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Full text of "Handbuch der rätoromanischen Sprache und Literatur"

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SAMMLUNG  KÜRZER  LEHRBÜCHER 


DER 

ROMANISCHEN  SPRACHEN 
UND   LITERATUREN 


v 

HANDBUCH 
DER  RÄTOROMANISCHEN  SPRACHE  UND  LITERATUR 


HALLE  a.  S. 
VERLAG  VON  MAX  NIEMEYER 

1910 


HANDBUCH 


DEK 


RÄTOROMANISCHEN  SPRACHE 
UND  LITERATUR 


VON 


THEODOR  GÄRTNER 


O.   PROFESSOR  DER  ROMANISCHEN  PHILOLOGIE  AN  DER  UNIVERSITÄT 

INNSBRUCK 


HALLE  a.  S. 
VERLAG  VON  MAX  NIEMEYER 

1910 


Dem   grössten   Sprachforscher 

Hugo  Sehuchardt 

als  ein  zeichen  der  freundschaft  und  dankharkeit 

Th.  Gärtner 


Vorwort. 


Das  Sprachgebiet  und  das  Schrifttum,  worüber  dieses  buch 
zu  sprechen  hat,  nehmen  beide  ein  so  bescheidenes  plätzchen 
in  der  weit  ein,  dass  ich  nur  zögernd  den  namen  eines  so 
hervorragenden  gelehrten  an  die  spitze  hinschrieb,  um  es  ihm 
zu  widmen.  Wenn  ich  aber  die  zeit  und  arbeit  überschaue, 
die  ich  darauf  verwandt  habe,  die  rätoromanischen  mundarteu 
und  Schriftsprachen  anschaulicher  und  verständlicher  dar- 
zustellen, als  es  bisher  mit  dieser  oder  wohl  überhaupt  mit 
irgend  einer  mundartengruppe  geschehen  ist,  so  hoffe  ich,  dass 
die  frucht  meiner  arbeit  dem  meister  doch  keine  unwürdige 
gäbe  scheinen  werde. 

Der  anschaulichkeit  dienen  vor  allem  die  gleichlaufenden 
texte  in  lautschrift,  die  ich  aus  sechs  ausgewählten  orten  Grau- 
bündens,  Tirols  und  Friauls  herbeigeschafft  habe,  dann  die 
vielen  Wörter  und  biegungsformen,  die  ich  im  grammatischen 
abschnitt  aus  mehr  als  einem  dutzend,  meistens  aus  mehr  als 
einem  halben  hundert  mundarten  übersichtlich  in  tafeln  zu- 
sammengestellt und  den  einzelnen  paragraphen  eingefügt  habe: 
lehren  heisst  zeigen,  wie  die  Rätoromanen  in  Graubünden  be- 
stätigen, indem  sie  dafür  geradezu  monstrare  (mussar  u.  ä.) 
sagen. 

Der  grammatische  abschnitt  umfasst  natürlich  nur  eine 
auswahl  mehr  oder  weniger  bezeichnender  Spracherscheinungen, 
bezeichnend  für  die  Stellung  der  rätoromanischen  mundarten 
zueinander  und  zu  den  benachbarten  italienischen.  Denn  wenn 
auch  im  allgemeinen  räumlich  zusammenhängende  mundarten, 
wie  Schuchardt  1870  in  seiner  Probevorlesung  ausgeführt 
hat,  nicht  klassifizierbar  sind,  sondern  durch  räumliche  ab- 
stufungen   ineinander   tibergehen,    so   lassen   sich    doch    nicht 


vni  Vorwort. 

wenige  merkmale  finden,  die  uns  grenzlinien  und  grenzzonen 
zwischen  Rätoromanisch  und  Italienisch  festlegen.  Und  diese 
scheidnng  ist  umso  auffälliger  und  merkwürdiger,  als  das  räto- 
romanische gebiet  weder  durch  die  natur  noch  durch  die 
geschiente  des  mittelalters  oder  der  neuzeit  zu  einer  einheit 
zusammengehalten  wird. 

Die  literatur,  oder  vielmehr  die  literaturen  unseres  Sprach- 
gebietes sind  begreiflicherweise  grossenteils  mehr  um  der 
spräche  als  um  des  inhaltes  willen  interessant;  ich  konnte 
mich  daher  in  dem  letzten  abschnitte  des  buches  noch  mehr 
einschränken  und  mich  vielmehr  auf  die  geschichte  der  Schrift- 
sprachen verlegen. 

Wegen  der  grossen  anzahl  der  rätoromanischen  mund arten 
und  Schriftsprachen  musste  dieser  band  grösser  ausfallen  als 
einer,  der  bloss  eine  Schriftsprache  behandelt.  Das  übermass 
wird  aber  zu  gutem  teil  wieder  dadurch  wettgemacht,  dass 
ich  viel  elementares  als  sehon  bekannt  voraussetzen  und  über- 
gehen konnte,  da  sich  ja  niemand  auf  das  Studium  des  Räto- 
romanischen verlegen  wird,  der  in  der  romanischen  philologie 
nicht  schon  einigermassen  bewandert  ist. 

Von  diesen  gesichtspunkten  aus  habe  ich  mass  und  aus- 
wahl  des  Stoffes  bestimmt.  Dass  die  ausführung  eines  solchen 
Werkes  nicht  vollkommen  sein  kann,  ist  allen  kundigen  bekannt. 

Innsbruck,  im  märz  1909. 


Th.  Gärtner. 


Deutsch-rätoromanisches  Wörterbüchlein 

zu  den  texten  ans  sechs  rätoromanischen  mundarten. 


(Die  zahlen  weisen  auf  die  sätze.) 


ab  24,  164 

abend  286 

aber  22,  36,  88,  175  .. . 

abjagen  296 

abstechen  53 

ach  224,  278 

acht  33 

achtgeben  177 

achtzehn  46 

achtzig  88 

ader  150 

ähre  21 

all  37,  65,  119,  140  ... 

allein  37 

als  198,   210,  221,  232, 

258  .  .  .;    (wie)    373; 

als  dass  299,  359;  als 

wenn    294,    296,  378 
also  367 

alt  168,  179,223,251  ... 
älterer  348 
am  eise  67 
anieisenhaufe  67 
am  sei  156 

an  26,  119,  125,  175... 
anderer    11,    125,    219, 

230,  235  ... 
ändern  150 
anfangen  222,  260,  322, 

347 
anfüllen  241,  253,  325, 

369 


anhänglich  277 
ankommen  369 
anpacken  272 
anschauen  240 
anschliessen  323 
antworten  231,  356 
anziehen  341 
anzünden  72 
apfel  87 
arbeiten  293 
arm  236,  242,  276,  283, 

373 
arm  (der)  118 
ärmel  134 
asche  76 
ast  239 

auch  81, 125, 166, 282... 
auf  72,  192,  199,209... 
aufhängen  26 
aufmachen  181,190,205, 

211;  sich  a.  330,334 
aufschneiden  244 
aufstehen  258 
aufstreichen  197 
aufwecken  62 
äuge  151 
aus     206,     223,     228, 

289  ... 
ausdenken  290 
auslassen  374 
aussehen  97,  164 
ausstrecken  283 


bach  124 

bäcker  196,  19S 

bald  95,  141 

bank  226 

bauch    241,    253,    255, 

262,  325 
bauer  271,  273,  278 
bäum  222,  239 
bedeckt  3 
behandeln  369 
bei  56,  239,  300,  362 
bein  35,  68 
beissen  310 
beklagen  (sich)  371 
bekommen  45,  259,  282, 

353,  376 
beleidigung   373,    374, 

378,  382 
berg  3,  145 
bereuen  141 
beschmutzen  133 
besonders  10 
besser  35 
bestrafen  373 
bestreichen  198 
betrügen  200 
bett  215,  228,  311 
bettuch  73 
bewachen  294 
biene  56,  60 
bis  86,  140,  381 
bitten  355,  379 


Deutsch  -rätoromanisches  wörterbüchlein. 


blatt  144 
blau  110 
bleiben  292 
blitzen  147 
blume  60 
blnt  133,  135 
boden,  auf  d.,  30 
bösewicht  204 
brauchen  5,  136,  310 
brei  309 
brennessel  124 
bringen    80,    182,   191, 
206,  298  ..  . 

brod  328 

brücke  124 

bruder  352,  365 

brunnen  259,  264,  269 

brüst  114 

buch  94 

bücken  264 

butter  38 

da  (örtl.)91, 181,191...; 

(zeitl.)  171,  179,  187, 
196  ..  . 
dach  152,  155 
dafür  282 
dahin  (dann)  381 
damit  (adv.)  188;  (konj.) 

157,  208,  379 
danach  223,  319 
daneben  130 
dann  115,  235,256,299 
darüber  52,  370 
darum  102,  374 
dasslO,  22,  114,  127  ... 
dauern  180 
daumen  130 
davon  (weg)  283 

dazu   (örtl.)   294;   (da- 
für) 136 

decke  228 

deckel  79 

deichsei  70 

denken  236,  242,  371 

denn  164,345,365,373 
(frag.)  8, 12,62,72.. 


der  (art.)  4, 11, 17, 18..., 

f.  6,  7,  10,  18...,  pl. 

6,7,23,24,25,35...; 

mit  präp.  45, 130, 172, 

223...,  f.  62,  81,180, 

183...,   pl.  67,   119, 

175,  250  ..  . 
der  (dem.)  220, 272, 275, 

286...,  f.  310,   380, 

n.  15,  48,  52,  66  .  .  . 
der  (rel.)   4,    58,   242, 

271,  317... 
deren  34,  50,  54,  60  . . . 
derjenige  166,  373,  379 

383 
dick  102 
dieb  281 

dienen  277,  282,  357 
dienstag  113 
dieser  (adj.)  5,  10,  14, 
42,  63  . . .,  pl.  53,  87, 
144;(subst.)168, 182, 
185,   373,  pl.  66,  67, 
169  .  .. 
doch  51,  93,277,359... 

donnerstag  116 

dort    4,    147,    320;    d. 
oben  56 

draussen   162,  222,  348 

drei  68,  155 

dreissig  90 

dreizehn  45 

dreschen  19 

dritter  204,  215 

dünn  118 

durch  360 

durchbringen  360 
j    dürfen  25 
i   dürr  144 
|   durst  259 

i    eben  18 

ecke  159 

eher  164 
i    ehre  383 
I   ehrlich  277 
,    ei  44,  45,  80 


ein  (art.)  15, 18, 19, 44... 
einerll,  36,71, 90,106... 
einige  132 
einmal  (einst)  168,  170, 

273 
einschlagen  27 
eis  3 
eisen  27 
elf  45 

eilbogen  119 
endlich    91,    232,    237, 

258  ..  . 
engel  97 
ente  51 
erbse  160 
erfahren  48,  379 
erkennen  175,  183 
erkenntlich  299 
erobern  368 
ersaufen  266 
erschrecken  213 
erst  recht  300 
erster  368 
|    ertragen  379 
|    erwachen  381 
erwarten  378 
erzählen  235 
essen  51,  109,  188,  344 
essig  80 

etwas  182,  191,  206, 
241  .  .  •;  SO  e.  165; 
(ein  wenig)   101,  376 

faden  11 
fallen  297 
fangen  55 
fast  50 

federlesens  219 
fehlen  38,  114,  301 
feigheit  376 
fein  185,  188,  232 
feld  304,  324,  348 
fenster  192,  209 
fern  319 
ferse  119 
festhalten  71 
fett  102 


Deutsch  -rätoromanisches  wörterbüchlein. 


XI 


feucht  74 

feuer  72 

fieber  108 

finden  60,  218,  220,  229, 

346 
finger  130,  131 
fingerhut  132 
finster  145 
fisch  54 
fleisch  49 
fliege  66,  68 
fliegen  61 
floh  142 
flügel  67,  68 
fortfliegen  153 
fortgehen  178,  179 
forttrollen  (sich)  221 
fortziehen  319 
fran  291,  368,  375,  382 
freilich    117    (ironisch) 

278 
freitag  137 
fragen  350 
fressen   173,   201,  221, 

235,  325 
fressen  (das)  282 
freude  249,  269 
freuen  (sich)  305,  364 
freund  285,  359 
frisch  81 
froh  325 
fröhlich   344,   347,  359, 

364      - 
frühe,  in  aller,  291 
frühling  154 
fuchs  47 
fühlen  150,  336 
führen  320,  343,  360 
fünf  80 
fünfter  216 
fünfzehn  46 
für  64,  83,  342 
furcht  157 
fürchten  114,  157,  202, 

281 
fuss  175,  195,  197,  208, 

342 


futter  170 

gabel  25 

gans  51 

ganz  89,  110,  137,  248 

garten  122 

geben  36,  40,  94,  274, 

277  ..  . 
geboren  100 
gebot  358 
gebrauchen  132 
geduld  379 
gefallen  302 
gegen  331,  338,  383 
gehen    120,    170,    172, 

179,  187,  281  ..  . 
gehören  14,  373 
gekränkt  370 
gelb  42 
gemisch  109 
genug  60,  220,  256 
genugtuung  378 
gerade  (just)  101,  296 
gern  380 

geschehen  248,  286,  303 
gescheit  279 
geschwind  254 
geschwindigkeit ,        in 

aller,  256 
gestern  19,  48 
gesund  353 
gewand  133,  341 
gewinnen  59 
gier  248 
gift  69 
glatt  18 

glauben  165,  210 
gleich  11;  (sofort)  82, 

175,  200,  309 
glut  76 
gnade,  in  gn.  kommen 

300 
gnadenbrod  277,  307 
gold  105 

gott  109,  242,  380 
graben  63 
gras  122 


grau  14 

gross  21,26,  56,  187... 
grübe  63 
grün  222 

gut  10,  121,  282;  (adv.) 
313 

haar  173 

habe  317,  320 

haben  1,  5,  7,  13,  16, 

19,  30,  32  .  .  . 
hahn  43 

halb  80,  10S,  120 
hals   114;   um    den  h. 

fallen  336 
hand  342 
härchen  306 
hart  23;  (streng)  382 
hase  127 
hässlich  35 

haus  82,   137,  292,  349 
haustür  ISO,  189,  204 
haut  173 
heilen  116 
heiliges  Grab  368;  hl. 

Land  368 
heim  206,  223,  243,  309 
heimlich  53 
heissen  332,  339 
helfen  289 
heller  88 
hemd.9 

her  341,  343,  350 
heraus    24,    234,    245, 

246  ..  . 
herbei  171,  254 
herbst  153 
herd  72 

herein  173,  212 
hernach  189 
herr  291 ;  mein  h.  378 
herrenleute  298 
herumdrehen  31 
herunter  152 
hervor  145 
herz  112 
herzen  250 


XII 


Deutsch- rätoromanisches  Wörterbüchlein. 


heueii  29! 

heute  1,  43,  44,  92 

hier    16,    20,   60;   hier 

ist  31 
kimmel  331,  338 
hin  336 

hinaus  172,  237,  286 
hinein  265,  354 
hineinbringen  255 
hinten  147 
hinter  293 
hinunter  242 
hinzu  267 
hoch  145 
hochzeit  250 
hof,  den  h.  machen  43 
hoffnnng  375 
holen  170,  234 
holz  5,  26,  77 
honig  57 
hören    156,    284,    287, 

349,  375 
hörn  36 

huhn  41,  42,  47,  51 
hund     164,    165,    270, 

271  ..  . 
hunger  329 
hungersnot  321 
hüpfen  250 
hüten  172,  u2i 

ich  30,  33,  50,  58  .  .  . 
mir  147,  197,  205  .  .  ., 
(betont)  378,  mich 
362;  du  32,  41,  45, 
57  . . .,  dir,  dich  128, 
130,  201,289..  .(be- 
tont) dir  306,  379, 
380,  dich  331,  338, 
378;  er  22,  74, 101  . . ., 
(bei)  96,  150,  361, 
sie  9,  10,  16,  22  .  . ., 
(bet.)  16,  es  29,  113, 
114  . .  .,  sie  61,  66, 
68,  88.  .  .,  ihn  85, 
86,  95  .  .  .,  (bet.)  336, 
374,  sie   13,  31,  380, 


es  58,  166,  201,  sie 
(pl.)  25,  26,  37,  55  . . ., 
(bet.)  83,  292,  300, 
316,  ihm  95,  198, 
202  ... ,  (bei)  373, 
ihr  52,  372,  ihnen  69, 
171,  248,  318,  ihn 
ihm  341,  wir  13,  51, 
55,  59  .  .  .,  uns  6,  38, 
47,  80  .  .  .,  ihr  92,  93, 
137,  190,  euch  172, 
173,  236,  (bei)  182, 
191,  206  .  ..,  sich  43, 
52,  135,141  ...,(bei) 
327 

immer  53,  86,103, 150... 

in  9,  32,  114,  122..  .; 
mit  d.  ari  39,  114, 
143,  150,  153,  170  ..  . 

in  acht  nehmen  177 

indem  320 

indessen  263 

irgendwo  160 

ja  2,  98,  203 

jagen  152 

jähr  58,    99,    100,   277, 

357 
jämmerlich  266 
jammern  237,  286 
jeder   141;  subsi  182, 

191,  206 
jemand  180,  372,  374 
jener  3,  21,  26,  35,  67, 

145. . . 
jetzt  34,  75,86,  101  ... 
jung   47,    51,    97,    238, 

319 
junge  (das)  229 
jüngerer  316 
jüngster  97,  220 

kalk  64 
kalt  2,  135 
kämmen  141 
kästen  (uhr-)  217,  220 
233 


kater  14,  15 

katze  15 

kaufen  50,  89,  187 

kein   16,  272,  280,  281 

kette  71 

kieselstein  252,  263 

kilo  68,  90 

kind     169,     172,    193, 

205  ..  . 
kindlein  181,  190 
kissen  228 
kleien  325 

klein  37,  55,  107,  292 
kleine  (die)  117 
kleinstes  (kind)  232 
klopfen  180,  189,  204 
knabe  208 
knecht   328,  333,   340, 

350 
knie  119 
knochen  119 
knurren  261 
kochen  160,  309 
kohl  126 
kohle  5 
kommen  4,  58,  82,  91, 

92..  . 
könig  368,  371,  376 
können  4,  122,  132,166, 

178.  .  . 
köpf  245 
köpf  kissen  311 
köpf kohl  126 
körn  23,  24 
kosten  87 
krämer  187 
krank  107,  112 
kränken  52 
krankheit  116,  142 
kreide  187 
kreuz  56 
krieg  69 
kröne  383 
krümmen  306 
küche  216 
küchlein  42 
kuh  33,  35 


Deutsch- rätoro m anisches  wört erb iichlein . 


XIII 


kurz  27 
küssen  336 

lachen  103 
lagerstätte  312 
lamm  40 

land  119,  321,  323 
lang  27,  121 
lange  84,  180,  223 
lassen  25,  43,  297,  301 
laufen    196,    19S,    238, 

243  ..  . 
lauge  136 
laus  142 
lauter  (nur)  263 
leben  307,  345,  365 
leben  (das)  320,  360 
lebendig  242,  247,  345, 

365 
leber  113 
lecken  164 
leer  21,  162 
leeren  163 
legen    192,    209,    293; 

(e.  ei)  44 ;  sich  1.  222, 

294 
lehren"379 
leicht  135 
leid  248,  299 
leiden  322 
leinwand  10,  12 
lesen  95 
letzter~284 
leute  203,  323,  369 
licht  (das)  62 
lieb     172,     177,    181, 

190  ..  . 
lieben  169 
lieblich  185 

liegen  20,  25,  239,  283 
links  27 
lippe  110 
loch  79 

machen  8,  69,  115,  165, 

188  ..  . 
mädchen  82,  115 


inagen  259 

mager  117 

mähen  122 

-mal  10,  31,  158,  204, 
373 

man  12,  22,  25,  53  .  .  . 

mann  315 

mästen  343,  353,  360 

mauer  65 

maul  280 

maurer  65 

maus  16 

meckern  179 

mehl  199 

mehr  35,  97,  238,  319, 
341;  nicht  m.  16,  102, 
272,  275  .. . 

mein  19,  37,  41,  52,  91 
...,  (betont)  363,  379; 
dein  8,  97,  133,  186 
. . .,  (bet.)  363 ;  sein, 
ihr  42,  169,  175,  188 
. . .,  (bet.)  32 1 ;  unser 
51,143,  185,195,208; 
euer  181,  191,  206, 
333  . . .,  (bet.)  14;  ihr 
250,  269,  292 

meinen  112,  148,  263, 
299 

melken  37 

merken  256 

messen  7 

messer  129 

milch  36 

mischen  85,  86 

mit  3,  29,  35,  67,  69 
.  .  .;  (adv.)  123,  238, 
292 

mitleid  276,  336 

mittwoch  114 

monat  120 

mond  62 

montag  112 

morgen  274,  284,  291 

mühe  372 

müllerll3, 198,200,202 

müllerin  114 


niund  106 

müssen  51,  53,  73,  224, 
243  .. . 

mut  288 

mutter    169,    177,    181, 

185  ..  . 
mütterchen  206,  208 

nach  (zeitl.)  120,  230; 
(örtl.)  82,  93;  n.  ein- 
ander 219,  246;  (ge- 
mäss) 379;  (adv.)  296 

nachbarin  166 

nachher  176,  244,  295 

nachlassen  148 

nächster  (zeitl.)  58,  150 

nacht  115 

nachtmal  242 

nadel  243 

nagel  27;  (holz.)  26; 
(finger-)  110 

nähe,  in  die,  349 

nähen  9,  256 

name  230,  271 

narren  376 

nass  74 

neben  124;  n.  einander 
27 

nehmen  123,  292 

nein  22,  129 

nennen  232 

nerv  150 

nest  155 

neu  17,  70 

neulich  47 

netuf  140 

neunzehn  143 

nicht  4,  7,  15,  22,  25 
. . . ;  betont  oder  ohne 
verb  15,  121,  208, 
223  .  .  .;  n.  einmal 
257,  306. 

nichts  161,  248,  256, 
272  ... 

nie  38,  50,  62,  107,  358, 
359 

niederlegen  222 


XIV 


Deutsch -rätoromanisches  Wörterbüchlein. 


niederschiessen  274 
niedrig  39 

niemand  231,   292,  326 
nirgends  161,  229 
noch  3,  20,  40,  74  .  . .; 

(neg.)  7 
not  289,  322 
nötig,  es  ist,  29 
nun  204,  236,  381 
nur  36,  55,  106,  134  ... 
nütze  sein  245 

ob  59,  208 

oben  140 

oder  74,  114,  130,  208 

ofen  215 

oft  46,  174 

oheim  148 

ohne  178 

ohr  106 

öl  80 

ordentlich  (recht)   115, 

272 
ort  125 

paar  68,  132 
pfanne  78 
pfarrer  94 
pferd  34 
pfingsten  138 
pflegen  293,  (150) 
pfotel92,  198,  199,202, 

209 
pilgern  368 

quelle  81 

rächen  375,  382 
rad  71 

raffen  (zus.)  319 
rahm  38 
rappeln  260 
rat  302 
rauben  295 
rauch  152 
rauh  175,  183,  186 
recht  (sehr)  117;  nicht 
r.  279 


rechts  27 

reden  104,  105 

regen  241 

regen  (der)  143 

regnen  144,  148 

reiben  (waschen)  139 

reif  22 

reinigen  137 

retten  299 

ring  342 

rot  35 

rufen     171,     180,    207, 

230  ... 
rühren  257 
rumpeln  und  pumpein 

262 

sack  89,  90 

sagen  10,  113, 150,  171, 

176  .. . 
salat  83 
salz  80 
samstag  137 
sand  139 
schaf  39 
schatten  293 
scheinen  61;  (es)  147 
schenken  96,  312,  380 
scherbe  227 
schere  243 
scheune  17 
schicken  324 
schiessen  274 
schlachten  343,  353,  360 
schlaf  381 

schlafen  222,  253,  258 
schlecht   320,   360,  369 
schleichen  286 
schleppen  254 
schliessen  29 
schlimm  98 
schlüpfen  214 
Schlüssel  29,  30 
schmied  112 
schnarchen  239 
schnee  3 
schneiden  128,  244,  246 


Schneider  250 

schneien  146 

schnell  101,  296 

schnitt  245 

schon  40,  43,  75,  84 
.  ..;  (wohl)  177,  289 

schön  1,  341 

schrank  216 

schreien  304 

schuh  342 

schule  120 

schwalbe  153 

schwarz  175,  192,  195 

schweigen  103,  105 

schwein  324,  325 

schwer  165 

Schwester  37 

schwitzen  115 

sechs  246,  263 

sechster  217 

sechzehn  46 

sehen  22,  41,  119,  161, 
193  .. . 

sehr  370,  383 

sein  (vb.)  2,  3,  4,  6  . . . 

seitdem  (dass)  16 

seite  240 

selbst  13,  373 

sense  25 

Sichel  123,  128 

sieben  167,  171,  254, 
267 

siebenter  217 

siebzehn  46 

Silber  105 

singen  156,  158,  349 

sitzen  9 

so  25,  102,  195,  203 
. .  .;  so  gross  259;  so 
dass  272;  (nach  Be- 
ding.- od.  Zeitsätzen) 
173,  180,201,245... 

sobald  245 

sogar  46 

söhn  91,  314,  315,  319, 
332  ... 

solange  61,  253, 282, 307 


Deutsch -rätoromanisches  wörterbüchlein. 


XV 


solcher  90 

sollen  83,  163,  242,  284, 

286  .. . 
sommer  46 
sondern  15,  129,  373 
sonne  61,  283 
sonntag  138 
sonst  23,  77 
sorge  178 
soviel  89,  127,  277,357; 

s.  nnr  255 
spät  92 
später  104 
sperling  163 
sperrweit  offen  225 
spielen  349 
spitzbnbe  174 
spreu  20 
springen  24,  246 
stall  32,  39 
stark  11 

statt  dessen  379 
staub  151 
stecken    233 ;    (trans.) 

255 
stehen    114,    157,    162, 

225,  273  ..  . 
stehlen  47 
stein  93,  254,  259,  260, 

265 
stellen  160 
sterben  329 
stiege  125,  139 
stiel  78 
still  157 
stimme    175,    185,   186, 

188,  232 
stossen  (an-)   197;  an- 
einander st.  260 
strafe  142 

strecken  (heraus-)  245 
streicheln  305 
streng  3S3 
streuen  199,  227 
stroh  20 
stube  9 
stück  187 


stufe  140 

stnhl  226 

suchen  159,  229,  252 

sündigen  331,  338 

süss  88 

tag  45,  132,  143,  150...  | 

täglich  141 

tal  143 

taute  8 

tanzen  269 

teig  197 

teil  317 

teilen  318 

teller  160,  162 

tenne  18 

teuer  6,  49 

teufel  98 

tief  63 

tier  53,  276 

tisch  18,  214,  226 

tochter  52,  91 

tor  (der)  225,  273 

tot  268,  345,  365 

träge  und  feig  373,  381 

tragen  (er-)  380 

traurig  284 

trinken  84,  259,  264 

trocken  75,  111 

trocknen  73 

tropf  373 

tropfen  (der)  84 

trost  376 

tüchtig  380 

tun  166,  200,  201,  299, 

380 
tür  28,  180,  211 

übel  (das)  114. 

Über  124, 264,304;  (von) 

236 
überall  61 
überfluss,  in,  328 
übergehen  (-treten)  358 
übrig  lassen  127 
uhr  217,  220,  234 


um  269;  (für)  243;  um 

zu  170,  359 
umher  61,  227 
umsonst  77 
umwerfen  226 
und  3,  5,  7,  9,  11  .  .  . 
ungeheuer  (das)  253 
ungern  24 
ungetüm  244,  248 
unten  140 

unter  155,  214,  217,  222 
unzänligemal  373 

vater    304,    316,    317, 

328  .  .  . 
verabreden  303 
verbrennen  77 
verdreht  78 
verdruss  374,  376 
vergeblich  372 
vergessen  30 
verkaufen  12,  57 
verlassen  42 
verlieren  314,  346,  366, 

375 
vermögen     (das)    318, 

360 
vermuten  200 
verschlucken  219,  242, 

248,  373 
verstecken  213 
verstehen  149 
verstellen  (sich)  174 
versuchen  58 
vertun  320 
verzehren  321 
vetter  19;  (herr)  149 
vieh  32 

viel  5,  32,  36,  59  .  . . 
vielleicht  69,  146 
vier  100 
vierter  216 
vierzehn  45 
vierzig  140 
vogel  93,  155 
voll  22,  151 
von  4,  67,  81,  140  .  .  .; 


XVI 


Deutsch  -  rätoromanisches  Wörterbüchlein. 


(part.)  84,  182,  187, 
(poss.)  78,  (zeitl.)  46, 
115...;  (infolge)  259, 
(b.  pass.)  368,  369, 
372;  von  da  an  313, 
382,  von  nun  an  338 

vor  273;  (zeitl.)  100; 
(aus)  269,  329;  (fürch- 
ten) 172,  281 

Vorbild  379 

vorgestern  42 

vorher  208 

vornehm  368 

vornehmen  (sich)  376 

vorvorgestern  42 

wachsam  271 
wachsen  101,  124 
wagen  (der)  70 
wahr  210 
während  293 
wahrhaftig  121 
wald    170,    172,    206, 

223  ..  . 
wanst  244 
warm  4 
warten  30 

Waschbecken  217,  227 
waschen  73,  135,  141 
wasser  81,  85,  135,  264 
weben  13 
weg  (der)  121 ;  sich  auf 

den  w.  machen  334 
weg  24,  135,  153 
wegen  376 
weib  273,  276,  308 
weich  24 
Weihnachten  100 
weil  89,  248,  259,  284, 

353 
wein  84 
weinen  236,  377 


weiss  199,  202,  210 

weissen  65 

weit  283,  335 

weiter  246 

wenig  19,  30 

wenn  144,  148, 150, 158, 

173  ... 
wer  72,  (relat.)141,212; 

was  8,  159,  224,  262, 

(abhängig)   286,  350, 

(relat.)  210;  was  für 

ein  109 
werden  272,  284,  306, 

332,  346  ..  . 
werfen  93 
wert  332,  339 
wetter  1,  150 
wie   11,   18,  68,  97,  99 

.  .  .;   (als)   239;    wie 

viele  328;  wie  wenn 

164,  381 
wieder  43,93,  120,  122, 

189  ... 
wiegen  90 
wiese  222,  239 
wieviel  87,  99 
wind  4,  148,  152 
winter  5 

wissen  59,  109,  160,  208 
wo  12,  160;  (da)  360 
woche  108 
wohl  45 
wohnen  56 
wolf     167,     172,     183, 

186  ... 
wölke  145 
wolle  40 
wollen    41,     150,    170, 

172,  200  ... 
wozu  63 
wünschen  313 
wurm  127 


wurzel  144 

zahlen  89 

zahn  272,  280 

Zahnfleisch  110 

zappeln  241 

zäun  293 

zehn  40 

zeigen  208 

zeit  368 

zerren  228 

Zicklein  167,  168,  176, 
183  ... 

ziege  168,  223 

ziehen  265 

zittern  239 

zorn  374 

zornig  werden  354 

zu  308,  316,  330,  378 
..  .,  (zeitl.)  100;  (inf.) 
222,260  ...,  zuhause 
292;  (zweck)  242, 
312;  (zusammen)  256; 
(zu  sehr)  6,  299 

zubereiten  83 

zudecken  76 

zuhören  104 

zukommen  317 

zumachen  28 

Zündhölzchen  118 

zunge  111 

zurück  189,  298,  305, 
369 

zurückgeben  95 

zusammen  319 

zwanzig  40 

zwei  31,  33,  106,  315 

zweiter  215 

zwiebel  80 

zwirn  243 

zwischen  145 

zwölf  45 


Wörterverzeichnis 

zum  aufsuchen  der  mundartliehen  formen,  die  hier  als 
beispiele  dienen. 


(Die  fetten  zahlen  geben  diejenigen  seiten  an,  wo  zu  dem  betreffenden 

wort  50—70  rät.,  lomb.  und  ven.  formen  beigebracht  sind;  sonst  ist  die 

anzalü  der  mundarten  nur  ungefähr  14.     Vereinzelt  vorgeführte  formen 

sind  hier  nicht  verzeichnet.) 


abinde  (weg)  263 
abscondere  266 
abunda  (genug)  271 
acetum  142 
acus  267 
adesso  s.  modo 
ad-una  (immer)  263 
aer  260 
aestas  122 
albus  s.  blank 
aliquid  177,  221 
alter,  pl.  110 
alt-iare  258 
altus  131 
amita  114 
ammalato  s.  mal-sanus 

anas  267 

angelus  259 

ami us,  pl.*178 

apis  262 

aqua  196 

aranea  259 

aratrum  s.  quadriga 

arbor  260 

area  (tenne;  feld)  258 

artigori  (grummet)  271 

asinus  270 

-assem,  .  .  .  -assent  250 

ftärtnet,   Rätorom.  spr 


auca  129 
aucellus  188 
audire  138,  audit  128 
auricula  (ohr)  172 
aurum  128 
auscnltare  262 
avus  254 
axungia  255 

basilica  262 

basium  257 

bassus  118 

becco  s.  schnabel 

bellus,  pl.  108,  f.  154 

bene  108 

bestia  (schaf)  255 

bibere  112 

blank  174 

bombyx  259 

bonus,  pl.  160,  f.  158 

bos  267 

bosco     s.    wald     und 

arbor 
brachinm  200 
brutus  258 
bucca  192 
butyrus  255 
byrsa,  pl.  206 

u.  lit. 


caballus  190 
caelnm  152 
calceus  261 
calidns  131,  f.  174 
calx  174 
camba  190 
camisia  200 
campus  258 
canis,  pl.  132 
capilli  190 
capra  129 

captare  (finden)  170 
caput  120 
carneval  261 
caro  118 
carrus  118 
carus  120 
casa  120 
caseolus  269 
catena  144 

cattus,  pl ,  f.,  f.  pl.  108 
cauda  117 
centum  188 
cerasus  (-esia)  264 
cinis  188 
clamat  134 
clavis  122,  pl.  108 
coccinns,  pl.  112 
2 


XVIII 


Wörterverzeichnis. 


cochlear  271 
collura  262 
cominciare  258 
consobrinus  263 
convenit  s.  est-opus 
cor  158 
corium  178 
coxa  271 
crassus,  pl.  184 
crep-  (fels)  254 
crux  148 
cubitus  271 
cultellus  267 

dare  108,  do  .  .  .  dant 

240 
decem  152 
deorsum  164 
dexter  267 

dico  .  .  .  dicimus  246 
dies,  pl.  137 
digitalis  (fingerhut)  266 
digitus  144 

directus  144;  s.  dexter 
dominica  114 
dorsum  s.  spiualis 
dulcis  174 
durus,  f.  140 

-ebam,  -ibam  249 

ecclesia  s.  basilica 

eccuin-hac  136 

ego  210 

-ere  142 

-ere  babeo,  -ire  babeo 
(fut.)  252 

ervilia  (erbse)  257 

esse,  sum  . .  .  sunt  234; 
suin  ego,  es  tu  .  .  . 
sunt  illae  236;  sim 
.  .  .  shnus  248;  fuis- 
sem  250;  ero  252 

est-opus  263 

ex-corrigi-ata  s.  geisel 

ex-uta  s.  ver 

fabellare  s.  rationare 


,  facere,  part.,  facio  . . . 
faciunt  245 
falsus  265 
falx  131 
farina  138 
femina  114 
ficatum  255 
filius,  pl.  209,  f.  200 
filum  138 

fingerhut  s.  digitalis 
flanima  134 
flos  148 
foculare  262 
focus  192 
foenum  178 
folium  174 
foras  160 
forinica  264 
formicariuin  171 
frater,  pl.  122 
frigidus  142,  f.  144 
frisch  192 

fructus  141 ;  s.  infans 
fumus  178 
furca  192 
furnellus  263 

gallus,  -ina  190 
gamba  s.  cauiba 
geisel  256 
gelare  262 
gens  s.  leute 
genu  188 

germanuss.  consobrinus 
glaci-are  s.  gelare 
glacies  174 
glomus  263 
grandis,  pl.  134 
gua-  s.  wa- 

habeo  .  .  .  habent  238; 

habeam ,     habeamus 

248;  part.  246 
hanc  134,  (auch;  noch) 

265 
hebdomas  114 
heri  152 


hibernum  152 

hirpex  267 

hirando  256 

hodie  200 

homo,  pl.  160 

hora  117,148;  s.quando 

-ia  137 

-ibam  s.  -ebam 

ille,  pl.,  f.,  f.  pl.  (pron. 

pers.)  210 
im-piliare     (anzünden) 

262 
incipere  s.  cominciare 
infans  254 
insulsus  265 
integer  152 
inter  269 
ire,  part.,  f.,  eo  . . .  eunt 

244,  vadit  136 
-lssem,  -Tssem  250 

jovia  158 
jugum  148 
juvenis  112,  f.  114 

knäuel  s.  glomus 

lac  195 

lacerta  254 

lana  134 

larix  112 

latro,  pl.  110 

laxatus,  pl.  117 

lectus  172 

lepus  154 

leute  262     * 

lignum  (bäum)  s.  arbor 

lingua  198 

lixiva  187 

locus  158 

longa  (neben)  270 

longus,  f.  192 

longe  269 

luft  260 

lupus  148 


Mundartliche  formen. 


XIX 


magen  268 

malattia  259 

mal-sanus  259 

malsloz  268 

inandacare  120,  -as  184 

inanus  132 

inanzo  s.  bos,  taurus 

inassa  s.  nimia 

mater  265 

matto  (knabe),  pl.,  f., 

f.  pl.  209 
me  212 
medius,  f.  200 
meluui  (apfel)  142 
mensa  269 
mens,  -a,  -i,  -ae  216 
mihi  212 
milliarium    (viel)    263, 

266 
minat  117 
mittere,  mitto  .  .  .  niit- 

tunt  228,  mittam  248 
modo  (nur)  255;  (jetzt) 

256;       (auch)      264; 

(noch)  265 
molinarius  125,  f.  171 
mons  260 
mordet  160 
muma  s.  mater 
inungere  188 
murus,  pl.  206 
mus  s.  sorex 
musca  pl.  184 

nasus  120 

nec-unus  221 

niger  265 

nimia  261 

nitidus  208 

nivere  268 

nix  142 

non-magis     (nur)     s. 

modo 
nos  148 
novem  158 
novus,  pl.  206 
nox  160 


nnlla  221 
nutrix  s.  bestia 

obscnrus  195 
oculus,  pl.  172 
oleum  200 
ossnm,  pl.  160 
ovum,  pl.  158 

pacare  190 

palea  (spreu)  268 

palma  177 

panis  178 

papilio  256 

par  (paar)  120 ;  s.  longa 

parlare  s.  rationare 

pars  118 

pater  263 

paucus,  f.  128 

pauper  128 

pecora  s.  bestia 

pecten  152 

ped-uculus,  pl.  110 

pellis  154 

perdere  170 

pflüg  s.  quadriga 

piper  264 

pirum  142 

platte  s.  foculare 

plenus  144 

pletra  (trichter)  256 

pluere  174,  pluit  158 

pluvia  200 
--plus  174 

pomum  s.  melum 
y'portare,  part.,  porto  . . . 
portant  224;  porta, 
-ate,  portem  .  .  .  por- 
tent  247 ,  portabain 
.  .  .  -ant  249 ;  fut.  252, 
cond.  253 

possum  .  .  .  possumus, 
part.  242 

praesaepe  271 

pratum,  pl.  122 

prehendere  s.  tollere 

pulex  188 


pulmo  255 
pulvis  177 

quadraginta  196 
quadriga  (pflüg)  257 
quaerit  196 
quando  263 
quattuor  110 
quattuordecim  196 
quid  198 
quindecim  196 
qainquaginta  196 
quinque  196 
quis  198 

rahm  257 
rationare  254 
ren  261 
retina  254 
renen  268 
roba  128 
rostire  261 
rotundus  148 

sabbatum  114 
sal  122 
|    sal-  (heuschrecke)  257 
sanguis  198 
sapere  170,  part.,  sapio, 

-is,  -it  246 
sapo  265 
satis  s.  abunda 
sauber  s.  nitidus 
schenken  257 
schnabel  260 
scopare  120 
scribere,  part.  138 
sebum  142 
secare  190 
semper  s.  ad-una 
Septem  154 
sera  144 
sex  152,  186 
sexaginta  186 
sie  (so;  ja)  184 
sicilis  270 
sinister  261 
2* 


XX 


Wörterverzeichnis. 


sitis  142 
smetana  s.  rahm 
sol  172 
soldato  259 
solus  262 
sorex  263 
soror  271 
spica  138 
spinalis  256 
stare  240,  stas  184 
Stella  117 
stramen  132 
subinde  (oft)  264 
sulcus  177 
sulfur  177 
sursum  141,  164 
suus  216 

tabulatum  269 
talpa  177,  267 
taurus  128 
tela  144 
temo,  pl.  206 
tempus  152 
tenaculum  271 
tepidus  266 


terra  154 
tollere  258 
totus,  pl.  164 
trachter  s.  pletra 
troppo  (viel)  s.  millia- 

rinm;  (zu)  s.  nimia 
tu  141,  210 
taus,  -a,  -i,  -ae  216 

über  112 
ubi  270 
undecim  112 
ungula  172 
unus,  f.  140 
Urtica  260 

vacca  192 

vadit  s.  ire 

veneris  154 

venire  170,  230,  part. 

230,  f.  117,  venio... 

veniunt  230 
venter  269 
ventus  260 
ver  270 
vernris  181 


vetnlus,  f.  172 

via  (subst.;  adv.)  137 

viaticum     und     vicata 

(mal)  270 
vicinus  188 
videre,  part.,  video  . . . 

vident  226 
vinum  138 
voc-itns  (leer)  160,   f. 

158 
-vol-ere  181,   volo   .  . . 

volumns  242 
voli-endo  (gern)  269 
vox  181 
vulpes  181 

wald  182 
ward-are    (hüten; 

schauen)  182 
weidanön  182 
werh  (tw-)  182 
werre  182 

zanco  s.  sinister 
zange  s.  tenaculum 


Wörterverzeichnis 

zur  Übersicht  über  die  in  dem  buche 
angeführten   schriftsprachlichen   Wörter   und  formen. 

(Diejenigen  Schriftsprachen, 
von  denen  nur  wenig  zu  sagen  war,  sind  hier  übergangen.) 


a)   Das  älteste  rätoromanische  Sprachdenkmal. 


a  präp. 

afunda  genug 

angeli  engel 

aquil,  quil  der,  jener; 

f.  aquilla,  quilla,  f.  pl. 

aquillas 
arcullus  stolz 
avem  wir  haben 
avirtu?  geöffnet 

cannao  getäuscht 
care  liebe 
causas  dinge 
christiani  Christen 
contenia  stolz 
contra  gegen 
eurda  leckerheit 

de  von 

dei  gottes 

des  es  ziemt  sich 

diabulus  teufel 

dico  ich  sage 

die  tag 

dis  sagt 

et  und 

fai  macht 
fos  eure 
frares  brüder 
funda  s.  afunda 

gurdus  lecker 


homo  mensch 

ille,  il,  ilo,  lo  artikel; 

pl.  Mi 
in  in 

inferno  hölle 
intin  in 
is  ist 

jejunia  fasten 

kare  8.  c- 
ki  was?  dass? 

linas  bäum 
lo  s.  ille 

manducado  gegessen 
mopotesille? 

ne  damit  nicht 

no,  nos,  nus  ivir  uns 

[njominai  genannt 

ouli  äugen 

per  durch 

perdudo ,     -udus    ver- 
loren; pl.  -udi 
perjuras  böse 
plaida  spricht 
poterus  ? 

prendamus  nehmen  wir 
primaris  erster 


quali  welcher 
quil  s.  aquil 
quo  an  welchem 

salvator  heiland 

savire  wissen 

semper  immer 

seulo  weit 

si  so 

sicu  wie;  siquil  =  sicu 

il? 
sipse  selbst 
su  auf? 
sua  seine? 

tiavolus  =  diabulus 
time     fürchten;    1.  pl. 

timimo 
tres  drei 
tut  oder  tutt  ganz 

unferno?  s.  in- 
umilanz  demut 

vene  kommt,  wird;  pf? 

veni ;  1.  pl.  veni[mo], 

konj.  veniamo 
veridade  Wahrheit 
virtu?  kraft 
vo,  vos  ihr,  euch;  vgl. 

fos 

wardadura  bewachung 


XXII 


Wörterverzeichnis. 


a,  ä,  ä,  ad  zu,  in  .  . .; 
dat.;  zu  (inf.) 

a,  ä,  ä,  ad,  6  (1691),  e 
(1737),  et  (1836)  und 

adina  immer 

adressa  adresse 

afflaus  {präd.)  gefunden ; 
afflei  findet  es 

agid  hilfe 

agien  eigen 

ah  ach 

akla  landgut,  mcierhof 

alg  zu  dem,  dem;  pl. 
als 

algi  ihm 

alt  alt 

ameglioraziun  Verbes- 
serung 

amitg  freund 

amprim  erster;  f.  -ma, 
-mma 

amur  liebe 

anatomia  Zergliederung 

anchins,  -nas  einige 

aueunter  gegen 

andreg  recht 

augarschau  gemästet 

anguoschas  pl.  angst 

ani  ring 

annalas  pl.  annalen 

anquira  3.  sg.  sucht 

ansembel,  ansemel, 
enzemen  zusammen 

autrocau  bis 

antruvidament ,  -men, 
antruidanient ,  in- 
unterweisung 

antschavet  pf.  fing  an 

anzaquonts  einige;  f. 
-tas,  enzacontas,  ze- 
contas 

apologetica  f.  apolo- 
getisch 

apostels  pl.  apostel 

appendix  anhang 


b)   Oberländisch. 

arca,  arche,  kästen 

ardur  hitze 

arsira  inbrunst 

artigiel  artikel 

aschi  so 

auda,  -de  s.  udir 

aunc,  eune,  onnc  noch 

aar  gold 

aururs  pl.  morgenrot 

auter       anderer ,      pl. 

auters;  f.  autra,  pl. 

-as 
avdonza  wohnung 
averta  f.  offen 
aviuls  pl.  bienen 
avont,  avon,  vont  vor; 

tener  a.  vorhalten 
avril  april 

bab  vater 
bageg  bau 
banadir  segnen 
bandunna  3.  sg.  verlässt 
bargir  weinen,  flehen 
baselgia  kirche,  pl.  -ias 
baselgiadas  pl.   kirch- 

sprengel " 
basengs  not 
bass  bass 
beaus  {präd.)  selig;  f. 

beäda 
beadameing  selig 
bein  gut,    wohl;    bein 

che  obschon 
beins  pl.  guter 
beinfundamentau  ivohl- 

begründet 
beltezia  Schönheit 
ber  viel;pl.  bers,  bears, 

biars 
bi  (attr.  und  n.)  schön; 

f.pl.  biallas 
bibla  bibel 

bieu  (attr.)  gut;  f.  buuna 
big,  biggia  s.  bucca 


bitschä  pf.  küsste 
blidonza  st.  einbl- 
boign  bad 
bratsch  arm 
bref  f.  brief 
bucca,buc,(1621)biggia, 

big  nicht 
bundonza  überfluss 
bundsartikel       bundes- 

artikel 
bunna  s.  bien 
buntad  gute 
burgeis  bürger 
burger  bürger 

ca,  c',  ch'  relat. 
ca,  ch'  dass;  auf  dass 
calzers  pl.  schuhe 
candelier  leuchter 
cantar  singen;  ger.  can- 

tont 
cantonala  (1840)  f.  kan- 

tons- 
cantun  kanton 
canzun  lied;  pl.  -ns 
capucciner    kapuziner 
car  teuer,  lieb 
cardienscha  glaube 
carezia  liebe 
carschida  p.  p.  f.   ge-, 

erwachsen 
carschioun,      carstieun 

mensch 
casa  haus 
castitad  keuschheit 
catscha  3.  sg.  jagt 
cau,   chau,    cheu  hier, 

hieher 
caulds  pl.  warm 
cavaus  p.  p.  {präd.)  ge- 
graben, geschöpft 
celestial  himmlisch 
ch'  s.  ca 
charezja  liebe 
chars  pl.  teuer 


Oberläudisch. 


XXIII 


chau,  cheu  s.  cau 

chi  wer 

chiet  hahn 

chioun  hund 

chira  pflege 

christianeivel  christlich ; 
f.pl.  -vlas 

civil  zivil- 

clar    klar,    hell;  f.  pl. 
ciaras 

claustra  kloster 

clomm  1.  sg.  rufe 

co  wie 

collectur  Sammler 

collecziun  Sammlung 

comandar,    comm-    be- 
fehlen 

coinins  s.  cumin 

commissiun  auftrag 

compagnia  gesellschaft 

compari    p.  p.  pl.    er- 
schienen 

compatriots  pl.   lands- 
leute 

componidas  f.pl.  kom- 
poniert 

compromiss  ausgleich 

confrars   pl.  mitbrüder 

consolaziun  trost 

cont  gesang 

conventual    Kloster- 
bruder 

cor  herz 

corporate  pl.  leiblich 

corregida  p.  p.  f.  ver- 
bessert 

criminal  straf- 

criscas  kleie 

cudesch,  -isch  buch;  pl. 
cudeschs,  -ischs 

cudeschet ,     cudischet, 
-ett  büchlein 

cu'lg  mit  dem 

culiez  hals 

cultivatur  (1860)  Züchter 

cumbriaus  p.  p.  (präd.) 
bekümmert 


cumgmau ,  cummiau, 
cumngau  abschied 

cnmin   gewöhnlich, 
volks-;  f.pl.  -nas 

cumin  gemeinde ;  pl. 
comins 

cummiau  s.  cumgniau 

cumparchir  teilen 

cumplanieu(e)  vollendet 

cumpongia  3.  sg.  be- 
gleitet 

cun  mit 

cunaschents  pl.  bekannt 

cunfiert  trost 

kunst  kunst 

cunzunt,  -un  besonders 

cuort  s.  curt 

cura,  cur  wann,  als; 
cura  che  wann,  wenn 

curdaus  p.  p.  (präd.) 
gefallen;  pf.  3.  sg. 
curdä 

curret  pf.  3.  sg.  lief 

curt,  cuort  kurz;  f. 
curta 

cusseigl,  -egl  rat 

custeivla  f.  kostbar 

da,  dad,  d',  de,  de  d' 

von  .  .  .;    gen.;    zu 

(inf.) 
dal  s.  digl 
dalunsch  weit 
dalur  f.  schmerz 
damai    ca,    d.  ch'   da, 

weil 
damaun  f.  morgen 
dar  geben;  p.  p.   dau, 

(präd.)  daus,  f.  da- 

da ;  ger.  dent ;  3.  sg. 

dat ;  impt.  sg.  dai,  pl. 

deit,  dei;  impf.  3.  sg. 

deva 
davart,  -rd  über,  von 
davos  letzter;  f.  davosa 
de  s.  da 
dedicatiun  widmung 


dedicaü^?.^.  gewidmet; 
f.pl.  -adas 

defenda  3.  sg.  verteidigt 

degl,  della  . .  .  s.  digl 

dei,  dent  s.  dar 

denter  zwischen 

des  s.  digl 

descriptiun   beschrei- 
bung 

desideri  Sehnsucht 

deus  s.  dieus 

deva  s.  dar 

devotiun  andacht;  pl. 
devoziuns 

devoziusa  f.  andächtig, 
pl.  devotiusas 

di,  di,  gi,  gij  tag;  pl. 
gis,  gijs 

dieus,  deus  gott 

digl,  digl'  (onn),  d'ilg, 
dilg,  dil,  dal,  degl 
von  dem,  des,  pl.  dilgs, 
des ;  f.  della,  dell',  pl. 
dellas 

dir,  gir  sagen ;  pf.  3.  sg 
giet,  sehet 

discurs  pl.  gespräche 

dispitta  streit 

divers,  -ers  pl.  ver- 
schieden 

diviis  geteilt 

donna  frau 

dreig  recht 

duas  s.  dus 

dulsch  süss,  sanft;  f. 
dulscha 

dumbrar  zählen 

dus  zicei;  f.  duas 

dustar  abwehren 

duvein  1.  pl.  sollen 

e  s.  a 

eammas  s.  iarma 
ean,  een  s.  esser 
easters  (präd.)  fremd 
economia  Wirtschaft 
editiun  ausgäbe 


XXIV 


Wörterverzeichnis. 


egl,  e'gl,  elg,  'lg  in  dem 

ei,  eis  s.  esser 

el  er,  ihn;  f.  ella,  ela, 
la;  n.  ei,  i,  ilg,  lg'; 
pl.  eis,  ei 

elementar  elementar;  f. 
-ra 

elg  s.  egl 

emblemas  pl.  embleme 

emblidonza  Vergessen- 
heit 

emprender  lernen 

en  in;  ein 

en  s.  esser 

enconoschienscha  er- 
kennung 

endischavla  f.  elfte 

enqual  irgend  ein 

ent  in;  ein 

enteis  in  den 

enten  in 

entochen,  antrocan  bis, 
solange 

entruidament  s.  an- 

entschiata  anfang 

enzacontas  s.  an- 

enzemen  s.  ans- 

epistolas  pl.  episteln 

era,  er  auch 

eri  ruhig 

errurs  s.  aururs 

esser  sein;  p.  p.  staus 
gewesener;  1.  sg.  sunt, 
2.  eis,  3.  ei,  eis;  3. 
pl.  en,  ean,  een;  konj. 
3.sg.  seig,  seic,  seigi; 
impf.  3.  sg.  fova,  konj. 
fuss;  pf.  3,sg.  fö 

et  8.  a 

eunc  s.  aunc 

evangelicas  f.  pl.  evan- 
gelisch 

evangelis  pl.  evangelien 

experimentau  erprobt 

fa  s.  far 

fablas  pl  fabeln 


fadia  mühe 

fal  /fctt 

far  machen;  p.  p.  faig, 
f.  faicchia ,  faggia, 
fatgia;  3.  sg.  fa;  konj. 
2.sg.  fetsches,  -ies; 
impt.  sg.  fai 

fermir  festigen 

ferton  solange 

fetsches  s.  far 

fide  impt . :  ta  f.  verlass 
dich 

fideivla  f. getreu,  gläubig 

fidonza  Zuversicht 

fierra  3.  sg.  wirft,  stürzt 

fig  gar;  sehr 

figuras  pl.  figuren 

tilg  söhn;  pl.  filgs 

filgia  tochter 

fin  f.  ende 

finnas  f.  pl.  fein 

firaus  pl.  feiertage 

fist  sfocfc 

fltau  p.  p. :  f.  ora  aus- 
geschmückt 

fitschendas  pl.  ange- 
legenheiten 

nur,  flura  blume ;  pl.  flurs 

fö  s.  esser 

fom  hunger 

fomaz,fumaz  hungersnot 

fontouna  qiielle 

formular  formelbuch 

fova  s.  esser 

franzosas  f.  pl.  fran- 
zösisch 

frars  pl.  brüder 

freg,  fretg,  frig  frucht, 
nutzen 

fresc  frisch 

fumaz  s.  fo- 

fumelgs  pl.  knechte 

fundamentala  f.  gründ- 
lich 

fuorma  form,  formet; 
pl.  -as 

fuss  s.  esser 


gada  mal 

garrir  seufzen 

gasetta  (1840)  zeitung 

ghiu  s.  giu 

gi  s.  di 

gidar  unterstützen 

gie:    scha    gie    wenn 

aucÄ 
giet,  gir  s.  dir 
gistia  gerechtigkeit 
giu,    giü,    (1665)   ghiu 

afe,  hinab 
giuvan ,    juven    jung; 

der  jüngere;  s.  juvna 
giuventegna ,       j  uvan- 

tengia,    (1665)    giu- 

venteghien  Jugend 
giuvnals    pl.    junge 

leute 
gl'  on  im  jähre 
glierg'  rühm 
glisch,  glish  licht 
gramatica ,    gramm- 

grammatik 
grazja  gnade 
grec  griechisch 
grigiava  impf.  3.  sg.  be- 
gehrte 
grischa  f.  grau 
gröf  graf 
grond,   gron   gross;   f. 

gronda,  -d',  pl.  gron- 

das 
guaulds  s.  nault 
gurbida  erfolg 

hanur  ehre 

haver,  ver  haben;  1.  sg. 

hai,    2.  has,    3.  ha, 

1.  pl.   vein ,    3.  han ; 

impf.  3.8g.  veva;  pf. 

3.sg.  vet 
hebamas  pl.  hebammen 
historia  geschichte;  pl. 

-as 
hum  mann 
hura  stunde 


Oberländisch. 


