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HANDBUCH
DER
RÖMISCHEN ALTERTHÜMER
VON
JOACHIM MARQUARDT UND THEODOR MOMMSEN.
VIERTER BAND.
RÖMISCHE STAATSVERWALTUNG VON J. MARQUARDT. I.
LEIPZIG
VERLAG VON S. HIRZEL.
1873.
RÖMISCHE
STAATSVERWALTUNG
VON
JOACHIM MARQUARDT.
ERSTER BAND.
LEIPZIG
VERLAO VON 8. HlUZKL.
1873.
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Das Recht der Uebersetzung ist vorbehalten.
SEINEM VEREHRTEN FREUNDE
HERRN
GEH. JÜSTIZEATH W MAßTENS
IN D ANZIG
ZUGEEIGNET.
Das Buch, welches ich den Freunden des römischen Alter-
thunis tibergebe, enthält eine fast in allen Theilen neue Bear-
beitung des Stoffes, welchen der im Jahre 1851 erschienene
dritte Band des von mir fortgesetzten Beekerschen Handbuches
in seiner ersten Abtheilung behandelte. Diesen Stoff zu ver-
einigen und zu einigem Verständniss zu bringen war vor zwan-
zig Jahren ein gewagter Versuch, ftir welchen weder Quellen
noch Vorarbeiten ausreichten. Wenn derselbe gegenwärtig mit
mehr Zuversicht erneuert werden kann, so ist das zunächst das
Verdienst der vielseitigen und erfolgreichen Betheiligung , welche
den hier in Betracht kommenden Fragen in den letzten Decen-
nien zugewendet worden ist. Insbesondere war es ftir mich
eine erfreuliche Aufgabe, den reichen Zuwachs an Quellen-
material und daraus gewonnenen neuen Aufschltissen , welcher
der unermüdlichen und glticklichen Thätigkeit Mommsens ver-
dankt wird, sowie die meisterhaften Arbeiten Waddington's,
deren Benutzung in Deutschland bisher nur einem kleinen
Kreise vergönnt war, ftir meine Zwecke zu verwerthen. So
mit andern Mitteln ausgerüstet und, wie ich hoffe, durch längere
15eschäftigung mit dem Gegenstande in meinem eigenen Urtheil
sicherer geworden, bin ich })emtiht gewesen, meine frühere
Darstellung einer völlig objectiven Kritik zu unterziehen; was
sich trotz manchem Widerspruche schliesslich bewährt hat, bei-
VIII
zubehalten, was sich als falsch herausgestellt hat, ohne Wei-
teres zu verbessern. Es liegt in der Natur eines Handbuches,
dass jeder Fortschritt der Disciplin, welche es zum Gegen-
stande hat, Berichtigungen und Erweiterungen nothwendig
macht, und auch die vorliegende Arbeit dürfte ihrem Zwecke
entsprechen, wenn sie, über den gegenwärtigen Stand der
Untersuchung orientirend und noch ungelöste Fragen bezeich-
nend, zu weiteren Forschungen Veranlassung wird.
Gotha, im November 1873.
INHALT.
I. Organisation des römischen Reichs.
Die städtischen Gemeinden S. 3—18.
Entwickelung des Städtewesens Seite 3. Payi, nicht selbständige Gemein-
den 4. Pa<ji in Rom, in Italien 5. Aufhören der Gauverfassung. Die Städte 6,
Vici 7. Castella. Praefecturae als Dorfgemeinden 9, Fora und conciliahula 10.
Pagi der Stadtgemeinden 12.
Die Stadtgemeinde als Organ der Verwaltung in Italien , in Gallia Cisal-
pina 13, In den Provinzen 14. Stadtterritorium. Attribuirte Ortschaften 15.
Neue Städteanlagen von der Regierung gefördert 17.
A. Italia S. 19—89.
Grenzen Italiens 19. Geschichtliche Entwickelung:
Erste Periode. Italien vor der lex Itllia. Erweiterung der Stadt-
gemeinde Roms 22. Latinerbund. Bündniss des Spurius Cassius 23. Isopoli-
tie 24. Stimmrecht der Latiner in Rom 25. Autlösung des Latinerbundes. Ver-
hältniss Italiens nach der Auflösung 26.
1. Municipia 26. Ursprünglicher Begriff 28. Zwei Arten von Munici-
pien 29. Späterer Begriff des municipium 34.
» 2. Römische Colon ien 35. Verzeichniss derselben 39. Folgen der
Ausdehnung der römischen Gemeinde. Veränderte Zusantmensctzung der Tribns.
Italia tributim descripta 40. Die Ausdehnung der Bürgerschaft beeinträchtigt
die Ausüburjg des Stimmrechtes. Prae fecturae 4^ Die praefecti werden er-
nannt 41. Aufhören der praefecturae 43.
3. Civilatea foederatae 44. Freundschaftsverträge. HofpUium puhli-
rum 44. Fnedun. Bundesstaaten mit vollständiger Souveränität. Exilrecht. Bun-
desstaaten mit beschränkter Selbständigkeit 45. Ucberslcht der Bundesstaaten.
Latinisrhe Colon Ien, vom Lntineibutido gegrHndet 47; von Korn gegrün-
det. Verzoichnifis 48. Die coloniae inaritimae bleiben römisch 50; die Colo-
nien im Binnonlarclc sind latinisch. Zahl der ('olünis((!M 51. Rcch(o der La-
Uni roloniurii 1)2. Besdiränkuiigen derselben. Jüngeres Recht der 12 Coloiiien 53.
Heschräiikuiig des Münzreohts, des connuhium 54, der Freizügigkeit und der Er-
werbung des römischen Bürgerrechts 55. Latium maiua und minus 57.
Zweite Periode. Italien nach dem Bundesgenossenkrie^e. Erwei-
ternng: Italiens durch Hin/u/ichung von Gallia (Jisalpina 57. Un-
zufriodeiihcit der Italiker. liundesgenossenkrieg. IjCx lulia 58. Lex PlauÜa
Papiria 59. Das cJsalpinisclie Gallien. Das cispadanisclie erhält das Bürger-
recht, das transpadanische das Kecht der jüngeren latinischen Colonien, dann
das Bürgerrecht, lu» Lata dor Provinzen 60. Folgen der Ertheilung des Bür-
gerrechts an ganz Italien. Die Munlciplen als selbständige Staaten constituirt
und in ein neues Verhältniss zur Regierung gesetzt 62. Leyes municipales 63.
Lex Ilubria. Lex lulia municipalis 65.
Dritte Periode. Italien unter den Kaisern 67. Italien im Uebergang
zur rrovincialvcrt'assung 67. Eintheilung desselben in 11 Regionen. Verzeich-
niss derselben 68. Mängel der städtischen A'^erwaltungeii 71. Italien unter
Consulare gestellt 72. Italien unter den iuridici 73. Zahl derselben 74. Be-
schränkung der Municipalgerichtsbarkeit durch dieselben 76. Ausserordentliche
Verwaltungsbehörden, corrcctores 77. Ständige correctores 78. Eintheilung Ita-
liens in Provinzen. Aufhören der Steuerfreiheit. Regio annonaria und urbica-
ria 80. Diocletianische Reichseiutheilung. Praefectura Italiae 81. Provinzen
des Vicarius Italiae 83 , des Vicarius Urbis 85.
B. Die römisclien Provinzen S. 90—425.
1, statistische Uehersicht.
I. Sicilia. Einrichtung der Provinz 91. Verwaltung 92. Gemeinden 93.
II. Sardinia mit Corsica 95.
III — V. Die spanischen Provinzen. Einrichtung 99. Hispania citerior und
uUerior. Spanien in drei Provinzen getheilt 101: 1. Tarraconensis 102;
2. Baetica 105; 3. Lusitania 106. Romanisirung Spaniens 106. Land-
tage der drei Provinzen 107. Eintheilung Spaniens nach Diocletiau 109.
VI — XIV. Die gallischen Provinzen. Einrichtung der provincia Narbonen-
sis HO. Seit Cäsar vier gallische Provinzen 112. Provinzen der Kaiserzeit:
1. Narbonensis 113; 2. Aquitania 114; 3. Lugdunensis; 4. Bel-
giea 115. Verwaltung 116. Gauverfassung. Entstehung der grösseren Städte
117. Landtag in Lngdunum 118. 5. und 6. Germania superior und in-
ferior 120. Romanisirung der gallischen Provinzen 125. 7. Alpes mariti-
mae; 8. Alpes Cottiae 127; 9. Alpes Poeninae 128. Eintheilung Gal-
liens im vierten Jahrhundert 129. -
XV. Britannia. Einrichtung der Provinz. Verwaltung 130. ^
XVI. Kaetia. Procuratorische Provinz 133, erhält einen Legaten 135. Wird
zu Italien gezogen 135.
XVII. Noricum 135. ^ßeyn«??! A^oricwm unter einem Procurator ; erhält einen
Legaten 136.
XVIII. XIX. Pannonia 137. Eroberung des Landes. Theilung in P. in-
ferior und superior 138. Städteanlagen 139. Weitere Theilung 140.
XX. lUyricum, später Dalmatia 141. Ethnographischer Begriff von JUyri-
cum. Erste Eroberungen 142. Beginn der Provinz 143. Verwaltung. Der
Name Dalmatia 144. Gemeinden 146,
XI —
XXI, XXII. Moesia 146. Erste Eroberungen. Einrichtung der Provinz 147.
Theilung derselben 148. Städteanlagen 149. Politischer Einfluss der Römer
auf die Nordküste des schwarzen Meeres 150.
XXIII. Dacia. Einrichtung der Provinz 152. Theilung derselben in zwei,
dann in drei Provinzen 153. Städteanlagen 154. Aufgabe der Provinz 155.
XXIV. Tliracia, procuratorische Provinz 156. Prätorische Provinz. Städte
158, Theilung der Provinz 159,
XXV. Macedonia. Vorläufige Organisation 160, Provinz. Grenzen 161.
Verwaltung 162. Colonieanlagen. Theilung der Provinz 163.
XXVI. XXVII. Achaia mit Epirus 164. Politik der Römer in Griechen-
land 165. Unterwerfung Griechenlands 167. Regulirung der städtischen Terri-
torien 169. Neue Stadtverfassungen 169. Freie Staaten 171, Achaia mit Ma-
cedonien vereinigt 171. Acliaia selbständige Provinz. Thessalien. Epirus 173.
Verwaltung 174. Colonien. Zustand der Provinz 175.
XXVIII. Asia 176. Aera der Provinz. Grenzen 177. Statthalter 178.
Sullanische Constitution; Eintheilung in 44 Districte 180. Conventus iuridici
182. Metropolen 185. Landtag 187. Freie Städte 188. Colonien 189. Dio-
detianische Theilung. Insularum provincia 190.
XXIX. Bithynia und Pontus 191. Verwaltung 193. Plinius in Bithynien
194. Doppelter Landtag 197. Stadtgebiete 198. Freie Städte. Colonien. Thei-
lung im 4. Jahrhundert 199.
XXX. Galatia mit dem Pontus Polemoniacus 200. Bestandtheile der Pro-
vinz: 1. Galatia; 2. Pisidia; 3. Phrygia; 4. Lycaonia; 5. Isauria; 6. Paphla-
gonia; 7. Pontus Galaticus; 8. Pontus Polemoniacus; 9. Armenia minor 200.
Verwaltung 203. Städte 206. Spätere Theilung 207,
XXXI. Cappadocia. Umfang 207. Eintheilung in Strategien 208. Pro-
curatorische, später consularische Provinz 209. Grenzen seit Traian. Armenia
minor 211. Politische Bedeutung der Provinz 211. Neue Städteanlagen 214.
Spätere Theilung 216.
XXXII. Lycia et Pamphylia 216. Lycische Bundesverfassung 2J8. Pam-
phylischer Landtag 221.
XXXIII. Cilicia 221. Organisation des Jahres 64 v, Chr. 225. Gerichts-
.>prengel. Casars Constitution 225. Augustus ändert den Umfang der Provinz
226. Dynastie von Elaiussa 226. Dynastie von Olbe 227. Dyna-
stie des Tarcondimotus 228. Cilicien zu Syrien geschlagen 228. Cilicien
besondere Provinz 229. Freie Städte 230.
XXXIV. CypruB. Senatsprovinz 232. Städte 233.
XXXV. Byria 234. Bevölkerung 235. Stadtgebiete 236. Freilieit der
Städte 238. Dynastien innerhalb der Provinz: 1. Commagcne 240. 2. Chal-
cis 242. 3. Abilenc 243. 4. Arethusa und Emesa 245. 5. Damas-
cus 2A{'k 6. ludaea 247. Herodcs d. Gr. 249. Herodes Söhne 251. Ilero-
des Agrippa 252. Procuratorcn von ludaea 253. Palmyra 254.
Verwaltung der Provinz 257. ludaea b((S(»ndero Provinz seit 70 n. (!lir. 261.
Theilung von Syrien in Syria Coole und Syria Phoenice 264. Weitere Theilung
in 7 Provinzen 2(')6. Stadtgemeinden 270. Colonien 271. Sacrale Verhält-
nisse 273.
XXXVI. Arabia. Aera der Provinz 274. TheUunti d.r l'roNinz 276.
\ XXVII. Araenia 277.
W XVIII. XX MX Meiopotamia. Asiyria 278.
XII
XI.. Aegyptus. Veivraltung unter einem Vicekönig 282. Praefectus Ae-
yypti 285. Centralisation der Verwaltung. Epistrategien. Nomen. Toparc' en.
Komon 288. Exirairte Stallte 293. luridicus ALexandriae 294. Bevölkerung von
Alexandria 296. Aegypten zur Diücese des Orients gezogen 298.
XLI. Greta und Cyrenaica. Frühere Geschichte. Pentapolis 298. Cyrene
wird Provinz 301. Creta und Cyrene combinirt 302. Die Stadtgemeinde von
Cyrene. Verfall der Stadt 304.
XLII. XLIII. Africa und Numidia. Entstehung der Provinz. Numidien
mit derselben vereinigt 306. Africa unter einem Proconsul, der eine Legion com-
mandirt 307. Dies Commando geht an einen kaiserlichen Legaten über 308.
Numidien selbständige Provinz 310. Weitere Theilung durch Dioclctian 311.
Beveohner der Provinz : Berbern, Phönicier. Romanisirung 313. CivUates
Liberae. Ansiedelungen der Römer 315. Städtegründungen 318. Numidien
colonisirt 319.
XLIV. XLV. Mauretaniae, Tingitana und Caesariensis. Aera der Pro-
vinz 323. Procuratorische Verwaltung. Mauretania Sitifensis. Colonie-
anlagen 327.
Uebersicht: I. Römische Provinzen im J. 117 n. Chr. 330. IL Chro-
nologische Uebersicht 334. III. Eintheilung der Provinzen nach der Verwaltung
Im ersten und am Anfange des zweiten Jahrhunderts 335. IV. Verwaltung des
Römischen Reiches um 400 n. Chr. 336.
2. Verwaltung der Proyiiizen.
A. Einrichtung der Provinz.
Begriff der Provinz 338. Verfahren bei der Einrichtung. Stadtbezirke 341.
Städte verschiedenen Rechtes 343.
Freie Städte 344: 1. CivUates foederatae 347. 2. CivUates sine foedere
immunes et liberae 349. Begriff der Autonomie 351.
Unterthänige Städte 353. Verfall der freien Städte 358.
Städte römischer Verfassung 359. Rechtliche Stellung der römi-
schen Städte in den Provinzen 360. Colonien und Municipien 361. Coloniae
liberae 362 ; immunes, iuris Italici 363.
Die Provinciallandtage 365. Vorrömische Landtage. Neueingerich-
tete Landtage 366. Cult des Kaisers; sacerdoi provinciae 367. Sacerdotales .
Landtagsabgeordnete 369. Competenz des Landtags 370. Alle Provinzen haben
Landtage 372. Bedeutung der Titel 'Aoiapy/]?, Bt^uviapyT]? u. s. w. 374.
B. Der Statthalter und seine Beamten.
Beamtenpersonal der republicanischen Zeit 377. Prätoren, Pro-
prätoren, regelmässig seit Sulla, ausserordentlich schon seit 632=122; Pro-
consuln 378. Proconsularische und proprätorische Provinzen 380. Zeit des An-
tritts. Lex Pompeia 382. Amtsdauer. Lex Cornelia 383. Lex lulia de pro-
vinciis. Ornatio provinciae 385. Unterbeamte: legati pro praetore 386.
Quaestores. Pro quaestare 388. Quaestor pro praetore. Quaestor vice procon-
sulis 390. Comites. Cohors praetoria 391. Apparitores. Persönliche Bedie-
nung 394.
Auszug des Statthalters. Reise. Antritt 394. Amtsgewalt 396. Zustand
der Provinzen während der Republik 397.
Die Kaiserzeit 402. Einrichtungen des Augustus 403. Senatspro-
vinzen 404, Amtsantritt 405. Proconsuln verschiedenen Ranges 407.
XIII
. Kaiserliche Provinzen: legati Augusti pro praetore. Consulares 408.
Q' Inquefascales. Vier Arten von legati 410. luridici provinciarum 411. Pro-
curatores. Praefecü 412. Procurator vice praesidis. Procurator et praeses 415.
Gehalt der Provincialbeamten 416.
Posteinrichtung 417. Grenzpolizei 420. Ausgleichung der nationalen Dif-
ferenzen 422.
Verfassung der Städte des römischen Eeiches S. 426 — 523.
Das römische Colonial- nnd Mnuicipalweseu iii seiner
Entwickelnng.
Die Colonien. Bürgercolonien 427, Militärcolonien 429. Colonien und
Aeckerassignationen der älteren Republik. Entstehung der Domaine 430. Pos-
sessio 431. Unterschied der viritanischen Assignation und der Colonieausfüh-
rung 434. Fortdauer der possessiones 436. Entstehung der latifundia 437. Co-
lonien und Assignationen seit den Gracchen 438. Lex Sempronia agraria 439.
Lex Livia 440. Lex agraria von 633=121. Lex Thoria. Lex agraria von
631=111 441. Lex Appuleia 442. Lex Titia , leges lAviae 443. Colonien
des Sulla 444. Lex Plotia , lex Servilia 445. Lex Flavia 446. Leges luliae
447. Colonien Cäsars 448, der Triumvirn, des Augustus 449. Regelmässige
Versorgung der Veteranen in der Kaiserzeit 453. Doppelte Art der Ansiede-
lung 455. Ritus der Colonieanlage 457. Vermessung 458. Veränderung des
Begriffs der Municipien.
Die Mnnicipalyerfassnngr«
Quellen. Die Gesetze von Salpensa und Malaca 464.
1. Die Gemeinde und die Yolksyersammlnng.
Cives und incolae 465. Eintheilung der Bürgerschaft in Curien 467. Cu-
riatcomitien 468. Vorsitz. Wahl der Beamten 472. Stimmrecht der incolae
473. lebergang der Wahlen an den Senat 474. '
2. Die Behörden.
Dictatoren und Prätoren 475. Consuln 477. Aedilen 478. Spätere Muni-
cipalordnung : duoviri und quatuorviri 478. Octoviri 480. Competenz: 1. Die
duoviri und quatuorviri 481. 2. Die quinquennales 482. Entstehung der Mu-
nn ipalcensur 484. üebcrtragung derselben auf die IJviri oder Illlviri quin-
quennales 485. Der curator reipublicae 487. 3> Die Aedilen. 4. Die Quästo-
ren 491. 5. Die pracfecii iure dicundo 492.
Khrenreclite der Magistrate. Praetexta ; fascea 495; seUa vurulis. Die
apparitores 49(5.
QualiflcatioM der Beamten 497. Cautionsstellung. Senatorischer Censns 498.
Antrittsgeld 499.
8. Der Senat.
Zahl der Decurionen. Lectio semitua 502. Ergänzung des Senats durch
die gewesenen Beamten und aus der senatorlsrhen ('ensusclasse 504. Kangver-
hiiltniss der Senatoren: 1. patroni 505; 2. quinqurnnal irii f 3. duumiüralicii ;
■\. »irdilicü; 5. qwieiiiorii; 6. alltcli 507; 7. pedani ; 8. praetextiUi 508.
Ornamenta derurionalia 509.
Competenz des Senates 509. Senat8verhan«llungen. Verfall dor Cnricn 510.
xrv
4. Die Augnstnlcii.
Ursprung derselben 513. Seviri Augustales 514. Organisation des Colle-
giums der Angnstalen 515. Verfall desselben 516.
Verfassung der nichtrömischen Städte.
Unrömische Stadtverfassungen in Africa, Spanien, Gallien und den griechi-
schen Provinzen 516. 1. Aenderungen derselben bei der Einrichtung der Pro-
vinz 517. Einführung des Census. Die Behörden.^ Üer liath. Das Census-
anit 518. 2. Umwandlung unrörnischer Gemeinden in römische 520. 3. Neue
Stadtbehürden : Der Logist ; der P]irenarch ; die BexöiTrpajTOt, der ^x^jtxo;, a6v-
01X.0C, defensor 521.
ROMISCHE STAATSVERWALTUNG
I
ORGANISATION DES RÖMISCHEN REICHS
Ifoin. Alt»rtb. IV
Die städtischen Gemeinden.
Di
'ie Verwaltung des römischen Reiches war in der Periode, ^]un^'^^^'
auf welche sich die folgende Darstelluns zunächst beziehen wird, stadte-
ö o > Wesens.
d. h. am Ende der Republik und in den ersten Jahrhunderten
der Kaiserzeit basirt auf die städtischen Gemeinden. Sowohl
Italien bestand damals aus einem Complex von Stadtbezirken,
deren jeder in Rezug auf die Verwaltung eine Einheit ausmachte i),
als auch die Provinzen zerfielen grossentheils in eine bestimmte,
bei der Organisation derselben genau festgestellte Anzahl von
selbständigen Communen [civüates] , so dass der ganze Roden
Italiens und wenigstens ein grosser Theil des Provinciallandes in
den Gebieten dieser Städte enthalten war. Indessen ist dies Sy-
stem weder in Italien ursprünglich vorhanden gewesen , noch in
den Provinzen unmittelbar bei der Einrichtung gleichmässig durch-
geführt worden ; es war vielmehr nur durchführl)ar in dem Grade,
als das Slildtewesen selbst sich entwickelte , und es wird daher
nöthig sein über diese Entwickelung einige einleitende Remer-
kungen vorauszuschicken 2) .
Die italischen Völkerschaften wohnten in ältester Zeit nicht ragt.
in Städten, sondern in Geschlechtergenieinschaften odcu' Gauen
(/)«<//) 3) j in welchen Hütten und Höfe {vici] oixoi) zerstreut lagen,
ft
1) 8. V. Savigny System des heutigen römischen Rechts 2, 248 ff. und die
dort angeführten »Stellen.
2) Kin reiches Material findet man hloröber in K. Kuhn Die städtische
u/id biirgtTli<-lii! Verla-isiinK des Köm. Iti'ichs, f.cipzig ISOl. 05. 2 Hde. H.
13) Lieber pthji uti<l viri s. Ma/ochi Cnmnientiirinrttm in liftjii Hcrculdnenmia
muHci aenenn InhuldH HemrleenueH I*. I. II. Ncaiioli 17r)4. ITör). fol. p. 31)7 ff.
Hiniard in Miiratori thtsaurun I p. IM sqq. Avj'Jliiio Opiuroli, Napoli 1M2C — 37.
M. Vol. III p. f) ff. Ileiizen Tabula alimenlafia Jiaeblanorum , Kumao 1845. 8
— 4 —
aber für den Kriegsfall eine Burg {aron, caUellum) vorhanden war,
welche den Gaugenossen zur ZufluchtsUHlo diente und die Hei-
liglhümer des Gaues schützte^). Da die Burg ebenfalls pagus
heisst^) , so darf man diese Benennung, welche die Alten von
TTTj^T] ableiten und als Brunnengenossenschaft erklären ■'*), die Neue-
ren auf den Verbalstamin tttJy'^^I^^) Pf^<70r imngo zurückführen und
auf einen Landgemeindeverband deuten, zu welchem die Gauge-
nossen sich rechtlich vereinigten "*), vielleicht auf den festen um-
friedigten Platz beziehn, um welchen der Gau lag, und an welchem
durch Zuzug allmählich eine Ortschaft entstand. Jedenfalls wird
unter pagus auch später beides verstanden, ein Landbezirk ^) und
Nicht selb- eine Ortschaft, welche den Mittelpunct desselben bildet. Indessen
ständige ' '■
Gomeindon. \y^\^ j^ian dcu italischeu Gau selbst der ältesten Zeit nicht als eine
selbständig organisirte Commune, sondern als ein unselbständi-
ges Glied einer grösseren Gemeinde {civitas, popiilus) zu denken^»),
welche zu Märkten, Gerichtstagen, Berathungen und Opferhand-
lungen zusammentrat. Denn die Malstätten dieser grossen Ge-
meinde {foi^a oder conciUahula) ^ in welchen sich der Verkehr der
sämmtlichen zu derselben gehörigen Gaue concentrirte"), führten
schliesslich zu der Entstehung von Städten , in deren Territorien
nunmehr die pagi entweder ganz verschwanden oder nur noch
p. 75 sqq. Kudorff Rom. Feldmesser 2, 236. M. Voigt Drei epigraphische Con-
stitutionen Constantins des Gr., Leipzig 1860. 8. A. Jacobs Geographie de Gre-
goire de Tours, Paris 1861. 8 p. 43 ff.
1) Mommsen Rom. Gesch. 1, 37.
2) Dionys. 4, 15: SieXwv S* ouv 6 TuXXio? e?; 6Troaa(;S-fjTroTe (xoipac r^v
Y^jv xaxa toCx; 6petvo'j; vcat ttoXu t6 d^cpaXe? xoTi; ■^ewp'^oii Tiapeyetv ouvtjoo(jl^vou;
öyßo'jii %pT]0cp6YeTa -/.axeoxeuaoev, 'EXXTQvtxot; 6v6(j.aofv ayxa xaXtöv TrotYoog, evr^a
o'jv£cpuYOV i'/. Töiv cxYpwv aTravxe?, 67:6x£ y-'^o''^ TroXejjiiujv ecpooo?. Eine Analogie
dieser Urzustände findet sich später in Numidien , wo Alexander Severus einem
numidischen Stamme die Mauern seines pagus (muros paganicenses) ausbessern
Hess. Renier Comptes rendus 1865 p. 367.
3) Festi epit. p. 221 M. : pagi dicti a fontihus, quod eadem aqua uterentur.
Servius ad Verg. Oe. 2, 381 : pagi dr.b xöiv 'JTTJYwv appellantur — — unde et
pagani dicti sunt quasi ex uno fönte potantes.
4) Rudorff Feldmesser 2, 239.
5) In demselben Sinne, wie pagus, wird regio gebraucht. Siculus Flaccus in
Qromatici ed. Lachm. p. 165, 8. Acron ad Hör. Od. 2, 13, 4. Zu der Stadt Nola
gehören ausser drei pagi auch zwei regiones, welche, da sie Beschlüsse fassen,
nur Dorfgemeinden, pagi, sein können. Mommsen /. N. 1989. 1990. Griechisch
wird pagus mit o-^ao; übersetzt, Festus epil. p. 72, in den Glossarien auch mitr
xo~apyta, vo[a6;.
6) Diese Ansicht Mommsens R. G. 1, 37. C. 1. L. I n. 801 scheint auch
mir für die italischen Gaue die richtige. Anders urtheilen Voigt a. a. 0. und
Detlefsen Bull. 1861 p. 54.
7) Kuhn 2, 8. Niebuhr R. G. 2, 27 ff.
als geoizraphische Bezirke und untergeordnete Dorfgemeinden fort-
bestanden , ein Vorgang, der in den späteren Verhältnissen der
Stadt Rom wie ganz Italiens noch deutlich erkennbar ist.
Was zuerst Rom betrifft, so zerfielen dessen älteste Bewohner p«(7« in Rnn,
in monfani und pagaui. Moiitani heissen die, welche in der älte-
sten Stadt, dem Scptimonlium , pafjani die, welche in den zur
Stadt gehörigen Fluren ansässig waren i) . Aus beiden machte
Servius die vier städtischen Tribus^) ; nichtsdestoweniger bestan-
den noch zu Giccros Zeit montani und pagani als religiöse Golle-
gien 3) , und von den pagi der Stadt haben sich bis zum Jahre
747=7, in welchem Augustus die neue Eintheilung der Stadt in
regiones und v/c« vornahm *), wenigstens zwei, der pugus Janico-
lensis-') und der pagns Aventinensis erhalten ^^j. Ebenso sind die
ländlichen Tribus unzweifelhaft aus pagi entstanden, deren Name
zum Theil auf sie überging ; denn die Iribus Lemonia ist benannt
von dem pagus Lemonius'^)^ die tribus Claudia von dem pagus
Claudius^) und die Geschlechternamen der tribus Aemilia^ Cornelia^
Fabia^ fJoratia, Menenia, Pupiria, Sergia, Veluria weisen gleich-
falls auf gentilicische pagi desselben Namens hin.
Viel länger dauerten die Gaue in Italien und dem cisalpini- in Italien.
sehen Gallien , aber auch hier waren sie schon in der Zeit der
Republik eine Antiquität geworden und hatten aufgehört ein or-
ganisches Glied des Staats zu sein. In einigen Gegenden war ihre
Begrenzung zweifelhaft geworden ; denn es gab für dieselbe keine
andre Beurkundung, als den nach alter Sitte jährlich stattfinden-
den Umzug bei der Imtralio pugi-*) ; anderswo waren sie durch
1) Festus p. 340, 15. Varro de L. L. 5, 41 ; 6, 24. Mommsen Die Rom.
Tribu» S. 15—20. 211—215. Mommsen R. G. 1, 109. C. I. L. I n. 801.
2) Die tribus Suburana oder Succusana hat ihren Namen von dem pagua
Succtisunus. Festus p. 309, 5. Varro de L. L. 5, 48.
3j Cic. ff. domo 28, 74 : nullurn est in hac urbe coUeyium, nuUi pagani aut
montani (qv/miam plebei quoifue urbanae maiores nostri conventicula et quasi con-
ciLia quaedam esse voluerunt), qui non amplissime non modo de salute mea, sed
etiam de dignitate decreverint. Cic. de pet. cons. 8, 30: deinde habeto rationem
urbis totius, coUegiorum omnium, payorum, vicinitatum.
' 4) Die Casß. 55, 8. Suet. Aug. 30. Preller Die Kegionen der »Stadt Korn
S. H3.
5j C. /. L. I n. 801. Dctlefsen liulL. 1801 p. 48 fr.
6) Henzen n. 6010.
7) Festus epit. p. 115, 10.
8) DIonys. 5, 40. Liv. 2, 16. Mommsen K. Trib. S. 6.
9) Sirnlns FlarniH p. 164: sed et pagi saepe «ignifiranter finiuntur. Pr qui-
bus non pulo quaestionem futuram , i/uortm» terfitorioruin ipsi pagi sitU , sed qua-
— G —
wiederholte Städteanlagen zerrissen, so dass z, B. der parjus Ro-
manus und Mcflanus theiis zu Benevent, theils zu der Colonie
der Ugures Baebiani, der pagiis Mincrvius theils zu Luca, theils
zu Placentia, der pagus Salvius theils zu Veleia, theils zu Parma,
der pagus Salularis. Vakrius, Venetius theils zu Veleiii, theiis zu
Plaeenlia gehörte ^) , und in den beiden Gesetzen , durch welche
Cäsar die municipalen Verhältnisse Italiens und des cisalpinischen
(ialliens ordnete, der lex Rubria de civitate Galliae cisalpinae vouj
Aufhören L^hr 49 V. Chr. uud der lex Julia mwiicipalis von 45 v. Chr.,
der Gauver- ' '
fassung. geschieht der pagi überhaupt keine Erwähnung mehr. Nach diesen
Gesetzen gab es vielmehr in Italien nur sieben Arten von Ort-
schaften, rnwucipiuj coloniae^ praefeclurae^ fora^ conciliabiila^ vici,
castella^)^ welche sich auf drei C lassen reduciren lassen.
Die Städte. Die muiücipia , coloniae und praefecturae , mit gemeinsamem
Namen oppkla genannt, sind städtische Communen mit eigener
Verwaltung und Gerichtsbarkeit'^). Zu ihnen gehört ein Landbe-
bezirk [territorium^)^ regio-')), welcher bei Colonien durch Grenz-
monumente bezeichnet und durch officielle Documente, namentlich
einen Grundriss [aes, forma) ^) beurkundet war, bei den andern
Stadigemeinden aber entweder von Allers her feststand oder,
wenn sich Zweifel darüber erhoben , durch eine Commission des
Senats regulirt wurde ^).
tenus territoria. Quod tarnen intellegi potest vel ex hoc , magistri pagorum quod
pagos lustrare soliti sunt, uti trahamus, quatenus lustrarent.
1) Henzen Tab. alim. Baeb. p. 76.
2) Lex Rubria {C. I. L. I n. 205) II liii. 3. 26. 53. 56. 58. Lex Julia
municipalis (C. /. L. n. 206) lin. 83. 108. 124. 126. 128.
3) Siculus Flacciis p. 163: inter civitates, id est inter municipia et colonius
et praefecturas.
4) Groinat. ed. Laclim. p. 19, 20; 114, 30; 164, 26. Digest. 50, 16, 239
§ 8: territorium est nniversitas ogrorum intra ßnes cuiusque civitatis.
5) Siculus Flaccus p. 135, 4: regiones autem dicimus , intra quorum fines
singularum coloniarum aut municipiorum magistratibiis las dicendi coercendique est
libera potestas. Rudorff Feldmesser S. 235. 251. So liegen in der regio von Fi-
culea (nahe bei Rom) drei pagi (Orelli 111) und die regio Ariminensium erwähnt
die Inschr. Henzen 6519.
6) Mommsen und Rudorff Feldmesser S. 152. 405 ff.
7) Diese Grenzregulirungen fanden nicht allein bei der ersten Constitnirung
römischer Erwerbungen, sondern in jedem Falle des Bedürfnisses während der
Republik wie während der Kaiserzeit, in Italien wie in den Provinzen statt. So
wurde 619=135 die Grenze zwischen Ateste und Vicetia (Orelli 3110. C. J. L.
V, 2490), vielleicht um dieselbe Zeit die Grenze zwischen Ateste und Patavium
(a /. L. V, 2191), im J. 637=117 das Gebiet von Genua ex SCto regulirt.
Andre Fälle findet man gesammelt bei Borghesi Oeuvres 7, 200. Henzen Bull,
1856 p. 73. S. ausserdem Mommsen Hermes 2, 102—127.
— 7 —
Inneihalb dieser Stadtbezirke liegen die vici und castella, yia.
welche der Stadt altribuirt^j oder contribuirt^) , d. h. der Ver-
waltung und Gerichtsbarkeit derselben unterworfen sind^). Ein
vicus ist ein Complex von Gebäuden^), in der Stadt eine Strasse^)
oder ein Stadtlheil^), ausserhalb der Stadt ein Dorf, in welchem
die Gehöfte zusaninien, nicht, wie in dem pagiis, zerstreut liegen').
1) Isidor Or. 15, 2, 11: vici et castella et pagi sunt, quae nulla dignitate
civitatis ornantur, sed vulyari homivum conventu incoiuntur et propter purvUatein
sui maioribus civitatibus attribuwüur. Plin. N. H. 3, 134: Camuni compluresque
similes finitimis attributl inunicipiis. 3, 138: civitates — ■ — attributae municipiis
lege Pompeia. 3, 37 : oppida vero ignobilia XXIIII Neinausiensibus ottributa.
Decretum Teryestinum (C. I. L. Y, 1 n. 532) col. 2, 5: Carni Catalique attri-
buti a divo Auguslo rei publicae nostrae. Edict des Claudius C /. L. V, 1,
5050 = Mommsen Hermes 4, 103. Hh. 23 : quoruni (Anaunorum^ pnrtem delator
adtributam Tridentinis — arguisse dicitur. Wenn oppida attribuirt werden, so ver-
lieren sie, wie wir unten sehen werden, die selbständige Verwaltung und treten
in die Kategorie der vici. Daher heissen die an Neniausus attribuirten Ort-
schaften bei Strabo 4 p: 186 a. E. -/öjfxai.
2) Caesar B. C. 1, 60: Calagurritani , qui erant cum Oscensibus contributi.
Plin. N. H. 4, 117: contributa sunt in eam (coloniam Norbenseni) Castra Servilia,
Castra Caecilia. 3, 18: civitates provincia ipsa {Tarraconensis) praeter contributas
aliis t'CXClII continet. 3, 20: in eam [coloniam llici) contribuuntur Icositani.
14, 62 : coloniam Sullanam nuper Capuae contributam.
3) Isidor Or. 15, 2, 11. L'lpian Dig. 50, 1, 30: qui ex vico ortus est, eam
patriam intelleyitur habere, cui reipublicae vicus ille rcspondet. Cod. Just. 5, 27,
3: eius civitatis — sub qua vicus ille vel possessio censetur. 10, 19, 8: eiusdem
civitatis, sub qua vici sunt. 1, 3, 28 § 4: illius civitatis, sub qua vicus
vel territorium esse dignoscitur.
4) Isidor Or. 15, 2, 12 : vicus autem dictus a vicinis tantum habitatoribus,
vel quod vias habeat tantum sine muris. Placidi gloss. in Mai Class. Auct. VI
p. 574: vicatim , castellatim. Sunt enim loca, quae ab ingenuis habitantur et quia
nee viUae nee civitates possunt appellari, vici dicuntur.
5) Varro de L. L. 5, 145: in oppido vici a via, quod ex utraque parte viae
sunt aedificia. Festus p. 371 nach der Lesung von Mommsen Abh. d. Berlin.
Acad. 1864 p. 77: \vici\ accipiuntur — — altero, cum id genus aedificio\rum
defi]nitur, quae continentia sunt his oppidis, quae itineribus regionibusque
distributa inter se distant nominibusque dissimilibus discriminis causa sunt dispar-
tila. S. Jordan de vicis urbis Komae in Nuooe memorie deW Iristituto , Lips.
1865. 8 p. 237 ff.
6) Rom hatte nach Plin. N. H. 3, 66: compita Lamm CCLXV, d. h. 265
vici (Jordan p. 221 ); Ariminum hatte ihrer sieben. S. Tonini Rimini avantiit prin-
cipio delV era Vulgare, Kimini 1848 p. 206 ff. ürelli 80. 3116. 3177; Alexandria
Troas zehn, Henzen 5970 = C, /. L. III, 384; ebenso kommen vici vor in An-
tiochla Pisidiae Henzen 6156. 6981; Atella Or. 4430, Luceria Henzen 6984;
Mediolanum Or. 713. Moguntiacum Or. 4095. 4978.
7) Varro de r. r. 3, 1 : fuit tempua, cum rura olerent homines neque urbem
kaberent , und weiter redet er von der Zeit, quo agri coli sunt coepti atque in
casis et tuyurii« habitabanl, nee murus nee porta quid esset, sriebant. Ammian.
31, 2, 17 drü< kl dieHen Gegensatz von pagus und vicus noch stärker aus: Alaiti
— per pagos, ut nnmades , v<iganlur immensos , und im gewöhnlichen Sprachge-
branch werden Städter und Landleutu cntgegengebützt uls oppidani und pagani.
Uirt. Hell. Alex. 36.
Es gab Dörfer, welche Eigenthurn einer Privatperson waren '),
gewöhnlich aber bestanden dieselben aus einer Anzahl von Grund-
stücken (fundi)'^), deren Eigenthümer [possessores) grossentheils in
der Stadt wohnten und auf dem Gute nur Bauern (coloni), Sclaven
und Freigelassene zurUckliessen •'^) . Diese Dorfbewohner {iricani)
machten eine bäuerliche Gemeinde aus ^) , hatten ihre eigenen
Sacra, Tempel und Altäre'*), besassen ein Gemeindevermögen *"•),
aus welchem sie Bauten und Denkmäler errichteten und erhiel-
ten'), fassten in Comitien Beschlüsse^) und wählten in denselben
jährliche Ortsvorsteher (ma(//5/n^), aediles^^))^ denen die Verwal-
1) Cic. ad fam. 14, 1, 5: scribis te vicum venditurum. Von der Provinz
At'rica sagt Frontin in Grom. p. 53: habent auteni in saltibus privati non exiyuum
populum plebeium et vicos circa villam in modum rnunitionum. Der vicus Spu-
rianus bei Piiteoli , welchen A. Plautius Euhodus zur Erhaltung seines Grabmo-
numents bestimmt (Mommsen /. R. N. 3545), scheint ein einzelnes Haus zu sein.
2) In der 7'abula alimentaria von Veleia werden die fundi theils nach dem
vicxM und pagus, theils nach dem letzteren allein bestimmt; so heisst es I, 65:
debet obligare fundos II, Antonianum et Comelianum qui sunt in Veleiate pag(o)
Albense, vico Seceniae, dagegen I, 6 : debet obligare fundum Planianum, qui est
in Veleiate pago Junonio. S. die Uebersicht bei Desjardins p. XLIII ff.
3) Dig. 50, 5, 1 § 2. Kuhn 1, 32.
4) Cod. Theod. II, 24, 5: agricolis vel vicanis und dazu Gothofr.
5) Die eigentlichen Gottheiten der vici sind die Lares. Arnobius adv. nat.
3, 41. Marini in Visconti Museo Pia Clem. T. IV tab. 45 p. 343 ff. der Mai-
länder Ausg. Doch sind in den vici auch andre Culte, wie z. B. in dem vicus
Furfo bei Peltuinum ein Tempel des Jupiter über (C /. L. I n. 603) und in
dem vicus Novanensis bei Suessula ein sacerdos matris magnae (Mommsen /. R. N.
3552) war.
6) Der vicus kauft und verkauft (C. /. L. 1 n. 603. Mommsen Inscr. Helv.
n. 86 und mehr bei Voigt S. 214), empfängt Schenkungen und ist berechtigt
Legate anzunehmen. Dig. 30, 1, 73 § 1. Voigt S. 215.
7) S. die Sammlung bei Voigt S. 216.
8) Nach der Inschr. von Furfo (C /. L. 1 n. 603) wählen diese Comitien den
Ortsvorsteher (lin. 9: venditio locatio aedilis esto, quemquomque veicus Furfensis
fecerint) und bilden eine Appellationsinstanz , an welche man von den ürtheilen
des Ortsvorstehers provociren kann (lin. 15: sei qui Imc sacrum surupuerit,
aedilis multatio esto quanti volet. Idque veicus Furfensis mai{or^ pars
sei absolvere volent sive condemnare, liceto').
9) Festus p. 371, 21 : magistri vici — quotannis fiunt. Festi epit. p. 126, 6.
Ueber die Zahl der magistri wissen wir nichts Sicheres, da ein grosser Theil der
sie betreffenden Inschriften sich auf die städtischen vici zu beziehen scheint.
Wie in Rom selbst jeder vicus vier magistri hatte (Egger examen critique des
historiens anciens, Paris 1844. 8 p. 365), so kommen vier magistri vici vor in
dem vicus Furfo C. I. L. I, 1285 und in Concordia [C. I. L. V, 1, 1890), wel-
ches, ehe es Colonie wurde, ein vicus gewesen sein wird, dagegen drei in Verona
(C. /. L. V, 1 n. 3257), Pisaurum (Olivieri Marm. Pisaur. n. IX. X. XI),
Senagallia (Mur. p. 693, 1), welche ich mit Borghesi bei Furlanetto Museo di
Este ip. 13 für städtische magistri halte; zwei in Julium Carnicum, einem vicus,
der später zur Colonie erhoben wurde C. I. L. V, 1, 1829. 1830, in Nauportus,
dem heutigen Oberlaibach, C. I. L. I, 1466, 1467; Salonae und Narona C. I. L.
III p. 291. 304, 433 und Mommsen Hermes 7, 321.
10) Einen Aedilen hat der vicus Furfo (C. /. L, I n. 603); ein anderer
— 9 —
tung des Cultiis, das Bauwesen und die Ortspolizei oblag *). Nicht castcUa.
anders war die Lage der caslella oder castra^). So bestand, wie wir
aus einer merkwürdigen uns erhaltenen Urkunde^) ersehen, im J.
637 = 117 das Territorium von Genua, damals noch einer ausser-
italischen civitas foederata , aus fünf Gastellen , welche ihre Ab-
gaben an die Stadtcasse zahlten ^) und unter den städtischen
Gerichten standen''), im Uebrigen aber über ihre eigenen Ange-
legenheiten in Volksversammlungen abstimmten ^'j, eigene Ortsvor-
steher hatten^) und eine Streitigkeit mit der städtischen Verwal-
tung zur Entscheidung des römischen Senats brachten. Zuweilen
kam es vor, dass die Stadtgemeinde auch ausserhalb ihres Ter-
ritoriums Grundbesitz hatte, und dass namentlich denjenigen
Colonien, für welche der vorhandene Stadtbezirk nicht ausreichte.
Ländereien in dem Territorium einer benachbarten oder auch
weit entlegenen Stadt angewiesen wurden^). Solche vici, welche
weder der Jurisdiction des Municipiums, in welchem sie lagen,
unterworfen werden, noch der Entfernung wegen in der Colonie,
welcher sie attribuirt waren, Recht holen konnten, erhielten, wie
es scheint, von ihren Stadtgemeinden einen praefectus iure dicundo
und heissen praefecturae''^), wie die Stadigemeinden dieses Na- ^'^«^^If^^J'^r«*
mens, von denen weiter unten die Rede sein wird. gemeindon.
Aedilis wird erwähnt in Geneva (Mommsen /. Helv. n. 87). Da in Furfo auch
vier magistri vici vorkommen, so vermuthet Voigt S. 70, dass unter diesen vier
magistri zwei Aedilen gewesen seien.
1) Wir besitzen hierüber nur ein Zeugniss in der Inschrift von Furfo, in
welcher dem Aedilen die genannten Functionen nur in Betreff des Tempels zu-
geschrieben werden.
2) Solche castra kommen öfters vor, z. B. castrum Frentinum bei Thurii
Liv. 35, 9; castrum novum In Picenum , welches später Colonie wurde. Liv.
ep. 11.
3j C. I. L. I n. 199. 8. ausser Mommsen zu dieser Inschr. Uudorff Sen-
tentia Q. M. Minuciorum inter Oenuates et Viturios dicta, Berolini 1842. 4.
4) C. f. L. I n. 199. lin. 2r> : "pro eo ngro vectigal Langenses Veituris in
poblicum Oenuam dent in nnnos singulos vic{toriatos) n{timmos) CCCC.
5) Ib. lin. 43: Vituries quei controversias Oenuensiwn ob iniourias iudicnti
fiut ddmnnti aunt , sei r/wü'.s in vinculcis oh eas res est , eos omneis solvei mittei
leibcrareique (iennenses videtur oportere.
T)) Ib. lin. 30: prneteren in eo ngro ni quis posideto nisi de m<tiore parte Lnn-
gensium Veituriorum senitvlia. (f. lin. 32.
7) Die possesHorcs ngri puhliri zahliMi ihre Steuer an die Langevses, d. h. an
die ('a«se des ('astells , und diese /..iliit dann die ^^anze Summe, welche in dem
Castell aufgebracht werden muss, an die Stadt Uenua , ein (ir-cliätt , welclies
einen Ortsvorsteher voraussetzen lässt, 8. lin. 29.
8) Beispiel«! hiervon s. bei Kuhn 1, 63.
9) Frontintis in (/rom. p. 49: coloniae (fiwjue locti quaeda udtabtnt thlsignata
in nlienit finihus, (ftme lora »oUynus praefecturas appcUarc. Siculus Flaccus p. Iö9:
10
Wenn ausstT den SUidlen und den dem Territorium dersel
hen eingeordneten Dörfein, welche für die Organisation der römi-
selien Verwaltung ausreichend waren, noch zwei Classen von
/-Wrtuud Oilschal'ten , die fora und coticiliabula , erwähnt werden, so hat
das darin seinen Grund, dass zu Cäsars Zeit in Italien die Gau-
verfassung der Stadtverfassung noch nicht vollkommen gewichen
war. Co7iciliabulum ist nämlich ein Sammelplatz *) nicht sowohl
für den einzelnen Gau 2), als für alle zu einem populus gehöri-
gen Gauen, liier hielt, so lange es noch an einer Stadt fehlte,
die ganze Volksgemeindc ihre Märkte ^) , Truppenaushebun-
gen*), Gerichte'') und religiösen Feierlichkeiten ß), hier war der
Sitz der Verwaltung. Ein concUiabulum oder forum hat daher
ein bestimmtes Territorium'), wie die Stadt; es hat Decurio-
^
illud praeterea comperimus , deficiente numero militum veteranorum agro, qui ter-
ritorio eins loci continetur , in quo veterani milites deducebontur , sumptos agros
ex vicinis territoriis divisisse et assignasse. Horum etiam agrorum, qui ex vicinis
populis sumpti sunt, proprias factas esse formas, id est suis limitihus quaeque regio
divisa est et non ab' uno puncto omnes limites acti sunt, sed, ut supra dictum est,
suam quaeque regio formam habet. Quae singulae praefecturae appellantur
ex eo quod in diversis regionibus magistratus coloniarum iuris dictioneni mittere
solcnt. Vgl. Groin. p. 26, 8. 55, 18. 80, 3. 171, 5. Mommsen Feldmesser 2,
155. Mommseii Hermes 1, 62.
1) Festus epit. p. 38: ConcUiabulum locus, ubi in concilium convenitur.
2} Wenn Isidor Or. 15, 2, 14 sagt: pagi sunt apta aedificiis loca inter agros
habitantibus. Haec et conciliabula dicta a conventu et societate multorum in unum,
so ist dies zwar insofern richtig, als concUiabulum überhaupt ein Versammlungs-
ort ist; allein die pagani versammelten sich in compitis d. h. an einem Central-
punct der Wege des pagus (Philarg. ad Verg. Ge. 2, 382: compita locus
ubi pagani agrestes buccina convocati solent certa inire consilia^ wo sie auch ihre
Feste feierten. Verg. a.a.O. Propert. 5, 1, 23. 5, 3, 57. Mommsen I. R. N. 1504.
3) Liv. 7, 15: hominum — qui nundinas et conciliabula obire soliti erant.
4) Vom Jahr 542 = 212 sagt Liv. 25, 5: senatus — triumviros binos creari
iussit, älteres, qui citra, alteros, qui ultra quinquagesimum lapidem in pagis foris-
que et conciliabulis omnem copiam, ingenuorum inspicerent.
5) So Hess im J. 574=180 der römische Senat durch zwei Prätoren eine
quaestio veneficii per fora conciliabulaque halten (Liv. 40, 37), und wenn Festus
p. 371 zweierlei vici unterscheidet, indem er sagt: ex vicis partim habent rem
publicam et ius dicitur partim nihil eorum et tarnen ibi nundinae aguntur negotii
gerendi causa et magistri vici item magistri pagi quotannis fiunt, so versteht er
unter der ersten Classe die fora und conciliabula.
6) Liv. 40, 37 : decemviri supplicationem in biduum, valetudinis causa et
per omnia fora conciliabulaque edixerunt, maiores duodecim annis omnes coronati
et lauream in manu tenentes supplicaverunt.
7) Lex Mamilia in Grom. p. 263 : quae colonia hac lege deducta quodve
municipium praefectura forum concUiabulum constitutum erit, qui ager intra fines
eorum erit, qui termini in eo agro statuti erunt , quo in loco terminus non stabil,
in eo loco is , cuius is ager erit, terminum restituendum curato , uti quod rede
factum esse volet , idque magistratus qui in ea colonia municipio praefectura foro
conciliabido iure dicundo praeerit facito uti fiat. p. 265: cum curator hac lege
non erit, tum quicunque magistratus in ea colonia municipio praefectura foro con-
— 11 —
nen*), welche aus den po^/5 gewählt sein werden, und Beamte,
die im Namen des ganzen Volkes Recht sprechen. Wurde ein
conciUahulum im Laufe der Zeit einer benachbarten Stadt attri-
buirt^j, so zerfällt das Territorium derselben in zwei Theile, das
der Stadt und das des Conciliabuluins, und in dem letzteren wird
das Gericht von der städtischen Behörde abgehalten '^] ; weitere
Nachrichten aber fehlen über die fora und conciliabulo gänzlich^),
da dieselben nur ein Uebergangsverhältniss darstellen und schliess-
lich zu selbständigen Stadtgemeinden erhoben worden sind^).
ciliabulo iure dicundo praeerit, eins mayistratus de ea re iurisdictio iudicisque
datio addictio esto.
1) Dies ist ersichtlich aus der lex Julia municipalis C. I. L. 1 n. 206,
welche an den Stellen, wo sie von den Erfordernissen zum Duumvirat und Qua-
tuorvirat handelt, nur die Municipien , Colonien und Prälecturen erwähnt (lin.
89 ff. 98 ff. 142 ff.), dagegen bei der Befähigung zum Decurionat ausser diesen
auch die fora und conciliabula in Betracht zieht (lin. 83 fl. 108 ff. 124. 126.
135). In ähnlicher Weise finden wir später castella, welche Decurionen haben,
wie das castellum Arsagalitanmn Renier Inscr. de l' Alger. n. 2364.
2) Dass die conciliabula, welche zur Zeit der lex Julia municipalis bestan-
den , nicht selbständige Stadtgemeinden waren , beweist der Umstand , dass der
Census nicht in ihnen, sondern nur in den Municipien, Colonien und Präfecturen
abgehalten wurde. S. lin. 142 ff. 157. Savigny Verm. Schriften 3, 333.
3) Auch aus der Stelle der lex Julia mun. lin. 83 : queiquomque in muni-
cipieis coloneis praefectureis foreis conciliabuleis civium Romanoruin II virei IUI inrei
erunt aliove quo nomine mayistraturn potestutemve sufrayio eorum, quei quoiusque
municipi coloniae praefecturae fori conciliabuli erunt, habebunt, nei quis eorum — ■ —
darf man nicht folgern , dass die fora und conciliabula II viri oder IUI viri
gehabt haben, vielmehr werden auf sie sich die Worte beziehen : aliove quo no-
mine mayistraturn potestatemve — habebunt; denn ihre Beamten werden mayistri ge-
wesen sein. Vgl. Dirksen Observ. ad Tabulae Ileracleensis partem alteram, Berol.
1817. 8 p. 8. Savigny Verm. Schriften 3, 333.
4) Selbst für Vermuthungen fehlt es an dem nöthigen Anhalt. Wenn Zumpt
(omni. ep. 1, 91 annimmt, es sei aus jedem forum oder conciliabuium eine be-
stimmte Anzahl von Personen in die Curie des llauptortes gewählt worden, diese
Decurionen hätten aber gleichzeitig auch für ihren Ort einen Senat gebildet, und
dies durch das Beispiel des vicus Auyustinorum beweist, welcher Decurionen für
seine Stadtgemeinde Lavinium gestellt zu haben scheint (Grut. 318, 6 = 398, 7:
decurioni Laurentium vici Auy. Murat. 158, 1: dec. Laur. vic. Auy.), so ist zu
bemerken, dass, wenn dies aus den beiden angeführten, sehr unsicher beglau-
bigten Inschriften wirklich zu schliessen ist, <loch der vicus Auyustinus keinen
eignen Senat liatte und somit für die conciliabula keine Analogie darbitttet.
5) Den Namen forum hat eine grosse Anzahl von Städten in Italien und
(tallien behalten, wie forum, (-lodii. Livii, Popilii, Truentinorum, Comelii, Licinii
(Plin. N. H. 3, 116), Appii 3, 64; Decii 3, 107; Fulvii 'A, 49; forum norum i\,
107; f. FLaminii in tJmhri<!n , Henzen 6747; f. Julii in Samnium, Mommseu
/. K. N. 4628; f. Julinm bei Aquileia ('. /. /.. V, 1 p. 163; f. Julium oder
rolonia Pacensis in (Jallia Narbonensis Ilenzen 5231. Auch Julium (\irnicum
war ein forum oder vicus, bevor oh Colonie wurde C, I. L. V, 1 n. 1829. 1830.
Ueber die conriliabula aber s. Frontin. grom. p. 55: Sunt autem loc.a publica
coloniarum, ubi yrins fuere conciliabula et poatea sunt in municipii ius relata.
Vgl, p, 21, 18; p. 19: hoc (oppidum Interamnatium Praetutianorum in Piceno)
conciliabuium fuisae fertur et postea in municipii ius relatum. Auch der vicus
Fagider Nrtcli ilicson Vcriinderuiiiien erhielten sich zvvcir die allen
Stadtge- ^
meinden. pagi noeh Jahrhunderte lang, aber für die Administration hatten
sie keine eigenthüniliche liedeutunt; mehr'). In der Kaiserzeit ist
aus dem Gau selbst ein geographischer Bezirk geworden 2), der
einen Theil eines stadtischen Territoriums ausmacht, und in wel-
chem Dörfer [vici), Heirschaften [viUae] und Hofe (fündig prae-
dia) liegen; der Sammelplatz des Gaues aber besteht, insofern er
nicht in e4n conciliahulum oder schliesslich eine selbständige Stadt-
gemeinde verwandelt ist-^), noch als Dorf fort, das, obgleich es
noch den Namen payiis führt, genau die Verfassung des vicus hat.
Es ist einer civitas untergeordnet '^) , beschliesst aber über seine
eigenen Angelegenheiten in Comitien'^), wählt in denselben jähr-
lich^) einen Ortsvorstand, der sowohl priesterliche Functionen
ausübt 7), als auch die Ortspolizei verwaltet^), in Latium wahr-
Censorglacensis bei Camerinum , welcher unter Aiitoninus Pius sich municipium
nennt (Orelli 804), wird ein conciliahulum gewesen sein.
1) Dass die pagi administrative Bezirke gewesen und in kleinere Verwal-
tungsbezirke {viel) zerfallen seien (Voigt S. 80), bestreitet mit Recht Desjardins
De tabulis nlimentariis p. 50. Zu Trajans Zeit lagen die Grundstücke zum klein-
sten Theil in vicis, die meisten zerstreut in pagis , ohne zu einem vicus zu ge-
hören (s. die Uebersicht bei Desjardins p. XLIII ff.).
2) Ulpian Dig, 50, 15, 4 pr. : forma censuali cavetur , ut agri sie in censum
referantur : nomen fundi cuiusqite et in qua civitate et in quo pago sit et quos
duos vicinos proximos habeat. Siculus Flaccus p. 160, 18. Dieselbe Regel ist
"befolgt in den beiden tabulae alimentariae (s. oben S. 8 Anm. 2) und in einer
andern Urkunde bei Mommsen /. R. N. 216. Vgl. Dig. 33, 1, 12: Gaius Seius
praedia diversis pagis Malviae et Seiae legavit.
3) Ein Beispiel hiefür ist der pagus Condatus, an dessen Stelle die Colonie
Lugdunum trat. Boissieu Inscr, ant. de Lyon p. 19 ff.
4) Siculus Flaccus p. 164, 25. Isidor Or. 15, 2, 11: payi ii sunt qui nulla
dignitate civitatis ornantur — et propter parvitatem sui maioribus civitatibus attri-
buuntur. So kennen wir von der colonia Cornelianorum Ligurum 13 pagi (Desjar-
dins p. 72), von Benevent 11 pagi, nämlich ausser den in der tabula Ligurum
Baebianorum vorkommenden (Desjardins a. a. 0.) den pagus Lucul{lianus) (Momm-
sen 1. R. N. 1504) und Veianus (ib. n. 1487); von Nola drei pagi und zwei
regiones (Mommsen /. R. N. 1981. 1982. 1983. 1989. 1990), von Pompeii einen
pagus Aug. Felix Suburbanus (ib. 2209. 2252. 2293. 2255. 2378; von Sulmo einen
pagus Fabianus (Plin. N. H. 17, 250); von Ficulea in der Nähe Roms drei pagi
Orelli 111 ; von Veleia 20, von Placentia 15, von Parma 3, von Libarna 3 (Desjar-
dins a. a. 0. p. 46), von Verona den pagus Arusnatium C. I. L. V, 1 p. 390.
5) Daher die Formeln Pagus Herculaneus scivit (C. /. L. I n. 571), ex
pagei scitu (ib. n. 573), ex scitu pagi paganorum Farratic(anorurn) C. 1. L. V
n. 4148 = Henzen 6132, de pagi sententia Mommsen I. R. N. 6024 = Orelli 4948,
ex pagi decreto Henzen 6594. Mommsen i. R. N. 5474: l(ocus) d(atus) d^ecreto)
p(agi) Cond(ati). Boissieu Inscr. ant. de Lyon p. 19.
6) Festus p. 371 : magislri pagi quotannis fiunt.
7) Der priesterliche Character des magister pagi geht besonders daraus her-
vor, dass bei Opfern seine Frau als magistra fungirt. Orelli 1495.
8) Er hat insbesondre die cura viarum. Siculus Flaccus p. 146 : vicinales
autem viae, de publicis quae devertuntur — — muniuntur per pagos , id est per
— 13 —
scheinlich einen magisler^), anderswo mehrere magistri'^) oder
aediles^)^ verfügt über ein Gemeindevermögen ^j , aus welchem es
Bauten und Ehrendenkmaler bestreitet^), und feiert namentlich
noch immer seine althergebrachten sacra paganalia^ zu denen die
jährliche lustratio pogi gehört ^j.
In den Enlwickelun2:ss;an2, welchen wir bisher verfolgt haben, ßiß stadtge-
hatte von Anfang an die römische Reeierunc; in ihrem Interesse Organ der
^ 1 Verwaltung,
fördernd und organisirend eingegrifien und in dem Grade, wie
sich die römische Herrschaft in Italien Verbreitete, in den aus-
geführten Goionien und den als zuverlässig bewährten Municipien in Italien,
und verbündeten Städten , welchen sie die unterworfenen Terri-
torien attribuirle, Mittelpuncte für die Administration geschaßen,
durch welche es allein möglich wurde, das ganze Land von Rom
aus zu beherrschen. Als sie später Gallia cisalpina ebenfalls in ^V ^"^*'^
ihren Vcrwaltungskreis zog, war es ihre erste Maassregel, auch
hier städtische Territorien zu gründen, welchen die gallischen
Völkerschaften zunächst nicht als gleichberechtigte Mitglieder der
Gemeinde, sondern als unterthänige Insassen einverleibt wurden.
So unterwarf die lex Pompeia des .1. 005^^89, welche die Ver-
hältnisse des transpadanischen Galliens ordnete, die alpinischen
Stämme den latinischen Stadtgemeinden Tridentum, Verona, Brixia,
maghtroH pagorum, qui operas n pos/tessoribus ad eas iuendtis cxigere solitl sunt,
aut, ut comperimns, nnlrnique possesMri per singulos agros cerin spatia adsignantur,
qtuxe Ruis impendiis tuettntur. Vgl. die Stelle ex libris Magonis p. 348, 23.
1) Dionys. 2, 70. (Nnma) hiziXz ttjv ydipav aTraaav ef? to'j? %aXouixlvouc
-ay^'j; -xai y.otTtOTTjaev dcp' ivAoTO'j xmv Tzd^oiv apyovta. Vgl. 4, If). Einen ma~
gintcr scheint «ier rainpaiiische pagiis JJerculnnens gehabt zu haben. C. I. L. I
n. 571 und Mommsen zu n. 801.
2) Auch von Nuraa sagt Plut. Num. 16: e{; y-^pf] t^V yj^P'^^ oieiXev , a
TtaYO'Ji 7:f.o;r^Y'^fȣ'joe xat -/.at)' 2xaaTov drtr/C^ro'j; ixa^e xai TrepiTcriXoy;. Der
payus Laverni bei Sulmo hat vier magUlri Orelli 4941 = Mouinisen /. R. N.
Ö351 , in einer andern Inschrift, welche demselben pagus anzugehciren scheint,
kommen nur drei vor (Henzen 6594), und magistri pngi, also In der Mohrzahl,
erwähnt Festus p. 371, 21, während aus denjenigen Stellen, in welchen im
Allgemeinen der magistri pagorum gedacht wird (Festus ep, 126, 6. Siculus
P'laccus p. 146, 8. 164, 28), und dem Vorkommen eines einzelnen magister pngi
(Mommsen /. R. N. 2209. 2252. 2355. 2378) auf die Zahl der magistri kein
Schluss gemaclit werden kann.
3) Drei aediUs eines pagus ». Mommsen I. R. N. 5474. ö47ö; einöu Orelli
3984. Kin aediLis pagi llmlet sich auch in (Udlia Narhonensis (Mommsen Annali
1854 p. 43) und in dem pagus deneiui ((ienf) Mouuuseu Insrr. Utb\ n. 87.
4) Ho wir<l einem payu» eine Stiftung zur Verwaltung übergeben Orelli 4419.
5) Orelli 197. 202. Henzon 5177»». Momniaen /. Ä. N. b'ibX. Ö472. 5786.
60*24. 7235.
6) Siculus Flaccu.H p. 164. Von diesen Festen wird in den SacraUlterthü-
inern weiler die lUjde sein.
vinzen.
— 14 —
Cremona, Mediolanum i) ; die Anauni, Tulliasses und Sinduni,
welche an Trident attribuirt waren, erhielten erst unter Claudius
römisches Bürgerrecht und damit auch Bürgerrecht in dem muni-
ciphim 2) ; den Carni und Catali , die Oclavian der Colonie Ter-
gesle (Triest) zugewiesen hatte 3), wurde erst unter Antoninus
Pius die Latinität, also auch damals noch nicht die civitas ge-
währt'•j. Bei dieser Einrichtung übernahmen die städtischen Be-
hörden ausser ihrem Municipalamte zugleich wichtige Functionen
im Dienste des Staates: sie stellten die Recruten der vici zur
Aushebung, übernahmen die Sorge für Einquartierung und Ver-
pflegung von Beamten und Soldaten, den Transport von Pferden
und Proviantvorruthen ^) , den Bau und die Unterhaltung der öffent-
lichen Wege% in den Provinzen aber namentlich die Erhebung
der Steuern [Iributa] und Naturalabgaben [annona)^ bei welcher
sie für jeden Ausfall mit ihrem eigenen Vermögen einzutreten
verpflichtet waren ^j.
in den Pro- Es Icuchtct ciu , dass schou aus dem zuletzt angeführten
Grunde auch für die Provinzen die Einrichtung von Stadtbezirken
1) Plin. JV. H. 3, 138: non sunt adieclae Cottianae civitates XII, quae non
fuerunt hostiles, item attributae municipiis lege Pompeia.
2) Edict des Claudius C. /. L. V, 1, 5050 lin. 23.
3} Henzen 7168= C. I. L. V, 1, 532. col. 2 lin. 4: Carni Catalique atlri-
buti a divo Augusto rei publicae nostrae.
4) Das. col. 2 lin. 6 und dazu Mommsen p. 53.
5) Frontin in Gromat. p. 53 : tum respubiicne controversias de iure territorii
solent movere, quod aut indicere munera dicunt oportere in ea parte soli, aut legere
tironem ex vico, aut vecturas aut copias devehendas indicere eis locis , quae loca
respuhlicae asserere conantur. Siculus Flaccus p. 165: nam et quotiens militi
praetereunti aliive cui comitatui annona publica praestanda est, si ligna aut stra-
menta deportanda , quaerendum , quae civitates quihus pagis huiusmodi munera
praebere solitae sint. Welche Yerantwortlichkeit namentlich durchreisende Magi-
strate den städtischen Behörden auflegten, erwähnt schon C. Gracchus bei Gellius
10, 3: nuper Teanum Sidicinum consul venit. Uxor eius dixit, se in balneis viri-
libus lavari velle. Quaestori Sidicino a M. Mario datum est negotium, uti balneis
exigerentur, qui lavabantur. Vxor renuntiat viro , purum cito sibi balneas traditas
esse et purum lautas fuisse. Idcirco palus destitutus est in foro eoque adductus
suae civitatis nobilissimus homo M^Marius. Vestimenta detracta sunt, virgis caesus
est. Ferentini ob eandem causam praetor noster quaestores arripi iussit.
6) Siculus Flaccus p. 146, 4: et in quarundam (yiarum publicarum') tutelam
a possessoribus per tempora summa certa exigitur. Digest. 31, 1, 30: quidam in
testamento ita scripsit : rei publicae Oraviscanorum lego in tutelam viae refi-
ciendae, quae est in colonia eorum usque ad viam Aureliam. Dig. 50, 4, 1 § 2.
50, 4, 18 § 7. § 15. So wird auch in Syrien ein Weg auf Kosten der Stadt
Abila {impendiis Abilenorum Orelli 4997 = Waddiugton 1874), in Afrika eine
Brückenverbindung auf dem Wege nach Kusicade von der Stadt Cirta gebaut.
Renier Inscr. d'Alg. 2296. Ueber die Wegebauten in der Schweiz s. Mommsen
Inscr. conf. Helv. p. 63.
7) Dig. 50, 4, 18 § 26. 27. Ausführlich handelt hierüber Kuhn 1, 49—67.
- 15 —
nothwendig erscheinen musste ; indessen waren in diesen die
Vorbedingungen zu einer solchen Organisation nur theilweise und
ungleichmässig vorhanden. In den Ländern griechischer und phö-
nicischer Cultur, d. li. im eigentlichen Griechenland, in Sicilien,
den westlichen und südlichen Theilen Kleinasiens und dem car-
thagischen Afrika war das zerstreute Wohnen in Landbezirken,
von welchem auch in Attika eine alte Kunde sich erhalten hatte y,
schon in früher Zeit dem städtischen Leben gewichen und fanden
die Römer überall vollständig constituirte Gemeinden vor. Jede
Stadt hat ihr bestimmtes Territorium [regio'^), oioixrjai?^), opoi*), stadttem-
ßnes) und der Stadtname dient nicht allein zur Bezeichnung der
ttoXk; selbst, sondern gilt auch für den dazu gehörigen geogra-
phischen Bezirk^), in welchem Landgemeinden ohne selbständige
Verfassung, y.u>jjLat [vici)^) und cppoopia [caslella]'^) , liegen. Es Attribuirte
sind dies nicht durchgängig unbedeutende Dörfer, sondern theil-
weise Ortschaften, welche früher Stadtrecht gehabt^), aber theils
1) Bei Liv, 31, 30 sagen die Athener, delubra sibi fuisse, quae quondam
pagatim habitantes in parvis iUis casteUis vicisque consecrata ne in unam urlem
quidem contributi maiores sui deseria reliquerini.
2) C. 1. Gr. 3436: ßor^iio; drtTpÖTituv ^tt-^imso^ ^DiXaoEXcpiQvTj?. Grut. 521, 7:
nat. Alysia superiore regi^ione) Ratiarese (d. h. im Gebiet der Colonie Ulpia liatia-
rid) vico Cinisco. Gr. 527, 7: nutus ex provincia Maesia inferiore, regione Nico-
politanae vico Saprisara. Gr. 526, 3 : nat. Bessus natus reg. Serdica, vico Ma-
gari. Andere Beispiele s. bei Marini Arv. p, 476. Mommsen Hermes 4, 108. In
byzantinischer Zeit heisst die vttujATj selbst f^e^eiuv. S. Kuhn 2, 239. Collect.
Concil. ed. Harduin 11 p. 565: i-^vj oe oeixvuixt , BaoiXtvouTToXiv dei 'jtio Ni-
'/aiav ^^t•io^i■^^^y^ ■ -/at -yo^P 'h^ ^ey^wv aux*^; und bei llierocles finden sich 7Ctt»|i,at,
deren Name mit ^e-yecuv zusammengesetzt ist, wie 'PeY£7:ooavo6<;, PeYeooapot,
'l*e7£(x(«xiooo; (p. 699. 700. 701 Wess.).
3) AiotxYjat; hat verschiedene Bedeutungen und bezeichnet namentlich den
conventus iuridicus; Stadtbezirk aber ist es bei Cic. ad fam. 13, 53: praecipue
autem tibi commendo negotia eius, quae sunt in Jlellesponto, priinmn , ut obtineut
id iuris in agris, quod ei Variana civitas decrevit^ — deinde, si quid habehil cum
aliquo HeUespontio controversiae, ut in illam oior/CYjOiv reiicias. Denn der conventus
des Ilellespontes war nicht in Parium, sondern in Cyzicus.
4) C. I. Gr. 9893 : ävOcxoe xiTat "ACiCo; 'A^pira S6po; -/.cu((j.Tf];) KairpoCoi-
ßaoa(a)v, (Jpoov 'AraiA^ojv. Das Dorf gehörte zu Apamea in Syrien.
5j Steplianus llyz. p. 10 Mein. : ttjv iv MtXr)T«) 'A(3'joov. p. 151 : fori oe
X^Jcf-o; h KapüSTijj xal totto; oido-opo;. p. 226 : A/jXiov , TtoXt/viov l^ouuTiai £v
TT^ Tavdypa. p. 366: Kdarviov, opo; dv 'yVoTz^vooj tyj; Ila|x'fyXia;. p. 412: eoxi
xal £v Kü^iv^Mi x()[)(XTj NUXtoaa.
()) S. Kuhn Die <iriech. Komenverfassung, im Rheinischen Museum 1860
S. 20 IT.
7j Steph, Byz. v. 'AvTi^oveia . . . toxi vtal (ppo6piov r?); K'jCtxrjvfj; und tue
von Kuhn 2, 251 angerührten Stellen.
8) Strabo p. 436 : ^xiiac It ATrjfjf/jTpio; /> TtoXiopvtrjr?); irrtfjvjaov ivjxo'j r^v
Aif)|jLir)Tc.tüa — — Tci; ttXifjo(ov TtoXlj^vac ei; ot-ir^jv oyvotxlaa; , NVjXeiofv re xal
Uayxoai %rd '()^\ii'no'f, In li 'Vil^o'jsra XtjTCtöWa 'OXtCöva BolfJtjv MwXxiv, aX
— 16 —
n
in Folge von Verarmung i) , Iheils unter dem Kinfluss politischer
Verhältnisse ihre Selbständigkeit verloren hatten 2), Iheilweise auch
Flecken , welche durch günstige Lage aufblühten und schliesslich
zu Städten erhoben wurden ^) . Alle Komen haben, wie die römi-
schen vici^ ihr Gemeindevermögen (xoivov)'*), fassen Beschlüsse^)
über Errichtung von Bauten und Denkmälern^'), wählen ihre Ge-
meindebeamten (xü)}jLap)<ai) '), zahlen aber Abgaben an die Stadt-
gemeinde und sind dem Gerichte derselben unterworfen 8).
Die späteren Griechen definiren die Provinz gradezu als einen
Complex von Städtebezirken ^) ; und es handelte sich bei der
Einrichtung der Provinzen dieser Gegend in erster Stelle nur um
die Bestimmung, welche Städte als selbständige Communen an-
1) Strabo 14 p. G36 : Muou?, fi.ta twv 'laotov xwv ocuBexot, t^ vDv oi' ^Xt^av^fitav
MtXTjaioti; o'jfXTreTToXiaTat.
2) Es war dies theils in vorrömischer Zeit geschehen , theils gesclial» es
durch die Römer. Um nur einige von den Beispielen anzuführen, die man bei
Kuhn Verf. des R. Reichs 2, 41 ff. gesammelt llndet, so wurden nach und nach
von den Römern die Stadt Haliartus in Böotien und die Inseln Skyros , Imbros,
Lemnos , Delos, Aegina, Keos , Skiathns, Peparethus und Kephalenia an Athen
attribuirt (Polyb. 30, 21 (18). Appian B. C. 5, 7. Dio Cass. 69, 16), und der
Kaiser Severus nahm der Stadt Kyzantium, welche auf Seiten des Niger gestan-
den hatte , nicht nur ihre Freiheit , sondern auch ihr Stadtrecht (xo d^itufxa xo
TToXixixöv), machte sie zu einer y.a)[X'rj und übergab sie der Stadt Perinth als
Eigenthum. Dio Cass. 74, 14.
3) So sind z. B. die Orte Ancyra, Synaus , Cadi in Phrygia Epiotetus im
ersten Jahrhundert vor Chr. aus Komen zu Städten geworden. Waddington in
Le Bas Voy. Explkation des inscriptions III, p. 257.
4) An diese Dorfcasse werden Strafgelder gezahlt in den Bithynischen Komen
Lesa und xwix-q 'ApßsiXavujv. Waddington n. 1171. C. I. Gr. 3785.
5) Waddington n. 2505: eSo^ev xoT? (XTzb Kto[p]ivo'j xtujxTjc ix -/oivYJ; a[uxu)vj
e6Soy.7]o[ea)s], jAT^Bsva xtöv auxöjv •xtup.Yjxöiv .... ItzI -/otvüi xottoj x. x. X.
6) Eine Korne beschliesst einen Bau iv. xoivuiv dvctXtofxaxujv xfj? xto|xifjc
(Waddington 1963), oder i^ iSiwv (n. 2399), oder es heisst: ol anh xiofx-rjc
'K^Xtuv t}e(L auxcöv dv^axYjoav BYjfxooiav xy]v otxooofATjv (n. 2209), -^ xcöjjiy^ dviGXTjoev
(n. 2160), xo xoivov "A^potivT]; ^7rotY](5ev i%uj AOfxov (n. 2455), ^xxtai^ -^ lepd
xaXuß-?) UTTÖ xoivoü x-^; x(u[j.7]; (n. 2545); [xo]üxo x[6 7:]p6[7ruX]ov £&Y]x[e]v xo
["/.oiMov r-qi] xojfXYj? • iv. Tipovocas xal orouc-iQ? xifjiitoxdxujv ötotxTjxiüv (folgen
drei Namen) : xo^xqu? Trdv'j OTTO'JOatou? xa)[jLY]? d-eXsqaxo S-^fJLo;. Wetzstein Gr.
u. Lat. Inschr. in Abhandl. der Berliner Academie 1863 S. 308 n. 151.
7) Die xa)(jL'r] MuXeixwv bei Philadelphia auf dem Wege nach Sardes hat
zwei x(0{idp5^at. Waddington n. 1669. In Batanaea in Syrien haben die Komen
einen qxpaxTjY^» (Waddington n. 2399), in Aegypten einen xtu[j.0Ypa[xp.axe6(;.
8) Theodoret. hist relig. c. 2 T. III Vol. II p. 1126 ed. Schulz: dv xoi;
Ttepi XTjv TivBapov ^/topiot?, x^ixt] he auxTj fxeYtaxr) xeXeiv UTto xy]v 'Avxiö^^eiav
X£xaY(Ji.£vYj. Justiniani Nov. 89 c. 2 § 2: xt^ ttoXec — ixp' •}^v xö ycupiov '^ xd x-tj;
'/.ib\i.'f]<; xeXotTj. Dio Chrysostomus sagt in einer in Prusa gehaltenen Rede II
p. 163 R. : eu Y*P ?<3X£, oxi xat xoT? o{xooo(XTj{j.aoi xai xai? ^opxau xal xu)
oixdCew auxoi xai xtp (X'?j Tiap' dxspoi? l^exdCeo&oti {jitjos ouvxeXeTv dXXoti; , xa^aTiep
oI[xat xtbfXTjV, Tidoi xouxoi«; ouvaipso^ai Tcecpuxe xo cppovTjjAa xöjv TioXetov.
9) S. die Stellen bei Kuhn 2, 5.
— 17 —
erkannt, und welche Ortschaften denselben attribuirt werden soll-
ten , mit einem Wort um die Feststellung einer bestimmten Zahl
von Stadtlerritorien , welche für einen Theil der Provinzen auch
ausdrücklich überliefert oder annähernd festzustellen ist. Doch
wurde es zuweilen für zweckmassig erachtet, einer Korne das
Stadtrecht zu verleihen , oder mehrere kleinere benachbarte Orte
in der Art zu einer Commune zu vereinigen, dass alle darin glei-
ches Recht erhielten, einer aber Sitz der Verwaltung wurde.
Für den ersten Fall haben wir ein zwar einer späteren Zeit
angehöriges aber urkundlich überliefertes Beispiel an Orcistus in
Phri/gin snhitarfs. Dieser Ort war seit alter Zeit eine Stadt ge-
wesen, und halte noch unter M. Aurel (171 — 180) vier Archon-
len 1) , eine Geiusie und einen hr^\loz^), verlor aber darauf das
ins civitatis und wurde eine xtofxrj der benachbarten Stadt Na-
colia, wo nunmehr seine Grundbesitzer eingeschätzt wurden. Erst
Constantin d. Gr. verlieh im .1. 331 durch eine Verordnung, in
welcher er es für Pflicht erklärt, neue Städte zu gründen und
alte zu erhalten und zu heben 3) , den Einwohnern von Orcistus
aufs Neue das Stadtrecht, in Folge dessen sie nun aufhörten ihre
Abgaben nach Nacolia zu zahlen, und selbst, gerechter als es
unter den) fremden Regimente geschehen war, das tribiitum auf
die possessores ausschrieben. Der zweite Fall kommt vor in Ly-
cien , wo die vier Ortschaften Aperlae, Simena , Apollonia und
Isinda zu einer Gemeinde zusammen gelegt waren, eine ßouXTj
hatten, und einen or^\loc, bildeten'*).
Ganz andere Verhältnisse fanden sich bei der Ori^anisation Neuestädte-
* anlagen von
<ler übiiüen Provinzen vor, von welchen eine, nämlich Aee;>pten, ''«^rRegie-
eine seit den ältesten Zeiten fest ausgebildete centralisirte Ver- ***''"*
waltung besass und auch unter der römischen Herrschaft behielt,
die meisten aber sich in verschiedenen Stadien desselben Ent-
wickelungsprocesses befanden, welchen die F^äoder italischer, grie-
chischer und carthagischer Bevölkerung langst durcligemachl bat-
1) r. I. (h. 3822 '^ 2. 2J C. /. (it. 3S22»'.
3j (\ I. L. III n. 3Ö2. I>i(! <itirtc StJtllo ist zwar lüokonhaft, abor doch in
«ier llaiiptsach»! duiitlich : incolae Orcisli^ inm nunc o^rpiili et civUiili», iueundam
munifirenline noMtrae muteriein praebuerunl. (Juibun enitn Studium est, urbe» vtl
ntmiM rändere vel langaevm erudlre vel intermorluaii rtparare . Der Sclilnss
(Um Satzes f«'lilt.
A) S. Waddington zu n. 1290. Vgl. 1292: 'AucfiXciTüiv xai xdiv oyvnoXci-
T£'jo|xivojv rj [^O'jX-^j xotl 4 ?i7j|i.o;. I>asH Aperlae «ier Sitz der Krgiernng war, zeigt
n. 12%: Hef»v£iXY] 'A/.-/([i'/J 'Ar:^>iTt; dr.b ilifif/jvoiv.
Uum. Altwrth. IV. 2
— 18 —
ten, und welchen im Interesse der Administration zu fördern die
Römer als ihre Aufgabe betrachteten. In den spanischen Provinzen
war bei ihrer Entstehung die Gauverfassung noch in voller Gel-
tung, aber während Agrippa bei seinen statistischen Aufnahmen,
welche Plinius seinem Berichte zu Grunde legt, in Hispania Tar-
raconensis 293 Gemeinden {populi, civüates) vorfand, von welchen
479 sich in einer Stadt [oppidum) concentrirten , H4 aber keine
Stadt besassen, so zählt Ptolemäus, der unter Antoninus Pius
schrieb, in derselben Provinz 248 Städte und 27 ländliche Ge-
meinden ^) ; die gallischen Provinzen bestanden ebenfalls ursprüng-
lich nicht aus Städtebezirken, sondern aus Völkerschaften, welche
civüates genannt wurden und in Gaue zerfielen, aber im narbo-
nensischen Gallion vornehmlich nahm die Städtebildung einen
schnellen Aufschwung ; in den östlichsten Provinzen, in Galatien,
Cappadocien und den nicht gräcisirten Theilen Syriens entstanden
zwar langsam aber doch fortwährend neue Communen und
selbst in den Uferländern der Donau und in Numidien und Mau-
retanien hatte die durch die militärische Besatzung sich voll-
ziehende Romanisirung zahlreiche Städteanlagen zur unmittelbaren
Folget). Wie nun einerseits die Communen, wo sie vorhanden
waren, zu grösseren Verwaltungsbezirken zusammengelegt und
mit dem Centrum der Regierung in Rom in Verbindung gesetzt,
andererseits für die Länder, in welchen Stadtgemeinden nur in
unzureichender Zahl vorhanden waren, andere Grundlagen für die
Administration gewonnen wurden , werden wir in dem ersten
Abschnitte der folgenden Erörterung nachweisen, in welchem wir
den Zustand Italiens, insofern dasselbe ein Ganzes bildet, und
die sehr disparaten Verhältnisse der Provinzen zur Anschauung
bringen werden , während der zweite Abschnitt die Verfassung
der in Italien und den Provinzen enthaltenen Stadtgemeinden
besonders behandeln soll.
1) Detlefsen im Philologus Ed. 82 S. 604 ff.
2) Um hier nur ein Beispiel von vielen anzuführen , so war die nachherige
Colonie Apnlum in Dacien (Carlsburg) zuerst ein vicus, der unter mayislri stand
und Canabac hiess. Seit 142 n. Chr. hatte dort die legio XIIl gemina ihre caslra
stativa, unter Antoninus Pius wurde die Stadt grösser und 168 Sitz eines pro-
curator. S. Mommsen C. 1. L. III p. 182. Ausführlich handeln liierüber I. Vetter
lieber das röm. Ansiedlungs- und Befestigungswesen — so wie über den Ur-
sprung der Städte und Burgen — im südwetslichen Deutschland, Karlsruhe 1868.
4. und Mommsen im Hermes 7, 299 ff.
A. Italia.
Der Name ItJillen, welcher nach Niebuhrs Ansicht M ursprüns;- Grenzen
' / 1 i Italiens.
lieh die alten Wohnsitze der Oenotrer oder Italer zwischen den)
Tiber und dem Vorgebirge Garganus bezeichnete , und durch
diese, als sie von den Sabellern verdrängt wurden, auf die Süd-
spilze Italiens, das Land der Bruttier, übergingt), wurde erst in
Folge der Ausdehnung der römischen Herrschaft über die ganze
Halbinsel verbreitet. Geographisch reicht schon im zweiten Jahr-
hundert V. Chr. Italien bis zu den Alpen "^j, aber staatsrechtlich
wird es nach den) Kriege mit Pyrrhus im Norden durch die Flüsse
Arnus und Aesis begrenzt. An der Westseite haben sich in der
Gegend von Livorno noch später zwei Orte eihalten, welche den
Namen ad fines führen, und die alte italische Mark bezeichnen ^j;
denn die Macra, welche in der Kaiserzeit die 9te Region (Ligu-
rien) von der 7ten (Etrurien) scheidet'»), gehörte im J. 569=185
noch in das ligurische Gebiet 6), welches erst 574 = 180 erobert
wurde ') ; auf der Oslseite ist der Aesis ^) bei Ancona der Grenz-
fluss zwischen Italien und Gallien ; denn das Gebiet zwischen
1) Niebubr B. G. 1, 17.
2) Von diesem braucht den Namen Antiochus von Syracus bei Strabo G
p. 254.
3) Im J. 183 V. Chr. lässt Llvius 39, 54 den Senat den Gesandten eines
gallischen Stammes, welcher über die Alpen gekommen war, eröffnen: neque
iUos rede ferisse , quum in Jtaliam venerinl , oppidumque in alieno ayrn nulUus
Homani mdyixtrdtus , qui ei provinciae praeesset , pennissu (ledificare conati sint.
Auch l*olybius giebt als Nordgren/e Italiens die Alpen an '2, 14. 3, r)4; ebenso
Cato Oriy. 4, 11 bei Serv, ad Very. Aen. 10, 13: Alpes — quae secnndum Ca-
tontni et /Avium muri vice tucbantur lUdiam und bei Mv. 21, 3:') zeigt schon
Hannibal von den Alpen aus seinen Soldaten Italien: mililihus Ualiaui ostenlat
moeniaque eo» tum IntMcendere rum Italiae modo sed etium urbis liomae.
4j Mouimscn K. («. 1*, 432 Anm. ,
■)) Fun. A'. JI. 3, 49. bO.
üj Liv. 39, 32, 2.
7) Llv. 40, 41, 3.
b) Strabo 5 p. 217: gptov li Tfj; /((•ftcti; Ta6TTj; , f^v isrli KeXxix^v
XQ^ou(i&v, T,pii xi^s Xom^jv 'iTaXiav i6 ic 'Arciwtvov opoj t^ uzip Tf^i Tupprj-
2»
— 20 —
Aesis und Rubico (jetzt Fiumicino) ^) mit seinem llauplorle , der
486=268 gegründeten Colonie Ariminum , gehört nicht mehr zu
Italien, sondern führt den Namen ager Gtillicus'^) oder provinvia
Ariminum'^). Es ist l)ekannt, dass dies in der Folge geändert
wurde, und dass, als im Jahre 59 v. Chr. CUsar durch die kx
Vatinia die gallischen Provinzen erhielt ''), der Rubico die Grenze
Italiens bildete^), so dass die südlichste Stadt Galliens Ravenna,
die nördlichste Stadt auf der Ostseite Italiens Ariminum war^);
über die Zeit aber, wann diese Veränderung eintrat, wird ebenso
wenig etwas berichtet, als über den Ursprung der Provinz Gal-
lia cisalpina^ in welchem aller Wahrscheinlichkeit nach die Ver-
anlassung der neuen Grenzbeslimmung zu suchen ist. Dies Land,
welches die Römer im J. 503 = 191 in ihre Gewalt bekamen") und
seitdem durch Anlage verschiedener Colonien sicherten ^) , wurde
unzweifelhaft nicht sofort einem eigenen Statthalter übergeben,
sondern lange Zeit, wie Italien, von den römischen Rehörden ver-
waltet ; wer es zuerst von Italien trennte, ist eine streitige Frage,
über welche man die verschiedensten Vermuthungen aufgestellt
hat'«*); nach Mommsens Ansicht war es Sulla, der im J. 673=81
vta? aTreoeostvtxo xal 6 Aict? Trötafxo;, uaxepov 0£ 6 'Poußixujv. p. 227: TxpÖTepov
fi^v Y^ '^0'' Aiotv Ittoiouvto opiov, TcdXtv 8s xov 'Pou^i'/vOuva 7TOTa[j.ov.
1) L. Tonini Rimini avanti il principio delV era volgare, Rimini 1848. 8
p. 82.
2) Liv, 24, 10, 3 : iussique in provinciis manere TL Gracchus Luceriae,
C. Terentius Varro in agro Piceno, M\ Pomponius in Qallico.
3) Liv. 24, 44, 2; 28, 38, 13 (Jahr 205 v. Chr.): tum praetoriae provin-
ciae in sortem coniectae. Vrbana Cn. Servilio obtigit, Ariminum (ita Galliam ap-
pellabant^ Sp. Lucretio , Sicilia L. Aemilio, Cn. Octavio Sardinia. Vgl. Voigt
Jus natunde 2, 357 ff.
4) Suet. Caes. 22: et initio quidem Galliam Cisalpinam Illyrico adiecto lege
Vatinia accepit. Dio Cass. 38, 8. Appian. B. C. 2, 13. Vell. 2, 44.
5) Cic. Phil. 6, 3, 5 : an ille id faciat , quod paulo ante decretum est , ut
exercitum citra fumen Rubiconem, qui finis est Galliae, educeret? Suet. Caes. 31.
Plut. Caes. 20. 32. Appian. B. C. 2, 35. Lucan. 1, 185 ff. Plin. N. H. 3, 115.
6) Appian. B. C. 2, 32, 35.
7) Liv. 36, 38.
8} Mommsen R. G. 1«, 670. 677. A. W. Zumpt De Gallia Romanorum pro-
vincia in Studia Romana, Berol. 1859. 8 p. 5 ff.
9) Pighius Annal. Vol. II p. 140 datirt die Provinz von 217 v. Chr.; Voigt
lus nat. 2 p. 359 und ihm folgend Walter Gesch. d. R. Rechts 1 § 245 neh-
men an, dass die Provinz Ariminum 548=206 eingerichtet und dann allmählich
zu der Provinz Gallia Cisalpina erweitert worden sei; allein das ist durch Zumpt
a. a. 0. ausser Frage gestellt, dass das cisalpinische Gallien zu den Provinzen,
welche jährlich einen besondern Statthalter erhielten, wenigstens bis auf die Zeit
des Sulla nicht gehörte. Auch die von Zumpt noch nicht benutzte Stelle des
Granius Licinianus p. 39 Bonn. : data erat et Sullae provincia Gallia cisalpina
widerspricht dem nicht; sie bezieht sich auf das Jahr 89, in welchem Sulla
— 21 —
sowohl die Einrichtung der cisalpinischen Provinz als die Erwei-
lei'ung Italiens bis zum Rubico vollzog') ; und in der That scheint
die Reihe regelniässiger Stalthalter der Provinz Gallia cisalpina
schon mit dieser Zeit zu beginnen 2). Dieselbe dauert aber nur
bis zum J. 712 = 42, in welchem die Provinz wieder aufgeho-
ben 3) und die Grenze Italiens nördlich bis zu den Alpen, östlich
bis zu dem Flusse Formio (jetzt Risnno) bei Tergeste (Triest)
vorgeschoben wurde *), bis endlich Augustus bei der Eintheilung
Italiens in \ 1 Regionen die zehnte Region (Venetien und llistrieti)
noch weiter südöstlich bis zum Flusse Arsia ausdehnte'').
Auf diesen Umfanc; Italiens wird sich die nachfolgende Erör- Geschicht-
" ^ hebe Eut-
terung der politischen Zustände desselben beziehen, bei welcher Wickelung.
wir drei Perioden unterscheiden, von denen die erste mit der
allmählichen Unterwerfung der italischen Völkerschaften, die zweite
mit der lex Julia (604=90) und Plautia Papiria (605=89), die
dritte mit der Regioneneintheilung des Augustus beginnt.
Legat des Consuls L. Cato war (Driimann 2, 433), so dass damals wie früher
(Jallia cisalpina unter einem der Consuln selbst stand. Wenn aber Zumpt p. 70
die Einrichtung der Provinz erst der lex Vatinia (59) zuschreibt, so scheint mir
diese Annahme zu weit zu gehn und auch mit den historischen Zeugnissen
schwer zu vereinigen. Borghesis Untersuchung bei Tonini a. a 0. p. 151 ff. hat
ebenfalls zu keinem sicheren Resultate geführt. S. Mommsen C. 1. L. I n. 583.
1) Mommsen K. G. 2, 3G1 Anm. erinnert namentlich daran, dass Sulla das
pomoerium erweiterte , was nur geschah , wenn die italische Grenze vorgerückt
wurde. Seneca de brevitate vit. 13 : Sullain ultimum Romanorum protulisse pomoe-
rium , quod nunquam provinciali sed Italico agro adquisito proferre moris apud
antiquos fuit. Dio Cass. 43, 50. Tac. Ann. 12, 23. Der Mommsenschcn Ansicht
ist auch Lange liöm. Alterth. 3, IGO.
2) So heisst im J. 72 Cassius 6 t-^; rept Ildoov FaXaTia; OTparr^Y^i ''^"*'-
Crasn. 9 und im J. 02 verwaltete Q. Metelltis Ccler, nachdem er 63 praetor gewe-
sen war, (luUia cisalpina als propraetor. Cic. ad fam. 5, 1 und 2. Plin. N. II.
2, 170. Mola 3, 5 p. 72, 22 Parthey. Dio Cass. 37, 33. Drumann 2, 26.
3j Mommsen C. /. L. 1 p. 118.
4) Plin. N. H. 3, 127 nennt den Formio anliquun auctae Italiae terminus.
Vgl. Ptolem. 3, 1, 27.
5) Plin. iV. //. 3, 44. 129. 132. 150. Mommsen C. I. L. V. I p. 1. Vgl.
Strabo 5 p. 210: ^>'j^e o£ ttote, rxrp' ou (JiCTdoocav 'Pu)|j.cxiot to(: iTaXtoiTaic t^v
iaoTTo/.iTeiav, 2oo;e y.at T015 iuzrji 'AXTreojv FaXaTottc vtal 'FiVeToT; tVjv auT^jv
a;:ovei(xat TtjXT,"^, 7:f>0(;aYopeüoat hi xal 'ItaXiwTa; Kctvtas xcii 'l*(u|Aa(ou;.
Erste Periode.
Italien vor der lex Jvlia *) .
Erweiterung Bei den crstcii Erweilerunüen des römischen Stadtgebietes
der Stadt- ,. , , , ^ ..... ,. r
gemeinde waren die benachbarten Gaue völlig in dasselbe aulgenonmien
worden ; mochten die Ueberwundenen nach Rom ziehn 2) oder
auf dem Lande bleiben, so bildeten sie einen Zuwachs der Stadt-
bevölkerung und wurden in ältester Zeit dienten des Königs,
1) Für die Behandlung der staatsrechtlichen Fragen , welche in diesem Ab-
schnitte zu erledigen sind , liegt eine ebenso grosse Schwierigkeit vor in dem
ärmlichen und unzureichenden Quellenmaterial wie in der Masse neuerer For-
schungen , welche , zum Theil mit ausserordentlichem Scharfsinn durchgeführt,
doch zu ganz disparaten Ergebnissen gelangt sind. Es war unmöglich in den
engen Grenzen eines Handbuches auf eine Kritik dieser Ansichten einzugehn,
und es schien mir zweckmässiger, den Zusammenhang der Thatsachen, wie ich
ihn auffasse, bestimmt und vielleicht einseitig darzustellen , als durch eine Ge-
genüberstellung entgegengesetzter Behauptungen den , welcher sich zuerst über
diese Fragen orientiren will , zu verwirren. Bei weiterer eigener Forschung ist
auf die folgende Literatur zurückzugohn : Sigonius de antiquo iure populi Ro-
mani, Lips. et Halae 1715. 8. Vol. I p. 342 ff. Spanhemii Orbis Romanus
ed. Heineccius, Hai. et Lips. 1728. 4. I c. 7. J. Wasteau de iure et iuriad. mu-
nicip. Lugd. Bat. 1727, auch in Oelrichs Thes. diss. II, 2 p. 233 ff. Trekell
Selectarum aniiquitatum pars prima , Hagae Comit. 1744. 8. Mazochii Commen-
tariorum in aeneas tabulas Heracleenses P. I et II. Neapel. 1754. fol. p. 389 ff.
Niebuhr R. G. 2, 56 ff. Madvig de iure et condicione coloniarum populi Romani
in dessen Opusc. Havniae 1834 p. 208 ff. C. G. Zumpt lieber den Unterschied
der Benennungen Municipium, Colonia, Praefectura im röm. Staatsrecht; in den
Abh. der Berliner Acad. Hist. phil. Classe 1839, auch einzeln abgedruckt mit
der Abh. über die Ritter , 1840. 4. Chr. N. Grauer De re municipali Romano-
rum particula im Programm der Kieler Universität 1840. Peter Das Verhältniss
Roms zu den besiegten italischen Städten und Völkern bis zur lex Julia im J.
90 V. Chr. in Zeitschr. für Alterthumswiss. 1844 N. 25 — 28. Rubino Ueber
die Bedeutung der Ausdrücke municipium und municeps , in Zeitschr. f. Alter-
thumswiss. 1844 N. 109—111; 121 — 124. 1847 N. 86. 87. 100. 101. 121—123.
Kiene Der röm. Bundesgenossenkrieg, Leipz. 1845. 8. Rein Diss. de Romano-
rum municipiis, Eisenach 1847. 4 und in Paulys Realencycl. 5, 212 ff. Kiene
in Zeitschr. f. Alterthumswiss. 1849 p. 219 ff. Kuhn in der inhaltreichen Re-
cension der ersten Ausgabe dieses Bandes (Zeitschr. f. Alterthumswiss. 1854
N. 57 — 59; 67 — -69), deren Ergebnisse ich im Einzelnen dankbar benutze, in
Betreff der Municipien mir aber nicht habe aneignen können ; Voigt Das ius civile
und ius gentium der Römer, Leipzig 1858. 8 S. 280. Walter G. d. R. Rechts § 80 flf.
Puchta Institutionen § 60 ff. A. W. Zumpt De propagatione civitatis Rom. in
Studia Romana, Berol. 1859. 8 p. 364 ff. Mommsen Die röm. Tribus S. 157.
R. G. 13, 339. 349 und besonders Gesch. d. Röm. Münzwesens, Berlin 1860. 8
S. 308 ff. Haeckermann Sententiarum aliquot de municipiis Romanorum post Nie-
buhrium propositarum examinatio, Stolp. 1861. 4. Dubois Essai sur les municipes
dans le droit romain, Paris 1862. 8. Zoeller De civitate sine suffragio et muni-
cipio Romanorum, Heidelberg 1866. 4. Vilatte De propagatione civ. Rom. Bonn
1870. 8.
2) So die Albaner unter TuUus Hostilius Liv. 1, 29. 30. Dionys. 3, 31 ;
die Einwohner von Politorium unter Ancus Liv. 1, 33.
— 23 —
hernach römische Plebejer i), insofern nicht, was unter den Kö-
nigen und in den ersten Jahren der Repubhk vorkam, ein Theil
der anziehenden Famihcn unter den Patriciern Aufnahme fand 2).
Nach der Eroberung von Alba longa trat Rom in ein aequum Latiner-
foedus mit den Latinern, welche damals eine Eidgenossenschaft
von 30 Städten bildeten 3), deren Vorort Alba gewesen war^).
In dessen Stelle tretend erhob Rom von Anfang an den Anspruch
auf ein Protectorat des Rundes; das Widerstreben der Latiner
führte zum Kriege^), und die Reendigung desselben unter Tarqui-
nius Priscus hatte die Folge, dass die Latiner zwar dem Namen
nach ou}X{xa)(oi blieben, aber factisch von Rom abhängig wurden ^j.
Durch die Anlegung eines gemeinsamen Ileiligthums auf dem Avcn-
tinus , welches den früheren Zusammenkunftsort der Rundesmit-
glieder am Quelle der Ferentina im Albanergebirge ^) zu ersetzen
bestimmt war, bezeichnete Servius Tullius zuerst die neue Hege-
monie Roms^), weiche Tarquinius Superbus in eine völlige Ober-
herrschaft verwandelte'-'). Die Demüthigung Roms durch Persona
(2i.7 = 507) gab indessen den Latinern Gelegenheit, das ihnen
aufgedrungene Joch abzuschütteln, und der im J. 258=496 be-
gonnene Krieg, wenn auch vorläufig durch die Schlacht am See
Regillus zu Gunsten der Römer entschieden, führte doch am Ende
im J. 261 = 493 zu der Erneuerunc; des Ründnisses durch Spu- Buudniss
^ ' desSpurius
rius Cassius*^)^ in welchem ewiger Friede zwischen beiden Gon- fassius.
1) Mommsen R. G, 1, 88. Köm. Forschungen 1, 338.
2) Liv. 1, 30: principes Albanorum in patres — leyit^ Tullios , ServUioSj
Quinctios, Geganios, Curiatios, Cloelios. Im J. 250 — 504 wurde der Sabiiier Attus
Clausus unter die Patricier aufgenommen. Liv. 2, 16. Dionys. 5, 4ü. Plut. Publ.
21. Suet. Tib. 1. Tac. Ann. 4, 9; 11, 23.
3) Dionys. 5, 61. Mommsen R. G. 1, 337 Anm.
4) Dionys. 3, 10. 11. 31. Liv. 1, 52, 2. Festus p. 241, 10.
5) Dionys. 3, 34.
6) Filvat cpiÄou; 'P(M(Aauov -/.ctl 0'j(X(ji,a5^o'j; aTtavxa rpaTTovxa; oaa av dxeivot
■AeXe'JWJiv sagt Dionys. ;», 54. Vgl. Liv 1, 35 — 38.
7) Dionys. 3, 34. 51.
't^) Liv. 1, 45: ea erat confessio , cnput rei'um Roniarn esse, de quo totits
armiH certntuni fuerat.
9j Cic. de rep. 2, 24, 44: omne Latium bello devicit. Liv, i, 52. Dionys.
4, 49. Vgl. I,iv. 1, 50—52. Dionys. 4, 45—48.
10) Liv. 2. 33. Cic. pr. Halb. 23, 53. Dionys. 6, 95. Die Worte des Bünd-
nisses sind: 'P(a(Aaioi(; xat Toti; AaTtvü)v 7t»5Xeoiv airaoat; elp-rjvTj Kp6; öXXVjXoy;
li'ui \U/rjii av o'jpav«5; re xctt -^i] r^iV aOxVjv axotaiv iymoi ' xai jJ^^xe aiixol ko-
Xe(i.etx(«'3'iv rpo; dX).TjXou; , |i,r,x' aXXoOev 7roXe(A{ouc iT^afhotoaLw, \ii]xt xoi; ini-
cp£po'j3t Tt'^XeiAOv 6oo'j; Trapcy^xojaav äa'^potXei;, jSoTjOelxtwadv xc xoic TroXe|xou(A£votc
aTidorj ?/jvd(Aet, Xa'f6p(«v xc Wt Xe(a; r?); dx T:oXi|Atuv xotv&v x^ toov XaY/ctvf-
xwa'jtv (i.£po; exdxepoi * xd)v xe iotuixtxojv oj|A[ioXa(ojv al xploei; ^v -fjixjpai;
■yiYväaöüiaav *ji%n, Kap' oU Äv fisrj[zoii t6 oufJißöXaiov.
trahenten, gegenseitiger Bcisland im Kriege, gleicher Antheil an
der Beute, Wechsel des 0!)crbefeljls ül)er das Heer zwischen
beiden Theilen i) , eine Bestimmung über Geld- und Plandge-
schilftc^) und ein gerichtUches Verfaiiren für Processe aus Con-
tracten festgesetzt wurde. Das ist das aeqiaun foedus , weiches
isopoiitie. von Üionysius als Isopolitie bezeichnet wird '^) , d. h. als ein
Ucchtsverhaltniss, nach welchem den Mitgliedern zweier oder
mehrerer selbständiger und von einander unal)hangiger Staaten
gleiche Fähigkeit zu Erwerb von Grundbesitz und beweglichem
Vermögen (commercium)^ zur Schliessung von Ehen (conmibium)
und zur Niederlassung in jeder der Bundesstädte zugestanden
wird*). Das Commercium haben die Latiner sowohl unter sich
als mit den Bömern unzweifelhaft gehabt-^) ; connubium bestand
zwischen den latinischen Städten ebenfalls"), und auch zwischen
Bom und Latium wird es unter denjenigen Beschränkungen be-
standen haben, welche zu einer Zeit, wo in Bom selbst zwischen
1) Festus p. 241 nach Müllers Lesung : praetor ad portain nunc salutatur
is, qui in provinciam pro praetore a%d pro consule exit : cuius rei morem ait fuisse
Cincius in libro de consulum potestate talem: Albanos verum potitos usque ad Tul-
lum regem; Alba deinde diruta usque ad P. Deciuni Murem cos. popuLos Latinos
ad Caput Ferentinae, quod est sub monte Albano , consulere solitos et imperium
comm.uni consilio administrare. Itaque quo anno Romanos imperatores ad exercitum
mittere oporteret iussu nominis Latini, compiures nostros in Capitolio a sole Oriente
auspiciis operam dare solitos ubi aves addixissent , rnititeni illum, qui a communi
Latio missus esset , illum , quem aves addixerant , praetorem salutare solitum , qui
eam provinciam optineret praetor is nomine.
2) Festus p. 166b, 24: item in foedere Latino : ,,pecuniam quis nancitor,
habeto^'^ et: ,,si quid piynoris nanciscitur, sibi habeto/''
3) Dionys. 8, 70: Aoctivou? — sie, cptXoxYjxa O'jVTjYaYS tfj? (aoTroXtxeia? [j.e-
Taoo6?. 8, 74: "Epvtxa? (jisv y^P ~^-^^^ Aaxivouc, olc, vetoaxi 060(6xa[X£V xtjv iaoTto-
Xixeiav — . 8, 76: xoi? oe looTToXixat? ; ebenso wird 8, 77 mit Sylburg und Nie-
buhr K. G. 2, 56 zu lesen sein: Aaxivouc [J-sv Tipuixov , ot<; ä-e/pTj TroXtxeta?
xot^^-rj; d^ttoilfjvat, (A£Y'^ £Üx6yr^|xa Tf^YO'jfxsvot?, ei y.al xauxi]; xuyoiev, oü |j.6vov f^v
•^xo'jv iooTToXtxeiav (der Cod. L'rbinas hat TtoXixeiav) ünazoc, cüv dyapioaxo , dXX'
£xi xat xöjv ix xoü 7toX£(j.oü Xacpupojv £av '/.oivrj -^i^rixai axpax£ici x-rjv xpixTjv
dt^T]Cfioaxo oiooai}at. Vgl. 7, 53. 6, 63.
4) Hauptquelle für die Deftnition der Isopolitie ist der Vertrag der cretisclien
Gemeinden der 'l£pa7r6xvioi und Ilpiavoiot. C. I. Gr. 2556: 'kpaTi'Jxvioi? xal Dpiav-
oioi; rj[j.ev Tiap' dXXöcXoi; bo7:oXix£iav xal dTTtYap.ta? {connubium') -mi Evxx-rjoiv {com-
mercium') y,ai fxsxoydv %ai {)£i(uv xal dvilpcuTrivouv rrdvxojv, 8coi xa £(uvxt £'{j,cp'jXoi Tiap'
ev.axEpoii;, xal TtcuXovxa? xal cuvojjj-svoi; xal 6av£tCovxa; xoct oav£iCo[J.£vo? xal xdXXa
Tidvxa auvctXXdoaovxa; y.'jptoc ■pjfXEV /.axd x6; UTidpyovxa!; Tiap' £xax£poi? sö\xoz.
d^eaxw o£ xo~) x£ 'kpar'jxvuu a7T£ip£v iv xä Opiavoia xai xfTj npiavatET £v xä
'Upa-'jxvia , 5io(öai xd xfiXea xaftd-£p ot d'XXot -oXixat xaxd x6; v6[ji.o; x6? r/.a-
x£pTf] x£i[j.£vo;. X. X. X. Vgl. den ähnlichen Vertrag zwischen Alloria und Creta
und Faros n. 2557. Viel häufiger wird einzelnen Personen die Isopolitie ertheilt.
5) Walter G. d. R. lt. § 227.
6) Es wurde im J. 338 aufgehoben, bestand also vorher. Liv. 8, 14. 9, 43.
— 25 -
Pntriciern und Plebejern ö'u) Ehegemeinschaft ausgeschlossen war,
vorausgesetzt werden müssen i) ; auf die Niederlassung von Lali-
nern in Rom werden w ir später zurückkommen , hier erwähnen
wir nur, dass den in Rom angesiedeilen Latinern sogar ein be-
schränktes Stimmrecht in den Tributcomilien und zwar in einer ^^i^j^'iJJgJ
für sie besonders ausgeloosten Tribus gestattet wurde 2). Der i"^<>"-
durch den Cassianischen Vertrag aufs Neue constituirte Bund, in
welchen im J. 268=486 als drittes Glied die Herniker aufgenom-
men wurden^), bestand etwa 100 Jahre; im J. 365=389 traten
die Latiner wie die Herniker aus demselben aus, um sich mit
den Volskern gegen Rom zu erheben ^] ; es gelang im J. 396
=358 nochmals das Bündniss herzustellen'^), und im ersten sam-
nitischen Kriege (411=343) hielten anfangs, wie es scheint, die
Latiner zu den Römern : als die letzteren zwei Jahre später einen
einseitigen Frieden mit Samnium abschlössen , führten sie ihrer-
seits den Krieg weiter fort, zugleich gegen Rom eine feindliche
Stellung einnehmend, bis endlich ihre Forderung, einer der Con-
suln solle immer ein Latiner sein, im J. 414=340 den latinischen
Krieg veranlasste*'), dessen siegreiche Beendigung im J. 416 = 33S
uns zum erstenmal einen Einblick in die politischen Grundsätze
1) Mommsen K, G. I, 40. 104 nimmt an ,,dass jeder Vollbürger einer lati-
iiischen Gemeinde mit jeder latinischen Vollbürgerin eine echte Ehe abschliesscn
konnte." Vgl. Walter ^87 Anm. 21. Voigt Das ius civile und ius yentium der
liömer S. 140 f.
2) Leber diesen vielbesprochenen Satz s. die Literatur bei Rein in Paulys
Hcalencyclopädie 4, 817. Dionysius 8, 72 redet von dem Stimmrecht der in Rom
angesiedelten Latiner schon im J. 208=186: xal (xeTe7:£|xz£T0 (6 Koiaoio;) Aaxt-
vojv Te xal 'Epvr/ojv (diese waren eben in den latinischen Bund aufgenommen
worden) göo-j; douvato TtXeioxo'j; ^7:1 ttjV 'l/r^cpo'^oplav , oi 0£ O'jvr^soocv dHpoot,
•/.at Ol' ÖXiYO'j (j-eoT-^j $iv(«v y^v yj ttoXi; • xaD-ca (xa^obv 6 O'je[j^v^ioi xr^puT-
xeiv i-Ai'Kfjoe v.axa xou; oxevoiTToO; dmi^ai xo'j; |Ai, vcaxoivto^ivxa; dv x^ r.oKei, r
später (042=212) Liv. 2'\, 3, 16: testibus datis tribuni popuLum summoventnt,
sitellatjue lata est, ut sortirentur, uhi Latini suffragium ferrent, und noch später
Appian. Ti. C. 1,23: xal xo-j; Aaxi'vo'j; ir.i rdvxa ivAlti xd 'Pto.aaituv (h Fpa^/o;),
— — xöiv 5e sxcoojv ou(/[xd/(!)V, ot; o'j% iqf^u •j'fj'fov dv xai; 'Poj|JLa(<ov yeipoxo-
v(at; 'fipetv, iotoou cp^ostv 'dr.b xo-jJ^e — — dcp' n> o-?) (AdXioxa ■)) ßr/jX-fj otaxa-
P'/./Uei'sa xo'j; Ozdxou; i'/iO.vj'st Trpoypd'l'at , |j,YjO£va xör; o'j cpepövxojv 'l'Yjopov
irtOT^(i.6iv x:^ r/;Xei. Vgl. Niobuhr K. ri 2, 86. 89; 3, 620. Walter ^ '227.
Mommsen R. G. 1, 332. Zumpt Slud. Rom. p. 291—295. 344 ff.
3) Diony». 8, 69. 72. 74; 9, 2. Sie dienen daher mit den Latinern im
römischen Meere, Dinnys. 0, 15. 16. Liv. 2, 64, 3. 4. 0. 6. 22, und die Reute
wird nunmehr in drei Theile getlieiit. Dionys. a. a. 0. Plin. A^. //. 34, 20: La-
tiTU)H, quibua ex foedere tertiaa praedae populua Romanua praettabat.
4) Liv. 6, 2. 10 IT.
5) Liv. 7, 12; 8, 2. Niehulir R. <J. 3, 102 flf.
6) Ich vcrweiüo auf dio Ausführung von Mouimben R. (i. 1, 329—341.
eröffnet, welche die Römer bis dahin nur in einzelnen Fällen und
ausserhall) ihrer bundesrechtlichen Verpflichtungen halten zur
Anwendung bringen können, von dieser Zeit an aber bei der
Organisation ihrer ferneren italischen und ausseritalischen Erobe-
EöSosung runcen mit Consequenz durchführten. Der latinische Bund wurde
MsLatiiier-
bnndos. als politischer Körpcr aufgclöst und behielt nur als religiöse Fest-
gemeinschaft sein Bestehen ; die Verbindungen der eroberten
Städte unter einander, die Befugniss zu gemeinsamen Versamm-
lungen [concilia) , zu gegenseitiger Eheschliessung (connubium)
und civilrechtlichcm Verkehr [commercium) wurden aufgehoben i)
und jede Stadt einzeln in ein bestimmtes aber keineswegs gleiches
Rechtsvcrhältniss zu Rom gesetzt, um auch durch diese Ungleich-
heit der politischen Lage jede Gemeinsamkeit der Interessen fern
verhäjtniöse zu halten. Unter den italischen Staaten lassen sich seitdem zwei
Italiens nach
derAufiö- Hauptclasscn unterscheiden, nämlich solche , welche das römische
snng.
Bürgerrecht theilweise oder ganz erhielten, und solche, die durch
ein foedus in ihrer Selbständigkeit anerkannt und nur zu be-
stimmten Leistungen, namentlich zur Stellung von Truppen ver-
pflichtet waren. Zu der ersten Classe gehören einmal die Muni-
cipien und zweitens die römischen Bürgercolonien , zu der zweiten
die civitates foederatae und insbesondre die zu denselben zu
rechnenden coloniae Latinae. Von diesen vier Arten von Städten,
über deren innere Verfassung später die Rede sein wird, haben
wir hier in ihrer Beziehung zu Rom einzeln zu handeln.
me.yinm- ]. Muiiiciptci. W^eder die Etymologie des Wortes muni-
ceps , welches im Alterthum auf mimus capere oder capessere im
Sinne von munere fungi zurückgeführt ^) , in neuerer Zeit von
rhunus capere ,, Geschenk erhalten" ^j abgeleitet und auf das ius
1) Liv. 8, 14 : principes senatus relationern consulis de summa verum, lau-
dare, sed quum aliorum causa alia esset , ita expediri posse consilium dicere , ut
pro merito cuiusque statueretur, si de slnguUs nominatim referrent populis (es fol-
gen die einzelnen Bedingungen). Ceteris Latinis populis connubia commerciaque
et concilia inter se ademerunt. Ebenso erging es 448=306 den Anagninern. Liv.
9, 43, 24 : Hernicorum tribus populis, Aletrinati, Verulano, Ferentinati, quia ma-
luerunt quam civitatem, suae leges redditae (d. h. sie blieben föderirte Städte),
connubiumque inter ipsos, quod aliquamdiu soli Hernicorum habuerant, permissum,
Anayninis quique arma Romanis intulerant, civitas sine suffragii latione data;
concilia connubiaque adempta.
2) Gelliiis 16, 13: municipes ergo sunt cives Romani ex municipiis , legibus
suis et suo iure utentes^ muneris tantum cum populo Romano honorarii participes^
a quo munere capessendo appellati vidtntur. Yario de L. L. 5 § 179 Müll.
Llpian. Big. 50, 1, 1 § 1. Paulus Dig. öO, 16, 18.
3) Rudorff im Berliner Lectionscatalog, Winter 1848 — 49.
cniia.
— 27 —
hospitn bezogen worden ist, welches zwischen Rom und italischen
Staaten bestand '), noch die unvollkommenen Definitionen dessel-
ben, welche auf uns gekommen sind, geben über den staatsrecht-
lichen Begriff' von municipium genügenden Aufschluss, und wir
haben kein anderes Mittel denselben zu bestimmen, als die That-
sachen, welche seinen Inhalt ausmachen.
Bis zur Mitte des vierten Jahrhunderts der Stadt hatte Rom
die eroberten Ortschaften entweder seiner eigenen Stadtgemeinde
incorporirt oder in den latinischen Bund eintreten lassen. Beides
konnte nicht fortgesetzt werden. Das Zusammenlegen von Ge-
meinden oder, um mich eines griechischen Ausdrucks zu bedie-
nen, der Synoikismos, hat seine natürliche Grenze und die poli-
tische Gleichberechtigung des latinischen Bundes war für die
Machtcnlwickclung Boms eine so unerträgliche Schranke gewor-
den , dass sie unter allen Umständen gebrochen werden musste.
Es war eine Aenderunc der bisherisen Politik Geboten und diese Aenderung
° ÖD derrömi-
becinnt wirklich um das Jahr 370 = 384 und kommt zur vollen «^.V.«
'^ Politik.
Ausführung im J. 416=338; sie bestand darin, dass erstens die-
jenigen Orte, welche das Bürgerrecht nicht erhielten, nur zu Rom
selbst in ein Bundesverhältniss traten , ohne unter sich irgend-
welche Verbindung zu haben 2) ^ und dass zweitens die Einwohner
derjenigen Orte, welche man in das Bürgerrecht aufnahm, nicht
mehr nach Rom übersiedelten , sondern fortfuhren eine eigene,
freilich unselbständige und von Rom aus constituirte Stadt- oder
Dorfgemeinde zu bilden. Es begann somit in Beziehung auf die
Ertheilung des Bürgerrechtes schon damals das Verfahren, welches
wir später in den Provinzen beobachtet sehen ^) . Man Hess die
1) Wie nämlich Privatgastfreunde sich beim Abschiede ein ^eviov schenken,
80 erhalten hospites puhlici und legati in Rom ausser Wohnung und Beköstigung
(lauti(i) ein Abschiedsgeschenk. S. die von Rudorff angeführten Stellen Liv. 28,
:J9; 30, 17; 33, 24; 3;'), 23; 42, 6. 19; 43, 5. (1. 8; 44, 14; 45, 42 und das
SCtum de AscUpiade Clazmnenio C. I. L. I n. 203. Vgl. Mommscn Die röm.
Tribus S. 159. Derselbe Das röm. Gastrecht und die röm. Clientel in v. Sybels
Hist. Zeitschr, I, 2 S. 2H2 tf. Kin Bezug auf diese Geschenke scheint in der
Definition bei Isidor. Orig. 9, 4, 21 zu liegen: municipes sunt in eodem niuni-
cipio nati, ab officio munerutn dicti , co quod puhlica munia accipiunt^ obgleich
er fortfälirt : muniti enim offiria mnl, undc et immune» dicuntury qui nuUum
gerunt officium, was auf die S. 20 Anm. 2 angeführte Erklärung hinauskommt.
2) Man f'.icht die« namentlicli daraus, dass die vor 370 = 384 gegründeten
latinischen ("olonien in dem Verzeichniss der Biitid<\sniitglieder bei Dionys. 5, (>1
stehn, die später »:«igründeten ab«T nicht, 8. iMonimson K. CJ. 1'', 3!{7 Anm.
3) K» ist bekannt, dass im J. 48 n. ('hr. unter dem Kaiser Claiuiitis die
rönilsclieu Bürger der Uallia coiwtta das iua lionurum noch nicht bosassen. T»c.
--.-- 28 —
NcubUrger Thcil nohinon iin den [)rivatrechtlichen Privilegien des
röniischen IJürgors , dem connubiiun und commercium , aber be-
willigte ihnen nicht die politischen Hechte, welche in Rom selbst
ausgeübt wurden, das ins sußragii und das ins honorum^), und
schuf sonnt ein Passivbürgerrecht, welches die Historiker mit dem
wohl nicht officiellen und jedenfalls unvollständigen Ausdruck
civilas sine sulJragio bezeichnen. Der technische Ausdruck für
I^hS'iS'i'iv ^^^^^^ Recht ist vielmehr municipium. Denn wie mancipiu77i oder
des nnuiüi- civHiis, SO wird auch municipium in abstractem wie in concretem
jitniii. ' '
Sinne gebraucht: im ersten bedeutet es das unvollständige Bür-
gerrecht, im zweiten den Ort, welchem dasselbe verliehen ist.
Dass die Geschichtschreiber den Ausdruck im ersten Sinne anzu-
wenden vermeiden, hat seinen Grund in dem Umstände, dass zu
der Zeit, als sie schrieben, das unvollständige Bürgerrecht in
Italien in ein vollständiges übergegangen und der ursprüngliche
Begriff des Municipiums verändert war 2); denn wie Cicero civis
Romanus, municeps Arpinas war, so gehörten damals alle muni-
cipes Italiens zur römischen Vollbürgerschaft -^j . Für die Stadt
aber, in der sie ihren Wohnsitz hatten, war auch fernerhin der
Name municipium von Bedeutung, weil diese, genau gesprochen,
zwar eine respublica (d. h. eine Commune mit Stadtrecht) war,
aber eine civitas im Sinne eines selbständigen Staates nicht ge-
nannt werden konnte^).
Zwei Cliis- i /. 1 • 1 T 1.1 . • • .1
senvon \on Anfang an hatten mdessen die Municipien nicht sämmt-
Municipicu.
Ann. 11, 23: A. Vitellio L. Vipstano consulibus cum de supplendo senatu agita-
retur, primoresque Gallüie, quae Comata appellatur, foedera et civitatem Romanam
pridern assecuti, ius adipiscendorwn in urbe honorum expeterent , multus ea super
re variusque rumer und c. 25 : primi Aedui senatorum in urbe ius adepti sunt.
Hierüber s. Zumpt Stud. Korn. p. 332 ff.
1) Festus p. 142 m.: at Servius ßius aiebat (^municipes) initio fuisse, qui
ea conditione cives Komani fuissent ^ ut semper rem publicum separcitim a populo
Romano haberent, Cumanos, Acerranos , Atellanos , qui aeque cives Romani erant
et in legione rnerebant, sed dignitates non capiebant.
2) Diese Aendenmg bezeichnet ausdrücklich Ulpian Dig. 50, 1, 1 § 1: et
proprie quidem municipes appellaniur muneris participes ^ recepti in civitatem^ ut
munera nobiscum facerent : sed nunc abusive municipes dicimus suae cuiusque ci-
vitatis cives^ ut puta Campanos, Puteolanos.
3) Cic. de leg. 2, 2, 5 : ego mehercule et Uli (^Catoni^ et omnibus munici-
pibus duas esse censeo_ patrias, unam naturae, alteram civitatis, üt ille Cato, quum
esset Tusculi natus, in populi Romani civitatem susceptus est, itaque, quum ortu
Tusculanus esset^ civitate Romanus, habuit alteram loci patriam, alteram iuris.
4) Festus zwar und Ulpian nennen auch das municipium eine civitas, aber
dem Kechtsbegriff nach ist civitas eine politisch selbständige Gemeinde, und das
ist weder eine Colonie noch ein municipium. Dies ist gut erwiesen von Kubino
Zeitschr. f. Alterthumswiss. 1844 S. 872. 1847 S. (384.
— 29 —
lieh eine Comnuinalverfassung , sondern sie zerfielen in zwei
Classen, jenachdetn ihnen dieselbe gegeben oder genommen war.
Zu der ersten Classe gehörte schon 373 = 381 Tusculum ') , seit
401=353 Caere, welches civikis sine sußrngin erhielt 2) und das
eigene Gemeinwesen nicht eingebüsst zu haben scheint^) , seit
416=338 Cumae, Fundi, Formiae, Suessula^)^ vielleicht seil der-
selben Zeit Atella^) und Calatia «) , seit 422=332 Acerrae^), seit
451=303 Arpinum und Trebula^) ; zu der zweiten Classe Anag-
nia^) und ein grosser Theil der Orte, welche als praefecitirae
erwähnt 1^) und weiter unten besonders besprochen werden. Auf
diesen Unterschied bezieht sich das vielbesprochene Excerpt aus
Festus p. 127 M. : municipiiiin - id genus hominum dicitur , qui
qimm Homum venissenty neque cives Romani essent (d. h. welche
nicht in den Tiibuslisten standen ; denn in eine trihns waren die
1) Es heisst bei Cic. pr. Plancio 8, 19 : municipium antiquissimum und ist
in der That das älteste, von dem wir wissen, da es im J. 373=381 bereits volles
Bürgerrecht erhielt (Liv. 6, 26, vgl. 6, 36, 2; 8, 14. Val. Max. 7, 3 ext. 9],
nnd schon vorher civitas sine suffragio hatte (Festus p. 127}.
2) Gellius 16, 13 : primos autem municipes sine suffrayii iure Caerites esse
factos (lecepimus concessumque Ulis, ut civitatis honorem quideni caperent, sed ne-
(jotiis tarnen atque oneribus vacarent. — Hinc tnhulae Caerites appellatae versa
vice, in quas censores referri iubebant, quos notae causa suffrayiis privabant. Scho-
liasta Cruquianus ad hör. epist. 1, 6, 62: quae [sacra) quum servassent integra,
pro eo beneficio Caerites civitate donati sunt inwiicipesque facti. At posteaqumn
sunt ausi Romanis rebellare, eis devictis iterumqne civitate donatis ius suffragiorum
ademtum est, censusque eorum in tabulas reiati et a ceterorum censibus remoti sunt.
Strabo f) p. 220 : roXtxeiav -^ä^ o6vTec o-jv. dv^Ypa-l'av eU to'j; TioXita?, dXXd xai
TO'j; dXXou? TO'j; {xtj (xeT^/ovrac xf^; bovo{j.ia; eU xd; o^Xxou; ^^topiCov xd;
Kottpexctvwv. Ueber die Zeit s. Liv. 7, 2ü. Dio Cass. fr. 142.
3) Hnbino a. a. 0 S. 883. Mommsen Köm. Münzw. S. 333. Ks ist anzu-
nehmen, dass der in Caere noch unter den Kaisern vorkommende dic.talor und
aedilis (Orelli 3787 = Mommsen /. R. N. 6828) die alten Behörden des Munici-
piums sind. Dem widerspricht indessen das Excerpt des Festus p. 127 M.,
welches Caere zu der zweiten ('lasse rechnet.
4) Diese nennt Liv. 8, 14. vgl. Vellei, 1, 14, 3. Dar senatua Fundunorum
kommt noch nach dieser Zeit vor Liv. 8, 19.
5) Festus p. 131. 142 M.
6j Mommsen Rom. Münzw. S. 335 Anm. 123.
7) Liv. 8, 17. Vellei. 1, 14, 4.
8J Liv, 10, 1. Die aediles in Arpinum (Cic. ad fam. 13, 11, 3. Orelli 571)
sind ebenso wie die dictatores von Tusculnm und Lanuvium als die alten Stadt-
behörden zu betrachten.
9) Liv. 9, 43, 24 vom Jahr 448=306: Anngniniit , quique arma Romanis
intulerant, civitas sine suffragii laliont data: roncilia connuhinque (mit den übri-
gen hernicischen .Städten) ademin et magistrtitibus praeterquam sacromm curalinne
interdictum.
10) I''e.'<tus p. 233: praeferturae cae «ipptlhihinitui in Hat in, in tjuihuH et ins
dicehaiur et nundinae agehantur, et erat qnaednm earum respublira . «r./ur tarnen
mayi$tratu« suos hahebant.
— 30 ~
mum'cipes nicht aufgenommen) ^), participes tarnen fuerunt omnium
rerum ad rnimus fungendum una cum Romanis civibus^), praeter-
quam de suffragio ferenda aut magistratu capiendo , sicnt fuerunl
Fundaniy Formiani ^ Cumani, Acerrani, Lanuvini, Tusculani, qui
post aliquot annos cives Romani eßecfi sunt. Alio modo, quum id
yenus hominum definilur, quorum civitas universa in civitatem
Romanam venit, ut Aricini, Cerites. Anagnini'^). Die beiden Clas-
sen von Municipien, welche in dieser Stelle unterschieden werden,
haben das Gemeinsame, dass die Bürger derselben cives Romani
sine suffragio sind, dagegen ist unter ihnen der Unterschied, dass
die erste Classe den Vorzug hat, eine eigne Gemeinde zu bilden
{ut semper rempublicam separaiim a populo Romano habeient, wie
es an einer andern Stelle des Festus p. 142 M. heisst), während
die zweite keinen Senat, keine Magistrate, keine Volksversamm-
lung hat, sondern als ein viciis von Rom aus regiert wird. Für
beide Classen haben wir ausser den in der angeführten Stelle
genannten Städten ein Beispiel an Capua, welches von Festus
otfenbar absichtlich übergangen wird, in den neueren Forschungen
aber eine ausserordentliche Verwirrung verursacht hat. Capua
erhielt im J. 416=338 die civitas sine suffragio ^)j und da es als
Commune fortbestand, so ist es zu der ersten Classe der Muni-
cipien zu rechnen. Als es aber nach der Schlacht bei Cannae
von Rom abgefallen und 543=21 I wieder unterworfen war, wurde
es in die zweite Classe versetzt und war seitdem, seiner Behör-
den und seines Senats beraubt, nichts als ein receptaculum aralo-
rum und ein locus condendis fructibus^). Das campanische Gebiet
1) Es sind die, von denen Strabo 5 p. 220 sagt : TroXixetav ^ap ^(SvTe; oux
2) Zu diesem munus gehört namentlich der Kriegsdienst im römischen Heere,
wie ausdrücklich bei Festus p. 142 von den municipes gesagt wird : aeque cives
Romani erant et in legione merebant, sed dignitates non capiebant.
3) Von diesen drei Beispielen ist das letzte gesichert durch Liv. 9, 43 ; in
Beziehung auf Aricia berichtet Liv. 8, 14 abweichend: Aricini eodem iure
quo Lanuvini in civitatem recepti und auch Caere scheint nicht in diese Classe
zu gehören, S. oben S. 29 Anm. 3.
4) Liv. 8, 14. Vellei. 1, 14, welcher letztere die Verleihung 420=334 setzt.
5) Cicero de l. agr. 2, 33, 89. Livius 26, 16: ceterum habitari tantum,
ianquam urbem, Capuam frequentarique placuit : corpus nullum civitatis nee sena-
tum nee plebis concilium nee magistratus esse : sine consilio publico , sine imperio
multitudinem, nullius rei inter se sociam, ad eonsensum inhabilem fore : praefectum
ad iura reddenda ab Roma quotannis missuros. Genauer schildert diesen Zustand
Cicero a. a. 0. 32, 88 : statuerunt homines sapientes, si agrum Campanis ademis-
sent, magistratus, publicum ex Uta urbe consilium sustulissent, imaginem reipublicae
nullam reliquissent , nihil fore, quod Capuam timeremus. Seitdem , fährt er fort,
— 31 —
zerfiel in jingi, die uDier magistri pagi standen, und die frühere
Stadt, welche noch immer ein wohlhabender Ort blieb, war eben-
falls zu einem pagiis oder conciUahihim degradirt, in welchem ein
römischer praefectus iure dicundo Recht sprach i) . Die letzlere Stel-
lung Capuas zu Rom ist sicher beglaubigt, die erste dagegen
streitig. Denn auch nach 416 = 338 erscheint die Stadt, welche
un7.weifelhaft Rürgerrecht hatte, in unsern Quellen als eine foederata
civitas'^) ^ und man muss entweder eine zwiefache, sich wider-
sprechende Ueberlieferung über diesen Punkt 3) oder eine unklare
Auffassung desselben in unseren Nachrichten annehmen, zu wel-
cher die Veranlassung allerdings gegeben war. Denn die Stellung
der Halbbürgergemeinden war in der Thal ein Uebergangsver-
hältniss; die Mitglieder derselben werden Römer genannt "*) und
sind es in privatrechtlicher Hinsicht, da sie aber in die römischen
Tribus nicht aufgenommen sind^), sondern eine eigne respublica
bilden'''), so wird von ihnen auch wiedergesagt, dass sie Rürger
in ihrer Stadt "^j, nicht aber in Rom sind^). Sie haben nicht
ist Capua immer ruhig geblieben. 33, 91 : neque enim contionandi potestas erat
cuiquam nee consilii capiundi puhlici j non gloriae cupiditate efferebantur, propterea
quod, ubi honos publice non est, ibi gloriae cupiditas esse non potest.
1) Ueber die campanischen pagi , von welchen uns eine Anzahl Inschriften
erhalten ist, s. Mommsen C. I. L. I p. 159 ff.
2) Socii nennt die Campaner Liv. 9, (i, 5 ; 23, 5, 1 ; 23, 10, 1 ; 25, 18,
19; dass dieser Ausdruck aber in der Zeit, von welcher er ihn braucht, falsch
war, scheint ihm selbst nicht unbekannt gewesen zu sein. Denn wenn er 23,
5, 9 sagt : adiicite ad haec, quod foedus aequum deditia, quod leges vestras, quod
ad extremum — — civitatem nostram magnae parti vestrum dedimus communi-
cavimusque vobiscum, und 31, 31, 10: quam ipsos (^Campunos^ foedere pri-
mum, deinde ronnubio atque cognationibus, postremo civilate nobis coniunxissenius,
so unterscheidet er deutlich die Zeit des aequum foedus, welches sie nach ihrer
Dedition im .1. 411=343, und der Civität, welche sie 416=.338 erhielten.
Vgl. Kubino Zeitschr. f. Alterthumswiss. 1844 S. 972.
3) Momm.sen G. d. K. Münzw. S. 334 Anm. 122. II. Gesch. 13, 345 f.
4) Knnius ann. 174 Vahlen : cives Romani tunc facti sunt Campani. Liv.
8, 14; 20, 33, 10: per senatum agi de Campanis, qui cives Romani sunt, iniussu
populi non rideo posse. Die Truppen der Campaner nennt Polybius 1, 6. 7. 8
l*(o(i.atou;, und unterscheidet sie 2, 24 ebenso wie Liv. 10, 2(5, 14 von den socii
ihm! allgemeiner sagt Festus p. 142: Cumanos , Acerranos , Atellanos, qui aeque
rives Romani erant et in legione merebant. Liv, 8, 17 : Romani facti Acerrani lege
ah L. Papirio praetore lata, qwi civitas sine suffragio data.
5) Strabo 5 p. 220. Formiao, Fundi un<l Arpinum wtirden erst 55()=188,
alfl 8ie volle« Hürgerrecht erhielten, in die Trihiis eingeschrieben. Liv. ;{8, 3ü :
rcgatio perlata est , t/( in Aemilia trihu Formiani et I-Xtndani , in Cornelia Arpi-
nates ferrent, atque in his trihubu» tum primum ex VaUrio plebiscito cenai mnt.
i>) Festus p. 142.
7) Es ist indesKen zu bemerken, das», wenn LiviuH 23, 7; 23, 40; 20, 12;
20, 10; 28, 40 civis Campanus Hagt, di«8 sich auf die Zeit des Abfalls bezieht,
in welcher Capua Autonomie {$ua» Uyea \.\\. 23, 7, Ij hatte und mit den Fu-
uiern verbündet war. öj Festus p. 127 M.
32
Autonomie [suus lc(jes) ^) , wie die löderirten SlaaUn, aber ih
Recht ist für jede Sladt besonders constituirt^) und ihre einhei-
mischen Behörden, z. B. in Capua der Meddix^*), anerkannt; sie
dienen im Heere nicht, wie die Bundesgenossen, unter Präfecten
in Gehörten, sondern, wie die Bömer, unter Tribunen in Legio-
nen, aber da sie nicht nacl» den Tribush'sten ausgehoben werden,
in eignen Legionen ^J , sie bedienen sieh endlich ihrer Landes-
sprache, z. B. die Campaner der oskisehen "'). In Betracht dieser
Sachlage sind Niebuhr und seine Anhänger zu dem Resultate
gelangt, dass unter der eisten Classe der von Festus erwähnten
Municipien selbständige Staaten zu verstehen seien , welche mit
Rom in gegenseitigem Bürgerrecht, d. h. Isopolitie gestanden
hätten ß). Nach seiner Meinung bestand also das Municipium,
wie Walter es formulirt') , darin, ,,dass der Bürger der andern
Stadt, der sich in Rom, oder der Römer, der sich in der andern
Stadt aufhielt oder niederliess, hier aller Vortheile und Lasten
des Landrechts und Bürgerrechts, mit Ausnahme des Stimn) rechts
und des Zutritts zu den öffentlichen Aemtern, theilhaftig wurde,
ohne jedoch Bürger zu sein und ohne das Bürgerrecht seiner
Heimath zu verlieren." Mit dieser Definition aber ist weder das
angeführte Excerpt des Festus, auf dessen falscher Erklärung der
letzte Theil derselben beruht^); noch der Begriff der griechischen
Isopolitie-'), noch endlich der Grundsatz des späteren römischen
1) Liv. 9, 43, 23. 24; 9, 45, 7.
2) Liv. 9, 20. Dass den Municipien, welche ihre eignen Gesetze aufgaben
(Liv. a. a. 0.) , römisches Recht gegeben wurde , ist nicht zu bezweifeln , aber
dies geschah in einer Form, welche den Uebergang des alten Rechtszustandes in
den neuen practisch vermittelte. S. Mommsen G. d. R. Münzw. S. 339.
3) Liv. 24, 19; 27, 6. Schoemann im Progr. der Gre'ifswalder, Univers.
Sommer 1840. Mommsen Die unteritalischen Dialekte, Leipz. 1850 S. 278.
4} Die legio Campana wird erwähnt Liv. epit. 12. 15. Polyb. 1, 7; 2, 24.
Vgl. Liv. 28, 28. Frontin. Strat. 4, 1, 38. Grauer a. a. 0. p. 14. 15.
5) Mommsen Die unteritalischen Dialekte S. 104 ff. J. Friedländer Die
oskischen Münzen, Leipz. 1850 S. 7 ff.
6) Niebuhr R. G. 2, 65.
7) Walter G. d. R. R. § 85.
8) Die Worte neque civea essent (Festus p. 127) bedeuten nicht ,,ohne über-
haupt irgend eine Art des Bürgerrechts zu haben'' wie Walter annimmt, son-
dern ,,ohne Vollbürger zu sein." Denn cives Eomani waren die municipes nach
den S. 30 Anm. 1 S. 31 A. 4 angeführten Zeugnissen.
9) Dies scheint auch Kuhn Zeitschr. f. Alterthumswiss. 1854 S. 4G6 zuzu-
geben, wenn er annimmt, civitas bedeute dreierlei: 1. volles Bürgerrecht, 2. Bür-
gerrecht ohne Stimmrecht, 3. Isopolitie, und die letzte Bedeutung bei Livius
31, 15, 7 tindet, wo in den Worten civitasque Rhodiis data, quemadmodwn Khodil
prius Atheniensibus dederant von Eithieilung gegenseitigen Bürgerrechts die Rede
— 33 —
Rechts vereinbar, dass ein römischer Bürger nicht zugleich Bürger
einer andern selbständigen Stadt sein darf i). Denn die ausführ-
liche Interpretation, welche Cicero an mehreren Stellen von diesem
Satze giebt, lässt keinen Zweifel darüber, dass die griechische
Isopolitie den römischen Gesetzen seiner Zeit widersprechend war.
Gab es aber bis zu dem Latinerkriege zwischen Rom und andern
Staaten ein gegenseitiges Bürgerrecht, und war dies in späterer
Zeit gesetzlich nicht gestattet, so muss in dem römischen Staats-
recht ein anderes Princip in dieser Beziehung zur Geltung ge-
kommen sein , dessen Entstehung seine natürliche Erklärung in
dem Kampfe mit dem latinischen Bunde findet. In der That wird
das Municipalrecht dargestellt als entstanden nicht aus dem aequum
foedus der Latiner, sondern im Gegensatze zu demselben : Tuscu-
lum, eine der 30 latinischen Städte, w^urde durch Verleihung des
Municipalrechts dem latinischen Bunde entfremdet und dem römi-
schen Staate einverleibt 2). Gellius nennt Caere das älteste Muni-
cipium, lässt also diese Classe von Städten 40i=353 entstehen 3),
und Festus wählt a. a. 0. seine Beispiele nicht aus den latinischen
Gemeinden, sondern aus denjenigen, welche seit 370=384 und
namentlich im Jahre 416=338 Municipien geworden waren. Wir
werden also das municipium als eine neue, im Gegensatz zu
dem alten Rechte der Latiner eingeführte Institution zu betrachten
haben, welche in der ersten Zeit mannigfache Vermittelungen mit
den früheren Rechtszuständen der Städte, denen sie verliehen
ward, nöthig machte, und über welche wir darum so unvollständig
Ist, welches Walter nicht statuirt. Uebrigens scheint mir aus der Stelle des Li-
vius nur hervorzugehn , dass die Römer lür Isopolitie gar kein Wort haben; in
der Zeit des Latlnerbundes nennen sie dieselbe aequum foedus , später ist ioo-
iroXixeia nichts als civitas, Bürgerrecht , wie bei Strabo 5 p. 210 : 6^k hi Trote,
dcp' ou (jLexioooav 'P(0{Aaioi xoi; 'iTaXiiuTaii v}^s iaoTToXixeiav, ^oo^e xai xot; ivxö;
"A/.Tewv FaXdixcti? xal fjvexoic xi^^v aux^jv dTXoveijxat xifA-^jv, iipooaYopeuoai Öe xai
'lxaXi(j(>xa5 Tidvxac xal PojjAatou;.
1) Cic. pr. Balbo 11, 28: duarum civitatum civia noster eaae iure eivili
nemo polest. 12, 21) : atqui ceterae civitates omnes non dubitarent nostroa hominea
recipere in auas civitates, si idern nos iuris haberemus, quod ceteri. Sed nos non
posaumus et huius esse civitatis et cuiusvis praeterea, ceteris concesaum est. Itaque
in Graecia civilalihua videmua Alhenia Rhodios, Lacedaemonioa , ceteroa undique
adacribi multarumque eaae eoadem hominea civitatum. Quo errore ductoa vidi
egomet nonnulloa imperitoa hominea, noatroa civca, Athenia in numero iudicum atque
Areopayitarum certa tribu, certo numero, cum iynorarent, si illam civitatem essent
ndepti , hanc se perdidisse. — Peritua vero noatrl moria ac iuria nemo unquam,
qui hanc cixnlatem retinere velUt, in aliam ae civitatem dicavit; 13, 31 ; pr. Cae-
rina 34, 100.
2) LIv. 6, 26. 26.
3) Gell. 1«, 13. *
Köm. Altorth. IV. 3
34 —
Spaterer Be- unterrichtet sind, weil sie in der Periode, welcher wir unsere
griff des ' '
«mmc»i>««wi. N.ichrichten über sie verdanken, nur noch dem Namen nach vor-
handen war. Denn theils in Folge des Einflusses, welchen in
Rom die Democratie allmählich gewann, theils auf Grund der ge-
rechten Ansprüche, welche diese Städte, die die Geiahren und
Anstrengungen der römischen Eroberungskriege theilten , für die
Verbesserung ihrer Lage gemacht haben werden i), wurde den-
selben allen nach und nach das volle Bürgerrecht ertheilt, und
zwar bereits zu einer Zeit, als die verbündeten Städte Italiens
mit denselben Ansprüchen noch nicht hervorzutreten wagten.
Dasselbe erhielten schon 373=381 Tusculum2), 416 = 338 La-
nuvium, Aricia, Nomentum, Pedum^), 486=268 die sabinischen
Gommunen^), 566=188 Arpinum, Fundi, Formiae^), und zu einer
nicht bestimmt angegebenen Zeit Atina ^) und sämmlliche äquische,
hernikische und volskische Städte ') . Durch das so geänderte
Rechtsverhältniss wurde auch der Begriff der municipes ein an-
derer, welcher nunmehr solche Personen bezeichnet, die zwar
der Geburt nach nicht der Stadt Rom angehören, aber cives opiimo
iure und somit in einer römischen Tribus sind^). Hierauf bezieht
sich die dritte Definition in der angeführten Stelle des Paulus-'):
terlio f quum id genus hominum definüur, qui ad civüatem Roma-
nam ita venerunt, ut municipes essent sitae cuiusque civilatis^^) et
coloniae, ut Tiburtes , Praenestini, Pisani, Urbiimtes, Noiani, Bo-
nonienses , Piacentini, Nepesini, Sutrini, Luccnses. Die hier als
Beispiel angeführten Städte sind, wie es scheint, alle erst durch
1) S. Peter in Zeitschr. f. Alterthumswiss. 1844 S. 217.
2) Liv. 6, 26. S. oben S. 29 Anm. 1.
3) Liv. 8, 14.
4) Vellei. 1, 14, 7.
5} Liv. 38, 36.
6) Es hatte Bürgerrecht 652=102. Plin. N. H. 22, 11.
7) Cic. pr. Balbo 13, 31, de off. 1, 11, 35. Ueber diese Städte s. Mommsenii
epistola in T. Livii periochae ed. Jahn p. XXII ff.
8) Diese früheren und späteren municipes unterscheidet die Stelle des Festus
im Cod. Vatie. bei Mommsen Festi codicis quaternio XVI in Abh. d. Berl. Acad.
1864 p. 61 : municeps [est]., ut ait Aelius Gallus , qui in municipio über natus
est ,• item qui ex alio genere hominum m,unus functus est ; item qui in municipio
ex Servitute se liberavit a municipe (d. h. also municeps wird jemand jetzt 1. durch
Geburt, 2. durch Aufnahme, 3. durch Freilassung). At Ser. filius aiebat, initio
fuisse, qui ea conditione cives fuissent, ut semper rempublicam separatim a populo
Romano haberent [videlicet] Cumanos^ Acerranos, Atellanos.
9) Paulus p. 127 Müll.
10) So lesen Niebuhr und Madvig statt der handschriftlichen T-epart nti mn-
nicipia essent sua cuiusque civitatis.
— 35 —
die lex Julia Municipien geworden i) , sie hatten demnach volles
Bürgerrecht und von der Verfassung dieser Municipien, welche
nach der lex Julia noch aHein bestanden , werden wir später
handeln.
2. Römische Colonien^j. Den unterworfenen Völkern Römische
' Colonien.
pflegten die Römer, gleichviel ob denselben ihre Selbständigkeit
gelassen oder die civilas sine suffragio verliehen wurde, einen
Theil ihres Gebietes, und zwar in der Regel ein Drittel desselben
zu nehmen ^) , welches Land entweder ager publicus blieb oder
verkauft 4) oder endlich römischen Colonisten angewiesen wurde.
Die aus ihren Besitzungen vertriebenen Einwohner zogen nach
Rom , im Falle ihnen nicht die Möglichkeit gelassen wurde , in
ihrer Heimath zu bleiben ^) ; die Ansiedlung von Römern aber
hatte vorzüglich den Zweck, die neue Eroberung der römischen-
Herrschaft zu erhalten und geschah somit zunächst aus mili-
tärischen Gründen , da ein stehendes Heer zur Behauptung der
unterworfenen Orte nicht vorhanden war*^) ; erst in der Zeit der
Gracchen sind Colonien zur Versorgung des ärmsten Theiles der
städtischen Bevölkerung angelegt worden'). Da die neue Ansiede-
1) Savigny in Zeitschr. f. geschichtl. Rechtswiss. IX, 3 S. 223. C. G. Zumpt
a. a. 0. Peter a. a. 0. S. 220.
2) lieber die Colonien ist die Hauptuntersuchung Madvig de iure et condi-
cione coloniarum populi Rom. in dessen Opusc. p. 208 ff. Ausserdem handein dar-
über Sigonius de ant. iure Italiae II c. 2 — 5. Spanheim Orb. Rom. 1 o. 9. Trekell
a. a. 0. p. 187 ff. Heyne de vett. colon. iure, Opusc. I p. 290 fi'.; de Romanorum
prudentia in colon. regendis, Opusc. III p. 79 ff. Niehuhr R. G. 2, 48 — 56. Wei-
land de hello Marsico, Berol, 1834 c. 2. Rupert! de coloniis Romanorum, Romae
1834. 4. C. Dumont Essai sur les colonies Romaines, Brüssel 1844. 8. Schmidt
Das Colonialwesen der Römer, Potsdam 1847. 4, Sambeth De Romanorum colo-
niis, Tübingen Pars 1. 2. 1861. 62. 4. Rudorff Rom. Feldmesser 2, 323 ff.
Voigt Jus natur. 2, 337 ff.
3) Dionys. 2, 35. 50. 53. Liv. 10, 1.
4j Hygin. Orom. p. 115 Lachra. : quaestorii autem dicunlur ayri , quos po-
pulus Romanus devictis pulsisque hostibus possedit mandavitque quaestoribus , ut
eos venderent. Vgl. p. 116. 117. 131. 136. 137. 151. 152.
5) S. oben S. 27. Dionys. 2, 35: 6 6e 'FwfAuXo; Tpiaxo(Jiou<; (a^v ÄvSpo;
e(s iy.aTipai dTioixou; diiioxiO.e,^, oi; looaav al rJAtm t^ittjv xXTj(iouyf/Cai (xoipav
TY^; dot'jTüJv rrj;. Kaivixwv Ik v.ai 'AvTe(i,vaTwv xou; ßouXo(i.£vo'j; fxeTaö^oOai r^v
rA-A(^<sv^ e{; 'ra)(AT|V, -jf'jvaiStv a(j.a y.cti tItcvoic |J.er^(YaY^-
ü) Daher heisst die Colouie cp-jXaxV) oder cppoupa (Dionys. 2, 53. 54), die
Colonisten cppoypoi (Dionys. 6, 32. 34, und von ('ruslumcrium heisst es bei dem-
selben 3, 49: Toy Ik \}.r^hvi iii Ttapaxi'Jfjaai vdf^iv irofxou; ajxol; xax^XiTre ' Ptu-
fioloü«.). Vgl. 7, 13. Llv. 1, 56; % 34; 4, 11. Appian. H. l\ 1, 7.
7) Die Ansicht, dass dlo Colonien den Zweck gehabt hätten, die Hefe der
rümiHchen plebs zu versorgen (Roth de re municipali, Stuttgart IHOl p. 5 Anm. )
Ist von Madvig p. 245 Hchlagcnd wldorb'gt worden, d«»r das Boi»pi<'l der Coloni-
satlon von Velitrae 262=492 anülhrt. l)«*i wcl.hcr, als es an freiwilligen Colonen
3*
- 36 -
lung in der Regel an bereits bewohnten Orten und in schon vor-
handenen Gemeinden stattfand ^) , so sind in der Colonie zwei
verschiedene Bestandtheile zu unterscheiden, die Colonisten und
die ursprünglichen, unterworfenen Einwohner. Die ersteren, mei-
stens 300 an Zahl 2), haben unter sich ein der Mutterstadt Rom
nachgebildetes Gemeinwesen ^j , wie denn auch die Zahl selbst
den ursprünglichen 300 römischen gentes analog ist"*). Sie bil-
deten in dem Orte den bevorzugten Stand, wie die Palricier in
Rom ^) , besassen den dritten Theil des zu dem Orte gehörigen
Gebietes, wählten aus sich ihren Senat und ihre Behörden und
blieben, so viel wir erkennen können, auch nach ihrer Ansiede-
lung im Besitze der unverminderten civitas cum suffragio et iure •
lionorum^). Auf sie allein bezieht sich ursprünglich der Begrift
.der Colonie, der die unterworfenen Einwohner nicht mit umfasst').
Im Gegenlheil versuchten die letzteren oftmals ihre Freiheit durch
fehlte, durch das Loos aus dem ganzen Volke die Colonisten bestimmt und durch
Androhung schwerer Strafe gezwungen wurden , an der Colonie Theil zu neh-
men. Dionys. 7, 13. Plut. Coriol. 13. Allerdings benutzte man schon in dem Streite
zwischen Palriciern und Plebejern die Colonien, um die plebs zu beruhigen und
einen Theil derselben zu entfernen (Liv. 5, 24. 6, 16), oder, wie Liv. 8, IG
sagt: ut beneficio praevenirent desiderium plebis, aber dabei ging die Colonie im-
mer in eben erobertes Gebiet und erfüllte so auch ihren eigentlichen Zweck.
1) Was Niebuhr 2, 49 bemerkt, die griechischen Colonien seien durchge-
hends neu erbaute Orte gewesen, die römischen dagegen nicht, erleidet zwar in
Bezug auf die letzteren einige Ausnahmen, da Ostia (Liv. 1, 33) und Signia
(Dionys. 4, 63) neu angelegt wurden, scheint aber auch in den alten Definitio-
nen der Colonie als Regel angenommen zu werden. Siculus Flaccus in Grom.
ed. Lachm. p. 135: coloniae autem inde dittae sunt, quod Romani in ea muni-
cipia miserint colonos , vel ad ipsos priores municipiorum populos coercendos, vel
ad hostium incursus repellendos. Serv. ad Verg. Aen. 1, 12: sane veteres colonias
ita definiunt. Colonia est coetus eorum hominum, qui universi deducti sunt in
locum certum aedificiis munitum , quem certo iure obtinerent. Alii : colonia est,
quae Graece dTrotxta vocatur : dicta autem est a colendo : est autem pars civium
aut sociorum missa, ubi rempublicam habeant ex consensu suae civitatis aut publico
eius populi, unde profecti sunt, consilio. Hae autem coloniae sunt, quae ex con-
sensu publico, non ex secessione sunt conditae. Dionys. 2, 16.
2) Madvig p. 226 und die dort angeführten Stellen Dionys. 2, 35. 53. Liv.
7, 21 ; 32, 29; 34, 45. Doch ist dies nicht ohne Ausnahme geschehen, wie z. B.
Lavici 1500 coloni erhielt Liv. 4, 47.
3) Gellius 16, 13: quasi effigies parvae simulacraque populi Romani.
4) Niebuhr R. G. 2, 55. Madvig p. 225.
5) Niebuhr a. a. 0.
6) Ein directes Zeugniss für diese Ansicht, welche Madvig p. 244 — 254
ausführlich entwickelt und Peter Zeitschr. f. Aiterth. 1844 S. 198, Rein in
Pauly's Realenc. 2, 506, Walter § 219 theilen, ist nicht vorhanden; ebenso we-
nig aber giebt es einen Beweis für die entgegengesetzte Annahme , für welche
sich Kuhn Zeitschr. f. Aiterth. 1854 N. 67. 68 und A. W. Zumpt Studia Rom,
p. 367 erklären.
7) Dionys. 8, 14 : ^tti Ktp-aiav tioXiv, Iv t^ xXyjpou/oi 'Ptofxaioav r,aotv a|jLa
Tou £7if/(üpioti 7ToXtT£u6|jL£vot. Niebuhr 2, 52.
— 37 —
Austreibung oder Ermordung der cohni wieder zu gewinnen *),
woraus zu ersehen ist, dass ihre Lnge sehr ungünstig sein musste.
Etwas Näheres über dieselbe wird nirgends berichtet. Unter den
verschiedenen Ansichten darüber ist indessen die von Madvig die
bei weitem wahrscheinlichste, wonach sie, wie die älteren muni-
cipia, civilas sine suffragio hatten 2). Denn erstens wird ausdrück-
lich erwähnt, dass sie Bürger wurden ^^), was natürlich bei eben
unterworfenen Orten in dem vorhin besprochenen Sinne einer
Unterthänigkeit ohne politische Rechte zu verstehen ist; sodann
gab es für die alten Einwohner keine anderen Behörden, als die
der Colonie, unter welchen sie ebenfalls standen , und kein an-
deres Recht, als das der römischen Colonen'*) , so dass sie in
keinei" Beziehung diesen gegenüber als eine eigene Gemeinde zu
betrachten sind; und endlich würde die Verschmelzung der beiden
Bestandtheile in den Colonien , welche lange vor der lex Julia
eintrat, und durch welche der Begriff der colonia auf die ganze
Bevölkerung derselben ausgedehnt wurde •''), viel schwieriger ei-
folgt sein, wenn die alten Einwohner pereyrini geblieben wären.
So aber erhielten einerseits diese allmählich das volle Bürger-
recht, wie die nmnicipes, andrerseits verloren die Colon isten den
Character einer militärischen Besatzung, welche nach Unterwer-
fung Italiens nicht mehr nölhig war. Das alte Verfahren, neu-
eroberte Länder durch Bürgercolonien zu sichern, haben die Römer
nur noch auf Gallia Cisalpina angewendet, wovon weiter unten
die Rede sein wird ; seit den Gracchen hört dieser ursprüngliche
1) S. Madvig p. 227. So helsst es von Cameria Diouys. 2, 54 : xou; (xev
är^xTeivav xtüv d7rot-/.t»v tou; o i^^ßaXov. So fiel Sora 444=310 zu den Samniten
ab interfectia colonis Romanorum. Liv. 9, 23. Diodor 14, 102.
2) Madvig p. 232—244.
3) Niebuhr 2, 56. S. Dionys. 2, 35. 50; 3, 49. Liv, 8, 14; vgl. 6, 17;
9, 16 und über diese Stellen Rein a. a. O. S. 506 f.
4j S. unten über die Präfecturen.
5) Niebuhr 2, 52: ,, Allein der Spraclig(;braucii iuidtrte sich angemessen,
wenn Colonen und Einwohner zu einer gesamniten Hürgersrhaft verschmolzen,
wie zu Hom Bürger und Gemeinde zu einem gesammten römischen pnpulu«. Ehe
08 zu Honi 80 weit gekommen war, konnte das freilich nicht geschehen, und als
die Patricier den gemischten Ehen noch keine bürgerliche Oültigkeit zugestan-
den, werden sie auch in den nach der P'ornj des alten Hechts gegründeten (Kolo-
nien kein crmnuhium mit den alten Einwohnern, schwerlich nur ein conimercium,
gestattet haben." Die letztere Hemorkung bezieht sich auf die ältesten Colonien
vor Servius Tullins, in welche nur l'ntricior ausgeführt wurden, und von wel-
chen ich absichtlich hier nicht spreche , weil über ihre Verfassung nichts über-
liefert Ist. Für die Colonien der frühonüi IJepublik gicbt die Verfassung der
damaligen Municipien die einzige sichoro Analogie.
— 38 —
Zweck derselben gänzlich auf, und bei neuen Coionisationen ist
nur noch die Versorgung' ärmerer Bürger mnassgebcnd ; bis endlich
seit dem J. 100 v. Chr. *) die Beslimnmng derselben wieder eine
andere wird, nämlich die Belohnung ausgedienter Soldaten durch
einen Ackerbesitz, hi dieser letzten Kntwickelungsperiode, welche
hier nicht in Betracht kommt, stehen die Colonien, nunmehr aus-
schliesslich Militärcolonien, ihrer ursprünglichen Bestimmung zum
Verzeich- gehutze eroberter Länder wieder näher. Das Verzeichniss der
niss der-
selben. BUrgercolonien in Italien, denen wir, um uns hernach darauf zu
beziehen, zugleich die wenigen ausseritalischen bis zum J. 654=
100 hinzufügen, ist nach Madvig und Mommsen folgendes 2) :
1 . Ostia gegründet unter Ancus Marcius ^) .
[Labici 336= 418] 4).
2. Antium 416 = 338 5).
3. Anxur oder Terracina 425=329 6).
4. Minturnae in Campanien,
5. Sinuessa in Campanien, beide 458 ==296^).
6. Sena Gallica in ümbrien,
7. Castrum novum in Piccnum, beide um 471 =283^).
8. Aesium in ümbrien (jetzt Jesi) 507 = 247-*).
9. Alsium in Elrurien 507 = 247 i»).
1) Vellei. 1, 15, 5: in Bagiennis Eporedia (^deducta colonia est) Mario
sextum Valerioque Flacco consulibus . Neque facile memoriae mandaverim, quae,
nisi militaris, post hoc tempus deducta sit. Vgl. Zuinpt comment. epiyr. 1 p. 205.
2) Madvig p. 265. 295 ff. Mommsen K. Münzw. S. 332 ff. Das Verzeichniss
ist, wie Mommsen S. 860 bemerkt, nicht vollständig; denn nach Asconius in
Pison. p. 8 war die 536 = 218 gegründete Colonie die 53ste, wir kennen indess
bis zu diesem Jahre nur 11 Bürger- und 34 latinische, im Ganzen 45 Colo-
nien, so dass hienach 8 unbekannt sind. Viel ist aber auf diese Notiz nicht zu
geben, da der Text des Asconius auf der unkritischen editio princeps beruht.
Madv. p. 300 Anm. 1.
3) Liv. 1, 33; 27, 38. Dionys. 3, 44. Polyb. 6, 2, 9. Cic. de rep. 2, 18, 33.
4) Liv. 4, 47, 7. Die Nachricht ist aber zweifelhaft und Mommsen R. G. 13,
338 glaubt, dass in derselben nur von einer Ackerassignation die Rede ist. Vgl.
Madvig p. 264.
5) Liv. 8, 14; 27, 38; 36, 3. Es war schon seit 287=467 Colonie gewor-
den (Liv. 3, 1. Dionys. 9, 59), aber wahrscheinlich latinische. S. Madvig p. 260.
Mommsen S. 311 Anm. 63.
6) Liv. 8, 21; 27, 38; 36, 3. Velleius setzt sie 1, 14 ins Jahr 427=327.
7) Liv. 10, 21; 27, 38; 36, 3.
8) Das Jahr ist nicht bestimmt überliefert. Für Sena Gallica ergiebt es sich
aus Polyb. 2, 19, 12 ; Castrum , worunter wohl Castrum novum Piceni zu ver-
stehen ist, erwähnt mit Sena und lladria zugleich Liv. ep. 11, während Velleius
1, 14, 8 es in den Beginn des ersten punischen Kriegs, 490 = 264 setzt.
Castrum novum nennt die Colonie Liv. 36, 3.
9) Vellei. 1, 14, 8 wo Aesulum steht. S. Mommsen a. a. O. S. 332 Anm. 113.
10) Vellei. 1, 14, 8. Liv. 27, 38.
-- 39 —
10. Fregenae in Etrurien 509 = 245 1).
11. Pyrgi in Etrurien vor 563=1912,.
\2. Puteoli in Gampanien,
i;{. Volturnuni in Gampanien,
14. Liternum in Gampanien,
15. Salernum in Gampanien,
1 0. Buxentum in Lucanien,
17. Sipontum in Apulien,
i 8. Tempsa in BruUiis,
19. Groton in ßruttiis, alle 560 = 194 3).
20. Polen tia in Picenum,
21. Pisaürum in Umbria 570 = 184^).
22. Parma in Gallia Gispadana,
23. Mutina in Gallia Gispadana,
24. Saturnia in Etrurien 571 = 18;^ '>).
25. Graviscae in Etrurien 573 = 181**).
26. Luna in Etrurien 574 = 1 80 und nochmals 577=177')
27. Auximum in Picenum 597= 157 s).
28. Fabrateria in Latium 630 = 124 9).
29. Minervia, ehemals Scylacium, in Bruttiis,
30. Neptunia, ehemals Tarent, 632= 122 i<»).
31. Dertona in LigurienV i').
32. Eporedia in Gallia Transpadana 654=100*2).
F^ndlich ausserhalb Italiens :
Golonia Junonia Garthago, welche keinen Bestand halte,
Narbo Martins 636 = 1 1 8 i^).
1)-Vell. a. a. 0. Liv. ep. 19. Liv. 36, 3.
2) Liv. 36, 3. 3) Liv. 34, 45.
4) Liv 39, 44. Hieronyni. ad OL 160, 2.
5) Liv. 39, 55. 6) Liv. 40, 29.
7) Liv. 41, 13. Mommsen C. I. L. I ad ti. 539.
8) Voll. 1, 15, 3. 9) Vcll. 1, 15, 4.
10) Vell. 1, 15, 4. Appiaii. li. C. 2, 23. S. Mommsen lieber zwei lom. ( u-
lonien bei Velleius in Berichten der sächs. Gesellsch. d. Wiss. t'hilol. hil>tor.
('lasse 1849 S. 49 IT. Castra, d. h. r.aslra JJarwibalii, der llafenort von Scyla-
rinm, wurde nacli Livius 32, 7 schon im J. 555=199 durch 300 Ansiedler colo-
nisirt , blieb aber zunächst naclt .Mommsens Ansicht ein payim und wurde erst
632=122 mit der damals ausf^efi'ihrten (Jolonie Scylacium zu einer Stadtgemeinde
vereinigt.
11) Vcll. 1, 15, 5. Ks ist unsicher, ob dies eine Bürgercolonlo war,
12) Vell. 1, 15, 5.
13) Von ihnen ist bei den Provinzen Africa und (Jallla Narbonensis nochmaU
die Rede.
— 40 —
Folgender Wir haben l)isher die beiden Slautsinstitute besprochen
Ausdehnung .111
derrömi- dercn dic Römer sich als Mittel bedienten, um emen Theil der
sehen Ge- 1 r 1 • j
meinde. Bevölkerung Italiens durch unmittelbare Aufnahme m den rönn-
schen Staat seinen früheren Interessen und Verbindungen zu
entziehen und der römischen Gemeinde für alle Zeit unter ver-
schiedenen Modificationen einzuverleiben. Ehe wir zweitens ihr
Verfahren gegen diejenigen italischen Gemeinden in Betracht zichn,
welche sie als selbständige Staaten fortbestehen Hessen, müssen
wir in Kürze die Folgen andeuten, welche dieses Verhältniss so-
wohl für den römischen Staat als für die in denselben neu ein-
getretenen Gemeinden hatte. Für den ersten war die Folge die,
dass, da nicht nur die ausgesendeten Colonisten in den Tribus
blieben , sondern auch die in den Colonien und Municipien ur-
sprünglich ansässige Einwohnerschaft nach und nach ebenfalls das
volle Bürgerrecht und damit Aufnahme in eine Tribus erlangte *),
zusammeit die Zahl der Tribus , welche nunmehr ihren Namen nicht mehr
''^Tribus^^'^ von patricischen Geschlechtern , sondern von den eroberten Ort-
schaften erhielten 2), bis zum Jahr 513 = 241 auf 35 erhöht wurde,
und dass in diesen 35 Tribus schon damals ein grosser Theil
Italiens, nach der lex Julia (90) aber das ganze Italien enthalten
war. Die Tribus sind, wie man aus ihrer Eintheilung in urbanae
und rusticae und aus ihren Localnamen erkennt, ursprünglich
geographische Bezirke gewesen, sie sind aber als solche nicht
erhalten worden, sondern man scheint schon früh, um das Prä-
valieren einer näher gelegenen Tribus gegen eine entferntere in
den Comitien zu verhindern, neu aufgenommene Städte einer und
derselben Gegend absichtlich in verschiedene Tribus vertheilt zu
haben: nach dem Schluss der Tribuszahl (513 = 241) aber war
man genöthigt, die grosse Masse der Neubürger in die vorhande-
huU,Vde- "^^ Tribus gleichmässig aufzunehmen. Unter der Italia tribulim
scripta, descripta 3) hat man daher nicht eine chartographische Darstellung,
1) Die Bewilligung des vollen Bürgerrechtes an eine Gemeinde geschah durch
ein Plebiscit , in welchem bestimmt wurde , welcher Tribus die neue Bürgerge-
meinde angehören solle. Liv. 38, 36.
2) Die tribus Crustumina hat ihren Namen von Crustumeria, das die Römer
255 = 499 eroberten (Liv. 2, 19), und ist wohl 259 = 495 eingerichtet (Liv.
2, 21); die Maecia und Scaptia, entstanden 421=333 (Liv. 8, 17), sind, die
erstere von einem castrum , die zweite von einer urbs Scaptia benannt. Festus
p. 136. 343; die Teretina ist abzuleiten vom Flusse Teres, dem heutigen Sacro.
S. hierüber Grotefend in der gleich anzuführenden Schrift S. 4.
3) Q. Cic. de petit, cons. 8, 30.
;hen, ^
— 41 —
sondern eine Liste zu verstehn , in welcher jede Stadt Italiens
nebst der Tribus, zu der sie gehörte, verzeichnet war^). Allein
trotz der gleichmässigen Verthciliing der italischen Bürger auf alle ^jJ;xn"dM^"
Tribus konnte es nicht verhindert werden, dass die Ausdehnung ^^^^^Jl^^^g-.^^
der stimmberechtigten Bürgerschaft über die ganze Halbinsel die ^^^^^J'^^^J^^i®
Ausübung des Stimmrechtes einem Theile derselben gradezu un- '^^^g^J't"™"
möglich machte, und eine vollständige Vertretung der Bürgerschaft
in den Gomitien nicht mehr vorhanden war 2).
Für die Municipien und Colonien war andererseits die Folge
die, dass, nachdem sie in die civitas Romana aufgc^gangen waren,
sie selbst aufhörten , civitates zu sein ^) , und dass, seitdem das
römische Recht bei ihnen Geltung erhalten hatte, sie unter die
Jurisdiction des praetor urb<mus cestellt wurden. Der Prätor sprach Praefe-
cturae.
indessen in diesen Ortschaften nicht in Person Recht, sondern
mandirte seine Jurisdiction an Stellvertreter ^J [praefecli iure di-
cutido) j von welchen die praefecturae ihren Namen bekommen
haben, deren Begriff noch zu erörtern ist^). Die praefecti iure
diciindo gehören zu den Beamten, welche ursprünglich nicht ge-
wählt, sondern ernannt wurden ß), und zwar in diesem Falle vom Die /va«-
praelor urhanus ; auch später werden von ihnen nur vier, welche werden"
in den campanischen Städten Recht sprachen, den Titel Illlviri
praefecti iure dicundo Copiiae Cumis führen, und zu dem Celle-
gium der XXVI viri gerechnet werden, auf Vorschlag des Prätors
in Tributcomitien gewählt, die Übrigen aber nach wie vor vom
Prätor ernannt^). Fraglich ist nur, ob dieselben ursprünglich in
1) Dieses Verzeichniss herzustellen ist der Zweck der vortrefflichen Schrift:
Grotefend Imperium Romanum tributim descriptum, Hannover 1863. 8.
2) Erst in der Kaiserz.eit hat man angefangen, ganze Provinzen einer Tribus
zuzuweisen. So gehören seit Augiistiis alle neuen Colonien und Municipien
von Lusitania und Hispania zur (Juirina und Galeria, die von Gallia Narbonensis
zur VolUnia^ die von Griechenland, Kleinasien und Africa zur Quirina. Grote-
fend S. 7.
3) S. oben S. 28 Anm. 4, So sagt Cicero von Placentia bei Asconius in
Piaonianam p. 4 Or. : hie (Piaonia avw) — — in enm. civitatem (nam tum erat
civitcu) adacendit.
A) Momuisen Staatsrecht, 185.
5) S. Kein In Pauly's Kealencyci. VI, 4—8. A. W. Zumpt Comment. epiyr.
I p. 50 — <)() um! namentlich Mommsen C. 1. L. I n. 637.
6) Alle Arten von praefecli worden ernannt, nicht gewählt, so der praefectus
praetor in , praef. urbi, praef. annrmae. Aurh die BulehlshabiT der Flotte heissen,
80 lange sie vom Volk«; gewählt weiden, II viri nntudea {IA\. 1), 3U ; 40, 18. 26;
41, Ij; hcitdem sie ernannt werden, was schon in den liürgerkriogeii und später
unter den Kaisern geschah, praefecti. S. Zunjpt a. a. O.
7) Liv. 9, 20: eodem anno (436s=3I8j primum praefecti Capuam creari
coepU, legibus ab L. Furio praetore dati»f ({uum titrumc/uc ipai pro remedio aegris
ernannt.
— 42 —
alle Colonien und Municipien abgesendet wurden, oder nur in
einige; ob also der Name praefectura ursprünglich allen Ort-
schaften römischen Rechtes gemeinsam zukommt, oder die Be-
zeichnung einer besonders organisirten Commune ist, wie nach
der lex Julia wirklich drei Arten römischer Städte , coloniae,
nmnicipid, praefecLiirae unterschieden werden ^) . In der Haupt-
steile über die Präfecturcn bei Festus p. 233 lassen sich nun
namentlich auf Grund der angeführten Beispiele drei C lassen der-
selben unterscheiden : erstens Municipien ohne Stimmrecht und
ohne Gemeinwesen, zu welchen seit 448 = 306 Anagnia'-^), seit
543 = 211 Capua gehörte; zweitens Municipien ohne Stimmrecht
mit erhaltenem Gemeindewesen, wie Capua seit 41 6=: 338 war,
als es 436 = 318 Prafectur wurde ^), ferner Cumae^), Acerrae-^),
Suessula''), Atella, Calatia'), Fundi, Formiae^), Alifae'^), Priver-
num^ö), Frusino^i), Arpinum^^)^ und drittens Colonien, wie Liter-
num, Volturnum, Puteoli, Saturnia, in welchen Recht zu sprechen
rebus discordia intestina petissent. Weim Livius sagen will, die praefecti seien
schon damals vom Volk gewählt worden, so ist das eine Ungenauigkeit. 8. Momm-
sen C. I. L. I p. 47. R. G. 1^, 412. Festus p. 233: praefecturae eae appella-
bantur in Italia, in quibus et las dicebatur et nundinae ayebantur, et erat quaedam
earum res publica^ neque tarnen mayistratus suos habebant, in quas legibus prae-
fecti mittebantur quotannis qui ius dicerenl. Quorum genera fuerunt duo : alterum,
in quas solebant ire praefecti quattuor e viyinti sex virum numero populi suffragio
creati in haec oppida: Capuam, Cumas , Casilinurn , Volturnum^ Liternum, Fu-
teolos, Acerras, Suessulam, Atellam, Calatiam : alterum, in quas ibant, quos praetor
urbanus quotannis in quaeque loca niiserat legibus , ut Fundos , Formias , Caere,
Venafrum, AUifas, Privernum, Anagniam, Frusinonem, Beate, Saturniam, Nur-
siam , Arpinum aliaque complura. Dio Cass. 54, 26 vom Jähr 741=^13: oi xe
h-^ eixo^iv ouTot avope? iv. xwv £? y.o.1 eixootv eiatv • oi ^ap otj ouo oi
xac i^(» xou xetyou? ooou? SY/eiptC^iJ-evot, oi xe xeaoctpe? oi i<; xtjv KajXTtaviav
7re(j!,7T6|X£Voi xaxe^vsXuvxo (nach Mommsen 734=20. Dio Cass. 54, 8). In In-
schriften ünden sich die Titel: IUI Villi PRaefecti{C. 1. L. I n. 637); PRAEF.
CAPuae CVMis (Henzen n. 6463).
1) Cic. pr. Sext. 14, 32: nullum erat Italiae municipium, nulla colonia,
nulla praefectura, — nullum colleyium — quod tum non lionorificentissime decre-
visset de mea salute. in Pison. 22, 51 : neque enim regio fuit ulla nee munici-
pium neque praefectura aut colonia, ex qua non publice ad me x^enerint yratulatum.
Phil. 4, 3, 7: quid? municipia , colonias, praefecturas num aliter iudicare cen-
setis? Vgl. oben S. 6.
2) Liv. 9, 43, 24. 3) Liv. 9, 20.
4) Liv. 8, 14, 11. Festus p. 142.
5) Liv 8, 17, 12. 6) Liv. 8, 14, 11.
7) Festus p. 142. Sie" verloren ihr Recht mit Capua zugleich 544 = 210.
Liv. 26, 34, 6.
8) Liv. 8, 14, 10.
9) Seit 444 = 310. Liv. 9, 38, 1.
10) Seit 425=329. Liv. 8, 21.
11) Wohl seit 451=303. Liv. 10, 1.
12) Seit 451=303. Liv. 10, 1.
— 43 —
war nicht nur für die Colonisten, sondern auch für die ursprüng-
lichen Einwohner, denen das volle Bürgerrecht nicht verliehen
war. Nach der Ansicht des Festus waren also alle Municipien
und Colonien ursprünglich prae/'ectitrae . und für die Richtigkeit
dieser Ansicht spricht der Umstand , dass noch in der Kaiserzeit
Municipien und Colonien aus besonderen Gründen vorübergehend
in praefecturae verwandelt werden '), woraus man schliessen darf,
dass in dem Begriffe der Präfectur nichts liegt, was mit dem der
Colonie und des Municipiums unvereinbar wäre. Die Präfecturen
haben in den besprochenen Gemeinden grosscntheils nur so lange
gedauert, bis dieselben das volle Bürgerrecht erhielten, in wel-
chem Falle den Colonien, die nunmehr keine doppelte Bevölke-
rung mehr hatten, und den Municipien gestaltet ward, ihre eig-
nen richterlichen Behörden selbst zu wählen 2) • nach der lex Julia A»fi»ören
'' ' der prae-
fmden sich nur noch in geringer Anzahl praefecturae, aber auch f^cturae.
diese haben später immer mehr aufgehört^). Wo sie aus Grün-
den, welche uns unbekannt sind, noch nach der lex Julia (90)
fortbestanden, haben auch sie ihren Begriff' verändert; denn wäh-
rend unter ihnen ursprünglich entweder municipia ohne ins suf-
fragii und honorum oder solche Colonien zu verstehen sind, deren
alte Einwohnerschaft noch nicht das Vollbürgerrecht erlangt hat,
sind die späteren Präfecturen ebenfalls Vollbürgerslädte, und un-
terscheiden sich von den Municipien und Colonien durch nichts
weiter als dadurch, dass sie statt der von der Gemeinde gewählten
llviri oder IV vir i iure dicundo einen prue/'ectus iure dicmido hatten,
welcher in Rom ernannt wurde.
1) Cenot. Pisan. bei Orelli 643: quando eo casu in colonia neque Jlvir
neque praefecti erant neque quisquam iure dicundo praeerat. In die italischen
Municipien und Colonien pllegtc nänilicli, wenn wegen Parteiungen in denselben
oder aus andern Gründen die Wahl der Ilviri oder JVviri nicht zu »Stande katn,
von Koni aus ein praefeclus iure dicundo geschi(;kt zu werden, welchen vielleicht,
wie in alter Zeit, der praetor ernannte, und welcher interimistisch fungirtc,
namentlich der Curie präsldirte. S. Zumpt Comin. ep. I p. 58 — 60.
2) Von deu bei Festus aufgezählten Präfecturen erhielten Formiao, Fundi
und Arpinuni im J, 566 = 188 volles Bürgerrecht Liv. 38, 36. Arpinum ist her-
nach municipium (Cic. de le<j. 2, 3, 6) und hat drei aedile» (Cic. ad favi. 13,
11, 3, Orelli 571); ebenso linden sich aedites als höchster Magistrat in Fundi.
Hcnzcn 7035. 7036. Die Colonie Puteoii hatte 649=105 aufgehört Präfectur zu
sein und stand unter Ilviri^ C. I. L. l n. 577; Cumae hatte 705=49 IJ llviri,
Cic. ad AU. 10, 13.
3j Mutina, wtdches uovh bei tler Auflösung der «Isalpinischen Prosinz Prä-
foctur war, bat hernach quatuorviri (Zumpt C'omm. ep, 1 p. 54), Amitornum,
noch unter Augustus Präfectur (Orelli 3699J, später duumviri Orelli 3b'28.
— 44 —
v«rbfindete 3. Ctv itale s fo 6 der (i tu 6. Völkerrechiliclie Beziehungen sind
dem Altei'lhum ursprünglich unbekannt, und wie bei den Grie-
chen, so steht bei den Römern der Fremde ausser jeder Verbin-
dung des Rechtes und der Sitte, bei jenen als ßapßapo?, bei
diesen als hostis^); erst allmählich hat sich ein ius cjentium aus-
gebildet, dessen erste Spuren in der Unverletzlichkeit der Ge-
sandten zu erkennen sind 2). Einem rechtlichen Verhältniss zwi-
schen zwei unabhängigen Staaten muss daher ein ausdrücklicher
Vertrag zu Grunde liegen , und durch einen solchen haben die
Römer schon frühe mit italischen und ausseritalischen Staaten
Verbindungen angeknüpft, unter welchen sich hauptsächlich drei
Formen unterscheiden lassen 3) ^ nämlich erstens die eines allge-
schafts^vtr- "»einen Freundschaftsverhältnisses, wodurch zunächst nur ein
tr&ge. FYicdenszustand und Verkehr zwischen beiden Theilen gesichert
wurde , wie in dem Vertrag des Romulus mit Alba '*) und den
beiden ersten Freundschaftstractalen zwischen Rom und Carthago
aus den Jahren 406 = 3i8 und 448=^306^); zweitens die des
puMicwn hosptiium publicum, welches nach der gallischen Invasion der
Stadt Caere ertheilt ward*^), und wodurch, wie es scheint, den
Mitgliedern einer ganzen Commune die Rechte zuerkannt wurden,
welche einzelne Fremde öfters durch ein besonderes Privilegium
erhielten, nämlich ehrenvolle Aufnahme, Verpflegung auf öfl'ent-
liche Kosten, Zutritt zu Opfern und Spielen, Anspruch auf ein
Gastgeschenk und vornehmlich die Befähigung zu kaufen und zu
verkaufen und in diesen Geschäften in eigener Person und ohne
die Vermittelung eines römischen Bürgers vor Gericht aufzu-
1) Varro de l. L. 5, 3 : multa verha aliud nunc ostendunt, aliud ante signi-
ficabant, ut hostis : nam tum eo verbo dicebant pereyrinum , qui suis legibus ute-
retur, nunc dicunt eum, quem tuyn dicebant perduellem. Festus p. 314 : status
dies vocatur qui iudici causa est constitutus cum peregrino. eius enim gener is ab
antiquis hostes appellabantur , quod erant pari iure cum populo R. atque hostire
ponebatur pro aequare. Paulus p. 82 s. v. exesto. Dig. 49, 15, 5 § 2. Osenbrüg-
gen de iure belli et pacis, Lips. 1836. 8 p. 8 ff.
2) S. Voigt Das ius civile und ms gentium der Römer S. 26 und die dort
angeführten Stellen Cic. acc. in Verr. 1, 33, 85. Caes. B. G. 3, 9. Nepos Pelop.
5. Tac. Hist. 3, 80. Cic. de off. 3, 29, 108.
3) Dig. 49, 15, 5 § 2.
4) Dionys. 3, 1.
5) Polyb. 3, 22. 24. Der erste beginnt mit den Worten: £t:1 ToX^he cptXtav
ehai 'Pwfxatot? -itai toT? Tto(jLai(ov o'j{jL[xayoi? xal Kapy7]Oovioi; %at xoT; Kapyr^-
oovtcuv o'j|X{j.ayoi<;. Ueber die Zeit derselben s. Mommsen Rom. Chronologie
2te Aufl. S. 320.
6) Liv. 5, 50 : rettulit — cum Caeritibus hospitium publice fieret, quod sacra
populi Romani ac sacerdotes recepissent.
I
— 45 —
treten 1) , drittens endlich die Form eines wirklichen Bündnisses Foedus.
mit bestimmten Rechten und Verpflichtungen, welches indessen
unter verschiedenen Bedingungen abgeschlossen wurde. Gemein-
sam nämlich ist allen civitates foederatae, dass sie autonome, oder
wie wir sagen, souveräne Staaten sind ; als solche haben sie das
Münzrechl2), Befreiung vom Dienste in den Legionen gegen Stellung
von Hüifstruppen oder Schiffen und Matrosen ^J, eigene städtische
Verwaltung und eigene Gerichtsbarkeit; im übrigen aber kann ihre
Souveränität von Rom entweder vollständig anerkannt oder durch
die Bedingungen des foedus beschränkt werden.
Die vollständige Souveränität zeigt sich namentlich in dem ^^^""/^^it
Exilrechte, d. h. der gegenseitigen Anerkennung politisclier Selb- von^'^tändi-
ständigkeit, wie diese zwischen Tibur, Praeneste, Neapolis einer- e^^/^^^^j^
seits und Rom andererseits statt fand ^j, in Folge deren ein römi-
scher exul in diesen Städten sich niederlassen und statt des
verlorenen römischen Bürgerrechts das dortige Bürgerrecht erwer-
ben konnte 5). Städte, welche in diesem Bündniss standen, hielten
ihre Stellung für so vortheilhaft , dass sie nicht allein im hanni-
balischen Kriege ihre Treue gegen Rom bewährten ß) , sondern
auch nach dem Bundesgenossenkriege zur Annahme des römischen
Bürgerrechtes wenig Neigung zeigten').
Die Beschränkung der Souveränität eines Bundesstaates findet t"" mu be-'
dagegen ihren Ausdruck in der Clausel des Bündnisses: ut ^s ^^^^^J^^^^f^^
poputus alterius populi maiestatem comiter cottservarelj deren Sinn 8^®»*-
1) S. Mommsen in v. Sybels bist. Zeitschr. 1, 2 S. 332 ff. Walter § 83.
2j Dies ist, wie in neuerer Zeit, so auch im Alterthum ein Vorrecht sou-
veräner Staaten. S. Mommsen G. d. K. Münzw. S. 309.
3) S. die Nachweisungen bei Mommsen a. a. 0. S. 323.
4) Polyb. i), 14, 8: Ion o' äocpdXeia toi; cpe6Youaiv is xe xig NeaitoXiTÖav
xai ripaiveaTiNaiv hi oe TiSouptvwv itöXet xat xaii; dt)^Xaii, Trpo; Äs Ivouoiv 8pxia.
Liv. 43, 2, 10.
f)) Cic. pr. Balbo 11, 28: duarum civitatum civis noster esse iure civili nemo
polest : non esse huius civitatis , qui se alii civitati dicarit , potest : neqtie solum
dicatione, quod in caUimitate clarissimis viris Q. Maximo, (\ Laemäi, Q. Philippo
Nur.eriae, C. Catoni Tarracone , Q. Caepioni , P. liutilio Zniymae videmus acci-
disse, ut earum civitatum fierent cives, sed etiam postliminio potest civi-
tatis ßeri mutatin. Ib. 12, 29: civi Romano licet esse (taditanum sive exilio sive
postliminio sive reiectione huius civitatis.
6) So Neapoli» Llv. 23, 1; 24, 13; Petelia Liv. 23, 30; Croton, Regium
Liv. 23, 30.
7) So Heracloa und Neapolis. Cic. pr. Balbo 8, 21. Ein ähnliches Beispiel
kommt schon Im J. 448s=3 30G vor bei Liv. 9, 43, 23: Hertücorum tribus populis^
Aletrinali, Verulano, Ferentinati, quia maluerunt quam eivltatem, suae leges red-
ditac. Vgl. c. 45, 7.
Staaten.
— 46 —
ist, dass der in den Bund mit Rom eintretende Staat nicht ein
cieqimm foediis erhält, sondern als in einem Abhiingigkeits- oder
Glientel Verhältnisse stehend betrachtet wird^). Es handelt sich
also bei dieser Unterscheidung nicht um die factische Präpotenz
des römischen Staates, welche sich mit der Zeit gegen alle Bun-
desstadte geltend machte 2) , sondern um eine von Anfang an
rechtlich festgestellte Unterordnung, in welche wahrscheinlich der
grösste Theil der föderirten Städte sich fügen musste.
dlÄndes- Darin aufgenommen sind in das Bündniss mit Rom nach und
nach alle Städte Mittel- und Unteritaliens, weiche nicht entweder
actives oder passives Bürgerrecht erlangt oder zur Strafe in einen
Zustand der politischen Unfreiheit versetzt waren, wie Tarent im
zweiten punischen Kriege'^) und nach demselben die Bruttier "^j ;
über die Bedingungen desselben aber können wir nur zuweilen
aus den Verhältnissen einen Schluss ziehn, unter welchen das
foedus zu Stande kam. Den ältesten Theil der 50c// bilden die
latinischen Städte, mit welchen, nachdem sie anfangs dem lati-
nischen Bunde angehört hatten, später ein besonderes Bündniss
geschlossen worden war, wie Tibur, Praeneste^), Lavinium^) und
1) Proculus Dig. 49, 15, 7 § 1: Über autem populus est is , qui nullius
alterius populi potestati est subiectus : is foederatus est item, sive aequo foedere in
amicitiam venit sive foedere comprehensum est , ut is populus alterius populi mn-
iestatem comiter conservaret. Hoc enim adiicitur, ut intelleg atur, alterum populum
superiorem esse, non ut intellegatur, alterum non esse liberum : et quemadmodum
clientes nostros intelleg irrlns Liberos esse, etiamsi neque auctoritate neque dignitate
— • — nobis praesunt , sie eos, qui maiestatem nostram comiter conservare debent,
liberos esse intellegendum est. At fiunt apud nos rei ex civitatibus foederatis et in
eos damnatos animadvertimus.
2) So wurde das Münzrecht den föderirten Staaten seit 486=268 entweder
beschränkt oder ganz entzogen (Mommsen a. a. 0. S. 322); das römische Geld-
schuldrecht durch das Sempronische Plebiscit von 561=193 auf alle Italiker aus-
gedehnt (Liv. 35, 7) und die Feier der Bacchanalien 568=186 in ganz Italien
verboten (Liv. 39, 18, 7).
3) Strabo 6 p. 281 : Tiept re xd Avvi^eta %ai lip IXeu^epiav dcpTjp^^Yjaav.
Liv. 27, 25.
4) Gellius 10, 3, 19 : Romani — Bruttios ignominiae causa non milites scri-
bebant, nee pro sociis habebant, sed magistratibus in provincias euntibus parere et
praeministrare servorum vicem iusserunt.
5) Polyb. 6, 14, 8. Liv. 43, 2, 10: Furius Praeneste, Mtdienus Tibur exula-
tum abierunt (a. 583 = 171). Beide Städte blieben verbündet bis zur lex Julia (90)
Appian. B. C. 1, 65, Ob sie aber die Bedingungen des alten cassianischen Bünd-
nisses hatten, wie aus Cic. pr. Balbo 23, 53 geschlossen worden ist, bezweifle
ich, da mir das Exilrecht mit dem gegenseitigen Bürgerrecht nicht ohne weiteres
vereinbar erscheint. Auch bei den latinischen Colonien wird das Exilrecht nie-
mals erwähnt.
6) Im J. 414 = 340. Liv. 8, 11, 15. Orelli n. 2276. Zumpt de Lavinio et
Laurentibus Lavinatibus p. 12.
— 47 —
die hernikischen Städte Aletrium , Ferentinum , Verulae *) ; dazu
kamen 2) nach und nach die etruskischen Städte 3) , namentlich
Populonin^), Tarquinii , Volaterrae, Arretium , Pcrusia , Clusium,
Rusellae^) ; in Umbrien Tguviumß), Camerinum'), OcriculumS),
die Samnitischen Stämme der Picenies •^) , Vestini lo) ^ Marrucini,
Marsi, Peligni, Frentani i^j ; in Campanien Neapolis^^;^ Nola^^),
Nuceria 1^) , Teanum Sidicinum i^) ; in Lucanien Veliai<^), Hera-
clea ^') , Thuni;!^) ; im Lande der Bruttii Rhegium i'-^), Locri^o)^
Petelia^i). Neben diesen und den übrigen verbündeten Staaten, Latinischp
über welche besondre Zeugnisse nicht vorliegen, sind endlich
die latinischen Colonien zu erwähnen , die ausdrücklich zu den
dvitates foederatae gerechnet werden ^2). Der Kriegsgebrauch
nämlich, besiegten Völkern ein Drittel des Landes zu nehmen
und auf dieses Land eine Ansiedelung auszuführen , war nicht
den Römern eigenthümlich 23) ^ sondern gemeinsame Sitte aller
Italiker^*). Auch die Latiner haben Colonien gegründet, welche, vom Latinei-
(la sie von dem Bunde ausgingen, in diesem eine Stellung erhalten gründet,
1) Liv. 9, 43. Die Ferentinates nennt daher Liv. 34, 42, 5 Latini.
2} Ueber die folgenden Angaben s. die Sammlungen bei Mommsen G. d. H.
Münzw. S. 322 ff. Voigt Das ins civile und ius gentium S. 211 ff.
3) Seit 471=283. Polyb. 2, 20, 5. Sie stellen im zweiten punisohen Kriege
Hülfstruppen. Polyb. 2, 24, 5. Liv. 27, 26, 11.
4) Liv. 28, 45, 15. Ueber die Münzen s. Mommsen a. a. O. S. 2U). 285.
5J Liv. 28, 45. Mommsen a. a. 0. S. 219—222.
ß) Cic. pr. Balbo 20, 47.
7) Liv. 9, 30, 7; 28, 45, 20. Val. Max. G, 5, 1. Cic. pr. Balbo 20, 4(i.
8j Liv.. 9, 41.
9J Liv. 10, 10, 12.
lOj Liv. 10, 3, 1 vgl. 44, 40, 6.
11 J Liv. 9, 45, 18 vgl. 25, 14, 4; 33, 36, 10; 44, 40, 5.
12) Seit 428 = 326. Liv. 8, 26 vgl. 23, 15; 29, 21; 35, 16; 36, 42. Polyb.
1, 20; 6, 14. Cic. pr. Balbo 8, 21; 24, 55.
13j Liv. 8, 26; 9, 28; 23, 14; 23, 44. Paulu.s p. 127 Müll.
14j Cic. pr. Balb. 11, 28.
15) Liv. 22, 57; 23,24; 26, 14.
16) Cic. pr. Balbo 24, 55, vgl. Polyb. 1, 20, 14. Liv. 26, 39, 5.
17) Cic. pr. Balbo 8, 21.
18) Von 452=302. Liv, 10, 2; epit. 11. Plin. N.H. 34, 32. Appian. S,tmnH.
7, 1. 2. Im J. 560 = 194 wurde es latinische Colonie. Liv. 34, 53.
19) Polyb. 1, 7; Liv. 26, 39; 31, 31 ; 35, 16; 36, 42; 42, 48.
20) Polyb. 1, 20, 14. Liv. 29, 17 ff. ; 36, 42; 42, 48.
21j Appian. de bello Hannibalico 29. 57. Mommsen a. a. 0. S. 324.
22j ("ic. pr. Balb. 24, 54 : LaUniH, id enl foederalin.
23j Dionysius 2, 16 macht CriMlich den Komulus /.um Krflnder der ('olonien.
24) So kommen Colonien der Samnitor (Liv. 4, 37), Aeqtier (Liv. 4, 49),
Ktrusker (lladria Liv. 5, 33j, der AntiatiMi ( Satricnm Liv. 7, 27), der Umbrer
(Strabo 5 p. 216), der Lur^iier ( PoHidoiiia Strabo 6 p. 254. Athenaeim 14, 91
Schweigh.J vor, welche Iteispiele Walter ^ 217 anlührt.
— 48 —
haben werden. Noch nach der Erneuerung des Bundes durch
Spurius Cassius und der Aufnahme der Herniker in das Bünd-
niss helheiligten sich bei diesen Colonien Bömer, Latiner und
Herniker i) , aber auf alle Colonislen ging der Name der Latini
über, von welchem der Bund selbst benannt war. Nach den im
J. 365=389 beginnenden Zerwürfnissen zwischen den Bundes-
mitgliedern war eine fernere gemeinsame Colonieanlage unmöglich
und die nach dieser Zeit entstandenen latinischen Colonien Su-
trium, Nepete und Setia werden in Bom selbst beschlossen sein.
vonßom Als uach Beendigung des Krieges mit den Latinern (416 = 338)
und Ilernikern (448 = 306) das Bündniss definitiv aufgelöst war,
fuhren die Bömer fort, in ihren ausserhalb Latiums erworbenen
Gebieten Colonien, nicht römischer Bürger, sondern mit dem
Bechte der bisher bestehenden latinischen Colonien anzulegen, so
dass man drei Perioden in dieser Colonisation unterscheiden kann,
die des alten latinischen Bundes vor 261=493, die des Drei-
völkerbündnisses bis 365=389 und die der römischen Deduction.
Verzeich- Das Verzeichuiss der latinischen Colonien ist nach Madvie und
niss dersel-
ben. Mommsen folgendes:
1. Signia,
2. Circeii, beide dem Tarquinius Superbus zugeschrieben 2),
beide nochmals deducirt, die erste 259 = 495, die letztere
361=393 3).
3. Suessa Cometia im Volskerlande,
4. Cora im Volskerlande, beide ebenfalls vielleicht aus der
Königszeit ^) .
5. Velitrae im Volskerlande, gegründet 260 = 494, wieder
aufgehoben 41 6 = 338 &).
I
1) Dionys. 9, 59 sagt von der Colonie Antiiim : ^Xi^tov xe d7roYpa4"a|A^vajv
eSo^e TT] ßouXTf] — iviix^i^rii Aaxtvouv te -/cti 'Epvixojv toT; ßouXofx^vots t7)<;
duoixiai; ^zxiy&i^.
2) Liv. 1, 56. Dionys. 4, 63.
3) Liv. 2, 21. Diodor. 14, 102 vgl. Liv. 6, 21.
4) Liv. 2, 16. Niebuhr R. G. 2, 123. Madvig p. 259. Mommsen a. a. O.
S. 311.
5) Liv. 2, 30. 31. Dion. 6, 42. 43; sie wurde verstärkt 262 = 492 Liv. 2,
34. Dionys. 7, 13 und nochmals 350=404 Diodor. 14, 34, wird aber nach 416
= 338 nicht mehr erwähnt und hat damals wahrscheinlich civitas sine suffragio
erhalten. Madvig p. 295. Mommsen S. 312.
— 49 —
6. Norba im Volskerlande 262 = 4921).
7. Anlium 287=467 2), hernach 416 = 338 in eine römische
Golonie verwandelt 3).
8. Ardea im Rutulerlande 312 = 442 4).
9. Salricum im Volskerlande 369 = 385 5).
iO. Sutrium in Etrurien 371 =383^).
11. Nepete in Etrurien 371=383').
12. Setia im Volskerlande 372 = 382^).
13. Cales in Campanien 420 = 334^).
14. Fregellae im Volskerlande 426 = 328 i«), wurde zerstört
629 = 12511;.
15. Luceria in Apulien 440 = 314^2).
16. Suessa im Aurunkergebiete 441=313,
17. Pontiac, Insel der Volsker 441=31313).
18. Saticula in Samnium 441 =313 i^).
19. Interamna Lirinas im Volskerlande 442 = 312 i^).
20. Sora im Volskerlande 451=30316).
21. Alba am lacus Fucinus 451=303 1').
22. Narnia in Umbrien 455 = 2991^).
23. Carseoli im Aequerlande 456 = 298 i'^).
1) Liv. 2, 34. Dionys. 7, 13.
2) Liv. 3, 1. Dionys. 9, 59.
8) Liv. 8, 14.
4) Liv. 4, 11. DiodoT. 12, 34.
5j Livius 6, 16 sagt zwar: senatus — Satricum coloniam duo millia civium
Komanorum deduci iussit, allein Satricum gehört zu den 30 launischen Gemeinden
(Dionys. 5, 61. Mommsen R. G. 1^, 337) und kann erst später Bürgerrecht erhal-
ten haben. Nach ihrem Abfall zu den Samniten wurde sie 43ö = 319 ganz auf-
gelöst. Liv. 9, 16. Mommsen G. d. R. Münzw. S. 313.
6) Vellei. 1, 14.
7) Liv. 6, 21. Velleius setzt die Gründung 10 Jahre nach Sutrium, also
381=373.
8) Vellei. 1, 14. Liv. 6, 30.
9) Liv. 8, 16. Vell. 1, 14.
10) Liv. 8, 22.
11) Liv. tpit. 60. Obsequens c. 30(90). Auet. ad Herenn. 4, 15, 22 und öfters.
12) Liv. 9, 26; nach Diodor. 19, 72 im J. 439 = 315; nach Velleius 431=323.
13) Ueber beide 8. Liv. 9, 28.
14) Festus p. 340. Liv. 9, 22. Vell. 1, 14.
15) Liv. 9, 28. Vell. 1, 14. Diodor. 19, 105.
16) Liv. 10, 1. Vell. 1, 14. Livins 9, Ti. 24 (vgl. Diodor. 19, 72) erwähnt
freilich schon 439 = 315 C'olonlsten , welche bei dem Abfall der Stadt zu den
Samniten ermordet wurden ; über diese Colonie ist aber nichts weiter bekannt.
17) Liv. 10, 1. Vell. 1, 14. Ueber die Stadt h. Flin. V. H 3, 107.
18) Liv. 10, 10.
19) Liv. 10, 13.
Um. Allerth. IV. 4
— 50 —
24. Venusia in Apulien 463 = 294 i).
25. Hatria in Picenum 4(j5 = 2S9 '-^j.
26. Cosa (in CampanienV) 481=273»),
27. Paestum in Lucanien 481 =273 ^].
28. Ariminum im aj^er Gallicu.s 48(5 = 268,
29. Benevenlum in Samnium 486 = 268,5).
30. Firmum in Pirenum 490=264 ^^j.
31. Aesernia in Saninium 491=263').
32. Brundisium in Calabrien 510 = 244**).
33. Spoletium in Unibrien 513 = 241«).
34. Gremona in Gallien und
35. Placenlia in Gallien 536 = 218 1<').
36. Copia (Thurii) in Lucanien 561 =193^1).
37. Valentia (Vibo) im Lande der Bruttier 562 = 192 ^
38. Bononia in Gallien 565 = 18913).
39. Aquileia in Gallien 573 = 181 ^*).
römisch.
Die coioniae Vergleicht man das Verzeichniss der latinischen Colonien seit
bipibeu 416 = 338 mit dem der Bürge rcolonien derselben Periode, so
findet man, dass bis zum Endß des zweiten punischen Krieges
die letzteren immer noch zum Schutze der beiden Seeküsten Ita-
liens ausgeführt wurden '•'') und die vacatio militiae für sich in
1) Dionys. Exe. p. 2335. Vell. 1, 14.
2) Liv. epit. 11.
3) Liv. epit. 14. Vell. 1, 14. Die Lage ist unbekannt. S. darüber Moinm-
sen G. d. R. Münzw. S. 315.
4) Vell. und Liv. a. a. O.
5) Ueber beide s. Vell. 1, 14. Liv. epit. 15. Eutrop. 2, 16.
6) Vell. 1, 14.
7} Vell. 1, 14. Liv. epit. 16.
8) Vell. 1, 14. Liv. epit. 19.
9) Vell. 1, 14. Liv. epit. 20.
10) Asconius in Cic. Pisoniantim p. 3 Or. Polyb. 3, 40. Liv. ep. 20. Vell.
1, 14, 8.
11) Liv. 34, 53. Es scheint dieselbe Colonie, welche iji das castrum Frenti-
num geführt wurde. Liv. 35, 9. Momrasen S. 316.
12) Liv. 35, 40, vgl. 34, 53. Velleius setzt sie schon 515=239.
13) Liv. 37, 57. Vell. 1, 15.
14) Liv. 40, 34. Vell. 1, 15. Mommsen C. I. L. I n. 538; V p. 83.
15) Dass nämlich alle sogenannten coioniae marilimae Bürgercolonien sind,
beweist Madvig p. 2G5 daraus, dass Livius 27, 9. 10, wo er die im J. 545=209
bestehendeai latinischen Colonien aulzählt, diese nicht aufführt; dass bei Liv.
36, 3 die coioniae niaritimae das auxilium tribunicium anrufen und das» die
Aushebung in ihnen durch römische Magistrate geschieht.
— 51 —
Anspruch nahmen ^) , welche den alten Bürgercolonien insofern
gewährt worden war, als der Stationsdienst als Kriegsleistung
ancesehn wurde 2). Zur Besetzunc; des ausserhalb Latiums erober- Die Kolonien
" ' '^ im Binnen-
ten Landes bedienten sich daeeeen die Römer in der Re^el nicht lande sind
^ latinisch.
mehr der eigenen Bürger, sondern verbündeter und verwandter
Stämme, welche, nunmehr unter sich ohne alle Verbindimg, mitten
unter fremden und eben unterworfenen Völkern , zum fortwäh-
renden engen Anschluss an Rom durch ihre Lage selbst gezwun-
gen waren, und den ihnen assignirten Acker als eine Wohlthat
annahmen, woiiegen die römische Bürgerschaft zusammen blieb
und nur ärmere Personen aus derselben \on der Erlaubniss Ge-
brauch machten, mit Aufgabe ihres Bürgerrechtes^) um des Acker-
besitzes willen sich einer latinischen Colonie anzuschliessen. Nur
noch zweimal finden wir später Bürgercolonien zum Schutz erober-
ten Landes angelegt, einmal nach dem zweiten punischen Kriege
in den von Hanni])Hl längere Zeit besessenen Gegenden Unter-
italiens, wo, während die Einwohner selbst hart bestraft wurden,
an der Küste mehrere co/oniae marilimae , im Binnenlande da-
gegen zwei latinische Colonien gegründet worden sind^), und
zuletzt zur Befestigung der römischen Herrschaft auf dem galli-
schen Gebiete.
Die latinischen Colonien der letzten unter den drei oben be- ^ahi der
Colonisten.
zeichneten Perioden wurden zwar, wie die Bürgercolonien, auf
Beschluss des Volks durch Iriumviri ausgeführt'»), allein sie waren
\) iAs. 27, 38; 36, 3.
2) Husehke Die Verf. des Servius Tullius S. 481 ff.
3) Der rivia Romanua , welcher sich in eine latinische Colonie einschreiben
Hess, erlitt capitis diminutio minor, (laius !J, 56 : Latinos ideo (appeUatos esse),
quia lex eos liberos perinde esse voluit atque si essent cives liomani inyenui , qui
ex urhe Roma in Latinas colonias deducti, Latini rotoniurii esse coeperunt. 1, 131
nach Hu8<hke8 Restitution : olim quidern, quo tempore popuius Romnnus in La-
tina» reyiones colonias deducebat , qui iussu parentis profectus erat in Latinam
colonlam, et ipse ex polestate exibat, cum qui itu civitate Romana cesserant, ncci-
perenlur alterius civitatis cives. Boethius in Cic. Topica p. 302 Or. : media vero
(capitis deminutio) est, in qua civitas amittitur, retinetur libertas, ut in Latinas
colonias tranamiy ratio. Cic. pr. Caecirut 33, 98 : certe quaeri hoc solere me non
praeterit — quewtdmodum , si civitas adimi non possit, in colonias Latinas saepe
nostri cives profecti sint. Aut sua voluntate, aiit leyis multa profecti sunt: quam
multam si mfferre voluissmt , tum manere in civitate potuisscnt. Cic. pr. domo
30, 78: qui cives Romani in colonias Latinas profiriscebimtur , fieri non pnterant
Latini, qui non erant auctores facti nomtnque dederant.
A) 8. über di'- r.'Mti..r <M-Iliii \i\, :\. l'anlns -^ v Unilinui ). .!l M.
I.iv. 34, 53.
r^) I,iv. :i\. :i ;
4*
— 52 —
darin von jenen wesentlich verschieden, dass sie nicht in kleiner
Anzahl als praesiilia in bewohnte Städte {gelegt, sondern in grossen
Massen zu neuen Slädteanlagen gebraucht wurden. Cales z. B.
erhielt 2500, Luceria ebensoviele, Alba 6000, Sora 4000 Coloni-
sten, eine Anzahl, die, wenn nian Weiber und Kinder hin-
Hechteder zurcchuct, zur Bcvölkcrung einer Stadt hinreichte. Die neue
eoioniuru. (ieineindc bildet einen souveränen Staat, ist nicht verbunden,
römische Gesetze anzunehmen, ausser wenn sie dieselben beson-
ders genehmigt (fimihts fit) ^) , ist keinem römischen Magistrate
unterworfen'^) und besitzt das Münzrecht, dessen die Bürgercolo-
nien entbehren, da sie in die civüas Homana aufgehn ; ihre Mit-
glieder sind peregrini'^) und dienen daher nicht in den Legionen,
sondern, wie die übrigen Bundesgenossen in nlae und cohortes.
Im Uebrigen traten die latinischen Colonien auch nach dem Jahre
416 = 338 in dasselbe Rechlsverhältniss ein, in welchem sich
damals die ursprünglichen Bundesslädte, wie Tibur und Praeneste,
erhalten hatten : sie bildeten mit diesen zusammen das nomen
Lutinum^) j welches zwar keine politische Einheit, aber einen
bevorzugten Theil der socii bezeichnet, der sich noch im Genüsse
eines Theils der Zugeständnisse befand , welche das cassianische
ßündniss den latinischen Städten gewährt hattet), namentlich des
commercium ^) , des connubium ^) und des Niederlassungsrechtes in
1) Fundus ist auctor. Plautus Trin. b, 1, 6 (1122): nunc mi is propere
conveniundust, ut, quae cum eius ßlio egi, ei rei fundus pater sit potior. Gellius
16, 13: municipes sunt cives Romani ex municipiis , — — nulla populi Bomani
lege adstricti, ni in quam populus eorum fundus factus est. 19, 8: non ut huius
sententiae legisque fundus suhscriptorque fierem. .Cic. pr. Balh. 8, 21 : tulit apud
maiores nostros legem C. Furius de testamentis , tulit Q. Voconius de mulierum
hereditatibus, innumerabiles aliae leg es de civili iure sunt latae ; quas Latini voiue-
runt, adsciverunt ; ipsa denique lege lulia , qua lege civitas est sociis et Latinis
data , qui fundi populi facti non essent , civitatem non haberent. So hatten die
latinischen Städte ein eigenes ius sponsaliorum , welches den Römern unbekannt
war. Gell. 4, 4.
2) Von Nemausus in Gallien, welches latinische Stadt war, sagt Strabo 4
p. 187 : hia he toDto ouS" uttö -01? Tzpoaxd^iKaai xüjv ix xfji; 'PwfXY); OTpaTTj^öJv
ioxi TÖ IQ^vo; toOto.
3) Gaius 1, 79 : sed ad alias Latinos perünet, qui proprios populos propriasque
civitates habebant et erant peregrinorum numero. Liv. 43, 13 : duo non suscepta pro-
digia sunt alterum, quod in loco peregrino (factum esset): Fregellis — hasta
— arsisse — dicebatur.
4) Sie heissen socii Latini nominis. S. die Stellen bei Kiene Rom. Bundes-
genossenkrieg S. 112 ff.
5) Auf dieses führt noch Cicero pr. Balbo 23, 53 das Recht von Tibur und
Präneste zurück. Doch s. oben S. 46 Anm. 5.
6) Dies geht namentlich daraus hervor, dass ein Latiner seine Kinder einem
Römer mancipiren konnte. Liv. 41, 8. S. Walter G. d. R. R. § 85. 87. 227 Anm. 29.
7) Hiefür fehlt ein besiimmtes Zeugniss uiid die Meinungen sind hierüber
— 53 —
Rom. Allein in diesen Zueeständnissen sind später wesentliche Beschrän-
kungen
Beschränkungen eingetreten *) . Denn wie bei der Auflösung des derselben.
latinischen Bundes den latinischen Städten ein Theii ihrer Rechte
verloren ging, nämlich die Befugniss zu jeder politischen Verbin-
dung untereinander, die gegenseitige Ehegemeinschaft und das
gegenseitige Commercium, so hat auch die Unterwerfung des gan-
zen Italiens den Unterschied des herrschenden Volkes und der
Verbündeten immer ungleicher gestaltet, den Zutritt zu dem rö-
mischen Bürgerrechte erschwert und die Weiterbewilligung des
alten Latinerrechtes an neue Gemeinden aufhören lassen. Wir
haben hierüber ein zwar vereinzeltes, aber bestimmtes Zeugniss
des Cicero, nach welchem Sulla durch eine lex Cornelia sowohl
andern Municipien^) als auch Volaterrae das Bürgerrecht nahm
und ihnen nur das Commercium liess, indem er sie in die Classe
der zwölf latinischen Colonien versetzte, welche das Recht von Jüngeres
1 1. 1 T-. Recht der
Ariminum hatten 3). Er memt, wie nach vielen vergeblichen Er-i2Coionien.
klärungsversuchen dieser Stelle ^) zuerst Mommsen bemerkt hat^),
getheilt. S. Walter ^ 227 Aiim. 30. Man kann daher nur sagen, dass die An-
nahme des connubiurns wahrscheinlich ist (Mommsen R. G. 1^, 104. 411), zumal
da dasselbe auch später noch an pereyrini ertheilt wurde. S. die von Momm-
sen angeführten Stellen Diodor. Excerpta de virt. p. 590 , 62 Wess. ; fr. Vat.
p. 130 Dind.
1) Ueber die Rechtsverhältnisse der Latini s. Savigny l'eber die Entstehung
und Fortbildung der Latinität, zuerst herausgeg. in Abh. d. Berliner Acad. 1812.
1813, sodann in Zeitschr. f. gesch. Rechtswiss. 5, 2. 1823 S. 229—241, zuletzt
in Savigny's Verm. Schriften, Berlin 1850. 8. Bd. 1, 14 — 28. Savigny Der röm.
Volksbeschluss der Tafel von Heraclea in Zeitschr. f. gesch. Rechtswiss. 9, 3
8. 300—378; Verm. Sehr. 3, 279—412. Madvig a. a! 0. Walter §227. Rein in
Pauly's Realenc. 4, 818 ff. Kudorff R. Rechtsgesch. 1 § 11. Zumpt Stud. Rom.
p. 354 und im Philologus 17, 1 (1860) p. 111 ff. Huschke Gaius, Beiträge zur
Kritik und zum Verständniss seiner Institutionen. Leipz. 1855. 8 S. 3 ff.
2) Cic. pr. dorn. 30, 79 : populus Romanus L. Sulla dictatore ferente co-
mitiis cenlurintis municipiis chntatem ademil. Sallust. Hist. 1 fr. 41 p. 12, 6
Dietsch.
3) Cic. pr. (^aecina 35, 102: iubet enim {^Sulla Volaterranos) eodern iure
enne, quo fuerint Ariminenaes, quos quis iynorat duodecim coloniarum fuisse, et a
civibua Romania hereditates capere potuisse?
4) Ueber diese Stelle handeln Savigny Verm. Sehr. 1, 20—26; 3, 301 —302
[Savigny denkt an die 12 latinischen Colonien, welche im zweiten punischen
Kriege von Rom abfielen f Liv. 27, 9. 10; 29, 15), während 18 treu blieben.
Von diesen letzteren, glaubt er, rede Cicero, und es sei daher in der angeführten
Stelle XII in XIIX zu ändern]. Vangerow Latini luniani ^ 19. Madvig a. a. 0.
p. 282. 283. Huschke Servius Tullius S. 571. C. G. Zumpt Ueber die Bevölke-
rung im Alterthum N. 26. A. W. Ztimpt Comm. ep. I p. 230—239. Eine Kritik
der verschiedenen Ansichten giebt Walter §253 Anni. 84.
5) Mommsen G. d. R. Münzw. S. 317 ff. Ihm folgen Rudorff R. Rcchtsge-
nchichto I S, 30; Lange 2, 118; Voigt Das iua civile uud tut yentium der Römer
H. 348 ff.
- 54 —
die zwölf jüngsten Colonien unseres Verzeichnisses, Ariniinuui,
Benevonluni, Firmuiu, Aesernia , Brundisium, Spoletium , Cre-
raona , Piacentia , Gopia , Valentia , Bononia , Aquileia , und lasst
erkennen, dass seitdem J. 486=^268 den latinischen Colonien
nicht mehr die bis dahin anerkannten Vorrechte bewilligt, son-
dern ein anderes Recht gegeben wurde, nämlich dasjenige, wel-
ches spiiler, wie wir sehen werden, dem transpadanischen Gal-
lien und verschiedenen sicilischen Städten , und unter den Kai-
se>rn ganzen Provinzen verliehen worden ist. Worin der Unter-
schied der älteren und jüngeren latiuischen Gemeinden lag*), ist
zwar vollständig nicht mehr zu erkennen, in drei Puncten aber
noch deutlich nachweisbar.
BeHchrän- Zucrst ist dcu jüneercn latinischen Städten ein Hauplerfor-
kung des j o
Münzrechts, derniss der Souveränität, das Münzrecht, entweder gar nicht, oder
nur in beschränkter Weise zugestanden woi*den; von den ge-
nannten zwölf Colonien haben fünf, nämlich Spoletium, Bononia,
Piacentia, Cremona, Aquileia überhaupt nicht, die übrigen sieben
nur in Kupfer gemünzt 2) ; zweitens haben sie zwar commercium
des com«- mit den Römern 3) , aber nicht connubium^]: und drittens sind
biuiii,
ihren Gemeindemitgliedern für die Erwerbung des römischen Bür-
gerrechtes neue und erschwerende Bedingungen gestellt worden.
Die Latiner, welche sich noch im Besitze der alten Vorrechte befan-
den, hatten die Befugniss, sich in Rom niederzulassen, dort ein
Passivbürgerrecht auszuüben und sogar an den Comitien einen ge-
wissen Antheil zu nehmen (S. 25); auch die Erwerbung des vollen
römischen Bürgerrechtes war ihnen durch ein Gesetz ausdrück-
lich gestattet , im Falle sie einen Sohn in ihrer Colonie zurück-
1) Die Stellen, in welchen altes und neues Latium unterschieden -wird, ge-
hen üher die vorliegende Frage keinen Aufschluss. Denn wenn Tacitus Ann.
4, 5 sagt, die cohortes urhanae und praetoriae seien ausgehoben worden Etruria
fermr Vmbriaque aut vetere Latio et colonis antiquitus Romanis, so meint er, wie
Nipperdey richtig erklärt, die Städte , welche vor der lex Julia latinisches Recht
gehabt hatten; und wenn Plinius in Spanien oppidani Latii veter is (3, 25), mu-
nicipia Latii antiqui (A, 117), oppida Latio antiquitus donata {3, 7), oppida Lati-
noTum veterum anführt, sp meint er die Städte, welche vor Vespasian das ius Latii
erhalten haben. S. Rudorff De maiore ac minore Latio p. 22.
2) Mommsen G. d. R. Münzw. S. 319.
3) l'lpian fr. 19, 4; mancipatio locum habet inter cives Romanos et Latinos
coloniarios Latinosque lunianos eosque peregrinos , quibus commercium datum est.
Ausführlich handelt hierüber Mommsen Die Stadtrechte S. 401 Anm. 27.
4) Uipian fr. 5, 4 : connubium habent cives Romani cum civibus Romanis ;
cy,n% Latinis autem et peregrinis ita, si concessum sit. In der Urkunde von Sal-
pensa und Malaca findet sich keine Erwähnung des connubium.
— 55 —
Hessen i) . Je grösser die Neigung der Latiner war, diese Freiheit
selbst mit Umgehung der gesetzlichen Bedingung 2) und zum Nach-
theil ihrer heimatlichen Gemeinde ^] zu benutzen , desto geringer
wurde in Rom die Bereitwilligkeit, immer aufs Neue Latinern die
Gleichberechtigung zuzugestehn, und namentlich ihnen den Zutritt
zu den Ehrenämtern zu gestatten^). Man wies im J. 567 = 187 f^^^gj^-^
12000 Latiner aus Rom aus-^) und wiederholte diese Maassregel
zehn Jahre später ^) , aber der Uebelstand dauerte fort bis zum
Ende dieser Periode "^j , und mit demselben steht es offenbar im
Zusammenhange, dass man den Latini coloniarü seit 486 = 268
diese Freiheiten nicht mehr zugestand, sondern ihnert den Eintritt
in das römische Bürgerrecht nur in einzelnen Fällen als eine per-
sönliche Belohnung gestattete. Dieser Fälle sind zwei. Einmal Werbung des
erwerben diejenigen der jüngeren Latini die civitas Romana, ^Mrger-"
welche in ihrer Gemeinde einen honor ^ d. h. das Amt eines
duumvir , aedilis oder quaestor bekleidet haben ^) , und zweitens
1) Liv. 41, 8, 9 vom Jahr 577 = 177: lex sociis nominis Latini, qui stirpem
ex sese domi relinquerent, dahat, ut cives Romani fierent. Lange 2, 120 verrau-
thet, es sei bei der Gründung von Cales (420 = 334) und Fregellae (426 = 328)
gegeben, um die Bürger zur Theilnahme an den latinischen Colonien willfährig
zu machen.
2) Liv. 41, 8, 10 und dazu Huschke Gaius p. 8.
3) Bei Liv. 41, 8 sagen die Gesandten der socii nominis Latini: perpaucis
lustris futurum, ut deserta oppida, deserti agri nulium militem dare possint.
4) Liv. 23, 22 ; 34, 42.
5) Liv. 39, 3.
6) Liv. 41, 9, 9.
7) Das letzte Gesetz, welches sich mit demselben besehäftigt , ist die lex
Licinia et Mucia de civibus regundis vom J. 609=: 95. Asconius p. 67: cum
aumma cupiditate civitatis Romanae Italici populi tenerentur, et ob id magna pars
eorum pro civibus Romanis se gereret, necessaria lex visa est, ut in suae quisque
civitatis ius redigeretur. Verum ea lege ita alienati animi sunt principum Italico-
rum populorum, ut ea vel maxima causa belli Italici fuerit. Cic. pr. Best.
13, 30. Schol. ßobiens. p. 296.
8) Dieses Recht erhielten im J. 665 = 89 durch den Consul Cn. Pompeius
Strabo die transpadaniscben Gemeinden , wie es bis dahin die andern latinischen
Städte gehabt hatten. Ascon. in Pisonianam p. 3: Pompeius enim non novis co-
lonis eaa (colonias) constituit, sed veteribus incoUs manentibus ius dedit Latii, ut
possent habere (KudorfT liest: ut postea haberenl) ius, quo<i ceterae Latinae coio-
niae , id est, ut yerendo mayistratus civitatem Romanam adipiscerentur. Von (.'o-
uium , welches 695=59 latinische Colonie wurde und .seitdem Novum Coniuni
heisst (s. .Madvig p. 291. Zumpt Comm. epigr. 1, 308), säst Appian. B. C. 2, 26:
7r(5Xiv li Ne^xojfAov 6 Koiiactp 1; AotTiou Jixaiov <iix(xei wv oaot xat Ixoc '^p/ov,
i^ipovio l'tojxoitoov TCoXiTa'. • xöoe ^dp is/yei t6 Aaxiov. Cic. ad Att. 5, ll, 2.
Strabo 4 p. 1H7 : N^jAauaoc — — e/o'jaa x«i t6 xaÄo'jfACvov Aflixiov, tuorc tccjc
dl^icoH^vTa; dYOf>avö|Ala; xai Ta(A(etac iv Ncfi-oi'jou) Paip.alouc UTrdp/eiv. Lex mu~
nicipii Salpensnni (Mommseu Die Stadfrechte S.'374«=sf'. i. L. 2,' 1963.) \Ru-
brica. Lt mayistratus civitatem Romanam eonse^uantur. XXI .... Qui 11 vir
— 56 —
wurde, nachdem die lex Aciltu repetundarum des Jahres 631 oder
632 (123 oder 122) jedem Peregrinen , wenn er eine Anklage
nach diesem Gesetze durchführte, entweder das römische Bürger-
recht i) , oder, wenn er dieses nicht wünschte, wenigstens das
Provocationsrecht der römischen Bürger 2) als Belohnung zuge-
sichert hatte, durch die lex Servilia repetundarum des J. 643=
111 3) diese Belohnung den Latinern allein vorbehalten'*). Die
zweite Art der Erwerbung des Bürgerrechtes konnte nur selten vor-
kommen : die erste war die regelmässige ; auf sie bezieht sich die
Formel per Lalium venire in civäalem^). In der Kaiserzeit ist aber
auch in Beziehung auf die erste Art der Unterschied gemacht
worden, dass der Latinus , welcher einen honor bekleidet hatte,
aedilis quaestor ex hac lege f actus erit, cives Romani sunto cum post annum ma-
gistratu] abierint, cum parentibus coniugibusque ac liberis. Vgl. cap. XXII. XXIII.
XXV. Inschrift von Tergeste aus der Zeit des Antoninus Pius C. 1. L 6 n. 532
col. 2, 3: impetrando, uti Carni Catalique attributi a divo Auyusto rei publicae
nostrae — per aedilitatis gradum. in curiam nostram, admitterentur ac per hoc ci-
vitatem Romanam apiscerentur , et aerarium nostrum ditavit et curiam complevit
et universam rempublicam nostram cum fomentis ampliavit admittendo ad honorum
communionem et usurpationem Romanae civitatis et optimum et locupletissimum
quemque. C. J. L. 2 n. 1631 : L. lunius Faustinus^ L. lunius L. f. Mamius Fau-
stinus c(ivitatem') R(omanam) per honorem consec(uti}. Ib. n, 2096 : m(uni-
cipes^ m(unicipii) ben^eficio') imp. Caesar is Auy. Vespasiani — — c[ivitatem)
R^omanam) cons{ecuti^ cum u[x]or[e et liberis] per hon(orem II vir{atus'). Dalier
führt ein gewesener Ilvir in seinem Namen die Tribus. Inschr. v. Astigi in
ßaetica C. I. L. 2, 1478.
1) C. /. L. I, 198 lin. 76 : de ceivitate danda. Sei quis eorum, quei ceivis Ro-
manus non erit, ex hac lege alterei nomen [ad praetor]em, quoius ex hac lege
quaestio erit^ detolerit, et is [eo] iudicio hace lege condemnatus erit, tu[m eis, quei
eius nomen detolerit, quoius eorum opera maxime unius eum condemnatum esse ei
iudicio constiterit, sei volet ipse filieique quei eiei gnatei erunt, cum]
ceivis Romanus ex hace lege fiel, nepotesque [tu]m eiei filio gnateis, civeis Romanei
iustei sunto j [et in qua tribu, quoius is nomen ex hace lege detolerit, sufragium
tulerit, in ea tribu sufragiu]m ferunto inque eam tribum censento.
2) Ibid. lin. 78 und dazu Mommsen p. 71. Dies Privilegium sicherte dem
Latiner die Vortheile der lex Valeria (Liv. 10, 9) und der drei leges Porciae,
d. h. die Provocation gegen körperliche Strafen, welche dem gewöhnlichen Latinus
nicht zustand. Sali. lug. 69: Turpilius condemnatus verberatusque capite
poenas solvit : nam is civis ex Latio erat. Rudorff a. a. 0. p. 15 ff.
3) Mommsen a. a. 0. p. 55.
4) Cic. pr. Balb. 23, 53 : quomodo L. Cossinius Tiburs — — damnato
T. Coelio, quomodo ex eadem civitate T. Coponius — damnato C. Massone civis
Romanus est factus ? — 24, 54 : quod si acerbissima lege Servilia principes viri
et gravissimi cives hanc Latinis, id est foederatis, viam ad civitatem populi iussu
patere passi sunt — — cum praeserlim genus ipsum accusationis et nomen et
eiusmodi praemium, quod nemo assequi posset nisi ex senatoris calamitate , neque
senatori neque bono cuiquam nimis iucundum esse posset, dubitandum fuit, quin quo
in genere iudicum praemia rata essent , in eodem iudicia imperatorum valerent?
Num fundos igitur factos populos Latinos arbitramur aut Serviliae legi aut cete-
ris, quibus Latinis hominibus erat propositum aliqua ex re praemium civitatis?
5) Plin. paneg. 37. Gaius 1, 95.
— 57 —
in einigen Gemeinden nur für seine Person den Anspruch er- LuUum
1 • • m •! • 1 -1 maius und
langte, sich m eine Tribus einschreiben zu lassen, in andern minm.
Gemeinden dagegen mit seiner ganzen Familie, seinen Eltern, seiner
Frau und seinen Kindern des Bürgerrechts theilhaftig wurde i),
und dies ist der Unterschied, welchen die Ausdrücke Latium maius
und Laif um minus^) bezeichnen, welche auf die hier in Rede ste-
hende Zeit keine Anwendung zu haben scheinen.
Zweite Periode.
Italien nach dem Bundesgenossenkriege. Erweiterung
Italiens durch Hinzuziehung von Gallia Cisalpina.
Das Verhältniss der Bundesstädte, von welchen wir i^e- ,^'nz«^"«-
' ^ denheit der
^prochen haben, war durch die wachsende Macht Roms schon itaiiker.
nach dem zweiten punischen Kriege ein so ungleiches geworden,
dass, während die Lasten der fortdauernden Kriege grossentheils
den Verbündeten aufgebürdet wurden, die Früchte der Erobe-
rungen den Römern allein zu Gute kamen. Seit dem J. 536=218
hatten die socii doppelt so viel Truppen gestellt, als die Römer ^)
und ihr Contingent selbst besoldet ^) , bei dem Triumph des
C. Claudius Pulcher über die Ligurer 577 = 177 erhielten sie
dagegen als Triumphalgeschenk die Hälfte von dem , was die
römischen Soldaten bekamen''), und bei der Ackerassignation in
Ligurien im J. 581 = 173 wurden den Römern zehn, den Lali-
nern drei iuyera angewiesen**). Dies sind nur einzelne Beispiele
1) Lex munic. Salpens. v.. 21. Mommsen Stadtrechte S. 405. Rudorff De
tnaiore ac minore Latio ad Gaimn 1, 95. 96 disputatio critica, Berol. 1860. 4.
2) Gaius 1 , 95 nach Uudorffs , Moiiimsens und Huschkeü Itcätitution in
Ffuschke lurisprudentiu anleiustiniana : alia causa est eorurn , qui F^ati[i iure] cum
hherii* suis ad ciritatem Romanam perveniunt ; nam horum in potestate fiunt liheri.
'Juod ius quibusdam pe\r€yrinis civitalibus cnmpetit, si modo maius Jjatium habent.
\am aut maius Latium. dicitur aut minus. Maius Latium est, cum mayistratum
• l honorem in civitate sua yerendo etiam parentes et Liberi et uxor cum bis, qui]
• ayistratum yerunt , civitalem Romanam consequuntur ; minus Latium est, cum
I tantum, qui vel mayistratum vel honorem yerunt , ad ciritatem Romanam per-
>niunt, idque compluribus epistulis principum siynificatur .
3j So stellten im .1. 536 = 218 die Körner 21,000 M. Infanterie, 1800 Rfiiter ;
'lie iocii 40,000 M. Kussvolk, 4400 Heiter. Liv. 21, 17, vgl. Polyb. 2, '1\.
13.
4) Liv. 27, 9,
5) Liv. 41, 13.
6) Liv. 42, 4.
— 58 —
einer Zurücksetzung, welche, mit Gonsequenz durchgel'ührt^), die
Italiker in eben dem Grade erbitterte 2) , wie die Ausschliessung
von den gesetzlichen Schutzmittehi, welche die römischen BUrgri
der anmaassenden Willkühr der Behörden gegenüber zu ihrer per-
sönlichen Sicherstellung errungen hatten-'). Dazu kam, dass die
eigene Verwaltung eines Gemeinwesens um so mehr an ihrem
Werthe verlor, je mehr dieselbe den Eingriffen des übermSchligen
Rom fortwahrend ausgesetzt war, während das Streben nach
politischem Einflüsse, welches in Rom durch die Fortschritte der
Demokratie immer allgemeiner ward, sich den Italikern mittheille
und am Ende zu der Ueberzeugung führte, dass nur in einer
vollständigen Gleichberechtigung zwischen Rom und Italien eine
Abhülfe der vorhandenen Uebel zu finden sei. Der erste Antrag,
allen italischen Bundesgenossen das Bürgerrecht zu ertheilen, ging
von dem Consul M. Fulvius Flaccus (629 = 125) aus^), aber weder
er noch drei Jahre darauf C. Gracchus^) drangen damit gegen die
Nobilität durch; die harte Ausweisung aller Italiker, welche in
Rom das Bürgerrecht zu usurpiren suchten, durch die lex Licinia
Mucia des J. 659 = 95 0) und die Vereitelung der durch den Tri-
bunen M. Livius Drusus im J. 663=91 zum dritten Mal den
lorÄnkneg. ^^^^^'^®''" erregten Hoffnungen') führte endlich zu dem kurzen
aber blutigen Bundesgenossenkriege , durch welchen die Italiker
ihren Forderungen Gewährung verschafften. Schon Ende 664 = 90
wurde das Gesetz des Consuls L. lulius Caesar [lex lulia] geneh-
migt, durch welches die bis dahin treu gebliebenen föderirten
und namentlich alle latinischen Städte Italiens das Bürgerrecht
erhielten, wenn sie dasselbe annehmen wollten [si ei legi fundi facti
essent) ^) ; unmittelbar darauf, im December desselben Jahres oder
lex lulia.
1) S. die Ausführungen bei Mommsen R. G. 1^, 796 ff. Lange 2, 254 ff.
2) Liv. 41, 13, 8. Asconius p. 67.
3) S. oben S. 56 Anm. 2.
4) Appian. B. C. 1, 21. 34. Val. Max. 9, 5, 1.
5) Appian. B. C. 1, 23. 34. Plut. C. Gracch. 5. 8. 9. Vell. 2, 6: dabat civi-
tatem Omnibus Jtalicis, extendebat eam paene usque Alpes.
6) S. oben S. 55 Anm. 7 und Rudorff R. Rechtsgesch. 1, 30. Lange 3, 88.
7) Appian. B. C. 1, 35. Liv. ep. 71. Vell. 2, 14.
8) Appian. B. C, 1,'49: 'lTa>a(oTä)V oi to-j? sti ^v t-q oufj.(j.a)^ia 7rapa[j.e-
vovTa; Itl^-^jcpioaxo (y) ßo'jX9)) eivai roXiTa; • oij otj \xd\toTa {jiovo'j ravTes d7t606|j.o'jv.
v.a\ xdSe ii T'jppTjvou*; 7repi^7r£(j,7rev • ol oe aofxevot xf^i TroAixetac; (j.eTeXa[j.ß<avov.
Cic. pr. Balb. 8, 21: ipsa denique (lege lulia), qua lege civitas est sociis et
Latinis data, qui fundi populi facti non essent, civitatem non haberent. Gell. 4,
4, 3. Vell. 2, 16,
— 59 --^
im Januar 665 = 89^), bestimmle ein zweites, von den Voikslri-
f^unen M. Plautius Silvanus und C. Papirius Garbo rogirtes Gesetz,
die lex PUiutia Piipivia, dass alle cives und incolae der föderirten ^'^^^^'?Jf'*"
Staaten, welche zur Zeit des Gesetzes in Italien ihr Domicil hatten,
das rönjische Bürgerrecht bekommen sollten , im Falle sie sich
innerhalb 60 Tagen bei dem städtischen Prätor in Rom melde-
ten 2). Allein die Ausführung dieser Gesetze stiess auf verschiedene
Schwierigkeiten. Die erste war die Einschreibung der neuen Bür-
uer in die Tribus. Man beabsichtigte, dieselben, um sie nicht ein
L'ebergewicht in den Comitien erlangen zu lassen, in acht Tribus
zu vertheilen «^j , in derselben Art, wie man die Freigelassenen in
vier Tribus stimmen liess, allein diese halbe Maassregel kam weder
hei dem nächsten Census des J. 665 = 89^), noch überhaupt zur
Ausführung, sondern nach einem vergeblichen Versuche des Tri-
bunen P. Sulpicius 666 = 88, diese beschränkende Bedingung
durch ein neues Gesetz aufzuheben^) , gestand schliesslich der
Senat durch einen Beschluss des Jahres 670 = 84 den Neubür-
tzern das Stimmrecht in allen Tribus zu^'). Sodann hatte ein
Theil der Bundesgenossen das angebotene römische Bürgerrecht
nicht sofort angenommen") , ein anderer Theil durch Sullas lex
Cornelia de civücUe (673 = 81) wieder verloren^); es dauerte so-
nach noch einige Zeit, bis ganz Italien wirklich desselben theil-
haftig wurde •^) .
Ij Mommsen R. G. 2, 242 Anm.
2) Cic. pr. Arch. 4, 7: data est civitas Silvani lege et Carbonis ,,si qui
foederatis civitatibus adscripti fuissent ; si tum, quum lex ferebatur, in Jtalia do-
inicilium habuissent ; et si sexaginta diebus apud praetorem essent professi.'* Schol.
liob. p. 353. Cic. ad fam. 13, 30.
3) Velleius 2, 20 : itaque quum ita civitas Italiae data esset, ut in octo tribus
ontribuerentur novi cives , ne potentia eorum et midtitudo vetenim civium digni-
t'ttem frangeret , plusque posstnt recepti in heneflcium , quam auctores henefiri,
( mnn in Omnibus tribubus eos se distributurum pollicitus est. Appiaii 1, 49 sagt
II, flass iitMie Tribus gebildet werden sollten. Die Stelle ist indess in der
Hing zweifelhaft. S, Mommsen Die U. Trilms S. 11.
4) Cic. pr. Arch. b, 11 : est enim obscurum^ — primis (censoribus) Julio et
('rasto, nullam populi partem esse censam.
b) Liv. ep. 77. Appian. li. C. 1, 55. 56.
6) Llv. ep. 84.
7) So die Liicafier und Kamniten. Appiau. /?. (\ 1, 53. DIo Cass. f^. 102,
II) Kekk.
8) Sali. Hist. 1 fr. 41 p. 12, 6 Dictsth. Cic. pr. domo 30, 70. de Uye nyr.
, 2, 6. Appian, B. C. 1, 100.
9) Vell. 2, 16: paulalim deinde recipiendo in civitateiu qui arma aut non
'peront aut deposuerant malurius vires refcctat sunt.
60
Dascisai- Wir haben oben S. 19 eesehn , dass Italien damals im Nor
pinischd ^
Gallien, den nui* bis zum Arnus und Aesis reichte, Gallia Gisalpina aber
ebenfalls von Rom aus verwaltet und, nachdem es aus unbe-
kannten Gründen auf kurze Zeit, wahrscheinlich von 673=81
bis 712=42, mit einer neuen Begrenzung als Provinz admini-
strirt war, definitiv zu Italien gezogen wurde. Während des Bun-
desgenossenkrieges stand das cisalpinische Gallien treu zu Rom
und nahm am Ende desselben Theil an den Bewilligungen der
lex lulia. Es lagen in ihm sieben Colonien, drei colotiiae civium
Romanorum, Mutina, Parma und Eporedia, und vier latinische,
nämlich südlich vom Po Placentia und Bononia, nördlich vom Po
Cremona undAquileia; die ersteren blieben in ihrem alten Ver-
hältnisse, die letzteren wurden in die civüus aufgenommen und
in munii'ipia verwandelt ^). In Beziehung auf die übrigen föde-
Dascispa- rirtcn Städte unterschied man zwischen dem cispadanischen Lande,
dänische
welches bereits grossentheils romanisirt war, und dem transpa-
danischen, in welchem sich noch bis in die Kaiserzeit barbarische
erhwt das Keltenstämme erhielten ; dem ersteren scheint damals das BUr-
Bürgerrecht,
gerrecht allgemein verliehen zu sein 2), das Verhältniss des letz-
teren ordnete im J. 665 = 89 der Consul Cn. Pompeius Strabo
durch ein eigenes Gesetz {lex Pompeia] '^) , indem er dasselbe in
1) Daher nennt Cicero in der Pisoniana bei Asconius p. 3 Placentia ein
municipium, und es ist nur Unkenntniss , wenn Asconius dazu bemerkt : magno
opere me haesitare confiteor, quid sit quare Cicero \Placentiam munivipium esae
dicat. Video enim in annalibus eorum, qui Punicum bellum aecundum scripserunt,
tradi, Placentiam coloniam deductam. Auch Aquileia heisst municipium. Vitruv.
1, 4, 11. C. I. L. V n. 903. 968 und dazu Mommsen p. 83.
2) Hiefür giebt es ein directes Zeugniss nicht, man kann nur einen Scbluss
machen aus dem besonderen Verfahren, welches die Transpadaner nöthig machten.
Im J. 689 = 65 hatten die Cispadaner bereits das Bürgerrecht. Denn Cicero ad
AU. 1, 1, 2 sagt in diesem Jahre : videtur in suffragiis multum passe Gallia, und
Dio Cass. 37, 9 von den Censoren desselben Jahres : xai oi Ttfxr^xal Trept t(öv
UTiep Tov 'Hpiooivov ol*/.o6vT«av oieve^^^^vteg (xu) (xev "^o.^ e; ttjV TroAireta^ autou^
. doocYsiv dSoxet, tu) 5e ou) oüBev ouSe töjv aXXtuv eTipot^av, d)Xd. xat ttjv äpy-nv
äTreiTtov. Ausführlich handelt über die ganze Frage Savigny Verm. Sehr. 3,
304 ff. Mommsen R. Gr. 2, 242 f. und im Widerspruch zu Savigny Zumpt Stud.
Rom. p. 32 — 42.
3) Plin. N. H. 3, 138 giebt das Verzeichniss der von Augustus unterworfe-
nen Alpenvölker und fügt hinzu : non sunt adiectae Cottianae civitatea XII, quae
non fuerunt hostiles , item, attributae municipiis lege Pompeia. Asconius in Piso-
nianam p. 3: neque illud dici polest, sie eam coloniam esse deductam (nämlich
Placentiam), quemadmodum post plures aetates Cn. Pompeius Strabo, pater Cn.
Pompeii Magni, Transpadanas colonias deduxerat. Pompeius enim non novis colonis
eas constituit, sed veteribus incolis manentibus ius dedit Latii, ut possent habere
[ut post ea haberent Rudorff] ius, quod ceterae Latinae coloniae, id est, ut gerendo
magistratus civitatem Bomanam adipiscerentur.
— 61 —
eine Anzahl von städtischen Territorien eintheilte, diese Städte
tuf italische Weise constituirte, ihnen zwar nicht die römische
Civität, aber das Recht der jüneeren latinischen Colonien ee- *^^» <^r^"8pa-
' .10 n danische
währte, und ihren Stadtgebieten die noch eanz unröniischen Kel- Z^*"? ß^^ht
' '^ "^ der jüngeren
lenstämme nicht als gleichberechtigte Gemeindemitglieder, sondern '(^^J^^'^J^"
lis unterworfene und zinspflichtige Peregrinen einverleibte^). Für
die Transpadaner selbst war diese Organisation nur eine vorbe-
reitende Maassregel, deren baldige Abstellung sowohl sie selbst
erstrebten als auch die römischen Behörden von vorn herein an-
nahmen 2). Im .1. 705=49 gewährte Cäsar ihnen das Bürgerrecht „«^^n*»«!»»
' ^ " Bürgerrecht.
und rönusche Municipalverfassung'^j ; nach der Schlacht bei Phi-
lippi, 712=42, wurde die Provinz Gallien aufgehoben^), das
Land definitiv mit Italien vereinigt, und seitdem giebt es in Ita-
lien keine latinischen Städte mehr. Nichtsdestoweniger erhielt
sich aber das neue Rechtsverhältniss, welches Cn. Pompeius
Strabo dadurch geschaffen hatte, dass er, ohne Colonisten aus-
zuführen, vorhandene Gemeinden mit einem fingirten Rechte von
rolmi Lalim ausstattete, durch die ganze Kaiserzeit als ein neues
lus Lata oder Lathiin^) , welches theils eanzen Provinzen, wie ^«' ^a'" der
' ' ^ ' Provinzen.
Spanien durch Vespanian*^), theils durch die /ex lunia Norbatiu
des J. 772i=19 n. Chr. einer gewissen Classe von Freigelas-
senen mit besonderen Beschränkungen ertheilt wurde''), so
1) S. oben S. 13 f. Mommsen Hermes 4, 112 ff.
2) Im J. 688 = 66 heisst es von Caesar Suet. Caes. 8: decedens ergo ante
tempu.i colonias Latinas de petenda civitate ayituntes adiit, worunter nur die trans-
[ladaiiiöchen verntanden werden können (Savigny Yerm. Sehr. 3, 309); im fol-
genden Jahre war einer der Censoren Willens, die Transpadaner in die Tribus
aufzunehmen (Dio Cass. 37, 9); Cäsar Hess sie schon vor 705=49 in den Le-
ionen dienen (Caes. B. C. 3, 87: hae copiae, quaa videtis, ex dilectibus horum
innoTum in citeriore GdUia »unt refectae : et plerique sunt ex colonis Transpada-
M<?; im .J. 703 = 51 spricht Cicero ad Att. 5, 2, 3: eratque rumor de Transpa-
inis, eos iussoa IHlviros creare. Vgl. ad fam. 8, 1, 2 und Mommsen R. O.
. 309 Anm.
3j Dio Cass. 41, 36: xoT; FaXaTat; xoi«; £vt6; täv "AXTreujv uitep töv 'Hpt- ♦
.T^^r^ o(y.oOci ttjV KoXiTeiav -^ dTieoojxe.
4) Appian. B. C. 5, 3: tVjv re fäp KeXxixVjv r^jv dvxoi; "AXueuiv ih6iui,
Kctiootpo; d^iojvTOC, a'jTiivöfxov dcpievai, Y'^'^F'-Ti "^^^ Trpordpou Kaloapo;, vgl. r. 22.
»io Cass. 48, 12. Ks war die« schon früher beabsichtigt. Appian. B. C. 3, 30:
'ijav 0 oi xal TÖ lOvo; 8/.tu; dÄeudepoüv Vjejjtovlai; r^^^idu'* • outüj^ ^5eoo(xeoav
C/O'j xVjV KeXrivt-^jv o'joa»^. ,S. Dmniann 1, 387. Moninisen (\ I. L. I p. 118.
5) Leber die Bezeichnungen iuH Latii ( Ta<\ Ann. 15,32), AotIo'j Sixaiov
(Appian. B. ('. 2, 26). Latium (Tac. JUnt. 3, 55. tMin. A. H. 3. 7 n. ö.) s. Ru-
lurfl I)e maiore et minore Lnlio p. 21 Anm.
6) Hlin. A. H. 3, 30.
1) 8. Vangerow Ceber die Laiini luniuni , Marburg 1833. 8. RudorlT R.
Reiht (/t;s(h 8. 62. Leber die Zeit des üeaetzes 4iorgh<'si Oeuvre» 5, 216.
— 62 —
(lass es bis auf lustinian noch immer ein iatinisches Recht dop-
pelter Art üsiebt, das der Latini coloniarii und der Lntini funiuni^).
Folgender Die Krtheilunß der Civität brachte in Italien wie in dem cis-
Ertheilung '^'
de8Hüri?pr- alpinischen Gallien eine vollit'e Univvandelunij; der Verhältnisse her-
rechts an '
ganz Italien, vor ; uiit ihr erhielt die römische Sprache ot'ticielle Geltunt^ und
allgemeine Verbreitung, wogegen die einheimischen Dialecte, z. B.
in Cam[)anien dasOskische, ausstarben; die Berechtigung Münzen
zu schlagen horte in ganz Italien auf; das alte Frivatrecht der
löderirten Städte wurde durch das römische Recht ersetzt; römische
Tracht, römische Sitte, römische Vornamen, römische Zeitbestim-
mung kamen auch in Unteritalien in Gebrauch und die Erinne-
rungen an vorrömische Zustände verschwanden in Kurzem gänz-
lich '^). Die wichtigste Folge dieser Umgestaltung war indessen
Die Munici- die Ausbildung des römischen Municipalwesens. Der dem ganzen
selbständige Alterth um gemeinsame Grundsatz, dass Stadt und Staat iden-
Staaten
constituirt tischc Begriffe sind, war bisher auch von den Römern in der
Weise befolgt worden, dass der römische Staat nur eine Gemeine
bildete, die römischen Municipien und Colonien nicht selbständige
civitates , sondern Theile der römischen civitas ausmachten , die
föderirlen Städte dagegen, zu denen die latinischen Colonien ge-
hörten, als formell selbständige, ausserhalb der römischen civitas
stehende Staaten betrachtet wurden. Nunmehr war jeder Unter-
schied der italischen Städte beseitigt, sowohl die alten Munici-
pien (s. S. 26 ff.) als die Bundesstaaten waren römische Vollbürger-
gemeinden geworden, und es stellte sich als unmöghch heraus die
Einwohnerschaft ganz Italiens zu einer Stadigemeinde zu vereini-
gen 3). Die städtische Republik hatte sich zu einem grossen
republikanischen Staat erweitert ; und es kam darauf an , die
neuen Bürgergemeinden als gleichberechtigte Glieder in den Or-
ganismus desselben einzufügen 4). Vollständig ist dies den Römern
1) Ulpian. fr. 19, 4 : mancipatio locum habet ifiter cives Romanos et Latinos
coloniarioa Latinosque lunianos. Dositheus de manumiss. § 6 p. 49 Böcking : sed
nunc habent proprium libertatem inter amicos manumissi et fiunt Latini Juniani,
quoniam lex lunia , quae libertatem eis dedit , exaequavit eos Latinis coloniariis,
qui cum essent cives Romani liberti, nom,en suum in coloniam dedissent. Oaius
3, 56.
2) S. Mommsen Unteritalische Dialekte S. 113.
3} Mit Bezug hierauf bezeichnet Tiberius bei Tacit. Ann. 3, 54 drei Pe-
rioden der römischen Geschichte. Von der ersten sagt er: unius urbis cives era-
mus ; die zweite, d. h. die Zeit nach dem Bundesgenossenkriege, nennt er Ro-
manorum intra Italiam dominatio ; die dritte ist die Periode der Weltherrschaft.
4) Mommsen R. G. 2, 366 ff.
\ or 1) .
— 63 —
nie gelungen, namentlich haben sie kein Mittel gefunden die Aus-
übung des Stimmrechtes den entfernter wohnenden Municipes zu
t^imöglichen ; sie begnügten sich vielmehr, die neuen Bürgerge-
meinden einerseits selbständig zu machen, indem sie ihnen die
Wahl eigener Gerichts- und Verwaltungsbeamten gestatteten, an-
dererseits in ein bestimmtes Abhängigkeitsverhältniss zur Staats- „e^uesVeT-
regierung zu setzen, indem sie die Grenze zwischen der Competenz ^Regierung^
der Stadt- und Staatsbehörden durch besondere gesetzliche Be- gesetzt.
. . Leges muni-
siimmungen [leges mumcipales) leststellten. dpaies.
Der Ausdruck lex municipalis kommt in zweierlei Bedeutung
Zuerst hat jede römische Colonie'^), jedes römische Muni-
pium, jede latinische Stadt •^), endhch jede autonome Provincial-
gemeinde'^) ihr eigenes Gesetz (lex municipalis^]^ lex rnunicipii ^) ,
1} Savigny Verm. Sehr. 3, 354. Mommseii Stadtiechte von Salpensa und Ma-
lara S. 392.
2j Frontin. grom. p. 19, 4: quidquid eniin ad roloniae municipiive privile-
lum pertinet, territorü iuris appeUant. Hygin. p. 118, 9: sed et haec meminerimus
■ I legibus saepe inveniri — — inscriptum : ,^Quos agros — inlra fines — dedero
^signuvero, in iis agris iurisdictio cohereitio'que esto roloniae ifims.'* p. 133, 17:
de iure territoriorum quid possumus aliud suadere , quam ul leges — per-
legamus et ut interpreternur secundum singula momenla. Sulla schrieb der Stadt
l'iiteoli (Dikaearclüa ), welche damals schon Militärcolonie war, Gesetze (Phit.
SuU. 37), und Fronte ad amicos 2, 7 p. 193 Naber. sagt von der CoLorhia lulia
( oncordia (C. 1. L. V p. 178): estne lege Concordensium cautum, ne quis scribam
jnxit nisi eum, quem decurionem quoque rede facere possit?
3) Die formula von Nemausus erwähnt Plin. N. H. 3, 37, und die Inschrit-
ten von Salpensa und Malaca enthalten zwei leges municipales.
A) Hierüber s. den Abschnitt von den Provinzen. Als Beispiele mögen die-
nen Aniisus in Blthynien, dessen leges bei Plin. ep. ad Traian. 93 erwähnt wer-
•ien, und Antiochia in Syrien. Papinian. Big. 42, 5, 37: Antiochensium Coelue
Si^riae civitati , quod lege sua Privilegium in bonis defuncti debitoris accepit , ius
fjersequendi pignoris durare constitit , welche Stelle sich auf die Zeit bezieht, in
welcher Antiuchia noch nicht (Kolonie war. Erhalten ist noch die lex Antonin de
lenntssibua vom Jahre 683 = 71. C. I. L. I n. 204. In Sicilien hatte Jede Stadt
ihre lex. Cic. acc. in Verr. 2, 49, 120: legati ("enturipini, HaLesini, Catinenses,
l'anonnitanique dixerunt — — , neminem ulla in civitate senalorem factum esse
i/ratis, nemirum, ut leges eorum sunt, suffragiis. Vgl. J^ 122.
:')) I)ig. 43, 24, 3 }^ 4: hoc itn verum est, si non lex munieipalis curatori
iti public.ae amplius concedat. 47, 12, 3 <^ f) : quid tarnen, si lex muniriprdis
jtrinittat in ciuitate sepeliri? öO, 1, 20: jwigistratus municipales cum umim uui-
•iistratum administrent , etiam uniuA hominis vicem sustinent. Et hoc plerumque
luidem lege municipali eis datur, verum et si non sit datum, dummodo non dene-
hituin, moribus c(nnpetit. ÖO, 3, 1 pr. : decuriones in alho ita scriptos esse oportet,
ii lege municipali praeripitur. ÖO, 4, 11 V> 1 : ttsi Lege municipali caveatur, ul
j nitferantur in honoribua certae conditionis homines , tUlamen sciendum est, hoc
esse observandumy ai idonei sint.
6) Dig. 3, 4, (> pr. : qtiod et in hrmorum petitione erit senmndum , nisi lex
iiunieipii - — prohibent. Co«!. Iu»t. 8, 4V), 1 und von einer griechischen Sta»lt :
'n;. fjü, 9, 6: municipii lege ita CAiutum ertU : iav Ti; e^iu toO cjvefiplo'j otxd-
w.xat -A. T. X.
— 64 —
lex civitatis ^)j lex loci^))y worunter weder ein römischer Volks-
beschiuss, noch eine von der Sladtgemeinde selbst ausgegangene
Bestimmung, sondern eine Constitution zu verstehen ist, welche
ein vom römischen Volke bevollmächtigter Commissar, und zwar
ein macjistratus cum imperio, gewöhnlich ein commandirender
Feldherr der betreffenden Stadt verlieh ^) . Hiefür ist die Formel :
legem dare^), d. h. ein Stadtrecht oder ein Provincialrecht vor-
schreiben, während die Römischen Gesetze beim Volke beantragt
[leyem rogare) und vom Volke genehmigt werden. Der F>lass
solcher speciellen Municipalgesetze wird zwar in alter Zeit selten
erwähnt'*), wurde aber schon damals nöthig, als man den Mu-
nicipien mit unvollständigem Bürgerrecht nach und nach die volle
civitas ertheilte und statt der bisher aus Rom gesendeten prae-
fecli iure dicimdo eigene richterliche Beamte bewilligte**), und es
ist unbedenklich anzunehmen, dass es specielle leges municipaks
dieser Art lange vor dem Bundesgenossenkriege gab.
Nach der lex lulia dagegerr bedurfte es einer allgemeinen
und gleichmässigen Gesetzgebung für eine grosse Anzahl neuer
Vollbürgermunicipien und zu diesem Zwecke sind in Rom selbst
1) Dig. 50, 4, 18 § 26. Cod. lust. 11, 29, 4. Plin. ep. ad Traian. 113 (114).
2) Dig. 50, 6, 6 § 1 vgl. 50, 4, 3 : ceteri autem — legibus patriae suae et
provinciae oboedire debent.
3) Ueber diese Bedeutung von lex handelt Mommsen a. a. O. S. 393. Bei-
spiele sind: die Constitution, welche L. Aemilius Paulus 587 = 167 für Mace-
donien gab. Sie bestand aus einer formula (Liv. 44, 31), welche die Grenzen
der vier Theile Macedoniens fe.ststellte , und aus leges entweder für diese vier
Theile oder lür die einzelnen Städte (Liv. 45, 32, 7 .• leges Macedoniae dedit.
lustin. 33, 2: legesque , quibus adhuc uiitur, a Paulo accepit) \ die Constitution
des Mummius für Achaia (Polyb. 40, 9. 10. Pausan. 7, 16, 6. Zonar. 9, 31);
die lex Pompeia von 691=63 für Bithynien und Pontus (Plin. ep. ad Traian.
79 (83), 80(84). Die lex Rupilia (623 = 131) für Sicilien war nur auf Anord-
nung des Senates erlassen (Cic. accus, in Verr. 2, 16, 40; 2, 37, 90) und daher
nicht eigentlich eine lex zu nennen. Cic. acc. in Verr. 2, 13, 32: ex Rupilii
decreto , quod is de decem legatorum sententia statuit, quam Uli legem Rupiliam
vocant. Ueber die leges colonicae s. Mommsen und Rudorff Feldmesser S. 188.
