Macedonien  (S.  160),  Achaia 
(S.  168)  und  Sicilien.  Cic.  Verr.  II,  3,  40,  93:  arabat  is  {Diocles)  agrum 
conductum  in  Segestano,  nam  commercium  in  eo  agro  nemini  est.  Mehr  bei  Kuhn 
2,  9  ff.  Nur  die  Centuripini  hatten  das  Recht,  in  andern  Städten  Grundstücke 
zu  erwerben.  Cic.  Verr.  11,  3,  45,  108:  Centuripini,  qui  agri  Aetnensis  multo 
maximam  partem  possident ;  und  hernach :  Centuripini,  quod  in  omnium  fere  fini- 
bus  possessiones  habent,  etiam,  ceterarum,  civitatum  damna  ac  detrimenta  senserunt. 
Daher  wurde  Centuripae  ,yCivitas  totius  Siciliae  multo  maxima  et  locupletissima,^'' 
Cic.  Verr.  II ,  4 ,  23 ,  50 ,  während  in  den  andern  Städten  die  Zahl  der  Grund- 
besitzer in  dem  Grade  abnahm,  dass  es  deren  zu  Ciceros  Zeit  in  Leontini  nur 
88,  in  Mutyce  188,  in  Herbita  257,  in  Agyrium  230  gab.  Voigt  lus  nat.  2, 
398  erklärt  diese  meine  und  Kuhns  Ansicht  für  ,, total  falsch"  und  behauptet, 
für  den  Provincialfundus  sei  überhaupt  ein  Commercium  nicht  erforderlich.  Aber 
dass  die  steuerpflichtigen  Grundstücke  gekauft  und  verkauft  wurden  (Dig.  21, 
2,  66),  dass  die  Centuripini  sie  kaufen  konnten,  die  andern  Siculer  aber  nicht, 
dass  ferner  in  Macedonien ,  Achaia  und  Sicilien  ein  Verbot  des  Commerciums 
zwischen  den  Provincialstädten  stattfand,  ist  unzweifelhaft.  Was  soll  man  aber 
zu  der  Voigtschen  Kritik  sagen,  wenn  er  Kuhn  belehrt,  dass  in  den  AVorten  bei 
Cic.  Verr.  2,  50,  124:  ut  iste  intelligeret,  eise  illum  locum  vendidisse ,  cüi  ne 
commercium  quidem  esse  oporteret,  das  cui  sich  nicht  auf  ei  beziehe,  sondern  zu 
verstehen  sei :  Verres  verkauft  ihm  einen  solchen  lodus  ( Sitz  im  Senate ) ,  cui 
ne  commercium  quidem  esse  oporteret? 


—     343     ~ 

Folge  hatte  ^).  Begünstigten  Städten  erweiterte  man  ihr  Gebiet 
durch  Zutheilung  von  Städten  und  Flecken,  deren  selbständige 
Existenz  dadurch  aufhörte  2) ;  man  hob  und  vergrösserte  auf  diese 
Weise  die  den  Römern  ergebenen  Communen,  während  man  die 
widersetzlichen  vollständig  vernichtete  3) .  Gebirgige  und  wüste 
Territorien,  deren  Verwaltung  schwierig  und  deren  Ertrag  doch 
unerheblich  gewesen  wäre,  Hess  man  mitten  in  der  Provinz  unter 
einheimischen  Dynasten,  bis  man  es,  oft  nach  langer  Zeit,  für 
sicher  hielt,  auch  diese  Theile  direct  unter  den  Statthalter  zu 
stellen. 

Nach   der  Abgrenzung   der  Territorien   schritt  man  zur  An-  Städte  ver- 

n  n  o      11  1  11  schiedenen 

Ordnung  der  politischen  und  nnanciellen  Stellung  derselben.  Rechtes. 
Die  mit  Waffengewalt  eroberten  Städte  wurden  zerstört^),  ihre 
Ländereien  zur  römischen  Domaine  gezogen  und  von  den  Cen- 
soren  in  Rom  gegen  eine  Abgabe  vom  Ertrage  an  Privatunter- 
nehmer verpachtet^).  Wo  man  königliche  Domainen  vorfand,  wie 
in  Syracus^),  Macedonien,  Pergamum,  Bithynien  und  Cyrene, 
wurden  diese  ebenfalls  als  ager  publicus  populi  Romani  in  Be- 
schlag genommen  7)  und  die  in  denselben  arbeitende  Bevölkerung 
in  der  Art,  wie  es  nach  211  v.  Chr.  im  Gebiete  von  Capua  ge- 
schehn  war  (s.  Seite^30.  31),  zu  Dorfgemeinden  vereinigt.  Die- 
jenigen Communen  dagegen,  welche  sich,  ohne  den  äussersten 
Widerstand  zu  leisten,  durch  Dedition  unterworfen  hatten,  gaben 
zwar,  wie  es  in  der  Deditionsformel  hiess,  Stadt  und  Land, 
Männer,  Weiber  und  Kinder,  Flüsse,  Häfen,  Heiligthümer  und 
Gräber  in  die  unbeschränkte  Gewalt  des  Siegers^),  allein  in  der 

1)  Kuhn  2,   11. 

2j  So  erhielt  z,  B,  Athen  Ilaliartus  in  Böotien ,  Faros,  Imbros,  Delos,  Sky- 
ros,  Aegina,  Ikos,  Keos,  Skiathos  und  Peparethos  (Polyb.  30,  18.  Liv.  33,  30. 
Appian.  B.  C.  5,  7),  unter  Hadrian  auch  Cephalenia  (Dio  Cass.  69,  16);  Sikyon 
einen  ^heil  des  corinthischen  Gebietes  (S.  169),  Utica  einen  Theil  des  cartha- 
gischen  Territoriums,  Appian,  Pun.  75.  Eine  reiche  Zusammenstellung  dieser 
Territorialveränderungen  s.  bei  Kuhn  2,  41  ff. 

3)  S.  oben  Seite  16  Anm.  2. 

4j  Das  Schicksal  von  Carthago,  Corinth  und  Numantla  theilten  die  meisten 
eroberten  Städte.  So  sagt  'Appian.  Pun.  135  von  den  Anordnungen  der  10  Uyati 
in  Africa  im  J.  608  =  146:  ooai  hi  TÖXei;  0'j|ji(jie{xayTjxeoav  toi;  7roXe{ji(ot;  It:i- 
(aÖvoj;,  £Oo?e  xafteXeTv  diroiaai;. 

5)  Am  besten  lernen  wir  diese  Anordnungen  kennen  in  Africa.  S.  Seite  315. 

6)  Liv.  25,  28,  3. 

7)  Cic.  de  L  ayr.  2  c.  19.  c.  51.  Tac.  Ann.  14,  18.  Dio  königlichen  Gü- 
ter in  Aegypten  Helen  dem   Kaiser  zu.     Franz   (\  1.  Or.   IFl   p.  296^. 

8)  S.  oben  Seite  166  und  Dig.  11,  7,  36:  cum  loca  captn  sunt  ab  Imsti- 
6tM ,   omnia  deainunt  reliyioaa   veL   Mcra  e»$e ,  aicut  hominea  Liberi  in  aervitutem 


—     344     — 

Regel  wurde  den  Bürgern  und  ihren  Familien  ihre  persönliche 
Freiheit  und  ihr  Privaleigenlhum ,  der  Stadt  ihr  Territorium  und 
ihr  Stadtrecht  gelassen,  wogegen  auf  alle  Ländereien  der  Privaten 
wie  der  Stadt  entweder  eine  Naturalabgabe  [vectigal]  oder  eine 
feste  Steuer  ( tributum ,  Stipendium )  gelegt  i) ,  und  wo  es  zweck- 
mässig erschien,  ein  römischer  Zoll  (por'torium)  eingerichtet 
wurdet).  Dies  ist  die  Classe  der  civitates  vectigales^)  oder  sti- 
pendiariae  *) ,  zu  welcher  die  überwiegende  Zahl  der  Provincial- 
städle  zu  rechnen  ist,  und  welcher  eine  kleine  Anzahl  beson- 
ders privilegirter  Gemeinden  gegenübersteht,  nämlich  einmal  die, 
welchen  auf  Grund  früherer  Bündnisse  oder  bewiesener  Treue  ihre 
Freiheiten  garantirt  wurden,  und  zweitens  die,  welche  die  Römer 
selbst  als  römische  Colonien  oder  Municipien  constituirten.  Im 
Ganzen  also  zerfallen  die  in  der  Provinz  liegenden  Gemeinden  in 
drei  Hauptclassen ,  Städte  mit  freier  einheimischer  Verfassung, 
eigentliche  Unterthanenstädte ,  und  Städte  mit  römischer  Verfas- 
sung, über  welche  wir  einzeln  zu  reden  haben. 

Freie  Städte. 

Freie  Städte.  Dass  uutcr   einer   libera  civitas  ursprünglich   ein   souveräner 

Staat  zu  verstehen  ist,  welcher  mit  den  Römern  entweder  über- 
haupt noch  nicht  in  Berührung  gekommen  war  oder  von  den- 
selben als  gleichberechtigt  und  unabhängig  anerkannt  wurde, 
bedarf  keines  Beweises;  schwierig  zu  bestimmen  und  streitig  ist 
dagegen  der  Begriff  der  politischen  Freiheit  in  der  Zeit,  als  die 
römische  Herrschaft  sich  über  die  ganze  alte  Welt  auszudehnen 
begann.  Damals  gab  es,  abgesehn  von  ganz  entlegnen  Reichen, 
wie  z.  B.  dem  parthischen,  keinen  Staat,  welcher  mit  den  Römern 
auf   gleichem    Fusse    hätte    unterhandeln    können;     alle    standen 

perveniunt :  quod  si  ab  hac  calamitate  fuerint  liberata ,  quasi  quodam  postliminio 
reversa  prisUno  statui  restituuntur. 

1)  Appian.  B.  C.  2,  140 :   26XXa;  oe  -/.al  KaTsafi tyjv  'IxaXiav  —  tio- 

Xsjxou  vö(X({)  %al  Xt;jott]pio'j  vofxu)  ty]V  xe  fip  dcpyjpoüvTo  xal  ol'Aiai  xai  xöc^ous 
■/.aX  tepa  •  wv  ou5e  xou?  dXXocpuXou;  ixoXeiJitoix;  dcpTDpo6fx£i}(x,  aXka.  Bexdx-rjv  auxoii; 
(jLOVTfjV  xapTröjv  dTcexdaao|J.£v.    Hygiii.   Grom.  p.  205  Lachin. 

2)  Hierüber  wird  in  dem  Abschnitt  über  die  Finanzen  ausführlich  gehandelt 
werden. 

3)  Cic.  Verr.  II,«  3,  6,   12  ff. 

4)  Schol.  Bobiens.  ad  Cic.  or.  pr.  Scauro  p.  375 :    aliae   civitates   sunt   sti- 
pendiariae,  aliae  liberae.    Serv.  ad  Verg.  Aen.  3,  20. 


_     345     — 

vielmehr  unter  dem  politischen  Einflüsse  Roms^),  unter  welchem 
sie  ihre  Selbständigkeit  in  dem  Grade  erhielten,  welche  ihnen 
das  römische  Interesse  gestattete.  Ganz  besonders  empfanden 
natürlich  diesen  Einfluss  die  freien  Städte,  welche  innerhalb  der 
Grenzen  einer  Provinz  lagen;  sie  waren  zunächst  den  willkühr- 
lichen  Eingriffen  des  Statthalters  in  ihre  Freiheiten  ausgesetzt, 
und  dass  diese  häufig  nicht  nm'  in  Kriegszeiten  2)  ,  sondern  auch 
mitten  im  Frieden  stattfanden  ^) ,  ist  nicht  nur  in  einzelnen  Fällen 
überliefert,  sondern  auch  aus  verschiedenen  Senatusconsulten  und 
Gesetzen  ersichtlich,  in  welchen  über  das  Verhältniss  des  Statt- 
halters zu  den  freien  Städten  Bestimmungen  getroffen  werden'*). 
Wenn  also  die  lihei^ae  civüates  keineswegs  als  vollkommen  sou- 
veräne und  unabhängige  Staaten  erscheinen,  so  ist  dies  einerseits 
unzweifelhaft  der  factischen  Präponderanz  der  römischen  Staats- 
gewalt zuzuschreiben,  andererseits  ist  aber  hiemit  noch  nicht  die 
Frage  erledigt,  ob  allen  freien  Staaten  rechtlich  dieselbe  Unab- 
hängigkeit zustand,  oder  ob  unter  denselben  verschieden  be- 
rechtigte Classen  angenommen  werden  müssen,  eine  Frage,  welche 
um  so  mehr  einer  speciellen  Untersuchung  bedarf,  als  die  juristi- 
schen Termini  für  die  Unterthanenverhältnisse  absichtlich  euphe- 

1)  Dies  auszuführen  ist  hier  unnöthig.  Ich  erinnere  nur  an  das  Auftreten 
des  Popilius  Laenas  gegen  den  König  Antiochus  von  Syrien  im  J.  586  =  168. 
Polyb.  29,   11.    Cic.  PhiL.  8,  8,  23.    Liv.  45,  12. 

2)  Appian.  B.  C.  i,  102.    Plut.  Pomp.  10. 

3)  So  sagt  Cicero  de  prov.  cons.  4,  7  von  Piso,  damals  Statthalter  von  Ma- 

cedonien :   te  imperatore civitas  libera  (Byzantiurn)  sie  spoliata  atque  nudata 

est,  ut,  nisi  C.  Veryilius  leyatus  —  intervenisset,  unum  Signum  Byzantii  ex  maximo 
numero  nullum  haberent ,  und  erwähnt  desselben  Habgier  gegen  Dyrrhachium, 
eine  libera  civitas  (ad  fam.  14 ,  1 ,  7) ,  Athen  und  andere  Orte  in  Pison.  40, 
96;  ferner  des  Verres  Zumuthungen  an  die  freien  Städte  Siciliens  (Cic.  in  Verr. 
II,  0,  19,  50).    Andre  Fälle  der  Art  s.  bei  Kuhn  2,  26  f. 

4)  Cic.  pr.  domo  9,  23:  quid?  —  L.  Pisoni  nonne  nominatim  populos  libe- 
ros ,    multis  senatusconsultis ,    eliam  recenti  lege  generi  ipsius  liberatos ,  vinctos  et 

constrictos  Iradidisti?    Cic.   de  prov.  'cons.  4,   7:   a  foedissimo  tribuno emisti 

grandi  pecunia ,  ut  tibi  de  pecuniis  creditis  ius  in  liberos  populos  contra  senatus- 
conxulta  et  contra  legem  generi  tui  dicere  liceret.  Cic.  in  Pison.  16,  37:  obti- 
nuisti  provinciam  consularem  finibus  iis ,  quos  lex  cupiditatis  tuae ,  non  quos  lex 
generi  tui  pepigerat.  Nam  lege  Caesar is  iustissima  atque  optima  populi  liberi 
plane  et  vere  liberi,  lege  autem  ea,  quam  nemo  legem  praeter  te  et  collegam  tuum 
putavit,  nmnis  erat  tibi  Acliaia ,  Thessalia ,  Atlienae ,  cuncta  (haecia  addicta. 
Ib.  37,  90:  mitto  ereptam  libertatem  populis  ac  singulis ,  qui  erant  affecti  })rae- 
miis  nominatim ,  quorum  nihil  est ,  quod  non  sit  lege  Julia  sancitum  diligenter. 
Hirt.  Bell.  Afr.  87.  Die  in  diesen  Stellen  erwähnten  semitusconsulta  sind  un- 
bekannt ,  die  leges  aber  sind  die  lex  Julia  repetundarum  von  ODö  =  59  (Kudorff 
Kcchtggeschichte  1  ji^  31.  Zunjpt  <'omm.  ep.  2,  198),  und  die  lex  Clodia  de 
provinciis  consularibus  690  =  58.     Drnmann  2,  261. 


—     346     — 

mistisch  gebraucht  werden.  Für  den  ünteitban  hat  die  lateinische 
Sprache  nur  den  einen  officiellen  Ausdruck  sHpendiatiuSj  und  wie 
in  Athen  unterschieden  werden  oi  airo  $o|X}xayia!;  auTovofiot  und 
Ol  »jTTTQxoot^) ,  so  sind  im  römischen  Reiche  entgegengesetzt  socii 
und  stipendiariP) .  Allein  der  Ausdruck  socius ,  welcher  in  alter 
Zeit  ganz  bestimmt  den  italischen  Föderirten  bezeichnet^),  wird 
auf  die  Nichtitaliker  in  solcher  Vieldeutigkeit  übertragen,  dass  er 
nicht  nur  von  föderirten  Städten,  sondern  auch  von  freien,  aber 
nicht  verbündeten  Gemeinden ,  die  nicht  zur  Provinz  gerechnet 
werden '*),  und  endlich  von  allen  Provincialen  ^j  gebraucht  wird. 
Von  einem  besiegten  Volke,  welches  sich  auf  Gnade  und  Ungnade 
unterwirft,  ist  die  Formel ;  in  dedüionem  venu  ^) ,  während,  wenn 
dasselbe  günstigere  Bedingungen  erlangt,  von  ihm  gesagt  wird, 
in  fidem  populi  Romani  veniP)^  und  doch  braucht  man  ganz  ge- 
wöhnlich die  letztere  milde  Formel  auch  für  den  ersten,  härtesten 
Fall  der  Uebergabe^);  endlich  wird  bei  einem  unter  ungünstigen 
Bedingungen  abgeschlossenen  Bündnisse  die  Forderung  unbeding- 
ten Gehorsams  durch  die  höfliche  F'ormel  ausgedrückt :  maiesiatem 

1)  Thucyd.  7,  57,  2;  6,  22;  8,  2,  2. 

2)  Cic.  pr.  Balh.  9,  24 :  contumeliosum  est,  iis  praemiis  et  iis  honoribus  ex- 
clusos  esse  fidelissimos  et  coniunctissimos  socios,  quae  pateant  stipendiariis. 

3)  Es  ist  bekannt ,  dass  vor  dem  Bundesgenossenkriege  das  römische  Heer 
aus  zwei  Theilen  besteht,  den  römischen  Legionen  und  den  socii. 

4)  Suet.  Caes.  25 :  omnem  Galliam  —  praeter  socias  ac  bene  meritas  civita- 
ies  in  provinciae  formam  redegit.  Tac.  Ann.  15,  45:  provinciae ,  socii  populi, 
civitates  liberae.    Mehr  hei  Kuhn  2,   14. 

5)  Wenn  Cicero  redet  von  socii  et  exterae  nationes  (Verr.  II,  1,  27,  68), 
so  ist  dies  nur  ein  andrer  Ausdruck  für  provinciae  et  exterae  nationes  (ib.  31, 
78).  So  sagt  er  Verr.  II,  2,  6,  15:  in  hac  quaestione  de  pecuniis  repetundis, 
quae  sociorum  causa  constituta  est,  lege  iudicioque  sociali,  sociorum  querimonias 
audire  oporteret;  nennt  de  prov.  cons.  6,  13  den  Piso,  Proconsul  von  Macedo- 
nien,  und  Gabinius,  Proconsul  von  Syrien,  duplices  pestes  sociorum,  und  die  Ein- 
wohner von  Lampsacus  socii  {Verr.  II,  1,  30,  76),  wiewohl  Lampsacus  nicht 
freie  Stadt,  sondern  ein  oppidum  provinciae  (ib.  24,  63),  und  die  Lampsacener 
condicione  socii,  fortuna  servi  waren  (ib.  32,  81).  Ebenso  sagt  Sueton  Aug.  23: 
praesidibus  provinciarum  prorogavit  Imperium,  ut  a  peritis  et  assuetis  socii  con- 
tinerentur.    Ausführlich  handelt  hierüber  Kuhn  2,  21  ff. 

6)  S.  die  Stellen  bei  Voigt  7ms  nat.  2,  265. 

7)  Liv.  8,  25,  3  :  Lucani  atque  Apuli  —  in  fidem  venerunt,  arma  virosque 
ad  bellum  pollicentes.  Foedere  ergo  in  amicitiam  accepti.  Ueber  diesen  Unter- 
schied s.   Drakenb.  ad  Liv.  8,   1,   10;   36,  38,   4.    Duk.  ad  Flor.  3,    1,   3. 

8)  Cic.  de  off.  1,  11,  35:  tantopere  apud  nostros  iustitia  culta  est,  ut  ii, 
qui  civitates  aut  nationes  devictas  bello  in  fidem  recepissent,  earum  patroni  essent 
more  maiorum.  Liv.  8,  2,  13:  Campanorum  aliam  conditionem  esse,  qui  non 
foedere,  sed  per  deditionem,  in  fidem  venissent.  Sallust  lug.  62:  mittuntur  ad 
imperatorem  legati,  qui  lugurtham  imperata  facturum  dicerent  ac  sine  ulla  pactione 
sese  regnumque  suum  in  illius  fidem  tradere. 


—     347     — 

popuH  Rornani  comiter  conservanlo  ^) ,  über  deren  wirklichen  Sinn 
die  Römer  gar  nicht  zweifelhaft  waren  2] .  Nach  diesen  Anführun- 
gen wird  es  sich  rechtfertigen,  wenn  wir  den  Umfang  des  Be- 
griffs der  libertas  auf  Grund  der  überlieferten  Thatsachen  einer 
Prüfung  unterwerfen. 

Zuerst  gehören  zu  den  freien  Staaten  3)   die  et  vitales  foe-    cnUates 

.  .  n      1  ^  foederatae. 

der  ata  e.  Mochte  das  Bündniss  eni  aequum  foedus  oder  ein  auf 
ungleiche  Bedingungen  geschlossenes  sein"*),  so  enthielt  es  immer 
die  Anerkennung  der  Selbständigkeit  der  Stadt  neben  Rom,  war 
von  beiden  Theilen  genehmigt  und  beschworen  und  durch  eine 
Urkunde  beglaubigt,  welche,  in  Erz  gegraben,  in  einem  Exemplar 
auf  dem  römischen  Capitol,  in  einem  zweiten  in  der  betreffenden 
Sfadt  aufgestellt  war  ^).  Aufgehoben  wurde  es  nur  im  Falle  eines 
Krieges  ^) ;    in   der  Kaiserzeit   freilich    zuweilen   auch   durch   eine 

1)  Cic.  pr.  Balb.  16,  35.  Dig.  49,  15,  7  §  1.  Cicero  erklärt  das  Wort 
comiter  ausdrücklich  durch  benigne,  non  gravate. 

2)  Liv.  39 ,  37,  19 :  tum  Appius  suadere  se  magnopere  Achaeis  dixit ,  ut, 
dum  liceret  voluntate  siux  facere,  gratiam  inirent,  ne  mox  inviti  et  coacti  facerent. 

3)  lieber  die  freien  Städte  handeln :  Sigonius  De  iure  prov.  I  c.  10 ;  Cuia- 
cius  Observ.  XXVII,  33»  Spanheim  Orb.  Rom.  II  c.  9  p.  199  flf.  ed.  Heineccii. 
Hai.  1728.  4.  Eckhel  D.  iV.  4 ,  262  ff. ;  Dirksen  Bemerkungen  über  das  ple- 
biscitum  de  Termensibus  in  dessen  Versuchen  zur  Kritik  und  Auslegung  der 
<Juellen  des  Rom.  Rechts,  Lcipz.  1823.  8  S.  137  ff.;  Bergfeld  a.  a.  0.  S.  20  ff.; 
Hock  Rom.  Geschichte  1 ,  2  S.  242  —  249;  Zurapt  Comm.  epigr.  2,  156.  198; 
Voigt  lus  nat.  2  8.  268  ff.  und  besonders  Kuhn  2,   14 — 41. 

4)  Ueber  die  verschiedenen  Arten  des  foedus  s.  oben  8.  44  ff.  und  Liv.  34,  57. 

5)  Im  römischen  Capitol  befanden  sich  zu  Vespasians  Zeit  3000  Erztafeln 
(Suet.  Vesp.  8),  welche  theils  foedera  mit  andern  Staaten,  theils  Privilegien  von 
Städten  und  Privatpersonen  enthielten.  Mommsen  Annali  1858  p.  198  ff.  (\  I.  L. 
I  p.  112.  Von  diesen  sind  noch  zwei  übrig,  das  plebiscitum  de  Termessibus  vom 
J.  683  =  71  (C.  /.  L.  I  n.  204)  und  das  senatusconsultum  de  Asdepiade  Potystrato 
Mcniaco  von  676  =  78  (C.  /.  L.  I  n.  203),  während  blos  griechische  Texte  solcher 
Urkunden  mehrere  vorhanden  sind.  Die  Bündnisse  mit  Carthago  waren  zu  Po- 
lybius  Zeit  aufgestellt  ev  yaXvttuuLaot  Trapd  xov  Aia  xov  KazextuXiov  dv  -:(]>  xfii'rf 
dYopav6(i.tov  Ta|xiet(|)  (Polyb.  3,  26),  d.  h.  in  der  aedes  thensarum  in  Capitolio 
(Ilenzen  5407.  Mommsen  C.  1.  L.  1  p.  112);  in  dem  SCtum  de  Asdepiade  heisst 
es  lin.  25 :  xouxoti;  xe  rlvaxa  yaX'/toüv  cpiXia?  dv  xw  Ka7rexa)X»|i  avai^eivoii  d^TJ, 
und  in  dem  SCtum  über  die  Krneuerung  des  foedus  mit  Astypalaea  vom  J.  649 
=  105,  C.  I.  Gr.  n.  2485  I  lin.  6:  'PoxiXio;  ÖTiaxo;  yaXy.a)|j.a  a'j|x}xayia;  [h] 
KarexojXltji  xafttjXoj^vai  cppovx(o7] ,  und  II  lin.  43:  (dval^eivai  oej  dvd^r) |j.a  Sv 
(Aev  'l*oj(xa((jj';  £v  xu)  RctTzexojXuij  voüi  xou  Aiö?,  £V  oe  'Aox'jzaXat^tuv  ^v  xu)  Uptö 
xfji  'AUr^vä«;  -xal  xou  'AoxXrjTrtoO  %.  t.  X.  Vgl.  loseph.  Ant.  12,  10,  6:  'Troi-rj- 
oaia  oe  irepi  xouxoy  h6'(ixa  (Vj  oÜYxXtjxo;)  xö  fxev  dvx(YP'xcpov  ei;  xi^v  'Iouoa(av 
äzsaxeiXe ,  a'jx6  o'  e{;  xi  KaTTixcAXiov  ei;  yaXxa;  i'(fpd'^asze<;  O^Xxou;  dv^tteoav. 
Den  Eid  erwähnt  Appian.  B.  C.  1,  102;  4,  68.  JUnpan.  43;  ein  Opfer  dabei 
das  SCtum  über  Astypalaea  I  lin.  11. 

6)  Dieser  trat  ein  bei  Masbilla  im  J.  705  =  49,  welchem  Cäsar  zwar  di.- 
Freiheit  lies«,  aber  das  grosse,  durch  das  alte  foedun  verliehene  Territorium  nahm. 
8.  Seite  112.  IJeberljaupt  abi-r  wurden  in  der  Noth  der  Bürgerkriege  alle  föde- 
rirten  Städte  zu  Leistungen  lierbeige/ogen.    Appiun.  li.  C.    1,    102. 


—     348     — 

einseitige  Regierungsmassregel ') .  Die  Lage  der  civitates  fuederalae, 
onlsprechend  der  der  italischen  Bundesgenossenstädte  vor  der  lex 
lulia  des  Jahres  90  -) ,  war  die  günstigste ,  die  Zahl  derselben 
aber  gering  und  auf  die  älteren  Provinzen  beschränkt,  da  die 
Unabhängigkeit,  welche  das  foedus  auf  beiden  Seiten  voraussetzt, 
später  Rom  gegenüber  immer  mehr  aufhörte.  Wir  kennen  von 
ihnen  in  Sicilien  drei  (s.  S.  93),  in  Sardinien  keine,  in  Hispania 
Tarraconensis  eine,  in  Baetica  drei,  in  den  gallischen  Ländern 
ausser  Massilia  3)  mehrere  eingeborene  Völkerschaften'*),  in  Achaia 
Athen^),  in  den  asiatischen  Provinzen  die  Insel  Astypalaea  ß) ,  Amisus 
in  Bithynien^),  Mopsuestia  in  Cilicien '^) ,  Sagalassus  in  Pisidien-»), 
Rhodus^ö)  undTyrus^i).  Die  Souveränität  aller  dieser  Gemeinden 
war  durch  das  foedus  selbst  darin  beschränkt,  dass  ihnen  eine 
eigene  auswärtige  Politik  untersagt  war^^j^  [p^  Uebrigen  aber  in 
dem  Exilrecht  und  Münzrecht  i^)  anerkannt;  in  ihren  inneren 
Angelegenheiten  waren  sie  eximirt  von  aller  Einwirkung  römi- 
scher Behörden  i*)  ^     so  dass   selbst  durchreisende  Magistrate   die 

1)  Suet.  Aug.  47:  urbium  quasdam  foederatas,  sed' ad  exitium  lieentia  prae- 
cipites,  libertate  privavit. 

2)  S.  oben  Seite  44  ff. 

3)  lustin.  43,  5. 

4)  Die   Lingones   (Tac.  Rist.  4,  67),  Aedui   (Tac.  Ann.  11,  25),    Vocontii 
(Plin.  N.  H.  3,  37),  Remi  (Orelli  3841)  und  andere.    S.  Kuhn  2,  15. 

5)  Tac.  Ann.  2,  53. 

6)  C.  i.  Qr.  2485. 

7)  Plin.  ep.  10,  92.  93. 

8)  C.  I.  Or.  5885.    Waddington  n.  1494. 

9)  C.  /.  Or.  4368.    Eckhel  D.  N.  4,  271. 

10)  Appian.  B.  C.  4,  66.  67.  68. 

11)  Dig.  50,  15,  1  pr. 

12)  In  allen  Bündnissen  findet  sich  die  Formel,  ut  eosdem,  quos  populus  Ro- 
manus,  amicos  atque  hostes  haheant,  Liv.  38,  8,  10;  sie  steht  ausführlich  in 
dem  Bündniss  mit  Astypalaea  C.  I.  Gr.  2485  II  lin.  25;  von  dem  lyrischen 
Bunde,  der  ohne  Zweifel  ein  foedus  hatte,  sagt  Strabo  14  p.  665 :  xal  Tiepl  7:0- 
Xefxou  0£  -ycat  dpr^riQ  -icat  a'j[ji,[j.a^ia?  dßouXeuovxo  TTporepov,  vüv  0'  oux  tlv-OQ,  dXX" 
£711  Tolc  'Pai[j.atotc  Taüx'  dvoc^xr]  X£lO^}at ,  und  als  Cassius  die  Rhodier  auffor- 
derte ,  auf  seine  Seite  zu  treten ,  antworteten  sie  ihm  (Appian.  B.  C.  4,  66) : 
ei  hi  Ti  Tispt  au|ji(xa)(ia?  d7ri[X£[xcpoiTO,  d^eXetv  Tiapd  ttj?  'Ptufj-aiojv  ßo-jX-rj?  ti'j&s- 
c^at,  Ttai  "JceXeuouoY]?  scpacav  oufj.fxa/Yjaeiv. 

13)  S.  oben  Seite  45  und  besonders  Polyb.  6,  14,  8.  Exilrecht  hatten 
z.  B.  Athen  (Cic.  Tusc.  5,  37,  108),  Gades  (Cic.  pr.  Balb.  12,  29),  Massüia 
(Asconius  in  Milon.  p.  54). 

14)  Strabo  4  p.  181  von  Massilia:  xal  tt]V  auTOVO[j,iav  scpuXa^av,  t^v  i^  ap"/"^» 
ei^ev  -/)  TioXt?,  woT£  (j.y]  uTraxouew  twv  üq  ttjv  iTiap/tav  7i:£[jL7:o|i,£vouv  OTpaxr^YöJv 
fXT)T£  a'jTTjV  [J.'/]T£  Too?  uing^oou?.  Dios  bestätigt  der  Brief  des  Traian  bei  Plin. 
ep.  10,  93:  Amisenos ,  quorum  libellum  epistulae  tuae  iunxeras ,  si  legibus  isto- 
rum,  quibus  de  officio  foederis  utuntur^  concessum  est,  eranum  habere ,  possumus 
quo  minus  habeant  non  impedire.   In  ceteris  civitatibus,   quae  nostro  iure  obstrictae 


—     349     — 

Insignien  ihres  Amtes  bei  ihnen  ablegten  i) ;  ihre  Gerichtsbarkeit 
erstreckte  sich  nicht  nur  auf  die  eigenen  Bürger,  welche  nicht 
vor  ein  auswärtiges  Gericht  vorgefordert  werden  durften  2),  son- 
dern auch .  wenigstens  in  Civilsachen ,  auf  die  bei  ihnen  sich 
aufhaltenden  Römer '^);  ihre  Ländereien  hatten  Communen  und 
Private  im  Eigenthum,  zahlten  davon  keinerlei  Steuer^)  und  waren 
überhaupt  zu  keinen  Leistungen  verpflichtet,  als  zu  denen,  welche 
das  foedus  ausdrücklich  vorschrieb,  und  diese  waren  in  der  Regel 
Stellung  von  Schiffen  oder  Truppen  ^)  ,  Lieferung  von  Getreide 
gegen  Bezahlung  6)  und  Aufnahme  durchziehender  Beamten  und 
Soldaten ') . 

Die  zweite  Classe  bilden  die  civil at es  sine  foedere  im-    Civitates 

tmmunes 

munes  et  liberae^)  j    deren   rechtliche  Stellung   zwar  der  der  etuberae. 

sunt,  res  huiusmodi  prohibenda  est.  Ebenso  Cic.  Verr.  II,  2,  66,  160:  Tauro- 
menitant,  quorum  est  civitas  foederata  — ,  qui  maxime  ab  iniuriis  nostrorum  ma- 
yistratuum  remoti  consuerant  esse  praesidio  foederis.  Plut.  Pomp.  10  von  Messana, 
ebenfalls    einer   civitas  foederata  (Cic.    Verr.    II,    3,    6,    13):    7rapatT0U(jL£vcov  "Yotp 

06  Tau5£(ji)£,  eiTiev,  '/]fjLiv  UTieCwofxdvoii;  ^icp7)  vojaou;  dvaYiYvtuaxovxe? ; 

1)  S.   oben  Seite  170. 

2)  In  dem  Senatuscoiisult  C.  I.  Gr.  2737  wird  den  Städten  Plarasa  und  Aphro- 
disias  in  Carlen  die  Freiheit  bewilligt,  und  zwar  in  dem  Umfange,  wie  sie  eine 
urbs  foederata  hat :  tov  o^fxov  tov  nXa[paolu)V  xctX  'Acppoöeict^Jtov  ttjv  dXeuOe- 
piotv  Ttai  r^jv  dxcXeiav  oütcu?  TrdvTtuv  Töiv  7:paY[(J.dT(ov  eyetv ,  'Aa^]dTzep  xai ,  t^ti; 
TToXtreia  töj  xaXXtOTOi  oty.ai(]j  xaXXioxw  te  vofjio)  dativ,  [utto  toj  S-rjfxoJu  toj  'Ptu- 
[xattov  tV]'^  ^Xeu^epiav  y.rxt  x-i^v  dr^Xeiav  lyei,  cptXir)  re  xai  o6[|j,pLay^o;  ouaa].  Dazu 
gehört,  dass  sie  ihre  eigne  Gerichtsbarkeit  haben,  und  nicht  genöthigt  sind, 
i'CCjflv  —  —  %ai  xsXeuatv  6|xoXoYeTv,  d.  h.  vadimonium  promittere.  Dionys. 
Ant.   11,  32. 

3)  Dies  w  ird  auch  der  Stadt  Chios ,  welche  nur  frei ,  nicht  föderirt  war. 
zugestanden  in  dem  Senatusconsult  von  673  =  81  C.  I.  Gr.  2222:  -^  0UYxXyjT0<; 
eioixtt);  djie[ioti(noev ,  orw;  vöfxoic  xe  -mi  eOeotv  -/at  oiy.aloi;  ypcovxai ,  d  l'syos, 
Sxe  xjj  'P(u|xai(uv  cpiXta  zpo^-^X^ov,  tva  xe  utio  p.Tji}'  luxivioOv  x67:(|)  (uotv  dpy6v- 
xojv  Tj  dvxapy6vxu)V ,  oi  xe  7:ap'  auxoT;  5vxe?  'Pwfxatot  xoic  Xefoav  UTtaxoutoatv 
vifjioi;.  lieber  die  Beziehung  des  Wortes  xuito;  auf  die  Civilgerichtsbarkeit 
s.  Hocckh  a.  a.  0.  In  Criminalsachen  war  dies  wenigstens  in  der  Kaiserzeit 
anders.  Paulus  Diy.  1,  18^  3:  m  mandatis  prir^cipuTn  est,  ut  curet  is,  qui  pro- 
vinriae  praeest,  malis  homiriibus  provincium  purgare,  nee  distinguuntur,  unde  sint. 

4j  Cic.  Verr.  II,  3,  6,  13:  foederatae  civitates  duae  Mint  (in  Sicilien),  quarum 
derumae  venire  non  soleant. 

Mj  Cic.  Verr.  II,  4,  9,  21:  rvivern  imperare  debuisti  ex  foedere:  remisisti  in 
triennium:  mililem  nulLum  unquam  poposcisti  per  tot  annos.  II,  4,  67,  15Ü; 
lind  besonders  II,   5  c.  19 — 23. 

6J  Ib.  21,  55. 

1)  Hierüber  enthält  die  lex  de  Termeaiibus  rol.  II  lin.  6—17  spt'cielle  Be- 
stimmungen. 

H)  Diese  bezeichnet  als  eine  eigene  Classe  (Cicero  Verr.  II,  3,  6,  13  und  I'Y'stns 
p.  21H*':  cum  populis  Liberi»  et  cum  fotderati»  et  cum  reyibu»  poatUminium  nobis 
est  ita,  Uli  mm  hoslibun. 


~     350     — 

foederntae  civitates  analog  normirt  war*),  aber  nicht  auf  gegen- 
seitiger eidlicher  Verpflichtung,  sondern  auf  einem  Gesetz  oder 
einem  senatusconsultum  beruhte,  durch  welches  gewissen  Städten 
das  Privilegium  der  Freiheit  als  ein  Gnadengeschenk  2)  bewilligt 
wurde,  und  zwar  nur  auf  so  lange,  als  es  dem  Senate  und  dem 
römischen  Volke  gefällig  sein  werde  3) ,  so  dass  also  diese  Freiheit 
durch  eine  einseitige  römische  Verfügung,  wie  sie  gegeben  war, 
auch  wieder  genommen  werden  konnte  *) .  Es  erhielten  aber  dieses 
Geschenk  der  Freiheit  erstens  Gemeinden ,  welche  während  des 
Eroberungskrieges  bei  Zeiten  auf  Seite  der  Römer  getreten  waren, 
wie  z.  B.  in  Africa  die  sieben  Städte  Utica,  Hadrumetum,  Thapsus, 
Leptis  minor,  Achulla,  üsalis  und  Theudalis  (s.  S.  315),  in  Asien 
Chios,  Smyrna,  Erythrae  und  andere,  welche  im  Kriege  mit  An- 
tiochus  hartnäckigen  Widerstand  geleistet  hatten  ^)  ;  zweitens  die- 
jenigen, welche  in  späteren  Kriegen  ihre  Treue  bewährten,  wie 
in  den  mithridatischen  Kriegen  Elatea  in  Phocis  ^)  ,  Cyzicus'), 
Magnesia  am  Sipylus^) ,  Apollonidea-') ,  Laodicea  am  Lycus  und  Ephe- 
sus  lö) ,  im  Kriege  mit  Tigranes  Seleucia  in  Syrien  i^)  ;  endlich  die- 
jenigen, welche  sich  entweder  des  besonderen  Wohlwollens  des  römi- 
schen Senates  erfreuten,  wie  Alexandi ia  Troas,  Roms  Mutterstadt^^), 

1)  S.  Seite  349  Anm.  2. 

2)  Schon  im  J.  570  =  184  sagt  Lycortas  bei  Liv.  39,  37,  13 :  re  apud 
Achaeos  precaria  libertas,  apud  Romanos  etiam  imperium  est.  Die  Formel  dafür 
ist  immunitatem  dare  (Liv.  38,  39,  7),  concedere  (ib.  §8);  ut  legibus  antiquis 
utantur ,  permittere  (ib.  §  12);  liberos  esse  iubere  (45,  29,  4);  dare  libertatem 
(ib.  §  12):  dcpt^vai  xivae  dXeuäepous,  Polyb.  18,  29.  Dio  Cass.  53,  12.  Pausan. 
7,  17,  2.        ^ 

3)  Appian.  Ilisp.  44:  Siowot  o  -f]  ßouX'?]  xd?  TOtd;Se  Sioped?  dtl  TTpo^Tt^eioa, 
'/.upias  eceo&ai  [xe^pi  dv  aux^  xal  ti])  o'/)[j.(p  hov.f^,  auf  welche  Stelle  zuerst  Momm- 
seii  in  V.  Sybels  Hist.  Zeitschrift  1,  374  aufmerksam  gemacht  hat. 

4)  Cyzicus  erhielt  die  Freiheit  nach  den  mithridatischen  Kriegen ;  verlor 
sie  734  =  20  (Dio  Cass.  54,  7),  erhielt  sie  wieder  739  =  15  (Dio  Cass.  54,  23), 
und  verlor  sie  nochmals  unter  Tiberius.  Dio  Cass.»  57,  24.  Tac.  Ann.  4,  36. 
Suet.  Tib.  37 ;    Byzanz  verlor  sie  unter  Severus.    Dio  Cass.  74,  14. 

5)  Liv.  38,  39,  11.  Polyb.  18,  35;  21,  10,  3;  22,  5,  4;  22,  27,  6.  Nach 
dem  mithridatischen  Kriege  wurde  Chios  diese  Freiheit  bestätigt.  Appian.  Mithr. 
61.    C.  /.  Gr.  2222. 

6)  Pausan.   10,  34,  2. 

7)  Strabo  12  p.  576.    Suet.   Tib.  37. 

8)  Appian.  Mithr.  61.'  Strabo  13  p.  621.    Tac.  Ann.  3,  62. 

9)  Cic.  pr.  Flacco  29,  71. 

10)  C.  I.  L.  I  n.  587.  588. 

11)  Strabo  16  p.  751.    Kuhn  2,  19  Anm.  108. 

12)  Strabo   13  p.  595.    Suet.  CLaud.  25.    Tac.  Ann.  12,   58.     Dig.    27,   1, 
17  §  1. 


—     351     — 

oder  die  Gunst  der  römischen  Imperatoren  durch  Verdienste, 
Geschenke  oder  Fürsprache  erworben  hatten^). 

Der  Ausdruck   auTovoiiia,    mit  welchem   die  Griechen  diese  Begriff  dar 

~      '  Autonomie. 

Freiheit  bezeichnen,  und  welchem  die  römische  Formel  legibus 
suis  uti  entspricht  2),  ist  keineswegs  so  zu  verstehn,  als  hätten 
die  freien  Städte  nach  beliebigen  Gesetzen  leben  können;  in» 
Gegentheil  wurde  denselben  bei  der  Einrichtung  der  Provinz  von 
den  Römern  eine  lex,  d.  h.  eine  Constitution  gegeben  (s.  S.  63), 
welche  überall  das  active  Bürgerrecht  von  einem  Census  abhän- 
gig machte  3)  j  im  Uebrigen  aber  von  der  alten  Verfassung  der 
Stadt  alles  conservirte,  was  der  neuen  Constitution  nicht  wider- 
sprach^), und  diejenigen  Bestimmungen,  welche  genehmigt  wur- 
den, in  der  lex  civitatis  ausdrücklich  garantirte  ^) .  Die  Autonomie 
gewährte  also  den  freien  Städten  nur  die  Befugniss,  auf  Grund 
der  gegebenen  freien  Verfassung  die  Gommunalangelegenheiten 
durch  einheimische  Behörden  und  ohne  Einfluss  des  Statthalters 
selbständig  zu  verwalten.  Den  Inhalt  der  Freiheit  der  Verfas- 
sung aber  bildeten  vornehmlich  folgende  sechs  Privilegien:  er- 
stens  eigene   Gerichtsbarkeit  sowohl  über  die   Bürger  der  Stadt 


1)  Viele  Städte  der  asiatischen  Provinzen  erhielten  ihre  Freiheit  von  Pom- 
peius  und  Cäsar  (Kuhn  2,|^20);  Antiochia  in  Syrien  erkaufte  sie  von  dem  erste- 
ren  für  Geld.  Porphyrius'fr.  26  bei  Müller  Fr.  hist.  3  p.  716;  Mytilene  ver- 
dankte sie  der  Fürsprache  des  Theophanes,  Vellei.  2,  18.  Plutarch.  Pomp.  42. 

2)  Die  Formel  für  die  Ertheilung  der  Autonomie  ist:  d^it^ai  dXeuO£pou;, 
dccpoupifjTou;,  «icpopoXo-yTjTO'j?,  vofxoi;  /poiiA^vou;  toT?  Tiaxpion;  'Ayatou;  (Polyb,  8, 
29),  liberos,  immunes,  suis  legibus  esse  iubere  Achaeos  (Liv.  33,  32,  5).  Diese  Formel 
kommt  oft  vor ;  Liv.  35,  46 :  nuUam  enim  civitatem  se  in  (Jraecia  nosse,  quae  aut 
praesidium  kabeat,  aut  Stipendium  Romanis  pendat,  aut  foedere  iniquo  adligata,  quas 
nolit  leges  putiatur.  37,  32 :  urbem  agrosque  et  suas  leges  iis  restituit.  38,  39 :  et  ut 
legibus  antiquis  uterentur,  permissum.  45,  29 :  liberos  esse  iubere  Macedonas,  hu- 
bentes  urbes  easdem  agrosque  utentes  legibus  suis.  Seneca  de  benef.  5,  IC :  Achaeis, 
lihodiis  et  plerisque  urbibus  claris  ius  integrum  libertatemque  cum  immunitate  red- 
diderat  (Roma).  Caes.  B.  G.  7,  7():  civitatem  eius  immunem  esse  iusserat^  iura 
legeaque  reddiderat.  Dio  Chrys.  Vol.  II  p.  36  K.:  xaxeivoi  (Augustus)  Ufjiiv  Tcap- 
ioyt  ycfipav ,  v(5(xou? ,  ti|jitjv  ,  d^ouoiav  toO  TOTotfxoO.  Dio  Cass.  54,  9.  Vgl. 
Kuhn  '2,  24, 

3j  Dieses  Verfahren  ist  oben  (Seite  169)  für  Achaia  und  Tarsus  in  Cilicien 
nachgewiesen  worden.  In  Sicilien  war  es  ebenfalls  angewendet,  (üc.  Verr.  II, 
2,  56,  139;  n,  2,  53,  133;    II,  2,  55,  137.    Vgl.  Kuhn  1,  2*28  f. 

4)  Lex  Antonia  de  Termeasibus  (C.  /.  L.  I  n.  204)  col.  I  lin.  9:  eique  legibus 
9ueis  ita  ulunto  —  quod  adversut  hanc  legem  non  fiat. 

5)  Papinianus  Dig.  42,  5,  37:  Antiorhensium  Coelae  Syriae  ciritati,  quod 
lege  min  Privilegium,  in  bonia  defuncii  debiloria  accepit ,  ius  persequendi  pignoris 
durare  corutitit.  Diego  Stelle  ist  etwa  206  geäcbrieben ,  ehe  CaracallH  Antiocliia 
zur  Colonie  machte. 


—     352     — 

als  über  die  Römer,  welche  in  derselben  ihr  Domicil  halten  i), 
zweitens  eigene  Finanzverwaltung,  drittens  Freiheit  von  römischer 
Besatzung  2) j  viertens  Eigenthum  am  Boden,  also  Befreiung  von 
römischer  Grundsteuer  ^]  ,  wogegen  die  freien  Städte  wie  die 
civüates  foederatae  zu  ausserordentlichen  Dienstleistungen,  na- 
mentlich zu  Lieferungen  gegen  Entschädigung  verpflichtet  waren  ^); 
fünftens  das  Recht  eigene  Land-  und  Seezölle  auf  ihrem  Territo- 
rium zu  erheben,  unter  der  Bedingung,  dass  die  Römer  von 
Zahlung   derselben  eximirt  bleiben^),    sechstens   das  Münz-  und 

1)  S.  das  SCtum  über  Chios  oben  S.  340  Anm.  3  und  das  SCtum  über  Pla- 
rasa  und  Aphrodisias  S.  349  Anm.  2.  Lex  de  Term.  col.  11  lin.  19  ff. 

2)  Die  freien  Städte  sind  dcppoupTjxoi,  s.  S.  351  Anm.  2.  Lex  de  Termessi- 

bus  (C.  /.  L.  I  n.  204)  col.  II  lin.  7:    neiquis  magistratus  prove  magistratu 

rneüites  in  oppidum  Thermesum  —  hiemandi  caussa  introducito  —  —  nisei  sena- 
tus  nominatim ,  utei  Thermesum  —  in  hibernacula  meilites  deducantur^  decreverit. 
Liv.  45,  26,  12  von  den  Illyriern:  senatum  populumque  Romanum  praesidia  ex 
Omnibus  oppidis,  arcibus,  castellis  deducturum. 

3)  Es  ist  bereits  oben  S.  344  bemerkt  worden,  dass  die  nicht  freien  Un- 
terthanen  stipendiarii  sind;  hieraus  folgt,  dass  die  freien  Staaten,  sowohl  foede- 
ratae als  liberae  kein  Stipendium  zahlen,  und  so  wird  auch  immer  unterschieden. 
Liv.  34 ,  57 :  mirari  se ,  quod  Romani  aequum  censeant  leges  ei  dicere ,  quas 
Asiae  urbium  liberas  et  immunes  —  quas  stipendiarias  esse  velint.  Appian.  B.  C. 
1,  102:  xai  TtoXet?  ou/  ooat  fxovov  UTtoxeXei;,  dXXot  xal  oaoii  eauxa?  ifV.eyzi^ti'ACoa'i 
srt  ouv^xat;  svopxoi  (d.  h.  die  foederatae),  xal  ooai  6td  (3'j[X|j,a)^iav  -^  Tiva  dpexTjV 
dXXrjv  auxovopLOt  xe  xal  cpopwv  rjaa^  dxeXeti;  (d.  h.  die  liberae  et  immunes),  xoxe 
TTttoat  ouvxeXeTv  ^xeXeuovxo.  Strabo  17  p.  839 :  xa6x'ir]<;  he  x-fj?  cufxrdorj;  /cupac 
xfj?  U1I0  'Pu)(xaioi?  'Q  (j.£v  ßaoiXs'jExat,  "itai  r.iinzooaiv  'rjYe[J.6va?  xat  'fO[jok6-(o\)z' 
£131  he  xiv£?  xal  dX£6^£pai  ttoXei;  ,  ai  (xev  i^  ap^YJ?  raxd  cpiXiav  7:po;£X^oüaat, 
xd?  5'  7]X£'j5}£pajoav  a'jxoi  Ttaxd  xiiayjv.  Liv.  34,  58,  9 :  utrum  tandem  videtur 
honestius,  liberas  velle  omnes,  qune  ubique  sunt,  Graeciae  urbes,  an  servas  et  vecti- 
gales  facere?  Schol.  Bob.  in  Cic.  or.  pr.  Scauro  p.  375:  aliae  civitates  sunt  stipen- 
diariae,  aliae  liberae.  Nach  der  Formel  der  Freiheitserklärung  sind  die  letzteren 
dcpopoXoY'^xoi ,  immunes,  s.  Seite  351  Anm.  2.  Und  dies  bestätigen  die  sieben 
freien  Städte  in  Africa,  von  welchen  kein  vectigal  erhoben  wurde  {lex  agraria 
von  643  =  111,  C.  I.  L.  n.  200  lin.  85),  und  von  welchen  Leptis  ausdrücklich 
libera  et  immunis  heisst,  s.  Mommsen  a.  a.  0.  p.  98;  ebenso  die  fünf  freien  Städte 
Siciliens,  deren  ager  nicht  decumanus  ist,  Cic.  Verr.  II,  3,  6,  13,  und  viele 
andere  Beispiele,  wie  das  von  Elatea  in  Phocis,  von  dem  Pausanias  10,  34,  2 
sagt:  dvxt  he  xouxou  xoü  £pYO'j  'Pwijiarot  0£Sa)xaoiv  auxous  dXEU^Ipou?  övxa? 
axehJ]  v£[X£odat  XYj^;  ^(upctv.  Die  Stadt  konnte  ihren  Landbesitz  zum  Nutzen  der 
Stadtcasse  verpachten  und  zog  dann  ans  demselben  ein  vectigal.  Suet.  Tib.  49 : 
plurimis  etiam  civitatibus  —  veteres  immunitates  et  ius  metallorum  ac  vectigalium 
adempta. 

4)  Es  sind  dies  officia  oder,  wie  Strabo  8  p.  365  sagt ,  cptXr/.ai  XEtxoupYtai ; 
namentlich  gehört  hieher  der  Verkauf  von  Getreide  (frumentum  emptum),  wie  er 
in  Halesae  und  Centuripae  in  Sicilien  vorkommt.  Cic.  Verr.  II,  3,  73j  II,  4, 
9,  20. 

5)  Liv.  38,  44:  SCtum  factum  est,  ut  Ambraciensibus  suae  res  omnes  redde- 
rentur;  in  libertate  essent  ac  legibus  suis  üterentur ;  portoria,  quae  vellent,  terra 
marique  caperent ,  dum  eorum  immunes  Romani  ac  socii  nominis  Latini  essent. 
Lex  de  Termess.  col.  II  lin.  31:  quam  legem  portorieis  terrestribus  maritumeisque 
Termenses  — •  capiundeis  intra  suos  fineis  deixserint,  ea  lex  ieis  portorieis  capiun- 


—     353     — 

Exilrecht  ^),  durch  welches  diese  Städte  als  exterae,  d.  h.  nicht 
zur  Provinz  gehörige,  rechtlich  anerkannt  werden.  Die  freien 
Städte  waren  also  im  Ganzen  den  verbündeten  gleichgestellt, 
aber  es  fehlte  ihnen  die  rechtliche  Basis  des  foediis:  sie  genossen 
gesetzlichen  Schutz  gegen  Uebergriffe  des  Statthalters,  aber  sie 
waren  unterw-orfen  den  Verfügungen  des  Senates  2);  sie  standen 
ferner  immer  in  Gefahr,  bei  einem  wirklichen  oder  scheinbaren 
Missbrauche  ihrer  Freiheit  dieselbe  zu  verlieren ,  und  pflegten 
sich  den  römischen  Behörden  gegenüber  um  so  weniger  auf  ihr 
Recht  zu  berufen,  als  ihnen  für  die  Beeinträchtigung  desselben 
zuweilen  materielle  Vortheile  geboten  wurden,  wie  z.  B.  in  dem 
Falle,  dass  ein  römischer  Gerichtstag  [conventus)  '^)  oder  die  Re- 
sidenz des  Statthalters  in  eine  freie  Stadt  gelegt  wurde  ^). 

Unterthänige  Städte. 
Den   verbündeten   und    freien   Städten    sind    entgegengesetzt  Uuterthi- 

,.       WT    .      .,  c     f      /  r\  s      •>        f  ^.^  t     c       '        '        /  nige  Städte. 

die  lintertnanen,  oi  UTnfjxoot^J,  to  ap5(o[x£Vov''y,  ot  uTroTSTaYfisvot 
'Pü>jxaioic'),  stipeMdiarii.  Aber  auch  unter  diesen  linden  sich 
nicht  allein  einzelne  Comnmnen,  sondern  ganze  Länder,  welchen, 
obgleich  sie  unterthänig  und  abgabenpflichtig  waren,  dennoch 
das  Prädient  der  Freiheit  beigelegt  wird.  Es  sind  dies  erstens 
solche  Städte,    welche,    wie  die  syrischen  Communen'^j,  von   der 

deis  esto,  dum  nei  quid  portori  ab  ieis  capiatur,  quei  publica  populi  Romani  vecti- 
yalin  redempta  habebunt.    loseph.  Ant.  14,  10,  22. 

1)  Kxilrerht  hatten  Cyzicus,  wohin  Cicero  zu  gehen  gedachte  (Cic.  ad  fam. 
14,  4,  3;  ad  Alt.  8,  6);  Thessalonike,  wo  er  wirklich  blieb  (Druniaiui  5,  641); 
Dyrrhachium  (Cic.  pr.  Best.  67,  140);  Smyrna  (Ci<;.  Brut.  22,  S5.  pr.  Balb.  11, 
2H.  de  rep.  1,  8,  13);  Mytilene  (Cic.  Brut.  71,  250.  ad  AU.  5,  11,  6);  Patrae 
(Cic.  ad  fam.   13,   19,  2). 

2)  In  der  lex  de  TermesHibua  wird  col.  II  liii.  6 — 13  zwar  den  Militärbehör- 
den untersagt ,  in  Termessus  Truppen  in  Winterquartiere  zu  legen ,  dem  Senat 
aber  die  Verfügung  hierüber  vorbehalten. 

3j  Während  die  iüderirte  Stadt  Me»sana  protestirte,  als  Pompeius  in  ihr  ein 
Gericht  abhalten  wollte  (Plut.  Pomp.  10),  werden  regelmässige  conventua  gehalten 
in  Ltica  (Caes.  ß.  C.  %  36;  B.  Afr.  68);  Thapsus,  lladrumetum  {B.  Af'r.  97); 
Panormus  (Cic.  Verr.  II,  2,26,  63;  II,  5,  7,  16;  II,  f),  04,  140);  Tarsus  (Cic. 
ad  fam.  3,  6,  4  ;  3,  8,  6.  ad  Att.  5,  16,  4.  Phllostr.  V.  Apoll.  1,  12);  Alabanda 
in  Carien  (Plin.  N.  H.  f),  109);  Smyrna  (Cic.  pr.  Flaeco  29,  71.  Plin.  ;V.  H. 
ö,  120). 

4)  Thessalonike  war  Residenz  des  Statthalters  von  Macedonien ,  Antiochia 
des  Statthalters  von  Syrien. 

5)  Diu  Ca«»».   38,  36;  41,  55  u.  ö.    S.  Kuhn  2,  16  Anm.  79. 

6)  Ari.stideH  Vol.  I  p.  346  DIndort 

7)  loseph.  Ant.  12,  10,  6. 

8)  S.  oben  8.  237.  238. 

Ron.  AlUrtb.  IV.  23 


—     354     — 

königlichen  Herrschaft,  unter  welcher  sie  bis  dahin  gestanden 
hatten,  emancipirt  und  gegen  Zahlung  eines  Tributes  selbständig 
conslituirt,  unter  einem  römischen  Statthalter  sich  einer  eigenen 
Verwaltung  erfreuten,  welche  sie  unter  den  Königen  nicht  ge- 
habt hatten  \K  Zweitens  aber  gehören  hieher  die  Gemeinden, 
welche  im  Kriege  entweder  unter  Bedingungen  oder  auch  durch 
Dedition  in  die  Gewalt  der  Römer  kamen  2) .  Denn  da  die  rö- 
mische Regierung  die  städtischen  Behörden  der  Verwaltung  wegen 
brauchte  (s.  S.  14)  und  überall  bemüht  war,  städtische  Gemein- 
den zu  schaffen,  so  lag  es  natürlich  in  ihrem  Interesse,  sie  da, 
wo  sie  vorhanden  waren,  zu  erhalten.  Allen  unterworfenen  Ort- 
schaften wurde  daher  ihr  Stadtrecht  aufs  neue  verliehen,  oder, 
wie  es  officiell  heisst,  ihre  Stadt,  ihr  Gebiet  und  ihre  Gesetze 
zurückgegeben  3) ;  sie  behielten  also  ihren  Rath,  ihre  Volksver- 
sammlung und  ihre  alten  Behörden,  besorgten  die  Gerichtsbar- 
keit, die  Verwaltung  der  städtischen  Angelegenheiten'^),  die  Ein- 

1)  Livins  ep.  59  sagt  von  Asien:  Aristonicus  Eumenis  regis  fililis  Asiam 
occupavit,  cum  testamento  Attali  regis  legata  populo  Romano  libera  esse  deberet. 
Hier  besteht  die  Freiheit  Asiens  also  ausschliesslich  darin ,  dass  dasselbe  nicht 
unter  einem  Könige  steht.  Und  diese  Bemerkung  ist  nicht  ohne  Grund.  Denn 
eigentlich  unterthänige  Ortschaften  haben  gar  keine  Stadtverfassung,  sondern  wer- 
den als  Komen  regiert.  Die  Städte,  welche  Athen  attribuirt  waren,  Delus,  Ceos, 
Haliartus,  standen  unter  einem  athenischen  Statthalter  f  d7:t{xeXTjrf); ,  C.  /.  6'r. 
2286.  2287.  2288.  2293.  2298.  2306.  2371.  Annali  184Ö  p.  55.  Kuhn  2,  43); 
die  königlichen  Städte  in  Aegypten  und  ludaea  hatten  ebenfalls  keine  Stadtver- 
fassung Tind  Selbstverwaltung,  s.  Kuhn  2,  343 — 348,  und  die  jüdischen  Städte, 
welche  Pompeius  zur  Provinz  Syrien  schlug  (loseph.  Ant.  14,  4,  4  und  oben 
S.  237),  erhielten  diese  erst  damals.  Vgl.  Kuhn  2,  17  ff.  Ausserdem  ist  in 
einem  antiken  Königreiche  der  Unterthan  ein  Knecht,  im  römischen  Reiche  aber 
ein  Freier,  was  die  in  Asien  wohnenden  Juden  bei  loseph.  Ant.  16,  2,  4  ruh 
men  :  d  ^ap  d-/XoYi(3aivTO  tyjv  TtdXai  ßaatXeiav  xat  x-^v  vüv  dp'/jp,  uoXXwv  övtouv, 
'6aa  Tipö;  euoat|xoNiav  autoi;  iTreSoaxev,  ext  y.otxd  Ttdvxtuv  dpxel  t6  [xtqxsti  SooXou«; 
dXXd  ^X£u&£pou<;  cpaiveoftai.  Die  Eraancipation  von  der  Königsherrschaft  bringt 
also  zwei  wirkliche  Verbesserungen  der  Lage,  die  persönliche  Freiheit  des  Ein- 
zelnen (dXeu^epia)   und   die  Selbstregierung  (auxo'JOfxia). 

2)  In  der  Inschrift  C.  I.  Gr.  3800  =  Waddington  n.  588,  welche  nicht  nach 
Heraclea  im  Pontus,  sondern  nach  Heraclea  in  Carien  gehört,  verleiht  Cn.  Man- 
lius  wahrscheinlich  im  J.  566  =  188  der  letzteren  Stadt  die  Freiheit  mit  der 
Formel :  So^ycDpoüpLEV  hk  'j\i.ls  iri^  dXeu^epiav ,  %a86xt  xai  xaT«  dXXat;  TtöXeoiv, 
ooai  YjfxTv  XTjv  dTrixpoTCTjV  l6(o7.av ,  e^ouciv  xd  TrpaYfJ-axa  xd  auxwv  TioXtxeueodat 
xaxd  xou;  ufjLexepo'j;  vofxou;.  Die  Formel  SiSovai  auxou;  £?;  xrjv  'Ptofjiaiuiv  Itti- 
xpoTTYjv  ist  aber  die  Formel  der  Dedition  ,  welche  Polyb.  36,  4  (2)  ausführlich 
bespricht. 

3)  Ausser  den  weiter  unten  anzuführenden  Fällen  sind  hiefür  belehrend  die 
Beispiele  von  Thisbae  in  Boeotien,  über  welches  S.  166  gesprochen  ist,  und  von 
Phocaea ,  welchem  nach  seiner  Dedition  im  J.  564  =  190  der  römische  Befehls- 
haber urbem  agrosque  et  suas  leges  restituit.  Liv.  37,  32. 

4)  S.  oben  Seite  16  Anm.  8, 


—     355     — 

Schätzung  der  possessores  i)  selbst,  und  befanden  sich  gewöhnlich 
im  Besitze  des  Münz  rechtes  2),  häufig  auch  noch  besonderer  Be- 
willigungen [beneficia]  '^) .  Aber  diese  Rechte  sind  ihnen  nicht 
garantirt  durch  ein  foedus  oder  eine  lex  oder  ein  senatus  con- 
sultum ,  sondern  entweder  durch  die  Commission ,  welche  die 
Provinz  organisirte^),  oder  durch  das  Edict  des  Statthalters  bis 
auf  Weiteres  und  mit  den  Beschränkungen  gewährt,  welche  ihm 
in  jedem  Falle  beliebten  und  namentlich  in  einer  Controle  be- 
standen, die  er  selbst  über  die  Ausübung  dieser  Rechte  führte. 
Denn  dem  Statthalter  lag  es  ob,  sowohl  den  regelmässigen  Etat 
jeder  Provincialstadt,  als  jede  ausserordentliche  Ausgabe  dersel- 
ben zu  genehmigen  ^) ,  die  Schuldentilgung  und  die  gerechte  Ver- 
theilung  der  Steuern  auf  alle  Ortsangehörigen  zu  überwachen^), 
die  Stadtrechnung  zu  revidiren "') ,  Volksversammlungen  zu  er- 
lauben und  zu  verbieten  8),  und  bei  der  Wahl  des  Senates^)  und 
der  Censoren  ^^j  die  Aufsicht  zu  führen.  Städte  dieser  Classe  ha- 
ben also  nur  eine  gewisse  Analogie   zu   den    freien  Städten,    in- 

Ij  Vgl.  oben  S.  17. 

2)  Momrasen  Gesch.  des  Rom.  Münzwesens  S.  727. 

3)  Die  Stadt  Tyras  in  Mösien  (s.  S.  150),  weldhe  nicht  frei  war,  genoss 
das  beneficium ,  dass  ihre  Bürger  von  dem  portorium  lUyricum  befreit  waren. 
Henzen  n.  6429=  C.  I.  L.  III  n.  781. 

4)  In  Bithynien  hatten  auch  die  unfreien  Städte  Constitutionen  erhalten. 
Plin.  ep.  10,  109  (110):  quo  iure  uti  debeant  Bithynae  vel  Ponticae  civitates  in 
iis  pecuniis,  quae  ex  quaque  causa  reipubUcae  debebuntur,  ex  lege  cuiusque  anim- 
advertendum  est,  und  einige  waren  auch  im  Besitz  späterer  Privilegien.  Plin. 
ep.  10,  84(88). 

;'))  Die  Hauptpositionen  des  Stadtetats  betrafen  Gesandtsrhaften  (Cic.  ad 
fam.  3,  10,  6.  Plin.  ep.  10,  43);  Bauten,  zu  welchen  jedesmal  die  specielle 
Erlaubniss  des  Statthalters  nöthig  war  (Plin.  ep.  10,  23(33);  37(46);  70(75); 
90(91);  98(99),  und  über  welche  demselben  Rechnung  gelegt  wurde  (Plin.  10, 
39  (48),  und  Spiele  (Cic.  ep.  ad  Q.  fr.  1,  1,  9,  26). 

6)  Cic,  ad  Q.  fr.  1,  1,  25:  nulluni  aes  alienum  contrahi  ciiyitntibus :  vetere 
(lutem  magno  et  gravi  multas  abs  te  esse  liberatas  —  sumptus  et  tributa  civitatunr 
ah  omnihuji,  qui  earum  civitatum  fines  incolunt,  tolerari  aequabiliter. 

7)  Cic.  ad  Alt.  6,  2,  5 :  7nira  erant  in  civitatibus  ipsorum  furta  Graecorum, 
quae  magistratus  sui  fecerunt.  Quaesivi  ipse  de  iis,  qui  annis  decem  proximis  ina- 
(jistratum  gesserant.  Aperte  fatebantur.  Plin.  ep.  10,  17 A:  nunc  reipublicae 
PruKensium  impendia,  reditus,  debitores  excutio.  10,  17  B:  ita  certe  prospicio  ex 
ratione  Frusensium,  quam  cum  maxime  Iracto.    Plin.  ep.  10,  47(56);  81  (85). 

8)  Von  Priisa  sagt  Dio  Chrys.  Or.  48  Vol.  II  p.  236  R. :  Trpmov  (a£v,  Üt 
dlv^pec ,  Tip  %paT(atn)  (lOapiNO)  (Proconsul  Bithyniae  101  n.  Chr.)  Bei  /apiv  "^wa; 
elli-iai,  v.al  oid  x-^jv  Ä)wX'r)v  rpoV'j{xlav,  —  xai  Ixi  ßo'jXofievoi;  -^iixTv  /ixATjOiaoat 
rA'Ki'*   dcf-fjxe.  —  toüto  7d(>   '7jv  rtateuovTo;   ujaTv  ,    xat  eioiro; ,    8ti   Ttpo;  ouBev 

ä-riT.ri^  ypfjOEofte   TY^   i^ouoiot. 

9)  Plin.  rp.   t(),  84(83). 

10)  Clr.    Verr.   II,  2,  53,   131;   56,    138  IT.  '^' ' 

23* 


—     356     — 

sofern  sie  ihre  Verwaltuiie;  zwar  durch  ihre  eigenen  Behörden, 
aber  unter  der  Verantwortlichkeit  der  Regierungsbeamten  aus- 
üben, und  in  diesem  Sinne  sind  diejenigen  Stellen  zu  erklärten, 
in  welchen  auch  ihnen  die  Autonomie  zugeschrieben  wird.  Q.  Mu- 
cius  Scaevola,  welcher  wahrscheinlich  634  =  120  Proprätor  von 
Asien  war^),  hatte  in  seinem  Edict  den  Einwohnern  der  Pro- 
vinz gestattet,  Processe  der  Asiaten  unter  einander  vor  einhei- 
mische Richter  zu  bringen.  Dieselbe  Bestimmung  traf  Cicero  in 
seinem  Edict  für  Gilicien,  welches  er  703=51  erliess;  und  wäh- 
rend er  einmal  mit  einer  gewissen  Ironie  berichtet,  wie  glücklich 
die  Ciiicier  in  dem  Gedanken  seien,  hiedurch  die  Autonomie  er- 
langt zu  haben  2)  j  rühmt  er  sich  an  einer  andern  Stelle  selbst, 
dass  sie  im  Gebrauch  eigener  Gesetze  und  Gerichte  derselben 
wirklich  theilhaftig  geworden  seien '^).  Und  doch  waren  die  ci- 
licischen  Städte  in  derselben  Lage,  wie  alle  griechischen  Provin- 
cialgemeinden ,  denen  ebenfalls  die  Gerichtsbarkeit  über  ihre 
Bürger  bewilligt  war  4) ,  die  aber  Steuern  zahlten  und  unter 
dem  Statthalter  standen.  In  gleicher  Weise  erzählt  Plutarch, 
dass  Marcellus  im  J.  542  =  212  den  Syracusanern  die  Freiheit  ver- 
liehen habe  5),  und  doch  gehörte  Syracus  nicht  zu  den  freien 
Städten*^),  sondern  war  in  der  Lage  wie  Thermae  ^)  und  alle 
nicht    priviligirten    Communen    Siciliens,    welche    eigene    Gesetze 


1)  Waddington  Fastes  des  provinces  Asiatiques  n.  4. 

2)  Cic.  ad  Att.  6,  1,  15:  multaque  sum  secutus  Scaevolae,  in  iis  illud,  in 
quo  sibi  libertatem  censent  Graeci  datam,  ut  Graeci  inter  se  disceptent  suis  legi- 
bus. —  Graeci  vero  exsultant,  quod  pereyrinis  iudicibus  utuntur.  Nuyatoribus 
quidem,  inquies.     Quid  refert?  Tarnen  se  oc!jTovo(i.tav  adeptos  putant. 

3)  Cic.  ad  Att.  6,  2,  4:  ita  multae  civitates  omni  aere  alieno  liberatae, 
multae  valde  levatae  sunt ;  omnes ,  suis  legibus  et  iudiciis  usae ,  a'JTOVOiJiioiv 
adeptae,  revixerunt. 

4)  So  hatte  Prusa  in  Eithynien  eigne  Gerichte.  Dio  Chrys.  11  p.  175  R. : 
Tol?  oixa;  Ufxstc  aT.ohiyeo^e:  xai  Ticcp'  UfJiTv  «utou?  dva^x'^  y.piveai}at,  und  fand 
hierin  auch  die  ike'j^epia  (ib.  II  p.  196),  wiewohl  es  dieselbe  nicht  wirklich 
hatte  (ib.  II  p.  199:  raüta  -^ap  ^fxä;  —  ttXeov  6v'/]oet  —  x-rj?  dXeui^eptai;  aur-^?, 
ddv  dpa  xai  to'jto'j  Tuyjr]T£  Ttoxe).  Allgemein  sagt  Dio  Cass.  37,  20  von  den  Ein- 
richtungen des  Porapeius :    xd  xe  TtXeico  £i}virj  xwv    ev  xt]  'Aoia  xtj]    "^Tretpo) 

vöptoii;  x£  ioioi?  '/al  TToXixeiai?  -/.axecx-rjoaxo  %al  oiexoofxTjoev,  waxe  xat  oeOpo  aOxo'JC 
xoT?  du    exei-vou  vofxiofteToi  ypTJc^at. 

5)  Plnt.  Marcell.  23 :  xat  xtjv  IXeu&epiav ,  '?^^  dz^Stoxev  auxoT; ,  xai  xoui; 
vofxou;  -Aal  xöiv  xxTjfxdxouv  xd  Tzepi6sTa  ß^ßaia  Trep^a^^ev  -/]  ouY'/tXyjXO?. 

6)  Cic.    Verr.  II,  3,   6,   13. 

7)  Cic.  Verr.  II,  2,  37,  90:  cum  —  senatus  populusque  Romanus  Thermi- 
tanis —  urbem,  agros,   legesque  suas  reddidisset. 


—     357     — 

und  Gerichtsbarkeit  über  Siculer  ausübten*),  aber  Zehnten  zahl- 
ten 2)   und  dem  Statthalter  gehorchten. 

Wir  kommen  also  zu  dem  Resultat,  dass  es  regelmässig  nur 
die  drei  Arten  peregriner  Stadtgemeinden  gab,  welche  Cicero  für 
Sicilien  anführt,  nämlich  erstens  verbündete,  zweitens  freie  und 
abgabenfreie  und  drittens  steuerpflichtige  3)  ^  nur  dass  die  ersten 
beiden  nicht  zur  Provinz  gerechnet  werden,  also  dem  Statthalter 
nicht  unterworfen,  die  letzteren  aber  für  die  eigentlichen  Pro- 
vincialstädte  zu  halten  sind.  Bei  der  grossen  Ausdehnung,  wel- 
che dem  Begriffe  der  Freiheit  gegeben  wird,  haben  wir  nur  das 
eine  bereits  vorher  festgestellte  Kriterium,  dass,  was  steuerpflich- 
tig ist,  zur  Provinz  gehörig,  was  steuerfrei  ist,  von  derselben 
eximirt  ist,  und  in  dieser  Ansicht  sagt  Cicero,  wenn  man  die 
reichsten  Städte  Creta's  steuerfrei  mache,  werde  Creta  aufhören 
eine  Provinz  zu  sein^).  Dass  es  noch  eine  vierte  Kategorie  pe- 
regriner Staaten  gab,  nämlich  solche,  welche  als  liberae  civüates 
durch  eine  Urkunde  anerkannt,  aber  nicht  steuerfrei  waren,  ist 
allerdings  richtig,  aber  als  ein  Uebergangsverhältniss  zu  erklären, 
welches  die  römische  Regierung  um  so  bequemer  staluiren  konnte, 
als  sie,  wie  das  foedus,  so  auch  die  über  las  nicht  nach  einem 
für  alle  gleichen  Schema,  sondern  unter  ganz  verschiedenen  Be- 
dingungen ertheilte,  welche  für  die  freien  Städte  in  einer  lex 
i'.ivüatis  jedesmal  besonders  formulirt  wurden.  \w  dieser  Kate- 
gorie befinden  sich  diejenigen  Gemeinden,  welche  nach  ihrer  Un- 
terwerfung zwar  tributär  gemacht,  aber  zu  einer  Provinz  nicht 
geschlagen  werden  konnten,  weil  eine  solche  noch  nicht  vor- 
handen war;  z.  B.  die  Macedonier  und  lllyrier,  welche  587  = 
167  frei  und  tributpflichtig  wurden,  nach  der  Einrichtung  der 
Provinz  608  =  146  aber  tributpflichtig  blieben  und  aufhörten 
frei  zu  sein ;    in  demselben  Verhältnisse  waren   ihrer  geographi- 

Ij  Cic.  Vetr.  II,  2,  13,  32:  Sicvli  hoc  iure  sunt,  ut,  quod  civis  cum  che  agat, 
dorni  certet  suis  Legibus. 

2j  Cic,    Verr.  II,  3,  6,   13  und  von  Thermae  II,  3,  42,  99;  II,  3,  43,  100. 

3)  Cic.  Verr.  11,  3,  6,  13.  Freie  und  zugleich  abgabenpflichtige  Städte  gab 
c»  nach  Cicero  in  Sicilien  nicht. 

4)  Cic.  l^il.  2,  38,  97 :  nuper  fixa  tabula  est ,  qua  civitates  locupletissimae 
(■retensiurn  vectiyalibus  Uberantur,  staluiluriiue,  ne  post  M.  Itrutum  pro  consule 
Sit  Creta  provirwia.  Dau  Wort  vertiyalibus ,  wolclics  der  Vatiraiius  hat,  fehlt  in 
den  älteren  Ausgaben,  welchen  folgend  Kuhn  2,  25  von  dieser  Stelle  einqii  fal- 
schen Gebrauch  gemacht  hat. 


—     358     — 

sehen   Lage  wegen  Byzanz  und   Chios*),    und    ähnliche  Gründe 
werden    bei    den    andern   Communen   vorhanden    gewesen   sein, 
welchen  zum  Thoil  zu  verschiedenen  Zeiten  die  Freiheit  und  die 
Tributpflichtigkeit  zugeschrieben  wird  2). 
Verfall  der  Wie   in   dcu   itaüscheu  Municipien   und  Colonien   sich   schon 

freien  * 

Städte,  im  ersten  Jahrhundert  der  Kaiserzeit  die  Unfähiglteit  der  Muni- 
cipalbürger  zur  Verwaltung  ihrer  eigenen  Angelegenheiten  immer 
mehr  herausstellte  und  ein  Einschreiten  der  Regierung  nöthig 
machte-'),  so  war  dies  in  noch  höherem  Grade  der  Fall  in  den 
Provincialstädten,  deren  financielle  Lage  schon  in  den  Stürmen 
der  Bürgerkriege  in  grosse  Bedrängniss  gerathen  war  und  ins- 
besondere in  den  Gemeinden,  welche  nicht  unter  der  Controle 
des  Statthalters  standen,  auch  später  einer  Remedur  dringend 
bedurfte.  Daher  wurde  seit  Traian  und  Hadrian'  sowohl  die 
Verfassung  als  besonders  der  Staatshaushalt  der  freien  Städte 
einer  Revision  und  fortwährenden  Aufsicht,  zuerst  durch  ausser- 
ordentliche Commissarien,  correctores^  hio^^miai,  sodann  durch 
Einsetzung  eines  kaiserlichen  curator  oder  ^^oytatY]?  unterworfen  4) , 
wodurch  ein  wesentliches  Privilegium  der  Freiheit,  die  Exemption 
von  der  Controle  der  römischen  Regierung  verloren  ging  und 
der  Unterschied  der  freien  und  unterworfenen  Städte  zum  gros- 
sen Theile  aufgehoben  wurde;  die  Freiheit  wird  seitdem  als  ein 
leerer  IVame  betrachtet'^),    besteht   indessen   rechtlich  noch  lange 

1)  Byzanz  war  nach  Tac.  Ann.  12,  62  ursprünglich  eine  foederata,  nach 
Cic.  de  prov.  cons.  4,  6  eine  libera  civitas ,  zahlte  aber  später  tributum ,  Tac. 
Ann.  12,  63 ;  die  Insel  Chios  hatte  seit  Sullas  Zeit  einen  Freundschat'tsvertrag 
mit  Rom ,  bei  dessen  Bestätigung  der  Senat  ihr  garantirt  hatte ,  dass  alle  römi- 
schen Behörden  sie  unbelästigt  lassen  sollten  (C.  /.  Gr.  2222);  später  aber  ge- 
hörte sie  zur  Provinz  Asien  und  zahlte  Abgaben.    loseph.  Ant.  16,  2,  2. 

2)  Antiochia  in  Syrien  ist  libera  (Plin.  iV.  H.  5,  79),  auTovofxo!;  (Euagrius 
2,  12),  seit  dem  Jahr  690  =  64,  hat  eine  eigene  lex  civitatis  (Dig.  42,  5,  37), 
zahlt  aber  später  wenigstens  tributum  (Dig.  50,  15,  8  §  5) ;  ebenso  war  Apollo- 
nidea  in  Asien  civitas  libera  (Cic.  pr.  Flacco  29,  71),  später  aber  tributär.  Tac. 
Ann.  2,  47.  Belehrend  ist  über  diese  Veränderungen  der  von  loseph.  Ant.  17, 
2,  1  und  2  erzählte  Fall.  Eine  Landschaft  in  Batanaea  war  zum  Schutz  der  Pro- 
vinz militäriscli  organisirt  und  mit  Freiheit  und  Abgabenfreiheit  beschenkt  wor- 
den, dann  heisst  es :  'PtofJi.aroi  oc^otfxevot  -nr^v  apyj^v  xoü  {a£^  dXeu&epou  -/ai  auxoi 
TYjpoDoi  TTjv  d^icöoiv,  im^oKali  oe  xö)^  cpoptov  ei<;  xö  TrajATtav  tTTiecav  auxou«;. 

3)  S.  oben  Seite  72. 

4)  lieber  die  SiopOwxai  s.  S.  77 ;  von  den  curatores  wird  in  dem  Abschnitte 
von  den  Stadtverfassungen  gehandelt  werden. 

5)  Plin,  ep.  8,  24  sagt  von  Athen  und  Lacedämon:  quibus  reliquam  umbram  et 
residuum  libertatis  nomen  eripere  durum  —  est.  Dio  Chrys.  Vol.  II  p.  200  R.  : 
eu  Ycxp  l'oxe,  5xt  xtjv  (xev  XsYOft^vrjV  ^Xeu&eptav  xai  xö  ovofxa  xou^',  8  irapa  xmv 
xpctxouNxojv  v-ai  5'Jvot[AeMt»v  ^lY^^^Tai,  ^vioxe  ou  5'jvaxöv  xx-fioao&at.   Plutarch.  praec. 


—     359     — 

forti),  selbst  nachdem  durch  Caracalla  allen  Einwohnern  des  rö- 
mischen Reiches  die  Civilät  ertheilt  war 2).  Nach  Conslantin 
haben  indessen  die  freien  Städte  gänzlich  aufgehört  3). 

Städte   römischer  Verfassung. 
Während   verbündete   und   freie  Städte  nur  in  den  Ländern  ^2\l^^^\^ 

otadteanla- 

phönicischer  und  griechischer  Cultur  vorhanden  waren,  wurde  g«»- 
in  den  Provinzen ,  in  welchen  das  Städteleben  sich  erst  ent- 
wickelte, durch  Organisation  von  römischen  Gemeinden,  d.  h. 
von  Colonien,  Municipien  und  Städten  latinischen  Rechtes  ein 
Mittel  geschaffen,  die  eroberten  Länder  einerseits  gegen  äussere 
und  innere  Feinde  zu  sichern,  andererseits  unmittelbar  in  das 
römische  Cultur-  und  Rechtsleben  einzuführen  *) .  Schon  vor  dem 
J.  654  =  100  war  in  den  gallischen  Ländern  eine  kleine  Zahl 
von  römischen  und  latinischen  Colonien  gegründet  worden  (s. 
S.  39.  50),  unter  deren  Einflüsse  die  Romanisirung  des  cisalpini- 
schen  Galliens  in  verhältnissmässig  kurzer  Zeit  erfolgte ;  man 
durfte  mit  Grund  hoffen  in  den  später  erworbenen  barbarischen 
Provinzen  ein  gleiches  Resultat  zu  erreichen,  und  indem  man  in 
den  beiden  Germanien,  den  Donauprovinzen,  in  Arabien,  Numi- 
dien  und  Mauretanien  am  eifrigsten  mit  römischen  Städteanlagen 
vorging,  beobachtete  man  dasselbe  Verfahren,  welches  sich  in 
Gallia  cisalpina  bewährt  hatte  (s.  S.  13.  14);  einer  kleinen,  mit 
römischem  Stadtrecht  ausgestatteten  Gemeinde  übergab  man  ein 
grosses  Territorium,  dessen  einheimische  Revölkerung  ihr  attri- 
buirt  und  so  lange  von  ihr  besteuert  und  regiert  wurde,  bis 
sie  fähig  war,  selbst  mit  activem  Rürgerrecht  in  die  Gemeinde 
einzutreten.    Es  war  dies  dieselbe  natürliche  Entwickelung,  welche 

ger.  reip.  c.  32  §  8:  .^XeuOepiac  U,  2oov  ol  xpaTouvre;  vifxouoi  xoi«  o-Zijaoi;, 
(xixeoTi,  %a\  to  rXIov  toaac  o'jx  otfAeivov. 

1)  Anazarbus  in  Cllien  bekommt  den  Titel  auT<5vo(Jio;  erst  unter  Commodus 
(Eckhel  I).  N.  3,  42)  und  Mopsuestia  nennt  sich  auT($vo|xo«  in  einer  Inschrift 
des  J.  140.   C.  I.  Gr.  5885. 

2)  Dies  geht  aus  den  Münzen  z.  B.  von  Corycus,  Seleiicia  ad  Calycadnum 
und  andern  freien  Städten  hervor. 

3)  lulian.  Or.  3  p.  114  Spanh. :  'AOrivirjot  fxev  o\)^  cpaoiv,  ^te  toT;  Trorplot; 
IBcoiv  dy poiTo  ,  -xotl  l^oi-i  ToT;  nit-dmi  7:eiHo|jievoi  vojaoi;  ,  [i-t^dlris  xal  TtoXua^- 
ftpoBTTOv  oUoyvxe;  7:«iXtv  x.  x.  X, 

4)  Seneca  nonf.  ad  Helv.  7,7:  hie  deinde  populus  quot  colonias  in  omnem 
provinriam  minit?  uhirunqüe  virit  Romnnu«  habitat.  7,  10:  vix  denique  invenics 
uUam  terram,   quam  etiamnunc  indigetMc  colant.  permixta  omnia  et  insiticia  xunt. 


—     360     — 

sich  auch  in  den  griechischen  Colonien  allerer  und  neuerer  Zeit 
nachweisen  lässt^),  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  die  Griechen 
sich  von  Anfang  an  mit  den  Eingeborenen  durch  Epiganiic  ver- 
njischten^jj  während  in  römischen  Colonien  der  Unterschied  der 
eingeborenen  und  der  angesiedelten  Bevölkerung  sich  gewöhnlich 
langsam  und  durch  vollständige  Romanisirung  der  ersteren  aus- 
glich 3) . 
Rechtliche  Die   Colouicn ,    Municipien    und   latinischen   Städte   der    Pro- 

Stellnugder  .       .,  „  , 

römiöchen   vuizcn  smd  zwar  m  ihrer  Verfassung  von  den  italischen  Städten 

Städte  in  den     ,    .    ,  ^^  •       *•      i  i 

Provinzen,  gleichcr  Benennung,  welche  wir  früher  besprochen  haben,  nicht 
verschieden"*),  in  zwei  Beziehungen  aber  stehen  sie  gegen  die 
letzteren  in  wesentlichem  Nachtheile.  Zuerst  nämlich  ist  aller 
Provincialboden,  auch  wenn  er  in  das  Eigenthum  eines  römi- 
schen Bürgers  übergeht,  steuerpflichtig^),  und,  während  die  ita- 
lische Bevölkerung  von  aller  Grundsteuer  und  seit  587  =  167 
auch  von  der  römischen  Kriegssteuer  (tributum)  befreit  war*»), 
sind  die  Colonien,  Municipien  und  latinischen  Städte  zu  allen 
Provincialsteuern    verpflichtet");    zweitens   scheinen   zwar  anfangs 

1)  Es  genügt  hier  ein  Beispiel  aus  späterer  Zeit  anzuführen.  Die  Landleute 
im  Gebiet  von  Antiochia  in  Syrien  waren  noch  zu  Johannes  Chrysostomus  Zeit 
ungräcisirt  und  sprachen  syrisch  (Ohrys.  Homil.  19,  1  Vol.  II  p.  189^.  de  sanct. 
mart.  I  p.  51*  ed.  Montf.)  und  die  Dörfer  selbst  hatten  syrische  Namen,  Charan- 
dama,  Gandigura  u.  s.  w.  0.  Müller  AnUquitt.  Antioch.  in  Comment.  soc.  Goettimj. 
recent.  Vol.  VIII  p.  233  und  Götting.  Anz.  1837  p.  562.  Ebenso  brachten  in 
Celaenae  in  Phrygien  Kappadocier ,  Pamphylier  und  Pisidier  ihre  Waaren  zu 
Markte,  Die  Chrys.  II  p.  68  R.,  und  solche  Bauern,  ^ttnp'^oi,  welche  nicht  Bür- 
ger sind,  sondern  unterthänig,  finden  sich  auch  in  Cyrene '  (loseph.  Ant.  14, 
7,  2)  und  Aegypten.  Rudorff  Das  Edict  des  Tiber.  Alex,  im  Rhein.  Museum 
1828  S.  179.  Vgl.  Huschke  Ueber  den  Census  der  früheren  röm,  Kaiserzeit 
S.   159  ff. 

2)  So  in  Aegypten  (Letronne  Recueil  I  p.  99)  und  in  Cyrene.  Alexander 
der  Gr.  gründete  Alexandria  am  laxartes :  auvcixioac  tujv  xe  'EXXyjvoj^  (jlio^o- 
cpoptuv  %at  ooTt?  Töjv  TtpoaotxouvTwv  ßapßaptuv  e&eXovxTjc  {Aexea^e  xfj;  ouvor<iae(o?. 
Arrian.  exp.  4,  4,   1;  vgl.  7,  6,   1.    Diodor.   18,  4. 

3)  In  Colonia  Agrippinensis  war  sehr  früh  die  einheimische  Bevölkerung  in 
die  Colonie  aufgenommen  worden.    Tac.  Hist.  4,  65. 

4)  Dass  die  Verfassung  der  latinischen  Städte  dieselbe  war,  wie  die  der 
römisclien  Municipien ,  über  welche  weiter  unten,  die  Rede  sein  wird ,  lehrt  das 
Beispiel  von  Nemausus,  das  unter  Tiberius  noch  ius  Latii  hatte,  und  dessen 
llllviri  und  decuriones  in  einer  Inschrift  dieser  Zeit  bei  Orelli  n.  3579,  dessen 
aediles  und  quaestores  von  Strabo  4  p.  187  erwähnt  werden. 

5j  S.  oben  S.  340  und  besonders  Aggenus  Urbicus  ad  Frontinum  in  Gromat. 
p.  4:  quod  amnes  etiam  privati  agri  in  provinciis  tributa  atque  vectigalia  per- 
solvant. 

6)  Plut.  Aem.  Pauli.  38.    Cic.  de  off.  1,  22,   76.    Plin.  N.  H.  33,  56. 

7)  Gromat.  p.  35.  62:  ai  si  ad  provincias  respiciamus,  habent  agros  coloni- 
eos  eiusdem  iuris  (wie  in  Italien,  ubi  nullus  ager  est  tributarius^,  habent  et  colo- 


361 


Städte   von   der  Aufsicht   des   Statthalters    eximirt  gewesen 
|ii^),    in  der  Kaiserzeit  aber  waren  sie  sowohl  der  höheren 
riimtsbarkeit  als  auch  der  Verwaltung  desselben  unterworfen 2). 
m  p»  stimnUe  Unterschied,   welcher  besonders  wegen  des  ersten 
|||  :|||>>    zwischen    italischen    und    ausseritalischen   Colonien    und 
pien   stattfand,    wird   auch   durch   das  Verfahren   bestätigt, 
p  in  der  Kaiserzeit  bei  der  Ausführung  der  Militärcolonien 
iitet  wurde,   wonach  man  die  in  Italien  ausgehobenen  Sol- 
nämlich  die  Prätorianer  und   cohortes  urbanae  wieder  in 
ansiedelte-^),    dagegen    die  Soldaten  der  Legionen,    welche 


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—     362     —   , 

in  dem  MilitUrstaate  der  Kaiserzeit  die  Colonien  den  Vorrang, 
während  die  Municipien ,  je  mehr  sie  an  Selbständigkeit  ver- 
loren (s.  S.  76),  um  so  mehr  ihre  alte  Dignität  einbüssten  und 
als  kleine  Landstädte  ohne  politische  Bedeutung  angesehn  wur- 
den i).  In  den  Städteregistern  des  Augustus,  welchen  Plinius 
folgt  2),  so  wie  in  den  Agrimensoren  =^)  stehen  regelmässig  die 
Colonien  vor  den  Municipien  und  später  kommt  es  vor,  dass 
Municipien  sich  um  das  ius  coloniae  bei  dem  Kaiser  besonders 
bewerben^).  Daher  werden  ausserordentliche  Privilegien  haupt- 
sächlich oder  vielleicht  ausschliesslich  den  Colonien  ertheilt,  und 
dieser  Privilegien  sind  drei:  die  Hbertas,  die  immunitas  und  das 
ins  Italicum.  Denn  dass  auch  das  letzte  nicht,  wie  Sigonius 
annahm  ^) ,  einen  Stand  von  Personen  bezeichnet,  welcher  eine 
Mittelstufe  zwischen  Latinen  und  Peregrinen  gebildet  haben  soll, 
sondern  ein  Vorrecht  ganzer  Communen  ist,  welches  also  nicht 
einzelnen  Personen,  sondern  nur  Städten  ertheilt  wird,  ist  von 
V.  Savigny  zur  Genüge  erwiesen  worden  6).  lieber  alle  drei  Privi- 
legien liegt  uns  ein  verhältnissmässig  geringes  Material  vor.  Die 
Coloniae  UbertüS  wird  nur  selten  ausdrücklich  erwähnt,  wie  bei  Patrae  in 
Achaia  ^) ,  auf  den  Münzen  der  betreffenden  Städte  aber  durch  die 
Figur  eines  stehenden  Silenus,  des  Symboles  der  Freiheit,  ange- 

1)  Gellius  16,  13,  9:  (coloniarum)  tarnen  conditio,  cum  sit  magis  obnoxia 
et  minus  libera,  potior  tarnen  et  praestabilior  existimatur  propter  amplitudinem 
maiestatemque  populi  Romani ,  cuius  istae  coloniae  quasi  effigies  parvae  simula- 
craque  esse  quaedam  videntur ,  et  simul  quia  obscura  obliterataque  sunt  munici- 
piorum  iura,  quibus  uti  iam  per  innotitiam  non  queunt. 

2)  Plin.  N.  H.  3,  7  und  sonst  oft.  S.  Zumpt  Comm.  ep.  I,  458.  Rudorff 
a.  a.  0.  p.  416. 

3)  Gromat.  p.  19,  4;  20,  18;  35,  13;   114,  2.  Rudorff  a.  a.  0.  p.  415. 

4)  Tac.  Ann.  14,  27 :  at  in  Italia  vetus  oppidum  Puteoli  ius  coloniae  et  cogno- 
mentum  a  Nerone  apiscuntur.  Gellius  16,  13:  {Hadrianus)  mirari  se  ostendit, 
quod  et  ipsi  Italicenses  et  quaedam  item  alia  municipia  antiqua  ,  in  quibus  Lti- 
censes  nominat,  cum  suis  moribus  legibusque  uti  possent,  in  ius  coloniae  mutari 
gestiverint. 

5)  Sigonius  de  iure  Italico  1  c.  1.  Vol.  I  p.  460  ff. 

6j  Die  Abhandlung  v.  Savigny's  über  das  ius  Italicum  ist  dreimal  herausge- 
geben; zuerst  in  den  Abhandi.  der  Berliner  Academie  1814.  1815,  Berlin  1818 
S.  41 — 54;  sodann  in  Zeitschr.  f.  gesch.  Rechtswissenschaft  Bd.  5  S.  242 — 267, 
und  Nachtrag  dazu  Bd.  11  S.  2— 19;  zuletzt  Verm.  Sehr.  Bd.  1  S.  29  —  80. 
Ausserdem  s.  Walter  Gesch.  d.  R.  R.  §  319.  320.  Puchta  Instit.  1  §  94.  95. 
Zumpt  Comm.  epigr.  p.  482  ff.  Rudorff  Feldmesser  2  S.  373  ff.  Faber  Quaestio- 
num  Propontiacarum  particula  I.,  Herfordae  1858.  4  p.  1  ff. 

7)  Pausan.  7,  18,  5:  xai  &hoi'/.t  (Augustus)  [ih  IXeu^epoi«  'Ayataiv  fjiovois 
ToT;  UaTpeDow  eivaf  zhm-A£  6e  xai  ic,  za.  aXXa  -y^pa;  ocpiaiv,  67t6oa  xoi«;  aTioi- 
vioi;  ve{xeiv  ol  'Ptojxatoi  vo{xiCouoi. 


—     363     — 

deutet  1),  welchen  auch  Patrae  auf  seinen  Münzen  führt 2).  So- 
viel man  aus  einer  Nachricht  des  jüngeren  Plinius  über  Apamea 
in  Bithynien  ersieht,  welche  Colonie  ius  Italicum  hatte  3),  muss 
sich  die  Freiheit,  wie  bei  den  peregrinen  civitates  liberae,  na- 
mentlich auf  die  selbständige  Communalverwaltung ,  d.  h.  die 
Exemption  von  der  Aufsicht  des  Statthalters  bezogen  haben  4)^ 
da  in  Hinsicht  auf  die  Gerichtsbarkeit  diese  Colonien  kein  be- 
sonderes Privilegium  Gehabt  zu  haben  scheinen^).     Coloniae  im-    poioma« 

"^  ^  '  immunes. 

munes    werden    öfters    erwähnt  6) ;    in    der    bevorzugtesten    Lage 

aber  befinden  sich  die  coloniae  iuris  Italici'^).    Sie  haben  nämlich.  ^?^^!**"* . 

erstens   libertas  in   dem   eben    erörterten  Sinne  ^j,    weshalb    sie, 

1}  So  auf  den  Münzen  von  Bostra ,  Damascus ,  Develtus ,  Neapolis  Sama- 
riae  und  Sidon.  S.  Eckhel  D.  N.  4,  493.  Serv.  ad  Verg.  Aen.  3,  20:  quod 
autem  de  Libero  diximus ,  haec  causa  est ,  ut  Signum  sit  liberae  civitatis.  Nam 
apud  maiores  aut  stipendiariae  erant  aut  foederatae  aut  liberae.  Sed  ir^  liberis 
civitatibus  simulacrum  Marsyae  erat,  qui  in  tutela  Liberi  patris  est.  Idem  ad 
Verg.  Aen.  4,  58:  patrique  Lyaeo:  qui,  ut  supra  diximus,  apte  urbibus  liber- 
tatis  est  deus,  unde  etiam  Marsyas  minister  eius  per  civitates  in  foro  positus  liber- 
tatis  indicium  est,  qui  erecta  manu  testatur,  nihil  urbi  deesse.  Leber  die  Iden- 
tität des  Marsyas  und  Silenus  s.  Eckhel  a.  a.  0. 

2)  Eckhel  a.  a.  0. 

3)  Dig.  50,  15,  1  §  10. 

4)  Plin.  ep.  10,  47  (56):  cum  vellem,  domine,  Apam^ae  cognoscere  publicos 
debitores  et  reditum  et  impendia,  responsum  est  mihi,  cupere  quidem  universos.,  ut 
a  me  rationes  coloniae  legerentur ,  nunquam  tamen  esse  lectas  ab  ullo  proconsu- 
lum;  habuisse  Privilegium  et  vetustissimum  morem  arbitrio  suo  rempublicam  ad- 
ministrare. 

5)  Die  coloniae  iuris  Italici,  welche  ebenfalls  libertas  hatten,  rechnet  Plinius 
wenigstens  immer  zu  den  conventus. 

6)  Plin.  A'.  H.  3,  12:  huius  conventus  sunt  reliquae  coloniae  immunes  2\icci 
—  Ituci  —  Ucubi —  Vrso;  §19:  colonia  immunis  Ilici;  §  24:  Caesaraugusta 
colonia  immunis.  Dig.  50,  15,  8  pr. :  Barcinonenses  quoque  ibidem  immunes 
sunt.     C.  ].  L.  II  n.  1663:  jlamen  col{oniarum)  immunium  provinciae  Baetic(a€). 

7)  Ausser  in  der  Verordnung  des  Cod.  Theod.  14,  13,  in  welcher  das  ius 
Italicum  d«r  Stadt  Constantinopel  erneuert  wird ,  und  der  Constitution  im  Cod. 
luht.  11,  20,  worin  Constantinopel  ausser  dem  ms  Italicum  auch  die  Präroga- 
tiven des  alten  Korn  erhält,  kommt  dasselbe  nur  vor  bei  Plin.  N.  U.  3,  25: 
ex  colonia  Accitana  Gemellenses  et  Libisosona  cognomine  Foroaugustana ,  quibus 
duabus  ius  Italiae  datum.  3,  139 :  ius  Italicum  habent  eo  conventu  (von  Scardo 
in  Illyrien)  Alutae,  Flanates  —  Lopsi,  Varvarini,  immunesque  Assesiates ,  und  in 
den  Dig.  50,  15  (de  censibus),  wo  ein  Verzeichniss  der  Städte  mit  ius  Italicum 
gegeben  wird.  Die  Inschriften,  in  welchen  man  eine  Krwähnuns  des  ius  Itali- 
cum hat  finden  wollen  (s.  ausser  Walter  a.  a.  O.  Dirksen  Die  Script.  Hist.  Aug. 
S.  123  ff.j,  sind  beseitigt  durch  A.  W.  Zumpt  lieber  die  Erwähnung  des  im 
Italicum  auf  Inschriften  in  Ztschr,  f.  gesch.  Rechtsw.  XV,  1  S.  1  IT.  Vgl.  Sa- 
vigny  Vorm.   Sehr.   I  S.  73. 

H)  Hierauf  bezieht  sich  l'lpian.  Dig.  50,  15,  1  §  2:  est  et  Ileliopolitana 
(colonia) ,  qune  n  Divo  Severo  per  belli  civilis  occasionem  Italicne  coloniae  rem- 
publicam accepit,  und  Pauhis  ib.  H  §3:  iuris  Italici  sunt  et  eorum  solum  ,  wo 
ausser  der  Steuerfreiheit  des  Hoden«  also  noch  eine  andere  Freiheit  angedeutet 
wird.      Wenn    aber  Savigny   annimmt,    dieselbe    habe    darin    bestanden,  dass  die 


wenn  auch  nicht  alle,  so  doch  grossonlheils  den  Silen  auf  ihren 
Münzen  prägen  i)  ;  sie  haben  zweitens  Befreiung  sowohl  von 
Kopfsteuer  als  von  Grundsteuer 2);  sie  haben  endlich  die  Eigen- 
thumsfähigkeit  des  Bodens,  so  dass  die  Grundstücke  in  einer 
colonia  luns  Italici  im  quiritischen  Eigenthum  ihrer  Herren  sind 
und  Anwendung  aller  Formen  des  römischen  Rechtes,  der  iisu- 
capto ,  in  iure  cessio ,  mancipatio  und  vindicatio  auf  dieselben 
stattfindet'^).  Das  letzte  Privilegium  ist  von  Zumpt  wieder  in 
Abrede  gestellt  worden,  aber  mit  Unrecht -*]:  denn  erstens  ist  es 
durch  ein  sicheres  Zeugniss  beglaubigt  ^j,  und  zweitens  würde, 
wenn  das  ius  Italicum  in  nichts  weiter  bestand,  als  der  libertas 
und  immunitas,  der  Name  desselben  unerklärlich  sein,  da,  wie 
wir  vorher  gesehen  haben,  die  Freiheit  und  Abgabenfreiheit  auch 
an  Peregrinengemeinden  verliehen  und  nicht  als  etwas  dem  ita- 
lischen Rechte  eigenthum liches  betrachtet  wird.  Nun  aber  wird 
das  ins  Italicum  von  der  liJjertas  und  immunitas  bestimmt  als 
ein    neues  Privilegium   unterschieden  6) ,    welches   der   Provincial- 


coloniae  iuris  Italici  ausschliesslich  das  Recht  gehabt  hätten,  llviri  und  IllJviri 
zu  wählen,  während  in  anderen  Colonien,  Municipien  und  latinischen  Städten 
solche  Magistrate  nicht  gewesen  wären,  so  ist  diese  Ansicht  mit  Hecht  von  Wal- 
ter verworfen  worden,  und  die  ausführlichen  Untersuchungen  von  Zumpt  bestä- 
tigen das  Vorhandensein  dieser  Behörden  in  allen  genannten  Städten.  Das  Recht 
der  freien  Verwaltung  wird  nach  Traian  und  Hadrian  ebenso  geschmälert  sein, 
als  bei  den  liberae  civitates  der  Provinzen;  für  die  frühere  Zeit  aber  kann  es 
seine  Bedeutung  deswegen  immer  gehabt  haben. 

1)  Von  den  Städten  italischen  Rechtes  haben  den  Silen  auf  Münzen  Laodi- 
cea,   Berytus,   Tyrus,   Troas,  Parium.     S.   Eckhel  a.  a.  0. 

2}  Dies  ist  schon  daraus  ersichtlich,  dass  Ulpian  und  Paulus  von  den  "Städten 
italischen  Rechtes  in  einem  Buche  de  censibus  handelten.  Ausdrücklich  sagt  es 
Paulus  Dig.  50,  15,  8:  in  Lusitania  Pacenses,  sed  et  Emeritenses  iuris  Italici 
sunt.  Idem  ius  Valentini  et  Licitani  habent.  Barcenonenses  quoque  immunes  simt, 
und  §  7 :  divus  Vespasianus  Caesarienses  colonos  fecit ,  non  adiecto ,  ut  et  iuris 
Italici  essent :  sed  tri^tum  his  remisit  capitis :  sed  divus  Titus  etiam  solum  im- 
mune factum  interpretatus  est.  Auch  Apamea  in  Bithynien  war  immunis.  Denn 
was  Tacitus  Ann.  12,  qß  berichtet:  ,,tributumque  Apamensibus  terrae  motu  con- 
volsis  in  quinquennium  rernissum'-'^  bezieht  sich  auf  Apamea  Cibotus  in  Phrygien, 
wie  Faber  a.  a.  0.  p.  2  gut  nachgewiesen  hat. 

3)  Savigny  Verm.   Sehr.   1,  44.     Rudorff  Feldm.  2,  373  ff. 

4)  Zumpt  Comnt.  epigr.  1,  489. 

5)  Es  ist  dies  die  schon  vorhin  angeführte  Stelle  des  Frontin.  p.  35  Lachm.  : 
prima  enim  conditio  possidendi  haec  est  ac  per  Italiam,  ubi  nullus  ager  est  tri- 
butarius.  —  At  si  ad  provincias  respiciamus,  habent  agros  colonicos  eiusdem  iuris 
(also  iuris  Italici),  habent  et  colonicos  qui  sunt  immunes ,  habent  et  colonicos  sti- 
pendiarios.  Durch  diese  Stelle  wird  auch  bei  Gaius  1,  27  die  Restitution  ge- 
sichert.    S.  Rudorff  a.  a.  O.  S.  373. 

6)  Die  Stadt  Utica  wurde  bei  der  Einrichtung  der  Provinz  Africa  libera  und 
war  auch  immunis  (s.  oben  Seite  315.  Rudorff  Zeitschr.  f.  gesch.  Rechtswiss. 
10  S.  92  ff.    Mommsen   C  1,   L.  1  p.  98),    sie   wurde   hernach  municipium  und 


—     365     — 

colonie  das  Recht  einer  italischen  Colonie  verleiht,  und  da  die 
Differenz  dieser  beiden  Arten  von  Colonien  grade  in  dem  Rechte 
an  Boden  besteht,  so  kann  der  Inhalt  desselben  kein  anderer 
gew(?sen  sein ,  als  die  Ausstattung  der  Colonie  mit  dem  quiriti- 
schen  Eigenthume  am  Boden.  Der  Name  des  ius  Italiciim  kommt 
erst  unter  den  Kaisern  vor;  das  Recht  ist  aber  viel  älter;  die 
Colonisten,  welche  C.  Gracchus  631  =  123  nach  Carthago  führte, 
erhielten  dort  ihre  Landanvveisung  als  agei'  privatus  ex  iure  Qui- 
ritium^jj  und  als  im  J.  712  =  42  die  cisalpinisohe  Provinz  auf- 
gehoben wurde  (s.  S.  61),  ist  das  italische  Recht  auch  auf  sie 
übertragen  worden.  Das  eigenlliche  Vorbild  indess  für  die  her- 
nach häufiger  vorkommende  Verleihung  desselben  gab  Augustus^), 
welcher,  als  er  in  Italien  seine  Veteranen  ansiedelte,  die  von 
diesen  aus  ihren  Besitzungen  vertriebenen  Ilaliker  in  überseeische 
Colonien  ausführte^)  und  denselben  einen  neuen  Landbesitz  an- 
wies, durch  welchen  sie,  ohne  eine  solche  Bewilligung,  in  ihren 
Rechten  geschmälert  worden  wären. 

Die  Provinciallandtage. 