XXV 


iarma  wocAe;^.  eammas 

iau  s.  jou 

ilg,  il,  1.  lg', 'lg  art.der; 

pl.  ils,  'ls;  f.  la,  1'; 

f.pl.  las  (la  criscas) 
ilg  ihn;  es 
in,  ina  s.  ün 
indesch  elf 
insinuaziun  anregung 
intruidament  s.  an- 
inventadas   p.  p.  f.  pl. 

erfunden 
ir  gehn;  p.  p.  ius;  5.  sg. 

va;  pf.  3.sg.  mä 
item  desgleichen 

je  ja,  sogar 

jou,  iau,  jeu,  jo  ich 

jnvantengia ,    juven   s. 

giuv- 
juvna  f.  jung,  Jungfrau 

kunst  kunst 

la,  las  s.  ilg  u.  el 
lagrament  ergötzung 
lagrar  ergötzen 
lai  s.  laschar 
lamentaschuns  pl.  klagen 
languaig  s.  lun- 
laruias  pl.  tränen 
laschar  lassen  ;impt.  sg. 

lai 
latezia  freude 
laud  lob 
lautra  gada  das  ziceite- 

mal 
lavar  si  aufstehen;  3.sg. 

leva;  pf.  3.sg.  lavä 
lavuretta  kleine  arbeit 
lectura  lektüre 
legies  konj.  2.  sg.  lesest 
lessas,  lett  s.  vulieu 
letanias  pl.  litaneien 
leva  s.  lavar 
lg  s.  ilg 
'lg  s.  egl 
lg  ei  es  ist 


lgi   ihm;   ä  Igi,   ä  lgi 

lgi,  'lgi,  a  lgi  dat.  dem, 
der  (art.) 

lient  darin 

ligia,  -ga  &wnd ;  pl.  ligias 

ligieus  verbündeter 

liturgia  liturgie 

liungs  {präd.)  lang 

losch  stolz 

lou  dor£ 

ls  s.  ilg 

ludeivel  löblich ;  pl. 
-vels 

lugar    besetzen,   ver- 
wenden 

lün  der  eine 

lnngaig,  languaig,  lun- 
guaic,  lunghaaig,  lun- 
gatg  spräche 

lur  ihr,  ihre 

luvrau  p.p.  gearbeitet 

mä  s.  ir 

mai:   bacca  mai  nicht 

nur 
mai  je,    nie;    (in    der 

frage)  denn 
maig  mai;  strauss 
mal  übel,  schlecht 
mal  übel  (das) 
malgiavan  impf.  3.  pl. 

frassen 
malmort  todeskrankheit 
malsognia  krankheit 
manaus    p.  p.    (präd.) 

geführt ;     impt.    pl. 

maneit 
mangein  1.  pl.  lasst  uns 

essen 
manievel  (l.  -nei-)  leicht 
maridar  heiraten 
marvillgius  sonderbar 
matt  knabe 
matta     mädchen;     pl. 

mattouns 
maun  m.  hand 


mazeit      impt.     pl. 
schlachtet 

medem  (1834):  il  m. 
derselbe 

mediant  (1861)  mittels 

medicament  arznei 

medicaziun  heilung 

mees  s.  mieu 

mei  mich 

meina  3.  sg.  führt 

meins  weniger 

melodias  pl.  weisen 

memgnia,  memmia  zu- 
viel, zu 

memoria  gedächtnis 

memorial  gedenkbuch, 
denkschrift 

mes  s.  mieu 

messa  messe 

metter  stellen,  setzen, 
übersetzen,  m.  si  auf- 
erlegen, m.  giu  ver- 
fassen ,  m.  ansemel 
zusammenraffen;  p.p. 
mess,  mes,  pl.  messi, 
mesi,  f.  pl.  messas ; 
impt.  pl.  mettei 

mi(ämi)  mir;  mi  (mei) 
mich 

mi,  mia  s.  mieu 

miedi  weise,  pl.  miedis 

inier  s.  murir 

mieu  mein,  pl.  mes, 
mees ;  f.  mia(mi  olma) 

migiur  meier,  pächter 

mingia  jeder 

mintgin  jeder  t 

mira  3.  sg.  schaut ;  kond. 
3.  sg.  mirass 

mira  absehen 

miravelgia  Verwunde- 
rung 

missionari  missionär 

mistral  landammann 

mo  aber,  sondern 

moralitat  Sittlichkeit 

morir  s.  murir 


XXVI 


Wörterverzeichnis. 


mort  tod 

oberkeit  obrigkeit 

pedras  pl.  edelsteine 

morts  pl.  tot 

obligatiuns  pl.  pflichten 

peis  pl.  füsse 

muentau  p.p.  bewogen 

oelg  äuge;  pl.  oelgs 

per  s.  par 

mumma  mutter 

officis  s.  uffici 

perpetten  eivig ;  f.  per- 

mund  weit 

oigg  acht 

petna 

muort  s.  mmt 

olma  seele 

perquei  s.  par 

muossament  s.  inuss- 

on,  onn  jähr;  pl.  onns 

pertgirar  s.  parch- 

murir,    morir    sterben; 

ora,  or  aus,  hinaus;  or 

pertidas  p.  p.  f.  pl  ge- 

1. sg.  mier 

da,  or  d',  ordt,  ord 

teilt;  p  f.  3.  sg.  parche, 

muri,  muort  wegen 

(ordal  1850,  ordil  1860 

partit 

mussa  3.  sg.  zeigt 

aus  dem)  aus;  or  zunt 

pfarrer  (1842)  pfarrer 

inussader  lehrer 

nagut  aus  gar  nichts 

pia  denn  (in  fragen) 

uiussamen,  muossament 

ordinaziun  anordnung 

pietigot  lebeivohl;  pl.  -ts 

lehre 

original  original 

pievel  volk 

ortografia  Orthographie 

piliets  pl.  pfeile 

na,  nan  nicht 

ounc  s.  aunc 

ping  klein;  f.  pintga 

nagin  keiner 

pitschen  klein,  gering; 

nagutta,  nagut  s.  nuotta 

päd  er  pater 

pl.  -ns 

nan  s.  na 

par,  per  für ;  um  zu  (in  f.); 

pittra  f.  bitter 

nationala  f.  national 

par  ca,  perquei  che  da- 

pladi s.  plidius 

nauscha  böse 

mit;  par  quei,  perquei 

plaid  wort 

nausohadat,       -dad(e) 

deshalb 

plaschieu  p.  p.  gefallen 

Schlechtigkeit 

parche  s.  pertidas 

plevont  pfarrer 

navent  weg 

parchei,  pertghiei,  per- 

pli  mehr 

ner  oder 

tgei    warum,    denn; 

plidius  p.p.  (präd.)  ver- 

neras f.  pl.  schwarz 

parchei  ca  weil,  denn 

dungen;    pf.    3.  sg. 

nief,  niev  (präd.)  neu; 

parchirar,     pertgirar 

plide,  pladi 

pl.  novs;  f.  nova 

hüten 

plievia  regen 

niess,  nies  (präd.)  unser; 

pardeus   p.  p.   (präd.) 

plimroa  feder 

f.  nossa 

verloren 

po  denn,  doch  (bei  im- 

niz nutzen 

pardunament,  -nn-  Ver- 

perativen) 

nizeivel  nützlich 

zeihung 

po  3.  sg.  kann,  2.  pos ; 

nou  her 

parer  scheinen 

3.pl.  pon ;  konj.  3.  sg. 

nova  s.  nief 

parnet  s.  prender 

possig;    konj.    impf. 

novellas  pl.  novellen 

parsuls  präd.  allein 

1.  sg.  pudess,  5.  pudes 

num  name 

particular  besonderer 

porcs  pl.  schweine 

numnaus   p.  p.  (präd.) 

part  teil;  pl.  -ts,  -tz 

portau  p.  p.   getragen ; 

genannt 

partit  s.  pertidas 

ger.    purtont;    kond. 

nunschend  unsäglich 

pasar  wägen 

3.sg.  purtass 

nunvaseivlamenc      un- 

passiun passion 

pos,  possig  s.  po 

merklich 

patria  (1838)  Vaterland 

possessur  besitzer 

nuotta,   nuot,  nagutta, 

patriarchs     pl.    Patri- 

prender nehmen,  pr.  nou 

nagut  nichts 

archen 

hernehmen;  pf.  3.  sg. 

nus  wir,  uns 

patriot  patriot;  pl.  -ts 

parnet 

patron  patron 

presentas  f.  pl.  gegen- 

o, 6  oh 

pauc  wenig 

wärtig 

0  8,   U 

paun  brot 

promotiun  förderung 

Oberländisch. 


XXVII 


promovieus  p.p.  (präd.) 
befördert  [tung 

propagatiun       verbrei- 
prophet  prophet ;  pl.  -ts 
prudienscha  klugheit 
psalm  psalm;  pl.  -ms 
publicau  p.p.  veröffent- 
licht ;  f.  pl.  -cadas 
pnccau  Sünde;  pl.  -aus; 
sa    prender    puccau 
mitleid  fühlen 
pudess  s.  po 
purtass,  -ont  s.  portan 
pusseivel  möglich 

quala,  la  quala  f.  welche ; 

pl.  las  qualas 
qnareisma  fastenzeit 
quarta  f.  vierte 
quei  das,  dies 
quel,  (attr.)  quei    der, 

dieser,  das,  dies;  pl. 

quels ;  f.  quella,  pl.  -as 
quest  dieser;  f.  questa 
quint  rechenschaft 
quittau  fürsorge 
quonts  pl.  wie  viele 

radicala  f.  radikal 

raduut  rund 

ramonsch  s.  ro- 

rantaus  p.p.  (präd.)  an- 
geklebt, haftend 

raschunar  rechnen 

rauba  sache,  vermögen 

reform  ai  p.  p.  pl.  re- 
formiert 

refutatiun      Zurück- 
weisung 

reg  könig 

regenza  regierung 

reglas  pl.  regeln 

religiun  religion 

religius  pl.  mönche 

responder antworten;  3. 
sg.  rispunda;  pf.  3.sg. 
respondet 


revedida  p.p.  f.  durch- 
gesehen 

reverend  ehrwürdig 

reverir  verehren 

rhäto-romonsch  (1864), 
rätoromanisch;     f. 
rhaeto-romanscha 
(1S86) 

rimas  pl.  reime,  gedichte 

rimnanda  (-ada?)  Ver- 
sammlung 

rischuns  pl.  gründe 

rispunda  s.  responder 

romonsch,  rumonsch, 
ramonsch  romanisch, 
oberländisch;  pl.  ru- 
monschs ;  f.  romon- 
scha,  romanscha,  ra- 
monscha,  ramontscha, 
pl.  mmonschas 

ruassar  ruhen;  3.  pl. 
ruaussan 

ruckeggia  3.  sg.  rückt 

ruttadiras  pl,  bräche 

ruvaus  ruhe 

sa,  s'  sich 

salid  heil;  gruss 

san  3.pl.  xvissen 

sanadat,  -dad  gesundheit 

sarament  eid 

sasez  selbst  (3.pers.) 

sauns ,     seuns    (präd.) 

gesund 
savents  oft 
savunda  3.  sg.  folgt 
sbitte  impt.  verwirf 
scadin  jeder 
scaffieu  p.p.  erschaffen 
scartiras  pl.  Schriften 
scazi  schätz 
scha,  sehe,  seh'  wenn, 

scha  gie  wenn  auch 
scha,  schi,  seh'   so  (be- 

dingungsnachsatz) 
schentar   setzen;    p.  p. 

tschentau,  f.  -tada 


sehet  s.  dir 
schi  s.  scha 
schiglioc ,    -iog    sonst, 

überhaupt 
schquitschau  s.  squ- 
sco  wie 

scola  schule;  pl.  -as 
sequicciau  s.  squ- 
scriver   schreiben,    scr. 

giu  abschreiben;  p.p. 

scrit 
sculars  pl.  Schüler 
scür  dunkel 
seeunda  f.  zweite 
eees  s.  sieu 
segner,  senger,  signier, 

singiur    herr  (gott); 

signur  gröf  (1795)  h. 

graf 
seid  durst 
seig,     seic,     seigi    s. 

esser 
semper  immer 
senger  s.  segner 
senn  glocke 
sentenza  urteil 
senza  ohne 
seras  pl.  abende 
ses  s.  sieu 
sessiun  sitzung 
seu  s.  sieu 
settns  s.  sauns 
sfaig  p.p.  vertan;    pf. 

3.  sg.  sfiget 
sfarfaigs  pl.  wild  (?) 
si  auf 

siemngonttjrer. träumend 
sien  schlaf 
sieu,  seu  sein;  pl.  ses, 

sees,  ses;  f.  sia 
signier,  signur  s.  segner 
sin  auf 

sincer  aufrichtig,  bieder 
singinr  s.  segner 
singiuradi  herrscJiaft 
sis,  siis  sechs 
societad  gesellschaft 


XXVIII 


Wörterverzeichnis. 


soing,  soinc  heilig ;  pl. 

soings ;  f.  soingia,  pl. 

soinchias 
solenn  feierlich 
sonchezia  heiligkeit 
sopran  sopran 
sort  loos 

sörurs  pl.  Schwestern 
sparng  sparen 
sparngiar  ersparen 
speras  daneben 
Spiegel,  -ghel  Spiegel 
spindra    3.  sg.    erlöst; 

konj.  3.  sg.  spindri 
spiritual  geistlicher;  pl. 

-ls 
spirituals    pl.    geistig, 

-lieh;  f.pl.  -las 
spirt  geist 
spronza  hoffnung 
spruch  richterspruch 
squitschar  drucken;p.p. 

squitschau ,     schqui- 

tschau,  sequicciau 
stadera  wage 
stampa  presse 
stampai^p-i?.  pl.  gedruckt 
star   stehen,    bestehen; 

ger.  stont;  3.  sg.  stat, 

l.pl.  stein  lasst  uns 

stehn  (sein) 
staus  s.  esser 
stizzar  löschen 
stont  s.  star 
stuleschan    3.  pl.    ent- 
schwinden 
suenter  hernach;  nach; 

letzter,  f.  suentra 
sulaz  trost 
sumellgia  abbild 
summa  auszug 
sunt  s.  esser 
suplica  (1795)  gesuch 
sur     oberhalb;     (1789) 

über)  von;  (1848)  sur 

d'  über,  von 
sura:  part  sura  Oberland 


sursilvan    (1883)    Ober- 
länder 
survangir  bekommen 
surveschig  konj.  3.  sg. 

diene 
survient  diener;  pl.  -nts 
suspira  3.sg.  seufzt 
suspirs  pl.  seufzer 
sut  unterhalb 

ta  dich 

tadlavan  impf.  3.pl. 

horchten 
taner,  tener  halten ;  3.  sg. 

ten ;  konj.  2.  sg.  tegnes 
targeit  impt.  pl.  zieht 
tarmatet,  tarmettet  pf. 

3.  sg.  schickte 
teara  s.  tiarra 
tegnes  s.  taner 
tei  dich 
temps  sg.  zeit 
ten,  tener  s.  taner 
tenor  tenor 
terra  s.  tiarra 
tes  s.  tieu 

testamen,  -ent  testament 
tetez  selbst  (2.  pers.) 
tghi  s.  ti 
tgierp  leib 
ti  du 

ti:  a  ti,  ä  tghi  dir 
tia  s.  tieu 

tiarra,  teara,  terra  land 
tiarza  f.  dritte 
tiers,  tier  zu;  nou  tiers 

herzu 
tieu   dein;   pl.   tes;   f. 

tia,  pl.  tias 
tilä  pf.  3.  sg.  zog 
tkgij  wer 
ton,  tont  soviel;  um  so, 

desto 
traduetiun  Übersetzung 
traduiu  p.  p.  übersetzt 
translatau    übersetzt; 

präd.  -aus 


tras  durch,  von 
tristezias  pl.  schmerzen 
tschaneunna    3.  sg.:    t. 

tras      durchschreitet, 

durchmisst 
tschentau  s.  sch- 
tschiel  himmel 
tschupi  kränz 
tudeschg,      tudestg 

deutsch ;  f.  tudeschgia 
tunn  ton 

turna  3.  sg.  kehrt  zurück 
tut,  tutt  all,  ganz;  tut 

quei,    tutta  quei  all 

das;    tut    sia   rauba, 

tutt  l'iarma;  pl.  tuts; 

f.pl.  tuttas 

u,  ü,  (1737)  o  seigi  oder 
uault  ivald;  pl.  uauls, 

guaulds 
udida  gehör 
udir(e)  hören;  gehören; 

p.p.  udieu;  3.s#.aud'; 

impt.  aude 
uffici  amt;  pl.  officis 
uffont  kind;  pl.  uffonts 
ün,  in,  unn  ein ;  f.  Unna, 

ina,  üna,  nnna,  ünn', 

inna 
unviern  winter 
uordan,     -den     orden; 

Ordnung 
uratiun  gebet;  pl.  -ns 
ureglias  pl.  ohren 
uront  ger.  betend 

va  s.  ir 

vadi  kalb 

vangir  kommen,  werden; 

p.  p.  vangeus,  vegniu 

(n.);   2.  sg.  vens,  3. 

ven,  veng;  pf.  3.  sg. 

vangit 
vangonts  (präd.)  würdig 
vapur  dampf 
varga  3.  sg.  geht  vorbei 


Oberengadinisch. 


XXIX 


vaset  8.  vieu 
vastcheu  gewand 
vechter  Wächter 
veder  alt 
vegniu  s.  vaDgir 
veiD  s.  haver 
velg  alt;  pl.  velgs 
velgia  tville 
velgias,  -gig  s.  vnlieu 
venter  bauch 
ventireivlameing  glück- 
lich 
ver  s.  haver 
ver  wahr;  f.  vera 


vers  pl.  verse 

vertida  p.p.  f.  übersetzt, 

pl.  -as 
vet,  veva  s.  haver 
veza  s.  vieu 
vi  s.  vnlieu 
vi  da,  vid'  an 
viadi  reise,  weg 
vieu^.^?.  gesehen;  3.sg. 

veza ;  pf.  3.  sg.  vaset 
vifs  (präd.)  lebendig 
vista  antlitz 
vita,  vitta  leben 
viver  leben 


vol  s.  vulieu 

vont  s.  avont 

vulieu  p.  p.  geioollt; 
1.  sg.  vi,  2.  vol,  3. 
vult ;  Jconj.  2.  sg.  vel- 
gias, 3.  velgig;  fcon;'. 
impf.  2.  sg.  lesses, 
lessas;  pf.  3.sg.  lett 

vusch    stimme;    pl. 
vuschs 

zecontas  s.  anzaquonts 
zunt,  znnd  gar,  ganz 


a,   ä,   ad  zu,    an  .  . ., 

dat.,  zu  {inf.) 
abitants  pl.  bewohner 
abundauntia  überfluss 
acchiattör  finden;  3.  sg. 

chiatta;    3.  pl.    Jconj. 

achiatten;   3.  pl.  pf. 

acchiataun;  p.  p.  ac- 

chiatto 
ad  s.  a 

adattö  p.  p.  bereitet 
adöver  gebrauch 
adüna,  -Unna  immer 
adüntrat  sogleich 
aestim  Volkszählung 
aeterna  f.  ewig 
affadiser  bemühen 
afflictinn  betrübnis 
aggiavüscheva  impf. 

wünschte 
agiteschan    3.  pl.    be- 
wegen, regen  auf 
agiudo  p.p.  geholfen 
agli    1.  an    ihn,    ihm; 

2.  art.  dem 
aint  ein,  hinein 
ais  s.  esser 
alg,    al,    agli   an   den, 

dem 


c)  Oberengadinisch. 

alchiün  irgend  ein;   f. 

pl.  alchünas 
algrezzchia  freude 
alhura  da,  dann 
allö  dort 
alvö  pf.  hob  sich 
amazo  impt.  schlachtet 
ainanduos ,     amenduos 

beide 
amen  amen 

amuanto     bewegt ,     be- 
wogen; pl.  amuantös 
an  jähr;  pl.  ans 
anelg,  anilg  ring 
anglais  englisch 
annalas  annalen 
annotatiuns  pl.   an- 

merkungen 
anumno,    nomno  p.  p. 

genannt ;     f.     anum- 

naeda,  -eda 
apotheca  apotheke;  pl. 

-cas 
apozen    3.  pl.    konj. 

stützen 
appalais  s.  palais 
apreschanter   darbieten 
aquseli  s.  quasi 
aquaist ,    quaist ,   quist 


dieser;  f.  aquaista, 
quaista;  f.pl.  aquai- 
stes 

aquel,  quel,  quell  der, 
jener;  pl.  aquels, 
quels;  f.  aquella, 
quella ;  f.  pl.  quellas ; 
attr.  (que  pled)  und 
neutrum  aque,  que 

aquegli  s.  quael 

aqui,  qui  hier;  aqui 
dsieva  hiernach ,  s. 
quidavaunt 

aradschun    Vernunft, 
recht 

araigs  pl.  könige 

aramauntsch  s.  rum- 

arasaun  3.  pl.  pf.  ver- 
breiteten 

arassa  gewand 

aresposta  antwort;  pl. 
arispostas 

aresüstaunza    auf- 
erstehung 

arfschieu^.j).  bekommen 

ariaven  3.  pl.    impf, 
lachten 

arick,  arik,  riech  reich 

ariginam  reich  (das) 


XXX 


Wörterverzeichnis. 


arispostas  s.  are- 

armundö    p.  p.    be- 
schnitten 

aroba,  roba  gut,  ver- 
mögen 

aroniaunsch ,    aru- 
mauntsch  u.  ä.  s.  ru- 
maunsch 

arou  Lsg.  bitte;  1. pl. 
aru  vain ;  3.  sg.  pf.  aruo 

art  kunst 

aruina  verderben 

a.rnxaa,gaet3.sg.pf.  blieb 

asadnler  sättigen;  p.p. 
assadulö 

aschanto  s.  sch- 

aspetteva   3.  sg.    impf, 
wartete;  pl.  -evan 

atscho  chia  damit 

auinentedas  p.  p.  f.  pl. 
vermehrt 

aunchia  noch 

aungel  engel;  pl.  -ls 

auns  co  bevor 

autres  s.  oter 

avanzeva    3.  sg.   impf, 
machte  fortschritte 

avaunt  vor 

bab  vater 

bachiser,  -ier  becher 
bain  gut,  wohl,  sehr 
bainvuglijuscha     wohl- 
wollen 
baiva  3.  sg.  impf,  trank 
baselgia  kirche;  pl.  -as 
benedit  3.  sg.  pf.  seg- 
nete;    benedieu    ge- 
benedeit 
beo,  bio  selig;  f.  beseda, 

pl.  biaedas 
bger   viel;  pl.   bgiers; 

f.  pl.  bgearras 
biblicas  f.  pl.  biblisch 
bigniuns ,    bignuns   pl. 

beulen 
bio  s.  beo 


bittol  s.  büttol 

boen  s.  bun 

bcesch,   -steh,    -sthe 

bäum 
bratschs  pl.  arme 
brichia  nicht 
bsoeng,  bsüng  not;  pl. 

bsöngs 
bsognius  notwendig 
bun   gut;  pl.   buns;  f. 

buna;  n.  boen 
buntaed,    -set  gute;  pl. 

-seds 
bütschö  3.  sg.  pf.  kiisste 
büttol,    bi-    3.  sg.    pf. 

warf  er 

cantser  s.  chianter 
canzuns  s.  chianzun 
catechisem,  -smus  kate- 

chismus 
cel  s.  tschel 
celestiel  himmlisch;  pl. 

-ls 
chi,    che    relat. ;    chels 

die  sie,  chim  die  mir 
chia,  chi,  che,  ch'  dass; 

chel   dass  er,    chels 

dass  sie 
chiamin  weg,  marsch 
chianter,  (1666)  cantser 

singen ;     ger.    ( 1 666) 

cantand ;  p.p.  chianto ; 

3.sg.pf  chianto 
chianzun  lied;   pl.  can- 

zuns 
chiardinel  kardinal 
chiaste  schloss 
chiatta  3.sg.  findet 
chiauns  pl.  hunde 
chiesa  haus 
chiosrp,  chiüerp,  coarp 

leib 
chim  s.  chi 
chiossa    Sache ;      pl. 

chioses 
chiüerp  s.  chioerp 


chrastiauna ,  chri-  f. 
christlich;  pl.  christi- 
annas 

cittadin  bürger 

citted,  -ed  stadt 

civilla  f.  in  Zivilsachen 

clser  klar 

clanio,  -6  p.p.  gerufen, 
genannt 

claritset  klarheit 

clavacin  klavier 

co  wie;  co,  da  co  che 
weil 

coarp  s.  chioerp 

collectiun,  -cziun  Samm- 
lung 

colloqui  (1S72)  spräche 

columbins  pl.  tauben 

commiss  p.  p.  über- 
tragen 

comoen  gemeinde 

compaschiun  s.  cum- 

componuda,  composta 
f.  verfasst 

conjugaziun  konjuga- 
tion 

consolatiun,  consu-  trost 

cosalg  rat 

cour  herz;pl.  cours,  cors 

craien  3.  pl.  glauben 

creatüra  geschöpf 

creschaiva  3.  sg.  impf, 
wuchs 

cretta  glaube 

crida  befehl 

criininel  in  Strafsachen 

crousas  pl.  kleie 

crudaiven  3.  pl.  impf, 
fielen 

crusch  kreuz 

cu,  eun  mit 

cudasch,  -esch  buch 

cudaschet,  -aet  büchlein 

cuffüert  trost 

eugniosche  kennen;  1. 
sg.  eugnuosch 

culoez  hals 


Oberengadinisch. 


XXXI 


cumanzo  p.p.  angefan- 
gen; 3.sg.  pf.  -anzo, 
-enzo 

cummoeuamaing     ge- 
wöhnlich 

cumpagnia   gesellschaft 

cumpaschinn,  com-  mit- 
leid 

cnmplieu  p.p.  erfüllt; 
pl.  -ieus 

cun  s.  cu 

cuncepieu  p.  p.  emp- 
fangen 

cundanös  p.p.  pl.  ver- 
dammt 

cunsalveva  s.  cussalven 

cunschains  pl.  bekannte 

cunsches  3.  sg.  konj. 
impf,  kennte 

cunterdit  p.  p.  wider- 
sprochen 

cuntredgia  gegend 

cuort  kurz;  f.  -ta 

cura  wann;  als 

curriand  ger.  laufend 

cusagro  p.p.  geweiht 

cusalvös  s.  cussalven 

cuschidriant  ger.  er- 
wägend 

cussalven  3.  pl.  auf- 
bewahren ;  3.  sg.  impf. 
cunsalveva;  p.p.  pl. 
cusalvös 

cymbals  pl.  zimbeln 

cyttra  gitarre 

da,  da  d',  d',  de  von, 
aus  .  .  .,  gen.,  zu 
(inf.) ;  da  dudesth 
ans  zwölfjährig;  da 
d'implir  anzufüllen ; 
d'not  bei  nacht 

daer geben;  p.p. f.  daeda; 
ger.  dant;  2.pl.  ded; 
impt.  do,  dö,  pl.  de, 
de;  3.sg.  impf,  deva; 
3.   pl.     konj.     impf. 


dessen;  3.sg.pf.  det, 
pl.  detten 

dagl,  dalg,  dal,  delg, 
del  von  dem . . .,  des; 
pl.  dals,  dels;  f.  da 
la,  della;  pl.  da  las, 
dallas,  dellas    [daiva 

daia  3.  sg.  soll;    impf. 

damaun  morgen 

darchio  wieder 

davart  über 

davend  weg 

dbits,    debits     pl. 
schulden 

dchiappo,  -6  p.p.  ge- 
schehen; pf.  dchiappo 

debits  s.  dbits 

declaeran  3.  pl.  erklären 

declaratiun  erklärung 

ded,  dessen  s.  daer 

del,  delg,  della  usw.  s. 
dagl 

del  von  ihm;  pl.  dels 

deng  würdig 

desch  zehn 

descritinn  beschreibung, 
Volkszählung 

desert,  -rd  wüste 

desideraiva    3.  sg. 
wünschte 

det,  detten,  deva  s.  daer 

deus,  dieu  gott 

devot  fromm 

di  tag;  pl.  dis,  dijs 

dialect  (1871)  dialekt 

dich  s.  dir 

dignitsed,  -aet  würde 

differentias  pl.  Streitig- 
keiten 

diligentia  fleiss 

dimperse  sondern 

dir  sagen;  p.p.  dit,  f. 
pl.  dittas;  ger.  di- 
schant,  dschant,  -nd, 
schant ;  1.  sg.  dich ;  pf. 
dis,  dachet,  pl.  dissen 

discipliua  disziplin 


diversas    f.  pl.    ver- 
schieden 
do  s.  daer 
doeli  schmerz 
dottür  s.  dnctur 
dret  recht;  f.  dretta 
dschand,  dschet  s.  dir 
dschfat,    dsthfat  p.  p. 

vertan 
d'schniainchen     3.   pl. 

konj.  vergessen 
dsieua,  -va,  zieua  nach, 

hernach;  ds.chewacÄ- 

dem 
dspera  neben 
d'svess  selbst 
ductrigna  lehre 
ductur,  dottür  doktor; 

pl.  dutuors 
dudesth  zwölf 
dumandaer  verlangen; 

ger.  dumandand 
dumengia  sonntag 
dun  gäbe;  pl.  duns 
duos  zwei 
durmir  schlafen 
dutuors  s.  ductur 
dvanto  p.p.  geschehen; 

3.sg.  dvainta 

e,  et  und 

e  es,  sie:   es  e  ist  es, 

sun    e,    haun    e,    e 

sulaiven 
eau  ich 

editiun  ausgäbe 
effetts   pl.    Wirkungen, 

werke 
eis,  eira  s.  esser 
eir,  er  auch 
eivna  woche 
el,  elg,  eilg  er,  es;  pl. 

eis;  f.  ella 
engiadinais  engadinisch 
englais  englisch 
esser  sein,  werden;  p.p. 

sto,  stö,  pl.  stos,  f. 


XXXII 


W  ürterver  zeichnis . 


stMa ;  ger.  siand 
(siand  chia  weil) ; 
Lsg.  sun,  2.  est,  ist, 
3.  ais,  eis,  es,  l.pl. 
ischens  (sind  wir), 
3.  sun;  3.  sg.  konj. 
saia,  saja;  3.  sg.  impf. 
era,  eira,  pl.  eran, 
eiran  \  konj.  3.  sg.  füs ; 
pf.  3.  sg.  fiit,  pl.  fütten 

etsed  alter;  pl.  eteds 

exercits  pl.  heere 

explicatiuns    pl.    Er- 
klärungen 

exposts  p.  p.  pl.  aus- 
einandergesetzt 

expressiuns   pl.   aus- 
drücke 

extract  auszug 

feer,  fer,  fer  machen; 
p.p.  fat,  fatt  (fatts 
taten),  f.  fatta,  pl. 
-as ;  ger.  faschand, 
fadschand ;  3.  sg.  fo, 
fö;  impt.  fo,  fö,  fö 

fafleva  3.  sg.  impf,  re- 
detest. ia,üevm;p.p. 
faflo 

fam  hunger 

famalg  knecht;  pl.  -algs 

faschand  s.  fser 

fasthas  pl.  windeln 

fasthö  p.p.  gefascht 

fat  s.  faer 

fatscha  antlitz 

favella  spräche 

favlaer  sprechen;  spräche 

favur  gunst 

fer  s.  faer 

ierm  fest 

fermezza  kraft 

festa  fest 

fidaunza  vertrauen 

fidel  treu,  gläubig;  pl. 
-ls 

filg  söhn;  pl.  filgs 


filia  tochter 
firmamaint  firmament 
fo  s.  fser 
foarza  kraft 
fcegl  blatt 
foromlar  formular 
fortifichieva  3.  sg.  impf. 

stärkte 
forza  vielleicht,  etwa 
frances   französisch;  f. 

-esa 
früts,  frütts  pl.  fruchte 
funersel    leichen- ;    f. 

-sela 
funtauna  quelle 
fuorma  form 
füs,  fiit  s.  esser 

get  s.  ir 
gial,  -11  hahn 
giand,  giaven  s.  ir 
giaschaiva  3.  sg.  impf. 

lag 
giet  s.  ir 

gio,  giu  ab,  herab 
giugiüns  pl.  fasten 
giürer,  gürser  schwören 
giüst  gerecht;  pl.  jüsts 
giuvenjung ;  der  jüngere 

(söhn) 
giuventüna  Jugend 
glimijra  leuchte 
gloergia,  glüergia  rühm 
gnir  kommen,  werden; 

p.p.  gnieu,  f.  gnida; 

1.  sg.  veng,  2.  vainst, 

3.  vain;   2.  pl.   gnis, 

3.    vegnen ,    vignen ; 

konj.  3.sg.  vigna,  pl. 

vegnen,  vignen ;  impf. 

3.sg.  gniva,  pl.  gni- 

van,  -ven ;  konj.  impf. 

3.  sg.' gnis; perf.  3.  sg. 

ven,  gnit,  pl.  vennen, 

gnitten 
gracia  gnade 
graciusainaing  gnädig 


grammatica  grammatik ; 
pl.  -as 

grand  gross;  f.  -da 

grandezza  grosse 

grandischems  pl.  über- 
gross 

gratagia  3.  sg.  gerät, 
trifft  sich 

greiv ,    grev ,     greif 
schwer 

guardgia  wache 

guerra  krieg 

guido  p.p.  geleitet 

gnisa  weise 

guvernadur  Statthalter 

gürser  s.  giürer 

havair,  vair  haben ;  p.  p. 
hagieu;  ger.  haviand; 
1.  sg.  hse,  2.  hses,  hes, 
lisast,  (haast  hast  du), 
3.  ho;  3.  pl.  haun; 
konj.  1.  sg.  hsegia; 
impf  3.  sg.  havaiva, 
pl.  -ven;  perf.  3.  sg. 
havet,  pl.  -tten 

histoargia,  historgia  ge- 
schickte; pl.  (1857) 
istorias 

historic  geschichtlich 

hoatz  s.  huoz 

hceilgs  pl.  äugen 

hom ,     hum    mann, 
mensch ;  pl.  hommens, 
humens 

hondro  p.p.  geehrt 

honna  seele 

hostia  opfer 

hum  8.  hom 

hunscher  salben;  p.p. 
hunschieu 

hunur  ehre 

huossa  jetzt 

huoz,    huotz,    hoatz, 
hoozz,  heute 

hura  stunde 

hustaria  gasthaus 


Oberengadiuiseh. 


XXXIII 


hutischem   höchst;    pl. 
-ins,  hutisthems 

ideas  pl.  gedanken 
idiom  spräche;  pl.  -ins 
ieu  s.  ir 
ü,  ils  s.  1' 

ilg,    in  ilg,   (1778)    nei 
in  dem,   in  den;  pl. 
ils;  f.pl  (1840)nellas 
irnpissser  denken 
implir  anfüllen 
impolidas    f.   pl.    un- 
geschliffen 
imprastgr  verleihen 
in  in  [standen 

incligietten  3.pl.pf.  ver- 
inclijt  verstand 
incunter  gegen 
infaunt  kind;  pl.  infanns 
infina  bis,  i.  che  bis  dass 
informatinn  lehre 
ingraschö  p  p.  gemästet 
wgT&zchiaAQ  1.2)l.danken 
inmünchia  jeder 
mnuinbrö,  -öp.p.  gezählt 
insemmel  zusammen 
insthnuivan :   sinsthnui- 
van  3.  pl.  impf,  er- 
schraken 
intraguider  unterweisen 
intnorn  MM;  ungefähr 
ir  gehen;  p.p.  ieu;  ger. 
giand;  3.sg.  vo;  3.pl. 
impf,  giaven ;  pf.  3.  sg. 
giet,  get,  pl.  gietten 
irel  tenne 
isaina  zeichen 
ischans,  ist  s.  esser 
istorias  s.  histoargia 
italiaun  italienisch 
jüdici  gericht         [ung 
juriditium    rechtsprech- 
jüsts  s.  giüst 

1',  l'g,  lg',  lg,  ü  artikel; 
pl.  l's,  ls',  ils;   f.  la,  I 
1',  pl.  las 

Gärtner,  Bätorom.  spr 


1'  ihn,  la  sie 

la  s.  Y 

ladin  engadinisch 

laiudschaiven,  lauschai- 

van  3.  pl.  impf,  leckten 
languaick ,    -ikt ,      liu- 

guaig,  -ich  spräche; 

pl.   languaigs,    laun- 

guax 
lanschaivan  s.  lain- 
las  s.  V 
lascha  3.  sg.  lässt  (laschel 

lässt  er) ;  impt.  lascha 

(laschel) 
latin  latein 

lavur  arbeit  [lieh 

leedamang,  leid-  fröh- 
ler  lesen 
lescha  gesetz 
l'g  *.  1' 
l'g,  lg'  ihn,  es 
lgieut,  heut  leute 
lhum  den  menschen 
lieut  s.  lgieut 
linguaig  s.  languaick 
liüsth  licht  (das) 
löd  m.  lob 
löda  3.  sg.   lobt;    1.  pl. 

ludain;     impt.    löda, 

pl.  lode;  impf.  3.sg. 

ludeva.;  pf3.sg.ludb; 

ger.  ludand,  -t 
loe  ort,  räum 
lcensch,  -sth  :  da  1.  weit 
l's  s.  V 
l's  pl.  sie 
ludain  s.  löda 

m  mir,  mich  :  chim  die 
mir,  fö'm  und  m'fö 
lass  mich 

mae  je,  nie 

msels,  mels  pl.  schlecht 

niagistrat  behörde,  ge- 
richt 

maglievan  3.  pl.  impf. 
assen 

u.  lit. 


mairia  meierei 
inaisa  tisch 
majestset  majestät 
maledir  fluchen 
inamma  mutter 
maiigiain  lpl.  lasst  uns 

essen 
manifester    offenbaren ; 

p.p.  -stö 
maria  st.  mairia 
marid  gemahl 
inarider  heiraten 
martsch,  marsth  faul 
masekiel  männchen 
matet  s.  metter 
inattel  knabe 
maun  m.  hand 
me,  me  mich 
melodia  melodie 
mels  s.  insels 
memoriel  denkschrift 
meis,  mes  s.  mieu 
meschdinas  pl.  arznei 
metter  legen,  stellen,  m. 

gio    verfassen;   p.  p. 

mis,  miss,    f.  missa, 

f.  pl.  missas;    3.  sg. 

metta;      pf.     3.   sg. 

matet 
mez  :  in  mez  a  mitten 

unter 
mi :  ä  mi  mir 
mieu   mein,    pl.    meis, 

mes;  f.  mia,  pl.  mias 
miealas  pl.  brosamen 
minister  diener;  pl.  -ers 
mis  s.  metter 
innö p.p.  geführt;  impt. 

pl.  mned;    pf.  3.  pl. 

mnetten 
mö  aber,  sondern 
moart  s.  mort 
moarts  s.  mort 
moren    3.  pl    konj. 

sterben 
mort,  moart  tod 
mort  tot,  pl.  moarts 
3 


XXXIV 

muaglia  herde 
muglier  iveib 
mttnchia,  in  m.  jeder 
munt  berg 
inuond  weit 
niuossan  3.  pl.  lehren 
nmost  most 
ui'vessa  mir  selbst 

naschieu  geboren 
ne  und  nicht 

nel,  nellas  s.  ilg 

netts  pl.  rein 

no,  nö   her;    no  tiers 
/terzw 

noass  s.  nos 

noef,  noef  :  da  n.  wieder 

nom  s.  num 

nomno  jp.  i>.  genannt 

nonaunta  s.  nu- 

norma  norm 

nos,  noass,  noas  wwser, 
f.  nossa 

nosch  böse;  fl  noschs 

not  nacht 

nouf,  nnof  neun 
nouf,  nuof,  nouff,  nouv 
neu ;  pZ.  noufs,  nuofs 
novell  neu  (vin  n.) 
novembris  november 
ns'  wws 
nu,  nun  nicht 
num,  nom  name 
nunaunta,  no-  90 
nuof  s.  nouf 
nuorsas  pl.  schafe 
nus  wir,  uns 
nüzaivel  nützlich 


o  oh 

observö  p.p.  beobachtet 

ceilgs  pl.  äugen 

offertas  p.p.  fpl  dar- 
geboten 

offici  amt 

officisel  beamter,  amt- 
lich; f.  -isela 


Wörterverzeichnis. 

oick  acht 
oratiuns  gebete 
ordinatiuns  pl.  befehle 
ordinö  p.p.  eingerichtet 
organs  pL  orgel 
originsel  original 
ornia  seele;  pl.  -as 
ortoepia  orthoejrie 
ortografia  Orthographie 
öt  /toc/i,  ober-;  f.  ota 
oter  anderer;   j>i.  -ers; 

f.  otra,  |£  (Schalkett) 

autres 
our,  oura  heraus 


psesch,-sth,pesth  friede 
pagliola  Wochenbett 
paias,  paijas  land 
paiauns  pl-  heiden 
palais,   appalaiä   offen- 
kundig 
par,  per  durch,  für,  um 
zu(inf);  p.  cbe  weil, 
warum,  denn,  damit 
parains  pl.  verwandte 
parcbiüras   3.  sg.  impf, 
konj.  hütete        [zeih 
parduna,per-  impt.ver- 
parsunas  pl.  personen 
part  teil 

partit   3.sg.  pf   teilte, 

trennte,    pl.    -itten; 

impf.  3.sg.  partiva 

partuot :  dap.  überall 

parturir  gebären;  p.p. 

parturieu 
pascbqua,    pastbqua 

ostern 
pass  schritt 
passser,    -er     vorüber- 
gehen; l.pl.  passain 
pastur  hirte;  pl-  -uors 
patriarch  patriarch 
paun  brod 

pcbio  p.p.  gesündigt 
peidras  pl  steine 
peis,  pes,  pes  pl  füsse 


per  s.  par 

per  paar 

per,  pijr  1.  sg.  ich  gehe 

zugrunde 
peramur  wegen 
perda    3.  sg.    verliert; 
p.p.  pers,  pertz,    f 
persa 
perdizun  verderben 
perdun a  impt.  verzeih 
pers  s.  perda 
pes  s.  peis 
pesth  s.  psesch 
pietset  frömmigkeil 
piglier  nehmen 
pijr  s.  per 

pino  p.p-  hergerichtet 
piser  gedanke;  pl  pis- 

sijrs,  pisyrs 
pissiand  ger.  denkend 
pitschna  f.  klein 
plseds  s.  pled 
plaida  3.sg.  spricht 
plaiu  voll 

plaio  3.sg  pf  faltete 
pled    wort,    rede;     pl. 

plseds 
plii  mehr 
po  3.sg.  kann;    p.p. 

pudieu 
poarta  s.  porta 
poch,  poch,  poiek  wenig 
poevel,  povel  volk;  pl 

pouvels 
porta,  poarta  tür 
posuna,  -auna  posaune 
pourcs,    -chs,    puorcs, 

-ebs  pl  schweine 
pouvels  s.  poevel 
pouver  arm 
prsedgia  s.  predgia 
prseparatiun     Vorberei- 
tung 
prais  p.p-   genommen; 
f.  pl   prainsas;    pf. 
3.  sg-  prandet 
pratica,  pratt-  praktik 


Oberengadinisch. 


XXXV 


predgia,  prsed-  predigt 
presepi,  -ppi  krippe 
priniogenit  erstgeboren 
principsels  pl.  haupt- 
principi,   -ppi    an  fang, 

anstoss,  dement ;   pl 

priiicipis 
proepia,  -ppia  f.  eigene, 

ebendieselbe 
profetisa  ivahrsagerin 
prüin,  prum  erster,  sü  l'g 

priim  zuerst;  f.  priinia 
prus  fromm 
psalm  psalm ;  pl.  -ins 
pudieu  s.  po 
puonks  pl.  punkte 
puorcs  s.  pourcs 
pur  rein;  nur 
pürgatiun  reinigung 
purificatiun  reinigung 
purtaunta  /'.  schwanger 
purtö  impt.  bringt 

qusel  welcher;  dat.  ad 
aqnseli,  ad  aqnegli; 
pl.  quels;  f.  qusela, 
pl.  qnselas 

quaist,  quist  dieser;  f. 
quaista 

quäl  irgend  ein 

qualchiosa  etwas 

quantited  menge 

quater  vier 

quaunt  ivieviel 

que  das  (ciö) ;  que  pled 
das  tvort 

quel,  -11  der;  pl.  qaels; 
f.  quella,  pl.  -as 

qui  hier 

quidavaunt  vorher 

quint  rechnung,  rechen- 
schaft 

racuogliamaint  Samm- 
lung 

raim  reim 

rait  netz 

reginam  reich 


reguard(1796)  in  bezug 
auf 

religiuu  religion 

revisas  p.  p.  f.  pl.  revi- 
diert 

riech  reich 

rimas  pl.  reime,  gedichte 

roba  gut,  vermögen 

romaunsch,  -tsch,  ru- 
maunseh,  -tsch,  aro- 
uiaunsch,  -tsch,  aru- 
niaunsch,  -tsch,  ara- 
mauntsch ,  rou- 

niaunsch ,  arou- 

maunsch,  romaeunsch 
romanisch,  engadi- 
nisch;pl.  romauuschs, 
roruauntschs ;  f.  ro- 
mauuscha,  -tscha,  pl. 
-schas,  -tschas 

s'  s.  se 

sabbijnscha,  sabijnscha, 
sabgienscha  Weisheit 

sadulser  sättigen 

ssenc,  sainc  heilig;  f. 
saenchia,  sencha 

saia  s.  esser 

sainza  ohne 

saira  abend 

salüd  heil  (das) 

salv  heil 

salveder  heiland 

sanchischems  pl.  hoch- 
heilig 

sandsed  gesundheit 

sar  herr  [savieu 

savais  2.pl.  wisst;  p.p. 

scha,  schi  wenn 

schant  s.  dir 

schantös  p.p.  pl.  ge- 
setzt, sg.  aschanto; 
f.  schaotseda 

schel  wenn  er 

scherchiand  s.  tscher- 
chiser 

schert  s.  tschert 


schi  so;  ja;  sogar 
schi  s.  scha 
schient  s.  tschient 
schil  s.  tschel 
schlatta,  sei-  geschlecht 
schmürafgliö,  sthmüraf- 

glio  p.  p.  geivundert, 
pl.        sthmürafgliös ; 

impf.  3.pl.  sthmiiraf- 

glievan 
schquitschö,  -ischo  p.p. 

gedruckt;  inf.  sthqui- 

scher 
sekiarpas  pl.  schuhe 
sclatta  s.  schlatta 
sco  ivie,  als 
scodün  jeder;  f.  -na 
scoula  schide ;  pl.  scolas, 

scnolas 
scrittüra  Schrift 
scriver  schreiben,  ein-; 

p.p.  scrit  [deckt 

seuverts  p.p.pl.  aufge- 
se,  s'  sich 
seeuonda  f.  zweite 
segner,  se-,  signer  herr 
seis  s.  ses 

semnö  5.  sg.  pf.  säete 
sencha  s.  saenc 
sentenzchias,  sententias 

urteile 
sermOn  predigt 
serviaints  pl.  diener 
serviand  ger.  dienend 
ses,  ses,  seis  sein  (s. 

bab,  tilg,  mari),  sieu 

(s.   cour,   num);   pl. 

ses,  ses,  s^s;   /'.  sia, 

pl.  sias 
sessevla  f.  sechste 
set  sieben 
seziand    ger.    sitzend; 

2.  sg.  sezast 
sgiüra  f.  sicher 
sia,  sieu  s.  ses 
siand  s.  esser 
sieva  s.  dsieua 

3*  i 


xxxvi 


Wörterverzeichnis. 


signel  zeichen 
signer  s.  segner 
simples  f.  pl.  einfach 
sinstlinuivan  s.  in- 
sopra  (1796)  über 
spanagiös  p.p.  pl.  ge- 
richtet {auf  etivas) 
spartida  trennung 
spartidas  p.  p.  f.  pl.  ge- 
teilt 
sp§da  Schwert 
spendreder  erlöser 
spendrischun  erlösung 
spera  neben 
spiert  geist 
spirituaela  f.  geistlich; 

pl.  -las 
spisa  speise 
spisagiö  p.  p.  gespeist 
spuseda  p.  p.   f.   ver- 
heiratet 
stsedi  zustand 
stain,  staun  s.  stör 
steda  s.  esser 
stgr,  ster  stehen;  3.  sg. 
sto,  pl.  staun;  stain 
lasst  uns  stehen  (sein) ; 
impf.  3.  pl.  stevan; 
pf.  3.  sg.  stet 
sterliiischit    pf.    3.  sg. 

leuchtete 
sternaiven  impf.  3.  pl. 

streuten 
stet  s.  ster 

sthgierbüglia  3.  sg.  ent- 
wirrt [los 
sthlaschedaniang  zügel- 
stbinaladijj  fluchen 
sthmürafglio  s.  schni- 
sthquischer  s.  schqu- 
stinand  ger.  eilend 
sto  s.  esser,  ster 
stou   1.  sg.    ich  muss, 

konj.  stouva 
strasuna    konj.    3.    sg. 

ertöne 
sti  auf,  hinauf 


suainter  nach,  gemäss 

subbittamang  plötzlich 

subito  sogleich 

sul  allein 

sulaiven  impf.  3.  pl. 
pflegten 

sulg  (sülg)  auf  den,  an 
dem  .  .  . 

suuigiantamangä/iwJic/i, 
ebenso 

sun  s.  esser 

sün  auf 

sunser  spielen 

snr  über;  ober- 

survignand  ger.  hinzu- 
kommend 

sves,  svessa  selbst  (-a 
ohne  flex.  bdtg.) 

tsefla  tafel 

tainipel  tempel 

taunt  soviel,  um  so 

te,  te  dich 

temma  furcht 

temp,    tijmp    zeit;    pl. 

temps 
terra  erde 
tes,    teis    (filg),    tieu 

(vierf)  dein;  pl.  tes; 

f.  tia 
testaniaint  testament 
thrun  thron 
tiers  zu,  bei 
tieu  s.  tes 
tijmp  s.  temp 
tiro  p.  p.   gezogen,   ti- 

rovia  weggezogen 
tme  fürchten;  pf.  3.2)1. 

tmetten 
todaisc  s.  tudaiscb 
tracuot  bettler 
tradüt  p.  p.  übersetzt 
trses,   tres,  tres,  (1861) 

tras  durch,  von,  tres 

aque  deshalb,   tr.   a. 

che  weil 
traie  s.  trat 


trais  drei 

tramtet  pf.  3.  sg. 
schickte 

translatö  p.p.  übersetzt 

transponüda  p.  p.  f. 
übersetzt 

trapasser  durchdringen 

trat  p.  p.  gezogen ;  impt. 
2.pl.  traie 

traunter  zwischen,  unter 

tres  s.  trses 

trombetta  trompete 

tschaina  abendmahl 

tschel ,  tschijl ,  schil 
himmel 

tscherchiser  suchen ;  ger. 
scherchiand;  3.  pl. 
scherchian ;  impf.2.pl. 
scherchievas,  3.  pl. 
-ievan 

tschert,  schert  gewiss 

tschient,  schient  hundert 

tu  du 

tudaisch,    todaisc 
deutsch;  f.  tudaiscba 

tumevan  impf.3.pl  fielen 

tun  schall 

tunser  tönen;  3.pl.tnaa.rx 

tuorters,  turters  pl. 
turteltauben 

taot  alles,  tuotelg,  -tt- 
der  ganze,  tnot  aquels 
alle  diejenigen ;  pl. 
tuots,  tuotts;  f.  tuotta 
(verva),  pl.  -es 

tumö,  -ö  p.  p.  um- 
gekehrt, ivieder  ge- 
worden; pl.  turnös; 
impf.  3.  pl.  turnevan 

u,  u  oder,  entweder 
ubedi  gehorsam 
uchiaunta  80 
uders  pl.  schlauche 
udieu  p.  p.  gehört;  ger. 

udiant;    1.  pl.    udin; 

impf.  3.  pl.  udivan 


Unterengadinisch. 


XXXVII 


uhe  s.  ve 

ün  ein;  f.  üna,  una 
ünzacura  irgend  einmal 
upaeia  es  sei  denn 
urfer  bitten,  beten ;  p.  p. 

uro;  pf.  3.  sg.  uro 
nratinn  gebet;  pl.  nra- 

ciuns,  nrazehiuns 
ns,  uso  gebrauch 
üsaunza  brauch 
uschels  pl.  vögel 
uschi,  uschia,  uschea  so 
uso  s.  US 

vaglien     3.    pl.     konj. 

wachen;   impf  3.  pl. 

vaglievan 
vaiast  s.  vair 
vaidgua  witwe 
vain,  vainst  s.  gnir 
vainter  bauch 
vair  sehen;  p.  p.   vis, 

vais;  2.  sg.  vezzast, 

vaiast;    konj.    1.   pl. 

vezau ;    konj.    impf. 