332 und besonders Hygin. grom. p. 117, 15: hi agri leges accipiunt ab his , qui
veter anos deducunt et ita propriam observationem eorum, lex data praestat.
4) S. Mommsen a. a. 0. S. 394. So heisst es in der lex Julia municip.
lin. 159: quei lege plebeive scito permissus est fuit, utei leges in municipio fun-
dano municipibusque eius municipii daret; in der lex von Salpensa S. 26: post
h(iinc) l{€gem) datam ; von der lex Aemilia für Macedonien leges se daturum
(ostendit) (Liv, 45, 31 : leges dedit, ib. 45, 32. Andere St. s. b. Mommsen).
5) Liv. 9, 20 erwähnt nur eine ausnahmsweise Constitution dieser Art im
J. 436=318: eodem anno primum praefecti Capuam creari coepti , legibus a
L. Furio praetore datis , quum utrurnque ipsi pro remedio aegris rebus discordia
intestina petissent.
6) Dies ist auch Mommsens Ansicht a. a. 0. S. 392 Anm. 10.
— 65 —
kges municipales rogirt worden , um gemeinschaftliche Bestim-
mungen über deren Verfassung zu treffen. Die älteren Gesetze
dieser Art kennen wir nicht, dagegen sind zwei Municipalgesetze
aus Cäsars Zeit wenigstens theilweise erhalten.
Das eine ist die lex Riibria^), auf Veranlassung Cäsars \ot\ Lex Ruhia.
einem sonst unbekannten Tribunen Rubrius eingebracht im J.
705 = 49 2). Es enthält eine Gerichtsordnung für die cisalpinischen
Municipien, welche sich der römischen Gerichtsordnung, d. h. dem
prätorischen Edict, anschliesst und in dem uns erhaltenen Theile
anordnet, dass die Municipalmagislrate die Befugniss haben soll-
ten, alle Processe, deren Objoct I 'iOOO Sesterzen nicht überstieg,
und ausserdem gewisse Processe ohne Rücksicht auf den Betrag
des Objectes durch Geschworene aburtheilen zu lassen, in Sachen
aber, in welchen sie nicht competent waren, nur die Vorunter-
suchung zu übernehmen und die Parteien an den römischen
Prator zu verweisen 3).
Das zweite Gesetz ist die lex Julia mum'cipolis *) ^ von Cäsar LexiuUa
municipalis.
1) Von mehreren Erztaieln, welche das Gesetz enthielten, ist eine, nämlich
die vierte, im J. 1760 in den Ruinen von Veleia gefunden und zuerst in Carli
Antichita Italiche T. I, 1788 p. 135, zuletzt in C, I. L. I n. 205 herausgegeben.
Zur Erklärung desselben s. Hugo im Civilistischen Magazin Bd. 2 (3te Ausg.
1812) S. 431 — 496; Dirksen Obss. ad selecta legis Oalliae Cisalpinae capila,
Berol. 1812. 4; Huschke Gaius S. 203—242. Huschke u. Ritschi im Rhein. Mu-
seum N. F. 8, 44b; Mommsen lieber den Inhalt des rubrischen Gesetzes in
Bekker u. Muther Jahrbuch des Deutschen Rechts 2, 319 — 334 und im C. J. L.
1, 205. Den Namen des Gesetzes gefunden zu haben ist das Verdienst Puchtas.
2) Sicher ist das Gesetz nicht vor 705 = 49 und nicht nach 712 = 42 ge-
geben. Für das letztere Jahr entscheiden sich Savigny Verm. Sehr. 3, 319 und
Puchta Institutionen §90, für das erste Mommsen und Rudorff R. Rechtsgesch.
S. 34. Für das J. 705 = 49 spricht namentlich, dass das Land in dem Gesetze
cd. II lin. 26. 27 fiallia eis Alpeis, lin. 54 Gallia Cisalpeina genannt, und dass
in der mehrfach vorkommenden Formel (col. II lin. 53) queiquomque in eorum
quo n(ppido) m(uniripio) r{oloniu') p(ra€f€clura) f(oro) v(€ico) r(onciliabuln) c((ist€Uo)
Herritoriofve — — i(ure) d(eicnn<lo^ p(ra€erit) hinter territoriove nicht zugesetzt
ist r{ivium) R(f>m(inorum) , so dass also die Ortschaften noch nicht als Bürger-
gemeinden bezeichnet werden, wie es in der lex Julia municipalis geschieht.
3) Mommsen in Bekker u. Muther Jahrbuch des gemeinen Deutschen Rechts
2, 326.
4j f. /. L. I n. 206 und dazu Mommsen. lieber dies Gesetz s. Mazochi
('ommentariorum in lieyii Herculanensis mu^ei aeneas tabulas HeracUenses P. I.
II, Neap. 1754. 1755 fol, Marczoll Fraymenlwn legis Romanae in aversa tabulae
Heracleensis paf#, Gott. 1816. 8. Dirksen Obss. ad tnb. Heracl. parlem alteram,
Berol. 1817. 8 und in (üvilistisrhu Abhandl., Berlin 1H2(). 8 Bd. 2 S. 145 ff.,
besonder» aber Savigny Verm. Sehr. 3, 27*.< — 412. Der Name lex Julia munici-
palis für dies Gesetz war schon von Mazo<'-hi p 409 vernnitliet und wurde erwie-
sen von Savigny S. 365 ff. 403 ff. Er fliidet »ich in drr Inschrift von Padua
C. /. L. V, 1 n. 2864.
Hörn. Alterth. IV. 5
— 66 —
selbst rogirt im J. 709=45i), uns wenigstens theilweise erhalten
auf zwei im J. 1732 in dem alten Ileraclea gefundenen Bronce-
tafeln und daher anfangs tabula Heracleensis genannt 2) ; eine
vollständige und allgemeine, sowohl für die Hauptstadt selbst als
für die italischen und ausseritalischen Municipien geltende Com-
munalordnung , welche in der Kaiserzeit fortbestand ^) . Der Zu-
sammenhang der sehr disparaten Theile derselben, insbesondere
der erste Theil, welcher Anordnungen über Getreidespenden und
Strassenpolizei der Stadt Rom enthält, hat zu verschiedenen Er-
klärungen Veranlassung gegeben "*), nach Mommsens Ansicht 5) gab
Cäsar in seinem Gesetze zuerst dem Resultate der bis hieher
dargestellten Entwickelung Ausdruck , indem er Rom , welches
nun aufgehört hatte die ganze Bürgerschaft zu umfassen, als eine
und zwar die erste der italischen Municipalstädte behandelte. Dies
war unvermeidlich in einem Gesetze, dessen Hauptzweck dahin
ging, sämmtliche Städte römischen Rechtes von ihrer Unterord-
nung unter die Stadt Rom loszulösen und ihnen eine Selbstän-
digkeit neben der Stadt Rom zu gewähren, welche hauptsächlich
in drei Puncten enthalten ist. Zuerst wurde für alle diese Städte
eine Communalverfassung festgestellt mit eigener Volksversamm-
lung, eigenem Senat und eigenen Behörden ß), welchen das ganze
Territorium der Stadt mit den darin liegenden conciliahula und viel
untergeben wurde, zweitens übertrug das Gesetz die Abhaltung
des Census, welche bisher für alle römischen Bürger in Rom
statt gefunden hatte, den höchsten Municipalmagistraten in der
Art, dass dieselben die Censuslisten in ihren Communen anfer-
tigten und nach Rom ablieferten^) ; drittens endlich verlieh es
jeder Stadt eine eigene Gerichtsbarkeit, welche von den IVviri
oder // viiH iure dicundo ausgeübt wurde , und , obgleich sie die-
jenigen Handlungen nicht gestattete, welche der Prätor vermit-
1) Die Zeit ergiebt sich aus Cic. ad fam. 6, 18, 2.
2) Von den drei gefundenen Tafeln, auf welchen sich eine griechische,
C. I. Gr. n. 5774. 5775 edirte Inschrift belindet, sind zwei auf der Rückseite
beschrieben und enthalten den grösseren Theil der l. lulia mun.
3) Bei den classischen Juristen heisst sie nur lex municipalis. Savigny S. 356.
Dig. 50, 9, 3. Dig. 50, 1 ad municipalem. Cod. lust. 7, 9, 1. ^
4) Savigny a. a. 0. S. 328. ^
b) Mommsen C. I. L. I p. 124. Vgl. Bethmann- Hollweg Rom. Civilprocess
2, 21. Anderer Ansicht sind Zumpt Comment. epigr. I p. 82 ff. Nipperdey Die
legea annales, Leipz, 1865. 8 p. 14 — 19.
6) Hierüber s. unten den Abschnitt über die Municipalverfassung
1) Lex Julia municipalis lin. 142 ft. Mommsen R. G. 3, 542.
\
~ 67 —
telst des ihm durch Volksbeschluss übertragenen imperium aus-
übte 1) , doch darin der prätorischen gleichstand , dass sie nicht
delegirt, sondern selbständig war 2). Sie bezog sich sowohl auf
Civilsachen-^), jedoch mit Beschränkung auf eine bestimmte Summe
des Streitobjects , als auch auf Criminalprocesse von Sclaven^)
und Freien mit Ausnahme derjenigen , welche nach den leges
iudiciorum pnblicoriim vor eine römische quaestio gehörten s).
Dritte Periode.
Italien unter den Kaisern«).
Während in der ersten der von uns unterschiedenen Perio- Italien im
den die Bevölkerung des römischen Reichs in drei ungleich be- zu? Pr?vilf-
rechtigte Classen zerfiel, nämlich die herrschende Nation, welche 'sung.*^
sich in der Stadt Rom concentrirte, die italischen Bundesgenossen
und die Unterthanen der Provinzen, hatte sich in der zweiten
Periode der Gegensatz zwischen Römern und Italikern ausgegli-
chen ; ganz Italien bestand am Ende derselben aus einem Com-
plex freier römischer Städte, welche zunächst einer concentrirten
Verwaltung durch einen Statthalter nicht bedurften, da vSie
Grundsteuer nicht zahlten und unter den Kaisern wenigstens
auch Recruten zum Heere regelmässig nicht stellten. Es gab nur
noch einen Gegensatz zwischen Italien und den Provinzen. In
der dritten Periode verschwindet auch dieser. Denn nachdem die
Souveränität des Volkes factisch auf den Kaiser übergegangen
1) Paulus Dig. öO, 1, 26: en, quae magia imperii sunt quam iuris dictionis,
magifstratus municipalis facere non "polest. Magistratihus mnnicipalibus non per-
mittitur in integrum restituere aut bona rei servandtie causa iubere possideri nut
dotis servandae causa vel legatorum servandorum causa. S. hierüber Mommsen
Jahrbuch des gemeinen Deutschen Rechts v, Bekker u. Muther 2, 328 ff. und
Staatsrecht 1, 48 f.
2^ Mommsen Jahrbtich a. a. 0. S. 332.
3l Lex lul. mun. 1. 116—118. Bethmann-Hollweg Rom. Civilprocess 2, 23.
4) Cic. pro Cluent. 64 — 66, nach welcher Stelle in Larinum ein Sclave ge-
kreuzigt wird. In der Kaisorzeit ist diese Jurisdiction ebenfalls beschränkt worden. "
ülpian. Dig. 2, 1, 12: mngiatratibus municipalibus supplirium a servo iumere non
licet, modica autem rastigatio eis non est deneganda.
5) liethmann-Hollweg a. a. (). S. 24 Anm. 32.
6) S. Mommsen Die Schriften d. Rom. Feldmesser Bd. 2, Berlin 1852 S. 172
— 214. Korghesi Jscritione onoraria di Conrordia. Oeuvres 5, 383 — 422. A. W.
/umpt TittUus Corwordiensiif Arrii Anlonini In Comment. epigr. 2 p. 3 — 72.
V. Bethmann-Hollweg Der Rom. Civilprocess Bd. 2 H. 63 IT. Roulez Explication
d'une inscription latine in^dite in liuUelin de l'acad. roy. de Belyique XVIII
n. 11. 12. Dirksen Die Scriplortu Iliitorine Augustne, Leipzig 1842. 8 S. 78 ff.
5»
— 68 —
war, wurde die italische Bevölkei*ung, ihres Anthoils an der Re-
gierung beraubt, immer mehr in ein Unterthanenverhältniss hinab-
gedrangt, welches vor der politischen Stellung der Provincialen
wenig mehr voraus hatte, und einer staatlichen Administration
unterworfen, welche schliesslich in eine völlige Provincialvei-wal-
tung tiberging.
Eintheiiong £g jg^ bekannt, dass bereits Aueustus Italien in elf Regionen
desselben in 70 o
eifRegio- theiltc, ZU denen als zwölfte der Stadtkreis von Rom zu rechnen
nen. '
ist. Welchen Zweck diese Eintheilung hatte, wissen wir nicht:
kein Historiker gedenkt ihrer ^) und der einzig vorhandene Be-
richt desPlinius^) beschränkt sich auf die geographische Darstel-
lung derselben. Ging aber die Absicht des Kaisers zunächst nur
auf eine statistische Aufnahme Italiens^), so ist diese doch sofort
zu gewissen administrativen Zwecken verwerthet worden; die in
dem kaiserlichen tabularium *) deponirten Verzeichnisse der sub-
seciva^ d. h. der bei der Anlage von Colonien nicht assignirten,
entweder den Gemeinden überlassenen oder noch verfügbaren
Centurientheile^), waren nach Regionen verzeichnet^); in der Ver-
waltung der Domainen ') , der Erbschaftsteuer ( XX hered. ) ^) ,
1) Nur Dio Cass. 52, 22 lässt den Maecenas dem Augustus den Rath geben :
Tifjv xe 'IxaXiav iräoav x-^v uTiep iTe>^x'/]xovxa v-oX eTcxaxooiouc aTiö x-^; röXeojt;
oxaoioui; ouoav xat xaXXa Tiötvxa xd x£ dv xat? ^Yjaoi? xoX xa iv xaT<; 'fjTieipoi^
6[xoXoYOÜvta ■i]\)Ä.'i xaxdveifAov exaaxa^öi^t -xaxd xe -^k-^ri xoX l^vrj. Man lernt
al)er aus dieser Stelle nichts über die Regioneneintheilung.
2) Plin. N. H. 3, 46 : nunc ambitum eins (Jtaliae) urbisque enumerabimus,
qua in re praefari necessarium est auctorem nos divum Augustum secuturos,
descriptionemque ab eo factum Italiae totius in regiones XI, sed ordine eo, qui
litorum tractu fiet , urbium quidem vicinitates oratione utique praepropera servari
non posse , itaque interiore parte digestionem in literas eiusdem nos secuturos,
coloniarum mentione signata quas ille in eo prodidit numero. Der augusteische
Über regionum (Gromat. vet. p. 229, 12; 258, 2) enthielt also ein alphabetisches
Verzeichniss der in jeder Region liegenden Städte.
3) Mommsen a. a. 0. S. 190.
4) Gromat. p. 202, 17 ; 203, 3 ; 400, 9. 14.
5) Rudorff Feldmesser S. 455.
6) Nämlich in den libri beneficiorum. (iromat. p. 202, 5; 203, 1; 295, 12:
vel (^uaeris si in libro beneficiorum regionis illius beneficium alicui Augustus dederit.
So wird in dem liber coloniarum erwähnt p. 221, 14 regio Campaniae, p. 226,
5 Picenum, 229, 12 civitates Campaniae ex libro regionum, 252 civitates Piceni,
259 civitates regionis Samnii.
7) Es ist damit nicht behauptet, dass jede Region einen procurator gehabt
hätte, wie ein proc. reg{ionis) Calabric(ae^ Momm-sen /. K. N. 2627 nachweisbar
ist, sondern nur, dass die procuratorischen Districte auf der Grundlage der Re-
gioneneintheilung beruhn, also entweder Theile einer Kegion oder auch mehrere
Regionen umfassten. S. Mommsen Feldmesser 2, 190 Anm. 57.
8) Orelli 3835: proc. XX her. region. Camp. Apul. Calabr. Grut. 411, 1:
[|)roc.J XX her. Vmbriae Tusciae, Piceni.
— 69 —
der Steuer der Freigelassenen [cicesima lihertalis) ^) sind die Ver-
waltungsbezirke nach Regionen normirt; die Resultate des Census
werden nach Regionen zusammengestellt 2), und später bilden die
Regionen die Grundlage für die ganze Administration und die
schliessliche Provincialeinrichtung Italiens. Es wird daher zweck- Jg^dersei-
niässig sein der folgenden Darstellung eine Uebersicht der augu- ^®"-
steischen Regionen voranzuschicken.
A. Oberitalien.
Regio XJ, regio Tfanspadana'-^), llalia Transpnäana*), begrenzt
im N. und W. durch die Alpen, im S. durch den Po, im Osten
durch die Addua^).
Regio X^), Venelia el Uistria'')^ im W. durch die Addua, im
N. durch die carnischen Alpen , im 0. durch den Fluss Arsia,
im S. durch das adriatische Meer und den Padus begrenzt^).
Regio IX, Liguria, begrenzt im W. durch den Fluss Varus,
die Alpes maritimae und Alpes Cottiae , welche vor Diocletian
nicht zu Italien gerechnet wurden, im N. durch den Padus, im
0. durch die Trebia und Macra, im S. durch das tyrrhenische
Meer '-^j .
Regio VIII, begrenzt im N. durch den Padus, im W. durch
die Trebia, im S. durch den Apenninus und an der Küste durch
den Fluss Crustumius, der südlich von Ariminum ausfliesst, im
0. durch das adriatische Meeri^'l. Sie erhielt den Namen Aemi-
1) Eine familia XX lib. regQonis') Transpad. Orelli 3340=0. 7. L. V,
1, 3301.
2) Pliii. N. //. 7, 162 ff.: (iccedunt experimenta receniissimi census, quem intra
(jUddriennium imperatores Caesares Vespasinni palet filiusque censores egerunt.
— — (164j in regione lUdüie octava rentevum awwrum censi sunt homines
LH II, eentenum denum homine/t XIllI, centenum vicenum quinum hoininea duo,
rentenum tricenum hominen qudttuor.
3) Pliii. N. //. 3, 123. Orelli 2273. 3143. (irut. 1054, 3. Mommseii J. R. N.
3604.
4) Ordli tli)4.
5) riin. \. II. 3, 123—125. l'aiilu.s Diac. dt geslis Lonyob. 2, 14: Venetia
enim non nulum in paiirin iniiuU» . quas nuiv; Venetian dicimua , constat, »ed eiu$
terminuM n Ptttmonine finihun unque Adduain /luviwn protelatur.
H) Plin. /V. //. 3, 126-131.
7) IMiii. a. a. O. On-Ili 22K5. HoiMkiriK N. />. Orr. y MO n.
S) Diese Urgioii biliU't den Inhalt von C. LI \, I.
y ) Plin. .\. //. 3, 47—49.
10} l'iin. \. //. 3, 115. 116.
— 70 —
lia^) von der via Aemilia^ welche der Consul M. Aemilius Le-
pidus 567 = 187 von Ariminum bis Placenlia geführt halte 2),
B. Miltelitallen.
Begio VII, Btriirm'^), später Tuscia^], im N. durch die Macra
und den Apenninus, im 0. und S. durch den Tiber begrenzt.
Regio VI, Umbria^). Sie geht an der Küste des adriatischen
Meeres vom Flusse Crustumius bis zum Flusse Aesis, im W. bis
zum Tiber, im S. bis Ocriculum, und hat als Ostgrenze den Nar
und Aesis.
Regio V, Picenum, der Küstenstrich zwischeUv Aesis und
Aternus ^) .
Regio IV ^ Sanmium''). Die Grenze gegen Umbria bildet der
obere Lauf des Nar, gegen Etruria der Tiber; im SO. reicht es
bis in die Nähe Roms ; im S. wird es von Campanien getrennt
durch eine Linie, welche südlich von den Städten Fidenae, Tibur,
Sublaqueum , Antinum , Aufidena , Aesernia , Bovianum undecu-
manorum liegt; im 0. umfasst es das Küstenland vom Aternus
bis zum Frento^).
Regio I , Campania^] , deren Nordgrenze bereits bezeichnet
ist, reichte an der Küste vom Tiber bis zum Silarus ^^) , schloss
also ganz Latium ein. Die Ostgrenze ist zu verschiedenen Zeiten
verschieden gewesen; denn das Land der Hirpini mit der Stadt
Beneventum rechnet Plinius zur zweiten Region ^^) ; später gehörte
es zur ersten i2) .
1) Martial. 3, 4, 1 :
Romam vade, über: si, veneris unde, requiret,
Aemiliae dices de regione viae.
6, 85, 5 : Funde tuo lacrimas, orhata Bononia, Rufo,
Et resonet tota planctus in Aemilia.
Orelli 3044. Mommsen 1. R. N. 4237.
2) Liv. 39, 2, 10. Strabo 5 p. 217.
3) Plin. N. H. 3, 50—52.
4) Forbiger Handb. der alten Geogr. 3, 589.
5) Plin. N. H. 3, 112—114.
6) Plin. iV. H. 3, HO. 111. Liher coloniarum in Gromat. vet. p. 252 ff.
7) Plin. a. a. 0. 3, 106—109.
8) Teate, welches in der Nähe des Frento liegt, rechnet Plinius § 106 zur
vierten Region.
9) Plin. N. H. 3, 53—70.
10) Plin. iV. H 3, 63. 71.
11) Plin. N. H. 3, 99. 105.
12) Mommsen Sulla topographia degli Jrpini im Bullett. 1847 p. 161 nimmt
gradezu einen Irrthum des Plinius an, später (Feldmesser 2, 206 Anm. 113) be-
1
Verwaltun-
gen.
— 71
C. Unteritalien.
Regio III, Bruttii et Lucania^), gegen Campanien begrenzt
durch den Silarus, gegen Apulien wahrscheinlich durch den
Br^danus^).
Regio II f Apulia et Calabria^).
Dass die Stadt Rom, welche Plinius zur ersten Region rech-
net^), von Anfang an einen eigenen Bezirk bildete, ist an sich
anzunehmen^), welche Ausdehnung dieser Bezirk aber hatte und
wie er sich zu der alten Bannmeile der Stadt ß) und der später
vorkommenden iirbica dioecesis verhielt, ist unbekannt.
Wir haben bereits bemerkt, dass die augusteische Regio-
neneintheilung nicht den Zweck hatte, die durch die lex iw/ia Sütlhen
municipalis den italischen Städten gewährte Selbständigkeit zu
beeinträchtigen ; vielmehr bestand diese ungeschmälert fort bis
zum Anfange des zweiten Jahrhunderts, um welche Zeit sich zu-
erst ein Verfall der freien Communen und gleichzeitig eine Ab-
nahme des Gemeinsinnes in Italien wie in den Provinzen be-
merklich macht. Die grössten Uebelstände scheinen in der
Rechtspflege hervorgetreten zu sein ; aber auch die Finanzen der
zeichnet er die Grenze als schwankend. S. auch Desjardins De tabulis alimen-
tariis, Paris 1854. 4 p. 73 ff. Dass Benevent später zu Campanien gehörte, geht
hervor aus den von Mommsen angeführten Zeugnissen J. Regni Neap. n. 1413.
1418. 1419. 1422. 1429. 1431, der Unterschrift des sardischen Concils von 347,
Mansi 3 p. 42 und dem liber colon. in Gromatici vet. p. 231, in welchem unter
den civitatea Campaniae ex libro regionum auch Beneventum aufgeführt wird.
1) Plin. N. //. 3, 71—75.
2) Dieser Fluss kommt nur einmal vor im Itinerar. Antonini p. 104 Wess.,
allein seine Lage ist sicher; er heisst noch Bradano und macht die Grenze zwi-
schen der Basilicata und terra d'Otranto.
.3) Plin. N. H. 3, 99—105.
4j Plin. JV. //. 3, 65.
5) Vgl. Huschke Ueber den Census und die Steuerverfassung der früheren
röm. Kaiserzeit, Berlin 1847. 8 S. 63. Bethmann-Hollweg 2, 64. Dass in Be-
ziehung auf die Erbschaftsteuer Rom einen eigenen Bezirk bildete, zeigt die
Inschrift <'. I. Or. 2980: [xöv /pdxiOTjov d7:lTpo7:o['^ J eix[oJoT[i^c] xX7)povo(Aiü)v
6) Liv. 3, 20, 7 : ne(fue efüm pravocationem esse longitu ab wrbe milU pas-
suum et tribuno», »i eo veniant , in alia turba Quirilium aubiectos fort oonaulari
imperio. Dio Cas». 51, 19: xat töv Kaiaapa rrjv te ä^ouatav t^'^ twv OTjfJig^pyoiv
oid ii'wj ^/etv (ityfi'j,iofji^Tr,) xai xot; irt^^oo)(Aivot; lüiöv xat ^vtö; toü 7:a>|XT)pio'j
xai ^^(!> l^e/pu ^j^ffi^w tuAtaraOiou (d. h. bis auf 772 f^tadion, was 1000 pnssu*
ist) <i(i,6vciv. Oaiuu 4, 104: Uyitima sunt iudicia, quae in urbc Rotna vei intra
primum urbis Romae miliaritun inter omnes civ€$ Romanos sub uno iudic4 acei'
piuntur.
— 72 —
freien Städte fingen an in Unordnung zu gerathen ; die Verant-
wortlichkeit für dicselbün, welche auf den Magistraten und Decu-
rionen lag, machte deren Stellung bereits damals zu einer lästigen
und gefahrlichen ^); die Sicherheit dos Verkehrs litt unter schlechter
Strassenpolizei und für das Bcdürfniss der Truppenaushebung,
obwohl diese in Italien nur eine sehr beschrankte war 2) , schei-
nen die städtischen Behörden ebenfalls ungeeignet geworden
zu sein.
Diesen Uebelständcn gegenüber begnügte man sich zunächst,
die Rechtspflege wiederholentlich neu zu organisiren , die ver-
schiedenen Zweige der Verwaltung aber, soweit es nöthig war,
durch Einsetzung ausserordentlicher Commissarien in Controle zu
nehmen, und es dauerte noch beinahe zweihundert Jahre, ehe
man sich entschloss, die alten gesetzlich garantirten Freiheiten
Italiens abzustellen und dasselbe einer dauernden und regel-
mässigen Staatsverwaltung zu unterwerfen.
^vfer*Con"u-' ^^^ crstc Organisation des Justizwesens unternahm Hadrian
lare gestellt, j^ ,| 7 — 138), welchcr Italien in vier, mehrere Regionen umfas-
sende 3) Gerichtssprengel theilte^), jeden derselben einem Consu-
laren übergab, und diesem nicht nur die höhere Civiljurisdiction,
1) Hievon wird weiter ausführlich die Rede sein, ich bemerke hier nur, dass
schon Plin. ep. 10, 113 Leute erwähnt, qui inviti fiunt decuriones.
2) In Italien landen seit dem Ende der Bürgerkriege allgemeine Truppen-
aushebungen nicht mehr statt. Herodian, 2, 11 und mehr in meiner Hist. equitum
Rom. p. 62 ff. Nur die Besatzung der Stadt Rom recrutirte sich aus Italikern
(Tac. Ann. 4, 5); Freiwillige dienten allerdings in den cohortes Italicae civium
Romanorum voluntariorum (Kellermann Vig. n. 269. Borghesi Oeuvres 4 p. 198),
aber wenn in Zeiten der Noth eine Conscription in Italien versucht wurde, so
stiess diese auf grosse Hindernisse, wie unter Augustus nach der Varusschlacht
(Tac. Ann. 1, 31 mit Nipperdeys Note und dazu Dio Cass, 56, 23), unter Nero
(Suet. Nero 44) und Vitellius (Suet. Vitell. lö).
3) Die Region, welche Antoninus als Consular verwaltete (Capitolin. Ant. P.
2, 11), war Campanien (ib. 7), wahrscheinlich mit Hinzufügung zweier anderen
Regionen.
4) Spartian. Hadr. 22, 13 : quattuor consulares per omnem Italiam iudices
constituit. Capitolin. Anton. P. 2, 11: ab Iladriano inter quattuor consulares^
quibus Italia committebatur , electus est ad eam partem Italiae regendam , in qua
plurimum possidebat. c. 3 : huic, quum Italiam regeret, imperii omen est factum.
Nam cum tribunal ascendisset, inter alias ucclamationes dictum est: Auguste, di
te servent. Capitolin. M. Ant. 11: ad id exemplum, quo Hadrianus consulares
viros reddere iura praeceperat. Appian. B. C. 1, 38: r^aav y^P; *"? eoixe, xote
xai T-rj; 'IraXiot^ apyovxe^ dv&yTraxoi (er versteht darunter consulares. S. Marini
Arval. p. 759) xatot fxepY). "0 xai 'Aöptavos apa fJLi{j.o6(xevo!; uoxepov xpovqj tioXXoj
XT^v aüxoxpaxopa apyrjv 'Pioixaioi? ri-^ouiKe-^oi ävexaiviae xal fxex' aüxov dTtejAeivev
ii ßpay^u.
— 1'^ —
sondern auch die Criminaljusliz in diesem Sprengel ertheilte^).
Die Consularen blieben indess nicht lange in Wirksamkeit^).
M. Aurel ersetzte sie in der Zeit zwischen 161 — 169 3) durch
eine andere Behörde, die iuridici^], welche sich von den Con- ^*^*'^«" ?°^'
sularen dadurch unterschieden, dass sie erstens praetorii waren ^),
zweitens eine beschränkte Competenz hatten ^) , und drittens nur
in einem Theile von Italien Recht sprachen"). Die Criminalgerichts-
barkeit hat nämlich seit dieser Zeit in der Stadt Rom und hun-
dert römische Meilen im Umkreise derselben der praefectus urbi,
in dem übrigen Italien der praefectus praetorio ^] : in Beziehung
auf die Civiljurisdiction zerfällt Italien ebenfalls in zwei Theile,
die urbica dioecesis, in welcher die städtischen Prätoren Recht
sprechen, und die entfernteren Regionen, in welchen die präto-
rische Gewalt auf die iuridici übergingt). Leider giebt es weder
1) Die verschiedenen Ansichten über die Befugnisse der Consularen findet
man zusammengestellt bei Dirksen Die Scr. Hist. Aug. S. 80 ff. S. besonders
S 95.
2) Appian. B. C. 1, 38.
3j Diese Zeitbestimmung ergiebt sich aus der Inschrift von Concordia C. I. L,
V. 1S74. Borghesi Oeuvres 5, 392.
4) C'apitolin. M. Ant. phil. 11: datis iuridicis Jtaliae consuluit ad id exem-
plum, quo Hadrianus consuiares viros reddere iura praeceperat. Einen iuridicus
prwähnt Scaevola Dig. 40, 5, 41 § 5.
5) Dies ergiebt sich aus den weiter unten angeführten Inschriften.
6) Zuerst beschränkte sich ihre Jurisdiction auf Civilsachen ; dass sie aber
auch in diesen nur über Objecto bis zu einer gewissen Summe urtheilten, schliesst
man ans zwei Zeugnissen. Dio Cass. 78, 22 sagt zum J. 217 von Maorinus :
rAxrxirM\).m rA TT?)v 'IraXiotv StoixouvTe? ira'joavxo UTcep xä voixio^isrrt utio toD
Mapxo'j oixdCovre;, d. h. nach der Erklärung von Henzen Bull. 1853 p. 25,
welcher Borghesi und Mommsen zustimmen: iuridici Itnliam administrantes de-
sierunt ultra ea, quae a Marco lege ordinata erant, iudicare. Allein dieser Satz
ist in dem Kxrerpt des Xiphilin so ausser allem Zusammenhange mit dem Vor-
hergehenden, dass seine Interpretation jedenfalls unsicher scheint. Beweisender
ist der unter Valerianus und Oallienus (253) vorkommende iuridicus de infinito
per Flam. ei i'mhrinm Picenum (Orelli 3174), welcher im Gegensatze zu den
übrigen iuridici mit ausserordentlicher Vollmacht versehn gewesen sein muss.
1) Dirksen Die Scr. H. Aug. S. 94 ff. Bethmann-Hollweg a. a. 0. S. 66.
8j Mos. et Korn, legum coli. 14, 3, 2: aed enini iam eo pervenium est con-
atilutionihus, ut Romae quidern praefectus urbi« aoiua ^uper ea re cognoacat, $i
irUra tniliariwn centesimum sit in Fabiani commismirn. PMimvero si ultra cerUesi-
mtim, praefertorum praetorio erit cognitio. Dig. 1, 12, 1 pr. : omnia onmino cri-
mina praefertura urbis nibi vindicavit , nee tantuin ea , quae intra urbein admit-
tuntuT , verum ea quoque, quae extra urhem intra lialiam. JJ 4: quidquid igitur
intra urbcm admittilur. a<l praefeclum urbi videtur pertinere. Sed et ai quid intra
eenteaimuiii miliurium adtnia-tum ail, ad praefectum urbi perlinet. Diesen üerichts-
uprengei giobt auch Dio Ca»». 52, 22 an. Vgl. Fr. Vat. ^ 155. Otloi 1, 27.
Herodian. 2, 13, 9. Cod. Th. 16, 5, 62.
9) IHpian. fr. Vat. S^O: ai quia ad urbicam dioeceain pertinena [teatamentn
lutor datu\r , excuaare »e debebit ab eo palrimonio , quod in reyio\nibu» iuridico-
rum eat, aimiliter] a re provinciall. %23i: obaeroari autem oportet, ne hi» pupiUia
— 74 —
über den Umfang der städtischen Diöcese') noch über die Zahl
der luridici und ihrer Bezirke eine bestimmte Nachricht ; die in-
schrifllichen Zeugnisse lassen uns erkennen, dass die Sprengel
der iuridici nach Regionen abgegrenzt, aber im Laufe der Zeit
vielfach verändert worden sind^j ; indessen darf man als die
Zahl dersei- Normalzahl dev iuridici fünf annehmen =^), deren Bezirke sich fol-
gendermaassen vertheilen :
1. regio Transpadana^] mit Einschluss von Venetia und Histria,
also Reg. XI und X^).
tutorem det [praetor), qui patrimonia in his reyionihus hahent, quae sunt sub iuri-
dicis, ut Claudio Pornpeiano praetori imperator noster rescripsit. § 241 : si quis
Patrimonium in ea regione, quam, iuridicua administrat, habet. Dig. 40, 5, 41 § 5.
1) Der Gerichtssprengel der Prätoren ist weder identisch mit der alten Bann-
meile (s. S. 71 Anra. 6) noch mit dem unter dem praefectus urbi stehenden Po-
lizeibezirk, der bis zum hundertsten Meilenstein reichte. Denn Campanien, wel-
ches zur urbica dioecesis gehörte, lag schon ultra centesimum lapidem. S. Tac.
Ann. 13, 26 : quid eniin aliud laeso patrono concessum, quam ut centesimum ultra
lapidem in oram Campaniae libertum releget und die Ausleger zu d. St.
2) Mommsen Feldmesser 2, 193 nimmt an, dass die mWc/jci bleibende Spren-
gel überhaupt nicht hatten, sondern bald für diese, bald für jene Landschaften
nach Umständen committirt wurden , und hierin stimmt ihm bei Heuzen Annali
1863 p. 282, während Borghesi die Bezirke als eine dauernde Organisation nach-
zuweisen sucht , in welcher nur einmal und zwar unter Caracalla eine wesent-
liche Aenderung eingetreten sei. Die Differenz hat ihren Grund in der verschie-
denen Art , wie beide die inschriftlich überlieferten Namen der Bezirke zusam-
menstellen. Giebt man zu, was, wie ich glaube, von Borghesi erwiesen ist, dass
in dem Titel der iuridici nicht immer alle Regionen aufgeführt werden , welche
zu ihrem Sprengel gehören , sondern dass dieser Titel abgekürzt wird, wie dies
auch bei den später zu besprechenden correctores unzweifelhaft geschieht , so
vereinfacht sich die Liste der Sprengel erheblich und beschränkt sich die Zahl
der Veränderungen auf dasjenige Maass, welches bei einem hundertjährigen Be-
stehen der Einrichtung niclits auffallendes hat.
3) Zumpt Comm. epigr. 2, 45, welcher mit Borghesi's Ansicht übereinstimmt,
nimmt 4 an , indem er die Zahl der iuridici mit der der Consularen identiücirt,
wie dies schon Carli Ant. Ital. III p. 38 gethan hatte. Diese Annahme lässt
sich indessen mit den inschriftlichen Zeugnissen nicht vereinigen.
4) Hieher gehören :
[C] Arrius Antoninus — iuridicus per Italiam regionis Transpadanae primus
(zwischen 161 und 169), Inschr. v. Concordia C. I. L. V, 1874 = Borghesi
Oeuvr. 5, 383.
M. Nonius Arrius Paulinus Aper — iuridicus region(is^ Tran{spadarhae'),
Inschr. v. Brixia (vor 207) C. I. L. V, 4341 = Borghesi O. 5, 393.
L. Fulvius Oavius N(umiaius Petronius) Aemilianus — electus ab op(timo imp.
Severo) Alexandra Aug. ad (ms dicendum) per regionem Tra(nspadana7n^ (223
--235. Mommsen /. R. N. 3604=:Henzen 6486).
C. Luxilius Sabinus Egnatius Proculus — iur. reg. Transpad. (unter den
Gordianen, nach 237. Orelli 3134).
{Siynonius Proculus lulianus — (^iu^ridicus per Transpadum , aus derselben
Zeit. Borghesi O. 5, 403.
L. Gabonius Arunculeius Pacilius Severus , iurid. reg. Transpad. Inschr. v.
Brixia C. I. L. V, 4332.
5) Dass die X. Region (Venetia) unter diesem iuridicus stand, zeigen nicht
nur die angeführten Inschriften von Brixia und Concordia, sondern namentlich
I
— 75 —
2. Aemilia Liguria (Reg. IX und VIII) /).
3. Apulia et Calabria (Reg. H)^).
4. Lucania Britta (Reg. III) ^).
5. Umbria et Picenum nebst dem ager GaUicus , welcher in
dieser Zeit von der durch denselben führenden Strasse den Na-
men Flaminia hat (Reg. V und VI) ^) .
Es sind sonach in diesen Bezirken acht Regionen enthalten,
während drei, Campania (Reg. I)^), Tuscia (Reg. VII) und Samtiium
(Reg. IV) ♦*) nicht vorkommen; man wird vermuthen dürfen, dass
ein Brief des Fronto an Arrius Antoninus (ad amicos 2, 7 p. 192 Naber), in
welchem Fronto sich in einer Processsache für den Concordienser Voliimnius Se-
renus bei dem Arrius Antoninus verwendet, und von diesem sagt, dass er sich
administranda provincia Lob erwerben müsse. Man sielit also deutlich, dass der
Titel des Arrius, iuridicus regionis Transpadanae, ein abgekürzter ist, in welchem
Venetia nicht besonders erwähnt wird, und ist somit berechtigt auch in den an-
dern Titeln eine Abkürzung anzunehmen.
1) P. Plotius Romanus — iur. per Aem. Lig. (vor Alexander Severus.
Orelli 3044).
(Ohne Namen) — iuridicus per Aemiliam et Liguriam. Mommsen /. R. N.
4237=Henzen 6482.
2) L. Sempronius Celsus Servilius Fabianus, — [m]red. per Apu[lia7n et]
C'alabria(Tn). Marini Arv. p. 180.
M. Caecilius Novatillianus — iurid. Apul. et Calabr. Mommsen I. R. N.
1420= Orelli 1178. Und hieher gehört wohl auch
L. Ragonius Urinatius Larcius Quintianus — — iuridicus per Apul. unter
Commodus in drei Inschriften: Grut. p. 1029; Orelli 2377 = C\ /. L. V, 2112;
Henzen 6492.
3) Dieser Sprengel beruht allerdings nur auf einer Vermuthung Borghesi's
5, 398, für welche der Umstand spricht, dass auch später Lucania und Brittii
einerseits (Cod. Theod. 11, 29, 1; 11, 30, 1) und Apulia und Calabria anderer-
seits unter einem Corrector stehn. S. Borghesi O. 5, 398; 6, 384 If. In der Zeit
des Caracalla war Calabricu zu diesem Sprengel gezogen , Apulien dagegen mit
Picenum zu einem Bezirk vereinigt. Dies geht hervor aus den Inschriften des
G. Jlerennius Silvius Maxirnus — iurid. per Calabr. Lucar^iam Briltio«.
Henzen 6745 und des
C. Sallius Aristaerietus — iuridicus per Picenum et Apuliam. Grut. 465, 5. 6.
4j C Sabucius Mnior Caecilianus — iurid. per Flamin, et Umbriam, unter
Commodus. Henzen 7420.
C Cornelius Felix Tlirallus, iurid. per Flam. et Vmbr. Orelli 3177.
P. Aelius Coeranus — iuridicus per Flaminiam et imbriam, unter Caracalla.
Orelli 3851.
L. Annius ltaLicu$ Honoralus, — iurid. per Fl. et Vmbriam. Desjardins Annali
1868 p. 97.
(/. Mamilius ('apitolinus , iurid. per Flaminiam et Umbrinm et Picenum.
C. I. L. JI, 2634.
M. Aelius Aurelius Theo , Aug{usti^ iuridicus de infirüto per Flam. et Um-
briam Picenum (Orelli 3174), aus der Z«!it de.s Valorianus und Gallienus (253).
5) I>ie Inschrift Orelli 3173, in welcher oln iuridicus prov. Campaniae vor-
kommt, ist falsch. S. Mommsen /. R. N. Falsae n. 538. Borghesi Oewr. 5, 393.
6) Einen Bezirk I*icenum Valeria , in welchem man die vierte Region hat
erkennen wollen, giebt es iiborhaupt nicht. Die Inschrift, in welcher man ihn
in finden glaubte , ist nach Borghesi O. 5, 401 = Henzen 6489 zu lesen : Sex.
— 76 —
(iie beiden crslcrcn ganz und von der letzten wenigstens ein
Theil zur urhica dioecesis gehörten. Nichtsdestoweniger war auch
diese Einrichtung nicht constant, sondern am Ende des zweiten
Jahrhunderts wenigstens hatte Tuscia ebenfalls einen iuridicus^].
^vi^l^x ^^^^ unmittelbare Folge der durch M. Aurel eingeführten Or-
^r"ic3a\'- i^^'^nisation der höheren Gerichte scheint die Beschränkung der
dieselben^ Municipalgcrichtsbarkeit gewesen zu sein , welche für das zweite
und dritte Jahrhundert die classischen Juristen bezeugen 2). Das
Strafverfahren der städtischen Behörden war in dieser Zeit auf
eine massige Züchtigung der Sclaven reducirt^); in Civilprocessen
unter einer gewissen, uns unbekannten Summe urtheilten «ic zwar
sowohl selbst '^j als mit Hinzuziehung von Geschworenen ^j , aber
wichtigere Sachen kamen extra ordinem^) zur Cognition des
iuridicus'^]j während alle Entscheidungen, die auf dem imperium
beruhten, selbstverständlich den römischen Behörden vorbehalten
blieben 8). Das Wichtigste war indess, dass die Municipalmagi-
strate überhaupt in ein untergeordnetes Verhältniss zu dem Prätor
und iuridicus traten, welche in einigen Sachen ihnen die Juris-
Pedio. Sex. f. Arn. Hirruto Lucilio Pollion. Cos. praef. aer. militar. leg. Aug.
iurid. (^Asturiae) et OaUaec{iae^.
1) Iiischr. von Chiusi bei Henzen Annali 1863 p. 277: M. Fabio M. f.
Quir. Magno Valeriano — iur. reg. Tusciae et Piceni. Henzen erklärt sich zwar
bestimmt gegen Borghesi's Annahme einer Abkürzung der Titel der iuridici ; da
aber Tuscia und Picenum durch Umbria getrennt sind, so sehe ich doch auch in
diesem Falle keine leichtere Erklärung der Sache, als die Supposition , dass
Tuscia zeitweise mit dem Bezirk Umbria Picenum vereinigt, und in der Titu-
latur Umbria ausgelassen ist.
2) Bethmann-HoUweg a. a. 0. vS. 68. Anders Puchta in Zeitschr. f. gesch.
Rechtswiss. 10 S. 204. Institutionen 1 § 92. Savigny Gesch. d. R. R. im Mittel-
Sj'oig. 2, 1, 12; 47, 10, 15 § 39; 47, 10, 17 § 2; 47, 2, 52 § 12.
4) Paulus 5, 5*, 1 : res iudicatae videntur — — a mag istrat ibus rnunicipa-
libus usque ad summam., qua ius dicere possunt. Dig. 2, 1, 20; ÖO, 1, 28.
5) Dig. 2, 1, 13 § 1.
6) lieber den Begriff der extraordinariae cognitiones und die Fälle, in wel-
chen sie zur Anwendung kamen, verweise ich auf Bethmann-Holhveg Civilprocess
2 § 122 S. 763 ff.
7) In dem Digestentitel de variis et extraordinariis cognitionihus et si iudex
litem suam fecisse dicetur (Dig. 50, 13j heisst es in dem fr. des Oallistratus 1. 5
pr. : numerus ergo cognitionum in quattuor fere genera dividi potest : aut enim de
honoribus sive muneribus gerendis agitatur , aut de re pecuniaria disreptatur , aut
de existimatione alicuius cognoscitur , aut de eapitali crimine quaeritur. In die
dritte Classe gehört die Sache des Volunmius Serenus aus Concordia , welcher
scriba und decurio gewesen , dann aber relegirt worden war und nach seiner
Rückkehr verhindert wurde wieder in die Curie von Concordia einzutreten. Diese
Sache kam vor den iuridicus regionis Transpadanae Arrius Antoninus, an welchen
Fronto ep. ad amicos 2, 7 p. 193 Naber darüber berichtet.
8) Paulus Dig. 50, 1, 26. S. oben S. 67 Anm. 1.
— 77 —
(liction delegirten i) , in andern die Vollziehung des Urtheils auf-
trugen 2) , dabei ein Aufsichtsrechl über die Ausführung ihrer
Aufträge üblen ^j und in allen Sachen Appellation annahmen 4).
Ueberhaupt werden die iuridici im gewöhnlichen Sprachgebrauch
schon den praesides ^ d. h. den Provinzialstatthaltern , gleichge-
stellt ^) , obgleich ihnen dieser Titel officiell nicht zukam und sie
Verwaltungsgeschäfte nur ausnahmsweise übernommen zu haben
scheinen 6). Vielmehr lag die ganze Administration damals noch
in den Händen der Municipalbehörden , und nur wo diese sich
unwirksam zeieten, eriff der Staat durch ausserordentliche Com- Ausseror-
missarien ein, welchen in einzelnen Resionen oder in eanz Italien verwai-
' ^ ^ tungsbehör-
gewisse Verwaltungszweige zeitweise übertragen wurden, ohne den, cor-
dass dieselben dabei mit den mridici concurrirten. Das erste Bei-
spiel einer solchen Specialcommission giebt schon vor der Epoche
der mridici, nämlich unter Traian , ein leg[atus) Aug(usti) p{ro)
p{raetore) region{is) Ti^anspadanae, dessen Auftrag uns unbekannt
ist^) ; später kommen vor ein praepositus tracfus Apuliae Cala-
hriae Lucaniae Bruttiorum, dessen Sorgfalt in der Erhaltung der
Sicherheit des Landes erwähnt wird^), und ein praepositus Um-
briae Piceni et Apuliae-). Das dringendste BedUrfniss einer Staats-
1) Dig. 39, 2, 1 ; 39, 2, 4 § 3.
2) Paulus 4, 4, 2.
3} Dig. 27, 8 pr. § f). 6.
4} Dig. 49, 1, 21 pr.; 49, 4, 1 § 3. 4.
5) In den angerührten Stellen der Digesten ist immer vom praetor und
praeses die Rede, vom mW<//cws speciell nur 40, 5, 41 J^ 5, aber man sagt: iuri-
dicuK regiontm adrninistrat (fr. Vat. ^ 241 J oder provinciam aärninistrat (Fronte
ep. ad am. 2, 7 p. 192 Naber), wie man dies auch vom praeses sagt.
ü) Ein Fall dieser Art wird erwähnt in der Insclir. ürelli 3177 : C. Cor-
nelio — Thrallo, iurid. per FLain. et Vrnbr. — iuridiratus eins ob eximiam niode-
ralionem et in aterilitale annonae laboriosam erya ipsos fidein et industriaiu, ut et
rivihus annorui superesset et vicinis rivitatibus subveniretttr. Man darf aber aus
diesem einen Falle nicht mit Ziimpt Comm. ep. 2, 47 srhliessen, das» die iuri-
dici überhaupt Verwaltung.sbeamte gewesen wären.
7) Orelli 2273= Marini Isrr. Alb. p. 54. Zumpt Coinm. ep. 2, 41 hält diesen
liCgaten für einen während des Dacischen Krieges in der Transpadana eingesetz-
ten militäriHchen (iouverneur; Horghesi Oeuvres f), 408, dem Menzen zu n. G482
folgt, für «inen Vorläufer der späteren Correctoren ; Mommsen Ephem. epiijr.
1872 p. 13H für einen mit der AuslM^iung beauftragten Offizier (dilerlator , Ke-
nier Müanyes p. 73), wie er erwähnt wird in ,der Inschr. Renirr Inscr. de VAlg.
n. 1817. 7'. Caesemio — — rnisno ad dilec[tu\m iuniorum a difo Hadriano in
rtgionem TrarMpadaruim . Nach dieser Inschr. glaubt Mommsen auch /. H. N.
3604 Uisen zu dürfen: Ij. Fulvio Arrniliano — elerto ab nft\limo imp. Severo]
Aletandro ad\diltcluin babendum] per reifionem Tra\nspadar\am\.
8j Mouimsen /. A'. 041»: oft — sinyuiart m i)ulat<tri(nn ad qHietein reyiouis
tervaruiam.
9) Urem 3175.
— 78 —
aufsieht lag aber vor in (U^v Finanzverwaltung der freien Städte,
zu deren Revision nicht nur in denjenigen Provinzen , welche
nicht unmittelbar unter dem Kaiser, sondern unter dem Senat
standen, seit Traian besondere kaiserliche Legaten cornmittirt wur-
den j welche griechisch SiopOwiai oder i7ravopi)u)tai, auch wohl
Xo^toTai, lateinisch correctores heissen^), sondern auch für ganz
Italien zeitweise ein corrector eingesetzt wurde, der wenigstens
seit Caracalla nachweisbar ist und zuerst ohne eigentlichen Titel
electus ad corrigendiim statum Italiae genannt wird 2). Alle diese
interimistischen Maassregeln wurden beseitigt am Ende des dritten
Jahrhunderts, zu welcher Zeit die 2wnd2C?" aufhörten 3), die urhica
dioecesis einging 4) ^ und ganz Italien in feste Verwaltungsbezirke
getheilt wurde, welche sich von den Provinzen nur dadurch un-
terschieden, dass man für ihre Statthalter den in Italien bereits
ständige bekannten Titel corrector ^) beibehielt , obgleich dieselben die
correctores. ' '_
1) Ausführlich handelt über diese kaiserlichen Commissarien Borghesi Oeuvres
5, 408 ff. S. Epicteti diss. 3, 7, welches Capitel die Ueberschrift hat: Ttpoc t6«v
Siopi}(urfjV Töiv ^Xeu^cptuv TcoXetuv. Ein solches Amt bekleidete unter Traian in
Achaia Messius Maximus — — missus in provinciam Achaiam ad ordinandum
statum liberarum civitatum (Plin. ep. 8, 24, 2), in Bithynien Plinius selbst, von
dem Traian (Plin. ep. 10, 32(41)) schreibt: meminerimus, idcirco te in istam
provinciam missum, quoniam mulia in ea emendanda apparuerunt. Vgl. ep. 117
(118); 18, 29; unter Hadrian P. Pactumeius Clemens legatus divi Hadriani
Athenis Thespiis Plateis item, in Thessalia, — — legatus divi Hadriani ad ratio-
nes civitatium Syriae putandas (Henzen 6483 = ßenier Jnscr. de l'Alg. 1812);
L. Egnatius Victor, d7ravopi*}(uTTji; ^kyoXai (C. /. Gr. 1624); Ti. Severus, rpo; Trfvxe
^dßSou; T£[jLcp^et(; ei? Bei^uviav Siopi^coT/]; y.ai XoYtot^j? 'jtio ^eoö 'ASpiavou
C. I. Qr. 4033. 4034; L. Burbuleius Optatus — logista Syriae Henzen 6484;
Herodes Atticus, -von dem Philostratus Vit. Soph. 1, 25, 6 sagt: dcpTxTO piev ii
TTiv XfjLupvav — -icaxa ypovou?, ouc xdi ^Xeu^spa? töjv TtöXeojv auxo; oitop^oÜTO •
und 2, 1, 3: •/jpye [aev y^P '^"iv -/.axd xtjv 'Aotav dXeuftepoov iroXetov 6 'HpwSirjc •
endlich unter Septimius Severus Ti. Claudius Callippianus , ütiocxo; , Tzpta^euriic,
'AoX dvxtoxpdxTjYOi; xwv Seßacxöjv, \o^i(STi]i 'aoI ^Ttavop^ujx-?]; xöjv dXe'ji4lpu)v tz6-
Xewv (Athenische Inschr. Bullett. d. Inst. 1862 p. 119). Wenn Papinian im
ersten Buche seiner Digesten, welches zwischen 198 und 206, also unter Seve-
rus , geschrieben ist , sagt : legatus Caesaris , id est praeses vel corrector provin-
eiae, abdicando se non amittit imperium (Dig. 1, 18, 20), so unterscheidet er zwei
Arten legati , die ordentlichen Statthalter der kaiserlichen Provinzen , welche er
praesides nennt, und die ausserordentlichen kaiserlichen Commissarien, correctores
oder SiojpOcoxai.
2) So C. Octavius Sabinus aus Caracallas Zeit in zwei Inschr. Ephem. epigr.
1872 p. 130 und Henzen 6482. Dagegen war Pomponius Bassus, wahrscheinlich
der Cos. 271, vor seinem Consulat l7ravopd((oxY];) 7rdoTf](<; 'IxaXia«;), Inschr. bei
de Rossi Bullettino cristiano 1871 p. 45 = Mommsen Ephem. epigr. 1872 p. 139.
3) Die iuridici sind bis zu Aurelians Zeit nachzuweisen; C. Luxilius (Orelli
3143) und Simonius Proculus lebten unter oder nach den Gordianen , Aelius
Aurelius Theon (Orelli 3174) unter Valerian und Gallien, S. Borghesi Oeuvres
5, 403.
4) Dies zeigt der später vorkommende corrector Campaniae.
5) lieber den Namen , der von corrigere abzuleiten ist , das Qaellenmaterial
— 79 —
Gewalt der Provincialstatthalter in vollem Umfang erhielten, die
Civilgerichtsbarkeit wie die Criminaljustiz ^) ausübten und die
ganze Vei^waltung übernahmen.
Dies ist die letzte Organisation Italiens, welche mit einigen
Veränderungen bis zym Untergange des weströmischen Reiches
bestehen blieb; wir haben von dei'selben eine Anschauung erst
aus dem vierten Jahrhundert, in welchem in einigen Provinzen
der Statthalter einen höheren Rang erhalten und von einem coy^-
rector mit fünf fasces^) zu einem consularis mit sechs fasces^)
erhoben war. Ob die Einrichtung der correctorischen Provin-
zen von Aurelian herrührt ^) , oder ob zuerst für ganz Italien
ein Corrector fortbestand^), und erst Diocletian , wie die Pro-
und die Ansichten der älteren Forscher über die correctores findet sich die
Hauptsammlung bei Boecking Not. Dign. Occ. p. 1180 ff. ; Borghesi Oeuvres 5,
395 IT. Die bisher sehr unklaren Verhältnisse Italiens während dieser letzten
Periode hat Mommseu Feldmesser 2, 196 ff. mit glücklichem Scharfsinn erörtert
und nochmals Ephem. epigr. 1872 S. 138 ff", einer Prüfung unterworfen. Die uns
vorliegenden Zeugnisse sind indessen so unzureichend, dass eine sichere Behand-
lung dieser Zeit noch nicht möglich ist.
1) Ammian. 15, 7, 5. Cassiodor. Var. 6, 21.
2j C. I. Gr. 4033. 4034.
3J Rutilius Namatianus Itin. I, 579 sagt von seinem Vater Lachanius, der
um 389 als consularis Tuscia und Umbria verwaltete:
Namque pater quondam Tyrrhenis praefuä arvis.
Fascibus et senis credita iura dedit.
Die fasces werden auch bei dem consularis Campaniae erwähnt in der Inschr.
Orelli 3170 = Mommsen I. N. 1422.
4) Dies nehmen an Borghesi a. a. 0. und Mommsen Feldmesser 2, 196.
Nach Vopisc. Aurel. 39 ; Aurel. Vict. Caes. 35 und epit. 35, 7 ; Eutrop. 9, 13
war Tetricus bejeits unter Aurelian corrector Lucaniue , nach Aurel. Vict. Caes.
39, 10 war lulianiis bei dem Tode des Carus (284) corrector Venetiae, und unter
Carinus (f 285) kommt in einer freilich unsicher und ohne Ortsangabe überlie-
ferten Inschrift Mommsen I. N. 6328 Kufttus Volusianus als corrector Campaniae
vor. Die Zeit wird bestimmt durch n. 2497= Henzen 6481.
5j Von den ebenangeführten drei Zeugnissen werden zwei unsicher gemacht
durch widersprechende Nachrichten. Na<'h Trebellius l'ollio trig. tyr. 24 war
Tetiicus nicht corrector Lucaniae^ sondern totius llaliae. Die .Stelle ist merk-
würdig wegen der Aufzählung der nachherigen Provinzen , und so zu interpun-
giren : [Aurelümus Telricum ) correctoreni totius /taliae fecit j id est (^irnpaniae,
Samnii, Lucaniae lirittiorum, Apuliae Calabriae, Ktrurint atque Umbriae, Piceni
et FLaminiae omnisque annonariae regionis. Kbenso heisst Kuflius Volusianus in
zwei andern Inschriften corrector Italiae per annos octo (Grut. p. 387, 5) und
itertan corrector ohüe Zusatz Mommsen /. N. 2497 , so dass nur noch lulia-
nas bei Aur. Vict^)r Cnes. 39, 10 übrig bleibt, der, wenn Victor in Betreff des
Tetricus irrt, ebenfalls auf einem Irrthum beruhen kann. Dagegen llndet »Ich
noch unter Diorh^tian Niimidius corrector Itidkie im J. 21K) (Cod. lust. 7, 35, 3)
und Paetus HonoratUK — corrector H<di(nt) (a, 293. Cod. lust. 2, 11, 1) C. 1. L.
V, 2>S17. Auch gehört hleher wohl L. Aeliii« Hfdvius Dionytdas — — eorrer.tor
utriunque lUdiae (Orelli ♦>()), der also nach d»«r gb'ich zu besprechenden Thel-
lung Italiens in zwei I)iö<;ffM(>n zu setzen ttein würde. Dieser scheint in einer
alldem Inschrift Mommsen /. N. 4<)Ö7 aU eorr. 4 ninpar^iae) vorzukommen, also
— 80 —
Eintheiiung vinzen *) , SO auch Italien in kleine Amtsbezirke Iheilte, ist hei
Italiens in ' ' '
Provinzen, der unvollständigen und widersprechenden Ueberlieferung nicht
ins Klare zu bringen. In den Jahren 290 — 300 war die neue
Provinzialeintheilung Italiens vollendet 2), und die unmittelbare
de^steüer- Fo^gG derselben war, dass die alte Steuerfreiheit des italischen
freiheit. Rodeus aufhörte. Maximian, welcher seit 280 Augustus war und
in Mailand residirte^) , erhob in dem Theile Italiens, welcher
nördlich von den Flüssen Macra und Rubico liegt 4) , eine Abgabe
für seine Hofhaltung [annonn]^ von welcher seitdem diese Land-
^^^JJJ*^**^' Schaft 7'egio annonaria heisst, während Mittel- und Unteritalien
urbicaria. wenigstens im vierten Jahrhundert zur Versorgung der Stadt Rom
Kalk , Holz , Schweine , Rinder und Wein lieferte ^) und den
Namen der urhicariae oder suburbicariae regiones erhielt '').
eben die sich widersprechenden Titel zu haben , welche dem Tetricus und dem
Rufflus Volusianus beigelegt werden (vgl. über ihn Mommsen Eph. epigr. 1872
p. 141). Die Lösung dieser Widersprüche geben nach meiner Ansicht die beiden
Inschriften des F. Fl. Postumius Titianus (Cos. 301) bei Henzen Tab. Alim. p,
52. 53. In der einen heisst dieser corrector Italiae Transpadanae, in der andern
corrector Italiae reyionis Transpadanae. Der Titel war also ursprünglich corrector
Italiae oder corrector ohne Zusatz , wie auch die vier praefecti praetorio bis zum
Ende des 4ten Jahrh. ihre Diöcese ihrem Titel nicht zusetzen (Mommsen A/e-
morie d. Inst. 2, 301) , es folgt aber aus demselben nicht, dass dieser corrector
nach Aurelians Zeit noch ganz Italien verwaltete. Tetricus konnte demnach cor-
rector Italiae regionis Lucaniae sein, und Trebellius Pollio durch die Abkür-
zung dieses Titels getäuscht werden.
1) Lactant. de mort. persec. 7.
2) Die Correctoren dieser Zeit sind unten bei den einzelnen Provinzen an-
geführt.
3) Burkhardt Die Zeit Constantins des Grossen, Basel 1853 S. 56 ff. Ausonii
Ordo nöbilium urbium 5. •
4) Trebellius Pollio trig. tyr. 24 bezeichnet als annonaria regio das Land
nördlich von Tuscia und Flamiuia.
5) Die Beweisstellen s. bei Mommsen Feldmesser 2, 199.
6) Leber die regiones annonariae und suburbicariae ist ein heftiger Streit
namentlich mit Rücksicht auf die ursprüngliche Herrschaft des Pabstes geführt
worden , über welchen man eine vollständige literarische Nachweisung findet in
der Vorrede zu Jac. Gothofredi Opera iuridica minora ed. Trotz, Lugd. Bat. 1733
fol. p. 16 f. Gothofredus in der anonym erschienenen Schrift De suburbicariis
regionibus et ecclesiis , seil de praefectura et episcopi urbis Romae dioecesi con-
iectura, Francofurti 1618. 4, und zum Cod. Theod. 2, 16, 2 deflnirt die regio
urbicaria als die nächste Umgebung Roms bis zum 100 Meilenstein, welche unter
dem Stadtpräfecten stand, die regio annonaria aber als das ganze übrige Italien.
Seiner Ansicht sind ausser Salmasius auch Savigny Verm. Sehr, 2, 105 und
Boecking A\ T>. Occ. p. 172 beigetreten. Nach Jac. Sirmond dagegen (s. Jac.
Sirmondi Opera, Venetiis 1728 fol. Vol. IV p. 1 — 159) umfasst die annonaria
regio nur die Lombardei ; die urbicaria regio aber ist nicht der Sprengel des
praefeclus urbi, sondern die Diöcese de» vicarius urbis Romae und umfasst ganz
Mittel- und Unteritalien. Mommsen Feldm. 2, 200 entscheidet sich für Sirmonds
Ansicht, dessen Argumente er kurz zusammenstellt. Auch ich bin dieser Ansicht
gefolgt und verweise darüber auf Sirmond und Mommsen.
— 81 —
Im J. 292 wurde das römische Reich unter vier Kaiser Diocietiani-
sche Keicns-
getheilt, nämlich Diocietianus, Maximianus, Constantius und Gale- eintheiiung.
rius^J, von welchen jeder seinen prae/ectus praetorio- hatte 2),
und als Constantin im J. 321 zur Alleinherrschaft gelangte, be-
hielt er die vier praefecii praetorio für die vier von ihm con-
stituirten Theile des Reiches, On'ens, lllyricum , Italia ^ GaUiae,
bei 3). Unter ihnen standen 12 vicarii^) und unter diesen H6
Statthalter der einzelnen Provinzen mit verschiedenen Titeln, aber
sowohl die ersteren^) als die letzteren sind nicht von Constantin,
sondern bereits von Diocletian eingesetzt, und auf diesen hat
man wenigstens in der Hauptsache die spätere Organisation Ita-
liens zurückzuführen ^j , welche wir im Folgenden übersichtlich
darstellen.
Die praefectiira Italiae umfasste drei Diöcesen, Africa, Italia Prae/ectura
und lllyricum occidentale. Das letztere, welches in dem veroneser
Verzeichniss dioecesis Pamioniarum heisst'), stand unmittelbar
unter dem praefectus praetorio Jtaliae^) y während Africa einen
vicarius, Italien aber, mit welchem unter Diocletian mehrere be-
nachbarte Provinzen vereinigt worden waren , zwei vicarii hatte,
von welchen der eine in Rom residierte und daher vicarius in
urbe oder vicarius urbis heisst^j, der andre in Mediolanum seinen
1) Aur. Vict. Caes. c. 39 § 23—30.
2j Constantius hatte zum pr. praet. den Asclepiodotus (Aur. Victor Caes, 39,
42), Maxentius (306—312) den liullus Volusianus (Zosim. 2, 14. Aur. Vict. 40, 18).
3) Zoaimiis 2, 32 schreibt die Einsetzung der 4 praefecti dem Constantin
zu, was nicht genau ist. S. Tillemont 4, 284. Mommsen Memorie delV Instituto
2 p. 301. Bethmann-HoUweg Köm. Civilprocess 3, 14.
4) Bethmann-Iloilweg Köm. Civilprocess 3, 49 ff.
o) Lactant. de mort. ptrsec. 7 sagt \on Diocletian : tres enhn participes
reyni sui fecit, in quutuor partes orbe diviso , — — provinciae quoque in fru^ta
concisae, rnulti pruesidcs et pLura ofßcia sinyulis reyionibus ac paene iarn civitati-
bu8 incubare, item rationales multi et mayistri et vicarii praefectorurn , und dies
bestätigt die römische, von Mommsen Memorie deW Instituto 2, 298 behandelte
Inschrift des C. Caeliiis Saturninus, welcher schon vor Constantin vicarius prat ff .
praetorio bis in urbe Roma et per Mysias gewesen zu sein scheint; ferner Septimius
Valentio v. c. a(yen8) v(ices) praeff. pruttt. aus dem Jahre 293 ürelli 1049. Ein
vicarius Africae ist schon 31.0 nachweisbar. Mommsen Feldmesser 2, 202.
ü) Dies folgt jetzt auch aus dem veroneser Verzeichniss von 297, welches,
obwohl an dieser Steile lückenhaft, doch die Provinzen der Italischen Diöcese
bereite aufzählt. S. Mommsen Abh. d. Uerliner Acad. 1802 S. Ö13.
7) Mommsen a. a. O. S. 491.
8) Mommsen a. a. O. 8. 497 und l'olemii Sitvii Laterculua (Abh. der sächs.
üesellach. d. Wiss. 3, 2(10). iJtthmann-Hollweg K. Civilprocess 3, 47 JT. öl ff.
9) Bethmann-Iloilweg a. a. O. 8. f)! Anm. 27. Der Titel ist vicarius prae-
fertorum praetorio in urbe lioma. Inschr. bei Monim en Memorie d. Inst. 2, 31f);
nicht vicarius praefecti, denn er ist ein selbständiger Beamter, der unmittelbar
Köm. Altcrth. IV. ti
- 82 —
Sitz nahm 1) und den Titel vicarius Italiae bekam '^). Der Name
Italia hat also in dieser Zeit zwei neue Bedeutungen erhalten :
er bezeiehnet zuerst den Verwaltungsbezirk des praefectus prae-
torio, zu welchem ausser der apenninischen Halbinsel verschiedene
früher selbständige Provinzen gehörten, zweitens aber in speciel-
lem Sinne die Italia annonaria, welche zur Hauptstadt Mediola-
num hat'^) und der urbs mit den regiones suburbicariae entge-
gengesetzt wird *) . Es zerfällt demnach die ganze Diöcese in
folgende Unterabtheilungen &).
unter dem Kaiser steht. S. Mommsen a. a. 0. Auch pro praefectis praetorio in
urbe Roma finitimisque provinciis Orelli 1186 oder kurz vicarius urbis oder vica-
rius urbi Cod. Theod. 10, 4, 1 aus dem Jahr 813; Orelli 3171. Henzen 6471.
6473. 6904. Cassiodor. 6, 15.
1) Bücking N. D. Occ. p. 440. Auch der praef. praet. Italiae residiert in
Mailand. Cod. Th. 8, 4, 6; 16, 2, 15; 8, 11, 3.
2) Vic(uriics) praef^ecturae) per Ital[iam] Orelli 3764, vgl. Borghesi Oeuvres
6, 385. Mommsen Memorie 2, 315. Im Codex Theodos. wird er erwähnt in den
Jahren 320 (9, 8, 1), 321 (6, 35, 4), 365 (9, 1, 12), 370 (8, 5, 31; 11, 10, 2),
374 (13, 1, 10); im J. 368 erzählt Ammian 27, 7, 5 von drei apparitores pote-
statis vicariae per Italiam.
3) Athanasius Hist. Arianorum ad monachos in Äthan. Opp. Paris 1698
fol. I p. 363 : Atov'jaio? 6 drö MeStoXdvoj«^ • laxl hk xat auTTj ^r(z^6Tzo\i<i tt]^
'I-aXia?. Die Notiz bezieht sich auf das Jahr 355.
4) Schon Trebellius Pollio trig. tyr. 24 setzt der annonaria regio die sub-
urbicariae regiones entgegen, welche er einzeln aufführt ; ebenso werden in einer
Verordnung des Cod. Th. 11, 1, 9 die suburbicariae regiones den regiones Italiae
entgegengesetzt. Vgl. 11, 16, 9: non enim per Italiam tantum, sed etiam per ur-
bicarius regiones. 11, 13, 1 : per omnem Italiam, tum etiam per urbicarias Afri-
canasque regiones. In den Acten der Concilien finden sich die Unterschriften :
Merocles episcopus de civitate Mediolanensi , provincia Italia ( Conc. Arelatense
a. 314 bei Mansi 2, 476), Lucius ab Italia de Verona, Fortunatianus ab Italia
de Aquileia, Ursacius ab Italia de Brixia , Severus ab Italia de Ravenna (Con.
Sardicense a. 347. Mansi 3, 38. 42). In der Notitia Dign. endlich haben nicht
nur die vicarii ihre Titel von diesen beiden Diöcesen, sondern auch andere Be-
amten, wie der rationalis rei privatae per Italiam. und der rationalis rei privatae
per urbem Romum et suburbicarias regiones {N. D. Occ. c. XI).
5) Die Provinzen Italiens sind aufgeführt im veroneser Verzeichniss S. 513,
im laterculus des Polemius Silvius S. 251 , welchem Mommsen auch das früher
bekannte , von Schonhoven in der Ausgabe des Eutrop Basil. 1552 publicirte,
hernach oft wiederholte Verzeichniss der römischen Provinzen hinzugefügt hat,
und in der Notitia Dignitatum Occid. c. 2; die Diöcese des vicarius urbis ist in
derselben besonders behandelt c. 18 , das Capitel aber , welches die Provinzen
des vicarius ' Italiae enthielt, ist in der Notitia nicht mehr vorhanden und von
Böcking p. 439 ergänzt. In der geographischen Begrenzung der Provinzen ist
mehrfach geändert worden , es fehlt über dieselbe aber noch eine Untersuchung,
denn das Hauptwerk Caroli a S. Paulo Geographia sacra, Acnesserunt Lucae
Holstenii animadversiones, Amstelaedami 1704 fol., enthält nur ein kritisch un-
gesichtetes Material, das Bingham Origines, vertit I. H. Grischov, Halae 1727. 4
Vol. III p. 504 ff. benutzt und auch Böcking nicht überall einer Prüfung unter-
zogen hat.
I
— 83 —
A. Unter dem Vicarius Italiae,
1, Venetia et Histria (Reg. X) mit der Hauptstadt Aqui- JjJ^j"^^^^
leia M unter einem corrector 2) , später unter einem consularis ^) . vicartus
' n r I Itahae.
2. Italia Transpadana (Reg. XI) , unter Diocletian eine
besondere Provinz unter einem corrector'^). Sie hiess später Li-
guria, hatte zur Hauptstadt Mediolanum ^) und stand damals unter
einem consularis^). Die Uebertragung des Namens Liguria, wel-
cher früher die IX Region bezeichnete , auf die XI Region ist nur
durch die Annahme erklärbar, dass beide Regionen zu einer Pro-
vinz vereinigt waren ') , bis etwa in der Zeit lustinians (527 —
565) die Rezeichnung Liguria auf die mailändische Provinz be-
schränkt^) und die IX Region mit den Alpes Cotliae zu einem
1) Polemius Silvius p. 251. Gothofred. Topograpkia codicis Theodosiani p.
112 f. ed. Lips. Boecking N. D. Occ. p. 441.
2) lulianus (corr. Venetiae^ a. 284. Aur. Vict. Caes. 39, 10. Cor. Gaudentius
V. p. com(es) et corr. Ven. et Histr. C. I. L. V, 4327. 4328.
Isteius Tertullus — corr. Ven. et Histriae unter Maximian (286 — 305) Or.
1050= C. /. L. V, 2818.
C. Vettius Cossinius Rutinus c. v. corr. Venetiae et Histriae um 312. Orelli
2285.
M. Maecius Balburius — corrector Venetiarum et Hystriae vor 343. Or, 3191
= Mommsen /. N. 2618.
L. Nonius Veras — correct. Venetiarum et Istriae unter Constantin. Orelli
3764. Borghesi Oeuvres 6, 388.
3) Florianua consularis Venetiae 365 Cod. Th. 8, 8, 1; 11, 7, 10. Consulares
hat die Provinz auch nach der N. D. Occ. p. 5.
4) T. FL Postumius Titianus — • — corr. Campaniae, corr. Italiae Transpa-
danae (Orelli 1194) vor 301, in welchem Jahre er zum zweiten Male Consul •
war. Auf ihn bezieht sich eine zweite Inschrift bei Janssen Musei Lugduno-
liatavi Inscr, tab. IX n. 2. Henzen Tab. Alim. p. 52, in welcher er den Titel
(cor)rector Italiae reg{ionis) Tr(anspadanae') führt.
5) Polem. Silvius p. 251 : Liguria, in qua est Mediolanum. Not. Dign. Occ.
p. 47: praepositus thesaurorum Mediolanensium Liguriae. p. 48: procurator Oy-
naecii Mediolanensis Liguriae. Procop. de B. Ooth. 1, 14: int. MeSioXavoiv — ^ is
AtYoypotc xeixai, vgl. 2, 18. Paulus Diac. de gest. Lombard. 2, 15: Liguria —
in qua MedioUmum est. Auch Vercellae, welches nördlich vom Po liegt, heisst
bei Ilieronym. ep. 1, 1 §3 (um 37ü) Ligurum civitas.
6) Ein Statthalter Liguriens, Magnillus, vor 392 bei Symraachus ep. 3, 34,-
Arrianus, consuUiris Liguriae "i^^ . Cod. Theod. 4, 22, 4. PMnen consularis pro-
vineiae Liguriae erwähnt noch Cassiodor. Var. 12, 8.
7) Zu Liguria gehören z. B. Pollentia, welches südlich vom Po in der IX Re-
gion Hegt, noch um 400 (N. I). Occ. p. 121. 1137), Asta (am tyrrhenischen
Meerbusen, westlich von Genua) noch jum 500 (Cassiodor. Var. 11, 15), worauf
Menke im Atlas antiq. zu Taf. XX aufmerksam gemacht hat, endlich im J. 355
Genua, Liguriae oppidum. Ammian. 15, 10, 10.
8) Procop. B. G. 1, 15: {jnkp hi 'Pa3£wT)c i:6Xcw« Udho^j tou iroxafxoO iv
^tOTcp" AiYo6pioi q>xT)vTai — toO hi Flaftou iv htiiä Aifi.iX(a ri iaxi xal xd
To6axmv.
— 84 —
Bezirk verbunden wurde, der von da ab Alpes Cottiae genannt
wirdi).
3. Aemilia, die Vlll Region mit Ausnahme des Ravenna-
tischen Gebietes, war zeitweise, vielleicht bis 39G mit Liguria
zu einer consularischen Provinz verbunden'^), bildete aber nach
diesem Jahre einen eigenen Verwaltungsbezirk mit der Hauptstadt
Placentia ^) .
4. Flaminia et Picenurn anno n avium unter einem
consularis ^) j auch Flaminia genannt, mit der Hauptstadt Ra-
venna^), ist keine Diocletianische Provinz, sondern erst nach 364
von der Provinz Picenum und Flaminia abgesondert, welche bis
dahin ganz zu den urbicariae regiones gerechnet wurde ^). Fla-
minia reichte südlich bis zum Aesis und es gehörten dazu ausser
Ravenna auch Forum Popilii, Ariminum, Pisaurum, Fanum und
Sena').
5. Alpes Cottiae, eine der gallischen Provinzen, seil Dio-
cletian zu Italien gezogen^), unter einem praeses^).
6. und 7. Raetia, früher eine der Donauprovinzen, wurde
unter Diocletian ungetheilt mit Italien vereinigt , im vierten
Ij Paulus Diac, de gest. Longob. 2, 16: quinta vero provincia Alpes Cottiae
dicuntur. — In his Aquis — Dertona, et monaaterium Bobium, Genua quoque et
Savona chitates habentur. Diese geographische Bezeichnung braucht auch Jor-
uandes in seinem 552 geschriebenen Buche de rebus Geticis c. 30, indem er den
Stilico die Schlacht des Jahres 402 gegen die Westgothen liefern lässt ad Po-
lentkim civitatem , in Alpibus Cottiis locatam. Auch in dem über Schonhovianus
(Mommsen Polem. Silv. p. 251) findet sich die Notiz : Alpes Cottioae et Apenn.
in quibus est Genua.
2} Es kommen vor :
a. 321 lunius Rufus, consularis Aemiliae Cod. Th. 4, 12, 1.
a. 323 JJlplus Flavianus , cons. Aemiliae et Liguriae Cod. Th. 11, 16, 2.
unter Constantin (324 — 337) C. lulius Rufinianus Ablavius Tatianus, — con-
sularis Aemiliae et Liguriae Orelli 1181.
a. 357 Dulcitius, consularis Aemiliae Cod. Th. 13, 10, 3.
a. 385 Romulus, consularis Aemiliae et Liguriae Cod. Th. 2, 4, 4.
Man kann daher \vohl mit Mommsen Feldm. 2, 204 annehmen, dass der
zweimal erwähnte Titel consularis Aemiliae abgekürzt ist. Im J. 396 findet sich
dagegen ein consularis Liguriae (Cod. Th. 4, 22, 4) und vor 399 Chronius Euse-
hius V. c. consularis Aemiliae, addita praedictae provinciae — etiam Ravennatium
civitate, quae antea Piceni caput provinciae videbatur. Orelli 3649. In der JSot.
Dign. ist Aemilia eine besondere Provinz.
3) Boecking N. D. Occ. p. 442.
4} Not. Dign. Occ. p. 5. p. 10.
5) Polem. Silvius p. 251. Zosimus 5, 27: 'PaßsvvYj {jnrjTpoTtoXK; <I)Xa[ji.iviai;.
6) Cod. Th. 9, 30, 1 und 3. Mommsen Feldm. 2, 210.
7) S. Mommsen a, a 0.
8) Veroneser Verzeichniss S. 514.
9} Not. Dign. Occ. p. 6.
— 85 —
Jahrhundert aber getrennt i) in Baetia prima mit der Hst. Curia
(Chur) 2) und liaetia secunda mit der Hst. Augusta Vindelicorum
(Augsburg) 3) , jede unter einem praeses^).
B. Unter dem Vicariiis Urbis,
8. Tuscia et Umbria, schon vor Constantin durch einen Provinzen
unter dem
gemeinsamen Landtag verbunden, welcher in Volsinii zusammen- yicarms
kam'^), stand bis 366 unter Correctoren, welche öfters mit abge-
kürztem Titel correctores Tusciae genannt wurden ß) und in Flo-
rentia residirten'), seit 370 aber unter Consularen ^J . Schon 367
war die Provinz in zwei Theile getheilt : Tuscia annonaria nörd-
lich vom Arnus und Tuscia suhurbicaria südlich vom Arnus,
welche beide ursprünglich unter dem corrector oder consuhiris
gestanden zu haben scheinen 9). Später, im J. 458, kommt ein
1) Im veroneser Verzeichniss S. 514 heisst sie Raetia und im J. 290 kommt
ein praesea provinciae v. p. vor C. /, L. III, 5810; Raetia prima und Raetia se-
cunda hat zuerst der Catalog des Polemius Silvias, abgefasst 385, dann die Notitia
Dign. Occ. (um 400) p. 6. p. 10.
2) Boecking N. D. Occ. p. 444.
3) N. D. Occ. p. 48.
4) N. I). Occ. p. 6.
5) Mommsen Berichte d. sächs. Gesellsch. 1850 S. 209.
6) C. Vettius Cosainiuft Rufinus — corr. Tusciae et Umbriae um 312. Orelli
2285 = Mommsen /. N. 4550.
Tatianus — — corrector Tusciae et Umbriae unter Constantin (324 — 337).
Orelli 1184 = Mommsen /. N. 1883.
L. Turcius Apronianus — corrector Tusciae et Umbriae a. 346. Orelli 1100.
ürut. 379, 1.
Anonymer corrector Tusciae et Umbriae zwischen 315 — 366. Bull. 1863 p. 208.
Dynamius corrector Tusciae a. 355. Ammian. 15, 5, 14.
lulius Feslus Hymetius corrector Tusciae et Umbriae vor 362. Henzen 6904
lind liuU. 1852 p. 178.
Vettius Agorius Praetextatus — corrector Tusciae et Umbriae vor 367. Orelli
2354. Borghesi Oeuvres 3, 505.
Auxonius corrector Tusciae a. 362, Cod. Th. 8, 1, 6.
Terentius corrector Tusciae a. 364 und 36^. Cod. Th. 2, 1, 4; 12, 1, 61; 12,
1, 65. Ammian. 27, 3, 2.
Maximus corrector Tusciae a. 366. Cod. Th. 9, 1,8.
Maximinus — rexit Tusciam vor 368. Ammian. 28, 1, 6.
lulius Eubulides c. v. corr. Tusciae aus unbestimmter Zeit. Grut. 422, 1.
Publicius Caeionius lulianus v. c. corrector Tusciae et Umbriae aus unbest.
Zeit. Henzen 5130.
7) Cod. Th. 9, 1, 8.
8) Olybrius rorumlaris Tusciae a. H70. Cod. Th. 12, 1, 72.
HeticiuA Perpetuus Artirius conn. Thwtciae et Umbr. Orelli 3648.
Ctaudiu» LachaniuH consularls Tusciae a. 389. Cod. Th. 2, 4, 5. Kutilius N«-
mat. Hin. 1, 579.
(aecirui Deciut Albinus a. 416. Hut. Nam. Hin. 1, 599.
9j Ammian. 27, 3, 1 und Mommsen Feldm. 2, 207.
— 86 —
eigener constclaris Tusciae stiburbicariae vor *) . Für Tuscta an-
nonaria ist ein solcher nicht nachzuweisen, und da in der Notitia
dignüatum die Stadt Luca, welche in Tuscia annonaria liegt, zur
Diöcese Italia gezählt wird^), ohne dass Tuscia annonaria als
Provinz dieser Diöcese genannt ist, so muss man annehmen, dass
dieser kleine District überhaupt keinen eigenen Statthalter erhielt,
sondern zur Aemilia gezogen wurde und zwar, wie es sjcheint,
bereits vor dem Jahr 400.
9. Campania ("Reg. \)^) mit der Hauptstadt Gapua^). Die
correctores Campaniae sind von Anfang an viri clarissimi oder viri
consulares ^) y von etwa 333 an haben sie den Titel consulares^),
einmal kommt auch ein proconsiil Campaniae vor').
10. Lucania et Brittii (Reg. III) ^) mit der Hauptst. Re-
1) Nov. Maiorian. 9, 1 p. 327 Haenel.
2) Not. Dign. Occ. p. 43, 24.
3) lieber die Ausdehnung dieser Region s. den über coloniarum I in Groma-
tici ed. Lachm. I p. 229 ff. Mommsen Feldm. 2, 203.
4) Athanasius Hist. Arian. ad monachos (geschrieben 358) in Äthan. Opp.
Paris 1698 fol. I p. 355: KaiiUY]«; • soti he auxT) {jnrjTpoTioXt? ttj; Ka(j.7iavia;.
5) Wenn die nicht mehr vorhandene Inschrift Mommsen 1. N. 1413: Divo
Valeriano parenti reip. Pio Felici Victori Naeratius Scopi. v. c. Cons. Camp, nu-
mini eins maiestatique devot, richtig überliefert ist und sich auf den Kaiser
Saloninus bezieht, welcher 260 starb, so war Naeratius Scopius , der nochmals
n. 1987 als Cons. Camp, vorkommt, schon in diesem Jahre oder nicht lange
darauf, jedenfalls vor der Zeit der Correctoren Statthalter von Campanien, eine
Thatsache, deren Erklärung für jetzt ganz unsicher ist. Später kommen vor:
Buffius Volusianus v. c. corrector Campaniae (Mommsen 1. N. 6328), iterum
corrector unter Carinus im J. 283. Mommsen /. N. 2497=Henzen 6481.
P. Helvius Aelius Dionysius, Cons{ularis) vir, corr. Campaniae a. 298. Momm-
sen /. N. 4087= Henzen 6909. Fragm. Vat. §41.
T. Fl. Postümius Titianus v. c. — corr. Campaniae vor 301. Orelli 1194.
Pompeius Faustinus v. c. corr. Campaniae zwischen 292 — 306. Mommsen /. N.
3992. Borghesi Oeuvres 6, 381.
C. Vettius Cossinius Rufinus c. v. — corr. Camp, um 312. Orelli 2285 =
Mommsen /. N. 4550.
Virius Qallus v. c. Corr. Campaniae aus unbestimmter Zeit Henzen 5156,
6) Von den consulares Campaniae kommen im Cod. Theod. sowie in Momm-
sens Neapolitanischen Inschriften, ferner Bull. 1863 p. 208. Henzen 6909 zu-
sammen etwa 29 vor , von denen der älteste Barbaras Pompeianus , Consularis
Campaniae i. J. 331 ist. Cod. Th. 1, 2, 6. Orelli 3316= Mommsen J. N. 1946.
Einer der spätesten ist Acilius Qlabrio um 438. Henzen 6910.
7) Anicius Auchenius Bassus , v. c. proconsul Campaniae, hernach praefectus
urbi 383. Orelli 105. Mommsen /. N. 1418. 1419. C. I. Gr. 2597. Garucci Bull.
1859 p. 90 ff. Die Inschr. Orelli 753= Mommsen /. N. 520* ist falsch; ebenso
Orelli 1425 = Mommsen /. N. 749*.
8) Ueber den Umfang der Provinz s. Lib. Colon, in Grom. ed. Lachm.
p, 209.
— 87 —
gium ^) , stand von Aurelian bis wenigstens 500 unter cor-
rectores ^j .
11. Apiilia et Calahria (Reg. II) , deren correctores bis
zum Ende des vierten Jahrhunderts nachweisbar sind^).
12. Samiiium (Reg. IV) ^), zuweilen mit Campania ver-
einigt, scheint correctores nicht gehabt zu haben. Die Statthalter
heissen wenigstens nach 352 rectores oder praesides^).
1) Cod. Th. 11, 29, 1; 7, 22, 1 ; Olympiodor bei Photius p. 58^, 20 Bekk. :
ro Ptjyiov {j.7]xpo7:oXU ^«xi xf]? Bpexxiai.
2) Tetricus corrector Lucaniae nach 274. Vopisc. Aurelian. 39. Eutrop.
9, 13. Aur. Vict. Caes. 35.
Claudius Plotianus corrector Lucaniae et Brittiorum a. 313. Cod. Th. 11, 29, 1 ;
11, 30, 1.
Mechilius Hilarianus corrector Lucaniae et Brittiorum a. 316. Cod. Th. 9, 19,
1 ; 12, 1, 3.
Octavianus Corrector Lucaniae et Brittiorum Cod. Th, 7, 22, 1 ; 16, 2, 2.
Arthemius corrector a. 364. Cod. Th. 8, 3, 1.
Q. Aur. Symmachus v. c. corrector Lucaniae et Brittiorum a. 365. Orellili87.
Alpinu^ Magnus v. c. corr. Lucaniae et Brittiorum unter Constantin. Orelli 1074.
Annius Victorinus v. c. corr. Lucaniae et Brittiorum. Mommsen /. N. 107.
Kultus Festus corr. Lucan. et Brit. Mommsen /. N. 315.
Venantius vir spectabilis , corrector Lucaniae et Brittiorum unter Theodorich.
Cassiodor. Var. 3, 8. 46. 47. Marini Pap. Dipl. p. 138.
3) Vibonius Caecilianus v. p. corr. Apuliae et (^Calabriae^ a. 312. Borghesi
Oeuvres 6, 388. Die Inschr. Lupoli Iter Venus, p. 312 hält Mommsen /. N.
210* für falsch ; der Caecilianus p. v. corr. Apul. et Calab. wird aber
gesichert durch eine andre Inschr. Orelli 3764 = Cavedoni Marmi Modenesi n. XI.
L. Nonius Veras v. cons. bis correct. Apuliae et Calab. unter Constantin, in
mehreren Inschr. Orelli 3764 = Cavedoni Marm. Mod. n. XI. Henzen 5574 =
Mommsen /. N. 1107. BuUett. 1855 p. XXVII. Henzen 5574».
Volusius Venusius v. c. corrector Apul. et Calabr. um 337. Orelli 3285 =
iVfomm.^en /. A'. 7200.
Annius Antiochus v. p. corr. Apul. et Cal. unter Constantius II (Mommsen
J. N. 1108, fehlerhaft Orelli 1087) und lulianus (Mommsen /. A^ 631 = Henzen
5588), also a. 361.
Flavius Sexiü, vir perfectissirnus, corrector Apuliae et Calabriae um 376. Orelli
1126. Mommsen /. A'. 642.
Clodiua Celainus, c. v. corr. reyionutn duarrnn. Inschrift v. Benevent Mommsen
L N. 1423.
Ael. Restitutianus v. p. corr. Apuliae et Calabriae. Mommsen /. A'. 706.
Fl. Cornelius Marcellinus v. [c. corr. Apul.] et Calabriae. Monunsen 1425.
Auch in der Not. Diyn. Occ. p. 6 hat die Provinz einen Corrector.
4) Ueber die Ausdehnung der Provinz s. Mommsen Feldm. 2, 159. 207.
5) Fabius Maximus v. c. rect. provinciae a. 352. Mommsen /. A. 4758. 4850.
4926. 5018.
Fl. l'ranius v. p. rec. prov. Mommsen /. N. 5191.
Maeciua Felix — rector provinciae Samnii adiniunctivae vicis. Ib. 4620.
Avionius lustinianus praeses provinciae. Ib. 4617. 5017. 52^)2.
FlnriuH ItUius Innorentius V(jr) F\erffrti.'<simus\ F\raesea] S[nmnil]. Ib. 5020.
(Juintiliunus [rectnr 8]amnitleiu. Ib. 4621.
JuUuM Festus Hynietiu» — eonmUaris Cttmpaniae cum Samnio vor 362, Hen-
zen 6904.
— 88 —
13. Flaminia et Picenum, (Reg. V und ein Theil von
Reg. VI) mit den Städten Tibur, Amiternum, Alba am lacus Fu-
cinus , Ancona, Fanum, Ravenna^). Die Geschichte dieser Pro-
vinz, welche nach und nach in drei Theile zerlegt wurde, ist
noch sehr unklar. In dem veroneser Verzeichniss von 297 wer-
den bereits Flaminia und Picenum getrennt aufgeführt 2) ; nichts-
destoweniger scheinen, wie wir oben S. 84 gesehen haben, beide
Bezirke bis 364 unter einem corrector^) vereinigt gewesen zu sein.
Um diese Zeit wurde das Küstenland nördlich vom Aesis, d. h.
der alte ager Galliens mit der Hauptstadt Ravenna , zuerst viel-
leicht mit der Aemilia zusammengelegt-*) , dann aber als eigene
Provinz unter dem Namen Flaminia et Picenum annonarium dem
vicarius Jtaliae untergeben ; das Land südlich vom Aesis dagegen
nochmals in zwei Provinzen getheilt, von denen die östliche, mit
den Städten Potentia, Firmum, Asculum, Truentum, Hadria^), nun-
mehr Picenum suhurbicarium ^) oder Picenum hiess und einen con-
sularis erhielt'), die westliche, mit den Städten Tibur, Carseoli,
Reate, Amiternum, Nursia^), als eine selbständige Provinz, nämlich
1) S. Mommsen Feldm. 2, 210.
2) Abh. der Berl. Acad. 1862 S. 513.
3) Bekannt sind folgende :
M. Aurelius Valerius Valentinus — corr. Flam. et — — vor 330. De Con-
stanzo mem. di S. Rufino p, 56, angeführt von Mommsen Feldm. 2, 208.
Fabius Titianus v. c. corrector Fiaminiae et Piceni vor 337. Grut. 407, 8.
Borghesi Oeuvres 3, 466.
corrector Piceni. Fr, Vat. § 35. a. 337.
L. Crepereius Madalianus v. c. — — corrector Fiaminiae et [Pi]c. vor 341.
Renier Inscr. de l'Alg. 2743. Mommsen Feldm. 2, 209.
Turcius Secundus Asterius corr. Flam. Piceni vor 350 in mehreren Inschr.
Orelli 603. 1099. Henzen 6475. Grut. 1079, 1. Borghesi Oeuvres 3, 162 ff.
Furius Maecius Gracchus v. c. corrector Fiaminiae et Piceni. Orelli 3172.
M. Aur. Consius Quartus lunior c. v. corrector Fiaminiae et Piceni. Orelli 3969.
Unter den Orellischen Inschr. ist n. 3173 falsch (s. Borghesi Oeuvr. 5, 393),
n. 1087 = Mommsen 1. N. 1108 falsch gelesen.
4) Orelli 3649 : Cronio Eusebio v. c. Consulari Aemiliae addita praedictae
provinciae contuitu vigilantiae et iustitiae eius etiam Ravennatensium civitate, quae
antea Piceni caput provinciae videbatur. Mommsen Feldm. 2, 210 hält diesen
Eusebius für den Consul des J. 359 , obgleich ihm die Inschrift erst 40 Jahre
später a. 399 gesetzt ist.
5) Mommsen F'eldm. 2, 212.
6) Not. Dign. Occ. p. 5.
7) Patruinus consularis Piceni nach 355. Ammian. 15, 7, 5.
Valentinianus Cons. Piceni 365. Cod. Th. 15, 1, 17; 9, 30, 4; 9, 2, 2.
Sophronius Cons. Piceni 370. Cod. Th. 12, 1, 71.
Tarrutenius Maximilianus v. c. — consularis Piceni 438. Or. 3171, in v^^elcher
Inschr. zu lesen ist : consulari Piceni, anno aetatis nonodecimo.
Consularis Piceni 458. Nov. Maioriani 5, 2 ed. Jlaenel p. 305,
8) Mommsen Feldm, 2, 212.
— 89 —
14. Valeria. unter einen praeses gestellt wurde ^). Hiezu
kamen endlich noch drei Provinzen , welche vor Diocletian eine
selbständige Verwaltung gehabt hatten 2)^ nämlich:
15. Sicilia, zuerst unter einem coiTector^) ^ dann unter
einem considaris *) ,
16. Sardinia, unter einem praeses^),
17. Corsica, unter einem praeses^).
Die beiden letzteren Provinzen wurden nach 439 von den
Vandalen besetzt und nach ihrer Wiedereroberung 534 dem neuen
praefectus praetorio von Africa zugewiesen.
1) Not. I)ign. Occ. p. 6. 64. Die provincia Valeria wird erwähnt 399. Cod.
Th. 9, 30, 5.
2) In dem veroneser Verzeichniss von 297 , welches an dieser Stelle un-
vollständig ist, wird wenigstens Corsica unter den italischen Provinzen schon
aufgeführt.
3) Calvisianus corrector Sictliae 304. Ruinart Acta primorum martyrum p. 406.
Darüber, dass hier corrector, nicht considaris zu lesen ist, s. Acta Sanctorum
Augusti Tom. II p. 717. Hienach ist Böcking zu berichtigen,
Latronianus corrector Siciliae 314. Mansi 2, 467. Euseb. H. E. 10, 5. Tor-
remuzza p. 35 n. 32.
Betitius Perpetuus v. c. corr. prov. Sicü. unter Constantin. Torremuzza p. 36.
Zenofilus v. c. corr. prov. Sicil. Torremuzza p. 55 n. 42.
4) Fabius Titianus v. c. — — consularis Siciliae vor 337. Grut. 407, 8.
Borghesi Oeuvr. 3, 466.
L. Aradius Val. Proculus v. c. — consularis provinciae Siciliae vor 340.
Orelli 3672.
C. Caelius Censorinxis — cos. provinc. Sicil. unter Constantin. Henzen 6507.
Memmius Vitrasius Orfitus — consularis Sicil. vor 353. Orelli 3185.
Orfitus et Fl. Dulcitius vv. cc. Consulares p. S. Orelli 3181.
Ar.nnius v. c. consularis p. S. vor 359. Orelli 5049 =C. I. Gr. 5649^.
M. Valerius Quinctianus v. c. cons. p. S. unter Valentinian (364 — 375). Tor-
remu7za p. 37. n. 35. n. 37.
Domnus Consularis Siciliae 368. Cod. Th. 8, 5, 29.
Virius Nicomachus Flavianus — consularis Siciliae vor 377. Orelli 1188.
Henzen 5593.
5) Sex. Rufiis brev. 4. N. D. Occ. p. 6. 64. Es kommen vor:
Septimius Januarius v. c. praes. prov. Sard. um 312. Henzen 5567.
Festus praeses Sardiniae 319. Cod. Th. 9, 40, 3.
Bibuleniua Reslitutu.% praeses Sardiniae 353? Cod. Th. 11, 7, 7.
Laodicius praeses Sardiniae 374. Cod. Th. 9, 1, 12.
6) Sex. Ruf. brev. 4. Not. Diyn. Occ. p. 6. 64. Felix, praeses Corsicae 319.
Cod. Th. 1, 16, 3; 2, 6, 2.
B. Die römischen Provinzen.
I
1. statistische Uebersicht.
Bevor ich von den allgemeinen Grundsätzen handele, welche
die Römer bei der Errichtung und Verwaltung der Provinzen
befolgt haben , ist es nöthig eine specielle Uebersicht der Pro-
vinzen selbst voranzuschicken, welche theils zur Orientierung über
die äusseren Verhältnisse derselben, theils zur Grundlage für die
folgende Erörterung der inneren Organisation der unterworfenen
Länder dienen soll. Bei der Aufzählung der Provinzen kann man
nach chronologischer oder nach geographischer Ordnung verfahren ;
bei der ersteren Methode würden drei Perioden zu unterscheiden
sein, die Zeit der Republik, die Zeit von Augustus bis Diocletian
und die Zeit Diocletians und seiner Nachfolger i) ; ich wähle
indess für diesen Abschnitt die letztere Methode, um nicht bei
den in einem und demselben Lande zu verschiedenen Zeiten vor-
1) Ueber die Provinzen der ersten Periode s. Sigonius De antiquo iure po-
puli Romani, Lips. et Halae 1715 Vol. 11. W. Bergfeld Commentatio de iure et
conditione provinciarum Rom. ante Caesaris principatum , Neustrelitz 1841. 4;
über die der zweiten Periode Hoeck'Röm Gesch. vom Verfall der Rep. bis zur
Vollendung der Monarchie Th. I S. 356 — 387. Mommsen Res gestae Divi Augusti,
Berolin. 1865. 8. A. M. Poinsignon Sur le nombre et Vorigine des provinces Ro-
maines, creees depuis Auguste jusquh Diocletien, Paris 1846. 8 und die in den
letzten Jahren erschienenen Untersuchungen über einzelne Provinzen, welche an
ihrem Orte citirt werden ; für die Zeit des Diocletian und seiner Nachfolger
endlich haben wir jetzt fünf Quellen: 1. Ein Verzeichniss der Provinzen aus
dem Jahr 297, herausg. von Mommsen in Abh. d. Berliner Academie 1862
S. 489 ff. 2. Das Breviarium des Rufus Festus , geschrieben um 369. 3. Den
laterculus des Polemius Silvius , verfasst um 385, herausg. von Mommsen in
Abhandl. d. Sachs. Ges. d. Wiss. III (1853) S. 233 ff. 4. Die Notitia digni-
tatum , abgefasst um 400, herausg. von Boecking, Bonn 1839 — 53. 8. Endlich
5. für den Orient den um 535 redigirten Synecdemus des Hierocles , zuletzt
herausg. von Parthey, Berolini 1866. 8,
— 91 —
genommenen Veränderungen wiederholenllich auf eine und dieselbe
Provinz zurückzukommen. Vier Tabellen werden am Ende dieses
Abschnittes die Resultate desselben sowohl geographisch als chro-
nologisch zusammenstellen ; aus ihnen wird die Zahl der Provinzen
für jede Zeit zu ersehen sein. Bei der Zählung ist das Ende der
Regierung des Traian zu Grunde gelegt, zu welcher Zeit das
römische Reich seinen grössten Umfang erreicht hatte.
I. Sicilia.
Der westliche, bei weitem srössere Theil Siciliens, welchen Einrichtung
' ° ' der Provinz.
die Römer nach dem ersten punischen Kriege 241 besetzten i),
bildete die erste römische Provinz 2). Daneben bestand damals
noch das Königreich Syracus , welches aber nur die Territorien
von sieben Städten, Syracusae, Acrae, Leontini, Megara, Elorum,
Netum und Tauromenium in sich begrifft). Nachdem auch Sy-
racus im zweiten punischen Kriege 542 = 212 von Marcellus
erobert war^), wurde ganz Sicilien durch M. Valerius Laevinus
im J. 544=210 beruhigt und zur Provinz gemacht^). Noch ein-
mal störte den Frieden der Sclavenkrieg der Jahre 619 — 022 =
135 — 132*^), nach dessen Beendigung der Proconsul P. Rupilius
die rechtlichen Verhältnisse Siciliens mit Hülfe einer Commission
von 10 Legaten in einem Grundgesetz, der lex Rupilia^ fest-
stellte 7) . Der zweite Sclavenkrieg 651 — 654 = 1 03 — 1 00 schejnt
fUr den Zustand der Provinz von weniger nachtheiliger Einwir-
kung gewesen zu sein^).
1) Polyb. 1, 63; 2, 1. Zonaras 8, 17. Oros. 4, 11. Appian. Sic. '2, 2 und
über die Grenzen der Provinz Bergfeld a. a. 0. S. 6 ff. Eine kurze Schilderung
der Provincialverhältnisse giebt C. G. Zumpt lieber den Zustand und die Ver-
waltung von Sicilien unter röm. Herrschaft in Seebode's Archiv f. Piniol, und
Paedagogik II, 2 (1825) S. 259 ff. R. Dareste De forma et conditione Siciliae
provinciae Romanae, Lutetiae 1850. 8.
2) Cic. act. II in Verr. 2, 1, 2.
3) Diodor. exe. Hoesch. 28, 5.
4) Liv. 25, 23-31.
5) Liv. 26, 40.
6) Diodor. exe. l. 34 (Exe. Phot. p. 525—29. Exe. Vales. p. 598 — 601.
Exe. Vatic. p. 100—102).
7) Cic. act. II In Verr. 2, 16, 39: leycm esae Kupiliayn, quam P. Rupilius
connil de decem legatorum nententia dedisset : hanc omnett aemper in Sicilia con-
Buleapraetoreaque servaase. Vgl. 2, IH, 40; 13, 32. 34; 15, 37; 37, 90. Pseudo-
Asconius in divin. p. 106. in Act. II p. 212. Schol. Gronov. p. 391 Or. Valer.
Max. 6, 9, 8.
8) Florus 3, 19. Dlo Cast. fr. P«ireM. 101. 104 (93 Bekk.). Liv. ep. 69.
Diodor. 36 p. 536,26; 608,23.
— 92 —
Verwaltung. Nach Appian 1) wurde Sicilien schon seit 513 = 241 von einem
Piator verwallet. Wenn dies, wie es scheint, eine irrthümliche
Nachricht ist, da nach Livius epit. XX erst um das J. 527=227
die Zahl der Prätoren von zwei auf vier erhöht und einer der
beiden neuen Prätoren zur Regierung Siciliens bestimmt wurde,
so wissen wir von der frühesten Administration der Provinz
nichts und können nur vermuthen, dass sie unter einem der
beiden städtischen Prätoren oder unter einem vom Volke ausser-
ordentlich gewählten Statthalter gestanden hat. Seil 527 = 227
war aber in Sicilien ein praetor '^)^ und später, seit 632=122^)
ein propraetor ^) . Bei der Theilung der Provinzen unter Augustus
im J. 727 = 27 wurde Sicilien eine senatorische Provinz, deren
Statthalter den Titel proconsid führt '') und auch einen Legaten
hat<^) ; erst unter Diocletian wurde Sicilien zu Italien gezogen und
erhielt einen corrector wie die italischen Provinzen'), nach Con-
stantin einen consularis^).
Die beiden Theile der Provinz liess man insofern gesondert,
als Sicilien, was sonst nirgends vorkommt, zwei quaestores halte '^),
von denen der eine in Lilybaeum, der andere in Syracus resi-
dierte lo). Ob diese Einrichtung unter den Kaisern fortdauerte, ist
unbekannt 11).
1) Appian. Sic. 2 : cpopou? xe autoic dTte^eoav xai x^Xt) xd ^aXocaota xai?
TToXeoi [xepiaafxevot oxpaxTjYov ixTjotov £7:e[j,7cov de StxeXtav.
2) Liv. ep. 20 : praetorum numerus ampliatus est, ut essent quattuor. Pom-
pouius de orig. iur. (Dig. 1, 2 § 32) : capta deinde Sardinia mox SicUia item
Hispania deinde Narbonensi provincia totidem praetores , quot provinciae in ditio-
nem venerant, crenti sunt. Vgl. Liv. 32, 27. Der erste Prätor von Sicilien, also
im J. 226, war nach Solinus polyh. 5, 1 C. Flaminius. Prätoren von Sicilien
erwähnt in den Jahren 216 nnd 215 Liv. 23, 22,8; 30, 18; 32, 2.
3) lieber diese Zeitbestimmung wird weiter unten die Rede sein.
4) Cicero nennt zwar noch den Verres öfters praetor [act. 1, 4, 13. act. II,
13, 33 u. ö.), allein dies ist nur ein ungenauer Ausdruck, da Verres 74 praetor
urbanus war und 73 als propraetor nach Sicilien ging.
5) Orelli-Henzen Inscr. n. 151. 723 3179. 6506. Borghesi Oeuvres 2 p. 208.
451—457.
6) Als solcher kommt ein Ti. Claudius Herodianus, vielleicht der Historiker,
vor auf der Inschr. Henzen 5604. Vgl. Borghesi Oeuvres 3 p. 120.
7) S. oben S. 89 Anm. 3. 8) S. oben S. 89 Anm. 4.
9) Cic. act. II in Verr. 2, 4, 11 u. ö.
10) Pseudo-Ascon. p. 100: cum a duobus quaestoribus Sicilia regi soleat, uno
Lilybaetano altero Syracusano , ipse vero ( Cicero ) Lilybaetanus quaestor fuerit
Sex. Peducaeo praetore , omnibus tarnen se placuisse dicit. p. 298 : Lilybaetanus
scilicet quaestor , non Syracusanus. Nam hos binos quaestores annuos habuit Si-
cilia. Cic. pr. Plancio 27, 65. Ein dvTtTa[j.ioti; (pro quaestore) C. Vergilius Baibus,
wahrscheinlich der, welcher 60 v. Chr. praetor war, kommt vor C. I. Gr. n. 5597.
11) Sonst kommen quaestores Siciliae öfters vor. Orelli-Henzen n. 3177. 6452.
6491. 6506.
— 93 —
Sicilien bestand zu Ciceros Zeit aus etwa 68 Communalver- Gemeinden,
bänden 1) , deren innere Verfassung sich noch lange unverändert
erhielt 2). Bei der Einrichtung der Provinz wurden von diesen
17 durch ein besonderes Privilegium bei dem Cult der Venus
Erycina ausgezeichnet^), alle aber ihrer politischen Berechtigung
nach in 4 Classen getheilt^), nämlich: \. drei cfvitates foederatae^
Messana, Tauromenium und Netum-^), welche ihr Land frei be-
sassen, keinerlei Abgaben zahlten und nur zu Leistungen ftir den
Fall eines Krieges verpflichtet waren ; 2. fünf civitates Uberae et
immunes, Centuripae, zu Ciceros Zeit die blühendste Stadt der
Insel^) mit 10,000 Bürgern'), Alesa, Segesta, Panormus, Halicyae;
3. 34 civtlates decumunae^), welche, wie schon unter Hiero, den
Zehnten des jährlichen Ertrages an Weizen, Gerste, Wein, Oel
und kleinen Früchten als Abgabe zahlten'-^); 4. 26 civitates cen-
soriae, welche im Kriege erobert worden waren, und deren Land
ager publicus v^'uvde^^). Zu ihnen gehören Syracusae, Lilybaeum,
und ursprünglich vielleicht auch Agrigent, dessen Einwohner nach
der Eroberung 544 = 210 hingerichtet oder in die Sclaverei ver-
1) Im ersten pnnischen Kriege werden 67 Städte angegeben , Diodor. exe.
Hoeschel. 23, 5; im zweiten panischen Kriege 66, Liv. 26, 40, 14. Eutrop. 3, 8;
nach Cicero wurden in Sicilien 130 Censoren gewählt {act. II in Verr. II, 55,
137), zwei auf jede Stadt (ib. II, 53, 133); er zählt demnach 65 Städte, wobei
freilich nicht sicher ist, ob er die zu Sicilien gehörigen kleinen Inseln oder auch
die freien Städte mitrechnet. Plinius iV. //. 3 § 88 giebt die Zahl 68 an, Ptole-
maeus 3, 4 die Zahl 58.
2j Leber die griechische Verfassung der sicilischen Städte und deren unter
den Kömern fortbestehende Behörden s. Tittmann Darstellung der griech. Staats-
verfassungen, Leipzig 1822. 8. Kuhn a. a. 0. S. 58 — 63.
3j Diodor. 4, 83: ■|^^ t£ ouyv.Xtjto; twv 'PiujJiatwv di xd; ttj; ifeoD TtjAÖl;
cptXoTtfXTjOeTaa xd; (xev -rttoxoTaToti; twv xaxd t9jv ^ixsXtav TiöXeoiv oüciac eTiraxai-
Oexa yp'jaocfopciv llofixd'iae tt] 'AcfpooiXT]. In Beziehung hierauf sagen bei Cic.
act. II in Verr. 5, 47, 124 die Tyndaritaner: nos in septemdecim populis nume-
ramur.
A) Hauptstelle ist Cic. act. II in Verr. 3, 6, 12. 13.
5j Cic. act. II in Verr. 5, 22, 56. Ueb. Messana l»lut. Pomp. 10.
6) Ib. 4, 23, 50.
7J Ib. 2, 68, 163.
8) Wie es scheint , zählt Cicero in der dritten Verrinischen Rede sie voll-
standig auf, nämlich in alphabetischer Zusammenstellung: Acestenses , Acherini,
Aetnenses, Agyrinensea, Amestratini, Apollonieiisus, Assorini, Calactini, Capitini,
Catinenses, Cephalooditani, Cetarini, Knguini, Elorini, Knnenses, Kiitellini, Ge-
lenses, Ilaluntini, llcradeenses, Ilerbitenses, Ilyblenses , letini, Imucharenses,
liienses, Lt-ontiiii, Liparcnsus, Menaeni, Murgentini, Mutycenses, Petrini, Solun-
tini, Therm itani, Tissenses, Tyndaritani.
Oj Zumpt in S(;ebo<le s Archiv a. a. 0. S. 265.
10) i)iHHe Zahl giebt IA\. 26, 40, 14 an. Auf sie kommt auch Zumpt ad
Verr. 3, ü, 13, wiewohl dort durch einen Druckfehler X\l statt XXVi steht.
— 94 —
kauft wurden 1). Drei Jahre später wurden dahin Golonisten aus
sicilischen Städten 2) geführt, woraus ich nicht mit Mommsen auf
eine schon damals stattgefundene Gründung einer latinischen Co-
lonie in Agrigent schliessen möchte"^).
Ueber die Veränderungen, welche diese Verhältnisse am Ende
der Republik und im Beginne der Kaiserzeit erfuhren , sind wir
mehrfach auf Vermuthungen angewiesen, da unsre Hauptquelle,
der Bericht des Plinius, nachweislich unvollständig und ungenau
ist. Plinius zählt unter den noch zu seiner Zeit vorhandenen 68
Communen 3 Städte latinischen Rechtes, Centuripae, Netum, Se-
gesta, 2 oppida civium Romanorum, Messana und Lipara , und 5
römische Colonien. Die übrigen Städte nennt er oppida ohne wei-
teren Zusatz oder civitates stipendiariae. Nun aber befinden sich
unter diesen oppidis Agrigent, welches nachweislich latinische
Stadt war"*), und Aluntium, welches in Inschriften municipium
heisst^) ; unter den stipendiariae aber Henna, ebenfalls eine lati-
nische Stadt ^) , Melite (Malta) und Gaulos, welche zur Provinz
gehörten'), aber von Plinius nur als geographische Namen erwähnt
werden, waren römische Municipien ^j. Es ergiebt sich hieraus,
dass zu Plinius Zeit viel mehr latinische und römische Gemeinden
in Sicilien waren , als man aus seinem Berichte ersieht. Diese
Veränderung aber ist herbeigeführt durch Caesar, Antonius und
Augustus. Cäsar scheint nicht nur die Abgabenverhältnisse der
Provinz anders geordnet 9) und namentlich die Naturalabgaben
1) Liv. 26, 40, 13.
2) Cic. ad. II in Ven. 2, 50, 123: ,,de oppidis Siculorum.^^
3) Mommsen G. d. R. Münzw. S. 663 hält diese Gründung für wahrschein-
lich; dagegen R. G. P S. 631; 113 g. 4 für sicher. Meiner Ansicht ist Henzen
Annali d. I. 1857 p. 114; Mommsen folgt Walter G. d. R. R. § 245. 246.
4) Agrigent schlägt Kupfermünzen mit römischer Aufschrift 'und hat Ilviri.
Eckhel 1, 194. Mionnet Suppl. 1, 368. Mommsen G. d. R. M. S. 663.
5) C. I. Gr. 5608: tö [xouvixitciov twv 'AXovtivcov, wo zwei andre lateinische
Inschriften citirt werden.
6} Auf Münzen MVNicipium HENNA nebst den Namen von Ilviri. Eckhel
1, 207. Mionnet 1, 234. Suppl. 1, 385. Henzen Annali 1857 p. 113.
7) Ueber Malta s. Cic. act. II in Verr. 4, 46, 103; 4, 18, 39, über beide
Plin. N. U. 3 S 92.
8) Die Bürger beider Städte sind in der trihus Quirina C. I. Gr. 5754.
Henzen 6469. Grotefend Imperium Romanum tributim descriptum , Hannover
1863. 8 p. 92.
9) Mommsen R. G. HI* S. 492 bemerkt , dass bereits Varro de r. r. II pr.
unter den Kornprovinzen nur noch Africa und Sardinien , nicht Sicilien nennt,
und in dem Verzeichniss des Plinius fehlen civitates decumanae, wogegen 47 ci-
vitates stipendiariae aufgezählt werden.
I
— 95 —
aufgehoben, sondern auch vielen — Mommsen nimmt an allen —
sicilischen Städten die Latinität verliehen zu haben ^] ; in wie
weit das Gesetz des Antonius über Erlheilung des Bürgerrechtes
an die Siculer zur Ausführung gekommen ist, lässt sich ebenfalls
im Einzelnen nicht nachweisen 2) ; Augustus endlich gründete in
der Provinz sieben Militärcolonien 3)^ Tauromenium , Catina , Sy-
racusae, Thermae Himereuses, Tyndaris^), Lilybaeum und Pa-
normus ^) .
In Beziehung auf die Jurisdiction zerfiel die Provinz von
Anfang an in eine Anzahl convenLus (Gerichtsbezirke) ß) , unter
welchen der von Syracus^), Lilybaeum, Panormus^) und Agri-
gentum •^) erwähnt wird.
n. Sardinia mit Corsica.
Bald nach dem Ende des ersten punischen Krieges, im J.
546 = 238 i<*), entrissen die Bömer ohne einen genügenden recht-
1) Die einzige Erwähnung dieser Verleihung findet sich bei Cic. nd AU.
14, 12, 1 : scis , quam diligam Siculos et quam illarn clientelam honestam iudicem,
Multa Ulis Caesar, neque me invito, etsi Latinitas erat non ferenda, verum tam.en —
welche Stelle bisher so verstanden worden ist (s. z. B. Voigt Ins nat. II S. 720},
dass Cäsars Absichten nicht, oder doch nicht vollständig, zur Durchführung ka-
men. Mommsen R. G. III* S. 491 versteht sie dahin , dass ganz Sicilien die
Latinität erhielt.
23 Cic. ad Att. 14, 12, 1 : ecce autem Antonius, accepta grandi pecunia, fixit
legem a dictatore comitiis latam , qua Sieuli cives Romani ; cuius rei vivo illo
mentio nulla. Hierauf geht auch Cic. Phil. 2, 36, 92: toto Capitolio tabulae fige-
hantur , neque solum singulis venibant immunitates sed etiam populis universis :
civitas non iam singillatim, sed provinciis totis dabatur. Dio Cass. 44, 53 ; 45, 23.
Diodor. 13, 35 : roXX-ai -^ou-^ xwv xa~a Ti|V vnaov TiöXecuv ^pcu(j.evai Siex^Xeoav
Toi; to6to'j v<5|xoi; (des Diocles), (J.£ypi 2to'j TravTe; ot SixeXtoiTat -rf^i 'Pio|j.altuv
zoXiTSia; ifiioi^TiZa'i . Dass diese Gesetze aufgehoben wurden, berichtet Cic. Phil.
12, 5, 12; 13, 3, 5.
3) Dio Cass. 54, 7. Monum. Ancyr. 5, 35. Borghesl Oeuvres 2 p. 209. 453.
4) Diese 5 Colonien nennt Plinius N. H. 3 % 88. 89. 90. Ueber Syracus
8. Dio 54, 7; über Tyiidaris Appian. B. C. 5, 116. Borghesi Oeuvres 2
p. 452 ff. Henzen Inscr. n. 5483.
5) Dass auch diese beiden , welche Plinius als Colonien nicht bezeichnet
und Zumpt Comm. Kpigr. I p. 409 als Colonien Hadrians ansieht, bereits von
Augustus herrühren, zeigen Borghesi Oeuvres ^l p. 208. Henzen Anrudi d. Inst.
1857 p. 115 ff. Ueber Panormus s. auch Schubring Der historischen Topographie
von Panormus erster Theil, Lübeck 1870. 4 S. 15.
6) Cic. act. II in Verr. 5, 11, 28: nam sciiote oppidum esse in Sicilia nul-
lum ex Um oppldis, in quibus ronsintere prnetores et conventum ngere soleant, quo
in oppido non isti ex nliqua familia non ignobili delecta ad libidinem mutier esset.
7) Ib. 4, 25, 55.
8J Beide erwähnt ih. 5. 54, 140.
9j Ib. 2, 2(J, f)3.
10) Polyb. 1, 88; 3, 10. 27. Appian 6, 4 ; 8, 2. 5. /.mar. 8, 18. Liv. 21,
1, 5. S. Hudemann im Philologu« 2, 4. S. 632 ff.
— 96 —
liehen Vorvvandi) auch Sardinien den Garthagern. Sie mussten
es indess vollständig erobern, und obwohl dies im J. 519 = 235
durch T. Manlius Torquatus geschah'-^), so ist doch noch in beiden
folgenden Jahren der Kampf fortgesetzt worden^). Zugleich mit
Sardinien wurde im J. 516 = 238 Corsica occupirt^) und, nach-
dem es 523 = 231 durch C. Papirius Maso unterworfen war»),
zu einer Provinz mit Sardinien vereinigt <») und einem praetor
untergeben"^), weshalb im J. 527 = 227 nur zwei Prätoren, einer
für Sicilien , der andre für Sardinien neu gewählt wurden^).
Unter Sardinia ist daher immer die combinirte Provinz Sardinia-
Corsica zu verstehn^). Seit 632 = 122 führen die Verwaltung
1) Die Bedingungen des Friedens von 241 enthielten keine Abtretung von
Sardinien. Polyb. 1, 63: xwv te vtjoojv dxyujpeiv KapyTjoovioi»? TtpooeTcIxa^av,
ocai fxexa^u x-rj? [raKiac. vteTvxai xat x-^; St"/.£Xia; , vgl. 3, 27 ; Zonar. 8, 17 ;
Appian. 5, 2 : xal SixeXia; 'Pajfxaiot? dnoGxipai v.al xöj^ ßpayjxtptov vrjocov,
oaat TTspi SixeXiav. Erst späte Schriftsteller verstehen diese Worte von einer
Abtretung Sardiniens. Eutrop. 3, 2. Aurel. Vict. de v. iU. 41. Oros. 4, 11, wäh-
rend Polyb. 3, 28 urtheilt: ÄGTrep o'jv x-i^jv eU SixeXiav oidßaoiv 'P(o|xaitov ou
Tiapd xou; opxou; supiG'/Ofxev ^^e-^e^'qiii^T^y , o'jxü); uTiep xoO oeuXiOO'j 7:oXe(Ji.o'j,
%aff 8v dTconqaavxo xd; Tiepi EapSovo; ouv^-qxa;, oiixe 7:p6cpaatv o'jx aixiav eupot
TIC, dv e'jXoYOv, dXX' öfjLoXoYoufJievco; xou? Kapy'r]Oovtouc -/^vaYxaafxevou? Tiapd Ttdvxa
xd Si7.aia oid xov xatpov dxywp^aoit {jl£V 2!apo6vo; d^6ve-("/erv he x6 TcpoetpiQfAevov
TtX-^^o? xwv ypTjixdxoDV. Liv. 21, 1, 5. Vgl. Bergfeld a. a. 0. S. 10.
2) Velleius 2, 38 : Sardinia — ductu T. Manli consulis certum recepit im-
peri iugum. Eutrop. 3, 3.
3) Die Fasti triumph. Capitolini (C. I. L. I p. 458) lassen den T. Manlius
519 = 235, den Sp. Carvilius 520 = 234, den Q. Fabius Maximus 521=233 de
Sardis triumphiren,
4) Festus p. 322b : Sinnius Capito ait , Ti. Gracchum consulem , coUeyam
P. Valeri Faltonis, Sardiniam Corsicamque subegisse. Ueber abweichende Zeitbe-
stimmungen Neuerer s. Bergfeld p. 12. Hudemann a. a. 0. — J. Rospatt de
Corsica insula a Romanis capta , Monasterii 1850. 8 p. 21 nimmt ohne Grund
das Jahr 236 au.
5) Fasti triumph. in C. I. L. I p. 458 ad a. 523. Val. Max. 3, 6. 5. Fun.
N. H. 15 § 126. Zonaras 8, 18.
6} S. Rufus 4: iuncta administratio harum insularum fuerat; post quaelibet
suos praetores habuit : nunc singulae a suis praesidibus reguntur.
7) Zonaras 8, 19 : {jiexd os xoOxo SapSovioi ^v oeivojji irotouiJ-evoi , oxi oxpa-
x-rjYo; 'P(u[ji.aitov dsi -/.a^etaxTjxei atixoT?, dzaveaxYjcav. Liv. 40, 18, 3: provinciae
ita Sorte evenerunt : M. Pinario Sardinia. c. 19, 6: pestilentiae tanta vis
erat, ut cum propter defectionem. Corsorum beilumque ab Iliensibus concitatum. in
Sardinia acta milia peditum — placuisset scribi — is numerus effici militum non po-
tuerit. c. 34, 12: in Corsica pugnatum cum, Corsis, — inde in Sardiniam exer-
citus ductus. 42, 1, 3 : ad hoc miUe et quingenti pedites — scribi iussi, cum quibus
praetor, cui Sardinia obtigisset, in Corsicam transgressus bellum gereret. c. 7, 2 :
ex Corsica subacta Cicereius in Sardiniam transmisit.
8) S. S. 92 Anm. 2. Unter den Prätoren ist der bekannteste der ältere
Cato, der die Provinz 556=198 verwaltete. Liv. 32, 8, 5. Nepos Cat. m. 1. Plut.
Cat. m. 6.
9) Auch Strabo p. 840 zählt unter den Provinzen der augusteischen Zeit auf
Xapow (xexd Kupvou. Beide Provinzen gelten immer als zusammengehörig ; bei
— 97 —
Propra loren , von denen bekannt sind T. Albucius propraetor ^)
Sardiniae um 650 = 104 2) und M. Aemilius Scaurus pr. pr. Sard.
099^55 3), von dem wieder ausdrücklich bezeugt wird, dass
ihm auch Corsica untergeben war 4). Bei der Theilung der Pro-
vinzen im J. 727 =-27 verblieb Sardinien dem Senate ^) und
erhielt als Statthalter einen Proprätor mit dem Titel proconsul,
dem ein legahis^*] und ein quaestor'') beigegeben wurde. Allein
theils der unruhige und unzuverlässige Gharacter der Einwoh-
ner ^) , theils äussere Veranlassungen machten wiederholentlich
einen Wechsel der Verwaltung nöthig. Im J. 6 n. Chr. wurde
dieselbe einem kaiserlichen Procurator übergeben ^) , und erst
unter Nero erhielt der Senat Sardinien zurück als Ersatz für
Arhaia, welches Nero im Herbste 67 für frei erklärte i*^) . Unter
Varro fr. Vol. II p. 3Ö8 Bip. kommt schon in mythischer Zeit ein Phorrys, rex
Corsicae et Sardiniae, vor.
1) Cic. de prov. cons. 7, 15.
2j Kr wurde repetundarum belangt und verurtheilt Cic. in Pison. 38, 92;
de off. 2, 14, 50; in Q. Caeciliurn divin. 19, G3. S. Orelli Onomast. p. 27.
3) Asconius p. 118. Ueber seinen Process s. Drumann Gesch. Roms 6, 36 ff.
4) Asconius p. 19 sagt von den Anklägern des 8caurus : [in] inquisitionem
in Sardiniam itemque Corsicam insulas dies tricenos acceperunt.
5) Dio Cass. 53, 12. Strabo p. 840.
6) M. Iiil. Ilomulus, leg. pr. pr. des proconsul L. Helvius Agrippa im J. 68
kommt vor in dem Decret des letzteren bei Mommsen Hermes 2, 104; C. Caesius
Aper — leyat. pro pr. provinciae Sardiniae in der Inschr. v. Sestinum Borghesi
Bullett. 1856, 141. Mommsen Hermes 2, 173.
7) Der Kaiser Severus hatte die quaestura Sardiniensia bekleidet. Spartian.
Sev. 2, 5.
8) Cic. pr. Scauro 2, 38; ipsa natio, cuius tanta vanitas est, ut libertatem
a Servitute nulLa re alia nisi mentiendi licentia distingutndam putent. Vgl. ^42;
ad fiim. 7, 42, 2: hahes Sardos venales , aliuin alio nequiorem. Ueber dies
Sprüchwort s. Varro fr. p. 304 Bip. Festus p. 322.
9) Dio Cass. 65, 28: vcdv xoi; auroi; xoutoi; ypovot; "-ical iroXeixot iroXXot
d^^vovTO ■ Ttal Y°^P XTjSxal cu/vd xotTctpeyov, Äote xtjv ^apotu {j.y]o' apyovxa
ßo'jXeux^jV Ixeat xict (die von Bekker aufgenommene Conjectur xpiot entbehrt der
historischen Begründung) «J^^iv, dXXa oxpaxicbxaic xe xai oxpaxiap/ai; iTnreüoiv
drtxpaK^vat.
lOj Fausan. 7, 17, 2: -/al dXeyOepov 6 N^pcov dcp^Yjoiv aTrdvxmv , dXXaY-^v
Ttpo; xov ofijAOv 7:otr^od(j.evoc twv 'Pwpiaituv • Sapow ydp x?jv v^oov ii xd {xdXtaxa
euoal[i.ova avxl 'EXXdoo; ocplatv dTT^Oojxev. Diese Nachricht wird jetzt bestätigt
durch das von Mommsen Hermes 2, 102 — 127 herausgegebene Decret des Pro-
consul L. Helvius Agrippa, der im J. 68 n. Chr. eine Orenzstreitlgkeit zwischen
zwei sardiniftclien Oemeinden entscheidet, in welcher vor ilim der procurator
AuyuM M. Iiiventiiis Uixa und darauf sein Vorgänger Caecilius Simplex ein Ur-
thoil gesprochen halten. Nimmt man mit Mommsen an, dass diese drei Personen
in der Verwaltung Sardiniens unmittelbar auf einander folgten, was wahrschein-
lich ist, so dauerte djts Ueginient der Procuratoren in Sardinien von 6 n. Chr.
bis 1. Juni ()6. Von da begann die proconsularischo Verwaltung des Caecilius
Simplex, auf den am 1. Juni 67 der l^roconsui L. Helvius Agrippa folgte. Un-
gelöst bleibt indessen bei diesen Annahoien eine chrouologische Schwierigkeit.
Kbm. Alt«rth. IV. 7
— 98 —
Vespasian verlor Achaia diese Freiheit wieder i) und gleichzeitig
wurde Sardinien kaiserliche Provinz unter einem procurator et
praeses^^). Dieser Wechsel scheint noch einmal eingetreten zu sein
unter M. Aurel, der auf kurze Zeit dem Senate die Provinz zu-
rückgab ^) . Commodus stellte aber die kaiserliche Verwaltung
wieder her*) und von ihm an lassen sich bis in das dritte Jahr-
hundert procuratores Augusti et praesides (oder praefectt) provin-
ciae Sardi'niae nachweisen ^j . Seit Diocletian sind Sardinien und
Corsica getrennte Provinzen, jede unter einem Präses'^).
In Hinsicht auf die politische Stellung der Einwohner gehörte
Sardinien zu den am wenigsten begünstigten Provinzen; es war
Denn da Nero die Freiheit Griechenlands an den isthmischen Spielen des Jahres
(37 proclamirte (Plutarch. Titas Flamin. 12. Suet. Nero 24. Dio Cass. 43, 11.
Clinton Fasti Rom. ad a. 67), so muss das dem Senat dafür verliehene Sardi-
nien auch erst 67 proconsularische Provinz geworden sein, üie Lösung dieser
Schwierigkeit versucht nochmals Mommsen Hermes 3, 172, ohne ein überzeu-
gendes Resultat zu gewinnen.
1) Suet, Vesp. 8. Pausan. a. a. 0. Dass bis auf Vespasian und vielleicht
noch unter diesem die Verwaltung proconsularisch war , zeigt die Inschr. von
Sestinum BuUett. 1856 p. 141 n. 3; vgl. Mommsen Hermes 2, 173. Der pro-
curator von Corsica, den Tac. Bist. 2, 16 unter Otho erwähnt, kann ein kaiser-
licher Beamter sein, wie er auch sonst in senatorischen Provinzen vorkommt.
2) Orelli-Henzen 4031. 5190.
3) Spartian. Sever. 2, 3 : post quaesturam sorte Baeticam accepit atque inde
Africam petit, ut mortuo patre rem domesticam componeret. Sed dum in Africa
est , pro Baetica Sardinia ei attributa est , quod Baeticam Mauri populahantur.
Severus ging also nach Vollendung der städtischen Quästur als quaestor pro prae-
tore (s. Borghesi Oeuvres I, 482) nach Sardinien , welches somit Senatsprovinz
war. Es ist eine ansprechende Vermuthung von Zumpt Stud. Rom. p. 144, dass
wegen des Einfalls der Mauren in Baetica etwa im J. 172 M. Aurel diese Pro-
vinz übernommen habe, um darin den Krieg zu führen, und dass an Stelle der-
selben Sardinien dem Senat überlassen worden sei.
4) Unter Commodus war L. Ragonius Urinatius proconsul prov. Sardiniae
(Orelli-Henzen 2377. 6492), aber unter ihm kommt auch wieder ein procurator
vor. Origenes oder llippolytus refut. haeresium IX p. 288 Miller: xuyoüaa o'jv
rrj; d^ia)0£iu? t] Mapvaa Tcapa toO Koafxöoo'j oiötosi ttjV a7roX6at|Aov 'dTrtaToXTjv
'Ta"/.ivi)uj Tivl ardSovTt TTpsoßarepo}, 8; Xaßcbv SieTiXe'joev ei; ttjv }iocpooviav -/at
aKOOO'j; xijj xaT iY.eivo y.aipou rfii yiopa; dzixpo-euovTi aTteXuae xou? (xocpTupa;.
Gleich darauf nennt er wieder den iT.kpor.oc, d. h. procurator.
5) Es sind dies : M. Metellus proc. unter Sepiimius Severus und Caracalla
Henzen 5191 ; M. Ulpius Victor, proc. Aug. praef. prov. Sard. unter Philippus
(243—249), Orelli-Henzen 4929. 5192. 5195; M. Calpurnius Caelianus praeljes
prov. Sardiniae, proc.^ um 254, Henzen 5542 j lanuarius proc. im Jahr 257 unter
Gallienus, Henzen 5544; M. Aelius Vitalis, praeses pr. Sard. unter Carus , Gaz-
zera di un decreto di patronato p. 53. Borghesi Annali 1853 p. 211. Ausserdem
kommen vor P. Viblus Marianus proc. et praeses prov. Sardiniae Orelli 74;
Q. Cosconius Fronto proc. Augy. et praef. pr. Sardiniae Henzen 6940; L. Bal-
bius luncinus, proc. Aug. praef. prov. Sard. Murat. 782, 4; Ho. üSaXXouaTto; —
O'JiTttüup — 'r(Y£{J.(uv /cat SouxrjNapto^ Sapoovta? C. 1. Gr. 2509.
6) Mommsen Verz. d. röm. Prov. von 297 in Abb. d. Berl. Acad. 1862, 513.
Boecking mt. Dign. H p. 6, 28; 10, 14; p. 805 If. S. Rufus 4.
— 99 —
iin Kriege erobert und in seinem ganzen Umfange ager publicus
geworden ; es zahlte von allem Lande den Zehnten und ausser-
dem ein Stipendium ^) ; in Zeiten grösseren Bedarfs wurde ein
zweiter Zehnte, indessen dieser gegen eine Entschädigung aus
der Staatscasse, aufgelegt 2), so dass Sardinien unter die tria fru-
menturia subsidia reipublicne gerechnet werden konnte 3) . Zu Ci-
ceros Zeit gab es in der Provinz keine Stadt mit besonderen
Vorrechten 4J j sondern die Communen wurden, wie die campa-
nischen, durch praefecti verwaltet^), die in Sardinien der Pro-
praetor ernannt haben wird. Dagegen hatte Corsica unter seinen
32 Städten ^) zwei Militärcolonien , Mariana, eine Colonie des
Marius, und Aleria, eine Colonie des Sulla''), und später erhielt
auch Sardinien einige Ansiedelungen , die Stadt ad turrim Liby-
S(mis^)y vielleicht unter Augustus -'), Uselis^^) und Cornus ^i). Ga-
rales wird als municipium aufgeführt ^^J .
III -V. Die spanischen Provinzen.
Der Krieg, in welchem die Völker Spaniens einzeln utid Einriciitung.
nacheinander von den Römern unterworfen wurden, hat zwei-
hundert Jahre gedauert i^), nämlich vom Anfange des zweiten
punischen Krieges 536=2i8 bis zur definitiven Besiegung der
1) Cic. pr. Balbo 18, 41: quod si Afris, si Sardis , si Hispanis , agris sti-
pendioque multatis, virtute adipisci licet civitatem , Gaditanis autem — idem non
licebit, non foedus sibi nobiscum sed iniquissimas leyes impositas a nobis esse ar-
bitrabuntur. Liv. 23, 32, 9: (^Sardos) gravi tributo et conlatione iniqua fintmenti
preasos^ vgl. 41, 6.
2) Liv. 36, 2, 13: idem L. Oppio de alteris decumis exiyendis in Sardinid
imperatum. 37, 2, 12; 37, 50, 10; 42, 31, 8.
3) Cic. de imp. Pomp. 12, 34. Val. Max. 7, 6, 1. Varro der. r. 2, 1. Hu-
demaiin a. a. 0. S. 630 Aiim. Gothofr. ad C. Th. 9, 40, 3 ; 14, 17, 5.
4) Cic. pr. Scauro 2, 44: quae e<t cnim praeter Sardiniam provincia, qwie
nuUam habeat amicam populo Romano ac liberani civitatem ?
f)) Üie» lääst sich scbliessen aus einer dur Zeit der liepublik aiigehöri-
geii iMsrlirift: TERMIN VS CIDD/LITANORVM PRAEFecturae N(ymphaei?)
PORTVs, über welche s. Bormann Hallett. 1869 p. 182 ff.
6) Plin. N. H. 3 % 80.
7) Plin. 1. l. Henec. eoru. ad Helv. 7, 9. Soiin. 3, 3. Meia 2, 7, 19. Zumpt
Comm. epiyr. I, 228. 255.
8) IMin. N. //. 3 S 85.
9) Zumpt a. a. O. p. 364.
10) I'tol.MM. 3, 3, 2. Hie heUnt Colonia lulin Augusta UselUt. Henzen 6413.
11) Zumi.t a. a. O. p. 410.
12l Ks hcÄnnt oppidum nivium KonuiMfrum. Plin. N. H. 3 S ^•'^•
13) Strabo 3 p. 158, vgl. I.iv. 28, 12; l'i. Velleiu* 2, 38, 4.
7*
— 100 —
Canlabrer 735 = 19^). Nachdem die Carthager unter Hamilcar
seil 517=237 in Spanien festen Fuss gefasst hatten 2), schlössen
526 = 228 die Römer mit ihnen den Vertrag, dass der Ebro die
Grenze des carthagischen Gebietes sein -^j und Sagunt, welches
schon um diese Zeit mit Rom verbündet war 4), neutral bleiben
sollte. Sie selbst hatten damals noch keinen Besitz in Spanien 5).
Der Bruch dieses Vertrages durch die Eroberung von Sagunt
(535 = 219) hatte zur Folge, dass die Römer 536=218 den
Krieg in Spanien begannen^) und, nachdem P. Cornelius Scipio,
der 543 = 211 die Führung desselben erhielt'), im folgenden
Jahre Neucarthago erobert hatte ^), die Carthager 548 = 206 zur
gänzlichen Räumung Spaniens nöthigten '•^). Von dieser Zeit an
schritt man zur Unterwerfung der einheimischen Völkerschaften *ö).
Der Verlauf dieser Unterwerfung ist im Allgemeinen bekannt,
während über die Ausdehnung des römischen Gebietes in den
verschiedenen Perioden des Krieges es an jeder speciellen Nach-
richt fehlt. Die Entstehung der Provinz setzt Appian schon in
das Jahr 548 = 206 ii), in welchem Scipio nach Rom zurückging 12);
aber obwohl es richtig ist, dass die Römer ihre Eroberung be-
haupteten und zu diesem Zwecke jährlich zwei ausserordentlich
gewählten Proconsuln das Commando in Spanien übertrugen i^)^
1) In den Jahren 26 und 25 v. Chr. war Augustus selbst des Krieges wegen
in der Provinz, Sueton. Oct. 26. 81. Dio Cass. 53, 22. 25, im J. 19 v. Chr.
beendigte Agrippa den Krieg. Dio Cass. 54, 11 ; vgl. Strabo 3 p. 156. Mon.
Anc. 5, 10—12. Tac. Ann. 4, 4.
2) Polyb. 2, 1. Liv. 22, 2, 1.
3) Polyb. 2, 13.
4) Polyb. 3, 30.
5) Liv. 34, 13, 7: patres nostri, cum in Hispania Carthaginiensium et im-
peratores et exercitus essent, ipsi nulLum in ea militem haberent, tarnen addere hoc
in foedere voluerunt, ut imperii sui Hiherus fluvius esset finis. 21, 2, 7. Appian.
Bisp. 7.
6) Polyb. 3, 76. Liv. 21, 22. 60. 61.
7) Liv. 26, 18.
8) Polyb. 10, 8-20. Liv. 26, 41-51.
9) Polyb. 11, 24a. Liv. 28, 16.
10) Polyb. 11, 31
11) Appian. Hisp. 38: axpaxTjYoij? os 'Ißirjpias dxTjciou; ii xd t%vr] xd eiXruxixhja
ETtefATTOv, drco xcOSs dp^d}j.£voi, [xixpov rrpo" x-rj? xexdpxYji; -/ai xeoaapaxoaTTJ; -/ai
e-/.axoox'^? 6'K'jinzidhoc, (diese beginnt 204), dppLosxd? ri imaxdTac, auxoT? Tf^i
e[p'/)V7]c dao(j.^vou<;. Kai atixoT? 6 ExtTiitov öXiyitjv axpaxidv, ox; iizl eipTjviß, xctxa-
XiTiojv — ii 'Pobainv — otsTiXei.
12) Liv. 28, 38.
13) Die Nachfolger des Scipio waren die Proconsuln L. Lentulus und
L. Manlius Acidinus (Liv. 28, 38, 1 ; 29, 13, 7), von denen der erste, welcher
erst 200 nach Rom zurückkehrte, nicht triumphiren konnte, veeil er weder cor? ^wf
noch praetor gewesen war. Liv. 31, 20.
— 101 —
so wird man doch die Oreanisation der beiden Provinzen Hispania nispama
^ citerior ViVidi
citerior und uUerior^) erst 557=197 setzen müssen, von welchem viterior.
Jahre an zwei ständige Prätoren 2)^ gewöhnlich ebenfalls mit pro-
consularischer Gewalt-^) und mit 12 fasces^) , für dieselben ge-
wählt wurden. Die Grenze beider Provinzen bildete seit dem J.
557 = 1 97 5) der snltus Castuloiiensü '') , so dass Neucarthago, zur
Zeit der Punier die erste Stadt in ganz Spanien , Hauptstadt der
diesseitigen, Corduba Hauptstadt der jenseitigen Provinz wurde').
Eine Vereinigung beider Provinzen fand vorübergehend im zweiten
macedonischen Kriege statt; seit 587 = 167 sind wieder zwei Pro-
vinzen vorhanden 8). Eine weitere Theiluns von Hispania ulterior spanion in
' ^ ' dreiProvin-
in zwei Provinzen, Baetica und Lusitania, welche sich schon dem ze« geti»eiit.
Pompeius im spanischen Kriege des J. 705 = 49 empfohlen zu
haben scheint^), kam zur Ausführung im Beginne der Kaiserzeit,
nach gewöhnlicher Annahme im J. 727 = 27. Diese Annahme
beruht nicht allein auf einer unsicheren Aeusserung Appians lo)
1) Strabo 3 p. 166 : 'P(o[j.aioi 0£ t-^jv auiArotoocv xaXeoavxe? a'jvwvjfAu)!;
'IßTjpiav TS -/.at 'loraviav xo fxev aÜTfj? [j-spo? eiTiov tyjv dxxo?, xo oe Ixepov xrjv
ivxo? • a>.Xoxe o' aXXuj; oiatpoOai Tipö? xou; xaipou? TroXtxe-jOfxevot. Hispania ulte-
rior erwähnt Varro de r. r. 1, 10, 1. Cic. pr. Fonteio 20, 45; duae Hispaniae
Cic. pr. Fonteio 7, 16; de imp. Pomp. 12, 35.
2) Liv. 32, 27, 6: sex praetores illo anno primum creati crescentibus iam
provinciis et latius patescente imperio. Ib. c. 28, 2: Hispanias Sempronius citerio-
rem, Htlvius ulteriorem est sortitus.
3] Liv. 37, 46, 7; 39, 29,4; 40, 39.
4) Plutarch. Aemil. Paul. 4: iid xoüxov (xov is 'IßTjpia TroXefxov) 6 AifAiXio;
d$6rc(JLcpO"r] oxpaxTjYo; (er war 190 — 189 propraetor Hispaniae ulterioris Liv, 36,
2, 8; öl, 57, 5), o'jy £$ e/ojv 7:eXey.et;, oooü; eyouoiv ol oxpaxTjYoüvxec , aXXd
<tpo;Xajiltuv iripo'Ji xosouxo'ji;, &<jxe xt]; ap/"^; ÜTiaxixov •^esi's^ai x6 ä^itujjia.
5 j Liv. 32, 28, 11: et terminare iussi (^praetores), qua ulterior citeriorve pro-
vincia servaretur.
6) Ilübner im Hermes 1, 106, Weissenborn zu Liv. 32, 28, 11.
7) HiJbner a. a. 0. S. 106—109 und über Neucarthago Strabo 3 p. 158.
Hübner C. I. L. II p, 462.
8) Liv. 44, 17, 10; 45, 16, 1 : Q. Aelio M. Junio consulibus (167) de pro-
vinciis referentibus cenauere patres, duas provincias Hispaniam rursus fieri, quae
una per bellum Macedonicum fuerat.
9} Caesar B. C. 1 , 38 : Afranius et Petreius et Varro , leyati Pompeii , quo-
rum tmus tribus legionibus Hispaniam citeriorem , alter a salin Castulonensi ad
Anam (dies ist die nachherigc I'roviiiA Hac^tica) duabus legionibus, tertius ab Ana
Veltonum ayrum Lusitaniamque pari numero tegionum obtinebat, officia inter ae
parliuntnr.
lOl Applan. Jiisp. 102: xat ä^ dxelvou (dem Augustus) |Aot ooxouoi 'Po)|A'xrot
T^,v 'Ij^Tipiotv , ?^v r»Y, vOv 'laravlav xaXoyotv, ii xpla oiotipeiv xal oxpaTTjYou;
iri7:£(/7:etv , £xtjOio'j; jacv i; xa h'jo i\ [io'jXVj , x6v hk xplxov ßaotXeu; i^> Soov
^oxtixdoeiev. Kr Hprirht also nur eine Vermuthung aus und ist insofern ebenfalls
»chhicht unterrichtet, aU er Lusltanien für eine Öenataprovinz hält.
— 102 —
und dem sputen Zeugniss des Dio Gnssius^), sondern r»uch aut
Strabos Aussage, welcher, unmittelbar nach Augustus Tode
schreibend 2) , die Theilung nicht als eine so eben eingetretene,
sondern als seit 27 bestehend deutlich bezeichnet^). Wenn daher
Augustus selbst im Monumentum Ancyranum V, 35. 3G von seinen
Colonieanlagen in idraque Ilispania redet, so möchte ich diesen
Ausdruck nicht sofort als einen Beweis dafür betrachten, dass
- Lusitaniens Einrichtung erst dem Tiberius zuzuschreiben sei*),
sondern vielmehr von dem kaiserlichen und dem senatoiischen
Spanien verstehn^). Unter Tiberius kommt ein legatus Ti. Caesaris
Aug. provinciae Lusitaniae vor^) und seit dieser Zeit ist immer
von drei spanischen Provinzen die Rede-^). Es sind dies:
'«Tust?" ''• Hispania citerior oder Tarraconeiisis , begrenzt
gegen die beiden andern Provinzen durch den Durius ^) , den
saltus Castiilonensis und die Stadt Urci am mittelländischen Meere'-*),
kaiserliche Provinz unter einem consularischen legatus Augusti pro
praetore^^], durch dessen Residenz nunmehr Tarraco Hauptstadt
1) Dio Cass. 53, 12.
2) Strabo schrieb das 6te Buch zwischen 14—19 u. Chr. (Strabo 7 p. 288),
das 4te Buch im J. 18 (4 p. 206. Clinton. Fasti Hellen, from the CXXIV Olym-
piad to the death of Augustus ad a. 14). Wenn also Tiberius die Provinzen
getheilt hätte, so wäre dies eine ganz neue Einrichtung gewesen , die wolil eine
besondre Andeutung verdient hätte.
3) Strabo 3 p. 166: vjvi oe twv dTrap/töiv töjv (j,£v a.Tiooziy^ei'söi^ t(Ü orj[j,(i)
TS vcal T^fj <3DYA\i\xvi Tüjv oe ti|) ir)Y£|^.6vt xöiv ^Pu)(jLai(ov (d. h. jetzt , nach der
Theilung der Provinzen im J. 27) -^j (xev Battty.-?! TTpooxstTai xtj) STj(Ji.t{i , xal
7:£{xTC£Tai OTpotxirj'YÖ; d-Ti' auTTj^ eyojv Tafxtocv xe xal 7rp£oߣux'rjv " — i] he XontY]
Kaioapo? ^axi " Tt£(Ji.7rovxai 5' ut:' aüxoD o6o rcp£aߣ'jxai, oxpaxYjYixos xe %a\ biza-
Ti'Aoc , 6 [X£v axpax-rjYtxoi; £yu>v auv auxijj TTp£oߣi>xT]v , Bt-/Cato5oxTja«jv AuoixavoiQ
ToXc, 7iapax£i[j,£vot5 xifj Botixt"/C-;{j • — xaXoucJi ^(äp oSxoi xtjv ytopav xauxTjV ioiiai
£v x(|) Tiapovxt . . . (Lusitania ist also ein neuer Name) — 'f] he Xoitcyj (auxir]
, o' daxiv ■(] TiXsiaxT] xfj; Tßrjpiai;) utto xco UTraxi-xco tjY£(j.övt axpaxta^ x£ eyovxt
d^ioXoYOV xpiöiv TCO'j xaYfAdcxcuv xai 7ip£oߣuxd^ xp£t?, uiv 6 [).h ouo £'/(ov xaYfAOtxa
7tapacppoup£i XTjV TiEpav xou Aoupiou Träaav ^tiI xd? dpxxou;, -/^v ot [xe^J rpoxEpov
Auotxavoui; eke^o^i, oi 0£ vüv KaXXa'i-itou; xaXoOoi • — x-qv o' d^-ric irapopEiov [J-r/pt
IlupiQVir]? 6 5£ux£po? xöiv TTpeaßfiuxöjv (j.£xd xoü exdpou" xdY[J.axoi; ixioxor^eX. o oe
xpixos x-ip |x£a6Yatav.
4) Mommsen J?es g. d. Aug. p. 83.
5) Was Mommsen zu Henzen n. 6928 vermuthetc, dass die getheilte Provinz
Baetica vetus und Baetica nova genannt worden sei , hat sich nicht bestätigt.
S. C. /. L. II n. 1970.
6) Orelli 3128 = Mommsen /. R. N. 4234. Mommsen R. g. d. Aug. p. 83.
7) Mela 2, 6, 3. Plin. N. H. 3 § 6. . Solin. 23, 2 p. 116. Mommsen Ma-
rini Atti p. 785^.
8) Ptolemaeus 2, 6, 1.
9) Plin. N. H. 3 S 6. -
10) Oefters in Inschriften. Orelli-Henzen 798. 1045. 6495. Tac. Ann. 4, 45.
Galba war 8 Jahre leg. Aug. pr. pr. pr. Tarraconenais. Suet. Galb. 9.
— 103 —
wurde 1). Die Provinz bestand aus vier Districten, drei des Fest-
landes und einem der balearischen Inseln. Die erstem wurden
von drei Legaten des Statthalters verwaltet, von denen einer das
Land nördlich vom Durius mit zwei Legionen , der zweite die
übrige Nordküsle mit einer Legion besetzt hielt, der dritte das
bereits romanisirte Binnenland ohne Truppenmacht administrirte^),
während die Inseln von einem praefectus pro legato regiert wer-
den 3). Aus allen vier Districten sind später selbständige Provin-
zen gemacht worden. Der erste, in welchem schon in dem Be-
ginne der Kaiserzeil ein praefectus Gallaeciae^) , ein praefectus
Asturiae •'>) und verschiedene procuratores Asturiae et Gallaeciae
oder procuratores Hispaniae citerioris per Asturicam et Gallaeciam
vorkommen ^) und welcher seit Antoninus Pius vorübergehend von
Tarraconensis getrennt durch einen legatus Augusti iuridicus Astu-
riae et Gallaeciae verwaltet'), dann aber vielleicht wieder mit der
larraconensischen Provinz verbunden wurde ^), ist seit 216 oder
217 n. Chr. besondre Provinz mit dem Namen provincia Hispania
nova citerior oder Astur ia et Gallaecia und hat einen prätorischen
kaiserlichen Legaten ^) ; aus den drei andern Bezirken sind unter
1) Strabo 3 p. 159. 167. Mela 2, 6, 5. Hübiier im Hermes 1, 109 und
C. I. L. II p. 538.
2) Einen dieser Legaten erwähnt die Inschr. Henzen 5449.
3) Ein praefectus pro legnto insularum Ballarum, Orelli 732. Verschieden
davon ist der praefectus orae maritimae, welcher in Tarraco stand. S. Hübner im
Hermes I, 123. Henzen 6942. C. I. L. II n. 4138. 4224. 42G4. 4266. 4217. 4239.
4) C. /. L. II n. 3271.
5) ('. I. L. U n. 4616 = Henzen 6937.
6) Ein proc. imp. Nervae Traian(i) L'aes. — provinc. Astur. et Uallaec. Henzen
5212; Q. Petronius Modestus proc. provinc. Hispaniae citer. Asturiae et Callae-
riarum Grut. 193, 3, besser Furlanetto her. Patavine n. 87 =C'. /. 7y. V, 1, 534,
ebenfalls unter Traian ; Bassaeus Kufus — — proc. Asturiae et Gallaeciae unter
den Antoninen, Orelli 3574; 0. lunius Flavianus — proc. Hispaniae citerioris per
Asturicam et Gallaeciam aus derselben Zeit, Orelli 3331. Aul" den einheimischen
Inschriften kommt ein proc. Asturiae et Gallaeciae nur einmal vor C. J. L. II,
2643, sonst heisst er procurator ohne Zusatz.
7) Von diesen sind bekannt L. Novius Crispinus — Saturninus — ley. Aug.
iuridicus Astyriae et Gallaeciae vor 146, Henzen p. 511 n. 742Üa; Sex. Pedius
llirrutus — ley. Auy. iurid. {Asturiae) et Gallaec[iae') Henzen 6489; L. Kauius
Optatus, welcher (irut. 4ü3, 4 leyatus Auy. et iuridicus Astyriae et Galaeciae, in
einer andern Inschr. iiorghesi Oeuvres 4, 133 ley. Auy. iuridicus Astur{^iae et
>j<il)leciae heisst. In diese Zeit scheint auch Q. Mamil. Capitolinus, ley. Auy. per
Asturiam et Gallaeciam, dux ley. VII G. P. F. bei Murat. 716, 5 «= r. / /
II n. 2634 zu gehören, ^»iowohl er sich nicht iuridicus nennt.
8) Dies schliesst wenigstens Zumpt St. Born. p. 149 aus der Inschr. Orelli
798 = C. /, L. II, 4114, in welcher Tib. Claudius Candidus unter Septimiu»
Soverus (s. Henzen Juscr. p. 78 und Rhein. Jahrb. XII (1848) 8. 5 ff.) ley. Auyg.
pr. pr. provinciae Ilisp. Citerioris heisst.
9j In der Inschr. Henzen 6914 = C. 1. L. II n. 2661 aus Caracallas Uc-
— 104 —
Diocletian die Provinzen Tarraconensis und Carthai^iiii(Misis und
zwischen 3ü9 und 386 die Provinz der insidae Baleares ent-
standen 1).
Gemeinden. Nach den untcr Augustus gemachten Aufnahmen 2) gab es
in der ganzen tarraconensischen Provinz, ungerechnet die Inseln,
293 selbständige civitales ^ nämlich 179 städtische Gemeinden
{oppidu) , unter denen 1 2 coloniae 3) , 13 oppida civium Romano-
gierung (n. Chr. 216 oder 217) heisst C. lulius Cerealis cos. leg. Aug. pr. pr.
pr{ovinciae) H[i$paniae) I\{ovae) C(iterioris) Antoninianae , post division^ern) pro-
vinc. primus ab eo m(issus). Zu seinen Nachfolgern scheinen zu rechnen:
L. Coelius Festus leg. imp. Antonini Aug. (des Caracalla) Asturiae et Callaeciae,
Oielli 77 = Borghesi Oeuvres lY, 128; der leg. AVG. FROVINCIAKum ASturiae
et gALLElCAE Mariiii Atti p. 341 ; L. Albinius Saturninus leg. Aug. Asturicae
et Gallaec[iae} Mommseu /. B. N. 4033. Auch der Triarius Ma(^gnus?) leg. iur. in
der Inschr. von Braga lallt der Schrift nach frühestens in die Zeit des Caracalla.
Hübner Berl. xM. B. 1861 S. 791 = C. I. L. II n. 2415. Von diesen Verände-
rungen handeln Borghesi Oeuvres 8, 324 ff. ; Zumpt Stud. Rom. p. 144 ff.; Kuhn
Verf. d. Rom. Reichs II, 182. Uebrigens kommen auch in Terraconensis iuri-
dici vor , nämlich T. lulius Maximus iuridicus Hisp. citerior, Tarraconens. aus
M. Aurels Zeit, Henzen 6490 ; M. Caecilius Novatillianus iurid. Hisp. cit. aus
Gordians Zeit, Mommsen J. B. N. 1420 und C. I. L. II n. 4113; AUius Maximus
leg. iur. prov. Hisp. Tarraconens. im J. 280 n. Chr. Mur. 250, 2 = Hübner Berl.
M. B. 1860 S. 430. C. I. L. II n. 3738.
1) Mommsen A. d. Berl. Acad. 1862 S. 514. Not. Dign. Occ. c. XX,
Boecking II p. 466 ff.
2) Dieser Quelle folgt Plinius (S. Zumpt Comm. ep. I p. 197 ff.), welcher
über die tarraconensische Pro\inz N. H. 3 §18 — 30. 76 — 79; 4 §110—112
handelt. Die Resultate, welche sich aus seinem Bericht ergeben, findet man auf
Grund eines zum erstenmal kritisch gesicherten Textes zusammengestellt von
Detlefsen Die Geographie der tarraconensischen Provinz bei Plinius im Philolo-
gus Bd. XXXII S.' 600 ff. Ein wesentliches Ergebniss dieser Untersuchung ist
die Feststellung des summarischen Berichtes 3 § 18 , welcher so zu lesen ist :
nunc universu provincia dividitur in conventus septem, Carthaginiensem Tarraco-
nensem Caesar augustanum Cluniensem Aslurum Lucensem Bracarum. accedunt
insulae, quarum mentione seposita civitates provincia ipsa praeter contributas aliis
CCXCIII continet , oppida CLXXVIUl , in iis colonias XII, oppida civium Bo-
manorum XIII , Latinorum veter um X VIII , foederatorum unum , stipendiaria
CXXXV.
3) Es sind dies: 5 Colonien Cäsars : 1. Cartnago nova oder colonia Victrix
lulia Nova Carthago ; 2. Valentia {C. I. L. II p. 501); 3. Tarraco, oder COL.
I. V. T. TABBAC, nach Hübner im Hermes I, 96 ff. C. I. L. II p. 538 zu
lesen Colonia lulia Victrix Triumphalis Tarraco ; 4. Celsa qder Colonia lulia
Victrix Celsa; 5. Acci, Colonia lulia Gemella Accitana, über welche s. Zumpt
Comm. epigr. I, 311 ff. Hübner C. I. L. II p. 458. Ferner 6 des Augustus:
6, Ilici; 7. Barcino; 8. Caesaraugusta; 9. Libisosa; 10. Salaria ( C. /. L. II
p. 448); 11. nach Zumpts Vermuthung Clunia (s. Zumpt Comm. epigr. I, 366 f.),
welches aber erst unter Hadrian (C. /. L. II n. 2780) colonia genannt wird
(Hübner C. /. L. II p. 383); nach Hübners Annahme (C. /. L. II p. 535) Der-
tosa , welche Stadt Plinius 3, 23 als {oppidum~) civium Bomanorum bezeichnet ;
nach Detlefsen p. 616 Belblis oder Bilbilis ; vgl. Plin. N. H. 3 § 24 : Caesar-
augusta colonia immunis — — recipit populos L V , ex his civium Bomanorum
Belblitanos, Celsenses ex cdonia, welche Stelle Detlefsen so versteht , dass, weil
der von Plinius beobachteten Rangfolge nach Municipien nicht vor den Colonien
1
I :
I
— 105 —
luni^j, 18 oppida mit im: Latir^), 1 urbs foederata'^^), 135 civi-
tates stipendiariae waren, und H4 ländliche Gemeinden, welche
keine Stadt hatten. Alle diese waren unter sieben Gerichtsspren-
gel (conventus) verlheilt^J, deren Hauptorte Garlhago nova, Tar-
raco, Caesaraugusta, Glunia und für Asturien Lucus Augusti (t'o?j-
ventus Lucensis)j Bracara Augusta und Asturica Augusta waren ^j.
2. H ispania ulterior, nach der Abtrennung von Lusita- Daetica.
nien auch Baelica^) genannt, erstreckte sich von Urci bis zum
Anas, und wurde als senatorische Provinz') von einem proprae-
lor^) mit dem Titel proconsul^) verwaltet, der einen legatus und
einen quaestor unter sich hatte i^) und in Corduba residirte i^).
Nui" vorübergehend während des Krieges mit den Mauren unter
M. Aurel scheint der Kaiser selbst die Provinz übernommen zu
haben 12), Dieselbe zerfiel in 4 conventus, Gades , Corduba,
Astici und Hispal, und enthielt \ 75 Städte ^'^) , darunter 9 colo-
aufgeführt werden, der Zusatz ex colonia auf beide Städte, Belblis und Celsa zu
beziehn ist. Die 12te , Flaviobriga , bezeichnet Plin. N. II. 4 § liO als eine
Coloiiie seiner Zeit : Amanum portus, ubi nunc Flaviobriga colonia.
1) Von diesen 13 nennt Plinius 11, nämlich Sagüntum (3 § 20), Baelulo,
Iluro, Blandae, Empor iae (§ 22), Dertosani, Bisgargitnni (§ 23), Calagurritani,
Ilerdenses, Oscenses, Turriasonenses (§ 24).
2) Namentlich nennt Plinius hievon 16 in g 20. 23. 24. 2ü.
3) foederati Tarracenses Plin. iV. //. 3 § 24.
4) Plin. iV. //. 3 § 18.
5) Ueber die conventus, deren Namen Plinius anführt, s. Ilübner im Hermes
1, 111 ff. und im C. I. L. II; über den Ort Lucus Augusti ausserdem Boecking
A. J) 11, 1035 f. TJspana sagrada Vol. XL p. 1—49.
6) Plin. A'. //. 3 § 0: ulterior appellata eadem Baetica. — Ulterior in duas
per longitudinern provincias dividitur, siquidem Baeticae latere septentrionali
praelenditur Lusitania amne Ann discreta. Den alten Namen hat Tac. Ann. 4, 13:
Vibius Serenus, proconaul ulterioris Ilisponiae; beide Namen hat die Provinz Orelli
0040: proc. Aug. provinciae ulterioris Nispaniae Baeticae. Bei Liv. 28, 2, 15 ist
in Baetica jedenfalls an falscher Stelle. Mommsen R. g. d. A. p. 83 streicht es
gänzlich, da für diese Zeit der Name ganz unerhört ist.
7) Strabo 3 p. 166. Dio Cass. 53, 12.
8) Strabo a. a. 0. : xal rAixr.t-vxi CTOotxYjYo; Itz auTT]v.
9) Beispiele sind: unter Tiberius Tac. Ann. 4, 13; unter Traian Plin. ep.
3, 4, 2; 6, 29, 8; 7, 16, 3; 7, 33, 4. Orelli 3570. Henzen 0497; unter Hadrian
Orelli 2759. 3306; unter Antoninus Pius Digest. 1, 6, 2; unter Septimius Se-
verus C. I. L 2073; aus unbestimmter Zeit Orelli 3670. Henzen 6461.
10) Strabo 3 p. 166 : ^/tov Tct(j.(av te xal ^peoßeur/jv. Beispiele von Lega-
ten: Orelli 3179. 3306. .Marini AIÜ p. 71)3. (\ I. L. II n. 4967, 1 ; von Quä-
»loron: Tac. Iliü. 1, 53. Henzen 5199. 5494.
11) Hübner Berl. Monatsbcr. 1861 S. 51; C. /. L. W p. 306.
12) S. oben Sardinien. Zumpt 8tud. Rom. p. 144 IT. Hübner Berl. M. B.
1860 H. 614. 1861 S. 9*2,
13) Plin. N. n. 3 S 7 ff. und dazu Detlefson Die Oeographie der
I»rovlnz Baetica bei Plinius Im Philologus Bd. XXX S. 265— 310. Strabo
i 1». 141 hat von 200 Städten gehört; Ptoleraaeus 2, 4 zahlt 92 Städte auf.
— 1 OH -
niete ^), 10 tnunicipin, 27 civitates iuria Latdii, 6 liberae , 3 foe-
deicUae, I ijJO ulipemUuriae.
Lusitania. 3. LusHania, vom Anas bis zum Diirius, kaiserliche Pro-
vinz unter einem prätorischen legntus Augiisii^^) , der unter sich
einen legatuS'^) und einen procurator ^) hatte, war in drei co7i~
ventiis getheilt, nämlich Ementa, Pax Itilia und Scallabis^), und
enthielt zu Augustus Zeit 5 Colonien , nämlich Aicgusta Emerita,
Metellinensis , Pax htliu, Norba colonia CaeaarinUj ScaUabis, ein
munictpium civiiim Romanoriim , 3 civitates mit ins Latii und 36
civitates stipendiariue^). Hauptstadt der Provinz war Emerita^)
(Merida) .
fmrs'a Sowohl Baetica ^) als der angrenzende Theil von Tarraconen-
niens. gjs 9) warcH bcrcits zu Strabos Zeit in Sitte und Sprache völlig
1) Es sind dies 1) Hispalis oder Julia Eomula^ 2) Ituci oder Virlus Julia,
3) Ucubi oder Ciaritas Julia, 4) Corduba oder colonia Patricia, 5) IJasta Regia,
6) Astigi , colonia Augusta Firma , 7) Tucci , Augusta Gemella , 8) Vrso oder
Genua ürbanorum (s. Plin. N. H. 3 § 11. 12. Zumpt Comm. ep. I, 311 ff.; 365 f.
llübner C. J. L. II p. 152. 213. 210. 306. 175. 201. 221. 191). Die 9te ist bei
Plinius 3 § 11 Asido , quae Caesarina, welches in Inschriften nicht als Colonie
erscheint (C. /. L. II n. 1315 Municipes Caesarini. n. 1305 POFVLVS Municipii
Caesarini). Hübner will daher bei Plinius lesen colonia (statt coloniae) Asta, quae
Regia dicitur, et in mediterraneo Asido, quae Caesarina, und betrachtet als 9te
Colonie Carteia (s. C. J. L. II p. 152. 242), von welcher wir indessen nur wis-
sen , dass sie als latinische Colonie im J. 171 v. Chr. angelegt war. Liv. 43, 3,
wozu Detlefsen S. 271 als 9te Colonie Munda rechnet.
2) Strabo 3 p. 166. Borghesi Ballett. 1856 p. 85. Ein leg. Ti. Caesaris Aug.
prov. J.usit. Orelli 3128 = Mommsen J. R. N. 4234, vgl. Orelli 25. 3665, ein
leg. Aug. propr. prov. Lusitan. unter Hadrian Orelli 2759. 3306; unter Alexan-
der Severus, Marini Atti p. 793 = Grut. p. 381, 1; ein TTpeaSeurrj? xal dvTiatpa-
TTfioi AuTOxpaTopoc Kataapoi; Tpa'iavoO 'Aopiavoü ^eßaaToü ^Tiotp-yeias Ao'joixa-
viai C. J. Gr. 2638. Vgl. C. J. L. II n. 258. 259. Dass der Kaiser Traianus
Decius vor seiner Thronbesteigung etwa 238 Legat von Lusitania war (Borghesi
Oeuvres 4, 289), ist nicht sicher.
3) Strabo 3 p. 166.
4) Er heisst procurator prov. Jjusitaniae C. I. L. II n. 1120. Orelli 485.
Henzen 6767; unter Nero s. Borghesi Oeuvr. 3 p. 307 oder proc. Augusti C. I. L.
II n. 2015; nach Septimius Severus proc. provinciae Jjusitaniae et Vettoniae
C. J. L. II n. 484 (= Orelli 3664), n. 1178. 1267, so wie in dieser Zeit auch
ein tabidarius Lusitaniae et Vettoniae C. J. L. II n. 485 vorkommt. Vettonia
ist derjenige Theil Lusitaniens , der von der heutigen Grenze Portugals östlich
liegt. S. die Karte im C. J. L. II. Ein subprocurator provinc. Jjusitaniae nach
Borghesi's Lesung Borghesi Oeuvr. 5, 275.
5) Plin. N. H. i % 117.
6) Plin. a. a. 0. Zumpt Comm. ep. I p. 369. C. J. L. II p. 52. 72. 8.
81. 35.
7) Hübner C. J. L. II p. 52.
8) Strabo 3 p. 151 : ol [Aevxot ToupÖYjTavot xoX fxcxXiaxa ot Trepl tov Baixiv
TeXeio«; eig xöv 'Ptofxaiojv (ji,£TciߣßXTjVTai xpoTiov ouSe xfj? oiaXeTCxou xf)? ocpexepac
£xi (jLefxv7][j.£vot. Vgl. Ukert Geogr. d. Gr. u. Rom. II, 1 S. 332.
9) Strabo 3 p. 167: 6 5e xpixov (xwv Tcpetjßeuxoiv STttaxoTtei) xrjv {j-eooYaiav,
— 107 —
löniisch geworden. Die Anlage von Landstrassen i) , um welche
sich namentlich Pompeius, spater die Kaiser verdient machten 2),
die Ansiedelung von Römern im Lande und der Militärdienst im
lömischen Heere zogen auch die übrigen Theile der Halbinsel
immer mehr in den Bereich römischer Cultur, so dass, als Ve-
spasian, welchem bei seiner Erhebung die Provinzen Spaniens
sich sogleich anschlössen^), denselben während seiner Censur im
J. 75 sämmtlich das ins Latii ertheilte^) , die Romanisirung der
Halbinsel als vollendet betrachtet werden konnte. Unter den
Mitteln, welche man anw endete , um einerseits die noch dispara-
len Theile der Provinz zu vereinigen, anderseits dem kaiserlichen
Regiment in denselben eine innere Autorität zu schaffen , ist
namentlich eine Institution zu erwähnen , welche wir bei den
andern Provinzen wiederliiiden werden , nämlich der religiöse
Cult der Stadt Rom und des kaiserlichen Hauses. Schon. zu Leb-
zeiten des Augustus gab es in Tarraco eine ura Augusti^) und
im J. iö n. Chr. gestattete Tiberius der provincia Tarraconensis
einen Tempel des Aueustus zu bauend). Seit dieser Zeit versam- Landtage
. . .der drei
melte sich jährlich einmal in Tarraco ein concilium provinciae rrovinzen.
Tarraconensia ') und in gleicher Art bald darauf in Emerita ein
concilium provinciae Lusitaniae ^) , in Corduba ein concilium pro-
vinciae Baeticae'-^) j d. h. eine Feslgemeinschaft von Abgesandten
ouveyei 6e xa xwv [xo'fdxvy^] -fjoT] Xe^ofAdvcov w; av efp-rjvr/ojv xat et; xö -»^[Jiepov
xai Tov 'IxaXiy.ov xuirov aeraxeitievöjv h xri x-rßevvr/.ri doO-nxt.
1) Polyb. 3, 39. ' '^ ./ n j i
2) Ukert a. a. O. S. 246.
8) Tac. Hist. 3, 53. 70.
4j PI in. A'. //. 3 § 30: universae Hispaniae Vespasianus imperator Augu-
Htus — — Latium tribuit. Daher bezeichnet Plinius 3 § 18 u. ö. diejenigen,
welche schon vorher das iun Ldtii hatten , als Latini veteres. Dass Vespasian
während geiner Censur im J. 75 den Spaniern die Latinität verlieh, ergiebt sich
aus den Jnschr. C. I. L. II n. 1049. 1050, vgl. lÜlO. 1631.
5) Münzen von Tarraco mit viereckigem Altar, aus dem eine Palme hervor-
wichst. Kckhel, 1). N. 1 p. 58. Flore/, Medallas II t. 44. 45, vgl. Qtiintilian. 6,
3, 77 : Au(fii8lus nuntinntihus Tarraconensibus palmam in ara eiua enatam : Ap-
pnret, in'juit, quam mepe (uictndutis.
6) Tac. Ann. 1, 78: ttmpluin ut in colonia TarrnconenM strueretur Augusto^
pelentibuH JUnpanis permiMsum , dalumque in oninen provincinH exemplwn. Dieser
Tempel, der ebenfalls auf Münzen von Tarraco ersclieint, welche auf der H. S.
den sitzenden A,ngustU8 mit der Inschr. y>/;0 AV(fVS'l'() darstellen (Kckhel D. IS.
I p. 57), wird noch später erwähnt bei Spartian v. Iladr. 12; v. Seoeri 3.
7) C. f. L. II n. 4055. 4127. 4230. 4246.
8) Obwohl das concilium nicht besonders erwähnt wird, ergiebt »ich das Vor-
handensein desselben aus dum /lamen divi Augutti provinciae Lusitaniae t\ L L.
II n. 473. 35. 160. 396 u. ö.
9) concilium universae provinciae ßaeticae C. I. L. 11 n. 2221. rf. 2344.
— 108 —
[le(jnU) Jiller selbsliindigen Stiidte jeder Provinz i), welche bei
den Festspielen Ehrenplätze erhielten 2) und zugleich einen Land-
tag der Provinz bildeten, der zuniichst die für die Bestreitung
der Opfer und Spiele erforderlichen Geldbeiträge ausschrieb, diese
Gelder durch eigne Beamte verwaltete^), für den Tempel einen
curator^) und für den Opferdienst einen jährlich wechselnden'»)
Priester [flamen Romae et divorum Angustorum provinciae^')) aus
einer der betheiligten Provincialstädte ^) erwählte, dessen Frau
zugleich als flaminica fungirte ^) ; ausserdem aber bei dem Hei-
ligthume als dem Mittelpunct der Provinz verdienten Männern
Statuen decretirte'J) , Beamte zur Ausführung dieser Beschlüsse
ernannte lo) , Privatpersonen die Errichtung von Monumenten
gestattete ^i) und zuweilen auch im Interesse allgemeiner Be-
Falscl» ist demnach, was Nipperdey zu Tac. A. 1, 78 annimmt, dass für alle drei
spanischen Provinzen in Tarraco ein Tempel gegründet worden sei.
1) Dass die Abgesandten legati hiessen und von ihrer Stadt eine Instruction
{mandatd) erhielten, lehrt in Bezug auf den Landtag in Lugdununi, von welchem
unten die Rede sein wird, die Inschr. von Torigny (Moranisen Ep. An. in Ber.
d. K. sächs. Ges. d. Wiss. phil. hist. Classe. 1852 p. 242). Ilienach scheint mir
die Inschr. C, I. L. 11 n. 4055, welche Hübner nicht gesehn hat, von einer dop-
pelten Legation zu verstehn und so zu lesen : ob leyationes in concilio Provin-
ciae Hisp. Cit. [et] aput Antoninum Aug. prospere gestas.
2) C. I. L. II n. 4280. Dasselbe wissen wir von den Spielen in Lugdunum.
3) Hierüber s. unten bei Galliae.
4) a /. Z. II n. 4202.
5) Dass das Amt jährlich war, lehrt 1) die Inschr. C. I. L. II n. 2221:
— — Fabio flamini divorum Aug. provinc. Baeticae. Haie consummaio
honore ßamoni — — consensu concili universae prov. Baet. decreti sunt honores.
Vgl. n. 2344: hie provinciae Baeticae consensu ßaminis munus est consequutus.
Peracto honore — — — omn(^e^ concil(ium) et consensus (lies ex consensu) sta-
tuam decrevit. 2} der Ausdruck flaminaUs . der nach Analogie von duumviralis^
sacerdotalis den gewesenen flamen bezeichnet. C. I. L. II n. 983 : C. Varinio
Pientiss. viro flaminali provinciae Baeticae annorum LXX. n. 4248: C. Val. Ara-
hino sacerdoti Romae et Aug. P. H. C. statuam inter flaminales viros
positam exornandam univers(J) censuer(^e'). Aus diesen Inschiiiten geht hervor,
dass die Statuen vor dem Tempel den flamines nach ihrem Austritte aus dem
Amt gesetzt wurden, dass die flamines also nicht lebenslänglich waren.
6) Der Titel wechselt: flamen Romae divorum et Augusti (oder Augustorum)
prov. Hisp. citer. (n. 4205. 4222 u. ö.); flamen Romae et Aug. (4224. 4225);
sacerdos Romae et Aug. (4248); flamen divorum et Augustorum (4199. 4217);
flamen Augustalis (4223) oder flamen provinciae (2220 u. oft) S. Hübner C. I. L.
U p. 541.
7) Die in den Inschriften erwähnten flamines prov. Tarraconensis sind aus
39 verschiedenen Städten. S. Hübner a. a. 0. p. 541.
8) C. I. L. II n. 4198. 4233. 4236. 4241. 4242. 4252. Meine von Hübners
Resultaten in einigen Puiicten abweichende Ansicht über den ganzen Gegenstand
habe ich in der Ephemeris epigr. 1872 p. 201 ff. ausführlich begründet.
9) n. 4127. 4192. 4210.
10} n. 4230.
11) n. 4246. 4233. 4269.
1
— 109 —
dürfnisse der Provinz Gesandtschaften an den Kaiser ab-
schickte 1) .
Der Cultus des kaiserlichen Hauses bestand, den Denkmälern
nach zu urtheilen, so lange, als die Provinzen in ihrer Integrität
sich erhielten, d. h. bis ins dritte Jahrhundert, in welchem die
Provinzen selbst verkleinert und einer andern Verwaltung unter-
geben wurden. Die Entstehung der Provinz Cullaecia ist bereits Eintheiiung
erwähnt worden; nach der diocletianischen Einrichtung ^j besteht nach oiocie-
die dioecesis Hispaniarum aus ftinf spanischen Provinzen und einer
africanischen , Muurelania Tingitana; dazu wurde noch zwischen
3G9 und 386 eine siebente Provinz der balearischen Inseln ein-
gerichtet ') , so dass im 5ten Jahrhundert unter dem vicarius
Hispaniarum sieben Provinzen stehn'^), Baetica, Lusitania, Car-
t hagin ie7is IS, Gallaecia, Tarraconensis , Tingitana, insulae Baleares.
Alle diese Provinzen wurden am Ende des dritten Jahihunderts
von praesides verwaltet, die kein Militärcommando haben und zu
der untergeordneten Rangclasse der viri perfeclissimi (entgegen-
gesetzt den viri vlarissimi) gehören ; indessen erhielt Baetica unter
Constantius II (337 — 361) zum Statthalter wieder einen vir cla-
rissimus consularis ^) \ um dieselbe Zeit ebenfalls Lusitania^'),
später, zwischen 383 und 388, Gallaecia'^); die übrigen Provinzen
sind präsidialisch geblieben^).
1) n. 4201. 4055. 4208.
2) S, das Verzeichniss der röm. Provinzen von 297 herausg. v. Momnisen
Abb. d. Herl. Acad. 1862 S. 514.
3j Mommsen a. a. 0. S. 515.
4) Not. I)i(jn. Occid. c. XX und Boecking dazu II p. 464 flf.
5) Praesides Baeticae, viri perfeclissimi kommen vor : im J. 276 CLL. 11
n. 1115. 1116; unter Constantin ib. n. 2204; im J. 337 ib. n. 2205. Cod. Tbeod.
XI, 9, 2. Dagegen unter Constantius II ein consularis C. L L. II n. 2206. Auch
S. liufus, der 369 schrieb, nennt Haetica eine consularische Provinz.
6) S. Rnfus brev. 5. Praesides Lusitaniae sind bekannt aus dem J. 315
C. L L. II n. 481; aus dem J. 336 ib. n. 191, und aus derselben Zeit Orelli
n, 3764 = Cavedoni Marmi Moden, p. 1()3 ff.; ein cor^sularis aus dem J. 390 Orelli
n. 2354.
7) In der Inscbr. C. L L. II n. 4911 aus der Zeit des Maximus (383—388)
häisst es: Antonius Maximinusa nova provincia [G]al\l\u\ecia\ primus consutaris,
\ant\e praeses. Die Krgänzuiig ist .sehr wahrscheinlich, da 369 Uallaecia noch prä-
sidialisch war (Jtulus c. 5), um 400 aber (iVot. JJiyn. 1. 1.) consularisch i^t. Ilif-
nach aber kann der Catullinus vir consularis praeaes prov. CuUaciue ('. I. /.. 11
n. 2635 nicht in das Jahr 315 gesetzt werden.
8) .S. Kufu» hr. 5. Not. Diyn. l. 1. Kin praeses prov. Tarraconensis ist nach-
weisbar aus dem .1. 288 C. L L. 4104, aus dem J. 312 ib. 4105, aus dem J.
316 Cod. Theod. II, 6, 1 und aus etwas späterer Zeit C. L L. II n. 4100.
4108. 4112. 4133. Für diu andern spanischen Provinzen sind Beispiele nicht
vorhanden.
110
\
VI — XIV. Die gallischen Provinzen.
Einrichtung Ungeachtet der vielen und zum Theil sorgffiltigen Unter-
Narbonen- suchungen über die gallischen Provinzen ^) ist die Geschichte
derselben in vieler Beziehung dunkel. Die erste Eroberung in
Gallia Celtica oder Transalpina^^) — denn von dieser allein haben
wir hier zu reden — machte der Consul Q. Opimius, als er 600
= 154 den Massiliern gegen die Ligurer zu Hülfe zog 3). Diese
Kämpfe wurden fortgesetzt in den Jahren 629 und 630 = 125 und
durch M. Fulvius Flaccus^), 123 und 122 durch C. Sextius Cal-
vinus, die Gründer von Aquae Sextiae, welches eine römische
Besatzung erhielt^) ; der doppelte entscheidende Sieg, welchen des
letzteren Nachfolger, Gnaeus Domitius Ahenobarbus, und der ihm
zu Hülfe gesendete Consul Q. Fabius Maximus über die Allobro-
ger und Averner im J. 633 = 121 an dem Einfluss der Is^re in
die Rhone und bei Vindalium in der Nähe von Avignon erfoch-
ten 6), hatte zur Folge die Einrichtung der Provinz ^) , welche von
1) Ueber die ältere Geschichte derselben s. A. Thieiry Histoire des Gaulois
depuis les temps les plus reculis jusqu ii l'entiere sournission de la Gaule sous
V administration romaine , Paris 1828. 8. Derselbe Histoire de la Gaule sous la
domination romaine, Paris 1840. 8. E. Herzog Galliae Narbonensis provinciae
Romanae historia, Lips. 1869. 8. Zumpt Studia Rom., Berol. 1859. 8. Kuhn
Verf. d. R. R. II S. 407 ff. Mommsen R. G. 11^, 166 ff. III4, 211 und beson-
ders E. Desjardins Geographie de la Gaule, Paris 1869. 8.
2) Das von Cäsar eroberte Gallien heisst gewöhnlich Celtica oder Nova (Hen-
zen Inscr. p. 28 ad n. 186), aber Gallia transalpina intus ad Rhenum hat Varro
de r. r. 1, 7, 8.
3) Polyb. 33, o. 7. 8. Liv. ep. 47. Herzog a. a. 0. p. 42.
4) Fasti triumph. ad a. 631 (C. /. L. I p. 460). Liv. ep. 60. Ammian. Marc.
15, 12: hae regiones, praecipue quae confines Jtalicis , paullatim levi sudore sub
imperiutn venere Romanum : prirno tentatae per Fulvium , deinde proeliis parvis
quassatae per Sextium, ad ultimum per Fabium Maximum domitae.
5) Fasti triumph. ad a. 632 (C. /. L. I p. 460). Liv. ep. 61. Cassiodori
Chron. (Abh. d. Sachs. Ges. d. Wiss. YlII p. 618) zum J. 632: his conss.
C. Sextius oppidum aedificavit, in quo Aquae Sextiae, in Gallia. Aquae Sextiae
wild von Livius a. a. 0, irrthümlich Colonie genannt; es war ein casteUum,
cppoupa. Strabo 4 p. 180, Vellei. 1, 15. Herzog a. a. 0. p. 50 f.
6) Fasti triumph. ad a. 634 (C. /. L. I p. 460). Strabo 4 p. 185. 191 und
mehr bei Drumann 3, 226. Herzog p. 46 und über die Zeitbestimmung der
beiden Schlachten Mommsen R. G. II», 166 f.
7) Ein directes Zeugniss über das Jahr der Einrichtung der Provinz ist nicht
vorhanden. Da jedoch Caesar B. G. 1, 45 sagt: bello superatos esse Avernos et
Rutenos ab Q. Fabio Maximo, quibus populus Romanus ignovisset , neque in pro-
vinciam redegisset neque Stipendium imposuisset, so lässt sich aus dieser Erwäh-
nung von Völkerschaften, die nicht zur Provinz gezogen wurden, auf die Ein-
richtung der Provinz selbst schliessen. Zumpt Stud. Rom. p. 25 lässt die Pro-
vinz im J. 100 durch Marius einrichten, gegen welche Annahme sich auch Her-
zog p. 63 erklärt.
— 111 —
der 1 1 8 gegründeten Colonie Narbo Martins i) den Namen Nar-
bonensis erhielt 2) . Dass die Eroberung einer neuen Provinz schon
bei dem Beginne des Krieges beabsichtigt war, liisst sich thoils
aus der Nothwendigkeit einer Landverbindung zwischen Spanien
und Italien, theils aus den Plänen der Gracchischen Parthei, wel-
cher Fulvius Flaccus angehörte, schliessen. Man hoffte hier ein
neues Gebiet für die römische Colonisation zu gewinnen , das
ohne den Widerstand der Gegenparthei ausgebeutet werden
konnte 3) .
Die Grenzen der Provinz bildeten im Osten die Alpen, im
Norden der Lauf der Rhone vom Genfer See"^) bis Vienna, im
Westen die Cevennen^) und der obere Lauf der Garonne, im
Süden die Pyrenäen und das mittelländische Meer, sie sind in der
nächsten Zeit nicht verändert worden, da der Sturz der Gracchen
(las politische Interesse an dieser Erwerbung für eine Zeit lang
beseitigte. Der Krieg mit den Cimbern 645 — 652=109 — 102
stellte sogar das Bestehen der Provinz in Frage, und erst Cäsar
fand es seinen Absichten entsprechend, den Eroberungskrieg in
Gallien aufs Neue zu beginnen ß). Im J. 695 = 59 erhielt er beide
Gallien, das cisalpinische und das narbonensische, dazu Dalmatien
und Istrien"), und in acht Jahren, von 58—51, halte er die
1) Velleius 1, 15, der das Jahr angiebt. Eutrop. 4, 23. Gründer der Colonie
war L. Licinius Crassus. Cic. Brut. 43, IGO.
2) Sie hiess zuerst Gallia Braccata. Meia 2, 5, 1 : fuit aliqunndo Braccata,
nunc ?sarbonensia. Plin. fs. //. 3 ^ 31 : Nurhonensis provincia — Braccata antea
dicta. Im Gegensatze dazu heisst das übrige Gallien Comata. Plin. N.H. A% 105.
3) Mommsen K. G. 115, 1Ü7.
4) Genava (Genf) liegt im Gebiete von Vienna. Caesar. B. G. 1, ü. Momm-
sen Inscr. Confoed. Helvet. p. IL
5) Nach der jetzt bei Cicero pr. Fonteio 9, 19 aufgenommenen, von Momm-
sen in Halms Ausgabe II, 1 p. 477 vertheidigten Lesart gehörte noch Segodu-
num im Gebiet der liiiteni zur Provinz, und lag demnach die Grenze westlich
von den Cevennen. Indessen ist dies unsicher, da Caesar B. U. 1, 45 ausdrück-
lich sagt, dass Q. Fabius Maximus die liuteni nicht in provinciam redegmet,
vgl.. Herzog p. 47.
0) Cic, de prov. cons. 13, 32: beUum GalUcum, patres conscripti, C. Caesare
imperatore geHum est, antea tantummodo repulaum. Semper Utas naliones nosiri
imperatores ref'utandas potius hello quam lacessendas putaverunt. Ipse ille C. Marius
— in/lutntes in Ilaliam GalLorum maximus copias repressit , non ipse ad eorum
urbe» sedesque penetravit. — — C. Caeaaris longe aliani video fuisse rationem :
non enirn sibi solum cum tis, quoa iam annatos contra popuLum liomanum vidt-
bat, bellanduui esse duxit, sed totam Galliam in nostram dicionem esae redigendam.
7) Plut. Pomp. 48: Kotioapi oe tV)v £vt^j; "AXTtetuv xai xi^jv dxri; f/eiv l'a-
W(av rnX MXX'jpio'j;. Der». Caes. 14: r^,v £vt6; "AXrewv xal t-^,v £xto; ' Ar awv
^OrA'fAp I>t*rs. ( nlo min. 33: d'J;T)'.f(oavTO Kaloapi (Jiev 'O.Xuptflav mX laXarla;
ringen.
— 112 —
Eroberung von ganz Gallien vollendet, so dass das Jahr 704 = 50
seitcä«ai als Anfangspunct der nouen Provinzen gellen kann^). Das ganze
lUcWlo- Land, die alte Provinz nnl eini^oschlossen. Hess er bis zum Jahre
710 = 44 ungelheilt verwalten'^), und erst kurz vor seinem Tode
verlieh er das Commando in der Narbonensis dem Lepidus, in
der Belgica dem Hirlius, in dem übrigen Gallien, also der nach-
herigen Aquitania und Lugdunensis dem Munatlus Plancus^). Eine
eigentlich organisatorische Thätigkeit hatte er bis dahin nur i\ev
alten Provinz zuwenden können. In Folge des Widerslandes näm-
lich , welchen ihm im J. 705 = 49 Massilia , die älteste Bundes-
genossin Roms auf gallischem Boden und die durch die Ausdeh-
nung ihres Gebietes mächtigste Commune des Landes, leistete,
hatte er der Stadt zwar ihre Freiheit gelassen'*), aber den grösslen
Theil des Territoriums genommen ^j und als agei^ puhlicus einge-
zogen 6) , so dass damals der ursprüngliche Plan der Gracchen,
das Land zu romanisiren, aufs Neue aufgenommen werden konnte.
In Folge dessen wurde seit dem J. 708 = 40 nicht nur nach
Narbo eine neue Colonie ausgeführt ^j , sondern auch zur Anlage
der Colonien Baclerrae { Beziers), Arelate (Arles), Forum lulii
(Frejus) , Arausio (Orange) geschrillen S) , von welchen die drei
ersten auf dem früheren Gebiete von Massilia gelegen sind, und
gleichzeitig einer grossen Anzahl von Ortschaften laiin isches Recht
dp^^Tjv aTraGT)?. Dio Cass. 38, 8. Appian. B C. 2, 13. Suet. ('aes. 22: et initio
quidem Galliam Cisalpinam, Illyrico adiecto , lege Vatinia accepit, mox per sena-
tum Comatam quoque.
1) Suet. Caes. 25 : omnem Galliam, quae saltu Pyrenaeo Alpibusque et monte
Oebenna, fluminibus Rheno et Rhodano continetur — in provinciae formam re-
degit. Dio Cass. 40, 43. Velleius 2, 39. Eutrop. 6, 17. Rufus brev. 6.
2) So verwaltete im J. 48 und 46 D. Brutus alle transalpinischen Provinzen.
Appian. B. C. 2, 48. 111 und Schweighäuser zu 3, 98. Drumann 3, 568.
3) Drumann 3, 685.
4) Strabo 4 p. 181. Plin. H. N. 3 % 34.
5) Dio Cass. 41, 25: xat 8; (Caesar) dxeivwv tote fxev xd xe oTrXa xai Ta?
Vau? xa T£ yprjfJLaxa dcpetXexo, uaxepov hk %at xot Xoi-a Tiavxct tcXyjv xoü xyj; dXeu-
^spiai; ovofxaxoi;. Florus 2, 13. Orosius 6, 15.
6) Darauf geht wie Mommsen R. G. III*, 537 bemerkt, Cic. de off. 2, 8, 27:
secutiis est (^Sullam), qui in causa impia, victoria etiam. foediore non slngulorum
civium bona publicaret, sed universas provincias regionesque uno calamitatis iure
comprehenderet. Itaque vexatis ac perditis exteris nationibus ad exemplum amissi
imperii portari in triumpho Massiliam vidimus et ex ea urbe trivmphari, sine qua
nunquam nostri imperatores ex transalpinis bellis triumpharunt.
7) Suet. Ti. 4. Zumpt Comm. epigr. 1, 313. Herzog Gall. Narb. p. 81. Sie
heisst spüter Colonia lulia Paterna Claudia Narbo Martius. llenzen 5232. 7253.
8) Zumpt Comm. ep. 1, 315 fT.
— 113 —
verliehen, namentlich Nemausus i) und Cabellio^), ebenfalls auf
dem Gebiet von Massilia , und wahrscheinlich zu derselben Zeit
Antipolis, Avenio, Alba Helviorum , Glanum Livii, Caenicenses,
Anatilia , Forum Voconii, Sexliae^). Die neuerworbenen Land-
schaften waren dagegen bei Beendigung des Krieges weder völlig
unterworfen "*) , noch vollständig besetzt, noch endlich neu orga-
nisirt worden; im J. 708 = 46 empörten sich die Bellovaci in
Belgien^) und in den Jahren 43, 28 und 27 ist noch dreimal
über Gallien triumphirt worden^*). Wie viel noch an der voll-
ständigen Einrichtung der Provinz fehlte, sieht man daraus, dass
bei der neuen Organisation des Reiches im .1. 727 = 27 v. Chr.
Auguslus den ganzen gallischen Ländercomplex mit Einschluss Provinzen
der Narbonensis selbst übernahm , und alle vier Provinzen , in ^e»*-
welche er denselben theilte, zuerst äusserlich fest begrenzte und
innerlich constituirte"). Diese Provinzen waren:
i. Narbonensis, welche, so lanee die Organisation dauerte, ^-^ario
nämlich von 27 — 22 v. Chr., in kaiserlicher Verwaltung blieb,
im J. 22 aber dem Senate übergeben wurde ^) und seitdem, wie
1) Dass Nemausus latinische Colonie war, sagt ausdrücklich Strabo 4 p. 187.
Plin. N. H. 'S ^ 37. Dass diese Colonie von Caesar herrührt, lehren ihre Mün-
zen; das Jahr ihrer Gründung scheint 49 v. Chr. zu sein. S. Mommsen a. a. 0.
S. 675. Herzog p. 85. Die übrigen oppida Latina der Provinz s. bei Plin. N. H.
2 S 36. 37.
2) Herzog G. N. p. 86. Die Münzen von Cabellio aus den Jahren 44 und
42 V. Chr. haben die Inschrift COL CABE. S. De la Saussaye p. 42. pl. XVII.
3) Herzog O. N. p. 87. Mommsen R. G. 3, 536.
4) Sali. Hist. 1, 9 Kritz: omnia Gallia eis Rhenum atque inier mare nostrum,
niai qua a paludihus invia fuit, perdomita. Vgl. Mommsen G. d. Rom. Münzw.
S. 686. Noch vom J. 27 v. Chr. sagt Dio Cass. 53, 22: /.ai xa toutwv (twv Fa-
>.aTü)v) d-xaTötaTaxa In, Are töjv ^fAcpyXiwv iroXejjLOJV euö'j; im xt^ äXcuoei im-^t-
VOU^VODV, "f^V.
5) Liv. ep. 114.
6) a. 43 von L. Munatius Plancus, a. 28 von C. Carinas, a. 27 von M. Va-
lerius Messalla. C. 1. L. I p. 461.
7) Die Kintheilung Galliens in vier Provinzen geben einstimmig an Strabo
4 p. 177; Plin. N. H. A % 105; Dio Cass. 53, 12; Ptolemaeus 2, 7—9. Dass
sie von Angustiis herrührt, sagt Strabo ausdrücklich und folgt auch aus Pliniug,
welcher die statistischen Nachrirhten aus augusteischer Zeit benutzt; in das Jahr
27 n. ('hr. setzt sie Dio ('assius, und dieser Ansatz wird bestätigt durch den
I mstand, das» im J. 27 der erste Census in allen Theilen Galliens abgehalten
wurde, welcher eine feste Begrenzung dieser Theiie und eine Kintheilung der-
selben in Steuerbezirke voraussetzen lässt. liiv. ep. 134: C. dtesar rebus com-
ponilin ei Omnibus provinc.iis in rertnm fnrmnm redariiit — Augtuius quoque cogno-
miruitus est. — Cum Ute convmtum Nurbone eyit^ renxus a tribus GuUiis . quas
Cinvir pnter vicertU, nrlun. Dio Cass. 53, 22: %oX d^f/ipixt)« (Afiv cb; xal ii r^v
lioeTT'r/lrxv orpareuaiov , {; oe ?>-^j TaXotTla; iXO(öv, ivraDl^a 6iiTpt«|;cv. — Kai
auTuiv xal dTtoYpacf'dc dTtoiriaaTO xai t6v ß(ov r/^jV re iroXtrclav ^(C7iÖ0|j.7]ae.
8) Dio Cass. 53, 12; 54, 4. Strabo 17 p. 840.
Bim. AUerth. IV. ^ g
— 114 —
früher*), unter einem propraetnv stand, welcher nunmehr den Titel
procoYisuV^) führte und einen lc(jatus^) und einen quaestor^) unter
sich hatte. Von den speciellen P^inrichtungen erfahren wir wenig,
wie z. B. die Gerichtssprengel (convenlus) nirgends aufgezählt
werden s); dagegen wissen wir, dass Augustus theils während
des Triumvirats, theils bei einem späteren Aufenthalte in der
Provinz in den J. 16 — 13 neue ßürgercolonien gründete^*), zu
denen wahrscheinHch Carcaso^), Ruscino*^), Vienna^), Valentia '<^j
und Aquae Sextiae^^) zu rechnen sind.
'i.Aqnitanin. 2. AqiiitaTiia , erobcrt im J. 5(3 durch P. Licinius Crassus,
den Sohn des Triumvir und Cäsars Legaten ^2) ^ musste in Folge
wiederholter Aufstände noch zweimal unterwoifen werden, im
J. 38 durch M. Agrippa ^^) und bald nach der Schlacht bei
Actiumi'') durch Messala*^), welcher am 25. September 27 über
1) So war M. Fonteius propraetor Galliae Narbonensis. wie Mommsen R. G.
II14, 212 annimmt, von 76 — 74-, sicher von 75 — 74. S.' Drumann 5, 330; er
heisst praetor Cic. pr. Font. 5, 11; 7, 16 und hatte zwei legati ib. 8, 18. Im
J. 64 war propraetor L. Licinius Murena, Cic. pr. Mur. 26, 53; im J. 62 C. Pon-
tinus, Liv. ep. 103.
2} Beispiele yon proconsules Q. N.: unter Claudius : Borghesi Oeuvr. 5, 7, 8;
unter demselben oder Nero: Tac. H. 1, 48. Plin. N. H. 35 §20; unter Traian :
Orelli-Henzen 3659. 6915; unter Antoninus Plus: Henzen 7420a; unter Septi-
mius Severus: Marini Iscr. Alb. p. 50; unter Caracalla : Henzen 6450; unter
Alexander Severus: Borghesi Oeuvres ^^ 133. lust. Cod. 9, 9, 4; aus unbestimm-
ter Zeit: C. I. Qr. n. 5800.
3) Orelli-Henzen 3179. 6488. Marini Iscr. Alb. p. 50. 51.
4J Orelli 3179. 3186. 3865. Marini Atti p. 793.
5) Erwähnt werden sie von Caesar B. O. 8, 46; genannt wird nur der con-
ventus Narbonen.sis Liv. ep. 134.
6) Monum. Anc. 5, 36: Colonias in — — Gallia Narb[onensi) — müitum
deduxi. Dio Cass. 54, 23 : TCoXei; h tq FaXatia y.ai ev ttJ 'Iß-rjpia cj-^vd? aTTtuxiae.
7) Colonia lulia Carcaso in einer Inschr. bei Herzog Galt. N. H. App. n. 266.
8) Auf ihren zwischen 27 und 23 v. Chr. geprägten Münzen heisst die Stadt
COL RVSC LEG VI. De la Saussaye Numismatique de la Gaule Narbonnaise,
Blois et Paris 1842. 4 p. 193 pl. XXIII.
9) Auf Münzen Colonia lulia Vienna. Eckhel D. N. I p. 71. De la Saussaye
a. a. O. p. 131. Borghesi Oeuvr. 5 p. 260.
10) Plin. N. H. 3 % 36. Herzog Gall. N. H. p. 94. 95. Zumpt Comm. ep.
I p. 370.
11) Herzog G. N. H. App. 356: COLonia IVLIA AVGusta AQVIS SEXTJS.
Dass Plinius die Stadt unter die oppida Lutina rechnet, hat darin seinen Grund,
dass seine Quelle ausschliesslich Agrippa ist. S. Desjardins p. 429.
12) Caesar B. G. 3, 27. Drumann 4, 116; 3, 269.
13j Appian. B. C. 5, 92. Dio Cass. 48, 49. Eutrop. 7, 5.
14) Appian. B. C. 4, 38. Messala war Consul 31 v. Chr. und führte den Krieg
als Proconsul , also frühestens von 30 an. Fasti triumph. ad a. 727. C. J. L. I
p. 461.
15) Tibull. 1, 7, 3 ff. L. Wiese De M. Valerü Messalae Corvini vita et studiis
doctrinae, Berol. 1829. 8 p. 22. Vgl. Suelon. Oct. 21. Eutrop. 7, 9. AureL Vict.
Epit. 1, 7.
— 115 —
Aquilanien Iriumphirtei). Bei der Constituirung der Provinz wur-
den zu der aquilanischen Landschaft, welche zwischen den Py-
renäen, dem Meer, der Garonne und den Gevennen liec;t2), noch
44 Stämme zwischen Garonne und Loire gefügt und somit die
Nordgrenze bis zur Loire vorgeschoben ^j .
3. Lugdunensis , der Landstrich zwischen Loire, Seine i. lugdu-
und Saöne**), erhielt seinen Namen von der an dem südlichsten **^*"**-
Puncte der Provinz gelegenen, im .1. 71 1 =43 gegründeten rönii-
schen Colonie Lugdunum ^) .
4. Die vierte, dem Umfange nach grössle Provinz, ßelgica, i. Belgien.
war bei ihrer Einrichtung begrenzt im Westen durch die Seine
und Saöne, im Norden durch die Nordsee, im Osten durch den
Rhein von seiner Mündung bis zum Bodensee ß); ihr südlichstes
Gebiet umfasste den ganzen westlichen Theil der Schweiz, den
bereits Cäsar im J. 58 durch Besiegung der Helvetier und Rau-
riker') und im .1. 57 durch die Besetzung des Rhonethals unter-
worfen hatte ^), und in welchem zwei Colonien, Colonia Equestris
oder Noviodimum (Nyon) ^) und Colonia Raurica (Äugst bei Ba-
sel) ^^), schon im J. 43 angelegt waren. Die Residenz des Statt-
halters der Provinz war Durocortorum Remonim (Reims) **).
1) Fasti tr. ad a. 727. C. I. L. I p. 461. Appian. B. C. 4, 38. Tibull. 2,
1, 33; 2, 5, Hoff.
2) Caesar ß. G. 1, 1: Aquitania a Garumna flumine ad I'yrenaeos montes et
cdm parlem Oceani, quae est nd Hispaniam, pertinet. Strabo 4 p. 177: 'AxuiTctvouc
'Ev Tö(vuv eXeYOV tou; ra ßopeia ttj; riypr^vr]; piprj xotxlyovtai; "/.oii xoü KefJ.-
f.ivo'j }J-dypi Trp6; t6v o'jxeavov xd ivxo? Lapouva ToxotfArjO.
3) Strabo a. a. 0. : 6 oe Seßctoxo; Katoap xexpayfj oieXtbv xo'j? jxsv K^Xxa?
:7,; Nctpßmvixioo; ir.a^yyx^ aze'f t^vev , 'Ax-jitoivou; V' ouorrep xdxeivo; (Caesar),
-poG^&T^xe oe xexxvpecroiioey.a lUv^ xöiv piexa^'j xoö Tapo'jva v.ai xoü AiYTjpo;
rroxctfiioü ve(xo(i.dvojv. Plin. N. H. 4 § 108. Ptoleniaeus 2, 7.
4) Ptolem. 2, 8.
5) Ueber die Anlage der Colonie s. Znnipt Comm. ep. 1, 371. Boissieu
fnHcr. de Lyon p. 126 ff.
6j Plin. N. H. A % lOf). 106. Ptolem. 2, 9.
7j (aas. //. (/. 1, 9—30. Liv. ep. 103. Die Cass. 38, 31—33. Plut. Caes. 18.
8) Caes. /i. O. 3, 1.
9j Da die Colonie nur Julia, nicht Auyuata heisst, so ist sie vor 27 v. Chr. ,
ntweder von Caesar selbst oder von den Triumvirn oder von Octavian angelegt
vorden. Colonia equestris nennt sie Plin. N. H. 4 J^ 106, rivilas equeslrium die
IhÄchr. bei Monmisen Inner. Conf. Ilelv. n. llf).
10) Von L. Munatius Plancus , der in den Jahren 44 und 43 Statthalter in
Um neuen (Pallien war (I)ruinann 4,207), heisst es in dessen Orabinsrhrift,
Orelli r)90 = Monmisen /. R. N. 4089: in (iallia rolonias deduxil Lugdunum et
liauriram. Den 'i'itel Augusta hat die ('olonie erst spiiter erhalten, wahrschein-
lich in Koljie einer Krneuening der Colonie, viellciiht 16 — 13 v. Chr., während
Nvt'bhcr Jahre Augustus rnefirere Col'Mii<'ii in <;;illit'ii (iriimlct«'.
1 1 ) *trabo 4 p. 194.
— 116 —
Verwaltung. Die drei von Cäsar eroberten Provinzen , welche im Gegen-
salze zur Narbonensis die tres Galliae heissen ^) , wurden nicht
nur gleichmässig eingerichtet, sondern auch, theiis weil sie noch
nicht vollständig beruhigt waren , theiis weil sie zum Ausgangs-
punct für die forldauernden Kriege gegen die Germanen dienten,
während der ganzen Regierung des Augustus einem gemeinsamen
militärischen Gommandeur untergeben, der die einzelnen Provin-
zen durch seine Legalen verwaltete 2). Auf diese Weise regierte
in den sämmllichen drei Provinzen in den J. 20 und 19 v. Chr.
Agrippa^), darauf, vielleicht im J. 18 Tiberius'*), von 16 — 13
Augustus selbst, welcher sich fast drei Jahre in Gallien aufhielt ^j;
von 13 — 9 der ältere Drusus ^) , von 9 — 7 Tiberius ') , und erst
damals kann die gelheilte Verwaltung der Provinzen begonnen
haben ^). Noch einmal indessen finden wir alle drei Provinzen
zusammen unter dem Commando des Germanicus, welcher von
13 — 17 n. Chr. ^) nicht nur den Krieg gegen die Germanen führte,
sondern auch während dieser Zeit den Census in den drei Gal-
lien abhielt lö), die Huldigung beim Regierungsantritt des Tiberius
1) Liv. ep. 134 : cum ille (Augustus) conventum Narbone egit, census a iri-
bus Galliis, quas Caesar pater vicerat, actus. Plin. N. H. A ^ 105. Ein sacerdos
111 provinciarum Galliarum Orelli 184. 185, vgl. Orelli 3650. 3653. Henzen
5967. 5968. 6393. 6944. 6949. 6950. Die Inschr. Orelli 3178, in welcher ein
praef. vehicul. triam prov. Gall. Lugdunens. Narbonens. et Aquitani(ae') vorkommt,
also die tres Galliae in andeim Sinne gebraucht werden, ist ligorianisch.
2) Dass dies auch in andern Provinzen der Fall gewesen sein mag , lehrt
Dio Cass. 53, 12, der, nachdem er die im Jahr 27 zwischen Senat und Kaiser ge-
theilten Provinzen autgezählt hat, hinzufügt: TaOxa he ouxio xateXe^a, Ott vüv
^ojpi? IxaoTov auT&v ii-(zixo^e{ieTai. inzi x6 -^e dp^aiov xal ^7:1 noku xai a6v5uo
rai ouvrpta xd IOvtq d[j.a T^p^^exo.
3) Dio Cass. 54, 11. Zumpt Studia Romana p, 103.
4} Suet. Tib. 9 : post hoc Comatam Galliam anno fere rexit, d. h. das von Cäsar
eroberte ganze Gallien. Die Zeitbestimmung ist nicht sicher gegeben. S. Zumpt
St. Rom. p. 103.
5) Dio Cass. 54, 19. 20. 25.
6) Dio Cass. 54, 25 und die übrigen Stellen bei Zumpt St. Rom. p. 118.
Obgleich er in Germanien commandirte , hielt er doch den Census in Gallien ab
(Liv. ep. 139. Oratio Claudii bei Boissieu Inscr. de Lyon p. 139: et quidem
cum a census novo tum opere et inadsueto Galliis ad bellum avocatus esset) und
gründete in Lugdunum die ara Augusti (Liv. ep. 139). Seine Residenz war
Lugdunum, wo am 1. Aug. 11 v. Chr. sein Sohn Claudius geboren wurde, Suet.
Claud. 2. Nach seinem Tode wurde ihm bei Mainz ein tumulus errichtet, circa
quem deinceps stato die miles decurreret Galliarumque civitates publice supplica-
rent. Suet. Claud. 1.
7) Vellei. 2, 97. Dio Cass. 55, 6. 8.
8) Das unvollständige Material über die Verwaltung Galliens seit dieser Zeit
findet man bei Zumpt Stud. Rom. p. 119 ff.
9) Suet. Cal. 8. Tac. Ann. 2, 41.
10} Tac. Ann. 1, 31. 33.
— 117 —
in Belgien veranstaltete i) und sechs legati hatte 2), von denen
einige in den gallischen Provinzen verwendet wurden 3).
Das Ganze Land enthielt, als es Cäsar eroberte, weniee Städte ; Gauverfas-
"" „ I ^j 1 sung.
('S zerfiel in Völkerschaften, eövyj , civitafes^) , und diese waren
izetheilt in Gaue, deren Cäsar 300 ^) oder 400 ^) vorgefunden
haben soll. Aus diesen bildete Augustus 64 Verwaltungs- und
Steuerdislricte^), und gab jedem Districte einen Vorort als Mit-
telpunct der Administration. So bestand z. B. die civitas Helve-
tiorum aus 4 pogi^), in welchen die Helvetier vor ihrem Auszuge
nach Gallien 400 vici und 12 oppida niederbrannten^), nach ihrer
Rückkehr aber wieder eine Anzahl vici aufbauten, wie Lousonna
Lausanne), Eburodunum (Yverdun), Minnodunum (Moudon), Sa-
lodurum (Solothurn) , Turicum (Zürich) , Vituclurum (Oberwinter-
thur), Aquae (Baden bei Zürich) , Vindonissa (Windisch) i^) , deren
gemeinsamer Vorort Aventicum^^) schon unter Augustus der Sitz
des Steuereinnehmers für den District isti2). Aus diesen Vororten Entstehung
dör crrössc—
sind die grösseren Städte Frankreichs entstanden, deren Name renstädte.
grossentheils noch ein Andenken ihrer urspünglichen Bestimmung
1) Tac. Ann. 1, 34.
2) Es waren C. Silius , A. Caecina , Tac. Ann. 1, 31, L. Apronius 1, 56,
P. Vitellius 1, 70, der keineswegs legatus legionis war, wie Nipperdey annimmt;
C. Antius 2, 6, L. Seius Tubero 2, 20.
3) Tac. Ann. 2, 6: missis ad census Galliarum P. ViteUio et C. Antio.
4) S. Mommsen Die Schweiz in römischer Zeit S. 17 IT. Kuhn 2, 407 — 425.
5) Plut. Caes. 15.
6j Appian. de r. 0(dl. 2.
7) Tac. Ann. 3, 44: quattuor et sexaginta Galliarum civitates. Die Zahl hat
auch Serv. ad. Verg. Aen. 1, 285, nur irrt er darin, dass er den Caesar 64 civitates
''(dliarum besiegen lässt. In runder Zahl giebt 60 an Strabo 4 p. 192: eoxi
£ [-Jojjxo; d^i6Ko^o^ (in Lugdunum), driYpotcpTjv syojv töjv ir^^ws e^-Aovxa xöv
dptUji.'Sv. Auch Ptolemäus zählt in Aquitania 17, in Liigdunensis 25, in Belgica
22, im (ianzen also 64 ei}vr). Aus der kirchlichen Notitia (talliarum dos Mittel-
ilters sucht die civitates zu ermitteln Branibach im Rhein. Mus. N. F. XXIII
1S68J S. 263—302. Vgl. Desjardins Giogr. de In Gaule p. XXVIII. Nach diesen
i'istricten wurde auch das Militär ausgehoben, und darauf bezieht sich der di-
rtntor per Aquitanirae XI populos Henzen 6929, der also nur in einen» Theile
it-r Provinz die Aushebung besorgte.
8) Caes. B. O. 1, 12: Helvetia in quatuor pagos divisa est. Die pagi er-
wähnt die Inschr, von Aventicum Mommsen fnscr. Conf. HeLv. n. 192: C. Valer.
CamiUo, quoi civitas Helvei. qua pagatim qua publice atatuas deerevit.
9) Caes. B. G. 1, 5.
10) Mommsen /rwrr. Conf. Helv. n. 133. 142. 149. 219 236. 239. 241. 245.
11 j GenXiH caput, Tac. Hist. 1, 68. Unter Vespasian oder seinen Söhnen ist
Aventicum Colonic geworden und heisst seitdem Colonia pia Flavia ConMans
l'merila Helvetiorum, Mommsen a. a. (). p. 27. l'eber die Alterthiimer von Aven-
ticum s. I'iursian Mittheilungen d. ant. Ge.s. in Zürich XVI, 1, 1. 2.
12) Der Kimiehmer ist ein Sdavc , Donalmt . (\irsnris Au(g. servus') f^alvia-
nua, exactor trlbtUorum in helvetia) Mommgen Jnscr. Conf. Helv. n. 178.
— 118 —
geblieben ist. Der Vorort verlor niimlich allmählich den Orts-
namen, und erhielt seine Benennung von dem Districte; und die
letztere ist noch vorhanden. Avaricum, der Vorort der Bituriges,
heisst noch Bourges. Samarobriva , der Vorort der Ambiani^),
Amiens, Noviomagus, der Vorort der Lexovii, Lisieux, Condevin-
cum, der Vorort der Namnetes, Nantes, Condate, der Vorort der
Redones, Rennest).
Landtag in Die 64 DistHcte hatten zu ihrer gemeinsamen Hauptstadt
Lugdunum. . i ,^ • i
Lugdunum, das sich wegen semer Lage an dem Puncto, m wel-
chem die drei Provinzen zusammenstiessen , zum Sitze der Re-
gierung besonders eignete. Von hier gingen die Strassen nach
allen Richtungen des Landes aus ^] , hier wurde am 1 . August
12 v. Chr. 4) die ara Romae el Augtisti eingeweiht ^j , an welcher
die 64, oder wie Strabo sagt, 60 civüates der tres Galliae ver-
zeichnet waren *') und ein Priester ( sacerdos ad temphim Romae
et Augusti ad confluentes Aiaris et Rhodani) , abwechselnd aus
verschiedenen Districten aller drei Provinzen gewählt, fungirte').
1) Vom Jahr 355 sagt Ammian 15, 11, 10: Belgica , qua Ambiani sunt,
urbs inter alias eminens. Vgl. 27, 8, 1.
2) Vollständig findet man die Namen zusammengestellt in A. Bernard Le
temple d'Auguste p. 120 ff. Desjardins Geogr. de La Gaule p. 54 — 89. Vgl. Kuhn
Verf. d. Rom. Reichs 2, 419 ff.
3) Strabo 4 p. 208.
4) Dio Cass. 54, 32. Ueber den Tag Suet. Claud. 2. Vgl. Liv. epit. 139.
Ueber das Jahr s. Clinton Fasti Hell, ad a. 742. 744.
5) Ueber die ara , deren Form aus den Münzen ersichtlich ist , ihre Lage
und ihre Bedeutung s. Artaud Discours sur les medailles d'Auguste et de Tibere
au revers de l'autel de Lyon, Lyon 1818. 4. Boissieu Inscr. ant. de Lyon, Lyon
1854 fol. p. 82 ff. Comarmond Description du Musee des antiques de la ville de
Lyon. 2 Voll, iol, Lyon 1854 — 58. Spon Recherche des antiquites et curiosites de
la ville de Lyon. 2™e ed. p. L. Renier, Lyon 1857. 8. A. Bernard Le temple
d^Auguste et la nationalite Gauloise, Lyon 1863 fol.
6) Strabo 4 p. 192.
7} Die auf diese Priester bezüglichen Inschriften s. bei Boissieu p. 84 — 114.
Bernard p. 51 ff. Vgl. Orelli-Henzeu n. 184. 185. 5965—5968. Renier Comptes
rendus 1865 p. 96. Boissieu und Bernard nehmen an, dass 60 Priester, für jede
civitas einer, gleichzeitig im Amt gewesen seien , wogegen Kuhn 2 S. 408 sich
mit Recht erklärt. Von der Gründung des Altars sagt Liv. ep. 139 : ara Cae-
sari ad confluentem Araris et Rhodani dedicata, sacerdote creato C. lulio Vercon-
daridubno Aeduo ; er nennt also einen sacerdos, und auch später ist dieser
sacerdos trium provinciarum Galliarum (Or. 184), wird auch ernannt von den
drei Provinzen, nicht von seiner civitas (Henzen 5967). Wenn nun Priester aus
allen drei Provinzen vorkommen, nämlich aus Lugdunensis ein Aeduus (Or. 184),
ein Carnutinus (Boissieu p. 90. 607), ein Tricassinus (Henzen 5965) ; aus Aqui-
tania ein Avernus (Boissieu p. 86), ein Cadurcus (Boissieu p. 95. Bernard p. 68);
aus Belgica ein Nervius (Boissieu p. 114) und ein Sequanus (Orelli 4018), so ist
anzunehmen, dass das Priesterthum jährlich besetzt wurde, und die Inschr. Boiss,
p. 91. 92: Q. Licinio, TJlpi Licini Taurici fil., qui sacerdotium apud aram duo et
1
— 119 —
Hier fand an dem Sliflungstage bis zu Dio Cassius Zeit ein Fest
statt 1), bei welchem im Amphitheater allen (50 civiUdes ihre Plätze
angewiesen waren 2) und seit Caligula Wettkämpfe griechischer
und lateinischer Redner gehalten wurden ^) ; hier versammelte
sich wahrscheinlich gleichzeitig der Landtag der drei Provinzen,
um Ehren zu dccretiren ^) , Beschwerden zu erheben ^j , die zu
Provincialzwecken bestehende Gasse, arca Galliarum, zu revidi-
ren, deren Beamte zu ernennen oder zu belohnen^) und andre
Provincialgeschäfte zu ordnen') ; hier war endlich die oberste
Sleuerverwaltung der drei Provinzen, deren directe^j und indi-
recte Steuern 9) in eine Gasse flössen und auch in späterer Kaiser-
— -^ aus Mommsen Annali 1853 p. 60 zu ergänzen : vitfinti annos natus gessit.
Genauer habe ich hierüber gehandelt Ephem. Epigr. 1872 p. 203 ff.
1) Dio Cass. 54, 32.
2) Dies ergiebt sich aus den Inschriften des Amphitheaters, Boissieu p. 467.
Bernard p. 30 ff.
3) Suet. Cal. 20. luven. 1, 44.
4) Die Statuen und Inschriften werden immer gesetzt von den /// provin-
ciae Galliae.
5) Eine solche Beschwerde erwähnt die Inschr. von Thorigny bei Mommsen
Ber. d. Sachs. Ges. d. Wiss. 1852 phil. hist. Gl. S. 243 , aus welcher man
ersieht, dass die Landtagsdeputirten eine Instruction von ihrer civitas erhielten :
his accedit , quod , cum Cl. Faulino decessori meo in concilio Cfaliiarum instinctu
quorundam, qui ab eo propler merita sua laesi videbantur, quasi ex consensu pro-
vinciae accusationem instituere temptarent. SoLemnis iste mens proposito eorum
restitit, provocatione scilicet interposita, quod patria eius, cum inter ceteros legatum,
eum creasset, nihil de accusatione mandasset, immo contra laudationem. Qua
ratione effectum est, ut omnes ab accusdtione desisterent.
6) Als Beamte dieser Casse scheinen zu betrachten der alleclor arcae Qal-
liarum , dem ob allecturam fldeliter administratam von den tres provinciae eine
Inschrift gesetzt wird, Uenzen 6950; nochmals erwähnt in der Inschr. Boiss.
p. 259 ; der inquisitor Galliarum Boiss. p. 265. 266 ; der iudex arcae Galliarum
Boiss, p. 278. 279, über deren Geschäfte wir nicht weiter unterrichtet sind.
7) Z. B. die Freilassung eines der Commune gehörigen Sclaven, der dann
Irium Galliarum libertua heisst. llenzen 6393.
8) Dass der Censiis in allen drei Provinzen von dem älteren Drusus und
von Germanicus abgehalten wurde, ist oben bemerkt worden; aber noch unter
M. Aurel oder Severus errichten die tres Galliae einem procurator a censibu^
accipiendis eine Statue, llenzen 6944.
9j Der Eingangszoll für Waaren von 2>/2%> <lie quadragesima Galliarum,
wurde an der Grenze für alle drei Provinzen erhoben, so dass der Verkehr zwi-
schen den drei Provinzen frei war. Zollstationen findifn sich l) in Zürich {prae-
poiitus HtationiH Turicennis quudragenimae Galliarum Mommsen Inser. Conf. JJelv.
n. 236 = (>rclli 459), 2) in St. Maurice in Wallis (Mommsen 1. 1. n. 14), 3) in
Conflans im Thal der ]8^re , dessen Name Ad puhlicanos (Itinerar. Anton. Aug.
ed. Parthny p. 164) auf eine Zoilstation schliessen läset; vgl, Desjardins a. a. 0.
p. 392. Hier ist kürzlich eine Inschr. gefunden {IhUl. d. Imt. 1869 p. 265), in
welcher ein .S'OC, XL VIL i\. h. nociorum quadrayeaimae rnUicus erwälmt wird.
4) in Avigliana {ad (inen Cottii, ad (iiua {Juadrayesimae) , der Grenze der alten
(Jallia citerior , später des reynum Cottii. 8. l'romiü Storia dcW antioo 2'orino
— 120 —
zeit entweder in allen drei *) , oder doch in zwei Provinzen von
einem Procurator administrirt werden'^).
Das grosse Gebiet, welches somit wenigstens während der
Regierungszeit des Auguslus der gemeinsamen Verwaltung eines
Oberslatthalters übergeben war, wurde noch erweitert durch die
Eroberungen jenseits dos Rheines, welche die Entstehung zweier
5.6. (?m»fl- neuer Provinzen, nämlich 5. Germania superior und 6. Ger-
nta supertor ' *
iandinferior.ffi(ifii(^ inferloT zur Folgc hatten. Wann diese Provinzen ent-
standen sind, ist namentlich deshalb streitig 3), weil dieselben
ebenfalls dem Oberstatthalter der tres Galliae übergeben wurden,
ohne sofort eine selbständige Verwaltung zu erhalten und ihre
Organisation überdies durch die Einwirkung unerwarteter Ereig-
nisse gestört und verzögert wurde. Zwei Umstände scheinen in-
dess für die Gründung dieser Provinzen maassgebend gewesen zu
sein : einmal hatten die bereits von Cäsar zur Sicherung Galliens
begonnenen, von Augustus fortgesetzten, und namentlich von dem
älteren Drusus (13 — 9 v, Chr.)'*), von Tiberius (8 v. Chr.) ^) und
Domitius Ahenobarbus (6 v. Chr. — 2 n. Chr. )^*) mit Glück ge-
p. 286 ff. Desjardiris Revue Archeol. XI, 8 (1870) p. 124 ff. 5) Die statio Maien-
sium quadragesimae Galiiarum zwischen Chur und Bregenz, Orelli 3343. C. I. L.
III p. 705 ; V n. 5090. S. über den ganzen Gegenstand Mofamsen Die Schweiz
in röm. Zeit (9ter Bericht der antiq. Gesellschaft in Zürich 1853. 4 S. 7 f.).
1) Henzen 6928, besser C. 1. L. II n. 1970.
2) Von einem proc. Oalliarum Lugdunensis et Aquitaniae haben wir minde-
stens acht Beispiele, alle aus der Zeit nach Hadrian : Orelii-Henzen 3331. 3651.
5530. 6642. 6933. Boissieu p. 246. 251. 252. Doch kommt auch ein iTzk^or.oi
AouYOouvou FaXXia? unter M. Aurel vor C. I. Gr. 3888.
3) Ueber die beiden Germaniae s. Schoepflin Alsatia ülustrata Vol. I (Colmar
1751 fol.) p. 139—148. AValckenaer Geographie — des Gaules, Paris 1839. 8 II
p. 310 ff. Fechter Helvetien in der vorconstantinischen Provincialeintheilung Gal-
liens in Gerlachs, Hottingers und Wackernagels Schweiz. Museum für hist. Wiss.
Bd. III, Frauenfeld 1839 S. 308—341. Mommsen Die Schweiz in römischer Zeit
(Neunter Bericht der ant. Ges. in Zürich 1853. 4) S. 6. 7; Mommsen Ep. Anal.
21 in ßer. d. Sachs. Ges. d. Wiss. ph. hist. Gl. 1852 S. 230—235, nach dessen
Ansicht die beiden Germaniae überhaupt keine Provinzen , sondern eine Militär-
grenze waren, und zu Belgica in einem ähnlichen Verhältnisse standen, wie Nu-
midien zu Africa. Gegen diese Ansicht erklären sich Roulez Examen de la que-
stion: les deux Germanies faisaient-elles partie de la province de la Gaule Bel-
gique? im Bull, de Vacad. roy. de Belgique Tome XXIII n. 6. Zumpt Stud.
Romana, Berol. 1859. 8 p. 94 If. Desjardins Geographie de Ui-Gaule, Paris 1869.
8 p. 38 ff. Neuerdings hat Mommsen die Frage nochmals behandelt in dem Auf-
satz : Die germanische Politik des Augustus , in der Wochenschrift Im neuen
Reich 1871. Bd. 1 S. 537 ff'.
4) Dio Cass. 54, 32—36; 55, 1. Liv. ep. 139—142.
5) Dio Cass. 55, 5. Vell. 2, 97. Suet. Aug. 21.
6} Dio Cass. 55 Vol. III p. 363 Sturz. Tac. Ann. 4, 44. Ueber die nicht
sichere Zeit seines Commandos s. Zumpt a. a. 0." p. 119.
— 121 —
führten Kriege das Resultat, dass das Land zwischen Rhein und
Elbe als bereits erobert und seine Einrichtuni^ zur Provinz als
gesichert betrachtet wurde ^) ; zweitens aber machte der ursprüng-
liche Plan des Augustus, den Rhein und die Donau als Hmes im-
perii zu benutzen, die Eroberung Graubündtens, Tirols und des
südlichen Bayern nöthig, welche durch einen gleichzeitigen An-
griff des Drusus und Tiberius im J. 15. v. Chr. ausgeführt wurde 2).
Da nun die grosse Militärmacht von 8 Legionen und den dazu
gehörigen Auxiliartruppen , d. h. im Ganzen von 80,000 Mann,
bereits unter Augustus ihre Standquartiere am Rhein hatte 3),
da ferner im J. 9 n. Chr. in der civitas Uhiorum^ dem nachherigen
Cöln, nach dem Beispiele Aer'ara Liigdunensis ein Altar des
Augustus bestand, an welchem ein Cherusker als gewählter Prie-
ster fungirte^), so kann man annehmen, dass die Organisation
der beiden Germaniae von Augustus selbst herrührt, und dass
diese Provinzen, deren Hauptwaffenplätze auf dem linken, durch
Cäsar, Agrippa und Tiberius ebenfalls mit germanischen Ansie-
1) Mon. Anc. V, 10 — 12: Gallias et Hispanias provi[n]cia[s ab ea parte,
qua eas adlui]t oceanus, [a] Gadibus ad ostium Albis flum[inis pacavi]. S. Momm-
sen Res yestae divi Auyusti p. 71, Vell. 2, 97: rnoles deinde eins belli transluta in
Neronem est, quod is sua et virtute et fortuna administravit , peragratusque victor
omnis partis Germaniae — sie perdomuit eam , ut in formam paene stipendiariae
rediyeret provinciae. Cassiod. ad a. 746 : his conss. inter Albim et lihenum Ger-
mani omnes Tiberio Neroni dediti. Florus 2, 30 (4, 12 ) : Germaniam quoque
(^Augustus) — — concupierat facere provinciam. Drusus in tutelam
provinciae praesidia atque custodias ubique disposuit per Mosam ßumen, per Albin,
per Visurgin. — — Ea denique in Germania pax erat , ut mutati homines, alia
terra, coelum ipsum mitius molliu-^que solito videretur. Darauf erzählt er , dass
Varus es versucht liabe, einen gerichtlichen conventus in der Provinz zu halten,
und dies habe zum Aufstande geführt, in Folge dessen die Provinz verloren
worden sei. Uies erwähnt ebenfalls Tac. Ann. 1, 59: Germanos nunquam saus
excusaturos , quod inter Albim et lihenum virgas et secures et togarn viderint.
Hienach wird es unbedenkli« h sein in allen Stellen des Tacitus {Ann. 1, 57:
anno, quo Germaniae descivere. Agr. ib: sie Germanias excussisse iugum. Vgl.
Ann, 2, 73; 3, 46; 11, 19) den Plural Germaniae von demjenigen Theile Deutsch-
lands zu verstehn, welcher Provinz war oder gewesen war, während der geogra-
phische Name des ganzen Landes Germania ist (Tac. G. 1 u. ö. Paulus Dig. 21 ,
2, 11: Lucius Titius praedia in Germania trans lihenum emit.).
2) S. die Beweisstellen in dem Abschnitt über Haetia.
3) Tac. Ann. 1, 31.
4) Tac. Ann. 1, 39, 57: addiderut ISegestes legaiis (ilium, jwmittf t^egiinun-
dum ; aed iuvenis conscientia cunclabalur. Quippe anno, quo Germaniae descivere,
»acerdos apud aram V.biorum creatus ruperat vittas , profugns ad rebelles. Au»
der Wahl eines ('hernskers zum Priester ist ersichtlich, dass die ara nicht ein
Heiligthum der Ubier, sondern der ganzen Provinz war. Von ihr hat die Stadt
Cöln den Namen Colonia (Claudia Ara Ayrippinensin oder Clatuiia Ara. S. die
Inschr, Borghesi Oeuvres VI p, 2Ö2 und dazu Kenicr p, 284.
— 122 —
delungen besetzten i) Rheinufer lagen, nach Osten hin bis zur
Elbe reichen solllen. Erst nachdem einerseits dieser Plan durch
die Niederlage des Varus vereitelt, andererseits die Goncentration
so bedeutender militärischer und financieller Mittel unter einem
Commando ein Gegenstand der Besorgniss für den Kaiser selbst
geworden war, scheint in Folge der Abberufung des Germanicus
im J. 17 n. Chr. die getheilte Verwaltung der sechs Provinzen
unter selbständigen Statthaltern begonnen zu haben 2) und der
Umfang der beiden Germaniae wesentlich beschränkt worden zu
sein 3). Seit dieser Zeit lassen sich selbständige prälorische leguti
Augusti pi'o praelore ftir Aquitania^), Lugdunensis ^j , Belgica ^)
1
1) Der Name Germania oder Germaniae für das linke Rheinufer ist wahr-
scheinlich älter als die Provinz, da schon vor Cäsars Zeit deutsche Stämme hier
angesiedelt waren (Caos. B. G. 1, 31. 33; 4, 16. Strabo 4 p. 193), andre, wie
die Ubii, durch Agrippa (Strabo 4 p. 194), noch andre, wie die Siganibri (Tac.
Ann. 12, 39. Suet. Oct. 21. Suet. Tib. 9) durch Tiberius hier Wohnsitze erhal-
ten hatten.
2) S. Zumpt Stud. Rom. p. 129 f. Mommsen Die Schweiz S. 7.
3) Im J. 28 V. Chr. nennt Tac. Ann. 4, 74 das Gebiet der Frisii extrema imperii.
4) Unter Tiberius oder Claudius setzt Plin. N. II. 26 § 4 den Manilius
Cornutus e praetoriis, legatus Aquitanicae provinciae-^ unter Claudius wird zu
setzen sein Duhius Avitus praesidens provinciae Aquitaniae (Plin. N. II. 34 § 47),
welcher hernach im J. 58 n. Chr. legatus Aug. Germaniae inferioris war (Tac.
Ann. 13, 54; vgl. Urlichs Comm. de vita et honoribus Agricolae , Wirceburgi
1868. 4 p, 21), dessen Name nach Borghesi Oeuvres 3, 14; 5, 183 A. Vibius
Habitus zu lesen ist; im J. 69 n. Chr. bekleidete diese Stelle Q. lulius Cordus
(Tac. H. 1, 76. Borgh. Oeuvr. 5-, 323), unter Vespasian Agricola. Tac. Agr. 9:
revertentem ab legatione legionis divus Vespasianus — — provinciae Aquitaniae
praeposuit , splendidae inprimis dignitatis administratione ac spe consulatus , cui
destinarat. Ueber diese St. s. Urlichs a. a. 0. Andre legati unter Traian Orelli
3659, unter Hadrian Dig. 48, 3, 12 pr., aus späterer Zeit Orelli-Henzen n. 189.
4910. 6907. Borghesi Oeuvres 3 p. 109. Renier in Spon Recherche des antiq. —
de Lyon. 2*^^ ed. p. 194.
5) Die älte.sten bekannten sind: im J. 21 n. Chr. Acilius Aviola, der später,
vielleicht 27, cos. suff. wurde (Tac. Ann. 3, 41); im J. 68 lulius Vindex (Tac.
Ann. 15, 74. Suet. Uer. 40); im J. 69 lunius Blaesus Lugdunensis GuUiae rector
(Tac. H. 1, 59; 2, 59; 3, 39); im J. 77 Tettieuus Serenus, im J. 83 Comelius
Gallicanus , im J. 88 Minicius Rufus (alle drei bei Mommsen Inscr. Conf. Helv.
n. 78). Ueber die späteren Legaten s. Hoissieu p. 225 tf.
6) Strabo, welcher das vierte Buch im J. 18 n. Chr , also gleich nach des
Germanicus Abberufung schrieb (Clinton Fasti Hell, ad a. 14 n. Chr.) sagt ^^4
p. 194: -/.all?) [XTjxpoTroXic auxöjv (xwv 'Ptiij-wv) Aouptxopxopa fj-ocXiaxa ouvoizsixat
y.ai hiyezai xou? xöjv 'Poi(xai(uv -^^^J^^va; Ein legatus Belgicae wird zuerst ge-
nannt im J. 58 n. Chr. Tac. Ann. 13, 53, wo erzählt wird, dass L. Vetus, leg.
Germ. inf. einen Canal zwischen Mosel und Saöne graben lassen wollte, worauf
es heisst : invidit operi Aelius Gracilis Belgicae legatus, deterrendo Veterem, ne
legiones alienae provinciae inferret. Im J. 69 war Valcrius Asiaticus Belgicae pro-
vinciae legatus (Tac. H. 1,59). Dass er prätorischer Legat war, zeigen die In-
schriften Henzen 5448. 5449, 5502. 7420. Die letzte ist besonders commentirt
von Roulez Bull, de l'Acad. roy. de Belgique XVIIi n. 11. 12. Eine Samm-
lung der Statthalter giebt derselbe Memoire sur les magistr. Rom. de la Belgique
in Mem. de VAcad. roy. de Brux. XVII (1843).
— 123 —
und consularische legati Aug, pr. pr. für Germania inferior *)
und siiperior^) nachweisen, und wenn gleich die Geographen und
Historiker späterer Zeit noch immer an der Yiertheilung Galliens
festhaken und die beiden Germaniae zu Belgica rechnen ^) , so
werden doch diese officiell als Provinzen betrachtet^) und be-
nannt^). Hiemit steht nicht in Widerspruch, dass in Beziehung
auf die Finanzverwaltung allerdings die Germaniae mit Belgica
zusammengehörig erscheinen; denn wenn oben mit Recht ange-
nommen worden ist, dass ursprünglich alle kaiserlichen Provinzen
1) Im Jahre 21 u. Chr. Visellius Varro, inferioris Germaniae legatus (Tac,
Ann. 3, 41), Cos. 12 n. Chr., im J. 28 n. Chr. L. Apronius , Germaniae inf.
propraetor, d. h. legatus pr. pr. Tac, Ann. 1, 73,
2) Lentulus Gaetulicus war 29 — 39 n, Chr. leg. Aug. pr. pr. inf. Germ.
Dio Cass, 59, 22. Tac. Ann. G, 30, Die folgenden Statthalter beider Germaniae
bis auf Vespasian sind bekannt und zusammengestellt von Zunipt Stud. Rom.
p. 152 f. Desjardins a. a. 0. p. 44. Dass sie Consularen waren, zeigen Tac. H.
I, 56 und die Inschriften, in denen sie öfters legati consulares heissen (Orelli
3666. Brambach C. I. Rh. n. 484). Leg. Aug. pr. pr. Germ. inf. kommen vor
Orelli-Henzen 505. 822. 1270. 1767. 3297. 5024. 5458. 5502. 6500 (besser
Renier Inscr. de l'Alg. n. 2319). 6804. Brambach C. I. Rh. 6». 55. 151. ,334.
464. 484. 663, 1844; leg. A. pr. pr. Germ. sup. Orelli-Henzen 182. 391, 5501.
6051. 6501, Brambach n. 1559. 1560. 1608.
3) Plin. A; //. 4 § 106. Dio Cass. 53, 12. Ptolemaeus 2, 9, 14—21; 8,
5, 1, der indessen Germania inferior und superior als eigene, von Belgica abge-
trennte Provinzen namhaft macht. Vgl. Desjardins a, a. 0. p. 42. Ammian. 15,
II, 6 zu lesen nach der Emendation von Zumpt Stud. Rom. p. 100: regehantur
auiem Galliae omnes, iam inde uti crebritate bellorum urgenti cessere Julio dicta-
tori, potestate in partes divisa quatuor, quarum Narbonensis una Viennensem intra
se continebat, altera Aquitanis praeerat universis, Lugdunensem, superiorem et in-
feriorem Germaniam lielgasque duae iurisdictiones iisdem rexere temporibus. Und
so noch Orosius 1, 2. Isidor. Or. 14, 4, 25.
4) Mommsen Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. h. ph. Classe 1852 S. 232 ver-
weist namentlich auf die Inschriften eines natus in Germania superiore Orelli
3528; eines Tribocus ex Germania Superiore Luco Augusti Grut. 850, 10=Fca
Indic. della villa Albani p. 97; wozu noch kommt der Melonius Senilis ex pr(o-
vincia) GeT(mania) sup(eriore) Hühner Monatsber. der Acad. zu Berlin 1866 S. 794
und Victoria Verina — — domu foro Hadrianensi , provincia Germania inferiori
C. 1. L. III n. 4279; auf den Kechtssatz Dig. 1, 22, 3: si eadem provincia
postea divisa sub duobus praesidibus constituta est , veluti Germania , Mysia , ex
altera ortus in altera adsidebit nee videtur in sua provincia adsedisse; endlich
auf Tac, Ann. 13, 53, wo Belgica in Bezug auf Germania superior eine oliena
provincia genannt wird. Plinins, welcher in der (reographie Galliens dunhatis
dem Agrippa folgt und deshalb nur 4 Provinzen (xalliens erwiihnt (Desjardins
Gioyr. de la Gaule p. 36 IT. Zumpt Stud. Rom. p. 107. Comm. ep. 1 p. 198),
redet doch 19 % 145 von Spargeln , die in superior Germania wachsen , und 34
S 2 von einer Germania provincia.
5) Unter Hadrian kommen vor: A. Platorius — leg. propr. provinc. German.
Inferior. Orelli 822; Q. Lollins — Urbicus — leg. Aug. provinc. Germ, inferio-
ri» Henzen 6500; [lulius Hevcrusl, leg. Aug. pr. pr. provinc. Germaniae infe-
rioris Henzen 5458 nach der Ergänzung von Horghesi Burb. p. 67= Oeuvres
4 p. 169. Spätere Inschr. mit ICrwähnunu der provincia i. bei Mommsen a. a. O.
8. 233.
— 124 —
Galliens unter einem Procurator standen, so wird die Thatsache,
dass später Aquilania mit Lugdunensis und Belgica mit den bei-
den Germaniae ebenfalls einen Verwaltungsbezirk bilden ^j , sich
aus dem Hinzutreten dieser neuen Provinzen erklaren , durch
welches die Theilung der zu umfangreichen Verwaltung noth-
wendig wurde. Allein auch in Beziehung auf die financielle Ver-
waltung bestand zwischen den Germaniae und Belgica eine feste
Zollgrenze; denn um den Heeren Zollfreiheit zu gewähren, hatte
man die Accisestalion für Gallien nach Metz verlegt 2),
Von den beiden Provinzen, welche durch die Nahe (Nava)
von einander getrennt wurden 3), umfassle die südliche, Germania
supenor, die Gegenden um Strassburg, Speier, Worms bis Mainz
(Moguntiacum) hinauf, wo der Statthalter residirte^). Noch bei
Augustus Tode bildete der Rhein die Ostgrenze der Provinz,
später, wahrscheinlich durch Domitian^), wurde dieselbe nach
Osten hin erweitert, und noch später, vielleicht seit Hadrian^^),
1) T. Yarius Clemens heisst in mehreren, c. 160 n. Chr. gesetzten In-
schriften proc(urator) provinciarum Belgicae , Germaniae superioris , Germaniae
inferioris ( C, /. L. III n. 5212); proc. provinciarum Belgicae et utriusque Ger-
maniae ib. n. 5215; vgl. 5213. 5214. Ein proc. a rationib. provinciarum Belgicae
et duarum Germaniar. unter M. Aurel Orelli 3574; ein vice proc. patrimon.
prov. Belgic. et duarum Germaniar. Henzen 5530; ein proc. rat(ionis) priv(atae')
per Belgicam et duas Germanias Henzen 6932. Tac. H. 1, 12: paucis post Ka-
lendas lanuarias diehus Pompeii Propinqui procüratoris e Belgica litterae adfe-
runtur , superioris Germaniae legiones rupta sacramenti reverentia imperatorem
alium flagitare ; vgl. c. 58. Doch unter Hadrian auch ein proc. provinciae Bel-
gicae ohne weiteren Zusatz, Henzen 6539. Der cens{itor) Germ. inf€ricr(is^ bei
Schiassi Guida al mus. di Bologna p. 72, welchen Momrasen anführt, ist ein
Unterbeamter, wie der subprocurator provinc. Belgicae in der Inschr. Hermes 4
S. 218. Bei den procuratores vicesimae hereditatum findet sich noch eine andre
Combination ; einer verwaltet Lugdunensis, Belgica und beide Germaniae [Orelli
798 aus der Zeit des Septimius Severus s. Henzen Rhein. Jahrb. XII (1848) und
Inscr. p. 78), ein andrer Narboneusis und Aquitania, Henzen 5480 aus der Zeit
der Antonine. Ib. 6929.
2} Inschr. v. Metz bei Desjardins p. 46: GENIO C. AVR. MATERNi
PREP. STATIonis quadragesimae civitatis mediomatricorum. CATHlRIGus
DELFICVS CLIENS.
3) Boecking zu Ausonius Mos. v. 10 und Not. Dign. II p. 483. 849.
4) Boecking iV. D. II p. 483.
5) S. K. L. Roth Die Vereinigung Schwabens mit dem römischen Reiche
durch Domitianus, im Schweizer. Museum für hist. Wiss. 2 S. 30. Frontin. Strat.
1. 3, 10: Imperator Caesar Domitianus Augustus, cum Germani more suo e sal-
tibus et ohscuris latebris subinde impugnarent nostros., tutumque regressum in pro-
funda 'silvarum haberent, limitibiis per centum viginti milia passuum actis , non
mutavit tantum statum belli, sed subiecit ditioni suae hostes , quorum refugia nu-
daverat. Auf ihn beziehen sich die Arae Flaviae (Rottweil).
6) Man beruft sich für diese Annahme auf Spart, v. Hadr. 12, 6 : per ea
tempora et alias frequenter in plurimis locis, in quibtis barbari non ßuminibus sed
— 125 —
durch eine Mauer gesichert, welche, an der Lahn beginnend und
in einer krummen Linie bis Regensburg geführt i), die Ostgrenze
der Germania swperior und die Nordgrenze von Raetia bildend,
das Dreieck zwischen Rhein und Donau abschloss, das unter dem
Namen der agri decumates bekannt ist. Der nur einmal vorkom-
mende Name^) ist von unsicherer Deutung, indessen wird er
doch jedenfalls auf den Zehnten zu beziehen sein^), welchen die
Ansiedler zahlten. Aus den vielen erhaltenen Denkmalern der
Gegend ist ersichtlich, dass das Land bevölkert war, durch Kunst,
Handel und Gewerbe blühte, und dass auch römische Truppen
darin stalionirt waren. Erst nach Aurelians Tode durchbrachen
die Deutschen den Grenzwall und nahmen das Land in Resitz'*),
welche» , obwohl noch einmal von Probus 276 erobert und be-
festigt^), doch wieder verloren ging; denn Valentinian und Gra-
tian befestigten im J. 369 den Rhein als Grenze^). Germania
inferior ging schon seit der Niederlage des Varus , wenn man
einzelne befestigte Puncte, wie das unter Tiberius erwähnte Ca-
stell Aliso an der Lippe abrechnet, östlich nicht über den Rhein
hinaus'). Seine Hauptstadt wurde Colonia Agrippinensis ^ früher
oppidum Uhiorum genannt^), das im J. 51 n. Chr. zu Ehren der
Agrippina , Gemahlin des Claudius, zur römischen Colonie erho-
ben wurde ^).
Von den durch Cüsar eroberten Provinzen leistete Aquitanien Romanisi-
rungdörgal-
dem Eindringen römischer Gesittung am wenigsten Widerstands^*) ; nscheuPro-
limitihua dividuntur , stipitibus magnis in modum muralis sacpis funditus (actis
atque conexis harbaroa aepanivit.
i) S. Lkert Geogr. d. Gr. u. R. Germania S. 278 ff. C. 1. Leichtlen Schwa-
ben unter den Kömern, Freiburg 1825. 8.
1) Tar. Germ. 29 : non numeraverim inter Germanine populos, quanquam Irans
Rhenurn Danubiumqut consederint, eos^ qui decumates ayros exercent. Levissimtis
quisque Gallorum et iw/pia audax dubiae possessionis solum occupavere. Mox limite
acto promotisqtie praesidiis simis imperii et pars provinciae habentur. Kin limes be-
stand also schon im J. 98 n. Chr., in welchem die Germania herausgegeben ist.
3) Decumus hat eine Analogie mit infemas und supernas.
4) Vopiscus V. Taciti 3, 4.
b) Vopigcus V. Probi 13. 14.
6) Ammian. 28, 2: Hhenum omnem a RaeÜarum exordio adusque frttaUm
Oceanum muynis molibus communiebal, castra extoUens altius et castella, turresque
assiduas per hnbiles locoa et opporlurioB^ qua Galliarwn extendHur longitudo. Vgl.
30, 3.
7) Ukert Germania S. 270 ff.
8J Tac. Ann. 1, 3«.
9) Zompt Comm. epiyr. I p. 384.
10) Ammian. 15, 11: Aquitani tnimf ad quorum Utora ut proxima placidaqut
— 126 —
in den andern suclilo man einzelne Stumme durch Gewährung
eines billigen Bündnisses *), die Vornehmen aber durch Verleihung
der römischen Civitiit 2) in das römische Interesse zu ziehen.
Die letztere lehnten die Gallier anfangs entschieden ab^)^ aber
bereits unter Claudius strebten sie nach dem ins bonorum in
Rom '*) , wie dieses die Bürger aus Gallia Narbonensis schon
seit Cäsars Zeiten theilweise erhalten hatten •'>). Durch Claudius
erhielten dieAedui*»), durch Galba eine Anzahl anderer Stamme^)
das volle Bürgerrecht; den Lingones wurde es durch Olho ver-
liehen^), und auch Hadrian scheint in dieser Beziehung thUtig ge-
wesen zu sein*"'). Von den Colonien, welche erwähnt werden, ist
ausser der Golonia Agrippinensis (Köln) auch Augusta Treverorutn
(Trier) wahrscheinlich dem Claudius i«)^ Aventicum (Avenches in
der Schweiz) dem Vespasian oder einem seiner Söhne i^), Colonia
Traiana (Kelln bei Cleve) dem Traian zuzuschreiben. Unbekannt
merces adventiciae convehuntur , moribus ad mollitiem lapsis, facile in ditionem
venere Romanam.
1) Nach Plin. N. i/. 4 § 106 waren in Belgica liberi die Nervii, Suessio-
nes, Ulmanectes, Treviri, foederati die Lingones, Remi. Von den Batavi sagt
Tac. Germ. 29 : rnanet honos et antiquae societatis insigne. Nam nee trihuüs
contemnuntur, nee j)ublicanus atterit: exempti oneribus et collationibus et tantum
in usum proeliorum seposiii velut tela atque arma bellis reservantur. cf. Tac. Hist.
5, 25, 2. In Liigdunensis waren die Meldi und Secusiavi liberi, die Aedui und
Garnuteni foederati (Plin. 4 § 107), in Aquitanica die Santones, Bituriges und
Averni Liberi (§ 108).
2) Tac. Ann. 11, 23: primores Oalliae, quae Comata appeliatur, foedera et
civitatem Romanam pridem assecuti. Hierüber handelt ausfülulich Zumpt De pro-
pagatione civitatis Romanae in Stud. Rom. p. 325 ff.
3) Cic. pr. Balbo 14, 32: etenim quaedam foedera exstant, ut Cenomanorum,
Insubrium, Helvetiorum^ lapydum, nonnuUorum item ex Gallia barbarorum, quorum
in foederibus exceptum est, ne quis eorum a nobis civis recipiatur.
4) Tac. Ann. 11, 23.
5) Tac. Ann. 11, 24: num paenitet Balbos ex Uispania nee minus insignes
viros e Gallia Narbonensi transivisse? und in der Originalrede des Kaiser Clau-
dius auf der Broncetafel von Lyon (abgedr. im Tacitus v. Nipperdey Bd. 2) heisst
es : ornatissima ecce colonia valentissimaque Viennensium quam longo iam tem-
pore senatores huic curiae confert! und weiterhin: qicod si haec ita esse consen-
titis , quid ultra desideratis quam ut vobis digito demonstrem , solurn ipsum ultra
fines provinciae Narbonensis iam vobis senatores mittere, quando ex Lugduno ha-
bere nos nostri ordinis viros non poenitet?
6) Tac. Ann. 11, 25.
7) Tac. H. 1, 8. Plut. Galba 18.
8) Tac. H. 1, 78.
9) Wenn es bei Spart. Hadr. 21, 7 von ihm heisst: Latium multis civitati-
bus dedit, so ist daraus wohl zu schliessen, dass er den Communen, die bereits
das ius Lata hatten, das Bürgerrecht verlieh.
10) Zumpt Comm. ep. I p. 385.
11) Mommsen Inscr. Confoed. Helvet. p. 27.
— 127 —
ist dagegen der Ursprung der narbonensischen Bürgercolonien
Acusio, Apla (Colonia lulia Apta Vulgientium, jetzt Apt), Cabellio
(Cavaillon), Dea Angusta Vocontiorum (Die), Maritima, Nemausus
(NImes), Colonia lulia Augusta Apollinarium Reioruni (Riez) und
Tolosa (Toulouse) ^).
Zu den genannten 6 Provinzen Galliens kommen nun noch
drei Alpendistricte, nämlich
7. Alpes maritimae, im J. 14 v. Chr. durch Aueustus T-Aipcs
' ' ^ maritimae.
zur Provinz gemacht 2). Sie standen unter einem procurator'^]
und erhielten 63 n. Chr. durch Nero das ins Latii^).
8. Alpes Colliae. Die <4 Gemeinden, welche im J. 8 i-^}P<'^
' ' Cotttae.
V. Chr. dem Augustus den Triumphbogen in ihrem Hauptort der
civitas Segusinorum errichteten und in dessen Inschrift verzeichnet
sind^), bildeten damals ein Königreich ^j , regnum Coltii'^), welches
hernach Claudius anerkannte und vergrösserte ^) , Nero aber nach
dem Tode des Cottius in eine procuratorische Provinz verwan-
delte^). Die Einwohner hatten, vielleicht seit dieser Zeit, latini-
1) S. Desjardiiis zu den einzelnen Städten und Zumpt a. a. O. p. 412, der
diese Colonien ohne Grund dem Hadrian zuschreibt.
2) Dio Cass. 54, 24 : xfixe oe oi te flawovioi vewTepioavxe? ctür^t; iyei^iii-
Orjoav xotl al "AXret? al 7rapai*}oiXd(J5ioi , 'jtto Af/uwv twv Ko[j.tjT(«v %aXo'j[Aevwv
3) Strabo 4 p. 203 : xtöv hi pexa^u xou O'Jotpo'j y.al x-^; Fevo'ja; Aqutov oi
(jiev ^Tii xV] ftotXaxxT] xoT; 'IxaXt(uxat; eiolv o\ a'jxoi. inl oe xou; ipeivou; rifj-Trexai
xt? uTiapyo; xör; l-riy-ojv dvopojv, xotDaTrep y.ai dr dXXou? xöiv xeXäo; ßcxpßdpojv.
Der procurator Alpium Marilimarum (denn diesen meint Strabo) kommt öfters
vor. Tac. H. 2, 12: maritimas tum Alpes tenebat procurator Marias Malurus, vgl.
3, 42. Orelli 2223. 3331. Henzen 6928 =C. /. L. 11 n. 1970. Ein praefectm
Alpium maritimar. Grut. p. 287, 7; ein praef. rivitat. in Alpib. Maritumis,
Ilenzen 6938. Ein ir.krjOTioi xal -fiYefxwv xwv TtapaftaXctactojv "AXretuv in einer
Inschr. von Massilia C. J. Gr. G771. Kin(/Iamen) provinriae Alpium Marilimarum
aus dem Jahr 181 n. Chr. Orelli 2214. Ein Aurdius Khodismanus Aug. Hb. (a)
comment^ariis) Alp. Maril. Miirat. p. 1022, 5.
4) Tac. Ann. If), 32: eodem anno Caesar nationes Alpium maritimarum in
ius Lata transtulit.
h) MafTei Mus. Ver. p. 234 = Orelli 626.
0) Der König lieisst in der Inschrift M. Julius reyis Donni f. Cottius, prae-
fectua ceivitalium quae aubscriptae sunt.
7) regnum Cotii helsst der District noch auf der Peutingerschen Tafel. Des-
jardins a. a. O. p. 3.') f.
8) Dio CasH. 60, 24 : Mdfpxtfi 'IouX(<{) Koxxdji tV)v rotxptoav dtpy^v , \i ivX
T&v "ÄXitetov x<üv />[xoj^6(i.<ov elye , TTpo^eTTT^uSTjoe , paotXda auxiv röte itpffirov
«ivo(ji<£o7;.
9) Suet. f^tro 18: Pnnti modo regnum, ronredente Polemone , item Alpium
defuncto Cottio in provinciae formam redegit. Eulrop. 7, 14. Aurel. VMct. Cnea.
ö, 2; epit. f), 4. Kuseb. p. 161 Hral. Paulus Diac. Hist. misr. 8, f). Vopisc.
Auirel. 21. Kufu.H Inev. 3. Ein procurator Aug. Alpium i'ottinn. Orelli 2ir>6;
procurator Aug. nostri , prneaes Alpium Cottiar. Henzen ()939'»; (proruryitor et
— 128 —
sches Recht ^) . In der diocletianischen Reichseintheilung gehören
die Alpes Cottiae zur italischen Diöcese, und bei dieser blieben
sie auch in der Folge 2).
2. Alpen 9. Die Alpes P oeninae^), auch Alpes Atractianae et Poe-
Poenttuie. ^ n i
ninaej Alpes Graiae et Poeniruie, vielleicht anfangs zu Raetia ge-
hörig'*), dann aber^ man weiss nicht seit wann, jedenfalls im zwei-
ten Jahrhundert, eine procuratorische Provinz 5) ^ umfassten das
ganze schweizerische Rhonelhal (Canlon Vallis) ^) mit 4 civitates'^)
und das südlich vom Genfersee liegende Gebiet der Ceutrones,
deren Westgrenze gegen das Gebiet von Vienne im Jahr 74 durch
den Statthalter von Obergermanien , Gnaeus Pinarius Cornelius
Clemens, unter dem die westliche Schweiz stand ^), regulirt ward^).
praeses Alpium Cotti Grut. p. 493, 7. In der römischen Inschr. aus Tiberius
Zeit Ballett. 1853 p. 182 ist nach Mommsen ( C. /. L. III p. 588) zu lesen:
procurator re[gni Cotti] et provin[c] Nar\bonens].
1) Plin. N. E. d % 135.
2) S. oben S. 83. 84.
3) üeber die Schreibart Poeninae, nicht Penninae s. Mommsen Die Schweiz
in römischer Zeit. 9ter Bericht der antiq. Gesellsch. in Zürich 1853. 4 S. 6.
Mommsen Inscr. Conf. Helv. p. 4 ff.
4) Mommsen Die Schweiz S. 6,
5) Ein proc. Alpium Atractianar. et Poeninar. iur. gladi. Orelli 3888 ; proc.
Alp. Atrectianar. Orelli 2223. Ausserdem haben sich in Axima Ceutronum (Ptolem.