Die  Communalverbände,  dereni  verschiedene  politische  Stel- 
lung wir  erörtert  haben,  sind  die  Grundlage,  auf  welcher  die 
Administration  der  Provinz  beruht.  Ihre  Behörden  und  ihr  Senat, 
zunächst  für  die  Verwaltung  der  Commune  bestimmt,  dienen 
zugleich  der  Regierung,  indem  sie  das  Geschäft  der  Steuerein- 
treibung in  den  Städten  und  den  dazu  gehörigen  Ortschaften 
übernehmen'*);  ihre  Territorien  werden  für  den  Zweck  der  Ju- 
risdiction zusammengelegt  in  Gerichlssprengel,  conventuSj  Siotxrj- 
osk;^),  in  deren  Hauptorten  der  Statthalter  die  regelmässigen 
Gerichtstage  abhält;  ihre  Abgeordnelen  kommen  endlich  in  einem 

dann  Colonie,  wobei  schwerlich  eine  Aufhebung  der  llbertaa  und  immunitaa  ein- 
trat; dennoch  erhielt  sie  durch  Sevenis  iuK  lUiUrum  und  damit  oflenbar  eine 
Vermehrung  ihrer  Privilegien. 

i)  Mommsen  (\  1.  L.  1  p.  96.  97. 

2)  Zumpt  'Comm.  epigr.  I,  489. 

3j  Solche  Colonien  waren  Dyrrhachium,  Corinth,  Philippi.  l>io  Cass,  fil,  4. 
Zumpt  a.  a.  O.  p.  376  ff. 

4)  H.  Seite  14  und  Dig.  50,  1,  17  }|J7:  exiyendi  tribuli  munun  inter  »ordida 
munera  non  habetur  et  ideo  decurionibtu  t^uoque  viandatur. 

T))  (onvenlUH  gab  en  in  itixpania  TarraconenHi«  7.  in  Haetica  4.  in  l.iisjta- 
nia  .'{.    in   lllyrieii  M.    in  Cllicia  zu    l'ninpeiiis  Zeit  S,    in   A^ifii   it\\a    II. 


—     366     — 

Landtat^e   zusammen^),    welcher   darum   ein   besonderes  Interesse 
gewährt,    weil   er  der   erste   Versuch   einer   repräsentativen  Ver- 
sammlung  ist,    zu   welcher   während   der  Zeit   der  Republik   die 
römische  Staatsverfassung  selbst  niemals  gelangt  war. 
vorröinische  In  den  griechischeu  Ländern,    welche   die  Römer  unterwar- 

fen ,  bestanden  seit  alter  Zeit  unter  den  einzelnen  Communen 
Verbindungen ,  welche  auf  Stamm  Verwandtschaft  gegründet  und 
zu  politischen  und  religiösen  Zwecken  organisirt  waren.  So  wie 
die  Römer  bei  der  Eroberung  Italiens  die  Völkerbündnisse  auf- 
lösten (s.  S.  26),  so  verfuhren  sie  anfangs  damit  auch  in  den 
Provinzen,  namentlich  in  Sicilien,  Macedonien  und  Griechenland. 
Wenn  sie  dieselben  später  wieder  gestatteten ,  so  geschah  das 
zunächst  mit  Rücksicht  auf  die  religiöse  Festfeier,  welche  mit 
denselben  verbunden  war.  Dass  aber  auch  dieses  Institut  von 
den  Kaisern  für  politische  Zwecke  verwerthet  wurde,  lässt  sich 
aus  der  Entwickelung  schliessen,  welche  dasselbe  in  der  Folge 
genommen  hat.  Die  Landtage  [communia^  xoiva)  sind  nämlich 
nicht  nur  in  den  Ländern  erhalten  worden,  in  welchen  sie  von 
Alters  her  bestanden,  wie  z.  R.  in  Lycien  (s.  S.  218),  sondern 
auch  nach  dem  Umfange  der  Provinzen,  welcher  den  ethnogra- 
Neueinge-  phischcn  Grenzen  keineswegs  immer  entsprach,  anders  organisirt 
Landtage,  oder  gauz  ucu  eingerichtet  worden.  Der  Zweck  dabei  war  ein 
doppelter.  Zuerst  war  das  commune  proviticiae  eine  Festgemein- 
schaft, welche  nunmehr  ihren  Mittelpunct  in  dem  Cultus  des 
Kaisers  erhielt.  Denn  wie  die  Ptolemäer  in  Aegypten  2) ,  so  glaub- 
ten auch  die  römischen  Kaiser,  indem  sie  sich  eine  göttliche 
Verehrung  gefallen  Hessen,  für  die  durch  Usurpation  gegründete 
Monarchie  eine  legitime  Rasis  zu  gewinnen,  indem  sie  für  sich 
mit  dem  Titel  Augustus  oder  osßaoTo?^)  ein  über  das  mensch- 
liche Geschlecht   erhabenes   und   von    diesem  specifisch  verschie- 

1)  Zu  der  Sammlung,  welche  über  diese  Gothofredus  zum  Cod.  Theod,  12, 
12;  Ib,  10,  und  ihm  folgend  C.  Menn  Ueher  die  Römischen  Provinzial-Land- 
tage,  Köln  und  Neuss  1852.  4  gegeben  haben,  ist  jetzt  ein  neues  reiches  Ma- 
terial gekommen,  welches  von  mir  in  der  Ephemeris  epigraphica  1872  p.  200 — 214 
zusammengestellt  ist.  Ich  verweise  auf  diesen  Aufsalz  sowohl  der. Quellenstellen 
wegen,  welche  ich  hier  nur  theilweise  anführe,  als  auch  abweichender  Ansichten 
wegen,  welche  ich  dort  ausführlich  besprochen  habe. 

2)  Letronne  Recueil  1,  362. 

3)  Dio  Cass.  53,  16:  Au-^o'jczoi ,  lui;  xqii  TrXeiov  Tt  t]  xaTCX  dvi^pwrro'j;  iuv 
dxX-/]^-/).  Suet.  Oct.  7.  Ovid.  Fast.  1 ,  609.  Lydus  De  mens.  4,  72.  Vegetius 
2,  5:  nam  imperatori,  cum  Augusti  nomen  accepit,  tanquam  praesenti  et  corpo- 
rali  deo  fidelh  est  praestanda  devotio  et  impendendus  pervtgil  famulatus. 


—    ;m7    — 

denes  Wesen  in  Anspruch  nahmen,  das  sie  berechtigte,  den  un- 
bedingten Gehorsam  der  Unlerthanen  zu  fordern.  Zu  Lebzeiten 
des  Augustus  concentrirte  sich  dieser  Cult  an  einer  ara  Bomae  ^^J^^ 
et  Augusti  ^) ,  nach  dem  Tode  und  der  Consecration  desselben 
aber  trat  die  Verehrung  des  kaiserlichen  HauseS  in  den  Vorder- 
grund und  wurden  in  allen  grösseren  Städten  templa  Augusti 
oder  Augiistoriim,  Caesarea  und  osßaoxeTa  errichtet 2),  eine  Ver- 
nachlässigung dieses  Cultus  aber  missfällig  bemerkt  und  geradezu 
bestraft  3).  Auch  die  Festgemeinschaft  der  Provinz  versammelte 
sich  daher  bei  dem  Heiligthume  des  Kaisers,  entweder  in  der 
Hauptstadt  der  Provinz,  oder  abwechselnd  an  mehreren  Orten, 
in  welchen  Tempel  der  Kaiser  vorhanden  waren,  und  alle  Städte, 
welche  eigene  Tempel  der  Art  besassen,  oder  zu  der  Unterhal- 
tung derselben  und  den  gemeinsamen  Festen  beitrugen'*),  nann- 
ten sich  Tempeldiener  (vsojxopot)  des  Kaisers'^).  Die  Leitung  der 
Festgemeinschaft  stand  unter  einem  priesterlichen  höchsten  Beam- 
ten, dem  sacerdos  provinciae^).  apytspsu?,  der  in  verschiedenen  sncerdoa 
Provinzen  verschiedene  Titel  hat.  Er  wurde  gewählt  aus  den 
angesehensten  und  reichsten  Personen,  welche  entweder  in  ihrer 
Stadtgemeinde  sämmtliche  Aemter  bekleidet,  oder  römischen  Rit- 
terrang erlangt  hatten'),  verwaltete  die  von  der  Provinz  aufzu- 
bringenden, für  die  Erhaltung  der  Tempel  erforderlichen  Gelder, 
so  wie  die  zu  Festzwecken  legirten  oder  geschenkten  Capitalien^), 
mit  Hülfe   mehrerer   Unterbeamten  ^) ,    führte  den  Vorsitz   in    der 

1)  Suet.  Oet.  52:  templa,  quamvis  sciret  etiam  proconstdibus  decemi  aolere^ 
in  nuUa  tarnen  provincia  nisi  communi  suo  Romaeque  nomine  recepit. 

2)  Hierüber  s.  die  Sacralalterthümer.  Der  Cult  begann  in  Hispania  Tarra- 
nonensis  im  J.  15  n.  Chr.;   in  Narbonensis  um  dieselbe  Zeit,  in  Asia  19  n.  Chr. 

3)  Tac.  Ann.  4,  36 :  obiecta  publice  Cyzicenis  incuria  caerimoniarum  diiü 
Auyuüti  —  et  amisere  libertatem. 

A)  Dio  Chrys.  Vol.  II  p.  70  R.  sagt  von  Kelainai  in  Phrygien  :  xai  (a-?jv  töiv 
Upöiv  "zf^i  'Aoia;  [A^xeoTiv  üfAiv,  ty);  xe  SaitavTjC  tocoOtov,  äoov  ixeivat;  rat;  7:6- 
).eatv,  dv  aU  coxt  xd  lepd. 

ÖJ  Krkhel  D.  N.  4,  288  ff.  Meine  Schrift  Cyzicus  und  sein  Gebiet  S.  84  ff. 
Krause  Newxöpo;,   Lipslae  1844.    8. 

6)  Cod.  Theod.  12,  1,  46;  12,  1,  75.  174;  16,2,  38.  archierosyna  heisst 
«ein  mcerdotium,  Cod.  Th.  12,  1,  112.  Ueber  den  Titel  dpyiepeu;  s.  welter  unten. 

7)  8.  Cod.  Th.  12,  1,  77  und  Ilübner  C.  I.  L.  II  p.V)4I.  Dies  wird  sehr 
häufig  erwähnt,  z,  B.  in  der  Inschr.  bei  Herzog  U(dliae  harb.  hist.  App.  n.  501  : 
Sex.  Attius  Sex.  fil.  Volt,  CretiruH  Viennennin ,  oinnifmn  hnnoribun  in  palria  stia 
functutiy  flamen  provinciae  Narboneniiift. 

8J  ßoeckh  C   1.    (>r.  u.  2741. 

9j  Hieher  gehört  der  dpY'JpoxcrfxU;  xf^;  'Aota;,  (\  I.  Gr.  2782;  in  Gallien 
der  iudex  nrcne  iiaUiarum  und  der  allertor  (inlliae  [*.   S.   119j. 


3(58     — 


Versammlung  des  xoivov ')  und  bei  den  Spielen  2) ,  welche  er  au 
seine  Kosten  veranstaltete^),  und  übte  wenigstens  in  späterer 
Zeil,  namentlich  im  vierten  Jahrhundert,  als  Oberpriester  eine 
disciplinarische  Gewalt  Über  sämmtliche  Priester  der  Provinz 
aus'*).     Sein   Amt    ist    jährig'»)    und    kann    mehrmals    bekleidet 

11  C.  I.  Or.  S487. 

2j  Epistola  ecclesiae  Smyrnaeae  bei  Dressel  Patrum  apostol.  opp.  p.  391  ff. 
460  =  Enseb.  H.  E.  4,   If),  27. 

3)  Cod.  Theod.  12,  1,  109;  15,  5,  1.  Philostrat.  Vit.  Soph.  1,  21,  2: 
dp^tepeüc  [xsv  ^ap  ^Yevexo  zt]z,  'Aota;  aüxoi;  re  xai  ot  irpÖYOvoi  a'jtoO  ,  TtaT?  ix 
ircxTpo;  TtavTe;,  6  Öe  cxecpavo;  outo?  ttoXuc;  xal  UTiep  roXXwv  ^p7j|j.aTtuv.  Augustiii. 
ej3.  5. 

4)  In  älterer  Zeit  kommt  dies  nur  in  Aegypten  vor.  In  Alexandria  gab  es 
einen  dp^^tepeu;  TidarjC  AtY'JiiTOU ,  der  zugleich  sTiiOTaTTj;  tou  Mouoeiou  und  in 
griechischer  Zeit  Priester  für  den  Cult  der  Ptolemäer  war.  Lnter  Iladrian  war 
die  Stelle  durch  einen  Römer  besetzt.  Dieser  dpyiepeü;  war  Vorgesetzter  aller 
Priester  in  Aegypten,  die  z.  B.  bei  Setzung  einer  Inschrift  seiner  Genehmigung 
bedürfen,  und  übte  auch  eine  Censur  über  die  Schriften  der  Mitglieder  des  Mu- 
seums aus.  S.  Letronne  Explication  de  deux  inscriptions  intdites^  tracees  d'or  sur 
Le  piedestal  de  Vohelisque  trouve  a  Philes  im  Journal  des  Savans  1841  p.  737  ff. 
und  Recueil  I  p.  257  ff. ;  im  vierten  Jahrhundert  aber,  als  das  Christenthum  sich 
immer  mehr  verbreitete,  ernannte  Maximinus  (305 — 313),  wie  Eusebius  H.  E. 
8,  14,  9  berichtet,  hoiat;  xe  sfotoXtuv  xaxd  ud-vta  tottov  y,al  ttoXiv  "/.ai  iui  tou- 
Tcov  SvcdoTTTj?  iTzapjirxc,  dpj^iEp^a  Töjv  Iv  TToXixeiai;  eva  -(i  riva  tov  fj-aXtata  i(x- 
cpavtt);  otd  TcdoTf]?  d{XTipediavTa  XeiToupYiai? ,  und  unter  lulian  (360  —  365)  sind 
drei  solcher  Oberpriester  bekannt:  Theodorus,  dp^tepeu?  T-qi  ^Aata?,  an  den  lu- 
lian ep.  63  schreibt:  xi  tcox'  oIjv  doxw  ,  o  cpTQfxt  ooi  vOv  ^TTixpeTtetv ;  ap^^eiv  xwv 
TTepl  xYjv  'Aoiav  iepwv  dTidvxtov ,  dpy6(X£V05  tyji;  ycopa?  %ai  xtbv  TiöXewv  tep^wv 
xai  dTroNefxcuv  xi  xo  Tip^uov  £7.doxiJj ,  ferner  Arsacius,  dpyiepeix;  xy);  FaXaxiai;, 
dem  er  ep.  49  aufträgt,  strenge  Disciplin  zu  üben ,  die  gehorsamen  Priester  zu 
belohnen,  die  ungehorsamen  abzusetzen:  xal  oux  dizoypr]  xö  oe  (xovov  eivat 
xoiouxov ,  aKka  Tcdvxa;  dTta^aTrXw;  oi  iiepl  xt]v  FaXaxiav  eialv  lepeii;  •  cü;  ^ 
ouacbirYjOov  t^  Trelcov  eivai  arouoatou;  iq  x"^?  iepctxixYj?  Xetxo'jpYioi?  dTtooxifjOov ,  et 
(X'?j  7:po;£yotvxo  (Aexd  Y'JvaiTttüv  xal  Traiotov  xai  ^epaTTOvxwv  xoT?  O-eoic.  —  Ereixa 
Ttapaiveaov  Up^a  pnrjxe  t)edxptp  TiapaßdXXeiv  fATjxe  d^;  xaTcrjXeiw  ztveiv,  i^  xs/vy]; 
xtv6<;  —  aiaypa?  —  Tipotaxac^at ,  xal  xou;  fxev  Ttei^ofx^vou;  xipia,  xou?  6s  d7:ei- 
^oiJMxac  d^cb^et.  Endlich  Chrysanthius ,  von  dem  es  bei  Eunap.  p.  57  Boiss. 
heisst:  6  Ss  (lulianus)  dpytep^a  dTtooei^a?  xöv  X£  avopa  vtal  x-ZjV  -(U^ai'Aa  x'?)« 
A'joia;  (Lydien  war  seit  Diocletian  eine  eigene  Provinz)  xai  i>7i'  dxeivot?  eict- 
xpe'j^a;  elvai  xtöv  dXXtov  xYjV  aipeoiv  ,  atixo?  Irci  xov  Flepot^öv  a\is-i]'(eTO  TtoXsfxov, 
und  nochmals  p.  111:  6  Se  Xpusdvi}ios  xtjV  dpyiepujouvYjv  xou  Tiavxo;  e^vou;  Xa- 
ßcbv  —  Ol»  ßapu;  r^v  '/caxd  xtjv  d^ouotav  —  —  ouxe  XuTTtuv  xiva?  xöiv  Xpioxia- 
vd)V  Tepixxöi;. 

5)  Die  städtischen  Priester  des  kaiserlichen  Hauses  pflegten  flamines  perpetui 
zu  sein,  die  Provincialpriester  dagegen  waren  nicht  lebenslänglich.  Sie  heissen 
nach  Beendigung  ihres  Amtes,  consummato  honore  ßamonii  {C.  I.  L.  II  n.  2221), 
peracto  honore  flamonii  (ib.  2344),  functi  ßaminatu  provinciae  (ib.  3711),  flami- 
nales  (ib.  983.  4248);  flaminalis  und  sacerdotalis  sind  aber  die  Titel  abgegan- 
gener Priester,  wie  duumviralis  ein  gewesener  duumvir  ist.  Schon  aus  der  Ana- 
logie der  altrömischen  Titel  consulares ,  praetorü ,  aedilicii ,  quaestorii  darf  man 
schliessen,  dass  das  Amt,  wenn  es  nicht  lebenslänglich  war,  einjährig  sein 
musste ;  einen  bestimmten  Beweis  dafür  haben  wir  aber  nur  in  dem  sacerdos, 
quem  anniversaria  vice  Umbria  dedit  (llenzen  n.  5580),  dem  Priester  der  ara 
Lbiorum,   von  dem  Tac.   Ann.  1,  57  sagt:   anno,  quo  (rermaniae  descivere,  sacer- 


i 


—     369     — 

werden  ^) ,    der  Titel    bleibt   ihm  indess ,    so  dass  die   gewesenen 
Provincialpriester,  sacerdotales '^]  ^  in  Asien  die  Asiarchen^),  einen  sactr,}ofaies^ 
besonders   angesehenen  Stand   in   den  Provincialstädten   bilden*), 
persönliche  Immunität  besitzen^)  und  häufig  mit  Gesandtschaften 
an  den  Kaiser  beauftragt  werden  ß). 

Der  Landtag  versammelte  sich  in  jedem  Jahre  ^)  und  wurde  ^^^^^^^^I 

nete. 

dos  creatux  est  Segismundus,  und  dem  Syriarcheti  (Noris.  Opp.  II  p,  274)  und 
Asiarchen ,  welcher  letztere  für  das  Jahr  eponym  ist.  0.  I.  Gr.  3487.  Ruinart 
Acta  Mnrt.  p.  Al). 

1 )  Dig.  50,  4,  17 :  sponte  provinciae  sacerdotium  iterare  nemo  prohibetur. 
Daher  der  Titel  'Aotap/Yj;  ß',  y'-  Eckhel  I).  N.  4,  207.  210.  C.  I.  Gr.  3190; 
oi;  TaXa-ap-^T];  C.  1.  Gr.  4075.  4076. 

2)  Cod.  Th.  12,  5,  2.  Orelli  n.  1108  u.  ö.  Besonders  häufig  wird  der 
ordo  sacerdotalium  in  Africa  erwähnt.  Gothofr.  Paratitlon  ad  Cod.  Th.  16,  10. 
Animian.  28,  6,  10.  Renier  Inscr.  de  l'Aly.  n.  28.  1440.  1527.  1718.  1851. 
2547.    Guerin  Voy.  archeol.  I  n.  35.     0.  Hirschfeld  Annali  1866  p.  69  flf. 

3)  ('.  I.  Gr.  n.  3489:  'H  ßo'jXyj  xctl  6  of^xo^  Ao6-/tiov  Aup'/]>.tov  'Aptoxo- 
uLevr^v  —  ulöv  A.  Aupr^Xtoj  'ApiaTo,ad^ou;  -/at  AüpY]Xia?  TaTia;  tujv  dfoivo^eiüis 
-mi  dp/tepEojv  t^;  'Aoia;.  n.  4014:  KX.  AtuiXiov  OiXtoviOYjV  rryj  FaXaTdoyo-j 
AifxiXio'j  STaToptavoO  uiov.  Vgl.  n.  3420.  3421.  3495.  Strabo  14  p.  649  von 
Tralles :  auvcixsiTai  0£  xaXiö;  ei  ti;  aXXr;  tüjv  xaxd  t7jv  'Aoiav  u~6  euTToptov 
dv^p(urtuv ,  y.at  dei  tivs;  £^  auT-^c  eloiv  ol  TrpojTeuovxec  "/.ciTd  tt^v  iirapyiav ,  o'j; 
'Aotdpya;  -/aXoOaiv.  Act.  Apost.  19,  31 :  Ttve?  oe  %al  -töv  'Aoiapyöiv  ovxe;  auTtjj 
«.(Xoi.  Hierauf  bezieht  sich  auch  wohl  die  Stelle  Dio  Chrys.  Vol.  II  p.  66  R. 
Aus  der  Stelle  der  Apostelgeschichte  hat  man  mit  Unrecht  geschlossen ,  dass  es 
mehrere  zugleich  fuiigirende  Asiarchen  gegeben  habe. 

4)  Censorinus  15  sagt  im  J.  238:  tu  tavien  officiis  municipalibus  functus, 
honore  mcerdotii  in  principibus  tuae  eivitatis  conspicuus.  S.  Gothofr.  Paratitl. 
ad  Cod.   Th.   16,   10. 

5)  Philostr.  V.  S.  nennt  das  Amt  des  dpytepsy;  Auxituv  eine  dXeiTO'jpYTj<3to(. 
Lebrigens  s.  Dig.  50,  5,  8.     Cod.  Th.  12,  1,  75.    Gothofr.  zum  Cod.  Th.  16,  10. 

6)  Von  Scopeliani^s,  der  dpyiepey;  'Aaiot;  war.  sagt  Philostr.  V.  »S.  1,  21,  6: 
O'j  fao  yrep  S[xi)pv7.iiuv  {aovov  — ,  dXX'  ursp  r^;  'A^tot;  61J.0O  TtdoY);  ^:ip£oße6dt]. 
—  'Eo<i7C£i  Tuj  ßaoiXei  (es  ist  Domitian  gemeintj,  ty)  'Aoia  iatj  eivrxt  djjiTrcXoy;  — 
dXX'  d^rjpfjOHat  (xsv  xd;  rfif]  zscp'JTe'jfx^va; ,  dXXa;  li  ir?j  cp'jxe'jeiv  £Tt.  "E^et  0£ 
zpca^eia;  drö  -/.oivoy '  —  alpoOvxott  xoivuv  SxoTreXiavov  Trdvxe;. 

7j  Wir  haben  hierüber  zwei  späte  Zeugnisse.  Ammiau.  28,  6,  7:  Tripo- 
litani  —  —  adlapao  legitimo  die  concdii ,  quQd  apud  eos  est  annuum ,  Severum 
et  Flardanum  crearere  teyatos,  und  die  Constitution  des  Honorius  und  Theodo- 
sius  für  die  septem  Galliae  provinciae,  d.  h.  die  dioecesin  Viennensis  voui  .1.  418, 
Haenel  ('orp.  leg.  p.  238 :  quwn  propter  privalas  ac  publica»  necessitatt»  de  sin- 
gulis  civitatibu-'t ,  non  solum  de  provinciis  sinyulis  ad  Examen  niagnificentiae  tuae 
rel  honorato»  con/luere  vel  inilti  legatoa  aut  possessorwn  utilitas  aut  publicarum 
ratio  exigat  funrtionum,  maxime  opportunum  et  conduribile  iudicamuit,  ut,  servnta 
posthac  quotanni)*  singulis  ronsuetudine ,  cnnKtituto  tempore  in  metropolitana ,  iä 
ent  in  ArelatenMi  urbe,  incipiant  neplem  provinciae  habere  concilium.  Wenn  ,  wie 
wir  vorher  gesehen  haben,  die  Provincialpriester  jährlich  gmvählt  wurden,  und 
wenn  die  Kefugriiss  des  Landtages,  die  abgehenden  Statthalter  au/.uklagen ,  von 
der  wir  sogleich  reden  werden,  eine  Kedeutung  haben  sollte,  so  uiusste  das  eon- 
cilium  jährlich  zusammentreten;  nichtsdestoweniger  scheint  Ammian  anzudeu- 
ten, dass  dies  nicht  in  allen  Provinzen  get»chah ,  und  vielleicht  hängt  damit  /u- 
Hammen,  dass  in  einigen  Provinzen  die  Feste  fünfjährig  waren.  80  et\^alint 
die  kretische  Inschr    C    I.  Gr.  2583;  5uoxdp)^t)v  lepoy  d^Ävo;  ncvtosxrjpuoy  xoJ 

Röm.Altsrth.  IV.  24 


—    ;no    — 

beschickt  von  den  Abgeordneten  (legati^),  ouvsopoi^),  xoivoßooXoi*)) 
der  Stadtkreise,  in  welche  die  Provinz  zerfiel,  wie  dies  in  Lycien 
zur  Zeit  des  freien  Bundesstaates  und  in  Macedonien  vor  seiner 
,  Einrichtung  zur  Provinz  geschehen  war.  Er  nahm  nicht  nur  Theil 
an  den  Festspielen,  bei  welchen  ihm  Ehrenplätze  angewiesen  w^ur- 
den'*),  sondern  constiluirte  nach  denselben  das  concilium  proviii- 
ompetenz  q^q^    dcsscn  Compctenz  sich  auf  foleende  Geeenstände  erstreckte. 

les  Land-  '  *  \ 

tags.  Zunächst  war  eine  Decharge  der  Gasse  [arca]^),  der  Entwurf 
eines  neuen  Etats  für  Unterhaltung  der  Tempel  ^) ,  des  Inventa- 
riums,  der  Sclaven  und  Freigelassenen  derselben ")  und  die  Aus- 
schreibung der  Beiträge s)  für  das  nächste  Jahr  erforderlich;  dazu 
kamen  Beschlüsse  verschiedener  Art-'),  namentlich  über  Errich- 
tung von  Statuen  und  Ehrendenkmälern  i^) ,  (und  die  Wahl  des 
Provincialpriesters    für   das   nächste   Jahr^^).     Ausserdem   wurde 


•/owov)  Ttt>v  KpirjTÖJV,  und  Suet.  Oct.  59  sagt  allgemein  :  provinciarum  pleraeque  super 
templa  et  aras  ludos  quoque  quinquennales  paene  oppidatim  constituerunt. 

1)  Tu  den  tres  Galliae  heissen  die  Abgeordneten  legati ,  nnd  erhalten  von 
der  Stadt,  welche  sie  abordnet,  bestimmte  mandata.  Inschr.  v.  Torigny  aus  dem 
J.  238  bei  Mommsen  Berichte  der  sächs.  Gesellsch.  1852  S.  235:  Solemnia  iste 
mens  proposito  eorum  restitit ,  provocationc  scilicet  interposita ,  quod  patria  eins, 
cum  inter  ceteros  iegatum  eum  creasset,  nihil  de  accusatione  mandassent. 

2)  S'jveopoi  heissen  sie  in  Asien  (Aristides  Vol.  1  p.  531  Dind.)  und  Lycien 
(Inschr.  bei  Waddington  n.  1221),  dessen  Landtag  Strabo  14  p.  664  -/otNov 
ouv^opiov  nennt. 

3)  Dieser  Name  kommt  in  Bithynien  vor,  wo  auch  die  berathende  Yersamm- 
lung  der  Provinz  -/totvo[io6Xtov  genannt  wird.    Waddington  zu  n.  1176. 

4)  Boissieu  Inscr.  de  Lyon  p.  461  ff. 

5)  Die  arca  wird  öfters  erwähnt.    Boissieu  a.  a.  0.  p.  278.  279. 

6)  Der  Tempel  war  erbaut  und  wurde  erhalten  von  den  Städten  der  Provinz. 
Strabo  4  p.  192. 

7)  Ein  libertus  trium  Galliarum  Henzen  n.  6393. 

8)  Diese  erwähnt  Die  Chrys.  Vol.  II  p.  70  R. 

9)  Ein  Decret  der  Provinz  Thoenice  s.  C.  I.  L.  III  n.  167;  ein  ho'fit.a  toO 
xoivotj  T-fj?  Kp'/]Ta)v  i-TiOi^yiac,  C.  I.  Or.  2595.  2596.  2597. 

10)  C.  7.  L.  II  n.  2221;  2344.  Die  Denkmäler  werden  errichtet  im  Namen 
der  Provinz,  also  z.  B.  von  der  provincia  Hispania  citerior  (0.  /.  L.  II  p.  563  fg.), 
den  tres  Galliae  (Orelli  3650.  3653.    Henzen  5968.  6944.  6950). 

11)  Die  Wahl  des  sacerdos  provinciae  wird  erwähnt  in  Baetica  (C.  1.  L.  II 
n.  2344:  hie  provinciae  Baeticae  consensu  ßaminis  munus  est  consequutus);  in 
den  tres  Galliae  (Liv.  ep.  139.  Boissieu  p.  91.  92  =  Mommsen  Annali  1853 
p.  60);  in  den  Germaniae  (Tac.  </4nn.  1,  57);  am  ausführlichsten  in  Asien. 
Aristides  erzählt  nämlich  in  den  orationes  sacrae,  welche  er  175  n.  Chr.  schrieb 
(Waddington  Vie  du  rheteur  Aristide,  in  Memoires  de  Vacad.  d.  inscr.  1867  p.  252), 
er  sei  von  der  Stadt  Smyrna  vorgeschlagen  worden  zu  der  tepcoou^^ir]  i]  %oiv'?j  ttj? 
'Aotac;  darauf  heisst  es:  %al  aup^ßoci^ei  |A£Td  toOto,  O'jv^opouc  (jlev  c^i^vai  2[Ji"jp- 
vaitov  eU  Opu^ioi-v  avto  7.ai  {xiXAetv  cp^psiv  tcjijlov  ovofxa  ^v  tüj  O'jvsöpttij  xw 
y.oivu)"  —  'Ml  '(['(^oii.ai  Tpixo?  -^  Tsxapto;' t-^  yetpoxovta.  Wenn  hier  drei  oder 
vier  gewählt  wurden,  so  konnte  das  nur  den  Zweck  haben,  dass  der  Statthalter 
einen   der    Gewählten    bestätigt.      Und    damit    stimmt   Cod.  lust.   10,   61 :    si   de 


—     371     — 

dem  abgehenden  Statthalter  ein  Dank  beschlossen  i)  oder  auch 
eine  Beschwerde  über  ihn  abgefasst^)  und  Gesandtschaften  an 
den  Senat  oder  den  Kaiser  abgeordnet  ^) ,  wie  es  scheint ,  ohne 
Betheiligung  des  Statthalters,  dessen  Erlaubniss  bei  Petitionen 
von  Privatpersonen  oder  einzelnen  Comnmnen  sonst  erforderlich 
war"*).  Denn  die  Antwort  des  Kaisers  erfolgte  direct  an  den  Land- 
tag^). Da  die  Verwaltung  der  Provinzen  im  Beginne  der  Kaiser- 
zeit  wesentlich  besser  wurde,  als  sie  in  der  Zeit  der  Bepublik 
gewesen  war,    so  darf  man  annehmen,    dass  unter  den  Mitteln, 

proprio  suo  patrimon,io  muneris  editionem  tue  nomine  pater  tuus  repromisit,  ideoque 
etiam  sacerdotem  te  creari  impetravit,  onus  erogationis  commune  omnium  heredum 
eins  esse  praeses  provinciae  non  ignorabit.  Cod.  Theod.  12,  1,  148:  cum  super 
ordinando  sacerdote  provinciae  publicus  esset  ex  more  tractatus,  idem  nostra  aucto- 
ritate  decretum  est,  ut  ad  subeunda  patriae  munera  dignissimi  et  meritis  et  facul- 
tatibus  eligantur.  Dass  übrigens  bei  diesen  Wahlen  ein  ambitus  statt  fand,  lehrt 
Faulns  sent.  rec.  5,  30*:  petiturus  magistratum  veL  provinciae  sacerdotium  si 
turbam  suffragiorum  causa  condtixerit,  servos  advocaverit,  aliamve  quam  multitu- 
dinem  conduxerit,  convictus  ut  vis  publicae  reus  in  insulam  deportatur. 

1)  Augustus  hatte  hierüber  eine  Verordnung  erlassen  Dio  Cass.  56,  25: 
-/Ott  Toj  'j7:Tj-/tO({)  zpo^iT'apfjYYet^^e ,  [xifjoevi  töjv  7:po;TaoooiJL£V(uv  auToT;  dpYovxoiv 
{j.r,T£  is  To>  Tf^;  d[)yfi^  Xf^^^'^M^  >  fx-r]T£  iszhi  s^Tj'/ovxa  '^{Jiepwv  «xetci  t6  aTiaAXa-yfp 
vat  atpa;,  ti(atjv  Ttva  oioövai '  oxt  Tive;  [Aap-'jpia;  zotp'  aÜTwv  %ai  draivou;  r.poi- 
T:apao-/C£'jaC6fxevot,  roXXd  Std  touto'j  dxaxoupYO'Jv.  Unter  Nero  wird  (Tac.  Ann. 
15,  20  ff.)  ein  Cretenser  angeklagt,  quod  dictitasset,  in  sua  potestate  situm ,  an 
proconsulibuSj  qui  Cretam  obtinui^sent,  grates  agerentur,  und  in  Folge  dessen  be- 
schlossen :  ne  quis  ad  concilium  sociorum  referret  agendas  apud  senatum  proprae- 
toribus  proveconsulibus  grates,  neu  quis  ea  legatione  fungeretur.  Dieser  Gebrauch 
einer  Helobigung  des  abgehenden  Statthalters  durch  eine  Gesandtschaft  an  den 
Senat  bestand  schon  zur  Zeit  der  Republik  und  erhielt  sich  auch  nach  Neros 
Zeit.  Lamprid.  Alex.  Sev.  22:  praesides  provinciarum,  quos  vere ,  non  factioni- 
bus  laudari  comperit,  —  mtvneribua  adiuvit.  Ammian.  Marc.  HO,  5.  Cassiod.  ep. 
7,  2.  Aber  zur  Zeit  der  Republik  gingen  sowohl  Laudationes  von  einzelnen 
Städten  aus,  wie  in  Sicilien  (Cic.  Verr.  11,  2,  5,  13;  II,  2,  26,  04;  5,  22,  57) 
und  in  Asien  (Cic.  pr.  Flacco  26,  63.  ad  fam.  3,  8),  als  auch  Beschwerden 
(Cic.  div.  in  Caecil.  4,   14.    in  Verr.  II,   1,  32,  82;    1,  35,  90;    2,  4,  10). 

2)  Plin.  ep.  3,  4,  2.  Ein  Antrag  auf  Beschwerde  wird  gestellt  auf  dem 
Landtage  zu  Lngdunum  im  .1.  238.  Inschr.  von  Torigny  bei  Mommsen  Berichte 
der  säch.s.  Gesellschaft  der  Wiss.  Hhil.  bist.  C'l.  1852  S.  242:  his  accedit,  quod, 
cum  (U.  Paulirw,  decessori  meo,  in  conciLio  GaLliarum,  inatinctu  quorundam,  qui 
ab  £0  propter  merila  sua  laesi  videbantur ,  quasi  ex  c.onsensu  provinciae  aceusa- 
tionem  instituere  templarent,  Solemnis  iste  meus  propoaito  eorum  restitit. 

3j  S.  oben  Seite  369  Anm.  6. 

4)  Zwei  Fälle  der  Art,  in  welchen  der  praefectu»  Aeyypti  und  der  legatua 
Aug.  iSyriae  die  Petition  gestattet  und  vermittelt,  s.  bei  Philo  lud.  in  Flaccum 
12,  Vol.  11  p.  531  Mang.,  leg.  ad  Caium  32,  Vol.  11  p.  580  Mang.,  einen  drit- 
ten bei  loseph.   Ant.  20,   1,1.     Vgl.   Cod.   lust.    10,   63,   6. 

5)  So  rescribirt»,'  Hadrian  an  das  concilium  Haeticae  ( l>ig.  47,  14,  1  =  Coli. 
11,  7,  1);  Antoninus  Pius  an  das  xoivov  twv  Hof^xtuv  (Pig.  49,  1,  1),  beide 
Kaiser  an  das  vtoiviv  Td»v  Hcaaa>vüjv  (Dig.  5,  1,  37;  48,  6,  5  {ij  1 ),  der  letzter« 
auch  an  das  xotNiv  'Aaiac  (Kuseb.  //.  K.  4,  13).'  Seit  CoiiHtantin  sind  die  Re- 
Bcripte  ad  Afros,  Lusitanoa  u.  h.  w.  häutig.  Ein  Verzeicbniss  derselben  giebt 
Uaenel  Fraef.  ad  Cod.  Tlitod.  p.  XXXIX. 

24» 


—     372     — 

durch  welche,  wenn  nicht  Auguslus  selbst,  so  doch  Tiberius. 
dessen  Verdienst  um  die  Provinzen  unzweifelhaft  ist,  diese  Ver- 
besserung bewirkte,  auch  ein  regelmässiges  und  erleichtertes 
Verfahren  zur  Beschwerdeführung  über  den  Statthalter  vermittelst 
des  Landtages  der  Provinz  angewendet  worden  ist^).  In  nach- 
constantinischer  Zeit,  in  welcher  die  Landtage  in  allen  Provinzen 
jährlich  sowohl  zum  Zwecke  einer  Festfeier  als  zu  gemeinsamen 
Berathungen  über  die  Interessen  der  Provinz  statt  fanden ,  wird 
denselben  wiederholentlich  das  Becht,  Bitten  und  Beschwerden 
an  den  Kaiser  zu  bringen,  zugestanden,  und  jede  Behinderunj^ 
dabei  dem  Statthalter  verboten ,  so  dass  in  dieser  Zeit  die  we- 
sentliche Bedeutung  der  Landtage  als  einer  Gontrole  der  kaiser- 
'^"uha'ben  iJc^en  Beamten  nicht  zu  verkennen  ist  2).  W^ie  viel  früher  aber 
Landtage,  jj^  Landtage  schon  in  Thätigkeit  gewesen  sind,  wird  sich  aus 
der  folgenden  Zusammenstellung  der  Provinzen  ergeben ,  über 
deren  conciUa  Nachrichten  vorliegen. 

Hispania  Tarraconensis  baute  im  J.  15  n.  Chr.  einen  Tempel 
des  Augustus  und  hat  seitdem  ein  concüium  provinciae  Hispamae 
citerioris  und  ein  sacerdoiium  provinciae^  d.  h.  einen  sacerdos  oder 
flamen,  dessen  Frau  als  flaminica,  d.  h.  als  Priesterin  der  weib- 
lichen Mitglieder  des  kaiserlichen  Hauses  fungirt^);  Baetica  verklagte 
unter  Traian  seinen  Proconsul  Caecilius  Classicus,  hielt  ein  conci- 
lium  universae  provinciae  Baeticae  ab,  an  welches  Hadrian  ein  Be- 
script  erliess,  und  wählte  jährlich  provinciae  consenm  einen  flamen 
Augustalis,  der  nach  Vollendung  seines  Amies  ßaminalis  heisst*); 
Lusitania  Hess  das  Priesteramt  verwalten  durch  einen  flamen  divi 
Augusti  provinciae  Lusitaniae  und  seine  Frau,  die  flaminica  pro- 
vinciae Lusitaniae^) ;  Sicilien,  dessen  Landtag  unter  den  Kaisern 
nicht  erwähnt  wird,  war  schon  während  der  Bepublik  zu  einem 

1)  Hierauf  bezieht  es  sich,  wenn  bei  Tac.  Ann.  15,  20  Paetus  Thrasea  von 
der  nova  provincialium  superbia  redet  und  c.  21  sagt :  olim  quidem  non  modo 
praetor  aut  consul ,  sed  privati  etiam  mittebantur,  qui  provincias  viserent  et,  quid 
de  cuiusque  obsequio  videretur ,  referrent ;  trepidabantque  yentes  de  existimation} 
singulorum.  Atnunc  colimus  externos  et  adulamur ;  et  quomodo  ad  nutum  alicuius 
grates,  ita  propitius  accusatio  decernitur.  Decernaturque  et  maneat  provincialibus 
potentiam  suam  iali  modo  ostentandi :  sed  laus  falsa  et  precibus  expreasa  perinde 
cohibeatur  quam  malitia,  quam  crudelitas. 

2)  Gothofr.  Paratitl.  ad  Cod.  Th.  12,  12.  Dirksen  Civilistische  Abhand- 
lungen 2,  16.  Boissieu  Inscr.  de  Lyon  p.  263.  Mommsen  Epigraph.  Analekten 
n.  9,  in  Berichten  der  k.  sächs.  Ges.  der  Wiss.   1850,  Phil.   bist.  Cl.  S.  208. 

3)  S.  oben  Seite  108. 

4)  S.  oben  Seite  107. 

5)  S.  oben  Seite  108. 


—     373     — 

commune  vereinigt,  welches  dem  Verres  zu  Ehren  Festspiele 
[Verria)  feierte  und  ihm  in  seinem  Namen  Statuen  errichtete  i)  ; 
es  wird  auch  in  der  Kaiserzeit  ein  sacerdotium  provmciae  gehabt 
haben,  wie  es  in  Sardinien  nachweisbar  ist  2);  in  Gallia  Narbo- 
nensis  errichtete  im  J.  11  n.  Chr.  die  Stadt  Narbo  eine  ara 
Augusti  ^) ,  wenig  später  findet  sich  ein  flamen  provmciae  Nar- 
bonensis  *)  ,  ap)(iepcuc  TrpwTo;  ZTzapyziac,  tyj?  in  NapßcSvo?  ^)  ;  die 
von  Caesar  eroberten  tres  Galliae,  d.  h.  Lugdunensis,  Aquitania, 
Belgica ,  hielten  ihren  Landtag  jährlich  am  1 .  August  in  Lugdu- 
num*') ;  die  Alpes  maritimae  hatten  ihren  flamen  im  J.  181  ^) ;  für 
die  Germaniae,  welche  vor  der  Varusschlacht  als  gesicherte  Pro- 
vinzen galten,  war  die  ara  Ubiorum  consecrirt,  an  welcher  im  .1. 
9  n.  Chr.  als  gewählter  Provincialpriester  ein  Cherusker  fungirte^), 
und  in  Britannien  war  eine  der  ersten  Anordnungen  die  Errichtung 
eines  lemplum  Divi  Claudii  und  die  Ernennung  von  Priestern  an 
demselben  '•) .  In  gleicher  Weise  ist  ein  Provincialconcil  nachweisbar 
in  Pannonia  superiori^)  und  inferior  i^),  Moesia  inferior  i^)^  Dacia  ^^)y 

1)  Cic.  in  Verr.  II,  2,  46,  114:  denique  nunc  vide ,  quid  inter  te ,  cuius 
nomine  apud  Siculos  festi  dies  aguntur  et  praeclara  illa  Verria  celebrantur ,  cui 
statuae  Romae  stant  inauratae^  a  communi  Siciliae,  quemadmodum  Discriptum  vi- 
demus,  datae.  ib.  2,  59,  145 :  {imperasti),  ut  iidem  pro  parte  in  commune  Sici- 
liae  conferrent.  ib.  2,  63,  154  :  huic  etiam  Romae  videmus  in  basi  statuarum  ma- 
rimis  liiteris  incisum ,  a  communi  Siciliae  data»,  et".  2,  42,  103 :  dicit  praeterea 
testimonium  totn  Sicilia  ,  quae  in  communibus  postulatis  civitatum  omnium  consu- 
libus  edidit^  ,,ro(jare  atque  orare  patres  conscriptos ,  ut  statuerent,  ne  absentiwn 
nomina  reciperentur.^'  2,  59,  146:  nam  iegationes  omnium  civitatum  in  postulatis 
communibus  —  etiam  hoc  ediderunt,  ut  statuas  ne  cui^  nisi  cum  is  de  provincia 
decessisset,  poLlicerentur. 

2)  Sacerdotales  Sardiniae  s.  Heiizen  ii.  5969. 
3}  Orelli  n.  2489. 

4)  Herzog  Gall.  Narb.  hist.  p.  255.    Append.  n.  106.  107.  108. 

5)  Kphem.  epigr.  1872  p.  203. 

6)  lieber  den  lugdunensiscben  Landtag  s.  oben  S.  118. 

7)  Orelli  n.  2214. 
8J  Tac.  Ann.   1,  57. 

9)  Tac.  Ann.  14,  31  :  ad  hoc  templum  divo  Claudio  constitutum  quasi  arx 
aeternae  dominationis  aspiciebatur ,  delectique  sacerdotes  specie  reliyionis  omnis 
fortunas  tffuttiebant . 

10)  Die  Provinz  bat  sacerdotales  {(■.  I.  L.  III  n.  1183.  4178)  und  eine  ara 
Augusti  in  Savaria  (ib.  4170..  4192.  4193  und  dazu  Mommsen  p.  525). 

11)  Kin  sacerdos  provinciae  findet  sich  in  Aquincuni.  ('.  I.  L.  III  n.  3485. 
3626. 

12)  Ein  sacerdos  provinciae  kommt  vor  in  Troesmis.   (\  I .  L.  III  n.  773. 

13)  Das  concilium  prorinciarum  J>aciarum  Irium  versaiunielte  sieb  in  Sarmi- 
/egctusa  (  ('.  I.  L.  III  n.  1452),  wo  («in  Mivfrdns  arne  Aug.  (ib.  1209.  1433. 
lf)09.  1513)  fungirte,  der  auch  cmmatus  Daciarwn  Irium  heilst  (ib.  1433  = 
Drein  2171).  Coronotus  ist  ein  gewöhnlicher  Titel  der  I'rovincialpriester ;  s.  Momm- 
sen  Berichte  der  sächs.  Goaelluch.  der  Wius.  1850  8.  217,    und  den  Brief  de» 


—     374     — 

Dalmalia  1)  ,  Thracia  2)  und  Macedonia^);  am  ausgebildelsten  aber 
war  der  mit  dem  Landlage  verbundene  Cult  des  kaiserliclHMi  Hau- 
ses in  den  orientalischen  Provinzen,  insbesondere  in  der  Provinz 
Asien,  welche  nicht  allein  in  der  Hauptstadt,  sondern  in  mehreren 
Städten,  zu  denen  Pergamus,  Smyrna,  Ephesus,  Sardes,  Cyzicus 
und  Philadelphia  gehörten,  einen  oder  mehrere  Tempel  für  diesen 
Cult  unterhielt,  und  bei  diesen  die  jährliche  Versammlung  ab- 
wechselnd leierte  4).  In  diesen  Stadien  findet  sich  ein  besonderer 
•  städtischer  Priester,  welcher  den  Titel  apj^ispsuc  'Aaia?  vauiv  täv 
£V  U&p^(a\iin ,  ap/i£p£üc  'Aaia^  vaoü  tou  sv  ^Ecpeoq)  xoivou  xr^<; 
'Aoia;  u.  s.  w.  führt,  und  nicht  zu  verwechseln  ist  mit  dem  über 
ihm  stehenden  Oberpriester  der  Provinz,  der  ap^ispsu;  Tr^c,  'Aata; 
Aeiarehen.  ohne  Weiteren  Zusatz  oder  \oldpyr^Q  heisst.  Denn  dass  diese 
Titel  gleichbedeutend  sind;  kann  einem  Zweifel  nicht  unterliegen^). 

Pabstes  Innocenz  an  die  Bischöfe  des  Synodus  Toletanus  vom  J.  400  bei  Har- 
duin  Concil.  1  p.  1020.  In  Beziehung  darauf  nennt  Philostratus  V.  Soph.  1, 
21,  2  die  Würde  des  d^y/tepeuQ  tyj;  'Aata?  einen  OTScpavo«;. 

1)  Wenigstens  hatte  ein  Theil  Dalmatiens,  Liburnia,  eine  ara  Auy.  in  Scar- 
dona  C.  I.  L.  III  r>.  2810. 

2)  An  das  xoivov  twv  öpaxtüv  rescribirte  Antoninus  Pius.  Dig.  40,  1,  1. 

3)  Der  dpytepeu?  xwv  aeßacxäiv,  oder  apytepsus;  toü  -/oivoO  Mavteoovwv  kommt 
Tor  in  zwei  Inschriften,  C.  1.  Gr.  2007  und '2007b  (Vol.  II  p.  993);  das  -/oivov 
Ttöv  Ma-x£o6vtt)V  C.  I.  Gr.  Vol.  II  p.  993  n.  1999b;  -/.oivöv  Maiteoovtov  vetoxö- 
otov  auf  Münzen,  Eckhel  1).  N.  4  p.  292.  Mionnet  I  p.  459.  Suppl.  III  p.  12. 
i3.  39. 

4)  8.  oben  Seite  187. 

5)  Von  der  älteren  Literatur  über  den  Asiarchen  hat  einiges  Eckhel  D.  N. 
4  p.  207  angeführt.  S.  ausserdem  Ruinart  ad  acta  Martyr.  (1713  fol.)  p.  34. 
Heineccius  ad  leg.  luliam  et  Papiam  Poppaeam,  Amstelod.  1726.  4  p.  141  f. 
Goth.  ad  Cod.  Th.  15,  9,  2.  P.  E.  Müller  De  yenio  aevi  Theodosiani ,  Havniae 
1797.  8  p.  56  ff.  Reiske  ad  Liban.  II  p.  557.  Krause  Netoxopo;,  Lips.  1844 
p.  71  f.  Meier  in  Ersch  und  Grubers  Encycl.  Sect.  III  Bd.  XVI  S.  425.  Die 
Identität  der  Titel  äpyiepeui  x-^s;  'Acta?  und  'AaiapyTj?  habe  ich  bereits  früher 
angenommen  und  *ach  mir  Kuhn  1,  107  ff.  und  Henzen  Annali  1863  p.  285; 
die  Verschiedenheit  beider  Würden  dagegen  behaupten  nach  Eckhels  Vorgange 
Waddington  zu  n.  885  und  Perrot  De  Galatia  provincia  p.  150  ff.  Meine  Gründe 
>\nd  folgende:  Erstens  hatte  Asien  dasselbe  Priesterthum,  wie  alle  andern  Pro- 
vinzen (Dig.  50,  5,  8  pr.  :  in  Asia  provincia  sacerdotium  suscipere  non  coguntur 
numero  liberorum  quinque  subnixi ,  quod  —  Severus  Augustus  dec¥evit  ac  postea 
in  ceteris  provinciis  servandum  esse  constituit^;  diese  hatten  aber  nur  einen 
Priester.  Das  sacerdotium  Asiae  ^  xyjv  ieptuouvYjv  xdivt^v  xf^c  Aota?  (Aristides 
Vol.  I  p.  531),  xTjv  rtpyt£pu>(36'^T]v  xou -avxö;  e^vou?,  (Eunap.  p.  111),  verwaltete 
der  apytepeu;  (s.  oben  S.  368  Anm.  4),  und  er  ist  im  Besitz  der  Immunität, 
welche  die  angeführte  Digestenstelle  erwähnt.  Wenn  daher  Modestinus  Dig.  27, 
1,  6  §  14  sagt:  £&vou?  iep(oo6vT(  (so  ist  mit  Politianus  zu  lesen,  wenigstens 
steht  im  Florentinus  nicht  tspapyia),  oiov  'Aotapyiot,  Bt^jvtapyfa,  KaTiTraoöxapyta, 
zapeyei  dXeixo'jpYTiOiav  drco  d-ixpoTiöJv,  xoW  gcxiv,  £(05  av  apy^fj ,  so  lässt  sich 
unmöglich  annehmen,  dass  er  von  einer  andern  Person,  als  dem  ctpyiepeug  redet. 
Es  ist  allerdings  richtig,    dass    es  Asiarchen   noch   in   christlicher   Zeit  gab,    in 


—     375     — 

Alle  übrigen  Provinzen  des  Orients  haben  einen  gleichen  Priester,  der 
von  der  Provinz  seinen  Namen  entlehnt;  es  sind  der  BtOuvtap/Tj?i), 

welcher  sie  priesterliche  Geschäfte  nicht  mehr  ausübten,  aber  auch  damals  hiess 
ihr  Amt  noch  immer  sacerdotium  (Cod.  lust,  5,  27,  1)  oder  dpj^tspiosuvTj  (Cod. 
Th.  12,  1,  112),  und  in  den  christlichen  Priesterstand  wurden  nicht  aufgenom- 
men ,  qui  post  baptismwn  vel  coronati  fuerint ,  vel  sacerdotium ,  quod  dieitur, 
sustinuerint  et  editiones  publicas  celebraverint  (Innocentii  Papae  ep.  vom  Jahr  400 
bei  Harduin  Concil.  1  p.  1020).  Da  Griechen  und  Asiaten  einen  besonderen  Ge- 
schmack an  glänzenden  Titeln  hatten  (Dio  Chrys.  II  p.  148  R.),  so  wurde  die 
ursprüngliche  Bezeichnung  apytspeü?  durch  einen  neuen  Titel  ersetzt,  welchen 
sich  übrigens  nicht  blos  die  Provincialpriester,  sondern  auch  städtische  Priester 
beilegen,  wie  dies  der  zweimal  vorkommende  'Asiapyr|i  ttj?  rpwxiQ;  xai  fAEYiOTif)? 
{jLr^Tpozo/.eoj;  xf^;  'Asta;  xai  ß  vswTCÖpcuv  xöiv  Seßaaröjv  'Eipeoioov  TroXeto?  (C\  /. 
fi'r.  2090),  Asiarcha  templorum  splendidissimae  civitatis  Ephesiorum  (Henzen  n. 
Iil56=  Waddington"  n.  1821)  darthut.  Zweitens:  Ueber  das  Martyrium  des 
Polycarp,  welches  nach  Waddington  Vie  du  rhet.  Aristide  p.  235;  Fastes  des  pro- 
vinces  Asiatiques  n.  144  auf  den  23.  Febr.  155  flel ,  haben  wir  eine  epistola 
erclesiae  Smyrnaeae,  welche  theilweise  bei  Eusebius  //.  E.  4,  15  steht,  ganz 
herausgegeben  ist  in  Ruinart  Act.  Mart.  p.  37  flF.  Dressel  Patrum  apostol.  opp. 
p.  391  ff.  In  dieser  heisst  es  p.  42  R.  =  Euseb.  4,  15,  27:  Taux«  Xe^o^xe;  ^Tte- 
ßoojv  y,a\  r^ptoxouv  xov  'AoidtpyT^v  OfXiZTZOV ,  iva  ^7:ot(f 7J  xw  noXuxaprip  X£ovxor, 
und  p.  45  li.  =466  Dr. :  ouveXricpÖT)  o£  utto  'Hpwoou,  drl  .dpyiepccu?  (PiXiTiTtou 
TpotXXiavoü,  dv»%7:ax£'jovxo;  Sxaxiou  Koopdxo'j ;  es  wird  also  der  Vorsitzende  bei 
den  Spielen  des  "xoivov  'Acta;  in  Smyrna  einmal  'Aoidpyr;;  und  hernach  dpyie- 
psu;  genannt.  Drittens:  Sowohl  die  städtischen  dpyrepei^  fungiren  mit  ihren 
Frauen  zusammen  (C.  /.  Gr.  n.  4363.  4385.  3495),  als  auch  die  Frauen  der 
c/.pyiepei;  der  Provinz  sind  dpyt£peiat  (C.  /.  Gr.  n.  3092.  3489.  Eunap.  p.  57). 
Kbenso  haben  die  Würde  des  'AoidpyYj?  Frau  und  Mann ,  wie  z.  B.  C.  1.  Gr. 
n.  3342:  M.  AOp.  Zr^vojv  -/al  M.  KX."  '[ouXiavTj  'Astdpyai  ot; ,  und  aus  diesem 
Grunde  durfte  der  sacerdos  provinciae,  d.  h.  der  Phoeniciarch  oder  Syriarch,  nicht 
eine  Sclavin  heirathen  (Cod.  lust.  5,  27,  1.  Marciani  Nov.  4).  Da  nun  aber  die 
Frau  des  Asiarchen  äpytipeta  ist,  wie  hervorgeht  aus  C.  I.  Gr.  3677:  llXiuxiou 
A'jp.  rpdxou  'Aoidpyo'j  y.al  'louXia?  A'jp.  'Aoy.XYj7riooa)pc(; ,  xfj?  -^usanY-bi  otuxoD, 
7.p)^tep£ia;  ,  so  ist  auch  der  'Aoidpyr^;  für  den  dpytepeu?  zu  halten.  Endlich 
hat  man  aus  zwei  galatischen  Inschriften  einen  Unterschied  beider  Würden  nach- 
weisen wollen.  In  der  einen  (C.  /.  Gr.  4016)  heisst  T.  Fl.  Gaianus  dpyiepeij; 
ToO  -/oivoO  TüJv  FaXaTcüv,  FaXaxdpyifj;,  ^eßaoxoctdvxr^;,  in  der  andern  (C.  1.  Gr. 
1031)  Aelius  Maccdo  dpyiepa<3d[j.£V05  xoO  y.oivoO  xöiv  FaX^xtüv ,  FaXaxdp^^Y);, 
oeßaoxo'fdvxT^;  oiol  ßiou  xöiv  Oeöi-v  Seßasxöiv.  Um  diese  Inschriften  richtig  zu 
verstehn,  muss  man  sich  erinnern,  dass  der  sacerdos  provinciae  nur  aus  denjeni- 
gen Personen  ggwählt  wird ,  welche  alle  honores  murticipales  bekleidet  haben 
( >.  oben  Seite  367).  Sowie  nun  in  der  Inschr.  Waddington  2741  Eurycles  zuerst 
äpytepeu;  'Aoiot;  vawv  xiöv  £v  S|J.'jpv7j,  d.  h.  Priester  der  Provincialtempel  in  der 
Stadt  Smyrna  ist,  dann  aber  zum  apyiepeu;  tyjC  'Aoia;  designirt  wird,  so  wurden 
auch  Gaianus  und  Macedo  zuerst  ie|3aOTöcpdvxai  otd  ßiou,  d.  h.  flamines  perpetui 
fler  Stadt  Ancyra,  dann  dpyupeii;  xoj  xoivoy  xwv  FaXaxd)»^,'  d.  h.  Priester  des 
bekannten  Tempels,  den  das  xoivov  Fc/Xaxöiv  in  Ancyra  erbaut  hatte,  und  zuletzt 
l'otXaxdpyai.  Die  Ordnung  der  Titel  ist  aber  so ,  dass  zuerst  das  kleinere  Pro- 
Nincialamt,  dann  das  grössere,  endlich  nebenher  das  lebenslängliche,  städtische 
Amt  erwähnt  wird. 

1)  Waddington  n.  1142.  1178.  Digest.  27,  1,  G  Jj  14.  Er  kommt  auch  vor 
in  der  Constitution  dos  Valcntinian  und  Val^n.s  (3(>4 — 367)  in  llaencl  Corp.  leg. 
p.  220  und  ist  wohl  a»ich  zu  verstehen  unter  «lein  ap^a;  xoü  xoivoj  twv  dv  BeiO'jviot 
KXXtjVojv  bei  Perrot  Exploration  p.  32  n.  22  =  Mordtmann  Rerjrhte  der  .bayeri- 
schen Acad.  1863,  1  S.  228.  Da*  xoivov  xäv  £v  Btttuvta  'FlXXifjvaov  erscheint  als 
offlcicller  Titel  des  Landtage  auch  bei  I^auluä  Diy.  29,   1,'  25. 


—     376     — 

ÜovTapxrjc;  ^) ,  faXaTap^^r^;  ^; ,  Ka7nraooxap)(Tj;^) ,  Ilajx'fuÄLap^^T^;  ^j, 
Auxtofpx>i;  ■*)  ,  KtXLxap;(r^?  •5)  ,  ^optapy^r^;  ^)  ,  Ooivtxap)^r|;^)  ,  und 
nur  ein  KuTcpiap^r^?  ist  bisher  nicht  bekannt  geworden  ,  was 
Zufall  zu  sein  scheint,  da  ein  xoivov  twv  KoTrpicüv  vorhanden 
war^).  In  den  africanischen  Provinzen  finden  wir  ein  xotvov 
zwar  nicht  für  die  coiiibinirte  Provinz  Crela  Cyrenc,  wohl 
aber  für  Crela  aliein  i'*) ,  ferner  für  die  diocletianische  Provinz 
Tripolis''),  für  Africa  proconsularis ,  deren  Feste  in  Carlhago 
gefeiert  wurden''^),  für  Nuniidien i-')  und  Mauretanien'*).  Auch 
als  Italien  eine  Provincialverfassung  zu  einer  Zeit  erhielt,  in  wel- 
cher der  Cult  des  Alterthums  seine  Bedeutung  schon  verloren 
hatte,  wurden  diese  neuen  Provinzen  nach  dem  Muster  der  alten 
mit  einer  Festversammlung  und  einem  Priesterthume  ausgestat- 
tet'^). Wir  dürfen  demnach  annehmen,  dass  der  Landtag  als  ein 
allen  Provinzen  gemeinsames  und  zu  der  Constitution  der  Pro- 
vinz gehöriges  Institut  zu  betrachten  ist,  dessen  Einrichtung  überall 

1)  C.  I.  Gr.   n.  4157.  Waddington  n.  1178. 

2)  C.  I.  Gr.  n.  4014.  4016.  4031.  4039.  4075.  4076. 

3)  Dig.  27,  1,  6  §  14. 

4)  Annali  1852  p.  179  =  Waddington  n.  1224. 

5)  e.  /.  Gr.  n.  4198.  4274;  d'p^a;  xoii  Auvticov  e&vou;,  Waddington  n.  1219; 
Auv.iapli%6i,  Waddington  n.  1224. 

6)  Revue  Nuuiismatique  1854  p.  93.    Waddington  n.  1480. 

7)  Cod.  Th.  6,  3,   1;  15,  9,  2.    Cod.  Just.  1,  36 ;  5 ,  27,   1.     Borghesi 
Oeuvres  4,   144. 

8)  Cod.  lust.  5,  27,   1.  lustin.   Nov.  89,  15.    Ein  Deoret  der  Provinz  Phö- 
nicien  C.  J.  L.  III  n.  167. 

9)  Eckhel  D.  N.  4,  429.    Waddington  n.  2734. 

10)  Es  kommt  vor  xotvov  xwv  Kp-rjxtbv,  C.  1.  .Gr.  2583  und  auf  den  Münzen 
von  Tiberius  bis  M.  Aurel ,  o6^\ia  xoü  xcivoO  x^;  KpiQxwv  iTzapymi ,  C  I.  Gr. 
n.  2595;  ooYiAa  xoD  xoivoü  Traor^;  xf]?  srapyia?,  ib.  2596.  2597;  KpTQxapVTf];, 
ib.  2744. 

11)  Ammian.  28,  6,  7. 

12)  lieber  die  Priester  dieser  Provinz  handelt  sorgfältig  O.  Hirschfeld  Ar%nali 
1866  p.  69' — 77.  Merkw^ürdig  ist,  dass  noch  unter  Constantin  ein  neues  sacerdo- 
tium  Flaviae  gentis  in  Africa  eingerichtet  wurde  (Aurel.  Vict.  de  Caes.  40,  28), 
und  dass  etvpa  im  J.  368  in  einer  Inschrift  (Henzen  n.  6904)  ein  Proconsul 
Festus  Hymettus  gelobt  wird ,  quod  Studium  sacerdotü  provinciae  restituerit ,  ut 
nunc  n  conpetitoribus  adpetatur,  quod  antea  formidini  fuerit. 

13)  Ein  fiamen  provinciae  Nwnidiae  Annuaire  de  Constantine  1861  p.  237  n.  1. 

14)  Ein  fiamen  provinciae  Mauretaniae  Renier  Inscr.  de  l'Alg.  n.  3915. 

15)  Es  sind  dies  der  sacerdos  provinciae  Campaniae ,  Henzen  n.  6112;  der 
praetor  Etruriae  XV  populorum,  Orelli  n.  96.  97.  3149.  Henzen  6183.  6497; 
der  iuratus  ad  sacra  Etruriae^  Orelli_^2182;  der  sacerdos^  quem  anniversaria  vice 
JJmhria  dedit,  Henzen  n,  5580;  der  coronatus  Tusciae  et  Umbriae,  über  welchen, 
sowie  überhaupt  über  die  Landtage  dieser  Provinzen,  Mommsen  Epigr.  Anal, 
n.  8.  9  in  den  Berichten  d.  sächs.  Gesellsch:  der  Wiss.  1850  S.  199  ff.  erschö- 
pfend handelt. 


—     377     — 

im  Wesentlichen  die  gleiche  war,  und  nur  in  denjenigen  Provin- 
zen etwas  eigenthümliches  hatte,  in  welchen  man  es  bereits  vor- 
fand und  beibehielt.  Dies  ist  der  Fall  in  den  combinirten  Pro- 
vinzen Bithynia  Pontus ,  Pamphylia  Lycia ,  Greta  Cyrene,  welche 
doppelte  xotva  haben,  und  wahrscheinlich  in  Griechenland,  wo  das 
xoLvov  'A/aiac 'y  nicht  den  Landtag  der  ganzen  Provinz,  sondern 
wahrscheinlich  nur  der  peloponnesischen  Städte  bedeutet,  und 
neben  demselben  noch  unter  den  Kaisern  das  xoivov  Bokotäv, 
Eußoewv^  Ao/pwv,   Oo)X£(üv,  Awpiewv  aus  aller  Zeit  fortbesteht ^j . 

B.    Der  Statthalter  und  seine  Beamten. 

In  Betreff  des  Beamtenpersonals,  in  dessen  Hände  die  Verwal- 
tung der  Provinzen  gelegt  wurde,  sind  sowohl  während  der  Repu- 
blik als  besonders  bei  dem  Regierungsantritte  dos  Augustus  verschie- 
dene Bestimmungen  getroffen  \^ordon  und  man  kann  in  der  Ge- 
schichte der  Provinzen  drei  ^Perioden  unterscheiden,  von  welchen 
die  erste  vom  Beginne  derProvincialvcrwaltung  bis  Sulla,  die  zweite 
von  Sulla  bis  Augustus,  die  dritte  von  Augustus  bisDiocletian  reicht. 
Während  der  ersten  wurden  für  die  Provinzen  eigene  Prätoren  Prätoren, 
erwählt,  seit  527  =  227  zwei  für  Sicilien  und  Sardinien-^),  seit 
557  =  197  noch  zwei  andere  iiXr  Hispania  citerior  und  ullerior^)^ 
und  die  Zahl  von  0  Prätoren  hat  sich  bis  auf  Sulla  erhalten, 
welcher  dieselbe  auf  8  erhöhte •'»).  In  der  zweiten  Periode  blie- 
ben dagegen  sämmtliche  Präloren  während  ihres  Amtsjahres  in 
Rom  und  gingen  erst  im  folgenden  Jahre  proroyato  imperio^]  mit  ^^JpJj"**'" 
den)  Titel  pro  praelore  oder  propraetor'']  in  ihre  Provinzen.  Der 
Grund  dieser  Aenderung  liegt  darin,  dass  einerseits  die  Zahl  der 
Provinzen  durch  das  Ilinzukonnncn  von  Macedonia,    Africa,    Asia, 


1)  r.  7.  Gr.  1124.  1307.  1625,  20.   Kuhn  %  72. 

2)  Epliem.  cpigr.   1872  p.  lol.  207  uiui  sonst  ol'i. 

3j  Liv.  ep.  20:  praetonim  numerus  ampliatua  est,  ut  essenl   IUI. 

4)  Liv,  32,  27:  nex  praelores  primwn  creali^  crescentibus  iam  pwrincih  et 
iatius  pateHctnte  hnjierio. 

5)  Auf  10  brachte  die  Zahl  der  l'rätoren  Caesar  (Diu  Cass.  42,  öl),  indeoi 
er  der  bestehenden  Zahl  2  hinzufügte  (DiR.  1,  2,  2  S  32).  Sulla  kann  also 
nicht  vier,  wie  in  der  letzteren  Stelle  aneenoinnien  wird,  sondern  nur  zwei  neue 
l'rätorenstcllcn  eingerichtet  haben.    S.  Druniann  2,  485. 

B)  Mommsen  Staatsrecht  1,   i)i\)  If. 

7)  lieber  die  Formel  procomul  und  pruconsule  y  propraetor  und  propraetore, 
/wischen   welchen    kein    rntorschied    des   Sinnes   ist,    s.  Soldan  (Juaentionum   He 

nlitjuot  portihw*  procoiuulum  et  propraetorum  capita  aex,  llanov.  IÖ31.  Ö  p.  lÜ 

'52  und   Marini   Anuili   I   p.  ui.         ,,   ,,     ,    ,  ,    ,,   . 


—     378     — 

Gallia  Narbonensis  und  Cilicia  sich  vergrösserte,  andererseits  die 
in  Rom  nach  und  nach  eingerichteten  Criminalgerichtshöfe  [quae- 
stiones  perpeiuae)^  deren  Präsidium  den  Prätoren  übergeben  wurde, 
die  Anwesenheit  sämmtlicher  Prätoren  in  Rom  nöthig  machten. 
Welchem  Jahre  und  welchem  Gesetze  diese  Aenderung  zuzu- 
schreiben ist,  wird  nirgends  überliefert;  wenn  man  sie  auf 
r»^g«im&8Pig  suii^  zu?ÜckführL '),    so  hat  dies  in   sofern   seine  Richtigkeit,    als 

seit  Snlla,  '  '  o  J 

Sulla  sowohl  das  consularische  als  das  prätorische  Amt,  welches 
solange  einjährig  gewesen  war,  gesetzlich  auf  die  Dauer  von 
zwei  Jahren  brachte,  von  denen  das  eine  auf  deh  Dienst  in  der 
Stadt,  das  andre  auf  die  Statthalterschaft  einer  Provinz  verwendet 
wurde,  und  so  die  Prorogation  beider  Aemter  regelmässig  machte, 
während  sie  bis  dahin  zwar  schon  lange  vorher,  aber  nur  als 
Nothbehelf  in  Anwendung  gekommen  war  2).  Die  erste  quaestio 
perpetua  wurde  nämlich  bereits  605  =  149  in  Folge  der  lex  des 
Volkstribunen  L.  Calpurnius  Piso  de  pecuniis  repetimdis  einge- 
setzt-^), damals  aber  zunächst  unter  \ors\iz  des  praetor  per egrinus 
abgehalten^),  im  J.  659  =  95  hatte  sie  aber  schon  einen  eigenen 
Präsidenten  in  dem  praetor  repelundarum  ^) ,  der  durch  die  uns 
erhaltene  lex  repetundarum  des  Jahres  632  =  122  scheint  ange- 
dSich  ordnet  worden  zu  sein^).  Waren  also  damals  drei  Prätoren  in 
'6*32'=  122!  Rom  nöthig,  so  blieben  für  die  vorhandenen  zehn  Provinzen  nur 
drei  Prätoren  disponibel,  und  wir  finden  daher  schon  vor  Sulla 
öfters  Proprätoren  als  Statthalter,  wie  itn  J.  641=113  in  His- 
pania  alter ior"']^  im  J.  650=104  in  Sardinia*^),  im  J.  666  =  88 
in  Africa^j. 

1)  Borghesi  Oeuvres  1,  233.    Mommsen  Staatsrecht  1,  86:  Rechtsfrage  S.  9. 

2)  Mommsen  Rom.  Gesch.  2,  360  ff. 

3)  Cic.  Brut.  27,  106 :  nam  et  quaestiones  perpetuae  hoc  {Carbone)  adolescente 
constitutae  sunt,  quae  antea  nullae  fuerunt;  L.  enim  Piso  tribunus  pl.  legem  pri- 
mus  de  pecuniis  repetundis  Censorino  et  Manilio  consulibus  tulit.  Cic.  de  off.  2, 
21,  75.    in  Verr.  II,  3,  84,  195;  4,  25,  56. 

4)  Lex  repel.  vom  J.  632  (C.  /.  L.  I  n.  198)  lin.  12. 

5)  In  diesem  Jahre  (Cic.  in  Verr.  II,  2,  49,  122)  war  C.  Claudius  Pulcher 
iudex  quaestionis  venepciis  und  praetor  repetundis,  Orelli  n,  569=  C\  /.  L.  I  p.  279 
n.  IX.    Es  gab  also  damals  schon  zwei  quaestiones  perpetuae. 

6)  Mommsen  C.  I.  L.  I  p.  65. 

7)  Von  Marius,  der  sieben  Jahre  vor  seinem  Consulat  (Cic.  de  off.  3,  20, 
79),  also  640=114  Prätor  war,  sagt  Plnt.  Mar.  6:  tj-sra  oe  ttjv  OTpaxtjYtav, 
vtXifjpiu  Xaßojv  TYjv  ixzhi  'Ißrjptav,   Xe^exat  xai^äpai  XTfjOTYjpiojv  xr^v  drcapyiav. 

8)  In  dieses  Jahr  setzt  man  ,   wenigstens  annähernd  richtig,  die  Statthalter- 
.     Schaft  des  T.  Albucius  (Drnmann  3,   126;   4,  319.    Cic.  in  Pison.  38,  92.  de  off . 

2,  14,  50),  den  Cic.  de  prov.  cons.  7,   16  propraetor  nennt. 

9)  Als  Marius  in  diesem  Jahre  nach  Airica  floh,  war  dort  Statthalter  Sexti- 


—     379     — 

Die  Veränderung,  welche  im  J.  1 22  begann  und  durch  Sul- 
las Gesetze  saoctionirl  wurde,  dass  nämlich  die  Stalthalter  nicht 
als  praetor  es,  sondern  propractore  ihre  Provinz  verwalteten,  be- 
zog sich  indessen  nur  auf  die  Provinzen,  welche  als  beruhigt 
angesehn  und  ohne  grössere  Heeresmacht  administrirt  werden 
konnten;  diejenigen,  welche  noch  Schauplatz  des  Krieges  waren, 
wurden,  wie  in  der  ersten,  so  auch  in  der  zweiten  Periode  ent- 
weder den  fungirenden  Consuln  übertragen  *)  oder  ausserordent-  Piocoii?nin. 
licher  Weise  einem  besonders  dazu  erwählten  Befehlshaber  mit 
dem  Titel  pro  consule'^)  angewiesen,  sei  es  nun,  dass  man  dem 
Consul  des  vorigen  Jahres  zur  Fortsetzung  des  Krieges  sein  im- 
perium  prorogirle  "•) ,  oder  einen  früheren  ConsuH)  od6r  einen 
gewesenen  Prätor ^:,  oder,  was  selten  geschehen  ist,  einen  noch 
zu  keinen  höheren  Würden  gelangten  Privatmann  mit  consulari- 
schem  Heere  und  imperinm  ausrüstete,  wie  543  =  211  den  Scipio^), 

litis  (Plut.  Mar.  40),  den  Appiaii.  B.  C.  1,  02  Sextius  nennt.  Anf  Münzen  von 
Hadrumetuin  hcisst  dieser  P.  SEXTILIVS  PRoPraetor  AFricae.  S.  Müller  Nu- 
iiiismatique  de  L'ancienne  Afrique  2,  51,  welcher  indessen  in  der  Jahresbestim- 
niung  irrt. 

1)  Hietur  sind  die  Beispiele  häulig. 

2)  In  den  Triumphalfasten  der  Republik  wird  bis  awf  Cäsars  Zeit  nieman- 
dem der  Titel  proconsul  beigelggt,  der  nicht  Consular  gewesen  wäre,  mit  Aus- 
nahme des  L.  Cornelius  Uolabella,  der  650  =  98  proconsule  triumphirte,  in  den 
Consularlas^ten  aber  nidit  vorkommt.  Auch  er  indessen  dürfte  consul  stiffectu» 
gewesen  sein ;  dagegen  zu  Cäsars  Zeit  und  später  triumphireii  als  proconsules 
a.  709  =  45  y.  Pedius;  711=43  L.  Plauens;  720  =  34  C.  Sosius,  welche  nicht 
('onsnln  gewesen  waren.    8.  Mommsen  C.  l.  L.  I  p.  567.  568. 

3)  Dies  geschah  zuerst  427=327.  Liv.  8,  23,  12:  actum  rwm  tribunis  efit, 
(id  populum  ferrerU ,  ut,  quam  Publilius  Philo  consulatu  abisset,  pro  ron^suJe  rem 
yereret,  quoad  debellatum  cum  (iraecis  esset.  8,  26,  7 :  duo  sinyularia  haec  ei 
viro  primum  contiyere,  prorogatio  imperii^  non  ante  in  ullo  facta,  et  acto  honore 
Iriumphus. 

4)  8o  wurde  im  J.  290=: 464,  da  ein  Consul  in  Rom  blieb,  der  andre  gegen 
die  Aequcr  utiglücklich  kämpfte,  der  Consul  des  vorigen  Jahres,  T.  ^Juinctiu« 
proeonmle  mit  der  Führung  des  Krieges  beauftragt. 

5)  S.  die  Sammlung  bei  Soldan  j).  69  ff.  Beispiele  sind:  Liv,  41,  12:  Tt. 
Claudius  procf/nsul,  qui  praetor  priore  anno  fuernt.  Cic.  de  leg.  1,  20,  58:  cum 
proconsule  ex  praetura  in  (iraeciam  veniantl  (Gelliu.s).  Plut.  Aem.  Pauli.  4  :  ^m 
TO'jTov  6  Ai(i.i).io;  d^GrejxcfOTj  0TpaTrjY»5; ,  wy^  'i^  eyrnv  r.ekixen ,  ßoou;  lyo'jaiv 
Ol  OTMTirjifO'JVTE;  ,  d'KKa  7:po;Xaßtuv  excpo'j;  tooo'jtou;,  (Tjaxe  r^^  o-P'/yi^  ororrex^v 
'If^iovai  To  ä?i<o[j.a.  l  eher  diese  prätorischen  Proconsuln  ist  bei  den  einzelnon 
Provinzen  jedesmal  die  nöthigc  Nachweisung  gegeben  worden.  Q.  Cicero  wurde 
ex  praetura  proconnul  Aifiae  ,  C.  Octavius,  der  Vater  des  Augustus,  ex  praetura 
procfm-sul  Macfdfmiae  {\)tuu\hi\u  4,  230);  der  clgentli<hc  Titel  dieser  prätorischen 
Proconsuln  war  aber  praetor  pro  connule,  wie  die  von  Mommsen  (\  I.  h.  I  p.  188 
angeführten  Heispiele  Vinicianus ,  pr.  pro  con.  (C,  /.  L.  1  n.  64t),  M'.  Cordius 
}ir.   procon.    (Orclli   3142),    T.  .MuKsidius  Polllo    —   pr.  proco».  provinc.  (Mlline 

\nrb.  ((trut.  p.  440,  2);  M.  Nonlns  Baibus  pr.  pro  cot.  und  daneben  nur  proco$, 
(Vlomnisen  /.   A.  2405—2413)  beweisen. 

6)  IJv.  26,   18. 


—     380     — 

518  =  206  den  L.  Cornelius  Lentulus*),  677  =  77  den  Pompeius^j. 
Dass  ein  Prätor  in  seinem  Amlsjahre  eine  Provinz  verwaltet, 
kommt  nur  noch  einmal  vor  in  der  Verwirrung  des  Kriegsjahres 
705=:  49,  in  welchem  C.  Fannius,  dessen  Prätur  in  dieses  Jahr 
zu  fallen  scheint  =*),  die  Statthalterschaft  von  Asien  führte  und 
in  dieser  Würde  sich  den  Titel  oTpanrjYo;  ötzoltoc,  beilegt^),  wei- 
cher im  sechsten  Jahrhundert  der  griechische  Titel  für  den  Con- 
sul  isf*),  und  hei  dem  Prator  nichts  anderes  bedeuten  kann,  als 
das  consularische  Imperium^);  die  Gonsuln  haben  auch  nach  Sul- 
la's  Zeit  noch  zuweilen  ein  auswärtiges  Commando  übernommen, 
wie  im  J.  680  =  74  Lucullus  und  Gotta  im  Kriege  gegen  Mithri- 
dates')  und  im  J.  687  =  67  M'.  Acilius  Glabrio  in  Bithynien^). 
Regel  aber  war  es,  dass  sie  Rom  in  ihrem  Amtsjahre  nicht  ver- 
liessen'»). 
^iscSrnid  Der  Unterschied  zwischen  dem  proconsul  und  dem  propraetor 

rfschePrö-  bcruht   nicht   allein    auf  dem  Rangverhältnisse^"),    nach   welchem 

vinzen. 

1)  Liv.  28,  38;  31,  20:  per  idem  tempus  (554  =  200)  />,  Cornelius  Len- 
tulus  pro  consule  ex  Hispania  rediit.  Qui  quum  in  senatu  res  ab  se  per  muLtoa 
annos  fortiter  feliciterque  gestas  exposuisset  postulassetque,  ut  triumphanti  sibi  in- 
vehi  liceret  in  urbern ,  res  triumpho  dignas  esse  censebat  senatus ;  sed  exernplum 
a  tnaioribuf  non  accepisse ,  ut ,  qui  neque  dictator^  neque  consul  neque  praetor  res 
gessisset ,  triumpharet :  pro  consule  illum  Hispaniam  provinciam ,  non  consulem 
aut  praetorem  obtinuisse. 

2)  Liv,  ep.  91 :  Cn.  Fompeius  cum  adhuc  eques  R.  esset,  cum  imperio  pro- 
consulari  adversus  Sertorium  missus  est.  Cic.  Phil.  11,  8,  18:  nam  Sertorianum 
bellum  a  senatu  privato  datum  est,  quia  consules  recusabant;  cum  L.  Philippus 
pro  consulibus  eum  se  mittere  dixit,  non  pro  consule.     Cic.  pr.  l.  Manil.  21,  61. 

3)  Mommsen  G.  d.  R.  Münzw.  S.  375  Anm.  33.    Waddington  Fastes  n.  34. 

4)  loseph.  Ant.  14,  10,  19.  An  einer  andern  Stelle  heisst  er  (ipyt(5TpaTr(- 
Yöi,  Ant.  15,  10,  13. 

5)  C.  I.   Gr.  1770.  1325.  3800.    Polyb.  1,  52,  5;  6,  14,  2;  18,  46  (29),  5. 

6)  üeber  den  Titel  handelt  ausführlich  Mommsen  Eph.  epigr.  1872  p.  223  ff. 

7)  Liv.  ep.  93.  94.  Eutrop.  6,  6.  Walter  Gesch.  des  H.  Rechts  §  135  hält 
diesen  Fall  für  den  letzten  der  Art,  veas  durch  den  gleich  anzuführenden  spä- 
tem Fall  widerlegt  wird. 

8)  Dio  Cass.  35,  2.  Salhist.  fr.  hist.  5,  14  Kritz  bei  Priscian  18,  4,  41. 
Drumann  4,  159.  Mommsen  Rechtsfrage  S.  30.  Zumpt  Stud.  Rom.  p.  73  nimmt 
an,  dass  nach  der  lex  Vatinia  695  =  59  kein  Consul  mehr  eine  auswärtige  Pro- 
vinz erhalten  habe;  denn  dass  Crassus  im  letzten  Monate  seines  Consulates  gegen 
die  Parther  auszog  (Cic.  ad  Att.  4,  13)  und  im  Jahre  711  =  43  die  Consuln 
Hirtius  und  Pansa  in  den  Krieg  gingen ,  ist  für  die  vorliegende  Frage  nicht 
entscheidend. 

9)  Daher  sagt  Cic.  de  nat.  deor.  2,  3,  9 :  tum  enim  bella  gerere  nostri  du- 
ces  incipiunt,  quum  auspicia  posuerunt ;  de  div.  2,  36,  76:  bellicam  rem  admi- 
nistrari  maiores  nostri  nisi  auspicato  noluerunt ;  quam  multi  anni  sunt,  cum  bella 
a  proconsuUbus  et  a  propraetor ibus  administrantur,  qui  auspicia  non  habent !  und 
bei  Dio  Cass.  45,  20  wirft  Cicero  dem  Antonius  vor,  oxi  ttjv  roXtv  dv  tüj  rf^i 
UTraxeia!;  Xf*6vq)  d-icXtTicuv  i'Auepii^'/txai  ttjv  '/^pav  rrop^öjv  xat  Xi)[j,aiv6[xevo;. 

10)  Cic.  pr.  Plane.  6,  15:  sed  servari  necesse  est  gradus,  cedat  consulari  ge- 


^ 


—     381      — 

der  erstere  zwölf,  der  letztere  sechs  fasces  führt  ^),  sondern  ur- 
sprünglich wenigstens  in  dem  consularischen  Heere,  welches  der 
erstere  unter  seinem  Befehle  hat  2).  Dieselben  Provinzen  werden 
daher,  jenachdem  sie  einer  grösseren  oder  geringeren  Truppen- 
macht bedürfen,  bald  von  Proconsuln,  bald  von  Proprätoren  ver- 
waltet ^) ;  erst  am  Ende  der  Republik  kommt  es  vor,  dass  der 
Titel  proconsid  ohne  das  consularische  Heer  ertheilt  wird'*). 

Die  Bestimmung  über  die  consularischen  und  prätorischen 
Provinzen  [decernere  oder  nominare  provincias)  wurde  vom  Se- 
nate, und  zwar  in  der  ersten  Periode  entweder  vor  dem  Antritte 
der  neuen  Magistrate  oder  nach  demselben  auf  Antrag  der  Con~ 
suln  getroffen.  Darauf  loosten  oder  verglichen  sich  zuerst  di(^ 
Consuln  über  die  consularischen,  sodann  die  Prätoren  über  die 
prätorischen  Provinzen.  Für  die  zweite  Periode  verordnete  die 
lex  Sempronia  de  provinciis  (631=123)    als  regelmässiges  Ver- 

neri  praetorium.  Plut.  Cato  min.  55 :  oöxoa  oTj  SiaßaXojv  eU  Kepxupav  (Cato), 
OuO'j  t6  va'JTixov  r^v,  l^iOTaxo  fjisv  Kix^piuvi  'zf^i  apx^?,  <w*  UTraxixui  GTpaTrjixo;. 
Ibid.  c.  57:  d^to'jvTüuv  o;  Tcdvxcuv  apyeiv  aurov,  y.a\  rptotouv  xtüv  Tiepl  SxtTciuiva 
xat  Ouapov  ^^toxafxsvoiv  y.ai  Ttapaotoovttuv  xy]V  ii'^e\i.o'^i'xv ,  oux  Icpr^  */axaX6o£iv 
TO'j;  vöfjLO'j;  —  o'jo'  ici'jxov  dvxtaxpdxTjYOV  ovxa,  napö^xo;  d';fty-dxo'j,  7ipo;xdc£tv. 

1)  Mommsen  Staatsrecht  1  S.  305. 

2)  Cic.  de  prov.  cons.  7,  15:  est  primum  disssimlLe  res  in  Sardinia  cum 
mastrucatis  latrunculis  a  propraetore  una  cohorte  auxiliaria  gesta  et  bellum  cum 
maximis  Syriae  yentibus  et  tyrannis  consulari  exercitu  imperioque  confectum. 

3)  Hiefür  sind  bei  den  einzelnen  Provinzen  die  Beweise  gegeben ,  in  Ma- 
redonien  z.  B.  folgte  dem  Proconsul  Piso  der  Propraetor  Q.  Ancharius,  und  von 
Sardinien  sagt  läv.  41,  8:  propter  belli  maynitudinem  provincia  contiularis  facta 
est.  Aus  dieöem  Wechsel  erklärt  sich ,  dass  einem  und  demselben  Statthalter 
verschiedene  Titel  gegeben  werden  ,  wie  bei  Livius  M.  Fulvius  einmal  proconsul 
(35,  22),  hernach  propraetor  (36,  2j  genannt  wird.  Vgl.  Düker  ad  Liv.  39,  29. 
Insbesondere  wird  der  Titel  praetor  nicht  nur  den  propraetores  (Cic.  ad  fam.  13, 
55.  Nipperdey  Die  leges  annales  S.  29.  30)  oder  denjenigen  proconsules  beige- 
legt, welche  ex  praetura  in  die  Provinz  gegangen  waren,  wie  dem  Q.  Cicero, 
welcher  693 — 696  =  01 — 58  proconsul  Asiae  war  und  bei  Cic.  ad  Q.  fr.  1,  1,7 
praetor  heisst,  oder  in  späterer  Zeit  dem  proconsul  Bithyni<ie  (Tac.  Ann.  1,  74). 
sondern  er  wird  seiner  ursprüngli(!hen  Bedeutung  nach  als  allgemeine  Bezeich- 
nung des  Statthalters  überhaupt  gebraucht,  wie  dies  schon  die  Ausdrücke  cohors 
praetoria,  porta  praetor  ia ,  navis  praetoria  und  praetorium^  d.  h.  die  Amtswoh- 
nung des  Statthalters  in  der  Provinz  (Cic.  Verr.  II,  4,  28,  65  vgl.  4,  53,  1  IS. 
Tipaixwpiov  Marci  Evang.  15,  16.  loh.  Kvany.  18,  28.  Liban.  I  p.  111  K. 
luKtinian.  Nov.  24.  Perjzonii  Disquisitio  de  praetorio,  Franequerae  1690.  8)  be- 
weisen. Daher  sagt  Cicero  von  sich,  dem  proconsul  Ciliciae  und  gewesenen  Con- 
fiul  ad  Alt.  5,  21  ^  11:  homines  dicere  —  quod  praetori  dare  conmessent,  —  se 
a  me  quodammodn  dare,  und  von  Bibulus,  proconsul  Syriae,  ad  fam.  2,  17,  2: 
quod  eyo  officio  quaeMorio  te  addurlum  reticerr  de  praetore  tuo  ( liibulo)  non  mo- 
lestt  ferebam.  Andere  Heispiel«'  s.  bei  Kckliel  />.  N.  4  p.  236.  (laratoni  ad  Ver- 
rin.  11,  2,   10. 

4)  So  war,  während  Q.  Cicero  als  proronaul  Asien  verwaltete,  In  der  ProTlnr 
summa  pax,  iumma  tranquillHas.    Cic.  ep.  ad  Q.  fr.   1,   1,    1.   5. 


Lev  Pom 
pfia. 


—     382     — 

fahren  (denn  exlra  nrdinem  wurde  auch  später  das  impermm 
mehrmals  verliehen),  dass,  um  Parteilichkeit  zu  vermeiden,  der 
Senat  die  beiden  neuen  consularischen  Provinzen  jährlich  vor 
den  Consularcomitien  nominiren  solle,  worauf  die  Consuln  noch 
als  designati  darüber  loosten  ^) ,  wogegen  die  Tribunen  auf  das 
Recht  der  Intercession  gegen  diese  Bestimmung  verzichteten,  wel- 
ches ihnen  sonst  zustand'-^)  und  für  die  prätorischen  Provinzen, 
deren  Verloosung  erst  während  des  städtischen  Amtes  der  Prä- 
toren stattfand,  fernerhin  in  Geltung  blieb  =').  Seitdem  die  Con- 
suln und  Prätoren  erst  nach  ihrem  Amtsjahre  die  Provinz  über- 
Zeit  .los  nahmen,  lae  somit  zwischen  der  nominatio  provinciarum  und  dem 
Antritte  der  Verwaltung  für  die  Consuln  ein  Zeitraum  von  18, 
für  die  Prätoren  ein  Zeitraum  von  10  Monaten  "•),  da  die  Comi- 
tien  im  Juli  gehalten  zu  werden  pflegten;  ein  Senatusconsult 
vom  .1.  701=53  5)  und  die  lex  Pompeia  des  folgenden  Jahres 
verlängerte  diese  Frist  in  der  Art,  dass  alle  Provinzen  erst  fünf 
Jahre  nach  dem  Consulate  oder  der  Prätur  angetreten  werden 
sollten  •5).  Dies  Gesetz,  welches  von  Cäsar  nach  der  Schlacht 
bei  Pharsalus  aufgehoben  wurde,  um  die  Pompejaner  von  dem 
Commando  in  den  Provinzen  auszuschliessen'),  aber  unter  Au- 
gnstus  wieder  zur  Geltung  kam^),  hob  den  bis  dahin  bestehenden 
Zusammenhang  des  städtischen  Amtes  mit  der  Statthalterschaft 
gänzlich  auf,  und  machte  die  letztere  aus  einer  Promagistratur 
zu  einem  dem  Beeriff  nach  selbständigen  Amte. 


1)  Oic.  acc.  in  Verr.  II,  '^,  90,  222. 

2)  Liv.  32,  28. 

3)  Cic.  pr.  domo  9,  24.  pr.  Balbo  27,  Gl.  ad  fam.  1,  7,  10.  deprov.  cons. 
2,  3;  7,  17.  Sallust.  lug.  27,  3.  Ferratii  epist.  III,  8.  Ueber  die  lutercessiou 
Cic.  de  prov.  cons.  7,  17:  faciam,  inquii,  ülas  praetorias ,  ui  Pisoni  et  Gabinio 
suceedatur  statim.  Si  hie  sinat.  Tum  enim  tribunus  irUercedere  poterit,  nunc  non 
polest.   Vgl.  15,  36. 

4)  Cic.  de  prov.  cons.  7,  17  und  die  Erklärer  zu  der  8t.  Mommsen  Die 
Rechtsfrage  S.  49.  50. 

5)  Dio  Cass.  40,  46 :  SoYfxa  5s  sitoiYjoavTo ,  (XYjolva  p.Y]T£  OTparrjYTjoavTa, 
fj.'Tjft'  UTiaTeuoavTa,  xd;  e^uj  '?JYe|J.ovia;,  Trpiv  av  r^vxe  eJh]  ^ieXiStq,  XafjLßavsiv. 

6)  Dio  Cass.  40,  56 :  xö  xe  ooYfxa  x6  (Aixpov  £(j.Tipooi^ev  -(ssou.z^o^ ,  &ax£ 
xo'j;  ap^avxa;  dv  x-^  ttoXsi  [X'?j  Ttpoxepov  ic,  xd;  e^io  -/jY^f^^vta? ,  Tptv  r.esxe  h-q 
7:apeX^eTv,  xXirjpoyaö^ai,  dTrevcupwoev. 

7)  Dio  Cass.  42,  20:  xd?  xs  -fjYe{Ji.o\/ta;  xd;  dv  xtL  utcyj-^ooj  xoT;  fxev  uTrdxot; 
oi'jxot  6^^£v  cxX'/jpojaav ,  xoTi;  he  ^^j  oxpaxr^Y*^'^^  '^^^  Kaioapa  dicXirjpajxt  SoOvai 
I^Tjcpioavxo  •  £;  x£  Ydp  xou;  u7:dxou;  xat  ii  xou;  oxpotxTQYOu;  aJ^i;  Tiapd  xd  le- 
SoYJJt^va  ocpiotv  ^7tavf^X\}ov.    Zumpt  Comm.  epigr.  2,  232. 

8)  Dio  Cass.  53,  14.    Vgl.  52,  20.    Suet.  Aug.  36. 


—     383     — 

Es  gilt  in  Rom  als  die  Hauptgaranlie  der  republicanischen  Amtsdauei 
Freiheit,  dass  kein  Staatsamt  länger  als  ein  Jahr  bekleidet  wird  ^), 
lind  für  die  städtischen  Aemter  giebt  es  keine  Möglichkeit  der 
Verlängerung.  Anders  ist  es  mit  einem  auswärtigen  militärischen 
Gommando^j  und,  was  dasselbe  ist,  der  Verwaltung  einer  Pro- 
vinz. Zwar  ist  auch  für  dies  Commando  die  Uebertragung  auf 
ein  Jahr  regelmässig,  nämlich  auf  das  militärische  Dienstjahr, 
welches  vom  ersten  März  bis  zum  letzten  Februar  gerechnet 
wird"^),  und  eine  Verlängerung  der  Magistratur,  welche  als  eine 
ausserordentliche  Massregel  gilt,  bedarf  in  älterer  Zeit  einer  förm- 
lichen prorogatio^  d.  h.  eines  Antrages  an  das  Volk,  in  welchem 
wieder  eine  feste  Zeitgrenze  gesetzt  wurde,  entweder  bis  zur 
Beendigung  des  Feldzuges,  oder  auf  ein  folgendes  Jahr;  im 
sechsten  Jahrhundert  wenigstens  eines  Senatsbeschlusses  ohne 
weitere  Befragung  des  Volkes  ^j.  Allein  es  liegt  in  der  Natur 
des  militärischen  Commandos,  dass  der  Feldherr,  wie  der  Soldat, 
seinen  Posten  nicht  verlassen  darf,  bevor  er  abgelöst  wird;  der 
Proconsul  oder  Proprätor  bleibt  also  jedenfalls  so  lange,  bis  sein 
Nachfolger  eintrifft^),  und  je  weiter  sich  der  Kriegsschauplatz 
allmählich  von  der  Hauptstadt  entfernte,  desto  öfter  wird  eine 
Verlängerung  des  Oberbefehls  eingetreten  sein,  welcher  auf  ge- 
setzlicher Prorogation  nicht  beruhte,  aber  unvermeidlich  war  und 
häufig  vorkonmit^).  In  Sulla's  lex  Cornelia  de  proii'nciis  ordi-  ux  cor- 
nandis  war  sogar  in  Rücksicht  auf  diejenigen  Imperatoren,  welche 
triumphiren  wollten,  und  zu  diesem  Zwecke  im  Besitze  des 
imperiurn  sein  mussten,  angeordnet,  dass  die  nach  Ankunft  des 
Nachfolgers  ihre  Provinz  verlassenden  Proconsuln  und  Proprätoren 
sowohl  während  der  dreissig  Tage,  welche  ihnen  zu  den  Vorbe- 
reitungen  der  Abreise    gestattet   wurden'),    als  bis  zu  ihrer  An- 


ntUa. 


\)  Bei  Livius  4,  24  sagt  Main.  Aemilins:  maximam  lihertalis  rualodiam  esse, 
si  magna  imperia  diuturna  non  essent ,  et  temporis  modus  imponeretur,  quibus 
iurin  hnponi  non  poxset. 

2)  I  eber  die  Prorogation  und  den  Regriff  der  Promagistratnr  hat  Monimseii 
dreimal  ausführlich  gehandelt:  Die  Rechtsfrage  zwischen  CäKar  und  dem  Senat 
S.  2i;  ff.;   Köm.  ({e»(h.  3,  103;   Staatsrecht   1,  r)19  fl'. 

3)  Mommsen  Kechtrtfrage  S.  14  11".   S.  27. 

4)  Mommsen   Staatsrecht  1,   .Vif).   .02(1. 

C))  l/'lpian.  IH(j.  1,  IG,  lü:  rneminisse  oportebit,  u.ique  ad  adventum  surcea- 
HoriH  omnia  debere  prnconifulem  ayerr,  cum  ait  unua  proconaulatua  et  utilUaa  pro- 
rinriae  exigat,  eaae  aliquem,  per  quem  negotia  aua  pfwineialea  expUcent :  ergo  in 
adventum  aucreaaoria  debebit  iu$  dicere.    Vgl.    I.    17. 

ü)  Mommsen  Staat.nrecht  1   S.  524. 

7)  C'io.  ad  fam.  3,  6,  3. 


—     384     — 


kunft  in  Rom  das  imperium  beibehielten^).  Man  hat  daher  die 
Zeit  der  Statthalterschaft  nicht  zu  datiren  von  dem  Antritt  der 
Verwaltung  bis  zur  Uebergabe  derselben  an  den  Nachfolger,  son- 
dern von  dem  Tage,  an  welchem  der  Statthalter  Rom  verlässt, 
bis  zu  dem  Tage,  an  welchem  er  \vieder  in  Rom  eintrifft  2^,  und 
diese  Frist  ging  immer  mehr  oder  weniger  über  das  Jahr  hinaus. 
Durch  die  Anwendung  des  Grundsatzes,  dass  der  Statthalter  die 
Ankunft  seines  Nachfolgers  abzuw^arten  hat^),  wurde  eine  for- 
melle Prorogation  desselben  überflüssig  und  die  Dauer  der  Ver- 
waltung der  Provinzen  von  dem  Ermessen  des  Senates  abhängig 
gemacht"*);  wir  finden  deshalb  in  der  Zeit  nach  Sulla  eine  Reihe 
von  Statthaltern  in  mehrjährigem  Besitze  ihres  Amtes  ^) ,  ohne 
dass  von  einer  Prorogation  desselben  im  alten  Sinne  des  Wortes 
die  Rede  ist<^),  und  ersehen  aus  Cicero's  Briefen  aus  Cilicien, 
dass  er  alle  Mittel  aufbietet,  um  nicht  länger  als  ein  Jahr  in 
der  Provinz  zu  bleiben'^).  Denn  da  auch  die  acht  PrUtoren, 
welche  es  seit  Sulla  gab,  nebst  den  zw^ei  Consuln  zur  Besetzung 
aller  Statthalterstellen  nicht  ausreichten,  so  war  in  jedem  Jahre 
eine  Combination  oder  eine  Prorogation  einiger  Verwaltungen  er- 
forderlich.    Im  J.   704  =  50  z.   B.  gab  es  14  Provinzen;  nämlich 

1)  Cic.  ad  fam.  1,  9.  25:  Appius  —  dictitabat  —  se ,  quoniam  ex  senatus- 
consulto  provinciam  haberet ,  lege  Cornelia  imperium  habiiurum ,  quoad  in  urbem 
introiisset. 

2)  Mömmsen  Die  Rechtsfrage  S.  35. 

3)  Dass  dieser  (irundsatz  in  die  lex  Cornelia  aufgenommen  war ,  ist  nicht 
überliefert,  aber  wahrscheinlich.  Mommsen  R.  G.  2,  362  nimmt  dagegen  an, 
dass  dies  Gesetz  die.  Statthalterposten  durchaus  auf  ein  Jahr  beschränkt  habe, 
für  welche  Annahme  ein  Beweis  ebenfalls  nicht  vorhanden  ist. 

4)'  Cic.  Phil.  10.  11,  26:  senatuique  placere  Q.  Hortensium  pro  consule  cum 
quaestore  prove  qiiaestore  et  legatis  suis  provinciam  Mac.edoniam  obtinere ,  quoad 
ii  ex  senatusconsulto  concessum  sit. 

5j  Es  genügt,  einige  Beispiele  anzuführen.  Andre  sind  bei  den  einzelnen 
Provinzen  erwähnt.  In  Asien  blieb  L.  Licinius  Murena  670 — 672  =  84 — 82;  I.. 
Lucullns  ein  .lahr  als  Consul  und  7  Jahre  als  Proconsul  680 — 688  =  74 — 66; 
Q.  Cicero  3  Jahre,  693-696  =  61—58  (Waddington  Fastes  I  n.  13.  20.  28); 
in  Cilicien  P.  Servilius  Isauricus  3  Jahre,  676 — 679  =  78 — 75;  Lentulus  3  Jahre, 
698—701=56—53  (Drumann  2,  541);  Appius  von  .Juli  701  =  53  bis  Juli  703 
=  51  (Drumann  2,  191);  in  Macedonien  Piso  2,  in  Syrien  Gabinius  3,  in  Si- 
cilien  Verres  3  Jahre. 

6)  Von  den  Siculern  Tuiter  Verres  sagt  Cicero  Verr.  II,  4,  20,  42  nur: 
intellexerunt  —  Q.  Arrium  non  succedere. 

7)  Cic.  ad  AU.  5,  1:  quo  magis  erit  tibi  videndum,  ne  quid  novi  decerna- 
tur;  ut  hoc  nostrum  desiderium  ne  plus  sit  annuum.  5,  2:  Hortensio  mandavi, 
ne  pateretur,  quantum  esset  in  ipso,  prorogari  nobis  provincias,  und  weiter:  noli 
putare  mihi  aliam  consolationem  esse  huius  ingentis  molestiae,  nisi  quod  spero,  non 
longiorem  annua  fore.  5,  11  :  ne  provincia  nobis  prorogetur,  dum  ades,  quidquid 
provideri  potest,  provide.  5,  13,  3;  5,   17,  5.    ad  fam.  15,   14,  5;  8,   10,  5. 


1 


—     385     — 

fünf  consularische  und  neun  prätorische.  Von  den  consularischen 
waren  ausserordentlicher  Weise  zwei,  nämlich  das  transalpinische 
Gallien  und  das  cisalpinische  Gallien  nebst  lUyricum  an  Cäsar, 
zwei ,  nämlich  das  diesseitige  und  das  jenseitige  Spanien  an 
Pompeius  übertragen  worden;  für  die  fünfte,  nämlich  Syrien, 
war  ein  Consular  nicht  disponibel,  und  liess  man  daher  dieselbe 
dem  Proconsul  des  vorigen  Jahres,  Bibulus^);  zur  Besetzung  der 
neun  prätorischen  Stellen  aber,  welche  nach  der  lex  Pompeia 
erfolgte,  war  das  Zurückgehen  auf  mehrere  Jahrgänge  von  Prä- 
toren erforderlich  2) .  Erst  Cäsar  half  diesen  Uebelständen  ab, 
indem  er  einerseits  die  Zahl  der  Prätoren  auf  zehn"^),  dann  auf 
vierzehn^),  zuletzt  auf  sechszehn '»)  erhöhte  und  im  Zusammen- 
hange damit  in  der  lex  lulia  de  provinciis  von  708  =  46  anord-  lexhaia. 
nete ,  dass  nur  die  consularischen  Provinzen  zweijährige,  die 
prätorischen  dagegen  wieder  einjährige  Verwaltung  haben  soll- 
ten ß).  Hierin  wird  auch  die  von  Cicero  mehrmals  erwähnte') 
lex  Anlonia  de  provinciis  710  =  44  principiell  nichts  geändert 
haben,  welche  die  Dauer  der  consularischen  Provincialverwaltung 
auf  fünf  oder  sechs  Jahre  ansetzte,  aber  nur  in  der  Absicht  ro- 
girt  scheint,  um  den  Consuln  des  laufenden  Jahres,  Antonius 
und  Dolabella,  die  Statthalterschaft  in  derselben  Weise  zu  ver- 
längern, wie  sie  dem  Caesar  durch  das  vatinische  Gesetz  normirt 
worden  war^). 

Nach  der  definitiven  Vertheilunc  der  Provinzen  wurde   jedem  OnuUio  pi< 

'^  "  vinciot 

Statthalter   durch   ein   Senatusconsult   seine  Provinz    mit   genauer 
Bestimmung  über  die  Grenzen  derselben^)   und  seine  Ausrüstung 

1)  Dramann  2,   101. 

2)  Cic.  ep.  ad  fam,  8,  8,  8.  Mommsen  Die  Rechtsfrage  S.  46  Anni.  1 18. 
Zuinpt   Comm.  epigr.  2,  209. 

3)  Dio  Cass.  42,  51. 

4)  Dio  Cass.  43,  47. 
'))  Dio  Cass.  43,  51. 

(3)  Cic.  Phil.  1,  8,  19:  qudf  Icr  iiifUnr,  utilior,  optima  etinin  republica  sae- 
pius  ßayitata,  quam  ne  praetor iae  prmjinciae  plus  quam  annum ,  neve  plus  qxuim 
Inennium  consulares  ohtintrer^tur ?  Cic.  Phil.  5,  3,  7;  8,  9,  28.  Dio  Cass.  43, 
25.    Drumann  3,  624. 

7)  Cic.  Phil.  1,  8,  19;  1,  10,  24;  2,  42,  109;  5,  3,  7;  8,  9,  28.  ad 
Att.  15,  11,  4. 

8)  Mommsen  Die  Uerhtsfrage  8.  43  Aiini.  111.  Druinanii  1,  IIT.  165  be- 
trachtet (lies  (iegetz  als  eine  AbschafTung  der  lex  Julia,  lu  welcher  Annahme 
kein  genügender  Grund  vorliegt. 

9)  Liv.  24,  44,  4.    Cic.  in  PiMm.   16,  37;  21,  49;  24,  57. 
B«m.  Alt«rth.  IV.  25 


(ornatio)  an  Geld,  Truppen,  Schiffen  und  Unlerbeamten  ange- 
wiesen^), eine  Vollmacht  über  seine  amtlichen  Befugnisse  ausge- 
stellt''^), und  durch  eine  lex  curuita  das  impermm  unter  feier- 
lichen Auspicien  übertragen^).  Was  die  Unterbeamten  betrifft, 
so  bestanden  diese  aus  einem  oder  mehreren  Legaten,  einem 
Quästor  und  zahlreichen  Subalternen. 
Leyati  pro  j)iq  leoali  ernennt  der  Senat '^j    aus   Münnern   senatorischen 

praetor  e.  «^  ' 

Ranges  in  der  Anzahl,  welche  das  Bedürfniss  erforderte;  in  prä- 
torischen  Provinzen  gewöhnlich  einen,  in  consularischen  drei^), 
in  besonderen  Fällen  auch  mehrere^);  sie  sind  zwar  Beamte  des 
Staates ') ,  aber  Unterbeamte,  welche  im  Auftrage  und  unter  Ver- 
antwortlichkeit des  Statthalters  fungiren^).  Dem  Statthalter  steht 
es  daher  zu,  Personen  seiner  Bekanntschaft,   auch  seiner  eigenen 

1)  Cic.  de  leg.  ayr.  2,  13 :  deinde  ornas  apparitoribus,  scribis,  librariis,  prae- 
conibus ,  architectis ;  praeterea  mulis ,  tabernaculls ,  supellecüli.  ad  Att.  3,  24. 
ad  fam.  2,  3,  1.  Lamprid.  AI.  Sev.  42,  4:  iudices  cum  promoveret,  exemplo 
veterum^  ut  et  Cicero  docet ,  et  argento  et  necessariis  instruebat,  ita  ut  praesides 
provinciarum  acciperent  argenti  pondo  vicena,  mulas  senas ,  muLos  binos,  equos 
binoSj  vestes  forenses  binas,  domesticas  binas^  balneares  singulas,  aureos  centenos, 
cocos  singulos.  Suet.  Caes.  18.  Cic.  in  Pison.  2 ,  ü :  ego  provinciam  GaUiam, 
senatus  auctoritate  exercitu  et  pecunia  instructam  e\  ornatam  —  in  concione  de- 
posui.  Ibid.  35,  86:  nonne  sestertium  centies  et  octogies ,  quod.  quasi  vasarii 
nomine  in  venditione  mei  capitis  adscripseras ,  ex  aerario  tibi  attributum ,  Romae 
in  quaestu  reliquisti?  Cic.  Verr.  II,  1,  14,  36.  ad  fam.  12,  3:  iegato  tuo  via- 
ticum    eripuerunt.     Die    Lielerungeu    von    argentum  (Silbergeschirr) ,    vestis  (Cic. 