3.  sg.  vezes;  pf.   3. 

sg.  vezet 


vair  s.  havair 

vair  wahr;  f.  -a 

vairauiaing   wahrhaftig 

vais  s.  vair 

variatiun  änderung 

ve,  uhe  siehe 

vedelg,  vidilg  kalb 

vegnen  s.  gnir 

velg,  velg  alt        [gnir 

ven,   veng,   vennen  s. 

verb  zeitwort 

vers  pl.  verse 

vertien  übersetzt;  pl. 
Verdens;  /'.  -ida,  pl. 
-idas 

verva  s.  vierf 

vessa  s.  m'vessa 

vezan,  vezes,  -et,  vez- 
zast s.  vair 

via  an,  auf;  hin,  weg 

via  weg  (der) 

vidilg  s.  vedelg 

vierf  wort;  pl.  verva 

vif  lebendig 

vigna,  -en  s.  gnir 

vin  wein 


vintüra  glück 

violin  violine 

yhgimtxdjungferschaft 

vis  s.  vair 

vitta  leben 

vivien  p.  p.  gelebt;  ger. 
vivand;  3.  pl.  konj. 
viven 

vo  s.  ir 

voeglia  wille 

voelg  1.  sg.  ich  tcill, 
2.  vous,  voust,  3. 
voul,  vuol;  konj.  2. 
sg.  vceglias,  3.  voeg- 
lia, 2.  pl.  vceglias; 
p.  p.  vulieu 

volver  umwenden,  über- 
setzen 

vossas  f.  pl.  eure 

vouta,  vuota  mal 

vulieu,  vuol  s.  vcelg 

vus  ihr,  euch 

vuschs  pl.  stimmen 

zieua  s.  ds- 
zura  ober- 


a,   ä,  ad  zu,   an  .  .  ., 

dat.;  acc:  a  nuo 
abyss  abgrund 
adämpchiä    p.   p.    er- 
weitert [keit 
adastretza  geschicklich- 
aetern(e),  etern  ewig 
seternitat  ewigkeit 
affundad  bewandert 
agiüdar  helfen 
agiüdt,  ajüt  hilft 
agronomia  agronomie 
aint  ein,  drinnen  .  .  . 
ais  s.  esser 
ajüt  s.  agiüdt 
al  an  den,  dem . .  .,^.als 


d)  Unterengadinisch. 

j    alagrar(e)   erfreuen;  1. 

pl.  allegrain 
;   alaint  darinnen 
alatrad,  all-  gelehrt,  pl. 

alatrads 
alchiüns,  alchüns  einige, 

f.  alchiünas 
alg  ihn  zu:  alg  metter 
alvet  pf.  3.  sg.  stand  auf 
amabel  lieblich 
amandus  (e) ,    amasd  us 

beide 
amar  lieben 
ami  freund 
amiaivel  freundlich 
amm  genuss 


amo  noch 
amuossa  s.  musa 
amur     liebe;     liebens- 

würdigkeit 
ane  ring 

anguosscha  angst 
ann,  ann  jähr;  pl.  anus 
ans  uns 

answess  uns  selbst 
ant,  aunt,  avant  bevor, 

eher 
apostatatsj)i.  abgefallen 
apostels  pl.  apostel 
appara  3.  sg.  scheint 
approwamaint  prüfung 
aqui  hier 


XXXVIII 


Wörterverzeichnis. 


arfschiidj?.;).  bekommen 

arina  toaffe 

arrivä^.  p.  angekommen, 
ereignet 

art  f.  kunst 

artrar(e)  zurückziehen 

auda  «?.  sg.  hört,  ge- 
hört; impt.  auda; 
p.p.  uyd 

aunt  s.  ant 

auta  f.  hoch 

auter  anderer;  f.  pl. 
autras,  otras 

antor  Verfasser,  pl.  au- 
thurs. 

avannt,  awaunt,  avant 
vor;  s.  auch  ant 

avet  s.  havair 

avisamaint  rat 

avril  april 

awra  impt.  öffne 

bain  gut,    icohl,   sehr, 

doch 
baing  bad 
bains  j)l.  guter 
bap  vater 

baselgia  kirche ;  pl.  -ias 
baselgiada    pfarrge- 

meinde 
bassa  f.  unter- 
baur  bauer 
bawranda  trank 
beada  f.  selig 
beffa  spott 
bei,  -11  schön;  pl.  beaus, 

f.  beilas 
bibla,  biblia  bibel 
biografla  biographie 
blear,    bler    viel,    pl. 

blears 
boen  s.  bun 
brag  1.  sg.  schreie 
brags  pl.  schreie 
brichia,  brickia,  brick 

nicht 
brudgöng  unflat 


bsoengnof,  hab.  braucht 
bnn  gut ;  f.  buna ;  subst. 

boen 
buntad  gute 
bustabgiar     buchsta- 

bieren 
butatschs  pl.  pauken 
bütschet pf.  3.  sg.  küsste 
büttet  pf.  3.  sg.  warf 

cantar,  canzons  s.  chia- 

catechisrno  katechismus  \ 

causa  Ursache 

celebrä  impt.  feiert 

ch'  s.  cliia 

charestia  hungersnot 

chars  s.  chiara 

che  s.  chia 

chel  teas  er 

chi  wer 

chi  dass  es 

chia,  chi,  che,  chie,  ch' 
was;  chia,  ch'  dass; 
chie  chia  ivas  immer 

chiafuoll  tief 

chiafuleza  tiefe 

chial  dass  der 

chiantar,  cantar  singen ; 
ger.  chiantand ;  3.  sg. 
chiaunta,  pl.  chiaun- 
tan 

chiantzuns ,  canzons, 
-zuns  pl.  lieder 

chiapittel  kapitel 

chiara  f.  teuer,  lieb;  m. 
pl.  chars 

cbiargiads(e)  p.  p.  pl. 
beladen 

chiasa  haus 

chiastlaun  kastellan 

chiata,  chiattä  p.  p.  ge- 
funden; 1.  sg-  chiat, 
2.  chiatasch,  3.  chiat- 
tä 

cbiauda  f.  warm 

chiaunta  s.  chiantar 


chiausa,  -ssa,  (1867) 
chosa  sache 

chioendsch  leicht 

choa  s.  co 

chosa  s.  chiausa 

christianaisa  f.  christ- 
lich 

christiaun  Christ,  christ- 
lich; f.  -auna,  -aunna, 
-ana;  f.  pl.  cristianas 

chüra  sorge 

cirnbals  pl.  zimbehi 

citras  pl.  gitarren 

clamä  p.  p.  gerufen,  ge- 
nannt; 1.  sg.  clam 

claustra  kloster 

cler,  cler  klar 

clet  p.  p.  gesammelt 

clincet  kleinod 

co,  choa  wie,  als 

coarp  leib 

comanda  p.  p.  befohlen 

cometas  pl.  kometen 

comoens  pl.  gemeinden; 
sg.  {1842)  comün 

commondarnaint  gebot; 
pl.  -ts,  comonda- 
niaints,  -ains(e),  corn- 
mandamains 

compassiun  mitleid 

compilgia  p.  p.  zusam- 
mengefasst,  umfasst; 
3.  sg.  compiglia,  con- 

cornpigliamaint  Zusam- 
menfassung 

componü  p.  p.  verfasst, 
zusammengestellt;  f. 
composta 

comprais(e)  enthalten 

cornüna  (1822)  /.  ge- 
meinde- 

con  s.  eun 

concernente  (1831)  be- 
treffend 

confessiun  bekenntnis 

confirma  p.  p.  bekräftigt 

conpilgia  s.  com- 


considerä  p.p.  betrachtet 

consolar  trösten 

constituziun  Verfassung 

contadin  (1842)  bauer 

contegna  (1840)  ent- 
hält] contenant  ent- 
haltend 

contra,  contr'a  gegen 

contrada  gegend 

contrariedad  gegensatz 

convaschins  pl.  nach- 
bam,  mitbürger 

corp  leib;  pl.  corps 

cour  herz 

crair  glauben;  p.  p. 
crett,  f.  cretta ;  3.  pl. 
craien 

crapp(e)  stein 

crastiaun,  -an  mensch 

ereada  p.  p.  f.  er- 
schaffen 

creadentscha  glaubens- 
bekenntnis 

creatüra  geschöpf 

credader  gläubiger 

cretta  glaube 

cretta  s.  crair 

cristianas  s.  christiaun 

croda  impt.  falle, 

cudasch,  -esch  buch; 
pl.  cudeschs 

cudaschet  büchlein 

cufessada  p.  p.  f.  be- 
kannt; 3.  pl.  cufessan 

cttffartar  trösten 

culöz  hals 

cnmantzad  p.  p.  ange- 
fangen; pf.  3.  sg, 
cumanzet 

cumbütten  3.  pl.  konj. 
zusammenfügen 

cumün  gemeinsam 

cun,  con  mit 

cantaott  doch 

cuortamaingk  kurz 

cuost  die  kosten 

cur,  cur  che  wann  wenn 


Unterengadinisch. 

currit  pf.  3.  sg.  lief 
cussalvad  p.  p.  erhalten, 

bewahrt;   3.  sg.   und 

impt.  cusalva 

cuvengen    3.  pl.    ver- 
tragen 
cnwengaiwla  f.  passend 

da,  d\  dad,  (1709)  de 

von;   zu  (inf);  gen. 
da,  daiva  s.  dat 
daint  fitiger 
dal,    dalg,   (1795)   del 

von    dem,   des  .  .  .; 

pl.  dals,  dels;  f.  dalla, 

dal',  (1822)  della,  pl. 

dalas,  (1820)  dellas 
dalg   (declarar)    es  zu 

(erkl.) 
dalandrinaun  seither 
dalataivel  ergötzlich 
daletta  3.sg.:   sdaletta 

ergötzt  sich 
dalibra    p.   p.    befreit; 

inf.  dlibrar 
dalönsch  weit 
dainann  f.  morgen 
dann  schaden 
dapö,  -o,  (1867)  dopo 

nach;  d.  ch'  nachdem 
dapurtar(e)  aufführung, 

betragen 
dat,  datt,  (datum)  p.  p. 

gegeben,     pl.     dats; 

impt.  da;  impf.  3.  sg. 

dava,    (1743)    deva, 

(1867)  daiva 
davart  über,  von 
davent  weg 
davo ,    dawoa    hinten, 

nachher,  zuletzt;  nach, 

d.  quai  danach 
dcheu  wieder 
debit  schuld;  schuldig 
debitader  Schuldner 
deck  nur 


XXXIX 

i   declarar  erklären,  klar 
machen 

deis,  dieu  gott 

deisch  2.  sg.  du  sollst; 
3.  dee,  dess;  1.  pl. 
dens  sollen  wir;  3. 
sg.  konj.  deia 

del,  della,  dels  .  .  .  s. 
dal 

deng  ivürdig 

denotads  p.p.  pl.  auf- 
gezeichnet, bezeichnet; 
3.  sg.  denotescha 

denovo  toieder 

dens  s.  deisch 

desch ,  d6sch ,  desch' 
zehn 

dßschauntza  schicklich- 
keit 

deschavla  f.  zehnte 

descrit  p.  p.  beschrieben 

desegn  zweck 

desiderava  impf.  3.  sg. 
ivünschte 

dess  s.  deisch 

deva  s.  dat 

dfai  zuverlässlich 

dialect  (1762)  dialekt 

dids  s.  dy 

dieu  s.  deis 

differentia  unterschied 

dimena  also,  denn 

dincuort  kürzlich 

dir,  dyr  sagen;  p.p. 
ditt,  f.  ditta  (die 
schon  genannte) ;  l.pl. 
dschain ;  pf.  3.  sg, 
dis,  diss,  dschet 

dis,  dits  s.  dy 

dischfarentzgiadamaing 
in  unterschiedlicher 
weise 

disciplina  disziplin 

discoverta  (1850)  ent- 
deckung 

discuors  pl.  gespräclie 

diss  s.  dir 


XL 


Wörterverzeichnis. 


dissipet  pf.  3.  sg.   ver- 
geudete 
dissolutainaing        aus- 

schteeifend 
ditt  s.  dir 

divers  pl.  verschieden 
divinna  f.  göttlich 
dizionari  Wörterbuch 
dlibrar  s.  dalibra 
doctrina  lehre 
doewer  nutzen 
dopo  s.  dapö 
dormenzats  p.p.pl.  ein- 
geschlafen 
donnir,  dnrmir  schlafen ; 

3.  pl.  dormen 
drett  recht,  sehr 
dritzad  p.p.  geneidet 
dschain,  dschet  s.  dir 

dsuot,  -tt,  d'suott,  zuot 
unter- 

dsnr  ober- 

dubbi,  dubi  zweifei 

duonna  frau 

duos  zwei 

dura  konj.  3.sg.  dauere 

durmir  s.  dormir 

dutsch  süss 

duun  gäbe 

dvainta  3.  sg.  wird 

dy  tag;  pl.  dids,  dits, 
dis 

dyr  s.  dir 

e,  e,  e,  ed,  6d,  ed,  et 

und 
e  es 

eau  s.  eug 
eaus  s.  el. 
ed  s.  e 
ees  s.  esser 
eir  auch 
eira  s.  esser 
el,  eil  er,  es;  pl.  eaus, 

eis;  f.  ella 
elg  und  der 
es  und  die 


6s  es  sich 

esser  sein,  werden;  p.p. 
stat,   -tt,    pl.   stats, 
statts;  ger.  siand,  si- 
and,   siond;     2.  sg. 
eseh,  3.  ees,  ess,  es, 
ais     (l'ais     es    ist); 
3.pl.  sun,  swin ;  fco»y. 
3.  sg.  sea,  saia,  saja ; 
1.  pl.  sean,    5.  sean; 
impf.    3.    sg.     eira; 
impf.     konj.     3.   sg. 
fuoss 
et  s.  e 
eiern  s.  se- 
eng,  eu,  eau  ich 
evangeli  evangelium 
exarninescha  impt.  er- 
forsche 
excitar  aufwecken 
execuziun  exekution 
expressiuns    pl.     aus- 
drücke 
exprimer  ausdrücken 

facultads  pl.  guter 

fadigia  Mühseligkeit 

fadschein  s.  far 

falf  [fafl?]  ich  spreche? 

fainm  hunger 

far,  faar  machen;  p.p. 

fat,  -tt,  pl.  fatts;    f. 

fatta,  pl.  -as;   3.  sg. 

fä;    1.  pl.    fadschain 

lasst     uns    machen; 

impt.  fa,  fä;    impf. 

3.  sg.  fawa 
fat,  -tt    tatsache,    an- 

gelegenheit 
fausa  f.  falsch 
favur  gunst 
fearma  f.  fest 
femna  tveib 

festala  f.  fest- ;  pl.  -les 
festas  pl.  feiertage 
fick  stark,  sehr 
fidauntza  vertrauen 


fidel  treu,  gläubig;  pl. 
-eis;  f.  -ela 

fidehnaing  treu 

figiiira  p.p.  dargestellt 

filg,  figl  söhn ;  pl.  filgs 

fin  (la  mort)  bis  (zum 
tod);  fina  ch',  fyna 
chiu  bis  dass 

flu  atem 

flisagiä  befleissigt 

floeta  flöte 

foartza  geivalt 

formular  formular 

frances,  -ees,  -zees  fran- 
zösisch 

frytad  freiheit 

füment  dünger 

fundamaint       grund, 
gmndriss 

fnond  grund 

fuorma  :  eun  f.  konform 

fuoss  s.  esser 

fyna  s.  fin 

gazetta  zeitung 
generatiun  geschlecht 
gettan  s.  ir 
gia  schon 

ghjuigia,  giouigia  Sjwtt 
gien,  giet  s.  ir 
gio,  gino  herunter,  nie- 
der, ab 
giouigia  s.  giamgia 
giuvantün ,     giuvcntüd 
Jugend 
\    gniss,  gnit  s.  ngir 
grand,  grand  gross;   f. 

granda,  gronda 
grandamaingk  sehr 
gratzgia  gnade,  anmut 
greiw,    -f    schwer;     f. 

greiwa,  -va 
groasser  grob 
gronda  s.  grand 
grüscas  pl.  kleie 
guadangain   1.  pl.    ivir 
erteerben 


Unteren  gadinisch . 


XLI 


guardar  schauen;  impt. 

guarda 
guerra  krieg 
gnisa  weise 

havair,  wair  haben;  p.p. 
tngüd;  ger.  haviand; 
Lsg.  nhag,  nhai,  nai, 
hai  (m'hai  habe  mich), 
3.  haa,  ha;  l.pl.  ha- 
wain,  vain,  vains  (ha- 
ben icir),  2.  havais, 
3.  hann,  (1743)  han; 
konj.  2.  sg.  hajasch, 
3.hagia,  3. pl.  hagien; 
impf.  3.  sg.  haveiva, 
pl.  haweiwan ,  vei- 
van ;  pf.  1.  sg.  haweg, 
3.  sg.  havet,  (1867) 
avet 

havdaduors/>Z.  bewohner 

honorads  pl.  geehrt;  f. 
-ada 

humauna  f.  menschlich 

huneist  ehrsam 

hunur  ehre 

huom  mann 

huossa  jetzt 

hura  stunde;  l'hura  s. 
Iura 

il,  ilg,  '1  ihn,  ihm 

il,  ilg,  '1,  r  lg.lg'arf.; 
pl.  ils,  ilgs,  ls,  'ls,  ls' ; 
f.  la,  P,  pl.  las 

ilgqual  welcher ;  pl.  ils- 
quaus  [mir 

im  mir  :  ch'im  welches 

iinagna  bild;  pl.  -as 

iminchia  jeder 

impart  teils 

impissar  denken;  imj)t. 
-paissa 

implir  anfüllen 

imprender  lernen,  leh- 
ren; impt.  pl.  im- 
prendai 


improa  doch 

improva  3.  sg.  prüft 

imprüm  zuerst 

in  in 

in  qualchianssa  etwas 

inavaunt  voncärts 

incendi  brand 

imend\a,tspl.abbrändler 

inclegianuo   1.  pl.   ver- 
stehen wir 

inclet  Verständnis 

incuutra  gegen 

indrett  richtig,  ordent- 
lich 

infernala  f.  höllisch 

informatiun   Unterwei- 
sung 

infnrmar  unterrichten 

iDfyn,  i.  a  bis 

ingeneral  allgemein 

inglesa  f.  englisch 

ingraschantä  p   p.   ge- 
mästet 

ingratzgiainaint  dank 

ingnal  nur 

ingiin  niemand 

inlgiur  nirgend 

insembel,  insemmel  zu- 
sammen 

inservi  p.p.  bedient 

instituziun  errichtung 

instrncziun  lehre 

instriur  belehren 

intant  chia  icährend 

intannter  zwischen 

inteilet  verstand 

intraguidamaint    Unter- 
weisung 

ir  gehen;  pf.  3.sg.  giet, 
pl.  gien,  gettan 

ira  zorn 

juvantuna  jugend 

juven  jung 

V,  '1  s.  il 

1'  es  :  l'ais  es  ist 

la  s.  il 


laa  da;  raiss  laa  dar- 
gelegt 

ladin  engadinisch 

laed  klage 

languack,  linguach,  -uag 
spräche;  pl.  linguacks 

largiamaing  reichlich 

las  s.  il 

las  sie 

lasschar  lassen, verlassen 

latin  lateinisch 

land  lob 

lavür  arbeit 

lectur  leser 

ledscha  gesetz 

leer,  1er  lesen 

leiw  leicht 

les  selbst,  derselbe 

lg  s.  il 

Igieut  leutc 

lgivras  pl.  pfund 

lgqual  welcher 

lhura  8.  Iura 

libertat  freiheit 

lichiar  lecken 

limagna  =  l'im. 

lingna  spräche 

linguach,  -g  s.  languack 

lcec  ort 

lom  weich 

ls  8.  il 

lndad  p.  p.  gelobt; 
impt.  pl.  ludad 

luguads  p.p.  pl.  gesetzt, 
eingerichtet 

Hin  das  eine 

luntaun,  -an  fern 

lnr  ihre 

Iura,  Thura,  lhura  dann 

m',  'm  mich,  mir 
maal  übel 
mse,  ma  nie 

inagister  lehrer    [assen 
magliavan   impf.  3.  pl. 
mai,  maij  mich 
inai,  may  mai 


XLII 


Wörterverzeichnis. 


main  weniger 
mainung  meinwig 
manap.  p.  geführt;  impt. 

pl.  manä 
rnangiain  1.  pl.  lasst  uns 

essen 
mauzunad  p.  p.  eneähnt 
martyrs  pl.  märtyrer 
inaschiel    männchen, 

mann 
niatet  s.  metter 
mattets  pl.  knaben 
mann  m.  hand 
mauncka  3.  sg.  fehlt 
ruaunguel  mangel 
may  s.  mai 

ma.ziiimpt.pl.  schlachtet 
medicina  arznei 
nieditatiuns  pl.  betrach- 

tungen 
meglioraziun ,  meglora- 

ziun  Verbesserung 
meis  mein,    pl.   meis, 

meiss;  f.  mia 
melioramaint    Verbesse- 
rung 
inellger,  melger  besser 
inelodia  melodie 
riiercenaris  pl.  knechte 
metter    legen,     setzen, 

übersetzen,  m.  avant 

vorstellen,  vortragen; 

p.p.  mis,  miss;  impt. 

pl.  mettai;  pf.  3.sg. 

matet 
metz  mittel 
mia  s.  meis 
milli  tausend 
minister  diener 
mis  s.  metter 
mo,    nioa,    mu    aber, 

sondern 
möd  weise,  mass,  fähig- 

keit 
mort  tod 
mort  tot 
mortificatiun  abtötung 


mossa  s.  mnsa 

mour  1.  sg.  sterbe 

'mpaissa  s.  iinpissar 

mu  s.  mo 

muantad  p.  p.  bewegt, 
bewogen 

mulger  gemahlin 

muond  weit 

mnrawlgar  wundem 

musa  p.p.  gezeigt,  ge- 
lehrt; 3.  sg.  mossa, 
amuossa 

mwess  selbst  (l.pers.) 

n'  s.  nel 

nai  s.  havair 

nardä  narrheit 

natiuns  pl.  Völker 

nann  her 

nausch  schlecht 

ne,  ne  noch,  weder 

necessaria  (1 762)  f.  not- 
wendig 

nel  (1867),  n'il  (1762) 
indem;  pJ.nels(1867) 

ngir,  ngyr  kommen, 
werden;  p.  p.  n'gnüd, 
pl.  ngüds;  ^er.ngand; 
3.  sg.  vain,  pl.  wen- 
gian;  konj.  3.  sg. 
vennga ;  impf.  3.  sg. 
ngy wa ,  konj.  gnis ; 
pf.  3. sg.  venu,  (IS 67) 
gnit 

nhag,  nhai  s.  havair 

noass,  noas,  nooss,  noss, 
nos  unser;  f.  noassa, 
nossa,  noss  (noss  En- 
gadina) 

noatt,  not  nacht 

noatta,  notta  note 

nobel  vornehm 

ncev,  -w  s.  nouf 

nominad,  numnad  p.p. 
genannt 

non  s.  nu 

nos  s.  noass 


not  s.  noatt 

notta  s.  noatta 

nöuf,   nouw   neu,    da 

ncev,  -w   tvieder;    f. 

nonva 
ns',  'ns  uns 
nu,  nun,  non  nicht 
numnad  s.  nominad 
nuo  wir,  uns 
nuoin  name 
niizaivel     nützlich;     f. 

pl.  nüzaivles 

o  oh 

observatiun  bemerkung; 

pl.  -ns 
oder  oder 
ogni  (1679)  jede;    ogni 

ün  (1762)  jedermann 
onn  jähr 
orba  f.  blind 
orgels  orgel  [lieh 

originalmang  ursprüng- 
orma  seele,  pl.  -as 
ostatrice  (1650)  :  art  o. 

hebammenkunde 
otras  s.  auter 
our,  oura  heraus,  aus, 

our&our  immerfort; 

our  da  aus 
ouravant  tuot  vor  allem 
ourdvart  da  ausser 
ouwra  werk 
pac  s.  pauc 
pajais  land 
palantades    p.  p.   f.  pl. 

gezeigt 
pan  s.  paun 
papaia  f.  päpstlich 
papists  pl.  papisten 
par,  per  für,  wegen,  um; 

par  quai  deshalb 
parche,  parche,  parchie, 

parchiai,  perche  denn ; 

parche  chia  weil 
parchiadas  pl.  schlage, 

streiche 


Unterengadinisch. 


XLIII 


pardun  Verzeihung 

pardunar  verzeihen 

pardütt  p.p.  bewiesen  4 

parmur  da  wegen 

parschandiida  herkunft 

parsunas  pl.  personen; 
sg.  persunna 

part  teil 

partit  pf.  3.  sg.  teilte 

partuot  :  da  p.  überall 

passabil  (1762)  hin- 
reichend 

pastur  hirt 

pauc,  pac  wenig,  pauc 
dids  wenige  tage;  f. 
pauca,  pl.  paucas 

paun,  pan  brod 

pecchiä,  -ia  p.  p.  ge- 
sündigt 

pecchiaders  pl.  sünder 

peis  pl.  füsse 

per,  perche  s.  par- 

perchiirar  hüten 

perfet  vollständig 

pers  p.p.  verloreii;  3.pl. 
perden;  pf.  3.  sg. 
perdett 

persecntziun  Verfolgung 

persunna  s.  par- 

pilgien  konj.  1.  pl. 
nehmen 

pitschna      f.     klein ; 
pitschn'  e  grand  gross 
und  klein 

plaed ,  pled  spräche 
wort;  pl.  plaeds 

plaundschen  3.  pl.  kla- 
gen 

plü  mehr 

plus  mehrere 

po,  poa,  poassa,  pon  s. 
pndair 

poet  dichter;  pl.  poets, 
poets 

poevel  volk 

porcs  pl.  Schweine 

posauna  posaune 


possa  s.  pudair 

posta  post 

pradgiad  p.  p.  gepre- 
digt ;  f.  -iada ;  3.  sg. 
preidgia 

pradgiaduors  pl.  pre- 
diget' 

praedicants  pl.  prädi- 
kanten 

praeservativas  pl.  präs. 

praschanta  p.  p.  dar- 
gestellt 

prefatiun  vorrede 

preidgia  predigt 

preidgia  s.  pradgiad 

preini  preis 

primö  zuerst 

principals  pl.  haupt- 

principi  anfang;  pl. 
-pis 

pro,  proa  bei,  zu;  proa 
quai  dabei,  dazu 

proassein ,     prossam 
nächster 

probats  pl.  erprobt 

proclam  (183 1)  aufruf 

progress  fortschritt 

prophet,  profeed  pro- 
phet;  pl.  prophets 

propris  pl.  eigen 

prossam  s.  proassem 

prudaint  klug 

prüm,  prum  erster;  in 
lg  prüm  zuerst;  pl. 
prüms 

psalm  psalm;  pl.  -ms 

publicas  f.pl.  öffentlich 

puchiads  pl.  Sünden 

pudair  können,  mögen; 
3.  sg.  poa,  po,  pl. 
pon;  konj.  3.  sg. 
poassa,  possa;  konj. 
impf.  3.pl.  pudessen; 
s.  auch  spo 

puoingks,  puoncks  pl. 
punkte 

pur  doch,  nur 


pnrtar  tragen,  bringen, 
p.  awaunt  vortragen; 
impt.  pl.  purtä 

puter  oberen gadinisch 

puunt  f.  brücke 

qua  hier,  her 

quai  das,  dies 

quaist,  quist  dieser;  f. 
quista 

quai  irgend  ein;  ilg 
quai,  il  q.  welcher, 
pl.  ils  quals,  quaus, 
f.  laquala,  JT.jl,  las 
qualas 

qualchiaussa,  in  q.  etwas 

qualnnque  (1762)  jeder 

quaunt  icieviel,  q.  pu- 
chiads ,  quaunt  su- 
vent;  pl.  quants, 
tuots  quants  alle; 
qu[a]un  greiw  xcie 
sehr 

quaus  s.  quai 

quel,  quell  der,  jener, 
derjenige;  pl.  qnels, 
queaus,  queus;  f. 
quella,  pl.  -as 

qui  hier,  her 

quia  hier 

quint  rechnung 

quist  s.  quaist 

raba  vermögen 

raig  könig 

raint(e)  1.  sg.  ich  lege 
an,  befestige 

raspuondan  konj.  3.  pl. 
antworten 

ravuolg  schoss 

recreatiun  Unterhaltung 

reflexiuns  pl.  betrach- 
tungen 

reformats  pl.  refor- 
mierte 

reformatur  reformator; 
pl.  -rs 


XLIV 


Wörterverzeichnis. 


reigla  regel;  pl.  -as 

relatiun  bericht 

religiun  religion 

represcntanza    (1827) 
Vorstellung 

restaurä  p.  p.  restau- 
riert 

reverend  ehrivürdig 

reverentia  ehrfurcht 

rirna  reim,  vers 

rceg  bitte 

rouiannsch,  ru-,  ro- 
niansch,  ru-  roma- 
nisch, engadinisch; 
f.  ruinanscha 

ruguar  bitten,  beten; 
impt.  sg.  rougua 

ruinaDgair  bleiben,  be- 
stehen 

ruvinada^;.^.  f.  ruiniert 

s'  sich 

sä,  sä  s.  savair 

stenchias  s.  saingk 

sai  sich 

saia  s.  esser 

saimper  immer 

saingk,  saingk,  songk 
(1657)  heilig;  pl.  so- 
incs  (1700);  f.  saing- 
kia,  sai-,  saingchia, 
sai-,  sainchia;  f.  pl. 
saingchias,  ssenchias 

saira  abend 

saisves ,  saiswess  sich 
selbst 

salüd,  -ud  heil 

salva  3.  sg.  beioahrt, 
beobachtet 

sapgian  s.  savair 

sapgiaunt  gelehrt,  kun- 
dig; f.  pl.  -tas 

sapientia  Weisheit 

sar,  ser  herr 

sarviaint  s.  serviaint 

satisfetscha  konj.  3.  sg. 
genüge 


savair,  sawair,  ssawair 
wissen;  p.  p.  savü; 
3.  sg.  sä,  sä,  pl.  saun, 
ssaun;  konj.  3.  pl. 
sapgian  [nisse 

sawair   wissen ,   kennt- 

scarpas  pl.  schuhe 

searsdat    knappheit, 
ärmlichkeit 

scha,  seh'  sehe  wenn, 
ob;  scha  bain,  sehe 
bain  icenngleich 

schantada.  s.  tschantä 

schi  so 

schkoa,  sco  wie 

schkumantzad  p.  p.  an- 
gefangen 

schmoart  abgestorben, 
verzagt 

schnuolgia  pl.  knie 

schola  s.  scuola 

schquitschar  drucken ; 
p.  p.  schquitschad, 
-tschä,  -schä 

sciars  karg,  ärmlich 

sco  s.  schkoa 

scoulas  s.  scuola 

scritüra,  -ttüra  schrift 

scriwer  schreiben;  p.p. 
scrit,  -tt,  pl.  scrits, 
-tts;   3.  pl.   scrywen 

scuola,  schola  (1822) 
schule;  pl.  scoulas, 
scolas  (1841) 

sea,  sean  s.  esser 

secret  geheimnis 

segner  s.  senger 

segond  (1762)  nach 

seis  sein;  pl.  seiss;  f. 
sia,  pl.  sias 

senger,  se-,  se-,  sennger, 
segner  herr  (gott) 

sensu  (1762)  sinn 

ser  s.  sar 

servezzen  dienst 

serviaint,  sar-  diener; 
pl.  serviaints 


servir  dienen 

sia  s.  seis 

siand,  siond  s.  esser 

singur  herr 

societad,     -ta    (1S41) 

gesellschaft 
sonics,  songk  s.  saingk 
sopra  (1795)  über 
sort  sorte 

spais  p.  p.  ausgegeben 
spandrar  erlösen 
special,  spetzial  beson- 
ders 
spejel  Spiegel 
spiert  geist 
spiritual  geistlich;  f.  pl. 

-las,  -les 
spo    kann    sich    (man 

kann),  pl.  spon;  konj. 

spossa 
sprauntza  Hoffnung 
sptawa     impf.    3.    sg. 

wartete 
spüda  spucke 
ssaun  s.  savair 
ssientza  Wissenschaft 
staar,  star  stehen;  p.p. 

s.  esser;  ger.  stand; 

3.  sg.  sta,  staa;  konj. 

3.  sg.    stetta;    impf. 

3.  sg.  staw' 
stampad  p.  p.  gedruckt ; 

f.  -ada 
stat,  -tt  s.  esser 
Statuts  pl.  Statuten 
stawla  f.  beständig 
stetta  s.  staar 
strasunan  3.  pl.  ertönen 
stuüd    p.  p.    gemusst; 

3.sg.  stoua;  pl.  stonni 

müssen  sie 
sü  auf 

succedü  p.  p.  gefolgt 
sul  nur 
sulett  allein 
sulettaniaingk    allein, 

nur 


Untereugadiuisch. 


XLV 


siin,  sun,  süu  auf 

sun,  sunn  ton 

sun,  suun  s.  esser 

suott  u«£er 

surpassa  p.  p.  über- 
treten 

surscritta  p.  p.  f.  auf- 
geschrieben 

suun  s.  esser 

suvend,  -nt  oft 

sve3s,  swess  seibat 

t'  dir;  ti  'mpaissa  denke 

dir 
tabla  (1820)  tafel 
tadlada  p.  p.  f.  gehört 
taflas  pl.  tafeln 
tai  dich 

ial  solch;  f.pl.  -las 
taunt  soviel,   so  gross, 

ebenso;  f.  -ta 
taunter  zwischen 
teann  grenze 
tenim[a]  furcht 
teoip  ,?et£;  ^^-  -ps 
tenor  (1666)  nach 
terra  ?ar«i 

testamaint  testament 
ti  s.  t' 

tia  f.  deine,  pl.  -as 
tirania  tyrannei 
tuiair  fürchten 
tngiid    ^>.  p.    gehalten 

(für  etwas),  s.  havair 
tngyn  solch 
tocca  3.  sg.  kommt  zu 
todaischk  s.  tu- 
tots,  totta  s.  tuot 
traas,  tras  durch  .  .  . 
tractat  traktat 
tradiit  p.  p.  übersetzt 
trais  drei 
tramis  p.  p.   geschickt; 

pf.  3.  sg.  tramatet 
traiisit  verkehr 
trar  ziehen;  p.p.  tratt, 

f.pl.  trattas 


travondar   verschlucken 
trenta  dreissig 
trombeta,    trommeta 

trompete 
tschau tä  p.  p.  gesetzt;  f. 

-ada,   schantada,  pl. 

schantadas 
tschel  himmel 
tschert  gewiss 
tu,  tu  du 
tudaischk,  to-,  tudaisc 

deutsch;  f.  tudaisckia 
ttiim  ton 
tücert  unrecht 
tuot,    tuott,    tütt    all, 

ganz,  pl.  tuotts,  tots; 

f.  tuotta,  totta ;  tuotta 

quai  alles  das;  f.  pl. 

tuottas 
turuä,  -a  p.  p.  gewendet, 

zurückgekehrt 
tut  p.  p.  genommen;  f. 

pl.  tuutas 
twess  selbst  (2.pers.) 
tzuoud,  zuond  ganz,  gar 

u,  ud  oder 

uyd  s.  auda 

ün,  ün,  un  ein;  f.  üua, 
Unna 

ün  man 

üuautra  eine  andre 

urailgas  pl.  ohren 

üsadas  p.  p.  f.  pl.  ge- 
braucht 

usche,  uschea  so 

uschelgce ,    uschelgoa 
sonst 

usitada    p.  p.    f.    ge- 
braucht 

ustar  wehren 

utro,  utruo  andersico 

utschella  vogel 

vacchias  pl.  kühe 

vade  kalb 

vain,  vains  s.  havair 


vain  s.  ngir 
vaingk  zwanzig 
wair  s.  havair 
vaira  f.   (n.)  wahr;  f. 

pl.  vairas 
vaira  sehen;  p.  p.  vys, 

f.  pl.  visas ;  pf.  3.  sg. 

vazet 
vardad  Wahrheit 
vasti  impt.  pl.  kleidet 
vazet  s.  vaira 
veivan  s.  havair 
velgia,    ve-,    velga   f. 

alt 
wengian,  venn,  vennga 

s.  ugir 
verti p.  p.  übersetzt;  pl. 

-ids;  f.  -ida,  pl.  -idas 
vesthnaint  s.  vistuaaint 
vi  da,  vy  d'  an 
via  hin;  via  da  an 
viadi  reise 
virolas  blättern 
visas  s.  vaira 
vistmaint ,    vestimaint 

(1867)  gewand 
vita,  vitta  leben 
vittoargia  sieg 
viva  f.  lebendig 
vivand  ger.  lebend 
voalw'  impt.  wende 
voelg,  voellg,  völg,  vögl 

1.  sg.  will,  2.  vousch, 

3.  voul;    konj.  3.  sg. 

voellga;    konj.   impf. 

3.pl.  wlessen 
vuo  ihr 

vuts  pl.  gelübde 
vusch  stimme 
vy  s.  vi 
vys  s.  vaira 
vyvaunt  vorher 

zaiuza  ohne 
zardiu  garten 
zuond  s.  tzuoud 
zuot  s.  dsnot 


XLVI 


W  tf  rterverzeichnis. 


a  an,  zu;  dat.;  zu  (in f.) 

ä  s.  avei 

aeciocche  damit 

accompagne  konj.  3. 
begleite 

adore  anbeten 

affliziung  betriibnis 

äga  wasscr 

agost  august 

agricultwa  ackerbau 

ai  ihnen  zu  (in f.) 

aieste  s.  avei 

ai,  al  s.  cl 

al  dem,  an  dem  . . .;  pl.  ai 

alt  hoch 

alzuns  1.  pl.  lasst  uns 
heben 

amur  liebe 

an,  ang  man 

ang  s.  n 

angioli  pl.  engtl 

aninia  seele 

appena  kaum 

arbandones  2.  sg.  ver- 
läset 

arfamä  p.  p.  pl.  ausge- 
hungert 

aria  luft 

arjunje  erreichen,  nach- 
kommen 

arpa  harfe 

as  s.  avei 

aspetta  3.  erwartet 

assä  genug 

at'r  anderer;  pur  at'r 
übrigens 

atramentr  anders 

attempä  pl.  betagt 

attira  sofort 

avei  haben;  2.  sg.  as, 
has,  3.  ha;  konj.  2. 
sg.  aieste  mögest  du 
haben;  impf.  3.  ä; 
kond.  1.  pl.  essung 


e)  Oadertal. 

baja  3.  redet 
basc'  pl.  niedrig 
battaglia  Schlacht 
bei,  bell  schön;  pl.  bi; 

f.  bella 
blanchia  f.  weiss 
blastemroa    gotteslüste- 

rung;  pl.   blastames 
bona  s.  bun 
bosangn    not;  pl.   bo- 

saings 
brao  tüchtig,  brav 
bun,    bang    gut,    im 

stände;   f.  bona,  pl. 

bones 

canche,  cang  cb',  quan 
ch'  wann,  ivenn' 

capo  vorstand 

castes  s.  chesc' 

catechisnio  katechismus 

catoliches  f.  pl.  katho- 
lisch 

cat'r  vier 

cavalier  ritter;  pl.  -ri 

ceaffe  p.  p.  erhalten,  c. 
sou  aufgenommen 

ceil  himmel 

celebrades  s.  zel- 

cenza  s.  zanza 

che,  ch'  rclat. 

che  dass;  als;  denn 

chel  jener,  der;  pl.  chi 

chesc'  dieser,  dieses;  f. 
chesta,  pl.  -es,  castes 

chi  s.  chel 

chi  s.  ci 

chianties  pl.  lieder 

chiapell  hut 

chiara  s.  ciara 

chilö  hier;  hierher 

chin  s.  cina 

ci,  chi  was;  eich'  ivas 
auch  immer 


ci  auch 

ciainö  noch 

ciara,    chiara   impt. 
schaue 

ciafa  haus 

ciastell  schloss 

cigun  jauchzen 

cina,  chin  fcis;  chin  so- 
gar 

co  tüie 

coccarda  kokarde 

col  »m'f  dem;  /".  colla, 
coli' 

collettese  impt.  pl.  (refl.) 
purzelt 

comana  3.  befiehlt 

comandament  gebot 

compangn  begleitet' 

con  s.  enn 

condutt  p.  p.  geführt 

confessa  3.  bekennt 

confin  grenze 

contadina  bauerin 

conte  graf 

contorni  umgegend 

corp  leib 

cotagn  pl.  so  viele;  c. 
che  wie  viele 

cour  herz 

creatures  pl.  kinder 

cü  hinterer 

eun,  eung,  con  mit 

da  von;  zu  (in f.)  wie 

ital.  da 
da  s.  de 
dagnora  immer 
dal  von  dem   (ivie  ital. 

dal);  f.  della 
daö  s.  du 
de,  d',  di  von  .  .  .;  gen.; 

zu  (inf.) 
de  tag 


Gadertal. 


XLVII 


de,  de  geben,   leisten; 

3.  da;  dale  gibt  er, 

gibt  es 
del  ihn  zu  (in  f.) 
del,   d'l  von  dem,  des, 

pl.  di,  f.  della,  dell', 

d'la,  pl.  d'les,  dies 
della  s.  dal 
desch',  desco  wie 
desplajei  verdruss 
desprisse  verachten 
devotg  pl.  andächtig 
di  s.  de 
di  s.  del 
diji  3  sagen  sie;  impf. 

3.    djo;    kond.   1.  sg. 

disessi  sagte  ich 
dio,  iddi,  iddio  gott 
disessi  s.  diji 
disprezzo  Verachtung 
djö"  s.  diji 
d'l,  dla  .  .  .  s.  del 
dlunc  überall 
dö,  daö  nach 
dö    (st.    dö)   impf.    3. 

sollte 
dopo  che  nachdem 
dottrina  lehre;  pl.  do- 

trine 
duca  herzog 
dai  zwei;  f.  düs 
dutt  all,  ganz;  pl.  dat', 

dutg;  f.  dntta 

e  und 

el,  al  er,  es;  pj.  ai,  i; 

f.  ella 
e'l  s.  1 
ele  war  er,  gab  es;  f. 

ela 
eile  ist  er 
es  s.  est'r 
essung  s.  avei 
est'r  sei»,  teer  Jen ;  p.  p. 

ste,  /".  Stada;   2.  sg. 

este   feist   du,   3.   e; 

fcon/.  3.  sii;  impf.  2. 


sg.  es,  3.  ele  war  er, 
fö 

talsameiite  falsch 
falz  /flZsc/t 
fastidi  verdruss 
fatt  f>.  jj.  gemacht,  pl. 

fat',  fatg 
favä  trockengerüst 
fedele  treu 
felizite  Seligkeit 
ii  söhn 
fia  tochter 
fduola  tochter 
fiaida  p.  p.  /.  beendet 
flasba  flasche 
fö  s.  est'r 
fora  «us,  /rnians;  f.  d' 

aus 
fortuna  glück 
fossa  /*.  schwarz 

gausiuDg  anlass 

ghela  /".  gelb 

gide  s.  ji 

ginbilata  f.  jubel- 

gni kommen;  1.  sg.  vang, 

vaugn;  tag,  3.  vegne; 

impt.pl.  gnide;  impf. 

3.  gne 
g'orament,  sorament  eid 
gran,  grang  gross 
grazia  gnade;  pl.  -ies 
grof  graf 

ha,  has  s.  avei 

i  i/itw,  t&r,  ihnen 

i  s.  1  und  1' 

ia  weg,  hin 

iddi,  iddio  s.  dio 

il  s.  1 

iinpare  p.p.  gelernt 

in,  'ng,  in  t,  t'  in 

incie  auc/i 

incö  heute 

infin  6is 

instruzinng  lehre   • 


intanong  1.  pl.  verstehen 

intrami  beide 

inzertezza  ungewissheit 

it'  hinein 

ji  gehen,  s'ung  ji  weg- 
gehen; impt.  va,  pl. 
gide;  /u£.  3.  jarä 

Jon  jung 

1,  '1,  e'l,  il  der(art.);  pl. 

i;   f.  la,  pl.  Ies 
1\  '1  ihn;  pl.  i;   f.  la,  1 
lading,  -in  ennebergisch, 

badiotisch;     f.    -ina, 

pl.  -ines 
lagrimä  impf.  3.  weinte 
legrimes  pl.  tränen 
leinga  spräche 
Ies  s.  1 
über  buch 
lingaz  spräche 
lötri  |)£.  lotterbuben 
luss  j>J.  orte 

m'  s.  me 

ma  :  de  ma  nur 

maestro  lehr  er 

mai  je,  nie 

niaju  grösser 

maledisions    pl.    Ver- 
wünschungen 

malmenter  schlecht 

mantegni  halten;  impt. 
mantegnete  halt  dich 

inaridä  p.  p.  pl.  ver- 
heiratet 

niarsh  marsch 

inassa ,  niessa ,  ineissa 
messe;  pl.  messes 

matriinonio  eAe 

matte  legen;  m.  fora 
auslegen ;  p.  p.  f.  pl. 
metudes 

me,  m'  mich 

mi  mein;  f.  inia 

mira  absehen  (das) 

mo  nur,  doch 


XLV1II 


Wörterverzeichnis. 


niöler  maier 

pichä,  pitgiä   pl.  Sün- 

rT böse 

inostre    p.  p.    gezeigt, 

den 

rima  reim 

gewiesen 

pingsir  gedanke 

rispett  ehrfurcht 

muscedöz  gemenge 

pita  3.  bietet 

rispette  achten 

lnüttuns  pl.  bursche 

pitte  weinen 

rittri  pl.  ritler 

plengn'  voll 

riverenza  Verehrung 

n,  'n,  ang  ein  (art.) ;  /'. 

plon  mehr 

robes  pl.  Sachen 

na,  'na 

plovang  pfarrer 

rnmpe  brechen 

ne,  ne,  n  nicht 

polvr  pulver 

necessite,  -te  notwendig- 

popolares  f.  pl.   volks- 

s' sich 

keit 

tümlich 

sagrä  p  p.  pl.  geweiht ; 

nel,  nei  in  den  . . .  wie 

por,    pur,    per     für; 

f.pl.  -adas 

im  ital. 

durch,  über  -hin 

sai  s.  savei 

'ng  s.  in 

portä  trug 

salmi  pl.  psalmen 

'ng  s.  n 

posse  s.  pudungfe 

sälta  3.  springen 

nia   nichts;    verstärkte 

pou  doch 

salve  p.p.  gerettet 

Verneinung 

praia  3.  bittet 

sant',  santg  pl.  heilig; 

no  nein 

prejent  gegenwärtig 

f.  pl.  santes 

noin,  uouie  name;    pl. 

presentinient  Vorgefühl 

santamente  heilig 

Domi 

prezioso  kostbar 

santificante  heiligend 

nomine  nennen 

principalm enter    beson- 

santifiche heiligen;part. 

nos  ich;  uns 

ders 

pf.  -che 

nosc',  nost   unser;   pl. 

pro  priester 

savei  ivissen ;  1.  sg.  sai 

nousc',  nos;  f.  nosta 

profane  entiveihen;p.p. 

sceoucche  wie 

novella  f.  neu;  pl.  -lies 

-ne;   3.  profana,  pro- 

scizzri  pl.  schützen 

fanum  entiveiht  man 

scoles  pl.  schulen 

o  oder 

proibas,    proibesc'     3. 

scolte  zuhören 

o  oh 

verbietet 

scomouta  /'.  beuegt 

öga  3.  passt 

pronunzie  aussprechen 

se  wenn 

oji  5.  wenden  sie 

propria  f.  eigen 

se  sich 

onore  ehren;  p.p.  -re 

prossa  f.  brav 

sebengn'  ch'  obschon 

operes  pl.  iverke 

pruin  erster 

secondo,  -undo  ziveiter 

oressi     fconrt.     1.   sg. 

publicamente  öffentlich 

sein,  de  fengn'  jetzt 

tcollte  ich 

pudungfe  1.  pl.  hönnen 

sent  leute 

östa  f.  eure 

wir;  konj.  3.  posse 

sentimentg'  pl.  gefühle 

ota,  ota  maJ 

pungse  denken 

senza  s.  zanza 

oudli  pl.  äugen 

pur  s.  por 

seu  s.  sü 

pura  bäuerin 

sfalze  fälschen 

parola  Wörter;  pl.  -les, 

signur  herr 

parores 

quan  ch'  s.  canche 

sii  s.  est'r 

paura  furcht 

Snell  schnell 

pe  fuss 

religiun,  -ion  religion 

so  sein,  ihr;  pl.  sü;  f. 

per  s.  por 

rend6sse  impt.pl.  (refl.) 

sua 

perdiches  pl.  predigten 

ergebt  euch 

söcche  sowie 

pere  vafer 

restes  2.sg.  bleibst 

societe  gesellschaft 

persona person;  pl.  -nes 

reverendo ,  molto  reve- 

sorament  s.  g'or- 

pesc'  friede 

rendo  hochwürdig 

sotto  unter 

Buchenstein  und  Colle. 


XLIX 


sou  auf 

soulla  auf  der 

soung  auf 

spo  dann 

sposa  gemahlin 

ste,  Stada  s.  est'r 

stlop  flinte 

stlopetun  l.pl.  schiessen 

stlü  schliessen 

storia    geschieht e;     pl. 

-ies 
strades  pl.  wege 
stranc'  3.  bedrängt 
straportada,  trasp-  p.p. 

f.  übersetzt 
stuz  flinte 
su,  seu  auf 
su,  sua  s.  so 

t'  s.  in 

t'  du 

t'  dir,  dich 

talian  italienisch 


tasha  tasche 

tegnet'l  impf,  halt  dir 
ihn 

tel  :  in  tel  in  dem 

tenes  du  uns 

terra  erde 

tesoro  schätz 

tgiante  singen 

timor  furcht 

tira  5.  2ie/i£ 

'tP  in  dem 

to  dein 

tolless  impf,  pl.  (refl.) 
nehmt  euch 

tra  sü  aufziehen,  er- 
ziehen 

trasportada  s.  strap- 

tres  immer 

tria  ruhe 

udei  se/ten 
ultima  /".  letzte 
uma  mutter 


nn  eiwer 
ung  davon 

va  s.  ji 

Valuta  werf,  awse/jen 

vang,  vangn  s.  gni 

vera  f.  waftr 

verda  f.  grün 

verra  Arie<7 

verso  gegen 

vin  wem 

vita  leben 

vita  :  äga  d'vita  brannt- 

wein 
viva!  AocA/ 
vive  leben 

vocabolario  Wörterbuch 
votg,  voti  pl.  gelübde 

zanza ,  zenza ,  cenza, 
senza  ohne 

zelebrada  p.p.  f.  zele- 
briert; pl.  celebrades 

zenza  s.  zanza 


f)  Buchenstem  und  Colle. 

(Was  nur  in  dem  stück  aus  Colle  vorkommt,  ist  mit  C.  bezeichnet.) 


a,  ad  C.  zu,  ayi  . .  .; 
dat.;  zu  (inf.) 

a,  ä  s.  avei 

ades,  adess  C.  jetzt 

afari  C.  pl.  geschäfte 

agu  pl.  jähre 

ah  C. ,  aha  C  Inter- 
jektionen 

ai  s.  al 

ai  pl.  männer 

ai  s.  avei 

aimaria  ave  (das) 

aiva  C.  wasser 

al  an  den,  dem  .  .  .;  pl. 
ai;  f.  al'  C;  f.  pl. 
alle 

al  er,  ihn;  Buch,  auch 
dal;  s.  el  C. 

al  ihn  zu  (inf.) 

Q  a r  t  n  o  r  ,  Bätorom.  spr.  u 


alba  C.  morgenrot 

albarg  C.  herberge 

ale  pl.  weiber 

ale  0.  pl.  hutrand 

altezza  C.  hoheit 

amor  C.  liebe 

ancora,  'ncora,  'ncora 
noch 

anzi  C.  sogar 

apena  C.  kaum 

arsonce  s.  lar- 

auter  anderer,  per  auter 
C.  übrigens ;  pl.  au  tri, 
f.  -tre 

avant  :  in  a.  C.  vor- 
wärts 

avei  haben;  1.  sg.  ai 
C,  3.1a,  lä,  ä  (t'ä, 
s'ä)  C,  a  (m'a)  C;  2. 

,lit. 


pl.  ave  C,  aveo  (/tafc^ 
ihr)  C;  3.  pl.  ja;  konj. 
3.  labe;  imp/.  3.  ava, 
lava;  kond.  3.  avesse 
G. ;  fut.  2.  pl.  avare  C. 

balle  tanzen 

balote  pl.  klösse 

banc  C.  pl.  bänke 

bancat  gelage 

band  :  de  b.  C.  um- 
sonst 

baratta  mutze 

bass  C.  niedrig 

basta  C.  3.  genügt 

bastön  C.  stock 

bäte  C.  schlagen;  3. 
bat;  impf.  3.  batevaC. 

batesä  C.  p.  p.  getauft 


Wörterverzeichnis. 


bavaruol  bohnenmänn- 
lein 

bei  schön;  adv.  ordent- 
lich, recht 

bele  C.  schon 

ben,benC.  gut,wohl,sehr 

bcrba  herr 

beretina  C.  f.  braun 

beüs p. p.pl.  getrunken; 
impt.  bevete  C.  (dir) 

biote  C.  f.  pl.  bloss 

bogna  C.  es  ist  nötig 

bon,  bong,  bon  C.  gut, 
fähig;  f.  bona  C. 

bonaniuia  C.  selig  (ver- 
storben) 

bonora:  a  b.  C.  früh 

bosch  icald 

bot  schlag 

braghesse  C.  hose 

brao  tüchtig;  f.  brava  C. 

brunsina  C.  schelle 

bnrt  hässlich 

busegn:  de  b.  C.  nötig 

campagna  C.  feld 

can    che,  canche,  can 

che  C.  als,  wenn 
capirä  C.  fut.  3.  ivird 

verstehen 
capuciner  C,  -ni  C.  pl. 

kapuziner 
caritä  C.  liebe,  erbarmen 
carne  C.  fleisch 
carozza  C.  wagen 
cenä  C.  p.  p.  gespeist 
cent  C.  hundert 
ceola  zwiebel 
certo :  de  c.  C.  sicherlich 
cinquanta  C.  50 
che  relat. 
che   dass;  als  (vergl.); 

denn 
chel  dass  er 
chel  C.  der,  jener;  pl. 

chi;   f.  chela  C,  pl. 

-le  C. 


cherdava  s.  credü 
ehest  C.  dieser,  -es 
chi  s.  chel 
chi  wer,  wen 
chizuolaC  brödehen; pl. 

-le  C. 
ci  C,  cie  C.  was 
ciamisuola  C.  jacke 
cianipana  glocke 
ciapä   C.  p.  p.   erfasst, 

genommen;  impt.  sg. 

ciapa  C. 
ciapell  0.  hut 
ciasotta  hütte 
ciastel  schloss 
ciauze  C.  pl.  strumpfe 
eidä  C.  p.  p.  wie  franz. 

failli 
cie  köpf 
cie  s.  ci 
ciesa  C.  haus 
cieze    etwas;     irgend 

ein 
ciol,  ciole  s.  tö 
citä  C.  stadt 
clap  menge,  gruppe 
cof  pl.  blumen 
cognas  s.  eugnesse 
col   mit   dem;   pl.   coi 

C;  f.  colln,  pl.  cole  C. 
comana,  comanda  C.  3. 

befiehlt,  bestellt 
come  wie 
compere  gevatter 
con  mit 

consilgie  beraten 
cont  C.  beziehung 
conta  3.  erzählt 
conto  C.  rechnung 
contrada  C.  gasse 
cor  C.  3.  läuft 
cosi,  cussi  C.  so 
cosso  C.  kerl 
costa  berglehne 
cotela  f.  solche 
creanza    C.    anstand, 

artigkeit 


credü  p.p.  geglaubt;  3. 
crei;  impf.  3.  cher- 
dava, credeva  C. 

cressön  C.  kresse 

cristian,  -ien  Christ 

crosat  C.  weste 

eugnesse  C.  kennen;  3. 
cognas,  eugness  C; 
impf.  3.  eugnesseva  0. 

eugnü  G.  p.  p.  gemusst 

cuoga  C.  köchin 

curato  C.  pfarrer 

curious  neugierig 

cussi  s.  cosl 

da  von,   bei,   zu  .  .  .; 

als;  zu  (in f.) 
da,  dai  s.  de 
dagnara  immer 
dal  s.  al 

dal  von  dem;  f.  dalla 
dambre  ü.  pl.  holzschuhe 
dan  schaden 
dapö  C.  nach 
dare  C.  danach;  nach 
daspo,  daspo  hernach, 

dann 
dassa  3.  soll 
daur  C.    impt.    mache 

auf,  pl.  dauri  C. 
davo  nach 
de  von  .  .  .;   gen.;  zu 

(inf);  de  not  in  der 

nacht 
de  p.p.  gegeben;  1.  dai 

C,  3.  da  C;  impt.pl. 

demene  C. 
debot  schnell 
degan  C.  dekan 
degore  abrinnen;  p.p. 

-rix ;  impf.  3.  degorava 
degugn,  negngn  C.  nie- 
mand,  kein;   f.    ne- 

guna  C. 
del,  delP  von  dem,  des; 

f.  della,  dela  C;  f. 

pl.  dell' 


Bnchenstein  nnd  Colle. 


LI 


deine,  douiä  C.  nur 

demene  s.  de 

demonio  dämon 

den  von  einem 

deportä  C.  p.  p.  aufge- 
führt; konj.  3.  de- 
porte  C. 

dert  C.  recht,  gerade 

descreanzä    C.    unge- 
zogen 

desfe  zerstören 

desgrazia  C.  Unglück 

desuiontava  G.  impf.  3. 
stieg  aus 

desturbe  C.  1.  sg.  störe 

deventä  G.  p.  p.  gewor- 
den; kond.  3.  de- 
ventasse  C. 

di,  di  C.  tag 

di,  di  sagen;  p.  p.  dit 
C;  Lsg.  dighe  C.,3. 
dis,  dis  C;  impt.  di 
C;  impf.  3.  disava, 
diseva  C;  kond.  2. 
pl.  disessao  G. 

diaol  teufet 

dio  gott 

dis,  disessao  .  .  .  s.  di 

disnä  G.  speisen 

dit  s.  di 

doi  zwei 

domä  s.  deine 

doraan  C.  morgen 

doinande  C.  1.  sg.  frage, 
bitte ;  konj.  1.  sg. 
-de  C. 

doraenia  C.  sonntag 

domo  C.  dorn 

donca  C.  also 

duorä  C.  gebrauchen, 
brauchen;  impf.  3. 
dourava 

durmi  0.  schlafen 

dut  all,  ganz;  f.  duta,  | 
pl.  dute  C. 

dutrina  lehre,  gelehr- 
samkeit 


e  und 

e  s.  ester 

el  Ü.  er,  ihn 

elo  C.  ist  er,  ist  es 

empie  anfüllen 

en  C.  ein 

encgie,  eugcie,  encia  C, 
'ncia  C.  auch 

ester  sein:  p.  p.  ste; 
2.  sg.  es ;  3.  sg.  le,  le, 
l'e  C,  e  (non  e)  C, 
pl.  je;  konj.  3.  siebe; 
impf.  3.  leva,  Teva 
C,  eva;  kond.  3.  fos- 
sa,  fosse  C;  fut.  3. 
sarä  C,  2.  pl.  sare 

fa  s.  fe 

fagöt  C.  bündel 

fas,  fasava  s.  fe 

fastide  C.  sorge 

fati  C.  pl.  geschäfte 

fauc  sense 

faure  C.  schmied 

fava  bohne;  bohnenfeld; 

pl.  -ve 
fe  fe,  fä  C.  tun,  machen; 

p.  p.  fat  C;  3.  sg.  fes, 

fas  C.  falo  C  macht 

er;  konj.  3.  fese;  impt. 

sg.   fa  (7.,  jpZ.  fe  C; 

impf.  3.  fasava,  feva  C. 
fedaC.  schaf;  pl.  fede  C. 
femena  C.  frau 
feruaa  C.  3.  hält  auf 
fes,  fese  s.  fe 
festa  C.  fest  (das) 
feva  s.  fe 

filosofo  G.  philosoph 
fiiialiaente  C.  endlich 
fini  G.  fertig 
foiadine  C.  pl.  nudeln 
fonda  tasche 
fora   heraus;    fa   /.   C. 

ausrichten 
forsi  C.  vielleicht 
forza  C.  gewalt 


fössa,  -e  s.  ester 

fourn  backofen 

fra  wwter 

frage  bisschen 

freide  /.  ^Z.  kalt 

fuga  C.  flucht,  eile  (die) 

fuoc  /"euer 

fruä  C.  p.  p.  abgenutzt 

geiesa,  gesia  C.  kirche; 

pl.  gesie 
giama  bein;  pl.  -rae 
giusto  C.  gerade 
gormel  schürze 
got  G.  glas 
gotte  pl.  tropfen 
gran   gross;    f.    graua, 

granda  C,  ^i.   gran- 

de  C. 
gusto  C.  esslust 
guze  schärfen;  impt.  sg. 

guza 

i  s.  '1 

i  pl.  sie;  man 

i  C.  ich 

ilö  C.  dort 

imparä  C.  p.  p.  gelernt 

in,  'n  C.  in 

infati  C.  wirklich 

instess  C.  selbst 

intant  C.  unterdessen, 
i.  che  C.  während 

intendön  G.  1  pl.  ver- 
stehen 

invece  C.  statt  dessen 

ite  hinein 

ja  s.  avei 

ja  hat  ihm 

ja  C.  schon;  ja  che  C. 

tveil 
je  i/t»t;  je,  i  e  G.  ist 

ihm 
je  8.  ester 
jeut  s.  sent 
jerbe  pi.  kräuter 
4* 


LH 


Wörterverzeichnis. 


jl  8.  si 

jiave  su  C.  impf.  1.  8g. 

richtete  her 
jopa  C.  stippe 
iu  s.  su 

'1    der  (art.);  pl.  i;   f. 

la,  pl.  le 
'1  er,  ihn 
la  sie,  pl.  le 
la,  labe  s.  avei 
large  C.  f.  pl.  breit 
larsonce  ihn  erreichen 
läse  lassen 
lat  C.  milch 
latine  0.  f.  pl.  lateinisch 
lava  s.  avei 
lavada  C.  verweis 
le  s.  %  ester,  la 
legna  /tote 
leva  s.  ester 
liber  6uc/i 
liet  p.  p.  gelesen 
lo  ihn 
lum  /".  WcM 

nia  aber 

niagne  C.  essen;  3., 
magna  C. 

mal  C.  übel 

man  C.  hand 

maniera  art 

mantegniva  C.  impf.  3. 
unterhielt 

maravee  C.  pl.  Ver- 
wunderung 

marenda  C.  kleine  mahl- 
zeit 

massa  C.  zu  sehr 

mat  C.  verrückt 

maturlo  C.  narr 

me  C.  mir,  mich 

mefo  nun  eben,  denn 

mei  nie 

mel  C.  mir  es 

mel  schlecht 

meo  C.  besser 


mesanot  mitternacht 
messa  C.  messe 
met  C.  3.  legt 
mez    halb,    mitte;     f. 

mesa  C. 
mi  C.  ich 
miga  C.  nicht 
mile  C.  tausend 
mio  C.  mein 
miol  C.  seidel 
misdi  C.  mittag 
mo  C.  mtr 
mont  C.  alpe 
montava   C.    impf.    3. 

stieg 
mori  sterben; p.p.  mort; 

fut.  2.sg.  moriras  C. 
mosarä  s.  musü 
mosträ    0.    zeigen;    3. 

mostra  C. 
'mpo,  'mpö  doch 
mus  gesteht 
wusup.p.  gemusst;  fut. 