3, 1, 37), jetzt Aixme, eine Anzahl \on Inschriften gefunden, in welchen 4
Procuratoren genannt werden : 1. 2'. Pomponius Victor proc. August. (Orelli 1613),
der in der von ihm gesetzten versiücirten Inschrift sagt : dum ius guberno rem-
que fungor Caesarum; 2. Malli{us) — — proc. Am(^.); 3. Caetronius Cus[p^a-
nus proc. Aug. 4. L. Atinius Marhinianus v(jr) e{gregius) proc. Aug. S. Allmer
im Bull. d. Inst. 1869 p. 263 ff. Von diesen nennt sich der erste proc. Augusto-
rum , lebte also wohl unter M. Aurel und Verus (161 — 172) oder M. Aurel und
Commodus (177—180) oder Sever und Caracalla (198 ff.).
6) Mommsen Die Schweiz S. 6.
7) Inschr. v. S. Maurice, Mommsen Inscr. Conf. Helv. n. 17 aus dem Jahr
23 n. Chr. : Druso Caesari — — civitates IUI vallis Poeninae. Es sind dies
Sedunorum civitas (Sitten), Vallensium civitas oder Octodurum (Martigny), Nan-
tuütium civitas oder Tarnaiae (8. Maurice), Penneloci (Villeneuve).
8) Vgl. Mommsen Die Schweiz S. 7.
9) Die Inschrift, aus welcher sich dies ergiebt (Henzen 5256), ist erst neuer-
dings von Renier Revue archeol. XVP annee p. 358 ff. sicher gelesen worden und
lautet: ex auctorita{te') imp. Caes. Vespasian. Aug. pontifieis max. trib. potest. V
cos. V design. VI Cn. Pinarius Cornel. Clemens leg. eius pro pr. exercitus Ger-
manici superioris inter Viennenses et Ceutronas terminavit. Aus dieser Inschrift
und dem dazu von Itenier beigebrachten Material geht hervor, 1) dass die in
den jetzigen Texten des Caesar, Strabo, Plinius und Ptolemaeus vorkommenden
Centrones richtiger Ceutrones zu schreiben sind; 2) dass, da die Grenze zwi-
schen ihnen und den Viennenses nicht durch den Statthalter der Narbonensis
festgestellt wird, die Ceutrones nicht zu Oallia Narbonensis gehören, sondern
zu einer andern Provinz, die nur die der Alpes Poeninae sein kann.
— 129 —
Nach Diocletian heisst die Provinz Alpes Graiae et Poemnae i), ge-
wöhnlich Alpes Graiae, und gehört zur dioecesis Galliarum^).
Im vierten Jahrhundert finden wir eine wesentlich andere Eintheiiung
Galliens
Theilung der gallischen Provinzen, welche im Ganzen dem Dio-nachDiocie-
cletian zuzuschreiben ist, später aber noch einige Veränderungen
erfahren hat^). Nach dieser zerfällt ganz Gallien in zwei grosse
Ländercomplexe, die dioecesis Galliarum und die dioecesis Vien-
nensis.
Die dioecesis Galliar^um hat um 297 8 Provinzen:
1. Belgica prima unter einem consularis , Hauptstadt civitas
Trevirorum (Trier) .
2. Belgica secunda unter einem consularis^ Hst. Durocortorum
Remorum (Reims) .
3. Germania prima u. e. consularis, Hst. Mogimtiacum (Mainz).
4. Germania secunda u. e. consularis , Hst. Coloriia Aprippi-
nensis (Köln).
5. Maxima Sequanoriim u. e. praeses *) ^ Hst. Vesontio (Be-
sancon).
6. Lugdunensis prima u. e. praeses^), Hst. Liigdunum (Lyon).
7. Lugdunensis secunda w. e. praeseSj Hst. Rotomagus (Ronen).
8. Alpes Graiae et Poeninae u. e. praeses j mit den Städten
civitas Vallensium Octodurum (Martigny) und civitas Ceu-
tronum Darantasia (Moutiers-en-Tarentaise) .
Hiezu kommen um 385 6) :
9. Lugdunensis u. e. praeses, Hst. Caesarodunum Turonum
(Tours).
4 0. Lugdunensis Senonia u. e. praeses, Hst. civitas Senonum
(Sens).
1) Ammiaii. 15, 11.
2) Verz. der Prov. v. 297 p. 511, Polemii Silvii laterculus ed. Mommsen
p. 253. 266. Not. Diyn. Occ. cd. Roecking p. 489.
3) Quellen für diese neue Provincialverfassung sind ausser dem veroneser
Verzeichniss der Provinzen (um 297), dem hreviarium des S. liufus (um 369),
dem laterculus des Polemius Silvius (um 386) und der Notitia Digniiutum auch
die Notitia provinciarum et civitatum Galliae aus Honorius Zeit (.'{95 — 423) her.
V. Sirraond in der zweiten Ausgabe der Concilien Tom. I (1629 fol.) und bei
Rouquet Recueil des historiens des Gaules et de la France, Paris 1738 ff. fol. 1
p. 122 ff. Andere Kecensionen dieses Verzdrhnisses s. bei J. F. Gronov. Var.
(Jeoyr. , Lugd. Hat. 1739. 8 p. 40 ff. Houquct Vol. 2.
4) Inschr. von 294. Mommsen Inscr. Conf. Uelv. n. 239.
5) Diesen hatte wie nocli .'Jl'J. Cod. Th. 11, 3, 1, dagegen hat sie 372
einen consuUiris. Fr. Vat. ^ 36.
6) S. .Mommsen Verz. d. K. Pr. um 297 ö. 611.
lt. .111 A lürth, IV. 9
1
— 130 —
Die dioecesis Viennensis hat um 297 7 Provinzen:
1. Viennensis unter einem consulariSj Hst. Vienna.
2. Narhonensis prima u. e. praeses, Hst. Nai^bo.
3. Narhonensis secunda u. e. praeses, Hst. Aquae Sextiae (Aix).
4. Novem populi oder Novempopulana u. e. praeses, Hst. ^/M.9a
(Ciutat prös d'Eause) .
5. Aquitanica prima u. e. praeses , Hst. civitas Bilurigum
(Bourges) .
6. Aquitanica secunda u. e. praeses. Hst. Burdigala (Bordeaux).
7. i4/p^s maritimae u. e. praeses, Hst. Ebrodunum (Embrun).
Die Theilung der Narhonensis und Aquitanica in zwei Pro-
vinzen muss später erfolgt sein^ als die Einrichtung der Diöcese,
deren Statthalter noch im vierten Jahrhundert den Titel vicarius
quinque provinciarum führte), während er später allerdings vica-
rius Septem provinciarum genannt wird 2).
XV. Britannia.
Die Eroberung von Britannien ist langsam vor sich gegangen,
zunächst vielleicht deshalb, weil sie wenig Vortheil zu versprechen
schien 3). Die beiden Expeditionen, welche Cäsar in den Jahren
55 4) und 54 5) dahinunternahm, hatten keine dauernden Folgen;
denn die Abgabe, welche er den von ihm besiegten Stämmen
auflegte ♦j), wird, da er eine Besatzung nicht zurückliess, nicht
lange gezahlt worden sein. Augustus hat einen Z\i% nach Britan-
1) Inschr. Henzen 6471.
2) Henzen 6910. Vgl. Gothofr. ad C. Th. 16, 10, 15. Boecking N. D. 2
p. 470 ff. Mommsen a. a. 0. S. 512.
3) Appian. prooem. Yol. I p. 5, 28 Bekk, : v.a\ xöv ßopetov (juxeavov d? ttjv
BpexxaviSa v^oov Trepdaavxe; xö -/.pdxioxov auxfj? eyouoiv UTrep i^fjLtcu, ouSev
XTJ? aXXv]? SeöfJievot • ou ^(äp e'jcpopo? auxoTc doxiv ouo' tj^ syo'jotv. Cic. ad AU.
4, 16, 13 : etiam illud iam cognitum est , neque argenti scripulum esse ullum in
illa insula, neque ullam spem praedae nisi ex manclpiis. — ad fam. 7, 7: in
Britannia nihil esse audio neque auri neque argenti.
4) Caesar B. G. 4, 20—36. Drumann 3, 293 ff.
5) Caesar B. O. 5, 5—23. Drumann. 3, 299 ff.
6) Caesar B. G. 5, 22 : obsides imperat et quid in annos singnlos vectigalis
populo Romano Britannia penderet , constituit. Cic. ad Att. 4, 17, 8: confecta
Britannia., ohsidihus acceptis nulla praeda, imperata tarnen pecunia. Liv. ep. 105 :
aliquam partem insulae in potestatem redegit. Hieraus haben Spätere eine Erobe-
rung des Landes gemacht, wie l'^utrop. 6, 17(14): Britannos stipendiarios fecit.
5. Ruf US 6: decimo anno Gallias et Britannias tributarias fecit.
— 131 —
nien zwar zweimal , 34 ^j und 27 v. Chr. 2) vorbereitet, aber nie-
mals ^virklich ausgeführt ^) und sich begnügt einen gewissen
politischen Einfluss in Britannien geltend zu machen ^J. Einige
Häuptlinge suchten bei ihm Schutz ^) , andere öffneten ihr Land
dem römischen Handel 6), und das Land blieb frei, bis der im
J. 43 unternommene Feldzug des Kaisers Claudius") zu einer
theilweisen Besetzung der Insel ^), der Auflegung regelmässiger
Abgaben^) und der Einrichtuns der Provinz ^ö) führte. In Fol ee Einrichtung
o / n / o der Provinz.
dessen wurde, obwohl die Eroberung des Landes erst nach und
nach, namentlich durch Agricola (78 — 84) in Ausführung kam,
doch sogleich ein Heer in der Provinz stationirt ^i), ein Statthalter
eingesetzt J 2) und im J. 50 die Colonie Camulodunum (Colchesler)
1) Dio Cass. 49, 38.
2) Dio Cass. 53, 22. 25. Horat. Od. 1, 35, 30: 3, 5, 3 ; vgl. 1, 21, 15:
4, 14, 48.
3) Dio Cass. 62, 4.
4) Strabo 4 p. 200: vjvi pivxot töjv O'jvaaTöiv xtve; töjv auxoi^t zpeG^euoeat
7.at 0epci7:e(ai? xarao'/f'jaaafxevoi ttjv x:p6; Kataapa tov ^eßaaxov cpiXtav dvaO-r]-
(xaxd xe dv^&tj7.otv ^v xtjj KaTrexcuXico xal oizeiav <r/eh6v xt Tiapeoy.s'jcxaav xoi?
Ttt)(j.aiot; 2XrjV xtjv v^oov.
5) Mon. Ancyr. 5, 54.
6) Strabo 4 p. 200.
7) Sueton. Claud. 17. Vespas. 4. Dio Cass. GO, 19—23. H. Lehmann Clau-
dius und Nero und ihre Zeit Bd. I, Gotha 1858. S. 225—229.
8) Suet. Claud. 17: parte insulae in ditionem recepta. Suet. Vesp. 4: Claudio
principe Narcissi gratia legaius leyionis in Germaniam missus est; inde in Bri-
tanniam translatus iricies cum hoste conßixit. Duas validissimas yentes superque
viginti oppida et insidam Vectem (Wight) liritanniae proximam in dicionem rede-
git, partim Auli Plauti legati consularis partim Claudii ipsius ductu. Es ist noch
ein Theil der Inschrift des Triumphbogens vorhanden; welcher in Rom dem Clau-
dius wegen der Beilegung Britanniens errichtet war. Die Inschrift ist von Bor-
mann Kph. epigraph. 1872 p. 221 so ergänzt worden: TI, CLAVdio drusi f.
caiSARI AVGVsto germaniCO PONTIFICi maximo trib. potesTAT. XI cos V
IMp. xxi patri paTRIAI SENAT VS POpulusque ROmanua qVOI) REGES
BRlTanniai sine VLLA JACTVRa in deditionem acceperit GENTESQVE Bar-
baras Irans oceanum PRIMVS. IN DIClonem populi romani redegerit.
9) Dio Cass. 62, 3.
10) Tacit. Agr. 13: divus Claudius auctor iterati operis transvectis legionibus
nuxiliisque et assumpto in partem rerum Vespasiano. Domitae genles, capti
reges et monstratus fatis Vespasianus. c. 14: consularium primus Aulus Plautius
praepositus ac subinde Ostorius Scapula — — redactaque paulatim in fnrmam
provinciae proxima pars Britanniae. Claudius selbst crwälint in seiner Kode col.
I a. Ende (Nipperdey Taciius 2 p. 224) die gloria prolati imperi ultra Oceanum.
Auf die Eroberung bczichn sich auch dio Inschr. Orelli 715 und acht Epigramme
der Anthologia Lat. 2, 84—91 Biirm. n. 762—769 Moyer.
11) E. llübner Diu römischen Heeresabtheilungen in Britannien im Rhein.
Museum N. F. XI (1857) S. 1—57 und Nachträge XH (18ö7j 8. 84 (T. XIV
(1859) S. 347-357.
12) Die Reihe der Statthalter bis auf Domitian ist volUtändig bekannt. Es
siiid 1. Auluii I'lautiuM 44 — 47. 2. P. OütoriuK ticapula 47—51. 3. A. Dldiutt
9*
— 132 — '
angelegt 1). Im J. 81 begann Agricola das Befestigungswerk, wel-
ches den Norden der Provinz gegen die Picten und Calidonier
sichern sollte. Dasselbe liegt zwischen der Clota und Bodotria
[the Friths of Clyde und of Forth)^) und ist im J. 140 unter
Antoninus Pius zum zweitenmale gebaut worden ^) , nachdem es
theilweise zerstört worden war. Unter Hadrian nämlich fand eine
grosse Empörung [der Einwohner statt '^) , die der Kaiser zwar
persönlich niederwarft), in Folge deren er aber die Grenze süd-
licher rückte, und dieselbe durch einen neuen Grenzwall, den
murus Hadriani sicherte, der vom Frith von Solway (Ituna Aestua-
rium) bis zur Mündung des Flusses Tyne reichend, für die fol-
genden Jahrhunderte den limes provinciae bildet. Diese Mauer
ist von Severus verstärkt worden ^) und bestand seitdem aus
Gallus 52 — 57. 4. Q, Veranius Nepos 58. 5. C. Suetonius Paulinus 59 — 61.
6. Q. Petronius Turpilianus 62 — 64. 7. Trebellius Maximus 64 — 69. 8. Vettius
Bolanus 69—71. 9. Q. Petilius Cerealis 71—74. 10. S. Julius Frontinus 74—78.
11. Cn. lulius Agricola 78 — 85. S. Tacit. Agr. 14 — 18. Hübner Die röm. Le-
gaten von Britannien, im Rhein. Museum N. F. XII (1857) S. 46—83; vgl. XIV
S. 357 ff. Urlichs Comm. de vita et honoribus Agricolae, Wirzeburgi 1868. 4
p. 25 if. Borghesi Oeuvres 3, 70. 188; 6, 34. 476. Boecking N. D. 2 p. 498 f.
1) Tac. Ann. 12, 32. Zumpt Comm. ep. 1 p. 389. Ueber die zweifelhafte
Lage des Ortes s. W. Smith Dictionary of Öreek and Roman Geography, London
1856. 8 Vol. I p. 645.
2) Tac, Agr. 23 : quarta aestas obtinendis , quae percucurrerat , insumpta,
nc, si virtus exercituum et Romani nominis gloria pateretur, inventus in ipsa Bri-
tannia terminus. Namque Clota et Bodotria , diversi maris aestibus per immensum
revectae, angusto terrarum spatio dirimuntur, quod tum praesidiis firmabatur, atque
omnis propior sinus tenebatur , summotis velut in aliam insulam hostibus. Ueber
diesen Wall handelt mit Benutzung der englischen Quellen Boecking N. D. 2,
887 Anm. Vgl. Hübner Monatsberichte der Acad. zu Berlin 1866 S. 794 ff.
3) Capitolin. Anton. P. 5, ^•. Britannos per Lollium Vrbicum vicit legatum
alio muro cespiticio summotis barbaris ducto. Pausan. 8, 43 : 'Avtcavivo?
dTrexIfxeTO he vtai xtbv dv BpSTxavta x-^jv tioXXtjV, oxt iTrecßaivstv xal ouxoi ouv
SttXoii; TJp^av ic, x-iqv Fevou^nav [xoTpctv, »jtutjXoou; 'P(o|jLaiu)V. Dio Cass. 72, 8.
Orelli n. 845. Dass Antonius Wall mit dem des Agricola ein und derselbe ist,
wird allgemein angenommen. Vgl. Mannert Geogr. d. Gr. u. Römer 2, 2 (1822)
S. 67. 113. 215 ff.
4) Spart. Hadr. 5, 2 : Britanni teneri sub Romana ditione non poterant.
Fronte p. 200 ed. Rom. 1823 = p. 144 ed. Rom. 1846 = p. 218 Naber.: quid?
avo vestro Hadriano Imperium obtinente quantum militum a ludaeis , quantum ab
Brittannis caesum?
5) Spart. Hadr. 11 : Britanniam petit in qua multa correxit murumque per
octoginta milia passuum primus duxit, qui barbaros Romanosque divideret. Die
expeditio Britannica des Hadrian erwähnen die Inschriften Orelli 804. Hen-
zen 5456.
6) Spart. Sever. 18, 2 : Brittanniam , quod maximum eins imperii decus est,
muro per transversam insulam ducto utrimque ad finem Oceani munivit. Vgl. c.
22, 4. Aurel. Vict. Caes. 20. Eutrop. 8, 10 (19). Cassiodor ad a. 207 in Momm-
sen Die Chronik des Cassiodorus Senator p. 640 : his conss. Severus in Brittan-
nos bellum movit, ubi ut receptas provincias ab incursione barbarica faceret secu-
— 133 —
einer doppelten Kette von Verschanzungen. Die nördliche Linie
ist gemauert und enthält 81 Castelle, die südliche ist nur durch
einen Erdwall und dazu gehörigen Graben befestigt. Die letztere
schreibt man dem Hadrian, die erstere dem Severus zu^).
Die ungetheilte Verwaltung der so begrenzten Provinz führte ygj.^^j^^j^
ein consularischer legatiis Aug. pr. pr. 2) , der einen Procurator
unter sich hattet), bis sie im J. 197 n. Chr. nach dem Tode des
Clodius Albinus von Septimius Severus in zwei Theile getheilt
wurde, Britannia sttperior und inferior^), jede, wie es scheint,
unter einem praeses^). Nach der Diocletianischen Organisation
hat das Land vier Provinzen: i. Britannia prima, 2. Britannia
secunda, 3. Maxima Caesariensis, 4. Flavia Caesariensis^), w'ozu
im J. 369 als fünfte Provinz Valentia gefügt wurde'). Von die-
sen waren Maxima Caesariensis und Valentia consularisch, die
drei andern präsidialisch ^j .
Die Donauprovinzen.
XVI. Eaetia9>
Rätien, welches den von der Donau südlich liegenden Theil
Baierns, den nördlichen Theil von Tirol und den östlichen Theil
riores, vallum per CXXXJI passuum milia a mari ad mare duxit. Die übrigen
Zeugnisse s. bei Boecking N. D. 2 p. 889 ff.
1) lieber diesen Wall ist die Hauptuntersuchung C. Bruce The Roman
■wall; descript. of the mural harrier of the Nord of England. 3 edit. London
1867. 4. Vgl. Boecking N. D. 2 p. 887 ff. Hübner Monatsberichte der Berl. Acad.
1866 S. 789.
2) Dies sagt Tac. Agr. 14. Auch ergiebt es sich aus den bekannten Lega-
ten, vgl, Borghesi Oeuvr. 6 p. 145,
3) Proc. Aug. prov. Britanniae Orelli 2222. Henzen 6701. 6936. C\ /. Gr.
6627. Hübner im Rhein. Mus. N. F. XIV 8. 361. 362.
4) Herodian. 3, 8, 2: (Severus) oioi%T)oai; oe xd xaxd t^jv Bperravtav xai
öteXwv £(; 86o -fjfeiAOvla; tt^jV tou Iffvouc d^ouoiav — — el; ti^jv 'P(6fA7jv -/jirei-
fCTO. Von der Bperravia yj dvo» spricht Dio Cass. oö, 23 schon bei der Aufzäh-
lung der Legionen unter Augustus , offenbar den Namen anachronistisch anwen-
dend; provincia Brittannia inferior hat die Inschr. Henzen 7414ß fp. 494) und
die fragmentirte Inschrift v. Musti in Gu^rin Voy. Arch. dan.<t la regence dt
TuniH 2 p. 102 n. 296. Die Art der Abgrenzung ist unbekannt. S. Hühner im
Rhein. Museum N. V\ XH, 84.
5) Ulpian. Dig. 28, 6, 2 J^ 4: quae senleniia rescripto imperatoris noatri
(die» ist Caracalla. 8. Fittirig Ueber das Alter der Schriften Itömischer Juristen,
Basel 1860 S. 43) ad Viriurn Lupum Brittanniae praesidem comprobata est.
V>
Ammian. 28, 3, 7.
8) Not. Dig. Occ. c, 22. Boecking 2 p. 500 ff.
9) Ueber diese Provinz handelt erschöpfend Mommson C. 1. L. III p. 706 ff.
8. auch P. C. Planta Das alte Uaetien, Berlin 1872. 8. J. S. Douglas» Die Rö-
mer in Vorarlberg, 8. Oallen 1871. 4.
vinz,
— 134 —
der Schweiz urnlasst'), wurde im Jaliie 73*.)=!-) von den Stief-
söhnen des Auguslus, Drusus und Tiberius unterworfen und zur
Provinz gemacht 2), Drusus schlug die Räler in den Iridenti-
nischen Alpen ^), drang über den Brenner zum Aenus (Inn) und
dem Lande der Breuni vor^) und eröfl'nete so die Strasse von
Italien bis zur Donau ^) ; Tiberius kam seinem Bruder von Gallien
aus zur Hülfe, schlug am Bodensee [lacus Brigantinus) die Vin-
delici und gelangte bis zu den Quellen der Donau ^j. Auf diesen
Sieg bezieht sich die Inschrift des tropaeum Alphtm, welches der
römische Senat und das römische Volk im Jahre 747 = 7 dem
Tiberius errichtete ') .
rischePro- Regiert wurde Rätien zuerst von einem Procuralor oder mit
vollständigem Titel procurator et pro legato provinciae Raetiae et
Vindeliciae et Vallis Poeninae^), welchem nur einheimische alae
et cohortes zur Verfügung standen 'J); M. Aurel legte indess die
1) Ausführlich sind die Grenzen bestimmt von Mommsen a. a. 0. p. 707.
Planta S. 55 ff., welcher letztere auch eine Karte der Provinz entworfen hat.
2) Vellei. 2, 39 : Raetiam autem et Vindelicos — novas imperio nostro sub-
iunxit provincias. Liv. ep. 138 : liaeti a Tiberio Nerone et Druso Caesaris pri-
vignis domiti. Suet. Oct. 21. Tib. 9. Horat. Od. 4, 4, 17; 4, 14, 6 ff. ; 4, 15, 21.
Florus 4, 12, 4. Oros. 6, 21. Aurel. Vict. ep'. 1. Eutrop. 7, 9.-
3) Dio Cass. 54, 22.
4) Horat. Od. 4, 14, 11; 4, 4, 17. Florus 2, 22 (4, 12).
5) Daher sagt sein Sohn Claudius , welcher diese Strasse später baute , in
der Inschr. Marini Arvali p. 77 : Ti. Claudius Drusi f. Caesar Aug. Germanicus,
pontifex maximus, tribunicia potestate VI, Cos. IV, Imp. XI, p. p. censor, viam
Claudiam Augustam, quam Drusus pater Alpibus bello patefactis derivavit,. munit
ab Altino usque ad ßumen Danuvium. MP. CCCL. Ueber diese Strasse s. Pall-
hausen Beschreibung der röm. Heerstrasse von Verona nach Augsburg, München
1816. Planta a. a. A. S. 75 ff.
6) Strabo 7 p. 292.
7) Plin. N. H. S ^ 136: imperatori Caesari Divi f. Aug. pontifici maxumo,
imp. XIIII, tribuniciae potestatis XVII SPQB, quod eins ductu auspiciisque gentes
Alpinae omnes quae a mari supero ad inferum pertinebant , sub imperium pop.
Rom. sunt redactae. Es folgen die Namen von 44 Völkerschaften , von welchen
aber nur ein Theil nach Raetien gehört. S. Mommsen p. 706.
8) Tac. Hist. 1, 11: Raetia, Noricum, Thracia et quae aliae procuratoribus
cohibentur. Genannt werden :
Porcius Septiminus procurator im J. 68. Tac. Hist. 3, 5.
Ti. lulius Aquilinus a. 108. C. I. L. HI p. 867.
Q. Caicilius Cisiacus — procur. Augustor. et pro leg. provinciai Raitiai et
Vindelic. et Vallis Poenin. Orelli 488 = C. I. L. V, 3936. (Die vallis Poenina
hat einen eigenen praefecius, Henzen n. 6939.)
T. Varius Clemens proc — Raetiae, Orelli 485. C. I. L. 111, 5211. 5212
um 152.
L. Tit[ulenus proc] Aug. Raetiae €[t Vindeliciae], Henzen Ballett. 1860
p. 200.
Die Inschrift Grut. 446, 3 ist ligorianisch. S. Borghesi Oeuvres 3, 186.
9} Tac. Hist. 1, 68.
i
— 135 —
von ihm neu eriichtele legio 111 Ualica oder Concordia^] nach erhält einen
Rälien^) und seit dieser Zeit war der Commandeur derselben zu-
gleich Statthalter der Provinz mit dem Titel legatus Augusti pro
praetore legionis III Ilalicac'^)^ bis unter Diocletian, unter welchem wird zu ita-
.1 1 • T n/%/\ • • • r. • . licn gezogen.
Sich schon im J. 290 em praeses provinciae Raeliae vir perfec-
tissimus findet '*), die Provinz mit der Diöcese des vicarius Italiae
vereinigt wurde. Unter den wenigen Städten Rätiens war Augusta
Vindelicorum die bedeutendste. Gegründet unter Augustus, war
sie wohl Anfangs ein forum ohne Stadirecht, später heisst sie
municipiwn ^) .
XVII. Noricum«).
Im Jahre 706 = 48 war Noricum ein Königreich, welches Regnum
im Bürgerkriege zwischen Cäsar und Pompeius auf Seiten des
ersleren stand'). Als im J. 738 = 16 die Noriker und Pannonier
einen Einfall in Histria machten, wurden sie von dem Proconsul
von Ulyricum, P. Silius geschlagen^) und scheinen sich in Folge
dieser Schlacht ohne weiteren Widerstand unterworfen zu haben ;
denn in der Inschrift des tropaeum Alpium wird ihrer nicht ge-
dacht. Seit dieser Zeit wird Noricum provincia genannt 9), inso-
1) C. /. L. III, 1980.
2) Dio Cass. 55, 24.
3) Iiischr. V. Augsburg C, /. L. III, 5793: Appiiis Cl. Lateranus — leg.
Aug. pr. pr. leg. III Ital. Ausserdem kommt vor: Olus Terentius Pudens —
ley. Augg. leg. XIII Gem.^ leg. Augg. pro praet. provinciae lietiae, Orelli 1943
=r C. I. L. III, 993 ; C. Octavius Sabiiius — legatus [Aug.\ pr. pr. prov. Raet.
a. 213. Mommsen Ephem. epiyr. 1872 p. 130. 135. [Aelius Diojnysius leg. Aug.
pr. pr. C. I. L. III 5874; Petronius Poliaiius leg. Aug. pr. pr. liuet. ib. n. 1017.
4) C. I. L. III, 5810.
5) C. /. L. III, 5800, Wenn Tac. (hrm. 41 sagt: (^Hermunduris) solis G'er-
manorum non in ripa comynercium , sed penitus atque in splendidissima Raetiae
pfvinciae colonia , so meint er ohne Zweifel Augsiburg, colonia scheint er die
Stadt aber nur zu nennen, insofern sie eine römische Gründung war, nicht, weil
sie das ius coloniae Romanae hatte. 8. über diese Stelle Znmpt Comm. ep. 1
p. 403. Mommsen C. I. L. III p. 708.
6) Auch diese Provinz behandelt Mommsen C. /, L. III p. 587 IT. Vgl.
Muchar Das röm. Norikum , Grätz 1825. 8. ü. v. Ankershoven liandb. der Gesch.
des Herz. Kärnlon IJd, I, Klagenfurt 1850. 8. Büdinger Oestreichische Geschichte
bis zum Ausgang dos 13ten Jahrhunderts Bd. I, Leipzig 1858. 8. Aschbach lieber
die röm. Militärstationen im Ufer- Noricum, "Wien 1861, 8. v. Jabornegg- Alten-
fcl» Kärntens Komische Alterthüraer, Klagenfurt 1870. 4. L. Grotefend Kpigra-
phisches, Hannover 1857. 8,
7) Caesar IL C. 1, 18.
8) Die Cass. 54, 20. Vgl. Strabo 4 p. 206.
9j Velleius 2, 39 : Rhatiiam autem et Vindelicoa ac Noricos Pannoniamque
et ScordiacoB novaa imperio noatro aubiunxU provinciaa. Tac. Ann. 2, 63: Dant^-
— 136 —
fern es dem römischen Reiche einverleibt wurde ; eine eigentliche
Organisation als Provinz indessen erhielt es nicht sofort, sondern
es blieb ein Königreich mit dem Namen regnum Noricum i) , dessen
"procura'tor" Rcg'ß^i^^S ^'^ kaiserlicher ;)rocwra^or 2) führte, der, wie der prae-
fectus Aegypti als ein Vicekönig zu betrachten ist und über eine
römische Truppenmacht nicht verfügte. Erst unter M. Antoninus
kam die Icgio II Pia ^) , hernach Ilalica genannt, nach Noricum *] ,
* i!e ^at^en^° ^"^ scit dicscr Zeit wurde der Legat dieser Legion, wie dies
auch in Raetia und Numidia vorkommt, Statthalter der Provinz -^j .
Unter Diocletian ist auch Noricum in zwei Theile getheilt wor-
den, nämlich Noricum ripense und Noricum mediterraneum, jedes
unter einem Präses ^j . Als römische Colonien lassen sich mit
Sicherheit nur zwei Städte nachweisen, Virunum') (Mariasaal)
vium, qua Noricam provinciam praefluit. Ptolemaeus 2, 13, 2 : xdc fxev Suojxtxa)-
xepa TT]? drcapyia?. Grut. 1028, 6 (unter Traian): proc(urator) Iprov . Noricae.
1) Vellei. 2, 109. Suet. Tib. 16. So heisst es in den offlciellen Titulatu-
ren : procurator regni Norici (s. die folgende Anm.), dispensator p. r(egni) Norici
(C. /. L. III, 4820); tab(ularius) p. r. Norici (Orelli 2348= C. I. L. 4800);
arcar{ius) regn. Noric. (Orelli 495 = C. I. L. III, 4797).
2) Tac. Hist. 1, 11; 1, 70. Das Verzeichniss der Procuratoren von Nori-
cum, welches Seidl Sitzungsberichte der phil. hist. Classe der Wiener Academie
1854 S. 62 ff. zusammengestellt hat, kann jetzt sehr vervollständigt werden.
Es kommen vor: unter Claudius (41 — 54): C. Baebius Atticus — procurator Ti.
Claudi Caesaris Aug. Germanici in Norico . Henzen 6938= C. I. L. III, 1838;
unter Traian : Paetus Memmius Apollinaris — — proc. prov(inciae) Noricae,
Cxrut. p. 1028, 6. Vgl. C. I. L. III, 5179; unter Antoninus Plus: M. Bassaeus
Rufus — proc. regni (nori^ci, Henzen Inscr. III p. 372; ohne Zeitangabe: Ti.
Cl. Priscianus — — proc. regni Norici, Renier Inscr. d'Alg. n. 3889; endlich in
einheimischen Inschriften mit dem kurzen Titel proc. Aug. : Flavius Titianus,
C. I. L. III, 5164. 5172; Ulp. Victor (um 158) ib. 5161. 5169; Usienus Secun-
dus im J. 158 n. 5162. 5166; C. Antistius Auspex n. 5173; Q. Caecilius Red-
ditus n. 5163; C. Rasinius Silo n. 5165; Q. Lisinius Sabinus n. 5167. 5168.
5175. 5176; L .Cammius Secundinus n. 5328; Drusius Proculus n. 5170; C. Cen-
sorinus Niger n. 5174. 5181; Plautius Caesianus n. 5177; M. Porcius Veras
n. 5317; C. Antonius Rufus n. 5117. Caecilius luventianus n. 5182. *
3) CLL. III, 1980. .
4) Dio Cass. 55, 24.
5) Renier Inscr. de VAlg. n. 101: C. Marcinius Decianus, v. c. leg. Augg .
pr. pr. prov. Numidiae et Norici. C. 1. L. III, 5746 : curante M. luventio Suro
Proculo leg. pr. pr. im J. 201. Ti. Cl. Candidus — leg. Augg. pr. pr. pro-
vinciae — Noricae unter Severus und Caracalla. Orelli 798. Henzen Inscr. III
p. 78.
6) Not. Dign. Occ. p. 10 und Boecking p. 146. Rufus brev. 8. Ein p(raeses)
p(rovinciae') N(^orici') mt (d. h. mediterranei) kommt zuerst vor 311. S. Orelli 1064.
Später werden diese praesides erwähnt Henzen 5258. 5259 = C. I. L. III, 5209,
vgl. 5207. 5208. 5326.
7) Orelli 3504.
— 137 —
und Ovilava (Wels) , welche letztere col Aurelia Antoniniana
Ovilava heisst^).
XVIII. XIX. Pannonia2).
Viel grösseren Widerstand als die Noriker haben den Römern Eroberung
die Pannonier geleistet, deren Land erst nach langen Kämpfen
stückweise occupirt werden konnte. Den ersten pannonischen
Krieg führte in den Jahren 719—20 = 35—34 Octavian selbst.
Er drang bis zur Donau vor 3) und eroberte die Stadt Siscia am
Einfluss des Colops in den Savus^j^ welche er besetzt behielt,
um sie zum Ausgangspunct späterer Unternehmungen zu be-
nutzen ^j. Zu einer wirklichen Unterwerfung des Landes kam
es indessen erst im zweiten pannonischen Kriege, welcher, von
Agrippa und M. Vinicius begonnen 6), in den Jahren 742 — 745
= i 2 — 9 von Tiberius beendigt wurde ^j . Das in demselben ge-
wonnene Terrain wurde zu Illyricum gezogen und diese Provinz
bis zur Don-au hin erweitert^). Obgleich aber Tiberius zur Siche-
rung der neuen Eroberung kein Mittel unversucht gelassen und
den grössten Theil der waffenfähigen Männer als Sclaven in das
Ausland verkauft hatte ^), so erneuerte sich nochmals der Auf-
stand in den Jahren 6 — 9 n. Chr. und es bedurfte eines noch-
maligen zweijährigen Feldzuges unter dem Commando des Ger-
manicus und Tiberius, um denselben niederzuwerfen ^^) . In Folge
dieses letzten Sieges wurde im J. 10 n. Chr. Pannonien als eine
eigene Provinz organisirt^^). Wenigstens hatte im J. 14 n. Chr.
1) C. /. L. III, o606. 5630.
2) S. Mommsen C. /. L. III p. 415 ff.
3) Dio Gas». 50, 24.
A) Dio Cas8. 49, 36 flF.
5) Dio Cass. 49, 38. Appian. JUyr. 24.
6J Velleius 2, 96.
7) Dio Cass. 54, 31—34. 36. Vell. 2, 39. Liv. epit. 141. Suet. Aug. 21.
8) Monum. Anc. 5, 44 c. 30 nach Mominseiu» Kestitutioii (lies </. I), Aug.
p. 86) : Pannoniorum gentes , quaa ante me principem populi Roniani erercitus
nunquarn adit, devictait per Ti. IS'eronem, qui tum erat privignus et legatu» meus,
imperio populi Romani nibieri proluLique (inis lllyriri ad ripani ßuminis Dnnuvii.
Tiberius scheint damals legatas Aug.pr. pr. Iliyrici gewesen zu sein; obiuiso ist
im J. 6 n. Chr. Valerius Messalinus xf^c AeÄjjiaTlai xyl rfj« llavvovia; ap7(t>v,
Dio Cass. 55, 29.
9) Dio Cass. 54, 31.
10) Dio Cass. 55,28—32; 56, 1 . Vell. 2, 110—115. Zonar. 10,37. Suot. Tib. 16.
11 J BorghcHi Oeuvre» 4, 457. ö. Hufus brev. 7: Jiutone, Pannorüorum rege,
tubacto in ditionern nontram Pannoniae venerunt. Zunipt Studia Bomana p. 116
läi-Ht die Provinz erst im J. 20 n. Chr. einrichten.
— 138 —
Pannonia schon einen eigenen Legaten, lunius Blaesus, welcher
drei Legionen commandirte i), während der südliche Theil Illy-
riens (maritima pars lllyrid) gleichzeitig unter einem andern
Statthalter, dem P. Dolabella, stand 2). Währenddes ersten Jahr-
hunderts blieb die Provinz, welche damals noch nicht ihren nach-
herigen Umfang gehabt zu haben scheint 3), ungetheilt unter einem
consularischen legatus Augusti^). Zwischen dem Jahre 102, in
welchem der erste dacische Kriegt), und dem Jahre 107, in wel-
chem der zweite endete 6) , wurde indessen die Provinz in zwei
Theile, einen westlichen, Pannonia inferior ^ und einen östlichen,
'^^^^^^^.^^ Pannonia superior^ getheilt'), die Grenze des römischen Gebietes
w.superior. \y\^ j^uv Donau vorgcschobeu und später von Hadrian durch die
Anlage der Golonien Aelia Mursa und Aelia Aquincum gesichert^).
Pannonia inferior hatte anfänglich einen prätorischen Legaten und
als Besatzung eine Legion 9), unter und nach M. Aurel einen con-
sularischen Legaten lö), der indess ebenfalls nur eine Legion com-
1) Tac. Ann. 1, 16, der dieselben Pannonicas legiones nennt.
2) Vellei. 2, 125. Vgl. Grut. p. 396, i = C. I. L. III, 1741: P. Cornelio
Dolabellae — leg. pro pr. Divi Augusti et Ti. Caesaris Augusti civitates superiorü
provinciae Hillyrici.
3) Den limes scheinen damals die Städte Carnuntum , Poetovio und Siscla
gebildet zu haben. Mommsen C. I. L. III p. 415.
4) Borghesi Oeuvres 5, 353. Auch Blaesus war bereits 763 = 10 Consul ge-
wesen, ehe er legatus Pannoniae wurde. Borghesi Oeuvres 4, 449. 458.
5) Im J. 102 und wahrscheinlich bis zum Frühjahr 103 führt der Consular
Q. Glitius Agricola noch den Titel leg. propr. [imp. Nervae] Traiani — provin-
ciae Pannoniae (Henzen 5449. Borghesi Annali 1846 p. 343. 1855 p. 24. Oeuvres
3, 72), wie ihn auch seine Vorgänger 0. Calpetanus Rantius Quirinalis unter
Vespasian (Henzen 6495), L. Funisulanus Vettonianus (Henzen 5431. 5432.
Borgh. Oeuvr. 3, 73) und L. Neratius Priscus (Henzen 5446. 6562. Borghesi
Oeuvres 5, 353) unter Domitian führten.
6) Im J. 107 war der nachherige Kaiser Hadrian prätorischer Legat \on
Pannonia inferior. Spartian. Hadr. 3 : praetor factus est. — Legatus postea praeto-
rius in Pannoniam inferiorem missus Sarmatas compressit. Athenische Inschr.
Annali 1862 p. 139: P. Aelio P. f. Serg. Hadriano — leg. pro pr. imp. Nervae
Traiani Caesaris Aug. — Pannoniae inferioris. Ueber das Jahr s. Borghesi und
Henzen a. a. 0. p. 155.
7) Seitdem sind beide Provinzen nachMeisbar. So heisst es z. B. in dem
Militärdiplom d. J. 114, Henzen n. Q8Ö7^= Annali 1855 p. 22: et sunt in Pan-
nonia inferiore sub P. Afranio Flaviano. Ueber die Zeit der Theilung der Pro-
vinz s. Borghesi Oeuvres 3, 72; 5, 353. 367 und in Mommsen /. jV. n. 4931.
Henzen Annali 1862 p. 155. 156 und in Borghesi Oeuvres 3, 76. Mommsen
C. I. L. III p. 415. Die Grenzen beider Provinzen giebt Ptolemaeus 2, 14. 15
an. Vgl. Muchar Das röm. Norikum 1 S. 2 und desselben Gesch. des Herz.
Steiermark, Grätz 1844. 8 Th. I S. 18 ff.
8) Mommsen C. /. L. III p. 415.
9) Mommsen a. a. 0. p. 416.
10} S. hierüber Borghesi Annali 1855 p. 24 f. = Oeuvres 8, 456 ff.
— 139 —
niandirle und mit seinem Hauptquartier in Acumincum stand *),
bis dieses unter Diocletian nach Aquincum verlegt wurde 2); Pan-
nonia siiperior dagegen behielt den consularischen Legaten, wel-
cher vorher die ungetheille Provinz verwaltet hatte ^). Er hatte
unter sich drei Legionen, deren Hauptquartiere seit Antoninus
Pius Brigetio, Carnuntum und Vindobona waren 4).
Das Land hatte ursprünglich wenig Städte und war in pagi städtean-
getheilt, in welchen viel lagen ^). Die grösseren Städte sind rö-
mischen Ursprungs , wie in Pannonia inferior Sirmium oder Co-
lonia Fla via Sirmium (Mitrovic), von Vespasian oder seinen Söh-
nen ß), Colonia Aelia Mursa (Eszeg) von Hadrian^) herrührend,
Aquincum (Alt-Ofen) , seit Hadrian Municipium , seit Septimius
Severus Colonie mit dem Namen Colonia Aelia Septimia Aquin-
cum s) ; in Pannonia superior Colonia Claudia Savaria (Stein am
Anger), Colonie des Claudius 'J), Colonia lulia Emona (Laibach),
schon von Plinius erwähnt und später zu Itahen gerechnet ^<^) ,
Siscia (Sziszek), von Augustus erobert im J. 719 = 35, Colonie
wahrscheinlich seit Vespasian, später Colonia Flavia Septimia
Siscia genannt ^^); Colonia Ulpia Traiana Poetovio (Pettau)i2) ; Bri-
getio, zuerst ein Castell, dann Municipium, zuletzt Colonie ^3),
Carnuntum (Petronell), zuerst Municipium Aelium Carnuntum i^) ,
später Colonie 1^), ferner Municipium Latovicorum (Treffen), Muni-
1) Ptolemaeus 2, 15, 5.
2) Itinerar. Anton, p. 245.
3) Dio Cass. 78, 13. So war Claudius Maximus, leg. Aug. Pannoniae su-
perioris im J. 153 (Militärdiplom Marini Arvali p. 464), Consul gewesen c. 144.
Waddington in Borghesi Oeuvres 8 p. 460. Die übrigen Nacliweisungen giebt
Borghesi Oeuvres 8, 456 ff.
4) Mommsen C. I. L. III p. 481. 482.
5) Appian. Illyr. 22: uXtöoTj? hi ioxiv •/] Hatovojv* — — xal o'j TCÖXei<;
tpxo'jv ol Haiove; otos , a}X d'([jO'Ji t) y.a)(xai xaxa ouYY^vetav. Inschr. Marini
Arvali p. 477 : — ex Fan. Sup. natus ad Aquas lializas pago Jovistd Vico Cor . ,
netibus , an welcher Stelle mehrere ähnliche Inschriften zusammengestellt sind.
Ueber die pagi der Donauprovinzen s. auch Muchar 1 S. 150 ff.
6) C. I. L. III n. 3230. 3242. 3243. 3683.
7) Steph. Byz. s. v. Vgl. C. I. L. III n. 3279. 3280. Colonie heilst die
Stadt Ptolem. 2, 15, 7. C 7. L. III n. 3288. 3560.
8) Mommsen C. /. L. III p. 439.
9) Plln. N. H. 3, 146. Mommsen a. «. 0. p. 626.
10^ Plln. N. H. 3, 147. Mommsen a. a. 0. p. 489.
11) Mommsen a. a. 0. p. 501.
12) Mommsen a. a. 0. p. 510.
13) C. /. L. III, 4335.
14) C. l. L. III, 4554. Orelli 2675.
15) v. I. L. III, 4236. 4567. 4539.
— 140 —
cipiuai Flavium Neviodunum ^), Municipium Andautonia'^), Muni-
cipium Flavium Scarbantia (Oedenburg) 3), Municipium Vindobona
(Wien), wahrscheinlich von Vespasian angelegt "*).
Theifun^ Unter Diocletian erlitten, wie die meisten Provinzen, auch
die beiden Pannonien eine weitere Zerstückelung^). Punnonia in-
ferior zerfällt seitdem in zwei Theile, von denen der nördliche
von Diocletians Tochter, der Gemahlin des Galerius, den Namen
Vakria erhielt ß) und einem praeses und einem dtix untergeben
wurde, deren Residenzen Sopianae (Fünfkirchen) 7) und Aquin-
cum waren ^). Der südliche, mit der Hauptstadt Sirmium-'), hiess
nunmehr Pannonia secunda und stand unter einem considaris^^)
und einem dux^^). Pannonia superior wurde gleichzeitig nicht
nur überhaupt verkleinert, indem Poetovio zu Noricum gezogen
wurde 12)^ sondern ebenfalls in zwei Theile zerlegt. Der nörd-
liche hiess Pannonia prima und erhielt einen praeses ^^) und einen
dux^^) und zum Hauptort wahrscheinlich Savaria (Stein am An-
ger) 15) ^ der südliche , Savia oder Pannonia ripariensis ^^) , einen
corrector ^'') , der in Siscia residirte '^^) .
1) Mommsen a, a. 0. p. 496. 498.
2) C. /. L. m n. 4013.
3) C, I. L. III n. 4192 ff.
4) C. I. L. III n. 4557.
5) Die neuen Provinzen nennt schon das veroneser Verzeichniss S. 510.
6) Ammian. 19, 11, 4: Valeriam venu, partem quondam Pannoniae sed ad
honorem Valeriae Diocletiani filiae et institutam et ita cognominatam. Aur. Yict.
Caes. 40, 10 : (Galerius) provineiam uxoris nomine Valeriam appellavit. Die Pro-
vinz wird erwähnt im veroneser Verz. p. 510, bei S. Rufus hr. 8, Polemius
Silvius p. 254, Zosimus 2, 33, fehlt aber aus unbekannten Gründen in der No-
titia Dignitatum Occ. c. 2, während von ihr handelt c. 32. S. hierüber Boecking
p. 144. 691. 1193. Mommsen zu Polem. Silv. S. 263. Ammian. 28, 3, 4 nennt
sie Valeria Pannoniae zum Unterschiede von Valeria Italiae.
7) Ammian. 28, 1, 5. Boecking ad N. D. Occ. p. 691.
8) Ein dux Valeriae wird erwähnt Ammian. 29, 6, 3. In Aquincum musste
er residiren, weil dort noch unter Diocletian die leg. II adiut. stand. Itiner. Anton,
p. 245. Böcking N. D. Occ. p. 1194.
9) Böcking N. D. Occ. p. 310. 1179. Mommsen C. /. L. III p. 416.
10) Böcking a. a. 0. p. 1178. Henzen n. 6916.
11) Not. D. Occ. c. 31 p. 91.
12) Mommsen CLL. III p. 482.
13) Not. D. Occ. p. 6.
14) Not. I). Occ. p. 4.
15) Böcking a. a. 0. p. 1194. Mommsen C. I. L. III p. 525.
16) Böcking a. a. 0. p. 142 ff.
17) Not. D. Occ. p. 6.
18) Böcking a. a. 0. p. 347.
— 141
XX. Illyricum, später Dalmatia^.
Der Name Illyricum dient den Allen zur ethnographischen Be- Ethnogra-
. *' O r phischer Be-
zeichnung aller der stammverwandten Völker, welche sich von gnffvon
den Alpen östlich bis zum Ausfluss der Donau und von der Donau
südlich bis zum adriatischen Meere und zum Hämus hinziehn'^).
Es gehörten dazu die römischen Provinzen Dalmatia, Pannonia,
Moesia^), nach Appian auch Raetia und Noricum'*), welche in der
ganzen Kaiserzeit in Betreff der Steuerverwaltung eine Einheit
unter dem alten Namen Illyricum bilden^) und deren Truppen
oft als exercitiis Illyrici erwähnt werden 6), ferner Dacia'), end-
1) Ueber diese Provinz handelt Mommsen C. I. L. III p. 278 fF. Die Schreib-
art Delmatia, welche Tacitus, Velleius und Dio Cassius befolgt zu haben scheinen,
war nicht allgemein ; in olficiellen Documenten finden sich beide Formen , Dal-
malia und Delmatia.
2) Appian. ILlyr. 1 : 'IXXupioui; "¥XKfpt<i -/jYoOvrai Tou; uzsp xe MaxeSoviav
y.al Bpa7.rjV (xtio Xaovcav y.al B&OTrpoiTöJv irX TC0Ta{x6v "laxpov. Eine brauchbare
1 ntersuchung über den Begriff Illyriens ist A. M. Poinsignon Quid praecipue
npud Romano» adusque Diocletiani tempora Illyricum fuerit, Parisiis 1846. 8 mit
'iner Karte.
3j Suet. Tib. 16: toto Illyrico , quod inter Italiam regnumque Noricum et
Thraciam et Macedoniam interque Danubium flumen et sinum maris Adriatici
patet, perdomito. Suet. Aug. 21. Strabo 7 p. 313 ff. Joseph. B. lud. 2, 16, 4;
Tac. Hist. 1, 2. 76. Ann. 1,46.
4) Wenn Appian. III. 6 nicht nur die Dalmater, Pannonier und Moeser,
II dem auch die Räter und Noriker zu Illyrien rechnet, so befindet er sich
cht nur mit den in der vorigen Anm. angeführten Stellen, sondern auch mit
>'T sonstigen Ueberlieferung in Widerspruch, wie Poinsignon p. 41 — 54 gut
I ichgewiesen hat, und es scheint auf Appians Zeugniss um so weniger zu geben,
ils er über die Räter und Noriker sich auch c. 29 schlecht unterrichtet zeigt.
Allerdings gehört Noricum in der diocletianischen Verfassung zu der Diöcese
Illyricum (^Not. D. Occ. p. 6), und dass es schon früher zu dem Steuerbezirk
Illyricum gezogen war, zeigt der in Boiodurum (Innstadt bei Passau) vorkom-
mende vil(Ucua) vectljgali.i) Illyr(ici), Mommsen C. I. L. III n. 5691; Raetia aber
gehörte auch später nicht zu Illyricum, sondern zu Italien.
')j Appian. Jllyr. 6: xai xo x^Xo; xä)v5e xöiv dOvöiv, a.Tzo dvioyovxo? "loxpou
Msypi x'Tj; riovTt-/.f^; Oa/.aasTj; ucp' Sv dxjJLicdoOci xai 'IXXuptxov xfeXo; 7tpo;aYO-
P=.'j0'j3iv. Das Hauptsteueramt scheint in Poetovio gewesen zu sein , wo ein lib.
Aug. ex tnbulario vect. JUyr(ici) (C. /, L. 111 n. 4063J , eontrascriptorea portorii
Illyrici (ib. 4U15. 4017. 4024), ein arkarius conductoris portori Illyrici (4015) vor-
kommen; ausserdem wird erwähnt ein conductor p{ortorii^ p(ublici?^ Illyrici
II. 751 (=^Ilenzen Annali 1859 p, 109); n. 753; ein mtvus villicua vectigalis
Illyrici n. 752; da« vectigaL Illyricum n. 1647; ein proc. vect. lUyrieorum, (\ I. L.
II, 4135.
6) Illyrici exercitua, Tac. Hiat. 2, 60. 85. 86, ceterae Illyrici legionea, ib. 2,
l; praepoaitua numeri equitum electorum et Illyrico, llenzen 6729. Vgl. das
lilitardiplom des J. 60, Uenzen 5407: et sunt in Illyrico aub L. Salvidieno —
' "fo. ^
7) Treboll. Foliio v. Claudii 15: dux factua eat et dux totiua Illyrici, habet
"i poteatatem Thraeioa, Mottos, Dalmataa, Punnonioa, Daco« exercilua.
rungen.
~ 142 —
lieh (ins zwischen Dalmatien und Epirus liegende Küstenland mit!
den Städten Aiilona, Apollonia, Dyrrhachium und Lissus, welches
grossentheils zur Provinz Macedonicn gezogen wurde. Dies letz-
Erste Erobo- tere Stück ist es, welches die Römer in ältester Zeit unter dem
Namen Illyrien verstehen , und in welchem sie sich zuerst fest-
setzten. Der erste illyrische Krieg 525 — 526 = 229 — 228 endete
mit der Absetzung der Königin Teuta, statt deren ihr Sohn Pin-
neus unter Vormundschaft des Demelrius von Pharus die Regie-
rung erhielt 1), und der Abmachung, dass die illyrischen Schiffe
nicht über Lissus hinaus bewaffnet fahren sollten. Schon damals
scheinen die Römer das Land in verschiedene Theile zerstückelt
zu haben; Apollonia, Corcyra, welches Teuta ebenfalls besessen
hatte, und Dyrrhachium wurden für frei erklärt und erhielten ein
JBündniss mit den Römern 2); einige Städte wurden dem Königs-
hause gelassen ; andere Orte nahmen die Römer selbst in Besitz
und sicherten sie durch eine Besatzung ^j , deren Commandant zu-
nächst unter den römischen Consuln, später vielleicht unter den
Statthaltern von Gallia Cisalpina oder Macedonien gestanden haben
wird"^). Von dem zweiten illyrischen Kriege 535 = 21 9 5) wissen
wir nicht viel mehr, als dass er die Vertreibung des Demetrius
von Pharus zur Folge hatte. Erst zweiundfünfzig Jahre später führte
der Untergang des Königs Perseus von Macedonien auch seines
Verbündeten, des Königs Gentius von Illyrien, Unterwerfung her-
bei ^) . Das Reich des Gentius, welches zur Hauptstadt Scodra
hatte und nur den südlichsten Theil der nachherigen Provinz ura-
fasste, wurde in drei Theile getheilt, in derselben Weise, wie
Macedonien in vier ; das Land wurde für frei erklärt und die Be-
satzung der Römer zurückgezogen, allein es wurde abgaben-
pflichtig mit Ausnahme der .Städte , welche während des Krieges
1) Polyb. 2, 12. Appian. III. 7, Zonaras 8, 19. Eutrop. 3, 4.
2) Appian. III. 8. Polyb. 2, 11.
3) Im J. 535=219 erwähnt Polyb. 3, 16: xot; y,aTd ty)v 'IXXuptSa TtoXei;
T«? UTTo 'P(o|xaiou5 T7.-T0(Ji£va?. Nach Appian. lU. 7 waren dies Corcyra, Pharos,
Issa und Epidamnns (Dyrrhachium). In Issa stand 584=170 ein legatus, qui
cum praesidio duarum Issensium navium insulae praeerat (Liv. 43, 9), und 565
=:189 in Corcyra ein ap-/tuv (Polyb. 22, 15, 6), der wohl nicht, wie Liv. 38,
11, 5 annimmt, ein städtischer Magistrat' war. Der Titel dieses Commandanten
wird praefectus gewesen sein.
4) Mommsen R. G. 1, 545. C. /. L. III p. 279.
5) Polyb. 3, 16. 18—19. 33. Appian. III. 8. Zon. 8, 20.
6) Liv. 44, 23. 30-32. Appian. III. 9.
— 143 —
auf Seiten der Römer gewesen waren ^). Diese 587 = 107 ge- Beginn dei
Iroffene Anordnung, welche Livius, wie bei der Einrichtung einer
Provinz, formula nennt 2), kann als der thatsächiiche Beginn der
Provinz ?>etrachtet werden 3), obwohl ein Statthalter derselben
damals noch nicht ernannt wurde und wir auch nicht sicher
wissen, wann dies geschehen ist. Die Grenze derselben bildete
im Süden der Fluss Drilo und diese Grenze blieb später un-
verändert'*), nach Norden zog sich das römische Gebiet an der
Küste hin bis zu den Sitzen der Dalmater und der ihnen ver-
wandten Völker, mit welchen nunmehr erst eine Reihe von Krie-
izen begann^), in welchen wenigstens ein Theil Dalmatiens nach
und nach occupirt wurde. Ein Beweis für die Existenz der Pro-
vinz lllyrien lässt sich aber erst für die letzten Zeiten der Repu-
blik geben ; sie ward dem Cäsar zusammen mit Gallien im J. 59
V. Chr. auf fünf Jahre verliehen 6) und hatte damals bereits eine
ordentliche Organisation, namentlich eine Eintheilung in Conventus,
welche Cäsar mehrmals erwähnt ^j. Im J. 49 commandirte darin
sein Legat Antonius^); als selbständiger Verwaltungsbezirk er-
scheint sie aber zuerst unter Vatinius^) 709 — 710=45 — ik^^].
1) Liv. 45, 26, wo es § 14 heisst: Scodrensibus et Dassarensibus et Selepi-
ianis ceterisque JUyriis vectigal dimidium eius (Jmpositum), quod regi pependisaent.
2) Liv. 45, 26, 15.
3) Liv. 45, 26, 11 bezeichnet schon damals lllyrien als provincia.
4) S. Appian. B. C. 5, 65, der im J. 40 v. Chr. Scodra als Grenze er-
wähnt, und Plin. N. H. 3, 145.
5} Im J. 598 = 156 kämpfte gegen dieselben C. Marcius Figulus (Appian.
lU. 11. Liv. cp. 47. Polyb. 32, 24); 599 = 155 P. Scipio Nasica (Liv. ep. 47.
Appian. III. 5. Fasti triiimph. Capitol. ad a. 599. C. I. L. I p. 459); 625 = 129
C. Sempronius Tuditanus (Liv. ep. 59. Appian. lll. 10. B. C. 1, 19. Plin. N. H.
3, 129); 637 = 117 L. Caecilius Metellus (Appian. III. 111. Liv. ep. 62).
6) Dio Cass. 38, 8. .Schol. Bob. in Vatin. p. 317: servante de coelo Bibulo
rfmnule hunc Vatinlum legem tulisse de imperio Caesaria, ut exercitum per Illy-
ricum et Gallias duceret. Suet. Caes. 22. Caes. B. O. 2, 35; 5, 1. 2.
7) Caes. B. O. 2, 2 : his perfectia rebus, conventibusque peractia m citeriorem
Oallinm revertitur. Den Conventus in Salonae erwähnt er B. (\ 3, 9.
8) Appian. B. C. 2, 41. , ., .;
9) Cic. Phil. 10, 5, 11.
10) Er stand dort schon 47. Bell. Alex. 46. Nach seinem Consulat, das er
Ende 47 erhielt , ««'ndete ihn Cäsar 46 wieder nach lllyrien. Appian. lU. 13.
Aus dem .L 45, in welchem er einen Feldzug unternahm, sind seine Briefe aus
Narona vorhanden, ('ic. ad fam. 5, 9, 10; 5, 10, 3. l'eber das Jahr 44 s. die
Stellen bei Druinann 1, 262 Anm. 98. Vgl. das fr. der Trluraphalfasten C I. L.
I p. 478: P. Valiniug de KiUurico prid. K. Sex. triumphavU. Mommsen R. G. 3,
524 und C. I. L. III p. 279 glaubt deshalb den Anfang der Provinz etwa 47
setzen zu mQssen.
— 144 —
Octavian war , nachdem er sie im Brundusinischen Vertrage
714 = 40 übernommen halte ^) , gezwungen, nochmals einen
schweren, und wechselvollen Krieg gegen die üalmater zu
fuhren, in welchem zuerst Agrippa, dann er selbst, und schliess-
lich Statilius Taurus das Commando übernahm 2) ; nach Beendi-
gung desselben im J, 720=34 schien die Ruhe soweit herge-
verwaitung Stellt, dass bei der Theilung der Provinzen im J. 727 = 27 lUy-
rien dem Senate übergeben 3) und seitdem von einem Proconsul
verwaltet wurde "^j. Allein der Widerstand der dalmatinischen
Bergvölker war noch keineswegs gebrochen und die Nordgrenze
der Provinz noch fortwährend durch die Pannonier beunruhigt;
in Folge dessen trat im J. 743 = \ 1 der Senat die Provinz an den
Kaiser ab^) ; als Legat desselben beendigte Tiberius im J. 745 = 9
den ersten dalmatisch-pannonischen Krieg, welcher die Erweite-
rung der Provinz lllyricum bis zur Donau zum Resultat hatte
(S. 137); erst nach dem zweiten pannonischen Kriege (6 — 9 n.
Chr.) wurde Pannonien im J. 10 als eigene Provinz constituirt,
und gleichzeitig der ältere Theil der Provinz, d. h. das Küsten-
land von der Grenze Macedoniens bis zur Grenze Italiens oder
von der Stadt Lissus bis zu den Städten Albona und Flanona
und dem Flusse Arsia, selbständig organisirt zuerst unter dem
Namen superior provincia lllyricum ^) oder kurz lllyricum'^), wo-
sie erhielt für später, uud zwar bald nach Augustus, der Name Dalmatia
den Namen *■ ' >^ t
Dalmatia. gewöhnlich wurdc ^) .
1) Dio Cass. 48, 28.
2) Dio Cass. 49, 38. Liv. ep. 132. Appian. III. 24—27. Vell. 2, 90. Suet.
Oct. 20.
3) Dio Cass. 53, 12.
4) Im J. 738 = 16 verwaltete sie P. Silius (Dio Cass. 54, 20) als Proconsul
(C. I. L. III, 2973), nachdem er 734 Consul gewesen war. Eutrop. 6, 4 erwähnt
schon früher einen Proconsul Cosconius, der in lllyricum Krieg fiJhrte, vgl. Oro-
sius 5, 23. Hieraus ist aber auf das Bestehen einer Provinz lUyrien noch kein
Schluss zu machen. S. Mommsen C. /. L. III p. 279.
5) Dio Cass. 54, 34.
6) S. oben S. 138 Anm. 1. 2.
7) Plin. N. H. 3, 139. 147. Ptolemaeus 2, 16 nennt die Provinz 'IXXupU
und lässt sie bestehen aus AaXfxoiTia und Aißoup^na; bei Strabo 17 p. 840 heisst
sie 'IXXupl«; -/) upo; ttJ] ^HTieipiu. Vgl. Poinsignon p. 35.
8) Dio Cassius , w^elcher selbst Statthalter von Dalmatia war (49, 36 : [xerci
Yctp TOI TTjV is Tjf] 'Acppixin -^Y^M-O"'^'^"' '^ "^^ AeXfxaxta — xoX rrj Fla^vovta tt^ avw
•/.aXo'jfAeNT] 7rpoi;£Tayi)Tr)V, 6%^^ dxptßö)? TrdvTa xa '/.0.x autouc eiSoj; YPö^^t»)» nennt
die Provinz vor Augustus lUyrien (38, 8; 48, 21), unter und nach Augustus
immer Delmatia. Bei der Aufzählung der Legionen, deren in Dalmatien bis auf
Vespasian zwei standen, heisst die Provinz bei Tac. Ann. 4, 5; Joseph. B. lud.
2, 16 Delmatia.
— 145 —
Dalmatien stand unter einem consularischen legatus Augusfi
pro praetore^)j der nebst dem Procurator der Provinz 2) in Sa-
lonae residirte^), seit dem Ende des dritten Jahrhunderts dage-
gen unter einem praeses ^) ; es war zusammengesetzt aus zwei
Bestandtheilen, Liburnia , nördlich vom Flusse Titius, und dem
eigentlichen Dalmatien, südlich von demselben ^] ; von den drei
conventus iuridici, in welche die Provinz getheilt war, umfasste
der Conventus von Scardona Liburnien^), die Conventus von Na-
rona und Salonae dagegen das eigentliche Dalmatien ") . In dieser
Verwaltung erhielt sich die Provinz bis auf Diocletian, unter wel-
chem auch sie zerstückelt wurde, indem der südliche Theil mit
der Hauptstadt Scodra zu einem eigenen District mit dem Namen
Praevalitana oder Praevalis gemacht und unter einen besonderen
praeses gestellt wurde ^).
1) Borghesi Oeuvres 6, 246. Tac. Hist. 2, 86: iuncti inde Moesici ac Pan-
nonici exercitus Dalmaticum militem traxere, quanquam consularibus legatis nihil
turbantibus. Später heisst er mit abgekürztem Titel consularis. C. I. L. III n.
2015. 1906. 1909. 1910. 1911. Es kommen namentlich vor:
P. Cornelius Dolabella leg. pr. pr. im J. 18—19, 0. 7. L. III, 2908.
M. Furius Camillus Scribonianus , a. 42 Delmatiae legatus, Suet. Claud. 13,
vgl. Tac. Ann. 12, 52. Ac(X{j.aTia; d'pycuv, Dio Cass. 60, 15. Dagegen sagt Plin.
ep. 3, 16 : Scribonianus arma in Illyrico contra Claudium moverat.
Pompeius Silvanus (Cos. 45) Dalmatiam tenebat (a. 69), Tac. Hist. 2, 86.
L. Funisulanus Vettonianus leg. pr. pr. provinc. Delmatiae, Henzen 5431.
5432. Borghesi Oeuvr. 3, 73 unter Domitian.
Q. Pomponius Rufus {leg. pr. pr.) Delmatiae, Cardinali Diplomi n. IX. Orelli
SU2, im .1. 93.
M. Cutius Priscus — leg. (Aug.) pro pr. provinciae Delmat. a. 147, C. I. L.
II, 1282.
Scapula Tertullus, leg. Augg. p(rov.) Dalmatiae a. 180, C. I. L. III, 2809.
Bortihesi Oeuvr. 6, 246.
L. Tunius Rufinus — leg. pr. pr. a. 184, Henzen 5272.
Jj. Dominus (Jallicanua — leg. Atig. pr. pr. Dalmatiae, C. 1. L. II, 4115 =
Grut. p. 402, 6.
2) procurator ducenarius prov. Dalm., C. I. L. III, 1985; drixpozo; Souxt)-
vipio; d-otpyetct; ActX[Aa-:ia; xal 'larpiot;, C. /. 6r. 3751.
,3) C. I. L. III, 1985. 2075.
A) Zuerst kommt dieser vor im J. 280, C. I. L. III, 1805. Spätere Bei-
Kpiele 8. Orelli 1098. C. I. L. III, 1938. 2771. Not. Dign. Occ. p. 127 nnd
dazu Boecking p. 1188 ff.
5) Ptolemaeus 2, 16. Schon vor dem J. 31 n. Chr. errichten die civitates lA-
bumine dem Nero, Sohn de» Germanicns, ein Denkmal, C. 1. L. III, 2808, und
später 8ch«'int Liburnia eine eigne am Augusti und einen meerdos derselben ge-
habt zu haben, C 1. L. III, 2810. Vielleicht dürfte auch n. 1919 pror. rentena-
riuM provinciae Li(humiae) zu ergänzen sein.
6) Plin. N. II. 3, 139 ff.
7j Plin. iV. //. 3, 141 ff.
8) Veroneser V(!rz, S. 508. S. Kufus hrrv. 8. ^o^ lUgn Orient, p . I i
Boecking ad Not. Dign Orr p 1189.
Rom. Alt<»rth. IV. 10
— 146 —
Gptneinden. Stildtische Gemeinden muss es ursprünglich in Dalmatien
wenige gegeben haben, da die conventns nicht, wie in andern
Provinzen, aus einer Anzahl von Städten, sondern aus einer An-
zahl von gentes bestanden, welche wieder in Decurien zerfielen.
So gehörten z. B. zum Convent von Salonae 342 Decurien der
üclmatae, 22 der Denni, 239 der Ditiones, 269 der Mazaei, 52
der Sardiates i) und diese Decurien müssen auch eine administra-
tive Einheit gebildet haben, da sie eine eigene Gasse hatten 2).
Mit der Romanisirung der Provinz entwickelte sich indessen auch
das Stiidtewesen, und zu Plinius Zeit gab es bereits eine erheb-
liche Anzahl von römischen Municipien, unter denen Scardona,
die Hauptstadt von Liburnia, das bedeutendste ist 3), Ausserdem
lagen in Dalmatien fünf römische Colonien, Epidaurus^), Narona^),
Salonae^), Aequum^) und lader ^).
XXI. XXn. Moesiä.
Erste Erobe- Mocsia^), bcgrcuzt im N. durch die Donau, im W. durch
rungen. ^^^^ Fluss Drinus, im S. durch den Scardus und Haemus, im
O. durch den Pontus Euxinus^*^), bei den Griechen Muaia ge-
nannt, kam mit den Römern zuerst 679 = 75 in Berührung, als
C. Scribonius Curio, proconsul Macedoniae, in das Land bis zur
Donau vordrang i^). Die Untei^werfung der Moeser ist indess, wie
es scheint, dem M. Licinius Grassus, Grosssohn des Triumvir und
1) Plin. N. B. 3, 142.
2) C. I. L. III, 2107: si quis eam arcam post mortem eorum aperire vo-
luerit, (inferet) decuriae meae denarios XXV.
3) Municipium Ftavium Scardona, C. 1. L. III, 2802. Das Appellativ Fla-
vium , das ein grosser Theil dieser Municipien führt , lässt auf ein besonderes
Verdienst der flavischen Kaiser um die Städte Dalmatiens schliessen. S. Borghesi
Oeuvres 6, 248.
4) Plin. iV. H. 3, 143.
5) Plin. N. H. 3, 142. Ptol. 2, IG, 12.
6) Plin. N. II. 3, 141. Der Name Colonia Martia lulia Salonae C. I. L. III,
1933 zeigt, dass die Anlage der Colonie vor 727 = 27 erfolgt ist, da sie sonst
Augusta helssen würde. Colonia nennt sie auch Plin. iV. H. 3, 141.
7) Colonia Claudia Aequum , C. /. L. III, 2026. Grotefend Imperium Rom.
tributim descriptum p. 135.
8) Colonia lader, C. I. L. III n. 2909. 2932.
9) S. Mommsen C. I. L. III n. 749 ff. 1641 ff. P. Becker Beiträge zur ge-
naueren Kenntniss Tomi's und der Nachbarstädte in Jahns Jahrb. f. Philologie
u. Pädag. Supplementband XIX (1853) S. 325 ff.
10) Dio Cass. 51, 27. Ptolem. 3, 9 und 10.
11) p:utrop. 6, 2. Oros. 5, 23. Liv. ep. 92. S. Rufus hrev. 7.
I
— 147 —
im J. 725 = 29 Proconsul von Macedonien , zuzuschreiben ^j ;
wenigstens lässt Dio Cassius zwei Jahre später den Augustus von
der Unterwerfung Galliens, Mösiens und Aegyptens reden 2), ob-
wohl er eine Provinz Moesia in diesem Jahre noch nicht kennt ^j.
In den letzten Regierungsjahren des August war aber Moesia be- Einrichtung
reits Provinz ^) ; im J. 6 n. Chr. kommt ihr erster Statthalter
vor^); im Jahre 9 n. Chr. erwähnt Ovid sie^) ; die Nachricht des
Appian dagegen, welcher die Einrichtung der Provinz dem Tibe-
rius zuschreibt^ scheint wie der übrige Bericht desselben tlber
dieses Land ungenau und irrthümlich ') und ist w^ohl darauf zu-
rückzuführen, dass Tiberius in dem grossen pannonischen Kriege
743 — 745=11 — 9 v. Chr. auch die Eroberung von Mösien be-
wirkt hat.
Moesia wurde zuerst als eine Provinz von einem kaiser-
lichen, in der Regel consularischen Legaten verwaltet, und in den
Jahren 15 — 44, in welchen Macedonien und Achaia vorübergehend
vom Kaiser übernommen waren, wurden auch diese Provinzen
zeitweise unter denselben Legaten gestellt s). Nach 44 bildete
1) Liv. ep. 134. 135. Dio Cass. 51, 25—27. Florus 2, 26.
2) Dio Cass. 53, 7.
3) Dio Cass. 53, 12.
4) Zumpt Comm. epigr. 2, 253 ff. setzt, freilich nur vermuthungsweise,
die Plinrichtung derselben 738 = IG.
5) Dio Cass, 55, 29: Kaiv-wa; ^eou-^po;, 6 t^i; TiXTiotoytöpou Mual<x<; äoyujv.
6) Ovid. Trist. 2, 197 : /. rA
Haclenus Euxini pars est Romana sinistri ;
Proxima Bastemae Sauromataeque tenent.
Haec est Ausonio suh iure novissima vixque
Haeret in imperii mar (j ine terra tui.
Dies Buch ist 7G2 = 9 geschrieben. S. Fischer Zeittafeln zu 761.
7) Appian. Illyr. 30 erwähnt den Curio nicht, dagegen seinen Nachfolger
Luculluß, den Bruder des bekannten Lucullus, der 682 = 72 gegen die Barba-
ren des Haemus zog (Drumann 4, 177); dann sagt er: xat irXeTov o'jSe^ eGpov
Iti ^z■7^i 'Pwixaiojv or^fjioxpaTia!; ii M'joo'j; 7ev(i(x£vov • oö5' ii cp«5pov U7:ayi}£vTa;
o'jo' ^7:1 Toy XeßaoToO. br.-(f/\\riizoLu oe üzo 'i'nSepioy, toO (xetd t6v lePaoTov toTs
Pü)(Aoiioti otUTOXpaTOpOi; ^^''öixevou, und am Ende dos Capitels wiederholt er:
xal 'l'tß^pioc eiXe (toü; Muor/j;) -AaTu t9jV [x6vapyov d^ouoiav. Dass dies falsch
ist, zeigt Tac. Ann. 1, 80, nach welchen» im J. 14 n. Chr. Poppaeus Sabinus
leytituH Moesine war, Suet. Tib. 41 , welcher die Provinz Moesia als unter Tibe-
rius bestehend erwähnt, und das Schweigen des Velleius , welcher Mösiens wohl
gedacht haben würde, wenn die Provinz von Tiberius herrührte, endlich das an-
gefCihrte Zeiignlss dt;« Dio Cassius, der über «lie Verwaltung Mösiens während
der ganzen Kegierungszcdt des Tiberius gut orientlrt ist (58, 24. 25).
8) Poppaeus Sabiiins verwaltete Moesia, nachdem er 9 n. Chr. Consul ge-
wesen war, schon 14 n. Chr.; seit 15 n. Chr. aber aucti Achaia und Marcdonia,
Tac. Ann. 1, 80. Nach Dio Cassius 28, 25 blieb er In dieser Stellung bis 35,
also 21 .lahre, sein Nachfolger P. Memmius Kegulns , Co». 31 , erhielt ebenfalls
10 ♦
— 148 —
(las ungelheille Mösien eine eigene Vorwaltung bis auf Domilian^),
Theiiung untcp welchem es in zwei Theile, Moesia siiperior'^), das jetzige
Serbien, westlich vom Fluss Ciabrus, und Moesia inferior ^)y mit
alle drei Provinzen, und erst Claudius gab im J. 43 Acliaia und Macedonia dem
Senat zurück (Dio Cass. 60, 24). Da indessen in dieser Zeit drei besondre leguti
Aug. Moesiae vorkommen , nämlich Ti. Latinius Pandusa (Tac. Ann. 2, 66) im
J. 19, sein Nachfolger Pomponius Flaocus, Cos. 17 (Tac. a. a. 0. Ovid ep. ex
Ponto A, 9, 7ö), und Pomponius Labeo im J. 26, welcher nicht Consular, son-
dern nur praetorius war (Tac. Ann. 4, 47. Dio Cass. 58, 24), so kann die Verbin-
dung der drei Provinzen nur zu Zeiten stattgefunden haben. S. Zumpt Comm.
epigr. 2, 257 ff.
1) Aus dieser Zeit sind von den Statthaltern bekannt
unter Claudius : L. Marlius — Macer — leg. Ti. Claudi Caes. Aug. pr. pr.
provinciae Moesiae, ein praetorius. Borghesi Oeuvres 3, 183.
a. 51 — 57 oder 58: Flavius Sabinus. Tac. Hist. 3, 75. Henzen Avnali 1859
p. 16.
a. 62 (vielleicht schon seit 57): Ti. Plautius Silvanus Aelianus, Cos. 45. Orelli
750. Henzen a. a. 0. p. 16. 20. Waddington Fastes des provinces Asiatiques,
Paris 1872. 8 n. 85. Vol. I p. 130. Mommsen C. I. L. III n. 781.
a. 67 — 69: M. Aponius Saturninus , Cos. 66 (Henzen Scavi j^. 22). Tac. Hist.
I, 79; 2, 85; 5, 26.
a. 69 : Fonteius Agrippa. Tac, Hist. 3, 40 ; TipeoßeuTYji; 'jTraxt-Ao?. Joseph. B.
lud. 7, 4, 3.
a. 71 : Bubrius Gallus. Joseph. B. lud. 7, 4, 3.
2) Es kommen vor :
Bald nach 85 : L. Funisidanus Vettonianus — — leg. pro pr. proiünc. Del-
matiae , item prov ine. Pannoniae , item Moesiae superioris. Henzen 5431. 5432.
Pannonien regierte er 85 (Henzen 5430), Mösien wahrscheinlich bald darauf,
jedenfalls noch unter Domitian. Henzen Annali 1857 p. 19.
Unter Traian : P. Tullius Varro — leg. Aug. pro pr. Moesiae superior. Hen-
zen 6497.
nach 159: M. Statius Priscus — leg. Auga. pr. pr. prov. Moesiae super.
Henzen 5480.
c. 167: M. Cl. Fronto, leg. Aug. pr. pr. — Moes. sup. Henzen 5478. 5479
= C. I. L. III, 1457. Borghesi Oeuvr. 6, 266.
c. 168. P. Mummius Sisenna — legatus Aug. pr. pr. Moesiae superioris,
Cos. c. 157. Henzen 6499. Waddington Fastes n. 153.
c. 176: Pertinax Cassiano motu composito (175) — Moesiae utriusque — regi-
men accepit. Capitolin. Pert. 2, 11. 202 — 209. Q. Anicius Faustus , C. I. L.
II, 1685. .
Aus unbestimmter Zeit: M. Caecilius Novatilianus c. v. — allectus inter con-
sulares, praeses prov. Maes. super. Orelli 1178 = Mommsen /. N. 1420.
3) Spartian. Hadr. 2, 3 : posi hoc in inferiorem Moesiam translatus extremis
iam Domitiani temporibus. Statthalter dieser Provinz sind :
a. 99 : Q. Pomponius Rufus. Renier in Borghesi Oeuvres 6, 525. Vgl. Orelli 802.
a. 106 : A. Caecilius Faustinus. Henzen 6857,
a. 112: P. Calpurnius Macer. C. J. L. III n.. 777. Vgl. Plin. ep. 5, 18.
a. 113: Q. Roscius Pompeius Fidco. Henzen 5451. Waddington Fastes n. 133
p. 203.
nach 127: L. Minicius Natalis. Orelli 1551. Henzen 6498. C. 1. Gr. 5977.
a. 134: lulius Maior. Miliiärdiplom Henzen Annali 1857 p. 6. 19 ff. Vgl.
Annali 1868 p. 69 n. 70.
nach 133: Antonius Hiberus. Henzen 6429 =r'. /. L. III, 781.
nach 138: T. Vitrasius Pollid. Henzen 5290. Waddington Foste? n. 142.
zwischen 161—172: M. Servilius Fabianus. Orelli 2274.
I
— 149 —
iilteni Namen auch Ripa Thracia genannt i), östlich von demsel-
ben, getheilt wurde, von welchem jeder Theil einen consulari-
schen Legaten 2) und einen procurator^) erhielt.
Die Städte der beiden Moesiae sind entweder römische An- städieania-
lagen oder griechische Handelsplätze, welche die Römer bereits
vorfanden. Unter ihnen sind die bedeutendsten in der oberen
Provinz Ratiaria, Colonie des Traian [colonia Ulpia Ratiarm) 4) ;
Aelium Viminacium, zuerst Municipium 5) , später Colonie ß), Sin-
gidunum, Colonie'); in der unteren Provinz: Qescus^ Colonie
[colonia Ulpia Oescensium) ^), jetzt Gicen, Novae (Sistov), Nico-
polis (Nikup), Troesmis (Iglizza), Municipium 9) , endlich die grie-
chischen Küstenstädte Istros, Tomi (Dorf Anadol-Köi bei Koestendje),
civilas Pontica Tomitanorum^^)^ [xr^Tpo7roXt(;ii); Odessus (Varna), civi-
tas Odessitanorum ^2)^ Mesambria, welche zusammen mit Apollonia,
nach 195: A. Pollenius Auspex. Dio Cass. 76, 9, wo der Name Auspex noch
in den neuesten Texten corrunipirt ist. S. Borghesi Oeuvres 2, 234.
a. 201: L. Ovinim Teriullus. Henzen 6429= C. I. L. 781. Grut. 446, 9.
Moramsen /. N. 6819. Dig. 49, 15, 9; 38, 17, 1 ^ 3. Cod. lust. 8, 51, 1.
Borghesi Oeuvres 2, 225.
unter Elagabal (218 — 222): T. Fl. Novius Rufus. Desjardins Anmli 1868
p. 75 =C. /. L. III, 773.
a. 238 — 240: Tullius Menophilus , auf Münzen von Marcianopolis (Borghesi
Oeuvres 2, 227 ff.), erwähnt von Petrus Patricius fr. 8 (Müller fr. Hist. Gr. IV
p. 186). Vielleicht hiess er Julius Menophilus und bezieht sich auf ihn die Inschr.
Desjardins Annali 1868 p. 38.
ohne Zeitbestimmung: T. Flavius Longinus. C. I. L. III, 767.
M. Pontius Aelianus. Annali 1868 p. 74=C\ 7. L. III, 774.
P. Vigellius Raius Saturninus. Annali 1868 p. 74 = C. I. L. III, 775.
L. lunius Faustinianus. Annali 1868 p. 77.
L. Annius Italicus Honoratus. Annali 1868 p. 97, wohl unter Caracalla. Vgl.
MafFei Mus. Veron. p. 240, 6. Ueber die zuletzt angeführten s. auch Renier In-
scriptions de Troesmis , Paris 1865. 8.
1) C. I. L. III, 751. 752. 753. Henzen Annali 1859 p. 109.
2) Tac. Nist. 2, 86 nennt sie consulares leijati. Vgl. Capitolin. Pertin. 2.
Ausführlich handelt hierüber Borghesi Oeuvres 4, 290; 6, 250.
3) Häufig erwähnt, z. B. Orelli 3664. C. I. Gr. 3751.
4) C. I. L. HI, 753. 1641.
5) C. i. X. III, 1654. 1655.
6) C. /. L. 111, 1474. Eckhel D. N. 2, 8 IT.
7) C. /. L. III, 1660.
8) C. I. L. HI, 753.
9) Desjardins Annali 1858 p. 63. 67. Die Stadt ist aus einem grossen Lager
entstanden und bildete eine Grenzfestung. Derselbe p. 48. Sie wird erwähnt von
Ovid ep. ex Ponto 4, 9, 79. Ptolem. 3, 10, 11.
10) C. I. L. in, 753.
11) In dem Epigramm bei Desjardins Annnli 1868 p. 92 Imisst TomI fA<XTp/i-
TToXt« R'J;e(voio; |XT)Tp<'iTtoXt; auch in der Inschr. obend. p. 95 und auf Münzen.
Mionnct Suppl. 1 p. 185. Dio Stadt hat eine griechische Verfassung, huleuiat
(C. 1. L. III, 753) und Pbylen. Annall 18Ü8 p. 96.
12) C. 1. L. III, 762 «Henzen 5290.
— 150 —
das Ptolcmäus zu Thracien rechnet i), eine Pentapolis gebiidet zu
haben scheinen 2).
Politischer Dcp Statthalter von Nieder-Mösien war zugleich der nächste
Ronipriinf Repräsentant des römischen Einflusses auf die Nordküste des
küste des schwarzen Meeres, welche zwar keine römische Provinz wurde,
Meeres, aber doch mittelbar unter römischem Imperium stand. Die grie-
chischen Colonien dieser Gegend, tlber deren lange Blüthe uns
aus den Funden der letzten Decennien ein reiches historisches
und archäologisches Material vorliegt ^j, waren zwar freie Städte,
aber den sarmatischen Königen tributär^), und da diese von den
Römern theils gradezu eingesetzt, theils wenigstens in Abhängig-
keit gehalten wurden 5) , so fanden die Römer beständig Gelegen-
heit, zwischen beiden Theilen politisch zu vermitteln oder zum
Schutze der Städte thatsächlich einzugreifen. Das Gebiet der
Stadt Tyras, einer milesischen Colonie zwischen Donau und
Dniester, wurde unter Nero, wie die Aera derselben vom Jahre
56 oder 57 anzeigt, ganz zur Provinz Niedermösien gezogen^)
und blieb bei derselben '), bis Maximinus es etwa im Jahre 237
den Barbaren preis gab ^) ; der cimmerische Bosporus dagegen I)lieb
1) Ptolein. 3, 11, 4.
2) Inschr. v. Odessus C. I. Or. 2056«: 'Hpooooov OapvaYOU, d'pEavta t-^C
iroXeojs xal d'pqavxa tou xoivoü XTJi; TtevTaTroXetoc vcat xzi\).T^%isxrx UTto xoD xotvoO
TYJ? irevxaTroXeoj?. In einer andern Inschr. von Mesambria C, I. Gr. 2053^ Vol. II
p. 995 wird jemand durch ein Denkmal geehrt von den Städten Tomi, Istros
und ApoUonia, so dass die fünf Städte unzweifelhaft sind.
3) Boeckh C. /. Gr. Vol. II p. 80—170. H. K. E. Koehlers Gesammelte
Schriften herausg. von Stephani Bd. 2, Petersburg 1850. 8. B. Koehne Beiträge zur
Geschichte und Archäologie von Chersonesus in Taurien. II Die ßömisch-Bospo-
ranische Zeit. In den Memoiren der Gesellsch. für Archäologie und Numismatik
in Petersburg. Vol. II 1848 S. 301 ff. 353 ff. Auch daraus separat abgedruckt
Sabatier Souvenirs de Kertch et Chronologie du royaume de Bosphore, Petersburg
1849. 4. B. de Koehne Description du musee de feu le Prince Basile Kotschoubey
et recherches sur Vhistoire et la numismatique des colonies grecques en Eussie ainsi
que des royaumes du Pont et du Bosphore Cimmerien, Petersburg 1857. 2 Vol. 4
mit 28 Tafeln, Comte-Rendu de la Commission Imperiale Archeologique , Peters-
burg 1859 und folgende Jahrgänge. 4 mit Atlas in fol.
4) Ueber Olbia s. Boeckh C. 1. Gr. II p. 87^.
5) Boeckh C. I. Gr. II p. 107b und zu n. 2108b. 2108^. 2122. 2123. 2124.
2125. 2126.
6) C. I. L. III, 781 = Henzen 6429.
7) Ptolemaeus 3, 8, 10.
8) Die Münzen der Stadt beginnen mit Vespasian und hören auf mit Alexan-
der Severus, es ist daher wohl in dem Kriege mit den Carpen und Scythen auf-
gegeben worden , dessen Capitolin v. Max. et Balb. 16 gedenkt. S. Mommsen
C. 1. L. III, 781.
— 151 —
ein Königreich, in welchem zu Cäsars Zeit Pharnaces , der Sohn
Mithridates des Grossen regierte^). Seinen Nachfolger Asander
machte M. Antonius im J. 713 = 41 zum König ; als er 737 starb,
übernahm Scribonius die Regierung und heirathete seine Wittwe
Dynamis, beides mit Erlaubniss des Augustus 2) . Im J. 740 = 14
ordnete Agrippa die bosporanischen Verhältnisse '^) und die ganze
Reihe der bosporanischen Fürsten bis auf Rescuporis VIII (f 336
n. Chr.) prägte auf ihren Münzen das Rildniss des regierenden
römischen Kaisers. Dieselbe Oberhoheit der Römer zeigt sich
darin, dass sie die bedeutendste Stadt der taurischcn Cherrone-
sus, Heraclea Chersonesus, von dem bosporanischen Reiche ab-
sonderten und für frei erklärten ^j. Diese Freiheit dauerte bis
auf Constantin ^) , unter welchem die Chersonesiten die IXeoi^spia
xat oLiiXsia geniessen, aber dabei uTrrxooi xr^c, 'P(0[xai(jDV ßaaiXeta;
genannt werden f'). In demselben Sinne ist die merkwürdige
Stelle des Procop zu erklären, der von mehreren alten Resitzun-
gen der Römer in der taurischen Halbinsel redet ^); es sind dies
keine andern, als die freien griechischen Städte, um welche sie
sich in der That wesentliche Verdienste erwarben. Denn sie
zogen ihnen nicht nur zu Hülfe, wie unter Nero der legatus
Moesiae inferioris Ti. Plautius Süvanus der Stadt Cherronesus ge-
gen den bosporanischen König ^) und Kaiser Antoninus Pius der
Stadt Olbia gegen die Tauroscylae^), oder erwiesen ihnen sonst
1) Ueber das Folgende s. v. Sallet Beiträge zur Geschichte und Numismatik
der Könige des Cimmerischen Bosporus und des Pontus von der Schlacht bei
Zela bis zur Abdankung Polemo II, Berlin 1866. 8. Waddington in Revue nu-
nUsmatique 1866 p. 417 ff.
2) Dio Cass. 54, 24.
3) Dio Cass. a. a. 0.
4) Plin. N. H. 4, 85: Heraclea Cherronesus (^oppidum) liberlate a Ronianis
donatum. Boeckh C. /. Gr. p. 90.
5) Constantin. Porphyrog. de administr. imp. 53 p. 251 Bekk.
6) a. a. 0. p. 250, 8; 251, 9.
7) Procop. B. Oolh. 4, 5 : (Aetd 5e xa i\Wri xaÜTa u^Xi; OaXaoofa olxeixae,
B^OTTOpo; 5vo|Aa xcti 'P(u|j.aiojv xaTf]7Coo; y^'^'^I-«-^'^''] oo TioXXtj) Trpoxepov. 'Ex ße
Boor'ipou T./Atoii d; rA\\.u Xepooiva iiivxi, t'j xeixai jjiiv ^v xi^ TtapaXi'^, 'Ptu|xaituv
Ik xai vjTh xaxTjXoo; 1% rotXaioO daxi , ßappapoi — xd ixexot^u änavxa Ij^ouoi.
Kai o[).Xa oe roXiaixaxa c6o df/o^ Xepawvo;, Kf|7:ol xe xal «PavotYOUpis xaXo6-
|A€v«, 'Ptujxaliuv xaxfjxoa ix TtaXatoD xe xal ii iiU ^v.
8) Inschrift Orelli 750: ScytUarum qwjquc rcijem (lies reye) a Cherronerui quac
eat tUtra liorysthenem opsidione summolo primun tx eu provincia niayno trilici modo
annonam P. It. adlevavit. Ueber die Zeit dieses Ereignissos s. oben S. 148 Anui. 1.
9) Capltolln. Afü. P. 9.
— 152 —
Wohlthalen '), sondern sie hielten auch in Chen-onesus wenigstens
zeitweise eine römische Militärstation 2j .
XXIII. Dacia3).
Mit den Dakern sind die Römer schon seit CUsars Zeiten in
Berührung gekommen ^J; ihr König Cotiso war im Jahre 723 = 31
Bundesgenosse des Antonius ^) , so dass man damals in Rom
neben den Aegyptern auch die Daker fürchtete ^') , und unter
Augustus sind später noch mehrere Feldzüge gegen sie unter-
nommen worden'); Provinz aber wurde Dacien, dessen sehr be-
deutendes Gebiet nach Ptolemäus in Westen durch den Tibiscus
(Temes) und die westlich von demselben wohnenden lazyges
Metanastae von Pannonien getrennt, im N. durch die Karpathen,
im 0. durch den Tyras, im S. durch die Donau begrenzt ist^),
erst nach dem Tode des Königs Decebalus, gegen welchen Traian
zwei dacische Kriege führte, nach Beendigung derselben im J.
d^ei"pÄz^^079). Nachdem die Provinz eine Zeit lang von einem Statt-
1) Ueber Phanagoria s. Boeckh C. /. Gr. ad n. 2126^ und über die freund-
lichen Beziehungen mehrerer Kaiser zu Olbia n. 2060. 2087. 2091.
2) Inschr. v. Chersonesus bei Koehne Beiträge S. 308 : D. M. Aur. Salvia-
nus tub(icen) leg. XI Cl., qui militavit annos XIIII vixit annos XXXVI. Die
legio XI Claudia lag zu Dio Cassius Zeit in Moesia inferior. Dio Cass. 55, 23.
Ein älteres Zeugniss aus dem J. 66 giebt losephus B. lud. 2, 16, 4: xi oei
Xeyeiv 'Hvioyou? xe xal KoXyou? xal xo xöiv Taupoav cpüXov , BooTcopavo'j!; xe xoti
xd rcepioixa xoü üovxou xal x-^? Maicuxioo? Ii}vy], Tiap ot? rrplv p,£v o'jos or/teio?
EYivtuoxexo SeoTioxY]?, vüv hk xpicyiXtoi; 67:Xixai? uTzoxotooexoii y.al x£Ooapdy.ovxa
v-^ec {xaxpai xyjv uplv aTtXujxov xal aYpiotv eipTfjve6ouai OdXocaaav.
3) Nach den erschöpfenden Untersuchungen von Mommsen C. I. L. III p.
160 ff. bedarf es einer vollständigen Anführung der früheren Literatur über Da-
cien nicht. Ich erwähne nur: Fabretti de columna Traiani , Romae 1690 fol.
Marsili Danubius Pannonico- Mysicus, Hag. Com. et Amstelod. 1726. 6 Bde. fol.
Seivert Inscriptiones monumentorum Rom. in Dada mediterranea, Viennae 1773. 4.
Sulzer Gesch. des transalpin. Daciens, Wien 1781. 2 Bde. 8. Mannert Res Traiani
ad Danubium gestae, Norimb. 1793. 8. v. Hohenhausen Alterth. Daciens zu Zeiten
der Römer, 1775. 4. Katancsich Istri accolarum geographia vetus , Budae 1827.
2 Bde. 4. Franke Zur Geschichte Traians, Güstrow 1837. 8. Neigebaur Dacien,
Kronstadt 1851. 8. W. Froehner La colonne Trajane, Paris 1865. 8. Dierauer
Beiträge zu einer kritischen Gesch. Traians, Leipzig 1868. 8. M. J. Ackner und
Fr. Müller Die röm. Inschriften in Dacien, Wien 1865. 8.
4) Appian. Illyr. 22. 23.
5) Dio Cass. 51, 22. Ausführlich handelt hierüber Mommsen Res gestae divi
Augusti p. 88.
6) Verg. Ge. 2, 497. Hör. Serm. 2, 6, 53. Od. 3, 6, 13.
7) Auf den Krieg des M. Crassus gegen sie 724 — 726=30 — 28. (Dio
Cass. 51, 23. Liv. ep. 134) bezieht sich Horat. Od. 3, 8, 18: occidit Daci Co-
tisonis agmen. Ueber die späteren Kriege s. Mommsen a. a. 0.
8) Ptolem. 3, 8.
9) Dio Cass. 68, 14: AexsßaXoi; Se, tu? xal xö ßaotXeio^ auxou xai i] yjapcL
\
— 153 —
halter verwaltet worden war i) , wurde sie unter Hadrian in der-
selben Weise, wie dies früher mit Pannonia und Moesia ge-
schehen war, in zwei Hälften zerlegt, von denen die westliche
Dada supeiior^) , die östliche Dada inferior^] hiess. Unter M. Theiiung
1 . ,, . 1 , . . ^. 1 derselben in
Aurel dagegen, vielleicht schon seit Antoninus Pius, unter wel- zwei,
cheni eine Empörung der Daker unterdrückt werden mussle''),
war die Provinz in drei Theile, tres Dadae, getheilt, nämlich dann in drei
Dada Porolissensis ^) , benannt von der Stadt Porolissum im Nor-
den des Landes bei Mojgrad, Dada Apulensis^), benannt von
Apulum (Carlsburg), und Dada Maluensis"'] ^ benannt von der
Colonia Maluensis^), die der Lage nach unbekannt, aber wohl in
den östlichen Theil von Dacien zu setzen ist. Die tres Dadae
bilden zwar ein Commune, welches eine gemeinsame Hauptstadt,
Sarmizegetusa-^), einen gemeinsamen Landtag i^) und einen ge-
■/.aTeiXr^TiTO ou[jLTraoa, oteypfjOaTo ^auTov — y.al outou; i] Aaria 'Poüfj-aiouv
•jzTjxoo; i-^iszTO. Aurel. Vict. Caes. 13. Der erste dacische Krieg dauerte von
lül — 102, der zweite 105—107. S. Henzen Annali 1862 p. 148 ff. Dass der
letztere nicht 106, wie llenzen annimmt, sondern erst 107 beendigt wurde,
/(■igt Mommsen ad C. I. L. III n. 550.
1) In dem Militärdiplom des Traian von 110, Henzen 5443, heisst es : et sunt
m Dada s^ub D. Terentio Scauriano , und nach der Inschrift C. I. L. III, 2830
-t Sex. lulius Severus kurz vor seinem Consulat (127) leg. pr. pr. imp. Traiani
lladriani Aug. provinciae Daciae. Auf den Münzen seit Traian heisst die Pro-
vinz immer Dada August^i) provinda. Eckhel D. JV. 6, 428.
2) Insdirift C. I. L. III, 753 (zwischen 161 — 168): lulio Capitoni — hono-
rnto ab ordinibus coloniarum Vlpiae Poetoviensia ex Pannonia superiore — Traia-
luie Sarmizegethusensium ex Dada superiore. Vgl. n. 4501 : Valeria Dionysia
domo Sa(r7nizegetusa') Da(ciae^ S(uperioris').
3) Militärdiplom des Hadrian von 129 bei Arneth n. VII : et sunt in Dada
inferiore sab Plauiio Caesiano.
4) Capitolin. Anton. P. 5, 4. Henzen zu n. 6919.
5) C. J. L. 1464 (a. 211 — 12): Ulpio proc(uratori) Aug. (provindae)
l>ac. Apul. a(genti) v(ices^ p(raesidis'), item proc. prov. PorolQssensis'). Inschr. bei
J'errot Exploration archeol. de la Galatie et de la Bithynie p. 264 n. 146:
/'. 8emp. Ael. lyijcino proc. Aug. nn. prov. Syriae Palaestinae, proc. hidilogi, proc.
l>aciae Porolisensis , proc. XX h^ereditatum) Galliarum Narbonensis et Aquitaniae cic.
Die erwähnten Augusti sind Caracalla und Geta (211 — 212), s. Grut. 259, 1 = Mur.
M7, 4. Waddington in Le Bas Voy. n. 1786; proc. hidilogi ist dTrlxporo; 5ctjx(rjNd-
'o;j 'A).e;avope(a; xoD io(o'j \6*(o\) d. h. rei privatae, C. I. Gr. 3751 , der ge-
vMJhnlich kurz toio; Xf^yo? (^'. /. Gr. n. 4957 lin. 39. 44), {oKiXoyo? (Strabo 17
p. 797), idiologus, Henzen 6926, genannt wird. Die Annahme von IJorghesi Bull.
\>'<\X p. 153 und Oeuvr. 6, 482, dass eine der drei Provinzen Dacia Auraria gc-
li< i>'^t;M habe, beruhte auf einer fehlerhaften Lesung der Inschr. Honzen 6920,
«.;i(li(! jetzt C. J. L. III, 1464 steht und eben angeführt ist.
6) Kommt öfter» vor. Orelli 3888. Henzen 6932.
7) (Jrut. p. 433, 5 = ßorghesl Oeuvres 3, 481 : M. Macrinio Avito — proc.
: rov. Dac. Malv.
8) Henzen 5520.
9) Im dritten .Jahrhundert führt sie auch den Titel metropoLi», C. J. L. III,
1456. 1175.
10) Condlium prhvinciarum Daclarurn trium im J. 241, C. 1. L. III, 1454.
— 154 —
meinsanien Cult des kaiserlichen Hauses hat^j, allein als Ver-
waltungsbezirk steht jede als besondere Provinz 2) nicht nur untei
einem eigenen Procurator ^') , sondern auch wahrscheinlich unte
einem eigenen Legaten ''), obwohl der Titel desselben immer leg a-
tus trium Daciarum ist ^) . Derselbe war anfangs nur prätorischen
Ranges und pflegte erst nach seiner dacischen Legation das Con-
sulat zu erhalten '') ; seit M. Aurel aber kommen in den Daciae
nur consularische Legaten vor'),
stfidteania- Die Kriege des Traian müssen mit der schonungslosesten
Energie geführt worden sein, denn sie hatten zur Folge, dass die
Provinz bei ihrer Einrichtung menschenleer war und Colonisten
aus andern, zum Theil entfernten Provinzen nach Dacien über-
gesiedelt wurden 8). In der Colonie Napoca gab es noch lange
nachher ein collegium Asianorum^) , und zu den Colonisten gehör-
1) Hierauf bezieht sich der sacerdos arae Augusti C. I. L. 1209. 1433.
1509. 1513 und der coronatus Daciarum trium n. 1433.
2) Ulp. Dig. 48, 22, 7 % iO: interdicere autem quis ea provincia potest,
quam regit, alia non polest. § 14 : quibusdam tamen praesidihus, ut multis pro-
vinciis interdicere possint, indultum est, ut praesidihus Syriarum, scd et Daciarum.
3) Es kommen vor ein
procurator prov(inciae~) Porolissensis , C. I. L. III, 1464.
proc. prov. Dac. Malv(€nsis), Borghesi Oeuvres 3, 481.
proc. Aug. Daciae Apulensis, Orelli 3888.
4) Dies sieht man schon daraus, dass die genannten Procuratoren auch vice
praesidis fungiren, d. h. im Falle einer Vacanz der Statthalterstelle. So ist
Q. Axius — proc. prov. Dac. Apul. bis vice praesidis, Henzen 6932= C. I. L. III,
1456; JJlpius — proc. Aug. prov. Dac. Apul. agens vices praesidis, C. I. L.
III, 1464.
5) Die vorkommenden Legaten der dacischen Provinzen Ündet man gesam-
melt bei Borghesi Oeuvres 8, 471 ff. Darunter sind: M. Gl. Fronto Cos. Leg.
Aug. pr. pr. trium Dac(iarum') et Moes. sup. im J. 168, C. J. L. III, 1457;
L. Aemilius Carus leg. Aug. pr. pr. 111 Daciarum, C. 1. L. III, 1153. 1415;
L. Pomp. Liberalis Cos. (d. h. consularis^ Dac. III unter Sever und Caracalla,
C. 1. L. III, 1174; L. Marias Perpetuus Cos. Dac. III nach dem J. 210, C. I. L.
III, 1178; L. Octavius lulianus cos. 111 Dac, C. I. L. III, 876. 1393; D. Simo-
nius Proculus lulianus praeses Daciarum III, C. I. L. III, 1578 ; Sex. Cornelius
Clemens, Cos. et dux trium Daciarum, Renier Inscr. de l'Algerie u. 3897.
6) S. Borghesi Oeuvres 8, 480 ff. So ist M. Statius Priscus im J. 157 leg.
Aug. pr. pr. Cos. design. Henzen 6858^; P. Furius Saturninus leg. pr. pr. Cos.
des. im J. 161, C. I. L. III, 1171.
7) Borghesi a. a. 0. Sie heissen später mit kurzem Titel consulares. S. ausser
den Anm. 5 angeführten Beispielen C. L L. III, 823. 826. 827. 1092. Vgl. Capi-
tolin, Pertin. 2. 3 , nach welchem Pertinax quatuor provincias consulares verwal-
tete, nämlich Moesia utraque, Syria und Dada.
8) Eutrop. 8, 6: Traianus victa Dada ex toto orbe Romano infinitas eo co-
pias hominum transtulerat ad agros et urbes colendas. Dada enim diuturno hello
Decehali viris fuerat exhausta.
9} C. I. L. m, 870.
i
— 155 —
ten Galater aus Tavium^). In keiner andern Provinz lasst sich
die Entwickelung der römischen Städteanlagen so genau verfol-
gen, als in Dacien. Die einzige grössere Stadt, welche die Römer
vorfanden, war Sarmizegetusa, die Residenz des Decebalus 2), die,
von Traian zur Colonie erhoben, den Namen Colonia Ulpia Traiana
Augusta Dacica Sarmizegetusa führt ^j; die neuen Anlagen waren
theils Grenzfeslungen, castella^), thcils Dorfgemeinden, welche
im Laufe der Zeit Stadtrecht und zuletzt das ius coloniae erhiel-
ten. So wurde Apulum (Carlsburg) unter Traian 5) als Dorf an-
gelegt; es hiess zuerst Canabae<^) und hatte magistri; Hadrian
baute die castra legionis XIII, welche hier ihr Hauptquartier er-
hielt, später ist die Stadt Municipium ^) , Residenz des Procura-
tors, und wird endlich colonia iuris Tlalici^). Ebenso ist Potaissa
seit Traian vicus^) , seit Severus Colonie ^0)^ Napoca {Klausenburg)
zuerst Municipium n), dann Colonie i^j; das municipium Drohetarum
an der Donau wird später Colonie i^). Ausserdem werden noch
drei Colonien erwähnt, über deren Geschichte nichts bekannt ist,
Zerna, colonia iuris Italici^^)^ Colonia Aequum i^) und Colonia Mal-
vensisi'^'), der Hauptort der Provinz gleichen Namens.
Trotz dieser Ansiedelungen blieb der Besitz des Landes für Aufgabe der
die Römer ein unsicherer und schon Hadrian hatte die Absicht,
wie er Armenien, Mesopotamien und Assyrien aufgab, so auch
die Provinz Dacien wieder eingehen zu lassen, und nur die Rück-
sicht auf die Menge der bereits eingewanderten römischen Bürger
1) C. /. L. III, 860. Henzen Bxdl. 1848 p. 129.
2)
2) Dio Cass. 68, 8. 9.
3) Ausführlich handelt über die Stadt Mommsen C. I. L. III p. 228. Vgl.
/ijinpt im Rhein, Museum 1843 S. 253 ff. und Comm. epigr. 1, 404.
4) C. 1. L. III, 786. 821.
5) C. I. L. III, 1004.
6) C. 7. L. III, 1008. 1093 u. ö. S. über diesen Ort überhaupt Mommsen
' . /. L. III p. 182.
7) Sie heisst municipium Aurelium, C. 1. L. III, 986. 1132 von M. Aurel
liiid municipium Septimium (n. 976. 985. 1051) von Septimius Severus.
8J l'lp. IHy. 50, 15, 1 S Ö. 9 und Mommsen a. a. 0.
9j C. I. L. III, 1627.
10) Dig. 50, 15, 1 % 8. 9. C. 1. L. III, 1030.
11) C. I. L. III, 860. 1100.
12) Ib. 865. 1141. Dig. 50, 15, 1 S 9.
13) C. J. L. III, 1209. 1559. 2679.
14) Dig. 50, 15, 1 S ^' Bei ^^^' 3> ^> ^^ heisst der Ort Alepva; eine
itio T8iemen(/iium) kommt vor C. I. L. III, 1568 f.
15) C. I. L. III, 1596.
16) liQiueii 5520.
156
hielt ihn von der Ausfülirung dieses IMancs zurück '). So besUinc
die Provinz, bis sie unter Galiicnus im .1. 256 verloren ging^),
mit Ausnahme der festen Plätze, aus welchen dann Aurelian
(270—275) ebenfalls die Besatzungen zurückzogt). Diese und was
noch von römischen Einwohnern in der Provinz vorhanden war,
versetzte er an das südliche Ufer der Donau und richtete zwi-
schen Moesia superior und Moesia inferior zwei neue Provinzen
ein'*), Dada ripensis an der Donau mit der Hauptstadt Ratiaria
und Dada mediterranea oder Dardania mit der Hauptstadt Ser-
dica. Vor dem J. 386 ist die letztere nochmals in zwei Hälften
getheilt worden, nämlich Dardania und Dada mediterranea mit
der Hauptstadt Scupi^).
XXrV. Thracia.
Schon zur Zeit der Republik war die Südküste Thraciens, an
welcher eine Strasse nach dem Hellespont führte^), sowie die
thracische Ghersonesus 7) in der Gewalt der Römer und wurde zu
Macedonien gerechnet. Die Chersonesus war später Privatbesitz des
Agrippa, von welchem sie auf die kaiserliche Familie vererbte.
Sie wurde noch unter Traian als kaiserliche Domaine von einem
besondern Procurator administrirt^). Mit den thracischen Völker-
1) Eutrop. 8, 6.
2) S. Mommseii C. 1. L. III p. 161, welcher bemerkt, dass auch die Münzen
der provincia Dada, die 247 beginnen, 256 aufhören. Eckhel D. N. 2, 9. Das
Factum erwähnen Sex. Rufus br. 8: sub Gallieno imperatore amissa est (7)acia).
Oros. 7, 22. lornandes de regn. succ. 51. Den Krieg im vierten Jahre des Vale-
rianus und Gallienus erwähnt Vopiscus Aurelian. 11. Clinton Fasti Romani ad
a. 256. 257.
3) Vopiscus Aurelian. 39 : cum vastatum Illyricum et Moesiam deperditam
videret, provinciam Transdanuvianam Daciam a Traiano constitutum sublato exer-
citu et provincialibus reliquit , desperans , eam, posse retineri , abductosque ex ea
populos in Moesia coUocavit appellavitque suam Daciam, quae nunc duas Moesias
dividit. S. Rufus brev. 8 : sed sub Gallieno imperatore amissa est (^Dacia') et per
Aurelianum translatis exinde Romanis duae Daciae in regionibus Moesiae ac Dar-
daniae factae sunt. lornandes de regn. succ. 51 : sed Gallienus eos {Dacos'), dum
regnaret, amisit, Aurelianusque imperator evocatis exinde legionibus in Moesia col-
locavit , ibique aliquam partem Daciam mediterraneam, Daciamque ripensem, con-
stituit et Dardaniam coniunxit. Malalas 12 p. 301 Bonn. : 6 oe auToc, AupYjXta-
v6? xal Aaxiav dTTOiYjoev dTiapyiav x-^^ TiapaTroTa{xiav, TrXifjoiov ouaav toO Aavo'j-
ßtO'J TTOTafJ-OÜ.
4) S. über diese Provinzen Boecking N. D. Or. p. 135 f. 153. 244 und
Mommsen zum veroneser Verzeichniss Abb. d. Berl. Acad. 1862 S. 508.
5) Mommsen a. a. 0. S. 509. Boecking N. D. Or. p. 229.
6} Cic. de prov. cons. 2, 4.
7) Cic. in Pison. 35, 86.
8) Dio Cass. 54, 29. Ein procurator Augusti regionis Chersonesi aus dieser
— 157 —
Schäften wurde von Macedonien aus ein sich immer wieder er-
neuernder Krieg geführt, in Folge dessen alle zu einem Bündnisse
mit Rom gezwungen und die einheimischen Fürsten, welche bis
auf Rhoemetalces II, d. h. bis auf Galigulas Regierung, nach-
weisbar sind^), völlig abhängig wurden. Tiberius liess während
der Minderjährigkeit des Cotys das Reich durch den gewesenen
Prätor Trebellenus Rufus 2) verwalten, unter Claudius wurde das-
selbe im J. 46 Provinz 3] und zwar eine procuratorische , alsPr«f^«ratoii
' ' ' sehe Pro-
weiche es auch unter Nero 4) und Galba'') erwähnt wird. Die vinz4G.
Annahme, dass erst Vespasian die Provinz gegründet habe, be-
ruht nur auf einer verderbten Stelle Suetons^), und eine späte
Nachricht, dass derselbe Thracien von Europa getrennt und zu
Asien gezogen habe, vielleicht auf einem Missverständniss^),
Zeit C. I. L. III n. 726. Vielleicht ist mit diesem identisch der 'proc. provinr.
Hell€spont(i). Orelli 3651.
1) S. die unter Caligula geschlagene Münze dieses Fürsten bei Visconti
Jronographie Grccque III p. 302. Vgl. Cary Histoire des rois de Tlirace et de
reux du Bosphore Cimmerien, Paris 1752. 4. Boeckh C. I. Qr. n. 359.
2) Tacit. Ann. 2, 67: Trebellenus (nicht Trehellienus) hat der Medicens
und die von Mommsen gesehene Inschrift Borghesi Oeuvres 3, 272.
3) Eusebii Chron. Can. p. 153 Schoene : Thracia hucusque regnaia in pro-
vinciam redigitur. Syncellus p. 630, 3: BpaxT] dizo xojoe xoO ypoMou ^Trapyta
dypr^jxaTtae ßasiXe'jouca rptv. Die Anlage der Colonie Apros im Binnenlande
Tiiraciens durch Claudius bestätigt dies Zeugniss.
4) Bei loseph. B. I. 2, 16, 4 sagt im J. 66 der König Agrippa, indem er
lle Provinzen der Bömer aufzählt: xt 0£ Bpäxei;; — O'iyi StoyiXiot; 'Pojfxatojv
^-ay.ouo'jot cppo'jpoT;;
5) Bei Tac. Ilist. 1, 11 heisst es vom J. 69: Thracia et qune aliae procu-
ratoribus cohibentur.
6} Bei Suet. Vesp. 8 steht allerdings in den besten Handschriften, auch dem
Memmianus: Achaiam , Lyciam , Rliodum, Byzantium , Samum lihertate adet^pta^
'tfm T/iraciam, ('iliciam et Commagenen ditionis regiae usque od id tempus, in
rovinciarum formam redegil, hiu\ diese Worte wiederliolen Eiitrop. 7, 19, bei
Aclchem der ('od. (iothanus Thrariam, der griechische Uebersctzer Bpaxa? xe im
xo'jxot; y.al KiXiy.a? hat, ferner Ilieronymus Eusebii Chron. C'an. p, 159 Schoene,
[»ei welchem der Leydener Codex trachia hat, endlich Aurel. Victor epit. 9. Dass
iltcr bei Sueton gelesen werden muss trarhiam Ciliciam oder tracheam Ciliciam,
liabe idi bereits frülier bemerkt und hat Borghesi Oeuvres 3, 273 ausführlich
' rwiesen. Erstens nämlich stellt es fest, dass Thracien bereits vor Vespasian
Provinz war (Tac. Ifist. 1, 11), zweitens ist es falsch, dass Cilicien ditionis regiae
i^que ad id lempus gewesen sei, da es schon seit 103 v. Chr. eine Provinz C'i-
' ia gab, und das ebene ('ilicien namentlicli seit 64 Provinz war; eiidlirh würde
llif^roriymus sich gradezu widersprechen, wenn er Tliracien unt(fr Claudius, und
nochmals unter Vcsp.isian Provinz werden lässt. Alles ist dagegen richtig l)ei
der Lesung tracheam Citiciam, wie schon Scaliger un<l Turnebus erkannten.
7} Knstath, ad Dionya. perieg. v. 270: xöixctvo hi yv«>5t£ov, 2ti F.üpcdrr^
"?v izd-na xa %axd o6atv, äoSajAcvot; öir^> 'K)vXTja7t//vxoi». (U o^ 7:aXaio( cpaoiv, ^xt
'>eo7:75ta*^o; iyifipiae x7jv Hp^rr^v «tt' vjxfj; I'nd zu n. 323 sagt er, die Thra-
icr seien ein grosser Stamm und wohnten auch JtMiHeits dos llellespontcs in
I
— 158 —
denn es ist sicher, dass bis auf Traian Thracien unter eine
Procurator stand*), welcher dem leg. pr. pr. Aug. Moesiae unter-
geben war 2). Unter Traian aber wurde diese Verwaltung ge
Prätorisciio ändert und zum Statthalter der Provinz ein prä torischer ^) kaiser-
licher Legat gemacht "*), unter dem zwar auch ein Procurator,
indessen nicht mehr als praeses, fungirt^).
Städte. Die Städte, welche die Römer in Thracien vorfanden, waren
griechische Ansiedelungen und erhielten zum Theil das Privile-
gium der Freiheit, wie Abdera, Aenus, Byzantium^) und die zu
Thracien gehörige ^) Insel Samothrace ^) ; das Binnenland war da-
gegen arm an Städten und wie Cappadocien und Grossarmenien
in Strategien getheilt, deren Zahl Plinius auf 50, Ptolemaeus aber
auf 14 angiebt^), was vielleicht darin seinen Grund hat, dass
durch die Römer selbst ein Theil derselben in Städtebezirke ver-
wandelt worden war, wie wir dies in den spanischen Provinzen
für dieselbe Zeit nachgewiesen haben. Denn auch hier haben
Asien, v.a\ xaya ota t6 outoj TroXuxevei; r^c )((j&pa? y.al Trepicpave? {Sfaoev auxTjv
tfii EupiuTTY]!; Ou£07raota^/6<; w? irpoeipTjTai. Der Sinn der Stelle ist also , dass
Vespasian Thracien zu Asien gerechnet habe. In anderm Sinne berichtet Malalas
10 p. 262 Bonn., indem er von der späteren Provinz Thraciens , Europa redet
und diese dem Vespasian zuschreibt: %a\ x-^jv EuptoTtrjv dcTto öpax'/]? djxeptoe,
-/.xtoai; 'HpaxXetav ttoXiv, xtjV 7rpu)-r]v XeYop^^VYjv IleipivQ^ov, 7]vxiva ETtoiTjas fxirjxpo-
TioXiv, houi auxrj d'pyovxa. Natürlich ist diese Notiz ebenso verkehrt, als die
p. 261, wonach Vespasian Macedonien In prima und secunda getheilt haben soll,
was frühestens 386 geschah.
1) Unter Domitian war Vettidius Bassus iTTtxpoTto? Spaxini;. Borghesi Oeuvr.
3, 274.
2) Man kann dies daraus schliessen , dass unter Traian die Byzantier jähr-
lich einen Gesandten zur Begrüssung des legatus Moesiae zu schicken pflegten.
Plin. ep. 10, 43 (52).
3) S. Borghesi Oeuvr. 3, 278.
4) Unter Traian fallen noch: Juventius Celsus, TrpeaßeuxYj«; dvxtoxpaxYjYo;.
Münzen von Perinth, Borghesi Oeuvr. 3, 275. Mommsen in Plin. ep. ed. Keil
p. 416; und Aulus Platorius Nepos leg. pr. pr. provinc. Thraciae, C. I. L. V, 877
und dazu Mommsen; unter Hadrian: Tineius Rufus, Ttpeo. •/at dvxt. xoO Ceßao.
/ Borgh. Oeuvr. 3, 275; und aus der Zeit des Septimius Severus und Caracalla
kennen wir ihrer zwei : Statilius Barbarus ■ — leg. Augg. prov. Thrac. Henzen
5501. Borghesi Oeuvr. 3, 263 ff. und Q. Atrius Clonius , leg. Aug. pr. pr. pro-
vinciarum Thraciae Cappadociae Syriae, C. I. L. II, 4111. Es ist daher ein Irr-
thum , wenn Eckhel 2, 20, 43 ans dem auf Münzen thracischer Städte vorkom-
menden Titel der Statthalter, -t^^eiiiii-i , schliesst , dass seit Antoninus Pius die
legati Thraciae aufgehört hätten und an ihre Stelle wieder Procuratoren getre-
ten seien ; vielmehr ist unter dem i^Y^f^^"' ^^^ Legat selbst zu verstehn.
5) Ein solcher ist der ^Tcixpozog ir.apyeiai 6pax7]? in einer Inschr. vom
Ende des zweiten Jahrhunderts, C. I. Gr. 37ol.
6) Plin. N. H. A % 42. 43. 46.
7) Ptolem. 3, 11,' 14.
8) Plin. N. H. 4, 73;
9) Plin. iV. H. 4, 40. Ptolem. 3, 11 § 8. 9. 10.
— 159 —
ich die Römer um Gründung neuer Städte verdient gemacht.
\pri^), oder colonia Claudia Aprensis'^) , verdankt seinen Ur-
sprung dem Claudius, die Colonien Develtus und Flaviopolis ^) ,
wahrscheinlich auch die Colonia AuXaiou xsiyoc, (Oleiticos), welche
in einem Militärdiplom des Domitian vom Jahre 86 erwähnt wird^),
dem Vespasian ; die Städte Plotinopolis, Marcianopolis und Tra-
ianopolis dem Traian, von welchem auch Anchialus und Serdica
den Beinamen Ulpia führen ^j ; endlich ist auch Philippopolis kurz
vor seiner Zerstörung durch die Gothen (251) Colonie geworden,
und zwar, wie Eusebius berichtet, durch den Kaiser Philippus
im J. 248 6).
Nach der Diocletianischen Verfassung gehörten zur D/oecesiSTheiiungdei
r, i • 1 TA . I. 1 Provinz.
Ihractae sechs Provmzen, nämlich
1. Europa mit den Städten Perinthos und Apri,
2. Rhodope mit den Städten Maximianopolis , Maronea und
Aenus,
3. Thracia im engern Sinne mit den Städten Philippopolis
und Beroea,
4. Haemimontus mit den Städten Hadrianopolis und Anchialos,
5. Scythia mit den Städten Dionysopolis, Tomi und Calatis,
6. Moesia inferior mit den Städten Marcianopolis und Nico-
polis ^) .
Ob diese Eintheilung von Diocletian selbst herrührt oder älter
ist, lässt sich nach unseren Quellen nicht mit Bestimmtheit aus-
machen, da einige dieser Provinzen schon vor Diocletian gesetzt
werden, allein von Schriftstellern, welche vielleicht die Einrich-
tungen ihrer Zeit auf eine frühere Periode übertragen haben s).
1) Zumpt Comm. ep. 1, 386. Boeckh C. 1. Qr. 3685. Boeckiiig N. D. Or.
p. 302.
2J Waddington in Le Bas Voy. III n. 1731 = OreUi 512.
3) Zumpt a. a. 0. p. 396.
4j Henzen n, 5433.
5) Eckhel D. N. 2 p. 45. 47. 24. 46. Ammian. 27, 4, 12: Marcianopolis eat
n Horore Traiani principia ita coynominata.
6) Zumpt a. a. O. p. 435.
7) Ammian. 27, 4, 12. 13. Veronesisches VerzeichnisB S. 507. Sex. Rufaa
'l l'olemius Süvius S. 254. Not. Dign. Or. p. 10. 11 und dazu Boecking
134.
8) 8o heiflst efl in einem Briefe des Kaisers Claudius Oothicus an Aur^Iian
f ' i Voplsc. Aurtl. 17 : Oolhi n Thrariin amorendi. Korxim enim pleriijxie Unani-
immlum hAiropmrujue vexnnt. I'tdxT diene F'rage handelt ausführlidi Kulm Verf.
den liom. ItoicJis 2, 2()t). Der Hrir-f bei VopiKcus wird al>»!r s( liwrrlirh j^lnnhwiir-
direr Kein als die übrigen in den Scripiortn hint. Autj. voikoninienden Actenstüvke,
— 160
XXV. Macedonia 1).
1
nichP
Vori&nflge Es ist bekannt, dass nach dem Siege des Aemilius Paul
tioniüs. bei Pydna 586 = 168 Macedonien zwar factisch aber noch
der Form nach Provinz wurde; man sendete zehn Legaten, mit
deren Hülfe Aemilius die Verhältnisse des Landes in folgender
Weise ordnete 2). Macedonien wurde in vier Theile getheilt und
jedem dieser Theile ein Concilium in dem Hauptorte bewilligt,
als Hauptorte aber für die erste regio Amphipolis, für die zweite
Thessalonike, für die dritte Pella, für die vierte Pelagonia be-
stimmt*^). Jede Verbindung der vier Regionen unter einander
wurde aufgehoben, connubiiim und commercium nur innerhalb je-
der Region, nicht aber zwischen den Regionen gestattet*), alle
Macedonier für frei erklart, ihnen der Gebrauch ihrer Gesetze,
die Wahl jähriger Rehörden und eine kleine Truppenmacht zum
Schutze der Grenzen bewilligt, aber die Zahlung ihrer früheren
Abgaben, eines tributum und vectigalj welche freilich auf die Hälfte
herabgesetzt wurden, auferlegt^). Die Eintreibung der Steuern
wurde ihnen selbst überlassen, indess das dabei zu beobachtende
Verfahren ohne Zweifel durch die Gesetze normirt, welche Aemi-
lius ihnen gab und welche das Grundgesetz für die spätere Pro-
vinz bildeten^'). Nach diesen führten die Verwaltung der vier
Regionen selbstgewählte ouvsSpot'), und Hessen die Regionen eigene
über welche s, C. Czwalina De epistularum actorumque, quae a scriptoribus histo-
riae Aug. proferuntur, fide atque auctoritate, Bonn 1870. 8.
1) A. W. Zumpt De Macedoniae Romnnorum provinciae praesidibus, qui fue-
runt usque ad T. Vespasianum in Comm. epigr. 2 p. 153 ff. Cousinery Voyage
dans la Macedoine , contenant des recher ches siir l'histoire , la geographie et les
antiquites de ce pays. 2 Voll. Paris 1831. 4. Leon Heuzey Mission archeologique
de Macedoine, Paris 1864. 4 (noch unvollendet).
2) Liv. 45, 17. 18. 29.
3) Die genauere Begrenzung dieser Regionen giebt Liv. 45, 29 an.
4) Liv. a. a. 0.: pronunciavit deinde , neque connubium neque commercium
agrorum aedificiorumque inter se placere cuiquam extra fines regionis suae esse.
5) Liv. 45, 18. Plut. Aem. Paul. 28 : xöiv hk osxa Ttp^aßecov Ix 'P(6|j.'Aj?
dcpr/0[xsvajv Maxe^oci [xsv dTteotuxe t-?)v yiapav xal zac, TiöXet? dXeuiJspai; or/.£tv
xai a'jTov6[jLOU?, exaröv 0£ xdXavTa 'Ptuixottot? uTTOxeXsiv , ou TiXeov -q SiTcXdotov
TOI? ßaciXeüatv eU^cpepov.
6) Liv. 45, 30. 32 : leges Macedoniae dedit cum tanta cura, ut non hoslibus
victis, sed sociis bene meritis dare videretur : et quas ne usus quidem longo tem-
pore (gut unus est legum correclor') experiendo argueret. lustin. 33, 2: itaque
quum in ditionem Romanorum cessisset , magistratibus per singidas civitates con-
stitutis, libera facta est legesque, quibus adhuc utitur, a Paullo accepit.
7) Liv. a. a. 0.: quod ad statum Macedoniae pertinebat , senatores , quos
synedros vocant, legendos esse, quorum consilio respublica administraretur. In einer
— 161 —
Münzen schlagen i), welches Recht in der Zeit der Republik nur
souveränen Staaten zusteht ^j. Die künstlich errichtete Scheide-
wand zwischen den vier Regionen hinderte jede Verbindung der
macedonischen Stämme^) und gab den Siegern eine Gewähr gegen
eine gemeinsame Auflehnung ; dennoch erfolgte dieselbe noch ein-
mal im J. 606 = 148 unter Andriscus oder PseudophiHppus, nach
dessen Besiegung durch Q. Caecilius Metellus"^) Macedonien im
J. 608 = 146 Provinz wurde ^j. Provinz 146.
Nach Ptolemäus^) reichte die Provinz im Osten bis an den Grenzen.
Fluss Nestus, im Westen bis an das adriatische Meer, im Norden
wurde sie von Dalmatien durch den Fluss Drilo^, von Mösien durch
das Gebirge Scardus geschieden; im Süden stiess sie an Epirus
und ging im S.O. bis an den Oeta und Sinus Maliacus. Im
Norden, Westen und Osten scheint sie diese Grenzen von Anfang
Inschrift von Pelagonia, dem Hauptorte der vierten Region, C. I. Gr. 1999 findet
sich Maxeoovoyv ol ouveSpoi,
1) Die Münzen haben die Aufschrift: May.eoovujv TtptuTY]?, M. Seuxspa?,
M. TeTaprr^;. Eckhel D. N. 2, 63.
2) Mommsen G. d. Rom. Münzwesens 309. 727. 748.
3) Liv. 45, 30 : haec pronuntiata primo die conventus varie adfecerunt ani-
mos. Liberias praeter spern data adrexit et levatum annuum vectigal. Regionatim
commercio interrupto ita videri lacerati, tanquam animali in artus alterum alterius
indigentes distracto.
4) Liv. ep. 50 : PseudophiHppus in Macedonia — ab Q. Caecilio viclus
captusque est et recepta Macedonia.
ö) Bei Liv. ep. 45 heisst es schon vom J. 168: Macedonia in provinciae
formam redacta. Dagegen sagt Florus 1, 30 (2, 14): Metellus — Macedoniam
Servitute multavit, und 1, 32(2, 16j vom Jahre 146: igitur Metello ordinanti cum
maxime Macedoniae [statum] mandata est ultio. (iesichert wird dies Jahr durch
die Aera der Provinz. Macedonien rechnet nämlich später nach einer doppelten
Aera. Eine derselben findet sich in den Inschriften von Thessaionike C\ /. Gr.
1965. 1971; Vol. 11 p. 993 n. 2007^1. 2007«; p. 994 n. 2007^. 2007>". Le Bas
Voyage. Inscriptions ][ n. 1359; beide zusammen C. I. Gr. n, 1970, aus welcher
Inschrift bereits Boeckl» festgestellt hat, dass die ältere Aera von 608=146, die
jüngere von 724 = 30, der Schlacht bei Actium beginnt. Neuerdings sind noch
zwei Inschriften von Thessaionike mit doppeltem Datum bekannt geworden. In
der einen bei Heuzey Mission p. 234 n. 105 ist datirt : ^tou; <;5o Xeßaotou xal
pTTT d. h. im Jahr 266 der jüngeren, im Jahr 382 der älteren Aera. Also
266 + 723 = 989; 382 + 607 = 989 oder 236 n. Chr. Die andre, mitgetheilt von
Vidal-Lablache Revue arrMol. XX ('1869) p. 62, führe ich, da sie weder sicher
gelesen norh erklärt ist, hier an : Kto'j; Co ie^^aoToy xoO xal ßqp || a'jxoxpdlxopt
Tißeplm KXayolo) t| Kalootpi leßaooxö) rep(i.avi-/.«o || dp/iepT, AT^jxapyixfjC d^ou-
o(a; II x6 xdxapxov, yraxfo <i7:o^eotY|A^v<|) || x6 x^xapxov, a-jxoxpdixopi xö ^"^hrio^, |{
raxpl raxploo; Y) 7:«i>.i; zoXixap!j/o6vxai'v . Claudius war Co». III des. IV
im J. 799 = 46. Da« erste Datum 'ist also 76 -|- 723 « 799 ; da» zweite 192 -f- 607
= 799. Aus beiden Insihriften Irrnt man, dass das Jahr der jüngeren Aera Ito«
X£^aox<iv oder Xe^aaxoO hless.
6) Ptolem. 3, 13.
Koin. Alt..rth. IV. . U
— 162 —
an gehabt zu haben; denn die illyrische Küste zwischen Epirus
und Dalrnatien, d. h. von Lissus bis Aulona war schon zur Zeit
der Republik ein Bestandtheil derselben ; in den Jahren 697 und
698^=57 — 56, als Piso Macedonien verwaltete, stand unter ihm
Dyrrhachiurn 1) und Apollonia^)- und diese Städte werden immer
zu Macedonien gerechnet«^). Was aber die Südgrenze betrifft, so
ist aller Wahrscheinlichkeit nach in der Zeit der Republik nicht
nur Thessalien, welches, seit dem zweiten Philipp mit Macedonien
verbunden "*), von Flamininus für frei erklHrt wurde^) und eine
aristokratische Verfassung auf Grund eines Census^^), sowie eine
gemeinsame Organisation erhielt, deren Mittelpunct das concilium
in Larissa war^), sondern auch Epirus^) und endlich, wie wir
sehen werden, ganz Griechenland als ein Theil Macedoniens zu
betrachten, so dass diese Provinz die ganze Hämushalbinsel um-
fasste, bis sie im Beginne der Kaiserzeit mit Ausscheidung von
Epirus und Achaia auf die von PtolemfSus angegebenen Grenzen
reducirt wurde.
Verwaltung. Bei der Theilung der Provinzen im J. 7^7 — 27 blieb Mace-
donien Senatsprovinz 9) ; von Tiberius^^^) bis Claudius^^), nämlich
von 15 — 44, war es kaiserlich und wieder mit Achaia vereinigt;
nach dieser Zeit stand es unter einem Propraetor ^2) mit dem Titel
Proconsul 1^), dessen legati^^) und quaestores '^^) ebenfalls oft er-
1) Cic. de prov. cons. 3, 5; in Pison. 34, 83; 38, 93.
2) Cic. in Pison. 35, 86.
3) Dio Cass. 41, 49: tö Be Auppa^^iov Iv x^ yyJ t^ Trpoxepov pisv 'IXXupi&v
TöJv üap^ivöjv , vüv 0£ xoci Toxe y^ ^^f] MaTceoovia? \i£vo[J.iO[x£vrj "/.stxat. Von
Apollonia begann die Hauptstrasse Macedoniens, die via Egnatia. Strabo 7 p. 322.
4) S. hierüber Fr. Hörn De Thessalia Macedonum imperio subiecta, Grvphiae
1829. 8.
5) Liv. 32, 10 ; 33, 32.
6) Liv. 34, 52: a censu maxime et senatum et iudices legit: potioremque
eam partem civitatium fecit, cui salva tranquillaque omnia magis esse expediebat.
7) Liv. 36, 8; 42, 38.
8) Epirus stand auf Seite des Perseus (Liv. 45, 26), Aemilius Paullus plün-
derte dort 70 Städte und schleppte 150,000 Menschen in die Sclaverei. Flut.
Aem. Pauli. 29. Liv. 45, 34.
9) Dio Cass. 53, 12. Strabo 17 p. 840.
10} Tac. Ann. 1, 76. 80; 5, 10.
11} Suet. Claud. 25. Dio Cass. 60, 24. S. oben.
12} Strabo 17 p. 840. Borghesi Oeuvres 3, 185.
13} Oreili 1170. 3851. Henzen 6006. 6504. 6512. 6908. 6911. C. 1. Gr. II
p. 993 n. 1999b. Renier Inscr. de V Alger. 1818.
14} Oreili 3658. C\ I. Or. 3990.
15} Oreili 822. 3144. 6488. Grut. p. 436, 7; 446, 3; 1102, 3. Ein quaestor
pro praetore Henzen 7420^.
— 163 —
wähnt werden. Der Sitz der Regierung war Thcssalonike^), welche
Stadt TcpüJTT^ MaxsSovtüv 2) und p-r^TpoTroXi? ^j hiess und nebst Dyrrha-
chium, Auiphipolis und mehreren einheimischen Völkerschaften die
libertas besass-*). Römische Colonien wurden unter den Kaisern coionien.
folgende Städte : Dyrrhachium (Epidamnus) durch Augustus nach
der Schlacht bei Actium^), Pella, Colonie desselben 6), Philippi,
gegründet 712 = 42^), verstärkt nach der Schlacht bei Actium,
seitdem Colonia Aug. lul. Philippensis benannt^), Byllis oder
colonia Byllideiisium--), Dium (Colonia lulia Augusta Dium) ^'^j, Cas-
sandria, früher Potidaea ^^), Stobi^^j^ endlich unter Valerian auch
Thessalonike ^'^).
Im dritten und vierten Jahrhundert sind aus Macedonien vier Theiiung der
Provinz.
Provinzen geworden; unter Diocletian wurden selbständig consli-
tuirt Thessalia unter einem praeses^^), und das illyrische Küsten-
land, welches seitdem Epirus nova heisst, ebenfalls unter einem
1) Boecking ad N. D. Or. p. 243. Ueber die Geschichte der Stadt handelt
ausführlich T.L. F. Tafel Historia Thessalonicae res yestas usque ad a. Chr. 904
compUetenSf Tubingae 1835. 4.
2) C. I. Gr. 1967.
3) Eckhel D. N. 2, 80.
4) lieber Thessalonike s. Plin. N. H. 4, 3ß; über Amphipolis 4, 38; über
Dyrrhachium Cic. ad fam. 13, 1, 7. Die Amautini, Orestae und JScotussaei, welche
Plinius 4, 35 ebenfalls frei nennt, bildeten wohl eam partem provinciae, quae
libera appellatur, wie Caesar B. C. 3, 34 sagt. Vgl. Strabo 7, 326 : y.ai o-?] xai
Ta Trept A'jyxov vtoil FIsXaYOviav 7.ai OpeoTtdöa 'aciX 'EXifxetav ty]v avu> MaxeSo^fav
IxaXo'jv , Ol S' uorepov -/.ai iXeuOspav. Dass diese Freiheit des ganzen Thessa-
liens von Caesar herrührte, sagt Appian B. C. 2, 88. Plut. Caes. 48. Auch*
Plin. jY. //. 4, 29 erwähnt Pharsalici campi cum civitate libera. Die Insel Thasus
war ebenfalls libera. Plin. N. II. 4, 73.
5) Im J. 696 = 58 war Dyrrhachium noch libera civitas (Cic. ad fam. 14,
1, 7j; nach der Schlacht bei Actium siedelte hier Augustus Italiker an, welche
er ihres Ackerbesitzes beraubt hatte. Dio Cass. 51, 4. Seitdem ist es colonia,
Plin. 3, 145, und zwar iuris lialici. Dig. 50, 16, 8 § 8. S. Mommsen C. I. L.
III n. 602.
6) Colonia lulia Aug. Pella, C. I. Gr. 1997.
7J Strabo 7, fr. 42.
8j Dio Cass. 51, 4. Hernach ebenfalls iuris Italici. Dig. 50, 15, 8 J^ 8.
Mommsen ad C. I. L. III, 633. Orelli 512. Waddington in \a\ llis Vny. In-
scriptiom III n, 1731.
[)) C. I. L. III, 600 = IIenzen Annali 1863 p. 263.
10) Plin. 4, 35. Ptolem. 3, 13, 15 col. iuris Italici. Dig. 50, 15, H J^ 8. Der
Name auf Münzen bei Kckhel I). N. 2, 71.
11) Plin. 4, 36. Dig. 50, 15, 8 S 8. Kckhel I). N. 2, 70.
12) Zu Plinius Zeit (Plin. 4, 34) und bis auf Klagabal Muniripium (Münzen
bei Eckhel D. ^. 2, 77. ('. I. L. III, 629), hernach cM. iur. Hai. Dig. 50,
15, 8 S 8.
13) Kckhel D. N. 2, HO. Vgl. C. I. Gr. 1969.
14) Veroneser VerzeichnlH« S. 508. Not. Diyn. (h. I p. 7 nn<i <la/n Moecking
p. 151.
11*
— 164 —
praeses steht, und Dyrrhachium zur Hauptstadt hat^); noch spa-
ter, vielleicht um 386 2), wurde auch das eigentliche Macedonien
in zwei Theile, Macedonia prima und Macedonia secunda oder
salutaris getheilt 3) .
XXVI. XXVII. Achaia mit Epirus.
Die Besitznahme Macedoniens im Jahre 608 — 146 führte auch
für Griechenland noch in demselben Jahre 4) die entscheidende
Katastrophe herbei, welche Q. Caecilius Metellus, der Besieger
des Pseudophilippus, selbst bewirkt haben würde ^), wenn nicht
der Consul des J. 146 L. Mummius einen besondern Auftrag dazu
erhalten hätte. Nach der Zerstörung von Corinth kam eine Com-
mission von zehn Senatoren nach Griechenland und verweilte da-
selbst sechs Monate, um den Zustand des Landes zu ordnen^),
und es galt seit Sigonius ') als unzweifelhaft, dass diese Com-
mission den Auftrag gehabt habe, sofort mit der Einrichtung der
Provinz vorzugehn. Erst seit dem Jahre 1847 hat sich über die
Richtigkeit dieser Ansicht ein lebhafter Streit entsponnen^), wel-
1) Veroneser Verz. S. 508. Boecking N. D. Or. p. 152. 153.
2) Momrasen zum veroneser Verz. S, 509.
3) Wie es sich mit dieser Theilung verhielt, ist indessen unklar. Die Not.
Dign. Or. p. 7 führt Macedonia salutaris unter einem praeses an , p. 14 aber
wird ein Theil derselben mit Epirus nova, der andre mit Praevalitana verbun-
den. Hierocles p. 391 Bonn, hat dagegen die Provinz wieder. S, hierüber Kuhn
Verf. d. R. Reichs 2, 228.
4) Dass dies das Jahr der Eroberung ist, zeigt C. F. Hermann Die Erobe-
rung von Korinth und ihre Folgen für Griechenland , zuerst in den Verhand-
lungen der Philologenversammluug zu Basel 1847 S. 32 ff., hernach in C. F. H.'s
Gesammelten Abh. und Beitr. zur class. Literatur und Alterthumskunde, Göt-
tingen 1849. 8. Für das Jahr 145 hatte sich erklärt K. naTTOt^^rjoTTO'jXo; T6
TeXe'JxaTov exo? T"^? 'JLXXtpiv.fi'i iXeu^epiai, bToptx-?] y.al ypovoXoYi'/C?] TroaYM-axeia.
'Ev 'A%iivaii 1844. 8.
5) Pausan. 7, 15, 1 : McxeXXoi; hk 7rapauxr/a iTTSTioaxo, tu; M6{JL[j.to; -/.al 6
auv auxöi oxpaxoi; iizi 'A)(aiou? dcpr^ccixo, xal dTioisixo aTTO'JÖYjv l7:ii}£U ci'jxo?
rApac, xw TToXefxip cpav^vat , Trpiv rj Möfxjxiov h t'?jv 'EXXdoa dcptyj}at. Dass der
achäische Krieg in unmittelbarem Zusammenhange mit dem Aufstande des An-
driscus oder Pseudophilippus stand, sagt ausdrücklich Liv. ep. 51 : belli Achaici
semina referuntur haec, quod legati Romani ab Achaeis pulsati sint Corinthi, missi,
ut eas civitates, quae sub dicione Philippi fuerant, ab Achaico concilio secernerent.
ep. 52: cum Achaeis, qui in auxilio Boeotos et Chalcidenses habebant, Q. Caeci-
lius Metellus ad Thermopylas bello conflixit.-
6) Polyb. 39, 15 (40, 9): fxexd xrjv xaxdaxaoiv xü>v hixa, r^v dTcoiTjaavxo dv
x^ ^Ayalci.. 39, 16(40, 10): xaüxa hk ätotxiQcavxes ^v 'i^ {jlyjoiv ot Sexa xai xfj?
daptv-nc (jjpac dviaxau.dvTn? dTT^TtXeuoav ei? x-^iv 'IxaXtav. Cic. ad Att. 13, 6, 4;
13, 3J2, 3; 13, 33.
7J Sigonius de ant. iure pop. Rom. IJ, lib. I c. 9 p. 70.
8) Eine belehrende Uebersicht über diese Frage und ihre Literatur giebt
G. F. Hertzberg Gesch. Griechenlands unter der Herrschaft der Römer, Halle
— 165 —
eher eine genaue Prüfung der überlieferten Thatsachen veranlasst
und wenigstens für den unbefangen urtheilenden als Resultat
herausgestellt hat, dass Griechenland im Jahre 608=146 aller-
dings zur Provinz gemacht, damals aber noch nicht von einem
eigenen Statthalter verwaltet, sondern als ein Theil der Provinz
Macedonien in das römische Reich aufgenommen worden ist.
Eine grossmüthige Politik haben die Römer in Griechenland Politik der
Römer in
niemals getrieben i). Die Freiheit, welche Flamininus 558 = 196 Griechen-
bei den Isthmischen Spielen verkündete, war die Befreiung von
der macedonischen Herrschaft 2); da aber Macedonien der einzige
natürliche Bundesgenosse war, auf welchen die Griechen im Falle
eines Conflictes mit Rom sich stützen konnten, so hatte diese
Freiheit eine ähnliche Wirkung, wie die ehedem in dem antal-
cidischen Frieden gegebene Selbständigkeit der einzelnen Städte,
d. h. eine völlige Wehrlosigkeit, und zu dieser Erkenntniss kamen
einige der Griechen sogleich 3), alle aber in der Folge "*). Zwar
1860. 8 Bd. 1 S. 284 ff. und im Philologus XXVIII (1869) S. 123 ff. Hermann
in dem eben angeführten Aufsatz : Die Eroberung von Korinth ( Ges. Abb.
S. 359 ff.), war es, der die alte Annahme für einen ,, verjährten Irrthum" erklärte,
eine Provinz Achaia erst seit 727 = 27 annahm, und behauptete, bis dahin sei
Griechenland im Besitze seiner Freiheit geblieben. In Folge meines Widerspruchs
in der ersten Ausgabe dieses Bandes schrieb Hermann seine Defensio disputa-
tionis de Graeciae post captam Corinthum conditione , Gotting. 1852. 4. Da ich
auch auf diese Ausführung erwidert habe in der Schrift Zur Statistik der röm.
Provinzen, Leipzig 1854. 4, so kann i(h mich in diesem Handbuche auf eine
objective Darstellung der Sache beschränken und führe von der weiteren Litera-
tur nur die bedeutenderen Schriften an. Für Hermanns Ansicht sind : Kuhn
Verf. des röm. Reichs 2, 68 if. E. Curtius Peloponnes 1, 76. Heitz De politico
Oraeciae statu inde ah Achaici foederis interitu usque ad Vespasianwn, Strassburg
1851. 8. C. Hoetler Untersuchung der Frage, ob Griechenland mit der Zerstö-
rung Korinths römische Provinz geworden sei,^ in den Sitzungsberichten der phil.
bist. Classe der Wiener Academie LXV (1870) S. 267—310. Gegen Hermanns
Ansicht : A. W. Zumpt De Macedoniae Romanorum provinciae praesidibus in Com-
ment. epigr. Vol. II, Berol. 1H54. 4 p. 153 ff. , dessen gründliche Untersuchung
den Streit, wie ich glaube, entscheidet. G. F. Hertzberg Gesch. Griechenlands
unter der Herrschaft der Römer, Halle 1H66 Th. 1 S. 284. Mommson R. G.
2, 48 f. Lange R. Alterth. 2, 312. Ausserdem handelt über die letzte Periode
der Geschichte Griechenlands (f. Finlay (Jreece under the Romans, Edinburg
1851. 8, Deutsch Leipzig 1861. 8. Brunet de Preale et A. Blanchet La ürhce
dep. la conquHe des Romainn, Paris 1860. 8.
1) S. C. Peter Die Marchiavellistlschc Politik der Römer in der Zeit vom
Ende des 2. punischen Kriegs bis zu den Gracchen, in desselben Studien zur
römischen Geschichte, Hallo 1863. 8 S. 115 ff.
2) Die Gri(Mhen hatten früher immer geltend gemacht, ihr Land würde nie
frei sein, so latige Philipp feste Plätze in Griechenland besetzt halte, oder über-
hi^upt lebe. Liv. 32, 37; 33, 12. Indem Sonatusconsult, da.s Klamininuü aus-
tührtt', war daher die Zurückziehung aller macedonischen Besatzungen aus Grie-
chenland angeordnet. Polyb. 18, 27, Liv. 33, 30.
3) Liv. 33, 31. Polyb. 18, 28. 4) Polyb. 2ö, 9.
166 —
1
bestanden nach 196 noch die Bündnisse der griechischen Stumme
(xotva), aber schon bei der nächsten Gelegenheit, dem Ausbruche
des Krieges mit Perscus, fand es der römische Senat gebo-
ten, sowohl mit der Auflösung dieser Bündnisse zu beginnen
als auch zur directen Besitznahme griechischer Territorien zu
schreiten. Im J. 583 = 171 schickte derselbe fünf Legaten ab,
um sich der Griechen in dem bevorstehenden Kampfe zu ver-
sichern i). Mit den Böotern, welche grossentheils macedonisch
gesinnt waren, weigerten sie sich im Ganzen zu verhandeln ;
vielmehr verlangten sie von jeder Stadt eine besondere Erklä-
rung ^J, veranlassten eine jede, einzeln in Rom ihre Untei^wer-
fung anzukündigen 3) und lösten auf diese Weise den böotischen
Bund völlig auf^). Drei Städte blieben trotzdem auf Seite der
Macedonier, Haliartus, Thisbae und Coronea ^) . Von diesen wurde
Haliartus sofort belagert, erobert und zerstört^), Thisbae ergab
sich nach der römischen DeditionsformeP] und wurde in die
1) Liv. 42, 37.
2) Polyb, 27, 1 : Iv t(|) -/taipu) Touxtp TrapeY^^ovro Ttplaßet?, — ol fxsv rept
Aotouv dy/eiptCovre? t'?]V sauxäiv TraxpiSa 'Pcufxaiotc, 6 he 'lajjievia? xaxa xotvov
TTccoai; ra? ^v x-q Botwxla uöXei? öioo'j? ei? x-i^v xwv Trpeaßsuxcüv Ttiaxiv. t^v Be xoOxo
dvavxitoxaxoM xoi? Tiepi xov Mapxiov (dies war einer der römischen legati) • x6 5e
xaxd TtoXiv cteXeiv xo'Js Boiwxouc oiretoxaxov v.. x. X. Liv. 42, 38.
3) Polyb. 27, 2, 6 : Tiap'/jYYetXa^ Txpeaße'jsiv Traat xoT? duo xujv ttoXeoiv ei;
XT]M 'P(u|jnr]v, SiSovxa? a'jxoü; ei? xr]V ittaxtv %ax' iSia>^ ixdaxo'j?.
4) Polyb. 27, 2, 10 : x6 he xwv Boiojxöiv e&vo?, eTit ttoXuv ypovov ouvxexr^
pTfjxo«; x-^jV xoivfjV oufjnroXixsiav — xoxe — 7.axeX6^Yj rat oteaxopTiio^Yj xaxd
TtoXet?. Liv. 42, 44. Nach ihrer Rückkehr rühmten sich die Gesandten : Boeotorum
quoque se concilium arte distraxisse, ne coniungi amplius ullo consensu Macedoni-
bus possent. Liv. 42, 47, 3.
5) Polyb. 27, 5. Ueber Thisbae , welches am südlichen Fusse des Helikon
liegt und sich mit seinem Gebiete bis zum Meere erstreckte, ist vor Kurzem ein
merkwürdiges Document bekannt geworden, welches zuerst von P'oucart, sodann
von Mommsen Ephem. epigr. 1872 p. 278 ff. herausgegeben und commcntirt ist.
Die Inschrift enthält ein doppeltes Senatusconsult vom 9ten und 14ten October
584 = 170, welches einerseits ein ganz neues Licht auf die griechische Politik
der Römer wirft, andererseits einen alten Fehler im Texte des Polybius emen-
dirt, welchen schon Livius vorfand. Polybius nennt nämlich die drei erwähnten
Städte Kcopa)N/etav y.al 0r]ßa<; Ixi 5' 'AXiapxov , was schon Casaubonus als Fehler
erkannte , aber Livius 42, 46, 7 ebenfalls hat. Aus dem Senatusconsult ergiebt
sich, dass öiaßct? zu lesen ist. S. Mommsen a. a. 0. 8. 290.
6) Liv. 42, 56, 3 ; 42, 63.
7} Die Formel ist (Liv. 1, 38, 2): deditisne vos populumque Collatinum ur-
bem agros aquam terminos delubra utensilia divina humanaque omnia in meam
populique Romani dicionem? — ,J)edimus'-'- — At ego recipio. Polyb. 36, 4(2):
ot ydp oioovxe? auxou; ei; xtjv F(o|j.ai(ov STTixpoTTTjV oiBoaoi ttoujxov asv ythp'xv
xTjV »j-dpyo'jcav «6x01? xai rroXet? xd? dv xaux'o , auv hi xo'jxok; dvopa? v.al
Y'Jvary.a? — 7toxa{jLO'j; Xiijivac iepd xd^ou? a'jXXfjiSST^v waxe Trdvxcov eivat xuptoo;
' Pojij.oiio'j?, a'jxou? 0^ tou; öiöovxa? dTiXü)? fi-rjxdxi i)/qhs\6z.
14C.
— 167 —
Classe der deditüü versetzt, d. h. es erhielt zwar sein Gebiet
zurück, aber gegen Zahlung einer Abgabe; es wurde also eine
slipendiäre Gemeinde!). Dieselben Bedingungen wird Coronea er-
halten haben, über welches der Senat ebenfalls eine besondere
Verfügung erliess^). Nach diesen Vorgangen hatten die Achäer
allen Grund, ein ähnliches Schicksal für ihren Bund zu fürchten^),
und dies Schicksal vollendete sich wirklich durch den achäischen
Krieg und die in Folge desselben von den zehn römischen Ge-
sandten getroffenen Anordnungen.
Ganz Griechenland wurde als erobertes Land in römischen unterwer-
Besitz genommen^) und jeder wirklichen Freiheit beraubt ^j. chenian.ds
Corinth, Theben, Chalcis^) wurden zerstört, der Platz, auf wel-
1) Es heisst in der Inschrift lin. 17: 'Q^auTO)? Trepi wv oi ot'jxol Xö^oui; iTzoü\-
oavTO Trepl youpai; xai Trept TeiAevÄv xal -poaöoiov xal Tiepl optojv eauxöjv , iizzX
dveiaav xauTa, i^[i.ü)V (asv 2v£%£v eyetv d^eivai eoolev. Die Erklärung der For-
meln, besonders des l/etv, s. bei Momrasen p. 293.
2) Liv. 43, 4, li:
3) Dass die Kömer vor dem Beginne des achäischen Krieges die Forderung
gestellt hätten, den achäischen Bund aufzulösen, stellt Polybius 38, 1 in Abrede,
bemerkt aber , einige seien der Meinung gewesen , dass sie nur deswegen noch
mit dieser Forderung zurückgehalten hätten , weil der carthagische Krieg damals
noch nicht beendet war. Einer andern Quelle folgt lustin. 34, 1: sed legatis
occulta mandata data sunt , ut corpus Achaeorum dissolverent , singulasque urbes
propra iuris facerent, quo facilius ad ohsequia cogerentur, et si quae ttrbes contu-
inaces essent, frangerentur. Igitur legali , omnium civitatium principibus Corin-
thum evocatis, decretum senatus recitant ; quid consilii habeant, aperiunt : expedire
omnitjus dicunt, ut singulae civitates sua iura et suas leges habeant.
4) Liv. ep. 52: omni Achaia in deditionem accepta. Inschr. Orelli 563 =
C. I. L. I, 541 : L. Mummi. L. f. (Jos. duct. auspicio imperioque eins Achaia
eapt(a) Corinto deleto Romam redieit. Cic. accus, in Verr. 1, 21, 55: quid de
L. Mummio , qui — Corinthum — suslutit , urbesque Achaiae et Boeotiae muLtas
sub imperium populi liomani dicionemque subiunxit. Strabo 8 p. 381 : %al xdXXa
(ausser CorinthJ fji/pt Motxeooviot; Otto 'Foj(Aaioi(; d^evexo. p. 377: 'ApYeioi —
(A6Ta«3y«ivT6? xoD Tör; 'Ayaiöiv oucx-^jj-axo; ouv ^xeivot? eic tt^jV xtüv 'roj(xa(ot>v
igo'joiav y,XOov. Tac. Ann. 14, 21: possessn Achaia Asiaque. Älaccab. 1, 8, 10.
8. Kufus hrev. 7: libera diu sub amicitiis nostris Achaia fuit: ad extremum —
per L. Mummium proconsuLem capta Corinlho Achaia omnis obtenta est. Um dies
in verstehen , muss man wissen , dass obtinere provinciam als technischer Aus-
druck vom Statthalter der Provinz gebraucht wird. 8. SCtum de Aaclepiadt
C. I. L. I n. 203 lin. 10. Cic. in Piaon. 10, 37. Liv. 32, 27; 37, 2. Val. Max.
7, 6, 1 ; 5, 8, 3.
5) Polybins in Mai Nova coli. II p. 452(=: 38, 3 Hultsch) stellt den Zu-
stand (iriechonlands nach dem Kriege als den schrecklichsten wud traurigsten
dar, der Jemals das Land butroHen habe, und Diodor faest seine Schilderung
zusammen in den Worten: xai xi c6*^oXov -zi^^ dXcuöeplav xal xVjv TrappTjaiotv
äTToßaXövre; jj.eYi3xo)V d^adöJv -/jXXdtSavto tä; ioyaTac oufAcpopdk. (Diodor. fr. Vat.
p. 106 Dind.)
ü) Liv, ep. 52. Ueber Theben a. Dio (.'hryaost. I p. 263 K. ; über Corinth
Cic. pr. l. ManiL. 5, 11; de off. 2, 22, 70. Vcll. 1, 13; 2, 38. Plin. N. H. 34,
12; 35, 152. Klorus 1, 32 (2, 10); Dio Chrys. 11 p. 123 H. Anthol. ür. od. Jacobs
JI p. 30 n. 84; p. 1 n. 2; p. 2Ö u. 50; p. 132 u. 20.
_ 168 —
chem Corinth gestanden halle, devovirti), die Befestigungen aller
Städte gesehleift, allen Hellenen die Waffen abgenommen 2). Das
Gebiet von Corinth war seitdem ager publicus und somit vecti-
galis^)j ebenso ganz Böotien "*) und Euböa^), und dasselbe Schick-
sal theilten ohne Zweifel alle andern in diesem Kriege mit Waf-
fengewalt eroberten Städte^). Aber auch das übrige Land wurde
Provincialboden und als solcher'^) steuerpflichtig^) mit Ausnahme
derjenigen Städte, welche die Steuerfreiheit jetzt oder später als
besonderes Privilegium erhielten •') .
Nicht nur der achäische Bund, sondern sämmtliche Bünd-
nisse der griechischen Stämme wurden aufgelöst ^^) und Griechen-
land bestand nunmehr aus einem Complex völlig von einander
gesonderter Stadtgemeinden ; den Besitzenden wurde zuerst sogar
1) Macrob. Sat. 3, 9.
2) Pausan. 7, 16, 5; 2, 1, 2. Zonaras 9, 31.
3) Cie. de lege agr. 1, 2, 5: deinde agrum Optimum et fructuosissimum Co-
rinthium, qui L. Memmii imperio ac felicitate ad vectigalia populi Romani ad-
iunctus est. Ein Theil desselben wurde den Sicyoniern überlassen, wogegen sie
die Bestreitung der Isthmischen Spiele übernahmen. Pansan. 2, 2, 2. Strabo 8
p. 381. Der grösste Theil wurde von den Censoren in Rom verpachtet. Rullus
wollte ihn verkaufen. Cic. de leg. agr. 1, 2, 5; 2, 19, 51. Von ihm handelt auch
die lex agraria des J. 643. C. I. L. I n. 200. Rudorff in Zeitschr. f. gesch.
Rechtswiss. X, 133.
4) Cic. de nat. deor. 3, 19, 49: an Amphiaraus erit deus et Trophonius?
nostri quidem publicani, cum essent agri in Boeotia deorum immortalium excepti
lege censoria negabant immortales esse uUos, qui aliquando homines fuissent.
5) SCtum de Asclepiade C. I. Gr. n. 5879= C. J.L In. 203 (aus dem J.
676 = 78) Lat. Text lin. 6: magistratus nostri queiquomque Asiam Euboeam loca-
hunt vectigalve Asiae Euboeae imponent. lin. 10: magistratus nostros, qui Asiam,
Macedoniam provincias optinent. Aus der Vergleichung beider Stellen ergiebt
sich, dass damals Euboea unter dem Statthalter von Macedonien stand.
6) Daher heisst es allgemein bei Aur. Victor de v. ill. 73 : Saturninus —
tribunus plehis refectus, Siciliam, Achaiam, Macedoniam novis colonis destinavit,
7) Gaius 2, 21. S, den Abschnitt über die Finanzverwaltung^
8) Pausan. 7, 16, 6: %al cpopoc xe sxayQr] tt^ 'EXXaoi. Tac. Ann. 1, 76:
Achaiam et Macedoniam onera deprecantis levari in praesens proconsulari imperio
tradique Caesari placuit. Cic. de prov. cons. 3, 5 : quis ignorat, Achaeos ingentem
pecuniam pendere L. Pisoni quotannis, vectigal ac portorium Dyrrhachinorum totum
in huius unius quaestum esse conversum ? Tac. Ann. 4, 13 : factaque auctore eo
senatus consulta , ut civitati Cibyraticae apud Asiam , Aegiensi apud Achaiam —
subveniretur remissione tributi in triennium. Die Insel Gyaros zahlte schon vor
der Kaiserzeit 150 Drachmen Tribut (cpopo;), Strabo 10 p. 485 extr. und der
Stadt Pallantion in Arcadien gab Antoninus Pius sXeu&spiav 7.0.1 dxeXeiav cpopcov,
Pausan. 8, 43, 2; Elatea in Phocis erhielt' erst nach dem mithridatischen Kriege
das Privilegium dxeXTJ v£[j,eai}ai tt]V )((upav, Pausan. 10, 34, 2.
9) Ausdrücklich erwähnt werden nur wenig Städte dieser Art, nämlich alle
der Locri Ozolae (Plin. N. H. 4, 7), Amphissa (daselbst 4, 8), Pallantium und
Elatea (Pausan. 8, 43, 2; 10, 34, 2).
10) Pausan. 7, 16, 6: ouv^Spid t£ -/ard eiivo; xo ev.daxcov , 'Ayaiiöv, xat x6
dv OcoXiiioiv r\ Botwxoi; r^ exeptum ttou xtj? 'EXXdöo;, -/.ocxeXdXuxo öfxoito^ iiötvxa.
— 169 —
verboten, ausser ihrer Heimalh Grundstücke zu erwerben i) und
obgleich beide Anordnungen nach einiger Zeit zurückgenommen 2)
und die Bundesversammlungen der Achäer, Böoter, Phocenser,
Locrer, Euböer, Eleutherolaconen ^ Nesioten und Amphiktyonen
wieder gestattet wurden, so bestanden doch ferner diese Verbin-
dungen nur in der Umwandlung fort , welche ehedem das
latinische Bündniss erfahren hatte, d. h. sie erhielten sich als
Festgemeinschaften ohne politischen Character^).
An Städten war Griechenland reich, es lassen sich in dem
eigentlichen Griechenland (mit Ausschluss von Epirus und Thessa-
lien) etwa hundert Ortschaften nachweisen 4). Bei der Ueber-
nahme des Landes musste zuerst festgestellt werden, welche von ReguUiung
diesen als Stadtgemeinden anerkannt werden sollten und welche sehen Tem-
nicht. Die Territorien der ersteren wurden abgegrenzt und den-
selben die Territorien der letzteren attribuirt, insofern sie nicht
zur römischen Domaine gezogen wurden, wie z. B. Athen, das
damals bereits die Inseln Lemnos, Imbros, Dolos und Scyros be-
sass^), jetzt auch Haliartos in Böotien^j, Sikyon aber einen Theil
des corinthischen Gebietes erhielt'). Von früher unselbständigen
Gemeinden wurden dagegen einige mit Stadtrecht ausgerüstet,
wie die Komen von Sparta, welche seitdem als Städte der Eleu-
therolaconen erscheinen ^) .
Den anerkannten Stadtgemeinden wurde zweitens eine neue Neuestadt-
Verfassung gegeben. In allen wurde die Demokratie abgeschafft gen"!
und eine Timokratie eingerichtet, welche darauf beruhte, dass
das active Bürgerrecht von einem Census abhängig gemacht wurde
und somit nur die Besitzenden (possessores) Vollbürger waren ^).
1) Pausan. 7, 16,6: xal ol xd yp-fjixaTa l^ovre; dxouXuovTo dv x^n u7tepop(qt
xxaoöat. Also Aufliebung des Commerciums, ob zwischen den Stadtgebieten oder
den Landschaften, ist ans dem Ausdruck dv UTiepopia nicht deutlich zu ersehen.
2) Pausan. 7, 16,7: ^xeoi hk ou roXXoii; uaxepov dxpaTrovxo ii .^Xeov 'Poi-
(xaioi xfj; 'EXXdooc y.ctl o'jv£optd xe "/.axd sdvo; dTTOOtoöaoiv exdoxoi; xd dpyaTa xal
Y^jv iv XTfj 'jTtepopla xxdaftai.
3) Kuhn Verfassung 2, 13.
A) Kuhn a. a. 0. 2, 65 ff.
öj Liv. 33, 30, 11. Vitruv. 7, 7: Lemno , cuiw insulae vectiyalia Athenieii-
aibus Senatus populuaqtie Komanus concesnit fruenda.
6) Polyb. 30, 18. Strabo 9 p. 411 : 'AXlapxo; hi vuv f>tjx£xi ^oxt, xax7oy.a-
(pcToa is X(p rpö; Ilepoia itoXijAc^), x-^jV yc/jpav o' l/n'j^i^ 'AHr^vaioi 56vx(uv 'Ptu-
(AatoDV.
7) Strabo 8 p. ö84.
8) Kuhn V.Tfassunj; 2, 48. 49. Strabo 8 p. 366.
9} Pausan, 7, 16, (> : w; oi d<plxovxo ol oyv düxijp ßouXiuööfxevoi (die zehn
Freie
Staaten.
— 170 —
Im Uebrigen änderte man nicht an den Eigenthümlichkeiten der
stadtischen Verhältnisse, gestattete den Gemeinden eigene Ver-
waltung durch ihre einheimischen Behörden i), sowie eigene Ge-
richtsbarkeit 2) und erklärte officiell die auf Grund der neuen
Verfassung gewährte Selbständigkeit der Stadtgemeinden als eine
an ganz Griechenland verliehene Freiheit 3).
Trotzdem war die Lage dieser selbständigen Staaten eine
sehr verschiedene. Bei einigen war ein altes Bündniss mit den
Römern vorhanden, und die foederatae civitates, zu denen nament-
lich Athen und Sparta gehörte, scheinen allein diejenigen zu sein,
welche auch fernerhin als externae angesehen, nur zu den Lei-
stungen, welche ihnen das Bündniss ausdrücklich auflegte, her-
beigezogen 4) und von der Regierung des Statthalters überhaupt
eximirt wurden ^j. Ausserdem erhielten einige Abgabenfreiheit ^j
Legaten), dvxaü&a OYjiJ-oxpaTia? (Aev xaT^Tiaue, xa^iOTaxo Be (xtio Tijj-irjfxaTajv xäi
dpidi, nämlich Mummius. Diese Siinrichtung , welche die Römer in allen Pro-
vinzen vornahmen , beschreibt für Tarsus in Cilicien ausführlich Dio Chrysost.
II p. 43 f. R. Die possessores, ol xot ypTjfjLaxa eyovxe?, werden auch bei Pausan.
7, 26, 6 ausdrücklich erwähnt.
1) Hierüber liegt ein reiches Material vor. S. Kuhn Verfassung 2, 65 if.
2} Tac. Ann. 2, 55 : (^Piso^ offensus urhi (Athenis) quia Theophilum quendam
Areo iudicio falsi damnaUim precibus suis non concederent.
3) Zonaras 9, 31 : (Mummius) dXeu&epou? iravxa? v.a\ auxovofxo'j? Tzkrp xwv
Koptv&itov dcp-?jxe, und weiter: dxr)pu^£ xfjV xe xwv aXXojv IXeu&spiav -mal x-rjv
xö)^ KoptvOiujv SouXujoiv. Aus dem Decret des Proconsuls von Macedonien, Q. Fa-
bius Maximus , dessen Verwaltung von Zumpt Comm. ep. 2, 167 in das J. 638
= 116 gesetzt wird und jedenfalls bald nach der Besitznahme Achaias anzusetzen
ist (C. /. Gr. n. 1543), ersieht man, dass damals in Dyme in Achaia ein gewis-
ser Sosus den Versuch gemacht hatte, die Timokratie aufzuheben. Er hatte die
Archive und Srj(j,fjata fpaiJ-iJ-a-a d. h. die Censuslisten verbrannt und schrieb
vo[J.ou? UTcevavxtou? x-q aTToooi^eiarj xoi? 'Ayaioi? u-ö 'P(o|j.aiu)V 7ro)axeia und
diese Verwirrung (xapayrj) wird in dem Decret für strafbar erklärt und dXXo-
xpta XTJ; d7roSe5o[j.evr^? '/.axä xotvov xou "EXXrjatv ^X£Ui}epia;.
4) So heisst es von Lacedaemon hei Strabo 8 p. 365 : 7-al e'ixetvav dXe'j&epoi,
tiXtjv xö)V cpiXt;töJv Xetxo'jpYiöJv aXXo cuvxeXoijvxe; ouoev.
5) In Betreff Athens, das Plinius N. H. 4, 24 einfach libera civitas nennt,
sagt Tac. Ann. 2, 53 von Germanicus: hinc ventum Athenas , foederique sociae
et vetustae urbis datum, ut uno lictore uteretur. Appian. B. C. 5, 76 von Anto-
nius : £?ooot X£ •^cav 6p.o(uj? (?v£u o-^[j.£i(juv a'jxu). Von Sparta heisst es bei Strabo
8, 376 : St£X£X£aav xtjV a'jxovo[xiav cpuXdxxovxE; , während er über Argos , die
zweite Stadt des Peloponnes zu seiner Zeit, hinzufügt: £i? xyjv xoiv 'Pu)p.ai(uv
e^ouaiav -pjXi^oM. Vielleicht gehört hieher auch Sicyon, dessen Gebiet 146 ver-
grössert wurde, und dessen Magistrat bei Cic. acc. in Verr. 1, 17, 45 socius
populi Romani atque amicus heisst, und ich denke, diese Städte bezeichnet Caesar
B. C. 3, 3 : Pompeius — imperatam — liberls Achaiae populis pecuniam exegerat.
Später scheint in diese Kategorie auch das von Augustus gegründete Nicopolis
(Pausan. 5, 23, 2; Strabo 7 p. 325) gesetzt worden zu sein. Serv. ad Verg. Aen.
3, 501 : is {Augustus') enim , cum in Epiro Nicopolim conderet , cavit in foedcre
ciritntis ipsius, ut cognati observarentur a Romanis.
6) S. Seite 168 A. 9,
_ 171 —
und zu Plinius und Pausanias Zeit gab es in Achaia überhaupt
nur eine kleine Anzahl von freien Städten, von v^^elchen mehrere
erst unter den Kaisern dies Privilegium erhalten hatten i) ; ihnen
stand die Masse der nicht privilegirten Städte gegenüber, und
wenn zuweilen von einer allgemeinen Freiheit der Städte Achaias
die Rede ist 2), so kann sich das nur auf die Selbständigkeit der
Communen beziehen 3), welche auch den civilates stipendiariae,
z. B. Thisbae in Böotien, fürs Erste bewilligt war^), und gegen
die Existenz der Provinz nichts beweist.
Dass nämlich Achaia bereits 608=146 Provinz, d. h. ein Aciiaiamit
Theil der Provinz Macedonien wurde, ergiebt sich aus zwei Grün- vereinigt
den. Der erste liegt in der macedonischen Aera von 608 = 146^),
welche wir auch in den Städten Megara*''), Argos'), Hermione^),
Mantinea^), Messene^^)^ Coronea in Messenien ^i), Limnae^^)^ An_
1) Es sind (s. Kuhn Verfassung 2, 71) Lacedaemon und die Städte der
Eleutherolaconen (Plin. N. H. 4. 16. Kuhn 2, 49), Athen, Delphi (Plin. N. H.
4, 7), Thespiae (Plin. 4, 25), Tanagra (4, 26), Abae (Pausan. 10, 35, 2),
Pharsalus (Plin. 4, 29), seit dem mithridatischen Kriege Elatea in Phocis
(Paus. 10, 34, 2), seit Augustus Patrae (Paus. 7, 18, 5) und Nicopolis ; seit
Traian Mothone in Messenien (Paus. 4, 35, 2) ; seit Antoninus Pius Pallantium
(Paus. 8, 43, 2).
2) So sagt bei Appian. B. Mithr. 58 Sulla zum Mithridates : Ma-/ce8oviav xe
ifjjxeT^pav ouaav dTrexpe/e? xai xou? "EXXrjvac tt^^ dXeu^epiav dcprjpo-i. Gar nichts
beweist die rhetorisch iibertriebene Stelle Seneca de henef. 5, 16, 6: Antonius —
palriam — hellis laceratam post tot mala destinavit ne Romanis quidem regibus :
ut quae Achaeis, Rhodiis, plerisque urbibus claris ius integrum libertatemque cum
immunitate reddiderat, ipsa tributum spadonibus penderet.
3) So sagt Julian, ep. 35 von Argos : xcxi ojczep oi(j.ai, fxexei^e xai aux-?j
vtaOarep al Xotzctl XTJ; IXeui)ep(ac v.ai töjv a)vXu)V Saaiwv, 8aa v£(j.ou(Jt xat; repi
T-^,v 'EXXaoa röXeaiv ot xpaxoOvxe; dd. Allein der Anspruch, den lulian in dem
Briefe für die Argiver macht, beschränkt sich darauf, dass sie nicht an Corinth
Abgaben zahlen sollten, wozu die Corinthier sie nöthigten. Hierdurch liörten sie
auf eine selbständige Stadt zu sein , und auf diesen Gegensatz des uzd-^eo^mi
rpo; ex£p(üv ouvx^Xeiav bezieht sich dieser Begriff der Freiheit , unter welcher
also nur die Existenz als selbständige Stadt zu verstehn ist.
4) Mommsen Ephem. epigr. 1872 p. 293.
5) Am besten handelt über dieselbe Foucart in Le Bas Voy. Explication des
irucr. II n. 116».
6J C. /. Gr. n. 1053. 1062.
7) Foucart in Le Bas Voy. Expl. des inscr. II n. 116» und Revue arcMol.
XXII (1870—71) p. 109. Diese Inschr. ist vom J. 32 der Aera, d. h. 115 v. Chr.
8) C. I. Gr. 1203.
9) Foucart citirt vier Inschriften aus den Jahren 85 — 407, welche noch niclit
cdirt fiind. Ich kenne nur zwei mit den .Jahren der Aera 47 und 4(>, cdlrt im
liulUtin de l'icole Franraise d' Äthanes S. I n. 8. 9, die erste auch von W. Vi-
8cher Kpifq-aphischc und archilologischo Heiträge aus Griechenland, Basel 1855.
4 p. 38.
10) r. /. Gr. 1297 = Lo Bas 11 n. 314. Mosscnisch ist nach Foucart auch
C. I. Gr. n, 1.395.
1 1 ) Le Bas II n. 305. 12) Lo U»8 U n. 298.
— 172 —
dania 1) und der Insel Aegina^), welche ebenfalls zum achäischen
Bunde gehört hatte ^j, eingeführt finden. Wir werden weiter
unten sehen, dass die dreizehn Jahre später gegründete Provinz
Asia ihre Jahre ebenfalls von der Stiftung der Provinz zählte, und
nach dieser ihre Provincialmünzen, die Cistophoren, datirte, dass
in Syrien, Cilicien, Bithynien, dem Pontus Polemoniacus und
Galatien solche mit dem Beginne der römischen Herrschaft an-
fangende Zeitrechnungen bestanden; dass Alexandria in Aegyp-
ten eine Aera von dem Jahre seiner Eroberung durch die Römer
hatte, dass endlich in Mauretanien und Arabien nach dem Jahre
der Provinz, anmts provinciae ^) ^ Itoc t% £Tcap)(ia?^), gerechnet
wird, und dürfen aus dieser Analogie den sicheren Schluss ziehn,
dass die in Macedonien und in Griechenland vorhandene Aera
von 608=146, wie in demeinen, so auch indem andern Lande
auf die Einrichtung der Provinz zurückzuführen ist. Denn dass
die achäischen Städte wegen des Beginnes der ihnen von den
Römern gestatteten Freiheit diese Zeitrechnung eingeführt hätten,
widerlegt sich einfach dadurch, dass die beiden als civitates liberae
sicher beglaubigten Städte Athen und Sparta die Provincialära
niemals gebraucht haben ^'j.
Der zweite Grund ist, dass Griechenland seit 608 = 146
nachweislich unter einem Proconsul stand. Wir haben hierüber
das ausdrückliche Zeugniss des Pausanias') und einen urkund-
lichen Beweis s), nach welchem der in den ersten Jahren der
Provinz in Dymae in Achaia gemachte Versuch, die von den Rö-
1) TJnedirte Inschrift , citirt von Foucart.
2) C. I. Gr. 2140.
3) 0. Müller Aeginet. p. 191.
4) S. z. B. Henzen 5337 : ANno Frovinciae CLXXIIII. Ausführlicheres s.
in dem Abschnitt über Mauretanien.
5) Waddington in Le Bas Voy. n. 2238. 2239.
6) Athen bezeichnet auch in der Römerzeit seine Jahre nach seinen Ar-
chonten; in Sparta kommt die Provincialaera niemals vor. S. Foucart a. a. 0.
Dies alles ignorirt Hermann Defensio p. 9, wenn er sagt: nemo unquam audivit
amissae libertatis tarn dulcem recordationem fuisse ut velut novae aetatis inde ini-
tium caperent; er ignorirt auch, dass der Stadt Alexandria vom Senat befohlen
wurde die Zeitrechnung vom Jahre ihrer Eroberung einzuführen (Dio Cass. 51,
19), und doch findet Höfler a. a. 0. S. 301 Hermanns Ansicht so überzeugend,
dass es nicht nothwendig sei, darauf zurückzukommen.
7) Pausan. 7, 16, 7: toutouv (der von Mummius aufgelegten Kriegssteuer)
[).h Byj d'cpsaiv rcapa 'P(U[xai(uv eupovio "EXXrjve? • Y]Ye(J.(uv Zk in %otl i<; £(x£
dTreaTsXXexo.
8) C I. Gr. n. 1543. Das Jahr der Urkunde ist nicht sicher, wahrscheinlich
aber 638 = 116. S. Zumpt a. a. 0. p. 167.
mern eingeführte Timokratie aufzuheben, von dem Proconsul Q.
Fabius Maximus mit dem Tode des Anstifters bestraft wurde.
Dieser Proconsul war aber nicht ein Statthalter von Achaia —
denn ein solcher ist in der Zeit der Republik, überhaupt nicht
vorhanden!) — sondern der Proconsul von Macedonien. Auch
dies ist bestimmt bezeugt von Plutarch, nach welchem zur Zeit
des Lucullus ein Criminalprocess gegen die Stadt Chaeronea in
Böotien vor dem Proconsul von Macedonien geführt wurde, und
zwar deshalb, weil Achaia damals noch keinen eigenen Proconsul
halte 2). Hiemit stimmt überein, was wir namentlich in der
ciceronischen Zeit von der Verwaltung Macedoniens erfahren.
Denn in den Jahren 676 = 78, als Cn. Cornelius Dolabella'^),
und 697 und 698 = 57 und 56, als L. Calpurnius Piso das Pro-
consulat von Macedonien bekleideten'*), gehörte zu ihrem Amts-
bezirke auch Achaia.
Man wird deshalb nach dem jetzigen Stande unserer Kennt- Acimia
niss annehmen müssen, dass Griechenland eine eigene Provinz prov^n?
erst 727 = 27, d. h. bei der Theilung der Provinzen zwischen
Senat und Kaiser 5) geworden ist. Es behielt als Provinz den
Namen Achaia, welchen ihm in Folge der Besiegung des achäi-
schen Bundes die Römer gegeben hatten^), und wurde gegen
Macedonien damals so abgegrenzt, dass Thessalien') und Epi- '^^jess*"«"-
^ ^ y y r Epirus.
1) Die Stellen, welche für das Vorhandensein eines Statthalters von Achaia
während der Zeit der Republik sowohl von andern als von mir selbst angeführt
wurden, sind nicht beweisend. S. Zumpt a. a. 0. p. 160 und über den von
Borghesi Oeuvres 4, 62 angeführten M'. Aciliiis Glabrio Zumpt p. 227,
2) Plutarch. Cimon. 2: }] rtt y.ptai; t^v drei xoO cxpaTiQYOÜ r?jc MaxeSovlac '
oÜttoj y^p tii T'/jV FX/Aha 'Foufxaioi oxpaxTjYOU«; oieTtdfArovxo.
3) Damals gehörte Euboea zu Macedonien , SCtum de Asclepiade C. I. L. I
n. 203. S. oben Seite 168 A. 5. Als Dolabella nach seiner Rückkehr repetundarum
angeklagt wurde, traten die griechischen Städte als Zeugen gegen ihn auf, Plut.
Cüw. 4: xat roXXai dr.o xf^; 'FjXdloi xoiv röXecuv {Jiapxupb; aüxtp 7Toip^o-;(Ov.
4) Cicero redet von Pisos Unthaten in Griechenland an vielen Stellen der
Pisoniarui, welche man bei Zumpt Comm. ep. 2, 197 angeführt und erklärt fin-
det, l)e8onders c. 40, 96 : Acluiia extumsta , Thesaalia vexata , laceratae Athenae
— Lorri, Phocii, Boeotii exusti — AetolUi amissa.
f)) Dio CasB. 53, 12. Strabo 17 p. H40.
6) Pausan. 7, 16. 7: xaXoüot li o'iy 'EXXaoo?, dXX' 'A/aiot; t)YE(J.<5va ol
PuiiialrA, Wj-zi iyeipoioavxo "HXXy^va; li 'A/Ciiöjv xöxe toO 'EXXtjvixoüi TTpoeorrj-
/.')/. Hnidas 1 p. 911 Hernh. : ^Oev ooxoOoi xal vOv 'A^^aiav övojAotCciv r^v
\.n'i.',a. ' Poipz/Foi hk i; x^j yEipailliv £ftvo;, 8 TtpoeoTtb; -f^v xöxc r?jc 'EXXdtfio«,
x-^^v (JXtjv |A€Xct|"iotXövTC? xfj? /top«; drtüvjjxlav, dcplxovxo.
7) Strabo 17 p. 840 /.a'hlt unter den augusteischen Provinzen auf iß2ö(AY]v
'/ 'A/ottav ixi/pt HexxaXb; xal AtxojXwv xal 'Axotpvdvojv xa( xtviuv 'HKCtptuxixräv
i^uoi'i, Zza xin \Iaxeoov(^ Ttpoadjptoto. Da die Aetoler immer zu Achaia gehört
haben (Ptol. '3, IT), 14j, so ist mit Ofosskurd und Hertzburg 1, 505 das (ii/P^
HcxxaXia; zu verstehen ,,inlt Einschlass von Thessalien."
— 174 —
rus ^) nebst Acarnanien zu Achaia gezogen wurden. Als dagegen
Ptolemaeus schrieb, d.h. unter Anloninus Pius^), war Thessalien
ein Theil Macedoniens^), Epirus aber eine eigene'*), procuratorische
Provinz ^) geworden, welche auch Acarnanien enthielt und von
Achaia durch den Achelous getrennt wurde 6). Es ist eine wahr-
scheinliche Vermuthung, dass diese Aenderung dein Vespasian
zuzuschreiben ist, unter welchem eine neue Constitution der Pro-
vinz statt fand').
ViMwaitnng. Auch die Verwaltung Achaias unterlag noch manchem Wech-
sel. Nachdem es 727 = 27 senatorische Provinz geworden war^),
stand es 15 — 44 n. Chr. mit Macedonien zusammen unter einem
kaiserlichen Legaten, bis es Claudius dem Senat zurückgab^).
Es war nur ein thörichtes Spiel, welches Nero mit den Hellenen
trieb, als er im Herbst 67 bei den isthmischen Spielen ihnen
noch einmal Freiheit und Abgabenfreiheit verkündigte i*^); sie endete
schon unter Vespasian, welcher die Griechen für unfähig der Frei-
heit erklärte und die senatorische Provinz aufs Neue einrichtete ^i).
Seitdem regierte in derselben dauernd ein Propraetor i2j mit dem
Titel proco?isul ^^) j der einen Legaten i^) und einen Quaestor^^) unter
1) Bei Dio Cass. 53, 12 heisst die Provinz -^ 'EXXd? fAexd x-^c 'HTteipo-j
und Tacitus Ann. 2, 53 nennt das in Epirus gelegene (Ptolem. 3, 14, 5) Nlco-
polis urbs Achaiae.
2) Mommsen C. I. L. III p. 416.
3) Ptolem. 3, 13 § 44. 45. 46.
4) Ptolem. 3, 14.
5) Arrian. Epict. diss. 3, 4 erwähnt einen ^TTixpoTTo; z-qc, 'HTretpo'j, den er
auch nennt xov auxöjv dpyovxa, xoü Kottaotoo? cctXov xat ^TrixpoTiov. Ein iTiixpo-
TTO? SeßaaxoO 'Hixeipou C' J. Gr. Vol. II p. 98*3 n. 18131^. Vgl. Orelli 2952 =
C. L L. III, 536.
6) Ptolem. 3, 14 § 1. 6.
7) Hertzberg 2, 129.
8J Dio Cass. 53, 12. Strabo 17 p. 840.
9) Tac. Ann. 1, 76. Dio Cass. 58, 24. Suet. Claud. 25. Dio Cass. 60, 24.
lOj Suet. Nero 24. Plut. Flamin. 12. Plln. N. H. 4, 22. Dio Cass. 63, 11.
Pausan. 7, 17, 2. Eckhel D. N. 2, 256. Hertzberg 2, 112 ff.
11) Suet. Vesp. 8. Pausan. a. a. 0. : 7.al acpä? UTCOxeXetj xs auQ^i; 6 Oueoira-
oiavö? elsrxi cpoptov %al dxoustv dv.sXs'joev yjy£{J.övo;, dr:o{ji.£[j.a^'r]/.£vat <f'/joa? xtjV
dXeuT}£piav xö TAXTrjviy,öv. Philostr. V. Apoll. 5, 14.
12) Strabo 17 p. 840.
13) Ueber die proconsules Achaiae s. Marini Arvali p. 763 ff. 771. Beispiele
s. Orelli 2272. Henzen 6456a. 6483. 7420. C. I. Gr. 1072. 1073. 1732. Vgl.
Plutarch rei p. gerendae praec. Vol. IX p. 279 R. Noch im vierten Jahrhundert
ein dv&UKaxoi XTJ? 'EXXdöo;, C. I. Gr. 372. Ueber die delphische Inschrift des
C\ Avidius Nigrinus leg. Aug. pr. pr. Achaiae, der als ausserordentlicher iudex
bei einer Grenzstreitigkeit fungirt und nicht als Statthalter Achaias zu betrach-
ten ist, s. Mommsen C. I. L. III n. 566,
14) Orelli-Henzen n. 3143. 3177. 6451. 6910.
15) Henzen 5448. 6915. C. 1. L. II n. 2075. 4117; ein quaestor pr. pr. Ma-
rini Arvali p. 764. Orelli 3113 = Mommsen I. N. 1879.
I
— 175 —
sich hatte. Unter den Colonien, welche die Römer in Griechen- Coionien.
land anlegten — es waren in Achaia Corinth, Laus lulia Corin-
ihus, Colonie des Cäsar i), Patrae oder Colonia Augusta Aroe
Patrae, wohin Augustus Veteranen der X und XII Legion nebst
Leuten aus der Umgegend angesiedelt halte 2), und Dyme, das
zuerst eine eigene Ansiedelung erhalten zu haben scheint^). al>er
noch von Augustus an Patrae attribuirt wurde "*); in Epirus aber
Actium und Buthrotum^) — , erhob sich Corinth allmählich wie-
der zu einer bedeutenden Stadt, in welcher der Proconsul seine
Residenz nahm^).
Keines von allen den Römern unterworfenen Ländern war zustand der
im Vergleich zu seiner früheren Lage in einen so elenden Zu-
stand gerathen, wie Griechenland. In den spanischen, gallischen,
germanischen und illyrischen Provinzen wich unter römischer Ad-
ministration der barbarische Character der alten Bevölkerung bei
dem durch Ackerbau und Handel sich entwickelnden materiellen
Gedeihen einer gewissen früher unbekannten Civilisation ; in Grie-
chenland schwand mit der politischen Freiheit auch die materielle
BlUthe des Landes. Schon zu Strabos Zeit war die Bevölkerung
auf furchtbare Weise zusammengeschmolzen, ein Theil der Städte
völlig verschwunden, ein anderer verfallen und nur theilweise
bewohnt; die Inseln waren grossen theils zu einsamen Felsen ver-
ödet, auf welchen Verbannte ein freudeloses Leben fristeten. Noch
trauriger ist die Schilderung, welche Pausanias von den Zustän-
den seiner Zeit entwirft, und welche die gelegentlichen Bemer-
kungen anderer Schriftsteller der Kaiserzeit bestätigen. Allerdings
gelangten einige Gegenden Griechenlands noch einmal zu einem
gewissen Wohlslande und erfreuten sich der Gunst entweder der
Kaiser selbst, oder bemittelter Römer; Industrie, Kunst und
Wissenschaft fanden wieder ihre Vertreter und die Bewunderung
der Denkmäler alter Zeiten veranlasste einen lebhaften Fremden-
verk(!hr, aber das allgemeint? Bild, welches die Geschichte von
Achaia darbietet, ist das eines sich langsam auslebenden Volkes,
dessen Thatkrafl längst gebrochen ist').
IJ Hertzberg 1, 46L
2) Hert/berg 1, 495 ff. Momrasen C. I. L. tll n. 498.
■\) Plln. N. H. 4. 13. Htrabo 14 p. 665.
4) Pansaii. 7, 17, 3.
;')) Hert/borg 1, 493. 498.
6) A<U apoBt. 18, 12. Boecking Not. Dujn. ih. p. 277.
Tj Kille eingehende Darstellung dieser ZiistiUide, welche zu geben nicht
— 176 —
XXVIII. Asia').
Nach der Besiegung des Antiochus bei Magnesia am Sipy-
lus2) schickten die Römer im J. 565 = 189 den Consul Cn. Man-
lius nach Asien, um die Bundesgenossen des Antiochus zur
Rechenschaft zu ziehen und die Terrilorialverhältnisse Asiens zu
ordnen. Das erste Geschäft, namentlich der Krieg gegen die
Galater, nahm das Jahr i89 ganz in Anspruch 3), Manlius blieb
aber als Proconsul in Asien 4) und regulirte im Frühjahr 188,
unterstützt von zehn Commissaren des Senats in Apamea Phry-
giae den Besitzstand in der Weise ^j, dass Lycien und Garien an
die Rhodier, Mysien, Lydien, Gross- und Kleinphrygien, endlich
die Landschaft Milyas und Lycaonien (also auch wohl Pisidien)
an den König Eumenes von Pergamum kamen, Pamphylien aber,
über welches zunächst keine Bestimmung getroffen wurde ^) , seine
wird Provinz Unabhängigkeit behielt^). Im J. 621 =133 starb der letzte König
von Pergamum, Attalus III und vermachte durch Testament sein
Reich den Römern ^j. In dasselbe Jahr wird officiell der Ur-
sprung der Provinz Asien gesetzt; denn auf den Cistophoren,
einer Münze, welche dieselbe in ganzen, halben und Viertel-
meine Absicht ist, findet man bei Zinkeisen Gesch. Griechenlands 1 S. 516 — 574
und im zweiten Theile von Hertzbergs Gesch. Griechenlands,
1} Ueber Asien s. die leider unvollendeten Untersuchungen von Bergmann
De Asia Romanorum provincia, Berol. 1846. 8 ; De Asiae Eomanorum provinciae
praesidibus im Philologus II, 4 (1847) ; De Asiae Romanorum provinciae civitati-
bus liberis, Brandenburg 1855. 4 (handelt nur von Rhodus). W. Merckens Quomodo
Romani Asiam provinciam constituerint exponitur , Yratislaviae 1860. 8. Kuhn II
S. 264 ff., endlich W. H. Waddington Fastes des provinces Asiatiques de Vempire
Romain depuis leur origine jusqu'au rhgne de Diocletien in Le Bas et Waddington
Voyage arch. Explication des inscriptions. T. III p. 655 ff., auch separat heraus-
gegeben, Paris 1872. 8.
2) Liv. 37, 38 — 44.
3) Liv. 38, 12 ff.
4) Liv. 38, 35.
5) Liv. 38, 37. 38. 39. Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in
der Inschrift von Priene , Waddington n. 195 — 198 5 eine andre Inschrift von
Heraclea ad Latmum in Carlen enthält ein Decret des Manlius und der 10 legati,
durch welches dieser Stadt die Autonomie garantirt wird. Waddington n. 588.
6) Polyb. 22, 27. Liv. 38, 39.
73 Von der im J. 169 in Rom erscheinenden Gesandtschaft der Pamphylier
sagt wenigstens Livius 44, 14 : benigneque amicitiam renovare volentibus legatis
responsum.
8) Livius epit. 58. 59. Plutarch. Ti. Gracch. 14. lustin. 36, 4. Strabo 13
p. 624. Plin. N. H. 33 § 148.
— 177 —
Stücken geprägt hat*), findet sich die Datirung nach der Provin-
cialaera von 621=1332). In Wirklichkeit aber verhinderte die A^^a^er
' rrovinz,
sofortige Organisation des neu erworbenen Gebietes der Aufstand
des Arislonicus (131 — 129) und erst nach dessen Unterdrückung
durch M. Perperna constituirte im J. 625 = 129 M'. Aquilius die
Provinz^) in dem Umfange, dass dieselbe Mysia bis zum Berge Grenzen.
Olympos nebst Aeolis, Lydia und die ionischen Städte, Carla und
die dorischen Städte, jedoch mit Ausnahme von Bhodus und der
diesem gehörigen Peraea umfasste"*). Von den übrigen Theilen
des pergamenischen Reiches wurde die thrakische Chersonesos zu
Macedonien gezogen , zu welcher Provinz sie später gerechnet
wird^); Phrygia maior kam an Mithridates V von Pontus*^) und
wurde nach dessen Tode 634 = 120^) seinem Nachfolger Mithri-
dates VI Eupalor genommen und für frei erklärt^) ; Lycaonien und
das angrenzende, nördlich vom Taurus gelegene Cilicien mit den
Städten Castabala, Cybistra und Derbe erhielten die Söhne des
Ariarathes von Cappadocien, der im Kriege gegen Aristonicus ge-
fallen war^); Pamphylien und Pisidien wurden ebenfalls noch
1} S. M. Pinder Ueber die Cistophoren und über die kaiserlichen Silberme-
daillons der Römischen Provinz Asia , Berlin 1856. 4. (Ans den Abh. d. Berl.
Acad. 1855.)
2) Diese Jahreszahlen kommen vor auf den Cistophoren von Ephesns, Nysa
und Philomelium. Ueber die Bestimmung der Aera s. Pinder a. a. O. S. 544 flf.
und in Pinder und Friedländer, Beiträge zur älteren Münzkunde I, 1 (1851)
p. 26 £f. Borghesi J)eW era Efesina , Oeuvres 2, 435 ff. setzt den genauen An-
fang auf den 24. Sept. 620 = 134 v. Chr., nämlich den Anfang des asiatischen
Jahres. S. Clinton Fast. Hell. III p. 419. Waddington Fasles 1 p. 19.
3 j Strabo 14 p. 646 : Mavio; o 'AxuXXto? ^TeXftcuv uTraxo; fxexa hi%a Ttpeo-
ßeuTüJv otixa^e ty,v irap/tav e{; to vüv sti aufxfji^vov -^? 7rrj>aTeta(; 0X'^|J.a. Vel-
leius 2, 38. lustin. 36, 4'. Auf ihn bezieht sich die Inschr. C. I. Gr. 2920 =
C /. /.. I n. 557.
4) Carien war nach dem Kriege mit Antiochus 190 den Rhodiern gegeben,
nach dem Kriege mit Persens (168) aber denselben wieder genommen worden,
und war seitdem frei. Polyb. 30, 5; 31, 7. Liv. 44, 15. Appiaii. Syr.W. Mtthr.
23. Im J. 129 muss es zur Provinz Asien gezogen sein, welchem es später an-
gehört. Die Bestandtheile der Provinz nennt Cic. pr. Flacco 27, 65 : nmixjtte vt
opinor Asia vestra consUit ex Phrygia, Mysia, Carla, Lydia.
5) Cic. in Mson. 38, 86.
6) Appian, li. Mithr. 57. lustin. 37, 1.
7) Clinton F. Hell. III p. 426.
8) Appian. li. Mithr. 11. 12. 15. 56.
9) lustin. .'J7, 1: filiiH Ariarathia y regia Cappadociae , qui eoilem hello ocri-
äerat, Lyc.aonia et CiUc.ia datae. Unter Cilicien ist nicht die nachherige römische
Provinz, sondern ein Theil Cappadoriens zu vurstehn. I nd zwar hless erstens
eine der 10 Strategien (lappadociens Cilicia (Strabo 12 p. 534. Ptolem. 5, 6, 15),
und war zweitens von den Römern ein Stück von Cilicien, das nördlich vom Tau-
rus lag, zu Cappadocien gefügt worden. Strabo 12 p. 51)4. 535: TrpocCY^vcto
Ä OoTcpcr^ rotpä Pwuattov i% Tfj; KtXntla; rot; nph 'ApycXdloy xal i•ihvAi':r^
tum. Alterth. IV. 12
— 178 —
niclit besetzt, sondern zusammen mit Phrygia maior^ d. b. den
nachherigen Gerichtsbezirken Apamea mid Synnadai) wahrschein-
lich erst 103 v. Chr. als Provinz Cilicien in Besitz genommen 2).
Die phrygischen Diöcesen blieben indess nachher nicht dauernd
bei Cilicien; in den Jahren 62 — 56 v. Chr. gehören sie zu Asien 3),
man darf daher annehmen, dass Sulla oder Murena im J. 672 = 82
diese Veränderung der Grenze vornahm , als er Cibyra zur Pro-
vinz Asien zog"*). In den Jahren 56 — 50 waren die drei Diöcesen
Cibyra, Apamea und Synnada , es ist unbekannt aus welchem
Grunde, mit Cilicien vereinigt 5) ; seit 49 dagegen werden sie im-
mer zu Asien gerechnet^). Das östliche Phrygien dagegen, die
sogenannte Tiapoipsio^ mit den Städten ApoUonia und Antiochia,
ist wenigstens seit 36 v. Chr. zu Galatien gezogen worden^).
Statthalter. Zur Zeit der Republik hatte die Provinz in der Regel einen
propraetor zum Statthalter, der indessen auch den Titel proconsnl
führte '^j ; nur in Zeiten des Krieges commandirte in ihr einer der
oxpaTTjYi'ot, ■'(] Tiept KaotaßaXa xe 7,ai Kußtoxpa |J.d)(pt tyj? 'AvTiTrarpou xoO XTQOTo-i
Acpßrj?. Von dieser Landschaft spricht lustin. a. a. 0. S. Junge De Ciliciae
origine p. 20. 21.
1) Plin. N.H. b % 105. 106.
2) S, unten den Abschnitt Cilicia. Die Anwesenheit des P. Lentulus, Pio-
quästors des Proconsuls von Asien Trebonius , in Paniphylien im J. 43 war nur
durch Rüstungen veranlasst, die er dort im Interesse der Mörder Cäsars vornahm,
und beweist nicht, dass damals Pamphylien zu Asien gehörte. Cic. ad fam. 12, 15.
Drumann 2, 544.
3) Man sieht dies einerseits aus den Nachrichten über die Verwaltung des
L. Yalerius Flaccus (62 — Gl), für welchen Cicero die Vertheidigung in dem Re-
petundenprocess führte, des Q. Tullius Cicero (61 — 58), des C. Fabius Adrianns
(58 — 57) und T. Ampius Baibus (57 — 56), worüber ausführlich handelt Bergmann
im Philologus a. a. 0. 8. 644. 670 — 678, andererseits aus den Cistophoren, die
0. Fabius in Apamea geprägt hat. (Pinder p. 567. 568. Borghesi Oeuvres 1,
274 ff. 2, 166 ff.)
4) Strabo 13 p. 631. Waddington Fastes p. 22.
5) Bergmann a. a. 0. S. 644. 678 — 680. Von den Proconsuln Ciliciens
P. Lentulus (56—53), Appius Claudius Pulcher (53—51) und Cicero (51—50)
sind Cistophoren in Apamea und Laodicea geschlagen worden. Pinder p. 547.
Vgl. auch den Abschnitt über Cilicien.
6) Bergmann a. a. 0. S. 681. 684. Für das J. 46 liegt dafür ein Beweis in
dem Empfehlungsschreiben, das Cicero ad fam. 13, 67 für den Laodicenser Andre
an den damaligen propraetor Asiäe P. Servilius richtet. Wenn er darin sagt : ex
provincia mea Ciliciensi, cui scis xpst? Ototy//]0£t; Asiaticas attributas fuisse, nullo
sum familiarius usus quam Androne, so sind unter diesen Diöcesen nicht, wie No-
risius will, Laodicea, Pamphylia, Lycaonia, sondern Cibyratica (Laodicensis), Apa-
mensis und Synnadensis zu verstehn. Vgl. Bergmann a. a. 0. S. 643.
7) Apollonia, gewöhnlich Apollonia Pisidiae genannt, gehörte ursprünglich
zu Asien, denn es bedient sich, wie es scheint, der gleich zu besprechenden
sullanischen Aera von 84. Waddington n. 1192= C i. Or. 3973.
8) S. hierüber Bergmann De Asiae Romanoram provinciae praesidihus im
Philologus II, 4 (1847) p. 641—690, Waddington Fastes I p. 28 ff.
^ 179 —
fungirenden Consuln, wie z. B. Luculi im .1. 74, oder ein Con-
sular mit dem Titel proconsul^)] bei der Theilung der Provinzen
im J. 27 blieb sie dem Senate und wurde seitdem von einem
Froconsul mit zwölf Fasces verwaltet 2). Dem Statthalter wurden
in der Zeit der Republik gew^öhnlich drei legati^]^ während eines
Krieges auch mehrere ^) , beigegeben ; nach der Anordnung des
Augustus ebenfalls drei^); er trat seine Verw^altung im Mai*^),
unter den Kaisern im Juli^) an und zwar in Ephesus^), der
Hauptstadt der Provinz ^) , in w elcher auch die publicani Asiae
ihren Verwaltungssitz hatten lo) .
Nach der ersten Einrichtung der Provinz durch M'. Aquilius
ist die Verwaltung derselben in Folge der Kriege, deren Schau-
platz sie wurde, noch fünfmal reorganisirt worden, nämlich von
Sulla und seinem Nachfolger Mur'ena, von Lucullus, von Pom-
1) So Sulla Cos. 88, proconsul Asiae 87; G. Treboniiis Cos. suff. 45, pro-
consul Asiae 44 ; P. Ventldius Bassus Cos. suff. 43 , procos. Asiae 39. Bergmann
p. 684. 689.
2) Strabo 17 p. 840. Dio Cass. 53, 12. 14. S. Mommsen Staatsr. I, 304.
Wenn in der Inschrift Orelli 798 =C. 7. L. II n. 4114: Tib. Cl. Candido Cos.
XV. vir s. f. leg. Augg. pr. pr. provinc. H(ispaniae'j C(itenoris') et in ea duci
terra marique adversus rebelles h. h. p. li. item Asiae die V^'^orte item Asiae noch
abhängig sind von legatus, was unklar ist, so hat Candidus diesen Titel ganz
ausnahmsweise als Feldherr des Septimius Severus gegen Pescennius Niger, also
während eines Krieges erhalten. S. Henzen Inscr. p. 78.
3j L. Valerius Flaccus , seit 62 v. Chr. propraetor Asiae, und Q. TuUius
Cicero (61 — 58) hatten drei. Bergmann p. 671. 673.
4) So dem Lucullus. Bergmann p. 666.
5} Dio Cass. 53, 14. Der Titel derselben ist legatus provinciae Asiae, Hen-
zen 6007. 6461; legatus pro praetore provinciae Asiae, Orelli-Henzen 2761. 3658.
6454. ^zrJto^vJTf^i 'Aaiot; C. I. Gr. 3532, besser Borghesi Oeuvres 2, 15; rpeo-
^euT-?^; -/.Ott dvTiorpaTTjYo;, C. 1. Gr. 2977, besser Waddington n. 147^; -peoßsuxYji;
dvTtoT(iarr,7o; C. I. Gr. 4238'».
6j Q. Tiillius Cicero kam nach Asien im Mai 61 und reiste zurück im Mai
58 (Bergmann p. 673); Trebonius war im Mai 44 auf der Reise nach Asien.
Cic. ad fum. 12, 16.
7) Die Abreise aus Rom wurde von Tiberius auf den 1. Juni angesetzt,
Dio Cass. 57, 14; von Claudius wieder auf den 1. April, Dio Cass. 60, 11.
8j L'lp. Dig. 1, 16, 4 ^5: in ingressu eliam hoc tum observare oportet, ut
per enni purtem provinciam ingrediatur, per quam ingredi moris est, et quas Groeri
dnoTjiAfa; appellant sive xaTCirXo'jv ohsermre , in quam primum civitatem venial
vel iippUcet : magni enim facient provinciales servari sibi conHueludinem islam et
huiusrnodi praerngativas. quaedam provinciae etium hoc habcnt , ul per mare in
eam provinciam procrmsul veniat, ut Asia, scilicel usque adeo, ut imperator noster
Anlrminus Augustun ad denideria Asianorttm rescripserit proconsuli necenMitatetn
imposätam per mare Aniam applicare v.rn tojv uYiTpoTroXewv Fi^eaov primam aitingere..
Hierauf beziehen sich die Münzen mit KUmX'IUN A KATAIIAOYC d. h. prima
fidnavigntio. I0ckhor2, 518.
9) loHeph. Ant. 14, 10, 11.
lOj Cic. ad fnm. 5, 20.
12»
— 180 —
peius, von Caesar und von Auguslus. Die Grundlage für alleB
^^^j^^^.^pj^g späteren Einrichtungen scheint aber die Constitution des Sulla
^ron^s4" ^'^"^ .lahre 84 geblieben zu sein, von welchem die Provinz eine
neue Zeitrechnung beginnt^) und bis in das sechste Jhdt. n. Chr.
rortfllhrt2). Die Constitution des Sulla und Murena 3) bezog sich
theils auf die Feststellung der Territorien'*), theils auf die Er-
theilung politischer Rechte an einzelne Städte-^), theils auf die
Abgaben Verhältnisse. In Beziehung auf die letzteren war Asien
im J. 129 sehr schonend behandelt worden, C. Gracchus aber
hatte im .1. 123, theils um die Einkünfte des Staates zu ver-
mehren, theils um dem von ihm geschaffenen Ritterstande eine
finanzielle Grundlage zu geben, durch ein besonderes Gesetz nicht
nur die gewöhnlichen Abgaben, d. h. den Zehnten [decuma],
das Weidegeld (scriplura) und die Zölle {portoria) in Asien ein-
geführt, sondern auch die Verpachtung dieser Abgaben durch die
Censoren an römische publicani, d. h. Ritter, angeordnet^). Es
lag allerdings bei der feindlichen Stellung', welche Sulla den
Rittern gegenüber einnahm, für ihn die Veranlassung vor, die
Verpachtung der Abgaben an dieselben abzuschaffen; w^enn er
1) Die SuUanische Aera, welche zuerst Franz C. I. Gr. III Addenda p. 1103
festgestellt hat, wird nach Waddington zu n. 980 vom Herbst 85 an gerechnet
und ist jetzt nachweisbar in folgenden Orten (ich citire der Kürze wegen
vorzugsweise Waddington): in Lydia: Maeonia, Wadd. 667. 668. 669. 671.
1672. 1674; Gordus 677—683; Coloe 700 ff.; Silandus 709. 71Q; Saitta 1667,
1668; Philadelphia 1669; in Phrygia maior: Traianopolis 718. 722. 727. 1676:
Sebaste 733. 735. 737; Eumenia C. I. Gr. 3892. 3896; Eucarpia, Waddington
772; in Phrygia epictetus : Cotiaeum 802; Aezani831. 945. 966. 980. 998; An-
cyra 1012; in Mysia : Apollonia ad Rhyndacum 1069. 1088 und Umgegend 1771.
1774.
2) Traianopolis bediente sich dieser Aera noch 279 n. Chr. (Wadd. n. 727j
und Aezani noch 508 n. Chr. Wadd. n. 980.
3) Appian lässt den Sulla -/a^tOTaai^at t'?jv 'Astav (Mithr. 61. 62) und
ebenso den Murena (^Mithr. 64). Die consütuta SuUae erwähnt auch Tac. Ann.
3, 62.
4) Die Grenzregulirung der Provinz nach Süden hin wird bei Strabo 13
p. 631 und Cic. ad Q. fr. 1, 1, 11 erwähnt.
5) Appian. Mithr. 61. Tac. Ann. 3, 62. Auf diese Bewilligungen beziehn
sich die Inschriften, welche Laodicea, Ephesus und das Commune Lyciae zum
Dank für die erhaltene Freiheit auf dem Capitol in Rom setzten, C. I. L. I
n. 587. 588. 589.
6) Bei Appian. B. C. 5, 4 sagt Antonius bei einer Versammlung in Pergamum :
ufxä^ '^[J-Tv, u) avops? "FiXX'^ves, "AttocXo? 6 ßaoiXeu? ufxtüv ^v Sta&Tj'icai; dTreXiTie,
xal e\i%\)i d}A£ivov£<; ujxTv '^[j.£v 'AxxdXou • ou? y*P i'^eXeixe cpopou? 'AxtaXtp,
cföpojv. 'FiTTei ^e iSsTjoev, ou Trpo? xd Tt{ji.Tj(xaTa uixTv dTre^YjXczfjiev , tus dv '/jf^ei?
dxivSuvov cpopov i-Aki'(oi\i.e'^, dfJ.ä {xep-r] cpepetv tSi^ ixdaroTS xapTrwv dTrexd^afxev,
'(va xal X(üv dvavxtcov xoivcuvwixev UfxTv . xcäv he xauxa Tiapd x-^c ßouXf]; pnoÖcu-
— 181 —
dies versucht hat, worüber ein directes Zeiigiiiss nicht vorliegt i),
so ist diese Anordnung nur von vorübergehender Wirkung ge-
wesen 2); denn die Ritter blieben Abgabenpächter =^) bis auf Cäsar,
der erst im J. 48 die Verpachtung aufhob und der Provinz ein
festes von den Provincialen direct aufzubringendes Tributuni auf-
legte^). Nichtsdestoweniger erhielt sich die Eintheilung Asiens
in 44 Districte^), welche Sulla zum Zwecke der Aufbringung der Emtheiiung
von ihm aufgelegten Zahlung einer fünfjährigen Steuer und der "tricte!"
Kriegskosion ♦^J anordnete. Denn in den Jahren 82, 64 und 62
werden nach diesen Bezirken Auflagen ausgeschrieben"), im J. 63
|jL£V(uv Iv'jßptCo^Twv U(^.iv "/.al zoXu TiXetova akouvTwv, Tdioi Kaioap tojv (xev
ypr^[j.aTa>v xd Tpira U{jliv avT^rsv u)V i'/.ti^oii ^cpepexe, xd; 0' ößpet? ETtotuaev * 'ju.iv
-^ap Tobi cpopo'j; drlxpe^sv d^t'ipei'^ iiapd xcjv '{ev)[j^o'j'JT(M^ . Cic. Verr. 3, 6, l2:
reteris (provinciis) aut impositum vectiyal est certum , quod siipendiariam dicitur
— — aut censoria locatio constituta est, ut Asiae lege Sempronia. Froiito ad
Verum p. 121 Frankf. = p. 125 Naber.: iam Gracchus locabat Asiam.
13 Mommsen R. G. 2, 351, der die Einführung einer festen jälirlicben Ab-
gabe Asiens bereits dem Sulla zuschreibt, folgt dem Appian. Mithr. 62, bei dem
'^ulla sagt: (j,6voy? Ufxiv cTttYpdcpcu k£vx£ ixöiv cpopouc ^ae^eY/eiv. Es fragt sich
indess, ob dies ein festes Tributum war, oder eine nach dem Ertrage der bis-
herigen locatio censoria Üxirte Summe.
2) Dies scheint anzudeuten Cic. ad Q. fr. 1, 1, 11 §33: nomen autem
publicani aspemari non possunt (^Asiani) , qui pendere ipsi vectigal sine publicano
yion potuerint, quod iis aequaliter Sulla descripserat. Denn die Asiaten brachten
iif die von Sulla vorgeschriebene Weise das Geld nicht auf, sondern fielen den
romischen Wucherern in die Hände. Plut. Luculi. 20.
3) Hierüber liegen Zeugnisse vor aus verschiedenen Jahren. Plut. Luculi. 7,
wo die Bedrückungen der publicani vor 74 geschildert werden. Val. Max. 6, 9, 7 :
7'. Aufidius, cum Asiatici publici exiguam admodum particularn habuisset, postea
l'Aam Asiam proconsulari imperio obtinuit (wahrscheinlich 09 v. Chr Bergmann
Philologus 2, 650). Cic. de imp. Pompeii 6, 15 (a. 66) von der Provinz Asien:
Ha neque ex portu neque ex decumis neque ex scriptura vectigal conservari polest.
'ic. de I. agr. 2, 29, 80 (a. 63): quid nos Asiae portus , quid scriptura, quid
mnia transmarina vectigalia iuvnbunl tcnuissima suspicione pracdonuni aut hostium
niecta? Cic. ad Att. 1, 17, 9: Asiani (equites), qui de censoribus conduxerunt,
juesti sunt in senatu , se cupiditate prolapsos nimium magno conduxisse ; ut in-
luqeretur locatio, postulaverunt. Diese Verhandlung dauerte von 61 — 59. wo
Cäsar den Wunsch erfüllte. Snot. Caea. 20. Oaratoni ad Cic. pro Vlancio 14.
Im J. 60 instruirt Cicero ad Q. fr. 1, 1, 11 f. ausfülirlich seinen Bruder über
lic Behandlung der publicani in Asien, im J. 51 empfängt derselbe in Ephcsus;
lf;n Besuch der dtcumani Asiens (ad Att. 5, 13), und nocli im J. 47 crwälint er
/'/ Att. 11, 10, 1 einen P. Terentius, der kurz vorher operas in portu et scriptura
\siae pro magistro dedil.
4) Appian. H. (\ 5, 4. Die Cass. 42, 6.
5) Sie erwähnt Appian. Mithr. 62: BiaipTjUto hi taDtV ixöfoxoi; i-^m xoixd
r'iXet; und gor)auer Cassiodor (Mommsen Die Chronik des CaHsindorns Senator
p. 622) ad a. 670: hin rorws. Asiam in XLIlll regiones Sulla «listribuit. Die
Zahl XLIlll haben der Parlsinus und Cuapinianus , wogegen die Münchener
HdMihr. XL giebt.
6) Appian. Mithr. 62. Dio ganze Summe giebt Plut. LucuU. 20 auf 20,000
Talente an.
7) Ueber das Jahr 82 «. Cic. in Verr. act. II, 1, 35, 89: <Ucem enimnaves
— 182 —
werden die vectiyalia nicht in Roni, sondern in Asien, nicht im
Ganzen, sondern nach Bezirken verpachtet i), und dass auch Cäsar
diese Bezirke bei seiner neuen Steuereinrichtung beibehielt, lässt
sich aus dem Umstände schliessen, dass Asien auch später in
regiones zerfiel 2) und dass in den Hauptorten derselben sich
Archive befanden 3) ^ in denen die Vermessungsdocumente, welche
der Steuererhebung zu Grunde lagen ^j, die Besitzurkunden 5) und
die Hypothekenacten 6) aufbewahrt wurden. Bei der grossen An-
zahl zum Theil kleiner Sladtgemeinden Asiens — sie wird auf
500 angegeben'^) und betrug noch zu lustinians Zeit über 200^)
— war es eine wesentliche Vereinfachung der Verwaltung, grössere
Bezirke unter einen Vorort zu vereinigen, wie dies auch in an-
dern Provinzen, z. B. in Gallien '^j und unter Gabinius in ludaea
comentus gcschah ; für die Gerichtsverwaltung legte man von diesen Bezir-
inridici.
iussu L. Murenae populus Milesius ex pecunia vectigali populo Romano fecerat,
sicut pro sua quaeque parte Asiae ceterae civitates. Ueber die Jahre 64 und 62
Cic. pro Ftacco 14, 32: descripsit autem pecuniam ad Pompeii rationem, quae
fuit accommodata L, Sullae descriptioni : qui cum omnes Asiae civitates pro por-
tione in provincia descripsisset , illam rationem in imperando sumptu et Pompeius
et Flaccus secutus est.
1) Cic. pr. Ftacco 37, 91 : at fructus isti Trallianorum Globulo praetore ve-
nierant: Falcidius emerat HS nonyentis milihus.
2) Merckens a. a. 0. p. 16 bezieht wohl mit Grund auf diese Eintheilung
die regio Apamena , regio Eumenetica (Plin. N. H. 6 % 113), regio Milesia (Plin.
N. H. 11 § 95), regio Philadelphena (C. /. Gr. 3436: Seo'j-^po?, ^SeßaaxoO aTreXeu-
Oepo?, ßoYj&6; IrixpoTiuiV ps.'^evisoi OtXaoeXcprjvf];), wiewohl es immer unsicher sein
wird festzustellen , ob hier eine der Sullanischen Regionen oder ein Stadtbezirk
überhaupt gemeint ist.
3) Ein dpyeiov in Smyrna C. I. Gr. 3292. 3295. 3318. 3335. 3356 u. ö. ;
in Aphrodisias fi. 2842, in Assus in Mysien n. 3573, in Euraenia in Phrygicn
n. 3892; ein ^pap-fj-otTeTov in Nysa in Carlen n. 2943.
4) Hygin. de limit. const. p. 205 Lachm. : agri vectigales multas habent con-
stitutiones. In quibusdam provinciis fructus partem praestant certam, alii quintas,
alii septimas, alii pecuniam et hoc per soli aestimationem. Certa enim pretia agris
constituta sunt, ut in Pannoniu arvi primi, arvi secundi, prati, silvae glandiferae,
silvae vulgaris, pascuae. His Omnibus agris vectigal est ad modmn ubertatis per
sinyula iugera constitutum. Horum aestimio ne qua usurpatio per falsas professio-
nes fiat, adhibenda est mensuris diligentia. Nam et in Phrygia et tota Asia ex
huiusmodi causis tarn frequenter disconvenit quam in Pannonia.
5) C. /. G-V. 3264. 3266. 3286.
6) Daher dpyeiov ■/peojcp'jAaxiov in Smyrna C, I. Gr. 3282 oder ^peojcpuXa-
xtov in Aphrodisias n. 2826. 2827. 2829 u. ö.
7) Philostratus V. soph. p. 56, 21 Kayser = Opp. I p, 235, 25. Apollonii
Tyanensis epist. 58 in Philostrati Opp. cd. Kayser II p. 53, 30. losephus B. I. 2,
16, 4. Statius Silv. 5, 2, 56 redet sogar von lOÜO Städten. Vgl. Aristides I
p. 770 Dind. : o-jxe Y^p TcoXeic Tooa'jxas xdt? Trocoa? o'jhz[x'ia aX)//] x&v Tcaswv
Trapeyexat oüxe ot] xa? ^e [leyaiai xotaurac.
8) Kuhn 2, 264 rechnet nach Hierocles auf die alte Provinz Asien 206.
9) S. Seite 117.
I
— 183 —
ken wieder mehrere zusammen, so dass die Zahl der conventus
iuridici eine bei weitem kleinere ist. Die Gerichtsorte kennen
wir nur unvollständig; da sie aber dieselben sind, in welchen
die Landesmünzen, die Cistophoren, geprägt wurden, so ist es
zweckmässig, beide Listen zusammenzustellen. Bekannt sind
nämlich als
Conventus: Prägortei):
Alabanda 2) ,
Adramyttium '^] Adramyttium
Apamea ^) Apamea
Cyzicus^)
Ephesus ^) * Ephesus
Eumenia?')
1) S. über diese Finder a. a. 0.
*2) Plin. iV. Ä^. 5 § 109: Alabanda libera quae conventum eum coynominavit.
3) Plin. A^. //. 5 ^ 122. Der Convent erstreckte sich bis Apollonia ad
Khyndacum.
4) Plin. N. H. 5 § 106 : tertius (conventus) Apameam vadit ante appellatam
("elaenas, dein Ciboton. Cicero ad Att. 5, 21, 9; ad fam. 3, 8, 5; 15, 4, 2. Dio
Chrysost. Vol. II p. 68. 69 R. , welche Rede in Kelainai gehalten ist: aXXa xe
i'ftvTj Trepiotxei iroX'javopoxaxa — xai xoutoi? otTraoiv d^opolv ufxei? xai ^uvooov
rapsyedj^s rfjV a'jxtüv ttoXiv • — — 7:p6<; ok -06x015 al oivtai uap' Ixo; a'YOvxat
Tzap' uixiv xai ^'jsd'^e'Z'xi 7:XfjBo; dv^ptÖTTwv aTretpov StxaCofxivtuv , SixaCovxwv,
^r^xopojv, rjYe(J.6v(MV, UT:-/]pexöJv x. x. X.
5) Dass hier der Hellespont (vgl. Cic. ad fam. 13, 53, 2) seinen Conven-
tus hatte, ist wahrscheinlich aus Aristides Vol. I p. 544 Dind. : cpepe oii xai
TTCpi xfjC i-iafyoi ei; Ku^txov d^ooou Y^'^öfASv-r]; £^ifJYTi<3iu[jiott • aüxöc 5e xat
Tj'xT^oa xov ftsov or^[JLfjVat, axe xai oixöjv ouowv xat xtbv ütXwv oeofjisvtuv fjxeiv.
6) Plin. jV. 7/. 5 JJ 120. loseph. Ant. 16, 6, 7, wo .\ntonins schreibt: ol £v
XTJj 'Acta xaxoi7.oOvxe; 'louoatoi — oty.rxroooxoOvxi (j,oi ^v 'E<p£o(p urcdoei^av x. x. X.
Aristides I p. 525 D. : (j.exd xciDxa ^eßfjpo; — ei^ x-^jv "Ecfeoov xaxifjei otxwv
aYopdv d;ojv.
7) Die Inschr. von Kumenia in Phrygien C. I. Gr. 3902'» enthält ein öeXxo-
Ypdcf.rj[Aa xoO dvO'jrdxou xoti (|'Tjcpi5(j.ot x-^; 'Ao(a; , welches aufgestellt werden
soll £v xai; äcprjYO'j|X£V'xt; xöiv oioiXTjaeojv roXeaiv. Zu diesen miisste also Kume-
nia gehören. Unter otoixr^at; i.st nun gcvröhnlich der Gerichtsbezirk , conventus,
zu verstchn. Cic. ad fam. 13, 67, 1 : ex provincia mea Cüiciensi, cui scis xpeic
oioixTjOei; Asiaticas atlributas fuiase, nämlich Cibyratica, Apamensis und Synna-
densis. Strabo 13 p. 629: e(; hi Ti^^v o6y/u(Jiv xauxTjV o'j (Aixpd 0'jXXa[i.ßdvei x6
xouc 'P(0[iot(ou; u.Tj xaxd cpOXa oteXeiv 7.'jxöu;, dXXd 2xcpov xp^irrov oiaxd^at xdc
SioixIjOei? , iv al; xd? d^opai^'j; Troiouvxai xat xd; otxotioooola?. p. 631: oüSev
5' f^xxov £v xaii (j,eY(3xat; d^exdCexat oioiXTjoeot xfj; 'Aofa; -/j Ktßupaxix-/). Auch
bei der Stadt Prusa In Hithynien, welche zu Dio Chrysostomus Zelt eine eigene
oio(xirjOi4 erhielt (Dio Clir. II p. 205. 208 R. : xrxt xoivjv 5iotxif|3e<o; vOv Ttpßixov
d/ttciTrj;), bezieht sich dieser Ausdruck auf den conventua. Dio Chrys. II p. 195 R.:
xdi |i.-^|V x6 vuv O'jiJLÖeßtjxi; repi xi^jv ■^jU.exipav TiöXtv xo |jiev d/.r|i>e; aTTxexai
TtoXXüJv xal xv(Cei xo'j; aXXou; rdvxa;, oxi ^ xd; 6(xa; u|j.er; drtoUyto^e xoti
rap' OiAiv a'jxo'j; dvdYX-r xp(veoJ)ai. Aristides I p. 527 D. : xai Ydp "f^v irA xfj;
^touTjacoj; xifi rept i(ji'jpva'rf. Allein das Wort kommt allerdinn« auch in allge-
meiner Hodeutung in dem .Sinne von Stadtbezirk oder Verwaltungsbezirk vor und
Ist daher die Inschrift für den conventus nicht nnbodingt beweisend."
— 184 —
Conventus: Prägorte:
Laodicea i) Laodicea
Nysa
Parium?2)
Pergamum ^) Pergamum
[Philadelphia^]
Philomelium'^) Philomelium <^)
Sardes ') Sardes
Synnada ^)
Smyrna^) Smyrna
1) Plin. N. H. 5 § 105 : una (iurisdictio) appellatur Cibyratica. — conve-
niunt eo XXV civitates celeberrima urbe Laodicea. Strabo 13 p. 631. Der Ge-
richtstag wurde in Laodicea gehalten, nicht in Kibyra. Cic. ad Att. 5, 21, 9.
ad fam. 3, 8. 5; 15, 4, 2.
2) Die Cistophoren, welche man jetzt Parium zutheilt, wurden früher Apamea
zugeschrieben und diese ältere Ansicht, der sich auch Finder a. a. 0. p. 540, 562
zuneigt, erhält eine Bestätigung dadurch, dass der conventus des Hellespontes
nicht in Parium, sondern, wie oben als wahrscheinlich angenommen ist, in Kyzikos
sich versammelte.
3) Plin. N. H. b % 126. Cic. pr. Flacco 29, 71. Aristides I p. 532 D. :
aYOpa o' r^v Sr/aiv (in Pergamum 162 n. Chr.) — 6 0£ %toc, rrjv xe Ttpooooov i^e'jpe
TTjv ~pbc, Tov Y)Ye|J.öva. Aristides selbst gewann in dieser Sitzung einen Process
wegen eines Landgutes. Pergamum heisst bei Plinius longe clarissimum Asiae ;
es hatte 40,000 7:o>äTai und im Ganzen 120,000 Einw. Galen Vol. V p. 49.
4) Nach Plin. N. H. 6 ^ iil gehörte Philadelphia zum Conventus von Sar-
des. Aber Aristides I p. 529. 530 erzählt, dass, als er zum ixXoyeu; gewählt
sei , der Legat des Proconsuls diese Wahl bestätigt habe dv OiXaoeAcpia otxaoxr^-
pioi?. Aristides schreibt darauf einen Brief an den Proconsul und den Legaten :
eii Se TTjv OtXaöeXcpiav dcpixovxo oi ire[j-cp8^£vxe? 7,ai fjV (j.£V dcp£(3i{ji.o?, wc ecpaoav,
Y]fx£pa (d. h. der Tag, wo die Session geschlossen wurde), t^ xa Ypd(J.[Ji.axa dizz-
oioooav.
5) Philomelium, nach Kiepert das heutige Ak-Cher, gelegen an der Strasse
von Synnada nach Tconium , gehörte im J. 70 v. Chr. zur Provinz Asien und
war einer der östlichsten Orte derselben (Cic. act. II in Verr. 3, 83, 191). Aus
dem J. 66 haben wir einen Cistophorus von Philomelium, der ebenfalls die Zu-
gehörigkeit Mer Stadt zu Asien bezeugt. Im J. 51 war sie ein conventus der
Provinz Cilicien. Cic. ad fam. 3, 8. 5. Ibid. 6: iisdem diebus meus conventus
erat Apameae., Synnadis, Philomelii, tuus Tarsi. Cic. ad fam. 15, 4, 2; ad Att.
5, 20, 1. Später ist sie wieder zu Asia gezogen und erscheint in dieser Provinz
bei Ptolem. 5, 2, 25 (erst bei Hierocles ist sie Pisidien zugetheilt p. 672). Auch
Plinius N. H. b ^ 95 erwähnt sie : hos includit Lycaonia in Asiaticam iurisdictio-
nem versa, cum qua conveniunt Philomelienses , Tymbriani u. s. w. Ob sie aber
damals noch einen eigenen conventus bildete, ist nicht ersichtlich.
6) Einen Cistophorus mit dem Stadtnamen Ol und der-Aera SZ d. h. 67
s. bei Borrell Numismatic Chronicle VIII (1846) p. 32. Dass derselbe nach Phi-
lomelium, nicht nach Philadelphia zu setzen ist , hat Borrell aus den gekreuzten
Füllhörnern , die auf Münzen von Philomelium vorkommen , mit Recht geschlos-
sen. Pinder hat diesen Cistophorus übersehen.
7) Plin. N. H. 5 § 111.
8) Plin. N. H. b % 105. Cic. ad fam. 3, 8, 5; 15, 4, 2; ad Att. 5, 20, 1 ;
5, 21, 9.
9) Plin. N. H. 6 % 120. Cic. pr. Flacc. 29, 71,
— 185 —
Conventiis : Prägorte:
Tralles i) Tralles
Thyatira
[Tabae?]2)
In der Kaiserzeit werden unter den Städten Asiens über- Metropolen.
haiipt drei Glassen unterschieden, ai {xr^TpoTroXsic, ai e^^ouaai 'yo-
pa; oixwv und ai ildzxouc, iroXet«;^). Nur über die erste Glasse
ist noch eine Bemerkung hinzuzufügen. Gewöhnlich wird unter
Metropohs die Hauptstadt der Provinz verstanden'*); allein in Asien
gab es, wenigstens im zweiten und dritten Jahrhundert, mehrere
1) Plin. N. H b % 108 führt Tralles nicht als conventus auf, zum deutlichen
Beweise, dass sein Verzeichniss unvollständig ist; denn Tralles war ein conven-
tus. Cic. pr. Flacco 29, 71: cur non Fergami, Smyrnae, Traliibus , uhi et multi
cives Romani sunt, et ius a nostro magistratu dicitur. loseph. Ant. 14, 10, 21
in einem Rescript des Proconsuls Servilius Galba: TipogeXöcuv [xot l^ TpaXXeoiv
ayj^zi Tov a^opaiov.
2) Die Annahme dieses Prägortes beruht auf einer Vermuthung von Borgliesi
Oeuvres 2, 163, welche Pinder nicht gekannt, Momuisen C. I. L. I p. 556
{Addenda ad p. 143 n. 526j aber als richtig bezeichnet hat. Meines Erailitens
ist dieselbe unhaltbar. Zuerst irrt Borghesi nacliweislich in der Behauptung, dass
der von Liebe (t. N. p. 227 herausgegebene Ci>tophorus falsch gelesen sei. Ich
kann versichern, dass auf demselben steht: PVLCHER IMP und unten: Hl^A
MßNOS, also Ki(J.(uvo; oder TifJ-ojvoi, nicht aber MIAQNO^. Was zweitens den
abgekürzten Namen der Stadt betrifft, so steht dieser links am Rande, und ist
von ihm, da der Rand nicht vollständig ist, zu lesen lA. Jedoch hat das I oben
einen horizontalen Strich nach rechts hin, so dass man TA oder AFIA vcrmu-
then kann. Borghesi liest nun auf seinem Exemplar ein deutliches TA und ist
sicher, dass vor dem T nichts weiter gestanden hat. Ich kann dagegen nur be-
merken, dass im gothaischen Cabinet ein anderer, mehrfach vorhandener, bei
Pinder Taf. I n. 3 abgebildeter Cistophorus sich beflndet, auf dem man ebenfalls
ganz deutlich TA liest, während es aus den sonst bekannten Exemplaren fest-
steht, dass ADA zu lesen und das T nur ein Stück des Fl ist. Sollte nicht
auch Borghesi sich hierin haben irren können, zumal da Tabae , eine unbedeu-
tende, selten erwähnte Stadt, gar keinen Anspruch auf das Recht, Mittelpunct
eines conventus zu sein, hat?
3) Modestin. Dig. 27, 1 (de excusationibus), 6 § 2; orep OTjXoÜTai i^ in-
oxoKi\i 'ANTa)Vi«^o'j ToO Eu'JeßoO; "{pn^ftior^i |j.ev tm) xotvip r^; A<j(o(; — f^; dariv
t6 y.ecpdXaiov touto uroxeTaYfAdvov * AI fxev sXaTto'j; röXei; o'jvavrat z^vte (ottpouc
(ireXel; ^/etv — al oe (xeiCou; r^Xei; eTttd al oe ixi^iazni Tr«5).ei; hixa '
— — FiUö; hi T«{> (i-iv [le-^hzw dpidfxüi ypfjoaaöai Tot; jATvrpoTröXei; tüs äftvwv,
Ttp 0£ oeutip«!) ra; i/fj'ja'xi i^opoii oixü)v , xtp hk Tpttij) xa; XotTtd;. Vgl. Cod.
Theod. 12, 1, 12: si' ijuis ex maiore vel ex minore civitate originem ducit, zu
welchen beiden Arten drittens die urbe» magnifico statu praeditae (Cod. TU. 12,
5, 3j d. h. die metropoles kommen.
4) Procop. de aed. 5, 4 : i^ ou hi^ %rn ci; |Ayjxpor6/eoj; <x$(o)(i,a f^Xftev
(.Mocesus)* oOxo) y«? ttöXiv xVjv rpt6xt)v xoO £Bvouc xaXoOoi ' Pa)(j.atoi • de B. Goth.
2, 23: A^StjAo; oe aJJxr^ |i.ev Trpt/jxt) x&v iv IIixt^voI; TriXctÄv ioxtv , i^v h^ \l.r^-
xpf^TToXiv xaXeiv vevojj.f-zaat xoO COvoy; 'Pojfxaioi. Nur selten führt eine Stadt
den Titel in altem Sinne in Bezug atif «eino Colonien , wie z. B. Iloradca in
Bitbynien, Tyrus und Milet (s. 8. 1Ö7 Anu. B).
Metropolen 1) , von denen naruentlich Sniyrna'^)^ Sardes^), Perga-
luuni^), Lainpsacus'^) und Cyzicus'') l)ekannl sind, so dass die
wirkliche liauplsladt Ephesus noch besondere Titel, TTpcüir^ Tiaawv
xat [isYtoTT^^), TTpoirr^ xai lAsyioTr^, fir^xpoTroXt? t% 'Aoia? ^) , annimmt.
In andern Provinj^en hat das Vorhandensein mehrerer Metropolen
seinen Grund darin, dass diese Provinzen aus verschiedenen,
früher selbständigen Theilen zusammengesetzt w^aren, wie wir
dies bei Bithynien nachweisen werden; sowohl in Asien als in
Bithynien aber finden wir, dass bei dem eitlen Streben der
meisten Städte nach einem besonderen Titel die Würde der
Metropolis als ein blosser Ehrenname verliehen wird'-^). In Asien
1) Nach der Verordnung des Caracalla Dig. 1, 16, 4 § 5 rnuss der Procon-
sul Asiae twv [XYjTpoTcoXswv "Ecpecov primam attingere.
2) C. I. Gr. 3202. 3197. 3204. 3205. 3206 , welche Inschriften in die Zeit
des Commodus fallen. In einer andern Inschrift 3179^ aus Caracalla's Zeit und
auf Münzen hat Smyrna den Titel nicht.
3) Auf Münzen: Mionnet 4, 128. 138, und Inschriften: C. /. Gr. n. 3467;
seit Caracalla auch 'Aotctc, AuStoc?, 'E/.Xaoo? 6. (d. h. zpcu-'r^) [j-r|Tp67:oXi? , über
welchen Titel s. Spanheim De praest. et usu num. 1 p. 618. l'^ckhel 3, 116.
4) Unter Caracalla, C. I. Gr. n. 3538. Mionnet S. 5, 459. Unter Macrin
verlor die Stadt den Titel wieder. Eckhel 2, 472.
5) Unter Caracalla, Eckhel 2, 458. Mionnet 2, 566.
6) Unter Caracalla, Boeckh C. I. Gr. 3497. 3665. Ueber Halicarnass und
Magnesia (Mionnet 3, 148. S. 6, 238), denen dasselbe Prädicat nicht mit Sicher-
heit zugeschrieben wird, s. Eckhel 2. 583. 529.
7} Eckhel 2, 521. C. /. Gr. 2968.
8) C. I. Gr. ^988. 2990. 2992. vgl. n. 335.
9) Das belehrendste Beispiel hierüber giebt die Stadt Nicaea in Bithynien,
weshalb ich dies hier gleich anführe. Schon zu Dio Chrysostomus Zeit stritt es
mit Nicomedia irept Tuptoxeiwv , d. h., wie Dio Chrysost. Or. XX Will Vol. IT
p. 141 R. sagt , Tcepl ovofj-aro; (xovov , und p. 144 : 'rjjxei? o£ oio[i.£t}ot, dav irzi-
Ypacpä)[X£v TTO'j TcpöJTot , t6 TtpojxeTov £?eiv • irotov, avope; NfAOjJiTjOeT; ,• TTpooTeiov ;
— ou Tl. t6 096X6? doTiv ; ou xi x6 spYOV ; cxcp^ ou zöxepov T/.ouaiwxepoi -^z-^rifso-
fjie^a r\ (xeiCove? tq ouvaxuixepoi; %. x. X. p. 148: v.ax£Yva)%aai 0£ Ufxwv avoiav
SY]fji.oaia (die römischen Statthalter) xotl ypöavxat xai^aitEp xoTi; Ttotioiot; Ufxiv, ol?
TToXXava? dvxt xöiv (J-ey^^xcov 7rpoxeiv£xai xa (i-ixpoxaxa • — xd Y«p Toiaüxa , dcp'
01; (j,£Ya cppoveTx£, Tiapd nani [j.£v xoi; op^cö? £vvoo'j[ji.£vot? oiaTixuexcti , (xdXtoxa
oe Tiapd xoi? 'Pa)[j.aioi? ikXmxa xtvei xai xaXeixr/t x6 £xi ußptoxrAcuxepov 'EXXrj-
vtxd d (AapT'/] [xaxa. Damals galt der Streit dem Titel Ttpioxr^, worüber weiter
unten die Rede ist ; durch Valentinian und Valens erhielt Nicaea auch den Titel
Metropolis; auf dem Concil von Chalcedon 451 actio XIII {Concil. ed. Par. Vol.
IX p. 95 ff.) wird deshalb verhandelt , ob in Folge dessen auch eine Aenderung
der kirchlichen Sprengel eingetreten sei , es wird aber entschieden , dass Nicaea
blos den Titel, Nicomedia aber die Rechte der Metropolis unverändert habe, und
p. 103 folgendes Rescript Valentinians an die Stadt Nicomedia angeführt: 'H repi
xd TtptßiXiQYt'x xfj? roXeo); xf\c, \j\),zxi{)'xz Tzdk^i UTtdp^aaa dpyata ouvifji^eta cpu-
XayJ^-qaexai • o'JX£ y^P '^ 7rpo<3i}'r]'/.rj rfi;, TiiJ-fj? x&v Ntxasojv üöXso); x6 oiv.aiov
x6 ufAsxepov ouvaxai pXd^j^ai, OTioxe iTTotu^exai xo d^icap-a XYJ; Ntxo[j.7]0£a)V, eiTiep
d-xeiVY], 7] £v Seuxepiij xoTiq) ojaa, fj-TiXpoTroXsto? 6v6[j-aTi xaXeixat. Unter den Con-
cilbeschlüssen heisst es dann Canon XII (a. a. 0. p. 147): osat 0£ t^oy) TioXet?
otd YP^fJ^IJ-dxcuv ßasiXtxrä'j xtp xf^? (i.r]Tpo7iöXea>; dxifxiq^Tfjcav 6v6[xaxi, {xovyj? duo-
— 187 —
ist dies besonders unter Caracalla geschehen und zwar, wie es
scheint, bei denjenigen Städten, in welchen sich abwechselnd
die Festgemeinschaft Asiens (ro xoivov 'Aaiac) versammelte. Denn Landtag.
in Bezug hierauf wird zwischen den Städten, welche thcilnehmen
und beitragen, und denen, in welchen das Fest selbst staltfindet,
unterschieden 1) . Zu den letzteren gehören Ephesus 2) , Smyrna^),
Sardes"*), Pergamum^)^ Cyzicus'\), wahrscheinlich auch Lamp-
sacus, Philadelphia^). In anderer Beziehung, nämlich als Haupt-
ort der 13 ionischen Städte, w^elche ein eigenes xotvov bilden,
heisst Milelus }x-/)TpoTroXic Tr^c 'IcDVia;^).
Vielfach ist ferner über die Bedeutung gestritten, w^elche die
asiatischen Städte mit dem Titel irptoTr^ verbanden ö) , den Ephesus,
Pergamus und Smyrna führen , neben welchen Mytilene TipcüTr^
c»i7.ei(wv Stxatojv. Auf die Anmassung des Titels der Metropolis geht das Epi-
gramm Jacobs Anth. Gr. III p. 94 ii, 7:
i'axto [iTfzpör.oKii Trpwxov ttöXic , elxa 'Ke^i<s%m
{XYjxpoTtoXi; • {XTj vuv, iQvixa (j.Tjoe TtoXi;.
1) Dio Chrys. Vol. II p. 70 R. sagt in Apamea: xai (j.rjV xwv t£pd)V x-n;
'Aoia? lASxeaTiv Ojaiv xfj; xe oairavT]; xoooOxov, o3ov dxeivat; xai? TioXeaiv, ev an
iazi xd lepd.
2) Münzen mit v.oivov 'Aoia; Eckhel 2, 521; vgl. Euseb. //. Eccl. 4, 13.
Hier befinden sich auch die von Dio Chrysostomus erwähnten lepd, d. h, ein
vaoi X'?j? 'Aaia;, worunter nicht ein Tempel einer Göttin Asia, welche nicht vor-
kommt (Eckhel 4, 209^^), sondern ein für die Feier des xoivov bestimmter Tempel
verstanden wird. Ein dpyiepeu; 'Aciac vaöjv xwv dv 'Ecps(J<|J C. I. Gr. 2987^», eine
dpyiepeta 'Aotct; vaoü xoü dv 'Ecp^Sfi) ib. 3415.
3) Kotvöv 'Asia; in Smyrna, C. /. Gr. n. 247. 1720. 2810»^, in Add. 3208.
3910. '5804 lin. 26. 5913 lin. 20. 5918. Eichel 2, 560. C. 1. Gr. 2741 : Mdpxoc
(lüÄTTto; 'ATTKOuXTjio; E'jp'JxXfj;, dp/iepeu; 'Acta; dTTOoeoeiYfXcvo; vawv xai xöiv dv
XfxiipvTQ x6 ß'. Eine äpytcpsia xfj; 'Aoia; vaüiv xujv dv X(J.6pvrj n. 3211. 3508. 3151.
4) C. /. 6'r. 5918: Idpost; v.oivöv 'Acta;, n. 3461: äp/ieps'j; x-^; 'Aoiot;
votöjv xö>v dv A'JOia ^otpoiavdiv. Eunap. p. 57 lioiss. : 6 oe (lulianus) ctpyiepda
äTTOoei^otc x6v dvopa (den Chrysanthiiis ) vcc/l xtjV */uvaixa xf^; A'joia; xai ur'
ixeivot; i7:iTp£<j;a5 eivai xö)v dXXor; xy^v a'i'peoiv, aJxo; ^7:1 tov ilepoix6v cjvTjYexo
T:6Xe|xov.
5) Koivov 'Aoia; £v lIcp^dfAtp, (J. 1. Gr. 1720. 2810. Vol. II p. 11121'. Vol.
III n. 5806. Ein dp/ierjvji 'Aoiot^ vawv xibv dv llep^datt) C. 1. Gr. 3416.
3494. 3839.
6) Koivov 'Aoia; iv KuCw»? *"• ^- ^'*'- ^^674. 3675; ein dipyiepcv»; tf^; 'Ao(a;
vaoD xoj £v K'jCwji II. 3662. Ücber den Tempel selbst s. raolno Schrift Cyzicus
und sein (Jobict 8. 150 IT.
7) Koivov 'A^iot; iv <I)iXa5£X'^e(?, C. I. Gr. 1068. 3428.
8j Koivöv 71' TtoXeojv auf Mün/.on, Eckhel 2. 508, vgl. Bocckh ( . I. Gr. 3461.
Ein ä^yiepeu; xf,; 'lojvlac Ib. n, 2880. r. /, Gr. 2878: xfj; rptoxt); xfj; Iwvlci;
«py-tai^ivT^; xoii (XTjXporr'iXea»; ttoXX&v xal (xcYaXoiv 7:(5Xc(uv fv tc t«]) I1ovx<|» xal
XTJ AiY'j:tT«o xat KoAXayoD xfj« olxo'j|jiivT); MiXr/olwv tcöXcoi^ Yj ßouX'f|.
9J Eckhel 4, 282 ff.
Städte
_ 188 —
Aeaßoo, Samos TcpwTYj 'Iwvi'a? , Trallos Trpaiir^ EXXaSo?*) heisst.
Da derselbe nicht identisch ist mit dem Titel jxrjTpoTroXt? 2) , so
könnte man nach einer Aeusserung des Dio Chrysostomus'^) glau-
ben, er bezeichne die conventus ; allein theils haben nur drei
Städte den Titel» theils widersprechen sowohl Dio Chrysostomus
selbst als auch andere dieser Ansicht, indem sie den in Asien
geführten Streit Trspi TipoiTciiov *) als einen «eitlen und lächerlichen
darstellen 5). Es ist unzweifelhaft, dass dieses Rangverhältniss der
Städte, wonach es auch eine dritte und siebente Stadt gab^'), sich
nur auf den Vortritt bei dem Feslaufzuge bezieht, mit welchem die
Spiele des xotvov 'Aaia? eröffnet wurden'^).
Freie Von Wesentlicherer Bedeutung war das Privilegium der Frei-
heit (auTovo[Jiia) , welches theils wegen ihres Widerstandes gegen
Antiochus den Gr., theils wegen ihrer im mithridatischen Kriege
bewiesenen Treue, theils aus unbekannten Gründen viele der
1) Dieser Titel bezieht sich auf das^xoivöv t^? ^EXXaoo;, wozu auch Ribyra
gehörte (C. 7. Or. 5852), d. h. auf den Bund der HavsXXirjve?, der seit Hadrian
bestand und seinen Mittelpunkt in Athen hatte. S. Boeckh C. /. Gr. 2910. 3822.
2) Ein und dieselbe Stadt führt beide Titel. Auch in Bithynien heisst Ni-
comedia (j.TfjxpoTioXi? -/al TtptuxTj Betftovia; , Nicaea dagegen Ttpiuxr] , aber nicht
jjLTjTpoTToXt;. Dio Chrys. 11 p. 148 R.: av oe xo p.sv xyj; |jt,rjxpo7r6Xeo); u{j.iv ovo(J.a
i^rtiptTov -q, x6 0£ xöJv Ttpüaxeiiov y.oiVÖv ^, xi xaxa xoOxo sXoixxoOo^e ;
3) II p. 69 R. : xoiYOtpoüv (j-eyisxov ^^ouliCw Tcpo; to/'jv rcoXew; x6 xcuv Bixdiv,
VvOci zavxe? saKO'jBazaotv UTisp oySevo? oüxoj " |j.dxeoxi hk auxoO xoü; TipcuxaK; r.6-
Xeotv Iv (ji.ep£i Trap' exo;.
4) Aristides I p. 771 Dind. : cpepe otj y.al xa? zoXei? lirsXOu) xai; nepi xoD
Tiptoxeiou vOv d[xiXXo)(J.£Voi?. In der Rede bezeichnet er als die streitenden Per-
gamum , Smyrna'und Ephesus , Avelche letztere Stadt er p. 775 nennt apt»}[xü)
xpixiqv, o'j xa^ei. Philostratus V. S. 8 in Opp. ed. Kayser p. 231, 24: -r^ptC^v q
S[J.6pva UTtsp xiov M7.töv 7,at xä)V in' auxoT; oty.ai(ov.. Der Streit wird vor dem
Kaiser Antoninus geführt. Kai aTrfjX&ev Y) 2!(j.6pva xd Tipioxsta vtxdxja. Vgl. He-
rodian. 3, 2 : dpyaiov xoOxo rcd&o; 'EXXrrvtov, oi Tcpö? dXXif]Xo'j? cxaaidCovxe? dei,
'/ai xoui; uTiEpeyeiv ooxoüvxa? xa^ottpeiv tfeXovxei, sxpuycooav xirjv TiXXdöa.
5) Die Stellen des Dio Chr. s. oben S. 186 Anm. 9. Auch Aristides prüft
die Ansprüche der Städte nur nach der Grösse und Schönheit derselben (I p. 791),
das Object des Streites sind nach ihm nur ai d7r(uvu|j.iai (p. 790), al xö}^ 6vo-
{xdxojv £'JcpTjij.iai (p. 791), auch nach Dio Cass. 52, 37: i^Ttojvufxirxi xtve; xevat.
So nennen sich die Smyrnaeer auf Münzen Trpcuxou? 'Aoia; -/.dXXei v.al i).e-(i%ei.
6) Magnesia ist eßoofXY] xf^; 'Aoia;. Eckhel 2, 527. Aspendus in Cilicien
xpiXT] xö)^ IxeT. Philostratus v. Apoll. 1, 15.
7) Diese Ansicht von Mazzolenus und Eckhel 4, 288, welche sich stützt auf
Dio Chrys. II p. 148 R. : ei {j,r| xt vüJv §oxeix£ auxo'j? UTCsp x-^? 7rpo7ro(X7reta?
xaXw? dYüavtCeoOat, xa^drcep £v [Aucxr^pttp xivt TiaiCovxa? uirep dXXoxpio'j 7rpdY[J-axo;,
wird bestätigt durch die von ihnen nicht benutzte Verordnung des Valentinian
und Valens in den Acten des Concils von Chalcedon (451) bei Haenel Corpus
legum anteiust, p. 220 : xat et? t6 eifj; a-jxov (den Bithyniarches) oxe'Wvxe? dv x-^
'jfj.£xepa TToXei Ttpois^ai i&£C(7ri<3a[j.£V • 5ia[x£V£X(o xoivuv £1? x6 ofr]V£/cei Y] ouvTj^Eia
auxY], xai T] TToXi? Ofxwv (Nicaea) (jir^xpoTioXt? eaxco , xfj; ouvTj{}£i7.? zf^^ im 'zf^
TTpooSq) xou BiOu^^idpyoo BiafASVoüSTj;.
— 189 ■—
asiatischen Städte erhalten hatten ^), unter welchen Ala])anda2j,
Aphrodisias"^) , Apollonis "•) , Astypalaea ♦'') , Caunos^^) , Chios')^
Cnidus^), Cos 9), Cyzicus^^^), Iliumii), Magnesia am Sipylusi^)^
Mytiiene^^j^ Mylasa**), Phocaeai^), Samosiß), Stratonicea ^^j, Ter-
mera^^) undTeos^^) bekannt sind. Indessen ist weder dies Ver-
zeichniss vollständig, noch lässt sich ein solches überhaupt auf-
stellen , da die Freiheit diesen Städten unter unerheblichen
Verwänden wieder theilweise entzogen wurde. Römische Colon ien Kolonien.
gab es in Asien nur wenige, nämlich Alexandria Troas^o) und
Parium ^i) . Auch Tralles war nach seiner Zerstörung durch ein
Erdbeben unter Augustus grossentheils von Römern colonisirt
1) Dio Cass. 37, 20 (von Pompeius): xa T£ rXeito Iftvif) twv Iv t:q 'Aola
Tig '/jTTeipqj TOTE auToT? fjVTUJV v6[i.oi? T£ ih'ioii %al TroXiTeiai? '^taTeor/joaxo xai
0i£-/03ij.'/]0£v, ojaxe xat oejpo auxou; xot; br: IxeiNO'j vo[xio&eTat yp^aDat. loseph.
Ant. 16, 2, 4 lässt den Nicolaus Damascenus von ganz loiiien sagen: ei ^ap i'/.'ko'({-
oaivxo rfjV rdXat ßaatXetav y.al xtjV vüv dpyj^v , tcoXXöjv ovxojv , ooa Ttoo; euoai-
fAovtav auToT? iTT^otozev, ext xaxd Trdvxtuv dpv.ei x6 {j.yjx£xi oo'jXou; dXXd iXeu-
^^po'j; oaiveo^ai.
2) Plin. A'. Ä. 0 S 109. Liv. 43, ü. Eckhel 2, 571.
3) Plin. N. H. b ^ 109. Die Stadt erhielt durch Antonius in den Jahren
39—35 iXe»j»eptav v.al dxIXeiav, C. I. Gr. n. 2737. 2845.
4) Cic. v'T' Flacco2'd, 71, vgl. §74.
5) Plin. N. H. 4 § 71.
G) Plin. N. H. 6 % 104.
7) Plin. N. H. ö % 136. C. I. Gr. 2222.
8) Plin. ;V. H. 5 § 104.
9) Seit Claudius immunis, Tac, Ann. 12, 61.
lOj Strabo 12 p. 576. Es verlor die Freiheit im J. 20 v. Chr. (Dio Cass.
54, 7. Zonaras 10, 34), erhielt sie wieder 15 v. Chr. Dio Cass. 54, 23, verlor
sie aufs Neue 24 n. Chr. Dio Cass. 57, 24. Suet. T/6. 37. Tac. Ann. 4, 36.
11) Strabo 13 p. 595. Snet. Claud. 25. Tac. Ann. 12, 58. Callistratns /)<(/.
27, 1, 17 S 1. r:. 7. Gr. 3610.
12) Appian. Mithr. 61. Strabo 13 p. 621. Tac. Ann. 3, 62. Liv. ep. 81.
(\ I. Gr. Vol. II p. 581a.
13) Plin. N. H. 5 § 139. Vellei. 2, 18. Plut. Pomp. 42, vgl. Dio Chrys. II
p. 621. 622 R.
14) Plin. ;V. //. 5 % 108. G. 1. Gr. 2695»».
15) Dio Cass. 41, 25. Lucan. Phars. 5, 53.
16) Plin. N, H. 5 % 135. Dio Cass. 54, 9.
17) Plin. N. H. 5 % 109.
18) Plin. N. 11. 5 S 107.
19) "AouXo; X7l dc^opoXö^r^To;, ( . J. (.r. 3045.
20) Angelegt von Augustus. Plin. N. H. 5 % 124. Paulus Di\f. 50, lö, 8
und nn'hr bei Znmpt Gonmi. epiyr. I, 378, Ein demrio rolonine und ein duumvir
Waddington n. 1734. 1740«^. C I. L. III n. 392.
21) Plin. ;V. //. 4 S 48; 5 S 141. Orelll n. 512. Zumpf a. a. O. LoUmia
lulia Pariantj in der Inschr. Wadrlington n. 1731, colonia n. 1746. 1747.
— 190 —
worden ^) und nahm seit dieser Zeit den Namen Caesarea oder
Caesarea Tralles an 2).
Diocietia- Am Ende des dritten Jahrhunderts wurde, walirscheinlich
Mische Thei- rv i • t rk
lung. von Diocletian, die Provinz Asien in sieben kleine Provinzen zer-
legt, die im Jahre 297 bereits bestanden^) und sich in den fol-
genden Jahrhunderten erhielten. Es sind dies 1. Asia procon-
stdariSj damals ein schmaler Küstenstrich von Assus bis zum
Maeander mit der Hst. Ephesus'^), 2. Hellespontus mit der Hst.
Cyzicus unter einem consularis -') , 3. Lydia mit der Hst, Sardes
unter einem co7isiilaris^), 4. Phrygia prima oder Phrygia Paca-
tiana mit der Hst. Laodicea, der westliche Theil Phrygiens bis
herauf nach Ancyra Phrygiae und Aezani, unter einem praeses'^],
5. Phrygia secunda oder salutariSj der nordöstliche Theil Phry-
giens mit der Hst. Eukarpia und den Städten Dorylaeum, Syn-
nada und Metropolis^) — der dritte Conventus Phrygiens, Apamea,
gehörte in dieser Zeit zu Pisidien — , 6. Caria mit der Hst. Aphro-
insuiariim disias '^j , 7. Insularum pi'ovincia^^), iTza^yia vrjawv ^^) oder vr^acov
7tuxXa6o>v ^2), welche 53 Inseln umfasste ^^), und zu der nach Hiero-
.1) Agathias Rist. 2, 17 nennt die Stadt dTiotxta. Dann sagt er: vuv ouv
0^ i'ABisri doxot DeXocoYoi [j.ev o'jy.^Tt av ot7.ai(o; xXYji^eTev, 'Pwfxatot 5e (xaXXov.
Die iv TpaXXeoi vcaTotxoyvxe; 'PojfxaToi werden erwähnt C. I. Gr. 2927. Sie
haben einen eigenen curator, C. I. Gr. 2930.
2) Eckhel 3, 125. C. /. Gr. 2929. Waddington zu n. 600».
3) Mommsen Verz. d. R. Provinzen von 297. Abh. d. Berl. Acad. 1862
S. 506. Waddington Fastes I p. 25.
4) Yj repi "Ecpsoov 'Aaia, Eunap. I p. 32 Boiss. Derselbe I p. 60: dvi%7raTov
auTÖv dTCtOT'/]Oa; Tqc. ^uv foiw? 'Aoiac raXoDfAev^C AÖtyj hs dvio IlepYafxo'j tö
äXiT£V£? ETrsyouaa irpö; ttjV UTrepxetfxev'^v -J^Tretpov d'ypt Kcpta? aTiotetj-vsTat, xai
6 T[jLÜ)Xo; auT'^; TisptYpacpei xo upö; Auoiav. Hierocles p. 658 ff. Ueber den Um-
fang dieser und der iilarigen asiatischen Provinzen s. Bingham Orig. eccles. III
p. 481 ff.
5) Hierocles p. 661.
6) Hierocles p. 669.
7) Phrygia prima heisst die Provinz im veroneser Verzeichniss bei Silvius,
Pacatiana in der Notitia Dign. und bei Hierocles p. 664 f.
8) Phrygia secunda im veroneser Ver/.eichniss , später immer salutaris. In
der Notitia hat sie einen praeses (^Not. D. Or. I p. 7), bei Hierocles p. 676 einen
consularis.
9) Unter Diocletian hat Caria einen praeses, C. I. L. III n. 449. So auch
einen '/jyejjkov unter Constantius II, C. I. Gr. 2744. 2745. Noch in der Notitia
ist die Provinz präsidialisch , bei Hierocles p. 687 consularisch. Ueber die Me-
tropolis Aphrodisias s. Boeckh zu C. I. Gr. 2712. 2746.
10) Ueber diese vgl. Kuhn II S, 202. 277. Merckens a. a. 0. p. 11 ff.
11) Hierocles p. 685. 686.
12) 'ETiicpavto'j lxi%5t; bei Constant. Porphyr, de caerim. I p. 793, 3; 797,
12 Bonn.
13) Descriptio totius orbis ed. Gothofr. 1628 p. 43, auch in Müller Geogr.