Verr.  II,  4,  5,  9),  muLi  u.  s.  w.,  die  Ausrüstung  des  Gefolges  und  des  Heeres 
wurden  durch  Licitatiou  an  den  Mindestfordernden  ausgegeben.  Dio  Cass.  53,  15. 
Gell.  15,  4.  8uet.  Oct.  36.  Die  Form  eines  Senatusconsuites  über  die  ornatio 
ist  ersichtlich  aus  Cic.  Phil,  10,  11,  25.  üeber  die  Art,  wie  die  Kosten  die- 
ser Ausrüstung  aufgebracht  wurden  ,  wird  in  dem  Abschnitt  über  die  Finanzen 
die  Rede  sein.  S.  Hofmann  De  provinciali  sumptu  populi  Jiomani,  Berlin  1851.  4. 
Mommsen  Staatsrecht  1,  240  ff. 

2)  Rein  in  Paulys  Realencyclopädie  4,  853. 

3)  Mommsen  Staatsrecht  1,  54. 

4)  Cic.  in  Vatin.  15,  35:  et  quoniam  legationis  tuae  facta  mentio  est,  volo 
audire  de  te,  quo  tandem  senalusconsulto  legatus  sis.     pr.  Sest.   14,   33. 

5)  Cic.  ad  fam.  1,  J,  3;  1,  2,  1;  1,  4,  1.  ad  Q.  fr.  1,  1,  3,  10.  Strabo 
3  p.  166. 

6)  Cic.  Phil.  2,  13,  31.  Cäsar  erhielt  698  =  56  zehn  legati,  Cic.  ad  fam. 
1,  7,  10;  Drumann  3,  233;  Pompeius  durch  die  lex  Gabinia  fünfzehn,  Flut. 
Pomp.  25;  Dio  Cass.   36,  20;   Cicero  in  Cilicien  vier,    Cic.  ad  fam.   15,  4,  8. 

7)  Cic.  ad  Q.  fr.  1,  1,  3,  11:  (legali),  quos  comites  et  adiutores  negotio- 
rum dedit  ipsa  respublica.  Sie  heissen  Legati  populi  Romani ,  werden,  wie  der 
Statthalter  selbst,  vom  Senat  ausgerüstet  (Cic.  ad  fam.  12,  3.  Verr.  II,  1,  14, 
36 ;  22,  60) ,  und  im  Falle  sie  angeklagt  werden ,  nicht  von  dem  Statthalter, 
sondern  in  Rom  gerichtet.    Garatoni  ad  Cic.  Verr.  I,   1,   4. 

8)  Liv.  29,  19.  Caes.  B.  C.  2,  17;  3,  51.  Rein  Rom.  Criminalrecht 
S.   192.  606. 


—     387     — 

Familie  1),  zu  diesem  Amte  vorzuschlagen  2),  dieselben,  wenn  sie 
sich  unbrauchbar  zeigen,  ohne  Weiteres  zu  entlassen-^),  im  ent- 
gegengesetzten Falle  aber  ihnen  sowohl  ein  selbständiges  Com- 
mando^),  als  die  Jurisdiction  in  einem  Theile  der  Provinz-»),  als 
endlich  in  Verhinderungsfällen  die  Stellvertretung  überhaupt  zu 
übertragen <^j ,  weswegen  sie  mit  vollständigem  Titel  legciti  pro 
'praetor e  heissen ') ,  und  sich  der  fasces,  aber  ohne  Beile  bedie- 
nen^), insofern  ihnen  dies  nicht  besonders  untersagt  wird^). 
Aber  im  Falle  sie  einen  Sieg  erfechten,  fällt  die  Ehre  desselben 
so  wie  der  etwa  zu  erlangende  Triumph  dem  Statthalter  selbst 
zu,    da    sie    nicht   eigene   Auspicien   haben,    sondern   unter   ^en 


1)  Laelius  war  Legat  des  jüngeren  Scipio  Africanus  (Cic.  de  rep.  2,  40, 
67;  Appian.  Fun.  126);  P.  Scipio  Africanus  Legat  seines  Bruders  L.  Scipio 
(Cic.  Phil.  11,  7,  17).  Auch  unter  den  Kaisern  finden  sich  zahlreiche  Beispiele 
der  Art,  z.  B.  ein  legatus  soceri  sui  proccmsulis  m  Achaia ,  Henzen  6483;  ein 
Leyatus  prov.  Africue  proconsuLis  patris  sui,  Henzen  6498;  ein  leyatus  patris  sui 
proconsulis  Asiae,  Henzen  6500. 

2)  Schol.  Bob.  p.  323  Orelli:  nuUo  iure  Vatinium  dicit  in  leyationem  esse 
profectum,  quam  soleat  hoc  a  senatu  peti,  ut  praesides  provinciarum  possint,  quos 
relint ,  amicos  suos  habere  Leyatos.  Deshalb  wird  die  Wahl  derselben  zuweilen 
ungenau  dem  Statthalter  selbst  zugeschrieben.  Cic.  de  prov.  cons.  7,  41 ;  ad  fam. 
13,  50;  ad  AU.  15,  11,  4.    Garatoni  ad  Cic.  Verr.  I,  23. 

3j  Cic.  Verr.  H,  3,  58,  134. 

4)  Beispiele  sind  häufig  bei  Caesar.  S.  B.  G.  1,  10.  21.  54.  B.  C.  2,  17. 
Cic.  pr.  Mur.  9,  20. 

5)  Dies  ist  oben  bei  den  Provinzen  Spanien  und  Africa  nachgewiesen  worden. 

6)  Caesar  B.  U.  1,  10.  54;  5,  8;  7,  34;  8,  52.  Liv.  35,  8.  Lydus  de 
rnayistr.  3,  3. 

7)  Unter  den  Legaten  Cäsars  hat  einer,  welcher  sein  gewöhnlicher  Stellver- 
treter ist,  T.  i^abienus,  auch  in  seiner  Anwesenheit  den  Titel  Leg.  pr.  pr.,  wes- 
halb Schneider  ad  ('aes.  B.  0.  j,  21  annimmt,  unter  den  Legaten  Cäsars  sei 
dieser  der  erste  gewesen,  und  habe  als  Auszeichnung  «liesen  Titel  erhalten. 
Allein  in  andern  Fällen  wird  die  Stellvertretung  allen  Legaten  übertragen  (Liv. 
5,  8  u.  ü.) ,  und  in  den  Senatsprovinzen  der  Kaiserzeit  ist  leyatus  pro  praetcrr 
der  offlcielle  Titel  für  alle  leyati,  auch  wenn  sie  nicht  in  Abwesenheit  des  Statt- 
halters statt  dessen  fungiren.  So  heisst  es  in  der  Arvaleninschrift  Marlni  Atti 
H  p.  756:  ley.  pr.  pr.  provinciae  Ponti  et  Bithyniae  proconsulatu  patris  sui.  Vgl. 
Crut.  498,  5,  wo  zu  lesen  i.st :  leg.  pR.  PR.  PATRIS  PROVINC  AFRICAE. 
Dieser  (iegenstand  ist  erschöpfend  behandelt  von  Marini  Atti  II  p.  738  —  756. 
Hei  Marini  Iscr.  Alb.  p.  50.  51  heisst  derselbe  L.  Fabiiis  Cilo  auf  zwei  verschie- 
denen Inschriften  einuial  Ity.  pr.  pr.  prov.  Sarh.  ,  das  andere  Mal  ley.  prov. 
Sarbonens.  leber  <lie  Münzen,  auf  welchen  leg.  und  Ley.  pr.  pr.  vorkommen, 
s.  Kckhel  I).  N.  4  p.  232.  Oriechisch  rapeope-jovre;  oder  Ttpeoßeuxat  (Fabric.  ad 
t)ion.  53,  14.  Lydus  de  mag.  3,  3:  ol  rpaiTtope;  7)  ÄTj-yaTOi  (avTi  xoO  oxparrjYoi 
7,ai  Trpeo^euxai ),  oO;  vtaxeXlpnTavov  ol  57:aT0t  dvJK  iauTwv  -^otj  toO  tt^c  uraxela; 
a'JToic  0'r^Te/.oy|A£vo'j  ypcivou,  ei;  to  icpeatavat  tüi  orpaTiu  iypi  tfj;  to^  pi^XXovTO« 
hrÄxtiKi  irX  t6v  itöXejAOv  Trapo'joioi;),  Tcpco^eoTal  xai  olvriotpatv^ifot. 

8)  Liv.  29,  9.  Cic.  ad  fam.  12,  30,  7.  in  Verr.  II,  1,  26,  67.  Spartlan. 
Sever.  2.    Znmpt  ad    Verr.  Acc.   I,  22. 

9)  Cic.  ad  fam.    12,  30,  7. 

2ö* 


388 


Auspicien  des  Proconsuls  slehn  i) ,  und  auch  ihre  Jurisdiction 
beruht  auf  dem  Mandat  des  Statthalters '"^j,  und  beschränkt  sich 
auf  die  Givilgerichtsbarkeit,  während  die  Criminalgerichtsbarkeit, 
als  auf  dem  Imperium  merum  beruhend,  nicht  tibertragen  wer- 
den kann^^). 

Qtuustores.  Vou  den  Quästorcu,  deren  zuerst  zwei,  dann  vier"*),    später 

acht^),  seit  Sulla  zwanzig  ^J,  seit  Cäsar  vierzig  7)  waren,  wurde 
für  jede  Provinz  einer,  nur  für  Sicilien  zwei,  nicht  auf  Empfeh- 
lung des  Statthalters,  ^sondern  durch  das  Loos  bestimmt«).  Bei 
der  Altersverschiedenheit,  welche  zwischen  dem  Quästor  und 
dem  Prätor  bestand,  genügte  die  zufällige  Anweisung  des  Looses 
wenigstens  in  älterer  Zeit,  ein  Pietätsverhältniss  hervorzurufen, 
welches  dem  Quästor  die  Pflicht  auflegte,  den  Prätor  wie  seinen 
Vater  zu  ehren  ^),  ihn  nicht  zu  verlassen  i^)  und  bei  einem  in 
Folge  seiner  Amtsführung  etwa  entstehenden  Repetundenprocesse 
vor  Gericht  nicht  gegen  ihn  aufzutreten  i^).  Während  der  Re- 
publik gingen  in  der  Regel  die  Quästoren  während  ihres  Amts- 
jahres in  die  Provinz  und  führen  daher  den  einfachen  Titel  quae- 
stor;    in  zwei  Fällen  fungirt  indessen  statt  des  Quästors   ein  Be- 

Proquae-  auitcr  mit  dem  Titel  pro  quaestore.  Einmal  nämlich  konnte  der 
Statthalter,  wenn  er  seinen  Quästor  durch  den  Tod  verlor  oder 
aus  andern  Gründen  nicht  zur  Disposition  hatte,  die  quästori- 
schen  Geschäfte  durch  einen  andern  seiner  ünterbeamten  voll- 
ziehen lassen,  wie  Cn.  Dolabella,  Proprätor  von  Cilicien  674  = 
80  seinen  Legaten  Verres  ^^J  nach  dem  Tode  seines  Quästors  Mal- 
leolus  zum  legatus  pro  quaestore  machte  i^)  und  denselben  Titel 
der  Legat   des    Sentius   Saturninus,    Proprätors    von  Macedonien 

1)  Dass  legati  triumphiren ,    kommt  erst  spät  und   ausnahmsweise  vor.    Dio 
Cass.  48,  42;  49,  4.  21. 

2)  Digest.   1,  21  {de  off.  eins,  cui  est  mandata  iurisdictio) -^  2,   1,   17, 
3}  S.  Digest.  1,   iß  de  off.  proconsulis  et  Legati. 

4)  Liv.  4,  43. 
öj  Liv.  epit.   15. 

6)  Tac.  Ann.   11,  22. 

7)  Suet.   Caes.  41.    Dio  Cass.  43,  47;  51. 

8)  Cic.    Verr.  II,   1,  13,  34.    ad  Q.  fr.   1,   1,  3,  11.  ad  Att.  6,  6,  4  u.  i). 

9)  Cic.  div.  in  Caecil.  14,  46;   19,  61;  20,  65.  pr.  Plane.  11,  28.   p.  red. 
in  sen.  14,  35.    ad  fam.  13,  10,  1;  13,  26,  1.    de  orat.  2,  50,  202. 

10)  Cic.  Verr.  II,   1,   14,  37;    15,  40. 

11)  Cic.  div.  in  Caecil.  18,  60;  19,  62.     Verr.  I,  4,  11. 

12)  Cic.  Verr.  I,  17,  44. 

13)  Cic.  Verr.  I,  36,  91. 


n 


—     389     — 

667  =  87  l,  Bruttius  Sura,  auf  seinen  macedonischen  Telradrach- 
men  führt 2).  Zweitens  aber  wurde,  wenn  die  Zahl  der  gewählten 
Quästoren  für  alle  Provinzen  nicht  ausreichte ,  ein  gewesener 
Ouästor  (qua  e  stör  ins)  in  eine  oder  die  andre  Provinz  geschickt*^), 
wie  z.  B.  P.  Sestius,  nachdem  er  in  dem  Jahre  der  catilinari- 
schen  Verschwörung  (691=63)  Quästor  des  Consuls  Antonius 
gewesen  war  4),  im  folgenden  Jahre  mit  dem  Antonius  als  pro 
qvaeslore  in  die  Provinz  Macedonien  ging  ^) ,  und  noch  unter  Au- 
gustus  L.  Aquillius  Florus  zuerst  quaestor  imp.  Caesnris  Ängusti^ 
dann  pro  quaestore  provinciae  Cypri  wird  ^) .  Der  Titel  pro  qitae- 
slore,  griechisch  avTitajxia? ') ,  ist  wahrend  der  Zeit  des  Freistaates 
in  beiden  Fällen  officiell^),  hört  aber  in  dei"  Kaiserzeit  fast  ganz 
auf^},  da  er  durch  einen  andern  ersetzt  wird,  auf  den  wir  so- 
gleich zurückkommen. 

Dem  Quästor  wurde  zu  Rom  die  Casse  für  die  Verwaltung 
der  Provinz  übergeben,  aus  welcher  er  den  Unterhalt  sämmtlicher 
Beamten  bestritt  i*^) ,  und  in  welche  die  aus  den  Abgaben  der 
Provinz  an  ihn  zu  zahlenden  Gelder  flössen ;  über  dieselbe  legte 
er  am  Ende  des  Jahres  in  seinem  und  seines  Statthalters  Namen 
Rechnung  1^),   und   zwar  nach  der   lex  lulia  de  provinciis  in  der 

1)  Zumpt  Comm.  epigr.  2,   175. 

2)  Borghesi  Oeuvres  %  239. 

3)  Dass  dies  ein  gewöhnlicher  Fall  war,  zeigt  die  Formulirung  des  Senatns- 
consults  bei  Cic.  Phil.  10,  11,  26:  senatuique  placere.  Q.  Hortensium  pro  conswi« 
cum  quaestore  prave  quaestore  —  prövinciam  Macedoriiam  obtinere. 

4)  Cic.  pr.  Sest.  3,  8. 

5)  Cic.  pr.  Sest.  5,  13  redet  von  seiner  quaestura  Macedoniae,  aber  ad  fam. 
5,  6  überschreibt  er  einen  Brief  an  ihn  P.  Sestio ,  L.  f.  proq.  Denn  so,  nicht 
proc.   ist  zu  lesen. 

6)  Henzen  n.  6456a  =  C.  /.  L.  III  p.  985  n.  551. 

7)  C.  I.  Gr.  5597.    Ephem.  epigr.   1872  p.   151. 

8)  Luculi  war  im  mithridatischen  Kriege  proquaestor  des  Sulla,  Cic.  Acnd. 
pr.  2,  4,  11;  vgl.  Plut.  LucuU.  2.  Drumann  4,  121;  Caninius  Sallustianus  (der 
Name  ist  unsicher)  proquaestor  des  Bibulus  in  Syrien,  Cic.  ad  fam.  2,  17;  Dru- 
mann 2,  HO.  Ausserdem  kommen  in  Inschriften  und  Münzen  vor:  C.  Bruttius 
(\  f.  pro  q.  im  J.  697  =  57,  Mommsen  /.  N.  n.  321;  L.  Manlius  pro  q.  zu 
Sullas  Zeit,  Borghesi  Oeuvres  1,  361;  M.  Nerva  pro  q.  im  J.  713  =  41,  Borghesi 
Oeuvres  1,  433;  L.  Manlius  proq.;  Varro  pro  q.  ;  Cn.  EMso  pro  q. ;  F.  Mlnat. 
Sabin,  pro  q.  zu  Pompeius  Zeit.    Kckhel  />.  N.  4,  246. 

9j  Borghesi  Oeuvr.  i,  482.  Ich  finde  den  Titel  nur  noch  einmal  in  einer 
Inschrift  aus  Vespaslan»  Zeit,  Borghesi  Oeuvres  3,  186,  in  welcher  jemand  -- 
der  Name  ist  nicht  erhalten  —  erst  Q.  urbanus,  dann  pro  q.  provinc.  Cretae  et 
Cyrenarum  genannt  wird. 

10)  Cic.    Verr.  II,   1,  13,  34;   14,  36;  II,  3,  76,  177.   ad  fam.  2,  17,  4. 

11)  ratiorus  refert.  Cic.  Verr.  I,  13,  36;  I,  38,  95  f.  Vom  Statthalter,  der 
die  Verantwortlichkeit  dafür  hat,  wird  dies  ebenfalls  gesagt.  Cic.  ad  fam,  &,  20, 
1.  2.   ad  AU.  6,  7,  2.  Plut.  Ti.  Oraoeh.  6. 


—     390     — 

Weise,  dass  das  Original  der  Rechnung  in  dem  Aerariuni  zu 
Rom,  zwei  Abschriften  derselben  aber  in  der  Provinz  deponirl 
wurden  1).  Er  hat  eine  eigene  Gerichtsbarkeit,  welche  der  der 
Aedilcn  in  Rom  entspricht'^);  der  Statthalter  kann  ihm  indessen 
<^intesto>  pro  Qiich    scinc    Jurisdiction '*)    und    überhaupt    seine    Stellvertretung 

praetore. 

mandiren,  in  welchem  Falle  er-  quaesior  pro  consule  ^j  oder  quae- 
stor  pro  praetore  wird,  die  fasces  des  Proprä tors  übernimmt'^) 
und  nunmehr  ein  doppeltes  Amt  führt  ^),  welches  in  dem  grie- 
chischen Titel  Ta[i,iac  xal  avTiatpatr^Yoc ^)  oder,  wenn  der  Stell- 
vertreter selbst  ein  pivquaestor ,  also  proquaeslor  pro  praetore 
war^j,  in  dem  Titel  avTixafiia?  xai  avTiaTpctTT^YOc  •')  unterschieden 
wird.  So  übertrug  Marius  im  jugurthinischen  Kriege  zeitweise 
die  Stellvertretung  dem  Quästor  Sulla  lO;;  Cicero  bei  seinem  Ab- 
gange aus  der  Provinz  Cilicien  seinem  Quästor  Gaelius^i);  nach 
dem  Tode  -des  Proconsuls  Trebonius  711=43  verwaltete  Asien 
dessen  Quästor  mit  dem  Titel  proquaestor  propraetore  ^^j,  und  nach 
dem  Tode  des  Crassus  (701 — 53)  dessen  Quästor  Cassius  die 
Provinz  Syrien  i^).  Zuweilen  kommt  es  auch  vor,  dass  von  Rom 
aus  auf  Grund  eines  Volks-  oder  Senatsbeschlusses  statt  des 
Proprätors  ein  quaestor  pro  praetore  in  die  Provinz  gesendet 
wurde;  wie  in  dieser  Function  im  .1.  679  =  75  Publius  Lentulus 
Marcellinus  nach  Cyrene^'^),    im   J.   689   oder  690  =  65    oder   64 


1)  Cic.  ad  farn.  5,  20,  2.  ad  fam.  2,  17,  2.  ad  AU.  6,  7,  2.  in  Phon. 
25,  61.   Plut.   Cato  min.  38.    Dio  Cass.  39,  23. 

2)  Gaijjs  1,  6:  item  in  edictis  aedilium  curuLium ,  quorum  iurisdictionem  in 
provinciis  populi  Romani  quaestores  Uabent. 

3)  Suet.  Caes.  7.    Cic.  divin.  in  Caecil.   17,   56.     Verr.  II,  2,   18,  44. 

4)  Auf  einem  Denar  des  M.  Antonius  nennt  sich  M.  Si]anus  q.  pro  cos. 
Eckhel  D.  N.  4,  246. 

b)  Der  Provincialquästor  hat,  auch  wenn  er  unter  dem  Statthalter  t'ungirt, 
Lictoren ,  obwohl  deren  Zahl  unbekannt  ist,  Cic.  pr.  Plane.  41,  98;  Mommsen 
Staatsrecht  1,  306;  bei  der  Stellvertretung  muss  er  aber  die  prätorischen  fasces 
gehabt  haben,  und  diese  meint  Cic.  Verr.  II,  2,  4,  11,  wenn  er  von  den  vom 
Verres  in  der  Provinz  zurückgelassenen  Quästoren  sagt:  quaestores  utriusque  pro- 
vinciae,   qui  isto  praetore  fuerunt,  cum  fascibus  mihi  praesto  fuerunt. 

6)  Mommsen  zu  C.  I.  L.  I,  641. 

7)  Marini  Arvali  p.  738  ff.   C.  I.  Gr.  n.  364.  1133  =  1327.  3990. 

8)  Cic.  ad  fam.   12,   15  Ueberschrift. 

9)  loseph.  Ant.  14,  10,   17  u.  ö. 

10)  Sallust.  luy.   103 :    ad  Sullam  perfugiunt,    quem   consul   in   expeditionem 
proficiscens  pro  praetore  reliquerat. 

11)  Cic.  ad  fam.  2,    15,  4. 

12)  Cic.  ad  fam.   12,  15.    Waddington  Fastes  n.  38.  40. 

13)  Drumann  2,   118. 

14)  Sallust.  Eist.  2,  39  Dietsch  :  Publiusque  Lentulus  Marcellinus  eodem  auctore 
quaestor  in  novam  provinciam  Curenas  missus  est. 


—     391     — 

Cii.  Fiso  iiacli  dem  diesseitigen  Spanien'),  im  .1.  (i96  =  58  (^ato 
nach  Cyprus  ging'-^j,  aber  beide  Fälle  gehören  ausschliesslich  der 
Zeil  des  Freistaates  an,  denn  in  der  Kaiserzeit  führt,  wie  »jeder 
Legat  eines  Statthalters  leyatus  pro  praetot-e  genannt  wird,  auch 
jeder  Quästor,  welcher  unter  dem  Statthalter  dient,  den  Titel 
quacstor  pro  praelore''^]^  so  dass,  wenn  er  einfach  9^^ae.s■to/•  heisst, 
was  allerdings  sich  auch  findet,  dies  nur  als  eine  Abkürzung 
des  Titels  zu  betrachten  ist.  Hat  dagegen  ein  Unterbeamter  die 
Vertretung  des  Proconsuls,  so  wird  dies  in  der  Kaiserzeit  durch 
eine  andere  Formel  bezeichnet;  er  nennt  sich  dann  leyatus  oder 
qaaestor  vice  proconsulis  ^) .  ^ToconsuiS 

Die  übrige  Begleitung  des  Statthalters  besteht  aus  den  co-  comitm. 
mites,  den  Subalternbeamten  und  der  persönlichen  Bedienung  ^j. 
Da  es  nämlich  für  die  ausgedehnte  Verwaltung  und  Rechtspflege 
an  einem  Hülfsbeamtenpersonal  fehlte,  so  pflegte  der  Statthalter 
eine  Anzahl  geeigneter,  zum  Theil  jüngerer  Personen  aus  den 
höheren  Ständen  in  die  Provinz  mitzunehmen,  welche  nach  Voll- 
endung  ihrer  Rechtssludien  entweder  als  assesaores  bei  den  Ge- 


1)  Sali.  Cat.  19 :  postea  Piso  in  citeriorem  Hispaniam  qitaeator  pro  praetore 
missus  est.  Auf  seinem  noch  vorhandenen  Grabstein  steht  die  Inschrift  (Grut. 
383,  5=C\  /.  L.  I  n.  598):  Cn.  CaLpumius  Cn.  f.  (Juaestor  pro  pr.  ex  S.  C. 
provinciam  Hispaniam  citeriorem  optinuit.  8.  Drumann  2,  87  IT.  Mommsen  Her- 
mes 1,  47. 

2)  Vellei.  2,  45:  {CLodius)  legem  tulit,  ut  is  (Cato)  quaestor  cum  iure  prae- 
torio,  adiecto  etiam  quaestore,  mitteretur  in  ihsuLam  Cyprum.   Drumann  5,  166. 

3)  Dieser  8atz  ist  ausführlich  bewiesen  von  Borghesi  Oeuvres  1 ,  484  ff. 
Von  den  dort  p.  485  angeführten  Beispielen  genügt  es,  einige  zu  wiederholen. 
8o  ist  C.  Luxilius  Sabinus  in  der  Zeit  der  Gordiane  quaestor  pr.  pr.  prov.  Cretae 
Cyr{enarum),  Orelli3143;  Ti.  Claud.  Frontinus  quaestor  propraet.  provinc.  Achaiae, 
Orelli  3113  =  Mommsen  /.  iV.  1879;  M.  lulius  Priscus  q.  pr.  pr.  provinciae  Afri- 
cae,  Orelli  2369;  L.  Novius  Crispinus  —  quaestor  pro  praet.  provinciae  Macedo- 
niae,  lienzeii  n.  7420»;  Cn.  Domitius  I.iicanus  quaest.  pro  praetore  provinc, 
Afric. ,  Orelli  773 ;  P.  (.'ornclius  Scipio  xcxjjiia;  vtal  ävxiOTpocTTrjYOi;  von  Achaia, 
C.  I.  Gr.  364.  Allein  beweisend  ist  die  sicilische  Inschr.  Orelli  151 :  dedicanti- 
bus  M.  üaterio  Candido  procos.  et  L.  CorneLio  Marcello  q.  pr.  pr.,  und  das  De- 
cret  des  Proconsuls  von  Sardinien  L,  Helvius  Agrippa,  herausg.  von  Mommsen 
Hermes  2,  102  ff.  ,  nach  welchem  an  dem  consilium  dos  Proconsuls  Theil  nah- 
men der  Leyatus  pr.  pr.  und  der  q.  pr.  pr.  ;  denn  beide  zeigen  ,  dass  auch  der 
in  Anwesenheit  des  Proconsuls  fungirende  Quästor  diesen  Titel  hat.  Vgl.  Borghesi 
(feuvr.  2,  404;  1.  252.  RuLlett.  1849  p.  123.  Do  Rossi  BuU.  1852  p.  57.  Müller 
iS'umismatique  dt  /Vmc  Afrique  l  p.  163;   11  p.  62.  165. 

4)  So  ist  I..  i'acsoüius  Lucillus  leyatus  prov.  Africae.  todein  tempore  vice 
proconsuLiSj  Orelli  3042.     Andre   Beispiele  giebt  Borghesi   Oeuvr.    i,  486. 

5)  S.  Mommsen  Die  comitcs  Auyusti  dtsr  Irüheron  Kaisurzeit,  in  Hermes  4. 
120  ff.  Mommsen  Pe  apparitoribü»  mayisiratuum  liomanorum,  im  Rheinischen  .Mu- 
seum N,  F.  6  (1848)  S.  1—57.  Naudet  Memoire  sur  la  cohorte  du  prüeur  in 
Mim.  de  l'institul.  Acad.  des  inacr.  XXVI,  2  p.  499  —  555,  welche  Abhandlung 
entbehrlich  gemacht  ist  durch  Mommseu  ätaattirocht  1,  250 — 293. 


—     392 


richten  ^)  oder  als  Theilnehmer  an  Verwaltunt^sgeschäften  sich 
selbst  Erfahrung  im  Staatsdienst  zu  sammeln  beabsichtigten  und 
zugleich  unter  der  Anleitung  des  Statthalters  Arbeiten  zu  über- 
nehmen bereit  waren.  In  der  Begleitung  des  Cicero  befanden 
sich  in  Cilicien  ausser  vier  Legaten  und  einem  Quästor  auch  sein 
Sohn  Marcus'^),  der  Sohn  seines  Bruders  Quintus'^)  und  Q.  Vo- 
lusius,  ein  Verwandter  des  Atticus,  dem  Cicero  eine  Jurisdiction 
in  Cypern  mandirte^);  in  der  Begleitung  des  C.  Memmius,  Pro- 
prätor von  Bithynien  697  =  57,  befand  sich  der  Dichter  Catullus  "»j . 
Solche  Personen  sind  es,  welche  die  comües^],  contubernules'^)^ 
die  cuhors^)^  cohors  amicorum'%  cohors  comüum^^^)  oder  cohors 
^^^^P'^'*^- praetor ia  ^^)  bilden,  wobei  zu  bemerken  ist,  dass  der  letztere 
Ausdruck,  welcher  in  eigentlichem  Sinne  das  Elitencorps  oder 
die  Garde  des  Feldherrn  bezeichnet  ^'^),  auf  diese  Begleitung,  mit 
welcher  er  ursprünglich  nichts  gemein  hat,  in  uneigentlicher  Be- 
deutung übertragen  ist^'^    da  z.  B.  Cicero  ausser  seinen  comites 


ch     M 


1)  Bei  dem  Urtheilsspruche  des  Proconsuls  von  Sardinien  im  J.  68  n,  Chr. 
(Mommsen  Hermes  2,  102  ff.)  bestand*  das  consilium  aus  dem  Legaten,  dem  Quä- 
stor und  sechs  Personen  ohne  Titel,  welche  als  assessores  unterschrieben.  Comes 
et  adsessor  legati  —  comes  et  adsessor  procos.  provinciae  (Jalliae  (Aarfton.)  kommt 
auch  als  Titel  vor,   CLL.  II  n.  2129. 

2)  Cic.  ad  Att.  5,  9,  3. 

3)  Cic.  ad  Att.  5,  17,  3;  5,  20,  9. 

4)  Cic.  ad  Att.  5,  21,  6. 

5)  Catull.   10,  7;  28,  9. 

6)  Dig.  1,  22,  4;  1,  18,  16;  48,  11,  5-,  48,  19,  6  §  1.  Orelli  3446. 
3447. 

7)  Cic.  pr.  Coelio  30,  73 :  quum  autem  paullum  iam  roboris  accessisset  aetati, 
in  Africam  profectus  est,  Q.  Pompeio  proconsidi  contubernalis.  pr.  Plane.  11,  27. 
Frontin.  strateg.  4,  1,  11.  12:  Q.  Metellus  Cos.  quamvis  nulla  lege  impediretur, 
quin  fHium  contubernalem  perpetuum  haberet ,  maluit  tarnen ,  eurn  in  ordine  ma- 
nere.  P.  Rutilius  Cos.  quum  secundum  leges  in  contuhernio  suo  ßlium  habere 
posset,  in  legione  militem  fecit.    Suet.  Caes.  42. 

8)  Cic.  Verr.  II,  2,  27,  66:   (^Verres  dixit  se)  iudicem  de  sua  cohorte  daturum. 

9)  Suet.   Cal.  19. 

10)  luvenal.  8,  127. 

11)  Cic.  Verr.  II,  1,  14,  36:  dedi  stipendio^  frumerUo,  legatis,  pro  quaestore, 
cohorti  praetoriae  HS  mille  sexcenta  triginta  quinque  milia. 

12)  S.  hierüber  den  Abschn.  über  das  Militärwesen.  Paul.  Diac.  p.  223  Müll.  : 
praetoria  cohors  est  dicta,  quod  a  praetore  non  discedebat.  Scipio  enim  Africanus 
primus  fortissimum  quemque  delegit,  qui  ab  eo  in  bello  non  discederent  et  cetera 
nrnnere  militiae  vacarent  et  sesquiplex  Stipendium  acciperent. 

13)  Cic.  ad  Q.  fr.  1,  1,  4,  12:  quos  vero  aut  ex  domesticis  convictionibus  aut 
ex  necessariis  apparitionibus  tecum  esse  voluisti ,  qui  quasi  ex  cohorte  praetoria 
appellari  solent ,  horum  non  modo  facta ,  sed  etiarn  dicta  omnia  praestanda  no- 
bis  sunt. 


—     393     — 

militärische  cohortes  praetor iae  hatte  i)  ,  und  Soldaten  und  Offi- 
cwre  überhaupt  nicht  zu  den  comites  gehören.  Die  comües  wer- 
den zwar  vom  Statthalter  selbst  gewählt'^),  welcher  die  Verantwort- 
lichkeit für  sie  übernimmt  =%  indessen  dem  Senat  namhaft  ge- 
njacht^),  auf  Staatskosten  unterhalten  und  in  der  Kaiserzeit  fest 
besoldet^),  weshalb  über  ihre  Zahl  der  Senat  sich  die  Entschei- 
dung vorbehielt*').  Zu  den  comites  kam  zweitens  ein  zahlreiches 
Personal  von  Subalternbean»ten  und  Amtsdienern  [apparitores)^  Appantores. 
welche  alle  Gehalt  erhielten,  nämlich  scribae,  lictoreSj  accensi, 
nomenctatoreSy  viatores,  fabellarii,  praecones,  j)ut/arii\  victimarii, 
haruspices,  medici\  interpretes  und  urckitecti')  und  drittens  die  g®'^"",';.'^';^**® 
Freigelassenen  .  und  Sclayen ,  welche  der  Statthalter  für  die 
Besorgung  seiner  Privatangelegenheiten  und  seine  Bedienung 
brauchte^  und  welche  zur  Cohorte  nicht  gerechnet  werden'*). 
Dass  dem  Proconsul  oder  Proprätor  seine  Frau  in  die  Provinz 
folgte,  war  zur  Zeit  der  Republik  ungesetzlich  i*'),  da  man  die 
weibliche  Begleitung  für  eine  Last  der  Provinz  und   ein  liinder- 


1 )  Cic.  ad  fam.   15,  4,  7. 

2)  Als  Fronto  um  155  n.  Chr.  das  Proconsulat  von  Asien  übernehmen  sollte, 
schreibt  er  ep.  ad  Anton.  Pium  8  p.  169  Naber :  post  illa  quaecumque  ad  in- 
ütruendam  provinciam  adtinerent ,  quo  facilius  a  me  tanta  negotia  per  arnicorwn 
copias  obirentur,  sedulo  praeparavi.  Propinquos  et  amicos  meos ,  quorum  fidem  et 
inteyritatem  coynoveram,  domo  accivi.  Alexandriam  ad  familiäres  meos  scripsi,  ut 
Athenas  festinarent,  ibique  me  operirentur  ,  iisque  yraecarum  epistularum  curam 
doctissimis  viris  detuli.  Ex  Cilicia  etiam  spLendidos  viros^  quod  magna  mihi  in  ea 
provincia  amicorum  copia  cf,  —  ut  venirent,  hortatus  sum.  Ex  Mauretania  quoque 
virum  amantissimum  mihique  mutuo  carum  lulium  Senem  ad  me  vocavi,  cuiu^s 
non  modo  fide  et  diligentia ,  sed  etiam  militari  industria  circa  quaerendos  et  con- 
tinendo»  latrones  adiuvarer. 

3)  Cic.  ad  Q.  fr.  i  ,  i  ,  A,  12.  Cato  Or.  de  sumptu  suo  p.  37  Jordan: 
nunquam  eyo  argentum  pro  vino  congiario  inter  apparitores  atque  amico»  meof> 
dindidi  atque  eos  malo  publico  divites  feci.  Dig.  48,  11,  1  pr.;  48,  11,  5;  12, 
1,  33. 

4)  Dig.  4,  6,  32:  comites  legatorum,  qui  ad  aerarium  delati  aut  in  com- 
mentarium  principis  relati  sunt. 

b)  Dig.  1,  22,  4:  diem  functo  legato  Caesaris  «alarium  comitibus  residui  tem- 
poris,  .quod  a  legatis  praestitutum  est,  debetur. 

6j  Dig.  27,  1,  41,  2:  eorum  qui  reipublicae  causa  absunt,  comites  qui  sunt 
intra  statutum  numerum  —  excusantur. 

7)  S.   .Mommsen  Htaatsrecht  1,  250—293. 

8)  Cicero  hatte  bei  «ich  seinen  Freigelassenen  Tiro  ,  einen  Sclaven  M.  Tnl- 
liiis,  den  er  als  Secrotär  brauchte,  und  noch  andere  Hclaven.  Härtung  De  pro- 
conmlatu  Ciceronis  p.  27. 

9)  Auch  die  apparitore»  gehören  zu  derselben  nicht  eigentlich  und  Cic.  sagt 
daher  pr.  Hab.  I'ost.  (>,  13:  ut  tribuni,  ut  praefecti,  ut  scribae,  ut  comites  omniuw 
magistratuum  lege  hac  ttnerentur. 

10)  Seneca  contr.  9,  25  p.  261  BorsUn « 400  Kiessling. 


B  iiiss    im  ]viict;o  hielt');    unter  den  Kaisori)    wurde  es  unter  Ver- 

m  antvvortlichkeit  des  Mannes''^)   gestattet'*). 

InsÄug.  Mit    diesem   Gefolge   hielt   der   Statthalter,    nachdein    er   di(^ 

vorgeschriebenen  Opfer  auf  dem  (lapitol  gebracht  und  Gelübde 
gethan  hatte  [votis  nuncupatis)  ,  angethan  niit  dem  purpurnen 
Kriegskleide  (paliidamenturn)  ^]  unter  Vortritt  der  mit  dem  sayu- 
luin  bekleideten  Lictoren  ^)  seinen  Auszug  sofort  nach  der  Er- 
theilung  des  imperium^  da  dasselbe  nur  ausserhalb  der  Thore 
Roms  gültig  war  und  durch  den  Aufenthalt  in  der  Stadt  verloren 
gegangen  wäre «) .  wie  denn  auch  bei  der  Rückkehr  die  insignia 
imperii  am  Thore  Roms  abgelegt  wurden'),  insofern  nicht  ein 
besonderer    Volksbeschluss    das    Einziehen    mit    denselben    zum 

Keise.  Zweckc  dcs  Trlumphcs  gestattete^).  Die  Reise  geschah  auf  einem 
bestimmten  Wege'^);  Fuhrwerk  oder  Schilfe  wurden  theils  vom 
Staate  theils  von  den  Provinzen,  durch  welche  der  Weg  ging, 
gestellt  1^);    die  Lieferungen  der  letzteren  für  diesen  Zweck  waren 

1)  Tac.  Ann.  3,  33. 
2}  Digest.  1,  16,  4^2. 

3)  Suet.  Oct.  24.  Germanicus  hatte  die  Agrippina  immer  bei  sich ;  auch 
Plinius  war  in  Bithynien  mit  seiner  Frau  (Plin.  ep.  10,  120.  121),  ebwiso  die 
Präfecten  von  Aegypten  (Letronne  Recueü  II  u.  331),  die  Procuratoren  von 
ludaea  (Matth.  Evang.  27,  19.  Act.  Apost.  24,  24).  Alexander  Severus  ver- 
bot es  aufs  Neue ,  Lampr.  AI.  Sev.  42.  Ein  Beispiel  aus  nachconstantinischer 
Zeit  s.   Ada  Martyrwn  ed.  Ruinart  p.  596. 

4)  Liv.  42,  49 :  votis  in  Capitolio  nuncupatis  paludatus  ab  urbe  est  profectus. 
21,  63;  25,  16;  31,  14;  35,  3;  37,  4;  40,  26;  41,  14;  42,  27;  45,  39.  Caes. 
B.  C.  1.  6.  Cic.  in  Pison.  13,  31.  ad  Att.  4,  13.  ad  fam.  15,  17.  Plin.  pa- 
ney.  56.  Ueber  das  paludamentum  Val.  Max.  1,  6,  11:  ducturus  erat  (Crassus)  a 
Carris  adversus  Parthos  exercitum.  Ei  pulLum  traditum  est  paludamentum ,  cum 
in  proelium  exeuntibus  album  aut  purpureum  dari  soleret.  Purpurfarbig  nennt 
das  paludamentum  auch  Plin.  N.  H.  22,  2,  3.  Silius  Ital.  17,  396.  Isidor.  Orig. 
19,   24,  9.    Caes,  B.  G.   7,  88.    Ferrarius  De  re  vestiaria  vett.  2,  3,  0. 

5)  Silius  Ital.  9,  419.  Cic.  in  Pison.  23,  55:  toguLae  lictoribus  ad  purtam 
praesto  fuerunt :  quibus  Uli  acceptis,  sagula  reiecerunt.  Varro  de  L.  L.  7,  37 : 
ideo  ad  bellum  quom  exit  Imperator  ac  lictores  mutarunt  vestem,  et  signa  incinue- 
runt,  paludatus  dicitur  proficisci. 

6)  Ulpian.  Dig.  1,  16,  16:  proconsul  portam  Rotnae  ingressus  deponit  im- 
perium.    Cic.  Verr.  acc.  5,   13,  34. 

7)  Cic.  in  Pison.  23,  55.  ad  fam.  1,  9,  25.  Appian.  B.  C.  1,  80.  Bio  Cass. 
53,   13. 

8)  Die  Statthalter  blieben  deshalb  zuweilen  ad  urbem  [Pseudo-Ascon.  p.  147 
Or.)  oder  extra  portam  (Cic.  ad  Att.  7,  1,  5),  um  die  Erlaubniss  zum  Triumph 
abzuwarten.  LucuUus  verweilte  nach  seiner  Rückkehr  aus  Asien  drei  Jahre  vor 
der  Stadt,  bis  ihm  der  Triumph  bewilligt  wurde.    Drumann  4  8.  161  f. 

9)  Cic.  in  Vatin.  5,  12 :  quum  illud  Her  Hispaniense  pedibus  f'ere  confici 
soleat,  aut,  si  quis  navigare  velit,  certa  sit  xo,tio  navigandi,  venerisne  in  Siciliam 
atque  inde  in  Africam. 

10)  Bei  der  Proscription  der  Triumvlrn  42  flieht  Pomponius,  als  Prätor  an- 
gekleidet (Appian.  B.   C.  4,  45):    xai  Trapd  zali  r.dKaii  6y^Tj{JLaT(uv.  xe   OTjfxoaioav 


—     395     — 

gesetzlich  normirt^).  Mit  dem  Tage  der  Ankunft  in  dt 
welche  der  Statthalter  an  einem  bestimmten  Orte  zu  betreten 
pflegte'^),  begann  das  Verwaltungsjahr  und  schloss  mit  demsel- 
ben. Dieser  Tag  scheint  ober  sehr  verschieden  gewesen  zu  sein 
nach  der  Entfernung  der  Provinz  und  der  Schwierigkeit  der  Reise. 
Cicero  verliess  Rom  Anfangs  Mai"%  kam  in  Cilicien  nach  drei- 
monatlicher Reise  am  31.  Juli  an,  und  am  30.  Juli  des  folgenden 
Jahres  schloss  er  seine  Amtsthätigkeit^;,  Plinius  traf  erst  am 
17.  September  in  Rithynien '^j,  Agricola  mitten  im  Sommer  in 
Britannien  ein  ^j ;  und  da  auch  unter  den  Kaisern  die  Procon- 
suln")  vor  der  Abreise  in  Rom  und  Italien  oft  mit  der  Anord- 
nung ihrer  Angelegenheiten  noch  lange  Zeit  zubrachten^),  so 
verordnete  Tiberius,  dass  sie  vor  dem  1.  Juni'^),  Claudius  aber, 
dass  sie  vor  dem   I.   April   aufbrechen  sollten  i^j. 

sreßt] ,  xat  TTjV  'IxaXiav  oitoocjev  —  H^^XP^  '^'^^  or;|ji.oata  Tpif^pei  oieTrXeuos  -poi; 
^-/eivov  (tov  IloiATtTjiov).  Vor  dem  Jahre  581  =  173  reisten  römische  Beamte  ganz 
auf  Staatskosten.  Liv.  42,  1:  ante  hunc  consulem  (L.  Postumium)  nemo  un- 
quam  sociis  in  uLLa  re  oneri  aut  sumtui  f'uit.  ideo  magistratuts  mulis  tabemacu- 
lisque  et  omni  alio  instrumento  militari  ornabantur,  ne  quid  tale  imperarent  sociis. 
privata  hospitia  habebant.  —  —  Leyati ,  qui  repente  aliquo  mitterentur ,  sinyula 
iumenta  per  oppida ,  iter  qua  faciundum  erat,  imperabant:  aliam  iinpensam  socii 
in  magistratus  Romanos  non  faciebant.  Cic.  Verr.  II,  5,  18,  45  :  quid  enim  tibi 
navi  y  qui  si  quo  publice  proficisceris ,  praesidii  et  vecturae  causa  sumtu  publicu 
navigia  praebentur.  Cicero  fuhr  nach  Cilicien  auf  rhodischen  Schilfen,  ad  Att. 
5,   13;  6,  8. 

1)  Namentlich  durch  die  lex  lulia  de  provinciis,  Cic.  ad  Att.  5.  10,  '2;  5,  16, 
3;  5,  21,  5.    in  Pison.  37,  90. 

2)  Ulpian.  Big.  1,  16,  4  §  ö:  in  ingressu  etiam  hoc  euvi  { proconsulem') 
oportet,  ut  per  eam  partem  provinciam  inyrediatur ,  per  quam  ingredi  moris  est, 
et  quas  draeci  £Ztor;fxia;  appellant  sive  -/aTaTrXouv,  observare ,  in  quam  primum 
civitatem  veniat  vel  applicet ;  magni  enim  faciunt  provinciales,  servari  sibi  consue- 
tudinem  istam  et  huiusmodi  praerogativas.  Quaedam  provinciae  etiam  hoc  habent, 
ut  per  mare  in  eas  proconsul  veniat,  ut  Asia  scilicet ;  u^nque  adeo  ,  ut  imperator 
noster  Antoninus  Augustus  ad  desideria  Asianorum  rescripserit,  proconsuli  necessi- 
tatem  impositam  per  mare  Asiam  appUcart,  xal  Td)v  ixr^TporoXetov  K'feoov  primam 
attinyere.    Cic.  ad  Att.  b,   15,   1. 

3)  Cic.  ad  Att.  5,  3. 

4)  Cic.  ad  AU.  0,   15.     Drumann  6,   121.    179. 
bS  Plin.  ep.  10,  17A. 

6)  media  iam  aestate,    Tac.   Agr.   18. 

7)  Auf  die  legati  der  kaiserlichen  Provinzen  bezieht  sich  dies  nicht,  da  diese 
als  Offleiere  sogleich  nach  dem   Befebl  abgingen,   Mommsen  Hermes  3,  81. 

8)  Auch  Cicero  ging  nach  seiner  Abreise  von  Koni  zuerst  auf  »eine  Güter 
und  nahm  Abschied  von  seinen  Freunden,   Drumann  6,   116, 

9)  Dio  Cass.  57,  14:  £«ci^  te  ouyvoi  tdiv  xa  eOvT)  xXTjpoup,evoBv  inl  itoXu 
Iv  T€  TT^  PooiATTj  v.at  £v  TTQ  XotriQ  'IraXta  fcvoiixptßov ,  Äste  touc  npooip^'XVTa; 
«ütAv  irapä  tö  y.afteaTYjXÖ;  ypovlCeiv,  ivAXtuai  otf laiv  £'/to;  t^c  toü  'io'^v(ou  vou- 
jATj-vlac  dlcpopiAÖottat. 

10)  Dio  Cass.  60,   11:    -xaTioet^c  hi  %a\  xdhi,   to6;    :.    // ^(pooiou;  dfpyovxo« 
npb  xfii  Toü  'ATtpiXiou  voufAtj^la«,   iTc«W)itfp  Inl  roXu  £n  Tip  ioxti  ivcyfxSviCov, 


Antritt. 


—     39f> 


i 

die  ■ 


Amtsgewalt.  In  dem  Statthalter   ist   die  ganze  Regierungsgewalt  über 

Provinz  vereinigt ;  zuerst  der  Oberbefehl  über  die  in  der  Provinz 
stehenden  Truppen,  welcher  ihm  durch  die  len'  curiata  ertheilt 
ist,  so  wie  das  Recht,  Aushebungen  sowohl  von  römischen  Rür- 
gem  als  von  Provincialen  anzustellen  ^) ,  und  die  Mittel  zum 
Kriege  zu  requiriren  2),  sodann  die  Jurisdiction  in  Criminal-  und 
Civilsachen,  die  erstere  mit  dem  Rechte  über  Leben  und  Tod, 
von  welchem  nur  römischen  Bürgern  Provocation  zusteht*^),  die 
letztere  nach  den  Bestimmungen,  welche  theils  die  lex  provin- 
ciac^  theils  das  Edict,  welches  er  selbst  vor  seinem  Amtsantritt 
bekannt  zu  machen  pflegte '^j,  theils  die  einheimischen  Gesetze 
der  Communen,  insofern  deren  Fortbestehen  entweder  durch  die 
Constitution  der  Provinz  oder  durch  das  Edict  gewährleistet  war, 
festsetzten.  Als  Cicero  Cilicien  übernahm,  brachte  er  ein  Edict 
mit,  das  er  in  Rom  ^)  mit  Benutzung  des  im  J.  637  =  117  von 
Q.  Mucius  Scaevola  für  Asien  erlassenen  Edictes^)  verfasst  hatte'), 
und  das  nur  diejenigen  Bestimmungen  enthielt,  welche  die  eigen- 
thümlichen  Verhältnisse  der  Provinz  nöthig  machten;  denn  in 
allen  übrigen  Puncten  verhiess  er,  das  städtische  Edict  bei  sei- 
nen Entscheidungen  zu  Grunde  zu  legen  **) .  Die  erwähnten  Be- 
stimmungen  beziehen   sich  im  Wesentlichen  auf  die  Vermögens- 

a^opfAccoOai.  Wenn  Borghesi  Oeuvres  1,  489,  dem  auch  Mommsen  Hermes  2,  HO; 
3,  81  folgt,  die  Regel  aufstellt,  dass  das  Proconsularjahr  in  der  Kaiserzeit  vom 
1.  Juni  bis  31.  März  gerechnet  wurde,  so  ist  dabei  einmal  die  zweite  angeführte 
Stelle  des  Dio  Cassius  übersehen  und  sodann  nicht  in  Erwägung  gezogen ,  dass 
Dio  nur  von  dem  Termin  der  Abreise  aus  Rom  redet,  das  proconsularische 
Amtsjahr  aber ,  wie  man  aus  Ciceros  Verwaltung  von  Cilicien  mit  Bestimmtheit 
ersieht,  mit  dem  Tage  der  Ankunft  in  der  Provinz  beginnt.  Vgl.  Urlichs  Com- 
ment.  de  vita  et  honoribus  Agricolae,    Wirceburgi  1868.  4  p.    12. 

1)  Cic.  ad  Att.  5,   18,  2.    ad  fam.   15,   1,  5. 

2)  Cic.    Ven.  II,  5,   17,  43.    pr.  Flacc.  12,  27. 

3)  Cic.  Verr.  II,  5,  54.  Aus  späterer  Zeit  vgl.  das  Beispiel  des  Apostel  Pau- 
lus, Act.  Ap.  22,  25  ff.;  25,  10;  26,  32. 

4)  Rudorff  Rom.  Rechtsgesch.  1  §  60.  Bethmanu-Hollweg  Der  röm.  Civil- 
process  2  §  60.    Dig.  1,  16,  4  §  4. 

5)  Cic.  ad  fam.  3,  8,  4. 

6)  Cic,  ad  AU.   6,   1,   15. 

7)  Gut  handelt  hierüber  C.  Härtung  De  proconsulatu  Ckeronis  p.  34  ff. 

8)  Cic.  ad  Att.  6,  1,  15:  breve  autem  edictum  est  propter  hanc  meam  oiai- 
peoiv,  quQd  duobus  generibus  edicendum  putavi:  quorum  unurn  est  provinciale,  in  quo 
est  de  rationibus  civitatum ,  de  aere  alieno ,  de  usura ,  de  syngraphis ,  in  endem 
omnia  de  publicanis ;  alterum,  quod  sine  edicto  satis  commode  transigi  non  po- 
test,  de  hereditatum  possessionibus,  de  bonis  possidendis,  magistris  faciundis,  ven- 
dendis,  quae  ex  edicto  et  postulari  et  ßeri  solent.  Tertium,  de  reliquo  iure  «Ypoicpov 
reliqui.    Dixi  me  de  eo  gener e  mea  decreta  ad  edicta  urbana  accommodaturum. 


—     397     — 

Verhältnisse  der  Cummunen  und  Privaten  ^) ,  sie  reguliren  erstens 
den  Ausgabeetat,  die  Rechnungsablegung,  die  Schuldverhältnisse 
der  Communen,  den  Zinsfuss  und  das  Rechtsverhällniss  zu  den 
publicani ,  zweitens  in  privatrechtlicher  Beziehung  die  bonorum 
possessio^) j  das  Concursverfahren 3)  und  die  Güterveräusserung 
für  den  Fall  der  Zahlungsunfähigkeit,  während  alle  andern  Ci- 
vilprocesse  der  Provincialen  vor  die  städtischen  Richter  kamen 
und  nach  den  eigenen  Gesetzen  der  Communen  entschieden  wur- 
den^). Unter  den  Kaisern  giebt  es  ein  edictum  provinciale,  zu 
welchem  Gaius  einen  Gommentar  geschrieben  hat,  und  man  nimmt 
gewöhnlich  an,  dass  dieses  für  den  gemeinschaftlichen  Gebrauch 
in  allen  Provinzen  'redigirt  worden  sei  und  besondere  Edicte  über- 
flüssig gemacht  habe^).  Was  endlich  die  Verwaltung  des  Pro- 
consuls  betrifft,  so  werden  wir,  um  die  Schwierigkeit  derselben 
zu  beurtheilen,  auf  die  allgemeinen  Zustände  der  Provinzen  in 
der  Zeit  der  Republik  etwas  näher  eingehn  müssen. 

Das   Verhältniss,   in   welchem   nach   dem   römischen    Staats- Zustand  der 

'  Provinzen 

rechte  der  populus  Romanus  zu  den  Provinzen  stand,  ist  "" ^R^'',u",rv*"' 
Grossen  dasselbe,  welches  wir  im  Kleinen  zwischen  den  Muni- 
cipien  oder  Colonien  und  den  ihnen  attribuirlen  agri  fructuarii^] 
nachgewiesen  haben;  die  Provinzen  sind  praedia  des  römischen 
Volkes,  ihre  Bedeutung  für  den  Staat  liegt  ausschliesslich  in  den 
Revenuen,  die  sie  demselben  gewähren').  Von  diesem  Gesichts- 
punct  aus  ist  das  Wohl  oder  Wehe  der  Personen,  welche  die 
Bevölkerung  der  Provinz  ausmachen,  ein  für  die  Regierung  gar 
nicht  in  Betracht  kommender  Gegenstand;  die  Entwickelung  und 
Erhnitung  der  materiellen  Zustände  des  Landes  aber  eine  wich- 
tige Rücksicht.     Die  Römer  haben  daher  nie  Bedenken  getragen, 

1)  (  icero  sagt  selbst  ad  /am.  3,  8,  4:  dUigentissime  scriptuvi  caput  est, 
quod  pertinet  ad  minuendos  suniptus  civitatum. 

2)  Hoecking  Römisches  Privatrecht,  Boon  1862.  8  »S.  262  IT.  l.eist  Die  bo- 
nonorum  poaaessio,  Göttijjgen  1844.  8. 

:Vj  Hierauf  bezieht  sich  der  Ausdruck  magistros  faeere ,  s.  Walter  (i.  li. 
Köm.  Hechts  %  754. 

4J  Cic.  ad  AU.  6,   1,   15. 

5)  Walter  (i.  d.  Köm.  Rechts  %  440.  Hethmanii-Hollweg  Rom.  (Mvilprocess 
2,  83  Anm.  19.  Huschke  Leber  den  zur  Zeit  der  («eburt  Jesu  ('liristi  gehalte- 
nen Census,  Hreslau  J840.  8  S.  22  und  Jurispr.  Anteiunlin.  p.  TT.  Anderer  An- 
si<  ht  ist  .Mommsen :  (iaius  oin  Hrovincialjurist,  In  Hekker  und  Miith«'r  .lahrbu»  li 
<lf.s  gemeinen  deutschen  Rechts  Bd.  3  S.  1  — 15. 

6)  Den  Ausdruck  braucht  Cic.  ad  fam.  8,  9,  4. 
7j  b.  oben  Seite  34ü. 


—     398     — 

die  Einwohnerschaft  ganzer  Länder  entweder  geradezu  auszu- 
rotten ^),  oder  in  andere  Gegenden  überzusiedeln,  oder  den  här- 
testen Bedingungen  zu  unterwerfen ;  aber  um  die  Länder,  wenn 
sie  sie  einmal  in  Besitz  genommen  hatten,  was  bei  geringer  Aus- 
sicht auf  Vortheil  zuweilen  auch  verschmäht  wurde  2),  haben 
sie  durch  Beförderung  der  Bodencultur,  durch  Ansiedelungen, 
Wegebauten  und  Eröffnung  von  Handelsverbindungen  für  den 
Absatz  der  gewonnenen  Producte  sich  zuweilen  in  hohem  Grade 
verdient  gemacht^),  und  Überall  den  Grundsatz  einer  verständi- 
gen Staatswirthschaft  aufgestellt,  durch  eine  regelmässige  Ver- 
waltung und  einen  wenn  auch  hohen,  so  dpch  nicht  auf  das 
Extrem  getriebenen  Steuersatz  einer  Erschöpfung  des  Landes 
vorzubeugen,  welche  voraussichtlich  einen  zeitweisen  Ausfall  in 
dem  Ertrage  der  Provinz  zur  Folge  gehabt  haben  würde.  Auch 
in  den  mannichfachen  Gesetzen,  welche  über  die  Administration 
der  Provinzen  und  gegen  Erpressungen  in  denselben  gegeben 
sind^),  scheint  mehr  die  Besorgniss  vor  dem  Ruin  des  materiellen 
Wohlstandes  der  Provinzen  als  die  Humanitätsrücksicht,  welche 
Cicero  in  rhetorischer  Weise  hervorhebt^),  das  Motiv  zu  sein, 
obgleich  nicht  zu  leugnen  ist,  dass  die  Durchführung  dieses  rich- 
tigen Staats wirthschaftlichen  Princips  das  einzige  war,  was  die 
trostlose  Lage  der  Provincialen  einigermaassen  erleichtern  konnte. 
Allein  die  Durchführung  des  Princips  war  unmöglich.  Die  Rö- 
mer nämlich,  welche  entweder  als  Beamte  oder  in  ihrem  eigenen 
Interesse  in  den  Provinzen  beschäftigt  waren,  theilten  zw^ar  die 
Ueberzeugung  von  dem  Satze,  dass  die  Provinzen  für  das  römi- 
sche Volk   nur   des  Ertrages  wegen  vorhanden  seien ;    indem  sie 

1)  Beispiele  finden  sich  in  der  ganzen  römischen  (Jeschichte.  Ueber  Cartha- 
gos  Schicksal  s.  S.  315.  Cäsar  verkaufte  53,000  Aduatici  auf  einmal.  Drumann 
3  S.  231.  lieber  Tiberius  Verfahren  in  Pannonien  s.  S.  137.  Von  Pompeius 
Siegen  sagt  Cicero  de  prov.  cons.  12,  31 :  nuUa  gens  est,  quae  non  aut  ita  suh- 
Lata  Sit,  ut  vix  exstet:  aut  ita  domita,  ut  (luiescat:  aut  ita  pacata,  ut  victoria 
nostra  imperioque  laetetur.  , 

2)  So  unter  Augustus  bei  Britannien,  Strabo  4  p.  201.  Appian.  praef.  7  : 
oX(o;  TS  Ol'  eußouAtav  xa  xpaita-a  iqz  %al  ^^aXaoa'/j?  s'-^ovxe?  a'j^stv  ^^eXouoi 
fxaXXov,  'JQ  T'?jv  apyYjv  £?  aTteipov  sz'fepeiv  irii  [idpßapa  e^vYj  Trevty^pd  xat  dxep^. 
tov  i^öi  Tiva?  eiöov  d^  'Ptup-"?]  7:p£(jßeuo[j,£vous  xe  vcal  oiöovxa^   ^auxou;  br.q/iQO'Ji 

3)  Strabo  2  p.   127.  .   /.r  ^    r 

4)  Es  sind:  die  lex  Calpurnia  605=149;  lex  Junia,  lex  Acilia,  lex  Servilia 
Glauciue,  die  ungenannte  lex  rep.  von  632=122  (C\  1.  L.  I  n.  198),  von 
Klenze  ohne  Grund  Servilia  genannt,  die  lex  Cornelia  und  die  lex  lulia  von 
695  =  59.  S.  Rudorff  R.  Rechtsgesch.  1  §  31. 

5)  Clc.  div.  in  Caecil,  5,  17}  20,  65.    Verr,  11,  2,  6,   15. 


—    399     - 

aber  sich  selbst  als  die  nächsten  Repräsentanten  des  Volks  be- 
trachteten, nahmen  sie  diesen  Ertrag  zunächst  für  sich  persönlich 
in  Anspruch;  der  zweite  Satz,  durch  eine  massige  Benutzung 
des  Ertrages  der  Zukunft  Rechnung  zu  tragen,  konnte  bei  ihrem 
nur  kurzen  Aufenthall  in  der  Provinz  für  sie  ebensowenig  be- 
stimmend sein,  als  er  für  einen  Pächter  maassgebend  sein  würde, 
welcher  das  von  ihm  verwallete  Gut  im  nächsten  Jahre  einem 
andern  zu  überliefern  hat.  Mit  dem  Aufgeben  dieser  staats- 
wirthschaftiichen  Rücksicht  waren  die  Provinzen  einer  dauernden 
Plünderung  preisgegeben.  Die  Römer,  welche  sich  in  den  Pro- 
vinzen aufhielten,  (bestanden  aus  drei  Classen,  dem  Statthalter 
und  seinem  Gefolge,  den  Pächtern  der  Abgaben  (publicani)  und 
den  Banquiers  (negotiatores) .  Dem  ersten  war  zwar  speciell  vor- 
geschrieben, was  er  von  den  Provincialen  sich  liefern  lassen 
durfte ;  ihm  war  verboten  zu  kaufen  i) ,  Geschenke  zu  nehmen  ^j 
und  sich  Gefälligkeiten  erweisen  zu  lassen  =^);  allein  die  Kosten 
der  Bewerbung  um  die  Prätur  oder  das  Consulal,  welche  selten 
ohne  Bestechung  erfolgte,  die  Bestreitung  der  Spiele  während 
der  städtischen  Aemter,  die  ausserdem  durch  ungemessenen  Auf- 
wand herbeigeführte  Verschuldung  der  meisten  Optimalen,  end- 
lich die  Aussicht  auf  einen  Repetundenprocess ,  bei  welchem 
wiederum  Bestechung  durch  erhebliche  Summen  versucht  werden 
musstc*),  führten  für  den  Statthalter,  abgesehen  von  der  Ge- 
wissenlosigkeit;  welche  in  der  späteren  Nobilität  allgemein  war, 
iiewiihnlich  die  Nothwendigkeit  herbei,  mit  allen  ihm  zustehen- 
den Mitteln  in  der  Provinz  sich  für  die  Vergangenheit  schadlos 
zu  halten  und  für  die  Zukunft  zu  sichern.  In  dieser  Beziehung 
war  die  einjährige  Verwaltung  für  die  Provinz  ein  doppeltes  Un- 
glück, da  die  Erpressung  in  kürzester  Zeit  verübt  werden  musste, 
und    mit  jedem   .lahre   eine   neue    begann'^).      Die   einzige    Hülfe 

Ij  (  ic.    Verr.  II,  4,  f),  9.  10. 

2)  Cic.  lU  leg.  .'J,  4,  11.  Unter  den  Kaisern  war  das  Annehmen  von  lie- 
sclienken  biH  zn  einer  gewissen  Summe  gestattet,  l)iK«*st.  48,  11,  (i.  H,  und 
von  jeiitjr  war  «in  Beitrag  für  den  etwaigen  Triumph  ,  aurwn  rnronarium  fCic. 
in  FiMon.  M,  9Üj  gentattet. 

3)  Digest.  1,  IG,  4  pr. 

4)  (Mc.  Verr.  I,  14,  40. 

j)  Eine  der  gewohnlichtiten  Äxten  des  ifuae$lu»  war  der  Wiioher,  ilfii  der 
>tatttialter  >elb.-<t  und  seine  Hegleitung  trieb.  Dig.  12,  1,  33:  principalibn>*  ron- 
itituttonihu»  ravelur.  ne  tii,  qui  provinciuin  leytinl  quhe  circa  eon  amU,  luyocien- 
tur  inutuamve  pecuniam  äent  faenusve  exerceant. 


—     400     — 

gegen  dieselbe  war  anfUnglich  eine  Beschwerde  bei  dem  Senat, 
die  indessen  selten  Erfolg  haben  mochte;  seit  605  =  149  war 
durch  die  Repetundengesetze  wenigstens  ein  Rechtsweg  für  die 
Klagen  der  Provincialen  eröffnet;  allein  auch  diese  waren  durch 
einen  patronus  anzustellen  i),  welcher  der  römischen  Nobilität 
anzugehölen  pflegte;  die  Klage  selbst  verursachte  neue  Kosten 
durch  Absendung  von  Gesandtschaften  und  Zeugen,  und  es  war 
von  der  Zusammensetzung  des  Geschwornengerichtes  abhängig, 
ob  trotz  der  zu  erwartenden  Bestechungen,  trotz  der  Hindernisse, 
welche  die  römischen,  in  städtischen  Aemtern  befindlichen  Opti- 
maten  und  der  Nachfolger  des  angeklagten  Statthalters  in  der 
Provinz  durch  Abmahnen  und  Zurückhalten  der  Abgeordneten 
und  Zeugen  in  den  Weg  legten  2),  ein  günstiger  Erfolg  des  Pro- 
cesses  zu  erwarten  war.  Neben  der  Nobilität,  welche  sich  zur 
Ausbeutung  der  Provinz  der  Statthalterstellen  bediente,  trieben 
die  dem  Ritterstande  angehörigen  publicani  und  negotiatores  ihr 
Geschäft,  die  einen,  indem  sie  durch  Uebervortheilung  aller  Art 
ihren  Gewinn  zu  steigern  suchten^),  die  andern,  indem  sie  sich 
massenweise  ansiedelten  ^J  ^  um  den  erschöpften  Communal-  und 
Privatcassen  der  Provincialen  ^)  gegen  unerhörte  Zinsen  mit  ihren 


1)  Lex  rep.  von  632  (C.  1.  L.  I  n.  198  lin.  9.  11.  12.  Cic.  div.  in  Caecil. 
20,  66  f.).  Die  meisten  Provinzen  hatten  in  Rom  patroni  aus  bestimmten  Ge- 
schlechtern, in  welchen  das  Patronat  forterbte ;  so  Sicilien  die  Marcelli  (Cic.  div. 
in  Caec.  4,  13  u.  ö.),  Cypern  die  Catones  (Cic.  ad  fam.  15,  4).  Mehr  bei  Rein 
in  Paulys  Realencycl.  5,  1247  f.  Aber  die.  Siculer  hielten  es  nicht  für  gerathen, 
sich  in  ihrem  Processe  gegen  Verres  an  die  Marcelli  zu  wenden ,  sondern  nah- 
men des  Cicero  Hülfe  in  Anspruch.  Auch  unter  den  Kaisern  dauerten  die  pa- 
troni provinciarum  fort.    Orelli  n.  529.  3058.  3063.  3661. 

2)  Cic.  act.  in  Verr.  I,   10.   11. 

3)  Cic.  ad  Q.  fr.  1,  11,  33  und  meine  Hist.  eqq.  Rom.  p.  18  ff.  Vgl.  Liv. 
45,  18 :  metalli  quoque  Macedonici,  quod  ingens  vectigaL  erat,  locationesque  prae- 
diorum  rusticorum  tolli  placebat.  Nam  neque  sine  publicano  exerceri  posse,  et 
ubi  puhlicanus  est,  ibi  aut  ius  publicum  vanum  aut  libertatem  sociis  nullam  esse. 
Dig.  39,  4,  12. 

4)  Ueber  die  negotiatores  s.  Ernesti  Opusc.  phiiol.  et  crit.  p.  1 — 20  und  in 
der  Clavis  zum  Cicero.  Auch  in  Inschriften  kommen  negotiatores,  qui  negotiantur, 
Ol  7tpaYp.aT£u6|X£vot  oder  ^pYaCo[j.evoi  oft  vor.  C.  1.  Gr.  n.  2053  und  die  Samm- 
lung bei  K.  Keil  Ahalecta  epigr.  et  onomat.  p.  80. 

5)  Von  der  furchtbaren  Verschuldung  der  Provinzen  Hesse  sich  eine  aus- 
führliche Schilderung  geben.  Cäsar  suchte  derselben  in  Spanien  abzuhelfen 
(Drumann  3,  189).  Ueber  Asien  Cic.  pr.  Flacco  9,  20 :  in  aerario  nihil  habent 
civitates,  nihil  in  vectigalibus.  Duae  rationes  conficiendae  pecuniae ,  aut  versura 
aut  tributo.  ad  Q.  fr.  1,  1,  25.  lieber  Cilicien  Cic.  ad  fam.  3,  8,  2:  sumptus 
egentissimarum  civitatum.  In  den  asiatischen  Provinzen  brach  nach  dem  letzten 
Bürgerkriege  ein  allgemeiner  Staatsbankerott  aus,  in  Folge  dessen  Augustus  einen 
Steuererlass  bewilligte.    Dio  Chrys.   I  p.  601  R.  und  dazu  Casaubonus. 


—     401      — 

Capilalien  zu  Hülfe  zu  kommen  ^) ,  zu  welchem  Zwecke  auch  rö- 
mische Senatoren,  denen  eigene  Geschäfte  der  Art  gesetzlich  ver- 
boten waren,  ihnen  gecon  einen  Antheil  am  Gewinn  Geldsum- 
men zur  Verfügung  stellten.  Gegen  Bedrückungen  der  Publicani 
und  unerlaubten  Wucher  der  Negotiatoren  konnte  zwar  bei  dem 
Statthalter  geklagt  werden,  und  zuweilen  half  derselbe  dem  üebel 
energisch  ab ;  allein  es  war  für  ihn  persönlich  gefährlich,  nicht 
nur  in  der  Zeit,  als  die  Ritter  im  Besitze  der  Gerichte  waren  2), 
und  die  Beleidigung  ihrer  Standesgenossen  durch  unfehlbare  Ver- 
urtheilung  des  Statthalters  rächten^),  sondern  überhaupt,  da  der 
Einfluss  der  Geldaristocratie,  welche  die  Ritter  bildeten'*),  und 
das  Auftreten  der  verletzten  Personen  bei  einem  etwaigen  Re- 
petundenprocesse  für  den  Statthalter  zu  befürchten  war^).  Bei 
dieser  schwierigen  Lage^'i  bedurfte  es  nicht  nur  eines  redlichen, 
sondern  eines  festen  Characters,  um  die  Interessen  der  Provinz 
nicht  unbedenklich  zu  opfern  ;  nur  selten  finden  sich  Beispiele, 
wie  das  des  älteren  Cato,  der  dem  Wucher  der  Römer  in  Sar- 
dinien entschieden  entgegentrat');   das  unentschlossene  Benehmen 

1)  Cic.  pr,  Font.  1:  referta  Gallia  negotiatorum  est,  plena  civium  Roma- 
norum.  Nemo  Gallorum  sine  cive  Romano  quidquam  negotii  gerit;  nummus  in 
Gallia  nuUus  Mine  civium  Romanorum  Uihulis  commovetur.  Dies  dauerte  fort  un- 
ter den  Kaisern.    Tac.  Ann.  3,  40. 

2)  Cic.  acc.  in  Verr.  II,  3,  41,  94:  antea,  quuin  equeater  ordo  iudicaret, 
(123 — 80  V.  Chr.)  improhi  et  rapacen  rnngiatratus  in  provinriis  inserviebnnt  publi- 
cania :  omabant  eos ,  qui  in  operis  erant ;  quemcunque  equitem  Romanum  in  pro- 
vincin  viderant,   beneßrUü  ac.  liberalitate  prosequebantur. 

3)  Das  bekannteste  Beispiel  ist  da.s  des  Q.  Mucius  Scaevola,  welcher,  naoh- 
deni  er  in  seiner  vortreft'liclien  Vervraltmig  Asien.«?  den  Betrüge/eien  der  publicani 
standhaft  entgegengetreten  war,  durch  die  aus  equites  bestehenden  Richter  ver- 
urtheilt  wurde,  Diodor.  exr.  p.  610  Wess.  Vol.  IV  p,  ir>2  Dind.  und  über  den 
ganzen  Gegenstand  meine  Hist.  eqq.  Rom.  p.  28 — 36. 

4)  Appian.   B.    C.  2,    13.     Cic.  pr.   Plane.  9. 

f))  Der  Hauptgrund,  warum  Asien  an  Mithridates  abfiel,  lag  in  den  un- 
menschlichen Bedrückungen  der  Publicani.  Flut.  Lurull.  T,  20:  xi^^t  ir.o.^y[i^ 
appxToi  y.oii  ariOTOi  S'jo-c'j/tcti  -AaTetyov ,  uro  xiuv  xeXtuvdJv  xcti  twv  Saveiaxuiv 
rropffO'jjiIvTjV  xat  dvof^ctTroSttofJi^vY^v  ,  riTrpdaxetv  {oia  u£v  ytou;  C'jTr&CTTEi; ,  ftuY"* 
Tspctc  XI  rapftfvo'j; ,  or^jAOSta  o  dvotft-fjfxaTa ,  -ypacpa;,  tepou;  dvSpidvTa;  dvapa- 
(^oti^^oiv  •  aOtot;  re  t^Xo;  jjiiv  t,v  Tpo;ÜcTot;  Y^'^'^fJ-^voi;  ooy).e'jeiv.  Als  Lucullus 
diesem  Klend«^  abzuhelfen  versuchte ,  zog  er  sich  den  Hass  der  Publicani  zu, 
welche  ihm  hernach  in  Kom  auf  alle  Art  entgegentraten.  Drumann  4,  140. 
Andere  Beispiele  s.   Hint.  eqq.  Rom.  p.  20. 

ft)  Cic.  ad  ij.  fr.  \,  \ ,  iX  ^  33:  illa  causa  publiranmum  quantam  acer- 
bitatem  afferat  aociin ,  intelleximu^  ex  civibu» ,  qui  nuper  in  portoriin  Jtaliae  lol- 
tendia  noii  tarn  de  porlnrio ,  quam  de  nonnulli-i  iniuriia  pnrtHnrum  querebantur . 
(Juare  non  ignnro ,  quid  soriin  accidat  in  ultimia  terrix .  cum  audierim  in  Italin 
querelaa  civium.  Hie  te  ita  vtraari,  ut  et  publicania  aatisfacias  —  et  aocioa  per- 
ire  non  nirutn,   divinae  ruiuadam  virlutiii  enae  videtur. 

7)  Llv.   32.  7  ''      l'lut     (al.  m.  6.     Nepos   Cat.    1 

Hörn.  AlUrib.  1\  26 


—     402     — 

Cicero's  in  Cilicien  war  nicht  viel  besser,  als  die  gewöhnliche 
Maassregel,  nach  welcher  die  Statthalter  sich  geradezu  mit  den 
Publicani  verbanden,  und  stall  sie  am  Unrecht  zu  hindern,  ih- 
nen so  wie  den  Negotiatoren  militärische  Exccution  zur  Eintrei- 
bung der  von  ihnen  geforderten  Summen  bereitwillig  zur  Dis- 
position stellten.  M.  lunins  Brutus  nämlich,  der  Mörder  des 
Cäsar,  ein  wegen  seiner  Tugend  und  Rechtlichkeit  berühmter 
Mann^j,  hatte  der  Stadt  Salamis  auf  Cypern  unter  fremdem  Na- 
men eine  Summe  Geldes  und  zwar  zu  48  Procent  geliehen, 
während  der  geselzmässige  Zinsfuss  in  Cilicien  12  Procent  war. 
Der  Negotiator  Scaptius,  der  dies  Geschäft  führte,  verlangte  un- 
ter dem  Proconsul  Appius  Claudius,  dem  Vorgänger  Cicero's  in 
Cilicien,  von  den  Salanuniern ,  Zins  auf  Zins  gerechnet,  statt 
106  Talente  200,  erhielt  von  Appius  ein  Commando  Reiter,  die 
er  selbst  commandirte,  und  schloss  den  Senat  in  Salamis  so  lange 
in  der  Curie  ein,  bis  fünf  Senatoren  vor  Hunger  starben.  Als 
Cicero  im  J.  51  nach  Cilicien  kam,  nahm  er  dem  Scaptius  die 
Präfectur,  obgleich  Brutus  ihn  besonders  ersuchte,  sie  ihm  zu 
lassen;  die  Salaminier  erboten  sich,  das  Capital  mit  12  Proc.  ver- 
zinst abzuzahlen  und  zu  deponiren,  da  nach  Cicero's  eigenem 
Edict  1 2  Proc.  als  das  Maximum  des  Zinsfusses  festgesetzt  war ; 
Cicero  konnte  nicht  umhin ,  den  Salaminiern  Recht  zu  geben, 
aber  er  wagte  es  nicht,  den  Brutus  zu  erzürnen.  Er  nahm  die 
Deposition  des  Geldes  nicht  an,  und  liess  die  Sache  unentschie- 
den, indem  er  den  Brutus  auf  die  Zukunft  hoffen  hiess,  d.  h. 
auf  einen  gewissenloseren  Statthalter,  welcher  sich  vielleicht  be- 
reit finden  lassen  würde,  das  zu  thun,  dessen  Cicero  sich  schämte. 
Dies  war  der  Schutz,  welchen  die  Salaminier  unter  einer  muster- 
haften Verwaltung,  wie  die  des  Cicero  war,  genossen  2). 
Die  Kaiser-  Dag  Eudc   der  Republik   war   für  die  Provinzen  der  Anfang 

einer  besseren    Zeit,  •  welche ,    wenn   auch   nicht   ohne  Unterbre- 
chung^),   bis    über    die   Periode    der  Antonine    hinaus   dauerte. 

1)  Drumann  4,  41. 

2}  S.  über  diesen  Fall  Savlgny  üeber  den  Zinswucher  des  M.  Brutus,  Abh. 
der  berliner  Acad.  1818.  1819  S.  179-188.  Verm.  Sehr.  I  S.  386—406.  Auf 
ähnliche  Weise  machte  später  der  Philosoph  Seneca  Wuchergeschäfte  in  Britan- 
nien.    Dio  Cass.  62,  2. 

3)  Ueber  die  Raubsucht  des  Tiberius  i.n  seiner  späteren  Zeit  s.  Suet.  Tib. 
49;  über  die  Zustände  Ciliciens  unter  Domitian  Philostr,  V.  Apoll.  7,  23.  Ueber 
Neros  Reisen  in  Griechenland  das,  5,  7.  Dazu  kam,  dass  die  Provinzen  unter 
den  ersten  Kaisern  noch  aus  den  Zeiten  der  Republik  her  sehr  erschöpft  waren 


—     403     — 

Schon  in  dem  Musserlichen  Umstände,  dass  die  Regierung;  in  eine 
Hand  überging,  lag  eine  Erlösung  von  den  Bedrückungen,  welche 
grade  durch  die  Menge  der  Personen,  die  neben  und  nach  ein- 
ander mit  immer  erneuter  Gier  die  Provinzen  beraubten,  uner- 
träglich geworden  waren;  allein  die  wesentliche  Aenderung  der 
Verhältnisse  lag  in  dem  Principe  der  Monarchie,  welches  den 
Unterschied  zwischen  der  regierenden  römischen  Bürgerschaft  und 
den  unterthänigen  Provincialen  nach  und  nach  aufhob  und,  indem 
es  beide  Theile  immermehr  gleichstellte,  auch  den  Einwohnern 
der  Provinzen  den  Schutz  der  Gesetze,  Hülfe  in  ausserordent- 
lichen Nothfällen  ^),  die  Wohlthaten  einer  regelmässigen  Verwal- 
tung und  niclit  selten  bedeutende  Begünstigungen  gewährte. 
Seitdem  Auguslus  im  .1.  731=23  die  proconsularische  Gewalt 
über  alle  Provinzen  erhalten  hatte 2),  war  eine  gesetzliche  Be- 
hörde geschaffen,  welche,  übei*  den  Statthaltern  stehend,  die  Be- 
fugnisse derselben  bestimmt  begrenzte  =^)  ,  und  Appellationen*) 
und  Beschwerden  annahm,  und  die  Anordnungen,  durch  welche 
Augustus  die  Verwaltung  reorganisirte,  die  Strenge,  mit  welcher 
Tiberius  diese  aufrecht  erhielt-»),  begründeten  auch  in  den  Pro- 
vinzen einen  geordneten  gesetzlichen  Zustand,  Die  ersten  Jahr- 
hunderte der  Kaiserherrschaft  sind  für  einige  Länder  als  die  Blü- 
thezeit  in  der  Geschichte  derselben  zu  betrachten ;  von  dem 
Reichthum  und  Luxus  der  syrischen  Städte,  von  den  Prachtbauten 
der  Kaiser  in  dieser  Provinz,  von  der  steigenden  Bevölkerung 
Aegyptens,  von  der  materiellen  und  zum  Theil  auch  literarischen 
ßlüthe  Spaniens,  Galliens  und  Africas  ist  bereits  früher  wenig- 
stens andeutend  gesprochen  worden. 

Die   Einrichtungen    des   Augustus   begannen    im  J.   727=27  ^'"JjJ'Jes" 
mit  der  Theiinni:  der  Provinzen,  in  welcher  er  diejenigen  Länder,    Augustus. 


lUiU  von  den  Slatthalteni,  so  viel  an  ihnen  lag,  immer  nocli  ausgebeutet  wurden. 
S.  die  Schildemng  bei  luvenal  8,  S? — 120. 

1)  Siiet.  Ort.  47.  Ueber  die  Unterstütz-uiigen  ,  welche  die  Provinz  Asien 
durch  Augustus  erhielt,  8.  I)io  Cass.  ()A,  30.  Dio  ('hrys.  1  p.  601  K. ;  über 
Tralles  Agathias  Hiat.  2,  17;  C.  I.  Ur.  2923.  2927;  über  Nysa  r.  /.  6V.  2943— 
'J948;  über  Papho.s  Dio  das«.  r)4,  23;  Letronne  Arudyne  du  rerueil  de  M.  Vidwi 
p.  32;  über  Tarsus  Dio  Chrys,  II  p.  30  K. ;  über  Tiberius  Verdienste  um  die 
Provinzen  Tac.  Ann.  2,  47;  4,  13. 

'i)  Dio  C^aHs.  r)3,  32. 

H)  Hierüber  giebt  ausführliche  Belehrung  Ulpian  Diy.  49,  4,  1  und  der  Brief- 
wechsel des  PliniuH  mit  Traian. 

4)  Suet.  Ort.  33.    DIg.  42.  1,  27;  42,  1,  3J;  49.  1. 

0)  Tac.  Ann    4,  ö. 

26* 


welche  einer  militUrischen  Besatzung  bedurften,  selbst  in  Ver- 
waltung nahm,  die  vollständig  beruhigten  aber  dem  Senate  über- 
gab^). Zu  den  ersteren  geliörten  nach  Dio  Cassius  zwöll",  näm- 
lich Tarraconensis,  Lusitania,  Narbonensis,  Lugdunensis,  Aqui- 
tania,  Belgica,  Germania  superior,  Germania  inferior,  Syria,  Ci- 
jicia,  Cyprus,  Aegyptus,  zu  den  h;tzteren  zehn,  nämlich  Africa, 
Asia ,  Achaia,  Iliyricum  oder  Dalmatia  ,  Macedonia,  Sicilia,  Greta 
mit  Gyrene,  Bithynia  ,  Sardinia,  Baetica.  In  dieser  Theilung  ist 
später  mehreres  geändert  worden'^);  die  nach  dem  J.  727  =  27 
erworbenen  Provin2ien  fielen  aber  dem  Kaiser  zu^).  Für  die  Se- 
senatspro-  natsprovinzeu    wurden  die  Statthalter   im  Ganzen    in  alter  Weise 

vinzen.  * 

be^iuunty  i^ämlich  durch  das  Loos^)   und  auf  ein  Jahr^),   jedoch 

;,■  ■■;-."' ,.;■     — ^ 

1)  Suet.  Oct.  47.    Dio  Cass.  53,  12.    Strabo  17  p.  840. 

2)  Strabo  a.  a.  0.  zählt  nicht  zehn  ,  sondern  zwölf  senatorische  Provinzen. 
Er  redet  von  der  Zeit  zwischen  22  — 11  v.  Chr.,  in  welcher  Narbonensis  und 
Cyprus  dem  Senate  zugewiesen   war. 

3)  Dio  Cass.  03,  12. 

4)  Suet.  Oct.  47.  Dio  Cass.  03,  13.  Spartian.  Sever.  4.  Tac.  Ann.  3,  58. 
Deshalb  unterscheidet  man  die  kaiserlichen  Statthalter  als  alpexoi  von  den  Pro- 
coiisuln  als  x).'^pajodfj.£voi.  Philostr.  Vit.  ApolL  f),  36.  Sosius  Prisciis,  procos. 
Asiae  183 — 184  heisst  noch  proconsul  Asiae  sortitus,  Orelli  2761  ;  und  im  J.  217 
wird  noch  in  Betreff  Asiens  'q  xoü  -/.X-rjpou  xa^i^  und  gleichzeitig  ein  procon. 
Afrkae,  ttjv  'A'fpiXTjV  y.ocTaxXirjpojoafAevo;  erwähnt  bei  Dio  Cass.  78,  22;  dann 
aber  sagt  Lamprid.  AI.  Sever.  23 :  provinrins  proconsulares  e.v  nenatus  voluntate 
ordinnvit  {Alex.  Severus),  und  nach  Alex.  Severus  (222  —  235)  scheint  die  alte 
Wahlordnung  für  die  Senatsprovinzen  aufzuhören;  Waddington  Fastes  des  pro- 
vinces  Asintiques  l,  Paris  1872  (ich  citire  die  OctavausgabeJ  p.  263.  Daher  heisst 
es  bei  Capitolin.  Qord.  tres2:  ipse  post  consulatum,  quem  egerat  cum  Alexandro, 
ad  proconsulatum  Africae  missus  eH  ex  senatus  consulto,  und  so  hernach  immer. 
S.   Borghesi   Oeuvres  5,  469. 

5)  Apuleius  hielt  seine,  Florida  überschriebene ,  Declaraation  vor  dem  Pro- 
consul Africae  des  J.  163  Scipio  Orfltus  (s.  Flor.  c.  17),  und  .sagt  c.  9:  nullo 
nisi  tuo  anno  ad  cnercenda  peccuta  plus  pudor  quam  timor  valuit.  Und  weiter : 
quid  nobis  cum  istis  proconsulum  vicibus,  quid  cum  annis  brevibus  et  festinantibus 
inensibus':'  Suet.  Oct.  47.  Dio  Cass.  53,  13.  Tac.  Ann.  3,  58.  Die  Verordnung 
des  Pescennius  Niger  (Spartian.  Pesc.  N.  7),.  ut  nulli  ante  quinquennium  succe- 
deretur  provinciae  praesidi ,  blieb  nicht  in  Geltung.  Noch  im  J.  253  schreibt 
Cyprianus  ep.  15  ad  Moysen  et  Maximum  presh. :  eant  nunc  mayistratus  et  con- 
sules  sive  proconsules  annuae  dignilatis  insignibus  et  duodecim  fascibus  glorientur. 
Nichtsdestoweniger  kommt  es  häufig  vor,  dass  auch  Proconsuln  mehrere  Jahre 
im  Amt  bleiben,  wie  man  aus  Inschriften  und  Münzen  der  Provinz  ersieht, 
auf  welchen  der  Stalthalter  eponym  ist  (a  /.  Gr.  2965.  2963^.  2966.  2993. 
3146.  3170.  3179.  3180.  3211  u.  ö.)  und  die  Jahre  selMer  Verwaltung  be- 
merkt werden ,  z.  B.  stti  dviS^'jTraTO'j  xö  ß'  'EY^aTtou  AoXXiavoü,  C.  1.  Gr.  2870. 
Vgl.  2570.  2562.  3516.  3517.  Eckhel  D.  N.  4,  147;  229—232.  Zumpt  Comm. 
epigr.  11,  111.  Mommsen  Res  gestae  Divi  Aug.  p.  112.  127—129.  Eprius  Mar- 
cellus  war  proconsul  Asiae  70—73,  also  drei  Jahre;  Henzen  n.  5425,  Wadding- 
ton Fastes  n.  96;  M.  Silanus  prownsuZ  Africae  ;i2  — 37,  also  sechs  Jahre,  Borghesi 
Oeuvres  5,  217;  P.  P'etronius  proconsul  Asiae  29  —  35,  ebenfalls  sechs  Jahre, 
Waddington  Fastes  n.  76.     Von    den  letzten  Jahren  des  Tiberrus  sagt  im  AUge- 


—     405     — 

mit  folgenden  Modificalionen  :  der  Unterschied  der  consularischen 
und  prätorischen  Provinzen  dauerte  zwar  fort,  wurde  aber,  da 
der  Grund,  weshalb  man  in  der  Zeit  der  Republik  Proconsuln 
in  die  Provinzen  schickte,  nämlich  der  Fall  eines  grösseren  mili- 
tärischen Commandos,  in  der  Kaiserzeit  in  den  senatorischen  Pro- 
vinzen nicht  mehr  vorhanden  war,  in  der  Art  fixirt,  dass  zwei 
derselben,  nämlich  Asia  und  Africa ,  inmier  consularisch ,  alle 
übrigen  prätorisch  waren '),  und  dieser  Unterschied  erhielt  sich 
bis  auf  Conslantin  den  Gr.  2).  Der  Antritt  erfolgte  unter  Augu- Amtsantritt, 
stus  nach  dem  pompejischen  Gesetze,  also  fünf  Jahre  nach  Ver- 
waltung des  Consulates  oder  der  Prätur  ^)  ,  und  zwar  nach 
der  Anciennität^'j.  Zuerst  loosten  die  beiden  ältesten  Consulare 
um  die  consularischen ,  dann  die  ältesten  Praetoren  um  die 
prätorischen  Provinzen,  insofern  nicht  der  Kaiser,  welcher  die 
Liste  genehmigte  und  die  Zahl  der  Zuzulassenden  nach  dem  Be- 
diirfniss  feststellte^),  einen  oder  den  andern,  entweder  weil  er 
anders  über  ihn  verfügen  wollte,  oder  weil  'er  ihn  für  unwürdig 
hielt,  von  dem  Loose  ausschloss  ^) .  Auch  nach  Augustus.  Tode 
behielt  das  pompejische  Gesetz  insofern  Geltung ,  als  für  den 
Zwischenraum  zwischen  dem  städtischen  Amte  und  der  Statthal- 
terschaft der  fünfjährige  Zeitraum  das  gesetzliche  Minimum  blieb ; 
in  Wirklichkeit  aber  wurde  derselbe  schon  seit  Tiberius  auf  zehn 
und  mehr,  gewöhnlich  auf  dreizehn  Jahre'),  sowohl  für  die  prae- 
lorii^)  als  für  die  consulares^)  ausgedehnt.    An  dem  Loose  nahmen 

meinen  Dio  Cass.  58,  23:  ToaoyTov  -^«P  ^^^"^^0?  ^tuv  xs  a/Aoov  xal  täv  ßo'jXey- 
Tttiv  arcbXero,  &OTe  tou?  ä^yrj'ijzoLi  to'j;  xXTjptoxou; ,  to'j;  |j.ev  soTparrj^-rjxoTa; 
in\  Tpia ,  Tou;  B'  br^are'j'AOTai  ItzI  'i^  Ixt)  xa;  ii'fe^i.O'^iai  xräv  i%vvis  droptqt  xtov 
oiaoe^ofxevoiv  c/ei'^-  Trotz  dieser  Ausnahmen  sind  gesetzlich  die  Proconsuln  und 
Proprätoren  noch  bis  in  die  nachconstantinische  Zeit  einjährig  geblieben.  Gothotr. 
Not.  diyn.  Cod.  Theod.  p.  22  ff.  23^.     Boecking  ad  N.  I).  II  p.  419. 

1)  Strabo  17  p.  840.    Dio  Cass.  53,  13. 

2)  Borghesi  Oeuvres  5,  449. 

3)  Dio  Cass.  53,  14.    Suet,  Oct.  36.    Borghesi  Oeuvres  1,  309;  3,  185. 

4)  Gronov  ad  Tac.  Ann.  3,  58.  ib.  71 :  Ha  Aaiae  sors  in  tum,  qui  Conau- 
Larium  Maluyinensi  proximus  erat ,  conlata.  Auch  dies  hörte  unter  Alexander 
Scverus  aui'.     Borghesi   Oeuvres  ö,  469. 

5)  Dio  Cass.  53,  14:  loapi^|xou5  xc  ]fap  xoi;  Idveot,  xai  oO;  av  dftcXi^OTj, 
xXtjpoOol^ai  -/.eXe-jei. 

6)  Tac.  Ann.  6,  27;  40. 

7i  Borghesi  Oeuvres  4,  535;  5,  143. 

iS)  Septimius  Severus ,  der  naclihorigc  Kaiser,  war  praetor  178,  Propräfor 
mit  dem  Titel  proconstd  von  Slcilion   189.     Borghesi  Oeurres  ^,  191.  192. 

9)  f)bßlcich  die  vortreflTlichon  l'nrersuchungcn  von  Waddington  erst  zum 
Theil  heran -L''';.'cl.«n  ^iuii .  so  habrn  slr  dlcson  Punct  für  die  proconsules  Asiae 
bereits  Nollstätiilig  erledigt.     Ks  sind  in  ihnen  tolgcnde  Data  völlig  sicher  gestellt : 


—     406     — 


nicht  nur.  dio  gewesenen  consules  ordinarii,  sondern  auch  die 
su/l'ectij  und  nicht  nur  die  gewesenen  Prätoren  [praetura  functi)^) 
wSondern  rille  itruetoni  '^) ,  also  auch  die  uUecii  inier  praetorios 
Theil  ■*) ,  und  da  es  in  dieser  Zeit  vorkam ,  dass  ein  Praetorius 
eher  zum  Consulat  gelangte,  als  die  Reihe  dos  l.oosens  an  ihn 
kam,  so  konnte  er  auch  nach  dem  Consulat  zuerst  die  prä torische 
Provinz  erbosen,   ehe  er  die  consularische  erhielt*).     Ausserdem 


:^ 


M.  lunius  Silainis,  Cos..  729  3e=25,  procos.  Asiae  740=14. 

Cii.  Cornelius  Leiitulus  Augur,  Cos.  740=14,  procos.  Asiae  753 — 754. 

C.   lunius  Silanus,   Cos.  10  n.  Chr.,  procos.   Asiae  20 — 21. 

M.  AcTTiilius  Lepidus,  Cos.  6,  procos.  Asiae  21 — 22. 

C.   Fonteius  Capito,  Cos.  12,  procos.  Asiae  23 — 24. 

M\   Aemilius  Lepidus,   Cos.  11,  procos.  Asiae  26 — 27. 

P.  Pctronius,  Cos.  19,  procos.   Asiae  29 — 35. 

C.  Calpurnius  Aviola,  Cos.  24,  procos.  Asiae  38 — 39. 

C.  Cassius  Longinus,  Cos.  30,  procos.  Asiae  40 — 41. 

M.  lunius  Silanus,  Cos.  46,  procos.  Asiae  54. 

L.   Salvius  Otho,  Cos.  52,  procos.   Asiae  62 — 63. 

L.   Antistius  Vetus,  Cos.  55,  procos.  Asiae  64 — 65. 

M'.   Acilius  Aviola,  Cos.  54,  procos.  Asiae  65 — 66. 

M.  Ulpius  Traianus,   Cos.  70  oder  71,  procos.  Asiae  79 — 80. 

Ti.   lulius  Ferox,   Cos.  99,  procos.   Asiae  116 — 117. 

Cortielius  Priscus,  Cos.  103,  procos.  Asiae  120 — 121. 

C.   Minicius  Fundanus,  Cos.   107,  procos.  Asiae  124 — 125. 

L.  Venuleius  Apronianus,   Cos.  123,  procos.  Asiae  138 — 139, 

T.   Statins  Quadratus,   Cos.  142,  procos.  Asiae  154—155. 

Pedo  Apronianus,   Cos.  191,  procos.  Asiae  204 — 205. 

Q.  Anicius  Faustus,  Cos.  198,  procos.  Asiae  217 — 218. 
Von  den  proconsules  Africüe  mögen  folgende  Beispiele  genügen : 

L.  Passienus    Rufus,    Cos.  750,    procos.   Africae   756  =  3.    Borghesi  Oeuvres 
5,   159. 

Cornelius  Lentulus  Cossus,  Cos.  753,  procos.  Africae  759.  Waddington  Fastes 
p.    105. 

M.   lunius  Silanus,   Cos.  19  n.  Chr.,  procos.  Africae  31—37.   Borghesi  Oeuvres 
5,  216. 

L.   Calpurnius  Piso,   Cos.  27  (Tac.  Ann.  4,  62j,  procos.  Africae  40  (Dio  Cass. 
59,  20). 

A.  Caecilius  Faustiuus,  Cos.  Qd,  procos.  Africae  116—117.  Waddington  Fa«««« 
p.  187. 

Scipio  Orfitus,  Cos.  149,  procos.   Africae  163. 

Serius  Augurinus,  Cos.  156,  procos.  Africae  169 — 170.  Leber  beide  s.  Wadding- 
ton p.  231. 
Nach  Alexander  Severus  hören  auch  »für  Africa  diese  langeii  Zwischenräume 
auf;    Cassius  Dio,  Cos.  291,    war  procos.  Africae  295;    Annius  Anulinus,  Cos. 
295,    procos.  Africae  302.     S.  Morcelli  Africa  Christ.  II  p.  175,  181.     Borghesi 
Oeuvres  5,  449. 

1)  Tac.  Ann.  2,  33.  67;   3,  31.  65;  4,  68;  5,  8;  6,  7.  38;   13,  29;   14,  12. 

2)  Tac.  Ann.  2,  47;  3,  28;   6,  3.  9.  18.  48;   14,  40. 

3)  Orelli  3659. 

4)  Borghesi  Oeuvres  4,  145  f.  Beispiele  sind :  C.  lulius  Cornutus  Tertullus. 
alleclus  inter  praetorios  a  divis  Vespasiano  et  Tito  censoribus  (a.  71 — 74),  Consul 
a.  100,  dann  proconsul  prov.  Narbonensis ,  endlich  proconsul  Asiae,  Orelli  .3659; 
ferner  A.  lulius  Quadratus,  der  erst  nach  dem  Consulat  proconsul  von  Creta  und 
Cyrene,  einer  prätorischen  Provinz,   wurde.    0.  I.  Gr.  n.  3532. 


—     407     — 

traf  zuweilen  mit  Rücksicht  auf  das  ius  liberorum  ^)  oder  aus 
besonderen  Gründen ,  namentlich  wenn  bei  einigen  Bewerbern 
eine  Bekanntschaft  mit  einer  Provinz  2)  oder  eine  besondere  Be- 
fähigung vorhanden  war,  der  Senat  extra  ordinem  eine  Bestim- 
mung'^) ,  oder  der  Kaiser  übernahm  zeitweise  eine  senatorisclie 
Provinz  ^) ,  ohne  dass  dadurch  deren  rechtliche  Stellung  für  die 
Zukunft  verändert  wurde  ^).  Alle  Statthalter  der  senatorischen 
Provinzen  führen  gleichmässig  den  Titel  procönsul,  jedoch  mit  dem 
Rangunterschiede,  dass  die  proconsules  Asiae  et  Africae  12,  die 
übrigen  6  Lictoren  haben  ^)  ;  sie  entbehren  der  militärischen  Ge- 
walt, weshalb  sie  in  der  toga,  nicht  wie  zur  Zeit  der  Republik 
mit  dem  paludamentum  und  cum  gladio  ausziehen ')  ;  nur  ein 
kleines  Commando,  wie  es  für  die  Erhaltung  der  Ordnung  in  der 
Provinz  hinreichend  war,  wurde  ihnen  zur  Disposition  geslellt^); 
auch  die  Legion,  welche  unter  Augustus  der  Proconsul  von  Africa 
befehligte,  wurde  bald  darauf  dem  legatus  von  Numidien  über- 
geben 9),  so  dass  Tacitus  alle  proconsul  arischen  Provinzen  im  Ge- 
gensatze zu  den  kaiserlichen ,  militärisch  verwalteten  Provinzen 
iurisdictmies  nennt i^>).  Das  Beamtenpersonal  blieb  unverändert; 
neben  ihm  finden  sich  aber  in  allen  Senatsprovinzen  für  die  an 
den  Fiscus   zu  zahlenden  Abgaben  sowie   für  die  Verwaltung  der 

1)  Dio  Cass.  53,  13.    Fronto  ep.  8  p.  15. 

2)  Es  finden  sich  viele  Beispiele,  dass  Proconsuln  diejenigen  Provinzen  er- 
hielten, in  denen  sie  vorher  legati  gewesen  waren.  Aul'  diese  Weise  erwarben 
sie  eine  familiarilan  und  coniunctio  mit  der  Provinz ,  die  ihnen  zur  Empfehlung 
diente.  Digest.  1,  16,  4  §  3.  S.  C.  /.  Gr.  n.  3548.  Severus  war  Legatus  in 
Africa  ,  hernach  Proconsul.  Spartian.  Sev.  2.  Mehr  Beispiele  s.  bei  Marini  Atti 
II  p.  737. 

3)  Suet.  (ialh.  7 :  Africam  proconsule  bienniu  ohtinuit ,  extra  sortem  electus 
ad  ordiiMruiam  provinciam,  et  intestina  dissensione  et  barbarorum  tumultu  inquietam. 

4)  Dio  Cass.  53,  14;  54,  30;   55,  28.    Tac.  Ann.  1,  76. 

5)  Digest.  50,  17,  123:   temporaria  permutatio  iua  proinnciae  non  innovat. 

6)  Dio  53,  13,  und  über  die  Fasces  Spanheini  J)e  pr.  et  usu  Num.  diss.  X. 
Vol.  II  p.  106.  114.  Mommscn  Bull.  1852  p.  175.  Kp.  An.  1852  p.  226.  Von 
dem  Titel  sind  in  der  statistischen  IJebersicht  Beispiele  gegeben.  Statt  des  grie- 
chischen avftuTTctTo;  kommen  auch  ungenaue  Bezeichnungen  vor .  wie  orxxpaTrrjc 
Philostr,  V.  S.  1,  22.  Schocmann  ad  Flut.  Ayin.  p.  lOJ.  ap/wv  Philostr.  V. 
Apoll.  7,  10.  Letronnc  Recherdics  p.  266.  rjYCp.iuv  Aristides  Vol.  1  p.  532  Dind. 
unaroc  C.  J.  Ur.  n.  1325. 

7)  Dio  Cass.  53,  13. 

8)  Truppen  nämlirh  standen  auch  in  den  SonatHprovinzen  ,  z.  I^  in  Asien, 
C.  1.  Gr.  n.  3898.  3902^  3902^.  3902'i.  3932.  3965;  in  Sicilien  auf  dem  Eryx, 
ib.  n.  5501.  5598;  in  Bithynien.    S.  Seite  196. 

9)  Tac.  llint.  4,  17. 

lOj  Tac.  Ann.  1,  80  und  da«.  Ernesti. 


—     408     — 

kaiserlichen    Domainen   prociiratores ,    von    welchen   weiter   unt 
besonders  die  Rede  sein  wird. 
Kaiserliche  Dj^.  kaiserüchcn  Provinzen,    deren  Zahl    sich    bis  auf  Traian 

Provinzen.  ' 

um  das  Dreifache  vermehrte ,  wurden  von  dem  Kaiser  selbst 
durch  Stellvertreter  administrirt  und  zerfallen  nach  dem  Range 
derselben  in  drei  Classen^).    Die  grösseren  und  wichtigeren  näm- 

LtgaUAng.  \\^\^^  jij  welchcu  ciu  Uccr  Stand ,  wurden  durch  leyati  Augusli  pro 
praetore  ^  TrpsaßsuTai  xai  avTiaTparr^Yoi  tou  ^eßaaioo  2]  ^  verwaltet, 
welche,  wie  die  Proconsuh)  der  Kaiserzeit,  theils  comulares, 
theils  praetorä  waren  •^).  Die  Provinzen,  in  denen -mehrere  Legio- 
nen standen,   haben  durchgängig  Legaten  der  ersteren  Art  gehabt, 

eomuiares,  Welche  auch  ausdrücklich  leyati  comulares^)  oder  consulares^)^ 
uiraTtxoi")  genannt  werden.  Denn  da  der  beiden  Classen  gemein- 
same Titel  leyutus  Auguati  pro  praetor e  das  Rangverhältniss  nicht 
erkennen  Hess,  so  fügten  diejenigen  Legaten,  welche  entweder 
das  Consulat  bekleidet  oder  auch  mir  vom  Kaiser  per  codicülos 
den  consularischen  Rang  erhalten  hatten ,    diesem  Titel  noch  das 

1)  Strabö  17  p.  840:  xd;  oe  d'XXac  STuapyta?  syst  KaToap  •  cuv  et;  a?  jxev 
7r£|x7tet   TO'JC   £TrifA£X'r]oo}A£^vo'J4  UTiaxixo'j;  av5pa<;;   si;  ä;  5e  OTpaTtjYixoyi; ,  ei;  a; 

2)  Der  Titel  ist  legatus  Augusti  pr.  pr.  Moesiae  inferioris  (Grut,  p.  49,  6), 
griechisch  TTpecPeux-?]?  Seßasxoö  dvxicxpaxYjYO?  (Waddington  n.  2296.  2525.  2071. 
2399)  oder  rpeoßeux'^C  -^ai  dvxioxpaxv^YO?  iSeßaoxoO,  Grut.  p.  69,  8.  Eine  Samm- 
lung dieser  Titel  s.  bei  Marini  Arvali  p.  739.  Labus  Ära  antica  scoperta  in 
Hainburgo,  Milano  1820.  4  p.  31  ff.  Borghesi  Oeuvres  3,  68.  Boeckh  C.  I.  Gr. 
n.  364  und  zu  n.  3548.  Der  Titel  lautet  auch  legatus  Caesaris,  legatus  Augusti, 
legatus  pr.  pr.  Augusti.  S.  Marini  a.  a.  0.  p.  742.  Sehr  selten  aber  heisst  er 
legatus  pr.  pr.  mit  Auslassung  des  kaiserlichen  Namens,  denn  dieser  Titel  kommt 
den  Legaten  der  Proconsulti  zu.  Dagegen  kann  der  Zusatz  pro  praetore  bei  bei- 
den Arten  der  legati  fehlen,  Macer  Dig.  1,  18,  1 :  praesidis  nomen.  generale  est, 
eoque  et  proconsules  et  legati  Caesaris  —  appellantur.  Ibid.  20.  Dig.  40,  2,  7; 
und  auch  Caesaris  oder  Augusti  lassen  die  Rechtsquellen  aus,  wenn  die  Provinz 
hinzugefügt  und  dadurch  ein  Missverständniss  vermieden  wird.  Coli.  leg.  Mos. 
et  Rom.  15,  2:  exstat  denique  decretum  divi  Pii  ad  Pacatum,  legatum  provinciae 
Lugdunensis.  Digest.  37,  5,  7 :  ad  Tuscium  Fuscianum ,  Numidiae  legatum.  Fr. 
Vat.  §  223.  Ebenso  auf  Inschriften,  Marini  Arvali  p.  750  n.  109,  und  auf  Mün- 
zen, Eckhel  4,  233. 

3)  Dass  gewisse  Provinzen  immer  legati  consulares  haben ,  andre  dagegen 
legati  praetorii,  sagt  ausdrücklich  Strabo  3  p.  166.    Suet.  Tib.  41.    Vesp.  8. 

4)  Tac.  Eist.  1,  56;  2,  86.  Suet.  Tih.M;  Calig.  14;  Claud.  24;  Vesp.  4. 
6.  Capitolin.  Gord.  tres  8.  Orelli  3666.  Auch  legatus  consulari  potestate,  Orelji 
n.  1172. 

5)  Consularis  Britanniae  Henzen,  6701 ;  consularis  trium  Daciarum,  C.  I.  L. 
III  n.  1092.  1174.  1178.  1393. 

6)  Waddington  n.  2237.  2308.  2213.  2212.  Am  häufigsten  kommen  diese 
kurzen  Titel  vor  in  den  Prädicaten  der  militärischen  Beamten,  z.  B,  beneficiarius 
consularis  (C.  /.  L.  III  n.  823.  826.  827.  1906.  1909.  1910  u.  ö.  Henzen  im 
Index  p.  143),  ßorj^öi;  xopvixouXaptwv  yTtaxixou,    Waddington  n.  2700. 