3.  mosarä 
mute  pl.  mädchen 

'n  s.  in 

'n,  n'  C.  davon 

'n,  'n  C,  en  C.  ein 
(art.);  f.  na 

naturalmente  C.  natür- 
lich 

'ncia  s.  enegie 

'ncora,  'ncora  s.  an- 

negugn,  -una  s.  de- 

neö  C.  neffe 

neu  :  co  neu,  con  en  0. 
mit  einem 

nia  nichts,  nicht 

'nlo  dort 

no,  non  C.  nicht 

nome  C.  name 

nost  C.  iwser 

not  nacht 

novica  braut 

nozza  hochzeit 

'nqnoi  C.  heute 


'nte,  'nta  in 
ntel  in  ^e»j 
nuove  C.  f.  pl.  neu 

oh  C.  oh 

olä  (che),  ulä  C.  wo 

om  mann,  mensch;   pl. 

omegn  V. 
or  gold 
ora    stunde,    uhr;    pl. 

ore  C. 
orco  £e«/eZ 
orfen  C.  tvaise 
os  C  stimme 
ostaria  C.  gasthaus 
ot  C.  acht 
ourt  garten 
outa,  ota  ß   maZ;    joZ. 

oute 

pa  denn,  wohl 

padrenostri  pl.  Vater- 
unser 

paläz  C.  palast 

paora  s.  poura 

par  C  3.  scheint 

par  C.  ^>aar 

paradis  C.  himmel 

parce  che  weiJ,  denn 

parde  C.  verlieren 

parole  C.  pl.  worte 

parti  C  abreisen 

passa  3.  ^re/if  vorbei, 
pässela  C.  geht  sie 
vorbei;  impf.  3.  pas- 
sava 

paster  C.  hirte 

pe  C.  pl.  füsse 

peä  C.  nehmen;  p.p.  f. 
peada  C. 

pell  6\  leder 

pense  C  i.s^r.  (Zen/ce 

per  für,  durch,  über, 
um  zu  (inf.) 

pergeie  ch',  peregie  ch' 
damit 

petiza  C.  (e.  münze) 


Buchenstein  und  Colle. 


LIII 


pi  s.  plu 

piacer  C.  gefallen  (der) 

piazza  C.  platz 

pico  C.  klein 

pipa  pfeife 

piof  s.  plie 

plan  ebene 

ple  van,pio  van  C.pfarrer 

plie,  piof  C.  pfam 

plu,  pi  C,  pi  C.  mehr 

po  C.  dann,  denn,  wohl 

podei,  pode  C.  können; 

3.  sg.   po ;    impf.   3. 

podeva  C. 
porta  C.  tor 
portäC.  tragen,  bringen ; 

1.  sg.  porte  C. ;  3.  porta 

C. ;  impt.  sg.  pörtile  C. 
porzion  C.  portion 
possibile  C.  möglich 
poura,  paora  ü.  furcht 
prast  bald 
pre  wiese 
preineva  C.  impf.  3.  lag 

daran 
presa  C.  prise 
presenta    C.    3.    stellt 

vor 
pressa  C.  eile 
prima  s.  pruni 
procession  C.  umzug 
profetise  tcalirsagcn 
propio  wirklich 
prove    p.  p.    versucht, 

bemüht 
pruni  erster;  f.  prima  C. 
pulito  C.  artig 
pulizainer  C.  pl.  ivach- 

leute 
puo,  puoc  C.  ivenig 
puoro  C.  arm 
pur  C.  nur;  doch 

quartier  C.  ivohnung 

räuspern    C.    stift;     pl. 
rampogn  C. 


rebate      C.      wieder 

schlagen 
recomanda  C.  3.  befiehlt 
resente  C.  f.  pl.  frisch 
resposta  C.  antwort 
righe  C.  pl.  Zeilen 
roba  sache 
robe  p.p.  gestohlen 
roda  rad,  kreis 
ross  C.  rot;  f.  rossa 
ruä  C.  ankommen;  p.p. 

ruä  C. 
rumou  lärm 

s'  s.  se 

sa,  s'a  C.  oben  in 

sa  s.  suo 

sa  unten  in 

sa  hat  sich 

sä,  sai  s.  savei 

salesada  C.  pflaster;  pl. 
-de  C. 

salude  C.  1.  grüsse,  3. 
saluda  C. 

salute  C.  gesundheit 

san  C  heilig;  f.  santa  C. 

sara,  sera  C.  abend 

sarä,  -e  s.  ester 

sarä  via  C.  verhaften 

sas,  sasto  s.  savei 

sautä  C.  p.  p.  gesprun- 
gen; 3.  sauta  C. 

sava  hatte  sich 

savei,  save  C.  wissen; 
1.  sg.  sai  C,  2.  sas 
C,  sasto  C.  tveisst 
du,  3.  sä  C. ;  impf.  3. 
sava 

sbanzega  C.  zwanziger 

sbrigön  C.  1.  pl.  ent- 
ledigen 

scalzacan  C.  gemeiner 
mensch 

scarsela  C.  hosentasche 

scola  C.  schule;  pl. 
-le  C. 

scone  verbergen 


scraia  C.  3.  ruft 
scrive  C.  1.  sg.  schreibe 
scudela  C.  Schüssel 
scuse  C.  impt.  pl.   ent- 
schuldigt 
se,  s'  refl. 
se  wenn;    se  no  sonst; 

s'enßia   ch'    C.     ob- 

schon 
se  man  ist 
segna  C.  3.  bekreuzt 
sei,  sela  es  sich,  sie  sich 
sen  C.  f.  sinn 
sen,  sen  C.  sich  davon 
sensegna  3.  richtet  sich 

her 
sent,  jent  C.  leute 
senti  C.  hören;  3.  sent; 

konj.  1.  sg.  sente  C. 
sentete    C.    impt.    sg. 

setze  dich 
senza  C.  ohne 
sera  s.  sara 
sessanta  V.  60 
sfassa  spalte 
si  C.  ja 
si,  ji  C. ,    ji  C.  gehen, 

sen  si   weggehen;    3. 

va;     konj.    3.    vade; 

impt.  sg.  va  C. ;  impf. 

3.  siva;    kond.  3.  sisa 
siebe  s.  ester 
siei  C.  sechs 
signel  zeichen 
signor  C.  herr 
sior  C.  herr 
sioria  V.  herrscliaft 
sisa,  siva  s.  si 
soldi  C.  geld 
solene  C.  feierlich 
solito  C.  geicöhnlich 
sonava    C.     impf.     3. 

läutete 
sora  C.  über,  oberhalb 
sorainom  C.  beiname 
sotta  unterhalb 
sou  joch 


LIV 


Wörterverzeichnis. 


sovena  f.  jung 
spanrida  V.  f.   entsetzt 
spaventä  C.   p.  p.    er- 
schreckt 
sperä  C.  hoffen 
spese  C.  kosten 
spetta  3.  wartet',  impt. 

pl.  spete  C. 
spie  ausspähen 
spizzolava  V.  impf.  3. 

brach  an 
sprigoleja  3.  erschreckt 
squasi  C.  beinahe 
sta  s.  sto 
stala  C.  stall 
atalo  C.  steht  er;    steo 

C.    steht  ihr;    impt. 

pl.  ste  C. 
ste  s.  ester 
sto  C.  dieser;  f.  sta  C, 

pl.  ste  C. 
storia  C.  geschickte 
strac  V.  müde 
strada  weg 
strie  pl.  hexen 
strion  zauberer 
strionac  Zauberei 
studiava   C.    impf.    3. 

studierte 
studioso  C.  student 
su  auf,  hinauf 
su,  jn  C.  nieder,  herab 
sua  s.  suo 
sucedu  C.  p.  p.   zu- 

gestossen 
Bulla  auf  die 
Süd,  sun  C.   auf,   oben 

in,  hinauf 
suo  sein,  ihr;  pl.  suoi; 

f.  sua,  sa  C,  pl.  sue 

t'  s.  te 

tabac  C.  tabak 

taje   schneiden,    t.  via 

wegschneiden;    impt. 

sg.  taja 


tal  s.  tel 

tan,  tan  ü.  soviel,    so 

sehr 
tana  höhle 
tant  £    soviel,    f.  pl. 

-te  C. 
tarz  C.  spät 
tase  CT.  schweigen 
te  6'.,  t'  (t'es)  du  (un- 
betont) 
te  C.  dir 
tegni  halten 
tel,  tal  C.  solcher,  ge- 
wisser; tela  ein  soZ- 

c/ter  streich 
temp  zeif 
testa  C.  äo^/" 
tirä  C.  ziehen,  reissen; 

3.    tira    C,     2.  pl. 

tire  C. 
tiron  zug,  riss 
tö,  to  nehmen,    tö  su 

auflesen;  p.p.  tout; 

3.  toi,  ciol  C. ;  impt. 

pl.  ciole  0. 
todesc  C.  deutsch;    pl. 

todesc  C. 
tof  gestank 
toi  s.  tö 
tornä  C.  zurückkehren; 

p.p.  -ä  C. 
tosat  (7.  knabe;  pl.  to- 

sagc,  tosaeg 
tout  s.  tö 
tre  ziehen,  werfen;  p. p. 

trat 
trop  viel,  sehr;  pl.  troc 
turchine  0.  f.pl.  blau 
ulä  s.  olä 
un,    un    C.    einer;    f. 

una  C. 
usä  C.  j).^>.  abgenutzt 

va,  vade  «.  si 
valc  C,  val'  C7.  p^üös, 
irgend  ein 


vanzade  C.  |).  2).  f.  pl- 

übrig  geblieben 
vara  ebene  iviese 
varda    C    imp^.    gib 

acht,      värdete    C. 

hüte  dich 
vata  kränz 
ve  C.  euch 
vea  C.  Vorabend 
vedei,  vede  0.    sehen; 

p.p.  vedu;  i.  vede  C, 

3.     veiga ,     veighelo 

sieht  er;    fut.   2.  pl. 

vedare  C. 
vegle  f.  pl.  alt 
vegni,  -i  kommen,  iver- 

den;  p.p.  vegnü,  pl. 

vegnus;  3.vcn,  veng, 

ven  C,   2.  pl.  vegni 

C;    konj.  3.  vegne; 

fut.  3.  vegnarä 
veh  C.  höre! 
veiga  s.  vedei 
venvtä&p.p.  f.  verkauft 
vescovo  C.  bischof 
via  weiter,  weg 
viaz  0.  reise 
viest  C.  3.  kleidet 
vin  C.  wein 
visin  :  da  v.  C.   in  die 

nähe 
vita   :   aiva  de   v.    C. 

brannticein 
vivava,  -eva  ü.   impf. 

3.  lebte 
vöi  C.  ihr 
voia  C.  lust 
vol  3.  will,  l.pl.  volön 

C. ,  2.  vosto  C.  ivillst 

du;  impf.  3.  volava, 

-eva  C. ;   kond.  1.  sg. 

volesse  C. 

zacan  einst 
zuca  schädel 


Friau  lisch. 


LV 


a  an,  zu;  dat.;  zu  (inf.) 

a  s.  al 

a,  ä,  abbi  s.  've 

achel  s.  chel 

aciö  s.  azö 

adattät  geeignet 

adi  am  (tag) 

affadij  konj.  3.  sg.  be- 
mühe 

affat  gänzlich 

agl  s.  al  und  lu 

agii  s.  an 

agrarie    f.    landwirt- 
schaftlich 

ah  rt/i 

ajal  hat  er 

al  an  rfew,  dem  .  .  .; 
pl.  ai,  agl;  f.  alla; 
/".  pl.  es 

al,  a,  1',  il  (unbetont)  er,  j 
es;  i>/.  a,  e' 

al:    t'al   chiäf   in    den  \ 
köpf 

alay,  -ä,  -ar  s.  lä 

alc,    ale'    etwas,    ein 
wenig 

alfabet  aiphabet 

alla  s.  al 

allegris,  ale-  pl.  froh 

alinanco  wenigstens 

altri  anderer 

aiiu'i  lieben 

amabil  liebenswürdig 

amant  liebhaber 

amis  ^>Z.  freunde 

amor  iieöe;  j)Z.  amörs,  j 
amors 

an  ja/tr;  |>Z.  ang,  agn 

anchie  awc/i 

angelica  f.  engels- 

autlchs  pl.  alt 

anzi  sogar 

apuestui  pl.  apostel 

arä  pflügen 


g)  Friaulisch. 

arcidiaconal  archidia- 
kons-  [hielten 

arecevir  pf.  3.  pl.  er- 

arevuardi  1.  sg.  ich  er- 
innere 

armis  pl.  waffen 

art  kunst 

articui  pl.  artikel 

as  pl.  bienen 

auri  golden 

avost  august 

avut  s.  've 

azö  chn,  aciö  damit 

bacüe  3.  sg.:  la  b.  er 
tut  sich  um 

baMneriispl.  prahlereien 

balle  ballen  (der) 

baiide  seite 

bara  bahre 

baracche  bude 

barbe  oheim 

beat  seZto 

bellezza  Schönheit 

ben,  ben  ^it^  ivohl,  or- 
dentlich 

biel  schön;  pl.  biei;  /". 
biello;  /".  pl.  bieles 

biell  scÄon 

bon  gut,  im  stände;  pl. 
bogns;  f.  bnine 

brave  f.  brav 

briade  gesellschaft,  leute 

bruz  pl.  hässlich 

buine  s.  bon 

bus  pl.  ochsen 

buse  orufte 

bussade  kuss 

busserai   fut.   1.   sg. 
werde  küssen 

c'  s.  che 

cämpin  3.  pl.:  la  c. 
kommen  aus 


cancillir  kanzler 
capital  kapitel 
cardinal  kardinal 
cavalir  ritter 
ce,  ce,  §e,  §e  tcas,  roas 

für  ein  (im  abh.  satz 

ce  che,  ce  ch') 
celat  geheim 
cerchiant  ger.  suchend 
cero,  zera  icaclis 
cerviell  gehirn 
cgiantarai  s.  chiantä 
ch'  s.  che 
chanzon[s]     (1355)    pl. 

lieder 
char  teuer;  f.  chiara 
chav  s.  chiäf 
che,  chn,  ch',  c'  dass; 

als;  denn 
che,  chu,  ch  relat. 
chel.  achel,  chell,  chell' 

der,  jener;  pl.  chei; 

f.  che,  (1380)  chello 
ehest  dieser;  f.  eheste 
chi:  a  chi  hiehcr 
chiäf,  chiaf,  chav  köpf 
chialäit  impt.  pl.  schaut 
chiamp  feld 
chiainpana  glocke 
chiampagna  feld 
chiant  lied 
chiautä  singen;    3.  sg. 

chianta ;      impt.    pl. 

chiantäit;    fut.  1.  sg. 

cgiantarai 
chianznnetto  liedchen 
chiara  s.  char 
chiargniele  f.  komisch 
chiase,  -sa  haus 
chiatamal   ihn  mir  fin- 
den;   p.  p.    chiatät, 

-at;  1.  sg.  chiatti,  2. 

pl.    chiatais,    3.   pl. 

chiatin;    fut.    3.   sg. 


LVI 


Wörterverzeichnis. 


chiatarä;  kond.  3.  sg. 

chiatare 
chiolt  p.  p.  genommen; 

Jconj.     impf.    1.    sg. 

chioless 
chiossis  pl.  suchen 
chist  dieser 
cho  s.  co 
chu  s.  che 
chui  s.  cui 
chun  s.  cun 
chystielg  pl.  Schlösser 
eil  himmel 
eimut  wie 
cingareschie    zigeuner- 

lied 
cittaz  pl.  städte 
co,   co,  cho   chu  wie, 

sobald 
cognossi  erkennen; p.p. 

cognosut 
coltait  impt.  pl.  pflegt 
cölure  zorn 

comandaments  pl.  ge- 
böte 
come  wie 

compendi  kompendium 
compliments^J.  kompli- 

mente 
comprat  p.  p.  gekauft; 

pf.  1.  sg.  coinprai 
confins  pl.  grenzen 
conseir  s.  cunsiglir 
conservä  aufbewahren 
consöli  1.  sg.  tröste 
contadin  landmann 
contadinel  bäuerlein 
contegnos  pl.  haltung 
contents  pl.  zufrieden; 

f.  contente 
coraggio  mut 
corretta  f.  verbessert 
cöttulis  pl.  rocke 
creät  p.p.  erschaffen 
credo  kredo 
cresci  wachsen 
cristiane  f.  christlich 


cu  s.  eul 

eucche  3.  sg.  guckt 

cui,  chui  wer;  cui  —  cui 

einer  —  der  andere 
cui,  cull  mit  dem:  pl. 

cui ;  f.  pl.  cullis,  culis 
cuniö  jetzt 

cumpli  vervollständigen 
cumun  gemeinde 
cun,  chun  mit 
cunsiglir,  conseir  rat 
cur  herz 
curios  neugierig 
currint  ger.  laufend 
cürt  kurz 
custodis  3.  sg.  bewacht 

d',  da  s.  di,  dal 

da  geben,  daj  ihm  geben, 

daus  euch  geben;  pf. 

1.  sg.  diey,  3.  sg.  die, 

de 
dal,  dall',  delg,  del  von 

dem,   des;  pl.   dagli, 

dai;   f.   da,   de,  de', 

della;  /.  pl.  des 
daür,  daur  nach,  hinter 
daus  s.  da 
davost=avost 
de,  delg,  del,  della,  des 

s.  dal 
den  tri  drinnen 
desideri  Sehnsucht 
desir  Sehnsucht 
devant  vor 
devin  3.  pl.  sollen 
di,   da   von;    gen.;   zu 

(inf);  um  zu  (in f.) 
di  tag;  pl.  dis 
di,    di'   sagen,   dial   es 

sagen,  dijes  sie  ihm 

sagen;     3.    sg.    dis; 

impf.   3.  sg.   diseve; 

pf.  3.  pl.  diserin;  fut. 

1.  sg.  dirai 
diffiezz  pl.  fehler 
dijes  s.  di 


diligenza  Sorgfalt 

dinä  pl.  denarc 

dinc'  pl.  zahne 

diö  gott 

dipinturis  pl.  maiereien 

dirai,  dis,  diseve,  -erin 

s.  di 
dis  s.  di 
dis  zehn 

disgrazie  Unglück 
dissegu  Zeichnung 
dodis  zwölf 
doi,  döi  zwei 
dolor  schmerz 
dolz  süss 
domandi  1.  sg.  verlange, 

bitte;  2. pl.  domandas 
dote  mitgift 
dottrine  s.  dut- 
drett  gerade 
duarmi  schlafen 
dulä  wo 
dumlo  fräulein 
dutt,  tot  ganz,  all;  pl. 

dug,  dug',  duch,  duch; 

f.  dutte,  tutte 
duttrine,  dott-  lehre 

e,  et  und 

e'  s.  al 

e  s.  jessi 

edizion  ausgäbe 

edueazion  erziehung 

eh  oh 

eibut  s.  've 

es  s.  al 

es  s.  \n 

esial  ist  er 

esiliat  verbannt 

et  s.  e 

etat  alter 

eterno  ewig 

fa  tun,  machen,  fai  ihm 
machen,  fassi  sich  m. ; 
p.  p.  fatt,  fat;  /'.  fatte; 
ger.  fazint ;  3.  sg.  fas 


Friaulisch. 


LVII 


pf.  3.  pl.  fazirin;  kond. 

3.  sg.  faress 
fagendis  pl.  geschäfte 
facil  leicht 
fai  s.  fa 

falcez  pl.  sensen 
faiuee  familie 
fan  hunger 
fantata  Mädchen 
fassi,  fatt  .  . .  s.  fa 
fat  tat,  angelegenheit ; 

pl.  fazz 
fazint,  -irin  s.  fa 
fevelä  reden;  2.sg.  fe- 

velis;    impf.  sg.    fe- 

vele;   Äonj.  i.  sg.  fe- 

veli;   imp/".  3.  pl.  fe- 

velävin 
fidel  <rew 
fie  tochter 
fiesta  /esi 
flu  bis 
finj endigen;  <?.s#.finiss; 

/W.  3.  sg.  finirä 
fiolanze  kinder 
fiss  starr 
flät  a<em 
flor   blute,   blume;    pl. 

flors 
fo,  for  s.  jessi 
forsi  vielleicht 
fortunäd  glücklich 
foss,  fossis  s.  jessi 
fradi  bruder 
francs  pZ.  franken 
fregul  bisschen 
friulane  s.  furlan 
fröle  f.  weich 
frut  knabe 
fratatte  mädchen 
früzz  j?Z.  kinder  (s.  frut) 
für,  für  heraus,   für  d- 

atts 
furibund  toild 
furlan  friaulisch ;  f.  -ne, 

(1830)  friulane 
furtüne  glück 


generös  grossmütig 
genio  anläge,  neigmig 
giöld  3.sg.  geniesst 
gl,  gli,  glu  s.  il 
gli  s.  i 
glorie  rühm 
gnuche  verstand 
gobbo  buckelig 
gole  lust 
governä  pflegen 
gran  gross ;  2>l-  gran ;  f. 

grande,  grand';  f.pl. 

gran 
gratäs  konj.  impf.  3.  pl. 

kratzten 
graziis  :  malis  gr.  ver- 

druss 
gruesse  f.  dick 
guarnigion  garnison 

ha,  hai,  haver  s.  've 

hierin  s.  jessi 

hom  mensch,  mann;  pl. 

ümins 
honor  ehre;  pl.  -rs    . 
honorä  ehren 

'i,  gli  ihm,  ihr,  ihnen 

i  8.  il 

iddio  gott 

idul  abgolt 

ignora  3.  sg.  iveiss  nicht 

il,  '1,  1',  lu  der  (art.); 

pl.  (1355)  gli,  (1406) 

gln,  (lo.,16.jh.)  gliu, 

(1770)  ju,  iü,  i;  f.  la; 

f.  pl.  lis,  (1355)  li 
impensistu  2.  sg.  denkst 

du 
impiego  anstellung;  pl. 

-gos 
impinissi  sich  anfüllen, 

belasten 
in  in 

incärich  auftrag 
inchuluride  f.  farbig 
induvina  3.sg.  errät 


inespiegabil  unerklär- 
lich 

infanchpZ.  junge  männer 

influs  einfluss 

instantie  dringlichkeit 

instess  selbst 

instrunienz    pl.  doku- 
mente 

instruzions  s.  ist- 
int leute 

intant  unterdessen 

invege  di  statt 

inzen  kunstgriff 

iö  s.  jo 

ir  gestern,  ir  l'altri  vor- 
gestern 

istruzion  Unterweisung; 
pl.  instruzions 

iü  s.  il 

ja,  jai  s.  've 

je  s.  jessi  und  lui 

jemplä  füllen 

jenträt  p.p.  eingetreten 

jessi  sein,  werden;  p.p. 
stät,  f.  stade;  1.  sg. 
soi,  söi ,  3.  e,  l'e  (m.), 
je  (f.),  2.pl.  ses,  3. 
son ;  konj.  3.  sg.  sei, 
se;  impf.  Lsg.  jeri, 
3.  pl.  hierin;  impf, 
konj.  1.  sg.  foss,  2.  fos- 
sis; pf.3sg.io,  3.pl. 
furin,  for,  für;  fut. 
1.  sg.  saray,  3.  sarä, 
sarä,  3.  pl.  saränn; 
kond.  3.  sg.  saress 

jo,  jö,  jö,  iö,  io,  yo 
ich 

ju  s.  il 

judämi,  -kti  mich  unter- 
stützen, dich  unt. 

1'  s.  al,  il  und  lu 
la  s.  il  und  lu 
lä  dort 

lä  gehen;  3.sg.  va,  vä; 
konj.3.sg.  vadi;  impt. 


LVIII 


Wörterverzeichnis. 


sg.  va;    impf.  3.  sg. 

leve;  pf.  1.  sg.  alay, 

3.  alä,  3.pl.  alar  (s. 

zie) 
lagrimis  pl.  tränen 
lassä  lassen;  p.p.  lassat; 

konj.  3.sg.  lassi,  IpZ. 

lassin;  impt.sg.  lasse 
lavor  ar&ei£ 
lavuriduris  /".  arbeiten 
le  er  ist 
ledän  dünger 
len  Äote 
lenghe  zunge,  spräche; 

pl.  lenghis 
letira  (1380)  brief,  let- 

tere  Schulbildung 
leve  s.  lä 
lezicm  lesung 
li  s.  il 
li  dort 
über  frei 
lis  s.  il  Mfui  lu 
livre  pfund;  pl.  livry 
lontan  fern 
lor  i/tr 
lu  s.  il 
lu,  1',  al  ihn,  es;  pl. 

agl;  /".  la;  f.pl.  lis,  es 
lui  er,  ihn;  f.  je 
lujaniis  jjJ.  wurste 
lunari  kalender 
lutignint  Statthalter 

uia  a&er,  sondern 
mai  Je ;  den«  (in  fragen) 
mal  schlecht 
malandrett  verdammt 
malis  /".  pJ.  ööse 
man  Äand 

inanchiaj  i/im  fehlen 
mandä  übergeben 
manierose  f.  ar£i# 
manifesta  5.  s#.  hti  fand 
marcha  war/f 
niäri,  mari  mutier;  pl. 
maris 


maridäti     dich    verhei- 
raten 

maridaz  heirat 

marina  küste 

marit  gemahl 

masse  zu  viel,  zu  sehr 

matriinoni  ehe 

me,  miö  mein;  pl.  mei; 
f.  me,  me 

memorie  gedächtnis 

nienä  führen;  Lsg.  meni 

meschina  f.  elend 

mestris  pl.  lehrcr 

metal  metall 

meterai  fut.  1.  sg.  werde 
setzen 

meza  f.  halb 

mi   mir,   mich;     a   mi 
mir 

iniei  öesser 

miez  wti^e,  «;et7e 

mil  tausend 

miö  s.  me 

mira  3.sg.  sieht  an 

mistir  geschäft 

mo'  :  no  mo'?    nicht 
wahr? 

moment  Zeitpunkt 

mont,  mond  weit 

mont  bcrg;  am.  beiseite; 
un  m.  vieZ,  se/?r 

moros  pl.  liebhaber 

morosä  verliebt  sein 

morosezz  pl.  liebeleien 

mostre  muster 

moto  bewegung 

mud  art 

muini  mesner 

muri  sterben;  3.  sg.  mur 

'n  :  no  'n  d'  hai    habe 

deren  nicht 
nanchie  nicht  einmal 
nassi  geboren  werden 
nel  (19.  jh.)  in  dem;  pl. 
nei  {18.  jh.);    f.   ne 
(1772),  nella  {19. jh.) 


nemi  feind 

nemie  nicht  ein  bisschen 
neonat  neugeborener 
nestri  unser;  f.  nestre 
ni  weder,  noch 
nissun  keiner;  f.  nissune 
no  nein 
no,  non  nicht 
nol  e  ist  nicht 
nome  nur 
note  note 
nuje,  nüja  nichts 
nus  wir,  uns 
nuvizz  bräutigam,  neu- 
vermählter; f.  nuvizze 

o,  ö   oder,  entiveder 

o,  o'  ich 

o,  'o  ihr  (subj.) 

o,  oh  oh 

occupazion    beschäfti- 

gung 
olessin  s.  vuei 
olm  ulme 
opere  werk 
ore,   ora   stunde;     ore 

presint  jetzt 
orelis  pl.  ohren 
ort  garten 
osserve  3.  sg.  beobachtet 

pa  '1,  pal  für  den,  durch 

den;  pl.  pagl 
pais  land,  Vaterland 
pajä  zahlen 
pal  s.  pa 
panade  brodbrei 
pär,  par  3.  sg.  scheint; 

impf.  3.  sg.  pareve 
par,  per  für,  durch  . . . ; 

par  ehest  deshalb 
paradis  paradies 
parce  ch'  weil 
pardut  überall 
pari,  pari  vater;  pl.  paris 
parinch  pl.  verwandte 
paste  teig 


Friaulisch. 


LIX 


patiss  3.  sg.  duldet 
patriarchys    pl.   Patri- 
archen 
patrie  (16.  jh.),  -ia  Vater- 
land 

pechiat  Sünde 

pelegrinand  ger.  durch- 
ivandemd 

pene  :  a  p.  kaum 

pensand  ger.  denkend; 
fut.  3.sg.  pensarä 

per  s.  par 

perfettissim  höchst  voll- 
kommen 

piä  nehmen,  einnehmen 

piärdisi  sich  verlieren 

pichiädis^.j).  f.pl.  auf- 
gehängt 

pizzinin  kleines  kind 

plan  eben 

plane  leise 

plantä  pflanzen 

pläs,  plas  3.sg.  gefällt 

plasesj^Z.  Vergnügungen 

plui  mehr 

pö,  po'  3.  sg.  kann,  2.pl. 
podes,  S.pnedin ;  konj. 
2.pl.  podes;  kond.  2. 
sg.  podaressis,  3.  po- 
daress 

poc  wenig 

poesiis  pl.  gedichte 

pognez  p.p. pl.  gesetzt, 
brütend 

polzete  mädchen;  pl. 
polzettis 

popolar  populär 

portä  tragen;  pf.3.pl. 
portarin 

prat  wiese;  pl.  praz 

prefazion  vorrede 

preparä  zubereiten 

presagio  (1732)  vorher- 
sage 

presentärin  pf.  3.  pl. 
stellten  vor 


presint,  prisint  gegen- 
wärtig 

prest  schnell 

primariis  f.  pl.  erste 

prin,  -m  erster;  f.  prime, 
-ma 

prineipi  anfang,  grund- 
satz;  pl.  pringipis 

prisint  s.  presint 

priulg  prior 

privilegijs  pl.  Privi- 
legien 

pronostic  prognose 

propri  wirklich 

paar  arm 

publicada  p.  p.  f.  ver- 
öffentlicht 

puchitine  wenig 

puedin  s.  pö 

pure  f.  rein 

purissim  ganz  rein 

quaderno  (!355)  lieft 
quäl  welcher;  pl.  quäl; 

/'.  quäl,  quäl' 
qualchi  irgend  ein 
quand  tvann 

räpiz  pl.  rasch 

rason  verstand,  grund 

re  könig 

remürs  pl.  lärm 

restas  konj.  impf.  3.  sg. 
bliebe 

ridot  p.  p  reduziert, 
übertragen;  f.  ridotte 

riescin  konj.  3.  pl.  ge- 
lingen 

rindi  machen 

riplen  voll 

rispettive  f.  zugehörig 

ristiell  gittertür 

ristret  abriss,  auszug 

ritörna  3.  sg.  kehrt  zu- 
rück 

rive  3.  sg.  kommt  dazu, 
gelingt 


rivioduda  p.  p.  f.  revi- 
diert 

rott  p.  p.  gebrochen;  pf. 
3.  sg.  roinpe 

rubin  rubin 

ruinaz  p.  p.  pl.  zerstört 

ruine,  -na  verderben 

s'  s.  se  und  si 

sai  s.  save 

sal  es  sich  (euch) 

saludat  p.  p.  gegrüsst; 
ger.  -ant 

sangli  Mut 

sante  f.  heilig 

sarä,  -ay,  saress  .  .  .  s. 
jessi 

save  wissen;  1.  sg.  sai, 
2.  säs,  2.  pl.  saves; 
impf.  1.  sg.  savevi 

scielzi  ivählen 

sclett  einfach,  aufrich- 
tig; f.  sclete 

scoinparis  3.  sg.  ver- 
schwindet 

scritturis  pl.  Schriften 

scrivir  schreiben;  p.  p. 
f.  scritte 

scuele  schule 

sdrondenade    polter- 
abend 

se,  s'  wenn;  ob 

se,  sei  s.  jessi 

sechiade  lästigkeit 

seiont  gemäss 

sernenaz  p.p.  pl. gesäet 

sentimental  empfindsam 

sentiments  pl.  gefühle 

senze  ohne 

ses  s.  jessi 

seselador,  seseledö  juli 

sesilis  pl.  sicheln 

si,  s'  sich 

si  so,  also 

si,  si  ja 

siara  3.  sg.  einschliesst, 
abschliesst 


LX 


Wörterverzeichnis. 


siei  s.  so 

siinpri  immer 

sin  die    gemeindevor- 
steher 

sint  3.  sg.  fühlt,  hört; 
impt.  sg.  sint 

siolz  3.  sg.  trennt 

sior  herr;  pl.  siors 

siore  frau 

sirvidö  (13S0)  diener 

siviläit  impt.  pl.  pfeift 

slancät  lendenlahm 

sminuzzade  p.  p.  f.  ver- 
kleinert 

so  sein,  ihr;  pl.  siei;  f. 
so;  f.  pl.  sos,  sös 

söi  s.  jessi 

soldat  soldat 

soldi  (1355)  pl.  soldo 

soltant  nur 

son  s.  jessi 

sore  über 

soreli  sonne 

sos  s.  so 

sot  unter 

spali  bind  faden 

sperä  hoffen;  1.  sg.  speri 

spindnt  p.  p.  ausge- 
geben; pf.  1.  sg.  spen- 
dei 

spietä  icarten 

spirit  geist 

spleDdor  glänz 

sposade  p.  p.  f.  verlobt, 
verheiratet 

stä,  sta  stehen;  1.  sg. 
stoi,  3.  sta;  pf.  3.  sg. 
stie 

stallaz  pl.  stalle 

stät  s.  jessi 

stat  Stellung 

ste  f.  diese 

stie  s.  stä 

stimi  I  s<7.  meine 

stoi  s.  stä 

strade  weg 

stravolz  stürzt 


strenzi  schnüren 
strente  di  man   hände- 

druck 
strolic  ivahrsager 
strussiis  pl.  mühen 
studiät  studiert 
suffrilu  ihn  leiden 
sul  über  den,  auf  dem 
sun  klang 
svelt  schnell 
svölin  3.pl.  fliegen 

t'  s.  ti 

t'  al,  tal,  te  '1  in  dem; 

f.  te ;   f.  pl.  tes 
tajat  p.p.  geschnitten 
tal  s.  t' 
talent  talent 
tant  so  viel,   so  lange, 

so  sehr;  pl.  tanch;  f. 

tante,  -ta;  fpl.  tantis 
tarmis      pl.    motten, 

bremsen 
tas  impt.  sg.  schweig 
te  dich 
te  s.  t' 

tener  2ar£;  f.  -re 
tenerezza  Zärtlichkeit 
terren  ftoden 
tes  s.  t' 
ti,  t'  dir,  dich 
tiara,  tierre,  erde,  land 
timp  zei£;  j?£.  -ps 
tindi    achtgeben;    p.  p. 

tindüt;    3.  sg.    tind; 

konj.  3.  sg.  tindi 
tire  5.  sg.  zieht 
to,  tö  dein 
tochie  3.  sg.  trifft,  kommt 

zu;    kond.  3.  sg.  to- 

chiaress 
todesc  deutsch 
toglaz  pl.  Scheunen 
tot  s.  dutt 
tradot  übersetzt ;  f.  -dot- 

te,  -dotta 
travistude  f.  travestiert 


tremis  2.  sg.  zitterst 
tressiett  3— 7  (e.  spiel) 
tristezza  trauer 
tröpp  viel,  sehr 
tu  du 
tutte  s.  dutt 

uejei  pl.  vögel 

ue  heute 

uei  s.  vuei 

uera  krieg 

uestris  s.  vuestri 

ümins  s.  hoin 

un  ein;  f.  une,  UDa 

unit  vereint 

us  euch 

usä   gebrauchen;    usäd 

va,  vadi  s.  lä 

valor  wert 

vaue  /".  eitel 

vanitäd  eitelkeit 

vantazös  vorteilhaft 

've  haben,  bekommen, 
'vemi  wuc/i  h. ,  velu 
iAw  Ä. ;  p.p.  avut,  vut, 
Vud,  (1355)eibut;  j?Z. 
'vüz;  Lsg.  hai,  3.  ha, 
a,  ä,  2.pl.  ves;  konj. 
3.  sg.  abbi ,  (19.  jh.) 
vevi;  impf.  3.  sg. 
'veve;  konj.  impf. 
2.sg.  'vessis,  3.  'vess, 
5.  pl.  'vessin ;  pf.  3.  pl. 
haver;  fut.  3.sg.  varä ; 
kond.  2.  sg.  'varessis, 
3.  'varess 

vegnial,  ven  s.  vigni 

veneul  alp 

vendicha  rächen 

ver  wahr 

ves,  'vess,  'veve  . .  .  s. 
've 

viars  art 

viärt  offen 

vie,  via  weg,  fort 


Friaulisch. 


LXI 


vignl  kommen,  werden; 

3.  sg.    veD,    vßgnial 

[kommt  es) 
viödi,  viodi  sehen;  p.p. 

viodut;    3.  sg.  viot; 

fut.  1.  sg.  vioderai 
vit  rebe 
vita  leben 
vitalizii  leibrente 
viv   3.  sg.    lebt;    konj. 

impf.  1.  sg.  vives 
vizi    schlechte  gewohn- 

heit 
vo  ihr 
vöe  lust 


voi  pl.  äugen 
vole,  voles  s.  vnei 
volontät,  -at  wille 
voltis  pl.  mal 
vös  stimme 
'vnd  s.  've 
vuedi  heutzutage 
vuei.  'uei,  nei  Lsg.  will, 

2.pl.  voles ;  konj.  1.  sg. 

vaegli ;  pf.  3.  sg.  vole 
vaestri  euer;  pl.  uestris 
vus  ihr,  euch 
vat  'vöz  s.  've 

yo  s.  jo 


zä  schon 

zera  s.  cero 

zie  pf.  3.  sg.  ging,  pl. 

zTr,  zirin 
ziutil  vornehm 
zir  3.  sg.  sucht 
zTr,  zirin  s.  zie 
ziriuz  pl.  kleine  kerzen 
zornade  tag 
ziubil  jubel 
zovin,  zovin  jung;    f. 

zövine 
züg'  spiel 
zuja  3.  sg.  spielt 
zurameut  eid 


Bücherschau. 


1729  Flaminio    da   Säle,     Fundamenti    della    lingua    Retica    o 

Griggiona.     Dissentis. 
1771  [Basilius  Veith],  Nova  grammatica  Ramonscha  e  Tudesch- 

gia.     Dissentis. 
1805  [Baseli    Veit],     Gramatica    Ramonscha     per    emprender    il 

lungaig  Tudeschg.     Bregenz. 

1820  Matthias  Conradi,  Praktische  Deutsch -Romanische  Gram- 
matik. 

1821  Otto  Carisch,  Deutsch -italienisch -romanische  Wörtersamm- 
lung .  .  .  Chur;    2.  Aufl.   1836,    3.  Aufl.  1848. 

1823  Matthias  Conradi,  Taschenwörterbuch  der  Romanisch- 
Deutschen  Sprache,  1828  T.  d.  Deutsch- Romanischen  Spr., 
Zürich. 

1828  Giuseppe  Mainati,  Dialoghi  piacevoli  in  dialetto  vernacolo 
triestino  .  .  .  Triest. 

1832  Josef  Th.  Haller,  Versuch  einer  Parallele  der  ladinischen 
Mundarten  in  Enneberg  und  Gröden  in  Tirol,  dann  im  Engadin 
und  der  romanischen  in  Graubünden  (Z.  d.  Ferdinandeums  VII), 
Innsbruck. 

1846  Graziadio  J.  Ascoli,    Süll'  idioma  friulano  .  .  .,  Udine 

1848 — 52  Otto  Carisch,  Taschenwörterbuch  der  Rhaetoromani- 
schen  Sprache  in  Graubünden  .  .  .  mit  Nachträgen,  Chur. 

1851  Pirmin  Rufinatscha,  Über  Ursprung  und  Wesen  der  Ro- 
manischen Sprache  (Progr.  Heran),  Innsbruck. 

1852  Otto  Carisch,  Grammatische  Formenlehre  der  Deutschen  und 
Rhätoromanischen  Sprache  .  .  . ,  Chur. 

1853  K.  Wilh.  Böttiger,  Rhetoromanska  spräkets  dialekter  (Diss.), 
Upsala. 

1853  Karl  Czoernig,  Über  Friaul,  seine  Geschichte,  Sprache  und 
Litteratur  (Sitzb.  d.  Wiener  Akad.  d.  W.,  X),  Wien. 

1855  Johann  Sulzer,  Dell'  origine  e  della  natura  dei  dialetti 
comunemente  chiamati  Romanici  .  .  .,  Trient. 


Bücherschau.  I^XIII 

1856  J.  Chr.  Mitterrntzner,  Die  raetoladiniscken  Dialekte  in 
Tirol  und  ihre  Lautbezeichnung  (Progr.),  Brixen. 

1856  Giambattista  Azzolini,  Vocabolario  vernacolo-italiano  pei 
distretti  Roveretano  e  Trentino,  Venedig. 

1857  Zacaria  Pallioppi,  Ortografia  et  ortoepia  del  idiom  Ro- 
mauntsch  d'  Engiadin'  ota,  Chur. 

1858  Baseli  Carigiet,  Ortografia  gienerala,  speculativa  Ramon- 
tscha,  Dissentis. 

1862  P.  Just.  Andeer,   Über  Ursprung  und  Geschichte  der  Rhaeto- 

Romanischen  Sprache,  Chur. 
1864  [J.  A.  Vian],  Gröden,  der  Grödner  und  seine  Sprache,  Bozen. 
1868  Zacaria   Pallioppi,    La    conjugaziun    del   verb   nel   idiom 

romauntsch  d'  Engiadin'  ota,   Samaden. 

1868  Edmund  Stengel,  Vocalismus  des  lateinischen  Elementes 
in  den  wichtigsten  romanischen  Dialekten  von  Graubünden 
und  Tyrol  (Diss.),  Bonn. 

1869  Christian  Schneller,  Über  die  volksmundartliche  Literatur 
der  Romanen  in  Tirol  (Progr.),  Innsbruck. 

1870  Christian  Schneller,  Die  romanischen  Volksmundarten  in 
Südtirol  (1.  Bd.),  Gera. 

1870  Hugo  Schuchardt,  Über  einige  Fälle  bedingten  Lautwandels 
im  Churwälschen,  Gotha. 

1870  Friedlieb  Rausch,  Geschichte  der  Litteratur  des  Rhäto- 
Romanischen  Volkes,  Frankfurt  a.  M. 

/    1870  Giacomo    Scala,    Piccolo    vocabolario    domestico    friulano  - 
italiano  con  alcnne  voci  attenenti  ad  arti  e  mestieri,  Pordenone. 

1871  Jacopo  Pirona,  Vocabolario  friulano  .  .  .,  Venedig. 

1873  Alfons  v.  Flugi,  Die  Volkslieder  des  Engadins,  Strassburg. 

1873  Adolf  Mussafia,    Beitrag   zur  Kunde   der  norditalienischen 

Mundarten  im  15.  Jh.  (Denkschr.  d.  Wiener  Akad.  d.  W.),  Wien. 

1873  Graziadio  J.  Ascoli,  Saggi  ladini  (Archivio  glott.  ital.  I), 
Mailand. 

1874  Alessandro  Wolf,  Un  testo  friulano  dell'anno  1429  (Annali 
dell'  Ist.  Tecn.  di  Udine),  Udine. 

1876  Eduard  Böhmer,  Prädicatscasus  im  Rätoromanischen  (Rom. 
Studien  II),  Strassburg. 

1877  J.  Vaterlaus,  La  lingua  reto-romauntscha  (als  Anhang  an 
„II  spiert  del  Piz  Bernina"  von  Caratsch  und  Caderas), 
Samaden. 

1877  Valentino  Ostermann,   Proverbi    e    modi  proverbiali  friu- 

lani  .  .  .,  Udine. 
1877  Christian  Schneller,    Deutsche  und  Romanen  in  Süd -Tirol 

und  Venetien,  m.  e.  Karte  (Geogr.  Mitteilungen)  Gotha. 


LXIV  Bücherschau. 

1877/78  Vincenzo  Joppi,  Testi  inediti  friulani  dei  secoli  14. — 19., 
raccolti  e  annotati  (Arch.  glott.  ital.  IV),  Rom ;  dazu  auch  Anm. 
von  G.  J.  As  coli  und  Cimelj  tergestini  von  demselben. 

1878  Friedlieb  Rausch,    Sprachliche  Bemerkungen  zum  Müsser- 
krieg (Z.  f.  rom.  Philol.  II),  Halle. 
1878  Alfons  v.  Flugi,   Die  Ladinischen  Dramen  im  16.  Jh.,  ebd. 

1878  Eduard  Böhmer,  Nonsbergisches;  Grednerisches ;  Tiro- 
lerisches.    In  den  Rom.  Studien  III,  Strassburg. 

1878  Bartolomeo  Malfatti,  Degli  idiomi  parlati  anticamente  nel 
Trentino  e  dei  dialetti  odierni  (Giorn.  di  fil.  rom.),  Rom. 

1878  Federico  Simzig,  Notizie  varie  intorno  il  dialetto  friu- 
lano  .  .  .  (Progr.),  Görz. 

1879  Jakob  Stürzinger,  Über  die  Conjugation  im  Rätoromani- 
schen, Winterthur. 

1879  Johann  Alton,  Die  ladinischen  Idiome  in  Ladinien,  Gröden, 
Fassa,  Buchenstein,  Ampezzo  .  .  .,  Innsbruck. 

1879  Theodor  Gärtner,    Die  Gredner  Mundart,  Linz. 

1880  Johann  Alton,  Beiträge  zur  Ethnologie  von  Ostladinien, 
Innsbruck. 

1880  P.  Just.  Andeer,  Rhaetoromanische  Elementargrammatik, 
Zürich. 

1880  Alfons  v.  Flugi,  Historische  Gedichte  in  Ladinischer  Sprache; 
Zwei  weltliche  Ladinische  Dramen  des  17.  Jhs.  (beides  in  der 
Z.  f.  rom.  Phil.  IV),  Halle. 

1881  Giovanni  Alton,  Proverbi,  tradizioni  et  aneddoti  delle  valli 
ladine  orientali,  Innsbruck. 

1882  Alfons  v.  Flugi,  Zwei  Ladinische  Dramen  des  16.  Jhs. 
(Z.  f.  rom.  Phil.  V),  Halle. 

1882  Josef   Mischi,    Deutsche    Worte    im    Ladinischen    (Progr.), 

Brixen. 
1882  Basilius  Carigiet,  Rätoromanisches  Wörterbuch,   Bonn. 
1882  Russell  Martineau,  On  the  Romonsch  or  Rhaetian  Language 

in  the  .Grisons  and  Tirol  (Philol.  Soc),  London. 
1882  Caspar  Decurtins,  Ein  sürselvisches  Volksbuch ;  Eine  sub- 

selvanische  Liederhandschrift   (beides :  Z.  f.  rom.  Phil.  V,  VI), 

Halle. 

1882  Theodor  Gärtner,  Die  judikarische  Mundart  (Sitzb.  d. 
Wiener  Akad.  d.  W.),   Wien. 

1883  Jakob  Ulrich,  Rhätoromanische  Chrestomathie,  2  Teile, 
Halle. 

1883  Jakob  Ulrich,  Rhätoromanische  Texte,  Halle. 

1883  Theodor  Gärtner,  Sulzberger  Wörter  (Progr.  Wien),  Leipzig. 


Biicherschau.  T-^XV 

1883  Theodor  Gärtner,   Rätoromanische  Grammatik,    Heilbronn. 

1883  [April  1884]  C.  Decurtins,  Quattro  testi  soprasilvani ;  G.  J. 
Ascoli,  Versione  .  .  .,  Annotazioni  (beides  im  Arch.  glott. 
ital.  VII),  Rom. 

1884  A.  Redolfi,  Die  Lautverhältnisse  des  bergellischen  Dialekts 
(Diss.),  Halle. 

1885  Karl  Fr.  v.  Czoernig,  Die  alten  Völker  Oberitaliens,  Italiker 
(Umbrer),  Raeto-Etrusker,  Raeto-Ladiner  .  .  .,  Wien. 

1886  Heinrich  Morf ,  Drei  bergellische  Volkslieder  (Nachr.  v.  d. 
K.  Ges.  d.  Wiss.  u.  d.  G.-A.-Un.),  Göttingen. 

1887  Gottfried  Hartmann,  Gioerin  Wiezels  Veltlinerkrieg,  Strass- 
burg. 

1888  Heinrich  Morf,  Die  sprachlichen  Einheitsbestrebungen  in 
der  rätischen  Schweiz,  Bern. 

1888  ff.  Kaspar  Decurtins,  Rätoromanische  Chrestomathie  (mehr. 

Bände  von  Vollmöllers  Rom.  Forsch.),  Erlangen. 
1888  Jakob   Ulrich,    Susanna,   ein   o.-eng.  Drama    des    16.  Jhs., 

Frauenfeld. 

1888  Theodor  Gärtner,  Die  rätoromanischen  Mundarten  (im 
I.  Bd.  von  Grob  er  s  Grundriss),  Strassburg ;  2.  Aufl.  1906. 

1889  Karl  Strekelj,  Zur  Kenntnis  der  slavischen  Elemente  im 
friaulischen  Wortschatz  (Archiv  f.  slav.  Philol.),  Berlin. 

1889  Federico  Simzig,  Solecismi  nella  parlata  goriziana  (Progr.), 

Görz. 
1889  Kofmel,  Hiob,  ein  o.-eng.  Drama  aus  dem  17.  Jh.,  Solothurn. 
1892  Theodor   Gärtner,    Die  Mundart  von  Erto  (Z.  f.  rom.  Phil. 

XVI),  Halle. 

1892  Caviezel,   Rätoromanische  Kalenderlitteratur  (ebenda). 

1893  f.  Vittorio  Cian  e  Carlo  Salvioni,  Le  Rime  di  Bartolomeo 
Cavassico  notaio  bellunese  d.  1.  metä  del  sec.  16°,  Bologna. 

1893 — 95  Z.  u.  E.  Pallioppi,  Dizionari  dels  idioms  romauntschs, 
Samaden. 

1893  J.  Cavalli,  Reliquie  ladine  raccolte  in  Muggia  d' Istria, 
Triest. 

1894  Gustav  Soldan,  Strafgesetz  für  das  Gericht  ObMuntFullun 
von  1688  (Z.  f.  Schweiz.  Recht,  N.  F.,  14.  Bd.). 

1895  Eduard  Böhmer,  Verzeichnis  rätoromanischer  Litteratur 
(1885  erschienenes  Heft  des  1895  abgeschlossenen  6.  Bds. 
der  Rom.  Studien),  Bonn. 

1895  Emil  Levy,    Bemerkungen    zum   engadinischen  Hiob,    Frei- 
burg i.  B. 
1895  Giovanni  Alton,  Störies  e  chiänties  ladines,  Innsbruck. 

Gärtner,   Rätorom.  spr,  u.  lit.  & 


LXVI  Bticherschau. 

1895  Theodor  Gärtner,  Die  Zehn  Alter,  eine  rätoromanische 
Bearbeitung  aus  dem  16.  Jh.  (Rom.  Stud.  VI),  Bonn;  ebenda: 
W.  v.  Humboldt  über  Rätoromanisches  .  .  . 

1895  Richard  V.  Täckholm,  Etudes  sur  la  phonetique  de  l'ancien 
dialecte  sousselvan  (Diss.),  Upsala. 

1896  Jacques  Ulrich,  La  Tsefla  da  Bifrun;  La  moart  et  paschiun 
da  N.  S.  J.  Christi  (Revue  des  Langues  romanes  IX). 

1896  J.  Ulrich,  Job,  tin  drama  engiadinais  del  16.  secul,  Chur. 

1897  Gaspard  Pult,  Le  parier  de  Sent  (Diss.),  Lausanne. 

1898  Jakob  Ulrich,    Altoberengadinische  Lesestücke,  Zürich. 
1900  J.  P.   Candrian,      Der    Dialekt    von    Bivio-Stalla    (Diss.), 

Halle. 
1900  Placidus  Genelin,   Germanische  Bestandtheile  des  rätischen 

(surselvischen)  Wortschatzes  (Progr.),  Innsbruck. 
1900  Josef  Huonder,  Der  Vokalismus  der  Mundart  von  Disentis 

(Diss.,  Rom.  Forsch.  XI),  Erlangen. 
1900  Wolfram   v.  Zingerle,    Eine    wälschtirolische   Handschrift. 

Um  das  J.  1400  (Z.  f.  rom.  Philol.),  Halle. 

1902  Karl  v.  Ettmayer,  Lombardisch -Ladinisches  aus  Südtirol 
(Rom.  Forsch.  XIII),  Erlangen. 

1903  Heinrich  Augustin,  Unterengadinische  Syntax  (Diss.),  Halle. 

1903  Wilhelm  Looser,  Lautlehre  zur  Bibel  von  Schuls  (Rom. 
Forsch.  XIV),  Erlangen. 

1904  Johann  Luzi,  Die  surselvischen  Dialekte  (Rom.  Forsch.  XVI), 
Erlangen. 

1905  Johann  Michael,  Der  Dialekt  des  Poschiavotals  (Diss.), 
Halle. 

1905  Jacob   Jud,    Las    desch  eteds  da  Gebhard  Stuppaun,    Chur. 

1905  Rennwart  Brandstetter,  Das  schweizerdeutsche  Lehngut  im 
Romontschen. 

1906  Carlo  Salvioni,  II  dialetto  di  Poschiavo  (Rend.  Ist.  lomb., 
S.  II,  39.  Bd.) 

1906  Gottfried  Hartmann,  Neuere  Lyrik  in  Graubünden  (Fest- 
schrift z.  12.  d.  Neuphilologentag),  Erlangen. 

1906  Jakob  Ulrich,  Der  engadinische  Psalter  des  Chiampel 
(Ges.  f.  rom.  Lit,  IX),  Dresden. 

1907  Carlo  Salvioni,  Lingua  e  dialetti  della  Svizzera  italiana 
(Rend.  Ist.  lomb.,  S.  II,  40.  Bd.) 

1907  E.  Walberg,    Saggio  sulla  fonetica  del  parlare  di  Celerina- 

Cresta,  Lund. 
1907  Carlo   Battisti,   La   vöcale   A   tonica   nel   ladino  centrale, 

Trient. 


Bücherschau.  LXVII 

1907  Gustav  Gröber  u.  Ludwig  Traube,  Das  älteste  räto- 
romanische Sprachdenkmal  (Sitzb.  d.  K.  Bayer.  Akad.  d.  W.), 
München. 

1907  Theod.  Gärtner,  Heinr.  Suchier  u.  Hugo  Schuchardt, 
Über  das  älteste  rätoromanische  Sprachdenkmal  (Z.  f.  rom. 
Philol.,  81.  Bd.),  Halle. 

1907  Robert  v.  Planta,  Ein  rätoromanisches  Sprachdenkmal  aus 
dem   12.  Jh.  (Archiv  f.  lat.  Lexikogr.,  XV),  Leipzig. 

1908  Mario  Roques,  Le  plus  ancien  texte  rötique  (Romania 
XXXVII),  Paris. 

1908  P.  E.  Guarnerio,   Appunti   lessicali    bregagliotti   (Rend.  Ist. 

lomb.,  S.  II,  4L  Bd.) 
1908  Carlo   Battisti,    Die  Nonsberger  Mundart  (Lautlehre),    mit 

2  Karten  (Sitzb.  d.  Wien.  Akad.  d.  Wiss.),  Wien. 
1908  Carlo  Salvioni,  Nuovi  documenti  per  le  parlate  muglisana 

e  tergestina  (Rend.  Ist.  lomb.,  S.  II,  4L  Bd.) 
1908  Gottfried     Hartmann,      Zur     rätoromanischen     Verskunst 

(Festschr.  f.  Vollmöller),    Erlangen. 


Nachtrag. 


Zu  s.  LXVII.    Während  des  druckes  habe  ich  noch  angemerkt: 

1909  Karl  Strekelj,   Slawisches  im  friauliscben  Wortschatz,  Nachtrag 
(Archiv  f.  sl.  Philol.,  XXXI). 

Karl  Hutschenreuther,   Syntaktisches  zu  den  rätoromanischen 
Übersetzungen  der  4  Evangelien  (Rom.  Forsch.,  XXVII). 

1910  Ugo  Pellis,  Dello  studio  del  dialetto  friulano  (Pagioe  Istriane,  VIII). 

Druckfehler: 

S.  100,  z.   3  v.  o.  lies  kues  statt  kues. 

„    125,  „  13   „   u.    „    Maius  statt  maius. 

„   202,  „    2  „    „     „    m  statt  m  und  kurea  statt  kure> 

Zu  s.  361.  Als  dichter  des  19.  Jahrhunderts  im  Gadertal  möchte 
ich  doch  noch  August  Trebo  nennen,  obwohl  er  nichts  veröffentlicht 
hat.  Man  rühmt  zwei  Singspiele  von  ihm,  auch  habe  ich  erfahren,  dass  er 
eine  Sammlung  von  gedichten  hinterlassen  hat  (im  besitz  des  herrn  Josef 
Frontuli,  lehrers  in  Enneberg). 