— 191 —
des namentlich die Städte Rhodus, Cos, Samos, Chios, Mytilene,
Melhymna, Tenedos, Poroselene, Andres, Tenos, Naxos, Faros,
Siphnos, Melos, los, Thera, Aniorgos. Astypalaea gerechnet wur-
(len ^) . Wenn Sextus Rufus die Einrichtung dieser Provinz, deren
Metropolis Rhodus war 2), dem Vespasian zuschieibt-^), so ist dies
in sofern richtig, als Rhodus den unsicheren Besitz seinet Frei-
heit, welche ihm von Claudius genommen, aber auf Neros Ver-
wendung wiedergegeben war"^), unter Vespasian eingebUsst zu
haben scheint^). Es wird aber, wie die übrigen Inseln, der
Provinz Asien einverleibt worden sein ; denn einer eigenen pro-
rincia insularum geschieht zuerst unter Diocletian <^) und später
öfters Ei-wähnung ^) .
XXIX. Bithynia und Pontus^).
Das eieentliche Bithvnien, d. h. das Küstenland vom Rhyn- Bithynien
^ J J J Provinz 74.
dacus bis zur Mündung des Sangarius^) kam nach dem Aus-
sterben der bithynischen Könige ^^j durch das Testament des letz-
min. II p. 528 B. : inde quae sie vocantur Cycladas insulas numero quinquaginta
tres, quae omnes suum iudicem habent.
1) Hierocles p. 686 nennt ausserdem Uhü.oi, welcher Name corrumpirt ist.
2) Wesseling ad Hierocl. p. 481 Bonn. Constantinus Porph. a. a. O.
3) Sex. Rufus br. 10: et sub Vespnsiano principe Insularum provincia
facta est.
4) l)io Cass. 60, 24. Tac. Ann. 12, 08, Auf das Verdienst des Nero um die
Insel bezieht man das Epigramm Anthol. Pal. II, 60. S. Jacobs ad Anth. 6V. II,
2 p. f)!, vgl. Suet. Ner. 7. Ueber das frühere Verhältniss zwischen Rhodus und
lionj s. Schneiderwirth Gesch. der Insel Rhodus, Heiligenstadt 1868. 8 S. 123 ff.
öj Suet. Vesp. 8 : Lyciam, Ithodwn, Byzantium, Samum — in proxnnciarum
formavi redeyit, was wiederholt wird von Eutrop. 7, 19. Euseb. chron. p. 163 Seal.
In dem 'Pooiaxo; des Dio Chrysostomus , der am Anfang der Regierung des
Vespasian gehalten zu sein scheint, wird die Insel als frei geschildert. Vol. II
p. 621. 625 R.
6) Ein praesea prov. insul. unter Piodetian in einer Inschr. v. Mytilene
Orelli 1059, besser C. I. L. III n. 450. Derselbe scheint erwähnt zu werden in
'l»r Inschr. von Cos, C. I. L. III n. 460. Eine Verordnung^an den praeaes insM-
ttirum aus dem Jahre 293 s. Cod. lust. 3, 22, 5.
7) S. «othofr. ad Cod. Theod. 13, 5, 32. Boecking ad N. 1). Or. p. 145.
8) l eher diese Provinz handeln A. Ctn. O. Schoenemann De liilhynia et Ponto
TT-'incia liomana, Ooettingac 1855, 4, F, W, A, Faber Qnaeslionum Propontia-
• ■wnii j)iirl. prior, II<;rfor(lae IBöH, 4. Neue Inschriften von Bithynien 8. bei
Mwi.iLuiann in Sitzungsbcr, der bayer, Acad. 1863 I S. 205—241.
9) Strabo 12 p. 513. Heraclea gehörte nebst dem Küstenlande Paphlago-
nien« seit Mithridates Knpator zum Königreiche Püiitus und so blieb es anch
unter den Kömern. Strabo 12 p. 541: xaTotXu^^fvTtuv H täv ßaatXiwv i^puXa^av
ot 'PojjAaloi Toy; aoroy; 2pO'>;, &otc t?,v 'Hpd-xXceav rpoo-KeToOa». xu) riövnjj, tä
h' irixciva BtO'jvou rpoayajpciv.
10) S. über diese Clinton Fatti Heil. 111 p. 410-420.
— 192 —
len derselben, Nicomedes III, im J. 680 = 74 v. Chr. an die
Pontus 65. Römer ^). Zu diesem wurde im .T. 65 2)^ noch vor dem Tode
des Mithridales ^) der westliche Theil des pontischen Reiches,
d. h. der Küstenstrich Paphlagoniens von Heraclea bis zum Ilalys"*)
hinzugefügt, welchen Pompeius in 1 1 Stadtgebiete theilte^). Die
Oslgrenze der Provinz hat sich indessen im Laufe der Zeit mehr-
fach geändert. Namentlich scheint die Stadt Amisus, östlich vom
Halys, schon im Jahr 73 zu Bithynien gehört zu haben ^j, viel-
leicht nur als ein militärisch wichtiger Punct , gleich darauf aber
im dritten mithridatischen Kriege wieder verloren zu sein. Denn
1) Appian. B.C. 1, 111: toü o' Ittiovtoc Itou? (680 = 74), exxTj; i^oo\i.r^-
xoaTYJ? '/cal exaTOSTYj? öXufxTTiaoo? o'js'^c , 56o \).k.v iv. owft-^xuiv si}vyj ^PojfAaiot?
Tz^oiC'^i'f^tzo , Bii^uvta Te Nixo(jlt)5oo? aTroXmovxo? %at Kupr^v^ FlToXefiaio'j toü
AaYiSo'j ßaoiXeo); , 8; i7riy.X'r]Civ r^v 'Auituv. Appiau. li. Mithr. 7,71. Liv. ep. 93:
Nicomedes Bithyniae rex populum Romanum fecit heredem , regnumque eins in
provinciae formam redactum est. Vellei. 2, 4, 1, Eutrop. 6, 6: L. Licinio Lucullo
et M. Aurelio Cotta coss. (74 v. Chr.) mortuus est Nicomedes rex Bithyniae et
testamento populum Romanum fecit heredem. S. Rufus hrev. 11. Arrian bei
Photius Cod. 93 Vol. I p. 73 Bekk. Wenn Mommsen R. G. III*, 51 , Hen/.en
n. 5354, Zumpt Comm. ep. II, 191 gegen die Zeugnisse des Appian und Eutrop
die Provinz im J. 75 entstehen lassen , so folgen sie hierin der Ansicht von
Borghesi Oeuvres 3, 173, welche, wie Waddington in Le Bas et Waddington
Voyage archeologique. Explication des inscriptions Vol. III p, 121 ff. nachweist,
auf einem Irrthume beruht. Nicomedes III starb erst im Anfang 74 ; eine Te-
tradrachme desselben, geschlagen in Nicomedia (Mionnet Supplem. V p. 274), hat
die Jahrzahl 223, d. h. da die bithynische Aera mit 297 v. Chr. beginnt, 74,
während eine grosse Anzahl Münzen von Nicaea, Nicomedia, Prusa ad Olympum
und Bithynium mit der Jahrzahl 224(73) von dem propraetor Bithyniens, C. Pa-
pirius Garbo, geschlagen sind. Vom Mai 75 bis zum Mai 74 war propraetor Asiae
nicht Silanus , der vielmehr Mai 76 bis Mai 75 zu setzen ist (Plin. N. H. 2
§ 100; 35 §131), sondern luncus (so ist zu lesen Plut. Caes. 2. Vell. II,
42. Gellius 5, 13, 6. S. Nipperdey Philologus VI, 377), welchen Cäsar damals,
als er die Piraten, die ihn gefangen hatten, kreuzigen lassen wollte (Suet. lul. 4),
in Bithynien bei der Organisation der neuen Provinz beschäftigt fand (Vell.
2, 42). Das cognomen luncus kommt vor in der gens Aemilia und Claudia
(Borghesi Oeuor. 3, 63 ff. Waddington a. a. 0. p. 123) und in der athenischen
Inschr. Ephem. Archaeol. n. 363 : TpiTroXiTöiv ttj; Ooivixy]? — ot ap/ovxe; xat -^
ßauX-?) xai 6 Zfi\xoi Al|JiiXiov 'Iouy'^^o'' TrpeofJeDT-i^v SeßaoToO xat dvTiOTpcxxrjov xöv
dauxöjv TToXeixTQv y.. x. X.
• 2) Plutarch. Pomp. 38. Liv, ep. 102: Cn. Pompeius in provinciae formam
Pontum redegit. Pharnaces ßius Mithridatis bellum patri intulit. Vgl. Drumann
IV, 450 A. 93.
3) Er starb erst 63. Appian. Mithr. 112. Dio Cass. 37, 12,
4) Diesen giebt Strabo 12 p, 544. als Ostgrenze an: xoti p-sypt oeüpo xoT?
'PüDfxatot; -ti TTOVXtvcY] iizapyia dcpwptaxai.
5) Strabo 12 p. 541 : y.fx\ orj IIopLTrrjioi; xaxaX'joac ^xetvov Iv xouxot? xoii;
8pot? ouoav xYjV youpav xauxYjv TrapsXaße • xd fxev Tcpo; 'Ap{Ji£viav ■/.oti xd -ept T■h^^
KoXyiSa xoTs 0'JvaYa>via7.|X£Voi? Suvdoxat? xaxevetfxe, xd Se XoiTid eU £v6£7.a TcoXt-
xeia; öietXe xotl xt] Biftuvia 7Z^Joai%r^'AZ^, wax' i^ dfAcpoiv szapyictv '(e^dQ^on ptav.
6) Auf ihren Münzen kommt bereits C. Papirius Carbo vor (Eckhel D. N.
■ 2j 347. Mionnet 2 p. 344), welcher 73 propraetor Bithyniae war.
— 193 —
im Winter 73—72 belagerte ^l und im folgenden Jahre eroberte
sie Lucullus2); ob sie 65 zur Provinz gezogen wurde, ist unbe-
kannt; im J. 47 wurde sie von Pharnaces erobert ^j, dann von
Cäsar frei gemacht 4); später wieder von Tyrannen regiert ^j und
erst im J. 33 v. Chr. durch Antonius mit Bithynien vereinigt^),
dessen östlichste Stadt sie seitdem ist. Unter Traian lassen sich
von den 11 Städten der pontischen Landschaft wenigstens 6 mit
Sicherheit nachweisen: Heraclea, Tium'), Amastris^), Abonotei-
chos»), (lonopolis) 10) ^ Sinope ii) und Amisus^^)^ aber schon unter
^ntoninus Plus war die Grenze wieder anders regulirt, so dass
Bithynia Pontus nur noch bis Amastris und den dazu gehörigen
Komeni3) Cromna und Cytorus ging i*), Abonoteichos, Sinope und
Amisus dagegen zu Galatien gehörte ^^) .
Die Provinz hat von Anfang an einen propraetor '^^) , seit 27 Verwaitnng.
v. Chr. einen prätorischen proconsul'^"'), und führt seit 65 v. Chr.
den Namen Bithynia et Pontus ^^] oder Bithynia Pontus ^^) . Bei der
Theilung der Provinzen im J. 27 v. Chr. blieb sie Senatsprovinz 20)
1) Appian. Mithr. 78. Plutarch. Luc. 14. 15. 33.
2) Appian. Mithr. 82. 83. Plut. Luc. 19. Memnon bei Photins p. 235» Bekk.
3) Dio Cass. 42, 45. 46.
4) Dio Cass. 42, 48.
5) Strabo 12 p. 547.
6) Strabo a. a. 0. sagt zwar : ek' iXvj^t^m^ TraXiv fAera xd 'Ax-taxd UTtö
Kabopo; toü XeßaoToO, aber die Aera der Stadt von 721 = 33 (Erkhel 7>. N.
2, 349) beweist, dass dies schon vor der Schlacht geschah.
7) Plin. ep. ad Tr. 75 (79).
8) Plin. ep. ad Tr. 98 (99). 99 (100).
9) Ptolem. 5, 4 <$ 2. Mionnet Suppl. 4 p. 550.
10) lieber die Entstehung dieses Namens berichtet Lucian Pneudnmant. 58.
11) Plin, ep. ad Tr. 90(91). 91 (92).
12) Plin. a. a. 0. 92(93). 93(94). 110(111).
13) Kuhn II, 261.
14) Ptolem. 5, 1 j; 7.
15) Ptolem. 5, 4 S 2. 3.
16) Appian. Mithr. 121: fl'JvTou oe xat BiH'Jvia; TtlfATtCTOti rtc dnb rfj; [louXfj;
atpaTTj^ö; drfjOioi;, So heisst z. H. P. SIlius Nerva, Statthalter 51 v. Chr. in den
l'eberschrilten der Briefe Cic. ad fam. IIJ, 61. 62. 63. 64. 65 propraetor.
17) Dio Cass, 53, 13. Daher bei Tac. Ann. 1, 74: (iranium Marrellum^
praetorem Jiithyniae und 16, 18: proronMul Bithynine. Atjf den Münzen von Bi-
thynien erscheinen die Propritoren der Republik ohne Titel mit blossem Namen
(Schoemann p. 4 n. 2 irrt), von 27 v. Chr. an njit dem Titel dtvBuTTaTo;.
18) Orelll n. 77 u. ö.
19) r-, /. (ir. 1720 u. ö.
20) Diu Caw. 53, 12.
K«)tn. Alt«rt1i. IV»rv> ' 13
Plinius in
Bithynien.
194 —
und ihr proconsul^) sowie dessen Legat 2) und Quaestor^) wird
öfters erwähnt. Die Verwaltung scheint indess in Folge des
jährlichen Wechsels der Proconsuln inconsequent *) und mangel-
haft gewesen zu sein ; denn sie machte wiederholentlich das Ein-
greifen des Kaisers nöthig. Zuerst besuchte Augustus im J. 20
V. Chr. Bithynien und traf verschiedene Anordnungen ^j ; sodann
sendete Traian den jüngeren Plinius als kaiserlichen ausserordent-
lichen Commissar mit dem Titel legatus pro praetore provinctae
Ponti et Bühyniae consulari potestate in die Provinz ^j, wo der-
selbe wahrscheinlich vom 17. September 111 bis Ende Januar
113 verweilte'), und nach ihm findet sich unter Traian, wir
1) Ein Verzeichniss der Proconsuln wird Waddington geben; vorläufig s. Eckhel
D. N. 2, 400—403. Schoemann p. 10 ff.
2) C. I. Gr. n. 3548 wird C. Antius A. Julius Quadratus Cos. suff. 93,
COS. ord. 105 n. Chr. TtpeaßeuT-?]; xai dvTtcTpdxTjYOC [IIövto'j] y.al Bei^uvia; ge-
nannt, d. h. legatus pro praetore; n. 3532 heisst er TrpeoßeuT-^i; IIovToy xal Bi^uvia;,
n. 4238<1 Trpeoße-JTY]; dvxiaxpd-YJYOi Hovrou %a\ B£ii}uvia;. In der Arvaleninschrift
Marini Atti n. LVllI ist Julius Marinas legatus pro pr. provinciae Ponti et Bi-
thyniae proconsulatu patris sui , bei Grut. 471, 1, 2 P. Statius Paullus leg. pro
pr. Ponti et Bithyniae ; vgl. das Fragment einer Inschr. Marini Iscr. Alb. p. 53:
leg. provinc. Ponti et Bithyniae. Auch bei Plin. ep. ad Tr. 31 (40): iussu pro-
consulum legatorumve ist der legatus des Proconsul zu verstehn.
3) Aus der Zeit der Republik sind bekannt die Quästoren P. Oppius im
J. 74, Dio 36, 23, und Crassipes im J. 51, Cic. ad fam. 13, 9; aus der Kai-
serzeit : Caepio Crispinus 14 n. Chr., Tac. Ann. 1, 74; M. Opsius Navius Annia-
nus, C. I. Gr. n. 5793; lulius Bassus , Plin. ep. 4, 9, 6; S. Tadius, Orelli 3658;
C. Dillius Vocula, Henzen 5426; S. Qulnctilius Valerius Maximus, Henzen 5970;
L. Burbuleius, Henzen 6484.
4) Plin. ep. ad Tr. 31 (40). 32 (41). 56 (64). 57 (65).
51 Dio Cass. 54, 7 : xal i^ t'?jv 'Aoiav — -/ofxiodeU rAsxa xd xe i/^X xai xd dv
X7j Biwvtijc hiixa^es. Plinius erwähnt zwei seiner Edicte , das eine über das in
den Städten zur Führung eines Amtes nöthige Alter (ep. ad Tr. 79. 80), das
andre über Intestaterbschaften, ep. ad Tr. 84.
6) In der oft edirten Inschrift auf Plinius, Orelli 1172 = Henzen p. 124
heisst es nach der neuesten Restitution derselben von Mommsen im Hermes 3,
112: C. Plinius, L. f. Ouf. Caecilius [Secundus. co«.] Augur, Legat, propr. pro-
vinciae Pon[ti et Bithyniae'], consulari potesta[te] in eam provinciam e[x s. c. ab]
imp. Caesar. Nerva Traiano Aug. German[ico Dacico missus] u. s. w. und Traian
schreibt an Plinius ep. 32 (41) : meminerimus idcirco te in istam provinciam mis-
sum, quoniam multa in ea emendanda apparuerunt. ep. 117(118): ego ideo pru-
dentiam tuam elegi, ut formandis istius provinciae moribus ipse moderareris et ea
constitueres , quae ad perpetuam eius provinciae quietem essent profutura. ep. 18
(29) : provinciales, credo, prospectum sibi a me intelligent, nam et tu dabis operam,
ut manifestum sit Ulis, electum te esse, qui ad eos mei loco mittereris.
7) Des Plinius Verwaltung dauerte, wie man aus seinen Briefen sieht, etwa
18 Monate. Er kam in der Provinz an am 17. September (ep. ad Tr. 17* (28),
feierte am 3. Januar des folgenden Jahres die vota für den Kaiser (ep. ad Tr.
35 (44), beging dieselbe Feier nochmals im nächstfolgenden Jahre (ep. ad Tr.
100 (101) und auch die Feier des Regierungsantrittes Traians den 27. Januar,
zweimal (ep. ad Tr. 52 (60), 102 (103). Die Bestimmung der Jahre indess Ist
eine vielbehandelte Streitfrage. Tilleraont (II, 295. 913), Masson v. Plinii p. 129
— 195 —
wissen nicht, ob als sein unmittelbarer Nachfolger, noch ein
legatus pro praetore divi Traiani provinciae Ponti et Bithyniae in
der Person des C. lulius Cornutus Tertullus^). Endlich tiber-
trug Hadrian, nachdem, wie es scheint, die Provinz inzwischen
dem Senat zurückgegeben war, nochmals die Reorganisation der-
selben dem Ti. lulius Severus, welcher nicht, wie früher aus
dem ungeschickt gemachten Excerpt des Dio Cassius geschlossen
wurde 2), identisch* ist mit dem berühmten General des Hadrian,
Sex. lulius Severus 3), sondern, wie wir aus zwei Inschriften
von Ancyra erfahren ^j, zuerst die leg. IV Scythica in Syrien
— 155, Marini Atti II, 757 , Clinton Fasti Rom. setzen die Legation des Plinius
von September 103 bis Januar 105, Norisius Cenot. Pis. diss. II c. 11 Vol. 111
p. 329 ins Jahr 110, Mazochi Calend. Nap. II, 376 zwischen 107—111; Borghesi,
der diese Frage mehrfach behandelt hat {Oeuvres 2, 213; 4, 118; Bull. 1846,
173), entscheidet sich zuletzt Oeuvres 8, 324 ff. für die Jahre 109. 110. Zu-
letzt hat Mommsen Hermes 3, 55 für die Entscheidung der Frage einen neuen
Anhalt dadurch gewonnen , dass Calpurnius Macer , welcher gleichzeitig mit Pli-
nius eine Bithynien benachbarte Provinz verwaltete (ep. ad Tr. 42 (51), 61 (69),
62(70), 77(81) sich durch die Inschriit C. 1. L. III, 777 als legatus Aug. pr.
pr. Moesiae inferioris in dem Jahr 112 — 113 nachweisen lässt.
1) Orelli 3659 = Mommsen Hermes 3, 114. Dass derselbe nach Plinius
Bithynien verwaltet hat, ist nicht zu bezweifeln. Borghesi Oeuvr. 4, 117.
2) Dio Cass. 69, 13 : ir^ci o r] re 'lo'jSaia räoa ixexivTQxo (132 n. Chr.)
'z6re 59) tote tou; y.paxiOTOu; töjv oxprf.Tfiföiv b ASpiavo; cti^ aüxo'j; £7:e(j.'i»ev,
<&-/ rptüTo; 'Io'jXio; ^eoo^po; UTiTJpyev, azö Bpsravia; i^; ^pyev ^7:1 tou? 'lo'jootlou;
axaXei;. c. 14: xov 0£ ^eou-^pov d; Bt-^'Wia^i l-ea'i'ev, öttXojv jj,£v ou^sv, apyovxo;
0^ y,at dnoxaxo'j -Art), or/.ctiou -Aal cppovi|i.o'j %al 7.|i(o|i.7. eyovxo; 0£0{j.avr|V ' a zavxa
^v i-AÜsuy rv. Kai 6 |j.£v rjir^'cx^e xnX Oio)v.Tjae %al xa ?oia xat xa xoivdi aOxwv
oStoj;, 3)'3^ -^lAa; %ai £; osOpo dti auxoü (j.vTj[AOve'j£iv, rn 0£ S-^j Po'jXtj xal x(u
•-^X-fjp«f) Yj na|A'-fuXi7. avxl -f^i BiH'jvCa; £o6}>tj. Dass der c. 14 erwähnte Verwalter
Bithyniens niclit identisch ist mit dem c. 13 genannten General, lehrt nicht nur
die verschiedene Charakteristik beider Personen, sondern auch der Umstand, dass
ein gewesener Legat von Syrien nicht hinterher Bithynien als Provinz erhalten
konnte, und hat dies bereits Zumpt Comm. epigr. II p. 10 — 17 gegen Borghesi
Oeuvr. 4, 165 ff. zur Evidenz gebracht. Neuerdings handelt über die beiden Se-
vere W. H. Waddington Memoire aur In Chronologie de la vie du rhHeur Aeliuif
Ariitide, Paris 1867. 4 (Aus den MSm. de Oacad. XXVI, 1). Vgl. denselben In
Borghesi Oeuvr. 5, 413 not. 1.
If) Aus der von Mommsen gefundenen dalmatinischen Inschr. C. I. h. III
n. 2830, welche den ganzen curnus honorum dieses (Jenerals enthält, geht her-
vor, dass derselbe nach seinem Consulat (127 n. Chr. Borghesi Oeuvr. 5, 6V).
509. Digest. 40, 5, 28, 4) legatus pr. pr. provinciae Moesiae inferioris , leg. pr.
pr. provinciae Hriitanniae ^ leg. pr. pr. provinciae ludeae, leg. pr. pr. provinciae
Syriae war, während IMthynien in der Inschrift nicht erwähnt wird.
4) In den beiden Inschriften von Ancyra ((\ J. dr. n. 4033. 4034) helsst es
gleichlautend : Ti. Xeojf^pov rpcaßcüootvxa dv 'Aol^ i^ ^ttiotoX-TJ; xoti xtu5t-
xlXXoiv OeoO 'A^ptivoO, i^jYejxiJva XejuTjvo; 5 ^^xyOixfJ; xotl oioixf-aotvxa xa h
2'jp(ct rpa-yjxaxa,' Yjv(xa lloyßXlxio; .VidipxeXXo; 5ta xV^v xi'^Tjoiv xl^v louSaix'^v
a6X7^ei3/,x£t irJi 2i'jp(a;, dvHOraxov 'A/ata;, 7:p6; e [»dißSo'j; rtix^ft^vxa eic Bct-
Wnav ?>tüpttuir?,v xal XoYto'V '■''^^ ^*'*'^ 'AopiavoO, firop/ov aipotptoj toO Kp«ivoy,
(JrotTOv, Er war aUo I) auHserttrilcnUlcher kainerllcher I.cgat von Adiuin. 2) leg.
— 19G —
etwa 132 commandirte, dann proconsul Achaiae war, und in den
Jahren 135 — 137 mit dem Range eines legutus Augusti, aber mit
dem Titel Siop&wn^? xat Xo^iatTJ;, d. h. corrector et curator, die
Angelegenheiten Bithyniens ordnete. Seit dieser Zeit blieb Bithy-
nien kaiserlich und wurde dafür Pamphylien dem Senate über-
lassen 1) ; indessen scheint auch diese Anordnung nicht ohne
Unterbrechung bestanden zu haben, da neben den kaiserlichen
Legaten der folgenden Zeit 2) noch einmal untef Caracalla mehrere
proconsules provinciae Ponti et Bithyniae genannt werden ^j.
Militär stand in Bithynien nur in sehr geringer Anzahl, so
dass die Gefangnisse von servi publici bewacht werden mussten ^) .
Doch hatte Plinius mehrere Gehörten zu seiner Disposition ^j, deren
Hauptstation Nicomedia war^), und für welche wohl auch die Ge-
treideeinkäufe gemacht wurden, die Plinius einmal erwähnt").
leg. IV Scyth. und als solcher Vertreter des abwesenden Statthalters in Syrien
(zwischen 132—135), 3) proconsul Achaiae, 4) upö; tt^vts pcxßöoix; TrejACf^eU ek
Biö'uviav. Denn dass diese Worte zu verbinden sind, was Franz nicht erkannte,
geht hervor aus der von Mommsen Bull. 1852 p. 172, Berichte der sächs. Ge-
sellsch. der Wiss. 1852 Philol. Hist. Classe S. 127, aus Dio Cass. 53, 13 entwickel-
ten Regel, dass die legati Augusti fünf, die prätorischen Proconsuln sechs, die
Proconsuln von Asia und Africa zwölf Lictoren haben , und ist bereits von
Borghesi Oeuvr. 5, 411 und Waddington p. 20 anerkannt worden. Letzterer
setzt die Legation des Severus in die Jahre 134 — 136 oder 135 — 137. Das
Jahr 137 nahm schon Zumpt Comm. ep, II p. 14 an.
1) Dio Cass. 69, 14.
2j Unter Commodus war [Didius Sev]eru3 lulianus leg. Aug. [pr. pr. P]onti
et Bithyniae, Reinesius Cl. VI n. 42. Vgl. Spartian. v. Didii luliani 2; unter
Septimius Severus L. Fabius Cilo leg. Aug. pr. pr. provinc. Pann(oniae^ et Moe-
siae sup., Bithyn(iae) et Ponti, Grut. 407, 1. 2=Marini Iscr. Alb. p. 50. 51 und
M. Claudius Demetrius , 6 Xafxrpoxaxo? UTraxixoc TTpeoßeuTTj; xai ävTioxpaxYjYo;
xOJv ]Seßaoxd)V, C. I. Gr. 3771. 3773. L. Albinius Saturninus — leg. Aug. pr.
pr. Ponti et Bith. (Murat. p. 365, 1) ist nach Muratori's Vermuthung identisch
mit dem Consul 264; endlich war im J. 269 in Bithynien Velleius Macrinus,
6 Xa[j.7i:p6xaxo<; U7raxt%65 Trpeoß. xal dvxtoxpdx'/jYOS xoü Seßaoxoü, C. /. Gr. 3747.
3748.
3) So L. Coelius Festus Orelli 77 = Borghesi Oeuvr. 4, 129 und daselbst
Reniers Note. In dieselbe Zeit ist eine zweite Inschrift zu setzen , in welcher
ein proconsul Ponti et Bithyniae ohne Namen vorkommt. Perrot De Galatia pr. Rom.
p. 134 = Texier Descript. de l'Asie mineure l p. 189. Endlich gehört ebendahin
M. Clodius Puppienus Maximus , der 238 Kaiser wurde und vor dieser Zeit pro-
consulatum Bithyniae egit. (Capitolin. Max. et Balb. 5.)
4) Plin. ad Tr. 20 (21).
5) Plin. ad Tr. 21 (32), vgl. 52 (60). 106, wo ein P. Accius Aquila, centurio
cohortis VI equestris genannt wird. Auch erwähnt Plin. ep. 29. 30 einen Offleier
(etwa einen trib. mil.') Sempronius Caelianus, welcher Truppen aushebt, und der
praefectus orae Ponticae, Gavius Bassus (ep. 21. 22. 86) wird ebenfalls als ein
Militär zu betrachten sein.
6) Plin. ad Tr. 74 (16).
7) Plin. ad Tr. 27. 28. Der in einer Inschr. von Cius (Waddington III
n. 1159) vorkommende Genialis, Caesaris Aug. servos verna dispens(ator ad) fru-
— 197 —
Bedeutend war dagegen das Personal von Finanzbeamten. Schon
in der Zeit dei* Republik gab es eine societas Bühynica publica-
norum und namentlich waren die pascica an publicani verpachtet i) ,
so wie auch die früheren königlichen Güter, welche ager piibii-
cns geworden waren 2). Diese letzteren sind bei der Theilung
der Provinzen im J. 27 v. Chr. wahrscheinlich in den Besitz
des Kaisers übergegangen und von einem Procurator verwaltet
worden, der schon unter den Proconsuln fungirte^). In der Zeit
der kaiserlichen Verwaltung giebt es in Bithynien gleichzeitig
mehrere Procur^toren ^j , nämlich ausser dem pi'ocurator Ponti et
Bithyniae, der an die Stelle des Quaestors trat^), besondere
procurntores für das Privatvermögen des Kaisers ^j, die vigesimu
htreditalum'') ^ die vigesima libertatis^) und für die Grenzzölle
von Vj'i Procent [quadragesma] '^) .
Die beiden Theile der Provinz, obgleich unter einem Statt- Doppelter
halter vereinigt, behielten doch auch in der Administration eine
gewisse Selbständigkeit. Bithynien hat zur Metropolis Nicomedia ^^)y
mentum bestätigt diese Vermuthuiig. Denn dispensntor ist beim Militär ein Zahl-
meister, Renier Melanges p. 177.
1) Cic. ad fam. 13, 9 und 65.
2) Cic. de lege agr. 2, 19, 50: adiungit agroa Bithyniae regio», quibus nunc
publicani fruuvtur , deinde Attalicos agros in Cherroneso. § 51 : adiungit regios
agroa Mithridatis, qiä in Papidagonia — fuerunt.
3) So war proc. Bithyniae unter Claudius lunius Cilo vier Jahre lang, 46
— 49 (Pio Cass. 60, 33. Tac. Ann. 12, 21, der ihn proc. Ponti nennt), unter
Nero C. Julius Aquila im J. 58 ( C /. Gr. 3743), unter Vespasian L. Antonius
Naso (Eckhel D. N. 2, 404. Mionnet 2, 408), unter Doniitian Terentius Maxi-
mus fPlin. ad Tr. 58 (66).
4j Plinius hatte ihrer wenigstens drei : Virdius Gemellinus {ep. ad Tr. 27. 28),
Epimachus (ep. 84) und Maximus, der ein subprocurator des Gemellinus gewe-
sen zu sein scheint, ep. 28 (37).
5) (\ I. Gr. II p. 983 n. 1813b. Es ist wohl derselbe, der in der späteren
Kaiserzeit oo'jxrjvapto; tou leßaoxoD IIovxou xat Beiftuvia; heisst, C. I. Gr. 2509.
6) Henzon 5530: C. Furio Sabinio Aquilae l'ernesitheo — — proc. prov.
Bithyniae Ponti Paphlagon. tarn patrimonii quam rat. privatar. ibi vice proc. .\X.\X.
Er ist der Schwiegervater des (iordian, praef. praet. a. 241. Capitolin. Gord. tres
*23, 6, wo statt Mifithei zu lesen ist Timenithei. S. Eckhel />. N. 7, 319. Borghesi
Oeuvr. 3, 484 und das. Henier.
7) Henzen 6940 : Q. Cosconiu — proc. Augg. ad vectig. XX her. per Pontum
et Bithyniam.
8) (init. 402, 4 = r. /. /. Ill „. 249: Marianus Aug. n. Hb pr T\ lib.
Bithyniae Ponti Paflag.
9) Henzen 5530.
10) Metropolis hoisst die Stadt schon unter Caligula, Mionnet ^*?. V, 170 n. 983; "
als Hauptstadt der ganzen Provinz nennt sie sich seit Doniitian ixTjTpÖTroXi; %a\
i:pt/>T7) Bt»yv(a; xai Il/moj. Eckhel I). N. 2, 399. Miounct S. V, 174 f., vgl.
(\ J. Gr. 1720. 3771 aus Septimius Severus Zeit, wo sie heisst: -fj jacyIott] xal
fATjTpÖTroXi; xai rpc/nr^ BetBuvla; re xal Hövrou 'AJptavV; XcouT)piav9j M; vc(ox<Jpo;
biete.
— 198 —
die o/a Pontica dagegen Ainastris^j. In Nicomedia, wo schon
bei Lebzeiten des Augustus ein Tempel des Kaisers war 2), wird
das xotvov Biibvia;-^), in Amastris das xoivov tou IIovtou^) be-
gangen; durch das Grundgesetz, worin Pompeius die Verwaltung
^Jadt^e- j]e,. Provinz regelle, die lex Pompeia^), war dieselbe in eine be-
stimmte Anzahl von Stadtgebieten (Sioixrjasi?) '^) getheilt, nämlich
der Pontus, wie bereits oben bemerkt ist, in elf, das eigentliche
Bithynien etwa in zwölf) und zwar waren dies, nach den Mün-
zen zu urtheilen, Nicomedia, Nicaea, Cius oder Prusias am Meer,
Apamea (früher Myrlea), Tius, Prusias am llyplus, Chalcedon,
Bithynium oder Claudiopoiis, Cratia-Flaviopolis, Gordu-Kome oder
luliopolis und vielleicht Dascylium. Die übrigen Ortschaften der
Provinz sind als Komen [vici] zu betrachten, welche der Gerichts-
Nety.o[jLY)0£ia lepd 7.al aouXo?, cpiArj , TttoxYj xal oufxjjiayo; avou^e xio OYj[xtj) t(^j
'P(»|xai(uv. Sie stritt anfänglich um diesen Rang mit Nicaea, welches bei Strabo
12 p. 565 ebenfalls [xr^TporoXi; tyj? Bid'jvta«; und auf Münzen seit Domitian
NeiTcateii; Ttpöjtot ttj; i-apysia;, NeixateT; Tipönot üovToa xal Bt&. genannt wird
(Eckher2, 427. Mionnet 2, '451 ; S. 5, 85 ff.), und weitläufig handelt über diese
Rivalität Dio Chrys. Or. 38. So besonders Vol. II p. 140—144. 148: av oe xo [x£v
xfj? {xr^xpo-oXetui utj.iv ovofxa £?atpexov r], x6 oe xwv Trpojxeiojv 7.otv6v r^, xi xaxa
xoüxo dXaxxoüo&e ; 1^(6^ (xev ^^p xoX[j.Tjaai[xt av eiTreiv , oxt xav töcvxwv d%oxYJx£
T(üv övo[xax(ov, ouoevo; dciaxoca^e Tz^d-^^aioc,. In späterer Zeit gewann Nicomedia
immer mehr an Bedeutung [s. die Schilderung der Stadt bei Libanius Or. 62
Vol. III p. 337 R. Ammian. 22, 9, 3), wogegen Nicaea den Titel (AYjxpoTcoXic
auf Münzen nicht führt und auch den Titel TrpwxY] nach Domitian wieder auf-
giebt. Dass es den Titel [xr^xpoTToXi? zu usurpiren versuchte, aber ohne Erfolg,
zeigt die Inschrift eines Thores von Nicaea (Texier Descr. de VAsie mineure I
p. 30): Tuyjj TioXeoji • Nsuata [XTjxpoTioXK;, in welcher die Buchstaben fA-rjxpo aus-
getilgt sind. Wirklich wurde die Stadt erst nach der Einrichtung der Provinz
Bithynia secunda Metropolis.
1) Wenigstens seit Traian, Eckhel 2, 386. Mionnet 2, 391. C. I. Gr. 4149.
Ausserdem hat auch Heraclea den Titel (ji-/^xp67ioXt<; , indess in einem andern
Sirme, wie die Münzen lehren mit 'HpaxXewxäv {j.axp6; a7roiv.(ov ttoXkuv. Eckhel
2, 418. Mionnet 2, 440. 443 S. V, 56 ff.
2) Dio Cass. 51, 20. ^
3) XOIVOV x"^; Bet&uvia; ev Ntxo[x-r)Oeia, C. 1. Gr. 1720. Auf dieses xoivöv
beziehen sich der Bi&'jviapyir); (Waddington III n. 1142), die Btduvtapyia, Digest.
27, 1, 6 § 14 und der xotvoßotjXo? d. h. der von jeder am xoivov theilnehmen-
den Stadt zur Festversammlung Delegirte (Waddington III n. 1176), von welchen
Titeln weiter unten die Rede sein wird.
4) Auf dies xotvov hat Bezug der apyiepsuc xoü flovxoj in der Inschr. v.
Amastris, C. 1. Gr. 4149 und der üovxapyY);, ib. 4157.
5) Plin. ad Trat. 79. 80. 112. 114. Die lex Bithynorum erwähnt auch Gaius
1, 193.
6) Das Wort oioixTjoi; kommt in verschiedenen Bedeutungen vor. S. Seite
183 Anra. 7. Verwaltung eines Stadtbezirks, zu welchem ausser der Stadt selbst
Komen (uici) gehören, heisst es bei Dio Chrys. II p. 205. 208 R. Libanius I
p. 102 R. : ßo'jXai xat oioixTjoeic rroXetuv.
7) Plin. N. H. 5 § 143 giebt diese Zahl au und rechnet zu diesen Städten
Dascylium, von dem es Münzen nicht giebt.
— 199 — l
barkeii und Verwaltung einer der genannten Gemeinen enge- l
hörten; im Laufe der Kaiserzeit hat sich indessen die Zahl der 1
Städte vermehrt, indem theils Komen zu selbständigen Diöcesen ■
erhoben wurden, wie dies mit Prusa am Olymp unter Traian
geschehen zu sein scheint i), theils einige Städte der Provinz ?
Asien zu Bithynien gezogen wurden 2).
Besonders privilegirte Städte giebt es in der ganzen Provinz Freie stadte,
sehr wenige: nämlich zwei Uberae civüates, Chalcedon und ^
Amisus^), und drei Colonien, Apamea'*), mit vollständigem Namen coionicn. J
Colonia lulia Concordia Augusta Apamea^), eine Colonie nicht ]
des Augustus^), sondern des Caesar '), Sinope^) oder Colonia j
lulia Caesarea Felix Sinope, ebenfalls von Cäsar gegründet 709 |
= 45, von welcher Aera die Stadt ihre Jahre zählt ^), und im \
vierten Jahrhundert auch Nicomedia '^j. s
In der Mitte dieses Jahrhunderts bestand noch die combi- Theiiungei»!
nirtc Provinz 11). Theodosius der Gr. (379 — 395) scheint sie dann 1
aber getheilt zu haben i^)^ denn nach ihm finden wir sie getrennt -\
in die Provinzen Bithynia unter einem Consularis und Honorias t
unter einem praeses^^); die erste umfasst nach Hierocles p. 690, '
1) Dio Chrys. II p. 175 li. Faber Quaest. Propont. p. 7. |
2) Ich verweise hierüber auf die vollständige Untersuchung bei Kuhn II, i
258 ff. _ J
3) Die erste erwähnt nur Plinius N. H. b ^ 149, auf Münzen und Inschrif- ^
ten wird ihrer libertas nie gedacht ; Amisus dagegen heisst nicht nur bei Plinius |
N. H. GS? Amiaum liberum^ sondern auch auf den Münzen dXeuOepa (Eckhel \
2, 347. 348. Mionnet 2, 344. S. 4, 438 ff.). Plinius ad Tr. 92 nennt sie Ami- j
aenorum civitas libera et foederata und Traian ep. 93 erkennt ihre Autonomie i
ausdrücklich an : Amisenos — «i legibus istorum, quibus de officio foederis utun- i
tur, concessum est eranum habere, possumus quo minus habeant non impedire — . j
in ceteris civitatibus , quae nostro iure obstrictae sunt , res huiusmodi prohibenda 1
est. Erhalten hatten die Amisener die Freiheit von Augustus. 8trabo 12, 547. 1
4) Plin. N. H. b % 149. Strabo 12 p. 564. Plin. ep. ad Tr. 47 (56J. Ul- ]
pian. Dig. 50, 15 1 § 10. Dio Chrys. II p. 183 R. i
5) Eckhel 2, 40ü. Mionnet. 2, 412. 8. 5, 10. ('. /. L. III n. 335. Numis- i
matic Chronicle VIII p. 40. ]
6) Im Monum. Anc. erwähnt Atjgustus unter den Provinzen, in welchen er 1
Colonien anlegte, Bithynien nicht. Vgl. Mommsen R. g. d. A. p. 83. \
7) Faber Qtuiest. Prop. p. 5. Die Colonie , welche Heraclea erhalten hatte, i,
wurde noch vor der Schlacht bei Actium vernichtet (Strabo 12 p. 543) und nicht ]
wieder hergestellt. i
8) Strabo 12 p. 546. Plin. N. H. ^ % 6. Ulpiau. Dig. ÖO, 16, 1 S 10. l
C. I. (Jr. 4164. 1
9) Eckhel 2, 391 ff. i
10) Orelli n. 1060. j
11) Ein ronsuUiris Ponti et Bithyniae um 340 kommt vor Henzon ii. 6480. i
12) Bocrking ad Not. Dig. Or. p. 129. Kuhn II, 262.
13) N. D. Or. p. 6. 7 und dazu Böoking p. 132. 146. j
- 200 —
der sie Pontica prima nennt, das eigentliche Bithynien mit Hin-
zufügung einiger früher zur Provinz Asien gehöriger Städte'),
die letzte enthält nur sechs Städte: lleraclca, Tiuni, Claudio-
polis, Prusias, Kratia und Adrianopolis ; die weiter östlich liegen-
den, Abonoteichos, Sinope und Amisus waren, wie oben erwähnt
ist, schon unter Antoninus Pius zu Galatien gezogen worden,
und auch Amastris gehört bei ilierocles p. 690 zur Provinz
Paphlagonien.
XXX. Qalatia2) mit dem Pontus Polemoniacus,
Amyntas, der letzte König Galatiens, welchem im J. 36 von
Antonius Galatien nebst verschiedenen angrenzenden Ländern ver-
liehen^), im J. 31 aber dieser Besitz von Octavian bestätigt wor-
Provinz2o. den War'*), hatte bei seinem Tode im J. 25 v. Chr. einen grossen
Ländercomplex unter sich, welcher mit Ausnahme des rauhen
Ciliciens^) und Pamphyliens^), über welche Landschaften weiter
unten die Rede sein wird, in demselben Jahre zur römischen
theTÄ^r P'^ovinz gemacht wurde ^). Die zur Provinz gehörigen Land-
seiben. schaftcu, welchc in einer Inschrift des ersten Jahrhunderts auf-
Gaiatia. gezählt Werden 8), waren folgende: 1. Die drei Stämme der
1) S. Kuhn II, 262.
2) S. G. Perrot De Galatia provincia Romana, Lutet. Paris. 1867. 8, welche
Abhandlung wesentlich benutzt ist in Fr. Sieflfert Galatien und seine ersten Chri-
stengemeinden , in Zeitschr. für die historische Theologie 1871 S, 257 — 292.
Ueber die frühere Geschichte der Galater ist noch brauchbar Wernsdorf De re-
publica Galatarum, Nürnberg 1743. 4. Ausserdem s. Kuhn II p. 148 flf. 255 flf.
Zumpt Comrn. ep. II p. 93 ff. und einige neue Inschriften bei Le Bas et Wad-
dington Voyaye archeoloyique. Explicaüon des inscriptions III p. 425 ff. Perrot
Exploration archeoloyique de la Galatie et de la Bithynie, Paris, 2 Voll. fol. 1872.
Mommsen C. 1. L. III n. 235 tf. Nicht gesehn habe ich C. H. Hermes Rerum
Galaticarum specimen, Vratisl. 1822. 8.
3) Dio Cass. 49, 32.
4) Dio Cass. 51, 2.
5) Strabo 12 p. 671.
6) Dio Cass. 53, 26. ^
7) Dio Cass. 53, 26 : xoD o' 'A|x6vto'j xeXe'jx-qaavTo; ou toi? Ttatoiv aiitoD
TTjv apyTjv liretpetj^ev, aXX' ii tyjv uiiifjxoov eafjYaife ' xai oÖtu> Y] FaXaria [xexdc
T*^; Auxaovias roopLaio^ apyovxa £oye. Strabo 12 p. 567. 569. 571. S. Rufus
brev. 11. Eutrop. 7, 10. Eu'seb. Chron. p. 168 Seal.
8) Inschr. von Antiochia Pisidiae (Henzen 6912, vgl. dazu p. 521= Wad-
dington Voy. III p. 432 n. 1816 = C. /. L. III n. 291): [L. Bellicio] P. [f.]
Stelllatino] So\ller]ti, fetiali, ley. Auy. pro pr. provinc. Gal{atiae~] Pisidi{ae)
PhryyQae] Lyd(aoniae') Isaur(iae) Paphlay(oniae} Ponti [G]ala(tici) Ponti Polemo-
nian[i) A[r'\m(^eniae), ley^ato) leg(ionis') .Y///[ö]e(mmae), donat[o] don[is] milita-
rib[us] expediti^ione) Sueb[i\c[a\ et Sarm[atica] cor(ona) mw^ali) cor^ona) vall^ari)
cor(ona) aur(ea) ha8t[i8\ pur[ia\ trib(^us) , vexiil(i8^ trib(;us) , curat(ori) colo-
— 201 —
Galaler*;, welche ilaQials den Beinamen ^cßaaxY^vol annahmen,
mit drei Hauptstädten, nämlich die ^sßaaTy^voi TsxioaaYS? mit der
Hauptstadt Ancyra^), die ^£ßaarr|Voi ToXtatofiaj-j'ioi mit der Hst.
Pessinus^), die ^spaatr^vol Tpox|i,oi mit der Hst. Tavium^), welclie
letztere die Aera der Provinz vom Jahr 25-^) hat; 2. Pisidia^), Pisidia.
3. Der östliche Theil von Phrygia mit den Städten Antiochia ad Phrygia.
Pisidiam^j, Amorium ^J ^ Aezani^), Orcistus i^) ; 4. Lycaonia^^j; Lvcaonia.
5. Isauriai2). Hiezu kamen später noch: 6. Das Binnenland von isamia.
Paphlagonien um den Berg Olgassys, welches Pompeius im J. 65 P*rhiago-
V. Chr. der Familie des Pylaemenes überlassen hatte i^)^ Augustus
aber im Jahre 747 = 7 zur Provinz machte, d. h. mit Galatien
vereinigte i^) . Das Jahr geht hervor aus der Aera der Städte
Gangra (Germanicopolis), Andrapa (Neoclaudiopolis) ^^) und Pom-
peiopolis 16) , welches sich fxr^TpoTroXi; OacpXaYovia? nennt i^). 7. Der
ni\a]r(um) et municipior(um) , prae^fecto) frum(enti) dand[i] ex s^enatus) c(on-
sulto), praetori, aedili curul(i), q{uaestori) [C]ret(ae^ et C(yrenarum) , trib(uno^
ley{ionis) XX JI Primil^yjeniae , Illviro a. a. a. f. f. Thiasus lib(ertus). Ueber
die Zeitbestimmung der Inschr. s. unten.
1) Wernsdorf c. II § 25 — 27.
2) C. I. Gr. n. 4010. 4011: tj fxrjTpoTcoAic x-^i FaXotTiac ^e^aoT-fj Tex-ooaYtov
3) C. /. Gr. 4085.
4) Mionnet IV p. 402 n. 171. Suppl. VII p. 651. 653.
5) Eckhel D. N. III p. 182; IV p. 377. C. I. Gr. n. 4099. 4112. Cavedoni
Hüll. 1845 p. 94.
6) Pisidien gehörte zum Reiche des Amyntas (Appian. JB. C. 5, 75) und
'IIr pisidischen Städte Sagalassos (TipcoTrj Hioiocov auf Münzen, vgl. C. I. Gr.
1368) und Selge standen unter dem »Statthalter von Galatien. Strabo 12 p.
.H9. 571.
7) Auch diese Landschaft bcsass Amyntas, Strabo 12 p. 569. In Antiochia
I Pisidiam ist die Inschrift des Legaten L. Beilicius Sollers gefunden worden.
8) Hier stand eine vexillatio leg. XU fulm., welche zur Garnison von Gala-
tien gehörte, C. I. L. III n. 353.
9) Mommsen C. I. L. III n. 355.
10) Mommsen C. /. L. III p. 67».
11) Dio Cass. 53, 26. Vgl. die Inschr. von Iconiun» , in welcher ein itzi-
rporoc raXaxtXTJ; ^Trapyia; vorkommt, C. 1. Gr. 3991.
12) Isauria besass Amyntas (Strabo 12 p. 569) und noch Ptolemaeus 5, 4
S 12 rechnet es zu Galatien.
13) Strabo 12 p. 541 : (Aerot^'j oe tojv riacfiXaY«ivtov twv fxtooYatcDv rivac
/aiXcyeaBat 7:ap£oujy.e toi; drö IluXaijxivou; • uoTcpov o' ol tAv 'PiofAatojv
,'.(j,ove; oD.hj'ji xott a).Xo'j; droiTjOavxo (j.epigfj,fjü; , [irt.'sO.iai xe xrn h'j^daroii
/Jhoxdvxe; xai 7:«5).ei; xd; (xev d/.e'jftef^oüvxei; xd; oe i^/tipiCovtti xoi; ouvdoxai;,
'/; 0 uno x«|» OTjfjL«|) x(|> 'Pa)(Aal(ov etövxe;.
14) Dies ist ersichtlich aus Honzcn 6912 und Ptolemaoutf 5, 1 S «''• 6.
15) Eckhel D. S. II p. 345. 346. 387.
16) r. /. Gr. 4151. IJorghesi Oeuvres 5, 430.
17) Eckhel I). S. II p. 389. Mionnet II p. 379. *\ IV p. 5Ü9. Au*l. lom-
lopolis hat eine Aera, die aller Wahrscheinlichkeit nach ebeiifalU 7 v. Chr. be-
ginnt. (;. /. Or. 4154. Borghesl Oeuvr. 5, 429.
moniacus.
— 202 —
pontuhGa- Poolus GalaUcus, XU dem an der Seeküsle die Städle Themi-
scyra und Phanagoria, im Binnenlande die Gebiete von Amasia
und Comana gehören i). ^Er wurde, wie die Aera von Amasia
zeigt '^), ebenfalls 747 = 7 zur Provinz gemacht und noch anj Ende
des ersten Jahrhunderts zu Galatien gerechnet =^) . 8. Der Pontus
Poutus-poio-poieu^oniacus^) oder Polemonianus^l. Diese Landschaft, welche
an der Küste vom Thermodon bis zur Stadt Cyleorum reicht,
und ausser der Seestadt Polemonium (Side) das Binnenland von
Zela, Neocaesarea und Sebasteia (Megalopolisj umfasst^^), war ein
Theil des Königreiches, welches Antonius um 718 = 36 dem
Polemo I, Sohn des Zeno, verlieh ^j, und welchem damals auch
Armenia minor ^) und das Küstenland um Trapezus'-^) (von Ptole-
maeus Pontus Cappadocicus genannt) ^^j , zugehörig war. Als
Polemo I 746 oder 747 = 8/7 v. Chr. starb, folgte ihm seine Frau
Pythodoris 11) bis wenigstens 772 = 19 n. Chr., und ihre Nach-
kommen regierten noch bis 816 = 63 i^)^ in welchem Jahre Nero
das Land zu einer Provinz machte i^)^ die zunächst einen Theil
von Galatien bildete i'^).
1) Ptolem. 5, 6 § 3. 9.
2) Eckhel D. N. II p. 345. C. /. Gr, 4170.
3) Henzen 6912.
4) Ptolem. 5, 6 § 4. 10.
5) Henzen 6912.
6) Ptolem. 5, 6 § 10.
7) Strabo 12 p. 578. Seine Einsetzung muss zwischen 715 und 718 fallen.
Im letzteren Jahre war er bereits König. Dio Cass. 49, 25.
8) Dio Cass. 49, 33. 44.
9) Strabo 12 p. 556. Trapezus und Cerasus gehörten bis auf lustinian
dazu. lustinian. Nov. 31 c. 1.
10) Ptolem, 5, 6 § 11. Im J. 31 v. Chr. bildete es noch ein eignes König-
reich. Dio Cass. 51, 2.
11) Strabo 12 p. 556. 559. 560.
12) Ueber die Dynastie des Polemo und besonders die schwierige Chronologie
derselben s. v. Sallet Beiträge zur Geschichte und Numismatik der Könige des
cimmerischen Bosporus und des Pontus, Berlin 1866. 8. Waddington Sur la Chro-
nologie des rois du Pont et du Bosphore in Revue numismatique, 1866 p. 417
-441.
13) Suet. Nero 18: Ponti — reynum concedente Polemone , item Alpium de-
furhcto Cottio in provinciae formam redegit. Vopiscus Aurel. 21 : Nero, ȟb quo
Pontus Polemoniacus et Alpes Cottiae Romano nomini sunt tributae. Eutrop.
7, 14. Aur. Vict. Caes. 5, 2. epit. 5, 4. Das Jahr wird bestimmt durch die
Aera von Neocaesarea, Trapezus und Zela. Eckhel D. N. II p. 356. 358. 359. •
14) Dass der Pontus Polemoniacus nicht eine selbständige Provinz wurde,
wie ich früher nach Analogie der Alpes Cottiae annahm , sondern zuerst wenig-
stens mit Galatien verbunden wurde, zeigt die Inschr. Henzen 6912. Er hat aber
eine eigene Metropolis, Neocaesarea, deren Münzen das xoivov riovrou und auch
das ^otvöv ^Ttfapyeia;) IIövTou erwähnen (Mionnet Suppl. 4 p. 448 n. 173 unter
M. Aurel.). Er war also eine procuratorische Provinz, wie auch bezeugt die
J
— 203 —
Die beiden zuletzt genannten Districte, der Pontus Galaticus
und Pontus Polemoniacus, wie auch 9. Armenia minor, welches Armenia
' ' minor.
ebenfalls als Theil Galatiens vorkommt i), scheinen nur vorüber-
gehend dieser Provinz angehört zu haben, da sie später zu Cap-
padocien gerechnet werden, weshalb wir auf dieselben nochmals
zurückkommen. Da nämlich bis zum J. 17 n. Chr. Cappadocien
ein Königreich, von da aber bis auf Vespasian eine procurato-
rische Provinz war, so konnte der militärische Schutz dieser
Districte, sowie der Bau der Heerstrassen, welcher in diesen
uncivilisirten Gegenden eine Hauptaufgabe der Verwaltung bildete,
nur dem SUUthalter von Galatien übertragen werden ; seitdem
aber durch Vespasian Cappadocien einen consularischen Legaten
und eine eigene Militärmacht erhielt, ist nicht nur eine Zeit lang
Galatien selbst zu Cappadocien geschlagen, sondern es sind auch
nach der wiedererfolgten Trennung von Cappadocien und Gala-
tien die östlichen Nebenländer Galatiens ihrer geographischen Lage
wegen mit Cappadocien vereinigt worden. Ueber die Zeitbestim-
nmng dieser Veränderungen lässt sich wenigstens Folgendes fest-
stellen.
Dass die legati Aug. pr. pr. Galatiae praetorii waren, zeigen Verwaltung.
die uns bekannten Statthalter, von denen der erste, M. Lollius,
25 v. Chr. die Provinz übernahm'-^), aber erst 21 Consul wurdet).
Inschr. v. Ancyra Marini Atti p. 766b = Waddington Vay. III p. 427 n. 1793 =
('. 1. L. III n. 251: B{onae) F(ortunae). C. /w(i). Senecionejn, v(iruin) d[gre-
viurnj, proc(uratorern) prov. Galat. , item vice praesidis eiusdem prov(^inciae) et
Ponti, Zeno Auy(ustoruTn) iib(ertu8), tabtUar(ius) prov{inciae^, eiusdem praeposito
incornparabili.
i) Henzen 6912. Auch im Jahr 75 baut Cn. Pompeius Collega, Legat von
(ialatien, die Wege in Armenia minor. S. die Inschr. Waddington Voy. III p. 430
n. 1814b = C\ J. L. III n. 306.
2) S. Kufus hrev. 11: eam ((jalatiani) primus I^Uiua pro praetore admini-
travit. Marcus nennt ihn Eutrop. 7, 10 und Eusebius Chron. can. p. 142
^choene. S. über ihn Borghesi Oeuvr. 2, 399, wo indessen in Beziehung auf
die Inschr, Muratori G43, 1 ein Irrthum vorliegt, den Perrot Gal. p. 69 bereits
aufgeklärt hat.
3j ('. I. L. 1 n. 600. Von den übrigen Statthaltern vor Vespasian ist nur
noch bekannt Axius (Inschr. v. Ancyra, Waddington Voy. III p. 426 n. 1791 =
('. I. L. III n. 248 j, wahrscheinlich identisch mit L. Axius Naso, der im .1, 30
II, ('hr, proconsul Cypri war (Waddington a. a. O. III p. 640 n. 2773); ferner
unter Claudius der auf einer Münze von I^essinus (Annali 18^17 p. 281) vorkoni-
iriende Afrenus, dessen Cousulat Borghesi Bull. Nap. IV p. 58 in das Jahr 59
ctzte, iiidoftttou auf (Jrund eines pooi pej an i sehen yraffiiu {Hüll. f^ap. IV p. G.
f . J. L. IV n, 1544), dessen Lesart unsicher ist (Henzen Sr.avi ntl botco »acro
dci ff. Afvali p. 19); endlich Im J. 70 CaljJurMius Asprcua» (^Tac. //. 2, 9),
über derou ConsuUt überhaupt nichts bokiuint ist.
1
204
L'ritoi' VcspasitUi verwaltete im .1. 75 die Provinz C. Ponipeius
Collega'); ob derselbe Consular war und zugleich Cappadocien
unter sich hatte, ist unbekannt 2), seine Nachfolger dagegen sind
Consularc und Legalen von Cappadocia und Galatia, nämlich im
.1. 78 M. Neratius Pansa-*), in den Jahren 80 — 82 A. Caesennius
Gallus'*), nach dem J. 86 Ti. lulius Candidus, Marius Celsus^).
Hierauf sind, soviel sich erkennen lässt, beide Provinzen wieder
getrennt und dann nochmals vereinigt worden. Denn bald nach
dem J. 92 war Statthalter Galatiens L. Bellicius Söllers^), der
1) Er kommt vor auf einer Münze von Ancyra (Mionnet IV p. 377 n. 17)
und der datirten Inschrift C. I. L. III n. 306 = Waddington Voy. III p. 430
n. 1814b.
2) Der Cn. Pompeius Collega , welcher im J, 93 (Tac. Ayr. 44. Borghesi
Oeuvr. 6, 209) zusammen mit Cornelius Priscinus (Mommsen Index Plinii
p. 407) Consul war, kann mit dem Legaten nicht identisch sein, sondern ist
vielleicht sein Sohn (Perrot Oal. p. 99).
3) Er hat Münzen geprägt in Caesarea Cappadociae und zugleich in Ancyra.
Mionnet IV p. 377 n. 16; p. 441 n. 29. Eckhel 1). N. III, 190 ; und zwar in
Ancyra eine im lOten Jahr des Vespasian, d. h. 78. Mionnet Suppl. VII p. 662
n. 18. Sein Consulat erwähnt eine Inschr. von Lyon. S. Borghesi Oeuvr. 5, 348.
4) Münzen von Caesarea Mionnet Suppl. VII p. 663 n. 25. Inschr. v. J. 80
in Meulk in Galatien, Henzen 6913= Waddington III p. 425 n. 1784= C. I. L.
III n. 318: lynp. [T.] Ca[es]a[r] divi Vespasiani f. Aug. pont. max. trib.
polest. X, imp. XV., cos. Vl\^ir\^ censor , p. p. [et] Caes[ar divi f. Domitianus^
COS. VII , princ[eps] iuventutis , \per\ A. Caesennium QalLum leg. pr. pr. vias
provinciaru[ni] G[ala]tiae Cappad\o]ciae Ponti Pisidiae Paphlagoniae Lycaoniae
Armeniae minoris straverunt LXXI. Auf denselben scheint sich zu beziehen die
Inschr. von Sardes, Wadd. 627. Inschr. von Ancyra aus d. J. 82 bei Henzen
Bull. d. Inst. 1862 p. 66 = Perrot Exploration p. 227 n. 111 = Perrot Gal. p.
102 = Wad dington III p. 425 n. 1784^: hnp. Caesar, divi Vespasiani [filius Do-
mitianus] Aug. po[n^t. max. trib. potest. cos. VIII, desig. IX, p. p. per A. Cae-
sennium Gallum leg. pr. pr. vias provinciarum Galatiae Cappadociae Ponti Pisi-
diae Paphlagoniae Lycaoniae Armeniae Minoris stravit. VIII. yj'. Vgl. Borghesi
Oeuvr. 6, 251.
5) Waddington III p. 426 n. 1789 =C. /. L. III n. 250 (Inschr. von An-
cyra). Er war cos. suffectus 86 (Henzen 5433), dann wohl legatus Galatiae und
zum zweiten Male Consul 105.
6) Inschr. von Antiochia ad Pisidiam , Henzen 6912 (s. S. 201 A. 7) und
dazu Borghesi Oeuvr. 6, 330. 411. Mommsen Hermes 3, 115 und Index Plinii
p. 404. Perrot Gal. p. 109. Der L. Bellicius Sollers, dem die Inschrift gesetzt
ist, war, ehe er Legat von Galatien wurde, legatus legionis XIII geminae gewe-
sen und als solcher beschenkt worden donis miUtaribus expeditione Suebica et
Sarmatica. Henzen versteht darunter den Krieg, welchen im J. 70 unter Vespa-
sian Rubrius Gallus gegen die Sarmaten führte (loseph. B. lud. 7, 4, 3), allein
der Umstand, dass in dieser Inschrift, wie in zwei ähnlichen ( Orelli - Henzen
3049, vgl. Henzen p. 265, und 6766), der Kaiser nicht genannt wird, von dem
die Geschenke herrühren , lässt , wie Perrot und Mommsen bemerkt haben , auf
Domitian schliessen , dessen Namen auf öffentlichen Documenten zu erwähnen
ein Senatusconsult verbot (Sueton. Dom. 23). Ueber den sarmatischen Krieg Do-
mitians berichten Suet. Dom. 6. Eutrop. 7, 15, 23; über seine Zeit ist, da die
— 205 —
noch nicht Consul gewesen wari), während G. Anlius lulius
Quadralus, cos. suff. 93, im J. 94, also wohl gleichzeitig, €ap-
padocien verwaltete^). Allein 96 bis Ende 99 waren nochmals
und zwar zum letzten Male beide Provinzen vereinigt unter dem
Consularen T. Pomponius Bassus-^), worauf dann eine neue Son-
derung der Provinzen vorgenommen worden zu sein scheint, bei
welcher die geographisch zu Gappadocien gehörigen Districte,
Armenia minor, der Pontus Gappadocicus , Polemoniacus und
Gnlaticus, endlich Lycaonien dieser Provinz zugewiesen wurde*),
während Galatien, wie es scheint, gleichzeitig von dem bisher
mit Bithynien verbundenen Pontus die Gebiete von Abonoteichos,
Sinope und Amisus erhielt. Siehe oben S. 193. Seitdem hat
Galatien wieder einen eigenen prätorischen Legaten^) mit einem
Münze Eckhel T). N. VI, 371 keinen Anhalt gewährt, Martial die einzige Quelle,
welcher 7, 2. 6. 7. 8; 8, 11 den Krieg besingt und namentlich sagt, dass
Domitian 8 Monate wegen desselben entfernt war (9, 31, 3) und im Januar
zurückkehrte (8, 2, 8), ohne zu triumphiren (8, 15, vgl, Suet. Dom. 6).
In Betreff des Jahres, in welchem das 7te Buch des Martial geschrieben ist, hat
man aber nur die Wahl zwischen 93 (Clinton F. R. s. a. L. Friedländer Königs-
berger Progr. 1862 und 1865) und 92 (Stobbe Philologus 26 [1867J S. 51), und
ifh glaube , da Domitian im Winter 93 bereits in Rom anwesend gewesen zu
•in scheint (Stobbe a. a. 0.), den sarmatischen Krieg nicht mit Mommsen und
i'errot 90, sondern von Mai bis Ende 92 setzen zu müssen.
Ij Dies geht mit Sicherheit daraus hervor, dass in der Inschrift das Consulat
/licht erwähnt wird. War aber Bellicius ein praetorius, so konnte er nicht legatus
dappadociae sein, und hat die Vermuthung Kuhns (II, 158) und Mommsens
(\ 1. L. III n. 291, dass in der Inschrift unter seinen Titeln das Wort Cappn-
dociae nur durch ein Versehn ausgefallen sei, keinen Grund.
2) Borghesi Oeuvres 2, 16. C. I. lir. 3532. 3548. 8549. Waddington III
n. 1722. 1722a. »
3) Dies geht namentlich aus den Münzen hervor. S. Perrot Gal. p. 110.
Mommsen Hermes 3, 125. Inschr. C. I. L. III n. 309 aus dem Jahr 98.
4) Kuhn II, 147. Arrian, welcher Legat von Cappadocien war (Die Cass.
♦ )9, 15), rechnet in seinem PeripLun Fonti fJuxini 1, 2; 2, 1; 3, 1 ; 6, 2 ; 9, 8;
10, 3; 17, 2 Müller, die Küste von Trapezus bis zum Phasis zu Cappadocien.
Nach Ptolemaeus gehört zu derselben Provinz der Pontus Galaticus, Polemoniacus
11(1 Cappadocicus (I'tol. 5, S -^^ 3. 4j.
5) Perrot (JaL. p. 112 ff. Kuhn II, 159. Bekannt sind von diesen Legaten
A. LarciuH Macedo unter lladrian im J. 122 — 123 (Inschr. C. I^L. III n. BIO.
:'.13. Ilenzen liuU. d. Inst. 1H62 p. 68j; (". lulius .Scapula , in den J. 135-137,
worauf er IHH Consul wurde. Kr heisst in zwei Ins<;hriften von Ancyra (('. /. O'r.
1022. 4023) örotTo; di7:ooeoeiY(i.^^o;, Trpeoj^e'jTVj; %al ävTtOTpaTTjYo; ; unt«!r M. Aurel
I'. iuventiu» CeUus (Mionnet IV, 'M'd), und A. KmIvIuh Kustirus Aemilianus
'. /. (Jr. n. 4012, wohl derselbe, den tlie l'rayinenta Vitt. ^ 1HW. 211 unter
M. Aurel setzen, und der Vater des (!onsiils 206 n. Chr. S. Borgh. Oeuvr. 4, 299;
• twas Hpäter P. Plotiu.s BomanuH (Orelli 8044); etwa unter Conimudus L. FabiuH
< ilo(Marini her. Alb. n. 40. 165), und au« unbeHtimnit(*r Zeit L. PetroniuH Verus.
Uy. Auy. pr. pr. r(i*iri5t/Tna«) m(emoriiu) v(ir) con. desiy. in der Inschr. von
Ancyra C. 1. L. III n '^.2.
— 206 —
eigenen procnrator ^) , welcher in seiner Abwesenheit seine Stelle
vertrat 2).
Die Residenz des Statthalters und der Sitz der Verwaltung
ist Ancyra^); daneben hat jeder der Bestandtheile der Provinz
seine eigene Metropolis, und in derselben vielleicht seine beson-
dere Festvereinigung. Die drei gala tischen Stämme wenigstens
bilden ein xoivov FaXaiojv'*) {commune Galatiae), bei dessen Zu-
sammenkunft der weiter unten zu besprechende ^akaTa^yr^c den
Vorsitz führt; ebenso giebt es ein xoivov Auxaovia?, das sich in
Iconium^) und Dalisandus^) versammelt; von den andern Thei-
len der Provinz sind wenigstens die Metropolen bekannt, näm-
lich von Pisidien Sagalassus '^j , von Isaurien Isaura^), von Paphla-
gonien Pompeiopolis, von Pontus Galaticus Amasia •') , von Pontus
Polemoniacus Neocaesarea ^^) . Im Uebrigen hatte die Provinz zwei
Städte, civitates liherae^ Termessus maiorii) und Sagalassus ^^j^ und meh-
rere römische Colonien, nämlich im eigentlichen Galatien Germe^^),
in Lycaonien Iconium, welches Claudius i"*), und Pariais, das
1) dTTixpoTcoi; FaXaTa-^c iTrap/eia; unter Claudius und Nero, C. 1. Gr. 3991,
procurator Oalatiae Waddington III n. 1794= C. I. L. III n. 249, vgl. C. I. Gr.
3969. 3970. 4037. Marini Arvali p. 766^.
2^ S. oben Seite 202 Anm. 14.
o) Ancyra heisst amporcoXi? xfi; FaXarta«;, C. 1. Gr. 4011. 4020. 4030.
4042. 5896. Eckhel D. iV. III, 177.
4) C. /. Gr. 4039. Eckhel D. N. III, 176.
5) Eckhel D. N. III, 32.
6) Münze des Philippus im britischen Museum : AAAIOANAEÖN KOINON
AYKAOvia;. Borrell Numismatic Chronicle VIII, 2.
7) Sie heisst ^pcdirj IlioiSwv, Eckhel 7). N. IV, 271. C. /. Gr. 4368.
8) Auf Münzen ixY]To67ToXt5 Uoaupiov , Eckhel 1). N. III, 29. Mionnet III
p. 531. S. VII p. 144.
9) Auf Münzen [XTjTpoTroXt; ITovtou, Eckhel D. N. II, 344. Mionnet II, 335.
S. IV, 419. C. I. Gr. 4168; auch (j.YjTpoTioXi; xat TrptoTr] toO Flovrou , Mionnet
Suppl. IV p. 420 ff.
10) Eckhel D. N. II, 355. Mionnet II p. 352. 8. IV p. 449.
11) Termessus erhielt seine Autonomie schon 565 = 189 (Polyb. 22, 18. Liv.
38, 15); sie wurde bestätigt durch die lex Antonia de Termessibus (C. I, L. I
n. 204). Dirksen Versuche zur Kritik und Auslegung S. 136 — 202. Die TepfAYja-
oeT; nennen sich daher auT6vo{xoi. Eckhel D. N. III, 27. Waddington n. 358,
und auf einer unedirten Münze des britischen Museums (Waddington zu n. 1202)
heisst die Stadt dXeu^epa.
12) Die Stadt nennt sich cdiXt] xai oufxfxayo; 'PoujJiaiajv , Eckhel D. N. IV,
271. C. I. Gr. 3468.
13) Colonia erst genannt unter Commodus (Eckhel 7>. A". IV p. 178), aber
wahrscheinlich früher gegründet.
14) Die Stadt heisst Claudia, die Einwohner KXauoetxovieT;, Eckhel />. iV, III,
31. 33, C. I. Gr. n. 3991. 3993; auch wird sie Colonia Aelia Iconiensis genannt
(Mionnet III p. 535 n. 13), weshalb Zumpt Comm. epigr. I p. 418 sie von Ha-
drian gründen , Perrot Gal. p. 144 von Hadrian durch eine neue Colonisation
vermehren lässt.
— 207 —
wahrscheinlich Auguslus colonisirle i) . Auch Antiochia Pisidiae
erhielt durch Auguslus 2) eine Golonie"^) von Veteranen der leg. V
Gallica [Alaudae) ^), ebenso von demselben Kaiser Cremna^).
Im dritten und vierten Jahrhundert finden wir Galatien, nach- ^^P^ter«
' Theilung
dem es bereits etwa unter Traian seine nördlichen und östlichen
Districte, unter Septimius Severus auch Isauria und Lycaonia
abgegeben hatte, seinem damals noch vorhandenen Länderbestande
nach in 3 kleinere Provinzen getheilt^). Von diesen bestanden
schon 297 i. Galatia, das Gebiet der drei galatischen Stämme,
unter einem consiilaris'^); 2. Paphlagonia unter einem con^ector^);
3. Pisidia unter einem praeses^). Galatien selbst aber wurde
bald nach 381 in Galatia prima mit der Hauptstadt Ancyra und
Galatia secunda oder salutaris mit der Hauptstadt Pessinus ge-
theilt und der letztem Provinz ein eigner praeses gegeben i*^).
XXXI. Cappadocia»!).
Als Tiberius im J. 17 n. Chr. beschloss, Cappadocien nach umfang.
dem Tode seines letzten Königs Archelaus ^2) jjup Provinz zu
Ij Dies lässt der Name lul. Aug. Col. Pariais (Eckhel III, 34) auf den
Münzen schliessen, die wir indessen erst seit M. Aurel haben.
2) Monum. Anoyr. c, 28: dTioixia« h HiotSia oxpaTtwTöiv 7(.0Lvf\-^0i'{0'i .
^trabo 12 p. 577.
3) Der Name derselben ist ('olonia Caesarea Antiochia. Plin. iV. H. 5 § 94.
Kckhel I). N. III, 18. Mionnet III p. 491 : 'Avxioyei; Kataapei«; KoXwvot, (\ 1. Gr.
2811b = Waddington 1620». Sie hat duumviri (C. I. Gr. 3979) und decurionea
(Waddington n. 1190).
4) Henzen n. 6674. (irotet'end Imperium Romunwn tributim deacr. p. 17.
.')) Strabo 12 p. .069. Auf einer Münze (Mionnet Suppl. VII p. llf) n. 140)
Aug. <:ol. Crem. Der Name Colonia lulia Augusta Felix (Eckhel D. N. III, 20)
lässt sich aus Münzen nicht mit Sicherheit nachweisen. S. Waddington n. 1200.
6) lieber diese Theilungen s. Mommsen Verz. d. rüm. Provinzen von 297
in Abh. d. Berl. Acad. 1862 p. 503 11. Kuhn II, 211.
7) Inschr. v. Ancyra, C I. Gr. 4050 : i-\ xf/j XafxTipoxaToti üKotTtxoO Mivix.
*PA(upevTiO'j. Kinen Consular hatte die Provinz auch vor 535. Hierocles p. 696 W.
= 35 Parthey. Vgl. Boecking iV. 1). Or. p. 132. Im .1. 535 dagegen einen comft.
luutinian. Nov. 8: f^Otaii xf^i irof»' exaoxrjc x. x. X. ^ 4.
8) Hierocles p. 695 W. =35 P.
9) N. I). Or. c. I; seit lustinian hat Pisidia einen conauUiria. Hierocle«
j.. 672 W. HoecJiing N. /). Or. p. 141. lustln. Nov. 30, 1.
10) lieber die Zeit s. Kuhn II, 210 ». ; über den pnififH A. /> (fr. *■. I n.
lioecklng p. 150, Hierocle« p. 697.
11) lieber diese Provinz giebt e» nur «ine ältere Abhandlung : lÜHely De hi-
■toria Cappadoriae, Anutelod. 1836. 4.
12) Kr erhielt Cappadocien im .). 36 v. Chr. dnnli Antonius. Dio OasH. 49, 32.
Ks herrschten damals neben ihm Lycomede» im cappadorivehun Pontus. Dio
Cftgs. 51, 2. Strabo 12 p 560. Pobuno im Übrigen Pontu», Plut Ant. 61. Heber
— 208 —
machen^), hatte dasselbe noch keineswegs die Ausdehnung, welche
es später unter römischer Verwaltung erhielt. Im Westen stiess
es an Galatien, im Norden an den Pontus Galaticus und Pole-
moniacus und an Armenia minor, im Osten wurde es durch den
Euphrat von Armenia maior^), im Süden durch den Taurus und
Amanus von Cilicien und Commagene getrennt. Das Land war
fast ganz ohne grössere Städte 3) und ist im Gegensatz zu Gala-
tien, welches im vierten Jahrhundert als völlig romanisirt ge-
schildert wird^), überhaupt nur langsam und unvollkommen der
Eintbeihmg römischeu Gultur zusänelich geworden -A . Für die Verwaltung
in Strate- o d o ; o
gien. behielt man daher die Eintheilung des Landes in 10 Strategien
bei , wie sie unter den Königen bestanden hatte , nämlich
1. MsXiTT^VT^, 2. Kaxaovia, 3. KtXtxia, 4. TuavTxtCj 5. FapaaupTTt?,
6. AaoutavoTjVY^ , 7. ^apYapauoTjVig , 8. Sapaour^VT^, 9. Xafxavr^vr],
10. MoptjxTjVT^, wozu unter den letzten Königen als Ute Strate-
gie noch ein Stück von Cilicien mit den Städten Kastabala und
Kybistra kam^). Diese Organisation war noch zu Ptolemaeus
Zeit, d. h. unter Antoninus Pius, vorhanden ^j.
Dem Könige Archelaus, welcher leidend und schwachsinnig
war, hatte bereits Augustus einen römischen Procurator beige-
die Geschichte der cappadocischen Könige s. Clinton Fasti Hell. III App. IX
p. 429-438.
1) Tac. Ann. 2, 42: ille (Archelaus) ignarus doli in urbem properat,
exceptusque immiti a principe et mox accusatus in senatu fine7n vitae sponte
an fato implevit. Regnum in provinciatn redactum est. Es ist hier von einem
Beschluss des Senats die Rede, der erst im folgenden Jahr zur Ausführung kam.
Noch im Jahr 21 schrieb Strabo 12 p. 534: XYJ? he [if^dXT^i Ka:r7:a8oxta; vuv
u.£v oüx lOfxev TTto T-^jv Siöcxa^iv • xeXeuTTjcavTo? -(äp töv ßiov 'ApyeXaou toü ßaot-
Xe6oavToc e'Y''"* KaTodp xe %al i] au-yxX-ifjToi; iTzap'/ia^ elvai 'P(u[j.ai(ov wjvip. Vgl.
Dio Cass. 57, 17. Suet. Tib. 38. Calig. 1. Suidas s. v. Tiß^pio;. Vell. 2, 39.
Eutrop. 7, 11 (6). Aur. Vict. Caes. 2. 3, epit. 2. 8. Rufus brev. 11, wo unter
dem Claudius Caesar Tiberius gemeint ist.
2) Tac. Ann. 15, 7.
3) Strabo 12 p. 537. Kuhn II, 231 ff.
4) Themistius Or. 16 p. 257 Dind. : %al vOv ouxsti ^apßapou? FaXarac
div Ti<; TtpoceiTioi, dXKa. %al 7:a>^u 'Puj(j.aiou; ' toüvojj.a yap auToi«; xö TiaXai irapa-
{jte(xdvir]%ev, 6 ßio? Se aufjicpuXo? yjSyj.
5) Auch von dem Pontus im Norden von Cappadocien sagt Barth Reise von
Trapezunt durch die nördliche Hälfte Kleinasiens, Gotha 1860. 4 S. 7 : ,,Wir fan-
den nichts von Alterthümern in dieser Gegend, wie denn dies ganze Binnenland
sehr wenig unter den Einfluss der Griechen und Römer gekommen zu sein
scheint." Auch aus der Schilderung der Provincialverhältnisse in lustinians Nov.
30 ersieht man, dass noch im J. 536 die Provinz schwer zu regieren , und dass
Mord und Raub darin häufig war.
6) Strabo 12 p. 534. Vgl. Forbiger Handb. d. a. Geogr. II, 292 ff.
7) Ptolem. 5, 6 und 7.
— 209 —
lieben^), und nachdem im J. 18 n. Chr. Germanicus im Auf-
trage des Kaisers Tiberius durch seinen Legaten Q. Veranius die
Provincialverwaltung organisirt halle 2), blieb die Regierung in f-^^^J"'"?,*^'
der Hand eines Procuralors ^) , der im Falle des Bedürfnisses auf ^"i^-
die militärische Unterstützung des Statthalters von Syrien ange-
wiesen war^j. Hierin liegt der Grund, dass die nördlich von
Cappadocien gelegenen Landschaften, als sie ihre Selbständigkeit
verloren, nicht zu Cappadocien, sondern zu Galatien geschlagen
wurden, dessen prätorischer Legat, wenn auch nicht über römische
Legionen, so doch über Auxiliartruppen verfügte^). Dies Ver-
hältniss änderte Yespasian, der im J. 70 Cappadocien unter einen consuia-
, r 7 rr risclie Pro-
consularischen Legaten stellte ß), diesem eine bedeutende Militär- vinz.
macht zuwies, und in Folge dessen auch^Galatien, wie oben er-
wähnt ist, bald darauf mit Cappadocien vereinigte. Als später,
wie es scheint, unter Traian beide Provinzen wieder getrennt
wurden, so geschah dies in der Weise, dass die Pontusland-
schaften, welche geographisch und historisch zu Cappadocien ge-
hörten'), dieser Provinz zugewiesen wurden, so dass damals
1} Dio Cass. 57, 17: tov oe 6-^ 'ApyRaov (jL£T£7r^[ji'i;aTo
'j'j {xovov u-EpYTjpcov ovxa aXXd */ai oetvtü; TTooaYpoivxa %cti Trpoasxi '/.ai rapacppo-
veiv ooxoOvTa " izcn^e [j.ev ^ap zote -ojto ovtoj; , woxe v.at ^TriTpoTtov rrapa toO
A'!>Yo6oxo'j xf(<; «ipyrj; XajSeiv. Hieraus erklärt sich Appian. Mithr. 105, der Cap-
padocien unter Augustus Provinz werden Hess: vcai TioXXai fASxajjoXai fxeypi Kai-
^apo; ifi-^oy■:rJ xoO SeßaoxoO , do O'j "/.oti •i'jOe q ßaatXeia Ttepif^Xt^ev i;
^xpctx'fJYiocv.
2) Tac. Ann. 2, 56 : at Cappadoces, in forrnarn provinciae redacti , Q. Ve~
rdniutn Legatum uccepere. Veranius war Legat des Germanicus (und Tac. Ann.
2, 74; 3, 10. 13. 17. 19) und blieb nur so lange in der Provinz, als die Kin-
riclitung dauerte.
3) Dio Cass. 57, 17: •/<£% xouxo'j (von 17 n. Chr. an) xcd yj Karraooxia xu»v
xe Ptu|j.cxt(ov ^Y^vexo xotl Ir.Tiel drexpaTcr^. Tac. Ann. 12, 49 : era't Cappadociae
procurator Julius Pelignus. Der procurator Cappadociae llenzen 0928= C. 1. L.
II p. 1970 gehört in die Zeit nach Yespasian.
4) Tac. Ann. 12, 45 — 49. Zumpt Cornm. epiyr. II, 127, Auch der Münz-
inss der von den Römern in Cappadocien geprägten Geldstücke ist der syrische.
Momnisen Gesch. d. röm. Münzw. S. 713.
5) So hat im J. 02 Caesennius Paetus Pontica et (falatarum Cappadontm-
jice auxilia, d. h. Auxiliarcohorten, die in (Jalatien ausgehoben waren (Tac. Ann.
15, (i) tind schon 58 v. Chr. werden in Galatien Truppen ausgehoben. Tac. Ann.
13,, 35.
0) Suct. Vei^. H : Cappadociae propter adsiduon barbarorum incursui* leyiones
addidit, connularemnue rectoreni imposuit pro equile linmano. Tac Uist. 2, Ml :
^fd inermen legali regehant (die asiatischen Provinzen im .1. (i9), nonduin additis
f appiidoriae legionihuH. Da die Uyio Ml ftdminaia im .1. 70 nach Mclitcne ge-
legt wurde ( loseph, 1i. lud. 7, 1, W) , hu muss damals auch der consularische
Legat eingesetzt worden sein.
7) Unter den PerAern bildet« C'appailocicn zwei Satrapleii, Gross - Cappado-
''•n und Ka7:;raooy.(a i^ irp6« xcji IlövTq». Slrab-) 12 y. 534. 541. Mlthridates
Köm. Alterth. IV. 14
— 210 —
Cappndocien den Umfang erhielt, in dem wir es bei Ptolemiius
renzen seit finden. Es gehörte also damals zu Cappadocien 1. Der Pontus
Traian. ^ ^ ^
Galaticus^)j 2. der Pontus Polemoniacns nebst dem Pontus Cap-
padocicus. Dazu kam 3. Armenia minor und nach Plolemäus
4. Lycaonia mit der Hauptstadt Iconium^), Ueber die Pontus-
landschaften haben wir einen interessanten Bericht des Legaten
von Cappadocien, Flavius Arrianus '^) , der in denselben im Jahre
131/132 eine militärische Inspection abhielt ^j. Wir ersehen aus
demselben, dass damals die Provinz Cappadocien an der Küste
im Norden bis Dioscurias (Sebastopolis) hinaufgingt) und durch
eine Reihe von Festungen mit römischer Besatzung gesichert vsar,
nämlich Trapezus, Hyssi portus, Apsarus, Phasis und Dioscurias ^%
da das Binnenland hinter der Seeküste von einheimischen Fürsten
regiert wurde, welche zwar abhängig von den Römern, aber
immer unzuverlässig waren'). Apsarus war noch unter lustinian
in römischem Besitze; Phasis und Dioscurias scheinen aber, man
weiss nicht, seit wann, aufgegeben zu sein^).
^niTnor'^ i4rme/im minor am oberen Euphrat war ein Königreich ge-
heisst in der Inschrift von Ephesus (Waddington III n. 136»): Ka7:7ta5oxi[a;
ßaotXcus] und der Name Pontus wird erst in römischer Zeit üblich. S. Wad-
dington III p. 59.
1) Auch Plin. N. Ä. 6 § 8 rechnet z. B. Amaseia, die Metropolis des Pon-
tus Galaticus, zu Cappadocien.
2) Ptolem. 5, 6.
3) 'Appiavou imaToXi] Trpö? Tpa'iavoM ['Aopiavov] dv i^ xat TrepiTrXo'j? Etj^eivo'j
rioNTOU in Müller Geogr. Graeci minores I p. 370 ff.
4) Der Bericht ist geschrieben in dem Jahre, in welchem Cotys II, König
des cimmerischen Bosporus, starb (Arrian. 1. 1. § 26), d. h. im Jahr 428 der
bosporanischen Aera = i31 n. Chr. (gerechnet vom Herbst 297 v. Chr.). C. I. Gr.
n. 2108f.
5) Arrian. 1. 1. §26: ^tiI Aio?%o'jpiaöa, d; o-ep crpaxo-eoov TsXsuxa 'Pou-
[xaioi? Tj iTux^dxeia.
6) Ceber Trapezus Arrian. § 1. In "Yooo'j Kiii'q^) steht eine cohors^ § 4.
vgl. Not. D. Or. p. 96 : coliors Apuleia civium Romanorum Ysiporto. In Apsarus
stehn 5 Cohorten (§7), in dem Castell Phasis 400 GTpaTtöJTai sTriXsxTot (§, 12),
in Dioscurias ist eine grosse Festung mit Lazarethen und Magazinen, § 14.
7) Arrian. 1. 1. § 15.
8) Procop. B. Goth. 4, 2 p. 466 Dind. : — ir.l Oäaiv t£ Tco-afi.öv -/al xou;
IvSoxaTO) ßap^apo'j;, Asy^'-^^t [^^"^ o'^'^ <^; "/.axa to'j? Tpa'iavoy toO 'P(u[j.ai(uv
auTov.paxopo? vpovou; -/taxdXoYOi 'Pojfjiaiujv axpaxKuxtüv dvxaöi}a xe xal |-»-iXpi £;
AaCotj? xai Layioa; i^pu^xo . xd ok vOv dvQ^pojzoi dvxaü^v. otxoüstv ouxs xoO
'P(o{j.ot(cuv ojxs xou AaCöJv ßaoiXsw; "/aiTjXooi ovxe?, und p. 467: Ia os 'A'i"3tpoiivxo;
TzrAzDic, iz II^xpocv xe TuoXtv xcti xo'j; AaCöiv opo'j;, o-ji Sy] xsXe-Jxä 6 E'j^eivo; Ttöv-
xo;, [xiä; daxtv '^[x^pa? 6o6;. Petra im Lande der Colchi hatte noch lustinian
befestigt (Proc. B. Pers. 2, 17), es war aber wieder verloren worden (Proc. de
aed. 3, 7). Die Stadt Sebastopolis , welche lustinian Nov. 31 c. 1 im J. 536
erwähnt, ist Sebastopolis in Armenia minor. S. Boecking Not. D. Or. p. 438.
— 211 — '
wesen, welches Pompeius an Deiotarus^), Caesar an Ariobarza-
nes III von Cappadocien '-^j , Antonius an Polcmo, König des Pon-
tus'), Auguslus an Archelaus von Cappadocien^) gegeben hatte.
Es wurde mit der Provinz Cappadocien nicht sofort vereinigt,
^ondern im J. 38 n. Chr. aufs Neue durch Caligula an Cotys'»),
Ml J. o4 durch Nero an Aristobulus abgetreten ^j und ist wahr-
(heinHch von Yespasian der erweiterten Provinz einverleibt wor-
den. Wenngleich Ptolemäus Armenia minor in einem eigenen
Capilel behandelt, so ist doch die Zugehörigkeit dieses Bezirks
zu Cappadocien nicht zu bezweifeln'). Denn Melitene, das zu
Armenia minor gehört^), war, wie bereits bemerkt ist, seit dem
.1. 70 Hauptquartier der legio XU fulminata-^] und im J. 75 baute
in Kleinarmenien der Legat von Cappadocien die Strassen i").
Wenn der Statthalter von Syrien insofern die wichtigste Politische
iiriii 1 • !•! rk- • Bedeutung
Stelle unter allen Statthaltern der orientalischen Provinzen ein- der Provinz.
nahm, als er die römische Grenze unmittelbar gegen die Parther
zu decken hatte, so war die Hauptaufgabe des Legaten von Cap-
j)adocien dagegen, Grossarmenien und die caucasischen Stämme
von der Einmischung parthischen Einflusses frei zu halten und
den Römern zu sichern. Wenn die Römer in diesen Gegenden
Könige einsetzten , mussten sie dieselben auch thatsächlich
schützen: wie z. B. im armenischen Kriege Neros (58 — 63 n. Chr.)
1) Strabo 12 p. 547, vgl. Hirtius B. AUx. 34. 67.
2) Dio Cas<. 41, 63; 42, 48.
3j Dio Cass. 49, 33. 44.
4) Dio Cass. 54, 9. Strabo 12 p. 555.
5J Dio Cass. 59, 12. Tac. Ann. 11, 9. losepli. Anl. 19, 8, 1.
fij Tac. Ann. 13, 7. Joseph. Ant. 20, 8, 4. Bdl. lud. 2, 13, 2.
7) S. Kuhn II 8. 145 i. Die Einwohner von Armenia minor sind Cappado-
< ier. S. die Inschrift aus dem J. 385 n, Clw. bei de Rossi Jnscr. Christ. I p. 155
u. 355. Civem Armeniacum (.'appadocejn nwnine (soll heissen nomine) Quiril-
Itts u. s. w.
8) Ptolem. 5, 7, 5.
9j Vgl. Procop. de aedif. 3, 4: t^v H ti /(«piov dv xot; 'Ap{xeviot; to ra-
/.cttov |Aiit{ior; v.a/.o'j|jidvot<; ou r.oKKi^ dr.o^v^ 7:oTä|jtoj IvjcppciTO'j, ecp' ou 59) Äö/o;
Pcojxaiojv 5TCiaTia>Tdiv Kopyio. Me/.iTTjVYj jxiv to -^cupiov, Aeyetuv oe 6 Äöyo; ^Tttu-
-'jl).dU''>- 'LvraCtl^a zr^ fpjjjia dv TeTpaYwvc]) irA yiöp«; Itr.rlm ^oei|xavTO iv toi;
/v(u /p<ivot; 'P(ü|j.aiof (d. h. unter Yespasian) — pieTd 6e TpaiaNip Ttp ' Pcjuaiouv
V ^roxp-JiTopt 0600Y(Acvov, d; itiXeöb; Te d^lwixa hyßi^oi d^pTxxai xoil |jiT)Tp6iToXic
/.aTioTT, T«]) COvst.
10) Meilen>tein , gefunden in Mt'llki -('h«^rif in Kleliiarmeninn , Waddington
111 n. 1814'»: Imp. Venpa^iuno Caemre \Aug. p. m. tr. pot. VI] imp. XIII ro«.
\VI, den.] VII, Imp. Tito (\temre roi. \l\v, \de».\ V, Cn. Pompeiuit i'nHlega leij.
Auy.\ pr. pr. [miUiuria poMuit\. l'ebor diu Ik'SlimmuiH^ du» .liihret« s. Uorghesi
Oeuvr. Ü, 42.
14*
— 212 —
(lorhulo, der damals oin ausserordonlliches Commando erliallen
halte, dem von ihm eiiii^esetzlen Könige Tigranes von Armenien
iOOO legionarii, 3 cohortes sociorum und 2 alae equitum als
Schutzwache liess^). üass diese Truppen in Armenien längere
Zeit bleiben konnten, ist nicht anzunehmen, da Corbulo noch in
denjselben Jahre (00 n. Chr.) sein Commando in Armenien nie-
derlegte. Seitdem aber seit Vespasian die legio XII fulminata in
Melitene ^J und etwa seit Traian ^) die legio XV Apollinaris in
Satala (Sadagh) ^) ihr Hauptquartier hatte -^j , ausserdem eine Reihe
von Festungen durch Garnisonen von Auxiliartruppen geschützt
und namentlich die Seeplätze des Pontus zu Militärdepots einge-
richtet waren"), wurde Cappadocien nicht nur ein sicherer Aus-
gangspunct für die armenisch-parthischen Kriege des Traian im
.1. 114') und des M. Aurel und Verus 162 — 165, sondern auch
ein wesentlicher Schutz für die römische Politik, deren Einfluss
sich bis über die Grenzen Armeniens erstreckte. Wir finden,
dass Vespasian im J. 75 dem Könige Mithridates von Iberien eine
Festung am Cyrus (Kous) bauen liess ^) , dass unter Antoninus
1) Tac. Ann. 14, 26. S. über diesen Krieg E. Egli Feldzüge in Armenien
von 41 — 63 n. Chr. in M. Büdinger Untersuchungen zur röm. Kaisergeschichte.
Bd. 1 Leipzig 1868. 8 S. 267—362.
2) Joseph. B. lud. 7, 1, 3. Hier lag sie noch unter Hadrian (Arrian. Actes
c. Alanos p. 100. 103. 106 ed. Blanc), unter Alexander Severus (Dio Cass. 55,
23), und bis in das fünfte (A'of. D. Or. p. 97. 421) und sechste Jahrhundert,
Procop. de aed. 3, 5.
3) Obgleich Sueton Vesp. 8 sagt: IVespasianus) Cappadociae legiones addidit,
so wissen wir doch nur von einer Legion, dass sie unter ihm in die Provinz
verlegt wurde. Die legio ÄV kam nach dem jüdischen Kriege zunächst nach
Pannonien (loseph. Bell. lud. 7, 5, 3); in Cappadocien finden wir sie erst unter
Hadrian (Arriani acies c. Alanos § 5. 6).
4) Petermann Geogr. Mittheilungen. Ergänzuugsh. 20 S. 63 Anm. 2.
5) Itiner. Anton, p. 183 Wess. N. D. Or. p. 96. 420.
6) Arrian. peripl. Ponti Euxini $ 1.4. 7. 12. 14. Tac. Hist. 2, 6: Cappa-
docia Pontusque et quidquid caslrorum Armeniis praetenditur. Dass namentlich
über Trapezus auf dem Seewege Yorräthe für die cappadocischen Truppen be-
schafft wurden, zeigt Tac. Ann. 13, 39.
7) Dio Cass. 68, 18. Dierauer Gesch. Traians S. 160.
8) Griechische Inschr., gefunden zwischen Tiflis und Metskhe'ta am rechten
Ufer des Kour in Georgien , herausg. v. Renier im Journal Asiatique. Sixieme
Serie. Tome XHI (1869) p. 93 : [AuTO-/pdT(op Kataajp Ou£[o7raotav6? Seßjaaxo;;
ap/i£[p£u; [xeYtato]? , or^fxapy i[x]'^; £|o'j[oia; xo] C > auToxpaT[tu]p -6 ih , 'jr:aTo;
t6 c, ä7io6sO£iY|X£vo; t6 C, 7raT'?jp Traxptoo;, '^[sip-'']]'^'/]; , 7.al a'jxo-zpc'xwp Tixo;
Kai[(3ap] S£ßa(JxoD uto;, S7]fJ'0cp)(t[y.]fj!; d^ouaia? xö e, UTrotxo; x6 6, dT:oo£S£tY|Ji.£-
No; xo £, xEiiATfjXTr]?, 7.al Ao[i.txtav6? Kaiooc'p, 2£ßaoxoj utoc, uTiaxo; x6 [^], dr.o-
Ö£?j£tY[j.£vo; xo 0, ßocotXei 'lß'/]pfjjv MiDpioaxT], ßaat/ico; CJapotafidvou, v.al 'lotixac-
öaixttiivj cptXoxaiootpi xat cpiXopcuixocttu x[u)] £Bv[£jt xd x£iy'^ d^toyjpojoav.
— 213 —
Pius die südlichen Landschaften Armeniens, Sophenc und Gor-
dyene, von Cappadocien aus verwaltet wurden i), und dass im
J. 185 unter Commodus eine vexillatio der leg. XV ApoUinaris
im Osten Armeniens am Cyrus stand 2). Bei dieser Bedeutung
der Provinz hat dieselbe auch nach ihrer Abtrennung von Gala-
tien immer consularische Legaten behalten, von denen aus dem
2ten Jhdt. bekannt sind M. lunius, 0 xr^? KaiiTraSoxia? ap^^tov
114 n. Chr. ^), Flavius Arrianus cos. suff. eines unbestimmten
Jahres 4), leg. Cappad. 131 5) bis wenigstens 136 6), in welchem
Jahre er seine Tactica schrieb^); sein Nachfolger L. Burbuleius
Optatus Ligarianus^), wenig später L. Aemilius Carus^), beim
Beginne der Begierung M. Aureis F. Aelius Scverianus Maxi-
mus, der 162 in Elegia in Armenien mit der ganzen Besatzung
des Ortes von Vologeses III, König der Parther i<^), niedergemacht
wurde 11); dessen Nachfolger Statius Priscus, cos. 159, leg. Capp.
1) Appian. Mithr. 105 sagt von diesen Landschaften : xai oxpaTTjYEi'ott vDv
a[j.a TT^ KaTTTiaooxia y.ai rdoe. Appian sclirieb nach Hadrians Tode (s. Clinton
Fasti Rom. ad a. 147j. Da Ptolemäus, der ihm fast gleichzeitig ist, diese Land-
schaften zu Grossarmenien rechnet (5, 13, 13 und 20), so scheint ihre Zuge-
hörigkeit zu Cappadocien nur eine vorübergehende gewesen zu sein.
2) Inschr. gef. im Kloster Edchmiadzin bei Tiflis, herausg. Journal Asiatique
a. a. 0. p. 103: Imp. Caes. M. Aurel. Antonino Auy. [Commodo] Germa. Sarm.
Max., trib. pot., imp. VJI, cos. IV, p. p. oexiU^atio') leg. X.V Apoll, sab Caelio
Calvino , leg. Aug. pr. pr., curam agente Licinio Saturnino trib. mil. et Aurel.
Labrase centurione leg. eiusdem.
3) üio Cass. 68, 19.
4) Photius bibl. p. 17^» Bekk. Suidas ;?. v. 'A^fjiavo?. Borghesi Oeuvr. 4, 157,
0) 8. Seite 210 Anm. 4.
6) Dio Cass. 69, 15 und über das Jahr Müller Geographi Gr. min. I p. CXII.
7) Arrian. Tact. c. 44: ^; TT|Voe tT|V TtapoOaav ßaoiXeiav, T|V 'ABptavö?
etxooTÖv toüt' £To; ßaoiXeoet. Das 20ste Jahr des lladrian ist 136 n. Chr.
8) Ueuzen n. 6484. Borghesi Oeuvr. 4, 158.
9) Henzen n. 6049. Borghesi Oeuvr. 4, 159.
10) Er regiert 148 — 192. 8. De Bartholomaei Recherchen sur la numismatique
arsacide in Memoires de la Societe d'archcologie et de numismatique de Peters-
burg. Vol. II (1848. 8) p. 75 ff. I. Lindsay A view of the history and coinage
of the Parthians, Cork, 1852. 4 p. 107 flF.
11) Den Namen Severianus nennt Lucian Quomodo hist. sit conscr. 21 u. 25.
Dio 71, 2: -xai OTpax'ireoov t£ 8Xov 'Ptup-aixov xo 'jtco l^EOUTipf/vo) xexa"]f[Ji-£vov
dv XTQ 'FjU-fdo. a'jxoi; -^li-evöot 7.axex6;£'joe x'/i oi^cp&etpe. Den vollstän-
digen Namen giebt die Inschrift v. Bostra Waddinglon^ n. 1943. Wenn Horghesi
Oeuvr. 4, 254; 5, 375 aus der Stelle des Dio Cass. folgert, dass bei dieser (üe-
legcnheit die legio XXII Deiotariana vernichtet worden sei, so fehlt hiefür jeder
Beweis. Capitolin. v. Vtri 6 redet von caesis legionibus, was j«'denfall8 ein über-
triebener Ausdruck ist, die leg. XXII Deiotariana scheint alx^r schon unter Traian
eingegangen zu sein, nach dessen Zeit sie nicht vorkommt, und oxpax'JiTe^jov
heisst bei Dio überhaupt nicht notliweixlig eine Legion, sondern wird auch von
irgend einer IJecresabtheilung gebraucht.
— 214 —
162^), iiuf welchen dann I'olgle Marlius Verus cos. 162 2) und
vielleicht T. Ariiiis Antoninus^) ; unter Commodus der bereits
erwähnte Caelius Calvinus im.!. 185, endlich im Anfang des 3ten
Jhdts. SulhH) und Q. Atrius Cionius^). Unter dem Legaten
stand ohne Zweifel, wie in allen kaiserlichen Provinzen, ein Pro-
cura lor"^).
Neue Städte- Das eigentliche Cappadocien hatte, als es Provinz wurde,
nur vier Städte, Tyana, Mazaca'), Ariarathia'*) und Archelais'*);
alle übrigen Ortschaften waren vici, xÄjxa^ ohne Stadtverfassung
und städtische Behörden, so dass das Land in ähnlicher Weise,
wie wir es in Aegypten finden werden, von 10 Strategen admi-
nistrirt wurde i^). Ausserdem war ein bedeutender Theil des
Landes kaiserHche Domaine, welche zwar erst im 5ten und 6ten
Jahrhundert erwähnt wird^i), aber ohne Zweifel aus den könig-
lichen Gütern herrührte und seit Tiberius unter Verwaltung des
Procurators stand. In römischer Zeit finden wir nicht nur die
vier genannten Städte, von denen Mazaca oder Eusebia Haupt-
stadt der Provinz ist^'-) und den Namen Caesarea führt i^), Tyana
1) Heiizen n. 5480. Borghesi Oeuvr. 3, 249.
2) Borghesi Oeuvr. 5, 258. Er heisst KaTtTiaBoxia? apytuv , Dio Cass. 71, 23.
Dass er des Priscus Nachfolger war, sieht man aus Suiclas" s. v. Map"to?.
3) C. I. Gr. 4193 und dazu Waddington in Borghesi Oeuvres 5, 418. Auch
in der Inschr. von Amasia C. I. Gr. 4168 wird er nicht, wie Borghesi a. a. 0.
annimmt, als Statthalter von Bithynien , sondern, wie Kuhn II, 160 richtig be-
merkt, als Legat von Cappadocien erwähnt. Denn Amasia mit dem Pontus Gala-
ticus gehörte damals zu Cappadocien.
4) Dio Cass. 79, 4 (unter Elagabalus).
5) Henzen n. 6057. C. I. L. II n. 4111. Ulpian. Big. 26, 10, 7^2 citirt
eine epistola imperatoris nostri (^Caracallae^ et divi Severi ad Atrium Clonium.
Die zweite der citirten Inschriften ist aber unter Alexander Severus gesetzt und
dalier erheblich jünger.
6) Er kommt nur einmal vor in der spanischen Inschr, Orelli 5040 = 6928,
besser C. I. L. 11 n. 1970, wo Hübner proc. prov. Cappadociae liest, Mommsen
dagegen proc. provinc. Capp. Paflag. Gal. vermuthet.
7) Strabo 12 p. 537 kennt nur diese beiden. Tyana nennt auch Philostratus
V. Apoll. 1, 4 eine hellenische Stadt.
8) Steph. Byz. s. v. Ptelem. 5, 6 § 13.
9) Ptolem. 5, 6, 14.
10) Hierüber handelt vortrefflich Kuhn II, 231—258.
11) In der iV. D. Or. p. 37 werden sie angeführt unter dem Namen Domus
divina per Cappadociam uftd lustinian ordnete im J. 536 eine neue Verwaltung
derselben an, Nov. 30,
12) Den Titel {jt-r^Tpozo/vis hat sie auf Münzen seit M. Antoninus. Mionnct
Suppl. 7 p. 672.
13) Den Namen erhielt sie nach Constantinus Porphyrog. de thematib. 1, 2
und lustinian. Nov. 30 pr. von lulius Caesar, nach S. Rufus brev. 11 von Augu-
stus, nach Eutrop. 7, 11 von Tiberius, nach Sozomenus H. E. 5, 4 von Claudius.
— 215 —
auf Münzen seit Hadrian ispa, aaüXoc, auiovofio«; heisst ^) und im
Jahr 213 unter Caracalla Colonie wurde '^), endlich Archeiais von
Claudius zur Colonie erhoben war«^), sondern auch Castabala
und Cybislra sind Städte geworden und prägen Münzen^); aus
dem vicus Halalae machte M. Aurel die Stadt Faustinopolis •''),
und Diocaesarea bezeugt durch seinen Namen den römischen Ur-
sprung ^j. Gleicher Entstehung sind in Ar^menia minor Nicopolis,
das Pompeius baute"), Melitene, das unter Traian Stadt wurde ^),
ferner Claudiopolis'^), Sebastopolis^oj ^^id die von Ptolemäus er-
wähnte Colonie Sinis*^); im Pontus Galaticus Neapolis, vor Pom-
peius eine xw[xyj Namens OaCYjjJ-wv ^2) , Comana, zu Mithridates
Zeil noch ein vicus ^^)y und Scbastopolis^^); im Pontus Polemoniacus
Zela, früher ein mcws 1^) , seit Pompeius eine Stadt i^), Cabira, das
von Pompeius Diospolis benannt, später Sebaste biess ^') und
Die Aera der Stadt, deren Anfaug vor Einrichtung der Provinz zwischen 27 — 15
vor Chr. fallen muss, datirt Borghesi BuUett. d. Inst. 1852 p. 156 vom Jahr 20
V. Chr., in welchem Augustus dem König Archelaus Ärmenia minor schenkte.
Mit der Aera dürfte der Name zusammenhängen.
1) Mionnet Suppl. 7 p. 713.
2) Sie heisst Antoniniana colonia Tyana. Eckhel Z>. A'. 3, 195. Mionnet
Suppl. 7 p. 715.
3J Plin. N. i/. 6 § 8. Itin. Anton, p. 144. Ptol. 5, 6 § 14.
4) Eckhel J). N. 3, 192. 193. Mionnet Suppl. 7 p. 709. 711. Dass Comana,
welches auf Münzen als Colonie erscheint (Mionnet a. a. 0. p. 710), das cappa-
docische Comana sei, ist mir sehr zweifelhaft, da es Col. Augusta, Comana p. p.
col. Iul{ia), auch Col. lul. Aug. G. 1. F. Comanorum genannt wird, wozu mir
jede Erklärung fehlt.
5) Capitolin. M. Ant. phil. 26: Faustinam suam in radicihus montis Tauri
in vico Halalae — amisit fecit et coloniam vicum in quo obiit Faustina.
Als Colonie kommt der Ort sonst nicht vor.
6) Plin. N. II. 6 § 8.
7) Dio Cass. 36, 33. Strabo 12 p. 555. Plin. N. H. G % 26. Ptol. 5, 7 § 3.
Itin. Anton, p. 183. 207. Später hat es die Titel 'ASptavT] und (jiTjTpoTioXt;. C. I.
Gr. 4189.
8) Procop. de aed. 3, 4. 8. oben Seite 211 Anm. 9.
9) Plin. A'. H. 5, 85. Ptol. 5, 7 ^ 7.
10) Ptolem. 5, 6 $ 7 rechnet sie zu Cappadocien. Hierocles p. 703. lusti-
nian. Nov. 31 c. 1.
11) Ptolem. 5, 7 S 5.
12) Strabo 12 p. 560.
13) Appian. Mithr. 64. Hernach prägt es Münzen. Auch diejenigen Münzen,
in welchen COL. IVL. AVG. Felix COMAiSORVM vorkommt, möchte ich elier
mit Eckhel I). A. 2, 351 auf das pontische , als mit Mionnet Suppl. 7 p. 710
auf das cappadocische Comana beziehen.
14) Ptolem. 5, 6 S 9. Eckhel />. N. 2, 357.
15) Strabo 12 p. 559.
16) Strabo 12 p. 560. Plin. V. //. 6 ^ 8.
17) Strabo 12 p. 557.
— 216 —
wohl auch mit Neocaesarea identisch ist*), ausserdem Magno-
polis'^) und Mogalopolis (Sebastcia) =*) . Deutlicher als diese ein-
zelnen Beispiele lassen die kirchlichen Quellen der spateren Zeit,
sowie der um 535 geschriebene Synekdemos des Hierocies er-
kennen, dass während der römischen Verwaltung die als Statio-
nen an den Militärstrassen oder Garnisonsorten sich vergrössern-
den üici zu Städten entwickelt und zu Bischofssitzen erhoben
wurden, und man darf annehmen, dass, wie in Thracien und
Aegypten, so auch in Cappadocien namentlich in der Zeit zwi-
schen Alexander Severus und Constantin die Aufhebung der
Strategien und die Einführung der der ganzen Verwaltung zu
Grunde liegenden Decurionatsverfassung stattgefunden haf^).
Spätere Scit Diöclctian ist sodann die Provinz wieder in kleinere
Theiiniig. 'j^jjQJiß verlegt worden, nämlich 1 . Diospontus oder Hellenopontus
mit den Städten Amasia, Zela, Amisus, Sinope, schon vor 297;
2. Ponlus Polemoniacus mit den Städten Neocaesarea , Comana,
Polemonium, Cerasus, Trapezus, ebenfalls vor 297; 3. Cappa-
docia prima mit den Städten Caesarea, Nyssa, Therma, Regepo-
dandus und 4. Cappadocia secimda mit den Städten Tyana,
Faustinopolis, Cybistra, Nazianzus, beide getrennt zwischen 381
und 386 ; 5. Armenia prima mit den Städten Sebastia, Nicopolis,
Satala, Sebastopolis, 6. Arjnenia secunda mit den Städten Meli-
tene, Comana, Ariarathia, ebenfalls getheilt um 386. Alle diese
Provinzen gehören zu der dioecesls PonticUy während 7. Lycaonia
mit den Städten Iconium, Lyslra, Derbe um 373 eine Provinz
der dioecesis Asiana wurde 5).
XXXII. Lycia et Pamphylia.
Nach Besiegung des Antiochus durch Scipio im J. 564 = 190
setzten die Römer im folgenden Jahre den Krieg gegen die Gala-
ter fort, bei welcher Gelegenheit sie zum ersten Male in Pam-
phylien einrückten"). In dem Friedensschlüsse des J. 188 wurde
1) Forbiger Geogr. II, 428. 429.
2) Strabo 12 p. 556. Plin. N. H. 6 % 8.
3) Strabo 12 p. 559. 560. Kulm II, 249.
4) S. hierüber Kuhn II, 240.
5) Mommsen Verz. d. röm. Provinzen von 297 S. 503. Kuhn II S. 243.
luötinian richtete im Jahr 536 vier Arnieniae ein. S. lustinian. Nov. 31. Kuhn
II, 244. Mommsen a. a. 0. S. 505.
6) Polyb. 22, 18. Liv. 38, 15.
_ 217 —
aber Über Pamphylien noch keine Bestimmung getroffen i), sondern
es blieb vorläufig unabhängig, bis es 651=103 wieder besetzt
und mit der damals entstehenden Provinz Cilicien vereinigt
wurdet). Eine Provinz Pamphylia wird zuerst im J. 25 v. Chr.
erwähnt -^j; dass sie aber einen eigenen Statthalter gehabt hat,
ist bei dem geringen Umfange des Landes nicht wahrscheinlich^).
Lycien dagegen , welches im mithridatischcn Kriege auf Seiten
der Römer gestanden hatte, erhielt zuerst von Sulla ^), und ob-
wohl es später zu Lieferungen und Abgaben mehrmals in An-
spruch genommen wurde 6) und namentlich im J. 43 v. Chr.
unter Cassius sehr zu leiden hatte, zum zweiten Male durch
Antonius") die Anerkennung seiner Freiheit, in welcher es blieb,
bis Kaiser Claudius im .1. 43 n. Chr. die Provinz Lycia Pam-
phylia einrichtete^). Aber auch diese Einrichtung war noch nicht
definitiv, da Lycien unter Nero oder Galba nochmals frei gewor-
den zu sein scheint, Pamphylien aber unter Galba mit Galatien
verbunden war'*). Sonach ist die eigentliche Gründung der Pro-
vinz erst unter Vespasian und wahrscheinlich in das J. 74 zu ^'^^J^^^^"^^
1) Polyb. 22, 27. Liv. 38, 39.
2) S. oben Seite 178 Anra. 2 und den Abschnitt über Cilicia.
3) Dio Cass. 53, 26 : xa ts /tupia xa iv. xfj? riafjLcpuXta? TTpoxepov xilp
'A[j.!jvxa rpo;ve|j.Tji}£vxa xti) lOuo vo(j.(|) dr^toodf). Das persische Reich war in 20
8teuerdistricte getheilt gewesen, die Herodot 3, 90 ff. aufzählt und NO|xoi nennt.
So ist auch bei Dio Cassius voiao; eine Provinz, 36, 33 : NixoTToXlxat — ii xov
KaTTTiaSoxixov vo|j.6v auvxeXouvxe?. Ebenso sagt er 6 xf^? Bi^uvta; vo(j.6; 42, -45,
ö xfjC Mucta; N0(j.6; 51, 22, b z-f]i lIa|xcpuXia<; vou.65 60, 17.
4) Im J. 13 V. Chr. war nach Dio Cass. 54, 34 L. Piso Statthalter von
Paniphylien. Da derselbe aber ein Consular war und Pamphylien niemals eine
consularische Provinz gewesen ist , so scheint Pamphylien wie Cilicien damals
mit Syrien zusammen verwaltet worden zu sein, worüber das Nähere bei Syrien
nachzusehen ist.
5) Appian. Mithr. 61. Wir haben noch eine Inschrift C. i. L. 1 p. 169 =
('. 1. Gr. 5882, welche eine lycische Stadt zum Dank für diese Privilegien in
Rom setzte.
6) Cic. act. 1 in Verr. 38, 95.
7) Appian. B. C. 5, 7.
8) Suet. Claud. 25 : Lyciis ob exiüahiles intet se discordias libertatem ademit.
Dio Cass. 60, 17: xo6; xe Auxiö'j; oxaaidaavxa; , oiaxe xal 'Vv)[j.r>.wji xiva;
äroxxelvxi, ioou/.c/joaxo xe xal d; tos xtj; Ilafxcp'jXia; vo[j.6v i(3i'(pa<]^&u. Ks wer-
den in den nächsten Jahren auch bereits zwei Statthalter Lyciens genannt,
nämlich erstens Eprius Marcellus praetor 48 n. Chr. (Tac. Ann. 12, 4), Statt-
halter von Lycien wohl 54 — 56 , da er 57 von den Lyciern wegen Repetunden
verklagt wurde (Tac. Ann. 13, 33. Horghesi Oeuvres 3, 286: 4, 349); zweitens
Mcinius .VTutianus, Lyciae leytttus fl'lin. N. II. 12 % 9), wahrscheinlich der Nach-
folger des Kprius .Marcellus (Uorgliosi Oeuvr. 4, 350).
9) Tac. lliH. 2, 9: (rnlatiain ac Pamplujliam provincids Calpurnio Aapreiviti
Teyendna Galba permiserat. Ziimpt Comin. tp. II p. 143 nimmt au, dass über-
haupt m:\t Claudius I.ycien und PamphyliiMi unter dem Legaten von Oalatieii
standen. Uebcr da» Freiwerden Lyciens fehlt jede Nachricht.
— 218 —
setzen 1), von welcher Zeit an Lyeia Piunphylia unter kaiserlicher
Verwaltung, wie bereits früher unter Claudius, stand, bis in» J.
135 Hadi'ian sie gegen Hithynien austauschte und zur senatori-
schen Provinz machte'-^). Aus diesem Umstände erklärt sich,
dass als Statthalter in ihr bis zu dem genannten Jahre ein lega-
tus AiKjusti pro praetore'^^)^ später ein Pro})rätor mit dem Titel
pr'oconsul fungirt ^) .
Lycische Obgleich durch eine gemeinsame Verwaltung äusserlich ver-
iissung. einigt, eihielten sich doch die beiden Landschaften als getrennte,
selbständige Nationalitäten. Lycien halte in der Zeit seiner Frei-
heit einen Städtebund (Aoxiaxov ouaTr^jia) gebildet'^), in welchem
von den zahlreichen Ortschaften des Landes ^) nach Artemidorus,
1) Suet. Vesp. 8: Achaiam, Lyciam, Rhodum, Byzantium, Samum libertate
ademta — in provinciarum formam redegit. Eutrop. 7, 19. Euse"bius Chron. Can.
p. 159 Schoene setzt die Einrichtung dieser Provinzen Olymp. 213, 2 = 74, also
in das 6te Jahr des Vespasian. Von diesem Jahr scheint auch die cilicische
Aera zu datiren. Clinton F. Rom. ad a. 74.
2) Dio Cass. 69, 14: x-jj os otj ßo'jXir] %al t(|) vSkr^pw y] riap.cp'jXia dvTt tT^
Bi9^u^iai dBo^Tf). Das Nähere hierüber s. oben S. 196 An'm. 1. 2. 3.
3) Ein Verzeichniss der Statthalter Lyciens und Pamphyliens hat schon
Secchi MoiiumenÜ inedlti d'un antico sepolero di famiglia Greca scoperto in Roma
SU la via Latina, Roma 1843 fol. p. 18 — 20 zusammengestellt. Von Legaten Ly-
ciens sind jetzt begannt : unter Vespasian S. Marcius Priscus, C. I. Gr. 4270. 4271
= AVaddington n. 1253. 1254 und L. Luscius Ocrea, Heuzen Annali 1852 p. 185
= Waddington n. 1225; unter Titus im J. 80 T. Aurelius Avitus , Waddington
n. 1292; unter Traian A. lulius Quadratus, C. I. Gr. 3548. 3532. 4238^, Wad-
dington n. 1722a ; L. lulius Marinus Simplex, Marini Arv. n. LVIIL C. I. Gr.
n. 4238c ; Q. Pompeius Falco, Henzen 5451.
4) Hieher gehört Q. Ranius Honoratianus Festus , Mur. 517, 4, der zuerst
leyatus des Proconsuls von Lycia Pamphylia, dann proconsul der Provinz war und
in die Zeit zwischen M. Aurel und Alexander Severus fällt (Borghesi Oeuvres
5, 388); C. Porcius Priscus Longinus unter Alex. Sever. , Marini Arv. n. LXI;
ein namenloser Proconsul, Grut. 491, 12 und Lollianus , Ruinart Acta mart.
p. 479. Schwierigkeit macht dagegen die Inschr. C. I. Gr. Vol. III p. 1140 n.
4303h^ = Waddington 1286, in welcher unter Antoninus Pius der Rath und das
Volk von Cyaneae ein Bad _dediciren : iizl Fvotiou 'Appbu Kop^r^Xiou IlpoxXou
-peGfleutou 'AoX dvTiaTpaxfjYOU. Denn dieser Proculus, der in den Digesten mehr-
mals erwähnt wird (Dig. 2, 8, 7; 26, 5, 24; 48, 18, 1), ist nicht für einen Le-
gaten des Proconsuls, sondern für den Statthalter selbst zu halten. Es würde
demnach, wie bei Bithynien , so auch bei Lycien nach Hadrian eine nochmalige
Aenderung der Administration anzunehmen sein.
5} S. Strabo 14 p. 664. 665 und die vortrefflichen Untersuchungen von
Koner Beiträge zur Münzkunde Lyciens in Pinder und Friedländer Beiträge zur
älteren Münzkunde Bd. 1, Berlin 1851 S. 93 — 122 und W^addington in Revue nu-
mismatique 1853 p. 85 — 98 (vgl. denselben in Le Bas Voy. Expl. des inscr. III
n. 1221), welche Kuhn II S. 292 unbenutzt gelassen hat.
6) Nach Plinius zählte Lycien früher 70, zu seiner Zeit 36, nach Ptole-
maeus 33 , nach Hierocles 28 , nach Stephanus 'von Byzanz 64, Aus andern
Quellen, Münzen und Inschriften sind nähe an 100 lycische Ortschaften be-
kannt, die Koner a. a. 0-. p. 96 ff. zusammenstellt.
— 219 —
der elwa 100 v. Chr. schrieb i) und Strabos Quelle ist, %] stimm-
berechtigt waren. Auch diese zerfielen wieder in drei Classen,
grosse Städte, welche drei, mittlere, welche zwei, und die übri-
gen, welche eine Stimme hatten 2); nur die ersten, sechs an Zahl,
fuhrt Slrabo an; die übrigen würden uns unbekannt sein, wenn
nicht der lycische Bund ein gemeinsames Münzsystem gehabt
hätte, nach welchem die Münzen der Bundesstädte neben dem
abgekürzten Namen der Stadt das auf den gemeinsamen Apollo-
cult bezügliche Wappen des Bundes, eine dreisaitige Leier oder
Bogen und Köcher, nebst der Umschrift AYKIQN führen. Mit
Hülfe dieser Münzen sind ausser den von Strabo angeführten
Bundesstädten: 1. Patara, 2. Olympus, 3. Myra, 4. Tlos, 5. Xan-
thus, 6. Pinara^J noch elf mit Sicherheit nachzuweisen: 7. Anti-
phellus, 8. Aperlae, 9. Arycanda , 10. Gragus, \\. Cyaneae,
12. Limyra , 13. Masicytus, 14. Phellus, 15. Podalia, 16. Bho-
diapolis, 17. Trebenna (oder Trabala)- Nicht ganz sicher sind
dagegen: 18. Apollonia , 19. Araxa, 20. Telmissus. Es fehlen
somit für die Zeit des Artemidorus wenigstens drei Städte. Für
die spätere Zeit lässt sich indessen auch diese Lücke ergänzen,
da seit d. J. 84 v. Chr. Bubon^) und Balbura^) und in nicht
näher zu bestimmender Zeit Phaseiis ^') dem Bunde angehört
haben. Diese Ortschaften waren es, welche jährlich in einer aus
•ihrer Zahl durch Wahl bestimmten Stadt die Landesversanunlung
auvsopiov xotvov) durch ihre Deputirten (auvsopoi) abhalten Hessen.
In derselben wurden zuerst der Lykiarch, dann die anderen
Bundesbeamten 7) gewählt, ein Bundesgericht constituirt, Krieg
1) Marcianus Heracleensis epitome peripli Menippei in Müller Geogr. min.
I, Ö66: 'ApTefj-ioojpo; 0£ 6 'Ecfzoto; YewYpacpo? -icard xf^v sxaxodTT^v E^axoor^jV
hudzr^y '()).'j|A7:iaoa •'(t^o-^vji, d. h. 104 v. Clir.
2) Strabo braucht die Bezeichnungen al ixi^i^-ai — cti {Asoat — ai aXXat.
3) Von den fünf ersten sind Bundesmünzen vorhanden, von Pinara ist noch
keine aufgefunden.
4) Von Bubon giebt es eine Bundesmünze, allein erst durch Murena wurde
84 V. Chr. die Tetrapolis Kibyra, Bubon, Balbura und Oenanda, welche bis dahin
eine eigne Dynastie bildete, aufgelöst und Bubo und Balbura zu Lycien geschla-
gen (Strabo 13 p. 631). Es lionnte also erst seit 84 Bundesstadt sein.
5j Von Balbura giebt es Bundesmünzen nicht, seine Zugehörigkeit zum
Bunde beweisen aber mehrere Inschriften. Heiizen Annali 1852 p, 178 IT. Wad-
diiigton n. 1221 ff.
6) Phaselis hat neben eigenen Münzen auch Bundo^münzcn geprägt und
daher zu irgend einer Zeit dem Bunde angehört.
7) Zu diesen gehören zur Zeit der lycischcn Freiheit der .Xdmiral, vairxpyo;,
der in den Inschriften Waddingtou n. 1201. 1252 erwähnt wird.
— 220 —
und Frieden beschlossen und Abj^aben ausgeschrieben und diese
Verfassung des Bundes bestand unter römischer Herrschaft fort,
nur dass die Conipotcnz für äussere Politik und ohne Zweifel das
Abgabenvvesen dem Bunde entzogen war. Auch unter der Pro-
vincialverwaltung also tinden wir das xoivov Auxiwv*), den Auxt-
ap/rj?2), die Abgeordneten (auvsSpoi), und als stehende Beamte
des xotvov die ßouXsuTal, die xoivot ap^^ovis? oder iUvLxot ap/ov-
Ts;*^), insbesondere einen ap^^icpuXa^ ^) , mehrere uTCocpuXaxe? ^) , einen
YpafjLfiarsuc ^) und die Priester Lyciens'). In gleicher Weise feierte
Pamphyii- Pamphvlien seine eigene Festsemeinschaft, Miiic, OauLcpoXiaxTi ^)
scher Land- "^ 7 .' '' '
tag. unter einem na|xcpuXiap)(Yj?-^), auch hat die Provinz keine gemein-
same Hauptstadt, sondern Lycien allein drei Metropolen, TIos'"),
Xanthus ^') und Patara 12) ^ während in Pamphylien Side die erste ^''j,
Perge die zweite, Aspendus die dritte Stadt ist^^). Nichtsdesto-
weniger erhielt sich die Vereinigung beider Landschaften unter
einem Statthalter mindestens bis 313 n. Chr. i-^); nicht lange
1) Es kommt vor in Inschriften von Xanthus (Waddington n, 1250), Tlos
(n. 1245), Patara (n. 1266), Oenoanda (n. 1233), Balbura (n. 1221. 1224), Pha-
selis, C. /. Gr. 4332.
2) Inschr. von Xanthus, C. 1. Gr. n. 4274. Addenda p. 1124 = Waddington
n. 1257; von Bubon, Waddington n. 1219; von Balbura, n. 1224; von Telmes-
sus, C. J. Gr. n. 4198.
3) Inschr. von Balbura, Waddington n. 1221 : o6'v[T]a os v.ai toi? o'JV£[opot;
y.a]i Au-Äi(u^; dpyoaTaxat? [xal ßo]'jXe['j]Tai? "xal vcot^^oi; ap"/o'j[otv &t]avofxfj;
avot K ß^. Die dpyooTdxai sind unerklärt, die -/oivol dpyovxs? heissen in dersel-'
ben Inschr. mehrmals i&vixot dpyovxe?.
4) Waddington n. 1224.
5) C. I. Gr. 4332. Waddington n. 1224.
6) Waddington n. 1266. Die Lesart ist nicht sicher; Henzen ergänzt Ta|JLia;.
7) Eine dpyiepeia Auxta; , Waddington n. 1297, ein dpyicpaad|xevo; xfj;
Auxiot;, d. h. ein gewesener dpytsps'j?, Römische Inschr, bei Secchi a. a. 0. p. 13
= Ballett, d. Inst. 1843 p. 138.
8) C. I. Gr. 4352. 4354. 4355. Eckhel 3 p. 9 , der den Ausdruck indessen
nicht verstand. Mionnet 3, 449.
9) Waddington n. 1224.
10) C. I. Gr. n. 4240«; Waddington n. 1266.
11) C. 1. Gr. n. 4276 und Addenda p. 1125 = Waddington n. 1255; C. I. Gr.
4273. 4274 = Waddington n. 1257. 1258.
12) C. 1. Gr. n. 4280. 4281. 4283.
13) Eckhel 3, 17. Den Titel Metropolis linde ich nur in der sehr späten
Inschrift C. I. Gr. n. 4361.
14) Philostratus u. Apollon. 1, 15: dcpUexo (xev ydp e; "AoTrevoov xy)v HaiJL-
cpüXcDV • — 7tp6; E'jpu[j.£Oovxi oe ofxeTxai rcoxafxtj) -1^ rcoXi? a'jxrj , xpixT^ xiov ixei.
15) Die Verordnung Cod. Th. 13, 10, 2 vom Jahr 313 ist gerichtet ad Euse-
bium V. C. praesidem Lyciae et Pamphyliae. In dem veroneser Verzeichniss von
295 ist nur Pamphylia, nicht Lycia aufgeführt und Mommsen nimmt an, dass
der letztere Name nur durch ein Versehen ausgefallen sei. Ich halte für wahr-
scheinlicher, dass die combinirte Provinz, welche damals noch existirte, mit dem
einen Namen Pamphylia bezeichnet ist.
— 221 —
darauf^) aber wurdo sie aufe;ehoben und Lvcia unter einen Trennuug
o » beider
praeses, Pamphyüa unter einen consularis gestellt 2), Tbeiie der
XXXIII. Cilicia»).
Cilicien ist von Natur in zwei Theile getbeilt, deren Grenz-
scheide die Stadt Soloi bildet; westlich von derselben liegt Cilicia
aspera (rpa^^sTa, Tpa^^sioiTi;), östlich bis zur syrischen Grenze
Cilicia campestris (üsBidic). Nur mit dem ersteren kamen die
Römer zunächst in Berührung durch die Seeräuberkriege. Der
Prätor M. Antonius nämlich 4), welcher im J. 103 als Proconsul^)
gegen die cilicischen Piraten den Krieg eröffnete, eroberte zwar
nicht das rauhe Cilicien, in welchem dieselben ihre festen Plätze
hatten, aber occupirte wenigstens die benachbarten Districte, um
für künftige Land- und Seekriege mit den Ciliciern einen Aus-
gangspunct zu sichern. Von dieser Zeit an ist von einer Provinz
Cilicien die Rede, was man in doppelter Weise verstehen kann.
Entweder nämlich muss man, da von dem eigentlichen Cilicien
damals noch kein Theil in den Händen der Römer war, provin-
cia in dem Sinne eines militärischen Commandos nehmen, dessen
Aufgabe die Eroberung eines noch nicht occupirten Landes ist**),
oder man muss annehmen, dass die vorläufig in Besitz genom-
menen, ausserhalb des eigentlichen Kriegsobjects liegenden Land-
schaften von Anfang an den Namen erhielten, den die spätere
1) Das Jahr ist nicht zu ermitteln. In den Subscriptiouen des Concils von
Nicaea (325 n. Chr.), die nach Provinzen geordnet sind (Mansi II p. 69ö), wird
bereits Painphylia und Lycia einzeln aufgeführt. Indess ist diese lateinische Re-
daction der Subscriptionen eine sehr trübe Quelle , auf die wenig Gevk'icht zu
legen sein dürfte. In der um 350 n. Chr. verfassten Descriptio tothis orbis in
Müller (ieogr. min. II p. 522 wird eine regio Pamphylia und eine regio Lycia
genannt , woraus man ebenfalls das Vorhandensein zweier Provinzen nicht sicher
folgern kann ; erst Polemius Silvius p. 254. 255 erwähnt ausdrücklich um das
Jahr 385 beide Provinzen.
2) Sot. Dign. Or. I p. 6. 7. Bei Hierocles p. 079. 682 sind beide Provinzen
consnlarisch,
3) S. R. Preuss De Cilicia Romanorum provincia, Regimonti Pr. 1859. 8.
Caspar Härtung De proconsulatu Ciceronis Ciliciemi, Wirceburgi 1868. 8. Fr. Junge
De Ciliciae liotnnnorum provinciae origine ac primordiis, Ilalae 1869. 8. Die In-
srhriften In V. Langlois Jnscription/i Grecques , Rontaines , liyzantines et Armit-
niennes de lo Cilicie, Paris 1854. 4 sind, so weit sie hieher gehören, auch bei
Waddington zu linden, den ich allein citire.
4) Liv. ep. 68. Inl. Obaequens 44 (104). Drunianii 1 S. 61.
5) Cic. de or. 1, 18, 82.
6j Dies ist die Ansicht von Norisius Cenolaph. I'iitan. II, 11 in (>pp. 111
p. 341, wehher über die Kntstehung der Provinz ausführlich handelt. Ueber
den Hegrifr provinria ist weiter unten die R(>d«;.
— 222 —
Provinz führen sollte. Die letzte Ansicht^), nach welcher seit
Provinz /|03 ein bestimmtes Territorium unter dem Namen der Provinz
103 V. Chr.
Cilicien in römischer Verwaltung war, hat das für. sich, dass eine
ganze Reihe von Statthaltern dieses Territoriums bekannt ist. Im
.f. 92 commandirte in demselben Sulla 2), in den .T. 89 — 88 Q.
Oppius, der in Laodicea von Mithridates gefangen wurde. Er
hoisst aTparr^Yo;^), 3T^a■cr^^(oc, na[x(pu>aa;'^), legatus^), bei Livius
aber proconsid ^') , und wenn, wie es scheint, dieser Titel der
richtige ist, so kann er, da in Asien damals L. Gassius proconsuJ
war''), nur proconsid Ciliciae gewesen sein^). Obgleich er die
Provinz an Mithridates verlor, so wurde dieselbe nach dem Frie-
densschlüsse des J. 84 sofort wieder hergestellt, wahrscheinlich von
Murena, den Sulla in Asien zurückgelassen hatte, um dort die nöthi-
gen Anordnungen zu treffen''). Von da an verw^alleten die Provinz
in regelmässiger Folge: Cn. Cornelius Dolabella 80 — 79i<^j; P. Ser-
vilius Vatia Isauricus 78 — 71 1^); L. Octavius [cos. 75) im J. 74 ^2]^
Lucullus 74 — 6713), Marcius Rex 67— 06^4) . Wenn sich so die
Reihe der Statthalter von 1 03 bis zur Zeit des Pompeius verfol-
1) Sie wurde schon aufgestellt von Slgonius De antiquo iure populi Rom.,
Lipsiae et Halae 1715. 8 Vol. II p. 88 und ist neuerdings sorgfältig begründet
worden von Mommsen R. Gr. 2, 136. Junge a. a. 0. p. 9 ff.
2) Aurel. Victor de v. ill. 75: praetor Ciliciam provinciam habuit. Bei Ap-
pian heisst er KtXtxia? apytov (Mithr. 57), KiXixta; 'fi^O'Jixzvoi (B. C. 1, 77).
3) Appian. Mithr. 17. '20.
4) Athenaeus 5 p. 213a.
5) Granius Licinianus p. 35 Bonn.
6) Liv. ep. 78.
7) Appian. Mithr. 11. 17. 24.
8) Er war demnach propraetor mit dem Titel proconsul. Als solcher hatte er
Lictoren, die Appian. Mithr. 20 erwähnt.
9) Appian. Mithr. 64. Drumann 2, 455 ; 4, 184. Ueber diese Anordnungen
haben wir ein bestimmtes Zeugniss bei Strabo 13, 631, nach welchem die ciby-
ratische Tetrapolis, ein Fiirstenthum, bestehend aus den Städten Cibyra, Bubon,
Balbura und Oenoanda von Murena aufgelöst und die Hälfte desselben, nämlich
Bubon und Balbura dem lycischen Lande einverleibt wurde ; ein Factum, welches
die Münzen dieser Städte ebenfalls erkennen lassen. S. Waddington in Revue
numismatique 1853 p. 92.
10) Cic. Act. 2 in Verr. 1, 16, 44: posteaquam Cn. Dolabellae provincia Ci-
licia constituta est. Vgl. 1, 29, 73. Ueber die Zeit Drumann 2, 563 f.
11) Er war cos. 79, ging 78 in die Provinz und führte den Krieg dort drei
Jahre (Eutrop. 6, 3. Oros. 5, 23) , nach Cicero Act. 2 in Verr. 3, 91, 211 fünf
Jahre, d. h. 78 — 74.
12) Er starb in Cilicien 74. Plut. Luculi. 6.
13) Beim Ausbruch des zweiten mithridatischen Krieges erhielt er Cilicien
(Plut. Luc. 6) , zugleich aber , wie aus der" Geschichte des Krieges hervorgeht,
Asien als Provinz. Mommsen R. G. 3, 72. Junge p. 38.
14) Dio Cass. 35, 15. 17. Sallust. Hist. 5 fr. 11 Dietsch.
— 223 —
gen Uisst, so ist es dagegen schwerer, den Umfang der Provinz
in dieser Periode zu bestimmen. Es ist oben S. 178 bemerkt
worden, dass bei der Constitution der Provinz Asien im J. i29
Pamphylia , Phrygia maior und Pisidia von derselben ausge-
schlossen wurden. Dass diese Länder im J, 103 von Antonius
zur Provinz gemacht sind , wird daraus wahrscheinlich , dass
schon im J. 88 sowohl Pamphylien ^) als auch Grossphrygien,
d. h. die späteren Gerichtskreise von Synada und Apamea 2)
als Provincialland erscheinen ^j , und dass der Verwaltungsbezirk
des Dolabella (80—79), den Cicero bald Cilicia '^j, bald Pam-
phylia nennt ^), Grossphrygien, Pisidien, die im Norden von Lycien
gelegene Landschaft Milyas und Pamphylien umfasste ^) . Auch der
glücklichste der cilicischen Proconsuln, P. Servilius Vatia, den
ein Theil unserer Quellen zum eigentlichen Gründer der Provinz
Cilicien macht"), eroberte zuerst in Lycien Olympus und Phaseiis, in
Pisidien Oroanda, in Pamphylien Atlalea und machte die Gebiete
dieser Städte zu ager publicits ^) ; dann erst ging er über den
Taurus und eroberte Isaura und dessen Gebiet, wovon er den
Beinamen Isauricus annahm-'). Auf diesem Zuge occupirte er
1) S. Seite 222 Anm. 4.
2) Plin. N. H.6 % 105. 106.
3) Liv. ep. 77 : Mithridates Ponti rex Bithynia et Cappadocia occupatis et
pulso Aquilio legato Phrygiam, provinciam populi Romani , cum ingenti exercitu
intravit.
4) Cic. ad. 2 in Verr. 1, 16, 44.
O) Verres, der Quästor des Dolabella, heisst vexator Pamphyliae, Cic. act. 1
in Verr. 1, 2. Vgl. 4, 11 : cuius legatio exitium fuit Asiae totius et Pamphyliae,
quibus in provinciis multas domos — — depopulatus est. Act. 2, 1, 37, 93. Die
Käubereien verübte er namentlich in Aspendus und Perge {Act. 2, 1, 20, 53. 54).
Nur einmal, Divin. in Caec. 2, 6, wird als Schauplatz derselben neben Pamphy-
lien auch Cilicia erwähnt, ohne dass wir hierüber etwas Specielles erfahren.
6) Cic. act. 2 in Verr. 1, 38, 05: pro quueslore vero quomodo iste (^Verres)
commune Mdyadum vexarit, quomodo Lyciam, Pamphyliam, Pisidiam Phryyiamque
totam — af/Hxerit , non est necense demonstrare verbis. Lycien wird wohl nur
deshalb erwähnt, weil die Landschaft Milyas dazu gerechnet wird. Zur Provinz
gehörte es entschieden nicht.
7) Velleius 2, 39, 2; Ciliciam perdomuit Jsauricus. Eutrop. 6,3: is Cili-
dorn subeyil. Ammian. 14, 8, 4: liae duae provinciae {Isauria et Cilicia) — —
a Servilio proconsule missae ȟb iugum factae sunt vectigales. Im Widerspruch
damit sagt Appian. Milhr. 93: .Mo'jp^,va; xe s-^yetpTjSa; aütoi; (toi; KtXi^i) o'jöev
ikii.^yx'5'zo ^t-iy^, <ifX oOoe iepoutXio; loauptrö; iri T<f> Moup-Zjva. Das« dies das
nichtige ist, zeigt die Fortdauer der Käubereien.
Ö) Cic. de Uye uyr. 1, 2, 5 ; 2, 19, 50. Act. 2 in Verr. 1, 21, 50. Strabo
14 p. 671. Corycus, welches ausserdem angefühlt wird(Kutrop. 6, 3), ist waiir-
»cheiiilicli nicht die bekannte Stadt in Cilicien, wohin Serviliiis kanm gckonmieu
sein dürfte, sondern ein Ort in Lycien. Junge p. 32 f.
9j Liv. ep. 'J.'{. Floru» 3, 6. Kutrop. 6, 3.
— 224 —
zuerst einen Theil von Cilicia aspera, der seitdem in römischem
Besitz blieb ^) . Im Jahre 67, also während der Verwaltung des
Q. Marcius Rex^), erhielt in Folge der lex Gabinia Fompeius das
Commando gegen die Seeräuber, welche er nach dem Seesiege
l)ei Coracesium in ihre Burgen verfolgte und schliesslich im Bin-
nenlande ansiedelte^); im folgenden Jahre wurde ihm selbst das
Proconsulat von Cilicien und Bithynien übertragen'*), um von
diesen Provinzen aus den mithridatischen Krieg zu beendigen.
Im Frieden des Jahres CG fiel dann auch das ebene Cilicien,
welches seit 83 Tigranes besessen hatte ^), in die Hände der
Organisation Römer uud kounte zwei Jahre darauf (64) die Organisation der
von ()4. \ y o
Provinz in ihrem nachherigen Umfange vollendet werden •^j. Sie
umfasste nunmehr sechs Theile: Cilicia campestris, Cilicia aspera,
Pamphylia , Pisidia, Isauria, Lycaonia, wozu vorübergehend der
grösste Theil von Phrygien, nämlich die Bezirke von Laodicea,
Apamea und Synnada(S. 178), im Jahr 58 aber als achter Bestand-
theil die damals von den Römern den Ptolemäern entrissene Insel
Cyprus kam"). In diesem Umfange verwalteten die Provinz die
1) Dies erkennt man daraus, dass Mithridates im J. 73 angieii'en Hess:
riioiSa; T£ y.al 'loaupou? xal KiXr/,tav, Appian. Mithr. 75. Da Cilicia campestris
damals- dem Tigranes gehörte , die Seeräuber aber auf Seite des Mithridates
standen, so kann dies nur auf römische Besitzungen in Cilicien gehn. Auch
Sallust Eist. 6 fr. 11 Dietsch: at Lucullus audito Q. Marcium Regem pro consule
per Lycaoniam cum tribus legionibus in Ciliciam tendere lässt die Richtung des
Marsches auf Cilicia aspera nicht verkennen.
2) Die lex Gabinia verordnete; ut — esset ei imperium aequum in omnibus
provinciis cum proconsulibus usque ad quinquagesimum miliarium a mari, Vellei.
2, 31 , welche Anordnung in Greta zu einem Conflict führte. Mommsen K. G.
3, 114.
3) Drumann 4, 4J2. Cicero de imp. Pomp. 12, 35: ipse autem, ut Brun-
disio profectus est, undequinquagesimo die totam ad imperium populi Romani Ci-
liciam adiunxit. Plut. Pomp. 28. Dio Cass. 36, 20. Appian. Mithr. 96. Flo-
rus 3, 6.
4) Dio Cass. 36, 25. Mommsen R. G. 3, 108.
5) Appian. Syr. 48: '^pye he b\xo~j xal Kikiv.iac, Itu evt] xeocapsoxai-
0£xa. Vgl. Mithr. 105. Die i4 Jahre sind 83 — 69 v. Chr. bis zu seiner Besie-
gung durch LucjiUus. lustin. 40, 1 rechnet 18 Jahre, wahrscheinlich bis zur
zweiten Besiegung des Tigranes durch Pompeius 66. S. Clinton Fasti Hell. III
p. 340. Norisius nimmt mit Unrecht an, dass Luculi 69 bereits das ebene- Cili-
oien besetzt habe; aus Appian. Syr. 49. 50 geht vielmehr hervor, dass er das-
selbe dam Könige Antiochus von Syrien überliess, den erst Pompeius daraus
vertrieb.
6) Die Einrichtung der Provinzen Syrien und Cilicien erfolgte gleichzeitig
in diesem Jahre. Drumann 4, 453 und besonders Appian. Mithr. 105. 106. 118.
Syr. 49. 50. Liv. ep, 101. Plut. Pomp. 33.
7) Hierüber geben Ciceros Briefe genaue Nachrichten. Ueber die Zugehö-
rigkeit von Pamphylien und Isaurien s. Cic. ad Att. 5, 21, 9; von Lycaonien ad
— 225 —
Proconsuln P. Lenlulus 698—701=50—53 1), Appius Claudius
701—703 = 53—512), und Cicero Ende Juni 703— Juli 704 =
51 — 50'^). Das ganze Land war, insofern es nicht noch ein-
heiniischen Fürsten, die den Römern tributär waren, gehorchte,
in Gerichtssprengel [conventus] getheilt, welche den genannten
Bestandlheilen möglichst adäquat eingerichtet waren , nämlich Geiichts-
1. das ebene Cilicien oder den Bezirk von Tarsus ^J, welches schon ^^^^"^^ •
zu Ciceros Zeit caput Ciliciae^) , später Metropolis^) heisst und
Residenz des Statthalters ist, 2. Iconium für Lycaonien'), 3. das
forum Isainicum^]^ wahrscheinlich in Philomelium ^j, 4. das forum
Pamphylhim^^*] in Pergep), 5. das forum Cibyraticum, zu wel-
chem später 25 Städte gehörten, eine der grössten Diöcesen^^),
in Laodicea und Lycum^^)^ an der Grenze Cariens, 0. das forum
von Apamea 1'^), später 15 Städte enthaltend i"^), 7. das foiiim von
Synnada mit 51 Städten i-^), 8. Cyprus^ß). Die bedeutenden Ver- cüsars con
änderungen, welche gleich nach Ciceros Verwaltung in dem Um-
fange der Provinz eintraten (S. 178), scheinen von Cäsar, welcher
auf seinem Zuge gegen Pharnaces im J. 47 dieselbe neu consti-
tuirte 17) , anerkannt und die bereits früher zu Asien gehörigen
AU. 5, 15; 5, 21, 9; ad fam. 3, 5, 4; 15, 1, 2; 15, 3; über Cyprus od fam.
1, 7, 4; ad AU. 6, 2, 9 und mehr weiter unten.
1) Drumann II, 537. 541. Dass schon dieser Cypern mitverwaltete, sagt
Cic. ad fam. 1, 7, 4.
2) Borghesi Oeuvres 2, 168.
3) Drumann II. 191. Er hatte vier Legaten und einen Quästor. Der lef/te
war C Caelius Caldus , über welchen vgl. Rorghesi OeuvreK 1, 323. S. Härtung
a. a. 0. p. 27 f.
4) Cic. ad fam. 3, H, 4. Philostr. v. ApoUonii 1. 12: Iv TotpooU 0£ «Zpa
ayopav r^-^cv. Ada martyrum ed. lluinart p. 423. Leber Tarsus vgl. Hoecking
ad \ot. IHyn. Or. p. 311.
5j Cic. ad fam. 2, 17, 1. ad AU. 5, 20, 3.
ü) Kckhel ;}, 71. 74. 75. Dio Chrysost. II p. S. p. -W, R.
7J Cic. ad AU. 5, 20, 1.
8) Cic. ad AU. 5, 21, 9.
9) Cic. ad fam. 15, 4, 2.
lOj Cic. ad AU. 5, 21, 9.
11) Plin. N. H. 5 S 105. Strabo 13 p. Olli.
12) Cic. ad AU. 5, 21, 9. ad fam. 3, 8, 5; 15, 4, 2; i:J, 07, 1.
13) (Mc. ad fam. 13, 07, 1 und öfter.
14) Plin. ;V. H. 5 S lOH.
15) Cic. und Plin. a. a. ().
16) Cic. ad AU. 5, 21, 6.
17) Hirtiiis /^ Alex. ()6 : ipne eadem rianne, qua venerat, prnfirhrilur in Citi-
rinm ; rühm prnvinciae rivilitteft nninex evornt Tarsnm , qvnd nppidum ferr tolitis
Ciliriiie nnhilinsimurn forlisHhnHvnjne ext. Ihi , rebus mimihii* jirr^rinrine et fhiiti-
juaruin ririliUum e(mstUuUM - non diutiu.t nioratur. Von diesem .lilivc Int die
.Stadt Aeeae ihre Aera. Rrkhel 3, 39.
Koin. Altnrth. IV. lu
— 226 —
Diöcoson von Cibyra, Apamea, Synnada und Philomelium damals
ondgUlllü; wieder dieser Provinz zugewiesen worden zu sein, bei
der sie fernerhin blieben ; über den noch übrigen Theil Giliciens
verfügte im .1. 30 vollends Antonius, indem er Cyprus^j und
Cilicia nspera^) der Cleopatra, das ebene Cilicien seinem Sohne
Ptolemaeus^), Pamphylien, Isaurien und Lycaonien grossentheils
dem Amyntas von Galalien*) zuwies. Zwar wurden diese Ver-
fügungen nach Antonius Tode ungültig^), allein auch Augustus
Aiigustus stellte die Provinz nicht in ihrer früheren Ausdehnung her.
anchnt den
vintanü: der Denn Amyutas behielt die von ihm erworbenen Landschaften,
und als nach seinem Tode 25 v. Chr. Galatien Provinz wurde,
blieben bei dieser Provinz auch Lycaonien ^j) und Isaurien, wäh-
rend Pamphylien nicht zu derselben gezogen wurde ; Cilicia aspera
hatte Augustus ebenfalls dem Amyntas überlassen und verlieh es
im .1. 25 V. Chr. nochmals einem fremden Herrscher, Archelaus
Dynastie von von Coppadocicn ') . Die Residenz desselben war die Insel Elaiussa
Llaiussa. '
am Ausfluss des Lamos, von ihm dem Augustus zu Ehren Sebaste
genannt 8) j und noch nach seinem Tode 17 n. Chr., als Cappa-
(locien Provinz wurde, scheint seine Familie im Besitze von
Cilicia trachea geblieben zu sein-'), bis Caligula dasselbe nebst
einigen andern Landstrichen dem Antiochus IV von Commagene
überliess*^). Erst im J. 74 n. Chr. wurde durch Vespasian
1) Strabo 14 p. 685. Plut. Anton. 54.
2) Strabo 14 p. 671.
3j Plut. Ant. 54.
4} Dio Cass. 49, 32. Strabo 12 p. 568. 569. 571.
5) Strabo 14 p. 685.
0) p]ine Zeit lang gehörte Lycaonien dem Antiochus IV von Commagene, wie
wir w^eiter unten sehen werden. Im l'ebrigen vgl. den Abschnitt über Galatien.
7) Strabo 14 p. 671. Dio Cass. 54, 9..
8) Strabo a. a. 0. loseph. Ant. 16, 4, 6 : 'Hpwo'/]; os ttXsoov cjv toT; Tataiv
oj? i^bifzo y.rixa. KiXty.iav bi 'E/.£0'j3r], -r^ iji£Ttovo|j.a3[j.sv7j vOv SeßaOT:^ , v.ata-
Xaa^avst tov [SasiXsa T'?j(; Ka-Traooxiac 'ApysXaov, (); a'JTov ky-Myzxai cptXocppo-
vtu:;. Vgl. 16, 10, 7. Steph. I5yz. 1 p. 558 Meineke: Xi-^t-zrii v.ai -f] Tipo; xq
Kwrjd'Ain yeppovrjcoc outoj? , nämlich SsßaatTj, und über diese Stelle Norisins
De epochis Syromacedonum diss. II in Opp. II p. 142 f.
9) Tac. Ann. 6, 41 : per idem tempus (36 n. Chr.) Clitarum natio, Cappa-
doci Archeiao subiecta — in iuga Tauri montis abscessit. Die Clitae wohnten bei
Anemurium an der Südspitze von Cilicia Trachea. Aiclielaus kann aber der be-
kannte König von Cappadocien nicht sein, da dieser damals schon 19 Jahre todt
war. Vgl. Huschke Ueber den znr Zeit Christi gehaltenen Census S. 1(l'2 f.
10) Ta TrapaftaXasaia Tfj? Ki}dy.[ac, Dio Cass. 59, 8. Aus seinen Münzen
ersehen wir, dass er besass : 1. Die Stadt Sebaste und das dazu gehörige Cili-
cia Trachea; vgl. Tac. Ann. 12, 55, der die Stadt Anemurium als dem Antio-
chus zugehörig nennt. 2. Die Städte Alexandria und wahrscheinlich auch Epi-
— 227 —
Cilicia trachea mit der Provinz vereinigt^), obwohl auch damals
noch die Insel Sebaste der lolape, Tochter Antiochus IV von
Commagene und ihrem Manne Alexander verblieb^). Später ist
Sebaste civitas liberal).
In gleicher Weise Hess Auguslus in Cilicien noch zwei andere
Dynastien bestehen, indem er von dem Grundsatze ausging, dass
gebirgige und uncivilisirte Districte, welche die beständige Gegen-
wart des Statthalters und einer Militärmacht erfordert haben wür-
den, vorläufig besser von einem einheimischen Häuptlinge, als
von dem entfernten Legaten verwaltet würden'*). Es waren dies:
4 . Die Dynastie von Olbe, nördlich von Soloi im Taurus, {Dynastie
•^ ' • 'von Olbe.
eine alte Priesterherrschaft, welcher einstmals das ganze- rauhe
Cilicien unterworfen war und welche ihren Ursprung auf Aias,
des Teukros Sohn, zurückführte, weshalb 'die Fürsten grossen-
theils den Namen Aias und Teukros führten s). Im J. 711=43
usurpirte diese Herrschaft Aba, die Tochter des Tyrannen Zeno-
phanes, mit Genehmigung des Antonius und der Cleopatra ; nach
ihrer Absetzung^*) im J. 715 = 39 kam wieder die rechtmässige
Familie der Teukriden zur Regierung und zwar zuerst Polemon,
der sich zu Fähren des Triumvirs Antonius M. Antonius Polemo
nannte, den Titel oavaarr^c 'OXßscwv tyjc Upac xai Ksvvartov xat
AaXaaascüv auf Münzen führt, zugleich Iconium") und das an-
grenzende Gebiet besass, und von 39 bis wenigstens 29 v. Chr.
phania am Meerbusen von Issus. 3. Den nordöstlichen Theil Cüiciens , Lara-*
i.atis. 4. Lycaonien. S. Eckhel 3, Ö5. 06. 81. 255. 256. 258.
1) Hierauf ist zu beziehen die Stelle Sueton. Vesp. 8: item trnchiam Cili-
c'iam et Commagenen, dltionis regiae usque ad id tempus, in provinciarum formam
redegit, über deren richtige Lesung vgl. S. 157 Anm. 6.
2) loseph. Ant. 18, 5, 4: yx^xzi os o'jto; (Alexander, Sohn des Königs Ti-
granes von Armenien) 'A»^tio/oj toü Ko[j.{j.aY'fjvö[)v ^aotXsu); ^'j^rni^a '[(uxaTTYjv •
vTiOtdoo^ T£ ri^; iv KiXtv.'.a (j'jeoTtaaiavo; a'jTov lo-aTat ßaoiXiot. üeber diesen
Alexander vgl. Mommsen Hermes 4, 191.
3j Auf Münzen seit Commodus. Eckhel 3, 82.
4j Strabo 14 p. 671 sagt von Cilicia trachea; cOcpuoOc ^ap Ävto; Toy Tfizoi»
Tfio; -d XT^arr^pia -/otl y.cxTd yv ^''^' '/■'^'^o. i>dXaTTav — — — ioQxei rpö; Ärav
TÖ ToioüTo ^ctoiXeuecHcti (la/.Xov touc t^-o'j; yj utto toi; 'P(u(jt7(oi; ii'^cix/m^ eiv/t
Toi; i-nX td; xpioei; 7Te(ji7:o}x£vot;, 6i (ji'/jt dei irapeivat ^{jieXXov ixip:t |j.eH' XttXüiv.
5) Strabo 14 p. 672. Ausser ans dieser Hauptstcllr und z\v«^j andern gelegent-
lirhen Erwähnungen kennen wir diese Dynastie aus ihren Münzen, über weh-he
vortrefriirh harulclt Waddington Herne numinmatiqtie . 1866 p. 429 — 438. Die
Ilesnitate dieser Untersn<^hurig hab»; ich benutzt.
6) Strabo a. a. (). und über die Zeit Waddington a. a. O. p. 432.
1) Strabo 12 \k 568.
15»
— 228 —
re£>iorle^). Unter seinen Nachfolgern ist bekannt Aias, Sohn des
Teukros, der in den letzten Jahren des Augustus auf den Thron
gelangte, wenigstens 5 Jahre, etwa 11 — 15 n. Chr., regierte und
sich auf seinen Münzen ap/ispsu; ^o'Kaipyrr^Q Ksvvrxtwv AaXocoastov
nennt; endlich ist als ziemlich sicher überliefert, dass der Kaiser
Claudius im J. 41 n. Chr. dem König Polemo 11 von Pontus das
bosporanische Reich nahm und ihm dagegen die Herrschaft von
Olbe zuwies'^).
^ffromit*"" 2. Eine zweite Dynastie hatte ihren Sitz im Gebirge Amanus,
motus. welches Cilicien im Osten begrenzt. Hier regierte seit Pompeius
der König Tarcondimotus P), den Cicero im J. 51 v. Chr. er-
wähnt'^). Nach der Schla(iht bei Pharsalus, in welcher er dem
Pompeius Hülfe leistete, von Caesar begnadigt'^), im J. 42 von
Cassius wieder zur Theilnahme am Kriege gezwungen^'), starb er
endlich in der Schlacht bei Actium, auf der Seite des Antonius
kiimpfond'). Von seinen beiden Söhnen Philopator und Tarcon-
dimotus H wurde , obwohl sie die Partei des Antonius ver-
liessen^), der ältere seiner Herrschaft beraubt •♦) und dieselbe erst
im J. 20 V. Chr. dem jüngeren wiedergegeben i<>). Sein Nach-
folger und vielleicht sein Sohn, Philopator H, starb 17 n. Chr. ^^).
Unter Caligula scheint auch diese Herrschaft an Antiochus IV von
Commagene gekommen und später mit dessen übrigen Ländern
unter Vespasian zur Provinz gemacht worden zu sein^^j^
Cilicien zu [)[q Ppovinz Cilicieu hatte denmach nach dem letzten Büreer-
Syrien ge- «^
schlagen. • kriege nur einen geringen Umfang ; es gehörte dazu das ebene
1) Das Jahr 715 = 39 giebt Appian. B. C. 5, 75 an. Das lOte und Ute
Regieningsjahr ist auf seinen Münzeji bemerkt.
2) Dio Cass. 60, 8 : xtü FloXIfj-aiVt /(opav rivd dvT auTou (statt des Bospo-
rusj T-^; KOa%'io.i; (hziowAt . Es ist wenigstens sehr wahrscheinlich, dass hiemit
die Herrschaft Olbe gemeint ist, und Waddington p. 436 bezieht auf diesen Po-
lemo eine Münze, auf welcher es lieisst : noXsfxwvo; ßaotXsto?. IJÜ. (()X^£)u}v
AotXotastov '/al Rewattuv.
3) Strabo 14 p. 676. Auf Münzen heisst er ^aatXeu;. Kckhel 3, 82.
4) Cic. ad fam. 15, 1: mihi litterae redditae sunt a Tarcondimoto , qtii fide-
lissimus socius Irans Taurum amiciHsimusque popnli Romani exisiimatur.
5) Dio Cass. 41, 63.
6) Dio Cass. 47, 26.
7} Dio Cass. 50, 14. Plut. Ant. 61.
8) Dio Cass. 51, 7.
9) Dio Cass. 51, 2.
10) Dio Cass. 54, 9.
11) Tac. Ann. 2, 42.
12) Die Stadt Flaviopolis , welche in diesem Bezirke liegt, hat ihren Namen
von Yespasian und eine Aera von 74 n. Chr. Eckhel 3, 56.
— 229 —
Cilicien und wahrscheinlich Cypeini); nachdem aber auch Cypern
im .1. 22 V. Chr. an den Senat abgetreten war, ist es fras^Hch,
ob Cilicien überhaupt eine eigene Verwaltung behielt. Allerdings
wird zweimal ein Statthalter der Provinz erwähnt, in den ersten
Jahren des Tiberius'-^) und unter Nero 3); allein unter dem ersten
ist vielleicht ein Procurator, gewiss kein kaiserlicher Legat zu
verstehen^) und der zweite steht ganz vereinzelt''), während aus
mehreren sicher beglaubigten Thatsachen abzunehmen ist, dass
unter den ersten Kaisern der Stalthalter Syriens auch in Cilicien
commandirte^';. Denn Quirinius, der 751. 752 = 3 und 2 v. Chr.
mit den Ilomonadensern im Taurus kämpfte"), ist- wohl unbe-
denklich als legatus Syriae anzusehen^); Piso, der 17 — 21 legalus
Sijriae war, hatte auch Cilicien unter seiner Verwaltung") und
die Kriege gegen die Clitae, einen räuberischen Stanun in Cili-
cien, wurden in den Jahren 36 und 52 n. Chr. von dem Statt-
halter von Syrien geführt i*'). Seit Vespasian ii) ist aber Cilicien ^^J^^^^^^J«-
1) Dio Casöius 53, 12 zählt unter den Provinzen, welche bei der Theilung
im J. 727 = 27 dem Kaiser zutielen, Coelesyria, Phoenice, Cilicia, Cyprus, Aegyptus
auf, bemerkt aber ausdrücklich, dass dies Provinzen seien, die zu seiner Zeil
einen eigenen .Statthalter liättcn, vor seiner Zeit aber zu zweien oder dreien
unter einem Statthalter gestanden hätten. Wie also Coelesyria und Phoenice zur
Provinz Syrien gehörten, so lässt sich annehmen, .dass Cilicien und Cyprus eine
Zeit lang zu einer Provinz vereinigt waren.
2j Pliilostratus v. Apoll. 1, 12 p. 13: KiXiXüov ^^p/ev 'j[ipii3vr^i avOpajTCo;
— £v Tapaot; oe apa aYopdv 7)Y£v. Er droht dem Apollonius, ihm den Kopf ab-
schlagen zu lassen, wird aber bald darauf selbst hingerichtet, weil er mit Ar-
chelaus von Cappadocien gegen die Körner conspirirte. Dies deutet auf das Jahr
17 n. Chr. Dio Cass. 07, 17.
3) Tac. Ann. 13, 33 : Cossutianum Capitonem Cilices detulerunt maculosum
foedumqiu, et idern ius audaciae in provincia ratum quod in urbe exercuerat (im
J. 57 n Chr.)*
4) Die ganze Erzählung von der Hinrichtung dieses apywv in seiner eigenen
Provinz ist schwer verständlich.
5) Zumpt Comm. ep. II p. 131) sucht dalier nachzuweisen, dass Cossutianus
Capito Proconsul von Asien gewesen und von den früher cilicischen , später zu
Asien gezogenen Diöcesen angeklagt worden sei. Es ist indessen denkbar, dass,
wie Lycien und Pamphylien nnter Claudius Stattlialter erhielt, dann aber wieder
frei wurde, so Cilicien im J. 57 einen Statthalter hatte, vorher aber n\u\ viel-
leicht auch nacliher mit Syrien verbunden war.
ü) Dieser Ansicht sind Zumpt Comm. epiyr. U p. Uli fl. Mummsen lies
ijestae divi Auytiati p. 122. Kuhn II, 144. Nipperdey zu Tac. Ann. 2, 43.
7) Tac. Ann. .1, 4S. Strabo 12 p. 569.
8) Mommsen a. a. (). p. 121.
0) Zumpt a. a. (). hat die^i ausfülirlich nacligcwlosen. So heiast es von ihm
Tac. Ann. 2, 78: reyutis CUicuni , ut ae auxiliiii iuvarenty Kcribit. 2, 80: caslel-
lum Ciliriue — , cui nomen (eUnderis , occupat, — — <iuxiUa (.'ilicuuif quae
reijuli rniserant, in numerwn leyionis compoaueral .
10) Tac. Ann. 0, 41; 12, üö.
11) Kür diese Annahme spricht 1. dass er Cilicia iruchen zur Provinz machte.
Provi
— 230 —
iiiil Kinschluss der Iradiea und der genannten kleinen Dynastien
eine eigene kaiserliche Provinz , deren legatus Aug. pr. pr. i)
nebst seinem prociirato?' '^) öfters erwähnt wird. Seit Septimius
Scverus isir auch Isauria und Lycaonia, welche bis dahin zu
Galatien gezogen waren, wieder mit Cilicien verbunden; denn
Tarsos nennt sich in dieser Zeit yj 7rp[ü)jTy] [fisYiarrJ xat xaXXiatri
{xfr^TpoTioXtc] xdiv y' STiapj^sitüv [KiXtxiac] 'laaupiac Auxaovi[acj •*).
Zu Caracallas Zeit kommt ein consularis^) ^ nach Aurelian auch
ein proconsul^)^ unter Diocletian ein praeses^) Ciliciae vor. Auch
diese Provinz ist später in kleinere Theile zerlegt worden : in
dem veronesischen Verzeichniss von 297 werden deren bereits
zwei, Cilicia und Isauria, d. h. das frühere rauhe Ciliciea'),
erwähnt; Cilicia ist sodann unter Aroadius nochmals getheilt
worden^), so dass seitdem drei Theile selbständig verwaltet wur-
den: Cilicia prima^ llst. Tarsus, unter einem Consularis; Cilicia
secimda^ Hst. Anazarbus, unter einem Präses; Isauria ,. Hst.
Seleucia, unter einem Präses '^j.
Freie Städte. Unter den Städten der alten Provinz werden sechs freie
Städte genannt: Tarsus i^), das seine Freiheit dem Antonius ver-
dankte und zugleich Immunität besass^i), Anazarbus (Caesarea
2. dass Flaviopolis seine Aera von 74 hat, 3. das Aufhören der kleinen Dyna-
stien und endlich die Einziehung des Königreichs Commagene und der dazu ge-
hörigen Theile Ciliciens.
1} Vibius Varus, leg. provinciae Ciliciae unter Hadrian, Dlg. 22, 5, 3 ^ 1.
P. Pactumeius Clemens unter Antoninus Pius, Henzen 6483. Rcnier, Inscr. de
l'Älg. n. 1812. 1813. 1814. Venidius Rufus , leg. Ciliciae, Dig. TjO, 6, 2 § 1.
(Die Inschr. Orelli 1767 = 5024 gehört nicht hieher. S. Henzen Inscr. p. 157.)
2) Orelli 485. Dig. 29, 2, 86 pr.
3) Inschr. von Tarsus Waddington n. 1480. Auch auf Münzen von Tarsus
findet sich die Aufschrift KOINOC TQN TPIßN EIIAPXIQN. Mionnet 3 p. 634
n. 478.
4) Cod. lust. 9, 43, 1.
5) Carus , der 283 Kaiser wurde , war vorher proconsul Ciliciae ( Vopiscus
V. Cari 4), und Aurelianus, ein Grosssohn des Kaisers Aurelian, welcher im
J. 306, als Vopiscus das Leben des Aurelian schrieb, noch lebte, war ebenfalls
proconsul Ciliciae gewesen. Vopisc. v. Aureliani 42.
6) Inschr. Waddington n. 1474.
7) Kuhn II, 121. 197.
8) Norisius De epoch. Syromac. IV, 1. Opp. Vol. II p. 375 — 379. Mommsen
. Polemii Silvii laterculus p. 258.
9) Not. Dign. Or. p. 5. 6. 9 und dazu Boecking p. 130. 141. 139. Hierocles
p. 704. 705. 708. Bingham 0. E. Vol. III p. 489.
10) Plin. A\ Ä. 5 S 92. Eckhel 3, 73. 76. Mionnet 3, 639. «. 7, 266.
11) Appian. J5. C. 5, 7. Lucian. Macroh. 21 schreibt dieses beneficium dem
Augustus zu, von welchem auch Dio Chrysost. Vol. II p. 36 R. sagt: vcäy.sTvoi
'j|jLiv Ttapeoye ycupav, ^^ojaouc, Ti(xr|V, e^ouoiav töu 7toTa|j.oO, zffi t^aXaocJYj; tyj; v.a%'
— 231 —
Ciliciae), das eine Aeia von 19 v. Chr. oder Herbst 20 v. Chr.
hat und daher wohl von Auguslus sein Privilegium hatte ^ ,
Corycus^), Mopsus oder Mopsuestia ^) , dessen Aera von 69 oder
68 V. Chr. ^) auf Lucullus Verwaltung hinweist, Seleucia ad
Caiycadnum^) und Aegac^). Als Colonien kommen im dritten
Jahrhundert vor Selinus^J, Mallus'^) und Olba^).
Das ebene Cilicien hatte, wie fast alle Provinzen, eine Fest-
gemeinschaft, xoivov KiXr/iaciö), in welchem jährlich ein KtXt-
xap/r^;i^) gewählt wurde. Der Mittclpunct dieser Gemeinschaft
war die Metropolis Tarsus i^) ; seit Caracalla erhielt indessen auch
Anazarbus den Rang der Metropolis i^) . Daneben bestanden für
auTou; d. h. ein Gebiet, die Autoiiüiuie, die Ehre der Metropolis und steuerfreie
Aus- und Einfahrt.
1) Von diesem hat sie den Namen Caesarea. Ueber die Aera s, Eckhel 3, 46.
Cavedoni im Bull. d. Inst. 1854 p. XXV. Auf Münzen nennt sie sich a'jxovojAO?.
Mionnet 3, 550. Ä. 7, 171.
2) Eckhel 3, 53. Mionnet 3, 574. S. 7, 204.
3) Eckhel 3, 60, Mionnet 3, 592. S. 7, 228. In der römischen Inschrift
C. 1. Gr. 5885 nennt sich die Stadt 'Aopta^r; Mo^iotjeaTia tf^; KtXty.ia?, lepd rat
i'Kvj^ipa v.rn ao-jAo; xoci auTovoii-o; %at cptXrj y.at o6|i.[j.ayo; 'P(o(i.aitov und dankt
dem Kaiser Antoninus Pius im Jahr 140, dass er ihr erhalten habe ta d| apyf^;
oixaia; in einer andern Inschr. Langlois n. 12= Waddington n. 1494 heisst der
Titel : 6 ofjp.0; 'Aopiavöjv Mo'LeaxöJv ttj; Upä^ xai dXeu&gpa; %al douXo'j xai
a'JTov6|xo'j, cpiAr^; xai ou[ji[j.dyou 'Pcjfxaituv.
4) Diese Aera, welche Eckhel noch nicht richtig Üxiren konnte, ist von
Mionnet und Waddington zu n. 1494 festgestellt. Sie kommt, ausser auf. den
Münzen der Stadt, auch vor in der Inschr. Waddington n. 1503.
5) Strabo 14 p. 671; auf Münzen ilfjHrja. Eckhel 3, 66. Mionnet 3, 605;
5. 7, 241. Revue Numismatique 1854 p. 22.
6j Plin. iV. JI. 5 § 91. Abgabenfrei war es nicht, sondern die Aegäer zahl-
ten nach Tarsus ihre Abgaben. Dio Chrys. II p. 38 K. Auf Münzen auTQvo(i.o;.
Mionnet 3, 539. JS. 7, 151.
7) Dig. 50, 15, 1 § 11 : est et in Cilicia Selinus [t/aaej et Traianopolis. Selinus,
wo Traian starb, hiess hernach Traianopolis. Dio Cass. 68, 33. Zumpt Conun.
ep. I, 419.
8) Münze des Hostilianus (249 — 251 n. Chr.) mit dem Revers MALLO
COLON ... bei Borrell Xumismatic Chronicle VIIT, 4; Münze der Herennia
Etriiscilla mit dem Revers COLONIA . METRO . MALLVS. Mionnet S. 7, 226.
9) Münze des Septimius Severus, Mionnct S. 7, 238, und des Gordian, Mion-
net 3, 509.
10) C. I. Gr. 2810, und auf Münzen seit Augustus. Eckhel 3, 78.
11) Waddingtou n. 1480. Ruinart Acta mart. p. 444.
12j Tarsus heisst Metropolis seit Augustus, auf Münzen bis zu Gallicnus.
.Auch Strabo 14 p. 674 nennt sie Metropolis, Dio Chrysost. II p. 36 R. (XTjTpojio-
).iv iz dp/?,;. In Tarsus war das xoivoßouXiov ^Xe'jdepov (Inschr. Waddington
n. 1480), d. h. die Versammlung der Landtagsdeputirten, das auch auf Münzen
vorkommt. Mionnet S. 7, 267.
13) Kckhel 3, 42. Mionnct 3, 552. 8.7, 173. Ruinart Arlnvmrt. p. 428. Die
Stadt nimmt hierauf alle Titel von Tarsus an , auch den des yoivf)|3o'jXiov und
nennt sich auf einer Münze dos Elagabal (Waddington v.u n. 1481) £voo;o;
|jL7)Tp»i7:oXi;.
- 232 —
die ehemals unabhangit^en Theile der Provinz noch besondere
Metropoh'n, wie sich Dio-Caesarca }xr^Tpo7roXi<; KswaTuiv^), Olba
|xr^Tpo:roXic Kr|Tioo? '-^j und Mallos cohmia inetropoUs'^) nennt. Noch
deutlicher zeigt sich der Mangel einer einheitlichen Organisation
der Provinz in dem Unjstande, dass es weder eine gemeinsan)e
Provincialära noch überhaupt eine allgemein übliche Zeilrechnung
in Cilicien giebt, sondern jede der bedeutenderen Städte nach
einer andern Epoche rechnet, deren Grund sich zuweilen gar
nicht mehr ermitteln lässt. Als solche Acren kommen vor*)
das Jahr 685 = 69 v. Chr. in Mopsus
687 = 67 in Alexandria ad Issuni und Pompeio-
polis (Soloi)
695 oder 696 = 59 oder 58 in Mopsus
707 = 47 in Aegae
734 = 20 in" Sebaste
735=19 in Anazarbus und Antiochia ad Sarum
773 = 20 n. Chr. in Augusta
774:= 21 n. Chr. in Anazarbus
790 = 37 n. Chr. in Epiphanea
805 = 52 n. Chr. in Irenopolis
827 = 74 n. Chr. in Flaviopolis.
XXXIV. Cyprus.
Zu Cilicien Die luscl Cypern, auf Anstiften des Clodius durch M. Cato
dem König Ptolemaeus im J. 696 = 58 entrissen^), war anfangs
mit Cilicien unter einer Verwaltung vereinigt^), dann wurde sie
707 = 47 von Caesar an Arsinoc und Ptolemaeus, die Geschwister
der Cleopatra^), darauf von Antonius an die Kinder der Cleo-
patra '^j geschenkt. Daher erscheint sie erst nach der Schlacht
1) Eckhel 3, 54. Mionnet 3, 577. 8. 7, 209.
2) Ptolem. 5, S, 6. iline Münze des Caracalla bei Borrell Numismatic Chro-
nicle VIII, 5 hat den Revers AAPiavwv ANToJvtavtüv OABEßP^ MHipoTToXeto?
KHxtSo?.
3) S. Seite 231 Anm. 8.
4) S. über diese Aeren, insofern sie nicht bereits besprochen sind, Mionnet
S. 7 unter den genannten StädJ;en.
5) Cic. pr. domo 20, 52. pro Sestio 26, 57. Vell. 2, 45. Dio Cass. 38, 30.
Plut. Cato min. 34—39. Plut. Pomp. 48. Drumann 2, 262 ff,
6) Dass Cypern unter Cicero's Verwaltung zu Cilicien gehörte , geht hervor
aus Cic. ad fam. 13, 48. ad Alt. 5, 21, 6.
, 7) Dio Cass. 42, 35.
8) Dio Cass. 49, 32. 41. Strabo 14 p. 685.
I
— 233 —
bei Actiam, nämlich bei der Theiiuiig der Provinzen zwischen
Kaiser und Senat im J. 727 = 27 als kaiserliche Provinz, wahr-
scheinlich wieder vereinigt mit Cilicien'); bald darauf aber, 732
= 22, wurde sie an den Senat abeelreten^) und seit dieser Zeit senatspro-
'^ ' vinz.
von einem Proprätor =^) mit dem Titel proconsul^) verwaltet, dem
ein legalus^] und ein quaesior^) beigegeben ist, in nachconstan-
tinischer Zeit von einem considaris').
Unter persischer Herrschaft war die Insel in neun Stadtgebiete Städte.
unter neun Königen getheilt^), nämlich Salamis, Amathus, Soli,
Curium, Paphos, Gittium, Maria, Lapethus, Cerynia; in römi-
1) Dio Cass. 53, 12 und oben Cilicia.
2) Dio Cass. 54 , 4 : xoxe o' ouv xal tt]V Kurcpov -/al ttjv FotXaTiav ttjV
NapßojvTjOtav äreoojxs Toj OTjfjKu, cü; [jirjoev xw^ o-Xojv aüxoü oeo{X£^a;, xal ouxoj?
ävD'jTiaxot xal ii sy.eiva xa g\hr] TtsfxTteoftat Tjp^avxo.
3) Strabo 14 p. 685 : i^ dxsivoy (seit Cato) o' ey^vexo ir.a^yja tj vf^ao; y.a-
^cx-ep xal vDv doxi oxp7.xr|Yi"/.T), vgl. 17 p. 840.
4) Der älteste bekannte proconsul ist P. Paquius Scacva, von dem es in der
Inschr. Ilenzen n. 6450 = Mommsen /. R. N. 5244 heisst, dass er nach der Prätur
pro ccnsule provinciam (ypruin optinuit und weiter:- pro cos. Herum extra sortem
auctoritate Auy. Caesaris et S. C. rnisso ad componendum statum in reliquum pro-
vinciae Cypri, es folgen dann noch unter Augustus: Paulus Fabius Maxinius Cos.
743=11 V. Chr. und vorher, um 15 v. Chr. procos. Cypri, C. 1. Gr. 2629. Le-
tronne Journal des Satums 1827 p. 173 f. und A. Plautius, Eckhel 3, 84. Borghesi
Oeuvres 2, 18 IT.; unter Tiberius : C. Ummidius Quadratiis, Orelli 3128 = Momm-
sen /. R. N. 4234; im J. 29 n. Chr. L. Axius Naso, Inschr. bei Waddington
n. 2773; unter Claudius: T. Cominius Proculus, Kckhel 3, 84. Borghesi Oeuvres
2, 154; Sergius Paulus, Act. Apost. 13, 7; L. Annius Bassus, im J. ö2 proconsul
Cypri und erst 70 Consul, C. I. Gr. 2632; unter Nero: im J. 65 (J. lulius Coi-
dus, C /. Gr. 2631. Borghesi Oeuvres b, 323; am Ende des Isteh Jahrh. Q. Coe-
liiis Honoratus , Waddington n. 2814; unter Uadrian : T. Claudius luncus Cos.
suff. 127, Waddington n. 2726; unter Septimius 8everus : Audious oder Odins
Bassus proc. Cypri 198, in der bilinguen Inschr. Waddington n. 2806= (.'. 1. L.
III 11.218 und Sex. Clodius, Waddington n. 2728; unter Elagabal : Claudius At-
talus, Dio Cass. 79, 3.
5) M. Etrilius Lupercus TrpeoßeuxTj; unter Tiberius, Waddington n. 2773;
L. lulius Marinus, leg. pr. pr. provinciae Cypri unter Trj^ian , Marini Arvali n.
LVIII; M. Calpurnius Hulus , ley. pro. Cypro pr. pr., Inschr. v. Ephesus bei
('. Curtins, Hermes 4, 217; T. ^X. OtXeivov — zpeoßeuaavxa KjKpoD, E. Cur-
tiiis im Khein. Museum 1843 p. 105.
6) Waddington n. 2773. Orelli n. 3102. Bei Grut. 492, 4 ist nach Marini
Arvali p. 766« zu lesen: quaestor provinc. Cipri pro praetore. Ein Proquaestor
provinc. Cypri Ilenzen n. 6456a.
7) Not. I). Or. p. 5. p. 130. Hieroclcs p. 706.
8) Diodor. 16, 42: £v yo^p "^fi ^t^'si]) xauxTj r^Xet; y^orzv d^i6\o'(Oi (xev evv£a,
•jr:o oe xauxoi; urfjpyc Tt-a'fy.i^a (Ar/tpa roXbjj.oiX'x xd Tipoox'jpoQvxa xai; ivvea
TToXegiv. ixd'S-zr^ 0£ xouxcuv ei/e paotXsa ifji p.sv roXeuj; ap/ovxa, x'p 0£ ^3aolXei
T(i)v llepoibv 'jroxex'/YiASvov. IMin. V. //. .) J^ 129. .Mola 2, 7. lU-bcr diese Kö-
nigreiche s. Kulm 2, 107 IT. und einige neue Data aus den p hon ici schon In-
schril'ten der Insel bei Vogü«, Milanyea d'arch^oloyie Orientale, Paris 1868. 8
p. 23 ff. ■
— 234 —
scher Zeit werden 1 ö Ortschril'ten t;en;uiiil 'j. Auch diese Städte
waren zu einem xoivov vereinigt'^). Metropolis derselben und
l\esidenz des Statthalters war Paphos-'), welches im J. 15 v. Chr.
den Heinamon Augusla [1^[•icL:sTr^} erhielt 'i und sich später l'sßaoTT)
KXauoia <I)Xaßia Flacpoc, Tj lepa jir^TpoTioXtc twv xaia KuTrpov TToXewv
nennt '^j; erst in) Oten Jahrhundert wird Salamis, damals Con-
stantia genannt, als Metropolis erwähnt").
XXXV. Syria?).
Provinz Dass Syrien im Jahre 690 = (34 v. Chr. durch Pompeius zur
64 V. Chr. ^ ^
Provinz gemacht wurde, ist sicher überliefert ^j ; nicht so, wel-
chen Umfang er dieser Provinz urs[)rünglich gab. Denn obwohl
er den letzten König des seleucidischen Stammes, Antiochus Asia-
ticus^), seiner Herrschaft gänzlich beraubte und ganz Syrien von
dem oberen Euphrat und dem Meerbusen von Issus an bis nach
Aegypten und der arabischen Wüste hin in Besitz nahm ^^) , so
1) Plln. N. IL 5 § 130 und das Genauere bei Kulm 2, 312.
2} '/,ov4hs Ttüv K'jrpiwv, Waddüigton n. 2734; ein dp/ispeu; xfj; vtjoo'j
C. I. Gr. 2633.
3) Act. Apost. 13, 6, 7. Meursii Cyprus I c. 18.
4) Dio Cass. 54, 23. C. I. Gr. 2629.
5) Inschr. Waddington n. 2806, vgl. 2785.
"6) Ilierocles p. 706.
7) Uebcr die Geschichte dieser Provinz s. Norisius Annus et epochae Syro-
macedonum in Norisü Opera, Veronao 1729 lol. Vol. II. K. B. Stark Gaza und
die philistäische Küste, Jena 1852. 8. A. W. Zumpt Commenlaiionum epigr.
Vol. II, Berolini 1854. 4 p. 73 ff, E. Kuhn Verfassung des Rom. Reichs 2,
161 ff. E. Bormann De Syriae provinciae Rornanae partihus capita nonnuUa, Be-
rolini 1865. 8. Ausserdem lieferten ein neues Material die Inschriften in Le Bas
et Waddington Voyage. ExpLication Vol. III; Corpus Inscr. Lat. Vol. III; M. de
Vogüe Syrie centrale; Inscriptions semitiquea, Paris 1868. 4; die vortrefflichen
Untersuchungen von I. G. Wetzstein: Reise in den beiden Trachonen und um
das Haurän - Gebirge ,, in Neumanns Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, Berlin
1859 S. 109 — 208; 21)5—319 (auch einzeln gedruckt 1861) und Ausgewählte
griechische und lateinische Inschriften , gesammelt auf Reisen in den Trachonen
und um das Haurängebirge, in Abhandlungen der Berliner Academie 1863 S. 255
— 368, endlich das noch unvollendete Werk voji E, Renan Mission de Phenicie,
Paris 1864. 4 mit Atlas in fol.
8) Plutarch. Pomp. 39: -/cai "/axaßa? ctuxos elc, ^upwv Ta'jxr^v |Jiev (ü; oüy,
eyooarxv '{^nis'iou;, [iaiiKzlc, £7rapyiav äTiecpiQ^e xal xxfjtxa xoü oifj[xo'j M-*(u}j.at(«v.
Appian. 'Syr. 49 : no{j.7:-r]toc 0£ 'Avxioyov EceßrxXe xf^; Supojv dp■/f^(;, oOoev
iq. 'P(o[xato'j; afxctpxovxct. Idem c. 70. Mithr. 106. Gros, 6, 4. Eutrop. 6, 14,
9) Er wurde entthront 65 und lebte noch bis etwa 49. Ueber ihn und die
Reihe seiner Vorgänger s. Clinton Fasü Hell. III Appendix III. Kings of Syria
p, 308 — 346,
10) Appian. Syr. 50: cuxw (X£v o-r] KiAr/ta; xt: y.al IS'Jpiot; xfjt; (i.£aoYatou xat
xoiXt]; vcai Ooivi-z-if]? xai OaXataxfvrj; , xal öoa ä'XXa ^upia; dzö EO'Jpdxou i^iypt
AiY'JTrxrju 7,al |ji.cypt i}aXdc(37j? dv6(Aocxa,,d[J.ayt 'Pojp.aioi xaxiayov. Appian, Mithr.
— 235 —
begnügte ersieh doch, dieses ganze Gebiet, welches Iheils wegen
der ganz verschiedenen Nationalität seiner JBewohner, Iheils wegen
der in den letzten Zeiten der Seleucidenherrschaft entstandenen
politischen Zerrissenheit des Landes eine einheitliche Organisation
unmöglich machte, fürs erste in der Art zu parcelliren, dass ein
Theil desselben in eine grosse Anzahl freier Stadtgebiete aufge-
löst, ein andrer aber verschiedenen kleinen Fürsten zugetheilt
wurde, deren gänzliche Abhängigkeit von Rom zu immer neuen
Veränderungen der Territorien Veranlassung gab, bis diese am
Ende ganz der Provinz einverleibt wurden i). Der Umfang der
Provinz hat sich sonach noch in dem ersten Jahrhundert fort-
während geändert und werden wir die Geschichte dieser Ver-
änderungen, so weit sie bekannt ist, im Folgenden zusammen-
zustellen suchen.
Die syrische Nationalität und Sprache geht im Süden nur Bevöike-
bis Damascus^); von da wohnen östlich und südöstlich Araber,
südlich die Juden, westlich die Phöniker, in dem syrischen, phöni-
cischen und jüdischen Gebiete aber liegt eine grosse Anzahl
hellenischer Stadtgemeinden, welche theils aus griechischen Be-
satzungen hervorgegangen, theils unter der Seleucidenherrschaft
gegründet waren. Zu diesen nationalen Differenzen kam noch
eine Theilung der politischen Verwaltung, indem der südliche
Theil des Landes längere Zeit im Besitze der Ptolemäer, der
nördliche unter der Herrschaft der Seleuciden stand, woraus sich
die Kintheilung des Landes in zwei Syrien erklärt =^), bis endlich
in den seit 152 v. Chr. ununterbrochen fortdauernden Kämpfen
rung.
IlaXatCTivT^ y.ifexai, v.al rr^v 'loo'jfj.attov y.at 'Ixoupaituv 'Aoi ooa a).Xa öv6|x
ISupia;, dtriojv d|i.a/l 'P(ü|j.aioi<; v.oL^'i'ZTaro.
1) Appiaii. Syr. 50: IIo[j.ztjIo; [j.£v ojv xaivrjE xiuv utto toi; ^eXeuxioai;
Y£'^0|J.£V(ov iOvÄv ToT; |a£v . . . d7:£0T7]a£v oiy.Eio'j; |3aoiX£a; t^ O'JvdoTa; xai
rj'j -oX'j 'jOTEpov xal xaoe T:£pifjX&£v ii 'Pwfxaioy;, iizl Kaiaoipo; {AciXioxa xoO
ileßacToO, xaxa {Xtpir;.
•2) Wetzstein lieise S. 178.
3) Cäsar nennt bei Dio Cass. 38, 38 unter den von den Körnern besiegten
Völkern ^6po'j; a(xcpoT^pou;. Ob sich dies auf das obere und untere, yj avou
Sl'jpia TDiodor 18, 6; 19, 79. 93. loseph. Ant. 8, ü, 1 ; 13. 7,2. StMbo2p. 134)
und fj y.axu) ii'jpia floseph. Ant. 12, 3, 1 ; Strabo 15 p, 092; 10 p, 742) bezieht,
ist niclit klar. Der avtu Xupla wird gewöhnlich dio xolXt) ^upta enlgegongesctzt
(Strabo 2 p. 134. Diodor. 19,93 u.öKcr), worunter in« eigentlichen Sinne das
Thal zwischen Mbanoii und Antilibanon (Strabo IG p. 754. 750), im weiteren
Sinne das ganze südliche Syrien bis zur ägyptischen (Ircnze (Diodur. 18, C) ver-
standen wird. S. liicrüber Norisius a. a. (). III c. 1. Kuhn 11, 179.
— 236 —
der Scieuciden unt«M- riiianilcr das stanze Reich sich auflöste, die
Maccabäer n'whl nur ilu*e Selbständigkeit cnani^en, sondern auch
eine Anzahl töles^iischer Städte eroberten, die giösseren Stadt-
geineinden sieh unabhäni^ig machten und an vielen Orten kleine
Dynastien entstanden. Indem nun Pompeius nach der Eroberung
von Jerusalem das jüdische Gebiet wieder auf die (Irenzen der
iNationalität l)eschränkte 'j und die freien Verfassungen der grie-
chischen Städte entweder anerkannte oder wiederherstellte, orga-
stadt- nisirle er die neue Provinz nach diest^n Stadtgebieten, unter wel-
gebiete. '
chen uns folgende entweder ausdrücklich genannt oder durch die
bei ihnen übliche Provincialära vom Jahre 64 v. Chr. bezeichnet
werden. Es gehörte demnach ursprünglich zur Provinz das obere
Syrien mit den Städten Antiochra, Seleukeia in Pieria, Apaniea,
Laodicea^), Cyrrus, Ilieropolis und Beroca (Alep) ^), Epiphania
(Hemath)^), Balanea^), Aradus^), die phönicische Küste, nament-
lich Tripolis, dessen Tyrannen Dionysius Pompeius hinrichten
Hess'); Byblus, welches Pompeius ebenfalls von einem Tyrannen
1) losepli. Ant. 14, 4, 4: xctl xd (asv 'lepoo6Xu[j.a UTCoxcXfj cpopou 'Pu)(j.7.iot«;
i~oi-qa£.v , äi oi ol evotxoi zpoxspov rroXet; s/etpcosavxo xf^c, KoiXttj; '^'jpta;
acpeXo(j.evo? uro xt]j ocpexspoj oxpaxTjYqj exa^e, xrd x6 au[x7cav e'iJvo? , irii {J^Ya
TTpoxepov octpofjievov , evxö; xüjv ioituv opoiv 0'jv£ox£iXev. Kai Vdoapa [xsv,
(J.tzpov ä'fx-poa&ev xaxaoxacpelaav , ävsxxiae, — — xot? 0£ Xot7:d? , "Izkov 'Aoi
Slxu^oTioXiv Tccti rieXXav zat Atov xai ^a(J.ap£ta^;, Ixi oe Mdpiaaav 'Arn "X'^wto-^
xal la,u.V£iav xai 'Apst^ouaav xoi? oix'/]xopaiv cxTrsoojys. Kai xauxa; fxsv ev xin
jj.eooY£Hp, ycopU xöiv ■/axecxafj.p.lvcov, Fd^av xe zpö; xy] ^aXdaairj %al 'Iottttt^v y.at
Aöjpa %al ^xpdxojvo? xov 7:6pYO"; Ttdca? 6 no(jt.7irjio; dz-?]v..zv iKvj\)ip'xi y.al
7rpo?£V£i{jL£ xf^ d;rapy_ia.
2) Strabo 16 p. 749. Von dicseji Städten hat Antiochia vier verschiedene
Aeren, von 312, 04, 49 und 31 v. Chr. Im J. 64 erhielt sie von Pompeius die
Autonomie, Noris. Ep. S. M. diss. III c. 3. Porphyrius fr. 26 in Müllers Fr. hist.
Gr. III p. 716 : 6 oe Xaß^v 7:ap' 'Avxtoyetuv yp'qjj-axa — a'Jxövo|xov xr^v roXtv
£iaa£. Die Aera von 64 erwähnt Euagrius II , 12 : i7,el^oi [X£v Y^p (das Erd-
Ijeben) dviauxov xal TtEvxTjXooxov xal exaxoaxov d-^o()0-qc, x'q; ttoXeio? sxo? rf^^
aOxovo{j.ia; ■^i'fO'^cs. Auch Seleucia erhielt die Autonomie von Pompeius (Strabo
16 p. 751), die Aera von 64 aber ist nicht sicher, Eckhel D. N. 3, 327.
Borghesi Oeuvr. 4, 170 ff. Apamea nennt sich auf einer Münze des Jahres 41
v. Chr. (Eckhel 3, 307 n. 7) aux6vo{xo; (Die Inschrift Orelli 623 ist falsch.
S. Henzcn Inscr. Vol. III p. 58 und zu Borghesi Oeuvres 5,9), Laodicea in
einer Inschr. Ephem. Arch. 11(1862) p. 42 l£pd xal dauXo? xal a'jx6vo[j.o;.
3) Cyrrus und Hieropolis haben die Seleucidenaera von 312 v. Chr. und
kamen ohne Zweifel gleich zur Provinz.
4) Auch sie hat die Aera von 64. Eckhel D. N. 3, 313.
5) Obwohl die Aera der Stadt unbestimmbar ist, so ist doch die Autonomie
derselben (s. die Inschr. bei Kenan Mission p. 107, in welcher sich die liala-
neer a'jxovo(Jio6}jL£voi nennen) wohl von Pompeius oder Cäsar herrührend.
6) Bei Strabo 16 p. 754 zur Provinz gerechnet.
7) loseph. Ant. 14, 3, 2. Das Jahr giebt die Aera von Tripolis, welche
64 beginnt. Eckhel 7). N. 3, 373. 377. Ephem. Archaeol. n. 362: TpiToXixwv xf^;
I
— 237 —
befreite^); Sidon und Tyrus, welche sich schon unter den Königen
frei gemacht hatten und ihre Autonomie behielten 2), und Dora^).
Von dem südlichen Theile des Landes wurde das jüdische Gebiet,
von dem wir besonders reden werden, zwar vorläufig occupirt,
später aber einheimischen Königen übergeben, dagegen einerseits
die Städte der samaritischen und philistäischen Küste, Turris
Stratonis (das nachherige Caesarea) ^j, loppe^^), lamneia^), Azo-
tus ') , Ascalon ^) , Anthedon 9) , Gaza ^^) , Raphia ^i) , anderer-
seits die Binnenstädte Cölesyriens, Laodicea ad Libanum ^2) und
die Städte der Decapolis, Antiochia ad Hippum oder Ilippos^^)^
Gadarai^), Abila Leucosi'^), Dium i«) , Canata i') , Scythopolis,
Ooivix-y]? TTJ? lepac -Aal diouXou xai auxovdjxou xal vauapyiSo^ ot ap/ovxes xai -f]
ßo'jX^.
1) Strabo lü p. 755.
2) Sidoii hat eine Aera von 111 v. Chr. , Tynis von 126 v. Chr., welche
beule wohl den Beginn der Freiheit bezeichnen : dass die Rön)er diese aner-
kannten, bezeugen Strabo 16 p. 757. loseph. Ant. 15, 4, 1. Erst Angnstus nahm
beiden Städten die Freiheit (i)io Cass. 54, 7) und auf den Münzen führen beide
nicht den Titel auTovofAo;.
3) Dora hat die Autonomie (Münzen b. Mionnet 5, 361 f.) seit Pompeius
(loseph. Ant. 14, 4, 4) und die Aera von 94. Kckhel D. N. 3, 363.
4) loseph. Ant. 14, 4, 4. B. lud. 1, 7, 7.
5) loseph. Ant. 14, 4, 4.
6j loseph. B. lud. 1, 7, 7.
7) loseph. Ant. 14, 5, 3. B. lud. 1, 7, 7.
8) Ascalon hat nie zum jüdischen Reiche gehört. Es stand zuerst unter den
Königei> und hat die Seleucidenaera von 312 v, Chr. ; dann war es freie Stadt
seit 104 v. Chr., von welchem Jahre es ebenfalls eine Aera hat, Pompeius fand
es zerstört, und es scheint zu den Städten zu gehören, die Gabinius wieder auf-
baute (loseph. Ant. 14, 5, 3), denn seine dritte Aera ist von 58 v. Chr. Eckhel
1). N. 3, 447.
9) loseph. Ant. 14, 5, 3.
10) loseph. a. a. 0. Gaza hat eine Äera von 61 v. Chr., Eckhel D. N. 3, 453,
oder 62 v. Chr. (Stark Gaza S. 514) und heisst in der Inschr. C. I. Gr. 5892
lepd 7.ai (JtjXo; ral aüxövojxoi;. Augustus schenkte die Stadt noch einmal dem
Herodes (loseph. Ant. 15, 7. 3), schlug sie aber im Jahr 4 v. Chr. wieder zur
Provinz Syrien (loseph. Ant, 17, 11, 4). w
11) loseph. Ant. 14, 5, 3. Die Aera der Stadt scheint von 58 v. Chr. zu
sein. Stark Gaza S. 515,
12) Die Stadt hat die seleucidische Aera und ist als Thoil des eigentli«!hen
syrischen Reichs ohne Zweifel gleich zur Provinz gekommen.
I3j Es hat die Aera von 64, Eckhel 3, 347 und erhielt seine Freiheit v<»n
Pompeius. loseph. B. lud. 1, 7, 7.
14) Ks heisst aOT(5vofxo; und hat die Aera von 64, Eckhel 3, 350. Es war
von Pompeius neu aufgebaut, loseph. B. lud. 1, 7, 7.
15) Die Stadt heisst 'AßlXTj x-^; Aexa-oXeo; (Inschr. von Palmyra, C. I. Gr.
4501) oder KoCXr^; X'jpta; (aul Münzen, Eckhel 3, 345) zum Unterschied von
'A[^iXa oder Abila l>ysaniae, Steph. Byz. p. 6 M. Sie ist ebenfalls a'ixövofjio; und
hat die Aera von 64.
16) Die Stadt, deren Lage unbekannt ist, hat die Aera von 64.
17) Canata , deKsrn l^age erst durch Wetzstein und Waddington festgestellt
i-t , Jetzt Kerak in der Nukra (Uatanatis), nordwestlich von Kostra, ist bisher
— 238 —
Pella i), Gerasa oder Antiochia am Chrysoroas^), Philadelphia 3),
Freiheit der endlich Samaria "*) der Provinz einverleibt. Die Erlheilung der Frei-
heil an so viele Städte ist nicht als ein Zeichen von Grossmuth der
Römer, sondern als eine nothvvendige Verwaltungsmossregel anzu-
sehen. Alle diese Städte halten zwar eit^ene Gerichtsbarkeit und
eigene Verwaltung ihrer Einkünfte, aber ihre Veifassung war von
den Römern nach einem Census aristocratisch organisirl"') und die
Steuern wurden in ihnen nach dem bei der Organisation der
Provinz eingerichteten römischen Steuerverfahren erhoben''); sie
ersparten daher dem römischen Staate eine directe Verwaltung
durch Beamte oder zu sehr ins Einzelne gehende Abgabenver-
pachtung. Die ersten Statthalter, namentlich Gabinius, welcher
57 V. Chr. Proconsul Syriens war ^) , betrieben eifrig den Auf-
bau der zerstörten Städte ^) und Gabinius machte den Ver-
von alten Schriftstellern und den neueren Numismatikern identifldrt worden mit
der grösseren und bekannteren Stadt Kanatha (Qanawät auf dem Haurange-
birgej, nordöstlich von Kostra. Canata muss eine Stadt gewesen sein, da sie
Münzen schlug, welche die Aera von 64 haben (Waddington n. 2412*^J, und ein
ßo'jXeur/]? auf einer Inschr. derselben (Waddington n. 2412^} vorkommt, aber im
J. 106 wurde sie zu der damals eingerichteten Provinz Arabia geschlagen, nahm
die Aera dieser Provinz an, aber heisst nunmehr y.(uij/^, Waddington n. 2412 f.
Canatha dagegen, auch Kavoi}a oder KavwDa geschrieben, welches von Joseph.
-B. lud. 1, 19, 2 zu Coelesyrien und von Plin. N. Ä. o § 70 zur Decapolis
gerechnet wird, gehörte noch nach der Einrichtung der Provinz zum jüdischen
Reiche, kam aber später zu Syrien, und gehörte dazu noch nach Septimius Se-
verus. S. Waddington n. 2329 und die daselbst angeführte bilingue Inschr. von
Lyon: 0aifj.o? 6 %at 'louXtavos Sadoou 'AO^£tX'r]vö?, ßouXeuT'fj; toXityj? t£ Ka^oj-
l}at[(uv] d[7capyeia?] Supia?. Diis Manibus Thaemi luliani, Sati fil. Syri de vico
Athelani, decurion^i) Septimiano Canotha.
1) P>eide erhielten die Freiheit von Pompeius , loseph. B. lud. 1, 7, 7.
Pella hat auch die Aera von 64.
2) S. die Inschrift bei Mommsen Berichte der sächs. Gresellsch. der Wiss.
1850 S. 223 = Waddington 1722.
3) Es hat die Aera von 64 v. Chr. Eckhel 3, 351.
4j loseph. Ant. 14, 4, 4. B. lud. 1, 7, 7.
5) loseph. Ant. 14, 5, 4: Iv dpiOTO-zcpaTeia of^Yov.
6) Bewiesen wird dies in einem andern Abschnitte. Als Beispiel diene hier
Antiochia. Dies war auxovopLO? (s. S. 236 Anm. 2} Antiochia übern, Plin. N. H. 5
§ 79. Caracalla machte es zur Colonie, jedoch salvis tributis, wie Paulus Big. 50,
15, 8 ^ 5 sagt. Die Stadt war also ebenso steuerpflichtig, wie die ganze Provinz
(^Syria, quae facta est stipendiaria, Velleius 2, 37, 5). Vgl. Ulpian. THg. 50, 15, 3 :
in Syriis a quattuordecim annis masculi, a duodecim feminae usque ad sexagensi-
mum quintum annum tributo capitis obligantur , aetas autem spectatur censendi
tempore. Ueber die Abgaben der Stadt s. Norisius Ep. S. M. III, 5 p. 211.
7) Borghesi Oeuvr. 2, 188.
8) loseph. Ant. 14, 5, 3: xat dvev.Ttailrjcav SotjjLapeta -/at ' k^mzoc, 7.nX Sx'j-
^6r:oXi; xc/t 'AvHtjOojv xoti Facpiot xoti Aöjpa, Mdptoad re -/at Vä^a y.ai d'XXai
oux (jViyxt. Zu diesen andern gehört Ascalon , das eine Aera vom Herbst 58
v. Chr. hat.
I
— 239 —
such, auch ludaea in fünf Verwaltungsbezirke zu theilen, deren
Mitlelpuncte die Städte Jerusalem, Gadara, Amathus, Jericho und
Sepphoris (Diocaesarea) waren i).
Als Cäsar im J. 47 aus Aegyplen durch Syrien gegen den
Pharnaces zog, traf auch er verschiedene Anordnungen in den
Besitzverhältnissen 2); von Augustus Einrichtungen sind wir sehr
mangelhaft unterrichtet, da Strabo, der hierüber die beste Quelle
sein würde, in Syrien selbst nicht gewesen ist*^).
Derselbe Grund, welcher die Einrichtune städtischer Diöcesen Dynastion
' ^ innerhalb
empfahl, wo sie möglich war, machte im Osten und Süden derdprProvin/.
Provinz sowohl wiegen der nomadisirenden Bevölkerung des Lan-
des als wegen des starren, den Formen einer geregelten Ver-
waltung widerstrebenden Characters der Einwohner das Fortbe-
stehen dynastischer Begierungen nothwendig, welche von den
Bömcrn ebenfalls als durchaus abhängige, verantwortliche ^j Or-
gane der Verwaltung benutzt wurden, da sie, was besonders zu
merken ist, abgabenpflichtig waren'»). I)er Begriff der Provinz
isü für die Bömer zunächst ein financieller; die Provinz ist ein
praedium populi Romani^); insofern also dürfen die Dynasten
Syriens als bereits zur Provinz mitgehörig, nicht als ausser ihr
bestehend betrachtet werden'), da sie ebenso wie die freien
Städte nur als ein Organ für die Eintreibung der Abgaben an-
zusehen sind , weshalb sie sich zuweilen selbst procuratores
1) Joseph. Ant. 14, 5, 4.
2) Hirtius B. Alex. 65 : commoratus fere in omnihus civitatihus, quac maiore
sunt dignitate, praemia hene meritis et viritim et puhlire trihuit : de controversiis
velerihus cognoar.it <ir statuit. Reges , tyrannos , dynastas provincine finiÜmoHque ,
qui omnes nd eum concurrerant, receptos in fidem, conditionibiis imposilis provin-
riae tuendne an defendendae , dimittit et sibi et populo Romano amirissimns. Er
trat loppe wieder den Juden ab (loseph. Ant. 14, 10, 6) und ertheilte besondre
Privilegien den Stäfiten Antiochia (Norisius /cp. Syr. Mac. p. 175 — 21H), Oabala
( Kckhel 3, 314), Laodirea am Meere, dessen Einwohner sich ihm zu Ehren
[fj'j'f.uXi ol -Aotl Aaoot^eic nennen, und Ptolemais (Eckhel 3, 425), welche Städte
alle von dieser Zeit eine neue Aera beginnen.
3) Grosskurd zu Strabo Band 3 S. 25^. Eine Aera von 31 v. Clir. hat An-
tiorhia und Seleucia; über die ColoniÄtion von Berytus wird noch weiter die
Rede sein.
4) Beispiele, dass diese Könige nach Rom citirt, vcrurtheilt und bestraft
wurden, liefert die (Je.schicbte von Conimagerie und Judaea.
5) Ueber diesen wichtigen Satz verweise ich vorläuüg auf iluschke Ueber
den z. Zeit der (Jeburt Je.HU Christi gehaltenen ('ensux S. IIH).
(J) Cic. Vfrr. 11, 2, 3 % 7.
7) Hirtius B. Alex. G5 nennt sie dywiata* prorinriur. Sgl. Huschke a. a, 0.
S. 105.
— 240
nennen ^) , und da ihn» Regierung nur so lange beibehalten
wurde, bis die allmJIhliche Gewöhnung an eine geordnete Ver-
waltung und die Ueberwaltigung der widerstrebenden Elemente
die völlige Vereinigung auch dieser Theile mit der Provinz mög-
lich machte. Auf diese Weise kamen zu der ursprünglichen
Provinz im ersten Jahrhundert n. Chr. noch folgende Bestand-
Iheile hinzu 2):
coimnagpiie. 1. Commageue. Diese Landschaft, im N. durch den Ama-
nus, im 0. durch den Euphrat begrenzt, im W. an Cilicien, im
S. an Syrien stossend, hatte schon während der Seleucidenherr-
schaft eigene Könige =^), welche mit den Seleuciden verwandt
waren 4). Von ihnen sind bekannt Antiochus (1), der in den
Jahren G9 bis 38 v. Chr. erwühnt wird ■'^) und vor 31 gestorben
sein muss, in welchem Jahre Mithridates das Land beherrschte "^j :
sodann Antiochus (II), w-elchen Octavian im J. 29 nach Rom
kommen und zum Tode verurtheilen Hess'). Im J. 20 wurde
Mithridates (II) König von Commagene^j, darauf Antiochus (IIIj,
wahrscheinlich sein Sohn, nach dessen Tode im J. 17 n. Chr.'^)
Tiberius Commagene zur Piovinz machte i^) , d. h. mit Syrien
vereinigte. Allein es blieb nur 20 Jahre bei der Provinz ; denn
1) Sallust. lug. 14: Micipsn pater meus moriens mihi praecepit, uti regni
Numidiae tantummodo procurationem exisiumarem meam, ceterum ius ei imperium
eins penes vos esäe.
2) Plin. A*". fl". 5 ^ 74 sagt von der Decapolis: intercursant cinguntque hns
urhes tetrarchiae , regnorum instar singulae , et regna contribuuntur , Trachonitis,
Panias in qua Caesarea, Abila^ Area, Ampeloessa, Gabe, §82: reliqua autem Sy-
ria habet Arethusios , Beroeenses — — — praeter tetrarchias in regna descriplns
barbaris nominibus XVII.
3) I'eber die Geschichte von Commagene s. Norisiiis Ep. S. M. diss. II c, 4.
Eckhel 3, 254 ff. Clinton Fasti Hellen. 3, 343 f. Knhn 2, 174 ff. Waddington
Tome III p. 60—63.
4) S. Boeckh C. I. Gr. n. 362.
5) Im J. 59 bestätigte ihn Lucullns in seinem Besitze, Dio Cass. 35, 2;
im Jahr 04 Pompeius , Appian. Mithr. 106. Später wird er erwähnt im J. 51,
Cic. ad fam. 15, 1, 2; im J. 49, Caesar B. C. 3, 5. Appian. B. C. 2, 49; im
J. 38, Flut. Ant. 34. Dio Cass. 49, 20. 22.
6) Plut. Ant. 61. •
7) Dio Cass. 52, 43.
8} Dio Cass. 54, 9.
9) Tac. Ann. 2, 42.
.10) Tac. Ann. 2, 56 : Commagenis Q. Servaeus praeponitur, tum primmn ad
ius praetoris translatis. Strabo 16 p, 749: -^ Kofxij.otY'ir^vYj (JLt'/pot t(c ^axtv ' r/et
o' ^pufxvr^v TToXiv SafxoaaTa £v t^ t6 ^ctatXeiov 'jTTfjpye , vüv o inapyyx li^iove.
Servaeus war einer der Legaten des Germanicus (Tac. Ann. 3, 13; 6, 7j, der
die Provinz mir einrichtete, wie Veranius, ein anderer Legat desselben, Cappa-
docien. S. oben Seite 209. Zumpt Comm. ep. II p. 127.
n
^ 241 ^
Caligula gab es im J. 38 dem Sohne des letzten Königs (Antio-
chus III) zurück ^) , welcher zwar von Caligula selbst wieder abge-
setzt, aber von Claudius im .T. 41 nochmals auf den Thron erho-
ben 2), unter dem Namen Antiochus IV Epiphanes Magnus 3) bis 72
regierte*) und ausser Commagene einen Theil von Cilicien be-
sass^). Im .1. 12 beraubte ihn auf Befehl Vespasians-'der Legat
von Syrien Caesennius Paetus abermals seiner Herrschaft, worauf
er selbst in Lacedaemon, seine Söhne Epiphanes und Kallinikos
aber in Rom lebten ^*) . So kam Commagene unter römische Ver-
waltung^) : die Hauptstadt Samosata erhielt den Beinamen Flavia
und eine neue Aera vom Herbst 71, in welchen dor^t der Anfang
des Jahres fiel*^); über die auswärtigen Besitzungen des Königs
wurde anderweitig verfügt. Dass aber Commagene nicht als
selbständige Provinz constituirt, sondern zu Syrien geschlagen
wurde ^), darf man aus verschiedenen Gründen annehmen. Ptole-
mäus 5, 15, 10 rechnet Commagene zu Syrien ; ein eigener
Statthalter von Commagene kommt nicht vor, wohl aber ein
legatus Traiam\ der Syrien und Commagene zugleich verwaltet ^ö):
endlich lag eine der syrischen Legionen, leg. XV f Flavia firma^
1) Dio Cass. 59, 8. Der Irrthum von Fabricins, welcher Antiochus IV für
den Sohn von Antiochns II hält, ist von Clinton a, a. O. berichtigt.
2) Dio Cass. 60, 8.
3) Ueber die Beinamen, die er auf Münzen führt, s. Eckhel D. N. 3, 255.
4) Im J. 43 verlobt er seinen Sohn Antiochus Epiphanes mit Drusilla, der
Tochter des Agrippa. loseph. Ant. 19, 9, 1 ; im J. 54 erwähnt ihn Tac, Ann.
13, 7; im J. 70 zog er mit Titus vor Jerusalem. loseph. B. I. 5, 11, 3.
5) Ta TTapaftaXaoota tyjc KtXfAia;, Dio Cass. 59, 8. Dazu gehörte, wie wir
aus seinen Münzen ersehen, Lacanatis, die nordöstlichste, an Commagene gren-
zende Landschaft Ciliciens , mit der Stadt Eirenopolis , ferner Elaiusa oder Se-
baste, eine Insel an der Küste zwischen Seleucia Ciliciae und Tarsus, sodann
Alexandria am Meerbusen von Issus und endlich ein Stück von Lycaonien.
Eckhel />. A^. 3, 256.
6) Ausführlich erzählt dies loseph, B. I. 7, 7, 1—3.
7) Suet. Vesp. 8. Eutrop. 7, 19. Aurel. Victor epit. Ö, 13. Oros. 7, 9.
8) Chron. Pasch, p. 464 Bonn, zum Jahr 71 : *Ko(j.(aoiy7)voI xai 2a(i.ooaTeT;
i-iTt'j^e^ TO'j; i^'jTwv «ip.iHfi.oyoi yp«ivo'JC. Eckhel 7). A'. 3, 252. Clinton F. Rom.
I p. 60.
9) Ich »elbst habe früher Commagene als eigne Provinz angesetzt , halte
meine Ansicht indessen für widerlegt durch Hormann De Syria prov. ^ 2; vgl.
Borghesl (>aivren 4, 159. Kuhn 2, 174.
10) Inschrift von Pergamus bei Mommsen Berichte der sächs (ies. der
Wiss. II. Ph. Cl. 1850 y. 223=Waddin»rton n. 1722: [AuJXov 'louXiov [KJou-
aof»(äTovj [?il;J örarov, 7:[peo3e'jrMv xai <ivTtO":pd[TY)Y h"* oiyToxpaTopo; Ndpoua[<;]
[oJe^aaT[oyJ PcpiJiavtvtoy AixtxoO }iyp(o4^;J , Ooivlxt);, Kopi-
Tpoiicivoy xottootl po
Rom. AlUrth. IV. 16
— 242 —
unter M. Aure] und vielleicht schon seit Vespasians Zeit in
Samosata ^) .
chaicin. 2. Die Dynastie von Chalcis^). Soweit bei der üussersl
unsicheren Kenntniss der Geographie des alten Syriens zu urthei-
len möglich ist, sind in Syrien zwei Orte des Namens Ghaicis zu
unterscheiden. Das eine (jetzt Kinnesrtn), gegründet von Seleucus
Nicator^), kommt in späterer Zeit öfters vor. Es lag auf der
Strasse von Gyrrus nach Emesa, 18 röm. Meilen von Beroea
(Alep) 4) in der fruchtbaren Landschaft Ghalcidice oder Ghalci-
dene^), welche, sich im Osten von Apamea^') und am Westrande
der palmyrenischen Wüste von Salaminias bis Beroea heraufzieht.
Es wird durch einen Beinamen, Chalcis cognominnta ad Belum,
von dem andern gleichnamigen unterschieden"), welches XaXxi?
f OTTO t(ü Atj3avü) opsi heisst^) und auch auf einen verschiedenen
Ursprung zurückgeführt, wird •*). In dem letzteren herrschte schon
etwa 71 V. Ghr. i^) Ptolemaeus, Sohn des Mennaeus^^), welcher
nicht nur Chalcis ad Libanum^'^], sondern auch Heliopolis, den
Marsyas, d. h. das Thal zwischen Libanon und Antilibanon ^'^)
und Ituraea ^^), d. h. das Drusengebirge im Gentrum des Ilaurän^^),
also den ganzen Landstrich westlich und südlich von Damascus
1) S. Bormann p. 9 — 11.
2J Norisius Epoch. Syromaced. Diss. III c. 9 § 3. Kuhn 2, 169.
3) Appian. Syr. 57.
4) Itin. Anton, p. 194. 195. S. über die Ausdehnung der Chalcidene Wad
dington zu n. 2633.
5) Plin. N. H. 5 § 81 : regio Chalcidene fertilissima Syriae.
6) Strabo 16 p. 753 spricht erst von dem Chalcis des Ptolemäus, welches
wir sogleich erwähnen werden , und fährt dann fort : o(j!,opo? o' loxl tt] 'Arajxfojv
Ttpö; £U) {X£v 't] TöJv cpuXdpyojv 'Apaßoov -/aXoufxsvrj 7:apa7:oT'a{xia xat -q XcLhAioiv/q
dr.h Tou Maoa'joi) %a^'/]%ouaa '/.rd iräaa- ■/) r.pbc. votov toTc 'ATrafxeuotv , divSpöiv
GXTjvtTüJv t6 ttXeov. Auch Ptolemaeus 5, 15, 18 erwähnt diese Chalcidice dicht
vor der 'ATrafxrjv/) und Hierocles p. 711 setzt Chalcis in die Syria prima 7m-
nächst Beroea.
7) Plin. N. H. 6 ^ 81 : Chalcidem cognominatam nd Belum , unde regio
Chalcidene fertilissima Syriae. Ob Belus ein Fluss oder ein Berg ist, weiss man
nicht. In der Nähe von Chalcis lag aber SsXe'jxo^tqXoc (Hierocles p. 712. Notitia
1, 869, bei Parthey p. 86),* dessen Einwohner ieXeuvceii; 7:p6c toj B'/jXoj heissen.
Steph. Byz. p. 560.
8) loseph. Ant. 14, 7, 4. B. lud. 1, 9, 2.
9) Steph. Byz. p. 684: ToXtg dv .Supta, v-Ttc{}eToa uttö MoNr/oO toü 'Apaßo?.
10) loseph. Ant. 13, 16, 3. 4.
11) Einen älteren Mennaeus, wohl zu derselben Familie gehörig, erwähnt
schon Polybius 5, 71, 2.
12) loseph. Ant. 14, 7, 4. "
13) Polyb. 5, 45, 7 f. Strabo 16 p. 755. 756.
14) Strabo 16 p. 753. Bio Cass. 49, 32.
15) Wetzstein Reise S. 198.
^ 243 ™
besass und von diesem als ein gefahrlicher Nachbar gefürchtet
wurde 1). In diesem Besitze liess ihn Pompeius^), und als er
im .1. 40 starb, folgte ihm sein Sohn Lysanias'^), welchen Anto-
nius tüdten liess, um seine Herrschaft der Cleopatra zu schen-
ken "*). Später finden wir das Land im Besitz jüdischer Fürsten ;
denn Claudius verlieh es an Herodes, Sohn des Arislobulus
und Bruder des Herodes Agrippa I, welcher 41 — 48 als König
von Chalcis regierte'^). Sein Nachfolger war Agrippa H, dem
Claudius nach 4 Jahren, im J. 52, Chalcis nahm und dagegen
die Tetrarchien des Philippus H und Lysanias gab 6). Die Herr-
schaft Chalcis dauerte indessen fort, denn im J. 72 wird noch
ein Aristobulus, König von Chalcis, erwähnt^), und da die Stadt
Chalcis, deren sichere Münzen erst mit Traian beginnen , eine
Aera von 845 = 92 hat und den Beinamen Flavia führt, so darf
man mit Norisius annehmen, dass sie erst in dem genannten
Jahre durch Domitian der Provinz einverleibt wurde ^).
3. Die Tetrarchie Abilene^). Abila am Fluss Chrysor- Abiiene.
rhoas, an der Strasse von Heliopolis *<^) nach Damascus an der
Ostseite des Antilibanus gelegen, jetzt Suk Wade Barada ^^), heisst
zum Unterschiede von der gleichnamigen Stadt der Decapolis
(s. oben S. 237) Abila Lysaniae^^). Sie muss ursprünglich zu
1) Joseph. Ant. 13, 15, 2; 13, IG, 3.
2) loseph. Ant. 14, 3, 2. Auf seinen Münzen nennt er sich Tetrarrha.
Eckhel 3, 263. Mionnet 5, 145.
3) loseph. Ant. 14, 13, 3. B. lud. 1, 13, 1.
4) loseph. Ant. 15, 4, 1. Dio Cass. 49, 32. Porphyrii fragm. bei Müller
Hist. Gr. fr. 3 p, 724 § -^ "• das. Müller. Wanim Kenan in der Anui. 9 ange-
führten Abh. seinen Tod 34 setzt, weiss ich nicht.
5) loseph. Ant. 19, 8, 1 ; 20, 1, 3. Er nennt sich auf seinen Münzen ßa-
otXeu;. Eckhel 7). N. 3, 492. Madden History of Jewish Coinage, London 1864.
8. p. 112.
6) loseph. Ant. 20, 7, 1. li. lud. 2, 12, 8.
7j loseph. li. lud. 7, 7, 1.
8) Norisijis a. a. 0. Diss. III c. 9 § 3. Eckhel 3, 265.
9) S. Renan Mtmoire nur In dynastie des Jjymnian d' Ahilene in Mtm. de
l'aend. des inner, et h. lettre/t 26, 2 (1870) p. 49— .S4 ; von welchem meine Dar-
«tellung übrigens in mehreren ^^uneten abweicht.
lOj Itiner. Anton, p. 199.
11) S. Wetzsteins Karte. Die Lage des Ortes wird bestimmt durch die In-
Hchrift Orelli 4997 = Waddington 1874: Jmp. Caes. M. Aurel. AntoninuH Aug.
Armeninms et imp. Caes. L. Aurel. Verus Amieniarus vinin ßuminh vi almiptam
interciito monte reHiluerunt per lul. Verum leg. pr. pr. prnvinr. Syr. et amirum
mum,^impendiiii AbilenoTarn.% Der Fluss ist der Chrysorrhoas , jetzt Barada, an
dem anch Damascus liegt.
12) Ptolcm. 5, 15, 22 kennt nnr ein "AßtXo, iw^XirjOcToa Auaotv(oy, das er,
wie Damascus, zur Decapolis- rechnet ; bei Joseph. Ant. 19,5, 1 verleiht Clau-
16*
-^ 244 «--
der Dynastie von Chalcis gehört haben, da diese unmittelbar an
das Gebiet von Damascus stiess^), und wenn, wie man mit
Wahrscheinliclikeit annimmt, Leucas am Chrysorrhoas, von wel-
chem wir Münzen haben, mit Abila Lysaniae identisch ist 2), so
darf man aus der älteren Aera von Leucas, weiche 37 v. Chr.
beginnt 3), schliessen, dass die Stadt von dem Lysanias, den
Antonius im .1. 36 tödten licss, ihren Namen hat. Damals scheint
sie an Cleopatra gekommen zu sein, später aber war sie im Be-
sitz des Zenodorus^), der, wie sich aus einer neuerdings be-
kannt gewordenen Inschrift ergiebt, ein Sohn des Lysanias war*»),
und dessen Familie nach seinem im J. 20 v. Chr. erfolgten Tode^^)
fortbestand. Denn obwohl der grösste Theil der Herrschaft des
Zenodorus an Herodes I übergingt), so regierte doch in Abila
selbst noch im ,1. 28 n. Chr. ein Tetrarch Lysanias*^] und dessen
Gebiet wurde erst unter Claudius im .1. 41 an Agrippa I ver-
geben^). Nach dessen Tode im J. 44 ist es wahrscheinlich zu-
dius dem Agrippa "AßiXav r^jv Auaaviou xai 67:60a ^v tw Atßavo» fjpei, durch
welchen Zusatz die Lage des Ortes deutlich bezeichnet wird.
1) Ptolemaeus, der Sohn des Mennaeus, wird von loseph. Ant. 14, 16, 3
^apuc -z^ TToXei y^^""*'' genannt.
2) Eckhel 3, 337. Mionnet 5, 308. Leucadii erwähnt in dieser Gegend Plin.
N. H. ö % 82, und den Namen hat auch Balanea. Steph. Byz, p. 156 : BaXaveai
TToXic ^PoivixT];, -i] ^üv Aeyxa;.
3) Eckhel 3, 338.
4) loseph. Ant. 15, 10, 1 : Z'^vootopo«; xt; Ifxefxto^wTO tov oi'>tov xoy Auoa-
v'iou. los. B. I. 1, 20, 4: ZyjvöSwpo;, 6 xöv A'joavioy {Jie{ji.toi}(OfX£vo; oixov. Bei
loseph. Ant. 15, 10, 2 heisst seine Herrschaft iTza^yja , bei l>io Cass. 54, 9 re-
Tpapyia. Er wird erwähnt von »Strabo 16 p. 756 und sein District hiess noch
später olxo? toO Z'r^voSwpou. los. Ant. 17, 11, 4. B. I. 2, 6, 3, wo Z-^voStopo'j
zu schreiben ist. Auf seinen Münzen nennt er sich xeTpapyiTjc xat dpytepeu?.
Eckhel 3, 496. Diese nach der seleucidischen Aera datirten Münzen siiid aus
den Jahren 32. 30. 26 v. Chr. Renan a. a. 0. p. 63.
5) Die Inschr. C. I. Or. 4523 ist nach Renan Mission p. 318 so zu lesen:
— ^^JiaT'f]^ ZirjNoStopto Auo[avio'j xjexpapyou 7.at Auafavia -^cai
xJoTs yioT? 7,0.1 xoi; uloXz fji.v'/]|X7jC yöcptv [euoe^iüx; dvltirjxev. Ausführlich
handelt über diese Inschr. Renan Mi^m. de l'acad. a, a. Ö. p. 70 ff.
6) loseph. Ant. 15, 10, 3.
7) loseph. a. a. 0.
8} Lucas Ev. 3, 1 : ^v Ixst oe 7r£Nxexaio£y.dxoi xy]; '^Yevovtoc? Ti^epioi» Kai-
capo;, TjYefAOVE'jovxoc FIovxiou IltXdxou x-^? 'lo'JOaiot? 7,a\ xexpapyoO^xo? xf^? FaXi-
Xairxc 'HptoSo'j, OtXiTtTroy hk xoy dSeXcpoy otüxoO xexpapyovvxo; xy]<; 'Ixo'jpaia; xal
TpayujvixiÖoc ywpac xai A'joaviou xy]? 'AßtXr^vfj; xexpapyo'üvxoi;. Auf ihn bezieht
sich die Inschr. von Abila C. I, Gr. 4521 : 'Yrcsp [xj-^fsj xöiv K'Jpiujv Se[ßaax(öv]
otüXTjptot? xai xoü o6[A[7ravxo?} aOxöJv oi'/.ou N6|j.cpato; — ■ — — A'joaviou xexpdpyou
d7reXe[6ilepo;] — — , in welcher die 7,uptoi Seßa^roi Tiberius und Livia sind.
S. C, 1. Gr. Vol. III p. 1174. Add. ad n. 4521, vgl. Eckhel 3, 497. Vgl. Renan
a. a. 0. p. 68 ff.
9) loseph. Ant. 19, 5, 1; 20, 7, 1. B. lud. 2, 12, 8.
— 245 —
nächst von dem Procuralor von ludaea verwaltet und erst im J.
48 oder 49 der Provinz Syrien einverleibt worden. Wenn näm-
lich die Identification von Abila und Leucas richtig ist, so würde
die spätere Aera dieser Stadt vom Herbst 48 so wie der Name
derselben Claudia Leucas dies Factum in den Herbst des Jahres
48 oder in das Jahr 49 zu setzen erlauben i).
4. Die Dynastie von Arethusa und Emesa^), welche Arethusa
wahrscheinlich seit 69 v. Chr. im Besitze des Sampsiceramus
war. Denn die Stadt Arethusa hat eine Aera von diesem Jahre 3).
Sampsiceramus oder griechisch la{jnj;tY£pa[jLoc *) , mit dessen Namen
Cicero mehrmals spottweise den Pompeius bezeichnet^), war von
diesem,, wie es scheint, gegen eine den Römern zu zahlende
Abgabe '^j in seinem Besitze bestätigt worden und wird erwähnt
in den Jahren 59') und 44 v. Chr. ^). Ihm folgte sein Sohn
lamblichus'^), den Antonius im J. 31 vor der Schlacht bei Actium
hinrichten liess^^), worauf dessen Sohn, ebenfalls lamblichus ge-
nannt, im J. 20 von Augustus wieder in die väterliche Herrschaft
eingesetzt wurde i^). Im J. 44 n. Chr. regierte wieder ein
Sampsiceramus ^2j ^ dessen Tochter lotape an Aristobulus, den
Grosssohn Herodes des Gr. und Bruder des Agrippa I, verhci-
rathet war^-^). Sein Nachfolger war Azizus, der im J. '62 Drusilla,
die Schwester Agrippa des 11, heirathctc ^^) und 54 starb, worauf
1) Eckhel 3, 338.
2) Norisius a. a. 0. Diss. II c. 2 § 3. Waddington zu n. 2567.
3) Norisius a. a. 0. III c. 9 § 7. Eckhel 3, 310.
4) So heisst er bei losephus und in der Inschrift von Emiwi (Homs) Wad-
dington 2567. Den Namen Samsigeram, der auch in Palmyra vorkommt, übersetzt
Vogüe Syrie centrale. Inscriptions Semitiques n. 75 Solis robur.
5) Cic. ad AU. 2, 14, 1; 16, 2; 17, 2; 23, 3.
6) Cic, ad Att. 2,. 16, 2: nunc vero, Sampsicerame , quid dices? vectigal te
nobia in monte Antilibano conatituisse, ayri Campani abstulinse?
7) Cic. a. a. 0.
8) Strabo 16 p. 753 : xai 'Ap£ftouoa yj 2!afAt[itYEpa|i.o'j %nX 'lap.ßX()(^ou toü
^xeivou Ttatoo;, cp'jXapycuv toO f'j[AiOTj'^ü»v eftvou;. Strabo zählt hier die Dynasten
auf, welche dem Q. Caccilius liassus bei seinem Aufruhr beistanden. Dieser fällt
aber 46—42 v. Chr. S. Dio Cass. 47, 26—28. losoph. Ant. 14, 11, L.Drumann
2, 126-128.
9) Dies kann sehr wohl der sein , den Cic. ad fam. 15 , 1,2 schon im
.1. 51 erwähnt: eodem die ab Jamblicho, phylarcho Arabum ^ qxum ftominen opi-
nanlur bene aentire amicuinque eaae rti publicae nostrae, lilterae de iadan rebfM
tnihi redditae sunt.
10) Dio Cass. 50, 13.
12j
13)
14) loseph. y\nl. 20, 7, 1
10)
11) Dio Cass. 54, 9.
12) loBoph. Ant. 19, H, 1, wo er 'E(xiod»v ßaoiXg6^ genannt wird.
— 246 —
ihm sein Bruder Soemiis folgte^), der noch 69 und 72 regierte 2).
Bald darauf erlosch die Dynastie, denn die ersten Münzen von
Eniesa sind von Domilian geschlagen-^), die Familie aber scheint
fortbestanden zu haben, da in einer Inschrift von Emisa aus dem,
Jahre 78 ein C. lulius Sanipsigeramus vorkommt*).
Damascus. 5. Damascus'') gehörte im letzten Jahrhundert v. Chr.
einer arabischen (nabatäischen) Königsfamilie, die in Petra resi-
dirte^) und der die Damascencr sich freiwillig aus Furcht vor
Ptolemaeus von Chalcis unterworfen hatten'). Sechs Könige
dieser Familie haben über Damascus regiert, deren Chronologie
neuerdings wenigstens annähernd hat bestimmt werden können *),
nämlich
1. Harethath, Aretas Philhellen, c. 95 — c. 50 v. Chr., im Be-
sitz von Damascus seit 85.
2. Maliku, Malchus oder Malichus c, 50 — 28.
3. Obodas c. 30—7.
4. Harethath Philodemus, Aretas (II), 7 v. Chr.— c. 40 n. Chr.,
dessen Tochter an den Tetrarchen Herodes Antipas ver-
heiraihet war-'),
5. Maliku, Malchus c. 40 — c. 75, Sohn des vorigen, der im
Heere des Vespasian gegen die Juden kämpfte i«),
6. Dabei, Zabelus c. 75 — 106.
M. Aemilius Scaurus, der erste von Pompeius eingesetzte Statt-
halter Syriens, machte mit dem damals regierenden Fürsten Aretas
im J. 62 einen Vertrag, nachdem derselbe für die auf die kaum
geordnete Provinz gemachten Angriffe eine Strafe gezahlt hatte ii) .
1) T(|) TtptuTtiJ zfii NepojMoc dpyrii exet. loseph. Ant. 20, 8, 4.
2) Im ersteren Jahre erwähnt ihn Tac. H. 2, 81 , im' letzteren loseph. Ant.
20, 7, 1.
3) Mionnet V p. 227.
4) Waddington n. 2567.
5) Vgl. Kuhn 2, 165.
6) Hier residirte zur Zeit des Pompeius Aretas. loseph. Ant. 14, 1, 4; 14,
5,1. Vgl.- Kuhn 2 8.166 Anm. 1336.
7) loseph. 13, 15, 2.
8) S. Duc de Luynes in Revue numismatique 1858 p. 292 und 362; Vict.
Langlois Numismatique des Arabes at)ant VIslamisme , Paris 1859. 4 und beson-
ders Melch. de Vogüe in Revue numism. 1868 p. 153 ff. (welcher Aufsatz noch-
mals gedruckt ist in dessen Melanges d' archeologie Orientale, Paris 1868. 8. Ap-
pendice p. 21 f.) und Syrie centrale. Inscription» Scmitiques , Paris 1868 fol. p.
115, dessen Resultat ich hier wiedergebe.
9) loseph. Ant. 18, 5, 1.
10} loseph. B. lud. 3, 4, 2.
11} Appian. Syr. 51. Die Cass. 37, 15. Plut. Pomp. 41. loseph. Ant. 14,
— 247 —
Seiidem war die Stadt den Römern factisch unterthänig*) und
hatte zu Zeiten eine römische Besatzung ^j; die arabischen Könige
behielten aber, ohne Zweifel gegen Zahlung eines Tributes, den
Besitz derselben. Um das J. 39 star)d in Damascus ein eOvapj^r^;
des Aretas mit einer Besatzung-') und erst im J. 106, als das
peträische Arabien römische Provinz wurde, ist auch Damascus
von den Römern in Besitz genommen, aber nicht zu Arabien,
sondern zu Syrien geschlagen worden ^j, dem es später immer
zugerechnet wird.
6. ludaea. hi Folge der Eroberung durch Pompeius 691 ludaea,
= 63 5) wurde ludaea ein Theil der Provinz Syrien^), erhielt in- pompeiar
dess schon damals eine eigene Verwaltung zunächst in Betreff'
der Steuern, die es seitdem an die Römer zahlte'^). Die Regie-
rung der makkabäischen Könige endete mit Aristobulus^), den
5, 1. Auf dieses Ereigniss beziehen sich die Münzen des Scaurus mit der Auf-
schrift REX ARETAS. Eckhel 5, 131. Borghesi Oeuvres 2, 186. Drumann 1, 29 ;
4, 457. 467.
1) Hieronymus in lesaiam c. 17: alii existimant de Romana captivitate prae-
dici, quando et ludaeorum a Pompeio captus est populus et Damascus, cui impe-
rabat Areta, simüem sustinuit servitutem. Strabo 16 p. 779: TrpoJTOt o' UTtep r-fj?
S'jpia; Notßaxaiot xal iSaßaioi xtjV euoaifAOva 'Apaßiav vefAovxai, */at •rfoXXaxii
xarexpeyov aux^i Trpiv i^ 'Pa){Aa((uv '(t^i(3%(xi • vüv oe -/.axeivoi 'P(o|xaioic eiolv
•jTTTjXoot xai Supoi.
2) Gleich nach Caesars Tode erwähnt Joseph. Ant. 14, 11, 7 einen Oaßiov
h AafAaoxü) oxpaxrjYOUVxa.
3) Paulus ep. ad Vorinth. 2, 11, 32: is A^fxaox<f) 6 £Ovap/T]<: 'Apexa xoü
ßaotXctni; dcppoupei xtjv AafxaoxTQ^^öJv ttoXiv. S. über diese Stelle und die Zeit,
auf welche sie sich bezieht, Neander Gesch. der Pflanzung und Leitupg der
• Christi. Kirche durch die Apostel, Bd. 1. 1847 S. 159.
4) Eckhel 3, 330.
5) Diu Cass. 37, 15. 16. loseph. Ant. 14, 4, 3. Eutrop. 6; 14. Oros. 6, 6.
Liv. ep. 102. Strabo 16 p. 762. 763. Clinton F. Hell. III ad a. 63 und p. 342.
Fischer Roem. Zeittafeln z. J. 63.
6) loseph. B. lud. 1, 7, 7: Tiapaoou; oe xa'jxrjv (xtjv XypiavtTjV ^Ttapyiav)
xc vtal x^v 'lou^alav -/ai xa (xsYpi; Ai'^iiT.zo^j xai Eucppaxou ]Sxa6p(j) St^Tretv, xal
o6o xmv xaY(j,dx(»v, auxo; otdt KtXixiai et; 'P(u(ATfjv ■i]7:ti'^zxo. Ammian. 14, 8, 12:
verum, has quoque reyiones pari sorte Pompeius ludaeis domitis et Ilierosolymis
raptis in provinciae speciem rectori delata iurisdictione formavit. Dass es schon
damals eine eigene Verwaltung hatte, wie auch Cölesyrien, das unter einem
von dem Proconsnl Syriae eingesetzten oxpaTirj^öc xtj; KoiXrfi Xupiac stand
(loseph. Ant. 14, 9, 5), schliesse ich daraus, dass Gabinius das Land in fünf Bezirke
tbciltc. loseph. Ant. 14, -5, 4. B. lud. 1, 8, 5: oteiXe oe räv xo £^o; e(; nisxe
auv65ou;, welche Kuhn 2, 330 als convenlus iuridici versteht.
7) loseph. Ant. 14, 4, 4: xal xot [xev 'Icpoo<5Xu|xa OTtoxeXTj cp6pou 'Pa>{ia(oi;
^roir^oev (PompciusJ. B. lud. 1, 7, 6: x^ hi /c^pa ^"xl xoT; JepoooXOfAöt; ini-
xdxxet c^fipov. Vgl. Ant. 14, 4, 5: xtjv xe ^ap iXeuffeplav dTceßdXofAev xat UTrifjxooi
'Pm\iai(os xax£oxT||icv.
8) loseph. Ant. 14, 4, 5 : xal •/) ßaoiXela, tj jrpÖTCpov xol; ^atd "^isoi dlp^iE-
— 248 —
Ponipeius nach der Eroberung von Jerusalem nach Rom nahm i)
und im Triumphe aufführte 2); sein Bruder Hyrcanus blieb in
ludaea als apj^tepeu? xai £i>vap/r^? '^) und wurde als solcher von
Cäsar bestätigt^). Seine Würde war indess eine nur priesler-
liche und richterliche''); das Land wurde, wie die Provinz Syrien
nach StUdtebezirken , welche aristocra lisch organisirt waren ^) ,
verwaltet, und wahrend des dauernden Kriegszustandes, in wel-
chem sich dasselbe theils wegen innerer Unruhen, theils wegen
der Einfalle der Araber und Parther befand, war die Anwesen-
heit römischer Truppen sowie des Statthalters der Provinz selbst
fast fortwährend erforderlich. Es gelang sogar noch einmal dem letz-
ten Sprösslinge der königlichen Familie, dem Sohne des abgesetzten
Aristobulus, Anligonus, im Jahre 714 = 40 mit Hülfe der Parther
den Hyrcanus zu verdrängen und sich des Thrones zu bemäch-
tigen'^). Nachdem aber im folgenden Jahre die Parther durch
Ventidius aus Syrien vertrieben waren ^), wurde im J. 38 v. Chr.
auch ludaea durch Sossius, den Legaten des Antonius, erobert
und Antigonus gefangen und hingerichtet 'J).
1) loseph. a. u. 0. und i?. lud. 1, 7, 7. Dio Cass. 37, 16. Appian. Syr. 50.
Plut. Pomp. 45.
2) Die Nachricht Appians B. Mithr. 117, er sei nach dem Triumphe ge-
tödtet worden, widerlegt sich durch die Nachrichten, die wir von seinen späte-
ren Schicksalen haben. Im J. 56 nämlich entfloh er aus Rom und suchte sich
in ludaea wieder festzusetzen, wurde aber von Gabinius gefangen und nach Rom
zurückgeschickt. Dio Cass. 39, 56. loseph. Ant. 14, 6, 1. B. lud. 1,8, 6. Im
J. 49 liess ihn Caesar wieder frei , um in ludaea gegen die Pompeianer zu wir-
ken (Dio Cass. 41, 18); hier starb er durch Vergiftung. loseph. Ant. 14, 7, 4.
B. lud'. 1, 9, 1.
3) Dio Cass. 37, 16. loseph. Ant. 14, 4, 4. Strabo 16 p. 765.
4) loseph. Ant. 14, 10,2; 12, 3.
5) Vgl. was loseph. Ant. 14, 7, 2 voy dem i%^6.^yr\i der Juden in Alexandria
sagt : •jcaS^tOTaxai hi xal d^vap^'^s auxcöv, 8; Stotvtei xe x6 li^voc xal Siaixä xpioei;
■mv oupißoXaiuiv dTTtjxeXeixai xai TTpo;xaY{Aax(ov tbc av roXixsia«; ap/tov auxoxeXoü?.
Ein Ethnarch existirte in ludaea noch nach der Zerstörung Jerusalems durch
Hadrian. Ihn erwähnt Origenes (starb 253 n. Chr.) responsio ad Africanum c. 14 :
Xexxeov o' , oxi ouo£v Tiapöcoo^ov , (xsYaXcuv e&voiv UTioveipimv fC'^o^i.i'^o}^ , npöi
ßaotXeoj; awfv.tympfia^ ai xoi« oixeiot? vofjiot; ^(^pTjoOai.xou? a^XM-aXtoxou; y.ai xoii
oiraaxrjpioi^ ' v-oX vü^ '(oii'^ 'Pwpiaituv ßaoiXeuovxwv xai louoaicuv x6 oiopa^|xov
auxoi; xsXo'Jvxojv, oca 0'JYX"*P0^'^''^^'J Kaiaapo; 6 d^vapy^v]« Trap' auxoi? ouvaxai,
uj; [XYjöev Stacpepeiv ßaoiXeuovxo.; xou s^vou; t'cjxev o[ Tze.neipaii.i'^oi.
6) loseph. Ant. 1, 8, 5: Faßwios — — y.a^i(3XTr)0i xyjv aXXrjv TtoXixeiav ini
7rpooxa(:i<jc xöJv dpioxtov. Und weiter unten : dofxevoa? Ik XTJ; i^ hbi iTTixpaxeia;
^Xeu&epou&evxe;, x6 Xot7rö>^ dpiaxo^paxeicjc SttpxoOvxo.
7) loseph. Ant. 14, 13, 3. Auf seinen Münzen nennt er sich ßaatXeu;.
Eckhel 3, 480. Madden Eist, of Jewish coinage p. 76 ff.
8) Liv. ep. 127. Dio Cass. 48, 39 — 41 und über den siegreichen Feldzug
des J. 38 Dio Cass. 49, 19. 20. Plut. Anton. 34.^ fciv. ep. 128.
9) Dio Cass. 49, 22. Plut. Ant. 36. Tac. H. 5, 9. Liv. ep. 128. loseph. Ant.
— 249 —
Seit dieser Zeit wurde ludaea wieder ein Königreich, wel- Herodes
ches von Antonius und Oclavian dem Idumaeer Herodes, der den
Beinamen des Grossen führt, bereits im J. 40 verliehen i), von
diesem aber erst 37 übernommen wurde 2). üeber sein Verhält-
niss zu den Römern ist zu bemerken, dass zum Schutze seiner
Herrschaft eine Legion in Jerusalem lag ^) , dass der Huldigungseid
zugleich dem Kaiser als dem Oberfeldherrn und dem Könige ge-
schworen wurde'), und dass der König zur Zahlung eines Tri-
butes ^j und zur Stellung von Hülfstruppen verpflichtet war.
Tribut hatte ludäa schon seit Pompeius an die Römer gezahlt
und der öfters vorkommende Fall, dass einzelne Landschaften
mitten in der Provinz zeitweise einer einheimischen dynastischen
Verwaltung übergeben wurden, ist immer so zu denken, dass
in den Einkünften des römischen Staates dabei kein Ausfall statt-
fand. So wie Hyrcanus Tribut zahlte, welchem Cäsar deshalb
in der Person des Antipater, des Vaters des Herodes, einen
iTTiTpoTio; beigegeben hatte ß), so ist auch Herodes selbst factisch
als ein procurator des Kaisers mit dem Königstitcl zu betrach-
ten^). Nach Cäsars Bestimmung hatten die zur Metropolis Jeru-
14, 16, 4 setzt die Eroberung von Jerusalem in das Jahr 37 , weü mit diesem
die Herrschaft des Herodes begann ; sie geschah aber im December 38. S. Clin-
ton F. Hell, in ad a. 38.
1) loseph. Ant. 14, 14, 5. B. lud. 1, 14, 4.
2) Dio Cass. 49, 22. Appian. B. C. 5, 75. Strabo 16 p. 765. Tac. //. 5, 9. /
lieber die Zeit loseph. Ant. 17, 8, 1 : ßaoiXeuoai (xeö^ 8 {xev aveiXev 'Avti^ovo^
£TT] TEoaapa y.ai xptavtovTa (d. h. 37 — 4 v. Chr.), [xeö' 8 oe utzo 'Fu>(jiai(ov äre-
OtoetxTO ir.ia xai Tpidvtovxa d. h. 40 — 4 v. Chr.
3) Itzi «ppo'jpä T-^i ßaoiXeia;, loseph. Ant. 15, 3, 7.
4) loseph. Ant. 17, 2, 4 ; vgl. 18, 5, 3.
5) Appian. B. C. 5, 75: Icvr] oe Tiif] (Antonius) y.i\ ßaoiXsa;, ou; ooxi|j.a-
ceiev, iizi cpopoi; apa T£TaY(xevotc, Hövxou jxh Aapeiov 'looufxatojv oe xat
Xa(Aap£(DV 'HpcuOT(V.
6) loseph. Ant. 14, 8, 5. B. lud. 1, 10, 3.
7) Die ^^inkünfte eines Theiles von Palästina wurden anfänglich an Cleopatra
gezahlt. loseph. Ant. 15, 4, 4: Ttepi oe to'j; <p6po'j;, oui loei xeXeTv x-^; uir 'Avxcu-
vio'j oofteiar^; ycbpa;, 6 \iku 'Hptuor; oixatoi i^v, oux äacprxXei tjYo6(j.evo; 6tO(5vat xiq
KXeoraxpa (a(oo'j; aixiav. Vgl. 15, 7, 3; 15, 5, 1. Nach der Schlacht bei Actium
gab ihm Augnstus diesen Theil zurück nebst den Städten (Jadara , Hippos, Sa-
niaria, (Jaza, Anthcdon , loppc und Tunis Siratonis. loseph. Ant. 15, 7, 3.
fi. lud. 1, 20, 3; ferner auch die Landschaften Trachonitis, Batariaoa und Aura-
nitis, loseph, Ant. 15, 10, 1. Von diesen hatte Trachonitis, eine izapyia (prae-
ferturn) von Syrien (15, 10, 2), Zcnodorus in Verwaltung gehabt, von welchem
loseph. Ant. 15, 10, 1 sagt: ^(xejAloOeuxo xov oixov xoO Auoavloy , d. h. er hatte
das Land ßegcn Zahlung einer Abgabe übernommen. Nach dem Tode des Zeno-
dnrus erhielt dies Land Herodes, Io.>cph. Ant. 15, 10, 3: Katooip oe xal x9)v
xouxo'J fjLOipav oüx «iXiYTjV ouoav 'Hptöo^ olooioiv , i\ \i.ixi%\i xoD Fpciytuvoc xal
xfji FaXiXola; i(^, UuXaftav xal H'r.id^a xal ti?^v Tcipt^ ytit^a.^ £^^''-'^'^1^^'''^^*
Söhne.
— 250 —
saleni gehörigen Ortschaften mit Ausnahme der Stadt Toppe jahr-
lich, jedoch mit Uebergehung des siebenten oder Sabbatjahres,
den Vierten der Feldfrüchte als Abgabe zu steuern und im
folgenden Jahre in Sidon abzuliefern ; ausserdem aber an Hyr-
canus den Zehnten zu zahlen'). Daneben wurde eine Kopfsteuer
erhoben 2), so dass in ludäa die Abgaben drückender waren, als
in irgend einer Provinz. Ein bleibendes Andenken gründete sich
Herodes durch den grossartigen Ausbau der Stadt Caesarea^),
früher Turris Stratonis, welche, zu Ehren des Augustus so ge-
nannt, die Hauptstadt der späteren Provinz Palästina wurde.
Herodes Nach dem Tode des Herodes 750=4 v. Chr.') wurde sein
Reich unter seine drei Söhne getheilt, der Königstitel aber keinem
ertheilt.
1. Den Haupttheil, nämlich ludaea und die im Norden und
Süden angrenzenden Landschaften Samaria und Idumaea mit
Ausnahme der griechischen Städte Gaza, Oadara und Hippos, welche
sofort mit der Provinz vereinigt wurden, erhielt Archelaus mit
dem Titel sOvap^^Yj? "') , welcher von 4 v. Chr. bis 6 n. Chr.
regierte und in dem letzteren Jahre auf Anklage seiner Brüder
von Augustus abgesetzt und nach Vienna in Gallien verbannt
wurde ^). Im J. 759=^6 n. Chr. wurde diese Herrschaft durch
den kaiserlichen Legaten von Syrien, P. Sulpicius Quirinius in
Besitz genommen und als Theil der Provinz censirt^), die weitere
5' iauTov. xai toT? ^TttTpOTteuouo i tt]? Supia«, evTeiXötjAevo; (Aexa t-^;
Ixeivou 'c^iviiit]!; xa Travxa Troieiv. Wenn dasselbe B. lud. 1, 20, 4 so ausgedrückt
wird : xaTeoTTjae oe autöv xal 2upia<; SXtq? imxpor.o-^ — tbs (xr^Sev ^^eivat h'ija
T^? Ixeivou oufxßouXia; toU eTtixpoTiotc Sioixeiv, so scheint das nur richtig, wenn
statt oXy)? gelesen wird tcoiXt]?. Denn einen oxpocxirjYÖ; x^? KoiXt]; Supta; erwähnt
losephus schon Ant. 14, 9, 5 und mit dem eigentlichen Syrien hatte Herodes
niemals etwas zu thun. Als eigentlicher procurator verwaltete er dagegen das
Land, welches Antonius der Cleopatra gegeben hatte, 'Hpwoou |jLiOT}(uaa(x£vo'j,
loseph. Ant. 15, 4, 2 und die Kupferbergwerke in Cypern, die. er für 50 Procent
des Gewinnes von Octavian gepachtet hatte. loseph. Ant. 16, 4, 5.
1) loseph. Ant. 14, 10, 6. ^
2) Appian. Syr. 50 : %al otd xaDx' iozh 'louoatot; ÄTiaoiv 6 cpopo? xöiv
oüofxaxojv ßapuxepo? xfi<i 0)^X7]? Tiepioixia?.
3) S. die Beschreibung bei loseph. Ant. 15, 9, 6.
4) Clinton F. Hell. III ad a. 750.
5) loseph. Ant. 17, 11, 4. B. lud. 2, 6, 3. Ethnarchcs nennt er sich auch
auf seinen Münzen. Madden p. 91 f.
6) Dio Cass. 55, 25. 27. loseph. Ant. 17, 13, 2. B. lud. 2, 7, 3.
7) loseph. Ant. 17, 13, 5 : XTJs hk 'Ap'/eXaou X^pa? UTroxsXoü? 7rpo;v£{XTrj-
öeiOTj? XTQ 2'jpojv, TTEfXTrexai KupTjvto? u-ö Katoapo?, avYjp uTcaxixö;, (XTioxtfxTQOo-
(Aevo; xa £v E'jpia -aolI xov 'Apx.£Xaou aTroBiuoofxevoc oixov. Vgl. 18, 1, 1 : Trap^jv
0£ Tcai KupTjVio; et; ttjv 'louSaiouv, Trpoi^Ttirjv z-qi Supias ^esoiii-ir^ , drcoxifjLTj-
— 251 —
Verwaltung aber einem procurator cum iure gladii übergehen i),
der indessen dem Statthalter Syriens untergeordnet und sowohl
auf dessen militärische Hülfe angewiesen, als auch demselben
verantwortlich war 2). Diese Verwaltung dauerte von 6 bis 41
n. Chr. und wurde während dieser Zeit von sieben Procuratoren
geführt 3), nämlich 1. Coponius 6 n. Chr., 2. M. Ambivius etwa
10 n. Chr., 3. Annius Rufus im J. 13, 4. Valerius Gratus etwa
15—25, 5. Pontius Pilatus 25 — 35^), 6. Marcellus im J. 35-^),
7. Maryllus 38—416).
2. Den nordöstlichen Theil, nämlich die Landschaften Tracho-
nitis, Auranitis, Batanaea, Gaulonitis und Ituraea, den ärmsten
Landstrich^), erhielt Philippus mit dem Titel eines TcTpap^^rj; ^) ,
nach dessen Tode im J. 34 n. Chr. auch seine Herrschaft der
Provinz Syrien einverleibt wurde-'). Er erbaute die Stadt Caesarea
Paneas, welche ihre Zeitrechnung vom J. 3 v. Chr. beginnt *ö).
3. Galilaea, das nach losephus 204 Städte und Dörfer
o6(jL£v6; xe auTöiv ta? o'joiac. 18, 2, 1 : Kup-rjvioi 8e xd: 'Apyekdou ypTjfxaTa
aTiooofAevo; fjOir], vcat twv aTtoTtfATjoeuiv uepai lyouotöv , ai dYSVOVto xpiaxoctii)
-/Ott eßSofxo) £Tei ixexdc xt^v 'Avxtoviou ^v 'Axxitu Xjxxav bizb Kaisapo? — Avavov
— laxa apyitpii, d. h. im J. 7 n. Chr. Ueber die bekannte Stelle des Lucas
Ev. 2, 1, welche diesen Census in das Jahr der Geburt Christi, d. h. 752, in
welchem Jahre Quirinius zum erstenmal legatus Syriae gewesen zu sein scheint,
verlegt, wird an einem andern Orte die Rede sein. Vgl. Mommsen Res gestae
Divi Augusti p. 124 f.
1) loseph. Ant. 18, 1, 1: Koarrouviöi xe auxtp (dem Quirinius) ouif^taxa-
Trejxrexat, xaYfA^To; töjv iKireouv, ■f\'^r\<56\t.t^Oi 'louoaiouv xig ivX näaiv e^ouota.
B. lud. 2, 8, 1 : x-rk oe Ap/eXotou ycdpac ei; STrap/iav Trepi^pacpeiaiQ; , in'vzpoTioi
xt; Irrtx-^; rapa 'F(o[jLatoi; xd^eox; KcuKtovio« 7r^(XTTexat, {xeypi xoO xxeiveiv Xaßojv
Tiapa xoO Krxiaapo; d;ouotav.
2) Pontius Pilatus wurde von dem Legaten Syriens, Vitellius, auf die Klage
der ßouXT] von Hamaria abgesetzt. loseph. Ant. 18, 4, 2. Auf ähnliche Weise
verfuhr der Legat Quadratus. Tac. Ann. 12, 54.
3) Hauptstelle über sie ist loseph. Ant. 18, 2, 2 , aus welcher die Zeitbe-
stimmung indessen nur annähernd entnommen werden kann. Vgl. Do Saulcy
Revue Numismatique 1853 p, 186 fF. und dessen Recherche» sur la numismatique
Judaique, Paris 1854. 4 p. 136 f. Clinton Fasti Rom. II p. 235.
41 Borghesi Oeuvres 5, 82. loseph. Ant. 18, 4, 2.
5) loseph. Ant. 18, 4, 2.
6) loseph. Ant. 18, 6, 10.
7) loseph. Ant. 17, 11, 4. Ueber die Grenzen und die Geschichte von Ba-
lanea und Auranlfis s. Waddington in Comptes rendus 1865 p. 102 ff.
8) Kv. l>ucac 3, 1. Münzen bei Maddcn p. 100 f.
9) loseph. Ant. 18, 1, 6: x«5xe oe rat <^lXtK^TO(; — xeXeuxqt xov ßiov, ei/oaxi])
\ivi dvwjxip x^; Tißepto'j dpyf^s, -fiYT^odiAevo; oe auxi; i^xa xal xptdxovxa xi?);
TpotytovlxtSoc xal Fot'jXavlxioo; xal xoD Baxavalouv £dNOU( rp6; ojxoi;. Ti^s
0 apyT)v — o'j Y^P ^iTeXelrexo r./Toa; — Ttߣpto; uapaXotpwv T:po;OVjxT,v
dTrapyfotc roieixat rfjc l^ypouv.
10) Kckhcl 3, 342.
— 252 —
ziihlte'), und Pciaea fi(»lon dein Ilcrodos Antipas zu^y, der als
T£Tpapxr^? von 4 v. Chr. bis 39 n. Chr. regierte und in dem
letzteren Jahre von Caligula naeh Lugdununi verbannt wurde 3).
Alle diese Theile wurden indessen noch einmal in einer
Hand vereinigt. Uerodes der Gr. hatte ausser den drei genann-
ten Söhnen noch zwei ältere gehabt, die er selbst hatte hinrich-
ten lassen, Antipater und Aristobulus "*) . Des Arislobulus Sohn,
Herodes Hcrodcs Agrippa , oder wie er sich' officiell nannte, M. lulius
Agrippa ^) , in Rom erzogen und mit Caligula bekannt gewor-
den^'), erhielt bei dessen Regierungsantritt im J. 37 n. Chr.
die Tetrarchie des Philippus'), darauf im J. 39 die Tetrarchie
des Herodes Antipgs^) und endlich durch Claudius im J. 41
ludaea und Samaria'^'), während seinem Rruder Herodes das
Fürstcnthum Chaicis gegeben wurde ^oj, go zuletzt die ganze
Herrschaft des grossen Herodes wieder vereinigend regierte er
sieben Jahre lang als König bis zum J. 44 ^i). Sein Sohn Hero-
des Agrippa II, auch Marcus Agrippa genannt ^2)^ erhielt aber,
weil er noch sehr jung war, nicht das Königreich, sondern im
J. 48/49 zunächst das Fürstenthum Chaicis, welches sein Oheim
gehabt hatte i^). Vier Jahre darauf (53) nahm ihm Claudius das-
selbe wieder und gab ihm statt dessen die Tetrarchie des Phi-
lippus 14) mit dem KönigstiteP^). Hiezu bekam er noch im J. 55
von Nero die Städte Tiberia§ und Taricheae in Galilaea und
1) losepM vita § 45.