_     409     — 

Prädicat  vir  consularis  bei,  mit  welchem  sie  im  gewöhnlichen 
Leben  angeredet  wurden,  und  dies  Prädicat  ersetzte  den  voll- 
ständigen Ausdruck  leyatus  Auyusti  pro  praeture,  inr  comulans. 
Der  Titel  Consularis  ist  demnach  im  zweiten  Jahrhundert  genau 
zu  verstehen  und  bezeichnet  einen  Statthalter,  v^  elcher  erst  nach 
der  Bekleidung  des  Gonsulates  das  Commando  erhält;  allmählich 
aber  verliert  er  die  ursprüngliche  Bedeutung,  und  wird  im  vier- 
ten Jahrhundert  ein  officielles  Prädicat  einer  bestimmten  Classe 
von  Provincialstatthaltern,  welche  niemals  Consuln  gewesen  wa- 
ren ^] .  Die  Provinzen  dagegen ,  in  welchen  eine  Legion  genügte, 
erhielten  legati  praetorii'^]  ,  irpsaßsurai  zT^azrf^iyLdi'^)  ;  denn  dass 
die  kaiserlichen  Legaten,  sowohl  consularische  als  prätorische  von 
Historikern  zuweilen  prtpraeiores  oder  pruetores  genannt  werden, 
ist  eine  Nachlässigkeit,  durch  w^elche  man  sich  nicht  täuschen 
lassen  muss  ^) ,  die  aber  darin  ihren  Grund  hat,  dass  die  Benen- 
nungen der  Provinzen  nach  ihrer  Verwaltung  diiich  die  Einrich- 
tungen des  Augustus  einen  ganz  andern  Sinn  erhielten,  als  sie 
zur  Zeit  der  Republik  gehabt  hatten.  Denn  man  versteht  seitdem 
unter  consulaiischen  und  prätorischen  Provinzen  die  kaiserlichen, 
vNogegen  die  des  Senats  proconsularische  heissen^). 

Die  kaiserlichen  Legaten  wurden  vom  Kaiser  selbst  ernannt^), 

1)  S.  hierüber  Vales.  ad  Euseb.  H.  E.  4,  2 — 6.  Waddington  zu  n.  1950. 
•2212.  230y.  2602.  Borghesi  Annali  1856  p.  51.  Mommsen  Epigr.  Analekten 
n.  20  in  den  Berichten  der  sachs.  Ges.  der  Wiss.  Phil.  bist.  Classe  1852  S.  225, 
und  BulUttino  1852  p.  171.    Kuhn  1,  192  f. 

2)  Tac.  Agr.  7.  Spart.  Hadr.  3.  Lamprid.  AI.  Sev.  24.  Plin.  iV.  H.  26,  4. 

3)  Strabo  3  p.  166. 

4)  Der  Ausdruck  des  Dio  Cass.  53,  13:  xou;  oe  ex^pou;  'Ju6  re  sauTOÜ 
a'irjtlahai  vtai  Trpeoße'jxac  oi'jtoj  avTiSTparQYO'J;  x£  6vo(j.dC£oftat  —  hiira^z  ,  wel- 
cher sich  auf  den  griechischen  Titel  TTpeape'JXYj;  v.a\  avTiOTpaTTj^oi;  bezieht,  worin 
das  vtai  regelmässig  ist,  wie  in  Tci|j.ia;  xai  ävTiorpaxyjYo; ,  quaesior  pro  pr.,  ist 
fälschlich  dahin  verstanden  worden,  als  sei  propraetor  der  gewöhnliche  Titel  der 
kaiserlichen  Statthalter  gewesen  (Lipsius  ad  Tac.  Ann.  1  exe.  M.  und  noch  Hock 
R.  Gesch.  I,  2  S.  188).  Die  Inschriften,  in  welchen  propraetor  statt  U(j.  Auy. 
pr.  pr.  vorkommt,  sind  falsch  oder  schlecht  gelesen  (s.  Slarini  Atti  II  p.  741 J, 
nur  Schriftsteller  erlauben  sich  hier  wie  bei  allen  Titeln  tJngenauigkeiten.  So 
nennt  Tac.  Ann.  1,  74  auch  den  Procunsul  von  Bithynien  praetor,  und  Ann.  2, 
66  den  leg.  pr.  pr.  Moesiae  propraetor,  ebenso  4,  73  den  leg.  Aug.  (i'erm.  inf. 
Üies  kommt  schon  zur  Zeit  der  Republik  vor,  Liv.  22,  8 ,  wo  der  vom  Consul 
abgesendete  Legat  C.  Centenius  pnjpraetor  heisst  statt  leg.  pr.  pr.  S.  Aischefski 
zu  d.  St.  10,  25;  praepositoque  caatris  L.  Scipione  pro  praetore.  29,  6:  (J.  tle- 
minio  propraetori.  Dass  dieser  legatus  war,  wird  29,  8  ausdrücklich  gesagt. 
S.  Marini  Aruali  p.  759. 

5)  Capitolin.  M.  Anton,  pliil.  22:  provinciaH  ex  procomulnrihus  connulares  aut 
fr  consuUirihus  procumtulares  aut  praeturia»  pro  belli  necesnilate  fecit. 

6)  Dio  Cass.  53,  13.  Tac.  Ann.  %  43  unterscheidet  daher  ftii  norte  nut 
ini^^H  provinciaiy  tcntrcnt. 


—     410     — 

und  blieben  so  lange  im  An)te,  als  es  diesem  genehm  war*), 
ohne  dass  eine  feste  Aintsfrisl  für  sie  bestand;  sie  hatten  das 
ius  fjladii'^],  führten  alle  ohne  Unterschied  (ilnf  fasces,  weswegen 
namentlich  die  priitorischen  Legaten,   wenn  sie  einen  abgekürzten 

quinque-  YiioX  brauchcn,  sich  quinquefascaks  nennen  3),  und  verfügten  über 
soviel  ihnen  untergebene  Legaten,  als  sie  Legionen  befehligten  "*) . 
Die  verschiedenen  Legaten,  von  welchen  wir  bisher  gesprochen 
haben  und  welche  nur  durch  Berücksichtigung  der   vollständigen 

Vier  Arten  Titulatur  sichcr  zu  unterscheiden  sind,   zerfallen  demnach  in  vier 

Ton  legatt.  ' 

Classen,  nämlich  zwei  Classen  von  selbständigen  Statthaltern: 
leguü  Augusti  pro  praeiore,  viri  considares ;  legati  Augusli  pr. 
pr.,  viri  praetorii;  und  zwei  Classen  von  Unterbefehlshabern: 
legati  pro  praelore,  welche  in  den  Senatsprovinzen  als  Gehülfen 
der  Proconsuln  fungiren  und  griechisch  nicht  nur  TTpsoßsoxai^), 
sondern  auch  TiapsSpsoovTe?  {assessores)  genannt  werden  ♦') ,  weil 
ihre  Thätigkeit  sich  ausschliesslich  auf  die  Gerichtsbarkeit  und 
Verwaltung  bezog;  und  legati  legionum''},  welche  in  den  kaiser- 
lichen Provinzen  nur  als  Gommandeure  einer  Legion  slehn.  Die 
letzten,    von  denen  hier  zu  handeln  ist,    waren  zwar   schon   seit 

1)  Dio  Cass.  53,  13.  Tac.  Ann.  1,  80.  Spartian.  Anton.  Fi.  5.  Appian.  de 
r.  Hisp.  102. 

2)  Dio  a.  a.  0. 

3)  Dio  53,  13:  paßoo'j)roi;  os  orj  TTSvxe  Ttdvxe;  b[io{mc,  o't  avxiOTpaTtjYOi 
^prövTat ,  xal  oaot  ^^  o'J^  ^i^  '^w'^  uTraTeuxoTOJV  eio'i ,  xat  övofAcxCo^xat  irS  aÜToO 
ToD  api&fAOii  TOUTO'J.  Die  Zahl  Trevxe  hat  der  Venetus  und  Mediceus  und  sie  ist 
nur  seit  Xylander  in  E^  verändert  worden  ,  weil  man  die  Sache  nicht  verstand. 
Mommsen  hat  dieselbe  zuerst  Ep.  Anal.  n.  20  (Berichte  der  sächs.  Gesellsch, 
der  Wiss.  Ph.  hist.  Cl.  1852  S.  227.  Bulletino  1852  p.  172  ff.)  aufgeklärt  und 
zwar  auf  Grund  folgender  Data.  In  der  Inschr.  v.  Torigny  (An.  epigr.  n.  22, 
a.  a.  0.  p.  242)  wird  ein, Brief  des  Aedinus  lulianus,  leg.  Aug.  prov.  Lugdunen- 
8is  angeführt,  welcher  mit  den  Worten  beginnt:  in ptovincia  Lugdunense  quinque- 
fascalis  cum  agerem,  plerosque  bonos  viros  perspexi.  Er  nennt  sich  also  als  prä- 
torischer  Legat  kurz  quinque fascalis.  Ebenso  haben  ausserordentliche  legati  des 
Kaisers  5  Fasces.  Dio  Cass.  57,  17:  xai?  xe  dv  x'^  'Aota  roXcai  xaTs  ütto  xou 
oetofAoü  xaxoaDeiaaK;  avTjp  iaxpa'Z'q-^r^v.oiQ  oüv  Ttevxe  paßSouyoi?  TzpoatTdyßt].  Tac. 
Ann.  2,  47 ;  so  auch  Ti.  Severus ,  Ttpo?  Tisvxe  paßoou?  TrefxcpfteU  ei;  Beiduviav 
oiop&toxT)?.  C.  I.  Gr.  4033.  4034,  vgl.  oben  S.  78.  Später  haben  diese  Frage 
in  Anerkennung  des  Mommsenschen  Resultates  besprochen  Borghesi  Oeuvres  5, 
412.  Henzen  n.  6509,  und  Mommsen  selbst  ist  darauf  zurückgekommen  /Hermes 
3,  98.  Staatsrecht  1,  308.  Ephern.  epigr.  1872,  128.  Der  neueste  Herausgeber 
des  Dio  Cassius,  L.  Dindorf  (1864),  hat  von  allem  diesem  keine  Notiz  genommen. 

4)  Der  legatun  praetorius  von  Lusitania  hatte  einen  legatus,  der  legatus  con- 
siüaris  von  Tarraconensis  drei  Legionen  und  drei  legati.   Strabo  3  p.  166. 

5)  C.  I.  Gr.  n.  3548.    Curtius  im  Rhein.  Museum  1842  S.  105  n.  5. 

6)  Dio  Cass.  53,  14;  60,  25;  72,  5.     . 

7)  Tac.  Ann.  2,  36;  4,  73;  14,  32;  15,  7.  Suet.  Tib.  19;  Fesp.  4;  Oct.  23. 
Veget.  2,  9.  Fr.  Vat.  §  222. 


—     411     — 

Augustus  immer  senatorischen  Ranj^es,  bekleideten  aber  ihre  Stelle 
gewöhnlich  vor  der  Präturi),  während  später  sie  dieselbe  erst 
nach  der  Prätur  erhalten  2)  und  in  dieser  Zeit  fähig  werden, 
selbst  eine  Provinz  zu  verwalten.  In  diesem  Falle  combiniren 
sie  den  zweiten  und  vierten  Titel  und  nennen  sich  legalus  Au- 
gusti  pr.  pr.  ler/ionis,  was  namentlich,  wie  wir  oben  S.  309  ge- 
sehen haben,  bei  dem  Statthalter  von  Numidien  üblich  war. 
Schwieriger  ist  es,  über  eine  fünfte  Art  von  Legaten  zu  urtheilen, 
welche  wir  seit  Hadrian  und  namentlich  seit  den  Antoninen  in 
verschiedenen  Provinzen  finden,  nämlich  die  legali  iuridici'^).  luridict. 
Der  iuridicus  provinciae^)  hat  keine  erkennbare  Analogie  zu  dem 
iuridkus  Alea-andiiue-^)  und  dem  luridicus  von  Palmyra  (s.  S. 
294).  Der  erste  ist  ein  prälorischer  Legat,  dessen  Gerichtsbar- 
keit sich  über  eine  Provinz  erstreckt,  die  beiden  letzteren  sind 
Stadtrichter  procuraloiischen  Hanges;  überdies  fällt  die  Ein- 
setzung des  üiridicus  Alexaadriae  in  eine  so  frühe  Zeit,  dass 
auch  ein  chronologischer  Zusammenhang  zwischen  ihm  und  den 
Provincial-iuridici  nicht  anzunehmen  ist.  Ebensowenig  Aufschluss 
giebt  der  griechische  Ausdruck  oixatoooTr^c,  welcher  nur  als  eine 
ungenaue  Bezeichnung  des  Statthalters  selbst  gebraucht  zu  wer- 
den scheint^),    und  es  bleibt  nur  die  Annahme   übrig,    dass   das 

1)  Borghesi  Oeuvres  5,  474.  Tac.  Ann.  2,  36;   Af/ric^  7. 

2)  Orelli  3382.   Borgh.  Oeuvreitb,  93  und  dazu  Momuiseii  Anm.  2. 

3 )  Ueber  die?e  iuridtci  s.  Borghesi  Oeuvres  2,  404 ;  5,  70 ;  362 ;  8,  428  ff. 
Henzeii  u,  6487.  Zumpt  (onmi.  epigr.  II,  40.  Stud.  Rom.  p.  146  tf.  Mommsen 
Staatsrecht   1,  191.     Es  kommen   vor: 

C.  Octavius  —  lavolenns  Priscus,   iurid.  prov.  Britnnnine,   C.  I.  L.  III  n.  2864 

und  p.  1062. 
M.   Crescens  Calpurnianus,   iurid.  Brit.  vice  leg.,  Fabrctti   Col.  Traian.   p.  10. 
M.   Vettius  Valeri.*,    iurid.  provinr.  Rritnn.^    Heiizen  n.  6488. 
C.   H^bucius  Maior  (Jaecilianus,  leg.  iurid.  pruv.  Britanniae,  Henzen  ii.  7420. 
Allius  Maximus,   r.  c.  leg.  iur.  prov.  Hisp.  Tanaconensin  im  J.  280,   C.  1.  L. 

II  n.  3738. 
M.   Caecilius  Novatilliaiius,   v.   c.   leg.   iur.  {Hixp.  Tarr.),   T.  /.  L.  II  n.  4113. 

Derselbe  heis.st  iuridicua  Hmpan.   ci.t>,   Mommsen  J.  N.  1420. 
T.    lulius    Maxinjus,    (leg.)    iurirf/tu.-»    Jli.tp.  citerior.    'Varracontnsis^    Borghesi 

Oeu're*  4,  214. 
Triarius  Ma(gnus),   leg.  iur.  v.  «;.  {^Aaluriae  et  (iiUlaeciae),    C.  I.  L.  II   n.  2415. 
»Sex.   Pedius  Ilirrutus,  leg.  Aug.  iurid.  Anluriae  et  (Jallitecuie^  Henzen  n.  6498. 
P.   B«niu8  Optatus,   —  v.  c.  leg.  Aug.  iuridicu»  Asturiae  et  ÜalUciae,   Borghesi 

Oeuvres  4,  133. 

4)  luridicus  proninri'iliH,    Apul.  Met.  I,  6  p.  2U  ()ud<'-nd. 

5)  Anders  iirthcilt  Mommsen   Staatsrerht   1,    191    Anm.  4. 

6)  Borghesi  Oeuvres  1^,  428  f.  In  «1er  Inschrift  von  Tlos  in  l.ytioii  '  .  /.  ^r. 
4237:  lo'j/iav  TepTj/.Xav,  if'jvaixa  loj/fo-j  Mapetvou  tou  oixatoo^itou  ist  gemeint 
I..     lulju.s    Mariuus    Caocilius    Sin.plex  {C.    J    lir.   4238«  |,    tos     siifr    805»  102, 


H  Institut   der   iuridici  Haliae    (s.   oben  S.  73  ff.)   gleichzeitig  auch 

H  in  einigen  und  zwar  kaiserlichen  Provinzen  zur  Anwendung  ge- 
K  langt   ist.      Da    nämlich   die   kaiserlichen    Statthalter  selbst   legati 

K'  pro  praelore  sind,  und  zwar  des  Kaisers,  durch  dessen  Mandat 
^K  sie  ihre  Gerichtsbarkeit  haben,  dorn  Legaten  aber  nicht  zusteht, 
H  die   ihm    mandirle  Gerichtsbarkeit   weiter  zu  mandiren^j,    so  gab 

H  es  in  den  kaiseilichen  Provinzen    keine  Legaten    dos  Statthalters, 

B  wie   sie   in    den   Senatsprovinzen    vorhanden    waren.      Denn    die 

H  (egdli  legionutn  waren  Officicre,   die  mit  der  Gerichtsbarkeit  nichts 

K^  zu  thun  hatten.  Diesem  Bedürfnisse  wurde  dadurch  abgeholfen, 
H  dass   dei"   Kaiser   selbst  für   seine    Provinzen,    so   weit   es   nöthig 

w  war,   iuridici  ernannte,   welche,   weil  ihnen  die  Jurisdiction  nicht 

H  von    dem   Statthalter,    sondern   von    dem   Kaiser    mandirt    wird, 

^P  legati  Augusti  iuridici  genannt   werden,    leguti  pro  praetor e  aber 

B  nicht  heissen,   weil  diesei-  Titel  dem  Statthalter  selbst  zukommt'^), 

H  während  die  iuridici  dem  Range  nach  unter  dem  Statthalter  ste- 

H  hen,    und   nur  im  Falle  einer  Vacanz   zu   dessen  Stellvertretung 

K  .berufen  werden  ^j.  Was  die  weiteren  Unterbeamten  betrifft,  so 
B  hat  der  kaiserliche  Statthalter  für  die  Geldverwaltung  einen  Quä- 

p  stör  nicht,  —  denn   dieser  ist  den  Senatsprovinzen   eigenthüm- 

Procura-  üch  ^)  —  soudcm  Statt  dcsscn  einen  procurator  prooinciae^  der 
zu  unterscheiden  ist  von  den  verschiedenen  Procuratoren,  wel- 
che neben  ihm  für  die  einzelnen  fiscalischen  Gefälle  angestellt 
sind.  Zu  allen  andern  Geschäften  pflegte  der  Statthalter  in  Er- 
mangelung eigentlicher  Regierungsbeamten  sowohl  Officiere  als 
Personen  aus  seiner  cohors  besonders  zu  beauftragen,  und  diese 
Prae/edi.  handeln  dann  als  praefecti.  Schon  während  der  Republik  gab 
es  sowohl  praefecti  iure  dicundo,  die  der  Prätor  ernannte,  in 
vielen    Städten   Italiens    (s,    S.    41),    als  auch   militärische   Com- 

welcher  in  der  Inschr.  Marini  Arvali  n.  58  leg.  imp.  Nervae  Traiani  Aug.  Germ. 
provmcia{e~)  Lyciae  et  Pamphyliae,  also  kaiserlicher  Statthalter  der  Provinz  heisst ; 
der  C.  I.  Gr.  4236  genannte  AofjiiTto«;  'A;:oXX£tvapto?  6  6t7.atoö6TY]i  ist  derselbe, 
welchen  die  Inschr.  4240  TcpsoßsuTYjv  xal  ävxiaxpaxrjYOV  AuxoxpaTopo!;  Auxta^ 
xai  OafJi-cpuXiac,  «yvöv  oi^aioSoxr^v  nennt;  bei  losephus  Ant.  18,  1,  1  heisst  Qui- 
rinius  Otto  Kaisapo;  oi'AatoooxTj;  xoü  e^vou;  a-£oxaX(X£vo;,  und  auch  in  der  spar- 
tanischen Inschrift  C.  J.  Gr.  1346  ist  unter  dem  Aemilius  luncus  6  oixatoooxirji 
entweder  ein  proconsul  Achaiae  oder  ein  oiop^tuxrjc  (s.  S.  78  Anm.  1)  zu  verstehen. 

1)  Dig.  1,  21,  5  pr. ;  2,  1,  5. 

2)  Mommsen  Staatsrecht  1,  191   Anm.  4. 

3)  S.  das   oben  S.  411  Anm.  3    angeführte   Beispiel   des  M,  Crescens  Cal- 
purnianus,  iurid.  Brit.  vice  leg. 

4)  Gaius  1,  6:   nam  m  provincias  Caesaris  omnino  quaestores  non  mittuntur. 


—     413     — 

mandanten  einzelner  Ortschaften  und  Truppenlheile,  namentlich 
zur  Ausführung  von  Zwangsmaassregeln  und  Schuldenexecutio- 
nen^j,  welche  diesen  Titel  führten;  ebenso  finden  sich  in  der 
Kaiserzeit  unter  den  vielen  Präfeoten,  welche  zweckmässiger  in 
dem  Abschnitt  über  das  Militärwesen  zu  besprechen  sind,  na- 
mentlich Conunandanlen  von  entlegenen  Orten  und  besonders 
Inseln  zuweilen  mit  der  Bezeichnung  praefectus  pro  leyato'^). 
Beide  Aemter  indessen,  sowohl  das  des  Procurators  als  das  des 
Präfecten  erhielten  unter  den  Kaisern  auch  eine  selbständige  Be- 
deutung. 

Die  dritte  Classe  der  kaiserlichen  Provinzen  nämlich  bilden 
diejenigen,  in  welchen  entweder  die  Natur  des  Landes,  wie  in 
den  Alpengegenden,  oder  der  Culturzustanrl,  wie  in  Mauretanien 
und  Thracien,  oder  der  sl^^rre  Character  der  Einwohner,  wie  in 
ludäa  und  Aegypteii,  die  Einführung  der  gewöhnlichen  Provin- 
cialeinrichluhgen  und  die  Anwendung  des  römischen  Bechtes 
ganz  und  gar,  oder  doch  für  die  erste  Zeit  unnuiglich  machte. 
Sie  wurden  daher  zunächst  als  üomainen  bewirthschaftet  und 
nicht  unter  einen  Staatsbeamten,  sondern  unter  einen  vom  Kaiser 
ernannten  und  ihm  persönlich  verantwortlichen  Administiator  ge- 
stellt, der  dem  Lande  gegenüber  als  Vicekönie  mit  sehr  ver- 
schiedener Vollmacht  zu  betrachten  ist,  officiell  aber  den  Titel 
prociiralo)-,  in  Aegypten  den  Titel  praefeclvs  hat;  erst  später 
aber,  nachdem  die  örtlichen  Mindernisse  überwunden  waren, 
wenigstens  zum  Theil  als  eigentliche  Piovinzen  organisirt,  wie 
dies  mit  Thracien,    Cappadocien,    ludäa  und  Bälia  geschehen  ist. 

Ein  Procurator  ist  während  der-  Hepublik  der  bevolhuäch-. 
tigte  Geschäftsführer  eines  römischen  Privatmannes^),  der  ent- 
weder in  (iesrhälten  verreist  oder  ausserhalb  Italiens  lirundbesitz 
zu    verwalten    hat^  .     Es    ist    daher  characteristisch  für  die  Ver- 


1 )  Die  Reweise  findet  man  bei  Kuhn  2,  8.S.    Momnisen  R.  O.   P  8.  545. 

2)  Hieher  geliüreii :  der  pnief.  pro  leyato  in.ml(irum  Tialenrum  unter  Nero, 
Orelli  73'2 ;  der  praefertun  ripae  fluminis  Kuphrntis,  H»Mizeii  ii.  ()9t3;  <ier  pra<- 
fVrluH  ripae  Tihinsi  ^  Orelli  M2;U ;  der  Präfect  der  Insel  l*aiidataria ,  Monimsen 
/.  A.  HiViH;  (U'T  prnef.  rivitntium  Moesine  et  TribnlUae ,  praef.  civil,  in  Alpib. 
mariiuiim .  Hen/.en  n.  Ü9M8;  und  die  praef{ertura)  N(ymphaei)  portu^s)  in  8ir- 
diiiien,    Horinann   ItuUett.  Irt*)9  p.  182. 

3)  (*ir.  pr.  Caecina  20,  '>().  E.  HuAchke  in  .1  (!  Uiis.lik»-  AnaUcia  liitraria, 
l.ipH.  182Ö.  8  p.  283-290. 

4j  Cod.  Intt.  %  13,  i;.  Columell«  äe  r.  r.  1,  b.  7.  Heift' In.  jpnulys  Real- 
eiM-yd.  6,  87.  , ., 


jinderung,  welche  die  Monarchie  in  dorn  Beamtenpersonal  her- 
vorliracbte,  dass  stnlt  der  Boiiördon  der  Repul)lik,  deren  Wir- 
kungskreis sich  immer  melir  beschrankte,  theils  Militärbehörden, 
wie  in  Rom  selbst  die  vier  praefecti,  der  praefectus  praeloi'io, 
iirb'/s,  vigüum  und  annonac,  in  den  kaiserlichen  Provinzen  die 
legati  Augusli,  theils  Hausbeamle  des  Kaisers  in  Function  traten, 
zu  welchen  letzteren  die  Procuratoren  zu  zählen  sind.  Sie  wur- 
den, wie  die  Hofbedienungen,  aus  Rittern  oder  Freigelassenen*, 
nicht  aus  Senatoren  genommen^),  und  ihnen  theils  die  Eintrei- 
bung und  Verrechnung  der  Abgaben  an  dan  Fiscus  in  Rom, 
Italien  und  allen  2),  auch  den  Senatsprovinzen  •') ,  in  den  letzleren 
unal)hängig  vom  ProconsuM),  theils  die  ganze  Finanz  Verwaltung 
der  kaiserlichen  Provinzen^),  endlich  die  selbständige  Adnuni- 
stiation  (Uh-  sogenannU^n  procuratorischen  Provinzen  übertragen '^j . 
Diejenigen  Procuratoren,  welche  bloSvS  Finanzbeamte  waren  und 
später  rationalen  heissen'),  hatten  unter  den  ersten  Kaisern  kei- 
nerlei richterliche  Befugnisse^);  erst  seil  Claudius  erhielten  sie 
durch    ein  Senatusconsult  Gerichtsbarkeit   in  Sachen  des  ßscus^)^ 

1)  Friedländer  Darstellungen  13,  160  ff.  Mommsen  C.  l.  L.  JUIp.  1131aunot. 

2)  Hierauf  kommen  wir  an  einem  andern  Orte  znrück.  S.  0.  Eichhorst 
Quaestionum  epigr.  de  procuratoribus  imperntorum  Rom.  specimen,  Regimonti  1861. 
8  und  in  Jahns  Jahrb.    1864.     Kuhn  2,  203  t.     Mommsen  Hermes  4,  108. 

3)  Ein  proc.  Asiae  Orelli  3651.  Henzen  5530.  6924.  6928.  C.  I.  L.  III 
n.  431.  6575.  Tac.  Ann.  4,  15.  Boeckh  ad  C.  I.  Gr.  2977;  proc.  Africae  Ruinart 
Act.  Mari.  p.  95.  231.  Capltolin.  Maximini  duo  14.  C.  1.  L.  HI  n.  5776;  proc. 
Baeticae  Orelli-Henzen  n.  3570.  6524.  6928;  Siciliae,  C.  I.  L.  III  n.  4423. 
Grut.  p.  437,  7;  1028,  6;  proc.  provinc  Narbonens.  Henzen  5456;  proc.  Achaiae 
Orelli  804.  C.  I.  L.  III  n.  535.  6098.  C.  I.  Gr.  1328.  1329;  Ciliciae  Orelli  485; 
Cypri  Henzen  6927. 

4)  Dig.  1,  16,  9:  sane  '  si  fiscalis  pecunia  causa  sit ,  quae  ad  procuratorem 
principis  respicit,  melius  fecerit  (proconsul'),  si  abstineat. 

5)  Dio  Cass.  53,  15.  Gaiuj*  i,  6.  Capitolin.  Anton.  P.  6.  Sowohl  Dio  unter- 
scheidet an  dieser  Stelle  die  beiden  genannten  Classen  der  Procuratoren  als  auch 
Paulus  Diy.  4,  6,  35  §2:  item  procurator  Caesar is ,  non  solum ,  cui  rerum  pro- 
vinciae  cuiusque  procuratio  mandata  erit ,  sed  ei  is ,  cui  verum ,  quamvis  non 
omnium.  Der  Procurator  der  ganzen  Provinz  heisst  deshalb  nach  Constantin  j?ror. 
summae  rei  (Cod.  lust.  4,  36,  3),  in  den  Basiliken  xa^oXtxo?.  Vgl.  Lydus  De 
mag.  3,  7;  catholicianus ,  Cod.  Inst.  9,  49,  9.  C.  I.  Gr.  4807  =  Letronne  Recueil 
II  n.  219.     Vgl.  n.  4892.   Franz  C.  i.  Gr.   III  p.  324». 

6J  Tac.  Hist.  1,  11:  duae  Mauretaniae ,  Raetia ,  Noricum,  Thracia  ^  ei  quae 
aliae  procuratoribus  cohibentur.  Von  diesen  Provinzen  ist  im  Einzelnen  oben 
gehandelt. 

7)  Bethmann-Hollweg  Rom.  Civilprocess  3  S.  78. 

8)  Bei  Tac.  Ann.  4,  15  sagt  Tiberius,  als  der  procurator  Asiae  Capito  ange- 
klagt wird:  non  se  («7ii)  ius  nisi  in  serviiia  et  pecunias  familiäres  dedisse;  quod 
si  vim  praetoris  usurpasset,  manibusque  militum  usus  foret,  spreta  in  eo  mandata 
sua.    Dio  Cass.  57^  23. 

9)  Tac.  Ann.  12,  60.    Suet.  Claud.  12. 


raeses. 


—     415     — 

von  welcher  an  den  Kaiser  Appellation  statt  fand  ^);  später  kommt 
es  indessen  vor,  dass  ihnen,  wie  früher  den  Leeaten  und  Qua-  Procmator 
storen,  nicht  nur  in  kaiserlichen  ^j^  sondern  auch  in  senatori-  «"''^" 
sehen  Provinzen  ^J  die  Vertretung  des  Stalthalters  übertragen 
wird,  so  dass  sie  in  diesem  Falle  vice  'praesidis  selbst  die  Pro- 
vinz verwalten.  Diejenigen  Pr*ocuratoren  dagegen,  welchen  pro- 
curatorische  Provinzen  übertragen  sind,  werden  als  selbständige 
Statthalter  bezeichnet  durch  den  Titel  procurator  et  praeses*],  pro-  Procwator 
curator  pro  legato^),  procurator  cum  iure  gladii^]^  praeses,  wel- 
cher letztere  Name  zwar  als  allgemeines  Prädicat  für  alle  Arten 
von  Statthaltern  gebraucht '),  aber  in  speciellem  Sinne  dem  le- 
gatus  und  prnconsu!  entgegengesetzt  wird'*).  Sie  nahmen  daher 
im  Ganzen  eine  den  übrigen  Statthaltern  gleiche  Stellung  ein^), 
obwohl  sie  wenigstens  theilweise  in  einer  gewissen  Unterord*- 
nung  unter  den  nächsten  kaiserlichen  Inegalen  stehn  und  mili- 
tärische Hülfe,  so  oft  es  nöthig  ist,  von  diesen  requiriren  i'^).  Im 
dritten  Jahrhundert  jedoch  und  zwar  nach  Borghesi's  Annahme 
seit  Alexander  Severus    (222 — 235)    trat  in   der  Verwaltung   der 

1)  Dig.  49,  14,  47.  48.  50.  Andere  Jurisdiction  als  in  Sachen  des  Fiscus 
hatten  sie  nicht.    Cod.  lust.  1,  54,  2;  9,  20,  4;  9,  47,  2.    Collat.  14,  3. 

2)  Von  Britannien  Tac.  -rinn.  14,  32:  sed  quia  procul  Suetonius  ab  erat ,  pe- 
tivere  a  Cato  Deciano  procuratore  auxiiium.  Von  Galatien  C.  7.  L.  III  n.  251  : 
C.  lul.  Senecio ,  proc.  prov.  Galat.  item  vice  praesidis  eiusd.  prov.  et  Ponti;  in 
Gallia  Lugdunensis :  Badius  Cominianus  proc.  et  vice  praesidis  agens.  Mommsen 
Ep.  Anal.  22  in  Ber.  d.  sächs.  Gesellsch.  1852  p.  242;  in  Dacien :  Q.  Axius  — 
proc.  prov.  Dar.   Apul{ensis)  bis  vice  praesidis,  Henzen  n.  6932;  in  Mauretanien 

Orelli  3570.  Henzen  G933 ;  in  Moesia  inferior  Orelli  3664;  in  Arabien  ein  proc. 
prov.  Arabiae,  ibi  vice  praesidis  Henzen  n.  5530.  In  den  Rechtsquellen  kommen 
öfters  diese  procuratores  \or,  qui  partibus  praesidis  funguntur  (T>'\g.  49.  1,  23.  Col- 
lat. 14,  3),  qui  vice  praesidis  funguntur  (Cod.  lust.  9,  47,  2),  qui  vicem  praesidis 
tuentur  (Cod.  lust.  9,  20,  4),   qui  vice  praesidis  agunt  (Cod.  Inst.  3,  3,  J ). 

3)  Orelli  3651  =  r'.  1.  L.  V,  875:  proc.  provinciae  Asiae ,  quam  mandatu 
principis  vice  defuncti  proeos.  rexit.  Ruinart  Acta  Mart.  p.  95:  Hilarianus  pro- 
curator ,  qui  turic  (a.  202)  loco  procohsulis  Minucii  Timiniani  defuncti  ius  yladii 
acceperat  (in  (arthago);  p.  231  (um  260  n.  Chr.):  rapti  sumus  ad  procuratorem, 
qui  defuncti  proconsulis  partes  administrabat. 

4)  Orelli  74.  3601.    Henzen  5190. 

5)  Orelli  488.  3570.  Henzen  6933.  Recneil  dr  (  ..nstaiitii..-  1S66  p.  Sä  n.  103. 

6)  Orelli  3664.  3888.  Ruinart  Act.  Matt.  p.  95  .  und  nuilir  bei  Marini  Ar- 
vali p.  623»'.  624»'.  547.  763.  771. 

7)  Dig.  1,  18,  1;  praesidis  nomen  generale  est  eoque  et  proconifides  et  legati 
Cnesaris  et  omnes  pronincias  regcntes ,  licet  Senatoren  sint .  praesiden  <tppellantur  : 
procf/nsulis  appeildtio  specialis  est. 

H)  Korghesi    Oeuvren  5,  405  und  dazu  Mommsen  Aiiui.  5. 
9j  logeph.  Ant.  18,  1,1. 
10)  Die  Frocuratoren  von  lodaea  wurden  mebrmaltt  von  dem  leg.  Attg.  pr.  pr. 
Qyriae  abgesetzt.    loseph.  Ant.  18,  4,  2.    Tac.  Ann.  12,  54. 


kaiserlichen  Provinzen  die  wichtige  Aenderung  ein  ^) ,  welche 
seitdem  fortbestan(l,  dass  die  Civiladniinistration  von  dem  mili- 
tärisclien  Commando  getrennt,  und  die  erstere  einem  pvfieses, 
das  letztere  einem  dux'^)  übergeben  wurde.  Seit  dieser  Anord- 
nung, welche  vielleicht  allmählich  zur  Ausführung  gekommen  und 
in  ihrer  ersten  Entwickelung  nioht  zu  verfolgen  ist,  sind  die 
praesides  Civilbeamle,  und  von  den  fiüheren  Provincialstatthal- 
tern  wesentlich  unterschieden. 
Ehalt.  Alle    römischen  Beamten   erhielten   seit  Augustus   ausserhalb 

Roms  statt  der  früheren  Naturalausrüstung  ein  festes  Gehalt*), 
sowohl  die  Proconsuln  "*)  und  legati  AugusU,  als  die  Procuratoren, 
welche  letzleren  nach  ihrer  Besoldung  .sp.Ta^^nor/V^),  rmtenurü^), 
ducemarii "*) ^  trecenarii^)  heissen,  jenachdem  sie  60,000,  100,000 
Sesterz  oder  mehr  Gehalt  ziehn.  Dennoch  horten  auch  unter 
den  Kaisern  die  Bedrückungen  der  Provinzen  nicht  gänzlich  auf-; 
allein  wenigstens  war  den  Provincialen  die  Klage  duich  ein  re- 
gelmässiges Verfahren  erleichtert,  welches  vor  dem  Senate  statt 
fand  und  wobei  den  Klägern  ein  Advocat  aus  dem  Senate  gegeben  ^) 


1)  Lamprid.  AI.  Sever.  24:  provincias  legntoria»  praesidialea  plurimas  fecit. 
Borghesi   Oeuvres  3,  277 ;  5,  397.  405. 

'2j  So  wird  z.  F».  Moesia  superinr  m  dieser  Zeit  von  eineai  Praeses  verwal- 
tet, Borghesi  5,  396,  während  das  Heer  unter  einem  dux  totiufi  lUyrici  stand, 
welcher  das  Commando  in  Thrarien  ,  beiden  Moesiae,  Dalmatien .  beiden  Panno- 
nien  und  Dacien  hatte.  Diesen  erwähnt  unter  Valerian  (253 — 260)  Trebell.  Pol- 
lio  Claud.  15.  Unter  demselben  gab  es  einen  dux  Scythici  limitis ,  einen  dux 
Orientalis  limitis,  einen  dux  lUyriciani  Umitis  (Vopisc.  Aurel.  13);  der  d^tx  limitis 
provinciae  Scythiae  findet  sich  dann  in  Dioclelians  Zeit  (C.  J..L.  III  n.  764), 
und  später  in  der  Not.  Dign.  Or.  c.  36.    Andre  duces  s.  Henzen  n.  5579.  6510. 

3)  Dio  Cass.  52 ,  23  lässt  den  Maecenas  sagen :  Xafx^avsToaaav  0£  (xia^ov 
TrdvTe;  oijToi  ol  td?  I'^to  t-?];  TroXeou;  dpyd;  £TriTp£7t6(i.£vot.  Vgl.  52,  23.  Nach 
dem  Senatusconsultum  bei  Frontin.  De  aquaed.  c.  100  erhielten  auch  die  cura- 
tores  aquarum,  ,,quum  eius  rel  causa  extra  urhem  essenV^,  mercedem  und  cibaria 
annua . 

4)  Das  snlarium  proconsulare  (Tac.  Agr.  42)  betrug  nach  Dio  Cass.  78,  22 
für  Africa  250,000  Drachmen  oder  1  Million  Sesterzen.  d.  h.  72.000  Thlr.  Spe- 
cielle  Angaben  über  verschiedene  Gehalte  und  damit  verbundene  Naturalliefe- 
rungen  giebt  Trebell.  Pollio  Div.   Claud.   14.   15. 

5)  Orelli  3178.,  Henzen  6930.  Cod.  lust.  10,  19,  1  und  mehr  bei  Marini 
Arvali' 2,  674. 

6)  Dio  Cass.  53,   15.    Orelli  996  u.  ö. 

7)  Orelli  946.  3444.  3342.  2648.  Henzen  6356.  C.  I.  Gr.  2509.  3751. 
6627.  375.  Waddington  n.  2606.  2607  ff.  Suet.  Claud.  24.  Capitolin.  Pert.  2  : 
inde  ad  ducenum  HS.  Stipendium  translatun  in  Daciam.     Marini  Arvali  p.  805  ff. 

8)  Orelli  3450. 

9)  Walter  Gesch.  des  R.  Rechts*  1  §  311  und  die  dort  angeführten  Stellen: 
Tac.  Ann.  3,  66-70;  4,  15;  15,  20.  Suet.  Domitian.  8.  Plin.  ep.  2,  11; 
2,    12;   3,   9;   4.    9;    5,   20;   6,   29;    7,    6:    7,    7;    7,    10;    7,    33;    10,    3(20);    10, 

56(64). 


—     417     — 

und  auch  der  Gebrauch  der  griechischen  Sprache  gestattet 
wurde  ^j .  Sowohl  die  Vereinigung  mehrerer  Provinzen  unter 
einem  kaiserlichen  Statthalter,  welche  man  zuweilen  eintreten 
Hess  2)  ,  als  die  lange  Dauer  der  Verwaltung ,  welche  in  den 
kaiserlichen  Provinzen  übHch  wurde,  gewährten  den  Unterthanen 
ein  wesentliche  Erleichterung.  Dazu  kam,  dass  die  Stellung  des 
Statthalters  eine  bei  weitem  unselbständigere  wurde,  als  sie  zur 
Zeit  der  Republik  gewesen  war,  da  der  Kaiser  über  alle  Sachen 
von  einiger  Bedeutung  Bericht  forderte  und  selbst  die  Entschei- 
dung traf 3).  Um  zu  diesem  Zwecke  eine  regelmässige  Verbin- 
dung aller  Provinzen  mit  Rom  herzustellen,  hatte  Augustus  eine 
Posteinrichtune  durch  das  aanze  römische  Reich  veranstaltet,  de-  Postein- 
ren  vollständige  Entwickelung  allerdings  erst  in  die  nachconstan- 
linische  Zeit  fällt,  auf  welche  näher  einzugehn  hier  nicht  der 
Ort  ist,  deren  erste  Anfänge  aber  hier  wenigstens  beillhrt  wer- 
den müssen  "*).  Wie  die  Römer  durch  das  ganze  Reich  ein 
Strassennetz  zogen,  nicht  für  den  Vortheil  des  Verkehrs  oder  für 
den  Nutzen  der  Vergnügungsreisenden ,  sondern .  ausschliesslich 
zum  Transport  der  Heere  und  des  Kriegsmaterials  an  alle  für 
Kriegszwecke  wichtigen  Puncte^),  so  war  auch  ihre  Posleinrich- 
lung  nicht  berechnet  auf  die  Correspondenz  des  Publicums,  den 
Personenverkehr  und  eine  daraus  zu  ziehende  Einnahme  für  den 
Staat,    sondern   allein   auf  die  Beförderung   der  Regierungsdepe- 


1)  Quintil.   Instit.  6,  1,  14.  Dio  Cass.  57,  14. 

2)  Tac.  Ann.  1,  76. 

3)  Euseb.  H.  E.  2,  2:  TraXaio-i  x£7,paTTx6To;  i^ooi  xoTc  twv  ^Hvmv  apyo'jot. 
T«  rapd  occ-bi  7taivoTO(xo'jfxeva  tu)  t-tjv  ßaoiAeiov  apy-^jv  drr/cpaToüvTt  OTjixaiveiv, 
tu;  av  (AYjoev  auxov  5ia5iopdo-/of  tujv  •yivo{jL^vtuv. 

4)  Ueber  das  Postwesen  der  Römer  s.  N.  Belgier  De  püblicis  et  militaribus 
imperii  Romani  viis  in  (xraevii  The3.  antiq.  liom.  Vol.  X  und  unter  dem  Titel 
Hist.  des  yrands  chemim  de  l'empire  Rom.,  Bruxelles  1736.  2  Bde.  4.  üb.  IV  c.  4. 
I.  Gutheriiis  De  officiis  domus  Auguatae ,  Lips.  1672.  H.  lib.  111  <\  14  f.  Le 
Quien  de  la  Neufville  De  L'origine  des  Postes  chez  les  anciens  et  les  modemesy 
Paris  1708  und  1730.  12.  CoUeschi  Diss.  aulle  poste  degli  antichi,  1746.  Kfidl- 
ger  De  eursu  publico  imperii  Romani,  Breslau  1846.  4.  TeufFel  in  Paulys  Real- 
encycl.  5  8.  1944—1948.  lienzen  Annali  1857  p.  94  ff.  A.  Flegler  Zur  Ge- 
schichte der  Posten ,  Nürnberg  1858.  8.  Iludeniann  Gesch.  des  Postwesens  der 
Rom.  Kaiserzeit,  Kiel  1866.  4.  Naudet  De  l'administration  des  poste.%  chet  Us 
Romains  in  Mimoires  de  L'imtitut.  Acad.  des  inscr.  et  h.  l,  XXIII ,  2  (1858) 
p.  166  —  240.  H.  Stephan  Das  Verkehrsleben  iui  Alterthuin,  in  Räumers  Hist. 
Taschenbuch  1868  S.  83  (T. 

5)  Ueber  die  römischen  Strassen  s.  Bergier  a.  a.  0.;  über  die  italischen  ins- 
lifsdudere  Forbiger  Handb.  der  alten  (Jeogr.  3,  703  ff.  Hauptquelle  sind  die 
Itiiicrarien,  am  Besten  in  Itinerarium  Antonini  Auyiuti  et  UicrosoLymitanum  edd. 
ii.  Farthey  et  M.  Pinder,  Beroltnl  lö4Ö.  ö. 

R«»in.  Alt*rth.  IV.  27 


—     418     — 

sehen  und  der  Beamten  i)  ,  und  es  war  nur  eine  Ausnahme* 
welche  der  höchsten  Bewilligung  bedurfte,  wenn  einer  Privat- 
person der  Gebrauch  der  Post  gestattet  wurde.  Zur  Zeit  der 
Republik  hatte  man  sich  darauf  beschränkt,  für  die  Beförderung 
römischer  Beamten  durch  eine  gesetzlich  regulirte  Verpflichtung 
der  Provinciaien  zum  Vorspann  und  zur  Verpflegung  Sorge  zu 
tragen;  auch  Privatpersonen  aus  dem  Senatorenstande  erhielten 
durch  die  Ertheilung  einer  legatio  liberal)  von  Seiten  des  Se- 
nates die  Erlaubniss,  auf  diese  kostenfreie  Weise  zu  reisen,  wo- 
durch eine  um  so  grössere  Last  für  die  Provinzen  entstand,  da 
dies  Privilegium  von  derselben  Person  eine  Reihe  von  Jahren 
hindurch  benutzt  zu  werden  pflegte^).  Allein  die  Correspondenz 
der  Statthalter  wurde  in  der  Regel  durch  eigne  Briefboten  {ta- 
bellarii)  ^)  oder  Ordonanzen  [statores]  ^) ,  zuweilen  auch  durch  die 
tabellarii  der  publicani^]  befördert,  da  es  zu  diesem  Zwecke  kein 
anderes  Beförderungsmittel  gab.  Die  Einrichtung  des  Augustus 
dagegen  bestand  in  einer  militärisch  organisirten  Staatspost, 
welche  die  amtlichen  Depeschen  von  Station  zu  Station  durch 
Couriere    beförderte  ')  ,    die  in    der   Kaiserzeit    speculatores  heis- 

1)  Ueber  diesen  Zweck  ist  das  römische  Postweseii  nie  hinausgegangen. 
Procop,  Hist.  arc.  c.  30 :  ot  {X£v  -^ap  'Püojxaiwv  auToxpaxope;  dv  toi?  avuj  ypovoi? 
'(e.'ftYqiiisoi ,  TrpovoTjGavTei  oirca?  arcavTa  T£  ocpiotv  iTza^'^iWoiio  Tayiarrx  %ai  fx-/]- 
öefJMÖc  oiBu/uo  jjieXX-qoet ,  xd  xe  Tcpo?  xwv  TToXefAtojv  h  '/f»p^  £/cdox7j  l'jfxriTixovTa 
'AoX  xaii  zöXeoi  xaxd  oxdctv  -q  d'XXo  xi  aTtpooTtxov  oujAßaivovxa  Tid^o?  xd  xe  Trpöi 
xtt>v  dpyovxoav  Ttal  xwv  d'XXwv  dTrdvxcuv  Travxayödt  Trpaoaojjieva  x^?  'Pwfxatoiv 
dpyfjc,  üTToj?  xe  ot  xou^  ctopo'j?  TiapaTTSfxzovxec  tou?  d7iexeto'j<;  oiaawCoivxo  ßpa- 
0'jx'?]x6;  T£  'Aoi  'Aivouvo'j  yiopU,   o7](A6aiov  d^'jv  xtva  -navxa^oaE  TreTroiTQN/xat  op6[j.ON. 

2)  Cic.  de  kg.  3,  8,  18:  iam  illud  apertum  est  profecto,  nihil  esse  turpius 
quam  est  quemquam  legari  nisi  reipuhlicae  causa.  Omitto,  quemadmodum  isti  se 
yerant  atque  gesserint,  qui  legatione  hereditates  aut  syngraphas  suas  persequun- 
tur  u.  s.  w.  Cic.  ad  fam.  11,  1,  2;  12,  21.  pr.  Flacco  34,  86.  Suet.  Tib.  31. 
Digest.  50,  7,  14. 

3)  Cicero  beschränkte  in  seinem  Consulate  die  Zeit  der  libera  legatio  auf 
ein  Jähr  (Cic.  de  leg.  3,  8,  18);  Cäsar  gestattete  fünf  Jahre.  Cic.  ad  Att.  15, 
11,  4. 

4)  Auct.  de  hello  Hispan.  2:  simulque  captos  tabellarios,  qui  a  Cn.  Pompeio 
dispositi  Omnibus  locis  essent ,  quo  certiorem  Cn.  Pompeium  de  Caesaris  adventu 
facerent. 

5)  Cic.  ad  fam.  2,  17  ;  2,  19 :  ut  ad  te  statores  meos  et  lictores  cum  litteris- 
mitterem.  Digest.  4,  6,  10.  Stator  praetorius  Grut.  p.  1031,  3.  Reines.  Cl.  VllI 
n.  4.  Von  den  statores  Aug.  s.  die  Militäralterthümer.  Alexander  Severus  hob 
diese  Einrichtung  auf.  Lamprid.  AI.  Sev.  52.  Ulpiän.  Digest.  1,  16,  4  §  1: 
nemo  proconsulum  statores  suos  habere  polest^  sed  vice  eorum  milites  ministerio  in 
provinciis  funguntur. 

'  6)  Cic.  ad  Att.  5,  15,  2.    de  prov.  cons.  7,  15. 
7)  Suet.    Oct.  49 :     et   quo    celerius   ac    sub   manum   annunciari   cognoscique 
posset ,    quid  in  provincia  quaque  gereretur ,    iuvenes  primo  modicis  intervalHs  per 
militares  vias,  dehinc  vehicula  disposuit. 


—     419     — 

sen  1).  Die  Personenbeförderung  beschränkte  sich,  wie  zur  Zeit  der 
Republik,  auf  die  Beamten ;  zu  diesem  Zwecke  waren  die  Stationen 
in  nmtationes  (Pferdewechsei)  Imd  mansmies  (Nachtquartiere)  ein- 
getheilt  und  auf  den  letzteren  für  den  Gebrauch  der  Statthalter 
so  wie  der  Kaiser  selbst  palatia  errichtet  2).  Privatpersonen  wurde 
der  Gebrauch  der  Staatsposten  in  der  Provinz  eine  Zeit  lang  durch 
besondre  Bevollmächtigung  des  Statthalters  [diploma]^)^  später  nur 
vom  Kaiser  selbst  nach  genauen,  darüber  erlassenen  Bestimmun- 
gen gestattet^).  Die  Kosten  der  Posthaltereien  fielen  den  ein- 
zelnen Ortschaften  zur  Last'»]  ;  unter  Nerva  wurde  zwar  in  Ita- 
lien ^') ,  unter  Hadrian"),  Antoninus  Pius^)  und  Severus")  im 
ganzen  Reiche  das  Postwesen  von  dem  Kaiser  übernommen ;  doch 
ist  dies  nur  auf  die  Beschaffung  der  Zugthiere  und  Wagen,  so 
wie  auf  die  Postverwaltung  zu  beziehen,  da  die  Bestreitung  der 
Kosten  nicht  dem  Fiscus  zufiel  ^^) .    Der  Dienst  war,  wie  wir  al- 


1)  Liv.  31,  24:  et  respondisset  (^eventus),  ni  speculator,  —  hemerodromos  vo- 
cant  (j'raeci  —  ingens  die  uno  cursu  emetientes  spatium —  contempLatus  regium  agmen 
e  specula  quadcun,  praegressus  nocte  Athenas  pervenisset.  Suet.  Calig.  44  :  magni- 
ficüH  Komam  litleras  misit ,  monitis  speculatoribus,  ut  vehiculo  ad  forum  usque  et 
Curiam  pertenderent.  Tac.  H.  2,  73:  vix  credibile  memoratu  est,  quantum  super- 
biae  socordiaeque  Vitellio  adoLeverit,  poHtquam  speculatores  e  Syria  ludaeaque  ad- 
artum  in  verba  eius  orientem  nuntiavere.  Diese  speculatores  befanden  sich  sowohl 
in  der  Begleitung  des  Kaisers  (Suet.  Aug.  74.  Ciaud.  35.  Tac.  H.  2,  11  :  ipsum 
(Hhonem  comitabantur  specuLatorum  lecta  corpora  cum  ceteris  praetor iia  cohortibus. 
ib.  33)  als  in  den  prätorischen  Cohorten  (Tac.  H.  1,  29.  31)  und  in  den  Legio- 
nen, deren  jede  10  speculatores  hat.  Labus  Ära  antica  scoperta  in  Haimburgo, 
Milano  1820.  4  p.  63.  S.  G.  Schwarz  De  speculatoribus  veter.  Roman.,  Altdorf 
1726.  Kckhel  7).  N.  6,  53  f.  Einen  solchen  Courier  erwähnt  Aristaenet.  ep. 
1,  26:  ToXXd;  xoivuv  a-e  xa-/'j;  tt^;  iroXixeiai  iTiTieu;  oieXVjXuOa  TtöXe^. 

2)  Cod.  Theod.  7,  10. 

3)  Auf  diese  oi7rXtt)[xaTa  bezieht  sich  das  Edict  des  praefectus  Aegypti  Ca- 
pito  aus  dem  J.  49  n.  Chr.  C.  I.  Gr.  n.  4956,  und  solche  diplomata  stellte  Pli- 
nius  in  Bithynien  aus,  Plin.  ep.  10,  45(54);  64(14);  120.  121.  Inder  Zeit  der 
Republik  (Cato  fr.  or.  2  p.  37  Jordan)  und  auch  in  der  späteren  Kaiserzeit  (Sal- 
nias.  ad  Capitolin.  Pertin.  i)  heisst  diese  Vollmacht  evectio.  Vgl.  Boecking  ad 
■V.  D.  Or.  p.  14  f.  Beispiele  von  Personen,  welche  sich  des  cursus  publicus  be- 
dienen,  s.  Sidon.  Apoll,  ep.  1,  5:  egresso  mihi  Khodanusiae  nostrae  moenibus 
publicus  cursus  usui  fuit ,  utpote  sacris  apicibus  accito.  Gregorius  Thauraaturgus 
orat.  ad  Origenem  ((ireg.  (>pp.  .Mogunt.  1603.  4)  p.  187:  6  OTpaxKuTr^;  —  «p^poav 
ä;o'jaiav  7:Xet(5v(uv  töjv  ot](aooi(uv    (iytj|i.aT(uv   rij;  "/pfjaetu;   xal  O'jfxßoXa   rXeiovoc 

4)  Cod.  Th.  8.  5.  12.  38.  40.  43.  52.    Boecking  a.  a.  0. 

5)  Plut.    (ralb.  8. 

6)  Eckhel  D.  N.  6,  408. 

7)  Spart.  Hadr.  7 :  eursum  fiacaUm  instituit ,  ne  magiatratus  hör  onere  grn- 
vnreniuT. 

V       8)  Capitolin.   Antmin.  F.  12. 
9J  Spartian.   Sever.   14. 
10)  Rüdiger  a.  a.  0.  p.  9  ff.  .'^  ,^  ■ 


—     420     — 

lerdings  erst  aus  den  Verordnungen  des  vierten  und  fünften 
Jahrhunderts  im  Einzelnen  ersehen  i),  ein  dreifacher:  die  Brief- 
post besorgten  Couriere  [veredarii),  welche  ausser  dem  Pferde, 
welches  sie  selbst  ritten,  ein  Handpferd  [parhippus)  mit-  dem 
Feileisen  [averta]  führten ;  die  Beförderung  der  Personen  geschah 
auf  Eilwagen  (rhedae),  welche  mit  Pferden  oder  Mauleseln,  der 
Transport  von  Kriegsmaterial  und  Gütern  auf  Packwagen  [clabu- 
latia),  welche  mit  Ochsen  bespannt  wurden;  ausserdem  dienten 
die  auf  allen  Flüssen  vorhandenen  Schiffsstationen  ebenfalls  zur 
Beförderung  von  Briefen,  Personen  und  Material'^). 
Grenz-  Augustus   hatte    die   römische  Monarchie   nicht  nur  innerlich 

pohzei.  ^ 

organisirt,  sondern  auch  nach  aussen  hin  gesichert,  indem  er  sie 
durch  grosse  Flüsse  oder  Wüsten  gegen  Einfälle  feindlicher  Nach- 
barn schützte,  und  empfahl  in  seiner  letzten  Staatsschrift  seinen 
Nachfolgern  eine  friedliche  und  auf  die  Erhaltung,  nicht  auf  die 
Erweiterung  der  von  ihm  festgestellten  Grenzen  gerichtete  Politik  -^j . 
Zu  dieser  kehrte  man,  nachdem  unter  Claudius  und  Traian  noch 
neue  Provinzen  gegründet  waren,  seit  Hadrian  zurück  und  be- 
gnügte sich  das  ganze  Reich  ^durch  einen  limes  imperii  abzu- 
schliessen ,  den  man ,  wo  die  natürliche  Grenze  fehlte ,  durch 
Mauern,  Gräben  und  Befestigungen  herstellte  "*) .  Diese  Befesti- 
gungen waren  indess  von  der  Art,  dass  sie  nicht  sowohl  auf 
die  Vertheidigung  der  Grenze  gegen  einen  massenhaften  Angriff, 
als  vielmehr  auf  die  Verhinderung  jeder  Communication  über- 
haupt berechnet  scheinen^).  Zu  demselben  Zwecke  legte  man 
den  nördlich  von  der  Donau  wohnenden  Stämmen  der  Quaden, 
Marcomannen,  Jazygen  und  Buriern  in  den  Friedensbedingungen 
auf,  dass  sie  mehrere  Meilen  des  Landes  nördlich  von  der  Grenze 
unbewohnt  und  wüst  lassen  ß),  auf  dem  Flusse  selbst  aber  keine 

1)  Hauptquelle  ist  Cod.  Th.  8,  5.    Cod.  lust.  12,  51. 
2j  Ueber  den  letzten  Punct  s.  Sirmond  ad  Sidon.  Apoll.  ISotae  p.  12. 
3J  Tac.  Ann.  1,  11:  addideratque  consilium  coercendi  intra  terminos  imperii, 
incertum,  metu  an  per  invidiam. 

4)  Die  nachfolgenden  Bemerkungen  über  die  Grenzverhältnisse  des  röm. 
Reichs  verdanke  ich  einem  noch  ungedruckten  Aufsatze  von  C.  F.  Samwer,  wel- 
cher mir  vom  Verfasser  zur  Benutzung  gütigst  mitgetheilt  worden  ist. 

5)  Dies  ist  ersichtlich  nicht  nur  aus  den  noch  vorhandenen  Resten  der 
Grenzwälle,  sondern  auch  aus  Spartian.  Hadr.  12:  per  ea  tempora  et  alias  fre~ 
quenter  in  plurimis  locis ,  in  quibus  barbari  non  ßuminibus  sed  Limitibus  dividun- 
tur,  stipitibus  magnis  in  modum  muralis  saepis  funditus  iactis  aique  connexis  bar- 
bar  os  separavit, 

6)  Dio  Cass.  71,  15.  16;  72,  3. 


—     421     — 

Schiffe  halten  sollten^),  während  die  römische  Donauflotte  die 
Wassercomnmnication  controiirte;  und  welche  strenge  Grenzpo- 
lizei man  in  Beziehung  auf  Personen-  und  Waaren verkehr  übte, 
ersehen  wir  aus  mehreren  Fällen  sehr  verschiedener  Zeit,  welche 
auf  ein  der  ganzen  Kaiserzeil  zuzuschreibendes  Verfahren  schlies- 
sen  lassen.  Fremde  dürfen  die  Grenze  nur  überschreiten  bei 
Tage,  nach  Ablieferung  der  Waffen  und  unter  militärischer  Es- 
corte,  die  sie  bezahlen  müssen  2) ;  zu  Zeiten  wurde  niemand  über 
die  Grenze  gelassen,  es  sei  denn,  dass  er  Depeschen  an  den 
Kaiser  überbrachte^).  Waarenverkehr  dagegen  ist  zwar  gestattet, 
aber  unter  bestimmten  Bedingungen.  Zuerst  wird  für  dieselben 
ein  Ausfuhr-  und  Einfuhrzoll  entrichtet  *) ,  welchen  letzteren  so- 
gar Gesandte  fremder  Völker,  wenn  sie  etwas  Steuerpflichtiges 
mit  sich  führen,  erlegen^).  Zweitens  ist  die  Ausfuhr  von  ge- 
wissen Waaren  ganz  verboten,  nämlich  von  rohem  und  verarbei- 
tetem Eisen,  Waffen  aller  Art,  Wein,  Oel,  Getreide,  Salz  *^)  und 
Gold^j,  und  drittens  findet  der  Marktverkehr  nur  zu  bestimmten 
Zeiten  und  an  bestimmten  Orten,  wo  möglich  unter  polizeilicher 
Aufsicht  der  römischen  Behörden   statt ^).      Will  aber  der  Ver- 


1)  Dio  Cass.  71,  19. 

2)  Als  im  J.  70  ii.  Chr.  sich  die  colonia  Agrippinensis  mit  den  Germanen 
verband ,  sagen  die  an  sie  geschickten  Gesandten  der  Tencteri :  vohisque  yra- 
tuiamur,  quod  tandem  liberi  inter  liberos  eritis.  Nam  ad  hunc  diem  flumina  ac 
terra»  et  coelum  quodammodo  ipsum  dauserant  Romani,  ut  coUoquia  congressusque 
nostros  arcerent,  vel,  quod  contumeliosius  est  viris  ad  arma  natis,  inermes  ac  prope 
nudi  sub  custode  et  pretio  coiremus.  In  der  Antwort  der  Agrippinenses  heisst  es 
dann  :  vectigai  et  onera  commerciorum  resolvimus.  Sint  transitus  incustoditis,  sed 
diumi  et  inermes.  8.  Tac.  Hist.  4,  63 — 65.  Die  Escorte  wird  noch  erwähnt  Cod. 
lust.  4,  63,  6:  si  qui  inclytas  riominatim  vetuatis  legibus  civitates  transgredientes 
ipsi,  vel  peregrinos  negotiatores  sine  comite  commerciorum  suscipientes  fuerint 
deprehensi,  nee  proscriptionem  bonorum^  nee  poenam  perennis  exilii  ulterius  evadent. 

3)  Cod.  Theod.  7,  16,  2:  omnes  stationes  navium,  portus,  litora,  omnes  ab- 
scessus  provinciarum  ,  abdita  quin  etiarn  loca  et  insulae  Tuae  magnißcentiae  dis- 
pnsitione  solerti  custodiantur  indagine ,  ut  nuUus  vel  vi  vel  clart^  vel  aperte  vel 
etiam  occulto  nostri  possit  imperii  regiones  inrepere ,  qui  non  nut  interiectis  prohi- 
heatur  obicibus ,  aut ,  cum  accesserit,  illico  teneatur ,  nisi  sacros  apices  —  ad  me  ^ 
perferre  —  mon-itraverit. 

4)  Dies  berichtet  von  Aegypten  .Strabo  17  p.  798. 

5)  Cod.  lust.  4,  62,  H. 

6)  Gothofr.  ad  Cod.  Theod.  7,  16,  3.    Cod.  Inst.  4,  21,  1.  2. 

7)  Cod.  lust.  4,  63,  2. 

8)  Den  Quadi  wurde  im  J,  174  n.  Chr.  überhaupt  nicht  erlaubt,  einen  rö- 
mischen Markt  /u  besuchen,  Dio  Cass.  71,  11;  den  Martomanncn  dagegen  Ort 
und  Tag  dazu  bestimmt  (Dio  Cass.  71,  1.')),  und  nochmals  im  .1.  180  Abhaltung 
von  Märkten  unter  Aulsicht  eines  römischen  (!cnturio,  also  ohne  Zweifel  ein 
Handel  mit  Kömern,  zugestanden.  Dio  Cass.  72,  2.  Kbenso  war  der  Markt 
zwischen  Persern    und  Kömcrn  auf  drei  Städte,  NIsibis,  Artaxata  und  Callinicos 


—     422     — 

kaufen  seine  Waaren  in  die  Pi'oviiiz  f)rinj»en,  so  bedarf  er,  in- 
sofern dies  überhaupt  i^estattet  wird,  dazu  die  Erlaubniss,  d.  h. 
einen  Pass,   des  Statthalters  ') . 

In^^'^der  ^"    Streng    von    den    Grenznachbarn    abi^esohlosscn ,    bildete. 

nationalen  äusscrlich  das  römischc  Reich  ein   einheitliches  Ganze:    innerhalb 

Differenzen.  ' 

dieser  Grenzen  indessen  zerfiel  es,  wie  wir  gesehen  haben,  noch 
im  Beginne  der  Kaiserzeit  in  sehr  disparate  Theile,  in  welchen 
Religion,  Sprache,  Gesetz  und  Lebensweise  ungestört  durch  die 
römische  Verwaltung  fortbestanden.  Auch  diese  nationalen  Eigen- 
thümlichkeiten  sind  im  Laufe  von  vier  Jahrhunderten  wenn  auch 
nicht  ganz  verschwunden,  so  doch  dem  römischen  Einflüsse  ge- 
genüber sichtlich  zurückgetreten,  und  es  dürfte  eine  interessante 
Aufgabe  sein,  die  Gründe  zu  entwickeln,  welche  zu  der  allmäh- 
lichen Assimilation  der  Provinzen  untereinander  beigetragen  ha- 
ben. Bei  dem  jetzigen  Stande  der  Untersuchung,  für  welche  das 
Material  noch  nirgends  gesammelt  ist,  wird  es  für  unseren  Zweck 
genügen,  uns  auf  einige  Andeutungen  zu  beschränken.  Wir  haben 
mehrfach  bemerkt,  dass  in  den  alten  Culturländern ,  in  welchen 
das  sociale  Leben  eine  feste  und  widerstandsfähige  Ausbildung 
erhalten  hatte,  und  namentlich  das  Städtewesen  entwickelt  war, 
man  alle  vorhandenen  Institutionen  anfangs  möglichst  conservirte, 
weil  man  sich  derselben  für  die  Zwecke  der  Verwaltung  zu  be- 
dienen in  Ermangelung  eines  römischen  Beamtenstandes  gezwun- 
gen war.  In  derjenigen  Periode  der  römischen  Kaiserzeit,  deren 
innere  Geschichte  für  uns  bei  der  Dürftigkeit  der  Ueberlieferung 
am  schwierigsten  zu  verfolgen  ist,  nämlich  der  Zeit  von  den 
Antoninen  bis  auf  Constantin,  hat  sich  indessen  eine  bureaukra- 
lische  Verwaltung  allmählich  ausgebildet,  welche  wir  im  vierten 
Jahrhundert  vollendet  vorfinden'^).  Dadurch  wurden  die  städti- 
schen Behörden  für  die  Reichsverwaltung  mehr  odei*  weniger  ent- 
behrlich;  die  Provinzen,  durch  Diocletian  in  kleine  Bezirke  zerlegt, 
kamen  in  die  directe  und  specielle  Administration  der  Regierung^), 


(s.  über  den  letzten  Platz  Ammian.  23,  3,  7j,  beschränkt  und  jede  Abweichung 
von  dieser  vorgeschriebenen  Richtung  des  Handels  mit  harten  Strafen  bedroht. 
C.  lust.  4,  63,  4. 

1)  So  heisst  es  von  den  Jazygen  Dio  Cass.  71,  19:  scp-^xev  autot?  (M.  An- 
toninus  phil.)  Tipo?  xou?  'Po^oXavo'j«;  oia  Tl]i  Aaxiai;  iüifxiYVua^ai ,  ocaxi;  av 
6  a'pyojv  auTTJc  iruTpi^-^  o^toiv. 

2j  Kuhn  1,  149  IS. 

3)  Lactantius  de  rnort.  persec.  7:  adeo  rnaior  esse  coeperat  numerus  accipien- 
tium  quam  dantium,  ut  enormitate  indictionum  consumtis  viribus  colonorum  dese- 


—     423     — 

und  unter  dem  Einflüsse  einer  grossen  künstlich  gegliederten  Be- 
amtenhierarchic  verschwanden  mit  den  städtischen  Freiheiten  zu- 
gleich die  unzähUgen  Differenzen,  welche  bis  dahin  die  Regierung 
selbst  conäervirt  hatte.  Während  in  den  spanischen,  gallischen 
und  britischen ,  später  in  den  Donauprovinzen  i)  die  völlige  Ro- 
manisirung  schnell  und  ohne  Widerstand  vor  sich  ging,  erfolgte 
diese  langsam  und  weniger  vollständig ,  aber  dennoch  sichtlich 
auch  in  den  phönicischen  und  griechischen  Culturländern.  Zwar 
widerstand  ,,die  zauberische  Gewalt"  der  griechischen  Sprache 
Jahrhunderte  lang  dem  Eindrin^n  des  Lateinischen ,  zumal  da 
sie  für  den  Geschäftsgebrauch  im  ganzen  römischen  Reiche  ge- 
nügte "^j ,  in  den  Erlassen  der  römischen  Behörden  ^)  und  bei  den 
Gerichtsverhandlungen'*)  zur  Anwendung  kam;  allein  wenn  sie 
gleich  selbst  in  einigen  Orten  Italiens,  namentlich  in  Calabrien 
bis  über  das  Mittelalter  hinaus  sich  erhielt^) ,  in  den  römischen 
Colonien  hie  und  da  aufs  neue  zur  Herrschaft  gelangte*^]  und 
wenigstens  in  Asien  in  byzantinischer  Zeit  in  alleiniger  Geltung 
blieb'),  so  gewann  doch  nicht  nur  in  ünteritalien  schon  seit  der 
lex  fuUüj  sondern  auch  zunächst  in  Sicilien  ^)  das  römische  Ele- 
ment immer  grösseren  Einfluss ;  von  den  Antoninen  an  aber  im 
ganzen  Orient,  wo,  während  hellenische  Bildung  den  alten  Werth 
verlor-';,    die  Studien  des  römischen  Rechtes  als  das  beste  Mittel 

rtrentur  ayri.  —  Et,  ut  omnia  terrore  complerentur ,  provinciae  quoque  in  frusta 
concisae,  rnulti  praesiden  et  plura  officia  singulis  reyionibus  ac  paene  inm  civita- 
libus  incubare.  Dies  Verfahren  schildert  am  Ende  des  vierten  Jahrhunderts 
Claudian.  in  Eutrop.  2,  586 : 

provincia  quaeqite  superstes 
Dividitur,  yeminumque  duplex  passura  tribunal 
Coyitur.  —  —  hac  arte  reperta 
Rectorum  nurnerum  terris  pereuntibus  auyent. 
Vgl,  Prenss  Kaiser  Diocletian  und  seine  Zeit,  Leipzig  1869.  8  S.  86  ff. 

1)  Vellei.  2,  110:  in  omnibus  Pannoniis  non  disciplinae  'tantummodo ,  sed 
Linguae  quoque  notitin  Romanae. 

2)  Valckenaer  Schol.  ad  acta  Apost.  p.  351.  Bernhardy  Gr.  Syntax  S.  34 
Anm.  59. 

3)  Die  vorhandenen  Kdictc  der  Präfccten  von  Aegyptcn  und  mehrere  in 
Asien  gefundene  Inschrilten  liefern  hiefiir  den  Beweis. 

4)  Philostrat.  Vit.  Apoll.  5,  36  a.  E.    Hethmann-llollweg  Civilproc.  3  JJ  148. 

5)  Niebuhr  U.  G.   1  S.  69. 

6)  Die  Chrysost.  II  p.  114  K.:  ort 'PtufAaio;  cuv  dcfr^XXTjv{oOY),  tlioTrcp  tj  Ka- 
Tpi;  -^  J(jieT^pa  (die  Colonie  Corinth).  Auch  auf  den  .Münzen  vieler  Colonien 
finden  si<'h  griechische  Umschriften.     Eckhel  D.  A'.  4,  470  f. 

7)  Bethmann-IIollweg  a,  a.  0. 

8)  Diodor.  1,  4;  5,  6. 

9)  Aristides  et;  ßaaiXd'x  Vol.  I  p.  105  Dind.  :  ei  ö'  au  tö  ^iXiWtpi  eivai 
•/aXov   xai   up^rov   ßaoiXei,    ttp    TipoCTjxcav   6   fraivo;   oGteu;;    oStw   y*P  o^«iop« 


4^4 


im  Staatsdienst  emporzusteigen ')  immer  allgemeineren  Anklang 
fanden,  seit  dem  Beginne  des  dritten  Jahrhunderts  die  Rechts 
schule  7Ai  Berylus  in  Blüthe  stand 2)  und  neben  der  Sprache^) 
und  dem  Rechte  auch  Sitte  und  Geschmack  der  Römer ^)  immer 
heimischer  wurde.  Nachdeni  die  politischen  Vorrechte  der  römi- 
schen Bürger  durch  die  Monarchie  beseitigt  waren,  führte  die 
massenhafte  Ansiedelung  von  Römern  in  den  Provinzen  die  Er- 
theilung  des  Bürgerrechtes  an  ganze  Völkerschaften ,  der  unaus- 
gesetzte Verkehr  in  Handel  und  vor  Gericht  endlich  eine  völlige 
Ausgleichung  der  rechtlichen  und  socialen  Verhältnisse  im  ganzen 
Reich  herbei,  als  deren  Vollendung  die  Ertheilung  der  Civität  an 
alle  Bewohner  desselben  durch  Caracalla  zu  betrachten  ist^).  Mit 
ihr   hört    der  Stand    der  peregrini  und   die   alte   privatrechtliche 

'«ptXsXXrjV  daxiv  6  ßototXeü?  (Antoninus  Pius)  ocal  toooütov  a'jxip  Trepieoxi  touto'j 
Tou  xaXoO,  wOTS  '/j{j.eX'r]{Jt£VY]s  t^c  tü)^  'EXXyjvojv  TzaiZe'irxi  v,a\  %a-a-ecfpovr][j.£VTj?, 
ävTfjpyjfjLSvojv  hk  -zv^i  d::'  auT^  TifAÖJv,  7:apecuofA£vo'j  5e  xai  dv  o'joevöi;  omto?  [xspet 
TravTo?  ToD  'EXXtjvi^ou,  oux  -^jf^eX-rjoev  6  ßaciXeu?. 

1)  Schon  unter  Nero  schickt  ein  Arcader  seinen  Sohn  nach  Koni ,  um  das 
Recht  zu  studieren.  Philostr.  Vit.  Apoll.  7,  42.  Später  klagen  die  griechischen 
Rhetoren  vielfältig  über  den  Verfall  der  griechischen  Redekunst  und  das  Ueher- 
handnehmen  der  Rechtsstudien.  Des  Libanius  irAr.aTZTZoi,  ein  Grieche  aus  An- 
tiochia,  konnte  lateinisch  und  schrieb  lateinische  Reden.  Liban.  1  p.  4  R.  Festus, 
ein  Statthalter  von  Syrien  zu  Libanius  Zeit,  verstand  nicht  griechisch ,  was  Li- 
banius indessen  unerhört  findet  (1  p.  103  R.J.  Wer  zu  Aemtern  gelangen  will, 
muss  lateinische  Redeübungen  machen,  Liban.  1  p.  133.  143.  185.  vgl.  2  p.  215. 
3  p.  438.  Auch  Johannes  Chrysost.  bemerkt  in  der  Schrift  upo?  tou;  7roXs[j.o!Jv- 
xa;  xoi?  izx  x6  (xoNdtCeiM  dvocYOUoiv,  indem  er  von  der  Kinderzucht  redet,  dass 
Redekunst  und  Kenntniss  des  Lateinischen  Hauptmittel  seien,  weiter  zu  kommen. 

2)  S.  oben  Seite  271. 

3)  Ueber  die  Verbreitung  der  römischen  Sprache  als  Geschäftssprache  im 
ganzen  Umfange  des  römischen  Reichs  s.  die  Erklärungen  der  Bischöfe  auf  dem 
Concil  zu  Ephesus  431  bei  Mansi  4  p.  1282  und  zu  Chalcedon  bei  Mansi  4 
p.  56.  456. 

4)  Dieser  Gegenstand  verdient  noch  eine  umfassende  monographische  Be- 
handlung, bei  welcher  der  Einfluss  des  Lateinischen  auf  die  griechische  Sprache 
besondere  Berücksichtigung  finden  müsste.  Ich  erwähne  als  Einzelheit  den  Ge- 
brauch der  toga  bei  den  Decurionen  von  Antiochia,  Liban.  2  p.  142  R.  und  die 
schöne  Stelle  des  Dio  Chrysost.  1  p.  630  ff.  R.  über  das  Eindringen  der  Gladia- 
torenspiele in  Griechenland :  oiov  £ut)ü?  xct  -£pt  xou;  |j.ovo[xayot>?  ouxü)  ocf 68pa 
iC,riktii'/.a<5i  (01  'A^-rjvaioi)  Kopiv&iou?,  {aSXXov  0£  U7T£pߣßXfjy,aoi  x^  -/axooaifjiovia 
vtax£tvou<;  vcai  xobc,  aXXouc  aTiavxa;,  oxjxe  ol  Kopi'V&iot  fx£v  £?a>  XYJ?  ttoXeo;  Oeo)- 
poüoiv  Iv  yapaopa  xivl  —  'Ai^TjvaToi  0£  £v  x(p  O^Eötxpo)  i^Eöivxat  xtjv  xaXyjv  xau- 
XYjV  %ia>i  bt:^  auxYjv  xy;v  axpoTioXiv,  oG  xov  Atovuoov  ^tiI  xtjv  opyifjoxpav  xtöeaotv ' 
w(JX£  TzokXaxic,  Iv  a'jxoii;  xiva  acpaxxEo^ai  xot?  tlpovou,  ou  xov  lEpo'favxr^v  '/,ai 
xobi  aXXou?  lEpeic  d^d^^r]  '/ai}iCetv.  Eine  reiche  Sammlung  über  die  Verbreitung 
der  Gladiatorenspiele  in  Griechenland  findet  sich  bei  Welcker  Sylloge  epigr,  p.  58 
und  Böckh  C.  I.  Gr.  n.  2663.  Die  Schrift  von  Heyne  De  usu  sermonis  Romani 
in  administrandis  provinciis  a  Romanis  probato  (^Comm.  soc.  reg.  scient.  Goetting. 
rec.  Vol.  I)  ist  sehr  ungenügend. 

5)  Dio  Cass.  77,  9.    Ulpian.  Dig.  1,  5,  17. 


1 


—     425     — 

Bevorzugung  des  connubium  ebenfolls  auf,  und  beginnt  auch  eine 
verwandtschaftliche  Vermischung  der  so  lange  gesonderten  Theile 
der  Bevölkerung.  Die  llauptepochen  der  alten  Geschichte  werden 
durch  diejenigen  Ereignisse  bezeichnet,  durch  welche  nach  und 
nach  die  natürlichen  Schranken  der  ursprünglich  gesonderten 
Völkerstämme  niedergerissen  wurden,  wie  der  peloponnesische 
Krieg  dem  gesonderten  IS'ebeneinanderbestehen  des  dorischen  und 
ionischen  Stammes,  Alexanders  Eroberungen  dem  alten  Gegen- 
satze des  Hellenenthums  und  des  barbarischen  Orientes  ein  Ende 
ujachten.  Mit  der  äusserlichen  Vereinigung  der  ganzen  alten  Welt 
unter  einer  Herrschaft,  welche  in  dem  ersten  Jahrhundert  der 
Kaiserzeit  vollendet  war,  beginnt  die  letzte  Periode  der  Geschichte 
der  alten  Welt;  mit  der  innern  Durchdringung  der  nun  in  fort- 
dauernden Zusammenhang  getretenen  Nationalitäten  schliesst  die- 
selbe, zugleich  die  Entwickelung  der  alten  Welt  vollendend,  und 
eine  neue  Epoche  vorbereitend,  deren  Beginn  dem  Bewusstsein 
der  Zeitgenossen  nicht  entgangen  ist  i) . 

1 )  Die  Aufgabe  der  römischen  Herrschaft  bezeichnet  schon  Plin.  H.  N.  3, 
39 :  terra  (^Itaiia) ,  —  numine  Deum  electa ,  quae  —  spmrsa  conyregaret  imperia 
ritusque  molliret  et  tot  populorum  discordes  ferasque  linguas  sermonis  commercio 
contraheret ,  colloquia  et  humanitatem  homini  daret,  breviter  una  cunctai-um  gen- 
tium in  toto  orbe  patria  fieret.  Denselben  Gedanken  s.  bei  Rutil.  Nemesian.  Hin. 
1,  63:  fecisti  {Roma)  patriam  diversis  gentibus  unam  etc.  Claudian.  de  cons.  Sti- 
lich.  3,  154  ff.  Gregorius  Thaumaturg.  Or.  pan.  in  Orig.  p.  17;l  :  oi  OaUfAaaxoi 
7)[jLtt)v  TöJv  oocpöjv  v6(xoi,  Ol?  vjv  xd  TidvTwv  Töjv  ÜTCo  T-^iv  'PoafAaioüV  apyrjv  d\- 
UpcuTTOJv  ^aTe'jiTJ'^exai  TTOotYfAaxa.  Als  eine  Vorbereitung  für  die  Verbreitung  der 
christlichen  Religion  als  der  Weltreligion  und  den  Beginn  der  christlichen  Zeit 
bezeichnen  die  politische  und  sociale  Vereinigung  der  alten  Welt  schon  Origenes 
rontra  Celsum  2,  30 :  xal  oa'f  s;  ye  Sxi  7.axd  xtjv  A'Jyouoxou  ßaoiXeiav  b  'IrjaoO; 
YeY^vTjxai,  xou  ((v'  ouxax;  6vo(xdo(»)  6[xaA(oot'^xo;  ota  »Jiiä?  ßaotXeia;  xou;  ttoX- 
Xou;  xo'ji;  iizi  Y^ji  *  y^v  yap  «'^  d|Az6oiov  xoü  vefxtji^-^vai  xyjv  'ItjogO  otoaoxaXtav 
eU  Tiaoav  xtjV  oi-AO'j(j.£VYjv  xö  roXXd;  eivat  ßaotXeiot?  %.  x.  X.  und  Prudentius  con- 
tra Symmach.  2,  609  ff.  : 

Vivitur  omniyenis  in  partibus,  liaud  secus  ac  si 
Cives  conyenitos  concludat  moenibus  unis 
L'rbs  patria  atque  omnes  Lare  conciLiemur  avito. 
instantes  regione  pLagae,  divisaque  ponto 
Litora  conveniunt  nunc  per  vadimonia  ad  unum 
Et  commune  forum,  nunc  per  commercia  et  nrtes 
Ad  coetum  celebrem,  nunc  per  yeniatia  fulcra 
Externi  ad  ius  connubii.     Wim  sanguine  mixto 
Texitur  alternis  ex  gentibus  una  propayo. 
Hoc  actum  est  tantis  successibus  atque  triumphis 
Bomani  imperii :  Christo  iam  tunc  venienli 
Crede^  parata  via  est  etc. 


Verfassung  der  Städte  des  römischen  Reiches. 


Bei  der  Erörterung  der  äusseren  politischen  Stellung,  welche 
die  Gomniunen  des  römischen  Staates  der  Regierung  gegentlbcr 
einnahmen,  haben  wir  in  dem  vorhergehenden  Abschnitte  bereits 
die  beiden  Hauptclassen  von  Städten  bezeichnet,  von  deren  innerer 
Organisation  noch  zu  reden  ist,  nämlich  die  Städte,  welche  eine 
der  römischen  anafoge  Verfassung  haben ,  die  Colonien  und  Mu- 
nicipien,  und  diejenigen,  welche  ihre  frühere  unrömische  Verfas- 
sung ganz  oder  theilweise  bewahrten ,  die  freien  und  die  unter- 
thänigen  Provincialstädte.  In  Beziehung  auf  jede  dieser  beiden 
Classen  wird  unsere  Aufgabe  eine  verschiedene  sein.  Die  Colo- 
nien und  Municipien  haben  seit  ihrem  Entstehen  (S.  26  ff.  35  ff.) 
eine  Jahrhunderte  lang  dauernde  Entwickelung  durchgemacht,  in 
deren  letzter  Periode,  der  Kaiserzeit,  sie  nach  der  Beschaffenheit 
unserer  Quellen  die  deutlichste  Einsicht  in  ihre  inneren  Verhält- 
nisse gestatten;  wir  werden  daher  einmal  diese  Entwickelung 
verfolgen  und  zweitens  diese  inneren  Verhältnisse ,  wie  sie  sich 
unter  der  Kaiserherrschaft  gestaltet  hatten,  darstellen.  Die  unrö- 
mischen Städte  dagegen,  von  denen  die  Gemeinden  griechischer 
Bevölkerung  allein  bekannt  sind,  haben  ihre  Blütheperiode  in  vor- 
römischer Zeit  und  befinden  sich  schon  im  ersten  Jahrhundert 
nach  Christo  in  dem  Zustande  allmählichen  Verfalles,  auf  welchen 
namentlich  die  Einwirkung  der  römischen  Regierung  von  Eintluss 
war.  Sie  gehören  nur  insofern  in  den  Kieis  unserer  Untersuchun- 
gen, als  dieser  Einfluss  in  ihnen  nachweisbar  ist,  der  nach  und 
nach  ihre  Romanisirung  herbeiführte. 


—     427     — 


Da8  römische  Colonial-  und  Mimicipalweseu  in  seiner 
Entwickelung  '). 


Colo- 
lien. 


men. 


Die  Veranderuni'en ,  welche  sich  sowohl  in  dem  noUtischen  ^^^. 
Zwecke  als  in  der  gesetzlichen  Form  der  Coloniengründung  er- 
kennen lassen ,  stehen  im  Zusammenhange  mit  der  ünjgestaltung 
der  ganzen  römischen  Staatsverfassung,  und  wie  für  die  letztere, 
so  sind  auch  für  die  ersteren  drei  Perioden  zu  unterscheiden :  die 
der  iilteren  Republik  bis  zu  den  Gracchen,  die  Uebergangsperiode 
von  den  Gracchen  bis  auf  Augustus ,  und  die  Kaiserzeit.  Wenn 
Velleius  an  der  bekannten  Stelle  über  die  Colonien  ( s.  oben 
S.  17  Anm.  1)  zwei  Perioden  annimmt,  die  der  Bürgercolonien 
bis  zum  J.  654=100  und  die  der  Militärcolonien  nach  diesem 
Jahre,  so  scheidet  er  die  beiden  Ilauptformen  begriifsmässig,  in- 
dem er  beilaulig  die  Perioden  derselben  durch  ein  bestimmtes 
Factum,  die  Anlegung  der  Colonie  Eporedia  trennt,  ohne  die 
Uebergangsperiode  zu  berücksichtigen,  welche  sich  sowohl  für 
die  äussere  Form  der  Colonieanlage  als  für  den  inneren  Zweck 
deiselben  nachweisen  lässt. 

Was  zuerst  die  äusseren  Verhältnisse  betrifll,  so  unterschei-  Bnrgercoio- 
den  sich  die  sogenannten  Bürgercolonien  dei'  ersten  Periode  von 
den  Militärcolonien  der  letzten  nicht,  wie  man  aus  dem  Namen 
schliessen  möchte,  durch  die  Art  der  Golonisten^)  —  denn  einer- 
seits hatten  auch  die  alten  Colonien  rein  militjuische  Zwecke 
(s.  oben  S.  35)  und  dienten  gleichfalls  zur  Versorgung  ausge- 
dienter Soldaten  ^j ,   andererseits  sind  nicht   nur  die  Soldaten  der 

1)  Ueber  den  folgenden  Abschnitt  s  ausser  Sigonius  De  ant.  iure  Italiae 
2  c.  2—5.  Spanheini  Or6/.s  Romanus,  Halle  1728  p.  44 — 58.  Otto  De  AedUihus 
coloniarum  et  rnunicipiorum.  Zweite  Ausg.  Lips.  1732.  8.  Trekell  Antiqq,  select. 
Roman,  llagae  Com.  1744  p.  187  fl".  Heyne  De  Romanorum  pntdentia  in  coloniis 
reyendiH  in  Opu.ic.  acad.  HI  p.  79— !12.  Walter  Gesch.  d.  R.  R.  1  ^217—223. 
Rupert!  De  Coloniis  Rom.  in  Dissertutioni  della  Pontificia  Academia  Romana  di 
ArcheoLogia  Tom.  IX ,  Roma  1840.  4.  Schmidt  Das  Colonialwesen  der  Römer. 
Progr.  des  Potsdamer  Gymnas.  1847.  Rein  in  Paulys  Realenc.  unter  Colonia 
und  Municipium.  Dumont  Des  Colonien  Romaines  in  Annales  des  l'niversit^s  de 
Belyiiiue  Ann/,e  1843,  Bruxelles  1844.  8  S.  ö22-r)8r).  Die  erste  griindlichc  Un- 
tersuchung über  die  Hauptpuncte  dieses  Capitels  tlndet  sich  in  A.  W.  Zumpt 
Commentntinnes  epiyrapli.    18f>0,  4.     RudorfT  Feldmesser  2.  323  fl". 

2)  Man  nimmt  gewöhnlich  einen  dreifachen  l'nterschied  zwischen  den  alten 
Bürgercolonien  und  den  Militärcolonien  an.  den  man  1.  in  den  Colonisten,  2.  in 
den  die  (Kolonie  ausliihrenden  Behörden,  3.  in  dem  Ritus  der  (iründung  llndot. 
Trekell  p.  208  11.   Rein  in  l'aulys  RraU.iu.  li   S.  öll.    Dagegen  s.  Zumpt  S.  442  (f. 

3j  Schon  i'M  ^MMuiiterkriege  erhalten  consummati  militeH  eine  Aockorassigna- 


—     428     — 

Kaiserzeit  Bürger ') ,  sondern  es  sind  auch  die  Colonien  dieser 
Periode  zur  Versorgung  der  städtischen  Plebs,  wie  früher,  ange- 
wendet worden'^)  —  sie  unterscheiden  sich  (ci'iier  nicht  durch 
den  Ritus  dei'  Ausführung,  welcher  im  (lanzcn  unverändert  blieb, 
sondern  ausschliesslich  durch  die  Personen ,  durch  w^elche  die 
Deduction  verfügt  und  vollzogen  wurde.  Die  älteren  Colonien 
wurden  auf  Antrag  eines  Consuls^)  oder  Tribunen  *)  ,  und  auf 
Grund  eines  Senalusconsultum,  in  welchem  die  Zahl  der  Coloni- 
sten,  die  Landanweisung  und  die  Behörde,  welche  die  Anlage 
ausführen  sollte,  bestimmt  war,  durch  einen  Volksbeschluss'») 
[lex,  lex  colonica)^)  angeordnet,  und  die  Wahl  der  Conmiission, 
welcher  dieser  Auftrag  gegeben  wurde,  und  welche  gewöhnlich 
aus  drei  Personen  [triumviri  coloniae  deducendae  agroque  divi- 
dundo'') ,  triumviri  agrarii^)  j  curatores-^)]  ,  zuweilen  aus  fünf'<>), 
sieben  11),  zehn  12)  ^  zwanzig  1^)  Mitgliedern  bestand,  ebenfalls  vom 
Volke  in  Tributcomitien  n)  vorgenommen.  Die  Commission ,  aus 
angesehenen  Männern,    häufig   aus   Consulareni^) ,    zusammenge- 

tion.  Frontin.  Strateg^.  4,  3,  12.  Ebenso  nach  der  Beendigang  des  zweiten  pu- 
ni sehen  Ivrieges.  Liv.  31,  4.  49. 

1)  S.  den  Abschn.  über  das  Militärwesen  und  Zumpt  Comm.  epiyr.  p.  452  i. 

2)  So  fülirte  Augustus  in  die  Colonien  Epidamnus ,  Buthrotus ,  Corinthus 
und  Carthago  nicht  Soldaten,  sondern  togati  cives.  S.  Zumpt  a,  a.  0.  p.  362. 
374.  376.  380. 

3)  Liv.  8,  16;  9,  2ß.  28. 

4)  Liv.  32,  29;  34,  53:  tribunus  pl.  ex  SCto  tulit  ad  plebem,  u.  ö.  Zuwei- 
len wird  nur  das  Senatusconsult  erwähnt,  Liv.  6,  16,  9,  28;  37,  46;  43,  17. 
Vcllei.  1,  14,  woraus  nicht  zu  schliessen  ist,  dass  der  Antrag  an  das  Volk  un- 
terlassen worden  sei.    Rein  a.  a.  0.  S.  513.    Dumont  p.  571. 

5)  Trekell  p.  208  ff.  Dumont  p.  571  ff.  Beispiele  s.  bei  Liv.  32,  29;  34, 
53;  35,  40.   Cic.  Phil.  13,  15,  31. 

6)  Frontin.  in  Grom.  Vett.  ed,  L.  p.  24.  Leyes  ayrariae  haben  diese  Geaetzc 
wohl  erst  seit  den  Gracchen  geheissen,    S.  unten. 

7)  Liv.  6,  21;  8,  16;  34,  53;  triumviri  ad  coloniam  deducendam  creati ,  4, 
11;  5,  24;  vgl.  9,  28;   10,  21;  21,  25;  34,  45;  39,  55.  Jllviri  ayro  dando  3,  1. 

8)  Liv.  27,  21. 

9)  Paulus  Diac.  s.  v.  Cic,  de  l.  ayr.  2,  7,  17:  toties  leyibus  ayrariis  cura- 
tores  constituti  sunt,  triumviri,  quinqueviri,  decemviri. 

10)  Liv.  6,  21.    Grom.  Vett.  p.  .236  Lachm.  p.  239. 

11)  Cic.  Phil.  5,  7,  21;  5,  12,  33;  6,  5,  14. 

12)  So  in  der  lex  des  Rullus. 

13)  Dio  Cass  38,  1.  Suet.  Oct.  4.  Liber  Coloniar.  in  Gromat.  ed.  Lachm. 
p.  231,  20. 

14)  Cic.  de  l.  ayr.  2,  7,  17.  Wenn  es  heis^t,  der  Consul  (Liv.  3,  1  u.  ö.)  oder 
der  Prätor  (Liv.  10,  21 ;  34,  53  u.  ö.)  habe  sie  gewählt,  so  ist  das  nur  von  dem 
Vorsitze  bei  der  Wahl  und  der  Renuntiation  zu  verstehen. 

15)  Liv.  3,  1;   8,  16;   31,  49;  32,  2. 


—     429     — 

setzt,  empfiog  durch  eine  lex  curiata  das  imperium^)  für  die 
ganze  Dauer  des  Geschäftes,  auf  drei  oder  fünf  Jahre  2),  nament- 
lich das  Recht  zu  entscheiden,  was  als  ager  privatiis  anzuerken- 
nen oder  als  ager  publiciis  in  Anspruch  zu  nehmen  sei,  und  eine 
ornatio  an  Geld,  Kleidung,  Unterhalt,  Transportmitteln  ^)  und  Ge- 
folge, zu  welchem  letzteren  pullarü,  apparitores^  praecones,  scri- 
baej  lihrarii,  architecti  und  ßnüores  gehörten 4).  Die  Mitglieder 
der  Commission  blieben  auch  nach  Vollendung  der  Deduction  als 
patroni  der  Golonie  in  dauernder  Beziehung  zu  derselben'').  Die 
Militärcolonien  der  Kaiserzeit  sind  dagegen  ohne  Mitwirkung  des  Miutär- 
Volkes  durch  den  Imperator  auf  Grund  seines  Imperium  angeord- 
net ,  und  nicht  durch  eine  gewählte  Commission ,  sondern  durch 
einen  Legaten  des  Kaisers  ausgeführt,  so  dass  die  militärische 
Organisation  des  ganzen  Beamtenwesens,  welche  die  Monarchie 
mit  sich  brachte,  auch  in  diesem  Zweige  der  Verwaltung  erkenn- 
bar ist^).  Dieses  neue  Verfahren  bei  der  Assignation  der  Län- 
dereien ist  aber  ebenso  wenig  plötzlich  entstanden,  als  die  Monar- 
chie selbst;  Sulla,  der  als  Begründer  der  Militärcolonien  zu  be- 
trachten ist,  Hess  sich  die  Vollmacht  zur  Gründung  seiner  Colonien 
noch  durch  die  lex  Valeria  ausdrücklich  übertragen"),  und  scheint 
die  Ausführung  derselben  einer  Civilcommission  überlassen  zu 
haben  ^);  Cäsar  setzte  in  seinem  ersten  Consulate  (695  =  59)  seine 
lex  agraria  mit  Gewalt  durch  und  Hess  seine  Colonien  durch  XXriri 
deduciren '♦)  ;  erst  während  seiner  Diclatur  bediente  er  sich  zur 
Aeckerassignation  seiner  legali^  und  hierin  folgten  ihm  die  Triun»- 
virn  des  Jahres  711=43  und  später  die  Kaiser  ^<^). 

1)  Cir.  de  leg.  agr.  2,  11,  28.  lieber  die  potestaft  der  Commis8ion  s.  die 
lex  MnmiLia  in  Orom.  ed.  Lachm.  p.  26!'):  deque  ea  re  rurdtoris ,  qul  har  lege 
erit,   iurmlir.tio  reciperatorumque  datio  addictio  esto. 

2)  Auf  drei  Jahre,  Liv.  32,  29;  34,  53;  auf  fünf  Jahre,  Cir.  de  l.  ngr.  2, 
13,  32. 

3)  Plut.    Ti.  Gracch.  13.     C.  Gracch.  10. 

4)  Cic.  de  l.  agr.  2,  12,  31.  13,  32. 

5}  Cic.  pr.  Sulla  21,  60.    Orelli  Inscr.  n.  3772. 

6)  Kudorff  Feldmesser  2,  331. 

7)  Appian.  B.  ('.  1,  99.  Plut.  SuWi  33:  bhr^^iz^  V  a-jTO)  ea^Tojv  aScia 
Tcbv  y€yov«5tojv,  rpo;  hi  rh  \i.ik'Krj-^  d;o'j3ia  HavaTO'j,  oir){j.e6oe(u;,  x).Tjpo'jyifi»v  x.  t.  X. 

H)  Zumpt  Comm.  epigr.  p.  249,  der  auf  die  sullunisdie  Zeit  auoli  die  Stelle 
dcH  liber  colonifirum  p.  236  Larhm.  bezieht:  Praeneste  nppidum :  ager  eixis  o 
Vviri«  pro  parte  in  iugeribuM  tut  (iHHignatWf. 

\))  Cir.  ad  AU.  2,  6.  7;  9,  2'»  S  1.  Vellei.  2,  Ai).  Suet.  (trt.  4.  Qnintilian. 
Imt.  12,  1,  16.     Dio  Cass.  38,  1. 

10)  l  eher  ('äsar  r.  Zumpt  a.  a.  ().  p.  301,  ilber  die  Triumvirn  und  die  Kai- 
ser s.   Zuuipf  a.  a.  ().   p.  444.    Den  hier  angenommenen  Unterschied  befolgt  auch 


—     430     — 

Derselbe  »illmahliche  Uebergang  zeigt  sich  auch  in  den  VerHn- 
derungen,  welche  in  der  politischen  Bedeutung  der  Colonien  vor- 
gingen, und  durch  die  Erschütterung  aller  Besitz  Verhältnisse  die 
gefährlichsten  Krisen  in  dem  römischen  Staatsleben  veranlassten. 
"Wir  werden  diese  Veränderungen  nach  den  bezeichneten  Perio- 
den näher  zu  betrachten  haben. 

1.  Colonien  und  Aeckerassignationen  der  alten 
Colonien  und  R  e  p  u  b  1  i  k   bis  ZU  dcu  Gracchen.     Nach  römischem  Kriegs- 

Aeckeras-  ' 

signationen  ßebrauch  hörto  mit  der  vollständigen  Ueberwindung  eines  Volkes 

der  älteren   *^  '-■' 

Republik,  dcsscu  gauze  Existenz  auf^).  Die  Personen,  welche  der  Krieg 
deH)omS.  verschont  hatte,  wurden  als  Sclaven  verkauft  oder  getödtet ''^) , 
das  bewegliche  Eigenthum  der  Besiegten  als  Beute  fortgeführt 
und  das  Land  zu  der  Domaine  des  römischen  Staates  {dem  ager 
publicus)  gezogen^).  Selbst  die  Dedition  d.  h.  die  Uebergabe 
auf  Gnade  und  Ungnade  schützte  nicht  vor  so  harter  Behand- 
lung ^j.  Nur  im  Falle  einer  Gapitulation  auf  bestimmte  Bedin- 
gungen oder  durch  den  Abschluss  eines  Friedens  trat  ein  gün- 
stigeres Verhältniss  ein,  mit  welchem  jedoch  ebenfalls  in  der 
Regel  eine  Abtretung  von  Ländereien  verbunden  war^).  Von 
dem  durch  diese  Einziehungen  der  Domaine  zufallenden  Lande 
wurde  der  in  Cultur  befindliche  Theil  entweder  sogleich  zur 
Anlage  einer  Colonie  benutzt**),  oder  verkauft  (S.  oben  S.  35) 
oder    endlich    von    den    Censoren    gegen    einen    Grundzins    ver- 

Velleius  1,  14:  huic  loco  inserere  (statui) ,  quae  quoque  tempore  post  Romam  a 
Gallis  captam  deducta  sit  colonia  iussu  senatus,  Nam  müitarium  et  causae  et 
auctores  ex  ipsarum  praefulgent  nomine. 

1)  Dig.  41,  1,  5  ^  7:  item  quae  ex  hostibus  capiuntur ,  iure  gentium  statim 
capientium  fiunt.  lustit.  2,  1  §  7:  item  ea,  quae  ex  hostibus  capimus ,  iure  gen- 
tium statim  nostra  fiunt ,  adeo  quidem,  ut  et  Liberi  homines  in  servitutem  nostram 
deducantur.    Gaius  2  §  69. 

2)  Liv.  7,  19;  31,  27  u.  ö. 

3)  Dig.  49,  15,  20  §  1 :  publicatur  enim  ilLe  ager,  qui  ex  hostibus  captus  est. 
Die  Verhältnisse  des  ager  publicus  hat  zuerst  Niebuhr  R.  G.  2  S.  146  ins  Klare 
gebracht.  Ich  benutze  ausserdem  die  Untersuchungen  von  Huschke  Ueber  die 
Stelle  des  Varro  von  den  Liciniern,  Heidelberg  1835,  8,  und  Mommsen  C.  1.  L. 
1  p.  87  ff. 

4)  S.  iiber  Numantia  Appian.  de  reb.  Hisp.  95 — 98.  Vgl.  Liv.  7,  27;  37, 
32;  42,  8.  Vgl.  die  Deditionsformel  Liv.  1,  38:  rex  interrogavit :  —  deditisne 
vos  populumque  Conlatinum,  urbem  agros  aquam  terminos  delubra  utensilia  divin a 
humanaque  omnia  in  meam  populique  Romani  dicionem?  und  oben  S.  166. 

5}  Liv.  1,  15:  agri  parte  multati.  2,  25:  his  —  data  pax,  ager  ademtus. 
2,  41:  cum  Hernicis  foedus  ictum:  agri  partes  duae  ademtae.  Andere  Stellen 
s.  bei  Zeiss   Comm.  de  lege  Thoria,  Wimariae  1841  p.  5  not,  5. 

6)  Liv.  2,  31  :  Volscis  devictis  Veliternus  ager  ademtus:  Velitras  coloni  ab 
urbe  missi  et  colonia  deducta. 


—     431      — 

pachtet  1;.  Das  zur  Golonisation  bestimmte  Land  pflegte  in  drei 
Theile  zu  zerfallen,  von  welchen  einer  zur  gemeinsamen  Vieh- 
weide gegen  Erlegung  einer  Abgabe  2),  der  zweite  zur  Erhaltung 
der  Tempel,  des  Gottesdienstes  und  der  öffentlichen  Gebäude 
bestimmt  =^),  der  dritte  aber  in  alter  Zeit  in  Parzellen  von  zw^ei 
iugera  den  Colonisten  assignirt  wurde  ^).  Ueber  das  unbebaute 
Land,  welches  augenblicklich  weder  dem  Staate  noch  dem  Ein-  ^oasessw. 
zelnen  etwas  eintrug,  verfügte  man  zu  keinem  der  genannten 
Zwecke,  sondern  gestattete^)  vermittelst  einer  öffentlichen  Be- 
kanntmachung vorläufig  (£v  Toawos)   die  beliebige  Occupation  des- 

1)  Cic.  acc.  in  Verr.  2,  3,  6,  13:  perpaucae  SiciUue  civitates  sunt  hello  a  ma- 
ioribus  nostris  suhactae :  quarum  ager  cum  esset  publicus  populi  Romani  factus, 
tarnen  Ulis  est  redditus.  Is  ager  a  censoribus  locari  solet.  Siculus  Flaccus  p,  136 
Lachm.  :  postquam.  ergo  maiores  regiones  ex  hoste  captae  vacare  coepevunt ,  alios 
(igros  diviserunt  assignaverunt :  alü  Ha  remanserunt ,  tit  tarnen  populi  Romani 
essent;  ut  est  in  Ficeno  et  in  regione  Reatina,  in  quibus  regionibus  montes  Ro- 
mani appellantur.  Nam  sunt  populi  Romani,  quorum  vectigal  ad  aerarium  pertinet. 
.  2 j  Appiaii.  B.  C.  1,  7.  Frontin.  de  contr.  p.  15  L.  :  est  et  pascuorum  pro- 
prietas  pertinens  ad  fundos ,  sed  in  commune ,  propter  quod  ea  compascua  multis 
locis  in  Jtalia  communia  appellantur.  p.  48:  relicta  sunt  et  multa  loca ,  quae 
reteranis  data  non  sunt.  Haec  variis  appellationibus  per  regiones  nominantur :  in 
.Etruria  communalia  vocantur ,  quibusdam  provinciis  pro  indiviso.  Niebuhr  2 
,S.  179.    Rudorff  Feldm.  2,  395. 

3)  Aggenus  L'rbic.  p.  18  Lachm.  p.  20.  21.  23.  80.  Frontiii.  de  contr.  agr. 
p.  49.  54:  est  alia  inscriptio,  quae  diversa  significatione  videtur  esse,  in  quo  loco 
inscribitur  SILVA  ET  PASC  VA  aut  FVNDVS  SEPTICIANVS  COLOMAE 
AVGVSTAE  CONCORDIAE.  haec  inscriptio  videtur  ad  personam  coloniae  ipsius 
pertinere.  neque  ullo  modo  abalienari  posse  a  republica.  Item  ai  quid  in  tutelam 
aut  templorurn  publicorum  aut  halneorum  adiungitur.  p.  55.  Siculus  Fl.  p.  157. 
KudorJT  Feldra.  2,  262. 

4)  Varro  de  R.  R.  1,  10:  bina  iugera,  quae  a  Romulo  primum  divisa  dice- 
bantur  viritim :  quae ,  quod  heredem  sequerentur ,  heredium  appellarunt.  Paulus 
Diac.  p.  53  Müll. :  centuriatu^  ager  in  ducena  iugera  deßnitus,  quia  Romulus  cen- 
tenis  civibus  ducena  iugera  tribuit.  Plin.  A'.  H.  18,  7:  Bina  tunc  iugera  populo 
Romano  satis  erant.  Siculus  Flaccus  p.  153  L. :  antiqui  agrum  ex  liosle  captum 
victori  populo  per  bina  iugera  purtiti  sunt.  Centenis  hominibus  ducenlena  iugera 
dederunt.  Hygin.  de  limit.  p.  110.  Bei  Liv.  6,  36  fragen  die  Tribunen  Sextius 
und  Licinius  die  Patricier,  auderentne  postulare,  ut,  quam  bina  iugera  agri  plebi 
dividerentur ,  ipsis  plus  quingenta  iugera  habere  liceret?  Bei  Liv.  Ö,  21  werden 
in  der  Colonie  Anxur  bina  iugera  agri  assignirt.    luvenal.  14,  161  : 

Mox  etiam  fractis  aetate  ac  Funica  passis 

Froelia  vel  Fyrrhum  immanem  gladiosque  Molossos 

Tandem  pro  multis  vix  iugera  bina  dabantur 

Vulneribus. 
S.  Niebuhr  2  S.  54.  löl.    llu.schke  l  eher  eine  Stelle  des  Varro  S.  52.     Später 
ftind    viel  grössere  Landloose  (aortea)  von  8,   10,  20,  30,  50   iugera  angewiesen 
worden,    kudorff  Feldm.  2,  362  fl*.    .Mommsen  C.  I.  L.  I,  97. 

ö)  In  dem  Gesetze  «ies  liullus  werden  vom  angewiesenen  Kigenthum  die 
AuHdrüoke  publice  data ,  usaiynata  gebraucht ;  von  den  Possessionen  concessn. 
Cic.  de  l.  agr.  3,  2,  7.  üeber  die  fundi  conceaai  der  späteren  Zeit  s.  Hygin.  de 
lim.  const.  p.  197  L.    KudorfT  Feldm.  2,  387. 