Zu  s.  371.  Der  „Tiroler  Volksbund"  hat  zum  anfang  des  j.  1910 
eine  kleine  monatsschrift  erstehen  lassen,  worin  wieder  die  ladinischen 
mundarten  zu  wort  kommen;  sie  hat  den  doppelten  titel:  „La  Difesa  del 
Tirolo.   Tiroler  Wehr"  (Bozen). 


Einleitung. 


In  den  rauschen  Alpen  finden  sich  an  der  deutschen  Sprach- 
grenze einige  mundarten  vor,  die  sich  nicht  znm  Italienischen 
schlagen  lassen,  obwohl  sie  südwärts  an  norditalienische  mund- 
arten grenzen.  Von  den  „churwälschen"  mundarten  Graubün- 
dens  drang  die  künde  schon  in  der  ersten  hälfte  des  19.  Jahr- 
hunderts zu  den  Sprachforschern;  Diez  hat  sie  schon  in  seine 
vergleichende  betrachtung  der  romanischen  sprachen  einbezogen. 
Dann  wurden  die  mundarten  nördlich  von  der  Sellagruppe  in 
Tirol  bekannt;  deren  Verwandtschaft  mit  jenen  mundartender 
Schweiz  wurde  bald  von  laien  entdeckt,  zuerst  von  Josef  Th. 
Haller  (Zeitschr.  des  Ferdinandeums,  VII.  bd.,  Innsbruck  1832). 
Endlich  wies  Christian  Schneller  (Die  romanischen  Volks- 
mundarten in  Südtirol,  Gera  1870)  nach,  dass  auch  das  Friau- 
lische,  in  dem  schon  Adelung  (Mithridates,  II 511)  beziehungen 
zum  Churwälschen  vermutet  hatte,  am  besten  in  dieser  mund- 
artengruppe  untergebracht  ist.  Dasselbe  lehrt  dann  1873  Ascoli 
in  den  Saggi  ladini  (Arch.  glott.  ital.  I  1—556). 

Machen  wir  uns  vor  allem  mit  der  läge  des  ganzen  gebietes 
bekannt.  Es  umfasst  einen  unregelmässig  gestalteten,  an  zwei 
stellen  unterbrochenen  landstrich  vom  St.  Gotthard  bis  zum 
österreichischen  küstenland.  Wo  unsere  mundarten  mit  den 
italienischen  benachbart  sind,  da  gibt  es  begreiflicherweise 
Übergangs-  und  mischmundarten,  während  gegen  das  deutsche 
und  das  slawische  Sprachgebiet  die  grenzen  scharf  gezogen  und 
nur  im  lauf  der  zeit  einer  verrückung  ausgesetzt  sind.  Die 
schärfe  und  bestimmtheit  der  begrenzung  hängt  auch  noch  davon 
ab,  ob  die  Sprachgrenze  offen,  durch  kein  Verkehrshindernis 
gestützt  ist,  oder  mit  einer  natürlichen,  oder  wenigstens  einer 

Gärtner,  Bätorom.  spr.  u.  lit.  1 


2  Einleitung. 

politischen   grenze    zusammenfällt.     Schreiten   wir    zuerst    die 

nordgrenze  ab. 

Im  norden  stösst  das  romanische  Sprachgebiet  vom  St.  Gott- 
hard  bis  nach  Kärnten  an  das  deutsche  an,  nämlich  an  die 
kantone  Uri,  Glarus,  St.  Gallen,  an  den  deutschen  teil  Grau- 
bündens  bei  Chur  und  Davos,  an  Deutsch -Tirol  und  Kärnten. 
Diese  romanisch -deutsche  grenze  ist  an  einigen  stellen  ganz 
offen:  1.  bei  Chur,  an  der  stelle,  wo  sich  der  Vorderrhein  und 
der  Hinterrhein  vereinigen,   2.  bei  der  mündung  des  Davoser 
baches  in  die  Albula  —  an  diesen  zwei  stellen  und  bei  den 
deutschen  Sprachinseln  im  Rheingebiet  steht  das  Romanische 
mit   dem  Alemannischen  in  berührung,  von  da  ab  mit  dem 
B airischen  — :    3.  beim  austritt  des  Inns  nach  Tirol,   4.  bei 
dem  gleichen  Staatenwechsel,  den  der  Rammbach  erfährt,  indem 
er  aus  dem  Münstertal  in  das  oberste  Etschtal  (Vinstgau)  fliesst 
—  die  offene  Sprachgrenze  an  der  Etsch  unterhalb  Bozens  be- 
trifft, wenigstens  in  der  neuzeit,  einen  italienischen  dialekt  — 
5.  wo   der  Grednerbach  nach  Waidbruck  (am  Eisack)  hinab- 
eilt,  6.  ebenso  zwischen  Enneberg  und  Bruneck  (im  Pustertal) 
am  Gaderbach,  endlich,  von  kleinen  deutschen  Sprachinseln  ab- 
gesehen, 7.  im  NO  Friauls,  wo  nur  die  Zollschranke  Pontebba 
von   Pontafel   trennt.     Unweit   davon    beginnt   die  friaulisch- 
slawische  grenze.    Sie  fällt  nicht  mit  der  reichsgrenze  zu- 
sammen,  sondern  weist  zuerst  einen  teil  des  königreichs  dem 
Slawischen,  dann  einen  österreichischen  landstrich,  von  Görz 
bis  Aquileja,  dem  Friaulischen  zu;  sie  ist  fast  in  ihrem  ganzen 

verlauf  offen. 

Nun  hätten  wir  noch  einmal  vom  St.  Gotthard  bis  zum 
Adriatischen  meer  zu  wandern,  um  die  abgrenzung  unseres 
gebietes  gegen  die  italienischen  mundarten  vorzunehmen. 
Allein  da  finden  wir  uns  vor  die  schwierige  aufgäbe  gestellt, 
die  da,  wie  gesagt,  auftretenden  Übergangs-  und  mischmund- 
arten  nach  der  einen  oder  der  andern  seite  hin  passend  zu 
verteilen  oder  sie  zu  einem  nach  beiden  Seiten  hin  richtig  ab- 
gegrenzten zwischengebiet  zu  vereinigen.  Lombardische  merk- 
male  lassen  sich  im  W  bis  an  die  deutsche,  venedische  im  0 
bis  an  die  slawische  grenze  hin  verfolgen;  und  der  einfluss  des 
lombardisch  gefärbten  Venedisch  von  Trient  verschwindet  den 
langen  lauf  des  Avisios  hinauf  (Cembra-Fleims-Fassa)  nur  ganz 


Sprachgebiet.  3 

allmählich.  Unter  solchen  umständen  muss  ich  von  dieser 
schwierigen  und  schliesslich  doch  mehr  oder  weniger  willkür- 
lichen begrenzung  gegen  das  Italienische  ablassen  und  mich 
damit  bescheiden,  diejenigen  mundarten  aufzuzählen,  die  am 
wenigsten  Lombardisches  oder  Venedisches  an  sich  haben. 
Um  sie  hernach  kurz  anführen  zu  können,  bezeichne  ich  sie 
mit  den  frakturbuchstaben  a — $. 

Graubünden  birgt  an  seinem  westende  die  quellen  des 
Vorderrheins;  diese  kleine  landschaft  heisst  Tavetseh  und  ist 
gegen  S  vom  Tessin  vollkommen  abgeschlossen.  Ich  nenne 
sie  a,  rechne  aber  auch  das  Medelsertal  (Mittelrhein)  dazu,  da 
es,  obwohl  durch  den  Lukmanier-  und  den  Kristallinapass  mit 
dem  Tessin  verbunden,  fast  ebenso  geringen  lombardischen 
einfluss  verrät  wie  das  Tavetsch.  Gegenüber  der  einmündung 
des  Mittelrheins  steht,  auf  den  sonnigen  nordabhang  hingebaut, 
das  alte  Benediktinerkloster  Dissentis  (jetzt  öfter  Disentis  ge- 
schrieben), von  da  bis  an  den  Flimser  wald  hinab  herrscht  die 
mundart  b,  die  man  gewöhnlich  unter  Ob  waldisch  versteht. 
Der  obere,  katholische  teil  unterscheidet  sich  von  dem  refor- 
mierten (Ilanz)  fast  nur  durch  die  Schreibung;  das  hoch  ge- 
legene Brigels  weicht  in  den  vokalen  mehr  ab.  Nach  dem 
Tessin  führt  von  Somvix  aus  der  hohe  Greinapass.  Unterhalb 
des  Flimser  waldes  beginnt  das  Niedwaldische  und  reicht 
am  Hinterrhein,  der  zwischen  Trins  und  Ems  den  Vorderrhein 
trifft,  bis  gegen  Splügen  hinauf.  Die  untermundart  c  von  Trins, 
Ems  und  dem  linken  Hinterrheinufer  bis  zu  dem  deutschen 
Thusis  hinauf  lässt  sich  von  derjenigen  b  unterscheiden,  die 
im  Domleschg  (gegenüber  dem  Heinzenberg)  und  oberhalb  der 
Via  mala  im  Schamsertal  gesprochen  wird.  Splügen  und  die 
Hinterrheinquelle  sind  deutsch,  aber  von  da  führen  wieder  zwei 
passe  ins  Lombardische:  der  Bernardinopass  ins  Mesoccotal  und 
weiter  nach  dem  Tessin,  der  Spltigenpass  unmittelbar  nach 
Italien,  nämlich  nach  Kleven  (=  Chiavenna)  und  dem  Komersee. 
Bei  Thusis,  am  südende  des  Heinzenbergs  und  Domleschgs,  fällt 
über  den  Schynpass  herab  die  Albula  in  den  Hinterrhein,  nach- 
dem sie  nicht  weit  oberhalb  des  Schynpasses  von  S  her  den 
Oberhalbsteinerrhein  aufgenommen  hat.  Auf  diesem  wege  ge- 
langen wir  noch  zu  vier  kleinen  rheinischen  untermundarten: 
dem    Unterhalbsteinischen    e    in    der   gegend,    wo   der   Ober- 


4  Einleitung. 

halbsteinerrhein  in  die  Albula  fliesst,  dem  Oberhalbsteinischen 
f  an  diesem  Rhein  oberhalb  eines  gewissen  felsens,  dem  Bergü- 
nischen  g  an  der  oberen  Albula,  endlich  dem  von  Stalla  (Bivio) 
^  zu  oberst  am  Oberhalbsteinerrhein.  Von  diesem  ort  führen 
zwei  passe  weiter,  der  Septimerpass  südwärts  ins  Bergeil,  der 
Julierpass  ostwärts  an  den  Inn.  Im  Bergell  werden  misch- 
mundarten  gesprochen,  das  wasser  tritt  von  da  über  die  reichs- 
grenze  hinaus  (bei  Kleven)  und  fliesst  in  den  Komersee.  Vom 
oberen  Bergell  kommt  man  über  den  Malojapass  zur  Innquelle. 
Das  Inntal  heisst  bis  zur  österreichischen  grenze  hinunter 
Engadin  (Engedein),  von  altersher  durch  die  Punt  auta  in 
Ober-  und  Unterengadin  geteilt.  Die  oberengadinische  mund- 
art  i  ist  einigermassen  einheitlich.  Bei  Silvaplana  mündet 
links  der  Übergang  von  Stalla  ein,  bei  Celerina  und  Samaden 
rechts  die  Strasse  über  den  Berninapass  nach  Poschiavo  (mit 
einem  mehr  lombardischen  Dialekt),  nach  dem  Veltlin  (Adda- 
tal)  und  dem  Komersee,  endlich  wieder  ein  paar  kilometer 
weiter  unten  links  der  Albulapass  von  Bergün  her.  Nun  kämen 
wir  bald  ins  Unterengadin,  aber  die  mundarten  von  Zernetz  j 
und  Süss  !  stechen  noch  stark  von  dem  gewöhnlichen  Unter- 
engadinisch  ab.  Von  Zernez  führt  der  Ofnerpass  ins  Münstertal, 
von  Süss  der  Fluelapass  ins  Davoser  tal.  Eine  einheitlichere 
unterengadinische  mundart  spricht  man  in  dem  grossen  abschnitt 
I  des  Inntales,  wo  Guarda,  Fettan,  Schuls,  Tarasp,  Sins  liegen. 
Räumlich  und  sprachlich  etwas  abseits  gelegen  ist  dann  an 
der  tirolischen  Grenze  links  oben  der  ort  Schieins  m.  Hieran 
reiht  sich  noch  das  Samnauner  tal,  das  von  Schieins  und  Schuls 
durch  einen  hohen  kämm  getrennt  ist  und  heutzutage  nur  noch 
deutsch  spricht.  In  die  gruppe  der  unterengadinischen  mund- 
arten gehört  endlich  auch  die  des  Mttnstertals  n  an  der  grenze 
des  gegenwärtig  ganz  deutschen  Vinstgaues.  So  ziehen  sich 
die  rätoromanischen  mundarten  Graubündens  in  ununter- 
brochener reihe  vom  St.  Gotthard  bis  zum  Ortler.  Von  o  und 
b  aus  führen,  wie  wir  gesehen  haben,  drei  passe  unmittelbar 
nach  dem  Tessin,  von  b  über  eine  deutsche  Sprachinsel  einer 
nach  Mesocco  und  dem  Tessin,  ein  anderer  nach  Kleven,  von 
I)  und  i  je  einer  nach  dem  Bergell  und  weiter  nach  Kleven, 
von  t  einer  nach  dem  Poschiavotal  und  wieder  ins  Adda- 
gebiet;   schliesslich   gibt   es   noch  von  j   über  Livigno,   dem 


Sprachgebiet.  5 

kleinen  anteil  des  königreichs  Italien  am  Inngebiet,  und  von 
n  über  die.  deutsche  Ortlerstrasse  eine  Verbindung  mit  dem 
obersten  Addatal. 

Tirol  bietet  uns  ein  ganz  anderes  bild  dar.  Zunächst  ist 
Graubünden  durch  den  Ortler  vollkommen  abgeschlossen,  und 
innerhalb  Tirols  bildet  die  Etsch  von  Bozen  abwärts  und  weiter 
unten  der  Gardasee  eine  art  Sprachgrenze.  SW-Tirol,  d.  i.  der 
teil,  den  die  linien  Ortler -Bozen  und  Bozen -Gardasee  abschnei- 
den, ist  ein  ganz  romanisches  gebiet,  wenn  wir  den  deutschen 
rand  im  N  und  NO  abziehen ;  aber  es  stossen  da  drei  romanische 
mundarten  zusammen:  die  lombardische,  und  zwar  die  west- 
liche abart  davon,  die  venedische  und  eine  rätoromanische. 
Die  lombardisehe  hat  sich  im  SW  (Chiesetal)  festgesetzt  und 
bis  an  den  Gardasee,  die  venedische  am  O-rand  von  Mezzo- 
lombardo  bis  an  den  Gardasee,  die  rätoromanische  Sprechweise 
hat  sich  im  NO,  im  Nonsbergischen,  noch  gut  erhalten,  be- 
sonders im  gerichtsbezirk  Fondo  und  südlich  davon  in  Cörredo 
und  Tres.  Dazwischen  haben  sich  lombardisch -venedische 
mischmundarten  gebildet:  im  obersten  Sulzberg,  im  Rendenatal 
(Pinzolo)  und  dem  übrigen  Judikarien.  Im  Etschtal  herrscht 
von  der  deutschen  Sprachgrenze  ab  das  Venedische,  bis  Trient 
etwas  lombardisch  gefärbt,  in  Rovereto  fast  rein.  Um  aus  dem 
bereich  des  Venedischen  wieder  herauszukommen,  müssen  wir 
nördlich  von  Trient  durch  das  Avisiotal  hinaufsteigen.  Soweit 
das  tal  Cembratal  heisst,  ist  noch  nicht  viel  zu  bemerken;  im 
Fleimstal  fällt  es  sehr  auf,  wie  sehr  in  Cavalese  die  venedische 
ausspräche  von  der  in  einigen  stücken  schon  rätoromanischen 
in  Predazzo  absticht;  im  obersten  teil  endlich,  dem  Fassatal 
(Fascha),  nimmt  man  leicht  wahr,  wie  die  laute  und  formen 
freier  von  italienischem  einfluss  entwickelt  sind:  schon  in  Unter- 
Fassa,  noch  mehr  in  Ober-Fassa  o.  Gehen  wir  nun  von  tal 
zu  tal  um  die  mächtige  Sellagruppe  her  am,  so  kommen  wir 
zuerst  nordwärts  über  das  Sellajoch  in  den  obersten  teil  des 
Grednertals  *)  p,  von  da  ostwärts  über  das  Grednerjoch  ins 
Gadertal,  dessen  oberer  teil  q  abteiisch  (badiotisch)  und  dessen 
unterer  r  ennebergisch  spricht,  ferner  vom  obersten  Gadertal 
südwärts  nach  Buchenstein,  endlich  von  da  westwärts  über  das 


*)  Man  schreibt  gewöhnlich  Gruden  und  meint  mit  ö  geschlossenes  e. 


6  Einleitung. 

Pordoijoch  Dach  Ober-Fassa  o  zurück.    Die  unteren  enden  der 
täler  p  und  q-r  tauchen  in  das  deutsche  Sprachgebiet,  Buchen- 
stein grenzt  mittels  der  nachbargemeinde  Colle  di  S.  Lucia  an 
die   daneben   in    Italien    gesprochene  abart  des  Venedischen. 
Aber  die  tirolische  gruppe  unserer  mundarten  schliesst  nicht 
so  plötzlich  ab.    Vom  Abteiertal  q  und  von  Buchenstein  führen 
Übergänge  nach   dem  Ampezzotal,   aus  dem   das  benachbarte 
Venedisch   noch   lange   nicht   die   einheimische  mundart  ver- 
drängt hat;  und  dann  kommt  gleich  im  NO  noch  das  Auronzotal 
und  das  Comelicotal,  deren  mundarten  sich  deutlich  als  nicht 
venedisch,  sondern  nur  als  stark  venezianisiert  erweisen.     Die 
wasser  aus  diesen  tälern  gehören  der  Piave  an:  der  Cordevole 
(von  Buchenstem)  erreicht  sie  zwischen  Feltre  und  Belluno,  die 
Boite   (von  Ampezzo)   nahe  bei   Pieve  di  Cadore,  die  anderen 
zwei  noch  näher  bei  der  quelle.    Noch  jenseit  der  Piave,  öst- 
lich von  Longarone,  taucht  abermals  eine  mundart  auf,  die  von 
Erto,  welche  viele  merkmale  der  tirolischen  gruppe  erkennen 
lässt,  obwohl  unmittelbar  daneben  an  der  Piave  venedisch  ge- 
sprochen wird  und  obwohl  Erto  politisch  schon  zu  Friaul  gehört. 
Friaul  im  weiteren  sinne  ist  die  provinz  Udine,  vermehrt 
um   den  friaulischen  anteil  Österreichs   (bis  zum  Isonzo)   und 
Venedigs  (um  Portogruaro).    Wie  Erto,  dessen  wasser  in  die 
Piave  fliesst,  ist  auch  daneben  Cimolais  und  der  ganze  bergige 
W-rand  bis  Polcenigo  (nördlich  von  Sacile  an  der  Livenza)  zu 
den  mischmundarten  zu  rechnen,  in  denen  die  tirolischen  und  die 
friaulischen  züge  von  den  venedischen  (cadorischen)  stark  über- 
deckt sind.    Weiter  im  N,  an  der  Tagliamentoquelle  3  fängt 
die  reihe  der  friaulischen  mundarten  an;  Forni  di  sopra,   wo 
der  Mauriapass  zur  Piave  hinüberführt,  hat  noch  ziemlich  viel 
Venedisches  an  sich,   Forni  di  sotto  weniger.    Südlich  davon 
liegt  in  den  bergen  Tramonti  t,  noch  weiter  südlich  am  säum 
der  friaulischen  ebene  Maniago  u,  beide  ins  gebiet  der  Livenza 
gehörend.    Östlich  davon,  nahe  dem  mittleren  lauf  des  Taglia- 
mentos,  liegt  auf  dem  hügel  Clanzetto  ü  mit  seiner  reineren 
mundart.    Hiemit  schliesst  die  erste  friaulische  gruppe  ab,  die 
innerfriaulische.     Jetzt   gehen   wir  zu  dem  nördlicheren,   ge- 
birgigeren teile  über,  der  unter  dem  namen  Carnien  von  dem 
Friaul  im  engeren  sinne  unterschieden  wird,  einem  namen,  der 
einen  alten  ethnographischen  unterschied  zu  bezeugen  scheint. 


Benennung  des  gebietes.  7 

Das  ist  Ampezzo  di  Carnia  tu,  das  von  3  durch  die  schwer 
zugäugliche  deutsche  Sprachinsel  Sauris,  von  t  und  u  durch 
bergrücken  getrennt  ist,  dann  die  zwei  nördlichsten  und  höchsten 
partien:  j  im  NW,  wo  bei  Forni-Avoltri  die  deutsche  Sprach- 
insel Sappada  der  provinzgrenze  in  der  abwehrung  des  Piave- 
Venedischen  beisteht,  t)  im  NO  bis  Pontebba  und  Chiusaforte. 
Zuletzt  bleibt  noch  die  friaulische  ebne  5,  schon  von  Tolmezzo 
am  Tagliamento,  dem  hauptort  Carniens,  angefangen  bis  ans 
meer,  im  0  bis  Cividale,  Cormons,  Görz  und  Aquileja,  im  W 
bis  an  die  Livenza  mit  ausnähme  von  Pordenone,  Portogruaro 
uud  anderen  orten  städtischen  wesens,  die  mehr  oder  weniger 
rein  venezianisch  sprechen.  So  sehr  auch  in  %  der  venedische 
einfluss,  besonders  in  der  lautbildung,  bemerkbar  ist,  so  unter- 
scheiden sich  die  beiden  mundarten  doch  sehr  deutlich,  be- 
sonders durch  die  wortbiegung.  Sie  verhalten  sich  wie  zwei 
flttssigkeiten,  von  denen  die  eine  die  andere  zwar  zersetzen 
oder  verdrängen,  aber  sich  nicht  mit  ihr  mischen  kann. 

So  verschieden  stellen  sich  schon  äusserlich  die  drei 
Gruppen   dar. 

Die  bewohner  der  aufgezählten  landschaften  von  der  quelle 
des  Vorderrheins  bis  zur  mündung  des  Isonzos  haben  nie  eine 
staatliche  einheit  gebildet,  keine  gemeinsame  Schriftsprache 
besessen  und  für  ihre  mundarten  keinen  gesamtnaraen  auf- 
gestellt. In  Graubünden  gebrauchte  man,  als  man  im  16.  und 
17.  Jahrhundert  jene  mundarten  zu  schreiben  anfing,  den  namen 
Romaunsch,  im  Engadin  auch  Ladin,  natürlich  ohne  damit 
irgendwelche  mundarten  ausserhalb  Graubündens  einbeziehen 
zu  wollen;  noch  bestimmter  beschränken  sich  alle  anderen 
mundartennamen  im  ganzen  gebiet  auf  einzelne  Bezirke.  Es 
fiel  somit  erst  den  gelehrten  die  aufgäbe  zu,  einen  passenden 
gesamtnamen  zu  ersinnen.  Chr.  Schneller  begnügte  sich  damit, 
die  von  ihm  zuerst  erkannte  einheit  den  „friaulisch-ladinisch- 
churwälschen  sprachkreis"  zu  nennen.  G.  J.  As  coli,  der  drei 
jähre  später  die  erste  ausführliche  lautlehre  unserer  mundarten 
herausgab  (Arch.  glott.  it.  I),  nennt  sie  dialetti  ladin i.  Aber 
ladino  sagt  nichts  aus,  was  gerade  auf  diese  romanischen 
mundarten  hinwiese,  war  bis  dahin  als  mundartname  nur  im 
Engadin  und  einigen  dörfern  des  Gadertals  bekannt,  bezeichnet 
in  einigen  unserer  mundarten  vielmehr  „flink,  schnell"  und  ist 


8  Einleitung. 

überdies  schon  als  name  für  die  spräche  der  spanischen  Juden 
vergeben.  Besser  eiguet  sich  für  unseren  zweck  der  gelehrte 
ausdruck  rätoromanisch.  Die  Schweizer  meinten  damit  ur- 
sprünglich nur  die  mundarten  Graubündens,  dann  aber  bezog 
man  ihn  auch  auf  die  verwandten  mundarten  Tirols  und  schliess- 
lich auch  auf  das  Friaulische,  obwohl  Friaul  nicht  zu  Rätien 
gehört  hat.  Bei  der  ersten,  engsten  begriffsbestimmung  dachte 
man  an  die  Rätier,  wie  sich  die  Romanen  des  Grauen  bundes 
und  des  Gotteshausbundes  nannten,  als  sie  sich  am  ende  des 
15.  Jahrhunderts  mit  den  Helvetiern  der  sieben  kantone  ver- 
bündeten; bei  der  ersten  erweiterung  des  begriffes  Rätoromanisch 
konnte  man  sich  auf  die  römische  proviuz  Rätien  berufen,  die 
ja  im  SO  noch  bis  zur  Sellagruppe  reichte,  und  noch  genauer 
trifft  der  name  zu,  wenn  man  ihn  auf  die  Räter  bezieht,  nach 
denen  Rätien  benannt  wurde.  Die  Räter  bewohnten  nämlich 
auch  das  land  südlich  von  dieser  nachmaligen  provinz,  sie 
sollen  Trient,  Verona,  Feltre  und  Belluno  gegründet  haben; 
wir  rinden  sie  vom  St.  Gotthard  bis  zum  Piavegebiet  überall 
da,  wo  jetzt  unsere  mundarten  und  die  sich  anschliessenden 
Übergangs-  und  rnischmundarten  zu  hause  sind.  Die  ein- 
beziehung des  Friaulischen  endlich  ist  nicht  nur  durch  die 
sprachlichen  merkmale  gerechtfertigt,  sondern  auch  von  ge- 
schichtlicher seite  gestützt;  denn  Friaul  soll  nach  der  ent- 
völkerung  durch  die  Hunnen  und  die  Goten  sich  zur  Longo- 
bardenzeit  vorwiegend  dadurch  bevölkert  haben,  dass  die  von 
den  Deutschen  verdrängten  Rätoromanen  Tirols  allmählich  über 
die  Piave  hin  ins  land  rückten  (A.  Budinszky,  Die  ausbrei- 
tung  der  lat.  spräche  über  Italien  und  die  provinzen  des  röm. 
reiches,  1881,  s.  158 f.;  C.  v.  Czoernig,  Die  alten  Völker  Ober- 
italiens, 1885,  s.  53  f. ;   Mommsen,  Röm.  Gesch.  V,  14 f.). 

Rätoromanisch  ist  nun  selbstverständlich  ebensowenig  die 
spräche  der  alten  Räter,  als  Französisch  die  der  alten  Franken 
oder  der  Gallier;  sondern  wie  die  Gallier  und  die  Franken 
das  nach  Nordgallien  verpflanzte  Latein  ihren  anlagen  und 
sprechgewohnheiten  gemäss  zu  einer  romanischen  spräche  aus- 
gebildet haben,  so  haben  auch  die  Räter  und  die  sich  ihnen 
anschliessenden  nachbarn,  Kelten,  Germanen,  vielleicht  auch 
Veneter  und  Karner,  das  Latein  der  italischen  nordgrenze  und 
Rätiens  in  ihrer  weise  bearbeitet. 


Erster  teil. 

Texte  aus  lebenden  mundarten. 


Aus  den  geschichtlichen  und  den  geographischen  Verhält- 
nissen erklärt  es  sich  schon,  dass  die  rätoromanischen  mund- 
arten eine  grössere  mannigfaltigkeit  aufweisen  müssen,  als  mau 
sonst  in  einem  so  beschränkten  umkreis  bei  verwandten  mund- 
arten anzutreffen  pflegt.  Um  sich  da  zurechtzufinden,  wird 
man  am  besten  tun,  zunächst  eine  kleine  aus  wähl  aus  jenen 
mundarten  an  texten  in  lautschrift  zu  betrachten,  an  texten, 
die  eine  unmittelbare  vergleichung  ermöglichen.  Ich  habe  zu 
diesem  zweck  die  texte  s.  16—102  hergestellt.  Der  erste  teil 
(satz  1—166)  enthält  gespräche  über  alltägliche  dinge,  der 
zweite  und  der  dritte  sind  zwei  bekannte  stücke  aus  der 
Sammlung  der  gebrüder  Grimm,  der  vierte  bringt  den  Ver- 
lorenen söhn,  der  schon  in  so  vielen  mundartlichen  wiedergaben 
vorliegt  und  sich  daher  wegen  der  verschiedensten  ver- 
gleichungen  besonders  empfahl,  der  fünfte  die  von  Papanti 
(I  Parlari  ital.  in  C,  1875)  gewählte  novelle  Boccaccios,  die 
ich  mir  in  einigen  punkten  etwas  volkstümlicher  zu  gestalten 
erlaubte.  Aus  den  mundarten  habe  ich  sechs  ausgesucht,  zwei 
aus  dem  Rheingebiet,  je  eine  aus  den  gebieten  des  Inns,  des 
Eisacks,  des  Tagliamentos  und  des  Isonzos,  lauter  dorfmund- 
arten,  von  Städten  und  von  italienischen  gegenden  entfernt: 
q  Tavetsch,  f  Schweiningen  (Savognin),  m  Schieins,  ö  St.  Ulrich 
in  Greden,  j  Avoltri,  §  Cormons.  Um  den  lombardischen  ein- 
fluss  in  q,  f,  m  und  den  venedischen  in  £,  g  beobachten  zu 
können,  findet  man  den  ersten  teil  der  texte  auch  in  eine 
lombardische  und  in  eine  venedische  mundart  übersetzt:  Kleven, 
von  f  weniger  als  40  km  (luftlinie)  entfernt,  und  Portogruaro, 


10  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

auf  ehemals  fri aulischem  boden  und  noch  jetzt  von  einer 
friaulisch  redenden  landbevölkerung  umgeben. 

Solche  mundartlichen  aufzeiehnungen  sind  immer  etwas 
unvollkommenes.  Befragt  man  ungebildete  leute,  so  ist  es 
kaum  möglich,  sich  hinreichend  genau  mit  ihnen  zu  verstän- 
digen, um  eine  richtige  Übersetzung  zu  bekommen;  wendet  man 
sich  an  gebildete,  so  wird  man  gewöhnlich  durch  eine  un- 
volkstümliche, verfeinerte  spräche  und  ausspräche  oder  auch 
durch  puristische  und  andere  liebhabereien  beirrt.  Je  länger 
der  text  ist  und  je  besser  man  die  muudart  schon  kennt,  desto 
wahrscheinlicher  entdeckt  man  selber  solche  fehler;  sicherer 
geht  man,  wenn  man  mit  einem  gebildeten  die  Übersetzung 
vornimmt  und  später  auch  einen  ungebildeten  die  Sätze  mehr- 
mals nachsprechen  lässt.  So  erfährt  man  durch  unwillkürliche 
Verbesserungen  schliesslich  doch,  wo  dem  Übersetzer  im  satzbau 
oder  in  der  ausspräche  etwa  eine  anlehnung  an  die  Schrift- 
sprache untergelaufen  war.  Die  wörtlichkeit  des  Übersetzens 
ist  etwas  dehnbares;  es  gelingt  schwer,  sieh  durchweg  davor 
zu  schützen,  dass  der  wörtlichkeit  die  Volkstümlichkeit  zum 
opfer  falle,  oder  der  sucht  nach  besonderheiten  die  wört- 
lichkeit. 

Auch  die  schriftliche  bezeichnung  der  laute  ist  eine 
dornenvolle  aufgäbe.  Man  befleissigt  sich  natürlich  der  grössten 
genauigkeit,  wTendet  alle  vorhandenen  zeichen  einer  lautseh rift 
an,  merkt  überdies  noch  kleine  abweichuugen  von  der  gewöhn- 
lichen geltung  der  angewandten  zeichen  an.  Bei  der  nächsten 
Sitzung  lässt  man  sich  das  vorher  durchgenommene  nochmals 
vorsprechen  und  hört  wieder  neue  laute  oder  vermisst  früher 
gehörte:  die  befragte  person  spricht  nämlich  diesmal  z.  B. 
schon  mit  weniger  Verlegenheit  und  mehr  ungezwungen.  Man 
hat  nun  zwischen  erster  und  zweiter  aufzeichnung  zu  wählen; 
vorsichtigerweise  wartet  man,  bis  später  das  wort  oder  die 
form  wiederkehrt.  Bei  manchem  laut  einer  mundart  ist  man 
lange  im  zweifei,  ob  ihn  dieses  oder  jenes  zeichen  besser  dar- 
stelle. Nun  wendet  man  sich  an  eine  andere  person ;  die  bringt 
zwar  mit  ihrer  etwas  verschiedenen  artikulation  die  gewünschte 
entscheidung,  spricht  aber  andere  Wörter  oder  laute  auch  etwas 
anders  aus.  So  sieht  man  sich  dann  wieder  vor  eine  wähl 
gestellt;   und  je  genauer  man  sein  will,  desto  grösser  ist  die 


Lautzeichen.  11 

gefahr,  dass  eine  willkürliehe  auswahlsehreibung  zustande 
komme.  Man  opfert  daher  schliesslich  lieber  etwas  von  der 
genauigkeit  fraglichen  wertes,  indem  man  ein  paar  Unterschei- 
dungszeichen weglässt.  Das  bringt  den  vorteil,  dass  blosse 
abschattuugen  von  person  zu  person  wegfallen  (als  unnütz  in 
Untersuchungen  über  ein  grösseres  gebiet),  und  den  zweiten 
vorteil,  dass  der  text  leichter  lesbar  ist. 

Für  die  einfachen  laute  sind  die  zeichen  Böhmers  an- 
gewandt. Aus  der  a — i- reihe,  a,  a,  $,  e,  i,  i,  der  a — u-reihe, 
a,  a,  q,  o,  {(,11,  und  der  ö — ü- reihe,  q,  ce,  v(,  v,  finden  in  den 
texten  die  zeichen  \,  a,  ce,  und  v  keine  Verwendung.  Mit  e  be- 
zeichne ich  kurze,  unbetonte,  schwer  fassbare  dumpfe  laute. 
Für  das  stimmlose,  bloss  gehauchte  u,  das  ganz  vereinzelt  (in 
nt)  vorkommt,  schreibe  ich  u.  Die  länge  des  vokals  deute  ich 
durch  den  bekannten  längenstrich  an;  man  beachte  aber,  dass 
die  mundarten,  die  überhaupt  vokallängen  kennen,  die  dehnuug 
nur  dann  vorzunehmen  pflegen,  wenn  das  wort  eine  hinreichend 
wichtige  rolle  im  satz  spielt.  Und  auf  diese  fälle  ist  hier  der 
längenstrich  beschränkt.  Der  wortton  bleibt  unbezeichnet,  wenn 
er  die  vorletzte  silbe  des  wortes  trifft.  Mit  r  und  l  meine  ich 
die  stimmhaften  laute;  das  stimmlose  r,  1  ist  r,  J  geschrieben. 
Die  drei  nasenlaute  m,  n,  »  verstehen  sich  von  selbst:  ver- 
schluss des  mundausganges  durch  die  lippen,  die  Zungenspitze, 
das  gaumensegel.  Die  stimmlosen  verschlusslaute  p,  t,  k  sind 
unbehaucht,  b,  d,  g  stimmhaft.  An  f  und  v  habe  ich  nur  die 
zahnlippige  ausspräche  beobachtet.  Mit  #,  6  (engl,  th)  kommt 
man  in  diesen  texten  nicht  zusammen.  Neben  den  dünnen 
Zischlauten  s,  z  stehen  die  breiten  s,  i\  über  minder  breite 
s,  i  siehe  weiter  unten  s.  15.  Einfaches  %  kommt  nur  in  frerad- 
wörtern  vor  und  wird  wie  im  Deutschen  ausgesprochen  (ach- 
und  ich- laut).  Unter  einfachem  y  verstehe  ich  das  italienische, 
süddeutsche  dünne  /,  das  man  von  unsilbischem  i  kaum  unter- 
scheiden kann;  d.  h.  man  hört  so  wenig  geräusch,  dass  man 
bedenken  trägt,  das  zeichen  eines  konsouanten  (geräuschlautes) 
zu  setzen. 

Von  den  stehenden  lautverbindungen  will  ich  vor  allem 
die  sogenannten  diphthonge  oder  vokalischen  Zwielaute  be- 
sprechen. Sie  machen  bekanntlich  wie  die  einfachen  vokale 
nur  je  eine  silbe  aus,   bestehen  aber  nicht,   wie  der  von  der 


12  Texte  ans  lebenden  niundarten. 

Schreibung  hergenommene  name  sagt,  einfach  aus  zwei  lauten, 
sondern  sie  entstehen  dadurch,  dass  der  mundraum,  während 
sie  ausgesprochen  werden,  seine  gestalt  verändert,  im  gegensatz 
zu  den  einfachen  vokalen,  auch  den  langen,  die  alle  in  einem 
irgendwie  gestalteten,  aber  festgehaltenen  mundraum  erzeugt 
werden.  Die  bekanntesten  Zwielaute,  wie  au,  ai,  bringen  wir 
ohne  eine  pause  in  der  mundraumveränderung  hervor  und  mit 
abnehmender  tonstärke.  Die  zwei  buchstaben,  mit  denen  man 
sie  schreibt,  geben  nur  anfang  und  ende  der  mundbewegung 
an,  oder  vielmehr  sie  deuten  das  nur  an;  denn  es  kommt,  bei 
ungezwungener  ausspräche  wenigstens,  weder  zu  einem  u,  noch 
zu  einem  i,  und  der  betonte  anfang  ist  nicht  a,  sondern  bei 
au  schon  a,  bei  ai  schon  q.  Die  Schreibung  au,  ai  (statt  qo, 
qe  o.  ä)  übertreibt  also,  sie  sagt  nichts  aus  über  die  silben- 
zahl,  nichts  über  den  augenblick  der  grössten  tonstärke.  Eine 
solche  ungenauigkeit  konnten  sich  die  alten  Griechen  erlauben, 
auch  wir  noch  können  ihnen  hierin  in  den  Schriftsprachen  un- 
gestraft folgen.  So  schreibt  man  bekanntlich  Laura  und  aide, 
wie  wenn  sie  mit  paura  und  haute  reimten  und  mit  ihnen 
gleichsilbig  wären.  In  einer  lautschrift  aber,  zumal  wo  es 
sich  um  diphthongreiche  mundarten  handelt,  begnüge  ich  mich 
nicht  mehr  mit  dieser  unvollkommenen  Schreibung.  Ungenau 
bezeichnet  lasse  ich  nur  die  unbetonte  grenze  der  mund- 
bewegung, und  zwar  nicht  nur  deshalb,  weil  die  herstellung 
der  erforderlichen  druckbuchstaben  zu  kostspielig  wäre,  sondern 
auch  deshalb,  weil  diese  grenze  schwer  wahrnehmbar  und  nicht 
fest  ist.  Ich  schreibe  also  für  jene  deutschen  Zwielaute:  au, 
q{  und  will  damit  sagen:  das  sind  mit  einem  atemstoss  (ein- 
silbig) durch  Veränderung  des  mundraumes  erzeugte,  in  un- 
unterbrochener reihe  aufeinander  folgende  vokale,  von  einem 
verhältnismässig  stark  ertönenden  q,  q  mit  abnehmender  stärke 
gegen  u,  i  hin  zielend.  Einen  zunehmenden  diphthong  haben 
wir  z.  b.  in  ital.  quattro,  span.  cuatro;  ich  schreibe  ihn:  "a. 
Die  mundbewegung  geht  ungefähr  von  der  u- Stellung  aus  und 
endigt  mit  betontem  a.  Bei  aua,  a'e  u.  dgl.  ist  die  silben- 
abteilung  fraglich,  aber  auch  gleichgültig.  Dass  der  unbetonte 
schluss  oder  anfang  des  diphthongs  nur  u  oder  i  sein  könne, 
ist  ein  Vorurteil,  zu  dem  man  von  den  bekannteren  sprachen 
aus  kommen  kann;   unsere  texte  vernichten  dieses  Vorurteil. 


Lantzeichen.  13 

Sie  widerlegen  noch  zwei  andere,  die  man  zuweilen  zu  hören 
bekommt,  nämlich  dass  der  betonte  diphthongteil  nicht  lang 
sein  könne,  und  dass  es  immer  einen  bestimmt  betonten  anfangs- 
oder  endvokal  darin  geben  müsse.  Man  sieht  in  dem  texte 
von  a,  wie  »■  und  *u  abwechseln;  das  ist  also  eine  schwankende, 
zum  teil  vielleicht  nur  eingebildete  betonung.  Endlich  muss 
ich  noch  darauf  aufmerksam  machen,  dass  es  manchmal  sogar 
schwer  ist,  zwischen  einem  diphthong  und  einem  zweisilbigen 
vokalpaar  zu  unterscheiden;  auch  gebildete  einheimische  zweifeln 
in  solchen  fällen. 

Die  stehenden  konsonantenpaare  ts,  dz,  ts,  dz,  t%,  dy  sind 
ohne  besondere  t-,  d- Verschlusslösung  auszusprechen,  also  wie 
wir  bei  z  =  ts,  tsch  =  ts  tun.  Das  t,  d  überlässt  die  ver- 
schlusslösung  dem  folgenden  reiblaut.  Damit  das  möglich  werde, 
muss  t,  d  vor  s,  z  mit  etwas  breiter  an  den  vorderen  gaumen- 
rand  angelegter  Zungenspitze  gebildet  werden,  vor  y  (dünnem 
ich -laut)  und  y  weiter  oben  am  gaumen  (palatal).  Dieselbe 
zungenverrückung  (palatalisiernng)  widerfährt  auch  dem  l  und 
n  in  den  Verbindungen  ly  und  ny;  ly  ist  das  ital  gl(i),  nicht 
das  polnische  1,  dem  ja  das  y  fehlt,  ny  ist  das  ital.  gn,  poln. 
n  vor  i,  ni  vor  anderen  vokalen.  Fast  selbstverständlich  sind 
folgende  drei  Verstümmelungen  der  verschlusslaute :  1.  in  Jcl,  gl 
unterbleibt  die  gewöhnliche  Verschlusslösung,  der  verschluss 
rückt  nur  in  den  l-  (t-)  verschluss  vor,  2.  in  tl,  dl  löst  sich 
der  verschluss  an  den  Seiten  (wo  das  l  ausbricht),  3.  in  mp, 
mb,  nt,  nd,  #&,  ng  wird  der  mundverschluss  der  nasenlaute 
gleich  von  den  verschlusslauten  übernommen,  so  dass  diese 
einer  eigenen  Verschlussbildung  ermangeln. 

Die  worttrennung  ist  zur  bequemlichkeit  der  leser  so 
folgerichtig  als  möglich  durchgeführt.  Nachbarwörter,  von 
denen  das  eine  oder  jedes  nur  infolge  des  engen  anschlusses 
oder  wegen  der  anlehnung  (pro-  oder  enklise)  die  eben  vor- 
liegende lautform  angenommen  hat,  also  besonders  die  un- 
betonten pronomina  und  die  artikel  neben  den  sie  stützenden 
begriffs Wörtern,  werden  durch  bindestriche  angefügt;  so  habe 
ich  auch  andere  untrennbar  zusammengehörende  wortgruppen 
durch  solche  striche  vereinigt,  soweit  es  mir  nützlich 
schien,  um  die  rede  naturgetreu  und  leicht  verständlich  dar- 
zustellen. 


14  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

Laute  und  Wörter  im  text,  die  auch  wegbleiben  können, 
sind  eingeklammert  []. 

Bemerkungen  zu  den  einzelnen  mundarten: 

Bei  der  lesung  der  lombardischen  sätze  (Kleven)  achte 
man  auf  folgendes.  Die  unbetonten  a,  besonders  in  den  en- 
dungen  -a,  -an,  -at,  -as,  sind  etwas  dumpf,  aber  doch  nicht 
so  sehr,  dass  ich  mich  zu  der  Schreibung  mit  e  hätte  ent- 
schliessen  können.  Das  lange  ce  ist  so  geschlossen,  dass  ich 
manchmal  zweifelte,  ob  es  nicht  ein  ü-laut  sei.  Zwischen  y 
und  o  unterschied  ich  nicht  leicht;  g  ist  nicht  sehr  offen.  In 
ts,  dz  ist,  ungefähr  wie  im  ital.  c(i),  g(i),  der  Zischlaut  nicht 
sehr  breit  und  etwas  palatal. 

In  a  machte  mir  die  bestimmung  einiger  vokale  Schwierig- 
keiten: ich  schwankte  zwischen  je  zwei  nachbarlauten  der 
reihe  u,  \i,  o,  q,  in  unbetonten  silben  auch  zwischen  a,  q  und  £; 
von  iu,  {u  ist  schon  oben  gesprochen.  Für  a{,  au  wäre  viel- 
-  leicht  genauer  q\  qu  geschrieben.  Das  t,  d,  das  sich  vor  s,  z 
nach  l  und  n  leicht  von  selbst  einstellt,  fehlt  im  text  oft, 
nämlich  da,  wo  ich  nichts  davon  vernahm. 

In  f  gilt  das  kleine  e,  mit  dem  die  diphthonge  ee,  ¥  ge- 
schrieben sind,  e\  und  diese  diphthongierung  unterbleibt,  wie 
man  sieht,  im  fluss  der  rede  oft,  wenn  der  satzton  erst  das 
folgende  wort  trifft.  Das  l  im  männlichen  artikel  vor  konso- 
nanten  ist  —  was  ich  lange  nicht  bemerkt  habe  —  palatal, 
aber  ohne  y  dahinter.  In  t%,  dy  sind  die  engenlaute  nicht  sehr 
dünn,  aber  von  s,  z  merklich  verschieden. 

In  m  werden  die  q,  ä,  weil  sie  als  unschön  gelten,  gern 
durch  das  sonst  im  Unterengadin  übliche  a  ersetzt.  In  den 
diphthongzeichen  ie,  u°  bedeutet  das  e  ungefähr  $  und  das  o 
ein  an  ai  anklingendes  q.  Die  unbetonten  a  sind  etwas  getrübt. 
Gewisse  t  pflegt  man,  sozusagen,  zu  pausieren:  es  werden 
nämlich  zwei  im  satz  zusammenstossende  t  als  ein  langes  t 
gesprochen,  und  das  t  in  hatliner  (satz  73)  wird  oft  nur  als 
eine  kleine  pause  vernehmbar. 

In  p  wird  das  unbetonte  ende  der  diphthonge  ie,  ue  un- 
gefähr wie  §  ausgesprochen,  nur  unmittelbar  vor  i  fast  wie 
helles  e.  Das  o  in  ou  ist  etwas  offen  und  getrübt  (gegen  oe  hin). 
Das  r  erscheint  in  p  häufig  als  zäpfchenzitterlaut.  Die  nasen- 
laute  m,  n,  w  sind  silbisch,  wenn  sie  sich  im  wort  oder  im 


Lautzeichen.  15 

satz  nicht  an  einen  vokal  anlehnen  können  (»  kann  das  nur 
an  einen  vorausgehenden  vokal).  Statt  ty,  dy  sprechen 
manche  ts,  dz. 

In  £  ist  das  unbetonte  -g,  -qs  im  auslaut  etwas  trüb 
(gegen  e  hin).  Ein  offenes,  etwas  getrübtes  o  ist  auch  in  den 
diphthongzeichen  i°,  u°  gemeint.  Die  mit  sehr  dünnem  y,  y 
ausgesprochenen  ty,  dy  unterscheiden  sich  sehr  stark  von  ts,  dz. 

In  3  unterscheiden  sich  die  offenen  q  und  q  nicht  auf- 
fallend vom  e  und  o;  ausserhalb  des  satztones  verliert  sich  oft 
die  Offenheit.  Sowohl  i  als  u  sind  etwas  offen,  nahe  an  /,  y. 
Wie  in  j  sind  ty  und  dy  sehr  dünn.  Für  s,  z  kommt  auch 
die  ausspräche  d-,  6  vor;  s,  z  sind  nur  wenig  breit  gezischt. 
Vor  m,  n,  «  werden  die  vokale  stärker  nasaliert  als  in  den 
andern  rät.  mundarten  und  in  Portogruaro,  besonders  vor  ». 

Portogruaro  ist  eine  Stadt,  es  fliessen  daher  feinere  und 
gröbere  abarten  der  Umgangssprache  neben-  und  ineinander. 
Das  merkt  man  auch  in  der  ausspräche  gewisser  konsonanten 
zwischen  vokalen:  g  wird  da  oft  durch  /  (den  stimmhaften  ach- 
laut)  ersetzt,  l  durch  eine  kaum  oder  gar  nicht  vernehmbare 
zungenhebung.  Diese  erleichterungen  habe  ich,  als  nicht  regel- 
mässig eintretend  und  als  für  unsere  mundarten  belanglos,  in 
dem  text  unterdrückt.  Die  im  Venedischen  sonst  übliche  Ver- 
teilung der  dünnen  und  breiten  Zischlaute  auf  lat.  s  und  lat. 
c,  g  vor  e,  i  ist  in  Pgr.  nicht  durchgeführt:  s,  c  vor  e,  i, 
g  vor  e,  i  und  sc  vor  e,  i  geben  ein  breites  s,  z,  aber  ganz 
breit  nur  nach  o  und  u.  Die  y  und  y  in  ty  und  dy  sind  breit 
gezischt,  das  y  in  ny  natürlich  ganz  dünn.  Vor  r  ist  e  nicht 
so  geschlossen  als  sonst. 

Manche  Wörter  und  formen  wird  der  leser  in  einer  und 
derselben  Mundart  verschieden  geschrieben  finden.  Die  Ver- 
schiedenheit hat  verschiedene  Ursachen:  1.  Satzton  und  laut- 
umgebung,  wie  man  in  den  weitaus  meisten  fällen  mehr  oder 
weniger  leicht  erkennen  wird,  2.  das  Vorhandensein  von  neben- 
formen  in  der  spräche  einer  person  oder  doch  eines  ortes  (die 
formen,  die  im  weiteren  verlauf  meiner  darstellung  der  spräche 
vorkommen,  sind  zu  einem  grossen  teil  älteren  aufzeichnungen 
entnommen),  3.  un Vollkommenheit  der  aufzeichnungen  —  dies 
hoffentlich  in  sehr  seltenen  fällen. 


16  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

I.     1.  Heute  haben  wir  schön  wetter.     2.  Ja,  aber  kalt  ist  es. 

KL  inkdö  gern  bel-temp.  si,  ma  1-e-frets. 

a  Qdz-va'n-nus  bjal-aura.  dy£,  aber  fra't  ez-äj. 

f  odz-va^dze  bel-öre.  dye'e,  aber  frekt  £-i. 

m  Qdz-va'n-a  bel-ilvra.  si,  mQ  fra1  ez-a. 

p  nkuei  oöze  bel-tamp.  §i,  ma  fraH  i*-l. 

£  ui°  i-vin  b'el-tiinp.  si,  ma  al-£  fri°t. 

I  ue  vin  b'el-tiinp.  si,  ma  al-£  fret. 

Port,  ankuo  gavemo  bel-tempo.  §i,  ma  ze  fredo. 

3.  Jener   berg   ist   noch   mit   schnee   und    eis   bedeckt. 
k"ela-muntanya   1-e   ankam*}  kl'atada   de-nef  e-de-dzats. 
lC'a'-k^elm  e  alln  kuvre^ts  kim-na'f  a-glatsa. 

tsel-kolm  e  ank  kuv^rt  kun-neki  e-glats. 

kuel-munt  ez-am6  kuverna  kun-n^f  i-glatsa. 

kal-mont  ie  mo  kuri  de  na'f  i-dlatsa. 

ke-mont  eJe  intyimö  kuv^rtQ  di-ni°f  e-glatsQ. 

kf-mont  a-;e  ant/emo  kuv'art£  di-nef  e-glas. 

k"ela-montanya   Ia-ze   ankora  koverta  de-neve  e-de-dyaso. 

4.  Der  wind,  der  von  dort  kommt,  kann  nicht  warm  sein.    5.  Habt 
al-vent  ke-veny  de-la  al-po  minga  v£S-kQlt.  gi- 
al-sofel  tya-veny  da-lQ  sa  betya  £ser-tya"ts.  va*z- 
il-loft  t^i-viny  da-lQ  sq  bet#  ^ser-t^öt.  vedz 
al-t-sofl  tyi-va'n  da-la  na-po  eser-t^t.  va* 
1-vant  ke-van  da-ilö  ne-po  vester-tya"t.  ajsa 
lu-vint  k-al-ven  d-aU  no-l-po  'esi-tyalt,  vi°z- 
al-vint  ke-ven  di-la  al-no-pol  'esi-tyalt.  vez- 
al  vento  ke-ven  da-la  no-l-pol  esar-kaldo.  gave- 

ihr  in  diesem  winter  viel  holz  und  kohlen  gebraucht?  6.  Die 

avr-bizöny  st-inv(jrn  de-tanta-lenya  e-karbün?  al- 

vuz-duvr&u  k^-umvi'rn  b;§-lena  e-k$tyla?  la- 

duvrö  blere-lanye  e-karvüns  k§st-anvPrn?  ilts- 

mangla  bl^ra-lanya  i-t^arbün  k"est-umvi°rn?  al- 

abü-debuzan  truepa-lanya  i-tyarb6n  kst-inv'arn?  1- 

Q-imbüt  bizinyQ  di-trQpQz-lenyQS  e-tyarvön  kest-inv'^r?  lu- 

o-vüt  bizunye^  di-trQp-len  e-tprb6n  kist-unv'&r?  al- 

o-avü  bizonyo  st-inverno  de-tante-lenye  e-karbön?  el- 


1  Gespräche 

kohlen  sind  uns  zu  teuer,  7 

karbün  al-n-e  trop-kär, 
kQtyla  e  da-nus  memi-t^era, 
karvüns  en  mendye-t/ers  a-noks, 
t^arbün  anz-e  masa  tyär, 
t/arbön  nez-ie  masa-t^are, 
t^arvön  al-nuz-e  masQ-tyär, 
t/arbÖD  a-nus-le  rnase-tyär, 
karböö  ne-ze  masa-karo, 


17 


und  das  holz  habe  ich  noch 

e-la-lenya  l-o  minga  nyamq 
a-la-lena  vaJu  aun  bet#  ma- 
e-la-lanye  vaJe  bet#  ank 
i-la-lanya  nan-a-'a  amö  ma- 
i-la-lanya  n-e-i  mq  muzra. 
e-laz-lenyQS  no-laz-al  in- 
e-i-lens  no-i^a1  antyemQ 
e-le-lenye   no-le-go    ankora 


nicht  gemessen.         8.   Was  macht  denn  deine  tante?      9.    Sie 

mizurada.                        kQsa  fa-la  la-to-dzia? 

le- 

ziräu.                                 tye1  fQ  pia  ti-onda? 

ela- 

mizirö.                              tye  fQ  la-ti-onde? 

ela- 

zvr'd.                               t#e  fa  ta-dun-anda? 

ela- 

tye  fes-pa  ti-anda? 

la- 

t^imö  mizuradQS.            tse  faz-e-pQ  tq-anyQ? 

li° 

mizuräs.                          se  fazJe-mQ  to-anye? 

*e 

mizurae.                          kosa  fa-la  tu-am'a? 

ela 

sitzt  in  der  stube  und  näht  hemden. 

10.   Sie  sagt, 

sentada  in-stua  e-la-kvzfs  kamis. 

le  -  la  -  dls 

s^za  en-stiva  a-kuza  t^amizes. 

ek-di  tya- 

e-tsantade  a'nten  steVe  e-küze  tyame^es. 

*                            >                  )                        >                        >        **                    > 

la-de1   t/i- 

setsa  in-t-stvva  i-kuza  t^amlzes. 

ela-dis  t#a- 

ie-senteda  te-stua  i-kouts  tyama'zes. 

la-dis  ke- 

e-'e  sentadq  in-stuQ  e-ku°s  tyam^zQs 

e-dls  ke- 

a-'e  sintade  in-t/amare  e-küs  tyamezis. 

'e-dls-ke- 

la-sta-sentada  n-ela  stansa  e-la-kuze  kamize. 

ela-dize 

die  leinwand  sei  diesmal  besonders  gut. 

11.   Die  fäden 

ke-sta-vQlta  la-tela  1-e  pi'Qpi  buna. 

i-fll-  i-en- 

la-taUa  sa1  kuel-'eda  aparti  buna. 

als-filts  en- 

la-teUe  se'e  prQpe  buae  kest-^de. 

ilts-feUts 

la-ta'la  sia  ekstra  buna  kuesta-ya. 

as  -  filts 

la-ta'la  ie  ekstra  bona  kst-'ade. 
f       ..     i  ..          ..   , 

i-fii  ie-sters 

la-telQ  eJe  prQpi  buiriQ  kest-viäts. 

'u-ffe'-son- 

kiste-vQlte  la-tele  aJe  pr$pi  buine. 

i-fl  a-son- 

ke-sta-volta  la-tela  la-ze  prop'o  bona. 

i-fili   i-ze- 

Gärtner,  Bätorom.  spr.  u.  lit. 