2) loseph. Ant. 17, 8, 1; 17, 11, 4; 18, 7, 1. Ev. Lucae 3, 1 ; 3, 19^
9, 7. Matth. 14, 1. Act. Ap. 12, 1.
3) loseph. Ant. 18, 7, 2. Der Titel TerpapyT]; und das 43ste Jahr seiner
Regierung, d. h. das Jahr 39 findet sich auf seinen Münzen erwähnt. S. Norisius
De nummo Herodis Antipae in den Opp. Vol. II p. 647 — 665. Eckhel 3, 486 ff.
Madden p. 99.
4) loseph. Ant. 17, 7, 1. B. lud. 1 c. 22—27. Strabo 16 p. 765.
5) Waddington n. 2112, vgl. C. /. Gr. n. 361.
6) loseph. Ant. 18, 6.
7) loseph. Ant. 18, 6, 10. B. lud. 2, 9, 6. Dio Cass. 59, 8. Philo in Flac-
cum 5.
8) loseph. An«. 18, 7, 2.
9) loseph. Ant. 19, 5, 1. Dio Cass. 60, 8. Philo in Flaccum c. 41. loseph.
B. lud. 2, 11, 5.
10) loseph. Ant. 19, 8, 1. Auch er heisst ßaaiXeu; auf seinen Münzen. Eckhel
3, 492.
11) loseph. Ant. 19, 8, 2, Er führt auf Münzen den Titel ßaoiXeu; \i^i^rti;
AYpiTTTia? <DiXoxaTaap. Eckhel 3, 492. Madden p. 106.
12) Waddington n. 2365. Madden p. 117. •
13) loseph. Ant. 20, 5, 2. ' B. lud. 2, 12, 1.
14) loseph. Ant. 20, 7, 1. B. lud. 2, 12, 8.
15} Acta apost. 25, 13 ; 26, 2 u. öfter. Münzen bei Madden p. 115 ff.
^ 253 —
lulias in Peraea^). In dem jüdischen Kriege kämpfte er auf
Seiten der Römer und wurde bei Gamala verwundet 2); seine
Münzen gehn bis 95 n. Chr., und er starl) erst im dritten Jahre
des Traian (100 n. Chr.) als der letzte König der jüdischen
Familie 3). ludäa wurde seit dem J. 44 wieder von Procura toren ^^en^vou**'
verwaltet, deren Residenz Caesarea war'^), und zwar regierten i«<iaea.
das Königreich in seinem ganzen Umfange Cuspius Fadus 44 — 46^) ^
und Tiberius Alexander 46 — 48 ß), seit 48 Ventidius Cumanus^);
im J. 52, als Herodes Agrippa II die Tetrarchie des Philippus
erhielt, wurde für den übrigen Theil des jüdischen Landes Clau-
dius Felix Procurator^). Es folgen dann unter Nero Porcius
Festus (6i)<»j, nach dessen Tode Albinus (62—64)1«) und Gessius
I
1) loseph. Ant. 20, 8, 4.
2) loseph. B. lud. 4, 1, 3.
3) Photii Bihl. cod. 33. Eckhel 3, 496, vgl. Madden p. 133. Für die Er-
kläniug der Münzen Agrippa's II sind weder die Nachrichten, des losephns, noch
die Conibinationen Maddens^ausreichenci. Es findet sich auf ihnen namentlich
eine Aera vom Jahre 61 n. Chr., deren Grund ganz unbekannt ist. S. Mommsen
in Hubers Numismatischer Zeitschrift III, 2 (1872) p. 449 ff.
4) loseph. B. lud. % 1;'), 6. Acta apost. 23, 23; 23, 33; 25, 1. Ueber die
Chronologie der Procuratoren handelt Ewald Gesch. des Volkes Israel, 2te Ausg. 6
S. 46 ff. Da Tacitus Ann. 12, 23 vom Jahre 49 n. Chr. sagt: Ituraeique et
Judaei defunrlis regibus , Sohaemo atque Agrippa , provinciae Suriae additi , so
nimmt Bormann De Syr. prov. p. 4 an , erst in diesem Jahre sei Palästina zu-
gleich mit Abila Lysaniae zur Provinz gezogen, von 44 — 49 ^ber nur wegen der
Jugend des Agrippa einem Procurator übergeben worden , der nicht unter dem
legntus Syrine gestanden habe. Dies bestätige loseph. Ant. 19,11,2: sTrapyov
O'jv Tfj; iouoaia; y.at t^<; draorjC ^otaiXsia; drsoteiXe KouoTtiov <I)dSov, tiü xa-
Toiyo[xivw (dem verstorbenen Agrippa 1) otooy; ti|j.'?jv to [i.i] Mdpoov iTzn.-^'X'^eX^
d<i 'prxzO.tinv auTtü cid'fopov. Allein gleich darauf {Ant. 20, 1, 1) erzählt lose-
phus , dass der legatun Syrüie Vibius Marsus anderweitig beseitigt wurde, und
dass sein Nachfolger Cassius Longinus, der gleichzeitig mit Fadus ankam, sofort
mit einem Heere nach Jerusalem ging um den Fadus zu unterstützen. Die Dif-
ferenz zwischen Tacitus und losephns ist demnach nicht ohne Weiteres zu erle-
digen, da der letztere die Vereinigung Palästinas mit Syrien wirklich 44 zu
setzen scheint.
f)) loseph. Ant. 19, 11, 2: ETrotpyov o-jv f^; 'lo'joaictc xit t-^; dTrdoYj; ßaat-
Xeta; drAsTcilz Kojoriov (Ddoov. Vgl'. Ant. 15, 11, 4. B. lud. 2, 11, 6.
6) loseph. Ant. 20, 5, 2. B. lud. 2, 11, 6. In einer Inschrift von Aradus,
(\ 1. Ur. Vol. III p. 1178 n. 453()f kommt vielleicht ein 7vT:r(Tpo[7ro; Ttßepioju
lo'jXfoy 'AXfeJ^fdvopo'j, ^Trdjpyou frJoO 'ioyoai[xo'i ^Uvoj;) \.m. Indessen ist die
Ergänzung unsicher. Später war er prnefertUH Aegypti. S. C. I. (ir. Vol. III
p. 311a. Henier in M^'m. de l'nrnd. den imcr. XXvi." 1 (1867) p. 295.
7) loseph. Ant. 20, 5, 2. B. lud. 2, 12, 1. Er wird bei dem legatun Syriae
QuadratuH verklagt, welcher ihn nach Rom zum Kai.ser schickt. Er wird schul-
dig befunden und Ins Exil geschickt. loseph. Ant. 20, 6, 2. 3. B. lud. 2, 12, 7.
8) loseph. Ant. 20, 7, 1 ; 20, 8, 5. B. lud. 2, 12, 8; 2, 13, 2. Nach Tac.
Ann. 12, 54 waren Cumanus und Felix gleichzeitig in Iiidäa, 8. Lipsius z. d. St.
9) loseph. Ant. 20, 8. 9. B. lud. 2, 14, 1.
10) loseph. Ant. '^0, », 1. B. lud. 2, 14, 1.
_ 254 ~
Florus^) (65 — 66)2). Noch zweimal versuchten die Juden die
drückende Herrschaft abzuwerfen; die Eroberung Jerusalems
durch Titus im J. 70 n. Chr. ■^) hatte die Zerstörung der Stadt
zur Folge ^) und der letzte jüdische Krieg unter Iladrinn 132 —
135 n. Chr.'») eine fast gänzliche Ausrottung der Juden ^j. .Jeru-
salem wurde durch Griechen neu colonisirt und erhielt den Namen
Colonia Aelia Capitolina").
aimyra. 7. Der östüchstc Bestandthcil der Provinz ist endlich das
Gebiet von Palmyra, welche Stadt lange Zeit eine neutrale Stel-
lung einnahm und einen einträglichen Zwischenhandel zwischen
Parthern und Römern trieb ^). Von den Stapelplätzen der indi-
schen Waaren am persischen Meerbusen, Charax und dem 12
röm. Meilen davon entfernten Forath gingen zwei Caravancnstras-
sen nach dem Westen, die eine über Vologesias am Euphrat und
über Palmyra nach Damascus, die andere durch die Wüste direcl
nach Petra ^) . Die erstere wird öfters in den neuerdings bekannt
1) Joseph. Ant. 20, 9, 5. B. lud. 2, 14, 2.
2) loseph. B. lud. 2, 14, 4. Unter Vespasian kommt noch vor ein M. An-
tonius lulianus, 6 tyj? louoacai; iTAX^or.oi, loseph. *B. lud. 6, 4, 3 und Liberius
Maximus imxpozoi, loseph. B. lud. 7, 6, 6.
3) 8. ausser losephus Bellum ludaicum Suet. Tit. 5. Tac. Hlst. 5, 1. Dio
Cass. 66, 4 — 7. Clinton Fasti Born, ad a. 70.
4) loseph. B. lud. 7, 1.
5) Dio Cass. 69, 12. Euseb. Chron. a. 2148 (132 n. Chr.), 2150 (134).
Euseb. Hist. Ecd. 4, 6. Spartian. Hadr. 14. Eutrop. 8, 7 ff. 8yncellus p. 660
Bonn. Pausan. 1, 5, 5. Clinton F. R. ad a. 132 f. Ewald Gesch. des Volkes
Israel, 2te Ausg. Bd. 7 S. 359 ff.
6) Dio Cass. 69, 14. Hieronymus in Daniel c. 9 : Hierusalem omnino mh-
. versa est et Tudaeorum gens catervatim eaesa. Das Chron. Pasch, p. 474 Bonn.
setzt die Gründung der Colonie irrthümlich schon 119 n. Chr. , worüber s. Clin-
ton a. a. 0. p. 118.
7) Auf Münzen. S. Eckhel 3, 441—443. Dio Cass. 69, 12. Euseb. H. E.
4, 6. Malalas 2 p, 279 Bonn. : 6 hk auro; 'Aopiwo; i^^pYtoi^et; -/taxd 'lo'joaiojv
dviXeuoev zic, ttjv 'kpo'JoaXrjfJL oJxeTv "FiXXTjvac , (xexovofxdca; auxYjv tcoXiv AiXtav.
Ulpian. Dig. 50, 15, 1 ^6: in Palaestina duae sunt coloniae, Caesariensis et Aelia
Capitolina, sed neutra ius Italicum habet.
8) Appian. JB. C. 5, 9: 6 'AvTwvto? eTOfXTre to-j; ir.rAai naX[jL'jpa roXtv, ou
{j,a-/pdv ouaav dub Eucppdiou, 5iap7:doai, [xtv-pd [xsv iTTixaXtbv auToT?, oti 'Piofxaiojv
xai Hapi^uatojv ovxe; dcpopioi e? dv^ax^pou? dTriSelito? siyov (Ipizopot yap ovxe; xopii-
Co'JOt [X£V iv, riepcav xd 'Ivoixd ri 'Apdßta, Siaxi&evxat 5' dv xt^ 'Pto{xatu)v). Plin.
N. H. 5 § 88 : Palmyra urbs nobilis situ , divitiis soli et aquis amoenis, vasto
undique ambitu harenis includit agros ae velut terris exempta a rerum natura,
privata sorte inter duo imperia summa Romanorum Parthorumque , et prima in
discordia semper utrinque cura, ahest a Seleucia Parthorum quae vocatur ad Tigrim
CCCXXXVn mil. passuum.
9) Plin. N. H. Q ^ 145. Heeren De commerciis urbis Palmyrae vicinarumque
Urbium, in Comment. Societ. Ooett. Vol. VII. 1832.
1
_ 255 ~
gewordenen 1) palmyrenischen Inschriften erwähnt 2). Palinyra war
eine Stadt mit griechischer Verfassung 3) und bediente sich der
seleucidischen Aera und des macedonischen Calenders^). Wann
sie in den Besitz der Römer kam, wird nirgends berichtet; schon
in einer Inschrift des .1. 79 n. Chr. kommt eine cpuXi^ Klaooidc,
vor, welche von dem Kaiser Claudius ihren Namen hat und der
älteste Beweis römischen Einflusses ist"^), aber besetzt ist sie
wahrscheinlich erst gleichzeitig mit Petra und Damascus im .1. lOG.
Bald darauf, im .1. 129, besuchte Hadrian die Stadt ^), welche
damals den Namen 'Aopiavi^ TlaXjxupa annahm^) und ihm und
seinen Nachfolgern die glänzendste Periode ihrer Geschichte ver-
dankt^). Die Caravanenstrasse von Bostra nach Palmyra wurde
in dieser Zeit gegen Angriffe der Araber gesichert durch Militär-
1) Die ersten Inschriften aus Palmyra copirte Halifax im J. iiuS ; zu die-
sen ist wenig hinzugekommen, bis im J. 1861 Waddington einen reichen Schatz
griechischer, aramäischer und bilinguer Inschriften aus Palmyra mitbrachte, von
denen die aramäischen edirt sind in Vogüe' Syrie centrale. Jmcriptions Stmiti-
ques, Paris 1868 fol.
2) Eine Caravane heisst cjvooia, der Führer derselben ouvootapyr;;. Die-
sem ihrem Führer setzen ein Denkmal ot cuvavaßavTe; fxex auroO efxTTopot dro
^opdf^o'j -/£ 'OXotYoiotdoo;, C 1. Gr. 4489 = Waddington 2589; oi ou[v ct-jTw
d]vaßdvT£[? dro] 2!7:aaivo'j Ädpazoc , Vogüe n. 6 = Waddington 2596; oi oijv
aÜTw -/.aTEA^ovTe; £{; 'OXoYSOtdoa evropoi, Vogüe n. 4 = Waddington 2599. Die
Inschriften sind aus den Jahren 142, 193, 247 n. Chr. Charax, über welclies
Vogüe und Waddington Revue Num. 1866 p. 303 = Melangeft de Numiftmatique
2mp Serie p. 77 ff. weitere Nach Weisungen, geben , heisst ^Traoi-^o'j Xdpa$ oder
Karak-IIispasina (palmyrenische Inschr. bei Vogüe n. 5) von einem Fürsten , von
weichem eine Münze aus dem Jahr 124 v. Chr. mit der Aufschrift BaaiXIwi;
'ToTraootvo'j erhalten ist. Revue numismatique 1866 p. 305.
3) Im Jahr 129 n. Chr. und später werden ßo'JÄ-?) lind o-^jxo; erwähnt
(Waddington n. 2585), in demselben Jahre ein f^rx^tirx-czuz (ib.). Auch gab es
Phylen in Palmyra, die allerdings mehr arabische Stämme gewesen zu sein schei-
nen (ib. n. 2578). In einer Inschrift von 114 n. Chr. sind vier dpppoTafA^i
der eponyme Magistrat (n. 2627).
4) Waddington zu n. 2571 »\
5) Waddington n. 2613.
6) Die Anwesenheit des Hadrian in Palmyra erwähnt die Inschrift C. I. Gr.
4482 = Waddington 2585, deren palmyrenischer Text von 130 datirt ist (Vogüe'
n. 16).
7) Steph. Byz. p. 498: fldXjx'jpa, cppo6piov Supia;' n\ o auTol
AoptavoTToXiTat |xeTajvo[Ad'3U7]5av ^TtxTtai^eiCTjc xfjc rfiXecoc dri toj a'jtoxpdxopo;.
In den Inschriften von Palmyra kommt dieser Name nicht vor. wohl aber findet
»ich in einer römischen Inschr. des Jahres 236 n. Chr., C. I. Gr. n. 6015 ein
A. A'jp. HXtoowpo; ' A'i'i/jjo'j 'Aoptavo; IIaX[j.upTQv(5g , welches Ethnikon auf den
Namen der Stadt 'Aoptav?^ IldXfiupa schliessen |ässt. S. Norisius De epoch.
Syrom. IHan. II c. 3 }^ 2.
8) IJeber die Bauwerke Palmyra» aus dieser Periode 8. Rob. Wood Lts Ruines
de Palmyre aulremenl dile T<ulmor, London 1753 fol, (Auch mit englischem Text
nnd Titel.) Vgl. Letroiuie Journal de» Savann 18.36 p. 335, Recueil den Inscr.
de Vflgypte I p, 218 f.
-^ 256 ™
poston, deren Spuren Waddington in Nemnra, östlich von Haou-
rAn, eine Tagereise von den letzten Dörfern desselben, Tema um
Tarba, sodann in der Oase Rouhbe und am Fusse des Vulcanj
Djebel Seis vorfand^), und welche von Bostra aus gestellt wur-
den 2). Die Strasse von Damascus nach Palmyra aber, welchj
39 Stunden beträgt, hatle nach der Tabula Peutingeriana ach'j
Zwischenstationen , von welchen zwei festgestellt sind, nämlicl
Nazala (Qarietein) ^), wo um 400 n. Chr. ein Truppencorps lag'*)
und Geroda (Djeiroud) ^); die Hauptstation war aber Danaba, w^
zur Zeit der Notitia die Icgio III Gallien, stand/'). Zwei andr^
Strassen führten von Palmyra nach Emesa und nach Salaminias^)
Durch diese Strassenverbindungen erhielt Palmyra für die Römej
ein politisches biteresse, namentlich als Ausgangspuhct für di
parthischen Kriege, wie z. B. Alexander Severus im J. 231 b(
dem Beginn seines Partherkrieges mit seinem Oberfeldhern
Rutilius Crispinus in Palmyra war 8). Zu Ulpians Zeit, d.
unter Caracalla, war die Stadt colonia iuris Italici^) und dei
Titel der Colonie führt sie auch in Inschriften der Jahre 242/*
und 262*^); wem sie ihn verdankt, ist unbekannt: vielleicht w;aj
es Septimius . Severus, wenigstens ist unter den römischen Bür
gern Palmyras der Name Septimius gewöhnlich i^) . Die kurzj
Erhebung der Familie des Odeynath ^3) führte zu einer zweimal^
1) Waddington n. 2264. S. die Wetzsteinsche Karte (Abb. der Berliner Acj
demie 1863) und Wetzstein Reise S. 128.
2) In den Inschriften von Nemara bei Waddington werden erwähnt ein de-
curio (n. 2270), ein eques der leg. III Cyrenaica , die in Bostra stand (2271).
Die 3te Cohorte der leg. II Farthica (2729) 2280.
3) Porter Handbook for Syria p. 536.
4) Not. Dign. Or. p. 85.
5) S. über diese Orte Waddington zu n. 2571.
6) Not. Dign. Or. p. 85.
7) Waddington 2629. 2632.
8) S. die Inschr. C. I. Gr. 4483 = Waddington 4483. üeber das Jahr s.
Eokhel 7, 273. Clinton F. R. ad a. 231.
9) Digest. 50, 15, 1 § 5.
10) Vogüe n. 15.
11) Waddington 2606^^, wo sie |X7]TpoxoX(uveia heisst, 2607. cf. 2629. Im J,
252 wird ein O'J0[[vSptxü;] , duumvirnlis, erwähnt 2601; sonst heissen die Ilviri
CTpaTTjYoi, welche in den Jahren 224 — 262 vorkommen n. 2597. 2598. 2601.
2606'!. 2607. Vgl. Vogüe p. 18. Daneben kommt ein dYopavofxo; vor 2598.
12) Von Septimius Severus wurden auch Tyrus, Heliopolis und Laodicea zu
coloniae iuris Italici erhoben. Digest. 50, 15, 1.
13) S. V. Sallet Dife Fürsten von Palmyra, Berlin 1866. 8. Vogü^ p. 29 ff.
Waddington n. 2600 ff. Zu dieser Familie gehören Odeynath I, welcher coy-
%X7]Ti%6;, vir senatorius, heisst und 251 starb. Seine Nachkommen sind Heyran,
— 257 —
gen Eroberung und Zerstörung der Sladt durch Aurelian 273 \),
bei welcher fasl die ganze Bevölkerung umkam 2). Seitdem ist
Palmyra eine Grenzfestung (cppoopiov) 3), welche Diocletian an-
legte^] und in welcher von da ab die legio 1 Illyricorum statio-
nirt war 5). lustinian erneuerte die Befestigungen ^j und die
Stadt gehörte, wie früher zu Syria Phoenice'), so seit Diocletian
zu Phoenice Libanesia^).
Pompeius übergab nach der Eroberung von Syrien und Verwaltung
Palästina diese Länder dem M. Scaurus, der dieselben im J. -62
als quaestor pro praetore verwaltete. Diesem folgten als Statt-
halter zuerst zwei propraetores, L. Marcius Philippus 61 — 60 und
Lenlulus Marcellinus 59 — ^58; darauf wegen der Kriege mit den
Arabern proconsules mit einem Heere, zuerst Gabinius^) 57 — 55,
dann Crassus 55 — 53, nach dessen Tode sein Quästor Cassius
die Provinz 52—51 verwaltete i^) ; darauf M. Calpurnius Bibulus
51 _. 50 11) Nach der Schlacht bei Pharsalus übergab Caesar
Syrien dem S. lulius Caesar im J. 47, welcher im folgenden
Jahre von dem Pompeianer Caecilius Bassus getödtet wurde i^j.
In dessen Gewalt blieb die Provinz bis Ende 44, wo Cassius
sich derselben bemächtigte und den Titel proconsul annahm ^^j.
Nach der Schlacht bei Philippi setzte im J. 41 Antonius seinen
AlpdvY]; oder Herennianus, und Odeynath II, der Mann der Zenobia (mit einhei-
mischem Namen Bathzebinah), welcher 267 starb , nnd dessen Sohn Wahballath.
1) Leber das Jahr Clinton F. R. ad a. 273. Waddington, zu n. 2611. Ueber
die zweite Eroberung Zosimus 1, 60, 61.
2) Vopiscus Aurelian. 31.
• 3) Steph. Byz. p. 498.
4) Inschr. von Palmyra, Orelli 531 = 0. /. L. III, 133.
5) N. D. Or. p. 85.
6) Procop. de aedif. 2, 11. '
7) Ulplan. Dig. 50, 15, 1 § 5.
8) Hierocles p. 717.
9) Appian. 8yr. 51: Supta; o' vA)hi h Wo^tA\\.oz SxaOpov tov dv toi; -Koki-
fAOi; ea'jxu) ^evifAevov Tafxiav exaqev ■'t(^i.lQ%ai ( vgl. Joseph. Ant. 15 c. 4. 5.
B. lud. 1 c. 6. 7. 8. Eckhel 1). N. 5, 131. Horghesi Oeuvr. 2, 186 f. und über
die Zeit Clinton F. Hell. 2 p. 342), xat /j ßouX-^| <I)i>a7:TTov im Ixa'joiu tov
Mqxpiöv, 7.al MotxpeXXivov AevtXov irzi T(Ö <I)r/arTC«|j, afxcftu OTpaxTjYixou; xat'
d^twotv. äXXd Ttüv^e |xev exax^po) Sisrrjc dxpicpi^ri yp6vo;, xou; Tfstxova; £vo)^Xoüvxa;
"Apaßa; djx'j'JofjLdv»;) . xal xoO^e /dpiv ii xo ^Tceixa ^y^vovxo i-jp^c oxpaxYjYot xwv
xd dr(uvu|xa dpcdvxtov dv daxei, '{va fyoiev d^ouaiav xaxaXovo'j xe oxpaxiä; xal
iroX£(xo'j oia uraxot • xal ttowto; iv. xojvoe iTr^ucpfttj Pa^ivio; fxexd oxpaxid;.
Ueber Gabinius s. Drumann 3, 46.
10) Drumann 2, 118—120.
11) Drumann 2, 101.
12) Drumann Ii, 768; 2, 125.
13) Cic. ad fam. 12, 11.
Köm. Alterth. IV. 17
— 258 —
Legaten L. Decidius Saxa zum Statthalter Syriens ein, dessen
Besiegung durch die Parther im J. 40 den Verlust der ganzen
Provinz zur Folge hatte ^). Nachdem dieselben im Herbste 39
durch Ventidius, des Antonius Legaten, wieder vertrieben waren^),
wurde Syrien wieder von Legaten des Antonius verwaltet, im
J. 38 von C. Sosius, durch welchen der jüdische Thron dem
Antigonus entrissen und dem Herodes übergeben wurde (s. oben
S.. 248), im J. 35 von L. Munatius Plauens ^j und 31 von L.
Bibulus'*), worauf im J. 30 Octavians Legat Q. Didius die Provinz
übernahm ^) . Bei der Theilung der Provinzen zwischen Kaiser und
Senat im J. 727 == 27 wurde Syrien kaiserlich ^] und ist später als die
in militärischer Hinsicht wichtigste Provinz, wie wir sehen wer-
den, von consularischen Legaten verwaltet worden"), deren Resi-
denz Antiochia, an Grösse eine der ersten Städte des römischen
Reiches, als Metropolis der Provinz^) zu hoher Blüthe gelangte-').
Aber es bedurfte noch langer Zeit, bis die Provinz nach den
Verwirrungen, welche die Bürgerkriege im ganzen Orient zur
Folge gehabt hatten, neu organisirt wurde. Die Aufgabe , die
Ordnung in den östlichen Ländern wiederherzustellen, übertrug
Augustus dem Agrippa, welcher dieselbe in den Jahren 23 — 13
1) Dio Cass. 48, 24. Liv. ep. 127. Norisius Cenot. Pis. p. 445.
2) Liv. ep. 127. Dio Cass. 48, 39—43. Plut. Anton. 33 und über den Feld-
zug des J. 38 Plut. a. a. 0. Dio Cass. 49, 19—21.
3) Appian. JB. C. 5, 144. Noris. C. P. p. 451. Borghesi Oeuvres 2, 85.
4) Drumann 2, 105. Borghesi Oeuvr. 2, 95.
5) Dio Cass. 51, 7. Noris. C. P. p. 454.
6) Dio Cass. 53, 12.
7) lieber die legati Syriae bis auf Vespasian s, Norisius Cenotaphia Pisana
II c. 16 in Opp. Vol. III p. 424—531 und Diss. de epoch. Syromac. Opp. Vol.
II p. 259. Eckhel D. N. 3, 275. A. W. Zumpt Comm. epigr. U p. 73—152.
Die Statthalter von 731 bis 770 (23 v. Chr. — 17 n. Chr.) behandelt Mommsen
Res gestae D, Aug. p. 113 if.
8) Den Titel {A^iQxpoTcoXt? führt sie schon vor der Römerzeit auf ihren Mün-
zen, Eckhel 3, 270, und behielt ihn später bei. Eckhel 3, 271. 283. Mionnet
5, 148. 157. Als Residenz der Statthalter kommt sie oft vor. loseph. Ant. 17,
5, 7; 17, 9, 3, der sie auch {j,r]tp67roXt? x-^s Supia«; nennt. B. I. 3, 2, 4.
9) S. 0. Müller Antiquitates Antioch. in Comment. SocAet. Ooetting. receht.
Vol. VIII. Vgl. des Libanius 'Avxioxtxo? Vol. I p. 275 R. lohannes Chrysosto-
mus Homil. in Ignat. § 4 {Opp. ed. Montfaucon II p. 597) bezeichnet die christ-
liche Gemeinde von Antiochia als S;^[jlov eixooiv dxTetvofxevov (xupta5a?. Aber
schon Strabo 16 p. 750 sagt, dass Antiochia an Grösse nur von Seleucia am
Tigris und Alexandria, natürlich auch von Rom, übertroifen werde. Procop.
B. Pers. 1 , 17 p. 87 nennt 'Avxio^^eiav — 7rXo6tu) xe xai (xeY£&et xai tto-
Xuav^pcoiria TioXewv ■aTraocüv xwv dv xoT«; ivioii 'PoupLatouv O'jaav. Vgl, 2, 8
p. 189. 19'2.
— 259 —
V. Chr. ^) als Stellvertreter des Kaisers 2) löste und im J. 15 selbst
in Syrien und Jerusalem anwesend war 3). Ob er Syrien und
die andern ihm übergebenen Provinzen durch seine Legaten ver-
walten Hess , oder ob unter ihm die gewöhnlichen Statthalter
fungirten, bedarf noch einer weiteren Untersuchung'^). Nach
dem J. 43 ist Syrien immer von consularischen Legaten des
Kaisers regiert worden, von denen sicher bekannt sind:
M. Titius Cos. 723=31, leg. Syrine c. 745 = 9 5).
C. Sentius Saturninus Cos. 735 = 19, leg. Sijr. 746 = 8.
P. Quinctilius Varus Cos. 741 =13, leg. Syr. 748—750 = 6—4.
P. Sulpicius Quirinius Cos. 742=12, leg. Syr. 751—752 =
3—2.
L. Volusius Saturninus Cos. 742 = 12, leg. Syr. 757 — 758 =
4—5 n. Chr.
1) Seine Verwaltung begann 23 v. Chr., Dio Cass. 53, 32, und dauerte 10
Jahre. loseph. Ant. 16, 3, 3. Zumpt p. 79. Mommsen p. 113.
2) TOJ TTspav 'lovtou otaooyo; Kaiaapt, loseph. Ant. 15, 10, 2.
. 3) loseph. Ant. 16, 2, 1. Philo leg. ad Caium p. 589 Mang. Er legte da-
mals die Colonie Berytus an (Strabo 16 p. 756), welche Eusebius Chron. in das
Jahr 14 v. Chr. setzt.
4) Dio Cass. 53, 32 : v.oX (ji (Agrippa) iv, piv t^? ToXeio; eu^u; i^wpfXTrjoev,
ou (jiIvTOt '/.ai ii TTjv S'jpiav dcpi7.£T0 dkV — — ey-eiae [j.ev tou; O-ocxpaT'ifjYOu;
lre|jL'^ev, ciOto? oe iv A£cßqj oiixpvbe. Zumpt und Mommsen p. 114 billigen
diese Darstellung und einer ihrer Gründe dafür ist, dass in den genannten 10
Jahren (23 — 13) kein andrer kaiserlicher l.egat von Syrien genannt -n-ird. Nun
aber berichtet Dio 54, 34, dass der Besser Vologaesus in Thracien den Rhascu-
poris getödtet habe, und fährt dann fort: oj; ouv outo? te tauTa Iroiet xai oi
Sia/ixai TTjV MaxeSoviav £xa7,0'jpY0uv, Ao'jy.io? Ikiaouv iv. nap-cpuAta?, r^iri^ye,
Tzpoiexdyßri ocpioi. Der Krieg dauerte drei Jahre, 13 — 11 v. Chr. Vellei. 2, 98.
Liv. ep.' 140. Piso war also apycav na|j.(puXta; im J. 13. Es ist aber unglaub-
lich, dass er nur Paniphylien verwaltet hätte, da er bereits 15 Consul gewesen
war, und Pamphylien nie eine consularische Provinz gewesen ist. Ebenso wenig
konnte er leyatus Galatiae sein, denn auch dieses ist prätorisch, noch auch etwa
proconsul Asiae , da erst zwei Jahre nach seinem Consulat vergangen waren.
Nun wissen wir, dass die Provinz Cilicien von Antonius im J, 36 aufgehoben
und theils an Cleopatra, theils anderweitig vergeben, nach der Schlacht bei
Actium aber vorläufig dem Statthalter von Syrien übergeben war. und dass ein
eigner Statthalter Ciliciens erst wieder 58 n. Chr. genannt wird. Tacit Ann.
13, 33. Zumpt p. 96. Mommsen p. 122. Pamphylien gehörte ohne Zweifel zu
den Provinzen, deren Oberbefehl Agrippa hatte (Mommsen p. 113), es war über-
dies der beste Angriffspunct gegen die llomonadenser, welche im J. 25 v. Chr.
den König Amyntas von Galatien erschlagen hatten (Strabo 12 p. 569) iind sich
im Kriegszustande gegen die llömer befanden, bis Quirinius, letjalm Auy. Syriar
Hie im J. 3 und 2 t. Chr. unschädlich machte (Mommsen p. 117 iT.). Ich glaube
demnach, dass L. Piso unter die leyati Auy. Syrüie zu rechnen ist, 'und dass er
sich im J. 13 zufällig in Pamphylien befand, vielleicht auch im Kriege gegen
die Homonadenser. In dieseiu Falle aber würde er niclit ein Legat des Agrippa,
sondern ein kaiserlicher Statthalter gewesen sein.
5) Mommsen Ii. y. 1). A. p. 99. Die Beweise für die folgenden Ansätze s.
bei Zumpt u. Momuisun a. u. O.
17*
— 260 —
P. Sulpicius Quirinius Cos. 74'2 = 12, leg. Syr. iterum 759
= 6 n. Chr.
Q. Caecilius Metellus Creticus Silanus, Cos. 760 = 7, leg. Syr.
764—770 = 11—17.
Cn. Calpurnius Piso , Cos. 747 = 7, leg. Syr. 770—772 =
17—19.
L. Aelius Lainia, Cos. 756 = 3, leg. Syr. 774—785 = 21—32.
L. Pomponius Flaccus, Cos. 770 = 17, leg. Syr. 785. 786 =
32. 33.
L. Vitellius, Cos. 787 = 34, leg. Sijr. 788 = 35.
P. Petronius, Cos. 772 = 19,'%. %r. 792— 795 = 39— 42 1).
C. Vibius Marsus, Cos. 770=17, %. Syr. 795—797 = 42
—44.
C. Cassius Longinus, Cos. 783=30, leg. Sijr. 798— c. 803
= 45—50.
C. Ummidius Quadratus, Cos. unter Caligula oder Claudius,
leg. Syr. 804—813 = 51—60.
Cn. Domitius Corbulo, Cos. 792 = 39, leg. Syr. 814 — 816 =
61—63.
Ceslius Gallus, Cos. eines unbestimmten Jahres 2), leg. Syr.
818. 819 = 65. 66.
Unter diesem begann im J. 66 der Aufruhr der Juden 3), in
welchem sowohl der letzte selbständige Procurator ludäas Gessius
Florus erschlagen 4) als auch Cestius Gallus schimpflich besiegt
wurde und bald darauf starb ^j. In Folge dessen erhielt noch
Ende 66 ß) ludäa einen eigenen kaiserlichen Legaten in der Per-
son des Vespasian (Cos. 51), der im Mai 67 in Galilaea einzogt),
während Syrien unter den Legaten C. Licinius Mucianus gestellt
wurde 8). Nach der Eroberung Jerusalems im J. 70 blieb ludaea
1) Borghesi Oeuvr. 3, 357.
2) legatus consularis nennt ihn Suet. Vesp. 4.
3) loseph. B. 1. 2. 14, 4.
4) Suet. Vesp. 4.
5) Suet. a. a. 0. Tac. H. 5, 10. loseph. B. I. 2, 19.
6) Zumpt a. a. 0. p. 142.
7) loseph. B. I. 3, 6, 2 — ■73. Der Monat Artemisius, den losephus nennt,
ist der Mai, s. Waddington n. 2571 b.
8) Tac. H. 1, 10: Suriam et quattuor legiones obtinebat Licinius Mucia-
nus — — , bellum ludaicum Flavius Vespasianus ( ducem cum Nero delegerat )
tribus legionibus administrabat. Der Name des Mucianus ist nicht M. Licinius
Grassus Mucianus, sondern C. Licinius Mucianus. S. das Verz. der feriae Latinae
bei Marini Arvali p. 129 und über den Namen und die drei Consulate des Mu-
— 261 —
eine eigene, von Syrien ii;elrennle Provinz M, deren Statthalter i^daea be-
. , . , , sondre Pro-
nicht, wie vorher, ein procurator^ sondern ein prä torischer , in vinz
Kriegszeiten auch ein consularischer Legat des Kaisers war, über
eine Truppenmacht, nämlich die legio X Fretensis und verschie-
dene Auxiharcorps verfügte"^) und unter sich einen procurator
hatte 3). Die Reihe dieser Statthalter begingt mit S. Vettulenus
Cerialis*); ihm folgt Lucilius Bassus-'») und diesem im J. 72
Flavius Silva 6), der erst 81 Consul wurde ^j; Aus der folgenden
Zeit sind bekannt: unter Domitian: Cn. Pompeius Longinus,
Legat V. ludäa 839 = 86^); unter Traian : Tiberianus *J) ; Atticus,
wahrscheinlich Ti. Claudius Atticus ^^j, der Vater des bekannten
Herodes Atticus, im J. 107 i^); Lusius Quietus, Cos. 115 und dar-
auf Legat V. Iudaea^2j. q Pompeius Falco, kg. Aug. pr. pr,
[ludeae] et leg. X Fret. vor dem Consulat i^^) ; unter Hadrian :
cianus Borgliesi Oeuvres 4, 345 — 353. Ihn erwähnt auch als Legaten Syriens
Joseph. B. I. 4, 1, 5; 4, 10, 6.
1) Dem Vespasian schreibt die Einrichtung der Provinz zu Aurel. Vict.
Caes. 9. Epit. 9.
2) loseph. B. I. 7, 1, 3. Dio Cass. 55, 23. Henzen in Jahrb. d. Vereins v.
Alterthumsfreunden im Rheinlande 1848 S. 39 ff.
3) So hatte z. B. der gleich zu erwähnende Lucilius Bassus den procurator
Liberias Maximus, loseph. B. 1. 7, 6, 6; Der Timesitheus, proc. prov. Syriae
Palaestinae bei Henzen n. 5530 ist wahrscheinlich derselbe, der unter Gordianus
praefectus praetorio wurde. Capitolin. Gord. 23. Eckhcl 7, 319. Renier in Borghesi
Oeuvres 3, 484.
4) loseph. B. I. 7, 6, 1 : et^ hk tt,v 'louoaiav TipeoßeuTTji; Ao-JxiXio; Baoco;
i%T.t\i.'^%v.<i y-at T-?jV Gxpa-iav rapa KepsaXiou OuiTeXXiavoO (d. Handschr. haben
( luETiXtavo j) 7:apo(Xat3(üv x. t. X. Wahrscheinlich hiess er mit vollem Namen Sex.
Vetulenus Civica Pompeianus, S. über ihn Renier in Mem. de l'acad. des inscr.
XXVI, 1 (1867) p. 309 ff.
5) Er heisst TrpeoßeuTf,; bei loseph. B. 1. 7, 6, 1.
6) loseph. B. /. 7, 8, 1.
7) Borghesi Oeuvres 3, 180.
8) Militärdiplom Henzen n. 5433 : et sunt in ludaea sub Cn. Pompeio Lon-
gino. Vgl. Henzen in Jahrbücher des V. v. A. im Kheinlande 1848 S. 38. Bull.
1848 p. 24-2H.
9) Bei Johannes Antiochenus in Müller Fr. Eist. Gr. IV p. 580 heisst er
YjYefA0ve6a)v toj Ttpodrou llaXataTtvujv i^to'j^ , d. h. der zur Zeit des Verfassers
bestehenden Palaestina prima.
10) Borghesi Oeuvres 5, 534.
11) Eusebius li. H. 3, 32 lässt den Symeon, Bischof von Jerusalem, das Mar
tyrium erleiden ItX Tpai'avoO Kotioapo«; xai uTraxtxoü 'AttixoD. Nach Eusebius
Chron. Can. p. 163 Schoene geschah dies im 10. Jahr des Traian. Wenn der
Titel yraTixfJ; , consularis^ genau verstanden werden kann, so war Atticus nach
dem Consulat legntus ludaeae , und Consul ist or wirtilich zweimal gewesen (s.
Borghesi a. a. 0.), allein zu Eusebius Zeit heisst 'jr.n.Tiyt.6i, wie wir weiter unten
sehen werden, überhatipt ein Legat, auch ein prätorisclier.
1^) Dio Cass. 68, 32: Aare — xal uTraxeviaat r^; t£ riaXataxlvT)« dfp^at.
Euseb. E. H. 4, 2. Syncellus p. 657 Bonn, wo den Name verderbt ist.
13) Henzen n. 5451. Der Name der Provinz ist Bicber ergänzt von Borghesi
— 262 —
0. Tineius Rufus, I.ogal v. ludaea 132^), in welchem Jahre der
Krieg mit Barcocheba ausbrach, und C. lulius Severus, Cos. 127,
der nacheinander lerjalus pr. pr. provinciae Britlanniae, leg. pr.
pr. provinciae ludeae , leg. pr. pr. provinciae Syriae war, und
ludaea als Nachfolger des Tineius bis 135 verwaltet zu haben
scheint^); unter M. . Antoninus: C. lulius Severus, Cos. 155,
TTpeoßeuTigc avTtoxpaTYjYo? Sopioc? FlaXaiaTivr^? ^J . unter M. Aurel:
Flavius Boethus, Cos. eines unbestimmten Jahres^), leg. Syriae
Palaestinae 167^); C. Erucius Clarus, Cos. 170, TjYsjxtov 'louSa(ac
avTioTpaTTjYo? too xupioo auToxparopo; M. Aupr^Xiou 'Avtwvsivou*),
endlich aus unbestimmter Zeit Ulpius Arabianus, o XotfiirpoxaTO«;
oiratixoc, TTpsaßsuTT^c xai avTtoTpatYjYo? too Seßaaiou Sopiac Ila-
XaioTivT]? ') .
Aus diesem Verzeichniss geht hervor, dass ludaea oder Syria
Palaestina unzweifelhaft bis auf M. Aurel selbständige Provinz
war, als welche sie auch von Ptolemäus aufgeführt wird^). Ihr
Oeuvr. 4, 125. Das Jahr des Consulats ist unbekannt. Ueber den Mann s.
Mommsen Index Plinii p. 422.
1) Borghesi Oeuvres 3, 64 setzt seine Legation 136 und Mommsen zu
Borghesi Oeuvr. 4, 168 n. 1 macht ihn zum Nachfolger des Severus. Allein
nach der einzigen Nachricht, die wir über ihn haben., war er beim Ausbruche
des Krieges im J. 132 als leg. ludaeae anwesend. Hieronymus in Euseb. Chr.
Can. ed. Schöne p. 167: ludaei in, arma versi Palaestinam depopulati sunt
tenente provinciam Tineio Rufo , cui ad opprimendos rebelles Hadrianus misit
exercitum. Euseb. E. H. 4, .6. Syncellus p. 660. Wenn, wie Henzen in Borghesi
Oeuvr. 3, 64 n. 3 annimmt, dieser Tineiu§ derselbe ist, der 158 Cos. war
(Orelli n. 3701), so würde er prätorischer Legat gewesen und grade deshalb
durch Severus ersetzt sein.
2) Er heisst vollständig S. Vinicius Faustinus C. I(ulius) Severus, C. I. L.
III n. 2830, durch welche Inschrift er zuerst sicher bekannt geworden ist. Uebri-
gens s. Dio Cass. 69, 13. Mommsen in Borghesi Oeuvr. 4, 168 n. 1. Waddington
Memoire sur la Chronologie de la vie du Bheteur Aristide {^Mem. de Vacad.
26, 1) p. 26.
3) C. I. ör. 4029. Borghesi Oeuvr. 3, 119; 4, 165.
4) Galen. Vol. II p. 215: OXaßio; Botj^o? dvYjp ur.azoc, TujfAaiaiv. »
5) Galen. Vol. XIX p. 16 : Bo-r]i%? i^fik%£ ttj; TtoXecu? d|i.oü Trpoxepoc,
d'p^ojv t6t£ t^? naXaiOTivYjf; Supia?, dv ^ xat «TC&ave. Galen reiste ab, während
in Rom eine Pest ausbrach, d. h. 167, und kam schon Winter 168 — 169 zurück.
S. Clinton F. B. s. a. 167. 169.
6) Inschrift von Ephesus bei Waddington n. 1842».
7) Inschr. von Amastris, C. I. Gr. 415J . Dieselbe ist zwar datirt vom Jahr 260
der Aera von Amastris , diese Aera ist aber noch nicht flxirt. Eckhel 2, 385.
Wenn sie etwa 689 = 65 »u setzen ist, in welchem Jahre Amastris der Provinz
Bithynien einverleibt wurde, so fällt die Inschrift 949 = 196 unter Severus.
8) Ptolem. 5, 16, 1 : i] UoXaiarisri Xupia 'Jjxtc xat 'louBata y-aXeiTat. Dass
der Name Palaestina nach Hadrians jüdischem Kriege üblich geworden sei (Hen-
zen in Borghesi Oeuvr. 4, 160 n. 2. Inscr. n. 4533), ist nicht unbedingt richtig,
da Syria Palaestina schon bei Herodot 1, 105; 2, 104 und Palaestina bei Strabo
— 263 --
ferneres Bestehen ist in Zweifel gezogen worden von Borghesi,
der auf Grund der Nachricht des Dio Cassius, dass M. Aurel
nach dem Partherkriege (162 — 165) die Sicherung ganz Asiens
dem Avidius Cassius anvertraut habe^), die Vermuthung zu be-
gründen suchte, dass Palästina damals mit Syrien vereinigt, und
auch später bei der gleich zu besprechenden Theilung Syriens
mit Syria Phoenice zusammen verwaltet worden sei 2). Beides
hat sich jetzt als unbegründet erwiesen. Wenn Avidius Cassius
eine ausnahmsw:eise Stellung erhielt, wie sie in den Jahren 731
—741=23—13 Agrippa3), 770 = 17 Germanicus 4) , 807 = 54
Corbulo^) gehabt hatte, so wissen wir doch, dass seine eigent-
liche Provinz Syrien war^), in welcher ihm Martins Verus als
Legat folgte ') , und dass die umliegenden Provinzen während der
Zeit seines Commandos ihre eigenen Statthalter behielten^). Denn
da er sein Commando bei Beginn des Marcomannenkrieges, wahr-
scheinlich bei der Rückkehr des L. Verus nach Rom (919 = 166)
antrat^), und dasselbie fortführte bis zu dem Jahre, in welchem
er sich empörte und getödtet wurde, d. h. nach gewöhnlicher
16, 776 vorkommt und andererseits noch c. 170 n. Chr. der Name ludaea offl-
ciell ist (s. oben Seite 262 Anm. 6).
1) Dio Cass. 71, 3: tov {ji.£vtot Kaooiov 6 Mapxo? rrj; 'Aoiac ÄTraoY]; im-
xpoTieueiN ixeXeuoev. Die Nachricht wird bestätigt dadurch, dass Cassius in
Aegypten Krieg führte, Dio Cass. 71, 4. Capitolin. M. Ant. ph. 21, ebenso in
Arabien und Armenien. Volcat. Gall. v. Avid. Cass. 6.
2) Borghesi Oeuvres 4, 160 ff. Borghesis Annahme ist bereits von Kuhn 2,
187 flf. und Bormann p. 19 IT. p. 24 ausführlich widerlegt worden, deren Argu-
menten ich noch einige neue habe hinzufügen können. Die Inschr. Mnr. 343, 1,
in welcher ein leg. cunctae Syriae vorzukommen schien, und aus welcher Borghesi
4, 162 auf eine noch später bestehende Zusammenlegung aller Theile Syriens
schlosä, steht jetzt C. I. L. II n. 3783 und ist nach Mommsen zu lesen:
M. Comelio M. f. Gal. Nigrino Cos. leg. Aug. pr. pr. provinc. Moesiae
[item pr]ovinc. Syriae.
3) Mommsen R. g. d. Aug. p. 113.
4) Tac. Ann. 2, 43.
f)J Tac. Ann. 13, 8, 9.
6) Volc. Gallicanus v. Avid. Cos». 5. Dio Cass. 71, 31. Er heisst TtpeoßeuTTjs
2eßa5T(üv (ivTiOTparfiYo; in der Inschrift des .Jahres 169 (('. 1. Gr. 4544 = Wad-
dington n. 20203, rpeoß. 2!e|j(otaTov) (dvxicJTpaTTjYo;) in der Inschr. d. J. 170,
Waddington n. 2331, .jKa-ixo; in Inschriften der Jahre 169 und 171, Wadding-
ton 2212. 2237. 2438.
7) Dio Cass. 71, 29.
8) Auch unter Germanicus war bekanntlich Piso Statthalter von Syrien,
unter Corbulo l'nmiidius Quadratus.
9j Capitolin. M. Ant. ph. 12, 13; dum Parlhicum bellum geritur , natum est
Marcomnnnicum, qnod diu eorum, qui aderant, arte mispensum est, ut finita iam
Orientali hello Marcomannicum agi posset. Kt quum famis tempore fa. 167) po-
pulo insinuasaet de hello, fratre post quinquennium reveno (a. 166j in senatu
egitf ambos necesiarioa e»ae dieeru hello Germariieo imperntores.
— 264 —
Annahiiie <)28 = 175, nach Waddingions Ansatz 925=='! 72 1), so
fallen in diese Zeit die Statthalter von ludaea Flavius Boethus
und Erucius Clarus (s. S. 262), während in Cappadocien Mar-
tins Verus Legat und in Aegypten Flavius Calvisius Präfect war 2).
Dass aber auch nach dieser Zeit Palaestina eine selbständige
Provinz blieb, lehrt nicht nur das Vorkommen derselben bei
Schriftstellern ^) , sondern namentlich die officielle Erwähnung
der Provinz auf den Münzen von Neapolis, das in der Zeit von
Antoninus Pius bis Alexander Severüs sich OXaouta NsaTioXic
l'upia; riaXaioTivyjc nennt''), von Tiberias, das unter Commodus
dieselbe Bezeichnung braucht 5), und von Caesarea, welches von
Decius Traianus (249 — 251) an metropolis pi^ovinciae Syriae Pa-
laestinne heisst^); endlich die Erwähnung mehrerer Statthalter,
nämlich, abgesehen von dem bereits angeführten Ulpius Arabia-
nus, dessen Zeit unsicher ist, des Achaeus unter Gallienus
(c. 261) 7)j des Flavianus im Jahr 303 8), des Urbanus unter
Diocletian im J. 304 9) und seines Nachfolgers Firmilianus unter
Constantin im J. 308 lo).
Während sonach ludaea oder Syria Palaestina seit 66 n. Chr.
von Syrien abgetrennt blieb, ist auch Syrien selbst später in
^Pro™ fr^^"^^^ Provinzen, Syria magna oder Syria Coele und Syria Phoe-
^^^i^^rf^ nice zerlegt worden n). Der Umfang derselben entspricht nur
Phoenice. geh,, unvollkommen den früher unter denselben Namen verstan-
denen Landschaften; denn Syria Coele heisst nunmehr das ganze
nördliche Syrien, dessen Hauptstadt Antiochia ist, und zu dem
1) Waddington n. 2212. •
2) Dio Cass. 71, 23. 28.
3) Dio Cass. ü5, 23 zählt die Legionen , die zu seiner Zeit , d. h. unter
Elagabal und Alexander Severus existirten, auf, darunter zwei, die VI Ferrata
und X in ludaea.
4) Eckhel 3, 435. Mionnet 5, 500—506 ; S. 8, 346—352.
5) Münze des Commodus in der Numismatischen Zeitschr. v. Huber und
Karabacek 1869 p. 401: TIBeptdtuv tojv KAauöieujv CVPta? nAAaiOTiv'r](;.
6) Eckhel 3, 432. Mionnet 5, 493—497. 8. 8 p. 340—343.
7) Euseb. E. H. 7, 15.
8) Euseb. De mart. Palaest. prooem. p. 260 Vales. = p. 313 Schwegler:
fjYeiTO (JI.SV OXotßiavö? xoO twv IlaXaiOTivcäv e^oo?.
9) Euseb. De mart. Pal. 3.
10} Euseb. De mart. Pal. 8. 9. 11.
11) Ulpian, der unter Caracalla schrieb, unterscheidet Dig. 50, 15, 1 bei
Aufzählung der römischen Colonien drei syrische Provinzen : Syria Coele, Syria
Phoenice und Syria Palaestina. Ebenso bezeichnet Dio Cassius 53, 12; 55, 23 j
79, 7 die beiden syrischen Provinzen, Coek und Phoenice,
1
— 265 —
auch Commagene gehört^), Syria Phoenice aber enthält ausser
dem eigentlichen Phönicien das östlich liegende Binnenland von
Heliopolis, Emesa, Damascus und Palmyra 2) nebst den Landschaf-
ten Auranitis, Batanea und Trachonitis, welche erst unter Dio-
cletian zur Provinz Arabia gezogen worden sind 3). Diese Thei-
lung Syriens hatte bereits Hadrian beabsichtigt '^j ; sie ist aber
erst von Severus vor i 98 ausgeführt worden ^) . Denn nicht nur,
dass Ptolemäus (unter Antoninus Pius) die Provinz noch als ein
Ganzes behandelt, sondern auch die Statthalter Syriens heissen
bis auf Severus einfach legati Syriae, welchen Titel unter Anto-
ninus Pius und M. Aurel Burbuleius ^') , L. Attidius" Cornelianus
(a. 162)7), lulius Verus (163—1.65)8), Avidius Cassius (166—
172) ■% M. Pontius Laelianusi<>), PertinaxH) und im J. 193 Pescen-
nius Niger 12) führen, und regieren in Landschaften, welche später
1) S. Kuhn 2, 193 ff., der diesen Gegenstand sorgfältig behandelt hat,
2) Ulpian. Dig. 50, 15, 1. Heliopolis gehört zu Syria Phoenice im Jahr 213,
S, die Inschr. C. 1. L. III n, 202= Renan Mission p. 311; Emesa und Palmyra
rechnet auch Hierocles p, 717 zu Syria Phoenice,
3) In den Ortschaften des Hauran beginnt der Gebrauch der Aera von Bostra
erst 295 n, Chr. Bis dahin rechnet man nach Jahren des regierenden Kaisers,
S.- Waddington zu n. 2081, 2088, 2114, 2463,
4) Spartian. Hadr. 14: Antiochenses inter haec ita odio habuit, ut Syriam a
Phoenice separate voluerit , ne tot civitatum metropolis Antiochia diceretur. In
Ermangelung eines anderen chronologischen Anhaltes habe ich früher nach Vor-
gang von Norisius De epoch. Syromaced. diss. JV c, 1 u. 3"; Gothofredus ad
Cod. Th. 7, 13, 11; Boecking ad N. D. Or. p. 129 angenommen, Hadrian sei
der Urheber dieser Theilung gewesen, obwohl Spartian ihm nur die Absicht zu-
schreibt. Nach den jetzt vorliegenden Untersuchungen von Borghesi Oeuvres 4,
160—173; Kuhn 2, 190 ff.; Bormann p, 13 f. ist nidht zu bezweifeln, dass die
Theilung von Septimius Severus herrührt. Die Stelle des lustinus Martyr, wel-
cher bald nach Hadrians jüdischem Krieg schrieb, JHal. c. Tryphon. c, 78: oxt
6e Aafjiaoxo; ttj; 'Apaßixfj? y'^^ ^f^ "^^^^ eoxiv, d xai vOv 7rpo;vevd|j,'/jTai ttq 2u-
pocpotvixrj XeYO(A£vT^ ist demnach nur von der Landschaft, nicht von der Provinz
zu verstehen. S. Kuhn a. a. 0.
5) Ausdrücklich erwähnt sie TerluUian in der im löten Jahre des Severus
(207) verfassten Schrift Adv. Marcionem 3, 13 : et Damascus Arabiae retro de-
putabatur, anttquam transscripta erat in Syrophoenicen ex distinctione Syriarum.
6) Henzen n, 6484.
7) Capitolin. M. Ant. ph. 8: qui Syriam tunc administrahat^ d. h. beim Aus-
bruch des Partherkrieges 162, und starb 198. Henzen 6057,
8) Orelli 4997 = Waddington n. 1874= C. /, L. III n. 199,
9) S. Seite 263.
10) Er war Cos. J63, später leg. Syriae. Orelli 3186.
llj in den letzten Jahren des M. Aurel, Capitol. Pert. 2. 3.
12) Uerodian, 2, 7, 4: Xupla« y^y^Tto rdoT);. HoX^ oe -f^v xai (asy^tt]
ipyij TÖre toü oy^ <l>oiv(vt(»v IOno'j; zavxöc '%n\ rfj; (A^/pt; KucppolTou y"^? ^^^
TiQ N^YP^y «^vTinv i$oua(a. Herodian , dessen Geschichte bis 238 geht, sagt hier
auHdrücklich, dass die 'J'hoilung Syriens, welche er kannte, zur Zeit des Niger
noch nicht eingetreten war.
— 266 —
zu Syria Phoenice gehören'). Dagegen kommt zuerst 198 2) und
dann 213 3) ein lec/atus provinciae Phoenices vor, der sich auch
in der Folge nachweisen lässf*), und gleichzeitig beginnen die
legati Syriae Coeles^) oder Syriae maioiis^), unter denen auch
ein procurator Syriae Coeles steht '^), so dass die Theilung der
Provinz in Syria Coele und Syria Phoenice unter Severus und
zwar etwa 194 zu setzen ist.
Weitere Aus dicscn dfci' Provinzen sind später sieben Geworden,
Theilung in i
7 Provinzen, deren geographische Begrenzung um das Jahr 535 n. Chr. aus
Hierocles ersichtlich wird^), nämlich
1 . Syria prima unter einem Consularis , mit den Städten
Antiochia, Seleucia, Laodicea, Gabala, Paltos, Beroea, Chalcis.
1) So lag in der Nähe von Damascus, in dem jetzigen Ort El-Khisb^ die
coh. I Chalcidenorum , die unter dem Befehl des Attidius Cornelianus , leg. Syr.
a. 162 stand, C. /. L. III n. 129 = Waddington n. 2562^. Derselbe Legat wird
erwähnt C. I. Or. 4661 in einer Inschr. von Gerasa in der Decapolis. lulius
Verus aber baute 163 — 165 eine Strasse bei Abila Lysaniae, das ebenfalls später
zu Phoenice gehörte , Hierocles p. 717. S. Orelli 4997 = C. /. L. III n. 199 =
Waddington n. 1874.
2) Orelli n. 905 = C. i. L. III n. 205 = Waddington n. 1844: per Q. Veni-
dium Bufum, leg. Augg. pr. pr. praesidem provinc. Syriae Phoenices. Drei andre
Inschriften von Sidon aus demselben Jahr , auf Wegebauten desselben Legaten
bezüglich, s. Renan Mission p. 376 ff.
3) C. I. L. III n. 202: per D. Pium Cassium^ leg. Aug. pr. pr. praesidem
provinciae Syriae Phoenices. .
4) Kuhn 2, 194 führt noch an Marius Secundus x^? Ootvix'rj? irpocTaTtöv
unter Macrinus (Dio Cass. 78, 35], Crispinus, praeses Phoeniciae unter Dio-
cletian a. 292 CCod. lustin. 1, 23, 3), Marcellinus,- praeses Phoeniciae a. 342
(Cod. lustin. 2, 58, 1), und aus noch späterer Zeit die consulares Phoenices:
lulianus im J. 362 (Cod. Th. 12, 1, 52j , Leontius im J. 372 (Cod. Th. 13, 1, 9),
Petrus im J. 380 (Cod. Th. 7, 22, 9; 12, 1, 83).
5) Von diesen sind bekannt L. Marius Maximus, Cos. 195, leg. Augg. (d. h.
Severi et Caracallae) pr. pr. provinciae Syriae Coele, Henzen 5502, besser Borghesi
Oeuvr. 5, 457, vgl. p. 466; Simonius Proculus lulianus [leg. Aug. Su]riae Coeles
nach Borghesi Oeuvr. 3, 482 unter Gordian ; L. Aelius Helvius Dionysius, praeses
Syriae Coele vor 298, Orelli n. 60 = Borghesi Oeuvres 3, 106, und später Hie-
rocles, consularis Syriae Coeles a. 344 (Cod. Th. 11, 36, 7) und nochmals a. 348,
Cod. Th. 10, 1, 6; Theodorus, consularis Syriae Coeles a. 347, Cod. Th. 11, 36,
8; Festus, consularis Syriae a. 365, Cod. Th. 8, 4, 11. In den Subscriptionen
der diocletianischen Verordnungen steht in dem Titel Syria allein, ohne den Zu-
satz Coele;. so kommt vor Carisius, praeses Syriae 290, Cod. lust. 9, 41, 9; Pri-
mosus, praeses Syriae 293, ib. 7, 33, 6; Verinus, praeses Syriae 294 (ib. 2,
13, 20).
6) Q. Atrius Clonius, leg. Aug. pr. pr. Syriae maioris, Grut. 365, 7 =
C. I. L. II n. 4111 , unter Severus. Digest. 26, 10, 7. Borghesi Oeuvr. 3, 396.
7) Aelius lanuarius \procurator^^ Syriae Coeles , Grut. 346, i = C. 1. L. II
n. 4135. Dass zu ergänzen ist proc, nicht wie Kuhn 2, 195 will, legatus, leh-
, ren die übrigen in der Inschrift angeführten Aemter des lanuarius.
8) Ausführlich handelt über die geographischen Verhältnisse dieser Provin-
zen Kuhn 2, 314—388.
— 267 —
2. Syria secunda unter einem praeses , mit den Städten
Apamea, Epiphanea, Arethusa, Balanea, Raphaneae, Seleucobelos .
3. Augusta Euphratesia^) unter einem praeses, mit den
Städten Cyrus (Cyrrhus), Hierapolis, Samosata, Zenyma, Germanicia.
4. Phoenice unter einem considaris, auch Ooivixvj TtapaXo?^)
genannt, mit den Städten Tyrus, Ptolemais, Sidon, Berytus, By-
blos, Bostrys, Tripolis, Arcae, Arados, Paneas.
5. Phoenice Lihanesia unter einem praeses^ mit den Städten
Emesa, Laodicea, Heliopolis, Abila, Damascus, Palmyra.
6. Palaestina unter einem considaris, mit den Städten Cae-
sarea, Diospolis, AzotoS; Aelia Gapitolina (Jerusalem), Neapolis,
Sebaste, Anthedon, loppe, Gaza, Ascalon.
7. Palaestina secunda unter einem praeses, mit den Städten
Scythopolis, Gadara, Antiochia ad Hippum, Tiberias, Gabae.
Die Geschichte der Entstehung dieser Provinzen bedarf noch
einer besonderen Untersuchung, welche Waddington in Aussicht
gestellt hat. Eine durchgreifende Veränderung in den Verhält-
nissen Syriens ist unzweifelhaft dem Diocletian zuzuschreiben,
welcher drei oder viermal persönlich in Syrien war^), im J. 288
von hier aus gegen die Saracenen Krieg führte ^J, in Palmyra
eine Festung anlegte^) und die Landschaften Batanea, Auranitis
und Trachonitis um 295 von Syrien abtrennte und zur Provinz
Arabia schlugt). Dass derselbe der Gründer der Provinz Augusta
Euphratensis ist, deren Einrichtung man früher dem Constantius
zuschrieb"), geht jetzt aus dem veroneser Verzeichniss von 297
hervor, das diese Provinz aufzählt^); dass er auch die andern
1) Ueber den Namen, den auch das veroneser Verzeichniss hat, s. Boecking
N. D. Or. p. 389.
• »2} Euagrius H. eccl. 3, 33. Malalas 13 p. 345 Bonn.
3) Er war 288 in Antiochia und Emesa, 295 in Damascus, 299 und 300
in Antiochia. Mommsen Abh. d. Berl. Acad. 1860 p. 425. 443—445.
4) Mamertini paneyyr. in Maximianum c, 7 : credo , itidern optimam iUam
fertilemque Syriam velut amplexu suo tegebat Euphrates , antequam Diodetiano
/tponte se dederent reyna Permrum. Mamertini (ientlhl. Maximiani c, 4 : omitto
Sarmatiae vastationem oppressumque captiviUUis vinculis Saraeenum.
5) Inschr. von Talmyra, Orelli 513= Waddingtoij n. 2626 = C. /. L. 111
n. 133.
6) Dies sieht man daraus, dass seit d. ,1. 295 in diesen Landschatten die
Jahreszählung nach den KegierunRsjahrcn der Kaiser aufhört und dio Aera von
Boötra in Gebrauch kommt. Waddington n. 2081. 2349. 2463.
7) Kuhn 2, 197.
8J Moramscn Abli. d. Berl. Acad, 1862 S. 501. Sie wird dann erwähnt im
J. 358 von Ammian 14, 8, 7; im J. 359 in den Acten des Concils von Seleu-
— 268 —
neuen Provinzen Syriens geschaffen und gleichzeitig Arabien ge-
theilt habe, ist Waddingions Ansicht. In der Thal finden sich,
wenn man in dem veroneser Verzeichniss anders interpungirt,
als es Mommsen gethan hat, in demselben sowohl die Provinz
Augusta Libanesia als die beiden Arabiaei), und einen Statt-
halter der neuen Provinz Phoenice Libanesia wird man erkennen
müssen in dem Sossianus Ilierocles perfectissinius praeses pro-
vinciae auf einer Inschrift von Palmyra aus den Jahren 292 — 3042),
weil die sonst vorkommenden Statthalter von Phoenice ^J consu-
lares, und als solche clarissimi praesides sind, wogegen die per-
fectissimi praesides eine untergeordnete Rangclasse bilden 4). Mit
dieser Ansicht stehen indess im Widerspruch die bisher allein
benutzten historischen Nachrichten, auf Grund deren Mommsen
die Theilung von Syria, Phoenice und Palaestina nach 381 und
zwar vermuthungsweise zwischen 395 — 399 setzt 5), Bormann
aber eine Wiederaufhebung der diocletianischen Einrichtungen und
somit eine zweimalige Theilung annimmt'*). Allein es fragt sich,
welches Gewicht überhaupt diesen widersprechenden Zeugnissen
zuzuschreiben sein dürfte. Dass Malalas, der die zweite Palae-
stina und die zweite Phoenice von Theodosius I, die zweite Syria
von Theodosius II einrichten lässt^), keinen Glauben verdient,
beweist seine Nachricht über Euphratesia, welche er dem Con-
stantin zuschreibt^); dass in der zwischen 350 und 353 abge-
fassten descriptio totius oi'bis ^) , so wie in den Acten der Coneile
cia, Mansi III, 322; in den J. 359—363 an mehreren Stellen des Libanius, der
anch einen Statthalter derselben, lulianus, nennt (Sievers Leben des Libanius
p. 251. 287); im J. 381 in den Acten des Concils von Constantinopel , Mansi
III, 569; im J. 385 in dem Verzeichniss des Polemius Silvius (Mommsen Abh.
d. Sachs. Gesellsch. d. Wiss. III, 255).
1) Die Stelle (Mommsen S. 491) würde so zu interpungiren sein (s. Bor-
mann De Syr. prov. p. 27): diocensis orientis habet provincias numero XV III :
libia superior, libia inferior, thebais, aegyptus iovia , aegyptus herculea , arabia,
item arabia, augusta libanensis, palestina, fenicen, syriae cohele, augusta eupa-
tenses (lies euphratensis'), u. s. w.
2) Orelli 513 = Waddington n. 2626 =C. /. L. III n. 133.
3) S. oben S. 266 Anm. 4.
4) Ueber diesen Unterschied s. Gothofredus Notitia Dign. Cod. Th. p. 33
Ritter. Henzen Inscr, im Index p. 113.
5) Polem. Silvii laterculus p. 259. Abh. d. Berl. Acad. 1862 S. 503.
6) Bormann De Syr. prov. p. 28.
7) Malalas 13 p. 345. 347 ; 14, 365 Bonn.
8) Malalas 13 p. 317 Bonn.
9) Sie ist in zwei lateinischen Recensionen' vorhanden, von denen die eine
von Gothofredus unter dem Titel Vetus orbis descriptio, Genevae 1628, die andre
von Mai in Class. Auctorum e Vat. codd. edd. Vol. III p, 385 ff. herausgegeben
}
269
von Nicaea (325) und Antiochia (341) nur die drei alten Provin-
zen Phoenice, Palaeslina und Syria Coele aufgeführt werden, ist
jedenfalls in sofern niclit richtig, als Euphratensis damals schon
bestand; dass aber Ammiani), indem er bei dem Jahre 353 von
Syrien spricht, nur vier Provinzen erwähnt, hat seinen Grund
daiin, dass er nicht die geographischen Verhältnisse seiner Zeit,
sondern die frühere Geschichte Syriens unter den Seleuciden und
Römern erörtert. Er würde auch Euphratensis kaum erwähnt
haben, wenn ihn nicht die Besprechung von Commagene zu der
gelogontüchen Bemerkung veranlasst hätte, dass Commagene jetzt
Is I Endlich wird als Hauptbeweis angefühlt,
I lies Constantinopolitanischen Concils von 381
I jinern nur Bischöfe von vier Provinzen, Coele,
jiiilice und Palae§tina vorkommen 2) und dass
. ijjngen des Codex Theodosianus im J. 380^)
'1)1 X! iijices, der Tyrus zum Sitze hat, in Damascus
j woraus man schliesst, dass Phönice damals
i ii i Allein die Subscriptionen der Concile sind,
I der ursprünglichen Form, sondern in einer
I .(Aiinischen Relation haben, eine sehr trübe
iiijhen von der Frage, ob eine Theilung einer
,i;hnamige Theile auf die kirchliche Geographie
rc^wesen ist; die Subscriptionen der beiden
Ih. aber, welche ebenfalls kritisch unsicher
I j^cht wohl so verstehen, dass das betreffende
II i n Berytus publicirt*^), im J. 380 nocnmals
Aen Consularis Phoenices adressirt, aber auch
tlicht wurde ^]
-I '
j |ler Geogr. min. Vol. II p. 513 ff., wo es p. 517 heisst
meindfln
— 270 —
stadtgfe- Die syrischen Binnenländer, welche ursprünglich dem Städte-
leben abgeneigt waren, haben ihre Cuilurperiode unter den Seleu-
ciden begonnen und unter den Römern vollendet. Die Städte
Syriens rühren grossentheils von den Seleuciden, namentlich von
Seleucus Nicator her^); ihnen eiferten die jüdischen Fürsten nach,
denen Caesarea J^turris Stratonis) , Samaria (Sebaste) , Tiberias
und andere Städte ihren Ursprung verdanken; aucH. die Römer
haben nicht nur gleich nach der Besitznahme der Provinz die
zerstörten Städte aufgebaut, sondern bis in die letzten Zeilen
ihrer Herrschaft neue gegründet und trotz der wiederholten
inneren und äusseren Kriege, deren Schauplatz die Provinz
wurde, durch Anlage und Sicherung der Strassen und durch Er-
öffnung eines lebhaften Verkehrs mit dem Occident den Reich-
thum des Landes gefördert und die grösseren Städte, insbeson-
dere die Sitze der Verwaltung zu einem blühenden Zustande
erhoben. Selbst die unwirthlichen Districte des Hauran traten
unter ihnen in den Bereich der Cultur ein, die mit dem Auf-
hören der römischen Herrschaft sofort wieder verschwand 2] .
Ganz durchgedrungen ist in Syrien wed^r der griechische, noch
der römische Einfluss ; die verschiedenen Landessprachen , das
Syrische, Hebräische, Phönicische, Aramäische und Palmyrenische
erhielten sich ebenso wie das Leben in Stamm- und Dorfgemein-
schaften 3) ; nichtsdestoweniger gewann auch das römische Ele-
ment einen festen Boden in den zahlreichen Garnisonplätzen und
römischen Colonien. Von römischen Truppen standen in Syrien
unter* Augustus und namentlich unter der Verwaltung des Lega-
ten Varus 748 — 750 = 6 — 4 v. Chr. drei Legionen^), im J. 23
deutet auch dies darauf, dass in Damascus nur eine Abschrift der Verordnung
publicirt wurde, deren Original der Consularis Phoenices in Tyrus hatte.
1) Ammian. 14, 8, 5. Ausführlich handelt über das Städtewesen Syriens
Kuhn 2, 314 ff.
2) S. Waddington zu n. 2329: le Ilaourän na jamais joui que d'une seule
Periode de tranquiUite et de hon gouvernement , c'est celle qui embrasse les siecles
prosperes de l'empire romain; apres, comme avant , il a ete habite par des races
plus ou moins nomades et a moitie barbares.
3) Eigenthümlich ist der Provinz Syrien der Begriff der {jnrjTpo'/tufxia , d. h.
eines in Ermangelung einer Stadt zum Hauptort eines Districts erhobenen Dor-
fes. So kennt man in Trachonitis drei Metrocomiae, Bopeyaft Saßaiuv (Wadding-
ton n. 2396), Zorava (ib. n. 2480), welches später im J."512 n. Chr. als Stadt
und Sitz eines Bischofs vorkommt (ib. n. 2497), und Phaena (ib. n. 2524 =
C. I. Or. 4544), wo eine Garnison aus der leg. III Gallica und leg. XVI Flavia
Firma lag (Waddington 2525—2536^); Epiphanius Anacephal. Opp. ed. Petav. 11
p. 145 erwähnt ty]v Baxa^ov, fA7]Tpoxa)(Jt.iav ific, 'Apaßia? Tqi Q>ikaheK^ai.
4) Joseph. Ant. 17, 10, 9. B. I. 2, 3, 1.
— 271 —
n. Chr. vier^), nämlich leg. VI ferrata, leg. X Pratensis, leg. III
Gallica 2) , leg. XII fulminata ^) , unter Alexander Severus, also
nach der ersten Theilung der Provinz fünf, nämlich in Syria
Coele leg. IV Scythica und leg. XVI Flavia, in ludaea leg. VI
ferrata und leg. X Fretensis, in Phoenice leg. III Gallica ^) . Von
diesen hatte noch um das J. 400 n. Chr. die leg. IV Scythica
ihr Hauptquartier in Oresa am Euphrat, womit vielleicht Orima
gemeint ist; die leg. XVI Flavia Firma in Sura am Euphrat^),
die leg. X Fretensis in Ailath in Palästina, am rothen Meer<^), die
leg. III Gallica in Danaba^j. Dieselben Legionen blieben also
Jahrhunderte lang in der Provinz und zwar vertheilt auf viele
Plätze, wie z. B. Inschriften der leg. III Gallica sich in Sidon^),
Berytus^), Aera in Auranitis ^^j und Phaena in TrachonitisH) finden.
Die Anlage römischer Colonien beginnt mit Berytus, wo Coionien.
Augustus Veteranen der legio V Macedonica und VIII Augusta im
.U 740 = 14 ansiedelte, einer colonia iuris Italici^'^), in welcher seit
dem Anfange des dritten Jahrhunderts eine berühmte Schule des
römischen Rechts beständig) und Heliopolis (Baalbek), welches,
1) Tac. Ann. 4, 5. Ueber die Geschichte' der im Folgenden genannten Le-
gionen s. Grotefend in Paulys Realencycl, IV S. 868 ff.
2) Sie kämpfte schon im Partherkriege des Antonius (Tac. H. 8, 24). Vor
54 n. Chr. stand sie eine Zeit lang in Germanien, seit diesem Jahre aber wieder
in Syrien. Mommsen R. g, D. Aug. p. 46.
3) Unter Titus wurde sie nach Cappadocien verlegt.
4) Dio Cass. 55, 23. Ueber die kg. X Fret. s. oben S. 261.
5) ;V. D. Or. p. 88.
6) N. D. Or. p. 79. Eusebii Onomaaticon ed. Larsow et Parthey p. 22»
7) N. n. Or. p. 85.
8) C. I. L. in n. 152.
9) Orelli 932 = Waddington n. 1845 = C. /. L. III n. 206.
10) C. I. Gr. 4554 = Waddington n. 2413f.
11 J Waddington n. 2528. 2528».
12) Auf Münzen und Inschriften Colonia lulia Augusta felix Berytus, Eckhel
3, 35d. Orelli n. 514= Waddington n. 1842. Dass sie von Augustus herrührt,
bezeugt Ulpian Dig. 50, 15, 1 § 1. Pas .lahr der Gründung giebt an Euseb.
Cliron. ('an. ed. Schoene p. 143. Ein IJvir quinquennalis der Colonie kommt vor
in der Inschr. Waddington n. 1841<'.»fTebrigens vgl. Strabo 16 p. 756. Nonnus
DlonyH. 41, 389 ff. Norisius Cenot. Pisan. I c. 2. Zumpt Comm. ep. f, 379.
Mommsen R. g. 1). Aug. p. 43.
13) Totius orbi.i de.icriptin in Müller Ueogr. min. 11 p. 517: Berytus civilas
valde deliciosa et auditoria leguvi habens , per quam ojnnia Romanorttm iudicia
Stare videntur und da/u Gothofredus. Ciregorius Thaumaturgus erzählt in der um
da8 J. 239 geschriebenen Oratio paneg. ad Orig. {(Jpp. ed. Gerard Vossius 1603. 4)
p. 186, er habe in Cappadocien anRefangcn lateinisch zu lernen und römisches
Kecht zu Studiren, dann sei er nach Berytus gegangen : /) li (Berytus) oü p.axpdiv
dTT^'^ovoa xwv ivraüda rJjKii f»(u(Aaix(UTipa rw; xai xü»v vö|X(uv xouTtuv eivai
ziOTCudeToct TiaiSeurrjpiov. p. 187: t( itzi tV)v BTjpuxiuiv ^XdoijJiev ;:(iXtv , i%cX xh
— 272 —
ebenfalls von Augustus gegründet, unter Septimius Severus das
ins Italicum erhielt*). Es folgen unter Claudius Ptolemais, eine
Ansiedelung von Veteranen verschiedener Legionen 2) ^ unter Ves-
pasian Caesarea [turris Slrato?m) ^) und Nicopolis (Emmaus),
welches letztere indess, öbv^^ohl dem Ursprung nach eine Militär-
colonie, die Hechte und den Namen einer römischen Colonie nicht
gehabt zu haben scheint ^j; unter Hadrian Aelia Capitolina (Jeru-
salem) ^), unter Septimius Severus Laodicea , Tyrus , Sebaste
(Samaria) 6) und vielleicht Palmyra'), unter Caracalia Antiochia 8)
und Emesa^), unter Elagabal Sidon*^), unter Alexander Severus
Damascus**), unter Philippus Neapolis^^)^ j^ unbestimmter Zeit
Caesarea ad Libanum (Area) ^'^), Gaza ^*) und Gadara *^). Ein merk-
Tu>"V vöfxcov jxa&Yjfxa d%7rovT)oavTec. Da er von geiner Jugend spricht, so muss
Berytus schon bald nach 200 Rechtsschule gewesen sein.
1) Ulpian. Dig. 50, 15, 1 § 2. Sie heisst Colonia lulia Augusta felix He-
liopolitana, C. 1. L. III n. 202 = Renan Mission p. 311; colonia Heliupolis, Kei-
lermann Vig. n. 284. Mlonnet 5, 299. 8. 8, 210. Eckhel 3, 334. Zumpt C. ep.
I, 418 schreibt sie dem Hadrian zu.
2) Plin. N. H. 5 § 75. Auf Münzen heisst sie colonia Claudia und werden
die Legionen durch die Zahlen VI. IX. X. XI bezeichnet. Mionnet 5, 475.
3) Plin. N. H. 5 § 69. ülpian. Dig. 50, 15, 8 § 7. Auf Münzen Colonia
prima Flavia Augusta Caesarensis, Eckhel 3, 430 ; vgl. lustinian. Nov. 103 (De
proconsule Palaestinae) pr.
4) Hier wurden 800 Veteranen angesiedelt , loseph. B. I. 7, 6, 6. Ueber
den Ort s. Euseb. Onomasticon ed. Larsow et Parthey p. 187. Sozomenus H.
eccles. 5, 21. Die Stadt hat eine Aera vom Jahr ihrer Gründung 824 = 71, kommt
aber als Colonie nirgends vor. Eckhel 3, 454.
5) Sie wurde 135 n. Chr. (Clinton F. Rom. ad a. 131) durch griechische
Ansiedler gegründet. Dio Cass. 69, 12. Euseb. E. H. 4, 6. Malalas 11 p. 279
Bonn. Norisius De epoch. Syromac. in Opp. II p. 338 f. Zumpt Comm. ep. I,
417. ülpian. Dig. 50, 15, 1 § 6: in Palaestina duae sunt coloniae, Caesarienses
et Aelia Capitolina, sed neutra ins Italicum habet, vgl. 50, 15, 8 § 8. Auf
Münzen Colonia Aelia Capitolina, Eckhel 3, 441 — 443. Ein decretum decurionum
der Colonie unter Antoninus P. erwähnt die Inschr. Waddington n. 1895.
6) Dig. 50, 15, 1 § 3 ; prooem. ; § 7. Eckhel 3, 319. 387. 440.
7) S. oben Seite 256.
8) Dig. 50, 15, 8 § 5. Eckhel 3, 302. Auf Münzen führt sie den Titel
seit Elagabal. Mionnet 5, 204 ff. S. 8, 145.
9) Dig. 50, 15, 1 g 4. Eckhel 3, 310. Mionnet 5, 228 ff. Mommsen Zeit-
schrift für Rechtsgeschichte Bd. 9 (1870) S". 112 Anm.
10) Eckhel 3, 371. 387. Sie heisst Colonia Aurelia Pia. Mionnet 5, 384 ff.
11) Eckhel 3, 331 setzt die Colonie unter Philippus, aber es giebt schon
von Alexander Sever eine Münze mit COL. /1AMAC. MET. Mionnet 5, 292 n. 61.
12) Eckhel 3, 437. Mionnet 5, 506.
13) Eckhel 3, 360 ff. Zumpt Comm. ep. I, 433.
14) Sie wird nur einmal erwähnt auf der Inschrift eines Gewichtes bei Wad-
dington n. 1904: KoXcuvia? rdC"^?, i-!z\ 'Hpwoou AiocpdvTou t£?
15) Sie kommt ebenfalls nur einmal vor C. /. L. III n. 181= Renan Mission
p. 191: DJS MANIE VS L PHILOCALVS L F [Mommsen liest [pra]ef.] CO-
Lonia VALENtia 0 AD ÄRA MIL LEO X Fr{etensis) J GRANU ROmanI HSE.
I
— 273 —
würdiges Beispiel von der Einwirkung römischer Colonisalion giebt
endlich eine Ortschaft in der Batanea, die in Inschriften 'Eaxxaia
heissti), bei Ptolemaeus aber 2axxata genannt wird 2); diese ist
zuerst eine xojjjltj^), hat aber eine Garnison 4), bedient sich des
römischen Calenders ^j , der römischen Bechnungsweise ^j und der
römischen Sprache ^j , besitzt ein Theater ^) und wird endlich aus
einer Korne eine Stadt und zwar ebenfalls eine Colonie'-^.), deren
Aera leider nicht sicher zu fixiren, aber wahrscheinlich in das
Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. zu setzen ist^ö).
lieber die sacralen Verhältnisse der Provinz sind wir wenig Sacraie ver-
unterrichtet. Es kommt zwar ein xoivov lopia; '^) und ein lupiap-
/T^;i2), ein XOIVOV Ooivixtj?^^) und ein Ooivtxdcpj^Yjc^^) vor, aber
weder über diese Festgemeinschaften, noch über die Metropolen,
in welchen dieselben gefeiert zu werden pflegten , erhalten wir
genügenden Aufschluss. Antiochia war Metropolis von Syrien
schon unter den Seleuciden und blieb unter den Bömern Resi-
denz des Statthalters^'»), und hier wurde auch das xoivov Supia?
gefeiert 16); ebenso ist Caesarea Hauptstadt der Provinz Palästina ^^).
Wenn aber unter Hadrian auch Tyrus ^^j , Damascus^*^) und wie es
1) Waddington n. 2073. 2) Ptolem. 5, 15. 26.
3) Waddington n. 2136. 4) Waddington n. 2144.
5) up6 C' ioü)V MapCxicuv) ib. n. 2136.
6) Von einem Gebäude baut jemand ^j^^. d. h. tres unciae. Ib. 2146.
7) S. die lateinische Inschr. ib. 2137.
8) Ib. 2136. 9) Ib. 2139.
10) ETOu; Tfic, TToXfeto;) xi ib. 2159 und das. Waddington.
11) Münze des Traian, Mionnet 5, 110.
12) Cod. lust. 1, 36; 5, 27, 1. lustinian. Nov. 89, 15. .
13) Münze des Caracalla, Mionnet 5, 334.
14) Cod. lust. 5, 27, 1. lustinian. Nov. 89, 15.
15) S. oben Seite 258.
16) C. I. Qr. 2810.
17) Caesarea heisst Metropolis provinciae Syriae Palaestinae auf Münzen erst
seit Alexander Severus, Eckhel 3, 432.
18) Schon Strabo 16 p. 756 sagt zwar, es sei 'stteitig , ob Tyrus oder Sidon
aTjTpfjroXt; <I)oiv(y.(ov genannt werden müsse , und eine Münze vom J. 178 der
Aera von Tyrus, d. h. vom J. 53 n. Chr. (Eckhel 3, 380. 386) hat ebenfalls
diesen Titel, yi'itä es scheint in dem Sinne, wie die Münzen von Heraclea in
Kithynien , nicht in )(e/ug auf die Provinz , sondern auf die eigenen Colouien.
So heisst es noch in der Inschrift des Jahres 174 n. Chr. Grut. 1105, 3 = Momm-
»en Berichte der Sachs. GeseJIsch. 1850 S. 57: x-rj Tc6Xei T'jpftuv, r^; lepä;
(itjTpozoXeoj; <t)ot'^£("itTj; xal 'iXXruv 7:>5Xea)V und BulUlt. 1851 p. 112: T6po;
Icpd xyt.'fouXo; -/.(oii (XYjtp'j IroXe; <I>otv£ixrj; x[ctl (iXXwvJ roXetov. In ofticiollcm
Sinne aber erhielt die Stadt den Titel von Hadrian. Suidas II p. 147 Hernh.:
llotOXo; Töptoc, p-rjTojp — — 8c ivX 'ASpiavoO to9 ßaoiX^oj; rpeoßcöoa; (iTjxpö-
roXf» xVjV T'jpov ^TTot-rjaev.
19) Eckhel 3, 331.
Rom. Altertta. IV. 18
— 274 —
scheint, Samosata^), die Hauptstadt des früheren Königreichs Com-
magene, zu Metropolen erhoben wurden, so muss man anneh-
men, dass damals, wenn auch nicht die Provinz, so doch die
Feslgemeinschaft derselben in vier Theile aufgelöst wurde 2). Als
Severus nach der Besiegung des Pescennius Niger Antiochia zu
einer Korne von Laodicoa machte^), ging auch der Titel Metro-
polis auf die letztere Stadt über und blieb derselben auch, nach-
dem Antiochia seine alten Privilegien wieder erhalten hatte*);
endlich erhielten unter Elagabal auch Sidon und Emesa densel-
ben Titel ^), dessen Bedeutung für diese Städte nicht weiter be-
kannt ist.
XXXVI. Arabia.
Von Syrien aus liess Traian im J. 105 n. Chr. den Land-
strich, welcher sich im Osten Palastinas bis an das rothe Meer
herunterzieht, und zwei grössere Städte, im Norden Bostra, im
Süden Petra enthielt, durch den Statthalter Syriens, Cornelius
Palma, in Besitz nehmen^) und bildete daraus die Provinz Arabia,
Aerader in wclchcr Seitdem eine Provincialära üblich wird'), deren erstes
Provinz.
Jahr mit dem 22. März 106 n. Chr. beginnt 8). Petra, die alte
1) Der Titel kommt auf Münzen seit Hadrian vor. Eckhel 3, 252 vermu-
thet, Vespasian habe ihn ertheilt.
2) Spartlan. Hadr. 14: Antiochenses — ita odio habuit, ut Syriam a Plioe-
nice separare voluerit, ne tot civitatum metropoUs Antiochia diceretur. Dass in
Damascus ein xoivov gewesen sei, schliesst Eckhel 3, 333 aus einer Münze von
Damascus, auf der fünf Frauen, die er für Symbole von Städten hält, ein Opfer
bringen.
3) Herodian. 3, 6, 8.
4) Eckhel 3, 317. Waddington n. 1839.
5J Eckhel 3, 311. 388.
6) Dio Cass. 68, 14: y.axd 6e tov auTo^ touto^ yj>^^^^ *^'<^i ndX|ia; , tt]«;
Supia? dpycov, ttjV Apaßtav T-fjV itpo? tt] FlsTpa ^yeiptuGaio xat 'Pujfxaiojv utt'/jxoov
dTronqaaTO.^ Ammian. 14, 8, 13: huic [Palaestinae') Arabia est conserta. — —
Haec quoque civitates habet inier oppida quaedam ingentes , Bostram et Gerasam
atque Philadelphiam — . Hanc provinciae imposito nomine rectoreque attributo ob-
temperare legibus nostris Traianus compulit imperator. S. Rufus brev. 20. lornan-
des de regn. succ. 73. Hieronymus in Euseb. Chron, Can. p. 163 Schoene. Eiiseb.
Praep. Ev. 4, 10.
7) Ein exo? 'zfic, duapyetai; erwähnen die Inschriften Waddington n. 1908.
1936a. 1995. 2110. 2238. '2239. 2251. 2261. 2412™. 2463. 2477.
8) Chron. Pasch, p. 472 Bonn sagt zu dem Jahre 105, Candido et Quadrato
coss.: IleTpaTot %al Boaxprjvoi bmi)\}ev xou? iauxüjv ypovou? dpt&fxoüct. Diese
Nachricht ist indessen so zu verstehen , dass , da das Jahr der Provinz Arabia
mit der Frühlings- Tag- und Nachtgleiche beginnt (Ideler 1, 437 f.), der Anfang des
ersten Jahres der Provincialaera auf den 22. März 106 zu setzen ist, so dass man
durch Addition von 105 zu der Jahreszahl der Aera dasjenige Jahr n. Chr. findet.
— 275 —
Residenz der nabataeischen Könige i) , von welcher das Land 2)
und später die Provinz ^) den Namen des peträischen Arabien
führt, hat zwar auf ihren Münzen seit Hadrian den Titel 'Aopiav^
rierpa jir^rpoTToXt? "*) , allein später wurde Bostra, das schon unter
Traian besondere Begünstigungen erfahren haben muss, da es
sich vsa TpaiavTJ Bootpa nennt ^j, Sitz des Statthalters und Haupt-
quartier der legio lll Cyrenaica^); unter Alexander Severus war
die Stadt römische Colonie') und unter Philippus erhielt sie
ebenfalls den Rang einer Metropolis^). Zu den bedeutenderen
mit dessen 22, März das Provincialjahr anfing. S. Wetzstein in Abhandl. d. Ber-
liner Acad. 1863 S. 258. Waddington Revue NumismaUque N. S. XI (1856)
p. '2QS= Melanges de numismatique 2^ Serie p. 160. Denselben in Vovage III
zu n. 2463. ^ ^
1) loseph. Ant. 14, 1, 4; 14, 5, 1; 14, 13, 8; 17, 3, 2. B. I. \, 2% 3.
2) Yj 'Apctßia Y] is n^Tpa, Dioscorides De mat. med. 1, 91.
3) 'Apaßia rie-paia, Ptolem. 5, 17; t?j TtctTcx ttjv Illxpav 'Apaßia. Agatheme-
rus Geogr. 2, 6.
4) Eckhel 3, 504. Mionnet 5, 587. C. I. Gr. 4667 und Vol. III p. 1242,
wo nach Mommsen zu lesen ist -^ ßouX-?j xoti 6 o-^jj,o; 'Aopiavöj^ ITsTpaitov {xtj-
Tpö;:6X|oj? r^? 'Apaßta;.
5) Eckhel 3, 501.
6) Ptolem. 5, 17, 7: Bocxpa AeYttov. Die leg. III Cyrenaica diente im par-
thischen Kriege des Traian (Orelli 832 = Mommsen Inscr. R. N. 3542) und im
jüdischen Kriege des Hadrian (Henzen 6501); seit M. Aurel kommt sie oft in
Inschriften von Bostra und der Umgegend vor (Waddington n. 1927. 1933. 1942.
1944. 1945. 1947. 1948. 1953 u. ö.) und in der bilinguen Inschr. Vogüe' Inscr.
Semiiiques n. 22 findet sich in dem palmyrenischen Text eine legio von Bostra,
die im griechischen Text Xe^fetuv K'jpYjvajiy,-r] heisst. L'nter Alexander Severus
lag sie nach Dio Cass. 55, 23 in Arabien, und in Bostra stand sie noch um 400.
N. D. Or. p. 82.
7) Eckhel 3, 500 lässt die Colonie von Septimius Severus gründen, und
ihm folgt Zumpt Comm. ep. I, 431. Beide beziehen sich auf die Stelle des I)a-
mascius in Photii bibl. p. 347 Bekker: (i7reoTj{j.-rj3ev ei? xd Bosrpa x"^; 'Apaßfa;,
zoXiv (j.£v o'jx dpyaiav (otto y^P ^lejiiTjpou xoO ßotoiXeoj? TcoXiCexai ). Auch ich
glaube nicht, dass," wie Waddington zu n. 1907 annimmt, diese Stelle ohne Wei-
teres von einer Colonisirung des Alexander Severus zu verstehen sei, denn die-
ser pflegt in griechischen Quellen 'AX^^avopo; zu heissen ; aber mag auch Bostra
das Stadtrecht durch Septimius Severus erhalten haben , so steht doch fest, dass
die Colonialmünzen von Bostra erst mit Alexander Severus beginnen , von dem
«Jie Colonie auch Alexandriana heisst. Die einzige Münze des Elagabal mit
halblateinischer Aufschrift und dem ( olonialtypus (Mionnet 5 p. 582 n. 20, vgl.
Tafelband p. 110), auf die sich Kckhel beruft, ist, wie mir .)ul. Friedländer mit-
tbeilt, weder auf (irund der unvollständigcin Umschrift, nocli auf (»rund der in
diesen entlegenen Provinzen inuner ungfüiauen Darstellung des Kaiserkopfes
mit Sicherheit dem Klagabal zuzuschn^ben ; von den Münzen d(?s Uariicalla aber,
die Mionnet S. 8 p. 384 n. 9 — 13 unter Bostra anführt, und durch die Knhn
2,. 380 sich hat täuschen lassen, gehören die meisten, wie Kckliel wohl mit Recht
annimmt, nach ('arrhae ; n. 14 hat Sandemente, der Mionnets Quelle ist, aus
einem handschriftlichitn C'atalog von Cousint^ry entnommen, in welchem das aus-
geschriebene BOSTRA Wühl eine Ergänzung Cousinc^ry's ist. .
8) Eckhel 3, 502.
lö*
Provinz.
— 276 —
Städten Arabiens gehörten ferner Adraa (Der ät) i) und Philippo-
polis (Schehb6)2), welchen Ort Philippus Arabs^) in der Zeit
zwischen 247—249 zur Stadt erhob ^) und darauf auch zu einer
römischen Colonie machte ^j.
In diesem Umfange bestand die Provinz unter der Verwal-
tung eines prätorischen legatus pr. pr. ^) und eines kaiserlichen
TheiiungderprQcurators'i bis in das dritte Jahrhundert, in welchem sie in
zwei Theile, Arabien mit der Hauptstadt Bostra und Arabien mit
der Hauptstadt Petra getheilt wurde, welches letztere später den
Namen Pakiestina salutar^is oder Palaestma tertia erhielt^). Die
Theilung geschah vor 297, da beide Provinzen in dem verone-
1) Waddington n. 2070e.
2) Waddington n. 2072 und Revue Numismat. 1865 p. 56 = Melangea
2« S^rie p. 61.
3) Aurel. Vict. Caes. 28: iyitur Marcus Julius Philippus Arabs Trachonites,
sumto in consortium Philippo filio, rebus ad Orientern compositis, conditoque apud
Arabiam Philippopoli oppido, Romam venit.
4) In diese Zeit lallt das sto; TrpöJxov tt]? TtoXetu? , Waddington n, 2072.
Vorher bestand indessen der Ort schon als. '/(«[xy] (Waddingtou 2071), deren
Name unbekannt ist,
5) Waddington zu n. 2072.
6) Mehrere der bekannten Statthalter verwalteten Arabien als Consules de-
signati , so unter M. Aurel [C. Aeli]us Antistius Adv[entus] leg. Augg. pr. p\r.\
COS. des., Waddington n. 1944 ==C /. L. III, 92; P. lulius Geminius Marcianus,
Leg. Aug. pr. pr. Cos. des., Henzen 6911 = Waddington 1945= C. I. L. III, 96.
Er würde Cos. suff. 170. S. über ihn Eenier Müanges d'epigr. p. 97 — 128; aus
unbestimmter Zeit Aelius Aurelius Theon, leg. Augg. pr. pr. Cos. desig., Orelli
3392=Wadd. 1950=C. /. L. III, 89.
7) L. Didius Marinus V. E. proc. Aug. n. provinc. Arab., Grut. 402, 4 =
Waddington n. 1794; C. Furius 'Sabinius Aquila Temesitheus — — proc. prov.
Arabiae ibi vice praesid., Henzen 5530.
8) Hierüber haben wir bestimmte Nachrichten aus lustinians Zeit. Hierocles
p. 721: iizapyla naXaicxivir]!; y' utiö '/jY£[x6va, TtoXei? i', OsTpa x. t. X. und wei-
ter: iTz>x^-/[rx 'Apaßta?, Ütto xovaouXdpiov , ttoXsi? iC' , Boarpa %. t. X. Procop.
de aedif. 5, 8: ev Be tt^ TidXai jaev 'Apaßta, vüv Se IlaXaiaTivri xpitT) 'itctXoufxsvrj
— — opo? — Sivd ovofxa. Aber schon die Not. Dign. Or. p. Ö zählt unter den
15 Diöcesen des Orients eine Arabia und drei Palaestinae auf, nämlich Palae-
stina, Palaestina salutaris und Palaestina secunda, und in einer Verordnung vom
J. 409 (Cod. Theod. 7, 4, 30) heisst es: per primam , secundam ac tertiam Pa-
laestinam. Damit stimmt Hieronymus in der um 390" verfassten Schrift Quae-
stiones in Genesim, Opp. III p. 337 Yall.: in Geraris, ubi et Bersabae hodie oppi-
dum est. Quae provincia ante non grande tempus ex divisione praesidum Palae-
stina salutaris est dicta. Ich bin mit Kuhn 2, 369 der Ansicht, dass sowohl in
dieser Stelle als in der Notitia unter Palaestina salutaris die tertia, d. h. Arabia
Petraea zu verstehn ist. Anders urtheilt Mommsen Abh. der Sachs. Gesellsch.
der Wiss. 1853 S. 265. Abh. d. Berlin. Acad. 1862 S. 501. Dass derselbe aus
dem veroneser Verzeichniss für die Provinz von Bostra den Namen Arabia
Augusta Libanensis deducirt , halte ich ebenfalls für nicht richtig. S. oben
Seite 268. Die Bezeichnung Arähia maior, welche man in der Inschr. C. I. Gr.
5366 zu linden glaubte, existirt nicht, da diese Inschrift anders zu lesen ist.
S. Henzen 6911. Renier Revue Archeologique 1853 p. 546. Renier Melanges
— 277 —
ser Verzeichniss erwähnt werden i) . Ausserdem erhielt die Pro-
vinz von Bostra — es ist unbekannt, ob in Folge dieser Theilung
oder unabhängig davon 2) — um das Jahr 295 eine Vergrösse-
rung dadurch, dass ihr die Districte Auranitis, Batanea und Tra-
chonitis und vielleicht gleichzeitig einige Stadtgebiete der Deca-
polis, namentlich Gerasa und Philadelphia ^) einverleibt wurden.
Eine ausdrückliche Nachricht zwar ist hierüber nicht vorhanden,
allein der Umstand, dass die Ortschaften wenigstens der erst-
genannten Districte bis auf Diocletian nach den Regierungsjahren
des Kaisers, von 295 ab dagegen nach der Aera von Bostra
rechnen-*), findet seine Erklärung nur in der Annahme einer
Veränderung der Grenze der Provinzen Syrien und Arabien^).
XXXVII. Armenia.
Armenia maior, d. h. das Land von dem oberen Laufe des
Euphrat bis zum caspischen Meere ^) , war seit dem Siege des
i :
d'epigr. p. 97 — 128. Ebensowenig kommt eine Arabia vetus vor, auf welche man
durch die Inschr. von Bostra, Waddington 1949 =C. /. L. III n. 90: Ael. Aur.
Theonem v. c. leg, Auyg. pr. pr. praes. provinc. Arabiae vet. integerrimum benignis-
simum atque iustissimum u. s. w. geführt werden könnte. Mommsen ergänzt
vet[ustiasimum]. Dieselbe Inschr. ist auch im Rhein. Museum 1872 p. 148 als
unedirt herausgegeben.
1) Abh. d. Berl. Aead. 1862 S. 491. 501.
2) Der ersteren Ansicht ist Waddington , dessen versprochene Abhandlung
über die Verwaltung der Provinz Syrien und Arabien indess noch zu erwar-
ten ist.
3) Ammian. 14, 8, 8: haec quoque (Arabia') civitates habet inter oppida
quaedam ingentes : Bostrani et Geraaam atque Philadelphiam. Gerasa gehörte aber
unter Traian ( Waddiiigton n. 1722) und Antoninus Pins (C /. Gr. 4661) zur
Provinz Syrien: Philadelplüa hat auf seinen Münzen noch unter Alexander Se-
verus die Aufschrift (DIAAASAcDeQN KOIAHC CTPIAC (Mionnet S. 8, 236;
vgl. Waddington zu n. 1620^^), und beide Städte rechnet Ptolem. 5, 15, 23 zu
Syrien.
4) Das älteste Datum dieser Art ist das Jahr 190 der Aera von Bostra =
295 n. Chr. in der Inschrift von 'Amra, Waddington 2081. Dieser Ort liegt im
Norden des llaniän, welcher früher zu Syrien , nicht zu Arabien gehörte. Die
weiteren Nach Weisungen s» bei Waddiiigton n. 2088. 2114. 24121*. 24H3.
üj Hiemit sind indessen keineswegs alle Schwierigkeiten dieser Frage gelöst.
EiDige Thatsachen deuten darauf hin, dass schon lange vor 295 eine Aenderung
der Grenze Arabiens stattgefunden hat. Namentlich scheint Canatha (s. oben
Seite 238), das noch unter M. Atirel unter dem Legaten von Syrien stand
f Waddington n. 2331), schon seit Soptimius Severus zu Arabien gezogen zu
sein. Den;i seitdem standen sowohl dort als in dem zu Canatha gehörigen Dorfe
Athila Soldatfjn der legio HI Cyrenaka, also arabische Garnison. Waddington
2331»'. 2377i>=C'. /. Or. 4610.
6j lustin. 42, 2: Armenia a Cappadoeia itaque mare Caspium undecies cen-
tum miUia patet.
— 278 —
Antonius über den Artavasdes und seinen Sohn Artaxi«s im J.
34 V. Chr. 1) ein von den Römern abhängiges Königreich. Diesen
politischen Einfluss erhielten sich auch die Kaiser, so oft es
nöthig wurde, mit der Gewalt der Waffen, aber eine dauernde
Besitznahme des Landes schien ihnen nicht vortheilhaft. Augustus
selbst sagt im Monumentum Ancyranum," er hätte im J. 20 v.
Chr. Armenien zur Provinz machen können, aber es vorgezogen,
dasselbe als Königreich bestehen zu lassen 2). Provinz wurde es
Mi durch Traian, der es in Person eroberte 3) und durch einen
kaiserlichen Legaten "*) und einen 'pi'ocurator^'') vier Jahre lang
verwalten Hess, allein Hadrian gab es gleich nach seiner Thron-
besteigung 117 wieder auf*'). M. Aurei eroberte es 163 noch-
mals, ohne es zur Provinz zu machen ') . Auch die späteren Pro-
vinzen Armenia I und // liegen westlich vom Euphrat und sind
aus Armenia minor entstanden, weshalb von ihnen in der Ge-
schichte Cappadociens S. 210 f. gesprochen worden ist; erst unter
lustinian, der vier Armenien constituirte, umfasste die Armenia
quarta einen Theil Grossarmeniens ^) .
XXXVIII. Mesopotamia. XXXIX. Assjrria.
Eroberung. Mcsopotamieu , welchcs später in einen westlichen Theil
(Osrhoene) und in einen östlichen, der den alten Namen beibe-
hielt, zerfiel, wird im N. durch Armenien, im W. durch den
Euphrat, im Süden durch die modische Mauer, die es von Baby-
lonien trennt, im Osten durch den Tigris und das jenseits des-
1) S. die Stellen bei Drumann 1, 463.
2) Mon. Anc. c. 27: Armeniam maiorem interfecto rege eins Artax[ia cujm
possem facere plro^vinciam , malui maiorum nostrorum exemplo reg[nu]m id Ti-
grani r[€]gis Artavasdis filio — per J[i. Neuronem tra\dere]. Hierauf beziehn
sich auch die Münzen mit der Aufschrift Armenia capta oder Armenia recepta.
S. Borghesi Oeuvr. 2, 115 fif. Mommsen Res g. D. A. p. 76 ff.
3) Bio Cass. 68, 19. 20. Eutrop. 8, 3. S. Rufus br. 14. Clinton F. Hell.
III ad a. 114. Borghesi Oeuvres 5, 22. Dierauer Gescttichte Traians S. 164.
4) Spartian. Hadr. 21: Armeniis regem habere permisit, cum sub Traiano
legatum habuissent.
5) Ein proc. Aug. Armeniae Mai[ori8l^ ans dieser Zeit, Henzen 6947 = Borghesi
Oeuvres 5, 3 ff.
6) Froiito p. 353 ed. Frankf. =p. 206 Naber. Spartian. v. Hadr. 5, 21.
Eutrop. 8, 6. Rufus brev. 14. Euseb. Chron. Can. p. 165 Schoene. Augustinus
De C. D. 4, 29.
7} Capitolin. M. Ant. ph. 8. Veras 7. Clinton F. Rom. ad a. 163.
8) lustinian. Nov.' 31. Die 4te Armenia erwähnen auch die Notitiae episco-
patuum in Partheys Hierocles p. 87 n. 909. p. 274 n. 103.
— 279 —
selben liegende Assyrien begrenzt. Dass die Römer in diesen
Gegenden schon vor Traian wenigstens zeitweise ihren Einfluss
übten, ist aus verschiedenen Thatsachen erkennbar. Ninus (Ninive)
am Tigris nannte sich Glaudiopolis i) , welchen Namen es von
Meherdates erhalten haben muss, der, im J. 49 von Claudius den
Parthern zum Könige gegeben, zwar nicht zur Regierung gelangte,
aber Ninive wenigstens in seine Gewalt bekam 2). Anthemusia
in Mesopotamien, welches ziemlich nahe der Grenze an der Strasse
von Zeugma liegt, muss schon unter Domitian in römischem Re-
sitz gewesen sein 3). Indessen völlig erobert wurden diese Län-
der erst von Traian ^j , der in den Feldzügen von i 1 4 — 1 1 6 zu-
erst in Osrhoene einrückte, dessen Herrschaft er der in Edessa
residirenden seit dem Jahre 137 v. Chr. bestehenden einheimi-
schen Königsfamilie 5) liess, dann in Mesopotamien Singara und
Nisibis nahm ^) , bis an den persischen Meerbusen vordrang und
gleichzeitig die drei Provinzen Armenia, Mesopotamia und Assyria
einrichtete. Von diesen scheint Mesopotamia bis zum Meere ge-
reicht, also Rabylonien mit enthalten zu haben ; die Grenzen der
Provinz Assyrien sind unbekannt^). Traian selbst konnte die
gemachten Eroberungen nicht behaupten ^) und Hadrian gab sie
völlig auf'^). Unter M. Aurel aber wurde in dem parthischen
Feldzuge des L. Verus (162 — 165) i^). Mesopotamien nochmals er-
1) Auf Münzen des Traian und Maximinus bei Mionnet S. 8, 420, des AI.
Severus und Gordian bei Sestini CLasses generales p. 159 heisst die Stadt COL.
AVO. FELIx NIM CLVV, COL NINIVA CLVV, auf einer Münze des Traian
Numismatical Chronicle Vol. XIX p. 1 COL. AVO. FELIx NINI CLAV, was
wohl Claudiopoiis zu lesen ist.
2) Tac. Ann. 12, 13.
3) Münze des Domitian, Mionnet S. 8, 389.
4) Dio Cass. 68, 18 ff. Dierauer Gesch. Traians S. 164 ff.
5) 8. Bayer Historia Osrho'ena et Edessena ex nummis iUustrata , Petrop.
1734. 4. f^ckhel 3, 511. Die Könige heissen meistentheils Augaros.
6) Dio Cass. 68, 22. 23.
7) Eutrop. 8, 3: Seleuciam et Ciesiphontem, Babylonem et Edessios vicit ac
tenuit: usqtu ad Indiae fines et mare rubrum accessit atque ibi tres provincias
fecit, Armeniam, Assyriam , Mesopotamiam. Euseb. Chron. Can. p. 165 Schoene.
Rufus 6f. 14. lornandes de reyn. succ. c. 73. Dass das rubrum mare der per-
sische Meerbusen ist, sagt Dio Cass. 68, 28 ausdrücklich. Vgl. Forbiger Handb.
d. alten Geogr. II 8. 5; und diesen meint auch Tac. Ann. 2, 61: exin ventum
Elephanlinen ac Syenen , daustra olim Romani imperii, quod nunc rubrum ad
mare patescit. Ueber die Münzen Traians mit der Inschr. ARMENIA ET ME-
80P0TAMIA IN P0TE8TATEM P. R. REDACTAE 8. Eckhel 6, 438.
8) Dio Cass. 68, 29.
9) Spartian. Hadr. f). Eutrop. 8, 6. Riifus br. 14.
10) Capitolin. M. Ant. ph. 8. 9. Veru» 6. 7. Dio Cass. 71, 1. Eutrop. 8, 10.
Orosius 7, 15. Ammian. 23, 6, 24. Clinton F. Rom. ad a. 162. 163. 166.
— 280 —
obert*) und diese Eroberunj^ durch die Feldzüge des Scptimius
Severus 195 und 197 — 199 fortgesetzt 2). Caracalla entriss wahr-
scheinlich 215 Osrhoöno dem damals regierenden Fürston Auga-
ros'*), vielleicht nur vorühc^rgehend, denn unter Gordian lllfinden
wir die Landschaft wieder im Besitze eines Königs Augaros"^).
Verwaltung. lieber die Verwaltung der Provinz haben wir nur spärliche
Nachrichten. Ein Legat derselben kommt, so viel ich weiss,
nirgends vor, sondern in der Zeit der Gordiane und Philippi
(239—249) ein prnefectus Mesopofainiae-')^ iTiap/o; ^■') , oTtap/o?'),
TjYSfjLwv ^) , daneben in einer nicht bestimmbaren Zeit ein procu-
rator Mesopotamiae-^) und ein procurator Chosdroe[nes] ^^) . Unter
dem Statthalter standen seit Septimius Severus zwei Legionen,
die Ite und Sie Parthica^^), von welchen die letztere ihr Haupt-
quartier in Rhesaena hatte ^^j. ausserdem wurden zum Schutze
der neuen Eroberungen zahlreiche Colonien angelegt, nämlich von
Traian Ninus (Ninive) in Assyrien, welche bis auf Maximi-
nus bestand i^) , von M. Aurel Carrhae am Chaboras i^j ^ Sin-
gara '^J und wahrscheinlich Edessa i^) ; yon Septimius Severus
1) S. Rufus br. 14 : sed postea sub Antoninis duobus , Marco et Vero ac
Severo Pertinace ceterisque principibus Romanis, qui adnersus Parthos eventu vario
dimicaverunt , quater amissa, quater recepta Mesopotam.ia est. ■
2) Ueber den ersten Feldzug s. Dio Cass. 75, 1. 2. Eutrop. 8, 18. Spartian.
Sever. 9. Clinton F. Rom. s. a. ; über den zweiten Spartian. Sever. 14. Dio Cass.
75, 9. Clinton F. R. ad a. 198. 199.
3) Dio Cass. 77, 12. Clinton F. R. ad a. 215.
4) Eckhel 3, 516.
5) Henzen n. 6923. Murat. 768, 1.
6) C. 1. Gr. 4602. 4603 = Waddington 2077. 2078.
7) Zosimus 1, 60.
8) Unter Alexander Sever im J. 229. Herodian. 6, 2, 2. Unter demselben
ein Befehlshaber der Trnppen (apytov). Dio Cass. 80, 4.
9) Henzen 6930.
10) C. I. L. II n. 4135.
11) Dio Cass. 55, 24.
12) Eckhel 3, 518. Mionnet 5, 630 ff.
13) Sie heisst auf Münzen des Traian und später Colonia Aug. felix Nirhiva
Claudiopolis , Mionnet S. 8, 420. Vgl. oben S. 279 A. 1. Ob die Münze mit
der Aufschr. MAIO. COLONIA mit Mionnet S. 8 p. 414 der Stadt Maiozamalcha
in Babylonien (Ammian. 24, 4, 2) zu attribuiren und diese Colonie ebenfalls auf
Traian zurückzuführen ist, wage ich nicht zu entscheiden.
14) Auf Münzen COLonia METropoUs ANTONINIANA AVRelia, später
auch ALEXandriana, Eckhel 3, 508. Mionuet 5, 594 ff. 8. 8, 392 ff. Hieher ge-
hören wahrscheinlich auch die Münzen, die Mionnet S. 8, 385 Bostra zutheilt.
15) Eckhel 3, 519.
16) Colonie war Edessa sicher von Caracalla bis auf Decius (Eckhel 3, 510):
da es aber schon eine Münze des Commodus mit der Aufschr. KOA. M. SAeCCA
giebt (Mionnet S. 8, 399 n. 1), so dürfte die Colonie dem M. Aurel zuzuschrei-
ben sein.
— 281 —
Nisibis^), Rh^saena^j und Zaytlia^^). Endlich finden sich in der
Provinz drei Metropolen, Carrhae^), Nisibis^) und Edessa^).
Mesopotamien brachte dem Staate nichts ein, sondern war Abtretung.
ein beständiger Kampfplatz"^); zuerst unter Gordian 2i1 ^), dann
unter Valerian (259 — 260), welcher von dem Partherkönige Sapor
gefangen wurde '^), worauf Odenathus 264 Nisibis und Carrhae
und y>omnem Mesopolamiam nostramv. wieder eroberte i^). Nach
Probus Tode (282) wieder verloren, von Garus 283 nochmals
besetzt 1*), wurde es durch Diocletian noch für einige Zeit ge-
sichert ^2). Im ,]. 363 trat indessen lovianus den grössten Theil
der Provinz mit der festen Stadt Nisibis an die Perser ab^^), das
erste Beispiel, welches die römische Geschichte von einer zwangs-
weisen Länderabtretung darbietet *'*) . Seitdem bestehen von der
früheren Provinz noch zwei kiza^yjai, Osrhoene, östlich und
südlich begrenzt durch den Chaboras, mit der Hauptstadt Edessa,
und Mesopotamia, in welchem Hierocles nur eine Stadt aufführt,
nämlich Amida an der Grenze Armeniens. Beide haben im 5ten
und 6ten Jhdt. als Statthalter einen Präses ^^) .
Ij Schon von LucuU erobert (Dio Cass. 35, 6 — 8) , dann an Tigranes ab-
getreten (Plut. Luculi. 32), von Traian wiedererobert (Dio Cass. 68, 23), wurde
Nisibis Colonie unter Sevenis, von dem sie sich Septimia Colonia Nisibis nennt,
Dio Cass. 75, 3. Eckhel 3, 517.
2) Eckhel 3, 518. Mionnet 5, 630.
3J Mioniiet S. 8, 418.
4) Der Titel kommt zuerst auf einer Münze des Comraodus vor. Mionnet
5, 594 n. 8.
5) Seit Alexander Severus , Eckhel 3, 517.
6) Seit Macrinus, Eckhel 3, 511. Mionnet S. 8, 401.
7J Dio Cass. 75 , 3 : oiotooi jjlsv y«? sXayiara , dvaXioxet ^e 7rafx7:Xy)9"^ •
y.ai «rpoi if^'jzepo'j^ xai xtbv MT]Oa)"V Ttal tojv FlapH&v Tipoiskr]\ii%6xz<: dei xpoTiov
TivGC uTtep aÜTöJv |xay6jj,£i^a.
8) Capitolin. Gord. 23. 26. Eutrop. 9, 2. Orosius 7, 19. 20. Zosimus 1,
18. 19.
9) Zosimus 1, 36. Trebell. Pollio Valerian. 3. Clinton F. Rom. ad a. 260.
10) Treb. FoU. GaUieni duo 12. Zosimus 1, 39. Eutrop. 9, 10. 11. Gros.
7, ÜB.
11) Vopiscus Carus 7. 8. Eutrop. 9, 18. Oros. 7, 24.
12) Eutrop. 9, 24. 25. Oros. 7, 25 und mehr bei Clinton F. R. ad a. 297.
298. S. Kuf'us hr. 14: ac Diodetiani temporibus — — pace facta Mesopotamia
est restituta et supra ripmn Tigridis limes e.tt 'reformatus ita ut quinque gentium
Irans Tigridem constitutarum dicionein adsequeremur . Diese fünf Districto nennt
Ammian 25, 7, 9 Arzanena, Moxoena, Zabdicena, Uehimena, C5orduena.
13) Ammian. 25, 6-10. Zosimus 3, 30—34. Eutrop. 10, 17. S. Rufus br. 29.
Libanius I p. 615. «16. Oros. 7, 31. Socr&tes H. E. 3, 22. Agathias 4, 25 und
dazu Clinton ad a. 309.
14) Ammian. 25, 9, 9.
15) N. I). Or. p. 6. 9. Cod. Th. 12, 1, 105. Hierocles p. 713. 715. Die
Stadt Amida war nicht, wie Malalas p. 274 Bonn sagt, von Traian zur Metropolis
282
XIj. Aegyptus,
Die Provinz Aegypten i) , welche westlich gegen Cyrene hin
bis an den xaiapai^jxd? geht'-) und beide Oasen einschliesst,
nordöstlich bis zum coliis Cassius''^), südlich bis Phile, Elephan-
tine und Syene*), im Südosten bis Berenike reicht •"•), beginnt
ihre Geschichte mit der Eroberung Alexandrias, den 1. August
Verwaltung 724 = 30 «). In Iliusicht auf die Verwallunc hat sie vielfach
unter einem o
vicekönig. Eigenthümliches, welches theils in den Bodenverhältnissen, theils
in dem Character der Einwohner, theils in der Administration
der ptolemäischen Zeit, welche man im Ganzen beibehielt, end-
lich in der pohtischen Wichtigkeit des Landes seine Erklärung
findet. Aegypten war von jeher ein dicht bevölkertes Land');
es soll in alter Zeit 18,000^) oder 20,000»), unter den Ptole-
gemaoht, sondern erst von Constantius befestigt. Vorher war sie ein unbedeu-
tender Ort, Ammian. 18, 9, 1. Boecking ad N. D. Or. p. 406. 407.
1) Die Hauptuntersuchungen über die Provinz Aegypten sind : Letronne
Recherches pour servir ä Vhistoire de V Egypte pendant la domination des Grecs
et des Romains, Paris 1823. 8. Letronne Recueil des inscriptions grecques et la-
tines de V Egypte , Paris 4. Vol. I. 1842. Vol. II. 1848. Franz im C. I. Gr.
Vol. III. Kuhn 2, 80—91. 454 ff. C. E. Varges De statu Aeyypti provinciae Ro-
manae primo et secundo post Chr. n. saeculo, Goetting. 1842. 4. Vgl. Drumann
Die Inschrift von Rosette, Koenigsberg 1823. 8. Rudorff Das Edict des Tiberius
lulius Alexander, im Rhein. Museum 1828 S. 64—84. 133—190. Rudorff Cn.
Vergilii Capitonis praef. Aeg. edictum, Berol, 1834, 4. Regnier De V Egypte sous
la domination des Romains, Paris 1807, 8, S, Sharpe The History of Egypt from
the earliest times tili the conquest by the Arabs, London 1852. 2 Voll. (3te Auf!,).
S. Sharpe's Gesch. Aegyptens — Deutsch von H, Jolowicz , revidirt und berich-
tigt von A. V. Gutschmid. 2te Ausg. Leipz, 1862, 2 Bde. 8 (werthvoll durch die
Anmerkungen von v. Gutschmid), Lepsius hat in seinem Werke Denkmäler aus
Aegypten und Aethiopien, Berlin fol, ohne J, im XII Bande 590 griechische
und 66 lateinische Inschriften nach Abklatschen facsimiliren lassen , deren Be-
nutzung äusserst unbequem ist , da bei keiner Inschrift eine Notiz darüber ge-
geben wird, ob sie neu oder bereits edirt ist. Es sind indessen durchschnittlich
Inschriften, welche sich schon im Corpus Inscr. und bei Letronne finden, und
der Gewinn aus diesem kostbaren und schwer zu benutzenden Apparate ig* ein
verhältnissmässig geringer.
2) Strabo 17 p. 798. Sallust lug. 19.
3) Strabo 17 pv 760. 803.
4) Strabo 17 p. 787. Tac. Ann. 2, 61. Plin, N. H. 6 $ 59.
5) Die Besatzungen , welche die Römer in Nubien hatten , waren nur vor-
übergehend. Franz C. I. Gr. n. 4946. 5100. 5109. 5110.
6) Dio Cass. 51, 4. Gros. 6, 19. Ideler Handbuch d, math. u, techn, Chronol,
1, 153. Franz C. I. Gr. HI p. 309.
7) Die Aegypter sind eine gens fecundissima, Plin. paneg. 31. Senec. N. Q.
3, 25. Plin. N. H. 1 % 33. Eckhel D. N. 4, 37.
8) Diodor. 1, 31.
9) Herodot. 2, 177. Plin. N. H. b % 60.
— 283 —
mäern 80,000 Ortschaften i) , früher 7 Millionen 2), unter den
Römern 7,800,000 Einwohner ^^) gehabt haben, während es jetzt
etwa 5 Millionen Ew. hat. Darunter war eine Million Juden ^j.
Die übrigen Einwohner waren Aegypter, Griechen, welche sich
über das ganze Land verbreiteten und mit den Aegyptern im
Connubium lebten^), Römer ündSclaven^). Die Aegypter, durch
eine ununterbrochene despotische Regierung entsittlicht, hart-
näckig in Lug und Trug'), und ebenso kriechend als boshaft
und unzuverlässig, dazu grämlich und in religiösen Pingen
superstitiös und streitsüchtig^), machten eine der gewöhnlichen
Provincialeinrichtung entsprechende Verwaltung unmöglich. Nir-
gends lässt sich das Geschick, mit welchem sich die Römer ganz
disparate Nationalitäten zu unterwerfen wussten, deutlicher nach-
weisen als hier. Zuerst h'essen sie die religiösen Verhältnisse
völlig unangetastet; die ägyptischen Tempelbauten dauerten un-
1) Diodor. 1, 31. Theocrit. 17, 82, der die heilige Zahl 33,333 angiebt.
Vgl. Tzetzes Chil. 3, 67 v. 72 und über die Zahl der Städte Plin. JV. H. 5
S 60 ff. Mala 1,9.
2) Diodor. 1, 31.
3) ioseph. B. I. 2, 16, 4 giebt nach den amtlichen Kopfsteuer-Registern an :
revTTjxovTa rpo? xaic eTTTaxociati; lyouoa (xupiaoa; dv^ptoTttov Btya T(h^ 'Akt^di-
opeiav xaxoixo'jvTtuN , ox; evsotiv £% tyjc xai}' iyAzz-qs -xecpaX-^jV eiocpopa; Te%{x-/]-
pao^ai; da die Einwohner von Alexandria nach Diodor 17, 52, der ebenfalls
amtlichen Angaben folgt, ohne die Sclaven auf 300,000 kamen, so ergiebt sich
die GesammtzahL 7,800,000. Diese Zahl vermehrte sich noch unter römischer
Herrschaft. Letronne Journal des Savans 1844 p. 434. Im vierten Jahrhundert
hatte Aegypten mit Libyen und der Pentapolis zusammen 100 Bischofssitze.
Athanasii ApoL II p. 778 p. 123 ed. Paris 1698. Alexandri Ep. encycl. ap.
Socrat. 1, 6.
4) Philo adv. Flacc. 6 (11 p. 523 Mang.==p. 971 ed. Frankf.): oux «tto-
o^O'jot (rjpiaoajv exaxov ol x^v 'AXe^avOpsiav zai tyjv yobpav MouSaioi ■xaxoiy.oDv-
xei; diro xöü rpo; Ai^uttjv xaxa|3aO(xoü [A^ypt xwv 6pt(ov Aii*)i07:ia;.
5) Dies zeigt die Inschr. Letronne Rec. 1, 99, in welcher ein Aegypter
ApxßoDX eine Griechin 'loiotupa zur Frau hat. Ebenso war unter den Ptolemäern
Griechen und Aegyptern auf gleiche Weise <ier Zugang zu Staatsänitcrn und
Priestcrfhiimern gestattet, so dass diese beiden Theile der Bevölkerung durch
keine gesetzliche Schranke getrennt waren. S. Hrnyscn Pe Lwjidarum reqiw^
Berol. 1831 p. 19. Kuhn 2, 464 ff.
6) Auf den Ländereien gab es durchschnittlidi ktiiio, da in Aegypten ein
Bauernstand .sich immer erhalten hat (Varro />e r. r, 1 , 17. Franz a. a. O.
p. 319aj, aber wohl in Alexandria. Trebell. PoU. triyinta lyr. 28. Varges p. 21.
7) Aelian. V. II. 7, 18: Ai^^TTTloy« cpotol oetvrö; hi%rx[ixz^i'\.'^ xalc ßaaoivoic
xai 8t( ÄdTTOv xeftvrj^exai dWjp W'^^'jTZ'zin^ axp6ßXo6(xevo; -^j xäXTjttii; ÄfAoXo^Tjoei.
Amuian. 22, 16, 23: erubencit tipud ton Hi qui non in/itiundn Irihuta plurhnas
in corpore vibice» oatendat , et nuUa lonnentorwn vw inveniri adhuc potuit qtKie
obdurato iUius Irariun ItUroni invilo elicere potuit ut nomen proprium dical.
8) lieber diese Ch artete rztige der Aegypter s. Vargea p. 23; über die Sy-
cx)pbantie derselben Ediet. flb. Altx, Hn. 38— 4Ö.
— 284 —
verändert unter den Kaisern fort ^) ; der Gebrauch der Hierogly-
phen ist noch unter Caracalla'^) und später nachweisbar 3) ; die
letzte durch einen Regentennanien chronologisch bestimmte hiero-
glyphische Darstellung ist eine Opferhandlung des Kaisers Decius
um 250 n. Chr.*); officiolle Sprache blieb die von den Plole-
mäern eingeführte griechische ^) ; der gesammten Administration
aber wurden die Einrichtungen der Ptolemäer durchgängig zu
Grunde geh'gt, und an die Spitze derselben ein Viceiiönig ge-
stellt <»), der ohne die Insignien der römischen Magistrate und
unmittelbar dem Kaiser untergeben, auch in Hinsicht auf alle
gebräuchlichen Ceremonien die Stelle des Königs vertrat'). Zu
dieser ausserordentlichen Massregel veranlasste den Augustus
ausser der Rücksicht auf die Einwohner auch die politische Wich-
tigkeit der Provinz , deren Getreidelieferungen der Bevölkerung
Roms seit dieser Zeit unentbehrlich waren, und deren strategisch
gesicherte Lage im Falle der Auflehnung eines Stalthalters für
die Ruhe der Stadt und für die Sicherheit der Kaiserherrschaft
selbst eine dauernde Gefahr verursacht haben würde ^). Er nahm
daher Aegypten weder für den Senat noch für den Fiscus in
Besitz, sondern machte es zu einem Haus- oder ChatouUengute"),
das er in Person verwaltete, so dass einerseits die königlichen
1) Dies hat Letronne ausführlich bewiesen.
2) Rosellini Mon. stör. 2 p. 455.
3} Wahrscheinlich dauerte er bis in das 6te Jahrhundert n. Chr. Letronne
Journal des Savans 1843 p. 464 ff. Franz a. a. 0. p. 30b.
4) Die hieroglyphischen Denkmäler römischer Zeit findet man bei Lepsius,
Vierte Abtheilung , Denkmäler aus der Zeit der Griechischen und Römischen
Herrschaft, Blatt 69 bis 90. Sie beginnen mit Augustus und reichen bis Decius.
5) Dies ersieht man aus den erhaltenen offlciellen Urkunden, z. B. den
Edicten der römischen Präfecten.
6} Tac. Hist 1, 11 : Aegyptum copiasque, quibus coerceretur, iam inde a D.
Augusto equites Romani obtinent vice regum. Ita visum expedire, provinciam
nditu difficilem, annonae fecundam, superstitione ac lascivia discordem ac mobi-
lem, insciam legum , ignaram magistratuum , dornt retinere. Strabo 16 p. 797 :
6 [X£V ouv TTefjLCpOet? (eTrapyo?) tyjv toj ßaatXsoj; ejei xa^iv.
7) Plin. N. H. b ^ bl: cum crescit (^Nilus') reges aut praefectos navigare eo
nefas iudicatum est. Seneca N. Q. 4, 2, 8; in haec ora stipem sacerdotes et aurea
dona praefecti^ cum solenne venit sacrum, iaciunt.
8) Suet. Caes. 35: regnum Aegypti xnctor Cleopatrae fratrique eius minori
permisit , veritus provinciam facere , ne quandoque violentiorem praesidem nacta
novarum rerum materia esset. Tac. Ann. 2, 59 : nam Augustus Inter alia domi-
nationis arcana vetitis nisi permissu ingredi senatoribus aut equitibus Romanis
illustribus seposuit Aegyptum,, ne fama urgeret Italiam, quisquis eam provinciam
claustraque terrae ac maris quamvis levi praesidio adversum ingentes exercitus in-
sedisset. Ygl. Tac. H. 3, 8. 48.
9) Tac. //. !,• 11 lässt den Augustus provinciam {Aegyptum^ — domi reti-
nere, d. h. in seinem Privatbesitz. Der Gegensatz von domus ist respublica (Tac.
Aegypti.
— 285 —
Domainengüter in sein Eigenthum übergingen, andrerseits die Ab-
gaben des ganzen Landes in seine Privatcasse [res privata pnn~
cipis] flössen ^) , verbot allen Senatoren und equites illustres das-
selbe überhaupt zu betreten 2) und ernannte zum Vicekönig einen
Ritter =^), der im Verhältniss zu ihm als ein Hausbeamter, pro- Pme/ectus
curatoVj zu betrachten isf^), weil er aber eine höhere Stellung,
als die gewöhnlichen Procuratoren einnahm und wie die Statt-
halter der kaiserlichen Provinzen ein Heer (es waren unter
Augustus drei 5), unter Tiberius zwei Legionen ß), leg. III Cyre-
naica und leg. XXII Deiotariana^ später, vielleicht seit Traian,
eine Legion, leg. II Traiana fortis'^) nebst verschiedenen Auxi-
Ann. 13, 4. H. 1, 15). Philo adv. Flaccum 19 (II p, 540 Mangey) nennt Aegypten
t6 (jL^YtO'cov a'JTOü (Tißepio'j) xöJv XTTjfJiaTcov. Vgl. Ammlan. 22, 16, 24: Aegyptus
— — provinciae nomen accejyit ab Octaviano Auyusto possessa.
1) Die Nachricht des Strabo 17 p. 817. 818 , dass die Einkünlte Aegyptens
an die -/JYefAOvei; gezahlt werden und dass die königliche Domaine den ■f]'(e[t.(j^e<i
Ertrag Meiert, habe ich früher, weil ''f]-^eij.(hy eine gewöhnliche Bezeichnung des
praefectus Aeyypti ist, auf diesen bezogen. Kuhn 2, 473 hat dagegen mit Recht
angenommen, dass unter den rf(e\j.6sz<; bei Strabo die Kaiser selbst zu verstehn
sind. Denn der praefectus hat wohl von Anfang an ein Gehalt bezogen, und
dass die Einkünfte an den Kaiser geschickt wurden, ist theils selbstverständlich,
theils von Dio Cass. 57, 10; 66, 8 bezeugt.
2) Tac. Ann. 2, 59. Dio Cass. 51, 17. Dies Gesetz, dessen Aufrechterhaltung
bei der strengen Fremdencontrole , die in Aegypten stattfand (Strabo 2 p. 101),
ohne Schwierigkeit war, überschritt zuerst Germanicus (Tac. Ann. a. a. 0.), her-
nach Andere. Zoega N. reg. p. 316 n.
3) Tac H. 1, 11. Arrian. Anab. 3, 5, 10: xoti 'FcufxaToi |j,oi Boxouoi, irap'
'AXe^dvOpou ptaftoviEi;, is cpuXax^ e'yei"^ Ai^uttto^ , v.ai [xr/A^n. xöjv dr.b ßouXt]!;
Iri Tojoe exTTcfxreiv uzap/ov Ai^uTTTou , ak\d töjv ei; xou; IrTicat; acptoi ^uvre-
XouvTojv, Dio Cass. 53, 13. Darum heisst der Präfect 6 iTTzap^röJv xa-d Tfjv
AtY'JTTTöv. loseph. Ant. 19, 5, 2. Dass ein Senator jemals prae/iec^ws /Icy. gewesen
sei, ist nicht nachweisbar, Franz a. a. 0. p. 309^^; ein Freigelassener Severus
(Dio Cass. 58, 19. Philo in Flaccum 1 (II p. 517 Mang. ) war im Jahre 32 n. Chr.
kurze Zeit Vicar des verstorbenen Präfecten Vitrasius Pollio und Vurde noch
in demselben Jahre von dem neu antretenden Präfecfen Avillius Flaccus abge-
löst. Den Avidius Heliodorus, der nach Dio Cass. 09, 3 ab epistolis Hadriani
gewesen war, und darauf praefectus Aegypti wurde, braucht man nicht für einen
Freigelassenen zu halten. S. Spart. Hadr. 22: ah epistolis et a Ubellis pri-
mus equites Romanos habuil. Das Verzeichniss der bekannton Präfecten findet
man bei Franz a. a. 0. p 310 ff. Vgl. Borghesi Oeuvres 5, 23 ff. Henzcn Inscr.
p. 522. Ueber die ersten Präfecten s. Mommsen lies g. J). Augusti p. 74 ff.
C. Wescher Bull. 1866 p. 51 ff,; über die Präfecten des vierten Jahrhunderts s.
Franz a. a. 0. 323. Q. R. Sievers Atharuisii vita acephala in Zoitschr. für die
histor. Theologie 1868 I p. 113 ff. und denselben Leben des Libanius S. 254 ff.
4) Er heisst zuweilen auch procurator, wie Cornelius (Jallus bei Ammian
17, 4, 5; inixpq^.oi 'AXe^avopelai xal vfii yßi^iiy Philo in Flaccum 1 ( II p. 517
Mang.) und sein Amt procuratio. Suet. ^ero 35, Tac. Ann. 12, 60.
5) Strabo ^7 p. 797.
0) Tac. Ann. 4, 5, Grotefend in Paulys Realenoyclopädie IV, 875. 899.
7} Dio Cm8. 55, 24. Grotefend a. a. ü, 8. 874. Unter Antonlnns Plus stond
— 286 —
liarcorpsi)) unter sich hatte, den Titel praefectus Aegypti^), in
späterer Zeit Augustalis, und ein imperium ad simiUtudinem pro-
consulis'^)^ d. h. die Vollniachl eines Provincialstatthalters*) ohne
dessen äussere Ausstattung und ohne fasces'') erhielt. Sein Be-
amtenpersonal bestand aus Freigelassenen des Kaisers, welche
ihn auch vertraten <•) ; selbst für das militärische Commando
galt in Aegypten die Ausnahme, dass die Legionen nicht von
legati senatorischen Ranges , sondern von Rittern commandirt
wurden, die den Titel praefecUis caslrorum führten'). Die Be-
stimmung der Abgaben^), sowie die Besetzung einiger Aemter,
namentlich des Vorsteheramtes am Museum zu Alexandria ^), ist
dem Kaiser vorbehalten ; alles Uebrige steht unter dem praefeclus,
welcher nicht nur die höchste Gerichtsbarkeit, sondern auch die
Controle der Finanzverwaltung ^*^) und das militärische Obercom-
sie bereits in Alexandria, Orelli 3456. Mommsen Archäologische Zeitung XXVII
(1869) S. 123 ff.
1) Es waren unter Augustus 9 coliortes und 3 alae , Strabo 17 p. 797.
Uebrigens vgl. Franz a. a. 0. p. 314.
2) Dieser offlcielle Titel ist sehr häufig, z. b. Tac.'fii^f. 2, 74 u. ö., auch
in Inschriften. Ygl. über ihn Kuhn 2, 82 ff. Griechisch heisst er -fj^efAcov, Ed.
Alex, lin, 1. 2; '^j^sp-tuv tt]? ^Tiapyia;, Letronne Rec. n. CCCIX; '^YefjLO^euojv
C. I. Gr. n. 4701 und oft bei Strabo, Philo und losephus (s. die Stellen bei
Kuhn 2, 474, Anm. 4160); apywv Aiyu-tod, Dio Cass. 53, 29; 54, 19; 63, 18
71,28; ETTapyo?, Ed. Alex. lin. 28; uTrapyo? , Arrian. Anab. 3, 5, 10. Vales
ad Euseb. H.E. 4, 1. Boeckh C. I. Gr. n." 2592. 3187. Wernsdorf ad Himer
p. 297.
3) Digest. 1, 17, 1.
4) Tac. Ann. 12, 60: nam divus Augustus apud equestres, qui Aegypto prae-
siderent , lege agi decretaque eorum proinde haberi iusserot , ac si niagistratus
Romani constituissent.
5) Als Caesar in Alexandria einzog, waren die Alexandriner sehr unwillig
darüber, dass ihm die fasces vorgetragen wurden, Caesar B. C. 3, 106. Die Rö-
mer selbst aber glaubten an das Vorhandensein eines Orakels, welches dies ver-
hinderte. Trebeli. Pollio XXX tyr. 22: qui (Gallienus') cum Theodoto vellet im-
perium proconsulare decernere, a sacerdotibus est prohibitus , qui dixerunt, fasces
consulares ingredi Alexandriam non Heere, cuius rei etiam Ciceronem, cum contra
Gabinium loquitur ^ meminisse satis novimus. Dies Orakel erwähnt auch Lucan.
8, 823 ff.
6) Strabo 17 p. 797 und S. 285 Anm. 3.
7) Hievon wird an einem andern Orte die Rede sein. S. jetzt Mommsen
Archäologische Zeitung XXVII (1869) S. 124 ff.
8) Dio Cass. 53, 18. Ed. Ti. Alex. lin. 27. 62—65. Varges p. 59.
9) Strabo 17 p. 794.
10) Philo in Flaccum 1 (II p. 517 Mang.): xal ooa piv Trspl XoYtCfAOu; '/at
T-^jV Tä)V itpo^oBeuopi^ojv ->caTa)pi}ou SioiXTrjOtv , ei y.ai [le-iaXa vM d^a^xala r^v,
dXX.' ouSsv ye 0£iY[J.a 4^UX'^'' ^~icpaiv£v if(£i).o'^iv.fii;. Ib. p. 518 : doixaCe xd iie^akrx
[j.£Td TÖJv ev TsXei (nämlich Flaccus); derselbe hält ein Gericht *über den jüdi-
schen Senat c. 10 p. 529. Von einem gewissen Ad[XTrtov heisst es dann c. 16
p. 536 : Trpocea-w; y^^P xoT? Tj^ef^-oaiv orroxe or/dCotvxo, üTcefxvYjfAaxiCexo zd.^ Sr/a;
— 287 —
mando hat, dem Kaiser persönlich verantwortlich ist^), über
wichtige Sachen direct an den Kaiser berichtet 2) und bei Im-
mediateingaben an denselben den Vermittler macht 3). Er resi-
dirt in Alexandria'*), von wo aus er Inspectionsreisen in das
Land macht 5); die Dauer seines Amtes hängt von der willkühr-
lichen Bestimmung des Kaisers ab '') .
Wie den römischen Senatoren verboten war, nach Aegypten
zu kommen, so war auch den Aegyptern, insofern sie römisches
Bürgerrecht erlangten, untersagt, römische Aemter zu bekleiden,
welche den Zutritt in den Senat eröffneten'). Auch die Erlan-
gung des römischen Bürgerrechtes wurde ihnen erschwert durch
die Bedingung, dass sie zuvor Bürger von Alexandria werden
musstenS), was durch Bewilligung des Kaisers selbst und zwar
selten geschah -V. Alexandrinische Bürger sind später, unter
Caracalla, in den römischen Senat gelangt i^*), aber die eigent-
lichen Aegypter scheinen selbst nach der durch denselben Kaiser
erfolgten Verleihung des römischen Bürgerrechtes an alle Pere-
grinen nach wie vor zur Bekleidung römischer Würden unfähig
geblieben zu sein^i).
ehd'fm^ (bc Ix*"'' Tdi^tv , und von den Präfecten selbst : d\xy]yavos (xev -(d^ "rjv
TaOxa o'j otzdCovra? ix6vo^ dXkd -mi XoYiofxou? xöiv Tcpooootuv -xal oaojxwv Xa(jt.-
ßdvovxa;, wv Y) i^i'^aic, toO dviauxoü ypovov dvrjXiaxev.
1) Philo in Flaccum 12 p. 533 M. von den Präfecten des Angustus und
Tiberius : o'j; fxexa x6v ipiuftsvxa ypovov x-rj; dpyfj;; iraveX^ovxa? ek 'Ptt)(XY]v ol
7'jxoxpdxope!; X<5yov -aoli £ui)6va; xwv ze7:paY|J-^v(ov t^'xouv , xcxl |j,dXi3H' ÖTtöxav
TTpeoße'joatvxo al doiXTji^eioott TroXet?,
2) Ed. Ti. Alex. 1. 9: TiposYpot^"^ dvaifxauoc repi £y.dGxou xwv IttiCyixou-
[A^veov, ooa I;e5xt (xot xptv&tv %ai tcoisTv. Td 6e fj.sito'^a y.al 5e6[x£va xfj; xoO
ot'jxoxpdxopo; O'JvdijLEoj; xcit u.Ey'^iXe 16x75x0 ; ot'jxu> oirjXtoaüj [xexd ndcrr]; dXTj^eia;.
3j Philo in Flaccum 12 p. 532 M.
4) Digest. 1, 17, 1 u. ö.
b) Zu diesem Zwecke stehen In Schedia, einem Orte 240 Stadien von
Alexandria, bedeckte Schiffe (tiXoTcc. OaXafXT^y*» ^trabo 17 p. 8Ü0). Strabo selbst
begleitete auf einer solchen Reise den Präfecten Aelius Gallus, Strabo 2 p. liS;
17 p. 806. 815. 817. Andre Erwähnungen dieser Reisen Letronne Rec. U p. 472.
r. /. 6'r. n. 4099 1. 23.
0 ) Seins Strabo , Seians Vater, war wenige Monate, sein Nachfolger, Vitra-
sfus Pollio 16 Jahre Präfect. S. das Verz. bei Franz a. a. 0. p. 310.
7) Dio ('a88. 51, 17. Ausführlich handelt hierüber Kuhn 2, 86 ff.
8) Plin. ep. 10. 5(4). 10(5). 6(22). 7(23).
9) Joseph, c ntrn ApionemC): miin Attjyplii» neijue reguni quisijunm videtur
iuH rivitdtin fuisse Idryitw , neque nunc ijuidtm iniperdlnrnin. Apion st.'lhst hatte
es indessen erlangt, ib. c. 4.
10) Dio Cass. 51, 17.
11) S. Kuhn ä. a. 0.
— 288 —
Cflntraiisa- Die zweile Eigenthümlichkoit in der Organisation Aegyplens
Verwaltung, war, dass das Land nicht, wie Italien und die meisten Provin-
zen, in eine Anzahl neben einander bestehender Comnmnalver-
bände und städtischer Territorien zerfiel, deren Administration
von städtischen Senaten und Behörden ausging, sondern zum
Zwecke einer centralisirten Verwaltung in Theile zerlegt war,
welche,* einander untergeordnet, von Beamten verschiedener Rang-
stufen regiert wurden. Das ganze Land zerfiel in drei grosse
Epistrate- Bezirke (Epistrategien) : Oberägypten (Thebais) i) mit der Haupt-
stadt Ptolemais'^), Mittelägypten (Heptanomis) und Unterägypten
(Delta) '^). Jeder derselben war getheilt in Nomen, die Nomen
in Toparchien ^), die Toparchien in xoijxai und tottoi, in welchen
das Land genau nach apoupav vermessen war •'') . Die drei grossen
Bezirke standen jeder unter einem sTrtatpaTTjYo;, der ein Römer
war^) und die gesammte Civil- und Militärgewalt in sich ver-
einigte, so dass sämmtliche Beamten der Epistrategie ihm unter-
geordnet waren'). Der Epistrateg der Thebais führt zugleich in
Inschriften den Titel apaßapj^rj? '^) oder orparriYo? xr^c, TvoixTJ? xai
'Epudpac OaXaoor^?^); zu seinem Bezirke gehört nämlich das Land
1) Strabo 17 p. 787. Ptolem. 4, 5, 62.
2) Strabo 17 p. 813. Franz a. a. 0. zu n. 4751. Letronne Rec. II, 405.
3) Strabo 17 p. 787. Ptolem. 4, 5, 45. 55.
4) Herod. 2, 109. 165 ff. Strabo 17 p. 787.
5) Strabo 17 p. 787. apoupa ist ein Maass Yon 100 ägyptischen Ellen im
• Quadrat. Herodot. 2, 168. Journal des Savans 1828 p. 486. Peyron Pap. Taur. I
p. 135. Hultsch Metrologie S. 284.
6) Nur der älteste der uns bekannten Epistrategen, nToXsp-aio? 'HpaicXeiSou
dTTiSTpaTTQYO? xj\c, B'rjßaioo?, im 14ten Jahr des Augustus (Inschr. Letronne Rec.
11, 141), hat einen griechischen Namen ; offenbar bedienten sich die Römer zu-
erst einheimischer Beamten , die das Land kannten ; später kommen vor Itti-
oxpatTjYOi 0-^^atoo;, und zwar Römer, C. I. Gr. 4745. 4751. 4753, epistrategus
Thebaidis in der lat. Inschr. Orelli 3881, vgl. C. I. Gr. 4715. 4716. 4955, wo
Brjßaioo? nicht zugesetzt, aber zu verstehen ist. Der iriKSTpd'zrffOi töjv Itttoi
vofxöjv findet sich Orelli 516 mit dem lateinischen Titel proc. Aug. epistrategiae
Septem nomor. et Arsinoitae; er ist ar.ch gemeint in der Inschr. von Antinoe,
C. 1. Gr. 4705: eTciaxpaTTQYO'JVTOc [2!]£0'j[-^pou Oü]ißiou [A'jp]YjXiavo[D], und in
einer andern Inschrift Letronne Rec. II, 465. 466. Ein Epistrateg des Delta wird
nicht mit vollem Titel erwähnt, scheint aber zu verstehn in der Inschr. C. 1. Gr. 4701 .
7) Dass er eine Civilbehörde ist, folgt daraus, dass unter ihm die Strategen
stehn; dass er zugleich militärisches Commando hat, was Rudorfl' im Rhein.
Museum a, a. 0. p. 80 leugnete, zeigt der M. Artorius Priscus, der vom prae-
fectus montis Berenices zum Epistrategen befördert wurde, Orelli n. 3881. Le-
^ trenne Rec. XXVT. XXVII. Franz a. a. 0. p. 315^.
8} C. I. Gr. 4751 = Letronne Rec. II n..l80: Kkwhioc, Tspiivo? dprxßapy-r];
xai ^TriaxpdT-rjYo; 0Tr]ßaiSo?.
9) C. I. Gr. 4897b aus der Zeit der Ptolemäer : KakXiiKayoc, b guy^sv?]; xat
dTTKJxpdxTjYo; xal oxpTjxcxYÖc TTJ; 'IvSiXTJi; xai 'Epu&pa? W^docY]?. Peyron. Papyr.
— 289 —
vom Nil bis zum rothen Meere, welches in speciellem Sinne
Arabia heisst, und die Strasse zwischen Koptos und Berenike,
deren Schutz ihm obliegt i). Der Nomen oder Gaue gab es ur- Nomen.
sprünglich 36 2); j^re Zahl muss indessen später bedeutend ver-
grössert sein, da Ptolemäus 47 anführt, aus den Münzen, welche
unter Traian, Hadrian und Antoninus Pius in den Jahren 109 —
145 n. Chr. in diesen Nomen geprägt sind, ebenfalls 47 Namen
nachweisbar sind, die indessen nicht durchgängig denen des
Ptolemaeus entsprechen, und im Ganzen aus verschiedenen Quel-
len 76 vielleicht auf verschiedene Epochen bezügliche Namen
dieser Gaue zusammengebracht werden können ^j. Wenn die
Taurin. Vol. I p. 71: 'AzoXXiuvio; nToXefxaio'j 'Apaßötpyoy uW«, OTpaTty^bi tou
'OfxßeiTou xai tou Trepl 'EXecpavxiVTjv xal OiXa; xai iiapäXiav rrj«; dpuftpäg da-
XdooTji;.
j) Letronne Rec. II, 42. 334. Ganz verschieden von diesem 'Apaßap^rj? ist
der dXaßdpyr^i;, welcher in Alexandria seinen Sitz hat (loseph. Ant. 18, 6, 3).
Dieser Titel, an dessen Richtigkeit man überhaupt gezweifelt hat, weil die Masse
der analogen Composita von Städte- und Yölkernamen gebildet ist, wie ÖYjßdpyy];,
BottuTocp/Tj; , 'AatdpyTj; und viele andere, kommt ausser in Aegypten auch in
Lycien vor (Inschr. v, Xanthos, C. I. Gr. 4267), hat seine Analogie in elp-r)-
vapyr]?, ^aXiap/o; (Hör. Carm. i, 9, 8), cjcpatpdpyY](; (C. 7. Gr. 4794), (xuonQpidpyr)!:
(Prüdent. r. axecpdv. Hymn. 2 Str. 88, 2), TrevxTjxooxapyoc , 6 apvtuv t-^c ttev-
TTjxoorfjs Toy TeXou; xal twv TievTTjXooTwv (Bekker Anecd. Gr. p. 297), und wird
von Cuiacius Obss. 8, 37 abgeleitet von akd^'f] die Tinte, und erklärt als scripturae
magister mit Bezug auf Cod. lust. 4, 61, 9: usurpationem totius ticer^tia€ sum-
movemus circa vectigal Alabarchiae [die Lesart ist freilich auch hier nicht sicher]
per Aegyptum atque Augustaneam constitutum, nihilque super traductione anima-
lium, quae sine prohibitione solita minime permittenda est, per licentiam vindicari
concedimus. Der Name ist vorrömisch, denn schon Cicero bezeichnet ad Att. 2,
17, 3 damit scherzhaft den Pompeius als einen Zöllner, da er sich bei seinem
Triumphe 61 v. Chr. rühmte, dass durch seine Siege die Zölle von 50 auf 85
Millionen erhöht seien (Drumann 2, 226); aber in der Kaiserzeit scheint er
einen kaiserlichen Procurator zu bezeichnen. Der Alexander wenigstens, welcher
nnter Tiberius , Caligula und Claudius dXaßdpyTfj; in Alexandria war (loseph.
Ant. 18, 6, 3), war vorher Procurator der Antonia, Mutter des Claudius, gewesen
( loseph. Ant. 19, 5, 1 ). Sein Bruder war Philo , dessen Schriften wir haben
(loseph. Ant. 18, 8, 1. Euseb. H. E. 2, 5), sein Sohn Ti. lulius Alexander, ein
römischer liitter, wurde 46 n. Chr. procurator ludaeae und 67 n. Chr. praefecttu
Aegypti. Dass der Alabarch über grosse Geldsummen verfügte, zeigt der Um-
stand , dass Agrippa bei ihm eine Anleihe zu machen suchte (loseph. Ant. 18,
6, 3); daher ist er sprichwörtlich der reiche Mann, so bei luvenal 1, 130 und
PallaOas von Aiexandria ep. 30 (Anth. Pal. II p. 430 n. 383, 4=Anth. Gr. III
p. 121), welcher einen Esel bedauert, dass er iz dXaßapyelTjc -^^ait.^i.oi'civ.o'j Y^lfo-
vEv d. 1>. aus reichem Hause in ein armes gekommen ist.
2) Diodor. 1, 54. Strabo 17 p. 787, welcher 10 auf die Tbebais, 16 auf, Mit-
telägypten, 10 auf das Delta rechnet, aber selbst nur 23 namhaft macht.
3) S. Tochon d'Annec.y Recherche» sur lea m^dailleß des nomea de l'flgypte^
Paris 1822. 4, Parthey Die Gaumünzen Aepyptens , in Pinder und Friedländer
Beiträge zur älteren .Münzkunde 1 S, 137 — 162. V. Langlois Sumismatique des
nomes d' flgypte mous Vadminiatration Romaine, Paris 1852. 4. Vgl. Birch in Nu-
miamatic Chronicle 1840 p. 86 — 107. 1. de Kongo AJonruiie» de noinea de L' l^gypte,
Paris 1873. 8.
Köm. Alterth. IV. 19
— 290 —
Alten selbst vofio? als einen Stadtbezirk definiren ^), so ist dies
nur in sofern richtig, als der Nomos eine Hauptstadt hat und
ein Analogon zu den städtischen Diöcesen anderer Provinzen bil-
det; unrichtig dagegen insofern, als die Stadt weder selbst eine
Commune bildet, noch das Gebiet verwaltet, sondern nur einen
Theil des Gaues ausmacht 2). Beide, Stadt und Land, werden
administrirt von dem Gauverwalter, der nach Diodor so alt ist,
wie die Nomeneintheilung selbst und von ihm vo}iapx^^? genannt
wird^), unter den Ptolemaern die doppelte Function eines Civil-
beamten , vo[Aap5(Yjc, und eines Militarbefehlshabers , otpa-njYo;,
hatte*) und unter den Römern den letzten Titel beibehielt 5),
obgleich er ausschliesslich mit der Verwaltung, namentlich der
Ausübung der Polizei^), einer untergeordneten Gerichtsbarkeit^),
der Bekanntmachung und Ausführung der Edicte des Präfecten'*)
und der Eintreibung der Steuern beschäftigt war^). Der Strateg
wurde von dem Präfecten aus Eingebornen, d. h. Griechen i^)
1) Cyrillus Alex, in Esaiam 19 : vo|J.ö? oe XsYETat rapd xoU tyjv A^y'^tttiojv
•/.aTotxoüai )((6pav iv.d<szf] TioXt? xal ai 7:£ptoixioe? auxf^? xal at biz autin -/.(»[xai.
Epiphan. contra haeres. Basüid. Vol. II lib. I p. 32 ed. Basil. = I p. 68 Petav.:
vo[xöv -^äp Ol AiTUTiTioi cpaai rrjv £7.aoTY]i; TcoXeto? Tceptoiztoa -ffoi Tiepiywpov.
Plin. N. H. 6 § 49 : dividitur in praefecturas oppidorum, quas nomos vocant.
2) Dies sieht man namentlich aus den Münzen , die nicht den Namen der
Hauptstadt, sondern des Nomos tragen, Parthey a. a. 0. S. 143, so wie aus ver-
schiedenen Dedicationsinschriften , in welchen oL o.nh x'?j<; [XTjTpoTcöXeaji; -/.al xoü
vo|j.oü unterschieden werden, C.I. Gr. 4715. 4716. Vgl. Kuhn 2, 500 ff.
3) Diodor 1, 54 sagt von Sesoosis (bei Herodot Sesostris): xyjv oe yciupav aTracav
eU £^ vcal xptd/covxa (AepTQ oteXwv, ä -/.aXouoiv AiY'J^'Liot vofxou^, ETisoxyjosv arcaai
vofxdpya; xou? d7rt|jL£XYj00[jL£V0U(; xöüv xe Tiposoötov xwv ßaaiXtxöi^ xal ototXYjaovxrxi;
azavxa xd %axd xd? toias (xepioac */. x. X.
4) Sein Titel ist oxpax-rjYo? "/at vofAapyTj? , Peyron Pap. Taurin. I p. 1 lin,
10. 14. Franz a. a. 0. p. 291b. Da der cxpaxYjYO? der höhere Titel war, so blieb
der zweite allmählich fort, Kuhn 2, 486.
5) Dem Titel des Strategen wird der Nomos immer beigefügt, z. B. cxpaxYjYÖ«;
xoü '0{J!.ߣixou (vo[xoü), C. /. Gr. 5075. Das Verzeichniss der Strategen, die in
Inschriften vorkommen, s. bei Franz p. 317.
6) C. 1. Gr. n. 5069. Zuweilen sind einem Strategen zwei Nomen unter-
geben. Kuhn 2, 487.
7) Strabo 17 p. 798: 7rpaY[xdxojv oii (j.£YdXajN) d7:taxax£iv 'rj^tcDpievot, C. I. Gr.
4723; vgl. n. 5078: r^X[d]£ cxpaxT^Yos [^Jw^^ 'ATtoXXwvto; [svÜJa [ö]i7.[d]C(uv/'Av-
opatJi , welche Verse sich auf den n. 5076 erwähnten Apolionius , cxpax-rjYÖ«
'Ofj-ßsixou, beziehn,
8) C. I. Gr. 4956. 4957. Rudorff im Rhein. Mus. a. a. 0. S. 76.
9) Ed. Ti. Alex. (C. /. Gr. n. 4957) lin. 49. 50. Franz p. 317^. Kuhn' 2,
491: ,,er ordnete die Repartirung, die Erhebung [Ed. Alex. 21. 49 — 51), wie
die Verwendung der Abgaben in dem Nomos an (ed. Capit. 1. 31—33) und haf-
tete deshalb für die gesammte Verwaltung der üft'entlichen Einkünfte , worüber
er dem Präfecten regelmässig Rechenschaft abzulegen hatte (ed. Alex. 1. 36. 38.
50), persönlich und mit seinem Vermögen (ed. AI, 1. 21. 37)."
10) Letronne Eech. II, p. 341.
— 291 —
oder Aegypterni) auf drei Jahre 2) ernannt^); das Amt gehörte
zu den /copixat XstToup^iai, von welchen die Bürger von Alexan-
dria frei waren ^), es war daher wahrscheinlich ohne Gehalt^);
in officiellen Documenlen wird es in der Eingangsformel neben
den beiden höchsten Aemtern der Provinz als eponym erwähnt <^) .
Die ünterabtheilungen der Nomen werden TOTrapy^iat ge- ToparcWen.
nannt^), welcher Ausdruck nicht gleichbedeutend zu sein scheint
mit TOTToi^), sondern einen Complex von Ortschaften bezeichnet
und in diesem Sinne auch in ludaea vorkommt ^j, wo in einer
Toparchie mehrere Städte oder Dörfer lagen, welche letztere
ihren Mittelpunct in einer jjLYjxpoxcofita hatten i^). In Aegypten
werden als Bestandtheile der Toparchie xa){xat, Flecken ^i). und Komen.
TOTTot, loca^'^), Districte '=^), unterschieden, wobei zu bemerken ist,
1) Wenn Isidorus Pelusiota I p. 48^ sagt, die Aegypter hätten keine Aemter
(dpyct;) verwaltet, so meint er damit römische Magistrate (Kuhn 2, 492) ; unter
den Strategen finden sich gar keine römischen , sondern nur griechische und
ägyptische Namen. Letronne Rech. p. 272. Franz p. 316. 317. Kuhn 2, 492.
2) Ed. Alex. lin. 35.
3) Strabo 17 p. 798: vojxapya? dTroSei^avxe;.
4) Ed. Alex. lin. 34. 35.
5) Rudorff a. a. 0. S. 142 Anm. 44.
6) Die Formel ist: ini NN szapyo'j Ai'f'jr.'zo'j, ^TriOTpaTYjYoOvTO!; NN, oxpa-
TTjYoüvTo; NN, C. I. Gr. n. 4701. 4f04. 4715. 4716. 4955. Letronne Rec. II
n. 525. 526.
7) Strabo 17 p. 787 : TtaXiv o ol ^o{j.ot xopids dXXa? loyov • eh ifap roTrapyiai
rA TiXetaToi oiTjpTjvTO, xal a'jxai o' eU dXXa; xojxd? " dXdyiaxai o' a{ dpoopat jjie-
pioe;. Ed. Ti. Alex. lin. 49: vo|j.ü)v t] xo7ia[pyitüvJ. In einem Papyrus bei Reu-
vens III, 1 p. 5 wird ein rpo? xtj dYopavo[xia xiöv MefAvov^ouv xat x^; xdxw xoTrap-
yia? xoy FlaDupixo'j (vo[j.oü) erwähnt.
8) Nicht richtig scheint es , wenn Letronne Rec. II p. 469 definirt : les
subdivisions de nomes se nommaient xoroi ou xoTtapytai. S. dagegen Ad. Schmidt
Die 'griechischen Papyrusurkunden der k. Bibliothek zu Berlin, Berlin 1842. 8.
S. 328 ff., dem Franz p. 293. 319 folgt.
9) loseph. Ant. 17, 2, 1 : is xoTzapyia xrj Xe^Ofi^T] Baxotvaia. Die Städte
lamnia, Azotus, Phasaelis und Ascalonia l)ilden zusammen eine xo7:apy(ot. Ib. 17,
11, 5. li. lud. 1, 1, 5: r&cfivixiT."^ xoTtapyia. 2, 18, 10: NotpßaxTjVTj xoTrapyla.
2, 13, 2: .x^n oe 'A^pir-a ^aoiXsia x^aoapa; röXei; 7:po<;xtO"r]at o\)s xai? xoTrap-
y[aii. Vgl. 2, 20, 4; 2, 22, 2; 4,'8, 1 ; 4, 9, 3 und 5; 4, 9, 9. Plin. N. H. 5
§ 70 : reliqua ludaea dividitur in ioparchias decem.
10) So ist Phaena die |i,rjxpoy.oj(j.ia von Trachonitis, C. i. Gr. 4551.
11) Als Ortsbey.uichnung braucht man den Nomos und die 'A(ii\i.r]. Suidas II
p. 1266 Bernli.: 'iipa-rJXXojv <l>aiv£ßui)e(u;, xcbfxr^; xoO IlavoTToXixo'j vopioO. C. I.
Gr. .3692: dr.o xtuar); Baevxau.upe(u; xoO öeiv(xou vouoö. Mehr bei Kuhn 2,
495 il. 4300.
12) Gromat. vet. p. 407 Lachni. : maiores itaque nostri orbem m pariihus,
partes in pravincii«, provincina in regionibua, regione» in locia , Inca in territoriia,
territoria in ayris^ ayron in centuriis — diviserunt. S. hierüber (lothofr. ad Cod.
Theod. 9, 40, 12.
13) T6ro; ist ein Stück Land, entweder bebautes (y^ otxo^(Jpo;) oder un-
bebautes ( 'i/iXiixoro;). Droyaen im Rhein. Museum 1832 S. 513; vgl. xeJiroc
19*
— 292 —
dass auch die Städte Aegyptens, da sie keine Communalverfassune;
haben, als xa)|xai verwaltet werden^). Sowohl die xu)|jLat als die
TOTToi haben ihre eigenen Beamten, die x(ü[AOYpa|x[xar£Tc und totto-
YpafxjjLaTsT?, welchen namentlich die Bewahrung der Vermessungs-
documente, nach denen die durch die Ueberschwemmung des
Nil fortwährend gestörten Begrenzungen der Besitzungen regulirt
wurden, oblag : ob die letzteren Schreiber des totto«; oder der
TOTzoL^yioi waren, und in welchem Verhältniss sie zu den xw^io-
YpttfifiaxEl? standen, ist unklar 2); beide waren indess früher dem
ßaoLXtxoc Ypa|x[xaT£U(;, welcher die Steuerkataster unter den Ptole-
mäern anfertigte, untergeordnet^). Ausserdem gab es in jedem
Nomos, vielleicht auch in jeder Toparchie "*) , einen aYopavofioc,
welcher die Marktpolizei hatte, und vor welchem Kaufcontracte
abgeschlossen wurden ^j, und in einzelnen Städten und Ortschaf-
<|>etX6;, ein Bauplatz, C. l.Gr. 3356. Erbat einen Namen, z.B. tÖttoc BtirjYyti;
lleTevccptuToo, Kuhn 2, 495 Anm. 4301. In dem totto; 'AoxXYjTtieio;, der in den
Papyren der Zois vorkommt, lag ein Garten von Q^/g d'poupai. Peyron in Memcrie
delV Accademia di Torino T. XXXIII p. 154. Später ist xor^oz allgemeine Be-
zeichnung einer Ortschaft, Kuhn 2, 496; vgl. loseph. Ant. 14, 13, 2: Ttp -/.ara
TOTCOV ap)(OVTt Trpocsxa^e.
1) Ad. Schmidt a. a. 0. S. 329. Rudorff im Rhein. Mus. a. a. 0. p. 77.
Franz p. 294.
2) Letronne Rec. II p. 469 u. ö. versteht unter dem T07roYpoifX|xaTe6(; den
Beamten der Toparchie und den Vorgesetzten des -/(o{jibYpot[Xji,at£6<;, und in den
Tnriner Papyren bei Peyron VIII lin. 51 heisst es : tottoyP- IIoew? -t xporrov
Ttvd [dTTiOTdJxou T dXXa t-^? riojetoi; 7.at twv dXXwv tüjv Ijaoi aTrooieaxaXfjLevwv
'/(ofxwv , so dass er Vorsteher mehrerer Komen zu sein scheint, und er steht
auch voran in der Inschr. C. 1. Gr. 4699 = Letronne Rec. n. DCCVII : eoo^s
xoi? dTTÖ.TCübfxrjs Bouaipeco? xoü ATfjxi[7roX£tJxo'j 7rapotv.oüai xai« uupaixiai '/.al xoi;
\h a]ux[iQ] xaxaY£tvo(JL£voii; xo7roYpa[jL[i.axeüot -/.ai x(o{j!,OYpot[i.(j.axeüct , di[Y]cpio]act}c(t
x[ai dvja^eivai ox'rjXTQv. Dagegen werden in dem Edict des Capito lin. 31 in
umgekehrter Ordnung aufgezählt [oi ßJaoiXtxol' yP^M-M-ocxeii; xal xu)(i.oYpafJt.[J.ax£i<;
7.ai xoTtOYpa[J!,[JLaxeT?, und aus dem Pap. Taur. I p, 4 lin. 5 — 7 geht hervor, dass
der xo7tOYpafX[xax£6? an den xo)jJiOYpa[j.[xax£6s berichtet. Mit Beziehung hierauf
hat man den ersteien für den Schreiber des xötio? , und für untergeordnet dem
'/üDp.0Ypa[X(j,ax£6? erklärt. S. Peyron Pap. Taur. I p. 111; II p. 54. Droysen Die
griech. Beischriften von fünf ägypt. Papyren zu Berlin , im Rhein. Mus. 1829
S. 515. Rudorff Ed. Capit. p. 14. Schinidt a. a. 0. p. 329 ff. Franz a. a. O.
p. 293k 319b.
3) Sein Amt heisst ßactXtv.-?] YP'^H'-H-'^t^st« i" dem Papyrus bei St. Martin
Journal des Savans 1822 Sept. p. 467. In dem leydener Papyrus bei Reuvens
III p. 38 heisst er 6 ^tti xiüv TypocoStuv y.at ßaciXixo; -^pa^^areü^, woraus man
sieht, dass er der Finanzbearate des Nomos ist. S. Letronne Rec. I p. 374. Kr
macht nämlich den Steuerkataster des Nomos, Franz p. 293. 294. Erwähnt 'wird
er C. i: Gr. 5074. 5085. 5090. Letr. Rec. II n. CCCL u. ö.
4) Leydener Papyrus Reuvens III, 1 p. 5 : rrpo? x"^ aYopavouta xöJv MetJ.vo-
vecuv xal i-qQ xdxoj xoTiapyia? xoü Ila^upixou.
5) Diese in den Papyren der ptolemäischen Zeit oft vorkommende Behörde
(s. Franz p. 294. Varges p. 41) findet sich noch in einem Papyrus des Jahres
154 n. Chr. bei St. Martin Journal des Savans 1822 p. 566.
— 293 —
len besondere Gouverneure, deren Functionen nicht weiter be-
kannt sindi).
Von der beschriebenen bureaucratischen Verwaltuna: des Lan- ^e^^l^V**
c btadte.
des waren einige völlig griechische Städte eximirt, welche nicht
unter den Beamten des Nomos standen, sondern eine griechische
Communalverfassung (auair^jia ttoXitixov ev t(J) 'EXXtjvixco TpoTro)) 2)
hatten, Hieher sind zu rechnen Ptolemais, gegründet von
Ptolemaeus Soter^), zur Römerzeit die grösste Stadt der Thebais
und nicht kleiner als Memphis, in welcher eine ßouXTJ^) und ein
ap/cüv '^) vorkommen ; A n t i n o e , von Hadrian angelegt ^) , in
welcher es eine auf der Phylenverfassung beruhende ßouXTj ') und
einen Prytanen ^) gab, und welche nicht dem Strategen des Nomos,
sondern nur dem Epistrategen der Heptanomis untergeben war^);
endlich Naukratis^^j^ eine,alte Colonie von Mileti^), die Vaterstadt
des Athenaeus, des lulius Pollux und mehrerer namhaften Sophi-
sten der Kaiserzeit^2) In derselben bevorzugten Lage scheint sich
anfangs die Hauptstadt Aegyptens, Alexandria, befunden zu haben.
Der Landkreis derselben bildet zwar einen Nomos ('A.X£$av8psa)v
1) So der 'Ep{Jtta$ xorcap^if]; 'ApiavoaiTto; , C. I. Gr. n. 4976 und die ^Ttt-
(jLeXTQxai n. 4684. 4684^. Hieher gehört ferner der öiQßap^ir];, den Letronne Rec.
I p. 337. 342; II p. 112, vgl. n. 73. 299, für den Commandanten der Stadt
Theben, Franz dagegen C. 1. Gr. n. 4822 für den princeps mayistratus urbis
Thebarum hält. Ich bin der ersteren Ansicht.
2} Strabo 17 p. 813: izena Uxokeiiai'Aq tioXk; , fxEYtOTiQ rtöv ev tt^ B-r]ßai6i
'Ard O'j/. cXarrcov MsjAcpew;, eyo'jaa v-cd a6arr][xa 7roXtTf/6v dv x(f>'EXXrjVtxip xportp.
3J C. 1. Gr. n. 4925.
4) Ein ßouXeuxT); C. 1. Gr. 4989. 4996. 5000. 5032.
5) C. I. Gr. '5000.
6) Pausan. 8, 9, 7. Steph. Byz. s. v. 'Avxtvoeta. Chron. Pasch. Vol. I
p. 475 Bonn.
7) C. I. Gr. 4679 : Y] ßouXt) V) 'Avxtvoeojv vsuiv 'EXX-rjvoav. Eine cpuXTj 'A&tj-
vai« C. I. Gr. 4705. Letronne Rech. p. 281 ff.
8) C. I. Gr. 4705.
9) Letronne Rech. p. 293.
10) I^etronne Rec. II, 50. 51. Kuhn 2, 505. Ob auch Hermupolii* magna und
Lycopolis für griechische Coinmunen zu halten sind, ist dagegen zweifelhaft.
Die erste Stadt wird in der Inschr. C. I. Gr. 4679 so angeführt: 'H TtöXt« xmv
AXe$avop£(uv vtcil 'Epixo'jTToXi; yj i).e^dl-f] v.ctl tj ßouXTj -i] 'Avxivodtov , .woraus man
wohl schliesscn darf, dass sie ebenso wenig wie Alexandria eine ßouX-/) hatte;
in der zweiten kommt zwar ein Y^IJ-'^ocotap/Y); und ein dYopav6|xo; vor , aber da
sie T^auptstadt des Lycopolitischcn Nomos ist und ein Agoranomos auch als ägyp-
tische Behörde vorkommt, so könnte man nur in dem Crymnasiarchcn ein An-
zeichen griechischer Communalverfassung vermuthen. Vgl. C\ /, Gr. 4707. Kuhn
2, 504.
11) Strabo 17 p. 801.
12) S. hierüber Kuhn 2, 505.
— 294 —
j^tüpa? vofAo;) mit einer eigenen Hauptstadt, ' EpfxouTroXt? fi-ixpa^),
die Stadt alx r wai- \on demselben eximirt^), eingethoilt in Phylcn
und Denien^^j, und ohne Zweifel im Besitz einer eigenen ßouXT].
Doch scheint diese schon unter den letzten Ptolemaecrn nicht
mehr hesliiiidcn zu haben ^) . Ausdrücklich berichtet wird, dass
Augustus wegen der ünzuverlässigkeit der Bevölkerung die Ver-
waltung der Stadt nicht einem selbstgewählten Rathe anver-
traute ^j, sondern durch ein Beamtenpersonal führeifi liess, das
er theils vorfand, theils selbst einsetzte. Die erste Stelle in dem-
inridicits seihen nahm der iuridicus Alexandriae ein'^), ein Procurator ') ,
den der Kaiser selbst, nicht der Präfect ernennt"^), und dessen
1) Plin. iV. R. 5 § 4^. Ptolem. 4, ö, 46. Kuhn 2, 4?6 ff.
2) lludorff im lihein. Mus. a. a. 0. S. 81. Die Stadt heisst 7:6X11; ini Ge-
gensatz zu dem Lande Aegypten (youpa). Ed. Ti. Alex. 1. 4 — 6. 33. 34.
3) Wir haben hierüber eine merkwürdige aber verwirrte Nachricht bei Theo-
philus ad Autolyc. 11 p. 94 in Müller Fragm. last. Gr. 111 p. 164: dXXa v.ai 1d-
Tupoc, taxopcüv Touc oTjij,ouc 'AXe^avopsoj^; , dp^dp-evo; dTto ^iXoTtdropo; toj -/.al
rixoXepLatou TrpoaaYopeuiysvTOi;, toutou [J.7jv6£t AtO'^uoov 6.[jyrc[i'ztp Y^T^^evai. (Folgt
der Stammbaum. ) "U&ev vcal £V t^ Aiovjoia cpuXiQ orj[j.ot eiaiv 7,oiTa7v£/(opiO(j.£voi.
Es folgen nun 9 Namen, alle auf U endend, welche, wie Meineke Anal. Alexan-
drina p. 347 richtig erkannte, Namen von Phylen, nicht von Demen sein müs-
sen , weshalb Meineke liest : oi}ev xai tac, 7Lpo;iov'j[j.ta(; eyouaiv oX 'x.a.x' auroui;
cpuXat, '4X1^^^'; — AYjtavetpl? — 'AptaovU — BectI; — öoavxU — Sracf-uXU —
E'jvei; — Mapojvi;. Es würden demnach seit Ptolemaeus Philopator 9 Phylen in
Alexandria gewesen sein: Dionysis, Althaeis, Deianiris, Thestis, Ariadnis, Thoan-
tis, Staphylis, Euneis, Maronis. Aus früherer Zeit kennen wir nur eine Phyle,
ritoXe(xai; , welcher Apollonius , der Dichter der Argonautica, angehörte {Vita
Apoll. Rhod.). Von den Demen in Alexandria ist ebenfalls nur einer, AtjTcosu;,
bekannt. Steph. Byz. s. v. ATfjTwsu;.
43 Spartian. Sept. Sever. 17: (^Alexandrini^ sine publica consilio ^ ita ut sab
reyibus, ante vivcbant. Kuhn 2, 479 nimmt auf Grund dieser Stelle an, dass die
letzten rtolemäcr den Kath abgeschafft, und die Regierung auf die weiter unten
zu erwähnenden vier Beamten, welche allerdings aus der Königszeit herrühren,
übertragen haben.
5) Dio Cass. 51, 17: toi<; 0' 'AXe^avopeüatv d'veu ßouXeuxöJv ToXiTsuear^at
ixdXeuasv • xoaautr^v ttou veuixspOTtoiiav auxöiv xaxsYVu).
6) Der Titel findet sich in drei Inschr. Henzen 6924 : Sex. Cornelio —
iJextro proc. Asiae, iuridico Alexandreae, proc. Neaspoleos et Mausolei. Ib. 6920 :
Sex. Cornelius — Dexter iuridicus Alexandreae. Henzen Niiove Memorie delV In-
stituto, Lips. 1865. 8 p. 286 : [Quint\ilio C. fil. [adlecto in amplissimum] ordinem
inter praetorios iudici[o , ab epistu\lis latinis, procuratori summarum ratio-
[num Äjsiae, iuridico Alexandreae, ab epistulis [proc] Macedoniae, ab com-
mentariis Gorneli Ee[p€ntini praef. pmef.]. Vgl. Digest. 1, 20, 2: iuridico, qui
Alexandriae agit, datio tutoris constitutione divi Marci concessa est. Cod. lust.
1, 57: iubemus apud Alexandrinae duntaxat clarissimae civitatis iuridicum licitum
et concessum esse , singulis quibuscunque volentibus donationis conscriptae solenniter
instrumenta reserare. Turiner Institutionenglosse in Savigny G. d. R. R. im M. II
p. 430 (2te Ausg.) : iuridicia apud Alexandriam certa dignitas est, qui etiam pri-
vilegiis utuntur.
7) Dies geht hervor aus den angeführten Inschriften.
8) Inschr. von Sestinum bei Bbrghesi Bull. 1856 p. 142 : L. Voluseno
— 295 —
vollständiger Titel vielleicht procurator Augusti ad ms dic&ndum
Alexandriae ist^). Dass derselbe einmal imidicus AegypÜ ge-
nannt wird 2), beweist noch nicht, wie man mehrfach angenom-
men hat 3), dass seine Gerichtsbarkeit sich über ganz Aegypten
erstreckt habe. Dies ist um so unwahrscheinlicher, als einerseits
die höchste Gerichtsbarkeit über das Land dem praefectus selbst
zustand (s. oben S. 286), andererseits die iuridici provinciarum^
über welche an einer andern Stelle die Rede sein wird, ein
weit späteres Institut sind, welches vor Hädrian sich nicht nach-
weisen lässt. Vielmehr hat der iuridicus seine Analogie in den
praefeclis iuri dicundo^ wie sie in alter Zeit theils in eroberten
italischen Städten vorkommen , deren Senat ebenfalls aufgelöst
wurde ^), theils in den italischen Colonien, in welchen ausser
CLementL Hie cum mitteretur a Ti. Caes[are] Aug[ust6] in Aegypt[um] ad iur[is]
dict[ionem], decessit provinc[ia] Aquitania.
1) In der Inschr. v. Ephesiis, Marini Arv. p. 766 = "Waddington n. 176
kommt vor ein proc(urator) [imp\eratoris Caesaris Tra[ia\ni Hadriani {Augusti) ad
dioecesin Alexandri[ae]. Kenier bei Waddington a. a. 0. nimmt mit vieler Wahr-
scheinlichkeit an, da»s dieser Titel wie die Titel procurator Alexandriae (C. /, L.
11 n. 4136 : proc. divi Tili Alexandriae) und iuridicus Alexandriae nur gleichbet-
deutende Abkürzungen des im Text angeführten vollständigen Titels sind.
2) Den lateinischen Titel finde ich nur einmal in einer Inschr. von Mes-
sana; Torremuzza c. 9, 5 = Grut. 373, 4. Ob in der Inschr, von Theben, C. /.
Gr. n, 4815 = Letronne Rec. II p. 273: STrouoaoi; naXaTivo; ulo? [Tpujcpwvo;
(Letronne liest 'laaovoc) [oiJ-aoXoyou Alfüizzo'j , i^£n.ad\i'tp , der übrigens durch
Ergänzung gewonnene hixo\6'(0^ den iuridicus bezeichnet, wie Letronne will,
ist keineswegs sicher. Denn or/toXoYo; ist nach gewöhnlichem Sprachgebrauch
ein Advocat (Plut. Luculi. 1; de fratemo amore 15 p. 589 Dübner; de tranq.
animi 13 p. 573; de Stoicorum repugn. 10 p. 1267), In diesem Sinne braucht
das Wort ngch Nilus ep. 1, 102, der um das Jahr 400 auf dem Sinai schrieb,
und in demselben steht es offenbar C. I. Or. 4808 = Letronne II p. 274 , wo
es heisst: n^XXdoto; otxoX^Yoc Tip(jLOT:oXeiT7)(; eiowv l^a6(jiaoa, während Strabo
17 p. 797 den iuridicus mit dem Titel otxaioSoTYj? bezeichnet, der auch für die
späteren iuridici provinciarum technisch ist. So kommt in Inschriften von Tlos
in Lycien vor: Domitius Apollinarius 6 otTtaiGOOTT]!; ( C /. Gr. 4236); lulius
Marinus 6 oixaioooxTji (ib. 4237), und^ein ungenannter, welcher der leg. Aug. pr.
pr. Lyciae et Pamphyliae selbst ist (ib. 4240) ; ferner in einer Inschr. von Sparta,
( . I. (tr. 1346 Aemilius luncus 6 5i-iCaio56Tr^;.
3) Keinesius Iruicr. 2 , 26 , in welcher Insohr. überhaupt kein iuridicus
Aeyypti vorkommt, somit rn /n lesen ist IVR. PER AEMiliam et LIGuriam
(Henzen Nuove Memorit / /;/ /. p. 292); Franz a. a. 0. p. 317*>, der den iuri-
dicus zu einem Legaten des praefectus macht. Winkler De iuridico Alexandriae,
Lips 1827, 8, welche Schrift voll von Irrthiimorn ist. Am besten handelt über
dies Amt Ritter in <ler Vorrede zum 5ten Theil seiner Ausgabe des Cod. Theo-
dosianus , der' sich indessen durch die erwähnte Inschr. des Keinesius hat täu-
schen lassen.
4^ 8. oben Seite 41, Von dem im J. 543 5=211 eroberten Capua sagt Liv,
26, Ib : ceterum hahitari tnntum, tanquam urbem Capuam freqttentarique placuit :
corpus nulUtm civitatis , nee setMtus nee plebis concilium nee magistratus esse.
Sine eonsilio pubtico , sine imperio multitudinem , nullius rei inter st sociam ad
— 296 —
der römischen Ansiedelung noch eine ursprüngliche Einwohner-
schaft fortbestand, die zur Gemeinde nicht mitgehörte i) . Die
Analogie mit dem ersteren Falle wird ausdrücklich bezeugt'^) und
durch den Umstand bestätigt, dass, als Septimius Severus den
Alexandrinern ihren Senat wiederherstellte'*), der iuridkus in
seinen Functionen wesentlich beschränkt und ausschliesslich auf
die freiwillige Gerichtsbarkeit angewiesen worden zu sein scheint ^) ;
die Analogie mit dem zweiten Falle ergiebt sich aus den Ver-
hältnissen der Bevölkerung Alexandrias. Diese Stadt, welche
unter Ptolemaeus Physcon sehr gelitten hatte ^), unter den Römern
aber die erste Handelsstadt der Welt wurde ^) und der Grösse
nach nur hinter Rom zurückstand ') , hatte ausser den zahlreichen
Römern, welche sich des Handels oder wissenschaftlicher Studien
wegen daselbst aufhielten und unzweifelhaft unter dem iuridicua
standen, eine doppelte Bevölkerung. Der eine Theil derselben
BevöHe- bestand aus Griechen und Aesvptern, welche sich zum Theil
rang von '-''' * '
Alexandria. durch Epigamic vermischt hatten, der andere aus Juden, welche,
"^mÄ." dßs Bürgerrechtes der Stadt ebenfalls theilhaftig ^) , von den fünf
Revieren der Stadt zwei bewohnten^). Beide wohnten getrennt
consensum inhabilem fore. Praefectum ad iura reddenda ab Roma quotannis mis-
suros. Dies war im Ganzen auch der Zustand Alexandrias. Dass der regierende
Beamte nicht praefectus iuri dicundo genannt wurde , hatte seinen Grund allein
^ darin, dass in Aegypten bereits ein Präfect höheren Ranges existirte; dass er
aber an der Spitze der ganzen städtischen Verwaltung stand , lehrt Capitolin.
M. Ant. ph. 25: Maecianum etiam, filium Cassii, cui Alexandria erat commissa,
exercitus occidit. Vulc. Gallic. Avid. Cass. 7 : Maecianum , cui erat commissa
Alexandria. Denn da im J. 175 n. Chr. , auf welches sich diese Stellen be-
ziehn, Flavius Calvisius Präfect von Aegypten war (Dio Cass. 71, 28), so kann
Maecianus diese Stelle nicht bekleidet haben , sondern wird mit Dirkseii Die
Script. Hist. Auy. p. HO und Kuhn 2, 475 für den iuridicus Alexandriae zu
halten sein.
1) S. Seite 36.
2) Spartian, Sept. Sever. 17: deinde Alexandrinis ius buleutarum dedit, qui
sine publica consilio ita ut sab regibus ante vivebant, uno iudice contenti , quem,
Caesar dedisset.
3) S. die vorherg. Anm. und Dio Cass. 51, 17. Seit dieser Zeit geschieht
der curia Alexandriae oft Erwähnung. S. die Stellen bei Gothofr. ad Cod. Theod.
12, 1, 192.
4) S. Ritter a. a. 0.
5) Strabo 17 p. 797. 798. lustin. 38, 8.
6) Strabo a. a. 0.: (xeYiCTov dfATTopelov ttj? oixoufjievTQi;.
7) Dio Chrys. or. XXXII ad Alexandrinos I p. 669 R. : -^ -^ap TioXtc Ufxöiv
Ttj) [Ae^^^et xai xij) t^tto) iiXeToTov ooov 'Siacp£pei vcal Treptcpavai^ dnoMhzvAXfxi
Seuxepa töjv Otcö tov 7]Xiov. Ammian. 22, 16, 7.
8) Es war ihnen von Caesar (loseph. Ant. 14, 10, 1. contra Apion. 2, 4)
und Augustus (loseph, Ant. 19, 5, 2) bestätigt.
9) Philo in Place. 8 p. 525 Mang.
— 297 —
und hatten noch in der Römerzeit ihre eigenen Behörden ; die
Griechen den klT^^(r^Tr^c, dem die eirijjiiXcLa täv r^ ttoXsi yprpi\i(iy^,
d. h. die cura annonae oblagt), den ap^^toixaaTr^c, ein in einer
Familie erbliches richterliches Amt für die Gemeinde 2), dem
e{>vap}(r^; der Juden entsprechend, ferner dessen Gehülfen und
Gerichtsschreiber, den o7ro[xvr^}iaTOYpacpo?^) und endlich den vuxts-
pivoc oTpatT^Yo? [praefectus vigüum), unter dem ein Corps von
vüXTocpuXaxec stand ^); die Juden dae;egen ihren Ethnarchen^) und
eine eigene Yspouaia^). Ausserdem hielten sich in Alexandria
Aegypter aus dem Binnenlande und Fremde als Metoeken auf),
wozu noch Sciaven kamen, so dass die 300,^000 Bürger der
Stadt ^) bei weitem nicht die ganze Einwohnerschaft ausmachten.
In Processen der Griechen, Juden, Fremden und Römer unter
einander wird nicht der Richter der Gemeinde, sondern der
iuridicus das Forum gewesen sein und es ist eine Bestätigung
dieser Ansicht , dass der einzige iuridicus ' (SixaioSotTjc) einer
Stadt, der in römischer Zeit vorkommt, sich in Palmyra findet,
dessen aus Arabern, Juden, Griechen und Römern gemischte
Bevölkerung der alexandrinischen im Wesentlichen ähnlich war ^j .
1) Strabo 17 p. 797: xwv o' EKtyajpiojv dpyovTojv xaxd roXiv |jl£v o xe
i^^^rfTf, doxt, TTopcpupav d(j.7re/6{jL£vo<; 7.al lyoov rraxpiou; xifj.as "/ai d-i(A£Xetav
xöJv x^ uoXei ypT]Ot(jL(öv, vtal 6 u7:ojxvrj[jLaxoYpdcpo; xal 6 apyior/tacxt]; , x^xotpxos
Vt 6 vuxxeptvö; oxpaxrjo;. C. /. Gr. n. 4688. Franz p. 291». 321^^.
2) Letronne Etc. II n. 352: Faio; 'Io'jXio; Aiovuoio; dpxiSf/.aox'fji; , Beouvo«
dpxiotxaoxoö 06; xat Ttax-np. Er kommt auch vor n. 386 {C. 1. Qr. n. 4734.
4755).
3) Ausführlich beschreibt sein Amt Lucian Pro mercede conductis 11. 12.
4) Strabo 1. 1. Philo m FLacc. 14 p. 534 Mang.
5) Strabo bei loseph. Ant. 14, 7, 2: xa^ioxaxai oe xai iövdipyTfj; auxoiv
('lo'joaiajv), 8; otoixet xe x6 sOvo; xat oiaixa xpioen; xal oufxßoXaioov ditifAeXeixai
y.ai 7rpo;xaYfJLdx(ov, (u; av zoXixeia; apytov a'JxoxeXoO?. Vgl. 19, 5, 2. Wesseling
/)c ludaeorum nrchontibus. Trai. 1738 c 3. Ethnarchen kommen auch sonst in
Aegyptcn vor (Strabo 17 p, 798) , obwohl ihr Begriff nicht feststeht. e'iKo; ist
auch cla/<8is, ordo, und man sagt e&no; lepsojv, or^(j.io'jpYtt)v u. s. w. S. i.etronnc
zur Inschr. von Rosette lin. 17. Rec. 1 p. 278. Den Ethnarchen der Juden mit
dem Alabarchen zu identiflciren , wie Valesius ad Euseb. H. E. 2,^ p. 24 und
nach ihm Kuhn 2, 506 thun, ist ungerechtfertigt.
6) Philo in Place. 10 p. 528 Mang.
7) Deshalb unterscheidet das Ed. Ti. Alex. lin. 33 xou; i'i^tszl(; 'AXe^av-
opcii xal ^v XTQ TiöXei 5td cpiXepiftav xaxotxoOvxa;.
8) Diodor. 17, 52.
9) Inschr. v. Palmyra aus d. J. 263 bei Waddington n. 2606'»: 'H ßoujX^
»al 6 ofjjfAo; ^eTTXifxfi'^v OOopciOTjv ) xov xpdxioxov dfTrlxpoTTovJ ^eßoioxoO oouxif]v[d-
piov , Ol jxeooiiTTjV T?^; p,T^xpoxoXu»ve(at. Waddington verwirft zwar diesen Ver-
gleich, weil er den iuridicu.n Alexandriae mit Franz für einen Legaten des Prä-
lecten hält, dass er aber dies nicht war, glaube ich oben gezeigt zu haben.
29S
Aeeypteii Unter Diocletian wurde Accvplen eine Diöcese des Orients
zur Diocese ^'' '
deBümmts und spätor eine selbständige Diöcese, A^YOTTTiaxi^ oioixrjoi; *) ,
deren Vorsteher, der praefectiis Aeyypti, den vicarii praefecti prae-
lorio gleichgestellt wurde 2). Diese Diöcese uinfasste unter Dio-
cletian 5 Provinzen, nilnilich i. Aefjyptus lovia, Unteraegypten
westlich vom Nil, 2. Aeyyptus Herculia, später Augustamnica oder
Augusta prima ^ 3. Thebais , 4. Libya inferior (Marmarion oder
Mareotis, zunächst westlich von Aegypten), 5. Libya superior
(Cyrenaica)'^). Dazu kam später 6. Arcadia, benannt von Arca-
dius, dem Sohne Theodosius I , welche Provinz von Aegyptus
Herculia abgetrennt wurde 4). Die Nomeneintheilung dauerte noch
bis in das siebente Jahrhundert n. Chr.'').
XIjI. Greta und Cyrenaica.
Frühere i)[e Nordküstc Africas zerfiel in der römischen Kaiserzeit in
Geschichte.
vier Provinzen, Cyrenaica, Africa, Numidia und Mauretania ß) .
Denn Aegypten wird von den älteren Geographen zu Asien ge-
lechnet, und obwohl Ptolemäus dies missbilligt und zuerst als
Grenze beider Erdtheile das rothc Meer und die Landenge von
Suez feststellt 7) , so gehört doch, wie wir gesehen haben, in der
Verwaltung auch noch nach Diocletian Aegypten zu den Provin-
zen des Orients. Westlich von Aegypten erhebt sich das Terrain
in grossen Terrassen, dem Catabathmics parvus und dem Catabathmus
1) C, I. Gr. 4639.
2) S, hierüber Mommseu Abb. d. Berl. Acad. 1862 S. 494 ff.
3) Yeronesisches Verzeicbniss bei Mommsen a. a. 0. S. 499. 500.
4) Eusthathius ad Dionys. Periey. \. 251 : oaooi ^' STiTaTroXtv fxoaaxyjv
'^Tietpov e/ouotv : ort t) v.ax At^UTCTOv 'EiixaTtoXts xal 'Apxaota, luc diio toO
ßaaiAeoj? 'Äpv.aoiou ucxepov £xA'/]^in , Tipo 0£ toutou y.al 'E7rTavo[j,o; ri 'EuTavo-
[xta (uvo(j.aGi)yj. Kai xoüxo u-ev dxaXelxo ötd x6 iTixd eyei^ vofxou?.
5) Franz a. a. 0. p. 322.
6) Für alle diese Provinzen sind benutzt: Carte de VAfrique sous la domi-
nation des Bomains, dressee au dcpot de la guerre d'apres les travaux de Mr. Fr.
Lacroix par le capitain Nau de Champlouis (Paris) 1864 und 1865. 2 Blätter
nebst einer Notice sur la carte etc. , in welcher sich ein Verzeicbniss der römi-
schen Ortschaften mit Bestimmung ihrer Lage und Angabe der Quellen befindet ;
ferner ein Band des L' Univers, enthaltend : Afrique, esquisse generale de l'Afrique
et Afrique ancienne par M. D'Avezac; Carthage par Dureau de la Malle et
J. Yanoski, Numidie et Mauritanie par L. Lacroix, L'Afrique chretienne par
J. Yanoski, Paris 1844. 8. L. Müller Numismatique de l'ancienne Afrique. Vol. L
Les monnaies de la Cyrena'ique, Copenhague 1860. 4. Vol. II. Les mannaies de
la Syrtique, de la Byzacene et de la Zeugitßne, 1861. Vol. III. Les monnaies de
la Numidie et de la Mauritanie, 1862.
7) Ptolem. 2, 1, 6; 4, 5, 1 ff.
— 29U —
7tiagnus, welcher letztere die Grenze zwischen Aegypten und
Cyrene bildet^), das, eine fruchtbare Hochebene einnehmend, im
Westen bis zu den Altaren der Philaeni, der Grenze der Provinz
Africa^), reicht. Der Staat Gyrene^), eine dorische Colonie, bil-
dete zuerst ein Königreich unter der Herrschaft der ßattiaden
(c. 640 — 450), dann einen freien Staat (c. 450 — 322), der
trotz fortwährender bürgerlicher Unruhen zu hohem Wohl-
stände gelangte, bis er 322 v. Chr. von dem ersten Ptole-
maeer erobert wurde. Erst nach dem Tode des Ptolemaeus
Physcon oder Euergetes H im J. H7 wu^-de er wieder definitiv
von Aegypten getrennt und dem Ptolemaeus Apion übergeben,
welcher, als er 658 = 96 kinderlos starb, das Land in seinem Cyre'ie
' ' kommt an
Testamente den Römern vermachte^). Damals lagen in dem- die Römer.
selben ausser Cyrene vier grössere Städte nebst vielen kleineren
Ortschaften, welche alle von Cyrene aus gegründet worden waren PentapoUs.
und zwar geographisch als Pentapolis bezeichnet werden 5), poli-
tisch aber vollkommene Selbständigkeit besassen und erst nach
Beseitigung der Königsherrschaft in einem Bundesveihältniss ge-
standen zu haben scheinen. Denn seit dieser Zeit führten sie
mehrmals gemeinsam Krieg und schlugen gemeinsame Münzen,
welche unter den Ptolemäern die Aufschrift xoivov tragen 6).
Diese fünf Städte waren') i. Cyrene, 2. Barce, gegründet von
1) Sallust lug. 19. Polyb. 31, 26. Strabo 17 p. 798.
2) Sallust a. a. 0. und c. 79. Strabo 17 p. 836.
3) Ueber die Topographie Cyrenes s. I. It. Pacho Relation dun voyaye dans
La Marmarique , la Cyrendique et les Oasis d'Äudjelah et de Maradeh , Paris
1827. 4, nebst Atlas in fol. H. Barth Wanderungen durch die Küstenländer des
Mittelmeeres, Berlin 1849. 8. S. 418 ff. Kieperts Karte der Cyrcnaica mit
G. Kohlt's Routen in Zeitschr. der (tesellsch. für Erdkunde zu Berlin 1870 Tat". 5;
über die neuesten Ausgrabungen : History of the recent discoverieti at Cyrene
mtide duriny an expedition to the Cyrennica m 1860 — 61 by R. Murdoch Smith
and E. A. Porcher, London 1864 lol. ; über die (ieschichto desselben Thtige Res
Cyrenennimn, Halniae 1828. 8. Goltsthick Gesch. der Gründung und Blüthe des
hellen. Staates in Kyrenaika, Leipzig 1858. 8. B. Kolbe Der Bischof Synesius
vor» Cyrene oder Forschungen auf dem Gebiete der Erdkunde und (ieschichte
der libyschen Pentapplis, Berlin 1850. 8. L. Müller a. a. 0. 1, 1 ff. Pauly Keal-
Kncycl. 1, 1081 ff. 2, 825 ff. D'Avezac a. a. 0. p. 74—158.
4) Appian. B. C. 1, 111 setzt* diese Begebenheit irrig in das Jahr 74 , Li-
vius epit. 70 zwischen 97 und 92. Das Jahr 96 geben richtig an lulius Obse-
quens de prod. 49. Euseb. Chron. Van. p. 133 Schoeno. Cassiodori (ftron. ad
a. 658. S. das Nähere bei Thrige p. 258. Clinton Fasti Hell. III p. 389.
5) Plinius N. H. 5 |ij 31. Ptolem. 4, 4, 4. Sex. Kufus hr. 13, Synesius ep.
14. 47. 58. 59. 67 u. ö. Thrige p. 15.
6) L. Müller a. a. O. p. 30. 37.
1) Strabo 17 p. 837. Plin. N. //. 5 % 31. Mela 1, 8 p. 13 Parihey. Die
bedeutendsten von diesen waron*Cyroue, Baree, Eucspcridos, von welchen zahl-
— 300 —
den Battiaden um 550, später Ptolomais genannt i), 3. Euespe-
rides oder Hesperis, eine Colonie Arcesilas IV, später Berenice '^) ,
4. ApoUonia oder Sozusa ^*) , 5. Teuchira oder Arsinoe"*). Die
römische Regierung nahm zwar diese Erbschaft an, trug indessen
Bedenken, aus dem sehr entlegenen, verhältnissmässig kloinen
und eines fortwährenden Schutzes bedürftigen District sofort eine
Provinz zu machen und begnügte sich, die königlichen Domainen
der Ptolemäer in Besitz zu nehmen s), dem Lande eine Steuer
von dessen Hauptproduct, dem süphium^), aufzulegen^) und im
Uebrigen den fünf Städten ihre eigne Freiheit und die Verwal-
tung ihrer Gebiete zu gestatten^). Allein die Stadtgemeinden
waren bereits unfähig geworden, sich selbst zu regieren; in
Cyrene kam es mehrmals zu einer grausamen Tyrannenherr-
schaft ^), und als im J. 668 = 86 LucuUus zufällig in Cyrene
erschien, um Schifte für Sulla zu requiriren, nahm man dessen
Hülfe zu einer neuen Constitution der Verfassung in Anspruch i^j ,
In Folge dessen wurde einige Zeit darauf, nämlich im J. 680 =
reiche Münzen vorhanden sind. Statt Apollonia nennt Ammian. 22, 16, 4 Darnis,
welche Stadt mit Balagiae zusammen nur eine Münze geprägt hat (L. Müller
1, 96).
1) Thrige p. 132 ff.
2) Thrige p. 180 f.
3) Thrige p. 101.
4) Thrige p. 114.
5) Cic. ])e lege agr. 2, 19, 51 : adscribit eidem auctioni Corinthios ayros,
— — et Cyrenenses, qui Apionis fuerunt: llygin. in Gromat. vet. I p. 122 L.:
in provincia Cyrenensium agri sunt regit , id est Uli, quos Ptolemaeus rex
populo Romano reliquit. Tac. Ann. 14, 18: idem Cyrenenses reum agebant Aci-
Uum Strabonem, praetoria potestate usum et missum disceptatorem a Claudio
ayrorum, quos regi Apioni quondam habitos et populo Romano cum regno relictos
proximus quisque possessor invaserant, diutinuque licentia et iniuria quasi iure et
aequo nitebantur. Igitur abiudicaiis agris orta adversus iudicem invidia.
6) Ueber das Silphium , das als Medicament verwendet wurde und hoch im
Preise stand, giebt es eine grosse Literatur. Am besten handelt darüber L. Mül-
ler a. a. 0. S, 13 — 16. 31. 104 — 109, wo weitere Nachweisungen gegeben sind.
Es gab modisches und cyrenäisches Silphium ; das letztere war schon unter Nero
sehr selten geworden und ist gegenwärtig nicht mehr vorhanden. Das erstere
hat neuerdings der englische Botaniker Falkoner im nördlichen Kaschmir wieder-
gefunden , und es entspricht genau dem auf cyrenäischen Münzen abgebildeten.
5. J. Friedländer in Hubers Numismatischer -Zeitschrift 1872 p. 430 f.
7) Plin. N. H. 19 § 40 : quo minus omittendum videtur C. Valerio M. Ue-
rennio coss. (661=93) Cyrenis advecta Romam publice laserpici pondo XXX, Cae-
sarem vero dictatorem initio belli civilis inter aurum argentumque protulisse ex
aerario laserpici pondo MD.
8) Livius ep. 70.
9) Thrige p. 270 ff. und besonders Plutarch. De mulierum virt. 19 p. 315
Dübner.
10) Plutarch. Luculi. 2. loseph. Ant. lud. .14, 7, 2.
— 301 —
74 die Cvrenaica zur Provinz eemachlM und zunächst einem wird
^ J ' Provinz.
quaestor pro praetore untergeben 2) .
Im Jahre 686 = 68 führte der Proconsul Q. Caecilius Metel- .
lus den Krieg gegen Greta '^), dessen Resultat war, dass im
folgenden Jahre 687 = 67 auch Greta Provinz wurde ^) und in
demselben Jahre scheint auch in Gyrene eine nochmalige Orga-
nisation der Provinz stattgefunden zu haben ^), und zw ar ' in
Folge des Krieges mit den Piraten, welche in Gyrenaica recht
wohl Verbindungen gehabt haben können ^j . Ob aber bereits
damals die combinirte Provinz Greta-Gyrene eingerichtet ist, wie
1) Dies Jahr giebt bestimmt an Appiaii. B. C. 1, 111. Wenn Zurapt Stud.
Rom. p. 48 und Mommsen R. G. 3, 51 das Jahr 679 = 75 annehmen, so hat
das seinen Grund darin , dass sie auch Bithynien , dessen Provincialeinrichtung
nach Appian gleichzeitig war, 75 Provinz werden lassen. Allein auch Bithy-
nien ist, wie wir oben nachgewiesen haben, nicht 75, sondern 74 eingerichtet.
2) Dies besagt das von Heine entdeckte, zuerst von Pertz herausgegebene
Fragment des Sallust Hist. 2, 39 Dietsch (47 Kritz) : P[uhlius ?]q[ue] Lentulus
Marcel[linus] eodem a[u]ctore quaest[or] in novam provinci[arn] Curenas missus
est [quod] ea mortui regia Apio[nis] testamento nohis d[ata\ prudentiore quam
[iUan] per gentis et minus g\lo^ria€ avidi imperio co[nti\nendu fuit. Ueber dies
Fr. s. Pertz üeber ein Bruchstück des 98 Buchs des Livius , Berlin 1848. 4.
Kreyssig Comm. de T. Livii historiarum reliquiis ex palimpsesto Toletano erutis,
Misenae 1849. 4. Mommsen in Berichten d. sächs. Gesellsch. der Wiss. Ph,
Hist. Cl. 1850 S. 190, wo ein Brief Borghesi's mitgetheilt ist, in welchem er
die in dem Aufsatze SuW eta, in cui la Cirenaica divenne provincia Bomana
(^Oeuvres 2, 395 ff.) ausgeführte Ansicht zurücknimmt. Huschke Zeitschr. f.
gesch. Rechtswiss. XV, 3 S. 273. Bergk Zeitschr. f. Alterthumswiss. X S. 880,
Heerwagen in Kreyssig Epiat. ad Fr. Kritzium, Misenae 1852. K. L. Roth im
Rhein. Mus. VHI (1853) S. 436. Auch später kommen mehrmals als Statthalter
der Provinz Quaestoren vor, so A. Pupius Rufus xafxta; (ivTiOTpaT7]Yo; auf Mün-
zen von ("yrene, deren Zeit nicht genau zu bestimmen ist (L. Müller 1, 161),
P. Septimius Geta Tajj.ia; v.ai dvTiaTp.dTfj-j'o; KpTjrrjc -/.al Kuprivr];, C. I. Gr. 2591.
3) Dio Cass. fr. 178, 1 p. 102 Bekk. Drumann 2, 52 ff.
4) Die Einrichtung der Provinz dauerte bis 688 = 66. Vell. 2, 34: per id
tempus a Q. MetelLn Creta insula in populi liomani potestatem redacta est , quae
— per triennium Romanos exercitus fatignverat. Eutrop. 6, 11. l'ebrigens s.
Dio Cass. 36, 2 (p. 103 Bekk.). lustin. 39, 5: Creta CiLiciaque piratico hello per-
domitae in formam provinciat rediguntur. Liv. ep. 100: Q. Melellus perdomitis
('retensibxi.i liberae in id tempus insulne leges dedit. Cir. pr. Mar. 35, 74: (^Cretes^
nostri imperii praesidin disriplinam suarn legesque ronservant. Cic. pr. Flacco
13, 30.
5) In dem \ . i/.ii tmiss der Siege des Pompeins Fr. Vat. Diodori 40, 19
Vol. III p. 141 Dind. lieisst es: uTTOToi^ac — xat tajv xard KtXixtav Supiav,
'lou?^oitav, 'Apot^tiiav , KupTj^^aiV/jV. Darauf scheint auch zu gehii Kutrop. 6, 11:
quo tempore (im .1. 67) JAbya quoque Romano imperio per testamentum Apionis,
qui rex eins f'uerat, accessit. Dieselben Worte witiderliolt die llist. Miscella 6, 10.
Vgl. HieronymuH Euseb. ('hron. (\in. p. 135 Schoene, der zu Ol. 1(8, 4 = 65
v. Chr. die Notiz hat: Lihya per trstainenturn Apiimis reyis Romanis rclirta. End-
lich hat die Stadt Herenice eine Aera, die wahrscheinlich 67 zu setzen ist S die
UnterHuchiing von Gibert und (loepel bei Fraiiz C. I. Ur. 5361.
6j Borghesi Oeuvres 2, 398,
— 302 —
man gewöhnlich annimmt^), rauss in Ermangelung jeder Nach-
richt bezweifelt werden'^), zumal da nach Cäsars Tode im .1. 44
. der Senat die Provinzen einzeln an Brutus und Cassius vergab =^),
und zwar Creta an Brutus, Cyrene an Cassius'*), im J. 718 =
36 aber die Provinz Cyrene Von Antonius wieder zum Köniü;-
reich gemacht und nebst einem Theile von Greta seiner Tochter
Cleopatra verliehen wurde •'^). Erst nach dem Tode des Antonius
stellte Octavian die Provinz her*») und bei der Theilung der Pro-
oretaund viuzcu 727 = 27 wurdc Cyrenaica und Creta definitiv zusammen-
Cyrene com -
binirt. gelegt und seitdem unter dem Namen Creta Cyrenae, Creta et
Cyrenae, auch wohl Creta oder Cyrenae allein') als Senatspro-
vinz 8) von einem Proprätor *^) mit dem Tipel proconsul ^^) admini-
1) Boeckh C. I. Gr. 2588 nach Pighius, welcher die vereinigte Provinz
durch einen Prätor und zwei Quästoren verwalten lässt , ohne einen Beweis bei-
zubringen.
2) Der Quästor M. luventius Lateranensis (691=63), von dem Cicero pro
Plane. 26, 63 sagt: Cyrenis liberalem in publicanos, iustum in socios fuisse be-
weist nur, dass Cyrene damals Provinz war; ob es mit Creta vereinigt, und
unter welchem Statthalter, lehrt die Stelle nicht, lieber die ganze Frage handelt
Zumpt Comm. ep. II, 241 ff.
3) Appian. B. C. 3, 12. 16. 36. Unklarer 3, 8; 4, 57. Dio 47, 21.
4} Cic. Phil. 2, 38, 97: nuper fixa tabula est, qua civitates locupletissimae
Cretensium vectigalibus liberantur statuiturque ne post M. Brutum proconsulem sit
Creta provincia. Phil. 11, 12, 27: num igitur Brutus exspectavit deereta nosira,
cum studia nosset? Neque enim est in provinciam suam Cretam profecturus. Dio
Cass. 45, 32; 46, 23. Appian. B. C. 5, 2. Nach Plutarch. Brut. 19 erhielt Brutus
Creta, Cassius Atß6-r]V. Dies ist die pentapolis Libyae (Sex. Ruf. br. 13, -q AtßuY]
il TrepV KupY]VY]V Dio Cass. 49 , 41 , in welchem Sinne Plutarch Aiß'JT] auch
V. Anton. 54 braucht), nichi die Provinz Africa; denn diese verwaltete im J. 44
Corniflcius (Drumann 2, 619). Uebrigens vgl. Drumann 1, 139. Borghesi
Oeuvres 2, 400.
5) Dio Cass. 49, 32. 41. Plut. Anton. 54.
6) Monum. Ancyr. 5, 31 p. 81 Mommsen: provincias omnis, quae Irans Ha-
drianum mare vergunlt a]d orien[teyn, Cyrenasque , iam ex parte magna regibus
eas possidentibus — — reciperavi.
7) Caesius Cordus pro consule Cretae, Tac. Ann. 3, 38. Derselbe wird ange-
klagt von den Cyrenenses ib. 70 : M. Aurelius — Seranus — q(uaestor') provin-
ciae Cretae. Guerin Voy. arch. dans la reg. de Tunis 11 p. 253 n. 461. Andere
Beispiele s. in den folgenden Anm.
8) Dio Cass. 53, 12. 14.
9) Strabo 17 p. 840. Auf den Münzen von Cyrene kommt ein L. LoUius
vor, den Borghesi Oeuvres 2, 400 und L. Müller 1, 158 für den ersten Proprä-
tor von Cyrene halten, der dies Amt 67 — 66 v. Chr. bekleidet habe.
10) Bekannt sind Scato procos. auf Münzen von Cyrene, unter Augustus und
zwar nach 23 v. Chr., L. Müller 1, 166; . [M. Lollius] Palik(anus) pr(oconsul') aus
derselben Zeit, L. Müller 1, 167; Occius Flamma (Seneca conir. 9 p. 273 Burs. :
secutus erat in provinciam Cretam Occium Flammam proconsulem, cf. p. 439) ;
Caesius Cordus, proconsule Cretae unter Tib'erius , Tac. Ann. 3, 38; Cornelius
Lupus Cos. 795 = 42, vorher dvi^Ttaxoc, auf Münzen von Creta, Borghesi
Oeuvres 1, 437; Cn. Petronius Probatns — ■ procons. provinc. Cretae (nach
— 303 —
strirt, unter dem ein legatus^) und ein quaestor fungirte^). Die
Landschaft Marmarica, welche zwischen der Pentapolis und
Aegypten liegt und, wie noch jetzt, von Noniadenstämmen be-
wohnt wurde, musste erst erobert werden, und wird diese Er-
oberung dem P. Sulpicius Quirinius zugeschrieben 3) ^ dessen Pro-,
consulat vermuthungsweise in das Jahr 734=210 gesetzt wird'*).
Erst unter Diocletian wurde die Combination der Provinzen Greta
und Cyrene wieder aufgelöst und das wüste Libyen unter dem
Namen Libya inferior mit der Hst. Paraetonium, die Pentapolis
unter dem Namen Lihya superior mit der Hst. Sozusa zur dioe-
cesis Orientis, später zur dioecesis Aegypti, Greta aber mit der
Hst. Gortyne zur dioecesis Moesiae gezogen^).
Claudius), Henzen n. 6451 ; A. lulius Quadratus [dv&UTiaTO?] Kp-^inr]; KupTjVT]?,
Waddington 1722»; C. I. Gr. 3532, und so ist auch zu lesen in der auf den-
selben Quadratus bezüglichen Inschr. C. 1. Gr. 3548, wo jetzt KprjTT]? KuTrpou
steht (aus Domitians Zeit): Q. Gargilius Macer trib. pleb. praet(or),
proco3. prov. Cretae Cyr(enarurn), Grut, 415, 5 = C. 1. L. II n. 4120? Sex. Ta-
dius — Paulinus pro cos. sortitus prov. Cret. Cyr., Orelli 3658; M. Nonius Bai-
bus procos. Henzen 5296 ; Q. Caecilius Ruflnus — dvt^UTraxo? KprjTY]; -ical Ku-
p-/)vif];, C. I. Gr. 2588. Die Inschr. Grut. 476, 5 gehört nicht hieher. S. Borghesi
Oeuvr. 3, 186.
1) Orelli 3659 = Hermes 3, 114: C. lulio — Cornuto Tertullo — — legato
pro praetore provinc. Cretae et Cyrenarum; Maffei Mus. Ver. p. 416 == Boissieu
Insnr. ant. de Lyon p.- 82 : C. Alfidio Gallo leg. pr. pr. provinciae Cretae
et Cyrenarum.
2) Suet. Vesp. 2 : quaestor Cretam et Cyrenas provinciam sorte cepit. Dio
Cass. 57, 14: xoxe or\ -/j Kpr^xr^, xoü apyovxoc aux*?]; dnoOavovxo? xü) x£ xafxia
'*.nX x^ rotp^opq) auxoü xöv Xotrov ypovov rposexa/ftv]. Auf Münzen von Cyrene
linden sich A. Pupius Rufus xaiJiia? dvxiaxpd(x7jYÖ;) , L. Müller 1, 161; Capito
Q(uaestor), L. Müller 1, 168; in Inschriften: L. Fabius Cilo quaest. prov.
Cret. Cyr., Marini Jscr. Alb. p. 50; derselbe mit dem Titel Q. pr&v. Cretae
ib. p. 51; ein namenloser Quaes[to\r provinciae [C]retae et Cyrenar(uni) ib. p. 53;
Bellicius Sollers, Q. Cret. et C[yr.\, Henzen 6912; C. Luxilius — Sabinus — ,
quaest. pr(o) pr{aetore) prov. Cretae Cyr., Grut. 433, 1 = Orelli 3143; Marcelli-
nijs xapLta;, C. 1. Gr. 2589; P. Septimius Geta xafxia; xal dvxioxpdxtjYO^ KpTjTrji;
vcott K'jpTjVTj;, C. I. Gr. 2591; quaest. pro [pr. pr\ovinciae Cretae et Cyren(arum),
\Utu7Aiii 6766; ein pro q. provinc. Cretae et Cyrenarum, Borghesi Oeuvres 3, 186.
3j Florus 2, 31 : Musulamos atque Gaetulos accolas Syrtium (Augustus) Cosso
luce compescuit, unde Uli Gaetulici nomen latius quam ipsa victoria. (Dies ge-
schah 6 n. Chr., Dio Cass. 55, 28.) Pariter Marmaridas atque Garamantas Qui-
rinio subiyendos dedit; potuit et ille redire Marmaricus , sed modestior in aesti-
manda victoria fuit.
4) .Mommson li. y. 1). A. p. 120. Ks würde dabei anzunehmen sein, dass
damals der Proconsul von Cyrene noch ein Heer hatte , wie der Proconsnl von
Africa, wofür der Name der leyio III Cyrenaica, welche doch ihren Namen von
< yiene hat, sprechen würde. Die Bestlmmting des Jahres ist aber sehr unsicher.
\i:,\. Zunipt Comm. ep. II. 91 f. Henzen Inscr. p. 496.
5) Veronesisches Verz. Abh. d. Bari. Arad. 1862 S. 499. 508. Zoslmus 2,
33. Boecking iV. i>. 1, 135. 137. lilerocles p. 649. 732. 733.
— 304 —
Die stadtge- In der Einwohnerschaft der Stadt Cyrene werden vier Classen
meinde von "'
Cyrene. unterschieden'), TtoXTxai, d. h, Griechen, welche indess wie die
alexandrinischen durch Epigamie mit den Einc;eborenen vermischt
waren 2), Ystüp^o^, d. h. Libyer, {xstotxoi und 'louSotot^ welche
letzteren seit den Ptolemäern einen grossen Theil der Bevölkerung
ausmachten'*) und das Bürgerrecht genossen "*), aber sowohl hier
als in Berenike eine eigene Gemeinde (iroXiTsojxa) unter neun
Archonten bildeten^). Der in alter Zeit blühende Handel der
^*o!*yx^®'' Stadt verlor seit der Anläse Alexandrias und sank in dem Grade,
Stadt. ^ *=• ,
als das letztere sich erhob ^'); und die römische Regierung scheint
wenig gethan zu haben ^) , um den Verfall der Stadt aufzuhalten,
welcher zu Synesius Zeit seinen höchsten Grad erreicht hatte ^j.
Greta, einstmals wegen seiner hundert Städte gepriesen, hatte zwar
noch unter den Römern seine alte Städtegemeinschaft, das xotvov ^)
unter dem Kpr^tap^^Yj? ^^j, aber es erholte sich ebenfalls nie mehr
von der Zerstörung, die mit der lömischen Eroberung verbunden
gewesen war^^). Einen grossen Landbesitz bei Gnosus hatten
darin die Einwohner der von Caesar gegründeten Colonie^^) Capua,
welche Augustus damit entschädigt hatte, als er seine Colonie
in Capua anlegte; derselbe gewährte einen Ertrag von 1,200,000
Sesterzen ^'^) und war noch am Ende des vierten Jahrhunderts im
Besitze der Campaner i'*).
1) Strabo bei loseph. Ant. 14, 7, 2.
2) Thrige p. 122. 3) Thrige p. 219.
4) loseph, Ant. 16, 6, 1: xtuv (X£v Ttpoxepwv ßaoiXfwv ioovofxiav auroTc
7rapeayr]|xeva)V (in Cyrene).
5) Sie kommen vor in einer Insohr. von Berenike. C. I. Gr. 5361.
6) Thrige p. 336.
7) Eckhel 4, 127 schliesst aus einer Münze mit der Aufschrift (PAAYta
KYPHNH , dass Vespasian sich um die Stadt besonders verdient gemacht habe,
allein Müller (p. 173) hat diese Münze nicht auflinden können. Ebenso unsicher
ist es mit dem ius coloniae , das den vStädten Cyreiie und Tauchira (Arsinoe) in
der Tabula Peutingeriana zugeschrieben wird.
8) Synesius, Bischof von Ptolemais, sagt in seiner im J. 399 n. Chr. gehal-
tenen Orat. de regno p. 2 von Cyrene : TtoXi? 'EXX-rjvic, TiaXcxtöv ovofxa %ai dv tpÖTJ
fjLupia Tcüv TcdXat cocpöJv, ^Ov Tie^Yji; -/.at %ar/jcp'?j; vcal [xi'^a ipe'nz'^w^ xai ßoLOiXlw?
8£6{xevov, et [j.cXXei xi Tzpa^en xfj? Tcepi aux'?jv dp'/aioXoYiai; iizd^ios. Aehnliche
Klagen findet man bei ihm an vielen, von Thrige p. 21 angeführten Stellen.
9) Eckhel 2, 300.
10) C. 1. Gr. 2744. Hoeck Greta tl S. 6. 290.
11) Servius ad Verg. Aen. 3, 106: et primo quidem centum hahuit civitates
(^Creta), unde et Hecatompolis dicta esf, post viginti et quattuor, inde duas, Gnoson
et Hierapydnam, quamvis Livius plures a Metello expugnatas dicat.
12) Suet. Caes. 20.
13) Velleius 2, 81. Dio Cass. 49, 14.
14) C. /. Gr. 2597 und das. Boeckh.
305 —
XLII. XLni. Africa und Numidia '}.
Die Besitzungen der Carthaeer zur Zeit des dritten punischen Entstehung
'-' ^ der Provinz.
Krieges waren nur ein kleiner Rest des grossen Gebietes, weiches
ihnen ehedem unterthänig gewesen war, und die ganze Nordküste
Africas von der Cyrenaischen Grenze bis zur Strasse von Gibral-
tar umfasst hatte 2). Unter dem Schutze der Römer hatte Masi-
nissa, der König des benachbarten Numidiens, während durch
die arghstige Politik der Römer in Folge des zweiten Friedens-
schlusses (201 V. Chr.) die Garthager wehrlos gemacht waren,
nicht nur den westlichen, sondern auch den südlichen und öst-
lichen Theil der punischen Länder an sich gerissen. Was im J.
446 V. Chr. noch übrig war, nämlich das Land von dem Flusse
Tusca^), jetzt Oued Zain oder Oued Berber, vor dessen Mün-
dung die Insel Tabraca mit der Stadt gleichen Namens liegt, bis
südlich herunter nach Thena ^) am Meerbusen von Gabes, wurde
nach der grausamen Verwüstung der Stadt Carthago^) und der
Niedermetzelung ihrer früher auf 700,000 Ew. geschätzten Be-
völkerung durch Scipio mit Hülfe von zehn Legaten zur Provinz
gemacht 6); das von Masinissa occupirte Gebiet dagegen nach dessen
1) Ausser den S. 298 A. 6 angeführten, auf alle africanischen Provinzen be-
züglichen Werken sind für Africa, Numidia und Mauretania von älteren Quellen
zu erwähnen : die africanischen Inschriften in 0. Falconerii Inscriptiones athlt-
ticae, Romae 1668. 4 p. 157—164. Maffei Mus. Veron. p. 427 ff. Th. Shaw Tra-
vels or observations relating to several parts of Barbary and the Levant, London
1738. 4. Janssen Musei Lugduni-Batavi inscriptiones Graecae et Latinae, Lugd.
Bat. 1842. 4. Hefner in Abh. d. bayer. Acad. Phil. Cl. V, 2 (1849). Eine
genauere Kenntniss namentlich von Numidia und Mauretania Caesariensis ver-
danken wir erst den französischen Forschungen. Hieher gehören : Exploration
scientifique de l'Algerie pendant les annees 1840 — 44. Archeoloyie pur de la Mare,
Paris 18o0. 3 Voll. 4. Beaux arts, architecture et sculpture pur A. Ravoisie, Pa-
ris 1846. 2 Voll. fol. Renier Inscriptions Komaines de VAUjerie. Vol. I. Paris
1860. fol., das Hauptwerk, dessen zweiter Theil noch nicht erschienen ist; An-
nuaire de la societe archeologique de la province de Constantine , Constantine 8.
1853 bis 1862, von da ab unter dem Titel Recueil des Notices et Memoires de la
Sociale arch. de la prov. de Const. 1863 bis 1870. Ou^rin Voyage arcMologique
dann la rigence de Tunis, Paris 1862. 2 Voll. 8. Der folgenden Darstellung
liegen namentlich zu (Irunde die Abhandlungen von Mommsen in Herichten der
Hächs. (Jesellsch. d. Wiss. ph. h. Cl. 1852 8. 213—230 und Henzen in Annali
deW Inst. 1860 p. 23—99.
2J Kuhn 2, 431 ff.
3} Plin. N. H.b % 22. 23. Ptolem. 5, 3, 21. 28.
4) Plin. ;V. //. 5 J 25.
5) Appian. Pun. 129. 130. Liv. ep. 51. Oros. 5, 22.
6) Appian. Pun. 135. Cic. de l. agr. 2, 19, 41. Da.ss die Provinz nur die
letzten Besitzungen der Carthager umfaßte, sagt Sali. R. lug. 19: igitur bello
Rom. Alterth. IV. 20
— 306 —
im J. 606 = 148 erfolgten Tode seinen drei Söhnen Micipsa,
Gulussa und Mastanabai bestätigt i), deren Herrschaft an der
Küste vom Flusse Tusca bis zum Flusse Muluccha ging, sich tief
nach Süden hin erstreckte und im Osten bis nach Cyrene reichte 2).
Der jugurthinische Krieg änderte in diesen Verhältnissen nichts,
als dass die Stadt Leptis magna im Kriege sich für die Römer
erklärte und eine römische Besatzung erhielt 3). Diese Stadt liegt
in der Syrtica, d. h. dem Landstrich zwischen der kleinen und
grossen Syrte, und bildete mit den Städten Oea und Sabrata die
sogenannte Tripolis, einen Städtebund (xoivov), der noch im
vierten Jahrhundert erwähnt wird"*). Man darf daher annehmen,
dass die ganze regio Tripolüana damals zur Provinz Africa ge-
Numidien zoscn wurdc , wclchcr sie später aneehört^). Numidien wurde
mit dersel- ^ , , , , ,
benyer- crst uach der Schlacht bei Thapsus 708 = 46 von den Römern
in Besitz genommen und daraus eine Provinz unter dem Namen
Africa nova geschaffen^); sie bestand aber nur kurze Zeit, denn
einigt.
lugurthino pleraque ex Punicis oppida et finis Carthaginiensium , quos novissume
habuerant , populus Romanus per magistratus administrabat ; Oaetulorum magna
pars et Numidae usque ad flumen Muluecham sub Jugurtha erant. Mauris Omni-
bus rex Bocchus imperitabat.
1) Sali. B. lug. 5. 11. 13 ff. Strabo 17 p. 833. Appian. Fun. 106.
2) Appian. Fun. 106. Sali. B. lug. 19. 92. Dies Gebiet enthielt demnach
nicht allein Numidien, sondern auch die spätere Provinz Mauretania Caesariensis.
lieber die Grenzen der numidischen Königreiche und der späteren Provinzen
dieser Gegend findet man eine brauchbare Untersuchung von Poulle im Recueü
de la Societe arch. de Constantine 1863 p. 1 — 159.
3) Sali. B. lug. 11: 78.
4) Ammian. 28, 6, 7 : qua spe Tripolitani frustrati — — adlapso legitimo
die concilii, quod apud eos est annuum, Severum et FLaccianum creavere legatos.
Dass dieser Bund seit der Gründung der Städte bestand, ist wahrscheinlich.
S. Movers Die Phoenicier II, 2 S. 482.
5) Plin. N. H. b % 27. 38. Ptolem. 4, 3, 12. 13. Die Stadt Gergis schlug
unter Augustus Kupfermünzen mit der Aufschrift perm(issu) Z. Volusi pro cos.
(Müller 2 p. 35 n. 65J ; ein Streit der Städte Oea und Leptis magna wurde im
J. 70 durch Valerius Festus, den kaiserlichen Legaten von Africa, beigelegt
(Tac. H. 4, 50} und im J. 163 unter M. Aurel und Verus wird ein arcus in
Oea (Tripolis) dedicirt von Ser. Cornelius Orütus procos (^Africae^ und seinem
Legaten L'ttedius Marcellus. Maiitei M. V. p. 467, 2. Borghesi Oeuvres 3, 60.
6) Auct. B. Afr. 97 : ex regnoque provincia facta , atque ibi Crispo Sallustio
pro consule cum imperio relicto , ipse (Caesar) Zama egressus Uticam se recepit.
Ebenso Dio Cass. 43, 9, der hinzufügt : xai xa s^^^yj xd ^v t^ AtßuTg xaÜTa t6
|j.£v Ttspt TYjv Kap)(Tf]S6va , 0 OTj y.al 'Acpptx-rjv xaXoDfAev , naXatov, oxi iv. ttoXXoü
vcaxeipYaaxo , xo os Stj xcöv Nofxd5(ov ^eov , oxt vewaxl eiXifjTrxo , drcovofxdo^.
Appian. JS. C. 2, 100: %a\ xtjv dpyrjv xrjv 'loßa Kaiaap UTroxeXYJ 'Pcufxaioi<;
STioi-rjoev, aux-^ SaXouaxtov KpiOTrov ij^aracsTr^aac.. 4, 53 : Aiß'JYj; 'Pcofjiaioi xtjv
{X£v Ixt xaXoüst TiaXaidv, ocyjv KapyjjSovtou«; dcpetXovxo • 7]v hk 'I6ßa<; eiyev,
uoxepov xe sXaßov im Vaiox) Kaicapo? , xal oid xoOxo v^av TrpooaYopeuouot Ai-
ßuYjv. Statthalter der neuen Provinz war damals (711 =43) T. Sextius, der alten
-- 307 —
724=30 übergab sie Octavian wieder dem Juba, Sohn des ver-
storbenen Königs Juba von Numidieni), und als er sie diesem
729 = 25 nahm und ihn durch das Königreich Mauretanien ent-
schädigte 2), wurde Numidia mit der alten Provinz Africa ver-
einigt 3), welche nunmehr im Westen bis zum Flusse Ampsaga'*)
(Oued Rhumel oder Kebir), im Osten bis zur Grenze der Cyre-
naica reichte. In dieser Ausdehnune wurde Africa seit Aueustus ^^"9* '^"*«^
ö o einem
als senatorische Provinz verwaltet und zwar nicht, wie dies in Proconsui,
der Zeit der Republik in der Regel geschehen war, durch einen
praetor j hernach einen propraetor ^) , sondern durch einen Con-
sular mit dem Titel procoiisul^ dessen Legaten sich in ähnlicher
Weise, wie wir es bei Spanien nachgewiesen haben, in die Ad-
ministration des Landes theilten^). Noch in späterer Zeit wer-
den erwähnt legati dioeceseos Carthaginiensis '^) , regionis Hippo-
niensis^)y eine dioecesis Hadrumetina^) und ausserdem die gleich
Corniücius. Dio Cass. 48, 21. Dnimann 2, 618. Vgl. Plin. N. H. o § 25 : ea
pars, quam Africam appellavimus, dividitur in duas provincias, veterem et novam.
Ptolem. 4, 3, 21 : xaxd r^jv NoufxiSiav ttjv 'Aoi N^av ^Trap^iav.
1) Dio Cass. 51, 15.
2) Dio Cass. 53, 26. Tac. Ann. 4, 5.
3) Strabo 17 p. 840.
4) Plin. N. H. 5 § 22. Ptolem. 4, 2, 1 ; 4, 3, 3 ; 4, 3, 28.
5) Appian. Pun. 135: xal arpaTriyj^ ^ttjOiov auxoT? ix 'PtöjAT]; iTtiTr^fxTieiv
Ixpivav. Von Proprätoren sind bekannt: im J. 94 v, Chr. P. Sextilius pr. p. Af.
anf Münzen von Hadrumetum (Müller 2 S. 51. Plutarch. Marius 40. Appian.
B. C. 1, 62, wo Se^TtXto'j statt Se^fo'j zu schreiben ist), im J. 76 L. Licinius
Lucullus (Cic. Acad. 2, 1, 1. Aur. Vict. de vir. ill. 74), im J. 66 L. Sergius
Catilina (Cic. pr. Caelio 4, 10. Asconius p. 85), im J. 61 Q. Pompeius Rüfus,
der bei Cic, pr. Cael. 30, 73 zwar proc&nsul heisst, aber nur praetor gewesen
war. Drumann 4, 316.
6) Nach Dio Cass. 53, 14 hatte der proconsul Africae drei Legaten. Es ist
anzunehmen , dass er selbst den carthagischen Bezirk , die Legaten die andern
drei Diöcesen verwalteten, bis für Numidien ein kaiserlicher Legat eingesetzt
und dadurch für Carthago einer der drei vorhandenen Legaten vacant wurde.
Der Proconsul selbst mandirte diesen Legaten die Jurisdiction. Dig. 1, 21, 4:
imperatores Severua et AntoninuH Braduae proconsuli Africae. Cum propriam iuris-
diclionem legatis tuia dederia , conaequens est, ut etiam de auspectis tutoribua poa-
sint cognoacere. Vgl. 26, 10, 1^4.
T) L. Miniciiis — Natalis, q(uae8tor^ candid(atu3 divi) Hadriani Aug. et
eodem terr^pore) leg. prov. Africae dioeceseos Ca(rthag) procos. patris sui. C. I. L.
II n. 4510. 4511 (llenzen n. 6498). Auf denselben bezieht sich die griechische
Inschrift von Megara bei Le Has II n. 57. M. Acenna — trib. pleh. leg. pro-
vinriae Africae dioecexis Carthaginiensium. Henzen 6012. C. I. L. II n. 1262.
8) [leg. prov. afr\irae regionis JJippnnienaia , Uenzen 6482; legatus prov.
Afric. dioeceseos Hipponensis. Momm.scn /. H. N. 1433. Schon Plinius ep. 9, 33
erwähnt den Octavius Avitu», Legatus proconsulis , der seinen Sitz In Hippe
DiarrhytUH hat. Vgl. Mornmson Kphem. epigr. 1872 p. 133.
9) Recueil — de la socifU arch. de Constantiru 1869 p. 690 n. 11 : M. Clau-
dio (J. f. (Juir. Restituto , proc. Aug. dioeceseos regionis I Indruineiinae et l'heve-
20*
über.
— 308 —
der eine Le- zu besprechende dioecesis Numidica^). Eine ganz ausnahmsweise
mandr". Stellung nahm der Proconsul von Africa insofern ein, als er ein
Heer commandirte, während alle andern Provinzen, welche eines
militärischen Schutzes bedurften, bei der Theilung im J. 727 =
27 kaiserlich geworden waren. Es lag nämlich in Africa die
legio III Augusta'^) nebst verschiedenen Auxiliartruppen =^) , zu-
sammen ein Corps von etwa 10,000 Mann: zu Zeiten auch noch
eine zweite Legion *]. Diesen ausnahmsweisen Zustand beseitigte
Dies Com- > im Jahr 37 n. Chr. ^j Calieula dadurch, dass er selbst denjeni-
mando geht j <j
an einen kai-2en Legaten ernannte, welcher das Heer in Africa commandiren
Legaten solltc^), ohuc jedoch eine absolute Trennung der Provinz in
zwei Theile durchzuführen ^j, was in miHtärischer Hinsicht un-
practisch gewesen wäre. Da nämlich die Militärmacht vornehm-
lich die Aufgabe hatte, die fruchtbare alte Provinz, deren Ge-
treideertrag für die Stadt Rom unentbehrlich war, vor Einfällen
der umwohnenden Nomaden zu schützen, so war dieselbe auf
der ganzen Mihtärgrenze, welche sich von Mauretanien in einem
weiten Bogen bis zur Cyrenaica hinzog '^j, in Posten vertheilt,
stinae. Henzen 6931 : cui divus Aurel. Antoninus centenariam procuTation(erri)
pro(yinciae) Hadrimetinae dedit. Diese provincia oder dioecesis scheint mehrere
regiones gehabt zu haben. Denn es kommt unter Commodus auch ein proc. reg.
Thevestinae vor. Maffei M. V. p. 272 n. 10.
1) Grut. 404, 7.
2) Tac. Ann. 2, 52. Hist. 2, 97 ; 4, 48. 4ß. Dio Cass. 55, 23 , oft in In-
schriften erwähnt.
3) üeber die Truppen der Provinz handelt ausführlich Henzen Annali 1860
p. 52—71.
4) Tac. Ann. 3, 9 5 4, 5 ; 4, 23. Auch L. Clodius Macer, der im J. 68 n.
Chr. sich selbständig zu machen suchte, errichtete neben der leg. III Aug. noch
eine leg. I Macriana liberatrix , welche auf seinen Münzen vorkommt. Müller 2
p. 171.
5) Borghesi Oeuvr. 5, 217.
6) Tac. Hist. 4, 48: legio in Africa auxiliaque tutandis imperii finibus sub
divo Augusto Tiberioque principibus proconsuli parebant. Mox C. Caesar turbidus
animi et Marcum Silanum obtinentem Africam (32 — 37 n. Chr.) metuens, ablatam
proconsuli legionem misso in eam rem legato tradidit, aequatus inter duos benefi-
ciorum numerus , et mixtis utriusque m,andatis discordia quaesita auctaque pravo
certamine. Legatorum vis adolevit diuturnitate officii , vel quia minoribus maior
aemulandi cura, proconsulum splendidissimus quisque securitati magis quam poten-
tiae consulebant. Der Nachfolger des Silanus war L. Piso. Daher sagt Dio Cass.
59, 20: £7r£iBr) Te Aouxto? Fletotuv — ap|a? tyj? 'AcppaTJ? huye^, i<^o^r]h] [t.i\
vetuxeptOT;) xe uttö iKe-^akauyiai; , äXkoii ze xal oxt 5uva[xtv ttoXAtjv xai TroXtxfXYjv
•AoCi ^evixTjV lieiv e'fJieXXs • %a\ Uya x6 e^vo? vet[xac, sxlpcjj xö xe oxpaxitoxtxov
Ttai xou? NofJLdSas xqu? Tiepi auTÖ Trpoaexa|e- %al i^ dxeivou xal oeüpo xouxo
7) Tac. Hist. 1, 11 ; 4. 44. Auch Ptolem. 4, 3 rechnet Numidien zu Africa.
8) Mommsen a. a. 0. p. 216 führt eine Inschrift des Legaten von Numidien
— 309 —
communicirte mit dem Legaten, der sein Hauptquartier in Lam-
baese hatte i), auf den durch die Provinz führenden Wegen 2)
und bezog auf ebendenselben seine Fourage^). Dass die Militär-
strassen durch die alte Provinz gingen ^j und von dem Legaten
durch die Soldaten der dritten Legion gebaut und unterhalten
wurden 2, genügt allein zu beweisen, dass die Provinzen Africa
und Numidia nicht von Anfang an getrennt waren ^j. Auf der
andern Seite bedurfte auch der Proconsul eines kleinen Com-
mandos, welches, da die gesammte Truppe unter dem Legaten
stand, ihm von diesem gestellt wurde ^). Aus dieser für die
ältere Kaiserzeit ganz exceptionellen Theilung der Militär- und
Civilgewalt, welche offenbar grosse Uebelstände hatte und dem
kaiserlichen Legaten fortwährend Gelegenheit bot, seine Compe-
tenz zu erweitern 8), erklärt sich die allmählich eintretende Ver-
änderung in der Stellung des Legaten, welche sich zunächst in
seiner Titulatur erkennen lässt. Im ersten und zweiten Jahr-
hundert heisst er entweder, wie jeder andere Legat, nur mit der
Bezeichnung als kaiserlicher Beamter, leg. Aug. pr. pr.^)^ oder
mit der Bezeichnung als Legionscoramandeur leg. Aug. leg. III
Aug. pr. pr. i^); wird im Titel die Provinz genannt, so ist es
Q. Anicius Faustus vom J. 201 an , welche bei Bondschem , in der Wüste zwi-
schen Tripolis und der kyrenäischen Grenze gefunden ist.
1) Recueil — de la Societe arch. de Constantine 1866 p. 236,
2) Im J. 70 sagt Tac. H. 4, 50 von dem kaiserlichen Legaten Valerius Fe-
stus : Adrumeto , ubi speculabundus substiterat, ad legionem contendit. Er hielt
sich also in der proconsularischen Provinz auf.
3) Die horrea bei Hadrumetum (Itin. Ant. Aug. p. 52. 56. 58) und an vielen
andern Orten der Provinz werden zu diesem Zweck gedient haben.
4j So führte eine Strasse von Lambese über Theveste und Thenae nach
I.eptis magna, Itin. Ant. p. 33. 46. 57. Ueber das ganze Strassennetz handelt
sehr übersichtlich D'Avezac, Afrique ancienne p. 172 — 189.
5) So lässt unter Hadrian der Legat P. Metilius Secundus die Strasse von
Carthago nach Theveste bauen per legionem III Aug., Orelli 3563. Recueil de
Constantine 1867 p. 392 n. 36.
6) Der zunächst sich darbietenden Ansicht, dass Numidien immer eine eigene
Provinz gebildet habe , folgte ich selbst in der ersten Ausgabe und ist auch
Zuiupt Studia Romana p. 135 ff. noch nach Mommsens Auseinandersetzungen
treu geblieben. Sie kann aber nach dem jetzt vorhandenen Quellenmaterial nicht
gehalten werden.
7j In einem Tairesbefehl des Kaisers Hadrian, Inschr. von Lambaese, Rcnior
n. 5B, heisst es: cohors abeat, quod omnibus annis per vices in officium pf(ocon)-
Huii« mittitur.
8) Dies bemerkt ausdrücklich Tac. Hiat. 4, 48.
9) Renier n. 11. n. 1631 und mehr bei Henzen Annali 1860 p. Hl. 32 .
10) Uonier n, 2296 funter Hadrian); n. 46 (unter M. Aurel) und sonst häufig;
noch im .). 206 heisst er bei Tertullian ad Scap. 4: praesea Uyioni».
— 310 —
Africa. Der F^egal ') L. Clodius Maccr, welcher 68 n. Chr. sich
selbständig zu machen suchte und von Galba getödtet wurdet),
nennt sich auf seinen Münzen propraetor Africae •^) und die sonst
vorkommenden Titel sind: leg. pro praet. ex[ercitus Afric)ae*)
missus ab imp. Vespasiano Aug. legatus pro praetor e ad exercüum,
qui est in Africa^); {leg.) imp. Caemris Traiani Hadriani Aug.
(pr. prj leg. III Aug. et exercitus Africani^)\ legatus Augusti
pr. pr. provinciae Africae"^); praetorius legatus provinciae Afr.
imp. Caes. Aug.^); leg. Aug. prov. Afr. dioeces[eos] Numidicae^)]
im dritten Jahrhundert dagßgen lautet der Titel wesentlich ver-
ändert leg. leg. III Aug. praeses provinciae Numidiae^^); leg. Aug.
pr. pr. provinciae Numidiae^^) oder kurz Numidiae legatus^'^). Da-
Nnmidien maig nmgs also Nuraidien aus einer dioecesis Africae eine selb-
selbstandige '
Provinz, ständige Provinz geworden sein, und dies geschah, nach den
Inschriften zu schliessen, unter Septimius Severus i^) (193 — 2ii),
seit welchem auch die Finanzverwaltung Numidiens nicht mehr
unter dem quaestor Africae, sondern unter einem kaiserlichen
Procurator steht ^^j. Der Legat behielt das Commando nachweis-
1) So nennt ihn Sueton Galba 11.
2) Tac. H. 1, 7. 11. 37. 73; 2, 97; 4, 49. Plutarch. Galba 6. 13. 15.
3) Müller 2 p. 170 n. 380.
4) Henzen n. 6495 =C. /. L.Y, 1, 531. Tac. Bist. 4, 49: sed tum legio-
nem in Africa regebat Valerius Festus.
5) Murat. 766, 5 ; 858, 4.
63 Orelli 3382.
7) Renier n. 19. n.^1817.
8) Orelli 773.
9J Grut. 404, 7. Das Datum der Inschr. ist nicht genau zu flxiren. Doch
setzt sie Henzen a. a. 0. p. 33 mit genügenden Gründen in das zweite Jahrhundert.
10) Orelli 946, verbessert von Henzen Annali 1860 p. 33.
11) Renier n. 1505. n. 101.
12) Eine constitutio divi Pii ad Tuscium Fuscianum Numidiae legatum citirt
Tryphonius Digest. 37, 5, 7. "Wenn dieser Tuscius Fuscianus, wie Renier an-
nimmt, identisch ist mit L. Matuccius Fuscinus, der als legatun Aug. pr. pr. unter
Pius vorkommt (Renier n. 23. 24. 1631), so hat Tryphonius, der seine Diaputa-
tionum libri XXI unter Caracalla und Geta im J. 211 verfasste (Fitting Ueber
das Alter der Schriften römischer Juristen, Basel 1860. 4 p. 32), den Titel des
Legaten so formulirt, wie er zu seiner Zeit war.
13) Unter diesen fällt die älteste der angeführten Inschriften , Orelli 946,
über welche s. Eckhel 7, 245. Genauer erörtert die Zeit Mommsen a. a. 0.
S. 220. Henzen a. a. 0. p. 34. Wenn der Letztere als Beginn der Provinz Nu-
midien das Jahr 194 annimmt, indem er in der Inschrift Renier 1611 die Siglen
VPN erklärt anno quinto provinciae Numidiae , so wird zur Bestätigung dieser
Vermuthung abzuwarten sein, ob sich anderswo eine bis jetzt nicht nachweisbare
Aera Numidiens findet.
14) Unter Severus, Caracalla und Geta w«r L. lulius Victor Modianus pro-
curator per Numidiam, Renier n. 1833, wenig später Clodianus, Renier n. 2535.
Vgl. Henzen a. a. 0. p. 48.
Diocletian.
— 311 —
lieh bis 2601), wahrscheinlich aber bis Aurelian^) (270—275),
seit welchem die Civilverwaltung Numidiens einem praeses nicht
senatorischen Ranges (vir perfectissimus) übergeben^), das mili-
tärische Commando aber abgetrennt wurde '^).
Eine weitere Zerstückelung der Provinz trat unter Diocletian weitere
Theilnng
ein, seit welchem dieselbe in vier selbständise Verwaltuneskreise <^">ch
zerlegt erscheint, nämlich:
1 . Numidia mit der Hst. Cirta, daher auch Numidia Cirtensis
genannt 5). Nachdem die Provinz in den Jahren 308 — 31 i in
Folge des Aufstandes des Alexander und der Niederwerfung des-
selben durch Maxentius furchtbar gelitten hatte ^), scheint sich
Constantin d. Gr., als er nach der Besiegung des Maxentius (312)
in den Besitz Africas gelangte, um ihre Wiederherstellung beson-
dere Verdienste erworben zu haben. Denn nicht nur Cirta, wel-
ches er wieder aufbaute, heisst von ihm seitdem Constantina^),
sondern die Provinz selbst nahm von ihm den Namen Numidia
1) Unter Alexander Severus (222 — 235) kommt noch vor P. lulius lunianus
Martialianus , c(larisaimus) v(ir), leg. leg. III Aug. Severianae Alexandrianae,
praesea [Numidiae'), Renier n. 1889; im J. 237 befehligte Capellianus als Legat
von Numidia das Heer gegen die Gordiane (Herodian. 7, 9 und dazu Mommsen
a. a. 0. S. 221), und als Dio Cassius schrieb (d. h. vor 238, Eckhel 8, 383),
bestand dies Commando noch (Dio Cass. 59, 20). Der letzte prätorische Legat,
welcher erwähnt wird, ist C. Macrinius Decianus v. c. leg. Augg. pr. pr. prov.
Numidiae im J, 259 oder 260. Renier n. 101 = Henzen Inscr. 7414y.
2) Henzen Annali 1860 p. 39.'
3) Beispiele sind: M. Aurelius Decimus, v. p. p(rae8es) p^rovinciae) N{umi-
diae^ unter Carinus (283) und Diocletian, Renier n. 1843. 103. 104. 105. 106.
1732; M. Aurelius Diogenes v.p.p.p. N., Renier 110. 111. 112, unter Diocle-
tian und Maximian ; [Aurelius Mjaximianus unter denselben Kaisern v. p. p. p.
N., Renier 1844; Concordius praeses (so ist zu lesen statt proeonsut) Numidiae
im J. 295, Cod. lust. 9, 9, 28 ; ferner unter Constantin d. Gr. Aurelius Alvacius
V. p. p. p. (Renier n. 1674); Tallius Antiochus v. p. praeses prov. Numid. (n. 1845);
Severinius Apronianus v. p. p. p. N. (n. 117).
4) So heisst es Renier n. 109 in einer Inschr. von Lambaese : Aquaeductum
leg{ionis) III Aug. — — Diorletianus et Maximianus AugiusW) curnnte Aurelio
Maximiano v. p. p. p. jV., et Clodio Honorato, v. e(gregio), praef\ecto) leg(ionis)
eiusc^eni) — — restituerunt. Das« dieser Offleier den sonst in dieser Zeit be-
reits üblichen Titel dux limitis geführt habe (Trebell. PoUio trig. tyr. 29. Vopisc.
Aurelian. 13. Mommsen a. a. O. S. 223), lässt sich für Numidien wenigstens
nicht nachweisen.
5) So heisst die Provinz im veronoser Verzeichniss S. 515 Mommsen.
6) Zosimus 2, 12. 14. Aurel. Vict. de Caes. 40, 17. 19.
7) Aurel. Viot. de Caen. 40, 28 : Cirtaeque oppidn, quod obsidione AUxnndri
recidernt , repnsito exormitnque nnmen Constantina inditum. Seitdem heisst die
Sihdi rivitas Constantina (.'irtensiwn, Cod. Th. 12, 1, 29 und Gothofredu« daselbst;
rolnnia Constantina, Annuaire 1H60 p. 136 n. 1. Rocueil 1865 p. 170=1866
p. 29; Corvttantinti rivitas, Annuaire 1860 p. 138 n. 2. Rescript Constantins vom
J. 330 bei Diipin in OptatuH de srhimi. Donat. p. 189 (ed. 1702).
— 312 —
Constantina an^), und während in den ersten Jahren seiner
Regierung als Slalthalter noch ein praeses vorkommt 2) ^ fungirt
später statt desselben ein Statthalter senatorischen Ranges mit
dem Titel legatus pro praetore provinciae Numidiae^) oder con-
siäaris Numidiae^)^ welcher unter Valentinian und Valens noch-
mals um eine Rangstufe erhöht wurde und den der Würde des
Proconsuls entsprechenden ^j Titel vir clarissimiis consularis sex-
fascalis provinciae Numidiae Constantinae erhielt^).
2. Africa proconsularis oder Zeugitana mit der Hst. Carthago').
3. Byzacium^), dem Diocletian zu Ehren provincia Valeria
Byzacena genannt 9), mit der Hst. Hadrumetum lo) ^ unter einem
consularis ^^) .
1) Renier n. 1852. 2170. 2171. 2542. Aimuaire 1862 p. 144 n. 209. Re-
cueil 1865 p. 170 = 1866 p. 29. 1867 p. 239 n. 63.
2} S. Seite 311 Anm. 3.
3) Orelli 3672: L. Aradius Proculus v. c. legatus pro praetore provinciae
Numidiae. Er war consul Ordinarius 340 (bei Orelli steht in Folge eines Druck-
fehlers irrthümlicli 390) und Statthalter von Numidien vor diesem Jahre, im
Beginne seiner Laufbahn.
4) Die bereits von Mommsen und Henzen zusammengestellten Consulare
sind: Zenophilus v. c. consularis im J. 320 oder 329 (^Acta purgationis Caeciliani
in Optatus de schism. Donat., Antverpiae 1702 fol. p. 167. Augustin. epist. 43
c. 6 n. 17); M. Aurelius Yalerius Valentinus consularis Numidiae 330 (Cod. Th.
16, 2, 7. De Costanzo Disamina degli scrittori e de' monumenti risguardanti S. Ru-
ßno , con appendice delle iscrizioni, Assisi 1797. 4 n. 56); Alfenius Ceionius
lulianus Kamenius consularis provinciae Numidiae (Orelli 2351); Clodius Celsi-
nus V. c. cons. p. N. zwischen 333 — 337 (Renier n. 1848); Ilicus, consularis
Numidiae 3bS, Cod. Th. 1, 15, 3; lanuarius cons. Num. 399, Cod. Th. 13, 1, 17;
Generosus cons. Num. 410, Augustin. ep. 116.
5) Gothofred. Not. dign. cod. Theod. p, 22 Ritter. Mommsen a. a. 0. S. 225.
Bull. 1852 p. 171.
6) Der erste, der diesen Titel führt, ist Publilius Caeionius Caecina Albi-
nus , von dem wir sechs Inschriften aus der Zeit des Valentinian , Valens und
Gratian mit Titulaturen haben. Diese heissen : vir clarissimus consularis (Renier
1520); {consuld)ris p. N. , Renier 4146; v. c. cons. p. N. C. (Recueil — de
Constantine 1867 p. 239 n. 63); dann aber: v. c. cons(ularis^ sexf. p. N. Con-
s[tantinae] (Annuaire de Const. 1862 p. 144 n. 209); v. c. consularis s. f. p.
N. Constantinae (Recueil 1866 p. 29 n. 2); [v. c. cons.\ sexfascalis provinciae
\N. Constantinae\, Recueil 1866 p. 167 n. 179. Er scheint demnach den Titel
sexfascalis erst während seines Amts erhalten zu haben und die beiden ausser-
dem vorkommenden sexfascales (Henzen Inscr. 6508. 6509 = Renier 1852. 2542)
werden als seine Nachfolger zu betrachten sein.
7) Veroneser Verzeichniss S. 515 Mommsen. S. Rufus 4. Polemius Silvius
p. 253 Mommsen. Boecking N. D. Occ. p. 147.
8) N. D. Occ. p. 67. S. Rufus 4. Orelli 3672.
9) Orelli 1079.
10) Orelli 3058. Cod. Th. 11, 30, 2. Isidor. Orig. 14, 5, 7.
11) Im J. 321 ist Q. Aradius praeses prov. Val. Byzac. , allein er ist ein
praeses v. c. d. h. senatorischen Ranges, Orelli 1079. 3058. 3672, später sind die
Statthalter immer consulares, so 363 (Cod. Th. 11, 20, 1), 369 (S. Rufus 4), 372
— 313 —
4. Tripolitana ^) mit der Hst. Tacapae (Gabes) unter einem
praeses 2) .
Nachdem wir so die äusseren Verhältnisse der Provinz in Bewohner
der Provinz ;
ihrer geschichtlichen Entwickelung verfolgt haben, bleibt uns
noch übrig, auf die inneren Zustände derselben einen Blick zu
werfen. Drei Nationalitäten vereinigten sich in derselben: die ur-
sprüngliche Bevölkerung bildeten die Libyer oder Berbern, welche, Berbern,
obw'ohl in viele Stämme zerfallend, doch einem Sprachstamm
angehören'^). Sie haben unter den Bömern ihre Namen ^), ihren
Gottesdienst 5) und theilweise auch eine politische Selbständigkeit
ihrer Horden 6) conservirt, und ihre Sprache ist noch erhalten ") .
Dazu kamen zweitens die Phönicier, welche, seit einem Jahr- Phönicier.
tausend im Besitz der ganzen africanischen Küste ^), in den
grossentheils von ihnen selbst gegründeten Städten die vorherr-
schende Bevölkerung ausmachten. Hier dominirte, so lange die
Provinz bestand, mehr oder weniger das phönicische Element;
die Behgion blieb die alte punische^), die Stadtmünzen haben,
so lange sie überhaupt geprägt wurden, d. h. bis Tiberius,
grossentheils punische Inschriften, die duumviri in den punischen
Städten heissen sufetes^^) und die punische Sprache erhielt sich
nicht nur überhaupt bis in das sechste Jahrhundert^^), sondern
(Cod. Th. 8, 7, 12), 400 f^. I>. Occ. p. 5. 67) und noch unter lustinian, Cod.
lußt. 1, 27, 1 § 2.
1) Im veroneser Verz. heisst die Provinz Numidia miliciana, was wohl eine
Corruption des Namens Tripolitana ist.
2) Präsidialisch nennt die Provinz im .7. 369 Rufus c. 4, um 400 die Not.
Dign. Occ. p. 67. Ein praeses kommt vor im J. 370 (Ammian. 28, 6, 22) und
399 (Cod. Th. 11, 30, 59); wenn es daher in der Verordnung des Cod. Th. 8,
7, 12 vom Jahr 372 heisst : nullum militem a quolihet nurnero ad stationes agen-
das per consutares Byzacenam et Tripolitanam provmcias destinari iubemus , so
scheint hier irgend ein Fehler der Lesart vorzuliegen. Dass damals die Colonie
Tacapae Metropolis der Provinz war, zeigt Cod. Th. 11, 30, 33 und das. Goth.
3) Movers Die Phoenizier II, 2 S. 363—411.
4) Henzen Annali 1860 p. 80 f.
5) Henzen a. a. 0. p. 82.
6) Henzen a. a. 0. p. 51.
7) Ueber die Berbersprache s. die Nachweisungen bei Movers a. a. 0. S. 364.
8) Movers a. a. 0. S. 363. 412 flF.
9) Henzen a. a. O. p. 63.
10) Münze von Carthago mit den Köpfen des Caesar und AuKustus und der
Inschr, Aristo Mutumbal Ricoce Suf., Müller 2 p. 149 n. 319; ein sufes der
civitas Themetra in Africa aus dem J. 27 n, Chr., Orelli 3056; sufetes der civi-
tojf Apisia , Orelli 3057 ; sufetes der rivitas Avittensis Bibba , Gurfrin 1 p. 429
n. 204; ein sufes der rivitas Thibicaensis, Gu<?rin 2 p. 364 n. 520.
11) Arnobius lunior um 460 erwähnt im (ninment. ad Psalm. 104 (p. 481
Mignej noch den aermo Punicus aU Sprache der Garanianten in der kleineu Syrte.
rung.
— 314 —
blieb auch noch lange die Umgangssprache der Gebildeten und
die kirchliche Sprache in vielen christlichen Gemeinden. Die
Schwester des Kaisers Septimius Severus, welcher in Leptis n)agna
geboren war^), sprach so schlecht lateinisch, dass der Kaiser sie
nicht in Rom behalten konnte 2): Ulpian nimmt an, dass eine
verborum obligatio auch in punischer Sprache gültig sei ^j ; als der
h. Augustinus um das Jahr 423 in Fussala, einem Castell bei
Hippo in Numidien, einen Bischof einsetzte, wählte er dazu einen
Mann , qui et Punica lingua esset instructus ^) ; in einer eignen
Rede braucht er einmal ein punisches Sprüchwort und fügt hin-
zu : Latine vobis dicam^ quia Punice non omnes nostis ^) ; und ein
andrer Bischof, der nicht punisch kann, muss sich bei einer An-
sprache eines Dolmetschers bedienen ß) . So xähe indessen der
Widerstand war, welchen die doppelte einheimische Bevölkerung
den Eroberern entgegenstellte, so gelang es doch mit der Zeit
RomaniBi- auch dcu Römcm , nicht nur äusserlich sich in der Herrschaft
der Provinz zu befestigen, sondern auch ein geistiges Leben in
derselben zu entwickeln, in welchem sich zwar eine durchgrei-
fende Romanisirung des Landes, aber auch ein unverkennbarer
Einfluss des einheimischen Nationalcharacters kundgiebt. Car-
thago selbst ') wurde der Mittelpunct einer eigenthümlich manierir-
ten, aber doch in vieler Beziehung merkwürdigen africanisch-
römischen Bildung, welche in der Literatur in profanen und
kirchlichen Schriftstellern, wie Apuleius, Tertullian, Arnobius,
Cyprian und Augustinus bedeutende Vertreter fand, aber auch
in den poetischen und prosaischen Inschriften zum Theil ent-
fernter Landstriche sich characteristisch ausspricht. Es ist daher
Aus Leptis magna haben wir verschiedene panische Inschriften aus römischer Kai-
serzeit. Movers II, 2 S. 476. 477. Noch Procop sagt de h. Vand. 2, 10 : xoti eii
iai Ti(j| Ooivixtuv cptovij] ^ptufAS^joi ijixrjvxai.