—     432     — 

selben  gegen  die  Abgabe  von  einem  Zehnten  der  Ernte  und 
einem  Fünften  der  Baumfrüchte  unter  der  Bedingung,  dass  der 
Staat  sich  die  Einziehung  dieser  Liindereien  zu  jeder  Zeit  vor- 
l)ehielt^).  Die  mit  Erlaubniss  der  Begierung  occupirten  Aecker 
(agri  occupatorii)'^^)  können  daher  niemals,  wie  dies  sonst  nach 
römischem  Bechte  möglich  ist,  durch  usucapio  zum  Eigenthum 
werden-^);    für   sie   ist   der   technische   Name  possessio  (Besitz)^), 

1)  Appian.  B.  C.  1,  7:  'Ptt)|j.aioi  ty]v  'IraXiav  r,oKiix(\)  -/.axd  [xspirj  yetpou- 
{xevoi,  Y'^C  fAspo;  dXdfJ-ßavov,  7.7.I  TtoXet;  dvujv.iCov  rj  s;  xa?  Tiporepov  o'joai  xXr,- 
pouyoui;  aTTo  atfvi-^i  xaxeXeYOv  •  y.ai  xdoe  {xsv  d-^rl  cppoupiojv  dTievoouv.  tyjc  0£  •y'')? 
TTJs  ooprAr/jxo'j  ocpiotv  £'/,d(3xoxe  y'Y'^'^I^^^'^*^  '^'^'^  H"-^^  d^£ipYa<J[j.£VY]v  auxixa  xoT? 
o{7.tsO[X£vot(;  £7rtoiT]'pouv ,  ifj  Irizpao^ov ,  r^  ^^£[xiat}o'jv  •  xtjv  o£  dpYov  iv.  xoO  7:0- 
X^txo'j  xoxe  ouaav  ,  yj  otj  -/ocl  [jidXiaxa  dTTX7]^'j£v ,  o'jx  &(ovxiz,  tcw  oyoX-^jv  ota- 
Xay£Tv ,  ETiEXTjpuxxov  dv  xoowoe  xoT?  dft£Xouctv  dxTiovelv ,  dzl  x^/vei  xwv  ^xTjoituv 
y.apTCwv,  0£%dx7]  [X£v  xöüv  07:eipo[j.^v(qv ,  7:£|j.7:xyj  0£  xtöv  cpuxeuo|Ji£V(ov.  cuptoxo  0£ 
-/ai  X0T5  TcpoßocxEuo'jctt  xsXyj  {j.£iC6vojv  x£  7.ai  dXaxxovojv  Cwwv.  Der  Zehnte,  von 
welchem  Appian  redet,  ist  ausschliesslich  auf  die  possessiones  zu  beziehen.  Die 
Stelle  des  Plutarch.  Ti.  (fraccJi.  8  :  'PuiiJ-aiot  x^c  xcov  dot\)^zi-z6soiv  yajpoc?  oor^v 
d7r£X£[j.ovx6  7roX£|jL(ij ,  xt]V  [j.£v  ^TriTrpaoxov ,  xr,v  ol  rotou{j.£vot  OYjtxooiav  IBioooav 
v^{j.£oi}at  xoT?  dxxrj|i.oai  xal  dzopot;  xcöv  tioXixwv  ,  aTiocpopdv  ou  ttoXXyjv  eh;  x6 
ÖYjfAoatov  xeXoOgiv.  'Ap^ajA^Noav  o£  xwv  TcXouottov  UTtEpßdXXstv  xd?  dTiöcpopd?  rai 
xo'jc  TTEVTjxa?  ^^EXauvövxojv ,  ^YPO'?'^  '^o[j.o;,  o-jv.  dwv  TiX£i^pa  Y'^C  ^yetv  rXetovot 
7:£vxa"/.oaiajv  scheint  am  einfachsten  auf  die  verpachteten  Staatsländereieii  zu 
beziehen,  obwohl  sie  sehr  verschieden  gedeutet  wird.  S.  Niebuhr  a.  a.  0.  S.  150 
— 160  und  dagegen  Huschke  lieber  eine  Stelle  des  Varro  von  den  Liciniern. 
Heidelb.  1835.  8  S.  8. 

2)  Siculus  Flaccus  in  Grom.  Vett.  ed.  Lachm.  p.  138:  occupatorii  autem  di- 
cuntur  agri  ^  quos  quidam  arcifinales  vocant  —  quibus  agris  victor  populus  occu- 
pando  nomen  dedit.  Bellis  enim  gestis  victores  populi  terras  omnes ,  ex  quibun 
victos  eiecerunt,  publicavere,  atque  universaliter  terrüorium  dixerunt,  intra  quos  fines 
ius  dicendi  esset.  Deinde  ut  quisque  virtute  colendi  quid  occupavit,  arcendo  vicirmm 
arcifinalem  dixit.  Horum  ergo  agrorum  nullum  est  aes,  nulla  forma,  quae  publicae 
fidei  possessoribus  testimonium  reddat ;  quoniam  non  ex  mensuris  actis  unusquisque 
modum  accepit,  sed  quod  aut  excoluit  aut  in  spem  colendi  occupavit.  Frontin.  de 
agr.  quäl.  p.  5  ibid.:  ager  est  arcifinius,  qui  nulla  mensura  contirhetur.  Finitur 
secundum  antiquam  observationem,  fluminibus,  fossis,  montibus  —  et  si  qua  loca 
a  vetere  possessore  potuerunt  optineri.  Ueber  den  Unterschied  der  agri  occupatorii 
nnd  arcifinales  s.   Rudorff,  Feldm.  2,  311. 

3)  Frontin.  de  contr.  agr.  p.  50.  Agennius  p.  82:  iuris  periti  —  negant. 
illud  solum ,  quod  solum  populi  Bomani  coepit  esse ,  ullo  modo  usu  capi  a  quo- 
quam  mortalium  posse.  Et  est  verissimum,  und  die  Hauptstelle  Cic.  de  l. 
agr.   3,   3. 

4)  Festus  s.  v.  p.  233  M. :  possessio  est,  ut  definit  Gallius  Aelius,  usus 
quidam  agri  aut  aedifici,  non  ipse  fundus  aut  ager.  p,  241 :  possessiones  appellantur 
agri  late  patentes ,  publici  privatique .  qui  non  mancipatione,  sed  usu  tenebantur, 
et  ut  quisque  occupaverat,  possidebat.  Isidor.  Origg.  15,  13,  3:  possessiones  sunt 
agri  late  patentes  publici  privatique,  quos  initio  non  mancipatione,  sed  quisque  ut 
potuit,  occupavit  atque  possedit,  unde  et  nuncupati.  Ia.\oleuus  Digest.  50,16,115: 
possessio  ab  agro  iuris  proprietate  distal.  Quicquid  enim,  apprehendimus ,  cuius 
proprietas  ad  nos  non  pertinet  aut  nee  polest  pertinere,  hoc  possessionem  appella- 
mus.  Possessio  ergo  usus,  ager  proprietas  loci  est.  Liv.  2,  41 :  agri  aliquantum, 
quem  publicum  possideri  a  privatis  criminabatur.  2,  61 :  possessores  publici  agri. 
3,  1 ;  4,  36.  51 :  desiderium  agrariae  legis,  quae  poesesso  per  iniuriam  agro  publico 


—     433     — 

während  die  assignirten  Aecker  Eigenthum  (hei^edium)  des  Colo- 
nisten  werden  ^) .  Die  Occupation  wurde  anfangs  ausschliesslich 
von  Patriciern  ausgeübt 2),  nicht  sowohl  aus  einem  rechtlichen 
Grunde'^),  als  weil  die  Urbarmachung  des  Landes  einen  Auf- 
wand von  Inventarium  und  Menschenkräften  erforderte,  über 
weichen  die  Patricier  allein  verfügten,  indem  sie  in  alter  Zeit 
ihre  dienten  auf  den  Possessionen  ansiedelten  4) .  Die  Folge  da- 
von war,  dass,  seitdem  die  Patricier,  welche  die  Gewalt  in 
Händen  hatten,  sich  der  gesetzmässigen  Abgabe  entzogen^), 
dem  Staate  eine  wesentliche  Einnahme  verloren  ging,  während 
die  ärmeren  Plebejer  für  alle  Zeit  die  Hoffnung  auf  Theilnahme 
an  den  durch  ihre  Mitwirkung  dem  Staate  erworbenen  Lände- 
reien um  so  mehr  aufgeben  mussten,  als  die  Possessionen  zwar 
ohne  die  Formen  des  strengen  Rechtes,  aber  doch  nach  einem 
sich  allmählich  bildenden  Gewohnheitsrechte,  welches  der  Prätor  in 
den  possessorischen  Interdicten  in  Schutz  nahm^),    durch  Verer- 

patres  pellebat.  53:  si  iniusti  domini  possessione  ngri  puhlici  cederent.  6,  5.  14. 
epit.  58.  Florus  2,  1  (3,  13).  Cic.  de  off.  2,  22,  78.  Digest.  21,  2,  11.  Ueber  den 
Begriff  der  possessio  handelt  ausführlich  Huschke  Ueber  die  Stelle  des  Varro  von 
den  Liciniern  S.  75  ff. 

1)  S.  Seite  432  Anm.  4.  Dieser  als  Eigenthum  angehörige  Acker  heisst  im 
Gegensatz  zur  possessio  ager  oder  ager  privatus. 

2)  Llv.  2,  41 ;  4,  48.  51;  6,  14.  Dionys.  8,  70.  73.  74;  10,  32.  37. 

3)  Nach  Niebuhr  und  Walter  erhielten  die  Plebejer  erst  durch  die  lex  Li- 
cinia  Antheil  an  den  possessiones ,  wogegen  Huschke  a.  a.  0.  S.  13,  da  es  an 
jedem  Beweise  für  diese  Ansicht  fehlt ,  sich  mit  Recht  erklärt.  Vgl.  denselben 
S.  74  ff.  Allerdings  nahmen  die  Patricier  ein  Recht  an  den  Possessionen  in  An- 
spruch,  wie  namentlich  hervorgeht  aus  Nonius  s.  v.  plebitas :  —  quicunque 
propter  plebitatem  agro  publica  eiecti  sunt,  und  aus  Liv.  4,  48 :  cum  rogationem 
promulgnssent  (tribuni),  ut  ager  ex  hosiibus  raptus  viriti  mdivideretur,  ir>agnaeque 
partis  nobilium  eo  plebiscito  publicarentur  fortunae  {nee  enini  ferme  quicquam  agri, 
ut  in  urbe  alieno  solo  posita ,  non  armis  partum  erat.,  nee  quod  venisset  assigna- 
tumve  publice  esset  praeterquam  plebs  habebat),  atrox  plebi  patribusque  propositum 
videbatu/r  certamen.  Allein  die  Plebejer  gestanden  ihnen  dies  Recht  nicht  zu,  sie 
verlangten,  dass  die  iniusti  domini  possessione  agri  publici  cederent  (Liv.  4,  53,  6) 
und  klagten,  nobiles  homines  in  possessionem  agri  publici  grassari,   Liv,  6,  5. 

A)  Hierauf  bezieht  Niebuhr  S.  167  die  Stelle  des  Festus  p.  246  Müll.:  \patfe$ 
dicti  sunt  quia\  agronim  partes  ad\tribuerant  tenuioribus\  perinde  ac  liberis. 

5j  Liv.  4,  36.  Dionys.  8,  74.  Später  aber  ist  jeder  ager  publicum  wieder 
vectiyalis.  Als  der  Staat  die  im  zweiten  punisrhen  Kriege  gemachte  Anleihe  in 
Land  zurückzahlt,  heisat  es  Liv.  31,  13:  consuUs  agros  aestimaturos  et  in 
iugera  asses  vectigales ,  testandi  causa  publicum  agrum  esse ,  imposituros ;  ut,  si 
quis,  quum  solvere  posset  populus ,  pecuniam  habere ,  r/wam  agrum ,  maltet ,  resti- 
tueret  agrum  populo. 

6)  Aeliiis  (ralliiH  bei  Festus  p.  233  Müll.  :   itaijue  in  legitimis  actionibua  nemo 

ex  iure  Qairitium  ponaessifjnem  suam  vocare  audet ,    sed  ad  interdictum   venit ,    ut 

praetor  his  verbin    utatnr  :    uti  nunc  poasidetis  eum  fundum ,   quo  de  ayitur  ,   quod 

nee  vi  nee  dam  ner  precario  alter  ab  altern  posnidetis ,    \uti\    ita   possideatis;    ad- 

Rönj.  Alterth.  IV.  «28 


—     434     — 

hung,    Schenkung,    Verkauf  oder  Verschuldung   in  andere  Hände 

übergingen,    und   somit  für  den  augenblicklichen  Besitzer,    wenn 

sie    eingezogen    wurden ,     einen    harten    Verlust    veranlassten  ^) . 

Nichtsdestoweniger  blieb  das  Recht  des  Staates    die  Possessionen 

entweder   zum   Besten   des  Aerars    zu    verkaufen  2),     oder   durch 

Assignation  in  Privateigenthum  zu  verwandeln,  unbestritten.    Was 

aber  den  letzten  Fall  betrifft,   so  ist  in  der  Periode  vor  den  Grac- 

de"*viritani?  ^^''^"   zwischcu   einer   Colonieausführung  und   einer   Ackeranvvei- 

'»aüon  und"  ^^"8  ciu  Wesentlicher  Unterschied  nicht  zwar  der  Form  nach  — 

ausSrung"  ^^"^   auch   die   assignaUo   agrorum   geschah   in   Folge    einer    lex 

durch  Illvirij   Vviri,  Xviri  agris  clandis  assignandis'^)^   wohl  aber 

dem  Wesen  nach.     Die  Colonien,   in  eben  erobertes  Land  geführt, 

um    zum    militärischen    Schutze   desselben    zu    dienen,    erfüllten 

einen  politischen  Zweck,    ohne  den  Besitz  der  possessores  zu   er- 

versus  ea  vim  fieri  veto.  Niebuhr  2  S.  168  f.  Huschke  S.  93  if.  Frontin.  de  contr. 
p.  16  L.  :  de  possessione  controversia  est,  de  qua  ad  interdictum  [hoc  est  iure  or- 
dinario]  litigatur.    cf,  p.  44.   49, 

1)  Wir  kennen  diese  Verhältnisse,  welche  übrigens  unverändert  blieben,  nur 
aus  späterer  Zeit.  Bei  Appian  B.  C.  1,  10  führen  die  possessores  an,  was  sie  an 
die  Ländereien  gewendet  haben :  rcpoucpepov  toi?  TievTQCtv  dp^^aia  Te  IpY«  sauTtüv 
xat  cpuxd  7,a\  oixooofxla?  •  %a\  xtpLYjv  evtot  0£00jj,£vy]v  -^eiroaiv  —  -/.ai  Siatpsaeic 
^7rt  Tot;  xX-rjpoi?  tu?  Traxpiuoi?  *  oi  8s  xal  Tipoixa?  •^u^^ai'/.öi'^  Ic,  raOta  dvY,XtüiJLS- 
va?  *  oaveicjxat  xe  /p^a  xal  xauxYj?  STreSeixvuov.  Florus  2,  1  (3,  13):  relictas  sibi 
a  maioribus  sedes  aetate,  quasi  hereditario  iure,  possidebant.  Cic.  de  off.  2,  22,  79 : 
quam  autem  habet  aequitatem ,  ut  agrum ,  multis  annis  aut  etiam  seculis  posses- 
sum,  qui  nullum  habuit ,  habeat ,  qui  autem  habuit,  amittat?  23,  83:  quid  ita? 
ut,  quum  ego  emerim,  aedificarim,  tuear ,  impendam ,  tu  me  invito  fruare  meo? 
de  l.  agr.  2,  21,  57:  qui  agrum  Recentoricum  possident ,  vetustate  possessionis 
3€ ,  non  iure ,  misericordia  senatus ,  non  agri  conditione  defendunt.  Nam  illum 
agrum  publicum  esse  fatentur :  se  moveri  possessionibus,  amicissimis  sedibus  ac  diis 
penatibus,  negant  operiere. 

2)  Vom  J.  205  sagt  Liv.  28,  46:  et  quia  pecunia  ad  bellum  deerat,  agri 
Campani  regionem ,  a  fossa  Graeca  ad  mare  versam ,  vendere  quaestores  iussi. 
Orosius  5,  18 :  eodem  anno  loca  publica ,  quae  in  circuitu  Capitolii  pontipcibus, 
auguribus,  decemviris  et  flaminibus  in  possessionem  tradita  erant ,  cogente  inopia 
vendita  sunt.  Cic.  de  l.  agr.  2,  14,  36 :  loca  publica  urbis,  —  sacella  —  mons 
Gaurus,  —  salicta  ad  Mintumas  — •  permulta  alia ,  quae  senatus  propter  angu- 
stias  aerarii  vendenda  censuit,  consules  propter  invidiam  non  vendiderunt.  Liv. 
31,  13,  5.  Als  im  J.  554  =  200  der  dritte  Termin  der  Anleihe  aus  dem  hanni- 
balischen  Kriege  abgetragen  werden  sollte  und  es  an  Geld  fehlte ,  beschloss  der 
Senat,  ut ,  quoniam  magna  pars  eorum  (der  Gläubiger)  agros  vulgo  venales  esse 
diceret  et  sibimet  emptis  opus  esse,  agri  publici,  qui  intra  quinquagesimum  lapidem 
esset,  copia  iis  fieret;  consules  agrum  aestimaturos  et  in  iugera  asses  vectigal, 
testandi  causa,  publicum,  agrum  esse,  imposituros ,  ut,  si  quis,  quum  solvere  posset 
populus,  pecuniam  habere  quam  agrum  mallet ,  restitueret  agrum  populo.  Diese 
Aecker  in  der  nächsten  Nähe  Roms  mussten-,  wie  Niebuhr  2,  164  bemerkt,  alle 
im  Besitz  römischer  Bürger  sein.  Aus  der  Kaiserzeit  finden  sich  Beispiele  solcher 
Einziehungen  bei  Agennius  Urbicus  p.  81  Lachm.   Paulus  Digest.  21,  2,  11. 

3)  Cic.  de  leg.  agr.  2,  7,  17;  2,  12,  31.    Liv.  3,  1,  6  u.  ö. 


—     435     — 

schüttern;  sie  bestanden  in  ältester  Zeit,  d.  h.  vor  Servius  Tul- 
lius,  ausschliesslich  aus  Patriciern,  später  aus  Bürgern  der  Cen- 
susclassen,  welche  als  solche  dienstfähig,  und  zugleich  bemittelt 
genug  waren,  um  die  Kosten  der  Einrichtung  in  ihrem  neuen 
Wohnsitze  zu  tragen  i);  die  Aeckerassignationen  dagegen  waren 
eine  reine  largüio,  deren  Ursprung  schon  der  ältesten  Königszeit 
angehört.  Damals  nämlich  wurde  das  eroberte  Land  viritim 
unter  sämmtliche  Bürger  vertheilt  und  aus  dieser  Vertheilung 
war  das  Grundeigenthum  der  patricischen  Familien  entstanden  2). 
Denselben  Anspruch  auf  Anweisung  des  eroberten  Landes  erho- 
ben später  die  Plebejer,  und  ihr  Anspruch  wurde  zuerst  durch 
die  lex  agraria  des  Sp.  Cassius  268  =  486  3),  sodann,  um  nur 
einige  der  späteren  Fälle  anzuführen*),  durch  die  lex  der  Tri- 
bunen Sp.  Maecilius  und  M.  Motilius  von  338  =  416,  ut  ager  ex 
hostibus  captus  viritim  divideretur  ^)  j  ferner  nach  der  Eroberung 
von  Veii  361=393«),  nach  der  Vertreibung  des  Pyrrhus  aus 
Italien  480  =  274  7),  im  Jahre  522  =  232  durch  die  lex  Flami- 
nia  agraria^] j  zuletzt  durch  die  lex  Sempronia  durchgesetzt. 
Den  heftigsten  Widerstand  leisteten  ihm  indessen  die  possessores^ 
deren  ganzen  Besitzstand  er  gefährdete  9) ,  und  den  Patriciern, 
wie  später  der  Nobilität  galt  jede  lex  agraria  als  eine  revolu- 
tionäre Maassregel,  der  mit  allen  Mitteln  entgegenzutreten  ihnen 
die  Selbsterhaltung  zur  Pflicht  machte  i^).  Während  der  Plebs 
eine  Assignation  in  der  Nähe  Roms  viel  erwünschter  war^i),  als 

1)  Vgl.  Dumont  p.  547. 

2)  Cic.  de  rep.  2,  14,  26 :  (Numa)  agroa,  quos  hello  Romulus  ceperat,  divi- 
$it  viritim  civibua.  A^arro  de  R.  R.  1,  10  und  bei  Nonius  p.  43.  Schwegler  Rom. 
Gesch.  2  S.  456  Anm.  1. 

3)  Liv.  2,  41.    Dionys.  8,  72.  73.     Er  beantragte,   ty]v  ÖYjfxooiav   y^jv  t^^t' 

4)  Vollständig  findet  man  dieselben  behandelt  bei  Mommsen  C.  I.  L.  1  p.  88. 

5)  Liv.  4,  48. 

6)  Liv.  5,  30,  8. 

7)  Columella  1  pr.   14.    Schwegler. 

8J  Cic.  Brut.   14,  57.    Cato  mai.  4,   11.    Val.  Max.  5,  4,  5. 

9)  Cic.  de  U(j.  agr.  2,  26,  68:  qwum  erat  a  tribuno  plebis  mentio  legis 
agrariue  facta  ,  continuo ,  qui  agros  publicos  aut  qui  possessiones  invidiosas  tene- 
bant,  pertimencebant.  Liv,  4,  48:  cum  rogationem  promulgassent ,  ut  ager  ex  ho- 
stibus captus  viritim  divideretur ,  magruieque  partis  riobilium  eo  ptebiscito  publica- 
rentur  foriunae  —  nee  enim  ferme  quicquam  agri  ut  in  urbe  alieno  solo  posita 
non  annis  partum  erat,  nee  quod  venisset  adsigruitumve  publice  esset  praeterquam 
plebs  habebat  —  atrox  plehi  patribusque  propositum  videbatur  certamen, 

10)  Liv.  2,  41  :  tum  primum  lex  agraria  promulgaia  est,   nunquam  deinde  ad 
hanc  memoriam  sine  maximis  motibus  rerum  agitata. 

11)  Liv.  3,  1 ;  5,  24. 

2ö* 


—     436     — 

die  Ansiedelung  in  einer  fernen  und  den  beständigen  Angriffen 
der  kaum  beruhigten  Umwohner  ausgesetzten  Colonie,  so  pflegte 
der  Senat  den  dringenden  Forderungen  der  Menge  gegenüber  die 
Gründung  einer  Colonie  als  das  einzige  Mittel  in  Anwendung  zu 
bringen,  um  den  Besitzstand  der  possessores  zu  retten  ^j.  Das 
Fortdauer  bekannte  Gesetz  des  C.  Licinius  (377  =  377)  de   modo   aqrorum, 

der  posses-  '  '  a  ' 

siones.  ne  quis  plus  quingenta  iugera  possideref^)  wurde  von  Anfang  an 
durch  simulirte  Schenkungen  oder  durch  fiducia  cum  amico  con- 
tracf.a  umgangen  ^j,  und  es  erhielten  sich  nicht  nur  die  Posses- 
sionen bis  zu  den  Gracchen,  sondern  sie  vergrösserten  sich  durch 
immer  erneute  Occupation  *),  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass 
statt  der  Patricier  und  dienten  die  Reichen  aus  Rom  und  den 
Municipien^)  mit  ihren  zahlreichen  Sclaven  dieselben  bewirth- 
schafteten.  Dazu  kam,  dass  die  bäuerlichen  Eigenthümer,  durch 
anhaltenden  Kriegsdienst  von  ihren  Höfen  entfernt,    und  die  Be- 

1)  Liv.  2,  48;  3,  1:  Antium  —  coloniam  deduci  posse:  ita  sine  querelis 
possessorum  plebem  in  agros  ituram,  civitatem  in  concordia  fore.  4,  51;  5,  24. 
Dass  man  in  Colonien  ungern  ging,  ist  oben  S.  35  Anm.  7  nachgewiesen  worden. 

2)  Liv.  6,  35.  Varro  de  re  rust.  1,  2  §  9;  Niebuhr  und  Walter  bezie- 
hen dies  Gesetz  auf  die  possessiones  ausschliesslich.  Huschke  Ueber  eine  Stelle 
des  Varro  S.  4  ff.  ,,auf  allen  Grundbesitz,  mochte  er  Eigenthum  oder  blos- 
ser Besitz  sein ,  wobei  aber  allerdings  den  bestehenden  Verhältnissen  gemäss 
sein  (des  Licinius)  Hauptaugenmerk  auf  die  patricischen  possessiones  gerichtet 
war."  Die  Ansicht  von  Puchta  Instit.  1  §  57,  dass  die  lex  Licinia  sich  nur  auf 
Privateigenthum,  nicht  auf  Possessionen  bezogen  habe,  ist  unhaltbar,  nicht  nur 
wegen  des  Ausdrucks  possidere ,  den  Liv.  6,  35;  7,  16;  10,  13.  Plin.  N,  H. 
18  §  17  von  diesen  Aeckern  brauchen,  —  denn  dieser  kommt,  wie  Huschke  be- 
merkt, auch  von  Privateigenthum  vor  —  sondern  weil  Liv.  6,  37  von  agris  oc- 
cupatis,  c.  39  von  iniustis  possessoribus  redet ,  Plinius  gradezu  agri  arcifinales 
(s.  S.  432  Anm.  2).  bezeichnet  (nee  e  latifundiis  singulorum  contingebat  arcentium 
virinos  quippe  etiam  lege  Stolonis  Licinii  incluso  modo  quingentorum  iugerum), 
und  die  Hauptstelle  Appian.  B.  C.  1,  8  f.  ihrem  Zusammenhange  nach  ganz 
gegen  diese  Erklärung  spricht.  Das  Material  über  diese  Frage  findet  man  bei 
Huschke, 

3)  Appian.  B.  C.  1,  8:  t'?]v  -(yp  ii  tcj?  ofxeioo?  iTzl  oTToxpioei  BtlvefAOv. 
Licinius  selbst  war  schon  nach  seinem  eigenen  Gesetze  verurtheilt  worden,  quod 
mille  iugerum  agri  cum  filio  possideret,  emancipandoque  filium  fraudem  legi  fecis- 
set,  Liv.   7,   16. 

4)  Ager  publicus  gab  es  in  ganz  Italien,  in  Samnium  und  Apulien  (Liv.  31, 
4;  4Ü,  38);  intra  quinquagesimum  lapidem  (Liv.  31,  13);  in  Campanien :  Liv. 
42,  1:  senatui  placuit  ,  L.  Postumium  consulem  ad  agrum  publicum  a  privato 
terminandum  in  Campaniam  ire ,  euius  ingentem  modum  possidere  privates ,  pau- 
latim  proferendo  fines ,  constabat.  Dieser  ager  publicus  wurde  darauf  von  den 
Censoren  verpachtet,  c.  19.  Die  Ocoupation  auf  ager  publicus  dauerte  noch  unter 
den  Kaisern  fort.  Frontin.  de  contr.  agr.  p.  56  L.  :  in  Italia  auiem  densitas 
possessorum  multum  improhe  facit  et  lucos  sacros  occupat,  quorum  solum  indubi- 
tate  populi  Rom.ani  est,  etiamsi  in  finibus  coloniarum  aut  municipiorum.  Vgl. 
p.  55.  57.    Hygin.  d.  gen.  c.  p.   133. 

5)  Appian.  B.  C.  1,  36. 


—     437     — 

Stellung  ihres  Landes  zu  vernachlässigen  gezwungen,  durch  die 
Erhaltung  ihrer  Familie  und  die  auf  ihnen  lastenden  Abgaben 
erdrückt,  verschuldeten,  und  von  Haus  und  Hof  kamen i],  in 
w^elchem  Falle  die  benachbarten  grossen  Besitzer  diese  Höfe  zu- 
sammenkauften 2).     Es  kam  sogar  vor,    dass  dieselben  in  Abwe- ?°*f*®!l""8 

'  "  '  der  latijun- 

senheit  der  Bauern  mit  List  oder  Gewalt  die  Bauerhöfe  an  sich  ^''^• 
rissen,  wogegen  dann  allerdings  eine  Klage  möglich  war  3).  Die 
Entstehung  ausgedehnter  Gtitercomplexe  [latifundia]  vernichtete 
nicht  nur  das  Princip  des  römischen  Landbaus*),  auf  welchem 
der  allgemeine  Wohlstand  des  Volkes  und  die  unerschöpflichen 
Mittel  des  alten  Italien  gegründet  waren  ^) ,  sondern  vor  allem 
bewirkte  den  Ruin  des  Bauerstandes  die  Bewirthschaftung  durch 
Sclaven,  deren  man  sich  bediente,  weil  sie  vom  Kriegsdienst  frei 

1)  Appian.  B.  C.  1,  7—9.  Plut.  Ti.  Gracch.  8.  9.  Florus  2,  1  (3,  13).  Liv. 
ep.  58. 

2)  Der  technische  Ausdruck  ist  continuare  agros.  Cic.  de  l.  agr.  3,  4,  14. 
Fiontin.  de  contr.  agr.  p.  44  L.  * 

3)  Appian.  1,  7,  und  über  die  auch  später  fortdauernden  Uebelstände  die 
von  Huschke  S.  76  angeführten  Stellen.  Sali.  lug.  41:  interea  parentes  aut  parvi 
liberi  militum,  ut  quisque  potentiori  confinis  erat,  sedibus  pellebantur.  Hist.  fragm. 
41,  25  Dietsch :  —  nisi  maneat  expulsa  agris  plebes.  Quintil.  Declam.  13:  nee 
ab  initio,  iudices,  vicinus  divitis  fui,  pares  circa  me  habitavere  domini  et  frequen- 
tibus  villis  Concors  vicinia  parvos  limites  coluit.  Quod  cives  pascebat,  nunc  divitis 
unius  hortus  est.  Postquam  proximos  quosque  repeilendo  terminos  ager  locupletis 
latius  inundavit :  aequatae  solo  villae  et  excisa  patria  sacra  et  cum  eoniugibus 
parvisque  liberis  respectantes  patrium  Larem  migraverunt  veteres  coloni ,  et  latae 
solitudinis  indiscreta  unitas  facta  est.  Seneca  ep.  90:  licet  agros  agris  adiiciat, 
vicinum  vel  pretio  pellat  aeris  vel  iniuria,  licet  in  provinciarum  spatium  rura  di- 
latet.  Vgl.  Lucan.  1,  167  ff.  Seneca  de  benef.  7,  10.  Horat.  O.  2,  18,  24.  Hie- 
durch  erklärt  sich,  wie  in  den  S.  432  A.  4  angeführten  Definitionen  der  possessio- 
nes  agri  privati  erwähnt  und  in  dem  prätorischen  Interdict  (  S.  433  A.  6)  nur 
diejenigen  possessiones  in  Schutz  genommen  werden,  welche  nee  vi  nee  clam  nee 
precario  besessen  werden. 

4)  Plin.  .V.  //.  18,  35 :  modum  agri  inprimis  servandum  antiqui  putavere  ; 
quippe  ita  censebant,  satius  esse  minus  serere  et  melius  arare,  qua  in  sententia  et 
Virgilium  fuisse  video.  Verumque  confitentibus  latifundia  perdidere  Jtaliam.  Co- 
lumella  d«  ß.  B.  1,  3  §  8.  9:  nos  ad  cetera  praecepta  illud  adiicimus,  quod  sa- 
piens unus  de  Septem  in  perpetuum  posteritati  pronuntiavit .  adhibendum  modum 
mensuramqut  rebus ;  idque  ut  non  solum  aliud  acturis  sed  et  agrum  paraturis 
dictum  intelligatur ,  ne  maiorem,  quam  ratio  calculorum  patiatur .  emere  velint. 
ISam  huc  pertinet  praeclaru  nostri  poetae  i*ententia :  Laudato  ingentia  rura .  exi- 
yuum  coiito.  Quod  vir  eruditissimus,  ut  mea  fert  opinio,  traditum  vetus  praeceptum 
numeris  signavit.  Quippe  acutissimam  gentem  Poenos  dixisse  convenit,  imbecillio- 
rem  agrum  quam  agricolam  esse  debere ,  quoniam,  cum  sit  coUurtandum  cum  eo, 
si  fundus  praevaleat,  allidi  dominum;  nee  dubium,  quin  minus  reddat  laxus  ager 
non  rede  cultus,  quam  auyustua  eximie.  Siculus  Flaccus  in  Grom.  Vett.  ed.  Lachm. 
p.   136. 

5)  Schon  Pliii.  N.  H.  18,  15  schreibt  es  den  Latifundien  zu,  dass,  wäh- 
rend in  alter  Zeit  Italien  hinreichend  Getreide  prodncirte,  es  später  ganz  auf  die 
Einfuhr  aus  den  Provinzen  angewiesen  war. 


—     438     — 

waren,  deren  ins  Ungeheure  zunehmende  Masse  aber  nicht  nur 
eine  im  sicilischen  Sclavenkriege  (135 — 132)  in  ihrer  Furchtbar- 
keit bereits  einmal  zur  Erscheinung  gekommene  Gefahr  für  die 
Folge  befürchten  liess,  sondern  auch  eine  Verminderung  der 
kriogsfahigen  freien  Mannschaft  in  Italien  in  Aussicht  stellte.  In 
diese  Verhältnisse  griff  die  Gesetzgebung  der  Gracchen  ein. 
Coionien  g.     Colouien    und  Aeckerassiünationen    von    den 

nndAssigna-  ^ 

s*eit"den  ^^'^cchen  bis  auf  Augustus.  Mit  der  vollständigen  Unter- 
Gracchen.  vvcrfung  Italiens  wäre  das  Institut  der  Coionien,  weil  sein  Zweck 
erfüllt  war,  antiquirt  worden,  wenn  ihm  nicht  eine  neue  Be- 
stimmung durch  die  Gracchen  und  ihre  Nachfolger  zu  Theil  ge- 
worden wäre.  Der  Plan  der  Gracchen,  vermittelst  einer  durch- 
ereifenden,  jährlich  fortgesetzten  Landvertheilung  an  die  städtische 
Plebs  dem  untergehenden  italischen  Bauernstande  aufzuhelfen, 
konnte  durch  vereinzelte  Assignationen  nicht  zur  Ausführung 
kommen  ;  es  war  nöthig,  Massen  von  Ansiedlern  dem  Ackerbau 
zuzuführen,  und  dies  erreichte  Gracchus,  indem  er,  die  Zwecke 
der  Aeckerassignation  und  der  Colonisation  identificirend,  auch 
die  Coionien  zur  blossen  Versorgung  bedürftiger  Bürger  bestimmte. 
Dies  ist  die  Haupt  Veränderung,  welche  in  dem  Wesen  der  römi- 
schen Coionien  eingetreten,  und  in  welcher  zugleich  der  Ursprung 
der  späteren  Militärcolonien  involvirt  ist.  Denn  so  lange  die 
Aushebung  der  Soldaten  nach  den  Censusclassen  stattfand,  und 
die  capite  censi  vom  Dienste  frei  waren,  durfte  höchstens  von 
einer  ausnahmsweisen  Belohnung,  nicht  aber  von  einer  regel- 
mässigen Versorgung  der  entlassenen  Soldaten  die  Bede  sein,  da 
dieselben  als  locupletes  irgend  ein  Vermögen,  und  zwar  gewöhn- 
lich Landbesitz  hatten;  seitdem  aber  zuerst  von  Marius,  später 
von  Sulla  ohne  Bücksicht  auf  die  Classen  capite  censi  in  die 
Heere  aufgenommen  waren  i) ,  entstand  nach  Beendigung  des  er- 
sten Bürgerkrieges  eine  eigene  Classe  von  Proletariern  aus  den 
entlassenen  Soldaten,  welche  nur  durch  den  besondern  Anspruch, 
den  sie  auf  sofortige  Versorgung  hatte,  und  wegen  der  Gefahr, 
welche  sie  ohne  dieselbe  dem  Staate  verursacht  haben  würde, 
unter  den  versorgungsbedürftigen  Bürgern  bevorzugt  erschien, 
ohne  dass  sie  ein  ausschliessliches  Privilegium  auf  die  Aecker- 
assignation  für   die  Zukunft   erlangt   hätte.     Vielmehr  kamen  bis 

1)  Sallust.  lug.  86.    Plutarch.   Mar.  9.    Val.  Max.  2,  3,   1.    Gell.   16,   10. 
S.  das  Nähere  in  dem  Abschnitt  über  das  Müitärwesen. 


—     439     — 

in    die    Kaiserzeit   hinein    neben   den   Veteranen   fortwährend   die 
besitzlosen    Städter   mit   in   Betracht,    so   dass    die  Militärcolonien 
in  Betreff  der  Colonisten  von  den  gracchanischen  nicht  specifisch 
unterschieden,  sondern  nur  als  eine  besondere  Gattung  von  Ver- 
sorgungscolonien    zu   betrachten   sind.     Das  Verhältniss,    in  wel- 
chem die  Assignationen  dieser  Periode  zu  den  possessioiies  stehen, 
ist   ebenfalls   ein   wesentlich  anderes.     In  der  ersten  Periode  lag 
der  Antrieb   zu   dem  Verlangen    nach   einer  Aeckerverlheilung  in 
einem    rechtlichen   Anspruch ,    den   die   Plebejer ,    abgesehen   von 
etwaiger  Bedürftigkeit  auf  die  rechtswidrig  occupirten  Ländereien 
erhoben ;    in  der  zweiten,   worin  es  nur  darauf  ankam,  der  Noth 
abzuhelfen ,    und    der   Widerstand   der   in    ihrem    Besitze   immer 
fester   gewordenen  Beichen   als   ein    unüberwindliches  Hinderniss 
jeder  gegen  sie  gerichteten  Bogalion  entgegentrat,  nahm  man  von 
den  possessiones  immer  mehr  Abstand,   und  griff  zu  andern  Mit- 
teln,  welche  zuerst  für  den  Staat,   zuletzt  auch  für  den  gesamm- 
ten  Privatbesitz    die    verderblichsten  Folgen   herbeiführten.     Eine 
Anschauung  hievon    wird   aus  der  folgenden  kurzen  Zusammen- 
stellung  der   agrarischen  Gesetze   bis  auf  Augustus  zu  gewinnen 
sein  1) . 

Das  Gesetz  des  Ti.   Gracchus   war   noch  vorzuesweise,    doch  ^^^  Sempro- 

^  '  ma  agraria. 

nicht  ausschliesslich  gegen  die  possessiones  gerichtet;  es  be- 
schränkte dieselben  nach  Vorgang  des  licinischen  auf  500  iugeray 
gestattete  aber  ausserdem  für  jeden  Haussohn  250  iugera  und 
gewährte  für  die  eingezogenen  Stücke  zum  erstenmal  eine  Ent- 
schädigung. Fernere  Occupationen  der  Domaine  scheint  das 
Gesetz  verboten  zu  haben;  denn  obgleich  sie  auch  später  noch 
vorkommen,  werden  sie  doch  als  ungesetzlich  bezeichnet  2).  Das 
öffentliche  Land  von  dem  Privateigenthum  zu  scheiden  und  den 
über  das  bestimmte  Maass  hinausgehenden  Mehrbesitz  dem  Staate 
zu  vindiciren  wurde  einer  jährlich  zu  ernennenden  Commission 
von    drei  Personen    übertragen"*).     Sowohl    das   auf  diese   Weise 

1)  S.  über  dieselben  Rudorff  in  Zeitschr.  für  gesch.  Kechtswiss.  X,  1  S.  24 
—43  und  Köm.  Kechtsgeschichte  1  §  16-  Kngelbregt  De  legibus  ayr.  ante  Grac- 
choa,  Lugd.  Bat,  1842.  8,  Ant,  Mace  Hiatoire  de  la  proprUt^,  du  domaine  public 
et  dea  loia  agrairea  chez  lea  Komaina,  Paris  1851.  8.  Zunipt  Comm.  epiyr.  I,  205 
— 343,  Mommsen  Berichte  der  sächs.  Gebellsch,  der  Wiss.  Ph.  hist.  Cl.  1850 
S.  89—101   und   ('.  I.  L.  I  p.  75—103. 

2)  Mommsen  C.  I.  L.  I  p.  87.  Appian.  tt.  C.  1,  36.  Cic.  de  or.  2,  70,  284. 

3)  Liv.  epit.  58.  Aiirel.  Vict.  de  vir.  illuatr.  64.  Appian.  B.  C.  1,  9.  Cic. 
pr.  Seat.  48,  103.    Plut.  Ti.  Uracch.  8—14.  Cic.  de  l.  agr.  2,  12,  31.   VeUei.  2,  2. 


gewonnene  Land  als  aller  verpachtete  ager  publicus  mit  Aus- 
nahme einiger  dem  Staate  unentbehrlicher  Domainen,  wozu  na- 
mentlich das  Gebiet  von  Capua  und  das  stellatische  Feld  bei 
Gales  gehörte^),  wurde  zur  Assignation  bestimmt,  jedoch  unter 
der  zweifachen  Bedingung,  dass  von  den  Ackerloosen  eine  Ab- 
gabe gezahlt'^)  und  dass  dieselben  unveräusserlich  sein  sollten^;. 
Durch  die  gesetzliche  Sicherung  für  die  concedirte,  und  die  Ent- 
schädigung ftir  die  abgenommene  possessio  sollten  die  possessores 
befriedigt,  durch  die  neue  Abgabe  das  Aerarium  für  den  Verlust 
der  Domaine  schadlos  gehalten  und  durch  das  Verkaufsverbot 
das  Entstehen  neuer  Latifundien  verhindert  werden.  Auf  Golo- 
nieanlagen  bezog  sich  die  Rogation  des  Ti.  Gracchus  nicht,  son- 
dern erst  im  J.  631=123  beantragte  der  Tribun  Rubrius  die 
Ausführung  einer  Colonie  nach  Carthago*),  im  folgenden  Jahre 
C.  Gracchus  selbst  die  Gründung  zweier  Colonien  in  Italien, 
nämlich  in  Tarent  und  Capua''),  allein  weder  die  Assignationen 
des  Tiberius  noch  die  Golonieanlagen  des  Gaius  erreichten  dem 
Widerstände  des  Senates  gegenüber  ihren  Zweck.  Dem  G.  Grac- 
chus trat  auf  Veranlassung  des  Senates  sofort  sein  Gollege  im 
LexLivia.  Tribunat  des  Jahres  632  =  122,  der  ältere  M.  Drusus  entgegen  ^j, 
indem  er,  die  sempronischen  Rogationen  überbietend,  den  An- 
trag stellte,  einerseits  den  auf  die  von  Ti.  Gracchus  assignirten 
Ländereien  gelegten  Erbzins  aufzuheben'),  andererseits  statt  der 
zwei  von  G.  Gracchus  beabsichtigten  Golonien  zwölf  in  Italien 
zu  gründen  und  dadurch  36,000  Bürger  zu  versorgen,  einen  An- 
trag, der  nur  bezweckte,  dem  Gracchus  die  Volksgunst  zu  ent- 
ziehen 8)  ,  zur  Verwirklichung  aber  niemals  gelangt  ist.  Denn 
wirklich  sind  Golonien  in  Folge  der  genannten  Rogationen  nur 
ausgeführt  nach  Scylacium^),  Tarent  und  Garthago,  aber  Tarent 
hat  niemals  die  Verfassung  einer  römischen  Golonie  gehabt,  son- 

1)  Cic.  de  l.  agr.  2  c.  29—32. 

2)  Plut.   C.  Gracch.  9. 

3)  Appian.  B.  C.  1,   10.  27. 

4)  Plut.  C.  Gracch.  10.  11.  14.  Appian.  B.  C.  1  ,  24.  Fun.  136.  Vell. 
1,  15.    Mommsen  C.  I.  L.  I  p.  96. 

5)  Plut.    C.  Gracch.  8.    Mommsen  a.  a.  0.  p.  87. 

6)  Plut.   C.  Gracch.  9.  10.    Appian.  B.  C.  1,  23. 
7}  Plut.    C.  Gracch.  9. 

8)  Appian.  B.  C.   1,  23. 

9)  Velleius  1,  15.  Da  diese  als  Gracchische  Colonie  ni  ht  erwähnt  wird,  so 
ist  sie  vielleicht  für  eine  der  Colonien  des  Drusus  zu  halten.  Mommsen  C.  I.  L. 
I,  87b. 


—     441      — 

dern  ist  eine  griechische  Stadt  geblieben  i),  was  seinen  Grund 
nur  in  einer  besonderen  Maassregel  des  Senates  haben  kann,  die 
Colonie  Carthago  aber  wurde  schon  633  =  12'!  dur-ch  ein  Gesetz 
des  Tribunen  Minucius  Rufus  wieder  aufgehoben  2) .  Nach  dem 
Tode  des  C.  Gracchus  wurde  sodann  der  übrige  Theil  der  sem- 
pronischen  Anordnungen  durch  drei  Gesetze  beseitigt^),  von  de- 
nen das  erste,  dessen  Roeator  nicht  genannt  wird,  im  J.   633=  ^exujiraHa 

IOC  7  V.  033=121. 

121  die  Unveräusserlichkeit   der  assignirten   Ländereien  abstellte 

und  den  Besitzern  den  Verkauf  derselben  gestattete,    das  zweite, 

die    lex  Thoria^)  des  Jahres  635  oder  636  =  119   oder   118,    ^\\e  ler.  Thoria. 

Ackerassignationen   für   die   Zukunft    untersagte,,    die    bis    dahin 

noch   in  Wirksamkeit  gebliebenen   triumviri  agris   dandis  assig- 

jiandis   abschafite ,    und    den   alten  possessores    ihren   Landbesitz 

unter  der  Bedingung  bestätigte,    dass  dieselben  eine  Abgabe  von 

demselben    zahlen  sollten ,    deren   Ertrag   zur  Vertheilung    unter 

die  bedürftigen  Bürger  bestimmt  wurde;   das  dritte,  im  J.  643  =  ^^^/^»<''»« 

111   vielleicht  von  dem  Tribunen  C.   Baebius^)   rogirte,  uns  noch 

erhaltene  Gesetz    aber   auch    diese  Abgabe   schliesshch  aufhob  ö). 

1)  Cic.  pro  Arch.  3,  5.  Plin.  N.  H.  3,  92.  Zumpt  Comm.  ep.  I,  392. 
Momnisen  a.  a.  0. 

2)  S.  oben  Seite  315. 

3)  Appian.  B.  C.  1,  27:  -/ai  -^  otocgi;  t)  to-j  oeuxspou  Fpaxyo'j  ii  xaSe 
tKTf^e.  vofxot;  xe  ou  iroA-j  ucxepov  ^xuptt)i}Yj,  xr^v  -^-^v,  UTtep  fjc  otecpepovxo,  i^eisai 
TttTrpdoTteiv  xoi«;  eyo'jaiv  •  aTreipTjxo  Y^p  ^"^  Fpaxyo'j  xoü  7:pox£pou  xoti  x6oe.  xal 
e'jftu;  oi  TiXouoiot  rapa  xör;  TrevTjxojv  dtuvoDvxo,  r]  xai?0£  toliq.  Trpocpaceoiv  dßia- 
CovTO.  xai  Ttepifiv  ii  yeipov  exi  xoTc:  7r£v7jat,  (Jt£/pt  ^r^oüpioi  0öpio<;  (so  ist  mit 
Pighius  statt  Br>p'.o;  zu  schreiben)  07]|j.0Lpyd)V  £(;rjTjOaxo  vofxo^; ,  xfjv  |jLev  -{ip 
(ATjxext  otavc(>,etv,  dXX'  Eivai  xä>v  dyovxoj^,  y.at  cpopou;  Ozep  aux^c  xoj  o-rjfxo)  xaxa- 
xiüsoftat,  X7.1  xdoe  xa  ypTj[j,axa  ywpsTv  d;  otavofxai; "  OTrep  tjv  |j.£v  xi;  xoi;  itdv/joi 
•/axT^Y^pi''^  >  ^td  "^a;  otcivojAd;  •  o'^£Xo?  5'  ouoev  d;  zoXuzXtjOiciv.  'ATia^  0£  xoi; 
oocpisjxaot  xor;0£  xoO  I'paryeto'j  vofxou  TrapctX'ji^Evxoc  —  xal  xou;  cpopou;  ou  ttoXIj 
üorepov  liiX'jae  o-fjfxapyo;  ?x£po? '  xal  6  ofj[j.o;  di^pouy;  drdvxwv  i^£TztTZTVi%zi. 
Die  richtige  Auffassung  dieser  vielbesprochenen  Stelle  ist  das  Verdienst  Momm- 
sens ,  der  darüber  an  den  angeführten  Orten,  namentlich  C.  I.  L.  I  p.  76  ff. 
ausführlicli  handelt. 

4j  Sie  wird  erwähnt  von  Cicero  Brut.  36,  136;  de  or.  2,  70,  284. 

5)  Sallust.  lug.  32.  33. 

6)  Die  noch  vorhandenen  Fragmente  dieses  (üesetzes  hcflndcin  sich  anf  der 
Rückseite  der  Krztafolstücke,  welche  die  lex  repetundnruin  dos  .lahrcs  ()J}2=  122 
(f.  /.  L.  I  n.  19S)  enthalten  und  sind  zuletzt  herausgegeben  von  Mouimsen 
C.  I.  L.  n.  200,  Uudorff,  welcher  dieselben  in  der  Abhandlung:  Das  Ackerge- 
setr  des  Spurius  Thorius,  in  Zeitschr.  für  geschichtl.  Rechtswissenschaft  Bd.  10 
("1839)  S.  1  — 194  vortrefflich  commontirt  hat,  glaubte  in  ihnen  das  zweite  der 
angeführten  (iesetze,  die  lex  Thoria,  zu  erkennen,  ist  aber  später  Rom.  Rechts- 
gesch.  1  |i^  16  S.  41  dem  Resultate  Mommsons  beigetreten,  nach  welchem  diese 
Fragmente  nicht  der  lex  Thoria,  sondern  dem  dritten  (iesetzo  angehören.  Be- 
weisend ist  namentlich  lin.  19.  20,    in  welcher  die  Aufhebung  der  vectiyalia  &u 


—     442     — 

Das  erste  also  sanctionirte  aufs  Neue  die  Entstehung  von  Lati- 
fundien, das  zweite  vereitelte  auf  immer  die  Regeneration  des 
italischen  Bauernstandes  und  die  darauf  bezüglichen  semproni- 
schon  Rogationen ,  das  dritte  endlich  entzog  dem  Staate  eine 
Einnahme,  ohne  dass  dem  Bedürfnisse  des  Volkes  daraus  irgend- 
wie eine  Hülfe  erwuchs.  Nach  diesem  Siege  der  Nobilität  sind 
die  Possessionen  der  römischen  Reichen  niemals  mehr  ange- 
fochten worden,  sondern  haben  durch  stete  Erweiterung  we- 
sentlich dazu  beigetragen ,  die  Ungleichheit  der  Vermögensver- 
hältnisse zu  steigern  ^) .  Was  seit  dieser  Zeit  in  agrarischen 
Gesetzen  zur  Assignation  in  Anspruch  genommen  wird,  besteht 
erstens  in  dem  verpachteten  ager  publicus,  zweitens  in  den  in 
vorhandenen  Golonien  entweder  noch  nicht  zur  Vertheiiung  ge- 
kommenen, oder  durch  die  Länge  der  Zeil  herrenlos  gewordenen 
sortes ,  woneben  auch  die  im  Besitze  der  Italiker  befindlichen 
Possessionen  noch  einmal  in  Betracht  kommen.  Statt  also,  wie 
in  alter  Zeit,  die  Privatinteressen  der  Reichen  anzugreifen,  wen- 
deten sich  nun  die  rogutiones  agrariae  gegen  die  Einnahmen  des 
Staates,  theils  indem  sie  über  das  verpachtete  Staatsland  ver- 
fügten, theils  indem  sie,  um  durch  Ankauf  auf  Kosten  des  Staa- 
tes Ländereien  zu  erwerben,  die  Revenuen  des  Aerariums  bean- 
spruchten. Schon  der  ältere  Gracchus  hatte  nicht  nur  eine  Ent- 
schädigung der  Possessoren  beabsichtigt,  sondern  auch  die  Aus- 
rüstungskosten seiner  Colonisten  auf  das  aus  der  pergamenischen 
Erbschaft  Attalus  des  dritten  dem  Staatsschatze  zugefallene  baare 
A,^uieia    ^®^^   angewiesen 2) ;    das  Gesetz   des  Tribunen   L.  Appuleius   Sa- 

geordnet^wird.  Ausserdem  s.  über  dies  Gesetz  Huschke  in  Eichters  und  Schnei- 
ders Kritischen  Jahrbüchern  für  deutsche  Rechtswissenschaft  Bd.  10  ( 1841 ) 
S.  579 — 620.  G.  Zeiss  Comment.  de  lege  Thoria,  Weimar  1845.  4.  Peter  Epochen 
S.  239.   Zumpt  Comm.  epigr.  I  p.  207  ff. 

1)  Bei  der  erfolglosen  Rogation  einer  neuen  lex  agraria  104  v.  Chr.  sagte 
der  Tribun  Marcius  Philippus :  nori  esse  in  civitate  duo  milia  hominum ,  qui  rem 
haberent.    Cic.  de  off.  2,  21,  73. 

2)  Den  A^lsdruck  des  Velleius  2,  6 :  novis  coloniis  replebat  provincias  und 
2,  15:  in  legibus  Oracchi  inter  perniciosissimas  numeraverim ,  quod  extra  Italiam 
colonias  posuit  hat  man  als  einen  übertriebenen  bezeichnet,  da  nur  eine  ausser- 
italische  Colonie  des  Gracchus ,  nämlich  Carthago ,  bekannt  ist ,  und  höchstens 
noch  die  Anlage  von  Narbo  (123)  mit  seinen  Gesetzen  in  Verbindung  gebracht 
werden  kann.  (Madvig  Opusc.  p.  290.)  Aber  die  Gründung  von  Carthago  hatte 
besondere  Ursachen  (Zumpt  Comm.  epigr.  p.  217:  ac  Carthaginis  qitidem  dedu- 
cendae  causa  liaec  videtur  fuisse,  quod  anno  125  a.  Chr.  ingens  pestilentia  totam 
Africam  vastarat  [Oros.  5,  11],  quare  quum  nullo  inde  frumento  misso  inopia 
Bomae   exstitisset ,    ob  eamque  rem  seditiones  fierent ,  et  frumentaria  lege  lata  fa- 


—     443     — 

turninus  654  =  100,  welches  hauptsächlich  die  Versorgung  der 
Soldaten  des  Marius  zum  Zweck  gehabt  zu  haben  scheint  i), 
ohne  dass  in  seinem,  auf  die  ersten  Militärcolonien  bezüglichen 
Antrage  irgend  ein  neues  Verfahren  bemerkbar  wäre,  war  vor- 
zugsweise auf  den  Ankauf  von  Ländereien  gerichtet,  und  nahm 
dazu  wieder  eine  neue  Einnahme  des  Staates  in  Beschlag  2),  ein 
Verfahren,  das,  wie  Cicero  bemerkt,  dem  Principe  der  früheren 
Colonien  ganz  entgegen  ist^) ;  allein  weder  dieses  Gesetz  war  von 
Erfolgt),  noch  die  ähnliche  lex  Titia  (655  =  99)  s),  noch  endlich  Lexmia. 
die  Gesetze  des  M.  Livius  Drusus  (663  =  91),  welcher  noch  ein- -''Jjgf ^'^j"* 
mal  die  Italiker  zur  Abtretung  der  von  ihnen  occupirten  Staats- 
ländereien  durch  die  Aussicht  auf  das  römische  Bürgerrecht  zu 
veranlassen  suchte  f*).  Die  Zerstörungen  des  Bundesgenossenkrie- 
ges (91 — 89)  scheinen  einen  Zuwachs  des  ager  piiblicus  nicht 
zur  Folge  gehabt  zu  haben,  da  mit  der  Ertheilung  der  Civität 
auch    wohl   die  Rückgabe   des   eroberten   Landes   an   die   Italiker 


mem  sedare  C.  Gracchus  voluit  et  restituenda  Carthagine  [Appian.  Punk.  136]), 
und  auch  Narbo  hatte  einen  militärischen  Zweck.  Cic.  pr.  Font.  1,  3 :  est  in 
eadem  provincia  Narbo  Martins,  colonia  nostrorum  civium,  specula  populi  Romani 
ac  propuynacuLum  istis  ipsis  nationibus  oppositum  et  obiectum.  Hierauf  geht  auch 
Siculus  Flaccus  p.  136  Lachui. :  Gracchus  colonos  dare  municipiis  vel  ad  supplen- 
dum  civium  numerum ,  vel ,  ut  supra  dictum  est ,  ad  cohercendos  tumuUus ,  qui 
subinde  movebantur.  Mir  scheint  vielmehr  ein  Missverständniss  in  den  Stellen 
des  Velleius  zu  sein,  da  (iracchus  zuerst  die  Revenuen  der  neu  erworbenen  Pro- 
vinzen ,  namentlich  die  attalische  Erbschaft  in  Anspruch  nahm ,  um  seine  Colo- 
nisten  auszustatten  (Plut.  Ti.  Gr.  14 :  e'j^bc.  6  Tißspto^  orjtxaYWY"^'^  £iir\uEY/,e 
vöfAOv ,  Ärto;  xa  ßocaiXixd  yp-r](j.aTa  xo(j.iad£VTa  xoT;  rr^v  ywpotv  oiaXaY/cxvo'Joi 
Töiv  7:o>aTtt)v  uTtdpyot  7:pö;  -/caxaaxe'jrjV  xai  -^etupY^'^i  äcpop{XT)v.  Livius  ep.  58. 
Aurel.  Vict,  de  vir.' itt.  64),  in  den  folgenden  Rogationen  aber  derselbe  Versuch 
gemacht  wird,   um  Ländereien  ankaufen  zu  können, 

1)  Zumpt  Comm.  epigr.  I  p.  2*22—229.    Mommsen  R.  G.  2,  203  flf. 

2)  Aurel.  Vict.  de  vir.  ill.  73 :  Siciliam,  Achaiam,  Macedoniam  novis  coloniis 
destinavit  et  aurum  Tolosanum,  scelere  Caepionis  partum  (Strabo  4  p.  188.  Cic. 
de  N.  J).  3,  30,  74.  Gell.  N.  A.  3,  9.  lustin.  32,  3)  ad  emtionem  agrorum  con- 
vertii.    Zumpt  a.  a.  0. 

3)  Cic.  de  l.  agr.  2,  27,  73:  quo  in  yenere  sicut  in  ceteris  rei  publicae  par- 
tibus  est  operae  pretium  diligentiam  maiorurn  recordari :  qui  colonias  sie  idoneis 
in  locis  contra  suspicionem  periculi  coUocarunt ,  ut  esse  non  oppida  Jtaliae ,  sed 
propugnacula  imperii  viderentur.  Hi  deducent  colonias  in  eos  agros,  quos  emerint. 

4)  Aurel.  Vict.  1.  1.    Appian.  B.  C.  1,  29. 

5)  Cic.  de  legg.  2,  6,  14.  Valer.  Max.  8,  1,  3.  lul.  Obsequens  45.  Das  Ge- 
setz wurde  wegen  der  Auspiciefi  aufgehoben.    Cic.  de  legg.  2,  12,  31. 

6)  Liv.  ep.  71.  Appian.  1,  36.  Floru»  2,  5  (3,  17),  der  ihm  den  Aussprach 
beilegt  nihil  ae  ad  laryitionem  uUi  reiiquiase ,  nisi  ai  quis  aut  raenum  dividere 
vellet  aut  caelum.  lieber  die  nach  der  Krmordung  des  Livius  durch  den  Senat 
bewirkte  Aulhebung  soinor  Ge»et7.e  s.  I^iv.  ep.  71.  Appian.  B.  C.  1,  3ö  f.  Aurel. 
Vict.  de  vir.  ill.  66.  Cic.  de  legg.  2,  6,  14;  2,  12,  31.  pr.  domo  16,  41.  Asco- 
nius  p,  68  Or.    Plut.  C.  Qr.  9  f.    Zumpt  a.  a.  ().  p.  241. 


—     444     — 

verbunden  war  ^)  ;  allein  die  grausame  Führung  des  sullanischen 
coionien  des  Krieges,  in  welchem  ganze  Gemeinden  hingeschlachtet  2)  und  ganze 
Städte  völlig  entvölkert  wurden,  die  darauf  folgenden  Proscriptio- 
nen und  die  Güterconfiscationen,  welche  nicht  nur  über  das  Ver- 
mögen Einzelner,  sondern  tlber  die  Territorien  ganzer  Städte 
verhängt  wurden  '^)  ,  brachten  eine  furclitbare  Leere  in  Italien 
hervoi",  und  machten  dem  bäuerlichen  Eigonthum  völlig  ein  Ende. 
Die  Ausdehnung  des  acjer  publicus  war  nach  diesen  Ereignissen 
so  ungeheuer,  dass  nach  Ansiedelung  aller  Soldaten  ein  Theil 
unvergeben  blieb"*).  Die  Soldaten  wurden  nicht  nur  massenweise 
in  neuen  Colonien,  sondern,  da  es  darauf  ankam,  ganz  Italien 
zu  besetzen,  auch  in  kleinerer  Anzahl  in  den  meisten  Municipien 
angesiedelt,  ohne  dass  diese  dadurch  in  Golonion  verwandelt 
wurden^)  ;  ausser  Italien  hat  Sulla  nur  eine  Colonie,  nämlich 
Aleria  auf  Corsica  angelegt.  Der  Verkauf  der  sortes  assignatae 
war  auch  von  Sulla  verboten,  allein  ohne  Erfolg;  die  Veteranen, 
meistens  ohne  Familie  und  ohne  Neigung  zu  regelmässiger  Be- 
schäftigung mit  dem  Ackerbau,  erledigten  durch  Aussterben  oder 
Verkauf  bei  Lebzeiten  in  sehr  kurzer  Frist  die  angewiesenen 
Gütchen ;  zwanzig  Jahre  nach  der  Ansiedelung  waren  aus  den 
Landloosen  wieder  grosse  Latifundien  geworden*^),  auf  denen  die 
possessojxs   Sullani  sich   um   so   ungestrafter  ausbreiteten  "^j ,    als 

1)  Zumpt  p.  242—246. 

2)  So  z.  B.  die  Pränestiner.     Appian.  B.  C.  1,  94. 

3)  Appian.  B.  C.  1,  96:  tu?  5'  £^e>a7r£  xa  %a^'  Isa  dYxXTjfAaxot,  erci  xac,  7i6- 
Xei?  6  S6XXa;  [j.eT-/]Si  -/al  exoAaCe  "/al  xd^oe,  twv  fxsv  dxpoTToXei?  -/.axaaxdTtxtov 
T^  Tti/T]  vca&aipöJv  y)  -/.oivd?  C^Qf^ta?  STrtxi^ek  tj  d^cpopai?  dxxpuycuv  ßapuxdxai?  • 
Toii  hi  TrXeioot  xoui;  iauTv^)  oxpaxeuoafjievou?  dTiojxtCsv ,  tu?  s^ojv  cppoupta  xaxd 
T'?j;  'IxaXia«;  x-^v  xe  'if^s  auxtüv  y.al  xd  ot-/'r][xaxa  e?  xouooe  fxsxacpepujv  otSfAspiCsv. 
Cic,  ad  Att.  1,  19,  4:  Volaterranos  et  Arretinos ,  quorum  agrum  Sulla  publicarat. 
Florus  2,  9,  27  (3,  21,  27):  possis  singulorum  hominum  ferre  poenas ,  municipia 
Italiae  splendidissima  sub  hasta  venierunt ,  Spoletiurn,  Interamnium,  Praeneste, 
Florentia.  Von  Praeneste  s.  Strabo  5  p.  239 :  £%7:oXtop-/,rj{}£^X(ov  ti,  Tipö?  z^ 
%axtt)0£t  x-^c  TToXeojs  7,ai  xy]M  ycupav  dTraXXoxpioDs^ai  0'j{xßaivei. 

4)  Cic.  de  l.  agr.  3,  3,  12.    S.  unten  S.  446  Anm.  7. 

5)  S.  das  Einzelne  hierüber  bei  Zumpt  p.  250  IT.  Henzen  n.  7142.  Was 
Cicero  de  l.  agr.  2,  28,  75  als  Absiebt  des  RuUus  angiebt,  war  wirklich  der 
Zweck  des  Sulla ,  nämlich  totam  Italiam  suis  praesidiis  ohsidere  atque  occupare. 
Vgl.  Appian.  B.  C.  1,  95. 

6)  Cic.  de  l.  agr.  2,  28,  78 :  nam  agrum  quidem  Campanum ,  quem  vobis 
ostentant,  ipsi  concupiverunt :  deducent  suos,  quorum  nomine  ipsi  teneant  et  fruan- 
lur :  coement  praeterea :  ista  dena  iugera  continuabunt.  Nam,  si  dicent  per  legem 
id  non  licere :  ne  per  Corneliam  quidem  licet.  At  videmus ,  iit  longinqua  mitta- 
mus ,  agrum  Praenestinum  (dieser  war  von  Sulla  colonisirt  worden)  a  paucis 
possideri. 

7)  Die  sullanischen  possessores,  welche  später  mehrfach  vorkommen  (Cic.  de 


—     445     — 

Sulla  gegen  die  Reichen  und  Vornehmen ,  welche  seine  eigene 
Partei  bildeten ,  nicht  mit  Strenge  seine  Anordnungen  scheint 
aufrecht  gehalten  zu  haben.  Der  Erfolg  der  sullanischen  Assigna- 
tionen  war  also,  dass  die  den  Soldaten  angewiesenen  Aecker  in 
Kurzem  verloren  waren ,  während  die  ausgetriebenen  Besitzer 
derselben,  welche  nach  Rom  ihre  Zuflucht  nahmen,  das  römische 
Proletariat  ins  Ungeheure  vermehrten,  und  die  gefährliche,  zu  den 
verzweifeltsten  Maassregeln  entschlossene  Masse  der  Besitzlosen 
bildete,  auf  deren  Unterstützung  die  catilinarische  Verschwörung 
berechnet  war.  Zwar  ruhten  während  der  Beschränkung  der  tri- 
bunicischen  Gewalt  durch  Sulla  bis  zum  .1.  684=70  die  agrari- 
schen Gesetze ;  gleich  nach  diesem  Jahre  machte,  wie  es  scheint, 
die  dem  Inhalte  nach  wenig  bekannte  lex  Plotia^)  und  im  J.  lexPioUn. 
691=63  die  lex  Servüia  des  Tribunen  Rullus  den  Versuch,  d\e  Lex serviua. 
Folgen  der  sullanischen  Gewaltschritte  durch  einen  Act  der  Ver- 
söhnung abzuwenden,  und  durch  eine  Entfernung  der  in  der 
Stadt  zusammengehäuften  Volksmasse  2),  welche  früher  oder  später 
den  Umsturz  des  Staates  herbeiführen  musste,  die  Gefahr  abzu- 
wenden^). Da  aber  weder  die  noch  ansässigen  sullanischen  Co- 
lonisten  ohne  Aufhebung  der  bestehenden  sullanischen  Anordnun- 
gen ausgetrieben ,  noch  die  possessores  Sullani  ohne  Gefahr  von 
ihrem  Besitze  verdrängt  werden  konnten ,  noch  endlich  die  Ver- 
theilung  des  geringen  damals  in  Italien  vorhandenen  ager  publicus, 
welcher  auf  den  ager  Campanus  und  den  öampus  Stellatis  be- 
schränkt war,  ausreichte,  so  bestätigte  Rullus  den  ganzen  seit 
Sulla  vorhandenen  Besitzstand  "*)  ;  den  agei'  Campanus  und  campus 

l.  (igt.  2.  26,  69),  sind,  wie  Zumpt  p.  261  bemerkt,  zweierlei  Art;  nämlich 
erstens  die  Käufer  der  Güter  der  Proscribirten ,  gegen  deren  Rechte  nichts  ein- 
zuwenden war,  zweitens  solche,  die  conüscirte  Aecker  widerrechtlich  occupirt 
oder  assignirtes  Land  gegen  das  Gesetz  zusammengekauft  hatten ;  diesen  letzte- 
ren konnte  ihr  Eigenthnmsrecht  angefochten  werden. 

Ij  Sie  kommt  nur  vor  bei  Cic.  ad  Att.  1,  18,  6:  agraria  autem  promtdgata 
est  a  Flavio  sane  Levis,  eadern  fere,  quae  fuit  Plotia,  und  wird  von  l'ighius  An- 
ruU.  Rom.  Tom.  111  p.  186  in  das  Jahr  98,  von  Krnesti  in  das  J.  89.  v(u»  Zunipt 
a.  a.  O,  p.  262  wegen  der  Aehriiichkeit  mit  dem  Flavischen  Gesetze,  welches 
gegen  die  pnssessore»  SuUani  gerichtet  war,   bald   nach  70  gesetzt. 

2)  Cic.  de  L.  agr.  2,  26,  10 :  et  riimirum  i.üud  est ,  quod  ab  hoc  tribuno  ple- 
bis  dictum  est  in  $eruitu :  urbarutm  pUbem  nimium  in  republica  posae:  exhaurien- 
dam  esse. 

3)  Zumpt  a.  a.  ().  p.  262. 

4)  Nach  Cic.  de  l.  agr.  3,  2,  7  stand  im  40sten  Capitel  des  Gesetzes:  quac 
post  Marium  et  (^arhonem  Coss.  (672  =  82j  agri ,  aedificia ,  lacus ,  stagna ,  loca, 
possessiones  publice  data,  assignata,  vendita,  concessa,  posseasa  stmt,  ea  tminia  eo 
iure  sintf  ut  quae  optima  iure  privata  sunt. 


—     446     — 

Stella tis  brachte  er  zwar  zur  Vertheilung^),  aber  als  das  haupt- 
sächliche Mittel  schlug  er  eine  Geldentschädigung  an  die  ihres 
Eigenthuins  durch  Sulla  Beraubten  vor,  welche  durch  den  Ver- 
kauf alles  ager  publicns  in  Italien  -)  und  den  Provinzen  '*)  und  die 
Einkünfte,  welche  aus  den  durch  Pompeius  neuerdings  gemach- 
ten Eroberungen  dem  aerarium  zufielen,  beschafft,  und  zum  An- 
kauf von  Ländereien  in  Italien  verwendet  werden  sollte  ^j.  Das 
Gesetz  wurde  den  Bestrebungen  Ciceros  und  der  Nobilität  gegen- 
über von  seinem  Urheber  selbst  aufgegeben  ^j  ,  es  war  der  letzte 
Versuch,  in  dem  Sinne  der  Gracchen  durch  eine  radicale  Maass- 
regel der  Ueberfüllung  der  Stadt  entgegenzuarbeiten  und  dem 
Bauernstande  zu  helfen.  Das  zunächst  folgende  Ackergesetz  des 
Lex  Fiavia.  Tribuneu  L.  Flavius  (694  =  60)  veranlasste  Pompeius,  der  im  vor- 
hergehenden Jahre  aus  Asien  zurückgekehrt,  für  die  Versorgung 
seiner  Soldaten  bemüht  war.  Die  gleichzeitige  Berücksichtigung 
der  städtischen  Plebs  war  nur  ein  Mittel ,  das  Gesetz  leichter 
durchzubringen  ^) .  Die  Assignation  sollte  theils  durch  Einziehung 
der  von  den  Anhängern  des  Sulla  unrechtmässig  occupirten  Län- 
dereien, theils  durch  die  aus  Pompeius  Eroberungen  neu  eröff- 
neten  Einnahmen    des   Staates    möglich   gemacht   werden  '^) ;    das 

1)  Cic.  de  l.  agr.  2,  28. 

2)  Es  gab  in  Italien  noch  einige  Dontainen  ausser  dem  ager  Campanus^ 
welche  aber  zur  Assignation  nicht  geeignet  waren  ,  wie  die  Silva  Scantia  (de  l. 
agr.   1,  1,  3  5  3,  4,  15). 

3)  Cic.  de  l.  agr.  2,  15,  38  :  quidquid  ergo  sit  extra  Italiam ,  quod  publicum 
populi  Bomani  factum  sit,  L.  Sulla  Q.  Pompeio  consulibus  (666  =  88)  auf  posfca, 
id  decemviros  iubet  vendere.  Er  meint  namentlich  die  in  den  Jahren  676 — 680 
(78 — 74)  durch  P.  Servilius  Isauricus  in  Pamphylien  erworbenen  Ländereien,  die 
im  J.  679=75  durch  die  bithynische  Erbschaft  dem  aerarium  zugefallene  kö- 
nigliche Domaine  {agri  regit)  und  die  durch  den  mithridatischen  Krieg,  mit  wel- 
chem Pompeius  noch  beschäftigt  war,  zu  erwartenden  Erwerbungen;  ferner  die 
Domainen  der  macedonischen  Könige,  die  jetzt  ager  publicus  waren,  den  ager 
Corinthius  in  Achaia  und  andere  Ländereien  in  Spanien  und  Africa.  Cic.  de  l. 
agr.  1  c.  2;  2,  20.    Zumpt  p.  267  f. 

4)  Colonien  ausserhalb  Italiens  anzulegen  lag  nicht  in  der  Absicht  des  Rul- 
lus.  Cic.  de  l.  agr.  2,  25,  66  :  cur  eos  (agros)  non  definis  neque  nominas,  ut  sal- 
tem  deliberare  plebes  Bomana  possit ,  quid  intersit  sua ,  quid  expediat ,  quantum 
tibi  in  emendis  et  in  vendendis  rebus  committendum  putet?   Definio,  inquit,  Italiam. 

5)  S.  Drumann  3  S.  159,  welcher  über  die  Zwecke  des,^  Gesetzes  eine  von 
der  hier  vorgetragenen  verschiedene  Ansicht  hat. 

6)  Dio  Cass.  37,  49.  50. 

7)  Cic.  de  l.  agr.  3,  3,  12:  sunt  enim  multi  agri  lege  Cornelia  publicati  nee 
cuiquam  assignati  neque  venditi,  qui  a  paucis  höminibus  impudentissime  possiden- 
tur.  Dem  ersten  Puncte  des  Gesetzes  trat  Cicero  entgegen.  Cic.  ad  Att.  1,  19, 
4:  agraria  lex  a  Flavio  tr.  pl.  vehementer  agitdbatur  auctore  Pompeio.  —  Ex 
hac   ego  lege  —  omnia   illa   tollebam ,    quae  ad  privatorum  incommodum  pertine- 


—     447     — 

Gesetz  scheiterte  indessen  an  der  Furcht  des  Senates,  dass  Pom- 
peius,  wie  vordem  Sulla,  durch  die  Ansiedelung  seiner  Soldaten 
eine  Befestigung  seiner  Gewalt  in  ganz  Italien  beabsichtige  i).  Erst 
in  Casars  erstem  Consulate  (695  =  59)  kam  es  zu  einer  grossartigen 
Aeckervertheilung  durch  die  leges  luliäe  agrariae  2) ,  bei  welcher  die  Leg^s  hdiae. 
Possessionen  ganz  unangefochten  blieben  ='),  das  Land  durch  frei- 
willigen Verkauf  der  Inhaber  nach  dem  im  letzten  Census  ange- 
nommenen Werthe  erworben,  das  Geld  aber,  wie  in  den  vorher- 
gehenden Gesetzen  aus  den  neuen  durch  Pompeius  gewonnenen 
Staatsrevenuen  genommen  wurde  4).  Den  Colonisten  wurde  der 
Verkauf  ihrer  sortes  innerhalb  zwanzig  Jahren  verboten  ^) .  Damals 
kam  endlich  auch  der  seit  543  =  211  zur  Domaine  gezogene  ager 
Campanus  (s.  S.  30)  und  der  campus  SleUatis^)  zur  Vertheilung, 
und  zwar  ohne  Unterschied  an  Soldaten  und  andere  Bürger,  aus 
welchen  zusammen  20,000  Personen  ausgewählt  wurden,  welche 

bant.  —  Sullanorum  hominum  possessiones  conp.rmabam ;  Volaterranos  et  Arreti- 
nos,  quorum  ayrum  Sulla  publicarat  neque  diviserat,  in  sua  possessione  retinebam ; 
unam  rationem  non  reiiciebam ,  ut  ager  hac  adventicia  pecunia  (aus  den  durch 
Pompeius  Eroberungen  neu  entstandenen  Einkünften)  emeretur,  quae  ex  novis 
vectigalibus  per  quinquennium  reciperetur.  Huic  toti  rationi  agrariae  senatus  ad- 
versabatur,  suspicans  Pompeio  novam  quandam  potentiam  quaeri.  Pompeius  vero 
ad  voluntatem  perferendae  legis  incubuerat.  Ego  autern  magna  cum  agrariorum 
gratia  confirmabam  omnium  privatorum  possessiones  —  is  enim  est  noster  exerci- 
tus,  hominum,  ut  tute  scis,  locupletium. 

1)  Die  Cass.  a.  a.  0. 

2)  Von  mehreren  Gesetzen  redet  Liv.  ep.  103 :  leges  agrariae  a  Caesare  con- 
8ule  cum  magna  contentione ,  invito  senatu  et  altero  consule  M.  Bibulo,  latae  sunt. 
Cic.  ad  Att.  2,  18,  2:  quo  aliter  ager  possideatur,  atque  ut  ex  legibus  luliis.  Ap- 
pian.  B.  C.  2,  10.  Plut.  Cato  min.  31.  Deshalb  unterscheidet  Zumpt  p.  289 
zwei  Gesetze,  die  eigentliche  lex  agraria,  welche  er  in  den  April,  und  die  lex 
de  agro  Campano ,  die  er  in  den  Mai  setzt.  Dio  Cass.  38,  7:  Zxe  ouv  vofxo? 
o'JToj;  dy.'jpcbrh) ,  xat  r^po^izi  xal  'f]  xwv  Ka[x7ravü)v  -jfYJ  toi?  xpia  TtXsttu  -e  exi 
T^xva  r/ouaiv  do6t)T],  8.  ausser  den  angeführten  Stellen  Suet.  Caes.  20;  Velle- 
iu8  2,  44;  8chol.  Bob.  in  or.  pr.  Plane,  p.  263,  und  Cic.  ad  AU.  2,  16,  1—2;  2, 
18,  2.  ad  fam.  13,  4,  2,  und  mehr  bei  Zumpt  p.  277  ff.  Vielleicht  ist  auch  an 
die  lex  Mamilia ,  Koscia,  Peducea  ,  Alliena ,  Fabia  (Gromat.  ed.  Lachm.  p.  263) 
zu  denken,  welche  ('allistratus  IHg.  47,  21,  3  pr.  als  eine  lex  agraria,  quam 
Gaius  Caesar  tulit ,  citirt ,  und  welche  nach  Mommsens  Ansicht  (Feldmesser  2, 
223)  mit  dem  Julischen  Gesetze  von  695  =  59  im  Zusammenhange  stand. 

3)  Dies  folgert  Zumpt  mit  Recht  aus  Dio  Cass.  38,  1 :  toO  {xev  o-^  oüv  v6- 
jxoj  2ve-Aa  O'jhtli  «uxö)  oOöiv  dri-^aXcaat  dSuvaro. 

4)  Dio  Cass.  a.  a.  0. 

5)  Appian.  B.  C.  3,  2  sagt  in  der  Erzählung  der  Begebenheiten  nach  Cäsars 
Tode  von  M.  Brutus  und  C.  Cassius :  SiaTciYfACKJiv  ola  OTpaTYjYo't  xou;  xX7)po6- 
yo'Ji  dftepareuov,  Zaoi;  te  Ä).Xot;  iizt-i/jo'J^  %nX  -zä  x).t]po'j/'/]{AaTa  cj^/Ji^poü^'^i 
auToT;  Tirpd((3%eiv,  toO  vöpLOv»  xöjXuovto;  ivrö;  etxooiv  ixGis  dToU^oo^on]  wo  un- 
ter vöpio;  wohl  nur  die  Ux  Julia  agraria  zu  verstehen  ist.     8.  Zumpt  p.  2Ö0. 

6)  Den  letzteren  nennt  Suet.  Caes.  20. 


—     448 


Colonicn 
(.'äsars. 


drei  oder  mehr  Kinder  hatten,  und  so  der  UnterstUtzune;  am  be- 
dürftigsten waren  ^) . 

Die  Golonien,  welche  Cäsar  während  seiner  Dictalur  (705 — 
709=: 49 — 45)  anlegte,  tragen  bereits  den  Character  ihrer  letzten 
Entwickelung ;  sie  sind  ohne  ein  neues  Gesetz  2)  und  durch  le- 
gafi  ausgeführt 3),  was  die  Bedeutung  hat,  dass  der  Soldat  seine 
Versorgung  nunmehr  nicht  dem  Staate,  sondern  der  Porson  des 
Imperators  verdankte.  Die  Ansiedelungen  sind  ferner  zwar  theil- 
weise  in  Italien  auf  vacant  gewordenen,  im  Bürgerkriege  confis- 
cirten  oder  gekauften  Ländereien  bewirkt "^j,  allein  zum  ersten- 
male  auch  in  den  Provinzen,  namentlich  in  Spanien  und  Gallien 
in  grösserer  Anzahl  gegründet,  in  Spanien  besonders  seit  709  = 
45  nach  Besiegung  der  Söhne  des  Pompeius,  in  Folge  deren  über 
die  pompejanischen  Städte  Confiscationen  ihrer  Ländereien  ver- 
hängt wurden,  welche  neuen  Ansiedelungen  Raum  gewährten"^). 
Die  Uebersiedelung  von  80,000  armen  Städtern  in  überseeische 
Provinzen '^l  ,ist  von  Cäsar  nur  intendirt,  nicht  ausgeführt  wor- 
den ;   sein  Tod  vereitelte  nicht  nur  diese  Abhülfe,  sondern  führte 


1)  Dass  nicht  allein  Soldaten  in  der  lex  lulia  bedacht  waren,  sagt  ausdrück- 
lich Dio  Cass.  38,  1,  und  auch  in  Betreff  des  ager  Campanus  macht  er  c.  7  kei- 
nen Unterschied.  Plut.  Cat.  min.  33  sagt  toT?  aTiopotc  %al  r.h'qai.  Mehr  bei 
Zumpt  p.  293.  lieber  die  erste  Anwendung  des  später  immer  wichtiger  werden- 
den ms  trium  liberorum  bei  dieser  Gelegenheit  s.  Dio  Cass.  38,  7.  Suet.  Caes. 
20.     Appian.  ß.  C.  2,  10. 

2)  Die  lex  lulia^  welche  nicht  nur  unter  der  Dictatur  Cäsars,  sondern  auch 
nach  dessen  Tode  (Appian.  B.  C.  3,  2;  Cic.  Phil.  5,  19,  53)  in  Gültigkeit  blieb 
(Zumpt  a.  a.  0.  p.  300  f.) ,  gewährte  wohl  auch  zu  diesen  Golonien  die  Voll- 
macht. Znmpt  p.  301  nimmt  an,  dass  ,, de  agro  publica  extra  Italiam  dividundo'' 
eine  neue  Rogation  eingebracht  worden  sei,  von  der  indess  nichts  bekannt  ist. 

3)  Einer  von  diesen  war  Q.  Valerius  Orca,  legalus  propr.,  an  welchen  die 
Briefe  Ciceros  ad  fam.  13,  4.  5.  7.  8  erhalten  sind.    Mehr  s.   bei  Zumpt  p.  301. 

4)  Es  waren  meistens  einzelne  Landanweisungen,  nicht  ganze  Golonien. 
Dio  Cass.  42,  54:  -y^ai  ydip'x^  ev.  te  t'Tj?  OY]tj,ooiai;  y.at  iv.  xfic.  sauToO  O'fj  räoi 
a(piar>  £V£t[j.£V,  aWo'Jc.  aXXifj  7.al  r.d-i'j  zoppc«  dr:''  aXA-rjXojv  drapTTjaa^  •  wOTe  p.rjT£ 
'zolc,  'j[j!,oya)pot?  ccpä?  cpoߣpo'j?  [x'/^t  a\)  Tipo?  v£o)TepiC[j.6v  STOif^-O'j? ,  y.ai}'  ev  tto'j 
ouvoiy-oOvTai; ,  -^evio^ai.  llauptstelle  ist  Appian.  B.  C.  2,  94:  otucto  oe  xai  •^■f^v 
aTiaciv,  iv.xeXeo^i'^Toyi  twv  7:oX£[j,u)v,  ou,  7,ai}d7:ep  26XXct?,  dcpottpoufj-Evoi;  £T£pu)v, 
"J^v  £-/o'jat,  7,11  toXq  dcpatp£t>£ioi  tou«;  Xa^ovra?  cuvoiv.iCwv  xat  iroiöjv  äXXrjXoic 
ic,  de\  T-rAep/wjc, ,  d,Wd  ttjv  toO  OTjfxo'j  '{Tp  £t:iv£[ji.(ov  -/al  ttjv  djjia'JToO  xat  t« 
0£0VT7.  7:po;(«\/o6[j.£VO!;.  Vgl.  Suet.  Caes.  38:  assignavit  et  agros ,  sed  non  conti- 
nuos,  ne  quis  possessorum.  expelleretur .    Das  Nähere  bei  Zumpt  p.  302 — 308. 

5)  S.  über  Hispalis  Zumpt  p.  310  f.  Ausser  den  spanischen  und  gallischen 
Golonien  (Zumpt  p,  310 — 3 Iß)  führte  Cäsar  Golonien  nach  Sinope  und  Heracleaans. 

6)  Suet.  Caes.  42 :  octoginta  civium  milia  in  transmarinas  colonias  distribuit. 
Die  transmarinae  provinciae  sind  Griechenland,  Asien,  Africa.  Cic.  de  l.  agr.  2, 
29,  80. 


n 


—     449     — 

noch  einmal  zur  Erschütterung  aller  italischen  Besitz  Verhältnisse^). 
Die  Triumvirn  des  Jahres  711=43  hatten,  nachdem  es  un- Coiöuien  der 
möglich  geworden  war,  in  Italien  über  Ländereien  zu  verfügen, 
ihren  Soldaten  nichts  als  einen  Gewaltschritt  in  Aussicht  zu  stel- 
len, indem  sie  ihnen  achtzehn  italische  Städte  geradezu  preis- 
gaben 2).  Nach  der  Schlacht  bei  Philippi  (712  =  42)  waren  die- 
sem Versprechen  gemäss  170,000  Mann  zu  versorgen^);  ausser 
den  Gütern  iler  Proscribirten,  und  den  zui*  Strafe  eingezogenen 
Landstücken  vieler  Gemeinen  wurden  die  vorher  bestimmten 
Communen  \yahrscheinlich  unter  der  Form  eines  gezwungenen 
Verkaufes  zur  Abtretung  ihres  ganzen  Landeigenthums  gebracht, 
die  Kaufsumme  aber  bei  der  damaligen  Nolh  des  Aerariums  nie- 
mals ausgezahlt,  und  da  einmal  offenbare  Gewalt  geübt  wurde, 
blieb  es  nicht  einmal  bei  den  vorherbestimmten  Territorien,  son- 
dern die  Austreibung  der  [taliker  fand  in  noch  grösserem  Um- 
fange 4)  und  mit  einer  Härte  statt,  von  welcher  die  noch  vor- 
handenen vielfachen  Klagen  Zeugniss  gebend).  Diese  gewaltsame 
Störung  der  Besitz  Verhältnisse  Italiens  nahm  erst  unter  Augustus 
ein  Ende. 

3.     Die    Militärcolonien    der    Kaiserzeit.      Augustus coionien des 
erwähnt  im  monumentum  Ancyriinum  zwei  Ausführungen  von  Mi-     ^^^^  ^^' 

1)  Ich  übergehe  das  einen  Monat  nach  Cäsars  Ermordung  im  April  44  be- 
antragte Gesetz  des  Tribunen  L.  Antonius,  Bruder  des  M.  Antonius,  welches 
eine  nach  dem  Tode  Cäsars  nothwendige  Erneuerung  der  lex  lulia  bezweckf  zu 
haben  scheint.  Dio  Cass.  45,  9 :  6ptüv  ot;  h  AvT(jbvto;  tov  Kaiaapa  (den  Octa- 
vian)  ctu^a»;6(x£vov ,  dTreyeipr^oe  SeXeacj'xi  tö  ttXMo;,  e?  roj;  ^xeivo'j  re  aüroi»? 
dT:o37Ta3et£  7,ai  s-a'jxijj  Trpojrrotrjoeie.  xat  ytupav  a).X7jv  re  7:oXX'?,v  -/tal  t-^v  dv  toi? 
2Xeat  ToT;  llovrivot;,  w;  -xey(o(j[j,£vot;  '^i^r^,  v.aixoi  •^z<a[j-^ti'5%ai  o'JNOtixivoi;  ,  xXy]- 
po'j/TjHfjvat  oia  Ac'jyJo'j  'Avtojviou  aoeXcpoü  OYjfj.ap/oüvTo;  iorf^'r^rirrzn.  Das  Gesetz 
wurde  am  Anfange  des  folgenden  Jahres  aufgehoben.  Cic.  Phil.  13,  15,  31  ;  6, 
fj,  13  f.    Zumpt  p.  324  f. 

2)  Appian.  B,  0.  4,  3:  ireXTitoai  oe  f^hri  tov  oxparov  ei;  xol  vixYjX'/jpta  xoij 
roX£|xo'j  o/.Xaii;  xe  oojpeai;,  %al  £;  -/.axoixiav  oöoeoi  xiüv  'IxaXaöbv  z(5Xe(uv  6xxa)- 
%ai?^£xa,  ai  xat  r£pto'j3ta  %oX  cOa''^£t  v.at  o?%oic  el;  xaXXo;  Stctcp^pouoai,  IjjleXXov 
a'jxoT;  doacp£Oi  y.ai  oiv.oi;  auxw  otav£jXTja£o})ai ,  (Tj^rEp  ct'jToic  avxi  x^;  roXejxiac 
ooptXTjTXOt  '^zu^)\).ViOX.  Von  dieser  Zahl  wurden  Ii.hi.k  h  /wti,  niiinlich  Khegiuni 
und  Vibo  ausgenommen.    Appian.  B.  C.  4,  8(). 

3)  Appian.  B.  C.  5,  5.    Zumpt  p.  327—329. 

4)  Appian.  B.  C.  5,  13:  xal  6  oxpaxoc  xcti  xoi;  'itixrjriv^  ir.i'^aist  ouv  ußpei, 
rXiosi  X£  xiJ)v  oeoo(ji£vtov  o'.^bi  reptaztöixevot  xoti  xi  ()f(xetvov  dxXeYVevoi.  Ueber 
die  Güter  der  Proscribirten  8.  Dio  Cass.  48,  7. 

o)  Auf  diese  Beraubungen  beziehen  sich  die  bekannten  .Steilen  des  Hora- 
tius  ep.  2,  2,  49,  der  sein  väterliches  Gut  verlor,  des  Tibull  1,  1,  19;  4,  1,  1S2, 
des  Fropertius  4,  1,  129,  des  Vergil  Ecloy.  9,  2H.  Vgl.  Servius  ad  Verg.  Ed. 
9,  7.    Martial.  R,  f)«. 

Köm.  Altorth.  IV.  29 


—     450     — 

litJircolonien  1) ,  nämlich  in  den  Jahren  724  =  30  und  740  =  14. 
In  dem  ersten  Jahre,  also  unmittelbar  nach  Beendiii^ung  des  Bür- 
gerkrieges, hatte  er  die  Veteranen  nicht  nur  seines  eigenen  Hee- 
res, sondern  auch  des  Antonius  und  Lepidus  zu  entlassen  und 
zu  versorgen.  Das  Verfahren,  welches  er  dabei  einschlug,  war 
folgendes:  die  Nichtbürger,  d.  h.  die  Auxiliarlruppen,  wurden 
in  ihre  Heimath  dirigirt;  von  den  römischen  Kriegern,  d.  h.  den 
Legionssoldaten  erhielten  wahrscheinlich  die  jüngeren  Jahrgange, 
insofern  sie  nicht  in  das  stehende  Heer  eintraten,  eine  Geldent- 
schädigung, die  älteren  dagegen  eine  Landanweisung  entweder 
in  einer  Provinz  oder  in  Italien  2).  Zu  dem  letzteren  Zwecke 
wurden  die  Einwohner  derjenigen  italischen  Städte,  welche  die 
Partei  des  Antonius  ergriffen  hatten,  in  überseeische  Colonien, 
namentlich  nach  Dyrrhachium  und  Philippi,  übergesiedelt  und 
ihre  Communen  als  augusteische  Colonien  neu  constituirt  =^);  aus- 
serdem aber  in  andern  italischen  Städten  die  Bewohner  gezwun- 
gen, von  ihrem  Landbesitze  einen  Theil  gegen  Geldentschädigung 
abzutreten  und  die  so  zusammengebrachten  Ländereien  [praedia 
coUaticia)  den  Veteranen  übergeben,  so  dass  in  diesen  Territo- 
rien entweder  eine  doppelte  Commune,  der  cives  veleres  und 
der   cives  novi  entstand"*),    welche   erst   mit   der  Zeit   zu   einem 

1)  Mon.  Anc.  c.  16:  pecunia\m  pr6\  agris  ^  quos  in  consulatu  meo  quarto  et 
postea  consulibus  M.  Cr\asso  e\t  Cn.  Lentulo  Augure  adsignavi  militibus ,  söhn 
municipis.  Ea  \s\a\'mma  se3t\ertium  circiter  sexsiens  milliens  fuit,  quam  [pro]  col- 
La[t\icis  praed[is  njumeravi  et  ci[r]citer  bis  milliens  et  sescentiens,  quod  pro  agris 
provinlclialibus  solvi.  Is  primus  et  solus  omnium ,  qui  [d]eduxerunt  colonias  mi- 
litum  in  Italia  aut  in  provincis ,  ad  memoriam  uetatis  meae  feci.  S.  über  diese 
Stelle  Mommseii  Res  g.  d.  Aug.  p.  40  ff.   82  ff. 

2)  Dio  Cass.  51,  3.  4. 

3)  Dio  Cass.  51,  4:  touc  ^ap  ÖYjfjiouc  tou?  dv  ty]  'IxaXia  tou?  xd  toO  'Av- 
Tcuviou  cppov/joavTa;  d^oiy-iaa?  toT?  |j.£V  oxpaTiüJTaii;  xd?  xe  TroXei«;  xai  xd  ytopiot 
aijxüjv  eyocptoaxo  "  docsivoav  oe  h-q  xoi(;  [X£v  uXeioat  x6  x£  Auppdyiov  'Acd  xou?  <Pt- 
XiTiTtou?,  dTvXa  x£  £7toi%£iv  dvx£8tox£"  xoT;  hk  XoiTTot?  dpY'jpiov  dvxl  xfj?  ycupa? 
x6  {J.£v  £v£i[X£  x6  0  U7r£oy£XO.  Dies  Verfahren  hat  Augustus  schon  718  =  36  nach 
Beendigung  des  sicilischen  Krieges  angewendet,  indem  er  in  Regium  Seesolda- 
ten (Strabo  6  p.  259),  in  Capua  Landtruppen  ansiedelte.  Die  alten  Colonisten 
in  Capua ,  deren  sortes  er  einzog ,  erhielten  als  Ersatz  einen  grossen  Landbesitz 
in  Creta  (Dio  Cass.  49,  14.  Vell.  2,  81),  der  noch  im  J.  383-  n.  Chr.  in  caui- 
panischem  Besitze  war  (Böckh  C.  I.  Gr.  n.  2597);  den  Neapolitanern  aber  wurde 
für  ein  von  ihnen  abgetretenes  Terrain  eine  jährlich  zu  zahlende  Rente  bewil- 
ligt.   Plin.  N.  H.  18,  114. 

4)  Hygin.  Grom.  p.  117 — 120.  Mommsen  Feldmesser  2,  155.  Die  ältesten 
und  bekanntesten  dieser  Doppelgemeinden  sind  Pompeii  (Cic.  pr.  Sulla  21,  60) 
und  Arretium  (Plin.  N.  H.  3,  52.  Orelli  100).  In  Valentia  in  Hispania  Tarraco- 
nensis  theilte  sich  die  Einwohnerschaft  in  Valentini  veterani  et  veteres^  C.  I.  L. 
II  n.  3733.   3734  ff.  und  gab  es  einen  doppelten   Senat,  uterque  ordo,   ib.  3745, 


—     451     — 

Gemeinwesen  verschmolz,  oder  die  Veteranen  sofort  als  Bürger 
in  die  vorhandene  Gemeinde  eintraten.  Beide  Arten  von  Ansie- 
delungen werden  Coionien  genannt  i).  Es  waren  ihrer  im  Gan- 
zen acht  und  zwanzig 2),  weiche,,  wenn  auch  nicht  alle  gleich 
sicher,  neuerdings  haben  nachgewiesen  werden  können  3),  näm- 
lich 1.  Acerrae"*),  2.  Atelia^),  3.  Beneventuin  ß) ,  4.  Cumae,  5.  Gra- 
viscae,  6.  Nuceria,  7.  Puteoli,  8.  Sora,  9.  Teanum  Sidicinum, 
10.  Liternum,  i  I .  Volturnum'),  12.  Minturnae^),  13.  Capua^), 
14.  Ariminum  1*^)  ,  15.  Augusta  Taurinorum  ii)  ,  16.  Perusia^^j^ 
17.  Parma  13),   18.  Verona  i^),   19.  Atestei^),  20.  Brixiai^),  21.  Der- 

während  es  von  Agiigent  bei  Cic.  Verr.  II,  2,  50,  123  heisst:  cum  Ayrigentino- 
rum  duo  genera  sint,  unum  veterum,  alterurn  colonorum  ,  quos  T.  Manlius  prae- 
tor ex  S.  C.  de  oppidis  Siculorum  deduxit  Agrigentum ,  cautum  est  in  Scipionis 
legibus ,  ne  plures  essent  in  senatu  ex  colonorum  numero ,  quam  ex  vetere  Agri- 
gentinorum.  Wie  Valentia,  so  scheint  auch  Apuluui  in  Dacien  in  zwei  ganz  ge- 
trennte Gemeinden  zerfallen  zu  sein  ,  von  denen  die  eine  ein  municipium ,  die 
andre  eine  Colonie  war,  Mommsen  C.  I.  L.  III  p.  183,  und  dergleichen  Fälle 
kommen  öfters  vor,  s.  Zunipt  Comm.  ep.  I,  252.  Henzen  n.  6962  und  im  Bullett. 
1851  p.  85.  173;  und  die  Inschrift  von  Thignica  in  Africa  bei  Gue'rin  2  p.  157: 
C.  Memmio  Felici ,  flamini  Aug.  perp.  utriusque  partis  civitatis  Thignicensis, 
C.    Memmius  Tortunatus,  flam.   Aug.  perp,  utriusque  partis  civitatis   Thignicensis. 

1)  Hygin.  Grom.  p.  177  :  aeque  divus  Augustus  in  adsignata  orbi  terrarum 
pace  exercitus  qui  aut  sub  Antonio  aut  Lepido  militaverant  pariter  et  suarum  le- 
gionum  milites  colonos  fecit ,  alios  in  Italia ,  alios  in  provinciis :  quibusdam  de- 
letis  hostium  civitatibus  novas  urbes  constituit ,  quosdam  in  veteribus  oppidis  de- 
duxit ^t  colonos  nominavit.  Utas  quoque  urbes,  quae  deductae  a  regibus  aut 
dictatoribus  fuerant ,  quas  bellorum  civilium  interventus  exhauserat ,  dato  Herum 
coloniae  nomine  numero  civium  ampliavit,   quasdam  et  finibus. 

2}  Mon.  Anc.  c.  28:  Italia  au[te]m  —  —  [colo]nias,  quae  vivo  me  celeber- 
rimae  et  frequentissimae  fuerunt,  duodetriginta  a  me  deductas  habet.  Suet.  Aug. 
46  :   Jtaliam  duodetriginta  coloniarum  numero  deductarum  ab  se  frequentavit. 

3)  Borghesi  Sulla  iscrizione  Perugina  della  porta  Marzia  in  Oeuvres  5,  257 
— 283  hat  24  derselben  bezeichnet,  die  übrigen  sind  von  Renier  p.  275  nach- 
getragen. Unsicher  beglaubigt  sind  10,  welche  nur  in  dem  Über  coloniarum  an- 
gegeben werden,  einer  Quelle,  über  deren  geringe  Zuverlässigkeit  Mommsen 
Feldm.  2,  145  ff.  handelt.    Vgl.   Mommsen  R.  g.  d.  Aug.  p.  83. 

4)  Gromat.  p.  229.  5)  Groraat.  p.  230. 

6)  Gromat.  p.  54.  231.  282.    Orelli  907. 

7)  Alle  diese  kommen  nur  in  dem  liber  coloniarum  vor.  Gromat.  p.  232.  220, 
235.  236.  237.  238.  239. 

8)  Hygin.  (irom.  p.   178.     Lib.  coL.  p.  235. 

9)  Plin.  18,  114.  10)  Orelli  5124.  4025. 

11)  Maffei  Mus.  Veron.  p.  214,  1;  225,  7.  Auch  bei  Orelli  2179  ist  zu  lesen: 
COL.   AVG.   TAVIi. 

12)  Orelli  94. 

13)  De  Lama  Iscrizioni  Parmensi  p.  121,  3. 

14)  Orelli  1014  =  C'.  /.  L.  V  n.  3329.  Ob  Verona  zu  den  augusteischen  Co- 
ionien zu  rechnen  i.st,  lägst  sich  nicht  mit  Sicherlieit  ermitteln.  S.  Mommsen 
(\  I.  L.  V  p.  327,  Tac.  Itist.  3,  8  nennt  es  allerdings  colonia  im  J.  69,  aber 
bei  Plinius   A'.  //.  3,  130  wird  es  als  oppidum  aiiffft-führt. 

15)  Henzen  6959=0.  I.  L.  \  n.  2501. 

ici  (»Pili  r,»;. 

29» 


—     452     — 

tona^),  22.  Augusta  Praeloria  Salassorurn ^j ^  23.  lulia  Augusta  Ba- 
giennorum  ^^)  ,  24.  Firmum^),  25.  Bononia^),  26.  VonalVum  ♦'), 
27.  Abellinum^),  28.  Florontia  (Firenzuola  bei  Parma)  ^).  Von 
diesen  Stadien  sind  die  meisten  seit  alter  Zeit  bestehende  Ge- 
meinden, welche  durch  die  Deduction  von  Veteranen  nur  eine 
Veistärkung  der  Bürgerschaft  und  zugleich  das  ins  colunlae  er- 
hielten, wie  wir  dies  namentlich  von  Ateste  wissen,  in  welchem 
ein  nach  der  Schlacht  bei  Actium  entlassener  Soldat  unter  die 
Decurionen  aufgenommen  wurde'*).  Die  zweite  Colonieanlage  des 
Jahres  740  =  14  scheint  sich  namentlich  auf  die  spanischen  Pro- 
vinzen und  Gallia  Narbonensis  bezogen  zu  haben,  in  welchen 
Provinzen  Augustus  in  den  .lahren  16  bis  13  n.  Chr.  persönlich 
Anordnungen  traf  (s.  S.  104  f.  114  f.),  und  wird  im  monumen- 
tum  Ancyranum  darum  besonders  erwähnt,  weil  auch  bei  ihr 
die  Erwerbung  der  zu  assignirenden  Ländereien  durch  Ankauf 
geschah.  Man  darf  daher  annehmen,  dass  bei  den  ül)rigen  Co- 
lonien,  welche  Augustus  nach  den  africanischen  Provinzen,  nach 
Sicilien,  Macedonien,  Achaia,  Asien,  Syrien  und  Pisidien  aus- 
führte i^),  dies  Verfahren  nicht  in  Anwendung  gekommen  ist,  weil 
Domainenländereien  zur  Verfügung  standen.  Patrae  in  Achaia 
z.  B.  war  schon  seit  der  Diadochenzeit  verarmt  und  entvölkerte^)  ; 
im  J.  723  =  31  wurde  es  von  Agrippa  erobert  i^)  und  sein  Ter- 
ritorium reichte  nicht  allein  für  die  Ansiedelung  der  Veteranen 
der  X  und  XII  Legion  aus'=^),    sondern  gestattete  auch  die  Her- 

1)  Bottazzi  Antichita  di  Tortona  p.  85. 

2)  Miirat.  p.  1031,  1.    Ptolem.  3,  1,  34.  Plin.  N.  H.  3,  123.  Dio  Cass.  53,  25. 
3}  Vemazza  Monumenta  ALbae  Porripeiae  p.  13.    Muletti  Memorie  di  Saluzzo 

1  p.  36. 

4)  Henzen  n.  6958. 

5)  Borghesi  Oeuvres  8,  296  if.     Dio  Cass.  50,  6. 
6j  Mommseii  /.  N.  4622. 

7)  Mommsen  /.  N.  1875. 

8)  Borghesi  Oeuvres  5,  274  und  daselbst  Henzen. 

9)  C.  I.  L.  V  n.  2501:  M.  BiUienus,  M.  f.,  Rom.  Aclidcus  legione  XI  proe- 
lio  navali  facto  in  coloniam  deductus  ab  ordine  decurio  aUecltus].  S.  Mommsen 
a.  a.  0.  p.  240. 

10)  Mon.  Anc.  c.  28  :  colonias  in  Africa,  Sicilia,  Macedonia,  utraque  Hispa- 
nia,  Achaia,  Asia,  Syria,  Gallia  Narbonensi  militum  deduxi.  Unter  Africa  scheint 
nicht  die  proconsularische  Provinz  ausschliesslich  zu  verstehen,  sondern  auch 
Mauretanien,  in  welchem  acht  Colonien  des  Augustus  nachweisbar  sindj  von 
diesen  sowie  den  übrigen  Provincialcolonien  ist  bei  den  einzelnen  Provinzen 
gesprochen  worden. 

11)  Pausan.  7,  18,  5. 

12)  Dio  Casrf.  50,   13.    Vellei.  2,  84. 

13)  xMommsen   C.  i.  L.   III  p.  95. 


—     453     — 

beiziebung  der  in  den  benachbarten  Flecken  ansässigen  Griechen, 
welche  ebenfalls  in  die  Colonie  aufgenommen  wurden  i) . 

Nachdem    dem    nu£;enblicklichen,    durch    die  Beendieune  des  Regeimäs- 

'  o       c  gjgQ  Verpor- 

Büre;erkrieees    hervorcerufenen    Bedürfnisse    ajenüet    war,    schritt   g«ng  der 

'^  '^  ^  OD?  Veteranen. 

Augustus  zu  der  Organisation  des  stehenden  Heeres,  auf  welche 
wir  an  einem  andern  Orte  zurückkommen ,  und  zu  der  Anord- 
nung einer  regelmässigen  Versorgung  der  ausgedienten  Soldaten. 
Die  gesetzliche  Dienstzeit  wurde  zuerst  für  die  Prätorianer  auf 
12,  für  die  Legionare  auf  16  2),  später  für  die  Prätorianer  auf 
16,  für  die  Legionare  auf  20  Jahre  festgesetzt^],  so  dass  nicht 
alle,  sondern  nur  die  versorgungsberechtigten  Soldaten  auf  die 
'pracmia  militiae  Anspruch  zu  machen  hatten,  und  dies  blieb  un- 
verändert bis  auf  Diocletian  4) .  Die  Belohnung  bestand  nach 
der  ursprünglichen  Einrichtung  des  Augustus  in  einer  Geld- 
summe s),  zu  deren  regelmässiger  Zahlung  eine  eigene  Casse,  das 
aerarhim  müitare  bestimmt,  und  auf  besonders  dazu  beschaffte 
Einnahmen  angewiesen  wurde  *^);  später  ist  statt  des  Geldes  eine 
Aeckeranweisung ")  in  Italien  oder  in  den  Provinzen  gegeben 
worden.     Was  zuerst  die  Landanweisungen  in  Italien  betrifft,   so ^ft^ii^sX^n ' 

Bevölke- 
rung. 

1)  Pausan.  7,   18,  5. 

2)  Dio  Cass.  54,  25  im  J.  13  v.  Chr.  :  xat  Siexa^e  xa  re  exY] ,  ooa  ol  ro- 
Xixai  OTp-axs'jooivTO,  y.nX  xa  ypfjfxaxa,  oaa  rauoa|xevoi  xfj?  cxpaxeia?  dvxt  xfj? 
^tupa;,  T|V  aei  roxe  r^xouv,  Xyj'^oivxo  ,  ciroj;  irci  ^ifjxoT;  dxeii^ev  -l^oir}  •f.rtx'x\z^6- 
[xevot,  (xTjOe^  xo6t(uv  y-  l^VArt.  veojxeptCoJ'tv.  f^v  oe  o  xe  apit^fi.6;  xtov  äxwv  xoTi 
(x^v  oopu'f(ipoi;  Oüjoexa,  xoi;  o'  aXXoi;  exxaiBexa  xai  x6  fxev  dp-^upiov  xoT;  (xev 
iXaxxov  xoT;  Vt  rXeiov.    Sueton.   Oct.  49. 

3)  Dio  f'ass.  55,  23  (im  J,  5  n.  Chr.):  itlnrjcpb^ ,  xoT;  piev  if.  xoO  öopu- 
cpoptxou  revxaxir/tXiai;  opayjxd;,  dTreiodv  dx-/aioexa  Ixt),  xoT;  5e  exepoic,  xpiayi- 
Xia;,  IreiS-^  eixoai  axpaxeuaojvxai  oiSooHcti.  Moniim.  Anoyr.  3,  37 :  praemia  da- 
rentur  militibus,   qui  viginti  stipendia  emeruissent. 

4)  Cod.  lust  7,  64,  9:  veteranis ,  qui  in  legione  vel  vexillatione  militantes 
post  vicesima  stipendin  honestam  vel  raumriam  missionem  consecuti  sunt.  Ueber 
die  frühere  Zeit  s.  Modestin.  Dig.  27,  1,  8  §  2:  6  ydp  efxooxov  Ixo;  x^;  oxpa- 
xeioti  yTtep^d;,   0[aoio;  eivai  risxeuexai  rm  rXTjpt/iaavxi  x6v  xtj?  3xpaxe(ac  yp6vov. 

5)  Moniim.  Ancyr.  3,  28:  postea  Ti.  Nerone  ei  Cn.  Pisone  consulibus 
(7  V.  Chr.)  iiemque  C.  Antistio  et  D.  Laelio  cos.  (6  v.  Chr.)  et  C.  Calvisio  et 
L.  Pasieno  consulibus  (4  v.  Chr.)  et  L.  Lentulo  et  M.  Messala  consulibus  (3  v.  Chr.) 
et  L.  Caninio  et  Q.  Fabricio  consulibus  (2  v.  Chr.)  veteranos ,  emeriteis  stipendia 
in  8ua  municipia  remisi,  praemia  aere  numerato  peraolvi,  quam  in  rem  seatertium 
[circiter  sexiens]  miliens  impendi. 

6)  Suet.  Oct.  19:  ut  perpetun  ac  sine  difficultate  sumtus  ad  tuendos  milites 
prosequendosque  suppeieret ,  aerarium  militare  cum  vectigalibus  novis  instituit. 
Dio  Cass.  55,  25.  2B. 

7)  Oleich  nach  dem  Tode  des  Augustus  sagen  die  pannonisohen  Soldaten 
bei  Tar.  Ann.  1,  17:  si  quia  tot  casus  vita  superaverit,  trahi  adhuc  diversas  in 
terms,  übt  per  nomen  agrorum  uligine»  paludum  vel  inculta  montium  accipiant. 
Zumpt  p.  346. 