2 

18  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

sind  stark  und  einer  dem  andern  gleich.  12.  Wo  verkauft  man 

fort  e-vi>B  1-e-kumpäny  de-1-oUer.  indua      se  -  vent 

ferms  a-in  ulff  sku-l-a"ter.  nua     vend  -  ins- 

en-f^rms  e-l-eny  sku-1-öter.  nQue    vend  -  ints 

sun-ferms  i-vn  sku-1-^ter.  indyö     z  -  venda 

i-uö  valff  a-1-a'ter.  ulä      vand-uia- 

..      ..  ,  .. 

ferms  e-uia  kompany  d-al-ätri.  duld    vend  -  e1 

f^ars  e-un  knmpä'n  d-al-altri.  duld  si-vend-!e 

forti  e-uno  el-ze-kompanyo  de-kuel-altro.  andove  se-vende 

denn  diese  leinwand?     13.   Wir  haben  sie  selbst  gewebt. 

sta-tela?  1-em  tesvda  nwa-stes. 

pia  k^ela-ta'la?  nuz-va5n  tasiu  sets  ela. 

damä1  kela-teHe?  noks  la-vany  tase^e  nuz^ts. 

kuesta-ta!la?  no  la-va'n  dzves  tasüda. 

pa  ksta-ta{la?  nous  1-on  tesuda  iastas. 

kestQ-telQ?  nu°  i-la-vin  tesudQ  besu°i. 

kiSta-tele?  la-vin  tyisude  no-stes. 

sta-tela?  nantri  la-gavemo  tesuda  nantri-stesi. 

14.  Gehört  der  graue  kater  euch?   15.  Das  ist  kein  kater,  sondern 

1-e  vQster  stu-gad-grls?  kuest   1-e  miuga   uB-gat, 

aflda  kua'-dyad-gris  da-vus?  kua4  e  bety  in-dyat,  sonder 

e  kel-dyad-griks  vqs?  kest  e  bety  en-dyat,  sonder 

e  kuez-dyat  gris  vqs?  k^nan-ez-in-dyatjdimper- 

ie-pa  ks-dyat  gris  vojüt?  kas  n-ie  mia  n-dyat,  ma 

ez-el  [v]uestri  kez-dyat  gris?  kest  no-l-e  un-dyat,  ma 

iz-e  uestri  kiz-dyat  gris?  kist  no-l-e  un-dyat,   ma 

ze-lo  vostro  sto-gato  grizo?  kuesto  no-l-ze  uu-gato,  ma 

eine  katze.      16.  Seitdem  sie  hier  ist,  haben  wir  keine  maus  mehr, 

ma  na-gata.  da-kuant  ke-la-g-e-ki,  gern  pu  de- rat. 

ina-dyata.  da-ple  t^-el-e-k^,  vajn-nus  nadyines  mi"rs  ple. 

ena-dyate.  slve  tyi-ele  e-kQ,  va'ndze  ninyes  mekrs  ple. 

se  ina-yata.  da-kur  ty-ela  e-kua,  na  va*n-a  pu  indyvnes mfrs. 

na-dyata.  dg  k-la-ie-tlo,  n-onze  plu  deguna  suritsa. 

unQ-dyatQ.  da-tant  ke-li°  e-'e-aki,  i-no-viia  ätri  sorls. 

une-  dyate.  di-kuant  ke  Je  aJe-ka,  no-no-viö  plu1  nisüna  surfs. 

na-gata.  da-knando  ke-ela  la-ze-k"a,  no  gavemo  p'u  sorzi. 


I.  Gespräche.  19 

17.  Die  scheune  ist  neu.     18.  Die  tenne  ist  eben  und  glatt  wie  ein 

al-grane  1-e-ncef.  l-a!a   l-e-p^na  e-lisa  kome-n-taul. 

al-klavdu  e-nufs.  1-iräl  e-plauns  a-glats  sku  ina-majza. 

il-klavö  e-nöf.  ly-irdle-aDgulekfe-lyisskuena-me'- 

al-tabla  e-nöf.  1-^ra  e-guliva  i-lyisa  sko  ina-ma'za. 

1-tubla"  ie-nuef.  1-ea  ie-valiva  i-Htsia  skQ  na-ma/za. 

lu-stäli  al-e-nouf.  1-ar'Q  e-'e-volivQ  e-lisQ  komQ  unq- 

al-grandr  al-e-nyöf.  la-ar'e  a-'e-plane  e-lise  kome  una- 

el-gran^r  ze-novo.  1-ar'a  la-ze-p'ana   e-lisa  kome  na- 

tisch.  19.   Mein  vetter  hat  gestern  ein  wenig  gedroschen. 

al-me-kvziö  1-a-batv  *er  um-p<j). 

mi"-kuzarin  Q-skud!u  e'r  em-pau. 
ze.  [il-]mis-kuzreny  Q-skos  Ter  em-päk. 

mas-kuzdrin  a-skuz-er  im-pa. 

mi-z'urmäB  a-flelä  inier  m-puek. 
tävo^Q.  nyg-kuzin  al-a-batüt  Vr  um-pu°k. 

täule.  m'o-kuziD  aJa-batut  Tr  um-pök. 

tola.  mi-zarmäß  el-ga-batuo  'eri  um-poko. 

20.   Hier  liegt  noch  spreu  und  stroh  auf  dem  boden.  21.   Ist 

ki  g-e  aiakamq  bvla  e-pa'a  per-tera.  1-e- 

kQ  za1  auD  palya  a-strQm  dyu-m-pla!1n.  e 

k$  e  ank  palye  e-strom  dyu-m^ts.  e 

kua  ez-amö  paya  i-strom  sv-1-t-seldzöt.  e 

tlo  ie  mo  drazadures  i-stram  sun-fonts.  ie- 

i      ....       , 

aki  a-nd-e  int/imö  riskl^s  e-strara  su-l-palm^nt.  ez- 

ka  a-l-e  ant^ernQ  bule  e-straß  par-t'are.  iz- 

kna  ge-ze  aokora  bula  e-paja  par-tera.  ze- 

jene  grosse  ähre  leer?      22.  Nein,  sie  ist  voll;  aber  man  sieht, 

vce'da  k"ela-spiga-granda?  n$,  l-e-p'ena;  ma  se-vet  ke-l-era 

kuela-gronda-spia  vita?  na,  ela-e-pla'na;  aber  in-vetsa  t#- 

kela-grQnde-spe'e  ve'de?  nä,  ela-e-planye;  aber  indz-ve1 

k"ela-gr<mda-spia  yöeda?  na,  ela-e-pla^a;  mg  i-z-vetsa 

pa  kla-graa-spia  ueta?  no,  la-i^-pla/na;  ma  uB-va/k  k- 

al  [yj^eH  kel-grant-splk?  n$,  al-e-pleo;  ma  a-si-'onkka- 

e  uet  kel-grant-splk?  n$,  al-e-pleü;  ma  a-si-v!Qt  ke- 

la  voda  kuela-granda-spiga?  no,  la-ze-p'ena;  ma  se-vede  ke- 

2* 


20 


Texte  aus  lebenden  mnndarten. 


dass  sie  nicht  reif  war. 
minga  maruda. 
ela-era  betya  madira 
t#-ela-ere  bet#  made^re. 
t^-ela-na-dera-madüra. 
la-ne-foa  nia  madura. 
no-1-erQ-madur. 
noJere-madur. 
no-a-dyera-fata. 


23.  Sonst  würden  die  körner  hart  ge- 
seden<}  i-granei  i-saresan-sta  dvr. 
slyok  fusen  alz-graunts  sta'-dirs. 
asilyq  fisen  ildz  -  garnitss  stos 
uslyce  fosen-stats  az-gran6ts  dürs. 
tsantsa  fosa-stai  i-graniei  dures. 
tsentsQ  e'-sar^s  stats  dürs  Ju- 
senQ,  i-grans  a-saresiß  stäs  dürs. 
senö,  i-grani  i-saria-stai  duri. 


wesen  sein.     24.   Die  weichen  körner  springen  ungern  ab. 

i-granei-tender  i-stentan  a-saltä  via. 

alz-gra"ns  19ms  selyen  dyu  bet^a  udy^n  (nuides). 
dekrs.  ildz-garnitss  19ms  salyen  dyu  b^ggudyent  (ana- 

ez-gran£ts  loms  silyen  ora  amvldes.    [vejdes). 

i-graniei  tandri  spritsa  Qra  ndyart. 
granei.  !u-granei  teners  e^-saltQ  four  malvolante^r. 

i-grans  tenars  a-saltiü  für  a-stent. 

i-grani  t^nari  i-salta  via  a  stento. 

25.    Die  gabeln  und  die  sensen  darf  man  nicht  so  liegen  lassen, 
i-furket  (w.)  e-i-f^lts  (f.)  s-a  mißga  de-lasä-i  ki  per-tera. 
las-furt#es  a-las-fauts  ast^a-inz-bet^a  se  za1  use'a. 
las  furtyes  e-las-fötss  dast#-ints  bety  laser  zer  u§e\ 
las  fu°rtxes  i-las-f^tss  na-dast^-un  lasar  yazä'r  u§e\ 
la-fourtxes  i-la-fa"tses  n-aus-un  nia  las^  Bsi  ponder. 
las-fQrt^QS  e-las-falts  no-si-ugQ  lasä-lQS  ai  kusi. 
li-fQrtyis  e-li-fals  no-si-devi  lasä-lis  sta  kusi. 
le-forke  e-i-falsini  no-se-deve  lasdr-li  kua  kosf. 


26.  Hängen  wir  sie  an  den  grossen  hölzernen  nageln  auf! 
takem-a1  st>  ki  iö-kui-mezul  grant  de-leny! 
penda^-nus  eles  sen-kuela-klavela  da-len! 
pandä^n-les  se  ved-las-klavelyes  grQndes! 
pandä'n-les  sv  via-laz-grQndes-klavilyes! 
takoDze-les  su-la-graa-brQtyes  d-laü! 
pityiia-lQS  su-kez-brit^QS  grandQs! 
impityin-lis  sun-ke-grandis  tyavilis  di-leß! 
pikemo-li  ii3-k"ele-grande-broke  de-lenyo! 


27 


Rechts 

a-dri- 

dretx 

dret* 

da-dret 

a-dra- 

a-dye- 

a-dre- 

a-dri- 


I.  Gespräche. 


21 


und  links  sind  kurze  und  lange  eiserne  nägel  nebeneinander 
tsa  e-a-sinistra  g-e-pikä  dent  di-tsö  de-fer  kvrt  e-lunk  yvu 
a-saniester  en  kuertes  e-i'unges  guetes  fier  katsedes  a*n  ina 
e-sanester  en-pit^ides  a'nt  gotes  da-fer  kurtes  e-lunges  l'enye 
i-da-tsaük  suu-dates  ajnt  gotes  da-fier  ku°rtes  i-lunges  vna 
ta  i-a-tsant^a  ie-batü  ite  un  dlondya-l-auter  agüt^  de-far  kurt/ 
str9  e-a-tsampQ  e'-son-batuts  dentri  kla"ts  di-fer  kurts  e-lunks 
te  e-a-sampe  son-batudis  drenti  une  dondye-1-altre  t/avilis  di- 
ta  e-a-saßka  ge-ze-imp'antai  uno  arente-a-1-altro  de-i-t^odi  de- 


eingescblagen. 

takä  a-1-otter. 

sper-l'autra. 

dasper-1-ötre. 

dasp^r-l-^tra. 

i-lont/. 

ud  dindyQ-1-ätri. 

fax  kurtis  e-lundyis. 

fero  kurti  e-loogi. 


28.  Mache  die  tür  zu! 
sara  la-porta! 
fa  vie  ly-es! 
sere  ly-is! 
s§ra  1-us! 
stlu  la-porta! 
sjer9  la-puartQ! 
s'are  la-p"arte! 
sera  la-porta! 


29.  Es  ist  nötig  mit  dem 
bizonya  sarä  kun- 
'-e-da-baze'nts  da- 
ly  -  e  -  bazfnts  da- 
id-e-da-bzoeny  da- 
1  -  ie  -  debuzan  de- 
binyQ  s'erä  ku-la- 
si-skunye  s'arä  ku- 
bizonya   serär   ko- 


scbltissel  zu  schliessen.    30.  Warte  ein  wenig,  ich  habe  die  Schlüssel 


tsäf. 

sara  ku-la-klaf. 

sarär  kun-la-kläf. 

sarar  ku-la-kläf. 

zar(j  ku-la-tle. 

kläf. 

la-kläf. 

la-t^ave. 


spetsa  um-p^,  go  -  dezmentegä  i- 
spet/a-m-pau,  ju-a  amblid&u  las-klafs. 
spet/e-m-po,  i-va  amblidö  las-kläfs. 
speta  im  -  pa,  a  - 
aspieta  m-puek,  i 
sp'etQ  um-pu"k,  i-a'-dezmenteät  las 
sp5ete  um-pök,  ^-'a^dezmenteät  li- 
speta    ud  f'a,     ke-me-go-dizmentegä 


na    imvlidä    las- 
-m-e   dezment/d 


vergessen.      31.  Hier  ist  der  Schlüssel;  drehe  ihn  zweimal  herum. 


tsaf. 


kläfs. 

la-tleves. 

kläfs. 

kläs. 

le-t#ave. 


eko  la  tsäf;  fa-la  dzira"  du-vQlt. 
kQ-ze-la-klaf;  ma'na  duas  jedes  entürn  ela. 
k$  e-la-kläf;  fQ-l-ekr-anturn  duz-dya. 
kua  e-la-kläf;  stors-la  duez-dya. 
tlo  ie-la-tle;  ma'ne-la  ntolIr  doi  sades. 
ve  aki  la-kläf;  meni-lQ  doi  v'ats. 
eko  ka  la-kläf;  vQlti-le  dös  vottis. 
eko  la-tyave;  volte-la  do  volte. 


22 


Texte  aus  lebenden  mundarten. 


32.    Hast  du  viel  vieh  im  stall? 
ge-t  tand-bestfam  in-stala? 
as-te  bie  tiers  en-nuely? 
aste  blere  blst^e  a'nten-uvfly? 
as-tt»  bler  muvel  in-uf? 
es-a  truep  bestem  te-stala? 
as-tu  trop9S  bestes  int-aM#u°t? 
jas-tu  tr9z-nemai  int-a-stale? 
gas-tu  tanti  anemai  n-ela-stala? 


33.  Ich  habe  zwei  ochsen 
go  du  bce  e-vot  vak. 
'u-a  dus  taurs  ad-ydy- 
i-va  duz-böfs  ed-ody- 
a  -  na  duz  -  bos  i  -  9t 
ie  -  e  doi  bues  i  -  9t 
i-a^doi  mants  e-v9t 
'o-V  d^i  büs  e-V9t 
mi  -  go    do    manzi   e- 


und  acht  kühe.  34.  Pferde  haben  wir  jetzt  nicht.     35. 

de-kavai  ge-n-em  mißga  ad£s. 

vakes.  tyavälts  va'n-nus  usa  bet#. 

vatyes.  tyavälts  va!ndz-ose  bety. 

vatyes.  t^aväs  na-va'n-a  osa. 

vatyes.  ty^vei  n-onze  zan  deguni. 

vat#9S.  tyavai  no-n-vin  kumö. 

vatyis.  t/avai  a-no-vin  kumQ. 

oto  vake.  kavai  no-ge-ne-gavemo  adeso. 

kuh  ist  jene  hässliche  mit  den  roten  beinen. 
buna  vaka  1-e  k"ela-brt;ta  ku-i-gamb-ros. 
lyera  vaka  e  k"ela-mak9rta  kun-kuels-pa!s  k9tsents. 
dre  vat/e  e  tsele  tre^e  ku-las-t^mes  k9tsnes. 
buna  vat^a  e  kuela  trlda  ku-las-t/9mes  k9tsnes. 
b9na  vat/a  ie  kla-burta  da-la-dyames  kuetsnes. 
buin9  vat^9  eJe  k§-brut9  d-ez-dyamb9S  r9S9S. 
buine  vatye  aJe  ke-brute  ku-li-dyambi[s]-r9sis. 
vaka  ze  kuela-bruta  da-le-gambe-rose. 


Die  beste 

la-puse- 

la-me- 

la-meU- 

la-pu- 

la-plu- 

la-pin- 

la-plu*- 

la-me1© 

35.    Sie 

la- 

?1- 
ela- 

ela- 

1-a 

eJa 

a-ja 

la- 


hat  nur  ein  hörn,  gibt  aber  viel  milch, 
ga  sul  ke  vn  kqm,  ma  la-fa  tand-lats. 
9  mo  in  txiern,  dat  aber  fre  laty. 
9  ang&l  en  k^rn,  dat  aber  bler  laty. 
a  be  vna  k9rna,  m9  la-da  bler  lat. 
me  un  k9rn,  ma  da  truep  lat. 
119:019  un  kuar,  ma  e-da  trop  lat. 
dorne  nn  kuar,  ma-a-da  tr9p  lat. 
ga  sol  un  korno,  ma  la-da  tanto  late. 


37. 


Meine  kleine 

la-mia-sorela 
mia  -  pint#a- 
la  -  mi  -  pitsne 
ma-sor  pitsna 
mi  -  pitla  -  S9r 
me  -  sour  pi- 
la-me-pisule 
mi  -  sorela 


I.  Gespräche. 


23 


Schwester  melkt  sie  alle  allein. 

pinina  'a-mults  tt»ti  de-per-le. 

sora  mundya  eles  tutes  persula. 

söre  mundz-eles  totes  sulete. 

laz-moldza  totes  suleta. 
> 

lez-mous  dutes  soula. 
>  > 

tsulo  e-laz-mu°lts  dut9S  bes^o. 
sur  a-lis-mons  dutis  S9le. 
pikola  le-molze  tute  sola. 


38.  An  rahm  und  butter 
pänera  e  -  bvter  na- 
gr9ma-a-pazeda  manDk- 
gr^me  e  -  pa!nt/  ma'n- 
gr9ma  i-pa'nty  n-ants- 
brama  i  -  zmauts  nez- 
bramo  e  -  ont  no  -  nuz- 
smetän  e  -  ont  a  -  no- 
el  -  kao  e  -  1  -  butiro  no- 


fehlt  es  uns  nie. 
maoken  mal 
a1  ma1  da  nus. 
tyen  a-noks  ma1. 
maoken  ma. 
mant/a  me1. 
mant/9  ma1. 
nuz-mant/e  ma1. 
ne-manka  ma1. 


39.   In  dem  niedrigen  stall  habe  ich  schafe. 

in-la-stala-basa  go  dent  pegur. 

al-nuely  baz-vaJu  nurses. 

a^ten-la-stale  base  va-i  nürses. 
>  >         >  > 

i-la-stala  basa  na'a  besä, 
t-la-stala  basa  e-i  bieses. 
int-al-t/u0t  bas  i-a1  p1u°r9S. 
int-a-stale  base  'a1  p^ris. 
n-ela  stala  basa  mi-go  p'egore. 


40.  Zwanzig  geben  schon  wolle,  zehn  sind  noch  lämmer.    41.  Willst 

vint  i-dan  dzamQ  lana,  des  i-en  aßkarnQ  anyei.  vce-t 

veny  daten  s^n  launa,  de's  en  a"D  tsuts.  vul-te 

va'nty  daten  S9n  lane,  dls  en  ank  tsotints.  vot-e 

va'ndy-dan  §9n  lana,  des  sun  amö  tsotels.  vos-tu 

vint  da  bele  lana,  dies  ie  m9  anyiei.  uesa 

vint/  ez-dan  b'el  lan9,  dls  es-soia  int/imo  anyei.  vos-tu 

vint/  a-dan  za  lane,  dls  a-soa  ant^emQ  anyei.  üs-tu 

vinti  le-da  za  lana,  d'eze  le-ze  aükora  anyei.  vus-tu 


du  meine  hühner  sehen? 
vede*  i-me-galin? 
mirä  miez-galyines? 
vekr  las-miz-galyinyes? 
vera  maz-dyalines? 
uda1  mi-dyalines? 
vedi°  laz-m^s  dyalin9s? 
vi9di  li-mez-dyalinis? 
vedar  le-mi-galine? 


42.  Diese  gelbe  henne  hat  vorgestern 
sta-galina  dzalda  1-a-lasä  i-so- 
k"ela-galyina  melna  9-bandundu 
kela-galyinye  menle  9-bandun6 
k"esta-yalina  yelgua  a-banduna 
ksta-dyalina  g'ala  a-arbundunä 
kest9-dyalin9  dzal  e-'a-bandonät 
kiste-dyaline  zale  a-'a-bandonät 
sta-galina    zala    la-ga-abandonä 


24 


Texte  ans  lebenden  mnndarten. 


oder  vorvorgestern  ihre  ktichlein  verlassen, 
po'atfö  1-^ltrer  o-tri-di-fa. 
st'arses  ne-zurstjarses  se's-pluzd'nts. 
st^rses  oder-skärses  ils-sis-pulzd'nts. 
sas-pilyäts  stertsa  oder-skuarta. 
si-pitli  dantier  o-dan-tra'-dis. 
iu-si°-pol(5ts  l-ätri-Vr  u-devdnt-tri°-dls. 
i-s'e'-pol^s  Tr-1-altri  o-tre-dls-fa. 
i-so-pfkoli  l-altroJeri  o-za-tre-zorni. 

sie  sich  schon  wieder  vom  hahn  den  hof  machen. 

lasa  dzamQ  vizinä  d-al-gal. 

syn  pusp^  fa  il-hof  da-l-t^e1! 

la  §9n  puspe  fär  il-höf  d-il-köt. 

la  §9n  dart;^  far  tyaretses  d-al-dyal. 

las-la  bele  mq  fe  1-bel  da-1-dyal. 

b'el  danöuf  fä  la-kort  d-al-dyal. 

za  dinydf  fa  la-k^rd-d-al  dyal. 

lasa  za  fa  la-korte  da-l-gal. 


43.  Heute  lässt 
inkce  la-se- 
9ts  la  -  ela 
9dz-za-las- 
ote  as-las- 
nkuei  se(- 
"i°  e-si-las9 
11  e  a-si-lase 
inkuo  la-se- 

44.  Heute  legt  sie 
inkoe  la  -  fa 
qts  iiva  -  ela 
9T8  öv-la  en- 
9ts  fa-la  in- 
nkuei  feze- 
ui°  e-fäz-un- 
ue  a-fäs  ud- 
inkuo    la  -  fa 


ein  ei. 

un-cef. 

in-e'f. 

öf. 

cef. 

la  D-u°f. 

ouf. 

üf. 

un-vovo. 


45.  Du  wirst  wohl  elf,  zwölf,  dreizehn,  vierzehn  eier 
ti  te-gavare"  ben  vtmdes,  dudes,  tredes,  k"atordes 
te  venyes  ba'n  a-survanyi  endis,  dudis,  tredis, 
te  vintst  bany  a-survanyikr  endes,  dodes,  tre- 
tv  surnyiras  badn  vndes,  dudes,  tra'des,  kat9r- 
te-dyater§s  ban  undes,  dodes,  trades,  kat^rdes 
tu  t^aparäs  ben  undis,  d9dis,  tredis,  kat"ardis 
tu  tu-varäs  ben  undis,  dodis,  tredis,  kut"ardis 
ti  te-gavarä  ben  ündeze,  dödeze,  tr^deze,  kuatör- 


46. 


im  tag  bekommen? 

flef  al-di? 

kuit9rdis  ofs  per-de? 

des,  kit^rdes  öfs  al-de? 

des  ofs  a-l-di? 

ueves  a-l-di? 

ous  in-di? 

üs  a-l-di? 

deze  vovi  a-1-dyorno? 


Im  sommer  oft  sogar  fünfzehn,  sechzehn, 
d-istä  despes  fin-a-kuindes,  sedes, 
la-stat  sav^nts  perfin  kuindis,  sedis, 
da-stät  sav^nts  perfiny  kindes,  sedes, 
da-sta  suvönt  perfin  kuindes,  sa'des, 
d-instä  nt^e  sevants  kindes,  sa'des, 
d-estät  disp^s  ent#  kuindis,  sedis, 
d-instät  dispes  antye  kuindis,  sedis, 
de-istd  despeso   fio   a-klIindeze,   s£de- 


I.  Gespräche. 


25 


siebzehn,  achtzehn.    47. 
d^rs^t,  dezd^t. 
dyis'ät,  zot/. 
disset,  dizd^t/. 
dess^t,  dezdqt. 
dezeset,  dezdQt. 
dizes'et,  dizivQt. 
dizejs^t,  diz^vQt. 
ze,  dizisete,  dizdoto. 


Der  fuchs  hat  uns  neulich  ein  junges 
la-gulp  pok-temp-fa  la-n-a-robä  na-ga- 
la-uelp  9  dakuert  da-nus  angula"  ina- 
la-golp  andz-o  angulö  aiakürt  ena-ga- 
la-vu°lp  anz-a  angula  danku°rt  ina- 
la-bolp  nez-a  rubä  dan-pu'k  na-dya- 
la-bolp  e-nuz-a-robät  da-pu°k  un9~ 
la  VQlp  a-nuz-'a-robat  denänt-pök  une^- 
la   volpe    ne-ga-robä   no-ze-tanto   na- 


huhn  gestohlen.     48.  Das  habe  ich  gestern  erfahren.    49.  Ist  das 


lina  dzüina. 
galyina  dyufna. 
lyinye  dyüvne. 
yalina  yüfna. 
lina  zo"na. 
dyalino  dzöven9. 
dyaline^  z^vin^. 
galina  zövene. 

fleisch  teuer?      50. 
ra  la-karna? 
t^arn  tyeja? 
tyem  t^ere? 
tyarn  t/ara? 
la-tyarn  t^ara? 
t/ar9  la-t/ar? 
t/are^  la-tyar? 
kara  la-karne? 


sta-roba  1-o-sentida  lBr.  1-e-ka- 

kuai  va-Mi  anders!"  e'r.  ze_  la- 

kely  vaJe  santie  Ier.  e_  la- 

kua*  na-'a  santi  er.  e  la- 

kas  $-i  nriesii  infa.  i°-pa 

kest  i-l-a'-sintüt  'e%.  ^z-e 

kist  lu-V-sintut  Tr.  iz-e 

kuesto  lo-go-sentio  a'eri.  ze-la 

Ich  kaufe  fast  nie  welches.         51.   Wir 
mi-n-krumpi  k^azi-ma1.  nvn- 

'u-kumpra  bunamä'-ma'  t/arn.  nus- 

i-kompr  burm&'nty-ma1  t#ern.  noks- 

a-na-kumpr  b^t-ma  nee  t/arn.  no- 

ie-n-en-kompre'belä"-mai  deguna.       no'z- 
'o-no-n-kömpeji  sk^azi-ma1.  nu° 

'o-no-kompn  sV'azi-ma1.  no- 

mi  no-ge-ne-krompo  knazi-mai.  nan- 


mtissen  doch   unsere  jungen  hühner,   enten   und  gänse   essen, 
em  da-niandzä  i-noz-galin,  i-nos  anit  e-i-nos-^k  dzuin. 
stu&'n  täunataun  maly^  nosas-dyufnes-galyines,  §ntes  ad-a"kes. 
stuäny  tq%  malyer  las-n9sez-galyinyes,  eutes  e-^kes  dyüvnes. 
stud'n  tantvna  mandyar  n^sez-dyalines,  entes  i^t/es  yüfnes. 
mesön  mpy  ma'a  nosta-dyalines,  a"nes  i-autxes  zo"nes. 
i-skuinyin   ben   mandyä   laz-n"estr9S   dyalinQS.   ratsos  e-u°t/98 
altris  a-skunyin  pur  mandyä   i-nestris-pol^s  e-li-nestris  z^vinis 
tri  gavemo  pur  da-manyä  le-nostre-galine,  le  rase  e-le-oke  zö- 


26 


Texte  aus  lebenden  mnndarten. 


dzövenps. 
rasis  e-^is. 
vene. 


52.  Meine  tochter  kränkt  sich  darüber.        53.  Man 
a-la-mia-tuza  la-ge-dis^äs  sta-roba-ki.       bi- 

mia-felya  savalyanta  selonda.  in- 

la-mi-felye  za-gritant^se  lynderdyü.  ints 

ma  filya  z-grita^ta  da-^a1.  i-za- 

a-mi-fia  i-mufia  kas.  n- 

^-m^-fi9  a^-displäs  kest.  a-si- 

la-m^-fi^  si-rabi^  par  kist.  a-si- 

a-mi-fia  ge-disp'aze  kuesto.  bi- 


muss  diese  tiere  immer  heimlich  abstechen, 
ziinya  semp^r  matsd  sti-besti  de-naskundün. 
sto  adina  matsa  ku^ls-tiers  dasküs. 
st9  adenye  matsar  dyu  k^lts-tlrs  adasküks. 
sto  adt>na  matsar  kuestes-bestyes  dasküs. 
muesa  danyo"ra  mats^  kis-ti'res  a-skundüß. 
skuen  simpri  matsa  kez-anemai  deskü°s. 
skuny^  simpri  kopä  kisti-bejstis  in-skuind6i3. 
zonya  sempre  kopär  ste-best'e  aleskonte. 


54. 


Fische  habt  ihr 
e-de-pes  ge-n- 
pejs  va'z  -  vus 
pejssv^dz-bety? 
pejsts  na  -  va1- 
pas  n  -  a/s  -  a 
pes  no-n-vi°z- 
e-pes  no-vez-o 
pesi   no-ge-ne- 


nicht? 

avi  minga? 
bety? 

[va]? 
deguni? 

nu'<?? 
gav6? 


55.   Nur  kleine;  wir  fangen  sie  nicht.      56.   Die 
dumä  de-kui-plsen;  i-tsapüm  minga. 
mo  pints;  nus-palyä'n  k"ejs  bet#. 
angäl  pitsents;  nos-t/apany  eMz-bety. 
be  pitsens;  no-na-^tJs-tsufäVn. 
mq  de-pitli;  no^-n-i-p^n  nia. 
n9m9  pftsui;  no-Mi  t/apiß. 
d9m^  plsui;  nualtris  no-'u-tyapfB. 
solo  de-pikoli;  no-ge-ne-t^apemo. 


i-a- 
als- 
ildz- 
az- 

H- 

laz- 

li- 

le- 


bienen  wohnen  dort  oben  bei  dem  grossen  kreuz. 
vits  i-stan  iv  pres-a-la-krüz-granda, 
av'ülts  staten  19-se  sp§r-la-kruz-gr9nda. 
av^lts  staten  se-19  dasper-la-gr9nda-kroks. 
av'ös  stan  la-su  daspej-la-kruz-gr9nda. 
ves  sta  la-su  pra-la-gran-krous. 
äs  e^stan  alä-su  dindy9-la-kru°s  grand9. 
äs  stan  la-su  dondye^-la-krüs  grand^. 
ave  le-sta  la-su  arente-la-kroze  granda. 


57.  Verkaufst  du 

vendet  mel? 

v^ndes-te 

vejides-te 

vendes-tu 
> 

vandes - a 
..     ,     .. 

v^nts  -  tu 
vendis-tu 

vendi[s]- 


I.  Gespräche. 


27 


honig  ?  58.  Nächstes  jähr  werde  ich  es  versuchen.    59.  Ich  weiss 

1-an  ke-veny  el-provaro. 

meU?  l-auter-on  veny-u  ad-ampruä. 

mel?  ly-911  tyi-viny  vily-e  ampruär. 

mel?  1-on  tyi-va'n  pruvara-!a. 

miel?  ks-an  ke-van  la-purver^-i. 

mll?  1-an  ke-ven  i-lu-provarä.1. 

mel?  kist-an  ke-v^n  o-provara1. 

tu-n^el?  1-ano  ke-v^B  lo-provar6. 


so  miDga 
^-sabet/ 
i-sa  bet# 
a -  na  - sa 
ie-ne-s^ 
no-sa1  s-i- 
no-sa1  se- 
no-so  se- 


nicht,  ob  wir  viel  gewinnen  werden. 
se-guadanyaröm  tant. 
se  nus  vanyin  a-gudany(j  b'^. 
si-niny-a-gudanyer  bler. 
s-no-gudanyeran  bl^r. 
se-davanyerön  truep. 
i-vodenyan'D  trop. 
a-vodanyarin  trQp. 
vadanyaremo  tanto. 


60.  Blumen  finden  die  bienen 
de  -  f  ü  ki  i  -  avits  ne- 
flurs  amflen  ilz  -  av'ülts 
flokrs  katen  ildz  -  a- 
flu°rs  traten  az  -  avj6s 
flo"res  dyata  1  -  eves 
rozQS  ejs  -  in  -  t^atQ  laz- 
rözis  a  -  n  -  tyatiia  ka 
fori  le-ave  kua  ge-ne- 


hier  genug.  61. 

truvan  ase\ 

ko  avunda. 

v'9ults  avonde  kq. 

klla  avonda. 

tlo  astj. 

äs  aki  avondQ. 

vonde^  li-äs. 

trova  abastansa. 

sonne  scheint.        62. 

l-suhj'l  dat. 

suly&y. 

sulä1. 

da  1-suradl. 

lüs  lu-sari°li. 

a-l-3  soreli. 

fora  el-sol. 


Sie  fliegen  überall  umher,  so  lange  die 
i-gulan  dap^rtut  inturn,  fin-ke-g-e-sü. 
elz-zgojen  dapertut  ^nturn,  si-dity  sku- 
ehlz-zgölen  partöt  antun,  si-de1  sku-dat 
^z-zgölen  dapertöt  intu°rn,  fin-t^-i-da 
lez-zQla  dlonk  nkantöur,  tan-dyut  ke- 
lu°r  ez-zvualQ  pardtit  intör,  intant  k-a- 
lor  a-zvQÜn  pardtit  intQr,  fintinema1  k- 
le  zvola  dapartuto  intorno,  tanto  ke-ze- 

Das  licht  des  mondes  weckt  sie  nie  auf. 

al-tsar  de-lvna  ja-deseda  ma1. 

la-lyis  da-la-lyina  lav'anta  ma1  ejs. 

la-lyiks  da-la-lyinye  ildz-dezde  ma1. 

la-lyvm  da-la-lytma  na-[l]dz-zdrl,alya  ma. 

Min6"s  d-la-luna  ne-lez-desa'da  me'. 
>    >      >  ••  • 

la-lum  d-^-lun^  no-laz-dizm6uf  ma1. 
la-lüs  d-a-lun^  no-liz-dizmöf  ma1. 
el-t^aro  de-la-luna  no-le-dizmis'a  ma1. 


Texte  ans  lebenden  mnndarten. 


63.  Wozu  ist  denn  diese  tiefe  grübe  gegraben?    64.  Für  den  kalk. 

p^r-kQsa  1-e-stada-skavada  sta-f$sa-funda?  pejr-la-kul- 

per-tye1  $  pia  ku^la  profunda-gruba  kavada?  per  -  la  -  kal- 

per-t^e  ^  damä*  t^avö  ke^-fQS  bas?  per-la-kal- 

per-t/e  e-tyavada  öra  k"esta-föra-t^avöla?  per  -  la  -  t^al- 

per-tye  ie-pa-dyav^da  ksta-buza-sota?  per-la-t^a"ts. 

par-ts§  ^z-e-pQ-fatQ  kestQ-büzQ  ind^ntri?  p-^-tyaltsinQ. 

par-se  ma1  iz-e-dyavade^  kista-fue^-fond$?  p-a-tyalsin§. 

par-ke  ze-la-skavada  sta-fosa-fonda?  par-la-kal- 


65.   Der  maurer  wird  alle  mauern  weissen.     66.   Sind 


tsina. 
tsina. 
tsinye. 
tsina. 


sina. 


al-im?radu  al-zb^Dkira  ti?t-i-intlr. 
al-maridür  veny-a-fa-alf  tuts-alz-mirs. 
il-mirader  viny-a-dar-alf  a-tots-ildz-mekrs. 
al-mrräder  fara  alp  tot-es-mürs. 
l-murad6"r  zblaiakezera  duty-i-mures. 
lu-muradü°r  al-zblantyarä  duty-u-mürs. 
al-murad6r  al-zblantyarä  duty-i-mürs. 
el-muradör  zVankizara  tuti-i-muri. 


e-i 

<?- 

suu- 

ip- 

son- 

son- 

ze- 


fliegen?     67. 
mosk  kuisti-ki? 
k'V  must^es? 
kely  mostyes? 
fc'a*  mu°st^es? 
pa  kastes  moses? 
e_s  m^st/QS  kejstQ9? 
o  mQstyis  kistis? 
le  moske  ste-klla? 


Das  sind  geflügelte  ameisen  von  jenem 
kuisti  i-en-furml'k  kunt-i-al  de-kl'el-furmige\ 
^a1  e^furmikles  kun-ales  da-kuaLfurmikl§. 
kely    e^furme^es    kun-ales    da-ts^l-furmiler. 

k"al    sun-furmles   kun-ales   da-kuel-furmier. 

>  ••  >  < 

kastes  ip-furmies  da-eles  de-kal-furmiä. 
>  ,       ..  ^  ,       ,  .. 

k^stQS  e  -  son  -  furmiQs  d-^z-alQS  di-kel- 
kistis-ka  a-soD-furmls  ku-li-alis  di-kel- 
kueste   le  -  ze  -  formige  ko-le-ale   da-kllel- 


ameisenhaufen.    68.  Sie  haben  drei  paar  beine  und  flügel  wie 

i-gan  tri-para-de-gamp  e-al  kume-i-mosk. 

e^es-<m    W-pera-tyombes   e-ales   sku-las- 

ejes-<m     tr^-pere-t/Qmes     e-äles     sku-las- 

elez-an     tria-p^ra-tyomes    i-äles    sko-las- 

lez-a    tra'-per-de-dyames     i-^les    si-k-la- 

furmiär.  lu°r  ez-aia  tri°-pär-di-dyamb9S  e-alqs  komQ 

furmiar-la.  lor  aJaia   tre-pär-di-dyambis  e-alis  kome 

formiger,  le-ga    tre-per-de-gambe     e-ale    kome-le- 


I.  Gespräche. 


29 


die  fliegen.  69.   Ich  werde  sie  bekriegen;  vielleicht  mit  gift. 

mi-ge-faro  la-g"eja;  fortsi  kuu-velön. 

mustyes.  su-veny-a-fa  u'ara  kun-§les;  fQrsa  kun-tisi. 

mostyes.  i-viny-a-för  la-g^re  ad-eles;  fprse  kun-te'se. 

mu°st#es.  a-las-farä  la-g"^ra;  f^rtsa  ku-toesa. 

moses.  ie-i-fare  la-v'ara;  povester  kun-tuese. 

laz-  mQstyQS.  'o-i-farä1  la-"ej9;  forsi  ku-1-tosi. 

li-mQstyis.  'o-i-farä1  la-^rej  fQrsi  kun  tpejsin. 

moske.  ge-farö  la-guera;  forse  ko-1-vel^D. 


70.  Der  wagen  hat  eine  neue  deichsei. 
al-kar  al-ga  un-timun  ncef. 
al-t^ar  q  in-timün  ne'f. 
il-t^ar  q  en-timün  nöf. 
al-t/ar  a  in-timün  nöf. 
1-bogn  a  n-temön  nuef. 
lu-tyar  al-a  un-tem6n  no"f. 
al-t^är  alJa  un-nyöf-tamöü. 
el-karo  el-ga  un-timön  novo. 


71.  Ein  rad  ist  durch  eine 
vna-rceda  1-e-f^rmada 
ina-roda    ^-fermada 

ena-röde   e-farmäde 

>    »  > 

vna-röda  e-fermada 
una-r^da  ip-fermeda 
unQ-ruedQ  e-'e-fer- 
un§-rau^d§  'e-ferma- 
una-roda   la-ze-fer- 


kette  festgehalten.        72. 
kun-na-kadena. 
kun-ina-kada!na. 
kun-ena-kadanye. 
kun-ina-t/ada'na. 
kun-na-t^ada'na. 
madQ  kunt-unQ-t/ade^nQ. 
d§  kunt-une^-t/ade^. 
mada  kon-na-kaena. 


Wer  hat  denn  auf  dem  herd  das  feuer 
ki  1-e  k-a-pitsä  al-fö?k  su-1-figiilä? 
t#i  9  pia  amvidäu  al-fuk  si-la-plata? 
ma  t^i  Q-fat#  fi  se-la-plate-da-fi? 
t#i  a-vvdä  al-fce  su-la-plata? 
ki  a-pa-mp'a  l-fuek  sun-fudhj? 
ku1  a-pQ  imp'ät  lu-fouk  su-1-fogolar? 
kuJ  'a-ma1  impiät  al-fük  su-1-fogolär? 
ki  ga  impisä  el-fogo  su-l-foge>? 


angezündet?     73.   Ich  musste  das  gewaschene  bettuch  trocknen. 

mi-gaveva  de-svgä  el-lentsö3  lavä. 

'u-a-stuvi"  sedyentä  il-buklini  lavä'1. 

i-stueve  siantär  la-ves-lavade. 
>  > 

a-stueva  suantär  al-batliner  lavä. 
ie-musQa  su'ä  1-lintsiM  lavä. 
'o-i-skuinyivi  su'ä  la-bl^ön  lavad$. 
5o-§kunyivi  su'ä  eMinsül  lavät. 
ini-go-avü  da-sugär  el-nis'61-lavä. 


30 


Texte  aus  lebenden  mundarten. 


74.  Ist  es  noch  nass  oder  feucht?     75. 
e-1  aDkam()  banyä  o-umit? 
z-eji  aum-bl^ts  ne-fie/ti? 
§-la  ank  bl^tse  oder-ümite? 
e-1  ainö  mq\  oder  umit? 
i°-l-pa  mq  mq\  o-tume? 
^z-e  int^imö  banyadQ  u-ümid^? 
iz-$  antyem^  banyät  o-umit? 
ze-lo  ankora  banyd  o-ümido? 

76.   Decke  die  glut  mit  asche  zu! 
kuata  la-braza  kun-sendra! 
kuviera  al-burniu  kun-tsejidra ! 
korve  il-barnfe  kun-tsendre! 
kuv^rna  al-brastyer  kun-tsendra! 
kuer  1-bura1  ku-tsander! 
kuv'^rts  laz-b^rQS  ku-la-tsinlzQ ! 
kuv'ärs  li-bQris  kun-sinlzej 
koverzi  le-bronse  ko-la-s£nere! 


Jetzt  ist  es  schon  trocken, 
ade's  1-e  dzamQ  sut/. 
usa  z-§l  sqd  se;ts. 
os  e-la-SQn  sitye. 
osa  e-l-t-s^n  sut. 
zan  i°-l  bele  sut. 
kum6  eJQ  b'ej  sutQ. 
kumQ  sil-q  za  sut. 
adeso  el-ze  za  suto. 

77.  Sonst  verbrennt  das 
sedeno  la-lenya  la- 
salyök  briza  la-l^na 
asily^  arde  la  -  la- 
uslyöe  arda  la-la- 
tsantsa  bruza  lä- 
se- nQ  lu-leis  al-art 
senq  al-len  al-art 
senö    el  -  lenyo    ar- 


holz  umsonst, 
bruza  pej-n'ent. 
per-nuet. 
oye  per-navöt. 
nya  per  noeya. 
lanya  debänt. 
par— nu'Q. 
par-dibänt. 
de  par-ninte. 


78.  Der  stiel  dieser  pfanne  ist  verdreht, 
al-manik  de-sta-  padela  1-e-stört. 
al-mQni  da-k^la-katseta  e-stur^üs. 
il  m^ne  da-kela-padfle  e^-strubö. 
al-mQnty  da-kuest-test  e-stQrt. 
1-mane  de-ksta-fana  i^-stQrt. 
lu-mani  di-kestQ-padyelQ  al-e-stuart. 
al-mani  di-kist^-farsQr'e^  al-§-stuart. 
el-mänego  de-sta-padela  el-ze-storto. 


79.   Und  der  deckel  hat  ein  loch. 
e-1-ku^rtg  al-ga  um-bcets. 
e-l-uvierkel  o  ina-rusna. 
e-il-vlertyel  q  ena-rosne. 
i-al-vi°rtyel  a  ina-föra. 
i-l-ku^rtl  a-m-bus. 
e-la-kov^rt^Q  eJa  un^-büzQ. 
e-la  kovarto/e,  aJa  un§-büz§. 
e-el-kovert^o  el-ga  um-buzo. 


80.  Bringe  uns  fünf  eier, 
porta  -  n  tsink  Cef, 
pQrta  da-nus  tsun  ofs, 
PQrte  a-noks  tsint/  öfs, 
P9rt-ants  tsinty  ofs, 
pQrte-nes  tsin  u°ves, 
p"arti-nus  tsink  ons, 
p"arti-nus  sink  üSj 
porte-ne   siiakue  vovi, 


I.  Gespräche. 


31 


eine  halbe  zwiebel,  essig,  öl  und  salz, 
me^dza-sigula,  aze,  Qli  e-sä. 
ina-n^aza-tsagola,  iz'ü,  eli  a-sal. 
ena-me^ze-tsavöle,  izle,  Iale  e-säl. 
ina-metsa-tsigöla,  azä',  cela  i-säl. 
meza-na-tsola,  aza1,  uele,  i-seL 
un^-m'edzo^tsevQlo^  azi°t,  ueli  e-säl. 
m^z^-sevQlQ,  azet,  "e^li  e-sal. 
meza-seVola,  azeo,  0*0  e-sal. 


81.  Auch  frisches  wasser 
anka  ak"a  freska 
e,ra  aua  fre,st/a  da- 
er  äve  fre^stye  da- 
er  aaa  frast/a  da- 
nty?   &?&   ffasa   da- 

SotX  ägQ  flÄQ 
antye.  äge.  fr^tjß 
aßka     agua     freska 


von  der  quelle.    82.  Die  knaben  und  die  mädchen  kommen  gleich 

de-la-funtana.  i-tuzüu  e-i-tuzän  venyan  svbit  a-ka. 

la-fantauna.  ilz-buets    e-laz-buebes    venyen    gla'ti   a- 

la-funtane.  ildz-matätss    e  -  laz  -  matatses    vinyen    da- 

la-funtana.  ez-matünts  i  laz-mat&nts  venyen  ba'nb^t 

la-funtana.  i-mut6ßs  i-la-mutaBS  van  deb$ta  a-tyaza. 

d-e,-fontanQ.  Hi-fruts  e-las-frutQS  e'-ven  subit  a  tyaz^. 

d-a-fontau^.  i-frus  e-li-frutis  a-v^nyin  subite,  a-tyaze,. 

da-la-fontana.  i-putei  e-le-putele  i-v'en  subito  a  kaza. 


heim. 


83.   Ich  soll  für  sie  salat  zubereiten.      84.   Ich  habe 


mi-go-de-kundi  1-insalata  pe^r-lör.  da-um- 

t/eza.              'u-da1  pinä  salata  per-^lts.  !u-a- 

lunk  a-t/a.     i-dej3  far  salat e  per-eJts.  i-va- 

a-tya.               a-na-da-far  salata  per-^s.  a-na-na 

ie-dase  arzinya  salata  per-ai.  ie-n-^ 

jo-i-skueD  fä  salatQ  par-lu°r.  al-e, 

'ö-de.vi  kuiösä-dyi  la-salate,.  al-e 

mi-devo  konsär  la- salata  par-lori.  ze  za 

schon  lange  keinen  tropfen  wein  getrunken.      85.   Mischt    du 

pets  0  minga  bevv  na-guta  de-viö.  el-mesedet 

s$n  da-ditx  betya  bub'ü  in-dagu6t-vin.  mas^des-te 

s$n  da-de1  bedy-bavle  ena-guteje  d-veny.  meides  -  te 

s$n  daloentx  no3  babu  in-got-vin.  al-majzdes- 

bele  dyut  bu  deguna-gota  de-vin.  l-mesa/des- 

biel  un-p'ets  ke-'o-no-a^bivtit  ungot  di-vin.  lu-mas$di§- 

za  un  p'es  ke-no-V-bevut  una-gQt$  di-vin.  lu-mese^dig- 

un-toko  ke-no-go-bivü  na-dyosa  de-viö.  lo-mi§i-tu 


32 

ihn  mit  wasser? 
ku-l-ak"a? 
kl,$l  kun-a"a? 
el  kun-äve? 
tv  kun-äua? 
a  kun-^ga? 
tu  kuia-ägQ? 
tu  ku-l-äge^? 
ko-l-agua? 


Texte  aus  lebenden  mundarten. 

86.  Bis  jetzt  habe  ich  ihn  jedesmal  gemischt. 
fin-ade's  l-o  semper  meseclä  ku-l-ak"a. 
tQkeu-usa  va-lu  minty-'e^da  masadä"  ej. 
anfiny-en-ose  il-vaJe  adenye  mazd6. 
fin-osa  al-na-'a  ad^na  mazda. 
ßkiß-zaß  1-Q-i  danyoura  mesedd. 
fm-kumö  i-lu-a1  simpri  masedat. 
sira-kumq  'o-lu-'a'-mesedät  onyi-voJt§. 
fiia-adeso  lo-go-insembrä,  onyi-volta. 


87.  Wieviel  kosten  diese  äpfel? 

k$sa  kust-e1  sti-pum? 

kum-b1^  kuesta  k^la-maUa? 

kant  koste  keja  mejle? 

kuant  ku°sta  kuesta  ma'la? 

taö  kosta  kiz-maUes? 
..  ..   > 

tsetdnt  kost-e1  kez-mi°i? 
setänt  kostin-o  kiz-milüs? 
kuanto  kost-eli  sti-pomi? 


Achtzig    heller   das   kg; 
otanta  tsentezim  a-l-kilo; 
otanta  raps  al-kilo; 
ut^ante  raps  il-kilo; 
Qtanta  raps  al-kilo; 
otanta  h<peri  1-kilQ; 
otantQ   sentezims  lu-kilo; 
otant^  sentezißs  a-l-kilo; 
otanta  skei  a-l-kilo; 


aber  sie  sind  süss. 
ma  i-en-dülts. 
aber-eJ-^-dutsa. 
aber  e^la-^-dokse. 
mq  ela-e-dutsa. 
ma  i-ie-douts. 
ma  ei-soi3-du°lts. 
ma  a-soß-dols. 
ma  i-ze-dolsi. 


89.  Ich  zahle  nicht  soviel,  weil  wir  einen 
mi  i-pagi  miDga  tänt,  pej-ke  nvD-aß- 
'u-pa'a  betya  taun,  per-tye1  nus-kum- 
i-pa!  bet^  tant,  per-tye  noks-kumprduy 
a-na-pa/  no3  tant,  per-t/e  no-kumpräVn 
ie-ne-pase  tant,  per-tye-ke-no°s-kum- 
'o-no-pai  tant,  par-tse-ke-nu°  i-kom- 
'o-no-pai  tant,  par-se-fce-no-a-kompriia 
mi-no-pago-tanto,  par-ke-nantri  ge-ne- 


ganzen  sack  kaufen.    90. 

krumpum  un-sak-intrek. 

prä*n  in-sak-entir. 

en-saty-antfr. 

in-sat^-anter. 

pröia  ia-sak-nti°r. 

p^rfn  UD-sak-inte'r. 

un-sak-intlr. 

kompremo  un-sako-int'ero. 


Ein  solcher  sack  äpfel  wiegt  dreissig 
vvn-de-kui-sak  de-pum  al-peza  trenta 
in  -  tal  -  sak  -  ma!la  pa'za  trenta 
en  -  täl  -  sat#  -  me^le  pe/ze  tränte 
rn  da-k^sts-sa^s-maUa  pa'za  trenta 
n-tel-sak  de-maUes  pa*za  tranta 
un- täl -sak  di-mi°i  al-p^zQ  tre^ntQ 
un-tal-sak  di-milüs  al-peze^  tre^nte^ 
un-tal-sako  de-pomi  el-peza  trenta 


I.  Gespräche. 


33 


kg.        91.   Da  kommen  meine  söhne  und  töchter  endlich, 

kili.  finalment  i-en-sa  i-me-föe  e-i-me-tuzan. 

kilos.  tsQ  venyen  mes-fVls  e-mies-felyes  finalmä'n. 

kilos.  k$  vinyen  finalma^t/  ildz-mis-fe'lts  e-laz-mis-felyes. 

kilos.  kua  venyen  mas-filts  i-filyes  finalma'nt/. 

kilQ.  tlo  vaD  mi-fiöns  i-fiaDS  finalmanter. 

kilos.  ve  finalmentri  e'-veü  ^-m^-fls  e-laz-mes-fios. 

kilos.  ka  a-venyin  i-mV-fo1  e-li-mes-fls  finalmentri. 

kili.  kua  v^b  finalmentre  i-mi-f'oi  e-le-mi-fie. 


92.   Ihr  kommt  heute  spät.    93. 
inkce  v'otter  venyi  tardi. 
vus-venyiz-Qts  tart. 
vuzöters  nits  Qts  tart. 
vo-nylva  Qts  tart. 
vo-unya's  tert  ükuei. 
vu°  i-vinyls  tart  ui°. 
voaltris  a  venyls  tart  ue. 
valtri  vinyi  tardi  inkuo. 


Ihr  werdet  doch  nicht  wieder 
v^lter  gavari  minga  ankamt 
vus-vanyis  bem-bet/a  pusptj 
vuzöters  nits  bet#  puspe  a- 
vo-na-varat  dart#(j  trat  krapa 
vo  -  n  -  ar&s  mia  mq  trat  sas 
no  -  vari°s  -  pQ  da  -  nouf  trat 
vo  -  no  -  vares  -  pQ  -  tirat  indaur 
valtri  no-gavare  de-novo  tirä 


nach  den  vögeln  steine  geworfen  haben?   94.  Der  pfarrer  hat  uns 


tirä  sas  a-i-vzei? 

a-va^trat^  krapa  ts'anter-ilz-utsälts? 

vekr-patö  krape  slv-ildz-utselts? 

davö-z-utses? 

dQ-i-utsiei? 

klaps  devö^-'u-utsei? 

klas  daür-i-usei? 

sasi  a-i-ozei? 


al-pret  al-n-a-dä 
al  -  farer  q  -  dau  da- 
il-farer  andz-Q-do 
al-reverenda  anz-a 
1-plnao  nez-a-dat 
lu-plevao  al-nuz-a 
al-plevän  al-nuz-!a- 
el-p'oväß    ne-ga-da 


ein  buch  gegeben.     95. 

un  liber. 

nus  in-kudis. 

eo-kodes. 
> 

dat  iö-küdes. 
> 

n-liber. 
dät  uü-libri. 
dät  UD-libri. 
un  libro. 

Gärtner,  Bätorom.  spr.  u.  lit. 


Lest  es  und  gebt  es  ihm  bald  zurück. 
ledzi-1  e-poe-de-g-al  indre"  subit. 
ledyi  k"el  a-dal  gla'ti  anavqs  ^1  ad-el. 
lidy^-ily  e-det-ily  anavös  ba'n-spert. 
al-lid1  i-dat-al  Darbot  inavö  ad-el. 
liza-1  i-retad-i-1  tost  in$. 
V-lu  e-da^e-l  subit  indevöur. 
le^-lu  e-da^dyi-lu  pr^st  indaur. 
lez6-lo  e-torn6-ge-lo  presto. 


34 


Texte  ans  lebenden  nrondarten. 


96.    Er  hat  es  uns  geschenkt. 
\v  al-ne-1-a-regalä. 
el-$-sendydu  el  da-nus. 
el-ily-9-ants  tsint;ridyie. 
el-anz-a-regala  el. 
al-nez-1-a-sinkä. 
lus  a-nuz-el-a-donät. 
lu1  al-nuz-luJa-regalät. 
lu  el-ne-lo-ga-dona. 


97.  Dein  jüügster  sieht  aus  wie 
al-to-f'ffi  pvse-dziiin  al-su- 
tiu-piny  vetsa  <?ra  sk-in- 
il-tis-pi-dyüven  ve*  ör  sku- 
tas-pt>yüven  g'ard-öra  sko- 
ti  -  m ander  tyala  -  ora  sike- 
lu-to-pin-dzoven  al-samö9 
el  -  to  -  frut  -  pi  -  z^vin  a  -  dyi- 
tu-fio-pMi-zövene   el-ge-go- 


ein  engel.  98. 

mea  un-andzul. 

alIngel. 

eu-angel. 

in-anguel. 

D-anyul. 

un  anyol. 

somee  a-un-anyul. 

me!a  a-un-äßzolo. 


Ja,  und  ist  schlimm  wie  ein  teufel.    99.  Wie 

si,  e-1-e-katlf  kume-n-dennmi. 

dye,  ad-e-mals  sk-iu-dyavel. 

dye'e,  ed-e-nös  sku-en-diavel. 

si,  i-ez-in-mäl  sko-in-djavel. 

> 

si,  i-ie-rie  sike-n-malaB. 
si,  e-al-e-trist  kQn^-un-dyaul. 
si,  e-al-e-tyatlf  kome-un-d'au. 
si,  e-1-ze-kativo  kome-uu-d^volo. 


kuan- 

kun- 

kant 

kuant 

tan 

tse- 

se- 

k'an- 


alt  ist  er  denn?     100 
ti-an  ga-1? 
veUdz-el  pia? 
ondz-^-l-damä1? 
Qnts  a-1-dimena? 
d-ani  a-l-pa? 
tänty  any  a-el? 
tänty  a'ns  alJa-e? 
ti  ani  ga-lo  lu? 