1) Spart. Sev. 1.
2) Spart. Sev. 15: cum soror sua Leptitana ad eum venisset vix Latine lo-
quens ae de Uta multum Imperator erubesceret — redire m.ulierem in patriam.
praecepit.
3) Digest. 45, 1, 1 § 6. Vgl. Dig. 32, 1, 11 pr. : fideicohimissa quocunque
sermone relinqui possunt, non solum Latina vel Graeca sed etiam. Punica vel Oal-
licana.
4) Augustin. epist. 209, 3.
5) Augustin. sermon. 167, 4.
6) Augustin. epist. 108, 14.
7) Salvianus de guh. dei 7 p. 149 ed. 1688. 4: illic (in Carthago) omnium
officiorum publicorum instrumenta^ illic artium liberalium scholae, illic philosopho-
rum, officinae, cuncta denique vel linyuarum, yymnasia vel morum.
— 315 —
nicht ohne Interesse, die allmähliche Zunahme römischen Ein-
flusses in der Provinz, soweit es möglich ist, zu verfolgen.
Bei der Besitznahme des Landes i) waren sieben Städte, GBmeindeu :
welche während des dritten punischen Krieges auf Seiten der
Römer gestanden hatten 2)^ als cwitates liberae anerkannt und ^^*^^'/*
entweder im ungeschmälerten Besitze ihres Territoriums belassen
oder auch durch Vergrösserung desselben belohnt worden, näm-
lich Utica^), Hadrumetum 4) , Thapsus^), Leptis minor ß), Achulla"),
üsalis^) und Theudalis '^j . Die Ortschaften, welche den Garthagern
treu geblieben und nicht wenigstens während des Krieges zu
den Röpiern übergegangen waren, wurden zerstört ^^j, ihre Ein-
wohner getödtet oder als Sclaven verkauft, das ganze Gebiet
derselben aber zum age7^ publicus gemacht und in dreifacher
Weise verwendet ^^). In das Stadtgebiet von Carthaeo führte im vosiedeinn-
f o o jyen der
J. 632=122 C. Gracchus eine römische Colonie, welche den Römer.
Namen lunonia erhielt ^2). Zwar wurde dieselbe, weil der Platz,
auf welchem Carthago gestanden hatte, von Scipio feierlich devo-
virt worden war^^)^ im folgenden Jahre durch ein Gesetz des
Volkstribunen Minucius Rufus wieder aufgehoben i^) , und es musste
sonach die Erbauung einer neuen Stadt auf den Trümmern Car-
1) lieber die älteste Constitution der Provinz ist Hauptquelle das Plebiscit
vom J. 643 = 111, welches von Rudorff (Das Ackergesetz des Sp. Thorius in
Zeitschr. für gesch. Rechtswissenschaft Bd. 10) und Mommsen Ci I. L. I p. 75
n. 200 mit vortrefflichen Commentaren herausgegeben ist.
2) Appian. Fun. Ib. Polyb. 36, 1. Liv. ep. 49.
3) Appian. Fun. 135. Jjtx agr, anni 643 lin. 79. 80: extraque ewn agrum,
quei ager intra finis popuLorum leiherorum Lticensium H^adrumetinomm Tyimpsi-
tanorum Leptitanorum Aquillitanorum Usalitanorum Teudalensium, quam in amei-
citiam populei Romani proximum venerunt, fuit.
4) Es heisst oppidum liberum. Plin. iV. H. 5 § 25.
5) Plin. N. H. b % 25.
6) Hirtius B. Afr. 7 : pervenit ad oppidum Leptim, liberam civitatem et im-
munem.
7) Die Stadt, welche bei den Schriftstellern Acholla, Achilla, in dem Ge-
setz von 643 Aquilla heisst, nennt sich auf ihren Münzen Achulla, Müller 2
S. 43 f. Als civita-H libera bezeichnet sie Hirtius B. Afr. 33. Plin. iV. H. b % 30.
8) Lex agr. a. a. O.
9) immune oppidum. Plin. N. H. 5 J 23.
10) Appian. Pun. 135: oooti oe roXeii ou(X(Ae|j,a/T)xeaav toi« TroXejjiioic irA-
(x6vtD; £5o$e xat)eXerv araaa;.
11) Hierüber handelt ausführlich Mommsen C. I. L. I p. 96 fr.
12) Plutarch. C. Oracch. 10. 11. 14. Appian. B. C. 1, 24. Am. 136. Vell.
1, 15; 2, 7. Fronte ad Verum H p. 125 Naber: iam iiracehxia loeabat Asiam et
Karthaginem viritim dividebat. Liv. ep, 60. Solin. 27. Kutrop. 4, 21. Oros. 5, 11.
13) Appian. I\in. 135. B. C. 1, 24. Cic. de l. agr. 1, 2, 5; 2, 19,51; Digest.
7, 4, 21. Zonaras 9, 30.
14) Appian. Pun. 136. B. C. 1, 24. Oros. 5, 11. Florus 2, 3.
— :H6 —
thagos vorlaufig unterbleiben, allein die den Colonislen bestimm-
ten Aecker wurden nichtsdestoweniger viritim assignirt^) und
somit etwa 6000 römische Bürger in Africa angesiedelt. Ein
zweiter Theil des Landes wurde vom Staate an Privatleute ver-
kauft 2! , und dass die Käufer römische Speculanten waren, lässt
sich um so weniger bezweifeln, da die africanischen Landgüter
auch später eifrig zusammengekauft wurden und als lalifundia
in den Händen weniger römischer Gapitalisten sich befanden 3).
Ein dritter Theil des Landes endlich blieb Staatsdomaine und
wurde entweder den Einwohnern, welche noch rechtzeitig sich
den Römern unterworfen hatten, gegen Zahlung eines Stipendium
gelassen'*), oder von den Censoren verpachtet^), in welchem
Falle die Pächter wieder zum Theil Römer waren. In dem Grade
also, wie die einheimische Bevölkerung durch die grausame Krieg-
führung aufgerieben war, eröffnete sich Raum für römische An-
siedelungen, während in den erhaltenen punischen Städten der
Handelsverkehr und die Verwaltung die Romanisirung vermittelte.
Utica, Hadrumetum und Thapsus wurden Gerichtsstädte [conven-
tus)^)j das erste, welches damals am Meere lag'), zog nicht nur
den Handel Carthagos an sich, sondern war anfangs Hauptstadt
der Provinz 8) j erhielt von Caesar die Latinität^), von Augustus
1) Mommsen a, a. 0. p. 97.
2) Von den Bedingungen dieses Verkaufs wird an einem andern Orte die
Rede sein. S. Mommsen a, a. 0. p. 98.
3) Frontin. in Grom. p. 53 L. : in Africa, ubi saltus non minores habent
privati quam respublica territoria : quin immo multis saltus lange maiores sunt
territoriis : habent autem in saltibus privati non exiguum populum plebeium et vicos
circa villam in modum munitionum. Dies erwähnt auch Horaz Od. 1, 1, 10:
illum (iuvaf) si proprio condidit horreo, quidquid de Libycis verritur areis und be-
stimmter Plinius jV. H. 18 § 35 : sex domini semissem Africae possidebant, cum
interfecit eos Nero princeps. Vgl. Hör. Od. 3, 16, 31.
4) Lex agraria vom J. 111 lin. 80. 81: cum agrum locum, quem II vir ex
hac lege stipendiarieis dederit adsignaverit.
5) Hierüber handelt das Gesetz lin. 83— »89.
6) Utica erwähnt als conventus Caesar B. C. 2, 36, Hadrumetum und Thapsus
Hirt. B. Afr. 97.
7) Die Küste hat sich seitdem wesentlich verändert und der Meerbusen von
Utica ist versandet. Müller 2 S. 162.
8) Caesar B. C. i, 31 • 2, 36. Hirtius B. Afr. 87. 88.
9) Dies scheint hervorzugehen aus Caesar B. C. 2, 36 : Uticenses pro qui-
busdam Caesaris in se beneficiis Uli amicissimi. Hirtius JB. Afr. 87: M. Cato,
quod Uticensibus propter beneficium legis luliae parum An suis partibus praesidii
esse existimaverat, plebem inermem oppido eiecerat, S. Mommsen R. G. 3, 538.
C. I. L. I p. 98.
— 317 —
das Bürgerrecht ^) und den Namen Munieipium lulium Uticense 2) ,
bis es unter Hadrian römische Colonie^) mit dem Namen Colonia
lulia Aelia Hadriana Augusta Utikensis^) und unter Seplimius
Severus colonia iuris Ilalici wurde ^) . Den Rang der Hauptstadt
indessen verlor es, seitdem Carthago, welches im J. 44 v. Chr.
von Cäsar neu colonisirt^), von Augustus im J. 29 durch eine
zweite Ansiedelung von 3000 Colonisten vergrössert worden war^),
in kurzer Zeit sich wieder zur ersten Stadt Africas erhob 8).
Während somit Utica, die älteste der punischen Städte, voll-
kommen römisch wurde, trat Carthago als ein ursprünglich römi-
sches Element in die Entwickelung der Provinz ein, und diese
doppelte Methode der allmählichen Romanisirung und der directen
Colonisirung finden wir fernerhin während der ganzen Kaiserzeit
angewendet. Zu Plinius Zeit hatte die damals noch ungetheilte,
von der Grenze Mauretaniens bis zur Grenze der Cyrenaica rei-
chende Provinz 30 freie Städte^), von welchen ein Theil das
Privilegium der Freiheit erst während des Bestehens der Provinz
erhalten zu haben scheint i^), 15 oppida civium Romanorum und
1) Dio Cass. 49, 16: XJÜca civium Romanorum. Pliii. N. H. 0 § 24.
2) Auf Münzen des Tiberius nennt es sich M. MVN. IVL. VTICEN, was
Borghesi Oeuvr. 1, 475 mit Bezug auf Hirt. B. Afr. 88 erklärt: munieipium
munitum lulium Uticense, während Eckhel liest : municipes lulii Uticensis.
3) Gellius 16, 13.
4j Janssen Musei Luyduno-Batavi Inscr. Gr. et Lat. p. 80.
0) Digest. 50, 15, 8 § 11.
6j Strabo 17 p. 833. Plut. Caea. 57. -Pausanias 2, 1, 2. Dio Cass. 43, 50.
Appian. Pun. 136.
7} Dio Cass. 52, 43. Appian. Pun. 136. Auf Münzen heisst Carthago Kar.
Veneria oder C. I. C. , was zu lesen sein dürfte Colonia lulia Carthago. Müller
2 p. 149. 152. 153.
8j Strabo 17 p. 833. Mela 1, 7, 2. Herodian. 7, 6, 1 : i] ^oüv röXi; dxetVTj
xai ouvapiei ypT^p-dTcuv %a\ zX-rj^ei twv TcaxoixouvTtuv %ai [xe-fi^ti [jl^vt); 'PtöfA-rjs
dTtoXeiTrexat , cpiAoveixoüaa Tipo; tyjv dv A^y'^t^'^*!^ 'AXe^avSpou ttöXiv zepl oeuxe-
peiojv. Ausonius de claris urb. 2. Die Forschungen über das alte Stadtgebiet
sind bisher von sehr geringem P'.rfolg gewesen. S. BeuM Fouillea h Carthage,
Paris 1861. 8, auch deutsch, Leipzig 1863. 8. Davis Carthage and her remains,
London 1861. 8. David liuined eitles within Numidian and Carthaginian terri-
torieSj London 1862. 8. Es ergiebt sich aus ihnen indess soviel, dass das römische
Carthago trotz der Devotion auf der Stelle des alten Carthago erbaut worden
ist. Davis Carthage p. 120?
9) Plin. N. //. 5 S 29.
lOj Leptis magna erhielt seine Freiheit wahrscheinlich im jugurtbinischen
Kriege; Sali. lug. 77. 78; Clupea ('Aot:!;), dag Plinius freie Stadt nennt, war
Im letzten "punischen Kriege auf Seiten der Carthager (Appian. Pun. HO) und
wahrscheinlich noch unter Tiberius nicht frei, da es unter diesem Kaiser Mün-
zen geprägt hat : permiaau L. Apronii proconstdiB, permiasu P. Dolahellae procon-
nUis (Müller 2 p. 155. 156), welcher Erlaubnis» freie Städte nicht bedurften.
— 318 —
6 Colonien. Später verwandeln sich ebenso die freien Stiidte wi
st&dtegrün- (jj^ ^^^ Stadtrechts überhaupt entbehrenden castella, turrea und
pagi in Municipien und Colonien, und es ist zu bedauern, dass
das Material noch nicht ausreicht, diese Städtegründungen chro-
nologisch zu verfolgen. Für jetzt muss es genügen, die That-
sache im Allgemeinen festzustellen, und ich lasse zu diesem
Zwecke ein Verzeichniss der römischen Städte der Provinz fol-
gen, w^obei ich, freilich auf die Gefahr hin, in der Grenzbestim-
mung zu irren, die alte Provinz Africa von der späteren Provinz
Numidia unterscheide. In Africa werden als coloniae genannt:
Colonia Abitensis zur Zeit Diocletians ^) , wohl identisch mit civi-
tas Avittensis Bibba^); Bisica Lucana (Tastour bei Tunis) 3), By-
zacium oder Colonia Byzacena^)^ Capsa^)^ Colonia lulia Carpi-
tanorum^) Carthago, Cuina'^)^ Colonia lulia Curubis'^), Hadrume-
tum oder Colonia Concordia Ulpia Traiana Augusta Frugifera
Hadrumetina'^) ] Hippo Diarrhytus ^^) ; Leptis magna ^^) \ Maxula
oder Maxula Prates ^2) ; colonia lulia Neapolis ^•^) ; Oea i*) ; Sa-
brata^^); colonia Scillitana^^); Sufes oder colonia Sufetafia^''); Ta-
cape (Gabes) ^^) ; Thaena oder colonia Aelia Augusta Mercurialis
1) ßuinart Acta mart. ed. 1713 p. 385.
2) Guerin 1 p. 429 ii. 204.
3) Orelli 1072 = Guerin 2 p. 165.
4) Reines, p. 458 n. 122. Ptolem. 4, 3, 39.
5) Tab. Peuting. Cyprian. ep. 53. Spon. Mise. p. 162 n. 2.
6} Guerin 2 p. 23 n. 209.
7) Ptolem. 4, 3, 34.
8) In der Inschr. Orelli 530 ist nicht zu lesen COL. FVLminatrix CVRVBIS,
sondern nach Guerin 2 p. 243 COL. IVL. CVRVBIS.
9) Orelli 3058. Die Colonie erwähnen auch Ptolem. 4, 3, 9. Spartian. Did.
Julian. 1.
10) Gue'rin 2 p. 23 n. 209. Plin. ep. 9, 33.
11) Die Stadt erhielt ms Italicum unter Septimius Severus und Caracalla.
Digest. 50, 15, 8 § 11. Ob sie schon früher Colonie war, wissen wir nicht, da
sie als solche nur Digest. 28, 6, 30. Itin. p. 63 und in der Tab. Peut. erwähnt
wird. Die Münzen mit COL VIC IVIj LEP, welche man sonst auf Leptis
magna bezog, gehören nach Celsa Lepida in Spanien. Müller 2 p. 15.
12) Plin. 5 § 24. Itin. Ant. p. 57 Wess.
13) Guerin 2 p. 251 n. 460. Ptol. 4, 3, 8. *
14) Itiner. p. 62. Tab. Peut.
15) Itiner. p. 61.
16) Gue'rin 1 p. 324 n. 85 = Maffei M. F. p. 462, 3, welcher Cilitana hat.
Cilium heisst der Ort auch Itin. p. 54.
17) Gue'rin 1 p. 372 n. 146. Augustin. ep. 50.
18) Itin. p. 59. Tab. Peut.
^ 319 —
Thaenitana^); Thetepte^) ; Thugga^ unter Hadrian noch civüas^),
später mit dem Namen Alex. Sever. municipium liberum Thugga^)^
zuletzt Colonia Licinia Seplimia Alexandriana Thuggensium^);
colonia Julia Aurelia Commoda Thuburbo maius^) ; Thysdrus oder
colonia Thysdritana ') ; Ulhina ^) ; Vallis ••) . Hiezu kommen die
Municipien: Municipium Abtugnense^^), mun. Agbiensium^^), mun.
Canapium^"^), Gigthi^^), mun. Giußtanum ^^) ; Macomades minores
municipium ^^) ; mun. Mizigitanum i^) ; mun. Seressitanum i') ; mun .
Severianum {Antoni)nianum liberum Thibussicensium Bure ^^) , mun.
Aurelia Vina^^), mun. Zita^^^). Veteranen wurden auch in Dörfern
angesiedelt 21), aus diesen aber, wie aus den castella und tui-res
entstanden allmählich Städte, wovon die turris Tamalleni^'^) ein
Beispiel giebt', die in einer Inschrift den Hadrian als conditor
municipii feiert ^3).
Numidien ist von Anfanc an durch militärische Ansiedelun- Numidien
'- colonisirt.
gen colonisirt worden (es giebt nur eine freie Stadt darin, Bulla
Begia) ^4) und die zahlreichen Inschriften des Landes lassen noch
deutlich erkennen, dass die römiwsche Bevölkerung in demselben
1) Itin. p. 59.' Grut. p. 363, 3.
2) Guerin 1 p. 313 = Maffei M. V. p. 461, 3. Gii^rin 1 p. 321 n. 80. Tab.
Peuting.
3) Henzen n. 5330.
4) Temple Excursions. app. n. 37.
5) Henzen ii. 5329 = Guerin 2 p. 123 n. 336.
6) Guerin 2 p. 372. Plin. N. /?. 5 § 29.
7) Henzen 5326= Guerin 1 p. 98. Itin. p. 59. Tab. Pent.
8) Plin. N. H. 5 S 29.
9j Guerin 2 p. 178 n. 420. Die Vallitani nochmals ib. p. 181 n. 429.
lOj Acta purgationis Felicis bei Baluz. Mise. 2 p. 81, wo indess municipium
AutumnitanoTum geschrieben wird; Caecilianu^ , magistratus Aptugnitanorum,
Augustinus contra Cresconium 3, 81.
11} Henzen n. 5328 = Gue:rin 2 p. 144.
12) Morcelli 1 p. 117.
13) municipium Giti Itin. p. 60. Die Einwohner heissen aber Gigthenses,
Guörin 1 p. 225 n. 31.
14) Shaw 1 p. 231. Guerin 2 p. 376.
15) Itin. p. 59.
16) Guerin 2 p. 208.
17) Qxi4nn 2 p. 354 n. 507.
18) Gu(?rin 2 p. 111 n. 307.
19) Guerin 2 p. 264 n. 466. p. 266 n. 469.
20) Itin. p. 60.
21) Gori Inner. Ktr. I p. 6 n. 2: ex decreto pagnnorum pagi MfrcuTuüi»
veUranorum Medelilanorum.
22) Itin. p. 73. 74.
23) Go<?rin 1 p. 244 n. 37. .
24) Plin. N. H. 5 ^ 22.
— 320 —
hauptsäclilich aus activen Soldaten und Veteranen bestand. Den
Hauplort, Cirlai), früher die Residenz des Syphax^) und Masi-
nissa '^) , übergab Caesar nebst einem umfangreichen Territorium
dem P. Sittius, der, früher ein Anhänger des Catiiina, sich nach
Mauretanien geflüchtet und im J. 708 = 46 ihm mit einem selbst-
geworbenen Heere wesentliche Dienste geleistet hatte, das ge-
schenkte Land zur Versorgung seiner Truppe verwendete^) und
Cirta als römische Colonie constituirte. Die Stadt heisst seitdem
colonia^) oder colonia Sitlicmorum^) und wahrscheinlich von Cae-
sar selbst ') Ci7'ta lulia ^) oder colonia lulia luvenalis Honoris et Vir-
tutis Cirta ^) . Zu ihr gehörte ein bedeutendes Landgebiet, dessen
pagi später selbständige Gemeinden, zum Theil Colonien gewor-
den sind ; im zweiten Jahrhundert finden sich drei derselben
mit Cirta zu einer gemeinsamen Communalverwaltung unter dem
Namen //// Cirtenses ^^) oder coloniae Cirtenses ^^) vereinigt, näm-
lich colonia Veneria Rusicade^^) (Philippeville), die Hafenstadt von
Cirta, colonia Minervia Chullu^^) und colonia Sarnensis Mileu^^]^
welche gemeinsame /// viri Uli coloniarum i^), aediles Uli coloni-
arum^^)^ decuriones IUI coloniarum^''), patroni IUI coloniarum ^^)
haben, bis etwa am Ende des dritten Jahrhunderts dieser Ver-
ein gelöst und alle vier Colonien selbständig wurden i^). Von
1) Mommsen Die Stadtverfassung Cirtas und der Cirtensischen Colonien in
Hermes 1 S. 47—68.
2) Mela 1, 6, 1. Liv. 30, 12. Appian. Fun. 27.
3) Liv. 30, 44, 12. Strabo 17 p. 832.
4) Appian. B. C. 4, 54.
5) Mela 1, 6, 1. Plin. N. H. 6 % 22. Renier n. 172 u. ö.
6) Mela und Plin. a. a. 0.
7) Zumpt Comm. ep. 1 p. 380 schreibt die Colonie dem Augustus zu.
8) Ptolem. 4, 3, 28; 8, 14, 8.
9) Renier n. 1824 = Henzen n. 5317.
10) Renier 2529. 2530 = Henzen 6592, aus dem Jahre 169.: C. lulius
Crescens — — flamen perp. quatuor Cirtensibus et Cuiculitana , pontifex omni-
busque honoribus in quinque coloniis functus.
11) Renier 1868: Concordiae coloniarum Cirtensium sacrum.
12) Renier 1884. 2174. 2323. 2324. Annuaire 1853 p. 25.
13) Renier 2323. 2324.
14) Renier 2323. 2324. Ordo coloniae Milevitanae, Annuaire 1860 p. 138
n. 2; Gen^io) col^oniae) MiUevitanaeX Recueil 1868 p. 395 n. 1.
15) Renier 1888.
16) Renier 1879 nach Mommsens Restitution.
17) Renier 2175.
18) Renier 1812 und Mommsen a. a. 0. p. 55.
19) Die Commune der quattuor coloniae ist aus Inschriften nachweisbar etwa
von 138 bis 225 (Mommsen p. 61), später kommt ein besondrer ordo coloniae
Milevitanae vor, Annuaire 1860 p. 138. Mommsen bezieht auf diese Abtrennung
— 321 —
den übrigen Colonien sind bekannt^): Aphrodisium^); colonia
Fl((ivia] Ammaedera^)\ Colonia lulia Assuras*) (Zanfour), von
Plinius^) noch Oppidum civium Romanorum Assuritanum genannt
und auch von Ptolemaeus nicht als Colonie bezeichnet; Kalama^
zuerst municipium ^) , später Colonie^); Cuiciilj zuerst re&puhlica^],
seit Severus und Caracalla Colonie ^j ; Hippo Regius ( Bona ) ^o) ;
Lambaese y von Plinius noch gar nicht erwähnt, bei Ptolemaeus
Actfxßaiaa, kilhev municipium^^), zu Constantins Zeit Colonie '2);
Lares ^'^) oder colonia Aelia Augusta Laves ^"^j , welche lustinian
neu erbaute ^^); Madauri^^)^ Sicca Veiieria^'^) oder colonia Julia
Cirta nova^^) \ Sigus^^); Simultu'^^) ; Thahraca, bei Plin. 5, 221
die von ihm zuerst richtig gelesene Inschr., Renier 2308, wonach ein III vir
[reso\luta contributione a Cirtensib(us) Herum in col{onia) (Miiev.), pairia swa,
primus Illlvir wird.
1) Zu Grunde liegen der nachfolgenden Aufzählung die Zusammenstellungen
von Zumpt Comm. ep. I p. 422 ff. und Henzeii Annali 1860 p. 88 ff., welche
indessen jetzt in einigen Puncten modificirt und ergänzt werden können.
2) Ptolem. 4, 3, 5.
3) Renier 3194 j Ilvir Ammaedarensium ib. 2715. 3196.
4) Gue'rin 2 p. 90. "Aoacupo; bei Ptolem. 4, 3, 30.
5) Plin. iV. H. 5 § 29.
6) Renier 2715. 2719. 2821. 2824. Als solches hat Kalama Illlviri. Renier
2754. 2755.
7) Renier 2726. 2735. Augustin. De civ. d. 22, 8, 20 p. 505 Dombart.
Die Colonie hat Ilviri, Renier 2756. 2757. 2767.
8) Renier 2531.
9) Renier 2529. 2533. 2535. Ptolem. 4, 3, 29.
10) Augustin. ep. 35. de civ. dei 22, 8 p. 503 Dombart. Itin. p. 44. Es hat
Ilviri, Renier 2871.
11) Renier 76. 1282. 1524.
12) Ordo col. Latnb., Renier 116, vgl, 187; Lambesitana colonia, Cyprian. ep.
55; oft auf Inschriften RESP. C. L. d. h. respublica coloniae Lambaesitanorum,
Renier 118. 4314. 4316. 4364. 4367. 4368. Duumviri kommen vor n. 79. 85.
237. 1282. 1406. 1710.
13) Itin. p. 26.
14) Henzen 5327 = Gu^rin 2 p. 73 n. 266.
15) Corippus lohann. 6, 143:
urbs Laribus mediis surgit tutissima ailviü
et muris munita novis, quo3 condidit ipse
lustinianus apex.
i&) So heisst der Name bei Augustin. cop/*. 2, 3, dagegen Ma^oupoc Ptolem.
4, 3, w, die Colonie bezeugt Renier 2924. Apul. Apol. 24 p. 447: neque hoc eo
dixi , quo me patriae meae poeniteret , etsi adhuc Syphacis oppidum essemu« : quo
tarnen victo ad Masinissam regem munere populi Komani concessimus ac deincepa
veteranorum militum novo conditu splendidissima colonia sumus, in qua colonia
patrem habui loco principia duumviralem, cunctis honoribus perfunctum.
17) Ptolem. 4, 3, 30.
18) Gu^rin 2 p. 58 n. 233. Cirthenses Siccenses, Gu«^rin 2 p. 59 n. 234.
19) Früher re/fpublica Siguitanorum (Renier 2468) oder municipium ( Reuier
2472); hernach colonia. Kxcursiom dans l'Afrique aeptentrional , Paris 1837. 8
n. 87 in einer Tnschr, des Caracalla.
20) Itin. p. 43.
Koro. AltiTtli. IV. 21
— 322 —
oppidum civium liomanorum^ später colonia^)\ Thamugas, Colonie
des Traian, gegründet 100 n. Chr. unter dem Namen colonia
Marciana Traiana Thamugas durch die leg. III Aug. \ Thevesie'^]
Thieha^) Thubursicum^)\ Thunudromum ^) Tuburmca, zu Plinius
Zeit oppidum civium Rom., später Colonie 'j; colonia Septimia
Vaga^); colonia Aelia iladriana Augusta Zama Regia^); colonia
lulia Zarai^^y Nicht alle Ansiedelungen aber wurden sofort Co-
lonien, sondern die pagi und castella entwickelten sich allmählich
zu Städten römischer Verfassung, wie wir an verschiedenen Bei-
spielen verfolgen können. Arsacal^ ein castellum^^)^ das zu Cirta
gehörte 12] j nennt sich resjow6/ica ^ 3) , Cisus heissi municipium ^*) , so
auch Diana ^^)j Lamasba^^), Mastar, ein castellum bei Cirta, res-
publica 1') ; der pagus Phuensium, welcher unter einem magister
pagi 1^) oder castelli i**) steht, ist dabei eine respiiblica und hat De-
curionen 2<>) , Thagaste ist mmiicipium'^^], ebenso Thignica, das sich
früher civitas^'^) ^ hernach municipium Septimium Aurelium An-
toninianum Herculeum Frugiferum Thignica neuntes); ferner Tid-
1) Ptolem. 4, 3, 5.
2 Renier 1479, als Colonie erwähnt auch 1505. 1508. 1509. 1510 ff. und
sonst häufig.
3) Itin. p. 27.
4) Bi-q^a %oX(uvia Ptolem, 4, 3, 29 Wilberg , sonst ÖtYißa geschrieben , viel-
leicht identisch mit oppidum civium Romanorum Tibigense , Plin. N. H. 5 § 29
und civitas Thibica, Gue'rin 2 p. 362 n. 515, p. 364 n. 520.
5) respub. coloniae Thuburs. Numidarum. Recueil 1866 p. 134 n. 117.
6} 0ouvo65po(ji.ov xoXtovia Ptol. 4, 3, 29 nach Wübergs Lesart.
7) Plin. N. n. b % 29. Ptolem. 4, 3. 29.
8) Gue'rin 2 p. 40 n. 216. p. 41 n. 217.
9) Grut. p. 364, 1. Reinesius p. 458 n. 122.
10) Renier n. 5 F. 4113.
11} Renier 2364.
12) Es errichtet ein Monument einem patronus coloniarum, ein anderes dem
genius coloniae, worunter wohl Cirta zu verstehn ist. Annuaire 1862 p. 80 n. 2.
p. 107 n. 111.
13) Annuaire 1862 p. 80 n. 2.
14) Itin. p. 16.
15) Renier 1721. 4323. Weil es Itin. p. 35 Diana veteranorum genannt wird
und Ilviri hat (Renier 1718. 1729. •1730 u. ö.), ist Henzen Annali 1860 p. 89
geneigt es für eine Colonie zu halten.
16) Renier 1452; respiiblica Lamasbensium Antoniniana, Renier 4332.
17) Annuaire 1858 p. 209.
18) Renier 2379. 2381 ff.
19) Renier 2399. 2403.
20) Renier 2375 ff.
21) Bullett. 1859 p. 33. Der ordo kommt vor Renier 2902. 2904.
22) Guerin 2 p. 157 = Maffei Mus. Ver. p. 464, 4.
23) Gue'rin 2 p. 152 n. 384, wonach Henzen n. 5325 richtiger, als es ge-
schehen ist, ergänzt werden kann.
— 323 —
dis^) , Tlgava'^), Tubuna^) , Uzelis^)^ und der frühere vicus! Ve-
recunda ^) .
XLIV. XLV. Mauretaniae.
Ganz Mauretanien, d. h. den nordwestlichen Theil Africas
vom FIuss Ampsaga an^), besass zu Augustus Zeit luba II, der
Sohn des luba, welcher sein Königreich in der Schlacht bei
Thapsus (46 v. Chr.) verloren hatte. Er war verheirathet mit
Cleopatra Selene, einer Tochter des Antonius und der berühm-
ten Cleopatra ^) , wurde von Octavian im J. 25 v. Chr. zum
König beider Mauretanien erhoben, und lebte bis 23 n. Chr.,
worauf sein Sohn Ptolemaeus von 23! — 'iO n. Chr. regierte ^).
Der letztere, noch von Tiberius mit Geschenken und Gunstbe-
zeugungen geehrt"), wurde im J. 40 von Caligula nach Rom
berufen und dort ermordet i^), worauf Claudius aus dem früheren
Königreiche zwei Provinzen, Mauretania Tingitana mit der Haupt- I^^^^^J'*"^*
Stadt Tinsis (Taneer) und Mauretania Caesariensis mit der Haupt- ündcaesa-
o \ iD j * riensis.
Stadt lol, seit luba Caesarea genannt (Cherchell in der Provinz
Oran), bildete ^i), welche durch den Fluss Mulucha, den Ptole-
1) Die Ortschaft hat Decurionen, Aedilen, Quaestoren, Renier 2321. 2323 ff,
2) Itin. p. 38.
3) Renier 1657, wo ein duumvir vorkommt.
4) Renier 2456.
5) possessores vici Verecundensis , Renier 14i0. Der vicus hat schon Decu-
rionen, 1411. 1413; hernach heisst er siher municipiiim, Renier 1437. 1438. 1439.
6) S. oben S. 307.
7) Dio Cass. 51, 15.
8) Strabo 17 p. 828. 831. 840. Die Regierungszeit beider Könige, welche
sehr verschieden angesetzt worden ist, ergiebt sich aus ihren zahlreichen Mün-
zen , die nach dem Regierungsjahre datirt sind und beweisen , dass luba II 48,
Ptolemaeus 18 .Tahre regierte. Da nun der letztere 40 n. Chr. starb, also 23 zur
Regierung kam, so ist der Regierungsantritt des luba 25 v. Chr. zu setzen,
S. L. Müller Numismatique de L' ancienne Afrique III p. 114, 115. Zugleich
erweist es sich, wie L. Müller a. a. 0. p. 82 n. 3 bemerkt, als ein Irrthum,
wenn Boeckh C. I. Gr. n. 360 die athenisc^he Inschrift 6 otjjjio; ßaaiX^a IItoXc-
(j.aTov, ßaoiXItD; 'Io6|i'x 'A6v , [^otai)iaj; ntoXe|xaio'j ^•/.'(ovo-^ dahin erklärt, dass
Ptolemaeus eilien Sohn luba und dieser wieder einen Sohn Ptolemaeus gehabt
habe. Vielmehr bezieht sich die Inschrift auf den in Rede stehenden Ptolemaeus,
der ein Abkömmling des ägyptischen Ptolemaeus genannt wird.
9) Tac. Ann. 4, 24, 26,
10) Dio Cas^*. 59, 25. Suet, Cal. 26. 35. Seneca de tranq. an. c. 11.
11) Dio Cass. 60, 9 : 6 KXoi6oioc oiyfj to-j; Ma'jpou; to'jc Ü7:t)x«5ouc Iveifiev,
ii xe Ttt Ttepi T^YT*"^ '^''^^ ^» "^^ ''^^f^^ Katorfpeiav, dtf davuep xal ivoixdCovxat, xat
?i6o d(p/0'jotv IrrTreOai TTpotdra^c, Plin. ^'. //. 5 jiJ2: prinr.ipio terrarum Maure-
taniae appelliintiir, untjue ad C. Cttexarem (fennanid filium re</na , saeiütia eins
in dua» divinae provinrinn. <i^ i 1 -. liomarui nrma priinum Claudio principe in M«iu-
21*
— 324 —
macus MaXoua nennt und der jetzt die Provinz Oran von Ma-
Aerader pocco trennt, abgegrenzt waren. Die Gründung der Provinz ist
durch eine eigne Aera bezeichnet, welche so lange in Gebrauch
blieb, als die Provinz bestand, und deren erstes Jahr dem Jahr
40 n. Chr. entspricht^); da die Mauretanier aber der Besetzung
ihres Landes Widerstand leisteten, so dauerte es noch zwei Jahre,
bis das Land wirklich in den Besitz der Bömer kam 2). Jede
Prorurato- Proviuz crhiolt als Statthalter einen procuralor ritterlichen Stan-
waituntj. des^), der bis auf die Zeit der Gordiane nachweisbar isf*) und
zum Unterschiede von den ausserdem in Mauretanien fungirenden
. Procuratoren •'^) auch pt^ocurator pro legato*') heisst. Zuweilen
wurden beide Mauretanien von einem procuralor regiert, wie in
der Zeit des Galba von Lucceius Albinus^), unter Severus, Cara-
retania bellavere Ptolemaeum regem a Qaio Caesare interemtum ulciscente liberto
Aedemone. Aur. Vict. de Caes. 4.
1) Die Aera kommt häufig vor und ist sicher festgestellt. S. Henzen n. 5337.
5338. 5859. Renier Inscr. de l'Alg. 3455. 3504. 3568. 3520 und die ausführ-
lichen Untersuchungen von Prevost in Revue Archeolog. 1848 p. 800. Hefner in
Abhandlungen der k. bayer. Acad. Phil. Cl. V , 2 (1849) S. 198 ff. Creuly in
Annuaire de Const. 1858 p. 1—8. Renier Revue Archeol. 1854 October p. 445 f.
Victor de ßuck Explication de deux epigraphes chretiennes etc. in CoUection de
precis historiques , Bruxelles 1854 (September) p. 477. De Rossi Inscr. Christ.
U. R. I p. VI. A. Poulle in Annuaire de Const. 1862 p. 261 ff. Recueü de
Const. 1869 p. 710. Es genügt hier zu erwähnen, dass das Jahr 158 der Pro-
vinz dem Jahr 197 n. Chr. (Renier Inscr. de l'Alg. 3520), das Jahr der Prov. 110
dem J. 149 n. Chr. (Inschr. v. Setif, Annuaire de Const. 1862 p. 261), das Jahr
413 der Prov. dem Jahr 452 n. Chr. entspricht (Annuaire de Const. 1862
p. 264. 268). .
2) Dies erzählt umständlich Dio Cass. 60, 9.
3) Dio Cass. 60, 9. Plin. N. H. 5 § 11: equitibus quoque Romanis, qui ex
eo (seit Claudius) praefuere ibi, Atlantem penetrasse in gloria fuit. Tac. H. 1, 11:
duae Mauretaniae , Raetia, Noricum, Thracia et quae aliae procuratoribus cohi-
bentur. 2, 58 : isdem diebus accessisse partibus utramque Mauretaniam , interfecto
procuratore Albino, nuntii venere.
4) Die bekannten Procuratoren beider Provinzen findet man bei Henzen
. Annali 1860 p. 43. Der letzte derselben ist Catellius Ruflnus, proc. M. Caesa-
riensis unter Gordian, Renier /. de VAlg. n. 3804. Nachzutragen sind C. Vallius
Maximianus proc. — Mauretan. Tingitanae unter Marc. Antonin. C. I. L. U, 1120;
Furius Celsus proc. derselben Provinz unter Alexander Severus, Lamprid. Alex.
58; M. Aurelius Atho Marcellus unter den Philippi, Annuaire 1860 p. 226.
5) So kommt unter Alexander Severus vor Q. Axius Aeliahus proc. rat.
priv. prov. Maar. Caes., Henzen n. 6932 = C. I. L. III, 1456, und nochmals
mit dem Titel proc. Aug. r. p. per Caesariensem, Renier Revue arch. 10. 1864
p. 2iS = Recueil de Const. 1864 p. 101 n. 12. Ein subprocurator provinciae Mau-
fetaniae Tingitanae findet sich in der ephesischen Inschr. Curtius Hermes 4
S. 218. 219.
6) Ein solcher kommt vor unter Traian, Orelli 3570 und Vol. III p. 372;
unter Hadrian, Recueil de Const. 1864 p. 104 n. 12.
7) Tac. Hist. 2, 58 : Lucceius Albinus a Nerone Mauretaniae Caesariensi prae-
positus, addita per Galbam Tingitanae provinciae administratione, haud spemendis
— 325 —
calla und Gela (209—211) von Cn. Haius Diadumenianus und
wenig später von Q. Sallustius Macrinianus i) ; auch unter Ha-
drian scheint Q. Marcius Turbo in beiden Provinzen mit dem
Titel praefectus commandirt zu haben 2). Der Zweck der Com-
bination war zunächst die Concentration der Truppen unter einem
Commando. Denn obgleich eine Legion in den Mauretanien nicht
stand, so waren dieselben doch von zahlreichen Auxiliartruppen,
namentlich von Cavallerie besetzt 3), welche der procuralor com-
niandirte, insofern nicht bei gefährlichen Aufständen, welche sich
immer wiederholten , die Unterstützung durch ein grösseres Heer
unter einem kaiserlichen Legaten nöthig wurde^). Unter Diocletian
hat der Statthalter beider Provinzen den Titel praeses^) , der im J. 288
für die damals noch ungetheilte Mauretania Caesariensis vorkommt «);
viribtis agehat. decem novem cohortes , quinque alae, ingens Maurorum numerus
aderat, — apta hello manus.
1) Der erstere heisst proc, Auggg. utrarumque Mauretaniarum. Kenier 3891 ;
der letztere proc. Aug(g.) utriusq(ue') prov. Mauretaniae, Bull. d. Inst. 1859 p. 49.
2) Spartian. Hadr. 5: Lusium Quietum sublatis gentibus Mauris, quos regebat
— exarmavit, Marcio Turbone ludaeis conpressis ad deprimendum tumultum Mau-
retaniae destinato. c. 6 : Marcium Turbonem post Mauretaniae praefecturam (so
wird jedenfalls zu lesen sein) — Pannoniae Daciaeque ad tempus praefecit. l'eber
diesen General ritterlichen Standes, der, wenn ihm Spartian überhaupt einen
ofüciellen Titel beilegt, praefectus Mauretaniae, d. h. regierender procurator war,
s. Henzen Annali 1860 p. 45. Mommsen C. I. L. III n. 1462.
3) Tac. //. 2, 58. S. S. 324 Anm. 7. Die Corps, welche in Mauretania Cae-
sariensis standen, findet man aufgezählt bei llenzen Annali 1860 p. 71 ff.
4) Capitolin. Anton, p. 5 : per legales suos plurima bella gessit — et Mauroa
ad pacem postulandam coegit. v. Anton, phil. 21 : cum Mauri Hispanias omnes
vaatarent , res per legatos bene gestae sunt. Spartian. v. Sept. Sev. 2. Zumpt
Studio Romana p. 144. Wenn Mommsen Berichte der sächs. Gesellsch. ph. hist.
Cl. 1852 S. 216 annimmt, die Militärgewalt des Legaten von Numidien habe sich
überhaupt auf Mauretanien erstreckt, so ist dies an sich wahrscheinlich, da die
Procuratoren immer auf das nächste höhere Commando angewiesen waren ; aber
die Inschrift, auf welche er sich beruft, beweist dies nicht, da sie nichi nach
Sitifls, sondern nach Diana (Zana) gehört. S. Kenier n. 1719. Dass dagegen aus
Spanien Truppen für Tingitana requirirt wurden , lehren die Inschriften des
T. Varius Clemens, (Jrut. p. 482 n. 5. 6. 7. 8 = C. /. L. III n. 5211 ff. , in
welchen derselbe als praefectus auxiliorum in Mauretaniam Tingitanam ex Jiispa-
nia missorum erscheint. Die Inschrift bezieht sich auf den Krieg des Antoninus
Pius, den Capitolin, Ant. p. 5 und Pausanias 8, 43, 3 erwähnen.
5j C. I. L. II n. 4135 : Ael. lanuario — — [prae]sidi prov. Ting[it.],
\praesi}di prov. Mau[ret. Caesariensis]. Dahin gehört auch im Jahr 298 Anasta-
sins Fortunatus, von dem es Ruinart Acta prim. martyrum , Amstelod. 1713
p. 302 heisst: in civitate Tingitana, procurante F'ortunato praeside. Kr comman-
dirt eine legio Traiana und wird c. 2 praeses legionis genannt. Damit muss die
Ugio JI Traiana gemeint sein, welche ihr gewöhnliches Standtiuartier in Alexan-
dria hatte, aber, wenn die Acta zuverlässig sind, in diesem Jahre in Tingi ge-
legen haben mnss.
6j Auf dieses Jahr bezieht sieb dio InBchr. von Sitifls (S^tifj, Annuaire de
Constantine 1862 p. 173: D. N. imp. Caes. C. Valerio Aure. {DiocUtiano) invic.
— 326 —
wenig spater wurde die ganze Verwaltung der Provinzen dahin
verändert, dass Mauretania Tingitana zur dioecesis Hispaniarum
gezogen , Mauretania Caesariensis aber in zwei Theiie getheilt
wurde, deren Grenze der jetzige Oued Flitoun bildete i), und
Mauretania vou deucu der westHclie den Namen behielt, der östliche aber
unter dem Namen Mauretania Sitifensis einen eignen /;rae6'e6 be-
kam. Die neue Einrichtung bestand schon 297 2) ^J^^^\ der Name
der Mauretania Sitifensis kommt zuerst vor in der Inschrift von
Saldae (Bougie)^), aus welcher hervorgeht, dass Aurelius Litua,
prueses von Mauretania Caesariensis^), zur Zeit des Krieges mit
den Quinquegentanei beide Provinzen verwaltete. Dieser Krieg
begann 289^^), dauerte eine Reihe von Jahren ß), und wurde be-
endigt von Maximianus im J. 297 7); die Theilung der Provinzen
pio fei. Aug. pontif. max. trib. (p.) V cons. 111 p. p. procos. Flavius Pecuarius
v(ir) p{erfectissimu$) p(raeses) p(rovinciae) Maur. Caes. devotus numini maiesta-
tique eins. Da sie in Sitifls dem praeses Maur. Caes. gesetzt ist , so darf man
schliessen, dass es damals eine Mauretania Sitifensis noch nicht gab.
1) Eecueü de Constantine 1863 p. 8.
2) Das veroneser Verzeichniss der Provinzen (Mommsen Abb. d. Berl. Acad.
1862 S..514. 515) erwähnt sie schon.
3) Annuaire de Constantine 1862 p. 170 : lunoni ceterisq. diis immortalibus
gratiarn referens, quod coadunatis secum militibus 1). 1). NN invictissimorum Augg.
tarn ex Maure. Caes. quam etiam de Sitifensi adgressus Quinqucgentaneos rehel-
les — — repressa desperatione eorum victoriam reportaverit Aurel. Litua v. p.
p(raeses) p(rovinciae) M. Caes.
4) Er kommt nochmals vor in der Inschr. von Caesarea , Renier Inscr. de
l'Alg. n. 4035 : lovi optimo maximo ceterisque dis immortalibus gratum referens.,
quod erasis funditus barbaris transtagnensibus secunda praeda facta salvus et in-
columis cum omnib. militibus D. D. NN. Diocletiani et Maximiani Augg. regres-
sus Aurel. Litua v. p. p. p. M. C. votum libens posui.
5) Euseb. Chr. Can. p. 187 Schoene.
6) In dem 291 gehaltenen panegyricus genethliacus des Mamertinus auf Maxi-
mian heisst es c, 16: sed etiam suo ipso lucis occasu, qua Tingitano litori Cal-
petani montis obvium latus in mediterraneos sinus admittit oceanum^ ruunt omnes
in sanguinem suum populi , quibus nunquam contigit esse Romanis, obstinataeque
feritatis poenas nunc sponte persolvunt. c. 17 : furit in viscera gens effrena Mau-
rorum.
7j Incerti panegyricus Maximiano et Constantino (gehalten 307) c. 8: tu
ferocissimos Mauretaniae populos , inaccessis montium iugis et naturali munitione
fidentes expugnasti recepisti transtulisti. Eutrop. 9, 23 : Maximianus quoque Augu-
stus bellum in Africa profligavit , domitis Quinquegentianis et ad pacem redactis.
Dieser Sieg ist nach P^utrop gleichzeitig mit Diocletians Sieg über den Achil-
leus , welchen Eusebius in das 13te Jahr des Diocletian, d. h, 297/8 setzt. Die
Quinquegentanei aber, die auch Eutrop. 9, 22. Aur. Vict. Caes. 39, 22. Oros.
7, 25. Euseb. Chr. Can. p. 187 Schoene. Julius Ilonorius in Mela ed. Gronov,
1696. 8 p. 18 erwähnen, sind nicht, wie Scaliger Thes. temp., Amstelod. 1658
fol. Animadv. p. 243^ annahm, die Einwohner der Pentapolis Cyrenaica, sondern
maurische Stämme, welche von Paeanius Metaphr. 9, 22. 23 TevTiavoi, von Zo-
naras 12, 31 Tre^xe xtvec TevTiavoi genannt werden und in Mauretania Caesarien-
sis wohnten. Sie kommen schon in der c. 260 n. Chr. gesetzten Inschr. des C.
anläge.
— 327 —
scheint demnach vor diesem Kriege in dem ersten Jahre des
Diocletian erfolgt i) , die Militärgewalt aber vorläufig in den Hän-
den des prueses geblieben zu sein 2). Noch im Beginn des fünf-
ten Jahrhunderts, wo es neben dem praeses einen dux limitis
Mauretaiiiae Caesariensis gab^) , finden sich, wie in andern
Provinzen'*), so auch hier beide Würden vereinigt in dem (btx
et praeses provinciae Mauretaniae Caesariensis, unter welchem
acht praepositi limitum stehn^). In Beziehung auf die Finanz-
verwaltung waren wenigstens seit Consta ntin d. Gr. die Maure-
taniae mit Numidia vereinigt und unter einen rationalis ge-
stellt*^); ob sie indessen zeitweise auch unter dem praeses Nu-
midiae gestanden haben, ist zweifelhaft 7) .
Von den Colonien, deren Anlage die Bömer in beiden Provinzen coionien-
eifrig förderten, haben wir insofern nur eine mangelhafte Kennt-
niss, als die antiquarische Forschung sich bisher auf Mauretania
Caesariensis beschränkt^) und auf Tingitana noch nicht erstreckt
hat. In der letzteren Provinz kennen wir sieben Colonien, drei des
Macrinius Decianus (Renier n. 101 = Orelli-Henzen 7414y) vor, wo jetzt sicher
zu ergänzen ist : tertioque [Quinquegeyitaneis gentilibus Mauretaniae Caesariensis
— caesis fugatisque.
1) Seitdem sind neben den praesides Mauretaniae Caesariensis (Renier 3886.
3888) auch die praesides Mauretaniae Sitifensis unter Constantius Chlorus, d. h.
zwischen 292—304 (Renier 3284), Constantin d. Gr. (Renier 3285. 3286. 3555),
unter Valentinian II, Theodosius und Arcadius, d. h. 383 — 391 (Renier 3289)
und am Anfang des 5ten Jahrh. {^Not. D. Occ. p. 63) nachweisbar.
2) Der praepositus limitis, welcher im J. 262 der Provinz = 223 n. Chr. in
Mauretania Caesarea vorkommt (Renier 3567) , würde , wenn diese Vermuthung
richtig ist, unter dem praeses gestanden haben.
3) Not. Dign. Occ- c. 1 § 21».
4) So kommt im J. 382 ein dux et praeses Sardiniae vor, Cod. Th. 9, 27, 3.
Vgl. Cod. lust. 7, 62, 32 § 1 : quodsi a duce fuerit appellatum, si idem et praeses
Sit, praefectura nesessario tantum iure ordinario in sacro auditorio iudicabit.
5) Not. Dign. Occ. c. 29. Ein solcher praepositus limitis kommt schon vor
im J. 262 der Provinz = 301 n. Chr. Renier n. 3567.
6) Recueil de Constantine 1869 p. B79: lulius Iuvenal{is} rat. Numidiae et
Mat4reta)niarum. In der an ihn gerichteten Verordnung des Cod. Th. vom J. 346
(Cod. Th. 10, 8, 4) führt er den abgekürzten Titel rationalis Numidiae. Annuaire
de Conitt. 1860 p. 141 n. 4: Vettius Florentinus v. p. rationalis Numid. et
Mauret., wonach auch die Inschr. Renier 1847 zu lesen ist: [rationaUis Nu-
midiae et Maur(elaniarum), nicht, wie Renier will, [consularis sexfaacojlia Nu-
midiae et Mauretaniae.
7) Unter Diocloiian kommt mehrmals vor Valerius Florus v. p. p. p. NM,
was Renier 1513, 1514. 1515 erklärt vir perfectisaimus praeses provinciae Nu-
midiae Mauretaniae (vgl, lienzcn Anruili 1860 p. 37). Es fragt sich aber, ob
nicht NVM zu lesen sein dürfte, da das V in dem N enthalten ist. So liest
auch Monunsen Kpkem. epiyr. 1H72 p. 125.
8) L'eber die (.'olonien beider Maiiretanlen s. Zunipi ' nun. ep, I, 381. 424,
über die von Caesariensis Heuzen Annali 1860 p. 92 IT.
— 328 —
Äugustus, welche, noch zur Zeit des mauretanischen Königthunis
angelegt, zur Provinz Baetica gerechnet wurden: Zilis^), Bal)ba2)
und Banasa ») ; zwei des Claudius: Tingi ^) und Lixus oder Lix^);
zwei aus späterer Zeit: Rusadder und Volubilis ^^). Bei weitem
m(»hr sind in Mauretania Caesariensis bekannt, nämlich acht des
Äugustus'); Cartenna, colonisirt durch die leg. 7/^), Gunugi, An-
siedelungeiner cohors praetorium Igilgili^), Rusguniae ^^j , Rusazus,
Saldae **) (Bougie) oder colonia lulia Augusta Saldantium Septi-
manorum immunis^'^); Zuccubar*^) • colonia lulia Aitgusla legionis
VlITupusuclu^^]; zwei des Claudius^'') : Caesarea ^^) und Oppidum
novum ^') ; eine des Nerva : Sitifis (Setif) mit dem Namen colonia
Nerviana Augusta Martialis ^^) ; ferner aus späterer Zeit : Aquae
calidae^'^)^ Arsennaria^ zu Plinius Zeit oppidum Latinum^ hernach
Colonia 20), Auzia (Aumale), unter Tiberius ein castellum semiru-
1) Der Name wird geschrieben Z^Xtc Strabo 3 p. 140; 17 p. 827, ZiXeta
Ptolem. 4, 1, 13 p. 249 Wilberg; 8, 13, 4; Zilis Itin. p. 8; während bei Plinius
5 § 2 die besten Handschriften lesen : in ora Oceani colonia Augusli lulia Con-
stantia Zulil, reyum dicioni exempta et iura in Baeticam petere iussa. Bei Mela
3, 10, ö, wo Vossius Zilia las, haben die Handschriften colonia et ßuvius Gna,
welcher Name sonst ganz unbekannt ist.
2) lulia Campestris Bahba, Augusti colonia, Plin, 5 § 5 ; auf Münzen C. C.
I. B. d. h. colonia Campestris lulia Babba, Müller 3 p. 173.
3) Colonia Valentia Banasa, Plin, 5 § 5.
4) Plin. 5 § 2: Tingi — a Claudio Caesare, cum coloniam faceret, appel-
latum Traducta lulia. Da die Stadt schon auf Münzen des Äugustus lulia Tingis
heisst (Müller 3 p. 146), weil sie von diesem das Bürgerrecht (TroXixeta) erhal-
ten hatte (Dio Cass. 48, 45), so war sie vorher wohl schon municipium. Vgl.
Zumpt a. a. 0. p. 387.
5) Plin. 5 § 2. Itin. p. 7.
6) Itin. p. 11. 23.
7) Alle angeführt von Plin. 5 § 20.
8) colonia, Renier 3851 = Henzen 3334.
9) Itin. p. 18.
10) colonia Rusguniensis , Renier 3579. 3580. Die erste Inschr. auch bei
Maffei M. Ver. p. 463, 1.
11) Ptol. 4, 2, 9. Itin. p. 17.
12) Renier 3511. 3512. Recueil 1869 p. 125.
13) Der Name kommt vor Renier 3691.
14) Inschr. von Bona vom Jahr 55 n. Chr. bei Hübner Monatsberichte der
Berliner Acad. 1861. 2te Hälfte S. 984. In unsern Texten gewöhnlich Tubusuptu
geschrieben, Plin. 5 § 21. Ptol. 4, 2, 31. Ammian. 29, 5, 11.
15) Plin. 5 § 20.
16) colonia Caesariensis , Renier 3913 ; C(olonia) C(laudia) C(aesariensium),
Renier 3927.
17) Ptolem. 4, 2, 25. 34.
18) Renier 3270 : col. (Nerv.) Aug. Marl. veter(^anorum') {Sitif(ensium) ib. 3274.
3277. 3282, vgl. 3297; später auch resp. Sitifensium Ner, Antoninianor(um)
3275. 3278. 3279.
19) "TBaxa öepfjid xoXtuvia , Ptolem. 4, 2, 26.
20) Plin. 5 S 19. Ptolem. 4, 2, 3.
— 329 —
tum ^) , später colonia Septimia Äurelia Auziensium 2) ; Bida ^) ;
Gilva^), Icosium (Alger), bei Plinius oppidum Latinum^ hernach
Colonie^); colo7iia Kastiirrensis^); colonia Lemellefensium'')', Quiza^)
oder Equiza *^j ; Rusuceurium , von Claudius mit dem Bürger-
recht beschenkt '<^j , noch unter Severus Municipium 1^) , hernach
Colonie^2]. Siga^^); Tipasa^^); colonia Usinazensis^^) und ausser-
dem eine Anzahl von Municipieni^).
1) Tac. Ann. 4, 25.
2) Kenier 3571; colonia 3578. 3579. 3581.
3) Ptolem. 4, 2, 28.
4) Itin. p. 13.
5) Plin. 5 § 20. Itin. p. 15.
6J Recueil 1864 p. 101 n. 12= C. 1. L. Ul n. 1456 aus dem Jahr 170 n. Chr.
7) Annuaire 1860 p. 228. Das oppidum Lemellefense, jetzt Zembia, liegt
südwestlich von Sitifis und gehört auch nach den kirchlichen Verzeichnissen zu
Mauretania Sitifensis (Dupin p. XII. Morcelli 1, 201). Danach ist in der Inschr.
der Philippi (244 — 249), Annuaire 1860 p. 226, zu lesen: instantia M. Aurelii
Athonis Marcelli v{iri') €(^gregii) proc. Augg. rarissimi praesidis n(ostri), nicht
Numidiae, wie die Herausgeber ergänzen.
8) Quiza Cenitana peregrinorum oppidum, Plin. 5 § 19; Ko'jiCot xoXojviot,
Ptolem. 4, 2, 3; Quiza municipium, Itin. p. 13; DISPunctor BEJP. Quizen-
sium , Renier 3844.
9) colonia Equiz(ensi3), Renier 3580.
10) Plin. 5 § 20.
11) Renier 4070.
12) Itin. p. 16. 39. ' ' ' |
13) Ptolem. 4, 2, 2.
14) Bei Plin. 5 § 20 oppidum Latinum; hernach colonia, Renier 4041. Itin.
p 15. Ordo Tipasensium, C. I. L. 11, 2110.
15) Diese beruht freilich auf einer Ergänzung der Inschr. Renier 3659, nach
welcher Severus und Caracalla ,,coloniaM VS1NAZEN8EM PER .... QON-
STITVERVNT/'
16) Diese sind bereits von llenzcn a. a. 0. p. 94 zusammengestellt worden.
Dahin gehören lomnium municipium, Itin. p. 17; municipium Aeliuin Clioba^
Renier 3504, Portus magnus, bei Plin. 5 § 19 civium Romanorum oppidum;
respublica Portuensium , Renier 3825 mit duumviri , Renier 3828 , und andre
sonst nicht weiter bekannte Ortschaften.
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11. ChronologivSohe Uebersicht.
A. Provinzen dar Republik.
,,
Siciiia eingerichtet
513 = 241.
2.
Sardinia eingerichtet
523 = 231.
3.
4.
Hispania citerior
llispania ulterior
(557 = 197.
5.
Illyricum eingerichtet
nach 587 = 107.
().
Macedonia eingericlitet
008=140.
7.
Achaia erobert
008 = 140.
8.
Africa eingerichtet
008=140.
9.
Asia
021 = 133.
10.
Gallia Narbonensis
034=120.
11.
Gallia Cisalpina
073 = 81 ?
12.
Bithynia
080 = 74.
13.
Cyrene et Greta
080 = 74; Greta OST = 07.
14.
Cilicia
[051 = 103] 090 = 01.
15.
Syria
090 = 04.
B. Provinzen der früheren Kaiserzeit.
,.
Aegyptus
724 = 30.
2.
Moesia
725 = 29?
3.
4.
5,
Aquitania
Lugdunensis
Belgica
lerobert seit 704 = 50, ge-
J theilt 17 n. Chr.
0.
Lusitania
727 = 27?
7.
8.
Germania superior
Germania inferior
|l7 n. Chr.
9.
Cyprus
727 = 27.
10.
Galatia
729 = 25.
11.
Pamphylia
729 = 25.
und Lycia
43 n. Chr.
12.
Raetia
739=15.
13.
Noricum
739=15.
14.
Alpes Maritimae
740=14.
15.
Pannonia
10 n. Chr.
10.
Cappadocia
17 n. Chr.
17.
Mauretania Tingitana
{40 n. Chr.
18.
Mauretania Caesariensis
19.
Britannia
43 n. Chr.
20.
Thracia
40 n. Chr.
21.
Alpes Cottiae
unter Nero.
22.
Epirus
unter Vespasian?
23.
Arabia
105 n. Chr.
24.
Dacia
107 n. Chr.
25.
Armenia
]
20.
Mesopotamia
M15 n. Chr.
27.
Assyria
J
' 28.
Numidia
zwischen 193-211.
29.
Alpes Poeninae
im 2. Jahrh.
Anm. Die Differenz mit der Zahl der Provinzen in Tab. I. entsteht durcli Gallia Cixalpiiia,
und die hier als ungetheilt aufgeführten Provinzen Moesia und Pannonia.
335 —
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22
338 —
2. Verwaltung der Provinzen.
A. Einrichtung der Provinz.
Nach der gegebenen Uebersicht über die Bestandtheile des
römischen Reiches können wir nun die allgemeinen Grundsätze
entwickeln, welche von den Römern in der Administration der
unterworfenen Länder befolgt wurden, und deren consequente
Durchführung das Resultat hatte, dass die ursprünghch in allen
Beziehungen disparaten Provinzen durch den Einfluss römischer
Verwaltung, römischen Rechtes und römischen Lebens zu einem
nicht nur äusserhch gleichmässig geregelten, sondern auch in-
nerlich übereinstimmenden Ganzen vereinigt wurden, in welchem
die verschiedenen Nationalitäten mit ihren politischen, rechtlichen
und socialen Eigenthümlichkeiten mehr oder weniger aufgingen i) .
Begriffdor Das Wort provincia ist viel älter als die ausseritalischen
Provinz. *
Eroberungen, welche wir bisher mit dem Namen Provinzen be-
zeichnet haben, und bedarf einer besonderen Erklärung 2). So
lange das Königthum in Rom bestand, war der König der allei-
nige Inhaber des imperium^ d. h. der unumschränkten militäri-
schen und richterlichen Gewalt 3) ; nachdem aber das impe^Hum
bei dem Beginn der Republik auf zwei Consuln^), seit 387 = 367
1) lieber die Verwaltung der Provinzen s. Sigonius I)e ant. iure provinc.
lib. II. Du Pui De iure provinciarum imperii Romani , Lugd. Bat. 1807. 4.
G. C. Th. Frankii Prolegom. in Cic. orat. Verr. de provinciarum Romanarum
forma atque administratione, in Friedemann u. Seebode Mise. Grit. II, 2 (1823)
p. 293 ff. Walter Gesch. d. röui. Rechts § 233 ff. Rein in Pauly's Realency-
clopädie VI S. 144 ff. Bergfeld Die Organisation der römischen Provinzen, iN'eu-
strelitz 1846. 4. Kuhn Die Verf. des R. Reichs. Voigt lus naturale l\ , 373
-492; 517—525.
2) S. Mommsen Die Rechtsfrage zwischen Caesar und dem Senat, Breslau
1857. 8. (Auch in den Abhandlungen der bist. phil. Gesellsch. zu Breslau Bd. I.)
S. 1 — 11; denselben Staatsrecht 1, 80; Festi epit. p. 226: provinciae appellan-
tur , quod populus Romanus eas provicit, id est ante vicit; p. 379: vinciam di-
cebant continentem , in welcher letzteren Bemerkung vincia der provincia entge-
gengesetzt zu werden scheint. S. Mommsen a. a. 0. S. 2. Die Erklärung von
Niebuhr R. G. 3, 727 provincia = proventuß d. h. Steuergut des Staates, ist
unhaltbar.
3) Mommsen Staatsrecht 1, 49.
4) Die Consuln haben regium imperium, regiam potestatem. Mommsen Staats-
recht 1, 43 Anm. 1.
— 339 —
auf einen praetor^), seit 507 = 247 auf einen zweiten praetor'^)
tibertragen worden war, w^urde es nöthig, die jedem dieser Be-
amten zustehende, principiell unbeschränkte Gewalt zu begrenzen
und für jeden derselben eine bestimmte Competenz festzustellen,
deren officielle Bezeichnung provincia ist. Unter provincia ver-
steht man. also den durch ein Gesetz oder Senatusconsult oder
auch durch Loos oder Vereinbarung*^) einem Consul oder Prätor
besonders zugewiesenen Geschäftskreis, in dessen Grenzen er
sein Imperium ausübt, und in diesem Sinne sagt man: consuH-
bus Ligures provincia decernitur^), consulibiis Italia provincia de-
cernitur'^) und nennt das Amt des praetor urbänus und peregri-
nus provincia urbana^] und provincia peregrina'^) . Beamten da-
gegen, welche kein Imperium haben, wird auch keine provincia
zugeschrieben, denn wenn von Provinzen der Quästoren die Rede
ist, so sind damit die des Consuls oder Prätors gemeint, dem
der Quästor als Unterbeamter beigegeben ist 8).
Nach der Besitznahme Siciliens und Sardiniens wurden im
J. 527 = 227 statt der bisherigen zwei Prätoren vier ernannt 'J)
und das imperium auch räumlich in der Art abgegrenzt, dass
zwei Prätoren in den neuen Amtsbezirken die Militär- und Ge-
richtsgewalt zugleich, also das alte consularische imperium^ er-
hielten, und dieses ist auch fernerhin den übrigen Prätoren und
später den Proconsuln und Proprätoren ertheilt worden. Seit-
dem wird provincia die Bezeichnung für eine überseeische Statt-
halterschaft und bedeutet nunmehr einmal in abstractem Sinne
das Commando in einem ausseritalischen Lande ^•^j und zwei-
tens in concretem Sinne das dem Statthalter untergebene Land
1) Liv. 6, 42.
2) Liv. epit. 19. Lydus De mayistr. 1. 38. 45.
3) Mommsen Staatsrecht 1, 71. 81.
4) Liv. 39, 45.
5j Mommsen Staatsrecht 1, 83 Anm. 6.
6j Cic, in Verr. act. II, 1, 40, 104: sortem nactua eH urhanae provineiae.
Cic, pr. Mut. 20, 41 : huius sors ea fuitj quam omnes — tibi optabamus, iuris
dicundi : egregia et ad consulatum apta provincia.
7) Liv. 39, 45: praetores ita sortiri iussi, uti (C. Valerio) flamini diali uti-
que altera iurin dicendi liomae provincia esset ; pereyrinam est sortilua.
8) Mommsen Staatsrecht 1, 8(5. Im gewöhnlichen Sprachgebrauch heisst pro-
vincia jedes Geschäft, Plantus mil. 1159: nunc tibi hanc eyo ivipero provinciam —
Mililem lepide et facete ei laute ludificarier . (aptiv. 474: ipsi opsonant, quae pa-
rasitorum ante erat provincia. Oic. pr. Sulla 18, 52: illtmi — provinciam de-
poposcit, ut — me in meo lectulo trucidaret.
9) Liv. ep. 20. Dig. 1, 2 ^ 32.
10) Mommsen Rechtsfrage S. 11.
22*
— 340 —
selbst^) . Alles Provincialland unterscheidet sich aber von dem itali-
schen Lande dadurch, dass es abgabenpflichtig ist, d. h. entweder
vectigal oder tribuUim zahlt '^); denn wenigstens seit den Grac-
chen ^') ist es ein anerkannter staatsrechtlicher Grundsatz, dass
das Eigenthum an dem Provinciallande auf das römische Volk
tibergegangen ist und den Provincialen nur der Niessnutz des-
selben zusteht ; dass sonach die Provinz ein praedium popidi Ro-
mani ist^), dessen Revenuen in die Staatscasse fliessen. Hienach
wird man die Provinz als einen räumlich begrenzten, einem stän-
digen Oberbeamten untergebenen, steuerpflichtigen Verwaltungs-
bezirk des römischen Reichs definiren dürfen. Die Steuerpflich-
tigkeit ist ein so wichtiges Merkmal des Regriffs der Provinz,
dass die Historiker jedes von den Römern factisch in Rotmässig-
keit genommene und steuerbar gemachte Land, auch wenn es
noch keine regelmässige Verw^altung erhalten hat, zu den Pro-
vinzen rechnen 5), und die Dynastien, welche wir z. R. in Cili-
cien und Syrien nachgewiesen haben, obwohl sie nicht direct
unter den Statthaltern standen, der Tributpflichtigkeit wegen als
integrirende Theile des Reichs betrachtet werden 6).
1) Cic. in Verr. act. II , 2 , 2 , 1 : i^Sicilia) prima omnium, id quod omamen-
tum imperii est, provincia appellata.
2) Gaius 2, 7: sed in provinciali solo placet plerisque, solum religiosum non
ßeri, quia in eo solo dominium populi Romani est vel Caesaris, nos autem pos-
sessionem tantum et usum fructum habere videmur. 7, 21 : in eadem causa sunt
provincialia praedia , quorum alia stipendiaria , alia tributaria vocamus : stipen-
diaria sunt ea, quae in his provinciis sunt, quae propriae populi Romani esse in-
telleguntur; tributaria sunt ea, quae in his provinciis sunt, quae propriae Cae-
saris esse creduntur. Cicero Verr. II, 3, 6, 12: inter Siciliam ceterasque provincias
— hoc interest, quod ceteris aut impositum vectigal est certum, quod stipendiarium
dicitur, ut Hispanis et plerisque Poenorum, — aut censoria locatio constiiuta est,
ut Asiae lege Sempronia. Frontiiius in Gromat, p. 36. 63.
3) Mommsen R. G. 2?, 120.
4) Cic. in Verr. II, 2, 3, 7 : et quoniam quasi quaedam praedia populi Ro-
mani sunt vectigalia nostra atque provinciae, quemadmodum vos propinquis vestris
praediis maxime delectamini, sie populo Romano iucunda suburbanitas est huiusce
provinciae.
5) So nennt Livius 45, 26, 11 im J. 587 = 167 Illyricum provincia, wie-
wohl es damals grade für frei erklärt wurde, ebenso Macedonien im J. 586 = 168
(Liv. epit. 45), bei Velleius 2, 39 heisst Noricum provincia, obgleich es damals
noch regnum blieb und von einem Vicekönige verwaltet wurde , und in der
Inschr. Orelli 750 wird die Chersonesus Taurica provincia genannt.
. ^ 6) Strabo 17 p. 839 : raüxTfi oe Tfj? cu(jt,7rdo'^? y}»9^i '^'^i ^t^^-* 'PwjJ-aiot? 'u
{X£v ßaoiXsuexai, t]v 5' ly^ouaiv autol xaXEcavxe? iTzapyyx-i -/ai -rsfxrco'jow -^ye-
|j.ova; "/ai cpopoXo^ou?. p.'"840: xa; oe akXai ir.apyiai^eyei Kaloap, wv ek äi
^^"^^f^f^^^' ~ou; i7:t[ji.eXir]ao[A£vou? uTiaxacu? avopa?, sie, ac, os oxpaxYjYi'/.ou? , £i?
a? OS xal Ittttixou;- %ai ßactXet; 0£ xai ouvaoxat %ai oey.apyiat xf^; i'Ae'no'j (J.e-
ptSo; Ttai doi xal U7r'?jp^otv dei. Tac. Agr. 14: vetere ac iam pridem recepta
— 341 —
Die Einrichtung der Provinz geschah zur Zeit der Republik verfahren
durch den erobernden Feldherrn selbst unter dem Beirath einer richtnng.
Conimission von zehn zu diesem Zw^ecke vom Senat i) deputirten
Senatoren 2) nach einer Instruction des Senates ^j; das auf diese
Weise entstandene Grundgesetz der Provinz [lex provinciae) ^)
bildete für die ganze Folgezeit die Norm der Verwaltung, wäh-
rend privatrechtliche Bestimmungen für die Provinzen theils durch
römische Gesetze 5), theils durch das Edict des Statthalters auch
später getroffen wurden^). Die Anordnungen der Commission
bezogen sich namentlich auf folgende Puncte. Man begann mit
einer neuen Eintheilung der ganzen Provinz in bestimmte Ver- ^^S^®
populi Romani consuetudine , ut haberet instrumenta servitutis et reges. Deshalb
betrachtete Augustus die regna als membra partesque imperii (Suet. Aug. 48. Tac.
Ann. 1, 11). Belehrend ist für diese Auffassung das Verhältniss des König-
reichs ludaea, über welches S.-^249 gehandelt ist.
1) Nur ausnahmsweise ist bei der Absendung einer solchen Commission das
Volk betheiligt. Polyb. 1, 63. Mommsen C. I. L. I p. 99b.
2) Die Sitte , einen Ausschuss des Senates von zehn Männern für beson-
dere Geschäfte zu bilden, ist uralt. S. Bergfeld a. a. 0. S. 11. Schon nach Ro-
mulus Tode wird sie erwähnt, Liv. 1, 17. Dionys. 2, 57; bei der Secession
des Plebs, Dionys. 6, 84; bei der lex Cassia agraria, Dionys. 8, 80. Auch in
den Municipien und Provincialstädten finden sich die decem primi (Cic. Verr. 11,
2, 67, 162), ferner in den latinischen Colonien, Liv. 29, 15. Zehn Senatoren
schliessen den Fxieden nach dem ersten punischen Kriege, Polyb. 1, 63; so
auch nach dem zweiten punischen Kriege, Liv. 30, 43; den Frieden mit Philipp
von Macedonien, Liv. 33, 24; mit Antiochus, Liv. 37, 55. Bei der Einrich-
tung der Provinz werden die decem legati erwähnt in Macedonien (Liv. 44, 17),
Africa (S. 305), Achaia (S. 164), Asia (Strabo 14 p. 646), bei der zweiten Or-
ganisation Siciliens nach dem Sclavenkriege (Cic. Verr. II, 2, 16, 40), bei der
Einrichtung Spaniens nach der Eroberung von Numantia, Appian. Hisp. 99.
3) Liv. 45, 17. 18. Polyb. 22, 7: Öövxe; Se xoui; xunous toütou? uTiep
Tfji Z\-f]i oiotx-rjoeox; dSsrrefXTTov tou? liv.a Trpö; Fvociov tov UTraxov ei; tt]s 'Ao[av.
Liv. 33, 31: in senatus consulto , quo missi decem legati ab urbe erant, ceterae
Graeciae atque Asiae (urbes') haud dubie liberabantur.
4) Von diesen Grundgesetzen , welche leges datae, nicht leges rogatae sind
(s. S. 64), kennen wir die lex Rupilia für Sicilien (S. 91), die lex des Aemi-
liu8 Paulus für Macedonien (S. 160) , die lex des Q. Metellus für Creta (Liv.
epit. 100), die lex Pompeia für Bithynien (S. 198) und andre asiatische Pro-
vlnzf-n. Dio Cass. 37, 20: ra re 7:Xeiu) t^f] xöiv h XYJ Aoia xiq -^Trelpo) xoxe
aOxoI; ovx(ov NÖfxoi; xe ihioii xoti TToXixeloti«; xaxeoxYjoaxo (lIofAirf/io;) xai Biex6o(ji,rj-
oev, &3xe v.ai oeOpo auxo'j; xoi; utt' ^xsivo'j vofJMOÖeroi yp-^a^^at.
5) I'lpian. fr. 11, 18: sed quia lex Atilia Romae tantum locum habet, lege
Julia et Titia prospectum est, ut in provinc.ia quoque similiter a praesidibus earuin
dentur tutores. Gains 1, 185; 3, 122. Senatus consulta in Beziehung auf das
Privatrecht der Provinzen erwähnt Cic. ad Att. 5, 21, 11 und 12.
6) («aius 1, 6: ius autem edicendi habent magistratus populi Romani. Sed
amplissimum ius est in edictis duorum praetorum , urbani et peregrini , quorum
in provinriis iurisdictionem prnesides earum habent, item in edictis acdilium curu-
lium, quorum iurisdictionem in provinciis populi Romani quaestores habent. Cic.
Verr. II, 1, 43, HO; 1, 45, 115; 1, 46, 118; 2, 13, 33; 3, 10, 26.
— 342 —
waltungsbezirke, welche zum Mittelpuncl eine grössere Stadt
erhielten, wo eine solche vorhanden war, und wir haben ge-
sehen, dass solcher städtischen Diöcesen in Sicilien etwa 67 (S.
93), in den drei Gallien 64 (S. 117), in Asia 44 (S. 181), in
dem Theile von Bithynien , der 63 v. Chr. zur Provinz gezo-
gen wurde, der Ora Pontica, 11 (S. 192), im Pontus Pole-
moniacus 6, in Lycien 23 (S. 218 f.), in Cyrene ö waren; in
städtearmen Provinzen traten an die Stelle der Stadtdiöcesen
Landkreise ; man beobachtete dabei das Verfahren, mit Auflösung
der vorhandenen staatlichen Einheiten und diirch willkührliches
Theilen und Zusammenlegen von Ortschaften die ursprünglichen
Völkerverbindungen zu zerreissen, insofern man dies nöthig
fand^), und sogar zuweilen unter den einzelnen Stadtgebieten
das commercium aufzuheben 2) ^ was bei der dadurch für die
Provincialen erschwerten Veräusserlichkeit der Grundstücke die
Ansiedelung römischer Grundbesitzer in der Provinz und die
Entstehung grosser Gütercomplexe in römischem Besitze zur
1) Am anschaulichsten zeigen dies die Anordnungen in Macedonien (S. 160)
und die Aufhebung der Yölkervereine in Achaia (S. 168). Von Asien sagt
Strabo 13 p. 629 : rd o' e^fj? drei xd voxta M-epiQ xoi? tottoi? toutoi; i^izko-mc,
eyet fJt£)rpi Tipoc xöv Taüpov, &axe 7.al xd u)p6Yta %al xd AuSia %al xd Kapixd
xat exi xd xwv Mugöjv 8uc5id">tpixa eivai, TcapaTciTüxovxa sU dXX-rjXa * elc os xtjv
cuYX^'Jt'*' xauxTjv ou {Ai-xpd ouXXafxßdvei x6 xou; 'Pojfxaiouc (J-Tj ocaxd cpviXa oteXeiv
auxou?, dXXd Ixepov xpoTtov Staxd^at xd? otoix'/]oetc, h^ oXc, xd? aYopaiou? ttoioüv-
xat 'AoX xd? 8txaio5oaia?. Ebenso verfuhr Augustus in Gallien, wo er die alten
Mittelpuncte der Völkerschaften sinken liess und neue Städte zu heben suchte.
Strabo 4 p. 177.
2) Dies geschah in verschiedener Weise in Macedonien (S. 160), Achaia
(S. 168) und Sicilien. Cic. Verr. II, 3, 40, 93: arabat is {Diocles) agrum
conductum in Segestano, nam commercium in eo agro nemini est. Mehr bei Kuhn
2, 9 ff. Nur die Centuripini hatten das Recht, in andern Städten Grundstücke
zu erwerben. Cic. Verr. 11, 3, 45, 108: Centuripini, qui agri Aetnensis multo
maximam partem possident ; und hernach : Centuripini, quod in omnium fere fini-
bus possessiones habent, etiam, ceterarum, civitatum damna ac detrimenta senserunt.
Daher wurde Centuripae ,yCivitas totius Siciliae multo maxima et locupletissima,^''
Cic. Verr. II , 4 , 23 , 50 , während in den andern Städten die Zahl der Grund-
besitzer in dem Grade abnahm, dass es deren zu Ciceros Zeit in Leontini nur
88, in Mutyce 188, in Herbita 257, in Agyrium 230 gab. Voigt lus nat. 2,
398 erklärt diese meine und Kuhns Ansicht für ,, total falsch" und behauptet,
für den Provincialfundus sei überhaupt ein Commercium nicht erforderlich. Aber
dass die steuerpflichtigen Grundstücke gekauft und verkauft wurden (Dig. 21,
2, 66), dass die Centuripini sie kaufen konnten, die andern Siculer aber nicht,
dass ferner in Macedonien , Achaia und Sicilien ein Verbot des Commerciums
zwischen den Provincialstädten stattfand, ist unzweifelhaft. Was soll man aber
zu der Voigtschen Kritik sagen, wenn er Kuhn belehrt, dass in den AVorten bei
Cic. Verr. 2, 50, 124: ut iste intelligeret, eise illum locum vendidisse , cüi ne
commercium quidem esse oporteret, das cui sich nicht auf ei beziehe, sondern zu
verstehen sei : Verres verkauft ihm einen solchen lodus ( Sitz im Senate ) , cui
ne commercium quidem esse oporteret?
— 343 ~
Folge hatte ^). Begünstigten Städten erweiterte man ihr Gebiet
durch Zutheilung von Städten und Flecken, deren selbständige
Existenz dadurch aufhörte 2) ; man hob und vergrösserte auf diese
Weise die den Römern ergebenen Communen, während man die
widersetzlichen vollständig vernichtete 3) . Gebirgige und wüste
Territorien, deren Verwaltung schwierig und deren Ertrag doch
unerheblich gewesen wäre, Hess man mitten in der Provinz unter
einheimischen Dynasten, bis man es, oft nach langer Zeit, für
sicher hielt, auch diese Theile direct unter den Statthalter zu
stellen.
Nach der Abgrenzung der Territorien schritt man zur An- Städte ver-
n n o 11 1 11 schiedenen
Ordnung der politischen und nnanciellen Stellung derselben. Rechtes.
Die mit Waffengewalt eroberten Städte wurden zerstört^), ihre
Ländereien zur römischen Domaine gezogen und von den Cen-
soren in Rom gegen eine Abgabe vom Ertrage an Privatunter-
nehmer verpachtet^). Wo man königliche Domainen vorfand, wie
in Syracus^), Macedonien, Pergamum, Bithynien und Cyrene,
wurden diese ebenfalls als ager publicus populi Romani in Be-
schlag genommen 7) und die in denselben arbeitende Bevölkerung
in der Art, wie es nach 211 v. Chr. im Gebiete von Capua ge-
schehn war (s. Seite^30. 31), zu Dorfgemeinden vereinigt. Die-
jenigen Communen dagegen, welche sich, ohne den äussersten
Widerstand zu leisten, durch Dedition unterworfen hatten, gaben
zwar, wie es in der Deditionsformel hiess, Stadt und Land,
Männer, Weiber und Kinder, Flüsse, Häfen, Heiligthümer und
Gräber in die unbeschränkte Gewalt des Siegers^), allein in der
1) Kuhn 2, 11.
2j So erhielt z, B, Athen Ilaliartus in Böotien , Faros, Imbros, Delos, Sky-
ros, Aegina, Ikos, Keos, Skiathos und Peparethos (Polyb. 30, 18. Liv. 33, 30.
Appian. B. C. 5, 7), unter Hadrian auch Cephalenia (Dio Cass. 69, 16); Sikyon
einen ^heil des corinthischen Gebietes (S. 169), Utica einen Theil des cartha-
gischen Territoriums, Appian, Pun. 75. Eine reiche Zusammenstellung dieser
Territorialveränderungen s. bei Kuhn 2, 41 ff.
3) S. oben Seite 16 Anm. 2.
4j Das Schicksal von Carthago, Corinth und Numantla theilten die meisten
eroberten Städte. So sagt 'Appian. Pun. 135 von den Anordnungen der 10 Uyati
in Africa im J. 608 = 146: ooai hi TÖXei; 0'j|ji(jie{xayTjxeoav toi; 7roXe{ji(ot; It:i-
(aÖvoj;, £Oo?e xafteXeTv diroiaai;.
5) Am besten lernen wir diese Anordnungen kennen in Africa. S. Seite 315.
6) Liv. 25, 28, 3.
7) Cic. de L ayr. 2 c. 19. c. 51. Tac. Ann. 14, 18. Dio königlichen Gü-
ter in Aegypten Helen dem Kaiser zu. Franz (\ 1. Or. IFl p. 296^.
8) S. oben Seite 166 und Dig. 11, 7, 36: cum loca captn sunt ab Imsti-
6tM , omnia deainunt reliyioaa veL Mcra e»$e , aicut hominea Liberi in aervitutem
— 344 —
Regel wurde den Bürgern und ihren Familien ihre persönliche
Freiheit und ihr Privaleigenlhum , der Stadt ihr Territorium und
ihr Stadtrecht gelassen, wogegen auf alle Ländereien der Privaten
wie der Stadt entweder eine Naturalabgabe [vectigal] oder eine
feste Steuer ( tributum , Stipendium ) gelegt i) , und wo es zweck-
mässig erschien, ein römischer Zoll (por'torium) eingerichtet
wurdet). Dies ist die Classe der civitates vectigales^) oder sti-
pendiariae *) , zu welcher die überwiegende Zahl der Provincial-
städle zu rechnen ist, und welcher eine kleine Anzahl beson-
ders privilegirter Gemeinden gegenübersteht, nämlich einmal die,
welchen auf Grund früherer Bündnisse oder bewiesener Treue ihre
Freiheiten garantirt wurden, und zweitens die, welche die Römer
selbst als römische Colonien oder Municipien constituirten. Im
Ganzen also zerfallen die in der Provinz liegenden Gemeinden in
drei Hauptclassen , Städte mit freier einheimischer Verfassung,
eigentliche Unterthanenstädte , und Städte mit römischer Verfas-
sung, über welche wir einzeln zu reden haben.
Freie Städte.
Freie Städte. Dass uutcr einer libera civitas ursprünglich ein souveräner
Staat zu verstehen ist, welcher mit den Römern entweder über-
haupt noch nicht in Berührung gekommen war oder von den-
selben als gleichberechtigt und unabhängig anerkannt wurde,
bedarf keines Beweises; schwierig zu bestimmen und streitig ist
dagegen der Begriff der politischen Freiheit in der Zeit, als die
römische Herrschaft sich über die ganze alte Welt auszudehnen
begann. Damals gab es, abgesehn von ganz entlegnen Reichen,
wie z. B. dem parthischen, keinen Staat, welcher mit den Römern
auf gleichem Fusse hätte unterhandeln können; alle standen
perveniunt : quod si ab hac calamitate fuerint liberata , quasi quodam postliminio
reversa prisUno statui restituuntur.
1) Appian. B. C. 2, 140 : 26XXa; oe -/.al KaTsafi tyjv 'IxaXiav — tio-
Xsjxou vö(X({) %al Xt;jott]pio'j vofxu) ty]V xe fip dcpyjpoüvTo xal ol'Aiai xai xöc^ous
■/.aX tepa • wv ou5e xou? dXXocpuXou; ixoXeiJitoix; dcpTDpo6fx£i}(x, aXka. Bexdx-rjv auxoii;
(jLOVTfjV xapTröjv dTcexdaao|J.£v. Hygiii. Grom. p. 205 Lachin.
2) Hierüber wird in dem Abschnitt über die Finanzen ausführlich gehandelt
werden.
3) Cic. Verr. II,« 3, 6, 12 ff.
4) Schol. Bobiens. ad Cic. or. pr. Scauro p. 375 : aliae civitates sunt sti-
pendiariae, aliae liberae. Serv. ad Verg. Aen. 3, 20.
_ 345 —
vielmehr unter dem politischen Einflüsse Roms^), unter welchem
sie ihre Selbständigkeit in dem Grade erhielten, welche ihnen
das römische Interesse gestattete. Ganz besonders empfanden
natürlich diesen Einfluss die freien Städte, welche innerhalb der
Grenzen einer Provinz lagen; sie waren zunächst den willkühr-
lichen Eingriffen des Statthalters in ihre Freiheiten ausgesetzt,
und dass diese häufig nicht nm' in Kriegszeiten 2) , sondern auch
mitten im Frieden stattfanden ^) , ist nicht nur in einzelnen Fällen
überliefert, sondern auch aus verschiedenen Senatusconsulten und
Gesetzen ersichtlich, in welchen über das Verhältniss des Statt-
halters zu den freien Städten Bestimmungen getroffen werden'*).
Wenn also die lihei^ae civüates keineswegs als vollkommen sou-
veräne und unabhängige Staaten erscheinen, so ist dies einerseits
unzweifelhaft der factischen Präponderanz der römischen Staats-
gewalt zuzuschreiben, andererseits ist aber hiemit noch nicht die
Frage erledigt, ob allen freien Staaten rechtlich dieselbe Unab-
hängigkeit zustand, oder ob unter denselben verschieden be-
rechtigte Classen angenommen werden müssen, eine Frage, welche
um so mehr einer speciellen Untersuchung bedarf, als die juristi-
schen Termini für die Unterthanenverhältnisse absichtlich euphe-
1) Dies auszuführen ist hier unnöthig. Ich erinnere nur an das Auftreten
des Popilius Laenas gegen den König Antiochus von Syrien im J. 586 = 168.
Polyb. 29, 11. Cic. PhiL. 8, 8, 23. Liv. 45, 12.
2) Appian. B. C. i, 102. Plut. Pomp. 10.
3) So sagt Cicero de prov. cons. 4, 7 von Piso, damals Statthalter von Ma-
cedonien : te imperatore civitas libera (Byzantiurn) sie spoliata atque nudata
est, ut, nisi C. Veryilius leyatus — intervenisset, unum Signum Byzantii ex maximo
numero nullum haberent , und erwähnt desselben Habgier gegen Dyrrhachium,
eine libera civitas (ad fam. 14 , 1 , 7) , Athen und andere Orte in Pison. 40,
96; ferner des Verres Zumuthungen an die freien Städte Siciliens (Cic. in Verr.
II, 0, 19, 50). Andre Fälle der Art s. bei Kuhn 2, 26 f.
4) Cic. pr. domo 9, 23: quid? — L. Pisoni nonne nominatim populos libe-
ros , multis senatusconsultis , eliam recenti lege generi ipsius liberatos , vinctos et
constrictos Iradidisti? Cic. de prov. 'cons. 4, 7: a foedissimo tribuno emisti
grandi pecunia , ut tibi de pecuniis creditis ius in liberos populos contra senatus-
conxulta et contra legem generi tui dicere liceret. Cic. in Pison. 16, 37: obti-
nuisti provinciam consularem finibus iis , quos lex cupiditatis tuae , non quos lex
generi tui pepigerat. Nam lege Caesar is iustissima atque optima populi liberi
plane et vere liberi, lege autem ea, quam nemo legem praeter te et collegam tuum
putavit, nmnis erat tibi Acliaia , Thessalia , Atlienae , cuncta (haecia addicta.
Ib. 37, 90: mitto ereptam libertatem populis ac singulis , qui erant affecti })rae-
miis nominatim , quorum nihil est , quod non sit lege Julia sancitum diligenter.
Hirt. Bell. Afr. 87. Die in diesen Stellen erwähnten semitusconsulta sind un-
bekannt , die leges aber sind die lex Julia repetundarum von ODö = 59 (Kudorff
Kcchtggeschichte 1 ji^ 31. Zunjpt <'omm. ep. 2, 198), und die lex Clodia de
provinciis consularibus 690 = 58. Drnmann 2, 261.
— 346 —
mistisch gebraucht werden. Für den ünteitban hat die lateinische
Sprache nur den einen officiellen Ausdruck sHpendiatiuSj und wie
in Athen unterschieden werden oi airo $o|X}xayia!; auTovofiot und
Ol »jTTTQxoot^) , so sind im römischen Reiche entgegengesetzt socii
und stipendiariP) . Allein der Ausdruck socius , welcher in alter
Zeit ganz bestimmt den italischen Föderirten bezeichnet^), wird
auf die Nichtitaliker in solcher Vieldeutigkeit übertragen, dass er
nicht nur von föderirten Städten, sondern auch von freien, aber
nicht verbündeten Gemeinden , die nicht zur Provinz gerechnet
werden '*), und endlich von allen Provincialen ^j gebraucht wird.
Von einem besiegten Volke, welches sich auf Gnade und Ungnade
unterwirft, ist die Formel ; in dedüionem venu ^) , während, wenn
dasselbe günstigere Bedingungen erlangt, von ihm gesagt wird,
in fidem populi Romani veniP)^ und doch braucht man ganz ge-
wöhnlich die letztere milde Formel auch für den ersten, härtesten
Fall der Uebergabe^); endlich wird bei einem unter ungünstigen
Bedingungen abgeschlossenen Bündnisse die Forderung unbeding-
ten Gehorsams durch die höfliche F'ormel ausgedrückt : maiesiatem
1) Thucyd. 7, 57, 2; 6, 22; 8, 2, 2.
2) Cic. pr. Balh. 9, 24 : contumeliosum est, iis praemiis et iis honoribus ex-
clusos esse fidelissimos et coniunctissimos socios, quae pateant stipendiariis.
3) Es ist bekannt , dass vor dem Bundesgenossenkriege das römische Heer
aus zwei Theilen besteht, den römischen Legionen und den socii.
4) Suet. Caes. 25 : omnem Galliam — praeter socias ac bene meritas civita-
ies in provinciae formam redegit. Tac. Ann. 15, 45: provinciae , socii populi,
civitates liberae. Mehr hei Kuhn 2, 14.
5) Wenn Cicero redet von socii et exterae nationes (Verr. II, 1, 27, 68),
so ist dies nur ein andrer Ausdruck für provinciae et exterae nationes (ib. 31,
78). So sagt er Verr. II, 2, 6, 15: in hac quaestione de pecuniis repetundis,
quae sociorum causa constituta est, lege iudicioque sociali, sociorum querimonias
audire oporteret; nennt de prov. cons. 6, 13 den Piso, Proconsul von Macedo-
nien, und Gabinius, Proconsul von Syrien, duplices pestes sociorum, und die Ein-
wohner von Lampsacus socii {Verr. II, 1, 30, 76), wiewohl Lampsacus nicht
freie Stadt, sondern ein oppidum provinciae (ib. 24, 63), und die Lampsacener
condicione socii, fortuna servi waren (ib. 32, 81). Ebenso sagt Sueton Aug. 23:
praesidibus provinciarum prorogavit Imperium, ut a peritis et assuetis socii con-
tinerentur. Ausführlich handelt hierüber Kuhn 2, 21 ff.
6) S. die Stellen bei Voigt 7ms nat. 2, 265.
7) Liv. 8, 25, 3 : Lucani atque Apuli — in fidem venerunt, arma virosque
ad bellum pollicentes. Foedere ergo in amicitiam accepti. Ueber diesen Unter-
schied s. Drakenb. ad Liv. 8, 1, 10; 36, 38, 4. Duk. ad Flor. 3, 1, 3.
8) Cic. de off. 1, 11, 35: tantopere apud nostros iustitia culta est, ut ii,
qui civitates aut nationes devictas bello in fidem recepissent, earum patroni essent
more maiorum. Liv. 8, 2, 13: Campanorum aliam conditionem esse, qui non
foedere, sed per deditionem, in fidem venissent. Sallust lug. 62: mittuntur ad
imperatorem legati, qui lugurtham imperata facturum dicerent ac sine ulla pactione
sese regnumque suum in illius fidem tradere.
— 347 —
popuH Rornani comiter conservanlo ^) , über deren wirklichen Sinn
die Römer gar nicht zweifelhaft waren 2] . Nach diesen Anführun-
gen wird es sich rechtfertigen, wenn wir den Umfang des Be-
griffs der libertas auf Grund der überlieferten Thatsachen einer
Prüfung unterwerfen.
Zuerst gehören zu den freien Staaten 3) die et vitales foe- cnUates
. . n 1 ^ foederatae.
der ata e. Mochte das Bündniss eni aequum foedus oder ein auf
ungleiche Bedingungen geschlossenes sein"*), so enthielt es immer
die Anerkennung der Selbständigkeit der Stadt neben Rom, war
von beiden Theilen genehmigt und beschworen und durch eine
Urkunde beglaubigt, welche, in Erz gegraben, in einem Exemplar
auf dem römischen Capitol, in einem zweiten in der betreffenden
Sfadt aufgestellt war ^). Aufgehoben wurde es nur im Falle eines
Krieges ^) ; in der Kaiserzeit freilich zuweilen auch durch eine
1) Cic. pr. Balb. 16, 35. Dig. 49, 15, 7 § 1. Cicero erklärt das Wort
comiter ausdrücklich durch benigne, non gravate.
2) Liv. 39 , 37, 19 : tum Appius suadere se magnopere Achaeis dixit , ut,
dum liceret voluntate siux facere, gratiam inirent, ne mox inviti et coacti facerent.
3) lieber die freien Städte handeln : Sigonius De iure prov. I c. 10 ; Cuia-
cius Observ. XXVII, 33» Spanheim Orb. Rom. II c. 9 p. 199 flf. ed. Heineccii.
Hai. 1728. 4. Eckhel D. iV. 4 , 262 ff. ; Dirksen Bemerkungen über das ple-
biscitum de Termensibus in dessen Versuchen zur Kritik und Auslegung der
<Juellen des Rom. Rechts, Lcipz. 1823. 8 S. 137 ff.; Bergfeld a. a. 0. S. 20 ff.;
Hock Rom. Geschichte 1 , 2 S. 242 — 249; Zurapt Comm. epigr. 2, 156. 198;
Voigt lus nat. 2 8. 268 ff. und besonders Kuhn 2, 14 — 41.
4) Ueber die verschiedenen Arten des foedus s. oben 8. 44 ff. und Liv. 34, 57.
5) Im römischen Capitol befanden sich zu Vespasians Zeit 3000 Erztafeln
(Suet. Vesp. 8), welche theils foedera mit andern Staaten, theils Privilegien von
Städten und Privatpersonen enthielten. Mommsen Annali 1858 p. 198 ff. (\ I. L.
I p. 112. Von diesen sind noch zwei übrig, das plebiscitum de Termessibus vom
J. 683 = 71 (C. /. L. I n. 204) und das senatusconsultum de Asdepiade Potystrato
Mcniaco von 676 = 78 (C. /. L. I n. 203), während blos griechische Texte solcher
Urkunden mehrere vorhanden sind. Die Bündnisse mit Carthago waren zu Po-
lybius Zeit aufgestellt ev yaXvttuuLaot Trapd xov Aia xov KazextuXiov dv -:(]> xfii'rf
dYopav6(i.tov Ta|xiet(|) (Polyb. 3, 26), d. h. in der aedes thensarum in Capitolio
(Ilenzen 5407. Mommsen C. 1. L. 1 p. 112); in dem SCtum de Asdepiade heisst
es lin. 25 : xouxoti; xe rlvaxa yaX'/toüv cpiXia? dv xw Ka7rexa)X»|i avai^eivoii d^TJ,
und in dem SCtum über die Krneuerung des foedus mit Astypalaea vom J. 649
= 105, C. I. Gr. n. 2485 I lin. 6: 'PoxiXio; ÖTiaxo; yaXy.a)|j.a a'j|x}xayia; [h]
KarexojXltji xafttjXoj^vai cppovx(o7] , und II lin. 43: (dval^eivai oej dvd^r) |j.a Sv
(Aev 'l*oj(xa((jj'; £v xu) RctTzexojXuij voüi xou Aiö?, £V oe 'Aox'jzaXat^tuv ^v xu) Uptö
xfji 'AUr^vä«; -xal xou 'AoxXrjTrtoO %. t. X. Vgl. loseph. Ant. 12, 10, 6: 'Troi-rj-
oaia oe irepi xouxoy h6'(ixa (Vj oÜYxXtjxo;) xö fxev dvx(YP'xcpov ei; xi^v 'Iouoa(av
äzsaxeiXe , a'jx6 o' e{; xi KaTTixcAXiov ei; yaXxa; i'(fpd'^asze<; O^Xxou; dv^tteoav.
Den Eid erwähnt Appian. B. C. 1, 102; 4, 68. JUnpan. 43; ein Opfer dabei
das SCtum über Astypalaea I lin. 11.
6) Dieser trat ein bei Masbilla im J. 705 = 49, welchem Cäsar zwar di.-
Freiheit lies«, aber das grosse, durch das alte foedun verliehene Territorium nahm.
8. Seite 112. IJeberljaupt abi-r wurden in der Noth der Bürgerkriege alle föde-
rirten Städte zu Leistungen lierbeige/ogen. Appiun. li. C. 1, 102.
— 348 —
einseitige Regierungsmassregel ') . Die Lage der civitates fuederalae,
onlsprechend der der italischen Bundesgenossenstädte vor der lex
lulia des Jahres 90 -) , war die günstigste , die Zahl derselben
aber gering und auf die älteren Provinzen beschränkt, da die
Unabhängigkeit, welche das foedus auf beiden Seiten voraussetzt,
später Rom gegenüber immer mehr aufhörte. Wir kennen von
ihnen in Sicilien drei (s. S. 93), in Sardinien keine, in Hispania
Tarraconensis eine, in Baetica drei, in den gallischen Ländern
ausser Massilia 3) mehrere eingeborene Völkerschaften'*), in Achaia
Athen^), in den asiatischen Provinzen die Insel Astypalaea ß) , Amisus
in Bithynien^), Mopsuestia in Cilicien '^) , Sagalassus in Pisidien-»),
Rhodus^ö) undTyrus^i). Die Souveränität aller dieser Gemeinden
war durch das foedus selbst darin beschränkt, dass ihnen eine
eigene auswärtige Politik untersagt war^^j^ [p^ Uebrigen aber in
dem Exilrecht und Münzrecht i^) anerkannt; in ihren inneren
Angelegenheiten waren sie eximirt von aller Einwirkung römi-
scher Behörden i*) ^ so dass selbst durchreisende Magistrate die
1) Suet. Aug. 47: urbium quasdam foederatas, sed' ad exitium lieentia prae-
cipites, libertate privavit.
2) S. oben Seite 44 ff.
3) lustin. 43, 5.
4) Die Lingones (Tac. Rist. 4, 67), Aedui (Tac. Ann. 11, 25), Vocontii
(Plin. N. H. 3, 37), Remi (Orelli 3841) und andere. S. Kuhn 2, 15.
5) Tac. Ann. 2, 53.
6) C. i. Qr. 2485.
7) Plin. ep. 10, 92. 93.
8) C. I. Or. 5885. Waddington n. 1494.
9) C. /. Or. 4368. Eckhel D. N. 4, 271.
10) Appian. B. C. 4, 66. 67. 68.
11) Dig. 50, 15, 1 pr.
12) In allen Bündnissen findet sich die Formel, ut eosdem, quos populus Ro-
manus, amicos atque hostes haheant, Liv. 38, 8, 10; sie steht ausführlich in
dem Bündniss mit Astypalaea C. I. Gr. 2485 II lin. 25; von dem lyrischen
Bunde, der ohne Zweifel ein foedus hatte, sagt Strabo 14 p. 665 : xal Tiepl 7:0-
Xefxou 0£ -ycat dpr^riQ -icat a'j[ji,[j.a^ia? dßouXeuovxo TTporepov, vüv 0' oux tlv-OQ, dXX"
£711 Tolc 'Pai[j.atotc Taüx' dvoc^xr] X£lO^}at , und als Cassius die Rhodier auffor-
derte , auf seine Seite zu treten , antworteten sie ihm (Appian. B. C. 4, 66) :
ei hi Ti Tispt au|ji(xa)(ia? d7ri[X£[xcpoiTO, d^eXetv Tiapd ttj? 'Ptufj-aiojv ßo-jX-rj? ti'j&s-
c^at, Ttai "JceXeuouoY]? scpacav oufj.fxa/Yjaeiv.
13) S. oben Seite 45 und besonders Polyb. 6, 14, 8. Exilrecht hatten
z. B. Athen (Cic. Tusc. 5, 37, 108), Gades (Cic. pr. Balb. 12, 29), Massüia
(Asconius in Milon. p. 54).
14) Strabo 4 p. 181 von Massilia: xal tt]V auTOVO[j,iav scpuXa^av, t^v i^ ap"/"^»
ei^ev -/) TioXt?, woT£ (j.y] uTraxouew twv üq ttjv iTiap/tav 7i:£[jL7:o|i,£vouv OTpaxr^YöJv
fXT)T£ a'jTTjV [J.'/]T£ Too? uing^oou?. Dios bestätigt der Brief des Traian bei Plin.
ep. 10, 93: Amisenos , quorum libellum epistulae tuae iunxeras , si legibus isto-
rum, quibus de officio foederis utuntur^ concessum est, eranum habere , possumus
quo minus habeant non impedire. In ceteris civitatibus, quae nostro iure obstrictae
— 349 —
Insignien ihres Amtes bei ihnen ablegten i) ; ihre Gerichtsbarkeit
erstreckte sich nicht nur auf die eigenen Bürger, welche nicht
vor ein auswärtiges Gericht vorgefordert werden durften 2), son-
dern auch . wenigstens in Civilsachen , auf die bei ihnen sich
aufhaltenden Römer '^); ihre Ländereien hatten Communen und
Private im Eigenthum, zahlten davon keinerlei Steuer^) und waren
überhaupt zu keinen Leistungen verpflichtet, als zu denen, welche
das foedus ausdrücklich vorschrieb, und diese waren in der Regel
Stellung von Schiffen oder Truppen ^) , Lieferung von Getreide
gegen Bezahlung 6) und Aufnahme durchziehender Beamten und
Soldaten ') .
Die zweite Classe bilden die civil at es sine foedere im- Civitates
tmmunes
munes et liberae^) j deren rechtliche Stellung zwar der der etuberae.
sunt, res huiusmodi prohibenda est. Ebenso Cic. Verr. II, 2, 66, 160: Tauro-
menitant, quorum est civitas foederata — , qui maxime ab iniuriis nostrorum ma-
yistratuum remoti consuerant esse praesidio foederis. Plut. Pomp. 10 von Messana,
ebenfalls einer civitas foederata (Cic. Verr. II, 3, 6, 13): 7rapatT0U(jL£vcov "Yotp
06 Tau5£(ji)£, eiTiev, '/]fjLiv UTieCwofxdvoii; ^icp7) vojaou; dvaYiYvtuaxovxe? ;
1) S. oben Seite 170.
2) In dem Senatuscoiisult C. I. Gr. 2737 wird den Städten Plarasa und Aphro-
disias in Carlen die Freiheit bewilligt, und zwar in dem Umfange, wie sie eine
urbs foederata hat : tov o^fxov tov nXa[paolu)V xctX 'Acppoöeict^Jtov ttjv dXeuOe-
piotv Ttai r^jv dxcXeiav oütcu? TrdvTtuv Töiv 7:paY[(J.dT(ov eyetv , 'Aa^]dTzep xai , t^ti;
TToXtreia töj xaXXtOTOi oty.ai(]j xaXXioxw te vofjio) dativ, [utto toj S-rjfxoJu toj 'Ptu-
[xattov tV]'^ ^Xeu^epiav y.rxt x-i^v dr^Xeiav lyei, cptXir) re xai o6[|j,pLay^o; ouaa]. Dazu
gehört, dass sie ihre eigne Gerichtsbarkeit haben, und nicht genöthigt sind,
i'CCjflv — — %ai xsXeuatv 6|xoXoYeTv, d. h. vadimonium promittere. Dionys.
Ant. 11, 32.
3) Dies w ird auch der Stadt Chios , welche nur frei , nicht föderirt war.
zugestanden in dem Senatusconsult von 673 = 81 C. I. Gr. 2222: -^ 0UYxXyjT0<;
eioixtt); djie[ioti(noev , orw; vöfxoic xe -mi eOeotv -/at oiy.aloi; ypcovxai , d l'syos,
Sxe xjj 'P(u|xai(uv cpiXta zpo^-^X^ov, tva xe utio p.Tji}' luxivioOv x67:(|) (uotv dpy6v-
xojv Tj dvxapy6vxu)V , oi xe 7:ap' auxoT; 5vxe? 'Pwfxatot xoic Xefoav UTtaxoutoatv
vifjioi;. lieber die Beziehung des Wortes xuito; auf die Civilgerichtsbarkeit
s. Hocckh a. a. 0. In Criminalsachen war dies wenigstens in der Kaiserzeit
anders. Paulus Diy. 1, 18^ 3: m mandatis prir^cipuTn est, ut curet is, qui pro-
vinriae praeest, malis homiriibus provincium purgare, nee distinguuntur, unde sint.
4j Cic. Verr. II, 3, 6, 13: foederatae civitates duae Mint (in Sicilien), quarum
derumae venire non soleant.
Mj Cic. Verr. II, 4, 9, 21: rvivern imperare debuisti ex foedere: remisisti in
triennium: mililem nulLum unquam poposcisti per tot annos. II, 4, 67, 15Ü;
lind besonders II, 5 c. 19 — 23.
6J Ib. 21, 55.
1) Hierüber enthält die lex de Termeaiibus rol. II lin. 6—17 spt'cielle Be-
stimmungen.
H) Diese bezeichnet als eine eigene Classe (Cicero Verr. II, 3, 6, 13 und I'Y'stns
p. 21H*': cum populis Liberi» et cum fotderati» et cum reyibu» poatUminium nobis
est ita, Uli mm hoslibun.
~ 350 —
foederntae civitates analog normirt war*), aber nicht auf gegen-
seitiger eidlicher Verpflichtung, sondern auf einem Gesetz oder
einem senatusconsultum beruhte, durch welches gewissen Städten
das Privilegium der Freiheit als ein Gnadengeschenk 2) bewilligt
wurde, und zwar nur auf so lange, als es dem Senate und dem
römischen Volke gefällig sein werde 3) , so dass also diese Freiheit
durch eine einseitige römische Verfügung, wie sie gegeben war,
auch wieder genommen werden konnte *) . Es erhielten aber dieses
Geschenk der Freiheit erstens Gemeinden , welche während des
Eroberungskrieges bei Zeiten auf Seite der Römer getreten waren,
wie z. B. in Africa die sieben Städte Utica, Hadrumetum, Thapsus,
Leptis minor, Achulla, üsalis und Theudalis (s. S. 315), in Asien
Chios, Smyrna, Erythrae und andere, welche im Kriege mit An-
tiochus hartnäckigen Widerstand geleistet hatten ^) ; zweitens die-
jenigen, welche in späteren Kriegen ihre Treue bewährten, wie
in den mithridatischen Kriegen Elatea in Phocis ^) , Cyzicus'),
Magnesia am Sipylus^) , Apollonidea-') , Laodicea am Lycus und Ephe-
sus lö) , im Kriege mit Tigranes Seleucia in Syrien i^) ; endlich die-
jenigen, welche sich entweder des besonderen Wohlwollens des römi-
schen Senates erfreuten, wie Alexandi ia Troas, Roms Mutterstadt^^),
1) S. Seite 349 Anm. 2.
2) Schon im J. 570 = 184 sagt Lycortas bei Liv. 39, 37, 13 : re apud
Achaeos precaria libertas, apud Romanos etiam imperium est. Die Formel dafür
ist immunitatem dare (Liv. 38, 39, 7), concedere (ib. §8); ut legibus antiquis
utantur , permittere (ib. § 12); liberos esse iubere (45, 29, 4); dare libertatem
(ib. § 12): dcpt^vai xivae dXeuäepous, Polyb. 18, 29. Dio Cass. 53, 12. Pausan.
7, 17, 2. ^
3) Appian. Ilisp. 44: Siowot o -f] ßouX'?] xd? TOtd;Se Sioped? dtl TTpo^Tt^eioa,
'/.upias eceo&ai [xe^pi dv aux^ xal ti]) o'/)[j.(p hov.f^, auf welche Stelle zuerst Momm-
seii in V. Sybels Hist. Zeitschrift 1, 374 aufmerksam gemacht hat.
4) Cyzicus erhielt die Freiheit nach den mithridatischen Kriegen ; verlor
sie 734 = 20 (Dio Cass. 54, 7), erhielt sie wieder 739 = 15 (Dio Cass. 54, 23),
und verlor sie nochmals unter Tiberius. Dio Cass.» 57, 24. Tac. Ann. 4, 36.
Suet. Tib. 37 ; Byzanz verlor sie unter Severus. Dio Cass. 74, 14.
5) Liv. 38, 39, 11. Polyb. 18, 35; 21, 10, 3; 22, 5, 4; 22, 27, 6. Nach
dem mithridatischen Kriege wurde Chios diese Freiheit bestätigt. Appian. Mithr.
61. C. /. Gr. 2222.
6) Pausan. 10, 34, 2.
7) Strabo 12 p. 576. Suet. Tib. 37.
8) Appian. Mithr. 61.' Strabo 13 p. 621. Tac. Ann. 3, 62.
9) Cic. pr. Flacco 29, 71.
10) C. I. L. I n. 587. 588.
11) Strabo 16 p. 751. Kuhn 2, 19 Anm. 108.
12) Strabo 13 p. 595. Suet. CLaud. 25. Tac. Ann. 12, 58. Dig. 27, 1,
17 § 1.
— 351 —
oder die Gunst der römischen Imperatoren durch Verdienste,
Geschenke oder Fürsprache erworben hatten^).
Der Ausdruck auTovoiiia, mit welchem die Griechen diese Begriff dar
~ ' Autonomie.
Freiheit bezeichnen, und welchem die römische Formel legibus
suis uti entspricht 2), ist keineswegs so zu verstehn, als hätten
die freien Städte nach beliebigen Gesetzen leben können; in»
Gegentheil wurde denselben bei der Einrichtung der Provinz von
den Römern eine lex, d. h. eine Constitution gegeben (s. S. 63),
welche überall das active Bürgerrecht von einem Census abhän-
gig machte 3) j im Uebrigen aber von der alten Verfassung der
Stadt alles conservirte, was der neuen Constitution nicht wider-
sprach^), und diejenigen Bestimmungen, welche genehmigt wur-
den, in der lex civitatis ausdrücklich garantirte ^) . Die Autonomie
gewährte also den freien Städten nur die Befugniss, auf Grund
der gegebenen freien Verfassung die Gommunalangelegenheiten
durch einheimische Behörden und ohne Einfluss des Statthalters
selbständig zu verwalten. Den Inhalt der Freiheit der Verfas-
sung aber bildeten vornehmlich folgende sechs Privilegien: er-
stens eigene Gerichtsbarkeit sowohl über die Bürger der Stadt
1) Viele Städte der asiatischen Provinzen erhielten ihre Freiheit von Pom-
peius und Cäsar (Kuhn 2,|^20); Antiochia in Syrien erkaufte sie von dem erste-
ren für Geld. Porphyrius'fr. 26 bei Müller Fr. hist. 3 p. 716; Mytilene ver-
dankte sie der Fürsprache des Theophanes, Vellei. 2, 18. Plutarch. Pomp. 42.
2) Die Formel für die Ertheilung der Autonomie ist: d^it^ai dXeuO£pou;,
dccpoupifjTou;, «icpopoXo-yTjTO'j?, vofxoi; /poiiA^vou; toT? Tiaxpion; 'Ayatou; (Polyb, 8,
29), liberos, immunes, suis legibus esse iubere Achaeos (Liv. 33, 32, 5). Diese Formel
kommt oft vor ; Liv. 35, 46 : nuUam enim civitatem se in (Jraecia nosse, quae aut
praesidium kabeat, aut Stipendium Romanis pendat, aut foedere iniquo adligata, quas
nolit leges putiatur. 37, 32 : urbem agrosque et suas leges iis restituit. 38, 39 : et ut
legibus antiquis uterentur, permissum. 45, 29 : liberos esse iubere Macedonas, hu-
bentes urbes easdem agrosque utentes legibus suis. Seneca de benef. 5, IC : Achaeis,
lihodiis et plerisque urbibus claris ius integrum libertatemque cum immunitate red-
diderat (Roma). Caes. B. G. 7, 7(): civitatem eius immunem esse iusserat^ iura
legeaque reddiderat. Dio Chrys. Vol. II p. 36 K.: xaxeivoi (Augustus) Ufjiiv Tcap-
ioyt ycfipav , v(5(xou? , ti|jitjv , d^ouoiav toO TOTotfxoO. Dio Cass. 54, 9. Vgl.
Kuhn '2, 24,
3j Dieses Verfahren ist oben (Seite 169) für Achaia und Tarsus in Cilicien
nachgewiesen worden. In Sicilien war es ebenfalls angewendet, (üc. Verr. II,
2, 56, 139; n, 2, 53, 133; II, 2, 55, 137. Vgl. Kuhn 1, 2*28 f.
4) Lex Antonia de Termeasibus (C. /. L. I n. 204) col. I lin. 9: eique legibus
9ueis ita ulunto — quod adversut hanc legem non fiat.
5) Papinianus Dig. 42, 5, 37: Antiorhensium Coelae Syriae ciritati, quod
lege min Privilegium, in bonia defuncii debiloria accepit , ius persequendi pignoris
durare corutitit. Diego Stelle ist etwa 206 geäcbrieben , ehe CaracallH Antiocliia
zur Colonie machte.
— 352 —
als über die Römer, welche in derselben ihr Domicil halten i),
zweitens eigene Finanzverwaltung, drittens Freiheit von römischer
Besatzung 2) j viertens Eigenthum am Boden, also Befreiung von
römischer Grundsteuer ^] , wogegen die freien Städte wie die
civüates foederatae zu ausserordentlichen Dienstleistungen, na-
mentlich zu Lieferungen gegen Entschädigung verpflichtet waren ^);
fünftens das Recht eigene Land- und Seezölle auf ihrem Territo-
rium zu erheben, unter der Bedingung, dass die Römer von
Zahlung derselben eximirt bleiben^), sechstens das Münz- und
1) S. das SCtum über Chios oben S. 340 Anm. 3 und das SCtum über Pla-
rasa und Aphrodisias S. 349 Anm. 2. Lex de Term. col. 11 lin. 19 ff.
2) Die freien Städte sind dcppoupTjxoi, s. S. 351 Anm. 2. Lex de Termessi-
bus (C. /. L. I n. 204) col. II lin. 7: neiquis magistratus prove magistratu
rneüites in oppidum Thermesum — hiemandi caussa introducito — — nisei sena-
tus nominatim , utei Thermesum — in hibernacula meilites deducantur^ decreverit.
Liv. 45, 26, 12 von den Illyriern: senatum populumque Romanum praesidia ex
Omnibus oppidis, arcibus, castellis deducturum.
3) Es ist bereits oben S. 344 bemerkt worden, dass die nicht freien Un-
terthanen stipendiarii sind; hieraus folgt, dass die freien Staaten, sowohl foede-
ratae als liberae kein Stipendium zahlen, und so wird auch immer unterschieden.
Liv. 34 , 57 : mirari se , quod Romani aequum censeant leges ei dicere , quas
Asiae urbium liberas et immunes — quas stipendiarias esse velint. Appian. B. C.
1, 102: xai TtoXet? ou/ ooat fxovov UTtoxeXei;, dXXot xal oaoii eauxa? ifV.eyzi^ti'ACoa'i
srt ouv^xat; svopxoi (d. h. die foederatae), xal ooai 6td (3'j[X|j,a)^iav -^ Tiva dpexTjV
dXXrjv auxovopLOt xe xal cpopwv rjaa^ dxeXeti; (d. h. die liberae et immunes), xoxe
TTttoat ouvxeXeTv ^xeXeuovxo. Strabo 17 p. 839 : xa6x'ir]<; he x-fj? cufxrdorj; /cupac
xfj? U1I0 'Pu)(xaioi? 'Q (j.£v ßaoiXs'jExat, "itai r.iinzooaiv 'rjYe[J.6va? xat 'fO[jok6-(o\)z'
£131 he xiv£? xal dX£6^£pai ttoXei; , ai (xev i^ ap^YJ? raxd cpiXiav 7:po;£X^oüaat,
xd? 5' 7]X£'j5}£pajoav a'jxoi Ttaxd xiiayjv. Liv. 34, 58, 9 : utrum tandem videtur
honestius, liberas velle omnes, qune ubique sunt, Graeciae urbes, an servas et vecti-
gales facere? Schol. Bob. in Cic. or. pr. Scauro p. 375: aliae civitates sunt stipen-
diariae, aliae liberae. Nach der Formel der Freiheitserklärung sind die letzteren
dcpopoXoY'^xoi , immunes, s. Seite 351 Anm. 2. Und dies bestätigen die sieben
freien Städte in Africa, von welchen kein vectigal erhoben wurde {lex agraria
von 643 = 111, C. I. L. n. 200 lin. 85), und von welchen Leptis ausdrücklich
libera et immunis heisst, s. Mommsen a. a. 0. p. 98; ebenso die fünf freien Städte
Siciliens, deren ager nicht decumanus ist, Cic. Verr. II, 3, 6, 13, und viele
andere Beispiele, wie das von Elatea in Phocis, von dem Pausanias 10, 34, 2
sagt: dvxt he xouxou xoü £pYO'j 'Pwijiarot 0£Sa)xaoiv auxous dXEU^Ipou? övxa?
axehJ] v£[X£odat XYj^; ^(upctv. Die Stadt konnte ihren Landbesitz zum Nutzen der
Stadtcasse verpachten und zog dann ans demselben ein vectigal. Suet. Tib. 49 :
plurimis etiam civitatibus — veteres immunitates et ius metallorum ac vectigalium
adempta.
4) Es sind dies officia oder, wie Strabo 8 p. 365 sagt , cptXr/.ai XEtxoupYtai ;
namentlich gehört hieher der Verkauf von Getreide (frumentum emptum), wie er
in Halesae und Centuripae in Sicilien vorkommt. Cic. Verr. II, 3, 73j II, 4,
9, 20.
5) Liv. 38, 44: SCtum factum est, ut Ambraciensibus suae res omnes redde-
rentur; in libertate essent ac legibus suis üterentur ; portoria, quae vellent, terra
marique caperent , dum eorum immunes Romani ac socii nominis Latini essent.
Lex de Termess. col. II lin. 31: quam legem portorieis terrestribus maritumeisque
Termenses — • capiundeis intra suos fineis deixserint, ea lex ieis portorieis capiun-
— 353 —
Exilrecht ^), durch welches diese Städte als exterae, d. h. nicht
zur Provinz gehörige, rechtlich anerkannt werden. Die freien
Städte waren also im Ganzen den verbündeten gleichgestellt,
aber es fehlte ihnen die rechtliche Basis des foediis: sie genossen
gesetzlichen Schutz gegen Uebergriffe des Statthalters, aber sie
waren unterw-orfen den Verfügungen des Senates 2); sie standen
ferner immer in Gefahr, bei einem wirklichen oder scheinbaren
Missbrauche ihrer Freiheit dieselbe zu verlieren , und pflegten
sich den römischen Behörden gegenüber um so weniger auf ihr
Recht zu berufen, als ihnen für die Beeinträchtigung desselben
zuweilen materielle Vortheile geboten wurden, wie z. B. in dem
Falle, dass ein römischer Gerichtstag [conventus) '^) oder die Re-
sidenz des Statthalters in eine freie Stadt gelegt wurde ^).
Unterthänige Städte.
Den verbündeten und freien Städten sind entgegengesetzt Uuterthi-
,. WT . ., c f / r\ s •> f ^.^ t c ' ' / nige Städte.
die lintertnanen, oi UTnfjxoot^J, to ap5(o[x£Vov''y, ot uTroTSTaYfisvot
'Pü>jxaioic'), stipeMdiarii. Aber auch unter diesen linden sich
nicht allein einzelne Comnmnen, sondern ganze Länder, welchen,
obgleich sie unterthänig und abgabenpflichtig waren, dennoch
das Prädient der Freiheit beigelegt wird. Es sind dies erstens
solche Städte, welche, wie die syrischen Communen'^j, von der
deis esto, dum nei quid portori ab ieis capiatur, quei publica populi Romani vecti-
yalin redempta habebunt. loseph. Ant. 14, 10, 22.
1) Kxilrerht hatten Cyzicus, wohin Cicero zu gehen gedachte (Cic. ad fam.
14, 4, 3; ad Alt. 8, 6); Thessalonike, wo er wirklich blieb (Druniaiui 5, 641);
Dyrrhachium (Cic. pr. Best. 67, 140); Smyrna (Ci<;. Brut. 22, S5. pr. Balb. 11,
2H. de rep. 1, 8, 13); Mytilene (Cic. Brut. 71, 250. ad AU. 5, 11, 6); Patrae
(Cic. ad fam. 13, 19, 2).
2) In der lex de TermesHibua wird col. II liii. 6 — 13 zwar den Militärbehör-
den untersagt , in Termessus Truppen in Winterquartiere zu legen , dem Senat
aber die Verfügung hierüber vorbehalten.
3j Während die iüderirte Stadt Me»sana protestirte, als Pompeius in ihr ein
Gericht abhalten wollte (Plut. Pomp. 10), werden regelmässige conventua gehalten
in Ltica (Caes. ß. C. % 36; B. Afr. 68); Thapsus, lladrumetum {B. Af'r. 97);
Panormus (Cic. Verr. II, 2,26, 63; II, 5, 7, 16; II, f), 04, 140); Tarsus (Cic.
ad fam. 3, 6, 4 ; 3, 8, 6. ad Att. 5, 16, 4. Phllostr. V. Apoll. 1, 12); Alabanda
in Carien (Plin. N. H. f), 109); Smyrna (Cic. pr. Flaeco 29, 71. Plin. ;V. H.
ö, 120).
4) Thessalonike war Residenz des Statthalters von Macedonien , Antiochia
des Statthalters von Syrien.
5) Diu Ca«»». 38, 36; 41, 55 u. ö. S. Kuhn 2, 16 Anm. 79.
6) Ari.stideH Vol. I p. 346 DIndort
7) loseph. Ant. 12, 10, 6.
8) S. oben 8. 237. 238.
Ron. AlUrtb. IV. 23
— 354 —
königlichen Herrschaft, unter welcher sie bis dahin gestanden
hatten, emancipirt und gegen Zahlung eines Tributes selbständig
conslituirt, unter einem römischen Statthalter sich einer eigenen
Verwaltung erfreuten, welche sie unter den Königen nicht ge-
habt hatten \K Zweitens aber gehören hieher die Gemeinden,
welche im Kriege entweder unter Bedingungen oder auch durch
Dedition in die Gewalt der Römer kamen 2) . Denn da die rö-
mische Regierung die städtischen Behörden der Verwaltung wegen
brauchte (s. S. 14) und überall bemüht war, städtische Gemein-
den zu schaffen, so lag es natürlich in ihrem Interesse, sie da,
wo sie vorhanden waren, zu erhalten. Allen unterworfenen Ort-
schaften wurde daher ihr Stadtrecht aufs neue verliehen, oder,
wie es officiell heisst, ihre Stadt, ihr Gebiet und ihre Gesetze
zurückgegeben 3) ; sie behielten also ihren Rath, ihre Volksver-
sammlung und ihre alten Behörden, besorgten die Gerichtsbar-
keit, die Verwaltung der städtischen Angelegenheiten'^), die Ein-
1) Livins ep. 59 sagt von Asien: Aristonicus Eumenis regis fililis Asiam
occupavit, cum testamento Attali regis legata populo Romano libera esse deberet.
Hier besteht die Freiheit Asiens also ausschliesslich darin , dass dasselbe nicht
unter einem Könige steht. Und diese Bemerkung ist nicht ohne Grund. Denn
eigentlich unterthänige Ortschaften haben gar keine Stadtverfassung, sondern wer-
den als Komen regiert. Die Städte, welche Athen attribuirt waren, Delus, Ceos,
Haliartus, standen unter einem athenischen Statthalter f d7:t{xeXTjrf); , C. /. 6'r.
2286. 2287. 2288. 2293. 2298. 2306. 2371. Annali 184Ö p. 55. Kuhn 2, 43);
die königlichen Städte in Aegypten und ludaea hatten ebenfalls keine Stadtver-
fassung Tind Selbstverwaltung, s. Kuhn 2, 343 — 348, und die jüdischen Städte,
welche Pompeius zur Provinz Syrien schlug (loseph. Ant. 14, 4, 4 und oben
S. 237), erhielten diese erst damals. Vgl. Kuhn 2, 17 ff. Ausserdem ist in
einem antiken Königreiche der Unterthan ein Knecht, im römischen Reiche aber
ein Freier, was die in Asien wohnenden Juden bei loseph. Ant. 16, 2, 4 ruh
men : d ^ap d-/XoYi(3aivTO tyjv TtdXai ßaatXeiav xat x-^v vüv dp'/jp, uoXXwv övtouv,
'6aa Tipö; euoat|xoNiav autoi; iTreSoaxev, ext y.otxd Ttdvxtuv dpxel t6 [xtqxsti SooXou«;
dXXd ^X£u&£pou<; cpaiveoftai. Die Eraancipation von der Königsherrschaft bringt
also zwei wirkliche Verbesserungen der Lage, die persönliche Freiheit des Ein-
zelnen (dXeu^epia) und die Selbstregierung (auxo'JOfxia).
2) In der Inschrift C. I. Gr. 3800 = Waddington n. 588, welche nicht nach
Heraclea im Pontus, sondern nach Heraclea in Carien gehört, verleiht Cn. Man-
lius wahrscheinlich im J. 566 = 188 der letzteren Stadt die Freiheit mit der
Formel : So^ycDpoüpLEV hk 'j\i.ls iri^ dXeu^epiav , %a86xt xai xaT« dXXat; TtöXeoiv,
ooai YjfxTv XTjv dTrixpoTCTjV l6(o7.av , e^ouciv xd TrpaYfJ-axa xd auxwv TioXtxeueodat
xaxd xou; ufjLexepo'j; vofxou;. Die Formel SiSovai auxou; £?; xrjv 'Ptofjiaiuiv Itti-
xpoTTYjv ist aber die Formel der Dedition , welche Polyb. 36, 4 (2) ausführlich
bespricht.
3) Ausser den weiter unten anzuführenden Fällen sind hiefür belehrend die
Beispiele von Thisbae in Boeotien, über welches S. 166 gesprochen ist, und von
Phocaea , welchem nach seiner Dedition im J. 564 = 190 der römische Befehls-
haber urbem agrosque et suas leges restituit. Liv. 37, 32.
4) S. oben Seite 16 Anm. 8,
— 355 —
Schätzung der possessores i) selbst, und befanden sich gewöhnlich
im Besitze des Münz rechtes 2), häufig auch noch besonderer Be-
willigungen [beneficia] '^) . Aber diese Rechte sind ihnen nicht
garantirt durch ein foedus oder eine lex oder ein senatus con-
sultum , sondern entweder durch die Commission , welche die
Provinz organisirte^), oder durch das Edict des Statthalters bis
auf Weiteres und mit den Beschränkungen gewährt, welche ihm
in jedem Falle beliebten und namentlich in einer Controle be-
standen, die er selbst über die Ausübung dieser Rechte führte.
Denn dem Statthalter lag es ob, sowohl den regelmässigen Etat
jeder Provincialstadt, als jede ausserordentliche Ausgabe dersel-
ben zu genehmigen ^) , die Schuldentilgung und die gerechte Ver-
theilung der Steuern auf alle Ortsangehörigen zu überwachen^),
die Stadtrechnung zu revidiren "') , Volksversammlungen zu er-
lauben und zu verbieten 8), und bei der Wahl des Senates^) und
der Censoren ^^j die Aufsicht zu führen. Städte dieser Classe ha-
ben also nur eine gewisse Analogie zu den freien Städten, in-
Ij Vgl. oben S. 17.
2) Momrasen Gesch. des Rom. Münzwesens S. 727.
3) Die Stadt Tyras in Mösien (s. S. 150), weldhe nicht frei war, genoss
das beneficium , dass ihre Bürger von dem portorium lUyricum befreit waren.
Henzen n. 6429= C. I. L. III n. 781.
4) In Bithynien hatten auch die unfreien Städte Constitutionen erhalten.
Plin. ep. 10, 109 (110): quo iure uti debeant Bithynae vel Ponticae civitates in
iis pecuniis, quae ex quaque causa reipubUcae debebuntur, ex lege cuiusque anim-
advertendum est, und einige waren auch im Besitz späterer Privilegien. Plin.
ep. 10, 84(88).
;')) Die Hauptpositionen des Stadtetats betrafen Gesandtsrhaften (Cic. ad
fam. 3, 10, 6. Plin. ep. 10, 43); Bauten, zu welchen jedesmal die specielle
Erlaubniss des Statthalters nöthig war (Plin. ep. 10, 23(33); 37(46); 70(75);
90(91); 98(99), und über welche demselben Rechnung gelegt wurde (Plin. 10,
39 (48), und Spiele (Cic. ep. ad Q. fr. 1, 1, 9, 26).
6) Cic, ad Q. fr. 1, 1, 25: nulluni aes alienum contrahi ciiyitntibus : vetere
(lutem magno et gravi multas abs te esse liberatas — sumptus et tributa civitatunr
ah omnihuji, qui earum civitatum fines incolunt, tolerari aequabiliter.
7) Cic. ad Alt. 6, 2, 5 : 7nira erant in civitatibus ipsorum furta Graecorum,
quae magistratus sui fecerunt. Quaesivi ipse de iis, qui annis decem proximis ina-
(jistratum gesserant. Aperte fatebantur. Plin. ep. 10, 17 A: nunc reipublicae
PruKensium impendia, reditus, debitores excutio. 10, 17 B: ita certe prospicio ex
ratione Frusensium, quam cum maxime Iracto. Plin. ep. 10, 47(56); 81 (85).
8) Von Priisa sagt Dio Chrys. Or. 48 Vol. II p. 236 R. : Trpmov (a£v, Üt
dlv^pec , Tip %paT(atn) (lOapiNO) (Proconsul Bithyniae 101 n. Chr.) Bei /apiv "^wa;
elli-iai, v.al oid x-^jv Ä)wX'r)v rpoV'j{xlav, — xai Ixi ßo'jXofievoi; -^iixTv /ixATjOiaoat
rA'Ki'* dcf-fjxe. — toüto 7d(> '7jv rtateuovTo; ujaTv , xat eioiro; , 8ti Ttpo; ouBev
ä-riT.ri^ ypfjOEofte TY^ i^ouoiot.
9) Plin. rp. t(), 84(83).
10) Clr. Verr. II, 2, 53, 131; 56, 138 IT. '^' '
23*
— 356 —
sofern sie ihre Verwaltuiie; zwar durch ihre eigenen Behörden,
aber unter der Verantwortlichkeit der Regierungsbeamten aus-
üben, und in diesem Sinne sind diejenigen Stellen zu erklärten,
in welchen auch ihnen die Autonomie zugeschrieben wird. Q. Mu-
cius Scaevola, welcher wahrscheinlich 634 = 120 Proprätor von
Asien war^), hatte in seinem Edict den Einwohnern der Pro-
vinz gestattet, Processe der Asiaten unter einander vor einhei-
mische Richter zu bringen. Dieselbe Bestimmung traf Cicero in
seinem Edict für Gilicien, welches er 703=51 erliess; und wäh-
rend er einmal mit einer gewissen Ironie berichtet, wie glücklich
die Ciiicier in dem Gedanken seien, hiedurch die Autonomie er-
langt zu haben 2) j rühmt er sich an einer andern Stelle selbst,
dass sie im Gebrauch eigener Gesetze und Gerichte derselben
wirklich theilhaftig geworden seien '^). Und doch waren die ci-
licischen Städte in derselben Lage, wie alle griechischen Provin-
cialgemeinden , denen ebenfalls die Gerichtsbarkeit über ihre
Bürger bewilligt war 4) , die aber Steuern zahlten und unter
dem Statthalter standen. In gleicher Weise erzählt Plutarch,
dass Marcellus im J. 542 = 212 den Syracusanern die Freiheit ver-
liehen habe 5), und doch gehörte Syracus nicht zu den freien
Städten*^), sondern war in der Lage wie Thermae ^) und alle
nicht priviligirten Communen Siciliens, welche eigene Gesetze
1) Waddington Fastes des provinces Asiatiques n. 4.
2) Cic. ad Att. 6, 1, 15: multaque sum secutus Scaevolae, in iis illud, in
quo sibi libertatem censent Graeci datam, ut Graeci inter se disceptent suis legi-
bus. — Graeci vero exsultant, quod pereyrinis iudicibus utuntur. Nuyatoribus
quidem, inquies. Quid refert? Tarnen se oc!jTovo(i.tav adeptos putant.
3) Cic. ad Att. 6, 2, 4: ita multae civitates omni aere alieno liberatae,
multae valde levatae sunt ; omnes , suis legibus et iudiciis usae , a'JTOVOiJiioiv
adeptae, revixerunt.
4) So hatte Prusa in Eithynien eigne Gerichte. Dio Chrys. 11 p. 175 R. :
Tol? oixa; Ufxstc aT.ohiyeo^e: xai Ticcp' UfJiTv «utou? dva^x'^ y.piveai}at, und fand
hierin auch die ike'j^epia (ib. II p. 196), wiewohl es dieselbe nicht wirklich
hatte (ib. II p. 199: raüta -^ap ^fxä; — ttXeov 6v'/]oet — x-rj? dXeui^eptai; aur-^?,
ddv dpa xai to'jto'j Tuyjr]T£ Ttoxe). Allgemein sagt Dio Cass. 37, 20 von den Ein-
richtungen des Porapeius : xd xe TtXeico £i}virj xwv ev xt] 'Aoia xtj] "^Tretpo)
vöptoii; x£ ioioi? '/al TToXixeiai? -/.axecx-rjoaxo %al oiexoofxTjoev, waxe xat oeOpo aOxo'JC
xoT? du exei-vou vofxiofteToi ypTJc^at.
5) Plnt. Marcell. 23 : xat xtjv IXeu&epiav , '?^^ dz^Stoxev auxoT; , xai xoui;
vofxou; -Aal xöiv xxTjfxdxouv xd Tzepi6sTa ß^ßaia Trep^a^^ev -/] ouY'/tXyjXO?.
6) Cic. Verr. II, 3, 6, 13.
7) Cic. Verr. II, 2, 37, 90: cum — senatus populusque Romanus Thermi-
tanis — urbem, agros, legesque suas reddidisset.
— 357 —
und Gerichtsbarkeit über Siculer ausübten*), aber Zehnten zahl-
ten 2) und dem Statthalter gehorchten.
Wir kommen also zu dem Resultat, dass es regelmässig nur
die drei Arten peregriner Stadtgemeinden gab, welche Cicero für
Sicilien anführt, nämlich erstens verbündete, zweitens freie und
abgabenfreie und drittens steuerpflichtige 3) ^ nur dass die ersten
beiden nicht zur Provinz gerechnet werden, also dem Statthalter
nicht unterworfen, die letzteren aber für die eigentlichen Pro-
vincialstädte zu halten sind. Bei der grossen Ausdehnung, wel-
che dem Begriffe der Freiheit gegeben wird, haben wir nur das
eine bereits vorher festgestellte Kriterium, dass, was steuerpflich-
tig ist, zur Provinz gehörig, was steuerfrei ist, von derselben
eximirt ist, und in dieser Ansicht sagt Cicero, wenn man die
reichsten Städte Creta's steuerfrei mache, werde Creta aufhören
eine Provinz zu sein^). Dass es noch eine vierte Kategorie pe-
regriner Staaten gab, nämlich solche, welche als liberae civüates
durch eine Urkunde anerkannt, aber nicht steuerfrei waren, ist
allerdings richtig, aber als ein Uebergangsverhältniss zu erklären,
welches die römische Regierung um so bequemer staluiren konnte,
als sie, wie das foedus, so auch die über las nicht nach einem
für alle gleichen Schema, sondern unter ganz verschiedenen Be-
dingungen ertheilte, welche für die freien Städte in einer lex
i'.ivüatis jedesmal besonders formulirt wurden. \w dieser Kate-
gorie befinden sich diejenigen Gemeinden, welche nach ihrer Un-
terwerfung zwar tributär gemacht, aber zu einer Provinz nicht
geschlagen werden konnten, weil eine solche noch nicht vor-
handen war; z. B. die Macedonier und lllyrier, welche 587 =
167 frei und tributpflichtig wurden, nach der Einrichtung der
Provinz 608 = 146 aber tributpflichtig blieben und aufhörten
frei zu sein ; in demselben Verhältnisse waren ihrer geographi-
Ij Cic. Vetr. II, 2, 13, 32: Sicvli hoc iure sunt, ut, quod civis cum che agat,
dorni certet suis Legibus.
2j Cic, Verr. II, 3, 6, 13 und von Thermae II, 3, 42, 99; II, 3, 43, 100.
3) Cic. Verr. 11, 3, 6, 13. Freie und zugleich abgabenpflichtige Städte gab
c» nach Cicero in Sicilien nicht.
4) Cic. l^il. 2, 38, 97 : nuper fixa tabula est , qua civitates locupletissimae
(■retensiurn vectiyalibus Uberantur, staluiluriiue, ne post M. Itrutum pro consule
Sit Creta provirwia. Dau Wort vertiyalibus , wolclics der Vatiraiius hat, fehlt in
den älteren Ausgaben, welchen folgend Kuhn 2, 25 von dieser Stelle einqii fal-
schen Gebrauch gemacht hat.
— 358 —
sehen Lage wegen Byzanz und Chios*), und ähnliche Gründe
werden bei den andern Communen vorhanden gewesen sein,
welchen zum Thoil zu verschiedenen Zeiten die Freiheit und die
Tributpflichtigkeit zugeschrieben wird 2).
Verfall der Wie in dcu itaüscheu Municipien und Colonien sich schon
freien *
Städte, im ersten Jahrhundert der Kaiserzeit die Unfähiglteit der Muni-
cipalbürger zur Verwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten immer
mehr herausstellte und ein Einschreiten der Regierung nöthig
machte-'), so war dies in noch höherem Grade der Fall in den
Provincialstädten, deren financielle Lage schon in den Stürmen
der Bürgerkriege in grosse Bedrängniss gerathen war und ins-
besondere in den Gemeinden, welche nicht unter der Controle
des Statthalters standen, auch später einer Remedur dringend
bedurfte. Daher wurde seit Traian und Hadrian' sowohl die
Verfassung als besonders der Staatshaushalt der freien Städte
einer Revision und fortwährenden Aufsicht, zuerst durch ausser-
ordentliche Commissarien, correctores^ hio^^miai, sodann durch
Einsetzung eines kaiserlichen curator oder ^^oytatY]? unterworfen 4) ,
wodurch ein wesentliches Privilegium der Freiheit, die Exemption
von der Controle der römischen Regierung verloren ging und
der Unterschied der freien und unterworfenen Städte zum gros-
sen Theile aufgehoben wurde; die Freiheit wird seitdem als ein
leerer IVame betrachtet'^), besteht indessen rechtlich noch lange
1) Byzanz war nach Tac. Ann. 12, 62 ursprünglich eine foederata, nach
Cic. de prov. cons. 4, 6 eine libera civitas , zahlte aber später tributum , Tac.
Ann. 12, 63 ; die Insel Chios hatte seit Sullas Zeit einen Freundschat'tsvertrag
mit Rom , bei dessen Bestätigung der Senat ihr garantirt hatte , dass alle römi-
schen Behörden sie unbelästigt lassen sollten (C. /. Gr. 2222); später aber ge-
hörte sie zur Provinz Asien und zahlte Abgaben. loseph. Ant. 16, 2, 2.
2) Antiochia in Syrien ist libera (Plin. iV. H. 5, 79), auTovofxo!; (Euagrius
2, 12), seit dem Jahr 690 = 64, hat eine eigene lex civitatis (Dig. 42, 5, 37),
zahlt aber später wenigstens tributum (Dig. 50, 15, 8 § 5) ; ebenso war Apollo-
nidea in Asien civitas libera (Cic. pr. Flacco 29, 71), später aber tributär. Tac.
Ann. 2, 47. Belehrend ist über diese Veränderungen der von loseph. Ant. 17,
2, 1 und 2 erzählte Fall. Eine Landschaft in Batanaea war zum Schutz der Pro-
vinz militäriscli organisirt und mit Freiheit und Abgabenfreiheit beschenkt wor-
den, dann heisst es : 'PtofJi.aroi oc^otfxevot -nr^v apyj^v xoü {a£^ dXeu&epou -/ai auxoi
TYjpoDoi TTjv d^icöoiv, im^oKali oe xö)^ cpoptov ei<; xö TrajATtav tTTiecav auxou«;.
3) S. oben Seite 72.
4) lieber die SiopOwxai s. S. 77 ; von den curatores wird in dem Abschnitte
von den Stadtverfassungen gehandelt werden.
5) Plin, ep. 8, 24 sagt von Athen und Lacedämon: quibus reliquam umbram et
residuum libertatis nomen eripere durum — est. Dio Chrys. Vol. II p. 200 R. :
eu Ycxp l'oxe, 5xt xtjv (xev XsYOft^vrjV ^Xeu&eptav xai xö ovofxa xou^', 8 irapa xmv
xpctxouNxojv v-ai 5'Jvot[AeMt»v ^lY^^^Tai, ^vioxe ou 5'jvaxöv xx-fioao&at. Plutarch. praec.
— 359 —
forti), selbst nachdem durch Caracalla allen Einwohnern des rö-
mischen Reiches die Civilät ertheilt war 2). Nach Conslantin
haben indessen die freien Städte gänzlich aufgehört 3).
Städte römischer Verfassung.
Während verbündete und freie Städte nur in den Ländern ^2\l^^^\^
otadteanla-
phönicischer und griechischer Cultur vorhanden waren, wurde g«»-
in den Provinzen , in welchen das Städteleben sich erst ent-
wickelte, durch Organisation von römischen Gemeinden, d. h.
von Colonien, Municipien und Städten latinischen Rechtes ein
Mittel geschaffen, die eroberten Länder einerseits gegen äussere
und innere Feinde zu sichern, andererseits unmittelbar in das
römische Cultur- und Rechtsleben einzuführen *) . Schon vor dem
J. 654 = 100 war in den gallischen Ländern eine kleine Zahl
von römischen und latinischen Colonien gegründet worden (s.
S. 39. 50), unter deren Einflüsse die Romanisirung des cisalpini-
schen Galliens in verhältnissmässig kurzer Zeit erfolgte ; man
durfte mit Grund hoffen in den später erworbenen barbarischen
Provinzen ein gleiches Resultat zu erreichen, und indem man in
den beiden Germanien, den Donauprovinzen, in Arabien, Numi-
dien und Mauretanien am eifrigsten mit römischen Städteanlagen
vorging, beobachtete man dasselbe Verfahren, welches sich in
Gallia cisalpina bewährt hatte (s. S. 13. 14); einer kleinen, mit
römischem Stadtrecht ausgestatteten Gemeinde übergab man ein
grosses Territorium, dessen einheimische Revölkerung ihr attri-
buirt und so lange von ihr besteuert und regiert wurde, bis
sie fähig war, selbst mit activem Rürgerrecht in die Gemeinde
einzutreten. Es war dies dieselbe natürliche Entwickelung, welche
ger. reip. c. 32 § 8: .^XeuOepiac U, 2oov ol xpaTouvre; vifxouoi xoi« o-Zijaoi;,
(xixeoTi, %a\ to rXIov toaac o'jx otfAeivov.
1) Anazarbus in Cllien bekommt den Titel auT<5vo(Jio; erst unter Commodus
(Eckhel I). N. 3, 42) und Mopsuestia nennt sich auT($vo|xo« in einer Inschrift
des J. 140. C. I. Gr. 5885.
2) Dies geht aus den Münzen z. B. von Corycus, Seleiicia ad Calycadnum
und andern freien Städten hervor.
3) lulian. Or. 3 p. 114 Spanh. : 'AOrivirjot fxev o\)^ cpaoiv, ^te toT; Trorplot;
IBcoiv dy poiTo , -xotl l^oi-i ToT; nit-dmi 7:eiHo|jievoi vojaoi; , [i-t^dlris xal TtoXua^-
ftpoBTTOv oUoyvxe; 7:«iXtv x. x. X,
4) Seneca nonf. ad Helv. 7,7: hie deinde populus quot colonias in omnem
provinriam minit? uhirunqüe virit Romnnu« habitat. 7, 10: vix denique invenics
uUam terram, quam etiamnunc indigetMc colant. permixta omnia et insiticia xunt.
— 360 —
sich auch in den griechischen Colonien allerer und neuerer Zeit
nachweisen lässt^), nur mit dem Unterschiede, dass die Griechen
sich von Anfang an mit den Eingeborenen durch Epiganiic ver-
njischten^jj während in römischen Colonien der Unterschied der
eingeborenen und der angesiedelten Bevölkerung sich gewöhnlich
langsam und durch vollständige Romanisirung der ersteren aus-
glich 3) .
Rechtliche Die Colouicn , Municipien und latinischen Städte der Pro-
Stellnugder . ., „ ,
römiöchen vuizcn smd zwar m ihrer Verfassung von den italischen Städten
Städte in den , . , ^^ • *• i i
Provinzen, gleichcr Benennung, welche wir früher besprochen haben, nicht
verschieden"*), in zwei Beziehungen aber stehen sie gegen die
letzteren in wesentlichem Nachtheile. Zuerst nämlich ist aller
Provincialboden, auch wenn er in das Eigenthum eines römi-
schen Bürgers übergeht, steuerpflichtig^), und, während die ita-
lische Bevölkerung von aller Grundsteuer und seit 587 = 167
auch von der römischen Kriegssteuer (tributum) befreit war*»),
sind die Colonien, Municipien und latinischen Städte zu allen
Provincialsteuern verpflichtet"); zweitens scheinen zwar anfangs
1) Es genügt hier ein Beispiel aus späterer Zeit anzuführen. Die Landleute
im Gebiet von Antiochia in Syrien waren noch zu Johannes Chrysostomus Zeit
ungräcisirt und sprachen syrisch (Ohrys. Homil. 19, 1 Vol. II p. 189^. de sanct.
mart. I p. 51* ed. Montf.) und die Dörfer selbst hatten syrische Namen, Charan-
dama, Gandigura u. s. w. 0. Müller AnUquitt. Antioch. in Comment. soc. Goettimj.
recent. Vol. VIII p. 233 und Götting. Anz. 1837 p. 562. Ebenso brachten in
Celaenae in Phrygien Kappadocier , Pamphylier und Pisidier ihre Waaren zu
Markte, Die Chrys. II p. 68 R., und solche Bauern, ^ttnp'^oi, welche nicht Bür-
ger sind, sondern unterthänig, finden sich auch in Cyrene ' (loseph. Ant. 14,
7, 2) und Aegypten. Rudorff Das Edict des Tiber. Alex, im Rhein. Museum
1828 S. 179. Vgl. Huschke Ueber den Census der früheren röm, Kaiserzeit
S. 159 ff.
2) So in Aegypten (Letronne Recueil I p. 99) und in Cyrene. Alexander
der Gr. gründete Alexandria am laxartes : auvcixioac tujv xe 'EXXyjvoj^ (jlio^o-
cpoptuv %at ooTt? Töjv TtpoaotxouvTwv ßapßaptuv e&eXovxTjc {Aexea^e xfj; ouvor<iae(o?.
Arrian. exp. 4, 4, 1; vgl. 7, 6, 1. Diodor. 18, 4.
3) In Colonia Agrippinensis war sehr früh die einheimische Bevölkerung in
die Colonie aufgenommen worden. Tac. Hist. 4, 65.
4) Dass die Verfassung der latinischen Städte dieselbe war, wie die der
römisclien Municipien , über welche weiter unten, die Rede sein wird , lehrt das
Beispiel von Nemausus, das unter Tiberius noch ius Latii hatte, und dessen
llllviri und decuriones in einer Inschrift dieser Zeit bei Orelli n. 3579, dessen
aediles und quaestores von Strabo 4 p. 187 erwähnt werden.
5j S. oben S. 340 und besonders Aggenus Urbicus ad Frontinum in Gromat.
p. 4: quod amnes etiam privati agri in provinciis tributa atque vectigalia per-
solvant.
6) Plut. Aem. Pauli. 38. Cic. de off. 1, 22, 76. Plin. N. H. 33, 56.
7) Gromat. p. 35. 62: ai si ad provincias respiciamus, habent agros coloni-
eos eiusdem iuris (wie in Italien, ubi nullus ager est tributarius^, habent et colo-
361
Städte von der Aufsicht des Statthalters eximirt gewesen
|ii^), in der Kaiserzeit aber waren sie sowohl der höheren
riimtsbarkeit als auch der Verwaltung desselben unterworfen 2).
m p» stimnUe Unterschied, welcher besonders wegen des ersten
||| :|||>> zwischen italischen und ausseritalischen Colonien und
pien stattfand, wird auch durch das Verfahren bestätigt,
p in der Kaiserzeit bei der Ausführung der Militärcolonien
iitet wurde, wonach man die in Italien ausgehobenen Sol-
nämlich die Prätorianer und cohortes urbanae wieder in
ansiedelte-^), dagegen die Soldaten der Legionen, welche
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— 362 — ,
in dem MilitUrstaate der Kaiserzeit die Colonien den Vorrang,
während die Municipien , je mehr sie an Selbständigkeit ver-
loren (s. S. 76), um so mehr ihre alte Dignität einbüssten und
als kleine Landstädte ohne politische Bedeutung angesehn wur-
den i). In den Städteregistern des Augustus, welchen Plinius
folgt 2), so wie in den Agrimensoren =^) stehen regelmässig die
Colonien vor den Municipien und später kommt es vor, dass
Municipien sich um das ius coloniae bei dem Kaiser besonders
bewerben^). Daher werden ausserordentliche Privilegien haupt-
sächlich oder vielleicht ausschliesslich den Colonien ertheilt, und
dieser Privilegien sind drei: die Hbertas, die immunitas und das
ins Italicum. Denn dass auch das letzte nicht, wie Sigonius
annahm ^) , einen Stand von Personen bezeichnet, welcher eine
Mittelstufe zwischen Latinen und Peregrinen gebildet haben soll,
sondern ein Vorrecht ganzer Communen ist, welches also nicht
einzelnen Personen, sondern nur Städten ertheilt wird, ist von
V. Savigny zur Genüge erwiesen worden 6). lieber alle drei Privi-
legien liegt uns ein verhältnissmässig geringes Material vor. Die
Coloniae UbertüS wird nur selten ausdrücklich erwähnt, wie bei Patrae in
Achaia ^) , auf den Münzen der betreffenden Städte aber durch die
Figur eines stehenden Silenus, des Symboles der Freiheit, ange-
1) Gellius 16, 13, 9: (coloniarum) tarnen conditio, cum sit magis obnoxia
et minus libera, potior tarnen et praestabilior existimatur propter amplitudinem
maiestatemque populi Romani , cuius istae coloniae quasi effigies parvae simula-
craque esse quaedam videntur , et simul quia obscura obliterataque sunt munici-
piorum iura, quibus uti iam per innotitiam non queunt.
2) Plin. N. H. 3, 7 und sonst oft. S. Zumpt Comm. ep. I, 458. Rudorff
a. a. 0. p. 416.
3) Gromat. p. 19, 4; 20, 18; 35, 13; 114, 2. Rudorff a. a. 0. p. 415.
4) Tac. Ann. 14, 27 : at in Italia vetus oppidum Puteoli ius coloniae et cogno-
mentum a Nerone apiscuntur. Gellius 16, 13: {Hadrianus) mirari se ostendit,
quod et ipsi Italicenses et quaedam item alia municipia antiqua , in quibus Lti-
censes nominat, cum suis moribus legibusque uti possent, in ius coloniae mutari
gestiverint.
5) Sigonius de iure Italico 1 c. 1. Vol. I p. 460 ff.
6j Die Abhandlung v. Savigny's über das ius Italicum ist dreimal herausge-
geben; zuerst in den Abhandi. der Berliner Academie 1814. 1815, Berlin 1818
S. 41 — 54; sodann in Zeitschr. f. gesch. Rechtswissenschaft Bd. 5 S. 242 — 267,
und Nachtrag dazu Bd. 11 S. 2— 19; zuletzt Verm. Sehr. Bd. 1 S. 29 — 80.
Ausserdem s. Walter Gesch. d. R. R. § 319. 320. Puchta Instit. 1 § 94. 95.
Zumpt Comm. epigr. p. 482 ff. Rudorff Feldmesser 2 S. 373 ff. Faber Quaestio-
num Propontiacarum particula I., Herfordae 1858. 4 p. 1 ff.
7) Pausan. 7, 18, 5: xai &hoi'/.t (Augustus) [ih IXeu^epoi« 'Ayataiv fjiovois
ToT; UaTpeDow eivaf zhm-A£ 6e xai ic, za. aXXa -y^pa; ocpiaiv, 67t6oa xoi«; aTioi-
vioi; ve{xeiv ol 'Ptojxatoi vo{xiCouoi.
— 363 —
deutet 1), welchen auch Patrae auf seinen Münzen führt 2). So-
viel man aus einer Nachricht des jüngeren Plinius über Apamea
in Bithynien ersieht, welche Colonie ius Italicum hatte 3), muss
sich die Freiheit, wie bei den peregrinen civitates liberae, na-
mentlich auf die selbständige Communalverwaltung , d. h. die
Exemption von der Aufsicht des Statthalters bezogen haben 4)^
da in Hinsicht auf die Gerichtsbarkeit diese Colonien kein be-
sonderes Privilegium Gehabt zu haben scheinen^). Coloniae im- poioma«
"^ ^ ' immunes.
munes werden öfters erwähnt 6) ; in der bevorzugtesten Lage
aber befinden sich die coloniae iuris Italici'^). Sie haben nämlich. ^?^^!**"* .
erstens libertas in dem eben erörterten Sinne ^j, weshalb sie,
1} So auf den Münzen von Bostra , Damascus , Develtus , Neapolis Sama-
riae und Sidon. S. Eckhel D. N. 4, 493. Serv. ad Verg. Aen. 3, 20: quod
autem de Libero diximus , haec causa est , ut Signum sit liberae civitatis. Nam
apud maiores aut stipendiariae erant aut foederatae aut liberae. Sed ir^ liberis
civitatibus simulacrum Marsyae erat, qui in tutela Liberi patris est. Idem ad
Verg. Aen. 4, 58: patrique Lyaeo: qui, ut supra diximus, apte urbibus liber-
tatis est deus, unde etiam Marsyas minister eius per civitates in foro positus liber-
tatis indicium est, qui erecta manu testatur, nihil urbi deesse. Leber die Iden-
tität des Marsyas und Silenus s. Eckhel a. a. 0.
2) Eckhel a. a. 0.
3) Dig. 50, 15, 1 § 10.
4) Plin. ep. 10, 47 (56): cum vellem, domine, Apam^ae cognoscere publicos
debitores et reditum et impendia, responsum est mihi, cupere quidem universos., ut
a me rationes coloniae legerentur , nunquam tamen esse lectas ab ullo proconsu-
lum; habuisse Privilegium et vetustissimum morem arbitrio suo rempublicam ad-
ministrare.
5) Die coloniae iuris Italici, welche ebenfalls libertas hatten, rechnet Plinius
wenigstens immer zu den conventus.
6) Plin. A'. H. 3, 12: huius conventus sunt reliquae coloniae immunes 2\icci
— Ituci — Ucubi — Vrso; §19: colonia immunis Ilici; § 24: Caesaraugusta
colonia immunis. Dig. 50, 15, 8 pr. : Barcinonenses quoque ibidem immunes
sunt. C. ]. L. II n. 1663: jlamen col{oniarum) immunium provinciae Baetic(a€).
7) Ausser in der Verordnung des Cod. Theod. 14, 13, in welcher das ius
Italicum d«r Stadt Constantinopel erneuert wird , und der Constitution im Cod.
luht. 11, 20, worin Constantinopel ausser dem ms Italicum auch die Präroga-
tiven des alten Korn erhält, kommt dasselbe nur vor bei Plin. N. U. 3, 25:
ex colonia Accitana Gemellenses et Libisosona cognomine Foroaugustana , quibus
duabus ius Italiae datum. 3, 139 : ius Italicum habent eo conventu (von Scardo
in Illyrien) Alutae, Flanates — Lopsi, Varvarini, immunesque Assesiates , und in
den Dig. 50, 15 (de censibus), wo ein Verzeichniss der Städte mit ius Italicum
gegeben wird. Die Inschriften, in welchen man eine Krwähnuns des ius Itali-
cum hat finden wollen (s. ausser Walter a. a. O. Dirksen Die Script. Hist. Aug.
S. 123 ff.j, sind beseitigt durch A. W. Zumpt lieber die Erwähnung des im
Italicum auf Inschriften in Ztschr, f. gesch. Rechtsw. XV, 1 S. 1 IT. Vgl. Sa-
vigny Vorm. Sehr. I S. 73.
H) Hierauf bezieht sich l'lpian. Dig. 50, 15, 1 § 2: est et Ileliopolitana
(colonia) , qune n Divo Severo per belli civilis occasionem Italicne coloniae rem-
publicam accepit, und Pauhis ib. H §3: iuris Italici sunt et eorum solum , wo
ausser der Steuerfreiheit des Hoden« also noch eine andere Freiheit angedeutet
wird. Wenn aber Savigny annimmt, dieselbe habe darin bestanden, dass die
wenn auch nicht alle, so doch grossonlheils den Silen auf ihren
Münzen prägen i) ; sie haben zweitens Befreiung sowohl von
Kopfsteuer als von Grundsteuer 2); sie haben endlich die Eigen-
thumsfähigkeit des Bodens, so dass die Grundstücke in einer
colonia luns Italici im quiritischen Eigenthum ihrer Herren sind
und Anwendung aller Formen des römischen Rechtes, der iisu-
capto , in iure cessio , mancipatio und vindicatio auf dieselben
stattfindet'^). Das letzte Privilegium ist von Zumpt wieder in
Abrede gestellt worden, aber mit Unrecht -*]: denn erstens ist es
durch ein sicheres Zeugniss beglaubigt ^j, und zweitens würde,
wenn das ius Italicum in nichts weiter bestand, als der libertas
und immunitas, der Name desselben unerklärlich sein, da, wie
wir vorher gesehen haben, die Freiheit und Abgabenfreiheit auch
an Peregrinengemeinden verliehen und nicht als etwas dem ita-
lischen Rechte eigenthum liches betrachtet wird. Nun aber wird
das ins Italicum von der liJjertas und immunitas bestimmt als
ein neues Privilegium unterschieden 6) , welches der Provincial-
coloniae iuris Italici ausschliesslich das Recht gehabt hätten, llviri und IllJviri
zu wählen, während in anderen Colonien, Municipien und latinischen Städten
solche Magistrate nicht gewesen wären, so ist diese Ansicht mit Hecht von Wal-
ter verworfen worden, und die ausführlichen Untersuchungen von Zumpt bestä-
tigen das Vorhandensein dieser Behörden in allen genannten Städten. Das Recht
der freien Verwaltung wird nach Traian und Hadrian ebenso geschmälert sein,
als bei den liberae civitates der Provinzen; für die frühere Zeit aber kann es
seine Bedeutung deswegen immer gehabt haben.
1) Von den Städten italischen Rechtes haben den Silen auf Münzen Laodi-
cea, Berytus, Tyrus, Troas, Parium. S. Eckhel a. a. 0.
2} Dies ist schon daraus ersichtlich, dass Ulpian und Paulus von den "Städten
italischen Rechtes in einem Buche de censibus handelten. Ausdrücklich sagt es
Paulus Dig. 50, 15, 8: in Lusitania Pacenses, sed et Emeritenses iuris Italici
sunt. Idem ius Valentini et Licitani habent. Barcenonenses quoque immunes simt,
und § 7 : divus Vespasianus Caesarienses colonos fecit , non adiecto , ut et iuris
Italici essent : sed tri^tum his remisit capitis : sed divus Titus etiam solum im-
mune factum interpretatus est. Auch Apamea in Bithynien war immunis. Denn
was Tacitus Ann. 12, qß berichtet: ,,tributumque Apamensibus terrae motu con-
volsis in quinquennium rernissum'-'^ bezieht sich auf Apamea Cibotus in Phrygien,
wie Faber a. a. 0. p. 2 gut nachgewiesen hat.
3) Savigny Verm. Sehr. 1, 44. Rudorff Feldm. 2, 373 ff.
4) Zumpt Comnt. epigr. 1, 489.
5) Es ist dies die schon vorhin angeführte Stelle des Frontin. p. 35 Lachm. :
prima enim conditio possidendi haec est ac per Italiam, ubi nullus ager est tri-
butarius. — At si ad provincias respiciamus, habent agros colonicos eiusdem iuris
(also iuris Italici), habent et colonicos qui sunt immunes , habent et colonicos sti-
pendiarios. Durch diese Stelle wird auch bei Gaius 1, 27 die Restitution ge-
sichert. S. Rudorff a. a. O. S. 373.
6) Die Stadt Utica wurde bei der Einrichtung der Provinz Africa libera und
war auch immunis (s. oben Seite 315. Rudorff Zeitschr. f. gesch. Rechtswiss.
10 S. 92 ff. Mommsen C 1, L. 1 p. 98), sie wurde hernach municipium und
— 365 —
colonie das Recht einer italischen Colonie verleiht, und da die
Differenz dieser beiden Arten von Colonien grade in dem Rechte
an Boden besteht, so kann der Inhalt desselben kein anderer
gew(?sen sein , als die Ausstattung der Colonie mit dem quiriti-
schen Eigenthume am Boden. Der Name des ius Italiciim kommt
erst unter den Kaisern vor; das Recht ist aber viel älter; die
Colonisten, welche C. Gracchus 631 = 123 nach Carthago führte,
erhielten dort ihre Landanvveisung als agei' privatus ex iure Qui-
ritium^jj und als im J. 712 = 42 die cisalpinisohe Provinz auf-
gehoben wurde (s. S. 61), ist das italische Recht auch auf sie
übertragen worden. Das eigenlliche Vorbild indess für die her-
nach häufiger vorkommende Verleihung desselben gab Augustus^),
welcher, als er in Italien seine Veteranen ansiedelte, die von
diesen aus ihren Besitzungen vertriebenen Ilaliker in überseeische
Colonien ausführte^) und denselben einen neuen Landbesitz an-
wies, durch welchen sie, ohne eine solche Bewilligung, in ihren
Rechten geschmälert worden wären.
Die Provinciallandtage.
Die Communalverbände, dereni verschiedene politische Stel-
lung wir erörtert haben, sind die Grundlage, auf welcher die
Administration der Provinz beruht. Ihre Behörden und ihr Senat,
zunächst für die Verwaltung der Commune bestimmt, dienen
zugleich der Regierung, indem sie das Geschäft der Steuerein-
treibung in den Städten und den dazu gehörigen Ortschaften
übernehmen'*); ihre Territorien werden für den Zweck der Ju-
risdiction zusammengelegt in Gerichlssprengel, conventuSj Siotxrj-
osk;^), in deren Hauptorten der Statthalter die regelmässigen
Gerichtstage abhält; ihre Abgeordnelen kommen endlich in einem
dann Colonie, wobei schwerlich eine Aufhebung der llbertaa und immunitaa ein-
trat; dennoch erhielt sie durch Sevenis iuK lUiUrum und damit oflenbar eine
Vermehrung ihrer Privilegien.
i) Mommsen (\ 1. L. 1 p. 96. 97.
2) Zumpt 'Comm. epigr. I, 489.
3j Solche Colonien waren Dyrrhachium, Corinth, Philippi. l>io Cass, fil, 4.
Zumpt a. a. O. p. 376 ff.
4) H. Seite 14 und Dig. 50, 1, 17 }|J7: exiyendi tribuli munun inter »ordida
munera non habetur et ideo decurionibtu t^uoque viandatur.
T)) (onvenlUH gab en in itixpania TarraconenHi« 7. in Haetica 4. in l.iisjta-
nia .'{. in lllyrieii M. in Cllicia zu l'ninpeiiis Zeit S, in A^ifii it\\a II.
— 366 —
Landtat^e zusammen^), welcher darum ein besonderes Interesse
gewährt, weil er der erste Versuch einer repräsentativen Ver-
sammlung ist, zu welcher während der Zeit der Republik die
römische Staatsverfassung selbst niemals gelangt war.
vorröinische In den griechischeu Ländern, welche die Römer unterwar-
fen , bestanden seit alter Zeit unter den einzelnen Communen
Verbindungen , welche auf Stamm Verwandtschaft gegründet und
zu politischen und religiösen Zwecken organisirt waren. So wie
die Römer bei der Eroberung Italiens die Völkerbündnisse auf-
lösten (s. S. 26), so verfuhren sie anfangs damit auch in den
Provinzen, namentlich in Sicilien, Macedonien und Griechenland.
Wenn sie dieselben später wieder gestatteten , so geschah das
zunächst mit Rücksicht auf die religiöse Festfeier, welche mit
denselben verbunden war. Dass aber auch dieses Institut von
den Kaisern für politische Zwecke verwerthet wurde, lässt sich
aus der Entwickelung schliessen, welche dasselbe in der Folge
genommen hat. Die Landtage [communia^ xoiva) sind nämlich
nicht nur in den Ländern erhalten worden, in welchen sie von
Alters her bestanden, wie z. R. in Lycien (s. S. 218), sondern
auch nach dem Umfange der Provinzen, welcher den ethnogra-
Neueinge- phischcn Grenzen keineswegs immer entsprach, anders organisirt
Landtage, oder gauz ucu eingerichtet worden. Der Zweck dabei war ein
doppelter. Zuerst war das commune proviticiae eine Festgemein-
schaft, welche nunmehr ihren Mittelpunct in dem Cultus des
Kaisers erhielt. Denn wie die Ptolemäer in Aegypten 2) , so glaub-
ten auch die römischen Kaiser, indem sie sich eine göttliche
Verehrung gefallen Hessen, für die durch Usurpation gegründete
Monarchie eine legitime Rasis zu gewinnen, indem sie für sich
mit dem Titel Augustus oder osßaoTo?^) ein über das mensch-
liche Geschlecht erhabenes und von diesem specifisch verschie-
1) Zu der Sammlung, welche über diese Gothofredus zum Cod. Theod, 12,
12; Ib, 10, und ihm folgend C. Menn Ueher die Römischen Provinzial-Land-
tage, Köln und Neuss 1852. 4 gegeben haben, ist jetzt ein neues reiches Ma-
terial gekommen, welches von mir in der Ephemeris epigraphica 1872 p. 200 — 214
zusammengestellt ist. Ich verweise auf diesen Aufsalz sowohl der. Quellenstellen
wegen, welche ich hier nur theilweise anführe, als auch abweichender Ansichten
wegen, welche ich dort ausführlich besprochen habe.
2) Letronne Recueil 1, 362.
3) Dio Cass. 53, 16: Au-^o'jczoi , lui; xqii TrXeiov Tt t] xaTCX dvi^pwrro'j; iuv
dxX-/]^-/). Suet. Oct. 7. Ovid. Fast. 1 , 609. Lydus De mens. 4, 72. Vegetius
2, 5: nam imperatori, cum Augusti nomen accepit, tanquam praesenti et corpo-
rali deo fidelh est praestanda devotio et impendendus pervtgil famulatus.
— ;m7 —
denes Wesen in Anspruch nahmen, das sie berechtigte, den un-
bedingten Gehorsam der Unlerthanen zu fordern. Zu Lebzeiten
des Augustus concentrirte sich dieser Cult an einer ara Bomae ^^J^^
et Augusti ^) , nach dem Tode und der Consecration desselben
aber trat die Verehrung des kaiserlichen HauseS in den Vorder-
grund und wurden in allen grösseren Städten templa Augusti
oder Augiistoriim, Caesarea und osßaoxeTa errichtet 2), eine Ver-
nachlässigung dieses Cultus aber missfällig bemerkt und geradezu
bestraft 3). Auch die Festgemeinschaft der Provinz versammelte
sich daher bei dem Heiligthume des Kaisers, entweder in der
Hauptstadt der Provinz, oder abwechselnd an mehreren Orten,
in welchen Tempel der Kaiser vorhanden waren, und alle Städte,
welche eigene Tempel der Art besassen, oder zu der Unterhal-
tung derselben und den gemeinsamen Festen beitrugen'*), nann-
ten sich Tempeldiener (vsojxopot) des Kaisers'^). Die Leitung der
Festgemeinschaft stand unter einem priesterlichen höchsten Beam-
ten, dem sacerdos provinciae^). apytspsu?, der in verschiedenen sncerdoa
Provinzen verschiedene Titel hat. Er wurde gewählt aus den
angesehensten und reichsten Personen, welche entweder in ihrer
Stadtgemeinde sämmtliche Aemter bekleidet, oder römischen Rit-
terrang erlangt hatten'), verwaltete die von der Provinz aufzu-
bringenden, für die Erhaltung der Tempel erforderlichen Gelder,
so wie die zu Festzwecken legirten oder geschenkten Capitalien^),
mit Hülfe mehrerer Unterbeamten ^) , führte den Vorsitz in der
1) Suet. Oet. 52: templa, quamvis sciret etiam proconstdibus decemi aolere^
in nuUa tarnen provincia nisi communi suo Romaeque nomine recepit.
2) Hierüber s. die Sacralalterthümer. Der Cult begann in Hispania Tarra-
nonensis im J. 15 n. Chr.; in Narbonensis um dieselbe Zeit, in Asia 19 n. Chr.
3) Tac. Ann. 4, 36 : obiecta publice Cyzicenis incuria caerimoniarum diiü
Auyuüti — et amisere libertatem.
A) Dio Chrys. Vol. II p. 70 R. sagt von Kelainai in Phrygien : xai (a-?jv töiv
Upöiv "zf^i 'Aoia; [A^xeoTiv üfAiv, ty); xe SaitavTjC tocoOtov, äoov ixeivat; rat; 7:6-
).eatv, dv aU coxt xd lepd.
ÖJ Krkhel D. N. 4, 288 ff. Meine Schrift Cyzicus und sein Gebiet S. 84 ff.
Krause Newxöpo;, Lipslae 1844. 8.
6) Cod. Theod. 12, 1, 46; 12, 1, 75. 174; 16,2, 38. archierosyna heisst
«ein mcerdotium, Cod. Th. 12, 1, 112. Ueber den Titel dpyiepeu; s. welter unten.
7) 8. Cod. Th. 12, 1, 77 und Ilübner C. I. L. II p.V)4I. Dies wird sehr
häufig erwähnt, z, B. in der Inschr. bei Herzog U(dliae harb. hist. App. n. 501 :
Sex. Attius Sex. fil. Volt, CretiruH Viennennin , oinnifmn hnnoribun in palria stia
functutiy flamen provinciae Narboneniiift.
8J ßoeckh C 1. (>r. u. 2741.
9j Hieher gehört der dpY'JpoxcrfxU; xf^; 'Aota;, (\ I. Gr. 2782; in Gallien
der iudex nrcne iiaUiarum und der allertor (inlliae [*. S. 119j.
3(58 —
Versammlung des xoivov ') und bei den Spielen 2) , welche er au
seine Kosten veranstaltete^), und übte wenigstens in späterer
Zeil, namentlich im vierten Jahrhundert, als Oberpriester eine
disciplinarische Gewalt Über sämmtliche Priester der Provinz
aus'*). Sein Amt ist jährig'») und kann mehrmals bekleidet
11 C. I. Or. S487.
2j Epistola ecclesiae Smyrnaeae bei Dressel Patrum apostol. opp. p. 391 ff.
460 = Enseb. H. E. 4, If), 27.
3) Cod. Theod. 12, 1, 109; 15, 5, 1. Philostrat. Vit. Soph. 1, 21, 2:
dp^tepeüc [xsv ^ap ^Yevexo zt]z, 'Aota; aüxoi; re xai ot irpÖYOvoi a'jtoO , TtaT? ix
ircxTpo; TtavTe;, 6 Öe cxecpavo; outo? ttoXuc; xal UTiep roXXwv ^p7j|j.aTtuv. Augustiii.
ej3. 5.
4) In älterer Zeit kommt dies nur in Aegypten vor. In Alexandria gab es
einen dp^^tepeu; TidarjC AtY'JiiTOU , der zugleich sTiiOTaTTj; tou Mouoeiou und in
griechischer Zeit Priester für den Cult der Ptolemäer war. Lnter Iladrian war
die Stelle durch einen Römer besetzt. Dieser dpyiepeü; war Vorgesetzter aller
Priester in Aegypten, die z. B. bei Setzung einer Inschrift seiner Genehmigung
bedürfen, und übte auch eine Censur über die Schriften der Mitglieder des Mu-
seums aus. S. Letronne Explication de deux inscriptions intdites^ tracees d'or sur
Le piedestal de Vohelisque trouve a Philes im Journal des Savans 1841 p. 737 ff.
und Recueil I p. 257 ff. ; im vierten Jahrhundert aber, als das Christenthum sich
immer mehr verbreitete, ernannte Maximinus (305 — 313), wie Eusebius H. E.
8, 14, 9 berichtet, hoiat; xe sfotoXtuv xaxd ud-vta tottov y,al ttoXiv "/.ai iui tou-
Tcov SvcdoTTTj? iTzapjirxc, dpj^iEp^a Töjv Iv TToXixeiai; eva -(i riva tov fj-aXtata i(x-
cpavtt); otd TcdoTf]? d{XTipediavTa XeiToupYiai? , und unter lulian (360 — 365) sind
drei solcher Oberpriester bekannt: Theodorus, dp^tepeu? T-qi ^Aata?, an den lu-
lian ep. 63 schreibt: xi tcox' oIjv doxw , o cpTQfxt ooi vOv ^TTixpeTtetv ; ap^^eiv xwv
TTepl xYjv 'Aoiav iepwv dTidvxtov , dpy6(X£V05 tyji; ycopa? %ai xtbv TiöXewv tep^wv
xai dTroNefxcuv xi xo Tip^uov £7.doxiJj , ferner Arsacius, dpyiepeix; xy); FaXaxiai;,
dem er ep. 49 aufträgt, strenge Disciplin zu üben , die gehorsamen Priester zu
belohnen, die ungehorsamen abzusetzen: xal oux dizoypr] xö oe (xovov eivat
xoiouxov , aKka Tcdvxa; dTta^aTrXw; oi iiepl xt]v FaXaxiav eialv lepeii; • cü; ^
ouacbirYjOov t^ Trelcov eivai arouoatou; iq x"^? iepctxixYj? Xetxo'jpYioi? dTtooxifjOov , et
(X'?j 7:po;£yotvxo (Aexd Y'JvaiTttüv xal Traiotov xai ^epaTTOvxwv xoT? O-eoic. — Ereixa
Ttapaiveaov Up^a pnrjxe t)edxptp TiapaßdXXeiv fATjxe d^; xaTcrjXeiw ztveiv, i^ xs/vy];
xtv6<; — aiaypa? — Tipotaxac^at , xal xou; fxev Ttei^ofx^vou; xipia, xou? 6s d7:ei-
^oiJMxac d^cb^et. Endlich Chrysanthius , von dem es bei Eunap. p. 57 Boiss.
heisst: 6 Ss (lulianus) dpytep^a dTtooei^a? xöv X£ avopa vtal x-ZjV -(U^ai'Aa x'?)«
A'joia; (Lydien war seit Diocletian eine eigene Provinz) xai i>7i' dxeivot? eict-
xpe'j^a; elvai xtöv dXXtov xYjV aipeoiv , atixo? Irci xov Flepot^öv a\is-i]'(eTO TtoXsfxov,
und nochmals p. 111: 6 Se Xpusdvi}ios xtjV dpyiepujouvYjv xou Tiavxo; e^vou; Xa-
ßcbv — Ol» ßapu; r^v '/caxd xtjv d^ouotav — — ouxe XuTTtuv xiva? xöiv Xpioxia-
vd)V Tepixxöi;.
5) Die städtischen Priester des kaiserlichen Hauses pflegten flamines perpetui
zu sein, die Provincialpriester dagegen waren nicht lebenslänglich. Sie heissen
nach Beendigung ihres Amtes, consummato honore ßamonii {C. I. L. II n. 2221),
peracto honore flamonii (ib. 2344), functi ßaminatu provinciae (ib. 3711), flami-
nales (ib. 983. 4248); flaminalis und sacerdotalis sind aber die Titel abgegan-
gener Priester, wie duumviralis ein gewesener duumvir ist. Schon aus der Ana-
logie der altrömischen Titel consulares , praetorü , aedilicii , quaestorii darf man
schliessen, dass das Amt, wenn es nicht lebenslänglich war, einjährig sein
musste ; einen bestimmten Beweis dafür haben wir aber nur in dem sacerdos,
quem anniversaria vice Umbria dedit (llenzen n. 5580), dem Priester der ara
Lbiorum, von dem Tac. Ann. 1, 57 sagt: anno, quo (rermaniae descivere, sacer-
i
— 369 —
werden ^) , der Titel bleibt ihm indess , so dass die gewesenen
Provincialpriester, sacerdotales '^] ^ in Asien die Asiarchen^), einen sactr,}ofaies^
besonders angesehenen Stand in den Provincialstädten bilden*),
persönliche Immunität besitzen^) und häufig mit Gesandtschaften
an den Kaiser beauftragt werden ß).
Der Landtag versammelte sich in jedem Jahre ^) und wurde ^^^^^^^^I
nete.
dos creatux est Segismundus, und dem Syriarcheti (Noris. Opp. II p, 274) und
Asiarchen , welcher letztere für das Jahr eponym ist. 0. I. Gr. 3487. Ruinart
Acta Mnrt. p. Al).
1 ) Dig. 50, 4, 17 : sponte provinciae sacerdotium iterare nemo prohibetur.
Daher der Titel 'Aotap/Yj; ß', y'- Eckhel I). N. 4, 207. 210. C. I. Gr. 3190;
oi; TaXa-ap-^T]; C. 1. Gr. 4075. 4076.
2) Cod. Th. 12, 5, 2. Orelli n. 1108 u. ö. Besonders häufig wird der
ordo sacerdotalium in Africa erwähnt. Gothofr. Paratitlon ad Cod. Th. 16, 10.
Animian. 28, 6, 10. Renier Inscr. de l'Aly. n. 28. 1440. 1527. 1718. 1851.
2547. Guerin Voy. archeol. I n. 35. 0. Hirschfeld Annali 1866 p. 69 flf.
3) ('. I. Gr. n. 3489: 'H ßo'jXyj xctl 6 of^xo^ Ao6-/tiov Aup'/]>.tov 'Aptoxo-
uLevr^v — ulöv A. Aupr^Xtoj 'ApiaTo,ad^ou; -/at AüpY]Xia? TaTia; tujv dfoivo^eiüis
-mi dp/tepEojv t^; 'Aoia;. n. 4014: KX. AtuiXiov OiXtoviOYjV rryj FaXaTdoyo-j
AifxiXio'j STaToptavoO uiov. Vgl. n. 3420. 3421. 3495. Strabo 14 p. 649 von
Tralles : auvcixsiTai 0£ xaXiö; ei ti; aXXr; tüjv xaxd t7jv 'Aoiav u~6 euTToptov
dv^p(urtuv , y.at dei tivs; £^ auT-^c eloiv ol TrpojTeuovxec "/.ciTd tt^v iirapyiav , o'j;
'Aotdpya; -/aXoOaiv. Act. Apost. 19, 31 : Ttve? oe %al -töv 'Aoiapyöiv ovxe; auTtjj
«.(Xoi. Hierauf bezieht sich auch wohl die Stelle Dio Chrys. Vol. II p. 66 R.
Aus der Stelle der Apostelgeschichte hat man mit Unrecht geschlossen , dass es
mehrere zugleich fuiigirende Asiarchen gegeben habe.
4) Censorinus 15 sagt im J. 238: tu tavien officiis municipalibus functus,
honore mcerdotii in principibus tuae eivitatis conspicuus. S. Gothofr. Paratitl.
ad Cod. Th. 16, 10.
5) Philostr. V. S. nennt das Amt des dpytepsy; Auxituv eine dXeiTO'jpYTj<3to(.
Lebrigens s. Dig. 50, 5, 8. Cod. Th. 12, 1, 75. Gothofr. zum Cod. Th. 16, 10.
6) Von Scopeliani^s, der dpyiepey; 'Aaiot; war. sagt Philostr. V. »S. 1, 21, 6:
O'j fao yrep S[xi)pv7.iiuv {aovov — , dXX' ursp r^; 'A^tot; 61J.0O TtdoY); ^:ip£oße6dt].
— 'Eo<i7C£i Tuj ßaoiXei (es ist Domitian gemeintj, ty) 'Aoia iatj eivrxt djjiTrcXoy; —
dXX' d^rjpfjOHat (xsv xd; rfif] zscp'JTe'jfx^va; , dXXa; li ir?j cp'jxe'jeiv £Tt. "E^et 0£
zpca^eia; drö -/.oivoy ' — alpoOvxott xoivuv SxoTreXiavov Trdvxe;.
7j Wir haben hierüber zwei späte Zeugnisse. Ammiau. 28, 6, 7: Tripo-
litani — — adlapao legitimo die concdii , quQd apud eos est annuum , Severum
et Flardanum crearere teyatos, und die Constitution des Honorius und Theodo-
sius für die septem Galliae provinciae, d. h. die dioecesin Viennensis voui .1. 418,
Haenel ('orp. leg. p. 238 : quwn propter privalas ac publica» necessitatt» de sin-
gulis civitatibu-'t , non solum de provinciis sinyulis ad Examen niagnificentiae tuae
rel honorato» con/luere vel inilti legatoa aut possessorwn utilitas aut publicarum
ratio exigat funrtionum, maxime opportunum et conduribile iudicamuit, ut, servnta
posthac quotanni)* singulis ronsuetudine , cnnKtituto tempore in metropolitana , iä
ent in ArelatenMi urbe, incipiant neplem provinciae habere concilium. Wenn , wie
wir vorher gesehen haben, die Provincialpriester jährlich gmvählt wurden, und
wenn die Kefugriiss des Landtages, die abgehenden Statthalter au/.uklagen , von
der wir sogleich reden werden, eine Kedeutung haben sollte, so uiusste das eon-
cilium jährlich zusammentreten; nichtsdestoweniger scheint Ammian anzudeu-
ten, dass dies nicht in allen Provinzen get»chah , und vielleicht hängt damit /u-
Hammen, dass in einigen Provinzen die Feste fünfjährig waren. 80 et\^alint
die kretische Inschr C I. Gr. 2583; 5uoxdp)^t)v lepoy d^Ävo; ncvtosxrjpuoy xoJ
Röm.Altsrth. IV. 24
— ;no —
beschickt von den Abgeordneten (legati^), ouvsopoi^), xoivoßooXoi*))
der Stadtkreise, in welche die Provinz zerfiel, wie dies in Lycien
zur Zeit des freien Bundesstaates und in Macedonien vor seiner
, Einrichtung zur Provinz geschehen war. Er nahm nicht nur Theil
an den Festspielen, bei welchen ihm Ehrenplätze angewiesen w^ur-
den'*), sondern constiluirte nach denselben das concilium proviii-
ompetenz q^q^ dcsscn Compctenz sich auf foleende Geeenstände erstreckte.
les Land- ' * \
tags. Zunächst war eine Decharge der Gasse [arca]^), der Entwurf
eines neuen Etats für Unterhaltung der Tempel ^) , des Inventa-
riums, der Sclaven und Freigelassenen derselben ") und die Aus-
schreibung der Beiträge s) für das nächste Jahr erforderlich; dazu
kamen Beschlüsse verschiedener Art-'), namentlich über Errich-
tung von Statuen und Ehrendenkmälern i^) , (und die Wahl des
Provincialpriesters für das nächste Jahr^^). Ausserdem wurde
•/owov) Ttt>v KpirjTÖJV, und Suet. Oct. 59 sagt allgemein : provinciarum pleraeque super
templa et aras ludos quoque quinquennales paene oppidatim constituerunt.
1) Tu den tres Galliae heissen die Abgeordneten legati , nnd erhalten von
der Stadt, welche sie abordnet, bestimmte mandata. Inschr. v. Torigny aus dem
J. 238 bei Mommsen Berichte der sächs. Gesellsch. 1852 S. 235: Solemnia iste
mens proposito eorum restitit , provocationc scilicet interposita , quod patria eins,
cum inter ceteros iegatum eum creasset, nihil de accusatione mandassent.
2) S'jveopoi heissen sie in Asien (Aristides Vol. 1 p. 531 Dind.) und Lycien
(Inschr. bei Waddington n. 1221), dessen Landtag Strabo 14 p. 664 -/otNov
ouv^opiov nennt.
3) Dieser Name kommt in Bithynien vor, wo auch die berathende Yersamm-
lung der Provinz -/totvo[io6Xtov genannt wird. Waddington zu n. 1176.
4) Boissieu Inscr. de Lyon p. 461 ff.
5) Die arca wird öfters erwähnt. Boissieu a. a. 0. p. 278. 279.
6) Der Tempel war erbaut und wurde erhalten von den Städten der Provinz.
Strabo 4 p. 192.
7) Ein libertus trium Galliarum Henzen n. 6393.
8) Diese erwähnt Die Chrys. Vol. II p. 70 R.
9) Ein Decret der Provinz Thoenice s. C. I. L. III n. 167; ein ho'fit.a toO
xoivotj T-fj? Kp'/]Ta)v i-TiOi^yiac, C. I. Or. 2595. 2596. 2597.
10) C. 7. L. II n. 2221; 2344. Die Denkmäler werden errichtet im Namen
der Provinz, also z. B. von der provincia Hispania citerior (0. /. L. II p. 563 fg.),
den tres Galliae (Orelli 3650. 3653. Henzen 5968. 6944. 6950).
11) Die Wahl des sacerdos provinciae wird erwähnt in Baetica (C. 1. L. II
n. 2344: hie provinciae Baeticae consensu ßaminis munus est consequutus); in
den tres Galliae (Liv. ep. 139. Boissieu p. 91. 92 = Mommsen Annali 1853
p. 60); in den Germaniae (Tac. </4nn. 1, 57); am ausführlichsten in Asien.
Aristides erzählt nämlich in den orationes sacrae, welche er 175 n. Chr. schrieb
(Waddington Vie du rheteur Aristide, in Memoires de Vacad. d. inscr. 1867 p. 252),
er sei von der Stadt Smyrna vorgeschlagen worden zu der tepcoou^^ir] i] %oiv'?j ttj?
'Aotac; darauf heisst es: %al aup^ßoci^ei |A£Td toOto, O'jv^opouc (jlev c^i^vai 2[Ji"jp-
vaitov eU Opu^ioi-v avto 7.ai {xiXAetv cp^psiv tcjijlov ovofxa ^v tüj O'jvsöpttij xw
y.oivu)" — 'Ml '(['(^oii.ai Tpixo? -^ Tsxapto;' t-^ yetpoxovta. Wenn hier drei oder
vier gewählt wurden, so konnte das nur den Zweck haben, dass der Statthalter
einen der Gewählten bestätigt. Und damit stimmt Cod. lust. 10, 61 : si de
— 371 —
dem abgehenden Statthalter ein Dank beschlossen i) oder auch
eine Beschwerde über ihn abgefasst^) und Gesandtschaften an
den Senat oder den Kaiser abgeordnet ^) , wie es scheint , ohne
Betheiligung des Statthalters, dessen Erlaubniss bei Petitionen
von Privatpersonen oder einzelnen Comnmnen sonst erforderlich
war"*). Denn die Antwort des Kaisers erfolgte direct an den Land-
tag^). Da die Verwaltung der Provinzen im Beginne der Kaiser-
zeit wesentlich besser wurde, als sie in der Zeit der Bepublik
gewesen war, so darf man annehmen, dass unter den Mitteln,
proprio suo patrimon,io muneris editionem tue nomine pater tuus repromisit, ideoque
etiam sacerdotem te creari impetravit, onus erogationis commune omnium heredum
eins esse praeses provinciae non ignorabit. Cod. Theod. 12, 1, 148: cum super
ordinando sacerdote provinciae publicus esset ex more tractatus, idem nostra aucto-
ritate decretum est, ut ad subeunda patriae munera dignissimi et meritis et facul-
tatibus eligantur. Dass übrigens bei diesen Wahlen ein ambitus statt fand, lehrt
Faulns sent. rec. 5, 30*: petiturus magistratum veL provinciae sacerdotium si
turbam suffragiorum causa condtixerit, servos advocaverit, aliamve quam multitu-
dinem conduxerit, convictus ut vis publicae reus in insulam deportatur.
1) Augustus hatte hierüber eine Verordnung erlassen Dio Cass. 56, 25:
-/Ott Toj 'j7:Tj-/tO({) zpo^iT'apfjYYet^^e , [xifjoevi töjv 7:po;TaoooiJL£V(uv auToT; dpYovxoiv
{j.r,T£ is To> Tf^; d[)yfi^ Xf^^^'^M^ > fx-r]T£ iszhi s^Tj'/ovxa '^{Jiepwv «xetci t6 aTiaAXa-yfp
vat atpa;, ti(atjv Ttva oioövai ' oxt Tive; [Aap-'jpia; zotp' aÜTwv %ai draivou; r.poi-
T:apao-/C£'jaC6fxevot, roXXd Std touto'j dxaxoupYO'Jv. Unter Nero wird (Tac. Ann.
15, 20 ff.) ein Cretenser angeklagt, quod dictitasset, in sua potestate situm , an
proconsulibuSj qui Cretam obtinui^sent, grates agerentur, und in Folge dessen be-
schlossen : ne quis ad concilium sociorum referret agendas apud senatum proprae-
toribus proveconsulibus grates, neu quis ea legatione fungeretur. Dieser Gebrauch
einer Helobigung des abgehenden Statthalters durch eine Gesandtschaft an den
Senat bestand schon zur Zeit der Republik und erhielt sich auch nach Neros
Zeit. Lamprid. Alex. Sev. 22: praesides provinciarum, quos vere , non factioni-
bus laudari comperit, — mtvneribua adiuvit. Ammian. Marc. HO, 5. Cassiod. ep.
7, 2. Aber zur Zeit der Republik gingen sowohl Laudationes von einzelnen
Städten aus, wie in Sicilien (Cic. Verr. 11, 2, 5, 13; II, 2, 26, 04; 5, 22, 57)
und in Asien (Cic. pr. Flacco 26, 63. ad fam. 3, 8), als auch Beschwerden
(Cic. div. in Caecil. 4, 14. in Verr. II, 1, 32, 82; 1, 35, 90; 2, 4, 10).
2) Plin. ep. 3, 4, 2. Ein Antrag auf Beschwerde wird gestellt auf dem
Landtage zu Lngdunum im .1. 238. Inschr. von Torigny bei Mommsen Berichte
der säch.s. Gesellschaft der Wiss. Hhil. bist. C'l. 1852 S. 242: his accedit, quod,
cum (U. Paulirw, decessori meo, in conciLio GaLliarum, inatinctu quorundam, qui
ab £0 propter merila sua laesi videbantur , quasi ex c.onsensu provinciae aceusa-
tionem instituere templarent, Solemnis iste meus propoaito eorum restitit.
3j S. oben Seite 369 Anm. 6.
4) Zwei Fälle der Art, in welchen der praefectu» Aeyypti und der legatua
Aug. iSyriae die Petition gestattet und vermittelt, s. bei Philo lud. in Flaccum
12, Vol. 11 p. 531 Mang., leg. ad Caium 32, Vol. 11 p. 580 Mang., einen drit-
ten bei loseph. Ant. 20, 1,1. Vgl. Cod. lust. 10, 63, 6.
5) So rescribirt»,' Hadrian an das concilium Haeticae ( l>ig. 47, 14, 1 = Coli.
11, 7, 1); Antoninus Pius an das xoivov twv Hof^xtuv (Pig. 49, 1, 1), beide
Kaiser an das vtoiviv Td»v Hcaaa>vüjv (Dig. 5, 1, 37; 48, 6, 5 {ij 1 ), der letzter«
auch an das xotNiv 'Aaiac (Kuseb. //. K. 4, 13).' Seit CoiiHtantin sind die Re-
Bcripte ad Afros, Lusitanoa u. h. w. häutig. Ein Verzeicbniss derselben giebt
Uaenel Fraef. ad Cod. Tlitod. p. XXXIX.
24»
— 372 —
durch welche, wenn nicht Auguslus selbst, so doch Tiberius.
dessen Verdienst um die Provinzen unzweifelhaft ist, diese Ver-
besserung bewirkte, auch ein regelmässiges und erleichtertes
Verfahren zur Beschwerdeführung über den Statthalter vermittelst
des Landtages der Provinz angewendet worden ist^). In nach-
constantinischer Zeit, in welcher die Landtage in allen Provinzen
jährlich sowohl zum Zwecke einer Festfeier als zu gemeinsamen
Berathungen über die Interessen der Provinz statt fanden , wird
denselben wiederholentlich das Becht, Bitten und Beschwerden
an den Kaiser zu bringen, zugestanden, und jede Behinderunj^
dabei dem Statthalter verboten , so dass in dieser Zeit die we-
sentliche Bedeutung der Landtage als einer Gontrole der kaiser-
'^"uha'ben iJc^en Beamten nicht zu verkennen ist 2). W^ie viel früher aber
Landtage, jj^ Landtage schon in Thätigkeit gewesen sind, wird sich aus
der folgenden Zusammenstellung der Provinzen ergeben , über
deren conciUa Nachrichten vorliegen.
Hispania Tarraconensis baute im J. 15 n. Chr. einen Tempel
des Augustus und hat seitdem ein concüium provinciae Hispamae
citerioris und ein sacerdoiium provinciae^ d. h. einen sacerdos oder
flamen, dessen Frau als flaminica, d. h. als Priesterin der weib-
lichen Mitglieder des kaiserlichen Hauses fungirt^); Baetica verklagte
unter Traian seinen Proconsul Caecilius Classicus, hielt ein conci-
lium universae provinciae Baeticae ab, an welches Hadrian ein Be-
script erliess, und wählte jährlich provinciae consenm einen flamen
Augustalis, der nach Vollendung seines Amies ßaminalis heisst*);
Lusitania Hess das Priesteramt verwalten durch einen flamen divi
Augusti provinciae Lusitaniae und seine Frau, die flaminica pro-
vinciae Lusitaniae^) ; Sicilien, dessen Landtag unter den Kaisern
nicht erwähnt wird, war schon während der Bepublik zu einem
1) Hierauf bezieht es sich, wenn bei Tac. Ann. 15, 20 Paetus Thrasea von
der nova provincialium superbia redet und c. 21 sagt : olim quidem non modo
praetor aut consul , sed privati etiam mittebantur, qui provincias viserent et, quid
de cuiusque obsequio videretur , referrent ; trepidabantque yentes de existimation}
singulorum. Atnunc colimus externos et adulamur ; et quomodo ad nutum alicuius
grates, ita propitius accusatio decernitur. Decernaturque et maneat provincialibus
potentiam suam iali modo ostentandi : sed laus falsa et precibus expreasa perinde
cohibeatur quam malitia, quam crudelitas.
2) Gothofr. Paratitl. ad Cod. Th. 12, 12. Dirksen Civilistische Abhand-
lungen 2, 16. Boissieu Inscr. de Lyon p. 263. Mommsen Epigraph. Analekten
n. 9, in Berichten der k. sächs. Ges. der Wiss. 1850, Phil. bist. Cl. S. 208.
3) S. oben Seite 108.
4) S. oben Seite 107.
5) S. oben Seite 108.
— 373 —
commune vereinigt, welches dem Verres zu Ehren Festspiele
[Verria) feierte und ihm in seinem Namen Statuen errichtete i) ;
es wird auch in der Kaiserzeit ein sacerdotium provmciae gehabt
haben, wie es in Sardinien nachweisbar ist 2); in Gallia Narbo-
nensis errichtete im J. 11 n. Chr. die Stadt Narbo eine ara
Augusti ^) , wenig später findet sich ein flamen provmciae Nar-
bonensis *) , ap)(iepcuc TrpwTo; ZTzapyziac, tyj? in NapßcSvo? ^) ; die
von Caesar eroberten tres Galliae, d. h. Lugdunensis, Aquitania,
Belgica , hielten ihren Landtag jährlich am 1 . August in Lugdu-
num*') ; die Alpes maritimae hatten ihren flamen im J. 181 ^) ; für
die Germaniae, welche vor der Varusschlacht als gesicherte Pro-
vinzen galten, war die ara Ubiorum consecrirt, an welcher im .1.
9 n. Chr. als gewählter Provincialpriester ein Cherusker fungirte^),
und in Britannien war eine der ersten Anordnungen die Errichtung
eines lemplum Divi Claudii und die Ernennung von Priestern an
demselben '•) . In gleicher Weise ist ein Provincialconcil nachweisbar
in Pannonia superiori^) und inferior i^), Moesia inferior i^)^ Dacia ^^)y
1) Cic. in Verr. II, 2, 46, 114: denique nunc vide , quid inter te , cuius
nomine apud Siculos festi dies aguntur et praeclara illa Verria celebrantur , cui
statuae Romae stant inauratae^ a communi Siciliae, quemadmodum Discriptum vi-
demus, datae. ib. 2, 59, 145 : {imperasti), ut iidem pro parte in commune Sici-
liae conferrent. ib. 2, 63, 154 : huic etiam Romae videmus in basi statuarum ma-
rimis liiteris incisum , a communi Siciliae data», et". 2, 42, 103 : dicit praeterea
testimonium totn Sicilia , quae in communibus postulatis civitatum omnium consu-
libus edidit^ ,,ro(jare atque orare patres conscriptos , ut statuerent, ne absentiwn
nomina reciperentur.^' 2, 59, 146: nam iegationes omnium civitatum in postulatis
communibus — etiam hoc ediderunt, ut statuas ne cui^ nisi cum is de provincia
decessisset, poLlicerentur.
2) Sacerdotales Sardiniae s. Heiizen ii. 5969.
3} Orelli n. 2489.
4) Herzog Gall. Narb. hist. p. 255. Append. n. 106. 107. 108.
5) Kphem. epigr. 1872 p. 203.
6) lieber den lugdunensiscben Landtag s. oben S. 118.
7) Orelli n. 2214.
8J Tac. Ann. 1, 57.
9) Tac. Ann. 14, 31 : ad hoc templum divo Claudio constitutum quasi arx
aeternae dominationis aspiciebatur , delectique sacerdotes specie reliyionis omnis
fortunas tffuttiebant .
10) Die Provinz bat sacerdotales {(■. I. L. III n. 1183. 4178) und eine ara
Augusti in Savaria (ib. 4170.. 4192. 4193 und dazu Mommsen p. 525).
11) Kin sacerdos provinciae findet sich in Aquincuni. ('. I. L. III n. 3485.
3626.
12) Ein sacerdos provinciae kommt vor in Troesmis. (\ I . L. III n. 773.
13) Das concilium prorinciarum J>aciarum Irium versaiunielte sieb in Sarmi-
/egctusa ( ('. I. L. III n. 1452), wo («in Mivfrdns arne Aug. (ib. 1209. 1433.
lf)09. 1513) fungirte, der auch cmmatus Daciarwn Irium heilst (ib. 1433 =
Drein 2171). Coronotus ist ein gewöhnlicher Titel der I'rovincialpriester ; s. Momm-
sen Berichte der sächs. Goaelluch. der Wius. 1850 8. 217, und den Brief de»
— 374 —
Dalmalia 1) , Thracia 2) und Macedonia^); am ausgebildelsten aber
war der mit dem Landlage verbundene Cult des kaiserliclHMi Hau-
ses in den orientalischen Provinzen, insbesondere in der Provinz
Asien, welche nicht allein in der Hauptstadt, sondern in mehreren
Städten, zu denen Pergamus, Smyrna, Ephesus, Sardes, Cyzicus
und Philadelphia gehörten, einen oder mehrere Tempel für diesen
Cult unterhielt, und bei diesen die jährliche Versammlung ab-
wechselnd leierte 4). In diesen Stadien findet sich ein besonderer
• städtischer Priester, welcher den Titel apj^ispsuc 'Aaia? vauiv täv
£V U&p^(a\iin , ap/i£p£üc 'Aaia^ vaoü tou sv ^Ecpeoq) xoivou xr^<;
'Aoia; u. s. w. führt, und nicht zu verwechseln ist mit dem über
ihm stehenden Oberpriester der Provinz, der ap^ispsu; Tr^c, 'Aata;
Aeiarehen. ohne Weiteren Zusatz oder \oldpyr^Q heisst. Denn dass diese
Titel gleichbedeutend sind; kann einem Zweifel nicht unterliegen^).
Pabstes Innocenz an die Bischöfe des Synodus Toletanus vom J. 400 bei Har-
duin Concil. 1 p. 1020. In Beziehung darauf nennt Philostratus V. Soph. 1,
21, 2 die Würde des d^y/tepeuQ tyj; 'Aata? einen OTScpavo«;.
1) Wenigstens hatte ein Theil Dalmatiens, Liburnia, eine ara Auy. in Scar-
dona C. I. L. III r>. 2810.
2) An das xoivov twv öpaxtüv rescribirte Antoninus Pius. Dig. 40, 1, 1.
3) Der dpytepeu? xwv aeßacxäiv, oder apytepsus; toü -/oivoO Mavteoovwv kommt
Tor in zwei Inschriften, C. 1. Gr. 2007 und '2007b (Vol. II p. 993); das -/oivov
Ttöv Ma-x£o6vtt)V C. I. Gr. Vol. II p. 993 n. 1999b; -/.oivöv Maiteoovtov vetoxö-
otov auf Münzen, Eckhel 1). N. 4 p. 292. Mionnet I p. 459. Suppl. III p. 12.
i3. 39.
4) 8. oben Seite 187.
5) Von der älteren Literatur über den Asiarchen hat einiges Eckhel D. N.
4 p. 207 angeführt. S. ausserdem Ruinart ad acta Martyr. (1713 fol.) p. 34.
Heineccius ad leg. luliam et Papiam Poppaeam, Amstelod. 1726. 4 p. 141 f.
Goth. ad Cod. Th. 15, 9, 2. P. E. Müller De yenio aevi Theodosiani , Havniae
1797. 8 p. 56 ff. Reiske ad Liban. II p. 557. Krause Netoxopo;, Lips. 1844
p. 71 f. Meier in Ersch und Grubers Encycl. Sect. III Bd. XVI S. 425. Die
Identität der Titel äpyiepeui x-^s; 'Acta? und 'AaiapyTj? habe ich bereits früher
angenommen und *ach mir Kuhn 1, 107 ff. und Henzen Annali 1863 p. 285;
die Verschiedenheit beider Würden dagegen behaupten nach Eckhels Vorgange
Waddington zu n. 885 und Perrot De Galatia provincia p. 150 ff. Meine Gründe
>\nd folgende: Erstens hatte Asien dasselbe Priesterthum, wie alle andern Pro-
vinzen (Dig. 50, 5, 8 pr. : in Asia provincia sacerdotium suscipere non coguntur
numero liberorum quinque subnixi , quod — Severus Augustus dec¥evit ac postea
in ceteris provinciis servandum esse constituit^; diese hatten aber nur einen
Priester. Das sacerdotium Asiae ^ xyjv ieptuouvYjv xdivt^v xf^c Aota? (Aristides
Vol. I p. 531), xTjv rtpyt£pu>(36'^T]v xou -avxö; e^vou?, (Eunap. p. 111), verwaltete
der apytepeu; (s. oben S. 368 Anm. 4), und er ist im Besitz der Immunität,
welche die angeführte Digestenstelle erwähnt. Wenn daher Modestinus Dig. 27,
1, 6 § 14 sagt: £&vou? iep(oo6vT( (so ist mit Politianus zu lesen, wenigstens
steht im Florentinus nicht tspapyia), oiov 'Aotapyiot, Bt^jvtapyfa, KaTiTraoöxapyta,
zapeyei dXeixo'jpYTiOiav drco d-ixpoTiöJv, xoW gcxiv, £(05 av apy^fj , so lässt sich
unmöglich annehmen, dass er von einer andern Person, als dem ctpyiepeug redet.
Es ist allerdings richtig, dass es Asiarchen noch in christlicher Zeit gab, in
— 375 —
Alle übrigen Provinzen des Orients haben einen gleichen Priester, der
von der Provinz seinen Namen entlehnt; es sind der BtOuvtap/Tj?i),
welcher sie priesterliche Geschäfte nicht mehr ausübten, aber auch damals hiess
ihr Amt noch immer sacerdotium (Cod. lust, 5, 27, 1) oder dpj^tspiosuvTj (Cod.
Th. 12, 1, 112), und in den christlichen Priesterstand wurden nicht aufgenom-
men , qui post baptismwn vel coronati fuerint , vel sacerdotium , quod dieitur,
sustinuerint et editiones publicas celebraverint (Innocentii Papae ep. vom Jahr 400
bei Harduin Concil. 1 p. 1020). Da Griechen und Asiaten einen besonderen Ge-
schmack an glänzenden Titeln hatten (Dio Chrys. II p. 148 R.), so wurde die
ursprüngliche Bezeichnung apytspeü? durch einen neuen Titel ersetzt, welchen
sich übrigens nicht blos die Provincialpriester, sondern auch städtische Priester
beilegen, wie dies der zweimal vorkommende 'Asiapyr|i ttj? rpwxiQ; xai fAEYiOTif)?
{jLr^Tpozo/.eoj; xf^; 'Asta; xai ß vswTCÖpcuv xöiv Seßaaröjv 'Eipeoioov TroXeto? (C\ /.
fi'r. 2090), Asiarcha templorum splendidissimae civitatis Ephesiorum (Henzen n.
Iil56= Waddington" n. 1821) darthut. Zweitens: Ueber das Martyrium des
Polycarp, welches nach Waddington Vie du rhet. Aristide p. 235; Fastes des pro-
vinces Asiatiques n. 144 auf den 23. Febr. 155 flel , haben wir eine epistola
erclesiae Smyrnaeae, welche theilweise bei Eusebius //. E. 4, 15 steht, ganz
herausgegeben ist in Ruinart Act. Mart. p. 37 flF. Dressel Patrum apostol. opp.
p. 391 ff. In dieser heisst es p. 42 R. = Euseb. 4, 15, 27: Taux« Xe^o^xe; ^Tte-
ßoojv y,a\ r^ptoxouv xov 'AoidtpyT^v OfXiZTZOV , iva ^7:ot(f 7J xw noXuxaprip X£ovxor,
und p. 45 li. =466 Dr. : ouveXricpÖT) o£ utto 'Hpwoou, drl .dpyiepccu? (PiXiTiTtou
TpotXXiavoü, dv»%7:ax£'jovxo; Sxaxiou Koopdxo'j ; es wird also der Vorsitzende bei
den Spielen des "xoivov 'Acta; in Smyrna einmal 'Aoidpyr;; und hernach dpyie-
psu; genannt. Drittens: Sowohl die städtischen dpyrepei^ fungiren mit ihren
Frauen zusammen (C. /. Gr. n. 4363. 4385. 3495), als auch die Frauen der
c/.pyiepei; der Provinz sind dpyt£peiat (C. /. Gr. n. 3092. 3489. Eunap. p. 57).
Kbenso haben die Würde des 'AoidpyYj? Frau und Mann , wie z. B. C. 1. Gr.
n. 3342: M. AOp. Zr^vojv -/al M. KX." '[ouXiavTj 'Astdpyai ot; , und aus diesem
Grunde durfte der sacerdos provinciae, d. h. der Phoeniciarch oder Syriarch, nicht
eine Sclavin heirathen (Cod. lust. 5, 27, 1. Marciani Nov. 4). Da nun aber die
Frau des Asiarchen äpytipeta ist, wie hervorgeht aus C. I. Gr. 3677: llXiuxiou
A'jp. rpdxou 'Aoidpyo'j y.al 'louXia? A'jp. 'Aoy.XYj7riooa)pc(; , xfj? -^usanY-bi otuxoD,
7.p)^tep£ia; , so ist auch der 'Aoidpyr^; für den dpytepeu? zu halten. Endlich
hat man aus zwei galatischen Inschriften einen Unterschied beider Würden nach-
weisen wollen. In der einen (C. /. Gr. 4016) heisst T. Fl. Gaianus dpyiepeij;
ToO -/oivoO TüJv FaXaTcüv, FaXaxdpyifj;, ^eßaoxoctdvxr^;, in der andern (C. 1. Gr.
1031) Aelius Maccdo dpyiepa<3d[j.£V05 xoO y.oivoO xöiv FaX^xtüv , FaXaxdp^^Y);,
oeßaoxo'fdvxT^; oiol ßiou xöiv Oeöi-v Seßasxöiv. Um diese Inschriften richtig zu
verstehn, muss man sich erinnern, dass der sacerdos provinciae nur aus denjeni-
gen Personen ggwählt wird , welche alle honores murticipales bekleidet haben
( >. oben Seite 367). Sowie nun in der Inschr. Waddington 2741 Eurycles zuerst
äpytepeu; 'Aoiot; vawv xiöv £v S|J.'jpv7j, d. h. Priester der Provincialtempel in der
Stadt Smyrna ist, dann aber zum apyiepeu; tyjC 'Aoia; designirt wird, so wurden
auch Gaianus und Macedo zuerst ie|3aOTöcpdvxai otd ßiou, d. h. flamines perpetui
fler Stadt Ancyra, dann dpyupeii; xoj xoivoy xwv FaXaxd)»^,' d. h. Priester des
bekannten Tempels, den das xoivov Fc/Xaxöiv in Ancyra erbaut hatte, und zuletzt
l'otXaxdpyai. Die Ordnung der Titel ist aber so , dass zuerst das kleinere Pro-
Nincialamt, dann das grössere, endlich nebenher das lebenslängliche, städtische
Amt erwähnt wird.
1) Waddington n. 1142. 1178. Digest. 27, 1, G Jj 14. Er kommt auch vor
in der Constitution dos Valcntinian und Val^n.s (3(>4 — 367) in llaencl Corp. leg.
p. 220 und ist wohl a»ich zu verstehen unter «lein ap^a; xoü xoivoj twv dv BeiO'jviot
KXXtjVojv bei Perrot Exploration p. 32 n. 22 = Mordtmann Rerjrhte der .bayeri-
schen Acad. 1863, 1 S. 228. Da* xoivov xäv £v Btttuvta 'FlXXifjvaov erscheint als
offlcicller Titel des Landtage auch bei I^auluä Diy. 29, 1,' 25.
— 376 —
ÜovTapxrjc; ^) , faXaTap^^r^; ^; , Ka7nraooxap)(Tj;^) , Ilajx'fuÄLap^^T^; ^j,
Auxtofpx>i; ■*) , KtXLxap;(r^? •5) , ^optapy^r^; ^) , Ooivtxap)^r|;^) , und
nur ein KuTcpiap^r^? ist bisher nicht bekannt geworden , was
Zufall zu sein scheint, da ein xoivov twv KoTrpicüv vorhanden
war^). In den africanischen Provinzen finden wir ein xotvov
zwar nicht für die coiiibinirte Provinz Crela Cyrenc, wohl
aber für Crela aliein i'*) , ferner für die diocletianische Provinz
Tripolis''), für Africa proconsularis , deren Feste in Carlhago
gefeiert wurden''^), für Nuniidien i-') und Mauretanien'*). Auch
als Italien eine Provincialverfassung zu einer Zeit erhielt, in wel-
cher der Cult des Alterthums seine Bedeutung schon verloren
hatte, wurden diese neuen Provinzen nach dem Muster der alten
mit einer Festversammlung und einem Priesterthume ausgestat-
tet'^). Wir dürfen demnach annehmen, dass der Landtag als ein
allen Provinzen gemeinsames und zu der Constitution der Pro-
vinz gehöriges Institut zu betrachten ist, dessen Einrichtung überall
1) C. I. Gr. n. 4157. Waddington n. 1178.
2) C. I. Gr. n. 4014. 4016. 4031. 4039. 4075. 4076.
3) Dig. 27, 1, 6 § 14.
4) Annali 1852 p. 179 = Waddington n. 1224.
5) e. /. Gr. n. 4198. 4274; d'p^a; xoii Auvticov e&vou;, Waddington n. 1219;
Auv.iapli%6i, Waddington n. 1224.
6) Revue Nuuiismatique 1854 p. 93. Waddington n. 1480.
7) Cod. Th. 6, 3, 1; 15, 9, 2. Cod. Just. 1, 36 ; 5 , 27, 1. Borghesi
Oeuvres 4, 144.
8) Cod. lust. 5, 27, 1. lustin. Nov. 89, 15. Ein Deoret der Provinz Phö-
nicien C. J. L. III n. 167.
9) Eckhel D. N. 4, 429. Waddington n. 2734.
10) Es kommt vor xotvov xwv Kp-rjxtbv, C. 1. .Gr. 2583 und auf den Münzen
von Tiberius bis M. Aurel , o6^\ia xoü xcivoO x^; KpiQxwv iTzapymi , C I. Gr.
n. 2595; ooYiAa xoD xoivoü Traor^; xf]? srapyia?, ib. 2596. 2597; KpTQxapVTf];,
ib. 2744.
11) Ammian. 28, 6, 7.
12) lieber die Priester dieser Provinz handelt sorgfältig O. Hirschfeld Ar%nali
1866 p. 69' — 77. Merkw^ürdig ist, dass noch unter Constantin ein neues sacerdo-
tium Flaviae gentis in Africa eingerichtet wurde (Aurel. Vict. de Caes. 40, 28),
und dass etvpa im J. 368 in einer Inschrift (Henzen n. 6904) ein Proconsul
Festus Hymettus gelobt wird , quod Studium sacerdotü provinciae restituerit , ut
nunc n conpetitoribus adpetatur, quod antea formidini fuerit.
13) Ein fiamen provinciae Nwnidiae Annuaire de Constantine 1861 p. 237 n. 1.
14) Ein fiamen provinciae Mauretaniae Renier Inscr. de l'Alg. n. 3915.
15) Es sind dies der sacerdos provinciae Campaniae , Henzen n. 6112; der
praetor Etruriae XV populorum, Orelli n. 96. 97. 3149. Henzen 6183. 6497;
der iuratus ad sacra Etruriae^ Orelli_^2182; der sacerdos^ quem anniversaria vice
JJmhria dedit, Henzen n, 5580; der coronatus Tusciae et Umbriae, über welchen,
sowie überhaupt über die Landtage dieser Provinzen, Mommsen Epigr. Anal,
n. 8. 9 in den Berichten d. sächs. Gesellsch: der Wiss. 1850 S. 199 ff. erschö-
pfend handelt.
— 377 —
im Wesentlichen die gleiche war, und nur in denjenigen Provin-
zen etwas eigenthümliches hatte, in welchen man es bereits vor-
fand und beibehielt. Dies ist der Fall in den combinirten Pro-
vinzen Bithynia Pontus , Pamphylia Lycia , Greta Cyrene, welche
doppelte xotva haben, und wahrscheinlich in Griechenland, wo das
xoLvov 'A/aiac 'y nicht den Landtag der ganzen Provinz, sondern
wahrscheinlich nur der peloponnesischen Städte bedeutet, und
neben demselben noch unter den Kaisern das xoivov Bokotäv,
Eußoewv^ Ao/pwv, Oo)X£(üv, Awpiewv aus aller Zeit fortbesteht ^j .
B. Der Statthalter und seine Beamten.
In Betreff des Beamtenpersonals, in dessen Hände die Verwal-
tung der Provinzen gelegt wurde, sind sowohl während der Repu-
blik als besonders bei dem Regierungsantritte dos Augustus verschie-
dene Bestimmungen getroffen \^ordon und man kann in der Ge-
schichte der Provinzen drei ^Perioden unterscheiden, von welchen
die erste vom Beginne derProvincialvcrwaltung bis Sulla, die zweite
von Sulla bis Augustus, die dritte von Augustus bisDiocletian reicht.
Während der ersten wurden für die Provinzen eigene Prätoren Prätoren,
erwählt, seit 527 = 227 zwei für Sicilien und Sardinien-^), seit
557 = 197 noch zwei andere iiXr Hispania citerior und ullerior^)^
und die Zahl von 0 Prätoren hat sich bis auf Sulla erhalten,
welcher dieselbe auf 8 erhöhte •'»). In der zweiten Periode blie-
ben dagegen sämmtliche Präloren während ihres Amtsjahres in
Rom und gingen erst im folgenden Jahre proroyato imperio^] mit ^^JpJj"**'"
den) Titel pro praelore oder propraetor''] in ihre Provinzen. Der
Grund dieser Aenderung liegt darin, dass einerseits die Zahl der
Provinzen durch das Ilinzukonnncn von Macedonia, Africa, Asia,
1) r. 7. Gr. 1124. 1307. 1625, 20. Kuhn % 72.
2) Epliem. cpigr. 1872 p. lol. 207 uiui sonst ol'i.
3j Liv. ep. 20: praetonim numerus ampliatua est, ut essenl IUI.
4) Liv, 32, 27: nex praelores primwn creali^ crescentibus iam pwrincih et
iatius pateHctnte hnjierio.
5) Auf 10 brachte die Zahl der l'rätoren Caesar (Diu Cass. 42, öl), indeoi
er der bestehenden Zahl 2 hinzufügte (DiR. 1, 2, 2 S 32). Sulla kann also
nicht vier, wie in der letzteren Stelle aneenoinnien wird, sondern nur zwei neue
l'rätorenstcllcn eingerichtet haben. S. Druniann 2, 485.
B) Mommsen Staatsrecht 1, i)i\) If.
7) lieber die Formel procomul und pruconsule y propraetor und propraetore,
/wischen welchen kein rntorschied des Sinnes ist, s. Soldan (Juaentionum He
nlitjuot portihw* procoiuulum et propraetorum capita aex, llanov. IÖ31. Ö p. lÜ
'52 und Marini Anuili I p. ui. ,, ,, , , , ,, .
— 378 —
Gallia Narbonensis und Cilicia sich vergrösserte, andererseits die
in Rom nach und nach eingerichteten Criminalgerichtshöfe [quae-
stiones perpeiuae)^ deren Präsidium den Prätoren übergeben wurde,
die Anwesenheit sämmtlicher Prätoren in Rom nöthig machten.
Welchem Jahre und welchem Gesetze diese Aenderung zuzu-
schreiben ist, wird nirgends überliefert; wenn man sie auf
r»^g«im&8Pig suii^ zu?ÜckführL '), so hat dies in sofern seine Richtigkeit, als
seit Snlla, ' ' o J
Sulla sowohl das consularische als das prätorische Amt, welches
solange einjährig gewesen war, gesetzlich auf die Dauer von
zwei Jahren brachte, von denen das eine auf deh Dienst in der
Stadt, das andre auf die Statthalterschaft einer Provinz verwendet
wurde, und so die Prorogation beider Aemter regelmässig machte,
während sie bis dahin zwar schon lange vorher, aber nur als
Nothbehelf in Anwendung gekommen war 2). Die erste quaestio
perpetua wurde nämlich bereits 605 = 149 in Folge der lex des
Volkstribunen L. Calpurnius Piso de pecuniis repetimdis einge-
setzt-^), damals aber zunächst unter \ors\iz des praetor per egrinus
abgehalten^), im J. 659 = 95 hatte sie aber schon einen eigenen
Präsidenten in dem praetor repelundarum ^) , der durch die uns
erhaltene lex repetundarum des Jahres 632 = 122 scheint ange-
dSich ordnet worden zu sein^). Waren also damals drei Prätoren in
'6*32'= 122! Rom nöthig, so blieben für die vorhandenen zehn Provinzen nur
drei Prätoren disponibel, und wir finden daher schon vor Sulla
öfters Proprätoren als Statthalter, wie itn J. 641=113 in His-
pania alter ior"']^ im J. 650=104 in Sardinia*^), im J. 666 = 88
in Africa^j.
1) Borghesi Oeuvres 1, 233. Mommsen Staatsrecht 1, 86: Rechtsfrage S. 9.
2) Mommsen Rom. Gesch. 2, 360 ff.
3) Cic. Brut. 27, 106 : nam et quaestiones perpetuae hoc {Carbone) adolescente
constitutae sunt, quae antea nullae fuerunt; L. enim Piso tribunus pl. legem pri-
mus de pecuniis repetundis Censorino et Manilio consulibus tulit. Cic. de off. 2,
21, 75. in Verr. II, 3, 84, 195; 4, 25, 56.
4) Lex repel. vom J. 632 (C. /. L. I n. 198) lin. 12.
5) In diesem Jahre (Cic. in Verr. II, 2, 49, 122) war C. Claudius Pulcher
iudex quaestionis venepciis und praetor repetundis, Orelli n, 569= C\ /. L. I p. 279
n. IX. Es gab also damals schon zwei quaestiones perpetuae.
6) Mommsen C. I. L. I p. 65.
7) Von Marius, der sieben Jahre vor seinem Consulat (Cic. de off. 3, 20,
79), also 640=114 Prätor war, sagt Plnt. Mar. 6: tj-sra oe ttjv OTpaxtjYtav,
vtXifjpiu Xaßojv TYjv ixzhi 'Ißrjptav, Xe^exat xai^äpai XTfjOTYjpiojv xr^v drcapyiav.
8) In dieses Jahr setzt man , wenigstens annähernd richtig, die Statthalter-
. Schaft des T. Albucius (Drnmann 3, 126; 4, 319. Cic. in Pison. 38, 92. de off .
2, 14, 50), den Cic. de prov. cons. 7, 16 propraetor nennt.
9) Als Marius in diesem Jahre nach Airica floh, war dort Statthalter Sexti-
— 379 —
Die Veränderung, welche im J. 1 22 begann und durch Sul-
las Gesetze saoctionirl wurde, dass nämlich die Stalthalter nicht
als praetor es, sondern propractore ihre Provinz verwalteten, be-
zog sich indessen nur auf die Provinzen, welche als beruhigt
angesehn und ohne grössere Heeresmacht administrirt werden
konnten; diejenigen, welche noch Schauplatz des Krieges waren,
wurden, wie in der ersten, so auch in der zweiten Periode ent-
weder den fungirenden Consuln übertragen *) oder ausserordent- Piocoii?nin.
licher Weise einem besonders dazu erwählten Befehlshaber mit
dem Titel pro consule'^) angewiesen, sei es nun, dass man dem
Consul des vorigen Jahres zur Fortsetzung des Krieges sein im-
perium prorogirle "•) , oder einen früheren ConsuH) od6r einen
gewesenen Prätor ^:, oder, was selten geschehen ist, einen noch
zu keinen höheren Würden gelangten Privatmann mit consulari-
schem Heere und imperinm ausrüstete, wie 543 = 211 den Scipio^),
litis (Plut. Mar. 40), den Appiaii. B. C. 1, 02 Sextius nennt. Anf Münzen von
Hadrumetuin hcisst dieser P. SEXTILIVS PRoPraetor AFricae. S. Müller Nu-
iiiismatique de L'ancienne Afrique 2, 51, welcher indessen in der Jahresbestim-
niung irrt.
1) Hietur sind die Beispiele häulig.
2) In den Triumphalfasten der Republik wird bis awf Cäsars Zeit nieman-
dem der Titel proconsul beigelggt, der nicht Consular gewesen wäre, mit Aus-
nahme des L. Cornelius Uolabella, der 650 = 98 proconsule triumphirte, in den
Consularlas^ten aber nidit vorkommt. Auch er indessen dürfte consul stiffectu»
gewesen sein ; dagegen zu Cäsars Zeit und später triumphireii als proconsules
a. 709 = 45 y. Pedius; 711=43 L. Plauens; 720 = 34 C. Sosius, welche nicht
('onsnln gewesen waren. 8. Mommsen C. l. L. I p. 567. 568.
3) Dies geschah zuerst 427=327. Liv. 8, 23, 12: actum rwm tribunis efit,
(id populum ferrerU , ut, quam Publilius Philo consulatu abisset, pro ron^suJe rem
yereret, quoad debellatum cum (iraecis esset. 8, 26, 7 : duo sinyularia haec ei
viro primum contiyere, prorogatio imperii^ non ante in ullo facta, et acto honore
Iriumphus.
4) 8o wurde im J. 290=: 464, da ein Consul in Rom blieb, der andre gegen
die Aequcr utiglücklich kämpfte, der Consul des vorigen Jahres, T. ^Juinctiu«
proeonmle mit der Führung des Krieges beauftragt.
5) S. die Sammlung bei Soldan j). 69 ff. Beispiele sind: Liv, 41, 12: Tt.
Claudius procf/nsul, qui praetor priore anno fuernt. Cic. de leg. 1, 20, 58: cum
proconsule ex praetura in (iraeciam veniantl (Gelliu.s). Plut. Aem. Pauli. 4 : ^m
TO'jTov 6 Ai(i.i).io; d^GrejxcfOTj 0TpaTrjY»5; , wy^ 'i^ eyrnv r.ekixen , ßoou; lyo'jaiv
Ol OTMTirjifO'JVTE; , d'KKa 7:po;Xaßtuv excpo'j; tooo'jtou;, (Tjaxe r^^ o-P'/yi^ ororrex^v
'If^iovai To ä?i<o[j.a. l eher diese prätorischen Proconsuln ist bei den einzelnon
Provinzen jedesmal die nöthigc Nachweisung gegeben worden. Q. Cicero wurde
ex praetura proconnul Aifiae , C. Octavius, der Vater des Augustus, ex praetura
procfm-sul Macfdfmiae {\)tuu\hi\u 4, 230); der clgentli<hc Titel dieser prätorischen
Proconsuln war aber praetor pro connule, wie die von Mommsen (\ I. h. I p. 188
angeführten Heispiele Vinicianus , pr. pro con. (C, /. L. 1 n. 64t), M'. Cordius
}ir. procon. (Orclli 3142), T. .MuKsidius Polllo — pr. proco». provinc. (Mlline
\nrb. ((trut. p. 440, 2); M. Nonlns Baibus pr. pro cot. und daneben nur proco$,
(Vlomnisen /. A. 2405—2413) beweisen.
6) IJv. 26, 18.
— 380 —
518 = 206 den L. Cornelius Lentulus*), 677 = 77 den Pompeius^j.
Dass ein Prätor in seinem Amlsjahre eine Provinz verwaltet,
kommt nur noch einmal vor in der Verwirrung des Kriegsjahres
705=: 49, in welchem C. Fannius, dessen Prätur in dieses Jahr
zu fallen scheint =*), die Statthalterschaft von Asien führte und
in dieser Würde sich den Titel oTpanrjYo; ötzoltoc, beilegt^), wei-
cher im sechsten Jahrhundert der griechische Titel für den Con-
sul isf*), und hei dem Prator nichts anderes bedeuten kann, als
das consularische Imperium^); die Gonsuln haben auch nach Sul-
la's Zeit noch zuweilen ein auswärtiges Commando übernommen,
wie im J. 680 = 74 Lucullus und Gotta im Kriege gegen Mithri-
dates') und im J. 687 = 67 M'. Acilius Glabrio in Bithynien^).
Regel aber war es, dass sie Rom in ihrem Amtsjahre nicht ver-
liessen'»).
^iscSrnid Der Unterschied zwischen dem proconsul und dem propraetor
rfschePrö- bcruht nicht allein auf dem Rangverhältnisse^"), nach welchem
vinzen.
1) Liv. 28, 38; 31, 20: per idem tempus (554 = 200) />, Cornelius Len-
tulus pro consule ex Hispania rediit. Qui quum in senatu res ab se per muLtoa
annos fortiter feliciterque gestas exposuisset postulassetque, ut triumphanti sibi in-
vehi liceret in urbern , res triumpho dignas esse censebat senatus ; sed exernplum
a tnaioribuf non accepisse , ut , qui neque dictator^ neque consul neque praetor res
gessisset , triumpharet : pro consule illum Hispaniam provinciam , non consulem
aut praetorem obtinuisse.
2) Liv, ep. 91 : Cn. Fompeius cum adhuc eques R. esset, cum imperio pro-
consulari adversus Sertorium missus est. Cic. Phil. 11, 8, 18: nam Sertorianum
bellum a senatu privato datum est, quia consules recusabant; cum L. Philippus
pro consulibus eum se mittere dixit, non pro consule. Cic. pr. l. Manil. 21, 61.
3) Mommsen G. d. R. Münzw. S. 375 Anm. 33. Waddington Fastes n. 34.
4) loseph. Ant. 14, 10, 19. An einer andern Stelle heisst er (ipyt(5TpaTr(-
Yöi, Ant. 15, 10, 13.
5) C. I. Gr. 1770. 1325. 3800. Polyb. 1, 52, 5; 6, 14, 2; 18, 46 (29), 5.
6) üeber den Titel handelt ausführlich Mommsen Eph. epigr. 1872 p. 223 ff.
7) Liv. ep. 93. 94. Eutrop. 6, 6. Walter Gesch. des H. Rechts § 135 hält
diesen Fall für den letzten der Art, veas durch den gleich anzuführenden spä-
tem Fall widerlegt wird.
8) Dio Cass. 35, 2. Salhist. fr. hist. 5, 14 Kritz bei Priscian 18, 4, 41.
Drumann 4, 159. Mommsen Rechtsfrage S. 30. Zumpt Stud. Rom. p. 73 nimmt
an, dass nach der lex Vatinia 695 = 59 kein Consul mehr eine auswärtige Pro-
vinz erhalten habe; denn dass Crassus im letzten Monate seines Consulates gegen
die Parther auszog (Cic. ad Att. 4, 13) und im Jahre 711 = 43 die Consuln
Hirtius und Pansa in den Krieg gingen , ist für die vorliegende Frage nicht
entscheidend.
9) Daher sagt Cic. de nat. deor. 2, 3, 9 : tum enim bella gerere nostri du-
ces incipiunt, quum auspicia posuerunt ; de div. 2, 36, 76: bellicam rem admi-
nistrari maiores nostri nisi auspicato noluerunt ; quam multi anni sunt, cum bella
a proconsuUbus et a propraetor ibus administrantur, qui auspicia non habent ! und
bei Dio Cass. 45, 20 wirft Cicero dem Antonius vor, oxi ttjv roXtv dv tüj rf^i
UTraxeia!; Xf*6vq) d-icXtTicuv i'Auepii^'/txai ttjv '/^pav rrop^öjv xat Xi)[j,aiv6[xevo;.
10) Cic. pr. Plane. 6, 15: sed servari necesse est gradus, cedat consulari ge-
^
— 381 —
der erstere zwölf, der letztere sechs fasces führt ^), sondern ur-
sprünglich wenigstens in dem consularischen Heere, welches der
erstere unter seinem Befehle hat 2). Dieselben Provinzen werden
daher, jenachdem sie einer grösseren oder geringeren Truppen-
macht bedürfen, bald von Proconsuln, bald von Proprätoren ver-
waltet ^) ; erst am Ende der Republik kommt es vor, dass der
Titel proconsid ohne das consularische Heer ertheilt wird'*).
Die Bestimmung über die consularischen und prätorischen
Provinzen [decernere oder nominare provincias) wurde vom Se-
nate, und zwar in der ersten Periode entweder vor dem Antritte
der neuen Magistrate oder nach demselben auf Antrag der Con~
suln getroffen. Darauf loosten oder verglichen sich zuerst di(^
Consuln über die consularischen, sodann die Prätoren über die
prätorischen Provinzen. Für die zweite Periode verordnete die
lex Sempronia de provinciis (631=123) als regelmässiges Ver-
neri praetorium. Plut. Cato min. 55 : oöxoa oTj SiaßaXojv eU Kepxupav (Cato),
OuO'j t6 va'JTixov r^v, l^iOTaxo fjisv Kix^piuvi 'zf^i apx^?, <w* UTraxixui GTpaTrjixo;.
Ibid. c. 57: d^to'jvTüuv o; Tcdvxcuv apyeiv aurov, y.a\ rptotouv xtüv Tiepl SxtTciuiva
xat Ouapov ^^toxafxsvoiv y.ai Ttapaotoovttuv xy]V ii'^e\i.o'^i'xv , oux Icpr^ */axaX6o£iv
TO'j; vöfjLO'j; — o'jo' ici'jxov dvxtaxpdxTjYOV ovxa, napö^xo; d';fty-dxo'j, 7ipo;xdc£tv.
1) Mommsen Staatsrecht 1 S. 305.
2) Cic. de prov. cons. 7, 15: est primum disssimlLe res in Sardinia cum
mastrucatis latrunculis a propraetore una cohorte auxiliaria gesta et bellum cum
maximis Syriae yentibus et tyrannis consulari exercitu imperioque confectum.
3) Hiefür sind bei den einzelnen Provinzen die Beweise gegeben , in Ma-
redonien z. B. folgte dem Proconsul Piso der Propraetor Q. Ancharius, und von
Sardinien sagt läv. 41, 8: propter belli maynitudinem provincia contiularis facta
est. Aus dieöem Wechsel erklärt sich , dass einem und demselben Statthalter
verschiedene Titel gegeben werden , wie bei Livius M. Fulvius einmal proconsul
(35, 22), hernach propraetor (36, 2j genannt wird. Vgl. Düker ad Liv. 39, 29.
Insbesondere wird der Titel praetor nicht nur den propraetores (Cic. ad fam. 13,
55. Nipperdey Die leges annales S. 29. 30) oder denjenigen proconsules beige-
legt, welche ex praetura in die Provinz gegangen waren, wie dem Q. Cicero,
welcher 693 — 696 = 01 — 58 proconsul Asiae war und bei Cic. ad Q. fr. 1, 1,7
praetor heisst, oder in späterer Zeit dem proconsul Bithyni<ie (Tac. Ann. 1, 74).
sondern er wird seiner ursprüngli(!hen Bedeutung nach als allgemeine Bezeich-
nung des Statthalters überhaupt gebraucht, wie dies schon die Ausdrücke cohors
praetoria, porta praetor ia , navis praetoria und praetorium^ d. h. die Amtswoh-
nung des Statthalters in der Provinz (Cic. Verr. II, 4, 28, 65 vgl. 4, 53, 1 IS.
Tipaixwpiov Marci Evang. 15, 16. loh. Kvany. 18, 28. Liban. I p. 111 K.
luKtinian. Nov. 24. Perjzonii Disquisitio de praetorio, Franequerae 1690. 8) be-
weisen. Daher sagt Cicero von sich, dem proconsul Ciliciae und gewesenen Con-
fiul ad Alt. 5, 21 ^ 11: homines dicere — quod praetori dare conmessent, — se
a me quodammodn dare, und von Bibulus, proconsul Syriae, ad fam. 2, 17, 2:
quod eyo officio quaeMorio te addurlum reticerr de praetore tuo ( liibulo) non mo-
lestt ferebam. Andere Heispiel«' s. bei Kckliel />. N. 4 p. 236. (laratoni ad Ver-
rin. 11, 2, 10.
4) So war, während Q. Cicero als proronaul Asien verwaltete, In der ProTlnr
summa pax, iumma tranquillHas. Cic. ep. ad Q. fr. 1, 1, 1. 5.
Lev Pom
pfia.
— 382 —
fahren (denn exlra nrdinem wurde auch später das impermm
mehrmals verliehen), dass, um Parteilichkeit zu vermeiden, der
Senat die beiden neuen consularischen Provinzen jährlich vor
den Consularcomitien nominiren solle, worauf die Consuln noch
als designati darüber loosten ^) , wogegen die Tribunen auf das
Recht der Intercession gegen diese Bestimmung verzichteten, wel-
ches ihnen sonst zustand'-^) und für die prätorischen Provinzen,
deren Verloosung erst während des städtischen Amtes der Prä-
toren stattfand, fernerhin in Geltung blieb ='). Seitdem die Con-
suln und Prätoren erst nach ihrem Amtsjahre die Provinz über-
Zeit .los nahmen, lae somit zwischen der nominatio provinciarum und dem
Antritte der Verwaltung für die Consuln ein Zeitraum von 18,
für die Prätoren ein Zeitraum von 10 Monaten "•), da die Comi-
tien im Juli gehalten zu werden pflegten; ein Senatusconsult
vom .1. 701=53 5) und die lex Pompeia des folgenden Jahres
verlängerte diese Frist in der Art, dass alle Provinzen erst fünf
Jahre nach dem Consulate oder der Prätur angetreten werden
sollten •5). Dies Gesetz, welches von Cäsar nach der Schlacht
bei Pharsalus aufgehoben wurde, um die Pompejaner von dem
Commando in den Provinzen auszuschliessen'), aber unter Au-
gnstus wieder zur Geltung kam^), hob den bis dahin bestehenden
Zusammenhang des städtischen Amtes mit der Statthalterschaft
gänzlich auf, und machte die letztere aus einer Promagistratur
zu einem dem Beeriff nach selbständigen Amte.
1) Oic. acc. in Verr. II, '^, 90, 222.
2) Liv. 32, 28.
3) Cic. pr. domo 9, 24. pr. Balbo 27, Gl. ad fam. 1, 7, 10. deprov. cons.
2, 3; 7, 17. Sallust. lug. 27, 3. Ferratii epist. III, 8. Ueber die lutercessiou
Cic. de prov. cons. 7, 17: faciam, inquii, ülas praetorias , ui Pisoni et Gabinio
suceedatur statim. Si hie sinat. Tum enim tribunus irUercedere poterit, nunc non
polest. Vgl. 15, 36.
4) Cic. de prov. cons. 7, 17 und die Erklärer zu der 8t. Mommsen Die
Rechtsfrage S. 49. 50.
5) Dio Cass. 40, 46 : SoYfxa 5s sitoiYjoavTo , (XYjolva p.Y]T£ OTparrjYTjoavTa,
fj.'Tjft' UTiaTeuoavTa, xd; e^uj '?JYe|J.ovia;, Trpiv av r^vxe eJh] ^ieXiStq, XafjLßavsiv.
6) Dio Cass. 40, 56 : xö xe ooYfxa x6 (Aixpov £(j.Tipooi^ev -(ssou.z^o^ , &ax£
xo'j; ap^avxa; dv x-^ ttoXsi [X'?j Ttpoxepov ic, xd; e^io -/jY^f^^vta? , Tptv r.esxe h-q
7:apeX^eTv, xXirjpoyaö^ai, dTrevcupwoev.
7) Dio Cass. 42, 20: xd? xs -fjYe{Ji.o\/ta; xd; dv xtL utcyj-^ooj xoT; fxev uTrdxot;
oi'jxot 6^^£v cxX'/jpojaav , xoTi; he ^^j oxpaxr^Y*^'^^ '^^^ Kaioapa dicXirjpajxt SoOvai
I^Tjcpioavxo • £; x£ Ydp xou; u7:dxou; xat ii xou; oxpotxTQYOu; aJ^i; Tiapd xd le-
SoYJJt^va ocpiotv ^7tavf^X\}ov. Zumpt Comm. epigr. 2, 232.
8) Dio Cass. 53, 14. Vgl. 52, 20. Suet. Aug. 36.
— 383 —
Es gilt in Rom als die Hauptgaranlie der republicanischen Amtsdauei
Freiheit, dass kein Staatsamt länger als ein Jahr bekleidet wird ^),
lind für die städtischen Aemter giebt es keine Möglichkeit der
Verlängerung. Anders ist es mit einem auswärtigen militärischen
Gommando^j und, was dasselbe ist, der Verwaltung einer Pro-
vinz. Zwar ist auch für dies Commando die Uebertragung auf
ein Jahr regelmässig, nämlich auf das militärische Dienstjahr,
welches vom ersten März bis zum letzten Februar gerechnet
wird"^), und eine Verlängerung der Magistratur, welche als eine
ausserordentliche Massregel gilt, bedarf in älterer Zeit einer förm-
lichen prorogatio^ d. h. eines Antrages an das Volk, in welchem
wieder eine feste Zeitgrenze gesetzt wurde, entweder bis zur
Beendigung des Feldzuges, oder auf ein folgendes Jahr; im
sechsten Jahrhundert wenigstens eines Senatsbeschlusses ohne
weitere Befragung des Volkes ^j. Allein es liegt in der Natur
des militärischen Commandos, dass der Feldherr, wie der Soldat,
seinen Posten nicht verlassen darf, bevor er abgelöst wird; der
Proconsul oder Proprätor bleibt also jedenfalls so lange, bis sein
Nachfolger eintrifft^), und je weiter sich der Kriegsschauplatz
allmählich von der Hauptstadt entfernte, desto öfter wird eine
Verlängerung des Oberbefehls eingetreten sein, welcher auf ge-
setzlicher Prorogation nicht beruhte, aber unvermeidlich war und
häufig vorkonmit^). In Sulla's lex Cornelia de proii'nciis ordi- ux cor-
nandis war sogar in Rücksicht auf diejenigen Imperatoren, welche
triumphiren wollten, und zu diesem Zwecke im Besitze des
imperiurn sein mussten, angeordnet, dass die nach Ankunft des
Nachfolgers ihre Provinz verlassenden Proconsuln und Proprätoren
sowohl während der dreissig Tage, welche ihnen zu den Vorbe-
reitungen der Abreise gestattet wurden'), als bis zu ihrer An-
ntUa.
\) Bei Livius 4, 24 sagt Main. Aemilins: maximam lihertalis rualodiam esse,
si magna imperia diuturna non essent , et temporis modus imponeretur, quibus
iurin hnponi non poxset.
2) I eber die Prorogation und den Regriff der Promagistratnr hat Monimseii
dreimal ausführlich gehandelt: Die Rechtsfrage zwischen CäKar und dem Senat
S. 2i; ff.; Köm. ({e»(h. 3, 103; Staatsrecht 1, r)19 fl'.
3) Mommsen Kechtrtfrage S. 14 11". S. 27.
4) Mommsen Staatsrecht 1, .Vif). .02(1.
C)) l/'lpian. IH(j. 1, IG, lü: rneminisse oportebit, u.ique ad adventum surcea-
HoriH omnia debere prnconifulem ayerr, cum ait unua proconaulatua et utilUaa pro-
rinriae exigat, eaae aliquem, per quem negotia aua pfwineialea expUcent : ergo in
adventum aucreaaoria debebit iu$ dicere. Vgl. I. 17.
ü) Mommsen Staat.nrecht 1 S. 524.
7) C'io. ad fam. 3, 6, 3.
— 384 —
kunft in Rom das imperium beibehielten^). Man hat daher die
Zeit der Statthalterschaft nicht zu datiren von dem Antritt der
Verwaltung bis zur Uebergabe derselben an den Nachfolger, son-
dern von dem Tage, an welchem der Statthalter Rom verlässt,
bis zu dem Tage, an welchem er \vieder in Rom eintrifft 2^, und
diese Frist ging immer mehr oder weniger über das Jahr hinaus.
Durch die Anwendung des Grundsatzes, dass der Statthalter die
Ankunft seines Nachfolgers abzuw^arten hat^), wurde eine for-
melle Prorogation desselben überflüssig und die Dauer der Ver-
waltung der Provinzen von dem Ermessen des Senates abhängig
gemacht"*); wir finden deshalb in der Zeit nach Sulla eine Reihe
von Statthaltern in mehrjährigem Besitze ihres Amtes ^) , ohne
dass von einer Prorogation desselben im alten Sinne des Wortes
die Rede ist<^), und ersehen aus Cicero's Briefen aus Cilicien,
dass er alle Mittel aufbietet, um nicht länger als ein Jahr in
der Provinz zu bleiben'^). Denn da auch die acht PrUtoren,
welche es seit Sulla gab, nebst den zw^ei Consuln zur Besetzung
aller Statthalterstellen nicht ausreichten, so war in jedem Jahre
eine Combination oder eine Prorogation einiger Verwaltungen er-
forderlich. Im J. 704 = 50 z. B. gab es 14 Provinzen; nämlich
1) Cic. ad fam. 1, 9. 25: Appius — dictitabat — se , quoniam ex senatus-
consulto provinciam haberet , lege Cornelia imperium habiiurum , quoad in urbem
introiisset.
2) Mömmsen Die Rechtsfrage S. 35.
3) Dass dieser (irundsatz in die lex Cornelia aufgenommen war , ist nicht
überliefert, aber wahrscheinlich. Mommsen R. G. 2, 362 nimmt dagegen an,
dass dies Gesetz die. Statthalterposten durchaus auf ein Jahr beschränkt habe,
für welche Annahme ein Beweis ebenfalls nicht vorhanden ist.
4)' Cic. Phil. 10. 11, 26: senatuique placere Q. Hortensium pro consule cum
quaestore prove qiiaestore et legatis suis provinciam Mac.edoniam obtinere , quoad
ii ex senatusconsulto concessum sit.
5j Es genügt, einige Beispiele anzuführen. Andre sind bei den einzelnen
Provinzen erwähnt. In Asien blieb L. Licinius Murena 670 — 672 = 84 — 82; I..
Lucullns ein .lahr als Consul und 7 Jahre als Proconsul 680 — 688 = 74 — 66;
Q. Cicero 3 Jahre, 693-696 = 61—58 (Waddington Fastes I n. 13. 20. 28);
in Cilicien P. Servilius Isauricus 3 Jahre, 676 — 679 = 78 — 75; Lentulus 3 Jahre,
698—701=56—53 (Drumann 2, 541); Appius von .Juli 701 = 53 bis Juli 703
= 51 (Drumann 2, 191); in Macedonien Piso 2, in Syrien Gabinius 3, in Si-
cilien Verres 3 Jahre.
6) Von den Siculern Tuiter Verres sagt Cicero Verr. II, 4, 20, 42 nur:
intellexerunt — Q. Arrium non succedere.
7) Cic. ad AU. 5, 1: quo magis erit tibi videndum, ne quid novi decerna-
tur; ut hoc nostrum desiderium ne plus sit annuum. 5, 2: Hortensio mandavi,
ne pateretur, quantum esset in ipso, prorogari nobis provincias, und weiter: noli
putare mihi aliam consolationem esse huius ingentis molestiae, nisi quod spero, non
longiorem annua fore. 5, 11 : ne provincia nobis prorogetur, dum ades, quidquid
provideri potest, provide. 5, 13, 3; 5, 17, 5. ad fam. 15, 14, 5; 8, 10, 5.
1
— 385 —
fünf consularische und neun prätorische. Von den consularischen
waren ausserordentlicher Weise zwei, nämlich das transalpinische
Gallien und das cisalpinische Gallien nebst lUyricum an Cäsar,
zwei , nämlich das diesseitige und das jenseitige Spanien an
Pompeius übertragen worden; für die fünfte, nämlich Syrien,
war ein Consular nicht disponibel, und liess man daher dieselbe
dem Proconsul des vorigen Jahres, Bibulus^); zur Besetzung der
neun prätorischen Stellen aber, welche nach der lex Pompeia
erfolgte, war das Zurückgehen auf mehrere Jahrgänge von Prä-
toren erforderlich 2) . Erst Cäsar half diesen Uebelständen ab,
indem er einerseits die Zahl der Prätoren auf zehn"^), dann auf
vierzehn^), zuletzt auf sechszehn '») erhöhte und im Zusammen-
hange damit in der lex lulia de provinciis von 708 = 46 anord- lexhaia.
nete , dass nur die consularischen Provinzen zweijährige, die
prätorischen dagegen wieder einjährige Verwaltung haben soll-
ten ß). Hierin wird auch die von Cicero mehrmals erwähnte')
lex Anlonia de provinciis 710 = 44 principiell nichts geändert
haben, welche die Dauer der consularischen Provincialverwaltung
auf fünf oder sechs Jahre ansetzte, aber nur in der Absicht ro-
girt scheint, um den Consuln des laufenden Jahres, Antonius
und Dolabella, die Statthalterschaft in derselben Weise zu ver-
längern, wie sie dem Caesar durch das vatinische Gesetz normirt
worden war^).
Nach der definitiven Vertheilunc der Provinzen wurde jedem OnuUio pi<
'^ " vinciot
Statthalter durch ein Senatusconsult seine Provinz mit genauer
Bestimmung über die Grenzen derselben^) und seine Ausrüstung
1) Dramann 2, 101.
2) Cic. ep. ad fam, 8, 8, 8. Mommsen Die Rechtsfrage S. 46 Anni. 1 18.
Zuinpt Comm. epigr. 2, 209.
3) Dio Cass. 42, 51.
4) Dio Cass. 43, 47.
')) Dio Cass. 43, 51.
(3) Cic. Phil. 1, 8, 19: qudf Icr iiifUnr, utilior, optima etinin republica sae-
pius ßayitata, quam ne praetor iae prmjinciae plus quam annum , neve plus qxuim
Inennium consulares ohtintrer^tur ? Cic. Phil. 5, 3, 7; 8, 9, 28. Dio Cass. 43,
25. Drumann 3, 624.
7) Cic. Phil. 1, 8, 19; 1, 10, 24; 2, 42, 109; 5, 3, 7; 8, 9, 28. ad
Att. 15, 11, 4.
8) Mommsen Die Uerhtsfrage 8. 43 Aiini. 111. Druinanii 1, IIT. 165 be-
trachtet (lies (iegetz als eine AbschafTung der lex Julia, lu welcher Annahme
kein genügender Grund vorliegt.
9) Liv. 24, 44, 4. Cic. in PiMm. 16, 37; 21, 49; 24, 57.
B«m. Alt«rth. IV. 25
(ornatio) an Geld, Truppen, Schiffen und Unlerbeamten ange-
wiesen^), eine Vollmacht über seine amtlichen Befugnisse ausge-
stellt''^), und durch eine lex curuita das impermm unter feier-
lichen Auspicien übertragen^). Was die Unterbeamten betrifft,
so bestanden diese aus einem oder mehreren Legaten, einem
Quästor und zahlreichen Subalternen.
Leyati pro j)iq leoali ernennt der Senat '^j aus Münnern senatorischen
praetor e. «^ '
Ranges in der Anzahl, welche das Bedürfniss erforderte; in prä-
torischen Provinzen gewöhnlich einen, in consularischen drei^),
in besonderen Fällen auch mehrere^); sie sind zwar Beamte des
Staates ') , aber Unterbeamte, welche im Auftrage und unter Ver-
antwortlichkeit des Statthalters fungiren^). Dem Statthalter steht
es daher zu, Personen seiner Bekanntschaft, auch seiner eigenen
1) Cic. de leg. ayr. 2, 13 : deinde ornas apparitoribus, scribis, librariis, prae-
conibus , architectis ; praeterea mulis , tabernaculls , supellecüli. ad Att. 3, 24.
ad fam. 2, 3, 1. Lamprid. AI. Sev. 42, 4: iudices cum promoveret, exemplo
veterum^ ut et Cicero docet , et argento et necessariis instruebat, ita ut praesides
provinciarum acciperent argenti pondo vicena, mulas senas , muLos binos, equos
binoSj vestes forenses binas, domesticas binas^ balneares singulas, aureos centenos,
cocos singulos. Suet. Caes. 18. Cic. in Pison. 2 , ü : ego provinciam GaUiam,
senatus auctoritate exercitu et pecunia instructam e\ ornatam — in concione de-
posui. Ibid. 35, 86: nonne sestertium centies et octogies , quod. quasi vasarii
nomine in venditione mei capitis adscripseras , ex aerario tibi attributum , Romae
in quaestu reliquisti? Cic. Verr. II, 1, 14, 36. ad fam. 12, 3: iegato tuo via-
ticum eripuerunt. Die Lielerungeu von argentum (Silbergeschirr) , vestis (Cic.
Verr. II, 4, 5, 9), muLi u. s. w., die Ausrüstung des Gefolges und des Heeres
wurden durch Licitatiou an den Mindestfordernden ausgegeben. Dio Cass. 53, 15.
Gell. 15, 4. 8uet. Oct. 36. Die Form eines Senatusconsuites über die ornatio
ist ersichtlich aus Cic. Phil, 10, 11, 25. üeber die Art, wie die Kosten die-
ser Ausrüstung aufgebracht wurden , wird in dem Abschnitt über die Finanzen
die Rede sein. S. Hofmann De provinciali sumptu populi Jiomani, Berlin 1851. 4.
Mommsen Staatsrecht 1, 240 ff.
2) Rein in Paulys Realencyclopädie 4, 853.
3) Mommsen Staatsrecht 1, 54.
4) Cic. in Vatin. 15, 35: et quoniam legationis tuae facta mentio est, volo
audire de te, quo tandem senalusconsulto legatus sis. pr. Sest. 14, 33.
5) Cic. ad fam. 1, J, 3; 1, 2, 1; 1, 4, 1. ad Q. fr. 1, 1, 3, 10. Strabo
3 p. 166.
6) Cic. Phil. 2, 13, 31. Cäsar erhielt 698 = 56 zehn legati, Cic. ad fam.
1, 7, 10; Drumann 3, 233; Pompeius durch die lex Gabinia fünfzehn, Flut.
Pomp. 25; Dio Cass. 36, 20; Cicero in Cilicien vier, Cic. ad fam. 15, 4, 8.
7) Cic. ad Q. fr. 1, 1, 3, 11: (legali), quos comites et adiutores negotio-
rum dedit ipsa respublica. Sie heissen Legati populi Romani , werden, wie der
Statthalter selbst, vom Senat ausgerüstet (Cic. ad fam. 12, 3. Verr. II, 1, 14,
36 ; 22, 60) , und im Falle sie angeklagt werden , nicht von dem Statthalter,
sondern in Rom gerichtet. Garatoni ad Cic. Verr. I, 1, 4.
8) Liv. 29, 19. Caes. B. C. 2, 17; 3, 51. Rein Rom. Criminalrecht
S. 192. 606.
— 387 —
Familie 1), zu diesem Amte vorzuschlagen 2), dieselben, wenn sie
sich unbrauchbar zeigen, ohne Weiteres zu entlassen-^), im ent-
gegengesetzten Falle aber ihnen sowohl ein selbständiges Com-
mando^), als die Jurisdiction in einem Theile der Provinz-»), als
endlich in Verhinderungsfällen die Stellvertretung überhaupt zu
übertragen <^j , weswegen sie mit vollständigem Titel legciti pro
'praetor e heissen ') , und sich der fasces, aber ohne Beile bedie-
nen^), insofern ihnen dies nicht besonders untersagt wird^).
Aber im Falle sie einen Sieg erfechten, fällt die Ehre desselben
so wie der etwa zu erlangende Triumph dem Statthalter selbst
zu, da sie nicht eigene Auspicien haben, sondern unter ^en
1) Laelius war Legat des jüngeren Scipio Africanus (Cic. de rep. 2, 40,
67; Appian. Fun. 126); P. Scipio Africanus Legat seines Bruders L. Scipio
(Cic. Phil. 11, 7, 17). Auch unter den Kaisern finden sich zahlreiche Beispiele
der Art, z. B. ein legatus soceri sui proccmsulis m Achaia , Henzen 6483; ein
Leyatus prov. Africue proconsuLis patris sui, Henzen 6498; ein leyatus patris sui
proconsulis Asiae, Henzen 6500.
2) Schol. Bob. p. 323 Orelli: nuUo iure Vatinium dicit in leyationem esse
profectum, quam soleat hoc a senatu peti, ut praesides provinciarum possint, quos
relint , amicos suos habere Leyatos. Deshalb wird die Wahl derselben zuweilen
ungenau dem Statthalter selbst zugeschrieben. Cic. de prov. cons. 7, 41 ; ad fam.
13, 50; ad AU. 15, 11, 4. Garatoni ad Cic. Verr. I, 23.
3j Cic. Verr. H, 3, 58, 134.
4) Beispiele sind häufig bei Caesar. S. B. G. 1, 10. 21. 54. B. C. 2, 17.
Cic. pr. Mur. 9, 20.
5) Dies ist oben bei den Provinzen Spanien und Africa nachgewiesen worden.
6) Caesar B. U. 1, 10. 54; 5, 8; 7, 34; 8, 52. Liv. 35, 8. Lydus de
rnayistr. 3, 3.