—     454     — 

hatten  sich  die  Verhältnisse  derst^lben  nach  den  grossen  Verän- 
derungen der  Bevölkerung,  deren  Folgen  schon  unter  den  Grac- 
chen  sichtbar  wurden,  unter  den  Kaisern  aber  autfallend  her- 
vortraten, wesentlich  umgestaltet.  Der  ursprüngliche  Bauernstand 
Italiens  war  ausgerottet,  die  grossen  Güter  wurden  durch  Sclaven 
bearbeitet,  welchen  die  Provinzen  den  Unterhalt  liefern  mnssteni). 
Die  überall  und  wiederholentlich  angesiedelte  Soldatenniasse, 
grossentheils  ohne  Frauen  und  Kinder,  schmolz  so  schnell  zu- 
sammen 2),  dass  die  italischen  Stiidte,  einstmals  die  unerschöpf- 
liche Quelle  der  römischen  Militärmacht  spärlich  bevölkert,  theil- 
weise  verödet  waren^),  und  ein  fortwährender  künstlicher  Ersatz 
durch  neue  Ansiedelungen  für  die  Erhaltung  derselben  nothwcn- 
dig  war.  In  den  Provinzen,  wo  die  Abnahme  der  Bevölkerung 
zwar  etwas  später,  aber  seit  Hadrian  in  dem  Grade  merklich 
wurde,  dass  man  barbarische  Stämme  für  die  Zwecke  des  Acker- 
baus in  dieselben  aufzunehmen  gezwungen  war,  trat  ausserdem 
das  Bedürfniss  militärischer  Ansiedelungen  wegen  der  Sicherung 
gegen  äussere  und  innere  Feinde  ein,  welches,  seitdem  zuerst 
Cäsar  zahlreiche  Golonieanlagen  in  den  Provinzen  begonnen  hatte, 
bei  den  Colonien  der  Kaiserzeit  bis  zuletzt  maassgebend  geblie- 
ben ist.  Somit  waren  die  grossen  Streitfragen,  welche  seit  den 
Gracchen   in  Betref!'  der   Colonien    entstanden    waren ,    nicht   nur 


1)  Tac.  Ann^  3,  54:  at  Hercule  nemo  refert  ^  quod  Italia  alienae  opis  indi- 
get^  quod  vita  popidi  Romani  per  incerta  maris  et  tempestatum  cotidie  volvitur. 
ac  nisi  provinciarum  copiae  et  dominis  et  servitiis  et  agris  subvenerint,  nostra  nos 
scilicet  nemora  nostraeque  villae  tuebuntur.     Vgl.   12,   43. 

2)  Tac.  Ann.  14,  27:  veterani  Tarentum  et  Aniium  adscripti  non  tarnen 
infrequentiae  Locorum  subvenere,  dilapsis  pluribus  »i  provincias,  in  quibus  stipen- 
dia  expleverant ;  neque  coniugiis  suscipiendis  neque  alendis  liberis  sueti  orbas  sine 
posteris  domos  relinquebant.  Plin.  N.  H.  3,  70:  sunt  et  morientis  Casilini  reli- 
quiae.  Augustus  rühmt  daher  von  sich  im  Monum.  Ancyr.  5,  37:  Italia  autem 
colonias ,  quae  vivo  nie  celeberrirnae  et  frequentissimae  fuerunt ,  duodetriyinta  de- 
ductas  habet.  Aus  den  angeführten  Verhältnissen  erklärt  sich,  dass  die  Colonien 
nach  sehr  kurzer  Zeit  schon  wieder  Supplemente  von  Colojiisten  bedurften. 

3)  l'ibur  vacuum  Horat.  ep.  1,  7,  45.  Acerrae  vacuae  Verg.  Georg.  2,  225. 
Cumae  vacuae  luvenal.  3,  2.  Ueber  Cumae  und  Neapolis  Vellei.  1,  4,  2:  vires 
autem  veteres  earum  urbium  hodieque  magnitudo  ostentat  moenium.  Italiae  vasti- 
tas  nach  der  Schlacht  bei  Mutina,  Pollio  bei  Cic.  ad  fam.  10,  33,  1.  Die  sam- 
nitische  Bevölkerung  war  durch  Sulla  ganz  vertilgt.  Strabo  5  p.  249  extr.  :  xotl 
yap  TOI  vuvi  xcö[j.at  '{e-^o-^rxai^  ai  TToXet?  (der  Samniter)  •  Iviai  o'  ^y.XeXoiTcaoi  xe- 
Xito?.  Bei  der  Erzählung  der  Volskerkriege  wirft  Livius  6,  12  die  Frage  auf, 
unde  toties  victis  VoLscis  et  Aequis  suffecerint  milites.  Er  antwortet :  simile  veri 
est  —  innumerabilem  multitudinem  liberorum  capitum  in  eis  fuisse  locis ,  quae 
nunc ,  vix  seminario  exiguo  militum  relicto ,  servitia  Romana  ab  solitudine  vin- 
dicant. 


—     455     — 

durch  die  militärischen  Einrichtungen  des  Augustus,  sondern  zu- 
gleich durch  die  Umgestaltung  der  Verhältnisse  gelöst,  und  die 
Colonien  ihrer  ursprünglichen  Bestimmung  i)  wieder  näher  ge- 
bracht, indem  sie  in  Italien  die  einzige  Abhülfe  gegen  die  zu- 
nehmende Entvölkerung,  in  den  Provinzen  aber  militärischen 
Schutz  gewährten,  der  ager  puhlicus  aber,  ehedem  der  Gegen- 
stand des  Kampfes  der  Parteien,  nunmehr  zur  Verfügung  des 
Kaisers  war  2). 

Auch  unter  den  Kaisern  sind  indess  nicht  alle  Ansiedelungen  ^^^t^^JJ^  a®„. 
unter  der  Form  von  Colonien  bewirkt  worden.  In  neu  eroberten  ßie<iei"ns- 
Provinzen  an  Soldaten  Land  zu  assigniren  war  weder  dem  alten 
Grundsalze  gemäss,  nach  welchem  Colonien  in  bereits  bewohnten 
und  bebauten  Ortschaften  angelegt  zu  werden  pflegten  (s.  oben 
S.  36),  noch  liess  sich  von  Colonien,  deren  Fortbestehen  selbst 
in  Italien  zweifelhaft  war,  in  wenig  cultivirten  Ländern  für  die 
Länge  ein  Erfolg  erwarten  ^j.  Die  ersten  Städteanlagen  in  neu- 
gewonnenen barbarischen  Ländern  wurden  daher  nicht  durch 
Soldaten,  sondern  durch  die  Einwohner  des  Landes  selbst  auf 
Anordnung  des  Kaisers  vorgenommen ,  von  welchem  sie  häufig 
den  Namen  führen,  ohne  dass  sie  deshalb  für  Colonien  zu  halten 
sind"*)  ;  unter  den  vielen  Ortschaften,  mit  welchen  Traian  das 
völlig  verwüstete  Dacien  neu  bevölkerte^),  waren  nur  zwei  Co- 
lonien ^)  ,    und   diese    waren    wahrscheinlich    an   noch    erhaltenen 

1)  Isidor.  Origy.  lo,  2,  9 :  colonia  vero  est,  quae  defeciu  indigenarum  novis 
cullorihus  adirnpLetur.  Liv,  27,  9 :  in  colonias  atque  in  agrum  hello  capttun  stirpis 
auyendae  causa  rnissos.  Vgl.  5,  30.  Hygin.  de  lim.  const.  p.  176:  augendae  rei- 
publicae  causa. 

2)  Habsüchtige  Kaiser,  wie  Tiberius,  waren  daher  mit  Aeckerassigiiationen 
sehr  sparsam.  Suet.  Tib.  48.  Tac.  Ann.  1,  17.  Zumpt  p.  382.  444.  Dass  auch 
über  den  in  Italien  vacanten  ager  puhlicus  der  Kaiser  verfügte,  zeigt  Hygin.  de 
gener.  contr.  p.  133  L.  :  cum  divus  Vespasianus  subsiciva  omnia  (d.  h.  die  nicht 
asöignirten  Landstücke  der  Colonien)  quae  non  veniissent  aut  aliquihus  personis 
eoncessa  essent ,  sibi  vindicasset ,  itemque  divus  Titas  a  patre  coeptum  hunc  ritum 
Unerel,   Domitianus  per  totam  Italiam  subsiciva  possidentibus  donavit. 

3)  Die  besonderen  Verhältnisse  der  wenigen  Colonien,  welche  ganz  nen  an- 
gelegt zu  »ein  scheinen ,  Lugdnnum  ,  Augusta  Praetoria ,  Augusta  Taurinorura, 
Augusta  Emerita  in  Spanien,  Carthago  und  Corinth,  kennen  wir  nicht;  entweder 
waren  auch  hier  wenigstens  Dorfschaften  vorhanden  (s.  S.  12  Anm.  3),  oder  es 
musste  für  die  Aufführung  von  Gebäuden  Sorge  getragen  werden.  S.  Zumpt 
p.  45L 

4)  Dies  beweist  ausführlich  Zumpt  p.  441   f. 

ö)  Eutrop.  8,  3:  ex  toto  orbe  Romano  inßnita«  eo  copiaa  hovUnum  transtu- 
lernt  ad  agros  et  urbea  coUnda».  Dacia  enim  diutumo  hello  Deeebali  viria  futrai 
exhausia. 

6)  Nämlich  Harmizegctusa  (8.  155)  und  Zerna  (C  l.  L.   Hl  p.  24Öj. 


—     456     — 

Ollen  angeleimt.  UntiM*  den  Soldatenansiedeluiigen  aber,  welche, 
wie  bemerkt,  in  bereits  vorhandenen  Stildten  meistens  auf  gekauf- 
ten Grundstücken  zu  geschehen  pflegten,  sind  wieder  zwei  Arten 
zu  unterscheiden.  Entweder  nämlich  war  die  Ansiedelung  eine 
partielle,  in  der  Art,  dass  die  Veteranen  zu  einem  bestehenden 
Commuiialverbande  hinzutraten,  ohne  dass  derselbe  seinen  poli- 
tischen Zustand  änderte;  in  welchem  Falle  die  neuen  Ansiedler 
eine  eigene  Gemeinde  bildeten  ,  nicht  aber  die  ganze  Stadt  die 
Rechte  und  den  Namen  einer  Colonie  erhielt  ^)  ;  oder  es  wurde 
bei  dem  Eintritt  der  Colonislen  die  alte  Verfassung  der  ganzen 
Commune  aufgelöst,  und  dieselbe  als  Colonie  durch  eine  eigene 
fonnula  neu  constituirt^j.  In  dem  letzteren  Falle  konnte  die 
rechtliche  Stellung  der  alten  und  neuen  Einwohner  zu  einander 
verschieden  festgesetzt  werden,  indem  die  alte  Einwohnerschaft 
entweder  geradezu  der  neuen  unterworfen,  und  alles  Antheils 
an  der  Communalverwallung  beraubt^),  oder  zu  gleichen  Rechten 
in  die  Colonie  aufgenommen"*)  oder  endlich  der  Antheil  beider 
Theile  an  der  Verwaltung  durch  eine  specielle  Festsetzung  regu- 
lirt  werden  konnte  ^) .  Als  Colonien  sind  nur  diejenigen  Ansiede- 
lungen zu  betrachten,  in  welchen  auf  eine  der  zuletzt  genannten 
Ai'ten  römische  Bürger  zu  einer  neuen  Gemeinde  unter  den  her- 
gebrachten Förmlichkeiten,  über  welche  noch  zu  reden  sein  wird, 
durch  eine  besondere  lex  coloniae  constituirt  wurden  6) .  Zwar  ist 
schon  in  der  früheren  Kaiserzeit  das  Privilegium  einer  Colonie 
als  blosser  Titel  auch  an  Städte  übertragen  worden ,   in  welchen 


1)  S.  oben  S.  450. 

2)  Rudorff  Feldm.  2,  410  ff. 

3)  Ueber  dieses  Rechtsverhältniss  s.  oben  S.  7  ff.  13.  36.  61.  Es  war  auch 
unter  den  Kaisern  bei  Anlage  von  Colonien  in  den  Provinzen  das  regelmässige. 
So  heisst  es  von  der  Colonie  Camulodunum  in  Britannien  Tac.  Ann.  14,  31 : 
[BritannQ  rapiunt  arma  —  ocerrimo  in  veteranos  odio.  quippe  in  coloniam  (Ca- 
mulodunum recens  deducti  pellebant  domibus ,  exturbabant  ayris ,  capUvos ,  servos 
appelliindo,  foventibiis  impotentiam  veteranorum  militibus  similitudine  vitae  et  spe 
eiusdem  Licentiae.     Ein  ähnliches  Verhältniss    bestand   in  der  Colonie  Thugga  in 

civitas 
Africa,    wo    eine    Statue    errichten   payus   et   c[ives]    Thuggensium   (Guerin    Voy. 
archeol.  11  p.  124  n.  337.  p.  125  n.  338.  p.  128  n.  341).     Ausführlich   handelt 
hierüber  Zumpt  Comm.  ep.  I,   465  ff. 

4)  Ein  Beispiel  hiefür  ist  Ateste.  S.  oben  Seite  452.  Andre  s.  bei  Zumpt 
a.  a.   0. 

5)  Wie  dies  geschah ,  sehen  wir  aus  den  Anordnungen ,  welche  schon  in 
älterer  Zeit  in  Sicilien  für  die  Doppelgenieinden  Agrigent  und  Heraclea  getroffen 
waren.    Cic.    Verr.  II,  2,  50,   123.  125. 

6)  Ueber  die  lex  coloniae  Hygin.  de  cond.  ayr.  p.  118.  164.  8.  oben  S.  63 
Anm.  2. 


—     457     — 

eine  neue  Ansiedelung  nicht  vor  sich  ging  (s.  oben  Seile  362), 
allein  daneben  bestehen  die  eigenthüm liehen  Colonieanlagen,  be- 
sonders in  den  Grenzprovinzen  fort.  Eine  der  letzten  wirklich 
ausgeführten  Colonien  ist  Verona,  welches  im  J.  265  durch  Gal- 
lienus  nochmals  eine  Ansiedelung  erhielt ^)  ;  noch  später,  viel- 
leicht unter  Diocletian ,  ist  Nicomedia  in  Bithynien  zum  Range 
einer  Colonie  erhoben  2) .  Unter  Constantin  ist  das  Institut  der 
Colonien  nicht  mehr  vorhanden. 

4.     Ritus    der    Golonieanlaee^).     Wir   haben    in    der   ßit^'s^der 

^        1  Colomean- 

Uebersicht  der  Entwicklungsgeschichte  der  Colonien  bisher  die  '"iiagf- 
Veränderungen  bezeichnet ,  die  in  denselben  vorgingen ;  es  ist 
noch  dasjenige  zu  erwähnen ,  was  sich  im  Ganzen  unverändert 
erhielt,  und  dies  ist  die  bei  der  Ausführung  beobachtete  Förm- 
lichkeit. In  der  Zeit  der  Republik  hielten  die  Colonisten  ,  über 
deren  AnzahH)  und  Auswahl ^j  das  Gesetz  bestimmte,  unter  An- 
führung der  von  dem  Volke  erwählten  ,  mit  dem  imperinm  aus- 
gerüsteten ^j  ausserordentlichen  Beamten  [lllviri)'^)  in  militärischer 
Ordnung  unter  Vortragung  der  Fahnen  ihren  Einzug  in  die  Co- 
lonie ^j.  Die  Gründung  derselben  wurde  nach  Anstellung  von 
Auspicien  '^)  in  der  Art  vollzogen ,  dass  der  damit  beauftragte 
Magistrat  [IJIvir] ,    angethan  mit  dem  cinctus  Gabinits,  mit  einem 


1)  Orelli  Inscr.  n.  1014  =C.  I.  L.  V  n.  3329. 

2)  Zuinpt  p.  437. 

3)  Es  wird  gestattet  sein ,  diesen  Gegenstand  kurz  zu  behandeln  und  auf 
die  vortreffliche  Darstellung  desselben  in  Rudorffs  gromatischen  Institutionen, 
Feldmesser  2  S.  229 — 464  zu  verweisen. 

4)  Die  gewöhnliche  Zahl  der  alten  Bürgercolonien  betrug  300,  die  der  lati- 
nischen Colonien  dagegen  war  bei  weitem  grösser  (s.   S.  36.  52). 

5)  Diese  geschah  in  alter  Zeit  auf  sehr  verschiedene  Weise,  theils  auf  eine 
freiwillige  Anmeldung  (Patilus  Diac.  p.  14  Müll.:  adscripti  dicebantur ,  qvi  in 
colonias  nomina  dedissent,  ut  essent  coloni.  Liv.  1,  11:  plures  inventi,  qui  propier 
ubertatem  terrae  in  Crustuminum  nomina  darent.  3,  1:  iussi  nomimi  dare,  qui 
agrum  uccipere  vellent.)  —  theils,  wenn  sich  niemand  meldete  (Liv.  10,  21:  nee 
qui  nomina  darent ,  facile  inveniehantur ,  quia  in  stationem  ae  prope  perpetuam 
infestae  reyionis ,  non  in  ayros  mitti  rehantur.)  durch  militärische  Aushebung. 
S.  üben  S.  3.')  Anm.  7  und  Dionys.  Hai.  7,  27;  9,  09.  Liv.  37,  46:  decrevit 
»enatua,  uti  C.  Laelius  consul  —  sex  millia  familiarum  conscriberet ,  quae  in  eas 
colonia»  dividerentur. 

6)  Monimsen  Staatsrecht  1,  53.  99. 
7l  8.  oben  Seite  42H. 

8)  Cic.  de  l.  ayr.  2,  32,  86:  tunc  illud  vexillum  (\tmpanae  coloniae  — 
(\ipuam  a  deremviria  inferetur.  Cic.  Phil.  2,  40.  102:  tu  autem  —  Casilinum 
coloniam  deduxiati  —  ut  vexillum  tolleres,  ut  aratruin  circumduceres.  Von  der 
Anlage  von  Carthago  Plut.  ('.  (Jracch.  II:  7j  tc  TtpdjTTj  07j(Aa(a,  rvc6(xaTo;  dcpap- 
TTöiCovTOC  aüT^jv,  ToO  TE  Cf^povTo;  ifxptxöii  dvTcyofA^vou,  ooveTp(ßt). 

9)  Appian.   B.  C,  1,  24.    Clc.  de  l.  agr.  2,   12,  31.    (  ir.  Phil.  2,  40,   102. 


—     458     — 

Pfluge,  welcher  rechts  mit  einem  Stiere,  links  mit  einer  Kuh 
bespannt  war,  eine  Furche  zog,  und  dadurch  den  Umkreis  der 
neuen  Stadt  bezeichnete.  Die  ausgepflügten  Erdschollen  mussten 
dabei  nach  innen  fallen;  an  den  Stellen,  wo  die  Stadtthore  an- 
gelegt werden  sollten,  wurde  der  Pflug  ausgehoben,  auf  der  Furche 
aber  die  Mauer  errichtet  i) .  Der  militärische  Einzug  2)  und  der 
alte  liitus  der  Gründung^)  dauerte  auch  unter  den  Kaisern  fort; 
statt  der  vom  Volke  gewählten  triumviri  aber  fungirte  ein  kaiser- 
licher Bevollmächtigter,  curator^  der  bis  zur  Vollendung  der  Ein- 
richtung und  bis  zum  Antritte  der  neuen  Magistrate  der  Golonie 
die  Geschäfte  führte  4). 
Vermessung.  Schou    vor   der   Ankunft   der  Golonie   war   das    für   dieselbe 

bestimmte  Territorium  durch  Agrimensoren  nach  denselben  Grund- 
sätzen vermessen,  welche  bei  der  Augurallehre  in  Anwendung 
kamen  5).  Zwei  Linien,  die  eine  von  Süden  nach  Norden,  die 
andere  von  Osten  nach  Westen  durch  den  Mittelpunct  des  Ter- 
ritoriums gezogen,  in  welchem  sie  sich  in  einem  rechten  Winkel 
schnitten,  bildeten  dazu  die  Grundlage.  Die  von  Norden  nach 
Süden  heisst  cardo  maximus,    die  von  Westen  nach  Osten  decii- 

1)  Varro  de  L.  L.  5,  143:  oppida  condebant  in  Latio  Etrusco  ritu,  ut 
multa ,  id  est  iunctis  bobus ,  tauro  et  vacca  interiore ,  aratro  circumagebant  sul- 
cum,  —  Terram  unde  exsculpserant,  fossam  vocabant,  et  introrsum  iactam  murum. 

Post  ea  qui  ßebat  orbis,  urbis  principium. Quare  et  oppida,  quae  prius  erant 

circumdata  aratro,  ab  orbe  et  urvo  urbes,  et  ideo  coloniae  nostrae  omnis  in  literis 
antiquis  scribuntur  urbeis,  quod  item  conditae  ut  Roma.  Zu  Vergil  Aen.  5,  755 : 
interea  Aeneas  urbem  designat  aratro  sagt  Servius:  quem  Catp  in  Originibus  dicit 
morem  fuisse.  Conditores  enim  civitatis  taurum  in  dextram ,  vaccam  intrinsecus 
iungebant  et  incincti  ritu  Gabino ,  i.  e.  togae  parte  caput  velati  parte  succincti 
tenebant  stivam  incurvam,  ut  glebae  omnes  intrinsecus  caderent.  Et  ita  sulco  ducto 
loca  murorum  designabant ,  aratrum  suspendentes  circa  ioca  portarum.  Dasselbe 
berichtet  Plut.  Quaest.  Rom.  24  Vol.  VII  p.  97  Reiske.  Plut.  Romul.  11.  Dio- 
nys.  1,  88.  Dio  Cass.  72,  15.  Ovid.  Fast.  4,  825.  Festus  p.  237  s.  v.  primi- 
genius ;  p.  302  s.  v.  sulci.  Isidor.  Orig.  15,  2,  3.  S.  über  den  ganzen  Ritus 
Rudorff  Feldm.  2,  294  ff.    Nissen  Das  Templum  S.  55  ff. 

2)  Hyginus  Grom.  p.  176:  multis  legionibus  contigit  bella  feliciter  transigere 
et  ad  laboriosam  agriculturae  requiem  primo  tirocinii  gradu  pervenire :  nam  cum 
signis  et  aquila  et  primis  ordinibus  ac  tribunis  deducebantur.  Tac.  Ann.  14,  27: 
non  enim ,  ut  olim ,  universae  legiones  deducebantur  cum  tribunis  et  centurionibus 
et  sui  cuiusque  ordinis  militibus ,  ut  consensu  et  caritate  rem  publicam  efficererit, 
sed  ignoti  inter  se ,  diversis  manipulis ,  sine  rectore  ,  sine  affectibus  mutuis ,  quasi 
ex  alio  genere  mortalium  repente  in  unum  coUecti ,  numerus  magis  quam  colonia. 
Appian.  B.  C.  2,  120;  3,  81.  Die  signa  militaria  sind  der  gewöhnliche  Typus 
der  Colonialmünzen.    Eckhel  D.  N.  4,  490  ff. 

3)  Auch  dieser  Ritus  flridet  sich  auf  den  Colonialmünzen  dargestellt.  Eckhel 
D.  N.  4,  489. 

4)  Gromat.  p.  265.     Rudorff  Feldm.  2,  334. 

5)  S.  Nissen  Das  Templum  S.  1—22.    Rudorff  Feldmesser  2,  835  ff. 


—     459     — 

mumis  maximus^);  durch  beide  wird  das  ganze  Terriloriuni  in 
vier  Thieile  zerlegt,  welche  bezeichnet  werden  durch  die  Aus- 
drücke dextra  deciimaniim  oder  sinistra ,  citra  cardinem  oder 
nltra^}.  Indem  man  diesen  Linien  parallel  über  das  ganze  Ter- 
ritorium in  der  durch  die  Grösse  der  einzelnen  Anweisungen 
normirten  Entfernung  Linien  zog,  welche  ebenfalls  cardines  und 
decumanf\  oder  mit  gemeinsamem  Namen  limites  genannt  wer- 
den, zerschnitt  man  die  ganze  Flur  in  rechtwinkliche  gleichsei- 
tige Vierecke  (centuriae).  Die  Schnitlpuncte  der  Linien,  also  die 
Ecken  der  Centurien,  wurden  durch  Grenzsteine  3)  oder  Grenz- 
pfähle*) bezeichnet,  auf  welchen  die  Zahl  des  cardo  und  decu- 
manus  vom  Mittelpuncte  an  gerechnet,  vermerkt  wurde,  so  dass 
danach  die  Cenlurie  zu  bezeichnen  war^).  Jeder  fünfte^)  Limes 
bildete  eine  Hauplabtheilung  und  hiess  actuarius  oder  qninlarius^ 
die  dazwischen  liegenden  kleineren  limites  linearii  oder  in  Italien 
subruncivi.  Alle  diese  limites^  welche  eine  bestimmte  Breite  er- 
hielten,  dienten  zugleich  als  Wege  indem  Gebiete  der  Colonie^). 


1)  Ueber  Etymologie  und  Bedeutung  des  Wortes  decumanus  s.  Nissen  a.  a.  O. 
S.  12.     Lange  im  Philologus  VIII  p.  178. 

2)  Frontin.  de  limit.  p.  27.  28:  limitum  prima  oriyo,  sicut  Varro  descripsit, 
a  disciplina  Etrusca.  —  Ab  hoc  fundamento  rnaiores  nosiri  in  agrorum  rnensura 
videntur  constituisse  rationem.  primo  duo  limites  duxerunt ,  icnum  ab  Oriente  in 
occasum ,  quem  vocaverunt  decimanum ,  alterum  a  rneridiano  ad  septentrionem, 
quem  vocaverunt  cardinem.  iJecimanus  autem  dividebat  agrum  dextra  et  sinistra^ 
cardo  citra  et  ultra.  Hygin,  de  limit.  p.  108.  Siculus  Flaccus  de  cond.  agr.  p.  153. 
Hygin.  de  lim.  const.  p.  166.  167.  Ueber  die  Bezeichnung  Hygin.  de  lim.  p.  111: 
in  maximo  autem  decimano  et  cardine  lapidem  ponis  et  inscribis  DfJCJMANVS 
MAXIMVS  et  CARDO  MAXIMVS.  Forma  autem  sie  scribi  debebit  DEXTRA 
DECVMANVM  et  SIMSTRA,   CllRA   (ARDJ^EM  et   VLTRA. 

3)  Hygin.  de  lim.  const.  p.  172. 

4)  Hygin.  de  gen.  contr.  p.  126.  127. 

5)  Die  Inschrilt  einer  Centuria  war  z.  B.  DDI  :  VKI.  d.  h.  dextra  decu- 
manum  primum,  ultra  kardinem  primum;  oder  8DI  :  CKl.  d.  h.  sinistra  decu- 
rnanum  I,  citra  kardinem  l,  und  so  mit  verschiedenen  Zahlen.  Frontin.  de  contr. 
p.  14.  Hygin.  de  limit.  p.  111,  z.  B.  7).  D.  LXXXXVIJJ.  V.  K.  LXXV.  Hygin. 
de  lim.  const.   p.  173.  195  und  Figur  1713.    Kudorff  S.  352  ff. 

6j  Dabei  wird  der  decimanus  maximus  und  cardo  maximuf  selbst  nicht  mit- 
gezählt. Hygin.  de  lim.  const.  p.  168:  decimanus  autem  primus  maximus  appcl- 
latur^  item  kardo :  nam  latitudine  ceteros  praecedunt.  alii  limites  sunt  actua- 
rii  atque  alii  linearii.  Actuarius  limes  est,  qui  primus  actus  est,  et  ab  eo 
quintus  quisque ;  quem  si  numeraveris  cum  primo ,  sextus  erit ,  quoniam  quinque 
centuria»  sex  limites  cludunt. 

7)  Frontin.  de  contr.  p.  24:  omnes  enim  limite»  aecundum  legem  colonicam 
itirveri  publico  servire  debent.  p,  41.  58.  Sicnhis  Flacc,  p.  153.  158.  ,,'Secundum 
legem  et  constitutionem  divi  Augusti"  hatte  rler  decimanus  maximus  eine  Breite 
von  40,  der  cardo  maximus  von  20,  der  actuarius  von  12,  der  subruncivus  von 
8  Fu88.  Hygin.  de  lim.  const.  p.  194.  Doch  gab  es  darüber  auch  andere  Bc- 
Btlmmungen.    Hygin.  de  lim.  p.  111.  ' 


—     460     — 

Der  Schnittpunct  des  cni^do  maximus  und  demimaiiiis  maximus 
würfle  der  Theorie  nach  zugleich  Mittelpunct  der  Colonie  haben 
sein  müssen,  wie  dies  bei  der  Abstechung  des  Lagers,  welche 
im  Ganzen  nach  denselben  Grundsätzen  geschah,  der  Fall  war^), 
und  bei  neuen  Stiidteanlagen  pflegte  dies  beobachtet  zu  werden'^); 
allein  da  bei  Colonieanlagen  die  Stadt  meistens  schon  vorhanden 
war,  so  nahm  man  dazu  einen  willkürlichen  Punct  gewöhnlich 
ausserhalb  derselben'*).  Dies  war  auch  meistens  aus  dem  Grunde 
nölhig,  weil  die  Stadt  gewöhnlich  auf  Höhen,  zuweilen  auf  festen 
Felsen  gegründet  wurde,  welche  als  unfruchtbares  Land  von  der 
Limitation  ganz  ausgeschlossen  waren  4),  so  dass  man  in  diesem 
Falle  die  Theorie  absichtlich  aufgab  ^j.  Die  Centurien  enthielten 
durchschnittlich  200  mgera,  doch  w^aren  sie  auch  grösser ^j  ;  sie 
heissen  in  dem  Vermessungsdocumente  der  Colonie'),  weil  sie 
innerhalb  des  durch  die  genannten  Linien  gebildeten  Netzes   lie- 


1)  Klenze  Philolog.  Abhandlungen,  heransgeg.  von  Lachmann,  Berlin  1839. 
8  S.  134:  ,, Dieser  Mittelpunct  des  Lagers  liegt  nach  den  100  Füssen  freien 
Raums ,  der  vor  der  Zeltreihe  der  Tribunen  blieb  und  den  die  Römer  principia 
nannten.  Auf  diesen  Mittelpunct  stellten  nun  die  Römer  sowohl  bei  der  Acker- 
vermessung als  bei  der  Lagerabsteckuiig  jenes  Signalzeichen,  nach  dem  unter 
rechtem  Winkel  die  Hauptlimites  nach  allen  vier  Seiten  fortgeführt  wurden.  Das 
Instrument  war  von  Eisen,  oben  drauf  ein  Winkelmesser,  tetrans,  und  das  Ganze 
wurde ,  wie  auch  der  Schneidepunct  der  Linien  selbst  gruma  oder  groma  ge- 
nannt, wonach  die  Feldmesser  selbst  den  Namen  gromatici  haben."  S.  die  Stel- 
len daselbst  und  bei  Rudorff  Feldm.  2,  335  f. 

2)  Hygin.  de  lim.  const.  p.  180:  quibusdam  colonm  postea  constitutis ,  sicut 
in  Africa  Admederae ,  decimanus  maximus  et  kardo  a  civitate  oriuntur  et  per 
quattuor  portas  in  morem,  castrorum  ut  viae  am,plissimae  limitibus  diriguntur. 
haec  est  constituendorum  limitum  ratio  pulcherrima.  —  Sic  et  in  castris  groma 
ponitur  in  tetrantem,,   qua  velut  ad  forum,  conveniatur.    Vgl,  p.  191. 

3)  Ders.  p.  178:  quibusdam  coloniis  kardo  maximus  et  decimanus  non  long e 
a  civitate  oriuntur.  nam  in  proximo  esse  debent,  immo ,  si  fieri  potest,  in  ipsa 
colonia  inchoari :  std  quom  vetusta  municipia  in  ius  coloniae  transferuntur ,  stan- 
tibus iam  muris  et  ceteris  moenibus  limites  primos  nisi  a  foris  (d.  h.  von  ausser- 
halb) accipere  non  possunt.     S.   die  dazu  gehörige  Figur. 

4)  Ders.  p.  179.     Rudorff  S.  360  ff. 

5)  Ders.  p.  181:  itaque  si  loci  natura  permittit,  rationem  servare  debemus : 
sin  autem,  proximum  rationi.    Vgl.  p.  194. 

6)  Siculus  Flaccus  de  cond.  agr.  p.  159:  centuriae  autem  non  per  omnes  regio- 
nes  ducenta  iugera  obtinent,  in  quibusdam  ducentena  dena,  quadragena.  Hygin.  de 
lim.  const.  p.  170 :  modum  autem  centuriis  quidam  secundum  agri  amplitudinem 
dederunt ;  in  Italia  triumviri  iugerum  quinquagenum ,  aliubi  ducenum ;  Cremonae 
iug.  CCX ;  divus  Augustus  in  Beturia  Emeritae  iug.  CCCC;  quibus  divisionibus 
decimani  habent  longitudinis  actus  XL,  kardines  actus  XX.  In  dem  liber  colonia- 
rum  p.  209  ff.  werden  diese  Differenzen  bei  den  einzelnen  Colonien  bezeichnet. 
Ein  iugerum  hat  2  actus,  ein  actus  ist  120  Fuss  ins  Geviert.  Klenze  a.  a.  0. 
S.  130.    Rudorff  S.  351.  363. 

7)  forma  coloniae  oder  aes.  Frontin.  de  contr.  agr.  p.  46.  51.  Sicul.  Flacc. 
de  cond.  agr,  p.  154  f.    Rudorff  S.  405. 


—     461      — 

gen,  ugri  inlra  clusi ,  und  umfassen  nur  urbares  Land^);  im 
Gegensatz  dazu  heissen  die  ausserhalb  der  Limitation  befindlichen 
nicht  urbaren  Stücke  loca  relicta  et  extra  clusa'^),  dagegen  die 
Stücke  urbaren  Landes,  welche,  zu  klein,  eine  eigene  Centurie 
zu  bilden,  zwischen  der  unregelmässigen  Grenze  des  Territoriums 
und  dem  äussersten  Limes  lagen,  oder  auch  innerhalb  der  Li- 
mitation durch  nicht  vermessbare  Stücke  zwischen  den  limites 
entstanden,  subseciva^).  Kam  nun  das  ganze  Gebiet  zur  Assig- 
nation"*),  so  wurden  die  Centurien  in  sortes,  deren  Grösse  bei 
verschiedenen  Colonien  verschieden  war  5),  vertheilt,  und  diese 
unter  den  Colonisten  zur  Verloosung  gebracht <»)  ;  blieb  noch  ur- 
bares Land  übrig,  so  wurde  dies  den  Angesiedelten  zur  Posses- 
sion   concedirt'),    und   später    zu   einer   neuen   Ansiedelung   be- 

1)  Frontin.  de  contr.  agr.  p.  51  :  ayri  sunt  adsignati,  qua  usque  tunc  solum 
utile  Visum  est.  Hygin.  p.  112:  mensura  territorü  usque  ßeri  debet  secundum  le- 
gem divi  Augusti  QVA  FALK  ET  ARATER  lERlT ;  p.  199:  solent  enim  culti 
agri  ad  pretium  emeritorum  aestimari ;  p.  201  :  adsignare  agrum  secundum  legem 
divi  Augusti  eatenus  dehebimus,  qua  falx  et  arater  exierit. 

2)  Frontin.  de  contr.  agr.  p.  55  :  loca  autem  relicta  et  extra  clusa  non  sunt 
nisi  in  ßnibus  coloniarum,  ubi  assignatio  pervenit  usque  qua  cultum  fuit,  quate- 
nu8  ordinatione  centuriarum  intermissa  finitur.  Vitra  autem  silvestria  fere  fuerunt 
et  iuga  quaedam  montium ,  quae  visa  sunt  finem  coloniue  non  sine  magno  argu- 
menta facere  posse.  —  propter  quod  haec  loca,  quod  adsignata  non  sint,  relicta 
appellantur;  extra  clusa,  quod  extra  limitum  ordinationem  sint  et  tarnen  fine 
cludantur.     Hygin.   de  lim.  const.  p.  198. 

3)  Vi'ar  z.  B.  innerhalb  der  limitiiten  Aecker  ein  Teich,  so  entstanden  da- 
durch, dass  derselbe  von  dem  Quadrat  der  nächsten  Limites  eingeschlossen 
wurde,  innerhalb  dieses  Quadrates  aus  den  Uferstücken  des  Teiches  subseciva. 
Hygin.  de  gen.  contr.  p.  132  f. :  subsiciva  autem  ea  dicuntur,  quae  adsignari  non 
potuerunt.  id  est,  cum  sit  ager  centuriatus,  aliqua  inculta  loca,  quae  in  centuriis 
erant  ,  non  sunt  assignata.  Haec  ergo  subsiciva  aliquando  auctor  divisionis  aut 
sibi  reservavit  aut  (diquibus  concessit  aut  rebus  publicis  aut  privatis  personis. 
Frontin.  de  agr.  quäl.  p.  6.  7.  Agennius  Urb.  de  contr.  agr.  p.  81  :  subsicivo- 
rum  autem  genera  sunt  duo;  unum ,  quod  extremis  adsignatorum  agrorum  fmibus 
centuriam  non  explet :  aliud  etiam  integris  centuriis  interoenit.  Hygin.  de  lim. 
p.  110.  Ueber  diese  subseciva  verfügten  die  Kaiser.  Frontin.  de  contr.  p.  8.  54. 
Siculus  Flacc.   de  cond.   agr.  p.  163.     Kudorff  S.  390  ff. 

4)  Hygin.  de  lim.  const.  p..203:  si  vero  municipium  in  coloniam  eins  trans- 
feretur ,  condicionem  regionis  excutiemus ,  et  secundum  suam  postulationem  ad- 
aignabimus.  Muttis  locis  conditores  Universum  locum  coemerunt,  multis  male  meritos 
fundorum  possessione  prioaverunt. 

5)  Ursprünglich  betrug  die  sors  2  iugera ,  später  aber  auch  viel  mehr;  in 
Vibo  15  iugera  für  die  pedites,  30  iugera  für  die  equites  (Llv.  35,  40j ;  in  der 
latinischen  Colonie  Bononia  50  für  die  pedites,  70  für  die  equites  (Llv.  37,  57); 
in  Potentia  und  Pisaurum  6  iugera  (Liv.  39,  44j ;  in  Parma  8,  in  Mutina  5 
(Llv.  39,.  55);   in  Graviscae  5  (Liv.  40,  29).    Kudorff  S.  362  ff. 

6)  Das  Verfahren  bei  der  Verloosung  beschreibt  ausführlich  Hygin.  de  Um. 
p.  113.  199  f. 

7)  Frontin.  de  eontr.  agr.  p.  53:  per  ionyum  enim  tempus  nltiyui  ponaeaso- 
rea  vacnntia  loca  quani  invilunte  otioai  aoli  opportunilate  invaaerunt  et  per  longum 
tempua  inpune  rommalleavtrunt. 


—     462     — 

nutzt*);  liess  man  aber,  was  meistens  der  Fall  war,  einen  Theil 
des  vermessenen  Landes  im  Eigenthum  der  ursprünglichen  Ein- 
wohner, so  wurde  dieser  zunächst  festgestellt,  wobei  in  Folge 
der  neuen  Begrenzung  der  alten  Güter  zuweilen  Tausch  oder 
Ersatz  nöthig  war 2).  Die  Ausstattung  der  Veteranen,  unter 
welchen  sich  nicht  nur  gemeine  Soldaten,  sondern  auch  Centu- 
rionen  und  wenigstens  ein  Theil  der  trihuni  milihmi  befanden^), 
fand  übrigens  nach  dem  Rangverhältnisse  [secimdum  gradum  mi- 
litiae)  in  sories  ungleicher  Grösse  statt  "^j. 
Veriuide-  ^^\Q   ^[q   Colouien ,    so   haben    auch   die    Municinien   in    der 

rang  des  Bc-  '  » 

jiiffs  der  langen  Zeit  ihres  Bestehens  in  Foke  der  alleemeinen  Entwicke- 
lung  der  römischen  Staatsverfassung  ihren  Character  wesentlich 
geändeit.  Ursprünglich  bezeichnete  das  Wort  municipium  ein- 
mal in  abstractem  Sinne  das  unvollständige  Bürgerrecht  und 
zweitens  in  concretem  Sinne  eine  Gemeinde  mit  unvollständigem 
Bürgerrecht  (S.  28)  und  unvollständiger  Stadtverfassung  (S.  43). 
Nach  der  lex  Julia  des  J.  664  =  90  ist  dagegen  municipmm  eine 
städtische  Gemeinde,  der  das  vollständige  römische  Bürgerrecht 
(S.  34)  und  eine  vollständige  römische  Stadtverfassung  (S.  43) 
ertheilt  ist,  ohne  dass  sie  römische  Coloniston  erhalten  hat.  Seit- 
dem endlich  im  J.  665  =  89  den  transpadanischen  Gemeinden 
und    später   den    Communen   ganzer   Provinzen   das    ms  Latii   in 

1)  Frontin.  1.  1.  p.  51  :  scio  in  Liisitania,  finibus  Emeritensium,  non  exiguum 
per  mediam  coloniae  perticam  ire  flumen  Anam  ,  circa  quod  agri  sunt  adsignati, 
qua  usque  iunc  solum  utile  visum  est.  Propter  magnitudinem  enim  agrorum  vete- 
ranos  circa  extremum  fere  finem  velut  terminos  disposuit,  paucissimos  circa  colo- 
niam  et  circa  flumen  Anam :  reliquum  iia  remanserat,  ut  postea  repleretur.  Nihilo 
minus  et  secunda  et  tertia  postea  facta  est  assignatio  :  nee  tarnen  agrorum  modus 
divisione  vinci  potuit^  sed  superfuit  inadsignatus.  Ebenso  waren  in  Capvia  sortes 
übrig  geblieben  ,  Vellei.  2,  81  ;  desgleichen  in  Angusta  Emerita  in  Lusitanien. 
Rudorff  S.  409. 

2)  Siculus  Flacous  in  Giomat.  p.  155  :  nee  tarnen  Omnibus  personis  victis  ab- 
lati  sunt  agri:  nam  quorundam  dignitas  aut  gratia  aut  amicitia  victorem  ducem 
movit,  ut  eis  concederet  agros  suos.  Itaque  limitibus  actis  cum  centuriae  exigeren- 
tur,  eorum,  quorum  nomina  continent ,  agri  notabantur ,  quantum  in  quaque  cen- 
turia  haberent.  Inscriptiones  itaque  in  centuriis  sunt  tales  :  DEXTRA  aut  SINISTRA 
DECIMANVM  TOTVM,  VLTRA  ClTRAve  CARDINEM  TOTVM,  ASSIGNA- 
TVM  ILLI  TANTVM.  Inde  subscriptum  est  nomen  cui  concessum  est,  inscriptione 
tali,  REDDITVM  ILLI  TANTVM.  Praeterea  scriptum  est  et  REDDITVM  ET 
COMMVTATVM  PRO  SVO,  quod  ideo  ßt ,  quoniam  particulas  quasdam  agro- 
rum in  diversis  locis  habentes  duo  quibus  agri  reddebantur ,  ut  continuam  posses- 
sionem  haberent,  modum  pro  modo  secundum  bonitatem  taxabant. 

3)  Zumpt  Comm.  ep.  1,  447  ff. 

4)  Siculus  Flaccns  p.  156,  9 :  non  enim  omnibns  aequaliter  datus ,  sed  et 
secundum  gradum  militiae  et  modus  est  datus. 


—     463     — 

derselben  Weise,  nämlich  ohne  Ansiedelung  einer  latinischen 
Colonie  bewilligt  war  (S.  60),  begann  man,  wie  coloniae  civium 
und  coloniae  Latinae,  so  auch  municipia  civium  Romanorum  und 
municipia  Latina  zu  unterscheiden ;  denn  dass  z.  B.  die  von 
Vespasian  mit  dem  ms  Latii  beschenkten  spanischen  Städte  mu- 
nicipia waren,  kann  einem  Zweifel  nicht  unterliegen  ^) .  Allein 
alle  diese  Arten  von  Gemeinden  waren  nach  altitalischem  Muster 
im  Ganzen  gleichmässig  eingerichtet  und  in  dieser  Gleichheit  der 
Verfassung  ist  es  hauptsächlich  begründet,  wenn,  obgleich  die 
römischen  Colonien  bis  zum  dritten  Jahrhundert  sich  dem  Range 
nach  von  den  Municipien  unterschieden  (S.  362),  doch  im  ge- 
wöhnlichen ^)  wie  im  juristischen  3)  Sprachgebrauch  municipinm 
der  allgemeine  Ausdruck  für  alle  Arten  römischer  Städte,  nach 
Caracalia's  Zeit  (S.  424)  für  alle  Arten  von  Gemeinden  im  Ge- 
gensatz zu  Rom  wird.  In  diesem  Sinne  dürfen  wir  von  einem 
Municipalrecht  reden,  welches  den  Colonien  und  den  Municipien 
gemeinsam  ist. 


Die  Municipalverfassung. 

Bei  der  Wichtigkeit  der  Stellung,   welche   die  Communen    in    Quellen. 
dem  Organismus    des    römischen   Reiches   einnehmen,    musste   es 
stets    als   eine    interessante  Aufgabe  betrachtet  werden,    von  den 
inneren   Verhältnissen    derselben   eine   möglichst  vollständige  An- 

i)  Mommsen  Stadtrechte  von  Salpensa  und  Malaca  S.  400.  Hübner  C.  J,  L. 
II  p.  90.  Zumpt  Stud.  Rom.  p.  273  fl'.  ist  der  Ansicht,  dass  diese  Municipien 
eine  gemischte  Bevölkerung  von  römischen  Bürgern  und  Latinern  und  einen 
gemischten  Ordo  gehabt  hätten,  und  dieser  Ansicht  stimmt  Walter  (i.  d.  R. 
Rechts  §  317  bei.  Ich  verweise  hierüber  auf  Hübner  C.  I.  L.  II  p.  261.  Das 
Vorhandensein  von  municipia  latini  iuris  im  Jahre  643  =  111  halte  ich  dagegen 
durch  die  von  Mommsen  C.  1.  L.  I  p.  94  in  diesem  Sinne  interpretirte  Stelle 
der  lex  agraria  C,  1.  L.  I  n.  200  lin.  31   noch  nicht  für  erwiesen. 

2)  Namentlich  steht  in  diesem  allgemeinen  Sinne  municeps  und  municipalis. 
So  schreibt  Fronto  ep.  ad  am.  2,  10  p.  200  Naber,  an  die  Decurionen  der  Co- 
lonie Cirta:  Aufidium  Victorinum,  quem  in  numero  municipum  habetis ;  und  Tac. 
ßlist.  3,  43  redet  von  einem  favor  ynunicipalis  in  der  Colonie  Forum  lulium. 
Ausführlich  handelt  hierüber  Znmpt  Comm.  ep.  I,  476  f. 

3j  l'lpian,  Diy.  50,  1,  1,  1  :  sed  nunc  ahmive  municipes  dicimu.'*  suae  cuiun- 
que  civitatis  cives,  ut  puta  Campanos,  Puteolanos.  Capua  und  Puteoli  sind  Colo- 
nien. In  diesem  Sinne  sprechen  die  .Juristen  über  magintratu»  municipale»  (Dig. 
50,  1,  25),  mrisdiHio  municipalis  (50,  1,  29J,  honor  municipali»  (50,  4,  14j, 
Ugatus  municipalis  (50,  7,  1),  u.  s.  w.  und  Fr.  Vat.  %  191  werden  entgegenge- 
setzt tutelae ,  quae  Romae  sunt  iniunctae  und  tutelae,  ipiae  in  municipiU  Italici$ 
iniunyuntur.   S.   Savigny  System  des  heutigen   ii.  Hechts  8,  54. 


—     464     — 

schauung    zu    gewinnen.      Allein    diese   Aufgabe    war    noch    vor 
Zwanzig  Jahren  in  vieler  Beziehung  unlösbar,   da  für  die  Blüthe- 
periode    der  Municipien    und  Colonien    nur    spärliche   Nachrichten 
vorlagen,    die   juristischen    Quellen   aber,    welche   sich   zunächst 
darboten,    zu  einer  Zeit  redigirt  sind,    in  welcher  die   ursprtlng- 
lichen    Institutionen    der    römischen    Stadtgeineinden    unter    dem 
Einfluss  der  kaiserlichen  Verwaltung  sich  in  wesentlichen  Puncten 
verändert  halten^).     In  ein  neues  Stadium  ist  dagegen  diese  Un- 
tersuchung  getreten    seit   der   im  J.   1851    gemachten  Entdeckung 
Die  Gesetze  jer   Municipalgesctzc   von  Salpensa  und  Malaca^),    welche,    zwi- 
und Maiaca. sehen    den    Jahren    82 — 84   n.    Chr.    erlassen,     uns   einen   völlig 
neuen   Aufschluss    über    die    Municipalverhältnisse    der    früheren 
Kaiserzeit  gegeben  haben,    und  die  theils  im  Anschluss  an    diese 
Urkunden*^),    theils    auf  Grund    des   in  der  neusten  Zeit  reichlich 

1)  Untersuchungen  über  einzelne  diesem  Gegenstande  angehörige  Fragen 
sind  in  älterer  Zeit  vielfach,  aber  nur  gelegentlich  angestellt  worden  und  werden 
unten  angeführt  werden ;  die  erste  umfassende  Behandlung  des  ganzen  Stoffes 
findet  sich  in  Fr.  Roth  De  re  municipali  Romanorum  llbri  II,  Stuttgart  1801. 
8;  eine  übersichtliche  Darstellung  in  Savigny  Gesch.  des  R.  Rechts  im  Mittel- 
alter Bd.  I  c.  2.  Vgl.  Rein  in  Paulys  Realenc.  Bd.  5  S.  223  ff.  0.  Hegel  Gesch. 
der  Städteverfassung  von  Italien  Bd.  I,  1847.  8.  Die  gelehrten  und  umfangrei- 
chen Forschungen  von  A.  W.  Zumpt  im  ersten  Bande  der  Commentationes  epi- 
graphicae,  Berlin  1850.  4  haben  über  viele  schwierige  Puncte  zuerst  ein  sicheres 
Urtheil  möglich  gemacht  und  neue  Resultate  festgestellt,  welche  ich  benutze; 
aber  auch  sie  konnten  einige  wichtige  Fragen  nicht  erledigen ,  über  welche  ge- 
genwärtig ein  neues  Material  vorliegt. 

2)  Beide  Urkunden,  jetzt  enthalten  im  C.  /.  L.  II  n.  1963.  1964  und  bei 
Henzen  n.  7421,  wurden  zuerst  herausgegeben  von  R.  de  Berlanga  Estudios  sobre 
los  dos  bronces  encontrados  en  Malaga  a  fines  de  Octubre  de  1851,  Malaga  1853. 
4;  sodann  mit  einem  vortrefflichen  Commentar  von  Mommsen  Die  Stadtrechte 
der   latinischen  Gemeinden  Salpensa   und  Maiaca  in  der  Provinz  Baetica,   Leipz. 

1855,  auch  im  3ten  Bande  der  Abhandl.  d.  K.  S.  Gesellsch.  der  Wiss.  S.  363  ff. 
nebst  Nachtrag  ebendas.  S.  489 — 507,  endlich  nochmals  von  Berlanga  Monumentos 
historicos  del  rnunicipio  Flavio  Malacitano  ,  Malacae  1864.  8.  Die  neuen  That- 
sachen,  welche  sich  aus  diesen  Documenten  ergeben  ,  erregten  zuerst  Bedenken 
über  die  Aechtheit  derselben,  welche  namentlich  geltend  gemacht  sind  von  E.  La- 
boulaye  Les  Tables  de  bronce  de  Malaga  et  de  Salpensa,  Paris  1856,  später  von 
CM.  Asher  Notice  sur  l'epoque  et  In  mithode  de  la  fabricatlon  des  tables  de 
Malaga,   Paris  1868.  8  und :    Ueber  das  XXII.   Capitel    der    Tafel    von    Salpensa 

'  nebst  einer  Analyse  der  ganzen  Tafel,  Heidelberg  1867.  8.  Diese  Zweifel  sind 
indess  jetzt  als  beseitigt  anzusehn  namentlich  durch  zwei  gelehrte  und  sorgfäl- 
tige Abhandlungen    von  Ch.   Gitaud  Les  tables  de  Salpensa   et  de  Malaga  ,   Paris 

1856.  8  und  La  lex  Malacitana,  Paris  1868.  8,  von  denen  die  erste  gegen  La- 
boulaye,   die  zweite  gegen  Asher  gerichtet  ist. 

3)  Auf  die  Erklärung  der  Tafeln  beziehen  sich  zunächst  die  Abhandlungen 
von  Dernburg  in  Dernburg  und  Hillebrand  Krit.  Zeitschr.  für  die  gesammte 
Rechtswissenschaft,  Bd.  3  (1855)  S.  74  ff.  Huschke  Gaius.  Beiträge  zur  Kritik 
und  zum  Verstäudniss  seiner  Institutionen,  Leipzig  1855.  8  S.  14  ff.  Stintzing 
Krit.    Zeitschr.    für    die  ges.  Rechtswiss.   Bd.   4  (1856)  S.~328  f.     Dirksen    Ein 


—     465     — 

zugeflossenen  epigraphischen  Materials  überhaupt  mit  glücklichem 
Erfolge  den  Verfassungen  der  römischen  Gemeinden  aufs  Neue 
zugewendete  Forschung  i)  hat  es  möglich  gemacht,  gegenwärtig 
mit  grösserer  Sicherheit  über  diejenigen  Fragen  zu  urtheilen, 
welche  den  Gegenstand  der  folgenden  Darstellung  ausmachen. 


Die  Gemeinde  und  die  Yolksversammlung. 

Die   Gemeinde   besteht   überall   aus   zwei   Theilen ,    Bürgern    c-'t^und 

^  ^        ,  7  ö  ineolae. 

und  Insassen,  cives  et  ineolae,  iroXTiai  xai  fisTotxoi^).  Die  Bür- 
gerschaft ergänzt  sich  erstens  aus  denen,  welche  von  Bürgern 
abslammen  [cives  nati^  cives  origine),  zweitens  aus  solchen,  welche 
durch  alleclio  inter  cives  ausdrücklich  in  das  Bürgerrecht  aufge- 
nommen werden,  drittens  aus  den  von  Bürgern  manumittirlen 
Sciaven  und  viertens  durch  Fremde,  welche  von  Bürgern  adop- 
tirt  werden  3) .  Der  Stand  der  ineolae  dagegen  hat  seinen  Ur- 
sprung in  dem  Zuzug  solcher  Personen,  welche  in  einer  Gemeinde, 
der  sie  durch  Geburt  nicht  angehören,  ihren  dauernden  Wohnsitz 
[domiciliitm]  nehmen,  ohne  dadurch  das  Bürgerrecht  ihrer  Vater- 
stadt zu  verlieren.  Zu  den  ineolae  sind  also  nicht  diejenigen  zu 
rechnen,  welche  zum  Zwecke  von  Studien'*)  oder  wegen  kauf- 
männischer Geschäfte  sich  zeitweise  in   einer  Stadt   aufhalten  — 

Beitrag  zur  Auslegung  der  epigr.  Urkunde  einer  Städteordnung  für  die  latinische 
Bürgergemeiiide  zu  Sulpensa ,  Abb.  der  Berliner  Acad.  1866  S.  677  fl".  G.  Bruns 
Die  Römischen  Popularklagen  in  Rudorff  und  Bruns  Zeitschr.  für  Rechtsge- 
schir.hte,  Bd.  3  (1864)  S.  341  ff. 

1)  Vor  Allem  sind  zu  erwähnen  die  schönen  Untersuchungen  von  £.  Kuhn 
Die  städtische  und  bijrgerliche  Verfassung  des  R.  Reichs,  Bd.  1  Leipzig  1864.  8 
und  Henzen  Jntomo  aleuni  magistrati  municipuli  de'  Homani  in  Annali  deW  inat. 
1859  p.  193 — 226.  Anderes  wird  weiter  unten  angeführt  werden,  (ianz  uner- 
giebig ist  dagegen  F.  Bechard  Droit  municipal  dans  l'anÜquiU,  Paris  1860.  8, 
dessen  Verfasser  mit  allen  neueren  Arbeiten  über  diesen  Gegenstand,  auch  denen 
seiner  eigenen  Landsleute,  unbel<annt  geblieben  ist. 

2j  So  giebt  es  in  Herculaneum  mtmicipes  et  incofa«  (Orelll  3705  =  Mommsen 
/.  N.  2430);  in  Perusia  muniripes  et  ineolae  (Orelli  3707);  in  Benevent  eoloni 
et  inquilini  (Orelli  3712  =  Mommsen  7.  N.  1503);  in  Narbo  coloni  incolaeque 
rOrelli  2489);  und  in  der  Inschr.  von  Antipolis  in  Gallia  Narbonensis,  Orelli 
o708,  wird  erwähnt  C.  TuU.  Flaminius ,  domo  Catina  ex  provincia  Siciliae,  m- 
cola  Anlipolitanus.    Eine  grössere  Sammlung  von   Beispielen  giebt  Kuhn  1,  6. 

3)  (Jlpian.  I>iy.  50,  1,  1  pr. :  muniripem  aut  nativitatt  facil  aut  manumissio 
nut  adoptio.  Cod.  lust.  10,  39,  7:  civc.i  quitUm  origo ,  Tn<m«mi.«/o,  allectio  vel 
adoplio^  incolüH  vero  —  domiciUuni  farit.  Ausführlich  handeln  hierüber  Savigny 
System  des  heutigen  Rom.  Rechts  8,  44  fT.   Kuhn  1 ,  I    fT. 

4)  Cod.  lust.   10,  39,  2. 

Rom.  Altorth.   IV.  30 


-    466    — 

denn  diese  werden  von  den  incolae  a\s  hospües  oder  advenlores  ^) , 
von  den  xatotxoüVTe?  als  irapsTrtorjji-ouvre^^),  xatspYaCojxsvoi  oder 
7rpaYfjLaT£uo[i£voi ^) ,  d.  h.  als  Fremde^),  ausdrücklich  unterschie- 
den —  sondern  incola  wird  man  nur  durch  wirkliche  Nieder- 
lassung, Laris  coUocatio^). 

Zur  Uebernahme  der  gemeinen  Lasten  [munera)  ^)  sind  beide, 
cives  und  iiicolne,  in  gleicher  Weise  verpflichtet'),  zur  Beklei- 
dung von  Ehrenstellen  dagegen  in  älterer  Zeit  nur  die  Bürger 
befähigt  ^) .  Auch  dieses  änderte  sich  in  der  Kaiserzeit,  in  wel- 
cher, wie  wir  unten  sehn  werden,  die  honores  niunicipules  zu 
den  drückendsten  Lasten  zu  gehören  anfingen.  In  dieser  Zeit 
war  es  eine  Wohlthat  für  die  Bürger,  dass  auch  die  incolue  zu 
den  Municipalämtern  zugezogen  wurden'*);  andererseits  wurde 
aber  den  incolae  keineswegs  eine  Freizügigkeit  in  dem  Sinne  ge- 
stattet, dass  sie  durch  Verlegung  ihres  Wohnsitzes  von  den 
Pflichten  gegen  ihre  Vaterstadt  entbunden  wurden  ^^) ;  sie  blieben 
vielmehr  Gemeindemitglieder  zweier  Städte,  ihrer  Vaterstadt  und 

1)  Orelli  2287.  3326.    Henzen  6962.    Cic.    Verr.  II,  4,  58,  130. 

2)  C.  I.  Gr.  2286.  Eckhel  D.  N.  3,  306^.    Letronne  Becueil  1,  340. 

3)  Keil  Analecta  epigr.  et  onomatol.  p.  80.  Derselbe  Epigraphische  Excurse 
S.  370.    Kuhn  1,  22  ff. 

4)  Llban.  Yol.  I  p.  456  ß.  :  TtoXiTai,   (xdior/oi,  ^evoi. 

5)  Cod.  Theod.  12,  1,  52.  Cod.  lust.  3,  24,  2 ;  10,  39,  7. 

6)  Ueber  diese  munera  s.   das  Nähere  bei  Kuhn  1,  7  ff. 

7)  Cod.  lust.  10,  39,  5:  si  in  patria  uxoris  tuae  vel  qualibet  alia  domici- 
lium  defixisti,  incolatus  iure  ultro  te  eiusdem  civitatis  muneribus  obligusti.  Ibid.  6 : 
privilegio  speciali  civitatis  non  interveniente  tarnen  originis  raiione  ac  domicilii 
voluntate  ad  munera  civilia  quemque  vocari  certissimum  est. 

8)  Dies  liegt  in  der  Natur  der  Sache.  S.  Cic.  de  off.  1,  34,  125:  peregrini 
autem  atque  incolae  officium  est.,  nihil  praeter  suum  negotium  agere,  nihil  de  alio 
anquirere  minimeque  esse  in  aliena  republica  curiosum.  Es  war  anfänglich  eine 
Ausnahme,  wenn  die  incolae  zu  den  honores  Zutritt  hatten.  Agennius  Urbicus 
in  Gromat.  p.  84:  sed  haec  quaedam  coloniae  aut  beneficio  conditorum  percepe- 
runt,  ut  Tudertini,  aut  postea  apud  principes  egerunt ,  ut  Fanestres,  ut  incolae 
etiamsi  essent  alienigenae ,  qui  intra  territorium  colerent,  Omnibus  honoribus  fungi 
in  colonia  deberent.  Hoc  Fanestres  nuper  impetraverunt,  Tudertini  autem  beneficio 
habent  condiioris.  In  der  Stadt  Gigthi  in  Africa  gehörten  die  incolae  weder  zum 
popuius  noch  zum  ordo.  S.  die  Inschr.  Gue'rin  I  p.  227  n.  32:  L.  ümmidio 
Quir(ina^  Pacato  ordo  populusq(jue)  Gigthensis,  conferentibus  et  incolis. 

9)  Beispiele  geben  die  Inschr.  des  Sex.  Vencius  luventianus  —  adlectus  in 
curiam  Lugdunensium  nomine  incolatus  a  splendidissimo  ordine  eorum  (Orelli 
3725);  Muratori  1088,  6  =  Miliin  Voyage  dans  les  departements  du  midi  de  la 
France  I  p.  336:  Q.  Secund.  Quigonis  civis  Treveri,  Illlllvir.  Augustalis  in 
Aeduis  consistentis  omnibus  honoribus  inter  eos  functi.  Vgl.  Orelli  2066.  3709. 

10)  Cod.  lust.    10,  38,  4:  origine  propria  neminem  posse  voluntate  sua  eximi 
manifestum  est. 


-    46t     - 

ihres  Wohnortes,    waren    der  Gerichtsbarkeit   beider   unterworfen 
und  zur  Leistung  aller  munera  in  beiden  angehalten  i). 

Die  politische  Organisation  der  Bürgerschaft  {populiis)  in  den Eintteiiang 
Municipien  und  Colonien  trägt  noch  in  den  ersten  Jahrhunderten  schaftiu 
der  christlichen  Zeitrechnung  das  Gepräge  ihres  alten  Ursprungs, 
welcher  in  die  Periode  der  römischen  Könige  oder  der  ältesten 
römischen  Republik  fällt,  und  ist  von  den  grossen  Umwälzungen, 
welche  die  römische  Staatsverfassung  selbst  erfuhr,  nur  langsam 
und  theilweise  influirt  worden.  Die  Bürgerschaft  war,  wie  die 
älteste  römische  Gemeinde,  in  curiae  getheilt,  welche  entweder 
mit  Zahlen  oder  mit  besonderen  Namen  bezeichnet  werden  und 
den  altlatinischen  Städten,  wie  den  römischen  Colonien  und  Mu- 
nicipien gemeinsam  sind.  Sie  finden  sich  in  Italien  in  Lanu- 
vium2)j  in  alter  Zeit  Stadt  des  latinischen  Bundes-^),  und  in 
Caere  ^);  in  Sardinien  ^j;  in  Spanien  in  Malaca,  einer  latinischen 
Stadt  ^),  und  in  Acinipo'),  besonders  aber  in  Africa  und  Nu- 
midia,  nämlich  in  den  Colonien:  Uippo  Regius^);  lulia  Neapolis^); 
Colonia  Scillitanaiö)^  Thamugas^^j,  Theveste^^jj  jn  den  Municipien: 

1)  Kuhn  1,  11  flf.  Gaius  Dig.  50,  1,  29:  incola  et  his  magistratibus  purere 
debet,  apud  quos  incola  est,  et  Ulis,  apud  quos  civis  est:  nee  tantum  municipali 
iuris  dictioni  in  uiroque  municipio  subiectus  est,  verum  etiam  omnibus  publicis 
muneribus  fungi  debet.  Cod.  lust.  10,  38,  1 :  cum  te  Byblium  origine  ,  incolam 
autern  apud  Berytios  esse  proponas,  merito  apud  utrasque  civitates  muneribus  fungi 
compelleris. 

2)  Orelli  3740 :  viritim  divisit  decurionibus  et  augustalib.  et  curiis  n.  XXJllI. 

3)  Dionys.  5,  61. 

4)  Henzen  5772,  welche  Inschr.  indessen  Mommsen  Stadtrechte  p.  410  an- 
ders erklärt, 

5)  Henzen  n.  7420  eß  (p.  523):  Q.  Allio  —  Pudentillo  auguri  curiae  XXIII. 
Gefunden  in  Porto  Torres  in  Sardinien. 

6)  Henzen  7421. 

7)  C.  I.  L.  n  n.  1346:  {pont.?)  sacrorum  curinrum.  In  dem  municipium 
Arva  in  Baetica  wird  (C  /.  L.  II  n.  1064}  eine  Statue  beschlossen  von  acht 
centuriae.  Ob  dies  auch  eine  Eintheilung  der  Bürgerschaft  war?  Mommsen  hält 
dieselben  für  coUegia  possessorum. 

8)  Henier  n.  2H71  =  Henzen  n.  7420 f:    L.  Postumio  Felici   Celerino 

singulae  curiae  singulas  sUituas  de  suo  posuerunt. 

9)  Gut'rin  II  p.  250  n.  457:  memoriae  M.  Numiai  Clodiani  dec.  augur.,  ho- 
mini  bono,  qui  decedens  testamento  suo  ad  remunerandos  curiales  curiae  Aeliae 
88  X  mil.  n.  reliquit,  ob  honorem  eius  hanc  statuam  idem  cur{^iales)  sua  pecunia 
posueriunt). 

10)  MafTei  M.  V.  p.  462,  3  =  Gue'rin  I  p.  324  n.  ö5:  C>.  Maniliua  Felix  C\ 
filius  Papiria  lieceptus  post  alia  arcum  quoque  —  erexit ,  ob  cuius  dedieationem 
decurionibus  sportulas,   curiis  epu{lum  dedit). 

11)  Ilenier  n.  1525:  L.  lulio —  Comiciano  —  patrono  curiales  cur{iae)  Com' 
modae  sua  pec(unia)  fec(eruni)  idemque  dedicaver{unt). 

12)  Kenier  n.  3096:  —  —  ob  honorem  /lamonii  annui  munus  {ruriali)hu» 
Omnibus  senia  (^senior ibu$ ?^  curiae  atme  (dedit).  Univer^Hue)  curiae  (et  a)ugustale» 
(jpecuniyi  aua. 

30* 


tien. 


—    468     — 

Agbi*),  Lambaese,  in  welchem  die  Curialen  in  ,se?iio7es  uud  hi- 
niores  zerfielen  2),  und  die  Curien  mit  besondern  Beinamen,  Sa- 
bina,  Antoniniana,  Saturnia,  Papiria,  Aurelia,  Aui^usla,  Traiana 
benannt  waren -^j,  in  Thagasle^),  dem  Municipium  Thiljaritanum'^), 
in  Turuza  *%  Verecunda  "^j  und  einem  nicht  zu  bestimmenden 
Orte  8). 
curiatcomi-  Wenn    so ,    wie    wir    nach    den    angeführten   Beispielen    als 

wahrscheinlich  anzunehmen  berechtigt  sind,  die  Curienverfassung 
für  alle  römischen  Gemeinden  die  regelmässige  war,  so  mussten 
auch  die  Volksversammlungen  in  denselben  Curiatcornitien  sein, 
wie  wir  sie  in  der  That  in  Malaca  kennen  lernen.  Dass  nämlich 
in  allen  Municipien  und  Colonien  das  Volk  zur  Wahl  der  Magi- 
strate^), zur  Gesetzgebung  ^oj  und  zu  allen  Arten  von  Beschlüs- 
sen^^)   ursprünglich  berechtigt  war,   ist  an  sich  unzweifelhaft  und 

1)  Maffei  M.   V.  p.  458  n.  7 : municipii  civilis  Agbienaium  et  universia 

curiis  d.  d.  p.  p. 

2)  Reiiier  n.  91 :  curiae  Sabinae  seniores  qu(orum  nomina  infra  scripta  sunt). 
Es  folgen  14  Namen, 

3)  Mit  diesen  Namen  sind  im  Amphitheater  von  Lambaese  die  Plätze  der 
Curien  bezeichnet.    Renier  n.  185. 

4)  Renier  n.   2902:   donavit  et  c[urii)s  (^singidis)  —  denarlos  quinyenos. 

5)  Guerin  II  p.  83  n.  282:  popuLus  curiarum  X  loco  ab  ordine  dato  alteram 
statuam  posuit  et  ob  dedicationem  decurionib.  sportulas,  curiis  epul(um)  ACTRIS 
EIVS  (Dies  ist  corrupt.  Vielleicht  natalibus  eius?)  d€der{unt).  Vgl.  p.  85 
n.  284.  p.  81  n.  279,  wo  in  einer  fragmentirten  Inschr.  die  Worte  curiarum  X 
vorkommen . 

6)  Orelli  3727  =  Maffei  Mus.  Ver.  p.  462,  5.  Nach  der  Inschrift,  welche  in 
das  Jahr  230  n.  Chr.  fällt,   errichten  universae  curiae  eine  Statue. 

7)  Renier  n.  1430 :  condecurionibus  sportulas  duplas  et  curiis  sing(ulis')  HS. 
CXX  n. 

8)  Renier  n.  3461  :  curia  sex(ta)    Verulana. 

9)  Lex  Julia  municipalis  (C.  /.  L.  I  n.  206)  lin.  83:  queiquomque  in  mu- 
nicipieis  coloneis  praefectureis  foreis  conciliabuleis  c(iviuin)  R(omanoruni)  IIvir{e'i) 
IlIIvir{ei)  erunt  aliove  quo  nomine  mag{istraiuvn)  poiestatemve  sufragio  eorum, 
quei  quoiusque  municipi  coloniae  praefecturae  fori  conciliabuli  erunt,  habebunt,  nei 
quis  eorum  e.  q,  s.  Ibid.  lin.  98:  queiquomque  in  municipio  colonia  praefectura 
post  K.  Quinct{iles')  prim{as')  comitia  IIvir{eis)  llllvir{eis')  aleive  quoi  mag(istra- 
tui)  rogando  subrogandove  habebit  e.  q.  s..  Ib.  lin.  130:  neve  quis,  quei  in  eo 
municipio  colonia  praefectura  foro  conciliabulo  sufragio  eorum  maxumam  potesta- 
tem  habebit,  eorum  quem  ibei  in  senatum  —  ire  —  sinito  —  neve  quis  eius  ra- 
tionem  comitieis  conciliove  habeto.  "^Cic.  pr.  Cluent.  8,  25 :  quattuorviros,  quos  mu- 
nicipes  fecerant,  sustulit.  Cic.  ad  Att.  5,  2,  3:  eratque  rumor  de  Transpadanis, 
eos  iussos  Illlviros  creare.  Id.  ad  fam.  8,  1,  2:  nam  Uli  rumores  de  comitiis 
TranspadanoTum  Cumarum  tenus  caluerunt.  Id.  ad  fam.  10,  32,  2:  (Gadibus) 
comitia  biennii  biduo  habuit,   hoc  est,  renuntiavit,   quos  ei  visum  est. 

10)  Cic.  de  leg.  3,  16,  36:  et  avus  quidem  noster  singulari  virtute  in  hoc 
municipio  [Arpinum),  quoad  vixit,  restitit  M.  Qratidio,  —  ferenti  legem  tabellariam. 

11)  Cenotoph.  Pisan.  Orelli  643:  ob  eas  res  universi  decuriones  colonique 
quando  eo  casu  in  colonia  neque  Ilvir  neque  praefecti  erant,  neque  quisquam  iure 
dicundo  praeerat,  inter  sese  consenserunt. 


1 


—     469     — 

für  die  Zeit  der  Republik  hinreichend  bezeugt;  fraglich  ist  nur, 
wie  lange  dieses  Recht  sich  erhallen  hat,  da  zur  Zeit  der  clas- 
sischen  Juristen  die  Wahl  der  Magistrate  nicht  mehr  durch  das 
Volk,  sondern  durch  den  Senat ^),  nicht  mehr  aus  dem  Volke, 
sondern  aus  den  Decurionen^)  erfolgte.  Die  Zeit  dieser  Verän- 
derung festzustellen  hatte  man  früher  nur  einen  Anhalt  an  der 
Nachricht  des  Tacitus,  nach  welcher  in  Rom  selbst  Tiberius  die 
Wahlen  dem  Volke  nahm  und  dem  Senate  übertrug  ^^),  und  es 
war  eine  verzeihliche,  wenn  auch  jetzt  als  falsch  erwiesene  Ver- 
muthung,  dass  diese  Maassregel  sich  auch  auf  die  Municipalstädte 
erstreckt  habe^J.  Man  wusste  allerdings,  dass  die  ganze  Kaiser- 
zeit hindurch  eine  gewisse  Retheiligung  des  Volkes  an  Wahlacten 
und  Reschlüssen  verschiedener  Art  stattfand ;  es  wurden  in  der 
Kaiserzeit  Slaluen  gesetzt  und  andere  Ehren  decretirt  von  dem 
popKlus^),  der  plebs  universal) ^  der  plebs  urbana''],  oder  decu- 
rionum  decreto  et  populi  consensu^);  es  wurden  Patrone  cooptirt 
von  dem  senatiis  populusque^)  oder  den  deairiones  ei  coloni^^)^ 
Magistrate  gewählt  e.T  postulatione  populi  ^^);  nicht  nur  in  Pompeii 
liess  man  seine  Vorschläge  zu  den  Wahlen  der  Reamten  mit 
Farbe   an   die  Mauern  schreiben  12)^    sondern  dies  scheint  überall 

1)  Ulpian.  Big.  49,  4,  1  §  3.  4.  Cod.  Theod.  11,  30,  53  =  Cod.  lust  .  7 
62,  27 :  nominationes  libellis  veL  edictis  factae  citra  consilium  publicum  non  va- 
lent.     Cod.   Just.    10,   31,  46.    Cod.    Theod.    12,   6,   20.    Savigny  a.  a.  0. 

2)  Paulus  Diy.  50,  2,  7  §  2  :  is,  qui  non  sit  decurio,  duumviratu  vel  aliia 
honoribus  funyi  non  potest ,    quia  decurionum  honoribus  plebeii  funyi  prohibentur. 

3)  Tac.  Ann.  1,  15:  turn  primum  e  campo  comitia  ad  patres  translata  sunt: 
nam  ad  eam  diem,  etsi  potissima  arliitrio  principis,  quaedam  tarnen  studiis  tribuum 
fiebant.  Neque  populus  ademptum  ius  questus  est  nisi  inani  rumore ,  et  senatus 
largitionibus  et  precibus  sordidis  exsolutus  libens  tenuit ,  moderante  Tiberio ,  ne 
plures  quam  quattuor  candidatos  commendaret,  sine  repulsa  et  ambitu  designandos. 
ct.  81.  Vellei.  2,  124:  post  redditum  coelo  patrem  —  primum  eius  operum  fuit 
ordinatio  comitiorum,  quam  manu  sua  scriptum  divus  Auyuetus  reliquerat.  c.  126 : 
summota  e  foro  seditio,  ambitio  campo. 

41  Savigny  üesch.  des  R.  Rechts  in  M.   1  S.  40. 

öl  Mommscn  1.  A .   1432 :    populus  lienevent^anus)  —  —  atatuam  coUocavit. 

6)  Mommsen  J.  N.   1429.    Orelli  2(503. 

7)  Orelli  114.  2182.  2220.  2531.  2545.    Henzen  5439.  5963.  5991. 

8)  Mommsen  I.  N.  2342.    Henzen  7170. 

9)  C.  I.  L.  V  n.  4920.  4922. 

10)  Grut.  p.  363,  3.  S.  Ed.  Pbilippl  Zur  Geschichte  des  Patronatb  über 
juristische  Personen,  im  Rheinischen  Museum  N.  F.  8  (1853)  S.  öll. 

11  j  Grut.   p.  431,    1  =  Orelli  4020. 

12j  Die  Formeln  dieser  Commendationen  hat  Zangemeister  C.  l.  L.  IV  p.  9 
/usammengestellt.  l  eher  den  W'ahlact  selbst  ist  aus  denselben  nichts  zu  ersehen. 
Gewöhnlich  i.st  die  Formel  Q.  Caecilium  quaeHorem  —  oro  vos  facinti»  (C.  1.  L. 
IV  n.  29),  auch  mit  Ziisatz  einer  besondern  obucralio,  z.  H.  n.  26:  ,V(wmfrm»«) 
Bnrcht{m)  IIv{irum)  v^irum)  b(onum)  o(ro)  v{oa)  f{aciatu)  ita  vobei»   Venus  Pom- 


—     470     — 

Sitte  gewesen  zu  sein^),  und  noch  im  Jahre  326  war  in  Africa 
eine  nominatio  (candidatorinn)  populi  su/fragiis  üblich'-^);  in  den 
Städten  der  griechischen  Provinzen  bestanden  die  Volksversamm- 
lungen, z.  B.  in  Tarsus  =^),  Amisus"^),  Prusa  s)  und  Tralles^)  noch 
am  Anfange  des  zweiten,  in  Smyrna^)  vielleicht  am  Anfange 
des  dritten  Jahrhunderts,  und  es  Hess  sich  annehmen,  dass  die 
römischen  Städte  in  dieser  Beziehung  nicht  schlechter  gestellt 
waren  ;  allein  an  jeder  sichern  und  instructiven  Nachricht  tlber 
die  Comitien  fehlte  es  8).  Auch  in  Rom  selbst  hatte  die  Anord- 
nung des  Tiberius  nicht  eine  gesetzliche  Aufhebung  der  Comi- 
tien, sondern  nur  eine  thatsächliche  Beeinträchtigung  des  Wahl- 
rechts derselben  zur  Folge.    Die  Gonsuln  schlug  der  Kaiser  selbst 

p(eiana)  sacra  (sancta  propitia  sit).  Angeredet  werden  dabei  einzelne  Personen  oder 
auch  collegia,  z.  B.  caupones  facite,  n.  336;  pomari  facite ,  n.  183;  unquentari 
facite,  n.  609.  Die  Empfehlenden  sind  aber  nicht  nur  ingenui ,  sondern  auch 
liberti  und  sogar  Frauen,  s.  n.   171.  207  und  mehr  bei  Zangemeister  p.   11. 

1)  Aus  der  Zusammenstellung  bei  Zangemeister  p.  10  ist  ersichtlich,  dass 
man  sich  in  verschiedenen  Städten  das  Anschreiben  von  Namen  der  candidati 
auf  Monumente  verbitten  musste;  so  in  Rom  (Henzen  6977:  inscriptor  rogo  te, 
ut  transeas  hoc  monumentum.  Ast  [cum?]  quoius  candidati  nomen  in  hoc  monu- 
mento  inscriptum  fuerit,  repulsam  ferat  neque  honorem  ullum  gerat.'),  in  Narnia 
(Henzen  6975),  in  Forum  Popilii  (Henzen  6976),  Formiae  (Henzen  6566)  und 
andern  Orten.  Dies  sind  die  nominationes  libellia  vel  edictis  factae ,  welche  die 
Verordnung  des  Cod.  lust,  7,  62,  27  für  ungültig  erklärt. 

2)  Cod.  Theod.  12,  5,  1 :  hi  magistratus ,  qui  sufficiendis  duumviris  in  fu- 
turum anni  officium  nominationes  impertiunt ,  periculi  sui  contemplatione  provi- 
deant ,  ut ,  quamvis  populi  quoque  suffragiis  nominatio  in  Africa  ex  consuetudine 
celebretur ,  tarnen  ipsi  nitantur  pariter  ac  laborent ,  quemadmodum  possint  hi ,  qui 
nominati  fuerint,  idonei  reperiri. 

3)  Dio  Chrys.  II  p.  43  R.  :  ou?  ei  [j-ev  o\ea%e  pXaTtxeiv  U[i,ä?  %ai  OTaaeo); 
<?pyeiv  v.a\  xotpa/YJ;,   öXio?  ^/p'^jv  aTreXdaat  xal  {jlyj  r.a^aoiy£G%ci.i  xaT;  dx^cXirjaiai?. 

4)  Plin.   ep.   10,   110:   bule  et  ecclesia  consentiente. 

5)  Hier  bedurfte  sie  allerdings  einer  besondern  Genehmigung  des  Statthal- 
ters. Dio  Chrys.  or.  48  Vol.  II  p.  236  R.  :  7:pä>Tov  (j.£V,  u)  avope?,  xtp  -/.paxioTOj 
OOapivcj)  Sei  yapiv  i]\xä<;  eihivai  —  oxi  ßouXofxdvots  -^{xTv  IxxXYjCiaoai  TidiXtv 
dcpfjxev. 

6)  C.  1.  Gr.  2927:  xaOw?  -/)  TraxpU  aüxcp  siAapxupirjos  TtoXXaxi;  Oia  xfj?  y^" 
vo[Ji.evy)c  elc  auxov  xeifx-^?  Iv  xe  xoT?  «-/.xot;  xai  xou  "LTjcpioixaoi  x-^;  xe  ßo'jX'^? 
7,ai  xoü  SYjfJLO'j  (unter  Hadrian). 

7)  Inschr.  v.  Smyrna,  C.  /.  Qr.  3162,  wie  es  scheint  aus  der  Zeit  des  Se- 
verus  und  Caracalla  (um  211):  Mdpxo?  xapiia;  7.al  ol  ouvdp^avxe;  aüxw  xaxd  x-rjv 
xoO  ör){xoa  yeipoxo^iav. 

8)  Die  Inschrift  von  Ostia,  Orelli  3882,  in  welcher  ein  duumvir  censoriae 
potestatis  quinquennalis  in  comitiis  factus  vorkommt,  ist  aus  der  Zeit  zwischen 
716  —  718  =  38 — 36,  also  für  die  Kaiserzeit  nicht  beweisend;  und  wir  haben 
eigentlich  nur  eine  einzige  hieher  gehörige  aber  auf  einen  speciellen  uns  nicht 
verständlichen  Fall  bezügliche  Inschrift,  Orelli  3107,  in  welcher  es  von  einem 
curator  der  Stadt  Bovillae  bei  Rom  im  J.  157  n.  Chr.  heisst:  (fiic)  primus  co- 
miiia  magistratuum  {creandorum')  causa  instituit. 


—     471     — 

vor^),  die  Candidaten  zu  den  übrigen  Aemtern  liess  er  vom  Se- 
nate vorschlagen  [nominare]^  und  zwar  nur  so  viele,  als  Stellen 
zu  besetzen  waren  ^j ;  eine  wirkliche  Wahl  stand  also  dem  Volke 
nicht  mehr  zu  ^)  ;  nichtsdestoweniger  aber  dauerten  Centuriat- 
und  Tribulcomitien  fort^)  und  die  Consularcomitien  wurden  noch 
zu  Traians  Zeit  und  selbst  am  Anfange  des  dritten  Jahrhunderts 
mit  Beibehaltung  aller  alten  Gebräuche,  der  Auspicien,  des  ein- 
leitenden langen  Gebetes,  des  Aufsteckens  der  Fahne  auf  dem 
laniculum,  des  Vorsitzes  des  Consuls  und  zuletzt  der  Renuntia- 
tion  gehalten,  worauf  dann  sogleich  der  Antritt  des  Consuls  durch 
den  Amtseid  erfolgte^).  Auch  eine  Abstimmung  fand  dabei 
statt  ^'),  wenn  nicht  unter  dieser  eine  Acclamation  zu  verstehen 
ist,    wie   dieselbe   noch   lange   nachher  in  Gebrauch   war^).     Es 


1)  Tac.  Ann.  1,  81  :•  candidatos  hortatus,  ne  ambitu  comitia  turbarent,  suam 
ad  id  curam  pollicitus  est;  plerumque  eos  tantum  apud  se  professos  disseruit,  quo- 
rum  nomina  consulibus  edidisset ;  passe  et  alios  proßteri ,  si  gratiae  aut  meritis 
confiderent.  Speciosa  verbis ,  re  inania  aut  subdola ,  quantoque  maiore  libertatis 
imayine  tegebantur,  ianto  eruptura  ad  infensius  servitium. 

2)  Dio  Cass.  58,  20  sagt,  nachdem  er  erwähnt  hat,  dass  Tiberius  die  Con- 
suln  selbst  in  Vorschlag  brachte :  twv  oe  ot]  xrd  xd;  aXXa?  ap/o^?  ako'JVTtuv 
iceXe-^ETO,  oaou;  f^%t}.z,  xat  gcpä?  ii  xo  ouvdopiov  hiizeixize ,  to'j;  [xev  ouvioxa? 
a'JT^i ,  oirep  utto  -avxojv  ijpojvxo,  xou?  oe  irA  xe  xoT?  otxat(u|xaat  xai  £7:1  xin 
6|xoXoYia  x([)  xs  v.Kqpin  r:oio6[ji.£vo;.  Koti  [xexa  xoüxo  I?  xe  xöv  OYJfxov  xai  ii  xo 
TiKffioi  oi  7:po?fjy,ovx£?  ey.ax£pqi  (d.  h.  jenachdem  die  Wahlen  vor  Tribut-  oder 
Centuriatcomitien  gehörten),  xt;  dp/aia;  bslai  hexa,  xa^drep  xai  vDv,  waxe 
h  efv-ovi  '([•^st'jx^'j.i,  datovxe;  aTrebeixvuvxo.  S.  hierüber  Mommsen  C.  I.  L.  I  p.  383. 
JStobbe  im  Philologus  27  (1868)  S.  97  ff. 

3)  luvenal.   10,  77: 

lam  pridem,   ex  quo  suffragia  nulli 
Vendimus,  effudit  curas  (^poptdus).     Nam  qui  dabat  olim 
Imperium,  fasces,   legiones,  omnia,  nunc  se 
Continet  atque  duas  tantum  res  anxius  optat 
Panem  et  circenses. 

4)  Dio  Cass.  58,  20. 

5)  Plinius  beschreibt  in  seinem  im  J.  100  n.  Chr.  gehaltenen  Panegyricus 
c.  63.  64.  77  die  Wahl  des  Traian  zum  Consul ,  und  lobt  denselben,  dass  er 
sich  allen  Förmlichkeiten  derselben  unterzogen  habe,  während  die  früheren  Kaiser 
sich  abwesend  renuntiiren  Hessen.  Darin  heisst  es:  perpessus  es  longum  iUud 
Carmen  comitiorum  —  consulque  bis  factus  es  ut  unus  ex  nobis ,  quos  facia  con- 
ntles  —  — .  Averser is  tu  honori  tuo  sperata  suffragia,  renuntiarique  te  consulem 
iussisse  contentus ,  liberae  civitatis  ne  simulationem  quidem  serves  ?  Weiter  er- 
wähnt  er  die  auspicia ,  während  des  Aufsteckens  der  Kahne  auf  den  laniculum 
Dio  Cass.  37,  28  gedenkt. 

6)  suffragia  IMin.  pan.   63. 

7)  Nachdem  im  .1.  275  n.  Chr.  der  Kaiser  Tacltus  im  Senat  erwählt  ist, 
heisst  es  von  ihm  Vopigc.  Tac.  7 :  inde  itum  ad  campum  Martium  :  ibi  comitialt 
triburuil  ascendit :  ibi  praefectua  urbis  Aelius  Cesettianus  sie  locutus  est :  Vos, 
aanctisaimi  milites  et  sacratisaimi  vos  Quirites ,  quem  de  sententia  omnium  exerci- 
tuum  aenatua   eleyit ,   Tacitum  dico.  —  —   Adclamatum  est  a  populo :  Feliciaahne 


—     472      — 

lag  nahe,  nach  dieser  Analogie  anzunehmen,  dass  auch  in  den 
Municipalstädlen  die  Volksversammlungen  seit  Tiberius  nur  noch 
als  eine  herkömmliche  Form  ohne  Bedeutung  eine  Zeit  lang  fort- 
bestanden und  allmählich  aufhörten,  und  dass,  wenn  von  einem 
consensus  oder  einer  postulalio  populi  die  Rede  ist,  gar  nicht  an 
eine  Volksversammlung,  sondern  an  eine  gelegentliche  Acclama- 
tion,  z.  B.  im  Theater  i)  zu  denken  sein  dürfte.  Allein  diesen 
Vermuthungen  hat  das  Bekanntwerden  der  lex  Malacüana  ein 
Ende  gemacht,  aus  welcher  wir  lernen,  dass  wenigstens  noch 
am  Ende  des  ersten  Jahrhunderts  die  Wahl  der  Gemeindebeamten 
dem  Volke  ohne  alle  Beschränkung  zustand  und  sonach  die  or- 
dinatio  comitiorum  des  Tiberius  sich  nur  auf  Rom  bezog,  nicht 
aber  auf  die  Municipalstädte  erstreckte.  Denn  dass  in  der  Ur- 
kunde von  Malaca  uns  ein  Municipalrecht  vorliegt,  welches,  ab- 
gesehn  von  localen  Bestimmungen ,  nicht  einer  Provincialstadt 
eigenthümlich,  sondern  allen  latinischen  Städten  gemeinsam  war, 
und  auch  auf  ähnliche  Rechtsverhältnisse  römischer  Municipien 
und  Colonien  einen  Schluss  gestattet,  kann,  wie  Mommsen  be- 
merkt^),  aus  dem  Grunde  nicht  bezweifelt  werden,  weil  die 
häufige  Ertheilung  solcher  Gemeindeordnungen  ebenso  zu  einem 
gleichförmigen  Schema  führen  musste,  wie  der  jährliche  Erlass 
der  Provincialedicte  unter  den  Kaisern  zu  einem  normalen  edictum 
provinciale  (s.  S.  397)  geführt  hat.  Wir  werden  daher  nicht 
irren ,  wenn  wir  auf  Grund  der  einzigen  aber  vollständigen 
Quelle,  welche  uns  jetzt  eröffnet  ist-^),  uns  eine  allgemeine  An- 
schauung von  den  Vorgängen  in  den  Municipalcomitien  zu  ver- 
schaffen suchen. 

Vorsitz.  Den  Vorsitz   führt    bei    allen  Wahlen,    sowohl   der  Ilvivi  als 

der  aediles  und  quaestores  der  dnovir,  welcher  den  Jahren  nach 
der  ältere  ist ;  nur  wenn  er  verhindert  ist,   tritt  der  andre  duovir 

Wahl  der    ein  *) .      Die    Candidaten    haben    sich    bis    zu    einem    bestimmten 

Beamten. 

Termine  vor  der  Wahlversammlung  zu  melden  (profiteri).  Der 
Vorsitzende  prüft  ihre  Qüalification  und  macht,   wenn  er  diese  in 

Tacite  Auguste,  dii  te  servent,  et  reliqua  quae  solent  dici.  Ueber  diese  Acclama- 
tionen  s.  Marini  Arvali  p.  652. 

1)  Mommsen  /.  N.  2569  :   cum  et  populus  in  spectaculis  adsidue  bigas  statui 
postulasset.     C.  J.  L.  III,  289:  postuQatione')  pop(uli^  in  theatro. 

2)  Mommsen  Stadtrechte  S.  398. 

3)  Lex  Mal.  51—60.    Mommsen  Stadtreohte  S.  421—427. 

4)  Lex  Mal.  52. 


I 


—      473     — 

Ordnung  findet,  ihre  Namen  durch  Anschlag  bekannt  (proscrip- 
tio).  Melden  sich  nicht  soviel  Candidaten,  als  Stellen  zu  be- 
setzen sind,  so  präsentirt  [nominal)  der  Vorsitzende  selbst  so 
viele  Personen,  als  noch  fehlen;  jeder  derselben  steht  es  aber 
zu,  ihrerseits  nunmehr  einen  Candidaten  vorzuschlagen  und  auch 
dieser  hat  wieder  das  Recht,  dem  Vorsitzenden  einen  Candidaten 
zu  präsentiren  [apiid  eum  nominare).  Alle  diese  Namen  werden 
angeschlai^en  und  es  steht  niemandem  frei,  die  Wahl,  wenn  sie 
auf  ihn  fällt,   abzulehnen  i). 

Den  Tag  der  Wahl  setzt  der  Vorsitzende  an  und  zwar  zu- 
erst für  die  Wahl  der  duoviri^  dann  für  die  der  Aedilen,  zuletzt 
für  die  der  Quaestoren  2) .  Gestimmt  wird  nach  Curien ;  aber 
nicht  nur  die  Bürger  sind  stimmfähig,  sondern  auch  für  dieje- 
nisen    iucolae,    welche   gleiches   oder   besseres   Recht   hatten,    als  Stimmrecht 

.  .  'der  incolae. 

die  tminicipes,  wurde  vor  dem  Beginne  der  Abstimmung  eine 
Curie  ausgebest,  in  welcher  sie  ihre  Stimme  abgaben'*).  So  hatte 
sich  also  in  Malaca,  obgleich  dieses  ohne  Zweifel  das  ins  der  jün- 
geren latinischen  Colonien  (S.  54)  besass,  das  ursprüngliche  isopo- 
litische Niederlassungsrecht  des  latinischen  Bundes  erhallen,  in 
Folge  dessen  Latiner,  wenn  sie  in  eine  andre  latinische  Stadt 
oder  auch  nach  Rom  übersiedelten,  dort  ein  beschränktes  Stimm- 
recht ausübten  (S.  25),  welches  natürlich  auch  den  Römern  in 
diesem  Falle  in  den  latinischen  Städten  zustand.  Der  weitere 
Vorgang  bei  der  Abstinunung  beruht  ebenfalls  auf  der  alten  Ord- 
nung der  römischen  Curiatcon)itien,  über  welche  wir  gar  keine 
Nachricht  haben,  der  aber,  wie  wir  jetzt  erkennen  können,  die 
Ordnung  der  römischen  Tributconiitien  nachgebildet  war,  denen 
daher  der  Wahlmodus  in  den  Municipien  im  Ganzen  entspricht  ^). 
Nach  der  Ausloosung  der  für  die  incolae  bestimmten  Curie  ruft 
der  Vorsitzende  sämmtliche  Curien  zur  gleichzeitigen  Abgabe  der 
Stimmen   auf^).      Dieselben   begeben    sich  jede  auf  den    für  sie 

1)  Lex  Mal.  51. 

2)  Lex  Mal.  54. 

3j  Lex  Mal.  03  :  quicumque  in  eo  municipio  comitia  IJciris,  item  aedilibua, 
item  quaestoribus  royandis  habebit ,  ex  curiis  sorte  ducito  unnm  ,  in  qua  incolae, 
qui  cives  R((jmani)  Latinive  cives  erunt ,  auffrayia  ferant,  eisque  in  ea  curia  suf- 
frayii  latio  esto. 

4)  Monimscn  Stadtrechte  S.  421—427. 

5)  Lex  Mal.  55 :  qui  comitia  ex  hac  leye  habebit ,  i«  municipen  ntrialim  ad 
suffrayium  ferendum  vocato  ita,  ut  uno  voratu  omneB  curias  in  au/frayium  vocet, 
eaeque  ainyulae  in  ninyulis  rontaeptiit  auffrayium  per  tabellam  ferant.  Anrh  in 
den  römischen  Tributcomitien  wird  (xt^  xXVjoci  gustiüimt.     Diony«.  7,  59. 


—     474     — 

abgezäunten  Platz  [consaeptum)  und  beim  Eintritt  in  denselben 
legt  jeder  Stimmberechtigte  ein  mit  den  Namen  der  Candidaten 
beschriebenes  Stimmtäfelchen  [tabella]  in  den  Stimmkorb  [cista). 
An  dem  Stimmkorbe  jeder  Curie  stehen  drei  vereidigte  Btirger, 
welche  indessen  aus  einer  andern  Curie  genommen  sind,  als 
unparteiische  Stimmwächter  {custodes)  und  Stimmzähler  (diri- 
bitores) ,  und  ausserdem  hat  jeder  Candidat  die  Erlaubniss  in 
seinem  Namen  an  jede  cista  einen  custos  zu  stellen.  Alle  diese 
custodes  geben,  da  sie  in  ihrer  eigenen  Curie  zu  erscheinen  ver- 
hindert sind,  in  derjenigen  Curie  eine  gültige  Stimme  ab,  in 
welcher  sie  die  Aufsicht  führen  i).  Ist  die  Abstimmung  fertig, 
so  zählen  die  diribitores  die  Stimmen  {rationem  habent)^  schrei- 
ben das  Resultat,  welches  sich  in  jeder  Curie  ergeben  hat,  auf 
eine  Tafel  [tabula)  und  liefern  dieselbe  dem  Vorsitzenden  ein, 
der  zuerst  das  Ergebniss  jeder  einzelnen  Curienabstimmung  nach 
folgenden  Grundsätzen  feststellt.  Gewählt  ist,  wer  die  relative 
Majorität  der  Stimmen  hat ;  bei  Stimmengleichheit  haben  Väter 
von  Kindern  oder  wenigstens  Verheirathete  den  Vorzug  vor  den 
Kinderlosen  und  Unverehlichten ;  ist  auch  in  dieser  Beziehung 
Gleichheit  vorhanden,  so  entscheidet  das  Loos^).  Die  so  festge- 
stellten Stimmen  der  Curien  werden  nunmehr  nach  der  durch 
das  Loos  bestimmten  Ordnung  verlesen  und  diejenigen  Candi- 
daten, welche  zuerst  die  absolute  Majorität  der  Curien  erreichen, 
als,  gewählte  Magistrate  von  dem  Vorsitzenden  renuntiirt  ^j . 
Y^^«r^v!^"  Während  so  uns  das  Municipalaesetz  von  Malaca  eine  deut- 

der  Wahlen  ^     o 

an  den senut.  liehe  Vorstcllung  vou  dcu  Municipalcomiticn  giebt,  wie  sie  unter 
Domitian  noch  in  voller  Wirksamkeit  bestanden,  enthält  es  doch 
bereits,  wie  Mommsen  bemerkt  hat;  eine  Andeutung  über  die 
Gründe,  welche  später  die  Uebertragung  der  Wahlen  von  dem 
Volke  an  den  Senat  und  damit  das  Verschwinden  der  Volksver- 
sammlungen herbeiführten.  Der  Umstand,  dass  dem  versitzenden 
Duovir  gestattet  war,  im  Falle  dass  sich  die  Candidaten  nicht 
von  selbst  meldeten,  seinerseits  Candidaten  zu  präsentiren  und 
von  diesen  wieder  ander«  präsentiren  zu  lassen,  zeigt  unzwei- 
felhaft, dass  schon  damals  der  Zudrang  zu  den  municipalen  Eh- 
renstellen  nicht  gross    war.     Jemehr   sich  aber  in  der  Folge  das 

1)  Lex  Mal.  55. 

2)  Lex  Mal.  56  und  dazu  Mommsen  S.  420. 

3)  Lex  Mal.  57.    Mommsen  S.  426. 


—     475     — 

Ehrenamt  in  eine  Last  verwandelte,  um  so  häufiger  wird  das 
Präsentationsrecht  des  Duovir  zur  Anwendung  gekommen  sein. 
»War  aber«,  sagt  Mommsen*),  »die  Zahl  der  Candidaten  nicht 
grösser,  als  die  der  zu  besetzenden  Stellen,  so  war  die  Wahl 
eine  Formalität,  indem  alle  auf  Nichtcandidaten  lautende  Stimm- 
zettel ohne  Zweifel  nichtig  waren;  dieser  Fall  aber,  der  auch 
schon  nach  unserm  Stadtrecht  sehr  leicht  eintreten  konnte,  ward 
immer  häufiger,  je  seltener  die  freiwillige  Meldung  erfolgte.  That- 
sächlich  kam  es  jetzt  allein  auf  die  Nomination  an,  und  da  bei 
dieser  die  Duovirn  den  Ordo  zuzuziehn  pflegten"-^),  so  lag  in  spä- 
terer Zeit  die  Wahl  des  Beamten  factisch  allerdings  in  den  Hän- 
den des  Vorgängers  und  des  Gemeinderathes ,  wenn  auch  das 
Volk  noch  hie  und  da  befragt  ward«^).  Dies  ist  also  dieselbe 
Sachlage,  welche  in  Rom  unter  Tiberius  eintrat;  in  den  Muni- 
cipien  indessen  kommt  dieselbe  erst  viel  später  und  allmählich 
zur  Erscheinung,  bis  sie,  vielleicht  erst  im  Beginne  des  dritten 
Jahrhunderts^),   ebenfalls  gesetzlich  regulirt  wurde. 


Die  Behörden. 

Wie  die  Gurion  Verfassung  der  Municipalgemeinden  so  hat 
auch  das  Beamtenthum  derselben  seinen  Ursprung  in  der  älte- 
sten Periode  der  römischen  Geschichte  ^j.  In  den  Städten  des 
latinischen  Bundes*')  erhielten  sich  noch  lange,  nachdem  diesel- 
ben das  volle  römische  Bürgerrecht  erlangt  hatten,  die  ursprüng- 
lichen  Behörden,    nämlich    entweder    ein   dictafor'^)  ,    wie   er   in  Dictatoren. 


1)  Mommsen  Stadtrechte  S.  424.    Kuhn  1,  239. 

2)  Cod.  Theod.  11,  30,  53;  12,  1,  84. 

3)  Cod.  Theod.  12,  5,  1. 

4)  Kuhn  1,  241. 

5)  S.  Mommsen  Stadtrechte  S.  429  IT.    Henzen  Annali  1809  p.  I9ü  IT.   und 
Annali  1846  p.  253  ff.    Bull.  1851   p.  186  f. 

6)  Das   Verzeichniss   derselben   glebt   Dionys.  5,  61.    Mommsen  K.  Gesch. 
1,  337  Anm. 

7)  Dass  die  Dictatoren    und  Prätoren  die   ursjtrüiiglichen  Hohörden  der  lati- 
nlschen    Städte  sind,    geht  hervor   aus    der   lex   repetundarurn  dos  .lahres  632  = 

122.    C.  I.  L.   I  n.  198  lin.  78:  .sei  quin  eorum,   quei  \nomini»  Latini  nunt , 

ijuei  eorum  in  aua  ifuinque  civHate  dicln\tor  praetor  aediliuve  non  fuerint  —  — , 
vgl.  Mommsen  ib.  p.  71,  und  Spartian.  Hadr.  19:  per  Latinu  oppida  diciator  et 
aedili»  et  duumrir  fuit.  L'ebrigens  s.  Lorenz  De  dietatoribxu  Latinit  et  munici- 
palibuB,  (irimnia  1841.   4. 


—     476     — 

Aricia^),  Lanuvium^),  Nomcntum^),  Tusculum''),  in  der  latini- 
schen Golonic  Sutrium^)  und  in  den  nichtlalinischcn  Städten 
Caere  ^)  und  Fabiateria  vetus ^)  vorkommt,  oder  zwei  den  römi- 
Prätoien.  schen  Consuln  entsprechende^)  j)raetores,  wie  sie  sich  in  Lavi- 
nium^),  Praenesteio)  und  Corai^)  finden.  Prätoren  hatten  auch 
die  latinischen  Colonien  12J  Signia^^)  undSetiai^)^  die  Bürgercolo- 
nieni^)  Castrum  novumi^)  und  Auximum  i'),  die  Städte  der  Her- 
niker,  welche  seit  268  =  486  in  den  latinischen  Bund  aufgenom- 
men worden  waren  (S.  25),  Anagnia^^),  Capitulüm  Hernicorum  i-^), 
Ferentinum^o)^  und  mehrere  Municipien,  in  welchen  {vWh^v  praefecU 
Recht  gesprochen  hatten,  sei  es  nun,  dass  in  diesen  nach  Erthei- 
lung  des  vollen  römischen  Bürgerrechtes  den  alten  Magistraten 
die   Jurisdiction   aufs   Neue    tibergeben  2i)    oder  erst   damals    die 


1)  Noch  unter  Traian,  Orelli  1455. 

23  Cic.  pr.  Mil.  10,  27;  17,  45.  Asconius  p.  32.  Orelli  11.  3786.  Heiizeii 
5157.  6086. 

3)  Orelli  208.    Henzen  6138.  7032. 

4)  Liv.  3,  18 ;  6,  26. 

5)  Henzen  Bull.  1865  p.  248. 

6)  Orelli  3787  =  Mommsen  1.  N.  6828.  Henzen  5772.  Die  beiden  dictatores, 
welche  in  Fidenae  unter  Gallienus  vorkommen  (Orelli  112),  sind  duoviri,  denen 
dieser  Titel  nur  missbräuchlich  beigelegt  ist,  Mommsen  C.  I.  L.  I  n.  1111.  Hen- 
zen Annali  1859  p.  195;  der  Dictator  Albanus  aber  (Orelli  2293)  ist  ein  Prie- 
ster.   Henzen  a.  a.  0.  p.  195. 

7)  Henzen  Bull.   1865  p.  247  f. 

8)  In  Rom  selbst  heissen  bekanntlich  die  nachherigen  Consuln  ursprünglich 
praetores,  Liv.  3,  55,  12;  7,  3,  5.  Festus  p.  161.  223.  241.  Varro  de  L.  L. 
5,  14  und  bei  Nonius  p.  23  M. 

9)  Orelli  2276  =  Mommsen  I.  N.  2211.  Henzen  6709  und  Annali  1846 
p.  258. 

10)  Murat.  p.  132,  1.  Henzen  Annali  1846  p.  257.  C.  L.  I.  I  n.  1134. 
1136.   1137.   1141. 

11)  Henzen  7022  =  C.  /.  L.  I  n.   1148. 

12)  S.  oben   S.  48.  49. 

13)  Henzen  n.  7023=  C.  7.  L.  I  n.   1146. 

14)  Henzen  n.  7024=  C.  /.  L.  I  n.    1159. 

15)  S.  oben  S.  38.  39. 

16)  Henzen  n.  7026. 

17)  Orelli  3868.  Grut.  445,  9;  445,  10;  459,  9;  465,  4,  in  welchen  In- 
schriften Henzen  Annali  1859  p.  197  PRaetor  Iure  Dicundo  liest,  da  praefectus 
abgekürzt  PBAEF.  geschrieben  zu  werden  pflegt. 

18)  Grut.  p.  394,  8;  464,  2;  487,  3.   Bull.  1859  p.  45. 

19)  Orelli  125. 

20)  OreUi  3785. 

21)  Dies  anzunehmen  ist  Henzen  Annali  1859  p.  198  geneigt  und  zwar  aus 
folgendem  Grunde:  Anagnia  erhielt  im  J.  448  =  306  civitas  sine  suffragio  und 
wurde  Präfectur;  die  früheren  Behörden  gingen  aber  nicht  ganz  ein,  sondern 
Liv.  9,  43  sagt :  magistratibus  praeterquam  sacrorum  curatione  interdictum.  Als 
nun  Anagnia  später  volles  Bürgerrecht  erhielt  und  aufhörte  Präfectur  zu  sein, 
konnten  die  alten  Behörden  wieder  in  Thätigkeit  kommen. 


—     477     — 

Prätoren  eingesetzt  wurden').  Endlich  heissen  auch  in  Gallia 
Narbonensis  die  höchsten  Stadtbehörden  Prätoren  2)  ,  und  zwar 
nicht  nur  in  der  646  =  '!  18  gegründeten  (S.  IM)  römischen  Go- 
lonie  Narbo^),  sondern  auch  in  den  latinischen  Colonien  Nemau- 
sus^j,  Carcaso^),  Aquae  Sextiae^),  Avenio",,  Vasio^),  Dea*^),  und 
auch  in  Hispania  Tarraconensis  hat  die  civitas  Bocckoritanorum, 
nach  Plinius  eine  verbündete  Stadt  i»),  im  J,  759  =  6  zwei  Prä- 
toren 1^).  Consuln  nennen  sich  diese  Oberbeamten  sehr  selten,  consnin. 
indessen  führten  sie  diesen  Titel  in  alter  Zeit  in  Tusculum  i'^)  und 
Beneventum  i3) .  Iq  einigen  der  genannten  Gemeinden  haben  sich 
die  alten  Titel  bis  in  die  Kaiserzeit  erhalten;  der  des  Dictators 
in  Aricia ,  Lanuvium,  Nomentum,  Sutrium,  Caere;  der  der  Prä- 
toren in  Lavinium,  Anagnia ,  Capitulum  Hernicorum,  Cumae;  in 
den  meisten  aber  sind  später  an  die  Stelle  der  praetores  duoviri 
oder  quatuorviii  geiveieu,  wie  in  Praeneste  i^),  Cora^^),  Signia'"), 
Setia  1')  ,  Ferentinum  ^^j  ,  Avenio  i'') ,  und  hie  und  da  ist  der 
Uebergang  noch  erkenntlich  an   den  combinirten   Titeln  praetores 


1)  So  hatte  Cumae  zuerst  praefecti  (S.  41  ff.)  und  später  praetores,  Orelli 
n.  1498,  welche  Inschr.  nach  Cumae  gehört  ( Mommsen  /.  N.  ind.  p.  459), 
n.  2263. 

2j  Herzog  De  quibusdam  praetorum  GalUae  Narbonensis  municipalhim  in- 
scriptionibus,  Lips.  1862.   8.     Derselbe  Qalliae  Narb.   historia  p.  213  ff. 

3)  praetores  duumviri,   Herzog  0.  N.  H.  app,  n.  16=('.  /.  L.  I  n.  1488. 