Er  ist  zu  Weihnachten  vor  4  jähren  geboren. 
1-e-nasu  de-natäl  kuatr-an-fa. 
el-e-nasMis  da-nadäl  av&un-k"ater-$nts. 
el-e-nasle  da-nadäl  avdn-kater-^nts. 
el-e-nat  a-nadal  avan-kuater-9nts. 
l-ie-nasü  daB-katr-ani  da-nad^l. 
lu1  al-e-nasut  a-nadäl  tsefd-kuatri-any. 
lu1  al-e-nasut  di-nadäl  kuatri-ain-fa, 
lu-ze-nato  de-nadäM  za-kuatro-ani. 


101.   Er  wächst  jetzt  gerade  etwas  schnell, 
al-kres  in-presa  propi-ad£s. 
el-kresa  iisa  grad-ampäV'-dab^t. 
el-krese  dyist  os  empö-spert. 
el-kresa  yi'St  osa  impa-spert. 
1-kras  dra-zan  vel-deb^t. 
al-kres  'usto-kumö  um-pu°k  zuelt. 
al-kres  ^ste-kumQ  um-pök  prest. 
lu  el-krese  propjo  adeso  un-f'a  presto. 


102. 


Darum  ist  er 
per-k"est  1-e 
per  -  t^e1  z-el 
per-kely  e-1 
per-kuai  nan- 
per-kas  n-ip-l- 
par-kest  a-no- 
par  -  kist  al- 
par-k"esto  no- 


I.  Gespräche. 


35 


nicht  mehr  so  dick  und  fett. 
miDga  tant-pi-se-grQs  e-gras. 
bet/a-ple  si-grQs  a-gras. 
bety-ple  si-grQs  e-gras. 
e-l-plv  use-grQs  i-gras. 
plu  tan-gr^s  i-gras. 
1-e-ätri  kusi-gr"es  e-gras. 
no-'e-plu1  tant-gr"es  e-gras. 
l-ze-p1!!  kusi-groso  e-graso. 


103.  Lache  nicht  immer  und  schweig, 
rid-minga  semper  e-taz-dzn. 
ri  bety-adina  a  kQS-t/u. 
bet/  rel  adenye  e-ta\ 
na-rier  aduna  i-taza. 
ne-ri  fort  i-skota. 
no-sta-ridi  simpri  e-täs. 
no-sta-ridi  simpri  e-täs. 
no-sta-ridar  sempre  e-tazi. 


104.    Höre  zu  und  rede  später, 
skulta  e-parla  poe  dppo. 
ta'tla  tier  a-reJzda  ple-tart. 
terle  tTr  e-razune  slve. 
ta'dla  pro  i-disku°ra  pv-tart. 
skota  su  i-rezona  plu-tert. 
sk^ltQ  e-favelQ  pin-tart. 
skolte  e-dQpo  favele. 
skolta  e-parla  p'u-tardi. 


105.   Reden  ist  silber  und 

parlä  1-e-ardzent  e- 

rezdä    e  -  ardy^n    e- 

rnzanär  e-ardy^nt  e- 

disku°rer   ez-ardzient 
> 

rnzmj  ie  -  arzant  i- 
lu-fevelä  al-e-arint 
fevelä  al-e-arint  e- 
parlär  ze-arzento  e- 


schweigen  ist  gold,  sagt  man. 
taze  1-e-or,  i-dizan. 
kojser  e-a"r,  di-ins. 
taz^kr-e-or,  de'-ints. 
i-tazä'r  ez-qr,  az-diz-a. 
skut(j  ie-Qr,  diz-un. 
e-lu-tazi°  al-e-aur,  a-si-dls. 
taze  al-e-aur,  dizin. 
tazar  ze-oro,  se-dize. 


106.  Du  hast  zwei  obren  und  nur 
ti  te-ge  du  orets  e-na-boka- 
te-az-dues  ur^lyes  a-mo- 
te-äst  duz-urelyes  e-aügäl 
tv-az-duez-uralyes  i-be-una 
t-ez-do^uradles  i-me-una 
tu-äz-d^z-vor^lQs  e-nQmQ 
ta  tu^az-dös  narelis  e-dome 
ti    te-ga-do-retye    e-sol-una 


einen  mund.  107.  Bist  du  nie  krank  gewesen,  kleine?    108.  Eine 

sola.  sed-ma*  Stada  malada,  pinina?  per- 

ina  buka.  a's-tema' Stada  maltsauna,  te-pint^a?  ina- 

ene  büke.  ist  mal  Stade  maltsane,  pitsne?  ena- 

boka.  nan-es-tu  ma  stata  amaläda,  pitsna?  ina- 

bot^a.  n-ies-a  me1  stat-amal^da,  pitla?  raeza 

unQ-bQt/Q.  no-si°-tu  ma1  stadQ  malad«?,  pitsnlQ?  m'e- 

un^-bo^x^.  no-ses-tu  ma1  Stade  malade,,  pisule?  m'e- 

boka.  no-te-son-stada  ma1  malada,  pfkola?  meza 

3* 


36 


Texte  aus  lebenden  mnndarten. 


halbe  woche  habe  ich  fieber  gehabt, 
m^dza-setimana  go-vv  la-fevra. 
m^za-'amna  vaJu-dyu  f^bra. 
me^z-e^nde  va-i-dyT  la-fevre. 
inets-emna  naJa-uyu  febra. 
n-eDa  e^i-abii  la-f'o^a- 
dz^seteman^  i-a'-imbut  la-fin,). 
z^-steman^  'o-'a'-vüt  f'ejre^. 
setimana  go-vu  la-freve. 


für  ein  gemisch  gegessen  hat. 

1-a-mandzä. 

sa'da  ^l-Q-malyäu. 

t/-^la-Q-malyle. 

t^-ela-a-mandya. 

ke-l-a-ma1^. 

tse-mesed^t  k-e-a-mandyät. 

k-e-'a-mandyät. 

la-ga-manyd. 


und  die  nägel  waren  ganz  blau 
ünts  i-e/an  tvd-blce. 
e-laz-uiagles  ejen  tut  blaues. 
e-laz-ungles  eren  tod-blaves. 
laz-ungles  deren  to-bla"es. 
ondles  fQa  dut  brumes. 
e-laz-QDglQS  ez-e^9  dut^s  turkiu^s 
6i3gulis  aJerin  dutis  paonasis. 
ondye  le-dyera  tute  azure. 


109.  Weiss  gott,  was  sie 
dio  sa  ke-mestsada 
sapi  d'us  tye  -  ma- 
89  dl'  t/e  -  niazdity 
sa  d'o  t/e-pastruly 
sa  idi"  t/e-mesed^ts 
savard  lu  -  sinyü°r 
dio  sa  se-niesedanse^ 
dio  sa  ke-meskolansa 


110.  Die  lippen,  das  Zahnfleisch 
i  -  labe/,  i  -  dzendzlf  e  -  i- 
las  -  leftses,  laz  -  undzives 
ildz-l^fs,  laz  -  zunzVves 
as  -  lefs,  las  -  landzlves  i- 
i-zlefes,  la-zuiszives  i-1- 
ln  -  zlävris,  laz  -  dzindziv9s 
i  -  lavris,  li  -  zinzls  e  -  li- 
i-lavri,    le-zißzive   e-le- 


111.  Ihre  zunge  war  trocken. 
la-so-lei3g"a  l-§ra-seka. 
sia-l'unga  e/a-setya. 
la-si-lyaöge  ere-sitye. 
sa-le/'a  dera-setya. 
si-langa  fQa-sat^a. 
Ia-S9-Ie^g9  e-  ^9-8^^9. 
la-so-lenge^  aJ$r$-se^. 
la-so-lei3gua  la-dyera-seka. 


112.  Der  schmied  meinte  am  montag,  ihr  herz  sei  krank. 

lunedi  el-fe/6  al-kredeva  ke-1-so-köer  al-fudes-malä. 

al-fravi  manadyava  usen-lyendizdis,  s'u-k9r  s^dyi  maltsäunts. 

il-farer  manadyeve  lyindezde  t^-il-sis-kör  se/e-maltsän. 

al-fäver  kra5eva  al-lyvndezdi  t/a-sas-kör  sia-amalä. 

1-fever  minoa  1-lunes  ke-8i-kucr  fos-amalä. 
i  >  *—  >       >  .... 

lu-färi  al-kred^v9  lunis  ke-lu-so-ko"r  al-fos-malät. 
lunis  al-färi  krodtjve.  ke-fos-malät  ej-so-kür. 
luni  el-favro  kredeva  ke-l-su-kuor  fose-mald. 


I.  Gespräche. 


37 


113.  Am  dienstag  sagte  der  mtiller,  das  sei  die  leber.  114.  Am 

martedf  al-muline  1-a-di  ke-l-era  al-fidik  mala.  mej- 

usen-mardis  9  al-mulin^  det/  kuai-s^i-al-dir.  11- 

marde  0  il-muliner  det/  t^-i-se^e  il-dekr.  la- 
al-mardi  a-dlt  al-mulyiner  t/a-kV  sia  al-narom.       al- 

1-mejdi  a-dit  1-mulin^  k-l-fosa  l-fu'ä.  1- 

lu-martis  lii-mulinär  al-diztj  k-al-fos  lu-fiat.  lu- 

martars  al-mulinar  alJa-dit  ke-al-fos  al-fiät.  m{ar- 

marti  el-muliner  ga-dito  ke-fuse  el-flgä.  me>- 

mittwoeli  fürchtete  die  miillerin,  es  fehle  im  hals  oder  in  der 
koledi  la-mulinera  la-gaveva  pagtJra  k-l-mä  al-fvd£s  ind-al- 
sen-maz'amna  tumeja  la-mulinera  tx-a-maußki  vid-al-kuliets 
mezemde  tameve  la-mnlinere  t^-i-mant^^s  a{nten  il-kulets  ni- 
m^rkurdi  tameva  la  mulyin^ra  ty-i-mankes  da-1-kalcets  o-da- 
m'arkuldi  tem^a  la-mulin^a  k-1-falas  t-l-k^l  o-t-l-piet. 
m'erkos  e-vevQ  pollrQ  la-mulinari9  k-a-i-mant/äs  int-al-kuel 
ku1  la-mulinar1^  vej$  paur$  ke-dyi-mant/as  alk  int-al-k^l 
köre   la-mulinera   gaveva   paura  ke-el-mal    sta§e  n-el-kolo   0- 


brust. 

kyl  o-ind-al-stomik. 

ne-vid-al-p^ts. 

a'nten-il-brost. 
> 

1-pet. 

u-iut-al- Storni. 

o-int-al-pet 

n-el-peto. 

nacht  ordentlich    116. 

n^ts.    [schwitzen. 

la-not^- 

da-nQt/  pulit. 

u°rden  la-n(?t. 

san  de-nu°t. 

not  pulit. 

din  di-nyot. 

tela  de-note. 


115.  Dann  Hessen  wir  das  mädchen  in  der 
dQpo  em-fa  sudd  ben  la-pinina  de- 
lura  va'n-nus  fat/  snä  la-bueba  fet/ 
al9"re  va'ndze  fat/  snar  la-mate 
Iura  va*n-a  fat  sv\ar  la-mata  in- 
ßlouta  onze  fat  la-muta  sue  da- 
dopo  i-la-fazerin  sudä  la-frut9  di- 
d9po  a-vin-fat  sudä"  la-frute^  in-9r- 
dopo  gavemo-fato  sudr  pulito  la-pu- 

Am  donnerstag  war  die  krankheit  geheilt, 
dzovedi  la-malatia  1-era  dza-ndada. 
usen-dyev'a  era  la-maltS9nya  madi^da. 
la-dylvdye  ere  la-malts9nye  st/ampantäde. 
la-yöevdya  dera  la-malatia  g^arlda. 
la-zuebia  f9a  la-malatia  varida. 
la-'o'bQ  la-malati9  e-ej9-sparid9. 
Yb§  la-malati^  a-^ra-sparid^. 
z!oba  la-malatia  la-dyera  sparia. 


38 


Texte  aus  lebenden  mundarten. 


117.    Freilich  war  die  kleine  recht  mager, 
ts^rt,  la-pinina  1-era  tan-raagra. 
persas^ts  era  la-pint/a  fet^-ma'gra. 
kunsas^ts  ere  la-bübe  fit^-rna're. 
ba'nsi  dera  la-pu^ba  sten  magra. 
dants,  la-pitla  f$a  dra-megra. 
sigür,  la-pitsulQ  e-erQ  trop-mägrQ. 
sigur,  la-pisule  a-'ere  trQp-raägre. 
sikuro,  la-pisinina  la-dyera  tanto-magra. 


118. 


Die  arme 

i-bras  i- 

la-bratsa 

ilz-bratss 

la-bratsa 

i  -  bratses 
> 

*u  -  brats 
i-bras  a- 
i-brasi  i- 


waren  dünn  wie  Zündhölzchen, 
eran-venyi'-setl  kome-tsufranei. 
era-satila  sku-tsuprints. 
eren-stilts  sku-tsurple^nts. 
dera-sutilya  sko-tsurplints. 
f^a-sutii  sike-fulimant/. 
e'-erg-sotl  kQmQ-furminänts. 
^rin-sutl'  kome-f  ulmin  ans. 
dyera-sutf  kome-i-fuminanti. 


119.  An  den  ellbogen,  knien  und 
a-i-gumbat,  a-i-dzincets  e- 
vid-als-kumbels,  ganulyes 
ved-ilts-kombelts,  zanü'lts 
via-es-t^audunts,  snurlts 
pra  -  i  -  kumedöns ,  znodli 
t-e1 -komedÖDS,  dzenu°i 
su  -  i  -  kumedöns,  zenoi  e- 
a-i-komi,     a-i-zenotyi 


fersen  sah  man  alle  knochen.     120. 
a-i-kalkäny  se-vedeva  tut-i-QS. 
a-kalk^nts  vaz^v-ints  tut  1-Qsa. 
e-kalt/Q'nts  vazev-ints  tot  1-Qse. 
i-kalkö'nts  z-vetseva  tot  1-Qsa. 
i-t^o"txani  udq-un  dut^-i-QS. 
e-talÖDS  e'-si-vedevQ  dut#-u-vl1es. 
telößs  a-si-v'odevin  duty-i-ues. 
e-a-i-kalkanyi  se-vedeva  tuti-i-osi. 


ging  sie  wieder  in  die  schule, 
nada  a-skoela. 
mava-ela  pusp$  a-skola. 
puspe  e'de  a-sköle. 
darty(j  ida  a-sköla. 
inq  zita  a-sk^la. 
'e-ladQ  da-nouf  a-skuel<?. 
di-nyöf  a-skuele. 
tornada  a-skola. 


121. 


Nach  einem  halben  monat 
dopo  -  mets  -  mes  1  -  e  -  tor- 

ts'anter  -  in  -  mipts  -  ma's 
> 

sive  -  en  -  mets  -  meks  e-la 
davö-in-mets-ma^  e-la 
dQ  -  mets  -  d  -  mans  ie  -  la 
devö^-un-m'ets  mi°s  e- 
dQpo-m,:es-mes  a-je-lade 
dopo-mezo-meze    la-ze-r 

Der  weg  ist  lang  und  wahr- 
la-strada  1-e-luBga  e-tsfrt 
la-via  §-l{UDga  e-verdaV- 
la-vee  e- hinge  e-projpe 
la-via  e-lunga  i-per-vah'a 
la  -  via  i°  -  londya  i  -  prQpi 
la  -  stradQ  e  -  ^  -  lundyQ  e- 
la  -  strade  a  -  '$  -  lundy§  e- 
la-strada   ze- longa   e-ve- 


I.  Gespräche. 


39 


haftig  nicht  gut. 

1-e  miiaga  buna. 

lama'n  betya  buna. 

bedy-bune. 

na-buna. 

nia  bQna. 

a-di  lu-vi°r,  n^ntye-b'ino. 

par-v^r  nu-ie  brin^. 

ramente  no-la-ze-bona. 


122.  Im  garten  kannst  du  wieder  das 
in  -  dzardfn  ti  -  te  -  p$  segä  de- 
a*ntan  -  iert  sas  -  te  puspe.  si(j 
anteu-Trt  pQst  puspe^  sa^r 
in-i°rt  pos-tu  dart;^  sa'är  1- 
te  -  vertsön  pQses  inq  sia  la- 
int-al-Qrt  tu-pues  da-nouf  seä 
int-al-ort  tu-tu-pl,edis  taJd  in- 
su-1-dyardin  ti-te-pol  s'egär  de- 


gras  mähen.        123.   Nimm  auch  die  sichel  mit.  124.   Neben 

bel-nffif  l-erba.              toe  sv  anka-l-seg£ts.  pres- 

al-past/.                       preu  era  la-farkla  kun-t£.  sper- 

1-ejrbe.                           Pelye  er  la-farkle  kun-te.  da- 

§rba.                             pilya  er  al-kurt£-t<irt  kun-ta1.  da- 

'arba.                            tue  nt^e  la-sa'zla  pea.  dlou- 

la-'erb^.                        toi  e^ntye  la-sezolQ  kun-tiq.  din- 

daur  la-arb^.                tyol  ant^  al-sizilin  kun-te^  don- 

novo  l-erba.                  toi  suzo  aßka  la-sezola.  aren- 

der  brücke  über  den  bach  wachsen  brennesseln.     125.  Auch  an 

a-l-punt  sura-l-akua  al-kres  i-urtlk.  aüka  pres- 

la-pun  zur-ul-dut/  kresen  urtikles.  era    sper- 

sper-il-punt  zur-ily-uäl  kresen  urte^es.  er  dasper- 

sper-la-punt  sur-1-ual  kresen  urtles.  er   pro-la- 

dya-l-puent  so'ra-1-ruf  kras  urties.  ntye    pra- 

dyQ-lu-p"int  sQrQ-lu-r'u  es-kres  laz-urtiQS.  e^nt/     din- 

dy^-l-p"int  parzor$-la-roe  a-kresin  urtis.  auTZ^  don- 

te-a-1-ponte  sora-l-agua  krese-le-urtige.  aöka      a- 


der  stiege  und  an  andern  orten, 
a-la-skala  e-in-olter-sTi 
la-styeja  ad-^n-auters-lQks. 
la-styele  e-a'nten-öter-lis. 
styäla  i-in-öter-los. 
la-sela  i-te-d-autri-lues. 
dyQ-la-styalo^  e-in-a'tris-lonks. 
dy^-la-st/ale^  e-in-altris-lüks. 
rente-a-la-skala  e-in-altri-logi. 


126.  Kohl  und  kopfkohl  habt  ihr 
verts  e-gabüs  v^lter  ge- 
gastes a  -  krut  va*z  -  vuz- 
dyibös  e-krut  vedz-bedy- 
kopts  i  -  ravitses  na  -  val 
kapüs  i  -  kraut  n  -  a^ze- 
v^rdzo  e  -  tzaputs  no  -  i- 
verzis  e-kapus  a-no- 
verze     e  -  kapusi     valtri- 


40  Texte  aus  lebenden  rnundarten. 

nicht   viel.  127.    Soviel  die  hasen  und  die  würmer  übrig 

n-i  minga  tanti.  ge-n-em    tanti    ke-i-legur    e-i-v^rm 

betya  b^.  si-b'e^    sku-las-l'urs  a-ls-v'anns  l^en 

bler.  tant  sku  -  las  -  lyo^'S  e-ils-v^rmps  lasen 

bl^r.  tant    t#a -  las  -  levres    i-z-veraits    lasen 

truep.  tan  k-i-lievri  i-i- 'armes  avantsa. 

n-vi°s  tros.  tant  ke - h\  -  'eve^'S  e-'u-v'^rms  e^B-lasQ 

n-ves  trQS.  tant     ke  -  a  -  i  -  vansiia     a-'eurs     e-a-1- 
no-ge-ne-gave  tanti.      tanti     ke-i-l'evri    e-i-vermi    ge-ne- 

lassen.     128.  Hast  du  dich  mit  der  sichel  geschnitten?    129.  Nein, 

ne-vantsan.     te-set-ta5ä  ku-1-segets?  nq, 

anavqs.  as-te-sataly&u  kun-la-farkla?  na, 

vantsär.  ast-ta-talyee  ku-la-farkle  ?  nä, 

vantsar.  t-as-t-talya  ku-l-kurt£-tort?  na, 

t-ejä-a-ta'ä  ku-la-sa'zla?  no, 

vantsä.  t^i-siMu-ta'ät  ku-la-sezolQ?  nq, 

v!ars.  si-'as-tu-t^ät  ku-1-sizilfü?  n$, 

vaßsa.  te-gas-tu-ta'ä  ko-la-sezola?  no, 

sondern  mit  dem  messer.   130.  Hast  du  dir  den  daumen  verwundet 

ma  ku-1-kortel.  te-set-fa  mä  a-1-polas  o-a-l-dl  vi- 

s<mder  ku-1-kuntf.  as-te-sepliä"  al-d^t-pQlis  ne-al-d^t 

sonder  ku-1-kuntel.  ast-a-plaee  il-potes  oder-il-d^t  da- 

dimperse  ku-l-kurte\  t-as-t-talya    al-pojs  oder-al-da'nt 

ma  ku-1-kurtel.  t-e^-a-fa-m^l  a-l-pQles  o-a-1-da/t 

ma  ku-1-kurtis.  t^i-as-tu-fat   mal   t-al-poleär   u-t- 

ma  ku-1-kurtis.  sVas-tu-fat    mal    a-1-poleär    o-a- 

ma  ko-1-kortel  te-gas-tu-fato  mal  a-l-p61it#e  o-a- 

oder  den  finger     131.  Es  ist  dieser  finger.  132.  Ich  werde  ein  paar 

ziD?      [daneben?  1-e-sto-di-ki.  mi-podaro    minga 

sp^res?  '-^-k^a'-dej;.  5u-veny    in-p^r-dis 

speres?  ily-§-k§l-deJ:.  i  -  viny    em-per- 

dasp^ra?  id-e-k^zd-da'nt.  a-na-pudera  per- 

dlondya?  l-ie-kast  da't-tlo.  i°-ne  pudertj  adur- 

al-di°t  dindyQ?  al-^-kest  di°t.  i-no-podarä1  dop$- 

kel-ded-dondy^?  al-^-kiz-det-ka.  no-podarä1    doprä 

1-deo-arente?  ze-k"esto-deo.  mi-no-podarö  ado- 


I.  Gespräche. 


41 


tage  den  fingerhut  nicht  gebrauchen  können. 

dopra  al-didä  per-um-para-de-di. 

bet^a  savä1  duvrä  al-finderguet. 

deks  bet^-a-pud^kr  duvrär  il-dikldr. 

a'lts-dits  noe  duvrär  1-ankler. 

v(j  1-ded^l  B-valgüia-dis  nia. 

rä  lu-yinyarö"l  par-k"alku-di. 

el-venyartil  un-par-di-dls. 

prär  el-zizäl  par-un-per-de-dyorni. 


133.  Du  hast  dein 
ti  - 1  -  e  -  spurkä 
te-as-tsufernyau 
te  -  ast  -  tsufantö 
tv  -  as  -  tsaf  unya 
t  -  es  -  lourä  ti  - 
tu  -  as  -  sportyät 
tu-^s-sport^sd- 
te-te-ga-sporkä 


gewand  mit  blut  beschmutzt, 
al-vesti  de-sank. 
tiu-vestyu  kunt-saun. 
il-tis-vistyp  kun-saßk. 
taz-busmä'nt  kun-saüku. 
guant  da-sank. 
lu-to-vistlt  da-sank. 
di-sank  al-to-vistit. 
el-vistito  ko-l-sai3g"e. 


134.  Nur  den  ärmel.  135 
dumä-la-mäniga. 
mo-la-mondya. 
ang&l-la-mQndye. 
be-la-mondya. 

medra-la-man'a. 
>     ..   ••  •• 

nQmQ-la-man^. 
d^me-la-mdnie. 
solo-la-mdnega. 


Blut  wäscht 

al-sank  al- 

saun  lav-ins 

il-sank    as- 

al-sanku-as- 

1  -  sank    se- 
i 

lu  -  sank  a- 
al-sank  al- 
el  -  saDg"e 


sich  leicht  mit  kaltem  wasser  weg. 
se-lava  fatsil  ku-l-ak"a-fredza. 
tyunts  kun-aua-fraida  dav^n. 
läse  lavär  dav^nt  lef  kun-äve-fre/de. 
läva  davent  tyoents  kun-a"a-fraida. 
leva  souri  via  kuia-ega-fra/da. 
si-lavQ  viQ  fatsil  kun-ägo-fri0dQ. 
si-lave  vie  fasil  kun-äge-frede. 
se-lava  fasilmente  ko-l-ag"a  freda. 


136.  Man  braucht  keine 

g-e    miraga   bizüny 

in  -  drQva     nadyina 

ints-Q  bedy-da-ba- 

i  -  na  -  z  -  dovra  la- 

1  -  nen  -  ie    nia    de- 
>  ••       > 

no-nd-e-bizinyo  di- 
a-no-si-'a-bizunye 
no  -  ge  -  ze  -  bizonyo 


lauge   dazu.  137. 

de-lisiva  per-kuest. 

lasiva  l9tier. 

zints  da-lyislve  lQtlrs. 

siva  per-k"a\ 

buzän  de-lesiva  per-kas. 

lisivQ  par-kest. 

di-lisie  par-kist. 

de-la-Ksia  par-k"esto. 


Freitag  und  samstag  werdet  ihr  das 
venerdf  e  -  sabat  v'Qlter  netari 
venderdis  a-sonda  venyis-vus  zu- 
venderde"  e-SQnde  nits  a-natadyßr 
venderdi  i  -  s^nda  netiarat  tot- 
vanderdi  i-sada  netera^e  duta- 
viners  e-säbedQ  i-netarl°s  dutQ- 
vinars  e  -  sdbide  a  -  netarez  -  duta- 
venare    e-sabo   valtri-netar6   tuta- 


42 


Texte  aus  lebenden  mundarten. 


ganze  haus  reiuigen. 

tuta-la-ka. 

berdytj  tiita-la-tyeza. 

tot-la-tya. 

la-t/äza. 

la-tyaza. 

la-t/azQ. 

la-  tyaze. 

la-kaza. 


138.   Sonntag  i3t  pfingsten.  139.    Die 

dumeniga  1-e-pentekqst.  la 

dumendya  e-tsunka'zmes.  la 

dumendye  e-tsuntyesmes.  la 

dumendya  e-tsußka'sma.  la 

dumanya  i°-l  paska-de-me1.  la 

dement  son-las-pentekQstos.  la 

dornen'e  soia-li-pentakQstis.  la 

domenega  ze-le-pentekoste.  la 


stiege  wirst  du  mit  sand  reiben, 
skala  te-la-netare"  kun-safrün. 

1  c 

styela  venyes-te-a-zuberdy^  kun-t-sablün. 

st/ele  vintst  a-sfruzir  kun-t-savluB. 

styäla  struzaras  kun-sablün. 

sela  laver ^s  kuB-sablö». 

styalQ  tu-la-lavaräs  kun-savolÖB. 

styale  tu-la-lavards  ku-1-savalÖB. 

skala  te-la-netarä  ko-l-safröß. 


vierzig  stufen  vou  oben  bis  unten. 
nöef-skaliB  da-susura  fin-a-bas. 
nuf-skal^ms  da-sum  toka-dem. 
nöf  skalemps  da-ses6m  anffn-dyud^m. 
nof-st^alints  da-sisöm  fin-dyosöm. 
nuPf-sali"re3  da-suiasöm  fiB-a-z-a-pe. 
tO/nüf-st#alins  d-irasom  fm-d-a-pe. 
te-nüf-st/alins  di-su-insömp  fiia-k-a-yu 
ta-nove-skalini  da-sora  fiB-a-baso. 


141. 


140.   Alle  neunund- 

trt-i-k"aranta- 

tuts  -  kuronta- 

tots  -  kurante- 
> 

tot  -  k"aranta- 
dui  -  karanta- 
dut#-u-kuaran- 
dut#-i-kuaran- 
tuti-i-k"aran- 

Wer  sich  nicht  täg- 

ki  se  -  laväs  e  -  se- 

tyi    ka-salaväz-bet^ 

t/i   ty - as - lav^s  e- 

t/a  -  na  -  z  -  la- 

ke  -  ne  -  se  -  la- 
>       >      >      •• 

k-a-no-si-la- 
k-al-uo-si-la- 


ki 

ku1 
ku1 
ki  no-se-lavase  e- 


lich  wüsche  und  kämmte,  würde  es  bald  bereuen. 

petinas  minga  tvt-i-di,  al-se-pentir£s  prest. 

a-fady^s  betya  se  t/ave^lts  mint#a-de\  senriklds  gla'ti. 

svaltris  bet/  mintya-de,  z-anrigl^s  spert  lQnderdyü. 

ves  i-patn^s  mint/a-di,  z-anrukl£s  ba^nbQt, 

vas  i-pinas  uni-di,  1-i-ruas  tQst. 

väs  e-petenäs  onyi-di,  a-si-pintir^s  zuelt. 

var^s  e-petenartjs  onyi-di,  al-si-pintirtjs  prest. 

petenase  onyi-zorno,  se-pentiria  presto. 


I.  Gespräche.  43 

142.  Läuse,  flöhe  und  kraukheiten  wären  die  strafe.  143.  Wir  haben 

p'oets,  pules  e-malati  saresan-al-so-kastik.  nvD  -  gern 

plu/lts,  pelis  a-nialtsQnye3  fusen-al-str^f.  nuz  -  va'n 

plu'lts,  peless  e-maltsonyes  fisen-il-ströf.  nogz-vany 

plu°lts,  pultss  i-malatles  fosen-al-t^asti.  no-na- 

podli,  pules  i-malaties  fosa-la-stroufoi3ga.  nouz-n-oD- 

pedu°i,  pults  e-malatiQS  e'-sares-lu-t^astik.  nii°-no- 

pedoi,  puls  e-malatis  saresin-al-t/astik.  noaltris  a- 

peodyi,  pulzi  e-malatie  i-saria-el-kastigo.  nantri  no- 

19  tage  in  unserem  tal  keinen  regen  gehabt.  144.   Wenn 

minga  w  ak"a  da-dezncef-di  in-la-n^sa-val.  se-1- 

zenif-dis  bet#a  dyu-pleVa  en-nQsa-val.  84- 

dylc  disnof-deks  a'nten-la-nQsa-val  ninye-plivdye.  s-i- 

va'n-nyu  indyuna-plöevdya  in-nQsa-valäda  desnöf-dits.  s-i- 

abü  deznüef-dis  te-nQsta-val  degnna-p!ueia.  se-1- 

viö-imbut  plo!Q  dizinüf-dls  int-e-nnestrg-val.  s-al- 

no-viu-vüt  plQe  dizenuf-dls  iot-a-nestr^-val.  se- 

gavemo-avü  pjova  diznove-dyorni  n-ela-nostra-vale.  se- 

es  geregnet  hätte,  wären  diese  blätter  und  wurzeln  nicht  dürr 
aves-p'ovr,  sti-foe1  e-sti-radls  saresan  miöga  sek. 
ves-pluvi",  se-fiisen  kl!elts-fVlts  a-kuelas-radyis  bet/a  sekes. 
ves-pluf5,  fisen-keles-filyes  e-riks  be^-setyes. 
ves-plovi',  na-fosen  kuestes-fcelyes  i-ralss  set/es. 
as-pluat,  ne-fosa  ksta-fueies  i-ravizes  sat/es. 
ves-plot,  no-sares-set/Qs  kestQS-f'eQS  e-radls. 
al-ves  plQt,  kistis-fl,ejs  e-lidrfs  a-no-saresin-set/is. 
gavese  p^vuo,  ste-fo'e  e-ste-raize  no-le-saria-seke. 

145.   Zwischen  jenen  hohen  bergen  kommt  eine  finstere  wölke 
tra-kui-montäny  voH  al-veny  fo3  na-sega-skrra,     [hervor. 
dianter-kllelts-kuelms  anlts  veny-ina-stxira-nebla  siad$. 
tranter-kelts-kolmbz-öts  viny-nQ  ena-neVle  st^Tre. 
tanter-kues-munts-öts  va'n-öra  ina-nt'bla  styüra. 
anter-ki-mont#-aut/  vaö-Qra  na-nibla-skura. 
tar-kez-monts-altQS  al-ven-four  un-nül-skür. 
in-fra-m'ez-di-ke-mons-altis  al-ven-für  un-nul-skür. 
fra-kuele-montanye-alte  v'eD-fora  un-nüvolo-skuro. 


44 


Texte  ans  lebenden  mnndarten. 


146.    Vielleicht  schneit's  heut, 
fortsi  al-veny  la-nef  inkcb. 
forsa  naV-i  ote. 
f(?rse  neVily  qts. 
f^rtsa  na'v-a  ots. 
pQvester  k-l-na'f  nku'i. 
fyrsi  al-neVQ  ui°. 
fQisi  "e_  al-iiavearä. 
forse  aiakuo  nevega. 


147.  Mir  scheint,  es  blitzt  da 
me-pär  ke-1-salvstri  la- 
para  da-me  t^-a^kam^- 
i-am-pare  t/-i-t^am^dye 
i-am-pära  t^-i-stralytJ- 
1-me-per  ke-tarluäa  il6 
a  -  mi  -  par  k  -  al  -  tralupQ 
a-mi-par  ke-a-lampe^ 
me  -  par    ke  -  lampa    la- 


hinten.  148.    Der  oheim  meint,  es  würde  regnen,  wenn 

dedre.  al-dzio    al-kret    ke-l-p^var^s,    se-1-vent 

dyi  lo-davqs.  aly-auk    maned^a    ty-i-vany^s    a-plover, 

1q  davos.  il-bärbe   manedye  t/-i-plu^s,  s-il-loft 

za  la  davö-via.  al-sar-barba    kra'a    t/-i-nyis    da-plover, 

dQ-via.  1-bejba   miena   k-1-pluvas,   se-1-vant   ka- 

ala  devö"r.  s'or-barbQ   al-kreut   k-al-plovar^s,    se-lu- 

la  datlr.  el-barbe,    al-krot,    al-plovar^s,    se-al-vint 

drio.  el-barba  krede  ke-p^varia,  se-1-vento  ka- 


der  wind  nachliesse.    149.  Vetter  Toni  versteht  das. 


150.  Er 


al-kaläs. 

s-il-sofel  kaläs. 
> 

kal^s. 

s-al-sofl  tyales. 

las. 

vint  al-tsesäs. 

kaläs. 

läse. 


al-kumpar-t$ni  al-kapfs  k"est.  li> 

kumpar-tQni  kapejsa  kua\  el- 

toni  ankle1  kely.  el- 

sar-t^ni  z-ißkle^  da-kua\  el- 

bera-tQne  kapas  käst.  1- 

kompari-tQni  al-kompr^nt  kest.  al- 

sar-toni  al-kapis  kist.  al- 

kompare-toni  kapise  kuesto.  lu- 


pflegt zu  sagen,  er  habe  es  immer  in  den  nerven  und  ädern  ge- 
1-dls  per  soKt  ke  - 1  - a -  sempe^r  senti  ind-i-n^rf  e-ind-i-ven, 
VQ-zeri  e4-adyi  adina  santi'1  elts-n'arfts  ad-ava'nes,  sa  1- 
vQ-z<mt  t/i  -  e.1  -  v^dye  adenye  santi0  a^ten  -  ilts  -  n^rfs  e-a^n- 
sola  dir  t^-el-aya  adrna  santi  a'nt-i-las-nerves  i-a^t-i-laz- 
va  dizan  k-1-l-ebe  danyo"ra  senti  t-i-n'arves  i-te-la-va^es, 
va  dizint  k-a-lu-vebi  simpri  sintüt  int-e'-nyej-fs  e-int-ez- 
va  dizint  ke  -  lu!  -  al  -  *a  -  simpri  sintüt  int  -  a' -  nyarfs  e-int-es- 
el-va-dizendo  ke-1-gaveva  sempre  sintio  n-^-nervi  e-n-ele- 


I.  Gespräche.  45 

fühlt,  wenn  sich  am  nächsten  tag  das  wetter  ändern     151.  Der  bart, 

kuant-el-teinp  al-vce  kainb'a  el-di-a-dre.    [würde.  la-barba, 

aura  samidäs  ly-auter-de.  la-barba, 

ten-laz-avanyes,  si-l-öre  za-mid^s  il-de-slve.  la-bärbe, 

ava'nes,  sa-1-ävra  z-mtdes  al-di-davö.  la-barba, 

se-1-tamp  se-mudas  1-di-dQ.  la-berba, 

venös,  se-lu-timp  a-si-mudäs  lu-di-devo"r.  la-barbo, 

venis,  se-1-timp  al-si-mudarä  e^l-di-dQpo.  la-barb^, 

vene,  se  el-dyorno-dopo  el-tempo  kamtfase.  la-barba, 


die  nase  und  die  äugen  sind  voll  staub, 
al-näs  e-i-oets  i-en-pjen  de-pulver. 
al-nas  ad-alz-e'lts  ^n-pla'nts  purla. 
il-nas  e-ildz-ilts  en-pla'nts  polvre. 
al-näs  i-z-celts  sun-pla'nts  pu°lvra. 
1-nes  i-i-uedli  ie-plaüs  de-stu°p. 
lu-näs  eJu-vu~i  e'-soü-plens  di-polver. 
al-näs  e-i-voi  a-soo-pleBS  di-polvar. 
el-nazo  e-i-ot/i  i-ze-p^ni  di  pölvere. 


152.  Der  wind  jagt  den 
el  -  vent    el  -  kasa 

al-sofel  katsa  al- 
> 

il  -  loft    katse    il- 
> 

al-sofl  t^atsa  al- 
1  -  vant  ma'na  1- 
lu  -  vint  al  -  parQ 
al  -  vint  al  -  pare^ 
el-vento   kasa  zo 


rauch  vom  dach  herab. 
dzu-da-1-tets  al-fwn. 
fem  dyu-da-1-t^t/. 
fem  dyu-d-il-tet/. 
ivm  yo  p-al-tet. 
fum  da-l-tat  zu. 
*u  lu-fum  d-al-tet. 
!u  al-fuö  d-a'-kQps. 
el-fumo  da-1-sufito. 


153.  Die  schwalben  sind  im  herbst  fort- 
i-rundul  i-en-gulä  via  in-autvn. 
las-svalmes  en  ly-atun  zgulades 
las-skalmes  en- zgulades  dav^nt 
laz  -  dy  utseles  sun  -  zgulades  da- 
la-röndules  s-ea-ie-zul^des  d- 
las  -  tsidzilQs  es  -  sod  -  z>ualadQ8 
li  -  sizilis  a-soD-svoladis  vie  di- 
le  -  sizile    le  -  ze  -  zvolae    via    de 


geflogen.      154.    Im  frühling  sind  sie  nicht  wiedergekommen. 

de-primavera  i-en  minga  turnä. 

dav^D.  la-parmavera  eu-ejes  bet/a  turnades  ple. 

ily-atön.  la-parmave're  ^n-ily  bet^  puspe^  nPdes. 

vent  d-utön.  la-prumava'ra  na-sun-a  plu  nyvdes  inavö. 

out6n.  da-Dsuda  n-iMes  nia  inö  unides. 

>        ..      i  > 

viQ  d-at6m.  d-isudQ  e^-no-soB-tornadQS  ätri. 

autüo.  im-primavere^  a-no-son-vinyudis  dinyof-indaur. 

autuno.  n-ela-primavera  no-le-ze-p^-tornae. 


46 


Texte  ans  lebenden  mundarten. 


155.  Unter  dem  dach  sind  drei  Vogelnester. 

siit-a-1-tets  g-e  tre-niät  de-uzei. 

zut-a-1-tetx  en  tra's-nyifs  utsi. 

sot-il-tet#  en  treks-nl°s  d-utselts. 

sot-al-tet  sun  tra's-n'os  d-utses. 

sot-a-1-tat  ip-l  tra'-koes  d-utsiei. 
> 

sot-lu-tet  a-nd-e  tri°-kovQS  di-utsei. 
sot-a'-kQps  a-son  tre-nls  di-usei. 
soto-el-sofito  ge-ze  tre-nl  de-ozei. 


156.  Ich  höre  eine 
mi  -  senti  a  - 
'u-auda  kan- 
i  -  sa'nt  kan- 
a-d^t  a-t/an- 
ie-aude  tyan- 
i-sint  a-t^an- 
jo  -  Sinti  a  - 
mi-sento  kan- 


arasel  singen.      157. 
kantd  un-merlo. 
tqn  ina-marlQtsa. 
t<)nt  ena-marlQtse. 
tar  in-merl. 
tan  na-m'arla. 
tä  un-nyerol. 
tyantd  uD-raerl^t. 
tär  un-merlo. 


Steh  still,  damit  sie  sieh  nicht  fürchte. 
sta  ferm,  per-ke-lu-l-gafra  minga  pagvra. 
sta  aW,  sin-a-k^-ty-ela-temi  betya. 
stQ  e're,  sen-a-kely-ty-ela  v^dye  beH-teme. 
sta  salda,  per-ty-el-nan-aya  tema. 
sta  kiet,  tsQ-k-la  n-ebe  tama. 
sta  ferm,  fiia-k-al-no-vebi  pourQ. 
sta  fer,  ke-no  tyapi  paur^. 
sta  fermo,  par-ke-no-1-gabia  paura. 


158.  Wenn  sie  nur  noch  einmal  sänge! 
se-1-kantäs  ankam q  na-vQlta! 
s-ela  mo  kantAs  pusp^  inJeda! 
s-ela-kant^s  angill  ank  en-fe! 
be-t^-el-t/ant^s  amö  ina-ya! 
se-la-tyantas-pa  pu  mq  n-^ade! 
s-al-t^antds  mo  intyimö  un-viats! 
se-al-tyantaz-ma1  ant/emq  une-vQlte! 
se-lu-el-kantase  aiakora  na-volta! 


159.  Was  suchst  du 
k$sa  tserket- 
t#el  enkueres-te 
t^e  ts^rtyes  ajn- 
tye  kueres  -  tv 
tye  kieres  -  pa 
tse  tseJrs  -  tu 
se  siris-tu-par- 
kosa    serki  -  tu 


in  allen  ecken?       160. 
ti  in-tut-i-kantün? 
pe-ls-kantünts  enturn? 

ten-tot-ils-kantüns? 

> 

in-tot-  es-tyantünts? 

te-dut^-i-t^antößs? 

in-dut^-u-t^antÖDS? 

duty-i-t/antÖDS? 

in-tuti-i-kantoni? 


Ich  habe  einen  teller  gekochte  erbsen 
9  -  metv  so  -  ming  -  indua  un  -  tund  -  de  - 
'u-a-mets  ^ntsanua  in-talyer  arvelya 
i-va-mes  entsänne  en-plat  kun- 
a  -  na  -  mis  inklur  im  -  plat  arbalya 
i-e-metü  n-ta^r  d-arb^es  kuetes 
i  -  a1  -  metufr  no  -  sa1-  duld  um  -  plat  di- 
'o-^-mitüt  no-sV-duld  um -plat  di- 
go-meso  no-so-dove  un-p'ato  de-bizi 


I.  Gespräche. 


47 


irgendwohin  gestellt. 

erbei  kqt. 
kqtya. 

arvejye  kQtye. 
kQta. 
ntsaol. 

tseze^rQs  kuetQs. 
sezaröos  ku$s. 
koti. 


161.  Davon  habe  ich  nirgend  etwas  ge- 
de-k°est  mi-o-viz-neg6t  in-nesun- 
da-kV  va-'u-v'u  nalyü  nuet. 
da-kely  va-i-vle  nalyükr  navöt. 
da-kuai  na-na^a-vis  iDgltir  noeya. 
de-kast  n-^-i-udü  Dnyo  nia. 
di  -  kest   i  -  no  -  nd  -  a1  -  vedut   nu'Q 
di  -  kist    'o  -  no  -  nd  -  a'  -  v'odüt    nu'e^ 
de  -  kuesto    no  -  go  -  visto    ninte    ni- 


sehen. 

Sit. 


annj. 
inn'Q. 
sulogo. 


162.  Ein  leerer  teller  ist  draussen. 
un-tund-vceH  1-e  defoera. 
in-taly^r-vit  stat  luora. 
en-plat-vekt  stat  Hör. 
in-plat-vöet  sta  la  öra. 
n-tater-uH  sta  ded^ra. 
um-plat-Vt  al-e  dif6"r. 
UD-plat-uet  al-e  difur. 
un-pato-vodo  ze  defora. 


163. 


Sollten  ihn  die 
ke-i-1-ab'an- 
due^sen  als-pas- 
v^sen  ils-päs- 
sa-s-paslers  al- 
1-a-pa  porester 
lu-ves  zue!dät 
ke  -  lu  -  v^siü  - 
ke-i-lo-gavese- 


spatzen  geleert  haben?     164. 

zvu'dä  i-pas^r? 

lers  va'-zvidä>  el? 

>  <■ 

lers  forse  zvidö  el? 

>  x    > 

vesen-zvcedä? 
>  •• 

fa-uet  i-zbots? 
'u-pasejs? 
zv"edät  i-pasars? 
zvodd  i-pasarati? 

wie  wenn  er  abgeleckt  wäre, 
sia-sta-lekä. 
sku-s-^l-fus-latxäuz-dyu. 
ör,  sku-s-ejkfis-lit;£ie-dyu. 
öra,  sko-s-el-fos-letya-yo. 
Qra,  ske-l-fos-lekd-zu. 
mQ-s-al-fos-stät-lekät. 
me-se-al-fos-stät-lekät. 
sia-sta-leka. 


Eher  ein  hund;  denn  er  sieht  aus, 
pitc^st  un-kan;  p^r-ke-el-par  ke- 
pletqst  in-t^a"n ;  part^e'-el-vets-ora, 
pitQst  en-t/aö;  per-kely-t^l-ve1- 
putojst  in-t/an;  per-t#e-t;(-el-guard- 
plutos  n-t/aö;  per-t^e-k-l-t/ala- 
pitQst  un-t/a»;  par-tse-k-al-par  kq- 
pitqst  un-t#an;par-se-ke-al-par  ko- 
p'utosto  un-kan;  par-ke-el-par  ke- 

165.  Ich  glaube  nicht,  dass  mein  hund 
kredi  misga  ke-l-m^-kan  el- 
'u-kra^betya  tya  -  miu  -  t/a"n 
i  -  kre/  -  bety  t/  -  il  -  mis  -  t/an 
a-na-kra*  tya-mas-t^an  fetsa 
F-ne-kra'e  ke-mi-tyan  feze 
*o  -  no  -  kre"t  ke  -  lu  -  nyo  -  t/aD 
5o-no-krodi  ke-al-m'o-t/aD 
no  -  kredo   ke  - 1  -  mi  -  kan   fasa 


48 


Texte  aus  lebenden  mundarten. 


so  etwas  tut. 

faga  de-sti-r^p-ki. 

felsi  da-kual. 

f^tse  entsat^-use'e. 

alty-ustfa. 

v^l-de-t^l. 

al-fazi  alk-di-kest. 

al-fazi  alg-di-tal. 

na-tal-roba. 


166.  Es  kann's  auch  der  der  nach  barin 
el  -  po  ve  - 1  fä  anka  k"el  de  -  la- 
kuü}  sa  eja  ku^l  da  -  la  -  vazina 
i~P9  v^kr-faty  kely  er  ke^l-da- 
i  -  po  ava'r  -  fat  k'^*  er  kuel  da- 
l-pQ-l-ava'-fat  nt^e-kal  d-la- 
al  -  po  vi0  -  1q  fatQ  e^ntye  kel  d  -  3- 
al-pol  ve-l§  fate^  ant^e.  ke^l  d-a- 
la  -  pol   aver  -  fato   aiaka  kuel   de- 


getan haben. 

vizina 

va'-faty. 

la-vazinye 

la-  vazina. 

uzina. 

vitsinQ. 

vizine. 

la-visina. 


Kl. 

a 

f 
m 

V 
% 

h 
Port. 


AnmerkungeD.  Satz  1.  f  va{ndze  und  p  owze  ist  ebenso 
die  umkehrung  von  noks-vany  und  nous-on  wie  a  vatn-nus 
von  nuz-vtfn  und  m  vafn-a  von  no-va{n;  nur  sieht  man  die 
naht  nicht.  Im  Friaulischen  ist,  wie  im  Italienischen,  die 
umkehrung  nach  einem  vorausgestellten  Satzteil  nicht  üblich 
(vgl.  satz  2,  7,  16,  48,  58).  —  2.  q  JcuvreHs  ist  der  am  Vorder- 
rhein übliche  prädikatskasus  (lat.  -as)  von  Jcuvretx,  weil 
Jcuelm  männlich  ist;  vgl.  aber  im  2.  satz  fraH,  nicht  fraHs, 
dem  sächlichen  geschlecht  entsprechend:  frigidum  est.  Dagegen 
wieder  tyaHs  satz  4,  n\ifs  satz  17  usw.  —  5.  p  q(sq  ist  nicht  = 
habetis  vos,  sondern  habetis  +  post  (vgl.  das  deutsche  „denn"), 
q{s  -f  pq.  —  10.  Der  konjunktiv  im  abhängigen  aussagesatz  ist 
auf  Graubünden  beschränkt.  —  11.  p  stqrs  plur.  von  stqrk 
(=  stark).  —  14.  q  auda  da-vns  ein  gebräuchlicher  germanismus 
im  ausdruck;  da  ist  ein  wiederholtes  ad:  (a)d  -+-  a(d),  es  fällt 
nach  dem  verlust  des  ersten  a  mit  da  =  lat.  de  zusammen.  — 
16.  £  ätri  (alterum)  ist  ein  adverbium  und  bedeutet  mit  der  Ver- 
neinung no  „nicht  mehr".  —  17.  Kl.  grane  und  Port,  gran^r  be- 
deuten kornboden;   ein  dem    rätoromanischen   tabulatum   ent- 


L  Gespräche.  49 

sprechendes  gebäude  hat  man  dort  nicht.  —  18.  valivo  (aequal- 
ivus)  ist  auch  in  Port,  bekannt.  —  20.  a  ia'=jacet.  —  Palea 
bedeutet  in  den  beiden  ital.  mundarten  stroh.  —  21.  Im 
Friaulischen  setzt  man  nach  italienischer  art  das  Subjekt  des 
fragesatzes  ans  ende;  vgl.  49,  66.  —  25.  In  m  kann  man  auch 
na-z-dastya  l.  sagen,  in  £  auch  no-si-po  l.;  ein  stärkerer 
italianismus  ist  j  si-devi,  wo  sogar  die  biegung  nachgeahmt 
wird.  —  32.  p  es-a  enthält  wieder  die  fragepartikel,  wie  cps-q  in 
satz  5.  —  In  j  kann  man  auch  troz-anemai  sagen.  —  j  int-al, 
§  int-a-  sind  so  zu  verstehen.  Die  lat.  präp.  „in"  lebt  noch 
weiter,  z.  b.  in  a  und  m  in  den  Sätzen  9,  32,  39,  125,  143,  170, 
241,  in  j  und  $  9,  125,  215,  sie  wird  aber  gern  zu  „intus-in" 
verstärkt,  z.  b.  a  122,  m  150,  215,  216,  217,  220  und  f  in  all 
den  angeführten  Sätzen.  Aber  „intus"  ist  nicht  so  regelrecht 
entwickelt  wie  im  afr.  enz,  aprov.  inz,  sondern  hat  sein  -s  ver- 
loren und  ist  in  p  ite  (drinnen,  hinein)  kaum  wiederzuerkennen. 
Sobald  „in"  und  „intus-in"  nebenformen  waren,  konnte  „in" 
als  entbehrlich  gelten,  und  man  bekam  als  präp.  das  einfache 
„intus",  z.  b.  a  215,  216,  217,  220,  j  und  %  32,  39,  114,  122, 
143,  150,  170,  215,  endlich  das  blosse  „(in)tu(s),  z.  b.  £  und  % 
216,  217,  und  in  p,  wo  nur  te,  t  üblich  ist.  —  35.  Neben  a 
kotsents  ist  auch  tyiHsents  möglich,  dem  singular  tyietsm 
(coccinum)  gemäss.  —  40.  m  tsotels  oder  anyes.  —  42.  a  oder 
oder  auch  ne.  —  43.  In  o  wird  puspe  und  puspq  betont.  — 
47.  In  m  davkü°rt  oder  dwkü°rt  ist,  wie  in  f  awMrt,  die  präp. 
in  enthalten,  in  p  daw-puek  die  präp.  ante,  in  $  denant-pök 
beide.  —  51.  Müssen  wird  in  Graubünden  (wie  im  Afrz.)  durch 
„est  opus",  in  Friaul  durch  „convenit"  gegeben,  beides  Aus- 
drücke, die  ursprünglich  nur  unpersönlich  gefügt  werden 
konnten.  —  52.  g  rabie,  vermutlich  fremd  (arrabiare).  — 
53.  Port,  auch  die  wohl  aus  dem  Friaulischen  bezogene  Form 
a-skond^',  alles  von  abscondere.  —  54.  Kl.  w  =  inde,  p  n  = 
non.  —  59.  m  gudanyerqn  hat  den  betonten  vokal  von  der 
3.  pers.  sing,  erborgt.  —  63.  j  fatg  oder  auch  dyavadg.  — 
68.  m  p$ra  tyomes  oder  p%ra-t-tyQmes,  wobei  -t-  (lat.  de)  nur  in 
der  Verlängerung  des  verschlusses  von  t%  zu  bemerken  ist.  — 

70.  p  tyar  besteht  auch,  aber  mit  beschränktem  Gebrauch.  — 

71.  Die  frl.  nebenform  Jcunt  (vor  konsonanten  ku,  auch  kuri) 
folgt  dem  beispiel  der  präp.  „in",  die  mit  „int(us)"  abwechselt; 

Gärtner,  Bätorom.  spr.  u.  lit,  4 


50  Texte  ans  lebenden  mnndarten. 

siehe  anm.  zu  32.  —  73.   Das  t  in  m  batliner  kann  durch  eine 

> 

pause  ersetzt  werden  (s.  14).  —  83.  m  q-na-da  oder  q-des 
(debuissem).  —  85.  Miscitas  mit  betontem  1,  wie  excitat  (satz  07) 
in  Kl.  und  p.  —  91.  Port,  fie  oder  fole.  —  93.  Von  den  Wörtern 
für  „nach"  scheinen  die  in  q  und  f  von  sequi,  die  in  m,  p,  £,  j 
von  avorsum  zu  kommen  (s.  165).  —  97.  Das  deutsche  „aus- 
sehen", mundartlich  „ausschauen",  hat  nur  in  Graubtinden  und 
Tirol  nachahmung  gefunden.  —  109.  a  sapi  ist  konj.,  j  savard 
fut.  —  112.  Das  hinweisende  ysen  in  q  scheint  aus  ysa  (jetzt) 
und  ?n  (in)  zu  bestehen,  obwohl  es  auch  als  abverb  gilt  (Carigiet, 
wtb.,  ussen).  —  117.  et  auch  magra,  m  auch  mtfgra.  — 
127.  %  vavsiv  übrig  bleiben.  —  130.  m  daspqra  oder  -res.  — 
131.  m  id  ist  natürlich  nicht  lat.  id;  das  -d  vor  vokalen  ist 
dem  -d  von  et,  aut  nachgemacht.  —  133.  Das  stimmlose  u  an 
sawku  in  nt  wird  stimmhaft,  wenn  es  sich  an  einen  folgenden 
vokal  anlehnt;  s.  135.  —  141.  a  se  ist,  wie  wir  das  im  Deutschen 
nennen,  die  trennbare  vorsilbe  zu  fadyis  (aufmachen,  ordnen, 
frisieren).  —  143.  Nach  desnöf  dits  (m)  fügte  man  mir  indavö- 
röda  (hintereinander)  hinzu.  —  145.  Die  Wörter  für  „zwischen" 
von  a  bis  £  kommen  von  lat.  inter,  in  Graubünden  mit  vor- 
setzung  einer  zweiten  präposition,  in  Karnien  mit  weglassung 
des  vermeintlich  tiberflüssigen  in-;  das  a  wird  sich  durch  die 
proklitische  Stellung  des  Wortes  rechtfertigen  lassen.  Das  la 
in  a  ist  schwerer  zu  verstehen  (weiter  unten  im  tal :  dqnter).  — 
148.  m  statt  tyales  auch  lasez-davo  (nachliesse).  —  157.  KL 
auch  l-gaVa  mwga  de-tsapd  pagvra.  —  160.  a  qntsanua, 
\  entsänne  und  p  ntsaol  sind  durch  das  zusammenwachsen 
eines  satzes  entstanden:  ego-non-sapio-ubi  (wie  £  und  j  noch 
sagen)  oder  unus-non-sapit-ubi,  in  p  wohl  dieses  satzes,  weil 
da  sapio  s?  heisst.  Das  schwächliche  ubi,  das  für  sich  bloss 
o  oder  u  gäbe,  ist  durch  bei  werk  gestützt,  wie  in-,  de-,  -illac; 
in  Graubünden  scheint  man  überdies  die  zweite  silbe  fest- 
gehalten zu  haben,  obschon  ihr  vokal  im  Lat.  nicht  a  war.  — 
a  talyer  oder  taly&r.  —  161.  "3  inn*$,  gewöhnlicher  scheint 
in  nisuw  luk  zu  sein. 


II.   Der  wolf  und  die  sieben  zicklein 
168 


51 


IL    167.  Der  wolf  und  die  7  zicklein 

a  al-luf  ad-als-siat-andzöuts. 

f  il-lokf  e-ils-s^t-andzt^lts. 

m  al-luf  i-es-set-azölts. 

p  l-lonf  i-i-set-vezuei. 

j  lu-lu°f  e-'u-s^t  dzoko1. 