7) Unter den Legaten Cäsars hat einer, welcher sein gewöhnlicher Stellver-
treter ist, T. i^abienus, auch in seiner Anwesenheit den Titel Leg. pr. pr., wes-
halb Schneider ad ('aes. B. 0. j, 21 annimmt, unter den Legaten Cäsars sei
dieser der erste gewesen, und habe als Auszeichnung «liesen Titel erhalten.
Allein in andern Fällen wird die Stellvertretung allen Legaten übertragen (Liv.
5, 8 u. ü.) , und in den Senatsprovinzen der Kaiserzeit ist leyatus pro praetcrr
der offlcielle Titel für alle leyati, auch wenn sie nicht in Abwesenheit des Statt-
halters statt dessen fungiren. So heisst es in der Arvaleninschrift Marlni Atti
H p. 756: ley. pr. pr. provinciae Ponti et Bithyniae proconsulatu patris sui. Vgl.
Crut. 498, 5, wo zu lesen i.st : leg. pR. PR. PATRIS PROVINC AFRICAE.
Dieser (iegenstand ist erschöpfend behandelt von Marini Atti II p. 738 — 756.
Hei Marini Iscr. Alb. p. 50. 51 heisst derselbe L. Fabiiis Cilo auf zwei verschie-
denen Inschriften einuial Ity. pr. pr. prov. Sarh. , das andere Mal ley. prov.
Sarbonens. leber <lie Münzen, auf welchen leg. und Ley. pr. pr. vorkommen,
s. Kckhel I). N. 4 p. 232. Oriechisch rapeope-jovre; oder Ttpeoßeuxat (Fabric. ad
t)ion. 53, 14. Lydus de mag. 3, 3: ol rpaiTtope; 7) ÄTj-yaTOi (avTi xoO oxparrjYoi
7,ai Trpeo^euxai ), oO; vtaxeXlpnTavov ol 57:aT0t dvJK iauTwv -^otj toO tt^c uraxela;
a'JToic 0'r^Te/.oy|A£vo'j ypcivou, ei; to icpeatavat tüi orpaTiu iypi tfj; to^ pi^XXovTO«
hrÄxtiKi irX t6v itöXejAOv Trapo'joioi;), Tcpco^eoTal xai olvriotpatv^ifot.
8) Liv. 29, 9. Cic. ad fam. 12, 30, 7. in Verr. II, 1, 26, 67. Spartlan.
Sever. 2. Znmpt ad Verr. Acc. I, 22.
9) Cic. ad fam. 12, 30, 7.
2ö*
388
Auspicien des Proconsuls slehn i) , und auch ihre Jurisdiction
beruht auf dem Mandat des Statthalters '"^j, und beschränkt sich
auf die Givilgerichtsbarkeit, während die Criminalgerichtsbarkeit,
als auf dem Imperium merum beruhend, nicht tibertragen wer-
den kann^^).
Qtuustores. Vou den Quästorcu, deren zuerst zwei, dann vier"*), später
acht^), seit Sulla zwanzig ^J, seit Cäsar vierzig 7) waren, wurde
für jede Provinz einer, nur für Sicilien zwei, nicht auf Empfeh-
lung des Statthalters, ^sondern durch das Loos bestimmt«). Bei
der Altersverschiedenheit, welche zwischen dem Quästor und
dem Prätor bestand, genügte die zufällige Anweisung des Looses
wenigstens in älterer Zeit, ein Pietätsverhältniss hervorzurufen,
welches dem Quästor die Pflicht auflegte, den Prätor wie seinen
Vater zu ehren ^), ihn nicht zu verlassen i^) und bei einem in
Folge seiner Amtsführung etwa entstehenden Repetundenprocesse
vor Gericht nicht gegen ihn aufzutreten i^). Während der Re-
publik gingen in der Regel die Quästoren während ihres Amts-
jahres in die Provinz und führen daher den einfachen Titel quae-
stor; in zwei Fällen fungirt indessen statt des Quästors ein Be-
Proquae- auitcr mit dem Titel pro quaestore. Einmal nämlich konnte der
Statthalter, wenn er seinen Quästor durch den Tod verlor oder
aus andern Gründen nicht zur Disposition hatte, die quästori-
schen Geschäfte durch einen andern seiner ünterbeamten voll-
ziehen lassen, wie Cn. Dolabella, Proprätor von Cilicien 674 =
80 seinen Legaten Verres ^^J nach dem Tode seines Quästors Mal-
leolus zum legatus pro quaestore machte i^) und denselben Titel
der Legat des Sentius Saturninus, Proprätors von Macedonien
1) Dass legati triumphiren , kommt erst spät und ausnahmsweise vor. Dio
Cass. 48, 42; 49, 4. 21.
2) Digest. 1, 21 {de off. eins, cui est mandata iurisdictio) -^ 2, 1, 17,
3} S. Digest. 1, iß de off. proconsulis et Legati.
4) Liv. 4, 43.
öj Liv. epit. 15.
6) Tac. Ann. 11, 22.
7) Suet. Caes. 41. Dio Cass. 43, 47; 51.
8) Cic. Verr. II, 1, 13, 34. ad Q. fr. 1, 1, 3, 11. ad Att. 6, 6, 4 u. i).
9) Cic. div. in Caecil. 14, 46; 19, 61; 20, 65. pr. Plane. 11, 28. p. red.
in sen. 14, 35. ad fam. 13, 10, 1; 13, 26, 1. de orat. 2, 50, 202.
10) Cic. Verr. II, 1, 14, 37; 15, 40.
11) Cic. div. in Caecil. 18, 60; 19, 62. Verr. I, 4, 11.
12) Cic. Verr. I, 17, 44.
13) Cic. Verr. I, 36, 91.
n
— 389 —
667 = 87 l, Bruttius Sura, auf seinen macedonischen Telradrach-
men führt 2). Zweitens aber wurde, wenn die Zahl der gewählten
Quästoren für alle Provinzen nicht ausreichte , ein gewesener
Ouästor (qua e stör ins) in eine oder die andre Provinz geschickt*^),
wie z. B. P. Sestius, nachdem er in dem Jahre der catilinari-
schen Verschwörung (691=63) Quästor des Consuls Antonius
gewesen war 4), im folgenden Jahre mit dem Antonius als pro
qvaeslore in die Provinz Macedonien ging ^) , und noch unter Au-
gustus L. Aquillius Florus zuerst quaestor imp. Caesnris Ängusti^
dann pro quaestore provinciae Cypri wird ^) . Der Titel pro qitae-
slore, griechisch avTitajxia? ') , ist wahrend der Zeit des Freistaates
in beiden Fällen officiell^), hört aber in dei" Kaiserzeit fast ganz
auf^}, da er durch einen andern ersetzt wird, auf den wir so-
gleich zurückkommen.
Dem Quästor wurde zu Rom die Casse für die Verwaltung
der Provinz übergeben, aus welcher er den Unterhalt sämmtlicher
Beamten bestritt i*^) , und in welche die aus den Abgaben der
Provinz an ihn zu zahlenden Gelder flössen ; über dieselbe legte
er am Ende des Jahres in seinem und seines Statthalters Namen
Rechnung 1^), und zwar nach der lex lulia de provinciis in der
1) Zumpt Comm. epigr. 2, 175.
2) Borghesi Oeuvres % 239.
3) Dass dies ein gewöhnlicher Fall war, zeigt die Formulirung des Senatns-
consults bei Cic. Phil. 10, 11, 26: senatuique placere. Q. Hortensium pro conswi«
cum quaestore prave quaestore — prövinciam Macedoriiam obtinere.
4) Cic. pr. Sest. 3, 8.
5) Cic. pr. Sest. 5, 13 redet von seiner quaestura Macedoniae, aber ad fam.
5, 6 überschreibt er einen Brief an ihn P. Sestio , L. f. proq. Denn so, nicht
proc. ist zu lesen.
6) Henzen n. 6456a = C. /. L. III p. 985 n. 551.
7) C. I. Gr. 5597. Ephem. epigr. 1872 p. 151.
8) Luculi war im mithridatischen Kriege proquaestor des Sulla, Cic. Acnd.
pr. 2, 4, 11; vgl. Plut. LucuU. 2. Drumann 4, 121; Caninius Sallustianus (der
Name ist unsicher) proquaestor des Bibulus in Syrien, Cic. ad fam. 2, 17; Dru-
mann 2, HO. Ausserdem kommen in Inschriften und Münzen vor: C. Bruttius
(\ f. pro q. im J. 697 = 57, Mommsen /. N. n. 321; L. Manlius pro q. zu
Sullas Zeit, Borghesi Oeuvres 1, 361; M. Nerva pro q. im J. 713 = 41, Borghesi
Oeuvres 1, 433; L. Manlius proq.; Varro pro q. ; Cn. EMso pro q. ; F. Mlnat.
Sabin, pro q. zu Pompeius Zeit. Kckhel />. N. 4, 246.
9j Borghesi Oeuvr. i, 482. Ich finde den Titel nur noch einmal in einer
Inschrift aus Vespaslan» Zeit, Borghesi Oeuvres 3, 186, in welcher jemand --
der Name ist nicht erhalten — erst Q. urbanus, dann pro q. provinc. Cretae et
Cyrenarum genannt wird.
10) Cic. Verr. II, 1, 13, 34; 14, 36; II, 3, 76, 177. ad fam. 2, 17, 4.
11) ratiorus refert. Cic. Verr. I, 13, 36; I, 38, 95 f. Vom Statthalter, der
die Verantwortlichkeit dafür hat, wird dies ebenfalls gesagt. Cic. ad fam, &, 20,
1. 2. ad AU. 6, 7, 2. Plut. Ti. Oraoeh. 6.
— 390 —
Weise, dass das Original der Rechnung in dem Aerariuni zu
Rom, zwei Abschriften derselben aber in der Provinz deponirl
wurden 1). Er hat eine eigene Gerichtsbarkeit, welche der der
Aedilcn in Rom entspricht'^); der Statthalter kann ihm indessen
<^intesto> pro Qiich scinc Jurisdiction '*) und überhaupt seine Stellvertretung
praetore.
mandiren, in welchem Falle er- quaesior pro consule ^j oder quae-
stor pro praetore wird, die fasces des Proprä tors übernimmt'^)
und nunmehr ein doppeltes Amt führt ^), welches in dem grie-
chischen Titel Ta[i,iac xal avTiatpatr^Yoc ^) oder, wenn der Stell-
vertreter selbst ein pivquaestor , also proquaeslor pro praetore
war^j, in dem Titel avTixafiia? xai avTiaTpctTT^YOc •') unterschieden
wird. So übertrug Marius im jugurthinischen Kriege zeitweise
die Stellvertretung dem Quästor Sulla lO;; Cicero bei seinem Ab-
gange aus der Provinz Cilicien seinem Quästor Gaelius^i); nach
dem Tode -des Proconsuls Trebonius 711=43 verwaltete Asien
dessen Quästor mit dem Titel proquaestor propraetore ^^j, und nach
dem Tode des Crassus (701 — 53) dessen Quästor Cassius die
Provinz Syrien i^). Zuweilen kommt es auch vor, dass von Rom
aus auf Grund eines Volks- oder Senatsbeschlusses statt des
Proprätors ein quaestor pro praetore in die Provinz gesendet
wurde; wie in dieser Function im .1. 679 = 75 Publius Lentulus
Marcellinus nach Cyrene^'^), im J. 689 oder 690 = 65 oder 64
1) Cic. ad farn. 5, 20, 2. ad fam. 2, 17, 2. ad AU. 6, 7, 2. in Phon.
25, 61. Plut. Cato min. 38. Dio Cass. 39, 23.
2) Gaijjs 1, 6: item in edictis aedilium curuLium , quorum iurisdictionem in
provinciis populi Romani quaestores Uabent.
3) Suet. Caes. 7. Cic. divin. in Caecil. 17, 56. Verr. II, 2, 18, 44.
4) Auf einem Denar des M. Antonius nennt sich M. Si]anus q. pro cos.
Eckhel D. N. 4, 246.
b) Der Provincialquästor hat, auch wenn er unter dem Statthalter t'ungirt,
Lictoren , obwohl deren Zahl unbekannt ist, Cic. pr. Plane. 41, 98; Mommsen
Staatsrecht 1, 306; bei der Stellvertretung muss er aber die prätorischen fasces
gehabt haben, und diese meint Cic. Verr. II, 2, 4, 11, wenn er von den vom
Verres in der Provinz zurückgelassenen Quästoren sagt: quaestores utriusque pro-
vinciae, qui isto praetore fuerunt, cum fascibus mihi praesto fuerunt.
6) Mommsen zu C. I. L. I, 641.
7) Marini Arvali p. 738 ff. C. I. Gr. n. 364. 1133 = 1327. 3990.
8) Cic. ad fam. 12, 15 Ueberschrift.
9) loseph. Ant. 14, 10, 17 u. ö.
10) Sallust. luy. 103 : ad Sullam perfugiunt, quem consul in expeditionem
proficiscens pro praetore reliquerat.
11) Cic. ad fam. 2, 15, 4.
12) Cic. ad fam. 12, 15. Waddington Fastes n. 38. 40.
13) Drumann 2, 118.
14) Sallust. Eist. 2, 39 Dietsch : Publiusque Lentulus Marcellinus eodem auctore
quaestor in novam provinciam Curenas missus est.
— 391 —
Cii. Fiso iiacli dem diesseitigen Spanien'), im .1. (i96 = 58 (^ato
nach Cyprus ging'-^j, aber beide Fälle gehören ausschliesslich der
Zeil des Freistaates an, denn in der Kaiserzeit führt, wie »jeder
Legat eines Statthalters leyatus pro praetot-e genannt wird, auch
jeder Quästor, welcher unter dem Statthalter dient, den Titel
quacstor pro praelore''^]^ so dass, wenn er einfach 9^^ae.s■to/• heisst,
was allerdings sich auch findet, dies nur als eine Abkürzung
des Titels zu betrachten ist. Hat dagegen ein Unterbeamter die
Vertretung des Proconsuls, so wird dies in der Kaiserzeit durch
eine andere Formel bezeichnet; er nennt sich dann leyatus oder
qaaestor vice proconsulis ^) . ^ToconsuiS
Die übrige Begleitung des Statthalters besteht aus den co- comitm.
mites, den Subalternbeamten und der persönlichen Bedienung ^j.
Da es nämlich für die ausgedehnte Verwaltung und Rechtspflege
an einem Hülfsbeamtenpersonal fehlte, so pflegte der Statthalter
eine Anzahl geeigneter, zum Theil jüngerer Personen aus den
höheren Ständen in die Provinz mitzunehmen, welche nach Voll-
endung ihrer Rechtssludien entweder als assesaores bei den Ge-
1) Sali. Cat. 19 : postea Piso in citeriorem Hispaniam qitaeator pro praetore
missus est. Auf seinem noch vorhandenen Grabstein steht die Inschrift (Grut.
383, 5=C\ /. L. I n. 598): Cn. CaLpumius Cn. f. (Juaestor pro pr. ex S. C.
provinciam Hispaniam citeriorem optinuit. 8. Drumann 2, 87 IT. Mommsen Her-
mes 1, 47.
2) Vellei. 2, 45: {CLodius) legem tulit, ut is (Cato) quaestor cum iure prae-
torio, adiecto etiam quaestore, mitteretur in ihsuLam Cyprum. Drumann 5, 166.
3) Dieser 8atz ist ausführlich bewiesen von Borghesi Oeuvres 1 , 484 ff.
Von den dort p. 485 angeführten Beispielen genügt es, einige zu wiederholen.
8o ist C. Luxilius Sabinus in der Zeit der Gordiane quaestor pr. pr. prov. Cretae
Cyr{enarum), Orelli3143; Ti. Claud. Frontinus quaestor propraet. provinc. Achaiae,
Orelli 3113 = Mommsen /. iV. 1879; M. lulius Priscus q. pr. pr. provinciae Afri-
cae, Orelli 2369; L. Novius Crispinus — quaestor pro praet. provinciae Macedo-
niae, lienzeii n. 7420»; Cn. Domitius I.iicanus quaest. pro praetore provinc,
Afric. , Orelli 773 ; P. (.'ornclius Scipio xcxjjiia; vtal ävxiOTpocTTrjYOi; von Achaia,
C. I. Gr. 364. Allein beweisend ist die sicilische Inschr. Orelli 151 : dedicanti-
bus M. üaterio Candido procos. et L. CorneLio Marcello q. pr. pr., und das De-
cret des Proconsuls von Sardinien L, Helvius Agrippa, herausg. von Mommsen
Hermes 2, 102 ff. , nach welchem an dem consilium dos Proconsuls Theil nah-
men der Leyatus pr. pr. und der q. pr. pr. ; denn beide zeigen , dass auch der
in Anwesenheit des Proconsuls fungirende Quästor diesen Titel hat. Vgl. Borghesi
(feuvr. 2, 404; 1. 252. RuLlett. 1849 p. 123. Do Rossi BuU. 1852 p. 57. Müller
iS'umismatique dt /Vmc Afrique l p. 163; 11 p. 62. 165.
4) So ist I.. i'acsoüius Lucillus leyatus prov. Africae. todein tempore vice
proconsuLiSj Orelli 3042. Andre Beispiele giebt Borghesi Oeuvr. i, 486.
5) S. Mommsen Die comitcs Auyusti dtsr Irüheron Kaisurzeit, in Hermes 4.
120 ff. Mommsen Pe apparitoribü» mayisiratuum liomanorum, im Rheinischen .Mu-
seum N, F. 6 (1848) S. 1—57. Naudet Memoire sur la cohorte du prüeur in
Mim. de l'institul. Acad. des inacr. XXVI, 2 p. 499 — 555, welche Abhandlung
entbehrlich gemacht ist durch Mommseu ätaattirocht 1, 250 — 293.
— 392
richten ^) oder als Theilnehmer an Verwaltunt^sgeschäften sich
selbst Erfahrung im Staatsdienst zu sammeln beabsichtigten und
zugleich unter der Anleitung des Statthalters Arbeiten zu über-
nehmen bereit waren. In der Begleitung des Cicero befanden
sich in Cilicien ausser vier Legaten und einem Quästor auch sein
Sohn Marcus'^), der Sohn seines Bruders Quintus'^) und Q. Vo-
lusius, ein Verwandter des Atticus, dem Cicero eine Jurisdiction
in Cypern mandirte^); in der Begleitung des C. Memmius, Pro-
prätor von Bithynien 697 = 57, befand sich der Dichter Catullus "»j .
Solche Personen sind es, welche die comües^], contubernules'^)^
die cuhors^)^ cohors amicorum'% cohors comüum^^^) oder cohors
^^^^P'^'*^- praetor ia ^^) bilden, wobei zu bemerken ist, dass der letztere
Ausdruck, welcher in eigentlichem Sinne das Elitencorps oder
die Garde des Feldherrn bezeichnet ^'^), auf diese Begleitung, mit
welcher er ursprünglich nichts gemein hat, in uneigentlicher Be-
deutung übertragen ist^'^ da z. B. Cicero ausser seinen comites
ch M
1) Bei dem Urtheilsspruche des Proconsuls von Sardinien im J. 68 n, Chr.
(Mommsen Hermes 2, 102 ff.) bestand* das consilium aus dem Legaten, dem Quä-
stor und sechs Personen ohne Titel, welche als assessores unterschrieben. Comes
et adsessor legati — comes et adsessor procos. provinciae (Jalliae (Aarfton.) kommt
auch als Titel vor, CLL. II n. 2129.
2) Cic. ad Att. 5, 9, 3.
3) Cic. ad Att. 5, 17, 3; 5, 20, 9.
4) Cic. ad Att. 5, 21, 6.
5) Catull. 10, 7; 28, 9.
6) Dig. 1, 22, 4; 1, 18, 16; 48, 11, 5-, 48, 19, 6 § 1. Orelli 3446.
3447.
7) Cic. pr. Coelio 30, 73 : quum autem paullum iam roboris accessisset aetati,
in Africam profectus est, Q. Pompeio proconsidi contubernalis. pr. Plane. 11, 27.
Frontin. strateg. 4, 1, 11. 12: Q. Metellus Cos. quamvis nulla lege impediretur,
quin fHium contubernalem perpetuum haberet , maluit tarnen , eurn in ordine ma-
nere. P. Rutilius Cos. quum secundum leges in contuhernio suo ßlium habere
posset, in legione militem fecit. Suet. Caes. 42.
8) Cic. Verr. II, 2, 27, 66: (^Verres dixit se) iudicem de sua cohorte daturum.
9) Suet. Cal. 19.
10) luvenal. 8, 127.
11) Cic. Verr. II, 1, 14, 36: dedi stipendio^ frumerUo, legatis, pro quaestore,
cohorti praetoriae HS mille sexcenta triginta quinque milia.
12) S. hierüber den Abschn. über das Militärwesen. Paul. Diac. p. 223 Müll. :
praetoria cohors est dicta, quod a praetore non discedebat. Scipio enim Africanus
primus fortissimum quemque delegit, qui ab eo in bello non discederent et cetera
nrnnere militiae vacarent et sesquiplex Stipendium acciperent.
13) Cic. ad Q. fr. 1, 1, 4, 12: quos vero aut ex domesticis convictionibus aut
ex necessariis apparitionibus tecum esse voluisti , qui quasi ex cohorte praetoria
appellari solent , horum non modo facta , sed etiarn dicta omnia praestanda no-
bis sunt.
— 393 —
militärische cohortes praetor iae hatte i) , und Soldaten und Offi-
cwre überhaupt nicht zu den comites gehören. Die comües wer-
den zwar vom Statthalter selbst gewählt'^), welcher die Verantwort-
lichkeit für sie übernimmt =% indessen dem Senat namhaft ge-
njacht^), auf Staatskosten unterhalten und in der Kaiserzeit fest
besoldet^), weshalb über ihre Zahl der Senat sich die Entschei-
dung vorbehielt*'). Zu den comites kam zweitens ein zahlreiches
Personal von Subalternbean»ten und Amtsdienern [apparitores)^ Appantores.
welche alle Gehalt erhielten, nämlich scribae, lictoreSj accensi,
nomenctatoreSy viatores, fabellarii, praecones, j)ut/arii\ victimarii,
haruspices, medici\ interpretes und urckitecti') und drittens die g®'^"",';.'^';^**®
Freigelassenen . und Sclayen , welche der Statthalter für die
Besorgung seiner Privatangelegenheiten und seine Bedienung
brauchte^ und welche zur Cohorte nicht gerechnet werden'*).
Dass dem Proconsul oder Proprätor seine Frau in die Provinz
folgte, war zur Zeit der Republik ungesetzlich i*'), da man die
weibliche Begleitung für eine Last der Provinz und ein liinder-
1 ) Cic. ad fam. 15, 4, 7.
2) Als Fronto um 155 n. Chr. das Proconsulat von Asien übernehmen sollte,
schreibt er ep. ad Anton. Pium 8 p. 169 Naber : post illa quaecumque ad in-
ütruendam provinciam adtinerent , quo facilius a me tanta negotia per arnicorwn
copias obirentur, sedulo praeparavi. Propinquos et amicos meos , quorum fidem et
inteyritatem coynoveram, domo accivi. Alexandriam ad familiäres meos scripsi, ut
Athenas festinarent, ibique me operirentur , iisque yraecarum epistularum curam
doctissimis viris detuli. Ex Cilicia etiam spLendidos viros^ quod magna mihi in ea
provincia amicorum copia cf, — ut venirent, hortatus sum. Ex Mauretania quoque
virum amantissimum mihique mutuo carum lulium Senem ad me vocavi, cuiu^s
non modo fide et diligentia , sed etiam militari industria circa quaerendos et con-
tinendo» latrones adiuvarer.
3) Cic. ad Q. fr. i , i , A, 12. Cato Or. de sumptu suo p. 37 Jordan:
nunquam eyo argentum pro vino congiario inter apparitores atque amico» meof>
dindidi atque eos malo publico divites feci. Dig. 48, 11, 1 pr.; 48, 11, 5; 12,
1, 33.
4) Dig. 4, 6, 32: comites legatorum, qui ad aerarium delati aut in com-
mentarium principis relati sunt.
b) Dig. 1, 22, 4: diem functo legato Caesaris «alarium comitibus residui tem-
poris, .quod a legatis praestitutum est, debetur.
6j Dig. 27, 1, 41, 2: eorum qui reipublicae causa absunt, comites qui sunt
intra statutum numerum — excusantur.
7) S. .Mommsen Htaatsrecht 1, 250—293.
8) Cicero hatte bei «ich seinen Freigelassenen Tiro , einen Sclaven M. Tnl-
liiis, den er als Secrotär brauchte, und noch andere Hclaven. Härtung De pro-
conmlatu Ciceronis p. 27.
9) Auch die apparitore» gehören zu derselben nicht eigentlich und Cic. sagt
daher pr. Hab. I'ost. (>, 13: ut tribuni, ut praefecti, ut scribae, ut comites omniuw
magistratuum lege hac ttnerentur.
10) Seneca contr. 9, 25 p. 261 BorsUn « 400 Kiessling.
B iiiss im ]viict;o hielt'); unter den Kaisori) wurde es unter Ver-
m antvvortlichkeit des Mannes''^) gestattet'*).
InsÄug. Mit diesem Gefolge hielt der Statthalter, nachdein er di(^
vorgeschriebenen Opfer auf dem (lapitol gebracht und Gelübde
gethan hatte [votis nuncupatis) , angethan niit dem purpurnen
Kriegskleide (paliidamenturn) ^] unter Vortritt der mit dem sayu-
luin bekleideten Lictoren ^) seinen Auszug sofort nach der Er-
theilung des imperium^ da dasselbe nur ausserhalb der Thore
Roms gültig war und durch den Aufenthalt in der Stadt verloren
gegangen wäre «) . wie denn auch bei der Rückkehr die insignia
imperii am Thore Roms abgelegt wurden'), insofern nicht ein
besonderer Volksbeschluss das Einziehen mit denselben zum
Keise. Zweckc dcs Trlumphcs gestattete^). Die Reise geschah auf einem
bestimmten Wege'^); Fuhrwerk oder Schilfe wurden theils vom
Staate theils von den Provinzen, durch welche der Weg ging,
gestellt 1^); die Lieferungen der letzteren für diesen Zweck waren
1) Tac. Ann. 3, 33.
2} Digest. 1, 16, 4^2.
3) Suet. Oct. 24. Germanicus hatte die Agrippina immer bei sich ; auch
Plinius war in Bithynien mit seiner Frau (Plin. ep. 10, 120. 121), ebwiso die
Präfecten von Aegypten (Letronne Recueü II u. 331), die Procuratoren von
ludaea (Matth. Evang. 27, 19. Act. Apost. 24, 24). Alexander Severus ver-
bot es aufs Neue , Lampr. AI. Sev. 42. Ein Beispiel aus nachconstantinischer
Zeit s. Ada Martyrwn ed. Ruinart p. 596.
4) Liv. 42, 49 : votis in Capitolio nuncupatis paludatus ab urbe est profectus.
21, 63; 25, 16; 31, 14; 35, 3; 37, 4; 40, 26; 41, 14; 42, 27; 45, 39. Caes.
B. C. 1. 6. Cic. in Pison. 13, 31. ad Att. 4, 13. ad fam. 15, 17. Plin. pa-
ney. 56. Ueber das paludamentum Val. Max. 1, 6, 11: ducturus erat (Crassus) a
Carris adversus Parthos exercitum. Ei pulLum traditum est paludamentum , cum
in proelium exeuntibus album aut purpureum dari soleret. Purpurfarbig nennt
das paludamentum auch Plin. N. H. 22, 2, 3. Silius Ital. 17, 396. Isidor. Orig.
19, 24, 9. Caes, B. G. 7, 88. Ferrarius De re vestiaria vett. 2, 3, 0.
5) Silius Ital. 9, 419. Cic. in Pison. 23, 55: toguLae lictoribus ad purtam
praesto fuerunt : quibus Uli acceptis, sagula reiecerunt. Varro de L. L. 7, 37 :
ideo ad bellum quom exit Imperator ac lictores mutarunt vestem, et signa incinue-
runt, paludatus dicitur proficisci.
6) Ulpian. Dig. 1, 16, 16: proconsul portam Rotnae ingressus deponit im-
perium. Cic. Verr. acc. 5, 13, 34.
7) Cic. in Pison. 23, 55. ad fam. 1, 9, 25. Appian. B. C. 1, 80. Bio Cass.
53, 13.
8) Die Statthalter blieben deshalb zuweilen ad urbem [Pseudo-Ascon. p. 147
Or.) oder extra portam (Cic. ad Att. 7, 1, 5), um die Erlaubniss zum Triumph
abzuwarten. LucuUus verweilte nach seiner Rückkehr aus Asien drei Jahre vor
der Stadt, bis ihm der Triumph bewilligt wurde. Drumann 4 8. 161 f.
9) Cic. in Vatin. 5, 12 : quum illud Her Hispaniense pedibus f'ere confici
soleat, aut, si quis navigare velit, certa sit xo,tio navigandi, venerisne in Siciliam
atque inde in Africam.
10) Bei der Proscription der Triumvlrn 42 flieht Pomponius, als Prätor an-
gekleidet (Appian. B. C. 4, 45): xai Trapd zali r.dKaii 6y^Tj{JLaT(uv. xe OTjfxoaioav
— 395 —
gesetzlich normirt^). Mit dem Tage der Ankunft in dt
welche der Statthalter an einem bestimmten Orte zu betreten
pflegte'^), begann das Verwaltungsjahr und schloss mit demsel-
ben. Dieser Tag scheint ober sehr verschieden gewesen zu sein
nach der Entfernung der Provinz und der Schwierigkeit der Reise.
Cicero verliess Rom Anfangs Mai"% kam in Cilicien nach drei-
monatlicher Reise am 31. Juli an, und am 30. Juli des folgenden
Jahres schloss er seine Amtsthätigkeit^;, Plinius traf erst am
17. September in Rithynien '^j, Agricola mitten im Sommer in
Britannien ein ^j ; und da auch unter den Kaisern die Procon-
suln") vor der Abreise in Rom und Italien oft mit der Anord-
nung ihrer Angelegenheiten noch lange Zeit zubrachten^), so
verordnete Tiberius, dass sie vor dem 1. Juni'^), Claudius aber,
dass sie vor dem I. April aufbrechen sollten i^j.
sreßt] , xat TTjV 'IxaXiav oitoocjev — H^^XP^ '^'^^ or;|ji.oata Tpif^pei oieTrXeuos -poi;
^-/eivov (tov IloiATtTjiov). Vor dem Jahre 581 = 173 reisten römische Beamte ganz
auf Staatskosten. Liv. 42, 1: ante hunc consulem (L. Postumium) nemo un-
quam sociis in uLLa re oneri aut sumtui f'uit. ideo magistratuts mulis tabemacu-
lisque et omni alio instrumento militari ornabantur, ne quid tale imperarent sociis.
privata hospitia habebant. — — Leyati , qui repente aliquo mitterentur , sinyula
iumenta per oppida , iter qua faciundum erat, imperabant: aliam iinpensam socii
in magistratus Romanos non faciebant. Cic. Verr. II, 5, 18, 45 : quid enim tibi
navi y qui si quo publice proficisceris , praesidii et vecturae causa sumtu publicu
navigia praebentur. Cicero fuhr nach Cilicien auf rhodischen Schilfen, ad Att.
5, 13; 6, 8.
1) Namentlich durch die lex lulia de provinciis, Cic. ad Att. 5. 10, '2; 5, 16,
3; 5, 21, 5. in Pison. 37, 90.
2) Ulpian. Big. 1, 16, 4 § ö: in ingressu etiam hoc euvi { proconsulem')
oportet, ut per eam partem provinciam inyrediatur , per quam ingredi moris est,
et quas draeci £Ztor;fxia; appellant sive -/aTaTrXouv, observare , in quam primum
civitatem veniat vel applicet ; magni enim faciunt provinciales, servari sibi consue-
tudinem istam et huiusmodi praerogativas. Quaedam provinciae etiam hoc habent,
ut per mare in eas proconsul veniat, ut Asia scilicet ; u^nque adeo , ut imperator
noster Antoninus Augustus ad desideria Asianorum rescripserit, proconsuli necessi-
tatem impositam per mare Asiam appUcart, xal Td)v ixr^TporoXetov K'feoov primam
attinyere. Cic. ad Att. b, 15, 1.
3) Cic. ad Att. 5, 3.
4) Cic. ad AU. 0, 15. Drumann 6, 121. 179.
bS Plin. ep. 10, 17A.
6) media iam aestate, Tac. Agr. 18.
7) Auf die legati der kaiserlichen Provinzen bezieht sich dies nicht, da diese
als Offleiere sogleich nach dem Befebl abgingen, Mommsen Hermes 3, 81.
8) Auch Cicero ging nach seiner Abreise von Koni zuerst auf »eine Güter
und nahm Abschied von seinen Freunden, Drumann 6, 116,
9) Dio Cass. 57, 14: £«ci^ te ouyvoi tdiv xa eOvT) xXTjpoup,evoBv inl itoXu
Iv T€ TT^ PooiATTj v.at £v TTQ XotriQ 'IraXta fcvoiixptßov , Äste touc npooip^'XVTa;
«ütAv irapä tö y.afteaTYjXÖ; ypovlCeiv, ivAXtuai otf laiv £'/to; t^c toü 'io'^v(ou vou-
jATj-vlac dlcpopiAÖottat.
10) Dio Cass. 60, 11: -xaTioet^c hi %a\ xdhi, to6; :. // ^(pooiou; dfpyovxo«
npb xfii Toü 'ATtpiXiou voufAtj^la«, iTc«W)itfp Inl roXu £n Tip ioxti ivcyfxSviCov,
Antritt.
— 39f>
i
die ■
Amtsgewalt. In dem Statthalter ist die ganze Regierungsgewalt über
Provinz vereinigt ; zuerst der Oberbefehl über die in der Provinz
stehenden Truppen, welcher ihm durch die len' curiata ertheilt
ist, so wie das Recht, Aushebungen sowohl von römischen Rür-
gem als von Provincialen anzustellen ^) , und die Mittel zum
Kriege zu requiriren 2), sodann die Jurisdiction in Criminal- und
Civilsachen, die erstere mit dem Rechte über Leben und Tod,
von welchem nur römischen Bürgern Provocation zusteht*^), die
letztere nach den Bestimmungen, welche theils die lex provin-
ciac^ theils das Edict, welches er selbst vor seinem Amtsantritt
bekannt zu machen pflegte '^j, theils die einheimischen Gesetze
der Communen, insofern deren Fortbestehen entweder durch die
Constitution der Provinz oder durch das Edict gewährleistet war,
festsetzten. Als Cicero Cilicien übernahm, brachte er ein Edict
mit, das er in Rom ^) mit Benutzung des im J. 637 = 117 von
Q. Mucius Scaevola für Asien erlassenen Edictes^) verfasst hatte'),
und das nur diejenigen Bestimmungen enthielt, welche die eigen-
thümlichen Verhältnisse der Provinz nöthig machten; denn in
allen übrigen Puncten verhiess er, das städtische Edict bei sei-
nen Entscheidungen zu Grunde zu legen **) . Die erwähnten Be-
stimmungen beziehen sich im Wesentlichen auf die Vermögens-
a^opfAccoOai. Wenn Borghesi Oeuvres 1, 489, dem auch Mommsen Hermes 2, HO;
3, 81 folgt, die Regel aufstellt, dass das Proconsularjahr in der Kaiserzeit vom
1. Juni bis 31. März gerechnet wurde, so ist dabei einmal die zweite angeführte
Stelle des Dio Cassius übersehen und sodann nicht in Erwägung gezogen , dass
Dio nur von dem Termin der Abreise aus Rom redet, das proconsularische
Amtsjahr aber , wie man aus Ciceros Verwaltung von Cilicien mit Bestimmtheit
ersieht, mit dem Tage der Ankunft in der Provinz beginnt. Vgl. Urlichs Com-
ment. de vita et honoribus Agricolae, Wirceburgi 1868. 4 p. 12.
1) Cic. ad Att. 5, 18, 2. ad fam. 15, 1, 5.
2) Cic. Ven. II, 5, 17, 43. pr. Flacc. 12, 27.
3) Cic. Verr. II, 5, 54. Aus späterer Zeit vgl. das Beispiel des Apostel Pau-
lus, Act. Ap. 22, 25 ff.; 25, 10; 26, 32.
4) Rudorff Rom. Rechtsgesch. 1 § 60. Bethmanu-Hollweg Der röm. Civil-
process 2 § 60. Dig. 1, 16, 4 § 4.
5) Cic. ad fam. 3, 8, 4.
6) Cic, ad AU. 6, 1, 15.
7) Gut handelt hierüber C. Härtung De proconsulatu Ckeronis p. 34 ff.
8) Cic. ad Att. 6, 1, 15: breve autem edictum est propter hanc meam oiai-
peoiv, quQd duobus generibus edicendum putavi: quorum unurn est provinciale, in quo
est de rationibus civitatum , de aere alieno , de usura , de syngraphis , in endem
omnia de publicanis ; alterum, quod sine edicto satis commode transigi non po-
test, de hereditatum possessionibus, de bonis possidendis, magistris faciundis, ven-
dendis, quae ex edicto et postulari et ßeri solent. Tertium, de reliquo iure «Ypoicpov
reliqui. Dixi me de eo gener e mea decreta ad edicta urbana accommodaturum.
— 397 —
Verhältnisse der Cummunen und Privaten ^) , sie reguliren erstens
den Ausgabeetat, die Rechnungsablegung, die Schuldverhältnisse
der Communen, den Zinsfuss und das Rechtsverhällniss zu den
publicani , zweitens in privatrechtlicher Beziehung die bonorum
possessio^) j das Concursverfahren 3) und die Güterveräusserung
für den Fall der Zahlungsunfähigkeit, während alle andern Ci-
vilprocesse der Provincialen vor die städtischen Richter kamen
und nach den eigenen Gesetzen der Communen entschieden wur-
den^). Unter den Kaisern giebt es ein edictum provinciale, zu
welchem Gaius einen Gommentar geschrieben hat, und man nimmt
gewöhnlich an, dass dieses für den gemeinschaftlichen Gebrauch
in allen Provinzen 'redigirt worden sei und besondere Edicte über-
flüssig gemacht habe^). Was endlich die Verwaltung des Pro-
consuls betrifft, so werden wir, um die Schwierigkeit derselben
zu beurtheilen, auf die allgemeinen Zustände der Provinzen in
der Zeit der Republik etwas näher eingehn müssen.
Das Verhältniss, in welchem nach dem römischen Staats- Zustand der
' Provinzen
rechte der populus Romanus zu den Provinzen stand, ist "" ^R^'',u",rv*"'
Grossen dasselbe, welches wir im Kleinen zwischen den Muni-
cipien oder Colonien und den ihnen attribuirlen agri fructuarii^]
nachgewiesen haben; die Provinzen sind praedia des römischen
Volkes, ihre Bedeutung für den Staat liegt ausschliesslich in den
Revenuen, die sie demselben gewähren'). Von diesem Gesichts-
punct aus ist das Wohl oder Wehe der Personen, welche die
Bevölkerung der Provinz ausmachen, ein für die Regierung gar
nicht in Betracht kommender Gegenstand; die Entwickelung und
Erhnitung der materiellen Zustände des Landes aber eine wich-
tige Rücksicht. Die Römer haben daher nie Bedenken getragen,
1) ( icero sagt selbst ad /am. 3, 8, 4: dUigentissime scriptuvi caput est,
quod pertinet ad minuendos suniptus civitatum.
2) Hoecking Römisches Privatrecht, Boon 1862. 8 »S. 262 IT. l.eist Die bo-
nonorum poaaessio, Göttijjgen 1844. 8.
:Vj Hierauf bezieht sich der Ausdruck magistros faeere , s. Walter (i. li.
Köm. Hechts % 754.
4J Cic. ad AU. 6, 1, 15.
5) Walter (i. d. Köm. Rechts % 440. Hethmanii-Hollweg Rom. (Mvilprocess
2, 83 Anm. 19. Huschke Leber den zur Zeit der («eburt Jesu ('liristi gehalte-
nen Census, Hreslau J840. 8 S. 22 und Jurispr. Anteiunlin. p. TT. Anderer An-
si< ht ist .Mommsen : (iaius oin Hrovincialjurist, In Hekker und Miith«'r .lahrbu» li
<lf.s gemeinen deutschen Rechts Bd. 3 S. 1 — 15.
6) Den Ausdruck braucht Cic. ad fam. 8, 9, 4.
7j b. oben Seite 34ü.
— 398 —
die Einwohnerschaft ganzer Länder entweder geradezu auszu-
rotten ^), oder in andere Gegenden überzusiedeln, oder den här-
testen Bedingungen zu unterwerfen ; aber um die Länder, wenn
sie sie einmal in Besitz genommen hatten, was bei geringer Aus-
sicht auf Vortheil zuweilen auch verschmäht wurde 2), haben
sie durch Beförderung der Bodencultur, durch Ansiedelungen,
Wegebauten und Eröffnung von Handelsverbindungen für den
Absatz der gewonnenen Producte sich zuweilen in hohem Grade
verdient gemacht^), und Überall den Grundsatz einer verständi-
gen Staatswirthschaft aufgestellt, durch eine regelmässige Ver-
waltung und einen wenn auch hohen, so dpch nicht auf das
Extrem getriebenen Steuersatz einer Erschöpfung des Landes
vorzubeugen, welche voraussichtlich einen zeitweisen Ausfall in
dem Ertrage der Provinz zur Folge gehabt haben würde. Auch
in den mannichfachen Gesetzen, welche über die Administration
der Provinzen und gegen Erpressungen in denselben gegeben
sind^), scheint mehr die Besorgniss vor dem Ruin des materiellen
Wohlstandes der Provinzen als die Humanitätsrücksicht, welche
Cicero in rhetorischer Weise hervorhebt^), das Motiv zu sein,
obgleich nicht zu leugnen ist, dass die Durchführung dieses rich-
tigen Staats wirthschaftlichen Princips das einzige war, was die
trostlose Lage der Provincialen einigermaassen erleichtern konnte.
Allein die Durchführung des Princips war unmöglich. Die Rö-
mer nämlich, welche entweder als Beamte oder in ihrem eigenen
Interesse in den Provinzen beschäftigt waren, theilten zw^ar die
Ueberzeugung von dem Satze, dass die Provinzen für das römi-
sche Volk nur des Ertrages wegen vorhanden seien ; indem sie
1) Beispiele finden sich in der ganzen römischen (Jeschichte. Ueber Cartha-
gos Schicksal s. S. 315. Cäsar verkaufte 53,000 Aduatici auf einmal. Drumann
3 S. 231. lieber Tiberius Verfahren in Pannonien s. S. 137. Von Pompeius
Siegen sagt Cicero de prov. cons. 12, 31 : nuUa gens est, quae non aut ita suh-
Lata Sit, ut vix exstet: aut ita domita, ut (luiescat: aut ita pacata, ut victoria
nostra imperioque laetetur. ,
2) So unter Augustus bei Britannien, Strabo 4 p. 201. Appian. praef. 7 :
oX(o; TS Ol' eußouAtav xa xpaita-a iqz %al ^^aXaoa'/j? s'-^ovxe? a'j^stv ^^eXouoi
fxaXXov, 'JQ T'?jv apyYjv £? aTteipov sz'fepeiv irii [idpßapa e^vYj Trevty^pd xat dxep^.
tov i^öi Tiva? eiöov d^ 'Ptup-"?] 7:p£(jßeuo[j,£vous xe vcal oiöovxa^ ^auxou; br.q/iQO'Ji
3) Strabo 2 p. 127. . /.r ^ r
4) Es sind: die lex Calpurnia 605=149; lex Junia, lex Acilia, lex Servilia
Glauciue, die ungenannte lex rep. von 632=122 (C\ 1. L. I n. 198), von
Klenze ohne Grund Servilia genannt, die lex Cornelia und die lex lulia von
695 = 59. S. Rudorff R. Rechtsgesch. 1 § 31.
5) Clc. div. in Caecil, 5, 17} 20, 65. Verr, 11, 2, 6, 15.
— 399 -
aber sich selbst als die nächsten Repräsentanten des Volks be-
trachteten, nahmen sie diesen Ertrag zunächst für sich persönlich
in Anspruch; der zweite Satz, durch eine massige Benutzung
des Ertrages der Zukunft Rechnung zu tragen, konnte bei ihrem
nur kurzen Aufenthall in der Provinz für sie ebensowenig be-
stimmend sein, als er für einen Pächter maassgebend sein würde,
welcher das von ihm verwallete Gut im nächsten Jahre einem
andern zu überliefern hat. Mit dem Aufgeben dieser staats-
wirthschaftiichen Rücksicht waren die Provinzen einer dauernden
Plünderung preisgegeben. Die Römer, welche sich in den Pro-
vinzen aufhielten, (bestanden aus drei Classen, dem Statthalter
und seinem Gefolge, den Pächtern der Abgaben (publicani) und
den Banquiers (negotiatores) . Dem ersten war zwar speciell vor-
geschrieben, was er von den Provincialen sich liefern lassen
durfte ; ihm war verboten zu kaufen i) , Geschenke zu nehmen ^j
und sich Gefälligkeiten erweisen zu lassen =^); allein die Kosten
der Bewerbung um die Prätur oder das Consulal, welche selten
ohne Bestechung erfolgte, die Bestreitung der Spiele während
der städtischen Aemter, die ausserdem durch ungemessenen Auf-
wand herbeigeführte Verschuldung der meisten Optimalen, end-
lich die Aussicht auf einen Repetundenprocess , bei welchem
wiederum Bestechung durch erhebliche Summen versucht werden
musstc*), führten für den Statthalter, abgesehen von der Ge-
wissenlosigkeit; welche in der späteren Nobilität allgemein war,
iiewiihnlich die Nothwendigkeit herbei, mit allen ihm zustehen-
den Mitteln in der Provinz sich für die Vergangenheit schadlos
zu halten und für die Zukunft zu sichern. In dieser Beziehung
war die einjährige Verwaltung für die Provinz ein doppeltes Un-
glück, da die Erpressung in kürzester Zeit verübt werden musste,
und mit jedem .lahre eine neue begann'^). Die einzige Hülfe
Ij ( ic. Verr. II, 4, f), 9. 10.
2) Cic. lU leg. .'J, 4, 11. Unter den Kaisern war das Annehmen von lie-
sclienken biH zn einer gewissen Summe gestattet, l)iK«*st. 48, 11, (i. H, und
von jeiitjr war «in Beitrag für den etwaigen Triumph , aurwn rnronarium fCic.
in FiMon. M, 9Üj gentattet.
3) Digest. 1, IG, 4 pr.
4) (Mc. Verr. I, 14, 40.
j) Eine der gewohnlichtiten Äxten des ifuae$lu» war der Wiioher, ilfii der
>tatttialter >elb.-<t und seine Hegleitung trieb. Dig. 12, 1, 33: principalibn>* ron-
itituttonihu» ravelur. ne tii, qui provinciuin leytinl quhe circa eon amU, luyocien-
tur inutuamve pecuniam äent faenusve exerceant.
— 400 —
gegen dieselbe war anfUnglich eine Beschwerde bei dem Senat,
die indessen selten Erfolg haben mochte; seit 605 = 149 war
durch die Repetundengesetze wenigstens ein Rechtsweg für die
Klagen der Provincialen eröffnet; allein auch diese waren durch
einen patronus anzustellen i), welcher der römischen Nobilität
anzugehölen pflegte; die Klage selbst verursachte neue Kosten
durch Absendung von Gesandtschaften und Zeugen, und es war
von der Zusammensetzung des Geschwornengerichtes abhängig,
ob trotz der zu erwartenden Bestechungen, trotz der Hindernisse,
welche die römischen, in städtischen Aemtern befindlichen Opti-
maten und der Nachfolger des angeklagten Statthalters in der
Provinz durch Abmahnen und Zurückhalten der Abgeordneten
und Zeugen in den Weg legten 2), ein günstiger Erfolg des Pro-
cesses zu erwarten war. Neben der Nobilität, welche sich zur
Ausbeutung der Provinz der Statthalterstellen bediente, trieben
die dem Ritterstande angehörigen publicani und negotiatores ihr
Geschäft, die einen, indem sie durch Uebervortheilung aller Art
ihren Gewinn zu steigern suchten^), die andern, indem sie sich
massenweise ansiedelten ^J ^ um den erschöpften Communal- und
Privatcassen der Provincialen ^) gegen unerhörte Zinsen mit ihren
1) Lex rep. von 632 (C. 1. L. I n. 198 lin. 9. 11. 12. Cic. div. in Caecil.
20, 66 f.). Die meisten Provinzen hatten in Rom patroni aus bestimmten Ge-
schlechtern, in welchen das Patronat forterbte ; so Sicilien die Marcelli (Cic. div.
in Caec. 4, 13 u. ö.), Cypern die Catones (Cic. ad fam. 15, 4). Mehr bei Rein
in Paulys Realencycl. 5, 1247 f. Aber die. Siculer hielten es nicht für gerathen,
sich in ihrem Processe gegen Verres an die Marcelli zu wenden , sondern nah-
men des Cicero Hülfe in Anspruch. Auch unter den Kaisern dauerten die pa-
troni provinciarum fort. Orelli n. 529. 3058. 3063. 3661.
2) Cic. act. in Verr. I, 10. 11.
3) Cic. ad Q. fr. 1, 11, 33 und meine Hist. eqq. Rom. p. 18 ff. Vgl. Liv.
45, 18 : metalli quoque Macedonici, quod ingens vectigaL erat, locationesque prae-
diorum rusticorum tolli placebat. Nam neque sine publicano exerceri posse, et
ubi puhlicanus est, ibi aut ius publicum vanum aut libertatem sociis nullam esse.
Dig. 39, 4, 12.
4) Ueber die negotiatores s. Ernesti Opusc. phiiol. et crit. p. 1 — 20 und in
der Clavis zum Cicero. Auch in Inschriften kommen negotiatores, qui negotiantur,
Ol 7tpaYp.aT£u6|X£vot oder ^pYaCo[j.evoi oft vor. C. 1. Gr. n. 2053 und die Samm-
lung bei K. Keil Ahalecta epigr. et onomat. p. 80.
5) Von der furchtbaren Verschuldung der Provinzen Hesse sich eine aus-
führliche Schilderung geben. Cäsar suchte derselben in Spanien abzuhelfen
(Drumann 3, 189). Ueber Asien Cic. pr. Flacco 9, 20 : in aerario nihil habent
civitates, nihil in vectigalibus. Duae rationes conficiendae pecuniae , aut versura
aut tributo. ad Q. fr. 1, 1, 25. lieber Cilicien Cic. ad fam. 3, 8, 2: sumptus
egentissimarum civitatum. In den asiatischen Provinzen brach nach dem letzten
Bürgerkriege ein allgemeiner Staatsbankerott aus, in Folge dessen Augustus einen
Steuererlass bewilligte. Dio Chrys. I p. 601 R. und dazu Casaubonus.
— 401 —
Capilalien zu Hülfe zu kommen ^) , zu welchem Zwecke auch rö-
mische Senatoren, denen eigene Geschäfte der Art gesetzlich ver-
boten waren, ihnen gecon einen Antheil am Gewinn Geldsum-
men zur Verfügung stellten. Gegen Bedrückungen der Publicani
und unerlaubten Wucher der Negotiatoren konnte zwar bei dem
Statthalter geklagt werden, und zuweilen half derselbe dem üebel
energisch ab ; allein es war für ihn persönlich gefährlich, nicht
nur in der Zeit, als die Ritter im Besitze der Gerichte waren 2),
und die Beleidigung ihrer Standesgenossen durch unfehlbare Ver-
urtheilung des Statthalters rächten^), sondern überhaupt, da der
Einfluss der Geldaristocratie, welche die Ritter bildeten'*), und
das Auftreten der verletzten Personen bei einem etwaigen Re-
petundenprocesse für den Statthalter zu befürchten war^). Bei
dieser schwierigen Lage^'i bedurfte es nicht nur eines redlichen,
sondern eines festen Characters, um die Interessen der Provinz
nicht unbedenklich zu opfern ; nur selten finden sich Beispiele,
wie das des älteren Cato, der dem Wucher der Römer in Sar-
dinien entschieden entgegentrat'); das unentschlossene Benehmen
1) Cic. pr, Font. 1: referta Gallia negotiatorum est, plena civium Roma-
norum. Nemo Gallorum sine cive Romano quidquam negotii gerit; nummus in
Gallia nuUus Mine civium Romanorum Uihulis commovetur. Dies dauerte fort un-
ter den Kaisern. Tac. Ann. 3, 40.
2) Cic. acc. in Verr. II, 3, 41, 94: antea, quuin equeater ordo iudicaret,
(123 — 80 V. Chr.) improhi et rapacen rnngiatratus in provinriis inserviebnnt publi-
cania : omabant eos , qui in operis erant ; quemcunque equitem Romanum in pro-
vincin viderant, beneßrUü ac. liberalitate prosequebantur.
3) Das bekannteste Beispiel ist da.s des Q. Mucius Scaevola, welcher, naoh-
deni er in seiner vortreft'liclien Vervraltmig Asien.«? den Betrüge/eien der publicani
standhaft entgegengetreten war, durch die aus equites bestehenden Richter ver-
urtheilt wurde, Diodor. exr. p. 610 Wess. Vol. IV p, ir>2 Dind. und über den
ganzen Gegenstand meine Hist. eqq. Rom. p. 28 — 36.
4) Appian. B. C. 2, 13. Cic. pr. Plane. 9.
f)) Der Hauptgrund, warum Asien an Mithridates abfiel, lag in den un-
menschlichen Bedrückungen der Publicani. Flut. Lurull. T, 20: xi^^t ir.o.^y[i^
appxToi y.oii ariOTOi S'jo-c'j/tcti -AaTetyov , uro xiuv xeXtuvdJv xcti twv Saveiaxuiv
rropffO'jjiIvTjV xat dvof^ctTroSttofJi^vY^v , riTrpdaxetv {oia u£v ytou; C'jTr&CTTEi; , ftuY"*
Tspctc XI rapftfvo'j; , or^jAOSta o dvotft-fjfxaTa , -ypacpa;, tepou; dvSpidvTa; dvapa-
(^oti^^oiv • aOtot; re t^Xo; jjiiv t,v Tpo;ÜcTot; Y^'^'^fJ-^voi; ooy).e'jeiv. Als Lucullus
diesem Klend«^ abzuhelfen versuchte , zog er sich den Hass der Publicani zu,
welche ihm hernach in Kom auf alle Art entgegentraten. Drumann 4, 140.
Andere Beispiele s. Hint. eqq. Rom. p. 20.
ft) Cic. ad ij. fr. \, \ , iX ^ 33: illa causa publiranmum quantam acer-
bitatem afferat aociin , intelleximu^ ex civibu» , qui nuper in portoriin Jtaliae lol-
tendia noii tarn de porlnrio , quam de nonnulli-i iniuriia pnrtHnrum querebantur .
(Juare non ignnro , quid soriin accidat in ultimia terrix . cum audierim in Italin
querelaa civium. Hie te ita vtraari, ut et publicania aatisfacias — et aocioa per-
ire non nirutn, divinae ruiuadam virlutiii enae videtur.
7) Llv. 32. 7 '' l'lut (al. m. 6. Nepos Cat. 1
Hörn. AlUrib. 1\ 26
— 402 —
Cicero's in Cilicien war nicht viel besser, als die gewöhnliche
Maassregel, nach welcher die Statthalter sich geradezu mit den
Publicani verbanden, und stall sie am Unrecht zu hindern, ih-
nen so wie den Negotiatoren militärische Exccution zur Eintrei-
bung der von ihnen geforderten Summen bereitwillig zur Dis-
position stellten. M. lunins Brutus nämlich, der Mörder des
Cäsar, ein wegen seiner Tugend und Rechtlichkeit berühmter
Mann^j, hatte der Stadt Salamis auf Cypern unter fremdem Na-
men eine Summe Geldes und zwar zu 48 Procent geliehen,
während der geselzmässige Zinsfuss in Cilicien 12 Procent war.
Der Negotiator Scaptius, der dies Geschäft führte, verlangte un-
ter dem Proconsul Appius Claudius, dem Vorgänger Cicero's in
Cilicien, von den Salanuniern , Zins auf Zins gerechnet, statt
106 Talente 200, erhielt von Appius ein Commando Reiter, die
er selbst commandirte, und schloss den Senat in Salamis so lange
in der Curie ein, bis fünf Senatoren vor Hunger starben. Als
Cicero im J. 51 nach Cilicien kam, nahm er dem Scaptius die
Präfectur, obgleich Brutus ihn besonders ersuchte, sie ihm zu
lassen; die Salaminier erboten sich, das Capital mit 12 Proc. ver-
zinst abzuzahlen und zu deponiren, da nach Cicero's eigenem
Edict 1 2 Proc. als das Maximum des Zinsfusses festgesetzt war ;
Cicero konnte nicht umhin , den Salaminiern Recht zu geben,
aber er wagte es nicht, den Brutus zu erzürnen. Er nahm die
Deposition des Geldes nicht an, und liess die Sache unentschie-
den, indem er den Brutus auf die Zukunft hoffen hiess, d. h.
auf einen gewissenloseren Statthalter, welcher sich vielleicht be-
reit finden lassen würde, das zu thun, dessen Cicero sich schämte.
Dies war der Schutz, welchen die Salaminier unter einer muster-
haften Verwaltung, wie die des Cicero war, genossen 2).
Die Kaiser- Dag Eudc der Republik war für die Provinzen der Anfang
einer besseren Zeit, • welche , wenn auch nicht ohne Unterbre-
chung^), bis über die Periode der Antonine hinaus dauerte.
1) Drumann 4, 41.
2} S. über diesen Fall Savlgny üeber den Zinswucher des M. Brutus, Abh.
der berliner Acad. 1818. 1819 S. 179-188. Verm. Sehr. I S. 386—406. Auf
ähnliche Weise machte später der Philosoph Seneca Wuchergeschäfte in Britan-
nien. Dio Cass. 62, 2.
3) Ueber die Raubsucht des Tiberius i.n seiner späteren Zeit s. Suet. Tib.
49; über die Zustände Ciliciens unter Domitian Philostr, V. Apoll. 7, 23. Ueber
Neros Reisen in Griechenland das, 5, 7. Dazu kam, dass die Provinzen unter
den ersten Kaisern noch aus den Zeiten der Republik her sehr erschöpft waren
— 403 —
Schon in dem Musserlichen Umstände, dass die Regierung; in eine
Hand überging, lag eine Erlösung von den Bedrückungen, welche
grade durch die Menge der Personen, die neben und nach ein-
ander mit immer erneuter Gier die Provinzen beraubten, uner-
träglich geworden waren; allein die wesentliche Aenderung der
Verhältnisse lag in dem Principe der Monarchie, welches den
Unterschied zwischen der regierenden römischen Bürgerschaft und
den unterthänigen Provincialen nach und nach aufhob und, indem
es beide Theile immermehr gleichstellte, auch den Einwohnern
der Provinzen den Schutz der Gesetze, Hülfe in ausserordent-
lichen Nothfällen ^), die Wohlthaten einer regelmässigen Verwal-
tung und niclit selten bedeutende Begünstigungen gewährte.
Seitdem Auguslus im .1. 731=23 die proconsularische Gewalt
über alle Provinzen erhalten hatte 2), war eine gesetzliche Be-
hörde geschaffen, welche, übei* den Statthaltern stehend, die Be-
fugnisse derselben bestimmt begrenzte =^) , und Appellationen*)
und Beschwerden annahm, und die Anordnungen, durch welche
Augustus die Verwaltung reorganisirte, die Strenge, mit welcher
Tiberius diese aufrecht erhielt-»), begründeten auch in den Pro-
vinzen einen geordneten gesetzlichen Zustand, Die ersten Jahr-
hunderte der Kaiserherrschaft sind für einige Länder als die Blü-
thezeit in der Geschichte derselben zu betrachten ; von dem
Reichthum und Luxus der syrischen Städte, von den Prachtbauten
der Kaiser in dieser Provinz, von der steigenden Bevölkerung
Aegyptens, von der materiellen und zum Theil auch literarischen
ßlüthe Spaniens, Galliens und Africas ist bereits früher wenig-
stens andeutend gesprochen worden.
Die Einrichtungen des Augustus begannen im J. 727=27 ^'"JjJ'Jes"
mit der Theiinni: der Provinzen, in welcher er diejenigen Länder, Augustus.
lUiU von den Slatthalteni, so viel an ihnen lag, immer nocli ausgebeutet wurden.
S. die Schildemng bei luvenal 8, S? — 120.
1) Siiet. Ort. 47. Ueber die Unterstütz-uiigen , welche die Provinz Asien
durch Augustus erhielt, 8. I)io Cass. ()A, 30. Dio ('hrys. 1 p. 601 K. ; über
Tralles Agathias Hiat. 2, 17; C. I. Ur. 2923. 2927; über Nysa r. /. 6V. 2943—
'J948; über Papho.s Dio das«. r)4, 23; Letronne Arudyne du rerueil de M. Vidwi
p. 32; über Tarsus Dio Chrys, II p. 30 K. ; über Tiberius Verdienste um die
Provinzen Tac. Ann. 2, 47; 4, 13.
'i) Dio C^aHs. r)3, 32.
H) Hierüber giebt ausführliche Belehrung Ulpian Diy. 49, 4, 1 und der Brief-
wechsel des PliniuH mit Traian.
4) Suet. Ort. 33. DIg. 42. 1, 27; 42, 1, 3J; 49. 1.
0) Tac. Ann 4, ö.
26*
welche einer militUrischen Besatzung bedurften, selbst in Ver-
waltung nahm, die vollständig beruhigten aber dem Senate über-
gab^). Zu den ersteren geliörten nach Dio Cassius zwöll", näm-
lich Tarraconensis, Lusitania, Narbonensis, Lugdunensis, Aqui-
tania, Belgica, Germania superior, Germania inferior, Syria, Ci-
jicia, Cyprus, Aegyptus, zu den h;tzteren zehn, nämlich Africa,
Asia , Achaia, Iliyricum oder Dalmatia , Macedonia, Sicilia, Greta
mit Gyrene, Bithynia , Sardinia, Baetica. In dieser Theilung ist
später mehreres geändert worden'^); die nach dem J. 727 = 27
erworbenen Provin2ien fielen aber dem Kaiser zu^). Für die Se-
senatspro- natsprovinzeu wurden die Statthalter im Ganzen in alter Weise
vinzen. *
be^iuunty i^ämlich durch das Loos^) und auf ein Jahr^), jedoch
;,■ ■■;-."' ,.;■ — ^
1) Suet. Oct. 47. Dio Cass. 53, 12. Strabo 17 p. 840.
2) Strabo a. a. 0. zählt nicht zehn , sondern zwölf senatorische Provinzen.
Er redet von der Zeit zwischen 22 — 11 v. Chr., in welcher Narbonensis und
Cyprus dem Senate zugewiesen war.
3) Dio Cass. 03, 12.
4) Suet. Oct. 47. Dio Cass. 03, 13. Spartian. Sever. 4. Tac. Ann. 3, 58.
Deshalb unterscheidet man die kaiserlichen Statthalter als alpexoi von den Pro-
coiisuln als x).'^pajodfj.£voi. Philostr. Vit. ApolL f), 36. Sosius Prisciis, procos.
Asiae 183 — 184 heisst noch proconsul Asiae sortitus, Orelli 2761 ; und im J. 217
wird noch in Betreff Asiens 'q xoü -/.X-rjpou xa^i^ und gleichzeitig ein procon.
Afrkae, ttjv 'A'fpiXTjV y.ocTaxXirjpojoafAevo; erwähnt bei Dio Cass. 78, 22; dann
aber sagt Lamprid. AI. Sever. 23 : provinrins proconsulares e.v nenatus voluntate
ordinnvit {Alex. Severus), und nach Alex. Severus (222 — 235) scheint die alte
Wahlordnung für die Senatsprovinzen aufzuhören; Waddington Fastes des pro-
vinces Asintiques l, Paris 1872 (ich citire die OctavausgabeJ p. 263. Daher heisst
es bei Capitolin. Qord. tres2: ipse post consulatum, quem egerat cum Alexandro,
ad proconsulatum Africae missus eH ex senatus consulto, und so hernach immer.
S. Borghesi Oeuvres 5, 469.
5) Apuleius hielt seine, Florida überschriebene , Declaraation vor dem Pro-
consul Africae des J. 163 Scipio Orfltus (s. Flor. c. 17), und .sagt c. 9: nullo
nisi tuo anno ad cnercenda peccuta plus pudor quam timor valuit. Und weiter :
quid nobis cum istis proconsulum vicibus, quid cum annis brevibus et festinantibus
inensibus':' Suet. Oct. 47. Dio Cass. 53, 13. Tac. Ann. 3, 58. Die Verordnung
des Pescennius Niger (Spartian. Pesc. N. 7),. ut nulli ante quinquennium succe-
deretur provinciae praesidi , blieb nicht in Geltung. Noch im J. 253 schreibt
Cyprianus ep. 15 ad Moysen et Maximum presh. : eant nunc mayistratus et con-
sules sive proconsules annuae dignilatis insignibus et duodecim fascibus glorientur.
Nichtsdestoweniger kommt es häufig vor, dass auch Proconsuln mehrere Jahre
im Amt bleiben, wie man aus Inschriften und Münzen der Provinz ersieht,
auf welchen der Stalthalter eponym ist (a /. Gr. 2965. 2963^. 2966. 2993.
3146. 3170. 3179. 3180. 3211 u. ö.) und die Jahre selMer Verwaltung be-
merkt werden , z. B. stti dviS^'jTraTO'j xö ß' 'EY^aTtou AoXXiavoü, C. 1. Gr. 2870.
Vgl. 2570. 2562. 3516. 3517. Eckhel D. N. 4, 147; 229—232. Zumpt Comm.
epigr. 11, 111. Mommsen Res gestae Divi Aug. p. 112. 127—129. Eprius Mar-
cellus war proconsul Asiae 70—73, also drei Jahre; Henzen n. 5425, Wadding-
ton Fastes n. 96; M. Silanus prownsuZ Africae ;i2 — 37, also sechs Jahre, Borghesi
Oeuvres 5, 217; P. P'etronius proconsul Asiae 29 — 35, ebenfalls sechs Jahre,
Waddington Fastes n. 76. Von den letzten Jahren des Tiberrus sagt im AUge-
— 405 —
mit folgenden Modificalionen : der Unterschied der consularischen
und prätorischen Provinzen dauerte zwar fort, wurde aber, da
der Grund, weshalb man in der Zeit der Republik Proconsuln
in die Provinzen schickte, nämlich der Fall eines grösseren mili-
tärischen Commandos, in der Kaiserzeit in den senatorischen Pro-
vinzen nicht mehr vorhanden war, in der Art fixirt, dass zwei
derselben, nämlich Asia und Africa , inmier consularisch , alle
übrigen prätorisch waren '), und dieser Unterschied erhielt sich
bis auf Conslantin den Gr. 2). Der Antritt erfolgte unter Augu- Amtsantritt,
stus nach dem pompejischen Gesetze, also fünf Jahre nach Ver-
waltung des Consulates oder der Prätur ^) , und zwar nach
der Anciennität^'j. Zuerst loosten die beiden ältesten Consulare
um die consularischen , dann die ältesten Praetoren um die
prätorischen Provinzen, insofern nicht der Kaiser, welcher die
Liste genehmigte und die Zahl der Zuzulassenden nach dem Be-
diirfniss feststellte^), einen oder den andern, entweder weil er
anders über ihn verfügen wollte, oder weil 'er ihn für unwürdig
hielt, von dem Loose ausschloss ^) . Auch nach Augustus. Tode
behielt das pompejische Gesetz insofern Geltung , als für den
Zwischenraum zwischen dem städtischen Amte und der Statthal-
terschaft der fünfjährige Zeitraum das gesetzliche Minimum blieb ;
in Wirklichkeit aber wurde derselbe schon seit Tiberius auf zehn
und mehr, gewöhnlich auf dreizehn Jahre'), sowohl für die prae-
lorii^) als für die consulares^) ausgedehnt. An dem Loose nahmen
meinen Dio Cass. 58, 23: ToaoyTov -^«P ^^^"^^0? ^tuv xs a/Aoov xal täv ßo'jXey-
Tttiv arcbXero, &OTe tou? ä^yrj'ijzoLi to'j; xXTjptoxou; , to'j; |j.ev soTparrj^-rjxoTa;
in\ Tpia , Tou; B' br^are'j'AOTai ItzI 'i^ Ixt) xa; ii'fe^i.O'^iai xräv i%vvis droptqt xtov
oiaoe^ofxevoiv c/ei'^- Trotz dieser Ausnahmen sind gesetzlich die Proconsuln und
Proprätoren noch bis in die nachconstantinische Zeit einjährig geblieben. Gothotr.
Not. diyn. Cod. Theod. p. 22 ff. 23^. Boecking ad N. I). II p. 419.
1) Strabo 17 p. 840. Dio Cass. 53, 13.
2) Borghesi Oeuvres 5, 449.
3) Dio Cass. 53, 14. Suet, Oct. 36. Borghesi Oeuvres 1, 309; 3, 185.
4) Gronov ad Tac. Ann. 3, 58. ib. 71 : Ha Aaiae sors in tum, qui Conau-
Larium Maluyinensi proximus erat , conlata. Auch dies hörte unter Alexander
Scverus aui'. Borghesi Oeuvres ö, 469.
5) Dio Cass. 53, 14: loapi^|xou5 xc ]fap xoi; Idveot, xai oO; av dftcXi^OTj,
xXtjpoOol^ai -/.eXe-jei.
6) Tac. Ann. 6, 27; 40.
7i Borghesi Oeuvres 4, 535; 5, 143.
iS) Septimius Severus , der naclihorigc Kaiser, war praetor 178, Propräfor
mit dem Titel proconstd von Slcilion 189. Borghesi Oeurres ^, 191. 192.
9) f)bßlcich die vortreflTlichon l'nrersuchungcn von Waddington erst zum
Theil heran -L''';.'cl.«n ^iuii . so habrn slr dlcson Punct für die proconsules Asiae
bereits Nollstätiilig erledigt. Ks sind in ihnen tolgcnde Data völlig sicher gestellt :
— 406 —
nicht nur. dio gewesenen consules ordinarii, sondern auch die
su/l'ectij und nicht nur die gewesenen Prätoren [praetura functi)^)
wSondern rille itruetoni '^) , also auch die uUecii inier praetorios
Theil ■*) , und da es in dieser Zeit vorkam , dass ein Praetorius
eher zum Consulat gelangte, als die Reihe dos l.oosens an ihn
kam, so konnte er auch nach dem Consulat zuerst die prä torische
Provinz erbosen, ehe er die consularische erhielt*). Ausserdem
:^
M. lunius Silainis, Cos.. 729 3e=25, procos. Asiae 740=14.
Cii. Cornelius Leiitulus Augur, Cos. 740=14, procos. Asiae 753 — 754.
C. lunius Silanus, Cos. 10 n. Chr., procos. Asiae 20 — 21.
M. AcTTiilius Lepidus, Cos. 6, procos. Asiae 21 — 22.
C. Fonteius Capito, Cos. 12, procos. Asiae 23 — 24.
M\ Aemilius Lepidus, Cos. 11, procos. Asiae 26 — 27.
P. Pctronius, Cos. 19, procos. Asiae 29 — 35.
C. Calpurnius Aviola, Cos. 24, procos. Asiae 38 — 39.
C. Cassius Longinus, Cos. 30, procos. Asiae 40 — 41.
M. lunius Silanus, Cos. 46, procos. Asiae 54.
L. Salvius Otho, Cos. 52, procos. Asiae 62 — 63.
L. Antistius Vetus, Cos. 55, procos. Asiae 64 — 65.
M'. Acilius Aviola, Cos. 54, procos. Asiae 65 — 66.
M. Ulpius Traianus, Cos. 70 oder 71, procos. Asiae 79 — 80.
Ti. lulius Ferox, Cos. 99, procos. Asiae 116 — 117.
Cortielius Priscus, Cos. 103, procos. Asiae 120 — 121.
C. Minicius Fundanus, Cos. 107, procos. Asiae 124 — 125.
L. Venuleius Apronianus, Cos. 123, procos. Asiae 138 — 139,
T. Statins Quadratus, Cos. 142, procos. Asiae 154—155.
Pedo Apronianus, Cos. 191, procos. Asiae 204 — 205.
Q. Anicius Faustus, Cos. 198, procos. Asiae 217 — 218.
Von den proconsules Africüe mögen folgende Beispiele genügen :
L. Passienus Rufus, Cos. 750, procos. Africae 756 = 3. Borghesi Oeuvres
5, 159.
Cornelius Lentulus Cossus, Cos. 753, procos. Africae 759. Waddington Fastes
p. 105.
M. lunius Silanus, Cos. 19 n. Chr., procos. Africae 31—37. Borghesi Oeuvres
5, 216.
L. Calpurnius Piso, Cos. 27 (Tac. Ann. 4, 62j, procos. Africae 40 (Dio Cass.
59, 20).
A. Caecilius Faustiuus, Cos. Qd, procos. Africae 116—117. Waddington Fa««««
p. 187.
Scipio Orfitus, Cos. 149, procos. Africae 163.
Serius Augurinus, Cos. 156, procos. Africae 169 — 170. Leber beide s. Wadding-
ton p. 231.
Nach Alexander Severus hören auch »für Africa diese langeii Zwischenräume
auf; Cassius Dio, Cos. 291, war procos. Africae 295; Annius Anulinus, Cos.
295, procos. Africae 302. S. Morcelli Africa Christ. II p. 175, 181. Borghesi
Oeuvres 5, 449.
1) Tac. Ann. 2, 33. 67; 3, 31. 65; 4, 68; 5, 8; 6, 7. 38; 13, 29; 14, 12.
2) Tac. Ann. 2, 47; 3, 28; 6, 3. 9. 18. 48; 14, 40.
3) Orelli 3659.
4) Borghesi Oeuvres 4, 145 f. Beispiele sind : C. lulius Cornutus Tertullus.
alleclus inter praetorios a divis Vespasiano et Tito censoribus (a. 71 — 74), Consul
a. 100, dann proconsul prov. Narbonensis , endlich proconsul Asiae, Orelli .3659;
ferner A. lulius Quadratus, der erst nach dem Consulat proconsul von Creta und
Cyrene, einer prätorischen Provinz, wurde. 0. I. Gr. n. 3532.
— 407 —
traf zuweilen mit Rücksicht auf das ius liberorum ^) oder aus
besonderen Gründen , namentlich wenn bei einigen Bewerbern
eine Bekanntschaft mit einer Provinz 2) oder eine besondere Be-
fähigung vorhanden war, der Senat extra ordinem eine Bestim-
mung'^) , oder der Kaiser übernahm zeitweise eine senatorisclie
Provinz ^) , ohne dass dadurch deren rechtliche Stellung für die
Zukunft verändert wurde ^). Alle Statthalter der senatorischen
Provinzen führen gleichmässig den Titel procönsul, jedoch mit dem
Rangunterschiede, dass die proconsules Asiae et Africae 12, die
übrigen 6 Lictoren haben ^) ; sie entbehren der militärischen Ge-
walt, weshalb sie in der toga, nicht wie zur Zeit der Republik
mit dem paludamentum und cum gladio ausziehen ') ; nur ein
kleines Commando, wie es für die Erhaltung der Ordnung in der
Provinz hinreichend war, wurde ihnen zur Disposition geslellt^);
auch die Legion, welche unter Augustus der Proconsul von Africa
befehligte, wurde bald darauf dem legatus von Numidien über-
geben 9), so dass Tacitus alle proconsul arischen Provinzen im Ge-
gensatze zu den kaiserlichen , militärisch verwalteten Provinzen
iurisdictmies nennt i^>). Das Beamtenpersonal blieb unverändert;
neben ihm finden sich aber in allen Senatsprovinzen für die an
den Fiscus zu zahlenden Abgaben sowie für die Verwaltung der
1) Dio Cass. 53, 13. Fronto ep. 8 p. 15.
2) Es finden sich viele Beispiele, dass Proconsuln diejenigen Provinzen er-
hielten, in denen sie vorher legati gewesen waren. Aul' diese Weise erwarben
sie eine familiarilan und coniunctio mit der Provinz , die ihnen zur Empfehlung
diente. Digest. 1, 16, 4 § 3. S. C. /. Gr. n. 3548. Severus war Legatus in
Africa , hernach Proconsul. Spartian. Sev. 2. Mehr Beispiele s. bei Marini Atti
II p. 737.
3) Suet. (ialh. 7 : Africam proconsule bienniu ohtinuit , extra sortem electus
ad ordiiMruiam provinciam, et intestina dissensione et barbarorum tumultu inquietam.
4) Dio Cass. 53, 14; 54, 30; 55, 28. Tac. Ann. 1, 76.
5) Digest. 50, 17, 123: temporaria permutatio iua proinnciae non innovat.
6) Dio 53, 13, und über die Fasces Spanheini J)e pr. et usu Num. diss. X.
Vol. II p. 106. 114. Mommscn Bull. 1852 p. 175. Kp. An. 1852 p. 226. Von
dem Titel sind in der statistischen IJebersicht Beispiele gegeben. Statt des grie-
chischen avftuTTctTo; kommen auch ungenaue Bezeichnungen vor . wie orxxpaTrrjc
Philostr, V. S. 1, 22. Schocmann ad Flut. Ayin. p. lOJ. ap/wv Philostr. V.
Apoll. 7, 10. Letronnc Recherdics p. 266. rjYCp.iuv Aristides Vol. 1 p. 532 Dind.
unaroc C. J. Ur. n. 1325.
7) Dio Cass. 53, 13.
8) Truppen nämlirh standen auch in den SonatHprovinzen , z. I^ in Asien,
C. 1. Gr. n. 3898. 3902^ 3902^. 3902'i. 3932. 3965; in Sicilien auf dem Eryx,
ib. n. 5501. 5598; in Bithynien. S. Seite 196.
9) Tac. llint. 4, 17.
lOj Tac. Ann. 1, 80 und da«. Ernesti.
— 408 —
kaiserlichen Domainen prociiratores , von welchen weiter unt
besonders die Rede sein wird.
Kaiserliche Dj^. kaiserüchcn Provinzen, deren Zahl sich bis auf Traian
Provinzen. '
um das Dreifache vermehrte , wurden von dem Kaiser selbst
durch Stellvertreter administrirt und zerfallen nach dem Range
derselben in drei Classen^). Die grösseren und wichtigeren näm-
LtgaUAng. \\^\^^ jij welchcu ciu Uccr Stand , wurden durch leyati Augusli pro
praetore ^ TrpsaßsuTai xai avTiaTparr^Yoi tou ^eßaaioo 2] ^ verwaltet,
welche, wie die Proconsuh) der Kaiserzeit, theils comulares,
theils praetorä waren •^). Die Provinzen, in denen -mehrere Legio-
nen standen, haben durchgängig Legaten der ersteren Art gehabt,
eomuiares, Welche auch ausdrücklich leyati comulares^) oder consulares^)^
uiraTtxoi") genannt werden. Denn da der beiden Classen gemein-
same Titel leyutus Auguati pro praetor e das Rangverhältniss nicht
erkennen Hess, so fügten diejenigen Legaten, welche entweder
das Consulat bekleidet oder auch mir vom Kaiser per codicülos
den consularischen Rang erhalten hatten , diesem Titel noch das
1) Strabö 17 p. 840: xd; oe d'XXac STuapyta? syst KaToap • cuv et; a? jxev
7r£|x7tet TO'JC £TrifA£X'r]oo}A£^vo'J4 UTiaxixo'j; av5pa<;; si; ä; 5e OTpaTtjYixoyi; , ei; a;
2) Der Titel ist legatus Augusti pr. pr. Moesiae inferioris (Grut, p. 49, 6),
griechisch TTpecPeux-?]? Seßasxoö dvxicxpaxYjYO? (Waddington n. 2296. 2525. 2071.
2399) oder rpeoßeux'^C -^ai dvxioxpaxv^YO? iSeßaoxoO, Grut. p. 69, 8. Eine Samm-
lung dieser Titel s. bei Marini Arvali p. 739. Labus Ära antica scoperta in
Hainburgo, Milano 1820. 4 p. 31 ff. Borghesi Oeuvres 3, 68. Boeckh C. I. Gr.
n. 364 und zu n. 3548. Der Titel lautet auch legatus Caesaris, legatus Augusti,
legatus pr. pr. Augusti. S. Marini a. a. 0. p. 742. Sehr selten aber heisst er
legatus pr. pr. mit Auslassung des kaiserlichen Namens, denn dieser Titel kommt
den Legaten der Proconsulti zu. Dagegen kann der Zusatz pro praetore bei bei-
den Arten der legati fehlen, Macer Dig. 1, 18, 1 : praesidis nomen. generale est,
eoque et proconsules et legati Caesaris — appellantur. Ibid. 20. Dig. 40, 2, 7;
und auch Caesaris oder Augusti lassen die Rechtsquellen aus, wenn die Provinz
hinzugefügt und dadurch ein Missverständniss vermieden wird. Coli. leg. Mos.
et Rom. 15, 2: exstat denique decretum divi Pii ad Pacatum, legatum provinciae
Lugdunensis. Digest. 37, 5, 7 : ad Tuscium Fuscianum , Numidiae legatum. Fr.
Vat. § 223. Ebenso auf Inschriften, Marini Arvali p. 750 n. 109, und auf Mün-
zen, Eckhel 4, 233.
3) Dass gewisse Provinzen immer legati consulares haben , andre dagegen
legati praetorii, sagt ausdrücklich Strabo 3 p. 166. Suet. Tib. 41. Vesp. 8.
4) Tac. Eist. 1, 56; 2, 86. Suet. Tih.M; Calig. 14; Claud. 24; Vesp. 4.
6. Capitolin. Gord. tres 8. Orelli 3666. Auch legatus consulari potestate, Orelji
n. 1172.
5) Consularis Britanniae Henzen, 6701 ; consularis trium Daciarum, C. I. L.
III n. 1092. 1174. 1178. 1393.
6) Waddington n. 2237. 2308. 2213. 2212. Am häufigsten kommen diese
kurzen Titel vor in den Prädicaten der militärischen Beamten, z. B, beneficiarius
consularis (C. /. L. III n. 823. 826. 827. 1906. 1909. 1910 u. ö. Henzen im
Index p. 143), ßorj^öi; xopvixouXaptwv yTtaxixou, Waddington n. 2700.
_ 409 —
Prädicat vir consularis bei, mit welchem sie im gewöhnlichen
Leben angeredet wurden, und dies Prädicat ersetzte den voll-
ständigen Ausdruck leyatus Auyusti pro praeture, inr comulans.
Der Titel Consularis ist demnach im zweiten Jahrhundert genau
zu verstehen und bezeichnet einen Statthalter, v^ elcher erst nach
der Bekleidung des Gonsulates das Commando erhält; allmählich
aber verliert er die ursprüngliche Bedeutung, und wird im vier-
ten Jahrhundert ein officielles Prädicat einer bestimmten Classe
von Provincialstatthaltern, welche niemals Consuln gewesen wa-
ren ^] . Die Provinzen dagegen , in welchen eine Legion genügte,
erhielten legati praetorii'^] , irpsaßsurai zT^azrf^iyLdi'^) ; denn dass
die kaiserlichen Legaten, sowohl consularische als prätorische von
Historikern zuweilen prtpraeiores oder pruetores genannt werden,
ist eine Nachlässigkeit, durch w^elche man sich nicht täuschen
lassen muss ^) , die aber darin ihren Grund hat, dass die Benen-
nungen der Provinzen nach ihrer Verwaltung diiich die Einrich-
tungen des Augustus einen ganz andern Sinn erhielten, als sie
zur Zeit der Republik gehabt hatten. Denn man versteht seitdem
unter consulaiischen und prätorischen Provinzen die kaiserlichen,
vNogegen die des Senats proconsularische heissen^).
Die kaiserlichen Legaten wurden vom Kaiser selbst ernannt^),
1) S. hierüber Vales. ad Euseb. H. E. 4, 2 — 6. Waddington zu n. 1950.
•2212. 230y. 2602. Borghesi Annali 1856 p. 51. Mommsen Epigr. Analekten
n. 20 in den Berichten der sachs. Ges. der Wiss. Phil. bist. Classe 1852 S. 225,
und BulUttino 1852 p. 171. Kuhn 1, 192 f.
2) Tac. Agr. 7. Spart. Hadr. 3. Lamprid. AI. Sev. 24. Plin. iV. H. 26, 4.
3) Strabo 3 p. 166.
4) Der Ausdruck des Dio Cass. 53, 13: xou; oe ex^pou; 'Ju6 re sauTOÜ
a'irjtlahai vtai Trpeoße'jxac oi'jtoj avTiSTparQYO'J; x£ 6vo(j.dC£oftat — hiira^z , wel-
cher sich auf den griechischen Titel TTpeape'JXYj; v.a\ avTiOTpaTTj^oi; bezieht, worin
das vtai regelmässig ist, wie in Tci|j.ia; xai ävTiorpaxyjYo; , quaesior pro pr., ist
fälschlich dahin verstanden worden, als sei propraetor der gewöhnliche Titel der
kaiserlichen Statthalter gewesen (Lipsius ad Tac. Ann. 1 exe. M. und noch Hock
R. Gesch. I, 2 S. 188). Die Inschriften, in welchen propraetor statt U(j. Auy.
pr. pr. vorkommt, sind falsch oder schlecht gelesen (s. Slarini Atti II p. 741 J,
nur Schriftsteller erlauben sich hier wie bei allen Titeln tJngenauigkeiten. So
nennt Tac. Ann. 1, 74 auch den Procunsul von Bithynien praetor, und Ann. 2,
66 den leg. pr. pr. Moesiae propraetor, ebenso 4, 73 den leg. Aug. (i'erm. inf.
Üies kommt schon zur Zeit der Republik vor, Liv. 22, 8 , wo der vom Consul
abgesendete Legat C. Centenius pnjpraetor heisst statt leg. pr. pr. S. Aischefski
zu d. St. 10, 25; praepositoque caatris L. Scipione pro praetore. 29, 6: (J. tle-
minio propraetori. Dass dieser legatus war, wird 29, 8 ausdrücklich gesagt.
S. Marini Aruali p. 759.
5) Capitolin. M. Anton, pliil. 22: provinciaH ex procomulnrihus connulares aut
fr consuUirihus procumtulares aut praeturia» pro belli necesnilate fecit.
6) Dio Cass. 53, 13. Tac. Ann. % 43 unterscheidet daher ftii norte nut
ini^^H provinciaiy tcntrcnt.
— 410 —
und blieben so lange im An)te, als es diesem genehm war*),
ohne dass eine feste Aintsfrisl für sie bestand; sie hatten das
ius fjladii'^], führten alle ohne Unterschied (ilnf fasces, weswegen
namentlich die priitorischen Legaten, wenn sie einen abgekürzten
quinque- YiioX brauchcn, sich quinquefascaks nennen 3), und verfügten über
soviel ihnen untergebene Legaten, als sie Legionen befehligten "*) .
Die verschiedenen Legaten, von welchen wir bisher gesprochen
haben und welche nur durch Berücksichtigung der vollständigen
Vier Arten Titulatur sichcr zu unterscheiden sind, zerfallen demnach in vier
Ton legatt. '
Classen, nämlich zwei Classen von selbständigen Statthaltern:
leguü Augusti pro praeiore, viri considares ; legati Augusli pr.
pr., viri praetorii; und zwei Classen von Unterbefehlshabern:
legati pro praelore, welche in den Senatsprovinzen als Gehülfen
der Proconsuln fungiren und griechisch nicht nur TTpsoßsoxai^),
sondern auch TiapsSpsoovTe? {assessores) genannt werden ♦') , weil
ihre Thätigkeit sich ausschliesslich auf die Gerichtsbarkeit und
Verwaltung bezog; und legati legionum''}, welche in den kaiser-
lichen Provinzen nur als Gommandeure einer Legion slehn. Die
letzten, von denen hier zu handeln ist, waren zwar schon seit
1) Dio Cass. 53, 13. Tac. Ann. 1, 80. Spartian. Anton. Fi. 5. Appian. de
r. Hisp. 102.
2) Dio a. a. 0.
3) Dio 53, 13: paßoo'j)roi; os orj TTSvxe Ttdvxe; b[io{mc, o't avxiOTpaTtjYOi
^prövTat , xal oaot ^^ o'J^ ^i^ '^w'^ uTraTeuxoTOJV eio'i , xat övofAcxCo^xat irS aÜToO
ToD api&fAOii TOUTO'J. Die Zahl Trevxe hat der Venetus und Mediceus und sie ist
nur seit Xylander in E^ verändert worden , weil man die Sache nicht verstand.
Mommsen hat dieselbe zuerst Ep. Anal. n. 20 (Berichte der sächs. Gesellsch,
der Wiss. Ph. hist. Cl. 1852 S. 227. Bulletino 1852 p. 172 ff.) aufgeklärt und
zwar auf Grund folgender Data. In der Inschr. v. Torigny (An. epigr. n. 22,
a. a. 0. p. 242) wird ein, Brief des Aedinus lulianus, leg. Aug. prov. Lugdunen-
8is angeführt, welcher mit den Worten beginnt: in ptovincia Lugdunense quinque-
fascalis cum agerem, plerosque bonos viros perspexi. Er nennt sich also als prä-
torischer Legat kurz quinque fascalis. Ebenso haben ausserordentliche legati des
Kaisers 5 Fasces. Dio Cass. 57, 17: xai? xe dv x'^ 'Aota roXcai xaTs ütto xou
oetofAoü xaxoaDeiaaK; avTjp iaxpa'Z'q-^r^v.oiQ oüv Ttevxe paßSouyoi? TzpoatTdyßt]. Tac.
Ann. 2, 47 ; so auch Ti. Severus , Ttpo? Tisvxe paßoou? TrefxcpfteU ei; Beiduviav
oiop&toxT)?. C. I. Gr. 4033. 4034, vgl. oben S. 78. Später haben diese Frage
in Anerkennung des Mommsenschen Resultates besprochen Borghesi Oeuvres 5,
412. Henzen n. 6509, und Mommsen selbst ist darauf zurückgekommen /Hermes
3, 98. Staatsrecht 1, 308. Ephern. epigr. 1872, 128. Der neueste Herausgeber
des Dio Cassius, L. Dindorf (1864), hat von allem diesem keine Notiz genommen.
4) Der legatun praetorius von Lusitania hatte einen legatus, der legatus con-
siüaris von Tarraconensis drei Legionen und drei legati. Strabo 3 p. 166.
5) C. I. Gr. n. 3548. Curtius im Rhein. Museum 1842 S. 105 n. 5.
6) Dio Cass. 53, 14; 60, 25; 72, 5. .
7) Tac. Ann. 2, 36; 4, 73; 14, 32; 15, 7. Suet. Tib. 19; Fesp. 4; Oct. 23.
Veget. 2, 9. Fr. Vat. § 222.
— 411 —
Augustus immer senatorischen Ranj^es, bekleideten aber ihre Stelle
gewöhnlich vor der Präturi), während später sie dieselbe erst
nach der Prätur erhalten 2) und in dieser Zeit fähig werden,
selbst eine Provinz zu verwalten. In diesem Falle combiniren
sie den zweiten und vierten Titel und nennen sich legalus Au-
gusti pr. pr. ler/ionis, was namentlich, wie wir oben S. 309 ge-
sehen haben, bei dem Statthalter von Numidien üblich war.
Schwieriger ist es, über eine fünfte Art von Legaten zu urtheilen,
welche wir seit Hadrian und namentlich seit den Antoninen in
verschiedenen Provinzen finden, nämlich die legali iuridici'^). luridict.
Der iuridicus provinciae^) hat keine erkennbare Analogie zu dem
iuridkus Alea-andiiue-^) und dem luridicus von Palmyra (s. S.
294). Der erste ist ein prälorischer Legat, dessen Gerichtsbar-
keit sich über eine Provinz erstreckt, die beiden letzteren sind
Stadtrichter procuraloiischen Hanges; überdies fällt die Ein-
setzung des üiridicus Alexaadriae in eine so frühe Zeit, dass
auch ein chronologischer Zusammenhang zwischen ihm und den
Provincial-iuridici nicht anzunehmen ist. Ebensowenig Aufschluss
giebt der griechische Ausdruck oixatoooTr^c, welcher nur als eine
ungenaue Bezeichnung des Statthalters selbst gebraucht zu wer-
den scheint^), und es bleibt nur die Annahme übrig, dass das
1) Borghesi Oeuvres 5, 474. Tac. Ann. 2, 36; Af/ric^ 7.
2) Orelli 3382. Borgh. Oeuvreitb, 93 und dazu Momuiseii Anm. 2.
3 ) Ueber die?e iuridtci s. Borghesi Oeuvres 2, 404 ; 5, 70 ; 362 ; 8, 428 ff.
Henzeii u, 6487. Zumpt (onmi. epigr. II, 40. Stud. Rom. p. 146 tf. Mommsen
Staatsrecht 1, 191. Es kommen vor:
C. Octavius — lavolenns Priscus, iurid. prov. Britnnnine, C. I. L. III n. 2864
und p. 1062.
M. Crescens Calpurnianus, iurid. Brit. vice leg., Fabrctti Col. Traian. p. 10.
M. Vettius Valeri.*, iurid. provinr. Rritnn.^ Heiizen n. 6488.
C. H^bucius Maior (Jaecilianus, leg. iurid. pruv. Britanniae, Henzen ii. 7420.
Allius Maximus, r. c. leg. iur. prov. Hisp. Tanaconensin im J. 280, C. 1. L.
II n. 3738.
M. Caecilius Novatilliaiius, v. c. leg. iur. {Hixp. Tarr.), T. /. L. II n. 4113.
Derselbe heis.st iuridicua Hmpan. ci.t>, Mommsen J. N. 1420.
T. lulius Maxinjus, (leg.) iurirf/tu.-» Jli.tp. citerior. 'Varracontnsis^ Borghesi
Oeu're* 4, 214.
Triarius Ma(gnus), leg. iur. v. «;. {^Aaluriae et (iiUlaeciae), C. I. L. II n. 2415.
»Sex. Pedius Ilirrutus, leg. Aug. iurid. Anluriae et (Jallitecuie^ Henzen n. 6498.
P. B«niu8 Optatus, — v. c. leg. Aug. iuridicu» Asturiae et ÜalUciae, Borghesi
Oeuvres 4, 133.
4) luridicus proninri'iliH, Apul. Met. I, 6 p. 2U ()ud<'-nd.
5) Anders iirthcilt Mommsen Staatsrerht 1, 191 Anm. 4.
6) Borghesi Oeuvres 1^, 428 f. In «1er Inschrift von Tlos in l.ytioii ' . /. ^r.
4237: lo'j/iav TepTj/.Xav, if'jvaixa loj/fo-j Mapetvou tou oixatoo^itou ist gemeint
I.. lulju.s Mariuus Caocilius Sin.plex {C. J lir. 4238« |, tos siifr 805» 102,
H Institut der iuridici Haliae (s. oben S. 73 ff.) gleichzeitig auch
H in einigen und zwar kaiserlichen Provinzen zur Anwendung ge-
K langt ist. Da nämlich die kaiserlichen Statthalter selbst legati
K' pro praelore sind, und zwar des Kaisers, durch dessen Mandat
^K sie ihre Gerichtsbarkeit haben, dorn Legaten aber nicht zusteht,
H die ihm mandirle Gerichtsbarkeit weiter zu mandiren^j, so gab
H es in den kaiseilichen Provinzen keine Legaten dos Statthalters,
B wie sie in den Senatsprovinzen vorhanden waren. Denn die
H (egdli legionutn waren Officicre, die mit der Gerichtsbarkeit nichts
K^ zu thun hatten. Diesem Bedürfnisse wurde dadurch abgeholfen,
H dass dei" Kaiser selbst für seine Provinzen, so weit es nöthig
w war, iuridici ernannte, welche, weil ihnen die Jurisdiction nicht
H von dem Statthalter, sondern von dem Kaiser mandirt wird,
^P legati Augusti iuridici genannt werden, leguti pro praetor e aber
B nicht heissen, weil diesei- Titel dem Statthalter selbst zukommt'^),
H während die iuridici dem Range nach unter dem Statthalter ste-
H hen, und nur im Falle einer Vacanz zu dessen Stellvertretung
K .berufen werden ^j. Was die weiteren Unterbeamten betrifft, so
B hat der kaiserliche Statthalter für die Geldverwaltung einen Quä-
p stör nicht, — denn dieser ist den Senatsprovinzen eigenthüm-
Procura- üch ^) — soudcm Statt dcsscn einen procurator prooinciae^ der
zu unterscheiden ist von den verschiedenen Procuratoren, wel-
che neben ihm für die einzelnen fiscalischen Gefälle angestellt
sind. Zu allen andern Geschäften pflegte der Statthalter in Er-
mangelung eigentlicher Regierungsbeamten sowohl Officiere als
Personen aus seiner cohors besonders zu beauftragen, und diese
Prae/edi. handeln dann als praefecti. Schon während der Republik gab
es sowohl praefecti iure dicundo, die der Prätor ernannte, in
vielen Städten Italiens (s, S. 41), als auch militärische Com-
welcher in der Inschr. Marini Arvali n. 58 leg. imp. Nervae Traiani Aug. Germ.
provmcia{e~) Lyciae et Pamphyliae, also kaiserlicher Statthalter der Provinz heisst ;
der C. I. Gr. 4236 genannte AofjiiTto«; 'A;:oXX£tvapto? 6 6t7.atoö6TY]i ist derselbe,
welchen die Inschr. 4240 TcpsoßsuTYjv xal ävxiaxpaxrjYOV AuxoxpaTopo!; Auxta^
xai OafJi-cpuXiac, «yvöv oi^aioSoxr^v nennt; bei losephus Ant. 18, 1, 1 heisst Qui-
rinius Otto Kaisapo; oi'AatoooxTj; xoü e^vou; a-£oxaX(X£vo;, und auch in der spar-
tanischen Inschrift C. J. Gr. 1346 ist unter dem Aemilius luncus 6 oixatoooxirji
entweder ein proconsul Achaiae oder ein oiop^tuxrjc (s. S. 78 Anm. 1) zu verstehen.
1) Dig. 1, 21, 5 pr. ; 2, 1, 5.
2) Mommsen Staatsrecht 1, 191 Anm. 4.
3) S. das oben S. 411 Anm. 3 angeführte Beispiel des M, Crescens Cal-
purnianus, iurid. Brit. vice leg.
4) Gaius 1, 6: nam m provincias Caesaris omnino quaestores non mittuntur.
— 413 —
mandanten einzelner Ortschaften und Truppenlheile, namentlich
zur Ausführung von Zwangsmaassregeln und Schuldenexecutio-
nen^j, welche diesen Titel führten; ebenso finden sich in der
Kaiserzeit unter den vielen Präfeoten, welche zweckmässiger in
dem Abschnitt über das Militärwesen zu besprechen sind, na-
mentlich Conunandanlen von entlegenen Orten und besonders
Inseln zuweilen mit der Bezeichnung praefectus pro leyato'^).
Beide Aemter indessen, sowohl das des Procurators als das des
Präfecten erhielten unter den Kaisern auch eine selbständige Be-
deutung.
Die dritte Classe der kaiserlichen Provinzen nämlich bilden
diejenigen, in welchen entweder die Natur des Landes, wie in
den Alpengegenden, oder der Culturzustanrl, wie in Mauretanien
und Thracien, oder der sl^^rre Character der Einwohner, wie in
ludäa und Aegypteii, die Einführung der gewöhnlichen Provin-
cialeinrichluhgen und die Anwendung des römischen Bechtes
ganz und gar, oder doch für die erste Zeit unnuiglich machte.
Sie wurden daher zunächst als üomainen bewirthschaftet und
nicht unter einen Staatsbeamten, sondern unter einen vom Kaiser
ernannten und ihm persönlich verantwortlichen Administiator ge-
stellt, der dem Lande gegenüber als Vicekönie mit sehr ver-
schiedener Vollmacht zu betrachten ist, officiell aber den Titel
prociiralo)-, in Aegypten den Titel praefeclvs hat; erst später
aber, nachdem die örtlichen Mindernisse überwunden waren,
wenigstens zum Theil als eigentliche Piovinzen organisirt, wie
dies mit Thracien, Cappadocien, ludäa und Bälia geschehen ist.
Ein Procurator ist während der- Hepublik der bevolhuäch-.
tigte Geschäftsführer eines römischen Privatmannes^), der ent-
weder in (iesrhälten verreist oder ausserhalb Italiens lirundbesitz
zu verwalten hat^ . Es ist daher characteristisch für die Ver-
1 ) Die Reweise findet man bei Kuhn 2, 8.S. Momnisen R. O. P 8. 545.
2) Hieher geliüreii : der pnief. pro leyato in.ml(irum Tialenrum unter Nero,
Orelli 73'2 ; der praefertun ripae fluminis Kuphrntis, H»Mizeii ii. ()9t3; <ier pra<-
fVrluH ripae Tihinsi ^ Orelli M2;U ; der Präfect der Insel l*aiidataria , Monimsen
/. A. HiViH; (U'T prnef. rivitntium Moesine et TribnlUae , praef. civil, in Alpib.
mariiuiim . Hen/.en n. Ü9M8; und die praef{ertura) N(ymphaei) portu^s) in 8ir-
diiiien, Horinann ItuUett. Irt*)9 p. 182.
3) (*ir. pr. Caecina 20, '>(). E. HuAchke in .1 (! Uiis.lik»- AnaUcia liitraria,
l.ipH. 182Ö. 8 p. 283-290.
4j Cod. Intt. % 13, i;. Columell« äe r. r. 1, b. 7. Heift' In. jpnulys Real-
eiM-yd. 6, 87. , .,
jinderung, welche die Monarchie in dorn Beamtenpersonal her-
vorliracbte, dass stnlt der Boiiördon der Repul)lik, deren Wir-
kungskreis sich immer melir beschrankte, theils Militärbehörden,
wie in Rom selbst die vier praefecti, der praefectus praeloi'io,
iirb'/s, vigüum und annonac, in den kaiserlichen Provinzen die
legati Augusli, theils Hausbeamle des Kaisers in Function traten,
zu welchen letzteren die Procuratoren zu zählen sind. Sie wur-
den, wie die Hofbedienungen, aus Rittern oder Freigelassenen*,
nicht aus Senatoren genommen^), und ihnen theils die Eintrei-
bung und Verrechnung der Abgaben an dan Fiscus in Rom,
Italien und allen 2), auch den Senatsprovinzen •') , in den letzleren
unal)hängig vom ProconsuM), theils die ganze Finanz Verwaltung
der kaiserlichen Provinzen^), endlich die selbständige Adnuni-
stiation (Uh- sogenannU^n procuratorischen Provinzen übertragen '^j .
Diejenigen Procuratoren, welche bloSvS Finanzbeamte waren und
später rationalen heissen'), hatten unter den ersten Kaisern kei-
nerlei richterliche Befugnisse^); erst seil Claudius erhielten sie
durch ein Senatusconsult Gerichtsbarkeit in Sachen des ßscus^)^
1) Friedländer Darstellungen 13, 160 ff. Mommsen C. l. L. JUIp. 1131aunot.
2) Hierauf kommen wir an einem andern Orte znrück. S. 0. Eichhorst
Quaestionum epigr. de procuratoribus imperntorum Rom. specimen, Regimonti 1861.
8 und in Jahns Jahrb. 1864. Kuhn 2, 203 t. Mommsen Hermes 4, 108.
3) Ein proc. Asiae Orelli 3651. Henzen 5530. 6924. 6928. C. I. L. III
n. 431. 6575. Tac. Ann. 4, 15. Boeckh ad C. I. Gr. 2977; proc. Africae Ruinart
Act. Mari. p. 95. 231. Capltolin. Maximini duo 14. C. 1. L. HI n. 5776; proc.
Baeticae Orelli-Henzen n. 3570. 6524. 6928; Siciliae, C. I. L. III n. 4423.
Grut. p. 437, 7; 1028, 6; proc. provinc Narbonens. Henzen 5456; proc. Achaiae
Orelli 804. C. I. L. III n. 535. 6098. C. I. Gr. 1328. 1329; Ciliciae Orelli 485;
Cypri Henzen 6927.
4) Dig. 1, 16, 9: sane ' si fiscalis pecunia causa sit , quae ad procuratorem
principis respicit, melius fecerit (proconsul'), si abstineat.
5) Dio Cass. 53, 15. Gaiuj* i, 6. Capitolin. Anton. P. 6. Sowohl Dio unter-
scheidet an dieser Stelle die beiden genannten Classen der Procuratoren als auch
Paulus Diy. 4, 6, 35 §2: item procurator Caesar is , non solum , cui rerum pro-
vinciae cuiusque procuratio mandata erit , sed ei is , cui verum , quamvis non
omnium. Der Procurator der ganzen Provinz heisst deshalb nach Constantin j?ror.
summae rei (Cod. lust. 4, 36, 3), in den Basiliken xa^oXtxo?. Vgl. Lydus De
mag. 3, 7; catholicianus , Cod. Inst. 9, 49, 9. C. I. Gr. 4807 = Letronne Recueil
II n. 219. Vgl. n. 4892. Franz C. i. Gr. III p. 324».
6J Tac. Hist. 1, 11: duae Mauretaniae , Raetia , Noricum, Thracia ^ ei quae
aliae procuratoribus cohibentur. Von diesen Provinzen ist im Einzelnen oben
gehandelt.
7) Bethmann-Hollweg Rom. Civilprocess 3 S. 78.
8) Bei Tac. Ann. 4, 15 sagt Tiberius, als der procurator Asiae Capito ange-
klagt wird: non se («7ii) ius nisi in serviiia et pecunias familiäres dedisse; quod
si vim praetoris usurpasset, manibusque militum usus foret, spreta in eo mandata
sua. Dio Cass. 57^ 23.
9) Tac. Ann. 12, 60. Suet. Claud. 12.
raeses.
— 415 —
von welcher an den Kaiser Appellation statt fand ^); später kommt
es indessen vor, dass ihnen, wie früher den Leeaten und Qua- Procmator
storen, nicht nur in kaiserlichen ^j^ sondern auch in senatori- «"''^"
sehen Provinzen ^J die Vertretung des Stalthalters übertragen
wird, so dass sie in diesem Falle vice 'praesidis selbst die Pro-
vinz verwalten. Diejenigen Pr*ocuratoren dagegen, welchen pro-
curatorische Provinzen übertragen sind, werden als selbständige
Statthalter bezeichnet durch den Titel procurator et praeses*], pro- Procwator
curator pro legato^), procurator cum iure gladii^]^ praeses, wel-
cher letztere Name zwar als allgemeines Prädicat für alle Arten
von Statthaltern gebraucht '), aber in speciellem Sinne dem le-
gatus und prnconsu! entgegengesetzt wird'*). Sie nahmen daher
im Ganzen eine den übrigen Statthaltern gleiche Stellung ein^),
obwohl sie wenigstens theilweise in einer gewissen Unterord*-
nung unter den nächsten kaiserlichen Inegalen stehn und mili-
tärische Hülfe, so oft es nöthig ist, von diesen requiriren i'^). Im
dritten Jahrhundert jedoch und zwar nach Borghesi's Annahme
seit Alexander Severus (222 — 235) trat in der Verwaltung der
1) Dig. 49, 14, 47. 48. 50. Andere Jurisdiction als in Sachen des Fiscus
hatten sie nicht. Cod. lust. 1, 54, 2; 9, 20, 4; 9, 47, 2. Collat. 14, 3.
2) Von Britannien Tac. -rinn. 14, 32: sed quia procul Suetonius ab erat , pe-
tivere a Cato Deciano procuratore auxiiium. Von Galatien C. 7. L. III n. 251 :
C. lul. Senecio , proc. prov. Galat. item vice praesidis eiusd. prov. et Ponti; in
Gallia Lugdunensis : Badius Cominianus proc. et vice praesidis agens. Mommsen
Ep. Anal. 22 in Ber. d. sächs. Gesellsch. 1852 p. 242; in Dacien : Q. Axius —
proc. prov. Dar. Apul{ensis) bis vice praesidis, Henzen n. 6932; in Mauretanien
Orelli 3570. Henzen G933 ; in Moesia inferior Orelli 3664; in Arabien ein proc.
prov. Arabiae, ibi vice praesidis Henzen n. 5530. In den Rechtsquellen kommen
öfters diese procuratores \or, qui partibus praesidis funguntur (T>'\g. 49. 1, 23. Col-
lat. 14, 3), qui vice praesidis funguntur (Cod. lust. 9, 47, 2), qui vicem praesidis
tuentur (Cod. lust. 9, 20, 4), qui vice praesidis agunt (Cod. Inst. 3, 3, J ).
3) Orelli 3651 = r'. 1. L. V, 875: proc. provinciae Asiae , quam mandatu
principis vice defuncti proeos. rexit. Ruinart Acta Mart. p. 95: Hilarianus pro-
curator , qui turic (a. 202) loco procohsulis Minucii Timiniani defuncti ius yladii
acceperat (in (arthago); p. 231 (um 260 n. Chr.): rapti sumus ad procuratorem,
qui defuncti proconsulis partes administrabat.
4) Orelli 74. 3601. Henzen 5190.
5) Orelli 488. 3570. Henzen 6933. Recneil dr ( ..nstaiitii..- 1S66 p. Sä n. 103.
6) Orelli 3664. 3888. Ruinart Act. Matt. p. 95 . und nuilir bei Marini Ar-
vali p. 623»'. 624»'. 547. 763. 771.
7) Dig. 1, 18, 1; praesidis nomen generale est eoque et proconifides et legati
Cnesaris et omnes pronincias regcntes , licet Senatoren sint . praesiden <tppellantur :
procf/nsulis appeildtio specialis est.
H) Korghesi Oeuvren 5, 405 und dazu Mommsen Aiiui. 5.
9j logeph. Ant. 18, 1,1.
10) Die Frocuratoren von lodaea wurden mebrmaltt von dem leg. Attg. pr. pr.
Qyriae abgesetzt. loseph. Ant. 18, 4, 2. Tac. Ann. 12, 54.
kaiserlichen Provinzen die wichtige Aenderung ein ^) , welche
seitdem fortbestan(l, dass die Civiladniinistration von dem mili-
tärisclien Commando getrennt, und die erstere einem pvfieses,
das letztere einem dux'^) übergeben wurde. Seit dieser Anord-
nung, welche vielleicht allmählich zur Ausführung gekommen und
in ihrer ersten Entwickelung nioht zu verfolgen ist, sind die
praesides Civilbeamle, und von den fiüheren Provincialstatthal-
tern wesentlich unterschieden.
Ehalt. Alle römischen Beamten erhielten seit Augustus ausserhalb
Roms statt der früheren Naturalausrüstung ein festes Gehalt*),
sowohl die Proconsuln "*) und legati AugusU, als die Procuratoren,
welche letzleren nach ihrer Besoldung .sp.Ta^^nor/V^), rmtenurü^),
ducemarii "*) ^ trecenarii^) heissen, jenachdem sie 60,000, 100,000
Sesterz oder mehr Gehalt ziehn. Dennoch horten auch unter
den Kaisern die Bedrückungen der Provinzen nicht gänzlich auf-;
allein wenigstens war den Provincialen die Klage duich ein re-
gelmässiges Verfahren erleichtert, welches vor dem Senate statt
fand und wobei den Klägern ein Advocat aus dem Senate gegeben ^)
1) Lamprid. AI. Sever. 24: provincias legntoria» praesidialea plurimas fecit.
Borghesi Oeuvres 3, 277 ; 5, 397. 405.
'2j So wird z. F». Moesia superinr m dieser Zeit von eineai Praeses verwal-
tet, Borghesi 5, 396, während das Heer unter einem dux totiufi lUyrici stand,
welcher das Commando in Thrarien , beiden Moesiae, Dalmatien . beiden Panno-
nien und Dacien hatte. Diesen erwähnt unter Valerian (253 — 260) Trebell. Pol-
lio Claud. 15. Unter demselben gab es einen dux Scythici limitis , einen dux
Orientalis limitis, einen dux lUyriciani Umitis (Vopisc. Aurel. 13); der d^tx limitis
provinciae Scythiae findet sich dann in Dioclelians Zeit (C. J..L. III n. 764),
und später in der Not. Dign. Or. c. 36. Andre duces s. Henzen n. 5579. 6510.
3) Dio Cass. 52 , 23 lässt den Maecenas sagen : Xafx^avsToaaav 0£ (xia^ov
TrdvTe; oijToi ol td? I'^to t-?]; TroXeou; dpyd; £TriTp£7t6(i.£vot. Vgl. 52, 23. Nach
dem Senatusconsultum bei Frontin. De aquaed. c. 100 erhielten auch die cura-
tores aquarum, ,,quum eius rel causa extra urhem essenV^, mercedem und cibaria
annua .
4) Das snlarium proconsulare (Tac. Agr. 42) betrug nach Dio Cass. 78, 22
für Africa 250,000 Drachmen oder 1 Million Sesterzen. d. h. 72.000 Thlr. Spe-
cielle Angaben über verschiedene Gehalte und damit verbundene Naturalliefe-
rungen giebt Trebell. Pollio Div. Claud. 14. 15.
5) Orelli 3178., Henzen 6930. Cod. lust. 10, 19, 1 und mehr bei Marini
Arvali' 2, 674.
6) Dio Cass. 53, 15. Orelli 996 u. ö.
7) Orelli 946. 3444. 3342. 2648. Henzen 6356. C. I. Gr. 2509. 3751.
6627. 375. Waddington n. 2606. 2607 ff. Suet. Claud. 24. Capitolin. Pert. 2 :
inde ad ducenum HS. Stipendium translatun in Daciam. Marini Arvali p. 805 ff.
8) Orelli 3450.
9) Walter Gesch. des R. Rechts* 1 § 311 und die dort angeführten Stellen:
Tac. Ann. 3, 66-70; 4, 15; 15, 20. Suet. Domitian. 8. Plin. ep. 2, 11;
2, 12; 3, 9; 4. 9; 5, 20; 6, 29; 7, 6: 7, 7; 7, 10; 7, 33; 10, 3(20); 10,
56(64).
— 417 —
und auch der Gebrauch der griechischen Sprache gestattet
wurde ^j . Sowohl die Vereinigung mehrerer Provinzen unter
einem kaiserlichen Statthalter, welche man zuweilen eintreten
Hess 2) , als die lange Dauer der Verwaltung , welche in den
kaiserlichen Provinzen übHch wurde, gewährten den Unterthanen
ein wesentliche Erleichterung. Dazu kam, dass die Stellung des
Statthalters eine bei weitem unselbständigere wurde, als sie zur
Zeit der Republik gewesen war, da der Kaiser über alle Sachen
von einiger Bedeutung Bericht forderte und selbst die Entschei-
dung traf 3). Um zu diesem Zwecke eine regelmässige Verbin-
dung aller Provinzen mit Rom herzustellen, hatte Augustus eine
Posteinrichtune durch das aanze römische Reich veranstaltet, de- Postein-
ren vollständige Entwickelung allerdings erst in die nachconstan-
linische Zeit fällt, auf welche näher einzugehn hier nicht der
Ort ist, deren erste Anfänge aber hier wenigstens beillhrt wer-
den müssen "*). Wie die Römer durch das ganze Reich ein
Strassennetz zogen, nicht für den Vortheil des Verkehrs oder für
den Nutzen der Vergnügungsreisenden , sondern . ausschliesslich
zum Transport der Heere und des Kriegsmaterials an alle für
Kriegszwecke wichtigen Puncte^), so war auch ihre Posleinrich-
lung nicht berechnet auf die Correspondenz des Publicums, den
Personenverkehr und eine daraus zu ziehende Einnahme für den
Staat, sondern allein auf die Beförderung der Regierungsdepe-
1) Quintil. Instit. 6, 1, 14. Dio Cass. 57, 14.
2) Tac. Ann. 1, 76.
3) Euseb. H. E. 2, 2: TraXaio-i x£7,paTTx6To; i^ooi xoTc twv ^Hvmv apyo'jot.
T« rapd occ-bi 7taivoTO(xo'jfxeva tu) t-tjv ßaoiAeiov apy-^jv drr/cpaToüvTt OTjixaiveiv,
tu; av (AYjoev auxov 5ia5iopdo-/of tujv •yivo{jL^vtuv.
4) Ueber das Postwesen der Römer s. N. Belgier De püblicis et militaribus
imperii Romani viis in (xraevii The3. antiq. liom. Vol. X und unter dem Titel
Hist. des yrands chemim de l'empire Rom., Bruxelles 1736. 2 Bde. 4. üb. IV c. 4.
I. Gutheriiis De officiis domus Auguatae , Lips. 1672. H. lib. 111 <\ 14 f. Le
Quien de la Neufville De L'origine des Postes chez les anciens et les modemesy
Paris 1708 und 1730. 12. CoUeschi Diss. aulle poste degli antichi, 1746. Kfidl-
ger De eursu publico imperii Romani, Breslau 1846. 4. TeufFel in Paulys Real-
encycl. 5 8. 1944—1948. lienzen Annali 1857 p. 94 ff. A. Flegler Zur Ge-
schichte der Posten , Nürnberg 1858. 8. Iludeniann Gesch. des Postwesens der
Rom. Kaiserzeit, Kiel 1866. 4. Naudet De l'administration des poste.% chet Us
Romains in Mimoires de L'imtitut. Acad. des inscr. et h. l, XXIII , 2 (1858)
p. 166 — 240. H. Stephan Das Verkehrsleben iui Alterthuin, in Räumers Hist.
Taschenbuch 1868 S. 83 (T.
5) Ueber die römischen Strassen s. Bergier a. a. 0.; über die italischen ins-
lifsdudere Forbiger Handb. der alten (Jeogr. 3, 703 ff. Hauptquelle sind die
Itiiicrarien, am Besten in Itinerarium Antonini Auyiuti et UicrosoLymitanum edd.
ii. Farthey et M. Pinder, Beroltnl lö4Ö. ö.
R«»in. Alt*rth. IV. 27
— 418 —
sehen und der Beamten i) , und es war nur eine Ausnahme*
welche der höchsten Bewilligung bedurfte, wenn einer Privat-
person der Gebrauch der Post gestattet wurde. Zur Zeit der
Republik hatte man sich darauf beschränkt, für die Beförderung
römischer Beamten durch eine gesetzlich regulirte Verpflichtung
der Provinciaien zum Vorspann und zur Verpflegung Sorge zu
tragen; auch Privatpersonen aus dem Senatorenstande erhielten
durch die Ertheilung einer legatio liberal) von Seiten des Se-
nates die Erlaubniss, auf diese kostenfreie Weise zu reisen, wo-
durch eine um so grössere Last für die Provinzen entstand, da
dies Privilegium von derselben Person eine Reihe von Jahren
hindurch benutzt zu werden pflegte^). Allein die Correspondenz
der Statthalter wurde in der Regel durch eigne Briefboten {ta-
bellarii) ^) oder Ordonanzen [statores] ^) , zuweilen auch durch die
tabellarii der publicani^] befördert, da es zu diesem Zwecke kein
anderes Beförderungsmittel gab. Die Einrichtung des Augustus
dagegen bestand in einer militärisch organisirten Staatspost,
welche die amtlichen Depeschen von Station zu Station durch
Couriere beförderte ') , die in der Kaiserzeit speculatores heis-
1) Ueber diesen Zweck ist das römische Postweseii nie hinausgegangen.
Procop, Hist. arc. c. 30 : ot {X£v -^ap 'Püojxaiwv auToxpaxope; dv toi? avuj ypovoi?
'(e.'ftYqiiisoi , TrpovoTjGavTei oirca? arcavTa T£ ocpiotv iTza^'^iWoiio Tayiarrx %ai fx-/]-
öefJMÖc oiBu/uo jjieXX-qoet , xd xe Tcpo? xwv TToXefAtojv h '/f»p^ £/cdox7j l'jfxriTixovTa
'AoX xaii zöXeoi xaxd oxdctv -q d'XXo xi aTtpooTtxov oujAßaivovxa Tid^o? xd xe Trpöi
xtt>v dpyovxoav Ttal xwv d'XXwv dTrdvxcuv Travxayödt Trpaoaojjieva x^? 'Pwfxatoiv
dpyfjc, üTToj? xe ot xou^ ctopo'j? TiapaTTSfxzovxec tou? d7iexeto'j<; oiaawCoivxo ßpa-
0'jx'?]x6; T£ 'Aoi 'Aivouvo'j yiopU, o7](A6aiov d^'jv xtva -navxa^oaE TreTroiTQN/xat op6[j.ON.
2) Cic. de kg. 3, 8, 18: iam illud apertum est profecto, nihil esse turpius
quam est quemquam legari nisi reipuhlicae causa. Omitto, quemadmodum isti se
yerant atque gesserint, qui legatione hereditates aut syngraphas suas persequun-
tur u. s. w. Cic. ad fam. 11, 1, 2; 12, 21. pr. Flacco 34, 86. Suet. Tib. 31.
Digest. 50, 7, 14.
3) Cicero beschränkte in seinem Consulate die Zeit der libera legatio auf
ein Jähr (Cic. de leg. 3, 8, 18); Cäsar gestattete fünf Jahre. Cic. ad Att. 15,
11, 4.
4) Auct. de hello Hispan. 2: simulque captos tabellarios, qui a Cn. Pompeio
dispositi Omnibus locis essent , quo certiorem Cn. Pompeium de Caesaris adventu
facerent.
5) Cic. ad fam. 2, 17 ; 2, 19 : ut ad te statores meos et lictores cum litteris-
mitterem. Digest. 4, 6, 10. Stator praetorius Grut. p. 1031, 3. Reines. Cl. VllI
n. 4. Von den statores Aug. s. die Militäralterthümer. Alexander Severus hob
diese Einrichtung auf. Lamprid. AI. Sev. 52. Ulpiän. Digest. 1, 16, 4 § 1:
nemo proconsulum statores suos habere polest^ sed vice eorum milites ministerio in
provinciis funguntur.
' 6) Cic. ad Att. 5, 15, 2. de prov. cons. 7, 15.
7) Suet. Oct. 49 : et quo celerius ac sub manum annunciari cognoscique
posset , quid in provincia quaque gereretur , iuvenes primo modicis intervalHs per
militares vias, dehinc vehicula disposuit.
— 419 —
sen 1). Die Personenbeförderung beschränkte sich, wie zur Zeit der
Republik, auf die Beamten ; zu diesem Zwecke waren die Stationen
in nmtationes (Pferdewechsei) Imd mansmies (Nachtquartiere) ein-
getheilt und auf den letzteren für den Gebrauch der Statthalter
so wie der Kaiser selbst palatia errichtet 2). Privatpersonen wurde
der Gebrauch der Staatsposten in der Provinz eine Zeit lang durch
besondre Bevollmächtigung des Statthalters [diploma]^)^ später nur
vom Kaiser selbst nach genauen, darüber erlassenen Bestimmun-
gen gestattet^). Die Kosten der Posthaltereien fielen den ein-
zelnen Ortschaften zur Last'»] ; unter Nerva wurde zwar in Ita-
lien ^') , unter Hadrian"), Antoninus Pius^) und Severus") im
ganzen Reiche das Postwesen von dem Kaiser übernommen ; doch
ist dies nur auf die Beschaffung der Zugthiere und Wagen, so
wie auf die Postverwaltung zu beziehen, da die Bestreitung der
Kosten nicht dem Fiscus zufiel ^^) . Der Dienst war, wie wir al-
1) Liv. 31, 24: et respondisset (^eventus), ni speculator, — hemerodromos vo-
cant (j'raeci — ingens die uno cursu emetientes spatium — contempLatus regium agmen
e specula quadcun, praegressus nocte Athenas pervenisset. Suet. Calig. 44 : magni-
ficüH Komam litleras misit , monitis speculatoribus, ut vehiculo ad forum usque et
Curiam pertenderent. Tac. H. 2, 73: vix credibile memoratu est, quantum super-
biae socordiaeque Vitellio adoLeverit, poHtquam speculatores e Syria ludaeaque ad-
artum in verba eius orientem nuntiavere. Diese speculatores befanden sich sowohl
in der Begleitung des Kaisers (Suet. Aug. 74. Ciaud. 35. Tac. H. 2, 11 : ipsum
(Hhonem comitabantur specuLatorum lecta corpora cum ceteris praetor iia cohortibus.
ib. 33) als in den prätorischen Cohorten (Tac. H. 1, 29. 31) und in den Legio-
nen, deren jede 10 speculatores hat. Labus Ära antica scoperta in Haimburgo,
Milano 1820. 4 p. 63. S. G. Schwarz De speculatoribus veter. Roman., Altdorf
1726. Kckhel 7). N. 6, 53 f. Einen solchen Courier erwähnt Aristaenet. ep.
1, 26: ToXXd; xoivuv a-e xa-/'j; tt^; iroXixeiai iTiTieu; oieXVjXuOa TtöXe^.
2) Cod. Theod. 7, 10.
3) Auf diese oi7rXtt)[xaTa bezieht sich das Edict des praefectus Aegypti Ca-
pito aus dem J. 49 n. Chr. C. I. Gr. n. 4956, und solche diplomata stellte Pli-
nius in Bithynien aus, Plin. ep. 10, 45(54); 64(14); 120. 121. Inder Zeit der
Republik (Cato fr. or. 2 p. 37 Jordan) und auch in der späteren Kaiserzeit (Sal-
nias. ad Capitolin. Pertin. i) heisst diese Vollmacht evectio. Vgl. Boecking ad
■V. D. Or. p. 14 f. Beispiele von Personen, welche sich des cursus publicus be-
dienen, s. Sidon. Apoll, ep. 1, 5: egresso mihi Khodanusiae nostrae moenibus
publicus cursus usui fuit , utpote sacris apicibus accito. Gregorius Thauraaturgus
orat. ad Origenem ((ireg. (>pp. .Mogunt. 1603. 4) p. 187: 6 OTpaxKuTr^; — «p^poav
ä;o'jaiav 7:Xet(5v(uv töjv ot](aooi(uv (iytj|i.aT(uv rij; "/pfjaetu; xal O'jfxßoXa rXeiovoc
4) Cod. Th. 8. 5. 12. 38. 40. 43. 52. Boecking a. a. 0.
5) Plut. (ralb. 8.
6) Eckhel D. N. 6, 408.
7) Spart. Hadr. 7 : eursum fiacaUm instituit , ne magiatratus hör onere grn-
vnreniuT.
V 8) Capitolin. Antmin. F. 12.
9J Spartian. Sever. 14.
10) Rüdiger a. a. 0. p. 9 ff. .'^ ,^ ■
— 420 —
lerdings erst aus den Verordnungen des vierten und fünften
Jahrhunderts im Einzelnen ersehen i), ein dreifacher: die Brief-
post besorgten Couriere [veredarii), welche ausser dem Pferde,
welches sie selbst ritten, ein Handpferd [parhippus) mit- dem
Feileisen [averta] führten ; die Beförderung der Personen geschah
auf Eilwagen (rhedae), welche mit Pferden oder Mauleseln, der
Transport von Kriegsmaterial und Gütern auf Packwagen [clabu-
latia), welche mit Ochsen bespannt wurden; ausserdem dienten
die auf allen Flüssen vorhandenen Schiffsstationen ebenfalls zur
Beförderung von Briefen, Personen und Material'^).
Grenz- Augustus hatte die römische Monarchie nicht nur innerlich
pohzei. ^
organisirt, sondern auch nach aussen hin gesichert, indem er sie
durch grosse Flüsse oder Wüsten gegen Einfälle feindlicher Nach-
barn schützte, und empfahl in seiner letzten Staatsschrift seinen
Nachfolgern eine friedliche und auf die Erhaltung, nicht auf die
Erweiterung der von ihm festgestellten Grenzen gerichtete Politik -^j .
Zu dieser kehrte man, nachdem unter Claudius und Traian noch
neue Provinzen gegründet waren, seit Hadrian zurück und be-
gnügte sich das ganze Reich ^durch einen limes imperii abzu-
schliessen , den man , wo die natürliche Grenze fehlte , durch
Mauern, Gräben und Befestigungen herstellte "*) . Diese Befesti-
gungen waren indess von der Art, dass sie nicht sowohl auf
die Vertheidigung der Grenze gegen einen massenhaften Angriff,
als vielmehr auf die Verhinderung jeder Communication über-
haupt berechnet scheinen^). Zu demselben Zwecke legte man
den nördlich von der Donau wohnenden Stämmen der Quaden,
Marcomannen, Jazygen und Buriern in den Friedensbedingungen
auf, dass sie mehrere Meilen des Landes nördlich von der Grenze
unbewohnt und wüst lassen ß), auf dem Flusse selbst aber keine
1) Hauptquelle ist Cod. Th. 8, 5. Cod. lust. 12, 51.
2j Ueber den letzten Punct s. Sirmond ad Sidon. Apoll. ISotae p. 12.
3J Tac. Ann. 1, 11: addideratque consilium coercendi intra terminos imperii,
incertum, metu an per invidiam.
4) Die nachfolgenden Bemerkungen über die Grenzverhältnisse des röm.
Reichs verdanke ich einem noch ungedruckten Aufsatze von C. F. Samwer, wel-
cher mir vom Verfasser zur Benutzung gütigst mitgetheilt worden ist.
5) Dies ist ersichtlich nicht nur aus den noch vorhandenen Resten der
Grenzwälle, sondern auch aus Spartian. Hadr. 12: per ea tempora et alias fre~
quenter in plurimis locis , in quibus barbari non ßuminibus sed Limitibus dividun-
tur, stipitibus magnis in modum muralis saepis funditus iactis aique connexis bar-
bar os separavit,
6) Dio Cass. 71, 15. 16; 72, 3.
— 421 —
Schiffe halten sollten^), während die römische Donauflotte die
Wassercomnmnication controiirte; und welche strenge Grenzpo-
lizei man in Beziehung auf Personen- und Waaren verkehr übte,
ersehen wir aus mehreren Fällen sehr verschiedener Zeit, welche
auf ein der ganzen Kaiserzeil zuzuschreibendes Verfahren schlies-
sen lassen. Fremde dürfen die Grenze nur überschreiten bei
Tage, nach Ablieferung der Waffen und unter militärischer Es-
corte, die sie bezahlen müssen 2) ; zu Zeiten wurde niemand über
die Grenze gelassen, es sei denn, dass er Depeschen an den
Kaiser überbrachte^). Waarenverkehr dagegen ist zwar gestattet,
aber unter bestimmten Bedingungen. Zuerst wird für dieselben
ein Ausfuhr- und Einfuhrzoll entrichtet *) , welchen letzteren so-
gar Gesandte fremder Völker, wenn sie etwas Steuerpflichtiges
mit sich führen, erlegen^). Zweitens ist die Ausfuhr von ge-
wissen Waaren ganz verboten, nämlich von rohem und verarbei-
tetem Eisen, Waffen aller Art, Wein, Oel, Getreide, Salz *^) und
Gold^j, und drittens findet der Marktverkehr nur zu bestimmten
Zeiten und an bestimmten Orten, wo möglich unter polizeilicher
Aufsicht der römischen Behörden statt ^). Will aber der Ver-
1) Dio Cass. 71, 19.
2) Als im J. 70 ii. Chr. sich die colonia Agrippinensis mit den Germanen
verband , sagen die an sie geschickten Gesandten der Tencteri : vohisque yra-
tuiamur, quod tandem liberi inter liberos eritis. Nam ad hunc diem flumina ac
terra» et coelum quodammodo ipsum dauserant Romani, ut coUoquia congressusque
nostros arcerent, vel, quod contumeliosius est viris ad arma natis, inermes ac prope
nudi sub custode et pretio coiremus. In der Antwort der Agrippinenses heisst es
dann : vectigai et onera commerciorum resolvimus. Sint transitus incustoditis, sed
diumi et inermes. 8. Tac. Hist. 4, 63 — 65. Die Escorte wird noch erwähnt Cod.
lust. 4, 63, 6: si qui inclytas riominatim vetuatis legibus civitates transgredientes
ipsi, vel peregrinos negotiatores sine comite commerciorum suscipientes fuerint
deprehensi, nee proscriptionem bonorum^ nee poenam perennis exilii ulterius evadent.
3) Cod. Theod. 7, 16, 2: omnes stationes navium, portus, litora, omnes ab-
scessus provinciarum , abdita quin etiarn loca et insulae Tuae magnißcentiae dis-
pnsitione solerti custodiantur indagine , ut nuUus vel vi vel clart^ vel aperte vel
etiam occulto nostri possit imperii regiones inrepere , qui non nut interiectis prohi-
heatur obicibus , aut , cum accesserit, illico teneatur , nisi sacros apices — ad me ^
perferre — mon-itraverit.
4) Dies berichtet von Aegypten .Strabo 17 p. 798.
5) Cod. lust. 4, 62, H.
6) Gothofr. ad Cod. Theod. 7, 16, 3. Cod. Inst. 4, 21, 1. 2.
7) Cod. lust. 4, 63, 2.
8) Den Quadi wurde im J, 174 n. Chr. überhaupt nicht erlaubt, einen rö-
mischen Markt /u besuchen, Dio Cass. 71, 11; den Martomanncn dagegen Ort
und Tag dazu bestimmt (Dio Cass. 71, 1.')), und nochmals im .1. 180 Abhaltung
von Märkten unter Aulsicht eines römischen (!cnturio, also ohne Zweifel ein
Handel mit Kömern, zugestanden. Dio Cass. 72, 2. Kbenso war der Markt
zwischen Persern und Kömcrn auf drei Städte, NIsibis, Artaxata und Callinicos
— 422 —
kaufen seine Waaren in die Pi'oviiiz f)rinj»en, so bedarf er, in-
sofern dies überhaupt i^estattet wird, dazu die Erlaubniss, d. h.
einen Pass, des Statthalters ') .
In^^'^der ^" Streng von den Grenznachbarn abi^esohlosscn , bildete.
nationalen äusscrlich das römischc Reich ein einheitliches Ganze: innerhalb
Differenzen. '
dieser Grenzen indessen zerfiel es, wie wir gesehen haben, noch
im Beginne der Kaiserzeit in sehr disparate Theile, in welchen
Religion, Sprache, Gesetz und Lebensweise ungestört durch die
römische Verwaltung fortbestanden. Auch diese nationalen Eigen-
thümlichkeiten sind im Laufe von vier Jahrhunderten wenn auch
nicht ganz verschwunden, so doch dem römischen Einflüsse ge-
genüber sichtlich zurückgetreten, und es dürfte eine interessante
Aufgabe sein, die Gründe zu entwickeln, welche zu der allmäh-
lichen Assimilation der Provinzen untereinander beigetragen ha-
ben. Bei dem jetzigen Stande der Untersuchung, für welche das
Material noch nirgends gesammelt ist, wird es für unseren Zweck
genügen, uns auf einige Andeutungen zu beschränken. Wir haben
mehrfach bemerkt, dass in den alten Culturländern , in welchen
das sociale Leben eine feste und widerstandsfähige Ausbildung
erhalten hatte, und namentlich das Städtewesen entwickelt war,
man alle vorhandenen Institutionen anfangs möglichst conservirte,
weil man sich derselben für die Zwecke der Verwaltung zu be-
dienen in Ermangelung eines römischen Beamtenstandes gezwun-
gen war. In derjenigen Periode der römischen Kaiserzeit, deren
innere Geschichte für uns bei der Dürftigkeit der Ueberlieferung
am schwierigsten zu verfolgen ist, nämlich der Zeit von den
Antoninen bis auf Constantin, hat sich indessen eine bureaukra-
lische Verwaltung allmählich ausgebildet, welche wir im vierten
Jahrhundert vollendet vorfinden'^). Dadurch wurden die städti-
schen Behörden für die Reichsverwaltung mehr odei* weniger ent-
behrlich; die Provinzen, durch Diocletian in kleine Bezirke zerlegt,
kamen in die directe und specielle Administration der Regierung^),
(s. über den letzten Platz Ammian. 23, 3, 7j, beschränkt und jede Abweichung
von dieser vorgeschriebenen Richtung des Handels mit harten Strafen bedroht.
C. lust. 4, 63, 4.
1) So heisst es von den Jazygen Dio Cass. 71, 19: scp-^xev autot? (M. An-
toninus phil.) Tipo? xou? 'Po^oXavo'j«; oia Tl]i Aaxiai; iüifxiYVua^ai , ocaxi; av
6 a'pyojv auTTJc iruTpi^-^ o^toiv.
2j Kuhn 1, 149 IS.
3) Lactantius de rnort. persec. 7: adeo rnaior esse coeperat numerus accipien-
tium quam dantium, ut enormitate indictionum consumtis viribus colonorum dese-
— 423 —
und unter dem Einflüsse einer grossen künstlich gegliederten Be-
amtenhierarchic verschwanden mit den städtischen Freiheiten zu-
gleich die unzähUgen Differenzen, welche bis dahin die Regierung
selbst conäervirt hatte. Während in den spanischen, gallischen
und britischen , später in den Donauprovinzen i) die völlige Ro-
manisirung schnell und ohne Widerstand vor sich ging, erfolgte
diese langsam und weniger vollständig , aber dennoch sichtlich
auch in den phönicischen und griechischen Culturländern. Zwar
widerstand ,,die zauberische Gewalt" der griechischen Sprache
Jahrhunderte lang dem Eindrin^n des Lateinischen , zumal da
sie für den Geschäftsgebrauch im ganzen römischen Reiche ge-
nügte "^j , in den Erlassen der römischen Behörden ^) und bei den
Gerichtsverhandlungen'*) zur Anwendung kam; allein wenn sie
gleich selbst in einigen Orten Italiens, namentlich in Calabrien
bis über das Mittelalter hinaus sich erhielt^) , in den römischen
Colonien hie und da aufs neue zur Herrschaft gelangte*^] und
wenigstens in Asien in byzantinischer Zeit in alleiniger Geltung
blieb'), so gewann doch nicht nur in ünteritalien schon seit der
lex fuUüj sondern auch zunächst in Sicilien ^) das römische Ele-
ment immer grösseren Einfluss ; von den Antoninen an aber im
ganzen Orient, wo, während hellenische Bildung den alten Werth
verlor-';, die Studien des römischen Rechtes als das beste Mittel
rtrentur ayri. — Et, ut omnia terrore complerentur , provinciae quoque in frusta
concisae, rnulti praesiden et plura officia singulis reyionibus ac paene inm civita-
libus incubare. Dies Verfahren schildert am Ende des vierten Jahrhunderts
Claudian. in Eutrop. 2, 586 :
provincia quaeqite superstes
Dividitur, yeminumque duplex passura tribunal
Coyitur. — — hac arte reperta
Rectorum nurnerum terris pereuntibus auyent.
Vgl, Prenss Kaiser Diocletian und seine Zeit, Leipzig 1869. 8 S. 86 ff.
1) Vellei. 2, 110: in omnibus Pannoniis non disciplinae 'tantummodo , sed
Linguae quoque notitin Romanae.
2) Valckenaer Schol. ad acta Apost. p. 351. Bernhardy Gr. Syntax S. 34
Anm. 59.
3) Die vorhandenen Kdictc der Präfccten von Aegyptcn und mehrere in
Asien gefundene Inschrilten liefern hiefiir den Beweis.
4) Philostrat. Vit. Apoll. 5, 36 a. E. Hethmann-llollweg Civilproc. 3 JJ 148.
5) Niebuhr U. G. 1 S. 69.
6) Die Chrysost. II p. 114 K.: ort 'PtufAaio; cuv dcfr^XXTjv{oOY), tlioTrcp tj Ka-
Tpi; -^ J(jieT^pa (die Colonie Corinth). Auch auf den .Münzen vieler Colonien
finden si<'h griechische Umschriften. Eckhel D. A'. 4, 470 f.
7) Bethmann-IIollweg a, a. 0.
8) Diodor. 1, 4; 5, 6.
9) Aristides et; ßaaiXd'x Vol. I p. 105 Dind. : ei ö' au tö ^iXiWtpi eivai
•/aXov xai up^rov ßaoiXei, ttp TipoCTjxcav 6 fraivo; oGteu;; oStw y*P o^«iop«
4^4
im Staatsdienst emporzusteigen ') immer allgemeineren Anklang
fanden, seit dem Beginne des dritten Jahrhunderts die Rechts
schule 7Ai Berylus in Blüthe stand 2) und neben der Sprache^)
und dem Rechte auch Sitte und Geschmack der Römer ^) immer
heimischer wurde. Nachdeni die politischen Vorrechte der römi-
schen Bürger durch die Monarchie beseitigt waren, führte die
massenhafte Ansiedelung von Römern in den Provinzen die Er-
theilung des Bürgerrechtes an ganze Völkerschaften , der unaus-
gesetzte Verkehr in Handel und vor Gericht endlich eine völlige
Ausgleichung der rechtlichen und socialen Verhältnisse im ganzen
Reich herbei, als deren Vollendung die Ertheilung der Civität an
alle Bewohner desselben durch Caracalla zu betrachten ist^). Mit
ihr hört der Stand der peregrini und die alte privatrechtliche
'«ptXsXXrjV daxiv 6 ßototXeü? (Antoninus Pius) ocal toooütov a'jxip Trepieoxi touto'j
Tou xaXoO, wOTS '/j{j.eX'r]{Jt£VY]s t^c tü)^ 'EXXyjvojv TzaiZe'irxi v,a\ %a-a-ecfpovr][j.£VTj?,
ävTfjpyjfjLSvojv hk -zv^i d::' auT^ TifAÖJv, 7:apecuofA£vo'j 5e xai dv o'joevöi; omto? [xspet
TravTo? ToD 'EXXtjvi^ou, oux -^jf^eX-rjoev 6 ßaciXeu?.
1) Schon unter Nero schickt ein Arcader seinen Sohn nach Koni , um das
Recht zu studieren. Philostr. Vit. Apoll. 7, 42. Später klagen die griechischen
Rhetoren vielfältig über den Verfall der griechischen Redekunst und das Ueher-
handnehmen der Rechtsstudien. Des Libanius irAr.aTZTZoi, ein Grieche aus An-
tiochia, konnte lateinisch und schrieb lateinische Reden. Liban. 1 p. 4 R. Festus,
ein Statthalter von Syrien zu Libanius Zeit, verstand nicht griechisch , was Li-
banius indessen unerhört findet (1 p. 103 R.J. Wer zu Aemtern gelangen will,
muss lateinische Redeübungen machen, Liban. 1 p. 133. 143. 185. vgl. 2 p. 215.
3 p. 438. Auch Johannes Chrysost. bemerkt in der Schrift upo? tou; 7roXs[j.o!Jv-
xa; xoi? izx x6 (xoNdtCeiM dvocYOUoiv, indem er von der Kinderzucht redet, dass
Redekunst und Kenntniss des Lateinischen Hauptmittel seien, weiter zu kommen.
2) S. oben Seite 271.
3) Ueber die Verbreitung der römischen Sprache als Geschäftssprache im
ganzen Umfange des römischen Reichs s. die Erklärungen der Bischöfe auf dem
Concil zu Ephesus 431 bei Mansi 4 p. 1282 und zu Chalcedon bei Mansi 4
p. 56. 456.
4) Dieser Gegenstand verdient noch eine umfassende monographische Be-
handlung, bei welcher der Einfluss des Lateinischen auf die griechische Sprache
besondere Berücksichtigung finden müsste. Ich erwähne als Einzelheit den Ge-
brauch der toga bei den Decurionen von Antiochia, Liban. 2 p. 142 R. und die
schöne Stelle des Dio Chrysost. 1 p. 630 ff. R. über das Eindringen der Gladia-
torenspiele in Griechenland : oiov £ut)ü? xct -£pt xou; |j.ovo[xayot>? ouxü) ocf 68pa
iC,riktii'/.a<5i (01 'A^-rjvaioi) Kopiv&iou?, {aSXXov 0£ U7T£pߣßXfjy,aoi x^ -/axooaifjiovia
vtax£tvou<; vcai xobc, aXXouc aTiavxa;, oxjxe ol Kopi'V&iot fx£v £?a> XYJ? ttoXeo; Oeo)-
poüoiv Iv yapaopa xivl — 'Ai^TjvaToi 0£ £v x(p O^Eötxpo) i^Eöivxat xtjv xaXyjv xau-
XYjV %ia>i bt:^ auxYjv xy;v axpoTioXiv, oG xov Atovuoov ^tiI xtjv opyifjoxpav xtöeaotv '
w(JX£ TzokXaxic, Iv a'jxoii; xiva acpaxxEo^ai xot? tlpovou, ou xov lEpo'favxr^v '/,ai
xobi aXXou? lEpeic d^d^^r] '/ai}iCetv. Eine reiche Sammlung über die Verbreitung
der Gladiatorenspiele in Griechenland findet sich bei Welcker Sylloge epigr, p. 58
und Böckh C. I. Gr. n. 2663. Die Schrift von Heyne De usu sermonis Romani
in administrandis provinciis a Romanis probato (^Comm. soc. reg. scient. Goetting.
rec. Vol. I) ist sehr ungenügend.
5) Dio Cass. 77, 9. Ulpian. Dig. 1, 5, 17.
1
— 425 —
Bevorzugung des connubium ebenfolls auf, und beginnt auch eine
verwandtschaftliche Vermischung der so lange gesonderten Theile
der Bevölkerung. Die llauptepochen der alten Geschichte werden
durch diejenigen Ereignisse bezeichnet, durch welche nach und
nach die natürlichen Schranken der ursprünglich gesonderten
Völkerstämme niedergerissen wurden, wie der peloponnesische
Krieg dem gesonderten IS'ebeneinanderbestehen des dorischen und
ionischen Stammes, Alexanders Eroberungen dem alten Gegen-
satze des Hellenenthums und des barbarischen Orientes ein Ende
ujachten. Mit der äusserlichen Vereinigung der ganzen alten Welt
unter einer Herrschaft, welche in dem ersten Jahrhundert der
Kaiserzeit vollendet war, beginnt die letzte Periode der Geschichte
der alten Welt; mit der innern Durchdringung der nun in fort-
dauernden Zusammenhang getretenen Nationalitäten schliesst die-
selbe, zugleich die Entwickelung der alten Welt vollendend, und
eine neue Epoche vorbereitend, deren Beginn dem Bewusstsein
der Zeitgenossen nicht entgangen ist i) .
1 ) Die Aufgabe der römischen Herrschaft bezeichnet schon Plin. H. N. 3,
39 : terra (^Itaiia) , — numine Deum electa , quae — spmrsa conyregaret imperia
ritusque molliret et tot populorum discordes ferasque linguas sermonis commercio
contraheret , colloquia et humanitatem homini daret, breviter una cunctai-um gen-
tium in toto orbe patria fieret. Denselben Gedanken s. bei Rutil. Nemesian. Hin.
1, 63: fecisti {Roma) patriam diversis gentibus unam etc. Claudian. de cons. Sti-
lich. 3, 154 ff. Gregorius Thaumaturg. Or. pan. in Orig. p. 17;l : oi OaUfAaaxoi
7)[jLtt)v TöJv oocpöjv v6(xoi, Ol? vjv xd TidvTwv Töjv ÜTCo T-^iv 'PoafAaioüV apyrjv d\-
UpcuTTOJv ^aTe'jiTJ'^exai TTOotYfAaxa. Als eine Vorbereitung für die Verbreitung der
christlichen Religion als der Weltreligion und den Beginn der christlichen Zeit
bezeichnen die politische und sociale Vereinigung der alten Welt schon Origenes
rontra Celsum 2, 30 : xal oa'f s; ye Sxi 7.axd xtjv A'Jyouoxou ßaoiXeiav b 'IrjaoO;
YeY^vTjxai, xou ((v' ouxax; 6vo(xdo(») 6[xaA(oot'^xo; ota »Jiiä? ßaotXeia; xou; ttoX-
Xou; xo'ji; iizi Y^ji * y^v yap «'^ d|Az6oiov xoü vefxtji^-^vai xyjv 'ItjogO otoaoxaXtav
eU Tiaoav xtjV oi-AO'j(j.£VYjv xö roXXd; eivat ßaotXeiot? %. x. X. und Prudentius con-
tra Symmach. 2, 609 ff. :
Vivitur omniyenis in partibus, liaud secus ac si
Cives conyenitos concludat moenibus unis
L'rbs patria atque omnes Lare conciLiemur avito.
instantes regione pLagae, divisaque ponto
Litora conveniunt nunc per vadimonia ad unum
Et commune forum, nunc per commercia et nrtes
Ad coetum celebrem, nunc per yeniatia fulcra
Externi ad ius connubii. Wim sanguine mixto
Texitur alternis ex gentibus una propayo.
Hoc actum est tantis successibus atque triumphis
Bomani imperii : Christo iam tunc venienli
Crede^ parata via est etc.
Verfassung der Städte des römischen Reiches.
Bei der Erörterung der äusseren politischen Stellung, welche
die Gomniunen des römischen Staates der Regierung gegentlbcr
einnahmen, haben wir in dem vorhergehenden Abschnitte bereits
die beiden Hauptclassen von Städten bezeichnet, von deren innerer
Organisation noch zu reden ist, nämlich die Städte, welche eine
der römischen anafoge Verfassung haben , die Colonien und Mu-
nicipien, und diejenigen, welche ihre frühere unrömische Verfas-
sung ganz oder theilweise bewahrten , die freien und die unter-
thänigen Provincialstädte. In Beziehung auf jede dieser beiden
Classen wird unsere Aufgabe eine verschiedene sein. Die Colo-
nien und Municipien haben seit ihrem Entstehen (S. 26 ff. 35 ff.)
eine Jahrhunderte lang dauernde Entwickelung durchgemacht, in
deren letzter Periode, der Kaiserzeit, sie nach der Beschaffenheit
unserer Quellen die deutlichste Einsicht in ihre inneren Verhält-
nisse gestatten; wir werden daher einmal diese Entwickelung
verfolgen und zweitens diese inneren Verhältnisse , wie sie sich
unter der Kaiserherrschaft gestaltet hatten, darstellen. Die unrö-
mischen Städte dagegen, von denen die Gemeinden griechischer
Bevölkerung allein bekannt sind, haben ihre Blütheperiode in vor-
römischer Zeit und befinden sich schon im ersten Jahrhundert
nach Christo in dem Zustande allmählichen Verfalles, auf welchen
namentlich die Einwirkung der römischen Regierung von Eintluss
war. Sie gehören nur insofern in den Kieis unserer Untersuchun-
gen, als dieser Einfluss in ihnen nachweisbar ist, der nach und
nach ihre Romanisirung herbeiführte.
— 427 —
Da8 römische Colonial- und Mimicipalweseu in seiner
Entwickelung ').
Colo-
lien.
men.
Die Veranderuni'en , welche sich sowohl in dem noUtischen ^^^.
Zwecke als in der gesetzlichen Form der Coloniengründung er-
kennen lassen , stehen im Zusammenhange mit der ünjgestaltung
der ganzen römischen Staatsverfassung, und wie für die letztere,
so sind auch für die ersteren drei Perioden zu unterscheiden : die
der iilteren Republik bis zu den Gracchen, die Uebergangsperiode
von den Gracchen bis auf Augustus , und die Kaiserzeit. Wenn
Velleius an der bekannten Stelle über die Colonien ( s. oben
S. 17 Anm. 1) zwei Perioden annimmt, die der Bürgercolonien
bis zum J. 654=100 und die der Militärcolonien nach diesem
Jahre, so scheidet er die beiden Ilauptformen begriifsmässig, in-
dem er beilaulig die Perioden derselben durch ein bestimmtes
Factum, die Anlegung der Colonie Eporedia trennt, ohne die
Uebergangsperiode zu berücksichtigen, welche sich sowohl für
die äussere Form der Colonieanlage als für den inneren Zweck
deiselben nachweisen lässt.
Was zuerst die äusseren Verhältnisse betrifll, so unterschei- Bnrgercoio-
den sich die sogenannten Bürgercolonien dei' ersten Periode von
den Militärcolonien der letzten nicht, wie man aus dem Namen
schliessen möchte, durch die Art der Golonisten^) — denn einer-
seits hatten auch die alten Colonien rein militjuische Zwecke
(s. oben S. 35) und dienten gleichfalls zur Versorgung ausge-
dienter Soldaten ^j , andererseits sind nicht nur die Soldaten der
1) Ueber den folgenden Abschnitt s ausser Sigonius De ant. iure Italiae
2 c. 2—5. Spanheini Or6/.s Romanus, Halle 1728 p. 44 — 58. Otto De AedUihus
coloniarum et rnunicipiorum. Zweite Ausg. Lips. 1732. 8. Trekell Antiqq, select.
Roman, llagae Com. 1744 p. 187 fl". Heyne De Romanorum pntdentia in coloniis
reyendiH in Opu.ic. acad. HI p. 79— !12. Walter Gesch. d. R. R. 1 ^217—223.
Rupert! De Coloniis Rom. in Dissertutioni della Pontificia Academia Romana di
ArcheoLogia Tom. IX , Roma 1840. 4. Schmidt Das Colonialwesen der Römer.
Progr. des Potsdamer Gymnas. 1847. Rein in Paulys Realenc. unter Colonia
und Municipium. Dumont Des Colonien Romaines in Annales des l'niversit^s de
Belyiiiue Ann/,e 1843, Bruxelles 1844. 8 S. ö22-r)8r). Die erste griindlichc Un-
tersuchung über die Hauptpuncte dieses Capitels tlndet sich in A. W. Zumpt
Commentntinnes epiyrapli. 18f>0, 4. RudorfT Feldmesser 2. 323 fl".
2) Man nimmt gewöhnlich einen dreifachen l'nterschied zwischen den alten
Bürgercolonien und den Militärcolonien an. den man 1. in den Colonisten, 2. in
den die (Kolonie ausliihrenden Behörden, 3. in dem Ritus der (iründung llndot.
Trekell p. 208 11. Rein in l'aulys RraU.iu. li S. öll. Dagegen s. Zumpt S. 442 (f.
3j Schon i'M ^MMuiiterkriege erhalten consummati militeH eine Aockorassigna-
— 428 —
Kaiserzeit Bürger ') , sondern es sind auch die Colonien dieser
Periode zur Versorgung der städtischen Plebs, wie früher, ange-
wendet worden'^) — sie unterscheiden sich (ci'iier nicht durch
den Ritus dei' Ausführung, welcher im (lanzcn unverändert blieb,
sondern ausschliesslich durch die Personen , durch w^elche die
Deduction verfügt und vollzogen wurde. Die älteren Colonien
wurden auf Antrag eines Consuls^) oder Tribunen *) , und auf
Grund eines Senalusconsultum, in welchem die Zahl der Coloni-
sten, die Landanweisung und die Behörde, welche die Anlage
ausführen sollte, bestimmt war, durch einen Volksbeschluss'»)
[lex, lex colonica)^) angeordnet, und die Wahl der Conmiission,
welcher dieser Auftrag gegeben wurde, und welche gewöhnlich
aus drei Personen [triumviri coloniae deducendae agroque divi-
dundo'') , triumviri agrarii^) j curatores-^)] , zuweilen aus fünf'<>),
sieben 11), zehn 12) ^ zwanzig 1^) Mitgliedern bestand, ebenfalls vom
Volke in Tributcomitien n) vorgenommen. Die Commission , aus
angesehenen Männern, häufig aus Consulareni^) , zusammenge-
tion. Frontin. Strateg^. 4, 3, 12. Ebenso nach der Beendigang des zweiten pu-
ni sehen Ivrieges. Liv. 31, 4. 49.
1) S. den Abschn. über das Militärwesen und Zumpt Comm. epiyr. p. 452 i.
2) So fülirte Augustus in die Colonien Epidamnus , Buthrotus , Corinthus
und Carthago nicht Soldaten, sondern togati cives. S. Zumpt a, a. 0. p. 362.
374. 376. 380.
3) Liv. 8, 16; 9, 2ß. 28.
4) Liv. 32, 29; 34, 53: tribunus pl. ex SCto tulit ad plebem, u. ö. Zuwei-
len wird nur das Senatusconsult erwähnt, Liv. 6, 16, 9, 28; 37, 46; 43, 17.
Vcllei. 1, 14, woraus nicht zu schliessen ist, dass der Antrag an das Volk un-
terlassen worden sei. Rein a. a. 0. S. 513. Dumont p. 571.
5) Trekell p. 208 ff. Dumont p. 571 ff. Beispiele s. bei Liv. 32, 29; 34,
53; 35, 40. Cic. Phil. 13, 15, 31.
6) Frontin. in Grom. Vett. ed, L. p. 24. Leyes ayrariae haben diese Geaetzc
wohl erst seit den Gracchen geheissen, S. unten.
7) Liv. 6, 21; 8, 16; 34, 53; triumviri ad coloniam deducendam creati , 4,
11; 5, 24; vgl. 9, 28; 10, 21; 21, 25; 34, 45; 39, 55. Jllviri ayro dando 3, 1.
8) Liv. 27, 21.
9) Paulus Diac. s. v. Cic, de l. ayr. 2, 7, 17: toties leyibus ayrariis cura-
tores constituti sunt, triumviri, quinqueviri, decemviri.
10) Liv. 6, 21. Grom. Vett. p. .236 Lachm. p. 239.
11) Cic. Phil. 5, 7, 21; 5, 12, 33; 6, 5, 14.
12) So in der lex des Rullus.
13) Dio Cass 38, 1. Suet. Oct. 4. Liber Coloniar. in Gromat. ed. Lachm.
p. 231, 20.
14) Cic. de l. ayr. 2, 7, 17. Wenn es heis^t, der Consul (Liv. 3, 1 u. ö.) oder
der Prätor (Liv. 10, 21 ; 34, 53 u. ö.) habe sie gewählt, so ist das nur von dem
Vorsitze bei der Wahl und der Renuntiation zu verstehen.
15) Liv. 3, 1; 8, 16; 31, 49; 32, 2.
— 429 —
setzt, empfiog durch eine lex curiata das imperium^) für die
ganze Dauer des Geschäftes, auf drei oder fünf Jahre 2), nament-
lich das Recht zu entscheiden, was als ager privatiis anzuerken-
nen oder als ager publiciis in Anspruch zu nehmen sei, und eine
ornatio an Geld, Kleidung, Unterhalt, Transportmitteln ^) und Ge-
folge, zu welchem letzteren pullarü, apparitores^ praecones, scri-
baej lihrarii, architecti und ßnüores gehörten 4). Die Mitglieder
der Commission blieben auch nach Vollendung der Deduction als
patroni der Golonie in dauernder Beziehung zu derselben''). Die
Militärcolonien der Kaiserzeit sind dagegen ohne Mitwirkung des Miutär-
Volkes durch den Imperator auf Grund seines Imperium angeord-
net , und nicht durch eine gewählte Commission , sondern durch
einen Legaten des Kaisers ausgeführt, so dass die militärische
Organisation des ganzen Beamtenwesens, welche die Monarchie
mit sich brachte, auch in diesem Zweige der Verwaltung erkenn-
bar ist^). Dieses neue Verfahren bei der Assignation der Län-
dereien ist aber ebenso wenig plötzlich entstanden, als die Monar-
chie selbst; Sulla, der als Begründer der Militärcolonien zu be-
trachten ist, Hess sich die Vollmacht zur Gründung seiner Colonien
noch durch die lex Valeria ausdrücklich übertragen"), und scheint
die Ausführung derselben einer Civilcommission überlassen zu
haben ^); Cäsar setzte in seinem ersten Consulate (695 = 59) seine
lex agraria mit Gewalt durch und Hess seine Colonien durch XXriri
deduciren '♦) ; erst während seiner Diclatur bediente er sich zur
Aeckerassignation seiner legali^ und hierin folgten ihm die Triun»-
virn des Jahres 711=43 und später die Kaiser ^<^).
1) Cir. de leg. agr. 2, 11, 28. lieber die potestaft der Commis8ion s. die
lex MnmiLia in Orom. ed. Lachm. p. 26!'): deque ea re rurdtoris , qul har lege
erit, iurmlir.tio reciperatorumque datio addictio esto.
2) Auf drei Jahre, Liv. 32, 29; 34, 53; auf fünf Jahre, Cir. de l. ngr. 2,
13, 32.
3) Plut. Ti. Gracch. 13. C. Gracch. 10.
4) Cic. de l. agr. 2, 12, 31. 13, 32.
5} Cic. pr. Sulla 21, 60. Orelli Inscr. n. 3772.
6) Kudorff Feldmesser 2, 331.
7) Appian. B. ('. 1, 99. Plut. SuWi 33: bhr^^iz^ V a-jTO) ea^Tojv aScia
Tcbv y€yov«5tojv, rpo; hi rh \i.ik'Krj-^ d;o'j3ia HavaTO'j, oir){j.e6oe(u;, x).Tjpo'jyifi»v x. t. X.
H) Zumpt Comm. epigr. p. 249, der auf die sullunisdie Zeit auoli die Stelle
dcH liber colonifirum p. 236 Larhm. bezieht: Praeneste nppidum : ager eixis o
Vviri« pro parte in iugeribuM tut (iHHignatWf.
\)) Cir. ad AU. 2, 6. 7; 9, 2'» S 1. Vellei. 2, Ai). Suet. (trt. 4. Qnintilian.
Imt. 12, 1, 16. Dio Cass. 38, 1.
10) l eher ('äsar r. Zumpt a. a. (). p. 301, ilber die Triumvirn und die Kai-
ser s. Zuuipf a. a. (). p. 444. Den hier angenommenen Unterschied befolgt auch
— 430 —
Derselbe »illmahliche Uebergang zeigt sich auch in den VerHn-
derungen, welche in der politischen Bedeutung der Colonien vor-
gingen, und durch die Erschütterung aller Besitz Verhältnisse die
gefährlichsten Krisen in dem römischen Staatsleben veranlassten.
"Wir werden diese Veränderungen nach den bezeichneten Perio-
den näher zu betrachten haben.
1. Colonien und Aeckerassignationen der alten
Colonien und R e p u b 1 i k bis ZU dcu Gracchen. Nach römischem Kriegs-
Aeckeras- '
signationen ßebrauch hörto mit der vollständigen Ueberwindung eines Volkes
der älteren *^ '-■'
Republik, dcsscu gauze Existenz auf^). Die Personen, welche der Krieg
deH)omS. verschont hatte, wurden als Sclaven verkauft oder getödtet ''^) ,
das bewegliche Eigenthum der Besiegten als Beute fortgeführt
und das Land zu der Domaine des römischen Staates {dem ager
publicus) gezogen^). Selbst die Dedition d. h. die Uebergabe
auf Gnade und Ungnade schützte nicht vor so harter Behand-
lung ^j. Nur im Falle einer Gapitulation auf bestimmte Bedin-
gungen oder durch den Abschluss eines Friedens trat ein gün-
stigeres Verhältniss ein, mit welchem jedoch ebenfalls in der
Regel eine Abtretung von Ländereien verbunden war^). Von
dem durch diese Einziehungen der Domaine zufallenden Lande
wurde der in Cultur befindliche Theil entweder sogleich zur
Anlage einer Colonie benutzt**), oder verkauft (S. oben S. 35)
oder endlich von den Censoren gegen einen Grundzins ver-
Velleius 1, 14: huic loco inserere (statui) , quae quoque tempore post Romam a
Gallis captam deducta sit colonia iussu senatus, Nam müitarium et causae et
auctores ex ipsarum praefulgent nomine.
1) Dig. 41, 1, 5 ^ 7: item quae ex hostibus capiuntur , iure gentium statim
capientium fiunt. lustit. 2, 1 § 7: item ea, quae ex hostibus capimus , iure gen-
tium statim nostra fiunt , adeo quidem, ut et Liberi homines in servitutem nostram
deducantur. Gaius 2 § 69.
2) Liv. 7, 19; 31, 27 u. ö.
3) Dig. 49, 15, 20 § 1 : publicatur enim ilLe ager, qui ex hostibus captus est.
Die Verhältnisse des ager publicus hat zuerst Niebuhr R. G. 2 S. 146 ins Klare
gebracht. Ich benutze ausserdem die Untersuchungen von Huschke Ueber die
Stelle des Varro von den Liciniern, Heidelberg 1835, 8, und Mommsen C. 1. L.
1 p. 87 ff.
4) S. iiber Numantia Appian. de reb. Hisp. 95 — 98. Vgl. Liv. 7, 27; 37,
32; 42, 8. Vgl. die Deditionsformel Liv. 1, 38: rex interrogavit : — deditisne
vos populumque Conlatinum, urbem agros aquam terminos delubra utensilia divin a
humanaque omnia in meam populique Romani dicionem? und oben S. 166.
5} Liv. 1, 15: agri parte multati. 2, 25: his — data pax, ager ademtus.
2, 41: cum Hernicis foedus ictum: agri partes duae ademtae. Andere Stellen
s. bei Zeiss Comm. de lege Thoria, Wimariae 1841 p. 5 not, 5.
6) Liv. 2, 31 : Volscis devictis Veliternus ager ademtus: Velitras coloni ab
urbe missi et colonia deducta.
— 431 —
pachtet 1;. Das zur Golonisation bestimmte Land pflegte in drei
Theile zu zerfallen, von welchen einer zur gemeinsamen Vieh-
weide gegen Erlegung einer Abgabe 2), der zweite zur Erhaltung
der Tempel, des Gottesdienstes und der öffentlichen Gebäude
bestimmt =^), der dritte aber in alter Zeit in Parzellen von zw^ei
iugera den Colonisten assignirt wurde ^). Ueber das unbebaute
Land, welches augenblicklich weder dem Staate noch dem Ein- ^oasessw.
zelnen etwas eintrug, verfügte man zu keinem der genannten
Zwecke, sondern gestattete^) vermittelst einer öffentlichen Be-
kanntmachung vorläufig (£v Toawos) die beliebige Occupation des-
1) Cic. acc. in Verr. 2, 3, 6, 13: perpaucae SiciUue civitates sunt hello a ma-
ioribus nostris suhactae : quarum ager cum esset publicus populi Romani factus,
tarnen Ulis est redditus. Is ager a censoribus locari solet. Siculus Flaccus p, 136
Lachm. : postquam. ergo maiores regiones ex hoste captae vacare coepevunt , alios
(igros diviserunt assignaverunt : alü Ha remanserunt , tit tarnen populi Romani
essent; ut est in Ficeno et in regione Reatina, in quibus regionibus montes Ro-
mani appellantur. Nam sunt populi Romani, quorum vectigal ad aerarium pertinet.
. 2 j Appiaii. B. C. 1, 7. Frontin. de contr. p. 15 L. : est et pascuorum pro-
prietas pertinens ad fundos , sed in commune , propter quod ea compascua multis
locis in Jtalia communia appellantur. p. 48: relicta sunt et multa loca , quae
reteranis data non sunt. Haec variis appellationibus per regiones nominantur : in
.Etruria communalia vocantur , quibusdam provinciis pro indiviso. Niebuhr 2
,S. 179. Rudorff Feldm. 2, 395.
3) Aggenus L'rbic. p. 18 Lachm. p. 20. 21. 23. 80. Frontiii. de contr. agr.
p. 49. 54: est alia inscriptio, quae diversa significatione videtur esse, in quo loco
inscribitur SILVA ET PASC VA aut FVNDVS SEPTICIANVS COLOMAE
AVGVSTAE CONCORDIAE. haec inscriptio videtur ad personam coloniae ipsius
pertinere. neque ullo modo abalienari posse a republica. Item ai quid in tutelam
aut templorurn publicorum aut halneorum adiungitur. p. 55. Siculus Fl. p. 157.
KudorJT Feldra. 2, 262.
4) Varro de R. R. 1, 10: bina iugera, quae a Romulo primum divisa dice-
bantur viritim : quae , quod heredem sequerentur , heredium appellarunt. Paulus
Diac. p. 53 Müll. : centuriatu^ ager in ducena iugera deßnitus, quia Romulus cen-
tenis civibus ducena iugera tribuit. Plin. A'. H. 18, 7: Bina tunc iugera populo
Romano satis erant. Siculus Flaccus p. 153 L. : antiqui agrum ex liosle captum
victori populo per bina iugera purtiti sunt. Centenis hominibus ducenlena iugera
dederunt. Hygin. de limit. p. 110. Bei Liv. 6, 36 fragen die Tribunen Sextius
und Licinius die Patricier, auderentne postulare, ut, quam bina iugera agri plebi
dividerentur , ipsis plus quingenta iugera habere liceret? Bei Liv. Ö, 21 werden
in der Colonie Anxur bina iugera agri assignirt. luvenal. 14, 161 :
Mox etiam fractis aetate ac Funica passis
Froelia vel Fyrrhum immanem gladiosque Molossos
Tandem pro multis vix iugera bina dabantur
Vulneribus.
S. Niebuhr 2 S. 54. löl. llu.schke l eher eine Stelle des Varro S. 52. Später
ftind viel grössere Landloose (aortea) von 8, 10, 20, 30, 50 iugera angewiesen
worden, kudorff Feldm. 2, 362 fl*. .Mommsen C. I. L. I, 97.
ö) In dem Gesetze «ies liullus werden vom angewiesenen Kigenthum die
AuHdrüoke publice data , usaiynata gebraucht ; von den Possessionen concessn.
Cic. de l. agr. 3, 2, 7. üeber die fundi conceaai der späteren Zeit s. Hygin. de
lim. const. p. 197 L. KudorfT Feldm. 2, 387.
— 432 —
selben gegen die Abgabe von einem Zehnten der Ernte und
einem Fünften der Baumfrüchte unter der Bedingung, dass der
Staat sich die Einziehung dieser Liindereien zu jeder Zeit vor-
l)ehielt^). Die mit Erlaubniss der Begierung occupirten Aecker
(agri occupatorii)'^^) können daher niemals, wie dies sonst nach
römischem Bechte möglich ist, durch usucapio zum Eigenthum
werden-^); für sie ist der technische Name possessio (Besitz)^),
1) Appian. B. C. 1, 7: 'Ptt)|j.aioi ty]v 'IraXiav r,oKiix(\) -/.axd [xspirj yetpou-
{xevoi, Y'^C fAspo; dXdfJ-ßavov, 7.7.I TtoXet; dvujv.iCov rj s; xa? Tiporepov o'joai xXr,-
pouyoui; aTTo atfvi-^i xaxeXeYOv • y.ai xdoe {xsv d-^rl cppoupiojv dTievoouv. tyjc 0£ •y'')?
TTJs ooprAr/jxo'j ocpiotv £'/,d(3xoxe y'Y'^'^I^^^'^*^ '^'^'^ H"-^^ d^£ipYa<J[j.£VY]v auxixa xoT?
o{7.tsO[X£vot(; £7rtoiT]'pouv , ifj Irizpao^ov , r^ ^^£[xiat}o'jv • xtjv o£ dpYov iv. xoO 7:0-
X^txo'j xoxe ouaav , yj otj -/ocl [jidXiaxa dTTX7]^'j£v , o'jx &(ovxiz, tcw oyoX-^jv ota-
Xay£Tv , ETiEXTjpuxxov dv xoowoe xoT? dft£Xouctv dxTiovelv , dzl x^/vei xwv ^xTjoituv
y.apTCwv, 0£%dx7] [X£v xöüv 07:eipo[j.^v(qv , 7:£|j.7:xyj 0£ xtöv cpuxeuo|Ji£V(ov. cuptoxo 0£
-/ai X0T5 TcpoßocxEuo'jctt xsXyj {j.£iC6vojv x£ 7.ai dXaxxovojv Cwwv. Der Zehnte, von
welchem Appian redet, ist ausschliesslich auf die possessiones zu beziehen. Die
Stelle des Plutarch. Ti. (fraccJi. 8 : 'PuiiJ-aiot x^c xcov dot\)^zi-z6soiv yajpoc? oor^v
d7r£X£[j.ovx6 7roX£|jL(ij , xt]V [j.£v ^TriTrpaoxov , xr,v ol rotou{j.£vot OYjtxooiav IBioooav
v^{j.£oi}at xoT? dxxrj|i.oai xal dzopot; xcöv tioXixwv , aTiocpopdv ou ttoXXyjv eh; x6
ÖYjfAoatov xeXoOgiv. 'Ap^ajA^Noav o£ xwv TcXouottov UTtEpßdXXstv xd? dTiöcpopd? rai
xo'jc TTEVTjxa? ^^EXauvövxojv , ^YPO'?'^ '^o[j.o;, o-jv. dwv TiX£i^pa Y'^C ^yetv rXetovot
7:£vxa"/.oaiajv scheint am einfachsten auf die verpachteten Staatsländereieii zu
beziehen, obwohl sie sehr verschieden gedeutet wird. S. Niebuhr a. a. 0. S. 150
— 160 und dagegen Huschke lieber eine Stelle des Varro von den Liciniern.
Heidelb. 1835. 8 S. 8.
2) Siculus Flaccus in Grom. Vett. ed. Lachm. p. 138: occupatorii autem di-
cuntur agri ^ quos quidam arcifinales vocant — quibus agris victor populus occu-
pando nomen dedit. Bellis enim gestis victores populi terras omnes , ex quibun
victos eiecerunt, publicavere, atque universaliter terrüorium dixerunt, intra quos fines
ius dicendi esset. Deinde ut quisque virtute colendi quid occupavit, arcendo vicirmm
arcifinalem dixit. Horum ergo agrorum nullum est aes, nulla forma, quae publicae
fidei possessoribus testimonium reddat ; quoniam non ex mensuris actis unusquisque
modum accepit, sed quod aut excoluit aut in spem colendi occupavit. Frontin. de
agr. quäl. p. 5 ibid.: ager est arcifinius, qui nulla mensura contirhetur. Finitur
secundum antiquam observationem, fluminibus, fossis, montibus — et si qua loca
a vetere possessore potuerunt optineri. Ueber den Unterschied der agri occupatorii
nnd arcifinales s. Rudorff, Feldm. 2, 311.
3) Frontin. de contr. agr. p. 50. Agennius p. 82: iuris periti — negant.
illud solum , quod solum populi Bomani coepit esse , ullo modo usu capi a quo-
quam mortalium posse. Et est verissimum, und die Hauptstelle Cic. de l.
agr. 3, 3.
4) Festus s. v. p. 233 M. : possessio est, ut definit Gallius Aelius, usus
quidam agri aut aedifici, non ipse fundus aut ager. p, 241 : possessiones appellantur
agri late patentes , publici privatique . qui non mancipatione, sed usu tenebantur,
et ut quisque occupaverat, possidebat. Isidor. Origg. 15, 13, 3: possessiones sunt
agri late patentes publici privatique, quos initio non mancipatione, sed quisque ut
potuit, occupavit atque possedit, unde et nuncupati. Ia.\oleuus Digest. 50,16,115:
possessio ab agro iuris proprietate distal. Quicquid enim, apprehendimus , cuius
proprietas ad nos non pertinet aut nee polest pertinere, hoc possessionem appella-
mus. Possessio ergo usus, ager proprietas loci est. Liv. 2, 41 : agri aliquantum,
quem publicum possideri a privatis criminabatur. 2, 61 : possessores publici agri.
3, 1 ; 4, 36. 51 : desiderium agrariae legis, quae poesesso per iniuriam agro publico
— 433 —
während die assignirten Aecker Eigenthum (hei^edium) des Colo-
nisten werden ^) . Die Occupation wurde anfangs ausschliesslich
von Patriciern ausgeübt 2), nicht sowohl aus einem rechtlichen
Grunde'^), als weil die Urbarmachung des Landes einen Auf-
wand von Inventarium und Menschenkräften erforderte, über
weichen die Patricier allein verfügten, indem sie in alter Zeit
ihre dienten auf den Possessionen ansiedelten 4) . Die Folge da-
von war, dass, seitdem die Patricier, welche die Gewalt in
Händen hatten, sich der gesetzmässigen Abgabe entzogen^),
dem Staate eine wesentliche Einnahme verloren ging, während
die ärmeren Plebejer für alle Zeit die Hoffnung auf Theilnahme
an den durch ihre Mitwirkung dem Staate erworbenen Lände-
reien um so mehr aufgeben mussten, als die Possessionen zwar
ohne die Formen des strengen Rechtes, aber doch nach einem
sich allmählich bildenden Gewohnheitsrechte, welches der Prätor in
den possessorischen Interdicten in Schutz nahm^), durch Verer-
patres pellebat. 53: si iniusti domini possessione ngri puhlici cederent. 6, 5. 14.
epit. 58. Florus 2, 1 (3, 13). Cic. de off. 2, 22, 78. Digest. 21, 2, 11. Ueber den
Begriff der possessio handelt ausführlich Huschke Ueber die Stelle des Varro von
den Liciniern S. 75 ff.
1) S. Seite 432 Anm. 4. Dieser als Eigenthum angehörige Acker heisst im
Gegensatz zur possessio ager oder ager privatus.
2) Llv. 2, 41 ; 4, 48. 51; 6, 14. Dionys. 8, 70. 73. 74; 10, 32. 37.
3) Nach Niebuhr und Walter erhielten die Plebejer erst durch die lex Li-
cinia Antheil an den possessiones , wogegen Huschke a. a. 0. S. 13, da es an
jedem Beweise für diese Ansicht fehlt , sich mit Recht erklärt. Vgl. denselben
S. 74 ff. Allerdings nahmen die Patricier ein Recht an den Possessionen in An-
spruch, wie namentlich hervorgeht aus Nonius s. v. plebitas : — quicunque
propter plebitatem agro publica eiecti sunt, und aus Liv. 4, 48 : cum rogationem
promulgnssent (tribuni), ut ager ex hosiibus raptus viriti mdivideretur, ir>agnaeque
partis nobilium eo plebiscito publicarentur fortunae {nee enini ferme quicquam agri,
ut in urbe alieno solo posita , non armis partum erat., nee quod venisset assigna-
tumve publice esset praeterquam plebs habebat), atrox plebi patribusque propositum
videbatu/r certamen. Allein die Plebejer gestanden ihnen dies Recht nicht zu, sie
verlangten, dass die iniusti domini possessione agri publici cederent (Liv. 4, 53, 6)
und klagten, nobiles homines in possessionem agri publici grassari, Liv, 6, 5.
A) Hierauf bezieht Niebuhr S. 167 die Stelle des Festus p. 246 Müll.: \patfe$
dicti sunt quia\ agronim partes ad\tribuerant tenuioribus\ perinde ac liberis.
5j Liv. 4, 36. Dionys. 8, 74. Später aber ist jeder ager publicum wieder
vectiyalis. Als der Staat die im zweiten punisrhen Kriege gemachte Anleihe in
Land zurückzahlt, heisat es Liv. 31, 13: consuUs agros aestimaturos et in
iugera asses vectigales , testandi causa publicum agrum esse , imposituros ; ut, si
quis, quum solvere posset populus , pecuniam habere , r/wam agrum , maltet , resti-
tueret agrum populo.
6) Aeliiis (ralliiH bei Festus p. 233 Müll. : itaijue in legitimis actionibua nemo
ex iure Qairitium ponaessifjnem suam vocare audet , sed ad interdictum venit , ut
praetor his verbin utatnr : uti nunc poasidetis eum fundum , quo de ayitur , quod
nee vi nee dam ner precario alter ab altern posnidetis , \uti\ ita possideatis; ad-
Rönj. Alterth. IV. «28
— 434 —
hung, Schenkung, Verkauf oder Verschuldung in andere Hände
übergingen, und somit für den augenblicklichen Besitzer, wenn
sie eingezogen wurden , einen harten Verlust veranlassten ^) .
Nichtsdestoweniger blieb das Recht des Staates die Possessionen
entweder zum Besten des Aerars zu verkaufen 2), oder durch
Assignation in Privateigenthum zu verwandeln, unbestritten. Was
aber den letzten Fall betrifft, so ist in der Periode vor den Grac-
de"*viritani? ^^''^" zwischcu einer Colonieausführung und einer Ackeranvvei-
'»aüon und" ^^"8 ciu Wesentlicher Unterschied nicht zwar der Form nach —
ausSrung" ^^"^ auch die assignaUo agrorum geschah in Folge einer lex
durch Illvirij Vviri, Xviri agris clandis assignandis'^)^ wohl aber
dem Wesen nach. Die Colonien, in eben erobertes Land geführt,
um zum militärischen Schutze desselben zu dienen, erfüllten
einen politischen Zweck, ohne den Besitz der possessores zu er-
versus ea vim fieri veto. Niebuhr 2 S. 168 f. Huschke S. 93 if. Frontin. de contr.
p. 16 L. : de possessione controversia est, de qua ad interdictum [hoc est iure or-
dinario] litigatur. cf, p. 44. 49,
1) Wir kennen diese Verhältnisse, welche übrigens unverändert blieben, nur
aus späterer Zeit. Bei Appian B. C. 1, 10 führen die possessores an, was sie an
die Ländereien gewendet haben : rcpoucpepov toi? TievTQCtv dp^^aia Te IpY« sauTtüv
xat cpuxd 7,a\ oixooofxla? • %a\ xtpLYjv evtot 0£00jj,£vy]v -^eiroaiv — -/.ai Siatpsaeic
^7rt Tot; xX-rjpoi? tu? Traxpiuoi? * oi 8s xal Tipoixa? •^u^^ai'/.öi'^ Ic, raOta dvY,XtüiJLS-
va? * oaveicjxat xe /p^a xal xauxYj? STreSeixvuov. Florus 2, 1 (3, 13): relictas sibi
a maioribus sedes aetate, quasi hereditario iure, possidebant. Cic. de off. 2, 22, 79 :
quam autem habet aequitatem , ut agrum , multis annis aut etiam seculis posses-
sum, qui nullum habuit , habeat , qui autem habuit, amittat? 23, 83: quid ita?
ut, quum ego emerim, aedificarim, tuear , impendam , tu me invito fruare meo?
de l. agr. 2, 21, 57: qui agrum Recentoricum possident , vetustate possessionis
3€ , non iure , misericordia senatus , non agri conditione defendunt. Nam illum
agrum publicum esse fatentur : se moveri possessionibus, amicissimis sedibus ac diis
penatibus, negant operiere.
2) Vom J. 205 sagt Liv. 28, 46: et quia pecunia ad bellum deerat, agri
Campani regionem , a fossa Graeca ad mare versam , vendere quaestores iussi.
Orosius 5, 18 : eodem anno loca publica , quae in circuitu Capitolii pontipcibus,
auguribus, decemviris et flaminibus in possessionem tradita erant , cogente inopia
vendita sunt. Cic. de l. agr. 2, 14, 36 : loca publica urbis, — sacella — mons
Gaurus, — salicta ad Mintumas — • permulta alia , quae senatus propter angu-
stias aerarii vendenda censuit, consules propter invidiam non vendiderunt. Liv.
31, 13, 5. Als im J. 554 = 200 der dritte Termin der Anleihe aus dem hanni-
balischen Kriege abgetragen werden sollte und es an Geld fehlte , beschloss der
Senat, ut , quoniam magna pars eorum (der Gläubiger) agros vulgo venales esse
diceret et sibimet emptis opus esse, agri publici, qui intra quinquagesimum lapidem
esset, copia iis fieret; consules agrum aestimaturos et in iugera asses vectigal,
testandi causa, publicum, agrum esse, imposituros , ut, si quis, quum solvere posset
populus, pecuniam habere quam agrum mallet , restitueret agrum populo. Diese
Aecker in der nächsten Nähe Roms mussten-, wie Niebuhr 2, 164 bemerkt, alle
im Besitz römischer Bürger sein. Aus der Kaiserzeit finden sich Beispiele solcher
Einziehungen bei Agennius Urbicus p. 81 Lachm. Paulus Digest. 21, 2, 11.
3) Cic. de leg. agr. 2, 7, 17; 2, 12, 31. Liv. 3, 1, 6 u. ö.
— 435 —
schüttern; sie bestanden in ältester Zeit, d. h. vor Servius Tul-
lius, ausschliesslich aus Patriciern, später aus Bürgern der Cen-
susclassen, welche als solche dienstfähig, und zugleich bemittelt
genug waren, um die Kosten der Einrichtung in ihrem neuen
Wohnsitze zu tragen i); die Aeckerassignationen dagegen waren
eine reine largüio, deren Ursprung schon der ältesten Königszeit
angehört. Damals nämlich wurde das eroberte Land viritim
unter sämmtliche Bürger vertheilt und aus dieser Vertheilung
war das Grundeigenthum der patricischen Familien entstanden 2).
Denselben Anspruch auf Anweisung des eroberten Landes erho-
ben später die Plebejer, und ihr Anspruch wurde zuerst durch
die lex agraria des Sp. Cassius 268 = 486 3), sodann, um nur
einige der späteren Fälle anzuführen*), durch die lex der Tri-
bunen Sp. Maecilius und M. Motilius von 338 = 416, ut ager ex
hostibus captus viritim divideretur ^) j ferner nach der Eroberung
von Veii 361=393«), nach der Vertreibung des Pyrrhus aus
Italien 480 = 274 7), im Jahre 522 = 232 durch die lex Flami-
nia agraria^] j zuletzt durch die lex Sempronia durchgesetzt.
Den heftigsten Widerstand leisteten ihm indessen die possessores^
deren ganzen Besitzstand er gefährdete 9) , und den Patriciern,
wie später der Nobilität galt jede lex agraria als eine revolu-
tionäre Maassregel, der mit allen Mitteln entgegenzutreten ihnen
die Selbsterhaltung zur Pflicht machte i^). Während der Plebs
eine Assignation in der Nähe Roms viel erwünschter war^i), als
1) Vgl. Dumont p. 547.
2) Cic. de rep. 2, 14, 26 : (Numa) agroa, quos hello Romulus ceperat, divi-
$it viritim civibua. A^arro de R. R. 1, 10 und bei Nonius p. 43. Schwegler Rom.
Gesch. 2 S. 456 Anm. 1.
3) Liv. 2, 41. Dionys. 8, 72. 73. Er beantragte, ty]v ÖYjfxooiav y^jv t^^t'
4) Vollständig findet man dieselben behandelt bei Mommsen C. I. L. 1 p. 88.
5) Liv. 4, 48.
6) Liv. 5, 30, 8.
7) Columella 1 pr. 14. Schwegler.
8J Cic. Brut. 14, 57. Cato mai. 4, 11. Val. Max. 5, 4, 5.
9) Cic. de U(j. agr. 2, 26, 68: qwum erat a tribuno plebis mentio legis
agrariue facta , continuo , qui agros publicos aut qui possessiones invidiosas tene-
bant, pertimencebant. Liv, 4, 48: cum rogationem promulgassent , ut ager ex ho-
stibus captus viritim divideretur , magruieque partis riobilium eo ptebiscito publica-
rentur foriunae — nee enim ferme quicquam agri ut in urbe alieno solo posita
non annis partum erat, nee quod venisset adsigruitumve publice esset praeterquam
plebs habebat — atrox plehi patribusque propositum videbatur certamen,
10) Liv. 2, 41 : tum primum lex agraria promulgaia est, nunquam deinde ad
hanc memoriam sine maximis motibus rerum agitata.
11) Liv. 3, 1 ; 5, 24.
2ö*
— 436 —
die Ansiedelung in einer fernen und den beständigen Angriffen
der kaum beruhigten Umwohner ausgesetzten Colonie, so pflegte
der Senat den dringenden Forderungen der Menge gegenüber die
Gründung einer Colonie als das einzige Mittel in Anwendung zu
bringen, um den Besitzstand der possessores zu retten ^j. Das
Fortdauer bekannte Gesetz des C. Licinius (377 = 377) de modo aqrorum,
der posses- ' ' a '
siones. ne quis plus quingenta iugera possideref^) wurde von Anfang an
durch simulirte Schenkungen oder durch fiducia cum amico con-
tracf.a umgangen ^j, und es erhielten sich nicht nur die Posses-
sionen bis zu den Gracchen, sondern sie vergrösserten sich durch
immer erneute Occupation *), nur mit dem Unterschiede, dass
statt der Patricier und dienten die Reichen aus Rom und den
Municipien^) mit ihren zahlreichen Sclaven dieselben bewirth-
schafteten. Dazu kam, dass die bäuerlichen Eigenthümer, durch
anhaltenden Kriegsdienst von ihren Höfen entfernt, und die Be-
1) Liv. 2, 48; 3, 1: Antium — coloniam deduci posse: ita sine querelis
possessorum plebem in agros ituram, civitatem in concordia fore. 4, 51; 5, 24.
Dass man in Colonien ungern ging, ist oben S. 35 Anm. 7 nachgewiesen worden.
2) Liv. 6, 35. Varro de re rust. 1, 2 § 9; Niebuhr und Walter bezie-
hen dies Gesetz auf die possessiones ausschliesslich. Huschke Ueber eine Stelle
des Varro S. 4 ff. ,,auf allen Grundbesitz, mochte er Eigenthum oder blos-
ser Besitz sein , wobei aber allerdings den bestehenden Verhältnissen gemäss
sein (des Licinius) Hauptaugenmerk auf die patricischen possessiones gerichtet
war." Die Ansicht von Puchta Instit. 1 § 57, dass die lex Licinia sich nur auf
Privateigenthum, nicht auf Possessionen bezogen habe, ist unhaltbar, nicht nur
wegen des Ausdrucks possidere , den Liv. 6, 35; 7, 16; 10, 13. Plin. N, H.
18 § 17 von diesen Aeckern brauchen, — denn dieser kommt, wie Huschke be-
merkt, auch von Privateigenthum vor — sondern weil Liv. 6, 37 von agris oc-
cupatis, c. 39 von iniustis possessoribus redet , Plinius gradezu agri arcifinales
(s. S. 432 Anm. 2). bezeichnet (nee e latifundiis singulorum contingebat arcentium
virinos quippe etiam lege Stolonis Licinii incluso modo quingentorum iugerum),
und die Hauptstelle Appian. B. C. 1, 8 f. ihrem Zusammenhange nach ganz
gegen diese Erklärung spricht. Das Material über diese Frage findet man bei
Huschke,
3) Appian. B. C. 1, 8: t'?]v -(yp ii tcj? ofxeioo? iTzl oTToxpioei BtlvefAOv.
Licinius selbst war schon nach seinem eigenen Gesetze verurtheilt worden, quod
mille iugerum agri cum filio possideret, emancipandoque filium fraudem legi fecis-
set, Liv. 7, 16.
4) Ager publicus gab es in ganz Italien, in Samnium und Apulien (Liv. 31,
4; 4Ü, 38); intra quinquagesimum lapidem (Liv. 31, 13); in Campanien : Liv.
42, 1: senatui placuit , L. Postumium consulem ad agrum publicum a privato
terminandum in Campaniam ire , euius ingentem modum possidere privates , pau-
latim proferendo fines , constabat. Dieser ager publicus wurde darauf von den
Censoren verpachtet, c. 19. Die Ocoupation auf ager publicus dauerte noch unter
den Kaisern fort. Frontin. de contr. agr. p. 56 L. : in Italia auiem densitas
possessorum multum improhe facit et lucos sacros occupat, quorum solum indubi-
tate populi Rom.ani est, etiamsi in finibus coloniarum aut municipiorum. Vgl.
p. 55. 57. Hygin. d. gen. c. p. 133.
5) Appian. B. C. 1, 36.
— 437 —
Stellung ihres Landes zu vernachlässigen gezwungen, durch die
Erhaltung ihrer Familie und die auf ihnen lastenden Abgaben
erdrückt, verschuldeten, und von Haus und Hof kamen i], in
w^elchem Falle die benachbarten grossen Besitzer diese Höfe zu-
sammenkauften 2). Es kam sogar vor, dass dieselben in Abwe- ?°*f*®!l""8
' " ' der latijun-
senheit der Bauern mit List oder Gewalt die Bauerhöfe an sich ^''^•
rissen, wogegen dann allerdings eine Klage möglich war 3). Die
Entstehung ausgedehnter Gtitercomplexe [latifundia] vernichtete
nicht nur das Princip des römischen Landbaus*), auf welchem
der allgemeine Wohlstand des Volkes und die unerschöpflichen
Mittel des alten Italien gegründet waren ^) , sondern vor allem
bewirkte den Ruin des Bauerstandes die Bewirthschaftung durch
Sclaven, deren man sich bediente, weil sie vom Kriegsdienst frei
1) Appian. B. C. 1, 7—9. Plut. Ti. Gracch. 8. 9. Florus 2, 1 (3, 13). Liv.
ep. 58.
2) Der technische Ausdruck ist continuare agros. Cic. de l. agr. 3, 4, 14.
Fiontin. de contr. agr. p. 44 L. *
3) Appian. 1, 7, und über die auch später fortdauernden Uebelstände die
von Huschke S. 76 angeführten Stellen. Sali. lug. 41: interea parentes aut parvi
liberi militum, ut quisque potentiori confinis erat, sedibus pellebantur. Hist. fragm.
41, 25 Dietsch : — nisi maneat expulsa agris plebes. Quintil. Declam. 13: nee
ab initio, iudices, vicinus divitis fui, pares circa me habitavere domini et frequen-
tibus villis Concors vicinia parvos limites coluit. Quod cives pascebat, nunc divitis
unius hortus est. Postquam proximos quosque repeilendo terminos ager locupletis
latius inundavit : aequatae solo villae et excisa patria sacra et cum eoniugibus
parvisque liberis respectantes patrium Larem migraverunt veteres coloni , et latae
solitudinis indiscreta unitas facta est. Seneca ep. 90: licet agros agris adiiciat,
vicinum vel pretio pellat aeris vel iniuria, licet in provinciarum spatium rura di-
latet. Vgl. Lucan. 1, 167 ff. Seneca de benef. 7, 10. Horat. O. 2, 18, 24. Hie-
durch erklärt sich, wie in den S. 432 A. 4 angeführten Definitionen der possessio-
nes agri privati erwähnt und in dem prätorischen Interdict ( S. 433 A. 6) nur
diejenigen possessiones in Schutz genommen werden, welche nee vi nee clam nee
precario besessen werden.
4) Plin. .V. //. 18, 35 : modum agri inprimis servandum antiqui putavere ;
quippe ita censebant, satius esse minus serere et melius arare, qua in sententia et
Virgilium fuisse video. Verumque confitentibus latifundia perdidere Jtaliam. Co-
lumella d« ß. B. 1, 3 § 8. 9: nos ad cetera praecepta illud adiicimus, quod sa-
piens unus de Septem in perpetuum posteritati pronuntiavit . adhibendum modum
mensuramqut rebus ; idque ut non solum aliud acturis sed et agrum paraturis
dictum intelligatur , ne maiorem, quam ratio calculorum patiatur . emere velint.
ISam huc pertinet praeclaru nostri poetae i*ententia : Laudato ingentia rura . exi-
yuum coiito. Quod vir eruditissimus, ut mea fert opinio, traditum vetus praeceptum
numeris signavit. Quippe acutissimam gentem Poenos dixisse convenit, imbecillio-
rem agrum quam agricolam esse debere , quoniam, cum sit coUurtandum cum eo,
si fundus praevaleat, allidi dominum; nee dubium, quin minus reddat laxus ager
non rede cultus, quam auyustua eximie. Siculus Flaccus in Grom. Vett. ed. Lachm.
p. 136.
5) Schon Pliii. N. H. 18, 15 schreibt es den Latifundien zu, dass, wäh-
rend in alter Zeit Italien hinreichend Getreide prodncirte, es später ganz auf die
Einfuhr aus den Provinzen angewiesen war.
— 438 —
waren, deren ins Ungeheure zunehmende Masse aber nicht nur
eine im sicilischen Sclavenkriege (135 — 132) in ihrer Furchtbar-
keit bereits einmal zur Erscheinung gekommene Gefahr für die
Folge befürchten liess, sondern auch eine Verminderung der
kriogsfahigen freien Mannschaft in Italien in Aussicht stellte. In
diese Verhältnisse griff die Gesetzgebung der Gracchen ein.
Coionien g. Colouien und Aeckerassiünationen von den
nndAssigna- ^
s*eit"den ^^'^cchen bis auf Augustus. Mit der vollständigen Unter-
Gracchen. vvcrfung Italiens wäre das Institut der Coionien, weil sein Zweck
erfüllt war, antiquirt worden, wenn ihm nicht eine neue Be-
stimmung durch die Gracchen und ihre Nachfolger zu Theil ge-
worden wäre. Der Plan der Gracchen, vermittelst einer durch-
ereifenden, jährlich fortgesetzten Landvertheilung an die städtische
Plebs dem untergehenden italischen Bauernstande aufzuhelfen,
konnte durch vereinzelte Assignationen nicht zur Ausführung
kommen ; es war nöthig, Massen von Ansiedlern dem Ackerbau
zuzuführen, und dies erreichte Gracchus, indem er, die Zwecke
der Aeckerassignation und der Colonisation identificirend, auch
die Coionien zur blossen Versorgung bedürftiger Bürger bestimmte.
Dies ist die Haupt Veränderung, welche in dem Wesen der römi-
schen Coionien eingetreten, und in welcher zugleich der Ursprung
der späteren Militärcolonien involvirt ist. Denn so lange die
Aushebung der Soldaten nach den Censusclassen stattfand, und
die capite censi vom Dienste frei waren, durfte höchstens von
einer ausnahmsweisen Belohnung, nicht aber von einer regel-
mässigen Versorgung der entlassenen Soldaten die Bede sein, da
dieselben als locupletes irgend ein Vermögen, und zwar gewöhn-
lich Landbesitz hatten; seitdem aber zuerst von Marius, später
von Sulla ohne Bücksicht auf die Classen capite censi in die
Heere aufgenommen waren i) , entstand nach Beendigung des er-
sten Bürgerkrieges eine eigene Classe von Proletariern aus den
entlassenen Soldaten, welche nur durch den besondern Anspruch,
den sie auf sofortige Versorgung hatte, und wegen der Gefahr,
welche sie ohne dieselbe dem Staate verursacht haben würde,
unter den versorgungsbedürftigen Bürgern bevorzugt erschien,
ohne dass sie ein ausschliessliches Privilegium auf die Aecker-
assignation für die Zukunft erlangt hätte. Vielmehr kamen bis
1) Sallust. lug. 86. Plutarch. Mar. 9. Val. Max. 2, 3, 1. Gell. 16, 10.
S. das Nähere in dem Abschnitt über das Müitärwesen.
— 439 —
in die Kaiserzeit hinein neben den Veteranen fortwährend die
besitzlosen Städter mit in Betracht, so dass die Militärcolonien
in Betreff der Colonisten von den gracchanischen nicht specifisch
unterschieden, sondern nur als eine besondere Gattung von Ver-
sorgungscolonien zu betrachten sind. Das Verhältniss, in wel-
chem die Assignationen dieser Periode zu den possessioiies stehen,
ist ebenfalls ein wesentlich anderes. In der ersten Periode lag
der Antrieb zu dem Verlangen nach einer Aeckerverlheilung in
einem rechtlichen Anspruch , den die Plebejer , abgesehen von
etwaiger Bedürftigkeit auf die rechtswidrig occupirten Ländereien
erhoben ; in der zweiten, worin es nur darauf ankam, der Noth
abzuhelfen , und der Widerstand der in ihrem Besitze immer
fester gewordenen Beichen als ein unüberwindliches Hinderniss
jeder gegen sie gerichteten Bogalion entgegentrat, nahm man von
den possessiones immer mehr Abstand, und griff zu andern Mit-
teln, welche zuerst für den Staat, zuletzt auch für den gesamm-
ten Privatbesitz die verderblichsten Folgen herbeiführten. Eine
Anschauung hievon wird aus der folgenden kurzen Zusammen-
stellung der agrarischen Gesetze bis auf Augustus zu gewinnen
sein 1) .
Das Gesetz des Ti. Gracchus war noch vorzuesweise, doch ^^^ Sempro-
^ ' ma agraria.
nicht ausschliesslich gegen die possessiones gerichtet; es be-
schränkte dieselben nach Vorgang des licinischen auf 500 iugeray
gestattete aber ausserdem für jeden Haussohn 250 iugera und
gewährte für die eingezogenen Stücke zum erstenmal eine Ent-
schädigung. Fernere Occupationen der Domaine scheint das
Gesetz verboten zu haben; denn obgleich sie auch später noch
vorkommen, werden sie doch als ungesetzlich bezeichnet 2). Das
öffentliche Land von dem Privateigenthum zu scheiden und den
über das bestimmte Maass hinausgehenden Mehrbesitz dem Staate
zu vindiciren wurde einer jährlich zu ernennenden Commission
von drei Personen übertragen"*). Sowohl das auf diese Weise
1) S. über dieselben Rudorff in Zeitschr. für gesch. Kechtswiss. X, 1 S. 24
—43 und Köm. Kechtsgeschichte 1 § 16- Kngelbregt De legibus ayr. ante Grac-
choa, Lugd. Bat, 1842. 8, Ant, Mace Hiatoire de la proprUt^, du domaine public
et dea loia agrairea chez lea Komaina, Paris 1851. 8. Zunipt Comm. epiyr. I, 205
— 343, Mommsen Berichte der sächs. Gebellsch, der Wiss. Ph. hist. Cl. 1850
S. 89—101 und ('. I. L. I p. 75—103.
2) Mommsen C. I. L. I p. 87. Appian. tt. C. 1, 36. Cic. de or. 2, 70, 284.
3) Liv. epit. 58. Aiirel. Vict. de vir. illuatr. 64. Appian. B. C. 1, 9. Cic.
pr. Seat. 48, 103. Plut. Ti. Uracch. 8—14. Cic. de l. agr. 2, 12, 31. VeUei. 2, 2.
gewonnene Land als aller verpachtete ager publicus mit Aus-
nahme einiger dem Staate unentbehrlicher Domainen, wozu na-
mentlich das Gebiet von Capua und das stellatische Feld bei
Gales gehörte^), wurde zur Assignation bestimmt, jedoch unter
der zweifachen Bedingung, dass von den Ackerloosen eine Ab-
gabe gezahlt'^) und dass dieselben unveräusserlich sein sollten^;.
Durch die gesetzliche Sicherung für die concedirte, und die Ent-
schädigung ftir die abgenommene possessio sollten die possessores
befriedigt, durch die neue Abgabe das Aerarium für den Verlust
der Domaine schadlos gehalten und durch das Verkaufsverbot
das Entstehen neuer Latifundien verhindert werden. Auf Golo-
nieanlagen bezog sich die Rogation des Ti. Gracchus nicht, son-
dern erst im J. 631=123 beantragte der Tribun Rubrius die
Ausführung einer Colonie nach Carthago*), im folgenden Jahre
C. Gracchus selbst die Gründung zweier Colonien in Italien,
nämlich in Tarent und Capua''), allein weder die Assignationen
des Tiberius noch die Golonieanlagen des Gaius erreichten dem
Widerstände des Senates gegenüber ihren Zweck. Dem G. Grac-
chus trat auf Veranlassung des Senates sofort sein Gollege im
LexLivia. Tribunat des Jahres 632 = 122, der ältere M. Drusus entgegen ^j,
indem er, die sempronischen Rogationen überbietend, den An-
trag stellte, einerseits den auf die von Ti. Gracchus assignirten
Ländereien gelegten Erbzins aufzuheben'), andererseits statt der
zwei von G. Gracchus beabsichtigten Golonien zwölf in Italien
zu gründen und dadurch 36,000 Bürger zu versorgen, einen An-
trag, der nur bezweckte, dem Gracchus die Volksgunst zu ent-
ziehen 8) , zur Verwirklichung aber niemals gelangt ist. Denn
wirklich sind Golonien in Folge der genannten Rogationen nur
ausgeführt nach Scylacium^), Tarent und Garthago, aber Tarent
hat niemals die Verfassung einer römischen Golonie gehabt, son-
1) Cic. de l. agr. 2 c. 29—32.
2) Plut. C. Gracch. 9.
3) Appian. B. C. 1, 10. 27.
4) Plut. C. Gracch. 10. 11. 14. Appian. B. C. 1 , 24. Fun. 136. Vell.
1, 15. Mommsen C. I. L. I p. 96.
5) Plut. C. Gracch. 8. Mommsen a. a. 0. p. 87.
6) Plut. C. Gracch. 9. 10. Appian. B. C. 1, 23.
7} Plut. C. Gracch. 9.
8) Appian. B. C. 1, 23.
9) Velleius 1, 15. Da diese als Gracchische Colonie ni ht erwähnt wird, so
ist sie vielleicht für eine der Colonien des Drusus zu halten. Mommsen C. I. L.
I, 87b.
— 441 —
dern ist eine griechische Stadt geblieben i), was seinen Grund
nur in einer besonderen Maassregel des Senates haben kann, die
Colonie Carthago aber wurde schon 633 = 12'! dur-ch ein Gesetz
des Tribunen Minucius Rufus wieder aufgehoben 2) . Nach dem
Tode des C. Gracchus wurde sodann der übrige Theil der sem-
pronischen Anordnungen durch drei Gesetze beseitigt^), von de-
nen das erste, dessen Roeator nicht genannt wird, im J. 633= ^exujiraHa
IOC 7 V. 033=121.
121 die Unveräusserlichkeit der assignirten Ländereien abstellte
und den Besitzern den Verkauf derselben gestattete, das zweite,
die lex Thoria^) des Jahres 635 oder 636 = 119 oder 118, ^\\e ler. Thoria.
Ackerassignationen für die Zukunft untersagte,, die bis dahin
noch in Wirksamkeit gebliebenen triumviri agris dandis assig-
jiandis abschafite , und den alten possessores ihren Landbesitz
unter der Bedingung bestätigte, dass dieselben eine Abgabe von
demselben zahlen sollten , deren Ertrag zur Vertheilung unter
die bedürftigen Bürger bestimmt wurde; das dritte, im J. 643 = ^^^/^»<''»«
111 vielleicht von dem Tribunen C. Baebius^) rogirte, uns noch
erhaltene Gesetz aber auch diese Abgabe schliesshch aufhob ö).
1) Cic. pro Arch. 3, 5. Plin. N. H. 3, 92. Zumpt Comm. ep. I, 392.
Momnisen a. a. 0.
2) S. oben Seite 315.
3) Appian. B. C. 1, 27: -/ai -^ otocgi; t) to-j oeuxspou Fpaxyo'j ii xaSe
tKTf^e. vofxot; xe ou iroA-j ucxepov ^xuptt)i}Yj, xr^v -^-^v, UTtep fjc otecpepovxo, i^eisai
TttTrpdoTteiv xoi«; eyo'jaiv • aTreipTjxo Y^p ^"^ Fpaxyo'j xoü 7:pox£pou xoti x6oe. xal
e'jftu; oi TiXouoiot rapa xör; TrevTjxojv dtuvoDvxo, r] xai?0£ toliq. Trpocpaceoiv dßia-
CovTO. xai Ttepifiv ii yeipov exi xoTc: 7r£v7jat, (Jt£/pt ^r^oüpioi 0öpio<; (so ist mit
Pighius statt Br>p'.o; zu schreiben) 07]|j.0Lpyd)V £(;rjTjOaxo vofxo^; , xfjv |jLev -{ip
(ATjxext otavc(>,etv, dXX' Eivai xä>v dyovxoj^, y.at cpopou; Ozep aux^c xoj o-rjfxo) xaxa-
xiüsoftat, X7.1 xdoe xa ypTj[j,axa ywpsTv d; otavofxai; " OTrep tjv |j.£v xi; xoi; itdv/joi
•/axT^Y^pi''^ > ^td "^a; otcivojAd; • o'^£Xo? 5' ouoev d; zoXuzXtjOiciv. 'ATia^ 0£ xoi;
oocpisjxaot xor;0£ xoO I'paryeto'j vofxou TrapctX'ji^Evxoc — xal xou; cpopou; ou ttoXIj
üorepov liiX'jae o-fjfxapyo; ?x£po? ' xal 6 ofj[j.o; di^pouy; drdvxwv i^£TztTZTVi%zi.
Die richtige Auffassung dieser vielbesprochenen Stelle ist das Verdienst Momm-
sens , der darüber an den angeführten Orten, namentlich C. I. L. I p. 76 ff.
ausführlicli handelt.
4j Sie wird erwähnt von Cicero Brut. 36, 136; de or. 2, 70, 284.
5) Sallust. lug. 32. 33.
6) Die noch vorhandenen Fragmente dieses (üesetzes hcflndcin sich anf der
Rückseite der Krztafolstücke, welche die lex repetundnruin dos .lahrcs ()J}2= 122
(f. /. L. I n. 19S) enthalten und sind zuletzt herausgegeben von Mouimsen
C. I. L. n. 200, Uudorff, welcher dieselben in der Abhandlung: Das Ackerge-
setr des Spurius Thorius, in Zeitschr. für geschichtl. Rechtswissenschaft Bd. 10
("1839) S. 1 — 194 vortrefflich commontirt hat, glaubte in ihnen das zweite der
angeführten (iesetze, die lex Thoria, zu erkennen, ist aber später Rom. Rechts-
gesch. 1 |i^ 16 S. 41 dem Resultate Mommsons beigetreten, nach welchem diese
Fragmente nicht der lex Thoria, sondern dem dritten (iesetzo angehören. Be-
weisend ist namentlich lin. 19. 20, in welcher die Aufhebung der vectiyalia &u
— 442 —
Das erste also sanctionirte aufs Neue die Entstehung von Lati-
fundien, das zweite vereitelte auf immer die Regeneration des
italischen Bauernstandes und die darauf bezüglichen semproni-
schon Rogationen , das dritte endlich entzog dem Staate eine
Einnahme, ohne dass dem Bedürfnisse des Volkes daraus irgend-
wie eine Hülfe erwuchs. Nach diesem Siege der Nobilität sind
die Possessionen der römischen Reichen niemals mehr ange-
fochten worden, sondern haben durch stete Erweiterung we-
sentlich dazu beigetragen , die Ungleichheit der Vermögensver-
hältnisse zu steigern ^) . Was seit dieser Zeit in agrarischen
Gesetzen zur Assignation in Anspruch genommen wird, besteht
erstens in dem verpachteten ager publicus, zweitens in den in
vorhandenen Golonien entweder noch nicht zur Vertheiiung ge-
kommenen, oder durch die Länge der Zeil herrenlos gewordenen
sortes , woneben auch die im Besitze der Italiker befindlichen
Possessionen noch einmal in Betracht kommen. Statt also, wie
in alter Zeit, die Privatinteressen der Reichen anzugreifen, wen-
deten sich nun die rogutiones agrariae gegen die Einnahmen des
Staates, theils indem sie über das verpachtete Staatsland ver-
fügten, theils indem sie, um durch Ankauf auf Kosten des Staa-
tes Ländereien zu erwerben, die Revenuen des Aerariums bean-
spruchten. Schon der ältere Gracchus hatte nicht nur eine Ent-
schädigung der Possessoren beabsichtigt, sondern auch die Aus-
rüstungskosten seiner Colonisten auf das aus der pergamenischen
Erbschaft Attalus des dritten dem Staatsschatze zugefallene baare
A,^uieia ^®^^ angewiesen 2) ; das Gesetz des Tribunen L. Appuleius Sa-
geordnet^wird. Ausserdem s. über dies Gesetz Huschke in Eichters und Schnei-
ders Kritischen Jahrbüchern für deutsche Rechtswissenschaft Bd. 10 ( 1841 )
S. 579 — 620. G. Zeiss Comment. de lege Thoria, Weimar 1845. 4. Peter Epochen
S. 239. Zumpt Comm. epigr. I p. 207 ff.
1) Bei der erfolglosen Rogation einer neuen lex agraria 104 v. Chr. sagte
der Tribun Marcius Philippus : nori esse in civitate duo milia hominum , qui rem
haberent. Cic. de off. 2, 21, 73.
2) Den A^lsdruck des Velleius 2, 6 : novis coloniis replebat provincias und
2, 15: in legibus Oracchi inter perniciosissimas numeraverim , quod extra Italiam
colonias posuit hat man als einen übertriebenen bezeichnet, da nur eine ausser-
italische Colonie des Gracchus , nämlich Carthago , bekannt ist , und höchstens
noch die Anlage von Narbo (123) mit seinen Gesetzen in Verbindung gebracht
werden kann. (Madvig Opusc. p. 290.) Aber die Gründung von Carthago hatte
besondere Ursachen (Zumpt Comm. epigr. p. 217: ac Carthaginis qitidem dedu-
cendae causa liaec videtur fuisse, quod anno 125 a. Chr. ingens pestilentia totam
Africam vastarat [Oros. 5, 11], quare quum nullo inde frumento misso inopia
Bomae exstitisset , ob eamque rem seditiones fierent , et frumentaria lege lata fa-
— 443 —
turninus 654 = 100, welches hauptsächlich die Versorgung der
Soldaten des Marius zum Zweck gehabt zu haben scheint i),
ohne dass in seinem, auf die ersten Militärcolonien bezüglichen
Antrage irgend ein neues Verfahren bemerkbar wäre, war vor-
zugsweise auf den Ankauf von Ländereien gerichtet, und nahm
dazu wieder eine neue Einnahme des Staates in Beschlag 2), ein
Verfahren, das, wie Cicero bemerkt, dem Principe der früheren
Colonien ganz entgegen ist^) ; allein weder dieses Gesetz war von
Erfolgt), noch die ähnliche lex Titia (655 = 99) s), noch endlich Lexmia.
die Gesetze des M. Livius Drusus (663 = 91), welcher noch ein- -''Jjgf ^'^j"*
mal die Italiker zur Abtretung der von ihnen occupirten Staats-
ländereien durch die Aussicht auf das römische Bürgerrecht zu
veranlassen suchte f*). Die Zerstörungen des Bundesgenossenkrie-
ges (91 — 89) scheinen einen Zuwachs des ager piiblicus nicht
zur Folge gehabt zu haben, da mit der Ertheilung der Civität
auch wohl die Rückgabe des eroberten Landes an die Italiker
mem sedare C. Gracchus voluit et restituenda Carthagine [Appian. Punk. 136]),
und auch Narbo hatte einen militärischen Zweck. Cic. pr. Font. 1, 3 : est in
eadem provincia Narbo Martins, colonia nostrorum civium, specula populi Romani
ac propuynacuLum istis ipsis nationibus oppositum et obiectum. Hierauf geht auch
Siculus Flaccus p. 136 Lachui. : Gracchus colonos dare municipiis vel ad supplen-
dum civium numerum , vel , ut supra dictum est , ad cohercendos tumuUus , qui
subinde movebantur. Mir scheint vielmehr ein Missverständniss in den Stellen
des Velleius zu sein, da (iracchus zuerst die Revenuen der neu erworbenen Pro-
vinzen , namentlich die attalische Erbschaft in Anspruch nahm , um seine Colo-
nisten auszustatten (Plut. Ti. Gr. 14 : e'j^bc. 6 Tißspto^ orjtxaYWY"^'^ £iir\uEY/,e
vöfAOv , Ärto; xa ßocaiXixd yp-r](j.aTa xo(j.iad£VTa xoT; rr^v ywpotv oiaXaY/cxvo'Joi
Töiv 7:o>aTtt)v uTtdpyot 7:pö; -/caxaaxe'jrjV xai -^etupY^'^i äcpop{XT)v. Livius ep. 58.
Aurel. Vict, de vir.' itt. 64), in den folgenden Rogationen aber derselbe Versuch
gemacht wird, um Ländereien ankaufen zu können,
1) Zumpt Comm. epigr. I p. 2*22—229. Mommsen R. G. 2, 203 flf.
2) Aurel. Vict. de vir. ill. 73 : Siciliam, Achaiam, Macedoniam novis coloniis
destinavit et aurum Tolosanum, scelere Caepionis partum (Strabo 4 p. 188. Cic.
de N. J). 3, 30, 74. Gell. N. A. 3, 9. lustin. 32, 3) ad emtionem agrorum con-
vertii. Zumpt a. a. 0.
3) Cic. de l. agr. 2, 27, 73: quo in yenere sicut in ceteris rei publicae par-
tibus est operae pretium diligentiam maiorurn recordari : qui colonias sie idoneis
in locis contra suspicionem periculi coUocarunt , ut esse non oppida Jtaliae , sed
propugnacula imperii viderentur. Hi deducent colonias in eos agros, quos emerint.
4) Aurel. Vict. 1. 1. Appian. B. C. 1, 29.
5) Cic. de legg. 2, 6, 14. Valer. Max. 8, 1, 3. lul. Obsequens 45. Das Ge-
setz wurde wegen der Auspiciefi aufgehoben. Cic. de legg. 2, 12, 31.
6) Liv. ep. 71. Appian. 1, 36. Floru» 2, 5 (3, 17), der ihm den Aussprach
beilegt nihil ae ad laryitionem uUi reiiquiase , nisi ai quis aut raenum dividere
vellet aut caelum. lieber die nach der Krmordung des Livius durch den Senat
bewirkte Aulhebung soinor Ge»et7.e s. I^iv. ep. 71. Appian. B. C. 1, 3ö f. Aurel.
Vict. de vir. ill. 66. Cic. de legg. 2, 6, 14; 2, 12, 31. pr. domo 16, 41. Asco-
nius p, 68 Or. Plut. C. Qr. 9 f. Zumpt a. a. (). p. 241.
— 444 —
verbunden war ^) ; allein die grausame Führung des sullanischen
coionien des Krieges, in welchem ganze Gemeinden hingeschlachtet 2) und ganze
Städte völlig entvölkert wurden, die darauf folgenden Proscriptio-
nen und die Güterconfiscationen, welche nicht nur über das Ver-
mögen Einzelner, sondern tlber die Territorien ganzer Städte
verhängt wurden '^) , brachten eine furclitbare Leere in Italien
hervoi", und machten dem bäuerlichen Eigonthum völlig ein Ende.
Die Ausdehnung des acjer publicus war nach diesen Ereignissen
so ungeheuer, dass nach Ansiedelung aller Soldaten ein Theil
unvergeben blieb"*). Die Soldaten wurden nicht nur massenweise
in neuen Colonien, sondern, da es darauf ankam, ganz Italien
zu besetzen, auch in kleinerer Anzahl in den meisten Municipien
angesiedelt, ohne dass diese dadurch in Golonion verwandelt
wurden^) ; ausser Italien hat Sulla nur eine Colonie, nämlich
Aleria auf Corsica angelegt. Der Verkauf der sortes assignatae
war auch von Sulla verboten, allein ohne Erfolg; die Veteranen,
meistens ohne Familie und ohne Neigung zu regelmässiger Be-
schäftigung mit dem Ackerbau, erledigten durch Aussterben oder
Verkauf bei Lebzeiten in sehr kurzer Frist die angewiesenen
Gütchen ; zwanzig Jahre nach der Ansiedelung waren aus den
Landloosen wieder grosse Latifundien geworden*^), auf denen die
possessojxs Sullani sich um so ungestrafter ausbreiteten "^j , als
1) Zumpt p. 242—246.
2) So z. B. die Pränestiner. Appian. B. C. 1, 94.
3) Appian. B. C. 1, 96: tu? 5' £^e>a7r£ xa %a^' Isa dYxXTjfAaxot, erci xac, 7i6-
Xei? 6 S6XXa; [j.eT-/]Si -/al exoAaCe "/al xd^oe, twv fxsv dxpoTToXei? -/.axaaxdTtxtov
T^ Tti/T] vca&aipöJv y) -/.oivd? C^Qf^ta? STrtxi^ek tj d^cpopai? dxxpuycuv ßapuxdxai? •
Toii hi TrXeioot xoui; iauTv^) oxpaxeuoafjievou? dTiojxtCsv , tu? s^ojv cppoupta xaxd
T'?j; 'IxaXia«; x-^v xe 'if^s auxtüv y.al xd ot-/'r][xaxa e? xouooe fxsxacpepujv otSfAspiCsv.
Cic, ad Att. 1, 19, 4: Volaterranos et Arretinos , quorum agrum Sulla publicarat.
Florus 2, 9, 27 (3, 21, 27): possis singulorum hominum ferre poenas , municipia
Italiae splendidissima sub hasta venierunt , Spoletiurn, Interamnium, Praeneste,
Florentia. Von Praeneste s. Strabo 5 p. 239 : £%7:oXtop-/,rj{}£^X(ov ti, Tipö? z^
%axtt)0£t x-^c TToXeojs 7,ai xy]M ycupav dTraXXoxpioDs^ai 0'j{xßaivei.
4) Cic. de l. agr. 3, 3, 12. S. unten S. 446 Anm. 7.
5) S. das Einzelne hierüber bei Zumpt p. 250 IT. Henzen n. 7142. Was
Cicero de l. agr. 2, 28, 75 als Absiebt des RuUus angiebt, war wirklich der
Zweck des Sulla , nämlich totam Italiam suis praesidiis ohsidere atque occupare.
Vgl. Appian. B. C. 1, 95.
6) Cic. de l. agr. 2, 28, 78 : nam agrum quidem Campanum , quem vobis
ostentant, ipsi concupiverunt : deducent suos, quorum nomine ipsi teneant et fruan-
lur : coement praeterea : ista dena iugera continuabunt. Nam, si dicent per legem
id non licere : ne per Corneliam quidem licet. At videmus , iit longinqua mitta-
mus , agrum Praenestinum (dieser war von Sulla colonisirt worden) a paucis
possideri.
7) Die sullanischen possessores, welche später mehrfach vorkommen (Cic. de
— 445 —
Sulla gegen die Reichen und Vornehmen , welche seine eigene
Partei bildeten , nicht mit Strenge seine Anordnungen scheint
aufrecht gehalten zu haben. Der Erfolg der sullanischen Assigna-
tionen war also, dass die den Soldaten angewiesenen Aecker in
Kurzem verloren waren , während die ausgetriebenen Besitzer
derselben, welche nach Rom ihre Zuflucht nahmen, das römische
Proletariat ins Ungeheure vermehrten, und die gefährliche, zu den
verzweifeltsten Maassregeln entschlossene Masse der Besitzlosen
bildete, auf deren Unterstützung die catilinarische Verschwörung
berechnet war. Zwar ruhten während der Beschränkung der tri-
bunicischen Gewalt durch Sulla bis zum .1. 684=70 die agrari-
schen Gesetze ; gleich nach diesem Jahre machte, wie es scheint,
die dem Inhalte nach wenig bekannte lex Plotia^) und im J. lexPioUn.
691=63 die lex Servüia des Tribunen Rullus den Versuch, d\e Lex serviua.
Folgen der sullanischen Gewaltschritte durch einen Act der Ver-
söhnung abzuwenden, und durch eine Entfernung der in der
Stadt zusammengehäuften Volksmasse 2), welche früher oder später
den Umsturz des Staates herbeiführen musste, die Gefahr abzu-
wenden^). Da aber weder die noch ansässigen sullanischen Co-
lonisten ohne Aufhebung der bestehenden sullanischen Anordnun-
gen ausgetrieben , noch die possessores Sullani ohne Gefahr von
ihrem Besitze verdrängt werden konnten , noch endlich die Ver-
theilung des geringen damals in Italien vorhandenen ager publicus,
welcher auf den ager Campanus und den öampus Stellatis be-
schränkt war, ausreichte, so bestätigte Rullus den ganzen seit
Sulla vorhandenen Besitzstand "*) ; den agei' Campanus und campus
l. (igt. 2. 26, 69), sind, wie Zumpt p. 261 bemerkt, zweierlei Art; nämlich
erstens die Käufer der Güter der Proscribirten , gegen deren Rechte nichts ein-
zuwenden war, zweitens solche, die conüscirte Aecker widerrechtlich occupirt
oder assignirtes Land gegen das Gesetz zusammengekauft hatten ; diesen letzte-
ren konnte ihr Eigenthnmsrecht angefochten werden.
Ij Sie kommt nur vor bei Cic. ad Att. 1, 18, 6: agraria autem promtdgata
est a Flavio sane Levis, eadern fere, quae fuit Plotia, und wird von l'ighius An-
ruU. Rom. Tom. 111 p. 186 in das Jahr 98, von Krnesti in das J. 89. v(u» Zunipt
a. a. O, p. 262 wegen der Aehriiichkeit mit dem Flavischen Gesetze, welches
gegen die pnssessore» SuUani gerichtet war, bald nach 70 gesetzt.
2) Cic. de L. agr. 2, 26, 10 : et riimirum i.üud est , quod ab hoc tribuno ple-
bis dictum est in $eruitu : urbarutm pUbem nimium in republica posae: exhaurien-
dam esse.
3) Zumpt a. a. (). p. 262.
4) Nach Cic. de l. agr. 3, 2, 7 stand im 40sten Capitel des Gesetzes: quac
post Marium et (^arhonem Coss. (672 = 82j agri , aedificia , lacus , stagna , loca,
possessiones publice data, assignata, vendita, concessa, posseasa stmt, ea tminia eo
iure sintf ut quae optima iure privata sunt.
— 446 —
Stella tis brachte er zwar zur Vertheilung^), aber als das haupt-
sächliche Mittel schlug er eine Geldentschädigung an die ihres
Eigenthuins durch Sulla Beraubten vor, welche durch den Ver-
kauf alles ager publicns in Italien -) und den Provinzen '*) und die
Einkünfte, welche aus den durch Pompeius neuerdings gemach-
ten Eroberungen dem aerarium zufielen, beschafft, und zum An-
kauf von Ländereien in Italien verwendet werden sollte ^j. Das
Gesetz wurde den Bestrebungen Ciceros und der Nobilität gegen-
über von seinem Urheber selbst aufgegeben ^j , es war der letzte
Versuch, in dem Sinne der Gracchen durch eine radicale Maass-
regel der Ueberfüllung der Stadt entgegenzuarbeiten und dem
Bauernstande zu helfen. Das zunächst folgende Ackergesetz des
Lex Fiavia. Tribuneu L. Flavius (694 = 60) veranlasste Pompeius, der im vor-
hergehenden Jahre aus Asien zurückgekehrt, für die Versorgung
seiner Soldaten bemüht war. Die gleichzeitige Berücksichtigung
der städtischen Plebs war nur ein Mittel , das Gesetz leichter
durchzubringen ^) . Die Assignation sollte theils durch Einziehung
der von den Anhängern des Sulla unrechtmässig occupirten Län-
dereien, theils durch die aus Pompeius Eroberungen neu eröff-
neten Einnahmen des Staates möglich gemacht werden '^) ; das
1) Cic. de l. agr. 2, 28.
2) Es gab in Italien noch einige Dontainen ausser dem ager Campanus^
welche aber zur Assignation nicht geeignet waren , wie die Silva Scantia (de l.
agr. 1, 1, 3 5 3, 4, 15).
3) Cic. de l. agr. 2, 15, 38 : quidquid ergo sit extra Italiam , quod publicum
populi Bomani factum sit, L. Sulla Q. Pompeio consulibus (666 = 88) auf posfca,
id decemviros iubet vendere. Er meint namentlich die in den Jahren 676 — 680
(78 — 74) durch P. Servilius Isauricus in Pamphylien erworbenen Ländereien, die
im J. 679=75 durch die bithynische Erbschaft dem aerarium zugefallene kö-
nigliche Domaine {agri regit) und die durch den mithridatischen Krieg, mit wel-
chem Pompeius noch beschäftigt war, zu erwartenden Erwerbungen; ferner die
Domainen der macedonischen Könige, die jetzt ager publicus waren, den ager
Corinthius in Achaia und andere Ländereien in Spanien und Africa. Cic. de l.
agr. 1 c. 2; 2, 20. Zumpt p. 267 f.
4) Colonien ausserhalb Italiens anzulegen lag nicht in der Absicht des Rul-
lus. Cic. de l. agr. 2, 25, 66 : cur eos (agros) non definis neque nominas, ut sal-
tem deliberare plebes Bomana possit , quid intersit sua , quid expediat , quantum
tibi in emendis et in vendendis rebus committendum putet? Definio, inquit, Italiam.
5) S. Drumann 3 S. 159, welcher über die Zwecke des,^ Gesetzes eine von
der hier vorgetragenen verschiedene Ansicht hat.
6) Dio Cass. 37, 49. 50.
7) Cic. de l. agr. 3, 3, 12: sunt enim multi agri lege Cornelia publicati nee
cuiquam assignati neque venditi, qui a paucis höminibus impudentissime possiden-
tur. Dem ersten Puncte des Gesetzes trat Cicero entgegen. Cic. ad Att. 1, 19,
4: agraria lex a Flavio tr. pl. vehementer agitdbatur auctore Pompeio. — Ex
hac ego lege — omnia illa tollebam , quae ad privatorum incommodum pertine-
— 447 —
Gesetz scheiterte indessen an der Furcht des Senates, dass Pom-
peius, wie vordem Sulla, durch die Ansiedelung seiner Soldaten
eine Befestigung seiner Gewalt in ganz Italien beabsichtige i). Erst
in Casars erstem Consulate (695 = 59) kam es zu einer grossartigen
Aeckervertheilung durch die leges luliäe agrariae 2) , bei welcher die Leg^s hdiae.
Possessionen ganz unangefochten blieben ='), das Land durch frei-
willigen Verkauf der Inhaber nach dem im letzten Census ange-
nommenen Werthe erworben, das Geld aber, wie in den vorher-
gehenden Gesetzen aus den neuen durch Pompeius gewonnenen
Staatsrevenuen genommen wurde 4). Den Colonisten wurde der
Verkauf ihrer sortes innerhalb zwanzig Jahren verboten ^) . Damals
kam endlich auch der seit 543 = 211 zur Domaine gezogene ager
Campanus (s. S. 30) und der campus SleUatis^) zur Vertheilung,
und zwar ohne Unterschied an Soldaten und andere Bürger, aus
welchen zusammen 20,000 Personen ausgewählt wurden, welche
bant. — Sullanorum hominum possessiones conp.rmabam ; Volaterranos et Arreti-
nos, quorum ayrum Sulla publicarat neque diviserat, in sua possessione retinebam ;
unam rationem non reiiciebam , ut ager hac adventicia pecunia (aus den durch
Pompeius Eroberungen neu entstandenen Einkünften) emeretur, quae ex novis
vectigalibus per quinquennium reciperetur. Huic toti rationi agrariae senatus ad-
versabatur, suspicans Pompeio novam quandam potentiam quaeri. Pompeius vero
ad voluntatem perferendae legis incubuerat. Ego autern magna cum agrariorum
gratia confirmabam omnium privatorum possessiones — is enim est noster exerci-
tus, hominum, ut tute scis, locupletium.
1) Die Cass. a. a. 0.
2) Von mehreren Gesetzen redet Liv. ep. 103 : leges agrariae a Caesare con-
8ule cum magna contentione , invito senatu et altero consule M. Bibulo, latae sunt.
Cic. ad Att. 2, 18, 2: quo aliter ager possideatur, atque ut ex legibus luliis. Ap-
pian. B. C. 2, 10. Plut. Cato min. 31. Deshalb unterscheidet Zumpt p. 289
zwei Gesetze, die eigentliche lex agraria, welche er in den April, und die lex
de agro Campano , die er in den Mai setzt. Dio Cass. 38, 7: Zxe ouv vofxo?
o'JToj; dy.'jpcbrh) , xat r^po^izi xal 'f] xwv Ka[x7ravü)v -jfYJ toi? xpia TtXsttu -e exi
T^xva r/ouaiv do6t)T], 8. ausser den angeführten Stellen Suet. Caes. 20; Velle-
iu8 2, 44; 8chol. Bob. in or. pr. Plane, p. 263, und Cic. ad AU. 2, 16, 1—2; 2,
18, 2. ad fam. 13, 4, 2, und mehr bei Zumpt p. 277 ff. Vielleicht ist auch an
die lex Mamilia , Koscia, Peducea , Alliena , Fabia (Gromat. ed. Lachm. p. 263)
zu denken, welche ('allistratus IHg. 47, 21, 3 pr. als eine lex agraria, quam
Gaius Caesar tulit , citirt , und welche nach Mommsens Ansicht (Feldmesser 2,
223) mit dem Julischen Gesetze von 695 = 59 im Zusammenhange stand.
3) Dies folgert Zumpt mit Recht aus Dio Cass. 38, 1 : toO {xev o-^ oüv v6-
jxoj 2ve-Aa O'jhtli «uxö) oOöiv dri-^aXcaat dSuvaro.
4) Dio Cass. a. a. 0.
5) Appian. B. C. 3, 2 sagt in der Erzählung der Begebenheiten nach Cäsars
Tode von M. Brutus und C. Cassius : SiaTciYfACKJiv ola OTpaTYjYo't xou; xX7)po6-
yo'Ji dftepareuov, Zaoi; te Ä).Xot; iizt-i/jo'J^ %nX -zä x).t]po'j/'/]{AaTa cj^/Ji^poü^'^i
auToT; Tirpd((3%eiv, toO vöpLOv» xöjXuovto; ivrö; etxooiv ixGis dToU^oo^on] wo un-
ter vöpio; wohl nur die Ux Julia agraria zu verstehen ist. 8. Zumpt p. 2Ö0.
6) Den letzteren nennt Suet. Caes. 20.
— 448
Colonicn
(.'äsars.
drei oder mehr Kinder hatten, und so der UnterstUtzune; am be-
dürftigsten waren ^) .
Die Golonien, welche Cäsar während seiner Dictalur (705 —
709=: 49 — 45) anlegte, tragen bereits den Character ihrer letzten
Entwickelung ; sie sind ohne ein neues Gesetz 2) und durch le-
gafi ausgeführt 3), was die Bedeutung hat, dass der Soldat seine
Versorgung nunmehr nicht dem Staate, sondern der Porson des
Imperators verdankte. Die Ansiedelungen sind ferner zwar theil-
weise in Italien auf vacant gewordenen, im Bürgerkriege confis-
cirten oder gekauften Ländereien bewirkt "^j, allein zum ersten-
male auch in den Provinzen, namentlich in Spanien und Gallien
in grösserer Anzahl gegründet, in Spanien besonders seit 709 =
45 nach Besiegung der Söhne des Pompeius, in Folge deren über
die pompejanischen Städte Confiscationen ihrer Ländereien ver-
hängt wurden, welche neuen Ansiedelungen Raum gewährten"^).
Die Uebersiedelung von 80,000 armen Städtern in überseeische
Provinzen '^l ,ist von Cäsar nur intendirt, nicht ausgeführt wor-
den ; sein Tod vereitelte nicht nur diese Abhülfe, sondern führte
1) Dass nicht allein Soldaten in der lex lulia bedacht waren, sagt ausdrück-
lich Dio Cass. 38, 1, und auch in Betreff des ager Campanus macht er c. 7 kei-
nen Unterschied. Plut. Cat. min. 33 sagt toT? aTiopotc %al r.h'qai. Mehr bei
Zumpt p. 293. lieber die erste Anwendung des später immer wichtiger werden-
den ms trium liberorum bei dieser Gelegenheit s. Dio Cass. 38, 7. Suet. Caes.
20. Appian. ß. C. 2, 10.
2) Die lex lulia^ welche nicht nur unter der Dictatur Cäsars, sondern auch
nach dessen Tode (Appian. B. C. 3, 2; Cic. Phil. 5, 19, 53) in Gültigkeit blieb
(Zumpt a. a. 0. p. 300 f.) , gewährte wohl auch zu diesen Golonien die Voll-
macht. Znmpt p. 301 nimmt an, dass ,, de agro publica extra Italiam dividundo''
eine neue Rogation eingebracht worden sei, von der indess nichts bekannt ist.
3) Einer von diesen war Q. Valerius Orca, legalus propr., an welchen die
Briefe Ciceros ad fam. 13, 4. 5. 7. 8 erhalten sind. Mehr s. bei Zumpt p. 301.
4) Es waren meistens einzelne Landanweisungen, nicht ganze Golonien.
Dio Cass. 42, 54: -y^ai ydip'x^ ev. te t'Tj? OY]tj,ooiai; y.at iv. xfic. sauToO O'fj räoi
a(piar> £V£t[j.£V, aWo'Jc. aXXifj 7.al r.d-i'j zoppc« dr:'' aXA-rjXojv drapTTjaa^ • wOTe p.rjT£
'zolc, 'j[j!,oya)pot? ccpä? cpoߣpo'j? [x'/^t a\) Tipo? v£o)TepiC[j.6v STOif^-O'j? , y.ai}' ev tto'j
ouvoiy-oOvTai; , -^evio^ai. llauptstelle ist Appian. B. C. 2, 94: otucto oe xai •^■f^v
aTiaciv, iv.xeXeo^i'^Toyi twv 7:oX£[j,u)v, ou, 7,ai}d7:ep 26XXct?, dcpottpoufj-Evoi; £T£pu)v,
"J^v £-/o'jat, 7,11 toXq dcpatp£t>£ioi tou«; Xa^ovra? cuvoiv.iCwv xat iroiöjv äXXrjXoic
ic, de\ T-rAep/wjc, , d,Wd ttjv toO OTjfxo'j '{Tp £t:iv£[ji.(ov -/al ttjv djjia'JToO xat t«
0£0VT7. 7:po;(«\/o6[j.£VO!;. Vgl. Suet. Caes. 38: assignavit et agros , sed non conti-
nuos, ne quis possessorum. expelleretur . Das Nähere bei Zumpt p. 302 — 308.
5) S. über Hispalis Zumpt p. 310 f. Ausser den spanischen und gallischen
Golonien (Zumpt p, 310 — 3 Iß) führte Cäsar Golonien nach Sinope und Heracleaans.
6) Suet. Caes. 42 : octoginta civium milia in transmarinas colonias distribuit.
Die transmarinae provinciae sind Griechenland, Asien, Africa. Cic. de l. agr. 2,
29, 80.
n
— 449 —
noch einmal zur Erschütterung aller italischen Besitz Verhältnisse^).
Die Triumvirn des Jahres 711=43 hatten, nachdem es un- Coiöuien der
möglich geworden war, in Italien über Ländereien zu verfügen,
ihren Soldaten nichts als einen Gewaltschritt in Aussicht zu stel-
len, indem sie ihnen achtzehn italische Städte geradezu preis-
gaben 2). Nach der Schlacht bei Philippi (712 = 42) waren die-
sem Versprechen gemäss 170,000 Mann zu versorgen^); ausser
den Gütern iler Proscribirten, und den zui* Strafe eingezogenen
Landstücken vieler Gemeinen wurden die vorher bestimmten
Communen \yahrscheinlich unter der Form eines gezwungenen
Verkaufes zur Abtretung ihres ganzen Landeigenthums gebracht,
die Kaufsumme aber bei der damaligen Nolh des Aerariums nie-
mals ausgezahlt, und da einmal offenbare Gewalt geübt wurde,
blieb es nicht einmal bei den vorherbestimmten Territorien, son-
dern die Austreibung der [taliker fand in noch grösserem Um-
fange 4) und mit einer Härte statt, von welcher die noch vor-
handenen vielfachen Klagen Zeugniss gebend). Diese gewaltsame
Störung der Besitz Verhältnisse Italiens nahm erst unter Augustus
ein Ende.
3. Die Militärcolonien der Kaiserzeit. Augustus coionien des
erwähnt im monumentum Ancyriinum zwei Ausführungen von Mi- ^^^^ ^^'
1) Ich übergehe das einen Monat nach Cäsars Ermordung im April 44 be-
antragte Gesetz des Tribunen L. Antonius, Bruder des M. Antonius, welches
eine nach dem Tode Cäsars nothwendige Erneuerung der lex lulia bezweckf zu
haben scheint. Dio Cass. 45, 9 : 6ptüv ot; h AvT(jbvto; tov Kaiaapa (den Octa-
vian) ctu^a»;6(x£vov , dTreyeipr^oe SeXeacj'xi tö ttXMo;, e? roj; ^xeivo'j re aüroi»?
dT:o37Ta3et£ 7,ai s-a'jxijj Trpojrrotrjoeie. xat ytupav a).X7jv re 7:oXX'?,v -/tal t-^v dv toi?
2Xeat ToT; llovrivot;, w; -xey(o(j[j,£vot; '^i^r^, v.aixoi •^z<a[j-^ti'5%ai o'JNOtixivoi; , xXy]-
po'j/TjHfjvat oia Ac'jyJo'j 'Avtojviou aoeXcpoü OYjfj.ap/oüvTo; iorf^'r^rirrzn. Das Gesetz
wurde am Anfange des folgenden Jahres aufgehoben. Cic. Phil. 13, 15, 31 ; 6,
fj, 13 f. Zumpt p. 324 f.
2) Appian. B, 0. 4, 3: ireXTitoai oe f^hri tov oxparov ei; xol vixYjX'/jpta xoij
roX£|xo'j o/.Xaii; xe oojpeai;, %al £; -/.axoixiav oöoeoi xiüv 'IxaXaöbv z(5Xe(uv 6xxa)-
%ai?^£xa, ai xat r£pto'j3ta %oX cOa''^£t v.at o?%oic el; xaXXo; Stctcp^pouoai, IjjleXXov
a'jxoT; doacp£Oi y.ai oiv.oi; auxw otav£jXTja£o})ai , (Tj^rEp ct'jToic avxi x^; roXejxiac
ooptXTjTXOt '^zu^)\).ViOX. Von dieser Zahl wurden Ii.hi.k h /wti, niiinlich Khegiuni
und Vibo ausgenommen. Appian. B. C. 4, 8().
3) Appian. B. C. 5, 5. Zumpt p. 327—329.
4) Appian. B. C. 5, 13: xal 6 oxpaxoc xcti xoi; 'itixrjriv^ ir.i'^aist ouv ußpei,
rXiosi X£ xiJ)v oeoo(ji£vtov o'.^bi reptaztöixevot xoti xi ()f(xetvov dxXeYVevoi. Ueber
die Güter der Proscribirten 8. Dio Cass. 48, 7.
o) Auf diese Beraubungen beziehen sich die bekannten .Steilen des Hora-
tius ep. 2, 2, 49, der sein väterliches Gut verlor, des Tibull 1, 1, 19; 4, 1, 1S2,
des Fropertius 4, 1, 129, des Vergil Ecloy. 9, 2H. Vgl. Servius ad Verg. Ed.
9, 7. Martial. R, f)«.
Köm. Altorth. IV. 29
— 450 —
litJircolonien 1) , nämlich in den Jahren 724 = 30 und 740 = 14.
In dem ersten Jahre, also unmittelbar nach Beendiii^ung des Bür-
gerkrieges, hatte er die Veteranen nicht nur seines eigenen Hee-
res, sondern auch des Antonius und Lepidus zu entlassen und
zu versorgen. Das Verfahren, welches er dabei einschlug, war
folgendes: die Nichtbürger, d. h. die Auxiliarlruppen, wurden
in ihre Heimath dirigirt; von den römischen Kriegern, d. h. den
Legionssoldaten erhielten wahrscheinlich die jüngeren Jahrgange,
insofern sie nicht in das stehende Heer eintraten, eine Geldent-
schädigung, die älteren dagegen eine Landanweisung entweder
in einer Provinz oder in Italien 2). Zu dem letzteren Zwecke
wurden die Einwohner derjenigen italischen Städte, welche die
Partei des Antonius ergriffen hatten, in überseeische Colonien,
namentlich nach Dyrrhachium und Philippi, übergesiedelt und
ihre Communen als augusteische Colonien neu constituirt =^); aus-
serdem aber in andern italischen Städten die Bewohner gezwun-
gen, von ihrem Landbesitze einen Theil gegen Geldentschädigung
abzutreten und die so zusammengebrachten Ländereien [praedia
coUaticia) den Veteranen übergeben, so dass in diesen Territo-
rien entweder eine doppelte Commune, der cives veleres und
der cives novi entstand"*), welche erst mit der Zeit zu einem
1) Mon. Anc. c. 16: pecunia\m pr6\ agris ^ quos in consulatu meo quarto et
postea consulibus M. Cr\asso e\t Cn. Lentulo Augure adsignavi militibus , söhn
municipis. Ea \s\a\'mma se3t\ertium circiter sexsiens milliens fuit, quam [pro] col-
La[t\icis praed[is njumeravi et ci[r]citer bis milliens et sescentiens, quod pro agris
provinlclialibus solvi. Is primus et solus omnium , qui [d]eduxerunt colonias mi-
litum in Italia aut in provincis , ad memoriam uetatis meae feci. S. über diese
Stelle Mommseii Res g. d. Aug. p. 40 ff. 82 ff.
2) Dio Cass. 51, 3. 4.
3) Dio Cass. 51, 4: touc ^ap ÖYjfjiouc tou? dv ty] 'IxaXia tou? xd toO 'Av-
Tcuviou cppov/joavTa; d^oiy-iaa? toT? |j.£V oxpaTiüJTaii; xd? xe TroXei«; xai xd ytopiot
aijxüjv eyocptoaxo " docsivoav oe h-q xoi(; [X£v uXeioat x6 x£ Auppdyiov 'Acd xou? <Pt-
XiTiTtou?, dTvXa x£ £7toi%£iv dvx£8tox£" xoT; hk XoiTTot? dpY'jpiov dvxl xfj? ycupa?
x6 {J.£v £v£i[X£ x6 0 U7r£oy£XO. Dies Verfahren hat Augustus schon 718 = 36 nach
Beendigung des sicilischen Krieges angewendet, indem er in Regium Seesolda-
ten (Strabo 6 p. 259), in Capua Landtruppen ansiedelte. Die alten Colonisten
in Capua , deren sortes er einzog , erhielten als Ersatz einen grossen Landbesitz
in Creta (Dio Cass. 49, 14. Vell. 2, 81), der noch im J. 383- n. Chr. in caui-
panischem Besitze war (Böckh C. I. Gr. n. 2597); den Neapolitanern aber wurde
für ein von ihnen abgetretenes Terrain eine jährlich zu zahlende Rente bewil-
ligt. Plin. N. H. 18, 114.
4) Hygin. Grom. p. 117 — 120. Mommsen Feldmesser 2, 155. Die ältesten
und bekanntesten dieser Doppelgemeinden sind Pompeii (Cic. pr. Sulla 21, 60)
und Arretium (Plin. N. H. 3, 52. Orelli 100). In Valentia in Hispania Tarraco-
nensis theilte sich die Einwohnerschaft in Valentini veterani et veteres^ C. I. L.
II n. 3733. 3734 ff. und gab es einen doppelten Senat, uterque ordo, ib. 3745,
— 451 —
Gemeinwesen verschmolz, oder die Veteranen sofort als Bürger
in die vorhandene Gemeinde eintraten. Beide Arten von Ansie-
delungen werden Coionien genannt i). Es waren ihrer im Gan-
zen acht und zwanzig 2), weiche,, wenn auch nicht alle gleich
sicher, neuerdings haben nachgewiesen werden können 3), näm-
lich 1. Acerrae"*), 2. Atelia^), 3. Beneventuin ß) , 4. Cumae, 5. Gra-
viscae, 6. Nuceria, 7. Puteoli, 8. Sora, 9. Teanum Sidicinum,
10. Liternum, i I . Volturnum'), 12. Minturnae^), 13. Capua^),
14. Ariminum 1*^) , 15. Augusta Taurinorum ii) , 16. Perusia^^j^
17. Parma 13), 18. Verona i^), 19. Atestei^), 20. Brixiai^), 21. Der-
während es von Agiigent bei Cic. Verr. II, 2, 50, 123 heisst: cum Ayrigentino-
rum duo genera sint, unum veterum, alterurn colonorum , quos T. Manlius prae-
tor ex S. C. de oppidis Siculorum deduxit Agrigentum , cautum est in Scipionis
legibus , ne plures essent in senatu ex colonorum numero , quam ex vetere Agri-
gentinorum. Wie Valentia, so scheint auch Apuluui in Dacien in zwei ganz ge-
trennte Gemeinden zerfallen zu sein , von denen die eine ein municipium , die
andre eine Colonie war, Mommsen C. I. L. III p. 183, und dergleichen Fälle
kommen öfters vor, s. Zunipt Comm. ep. I, 252. Henzen n. 6962 und im Bullett.
1851 p. 85. 173; und die Inschrift von Thignica in Africa bei Gue'rin 2 p. 157:
C. Memmio Felici , flamini Aug. perp. utriusque partis civitatis Thignicensis,
C. Memmius Tortunatus, flam. Aug. perp, utriusque partis civitatis Thignicensis.
1) Hygin. Grom. p. 177 : aeque divus Augustus in adsignata orbi terrarum
pace exercitus qui aut sub Antonio aut Lepido militaverant pariter et suarum le-
gionum milites colonos fecit , alios in Italia , alios in provinciis : quibusdam de-
letis hostium civitatibus novas urbes constituit , quosdam in veteribus oppidis de-
duxit ^t colonos nominavit. Utas quoque urbes, quae deductae a regibus aut
dictatoribus fuerant , quas bellorum civilium interventus exhauserat , dato Herum
coloniae nomine numero civium ampliavit, quasdam et finibus.
2} Mon. Anc. c. 28: Italia au[te]m — — [colo]nias, quae vivo me celeber-
rimae et frequentissimae fuerunt, duodetriginta a me deductas habet. Suet. Aug.
46 : Jtaliam duodetriginta coloniarum numero deductarum ab se frequentavit.
3) Borghesi Sulla iscrizione Perugina della porta Marzia in Oeuvres 5, 257
— 283 hat 24 derselben bezeichnet, die übrigen sind von Renier p. 275 nach-
getragen. Unsicher beglaubigt sind 10, welche nur in dem Über coloniarum an-
gegeben werden, einer Quelle, über deren geringe Zuverlässigkeit Mommsen
Feldm. 2, 145 ff. handelt. Vgl. Mommsen R. g. d. Aug. p. 83.
4) Gromat. p. 229. 5) Groraat. p. 230.
6) Gromat. p. 54. 231. 282. Orelli 907.
7) Alle diese kommen nur in dem liber coloniarum vor. Gromat. p. 232. 220,
235. 236. 237. 238. 239.
8) Hygin. (irom. p. 178. Lib. coL. p. 235.
9) Plin. 18, 114. 10) Orelli 5124. 4025.
11) Maffei Mus. Veron. p. 214, 1; 225, 7. Auch bei Orelli 2179 ist zu lesen:
COL. AVG. TAVIi.
12) Orelli 94.
13) De Lama Iscrizioni Parmensi p. 121, 3.
14) Orelli 1014 = C'. /. L. V n. 3329. Ob Verona zu den augusteischen Co-
ionien zu rechnen i.st, lägst sich nicht mit Sicherlieit ermitteln. S. Mommsen
(\ I. L. V p. 327, Tac. Itist. 3, 8 nennt es allerdings colonia im J. 69, aber
bei Plinius A'. //. 3, 130 wird es als oppidum aiiffft-führt.
15) Henzen 6959=0. I. L. \ n. 2501.
ici (»Pili r,»;.
29»
— 452 —
tona^), 22. Augusta Praeloria Salassorurn ^j ^ 23. lulia Augusta Ba-
giennorum ^^) , 24. Firmum^), 25. Bononia^), 26. VonalVum ♦'),
27. Abellinum^), 28. Florontia (Firenzuola bei Parma) ^). Von
diesen Stadien sind die meisten seit alter Zeit bestehende Ge-
meinden, welche durch die Deduction von Veteranen nur eine
Veistärkung der Bürgerschaft und zugleich das ins colunlae er-
hielten, wie wir dies namentlich von Ateste wissen, in welchem
ein nach der Schlacht bei Actium entlassener Soldat unter die
Decurionen aufgenommen wurde'*). Die zweite Colonieanlage des
Jahres 740 = 14 scheint sich namentlich auf die spanischen Pro-
vinzen und Gallia Narbonensis bezogen zu haben, in welchen
Provinzen Augustus in den .lahren 16 bis 13 n. Chr. persönlich
Anordnungen traf (s. S. 104 f. 114 f.), und wird im monumen-
tum Ancyranum darum besonders erwähnt, weil auch bei ihr
die Erwerbung der zu assignirenden Ländereien durch Ankauf
geschah. Man darf daher annehmen, dass bei den ül)rigen Co-
lonien, welche Augustus nach den africanischen Provinzen, nach
Sicilien, Macedonien, Achaia, Asien, Syrien und Pisidien aus-
führte i^), dies Verfahren nicht in Anwendung gekommen ist, weil
Domainenländereien zur Verfügung standen. Patrae in Achaia
z. B. war schon seit der Diadochenzeit verarmt und entvölkerte^) ;
im J. 723 = 31 wurde es von Agrippa erobert i^) und sein Ter-
ritorium reichte nicht allein für die Ansiedelung der Veteranen
der X und XII Legion aus'=^), sondern gestattete auch die Her-
1) Bottazzi Antichita di Tortona p. 85.
2) Miirat. p. 1031, 1. Ptolem. 3, 1, 34. Plin. N. H. 3, 123. Dio Cass. 53, 25.
3} Vemazza Monumenta ALbae Porripeiae p. 13. Muletti Memorie di Saluzzo
1 p. 36.
4) Henzen n. 6958.
5) Borghesi Oeuvres 8, 296 if. Dio Cass. 50, 6.
6j Mommseii /. N. 4622.
7) Mommsen /. N. 1875.
8) Borghesi Oeuvres 5, 274 und daselbst Henzen.
9) C. I. L. V n. 2501: M. BiUienus, M. f., Rom. Aclidcus legione XI proe-
lio navali facto in coloniam deductus ab ordine decurio aUecltus]. S. Mommsen
a. a. 0. p. 240.
10) Mon. Anc. c. 28 : colonias in Africa, Sicilia, Macedonia, utraque Hispa-
nia, Achaia, Asia, Syria, Gallia Narbonensi militum deduxi. Unter Africa scheint
nicht die proconsularische Provinz ausschliesslich zu verstehen, sondern auch
Mauretanien, in welchem acht Colonien des Augustus nachweisbar sindj von
diesen sowie den übrigen Provincialcolonien ist bei den einzelnen Provinzen
gesprochen worden.
11) Pausan. 7, 18, 5.
12) Dio Casrf. 50, 13. Vellei. 2, 84.
13) xMommsen C. i. L. III p. 95.
— 453 —
beiziebung der in den benachbarten Flecken ansässigen Griechen,
welche ebenfalls in die Colonie aufgenommen wurden i) .
Nachdem dem nu£;enblicklichen, durch die Beendieune des Regeimäs-
' o c gjgQ Verpor-
Büre;erkrieees hervorcerufenen Bedürfnisse ajenüet war, schritt g«ng der
'^ '^ ^ OD? Veteranen.
Augustus zu der Organisation des stehenden Heeres, auf welche
wir an einem andern Orte zurückkommen , und zu der Anord-
nung einer regelmässigen Versorgung der ausgedienten Soldaten.
Die gesetzliche Dienstzeit wurde zuerst für die Prätorianer auf
12, für die Legionare auf 16 2), später für die Prätorianer auf
16, für die Legionare auf 20 Jahre festgesetzt^], so dass nicht
alle, sondern nur die versorgungsberechtigten Soldaten auf die
'pracmia militiae Anspruch zu machen hatten, und dies blieb un-
verändert bis auf Diocletian 4) . Die Belohnung bestand nach
der ursprünglichen Einrichtung des Augustus in einer Geld-
summe s), zu deren regelmässiger Zahlung eine eigene Casse, das
aerarhim müitare bestimmt, und auf besonders dazu beschaffte
Einnahmen angewiesen wurde *^); später ist statt des Geldes eine
Aeckeranweisung ") in Italien oder in den Provinzen gegeben
worden. Was zuerst die Landanweisungen in Italien betrifft, so ^ft^ii^sX^n '
Bevölke-
rung.
1) Pausan. 7, 18, 5.
2) Dio Cass. 54, 25 im J. 13 v. Chr. : xat Siexa^e xa re exY] , ooa ol ro-
Xixai OTp-axs'jooivTO, y.nX xa ypfjfxaxa, oaa rauoa|xevoi xfj? cxpaxeia? dvxt xfj?
^tupa;, T|V aei roxe r^xouv, Xyj'^oivxo , ciroj; irci ^ifjxoT; dxeii^ev -l^oir} •f.rtx'x\z^6-
[xevot, (xTjOe^ xo6t(uv y- l^VArt. veojxeptCoJ'tv. f^v oe o xe apit^fi.6; xtov äxwv xoTi
(x^v oopu'f(ipoi; Oüjoexa, xoi; o' aXXoi; exxaiBexa xai x6 fxev dp-^upiov xoT; (xev
iXaxxov xoT; Vt rXeiov. Sueton. Oct. 49.
3) Dio f'ass. 55, 23 (im J, 5 n. Chr.): itlnrjcpb^ , xoT; piev if. xoO öopu-
cpoptxou revxaxir/tXiai; opayjxd;, dTreiodv dx-/aioexa Ixt), xoT; 5e exepoic, xpiayi-
Xia;, IreiS-^ eixoai axpaxeuaojvxai oiSooHcti. Moniim. Anoyr. 3, 37 : praemia da-
rentur militibus, qui viginti stipendia emeruissent.
4) Cod. lust 7, 64, 9: veteranis , qui in legione vel vexillatione militantes
post vicesima stipendin honestam vel raumriam missionem consecuti sunt. Ueber
die frühere Zeit s. Modestin. Dig. 27, 1, 8 § 2: 6 ydp efxooxov Ixo; x^; oxpa-
xeioti yTtep^d;, 0[aoio; eivai risxeuexai rm rXTjpt/iaavxi x6v xtj? 3xpaxe(ac yp6vov.
5) Moniim. Ancyr. 3, 28: postea Ti. Nerone ei Cn. Pisone consulibus
(7 V. Chr.) iiemque C. Antistio et D. Laelio cos. (6 v. Chr.) et C. Calvisio et
L. Pasieno consulibus (4 v. Chr.) et L. Lentulo et M. Messala consulibus (3 v. Chr.)
et L. Caninio et Q. Fabricio consulibus (2 v. Chr.) veteranos , emeriteis stipendia
in 8ua municipia remisi, praemia aere numerato peraolvi, quam in rem seatertium
[circiter sexiens] miliens impendi.
6) Suet. Oct. 19: ut perpetun ac sine difficultate sumtus ad tuendos milites
prosequendosque suppeieret , aerarium militare cum vectigalibus novis instituit.
Dio Cass. 55, 25. 2B.
7) Oleich nach dem Tode des Augustus sagen die pannonisohen Soldaten
bei Tar. Ann. 1, 17: si quia tot casus vita superaverit, trahi adhuc diversas in
terms, übt per nomen agrorum uligine» paludum vel inculta montium accipiant.
Zumpt p. 346.
— 454 —
hatten sich die Verhältnisse derst^lben nach den grossen Verän-
derungen der Bevölkerung, deren Folgen schon unter den Grac-
chen sichtbar wurden, unter den Kaisern aber autfallend her-
vortraten, wesentlich umgestaltet. Der ursprüngliche Bauernstand
Italiens war ausgerottet, die grossen Güter wurden durch Sclaven
bearbeitet, welchen die Provinzen den Unterhalt liefern mnssteni).