4)  praetor  Illlvir,  ib.   n.  127. 

5)  ib.  n.  266. 

6)  ib.  n.  81.  366.     C.  L  L.  I  n.  1488. 

7)  ib.  n.  403. 
8J  ib.  n.  430. 
9)  ib.  n.  457. 

10)  Plin.  N.  H.  3,  77. 

11)  C.  I,  L.  II  n.  3695. 

12)  Plin.  N.  H.  7,  136. 

13)  Henzen  Bull.  1865  p.  251.  Mommsen  /.  N.  1381.  In  späterer  Zeit  wer- 
den die  duoviri  nur  zuweilen  ironisch  Consuln  genannt ,  wie  von  Cic.  in  Pison. 
11,  24;  pr.  domo  23,  60;  de  l.  agr.  2,  34,  93,  und  wenn  Ausonius  (larae  urbea 
14,  39  p.  135  Bip.  sagt: 

Diliyo  Burdigalam :  Romam  colo :  civis  in  hac  aum, 
i'onsul  in  ambabus :  cuna  hie,   ibi  sella  curulis, 
to  ist  daraus  auf  einen  otßciellen  Titel  nicht  zu  schliessen. 

14)  Jlviri.  OieWl  2391.  2532.  3923.    Henzen  6093.  7163.  7164. 

15)  Ilvlri,  Orelli  3808  =  C\  /.  L.  l  n.  1149;  IllJviri  scheinen  vorzukommen 
C.  I.  L.   I  n.  1158. 

16)  llllviri.  Murat.  p.  477,  2.    Ännali  1829  p.  87  =  r.  /.  L.  I  n    1115.  1147. 

17)  (Jrut.  1066,  7. 

18)  llllviri.  Orelli  784.   Henzen  7083. 

19)  Herzog  Qall.    Narb.  hlst.  app.   n.  404. 


—     478     — 

Ilviri^    wie  in  Abellinum^),    Grumenlum^)  ^    Telesia^)^    Narbo^), 
oder  praetores  qualuorviri^  wie  in  Hispellum^)   und  Nemausus^). 
Aediien.  Aussci*  den  beiden  Prätoren   haben  alle  römischen  und  lali- 

nischen  Gemeinden  zwei  Aediien ,  entsprechend  den  curulischen 
Aediien  in  Rom^).  Da  die  letztern  in  Rom  selbst  erst  387=367 
eingesetzt^),  hernach  aber  allen  Städten  römischen  und  latini- 
schen Rechtes  gemeinsam  sind,  so  scheinen  sie  durch  eine  allge- 
meine gesetzliche  Anordnung,  vielleicht  bald  nach  dem  genannten 
Jahre,  in  diesen  Städten  ebenfalls  eingeführt  worden  zu  sein'-'); 
eine  Nachricht  hierüber  aber  ist  nicht  vorhanden.  Wir  wissen 
nur,  dass  schon  in  den  Präfecturen  (S.  41)  die  Verwaltungs- 
geschäfte von  Aediien  besorgt  wurden ,  und  dass  in  den  drei 
Städten  Ariminum,  Fundi  und  Formiae,  welche  566  =  188  volles 
Bürgerrecht  erhielten  und  aufhörten,  Präfecturen  zu  sein  (s.  S.  34), 
keine  Prätoren  eingesetzt  wurden,  sondern  die  Aediien,  und  zwar 
hier  in  der  Dreizahl,  das  Magislratscollegium  bildeten  ^o) . 
Spätere  Mu-  Am  Ende  der  Republik  und  im  Beginne  der  Kaiserzeit  sind 

nicipalord- 

nung.  die  Differenzen ,  welche  zwischen  den  alten  Stadtverfassungen 
Italiens  bestanden,  zum  grossen  Theile  verschwunden  und  hat 
sich  ein  im  Wesentlichen  gleichartiges  Municipalrecht  ausgebildet, 
welches  wir  zu  betrachten  haben  werden.  Die  Entstehung  des- 
selben dürfen  wir  auf  die  lex  lulia  des  Jahres  664=90  (S.  58) 
zurückführen,  in  Folge  deren  allen  italischen  Gemeinden,  welche 
die  civücis  erhielten,  ihr  besonderes  Stadtrecht  [lex  municipü, 
S.  63)  nach  einem  gleichen  Princip  verliehen  wurde.  Wann  aber 
und  in  welcher  Weise  dieses  in  die  damals  bestehenden  alten 
Bürgergemeinden  Eingang  fand,  ist  aus  dem  uns  zu  Gebote  ste- 
henden Quellenmaterial  nicht  zu  ermitteln.  Dass  namentlich  Sullas 
Anordnungen   in  dieser  Beziehung   von   durchgreifendem  Einfluss 

1)  Orelli  389ö  =  Mominsen  1.  N.  1891.    Henzen  7027. 

2)  Henzen  n.  7028. 

3)  Henzen  n.  7029.  7030. 

4)  Herzog  Gall.   N.  hist.  app.  n.  16.        " 

5)  Henzen  n.  7031. 

6)  Herzog   Gull.   N.  hist.  app.  127. 

7)  Mommsen  Stadtrechte  S.  430  Anm.  118. 

8)  Liv.  6,  42. 

9)  Mommsen  Stadtrechte  S.  430. 

10)  Ueber  Arpinum  s.  Cic.  ad  fam,  13,  U,  3.  Henzen  n.  7033.  7034;  über 
Formiae  Henzen  n.  7035.  Mommsen  /.  N.  4094.  4102;  über  Fundi  Henzen 
n.  7036.  Mommsen  7.  A^  4146.  4147.  4148.  4150.  S.  Henzen  Annali  1859 
p.  201. 


—     479     — 

gewesen  wären  i) ,  lässt  sich  weder  beweisen  noch  mit  einiger 
Wahrscheinlichkeit  annehmen ,  da  selbst  Cäsars  lex  lulia  muni- 
cipalis  (S.  65)  ,  die  erste  allgemeine  Communalordnung  für  die 
italischen  und  ausseritalischen  Municipien,  die  Eigenthümlichkeiten 
der  bestehenden  alten  Verfassungen  keineswegs  gänzlich  besei- 
tigte 2).  Wie  langsam  diese  aufgegeben  wurden,  sieht  man  z.  B. 
daraus,  dass  Cicero  es  im  Jahre  691=63  für  eine  Anmaassung 
erklärt,  dass  duoviri  einer  Golonie  sich  Prätoren  nennen  =^)  und 
dass  doch  noch  im  J.  705  =  49  die  latinische  Colonie  Nemausus 
von  Cäsar  Prätoren  erhielt''). 

Die  Oberbehörde  der  späteren  Municipalstädte  besteht  resel-  //im  und 

*  '^  Illlviri. 

massig  aus  vier  Personen,  zwei  höchsten  richterlichen  Beamten 
und  zwei  Aedilen.  Sie  bilden  entweder  zwei  Collegien  von  Zwei- 
männern, nämlich  duoviri  iure  dicundo  und  duoviri  aediles  (aedi- 
licia  polestate)j  oder  ein  Collegium  von  Viermännern,  von  denen 
zwei  qunluoroiri  iure  dicundo^  die  beiden  andern  quatuorviri 
aediles  genannt  werden^).  Die  quatuorviri  sind  den  Municipien, 
die  duoviri  den  Colonien    eigenthümlich  ^) ,    ein  Unterschied ,    der 

1)  Mommsen  R.  G.  2,  366  f.     Bethmann-HoUweg  Rom.  Civilprocess  2  S.  20. 

2)  So  heisst  es  lex  lul.  mun.  lin.  83:  queiquomque  in  municipieis  coloneis 
praefectureis  foreia  conciliabuleis  civium  Rornanorurn  Ilvirei  llllvirei  trunt  aiiove 
quo  nomine  magistratum  potestutemve habebunt,  und  es  ist  vorher  nachge- 
wiesen ,  dass  es  noch  in  der  Kaiserzeit  Dietatoren  und  Prätoren  in  den  Muni- 
cipien gab. 

3)  Von  der  durch  den  Marianer  M.  lunius  Brutus  im  J.  671=83  nach 
Capua  geführten,  aber  von  Sulla  wieder  aufgehobenen  Colonie  Capua  (Drnmann 
3,  14)  sagt  Cic.  de  leg.  agr.  2,  34,  93,  um  die  Anmaassung  der  Colonisten  und 
ihrer  Behörden  zu  beweisen :  cum  ceteria  in  coloniis  duumviri  appeilentur ,  hi  se 
praetor  es  appeilari  volebant. 

4)  Ueber  die  Colonie  s.  S.  113;  über  die  praetores  Herzog  Galt.  N.  hist. 
app.  n.  127. 

5)  Dies  ist  von  Zumpt  Comm.  ep.  I,  170  ff.  durch  eine  reiche  Sammlung 
von  Beispielen  erwiesen.  Vgl.  Henzen  Annali  1859  p.  206.  Mommsen  Stadt- 
rechte  S.  433. 

6)  Dass  dieser  schon  von  Manutius  ad  Cic.  pr.  Sext.  8  aufgestellte,  später 
von  Zumpt  Comm.  ep.  I,  161  ff.  bestrittene  und  auch  von  mir  bezweifelte  Satz 
als  allgemeine  Regel  richtig  ist,  lehren  jetzt  die  Zusammenstellungen  zahlreicher 
Beispiele  bei  Mommsen  J.  N.  Index  XXV.  XXVI.  Henzen  Inscr.  Vol.  III  p.  lf>4. 
155.  S.  besonders  Mommsen  im  citirten  Index  s.  v.  duoviri.  Henzen  Ann<di  1857 
p.  111;  1859  p.  206  und  in  Borghesi  Oeuvres  6,  319.  Hübner  C.  I.  L.  II 
p.  540''.  Allerdings  linden  sich  Ausnahmen  von  der  Regel ,  aber  verhältniss- 
mässig  wenige.  So  kommen  Illlviri  vor  in  den  Colonien  Carsioli  (Mommsen 
/.  A^.  5688.  5690.  5691 J,  Luoeria  Qb.  946.  947.  948.  949),  Sota  (ib.  4498),  in 
der  letztern  daneben  Ilviri  (ib.  4496.  4497);  dagegen  Uviri  In  den  Municipien 
Atina  Campaniae  (ib.  4552.  4553  u.  o.),  AuÜdena  (ib.  5140.  5142),  Calatia  (Ib. 
3903.  3917.  3918),  Herculaneum  (ib.  2428.  2423),  Surrentum  (ib.  2123),  Lam- 
baese  in  Africa  (Ilenzen  n.  7048)  und  einigen  anderen  (Henzen  Imlex  p.  155), 
und   beide,    Illlviri   und    Ilviri   in  den  Municipien:   civitas  Mar»orum  {Illlviri, 


—     480     — 

namentlich  in  den  Städten  hervortritt,  welche  zuerst  Municipien 
waren  und  später  Colonien  wurden  und  daher  zuerst  llUviri^ 
dann  Ilviri  haben').  Die  Magistratur  der  Colonien  entsprach  also 
am  genauesten  der  römischen  Verfassung;  allein  wie  in  Rom 
selbst  der  Prätor  als  collega  minor  consulum  gilt  2),  so  sind  auch 
in  den  Colonien  die  Aedilen,  insofern  sie  ebenfalls  richterliche 
Beamte  sind ,  trotz  ihrer  niedrigeren  Competenz  CoUegen  der 
Duovirn,  und  es  kommt,  wenn  auch  ausnahmsweise,  so  doch 
mehrfach  vor,  dass  bei  Geschäften,  bei  welchen  die  Ilviri  i.  d. 
und  die  Ilviri  aediles  gemeinsam  betheiligt  sind ,  sich  alle  vier 
als  Illlviri  bezeichnen  3) .  Es  gab  sogar  Städte  ^)  ,  welche  nicht 
allein  die  höheren  Beamten,  sondern  alle  Beamten  in  einem  Col- 
viiiviri.  legium  von  ocloviri  vereinigten^),  zu  welchen  dann  zwei  Vlllviri 
diiumvirali  potestate^)  ,  zwei  Vlllviri  aediliciae  poteslatis'')  ,  zwei 
Vlllviri  aerarii^]  (Quästoren)  und  zwei  Vlllviri  fanorum-^]  (sonst 
curatores  fanoimm)  ^^]  gerechnet  wurden.  In  den  latinischen 
Städten  finden  sich  ,  wie  in  den  römischen  Illlviri  ^^)  und 
llviri^"^)  ,  aber  in  Salpensa  wenigstens  werden  die  Ilviri  i.  d. 
und  die  Ilviri  aediles  ebenfalls  als  Collegen  betrachtet  ^  3). 

Mommsen  /.   N.  5501,    Ilviri  5498),   Tereventum  [Illlviri  5171,   Ilviri  5173), 
Yolceii  (^Illlviri  219.  220.  221,  Ilviri  2630). 

1)  Beispiele  sind  Aeclanum,  das  als  municipium  Illlviri  (Mommsen  i.  N. 
1116.  1122.  1123.  1127),  als  Colonie  i/ym  hat  (ib.  913.  1110.  1127  u.  ö.);  Ca- 
nusium  ^Illlviri  ib.  648.  649,  Ilviri  635);  Teanum  (////um  3997,  //um  3985. 
3998.  3984);  Brlxia  (Mommsen   C.  /.   L.  V  p.  439b). 

2)  Mommsen  Staatsrecht  1,  20  Anm.  2. 

3)  Pompeii  war  eine  Colonie  des  Sulla  und  hatte  als  solche  duoviri,  welche 
häuüg  vorkommen.  Nichtsdestoweniger  linden  sich  in  der  Inschrift  Henzen  7058 
=  Mommsen  /.  N.  2198  alle  vier  Beamten,  die  Ilviri  i.  d.  und  die  Ilviri  aedi- 
les als  Illlviri  bezeichnet  und  ebenso  sind  auch  die  vorher  angeführten  Illlviri 
zu  verstehen,   welche  sich  in  Colonien  finden. 

4)  Ihre  Zahl  scheint  gering  gewesen  zu  sein.  Bekannt  sind  nur  Amiternum 
(Orelli  3965.  Henzen  7123),  Interamna  Praetutianorum  (Henzen  7124),  Perusia 
(Orelli  3967),  Nursia  (Orelli  3966)  und  Trebula  Mutuesca  (Orelli  3963). 

5)  Ueber  diese  hat  zuerst  Aufschluss  gegeben  Borghesi  Oeuvres  7,  208. 
221  n. 

6)  Orelli  3966. 

7)  Fabretti  p.  401  n.  297  =  0r.  3963;  p,  369  n.  132. 

8)  Orelli  3963. 

9)  Orelli  3963. 

10)  Orelli  3964. 

11)  So  in  Nemausus ,    Tolosa,    Reii  Apollinares ,   Cabellio ,  Avenio,  Aptae  in 
Gallia  Narbonensis.     S.  Herzog  Gall.   Narb.  hist.  p.  213.  214. 

12)  So    in  Camunni    in  der  lOten  italischen  Region.    C.  I.  L.  V  p.  519  und 
in  Malaca  und  Salpensa. 

13)  Lex  Salpens.  29.    Mommsen  Stadtrechte  S.  433. 


—      4b  1      — 

Nach  Vorausschickuiig  dieser  allgemeinen  Bemerkungen  wen- 
den wir  uns  zu  den  einzelnen  Municipalämtern  i) . 

i.     Die  beiden  duoviri   oder  ciuatuorviri  iiire^)   dicundo   sind  competenz 

'  der  llviri 

der  Regel  nach  die  höchsten  Beamten;  sie  führen  ausschliesslich  und ////«>». 
den  Namen  magistraUis'^)  und  sind,  wie  die  Consuln  in  Rom,  für 
das  Jahr  ihres  Amtes  eponym  ^) .  Zu  ihren  Befugnissen  gehören  : 
Erstens  die  Gerichtsbarkeit,  und  zwar  sowohl  die  streitige 
Gerichtsbarkeit  in  dem  Umfange,  weichen  wir  oben  S.  66  f.  76  f. 
bezeichnet  haben ,  als  auch  in  den  latinischen  Gemeinden  ^j  und 
den  dazu  besonders  privilegirten  römischen  Municipien  ^) ,  nicht 
aber  in  den  römischen  Colonien ,  die  freiwillige  Gerichtsbarkeit, 
d.  h.  die  Vornahme  der  Manumission,  Emancipation  und  Adop- 
tion ') .  Diese  Differenz  ist  ein  merkwürdiges  Zeugniss  dafür,  dass 
die  latinischen  Gemeinden  wie  ein  Theil  der  Municipien  noch  in 
später  Zeit  einen  Rest  ihrer  ursprünglichen  Selbständigkeit  be- 
wahrt hatten ,  während  die  römischen  Colonien  von  Anfang  an 
in  der  römischen  Bürgerschaft  völlig  aufgingen  ^) .  In  gleicher 
Weise  geschieht  die  Ernennung  eines  Vormundes  in  den  italischen 
Municipien  und  Colonien  durch  den  römischen  Prätor,  in  den 
Provinzen  durch  den  Statthalter  ^j ,  welchem  von  den  Municipal- 

1)  Was  ich  im  Folgenden  zusammenstelle,  sind  die  Resultate  der  Unter- 
suchungen von  Zumpt  a.  a.  0.,  Mommsen  Stadtrechte  S.  433  flF.  und  Henzen 
Annali  1859  p.  208  ff. 

2)  Ueber  die  in  diesem  Titel  gewöhnliche  alte  Dativform  s.  Orelli  n.  121. 
002.  3807.    xMarini  Atti  p.  806.    Neue  Formenlehre  1,  193. 

'  3)  Dig.  üO,  1,  13  :  quid  ergo,  si  alter  ex  magistratibus  toto  anno  afuerit  — 
et  omnia  collega  solus  administraverit  ?  26,  5,  19  §  1 :  magistratus  municipalis 
coUegam  mum  quin  dare  tutorem  possit,  non  est  dubium.  27,  8,  1  §  9.  Fragm. 
Vat.  S  112. 

4j  In  der  Inschrift  von  Puteoli ,  C.  1.  L.  I  n.  577  ist  das  Jahr  649  =  105 
so  bezeichnet :  ab  colonia  deducta  anno  XC,  N.  Fufidio  N.  f.  M.  Pullio  duovir(ei8), 
P.  Rutilio  Cn.  Mallio  cos.  Von  der  marianischen  Colonie  Capua  sagt  Cic.  de 
l.  agr.  2,  34,  92 :  cum  venissem  Capuum,  coloniam  deductnm  L.  Considio  et  Sex. 
Saltio,  quemadmodum  ipsi  loquebuntur,  praetoribus.  In  Firmum  wird  eine  Statue 
gesetzt  (J.  Licinio  Crispino,  C.  Herennio  Maximo  IIvir(is),  Orut.  490,  3,  und 
auch  auf  Colonialmünzeii  ünden  sich  die  Namen  der  llviri;  Kckhel  D.  N.  4, 
474  f.    Mehr  s.  bei  Zumpt   Comm.  ep.  I,  168. 

5)  Lex  Salp.  28. 

6j  Paulus  2,  25,  4 :  apud  magistratus  municipales,  ai  habeant  legis  actiontm, 
emancipuri  et  manumitti  potest.  Cod.  lust.  7,  1,  4:  apud  consilium  nostrwn  vü 
apud  consuies  praetore»  praesides  magistratusve  earum  civitatuniy  quibua  huius- 
modi  ius  est,  adipiaci  potest  —  servitua  liberlatem. 

T)  Dig.  1,  7,  4;   1,  16,  3.    Cod.  Iu»t.  8,  48,  1. 

8)  Mommsen  Stadtrechte  S.  436. 

9)  Gaius  1,  185.    Ulpian.  11,  18.    Instit.  1,  20  pr. 

nöm.  Alt«rth.  IV.  31 


—     482     — 

behörden  nur  ein  Vorschlag  (nominaiio)  zugeht i),  während  in 
den  lalinischon  Gemeinden  auch  zu  diesem  Acte  die  duoviri  com- 
petent  sind  2). 

Zweitens  der  Vorsitz  in  der  Volksversammlung  und  das  Recht, 
die  gewählten  Magistrate  zu  ernennen  (facere  creareqne)  und  zu 
proclamiren   [renuntiare)  ^) . 

Drittens  die  Ernennung  und  Vereidigung  eines  Stellvertre- 
ters [praefectus)  für  den  Fall ,  dass  der  Duovir  in  Abwesenheit 
seines  CoUegen  die  Stadt  auf  länger  als  einen  Tag  verlassen 
wilM).  Es  ist  dies  ebenfalls  ein  altlatinisches  Recht,  nach  wel- 
chem der  König,  hernach  der  Consul,  in  seiner  Abwesenheit  einen 
praefectus  urhi  ernannte ,  und  bis  in  die  Kaiserzeit  während  der 
Tage  des  latinischen  Festes  alljährlich  ein  praefectus  urbi  bestellt 
wurde  ^) . 

Viertens  der  Vorsitz  im  Senat  ß). 
Quinquen-  2j.   \)\e  quinquenuales^] .     Einer  der  erheblichsten  Unterschiede 

der  antiken  Stadtrechte  lag,  wie  wir  mehrmals  zu  bemerken  Ge- 
legenheit hatten,  in  dem  Grade  der  Freiheit,  mit  welcher  der 
städtische  Haushalt  geführt  wurde.  Alle  Gemeinden  hatten  als 
Einnahmequellen  erstens  ein  städtisches  Grundeigenthum  an 
Ackerland,   Wiesen,   Wäldern,  Seen,  Flüssen  und  Bergwerken^), 

1)  Ulpian.  Dig.  27,  8,  1.    Mommsen  Stadtrechte  S.  438  Anm.  137. 

2)  Lex  Salpens.  c.  29. 

3)  Lex  Malacit.  c.  52.  59. 

4)  Lex  Snlpens.  c.  25. 

5}  Mommsen  Staatsrecht  1,  167  ff. 

6)  Cod.  lust.  10,  31,  2:  observare  oportebit  magistratua ,  ut  decurionibus  so- 
lenniter  in  curiam  convocatis  nominationem  ad  certa  munera  faciant.  Beispiele 
sind:  Patronatsdecret  aus  Traians  Zeit  Orelli  784:  M.  Acilius  PLacidua,  L.  Fe- 
tronius  Fronto  llFlvir  L  d.  s(€natum)  c[on3uluerunt)  Ferentlni  in  curia  aedis 
Mercuri;  Senatsdecrete  bei  Marini  Atti  p.  4.  5.  6.  Dass  nämlich  zwei  duoviri  den 
Senat  berufen  und  den  Antrag  stellen  {yerba  faciunt),  ist  der  römischen  Sitte 
gemäss  (s.  die  Senatusconsulte  bei  Frontin.  de  aquaed.  §  100.  104.  106}  und  zei- 
gen auch  die  Beschlüsse  von  Tergeste,  C.  I.  L.  V  n.  532,  Puteoli,  Mommsen 
1.  N.  2517,  Sora,  Mommsen  /.  N.  4496.  Vgl.  Zumpt  Comm.  ep.  I,  167.  Momm- 
sen Stadtrechte  S.  444. 

7)  Ueber  die  quinquennales  haben  zuerst  die  Untersuchungen  von  Zumpt 
Comm.  ep.  1  p.  73  — 158  und  Henzen  Annali  1851  p.  5  ff.  1858  p.  6  ff.  1859 
p.  208  ff.  Aufschluss  gegeben,  durch  welche  die  auf  unzureichendem  Material 
beruhenden  Erörterungen  von  Norisius  Cenot.  Pisan.  Diss.  I  p.  5 ;  Oliverius 
Marmora  Pisaurensia  p.  68  ff,  ;  Eckhel  F>.  N.  4,  476;  Savigny  Gesch.  des  R.  R. 
im  Mittelalter   1   S.  41  ergänzt  und  berichtigt  worden  sind. 

8)  Die  agri  fructuarii  und  die  auf  denselben  liegenden  Abgaben  gehören 
zu  der  nothwendigen  Ausstattung  jeder  Gemeinde.  Suet.  Oct.  46 :  Italiam  duo- 
detriginta  coloniarum  numero  deductarum  ab  se  frequentavit  operibusque  ac  vecti- 
galibus  publicis  plurifariam    instruxit.      Rescript   des  Vespasian   an  die  Decurlo- 


~    48;i    — 

welches  entweder  in  Erbpacht  oder  in  Zeitpacht  ausgethan  war, 
und  von  welchem  die  Naturalabgaben  oder  die  Pachtgelder  in  die 
Stadtcasse  flössen  ^)  ;  zweitens  ein  Capitalvermögen,  welches  aus 
Stiftungen  entstanden  und  zu  besondern  Zwecken  fundirt  war  2), 
und  drittens  eine  Steuer,  welche  im  Falle  des  Bedürfnisses  auf 
Bürger  und  Insassen  ausgeschrieben  wurde  3).  Ebenso  machten 
sich  überall  regelmässige  Ausgaben  nöthig  für  Bauten  aller  Art 
und  für  die  verschiedenen  Leistungen,  zu  welchen  die  Commune 
verpflichtet  war  4).  Die  Aufstellung  des  für  diese  Zwecke  erfor- 
derlichen Budgets  war  bekanntlich  in  Rom  den  Censoren  über- 
tragen, welche  für  die  fünfjährige  Etatsperiode  die  vectignlia  ver- 
pachteten und  die  Bauten  in  Entreprise  gaben ,  ausserhalb  Roms 
aber  nur  den  besonders  privilegirten  Gemeinden  zugestanden. 
Denn  in  den  Provincialstädten  machte  oder  genehmigte  den  Etat 
der  Statthalter  (S.  355)  ;   in  den  freien  Städten  der  Provinzen  da- 

neii  von  Sabora  in  Baetica ,  C.  I.  L.  II  n.  1423 :  cum  mulüs  difficultatibus 
infirmitatem  vestram  premi  indicetis,  permitto  vobis  oppidum  sub  nomine  meo,  ut 
voltis ,  in  planum  exstruere,  Vectigalia ,  quae  ab  divo  Auyusto  accepisse  dicitis, 
custodia.  Si  qua  nova  adicere  voltis,  de  his  proconsulem  adire  debetis.  Diese  Län- 
dereien  lagen  nicht  immer  in  dem  Territorium  der  Stadt,  sondern  zuweilen  in 
andern  Gegenden,  theilweise  auch  in  den  Provinzen  (s.  oben  S.  9).  Ariminum 
hatte  Communalgüter  in  Gallien  (Cic.  ad  /am.  13,  11,  1),  Capua  in  Creta  (Vel- 
lei.  2,  81.  Boeckh  C.  I.  Gr.  2597).  Reiche  Nachweisungen  ähnlicher  Fälle  s.  bei 
Kuhn  1,  63.  64. 

1)  Gaius  3,  145:  veluti  si  qua  res  in  perpetuum  locata  sit ,  quod  evenit  in 
praediis  municipum ,  quae  ea  Lege  locantur ,  ut  quamdiu  inde  vectiyal  praestetur^ 
neque  ipsi  conductori  neque  heredi  eius  praedium  auferatur.  Dig.  6,  3,  1.  2.  3: 
ayri  civitatium  alii  vertiyales  vocantur,  alii  non.  Vectiyales  vocantur,  qui  in  per- 
petuum locantur  • —  — ,  non  vectiyales  sunt ,  qui  ita  colendi  dantur,  ut  privatim 
ayros  nostros  colendos  dare  solemus.  Qui  in  perpetuum  fundum  fruendum  con- 
duxerunt  a  municipibus,  qtuirnvis  non  efficiantur  domini,  tamen  placuit  competere 
eis  in  rem  actionem  ad  versus  quemvis  possessorem  et  adver sus  ipsos  municipes, 
ita  tamen,  si  vectiyal  solvant.  Idein  est,  et  si  ad  tempus  habuerint  conductum  nee 
tempus  c(mductionis  finitum  sit.  Dig.  19,  1,  13  §  6;  27,  1,  15  ^  10;  30,  1.  71 
}i  5 ;  43,  14,  1  S  7 ;  50,  1,  2  S  4;  50,  2,  6  §  2;  50,  8,  2  §  1.  Cod.  Theod.  15,  1, 
48.    Cod.  lust.  4,  61,  10. 

2)  Cod.  lust.  1,  4,  26  pr.  :  irer/i  t(T)v  '/.n.%'  2xaoTov  hoi  xoti;  7t»iXeot  Tr(>ociouc<&v 
TtoA.iTixwv  rpoioowv  Tj  7r«ip(jjv  .  dx  5tj}jloi3{(ov  i?)  i^  i5tojTtxö)v  -^pTjixdTuiv,  rapdt  Tt- 
voav  auxai;  '?J  7.aTaXt|i,7:avoa^voiv  tj  öo)pO'j|x^v(uv  ir)  diXXto;  dnvoo'j(j.lv«ov  t)|  irept- 
i:oiTjHY^oo{i.£V(uv ,  dxt  ed;  ep-j^a  ehe  el;  oixojvbv  zXxe  el;  5rj|j.(ioiov  6Xxöv ,  em 
eU  if'/.nd'Zi.ii  fJa/.otvetojv  tXxe  eU  Xi(j,dvac  e?Te  et;  teiy^wv  ^  Tr6pY«>v  o(xooo(xd<;  r) 
•ye'fypoiv  Pj  oooaxptuaiwv  d7tocv«ipO(u3iv  7j  drcXw;  ei;  rd;  Ttüv  roXtTtxd»v  XP^^'*^ 
7rpox«>po6vT(üv,   i>£07:iCofxev  x.  t.  X.    Ausführlich  handelt  hievon  Kuhn   1,  51 — 56. 

3)  Cod.  lust.  1,  4,  26  %  7;  8,  12,  12;  10,  25,  2;  12,  64,  2.  Cic.  pr.  Flacco 
9,  20 :  in  aerario  nihil  hahent  civitates,  nihil  in  vectigalibus.  Duae  rationes  con- 
ficiendae  peruniae ,  aut  versura  aut  trihuto.  Auch  in  den  sicilischen  Städten  ist 
öfters  von  einem  solchen  tributum  für  Communalzwecke  die  Rede.  Cic.  Verr.  II, 
2,  55,  138. 

4)  Ueber  diese  munera  s.   Ktihn   1,  51  ff. 

31* 


—     484     — 

gegen  und  in  den  italischen  Communen  bildeten  die  censorischen 
Geschäfte  einen  wesentlichen  Theil  der  Selbstverwaltung,  auf 
welche  indess  ebenfalls  einen  controlirenden  Einüuss  auszuüben 
die  römische  Regierung  im  Laufe  der  Zeit  immer  dringendere 
Veranlassung  fand.  Diesem  Umstände  ist  es  zuzuschreiben,  dass 
in  dem  der  römischen  Censur  entsprechenden  Municipalamte  ver- 
schiedene Veränderungen  vorgingen,  welche  wir  hier  zu  erwähnen 
haben. 

So  wie  in  Rom  selbst  vor  der  Einsetzung  der  Gensoren, 
d.  h.  vor  311=4431)  die  Geschäfte  derselben  von  den  Con- 
suln  verwaltet  wurden,  so  gehörte  auch  in  den  altitalischen  Ge- 
meinden die  Censur  zu  den  Functionen  der  jährlichen  Oberbe- 
amten, und  diesen  ursprünglichen  Zustand  finden  wir  noch  im 
J.  649=105  in  der  560  =  194  gegründeten  (S.  39)  römischen 
Colonie  Puteoli,  in  welcher  ein  Bau  von  den  Duovirn  locirt  wird 2), 
und  noch  in  der  Kaiserzeit  in  dem  latinischen  Municipium  Ma- 
laca,  dessen  Duovirn  sowohl  die  Einziehung  der  Vectigalien  als 
die  Bauten  an  Unternehmer  austhun^).  Allein  je  wichtiger  es 
für  die  römische  Regierung  wurde,  jederzeit  über  die  Steuerfä- 
higkeit und  die  Stärke  der  dienstpflichtigen  Bevölkerung  Italiens 
unterrichtet  zu  sein  4) ^  um  so  mehr  musste  sie  danach  streben, 
die  Municipalcensur  gleichmässig  und  mit  der  römischen  über- 
einstimmend einzurichten.  Den  ersten  Beweis  hiefür  liefern  die 
zwölf  latinischen  Colonien,  in  welchen,  weil  sie  sich  dem  Kriegs- 
Entstehung  (jienste    ontzoecn    hatten,    der   römische   Senat   im   J.    550  =  204 

der  Munici-  ^  ' 

paicensur.  Ceusoren  einsetzte,  die  den  Gensus  nach  römischem  Formular 
vollziehen  ^)  und  die  Gensuslisten  an  den  römischen  Gensor  ab- 
liefern mussten  ß)  ;  und  zwei  Gensoren,  welche,  w  ie  in  Rom,  als 
eine  eigene  Behörde  fungiren^),    lassen  sich  in  einer  Anzahl   von 

1)  Liv.  4,  8. 

2)  C.  I.  L.  I  n.  577. 

3)  Lex  Malac.  c.  63 :  qui  Ilvir  iure  dicundo  praeerit ,  vectigalia  ultroque 
tributa  sive  quid  aliut  communi  nomine  municipum  eius  municipi  locari  oportebit, 
locato.    Mommsen  Stadtreehte  S.  44ü. 

4)  Vgl.  Mommsen  R.  G.   1,  417. 

53  Liv.  29,  15.  Der  Senat  zieht  zuerst  die  regelmässigen  Beamten  dieser 
Colonien  zur  Verantwortung;  dann  befiehlt  er:  censum  in  iis  coloniis  agi  ex  for- 
mula  ab  Romanis  censoribus  data;  dari  autem  placere  eandem  quam  populo  Ro- 
mano ;  deferrique  Rom.am  ab  iuratis  censoribus  coloniarum ,  priusquam  magistratu 
abirent. 

6)  Liv.  29.  37. 

7)  S.  Henzen  Annali  1858  p.  7,  der  die  Bedeutung  dieser  Gensoren  zuerst 
einer  eingehenden  Untersuchung  unterzogen  hat. 


I 


—     485     — 

latinischen  und  föderirten  Städten  Italiens  nachweisen,  nämlich 
in  Abellinum^).  Aletrium2]j  Beneventum '^J  ,  Copia  (Thurii)*), 
Cora  5) ,  Ferentinum  6)  ,  Hispellum  7) ,  Teanum  »)  ,  Tibur »)  und 
Caere  10)  und  sind  auch  in  Sicilienii)  und  andern  Provinzen  i2)  in 
die  Stadtverwaltung  eingeführt  worden.  Allein  diese  Anordnung 
wurde  in  Italien  wieder  aufgegeben,  als  in  Folge  der  lex  lulia 
vom  J.  664  =  90  eine  gleichförmige  Municipalverfiissung  in  den 
mit  dem  Bürgerrecht  neu  ausgestatteten  Gemeinden  zur  Geltung 
kam;    denn    seit   dieser   Zeitig)    wurde  das   Censoramt    alle    fünf  üeberira- 

gung  dersel- 

Jahre  von  den  regelmässigen  höchsten  Beamten  ausseübl,   welche ''«^ '^"f 'i»« 

*^  D  7  Iltiri  oder 

nicht   censores,    sondern  Ilviri    [IHIviri]    censoria   potestate  aiiin-    i^ii^iri 

^  '  '  ^  quinquen- 

quennales  oder  quinquennales  censoria  potestate  oder  llviri  [llllviri]      ♦*"^'^«- 
censoria  potestate    oder   llviri    [llllviri)    quinquennales   oder  kurz 
quinquennales^    in   denjenigen  Gemeinden   aber,    in    welchen  noch 


1)  Moramsen  1.  N.  1892.  1889.  1890.  1891.  1893. 

2)  Inschr.  aus  der  Zeit  zwischen  620—664  =  134—90,   C.  I.  L.  I  it.  1166 

3)  C.  /.  L.  I  n.  1221. 

4)  C.  I.  L.  I  n.  1264. 

5)  C    /.  L.  I  n.  1153. 

6)  Inschr.  aus  Sullas  Zeit  C.  /.  L.  I  n.  1161.  1162.  1163. 

7)  Henzen  n.  7031  =  Annali  1851  p.  11. 

8)  C.  /.  L.  I  n.  1198. 

9)  C.  I.  L.  I  n.  1113.  1120. 

10)  In  Caere  kommt  ein  censor  perpetuus  vor ,  der  einzig  in  seiner  Art  ist 
und  den  ich  hier  nur  der  Vollständigkeit  wegen  anführe.  S.  über  ihn  Henzen 
Ära  Ceretana  in  Annali  1858  p.  5 — 9. 

11)  Cic.  Verr.  II,  2,  53,  131:  iam  vero  censores  quem  ad  modum  in  Sicilia 
isto  praetore  creati  sint,  operae  pretium  est  cognoscere.  lue  enim  est  magistratus 
apud  Siculos  ,  qui  diligeniissime  mandatur  a  populo  propter  hanc  causam ,  quod 
omnes  Siculi  ex  censu  quotannis  tributa  conferunt.  Ib.  56,  139 :  quinto  quoque 
anno  Sicilia  tota  censetur.  Es  wurden  hini  censores  in  jeder  Stadt  gewählt.  Ib. 
53,  133. 

12)  In  Bithynien  waren  durch  die  lex  Pompeia  in  allen  Städten  Censoren  ein- 
gesetzt,  welche  iuch  die  lectio  senatus  h&tteu .  Plin.  ep.  10,  112  (113);    113  (114). 

13)  Ich  hatte  früher  nach  Zumpt  angenontmen,  dass  der  Name  quinquennidis 
erst  in  der  Kaiserzeit  vorkomme.  Dies  hat  Henzen  berichtigt  Annali  1851  p.  8  ff. 
Annali  1858  p.  7.  Annali  1859  p.  209,  welcher  denselben  in  verschiedenen  In- 
schriften republicanischer  Zeit  nachweist.  Es  sind  dies  namentlich  die  jetzt 
C.  J.  L.  Vol.  I  zu  findenden  Beispiele  von  llviri  quinquennales  in  Abella  n.  1228; 
Caiatla  n.  1216;  Castrum  novum  n.  1341;  Pompeii  n.  1246.  1247;  Praeneste 
n.  1140;  Fasti  Min.  p.  474  n.  XIII;  ferner  von  llllviri  quinquennales  in  Cora 
n.  1157;  Puteoli  1235.  1236.  Die  letzten  beiden  Beispiele  sind  besonders  lehr- 
reich, da  sie  beweisen,  dass  in  Cora  die  früher  vorhandenen  Censoren  abgeschafft 
und  durch  llllviri  quinquennales  ersetzt  wurden,  wie  dies  auch  in  Ferentintim 
und  Tibur  geschah  (Henzen  Annali  1851  p.  8—10).  während  in  Puteoli  die 
llllviri  quinquennales  als  eine  neue  Behörde  statt  der  früheren  llxüri  erscheinen. 
In  einige»»  Städten  erhielten  sich  indessen  die  censores  bis  in  die  Kaisorzeit,  wie 
in  Abellinuni  (Mommsen  l.  N.  1888.  1892),  doch  wird  auch  hier  nur  der  Titel 
geblieben,  die  Censur  aber  mit  dem  Jlviralw  verbunden  worden  sein. 


—     486     — 

Praetoren  oder  Aedilen  an  der  Spitze  der  Verwaltung  standen, 
auch  praetores  quinquennales  und  aediles  quinquetmales  hiessen^). 
Es  geht  namentlich,  wie  zuerst  Zumpt  nachgewiesen  hat,  aus 
den  uns  erhaltenen  Municipalfasten^)  hervor,  dass  in  den  Cen- 
susjahren  neben  den  Quinquennalen  keine  Ilviri  und  llllviri  in 
Function  waren,  sondern  dass  in  denselben  statt  der  Ilviri  oder 
llllviri  iure  dicundo  Ilviri  oder  llllviri  quinquennales  gewählt 
wurden.  Die  Gensur  aber  wurde  wenigstens  nach  der  lex  lulia 
nitinicipalis  gleichzeitig  in  Rom  und  den  Municipien  abgehalten  ^j , 
weshalb  z.  B.  in  den  Fasten  von  Venusia ,  welche  die  Jahre 
720—726  =  34—28  umfassen,  nur  im  J.  725  =  29,  in  welchem 
in  Rom  ein  Census  statt  fand'*),  Ilviri  quinquennales^  in  allen 
übrigen  Ilviri  verzeichnet  sind^).  Das  Amt  der  Ilviri  [llllviri) 
quinquennales  war  einjährig  ß)  und  für  dies  Jahr  eponym^),  ob- 
wohl   die   fünfjährige  Periode   zwischen   zwei   Gensusjahren   auch 


1)  Die  Beweise  hiefür  s,  bei  Henzen  Inscr.  n.  7075  und  im  Index  p.  157. 
Zumpt  Comm.  ep.  p.  93.    Mommsen  1.  N.  Index  XXVI. 

2)  Muiiicipalfasten  haben  wir  von  Praeneste  (C.  I.  L.  I  p.  474  n.  XIll 
=  Henzen  7163),  Nola  (Orelli  4033  =  Mommsen  /.  N.  1968),  Interamna  Lirinas 
(Orelli  3680  =  Mommsen  I.  N.  4195),  Venusia  (C.  /.  L.  I  p.  471)  und  Ostia 
(Mommsen  Ep.  Anal.  n.  4). 

3)  Lex  lulia  munic.  C-.  I.  L.  1  n.  206  lin.  142:  quae  municipia  coloniae 
praefecturae  civium  Romanorum  in  Italia  sunt  erunt,  quei  in  eeis  municipieis  co- 
loneis  praefectureis  maximum  magistratum  maximamve  potestatem  ibei  habebit  tum, 
cum.  censor  aliusve  quis  m,agistratus  Romae  populi  censum  ayet ,  is  diebus  LX 
proximeis,  quibus  seiet  Romae  censum  populi  ayi,  omnium  municipium  colonorum 
suorum  queique  eius  praefecturae  erunt ,  quei  cives  Romanei  erunt ,  censum  agito 
eorumque  nomirux  praenomina  patres  aut  patronos  tribus  cognomina  et  quot  annos 
quisque  eorum  habet ,  et  rationem  pecuniae  ex  formula  census ,  quae  Romae  ab 
eo  ,  qui  tum  censum  populi  acturus  erit ,  proposita  erit ,  ab  ieis  iurateis  accipito 
euque  omnia  in  tabulas  publicas  sui  municipi  referunda  curato.  Eosque  libros  per 
legatos  —  ad  eos,   quei  Romae  censum  agent,  mittito. 

4)  Monum.  Ancyr.  c.  8.    Mommsen  Res  gestae  Divi  Augusti  p.  20  f. 

5)  Ebenso  sind  in  Nola  im  J,  30  n.  Ohr.  Ilviri,  im  J.  31  Ilviri  quinq.,  im 
J.  32  Ilviri ,  im  J.  33  Ilviri  und  in  der  pompejanischen  Inschrift  Orelli  2530 
=  Mommsen  I.  N.  2378  nennt  sich  A.  Clodius  Flaccus  Ilvir  i.  d.  ter  quinq.,  indem 
er,  wie  aus  der  Inschrift  hervorgeht,  zuerst  Ilvir,  dann  llvir  quinquennalis , 
zuletzt  Ilvir  gewesen  war.  Er  rechnet  also  die  Quinquennalität  nicht  als  ein 
besonderes  Amt,   sondern  als  eine  Function  des  regelmässigen  Duovirates. 

6)  Dies  lehren  ausser  den  angeführten  Municipalfasten  die  Inschriften  Orelli 
82:  huic  anno  quinquennalitatis  Petini  Apri  mariti  eius  pieps  urbana  Pisauren- 
sium  (statuam  posuit} ;  Henzen  7081:  quod  A.  Lucernius  Decrianus  L.  Tullius 
Cerialis  IIvir{i)  v[erba')  f(ecerunt)  de  Ilviro  quinquenn{cdi')  in  prox(imurri)  annum, 
fieri  placere  M.  Vibium  auctorem. 

7)  S.  Orelli  3737  und  die  von  Henzen.  Annali  1851  p.  12  angeführte  In- 
schrift von  Veii,  in  welcher  das  Datum  der  Dedication  bezeichnet  wird  :  III  non. 
lan.  Aemiliano  II  et  Aquilino  cos.  P.  Sergio  Maximo  M.  Lollio  Sabiniano  Ilvir. 
qq.  (a.  249  n.  Chr.). 


—     487     — 

in  den  Municipien  lustrum  genannt  wird^);  ihre  amtliche  Thätig- 
keit  bezog  sich  einmal  auf  die  Aufstellung  der  Bürgerlisten  und 
die  lectio  senatus,  und  zweitens  ohne  Zweifel  auf  die  censorischon 
Finanzgeschäfte;  denn  dass  sie,  wie  die  römischen  Censoren,  ein 
regimen  morum  geübt  hätten,   ist  schwerlich  anzunehmen  2). 

Als  seit  dem  Anfange  des  zweiten  Jahrhunderts  die  Selbst- 
verwaltung der  Städte  in  Italien  wie  in  den  Provinzen  in  Ver- 
fall zu  gerathen  begann  und  die  kaiserliche  Regierung  sich  ver- 
anlasst sah,  die  Feststellung  und  Einhaltung  der  städtischen  Etats 
ihrer  Controle  zu  unterwerfen,  musste  gerade  das  Amt  der  Quin- 
quennalen,  welches  so  lange  das  höchste  und  wichtigste  unter 
den  städtischen  Aemtern  gewesen  war,  eine  erhebliche  Beschrän- 
kung erleiden.  Allerdings  wurde  anfänglich  die  Revision  der 
städtischen  Finanzen  nur  in  Fällen  des  Bedürfnisses  einem  aus- 
serordentlichen Regierungscommissar  übertragen,  in  ganzen  Di- 
stricten  oder  Provinzen  einem  corrector  oder  oiopötütr]?  (s.  S.  78), 
in  einzelnen  Städten  einem  curator  oder  Xo^toTY^c  ^j ,  allein  wie  Dei  curator. 
aus  dem  Corrector  zuletzt  ein  Statthalter  wurde  (S.  79  ff.),  so 
verwandelte  sich  schliesslich  auch  der  Curator  in  einen  ständigen 
Beamten,  auf  welchen  von  den  Functionen  der  Quinquennalen 
ein  so  grosser  Theil  überging,  dass  man  lange  geglaubt  hat,  die 
Curatoren  mit  den  Quinquennalen  für  identisch  halten  zu  müs- 
sen''). Erst  neuerdings  ist  es  gelungen  diesen  Irrthum  zu  be- 
seitigen und  in  der  Hauptsache  über  das  Verhältniss  beider  Be- 
hörden ins  Klare  zu  kommen^]. 

Die  Quinquennalen   sind,    wie   wir  gesehen  haben,    ein  Col- 
legium    von   zwei  Personen;    sie   werden    von  der  Stadt  aus  der 

1)  Oielli  2547.    Henzen  7082. 

2j  l'eber  die  Befugnisse  der  quinquennales  sind  wir  fast  ganz  ohne  specielle 
Nachrichten.  Wir  sehen  nur,  dass  sie  im  Allgemeinen  die  Functionen  der  rü- 
uiischen  Censoren  hatten,  was  auch  Festus  p.  261  zu  sagen  scheint :  quin[quen- 
nnUa  ....  ap'pella\hantur ,  qui  lustrum  coTJ[derent  quinto  ^uoque  anno ,  a  quo 
nomin\ari  coeptos.  Dahin  gehört  namentlich  die  Aufstellung  der  Censuslisten 
(fex  luL.  mun.  lin.  142  flf.),  die  lectio  senatus  (ib.  lin.  Ö3  ff.),  die  loeatio  vecti- 
galium  und  die  Vergebung  der  Hauten. 

3J  Cod.  lust.  1,  54,  3:  curator  reipublicae,  qui  yraeco  vocabulo  logista  nun- 
cupatur.  Logisten  kommen  vor  in  Andros  (C.  /.  Or.  2349),  Alexandri*  in  Aegypten 
(Acta  S.  Didymi  et  Theodorat  aus  dem  J.  304  ad  28  April.),  Cyzicus  (C.  /.  Gr. 
2782),  Nicomedia  (ib.  3771.  3773.  Orelli  798),  Nicaea  (ib.  3747.  3748),  Kphcsus 
(ib.  2987t'.  orclli  798)  und  andern  Städten.    Vgl.  Kuhn  1,  36. 

4)  Savigny  Oesch.  des  K.   K.  im  Mittelalter  1  S.  41  ff. 

5)  Es  ist  dies  da»  Verdienst  von  Zumpt  C'omm.  tp.  I,  146  If.  lienzon  i>ui 
curatori  dellt  citth  in  Annali  1851  p.  5 — 35. 


_._     488     — 

Bürgerschaft  gewählt,  und  haben  sich  bis  auf  die  Zeit  Constan- 
liiis  des  Gl*,  erhalten  ^j.  Der  curator  rei  publicae  dagegen  — 
denn  von  diesem  reden  wir  ausschliesslich  2)  —  ist  ein  einzelner 
BeanUor^),  den  der  Kaiser  ernennt*).  Er  kommt  seit  Nerva^) 
und  Traian  ^)  vor,  also  seit  der  Zeit,  in  welcher  auch  die  Cor- 
rectoren  beginnen'),  und  war  also  mit  den  Quinquennalen  gleich- 
zeilig  in  Wirksamkeit^).  Ernannt  wird  er  regelmässig  nicht  aus 
den  Bürgern  der  Stadt  selbst  9)  ,  sondern  entweder  aus  einem 
andern  Municipium  i*^)  oder  aus  den  höchsten  Ständen  des  Reiches, 
den  viri  egregii  oder  perfectissmi,  d.  h.  dem  Ritterstande,  und 
den  viri  clarissimi,    d.  h.  dem  Senatorenstande  ^i),   zum  grössten 


1)  Im  J.  249  n.  Chr.  waren  in  Veii  die  Quinquennalen  noch  eponym  (s.  S.  486 
Anm.  7),  und  in  unsern  juristischen  Quellen,  in  welchen  sonst  von  Quinquen- 
nalen nicht  mehr  die  Rede  ist,  haben  sich  noch  zwei  Verfügungen  aus  den  Jahren 
321  und  336  erhalten  (Cod.  Theod.  13,  3,  1  und  4,  6,  3),  in  welchen  quinquen- 
nales  erwähnt  werden.  Die  letzte  ist  auch  in  den  Cod.  lust.  5,  27,  1  aufgenom- 
men, aber  mit  Weglassung  des  Wortes  quinquennalitas ,  das  damals  keine  Bedeu- 
tung mehr  hatte. 

2}  Es  giebt  nämlich  auch  euratores  für  besondere  Geschäfte,  z,  B.  curator 
operum  publicorum  ^  kalendarU,  muneris  publici ,  viarum  sternendarum ,  welche 
theils  von  der  Stadt  gewählt,  theils  vom  Kaiser  eingesetzt  werden.  S.  über  diese 
Ilenzen  Inscr.  Index  p.  161  und  Annali  1851  p.  15.    Kuhn  1,  46  ff. 

3}  Dies  ergiebt  sich  aus  vielen  Inschriften.  S.  Henzen  Inscr.  Index  p.  109  f. 
Annali  ISbi  p.  13.   Zumpt  Comm.  ep.  p.  149.    Boecking  ad  N.  D.  II  p.  1000  ff. 

4}  So  lange  die  Einsetzung  des  Curators  noch  eine  ausserordentliche  Maass- 
regel war,  wird  gewöhnlich  der  Name  des  Kaisers  dem  Titel  hinzugefügt;  z.  B. 
curator  reip.  Bergomatium  datus  est  ab  imp,  Traiano,  Orelli  3898 ;  curator  reip. 
Comens.  datus  ab  imp.  Hadriano,  Orelli  3898;  curator  reip.  Aeserninorum  datus 
ab  imp.  optimo  Antonino  Aug.Pio,  Orelli  2603.  S.  Henzen  Inscr.  Index  p.  109 
und  Annali  1851  p.  14.  Marini  Atti  p.  781.  Zumpt  Comm.  ep.  I,  153  f.  Später 
blieb  dieser  Zusatz  weg ,  aber  die  Ernennung  geschah  immer  noch  durch  den 
K.-^iser.  Cod.  Theod.  12,  1,  20.  Philostorgius  Eist,  eccles.  3,  27,  wo  Montius  zum 
Caesar  Gallus  sagt :  ouSe  XoyistTjV,  dvxstTts^; ,  l^eori  ooi  7:po^eipiaaot}ai,  xai  7:0)? 
av  IlpatTüapitov  eTzapyo^  dvsXeiv  Buvaio ; 

5)  Die  erste  Erwähnung  des  curator  reipublicae  in  den  juristischen  Quellen 
findet  sich,  wie  Kuhn  1,  37  bemerkt,  in  einem  Rescript  des  Nerva  Dig.  43,  24, 
3  §  4;  von  einem  Xo^tCTir]? ,  d.  h.  curator^  in  Smyrna  unter  Nerva  berichtet 
Philostratus    V.  Soph.  1,  19. 

6)  Unter  Traian  sind  wenigstens  zuerst  die  euratores  nachweisbar.  Orelli 
3798.  3887.    Henzen  Annali  1851  p.  33. 

7)  S.   oben  Seite  78. 

8)  Nach  der  Inschr.  Orelli  3898  ist  P.  Clodius  Sura  zuerst  Ilvir  quinquen- 
mdis  in  Brixia,  dann  curator  reip.  in  Bergomum;  nach  Orelli  3866  war  C.  Ma- 
trinius  Aurelius  Antoninus  in  Hispellum  zuerst  quinquennalis ,  dann  curator. 
Andere  Beispiele  s.  bei  Henzen  Annali  1851  p.  20. 

9)  Henzen  a.  a.  0.  p.  18  kennt  nur  drei  Fälle ,  welche  dieser  Regel  wider- 
sprechen.    Einer  derselben  (Orelli  3866)  ist  soeben  angeführt. 

10)  8.   die  Sammlung  bei  Henzen  a.  a.  0.  p.  16. 

11)  Capitolin.   M.   Ant.  philos.  11:   euratores  multis  civitatibus.   quo  latius  sc- 
natorias  tendertt  dignitates,  a  senatu  dedit. 


—     489     — 

Theil  sogtir  aus  Prätoriern  und  Consularon  i).  Der  Curalor  steht 
demnach  dem  Range  nach  weit  über  den  Municipalbeamten ;  er 
braucht  in  der  Stadt,  welcher  er  vorgesetzt  ist,  gar  nicht  seinen 
Wohnsitz  zu  nehmen  2) ,  sondern  führt  seine  Verwaltung  als  ein 
Nebenamt,  öfters  in  mehreren  Municipien  gleichzeitig  3),  und  er- 
scheint daher  wenigstens  anfangs  als  ein  ausserordentlicher  Auf- 
sichtsbeamter, dessen  Amisdauer  nirgends  angegeben  wird,  weil 
sie  von  dem  Auftrag  des  Kaisers  abhing,  der  aber  auch  nach 
Erfüllung  dieses  Auftrags  wiederholentlich  committirt  werden 
konnte  4).  Diese  Stellung  ändert  sich  in  der  späteren  Kaiserzeit, 
etwa  nach  der  Regierung  der  Severe  ^]  ;  seitdem  ist  der  ciirator 
ein  ständiger  Reamter,  der  aus  der  Rürgerschaft  selbst  und  zwar 
aus  den  Personen ,  welche  bereits  die  übrigen  MunicipalänUer 
bekleidet  hatten^),  zuerst  noch  immer  vom  Kaiser  ernannt'), 
später  aber,  wie  alle  städtischen  Magistrate,  von  den  Decurionen 
gewählt  und  vielleicht  nur  ^vom  Kaiser  bestätigt  wurde  ^).  Das 
Verhältniss  der  Quinquennalen  dem  Curator  gegenüber  wird  man 
sich  demnach  so  zu  denken  haben,  dass  die  Quinquennalen  im 
zweiten  Jahrhundert  ihre  Geschäfte  in  vollem  Umfange  ausübten, 
aber  mit  Genehmigung  und  unter  Controle  des  ihnen  vorgesetzten 
Curators,  im  dritten  Jahrhundert  dagegen  ihre  Functionen  nach 
und  nach  einstellten  und  an  den  Curator  abtralen ,  denn  rfie 
städtischen  Curatoren  der  späteren  Zeit  führen  wenigstens  die 
censorischen  Finanzgeschäfte  in  eigener  Person ;  sie  verpachten 
die    städtischen   Ländereien  ^)  ,    legen    die    Capitaiien    der    Stadt 


Ij  Ausführlich  handelt  hierüber  Henzen  Aniiali  1851  p.  22  ff.  Vgl.  Henzen 
Jnscr.  Index  p.  109. 

2j  Aus  der  Inschr.  Orelli  3787  =  Mommsen  /.  N.  6828  geht  hervor,  dass 
Curiatius  Cosaniis,  curator  von  Caere  im  J.  113  n.  Chr.  sich  in  Aiueria  aufhielt 
und  von  dort  schriftlich  seinen  Consens  zu  einem  Bau  in  Caere  ertheilte.  Vgl. 
Borghesi   Oeuvres  4,  138.    Henzen  a.  a.  0.   p.  2ö. 

31  S.  Borghesi  und  Henzen  a.  a.  0.    Henzen  Inscr.  Index  p.  109. 

4j  So  kommt  unter  Alexander  Severus  ein  curator  rp.  Laniviorum  vor,  Grut. 
p.  381,  1. 

f))  Zumpt  Comm.  ep.  I,  154  f.    Henzen  Annali  1851  p.  29. 

6)  Cod.  Theod.  12,  1,  20. 

7)  Marini  Arvali  p.  781.  Inschr.  von  Sens  bei  Kenier  MHanges  d'ipigraphie 
\>,  43 :  C.  Dedmius,  C.  Decimi  Severi  ß.  Sabinianus,  omnib.  honorib.  apud  a{uos) 
/'unct(u8),  curator  r.  p.  civit.  Venet.  ab  impp.  Severe  et  Antorün.  ordinatus. 

8)  Nov.  lustiniani  128  c.  16.  Kuhn  1,  37.  Ueber  den  Amtskreis  dieser 
späteren  Curatoren  handeln  Koth  De  re  munic.  p.  98.  Rüdiger  De  eurlalibua  im- 
perii  Romani  post  ('onatantinum,  Breslau  1837.  4.    Kuhn  1,  58  f. 

9)  Dig.  50,  8,  3  pr.  :  praedium  publicum  in  quinque  anno$  idonea  cautione 
non  exacta  curator  reipublicae  locavit.    Vgl.  50,  8,  11  J|  2.    Kuhn  1,  43. 


—     490     ~ 

cui>),  conlrahircn  Schulden  für  dieselbe 2) ^  verwallen  das  ganze  Hau- 
wesen ^)  und  haben  eine  Jurisdielion  mler  ciüitalem  et  priva- 
tum^) ,  durch  welche  sie  zuweilen  den  ihnen  untergeordnelen 
Slädten  sehr  läslig  wurden^).  Nur  die  Anferligung  der  Gensus- 
listen und  die  lectio  senatus  wird  ihnen  nichl  besonders  zuge- 
schrieben und  mag  auch  am  längsten  den  Quinquennalen  geblie- 
ben sein,  allein  aus  dem  Umstände,  dass  im  vierten  Jahrhundert 
die  Gerichte  bei  ihnen  Erkundigungen  über  Personen  einziehn^), 
darf  man  schliessen,  dass  auch  die  Führung  der  Personallisten 
in  dieser  Zeit  auf  sie  übergegangen  war'^). 


1)  Hierüber  haben  wir  ein  Fragment  aus  Ulpians  liber  sinyularis  de  officio 
curatoris  rei  publicae,  Dig.  22,  1,  33.  Cod.  lust.  11,  32,  2:  ideoque  cura  patris 
civitatis  apud  idoneos  —  pecunia  collocanda  est.  Pater  civitatis,  7raTr,p  TXoXeoj; 
ist  nämlich  der  spätere  Titel  des  Curators.  C.  I.  Gr.  2745.  Gothofr.  ad  Cod.  Th. 
12,  1,  20.    Cuiacii  opp.  ed.  Fabretti.  Vol.  IV  p.  6. 

2)  Dig.  20,  1,  11  pr. 

3)  Dig.  39,  2,  46 :  ad  curatoris  reipuhlicae  officium  spectat,  ut  dirutae  domus 
a  dominis  exstruantur.  Dig.  43,  24,  3  §  4;  43,  24,  5  §  4;  43,  8,  2  §  17.  Orelli 
3701.  3767.  3787. 

4)  Dig.  50,  8,  2  §  6.  Dig.  1,  22,  6:  in  consilium  curatoris  reipublicae  vir 
eiusdem  civitatis  adsidere  non  prohibetur,  quia  publico  salario  non  fruitur. 

5)  Philostr.  V.  Soph.  1.  19:  dvTjp  ÖTraxo? ,  oj  ovo[j.a 'Poucpo? ,  to'j;  S(X'jp- 
vatou?  EXoyiaTeue  Tir/ptöi  xcd  ouoTpoT:«)?.  Touxo)  xi  7:po?xpo6aac  6  Nixtjxtj? 
,,£ppa)Co''  siTieM  -/.al  ouvvsxt  7rpo;7]et  SixaCovxi. 

6)  Marini  Aroali  p.  786  hat  hierauf  aufmerksam  gemacht  auf  Grund  zweier 
merkwürdiger  Zeugnisse,  nämlich  Acta  SS.  Didymi  et  Theodorae  vom  J.  304,  in  der 
Ausg.  der  BoUandisten  ad  28  Apr.  append.  p.  LXIII :  6  8tvtacxTj(;  eiTiev  xdXei  xov 
XoYioxTjv  xfj?  TToXeioc.  'H  xa^i;  (d.  h.  officium,  apparitores.  Vales.  ad  Euseb.  H.  E. 
p.  208.  216)  eiTOV  "Eoxyi7v£v  6  XoYtax-r]^'  '0  ot-/.aoxTj?  eIto^  •  YAtzi  \t.o\.,  Aouxie, 
XI  oToa?  0£ÖO(upav  xyjv  aetrcaioa;  Aouxio?  ecp-^  *  At'/.aoxa,  \xa  xtjv  otjv  UYietav 
xai  Xa(j.7Tp6xY]xa ,  euYeveaxaxr]  soxlv  y.ai  d^toXoYo;  %ai  Tipwxo'j  y&vo'j?.  Acta  S. 
Sebastianae  aus  der  Zeit  des  Domitian  ad  7  lunium :  Ssp^to?  rjYefJ-wv  eiTtev  xü) 
XoYtaxi^  nTfjY^'3itp  ■  rior^ev  saxlv  x6  -^itvaio^^  xoOxo,  xat  7:01a?  TröXeto?  daxiv ;  FI'^y^^" 
atoi;  6  XoYtcx'?]?  eiire  •  IIoXso);  SeßaoxYJ?  doxtv,  Xoy'*/-'^  TcpcuxT]  xtüv  Xa[j.7rpoxdx(ov, 
rioia  Be  (jiavta  TrepisTieaev,  o'jz  oI5a.  Kai  y^^P  0  TraxTjp  aüx-^c  xptxov  xdvotoa 
sSojxe  (d.  h.  Spiele  bei  dem  Antritt  eines  Amtes  geben,  Vales.  ad  Ammian.  27, 
3.  Du  Gange  s.  v.)  xai  cpiXo;  i^i'^txo  xöiv  Q^aufxaoituv  ^ewv,  vcai  vöv  x6  -{iso^ 
aux-^i;  dv  XT^  EupcuTTTj  XYJi;  [j,rjxpo7i6X£(u?  'Hpa"AX£(a;  dv  tcoXXtJ]  £uoai[Ji-ovia  aY£t. 

7)  Noch  unerklärt  ist  eine  andere  den  Curator  betreffende  Nachricht,  welche 
ich  wenigstens  erwähnen  will.  In  der  diocletianischen  Christenverfolgung  des 
J.  303  wurden  in  Cirta  in  Numidien  den  Christen  ihre  Religionsbücher  conflscirt 
und  zwar  durch  eine  Person,  welche  Felix,  flamen  perpetuus,  curator  reipublicae 
titulirt  wird.  Das  Protocoll  über  die  Thätigkeit  desselben  ist  erhalten  und  her- 
ausg.  in  Optati  de  schismate  Donatillarum  libri  VII  ed.  Dupin  ,  Antverp.  1702 
fol.  p.  168  ff.  Henzen  Annali  1851  p.  33  glaubt,  hiezu  sei  Felix  als  Curator 
befugt  gewesen ,  weil  er  eine  Sittencensur  ausgeübt  habe ,  wovon  sonst  kein 
Beispiel  vorliegt;  Kenier  Melanges  p.  45  nimmt  dagegen  an,  dass  Felix  als  fla- 
men perpetuus  gegen  die  Christen  eingeschritten  sei.  Eine  solche  Befugniss  be- 
sass  in  dieser  Zeit  allerdings  der  sacerdos  provinciae  (s.  S.  368);  ob  sie  aber 
einem  flamen  municipalis  zustand,  ist  noch  zu  beweisen. 


—     491     — 

3.  Die  Aedilen  sind,   wie  bereits  bemerkt  worden  ist,  reget- Die  Aediieu. 
massig   dem  Range   nach   die  zweite  jährlich  fungircnde  Munici- 
palbehörde;    und   gelten   als  collegae  minores  der  Gerichtsherren, 

mögen  sie  nun  II Ihm  oder  Ilviri  aediliciae  potestatis  genannt 
werden.  Sie  entsprechen  den  curulischen  Aedilen  in  Rom  und 
in  Interamna  findet  sich  auch  der  Titel  aedilis  curulis^),  während 
in  Ariminum  ganz  vereinzelt  aediles  ainiles  und  aediles  plebis 
gleichzeitig  vorkommen  2).  Ihr  Amtskreis  =^)  umfasste  die  Sorge 
für  die  öffentlichen  Gebäude  und  Wege*)  ,  die  Erhaltung  der 
Bäder  s),  die  cura  omioriae^'],  und  namentlich  die  Marktpolizei  7) 
und  Controle  der  bei  dem  Marktverkehr  angewendeten  Maasse 
und  Gewichte  ^) ;  ihnen  steht  das  Recht  zu  körperliche  'J)  und 
Geldstrafen  zu  verfügen ;  die  letzteren  müssen  sie  aber  nach  dem 
Gesetz  von  Malaca  bei  den  Duovirn  anzeigen,  welche  die  Ein- 
ziehung übernehmen  i^) . 

4.  Die  Quaestoren.     In   der  Ranefoke    der   jährlich   zu   be- Die  Quasto- 

'^       *-^  •'  reu. 

setzenden  Municipalämter  ist  das  dritte  die  Quaestur,  in  Belretl' 
deren  indessen  die  Stadtrechte  wesentlich  differirten.  In  einigen 
Gemeinden    scheint   es  Quaestoren   gar   nicht   gegeben  zu  haben, 

1)  Orelli  3279. 

2)  Orelli  3979  =  Tonini  Kimini  avanti  il  principio  deW  era  volyare,  Riuiini 
1848.  8  p.  336  n.  13:  L.  Betutio  L.  f.  Pal.  Furiano  Aedili ,  cui  et  cunilis 
i(ur.is)  d{ictio)  et  plebeia  mandata  est.  Ein  aedilis  cunilis  Orelli  3836  =  Tonini 
n.  14.  Die  übrigen  Inschriften,  in  welchen  man  einen  aedilis  plebis  gefunden 
hat,  sind  sehr  zweifelhaft.  In  der  Inschr.  von  Ariminum  Henzen  n,  6008 
=  Tonini  p.  299  n.  2ö  liest  Mommsen  Hermes  1,  66  III VIR  AEDiliciae  Po- 
testatis, in  der  Inschr.  von  Cremona  aber  Orelli  3843,  jetzt  C.  I.  L.  V  n  ö3, 
AEDILIS  PoL(ae).  Der  Unterschied  beider  Aedilen  bezog  sich  auf  ihr  verschie- 
denes Multirungsrecht.  Tac.  Ann.  13,  28:  cohibita  artius  et  aedilium  potestas 
statutumque ,  quantum  curules ,  quantum  plebei  piynoris  caperent  vel  poenae  irro- 
yarent.    S.  Mommsen  8tadtrechte  S.  451. 

3)  8.  Ev.  Otto  De  aedilihus  coloniarum  et  uiunicipiorum,  Lips.  1732.  8. 
Kuhn  1,  Ö7. 

4)  Dig.  43,  10,  1.  Orelli  3973.  Mommsen  /.  N.  1481  :  C.  Enniw  M.  f.  C. 
lieryonius  Q.  f.  aed.  viam  straverunt  et  lacuus  fecemrü.  Ausführlich  handelt  hie- 
von  Otto  p.  323—332. 

5)  Plotarch.  Sympos.  III.  Vol.  VIII  p.  614  Reiske.  Digest.  19,  2.  30  <^  1. 
Otto  p.  315  ff. 

6)  Petron.   44:    interim   nemo   curat,    quid  annona  mordet.     Non  rneltcrrutes 

lindie  buccam  panis  invenire  potui. aediles  male  eveniat,   qtii  cum  pistoribua 

coUudunt :  ,,Serva  me  servabo  (e''.  Itaque  populus  minutus  laborat.  Dig.  16,  2, 
17:  condemnatus,   quod  artiorem  annonain  aedilitatis  tempore  praebuit.  Otto  p.  357. 

7)  Apulei.  Met.  1,  24.  25.    Dig.  50,  2,  12. 

8)  luvenal.  10,  100.    Persius  1,  129.    Dig.  19,  2,  13.    Ilenzeu  n.  7133. 

9)  Dig.  50,  2,  12:  eos,  qui  utensilia  neyotiantur  et  vendunt ,  licet  ab  aedi- 
Uhus  caedantur,  rwn  oportet  quasi  viUs  peraonaa  neyleyi. 

lOj  Lex  Malac.  c.  56.    Mommseu  Stadtrechte  8.  450. 


—     492     — 

wie  in  Arpiuuin,  wo  von  den  drei  Acdilon  i)  einer  die  Sladtcassc 
verwallele  2) ,  und  ebenso  dürfte  es  in  Fundi  und  Formiae^)  ge- 
wesen sein.  In  denjenigen  Städten  aber,  welche  Quaestoren 
hatten,  nahmen  diese  wieder  eine  verschiedene  Stellung  ein,  in- 
sofern die  Quästur  in  einigen  als  ein  honor,  in  andern  als  ein 
munm  galf*).  Derselbe  Unterschied  tritt  namentlich  hervor  in 
den  latinischen  Gemeinden,  in  welchen  durch  die  Bekleidung 
eines  honor  die  römische  Givität  erworben  wurde  (S.  55).  Dieser 
honor  war  für  die  Carni  die  Aedilität  von  Tergeste  (s.  S.  56),  in 
Salpensa  aber  die  Quästur  5). 

Es  ist  bisher  von  den  regelmässigen  Municipalmagistraten 
gesprochen  worden  und  es  liegt  nicht  in  der  Absicht  dieser  Dar- 
stellung die  einzeln  vorkommenden  zum  Theil  noch  jetzt  aus 
besondern  Ursachen  zu  erklärenden  Abweichungen  von  dieser 
Regel  vollständig  aufzuführen,  wie  z.  B.  die  in  Venusia^),  Tea- 
num^)  und  vielleicht  in  Pisa^)  sich  findenden  tribuni  plebiSj  die 
Ariminum  •*)  und  Cirta  lO)  in  Numidien  eigenthümlichen  tresviri 
und  andre  BeamtencoUegien,  die  überhaupt  zu  den  regelmässigen 
Magistraten  nicht  zu  rechnen  sein  dürften  i^),  dagegen  ist  es  nö- 
thig  die  Fälle  noch  besonders  zu  erwähnen ,  in  welchen  für 
die  regelmässigen  Magistrate  eine  Vertretung  durch  praefecti  ^'^) 
statt  fand. 
Praefectii.d.  5.    Eine   ausserordentliche  Stellvertretung  war  nur  erforder- 

1)  Henzen  7033.  7034. 

2)  Cic.  ad  Att.  15,  15,  1  :  tu  nummos  Arpinatum,  si  L.  Fadius  aedilis  petet, 
vel  omnes  reddito. 

3)  Hier  sind  ebenfaUs  drei  Aedilen.    Henzen  7035.  7036.  7037. 

4)  Dig.  50,  4,  18  §  2:  et  qiiaestura  in  aliqua  civitate  inter  honores  non  ha- 
betur, sed  personale  munus  est.  Dies  scheint  in  Aquileia  der  Fall  gewesen  zu 
sein,  wo  quaestores  niemals  vorkommen  (Mommsen  C.  /.  L.  V  p.  83J,  und  in 
Nola,   wo  sie  in  den  Fasten  (Mommsen  /.  iV.  1968)  nicht  aufgeführt  werden. 

5)  Lex  Salp.  21.  Ob  aus  Strabo  4  p.  187,  welcher  von  Nemausus  sagt: 
zyo\jna  xoX  tö  xaXo6[j.evov  Adxtov,  wate  tou?  d|itu8^£MTac  dYopavojj-ia^  xrtX  xafxieia; 
^v"  Nefjtauacp  'Puj[i.atou;  UTidpyeiv,  mit  Mommsen  Stadtrechte  S.  416  zu  folgern 
ist,  dass  man  beliebig  die  amtliche  Laufbahn  mit  der  Aedilität  oder  mit  der 
Quästur  habe  beginnen  können,   scheint  mir  sehr  zweifelhaft. 

6)  Henzen  7143. 

7)  Henzen  5985. 

8)  Orelli  3145. 

9)  Tonini  Bimini  p.  247. 

10)  Mommsen  Hermes  1,  55  ff. 

11)  Hieher   gehören    die    zuweilen   vorkommenden    quinqueviri ,    über   welche 
vortrefflich  handelt  Henzen  Annali  1859  p.  221  ff. 

12)  Ueber  die  praefecti  in  den  Municipien  s.  namentlich  Mommsen  Stadt- 
rechte S.  446  ff.    Henzen  Annali  1859  p.  212  ff. 


—     493     — 

lieh  bei  dem  obersten  Magistrale  *;  und  zwar  in  zwei  Fällen : 
einmal  wenn  derselbe  durch  Abwesenheit  oder  andere  Gründe 
zeitweise  verhindert  war  zu  fungiren,  und  zweitens,  wenn  er 
überhaupt  nicht  vorhanden  war  2).  Was  den  ersten  Fall  betrifft, 
so  ist  bereits  S.  482  bemerkt  worden,  dass  der  Duovir  zunächst 
von  seinem  Collegen  vertreten  wurde,  wenn  er  aber  in  Abwe- 
senheit seines  Collegen  auf  länger  als  einen  Tag  verreiste,  einen 
praefectus  selbst  ernannte,  der  somit  allein  Vertreter  beider  Duo- 
virn  war.  Ein  ähnliches  Verfahren  wurde  befolgt,  wenn  der 
Kaiser  oder  ein  Mitglied  der  kaiserlichen  Familie,  was  nicht  selten 
geschah  3),  ein  Municipalamt  annahm,  welchem  er  natürlich  per- 
sönlich nicht  vorstehn  konnte,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass, 
da  es  sich  hier  um  eine  Vertretung  nicht  auf  wenige  Tage,  son- 
dern auf  das  ganze  Amtsjahr  und  um  die  Ehre,  den  Kaiser  zum 
Duovirn  zu  haben  handelte,  nicht  der  zweite  Duovir,  wie  es  ge- 
setzlich möglich  gewesen  wäre,  die  Geschäfte  allein  führte,  son- 
dern ein  von  dem  Kaiser  ernannter'^)  Präfect  im  Namen  des  Kai- 
sers^) die  erste  Duovirnstelle  bekleidete,  und  wenn  zwei  Mit- 
glieder des  kaiserlichen  Hauses  beide  Duovirnstellen  übernahmen, 
für  sie  zwei  kaiserliche  Präfecti  gleichzeitig  eintraten  6) . 

Im  zweiten  Falle,  nämlich  wenn  die  höchste  Magistratur  über- 

1)  Mommsen  I.  N.  p.  480  stellt  die  Regel  auf,  dass  nur  für  die  Ilviri  prae- 
fecti  ernannt  worden  seien,  wogegen  Henzen  a.  a.  0.  p,  214  bemerkt,  dass  nicht 
nur  in  Brixia  praefecti  aedilicia  potestate  (ürelli  3909.  Henzen  7073)  ,  sondern 
auch  in  Patavium  (Henzen  70I2j  vier  praefecti  statt  der  Illlvirl  vorkommen, 
von  denen  zwei  also  aedilicia  potestate  waren. 

2)  Das  Decret  von  Pisa  Orelli  643  wurde  im  J.  4  n.  Chr.  gefasst,  ,,cttm 
in  colonia  nosira  propter  contentiones  candidatorum  magistratus  non  essent/'  Und 
weiter :  ob  eas  res  universi  decuriones  colonique,  quando  eo  casu  in  colonia  neque 
Ilvir  neque  praefecti  erant ,  neque  quisquam  iure  dicundo  praeerat ,  inter  se  con- 
senserunt. 

3)  Spartian.  Hadr.  19:  in  Etruria  praeturam  imperator  egit,  per  Latina  op- 
pida  dictator  et  aedilis  et  duumvir  fuit,  apud  Ntapolim  demarchus,  in  patria  sua 
quinquennalis  et  item  Hadriae  quinquennalis,  quasi  in  alia  patria,  et  Athenis  archon 
fuit.  Zahlreiche  Beispiele  hievon  s.  bei  Henzen  Jnscr.  Index  p.  UiO.  Ziimpt 
Comm.  ep.  p.  .Oü  ff.  Marini  Arvali  p.  175.  419.   Borghesi  Oeuvres  1,  490;   0,  3ir). 

4)  Wenn  einigemal  ein  kaiserlicher  Präfect  ex  senatus  consuUo  erwähnt  wird 
(ürelli  3874.  Mommsen  J.  N.  ö330j ,  so  ist  anzunehmen ,  dass  in  diesem  Falle 
der  Kaiser  die  Ernennung  ausnahmsweise  dem  (Jemeinderath  überliess,  S.  Momm- 
sen Stadti  echte  ü.  448. 

5)  Daher  fügt  der  kaiserliche  Präfect  seinem  Titel  den  Namen  des  Kaisers 
hinzu.  Henzen  ü470 :  C'.  Decio  Salumino  —  —  praef.  (Juinq{uennali)  TL  Cae- 
aaris  Augusti ,  iter{um)  Drusi  Caeaaria  Ti.  f. ,  tertio  Netonia  Caeaaria  Oemmnici, 
Andere  Beispiele  bei  ilenzen  Index  p.  1.09  f. 

6j  Orelli  3874.    Borghesi  Oeuvres  1,  490. 


—     494      - 

haupt  vacant  war,  pflegte  in  alterer  Zeit,  wie  in  Rom  i),  so  auch 
in  den  Municipien  von  dem  Senat  ein  interrex  ernannt  zu  wer- 
den 2)  ^  um  die  Wiederbesetzung  der  Stellen  zu  veranlassen  und 
zu  leiten.  Später,  wie  Monunsen  annimmt,  seit  dem  Ende  der 
Lex  Petra-  Republik,    Verordnete   eine   lex  Petronia^),    dass   in   diesem  Falle 

ma.  r  J  /  > 

der  Stadisenat  praefecti  wählen  solle,  welche,  da  ihnen  die  Stell- 
vertretung nicht  von  dem  Inhaber  der  Stelle  mandirt,  sondern 
durch  Wahl  des  Senats  übertragen  war,  sich  als  eine  besondere 
Art  von  praefecti  bezeichnen.  Ihr  Titel  ist  nämlich:  praefectus 
iure  dicundo  ex  decurionum  derreto  lege  Petronia^),  Illlvir  prae- 
fectus  lege  Petronia'"),  llllvir  lege  Pelronia^]^  llvir  praef.  iure 
dicundo  ab  decurioiiibiis  creatus'^)^  praefectus  i.  d.  ab  deciirionilms 
creatus^)  oder  praefectus  decurionum  decreto  iure  dicundo-^).  Es 
kam  vor,  dass  nach  diesem  Gesetze  für  alle  vier  Oberbeamten, 
also  auch  für  die  Aedilen,  quatuorviri  praefecti  gewählt  wurden  ^^) , 
dagegen  aber  auch,  dass,  wenn  bei  der  Wahl  der  llviri  i.  d. 
nur  ein  Candidat  die  Majorität  erhielt,  für  die  zweite  Stelle  ein 
praefectus  von  dem  Senat  bestellt  wurde.  Die  Function  der  Prä- 
fecti  währte  regelmässig  nur  bis  zur  Neuwahl  der  ordentlichen 
Beamten :  selbst  wenn  diese  Wahl  innerhalb  des  Jahres  nicht  zu 
Stande  kam,  scheinen  die  Präfecten  wenigstens  einmal,  vielleicht 
nach  sechs  Monaten  11)   erneuert  worden  zu  sein.     Die  Fasten  von 


1)  Mommsen  Staatsrecht  1 ,  15  f.  und  besonders  Liv.  1,  17.  Cic.  de  rep. 
2,   12.    Dionys.  2,  57.    Appian.  B.C.   1,  98. 

2)  Er  findet  sich  in  Benevent,  C.  I.  L.  I  n.  1221  und  Formiae.  Orelli  3876 
=  Mommsen  /.  N.  4094. 

3)  Diese  lex  wird  mit  vollem  Namen  angeführt  in  der  Inschrift  v.  Pompeii, 
Orelli  3679  =  Mommsen  /.  N.  2250  und  in  der  Inschr.  von  Aesernia,  Henzen 
6957.  Dass  aber  auch  die  Abkürzung  P.  L.  P.  zu  lesen  ist  praefectus  lege  Pe- 
tronia,  sah  zuerst  Borghesi  Oeuvres  6,  322.  lieber  den  Inhalt  und  die  Zeit  des 
Gesetzes  ist  nichts  überliefert  5  die  erste  Erwähnung  desselben  findet  sich  in  den 
Fasten  von  Venusia  im  J.  722  =  32  (Mommsen  1.  N.  n.  697),  weshalb  die  Ver- 
muthung  von  Borghesi  Oeuvres  3,  366,  der  es  dem  ronsul  suffectus  des  J.  778 
=  25  n.  Chr.,  C.  Petronius  Umbrinus  zuschreibt,  nicht  richtig  sein  kann.  Ohne 
irgend  ein  brauchbares  Resultat  ist  die  Schrift  von  Arditi  La  legge  Petronia, 
Napoli  1817.  4.  Später  haben  über  das  Gesetz  gehandelt  Zumpt  Comm.  ep. 
I,  60.     Mommsen   Stadtrechte  S.  447.    Henzen  Annali  1859  p.  213. 

43  Orelli  3679  =  Mommsen  /.  N.  2250. 

5)  Mommsen  I.  N.  4195. 

6)  Henzen  n.  6957. 

7)  Orelli  3818. 

8)  Orelli  2287. 

9)  Mommsen  /.  N.   1948. 

10}  Henzen  ji.  7072  und  in  Annali  1859  p.  214. 
11)  Henzen  Annali  1859  p.  215. 


—     495     — 

Venusiai)  führen  im  Jahre  722  =  32  zwei  praefecti  für  die  Zeit 
vom  I.  Juli  bis  1.  September  auf,  d.  h.  bis  zur  Wahl  der  re- 
gelmässigen Beamten;  in  den  Fasten  von  Interamna  Lirinas  2) 
finden  wir  im  J.  67  n.  Chr.  zwei  Illlvhi  i.  (/..;  im  J.  68  zwei 
quinqiieiuuileSy  im  J.  69  zwei  llllviri  i.  cl.j  dann  einen  Illhir 
praefectus  lege  Petronia  und  nochmals  einen  llJIvir  praefectus  lege 
Petronia,  welcher  der  Nachfolger  des  ersten  zu  sein  scheint ;  im 
J.  70  zwei  lUIviri  pniefecti  lege  Petnmia  und  nochmals  zwei 
IJUviri  praefecti  lege  Petronia^  so  dass  jedes  dieser  beiden  Celle - 
gien  ein  halbes  Jahr  im  Amt  gewesen  sein  dürfte.  In  Hinsicht 
auf  die  Competenz  stehen  natürlich  die  Präfeclenden  ordentlichen 
Beamten,  deren  Stelle  sie  einnehmen,  gleich;  insbesondere  haben 
sie,  wie  schon  ihr  Name  anzeigt,  die  Jurisdiction  und  den  Vorsitz 
im  Senat  "^)   und  sind  für  die  Zeit  ihrer  Amtsverwaltung  eponym^). 

Wir  haben  endlich  noch  zu  reden  von  den  Ehrenrechten, 
welche  den  Municipalbeamlen  zustanden,  und  andererseits  von 
der  Qualificalion,   welche  von  ihnen  gefordert  wurde. 

Wie   die  Magistrate    der  Municipalstädte   überhaupt   den   pa- ^jjr"jj^*^^*® 
tricischen,    nicht  den  plebejischen  Aemtern  der  Sladt  Bom  nach-     strate. 
gebildet   sind,    so   nehmen    sie  auch  in  ihrem  äusseren  Auftreten 
eine  Analogie    mit   den    curulischen  Würden    Roms    in  Anspruch. 
Sie   erscheinen    innerhalb    ihres   Territoriums    in    der    praetecrla^)   Pmetexta. 
unter  Vortritt  wahrscheinlich  zweier  Lictoren,   welche  fusces  tra-    Fasces. 
gen  ^j .     Die   fasces   unterscheiden   sich   zwar   von  den  römischen 
nicht  nur  dadurch,    dass  sie  keine  Beile  haben,    da   den  Mimici- 
palbeamten    ein    militärisches  Imperium   nicht  zusteht'),    sondern 
auch  wahrscheinlich  in  der  Form,   weshalb  sie  auch  r//'^af?  ^)  oder 

1)  Mommsen  /.  iV.  697. 

2)  Momrasen  /.  iV.  4195. 

3J  Henzen  u.  7072.    Orelli  4041  =  C.  1.  L.  V  n.  961. 
4)  Visconti   Monumenli  (Jabini,   Milano   18313.   8  p.    11. 

OJ  I^iv.  34,  7:  mdyistrdtibus  in  coloniis  niunicipiisque,  hie  Koinue  infimo  yt- 
neri  muyislris  vicorurn  toyae  praetextae  hahendne  ins  est ,  nee  ut  viui  solum  ha- 
beunl  tunluni  insiyne,  sed  etiam  ut  cum  eo  crernentur  mortui:  feminis  dumtaxat 
purpurne  usu  interdicemus  ?   Horat.   Senn.   1,   5,  34: 

Fundos  Aufidio  Lusco  praetore  Lihentes 
Linquiniua,  insani  ridentes  praetnia  scribue, 
praetextam  et  Latutn  clavmn  prunaeque  batillum. 
Apui.  Met.  1,  24. 

6)  (;i(;.  de  ley.  ayr.  2,  34,  93:  deinde  anteibant  lic.ldrcs ,  non  mm  bucillit, 
ntd  ut  hie  praetoribu.i  antetunt,   cum  faitcibutt  duobus. 

7)  Mommsen  Staatsrecht  1,  302  A.  3.  Wenn  bei  Totron.  «•.  'M  au.li  senires 
erwähnt  werden,   so  i«t  daü,    wie  .Mommsen  bemerkt,   finc  Ironie, 

H)  Auson.    Met.    1,  24. 


—     496     — 

b(icllii^)  genannt  werden,  sind  aber  allen  Beamten  gemeinsam 2) , 
den  Ilviri'^)^  llllviri^)^  quinquennules ^) ,  aediles^)  und  sogar  den 
VIviri  Auguslales'^)^   von  welchen  wir  noch  besonders  reden  wer- 

ÄoKacMr««*..  den;   die  höchsten  Beamten  bedienen  sich  ferner  der  sella  curu- 

Tribunai.  Us^),    sprcchcn   Rccht   auf  einem    tribunuV^)    und   verfügen    über 

ein   zahlreiches  Dienstpersonal  von  servi  publici^^)   und  Beamten, 

Apparitores.  namentlich  apparitoreSj   arcaräj  commentarienses^  librarii^   lictores, 
praecofies,  scribae,  tubellarii^  viatorea^^),  dispunctores^^). 

Der  Eintritt  in  den  Communaldienst  eröffnete  auf  diese  Weise 
die   Aussicht  auf  eine   einflussreiche   und    äusserlich    angesehene 

1)  Cic.  de  l.  agr.  2,   34,  93.     Vgl.   Cic.  ad  AU.   11,   6,  2. 

2)  S.  Borghesi  in  Cavedoni  Marmi  Modenesi  p.   302. 

3j  Cod.  Theod.  12,  1,  174  =  Cod.  lust.  10,  31,  53:  duumvirum  impune 
non  liceat  extollere  potestatem  fascium  extra  metas  propriae  civitatis.  Auf  einen 
Jlvir  von  Lambaese  in  Numidien  bezieht  sich  die  Inschrift  Henzen  5758*  =Re- 
nier  Inscr.  de  l^ Alger.  n.  93 : 

Hanc  aram  Nymphis  exstruxi  nomine  laetus, 
Cum  gererem,  fasces  patriae  rumore  secundo. 
Plus  tarnen  est  mihi  gratus  honos,   quod  fascibus  annus 
Is  nostri  dolus  est,  quod  sancto  nomine  dives 
Lamhaesem  largo  perfudit  flumine  Nympha. 
Einen  lictor  duumviralis  in  Capua  s.  Henzen  n.  7156,    und  von  dem  Jlvir  von 
Narbo,  Artanus,   sagt  Martial  8,   72 : 

Quem  pulcherrima  iam  redire  Narbo 
Ad  leges  iubet  annuosque  fasces. 

4)  Auf  dem  Monument  eines  llllvir  von  Apulum  in  Dacien  (C  1.  L.  III 
n.  1083)  sind  neben  der  Inschrift  zwei  Lictoren  mit  fasces  dargestellt. 

5)  Apulelus  Met.  10,  18:  oriundus  patria  Corintho ,  quod  caput  est  totius 
Achaiae  provinciae,  —  —  gradatim,  permensis  honoribus  quinquennali  magistratui 
fuerat  destinatus ,  et  ttt  splendori  capessendorum  responderet  fascium,  munus  gla- 
diatorium  triduani  spectaculi  pollicitus ,  latius  munificentiam  suam  porrigebat. 

6)  Apulei.   Met.  1,  24. 

7}  Petron.  c.  30.  65.  Maffei  Mus.  Ver.  p.  117  n.  2.  3,  wo  sechs  fasces 
dargestellt  sind.  Ob  diese  sich  auf  die  VJviri  Augustales  beziehen,  ist  nicht  aus- 
zumachen. Ueber  diese  sechs  fasces  vgl.  Furlanetio  Le  antiche  lapidi  del  museo 
di  Este,  Padova  1837.  8  p.  119. 

8)  Diese  kommt  unter  den  Insignien  eines  pontifex  municipalis  vor.  Hen- 
zen n.  5957,  unter  den  Insignien  eines  IJvir,  Mommsen  /.  N.  n.  2001  und  dazu 
Corrigenda  p.  XXIII;   n.  2096. 

9)  Dies  tribunal  wird  erwähnt  in  Benevent  (Orelli  2744  =  Mommsen  /.  N. 
1502),  tribunal  et  rostra  in  Ilusicade ,  Henzen  6956  =  Renier  Inscr.  de  l'Alg. 
n.  2169;  tribunal  iudicum  in  Auzia  in  Numidien,  Renier  n.  3575.  Auch  in  der 
Inschr.  von  Ostia,  Orelli  3882  heisst  es :  tribunal  in  foro  marmoreum  fecit.  Huic 
statua  inaurata  d.  d.  p.  p.  posita  est,  item  ahenea  d.  d.  p.  p.  posita  est  proxume 
tribunal  quaes^toris) ;  das  letztere  ist  indess  nicht  das  Tribunal  des  Municipal- 
quästors  von  Ostia,  sondern  das  des  römischen  Quästors  ,  der  seit  487=267  in 
Ostia  residirte.    S.  Mommsen  Epigraphische  Analecten  n.  5  S.  297. 

10)  Mommsen  Staatsrecht  1,  252. 

11)  S.   Henzen  Inscr.  Ind.  p.   164. 

12)  Mommsen  C.  I.  L.  III  p.  1030  zu  n.  2026.  Der  dispunctor  scheint  ein 
liechnungsrevisor  zu  sein. 


—     497     — 

Stellung,  und  wurde  demgemäss  in  allen  Stadiverfassungen  von 
gewissen  Bedingungen  abhängig  gemacht,  auf  deren  Erfüllung  zu 
halten  der  Vorsitzende  bei  dem  Wahlacte  verpflichtet  war.  Es 
waren  in  der  Regel  fünf  Forderungen,  welche  das  Municipalgesetz 
an  den  Amtsbew  erber  stellte  ^) ,  erstens,  dass  er  ein  frei  gebo- 
rener Mann  (ingenuus)  war^)^  zweitens,  dass  er  weder  eine  Cri- 
minalstrafe  erlitten  hatte  ^)  noch  ein  unanständiges  Gewerbe 
trieb'*),  drittens,  dass  er  entweder  eine  gewisse  Zahl  von  Feld- 
ztigen  mit  gemacht,  oder,  wenn  dies  nicht  der  Fall  war,  das 
dreissigste  Jahr  erreicht  hatte  ^),  welche  Vorschrift  Augustus  da- 
hin änderte  6),  dass  er  als  Normaljahr  für  den  Eintritt  in  den 
Communaldienst  das  25ste  Jahr  bestimmte  '^)  ;    viertens,    dass  die 

1)  Mommsen  Stadtrechte  S.  416  ff. 

2)  Lex  Malac.  c.  54.  Cod.  lust.  9,  21,  1;  10,  32,  1.  Orelli  3914  =  C.  I.  L. 
JI  n.  1943:  Omnibus  honoribus ,  quoa  libertini  gerere  potuerunt ,  honoratus.  Vgl. 
C.  I.  L.  II  n.  2023.  2026. 

3)  Lex  Julia  munic.  (C.  I.  L.  I  n.  206)  lin.  108:  quae  municipia  —  civium 
Romanorum   sunt  erunt,    nei    quis    in    eorum    quo   municipio  —  —  in   senatu  — 

esto quei  furtei  quod  ipse  fecit  fecerit  condemnatus  pactusve  est  erit;  queive 

iudicio  flduciae,  pro  socio ,  tutelae ,  mandatei ,  iniuriarum  deve  dolo  malo  con- 
demnatus est  erit ;  queive  lege  Plaetoria  ob  eam.ve  rem. ,  quod  adversus  eam,  legem 
fecit  fecerit  condemnatus  est  erit;  queive  depugnandei  caussa  auctoratus  est  erit 
fuit  fuerit;  queive  in  iure  bonam  copiam  abiuravit  abiuraverit  bonamve  copiam 
iuravit  iuraverit ;  queive  sponsoribus  creditoribusve  su£is  renuntiavit  renuntiaverit 
se  soldum  solvere  non  posse  u.  s.  w.  Alle  diese  Gründe,  welche  den  Eintritt  in 
den  Senat  verhindern,  gelten  auch  für  die  Amtsbewerber,  da  die  Bekleidung  des 
Amtes    zum  Eintritt    in    den  Senat  führt.    S.  lex  Jul.  mun.  lin.    135.    Vgl.  Dig. 

47,  10,  40:   atrocis  iniuriae  damnatus  in  ordir^e  decurionum  esse  non  potest.    Dig. 

48,  7,  1.    Lex  Malac.  c.  54. 

A)  Lex  Julia  munic.  lin.  94:  neve  quis,  quei  praeconium  dissignationem  libi- 
tinamve  faciet,  dum  eorum  quid  faciet,  in  municipio  colonia  proefectura  JJviratum 
JJJJviratum  aliumve  quem  magistratum  petito  neve  capito  neve  gerito  neve  habeto. 
Eine  ähnliche  Verordnung  de  quaestu,  quem  quis  fecisset ,  enthält  die  lex  muni- 
cipalin  der  Haiesini  in  Sicilien,  Cic.  Verr.  II,  2,  49,  122.    Vgl.  Dig.  50,  2,  12. 

5)  I^ex  Julia  munic.  lin.  89:  quei  mirwr  annos  XXX  nntus  est  erit,  nei  quis 
eorum  post  K.  Januarias  secundas  in  municipio  colonia  pruefectura  JJviratum 
JJIJviratum  neve  quem  alium  magistratum  petito  neve  capito  neve  gerito ,  nisei 
quei  eorum  stipendia  equo  in  legione  JIJ  nut  pedestria  in  legione  VI  fecerit.  In 
den  Provincialgesetzen  war  für  die  Stadtbeamten  in  der  Zeit  der  Republik  das 
BOste  Jahr  für  den  Amtsantritt  vorgeschrieben.  So  heisst  es  von  Sicilien  bei 
Cic.  Verr.  II,  2,  49,  122:  C.  Claudius,  adhibitis  omnibus  Marceliis,  qui  tum 
erant,  de  eorum  sententia  leges  Ilalesinis  dedit :  in  quibus  multa  sanxit  de  aetate 
hominnm ,  ne  qui  miruyr  triginta  annis  natu ;  de  quaestu,  quem  qui  feciMct ,  nt 
leyeretur.  Dasselbe  verordnete  die  lex  Pompeia  für  die  Städte  Bithyniens.  Plin. 
ep.   10,  79f83j. 

Oj  Dass  Augustus  diese  Aenderung  traf,  ist  wenigstens  wahrsclieinlich  nach 
seinen  in  Betreff  des  römischen  Senats  getroffenen  Anordnungen.   Dio  Cass.  51,  20. 

7j  Dig.  !)0,  4,  H;  50,  2,  11;  50,  2,  6  S  1.  f^^x  Malac.  c.  54.  Im  vierten 
Jahrhundert  wurde  das  18te  Jahr  für  den  Eintritt  in  die  Curie  angesetzt.  Ood. 
Theod.  12,  1,  7;  12,  1,  19. 

Ryni.  Alt<Tth.  IV.  32 


—     498     — 

Aemter  in  der  gesetzlichen  Reihenfolge  bekleidet  wurden  i),  also 
zuerst  die  Quästur,  dann  die  Aedilität,  dann  der  Duovirat,  nur 
dass  eine  zweite  Bekleidung  des  letzteren  Amtes  erst  nach  einem 
Zwischenräume  von  5  Jahren  erfolgte  2)  ;  fünftens  endlich,  dass 
ein  Vermögen  nachgewiesen  wurde,  mit  welchem  der  Beamte 
für  seine  Amtsthätigkeit  haftete.  Die  letzte  Vorschrift  kam  in 
den  verschiedenen  Municipien  auf  verschiedene  Weise  zur  Aus- 
cautions-   führuug.     In  Malaca  stellten  diejenigen  Beamten,  weiche  mit  den 

Stellung.  j        ö  7 

städtischen  Finanzen  zu  thun  hatten,  die  duoviri  und  quaestores^ 
eine  bestimmte  Caution  durch  Bürgen  oder  Vei-pfändung  von 
Grundstücken  [praedibus  et  praediis)  ^) ;  wie  aber  in  Rom  selbst 
eine  Caution  nicht  gefordert  wurde,  dagegen  aber  seit  Augustus 
ein  Senatorencensus  bestand  ^j,  welcher  die  verlangte  Sicherheit 
gewährte,  so  wird  in  der  Kaiserzeit  auch  in  den  Municipien  die 
Zulassung  zu  den  Aemtern  und  in  Folge  derselben  der  Eintritt 
Senator!-  in  den  Senat  regelmässig  an  die  Bedinguns  eines  gewissen  Cen- 
SU8.       sus  geknüpft^),    welcher  z.  B.  in  Comum  100,000  Sesterzen  be- 

1)  Modestin.  Diy.  50,  4,  11:  ut  yradatim  honores  deferantur ,  edicto,  et  ut 
a  minoribus  ad  maiores  perveniatur ,  epistola  Divi  Pii  ad  Titianum  exprimitur. 
Callistratus  Dig.  50,  4,  14  §  5:  gerendorum  honorum  non  promiscua  facultas  est, 
sed  ordo  certus  huic  rei  adhibitus  est;  nam  neque  prius  maiorem  magistratum 
quisquam ,  nisi  minorem  susceperit ,  gerere  potest ,  neque  ab  omni  aetate ;  neque 
continuare  quisquam,  honores  potest.  Die  Vorschriften ,  welche  Callistratus  giebt, 
sind  für  die  Praxis  der  früheren  Kaiserzeit  keineswegs  immer  maassgebend  ge- 
wesen. Zuerst  kommen  Abweichungen  in  der  Folge  der  Aemter  insofern  vor,  als 
zuweilen  die  Quästur  nach  der  Aedilität  bekleidet  wird  (s.  Zumpt  p.  67.  Momm- 
sen  Stadtrechte  S.  416);  zweitens  führen  römische  Senatoren  oder  Ritter,  wenn 
sie  ein  höheres  Municipalamt  übernehmen ,  wie  z.  B.  die  Quinquennalitas,  das- 
selbe, ohne  die  niedern  Aemter  bekleidet  zu  haben;  endlich  kommt  das  conti- 
nuare honores  zwar  insofern  nicht  vor,  als  ein  Magistrat  dasselbe  Amt  über  das 
Jahr  hinaus  behält ;  wohl  aber  findet  sich ,  was  in  Rom  ungesetzlich  war ,  dass 
eine  Person  in  zwei  auf  einander  folgenden  Jahren  zwei  Aemter,  z.  B.  die  Quä- 
stur und  den  Duumvirat  führt.    Zumpt  p.  68.   136. 

2)  Lex  Malac.  c.  54.  Cod.  lust.  10,  40,  2 :  ab  honoribus  ad  honores  eosdem 
quinquennii  datur  vacatio,  triennii  vero  ad  alios. 

3)  Lex  Malac.  c.  57.  60.    Mommsen  Stadtrechte  S.  419.  466  ff. 

4)  Mommsen  Staatsrecht  1,  400. 

5)  Dig.  50,  1,  21  §  4:  idem  respondit,  constante  matrimonio  dotem  in  bonis 
mariti  esse :  sed  et  si  ad  munera  m.unicipalia  a  certo  modo  substantiae  vocentur, 
dotem  non  debere  computari.  50,  4,  6  pr. :  qui  pro  substantia  sua  capiant  ho- 
noris dignitatem.    50,  4,  14  §  3:   de  honoribus  sive  muneribus  gerendis  cum  quae- 

ritur,  inprimis  consideranda  persona  est  eius,  cui  defertur  honor : facultates 

quoque  an  sufficere  iniuncto  muneri  possint.  Verlor  ein  decurio  sein  Vermögen, 
so  scheint  er  nicht  sofort  aus  dem  Senat  entfernt  zu  sein  (Dig.  5,  2,  8:  decu- 
rionibus  facultatibus  lapsis  alimenta  decerni  permissum  est ,  maxime  si  ob  muni- 
ficentiam  in  patriam  Patrimonium  exhauserint.  Vgl.  Zumpt  Comm.  ep.  1,  121], 
allein  schliesslich  musste  er  doch  aus  dem  Album  gestrichen  werden.  Libanius 
Vol.  II  p.  506  Reiske :    outou    ßouXeuxyj?   [x-^^  ßouX-^^J   ilaXeicpexai ,    gl»  amo'^fou 


—     499     — 

trug  1)  ,  in  grösseren  Städten  aber  auch  höher  sein  mochte  2) . 
Daneben  wurde  es  üblich,  bei  Uebernahme  eines  Amtes  nicht 
nur  freiwillig  eine  Geldsumme  für  Communalzwecke,  insbesondre 
Spiele  und  Bauten,  zu  versprechen  ^j ,  sondern  auch  ein  für  jedes 
Amt  gesetzlich  normirtes  Capital  an  die  Stadtcasse  zu  zahlen  ^"tritts- 
[honorariam  siimmam  duoviratus ,  aedüitatis,  rei  publicae  inferre) . 
Diese  Leistung  findet  sich  schon  in  der  Zeit  der  Republik  in  den 
pagi  von  Capua ,  deren  magistri  ex  lege  pagana  eine  Summe 
zahlen,  für  welche  Spiele  gegeben  werden  ^j,  insofern  nicht  durch 
einen  Beschluss  des  pagus  über  die  Verwendung  anders  bestimmt 
wird^),  und  scheint  in  der  Kaiserzeit,  wenn  auch  nicht  überall 
gesetzlich  vorgeschrieben  ^j  ^  so  doch  allgemein  üblich  gewesen  zu 
sein.  Sie  kommt  vor  in  Italien,  nämlich  in  Aeclanum"),  Asisium 
in  Umbria^),  Brixia^),  Capua  i<^),  Concordia  ii) ,  Nuceria^^j^  Pom- 
peiii3)j  Tergeste  i'*) ,  Teanumi^);  in  Baetica  im  Municipium  Ossigi^^); 

Ypa(X(AaTa  dcpaipoüvxo;,  dXX'  oux^'  ouot]?  oüaiai;  •  tolot   ^Xcxttou?  -Tiotei  xd?  ßouXd; 
dvTt  fxetCovaiv,  Taüx   6\ifO'Ji  xoix;  xa&'  exdaxT]^  dvxl  TrXeiovtov. 

1)  Plin.  ep.  1,  19.  Denselben  Census  erwähnt  Patron,  c.  44  und  Catull. 
23,  26. 

2)  In  Gades  z.  B.  gab  es  zu  Strabos  Zeit  500  Personen,  welche  den  Rit- 
tercensus  von  400,000  HS.  besassen.    Strabo  3  p.  169. 

3)  Dig.  50,   12,  13.    Beispiele  sind  sehr  häufig.    S.  Kuhn  1,  53. 

4)  C.  1.  L.  I  n.  565.  566.  567.    Mommsen  p.  159. 

5)  C.  I.  L.  I  n.  571.  573. 

6)  In  Bithynien  verlangte  die  lex  Pompeia  diese  Zahlung  nicht;  zu  Traians 
Zeit  leisteten  sie  diejenigen  Senatoren,  welche  super  legitimum  numerum  in  den 
Senat  aufgenommen  wurden,  und  zwar  zahlten  diese  1000  oder  2000  Denare. 
Plinius  ep..  10,  112  fragt  bei  dem  Kaiser  an,  ob  alle  buleutae  pro  introitu  eine 
Summe  zahlen  sollen  und  erhält  die  Antwort :   sequendam  cuiusqiie  civitatis  legem. 

7)  Henzen  7057:  pecunia,   quam  pro  honore  dehuerunt. 

8)  Grut.  p.  400,  7:   hie  pro  seviratu  in  remp.  dedit  HS.  MM. 

9)  CLL.   V  n.  4431 :    VIvir  August,  gratuitus.    Vgl.  4439.   4480. 

10)  Orelli  3213  =  .Mommsen  /.  N.  3643;  huic  ordo  decurionum  ob  merita 
eiu8  honorem  Augustalitatis  gratuitum  decrevit. 

11)  Fronto  ad  amic.  2,  7  p.  193  Naber:  factusne  est  Volumnius  decreto  or- 
dinis  scriba  et  decurio?  Pensiones  plurimas  ad  quartum  usque  ob  decurionatum 
dependitne?  Ein  decurio  gratuitus  omamentis  Uviralibus  C.  L  L.   V  n.  1892. 

12)  Mommsen  /.  N.  2096 :   cui  decuriones  —  duumviratum  gratuitum  dederwni. 

13)  Mommsen  /.  jV.  2378 :  HS.  n.  decem  milia  in  publicum  pro  duomviratu 
{intulit). 

14)  Da»  Decret  von  Tergeste,  Ilenzen  n.  7168  =C.  /.  L.  V  n.  532  erkennt 
dankbar  an,  dass  die  Zulassung  der  Carni  und  Catali  zur  Aedilität  von  Tergeste 
der  Stadt  eine  neue  Einnahme  verschafft  habe  per  honorariae  numerationem. 

15)  Henzen  Zeitschrift  für  AltHrthumswissenschaft  1848  S.  302:  bcUneum  — 
emptum  ex  pecunia  Augiutlal(i). 

16)  C.  L  L.  II  n.  2100:  oh  honorem  Vlvir{atu»)  ex  deereto  ordinis  »oluta 
pecunia. 

32» 


—     500     — 

in  Lusitanien  in  CoUipo  ^)  ;  in  Sicilien  in  Panormus'^);  in  Sardi- 
nien in  der  Colonia  Turritana  ^) ;  in  Dalmalien  in  Salonae  *} ;  in 
Crela  in  Gortyna-'»)  ;  in  einem  Theiie  der  bithynischen  Städte  ^j, 
besonders  liäufig  aber  in  Africa  und  Numidien,  nämlich  in  dem 
Municipium  Alexandrianum^)  ^  in  Auzia%  Calama  ••)  ,  Cirta^*^), 
CuicuPi),  Diana  12J  ^  Lambaese  i=^) ,  Madauri  i'*)  ,  Rusicade  ^^j, 
Sitifis  16)  ,    Tiiamugas  i')  ^     Theveste  i»j ,     Thibica  i^)  ,     Thuburti- 

1}  Ephemeris  epigr.  1872  p.  44 :  quod  decurionem  eum  remisso  honorario  — 
fecerint. 

2)  Torremuzza  p.  4  n.  10:  M.  Vlpius  Italici  üb.  Eutychus  aram  et  basim 
Mercurl  proter  (lies  praeter^  summam  honorariam  pro  seviratu  pecunla  sua  posuit. 
Vgl.  p.    11   n.  26. 

3)  Henzen  n.  7080:  T.  Flavius  lustinus  llvir  quinquennalis ,  aedilis,  super 
HS  XXXV,  quae  ob  honorem  quinquennalitatis  praesentia  (d.  h.  baar)  pollicit(us 
est),  lacum  —  fecit. 

4)  Henzen  n.  7049=  C.  I.  L.  III  n.  1978:  Ilvir  i.  d.  ex  pecunia  honoraria 
duoviratus  sui. 

5)  C.  I.  L.  III  n.  4:   ex  summa,   quam  intuUt  pro  decurionatu  suo. 
6j  Plin.  ep.   10,   112.  113. 

7)  Gueriii  2  p.  375  n.  531 :  D.  Fundanius  —  aedilis  ob  honorem  aedilitatis 
—  hanc  statuam  —  ex  HS.  VIll  milibus  n.  sua  liberalitate ,  numerata  prius  a 
se  rei  puhlic.ae  summ.a  honoraria,  posuit. 

8)  Renier  Inscr.  de  l'Alg.  n.   3572. 

9)  Henzen  n.  7060  =  Renier  n.  2754:  L.  Vibius  Saturninus  Illlvir,  amplius 
ad  honorariam  sum(mam'),  cum  HS.  tria  milia  promisisset,  ex  HS.  sex  milibus  n. 
p(ecuniaj  s(ua)  p(osuit].  Vgl.  2757. 

10)  Renier  n,  1832:  C.  Sittius  —  Flavianus,  aedilis,  triumvir  praefectus  co- 
loniarum ,  ob  honorem  triumviratus  dedit  dedicavitque ,  repraesentaiia  etium  suo 
quoque  tempore  utriusque  honoris  reipublicae  honorariis  summis  HS.  vicenum  mil~ 
lium  nummum.  Vgl.  n.  1823.  Recueil  de  la  prov.  Constantine  1869  p.  695  n,  13: 
ob  honorem  lllviratus  et  aed(ilitatis)  r.  p.  intulit.  Recueil  1867  p.  358  n.  1  : 
ob  honorem  pontificatus  inlatis  rei  publicae  legitimis  HS.  X  nummis.  Renier 
n.  1835:  praeter  HS  n.  LX,  quae  ob  honorem  aedilitatis  et  Illviratüs  et  quin- 
quennalitatis reipublicae  intulit.    Vgl.  n.  1836.  4145. 

11)  super  legitimam  (aedilitatis),  Renier  n.  2532;  super  legitimam  (augura- 
tus),  ib.  2549. 

12)  Renier  n.  1726  :  ob  honorem  flam[onii  per^petui  praeter  leg^itima)  sestertium 
X  milia  n.,  quae  rei  p.  intulit,  —  dedit.  Ib.  1735:  ob  honorem  IIvir[atus]  sui 
praeter  legitimam  —  dedit.  n.  1744 :  inlatis  reip.  legitimis  honorum  suorum  sum- 
mis.   n,  1727:  ob  honorem,  Ilviratus  quam  ex  IUI  milQibus)  n.  pollicitus  erat. 

13)  Renier  n.  73,  wo  ein  flamen  perpetuus  als  honoraria  summa  12,000  HS  zahlt. 

14)  Renier  n,  2926  :  \ex  legitimis^  decur[ionatus]  et  flamo[nii  s^ui  p€rp[etui] 
summis  fecit. 

15)  Renier  n.  2172:  super  HS  XX  legit\ima],  quae  ob  hono[rem\  aedilitat[is]  r. 
p.  dedit,  —  et  HS  XXXIV  inibi  legit[imaj  ob  honor[em]  augurat[us]  r.  p.  intu- 
lit. Vgl.  n.  2173.  2175:  [praeter]  HS  XX  n. ,  quae  ob  honorem  d[ecurionatus, 
et]  HS  LV  n.  quae  ob  honorem  pon(tificatus  dedit). 

16)  Renier  n.  3268. 

17)  Renier  n.  1492:  ob  honor[em\  q[uin]q[uennalitatis\  illata  r[ei]  p[ublicae] 
ium[ma]  honoraria  ^  n.  1531  :  C.  Publicius  —  Celer,  Ilvir  q[uinquennalis]  desig[na- 
tus]  inlata  rei  publicae  summa  leg\itima]  IIxnr\atus]  —  posuit. 

18)  Renier  n,  4259  :   ob  honorem  aedlilitatis]   —   inlatis  reip.  HS  II  legitimis. 

19)  Guerin  2  n.  361.   n.  513:    multiplicatis  summis  honoraris  aedilitatis  suae. 


—     501      — 

cumij,  Tubuna^j,  Tubusuctus  3) ,  Verecunda^)  und  dem  Munici- 
pium  Aurelia  Vina^).  Aus  den  Zeugnissen,  welche  über  die  an- 
geführten Orte  vorliegen,  ist  ersichtlich,  dass  das  Antrittsgeld 
zwar  nur  bei  der  ersten,  nicht  bei  der  wiederholten  Bekleidung 
eines  Amtes  gezahlt  wurde 6),  übrigens  aber  nicht  nur  bei  den 
bürgerlichen,  sondern  auch  bei  den  priesterlichen  Ehrenstellen 
gesetzlich  war.  Wenn  es  bei  der  Quästur  nicht  nachweisbar  ist, 
so  wird  doch  anzunehmen  sein,  dass,  wo  dieselbe  zu  den  honores 
gehörte ,  sie  keine  Ausnahme  von  der  Regel  gemacht  haben  wird, 
da  auch  diejenigen  Personen,  welche,  ohne  ein  Amt  verwaltet 
zu  haben,  in  den  Senat  eintraten,  eine  summa  honoraria  pro 
äecurionatu  entrichteten.  Die  zu  zahlenden  Summen  selbst  waren 
nach  der  Bedeutung  des  Amtes  und  des  Ortes  sehr  verschieden; 
sie  betragen  für  den  duovir^  3000,  4000,  10,000,  für  den  quin- 
quennalis  einmal  35,000,  für  den  aedilis  4000,  auch  20,000,  für 
den  decurio  1000,  2000,  20,000,  für  den  pontifex  10,000,  auch 
55,000,  für  den  ßamen  2000,  10,000,  12,000,  für  den  augur 
einmal  34,000,  für  die  seviri  Augustales j  deren  Stellung  noch 
besonders  zur  Sprache  kommen  wird,  2000  Sesterzen. 

Der  Senat. 

Der  Senat  der  auf  römische  Weise  organisirten  Communen^), 
welcher  mit  verschiedenen  Namen:  senalus,  ordo,  ordo  decurio- 
nitm^) ,  curia ^) ,  decuriones  (in  späterer  Zeit  curiales)  ^^)  ^  auch 
ganz  nach  dem  Vorbilde  des  römischen  Senats  patres  et  con- 
scripfi j  decuriones  conscriptive  ^^]  bezeichnet  wird,  bestand  aus 
einer  in  dem  Gesetze  der  Colonie  oder  des  Municipiums  bestimm- 

1)  Recueil  de  Constantine  1866  p.  137  n.  118:  oh  honorem  aeäilitatis  itUa- 
Um  rei  p.  HS  IUI  n.  legitimis. 

2)  Kenier  n.  1657:  ob  honorem  Ilvirntus  praeter  ley[Uimam]  JII  (milium  n.) 
—  posuit. 

3)  Recueil  de  Constantine   1867  p.  376  n.  26:   ex  summa  honoris  flamoni  sui. 

4)  Renier  n.  1430:    oh   honorem   fl\amonii]  p[er\p[etui]  mLa{ta\  Uyitima  HS 
II  n.    Vgl.  n.  1446.  1448.  1449.  1453. 

5)  Guf^rin  2  p.  265  n.  467 :   inlata  reip.  Ilviratus  honoraria  »umma. 

6)  Moramsen  /.  ;V.  n.  2378  und  da/.u  p.  479  im  Index  8.  v.  duoviri. 
7\  S.   über  dicHen  insbesondere  Kuhn   1,  227  ff. 

8)  S.   Henzen  Index  p.  151.  152. 
0)  OrelH  3725. 

10)  Curiale»  kommen  in  Inschriften  überhaupt  selten,   und  erst  seit  dem  drit- 
ten  .fahrhundert  vor.     Hoqzen  6414.     C  1.  L.  V  n.  335. 

11)  Mommsen  8t»dtrechte  S.  411.     Henzen  Im  Index  p.  153. 


—     502     — 

ttMi  Anzahl  *)  von  lebenslänglichen  Mitgliedern,  in  der  Regel  aus 
Dec*urionen.  hundert  2) ,  und  erinnert  durch  diese  Zahl  und  den  Namen  decurio 
an  den  ältesten  römischen  Senat  3)  und  die  Theilung  der  römi- 
schen curiae  in  10  decuriae  unter  10  decuriones  ^) .  Auf  welche 
Weise  er  ursprtinglich ,  z.  B.  bei  der  Anlage  einer  Colonie  con- 
stituirt  wurde,  ob  durch  die  Behörde,  welche  die  Colonie  aus- 
führte'»), oder  durch  Wahl^),  ist  unbekannt;  nach  der  lex  lulia 
^'^^lll'*^^' mimicipalis  wurde  die  lectio  senatiis  alle  fünf  Jahre  durch  den 
höchsten  Magistrat  der  Stadt,  d.  h.  wie  wir  oben  gesehen  haben, 
durch  die  Quinquennalen  veranstaltet^)  und  das  Resultat  dersel- 
ben in  dem  album  decurionum  verzeichnet.    Das  Verfahren  dabei 

1)  Lex  Julia  munic.  lin.  85 :  nei  quis  eorum  quem  in  eo  municipio  colonia 
praefectura  foro  conciliabulo  in  senatum  decuriones  conscriptosve  legito  neve  sub- 
legito  neve  cooptato  neve  recitandos  curato  nisi  in  demortuei  damnateive  locum 
eiusve  quei  confessus  erit,  se  senatorem  decurionem  conscreiptumve  ibei  hac  lege 
esse  non  Heere.  Dig.  50,  2,  2  pr, :  qui  ad  tempus  relegatus  est ,  si  decurio  sit, 
desinet  esse  decurio.  Reversus  plane  locum  suum  quidem  non  obtinebit,  sed  non 
semper  prohibetur  decurio  fieri.  Denique  in  locum  suum  non  restituetur  (nam  et 
suhlegi  in  locum  eius  potest')  et  si  numerus  ordinis  plenus  sit ,  exspectare  eum 
oportet,  donec  alius  vacet. 

2)  Nach  der  lex  Servilia  des  Rullus  sollten  in  Capua  centum  decuriones  sein, 
Cic.  de  l.  agr.  2,  35,  96.  In  einigen  Städten  hiessen  sie  auch  centumviri,  wie 
in  Yeii  (Orelli  108.  3448.  3706.  3737.  3738.  4046)  und  Cures  (Orelli  764.  3739. 
Henzen  6998).  Auch  in  dem  Album  von  Canusium ,  welches  weiter  besprochen 
werden  wird,  finden  sich  100  Decurionen.  Dagegen  gab  es  in  kleineren  Orten 
auch  weniger  zahlreiche  Senate ,  wie  z.  B.  in  Castrimoenium  einen  Senat  von 
30  (Henzen  6999),  während  in  grösseren  Städten  die  Zahl  der  Decurionen  mehr  als 
100  betrug.  In  Antiochia  betrug  dieselbe  in  der  Blüthezeit  der  Stadt  1200, 
später  600,  zu  Libanius  Zeit  60.    S.  Kuhn  1,  247. 

3)  Liv.  1,  8.    Dionys.  2,  12.    Plut.  Rom.  13.    Festus  p.  339. 

4)  Dionys.  2,  7. 

5)  Digest.  50,  16,  239  §  5:  decuriones  quidam  dictos  aiunt  ex  eo,  quod  initio, 
cum  coloniae  deducerentur,  decima  pars  eorum-  qui  ducerentur  consilii  publici  gra- 
tia  conscribi  solita  sit.  Dio  Cass.  49,  14:  %a\  xoui;  exaxovTotpyou?,  u);  xai  ii  ra^ 
ßouXdi  auTou;  xd?  ev  toic.  Ttaxpioiv  xaxaXs^ojv  ^TirjXTriae. 

6)  Dies  würde  nicht  ohne  Analogie  sein.  Als  zu  Dio  Chrysostomus  Zeit  in 
Prusa  in  Bithynien  der  Senat  neu  organisirt  wurde ,  geschah  dies  durch  Wahl 
des  Volks  per  tabellas.    Dio  Chrys.  Vol.  II  p.  207.  208  Reiske. 

7)  In  dem  Canusinischen  Album  (Mommsen  I.  N.  635)  heisst  es  am  Anfange : 
L.  Mario  Maximo  II  L.  Roscio  Aeliano  Cos.  M.  Antonius  Priscus  L.  Annius 
Secundus  //ujr[i]  quinquenn[^ales^  nomina  decurionum  in  aere  incidenda  curave- 
runt.  Dass  die  Anfertigung  des  Album  von  derselben  Behörde,  welche  die  lectio 
hatte,  ausging,  sieht  man  aus  der  lex  lulia  municipalis  lin.  87,  wo  es  von  der- 
selben heisst  recitandos  curato ,  was  sich  eben  auf  dies  Album  bezieht.  Walter 
Gesch.  des  R.  R.  1  §301  und  Hegel  nehmen  an,  dass  die  Curie  selbst  sich 
durch  Cooptation  ergänzt  habe.  Die  Stellen  indessen ,  aus  welchen  dies  folgen 
soll  (Digest.  50,  2,  6  §  5  und  Fronto  epist.  .ad  amic.  2,  7  p.  193  Naber),  sind 
von  Zumpt  p.  114.  115  auf  andere  Weise  genügend  erklärt  worden.  Auf  die  erste 
Stelle  komme  ich  noch  einmal  zurück.  In  den  sicilischen  Städten  fand  allerdings 
Cooptation  der  Senatoren  statt,  d.  h.  Ergänzung  durch  Wahl  des  Senates,  Cic. 
Verr.  II,  2,  49,  120:   cognoscere  potuistis,   tota  Sicilia  per  triennium  neminem  ulla 


—     503     — 

war  in  der  lex  municipii  oder  coloniae  speciell  vorgeschrieben  ')  ; 
im  Allgemeinen  aber  war  es  folgendes : 

So  wie  in  Rom  ausser  den  in  dem  Album  des  letzten  Gensus 
enthaltenen  Senatoren  diejenigen  Magistrate,  deren  Amt  Anspruch 
auf  die  Senatorenwürde  gewährte,  d.  h.  die  Quästoren  und  die 
höheren  Beamten,  insofern  diese  nicht  bereits  durch  eine  frühere 
Amtsverwaltung  in  den  Senat  gekommen  waren,  sowohl  in  ihrem 
Amtsjahre  als  bis  zur  nächsten  Censur  Sitz  und  Stimme  im  Se- 
nat hatten,  ohne  eigentliche  Senatoren  zu  sein ,  und  daher  zwei 
Classen  von  Personen  im  Senate  unterschieden  werden,  senatoreSy 
quibusque  in  senatu  sententiam  dicere  licef^]^  so  werden  dieselben 
beiden   Classen    auch    in   den    Municipalstädten    unterschieden  ^j . 

in  civitate  senatorem  factum  esse  gratis,  neminem,  ut  leges  eorum  sunt,  suffragiis 
—  atque  in  his  omnihus  senatoribus  cooptandis  non  modo  suffragia  nulla  fuisse, 
sed  ne  genera  quidem  spectata  esse ,  ex  quihus  in  eum  ordinem  cooptari  liceret. 
c.  50 :  Agrigentini  de  senatu  cooptando  Scipionis  leges  antiquas  habent.  Auch  in 
Italien  ist  in  früherer  Zeit  von  Cooptation  der  Decurionen  die  Rede,  z.  B.  in 
Puteoli ,  welches  seine  Verfassung  durch  Sulla  erhalten  hatte  (Plut.  Sulla  37 : 
rjixa  fAev  fap  -/jfxepa?  Ifxrpoa^ev  x^?  xeXeux^;  xou;  dv  Atxatap)(ta  oxaotaCovxa? 
oi'xkXd^ai  vofxov  e'Ypoid'ev  a'jxoi; ,  y.a^'  8v  roXixeucovxat).  S.  Cic.  pr.  Coel.  2,  5 : 
nam. ,  quod  est  obiectum. ,  municipibus  esse  adolescentem  non  probatum  suis :  ne- 
mini  unquam  praesenti  Puteolani  maiores  honores  habuerunt,  quam  absenti  M.  Cae- 
lio :  quem  et  absentem  in  amplissimum  ordinem  cooptarunt ,  cett.  Allein  aus 
der  lex  Julia  municipalis  sieht  man ,  dass  der  auch  dort  immer  vorkommende 
Ausdruck  cooptare  nicht  eine  Wahl  durch  die  Decurionen,  sondern  eine  Aufnahme 
in  eine  vacante  Stelle  durch  den  Magistrat ,  d.  h.  die  quinquennales  bezeichnet, 
und  von  den  daneben  vorkommenden  Ausdrücken  legere,  sublegere  dem  Sinne 
nach  nicht  verschieden  ist.  Es  scheint  daher,  dass  wenigstens  nach  diesem  Ge- 
setze, d.  h.  nach  45  v.  Chr.,  überall  eine  gleichförmige  Aufnahme  durch  die 
Quinquennalen  stattfand ,  wenn  ^uch  die  Erinnerung  an  frühere  Verfahrungs- 
weisen  sich  noch  in  der  bei  der  Aufnahme  gebrauchten  Formel  erhielt. 

1)  Ulpian.  Big.  50,  3:  {de  alba  scribendo)  decuriones  in  albo  ita  scriptos 
oportet ,  ut  lege  r»unicipali  praecipitur  (d.  h.  durch  das  Grundgesetz  des  Muni- 
cipiums ,  das  demselben  von  den  Kömern  gegeben  war.  S.  Seite  63).  Sed  ai 
lex  cessat,  tunc  dignitates  erunt  spectandae,  ut  scribantur  eo  ordine,  quo  quisque 
eorum  maximo  honore  in  municipio  functus  est,  puta,  qui  duumviratum  gesserunt, 
si  hie  honor  praecellat ,  et  inter  duumvirales  antiquissimus  quisque  prior ,  deinde 
hi ,  qui  secundo  post  duumviratum  honore  in  republica  functi  sunt ,  post  eos ,  qui 
tertio  et  deinceps ,  mox  hi ,  qui  nullo  honore  functi  sunt ,  prout  quisque  eorum  in 
ordinem  venit.  In  sententiia  quoque  dicendia  idem  ordo  apectandua  est ,  qufm  in 
albo  scribendo  diximus. 

2)  Hofmann  Der  römische  Senat,  Berlin  1847.  8  S.  35  ff. 

3)  Lex  Julia  mun.  lln.  96 :  neve  ibei  aenator,  neve  decurio  ntvr  ronscriptua 
eato,  neve  aententiam  dicito.  lin.  109:  rui  quia  in  eorum  quo  municipio,  colonia, 
praefectura  —  in  senatu ,  decurionibua  conacreipteiaijue  eato  neve  quti  ihi  in  eo 
ordine  aententiam  deicere  ferre  liceto.  Auf  diese  Classe  bezieht  Zumpt  p.  1 14  die 
Stelle  des  Papinian  J)igeat.  50,  2,  6,  5  :  prlvilegiia  ceaaantibua  ceteria  eorum  cauaa 
potior  habetur  in  sententiia  ferendia ,  qui  pluribua  eodem  tempore  mffragiia  iure 
decurionia  dec.ornti  ituni.  Sed  et  qui  plurea  liberoa  habet,  in  auo  enlltgio  primua 
aententiam  rogntur,  eeterosque  honori»  ordine  praerellit.  Das  m*  decurionia  ist  da.s 
iua  »enlenliae  diceruiaei  die  Rangfolge  derer,  die  dasselbe  haben,  wird  durch  die 


ErgänzuHg  J)enn  auch  in  diesen  fand  die  Ercänzunc  des  Senates  durch  die- 

des  Senats  ^    ^  ^ 

durch  die  jenigen  statt,  welche  honore  gesto  einen  Anspruch  auf  die  Decu- 
Beamten  rionenwürdc  erhielten  *) ;  erst  in  späterer  Zeit,  wahrscheinlich  seil 
den  Severen ,  ist  dies  Verhältniss  dahin  geändert  worden ,  dass 
die  Decurionen  nicht  nur  Wähler,  sondern  auch  allein  wählbar 
waren  '^) ,  eine  Veränderung ,  welche  damit  zusammenhängt,  dass 
in  dieser  Zeit  die  Municipalämter  eine  Last  wurden,  welcher  man 
sich  auf  alle  Weise  zu  entziehen  suchte,  und  dass  somit  die 
Candidaten  nur  aus  den  Curien  genommen  werden  konnten, 
welche  zwangsweise  aus  den  possessores  ergänzt  wurden,  seit- 
dem der  Zudrang  zu  ihnen  aufgehört  hatte  ^) . 

Bei  der  leclio  des  Senates  kamen  also  drei  Arten  von  Per- 
sonen in  Betracht :  zuerst  die  seit  dem  letzten  Census  in  dem 
album  befindlichen  Decurionen,  aus  welchen  die  Quinquennalen 
nicht  mit  der  Freiheit  der  römischen  Censpren,  sondern  im  An- 
schluss  an  bestimmte  Gesetze  nur  diejenigen  ausstossen  konnten, 
welche  wegen  eines  Criminalverbrechens  verurtheilt  oder  sonst 
bescholten  waren  ^);  zweitens  die  seit  dieser  Zeit  gewählten  Ma- 
gistrate, welche  bereits  das  Stimmrecht  in  der  Curie  hatten,  aber 
noch  nicht  in  das  Album  aufgenommen   waren,    endlich    diejeni- 

Anciennität ,  und  unter  denjenigen  ,  welche  gleichzeitig  honore  gesto  in  den  Se- 
nat eingetreten  sind,  durch  die  Mehrheit  der  Stimmen,  mit  welcher  sie  den  honor 
erhalten  haben,  sowie  durch  das  ius  liberorum  bestimmt.  Unter  den  Decurionen, 
welche  in  dem  album  verzeichnet  waren ,  konnte  eine  Rangstreitigkeit ,  wie  sie 
Papinian  erwähnt,  auf  keine  Weise  entstehen.  Auch  in  Rom  wurde  in  einem 
gleichzeitig  in  den  Senat  eintretenden  Collegium,  z.  B.  der  Quästoren  eines  und 
desselben  Jahres  ohne  Zweifel  eine  Rangordniftig  nach  dem  von  Papinian  ange- 
gebenen Principe  beobachtet ,  wie  die  Ausdrücke  quaestor  primus  ,  praetor  pri- 
mus,  secundus  u.  s.  w.   zeigen. 

1)  Lex  lulia  mun.  lin.  135 :   quibus  hac  lege  in  municipio  colonia  praefectura 

—  in  senatu  decurionibus  conscripteis  esse  non  licebit,  ni  quis  eorum Ilvi- 

ratum  Illlviratum  aliamve  quam  potestatem,  ex  quo  honore  in  eum  ordinem  per- 
veniat,  petito  neve  capito.  Nach  dem  Decret  von  Tergeste  Henzen  n.  7168  =C. 
J.  L.  V  n.  532  hatte  Antoninus  Pius  den  an  Tergeste  attribuirten  Carni  Catali 
gestattet,  ut  —  prout  qui  meruissent  vita  atque  censu,  per  aedilitatis  gradum  in 
curiam  nostram  admitterentur .  Nach  Fronto  ep.  ad  amic.  2,  7  (p.  193  Naber)  führte 
in  der  Colonie  Concordia  die  Bekleidung  des  Amtes  eines  scriba  publicus  zum 
Eintritt  in  die  Curie ,  und  aus  verschiedenen  Inschriften  geht  hervor,  dass  erst 
die  Aedilität  bekleidet,  dann  die  Decurionenwürde  verliehen  wurde.  S.  Zumpt 
Comm.  ep.  T,  135.  136.  Auch  in  Bithynien  galt  nach  der  lex  Pompeia  die  Ein- 
richtung, ut,  qui  ceperint  magistratum,  sint  in  senatu.    Plin.  ep.  10,  79  (83). 

2)  Paulus  Dig.  50,  2,  7  §  2:  is  qui  non  sit  decurio,  duumviratu  vel  aliis 
honoribus  fungi  non  potest,   quia  decurionum  honoribus  plebeii  fungi  prohibentur. 

3)  Kuhn  1,  231  fif. 

4)  Die  Bestimmungen  über  diese  Fälle  enthält  die  lex  lulia  municipalis 
lin.  108  ff.  Vgl.  Pauli  scnt.  rcc.  5,  15,5.  Cod.  lust.  10,  31,  8.  Die  Au sstossung  konnte 
geschehn  ad  tempus  oder  in  perpetuum.    Dig.  50,  2,  5 ;  48,  10,  13  §  1 ;  50,  2,  13. 


—     505     — 

aen  Municipes,   welche  durch  ihren  Census  befählet  waren,  auch  «"daö=*  der 

,  .        i  1     1  1    •  1  11  1-  1  seiiatori- 

ohne  em  Amt  bekleidet  zu  haben,    die  noch  etwa   unvollständige  sehen  cen- 
Anzahl    der   Decurionen    zu    ergänzen.      Für    die    letzten    wurde 
übrigens   dieselbe  Qualilication   verlangt,    welche   zum  Eintritt  in 
die  städtischen  Aemter  gesetzlich  vorgeschrieben  war^).    Die  An- 
ordnune   der  Namen   in   dem  Album   beruhte  auf  dem  Rancver- K^^angver- 

^  *=•  hältuiss. 

hältnisse   der  Decurionen,    nach    welchem    sie  in  der  Curie  ihren 

Sitz  einnahmen  und  bei  der  Umfrage  stimmten'^);  eine  Anschauung 

seiner  Einrichtung  gewährt  uns    das  Album  von  Canusium-*)   aus 

dem  Jahre  223  n.   Chr.,   welches  folgendermaassen  abgefasst  ist: 

L.  Maiio  Maximo  II  L.  Roscio  Aeliano  Cos. 

M.  Antonius  Priscus  L.  Annius  Secundus  Ilvir.  Quinquenn. 

nomina  decurionum  in  aere  incidenda  curaverunL 

Patroni  c.  c,  v.  v.    (es  folgen  31   Namen). 

Patroni  e.  e.  q.  q.  R.  R.   8  Namen. 

Quinquennalicii.  7  Namen. 

Allecti  inter  quinq.   4  Namen. 

Ilviralicii.   29  Namen. 

Aedilicii.   19  Namen. 

Quaestoricii.   9  Namen. 

Pedani.  32  Namen. 

Praetexlati.  25  Namen. 
Die  erste  Stelle  nehmen,  wie  dies  auch  Ulpian  vorschreibt**), 
die  patroni  darissimi  viri  und  die  patroni  equites  Romani  ein,  ratrom. 
(1.  h.  Personen,  welche  Aemter  in  Rom  bekleidet  haben  und  rö- 
mische Senatoren  sind,  oder  Personen  des  römischen  Ritterstan- 
<l(s.  Nur  von  den  letzteren  hatten  zwei  in  Canusium  selbst 
ein  Amt  bekleidet,  welche  nochmals  unter  den  Quinquennalicii 
vorkommen ;  die  andern  werden  nur  als  überzählige  Ehrenmit- 
glieder unter  den  Decurionen  aufgefüiui.  lls  war  eine  alte 
Sitte '^j,  dass,  wie  ganze  Provinzen«),  so  auch  die  einzelnen  Co- 
lonien,  Municipien  und  Provincialstädte  sich  in  die  Clienlel  eines 


1)  S.  oben  Seite  497,  wo  für  diesen  Satz  die  Beweise  bereits  gegeben  sind. 

2)  Ulpian.  Diy.  50,  3. 

3j  MomniBcn  /.  N.  n.  635;  im  Auszuge  auch  Orelli  n.  3^21.  S.  darüber 
Zumpt   Comm.  ep.  1,  123  ff. 

4)  Dig.  50,  3,  2 :  in  atbo  decurionum  in  municipio  nomina  ante  »cribi  opor- 
tet eorum,  qui' diynitaUs  prinnpis  iudicio  conaecuti  $unt,  potUa  eorum,  (fui  tan- 
tum  municipaUbun  honoribus  funcli  swnt. 

5)  Diony».  2,  11.  ^    ^^^ 

6)  S.  S.  400  und  meine  Rom.  Prlvatalterthümer  1,  210. 


—     506     — 

oder  mehrerer  angesehener  und  einflussreicher  Römer  begaben, 
welche  als  patroni^)  für  sich  und  ihre  Descendenten  2)  die  Ver- 
pflichtung tibernahmen,  in  aflen  Rechtsangelegenheiten  für  die 
betreflende  Commune  einzutreten  3) ,  in  jeder  Weise  für  das  Beste 
derselben  zu  sorgen  *),  allen  Mitgliedern  derselben  bei  Processen 
in  Rom  Beistand  zu  leisten,  und  auch  bei  persönlichen  Wün- 
schen ihre  Hülfe  angedeihen  zu  lassen  ^] .  Die  Wahl  der  patroni 
geschah  auf  Grund  eines  Decurionenbeschlusses  durch  die  Volks- 
versammlung, welche  den  Patron  cooptirte,  d.  h.  in  die  Ge- 
meinde aufnahm^),  und  es  wurde  über  diesen  Act  eine  Urkunde, 
tabula  hospitalis  oder  tabula  patronatus,  in  zwei  Exemplaren  aus- 
gefertigt, von  welchen  eines  für  den  Patron,  das  andere  für  die 
Commune  bestimmt  war').  Wie  es  in  dem  Interesse  der  Ge- 
meinde lag,  solche  Personen  als  patroni  zu  gewinnen,  welche  in 
einer  gewissen  persönlichen  Verbindung  mit  derselben  standen  ^j , 
und   diese   Verbindung   durch   Ehrenbezeugungen   und  Aufmerk- 

1)  Ueber  diese  patroni  s.  Dirksen  Civilistische  Abhandlungen  2,  61  ff. 
E.  Philipp!  Zur  Geschichte  des  Patronats  über  juristische  Personen,  im  Rheini- 
schen Museum  N.  F.  8  fl853}  S.  497  ff,  Dass  jede  Gemeinde  durchschnittlich 
mehrere  patroni  in  Rom  hatte ,  zeigt  die  Aeusserung  des  Cicero  pr.  Sest.  4,  9 ; 
in  Pison.  11,  25,  der  sich  rühmt,  dass  Capua  ihn  allein  zum  patronus  gewählt 
habe.  Aut  der  andern  Seite  konnte  ein  Römer  Patron  vieler  Städte  sein.  So 
sagt  Valerius  Maximus  4,  3,  6  von  Fabricius  Luscinus:  universos  [Samnites)  in 
clientela  habebat. 

2)  Dass  der  Patronat  in  den  Familien  erblich  war,  sieht  man  aus  vielen  Bei- 
spielen. Bononia  war  in  clientela  Antoniorum  (Sueton.  Oct.  17),  Lacedaemon  in 
tutela  Claudiorum  (Suet.  Ti.  6) ,  die  sicilischen  Städte  hatten  zu  Patronen  die 
Marcelli,  Scipiones,  Metelli  (Pseudo-Asconius  p.  100).  In  der  Inschrift  von  Pu- 
teoli,  Orelli  3767  =  Mommsen  7.  iV.  2505  kommt  ein  puer  egregius ,  ab  origine 
patronus  ordinis  et  populi  vor  und  in  der  Verleihungsurkunde  ist  die  Formel : 
eumque  cum  liberis  posterisque  suis  patronum  cooptaverunt.    Henzen  n.  6413, 

3)  Tacit.  dial.  3  :  quum  te  tot  amicorum  causae,  tot  coloniarum  et  munici- 
piorum  clientelae  in  forum  vocent. 

4)  Auch  durch  Bauwerke,  welche  sie  auf  ihre  Kosten  errichteten.  Plin.  ep. 
4,  1. 

5)  S.  Dirksen  a.  a.  0.  S.  64  ff. 

6)  Mommsen  Stadtrechte  S.  452  ff. 

7)  Beispiele  solcher  Urkunden  s.  Henzen  n.  6413  ff.  Ueber  die  Sammlun- 
gen derselben  s,  meine  Rom.  Privatalterthümer  1,  204  Anm.  1268.  Nachzutragen 
sind  dazu  die  neu  herausgegebenen:  Hermes  5,  371.  Ephem.  epigr.  1872  p.  46. 
C.  I.  L.  II  n.  2210.  2211.  2633.  2958.  2960.     V  n.  4919.  4920.  4921.  4922. 

8)  Fronte  ep.  ad  am.  2,  10  p.  200  Naber,  schreibt  an  die  Illviri  et  decurio- 
nes  von  Cirta:  quare  suadeo  vobis  patronos  creare  et  decreta  in  eam  rem  mitttre 
ad  eos,   qui  nunc  fori  principem  locum  occupant,   Außdium  Victorinum,   quem  in 

numero   municipum   habetis ,    si  di  consilia  mea  iuverint. Servilium  quoque 

Silanum ,  Optimum  et  facundissimum  virum  iure  municipis  patronum  habebitis, 
cum  Sit  vicina  et  amica  civitate  Hippone  Regio.  Postumium  Festum  et  morum  et 
eloquentiae  nomine  recte  patronum  vobis  feceritis ,  et  ipsum  nostrae  provinciae 
et  civitatis  non  longinquae. 


_     507     — 

samkeilen    zu   erhalten  i),    so    war   es  auch  in  der  Ordnung,    die 
Patrone  als  Angehörige  der  CommunQ  an  der  ehrenvollsten  Stelle, 
in  dem  Album  der  Curie,   namentlich  aufzuführen.     Dass  diesel- 
ben   indessen    nicht   ordentliche,    sondern   überzählige   Mitglieder 
des  Senates  waren,    ist  ersichtlich  daraus,    dass,    wenn  man  die 
patroni   und   die   am   Ende    der   Liste   erwähnten   praetextati    in 
Abzug  bringt,   die  normale  Zahl  von  1 00  Decurionen  übrig  bleibt. 
Die   fungirenden  Magistrate   kommen   in   der  Liste  gar  nicht  vor, 
sondern  sind  bereits  als  honore  functi  in   derselben    verzeichnet; 
die  beiden  Quinquennalen,   welche  das  Album  angefertigt  haben, 
nehmen    den    letzten   Platz    ein    unter    den   qumquennalicii.      Im 
Uebrigen  sind  die  Decurionen  nach  dem  Rangverhältnisse  geord- 
net ^J.     Da  das  höchste  Amt  die  Quinquennalitas  ist^),   so  folgen 
unmittelbar  auf  die  patroni  die  quinquennalicii y  dann  die  duum-  ^*5?Si**' 
viraliciiy    sonst   gewöhnlich   duumvirales   genannt^),    die   aedilicii  i^^"**?}^^- 
und   die  quaestoricii    (sonst   quaestorü).     Ausser  diesen  kommen   AidiUcU: 
indessen  drei  Kategorien  vor,  über  welche  noch  eine  Bemerkung  '/"«*»'o""' 
hinzuzufügen  ist.    Was  zuerst  die  allecti  betrifft,  so  versteht  man     ^««c<»- 
unter   einer   allectio   des'  römischen  Senates   die  Ergänzung   des- 
selben auf  ausserordentlichem  Wege,  d.  h.  aus  andern  Ständen-^). 
Bei  derselben  erhielten  die  neu  aufgenommenen  Senatoren  ihren 
Sitz  in  einer  bestimmten  Rangclasse,  weshalb  unter  den  Kaisern 
häufig   die   allecti  inter   consulares  ^    inter  praetorios  j    tribunicios, 
quaestorios   vorkommen^).     In   derselben   Weise   wurden  in    den 

1)  Man  errichtete  den  Patronen  Statuen  (Cic.  in  Pison.  11,  25),  schickte 
ihnen  Geschenke  (Valer.  Max.  4,  3,  6.  Horat.  Carm.  2,  18,  8)  und  ehrte  sie  auf 
alle  Weise.    Fun.  ep.  4,  1. 

2)  In  dieser  Beziehung  scheinen  einige  Verschiedenheiten  stattgefunden  zu 
haben.  Der  öfter  vorkommende  princeps  coloniae  oder  municipii  (Henzen  Index 
p.  153)  ist  nicht  ein  Beamter;  denn  er  kommt  in  Pisa  in  einer  Zeit  vor,  als  es 
dort  gar  keine  Beamten  gab  (Orelli  n.  643);  er  ist  vielmehr  e  prinripcdibu», 
d.  h,  er  gehört  einer  Rangclasse  an,  nämlich  der  Classe  der  omnibus  honoribxia 
functi,  8.  Orelli  3761.  Renier  3695.  Apuleius  Apolog.  24,  und  der  Siti  in  die- 
ser Rangclasse  konnte  als  honor  verliehen  werden.  Renier  3662.  Es  ist  also 
möglich,  dass  in  einigen  Municipien  statt  der  Classe  der  patroni  eine  Classe  der 
principaUs  bestand ;  denn  in  dieser  befanden  sich  vornehme  Römer.  S.  Orelli 
3758.  3108. 

3)  Apulel.  Metam,  10,  18:  oriundus  patria  Corintho ,  quod  eaput  e$t  totitu 
Achaiae  provinciae,  —  —  gradatim  permensis  honoribus  quinquennall  mayistratui 
fuerat  destintUus. 

A)  Für  beide  Titel  findet  man  Beispiele  bei  Henzen  Index  p.  155. 

5)  Sueton,  Claud.  24:  Appium  Caecum  aemorem  —  libertinorum  ftlios  in 
nenatum  adieyisse  docuit.  Venpaa.  9 :  honestissimo  quoque  Jtalicorum  ac  provin- 
rialium  allerto. 

6)  Plin.  fp.  1,  14,  ö:  Mlnieitu  Macrinut ,  equettrU  ordMt  prineept,  —  ad- 


—     508     — 

Municipien  Leute,  welche  sich  besondere  Verdienste  erworben 
hatten ,  wahrscheinlich  mit  ^besonderer  Krlaubniss  des  Kaisers, 
nicht  bei  der  Gensur,  sondern  durch  einen  Beschluss  des  Se- 
nates entweder  unter  die  Decurionen  ohne  höheren  Rang  i)  oder 
sogleich  in  die  ersten  Rangclassen  der  Curie ^j  aufgenommen. 
Die  zweite  noch  zu  besprechende  Classe  von  Decurionen,  welche 
Fedani.  in  unscrcr  Inschrift  pedani  heissen,  im  römischen  Senate  als 
pedanei  oder  pedarii  vorkommen'*),  bestand,  wie  das  Album  selbst 
deutlich  bezeichnet,  aus  denjenigen  Mitgliedern,  welche,  ohne  ein 
Amt  bekleidet  zu  haben,  in  den  Senat  aufgenommen  waren. 
Der  Name  ist  zweifelhaften  Ursprungs  ^j,  findet  sich  aber  in  der 
späteren  Kaiserzeit  wieder  in  den  iudices  pedanei  oder  )<a[xat8i- 
PraeUxtati.yLCLOTOLi'^).  Unter  den  praetextaii  endlich  sind  Söhne  der  Decu- 
rionen zu  verstehen  ß),  welche  seit  Augustus  auch  im  römischen 
Senate  als  Zuhörer  zu  erscheinen  Erlaubniss  hatten^);  sie  wer- 
den indessen  nur  aus  besonderen  Gründen  in  das  Album  aufge- 
nommen^), z.  B.  wegen  einer  Munificenz  gegen  die  Commune^) 
oder  auf  Wunsch  ihrer  Väter  i^) .  Sie  geniessen  die  äusseren  Aus- 
i> — ^ — . 

lectus  a  divo  Vespasiano  inter  praetorios.  Capitolin.  M.  Ant.  Phil.  10 :  multos  ex 
amicis  in  senatum  adlegit  cum  aediliciis  aut  praetoriis  dignitatihus.  Capitolin. 
Pert.  6.     Ausführlich  handelt  hierüber  Marini  Arvali  p.  727.  790;   vgl.  p.  146. 

1}  Orelli  n.  2533  =  Mommsen  /.  N.  n.  2569:  adlecto  in  ordin.  decurion. 
Orelli  3882 :  allecto  —  gratis  decurioni.  n.  3745  =  Mommsen  I.  N.  2243 :  hunc 
decuriones  ob  liheralitatem  cum  esset  annorum  sexs  ordini  suo  gratis  adlegerunt. 
Orelli  n.  1229  und  mehr  bei  Zumpt  Comm.  ep.  1,  126.  128. 

2)  Orelli  n.  3816  =  Mommsen  /.  N.  1888:  hunc  decuriones  gratis  in  ordinem 
suum  adlegerunt  duumviralium  numero.  Andere  Beispiele  bei  Henzen  Index  p.  155. 

3)  Gellius  3,  18 ,  der  zu  dem  Resultat  kommt :  hoc  vocabulum  a  plerisque 
barbare  dici  animadvertimus.     Nam  pro  pedariis  pedaneos  appellant. 

4)  Gellius  a.  a.  0.  Hofmann  Der  röm.  Senat  S.  19 — 34.  Zumpt  Comm. 
ep.  p.  131. 

5)  S.  über  diese  Bethmann-Hollweg  Der  röm.  Civilprocess  Bd.  3  §  140. 

6)  In  dem  Album  werden  vier  unter  den  praetextati  durch  den  Zusatz  IVN. 
von  ihren  Vätern  unterschieden ,  von  welchen  einer  unter  den  quinquennalicii, 
zwei  unter  den  Ilviralicii,  einer  unter  den  pedani  aufgeführt  wird. 

7)  Suet.  Oct.  38:  liberis  senatorum,  quo  celerius  reipublicae  adsuescerent, 
protinus  virilem  togam  latum  clavum  induere  et  curiae  interesse  permisit.  Dio 
Cass.  59,  9.    Stat.  Silv.  4,  8,  59. 

8)  Dig.  50,  2,  11 :  neque  enim  minores  viginti  quinque  annis  decuriones  allegi 
nisi  ex  causa  possunt.  So  wird  in  Tarvisium  ein  Knabe  nach  dem  Tode  seines 
Oheims  zum  Decurio  gemacht ,  damit  der  Senatorenplatz  der  Familie  verbleibe. 
C.  I.  L.  V  n.  2117.  Dies  geschah  durch  allectio,  Orelli  3747,  und  so  findet  sich 
als  decurio  ein  infans  (Henzen  7010)  oder  ein  Knabe  von  4,  5,  6,  8  und  14 
Jahren.  Orelli  3747.  3748.  3746.  3745.' 4912.  Henzen  7177.  Ein  veo?  in  der  ßouX-r] 
von  Antiochia,  Libanius  Vol.  II  p.  561,  6  Reiske.' 

9)  Orelli  3745. 

10)  Dig.  50,  1,  21  §  6:  pro  infante  filio ,  quem  decurionem  esse  voluisti, 
quanquam  fidem  tuam  in  posterum  adstrinxeris ,  tamen  interim  onera  sustinere  non 


—     509     — 

Zeichnungen  der  Decurionen,  indem  sie  im  Theater  und  bei  öf- 
fentlichen Mahlzeiten  unter  ihnen  sitzen,  und  nehmen  an  den 
Lasten  derselben  Theil,  sind  aber  nicht  stimmberechtigt,  bis  sie 
das  gesetzmässige  Alter  erlangen,  wodurch  sie  in  eine  der  an- 
dern Rangclassen  übertreten  i) .  Personen,  welche  die  Erforder- 
nisse zum  Decurionen  nicht  besassen,  pflegte  man  im  Falle  aus- 
serordentlicher Verdienste,  wenn  es  Freigelassene  waren,  durch 
die  Verleihung  der  ornamenta  decurionalia'^]  ,  wenn  es  höher  Omamenta 
gestellte  Römer  waren,  durch  Ertheilung  der  ornamenta  duum- 
viralia'^)  oder  omamenta  quinquennalüatis^)  auszuzeichnen,  welche 
durch  ein  Beeret  der  Curie  in  derselben  Weise  bewilligt  wurden, 
wie  in  Rom  die  ornamenta  consularia,  praetoria^  aedilicia,  quae- 
storia,  aber  nur  die  äusseren  Vorrechte  des  Standes,  nicht  den 
Eintritt  in  die  Curie  gewährten. 

Das  Verhältniss  des  Senates  zu  den  Magistraten  ist  in  den  Competenz 
ersten  beiden  Jahrhunderten  dasselbe,  wie  in  Rom ;  der  Senat 
hat  die  berathende  und  beschliessende ,  die  Magistrate  haben 
die  ausführende  Gewalt;  die  letzteren  handeln  selbständig,  so- 
weit ihre  Vollmacht  reicht;  alle  nicht  unter  ihre  potestas  gehö- 
rigen Fälle  kommen  im  Senat  zur  Rerathung,  der  überdies,  wie 
wir  aus  dem  Gesetze  von  Malaca  ersehen,  auch  Appellationen 
gegen  die  von  den  Duovirn  und  Aedilen  auferlegten  Geldstrafen 
annimmt^). 
— t  — ■ — — — ■ — — — — 

cogens.  50,  \ ,  2  pr.  :  quoties  filius  familias  volunUite  patris  decurio  creutur,  uni- 
versis  muneribus,  quae  decurioni  filio  iniunguntur,  obstrictus  est  pater.  bi),  1,  17 
S2;  50,2,7  S  3. 

1)  Dig.  50,  2,  6  §  1:  minores  viginti  quinque  annorum,  decuriones  facti, 
sportxäas  decurionum  accipiunt,  sed  interim  suffragium  inter  ceteros  ferre  non 
poBsunt. 

2)  Henzen  n.  7000  und  mehr  ini  Index  p.  152;  C\  J.  L.  V  n.  3433.  4392. 
4477.    Renier  n.  1529. 

3)  C.  I.  L.  III  n.  384.  650.  753.  1493.  Henzen  Index  p.  155.  Ziirapt  De 
Augustalibus  p.  25 — 30;    Comm.  ep.  I,  134. 

4J  Orelli  4020.    Henzen  6956;  vgl.  Orelli  3897. 

b)  In  den  Leges  von  Malaca  und  Salpensa  kommen  acht  Fälle  vor,  welche 
zur  Competenz  des  Senates  gehören:  1.  die  Cooptation  eines  Fatrones  (l.  Mal. 
c.  61 J;  2.  die  Bestimmung  über  Bekanntmachung  des  städtischen  Budgets  {l. 
Mal.  c.  63);  3.  die  Kinwilligung  in  den  Verkauf  der  der  Gemeinde  gestellten 
Bürgschaften  (l.  Mal.  c.  64);  4.  die  Niedersetzung  einer  l'ommission  zur  Ab- 
nahme der  Gemeinderechnungen  (f.  Mal.  c.  67.  68);  5.  die  Zustimmung  zum 
Abbrechen  eines  Gebäudes  in  der  Stadt  (l.  Mal.  c,  62);  6.  die  Freilassung  eines 
Sclaven  durch  einen  noch  nicht  zwanzigjährigen  Municeps  (f.  Sulp.  c.  28);  7.  die 
Zustimmung  zu  der  obrigkeitlichen  Voruiundsbestellung  (l.  Salp.  c.  29);  8.  Ap- 
pellation gegen  die  von  den  Duumvirii  oder  Aedilen  auferlegten  (Jeldstrafen  (f. 
Mal.  c.  66).    S.  MommHen  StAdtrechte  8.  412  f     Kului  1,  235. 


—     510     — 

Senatsver-  Zu  einem  gülligen  Beschlüsse   ist  die  Anwesenheil  von  zwei 

handlungen.  _  iir,  rii-i  iii  ii-»r- 

DriUeln  der  Senaloren  ertorderhch,  welche  dann  nach  der  Majo- 
riläl  der  Slirnmen  entscheiden  ^) .  Der  Duovir  oder  sonstige  höchste 
Magistrat  beruft  den  Senat,  hält  die  Sitzung  {habet  senatum  oder 
ordinem) '^) ^  stellt  den  Antrag  {refert^) ,  verba  facit^))  und  lässt 
nach  der  Rangfolge  abstimmen  [sententiam  rogat)  ^).  Die  Decurio- 
nen  geben  in  der  Regel  eine  motivirle  Stimme  mündlich  ab  [sen- 
tentiam dicunt)^),  und  die  Motive  dessen,  welcher  zuerst  stimmt, 
werden,  wenn  die  übrigen  zustimmen,  in  das  Decret  aufgenom- 
men'^) ;  für  gewisse  Fälle  war  indessen  eine  Abstimmung  per 
tabellas  vorgeschrieben,  wofür  die  Formel  ist:  sententiam  ferre^). 
Verfall  der  ^j^  ^^^  Ende  dcs  zwcitcn  Jahrhunderts  ^]   scheint  die  grosse 

Cunen.  '  ^ 

Veränderung  in  den  Verhältnissen  der  Curien  zu  beginnen,  welche 
in  nachconstantinischer  Zeit  zu  dem  gänzlichen  Ruine  derselben 
führte.  Bis  dahin  waren,  wie  wir  in  dem  ganzen  Verlaufe  un- 
serer Darstellung  nachzuweisen  versucht  haben ,  die  Communen 
zwar  von  der  römischen  Regierung  für  die  Zwecke  der  Staats- 
verwaltung benutzt  worden,  aber  so  lange  denselben  Freiheit 
und  Selbständigkeit  gestattet  war,  hatte  sich  in  ihnen  ein  muni- 
cipaler  Patriotismus  erhalten,  der  in  dem  städtischen  Dienste  seine 
Befriedigung  fand.  Seit  dem  Ende  des  zweiten  Jahrhunderts  be- 
gann dagegen  eine  Centralisation  der  kaiserlichen  Verwaltung  ver- 
mittelst einer  zahlreichen  Beamtenhierarchie  i^)  ,  welche  einerseits 

1}  Lex  Mal.  c.  61 :  ne  quis  patronum  publice  municipibus  municipii  Flavi 
Malacitani  cooptato  patrociniumve  cui  deferto  nisi  ex  maioris  partis  decurionum 
decreto^  quod  decretum  factum  erit,  cum  duae  partes  non  minus  adfuerint.  Dig. 
3,  4,  3  und  4;  50,  9,  3:  lege  autem  municipali  cavetur ,  ut  ordo  non  aliter  ha- 
beatur  quam  duabus  partibus  adhibitis.  Cod.  Theod.  12,  1,  84.  Edict  von  Vena- 
trum  bei  Mommsen  /.  N.  n.  4601  lin.  36:  ex  maioris  partis  decurionum  decreto, 
quod  decretum  ita  factum  erit,  cum  in  decurionibus  non  minus  quam  duae  partes 
decurionum  adfuerint.    Mommsen  Stadtrechte  S.  412. 

2)  habet  senatum,,  decuriones ,  conscriptos.  Lex  lul.  mun.  lin.  128.  129; 
ordinem  habet,  Orelli  n.  4036  =  Mommsen  /.  N.  6034.    Dig.  50,  9,  3. 

3)  Henzen  n.  7170. 

4)  Orelli  n.  4038.  4040.    Henzen  n.  7169.    C.  /.  L.  V  n.  532. 

5)  Lex  lulia  munic.  lin.  106. 

6)  Lex  lulia  munic.  lin.  125. 

7)  C.  J.  L.  y  n.  532:  primo  censente  Calpurnio  Certo  —  censuerunt.  Hen- 
zen 7170 :  referente  L.  Vario  Firmo  lIIIvir{o) ,  censente  C.  Cluvio  Sabino  ita 
censuere.    Orelli  4041 :  primus  censuit  L.  Lucretius  Helvianus. 

8)  Lex  Mal.  c.  61 :  iurati  per  tabellam  sententiam  tulerint.  Dies  kommt  auch 
sonst  in  Inschriften  vor.  S.  Mommsen  Stadtrechte  S.  413  Anm.  55.  Deshalb 
braucht  die  lex  lulia  municipalis  die  doppelte-  Formel  sententiam  dicere  ferre 
lin.  107.  HO.  127.  129.  132. 

9)  Kuhn  1,  241. 

10)  Die  Ausbildung  die,ses  Beamtenthums  ist  eines  von  den  Räthseln,  welches 


—     511     — 

die  städtische  Verwaltung  in  ihre  Controle  nahm,  andererseits 
strebsamen  Personen  die  Aussicht  auf  ein  Staatsamt  in  viel  hö- 
herem Grade  als  früher  eröffnete.  Seitdem  treten  die  eigenen 
Interessen  der  Städte  immer  mehr  zurück,  der  Beruf  derselben 
ist  allein,  die  Lasten  des  Staates  zu  tragen;  es  fehlte  nunmehr 
an  Candidaten  für  die  städtischen  Aemter;  die  Wahlen  durch  die 
Volksversammlungen  hörten  auf;  die  Curien  wurden  nicht  mehr 
ergänzt  durch  den  Eintritt  der  Beamten ,  sondern  ausschliesslich 
aus  den  possesso7'es  ^  vs  eiche  den  senatorischen  Census  besassen 
und  zwangsweise  der  Curie  einverleibt  wurden  i)  ;  aus  diesen 
wurden  von  dem  Senat  auch  die  Beamten  gestellt,  so  dass  man 
nun  erst  decurio,  dann  Beamter  wurde  ^j.  Ausserdem  aber  über- 
trug man  auch  denjenigen  Decurionen,  welche  keines  der  regel- 
mässigen Aemter  bekleideten,  verschiedene  curationes  und  mu- 
nera  ^) ,  wie  z.  B.  die  Eintreibung  der  Steuern  ^) ,  so  dass  schliesslich 
sich  der  Characler  der  Municipalsenate  gänzlich  veränderte  und 
der  decurio  nicht  mehr  als  Mitglied  einer  berathenden  Versamm- 
lung dem  magistratus  entgegengesetzt,  sondern  selbst  als  ein 
Beamter,  und  zwar  des  Staates  betrachtet  wird»).  Bei  immer 
zunehmender  Verschlechterung  des  Communalvermögens,  über 
welches  oftmals  von  den  Kaisern  willkürlich  verfügt  wurde  ^j, 
und   dem  von   der  Staatsregierung  befolgten  Grundsatze,   für  die 

der  künftige  Geschichtsschreiber  der  rümischeii  Kaiserzeit  zu  lösen  haben  wird.  Sie 
beginnt  mit  Hadrian  und  nimmt  ihren  Fortgang  unter  den  folgenden  Kaisern,  na- 
mentlich unter  Septimius  Severus  und  Caracalla,  unter  welche  auch  die  Verände- 
rung der  Municipalvertassung,  von  welcher  wir  reden,  zu  fallen  scheint.  Welchen 
Antheil  an  diesem  neuen  Princip  der  römischen  Staatsverwaltung  die  grossen  Juristen 
haben,  welche  damals  im  Käthe  der  Kaiser  sassen,  Papinianus,  Ulpianus,  Paulus, 
Modestinus,  wissen  wir  nicht ;  aber  ihre  schriftstellerische  Thätigkeit  wenigstens 
bezog  sich  nicht  allein  auf  das  Privatrecht,  sondern  auch  auf  wichtige  üegen- 
stande  der  Administration ,  wie  des  Papinianus  doTUvojjLtxöi; ,  des  L'lpian  Bücher 
de  officio  proconauLis ,  de  censibm ,  de  officio  curatoris  reipubUcM ,  des  Paulus 
Bücher  de  censibus,   ad  munici-palem^  beweisen. 

1)  Die  früheste  Erwähnung  von  Leuten ,  qui  invili  fiunt  decuriorus ,  tlodet 
sich  in  einem  Briefe  des  Traian  bei  Plin.  «p.  10,  113  (114).  Später  mehren  sich 
die  Verfügungen  über  diesen  Zwang.  Ulpian.  Diy.  üü,  2,  1 ;  öü,  '2,  '2  J^  8. 

2)  Paulus  Diy.  50,  2,  7  JJ  2:  i«,  qui  non  sit  decurio,  duumviratu  vel  aliis 
honoribiu  funyi  non  potest,  quin  decurionum  honoribus  plebeii  fungi  prohibefUur. 

3j  Kuhn  1,  242  f. 

4)  Dig.  .00,  1,  17  S7. 

5)  Kuhn  a.  a.  0. 

6)  Ammian.  25,  4  sagt  von  lullan :  liberalitatit  eitu  teatimonia  pluritna  mnt 
et  verisairrui,  inter  quae  vertigaLia  civiUUibun  reatUuia  cum  fundi»,  quoa  velut  iure 
vendidere  praeteritae  poU$ttttet.  S.  hierüber  Roth  p.  36.  Walter  Oeach.  d.  rüm. 
Rechts  1  S  397. 


—     512     — 

Leistung  aller  auf  der  Stadt  liegenden  Lasten  und  aller  in  ihr  zu 
erhebenden  Abgaben  die  Decurionen  persönlich  verantwortlich  zu 
machen  i) ,  wurde  der  Decurionenstand  aus  einer  Ehre  eine  un- 
erträgliche Last,  der  sich  die  besitzenden  Einwohner  jeder  Stadt 
auf  alle  Weise  zu  entziehen  suchten  2),  während  die  Regierung 
zur  Erhaltung  der  Curien  die  strengsten  Maassregeln  in  Anwen- 
dung brachte  3).  In  Folge  derselben  wurde  der  Decurionat  ein 
im  Mannsstamme  erblicher  Stand;  er  ging  auf  alle  Söhne  über, 
welche  von  dem  achtzehnten  Jahre  an  demselben  angehörten.  Im 
Falle  auch  dies  nicht  genügte,  um  die  Zahl  der  Curialen  voll- 
ständig zu  erhalten,  fand  eine  allectio  aus  den  übrigen  municipes 
und  incolae  statt,  bei  welcher  nur  Sclaven,  Freigelassene  und 
Bescholtene  eximirt  waren,  kleine  Kinder  aber  und  unächte  Söhne 
zugelassen  wurden ;  im  vierten  Jahrhundert  sind  die  Curien  sogar 
als  Strafanstalt  benutzt  worden,  wohin  jemand  wegen  eines  Ver- 
brechens geschickt  wurde  4). 

Die  Augustalen. 

Die  Augu-  Ausser  dem   Decurionenstande ,    welcher,    wie   in   Rom   der 

stalen.  '  ' 

Stand  der  Senatoren,  seit  dem  Anfange  der  Kaiserzeit  immer 
abgeschlossener  und  am  Ende,  wie  wir  gesehen  haben  ,  auch  in 
gesetzlicher  Form  erblich  wurde,  gab  es  unter  den  Kaisern  vor 
Constantin  in  den  meisten  Municipalstädten  noch  einen  zweiten 
bevorzugten   Stand ,    nämlich    die   augustales  ^) .     In    der    ganzen 

1)  Huschke  Ueber  den  Census  der  früheren  Kaiserzeit  S.  136.  143.  Rüdiger 
De  curialibus  p.  12. 

2}  Cod.  Theod.  12,  1,  50.  Roth  p.  44.  45.  Ebenso  suchte  man  sich  den 
Aemtern  zu  entziehen.  Cod.  Th.  12,  1,  16:  si  ad  magistratum  nominati  aufu- 
gerint,  requirantur^  et,  si  pertinaci  animo  latere  patuerint,  his  ipsorum  bona  per- 
mitlantur ,  qui  praesenti  tempore  in  locum  eorum  ad  duumviratus  munera  voca- 
buntur,  ita  ut,  si  postea  reperti  fuerint,  biennio  integro  onera  duumviratus  cogantur 
agnoscere.  Om,nes  enim.,  qui  obseqaio  publicorum  m.unerum  declinare  tentaverint, 
simili  conditione  teneri  oportet.  Die  späteren  Decurionen  bedürfen  daher  bei  jeder 
Entfernung  aus  ihrer  Stadt  eines  Urlaubs.    Cod.  Inst.  10,  31,  16. 

3)  Da  die  nachconstantinische  Zeit  ausser  dem  Plane  dieses  Buches  liegt, 
so  verweise  ich  hierüber  auf  Gothofredus  Paratitlon  ad  Cod.  Th.  12,  1.  Roth 
p.  j65  ff.  und  32  ff.  Rüdiger  De  curialibus  imperii  Romani  post  Constantinum  M., 
Breslau  1837.  4.  Walter  G.  d.  R.  R.  1  §  396  ff.  Savigny  a.  a.  0.  Hegel  Gesch. 
der  Städteverfassung  von  Italien  Bd.  1  S.  64—98.  Wallon  Hist.  de  l'esclavage 
3  p.  188—207.    Kuhn  1-S.  245  ff'. 

4)  Cod.  Th.  12,  1,  66.    Roth  p.  40.  46.  51. 

5)  Ordo  decurionum  et  Augustalium  et  plebs  universa.  Inschr.  von  Suessa 
Orelli   n.  4047,    von   Praeneste   Orelli    1167.  4009,    oder  decuriones,  Augustales, 


—     513     — 

römischen  Literatur  worden  dieselben  nur  einmal  erwähnt  >;,  in 
Inschriften  kommen  sie  aber  um  so  öfter  vor  und  sind  neuerdinus 
Gegenstand  einer  Untersuchung  geworden,  welche  noch  nicht  in 
allen  Puncten  zum  Abschluss  gekommen  ist 2).  Es  fragt  sich 
nanjentlich,  erstens:  wer  sind  die  Augustalen?  zweitens:  wie 
sind  sie  entstanden  ?  drittens :  wie  verhalten  sich  zu  ihnen  die 
ebenfalls   als   oi^do  vorkommenden  •<)    seuiri  Auqustules?     Um   mit  ^''sprunpr 

,  .  /  j  derselben. 

der  zweiten  Frage  zu  beginnen,  so  ist  es  unzweifelhaft,  dass  die 
Augustalen  ursprünglich  mit  dem  Cult  des  Augustus  zusammen- 
hängen ;  nur  das  ist  streitig,  welch  ein  römisches  Institut  in  ihnen 
nachgeahmt  ist.  Egger  nimmt  an,  dass  die  magistri  vicorum, 
welche  die  Feier  der  ludi  compüalicü  und  den  Dienst  der  in  den 
sacella  der  compita  aufgestellten  Laves  und  d^'s  mit  denselben 
verehrten  ge?nus  Augiisti  hatten,  das  Vorbild  der  Augustalen 
seien  -») ,    aber    die  magistri    Augustales  •^)    oder    magistn    Larutti 

populus  Orelli  3976.  3807.  Grut.  446,  7,  oder  decurionts ,  Augustales,  coloni 
Orelli  n.  3062,  ordo  et  Augustales  et  vicani  Orelli  n.  3690.  S.  die  grosse  Samm- 
lung bei  Egger  p.  384.  385. 

1)  Patron,  c.  30,  2 :  Trimalchioni,  Vlviro  Augustali.  Vgl.  c.  57 :  sevlr  gra- 
tis [actus  sum. 

2)  Was  in  älterer  Zeit  Reinesiüs  Syntagma  inscr.  p.  133.  Norisifis  Cenot. 
Pisan.  1  c.  6.  Odericus  (DissertatioTies  et  adnoUitiones ,  Koniae  1765.  4  p.  101 
— 111)  mehr  beiläufig  über  die  Augustalen  beigebracht  haben,  ist  von  Morcelli 
Opp.  Vol.  I  p.  18  kurz  zusammengestellt.  Ausführlich  behandelt  den  (legenstand 
zuerst  Egger  Examen  critique  des  historiens  anciens  de  In  vie  et  du  regne  d'Au- 
yuste,  Paris  1844.  8.  Append.  II.  Recherches  nouvelles  sur  l'histoire  des  institu- 
tions  municipales  chez  les  Romains  p.  357  ff.  und  A.  W.  Zunipt  De  Auyustalibus 
et  seviris  Augustalibus  comrnentatio  epiyraphica,  Herol.  1846.  4.  Auf  diese  bei- 
den Schritten  bezieht  sich  mein  Aufsatz  lieber  die  Augustalen  in  Zeitschr.  f. 
Altcrthumswiss.  J847  n.  63 — 65  und  der  von  Egger  in  Revue  archeologique, 
annee  III,  livr.  10  und  12.  Eine  Entscheidung  über  die  durch  die  ganz  ver- 
.<!rhiedeue  Auffassung  des  Gegenstandes  von  Seiten  Eggers  und  Zumpts  entstan- 
denen Streitfragen  ist  erst  durch  die  Abhandlungen  von  Henzen  Ueber  die  Au- 
gustalen in  Zeitschr.  f.  Alterthumswiss.  1848  n.  25—27  und  n.  37—40  möglich 
geworden,  in  welcher  ein  bedeutendes  neues  Material  mitgetheilt  und  benutzt 
ist.  S.  auch  Henzen  Inscr.  n.  7089—7129.  Ich  habe  hiernach  meine  eigenen 
früher  ausgesprochenen   Ansichten  modillciren  müssen. 

3)  So  werden  in  der  marsischen  Inschr.  Orelli  n.  3940  die  dt%i  SUnde  bo- 
zeichflct  als  decuriones ,  sex^^iri ,  plebs.  Vgl.  Orut.  p.  344,  6:  decurionen,  VIvM, 
ptebs  urhana.  422,  3 :  decuriones  et  VIviri  et  municipes.  Mehr  bei  Zumpt  p.  78. 
Kgger  p.  382. 

4j  Diese  zuerst  von  Orelli  Inscr.  H  p.  197  aul'gübCüllte  Ansich«  hc^roht  be- 
sonriürs  auf  Porphyrie  zu  Horat,  Sat.  2,  3,  281  :  ah  Aut/u»lf>  enim  Lore*,  id  est 
(lii  donuintiri  in  cumjntis  poniti  xnnt :  ex.  libertmi»  ntxeerdoU»  dati,  qui  AufftuttUe» 
mnt  appeliali,  und  Acro  daselbst:  iusserut  enitn  AuguHus  in  cümpiti«  deos  pena- 
les  constitui ,  ul  sludiosims  eoUrentm.  Krttni  autem  UbetUni  stuerdoti» ,  qui  Au' 
ifustalen  diruntur. 

ö)  OreUi301ö«ilioiBiDi«n  /.  N.  6130.  Ueiizen  ».  ».  0.  p.  i9B  n.  4.  Znmpt 
a  A.  0.  p.  ÖO. 

86b.  Altorlh.  IV.  33 


—     514     - 

Augustoriim^) ,  welche  sich  auch  in  den  Municipalstädten  finden, 
scheinen  nnit  den  in  Rede  stehenden  Augustalen  nicht  identisch 
zu  sein  2),  und  man  wird  deshalb  die  Augustalen  vielmehr  für 
eine  Nachbildung  dos  Prieslercollogiums  der  sodales  AiKjustales 
halten  müssen,  welches,  aus  den  Mitgliedern  der  kaiserlichen 
Familie  und  den  vornehmsten  Personen  des  Staates  gebildet,  dem 
Cult  der  gens  lulia  gewidmet  war*).  Wie  in  Rom  selbst  nach 
diesem  Vorgange  Collegia  von  Privatleuten  zur  Verehrung  des 
Augustus  zusammentraten  ^)  ,  so  müssen  auch  in  den  Municipien 
sich  solche  Collegia  gebildet  haben,  die,  weil  sie  aus  freiem 
Willen,  nicht  durch  ein  gemeingültiges  Gesetz  entstanden  s),  weder 
in  der  Zahl  noch  in  der  Classe  der  aufzunehmenden  Personen 
genau  mit  ihrem* Muster  übereinstimmten^),  noch  auch  überall 
gleichartig  organisirt  gewesen  zu  sein  scheinen.  In  Rclreff  dieser 
Organisation  handelt  es  sich  namentlich  um  den  oben  bezeich- 
s«?miMÄ'«'-neten  dritten  Punct,   nämlich  die  Bedeutung  der  seviri  Aiiqustales. 

stales.  °  "^ 

In  Unteritalien,    d.  h.  in  Lucanien ,  Bruttii,  Apulien,  Calabrien, 

1)  Orelli  1661.  C.  I.  L.  II  n.  2181.  2233.  4306.  Henzeii  p.  198  n.  5.  6.  7. 
In  Tarraco  findet  sich  auch  ein  VIvir  mag.  Larum  Aug.  C.  I.  L.  II  n.  4293. 
4297.  4304.  4307 ;    VMr  August,  et  magister  n.  4303. 

2)  S.  Zumpt  p.  50  ff.  Henzen  p.  194.  Namentlich  geht  dies  hervor  aus 
den  Inschriften  Orelli  3959.  Henzen  7115.  6062.  6093.  Vgl.  auch  die  in  der 
vorigen  Anm.  angeführten  Inschr. 

3)  Tacit.  Ann.  1,  54:  idem  annus  (14  n.  Chr.)  novas  cerimonias  aceepit  ad- 
dito  sodalium  Augustalium  sacerdotio,  ut  quondam  T.  Tatius  retinendis  Sabinorum 
sacris  sodales  Titios  instituerat.  Sorte  ducti  e  primoribus  civitatis  unus  et  viginti. 
Tiberius  Drususque  et  Claudius  et  Germanicus  adiiciuntur.  Hist.  2,  95:  caesae 
publice  victimae  cremataeque ;  facem  Augustales  subdidere ,  quod  sacerdotium ,  ut 
Romulus  Tatio  regi,  ita  Caesar  Tiberius  luliae  genti  sacravit.  Vgl,  Annal.  3,  64. 
Borghesi  Memorie  delV  Instituto  di  corrispondenza  arch.  1  p.  261  ff.  Oeuvr.  3, 
397.  Zumpt  a.  a.  0.  p.  12  f.  Der  Annahme,  dass  diesen  sodales  die  Munlcipal- 
augustalen  nachgebildet  seien ,  folgen  Borghesi  Bull.  d.  Inst.  1842  p.  106  ff. 
Zumpt  und  Henzen  p.  290. 

4)  Tac.  Ann.  1,  73:  inter  cultores  ' Augusti ,  qui  per  omnes  domus  in  modum 
collegiorum  habebantur. 

5)  Henzen  p.  293.    Zumpt  p.  16. 

6)  Der  Hauptbeweis  dafür,  dass  die  sodales  Augustales  das  Vorbild  der  Mu- 
nicipalaugustalen  sind ,  liegt  darin ,  dass  sich  die  letzteren  nicht  vor  Tiberius 
nachweisen  lassen.  Sie  kommen  zuerst  im  Jahre  22  n.  Chr.  (Henzen  p.  195), 
dann  26  n.  Chr.  (Orelli  n.  4046),  dann  immer  häufiger  vor.  Dagegen  ist  durch- 
aus unerklärt ,  warum ,  während  die  römischen  sodales  aus  den  ersten  Personen 
des  Staates  gewählt  sind ,  die  Municipalaugustalen  auch  in  der  ersten  Zeit  nie 
aus  den  patroni  oder  honoribus  functi,  noch  aus  Decurionen,  sondern  immer  aus 
gewöhnlichen  Bürgern ,  häufig  aus  Freigelasseneu  gewählt  werden,  ein  Umstand, 
auf  den  Egger  mit  Recht  besonderes  Gewicht. legt  (s.  meine  Abhandl.  S.  502). 
Dass  die  Augustalen  ein  Collegium  bildeten,  zeigen  viele  Inschriften.  Collegium 
Augustalium  Orelli  n,  3953.  Corpus  Augustalium  Maffei  Mus.  Ver.  p.  477,  2. 
Grut.  p.  372.     Augustales  corporati.     S.   Zumpt  p.  40  ff.     Egger  p.   382. 


—     515     — 

ferner  in  einem  Theile  von  Sainnium  und  Campanien  kommen 
als  zweiter  Stand  nur  Augustales ,  nicht  seviri  vor^) ;  als  Vor- 
steher derselben  ein  curator'^)  ^  ferner  quinquennales^)  ^  quaesto- 
res*);  dagegen  giebt  es  nur  seviri,  nicht  aber  Augustales ,  in 
Gallia  Narbonensis  ^)  und  Lugdunensis^) ;  endlich  ist  die  regel- 
mässigste  und  vollständigste  Form  der  Organisation  die,  dass  es 
seviri  Augustales  und  Augustales  zugleich  giebt,  wie  dies  in  den 
meisten  Städten  Mittelitaliens  üblich  war').  In  diesem  Falle 
scheinen  die  Augustales  als  lebenslängliche*)  Mitglieder  des  Col- 
legiums,  die  seviri  aber  als  jährlich  wechselnde  Beamte  desselben 
zu  betrachten  ••)   zu  sein. 

Die  Ernennung  der  Augustalen  geschieht  decrcto  rfecwrib- ^f«anJsat^öi. 
num^^]-,  wählbar  sind  sowohl  ingenui  als  Freigelassene  ^\^ ;  dem  gi«msder 
Range  nach  stehen  sie  den  Decurionen  zunächst,  weshalb  sie  auch 
zuweilen  die  ornamenta  decurionalia  (S.  509)  erhallen;  sie  bilden 
ein  Collegium,  welches  ursprünglich  dem  Cult  der  gens  lulia  ge- 
widmet ist,  seine  priesterlichen  Functionen  aber  später  auch  auf 
den  Gull  der  übrigen  Kaiser  ausgedehnt  zu  haben  scheint;  denn 
wo  eigene  Collegia  für  diese  erwähnt  werden,  wie  die  Claudiales 
und  Flaviales,  scheinen  diese  mit  den  Augustalen  entweder  iden- 
tisch zu  sein,  oder  doch  in  genauer  Ver])indung  zustehn*'^).  Sie 
führen  eine  eigene  Gasse  *3)^  aus  weicher  sie  ihre  Opfer  und  Fest- 

1)  Henzen  p,  201  IT.  Das  Nichtvorhandensein  derselben  in  diesen  Gegenden 
ersieht  man  auch  daraus,  dass  die  Auyustales  Spiele  geben,  was,  wo  seviri  sind, 
diesen  zukommt.     S.  die  Inschr.   von  liUceria  Momtnsen  /.  N.  n.Öf)!. 

2)  Henzen  Imcr.  n.  5775.  6111. 

3)  Heispiele  s.   bei  Henzen   Inscr.   in»  Index  p.  Iü7. 
A)  Orelli  lilOl.  3954.  7114.  G499. 

5j  Henzen  a.  a.  ().   S.  209  ff. 

6)  In  Lugdunum  wenigstens  kommen  nur  »eviri  Augtutnles  vor.  S.  Boissieu 
Inscr.  de  lyyon  p.  169  ff.    Mommsen  Anntüi  1853  p.  64. 
7J  Henzen  S.  213. 

8)  Mommsen  1.  N.  2527  und  dazu  Henzen  a.  a.  0.  S.  215. 

9)  Henzen   a.  a.  0.    S.  214.     Man    ersieht   dies   namentlich   aus  dem  sevir 
Auyustalium   quinquennalis   Orelli    3741    (niehr    bei    Zumpt   p.  62)   und    aus  der  * 
wiederholten  Bekleidung  des  Amtes,  Orelli  3919.   3922,    doch    kommt   auch    fin 

Hcvir  Auij.  perpetuiuf  jvor  {C.  I.  L.  II  n.  2026),  und  in  manchen  Orten  muss 
das  Verhältnis«  der  neviri  und  Auyu.itaUs  ein  ganz  anderes  gewesen  sein  ,  wie 
in  Aquileia,  wo  regelmässig  nexviri  vorkommen,  viermal  aber  «exviri  et  AtiyuHa- 
lea ,  einmal  ein  sexvir  ei  decurionum  drcreto  AuguHtalifi ,  für  welchen  Tüel  «« 
noch  an  einer  befriedigenden  Krklärung  fehlt.  S.  Mommsen  <\  l.  L.  V  p,  84. 

10)  Orelli  3920.  2980.  7112.  3914.  3942. 

Uj  Zumpt  a.  a.  O.   p.  22. 

12)  Eine  und  dieselbe  Fersen    Ist  /lti«;uj»(fj/i.«  riaudiaU$ ,  Sevir  et  fHnudiitU» , 
AuyunUiUa  FUivialin.     S.  Henzen   Inacr.   im   Imlex   p.  168. 

13)  Ein    rurator  arr.    Auij.   b«-i    .Marini    /'/r     Mf>,m     \t.   85:    eine    «irr.i  Srvi- 

33* 


—     516     — 

mahlzeiten  bestreiten.  Di(^  orsteron  halten  sie  ohne  Zweifel  in 
den  Tempeln  des  Au^uslus,  die  in  keiner  Municipalsladt  fehlten; 
die  /Aveilen  /Aiweilen  in  eii^enen  Localen,  wie  in  Caere  in  einem 
phrelrium^).  Bei  der  Aufnahme  zahlen  sie  ein  Antritlsü;eid  und 
sowohl  bei  dem  Beginne  als  während  der  Zeit  ihres  Amtes  geben 
sie  auf  ihre  Kosten  Gastmahle  und  Spiele  2). 
Verfall  des-  j)as   Institut   der   Aucuslalen    hatte    ein    ähnliches   Schicksal 

selben. 

wie  das  der  Decurionen ;  was  anfänglich  eine  Ehre  gewesen 
war,  fing  an  eine  Last  zu  werden^),  deren  Uebernahme  am  Ende 
ebenso  erblich  in  den  Familien  der  Augustalen  wurde,  als  die 
Lasten  der  Curie  in  den  Familien  der  Decurionen,  so  dass  viel- 
leicht erst  hiedurch  sich  ein  ordo  Augustalium  bildete,  in  wel- 
chem schon  die  Kinder  zu  den  Leistungen  des  Collegiums  her- 
angezogen wurden "*),  während  neue  Mitglieder  fast  ausschliesshch 
aus  Freigelassenen  hinzukamen,  weil  diese  für  die  Curien  nicht 
in  Anspruch  genommen  werden  konnten.  In  diesem  Um- 
stände 'liegt  wenigstens  für  die  spätere  Zeit  eine  Erklärung 
der  grossen  Unähnlichkeit,  welche  in  Hinsicht  auf  das  gentis  ho-^ 
minum  zwischen  den  grösstentheils  aus  Freigelassenen  bestehen- 
den Municipalaugustalen  und  den  aus  den  höchsten  Personen  des 
römischen  Staates  genommenen  sociales  Augustales  statt  findet. 
Mit  der  Verbreitung  des  Christenthums  nimmt  der  Stand  der 
Augustalen  ein  Ende. 


utirüraisciie  Nachdoui    wir   bisher    die    römische  Municipalverfassung   be 

üemeiuden  *• 


Die  Städte  iiichtrömischer  Verfassung. 

>m    wir   bisher    die    römische  Municipalverfa 
sprechen   haben,    ist   es   noch   übrig,    diejenigen   Stadtgemeinden 

rum  Auyustalium  i»  Brixia  (Orelli  3913),  Gabii  (Henzen  7335),  Ostia  (Henzen 
7116).  In  Brixia  scheint  dazu  eine  Erlaubniss  des  Kaisers  nöthig  gewesen  zu 
sein.  S.  Orelli  3913  =  C'.  7.  L.  V  n.  4428:  Vlviri  Amj.  sod,  quihns  ex  permism 
divi  Pii  nrcam  habere  permissum. 

1)  Orelli  3787. 

2)  C.  I.  L.  II  n.  2100. 

3j  In  dem  Testamente  bei  Orelli  n.  3978  =  Mommsen  I.  N.  n.  79  hinter- 
lässt  jemand  den  Augustalen  von  Petilia  in  Calabrien  ein  Vermächtniss ,  nnd 
fügt  hinzu :  quod  ipsum  ad  utiUtatem  reipubiicae  nostrae  pertinere  existhnavi,  fa- 
cilius  subituris  onus  Augustalitatis,  dum  hoc  commodum  ante  oculos  habent .  und 
in  einem  andern  Testamente  (C\  I.  L.  II  n.  4510)  vermacht  jemand  der  Stadt 
Barcino  ein  Capital,  ans  welchem  Spiele  und  andre  Largitioneji  bestritten  werden 
sollen  ,  ea  conditione ,  ut  liberti  mei,  item  libertorum  meorum  libertarumque  iiberti, 
quos  honor  sevlratus  cnntigerit,  ab  omnibus  muneribus  seviratus  excusati  sint. 

4)  Orelli  3937.  3938. 


517     — 


einer  Erörterung  zu  unterziehen,  welche  die  Römer  in  den  von 
ihnen  occupirten  Ländern  bereits  conslituirt  vorfanden.  Wir  fra- 
gen:  wie  lange  bestanden  diese  eigenthümlich  organisirten  Ge- 
meinden im  römischen  Reiche,  und  welclien  Einduss  übte  auf 
sie  die  römische  Verwaltung?  Diese  Fragen  aber  lassen  sich  bei 
dem  gegenwärtigen  Zustande  unserer  Kenntniss  noch  nicht  mit 
einiger  Sicherheit  beantworten,  und  die  nachfolgenden  Bemer- 
kungen beabsichtigen  mehr,  die  Lücken  unseres  Wissens  zu  be- 
zeichnen und  der  Aufmerksamkeit  künftiger  Forscher  zu  empfeh- 
len, als  einen  Gegenstand  zu  erledigen,  für  den  es  an  Quellen- 
material und  Vorarbeiten  in  gleicher  Weise  fehlt. 

Stadtgemeinden  mit  eigenthümlicher  Organisation  waren  vor- 
handen in  allen  Ländern  griechischer  Bevölkerung,  in  dem  Ge- 
biete von  Carthago  und  auch  in  Spanien  und  Gallien.  Von  den 
punischen  Städten  wissen  wir  indessen  nichts,  als  dass  sich  in 
ihnen  noch  eine  Zeit  lang  die  sufetes  nachweisen  lassen  (s.  S. 
313);  in  Spanien  finden  wir  verschiedene  Städte,  ehe  sie  durch 
Vespasian  das  ins  Latii  erhielten,  von  Decemvirn  regiert,  von 
denen  einer  decemvir  maximus  heisst  ^)  ;  in  den  gallischen  Städ- 
ten führte  noch  im  Beginne  des  fünften  Jahrhunderts  die  Re- 
gierung der  erste  im  Album  der  Curie  mit  dem  Titel  principahs 
und  zwar  fünfzehn  Jahre  hindurch  2),  was  doch  wohl  auf  eine 
alte  Institution  zurückzuführen  sein  dürfte.  Ein  viel  reicheres 
Material  liegt  in  historischen  Nachrichten,  Inschriften  und  Münzen 
über  die  griechischen  Städte  vor,  und  dieses  würde,  wenn  es 
zu  einer  übersichtlichen  Dartellung  verarbeitet  wäre  *),  auch  über 
diejenigen  Veränderungen  einigen  Aufschluss  zu  geben  geeignet 
sein,  welche  in  den  griechischen  Communen  durch  die  römische 
Regierung  veranlasst  wurden.  Diese  Veränderungen  sind  zweierlei 
Art :  sie  fanden  statt  bei  der  Einrichtung  der  Provinzen,  und 
durch  directe  Umwandelung  griechischer  Gemeinden  in  römische. 

Bei  dei'  Einrichtung  der  Provinz  wurden  die  democratis4*hen 
Verfassungen    überall    aufgehoben    und    durch    limocratische   er- 


in  Africa, 


.Spanien, 


«ialÜPH. 


in  Jen  grie- 
clii&oben 
rrovtnceu. 


A«>n»l«rnr; 
Ki'n  in  il"'i 

Kinrichiuii 
di»r  Prrtviu, 


1)  mibHer  zu  C.  /.  /..  11  n.  1953. 

•2)  Cod.  Theod.  12,  1,  171;  vgl.  75.   127.    Kuhn  1.  39. 

3j  Kine  wilche  glebt  •U«rdlng«  F.  W.  TiUmaiiii  DamteUiiiiit  il«r  grleehUrhtii 
SUatHverfaHHungen,  Leipzig  1Ö'22,  alleiii  der  iu  dienu»  lliKh  Robdrige  Stoff  int 
seit  dieser  Zeit  m  v«?riiiehrt  wurdtMi ,  datM  inmi  ihn  von  uouem  xuMmmenbrin- 
geH  iBÜflite. 


--     518     — 

Einfüiming  setzt ') .  Das  Verfahren  dabei  war,  dass  die  Zahl  der  acliven, 
d.  h.  zu  Wahlen  berechtigten  und  zugleich  wählbaren  Bürger 
auf  die  Besitzenden  beschränkt  und  der  besitzlosen  Menge  das 
active  Bürgerrecht  entzogen  wurde 2).  Wie  man  im  ,1.  411  v. 
Chr.  die  alte  Democratie  der  Athener  dadurch  beseitigte,  dass 
der  Rath  der  Vierhundert  die  Zahl  der  athenischen  Vollbürger 
auf  5000  beschränkte^),  welche  die  dreissig  Tyrannen  hernach 
auf  3000  brachten  "^j,  so  wurde  in  allen  griechischen  Städten  die 
beschliessende  Volksversammlung  auf  die  Besitzenden  reducirt 
und  so  aus  der  Masse  der  Plebs  der  später  oftmals  vorkommende 
Stand  der  possessores ,  d.  h.  der  Activbürger,  ausgesondert''). 
Ein  Beispiel  hievon  giebt  die  Stadt  Tarsus  in  Gilicien,  in  welcher 
es  zu  Dio  Chrysostomus  Zeit  ausser  der  ßouXiQ  und  dem  or^ji-o? 
ein  7:Ar^i>oc  oox  oAi'yov  woTrep  s^wilsv  tyjc  TroXirsiac  gab,  von  wel- 
chem Dio  sagt :  toutou?  sitodaoiv  evioi  AtfAoupYooc  xaXsTv  ^] .  Diese 
Proletarier,  zu  denen  namentlich  Handwerker  mit  gehörten,  ka- 
men in  die  Volksversammlung  zwar  als  Zuhörer ") ,  aber  active 
Bürger   waren   sie  nicht,    da  das  Bürgerrecht  500  Drachmen  ko- 

Die  Behiir- stete  ^) .    Die  Behörden  der  Communen  konnten  dabei  ohne  ireend 

den.  ^ 

welche  Veränderung  fortbestehn  und  erhielten  sich  in  der  That 
bis  in  die  späte  Kaiserzeit-');  die  Folgen  der  timocratischen  Ver- 
fassung traten  dagegen  hervor  in  der  Constitution  des  Rathes 
Der  Rath.  uud  der  Einsctzung  eines  Censoramtes.  Den  Rath  einer  grie- 
chischen democratisch  constituirten  Stadt  ^^)   haben  wir  uns  überall 

1)  Es  wird  dies  besonders  berichtet  von  Sicilien ,  Macedonien ,  Achaia ,  Bi- 
thynien  und  Syrien,  und  allgemein  ausgesprochen  von  Cic.  ad  Q.  fr.  1,  1,  8, 
25 :  provideri  abs  te,  ut  civitates  optimatium  consiliis  administrentur. 

2}  Kuhn  1,  229  ff. 

3J  Thucyd.  8,  67.    Hermann  Griech.   Staatsalterth.  §  166. 

4)  Xenophon  Hist.   Gr.  2,  3,   18  f. 

Oj  Daher  ordo  possessoresque,  Orelli  zu  n.  3734,  Dig.  50,  9,  1.  Cod.  Theod. 
11,  22,  2. 

6)  Dio  Chrys.  Vol.  II  p.  43  R.  Es  gehören  dazu  namentlich  ßacpei;,  oxu- 
TOTÖfxot,  tIxtove?.  Ibid.  p.  45, 

7)  oö?  zi  [/.SV  Oleome  ßXaTCTeiv  ufj.«?  xai  o-öcoetu?  apyetv  Y-oi  Trxpa/fiQ ,  oXto; 
^X^'Tp  d7ze}A<sai  7.at  [iq  Trapaolyea&at  xat;  ixyJ/^aiat;. 

8)  tt  ouv  ab  xeXe'jEK;  'r](ji.ac ;  tou?  aTiav-a?  dvaYpa<|"^t  ttoXit«;  ;  vai  cp7][j.i  *  — 
o6  (JL£V  Y^P)  o.'^  '^'?  xaxaßaXT]  TrevTct-xoGta?  Spayfxa?,  ouvocxai  cpiXeiv  üij.ä?  -/«l  tt]; 

9)  Kuhn  2,  64  ff. 

10)  Für  aristocratische  Verfassungen,  wie  sie  in  Sparta,  den  cretischen  Städten 
und  in  Massilia  waren,  gilt  dies  nicht.  Von  Massilia  sagt  Strabo  4  p.  179: 
ÖiotxoüvTcti  o'  dpto-o-/cpaxi"Atü;  oi  MaooiXtwTat  —  —  dvop&v  dEazoaitov  'AOLxa.fSxii- 
oavte;    oyvsoptov,    hiä   ßio'j  Toiur^v  iyovTwv  xqu   tiix-q'^^ ,    oO;  Tt[j.o'jyo'j?  v.aXoyat. 


—     519     — 

ähnlich  der  athenischen  Bule  i)  zu  denken,  d.  h.  als  einen  jähr- 
lich wechselnden,  aus  den  Phylen  gewählten  oder  erloosten  Aus- 
schuss  des  Volkes.  Auch  er  war  vereinbar  mit  einer  tiniocra- 
tischen  Verfassung  und  scheint  in  der  Provinz  Asien  nicht  um- 
gestaltet worden  zu  sein,  sondern  sich  in  Milet^j,  Ephesus'*) 
und  Cyzicus'*)  bis  über  die  Zeit  der  Antonine  hinaus  erhalten 
zu  haben.  In  Sicilien  wurden  die  Senatoren  zwar  ebenfalls  ge- 
wählt, aber,  wie  es  scheint,  durch  Cooptation-^)  und  nach  be- 
stimmten Vorschriften,  welche  die  von  den  Römern  gegebenen 
leges  cwitatum  über  das  Alter,  den  Stand,  den  qunestus  und  den 
census  der  Senatoren  enthielten  ^j,  während  in  den  bithynischen 
Städten  durch  die  lex  Pompeia  der  auf  den  Phylen  beruhende 
Rath')  ganz  abgeschafft  und  durch  einen  neuen  ersetzt  war,  der, 
wie  die  Curien  der  römischen  Municipien,  aus  den  abgegangenen 
Magistraten  durch  die  Censoren  ergänzt  wurde  8).  Eine  ähnliche  ^•^'^^^'«'»''os- 
Verschiedenheit,  wie  in  der  Constitution  des  Rathes,  mag  auch 
in  der  Ausübung  des  Censusamtes  statt  gefunden  haben;  denn 
die  beiden  Censoren,  welche  in  den  sicilischen  Städten  alle  fünf 
Jahre  gewählt  wurden  *'♦),  und  in  den  bithynischen  Gemeinden 
die  lectio  senatus  vornahmen  i'^),  heissen  griechisch  Ti}XTjTaC),  es 
kommt  aber  sowohl  in  Bithynien  als  in  andern  Provinzen  aus- 
serdem ein  einzelner  Magistrat  vor,  welcher  TroXttoYpacpo?  genannt 
wirdi2j^  und  nicht  nur  die  BUrgerlisten  aufnimmt,  sondern  auch 

IlevTev.aCoexa  5'  ebl  toD  suveop»to'j  rpoeoTÄxe;,  toutöi;  oi  xd  Trpoyetpa  otofxeiv 
oEooTctt  •  -aXiv  oe  xöiv  ,7:evTe%atoe'/ta  TtpoxdftTjVTai  tpeli;  ol  TiXeioxo^  isyuovTe;, 
TO'jTtov  0£  et;.  Sollte  dieser  vielleicht  das  Vorbild  des  in  den  gallischen  Städten 
vorkommenden  principalis  sein? 

1)  Herrmann  Griech.  Staatsalterth.  J  108. 

2)  C.  I.  Gr.  n.  2878. 

3)  C.  Curtius  im  Hermes  4  S.  223. 

4)  S.  meine  Schrift  Cyzicus  und  sein  Gebiet  S.  53.    Boeckh  (\  I.  (ir.  36H3. 

5)  Cic.    Verr.  H,  2,  49,   120.  122;  II,  2,  50,  123. 

6)  Cic.    Verr.  U,  2  c.  49.  c.  50. 

7)  Die  Phylen  selbst  wurden  nicht  aufjE^ehobeu,  sondern  kuiumuu  unter  den 
Kaisern  z.  li.  in  Prusias  vor.    VVaddington  n.  1170.  1177. 

8)  Plin.  «p.  10,  79f83):  eadem  legt  {Pompeia)  comprehensum  est,  tU  qui 
ceptrint-  mayistratum  iint  in  nenatu.  —  ijuneritur  ergo,  an  tfui  minor  trigirUa 
annorum  yesait  magistratum  posait  a  ctnsoribus  in  senatum  legi. 

.9)  Cic.   Verr.  II,  2,  56,  139;  II,  2,  öö,  137. 

10)  Plin.  ep.   10,  79(83);   114(115). 

11)  Kin  Tt(xT^Te'joa;  in  PruttM  in  Bithynien  Waddington  n.  1176  und  In 
Prosa  n.  Uli. 

12)  Kin  ro/etTOYpa^o;  %td  ß(ov)  in  Prusias  iiobon  dem  Tt(AT}Tfj;,  Waddington 
n.  11/8;  ausserdem  in  Ancyra,  f.  I.  Gr.  n.  401ß  and  in  TarsuK.  Dio  Chrys.  II 
p.  44  K     In  einer  Inschrift  von  MuaaoibrU  (s.  M.  149),  C.  l.  Or.  20&3,  fordern  dio 


—     520     — 

In  Ancym  wonii^steiis  die  /ccV/o  sendlua   (ßoüAoYpacpia)    zu    hesor- 
gen  scheint*). 
Umwände-  j)pj.   zweite  Unistand,    welcher   auf   die  Comniunen  uniönii- 

miindel/iiT  ^^^^'  Verfassung  inüuirte,  war  die  Ertheilung  des  römischen 
römiscbe.  Bürgerrechtes  oder  der  Latinität,  in  Folge  deren  dieselben  in  rö- 
mische oder  latinische  Municipien  und  Colonien  umgewandelt 
wurden  und  die  römische  Municipalverfassung  erhielten.  Aber 
auch  diese  Umwandelung  ging  in  den  griechischen  Städten  nicht 
ohne  einen  zähen  Widerstand,  welchen  Sprache  und  Herkommen 
leisteten,  vor  sich.  Nachdem  in  Folge  der  lex  lulia  von  664  = 
90  alle  italischen  Städte  das  römische  Bürgerrecht  erhalten  hat- 
ten, blieb  z.  B.  Neapolis  noch  immer  eine  griechische  Stadt  und 
hatte ,  selbst  nachdem  sie  im  Beginne  der  Kaiserzeit  römische 
Colonie  geworden  war,  Behörden  eigenthümlicher  Art,  wie  den 
honor  demarchiae'^);  und  als  schliesslich  Caracalla  dieselbe  Maass- 
regel auf  das  ganze  römische  Reich  ausdehnte  (s.  S.  424),  scheint 
allerdings  die  Decurionenverfassung,  wie  wir  sie  im  vierten  Jahr- 
hundert vorfinden,  allgemein  eingeführt  worden  zu  sein,  selbst 
in  Gegenden}  in  welchen  dies  besondere  Schwierigkeiten  hatte, 
wie  in  Aegypten  und  Gappadocien  ^) ,  aber  auch  damals  nicht 
ohne  eine  gewisse.  Schonung  alter  Institutionen,  wenn  gleich  die- 
selben mehr  dem  Namen  als  der  Sache  nach  erhalten  büeben. 
In  Athen  war  der  aTpaurj-yo?  IttI  tcdv  ottAcdv,  wie  zu  Demosthenes 
Zeit,  so  auch  unter  Gonstantin  dem  Gr.  vorhanden,  welcher  des- 
sen Stelle  selbst  bekleidete  4) ,  allein  er  hatte  damals  eine  ganz 
andre  Geschäftsthätigkeit,  nämlich  die  cura  annonae^];  noch  nach 
Gonstantin  ist  in  Athen  der  ap5(ajv,  wie  in  alter  Zeit,  der  epo- 
nyme  Magistrat  ^) ;  in  Antiochia  in  Syrien  war  zu  Libanius  Zeit 
zwar   die  Decurionenverfassung   längst   eingeführt,    daneben  aber 

Aedilen  auch  alle  Fremden  auf,  sich  einschreiben  zu  lassen :  (XYopavofxot  —  7:a- 
paxaXoüaiv  iravtac  xou;  7.aTepYaCofxevou^  (s.  S.  466)  ttjv  noXiv  epysci^at  xai 
aTtOYpacpeo&ai  xaxd  xov  vofxov  xf^i  TzoXeto;  xal  xö  s'^o;. 

1)  luschr.  V.  Aiicyra  C.  I.  Gr.  n.  4015  :  v-oi  x'?jv  ßouXoYpot-cpia^  iv.  tcoXXoD 
->taxaXeA£i[j,[j-£V7]v  (xexa  Xo^ou  äxptßcuaavxa.  Der  Anfang  der  luschr.  fehlt  und 
man  ersieht  nicht,   auf  welchen  Magistrat  sich  dieselbe  bezieht. 

2)  Mommsen  J.  N.  2444.  Den  gewesenen  oTjfjLotpyoc  bezeichnet  die  Inschr. 
n.  2454  mit  dem  lateinischen  Ausdruck  demarchisanta. 

3)  Kuhn  2,  240. 

4)  lulian.  or.  1  p.  8  Spanh.  Vgl.  Spanheim  Vol.  II  p.  76.  Libanius  Vol.  I 
p.  427  R. 

5)  Philostr.    V.  Soph.  1,  23,  1;  2,  16;  2,  20,  1. 

6)  Marini   Vita  Prodi  c.  36  ed.  Boissonade. 


-     521     — 

bestanden  ISPhylen,  welche  vielleicht  damals  Stadtbezirke  ohne 
politische  Bedeutung  waren  i);  namentlich  machten  die  römischen 
Titel  Schwierigkeit;  denn  wenn  man  auch  SexopiÄve? 2)  statuirte, 
so  nannte  man  doch  die  Duumviri  gewöhnlich  ap/ovisc^)  oder 
oTpaTYjYoi,  selbst  in  den  römischen  Colonien*).  Ein  drittes  Mo- ^'J^^«  ^tadt- 
ment,  welches  in  einer  Geschichte  des  griechischen  Communal- 
wesens  in  Betracht  zu  ziehn  sein  würde,  ist  die  Einführung 
neuer  Stadtbeamten  von  Seiten  der  Staatsregierung.  Wir  haben 
einige  derselben  bereits  kennen  gelernt  in  dem  Curator  oder 
Logisten  (S.  187)  und  in  den  Censoren;  es  gehören  dazu  aber 
auch  verschiedene  Polizeibeamte,  der  voxtooTpaTTjYo?  ^)  und  der 
£ip75vap5(oc^),  welcher  letztere  wohl  identisch  war  mit  dem  in  ^er 
Smyrna  vorkommenden  o-parrf/o?  sri  tt^c  sipr^vr^c"),  aus  zehn 
von  der  Stadt  vorgeschlagenen  Personen  durch  den  Statthalter 
der  Provinz  gewählt  wurde  ^)  nnd  ein  Corps  von  Stadtsoldaten 
oder  Gensdarmen  {SioD^fUTat)  ■*)  zur  Verfügung  halte;  ferner  die 
decemprimi  foexdiTrpojToi) ,  welche  nicht  zu  identificiren  sind  mit  der  .  i>»« 
in  alter  Zeit  in  Rom  und  den  Municipien  oft  vorkommenden  Com- 
mission  der  decem  primi^^),  quindecim  ptimi^^],  quinque  pn'mi^^}, 
sondern  in  den  asiatischen  Städten  ^■^)  nicht,  wie  die  decem  primi 
der  italischen  Mnnicipien,  die  ersten  Senatoren  nach  der  Rang- 
ordnung  des   Album ,    sondern    ein   wechselnder  Ausschuss    der 

1)  Kuhn  2,  316. 

2}  Dies  griechisrhe  Wort  kommt  öfters  vor ,  z.  B.  in  Sicilien  in  der  römi- 
schen Colonie  Lilybaeam.     C,  1.  Gr.  5495. 

3}  z.  B.  in  Neapolis.    C.  /.  Qr.  5836.  5838.  5843. 

4j  So  in  Corinth  (Libanius  Vol.  1  p.  429  R.)  und  Palmyra.  Waddington 
I..  2597.  2601.  2606».  2607. 

5)  Dig.  50,  4,  18  S  12.  Er  kommt  vor  in  TraUes  C.  /.  Gr.  n.  2930:  orpo- 
rr^-pjoavTa  xr^v  v'JXTepivr^v  orpaTrjlav.  Vgl.  n.  3948.  Er  entspricht  dem  ftat- 
feetus  vigilum,  der  auch  in  Nemausus  vorkommt.     Orelli  n.  2157. 

6)  Kuhn  1,  43.  C.  7.  Gr.  Vol.  II  p.  1123  n.  2930^.  Dig.  48,  3,  6  pr. ;  50, 
4,  18  S  7.  Cod.  Theod.  12,  14,  1.  Cod.  lust.  10,  75.  Häufig  kommt  er  bei  den 
Christenverfolgungen  vor.  Augustini  ep.  140.  159.  Kuseb.  JJiit.  ccel.  4,  15. 
Kuinart  Acta  primorum  mart.  ed.  1713  f.  32.  46.  62. 

7)  C.  I.  Gr.  n.  3151. 

8J  Aristldes  Vol.  I  p.  523  Üind. 

9)  Sie  erwihnt  Capitolin.  r.  .V.  ArU.  phil.  21.  Ammiaii.  27,  9,  6,  und  über 
sie  handelt  Waddington  zu  n.  992. 

10)  S.  oben  Seite  341  Anm.  2.    Liv.  8,  3:  29,  15.     Cic.  pr.  Ro$f.  Amm.  9, 
25.    ad  AU.  10,  13.    Orelli  642.  3767. 

11)  Strabo  4  p.  179.    Caesar  B.  C.  1,  35. 
12l  Cic.  Verr.  II,  2,  67,  182. 

13)  Sie  kommen  ▼or  t.  B.  in  Amorgo«,   (\  I.  Gr.  n.  2!264;  Snyrn«.  n.  3201; 
Cius  in  Bithynien,  n.  3732;  loUpa  Ciliciae,  o.  4413. 


Der 


—     522     — 

ßooXrJi)  sind,  der  mit  der  Eintreibung  der  Steuern  beauftragt 
und  für  jeden  Ausfall  in  denselben  verantwortlich  ist  2),  so  dass 
er  den  Beamten  zugezählt  wird,  während  die  italischen  decem 
primi  im  Gegensatze  zu  den  Magistraten  als  ausserordentliche 
Repräsentanten  der  Curie  fungiren.  Endlich  würden  noch  zu 
erwähnen  sein  der  IxSixo;  und  der  ouvoixo;,  für  welche  beide 
der  lateinische  Titel  defensor  gebraucht  wird^j.  Der  Ixoixoi; 
kommt  schon  bei  Cicero  vor'*)  und  scheint  damals  ein  Advocat 
gewesen  zu  sein ,  welcher  auswärtige  Processe  der  Gemeinde 
führte^).  Später  erscheint  er  als  ein  regelmässiger  Beamter, 
welcher  in  einer  Stadt  als  Stellvertreter  des  Statthalters  fungirt 
und  alle  Geschäfte  zwischen  der  Stadt  und  dem  Statthalter  ver- 
mittelt;   als    solchen   wenigstens  erwähnt  ihn  Plinius  unter  Tra- 

2wdt*oi.  ian  ^) ;  der  ouvStxo?  dagegen  gehört  nicht  zu  den  Beamten,  son- 
dern ist  ein  ausserordentlicher  Bevollmächtigter  der  Stadt  zur 
Führung  einer  einzelnen  Sache  bei  dem  Kaiser  oder  dem  Statt- 
halter^), und  wird  als  solcher  noch  von  einem  Juristen  aus  der 
Zeit  Constantins   definirt^).     Eine  ganz  neue  Einrichtung  ist  der 

CTwSr   d^ßns^'*^  civitatis,  welchen  der  Kaiser  Valentinian  I  im  Jahre  364 


1)  Dies  ersieht  man  schon  aus  den  Titeln  oexaTTpojteyaa;  in  den  Inschr. 
von  Tralles  (Waddington  n.  610),  lotapa  (C.  I.  Gr.  n.  4415),  Thyatira  (C.  /.  Or. 
n.  3490.  3496.  3498),  Patara  (C.  1.  Gr.  n.  4289)  und  oexarptoteuxw;  (Inschr.  v. 
Philadelphia  C.  I.  Gr.  n.  3418).  Ob  sie  indessen  immer  jährlich  gewählt  wurden, 
wie  Waddington  zu  n.  1176  annimmt,  ist  zweifelhaft,  da  in  Thyatira  ein  oev.a- 
irptoTSucai;  ezt]  i  vorkommt  (C.  /.  Gr.  n.  3490). 

2)  Digest.  50,  4,  1  §  1 :  patrimonii  sunt  munera  rei  vehicularis ,  item  ruivi- 
cularis ,  decemprimatua ;  ab  istis  enim  periculo  ipsorum  exactiones  solennium  cele- 
brantur.  Ulpian.  Dig.  50 ,  4,  3  §10:  decaprotos  etiam  minores  annis  viginti 
quinque  fieri  —  pridem  placuit,  quia  patrimonii  magis  onus  videtur  esse.  50,  4, 
18  §  26 :  mixta  munera  sunt  decaprotiae  et  icosaprotiae,  ut  Herennius  Modestinus 
—  decrevit.  Nam  decaproti  et  icosaproti  tributa  exigentes  et  corporate  mini- 
sterium  gerunt ,  et  pro  muneribus  defunctorum  jßscalia  detrimenta  resarciunt. 
S.  Huschke  Ueber  den  Census  der  früheren  Kaiserzeit  S.  143.  Roth  p.  71.  Rü- 
diger p.  10.    Hegel  S.  41.  51.  95.  96.    Kuhn  1,  55. 

3)  Am  besten  handelt  über  sie  Waddington  zu  n.  628  und  n.  1175. 

4)  Cic.  ad  fam.   13,  56,  1. 

5)  S.  die  Inschr.  von  Cibyra,  Waddington  n.  1212:  Ko'ivTov  O'JTipaviov  — 
Tpsoße'jaavta  otopsdv  TSipaxi?  Trpo?  to'jc  SeßaoTOo;  eU  'Ptt){ArjV  xal  (xöYaXwv 
T.^i'f^a.xiMV  iTTtrjvovTa,  xal  dYÖtxTjaavTa  Sr^fxoaia;  üzo^soets  roXXd;  xat  pLeYdXai;. 

6)  Plin.  ep.  '10,  HO  (111). 

7)  So  heisst  es  in  einem  Rescript  des  Kaisers  Hadrian  an  die  Athener  C. 
I.  Gr.  n.  355  lin.  55 :  ddv  hk  dxxaXsarjxai  xi;  rj  l|X£  t^  töv  dvftuTraxov ,  ysipoxo- 
veixto  auvSixou;  6  ofjfxo;,  und  bei  Philostr.  v.  Soph.  1,  25,  8:  T^piCev  -fj  "2[J.6pva 
br.ep  xtüv  vawv  xal  xtbv  dr'  auxci?  5r/,ai<ov,  a6voixov  -rerotTQfxevTT]  xov  noXI(jLa)va. 

8)  Arcadius  Charisius  Dig.  50,  4,  18  §  13:  defensores  quoque ,  quos  Graeci 
syndicos  appellant,  et  qui  ad  certam  causam  agendam  vel  defendendam  eliguntur, 
laborem  personalis  muneris  adgrediuntur. 


—     523     — 

einsetzte,  um  der  niederen  städtischen  Bevölkerung  (plebs  ur- 
bana)  ^egen  die  Bedrückungen  der  Vornehmen  und  Mächtigen 
[potentiores]  den  Schutz  zu  gewähren,  welchen  derselben  die 
Statthalter  versagten  i) ;  aber  auch  seine  Wirksamkeit  wurde  bald 
darauf  dahin  geändert,  dass  er  eine  eigene  städtische  Gerichtsbar- 
keit erhielt;  und  in  diesem  Sinne  erneuerte  sein  Amt  im  Jahre 
538  der  Kaiser  lustinian  durch  eine  Verfügung,  in  welcher  die- 
sem Defensor  der  Titel  exBtxo?,  nicht  ouvoixoc  beigelegt  wird  2). 

Es  war  einer  der  Zw^ecke  dieses  Buches,  die  Bedeutung  der 
römischen  Stadtgemeinden  für  die  ganze  römische  Staatsverwal- 
tung zur  Anschauung  zu  bringen.  Dieser  Zweck  hat  sich  nicht 
für  alle  Perioden  in  gleicher  Weise  erreichen  lassen.  Wenn  na- 
mentlich ,  wie  wir  gesehen,  der  Uebergang  der  sehr  verschiede- 
nen Stadtverfassungen  in  die  conforme  Decurionatsordnung  sich 
unserer  Kenntniss  fast  ganz  entzieht,  so  ist  dies  nur  eine  der 
dunkelen  Seiten  der  Geschichte  des  dritten  Jahrhunderts,  welches 
in  allen  Fragen  der  inneren  Entwickelung  des  Reiches  bis  jetzt 
der  Forschung  unüberwindliche  Schwierigkeiten  darbietet.  Hoffen 
wir,  dass  es  dem  diesen  Untersuchungen  gegenwärtig  lebhaft 
zugewendeten  Eifer  gelingen  möge,  in  neuen  Quellen  neue  An- 
haltspuncte  für  das  Verständniss  auch  dieser  Periode  zu  gewinnen. 

1)  Bethmann -Hollweg  Rom.  Civllprocess  3  S.  107.  Walter  Gesch.  d.  Rom. 
Rechts  S  394. 

2)  lustinian.   Novell,  lö:  rsoi  twv  dxoixaiv. 


Dntk  voB  Br«Ukopf  und  li&ru>i  in  Lcipsig. 


Berichtigungen  und  Zusätze. 


S.  43  ist  Anm.  1  durch  ein  Missverständniss  aus  der  ersten  Ausgabe  in  die 
neue  übergegangen.  Sie  ist  ganz  zu  streichen  und  statt  dessen  zu  schreiben: 
S.  unten  S.  493. 

S.  78  ist  hinzuzufügen  die  athenische  Inschr.  C.  /.  L.  III  p.  985  n.  6103, 
in  welcher  zum  erstenmal  der  lateinische  Titel  correetor  provinciae  Aehaiae  vor- 
kommt. 

S.  80  Anm.  Zeile  4  lies:    T.  Fl.  Postumius  Titianus. 

S.  106  Anm.  1,  letze  Z.  lies:  während  Detlefs en  statt:  wozu  Det- 
lefsen. 

S.  185  Zeile  6  lies:    «YOpa?  oawv. 

S.  189  Zeile  2.  Statt  Apollonis  lies  Apollonidea.  Auch  bei  Cic.  pr.  Flacco 
21.  51  ist  statt  Apollonidem ,  welches  Halm  beibehalten  hat,  zu  lesen:  Apolli- 
deam.    Vgl.  Orelli  n.  687  =  Mommsen  I.  N.  2486. 


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Marqixardt,  Karl  Joachim 

Handbuch  der  römischen 
Alterthümer 


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