Die überall und wiederholentlich angesiedelte Soldatenniasse,
grossentheils ohne Frauen und Kinder, schmolz so schnell zu-
sammen 2), dass die italischen Stiidte, einstmals die unerschöpf-
liche Quelle der römischen Militärmacht spärlich bevölkert, theil-
weise verödet waren^), und ein fortwährender künstlicher Ersatz
durch neue Ansiedelungen für die Erhaltung derselben nothwcn-
dig war. In den Provinzen, wo die Abnahme der Bevölkerung
zwar etwas später, aber seit Hadrian in dem Grade merklich
wurde, dass man barbarische Stämme für die Zwecke des Acker-
baus in dieselben aufzunehmen gezwungen war, trat ausserdem
das Bedürfniss militärischer Ansiedelungen wegen der Sicherung
gegen äussere und innere Feinde ein, welches, seitdem zuerst
Cäsar zahlreiche Golonieanlagen in den Provinzen begonnen hatte,
bei den Colonien der Kaiserzeit bis zuletzt maassgebend geblie-
ben ist. Somit waren die grossen Streitfragen, welche seit den
Gracchen in Betref!' der Colonien entstanden waren , nicht nur
1) Tac. Ann^ 3, 54: at Hercule nemo refert ^ quod Italia alienae opis indi-
get^ quod vita popidi Romani per incerta maris et tempestatum cotidie volvitur.
ac nisi provinciarum copiae et dominis et servitiis et agris subvenerint, nostra nos
scilicet nemora nostraeque villae tuebuntur. Vgl. 12, 43.
2) Tac. Ann. 14, 27: veterani Tarentum et Aniium adscripti non tarnen
infrequentiae Locorum subvenere, dilapsis pluribus »i provincias, in quibus stipen-
dia expleverant ; neque coniugiis suscipiendis neque alendis liberis sueti orbas sine
posteris domos relinquebant. Plin. N. H. 3, 70: sunt et morientis Casilini reli-
quiae. Augustus rühmt daher von sich im Monum. Ancyr. 5, 37: Italia autem
colonias , quae vivo nie celeberrirnae et frequentissimae fuerunt , duodetriyinta de-
ductas habet. Aus den angeführten Verhältnissen erklärt sich, dass die Colonien
nach sehr kurzer Zeit schon wieder Supplemente von Colojiisten bedurften.
3) l'ibur vacuum Horat. ep. 1, 7, 45. Acerrae vacuae Verg. Georg. 2, 225.
Cumae vacuae luvenal. 3, 2. Ueber Cumae und Neapolis Vellei. 1, 4, 2: vires
autem veteres earum urbium hodieque magnitudo ostentat moenium. Italiae vasti-
tas nach der Schlacht bei Mutina, Pollio bei Cic. ad fam. 10, 33, 1. Die sam-
nitische Bevölkerung war durch Sulla ganz vertilgt. Strabo 5 p. 249 extr. : xotl
yap TOI vuvi xcö[j.at '{e-^o-^rxai^ ai TToXet? (der Samniter) • Iviai o' ^y.XeXoiTcaoi xe-
Xito?. Bei der Erzählung der Volskerkriege wirft Livius 6, 12 die Frage auf,
unde toties victis VoLscis et Aequis suffecerint milites. Er antwortet : simile veri
est — innumerabilem multitudinem liberorum capitum in eis fuisse locis , quae
nunc , vix seminario exiguo militum relicto , servitia Romana ab solitudine vin-
dicant.
— 455 —
durch die militärischen Einrichtungen des Augustus, sondern zu-
gleich durch die Umgestaltung der Verhältnisse gelöst, und die
Colonien ihrer ursprünglichen Bestimmung i) wieder näher ge-
bracht, indem sie in Italien die einzige Abhülfe gegen die zu-
nehmende Entvölkerung, in den Provinzen aber militärischen
Schutz gewährten, der ager puhlicus aber, ehedem der Gegen-
stand des Kampfes der Parteien, nunmehr zur Verfügung des
Kaisers war 2).
Auch unter den Kaisern sind indess nicht alle Ansiedelungen ^^^t^^JJ^ a®„.
unter der Form von Colonien bewirkt worden. In neu eroberten ßie<iei"ns-
Provinzen an Soldaten Land zu assigniren war weder dem alten
Grundsalze gemäss, nach welchem Colonien in bereits bewohnten
und bebauten Ortschaften angelegt zu werden pflegten (s. oben
S. 36), noch liess sich von Colonien, deren Fortbestehen selbst
in Italien zweifelhaft war, in wenig cultivirten Ländern für die
Länge ein Erfolg erwarten ^j. Die ersten Städteanlagen in neu-
gewonnenen barbarischen Ländern wurden daher nicht durch
Soldaten, sondern durch die Einwohner des Landes selbst auf
Anordnung des Kaisers vorgenommen , von welchem sie häufig
den Namen führen, ohne dass sie deshalb für Colonien zu halten
sind"*) ; unter den vielen Ortschaften, mit welchen Traian das
völlig verwüstete Dacien neu bevölkerte^), waren nur zwei Co-
lonien ^) , und diese waren wahrscheinlich an noch erhaltenen
1) Isidor. Origy. lo, 2, 9 : colonia vero est, quae defeciu indigenarum novis
cullorihus adirnpLetur. Liv, 27, 9 : in colonias atque in agrum hello capttun stirpis
auyendae causa rnissos. Vgl. 5, 30. Hygin. de lim. const. p. 176: augendae rei-
publicae causa.
2) Habsüchtige Kaiser, wie Tiberius, waren daher mit Aeckerassigiiationen
sehr sparsam. Suet. Tib. 48. Tac. Ann. 1, 17. Zumpt p. 382. 444. Dass auch
über den in Italien vacanten ager puhlicus der Kaiser verfügte, zeigt Hygin. de
gener. contr. p. 133 L. : cum divus Vespasianus subsiciva omnia (d. h. die nicht
asöignirten Landstücke der Colonien) quae non veniissent aut aliquihus personis
eoncessa essent , sibi vindicasset , itemque divus Titas a patre coeptum hunc ritum
Unerel, Domitianus per totam Italiam subsiciva possidentibus donavit.
3) Die besonderen Verhältnisse der wenigen Colonien, welche ganz nen an-
gelegt zu »ein scheinen , Lugdnnum , Augusta Praetoria , Augusta Taurinorura,
Augusta Emerita in Spanien, Carthago und Corinth, kennen wir nicht; entweder
waren auch hier wenigstens Dorfschaften vorhanden (s. S. 12 Anm. 3), oder es
musste für die Aufführung von Gebäuden Sorge getragen werden. S. Zumpt
p. 45L
4) Dies beweist ausführlich Zumpt p. 441 f.
ö) Eutrop. 8, 3: ex toto orbe Romano inßnita« eo copiaa hovUnum transtu-
lernt ad agros et urbea coUnda». Dacia enim diutumo hello Deeebali viria futrai
exhausia.
6) Nämlich Harmizegctusa (8. 155) und Zerna (C l. L. Hl p. 24Öj.
— 456 —
Ollen angeleimt. UntiM* den Soldatenansiedeluiigen aber, welche,
wie bemerkt, in bereits vorhandenen Stildten meistens auf gekauf-
ten Grundstücken zu geschehen pflegten, sind wieder zwei Arten
zu unterscheiden. Entweder nämlich war die Ansiedelung eine
partielle, in der Art, dass die Veteranen zu einem bestehenden
Commuiialverbande hinzutraten, ohne dass derselbe seinen poli-
tischen Zustand änderte; in welchem Falle die neuen Ansiedler
eine eigene Gemeinde bildeten , nicht aber die ganze Stadt die
Rechte und den Namen einer Colonie erhielt ^) ; oder es wurde
bei dem Eintritt der Colonislen die alte Verfassung der ganzen
Commune aufgelöst, und dieselbe als Colonie durch eine eigene
fonnula neu constituirt^j. In dem letzteren Falle konnte die
rechtliche Stellung der alten und neuen Einwohner zu einander
verschieden festgesetzt werden, indem die alte Einwohnerschaft
entweder geradezu der neuen unterworfen, und alles Antheils
an der Communalverwallung beraubt^), oder zu gleichen Rechten
in die Colonie aufgenommen"*) oder endlich der Antheil beider
Theile an der Verwaltung durch eine specielle Festsetzung regu-
lirt werden konnte ^) . Als Colonien sind nur diejenigen Ansiede-
lungen zu betrachten, in welchen auf eine der zuletzt genannten
Ai'ten römische Bürger zu einer neuen Gemeinde unter den her-
gebrachten Förmlichkeiten, über welche noch zu reden sein wird,
durch eine besondere lex coloniae constituirt wurden 6) . Zwar ist
schon in der früheren Kaiserzeit das Privilegium einer Colonie
als blosser Titel auch an Städte übertragen worden , in welchen
1) S. oben S. 450.
2) Rudorff Feldm. 2, 410 ff.
3) Ueber dieses Rechtsverhältniss s. oben S. 7 ff. 13. 36. 61. Es war auch
unter den Kaisern bei Anlage von Colonien in den Provinzen das regelmässige.
So heisst es von der Colonie Camulodunum in Britannien Tac. Ann. 14, 31 :
[BritannQ rapiunt arma — ocerrimo in veteranos odio. quippe in coloniam (Ca-
mulodunum recens deducti pellebant domibus , exturbabant ayris , capUvos , servos
appelliindo, foventibiis impotentiam veteranorum militibus similitudine vitae et spe
eiusdem Licentiae. Ein ähnliches Verhältniss bestand in der Colonie Thugga in
civitas
Africa, wo eine Statue errichten payus et c[ives] Thuggensium (Guerin Voy.
archeol. 11 p. 124 n. 337. p. 125 n. 338. p. 128 n. 341). Ausführlich handelt
hierüber Zumpt Comm. ep. I, 465 ff.
4) Ein Beispiel hiefür ist Ateste. S. oben Seite 452. Andre s. bei Zumpt
a. a. 0.
5) Wie dies geschah , sehen wir aus den Anordnungen , welche schon in
älterer Zeit in Sicilien für die Doppelgenieinden Agrigent und Heraclea getroffen
waren. Cic. Verr. II, 2, 50, 123. 125.
6) Ueber die lex coloniae Hygin. de cond. ayr. p. 118. 164. 8. oben S. 63
Anm. 2.
— 457 —
eine neue Ansiedelung nicht vor sich ging (s. oben Seile 362),
allein daneben bestehen die eigenthüm liehen Colonieanlagen, be-
sonders in den Grenzprovinzen fort. Eine der letzten wirklich
ausgeführten Colonien ist Verona, welches im J. 265 durch Gal-
lienus nochmals eine Ansiedelung erhielt ^) ; noch später, viel-
leicht unter Diocletian , ist Nicomedia in Bithynien zum Range
einer Colonie erhoben 2) . Unter Constantin ist das Institut der
Colonien nicht mehr vorhanden.
4. Ritus der Golonieanlaee^). Wir haben in der ßit^'s^der
^ 1 Colomean-
Uebersicht der Entwicklungsgeschichte der Colonien bisher die '"iiagf-
Veränderungen bezeichnet , die in denselben vorgingen ; es ist
noch dasjenige zu erwähnen , was sich im Ganzen unverändert
erhielt, und dies ist die bei der Ausführung beobachtete Förm-
lichkeit. In der Zeit der Republik hielten die Colonisten , über
deren AnzahH) und Auswahl ^j das Gesetz bestimmte, unter An-
führung der von dem Volke erwählten , mit dem imperinm aus-
gerüsteten ^j ausserordentlichen Beamten [lllviri)'^) in militärischer
Ordnung unter Vortragung der Fahnen ihren Einzug in die Co-
lonie ^j. Die Gründung derselben wurde nach Anstellung von
Auspicien '^) in der Art vollzogen , dass der damit beauftragte
Magistrat [IJIvir] , angethan mit dem cinctus Gabinits, mit einem
1) Orelli Inscr. n. 1014 =C. I. L. V n. 3329.
2) Zuinpt p. 437.
3) Es wird gestattet sein , diesen Gegenstand kurz zu behandeln und auf
die vortreffliche Darstellung desselben in Rudorffs gromatischen Institutionen,
Feldmesser 2 S. 229 — 464 zu verweisen.
4) Die gewöhnliche Zahl der alten Bürgercolonien betrug 300, die der lati-
nischen Colonien dagegen war bei weitem grösser (s. S. 36. 52).
5) Diese geschah in alter Zeit auf sehr verschiedene Weise, theils auf eine
freiwillige Anmeldung (Patilus Diac. p. 14 Müll.: adscripti dicebantur , qvi in
colonias nomina dedissent, ut essent coloni. Liv. 1, 11: plures inventi, qui propier
ubertatem terrae in Crustuminum nomina darent. 3, 1: iussi nomimi dare, qui
agrum uccipere vellent.) — theils, wenn sich niemand meldete (Liv. 10, 21: nee
qui nomina darent , facile inveniehantur , quia in stationem ae prope perpetuam
infestae reyionis , non in ayros mitti rehantur.) durch militärische Aushebung.
S. üben S. 3.') Anm. 7 und Dionys. Hai. 7, 27; 9, 09. Liv. 37, 46: decrevit
»enatua, uti C. Laelius consul — sex millia familiarum conscriberet , quae in eas
colonia» dividerentur.
6) Monimsen Staatsrecht 1, 53. 99.
7l 8. oben Seite 42H.
8) Cic. de l. ayr. 2, 32, 86: tunc illud vexillum (\tmpanae coloniae —
(\ipuam a deremviria inferetur. Cic. Phil. 2, 40. 102: tu autem — Casilinum
coloniam deduxiati — ut vexillum tolleres, ut aratruin circumduceres. Von der
Anlage von Carthago Plut. ('. (Jracch. II: 7j tc TtpdjTTj 07j(Aa(a, rvc6(xaTo; dcpap-
TTöiCovTOC aüT^jv, ToO TE Cf^povTo; ifxptxöii dvTcyofA^vou, ooveTp(ßt).
9) Appian. B. C, 1, 24. Clc. de l. agr. 2, 12, 31. ( ir. Phil. 2, 40, 102.
— 458 —
Pfluge, welcher rechts mit einem Stiere, links mit einer Kuh
bespannt war, eine Furche zog, und dadurch den Umkreis der
neuen Stadt bezeichnete. Die ausgepflügten Erdschollen mussten
dabei nach innen fallen; an den Stellen, wo die Stadtthore an-
gelegt werden sollten, wurde der Pflug ausgehoben, auf der Furche
aber die Mauer errichtet i) . Der militärische Einzug 2) und der
alte liitus der Gründung^) dauerte auch unter den Kaisern fort;
statt der vom Volke gewählten triumviri aber fungirte ein kaiser-
licher Bevollmächtigter, curator^ der bis zur Vollendung der Ein-
richtung und bis zum Antritte der neuen Magistrate der Golonie
die Geschäfte führte 4).
Vermessung. Schou vor der Ankunft der Golonie war das für dieselbe
bestimmte Territorium durch Agrimensoren nach denselben Grund-
sätzen vermessen, welche bei der Augurallehre in Anwendung
kamen 5). Zwei Linien, die eine von Süden nach Norden, die
andere von Osten nach Westen durch den Mittelpunct des Ter-
ritoriums gezogen, in welchem sie sich in einem rechten Winkel
schnitten, bildeten dazu die Grundlage. Die von Norden nach
Süden heisst cardo maximus, die von Westen nach Osten decii-
1) Varro de L. L. 5, 143: oppida condebant in Latio Etrusco ritu, ut
multa , id est iunctis bobus , tauro et vacca interiore , aratro circumagebant sul-
cum, — Terram unde exsculpserant, fossam vocabant, et introrsum iactam murum.
Post ea qui ßebat orbis, urbis principium. Quare et oppida, quae prius erant
circumdata aratro, ab orbe et urvo urbes, et ideo coloniae nostrae omnis in literis
antiquis scribuntur urbeis, quod item conditae ut Roma. Zu Vergil Aen. 5, 755 :
interea Aeneas urbem designat aratro sagt Servius: quem Catp in Originibus dicit
morem fuisse. Conditores enim civitatis taurum in dextram , vaccam intrinsecus
iungebant et incincti ritu Gabino , i. e. togae parte caput velati parte succincti
tenebant stivam incurvam, ut glebae omnes intrinsecus caderent. Et ita sulco ducto
loca murorum designabant , aratrum suspendentes circa ioca portarum. Dasselbe
berichtet Plut. Quaest. Rom. 24 Vol. VII p. 97 Reiske. Plut. Romul. 11. Dio-
nys. 1, 88. Dio Cass. 72, 15. Ovid. Fast. 4, 825. Festus p. 237 s. v. primi-
genius ; p. 302 s. v. sulci. Isidor. Orig. 15, 2, 3. S. über den ganzen Ritus
Rudorff Feldm. 2, 294 ff. Nissen Das Templum S. 55 ff.
2) Hyginus Grom. p. 176: multis legionibus contigit bella feliciter transigere
et ad laboriosam agriculturae requiem primo tirocinii gradu pervenire : nam cum
signis et aquila et primis ordinibus ac tribunis deducebantur. Tac. Ann. 14, 27:
non enim , ut olim , universae legiones deducebantur cum tribunis et centurionibus
et sui cuiusque ordinis militibus , ut consensu et caritate rem publicam efficererit,
sed ignoti inter se , diversis manipulis , sine rectore , sine affectibus mutuis , quasi
ex alio genere mortalium repente in unum coUecti , numerus magis quam colonia.
Appian. B. C. 2, 120; 3, 81. Die signa militaria sind der gewöhnliche Typus
der Colonialmünzen. Eckhel D. N. 4, 490 ff.
3) Auch dieser Ritus flridet sich auf den Colonialmünzen dargestellt. Eckhel
D. N. 4, 489.
4) Gromat. p. 265. Rudorff Feldm. 2, 334.
5) S. Nissen Das Templum S. 1—22. Rudorff Feldmesser 2, 835 ff.
— 459 —
mumis maximus^); durch beide wird das ganze Terriloriuni in
vier Thieile zerlegt, welche bezeichnet werden durch die Aus-
drücke dextra deciimaniim oder sinistra , citra cardinem oder
nltra^}. Indem man diesen Linien parallel über das ganze Ter-
ritorium in der durch die Grösse der einzelnen Anweisungen
normirten Entfernung Linien zog, welche ebenfalls cardines und
decumanf\ oder mit gemeinsamem Namen limites genannt wer-
den, zerschnitt man die ganze Flur in rechtwinkliche gleichsei-
tige Vierecke (centuriae). Die Schnitlpuncte der Linien, also die
Ecken der Centurien, wurden durch Grenzsteine 3) oder Grenz-
pfähle*) bezeichnet, auf welchen die Zahl des cardo und decu-
manus vom Mittelpuncte an gerechnet, vermerkt wurde, so dass
danach die Cenlurie zu bezeichnen war^). Jeder fünfte^) Limes
bildete eine Hauplabtheilung und hiess actuarius oder qninlarius^
die dazwischen liegenden kleineren limites linearii oder in Italien
subruncivi. Alle diese limites^ welche eine bestimmte Breite er-
hielten, dienten zugleich als Wege indem Gebiete der Colonie^).
1) Ueber Etymologie und Bedeutung des Wortes decumanus s. Nissen a. a. O.
S. 12. Lange im Philologus VIII p. 178.
2) Frontin. de limit. p. 27. 28: limitum prima oriyo, sicut Varro descripsit,
a disciplina Etrusca. — Ab hoc fundamento rnaiores nosiri in agrorum rnensura
videntur constituisse rationem. primo duo limites duxerunt , icnum ab Oriente in
occasum , quem vocaverunt decimanum , alterum a rneridiano ad septentrionem,
quem vocaverunt cardinem. iJecimanus autem dividebat agrum dextra et sinistra^
cardo citra et ultra. Hygin, de limit. p. 108. Siculus Flaccus de cond. agr. p. 153.
Hygin. de lim. const. p. 166. 167. Ueber die Bezeichnung Hygin. de lim. p. 111:
in maximo autem decimano et cardine lapidem ponis et inscribis DfJCJMANVS
MAXIMVS et CARDO MAXIMVS. Forma autem sie scribi debebit DEXTRA
DECVMANVM et SIMSTRA, CllRA (ARDJ^EM et VLTRA.
3) Hygin. de lim. const. p. 172.
4) Hygin. de gen. contr. p. 126. 127.
5) Die Inschrilt einer Centuria war z. B. DDI : VKI. d. h. dextra decu-
manum primum, ultra kardinem primum; oder 8DI : CKl. d. h. sinistra decu-
rnanum I, citra kardinem l, und so mit verschiedenen Zahlen. Frontin. de contr.
p. 14. Hygin. de limit. p. 111, z. B. 7). D. LXXXXVIJJ. V. K. LXXV. Hygin.
de lim. const. p. 173. 195 und Figur 1713. Kudorff S. 352 ff.
6j Dabei wird der decimanus maximus und cardo maximuf selbst nicht mit-
gezählt. Hygin. de lim. const. p. 168: decimanus autem primus maximus appcl-
latur^ item kardo : nam latitudine ceteros praecedunt. alii limites sunt actua-
rii atque alii linearii. Actuarius limes est, qui primus actus est, et ab eo
quintus quisque ; quem si numeraveris cum primo , sextus erit , quoniam quinque
centuria» sex limites cludunt.
7) Frontin. de contr. p. 24: omnes enim limite» aecundum legem colonicam
itirveri publico servire debent. p, 41. 58. Sicnhis Flacc, p. 153. 158. ,,'Secundum
legem et constitutionem divi Augusti" hatte rler decimanus maximus eine Breite
von 40, der cardo maximus von 20, der actuarius von 12, der subruncivus von
8 Fu88. Hygin. de lim. const. p. 194. Doch gab es darüber auch andere Bc-
Btlmmungen. Hygin. de lim. p. 111. '
— 460 —
Der Schnittpunct des cni^do maximus und demimaiiiis maximus
würfle der Theorie nach zugleich Mittelpunct der Colonie haben
sein müssen, wie dies bei der Abstechung des Lagers, welche
im Ganzen nach denselben Grundsätzen geschah, der Fall war^),
und bei neuen Stiidteanlagen pflegte dies beobachtet zu werden'^);
allein da bei Colonieanlagen die Stadt meistens schon vorhanden
war, so nahm man dazu einen willkürlichen Punct gewöhnlich
ausserhalb derselben'*). Dies war auch meistens aus dem Grunde
nölhig, weil die Stadt gewöhnlich auf Höhen, zuweilen auf festen
Felsen gegründet wurde, welche als unfruchtbares Land von der
Limitation ganz ausgeschlossen waren 4), so dass man in diesem
Falle die Theorie absichtlich aufgab ^j. Die Centurien enthielten
durchschnittlich 200 mgera, doch w^aren sie auch grösser ^j ; sie
heissen in dem Vermessungsdocumente der Colonie'), weil sie
innerhalb des durch die genannten Linien gebildeten Netzes lie-
1) Klenze Philolog. Abhandlungen, heransgeg. von Lachmann, Berlin 1839.
8 S. 134: ,, Dieser Mittelpunct des Lagers liegt nach den 100 Füssen freien
Raums , der vor der Zeltreihe der Tribunen blieb und den die Römer principia
nannten. Auf diesen Mittelpunct stellten nun die Römer sowohl bei der Acker-
vermessung als bei der Lagerabsteckuiig jenes Signalzeichen, nach dem unter
rechtem Winkel die Hauptlimites nach allen vier Seiten fortgeführt wurden. Das
Instrument war von Eisen, oben drauf ein Winkelmesser, tetrans, und das Ganze
wurde , wie auch der Schneidepunct der Linien selbst gruma oder groma ge-
nannt, wonach die Feldmesser selbst den Namen gromatici haben." S. die Stel-
len daselbst und bei Rudorff Feldm. 2, 335 f.
2) Hygin. de lim. const. p. 180: quibusdam colonm postea constitutis , sicut
in Africa Admederae , decimanus maximus et kardo a civitate oriuntur et per
quattuor portas in morem, castrorum ut viae am,plissimae limitibus diriguntur.
haec est constituendorum limitum ratio pulcherrima. — Sic et in castris groma
ponitur in tetrantem,, qua velut ad forum, conveniatur. Vgl, p. 191.
3) Ders. p. 178: quibusdam coloniis kardo maximus et decimanus non long e
a civitate oriuntur. nam in proximo esse debent, immo , si fieri potest, in ipsa
colonia inchoari : std quom vetusta municipia in ius coloniae transferuntur , stan-
tibus iam muris et ceteris moenibus limites primos nisi a foris (d. h. von ausser-
halb) accipere non possunt. S. die dazu gehörige Figur.
4) Ders. p. 179. Rudorff S. 360 ff.
5) Ders. p. 181: itaque si loci natura permittit, rationem servare debemus :
sin autem, proximum rationi. Vgl. p. 194.
6) Siculus Flaccus de cond. agr. p. 159: centuriae autem non per omnes regio-
nes ducenta iugera obtinent, in quibusdam ducentena dena, quadragena. Hygin. de
lim. const. p. 170 : modum autem centuriis quidam secundum agri amplitudinem
dederunt ; in Italia triumviri iugerum quinquagenum , aliubi ducenum ; Cremonae
iug. CCX ; divus Augustus in Beturia Emeritae iug. CCCC; quibus divisionibus
decimani habent longitudinis actus XL, kardines actus XX. In dem liber colonia-
rum p. 209 ff. werden diese Differenzen bei den einzelnen Colonien bezeichnet.
Ein iugerum hat 2 actus, ein actus ist 120 Fuss ins Geviert. Klenze a. a. 0.
S. 130. Rudorff S. 351. 363.
7) forma coloniae oder aes. Frontin. de contr. agr. p. 46. 51. Sicul. Flacc.
de cond. agr, p. 154 f. Rudorff S. 405.
— 461 —
gen, ugri inlra clusi , und umfassen nur urbares Land^); im
Gegensatz dazu heissen die ausserhalb der Limitation befindlichen
nicht urbaren Stücke loca relicta et extra clusa'^), dagegen die
Stücke urbaren Landes, welche, zu klein, eine eigene Centurie
zu bilden, zwischen der unregelmässigen Grenze des Territoriums
und dem äussersten Limes lagen, oder auch innerhalb der Li-
mitation durch nicht vermessbare Stücke zwischen den limites
entstanden, subseciva^). Kam nun das ganze Gebiet zur Assig-
nation"*), so wurden die Centurien in sortes, deren Grösse bei
verschiedenen Colonien verschieden war 5), vertheilt, und diese
unter den Colonisten zur Verloosung gebracht <») ; blieb noch ur-
bares Land übrig, so wurde dies den Angesiedelten zur Posses-
sion concedirt'), und später zu einer neuen Ansiedelung be-
1) Frontin. de contr. agr. p. 51 : ayri sunt adsignati, qua usque tunc solum
utile Visum est. Hygin. p. 112: mensura territorü usque ßeri debet secundum le-
gem divi Augusti QVA FALK ET ARATER lERlT ; p. 199: solent enim culti
agri ad pretium emeritorum aestimari ; p. 201 : adsignare agrum secundum legem
divi Augusti eatenus dehebimus, qua falx et arater exierit.
2) Frontin. de contr. agr. p. 55 : loca autem relicta et extra clusa non sunt
nisi in ßnibus coloniarum, ubi assignatio pervenit usque qua cultum fuit, quate-
nu8 ordinatione centuriarum intermissa finitur. Vitra autem silvestria fere fuerunt
et iuga quaedam montium , quae visa sunt finem coloniue non sine magno argu-
menta facere posse. — propter quod haec loca, quod adsignata non sint, relicta
appellantur; extra clusa, quod extra limitum ordinationem sint et tarnen fine
cludantur. Hygin. de lim. const. p. 198.
3) Vi'ar z. B. innerhalb der limitiiten Aecker ein Teich, so entstanden da-
durch, dass derselbe von dem Quadrat der nächsten Limites eingeschlossen
wurde, innerhalb dieses Quadrates aus den Uferstücken des Teiches subseciva.
Hygin. de gen. contr. p. 132 f. : subsiciva autem ea dicuntur, quae adsignari non
potuerunt. id est, cum sit ager centuriatus, aliqua inculta loca, quae in centuriis
erant , non sunt assignata. Haec ergo subsiciva aliquando auctor divisionis aut
sibi reservavit aut (diquibus concessit aut rebus publicis aut privatis personis.
Frontin. de agr. quäl. p. 6. 7. Agennius Urb. de contr. agr. p. 81 : subsicivo-
rum autem genera sunt duo; unum , quod extremis adsignatorum agrorum fmibus
centuriam non explet : aliud etiam integris centuriis interoenit. Hygin. de lim.
p. 110. Ueber diese subseciva verfügten die Kaiser. Frontin. de contr. p. 8. 54.
Siculus Flacc. de cond. agr. p. 163. Kudorff S. 390 ff.
4) Hygin. de lim. const. p..203: si vero municipium in coloniam eins trans-
feretur , condicionem regionis excutiemus , et secundum suam postulationem ad-
aignabimus. Muttis locis conditores Universum locum coemerunt, multis male meritos
fundorum possessione prioaverunt.
5) Ursprünglich betrug die sors 2 iugera , später aber auch viel mehr; in
Vibo 15 iugera für die pedites, 30 iugera für die equites (Llv. 35, 40j ; in der
latinischen Colonie Bononia 50 für die pedites, 70 für die equites (Llv. 37, 57);
in Potentia und Pisaurum 6 iugera (Liv. 39, 44j ; in Parma 8, in Mutina 5
(Llv. 39,. 55); in Graviscae 5 (Liv. 40, 29). Kudorff S. 362 ff.
6) Das Verfahren bei der Verloosung beschreibt ausführlich Hygin. de Um.
p. 113. 199 f.
7) Frontin. de eontr. agr. p. 53: per ionyum enim tempus nltiyui ponaeaso-
rea vacnntia loca quani invilunte otioai aoli opportunilate invaaerunt et per longum
tempua inpune rommalleavtrunt.
— 462 —
nutzt*); liess man aber, was meistens der Fall war, einen Theil
des vermessenen Landes im Eigenthum der ursprünglichen Ein-
wohner, so wurde dieser zunächst festgestellt, wobei in Folge
der neuen Begrenzung der alten Güter zuweilen Tausch oder
Ersatz nöthig war 2). Die Ausstattung der Veteranen, unter
welchen sich nicht nur gemeine Soldaten, sondern auch Centu-
rionen und wenigstens ein Theil der trihuni milihmi befanden^),
fand übrigens nach dem Rangverhältnisse [secimdum gradum mi-
litiae) in sories ungleicher Grösse statt "^j.
Veriuide- ^^\Q ^[q Colouien , so haben auch die Municinien in der
rang des Bc- ' »
jiiffs der langen Zeit ihres Bestehens in Foke der alleemeinen Entwicke-
lung der römischen Staatsverfassung ihren Character wesentlich
geändeit. Ursprünglich bezeichnete das Wort municipium ein-
mal in abstractem Sinne das unvollständige Bürgerrecht und
zweitens in concretem Sinne eine Gemeinde mit unvollständigem
Bürgerrecht (S. 28) und unvollständiger Stadtverfassung (S. 43).
Nach der lex Julia des J. 664 = 90 ist dagegen municipmm eine
städtische Gemeinde, der das vollständige römische Bürgerrecht
(S. 34) und eine vollständige römische Stadtverfassung (S. 43)
ertheilt ist, ohne dass sie römische Coloniston erhalten hat. Seit-
dem endlich im J. 665 = 89 den transpadanischen Gemeinden
und später den Communen ganzer Provinzen das ms Latii in
1) Frontin. 1. 1. p. 51 : scio in Liisitania, finibus Emeritensium, non exiguum
per mediam coloniae perticam ire flumen Anam , circa quod agri sunt adsignati,
qua usque iunc solum utile visum est. Propter magnitudinem enim agrorum vete-
ranos circa extremum fere finem velut terminos disposuit, paucissimos circa colo-
niam et circa flumen Anam : reliquum iia remanserat, ut postea repleretur. Nihilo
minus et secunda et tertia postea facta est assignatio : nee tarnen agrorum modus
divisione vinci potuit^ sed superfuit inadsignatus. Ebenso waren in Capvia sortes
übrig geblieben , Vellei. 2, 81 ; desgleichen in Angusta Emerita in Lusitanien.
Rudorff S. 409.
2) Siculus Flacous in Giomat. p. 155 : nee tarnen Omnibus personis victis ab-
lati sunt agri: nam quorundam dignitas aut gratia aut amicitia victorem ducem
movit, ut eis concederet agros suos. Itaque limitibus actis cum centuriae exigeren-
tur, eorum, quorum nomina continent , agri notabantur , quantum in quaque cen-
turia haberent. Inscriptiones itaque in centuriis sunt tales : DEXTRA aut SINISTRA
DECIMANVM TOTVM, VLTRA ClTRAve CARDINEM TOTVM, ASSIGNA-
TVM ILLI TANTVM. Inde subscriptum est nomen cui concessum est, inscriptione
tali, REDDITVM ILLI TANTVM. Praeterea scriptum est et REDDITVM ET
COMMVTATVM PRO SVO, quod ideo ßt , quoniam particulas quasdam agro-
rum in diversis locis habentes duo quibus agri reddebantur , ut continuam posses-
sionem haberent, modum pro modo secundum bonitatem taxabant.
3) Zumpt Comm. ep. 1, 447 ff.
4) Siculus Flaccns p. 156, 9 : non enim omnibns aequaliter datus , sed et
secundum gradum militiae et modus est datus.
— 463 —
derselben Weise, nämlich ohne Ansiedelung einer latinischen
Colonie bewilligt war (S. 60), begann man, wie coloniae civium
und coloniae Latinae, so auch municipia civium Romanorum und
municipia Latina zu unterscheiden ; denn dass z. B. die von
Vespasian mit dem ms Latii beschenkten spanischen Städte mu-
nicipia waren, kann einem Zweifel nicht unterliegen ^) . Allein
alle diese Arten von Gemeinden waren nach altitalischem Muster
im Ganzen gleichmässig eingerichtet und in dieser Gleichheit der
Verfassung ist es hauptsächlich begründet, wenn, obgleich die
römischen Colonien bis zum dritten Jahrhundert sich dem Range
nach von den Municipien unterschieden (S. 362), doch im ge-
wöhnlichen ^) wie im juristischen 3) Sprachgebrauch municipinm
der allgemeine Ausdruck für alle Arten römischer Städte, nach
Caracalia's Zeit (S. 424) für alle Arten von Gemeinden im Ge-
gensatz zu Rom wird. In diesem Sinne dürfen wir von einem
Municipalrecht reden, welches den Colonien und den Municipien
gemeinsam ist.
Die Municipalverfassung.
Bei der Wichtigkeit der Stellung, welche die Communen in Quellen.
dem Organismus des römischen Reiches einnehmen, musste es
stets als eine interessante Aufgabe betrachtet werden, von den
inneren Verhältnissen derselben eine möglichst vollständige An-
i) Mommsen Stadtrechte von Salpensa und Malaca S. 400. Hübner C. J, L.
II p. 90. Zumpt Stud. Rom. p. 273 fl'. ist der Ansicht, dass diese Municipien
eine gemischte Bevölkerung von römischen Bürgern und Latinern und einen
gemischten Ordo gehabt hätten, und dieser Ansicht stimmt Walter (i. d. R.
Rechts § 317 bei. Ich verweise hierüber auf Hübner C. I. L. II p. 261. Das
Vorhandensein von municipia latini iuris im Jahre 643 = 111 halte ich dagegen
durch die von Mommsen C. 1. L. I p. 94 in diesem Sinne interpretirte Stelle
der lex agraria C, 1. L. I n. 200 lin. 31 noch nicht für erwiesen.
2) Namentlich steht in diesem allgemeinen Sinne municeps und municipalis.
So schreibt Fronto ep. ad am. 2, 10 p. 200 Naber, an die Decurionen der Co-
lonie Cirta: Aufidium Victorinum, quem in numero municipum habetis ; und Tac.
ßlist. 3, 43 redet von einem favor ynunicipalis in der Colonie Forum lulium.
Ausführlich handelt hierüber Znmpt Comm. ep. I, 476 f.
3j l'lpian, Diy. 50, 1, 1, 1 : sed nunc ahmive municipes dicimu.'* suae cuiun-
que civitatis cives, ut puta Campanos, Puteolanos. Capua und Puteoli sind Colo-
nien. In diesem Sinne sprechen die .Juristen über magintratu» municipale» (Dig.
50, 1, 25), mrisdiHio municipalis (50, 1, 29J, honor municipali» (50, 4, 14j,
Ugatus municipalis (50, 7, 1), u. s. w. und Fr. Vat. % 191 werden entgegenge-
setzt tutelae , quae Romae sunt iniunctae und tutelae, ipiae in municipiU Italici$
iniunyuntur. S. Savigny System des heutigen ii. Hechts 8, 54.
— 464 —
schauung zu gewinnen. Allein diese Aufgabe war noch vor
Zwanzig Jahren in vieler Beziehung unlösbar, da für die Blüthe-
periode der Municipien und Colonien nur spärliche Nachrichten
vorlagen, die juristischen Quellen aber, welche sich zunächst
darboten, zu einer Zeit redigirt sind, in welcher die ursprtlng-
lichen Institutionen der römischen Stadtgeineinden unter dem
Einfluss der kaiserlichen Verwaltung sich in wesentlichen Puncten
verändert halten^). In ein neues Stadium ist dagegen diese Un-
tersuchung getreten seit der im J. 1851 gemachten Entdeckung
Die Gesetze jer Municipalgesctzc von Salpensa und Malaca^), welche, zwi-
und Maiaca. sehen den Jahren 82 — 84 n. Chr. erlassen, uns einen völlig
neuen Aufschluss über die Municipalverhältnisse der früheren
Kaiserzeit gegeben haben, und die theils im Anschluss an diese
Urkunden*^), theils auf Grund des in der neusten Zeit reichlich
1) Untersuchungen über einzelne diesem Gegenstande angehörige Fragen
sind in älterer Zeit vielfach, aber nur gelegentlich angestellt worden und werden
unten angeführt werden ; die erste umfassende Behandlung des ganzen Stoffes
findet sich in Fr. Roth De re municipali Romanorum llbri II, Stuttgart 1801.
8; eine übersichtliche Darstellung in Savigny Gesch. des R. Rechts im Mittel-
alter Bd. I c. 2. Vgl. Rein in Paulys Realenc. Bd. 5 S. 223 ff. 0. Hegel Gesch.
der Städteverfassung von Italien Bd. I, 1847. 8. Die gelehrten und umfangrei-
chen Forschungen von A. W. Zumpt im ersten Bande der Commentationes epi-
graphicae, Berlin 1850. 4 haben über viele schwierige Puncte zuerst ein sicheres
Urtheil möglich gemacht und neue Resultate festgestellt, welche ich benutze;
aber auch sie konnten einige wichtige Fragen nicht erledigen , über welche ge-
genwärtig ein neues Material vorliegt.
2) Beide Urkunden, jetzt enthalten im C. /. L. II n. 1963. 1964 und bei
Henzen n. 7421, wurden zuerst herausgegeben von R. de Berlanga Estudios sobre
los dos bronces encontrados en Malaga a fines de Octubre de 1851, Malaga 1853.
4; sodann mit einem vortrefflichen Commentar von Mommsen Die Stadtrechte
der latinischen Gemeinden Salpensa und Maiaca in der Provinz Baetica, Leipz.
1855, auch im 3ten Bande der Abhandl. d. K. S. Gesellsch. der Wiss. S. 363 ff.
nebst Nachtrag ebendas. S. 489 — 507, endlich nochmals von Berlanga Monumentos
historicos del rnunicipio Flavio Malacitano , Malacae 1864. 8. Die neuen That-
sachen, welche sich aus diesen Documenten ergeben , erregten zuerst Bedenken
über die Aechtheit derselben, welche namentlich geltend gemacht sind von E. La-
boulaye Les Tables de bronce de Malaga et de Salpensa, Paris 1856, später von
CM. Asher Notice sur l'epoque et In mithode de la fabricatlon des tables de
Malaga, Paris 1868. 8 und : Ueber das XXII. Capitel der Tafel von Salpensa
' nebst einer Analyse der ganzen Tafel, Heidelberg 1867. 8. Diese Zweifel sind
indess jetzt als beseitigt anzusehn namentlich durch zwei gelehrte und sorgfäl-
tige Abhandlungen von Ch. Gitaud Les tables de Salpensa et de Malaga , Paris
1856. 8 und La lex Malacitana, Paris 1868. 8, von denen die erste gegen La-
boulaye, die zweite gegen Asher gerichtet ist.
3) Auf die Erklärung der Tafeln beziehen sich zunächst die Abhandlungen
von Dernburg in Dernburg und Hillebrand Krit. Zeitschr. für die gesammte
Rechtswissenschaft, Bd. 3 (1855) S. 74 ff. Huschke Gaius. Beiträge zur Kritik
und zum Verstäudniss seiner Institutionen, Leipzig 1855. 8 S. 14 ff. Stintzing
Krit. Zeitschr. für die ges. Rechtswiss. Bd. 4 (1856) S.~328 f. Dirksen Ein
— 465 —
zugeflossenen epigraphischen Materials überhaupt mit glücklichem
Erfolge den Verfassungen der römischen Gemeinden aufs Neue
zugewendete Forschung i) hat es möglich gemacht, gegenwärtig
mit grösserer Sicherheit über diejenigen Fragen zu urtheilen,
welche den Gegenstand der folgenden Darstellung ausmachen.
Die Gemeinde und die Yolksversammlung.
Die Gemeinde besteht überall aus zwei Theilen , Bürgern c-'t^und
^ ^ , 7 ö ineolae.
und Insassen, cives et ineolae, iroXTiai xai fisTotxoi^). Die Bür-
gerschaft ergänzt sich erstens aus denen, welche von Bürgern
abslammen [cives nati^ cives origine), zweitens aus solchen, welche
durch alleclio inter cives ausdrücklich in das Bürgerrecht aufge-
nommen werden, drittens aus den von Bürgern manumittirlen
Sciaven und viertens durch Fremde, welche von Bürgern adop-
tirt werden 3) . Der Stand der ineolae dagegen hat seinen Ur-
sprung in dem Zuzug solcher Personen, welche in einer Gemeinde,
der sie durch Geburt nicht angehören, ihren dauernden Wohnsitz
[domiciliitm] nehmen, ohne dadurch das Bürgerrecht ihrer Vater-
stadt zu verlieren. Zu den ineolae sind also nicht diejenigen zu
rechnen, welche zum Zwecke von Studien'*) oder wegen kauf-
männischer Geschäfte sich zeitweise in einer Stadt aufhalten —
Beitrag zur Auslegung der epigr. Urkunde einer Städteordnung für die latinische
Bürgergemeiiide zu Sulpensa , Abb. der Berliner Acad. 1866 S. 677 fl". G. Bruns
Die Römischen Popularklagen in Rudorff und Bruns Zeitschr. für Rechtsge-
schir.hte, Bd. 3 (1864) S. 341 ff.
1) Vor Allem sind zu erwähnen die schönen Untersuchungen von £. Kuhn
Die städtische und bijrgerliche Verfassung des R. Reichs, Bd. 1 Leipzig 1864. 8
und Henzen Jntomo aleuni magistrati municipuli de' Homani in Annali deW inat.
1859 p. 193 — 226. Anderes wird weiter unten angeführt werden, (ianz uner-
giebig ist dagegen F. Bechard Droit municipal dans l'anÜquiU, Paris 1860. 8,
dessen Verfasser mit allen neueren Arbeiten über diesen Gegenstand, auch denen
seiner eigenen Landsleute, unbel<annt geblieben ist.
2j So giebt es in Herculaneum mtmicipes et incofa« (Orelll 3705 = Mommsen
/. N. 2430); in Perusia muniripes et ineolae (Orelli 3707); in Benevent eoloni
et inquilini (Orelli 3712 = Mommsen 7. N. 1503); in Narbo coloni incolaeque
rOrelli 2489); und in der Inschr. von Antipolis in Gallia Narbonensis, Orelli
o708, wird erwähnt C. TuU. Flaminius , domo Catina ex provincia Siciliae, m-
cola Anlipolitanus. Eine grössere Sammlung von Beispielen giebt Kuhn 1, 6.
3) (Jlpian. I>iy. 50, 1, 1 pr. : muniripem aut nativitatt facil aut manumissio
nut adoptio. Cod. lust. 10, 39, 7: civc.i quitUm origo , Tn<m«mi.«/o, allectio vel
adoplio^ incolüH vero — domiciUuni farit. Ausführlich handeln hierüber Savigny
System des heutigen Rom. Rechts 8, 44 fT. Kuhn 1 , I fT.
4) Cod. lust. 10, 39, 2.
Rom. Altorth. IV. 30
- 466 —
denn diese werden von den incolae a\s hospües oder advenlores ^) ,
von den xatotxoüVTe? als irapsTrtorjji-ouvre^^), xatspYaCojxsvoi oder
7rpaYfjLaT£uo[i£voi ^) , d. h. als Fremde^), ausdrücklich unterschie-
den — sondern incola wird man nur durch wirkliche Nieder-
lassung, Laris coUocatio^).
Zur Uebernahme der gemeinen Lasten [munera) ^) sind beide,
cives und iiicolne, in gleicher Weise verpflichtet'), zur Beklei-
dung von Ehrenstellen dagegen in älterer Zeit nur die Bürger
befähigt ^) . Auch dieses änderte sich in der Kaiserzeit, in wel-
cher, wie wir unten sehn werden, die honores niunicipules zu
den drückendsten Lasten zu gehören anfingen. In dieser Zeit
war es eine Wohlthat für die Bürger, dass auch die incolue zu
den Municipalämtern zugezogen wurden'*); andererseits wurde
aber den incolae keineswegs eine Freizügigkeit in dem Sinne ge-
stattet, dass sie durch Verlegung ihres Wohnsitzes von den
Pflichten gegen ihre Vaterstadt entbunden wurden ^^) ; sie blieben
vielmehr Gemeindemitglieder zweier Städte, ihrer Vaterstadt und
1) Orelli 2287. 3326. Henzen 6962. Cic. Verr. II, 4, 58, 130.
2) C. I. Gr. 2286. Eckhel D. N. 3, 306^. Letronne Becueil 1, 340.
3) Keil Analecta epigr. et onomatol. p. 80. Derselbe Epigraphische Excurse
S. 370. Kuhn 1, 22 ff.
4) Llban. Yol. I p. 456 ß. : TtoXiTai, (xdior/oi, ^evoi.
5) Cod. Theod. 12, 1, 52. Cod. lust. 3, 24, 2 ; 10, 39, 7.
6) Ueber diese munera s. das Nähere bei Kuhn 1, 7 ff.
7) Cod. lust. 10, 39, 5: si in patria uxoris tuae vel qualibet alia domici-
lium defixisti, incolatus iure ultro te eiusdem civitatis muneribus obligusti. Ibid. 6 :
privilegio speciali civitatis non interveniente tarnen originis raiione ac domicilii
voluntate ad munera civilia quemque vocari certissimum est.
8) Dies liegt in der Natur der Sache. S. Cic. de off. 1, 34, 125: peregrini
autem atque incolae officium est., nihil praeter suum negotium agere, nihil de alio
anquirere minimeque esse in aliena republica curiosum. Es war anfänglich eine
Ausnahme, wenn die incolae zu den honores Zutritt hatten. Agennius Urbicus
in Gromat. p. 84: sed haec quaedam coloniae aut beneficio conditorum percepe-
runt, ut Tudertini, aut postea apud principes egerunt , ut Fanestres, ut incolae
etiamsi essent alienigenae , qui intra territorium colerent, Omnibus honoribus fungi
in colonia deberent. Hoc Fanestres nuper impetraverunt, Tudertini autem beneficio
habent condiioris. In der Stadt Gigthi in Africa gehörten die incolae weder zum
popuius noch zum ordo. S. die Inschr. Gue'rin I p. 227 n. 32: L. ümmidio
Quir(ina^ Pacato ordo populusq(jue) Gigthensis, conferentibus et incolis.
9) Beispiele geben die Inschr. des Sex. Vencius luventianus — adlectus in
curiam Lugdunensium nomine incolatus a splendidissimo ordine eorum (Orelli
3725); Muratori 1088, 6 = Miliin Voyage dans les departements du midi de la
France I p. 336: Q. Secund. Quigonis civis Treveri, Illlllvir. Augustalis in
Aeduis consistentis omnibus honoribus inter eos functi. Vgl. Orelli 2066. 3709.
10) Cod. lust. 10, 38, 4: origine propria neminem posse voluntate sua eximi
manifestum est.
- 46t -
ihres Wohnortes, waren der Gerichtsbarkeit beider unterworfen
und zur Leistung aller munera in beiden angehalten i).
Die politische Organisation der Bürgerschaft {populiis) in den Eintteiiang
Municipien und Colonien trägt noch in den ersten Jahrhunderten schaftiu
der christlichen Zeitrechnung das Gepräge ihres alten Ursprungs,
welcher in die Periode der römischen Könige oder der ältesten
römischen Republik fällt, und ist von den grossen Umwälzungen,
welche die römische Staatsverfassung selbst erfuhr, nur langsam
und theilweise influirt worden. Die Bürgerschaft war, wie die
älteste römische Gemeinde, in curiae getheilt, welche entweder
mit Zahlen oder mit besonderen Namen bezeichnet werden und
den altlatinischen Städten, wie den römischen Colonien und Mu-
nicipien gemeinsam sind. Sie finden sich in Italien in Lanu-
vium2)j in alter Zeit Stadt des latinischen Bundes-^), und in
Caere ^); in Sardinien ^j; in Spanien in Malaca, einer latinischen
Stadt ^), und in Acinipo'), besonders aber in Africa und Nu-
midia, nämlich in den Colonien: Uippo Regius^); lulia Neapolis^);
Colonia Scillitanaiö)^ Thamugas^^j, Theveste^^jj jn den Municipien:
1) Kuhn 1, 11 flf. Gaius Dig. 50, 1, 29: incola et his magistratibus purere
debet, apud quos incola est, et Ulis, apud quos civis est: nee tantum municipali
iuris dictioni in uiroque municipio subiectus est, verum etiam omnibus publicis
muneribus fungi debet. Cod. lust. 10, 38, 1 : cum te Byblium origine , incolam
autern apud Berytios esse proponas, merito apud utrasque civitates muneribus fungi
compelleris.
2) Orelli 3740 : viritim divisit decurionibus et augustalib. et curiis n. XXJllI.
3) Dionys. 5, 61.
4) Henzen 5772, welche Inschr. indessen Mommsen Stadtrechte p. 410 an-
ders erklärt,
5) Henzen n. 7420 eß (p. 523): Q. Allio — Pudentillo auguri curiae XXIII.
Gefunden in Porto Torres in Sardinien.
6) Henzen 7421.
7) C. I. L. n n. 1346: {pont.?) sacrorum curinrum. In dem municipium
Arva in Baetica wird (C /. L. II n. 1064} eine Statue beschlossen von acht
centuriae. Ob dies auch eine Eintheilung der Bürgerschaft war? Mommsen hält
dieselben für coUegia possessorum.
8) Henier n. 2H71 = Henzen n. 7420 f: L. Postumio Felici Celerino
singulae curiae singulas sUituas de suo posuerunt.
9) Gut'rin II p. 250 n. 457: memoriae M. Numiai Clodiani dec. augur., ho-
mini bono, qui decedens testamento suo ad remunerandos curiales curiae Aeliae
88 X mil. n. reliquit, ob honorem eius hanc statuam idem cur{^iales) sua pecunia
posueriunt).
10) MafTei M. V. p. 462, 3 = Gue'rin I p. 324 n. ö5: C>. Maniliua Felix C\
filius Papiria lieceptus post alia arcum quoque — erexit , ob cuius dedieationem
decurionibus sportulas, curiis epu{lum dedit).
11) Ilenier n. 1525: L. lulio — Comiciano — patrono curiales cur{iae) Com'
modae sua pec(unia) fec(eruni) idemque dedicaver{unt).
12) Kenier n. 3096: — — ob honorem /lamonii annui munus {ruriali)hu»
Omnibus senia (^senior ibu$ ?^ curiae atme (dedit). Univer^Hue) curiae (et a)ugustale»
(jpecuniyi aua.
30*
tien.
— 468 —
Agbi*), Lambaese, in welchem die Curialen in ,se?iio7es uud hi-
niores zerfielen 2), und die Curien mit besondern Beinamen, Sa-
bina, Antoniniana, Saturnia, Papiria, Aurelia, Aui^usla, Traiana
benannt waren -^j, in Thagasle^), dem Municipium Thiljaritanum'^),
in Turuza *% Verecunda "^j und einem nicht zu bestimmenden
Orte 8).
curiatcomi- Wenn so , wie wir nach den angeführten Beispielen als
wahrscheinlich anzunehmen berechtigt sind, die Curienverfassung
für alle römischen Gemeinden die regelmässige war, so mussten
auch die Volksversammlungen in denselben Curiatcornitien sein,
wie wir sie in der That in Malaca kennen lernen. Dass nämlich
in allen Municipien und Colonien das Volk zur Wahl der Magi-
strate^), zur Gesetzgebung ^oj und zu allen Arten von Beschlüs-
sen^^) ursprünglich berechtigt war, ist an sich unzweifelhaft und
1) Maffei M. V. p. 458 n. 7 : municipii civilis Agbienaium et universia
curiis d. d. p. p.
2) Reiiier n. 91 : curiae Sabinae seniores qu(orum nomina infra scripta sunt).
Es folgen 14 Namen,
3) Mit diesen Namen sind im Amphitheater von Lambaese die Plätze der
Curien bezeichnet. Renier n. 185.
4) Renier n. 2902: donavit et c[urii)s (^singidis) — denarlos quinyenos.
5) Guerin II p. 83 n. 282: popuLus curiarum X loco ab ordine dato alteram
statuam posuit et ob dedicationem decurionib. sportulas, curiis epul(um) ACTRIS
EIVS (Dies ist corrupt. Vielleicht natalibus eius?) d€der{unt). Vgl. p. 85
n. 284. p. 81 n. 279, wo in einer fragmentirten Inschr. die Worte curiarum X
vorkommen .
6) Orelli 3727 = Maffei Mus. Ver. p. 462, 5. Nach der Inschrift, welche in
das Jahr 230 n. Chr. fällt, errichten universae curiae eine Statue.
7) Renier n. 1430 : condecurionibus sportulas duplas et curiis sing(ulis') HS.
CXX n.
8) Renier n. 3461 : curia sex(ta) Verulana.
9) Lex Julia municipalis (C. /. L. I n. 206) lin. 83: queiquomque in mu-
nicipieis coloneis praefectureis foreis conciliabuleis c(iviuin) R(omanoruni) IIvir{e'i)
IlIIvir{ei) erunt aliove quo nomine mag{istraiuvn) poiestatemve sufragio eorum,
quei quoiusque municipi coloniae praefecturae fori conciliabuli erunt, habebunt, nei
quis eorum e. q, s. Ibid. lin. 98: queiquomque in municipio colonia praefectura
post K. Quinct{iles') prim{as') comitia IIvir{eis) llllvir{eis') aleive quoi mag(istra-
tui) rogando subrogandove habebit e. q. s.. Ib. lin. 130: neve quis, quei in eo
municipio colonia praefectura foro conciliabulo sufragio eorum maxumam potesta-
tem habebit, eorum quem ibei in senatum — ire — sinito — neve quis eius ra-
tionem comitieis conciliove habeto. "^Cic. pr. Cluent. 8, 25 : quattuorviros, quos mu-
nicipes fecerant, sustulit. Cic. ad Att. 5, 2, 3: eratque rumor de Transpadanis,
eos iussos Illlviros creare. Id. ad fam. 8, 1, 2: nam Uli rumores de comitiis
TranspadanoTum Cumarum tenus caluerunt. Id. ad fam. 10, 32, 2: (Gadibus)
comitia biennii biduo habuit, hoc est, renuntiavit, quos ei visum est.
10) Cic. de leg. 3, 16, 36: et avus quidem noster singulari virtute in hoc
municipio [Arpinum), quoad vixit, restitit M. Qratidio, — ferenti legem tabellariam.
11) Cenotoph. Pisan. Orelli 643: ob eas res universi decuriones colonique
quando eo casu in colonia neque Ilvir neque praefecti erant, neque quisquam iure
dicundo praeerat, inter sese consenserunt.
1
— 469 —
für die Zeit der Republik hinreichend bezeugt; fraglich ist nur,
wie lange dieses Recht sich erhallen hat, da zur Zeit der clas-
sischen Juristen die Wahl der Magistrate nicht mehr durch das
Volk, sondern durch den Senat ^), nicht mehr aus dem Volke,
sondern aus den Decurionen^) erfolgte. Die Zeit dieser Verän-
derung festzustellen hatte man früher nur einen Anhalt an der
Nachricht des Tacitus, nach welcher in Rom selbst Tiberius die
Wahlen dem Volke nahm und dem Senate übertrug ^^), und es
war eine verzeihliche, wenn auch jetzt als falsch erwiesene Ver-
muthung, dass diese Maassregel sich auch auf die Municipalstädte
erstreckt habe^J. Man wusste allerdings, dass die ganze Kaiser-
zeit hindurch eine gewisse Retheiligung des Volkes an Wahlacten
und Reschlüssen verschiedener Art stattfand ; es wurden in der
Kaiserzeit Slaluen gesetzt und andere Ehren decretirt von dem
popKlus^), der plebs universal) ^ der plebs urbana''], oder decu-
rionum decreto et populi consensu^); es wurden Patrone cooptirt
von dem senatiis populusque^) oder den deairiones ei coloni^^)^
Magistrate gewählt e.T postulatione populi ^^); nicht nur in Pompeii
liess man seine Vorschläge zu den Wahlen der Reamten mit
Farbe an die Mauern schreiben 12)^ sondern dies scheint überall
1) Ulpian. Big. 49, 4, 1 § 3. 4. Cod. Theod. 11, 30, 53 = Cod. lust . 7
62, 27 : nominationes libellis veL edictis factae citra consilium publicum non va-
lent. Cod. Just. 10, 31, 46. Cod. Theod. 12, 6, 20. Savigny a. a. 0.
2) Paulus Diy. 50, 2, 7 § 2 : is, qui non sit decurio, duumviratu vel aliia
honoribus funyi non potest , quia decurionum honoribus plebeii funyi prohibentur.
3) Tac. Ann. 1, 15: turn primum e campo comitia ad patres translata sunt:
nam ad eam diem, etsi potissima arliitrio principis, quaedam tarnen studiis tribuum
fiebant. Neque populus ademptum ius questus est nisi inani rumore , et senatus
largitionibus et precibus sordidis exsolutus libens tenuit , moderante Tiberio , ne
plures quam quattuor candidatos commendaret, sine repulsa et ambitu designandos.
ct. 81. Vellei. 2, 124: post redditum coelo patrem — primum eius operum fuit
ordinatio comitiorum, quam manu sua scriptum divus Auyuetus reliquerat. c. 126 :
summota e foro seditio, ambitio campo.
41 Savigny üesch. des R. Rechts in M. 1 S. 40.
öl Mommscn 1. A . 1432 : populus lienevent^anus) — — atatuam coUocavit.
6) Mommsen J. N. 1429. Orelli 2(503.
7) Orelli 114. 2182. 2220. 2531. 2545. Henzen 5439. 5963. 5991.
8) Mommsen I. N. 2342. Henzen 7170.
9) C. I. L. V n. 4920. 4922.
10) Grut. p. 363, 3. S. Ed. Pbilippl Zur Geschichte des Patronatb über
juristische Personen, im Rheinischen Museum N. F. 8 (1853) S. öll.
11 j Grut. p. 431, 1 = Orelli 4020.
12j Die Formeln dieser Commendationen hat Zangemeister C. l. L. IV p. 9
/usammengestellt. l eher den W'ahlact selbst ist aus denselben nichts zu ersehen.
Gewöhnlich i.st die Formel Q. Caecilium quaeHorem — oro vos facinti» (C. 1. L.
IV n. 29), auch mit Ziisatz einer besondern obucralio, z. H. n. 26: ,V(wmfrm»«)
Bnrcht{m) IIv{irum) v^irum) b(onum) o(ro) v{oa) f{aciatu) ita vobei» Venus Pom-
— 470 —
Sitte gewesen zu sein^), und noch im Jahre 326 war in Africa
eine nominatio (candidatorinn) populi su/fragiis üblich'-^); in den
Städten der griechischen Provinzen bestanden die Volksversamm-
lungen, z. B. in Tarsus =^), Amisus"^), Prusa s) und Tralles^) noch
am Anfange des zweiten, in Smyrna^) vielleicht am Anfange
des dritten Jahrhunderts, und es Hess sich annehmen, dass die
römischen Städte in dieser Beziehung nicht schlechter gestellt
waren ; allein an jeder sichern und instructiven Nachricht tlber
die Comitien fehlte es 8). Auch in Rom selbst hatte die Anord-
nung des Tiberius nicht eine gesetzliche Aufhebung der Comi-
tien, sondern nur eine thatsächliche Beeinträchtigung des Wahl-
rechts derselben zur Folge. Die Gonsuln schlug der Kaiser selbst
p(eiana) sacra (sancta propitia sit). Angeredet werden dabei einzelne Personen oder
auch collegia, z. B. caupones facite, n. 336; pomari facite , n. 183; unquentari
facite, n. 609. Die Empfehlenden sind aber nicht nur ingenui , sondern auch
liberti und sogar Frauen, s. n. 171. 207 und mehr bei Zangemeister p. 11.
1) Aus der Zusammenstellung bei Zangemeister p. 10 ist ersichtlich, dass
man sich in verschiedenen Städten das Anschreiben von Namen der candidati
auf Monumente verbitten musste; so in Rom (Henzen 6977: inscriptor rogo te,
ut transeas hoc monumentum. Ast [cum?] quoius candidati nomen in hoc monu-
mento inscriptum fuerit, repulsam ferat neque honorem ullum gerat.'), in Narnia
(Henzen 6975), in Forum Popilii (Henzen 6976), Formiae (Henzen 6566) und
andern Orten. Dies sind die nominationes libellia vel edictis factae , welche die
Verordnung des Cod. lust, 7, 62, 27 für ungültig erklärt.
2) Cod. Theod. 12, 5, 1 : hi magistratus , qui sufficiendis duumviris in fu-
turum anni officium nominationes impertiunt , periculi sui contemplatione provi-
deant , ut , quamvis populi quoque suffragiis nominatio in Africa ex consuetudine
celebretur , tarnen ipsi nitantur pariter ac laborent , quemadmodum possint hi , qui
nominati fuerint, idonei reperiri.
3) Dio Chrys. II p. 43 R. : ou? ei [j-ev o\ea%e pXaTtxeiv U[i,ä? %ai OTaaeo);
<?pyeiv v.a\ xotpa/YJ;, öXio? ^/p'^jv aTreXdaat xal {jlyj r.a^aoiy£G%ci.i xaT; dx^cXirjaiai?.
4) Plin. ep. 10, 110: bule et ecclesia consentiente.
5) Hier bedurfte sie allerdings einer besondern Genehmigung des Statthal-
ters. Dio Chrys. or. 48 Vol. II p. 236 R. : 7:pä>Tov (j.£V, u) avope?, xtp -/.paxioTOj
OOapivcj) Sei yapiv i]\xä<; eihivai — oxi ßouXofxdvots -^{xTv IxxXYjCiaoai TidiXtv
dcpfjxev.
6) C. 1. Gr. 2927: xaOw? -/) TraxpU aüxcp siAapxupirjos TtoXXaxi; Oia xfj? y^"
vo[Ji.evy)c elc auxov xeifx-^? Iv xe xoT? «-/.xot; xai xou "LTjcpioixaoi x-^; xe ßo'jX'^?
7,ai xoü SYjfJLO'j (unter Hadrian).
7) Inschr. v. Smyrna, C. /. Qr. 3162, wie es scheint aus der Zeit des Se-
verus und Caracalla (um 211): Mdpxo? xapiia; 7.al ol ouvdp^avxe; aüxw xaxd x-rjv
xoO ör){xoa yeipoxo^iav.
8) Die Inschrift von Ostia, Orelli 3882, in welcher ein duumvir censoriae
potestatis quinquennalis in comitiis factus vorkommt, ist aus der Zeit zwischen
716 — 718 = 38 — 36, also für die Kaiserzeit nicht beweisend; und wir haben
eigentlich nur eine einzige hieher gehörige aber auf einen speciellen uns nicht
verständlichen Fall bezügliche Inschrift, Orelli 3107, in welcher es von einem
curator der Stadt Bovillae bei Rom im J. 157 n. Chr. heisst: (fiic) primus co-
miiia magistratuum {creandorum') causa instituit.
— 471 —
vor^), die Candidaten zu den übrigen Aemtern liess er vom Se-
nate vorschlagen [nominare]^ und zwar nur so viele, als Stellen
zu besetzen waren ^j ; eine wirkliche Wahl stand also dem Volke
nicht mehr zu ^) ; nichtsdestoweniger aber dauerten Centuriat-
und Tribulcomitien fort^) und die Consularcomitien wurden noch
zu Traians Zeit und selbst am Anfange des dritten Jahrhunderts
mit Beibehaltung aller alten Gebräuche, der Auspicien, des ein-
leitenden langen Gebetes, des Aufsteckens der Fahne auf dem
laniculum, des Vorsitzes des Consuls und zuletzt der Renuntia-
tion gehalten, worauf dann sogleich der Antritt des Consuls durch
den Amtseid erfolgte^). Auch eine Abstimmung fand dabei
statt ^'), wenn nicht unter dieser eine Acclamation zu verstehen
ist, wie dieselbe noch lange nachher in Gebrauch war^). Es
1) Tac. Ann. 1, 81 :• candidatos hortatus, ne ambitu comitia turbarent, suam
ad id curam pollicitus est; plerumque eos tantum apud se professos disseruit, quo-
rum nomina consulibus edidisset ; passe et alios proßteri , si gratiae aut meritis
confiderent. Speciosa verbis , re inania aut subdola , quantoque maiore libertatis
imayine tegebantur, ianto eruptura ad infensius servitium.
2) Dio Cass. 58, 20 sagt, nachdem er erwähnt hat, dass Tiberius die Con-
suln selbst in Vorschlag brachte : twv oe ot] xrd xd; aXXa? ap/o^? ako'JVTtuv
iceXe-^ETO, oaou; f^%t}.z, xat gcpä? ii xo ouvdopiov hiizeixize , to'j; [xev ouvioxa?
a'JT^i , oirep utto -avxojv ijpojvxo, xou? oe irA xe xoT? otxat(u|xaat xai £7:1 xin
6|xoXoYia x([) xs v.Kqpin r:oio6[ji.£vo;. Koti [xexa xoüxo I? xe xöv OYJfxov xai ii xo
TiKffioi oi 7:po?fjy,ovx£? ey.ax£pqi (d. h. jenachdem die Wahlen vor Tribut- oder
Centuriatcomitien gehörten), xt; dp/aia; bslai hexa, xa^drep xai vDv, waxe
h efv-ovi '([•^st'jx^'j.i, datovxe; aTrebeixvuvxo. S. hierüber Mommsen C. I. L. I p. 383.
JStobbe im Philologus 27 (1868) S. 97 ff.
3) luvenal. 10, 77:
lam pridem, ex quo suffragia nulli
Vendimus, effudit curas (^poptdus). Nam qui dabat olim
Imperium, fasces, legiones, omnia, nunc se
Continet atque duas tantum res anxius optat
Panem et circenses.
4) Dio Cass. 58, 20.
5) Plinius beschreibt in seinem im J. 100 n. Chr. gehaltenen Panegyricus
c. 63. 64. 77 die Wahl des Traian zum Consul , und lobt denselben, dass er
sich allen Förmlichkeiten derselben unterzogen habe, während die früheren Kaiser
sich abwesend renuntiiren Hessen. Darin heisst es: perpessus es longum iUud
Carmen comitiorum — consulque bis factus es ut unus ex nobis , quos facia con-
ntles — — . Averser is tu honori tuo sperata suffragia, renuntiarique te consulem
iussisse contentus , liberae civitatis ne simulationem quidem serves ? Weiter er-
wähnt er die auspicia , während des Aufsteckens der Kahne auf den laniculum
Dio Cass. 37, 28 gedenkt.
6) suffragia IMin. pan. 63.
7) Nachdem im .1. 275 n. Chr. der Kaiser Tacltus im Senat erwählt ist,
heisst es von ihm Vopigc. Tac. 7 : inde itum ad campum Martium : ibi comitialt
triburuil ascendit : ibi praefectua urbis Aelius Cesettianus sie locutus est : Vos,
aanctisaimi milites et sacratisaimi vos Quirites , quem de sententia omnium exerci-
tuum aenatua eleyit , Tacitum dico. — — Adclamatum est a populo : Feliciaahne
— 472 —
lag nahe, nach dieser Analogie anzunehmen, dass auch in den
Municipalstädlen die Volksversammlungen seit Tiberius nur noch
als eine herkömmliche Form ohne Bedeutung eine Zeit lang fort-
bestanden und allmählich aufhörten, und dass, wenn von einem
consensus oder einer postulalio populi die Rede ist, gar nicht an
eine Volksversammlung, sondern an eine gelegentliche Acclama-
tion, z. B. im Theater i) zu denken sein dürfte. Allein diesen
Vermuthungen hat das Bekanntwerden der lex Malacüana ein
Ende gemacht, aus welcher wir lernen, dass wenigstens noch
am Ende des ersten Jahrhunderts die Wahl der Gemeindebeamten
dem Volke ohne alle Beschränkung zustand und sonach die or-
dinatio comitiorum des Tiberius sich nur auf Rom bezog, nicht
aber auf die Municipalstädte erstreckte. Denn dass in der Ur-
kunde von Malaca uns ein Municipalrecht vorliegt, welches, ab-
gesehn von localen Bestimmungen , nicht einer Provincialstadt
eigenthümlich, sondern allen latinischen Städten gemeinsam war,
und auch auf ähnliche Rechtsverhältnisse römischer Municipien
und Colonien einen Schluss gestattet, kann, wie Mommsen be-
merkt^), aus dem Grunde nicht bezweifelt werden, weil die
häufige Ertheilung solcher Gemeindeordnungen ebenso zu einem
gleichförmigen Schema führen musste, wie der jährliche Erlass
der Provincialedicte unter den Kaisern zu einem normalen edictum
provinciale (s. S. 397) geführt hat. Wir werden daher nicht
irren , wenn wir auf Grund der einzigen aber vollständigen
Quelle, welche uns jetzt eröffnet ist-^), uns eine allgemeine An-
schauung von den Vorgängen in den Municipalcomitien zu ver-
schaffen suchen.
Vorsitz. Den Vorsitz führt bei allen Wahlen, sowohl der Ilvivi als
der aediles und quaestores der dnovir, welcher den Jahren nach
der ältere ist ; nur wenn er verhindert ist, tritt der andre duovir
Wahl der ein *) . Die Candidaten haben sich bis zu einem bestimmten
Beamten.
Termine vor der Wahlversammlung zu melden (profiteri). Der
Vorsitzende prüft ihre Qüalification und macht, wenn er diese in
Tacite Auguste, dii te servent, et reliqua quae solent dici. Ueber diese Acclama-
tionen s. Marini Arvali p. 652.
1) Mommsen /. N. 2569 : cum et populus in spectaculis adsidue bigas statui
postulasset. C. J. L. III, 289: postuQatione') pop(uli^ in theatro.
2) Mommsen Stadtrechte S. 398.
3) Lex Mal. 51—60. Mommsen Stadtreohte S. 421—427.
4) Lex Mal. 52.
I
— 473 —
Ordnung findet, ihre Namen durch Anschlag bekannt (proscrip-
tio). Melden sich nicht soviel Candidaten, als Stellen zu be-
setzen sind, so präsentirt [nominal) der Vorsitzende selbst so
viele Personen, als noch fehlen; jeder derselben steht es aber
zu, ihrerseits nunmehr einen Candidaten vorzuschlagen und auch
dieser hat wieder das Recht, dem Vorsitzenden einen Candidaten
zu präsentiren [apiid eum nominare). Alle diese Namen werden
angeschlai^en und es steht niemandem frei, die Wahl, wenn sie
auf ihn fällt, abzulehnen i).
Den Tag der Wahl setzt der Vorsitzende an und zwar zu-
erst für die Wahl der duoviri^ dann für die der Aedilen, zuletzt
für die der Quaestoren 2) . Gestimmt wird nach Curien ; aber
nicht nur die Bürger sind stimmfähig, sondern auch für dieje-
nisen iucolae, welche gleiches oder besseres Recht hatten, als Stimmrecht
. . 'der incolae.
die tminicipes, wurde vor dem Beginne der Abstimmung eine
Curie ausgebest, in welcher sie ihre Stimme abgaben'*). So hatte
sich also in Malaca, obgleich dieses ohne Zweifel das ins der jün-
geren latinischen Colonien (S. 54) besass, das ursprüngliche isopo-
litische Niederlassungsrecht des latinischen Bundes erhallen, in
Folge dessen Latiner, wenn sie in eine andre latinische Stadt
oder auch nach Rom übersiedelten, dort ein beschränktes Stimm-
recht ausübten (S. 25), welches natürlich auch den Römern in
diesem Falle in den latinischen Städten zustand. Der weitere
Vorgang bei der Abstinunung beruht ebenfalls auf der alten Ord-
nung der römischen Curiatcon)itien, über welche wir gar keine
Nachricht haben, der aber, wie wir jetzt erkennen können, die
Ordnung der römischen Tributconiitien nachgebildet war, denen
daher der Wahlmodus in den Municipien im Ganzen entspricht ^).
Nach der Ausloosung der für die incolae bestimmten Curie ruft
der Vorsitzende sämmtliche Curien zur gleichzeitigen Abgabe der
Stimmen auf^). Dieselben begeben sich jede auf den für sie
1) Lex Mal. 51.
2) Lex Mal. 54.
3j Lex Mal. 03 : quicumque in eo municipio comitia IJciris, item aedilibua,
item quaestoribus royandis habebit , ex curiis sorte ducito unnm , in qua incolae,
qui cives R((jmani) Latinive cives erunt , auffrayia ferant, eisque in ea curia suf-
frayii latio esto.
4) Monimscn Stadtrechte S. 421—427.
5) Lex Mal. 55 : qui comitia ex hac leye habebit , i« municipen ntrialim ad
suffrayium ferendum vocato ita, ut uno voratu omneB curias in au/frayium vocet,
eaeque ainyulae in ninyulis rontaeptiit auffrayium per tabellam ferant. Anrh in
den römischen Tributcomitien wird (xt^ xXVjoci gustiüimt. Diony«. 7, 59.
— 474 —
abgezäunten Platz [consaeptum) und beim Eintritt in denselben
legt jeder Stimmberechtigte ein mit den Namen der Candidaten
beschriebenes Stimmtäfelchen [tabella] in den Stimmkorb [cista).
An dem Stimmkorbe jeder Curie stehen drei vereidigte Btirger,
welche indessen aus einer andern Curie genommen sind, als
unparteiische Stimmwächter {custodes) und Stimmzähler (diri-
bitores) , und ausserdem hat jeder Candidat die Erlaubniss in
seinem Namen an jede cista einen custos zu stellen. Alle diese
custodes geben, da sie in ihrer eigenen Curie zu erscheinen ver-
hindert sind, in derjenigen Curie eine gültige Stimme ab, in
welcher sie die Aufsicht führen i). Ist die Abstimmung fertig,
so zählen die diribitores die Stimmen {rationem habent)^ schrei-
ben das Resultat, welches sich in jeder Curie ergeben hat, auf
eine Tafel [tabula) und liefern dieselbe dem Vorsitzenden ein,
der zuerst das Ergebniss jeder einzelnen Curienabstimmung nach
folgenden Grundsätzen feststellt. Gewählt ist, wer die relative
Majorität der Stimmen hat ; bei Stimmengleichheit haben Väter
von Kindern oder wenigstens Verheirathete den Vorzug vor den
Kinderlosen und Unverehlichten ; ist auch in dieser Beziehung
Gleichheit vorhanden, so entscheidet das Loos^). Die so festge-
stellten Stimmen der Curien werden nunmehr nach der durch
das Loos bestimmten Ordnung verlesen und diejenigen Candi-
daten, welche zuerst die absolute Majorität der Curien erreichen,
als, gewählte Magistrate von dem Vorsitzenden renuntiirt ^j .
Y^^«r^v!^" Während so uns das Municipalaesetz von Malaca eine deut-
der Wahlen ^ o
an den senut. liehe Vorstcllung vou dcu Municipalcomiticn giebt, wie sie unter
Domitian noch in voller Wirksamkeit bestanden, enthält es doch
bereits, wie Mommsen bemerkt hat; eine Andeutung über die
Gründe, welche später die Uebertragung der Wahlen von dem
Volke an den Senat und damit das Verschwinden der Volksver-
sammlungen herbeiführten. Der Umstand, dass dem versitzenden
Duovir gestattet war, im Falle dass sich die Candidaten nicht
von selbst meldeten, seinerseits Candidaten zu präsentiren und
von diesen wieder ander« präsentiren zu lassen, zeigt unzwei-
felhaft, dass schon damals der Zudrang zu den municipalen Eh-
renstellen nicht gross war. Jemehr sich aber in der Folge das
1) Lex Mal. 55.
2) Lex Mal. 56 und dazu Mommsen S. 420.
3) Lex Mal. 57. Mommsen S. 426.
— 475 —
Ehrenamt in eine Last verwandelte, um so häufiger wird das
Präsentationsrecht des Duovir zur Anwendung gekommen sein.
»War aber«, sagt Mommsen*), »die Zahl der Candidaten nicht
grösser, als die der zu besetzenden Stellen, so war die Wahl
eine Formalität, indem alle auf Nichtcandidaten lautende Stimm-
zettel ohne Zweifel nichtig waren; dieser Fall aber, der auch
schon nach unserm Stadtrecht sehr leicht eintreten konnte, ward
immer häufiger, je seltener die freiwillige Meldung erfolgte. That-
sächlich kam es jetzt allein auf die Nomination an, und da bei
dieser die Duovirn den Ordo zuzuziehn pflegten"-^), so lag in spä-
terer Zeit die Wahl des Beamten factisch allerdings in den Hän-
den des Vorgängers und des Gemeinderathes , wenn auch das
Volk noch hie und da befragt ward«^). Dies ist also dieselbe
Sachlage, welche in Rom unter Tiberius eintrat; in den Muni-
cipien indessen kommt dieselbe erst viel später und allmählich
zur Erscheinung, bis sie, vielleicht erst im Beginne des dritten
Jahrhunderts^), ebenfalls gesetzlich regulirt wurde.
Die Behörden.
Wie die Gurion Verfassung der Municipalgemeinden so hat
auch das Beamtenthum derselben seinen Ursprung in der älte-
sten Periode der römischen Geschichte ^j. In den Städten des
latinischen Bundes*') erhielten sich noch lange, nachdem diesel-
ben das volle römische Bürgerrecht erlangt hatten, die ursprüng-
lichen Behörden, nämlich entweder ein dictafor'^) , wie er in Dictatoren.
1) Mommsen Stadtrechte S. 424. Kuhn 1, 239.
2) Cod. Theod. 11, 30, 53; 12, 1, 84.
3) Cod. Theod. 12, 5, 1.
4) Kuhn 1, 241.
5) S. Mommsen Stadtrechte S. 429 IT. Henzen Annali 1809 p. I9ü IT. und
Annali 1846 p. 253 ff. Bull. 1851 p. 186 f.
6) Das Verzeichniss derselben glebt Dionys. 5, 61. Mommsen K. Gesch.
1, 337 Anm.
7) Dass die Dictatoren und Prätoren die ursjtrüiiglichen Hohörden der lati-
nlschen Städte sind, geht hervor aus der lex repetundarurn dos .lahres 632 =
122. C. I. L. I n. 198 lin. 78: .sei quin eorum, quei \nomini» Latini nunt ,
ijuei eorum in aua ifuinque civHate dicln\tor praetor aediliuve non fuerint — — ,
vgl. Mommsen ib. p. 71, und Spartian. Hadr. 19: per Latinu oppida diciator et
aedili» et duumrir fuit. L'ebrigens s. Lorenz De dietatoribxu Latinit et munici-
palibuB, (irimnia 1841. 4.
— 476 —
Aricia^), Lanuvium^), Nomcntum^), Tusculum''), in der latini-
schen Golonic Sutrium^) und in den nichtlalinischcn Städten
Caere ^) und Fabiateria vetus ^) vorkommt, oder zwei den römi-
Prätoien. schen Consuln entsprechende^) j)raetores, wie sie sich in Lavi-
nium^), Praenesteio) und Corai^) finden. Prätoren hatten auch
die latinischen Colonien 12J Signia^^) undSetiai^)^ die Bürgercolo-
nieni^) Castrum novumi^) und Auximum i'), die Städte der Her-
niker, welche seit 268 = 486 in den latinischen Bund aufgenom-
men worden waren (S. 25), Anagnia^^), Capitulüm Hernicorum i-^),
Ferentinum^o)^ und mehrere Municipien, in welchen {vWh^v praefecU
Recht gesprochen hatten, sei es nun, dass in diesen nach Erthei-
lung des vollen römischen Bürgerrechtes den alten Magistraten
die Jurisdiction aufs Neue tibergeben 2i) oder erst damals die
1) Noch unter Traian, Orelli 1455.
23 Cic. pr. Mil. 10, 27; 17, 45. Asconius p. 32. Orelli 11. 3786. Heiizeii
5157. 6086.
3) Orelli 208. Henzen 6138. 7032.
4) Liv. 3, 18 ; 6, 26.
5) Henzen Bull. 1865 p. 248.
6) Orelli 3787 = Mommsen 1. N. 6828. Henzen 5772. Die beiden dictatores,
welche in Fidenae unter Gallienus vorkommen (Orelli 112), sind duoviri, denen
dieser Titel nur missbräuchlich beigelegt ist, Mommsen C. I. L. I n. 1111. Hen-
zen Annali 1859 p. 195; der Dictator Albanus aber (Orelli 2293) ist ein Prie-
ster. Henzen a. a. 0. p. 195.
7) Henzen Bull. 1865 p. 247 f.
8) In Rom selbst heissen bekanntlich die nachherigen Consuln ursprünglich
praetores, Liv. 3, 55, 12; 7, 3, 5. Festus p. 161. 223. 241. Varro de L. L.
5, 14 und bei Nonius p. 23 M.
9) Orelli 2276 = Mommsen I. N. 2211. Henzen 6709 und Annali 1846
p. 258.
10) Murat. p. 132, 1. Henzen Annali 1846 p. 257. C. L. I. I n. 1134.
1136. 1137. 1141.
11) Henzen 7022 = C. /. L. I n. 1148.
12) S. oben S. 48. 49.
13) Henzen n. 7023= C. 7. L. I n. 1146.
14) Henzen n. 7024= C. /. L. I n. 1159.
15) S. oben S. 38. 39.
16) Henzen n. 7026.
17) Orelli 3868. Grut. 445, 9; 445, 10; 459, 9; 465, 4, in welchen In-
schriften Henzen Annali 1859 p. 197 PRaetor Iure Dicundo liest, da praefectus
abgekürzt PBAEF. geschrieben zu werden pflegt.
18) Grut. p. 394, 8; 464, 2; 487, 3. Bull. 1859 p. 45.
19) Orelli 125.
20) OreUi 3785.
21) Dies anzunehmen ist Henzen Annali 1859 p. 198 geneigt und zwar aus
folgendem Grunde: Anagnia erhielt im J. 448 = 306 civitas sine suffragio und
wurde Präfectur; die früheren Behörden gingen aber nicht ganz ein, sondern
Liv. 9, 43 sagt : magistratibus praeterquam sacrorum curatione interdictum. Als
nun Anagnia später volles Bürgerrecht erhielt und aufhörte Präfectur zu sein,
konnten die alten Behörden wieder in Thätigkeit kommen.
— 477 —
Prätoren eingesetzt wurden'). Endlich heissen auch in Gallia
Narbonensis die höchsten Stadtbehörden Prätoren 2) , und zwar
nicht nur in der 646 = '! 18 gegründeten (S. IM) römischen Go-
lonie Narbo^), sondern auch in den latinischen Colonien Nemau-
sus^j, Carcaso^), Aquae Sextiae^), Avenio",, Vasio^), Dea*^), und
auch in Hispania Tarraconensis hat die civitas Bocckoritanorum,
nach Plinius eine verbündete Stadt i»), im J, 759 = 6 zwei Prä-
toren 1^). Consuln nennen sich diese Oberbeamten sehr selten, consnin.
indessen führten sie diesen Titel in alter Zeit in Tusculum i'^) und
Beneventum i3) . Iq einigen der genannten Gemeinden haben sich
die alten Titel bis in die Kaiserzeit erhalten; der des Dictators
in Aricia , Lanuvium, Nomentum, Sutrium, Caere; der der Prä-
toren in Lavinium, Anagnia , Capitulum Hernicorum, Cumae; in
den meisten aber sind später an die Stelle der praetores duoviri
oder quatuorviii geiveieu, wie in Praeneste i^), Cora^^), Signia'"),
Setia 1') , Ferentinum ^^j , Avenio i'') , und hie und da ist der
Uebergang noch erkenntlich an den combinirten Titeln praetores
1) So hatte Cumae zuerst praefecti (S. 41 ff.) und später praetores, Orelli
n. 1498, welche Inschr. nach Cumae gehört ( Mommsen /. N. ind. p. 459),
n. 2263.
2j Herzog De quibusdam praetorum GalUae Narbonensis municipalhim in-
scriptionibus, Lips. 1862. 8. Derselbe Qalliae Narb. historia p. 213 ff.
3) praetores duumviri, Herzog 0. N. H. app, n. 16=('. /. L. I n. 1488.
4) praetor Illlvir, ib. n. 127.
5) ib. n. 266.
6) ib. n. 81. 366. C. L L. I n. 1488.
7) ib. n. 403.
8J ib. n. 430.
9) ib. n. 457.
10) Plin. N. H. 3, 77.
11) C. I, L. II n. 3695.
12) Plin. N. H. 7, 136.
13) Henzen Bull. 1865 p. 251. Mommsen /. N. 1381. In späterer Zeit wer-
den die duoviri nur zuweilen ironisch Consuln genannt , wie von Cic. in Pison.
11, 24; pr. domo 23, 60; de l. agr. 2, 34, 93, und wenn Ausonius (larae urbea
14, 39 p. 135 Bip. sagt:
Diliyo Burdigalam : Romam colo : civis in hac aum,
i'onsul in ambabus : cuna hie, ibi sella curulis,
to ist daraus auf einen otßciellen Titel nicht zu schliessen.
14) Jlviri. OieWl 2391. 2532. 3923. Henzen 6093. 7163. 7164.
15) Ilvlri, Orelli 3808 = C\ /. L. l n. 1149; IllJviri scheinen vorzukommen
C. I. L. I n. 1158.
16) llllviri. Murat. p. 477, 2. Ännali 1829 p. 87 = r. /. L. I n 1115. 1147.
17) (Jrut. 1066, 7.
18) llllviri. Orelli 784. Henzen 7083.
19) Herzog Qall. Narb. hlst. app. n. 404.
— 478 —
Ilviri^ wie in Abellinum^), Grumenlum^) ^ Telesia^)^ Narbo^),
oder praetores qualuorviri^ wie in Hispellum^) und Nemausus^).
Aediien. Aussci* den beiden Prätoren haben alle römischen und lali-
nischen Gemeinden zwei Aediien , entsprechend den curulischen
Aediien in Rom^). Da die letztern in Rom selbst erst 387=367
eingesetzt^), hernach aber allen Städten römischen und latini-
schen Rechtes gemeinsam sind, so scheinen sie durch eine allge-
meine gesetzliche Anordnung, vielleicht bald nach dem genannten
Jahre, in diesen Städten ebenfalls eingeführt worden zu sein'-');
eine Nachricht hierüber aber ist nicht vorhanden. Wir wissen
nur, dass schon in den Präfecturen (S. 41) die Verwaltungs-
geschäfte von Aediien besorgt wurden , und dass in den drei
Städten Ariminum, Fundi und Formiae, welche 566 = 188 volles
Bürgerrecht erhielten und aufhörten, Präfecturen zu sein (s. S. 34),
keine Prätoren eingesetzt wurden, sondern die Aediien, und zwar
hier in der Dreizahl, das Magislratscollegium bildeten ^o) .
Spätere Mu- Am Ende der Republik und im Beginne der Kaiserzeit sind
nicipalord-
nung. die Differenzen , welche zwischen den alten Stadtverfassungen
Italiens bestanden, zum grossen Theile verschwunden und hat
sich ein im Wesentlichen gleichartiges Municipalrecht ausgebildet,
welches wir zu betrachten haben werden. Die Entstehung des-
selben dürfen wir auf die lex lulia des Jahres 664=90 (S. 58)
zurückführen, in Folge deren allen italischen Gemeinden, welche
die civücis erhielten, ihr besonderes Stadtrecht [lex municipü,
S. 63) nach einem gleichen Princip verliehen wurde. Wann aber
und in welcher Weise dieses in die damals bestehenden alten
Bürgergemeinden Eingang fand, ist aus dem uns zu Gebote ste-
henden Quellenmaterial nicht zu ermitteln. Dass namentlich Sullas
Anordnungen in dieser Beziehung von durchgreifendem Einfluss
1) Orelli 389ö = Mominsen 1. N. 1891. Henzen 7027.
2) Henzen n. 7028.
3) Henzen n. 7029. 7030.
4) Herzog Gall. N. hist. app. n. 16. "
5) Henzen n. 7031.
6) Herzog Gull. N. hist. app. 127.
7) Mommsen Stadtrechte S. 430 Anm. 118.
8) Liv. 6, 42.
9) Mommsen Stadtrechte S. 430.
10) Ueber Arpinum s. Cic. ad fam, 13, U, 3. Henzen n. 7033. 7034; über
Formiae Henzen n. 7035. Mommsen /. N. 4094. 4102; über Fundi Henzen
n. 7036. Mommsen 7. A^ 4146. 4147. 4148. 4150. S. Henzen Annali 1859
p. 201.
— 479 —
gewesen wären i) , lässt sich weder beweisen noch mit einiger
Wahrscheinlichkeit annehmen , da selbst Cäsars lex lulia muni-
cipalis (S. 65) , die erste allgemeine Communalordnung für die
italischen und ausseritalischen Municipien, die Eigenthümlichkeiten
der bestehenden alten Verfassungen keineswegs gänzlich besei-
tigte 2). Wie langsam diese aufgegeben wurden, sieht man z. B.
daraus, dass Cicero es im Jahre 691=63 für eine Anmaassung
erklärt, dass duoviri einer Golonie sich Prätoren nennen =^) und
dass doch noch im J. 705 = 49 die latinische Colonie Nemausus
von Cäsar Prätoren erhielt'').
Die Oberbehörde der späteren Municipalstädte besteht resel- //im und
* '^ Illlviri.
massig aus vier Personen, zwei höchsten richterlichen Beamten
und zwei Aedilen. Sie bilden entweder zwei Collegien von Zwei-
männern, nämlich duoviri iure dicundo und duoviri aediles (aedi-
licia polestate)j oder ein Collegium von Viermännern, von denen
zwei qunluoroiri iure dicundo^ die beiden andern quatuorviri
aediles genannt werden^). Die quatuorviri sind den Municipien,
die duoviri den Colonien eigenthümlich ^) , ein Unterschied , der
1) Mommsen R. G. 2, 366 f. Bethmann-HoUweg Rom. Civilprocess 2 S. 20.
2) So heisst es lex lul. mun. lin. 83: queiquomque in municipieis coloneis
praefectureis foreia conciliabuleis civium Rornanorurn Ilvirei llllvirei trunt aiiove
quo nomine magistratum potestutemve habebunt, und es ist vorher nachge-
wiesen , dass es noch in der Kaiserzeit Dietatoren und Prätoren in den Muni-
cipien gab.
3) Von der durch den Marianer M. lunius Brutus im J. 671=83 nach
Capua geführten, aber von Sulla wieder aufgehobenen Colonie Capua (Drnmann
3, 14) sagt Cic. de leg. agr. 2, 34, 93, um die Anmaassung der Colonisten und
ihrer Behörden zu beweisen : cum ceteria in coloniis duumviri appeilentur , hi se
praetor es appeilari volebant.
4) Ueber die Colonie s. S. 113; über die praetores Herzog Galt. N. hist.
app. n. 127.
5) Dies ist von Zumpt Comm. ep. I, 170 ff. durch eine reiche Sammlung
von Beispielen erwiesen. Vgl. Henzen Annali 1859 p. 206. Mommsen Stadt-
rechte S. 433.
6) Dass dieser schon von Manutius ad Cic. pr. Sext. 8 aufgestellte, später
von Zumpt Comm. ep. I, 161 ff. bestrittene und auch von mir bezweifelte Satz
als allgemeine Regel richtig ist, lehren jetzt die Zusammenstellungen zahlreicher
Beispiele bei Mommsen J. N. Index XXV. XXVI. Henzen Inscr. Vol. III p. lf>4.
155. S. besonders Mommsen im citirten Index s. v. duoviri. Henzen Ann<di 1857
p. 111; 1859 p. 206 und in Borghesi Oeuvres 6, 319. Hübner C. I. L. II
p. 540''. Allerdings linden sich Ausnahmen von der Regel , aber verhältniss-
mässig wenige. So kommen Illlviri vor in den Colonien Carsioli (Mommsen
/. A^. 5688. 5690. 5691 J, Luoeria Qb. 946. 947. 948. 949), Sota (ib. 4498), in
der letztern daneben Ilviri (ib. 4496. 4497); dagegen Uviri In den Municipien
Atina Campaniae (ib. 4552. 4553 u. o.), AuÜdena (ib. 5140. 5142), Calatia (Ib.
3903. 3917. 3918), Herculaneum (ib. 2428. 2423), Surrentum (ib. 2123), Lam-
baese in Africa (Ilenzen n. 7048) und einigen anderen (Henzen Imlex p. 155),
und beide, Illlviri und Ilviri in den Municipien: civitas Mar»orum {Illlviri,
— 480 —
namentlich in den Städten hervortritt, welche zuerst Municipien
waren und später Colonien wurden und daher zuerst llUviri^
dann Ilviri haben'). Die Magistratur der Colonien entsprach also
am genauesten der römischen Verfassung; allein wie in Rom
selbst der Prätor als collega minor consulum gilt 2), so sind auch
in den Colonien die Aedilen, insofern sie ebenfalls richterliche
Beamte sind , trotz ihrer niedrigeren Competenz CoUegen der
Duovirn, und es kommt, wenn auch ausnahmsweise, so doch
mehrfach vor, dass bei Geschäften, bei welchen die Ilviri i. d.
und die Ilviri aediles gemeinsam betheiligt sind , sich alle vier
als Illlviri bezeichnen 3) . Es gab sogar Städte ^) , welche nicht
allein die höheren Beamten, sondern alle Beamten in einem Col-
viiiviri. legium von ocloviri vereinigten^), zu welchen dann zwei Vlllviri
diiumvirali potestate^) , zwei Vlllviri aediliciae poteslatis'') , zwei
Vlllviri aerarii^] (Quästoren) und zwei Vlllviri fanorum-^] (sonst
curatores fanoimm) ^^] gerechnet wurden. In den latinischen
Städten finden sich , wie in den römischen Illlviri ^^) und
llviri^"^) , aber in Salpensa wenigstens werden die Ilviri i. d.
und die Ilviri aediles ebenfalls als Collegen betrachtet ^ 3).
Mommsen /. N. 5501, Ilviri 5498), Tereventum [Illlviri 5171, Ilviri 5173),
Yolceii (^Illlviri 219. 220. 221, Ilviri 2630).
1) Beispiele sind Aeclanum, das als municipium Illlviri (Mommsen i. N.
1116. 1122. 1123. 1127), als Colonie i/ym hat (ib. 913. 1110. 1127 u. ö.); Ca-
nusium ^Illlviri ib. 648. 649, Ilviri 635); Teanum (////um 3997, //um 3985.
3998. 3984); Brlxia (Mommsen C. /. L. V p. 439b).
2) Mommsen Staatsrecht 1, 20 Anm. 2.
3) Pompeii war eine Colonie des Sulla und hatte als solche duoviri, welche
häuüg vorkommen. Nichtsdestoweniger linden sich in der Inschrift Henzen 7058
= Mommsen /. N. 2198 alle vier Beamten, die Ilviri i. d. und die Ilviri aedi-
les als Illlviri bezeichnet und ebenso sind auch die vorher angeführten Illlviri
zu verstehen, welche sich in Colonien finden.
4) Ihre Zahl scheint gering gewesen zu sein. Bekannt sind nur Amiternum
(Orelli 3965. Henzen 7123), Interamna Praetutianorum (Henzen 7124), Perusia
(Orelli 3967), Nursia (Orelli 3966) und Trebula Mutuesca (Orelli 3963).
5) Ueber diese hat zuerst Aufschluss gegeben Borghesi Oeuvres 7, 208.
221 n.
6) Orelli 3966.
7) Fabretti p. 401 n. 297 = 0r. 3963; p, 369 n. 132.
8) Orelli 3963.
9) Orelli 3963.
10) Orelli 3964.
11) So in Nemausus , Tolosa, Reii Apollinares , Cabellio , Avenio, Aptae in
Gallia Narbonensis. S. Herzog Gall. Narb. hist. p. 213. 214.
12) So in Camunni in der lOten italischen Region. C. I. L. V p. 519 und
in Malaca und Salpensa.
13) Lex Salpens. 29. Mommsen Stadtrechte S. 433.
— 4b 1 —
Nach Vorausschickuiig dieser allgemeinen Bemerkungen wen-
den wir uns zu den einzelnen Municipalämtern i) .
i. Die beiden duoviri oder ciuatuorviri iiire^) dicundo sind competenz
' der llviri
der Regel nach die höchsten Beamten; sie führen ausschliesslich und ////«>».
den Namen magistraUis'^) und sind, wie die Consuln in Rom, für
das Jahr ihres Amtes eponym ^) . Zu ihren Befugnissen gehören :
Erstens die Gerichtsbarkeit, und zwar sowohl die streitige
Gerichtsbarkeit in dem Umfange, weichen wir oben S. 66 f. 76 f.
bezeichnet haben , als auch in den latinischen Gemeinden ^j und
den dazu besonders privilegirten römischen Municipien ^) , nicht
aber in den römischen Colonien , die freiwillige Gerichtsbarkeit,
d. h. die Vornahme der Manumission, Emancipation und Adop-
tion ') . Diese Differenz ist ein merkwürdiges Zeugniss dafür, dass
die latinischen Gemeinden wie ein Theil der Municipien noch in
später Zeit einen Rest ihrer ursprünglichen Selbständigkeit be-
wahrt hatten , während die römischen Colonien von Anfang an
in der römischen Bürgerschaft völlig aufgingen ^) . In gleicher
Weise geschieht die Ernennung eines Vormundes in den italischen
Municipien und Colonien durch den römischen Prätor, in den
Provinzen durch den Statthalter ^j , welchem von den Municipal-
1) Was ich im Folgenden zusammenstelle, sind die Resultate der Unter-
suchungen von Zumpt a. a. 0., Mommsen Stadtrechte S. 433 flF. und Henzen
Annali 1859 p. 208 ff.
2) Ueber die in diesem Titel gewöhnliche alte Dativform s. Orelli n. 121.
002. 3807. xMarini Atti p. 806. Neue Formenlehre 1, 193.
' 3) Dig. üO, 1, 13 : quid ergo, si alter ex magistratibus toto anno afuerit —
et omnia collega solus administraverit ? 26, 5, 19 § 1 : magistratus municipalis
coUegam mum quin dare tutorem possit, non est dubium. 27, 8, 1 § 9. Fragm.
Vat. S 112.
4j In der Inschrift von Puteoli , C. 1. L. I n. 577 ist das Jahr 649 = 105
so bezeichnet : ab colonia deducta anno XC, N. Fufidio N. f. M. Pullio duovir(ei8),
P. Rutilio Cn. Mallio cos. Von der marianischen Colonie Capua sagt Cic. de
l. agr. 2, 34, 92 : cum venissem Capuum, coloniam deductnm L. Considio et Sex.
Saltio, quemadmodum ipsi loquebuntur, praetoribus. In Firmum wird eine Statue
gesetzt (J. Licinio Crispino, C. Herennio Maximo IIvir(is), Orut. 490, 3, und
auch auf Colonialmünzeii ünden sich die Namen der llviri; Kckhel D. N. 4,
474 f. Mehr s. bei Zumpt Comm. ep. I, 168.
5) Lex Salp. 28.
6j Paulus 2, 25, 4 : apud magistratus municipales, ai habeant legis actiontm,
emancipuri et manumitti potest. Cod. lust. 7, 1, 4: apud consilium nostrwn vü
apud consuies praetore» praesides magistratusve earum civitatuniy quibua huius-
modi ius est, adipiaci potest — servitua liberlatem.
T) Dig. 1, 7, 4; 1, 16, 3. Cod. Iu»t. 8, 48, 1.
8) Mommsen Stadtrechte S. 436.
9) Gaius 1, 185. Ulpian. 11, 18. Instit. 1, 20 pr.
nöm. Alt«rth. IV. 31
— 482 —
behörden nur ein Vorschlag (nominaiio) zugeht i), während in
den lalinischon Gemeinden auch zu diesem Acte die duoviri com-
petent sind 2).
Zweitens der Vorsitz in der Volksversammlung und das Recht,
die gewählten Magistrate zu ernennen (facere creareqne) und zu
proclamiren [renuntiare) ^) .
Drittens die Ernennung und Vereidigung eines Stellvertre-
ters [praefectus) für den Fall , dass der Duovir in Abwesenheit
seines CoUegen die Stadt auf länger als einen Tag verlassen
wilM). Es ist dies ebenfalls ein altlatinisches Recht, nach wel-
chem der König, hernach der Consul, in seiner Abwesenheit einen
praefectus urhi ernannte , und bis in die Kaiserzeit während der
Tage des latinischen Festes alljährlich ein praefectus urbi bestellt
wurde ^) .
Viertens der Vorsitz im Senat ß).
Quinquen- 2j. \)\e quinquenuales^] . Einer der erheblichsten Unterschiede
der antiken Stadtrechte lag, wie wir mehrmals zu bemerken Ge-
legenheit hatten, in dem Grade der Freiheit, mit welcher der
städtische Haushalt geführt wurde. Alle Gemeinden hatten als
Einnahmequellen erstens ein städtisches Grundeigenthum an
Ackerland, Wiesen, Wäldern, Seen, Flüssen und Bergwerken^),
1) Ulpian. Dig. 27, 8, 1. Mommsen Stadtrechte S. 438 Anm. 137.
2) Lex Salpens. c. 29.
3) Lex Malacit. c. 52. 59.
4) Lex Snlpens. c. 25.
5} Mommsen Staatsrecht 1, 167 ff.
6) Cod. lust. 10, 31, 2: observare oportebit magistratua , ut decurionibus so-
lenniter in curiam convocatis nominationem ad certa munera faciant. Beispiele
sind: Patronatsdecret aus Traians Zeit Orelli 784: M. Acilius PLacidua, L. Fe-
tronius Fronto llFlvir L d. s(€natum) c[on3uluerunt) Ferentlni in curia aedis
Mercuri; Senatsdecrete bei Marini Atti p. 4. 5. 6. Dass nämlich zwei duoviri den
Senat berufen und den Antrag stellen {yerba faciunt), ist der römischen Sitte
gemäss (s. die Senatusconsulte bei Frontin. de aquaed. § 100. 104. 106} und zei-
gen auch die Beschlüsse von Tergeste, C. I. L. V n. 532, Puteoli, Mommsen
1. N. 2517, Sora, Mommsen /. N. 4496. Vgl. Zumpt Comm. ep. I, 167. Momm-
sen Stadtrechte S. 444.
7) Ueber die quinquennales haben zuerst die Untersuchungen von Zumpt
Comm. ep. 1 p. 73 — 158 und Henzen Annali 1851 p. 5 ff. 1858 p. 6 ff. 1859
p. 208 ff. Aufschluss gegeben, durch welche die auf unzureichendem Material
beruhenden Erörterungen von Norisius Cenot. Pisan. Diss. I p. 5 ; Oliverius
Marmora Pisaurensia p. 68 ff, ; Eckhel F>. N. 4, 476; Savigny Gesch. des R. R.
im Mittelalter 1 S. 41 ergänzt und berichtigt worden sind.
8) Die agri fructuarii und die auf denselben liegenden Abgaben gehören
zu der nothwendigen Ausstattung jeder Gemeinde. Suet. Oct. 46 : Italiam duo-
detriginta coloniarum numero deductarum ab se frequentavit operibusque ac vecti-
galibus publicis plurifariam instruxit. Rescript des Vespasian an die Decurlo-
~ 48;i —
welches entweder in Erbpacht oder in Zeitpacht ausgethan war,
und von welchem die Naturalabgaben oder die Pachtgelder in die
Stadtcasse flössen ^) ; zweitens ein Capitalvermögen, welches aus
Stiftungen entstanden und zu besondern Zwecken fundirt war 2),
und drittens eine Steuer, welche im Falle des Bedürfnisses auf
Bürger und Insassen ausgeschrieben wurde 3). Ebenso machten
sich überall regelmässige Ausgaben nöthig für Bauten aller Art
und für die verschiedenen Leistungen, zu welchen die Commune
verpflichtet war 4). Die Aufstellung des für diese Zwecke erfor-
derlichen Budgets war bekanntlich in Rom den Censoren über-
tragen, welche für die fünfjährige Etatsperiode die vectignlia ver-
pachteten und die Bauten in Entreprise gaben , ausserhalb Roms
aber nur den besonders privilegirten Gemeinden zugestanden.
Denn in den Provincialstädten machte oder genehmigte den Etat
der Statthalter (S. 355) ; in den freien Städten der Provinzen da-
neii von Sabora in Baetica , C. I. L. II n. 1423 : cum mulüs difficultatibus
infirmitatem vestram premi indicetis, permitto vobis oppidum sub nomine meo, ut
voltis , in planum exstruere, Vectigalia , quae ab divo Auyusto accepisse dicitis,
custodia. Si qua nova adicere voltis, de his proconsulem adire debetis. Diese Län-
dereien lagen nicht immer in dem Territorium der Stadt, sondern zuweilen in
andern Gegenden, theilweise auch in den Provinzen (s. oben S. 9). Ariminum
hatte Communalgüter in Gallien (Cic. ad /am. 13, 11, 1), Capua in Creta (Vel-
lei. 2, 81. Boeckh C. I. Gr. 2597). Reiche Nachweisungen ähnlicher Fälle s. bei
Kuhn 1, 63. 64.
1) Gaius 3, 145: veluti si qua res in perpetuum locata sit , quod evenit in
praediis municipum , quae ea Lege locantur , ut quamdiu inde vectiyal praestetur^
neque ipsi conductori neque heredi eius praedium auferatur. Dig. 6, 3, 1. 2. 3:
ayri civitatium alii vertiyales vocantur, alii non. Vectiyales vocantur, qui in per-
petuum locantur • — — , non vectiyales sunt , qui ita colendi dantur, ut privatim
ayros nostros colendos dare solemus. Qui in perpetuum fundum fruendum con-
duxerunt a municipibus, qtuirnvis non efficiantur domini, tamen placuit competere
eis in rem actionem ad versus quemvis possessorem et adver sus ipsos municipes,
ita tamen, si vectiyal solvant. Idein est, et si ad tempus habuerint conductum nee
tempus c(mductionis finitum sit. Dig. 19, 1, 13 § 6; 27, 1, 15 ^ 10; 30, 1. 71
}i 5 ; 43, 14, 1 S 7 ; 50, 1, 2 S 4; 50, 2, 6 § 2; 50, 8, 2 § 1. Cod. Theod. 15, 1,
48. Cod. lust. 4, 61, 10.
2) Cod. lust. 1, 4, 26 pr. : irer/i t(T)v '/.n.%' 2xaoTov hoi xoti; 7t»iXeot Tr(>ociouc<&v
TtoA.iTixwv rpoioowv Tj 7r«ip(jjv . dx 5tj}jloi3{(ov i?) i^ i5tojTtxö)v -^pTjixdTuiv, rapdt Tt-
voav auxai; '?J 7.aTaXt|i,7:avoa^voiv tj öo)pO'j|x^v(uv ir) diXXto; dnvoo'j(j.lv«ov t)| irept-
i:oiTjHY^oo{i.£V(uv , dxt ed; ep-j^a ehe el; oixojvbv zXxe el; 5rj|j.(ioiov 6Xxöv , em
eU if'/.nd'Zi.ii fJa/.otvetojv tXxe eU Xi(j,dvac e?Te et; teiy^wv ^ Tr6pY«>v o(xooo(xd<; r)
•ye'fypoiv Pj oooaxptuaiwv d7tocv«ipO(u3iv 7j drcXw; ei; rd; Ttüv roXtTtxd»v XP^^'*^
7rpox«>po6vT(üv, i>£07:iCofxev x. t. X. Ausführlich handelt hievon Kuhn 1, 51 — 56.
3) Cod. lust. 1, 4, 26 % 7; 8, 12, 12; 10, 25, 2; 12, 64, 2. Cic. pr. Flacco
9, 20 : in aerario nihil hahent civitates, nihil in vectigalibus. Duae rationes con-
ficiendae peruniae , aut versura aut trihuto. Auch in den sicilischen Städten ist
öfters von einem solchen tributum für Communalzwecke die Rede. Cic. Verr. II,
2, 55, 138.
4) Ueber diese munera s. Ktihn 1, 51 ff.
31*
— 484 —
gegen und in den italischen Communen bildeten die censorischen
Geschäfte einen wesentlichen Theil der Selbstverwaltung, auf
welche indess ebenfalls einen controlirenden Einüuss auszuüben
die römische Regierung im Laufe der Zeit immer dringendere
Veranlassung fand. Diesem Umstände ist es zuzuschreiben, dass
in dem der römischen Censur entsprechenden Municipalamte ver-
schiedene Veränderungen vorgingen, welche wir hier zu erwähnen
haben.
So wie in Rom selbst vor der Einsetzung der Gensoren,
d. h. vor 311=4431) die Geschäfte derselben von den Con-
suln verwaltet wurden, so gehörte auch in den altitalischen Ge-
meinden die Censur zu den Functionen der jährlichen Oberbe-
amten, und diesen ursprünglichen Zustand finden wir noch im
J. 649=105 in der 560 = 194 gegründeten (S. 39) römischen
Colonie Puteoli, in welcher ein Bau von den Duovirn locirt wird 2),
und noch in der Kaiserzeit in dem latinischen Municipium Ma-
laca, dessen Duovirn sowohl die Einziehung der Vectigalien als
die Bauten an Unternehmer austhun^). Allein je wichtiger es
für die römische Regierung wurde, jederzeit über die Steuerfä-
higkeit und die Stärke der dienstpflichtigen Bevölkerung Italiens
unterrichtet zu sein 4) ^ um so mehr musste sie danach streben,
die Municipalcensur gleichmässig und mit der römischen über-
einstimmend einzurichten. Den ersten Beweis hiefür liefern die
zwölf latinischen Colonien, in welchen, weil sie sich dem Kriegs-
Entstehung (jienste ontzoecn hatten, der römische Senat im J. 550 = 204
der Munici- ^ '
paicensur. Ceusoren einsetzte, die den Gensus nach römischem Formular
vollziehen ^) und die Gensuslisten an den römischen Gensor ab-
liefern mussten ß) ; und zwei Gensoren, welche, w ie in Rom, als
eine eigene Behörde fungiren^), lassen sich in einer Anzahl von
1) Liv. 4, 8.
2) C. I. L. I n. 577.
3) Lex Malac. c. 63 : qui Ilvir iure dicundo praeerit , vectigalia ultroque
tributa sive quid aliut communi nomine municipum eius municipi locari oportebit,
locato. Mommsen Stadtreehte S. 44ü.
4) Vgl. Mommsen R. G. 1, 417.
53 Liv. 29, 15. Der Senat zieht zuerst die regelmässigen Beamten dieser
Colonien zur Verantwortung; dann befiehlt er: censum in iis coloniis agi ex for-
mula ab Romanis censoribus data; dari autem placere eandem quam populo Ro-
mano ; deferrique Rom.am ab iuratis censoribus coloniarum , priusquam magistratu
abirent.
6) Liv. 29. 37.
7) S. Henzen Annali 1858 p. 7, der die Bedeutung dieser Gensoren zuerst
einer eingehenden Untersuchung unterzogen hat.
I
— 485 —
latinischen und föderirten Städten Italiens nachweisen, nämlich
in Abellinum^). Aletrium2]j Beneventum '^J , Copia (Thurii)*),
Cora 5) , Ferentinum 6) , Hispellum 7) , Teanum ») , Tibur ») und
Caere 10) und sind auch in Sicilienii) und andern Provinzen i2) in
die Stadtverwaltung eingeführt worden. Allein diese Anordnung
wurde in Italien wieder aufgegeben, als in Folge der lex lulia
vom J. 664 = 90 eine gleichförmige Municipalverfiissung in den
mit dem Bürgerrecht neu ausgestatteten Gemeinden zur Geltung
kam; denn seit dieser Zeitig) wurde das Censoramt alle fünf üeberira-
gung dersel-
Jahre von den regelmässigen höchsten Beamten ausseübl, welche ''«^ '^"f 'i»«
*^ D 7 Iltiri oder
nicht censores, sondern Ilviri [IHIviri] censoria potestate aiiin- i^ii^iri
^ ' ' ^ quinquen-
quennales oder quinquennales censoria potestate oder llviri [llllviri] ♦*"^'^«-
censoria potestate oder llviri [llllviri) quinquennales oder kurz
quinquennales^ in denjenigen Gemeinden aber, in welchen noch
1) Moramsen 1. N. 1892. 1889. 1890. 1891. 1893.
2) Inschr. aus der Zeit zwischen 620—664 = 134—90, C. I. L. I it. 1166
3) C. /. L. I n. 1221.
4) C. I. L. I n. 1264.
5) C /. L. I n. 1153.
6) Inschr. aus Sullas Zeit C. /. L. I n. 1161. 1162. 1163.
7) Henzen n. 7031 = Annali 1851 p. 11.
8) C. /. L. I n. 1198.
9) C. I. L. I n. 1113. 1120.
10) In Caere kommt ein censor perpetuus vor , der einzig in seiner Art ist
und den ich hier nur der Vollständigkeit wegen anführe. S. über ihn Henzen
Ära Ceretana in Annali 1858 p. 5 — 9.
11) Cic. Verr. II, 2, 53, 131: iam vero censores quem ad modum in Sicilia
isto praetore creati sint, operae pretium est cognoscere. lue enim est magistratus
apud Siculos , qui diligeniissime mandatur a populo propter hanc causam , quod
omnes Siculi ex censu quotannis tributa conferunt. Ib. 56, 139 : quinto quoque
anno Sicilia tota censetur. Es wurden hini censores in jeder Stadt gewählt. Ib.
53, 133.
12) In Bithynien waren durch die lex Pompeia in allen Städten Censoren ein-
gesetzt, welche iuch die lectio senatus h&tteu . Plin. ep. 10, 112 (113); 113 (114).
13) Ich hatte früher nach Zumpt angenontmen, dass der Name quinquennidis
erst in der Kaiserzeit vorkomme. Dies hat Henzen berichtigt Annali 1851 p. 8 ff.
Annali 1858 p. 7. Annali 1859 p. 209, welcher denselben in verschiedenen In-
schriften republicanischer Zeit nachweist. Es sind dies namentlich die jetzt
C. J. L. Vol. I zu findenden Beispiele von llviri quinquennales in Abella n. 1228;
Caiatla n. 1216; Castrum novum n. 1341; Pompeii n. 1246. 1247; Praeneste
n. 1140; Fasti Min. p. 474 n. XIII; ferner von llllviri quinquennales in Cora
n. 1157; Puteoli 1235. 1236. Die letzten beiden Beispiele sind besonders lehr-
reich, da sie beweisen, dass in Cora die früher vorhandenen Censoren abgeschafft
und durch llllviri quinquennales ersetzt wurden, wie dies auch in Ferentintim
und Tibur geschah (Henzen Annali 1851 p. 8—10). während in Puteoli die
llllviri quinquennales als eine neue Behörde statt der früheren llxüri erscheinen.
In einige»» Städten erhielten sich indessen die censores bis in die Kaisorzeit, wie
in Abellinuni (Mommsen l. N. 1888. 1892), doch wird auch hier nur der Titel
geblieben, die Censur aber mit dem Jlviralw verbunden worden sein.
— 486 —
Praetoren oder Aedilen an der Spitze der Verwaltung standen,
auch praetores quinquennales und aediles quinquetmales hiessen^).
Es geht namentlich, wie zuerst Zumpt nachgewiesen hat, aus
den uns erhaltenen Municipalfasten^) hervor, dass in den Cen-
susjahren neben den Quinquennalen keine Ilviri und llllviri in
Function waren, sondern dass in denselben statt der Ilviri oder
llllviri iure dicundo Ilviri oder llllviri quinquennales gewählt
wurden. Die Gensur aber wurde wenigstens nach der lex lulia
nitinicipalis gleichzeitig in Rom und den Municipien abgehalten ^j ,
weshalb z. B. in den Fasten von Venusia , welche die Jahre
720—726 = 34—28 umfassen, nur im J. 725 = 29, in welchem
in Rom ein Census statt fand'*), Ilviri quinquennales^ in allen
übrigen Ilviri verzeichnet sind^). Das Amt der Ilviri [llllviri)
quinquennales war einjährig ß) und für dies Jahr eponym^), ob-
wohl die fünfjährige Periode zwischen zwei Gensusjahren auch
1) Die Beweise hiefür s, bei Henzen Inscr. n. 7075 und im Index p. 157.
Zumpt Comm. ep. p. 93. Mommsen 1. N. Index XXVI.
2) Muiiicipalfasten haben wir von Praeneste (C. I. L. I p. 474 n. XIll
= Henzen 7163), Nola (Orelli 4033 = Mommsen /. N. 1968), Interamna Lirinas
(Orelli 3680 = Mommsen I. N. 4195), Venusia (C. /. L. I p. 471) und Ostia
(Mommsen Ep. Anal. n. 4).
3) Lex lulia munic. C-. I. L. 1 n. 206 lin. 142: quae municipia coloniae
praefecturae civium Romanorum in Italia sunt erunt, quei in eeis municipieis co-
loneis praefectureis maximum magistratum maximamve potestatem ibei habebit tum,
cum. censor aliusve quis m,agistratus Romae populi censum ayet , is diebus LX
proximeis, quibus seiet Romae censum populi ayi, omnium municipium colonorum
suorum queique eius praefecturae erunt , quei cives Romanei erunt , censum agito
eorumque nomirux praenomina patres aut patronos tribus cognomina et quot annos
quisque eorum habet , et rationem pecuniae ex formula census , quae Romae ab
eo , qui tum censum populi acturus erit , proposita erit , ab ieis iurateis accipito
euque omnia in tabulas publicas sui municipi referunda curato. Eosque libros per
legatos — ad eos, quei Romae censum agent, mittito.
4) Monum. Ancyr. c. 8. Mommsen Res gestae Divi Augusti p. 20 f.
5) Ebenso sind in Nola im J, 30 n. Ohr. Ilviri, im J. 31 Ilviri quinq., im
J. 32 Ilviri , im J. 33 Ilviri und in der pompejanischen Inschrift Orelli 2530
= Mommsen I. N. 2378 nennt sich A. Clodius Flaccus Ilvir i. d. ter quinq., indem
er, wie aus der Inschrift hervorgeht, zuerst Ilvir, dann llvir quinquennalis ,
zuletzt Ilvir gewesen war. Er rechnet also die Quinquennalität nicht als ein
besonderes Amt, sondern als eine Function des regelmässigen Duovirates.
6) Dies lehren ausser den angeführten Municipalfasten die Inschriften Orelli
82: huic anno quinquennalitatis Petini Apri mariti eius pieps urbana Pisauren-
sium (statuam posuit} ; Henzen 7081: quod A. Lucernius Decrianus L. Tullius
Cerialis IIvir{i) v[erba') f(ecerunt) de Ilviro quinquenn{cdi') in prox(imurri) annum,
fieri placere M. Vibium auctorem.
7) S. Orelli 3737 und die von Henzen. Annali 1851 p. 12 angeführte In-
schrift von Veii, in welcher das Datum der Dedication bezeichnet wird : III non.
lan. Aemiliano II et Aquilino cos. P. Sergio Maximo M. Lollio Sabiniano Ilvir.
qq. (a. 249 n. Chr.).
— 487 —
in den Municipien lustrum genannt wird^); ihre amtliche Thätig-
keit bezog sich einmal auf die Aufstellung der Bürgerlisten und
die lectio senatus, und zweitens ohne Zweifel auf die censorischon
Finanzgeschäfte; denn dass sie, wie die römischen Censoren, ein
regimen morum geübt hätten, ist schwerlich anzunehmen 2).
Als seit dem Anfange des zweiten Jahrhunderts die Selbst-
verwaltung der Städte in Italien wie in den Provinzen in Ver-
fall zu gerathen begann und die kaiserliche Regierung sich ver-
anlasst sah, die Feststellung und Einhaltung der städtischen Etats
ihrer Controle zu unterwerfen, musste gerade das Amt der Quin-
quennalen, welches so lange das höchste und wichtigste unter
den städtischen Aemtern gewesen war, eine erhebliche Beschrän-
kung erleiden. Allerdings wurde anfänglich die Revision der
städtischen Finanzen nur in Fällen des Bedürfnisses einem aus-
serordentlichen Regierungscommissar übertragen, in ganzen Di-
stricten oder Provinzen einem corrector oder oiopötütr]? (s. S. 78),
in einzelnen Städten einem curator oder Xo^toTY^c ^j , allein wie Dei curator.
aus dem Corrector zuletzt ein Statthalter wurde (S. 79 ff.), so
verwandelte sich schliesslich auch der Curator in einen ständigen
Beamten, auf welchen von den Functionen der Quinquennalen
ein so grosser Theil überging, dass man lange geglaubt hat, die
Curatoren mit den Quinquennalen für identisch halten zu müs-
sen''). Erst neuerdings ist es gelungen diesen Irrthum zu be-
seitigen und in der Hauptsache über das Verhältniss beider Be-
hörden ins Klare zu kommen^].
Die Quinquennalen sind, wie wir gesehen haben, ein Col-
legium von zwei Personen; sie werden von der Stadt aus der
1) Oielli 2547. Henzen 7082.
2j l'eber die Befugnisse der quinquennales sind wir fast ganz ohne specielle
Nachrichten. Wir sehen nur, dass sie im Allgemeinen die Functionen der rü-
uiischen Censoren hatten, was auch Festus p. 261 zu sagen scheint : quin[quen-
nnUa .... ap'pella\hantur , qui lustrum coTJ[derent quinto ^uoque anno , a quo
nomin\ari coeptos. Dahin gehört namentlich die Aufstellung der Censuslisten
(fex luL. mun. lin. 142 flf.), die lectio senatus (ib. lin. Ö3 ff.), die loeatio vecti-
galium und die Vergebung der Hauten.
3J Cod. lust. 1, 54, 3: curator reipublicae, qui yraeco vocabulo logista nun-
cupatur. Logisten kommen vor in Andros (C. /. Or. 2349), Alexandri* in Aegypten
(Acta S. Didymi et Theodorat aus dem J. 304 ad 28 April.), Cyzicus (C. /. Gr.
2782), Nicomedia (ib. 3771. 3773. Orelli 798), Nicaea (ib. 3747. 3748), Kphcsus
(ib. 2987t'. orclli 798) und andern Städten. Vgl. Kuhn 1, 36.
4) Savigny Oesch. des K. K. im Mittelalter 1 S. 41 ff.
5) Es ist dies da» Verdienst von Zumpt C'omm. tp. I, 146 If. lienzon i>ui
curatori dellt citth in Annali 1851 p. 5 — 35.
_._ 488 —
Bürgerschaft gewählt, und haben sich bis auf die Zeit Constan-
liiis des Gl*, erhalten ^j. Der curator rei publicae dagegen —
denn von diesem reden wir ausschliesslich 2) — ist ein einzelner
BeanUor^), den der Kaiser ernennt*). Er kommt seit Nerva^)
und Traian ^) vor, also seit der Zeit, in welcher auch die Cor-
rectoren beginnen'), und war also mit den Quinquennalen gleich-
zeilig in Wirksamkeit^). Ernannt wird er regelmässig nicht aus
den Bürgern der Stadt selbst 9) , sondern entweder aus einem
andern Municipium i*^) oder aus den höchsten Ständen des Reiches,
den viri egregii oder perfectissmi, d. h. dem Ritterstande, und
den viri clarissimi, d. h. dem Senatorenstande ^i), zum grössten
1) Im J. 249 n. Chr. waren in Veii die Quinquennalen noch eponym (s. S. 486
Anm. 7), und in unsern juristischen Quellen, in welchen sonst von Quinquen-
nalen nicht mehr die Rede ist, haben sich noch zwei Verfügungen aus den Jahren
321 und 336 erhalten (Cod. Theod. 13, 3, 1 und 4, 6, 3), in welchen quinquen-
nales erwähnt werden. Die letzte ist auch in den Cod. lust. 5, 27, 1 aufgenom-
men, aber mit Weglassung des Wortes quinquennalitas , das damals keine Bedeu-
tung mehr hatte.
2} Es giebt nämlich auch euratores für besondere Geschäfte, z, B. curator
operum publicorum ^ kalendarU, muneris publici , viarum sternendarum , welche
theils von der Stadt gewählt, theils vom Kaiser eingesetzt werden. S. über diese
Ilenzen Inscr. Index p. 161 und Annali 1851 p. 15. Kuhn 1, 46 ff.
3} Dies ergiebt sich aus vielen Inschriften. S. Henzen Inscr. Index p. 109 f.
Annali ISbi p. 13. Zumpt Comm. ep. p. 149. Boecking ad N. D. II p. 1000 ff.
4} So lange die Einsetzung des Curators noch eine ausserordentliche Maass-
regel war, wird gewöhnlich der Name des Kaisers dem Titel hinzugefügt; z. B.
curator reip. Bergomatium datus est ab imp, Traiano, Orelli 3898 ; curator reip.
Comens. datus ab imp. Hadriano, Orelli 3898; curator reip. Aeserninorum datus
ab imp. optimo Antonino Aug.Pio, Orelli 2603. S. Henzen Inscr. Index p. 109
und Annali 1851 p. 14. Marini Atti p. 781. Zumpt Comm. ep. I, 153 f. Später
blieb dieser Zusatz weg , aber die Ernennung geschah immer noch durch den
K.-^iser. Cod. Theod. 12, 1, 20. Philostorgius Eist, eccles. 3, 27, wo Montius zum
Caesar Gallus sagt : ouSe XoyistTjV, dvxstTts^; , l^eori ooi 7:po^eipiaaot}ai, xai 7:0)?
av IlpatTüapitov eTzapyo^ dvsXeiv Buvaio ;
5) Die erste Erwähnung des curator reipublicae in den juristischen Quellen
findet sich, wie Kuhn 1, 37 bemerkt, in einem Rescript des Nerva Dig. 43, 24,
3 § 4; von einem Xo^tCTir]? , d. h. curator^ in Smyrna unter Nerva berichtet
Philostratus V. Soph. 1, 19.
6) Unter Traian sind wenigstens zuerst die euratores nachweisbar. Orelli
3798. 3887. Henzen Annali 1851 p. 33.
7) S. oben Seite 78.
8) Nach der Inschr. Orelli 3898 ist P. Clodius Sura zuerst Ilvir quinquen-
mdis in Brixia, dann curator reip. in Bergomum; nach Orelli 3866 war C. Ma-
trinius Aurelius Antoninus in Hispellum zuerst quinquennalis , dann curator.
Andere Beispiele s. bei Henzen Annali 1851 p. 20.
9) Henzen a. a. 0. p. 18 kennt nur drei Fälle , welche dieser Regel wider-
sprechen. Einer derselben (Orelli 3866) ist soeben angeführt.
10) 8. die Sammlung bei Henzen a. a. 0. p. 16.
11) Capitolin. M. Ant. philos. 11: euratores multis civitatibus. quo latius sc-
natorias tendertt dignitates, a senatu dedit.
— 489 —
Theil sogtir aus Prätoriern und Consularon i). Der Curalor steht
demnach dem Range nach weit über den Municipalbeamten ; er
braucht in der Stadt, welcher er vorgesetzt ist, gar nicht seinen
Wohnsitz zu nehmen 2) , sondern führt seine Verwaltung als ein
Nebenamt, öfters in mehreren Municipien gleichzeitig 3), und er-
scheint daher wenigstens anfangs als ein ausserordentlicher Auf-
sichtsbeamter, dessen Amisdauer nirgends angegeben wird, weil
sie von dem Auftrag des Kaisers abhing, der aber auch nach
Erfüllung dieses Auftrags wiederholentlich committirt werden
konnte 4). Diese Stellung ändert sich in der späteren Kaiserzeit,
etwa nach der Regierung der Severe ^] ; seitdem ist der ciirator
ein ständiger Reamter, der aus der Rürgerschaft selbst und zwar
aus den Personen , welche bereits die übrigen MunicipalänUer
bekleidet hatten^), zuerst noch immer vom Kaiser ernannt'),
später aber, wie alle städtischen Magistrate, von den Decurionen
gewählt und vielleicht nur ^vom Kaiser bestätigt wurde ^). Das
Verhältniss der Quinquennalen dem Curator gegenüber wird man
sich demnach so zu denken haben, dass die Quinquennalen im
zweiten Jahrhundert ihre Geschäfte in vollem Umfange ausübten,
aber mit Genehmigung und unter Controle des ihnen vorgesetzten
Curators, im dritten Jahrhundert dagegen ihre Functionen nach
und nach einstellten und an den Curator abtralen , denn rfie
städtischen Curatoren der späteren Zeit führen wenigstens die
censorischen Finanzgeschäfte in eigener Person ; sie verpachten
die städtischen Ländereien ^) , legen die Capitaiien der Stadt
Ij Ausführlich handelt hierüber Henzen Aniiali 1851 p. 22 ff. Vgl. Henzen
Jnscr. Index p. 109.
2j Aus der Inschr. Orelli 3787 = Mommsen /. N. 6828 geht hervor, dass
Curiatius Cosaniis, curator von Caere im J. 113 n. Chr. sich in Aiueria aufhielt
und von dort schriftlich seinen Consens zu einem Bau in Caere ertheilte. Vgl.
Borghesi Oeuvres 4, 138. Henzen a. a. 0. p. 2ö.
31 S. Borghesi und Henzen a. a. 0. Henzen Inscr. Index p. 109.
4j So kommt unter Alexander Severus ein curator rp. Laniviorum vor, Grut.
p. 381, 1.
f)) Zumpt Comm. ep. I, 154 f. Henzen Annali 1851 p. 29.
6) Cod. Theod. 12, 1, 20.
7) Marini Arvali p. 781. Inschr. von Sens bei Kenier MHanges d'ipigraphie
\>, 43 : C. Dedmius, C. Decimi Severi ß. Sabinianus, omnib. honorib. apud a{uos)
/'unct(u8), curator r. p. civit. Venet. ab impp. Severe et Antorün. ordinatus.
8) Nov. lustiniani 128 c. 16. Kuhn 1, 37. Ueber den Amtskreis dieser
späteren Curatoren handeln Koth De re munic. p. 98. Rüdiger De eurlalibua im-
perii Romani post ('onatantinum, Breslau 1837. 4. Kuhn 1, 58 f.
9) Dig. 50, 8, 3 pr. : praedium publicum in quinque anno$ idonea cautione
non exacta curator reipublicae locavit. Vgl. 50, 8, 11 J| 2. Kuhn 1, 43.
— 490 ~
cui>), conlrahircn Schulden für dieselbe 2) ^ verwallen das ganze Hau-
wesen ^) und haben eine Jurisdielion mler ciüitalem et priva-
tum^) , durch welche sie zuweilen den ihnen untergeordnelen
Slädten sehr läslig wurden^). Nur die Anferligung der Gensus-
listen und die lectio senatus wird ihnen nichl besonders zuge-
schrieben und mag auch am längsten den Quinquennalen geblie-
ben sein, allein aus dem Umstände, dass im vierten Jahrhundert
die Gerichte bei ihnen Erkundigungen über Personen einziehn^),
darf man schliessen, dass auch die Führung der Personallisten
in dieser Zeit auf sie übergegangen war'^).
1) Hierüber haben wir ein Fragment aus Ulpians liber sinyularis de officio
curatoris rei publicae, Dig. 22, 1, 33. Cod. lust. 11, 32, 2: ideoque cura patris
civitatis apud idoneos — pecunia collocanda est. Pater civitatis, 7raTr,p TXoXeoj;
ist nämlich der spätere Titel des Curators. C. I. Gr. 2745. Gothofr. ad Cod. Th.
12, 1, 20. Cuiacii opp. ed. Fabretti. Vol. IV p. 6.
2) Dig. 20, 1, 11 pr.
3) Dig. 39, 2, 46 : ad curatoris reipuhlicae officium spectat, ut dirutae domus
a dominis exstruantur. Dig. 43, 24, 3 § 4; 43, 24, 5 § 4; 43, 8, 2 § 17. Orelli
3701. 3767. 3787.
4) Dig. 50, 8, 2 § 6. Dig. 1, 22, 6: in consilium curatoris reipublicae vir
eiusdem civitatis adsidere non prohibetur, quia publico salario non fruitur.
5) Philostr. V. Soph. 1. 19: dvTjp ÖTraxo? , oj ovo[j.a 'Poucpo? , to'j; S(X'jp-
vatou? EXoyiaTeue Tir/ptöi xcd ouoTpoT:«)?. Touxo) xi 7:po?xpo6aac 6 Nixtjxtj?
,,£ppa)Co'' siTieM -/.al ouvvsxt 7rpo;7]et SixaCovxi.
6) Marini Aroali p. 786 hat hierauf aufmerksam gemacht auf Grund zweier
merkwürdiger Zeugnisse, nämlich Acta SS. Didymi et Theodorae vom J. 304, in der
Ausg. der BoUandisten ad 28 Apr. append. p. LXIII : 6 8tvtacxTj(; eiTiev xdXei xov
XoYioxTjv xfj? TToXeioc. 'H xa^i; (d. h. officium, apparitores. Vales. ad Euseb. H. E.
p. 208. 216) eiTOV "Eoxyi7v£v 6 XoYtax-r]^' '0 ot-/.aoxTj? eIto^ • YAtzi \t.o\., Aouxie,
XI oToa? 0£ÖO(upav xyjv aetrcaioa; Aouxio? ecp-^ * At'/.aoxa, \xa xtjv otjv UYietav
xai Xa(j.7Tp6xY]xa , euYeveaxaxr] soxlv y.ai d^toXoYo; %ai Tipwxo'j y&vo'j?. Acta S.
Sebastianae aus der Zeit des Domitian ad 7 lunium : Ssp^to? rjYefJ-wv eiTtev xü)
XoYtaxi^ nTfjY^'3itp ■ rior^ev saxlv x6 -^itvaio^^ xoOxo, xat 7:01a? TröXeto? daxiv ; FI'^y^^"
atoi; 6 XoYtcx'?]? eiire • IIoXso); SeßaoxYJ? doxtv, Xoy'*/-'^ TcpcuxT] xtüv Xa[j.7rpoxdx(ov,
rioia Be (jiavta TrepisTieaev, o'jz oI5a. Kai y^^P 0 TraxTjp aüx-^c xptxov xdvotoa
sSojxe (d. h. Spiele bei dem Antritt eines Amtes geben, Vales. ad Ammian. 27,
3. Du Gange s. v.) xai cpiXo; i^i'^txo xöiv Q^aufxaoituv ^ewv, vcai vöv x6 -{iso^
aux-^i; dv XT^ EupcuTTTj XYJi; [j,rjxpo7i6X£(u? 'Hpa"AX£(a; dv tcoXXtJ] £uoai[Ji-ovia aY£t.
7) Noch unerklärt ist eine andere den Curator betreffende Nachricht, welche
ich wenigstens erwähnen will. In der diocletianischen Christenverfolgung des
J. 303 wurden in Cirta in Numidien den Christen ihre Religionsbücher conflscirt
und zwar durch eine Person, welche Felix, flamen perpetuus, curator reipublicae
titulirt wird. Das Protocoll über die Thätigkeit desselben ist erhalten und her-
ausg. in Optati de schismate Donatillarum libri VII ed. Dupin , Antverp. 1702
fol. p. 168 ff. Henzen Annali 1851 p. 33 glaubt, hiezu sei Felix als Curator
befugt gewesen , weil er eine Sittencensur ausgeübt habe , wovon sonst kein
Beispiel vorliegt; Kenier Melanges p. 45 nimmt dagegen an, dass Felix als fla-
men perpetuus gegen die Christen eingeschritten sei. Eine solche Befugniss be-
sass in dieser Zeit allerdings der sacerdos provinciae (s. S. 368); ob sie aber
einem flamen municipalis zustand, ist noch zu beweisen.
— 491 —
3. Die Aedilen sind, wie bereits bemerkt worden ist, reget- Die Aediieu.
massig dem Range nach die zweite jährlich fungircnde Munici-
palbehörde; und gelten als collegae minores der Gerichtsherren,
mögen sie nun II Ihm oder Ilviri aediliciae potestatis genannt
werden. Sie entsprechen den curulischen Aedilen in Rom und
in Interamna findet sich auch der Titel aedilis curulis^), während
in Ariminum ganz vereinzelt aediles ainiles und aediles plebis
gleichzeitig vorkommen 2). Ihr Amtskreis =^) umfasste die Sorge
für die öffentlichen Gebäude und Wege*) , die Erhaltung der
Bäder s), die cura omioriae^'], und namentlich die Marktpolizei 7)
und Controle der bei dem Marktverkehr angewendeten Maasse
und Gewichte ^) ; ihnen steht das Recht zu körperliche 'J) und
Geldstrafen zu verfügen ; die letzteren müssen sie aber nach dem
Gesetz von Malaca bei den Duovirn anzeigen, welche die Ein-
ziehung übernehmen i^) .
4. Die Quaestoren. In der Ranefoke der jährlich zu be- Die Quasto-
'^ *-^ •' reu.
setzenden Municipalämter ist das dritte die Quaestur, in Belretl'
deren indessen die Stadtrechte wesentlich differirten. In einigen
Gemeinden scheint es Quaestoren gar nicht gegeben zu haben,
1) Orelli 3279.
2) Orelli 3979 = Tonini Kimini avanti il principio deW era volyare, Riuiini
1848. 8 p. 336 n. 13: L. Betutio L. f. Pal. Furiano Aedili , cui et cunilis
i(ur.is) d{ictio) et plebeia mandata est. Ein aedilis cunilis Orelli 3836 = Tonini
n. 14. Die übrigen Inschriften, in welchen man einen aedilis plebis gefunden
hat, sind sehr zweifelhaft. In der Inschr. von Ariminum Henzen n, 6008
= Tonini p. 299 n. 2ö liest Mommsen Hermes 1, 66 III VIR AEDiliciae Po-
testatis, in der Inschr. von Cremona aber Orelli 3843, jetzt C. I. L. V n ö3,
AEDILIS PoL(ae). Der Unterschied beider Aedilen bezog sich auf ihr verschie-
denes Multirungsrecht. Tac. Ann. 13, 28: cohibita artius et aedilium potestas
statutumque , quantum curules , quantum plebei piynoris caperent vel poenae irro-
yarent. S. Mommsen 8tadtrechte S. 451.
3) 8. Ev. Otto De aedilihus coloniarum et uiunicipiorum, Lips. 1732. 8.
Kuhn 1, Ö7.
4) Dig. 43, 10, 1. Orelli 3973. Mommsen /. N. 1481 : C. Enniw M. f. C.
lieryonius Q. f. aed. viam straverunt et lacuus fecemrü. Ausführlich handelt hie-
von Otto p. 323—332.
5) Plotarch. Sympos. III. Vol. VIII p. 614 Reiske. Digest. 19, 2. 30 <^ 1.
Otto p. 315 ff.
6) Petron. 44: interim nemo curat, quid annona mordet. Non rneltcrrutes
lindie buccam panis invenire potui. aediles male eveniat, qtii cum pistoribua
coUudunt : ,,Serva me servabo (e''. Itaque populus minutus laborat. Dig. 16, 2,
17: condemnatus, quod artiorem annonain aedilitatis tempore praebuit. Otto p. 357.
7) Apulei. Met. 1, 24. 25. Dig. 50, 2, 12.
8) luvenal. 10, 100. Persius 1, 129. Dig. 19, 2, 13. Ilenzeu n. 7133.
9) Dig. 50, 2, 12: eos, qui utensilia neyotiantur et vendunt , licet ab aedi-
Uhus caedantur, rwn oportet quasi viUs peraonaa neyleyi.
lOj Lex Malac. c. 56. Mommseu Stadtrechte 8. 450.
— 492 —
wie in Arpiuuin, wo von den drei Acdilon i) einer die Sladtcassc
verwallele 2) , und ebenso dürfte es in Fundi und Formiae^) ge-
wesen sein. In denjenigen Städten aber, welche Quaestoren
hatten, nahmen diese wieder eine verschiedene Stellung ein, in-
sofern die Quästur in einigen als ein honor, in andern als ein
munm galf*). Derselbe Unterschied tritt namentlich hervor in
den latinischen Gemeinden, in welchen durch die Bekleidung
eines honor die römische Givität erworben wurde (S. 55). Dieser
honor war für die Carni die Aedilität von Tergeste (s. S. 56), in
Salpensa aber die Quästur 5).
Es ist bisher von den regelmässigen Municipalmagistraten
gesprochen worden und es liegt nicht in der Absicht dieser Dar-
stellung die einzeln vorkommenden zum Theil noch jetzt aus
besondern Ursachen zu erklärenden Abweichungen von dieser
Regel vollständig aufzuführen, wie z. B. die in Venusia^), Tea-
num^) und vielleicht in Pisa^) sich findenden tribuni plebiSj die
Ariminum •*) und Cirta lO) in Numidien eigenthümlichen tresviri
und andre BeamtencoUegien, die überhaupt zu den regelmässigen
Magistraten nicht zu rechnen sein dürften i^), dagegen ist es nö-
thig die Fälle noch besonders zu erwähnen , in welchen für
die regelmässigen Magistrate eine Vertretung durch praefecti ^'^)
statt fand.
Praefectii.d. 5. Eine ausserordentliche Stellvertretung war nur erforder-
1) Henzen 7033. 7034.
2) Cic. ad Att. 15, 15, 1 : tu nummos Arpinatum, si L. Fadius aedilis petet,
vel omnes reddito.
3) Hier sind ebenfaUs drei Aedilen. Henzen 7035. 7036. 7037.
4) Dig. 50, 4, 18 § 2: et qiiaestura in aliqua civitate inter honores non ha-
betur, sed personale munus est. Dies scheint in Aquileia der Fall gewesen zu
sein, wo quaestores niemals vorkommen (Mommsen C. /. L. V p. 83J, und in
Nola, wo sie in den Fasten (Mommsen /. iV. 1968) nicht aufgeführt werden.
5) Lex Salp. 21. Ob aus Strabo 4 p. 187, welcher von Nemausus sagt:
zyo\jna xoX tö xaXo6[j.evov Adxtov, wate tou? d|itu8^£MTac dYopavojj-ia^ xrtX xafxieia;
^v" Nefjtauacp 'Puj[i.atou; UTidpyeiv, mit Mommsen Stadtrechte S. 416 zu folgern
ist, dass man beliebig die amtliche Laufbahn mit der Aedilität oder mit der
Quästur habe beginnen können, scheint mir sehr zweifelhaft.
6) Henzen 7143.
7) Henzen 5985.
8) Orelli 3145.
9) Tonini Bimini p. 247.
10) Mommsen Hermes 1, 55 ff.
11) Hieher gehören die zuweilen vorkommenden quinqueviri , über welche
vortrefflich handelt Henzen Annali 1859 p. 221 ff.
12) Ueber die praefecti in den Municipien s. namentlich Mommsen Stadt-
rechte S. 446 ff. Henzen Annali 1859 p. 212 ff.
— 493 —
lieh bei dem obersten Magistrale *; und zwar in zwei Fällen :
einmal wenn derselbe durch Abwesenheit oder andere Gründe
zeitweise verhindert war zu fungiren, und zweitens, wenn er
überhaupt nicht vorhanden war 2). Was den ersten Fall betrifft,
so ist bereits S. 482 bemerkt worden, dass der Duovir zunächst
von seinem Collegen vertreten wurde, wenn er aber in Abwe-
senheit seines Collegen auf länger als einen Tag verreiste, einen
praefectus selbst ernannte, der somit allein Vertreter beider Duo-
virn war. Ein ähnliches Verfahren wurde befolgt, wenn der
Kaiser oder ein Mitglied der kaiserlichen Familie, was nicht selten
geschah 3), ein Municipalamt annahm, welchem er natürlich per-
sönlich nicht vorstehn konnte, nur mit dem Unterschiede, dass,
da es sich hier um eine Vertretung nicht auf wenige Tage, son-
dern auf das ganze Amtsjahr und um die Ehre, den Kaiser zum
Duovirn zu haben handelte, nicht der zweite Duovir, wie es ge-
setzlich möglich gewesen wäre, die Geschäfte allein führte, son-
dern ein von dem Kaiser ernannter'^) Präfect im Namen des Kai-
sers^) die erste Duovirnstelle bekleidete, und wenn zwei Mit-
glieder des kaiserlichen Hauses beide Duovirnstellen übernahmen,
für sie zwei kaiserliche Präfecti gleichzeitig eintraten 6) .
Im zweiten Falle, nämlich wenn die höchste Magistratur über-
1) Mommsen I. N. p. 480 stellt die Regel auf, dass nur für die Ilviri prae-
fecti ernannt worden seien, wogegen Henzen a. a. 0. p, 214 bemerkt, dass nicht
nur in Brixia praefecti aedilicia potestate (ürelli 3909. Henzen 7073) , sondern
auch in Patavium (Henzen 70I2j vier praefecti statt der Illlvirl vorkommen,
von denen zwei also aedilicia potestate waren.
2) Das Decret von Pisa Orelli 643 wurde im J. 4 n. Chr. gefasst, ,,cttm
in colonia nosira propter contentiones candidatorum magistratus non essent/' Und
weiter : ob eas res universi decuriones colonique, quando eo casu in colonia neque
Ilvir neque praefecti erant , neque quisquam iure dicundo praeerat , inter se con-
senserunt.
3) Spartian. Hadr. 19: in Etruria praeturam imperator egit, per Latina op-
pida dictator et aedilis et duumvir fuit, apud Ntapolim demarchus, in patria sua
quinquennalis et item Hadriae quinquennalis, quasi in alia patria, et Athenis archon
fuit. Zahlreiche Beispiele hievon s. bei Henzen Jnscr. Index p. UiO. Ziimpt
Comm. ep. p. .Oü ff. Marini Arvali p. 175. 419. Borghesi Oeuvres 1, 490; 0, 3ir).
4) Wenn einigemal ein kaiserlicher Präfect ex senatus consuUo erwähnt wird
(ürelli 3874. Mommsen J. N. ö330j , so ist anzunehmen , dass in diesem Falle
der Kaiser die Ernennung ausnahmsweise dem (Jemeinderath überliess, S. Momm-
sen Stadti echte ü. 448.
5) Daher fügt der kaiserliche Präfect seinem Titel den Namen des Kaisers
hinzu. Henzen ü470 : C'. Decio Salumino — — praef. (Juinq{uennali) TL Cae-
aaris Augusti , iter{um) Drusi Caeaaria Ti. f. , tertio Netonia Caeaaria Oemmnici,
Andere Beispiele bei ilenzen Index p. 1.09 f.
6j Orelli 3874. Borghesi Oeuvres 1, 490.
— 494 -
haupt vacant war, pflegte in alterer Zeit, wie in Rom i), so auch
in den Municipien von dem Senat ein interrex ernannt zu wer-
den 2) ^ um die Wiederbesetzung der Stellen zu veranlassen und
zu leiten. Später, wie Monunsen annimmt, seit dem Ende der
Lex Petra- Republik, Verordnete eine lex Petronia^), dass in diesem Falle
ma. r J / >
der Stadisenat praefecti wählen solle, welche, da ihnen die Stell-
vertretung nicht von dem Inhaber der Stelle mandirt, sondern
durch Wahl des Senats übertragen war, sich als eine besondere
Art von praefecti bezeichnen. Ihr Titel ist nämlich: praefectus
iure dicundo ex decurionum derreto lege Petronia^), Illlvir prae-
fectus lege Petronia'"), llllvir lege Pelronia^]^ llvir praef. iure
dicundo ab decurioiiibiis creatus'^)^ praefectus i. d. ab deciirionilms
creatus^) oder praefectus decurionum decreto iure dicundo-^). Es
kam vor, dass nach diesem Gesetze für alle vier Oberbeamten,
also auch für die Aedilen, quatuorviri praefecti gewählt wurden ^^) ,
dagegen aber auch, dass, wenn bei der Wahl der llviri i. d.
nur ein Candidat die Majorität erhielt, für die zweite Stelle ein
praefectus von dem Senat bestellt wurde. Die Function der Prä-
fecti währte regelmässig nur bis zur Neuwahl der ordentlichen
Beamten : selbst wenn diese Wahl innerhalb des Jahres nicht zu
Stande kam, scheinen die Präfecten wenigstens einmal, vielleicht
nach sechs Monaten 11) erneuert worden zu sein. Die Fasten von
1) Mommsen Staatsrecht 1 , 15 f. und besonders Liv. 1, 17. Cic. de rep.
2, 12. Dionys. 2, 57. Appian. B.C. 1, 98.
2) Er findet sich in Benevent, C. I. L. I n. 1221 und Formiae. Orelli 3876
= Mommsen /. N. 4094.
3) Diese lex wird mit vollem Namen angeführt in der Inschrift v. Pompeii,
Orelli 3679 = Mommsen /. N. 2250 und in der Inschr. von Aesernia, Henzen
6957. Dass aber auch die Abkürzung P. L. P. zu lesen ist praefectus lege Pe-
tronia, sah zuerst Borghesi Oeuvres 6, 322. lieber den Inhalt und die Zeit des
Gesetzes ist nichts überliefert 5 die erste Erwähnung desselben findet sich in den
Fasten von Venusia im J. 722 = 32 (Mommsen 1. N. n. 697), weshalb die Ver-
muthung von Borghesi Oeuvres 3, 366, der es dem ronsul suffectus des J. 778
= 25 n. Chr., C. Petronius Umbrinus zuschreibt, nicht richtig sein kann. Ohne
irgend ein brauchbares Resultat ist die Schrift von Arditi La legge Petronia,
Napoli 1817. 4. Später haben über das Gesetz gehandelt Zumpt Comm. ep.
I, 60. Mommsen Stadtrechte S. 447. Henzen Annali 1859 p. 213.
43 Orelli 3679 = Mommsen /. N. 2250.
5) Mommsen I. N. 4195.
6) Henzen n. 6957.
7) Orelli 3818.
8) Orelli 2287.
9) Mommsen /. N. 1948.
10} Henzen ji. 7072 und in Annali 1859 p. 214.
11) Henzen Annali 1859 p. 215.
— 495 —
Venusiai) führen im Jahre 722 = 32 zwei praefecti für die Zeit
vom I. Juli bis 1. September auf, d. h. bis zur Wahl der re-
gelmässigen Beamten; in den Fasten von Interamna Lirinas 2)
finden wir im J. 67 n. Chr. zwei Illlvhi i. (/..; im J. 68 zwei
quinqiieiuuileSy im J. 69 zwei llllviri i. cl.j dann einen Illhir
praefectus lege Petronia und nochmals einen llJIvir praefectus lege
Petronia, welcher der Nachfolger des ersten zu sein scheint ; im
J. 70 zwei lUIviri pniefecti lege Petnmia und nochmals zwei
IJUviri praefecti lege Petronia^ so dass jedes dieser beiden Celle -
gien ein halbes Jahr im Amt gewesen sein dürfte. In Hinsicht
auf die Competenz stehen natürlich die Präfeclenden ordentlichen
Beamten, deren Stelle sie einnehmen, gleich; insbesondere haben
sie, wie schon ihr Name anzeigt, die Jurisdiction und den Vorsitz
im Senat "^) und sind für die Zeit ihrer Amtsverwaltung eponym^).
Wir haben endlich noch zu reden von den Ehrenrechten,
welche den Municipalbeamlen zustanden, und andererseits von
der Qualificalion, welche von ihnen gefordert wurde.
Wie die Magistrate der Municipalstädte überhaupt den pa- ^jjr"jj^*^^*®
tricischen, nicht den plebejischen Aemtern der Sladt Bom nach- strate.
gebildet sind, so nehmen sie auch in ihrem äusseren Auftreten
eine Analogie mit den curulischen Würden Roms in Anspruch.
Sie erscheinen innerhalb ihres Territoriums in der praetecrla^) Pmetexta.
unter Vortritt wahrscheinlich zweier Lictoren, welche fusces tra- Fasces.
gen ^j . Die fasces unterscheiden sich zwar von den römischen
nicht nur dadurch, dass sie keine Beile haben, da den Mimici-
palbeamten ein militärisches Imperium nicht zusteht'), sondern
auch wahrscheinlich in der Form, weshalb sie auch r//'^af? ^) oder
1) Mommsen /. iV. 697.
2) Momrasen /. iV. 4195.
3J Henzen u. 7072. Orelli 4041 = C. 1. L. V n. 961.
4) Visconti Monumenli (Jabini, Milano 18313. 8 p. 11.
OJ I^iv. 34, 7: mdyistrdtibus in coloniis niunicipiisque, hie Koinue infimo yt-
neri muyislris vicorurn toyae praetextae hahendne ins est , nee ut viui solum ha-
beunl tunluni insiyne, sed etiam ut cum eo crernentur mortui: feminis dumtaxat
purpurne usu interdicemus ? Horat. Senn. 1, 5, 34:
Fundos Aufidio Lusco praetore Lihentes
Linquiniua, insani ridentes praetnia scribue,
praetextam et Latutn clavmn prunaeque batillum.
Apui. Met. 1, 24.
6) (;i(;. de ley. ayr. 2, 34, 93: deinde anteibant lic.ldrcs , non mm bucillit,
ntd ut hie praetoribu.i antetunt, cum faitcibutt duobus.
7) Mommsen Staatsrecht 1, 302 A. 3. Wenn bei Totron. «•. 'M au.li senires
erwähnt werden, so i«t daü, wie .Mommsen bemerkt, finc Ironie,
H) Auson. Met. 1, 24.
— 496 —
b(icllii^) genannt werden, sind aber allen Beamten gemeinsam 2) ,
den Ilviri'^)^ llllviri^)^ quinquennules ^) , aediles^) und sogar den
VIviri Auguslales'^)^ von welchen wir noch besonders reden wer-
ÄoKacMr««*.. den; die höchsten Beamten bedienen sich ferner der sella curu-
Tribunai. Us^), sprcchcn Rccht auf einem tribunuV^) und verfügen über
ein zahlreiches Dienstpersonal von servi publici^^) und Beamten,
Apparitores. namentlich apparitoreSj arcaräj commentarienses^ librarii^ lictores,
praecofies, scribae, tubellarii^ viatorea^^), dispunctores^^).
Der Eintritt in den Communaldienst eröffnete auf diese Weise
die Aussicht auf eine einflussreiche und äusserlich angesehene
1) Cic. de l. agr. 2, 34, 93. Vgl. Cic. ad AU. 11, 6, 2.
2) S. Borghesi in Cavedoni Marmi Modenesi p. 302.
3j Cod. Theod. 12, 1, 174 = Cod. lust. 10, 31, 53: duumvirum impune
non liceat extollere potestatem fascium extra metas propriae civitatis. Auf einen
Jlvir von Lambaese in Numidien bezieht sich die Inschrift Henzen 5758* =Re-
nier Inscr. de l^ Alger. n. 93 :
Hanc aram Nymphis exstruxi nomine laetus,
Cum gererem, fasces patriae rumore secundo.
Plus tarnen est mihi gratus honos, quod fascibus annus
Is nostri dolus est, quod sancto nomine dives
Lamhaesem largo perfudit flumine Nympha.
Einen lictor duumviralis in Capua s. Henzen n. 7156, und von dem Jlvir von
Narbo, Artanus, sagt Martial 8, 72 :
Quem pulcherrima iam redire Narbo
Ad leges iubet annuosque fasces.
4) Auf dem Monument eines llllvir von Apulum in Dacien (C 1. L. III
n. 1083) sind neben der Inschrift zwei Lictoren mit fasces dargestellt.
5) Apulelus Met. 10, 18: oriundus patria Corintho , quod caput est totius
Achaiae provinciae, — — gradatim, permensis honoribus quinquennali magistratui
fuerat destinatus , et ttt splendori capessendorum responderet fascium, munus gla-
diatorium triduani spectaculi pollicitus , latius munificentiam suam porrigebat.
6) Apulei. Met. 1, 24.
7} Petron. c. 30. 65. Maffei Mus. Ver. p. 117 n. 2. 3, wo sechs fasces
dargestellt sind. Ob diese sich auf die VJviri Augustales beziehen, ist nicht aus-
zumachen. Ueber diese sechs fasces vgl. Furlanetio Le antiche lapidi del museo
di Este, Padova 1837. 8 p. 119.
8) Diese kommt unter den Insignien eines pontifex municipalis vor. Hen-
zen n. 5957, unter den Insignien eines IJvir, Mommsen /. N. n. 2001 und dazu
Corrigenda p. XXIII; n. 2096.
9) Dies tribunal wird erwähnt in Benevent (Orelli 2744 = Mommsen /. N.
1502), tribunal et rostra in Ilusicade , Henzen 6956 = Renier Inscr. de l'Alg.
n. 2169; tribunal iudicum in Auzia in Numidien, Renier n. 3575. Auch in der
Inschr. von Ostia, Orelli 3882 heisst es : tribunal in foro marmoreum fecit. Huic
statua inaurata d. d. p. p. posita est, item ahenea d. d. p. p. posita est proxume
tribunal quaes^toris) ; das letztere ist indess nicht das Tribunal des Municipal-
quästors von Ostia, sondern das des römischen Quästors , der seit 487=267 in
Ostia residirte. S. Mommsen Epigraphische Analecten n. 5 S. 297.
10) Mommsen Staatsrecht 1, 252.
11) S. Henzen Inscr. Ind. p. 164.
12) Mommsen C. I. L. III p. 1030 zu n. 2026. Der dispunctor scheint ein
liechnungsrevisor zu sein.
— 497 —
Stellung, und wurde demgemäss in allen Stadiverfassungen von
gewissen Bedingungen abhängig gemacht, auf deren Erfüllung zu
halten der Vorsitzende bei dem Wahlacte verpflichtet war. Es
waren in der Regel fünf Forderungen, welche das Municipalgesetz
an den Amtsbew erber stellte ^) , erstens, dass er ein frei gebo-
rener Mann (ingenuus) war^)^ zweitens, dass er weder eine Cri-
minalstrafe erlitten hatte ^) noch ein unanständiges Gewerbe
trieb'*), drittens, dass er entweder eine gewisse Zahl von Feld-
ztigen mit gemacht, oder, wenn dies nicht der Fall war, das
dreissigste Jahr erreicht hatte ^), welche Vorschrift Augustus da-
hin änderte 6), dass er als Normaljahr für den Eintritt in den
Communaldienst das 25ste Jahr bestimmte '^) ; viertens, dass die
1) Mommsen Stadtrechte S. 416 ff.
2) Lex Malac. c. 54. Cod. lust. 9, 21, 1; 10, 32, 1. Orelli 3914 = C. I. L.
JI n. 1943: Omnibus honoribus , quoa libertini gerere potuerunt , honoratus. Vgl.
C. I. L. II n. 2023. 2026.
3) Lex Julia munic. (C. I. L. I n. 206) lin. 108: quae municipia — civium
Romanorum sunt erunt, nei quis in eorum quo municipio — — in senatu —
esto quei furtei quod ipse fecit fecerit condemnatus pactusve est erit; queive
iudicio flduciae, pro socio , tutelae , mandatei , iniuriarum deve dolo malo con-
demnatus est erit ; queive lege Plaetoria ob eam.ve rem. , quod adversus eam, legem
fecit fecerit condemnatus est erit; queive depugnandei caussa auctoratus est erit
fuit fuerit; queive in iure bonam copiam abiuravit abiuraverit bonamve copiam
iuravit iuraverit ; queive sponsoribus creditoribusve su£is renuntiavit renuntiaverit
se soldum solvere non posse u. s. w. Alle diese Gründe, welche den Eintritt in
den Senat verhindern, gelten auch für die Amtsbewerber, da die Bekleidung des
Amtes zum Eintritt in den Senat führt. S. lex Jul. mun. lin. 135. Vgl. Dig.
47, 10, 40: atrocis iniuriae damnatus in ordir^e decurionum esse non potest. Dig.
48, 7, 1. Lex Malac. c. 54.
A) Lex Julia munic. lin. 94: neve quis, quei praeconium dissignationem libi-
tinamve faciet, dum eorum quid faciet, in municipio colonia proefectura JJviratum
JJJJviratum aliumve quem magistratum petito neve capito neve gerito neve habeto.
Eine ähnliche Verordnung de quaestu, quem quis fecisset , enthält die lex muni-
cipalin der Haiesini in Sicilien, Cic. Verr. II, 2, 49, 122. Vgl. Dig. 50, 2, 12.
5) I^ex Julia munic. lin. 89: quei mirwr annos XXX nntus est erit, nei quis
eorum post K. Januarias secundas in municipio colonia pruefectura JJviratum
JJIJviratum neve quem alium magistratum petito neve capito neve gerito , nisei
quei eorum stipendia equo in legione JIJ nut pedestria in legione VI fecerit. In
den Provincialgesetzen war für die Stadtbeamten in der Zeit der Republik das
BOste Jahr für den Amtsantritt vorgeschrieben. So heisst es von Sicilien bei
Cic. Verr. II, 2, 49, 122: C. Claudius, adhibitis omnibus Marceliis, qui tum
erant, de eorum sententia leges Ilalesinis dedit : in quibus multa sanxit de aetate
hominnm , ne qui miruyr triginta annis natu ; de quaestu, quem qui feciMct , nt
leyeretur. Dasselbe verordnete die lex Pompeia für die Städte Bithyniens. Plin.
ep. 10, 79f83j.
Oj Dass Augustus diese Aenderung traf, ist wenigstens wahrsclieinlich nach
seinen in Betreff des römischen Senats getroffenen Anordnungen. Dio Cass. 51, 20.
7j Dig. !)0, 4, H; 50, 2, 11; 50, 2, 6 S 1. f^^x Malac. c. 54. Im vierten
Jahrhundert wurde das 18te Jahr für den Eintritt in die Curie angesetzt. Ood.
Theod. 12, 1, 7; 12, 1, 19.
Ryni. Alt<Tth. IV. 32
— 498 —
Aemter in der gesetzlichen Reihenfolge bekleidet wurden i), also
zuerst die Quästur, dann die Aedilität, dann der Duovirat, nur
dass eine zweite Bekleidung des letzteren Amtes erst nach einem
Zwischenräume von 5 Jahren erfolgte 2) ; fünftens endlich, dass
ein Vermögen nachgewiesen wurde, mit welchem der Beamte
für seine Amtsthätigkeit haftete. Die letzte Vorschrift kam in
den verschiedenen Municipien auf verschiedene Weise zur Aus-
cautions- führuug. In Malaca stellten diejenigen Beamten, weiche mit den
Stellung. j ö 7
städtischen Finanzen zu thun hatten, die duoviri und quaestores^
eine bestimmte Caution durch Bürgen oder Vei-pfändung von
Grundstücken [praedibus et praediis) ^) ; wie aber in Rom selbst
eine Caution nicht gefordert wurde, dagegen aber seit Augustus
ein Senatorencensus bestand ^j, welcher die verlangte Sicherheit
gewährte, so wird in der Kaiserzeit auch in den Municipien die
Zulassung zu den Aemtern und in Folge derselben der Eintritt
Senator!- in den Senat regelmässig an die Bedinguns eines gewissen Cen-
SU8. sus geknüpft^), welcher z. B. in Comum 100,000 Sesterzen be-
1) Modestin. Diy. 50, 4, 11: ut yradatim honores deferantur , edicto, et ut
a minoribus ad maiores perveniatur , epistola Divi Pii ad Titianum exprimitur.
Callistratus Dig. 50, 4, 14 § 5: gerendorum honorum non promiscua facultas est,
sed ordo certus huic rei adhibitus est; nam neque prius maiorem magistratum
quisquam , nisi minorem susceperit , gerere potest , neque ab omni aetate ; neque
continuare quisquam, honores potest. Die Vorschriften , welche Callistratus giebt,
sind für die Praxis der früheren Kaiserzeit keineswegs immer maassgebend ge-
wesen. Zuerst kommen Abweichungen in der Folge der Aemter insofern vor, als
zuweilen die Quästur nach der Aedilität bekleidet wird (s. Zumpt p. 67. Momm-
sen Stadtrechte S. 416); zweitens führen römische Senatoren oder Ritter, wenn
sie ein höheres Municipalamt übernehmen , wie z. B. die Quinquennalitas, das-
selbe, ohne die niedern Aemter bekleidet zu haben; endlich kommt das conti-
nuare honores zwar insofern nicht vor, als ein Magistrat dasselbe Amt über das
Jahr hinaus behält ; wohl aber findet sich , was in Rom ungesetzlich war , dass
eine Person in zwei auf einander folgenden Jahren zwei Aemter, z. B. die Quä-
stur und den Duumvirat führt. Zumpt p. 68. 136.
2) Lex Malac. c. 54. Cod. lust. 10, 40, 2 : ab honoribus ad honores eosdem
quinquennii datur vacatio, triennii vero ad alios.
3) Lex Malac. c. 57. 60. Mommsen Stadtrechte S. 419. 466 ff.
4) Mommsen Staatsrecht 1, 400.
5) Dig. 50, 1, 21 § 4: idem respondit, constante matrimonio dotem in bonis
mariti esse : sed et si ad munera m.unicipalia a certo modo substantiae vocentur,
dotem non debere computari. 50, 4, 6 pr. : qui pro substantia sua capiant ho-
noris dignitatem. 50, 4, 14 § 3: de honoribus sive muneribus gerendis cum quae-
ritur, inprimis consideranda persona est eius, cui defertur honor : facultates
quoque an sufficere iniuncto muneri possint. Verlor ein decurio sein Vermögen,
so scheint er nicht sofort aus dem Senat entfernt zu sein (Dig. 5, 2, 8: decu-
rionibus facultatibus lapsis alimenta decerni permissum est , maxime si ob muni-
ficentiam in patriam Patrimonium exhauserint. Vgl. Zumpt Comm. ep. 1, 121],
allein schliesslich musste er doch aus dem Album gestrichen werden. Libanius
Vol. II p. 506 Reiske : outou ßouXeuxyj? [x-^^ ßouX-^^J ilaXeicpexai , gl» amo'^fou
— 499 —
trug 1) , in grösseren Städten aber auch höher sein mochte 2) .
Daneben wurde es üblich, bei Uebernahme eines Amtes nicht
nur freiwillig eine Geldsumme für Communalzwecke, insbesondre
Spiele und Bauten, zu versprechen ^j , sondern auch ein für jedes
Amt gesetzlich normirtes Capital an die Stadtcasse zu zahlen ^"tritts-
[honorariam siimmam duoviratus , aedüitatis, rei publicae inferre) .
Diese Leistung findet sich schon in der Zeit der Republik in den
pagi von Capua , deren magistri ex lege pagana eine Summe
zahlen, für welche Spiele gegeben werden ^j, insofern nicht durch
einen Beschluss des pagus über die Verwendung anders bestimmt
wird^), und scheint in der Kaiserzeit, wenn auch nicht überall
gesetzlich vorgeschrieben ^j ^ so doch allgemein üblich gewesen zu
sein. Sie kommt vor in Italien, nämlich in Aeclanum"), Asisium
in Umbria^), Brixia^), Capua i<^), Concordia ii) , Nuceria^^j^ Pom-
peiii3)j Tergeste i'*) , Teanumi^); in Baetica im Municipium Ossigi^^);
Ypa(X(AaTa dcpaipoüvxo;, dXX' oux^' ouot]? oüaiai; • tolot ^Xcxttou? -Tiotei xd? ßouXd;
dvTt fxetCovaiv, Taüx 6\ifO'Ji xoix; xa&' exdaxT]^ dvxl TrXeiovtov.
1) Plin. ep. 1, 19. Denselben Census erwähnt Patron, c. 44 und Catull.
23, 26.
2) In Gades z. B. gab es zu Strabos Zeit 500 Personen, welche den Rit-
tercensus von 400,000 HS. besassen. Strabo 3 p. 169.
3) Dig. 50, 12, 13. Beispiele sind sehr häufig. S. Kuhn 1, 53.
4) C. 1. L. I n. 565. 566. 567. Mommsen p. 159.
5) C. I. L. I n. 571. 573.
6) In Bithynien verlangte die lex Pompeia diese Zahlung nicht; zu Traians
Zeit leisteten sie diejenigen Senatoren, welche super legitimum numerum in den
Senat aufgenommen wurden, und zwar zahlten diese 1000 oder 2000 Denare.
Plinius ep.. 10, 112 fragt bei dem Kaiser an, ob alle buleutae pro introitu eine
Summe zahlen sollen und erhält die Antwort : sequendam cuiusqiie civitatis legem.
7) Henzen 7057: pecunia, quam pro honore dehuerunt.
8) Grut. p. 400, 7: hie pro seviratu in remp. dedit HS. MM.
9) CLL. V n. 4431 : VIvir August, gratuitus. Vgl. 4439. 4480.
10) Orelli 3213 = .Mommsen /. N. 3643; huic ordo decurionum ob merita
eiu8 honorem Augustalitatis gratuitum decrevit.
11) Fronto ad amic. 2, 7 p. 193 Naber: factusne est Volumnius decreto or-
dinis scriba et decurio? Pensiones plurimas ad quartum usque ob decurionatum
dependitne? Ein decurio gratuitus omamentis Uviralibus C. L L. V n. 1892.
12) Mommsen /. N. 2096 : cui decuriones — duumviratum gratuitum dederwni.
13) Mommsen /. jV. 2378 : HS. n. decem milia in publicum pro duomviratu
{intulit).
14) Da» Decret von Tergeste, Ilenzen n. 7168 =C. /. L. V n. 532 erkennt
dankbar an, dass die Zulassung der Carni und Catali zur Aedilität von Tergeste
der Stadt eine neue Einnahme verschafft habe per honorariae numerationem.
15) Henzen Zeitschrift für AltHrthumswissenschaft 1848 S. 302: bcUneum —
emptum ex pecunia Augiutlal(i).
16) C. L L. II n. 2100: oh honorem Vlvir{atu») ex deereto ordinis »oluta
pecunia.
32»
— 500 —
in Lusitanien in CoUipo ^) ; in Sicilien in Panormus'^); in Sardi-
nien in der Colonia Turritana ^) ; in Dalmalien in Salonae *} ; in
Crela in Gortyna-'») ; in einem Theiie der bithynischen Städte ^j,
besonders liäufig aber in Africa und Numidien, nämlich in dem
Municipium Alexandrianum^) ^ in Auzia% Calama ••) , Cirta^*^),
CuicuPi), Diana 12J ^ Lambaese i=^) , Madauri i'*) , Rusicade ^^j,
Sitifis 16) , Tiiamugas i') ^ Theveste i»j , Thibica i^) , Thuburti-
1} Ephemeris epigr. 1872 p. 44 : quod decurionem eum remisso honorario —
fecerint.
2) Torremuzza p. 4 n. 10: M. Vlpius Italici üb. Eutychus aram et basim
Mercurl proter (lies praeter^ summam honorariam pro seviratu pecunla sua posuit.
Vgl. p. 11 n. 26.
3) Henzen n. 7080: T. Flavius lustinus llvir quinquennalis , aedilis, super
HS XXXV, quae ob honorem quinquennalitatis praesentia (d. h. baar) pollicit(us
est), lacum — fecit.
4) Henzen n. 7049= C. I. L. III n. 1978: Ilvir i. d. ex pecunia honoraria
duoviratus sui.
5) C. I. L. III n. 4: ex summa, quam intuUt pro decurionatu suo.
6j Plin. ep. 10, 112. 113.
7) Gueriii 2 p. 375 n. 531 : D. Fundanius — aedilis ob honorem aedilitatis
— hanc statuam — ex HS. VIll milibus n. sua liberalitate , numerata prius a
se rei puhlic.ae summ.a honoraria, posuit.
8) Renier Inscr. de l'Alg. n. 3572.
9) Henzen n. 7060 = Renier n. 2754: L. Vibius Saturninus Illlvir, amplius
ad honorariam sum(mam'), cum HS. tria milia promisisset, ex HS. sex milibus n.
p(ecuniaj s(ua) p(osuit]. Vgl. 2757.
10) Renier n, 1832: C. Sittius — Flavianus, aedilis, triumvir praefectus co-
loniarum , ob honorem triumviratus dedit dedicavitque , repraesentaiia etium suo
quoque tempore utriusque honoris reipublicae honorariis summis HS. vicenum mil~
lium nummum. Vgl. n. 1823. Recueil de la prov. Constantine 1869 p. 695 n, 13:
ob honorem lllviratus et aed(ilitatis) r. p. intulit. Recueil 1867 p. 358 n. 1 :
ob honorem pontificatus inlatis rei publicae legitimis HS. X nummis. Renier
n. 1835: praeter HS n. LX, quae ob honorem aedilitatis et Illviratüs et quin-
quennalitatis reipublicae intulit. Vgl. n. 1836. 4145.
11) super legitimam (aedilitatis), Renier n. 2532; super legitimam (augura-
tus), ib. 2549.
12) Renier n. 1726 : ob honorem flam[onii per^petui praeter leg^itima) sestertium
X milia n., quae rei p. intulit, — dedit. Ib. 1735: ob honorem IIvir[atus] sui
praeter legitimam — dedit. n. 1744 : inlatis reip. legitimis honorum suorum sum-
mis. n, 1727: ob honorem, Ilviratus quam ex IUI milQibus) n. pollicitus erat.
13) Renier n. 73, wo ein flamen perpetuus als honoraria summa 12,000 HS zahlt.
14) Renier n, 2926 : \ex legitimis^ decur[ionatus] et flamo[nii s^ui p€rp[etui]
summis fecit.
15) Renier n. 2172: super HS XX legit\ima], quae ob hono[rem\ aedilitat[is] r.
p. dedit, — et HS XXXIV inibi legit[imaj ob honor[em] augurat[us] r. p. intu-
lit. Vgl. n. 2173. 2175: [praeter] HS XX n. , quae ob honorem d[ecurionatus,
et] HS LV n. quae ob honorem pon(tificatus dedit).
16) Renier n. 3268.
17) Renier n. 1492: ob honor[em\ q[uin]q[uennalitatis\ illata r[ei] p[ublicae]
ium[ma] honoraria ^ n. 1531 : C. Publicius — Celer, Ilvir q[uinquennalis] desig[na-
tus] inlata rei publicae summa leg\itima] IIxnr\atus] — posuit.
18) Renier n, 4259 : ob honorem aedlilitatis] — inlatis reip. HS II legitimis.
19) Guerin 2 n. 361. n. 513: multiplicatis summis honoraris aedilitatis suae.
— 501 —
cumij, Tubuna^j, Tubusuctus 3) , Verecunda^) und dem Munici-
pium Aurelia Vina^). Aus den Zeugnissen, welche über die an-
geführten Orte vorliegen, ist ersichtlich, dass das Antrittsgeld
zwar nur bei der ersten, nicht bei der wiederholten Bekleidung
eines Amtes gezahlt wurde 6), übrigens aber nicht nur bei den
bürgerlichen, sondern auch bei den priesterlichen Ehrenstellen
gesetzlich war. Wenn es bei der Quästur nicht nachweisbar ist,
so wird doch anzunehmen sein, dass, wo dieselbe zu den honores
gehörte , sie keine Ausnahme von der Regel gemacht haben wird,
da auch diejenigen Personen, welche, ohne ein Amt verwaltet
zu haben, in den Senat eintraten, eine summa honoraria pro
äecurionatu entrichteten. Die zu zahlenden Summen selbst waren
nach der Bedeutung des Amtes und des Ortes sehr verschieden;
sie betragen für den duovir^ 3000, 4000, 10,000, für den quin-
quennalis einmal 35,000, für den aedilis 4000, auch 20,000, für
den decurio 1000, 2000, 20,000, für den pontifex 10,000, auch
55,000, für den ßamen 2000, 10,000, 12,000, für den augur
einmal 34,000, für die seviri Augustales j deren Stellung noch
besonders zur Sprache kommen wird, 2000 Sesterzen.
Der Senat.
Der Senat der auf römische Weise organisirten Communen^),
welcher mit verschiedenen Namen: senalus, ordo, ordo decurio-
nitm^) , curia ^) , decuriones (in späterer Zeit curiales) ^^) ^ auch
ganz nach dem Vorbilde des römischen Senats patres et con-
scripfi j decuriones conscriptive ^^] bezeichnet wird, bestand aus
einer in dem Gesetze der Colonie oder des Municipiums bestimm-
1) Recueil de Constantine 1866 p. 137 n. 118: oh honorem aeäilitatis itUa-
Um rei p. HS IUI n. legitimis.
2) Kenier n. 1657: ob honorem Ilvirntus praeter ley[Uimam] JII (milium n.)
— posuit.
3) Recueil de Constantine 1867 p. 376 n. 26: ex summa honoris flamoni sui.
4) Renier n. 1430: oh honorem fl\amonii] p[er\p[etui] mLa{ta\ Uyitima HS
II n. Vgl. n. 1446. 1448. 1449. 1453.
5) Guf^rin 2 p. 265 n. 467 : inlata reip. Ilviratus honoraria »umma.
6) Moramsen /. ;V. n. 2378 und da/.u p. 479 im Index 8. v. duoviri.
7\ S. über dicHen insbesondere Kuhn 1, 227 ff.
8) S. Henzen Index p. 151. 152.
0) OrelH 3725.
10) Curiale» kommen in Inschriften überhaupt selten, und erst seit dem drit-
ten .fahrhundert vor. Hoqzen 6414. C 1. L. V n. 335.
11) Mommsen 8t»dtrechte S. 411. Henzen Im Index p. 153.
— 502 —
ttMi Anzahl *) von lebenslänglichen Mitgliedern, in der Regel aus
Dec*urionen. hundert 2) , und erinnert durch diese Zahl und den Namen decurio
an den ältesten römischen Senat 3) und die Theilung der römi-
schen curiae in 10 decuriae unter 10 decuriones ^) . Auf welche
Weise er ursprtinglich , z. B. bei der Anlage einer Colonie con-
stituirt wurde, ob durch die Behörde, welche die Colonie aus-
führte'»), oder durch Wahl^), ist unbekannt; nach der lex lulia
^'^^lll'*^^' mimicipalis wurde die lectio senatiis alle fünf Jahre durch den
höchsten Magistrat der Stadt, d. h. wie wir oben gesehen haben,
durch die Quinquennalen veranstaltet^) und das Resultat dersel-
ben in dem album decurionum verzeichnet. Das Verfahren dabei
1) Lex Julia munic. lin. 85 : nei quis eorum quem in eo municipio colonia
praefectura foro conciliabulo in senatum decuriones conscriptosve legito neve sub-
legito neve cooptato neve recitandos curato nisi in demortuei damnateive locum
eiusve quei confessus erit, se senatorem decurionem conscreiptumve ibei hac lege
esse non Heere. Dig. 50, 2, 2 pr, : qui ad tempus relegatus est , si decurio sit,
desinet esse decurio. Reversus plane locum suum quidem non obtinebit, sed non
semper prohibetur decurio fieri. Denique in locum suum non restituetur (nam et
suhlegi in locum eius potest') et si numerus ordinis plenus sit , exspectare eum
oportet, donec alius vacet.
2) Nach der lex Servilia des Rullus sollten in Capua centum decuriones sein,
Cic. de l. agr. 2, 35, 96. In einigen Städten hiessen sie auch centumviri, wie
in Yeii (Orelli 108. 3448. 3706. 3737. 3738. 4046) und Cures (Orelli 764. 3739.
Henzen 6998). Auch in dem Album von Canusium , welches weiter besprochen
werden wird, finden sich 100 Decurionen. Dagegen gab es in kleineren Orten
auch weniger zahlreiche Senate , wie z. B. in Castrimoenium einen Senat von
30 (Henzen 6999), während in grösseren Städten die Zahl der Decurionen mehr als
100 betrug. In Antiochia betrug dieselbe in der Blüthezeit der Stadt 1200,
später 600, zu Libanius Zeit 60. S. Kuhn 1, 247.
3) Liv. 1, 8. Dionys. 2, 12. Plut. Rom. 13. Festus p. 339.
4) Dionys. 2, 7.
5) Digest. 50, 16, 239 § 5: decuriones quidam dictos aiunt ex eo, quod initio,
cum coloniae deducerentur, decima pars eorum- qui ducerentur consilii publici gra-
tia conscribi solita sit. Dio Cass. 49, 14: %a\ xoui; exaxovTotpyou?, u); xai ii ra^
ßouXdi auTou; xd? ev toic. Ttaxpioiv xaxaXs^ojv ^TirjXTriae.
6) Dies würde nicht ohne Analogie sein. Als zu Dio Chrysostomus Zeit in
Prusa in Bithynien der Senat neu organisirt wurde , geschah dies durch Wahl
des Volks per tabellas. Dio Chrys. Vol. II p. 207. 208 Reiske.
7) In dem Canusinischen Album (Mommsen I. N. 635) heisst es am Anfange :
L. Mario Maximo II L. Roscio Aeliano Cos. M. Antonius Priscus L. Annius
Secundus //ujr[i] quinquenn[^ales^ nomina decurionum in aere incidenda curave-
runt. Dass die Anfertigung des Album von derselben Behörde, welche die lectio
hatte, ausging, sieht man aus der lex lulia municipalis lin. 87, wo es von der-
selben heisst recitandos curato , was sich eben auf dies Album bezieht. Walter
Gesch. des R. R. 1 §301 und Hegel nehmen an, dass die Curie selbst sich
durch Cooptation ergänzt habe. Die Stellen indessen , aus welchen dies folgen
soll (Digest. 50, 2, 6 § 5 und Fronto epist. .ad amic. 2, 7 p. 193 Naber), sind
von Zumpt p. 114. 115 auf andere Weise genügend erklärt worden. Auf die erste
Stelle komme ich noch einmal zurück. In den sicilischen Städten fand allerdings
Cooptation der Senatoren statt, d. h. Ergänzung durch Wahl des Senates, Cic.
Verr. II, 2, 49, 120: cognoscere potuistis, tota Sicilia per triennium neminem ulla
— 503 —
war in der lex municipii oder coloniae speciell vorgeschrieben ') ;
im Allgemeinen aber war es folgendes :
So wie in Rom ausser den in dem Album des letzten Gensus
enthaltenen Senatoren diejenigen Magistrate, deren Amt Anspruch
auf die Senatorenwürde gewährte, d. h. die Quästoren und die
höheren Beamten, insofern diese nicht bereits durch eine frühere
Amtsverwaltung in den Senat gekommen waren, sowohl in ihrem
Amtsjahre als bis zur nächsten Censur Sitz und Stimme im Se-
nat hatten, ohne eigentliche Senatoren zu sein , und daher zwei
Classen von Personen im Senate unterschieden werden, senatoreSy
quibusque in senatu sententiam dicere licef^]^ so werden dieselben
beiden Classen auch in den Municipalstädten unterschieden ^j .
in civitate senatorem factum esse gratis, neminem, ut leges eorum sunt, suffragiis
— atque in his omnihus senatoribus cooptandis non modo suffragia nulla fuisse,
sed ne genera quidem spectata esse , ex quihus in eum ordinem cooptari liceret.
c. 50 : Agrigentini de senatu cooptando Scipionis leges antiquas habent. Auch in
Italien ist in früherer Zeit von Cooptation der Decurionen die Rede, z. B. in
Puteoli , welches seine Verfassung durch Sulla erhalten hatte (Plut. Sulla 37 :
rjixa fAev fap -/jfxepa? Ifxrpoa^ev x^? xeXeux^; xou; dv Atxatap)(ta oxaotaCovxa?
oi'xkXd^ai vofxov e'Ypoid'ev a'jxoi; , y.a^' 8v roXixeucovxat). S. Cic. pr. Coel. 2, 5 :
nam. , quod est obiectum. , municipibus esse adolescentem non probatum suis : ne-
mini unquam praesenti Puteolani maiores honores habuerunt, quam absenti M. Cae-
lio : quem et absentem in amplissimum ordinem cooptarunt , cett. Allein aus
der lex Julia municipalis sieht man , dass der auch dort immer vorkommende
Ausdruck cooptare nicht eine Wahl durch die Decurionen, sondern eine Aufnahme
in eine vacante Stelle durch den Magistrat , d. h. die quinquennales bezeichnet,
und von den daneben vorkommenden Ausdrücken legere, sublegere dem Sinne
nach nicht verschieden ist. Es scheint daher, dass wenigstens nach diesem Ge-
setze, d. h. nach 45 v. Chr., überall eine gleichförmige Aufnahme durch die
Quinquennalen stattfand , wenn ^uch die Erinnerung an frühere Verfahrungs-
weisen sich noch in der bei der Aufnahme gebrauchten Formel erhielt.
1) Ulpian. Big. 50, 3: {de alba scribendo) decuriones in albo ita scriptos
oportet , ut lege r»unicipali praecipitur (d. h. durch das Grundgesetz des Muni-
cipiums , das demselben von den Kömern gegeben war. S. Seite 63). Sed ai
lex cessat, tunc dignitates erunt spectandae, ut scribantur eo ordine, quo quisque
eorum maximo honore in municipio functus est, puta, qui duumviratum gesserunt,
si hie honor praecellat , et inter duumvirales antiquissimus quisque prior , deinde
hi , qui secundo post duumviratum honore in republica functi sunt , post eos , qui
tertio et deinceps , mox hi , qui nullo honore functi sunt , prout quisque eorum in
ordinem venit. In sententiia quoque dicendia idem ordo apectandua est , qufm in
albo scribendo diximus.
2) Hofmann Der römische Senat, Berlin 1847. 8 S. 35 ff.
3) Lex Julia mun. lln. 96 : neve ibei aenator, neve decurio ntvr ronscriptua
eato, neve aententiam dicito. lin. 109: rui quia in eorum quo municipio, colonia,
praefectura — in senatu , decurionibua conacreipteiaijue eato neve quti ihi in eo
ordine aententiam deicere ferre liceto. Auf diese Classe bezieht Zumpt p. 1 14 die
Stelle des Papinian J)igeat. 50, 2, 6, 5 : prlvilegiia ceaaantibua ceteria eorum cauaa
potior habetur in sententiia ferendia , qui pluribua eodem tempore mffragiia iure
decurionia dec.ornti ituni. Sed et qui plurea liberoa habet, in auo enlltgio primua
aententiam rogntur, eeterosque honori» ordine praerellit. Das m* decurionia ist da.s
iua »enlenliae diceruiaei die Rangfolge derer, die dasselbe haben, wird durch die
ErgänzuHg J)enn auch in diesen fand die Ercänzunc des Senates durch die-
des Senats ^ ^ ^
durch die jenigen statt, welche honore gesto einen Anspruch auf die Decu-
Beamten rionenwürdc erhielten *) ; erst in späterer Zeit, wahrscheinlich seil
den Severen , ist dies Verhältniss dahin geändert worden , dass
die Decurionen nicht nur Wähler, sondern auch allein wählbar
waren '^) , eine Veränderung , welche damit zusammenhängt, dass
in dieser Zeit die Municipalämter eine Last wurden, welcher man
sich auf alle Weise zu entziehen suchte, und dass somit die
Candidaten nur aus den Curien genommen werden konnten,
welche zwangsweise aus den possessores ergänzt wurden, seit-
dem der Zudrang zu ihnen aufgehört hatte ^) .
Bei der leclio des Senates kamen also drei Arten von Per-
sonen in Betracht : zuerst die seit dem letzten Census in dem
album befindlichen Decurionen, aus welchen die Quinquennalen
nicht mit der Freiheit der römischen Censpren, sondern im An-
schluss an bestimmte Gesetze nur diejenigen ausstossen konnten,
welche wegen eines Criminalverbrechens verurtheilt oder sonst
bescholten waren ^); zweitens die seit dieser Zeit gewählten Ma-
gistrate, welche bereits das Stimmrecht in der Curie hatten, aber
noch nicht in das Album aufgenommen waren, endlich diejeni-
Anciennität , und unter denjenigen , welche gleichzeitig honore gesto in den Se-
nat eingetreten sind, durch die Mehrheit der Stimmen, mit welcher sie den honor
erhalten haben, sowie durch das ius liberorum bestimmt. Unter den Decurionen,
welche in dem album verzeichnet waren , konnte eine Rangstreitigkeit , wie sie
Papinian erwähnt, auf keine Weise entstehen. Auch in Rom wurde in einem
gleichzeitig in den Senat eintretenden Collegium, z. B. der Quästoren eines und
desselben Jahres ohne Zweifel eine Rangordniftig nach dem von Papinian ange-
gebenen Principe beobachtet , wie die Ausdrücke quaestor primus , praetor pri-
mus, secundus u. s. w. zeigen.
1) Lex lulia mun. lin. 135 : quibus hac lege in municipio colonia praefectura
— in senatu decurionibus conscripteis esse non licebit, ni quis eorum Ilvi-
ratum Illlviratum aliamve quam potestatem, ex quo honore in eum ordinem per-
veniat, petito neve capito. Nach dem Decret von Tergeste Henzen n. 7168 =C.
J. L. V n. 532 hatte Antoninus Pius den an Tergeste attribuirten Carni Catali
gestattet, ut — prout qui meruissent vita atque censu, per aedilitatis gradum in
curiam nostram admitterentur . Nach Fronto ep. ad amic. 2, 7 (p. 193 Naber) führte
in der Colonie Concordia die Bekleidung des Amtes eines scriba publicus zum
Eintritt in die Curie , und aus verschiedenen Inschriften geht hervor, dass erst
die Aedilität bekleidet, dann die Decurionenwürde verliehen wurde. S. Zumpt
Comm. ep. T, 135. 136. Auch in Bithynien galt nach der lex Pompeia die Ein-
richtung, ut, qui ceperint magistratum, sint in senatu. Plin. ep. 10, 79 (83).
2) Paulus Dig. 50, 2, 7 § 2: is qui non sit decurio, duumviratu vel aliis
honoribus fungi non potest, quia decurionum honoribus plebeii fungi prohibentur.
3) Kuhn 1, 231 fif.
4) Die Bestimmungen über diese Fälle enthält die lex lulia municipalis
lin. 108 ff. Vgl. Pauli scnt. rcc. 5, 15,5. Cod. lust. 10, 31, 8. Die Au sstossung konnte
geschehn ad tempus oder in perpetuum. Dig. 50, 2, 5 ; 48, 10, 13 § 1 ; 50, 2, 13.
— 505 —
aen Municipes, welche durch ihren Census befählet waren, auch «"daö=* der
, . i 1 1 1 • 1 11 1- 1 seiiatori-
ohne em Amt bekleidet zu haben, die noch etwa unvollständige sehen cen-
Anzahl der Decurionen zu ergänzen. Für die letzten wurde
übrigens dieselbe Qualilication verlangt, welche zum Eintritt in
die städtischen Aemter gesetzlich vorgeschrieben war^). Die An-
ordnune der Namen in dem Album beruhte auf dem Rancver- K^^angver-
^ *=• hältuiss.
hältnisse der Decurionen, nach welchem sie in der Curie ihren
Sitz einnahmen und bei der Umfrage stimmten'^); eine Anschauung
seiner Einrichtung gewährt uns das Album von Canusium-*) aus
dem Jahre 223 n. Chr., welches folgendermaassen abgefasst ist:
L. Maiio Maximo II L. Roscio Aeliano Cos.
M. Antonius Priscus L. Annius Secundus Ilvir. Quinquenn.
nomina decurionum in aere incidenda curaverunL
Patroni c. c, v. v. (es folgen 31 Namen).
Patroni e. e. q. q. R. R. 8 Namen.
Quinquennalicii. 7 Namen.
Allecti inter quinq. 4 Namen.
Ilviralicii. 29 Namen.
Aedilicii. 19 Namen.
Quaestoricii. 9 Namen.
Pedani. 32 Namen.
Praetexlati. 25 Namen.
Die erste Stelle nehmen, wie dies auch Ulpian vorschreibt**),
die patroni darissimi viri und die patroni equites Romani ein, ratrom.
(1. h. Personen, welche Aemter in Rom bekleidet haben und rö-
mische Senatoren sind, oder Personen des römischen Ritterstan-
<l(s. Nur von den letzteren hatten zwei in Canusium selbst
ein Amt bekleidet, welche nochmals unter den Quinquennalicii
vorkommen ; die andern werden nur als überzählige Ehrenmit-
glieder unter den Decurionen aufgefüiui. lls war eine alte
Sitte '^j, dass, wie ganze Provinzen«), so auch die einzelnen Co-
lonien, Municipien und Provincialstädte sich in die Clienlel eines
1) S. oben Seite 497, wo für diesen Satz die Beweise bereits gegeben sind.
2) Ulpian. Diy. 50, 3.
3j MomniBcn /. N. n. 635; im Auszuge auch Orelli n. 3^21. S. darüber
Zumpt Comm. ep. 1, 123 ff.
4) Dig. 50, 3, 2 : in atbo decurionum in municipio nomina ante »cribi opor-
tet eorum, qui' diynitaUs prinnpis iudicio conaecuti $unt, potUa eorum, (fui tan-
tum municipaUbun honoribus funcli swnt.
5) Diony». 2, 11. ^ ^^^
6) S. S. 400 und meine Rom. Prlvatalterthümer 1, 210.
— 506 —
oder mehrerer angesehener und einflussreicher Römer begaben,
welche als patroni^) für sich und ihre Descendenten 2) die Ver-
pflichtung tibernahmen, in aflen Rechtsangelegenheiten für die
betreflende Commune einzutreten 3) , in jeder Weise für das Beste
derselben zu sorgen *), allen Mitgliedern derselben bei Processen
in Rom Beistand zu leisten, und auch bei persönlichen Wün-
schen ihre Hülfe angedeihen zu lassen ^] . Die Wahl der patroni
geschah auf Grund eines Decurionenbeschlusses durch die Volks-
versammlung, welche den Patron cooptirte, d. h. in die Ge-
meinde aufnahm^), und es wurde über diesen Act eine Urkunde,
tabula hospitalis oder tabula patronatus, in zwei Exemplaren aus-
gefertigt, von welchen eines für den Patron, das andere für die
Commune bestimmt war'). Wie es in dem Interesse der Ge-
meinde lag, solche Personen als patroni zu gewinnen, welche in
einer gewissen persönlichen Verbindung mit derselben standen ^j ,
und diese Verbindung durch Ehrenbezeugungen und Aufmerk-
1) Ueber diese patroni s. Dirksen Civilistische Abhandlungen 2, 61 ff.
E. Philipp! Zur Geschichte des Patronats über juristische Personen, im Rheini-
schen Museum N. F. 8 fl853} S. 497 ff, Dass jede Gemeinde durchschnittlich
mehrere patroni in Rom hatte , zeigt die Aeusserung des Cicero pr. Sest. 4, 9 ;
in Pison. 11, 25, der sich rühmt, dass Capua ihn allein zum patronus gewählt
habe. Aut der andern Seite konnte ein Römer Patron vieler Städte sein. So
sagt Valerius Maximus 4, 3, 6 von Fabricius Luscinus: universos [Samnites) in
clientela habebat.
2) Dass der Patronat in den Familien erblich war, sieht man aus vielen Bei-
spielen. Bononia war in clientela Antoniorum (Sueton. Oct. 17), Lacedaemon in
tutela Claudiorum (Suet. Ti. 6) , die sicilischen Städte hatten zu Patronen die
Marcelli, Scipiones, Metelli (Pseudo-Asconius p. 100). In der Inschrift von Pu-
teoli, Orelli 3767 = Mommsen 7. iV. 2505 kommt ein puer egregius , ab origine
patronus ordinis et populi vor und in der Verleihungsurkunde ist die Formel :
eumque cum liberis posterisque suis patronum cooptaverunt. Henzen n. 6413,
3) Tacit. dial. 3 : quum te tot amicorum causae, tot coloniarum et munici-
piorum clientelae in forum vocent.
4) Auch durch Bauwerke, welche sie auf ihre Kosten errichteten. Plin. ep.
4, 1.
5) S. Dirksen a. a. 0. S. 64 ff.
6) Mommsen Stadtrechte S. 452 ff.
7) Beispiele solcher Urkunden s. Henzen n. 6413 ff. Ueber die Sammlun-
gen derselben s, meine Rom. Privatalterthümer 1, 204 Anm. 1268. Nachzutragen
sind dazu die neu herausgegebenen: Hermes 5, 371. Ephem. epigr. 1872 p. 46.
C. I. L. II n. 2210. 2211. 2633. 2958. 2960. V n. 4919. 4920. 4921. 4922.
8) Fronte ep. ad am. 2, 10 p. 200 Naber, schreibt an die Illviri et decurio-
nes von Cirta: quare suadeo vobis patronos creare et decreta in eam rem mitttre
ad eos, qui nunc fori principem locum occupant, Außdium Victorinum, quem in
numero municipum habetis , si di consilia mea iuverint. Servilium quoque
Silanum , Optimum et facundissimum virum iure municipis patronum habebitis,
cum Sit vicina et amica civitate Hippone Regio. Postumium Festum et morum et
eloquentiae nomine recte patronum vobis feceritis , et ipsum nostrae provinciae
et civitatis non longinquae.
_ 507 —
samkeilen zu erhalten i), so war es auch in der Ordnung, die
Patrone als Angehörige der CommunQ an der ehrenvollsten Stelle,
in dem Album der Curie, namentlich aufzuführen. Dass diesel-
ben indessen nicht ordentliche, sondern überzählige Mitglieder
des Senates waren, ist ersichtlich daraus, dass, wenn man die
patroni und die am Ende der Liste erwähnten praetextati in
Abzug bringt, die normale Zahl von 1 00 Decurionen übrig bleibt.
Die fungirenden Magistrate kommen in der Liste gar nicht vor,
sondern sind bereits als honore functi in derselben verzeichnet;
die beiden Quinquennalen, welche das Album angefertigt haben,
nehmen den letzten Platz ein unter den qumquennalicii. Im
Uebrigen sind die Decurionen nach dem Rangverhältnisse geord-
net ^J. Da das höchste Amt die Quinquennalitas ist^), so folgen
unmittelbar auf die patroni die quinquennalicii y dann die duum- ^*5?Si**'
viraliciiy sonst gewöhnlich duumvirales genannt^), die aedilicii i^^"**?}^^-
und die quaestoricii (sonst quaestorü). Ausser diesen kommen AidiUcU:
indessen drei Kategorien vor, über welche noch eine Bemerkung '/"«*»'o""'
hinzuzufügen ist. Was zuerst die allecti betrifft, so versteht man ^««c<»-
unter einer allectio des' römischen Senates die Ergänzung des-
selben auf ausserordentlichem Wege, d. h. aus andern Ständen-^).
Bei derselben erhielten die neu aufgenommenen Senatoren ihren
Sitz in einer bestimmten Rangclasse, weshalb unter den Kaisern
häufig die allecti inter consulares ^ inter praetorios j tribunicios,
quaestorios vorkommen^). In derselben Weise wurden in den
1) Man errichtete den Patronen Statuen (Cic. in Pison. 11, 25), schickte
ihnen Geschenke (Valer. Max. 4, 3, 6. Horat. Carm. 2, 18, 8) und ehrte sie auf
alle Weise. Fun. ep. 4, 1.
2) In dieser Beziehung scheinen einige Verschiedenheiten stattgefunden zu
haben. Der öfter vorkommende princeps coloniae oder municipii (Henzen Index
p. 153) ist nicht ein Beamter; denn er kommt in Pisa in einer Zeit vor, als es
dort gar keine Beamten gab (Orelli n. 643); er ist vielmehr e prinripcdibu»,
d. h, er gehört einer Rangclasse an, nämlich der Classe der omnibus honoribxia
functi, 8. Orelli 3761. Renier 3695. Apuleius Apolog. 24, und der Siti in die-
ser Rangclasse konnte als honor verliehen werden. Renier 3662. Es ist also
möglich, dass in einigen Municipien statt der Classe der patroni eine Classe der
principaUs bestand ; denn in dieser befanden sich vornehme Römer. S. Orelli
3758. 3108.
3) Apulel. Metam, 10, 18: oriundus patria Corintho , quod eaput e$t totitu
Achaiae provinciae, — — gradatim permensis honoribus quinquennall mayistratui
fuerat destintUus.
A) Für beide Titel findet man Beispiele bei Henzen Index p. 155.
5) Sueton, Claud. 24: Appium Caecum aemorem — libertinorum ftlios in
nenatum adieyisse docuit. Venpaa. 9 : honestissimo quoque Jtalicorum ac provin-
rialium allerto.
6) Plin. fp. 1, 14, ö: Mlnieitu Macrinut , equettrU ordMt prineept, — ad-
— 508 —
Municipien Leute, welche sich besondere Verdienste erworben
hatten , wahrscheinlich mit ^besonderer Krlaubniss des Kaisers,
nicht bei der Gensur, sondern durch einen Beschluss des Se-
nates entweder unter die Decurionen ohne höheren Rang i) oder
sogleich in die ersten Rangclassen der Curie ^j aufgenommen.
Die zweite noch zu besprechende Classe von Decurionen, welche
Fedani. in unscrcr Inschrift pedani heissen, im römischen Senate als
pedanei oder pedarii vorkommen'*), bestand, wie das Album selbst
deutlich bezeichnet, aus denjenigen Mitgliedern, welche, ohne ein
Amt bekleidet zu haben, in den Senat aufgenommen waren.
Der Name ist zweifelhaften Ursprungs ^j, findet sich aber in der
späteren Kaiserzeit wieder in den iudices pedanei oder )<a[xat8i-
PraeUxtati.yLCLOTOLi'^). Unter den praetextaii endlich sind Söhne der Decu-
rionen zu verstehen ß), welche seit Augustus auch im römischen
Senate als Zuhörer zu erscheinen Erlaubniss hatten^); sie wer-
den indessen nur aus besonderen Gründen in das Album aufge-
nommen^), z. B. wegen einer Munificenz gegen die Commune^)
oder auf Wunsch ihrer Väter i^) . Sie geniessen die äusseren Aus-
i> — ^ — .
lectus a divo Vespasiano inter praetorios. Capitolin. M. Ant. Phil. 10 : multos ex
amicis in senatum adlegit cum aediliciis aut praetoriis dignitatihus. Capitolin.
Pert. 6. Ausführlich handelt hierüber Marini Arvali p. 727. 790; vgl. p. 146.
1} Orelli n. 2533 = Mommsen /. N. n. 2569: adlecto in ordin. decurion.
Orelli 3882 : allecto — gratis decurioni. n. 3745 = Mommsen I. N. 2243 : hunc
decuriones ob liheralitatem cum esset annorum sexs ordini suo gratis adlegerunt.
Orelli n. 1229 und mehr bei Zumpt Comm. ep. 1, 126. 128.
2) Orelli n. 3816 = Mommsen /. N. 1888: hunc decuriones gratis in ordinem
suum adlegerunt duumviralium numero. Andere Beispiele bei Henzen Index p. 155.
3) Gellius 3, 18 , der zu dem Resultat kommt : hoc vocabulum a plerisque
barbare dici animadvertimus. Nam pro pedariis pedaneos appellant.
4) Gellius a. a. 0. Hofmann Der röm. Senat S. 19 — 34. Zumpt Comm.
ep. p. 131.
5) S. über diese Bethmann-Hollweg Der röm. Civilprocess Bd. 3 § 140.
6) In dem Album werden vier unter den praetextati durch den Zusatz IVN.
von ihren Vätern unterschieden , von welchen einer unter den quinquennalicii,
zwei unter den Ilviralicii, einer unter den pedani aufgeführt wird.
7) Suet. Oct. 38: liberis senatorum, quo celerius reipublicae adsuescerent,
protinus virilem togam latum clavum induere et curiae interesse permisit. Dio
Cass. 59, 9. Stat. Silv. 4, 8, 59.
8) Dig. 50, 2, 11 : neque enim minores viginti quinque annis decuriones allegi
nisi ex causa possunt. So wird in Tarvisium ein Knabe nach dem Tode seines
Oheims zum Decurio gemacht , damit der Senatorenplatz der Familie verbleibe.
C. I. L. V n. 2117. Dies geschah durch allectio, Orelli 3747, und so findet sich
als decurio ein infans (Henzen 7010) oder ein Knabe von 4, 5, 6, 8 und 14
Jahren. Orelli 3747. 3748. 3746. 3745.' 4912. Henzen 7177. Ein veo? in der ßouX-r]
von Antiochia, Libanius Vol. II p. 561, 6 Reiske.'
9) Orelli 3745.
10) Dig. 50, 1, 21 § 6: pro infante filio , quem decurionem esse voluisti,
quanquam fidem tuam in posterum adstrinxeris , tamen interim onera sustinere non
— 509 —
Zeichnungen der Decurionen, indem sie im Theater und bei öf-
fentlichen Mahlzeiten unter ihnen sitzen, und nehmen an den
Lasten derselben Theil, sind aber nicht stimmberechtigt, bis sie
das gesetzmässige Alter erlangen, wodurch sie in eine der an-
dern Rangclassen übertreten i) . Personen, welche die Erforder-
nisse zum Decurionen nicht besassen, pflegte man im Falle aus-
serordentlicher Verdienste, wenn es Freigelassene waren, durch
die Verleihung der ornamenta decurionalia'^] , wenn es höher Omamenta
gestellte Römer waren, durch Ertheilung der ornamenta duum-
viralia'^) oder omamenta quinquennalüatis^) auszuzeichnen, welche
durch ein Beeret der Curie in derselben Weise bewilligt wurden,
wie in Rom die ornamenta consularia, praetoria^ aedilicia, quae-
storia, aber nur die äusseren Vorrechte des Standes, nicht den
Eintritt in die Curie gewährten.
Das Verhältniss des Senates zu den Magistraten ist in den Competenz
ersten beiden Jahrhunderten dasselbe, wie in Rom ; der Senat
hat die berathende und beschliessende , die Magistrate haben
die ausführende Gewalt; die letzteren handeln selbständig, so-
weit ihre Vollmacht reicht; alle nicht unter ihre potestas gehö-
rigen Fälle kommen im Senat zur Rerathung, der überdies, wie
wir aus dem Gesetze von Malaca ersehen, auch Appellationen
gegen die von den Duovirn und Aedilen auferlegten Geldstrafen
annimmt^).
— t — ■ — — — ■ — — — —
cogens. 50, \ , 2 pr. : quoties filius familias volunUite patris decurio creutur, uni-
versis muneribus, quae decurioni filio iniunguntur, obstrictus est pater. bi), 1, 17
S2; 50,2,7 S 3.
1) Dig. 50, 2, 6 § 1: minores viginti quinque annorum, decuriones facti,
sportxäas decurionum accipiunt, sed interim suffragium inter ceteros ferre non
poBsunt.
2) Henzen n. 7000 und mehr ini Index p. 152; C\ J. L. V n. 3433. 4392.
4477. Renier n. 1529.
3) C. I. L. III n. 384. 650. 753. 1493. Henzen Index p. 155. Ziirapt De
Augustalibus p. 25 — 30; Comm. ep. I, 134.
4J Orelli 4020. Henzen 6956; vgl. Orelli 3897.
b) In den Leges von Malaca und Salpensa kommen acht Fälle vor, welche
zur Competenz des Senates gehören: 1. die Cooptation eines Fatrones (l. Mal.
c. 61 J; 2. die Bestimmung über Bekanntmachung des städtischen Budgets {l.
Mal. c. 63); 3. die Kinwilligung in den Verkauf der der Gemeinde gestellten
Bürgschaften (l. Mal. c. 64); 4. die Niedersetzung einer l'ommission zur Ab-
nahme der Gemeinderechnungen (f. Mal. c. 67. 68); 5. die Zustimmung zum
Abbrechen eines Gebäudes in der Stadt (l. Mal. c, 62); 6. die Freilassung eines
Sclaven durch einen noch nicht zwanzigjährigen Municeps (f. Sulp. c. 28); 7. die
Zustimmung zu der obrigkeitlichen Voruiundsbestellung (l. Salp. c. 29); 8. Ap-
pellation gegen die von den Duumvirii oder Aedilen auferlegten (Jeldstrafen (f.
Mal. c. 66). S. MommHen StAdtrechte 8. 412 f Kului 1, 235.
— 510 —
Senatsver- Zu einem gülligen Beschlüsse ist die Anwesenheil von zwei
handlungen. _ iir, rii-i iii ii-»r-
DriUeln der Senaloren ertorderhch, welche dann nach der Majo-
riläl der Slirnmen entscheiden ^) . Der Duovir oder sonstige höchste
Magistrat beruft den Senat, hält die Sitzung {habet senatum oder
ordinem) '^) ^ stellt den Antrag {refert^) , verba facit^)) und lässt
nach der Rangfolge abstimmen [sententiam rogat) ^). Die Decurio-
nen geben in der Regel eine motivirle Stimme mündlich ab [sen-
tentiam dicunt)^), und die Motive dessen, welcher zuerst stimmt,
werden, wenn die übrigen zustimmen, in das Decret aufgenom-
men'^) ; für gewisse Fälle war indessen eine Abstimmung per
tabellas vorgeschrieben, wofür die Formel ist: sententiam ferre^).
Verfall der ^j^ ^^^ Ende dcs zwcitcn Jahrhunderts ^] scheint die grosse
Cunen. ' ^
Veränderung in den Verhältnissen der Curien zu beginnen, welche
in nachconstantinischer Zeit zu dem gänzlichen Ruine derselben
führte. Bis dahin waren, wie wir in dem ganzen Verlaufe un-
serer Darstellung nachzuweisen versucht haben , die Communen
zwar von der römischen Regierung für die Zwecke der Staats-
verwaltung benutzt worden, aber so lange denselben Freiheit
und Selbständigkeit gestattet war, hatte sich in ihnen ein muni-
cipaler Patriotismus erhalten, der in dem städtischen Dienste seine
Befriedigung fand. Seit dem Ende des zweiten Jahrhunderts be-
gann dagegen eine Centralisation der kaiserlichen Verwaltung ver-
mittelst einer zahlreichen Beamtenhierarchie i^) , welche einerseits
1} Lex Mal. c. 61 : ne quis patronum publice municipibus municipii Flavi
Malacitani cooptato patrociniumve cui deferto nisi ex maioris partis decurionum
decreto^ quod decretum factum erit, cum duae partes non minus adfuerint. Dig.
3, 4, 3 und 4; 50, 9, 3: lege autem municipali cavetur , ut ordo non aliter ha-
beatur quam duabus partibus adhibitis. Cod. Theod. 12, 1, 84. Edict von Vena-
trum bei Mommsen /. N. n. 4601 lin. 36: ex maioris partis decurionum decreto,
quod decretum ita factum erit, cum in decurionibus non minus quam duae partes
decurionum adfuerint. Mommsen Stadtrechte S. 412.
2) habet senatum,, decuriones , conscriptos. Lex lul. mun. lin. 128. 129;
ordinem habet, Orelli n. 4036 = Mommsen /. N. 6034. Dig. 50, 9, 3.
3) Henzen n. 7170.
4) Orelli n. 4038. 4040. Henzen n. 7169. C. /. L. V n. 532.
5) Lex lulia munic. lin. 106.
6) Lex lulia munic. lin. 125.
7) C. J. L. y n. 532: primo censente Calpurnio Certo — censuerunt. Hen-
zen 7170 : referente L. Vario Firmo lIIIvir{o) , censente C. Cluvio Sabino ita
censuere. Orelli 4041 : primus censuit L. Lucretius Helvianus.
8) Lex Mal. c. 61 : iurati per tabellam sententiam tulerint. Dies kommt auch
sonst in Inschriften vor. S. Mommsen Stadtrechte S. 413 Anm. 55. Deshalb
braucht die lex lulia municipalis die doppelte- Formel sententiam dicere ferre
lin. 107. HO. 127. 129. 132.
9) Kuhn 1, 241.
10) Die Ausbildung die,ses Beamtenthums ist eines von den Räthseln, welches
— 511 —
die städtische Verwaltung in ihre Controle nahm, andererseits
strebsamen Personen die Aussicht auf ein Staatsamt in viel hö-
herem Grade als früher eröffnete. Seitdem treten die eigenen
Interessen der Städte immer mehr zurück, der Beruf derselben
ist allein, die Lasten des Staates zu tragen; es fehlte nunmehr
an Candidaten für die städtischen Aemter; die Wahlen durch die
Volksversammlungen hörten auf; die Curien wurden nicht mehr
ergänzt durch den Eintritt der Beamten , sondern ausschliesslich
aus den possesso7'es ^ vs eiche den senatorischen Census besassen
und zwangsweise der Curie einverleibt wurden i) ; aus diesen
wurden von dem Senat auch die Beamten gestellt, so dass man
nun erst decurio, dann Beamter wurde ^j. Ausserdem aber über-
trug man auch denjenigen Decurionen, welche keines der regel-
mässigen Aemter bekleideten, verschiedene curationes und mu-
nera ^) , wie z. B. die Eintreibung der Steuern ^) , so dass schliesslich
sich der Characler der Municipalsenate gänzlich veränderte und
der decurio nicht mehr als Mitglied einer berathenden Versamm-
lung dem magistratus entgegengesetzt, sondern selbst als ein
Beamter, und zwar des Staates betrachtet wird»). Bei immer
zunehmender Verschlechterung des Communalvermögens, über
welches oftmals von den Kaisern willkürlich verfügt wurde ^j,
und dem von der Staatsregierung befolgten Grundsatze, für die
der künftige Geschichtsschreiber der rümischeii Kaiserzeit zu lösen haben wird. Sie
beginnt mit Hadrian und nimmt ihren Fortgang unter den folgenden Kaisern, na-
mentlich unter Septimius Severus und Caracalla, unter welche auch die Verände-
rung der Municipalvertassung, von welcher wir reden, zu fallen scheint. Welchen
Antheil an diesem neuen Princip der römischen Staatsverwaltung die grossen Juristen
haben, welche damals im Käthe der Kaiser sassen, Papinianus, Ulpianus, Paulus,
Modestinus, wissen wir nicht ; aber ihre schriftstellerische Thätigkeit wenigstens
bezog sich nicht allein auf das Privatrecht, sondern auch auf wichtige üegen-
stande der Administration , wie des Papinianus doTUvojjLtxöi; , des L'lpian Bücher
de officio proconauLis , de censibm , de officio curatoris reipubUcM , des Paulus
Bücher de censibus, ad munici-palem^ beweisen.
1) Die früheste Erwähnung von Leuten , qui invili fiunt decuriorus , tlodet
sich in einem Briefe des Traian bei Plin. «p. 10, 113 (114). Später mehren sich
die Verfügungen über diesen Zwang. Ulpian. Diy. üü, 2, 1 ; öü, '2, '2 J^ 8.
2) Paulus Diy. 50, 2, 7 JJ 2: i«, qui non sit decurio, duumviratu vel aliis
honoribiu funyi non potest, quin decurionum honoribus plebeii fungi prohibefUur.
3j Kuhn 1, 242 f.
4) Dig. .00, 1, 17 S7.
5) Kuhn a. a. 0.
6) Ammian. 25, 4 sagt von lullan : liberalitatit eitu teatimonia pluritna mnt
et verisairrui, inter quae vertigaLia civiUUibun reatUuia cum fundi», quoa velut iure
vendidere praeteritae poU$ttttet. S. hierüber Roth p. 36. Walter Oeach. d. rüm.
Rechts 1 S 397.
— 512 —
Leistung aller auf der Stadt liegenden Lasten und aller in ihr zu
erhebenden Abgaben die Decurionen persönlich verantwortlich zu
machen i) , wurde der Decurionenstand aus einer Ehre eine un-
erträgliche Last, der sich die besitzenden Einwohner jeder Stadt
auf alle Weise zu entziehen suchten 2), während die Regierung
zur Erhaltung der Curien die strengsten Maassregeln in Anwen-
dung brachte 3). In Folge derselben wurde der Decurionat ein
im Mannsstamme erblicher Stand; er ging auf alle Söhne über,
welche von dem achtzehnten Jahre an demselben angehörten. Im
Falle auch dies nicht genügte, um die Zahl der Curialen voll-
ständig zu erhalten, fand eine allectio aus den übrigen municipes
und incolae statt, bei welcher nur Sclaven, Freigelassene und
Bescholtene eximirt waren, kleine Kinder aber und unächte Söhne
zugelassen wurden ; im vierten Jahrhundert sind die Curien sogar
als Strafanstalt benutzt worden, wohin jemand wegen eines Ver-
brechens geschickt wurde 4).
Die Augustalen.
Die Augu- Ausser dem Decurionenstande , welcher, wie in Rom der
stalen. ' '
Stand der Senatoren, seit dem Anfange der Kaiserzeit immer
abgeschlossener und am Ende, wie wir gesehen haben , auch in
gesetzlicher Form erblich wurde, gab es unter den Kaisern vor
Constantin in den meisten Municipalstädten noch einen zweiten
bevorzugten Stand , nämlich die augustales ^) . In der ganzen
1) Huschke Ueber den Census der früheren Kaiserzeit S. 136. 143. Rüdiger
De curialibus p. 12.
2} Cod. Theod. 12, 1, 50. Roth p. 44. 45. Ebenso suchte man sich den
Aemtern zu entziehen. Cod. Th. 12, 1, 16: si ad magistratum nominati aufu-
gerint, requirantur^ et, si pertinaci animo latere patuerint, his ipsorum bona per-
mitlantur , qui praesenti tempore in locum eorum ad duumviratus munera voca-
buntur, ita ut, si postea reperti fuerint, biennio integro onera duumviratus cogantur
agnoscere. Om,nes enim., qui obseqaio publicorum m.unerum declinare tentaverint,
simili conditione teneri oportet. Die späteren Decurionen bedürfen daher bei jeder
Entfernung aus ihrer Stadt eines Urlaubs. Cod. Inst. 10, 31, 16.
3) Da die nachconstantinische Zeit ausser dem Plane dieses Buches liegt,
so verweise ich hierüber auf Gothofredus Paratitlon ad Cod. Th. 12, 1. Roth
p. j65 ff. und 32 ff. Rüdiger De curialibus imperii Romani post Constantinum M.,
Breslau 1837. 4. Walter G. d. R. R. 1 § 396 ff. Savigny a. a. 0. Hegel Gesch.
der Städteverfassung von Italien Bd. 1 S. 64—98. Wallon Hist. de l'esclavage
3 p. 188—207. Kuhn 1-S. 245 ff'.
4) Cod. Th. 12, 1, 66. Roth p. 40. 46. 51.
5) Ordo decurionum et Augustalium et plebs universa. Inschr. von Suessa
Orelli n. 4047, von Praeneste Orelli 1167. 4009, oder decuriones, Augustales,
— 513 —
römischen Literatur worden dieselben nur einmal erwähnt >;, in
Inschriften kommen sie aber um so öfter vor und sind neuerdinus
Gegenstand einer Untersuchung geworden, welche noch nicht in
allen Puncten zum Abschluss gekommen ist 2). Es fragt sich
nanjentlich, erstens: wer sind die Augustalen? zweitens: wie
sind sie entstanden ? drittens : wie verhalten sich zu ihnen die
ebenfalls als oi^do vorkommenden •<) seuiri Auqustules? Um mit ^''sprunpr
, . / j derselben.
der zweiten Frage zu beginnen, so ist es unzweifelhaft, dass die
Augustalen ursprünglich mit dem Cult des Augustus zusammen-
hängen ; nur das ist streitig, welch ein römisches Institut in ihnen
nachgeahmt ist. Egger nimmt an, dass die magistri vicorum,
welche die Feier der ludi compüalicü und den Dienst der in den
sacella der compita aufgestellten Laves und d^'s mit denselben
verehrten ge?nus Augiisti hatten, das Vorbild der Augustalen
seien -») , aber die magistri Augustales •^) oder magistn Larutti
populus Orelli 3976. 3807. Grut. 446, 7, oder decurionts , Augustales, coloni
Orelli n. 3062, ordo et Augustales et vicani Orelli n. 3690. S. die grosse Samm-
lung bei Egger p. 384. 385.
1) Patron, c. 30, 2 : Trimalchioni, Vlviro Augustali. Vgl. c. 57 : sevlr gra-
tis [actus sum.
2) Was in älterer Zeit Reinesiüs Syntagma inscr. p. 133. Norisifis Cenot.
Pisan. 1 c. 6. Odericus (DissertatioTies et adnoUitiones , Koniae 1765. 4 p. 101
— 111) mehr beiläufig über die Augustalen beigebracht haben, ist von Morcelli
Opp. Vol. I p. 18 kurz zusammengestellt. Ausführlich behandelt den (legenstand
zuerst Egger Examen critique des historiens anciens de In vie et du regne d'Au-
yuste, Paris 1844. 8. Append. II. Recherches nouvelles sur l'histoire des institu-
tions municipales chez les Romains p. 357 ff. und A. W. Zunipt De Auyustalibus
et seviris Augustalibus comrnentatio epiyraphica, Herol. 1846. 4. Auf diese bei-
den Schritten bezieht sich mein Aufsatz lieber die Augustalen in Zeitschr. f.
Altcrthumswiss. J847 n. 63 — 65 und der von Egger in Revue archeologique,
annee III, livr. 10 und 12. Eine Entscheidung über die durch die ganz ver-
.<!rhiedeue Auffassung des Gegenstandes von Seiten Eggers und Zumpts entstan-
denen Streitfragen ist erst durch die Abhandlungen von Henzen Ueber die Au-
gustalen in Zeitschr. f. Alterthumswiss. 1848 n. 25—27 und n. 37—40 möglich
geworden, in welcher ein bedeutendes neues Material mitgetheilt und benutzt
ist. S. auch Henzen Inscr. n. 7089—7129. Ich habe hiernach meine eigenen
früher ausgesprochenen Ansichten modillciren müssen.
3) So werden in der marsischen Inschr. Orelli n. 3940 die dt%i SUnde bo-
zeichflct als decuriones , sex^^iri , plebs. Vgl. Orut. p. 344, 6: decurionen, VIvM,
ptebs urhana. 422, 3 : decuriones et VIviri et municipes. Mehr bei Zumpt p. 78.
Kgger p. 382.
4j Diese zuerst von Orelli Inscr. H p. 197 aul'gübCüllte Ansich« hc^roht be-
sonriürs auf Porphyrie zu Horat, Sat. 2, 3, 281 : ah Aut/u»lf> enim Lore*, id est
(lii donuintiri in cumjntis poniti xnnt : ex. libertmi» ntxeerdoU» dati, qui AufftuttUe»
mnt appeliali, und Acro daselbst: iusserut enitn AuguHus in cümpiti« deos pena-
les constitui , ul sludiosims eoUrentm. Krttni autem UbetUni stuerdoti» , qui Au'
ifustalen diruntur.
ö) OreUi301ö«ilioiBiDi«n /. N. 6130. Ueiizen ». ». 0. p. i9B n. 4. Znmpt
a A. 0. p. ÖO.
86b. Altorlh. IV. 33
— 514 -
Augustoriim^) , welche sich auch in den Municipalstädten finden,
scheinen nnit den in Rede stehenden Augustalen nicht identisch
zu sein 2), und man wird deshalb die Augustalen vielmehr für
eine Nachbildung dos Prieslercollogiums der sodales AiKjustales
halten müssen, welches, aus den Mitgliedern der kaiserlichen
Familie und den vornehmsten Personen des Staates gebildet, dem
Cult der gens lulia gewidmet war*). Wie in Rom selbst nach
diesem Vorgange Collegia von Privatleuten zur Verehrung des
Augustus zusammentraten ^) , so müssen auch in den Municipien
sich solche Collegia gebildet haben, die, weil sie aus freiem
Willen, nicht durch ein gemeingültiges Gesetz entstanden s), weder
in der Zahl noch in der Classe der aufzunehmenden Personen
genau mit ihrem* Muster übereinstimmten^), noch auch überall
gleichartig organisirt gewesen zu sein scheinen. In Rclreff dieser
Organisation handelt es sich namentlich um den oben bezeich-
s«?miMÄ'«'-neten dritten Punct, nämlich die Bedeutung der seviri Aiiqustales.
stales. ° "^
In Unteritalien, d. h. in Lucanien , Bruttii, Apulien, Calabrien,
1) Orelli 1661. C. I. L. II n. 2181. 2233. 4306. Henzeii p. 198 n. 5. 6. 7.
In Tarraco findet sich auch ein VIvir mag. Larum Aug. C. I. L. II n. 4293.
4297. 4304. 4307 ; VMr August, et magister n. 4303.
2) S. Zumpt p. 50 ff. Henzen p. 194. Namentlich geht dies hervor aus
den Inschriften Orelli 3959. Henzen 7115. 6062. 6093. Vgl. auch die in der
vorigen Anm. angeführten Inschr.
3) Tacit. Ann. 1, 54: idem annus (14 n. Chr.) novas cerimonias aceepit ad-
dito sodalium Augustalium sacerdotio, ut quondam T. Tatius retinendis Sabinorum
sacris sodales Titios instituerat. Sorte ducti e primoribus civitatis unus et viginti.
Tiberius Drususque et Claudius et Germanicus adiiciuntur. Hist. 2, 95: caesae
publice victimae cremataeque ; facem Augustales subdidere , quod sacerdotium , ut
Romulus Tatio regi, ita Caesar Tiberius luliae genti sacravit. Vgl, Annal. 3, 64.
Borghesi Memorie delV Instituto di corrispondenza arch. 1 p. 261 ff. Oeuvr. 3,
397. Zumpt a. a. 0. p. 12 f. Der Annahme, dass diesen sodales die Munlcipal-
augustalen nachgebildet seien , folgen Borghesi Bull. d. Inst. 1842 p. 106 ff.
Zumpt und Henzen p. 290.
4) Tac. Ann. 1, 73: inter cultores ' Augusti , qui per omnes domus in modum
collegiorum habebantur.
5) Henzen p. 293. Zumpt p. 16.
6) Der Hauptbeweis dafür, dass die sodales Augustales das Vorbild der Mu-
nicipalaugustalen sind , liegt darin , dass sich die letzteren nicht vor Tiberius
nachweisen lassen. Sie kommen zuerst im Jahre 22 n. Chr. (Henzen p. 195),
dann 26 n. Chr. (Orelli n. 4046), dann immer häufiger vor. Dagegen ist durch-
aus unerklärt , warum , während die römischen sodales aus den ersten Personen
des Staates gewählt sind , die Municipalaugustalen auch in der ersten Zeit nie
aus den patroni oder honoribus functi, noch aus Decurionen, sondern immer aus
gewöhnlichen Bürgern , häufig aus Freigelasseneu gewählt werden, ein Umstand,
auf den Egger mit Recht besonderes Gewicht. legt (s. meine Abhandl. S. 502).
Dass die Augustalen ein Collegium bildeten, zeigen viele Inschriften. Collegium
Augustalium Orelli n, 3953. Corpus Augustalium Maffei Mus. Ver. p. 477, 2.
Grut. p. 372. Augustales corporati. S. Zumpt p. 40 ff. Egger p. 382.
— 515 —
ferner in einem Theile von Sainnium und Campanien kommen
als zweiter Stand nur Augustales , nicht seviri vor^) ; als Vor-
steher derselben ein curator'^) ^ ferner quinquennales^) ^ quaesto-
res*); dagegen giebt es nur seviri, nicht aber Augustales , in
Gallia Narbonensis ^) und Lugdunensis^) ; endlich ist die regel-
mässigste und vollständigste Form der Organisation die, dass es
seviri Augustales und Augustales zugleich giebt, wie dies in den
meisten Städten Mittelitaliens üblich war'). In diesem Falle
scheinen die Augustales als lebenslängliche*) Mitglieder des Col-
legiums, die seviri aber als jährlich wechselnde Beamte desselben
zu betrachten ••) zu sein.
Die Ernennung der Augustalen geschieht decrcto rfecwrib- ^f«anJsat^öi.
num^^]-, wählbar sind sowohl ingenui als Freigelassene ^\^ ; dem gi«msder
Range nach stehen sie den Decurionen zunächst, weshalb sie auch
zuweilen die ornamenta decurionalia (S. 509) erhallen; sie bilden
ein Collegium, welches ursprünglich dem Cult der gens lulia ge-
widmet ist, seine priesterlichen Functionen aber später auch auf
den Gull der übrigen Kaiser ausgedehnt zu haben scheint; denn
wo eigene Collegia für diese erwähnt werden, wie die Claudiales
und Flaviales, scheinen diese mit den Augustalen entweder iden-
tisch zu sein, oder doch in genauer Ver])indung zustehn*'^). Sie
führen eine eigene Gasse *3)^ aus weicher sie ihre Opfer und Fest-
1) Henzen p, 201 IT. Das Nichtvorhandensein derselben in diesen Gegenden
ersieht man auch daraus, dass die Auyustales Spiele geben, was, wo seviri sind,
diesen zukommt. S. die Inschr. von liUceria Momtnsen /. N. n.Öf)!.
2) Henzen Imcr. n. 5775. 6111.
3) Heispiele s. bei Henzen Inscr. in» Index p. Iü7.
A) Orelli lilOl. 3954. 7114. G499.
5j Henzen a. a. (). S. 209 ff.
6) In Lugdunum wenigstens kommen nur »eviri Augtutnles vor. S. Boissieu
Inscr. de lyyon p. 169 ff. Mommsen Anntüi 1853 p. 64.
7J Henzen S. 213.
8) Mommsen 1. N. 2527 und dazu Henzen a. a. 0. S. 215.
9) Henzen a. a. 0. S. 214. Man ersieht dies namentlich aus dem sevir
Auyustalium quinquennalis Orelli 3741 (niehr bei Zumpt p. 62) und aus der *
wiederholten Bekleidung des Amtes, Orelli 3919. 3922, doch kommt auch fin
Hcvir Auij. perpetuiuf jvor {C. I. L. II n. 2026), und in manchen Orten muss
das Verhältnis« der neviri und Auyu.itaUs ein ganz anderes gewesen sein , wie
in Aquileia, wo regelmässig nexviri vorkommen, viermal aber «exviri et AtiyuHa-
lea , einmal ein sexvir ei decurionum drcreto AuguHtalifi , für welchen Tüel ««
noch an einer befriedigenden Krklärung fehlt. S. Mommsen <\ l. L. V p, 84.
10) Orelli 3920. 2980. 7112. 3914. 3942.
Uj Zumpt a. a. O. p. 22.
12) Eine und dieselbe Fersen Ist /lti«;uj»(fj/i.« riaudiaU$ , Sevir et fHnudiitU» ,
AuyunUiUa FUivialin. S. Henzen Inacr. im Imlex p. 168.
13) Ein rurator arr. Auij. b«-i .Marini /'/r Mf>,m \t. 85: eine «irr.i Srvi-
33*
— 516 —
mahlzeiten bestreiten. Di(^ orsteron halten sie ohne Zweifel in
den Tempeln des Au^uslus, die in keiner Municipalsladt fehlten;
die /Aveilen /Aiweilen in eii^enen Localen, wie in Caere in einem
phrelrium^). Bei der Aufnahme zahlen sie ein Antritlsü;eid und
sowohl bei dem Beginne als während der Zeit ihres Amtes geben
sie auf ihre Kosten Gastmahle und Spiele 2).
Verfall des- j)as Institut der Aucuslalen hatte ein ähnliches Schicksal
selben.
wie das der Decurionen ; was anfänglich eine Ehre gewesen
war, fing an eine Last zu werden^), deren Uebernahme am Ende
ebenso erblich in den Familien der Augustalen wurde, als die
Lasten der Curie in den Familien der Decurionen, so dass viel-
leicht erst hiedurch sich ein ordo Augustalium bildete, in wel-
chem schon die Kinder zu den Leistungen des Collegiums her-
angezogen wurden "*), während neue Mitglieder fast ausschliesshch
aus Freigelassenen hinzukamen, weil diese für die Curien nicht
in Anspruch genommen werden konnten. In diesem Um-
stände 'liegt wenigstens für die spätere Zeit eine Erklärung
der grossen Unähnlichkeit, welche in Hinsicht auf das gentis ho-^
minum zwischen den grösstentheils aus Freigelassenen bestehen-
den Municipalaugustalen und den aus den höchsten Personen des
römischen Staates genommenen sociales Augustales statt findet.
Mit der Verbreitung des Christenthums nimmt der Stand der
Augustalen ein Ende.
utirüraisciie Nachdoui wir bisher die römische Municipalverfassung be
üemeiuden *•
Die Städte iiichtrömischer Verfassung.
>m wir bisher die römische Municipalverfa
sprechen haben, ist es noch übrig, diejenigen Stadtgemeinden
rum Auyustalium i» Brixia (Orelli 3913), Gabii (Henzen 7335), Ostia (Henzen
7116). In Brixia scheint dazu eine Erlaubniss des Kaisers nöthig gewesen zu
sein. S. Orelli 3913 = C'. 7. L. V n. 4428: Vlviri Amj. sod, quihns ex permism
divi Pii nrcam habere permissum.
1) Orelli 3787.
2) C. I. L. II n. 2100.
3j In dem Testamente bei Orelli n. 3978 = Mommsen I. N. n. 79 hinter-
lässt jemand den Augustalen von Petilia in Calabrien ein Vermächtniss , nnd
fügt hinzu : quod ipsum ad utiUtatem reipubiicae nostrae pertinere existhnavi, fa-
cilius subituris onus Augustalitatis, dum hoc commodum ante oculos habent . und
in einem andern Testamente (C\ I. L. II n. 4510) vermacht jemand der Stadt
Barcino ein Capital, ans welchem Spiele und andre Largitioneji bestritten werden
sollen , ea conditione , ut liberti mei, item libertorum meorum libertarumque iiberti,
quos honor sevlratus cnntigerit, ab omnibus muneribus seviratus excusati sint.
4) Orelli 3937. 3938.
517 —
einer Erörterung zu unterziehen, welche die Römer in den von
ihnen occupirten Ländern bereits conslituirt vorfanden. Wir fra-
gen: wie lange bestanden diese eigenthümlich organisirten Ge-
meinden im römischen Reiche, und welclien Einduss übte auf
sie die römische Verwaltung? Diese Fragen aber lassen sich bei
dem gegenwärtigen Zustande unserer Kenntniss noch nicht mit
einiger Sicherheit beantworten, und die nachfolgenden Bemer-
kungen beabsichtigen mehr, die Lücken unseres Wissens zu be-
zeichnen und der Aufmerksamkeit künftiger Forscher zu empfeh-
len, als einen Gegenstand zu erledigen, für den es an Quellen-
material und Vorarbeiten in gleicher Weise fehlt.
Stadtgemeinden mit eigenthümlicher Organisation waren vor-
handen in allen Ländern griechischer Bevölkerung, in dem Ge-
biete von Carthago und auch in Spanien und Gallien. Von den
punischen Städten wissen wir indessen nichts, als dass sich in
ihnen noch eine Zeit lang die sufetes nachweisen lassen (s. S.
313); in Spanien finden wir verschiedene Städte, ehe sie durch
Vespasian das ins Latii erhielten, von Decemvirn regiert, von
denen einer decemvir maximus heisst ^) ; in den gallischen Städ-
ten führte noch im Beginne des fünften Jahrhunderts die Re-
gierung der erste im Album der Curie mit dem Titel principahs
und zwar fünfzehn Jahre hindurch 2), was doch wohl auf eine
alte Institution zurückzuführen sein dürfte. Ein viel reicheres
Material liegt in historischen Nachrichten, Inschriften und Münzen
über die griechischen Städte vor, und dieses würde, wenn es
zu einer übersichtlichen Dartellung verarbeitet wäre *), auch über
diejenigen Veränderungen einigen Aufschluss zu geben geeignet
sein, welche in den griechischen Communen durch die römische
Regierung veranlasst wurden. Diese Veränderungen sind zweierlei
Art : sie fanden statt bei der Einrichtung der Provinzen, und
durch directe Umwandelung griechischer Gemeinden in römische.
Bei dei' Einrichtung der Provinz wurden die democratis4*hen
Verfassungen überall aufgehoben und durch limocratische er-
in Africa,
.Spanien,
«ialÜPH.
in Jen grie-
clii&oben
rrovtnceu.
A«>n»l«rnr;
Ki'n in il"'i
Kinrichiuii
di»r Prrtviu,
1) mibHer zu C. /. /.. 11 n. 1953.
•2) Cod. Theod. 12, 1, 171; vgl. 75. 127. Kuhn 1. 39.
3j Kine wilche glebt •U«rdlng« F. W. TiUmaiiii DamteUiiiiit il«r grleehUrhtii
SUatHverfaHHungen, Leipzig 1Ö'22, alleiii der iu dienu» lliKh Robdrige Stoff int
seit dieser Zeit m v«?riiiehrt wurdtMi , datM inmi ihn von uouem xuMmmenbrin-
geH iBÜflite.
-- 518 —
Einfüiming setzt ') . Das Verfahren dabei war, dass die Zahl der acliven,
d. h. zu Wahlen berechtigten und zugleich wählbaren Bürger
auf die Besitzenden beschränkt und der besitzlosen Menge das
active Bürgerrecht entzogen wurde 2). Wie man im ,1. 411 v.
Chr. die alte Democratie der Athener dadurch beseitigte, dass
der Rath der Vierhundert die Zahl der athenischen Vollbürger
auf 5000 beschränkte^), welche die dreissig Tyrannen hernach
auf 3000 brachten "^j, so wurde in allen griechischen Städten die
beschliessende Volksversammlung auf die Besitzenden reducirt
und so aus der Masse der Plebs der später oftmals vorkommende
Stand der possessores , d. h. der Activbürger, ausgesondert'').
Ein Beispiel hievon giebt die Stadt Tarsus in Gilicien, in welcher
es zu Dio Chrysostomus Zeit ausser der ßouXiQ und dem or^ji-o?
ein 7:Ar^i>oc oox oAi'yov woTrep s^wilsv tyjc TroXirsiac gab, von wel-
chem Dio sagt : toutou? sitodaoiv evioi AtfAoupYooc xaXsTv ^] . Diese
Proletarier, zu denen namentlich Handwerker mit gehörten, ka-
men in die Volksversammlung zwar als Zuhörer ") , aber active
Bürger waren sie nicht, da das Bürgerrecht 500 Drachmen ko-
Die Behiir- stete ^) . Die Behörden der Communen konnten dabei ohne ireend
den. ^
welche Veränderung fortbestehn und erhielten sich in der That
bis in die späte Kaiserzeit-'); die Folgen der timocratischen Ver-
fassung traten dagegen hervor in der Constitution des Rathes
Der Rath. uud der Einsctzung eines Censoramtes. Den Rath einer grie-
chischen democratisch constituirten Stadt ^^) haben wir uns überall
1) Es wird dies besonders berichtet von Sicilien , Macedonien , Achaia , Bi-
thynien und Syrien, und allgemein ausgesprochen von Cic. ad Q. fr. 1, 1, 8,
25 : provideri abs te, ut civitates optimatium consiliis administrentur.
2} Kuhn 1, 229 ff.
3J Thucyd. 8, 67. Hermann Griech. Staatsalterth. § 166.
4) Xenophon Hist. Gr. 2, 3, 18 f.
Oj Daher ordo possessoresque, Orelli zu n. 3734, Dig. 50, 9, 1. Cod. Theod.
11, 22, 2.
6) Dio Chrys. Vol. II p. 43 R. Es gehören dazu namentlich ßacpei;, oxu-
TOTÖfxot, tIxtove?. Ibid. p. 45,
7) oö? zi [/.SV Oleome ßXaTCTeiv ufj.«? xai o-öcoetu? apyetv Y-oi Trxpa/fiQ , oXto;
^X^'Tp d7ze}A<sai 7.at [iq Trapaolyea&at xat; ixyJ/^aiat;.
8) tt ouv ab xeXe'jEK; 'r](ji.ac ; tou? aTiav-a? dvaYpa<|"^t ttoXit«; ; vai cp7][j.i * —
o6 (JL£V Y^P) o.'^ '^'? xaxaßaXT] TrevTct-xoGta? Spayfxa?, ouvocxai cpiXeiv üij.ä? -/«l tt];
9) Kuhn 2, 64 ff.
10) Für aristocratische Verfassungen, wie sie in Sparta, den cretischen Städten
und in Massilia waren, gilt dies nicht. Von Massilia sagt Strabo 4 p. 179:
ÖiotxoüvTcti o' dpto-o-/cpaxi"Atü; oi MaooiXtwTat — — dvop&v dEazoaitov 'AOLxa.fSxii-
oavte; oyvsoptov, hiä ßio'j Toiur^v iyovTwv xqu tiix-q'^^ , oO; Tt[j.o'jyo'j? v.aXoyat.
— 519 —
ähnlich der athenischen Bule i) zu denken, d. h. als einen jähr-
lich wechselnden, aus den Phylen gewählten oder erloosten Aus-
schuss des Volkes. Auch er war vereinbar mit einer tiniocra-
tischen Verfassung und scheint in der Provinz Asien nicht um-
gestaltet worden zu sein, sondern sich in Milet^j, Ephesus'*)
und Cyzicus'*) bis über die Zeit der Antonine hinaus erhalten
zu haben. In Sicilien wurden die Senatoren zwar ebenfalls ge-
wählt, aber, wie es scheint, durch Cooptation-^) und nach be-
stimmten Vorschriften, welche die von den Römern gegebenen
leges cwitatum über das Alter, den Stand, den qunestus und den
census der Senatoren enthielten ^j, während in den bithynischen
Städten durch die lex Pompeia der auf den Phylen beruhende
Rath') ganz abgeschafft und durch einen neuen ersetzt war, der,
wie die Curien der römischen Municipien, aus den abgegangenen
Magistraten durch die Censoren ergänzt wurde 8). Eine ähnliche ^•^'^^^'«'»''os-
Verschiedenheit, wie in der Constitution des Rathes, mag auch
in der Ausübung des Censusamtes statt gefunden haben; denn
die beiden Censoren, welche in den sicilischen Städten alle fünf
Jahre gewählt wurden *'♦), und in den bithynischen Gemeinden
die lectio senatus vornahmen i'^), heissen griechisch Ti}XTjTaC), es
kommt aber sowohl in Bithynien als in andern Provinzen aus-
serdem ein einzelner Magistrat vor, welcher TroXttoYpacpo? genannt
wirdi2j^ und nicht nur die BUrgerlisten aufnimmt, sondern auch
IlevTev.aCoexa 5' ebl toD suveop»to'j rpoeoTÄxe;, toutöi; oi xd Trpoyetpa otofxeiv
oEooTctt • -aXiv oe xöiv ,7:evTe%atoe'/ta TtpoxdftTjVTai tpeli; ol TiXeioxo^ isyuovTe;,
TO'jTtov 0£ et;. Sollte dieser vielleicht das Vorbild des in den gallischen Städten
vorkommenden principalis sein?
1) Herrmann Griech. Staatsalterth. J 108.
2) C. I. Gr. n. 2878.
3) C. Curtius im Hermes 4 S. 223.
4) S. meine Schrift Cyzicus und sein Gebiet S. 53. Boeckh (\ I. (ir. 36H3.
5) Cic. Verr. H, 2, 49, 120. 122; II, 2, 50, 123.
6) Cic. Verr. U, 2 c. 49. c. 50.
7) Die Phylen selbst wurden nicht aufjE^ehobeu, sondern kuiumuu unter den
Kaisern z. li. in Prusias vor. VVaddington n. 1170. 1177.
8) Plin. «p. 10, 79f83): eadem legt {Pompeia) comprehensum est, tU qui
ceptrint- mayistratum iint in nenatu. — ijuneritur ergo, an tfui minor trigirUa
annorum yesait magistratum posait a ctnsoribus in senatum legi.
.9) Cic. Verr. II, 2, 56, 139; II, 2, öö, 137.
10) Plin. ep. 10, 79(83); 114(115).
11) Kin Tt(xT^Te'joa; in PruttM in Bithynien Waddington n. 1176 und In
Prosa n. Uli.
12) Kin ro/etTOYpa^o; %td ß(ov) in Prusias iiobon dem Tt(AT}Tfj;, Waddington
n. 11/8; ausserdem in Ancyra, f. I. Gr. n. 401ß and in TarsuK. Dio Chrys. II
p. 44 K In einer Inschrift von MuaaoibrU (s. M. 149), C. l. Or. 20&3, fordern dio
— 520 —
In Ancym wonii^steiis die /ccV/o sendlua (ßoüAoYpacpia) zu hesor-
gen scheint*).
Umwände- j)pj. zweite Unistand, welcher auf die Comniunen uniönii-
miindel/iiT ^^^^' Verfassung inüuirte, war die Ertheilung des römischen
römiscbe. Bürgerrechtes oder der Latinität, in Folge deren dieselben in rö-
mische oder latinische Municipien und Colonien umgewandelt
wurden und die römische Municipalverfassung erhielten. Aber
auch diese Umwandelung ging in den griechischen Städten nicht
ohne einen zähen Widerstand, welchen Sprache und Herkommen
leisteten, vor sich. Nachdem in Folge der lex lulia von 664 =
90 alle italischen Städte das römische Bürgerrecht erhalten hat-
ten, blieb z. B. Neapolis noch immer eine griechische Stadt und
hatte , selbst nachdem sie im Beginne der Kaiserzeit römische
Colonie geworden war, Behörden eigenthümlicher Art, wie den
honor demarchiae'^); und als schliesslich Caracalla dieselbe Maass-
regel auf das ganze römische Reich ausdehnte (s. S. 424), scheint
allerdings die Decurionenverfassung, wie wir sie im vierten Jahr-
hundert vorfinden, allgemein eingeführt worden zu sein, selbst
in Gegenden} in welchen dies besondere Schwierigkeiten hatte,
wie in Aegypten und Gappadocien ^) , aber auch damals nicht
ohne eine gewisse. Schonung alter Institutionen, wenn gleich die-
selben mehr dem Namen als der Sache nach erhalten büeben.
In Athen war der aTpaurj-yo? IttI tcdv ottAcdv, wie zu Demosthenes
Zeit, so auch unter Gonstantin dem Gr. vorhanden, welcher des-
sen Stelle selbst bekleidete 4) , allein er hatte damals eine ganz
andre Geschäftsthätigkeit, nämlich die cura annonae^]; noch nach
Gonstantin ist in Athen der ap5(ajv, wie in alter Zeit, der epo-
nyme Magistrat ^) ; in Antiochia in Syrien war zu Libanius Zeit
zwar die Decurionenverfassung längst eingeführt, daneben aber
Aedilen auch alle Fremden auf, sich einschreiben zu lassen : (XYopavofxot — 7:a-
paxaXoüaiv iravtac xou; 7.aTepYaCofxevou^ (s. S. 466) ttjv noXiv epysci^at xai
aTtOYpacpeo&ai xaxd xov vofxov xf^i TzoXeto; xal xö s'^o;.
1) luschr. V. Aiicyra C. I. Gr. n. 4015 : v-oi x'?jv ßouXoYpot-cpia^ iv. tcoXXoD
->taxaXeA£i[j,[j-£V7]v (xexa Xo^ou äxptßcuaavxa. Der Anfang der luschr. fehlt und
man ersieht nicht, auf welchen Magistrat sich dieselbe bezieht.
2) Mommsen J. N. 2444. Den gewesenen oTjfjLotpyoc bezeichnet die Inschr.
n. 2454 mit dem lateinischen Ausdruck demarchisanta.
3) Kuhn 2, 240.
4) lulian. or. 1 p. 8 Spanh. Vgl. Spanheim Vol. II p. 76. Libanius Vol. I
p. 427 R.
5) Philostr. V. Soph. 1, 23, 1; 2, 16; 2, 20, 1.
6) Marini Vita Prodi c. 36 ed. Boissonade.
- 521 —
bestanden ISPhylen, welche vielleicht damals Stadtbezirke ohne
politische Bedeutung waren i); namentlich machten die römischen
Titel Schwierigkeit; denn wenn man auch SexopiÄve? 2) statuirte,
so nannte man doch die Duumviri gewöhnlich ap/ovisc^) oder
oTpaTYjYoi, selbst in den römischen Colonien*). Ein drittes Mo- ^'J^^« ^tadt-
ment, welches in einer Geschichte des griechischen Communal-
wesens in Betracht zu ziehn sein würde, ist die Einführung
neuer Stadtbeamten von Seiten der Staatsregierung. Wir haben
einige derselben bereits kennen gelernt in dem Curator oder
Logisten (S. 187) und in den Censoren; es gehören dazu aber
auch verschiedene Polizeibeamte, der voxtooTpaTTjYo? ^) und der
£ip75vap5(oc^), welcher letztere wohl identisch war mit dem in ^er
Smyrna vorkommenden o-parrf/o? sri tt^c sipr^vr^c"), aus zehn
von der Stadt vorgeschlagenen Personen durch den Statthalter
der Provinz gewählt wurde ^) nnd ein Corps von Stadtsoldaten
oder Gensdarmen {SioD^fUTat) ■*) zur Verfügung halte; ferner die
decemprimi foexdiTrpojToi) , welche nicht zu identificiren sind mit der . i>»«
in alter Zeit in Rom und den Municipien oft vorkommenden Com-
mission der decem primi^^), quindecim ptimi^^], quinque pn'mi^^},
sondern in den asiatischen Städten ^■^) nicht, wie die decem primi
der italischen Mnnicipien, die ersten Senatoren nach der Rang-
ordnung des Album , sondern ein wechselnder Ausschuss der
1) Kuhn 2, 316.
2} Dies griechisrhe Wort kommt öfters vor , z. B. in Sicilien in der römi-
schen Colonie Lilybaeam. C, 1. Gr. 5495.
3} z. B. in Neapolis. C. /. Qr. 5836. 5838. 5843.
4j So in Corinth (Libanius Vol. 1 p. 429 R.) und Palmyra. Waddington
I.. 2597. 2601. 2606». 2607.
5) Dig. 50, 4, 18 S 12. Er kommt vor in TraUes C. /. Gr. n. 2930: orpo-
rr^-pjoavTa xr^v v'JXTepivr^v orpaTrjlav. Vgl. n. 3948. Er entspricht dem ftat-
feetus vigilum, der auch in Nemausus vorkommt. Orelli n. 2157.
6) Kuhn 1, 43. C. 7. Gr. Vol. II p. 1123 n. 2930^. Dig. 48, 3, 6 pr. ; 50,
4, 18 S 7. Cod. Theod. 12, 14, 1. Cod. lust. 10, 75. Häufig kommt er bei den
Christenverfolgungen vor. Augustini ep. 140. 159. Kuseb. JJiit. ccel. 4, 15.
Kuinart Acta primorum mart. ed. 1713 f. 32. 46. 62.
7) C. I. Gr. n. 3151.
8J Aristldes Vol. I p. 523 Üind.
9) Sie erwihnt Capitolin. r. .V. ArU. phil. 21. Ammiaii. 27, 9, 6, und über
sie handelt Waddington zu n. 992.
10) S. oben Seite 341 Anm. 2. Liv. 8, 3: 29, 15. Cic. pr. Ro$f. Amm. 9,
25. ad AU. 10, 13. Orelli 642. 3767.
11) Strabo 4 p. 179. Caesar B. C. 1, 35.
12l Cic. Verr. II, 2, 67, 182.
13) Sie kommen ▼or t. B. in Amorgo«, (\ I. Gr. n. 2!264; Snyrn«. n. 3201;
Cius in Bithynien, n. 3732; loUpa Ciliciae, o. 4413.
Der
— 522 —
ßooXrJi) sind, der mit der Eintreibung der Steuern beauftragt
und für jeden Ausfall in denselben verantwortlich ist 2), so dass
er den Beamten zugezählt wird, während die italischen decem
primi im Gegensatze zu den Magistraten als ausserordentliche
Repräsentanten der Curie fungiren. Endlich würden noch zu
erwähnen sein der IxSixo; und der ouvoixo;, für welche beide
der lateinische Titel defensor gebraucht wird^j. Der Ixoixoi;
kommt schon bei Cicero vor'*) und scheint damals ein Advocat
gewesen zu sein , welcher auswärtige Processe der Gemeinde
führte^). Später erscheint er als ein regelmässiger Beamter,
welcher in einer Stadt als Stellvertreter des Statthalters fungirt
und alle Geschäfte zwischen der Stadt und dem Statthalter ver-
mittelt; als solchen wenigstens erwähnt ihn Plinius unter Tra-
2wdt*oi. ian ^) ; der ouvStxo? dagegen gehört nicht zu den Beamten, son-
dern ist ein ausserordentlicher Bevollmächtigter der Stadt zur
Führung einer einzelnen Sache bei dem Kaiser oder dem Statt-
halter^), und wird als solcher noch von einem Juristen aus der
Zeit Constantins definirt^). Eine ganz neue Einrichtung ist der
CTwSr d^ßns^'*^ civitatis, welchen der Kaiser Valentinian I im Jahre 364
1) Dies ersieht man schon aus den Titeln oexaTTpojteyaa; in den Inschr.
von Tralles (Waddington n. 610), lotapa (C. I. Gr. n. 4415), Thyatira (C. /. Or.
n. 3490. 3496. 3498), Patara (C. 1. Gr. n. 4289) und oexarptoteuxw; (Inschr. v.
Philadelphia C. I. Gr. n. 3418). Ob sie indessen immer jährlich gewählt wurden,
wie Waddington zu n. 1176 annimmt, ist zweifelhaft, da in Thyatira ein oev.a-
irptoTSucai; ezt] i vorkommt (C. /. Gr. n. 3490).
2) Digest. 50, 4, 1 § 1 : patrimonii sunt munera rei vehicularis , item ruivi-
cularis , decemprimatua ; ab istis enim periculo ipsorum exactiones solennium cele-
brantur. Ulpian. Dig. 50 , 4, 3 §10: decaprotos etiam minores annis viginti
quinque fieri — pridem placuit, quia patrimonii magis onus videtur esse. 50, 4,
18 § 26 : mixta munera sunt decaprotiae et icosaprotiae, ut Herennius Modestinus
— decrevit. Nam decaproti et icosaproti tributa exigentes et corporate mini-
sterium gerunt , et pro muneribus defunctorum jßscalia detrimenta resarciunt.
S. Huschke Ueber den Census der früheren Kaiserzeit S. 143. Roth p. 71. Rü-
diger p. 10. Hegel S. 41. 51. 95. 96. Kuhn 1, 55.
3) Am besten handelt über sie Waddington zu n. 628 und n. 1175.
4) Cic. ad fam. 13, 56, 1.
5) S. die Inschr. von Cibyra, Waddington n. 1212: Ko'ivTov O'JTipaviov —
Tpsoße'jaavta otopsdv TSipaxi? Trpo? to'jc SeßaoTOo; eU 'Ptt){ArjV xal (xöYaXwv
T.^i'f^a.xiMV iTTtrjvovTa, xal dYÖtxTjaavTa Sr^fxoaia; üzo^soets roXXd; xat pLeYdXai;.
6) Plin. ep. '10, HO (111).
7) So heisst es in einem Rescript des Kaisers Hadrian an die Athener C.
I. Gr. n. 355 lin. 55 : ddv hk dxxaXsarjxai xi; rj l|X£ t^ töv dvftuTraxov , ysipoxo-
veixto auvSixou; 6 ofjfxo;, und bei Philostr. v. Soph. 1, 25, 8: T^piCev -fj "2[J.6pva
br.ep xtüv vawv xal xtbv dr' auxci? 5r/,ai<ov, a6voixov -rerotTQfxevTT] xov noXI(jLa)va.
8) Arcadius Charisius Dig. 50, 4, 18 § 13: defensores quoque , quos Graeci
syndicos appellant, et qui ad certam causam agendam vel defendendam eliguntur,
laborem personalis muneris adgrediuntur.
— 523 —
einsetzte, um der niederen städtischen Bevölkerung (plebs ur-
bana) ^egen die Bedrückungen der Vornehmen und Mächtigen
[potentiores] den Schutz zu gewähren, welchen derselben die
Statthalter versagten i) ; aber auch seine Wirksamkeit wurde bald
darauf dahin geändert, dass er eine eigene städtische Gerichtsbar-
keit erhielt; und in diesem Sinne erneuerte sein Amt im Jahre
538 der Kaiser lustinian durch eine Verfügung, in welcher die-
sem Defensor der Titel exBtxo?, nicht ouvoixoc beigelegt wird 2).
Es war einer der Zw^ecke dieses Buches, die Bedeutung der
römischen Stadtgemeinden für die ganze römische Staatsverwal-
tung zur Anschauung zu bringen. Dieser Zweck hat sich nicht
für alle Perioden in gleicher Weise erreichen lassen. Wenn na-
mentlich , wie wir gesehen, der Uebergang der sehr verschiede-
nen Stadtverfassungen in die conforme Decurionatsordnung sich
unserer Kenntniss fast ganz entzieht, so ist dies nur eine der
dunkelen Seiten der Geschichte des dritten Jahrhunderts, welches
in allen Fragen der inneren Entwickelung des Reiches bis jetzt
der Forschung unüberwindliche Schwierigkeiten darbietet. Hoffen
wir, dass es dem diesen Untersuchungen gegenwärtig lebhaft
zugewendeten Eifer gelingen möge, in neuen Quellen neue An-
haltspuncte für das Verständniss auch dieser Periode zu gewinnen.
1) Bethmann -Hollweg Rom. Civllprocess 3 S. 107. Walter Gesch. d. Rom.
Rechts S 394.
2) lustinian. Novell, lö: rsoi twv dxoixaiv.
Dntk voB Br«Ukopf und li&ru>i in Lcipsig.
Berichtigungen und Zusätze.
S. 43 ist Anm. 1 durch ein Missverständniss aus der ersten Ausgabe in die
neue übergegangen. Sie ist ganz zu streichen und statt dessen zu schreiben:
S. unten S. 493.
S. 78 ist hinzuzufügen die athenische Inschr. C. /. L. III p. 985 n. 6103,
in welcher zum erstenmal der lateinische Titel correetor provinciae Aehaiae vor-
kommt.
S. 80 Anm. Zeile 4 lies: T. Fl. Postumius Titianus.
S. 106 Anm. 1, letze Z. lies: während Detlefs en statt: wozu Det-
lefsen.
S. 185 Zeile 6 lies: «YOpa? oawv.
S. 189 Zeile 2. Statt Apollonis lies Apollonidea. Auch bei Cic. pr. Flacco
21. 51 ist statt Apollonidem , welches Halm beibehalten hat, zu lesen: Apolli-
deam. Vgl. Orelli n. 687 = Mommsen I. N. 2486.
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Marqixardt, Karl Joachim
Handbuch der römischen
Alterthümer
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