$  al-löf  e-i-s'et-tyavrtjs. 


alte  geiss,  die  hatte  sieben  zicklein, 
txaura-velya,  kuela  v^va  siat-andz6uts, 
työre-vilye,  k^le  veve  s^t-andzQults, 
t/ävra-velya,  k"esta  veva  set-az61ts, 
t/oura,  kasta  9a  set-vezuei, 
unQ-v^Q-t^är^,  kestQ  e-vevQ  s'et  dzoko1, 
une/txavr^-v'ele^  kiste  a-ve^  s'et-tyavrgs, 


Es  war  einmal  eine 

*-er  -  in  -  Jeda    ina- 

ly-ere  en-fe   ena- 

i-dera  ina-ya  ina- 

DJade  foa  na-vedla 
••  >    x  ••    ••         •• 

al  -  erQ    unp  -  \q\tq 
une  -  vQlte     a  -  'ere 

169.  und  diese  hatte 
a  -  kuelts  v$v- 
e  -  kefts  vev- 
i  -  kuests  vev- 
i  -  a  -  kis  ulove- 
e-a-kes  e-^ur- 
e-a-kistx  a-i- 


sie  lieb,  wie  eine  mutter  ihre  kinder  lieb  hat.      170.  Einmal 

ela  udy^n,  skii-ina-muma  9-udy^n  se'z-uf^nts.  in  -  j^da 

la-gudy^nt,  sku-ena-mame  9-gudyQnt  ils-siz-unfants.  en  -  §ede 

la  yent,  sko-t^-ina-mama  a-yent  saz-ufänts.  ina-ya 

la  boD,  k^-ke-n-oma  uel-bon  a-si-pitli.  n  -  di 

vol^vQ-boD,  kQmQ-k-unQ-märi  voul-bÖD  e>si°-fls.  um  -  vi - 

"areve.  tant  b^D  kome-una-märi  a-i-ul-b§D  a-i-s'e^-frus.  W19-V9I- 

wollte  sie  in  den  wald  gehen,  um  futter  zu  holen;     171.  da  rief 


lev-eki  ira-ly-"aut  per-purtä  malya; 

lev-la-ekr-a'nten-il-göt  per-tsart/er  da-malyer; 

lev-la  Tr-i-l-g9t  per-damalyar; 

ulQve-la  zi-t-l-bQsk  a-tQ-yezladura; 

äts  e-volevQ-lä  int-al-bQsk  par-tseji  da-mandya; 

t$  ^-"areje-la  int-al-bösk  par-siri  di-mandyä; 


sie  alle  7  herbei  und  sagte: 
$la  klumäu  tuts-s'at  n9tier  a-dety: 
la  klamö-n9  tots-s^t  e-ilz-9-dety: 
la  kluma  tots-set  i-alz-a-dit: 
a-la  kerdä  kapr9  du'-set  i-i-a-dit: 
V9U9  e-klama  dut/i-s^t  eJur-diz(j: 
aJa-klamät  duty-s^t  eJa-dit-i: 


172. 


k9  9- 
k9  9- 
lura  a- 
nlouta 
in  -  k§- 
atyre^ 

„Liebe  Kinder, 

„tyers  ufäunts, 
„tyers  unfänts, 
„t^ars  ufänts, 
„kari  pitli,  i- 
„tyars  fls,  jo- 
„t/ars  frus,  io- 
4* 


52  Texte  ans  lebenden  innndarten. 

ich  will  in  den  wald  hinaus,  hütet  euch  vor  dem  wolf ;    173.  wenn  er 

5u-vi  -  ora-ly-Wt,  sapartyira1  da-l-luf;  s  -  ^1- 

i-vi-ekr-ör  a'nten-il-göt,  za-t#ir^  d-il-lokf;  si-^1- 

a-voe-ir-ör-i-1-gQt,  as-pertym-ä1  d-al-luf;  s-el- 

ue-zi-Qra  te-b$sk,  zvarda-ve  da-l-lollf;  se-1- 

voi-lä-fo"r  int-a-1-bysk,  "arda'-si  da-l-lu°f;  s-al- 

ueMa-fur  int-a-1-bQsk,  "ardä'-si-d-da-l-löf;  se-al- 

hereinkommt,  frisst  er  euch  alle  mit  haut  und  haar.     174.  Der 

veDy-afa,  se-maly-^l  vus  tuts  kun-p'al-a-palenya.  il- 

viny-a^t,  si-ts-maly-eji  tots  kun-p^l-e-pe1!.  k^l- 

va'n-a^nt,  si-s-maly-el  tots  kun-pel-i-paH.  al- 

vaD-ite,  ve-madye-1  dui  kun-pel-i-pa/l.  1- 

veD  dentri,  a[l]-si-mandyQ  duty  kuia  p^l-e-pi0!.  lu- 

v§d  drenti,  uz-mandy^  dut/-kuant/,  p^l-a-ues.  kel- 

spitzbube  verstellt  sich  oft,  175.   aber  an  seiner  rauhen 

fiiter  safq  a"tr-uiza  sav^nts,  aber -vid-sia -vus -ro^a 

lomp  as-f$  sav^nts  al-farst^ln,  aber-ved-la-si-vuks- 

lumbardün  simulesa  suvönt,  mQ-via-sa-güs-grQsa 

malandriia  s-astiela-fa"ts  sevants,  ma-a-si-us-grQsa  i- 

brikön  al-fint§  disp^s,  ma  -  e  -  sq  -  vu°s  -  gruesQ 

briköia  al-fiias  dasp£s,  ma  -  int  -  a  -  so  -  vös- 

stimme  und  an  seinen  schwarzen  ftissen  werdet  ihr  ihn  gleich 

e-se's-pa's-na^s  venyiz-vus  gla'ti  e^kanoser  $1."        [erkennen." 

rQke  e-ved-ilts-sis-peks-nekrs  nits-a-kanoser  eji  sp^rt." 

i-sas-pes-na'rs  al-kunyoserat  ba'n  bQt." 

a-si-pies-fos  l-kunaserajze  prast." 

e-ai-si°-peis-ni°ris  i-lu-kanosari°s  subit." 

gru§se_  e-int-aJ-sV-pIs-n§ris  a-lu-konyosares  subite/' 

176.  Nachher  sagten  die  zicklein :     177.  „Liebe  mutter,  wir  werden 

s'anter  Qn  ilz-andzöuts  dety:  „t^ra-muma,  nuz-vanyfn 

slve  Qn  ilz-andzQults  dety:  „t^ere-mame,  nogz-niny 

Iura  an-dit  ez-az61ts:  „t^ara-mama,    no-guar- 

P9  a-dit  i-vezuei:  „kara-oma,  nous-mater6n 

dQpQ  e^dizer  Mi-dzoko1:  „tyarQ-mEri,   nu°-i-£i- 

dqpo  a-'aö-dit  i-t/avr^s:  „t/ar^-märi,  noaltrig  a- 


II.   Der  wolf  und  die  sieben  zicklein.  53 

schon  acht  geben,  178.   du  kannst  ohne  sorge  fortgehn." 

SQn  a-da  adäty,  te-saz-ira-dav^n   s^ntsa-kuitäu." 

squ  a-dar-adäty,  te-pQst  egr-dav^nt  sajntse-teme." 

daran  ba'n  pro,  tu-pos  ir-davent  tsa^tsa-piser." 

pa  ban  verda,  tu-te-n-pQses   zi  tsantsa-tama." 

"ardarin  ben,  tu-pues  lä-t/i-nt  ts^nts9-po"rQ." 

si-uardarin  bejj,  tu-p^dis  la  sense/-paur§." 

179.   Da  meckerte  die  alte  nnd  ging  fort.        180.   Es  dauerte 

kQ  9  la-velya  basläu  ad-e-ida-dav^n.  *  -  9    betya 

kq  9  la-vilye  baslö  e-^-e'de-dav^nt.  ily-9-kuts6 

Iura  a-zbekla,  la-velya  i-ez-ida  davent.  i  -  nan  -  a- 

P9  a-brid  la-vedla  i-s-en-ie-zida.  1-n-a-du- 

d9p9  e-a-belät  la-v§t^9  e-e-si-nd-e-lad9.  no-1-a-du- 

ahjre  la-v^le  aJa-zberlät  e-'e-lad^-vi^.  a-noJa-du- 

nicht  lange,  so  klopft  jemand  an  die  haustür  und  ruft: 

kutsäu  dity,  sa-splunta  ^ntsat/i  vid-aly-es  a-kl9ma: 

be'd-de1,  si-petye  entsat/i  ved-la-p9rte  e-khmie: 

dura  lcent/,  si-pit^a  int/vn  via-la-p9rta  i-kl9ma: 

rd  dyut,  ke-taklene'a  tsak^l  a-la-p9rta  d-la-t/aza  i-zve/a: 

rät  trop,  k-a-bat  knalkidün  ^-puart9  d-e-tyaz9  e-klam9: 

rät  ti'9p,  ke-kualkidün  bat  la-puart§  d-a-tyaze^  e-zb^rl^: 

181.  „Macht  auf,  liebe  kindlein,  eure  mutter  ist  da  182.  und  hat 

„arva1,  tyejs  ufaun^ts,  V9sa-muma  e-k9  ad  -  9- 

„darvi,  t^ers-mataneUts,  V9sa-mame  e-k9  e-9-pur- 

„ravf,  t#ars-ufant6ts,  V9sa-mama  e-k"a  i-a-pur- 

„dyo"ride,  kari-pitli,  v9st-oma  ie-tlo  i  -  v  -  a- 
„av'ejrdzit,  t/ars-frutins,  vuestr9-märi  eJe-aki         e-a-puar- 

„v'arzet,  t^ars-frutüs,  vuestre^märi  a-'e-ka  e  -  a  -  *a- 

jedem  von  euch  etwas  mitgebracht."      183.    Aber  die  zicklein 

purtau  da-vus-tuts  ^ntsat^e."  aber-alz-andzöuts 

tö-k9  a-mintxiny-da-vuzöters  entsat^eV'  aber-ilz-andz9ults 

ta  alt/  a-mint^'n-da-vo."  m9-ez-az61ts  an- 

purtd-kapr9  v^lk  a-unyün  de-vo."  ma-i-vezuei    a- 

tät  alk  a-dutx-vua'tris."  ma^u-dzoko1    e1- 

partät  alk  a-onyÜD  di-voaltris."  ma-i-txavr§s    a- 


54 


Texte  aus  lebenden  mundarten. 


erkannten  an  der  rauhen  stimme,  dass  es  der  wolf  war,  und  sagten: 
Qn-$Bkunasiu  vid-la-vus-ro^a  t/-i-eja  al-luf,  e-on-det#: 
Qn-kunasle  ved-la-vuks-roke  ty-üy-ere  il-lokf,  e-Qn-dety: 
kunyusv  via-la-güs-gro^a  ty-i-dera  al-luf,  i-an-dit: 
kunesü  a-la-us-grQsa  ke-l-fQa  l-louf,  i-a-dit: 
an-kanosut  e/-vu°s-gruesQ  k-al-erQ  lu-lu°f,  e-i-dizer: 
'an-konyosut  int-a-vöz-gru^s§  ke-aJe_re_  il-löf  e-aJai3-dit-i: 

184.  „Wir  machen  nicht  auf;    185.  du  bist  nicht  unsere  mutter, 


„nuz-arvä^  bety; 
„nogz-darviny  bety; 
„no-na-ravin ; 
„nollz-ne-dyourioD; 
„nu°  i-no-v^rdzin; 
„noaltris  a-no-v'arzfn; 


te-a^-bet^a-nQsa-muma,  ku^la 
te-ist  bedy-la-nQsa-mame,  k^- 
tv-nan-es-nQsa-mama,  kuesta 
tu-uen-ies-nost-oma,  kasta 
tu  no-tu-si°s-nuestrQ-märi, 
tu    no  -  tu  -  ses  -  nestre^  -  märi, 


die  hat  eine  feine,  liebliche  stimme;     186.  aber  deine  stimme  ist 

q  ina-vus-fina  a-midya^la;  aber-tia-vus   ^-ro/a, 

le  9  ena-vuks-fenye  e-t/ere;  aber-la-ti-vnks  Q-rQke, 

a  ina-güs-fina  i-amiaVla;  mQ-ta-güs  e-gr^sa,  tv- 

a  na-us-fina  i-bela;  ma-ti-us  i°-grQsa,  tu- 

li°  e-a  unQ-vu°s-rin9  e-plazint;  ma  -  la  - 1§  -  vu°§  e-'$- 

'e-a-'a  un^-vös-fin^  e-b^lej  ma-la-tQ-vös   a-'e- 


rauh,  du  bist  der  wolf." 

te-aVel-luf." 

te-ist  il-lokf." 

ez-al-luf." 

iez-l-louf." 

grues$,  tu-si°s-lu-lu°f." 

gr11^,  tu-ses-$l-löf." 


187.  Da  ging  der  wolf  fort  zu  einem 
sin-kua'  ez-al-luf  *us  dav^n 
kq  e_  il-lokf  Tc  dav^nt  ter  en- 
lura  ez-al-luf  i-dav6nt  pro-in- 
sun-kast  s-en-ie-zi  l-louf  da- 
suia-kest  lu-lu°f  a-si-n-la  da- 
alqre  al  -  löf  al  -  e  -  lät  la  -  di- 


krämer  und  kaufte  ein  grosses  stück  kreide;  188.   Die 

tier-in-harm(j  ad-Q-kumprä'1  in-gr<m-tok  rida;  ku$- 

karmer  e-az-Q-kumprö  en-gron-tQk  kre^e; 
krgmer  i-z-a-kumpra  in-grQnt-tQk  gra*da; 
i3-markadant  i-s-a-kumpra  n-gran-to-de-kra/da; 
un-mejtyadant  e-a-si-kumperd  un-grara-bakön  di-dzes; 
un-butegär  e-al-siJa-kumprät  un-graia-bokön  di-zejs; 


ke- 

kue- 

ka- 

al- 

al- 


II.   Der  wolf  und  die  sieben  zicklein.  55 

ass  er  und  machte  sich  damit  seine  stimme  fein.     189.   Hernach 

la  9  §1  malyau  ad-Q-fat#  k$trd,s  sia-vus  fina.  s'anter 

le  9  §1  malye6  e-az-9-faty  use  la-si-vuks  fenye.  al9ure 

sta  a-1  malya  i-z-a-fat  use  sa-güs  fina.  Iura  e- 

sta  a-1  ma'a"  i-s-a-fat  usi  si-us  fina.  PQ   ie-l 

lu-mandyä  e-a-si-faz^  kusi  la-S9-vu°s  fin9.  d^pQ  al- 

lu-'a-mandyät  e-kusi  al-si-'a-fat  fine  la-so-vös.  d^po  al- 

kam  er  wieder  zurück,  klopfte  an  die  haustür  und  sagte: 

ez-e^l  puspe^  vinyüs  anavös,  Q-spluntän  vid-aly-es-t/eza  a-det#: 

el-el  ni'  puspe,  anavos,  Q-pit^i6  ved-la-p^rte  e-9-dety: 

1-nyv  dart^^  inavö,  a-pitya  svn-p^rta  i-a-dit: 

inq  uni  tsruk,  a-taklend  a-la-pQrta  i-a-dit: 

tornä  indev6ur,  al-bat^  e.-puart9  e-diz^: 

§  dinydf  vinyut  indaur,  al-'a-batut  la-puarte  e-1-a-dit: 

190.  „Macht  auf,  ihr  lieben  kindlein,  191.  eure   mutter   ist   da 

„arvä*,  vus  t/ers  ufä'!nts,  v^sa-muma  ^-ko-ad- 
„darvi,  vuzöters  t^ers  matane'lts,        la-vosa-mame    §-kq- 

„ravf,  vo  t/ars-ufantets,  v^sa-mama  e-kua  i- 

„dyouride,  vo  kari-pitli,  vQSt-oma    i°-tlo    i-a- 

„av^rdzit,  vu°  tyars  frutins,  vuestr9-märi     e-'^-ki 

„v'arzet,  voaltris  t/ars  frutüs,  vnestre-märi    'e-ka 

und  hat  jedem  von  euch  etwas  gebracht."     192.  Aber  der  wolf 

Q-purtäu  antsat/e^  da-mintyfn  da-vus."  aber  -  al  -  luf 

e-Q-purtö-kQ  entsat/e  a-mint^iny  da  vuzöters."  aber  -  il  -  lokf 

a-purta  alt#  a-mint/u'n  da-vo."  m^-al-luf  ve- 

purtä  ve^lk  a-unyün  de-vo."  ma-l-louf  9a 

e-e-si-a-puartät  alk  a-duty."  ma-lu-luef  al- 

e-aJa-puartät  alk  a-onyÜD  di-voaltris."  ma-el-löf  al- 

hatte  seine  schwarze  pfote  aufs  fenster  gelegt,    193.  das  sahen 

veja-me^ts  sia-t9pa-na'ra  se-la-fan^stra,  k"*1  9n  alz- 

veve-me^s  la-si-t9pa-nejre  se-la-fane^stre,  kely  9n  ilz- 

va-mis  sa-tsatra-na^a  su-la-fanestra,  k'V  an- vis 

metü  si-pe-fosk  su-la-funestra,  kas   a-udü 

vej9-metüt  la-S9-tsat9-n^r9  su-1-balköü,  'u-fls  eMu- 

ve^-mitut  la-so-sate.-neje^  su-1-barkÖB,  kist     'an  - 


56  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

die  kinder  und  riefen:  194.  „Wir  machen  nicht  auf;  195.  unsere 

ufdunts  vi"  ad-Qn-klumäu:  „nuz-arvä'n  bety;  n^sa- 

unfänts  vle  e-on-dety:  „nogz-darvfny  bety;  la- 

ez-ufänts  e-an-dit:  „no-na-ravin;  n$sa- 

i-pitli  i-a-dit:  „nouz-ne-dyouriÖD;  nojft- 

veder  e-e^dizer:  „nu°-no-v'enlzfi3;  n"es- 

v^dut  i-frus  e-aJa-dit:  „noaltris  a-no-v^rzfü;  nes  - 

mutter  hat  keinen  so  schwarzen  fuss  wie  du,  du  bist  der  wolf." 
muma  q  betya  in-pa1  asi-na^  sku-te,  te-a^-al-luf." 
nQsa-mame  9  bety  en-p§  us6-nekr  sku-te,  te-ist  il-lokf." 
mama  nan-a  in-pe  us£-na5r  sko-tv,  tu-es-al-luf." 
oma  nen-a  mia  m-pe  tan-fosk  ske-tu,  t-iez-l-louf." 
trQ-märi  no-a  un-p§  tan-ni°ri  k^mQ-tu,  tu-si°z-ln-lu°f." 
tr^-märi  a-noJa  un-plt  tant-n^ri  kome-tu,  tu-ses  al-löf." 

196.   Da  lief  der  wolf  zu  einem  bäcker  und  sagte:  197.   „Ich 

kq  e_  al-luf  kur'us  tier-im-pek  ad-Q-det#:  ,,'u- 

kq  §  il-lokf  kurle  tar-en-p^ker  e-9-dety:  „i- 

lura  e-kuru  al-luf  pro-in-peker  i-a-dit:  „  a- 

P9  ie-l-louf  kors  da-m-pek  i-a-dit:  „ie- 

dopQ  lu-lu°f  al-kor§  da-un-fornar  e-a-i-diz^:  „jo- 
alo^  al-löf  1-e-korüt  la-di-UB-pankör  e-al-i-'a-dit-i:       „'0- 

habe   mich   an    den   fuss  gestossen;   streich   mir   teig  drauf." 

a-stusd,u  la-t#omba;  stre^a-se  da-me  pasta." 

va-t/apö-a^t  ku-l-p^;  stret#e-se  paste." 

na-dat  iia-ktyk  ku-l-pe;  stri#a-m-st>  pasta." 

m-^-zbur'ä  1-pe;  mate-me  pasta  lasü." 

mi-so^fat-mal  t-a-l-pe;  meti-mi  insu  pastQ." 

mi-sV-pestat  el-plt;  oßzi-mi-lu  ku-la-paste." 

198.  Und  als  ihm  der  bäcker  die  pfote  bestrichen  hatte,  lief 
a-kur-t^-al-pek  a-dyu-stri/äu-se  la-tQpa,  z-ej  ku^üs  tier- 
e-küre-t#-il-peker  ily-eve-strit^i-se  la-tQpe,  el-el  kurle 
i-kur-t^-al-peker  al-veva-stri/a-st;  la-tsatra,  e-1  kurv 
i-do-k-1-pek  i-1-Qa-metuda-su  su-l-pe,  ie-l  kors  da-n- 
e-d^pQ-ke-lu-fornär  a-i-vevo-ondzut  la-tsatQ,  al-kor^  da-1- 
e-dojpo-ke-al-paßkör  al-i-veve-onzut-i  la-sate,  al-e-kurut  la- 


er  zum  müller  und  sagte: 
al-mulin^  e-Q-dety: 
ter-il-m uliner  e-Q-dety: 
pro-in-mulyiner  i-a-dit: 
mulin^  i-a-dit: 
mulinär  e-i-diz^: 
d-al-mulinär  e-al-5a-dit-i: 


II.   Der  wolf  und  die  sieben  zicklein. 
199 


57 


„Streu  mir  weisses  mehl  auf 
„spurla-se  da-me  frin-alva 
„spolvre-se  frenye-alve  se- 
„spu°lvra-su  farin-alba  svn- 
„sane-me  farina-blantya  sun- 
„sem^ni-mi  farinQ-blant^9  su- 
„buti-mi    farin^-blant;^  su- 


meine   pfote".      200.   Der  müller  vermutete  gleich,   dass  der 

se-mia-tQpa."  al-mulin(j  q  gla'ti  dubitau  t^-al-luf  levi- 

il-mis-pe."  il-muliner  Q-partart/ee  dalunge  ty-il-lokf 

ma-tsatra."  al-mulyiner-z-a-dubita  dalunga  t/-al-luf 

mi-pe."  1-mulin^  s-a-pras-psa  k-l-louf  ulas-ndya- 

la-me^-tsatQ."  lu-mulinär  al-si-pensä  subit  ku-lu-lu°f 

la-me^  säte/'  el-mulinär  al-siJa  subita  impensät  ke-al- 

wolf    jemand     betrügen    wollte,    und    wollte    es    nicht    tun; 

ku'enä  entsat/i  a-Q  bet#a  vuliu-fa  knai; 

leve-anganär  entsatyi  e-leve  bety  fax  kely; 

leva-indyanar  intyvn  i-nan-a-valyt>far  kua{; 

n^  valgün,  i-ne-1-a-ulü-fej 

al-vol^vQ-indyanä  kualkidün,  e-no-lu-vol^-fa; 

löf  al-uarej$-indyand  kualkidün,  e-al-no-^arut-fapj-dyi; 

201.  aber  der  wolf  sagte:  „Wenn  du  es  nicht  tust,  fresse  ich  dich." 
aber-al-luf  o-det/:  „sa-te-faz-bety,  se-maly-u  t$." 
aber-il-lokf  Q-dety:  „si-te-fäst  bety  kely,  ad-maly-e. 
mQ-al-luf-a-dit:  „sa-tv-na-fäs,  ad-maly-a." 
ma-l-louf-a-dit:  „s-tu-ne-1-fezes,  te-mady-i." 

ma-lu-lu°f  al-diz§:  „su-no-tu-la-fäs,  i-t^i-mandyi." 
ma-el-löf  alJa-dit-i:  „se-no-tu-la-fazis,  ti  mandyi." 

202.  Da  fürchtete  sich  der  müller  und  machte  ihm  die  pfote  weiss, 
kq  <vl-mulin§  tumf"  ad-Q-fat^-alf  la-tQpa. 

os  9  il-muliner  tamle  e-Q-fat/-alf  il-p^  ad-el. 

osa  az-a-tamv  al-mulyiner  i-1-a-fat  la-tsatra  alba. 

zan  s-a-temu  1-mulin^  i-i-a-fat  1-pe  blank. 

alQrq  lu-mulinär  al-ve  pol,rq  e-a-i-faz^,  la-tsatq  blant/9. 

aloje  al-mulinär  aPa-vüt  paur$  e-i-'a-zblant^ät-i  la-sate. 


58 


Texte  aus  lebenden  mnndarten. 


203.   Ja,  so  sind   die   leute. 

dye,  use"  z^-la-lyut. 

dye'e,  use"  $  la-lyokt. 

si,  use"  e  la-lyoi 

se-sa,  nsi  ie  la-zant. 
>      7  .... 

si-sa  po,  kusi  e  la-int. 
v'odez-o,  kusi  'e  la-int. 


204.  Nun  ging  der  bösewicht 
iisa  §  al  -  valanu£t  jus 
alo/'re  ^  il-valanavöt  Ie 
Iura  ez  -  i  al  -  malin  la  - 
PQ  ie-zit  1-malandrfia  1- 
dQpQ  al-la  lu  -  malandriia 
alQre   al-e-lät  k^l-malan- 


zum    dritten    mal    an    die    haustür,    klopfte    an    und    sagte: 

per-la-tfartsa-'^da  vid-aly-es-tyeza,  Q-splunt&u  a-det/: 

per-la-tertse-^e  ter-la-pörte,  Q-pit/p  e-Q-dety: 

tfrtsa-ya  a-la-p^rta,  a-pitya  i-a-dit: 

tertsQ-'ade  a-la-pqrta,  a-taklend  i  a-dit: 

lu-t'erts-vi&ts  e-puartQ,  al-bat§  e-diz§: 

drin  la-tfarse^vQlte^  a-la-puarte,  aJa-batude  e-dit: 

205.  „Macht  mir  auf,  kinder,  206.  euer  liebes  mtitterchen  ist  heim- 


„arvä1  da-me,  ufd/nts, 
„darvi  a-m§,  unfdnts, 
„ravi-m,  ufdnts, 
,,dyo''ri-me,  pitli, 
„av;ejdzi-mi,  fls, 
„v^rze-mi-t,  frus, 


vQsa-t^ra-mumeta  e-vanyida 
la-v^sa-t/ere-mamete  ^-nlede 
vQsa-tyara-mameta  e-nyvd-a- 
vQsta  -  kara  -  oma  ie  -  rue^la  a  - 
la-v"estrQ-txarQ-niäri  e^e-rivadQ 
vuestr^-txar^-mam^  je-rivade,  a- 


gekommen  und  hat  jedem  von  euch  aus  dem  wald  etwas  mit- 
a-t/eza  ad- 9  a-mintyin  da-vus  purtäu  Q-d-aly-^'t  ^ntsat#e\" 
a-t^a  e-q-purtö  entsat^  a-mintyfny  da-vuzöters  ör-d-il-göt," 
tya  i-a-purta  alt/  a-mint^v'n  da-vo  or-d-al-gQt." 
t/aza  i-a-purtä  velk  a-unyüö  de  vö  Qia-d-1-bQsk." 
a-tyazQ  e-e-si-a-p1]artät  alk  a-duty-vua'tris  fo"r-d-al-bQsk." 
tyaze  e-a-'a-puartät  alk  da-1-bösk  a-onyün  di-voaltris." 


gebracht."     207. 


Die  zicklein  riefen:     208. 
alz-andz6"dz-Qn-klumdu: 
ilz-andzQnlts  on-zbridyfe: 
az-az61ts  an-zbrayf: 
i-vezupi  a-zva'd-Qra: 
^-dzoko1  e'-klamär: 
i-t#avr^s  a-'an-zberlät: 


„Zeige  uns  vorher 
„musa  da-nus  a- 
„mose-nts  av&nt  il- 
„mosa-ns  al-prum 

„mostre-nes  indnt 

>     > 

„mQstri  -  nus  in  - 
„mqstri-nus  prime 


II.   Der  wolf  und  die  sieben  zicklein. 


59 


deinen  fuss,  dass  wir  wissen,  ob  du  unser  liebes  mütterchen  bist 
vaun  t^-pa1,  sin-a-kV  tya-nus- sava'en  se-te-a's  nQsa-t#eja-muma 
tis-pe^  sen-a-kely  tyi-saptyen  si-te-ist  la-nQsa-t^ere- mannte 
tas-pe,  tya-no-sapt/en  sa-t-u-es  nQsa-tyara-mameta  o-na." 
ti-pe,  per-tye-k-savonze  se-t-ipz-n9sta-kara-oma  o-no." 
devänt  la-tQ-pe,  ke-i-savfn  su-tu-si°s  la-n^estro-t/arQ-märi  u-nQ." 
al-to-plt,  ke-no-savedin  se-tu-ses  la-nestr^-buina-märi." 


oder  nicht."     209.  Da  legte  er  die  pfote  aufs  fenster,  210.  und 

ne-bet/."                  kQ  q-q\  m^ts  la-tojm  se-la-fanestra,  e- 

oder-bety."               kQ  9-I  m^s  la-tQpe  se-la-fanestre,  e- 

svia-k^1  a-1  mis  la  tsatra  su-la-fanestra,  i  - 

sun-kast  a-1  metii  1-pe  su-la-funestra,  i- 

sun-kest  al-metQ  la-tsatQ  su-l-balkön,  e- 

lu^al-^-mitut  aloje  la-sat^  su-l-barkön,  e- 


als   sie  sahen,  dass  sie   weiss  war,  glaubten   sie,  dass  alles 

ku-t/-ehlz-Qn-viu  t#-§l-era-alva,  s-Qn-^ls  kartiu  ty-i-sa'  tut 
küre-t/-ejdz-$n-vle  t/-^la-ere-alve,  on-elts  kartl6  tyi-tot  fis  la 
kur-ty-ez-an-vis  t^-ela-dera-alba ,  an-a  kret  t/a-tot  fos-va'ra 
ko-k-i-a-udü  k-l-foa- blank,  a-i-kerdu  ke-dut-fosa-va^a 
kQn-k-e'-veder  k-e-erQ-blantyQ  la-tsat^,  e'-kreder  ke-dut  al-fos- 
ko-a-^n-v'odut   ke-a-'ere-blant;^,    a^an-krodut   ke-al-foz-dut 


wahr    wäre,    was    er   gesagt   hatte, 

va^  k'V  ty-e^-ve^va-det^, 

vardät  kely  tx-e^l-veve-dety, 

tye-ty-el-veva-dit, 

t/e-ke-1-Qa-dit, 

vi°r  tse-k-al-v^vQ-det, 

vfr  se-ke-1-v^ve-dit, 


211.  und  machten  die 
ad-$n-avfert  aly- 
e-^n-davert  la- 
i  -  an  -  ravi  la  - 
i  -  a  -  dyourf  la  - 
e  -  v'erdzer  la  - 
e-a-'an-v'art-i    la- 


tttr   auf.       212. 

es. 

p<?rte. 

pQrta. 

porta. 

puartQ. 

puarte. 


Wer   aber   hereinkam,    das    war    der    wolf. 

t/i-aber  txa-venyev-a^,  era-al-luf. 

aber-t/i  t/i-^-nr-a^t,  ere-il-lokf. 

mQ-t^i  tx-e-nyv-ajnt,  dera-al-luf. 

ki-^der  k-ie-uni-ite,  fya-l-louf. 

ma-kel  k-al-^-vinyut-d^ntri,  al-fo-lu-lu°f. 

ma-ku'  ke-al-e-vinyüd-drenti,  al-'ere-el-löf. 


60  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

213.    Da  erschraken  sie  und  wollten  sich  verstecken.     214. 
k$  Qii-§lts  palyäu  tema  e-leven-satsupa. 
k$  $n-ily-nls  spivantös  e-Qn-lP-za-tsupar. 
osa  sun-a  intsnufts  i-an-valyv'-as-tsupar. 
zaia  s-a-i-sprigulä  i-s-a-ulü-skuender. 
alorQ  e'-si-iügosär  e-e'-volevQ-platä-si. 
aloje  a-siJaB-spaurit  e-a-"arevin-skuindi-si. 


Das 
in 
eny 
vu 

UI3 

111) 

UD 


eine  schlüpfte  unter  den  tisch, 
e-sarusnauz-zut-maiz-ain, 
e-sluitö  sod-me'ze, 
e-rautsa  sot-ma'za, 
ie-mutsä  so-ma'za-ite, 

....  j  7 

al-fuf  sot-la-tavQlQ, 
al-e-zbrisät  sot-la-täule, 

das  dritte  in  den  ofen,  216. 

lety,  al-tierts  a^-penya, 

let#,  il-t^rts  a^ten-pinye, 

let,  al-tejts  a'nt-in-pinya, 

1-tertsQ  te-furn61, 

jet,  lu-tferts  su-p-al-for, 

'et,  al-t'ars  [in]t-a-stue, 

fünfte  in  den  schrank,  217. 

navel  a^-styafa, 

tsint^avel  a^ten-styafe, 

al-tsint^ävel  ant-in-styafa, 

l-kllintQ  te-kastl-aut, 

int-al-armar, 

t-al-armarön, 


215.   das  zweite  ins  bett, 

al  -  sekünt  a'nt  -  al- 

il  -  sagönt  a'nten  - 

al  -  sagönt  a'nt  -  in- 

1  -  segondQ  te  -  liet, 

lu  -  segönt  int  -  al- 

el  -  sekönt  [in]t  -  al- 

das  vierte  in  die  küche,  das 
al-kl'art  a^-kuzina,  al-tsn- 
il-kärt  a!nten-t^a-da-fi,  il- 
al  -  k"art  a'nt  -  in  -  t#a  -  da  -  fce, 
1  -  kuartQ  te  -  tyaza  -  da  -  fuPk, 
lu-kuart  in-kuzinQ,  lu-kuint 
el-kuart  in-kuzin^,  el-kuint 

das  sechste  unter  das  wasch- 
al-sizavel  zut-al-pekli  dad- 
il-se!zavel  sot-la-kupe  da- 
al-sezävel  sot-al-lavamänts, 
l-sestQ  sot  -  la  -  skudela  da- 
lu  -  sest  sot  -  lu  -  lavamans, 
el  -  sest     sot  -  al  -  lave^nän, 


becken,  das  siebente  in  den  kästen  der  uhr. 
a"a,  il-s^tavel  a^-la-st^afa  da-l-ura. 
ts-lavdr-dyu,  il-setavel  a^nten-la-t/ase  da-1-oure. 
al-setävel  a'nt-i-la-tya'sta  da-l-ura. 
lav^,  1-setimQ  te-kastl  da-l-oura. 
lu-setim  int-al-skria  d-al-arlq1. 
al-setiü  t-al-kasöö  d-al-orty. 


218. 


Aber 

aber- 
> 

aber- 
> 

mo- 
ma- 

ma- 

ma- 


II.   Der  wolf  und  die  sieben  zicklein. 


61 


der  wolf  fand  sie  alle, 
al-luf  Q-amfldu  elts  tuts, 
il-lokf  ildz-9-katö  tots, 
al-luf  alz-a-t/atats  tots, 
l-louf  i-a-dyatei  dui, 
lu-lu°f  al-i-t#atä  dut#, 
el-löf  al-'u-'a-tyatäs-für  dut#, 


219.  machte  nicht  viel  feder- 
9  bet/a  faty  Junges 
§\-q  bety  fat/  luBges 
nan  -  a  - fat  bleres - sara- 
n  -  a  -  fat  truepa  -  tsara- 
al  -  no  -  faz§  tropQs  -  t§e- 
al  -  no  -  !a  -  fat     trQpis 


lesens  und  verschluckte  eins  ums  andere;  220.   nur  das 

ad-Q-lagutiu  in  tsianter-l-auter;  mo  -  al- 

ed-9-stranglo-dyu  1-eny  slve-l-öter;  angäl- 

m^nes  i-lz-a-travüs  vn  davö-l-^ter;  be-al- 

monies  i-i-a-dlutii-zu  un  do-l-auter;  medrä- 

rimoyQS  e-aPu-ingluti  un  devö"r-l-ätri ;  hquiq- 

tserem^nis  e-aPu-ViDglutis  ud  dQpo-1-altri;  dgme- 

jüngste  im  uhrkasten,  das  fand  er  nicht, 
dyuven  a^-st^afa  da-l-ura,  k'el  9  el  bety  emfläu. 
il-dyüven  a^ten-la-t/ase  da-l-Q"re,  kel  9-I  bet/  katö. 
pu-yüven  a'nt-i-la-t/a^ta  da-l-ura,  kuel  nan-a-1  t#ata. 
l-plu-zoun  te-kastl  da-l-oura,  kal  nen-a-1  dyata. 
lu-pin-dzoven  int-al-skrin  d-al-arl^1,  kel  no-lu-a-t^atät. 
el-pi-z9vin  int-al-kasön  d-al-orl(>',  kel  no-lu^a-t^atät. 

221.  Als    er    sich    sattgefressen    hatte,    trollte    er    sich    fort, 
kur-t#-el-9-dyu-malydu  aviinda,  z-el^uz-dav^n, 
kür-ty-el-veve-malye-avonde,  adz-9-el  rusnö  dav^nt, 
kur-t/-el-veva-malya  a-butäts,  ez-el  i-davent, 
d9-k-l-s-9a-madyä  pasü,  s-en-ie-l  pard-via, 
d9p9-k-al-vev9-mandyät  pasut,  a-si-n-la, 
k^nt-ke-al-'ere-pastit,  al-siJa-tirät-für, 

222.  legte  sich  draussen  auf  der  grünen  wiese  unter  einen  bäum 
ad-$-z!us  lau9  se-l-prau-vert  zut-ina-ptynta  ad-9~antsiet 
adz-9-mes  orl9  se-1-pro-vert  sot-ena-plante  e-9-ants^t 
z-a-yazanta  k-öra  su-l-pra-viert  sot-in-bcesty  i-a-ku- 
s-a-petä-zu  ded9ra  su-1-pra-vart  sot-13-lan  i-a-skumentsd 
a-§i-treJu  diföur  su-1-prät-vert  sot-un-arbol  e-al-komen- 
al-si^a-butät    difür    su-1-prät-vejt    sot-uD-arbul    e-aPa- 


62 


Texte  ans  lebenden  mnndarten. 


und  fing  an  zu  schlafen. 

a-durmi. 
a-durm£kr. 
mantsa  a-durmlr. 
a-durmf. 
tsa  a-durmf. 
skomeiasät  a-durmf. 


223.  Nicht  lange  danach  kam  die  alte 
betxa-dit^-ts'anter  [z]  e-la-t^aura- 
bedy-de'-slve  e  la-t^öre-vilye 
na-loent^-davö  e  dart^Q  ny£da  la- 
no-dyud-dQ  ie  inq  unida  la-vedia- 
nQ-trop-timp-d^pQ  la-vet/Q-  tyßvq 
nQ-trQp-timp-dQpo  a^e-vinyude 


geiss  aus  dem  wald  wieder  heim.        224.   Ach,  was  musste  sie 

velya  vanyida  a-t/eza  Q-d-ary-uant. 

puspe  nlede  or-d-il-göt  a-t/a. 

tyavra-velya  a-tya  or-d-al-g^t. 

t#oura  Qra-d-1-bQsk  a-tyaza. 

e-vinyf-four-d-al-b9sk  a-t^azQ. 

für-d-al-b^sk  a-tyaze  la-tyavr^-v^le. 


a, 

ty& 

stuev  - 

ela- 

a, 

tye 

9  -  eja 

-  OS 

a, 

**e 

a  -  la 

osa 

tr 

-  a  - 

la  -  pa 

zan 

a, 

tse 

k-e-a-i 

§kui- 

ma 

i,    se    a  •*  o 

-po- 

da  sehen! 

va1  k$! 

stuP  vejsr  k^! 

stuvu  vQra  k"a! 

mesü  udä*  tlo! 
> 

nyiit  vedi0  aki! 
skunytit  v'Qdi  ka! 


225.   Das     tor     stand     sperrweit    offen: 

la-pQrta  steva  av*arta  tok-a-sum: 
la-p^rte  stave  tod-dav^rte: 
la-pQrta  steva  9t-i-daverta: 
la-p^rta  staz^a  mpontdut   dav'arta: 
la-puart9  e-er9  dut-av'e^: 
la-puarte  iere-spalaBkad9: 


226.   tisch,  stuhle  und  bänke  waren  umgeworfen, 
ma!za,  sup'es  a-baunts  ereia-bets- antijrn, 
m^ze,  seselts  e-baraks  eren-pat6s- antun, 
ma4za,  t^adrles  i-baiaks  deien-butats-intu°rn, 
ma/za,  stuei  i-banty  f9a-trat^-intö"r, 
tdvglQ,  tyadr^s  e-baiaks  e'-e^-strutyäts, 
täule,  tyadreis  e-bauks  aJeriB-dizdrumäs, 

Waschbecken  lagen  die  Scherben  umher, 

pekli-dad-a"a  eren  las-skalyes  starnides-anturn, 

la-kupe-da-lavär  eren  dapartöt  t9ks  antun, 

lavamänts  yazeven-intu°rn  es-t9ks, 

§kudela-da-lave  foa  la-fruts!es  nkantöur, 
*    **    ••  >         "f        ' 

baköös  d-al-lavamaias  e'-ei^-spandüts  aventi  atör, 
kreps  d-al-lavemäö  aJeriB-sparnisäs  pardüt  intor, 


227. 


vom 

da-1- 

da- 

da-1- 

d-la- 

Mi- 

i- 

228.  die 
la- 
la- 
la- 
la- 
la- 
la- 


II.   Der  wolf  und  die  sieben  zicklein.  63 

decke  und  die  kissen  waren  aus  dem  bett  herausgezerrt.   229.  sie 

kQtsa  a-ls-plumäts  eren-traHs  Q-d-let#.  el-9- 

kurveje  e-ils-plimätss  eren-traHs  or-d-il-let#.  ela- 

kuverta  i-ls-pli>mätss  deren-trats  or-d-al-let.  ela- 

ko"tra  i-i-plumatses  fQa-trat/  9ra-d-l-liet.  1-a- 

kQltrQ  e-'u-plumäts  e^ei^-tiräts  four-d-alJet.  li°-e- 

kQltre  e-i-kusiDS  a-'eriü-zlambrEs  für-d-alJet.  ie-ia- 

suchte  ihre  jungen,  fand  sie  aber  nirgend.  230.    Da 

ankur^t/  seVdyuvents,  9-aber  amflau  nalyü  k^elts.  kQ 

Q-tsartxee  ils-pitsents,  aber-Q-kat6  e^ts  nalyükr.  k$ 

a-kuri  es-pitsents,  mQ-na-[l]z-a-txata  inglür.  lu- 

kris  i-pitli,  ma-la-n-i-a-dyatei  nnyo.  PQ 

tserf  ^-pitsu1,  ma-  noJu-txatd  in-nisün-louk.  a- 

sirut  i-plsu1,  ma-a-no-^a-txatäs  in-nisÜB-lük.  a- 

rief  sie  eines  nachdem  andern  beim  namen,      231.   aber    nie- 

9-ela  klumau  in  ts'anter-l-auter  per-num,  aber  -  na  - 

Q-la-klamö  1-eny  slve-1-öter  par-nom,  aber-niny 

ra  a-la  kluma  vn  davö  l-9ter  per-nom,  m^-indyv'n 

i-a-la  kerdei  un  d9-l-a"ter  per-inihn,  ma-degün 

lQrQ  Mi-klamä  un  dQpQ-1-ätri  p-al-nQD,  ma  -  nisün 

tyre  a-'uJa-klamäs  un  d^po-l-altri  par-non,  ma  -  nisün 

mand  antwortete.        232.   Endlich  als  sie  das  kleinste  nannte, 

dyin  Q-rispundiu.  finalm^n  ku-t^-ela-Q-numnäu  al-piny, 

9-raspundle.  finalma'nt/   küre  t^-ela-Q-numnö   il- 

nan-a-raspüs.  finalma'ntx    kur-t#-ela-a-numna    al- 

n-a-respendü.  finalmanter  kan-k-1-a-kerdä  1-mander, 

no-rispuind<j.  finalmentri   kQD-k-e-klama  lu-pim- 

no-ia-rispuindut.  finalmentri  k"ant  ke-Va-klamät  al- 

da  rief  eine  feine  stimme:  233.    „Liebe  mutter,  ich 

kQ  9  ina-vus-fina  kluma":  »tyera    nmma,    iu- 

pi-pitsen,  9  ena-vuks-fenye  klamö:  „tyere  mame,  i-sun- 

pv-pitsen,  a-kluma  ina-güs-fina:  „txaramama,a-sun- 

a-zva/ä  na-u§-fina:  «kara  oma,  ie-son- 

pitsul,  e-krida  un9-vu°s-fin9:  »txar9  ma">  'o-so1- 

pi-pisul,  aJa-zberlät  une-vös-fine :  »tyare  märi,  o-so1- 


64  Texte  ans  lebenden  mnndarten. 

stecke    im    uhrkästchen."         234.  Da    holte    sie    es    heraus, 

sun-satsupdus  a'n-styafa  da-l-ura."  kQ  Q-ela  priu-Qr  el, 

sarö  a^nten-la-t^ase  da-l-Qure."  kq  Q-la-pilyfp-or  el, 

a'nt-i-la-tya'sta  da-l-üxa."  Iura  1-a-la  tut-öra, 

zarä  te-kastl  da-l-oura."  pQ  1-a-la  to"t-Qra, 

s'erät  int-al-skrin  d-al-arlQ1."  dQpQ  e-lu-tohj-four, 

fityät  int-al-kasön  d-al-orlQ1."  alQre  'e-lu-'a-t^olt-für, 

235.  und  das  zicklein  erzählte  ihr  dann,  wie  der  wolf  ge- 
a  -  ly  -  andz^l  q  -  raknintäu  ad  -  ela  kQ  -  al  -  luf  -  era  -  vi  - 
e  -  ily  -  andzQ"l  q  -  rakintö  os  ad  -  ele  kQ  -  i%  -  il  -  lokf 
i  - 1  -  azösl  a  osa  kuinta  ad  -  ela  ko_  -  ty  -  al  -  luv  -  dera  - 
i  - 1  -  vezuel  i - a  -  pQ  -  kuntä  kQ  -  k  - 1  -  louf  ie  -  uni  i  -  a  - 
e-lu-dzokol  a-i-kuntd  alQrQ  tsemut - ke - lu - lu°f  al- 
e  -  al  -  t/avr^t    al  -  i  -  *a  -  kontät  -  i    alQre   semüt  -  ke  -  al  - 

kommen  war  und  die  andern  alle  gefressen  hatte.     236.   Nun 

nyüs  a-veva-malyau  tuts  alz-auters.  usa 

ere-nP  e-veve-malyee  tots  ildz-öters.  ose 

nyv  i-veva-malya  tots  ez-Qters.  osa 

madya  dui-i-autri.  zan 

erQ-vinyut  e-al-vejQ-mandyät  dut^-u-a^ris.  kum6 

löf  alJere-vinyut  e-ve^ve-mandyät  duty-ke'-altris.  kumQ 

könnt  ihr  euch  denken,  wie  sie  über  ihre  armen  kinder  ge- 
puda'z  -  vus  patarty(j  kQ  -  ela  -  q  -  bardyti  zur  -  se's  -  paupers 
pud^ts  za-partart^er  kQ-tx-ela-Q-bardyle  per-ils-sis-pövers- 
pudä1  z-impisär  kQ-t^-ela-a-krida  per-sas-pövers-unfänts. 
ve-puda'ze  ps$  kQ-k-1-a-bradla  per-i-puere-pitli. 
vu°  -  i  -  podrs  pensä-si  tant  -  ke  -  li°  -  e  -  ja  -  valt  5u  -  si°  -  pu°vers- 
voaltris   podes   impeasä-si   semut-ke-'e-'a-va'ut  par-i-sV-p^ers- 

weint   hat.         237.    Schliesslich   ging   sie  jammernd   hinaus, 
ufaunts.  finalma'n   z-eja  ida  a-bardy^n  dyudQra, 

ufants.  a-la-feny  e-la-e1de-ör  plandzQnt, 

a-la-rin  e-la-ida-öra  brayfnt, 
finalmanter  ie-la-zit-Qra  briän, 
fruts.  fioalmentri  e^-la-iVr  vafnt, 

frus.  finalmentri  aJe-lade-für  vafnt, 


II.  Der  wolf  und  die  sieben  zicklein.  65 

238.    und   das  jüngste   zicklein  lief  mit.        239.   Wie  sie  auf 

ad-al-dyuven-andze'l  e^-ku^üs  kun-^la.  ku-$la-§- 

e-ily-andz§ul  pi-dyüven  e-kurie  kun-eje.  kure-ty- 

i-al-azdel  pu-yüven  e-kurv  kun-ela.  kur  -  t#  - 

i-l-vezüel  plu-zoT'n  ie-kors  mp^a.  kQ-k-la- 

e-lu-dzokol  pin-dzoven  al-korQ  kun-liQ.  kQB-k-^- 

e-al-t/avrtjt  pi-zQvin  al-^-kurut  kun-'e.  kuant-ke- 

die  wiese  kommt,  liegt  der  wolf  beim  bäum  und  schnarcht, 
venyida  si-l-pra",  za1  al-luf  sper-la-plQnta  e-runka,  t/a-tut- 
eja-re've  se-l-pro,  zee  il-lokf  despdr  -  la  -  plante  e  -  röntge, 
ela  -  va'n  sv  -  1  -  pra,  yäza  al  -  luf  dasp^r  -  al  -  böesty  i  -  zgrQfla, 
van  su -1 -pra,  ie-l-lo"f  pendü  pra-1-lan  i-zn^rtla,  ke-duta 
ven  su-1-prät,  lu-lu°f  al-sta  dindyQ  - 1  -  arbol  e-zgrau§§9, 
'e-ven  su-1-prät,  e^-löf  al-e-butät  sot-1-arbul  e-ronse,  ke- 

dass   alle   äste  zittern.      240.  Sie  schaut  ihn  von  allen  Seiten 

la-rQma  trembla.  ela-mira  sen-^1  da-tutez-varts 

use  t/i-tot-lä-rome  trejnble.  eja  -  vard  -  eji     da  -  tots  -  mans 

t^a-tot-la-iQma  trembla.  ela  -  al  -  g"arda    da  -  totez  -  varts 

la-rames  tsitra.  la-i-tyala    da-duta-la-pertes 

ke-dut/-u-ramäts  eMrimQ.  li°  eMu-t/alQ  di-dutQz-laz-bandQS 

tremin  duty-i-ramäs.  je  a-lu-t^al^  di-dutis-li-bandis 

an  241.  und  sieht,  dass  sich  in  seinem  angefüllten  bauch 
a-v^tsa  ty-i-semuanta  e^ntsat^e"  ^n - tfu. - v^nter - 
e-ve/  txi-a'nten-il-siz-va'nter-skumflö  entsat/e*  za- 
i-vetsa  tva  in-t-saz-va'nter-skunfla  z-muva'nta  i- 
i-va^a  ke-te-si-vanter-zlunfd  büzia  tseke  i-skar- 
e-e/o"k  ke-int-^-SQ-pantsQ-zglomfadQ  alk  a-si-mo"f 
e-v'Qt    ke  -  int  -  a  -  so  -  panse^  -  zglonfad§    alk    si-möf 

etwas  regt  und  zappelt.    242.  „Mein  gott,"  denkt  sie,  „sollten 

§mplaniu.  „miu-diu,"    patraty-ela,    „duesen 

mua'nte  e-bale.  „miz-dle,"    pa'nts-^le,   „du^sen 

tsaplinya  alk.  „maz-^o,"    z-impa^-la,     „tyi-sa 

pete'a.  „d!auts,"   panse-la,   „ie-pa-mi- 

e-zgambe^Q.  „nyo-sinyü°r,"    e-pensQ-H°,    „sa- 

e-zbizi^.  „m'o-dio,"  pense-'e,  „ke-fosin 

Gärtner,  Rätorom.  spr.  u.  lit.  5 


Texte  aus  lebenden  niundarten. 


meine  armen  kinder,  die  er  zum  nachtniahl  hinabgewürgt  hat, 
pia  mejs  -  paupers  -  ufaunts,  t#  -  el  -  q  -  lagutiu  -  dyu  per  -  tsVna, 
ilz  -  mis  -  pövers  -  unfants,  t/  -  el  -  q  -  straiaglö  -  dyu  per  -  tsanye, 
sa-mas- pövers -ufants,  t%  -  el  -  a  -  travtiz  -  dyo  da-tsVna,  fosen 
pul-e-pitli,  k-1-a-dluti-zu  per-tsa/na,  mq  vives?" 
r^s-e1  intyimo  vifs  iu-mi0-pu°v§rs-fruts,  ke-lu1  a-1-u-a-iBglu- 
ant^ernq    vis  i-mV-p^ers-frus,   ke-lu1  a-'u-'a-iDglutls  par- 

noch  lebendig  sein?"     243.  Da  musste  das  zicklein  heimlaufen 
a"n  eser  vifs?"  usa  Q-ly-andze^l  stuviu  kuerer  a- 

aiak  eser  vekfs?"  os   q  ily-andz^ul  stuf"  kur^kr-a- 

amö  vifs?"  osa   a-stuvu   1-azdbl  kuerer  a-tya 

zan   a  -  mesü   1  -  vezüel  fri  -  ite   a  - 
tlts  da-tsenQ?"  alqrq  lu-dzokol  al-sk"inyi  kori  a- 


sene 


V" 


alQre   al-tyavr§t   alJa-skunyut  kq- 


um    schere,   nadel   und    zwirn. 

tyeza  per-fQrs,  guila  a-fil. 

t^a  per-f^rbes,  gulye  e-fe'l. 

per-fojs,  aguiya  i-fll. 

tyaza  per-fQrfes,  odla  i-fit 

t^azQ  par-toli  f'arfis,  guzelQ  e-fll. 

ri-a-t^aze  par-tyoli  f'arfis,  guzele  e-fll. 


244.  Dann  schnitt  sie 
kq  q  -  ela  ta  - 
slve  q  -  la  ta  - 
Iura  a  -  la  ta  - 
PQ  a-la  ta'ä  su 
dQpQ  li°  e  -  i  - 
dQpo    je  -  i  -  5a  - 


dem  ungettim   den   wanst   auf, 
lyäu-se  al-v!anter  da-la-bestfa, 
lye-se  il-va'nter  a-la-bestye, 
lya-sv  al-butäts  a-la-mala-bestya, 
a-la-bestfa  1-vanter, 
ta^-su  la-pant8Q  e-bejst'Q, 
taät-i  la-paDse  a-1-mostro, 


245.  und  sobald  sie  einen 
a  -  si  -  gla'ti  sku  -  ela  - 
e  -  pi  -  spert  t%  -  ela  - 
e-subft  t#  -  ela  -  veva  - 
i  -  pernäßk  -  1  -  9a  -  fat 
e-a-penQ  k-e-vevQ- 
e-a-pene  ke-'e-veve- 


schnitt  gemacht  hatte,  streckte  schon  ein  zicklein  den  köpf  heraus, 

v$va-dau  in-taly,  s-q  in-§ndz#l  sQu-katsäu-Qra  al-t/au, 

veve-faty  en-taly,  si  q  sqn  en-andz9"l  standf-ör  il-tye6, 

fat  in-taly,  a  s<m  in-azdel  tyatsa-öra  al-t/e, 

n-ta!,  a  bele  B-vezüel  spQrt-Qra  1-tya, 

fat  un-ta1,  spuardz^  b'el  un-dzokol  lu-t^äf  four, 

fat  un-ta1,  za  un-t/avr^t  mostrave/für  al-tyäf, 


II.   Der  wolf  und  die  sieben  zicklein.  67 

246.   und  als   sie   weiter   schnitt,  sprangen  nacheinander  alle 

a-ku-t#-el-Q-talydu-vinaväunt,  se  zeji-els  salyi-Qra  tuts- 
e  -  kur  - 1%  -  ela  -  q  -  taly  e  -  anavänt ,  en  -  ily  salyFs  -  ör  -  tots- 
i-kur-tx-ela-a-talya-inavänt,  sun  -  a  -  salyits  -  ora  tot- 
i  -  kQ  -  k  - 1  -  a  inq  ta'ä ,  irz  -  i  -  sout§i  -  $ra  dui  -  sies  üb  dQ- 
e-kQD-k-e-ta'ä-indevänt,  ei-saltär-fot,r  duty-u-sls 
e-k^nt-ke^a-taät-indevänt,    a-soB-saltäs    für   dut/- 

sechs   heraus.  247.   Sie    waren   noch    alle   lebendig, 

sis  in  ts'anter-l-auter.  eldz-eren  a'n  tudz-vifs, 

seks  1-eny  sive-1-öter.  eldz-eren  ank  tots  vekfs, 

ses  vn  davö-l-^ter.  ^z-deren  amö  tots  vifs, 

l-auter.  i-fya  mQ  dui  vives, 

ud  dQpQ-1-ätri.  lu°r  e^ejQ  int/imö  dut/  vifs, 

sis  un  dQpo-1-altri.  a-'erin  ant^eniQ  dut#  vis, 

248.   und  es  war  ihnen  nichts  zuleide  geschehen,  weil  sie  das 

ad-i-eja-sabadyäu  ad-^lts  nuet  dal-mal,  par-txe-kuela 
e-i-ldz-ere-fat/  navöt  d-il-mäl,  per-kely-tyi-la-bejst/e, 
i-na-z-dera-fat  noeya  d-al-mäl,  per-t^e-ty-al-monstrum, 
i-1-n-i-fQa-sutsedü  nia  de-mej,  per-t/e-k-la-best'a,  te-si- 
e-a-no-^r-^-fat  nu'9  di-mäl,  par-tse-ke-la-bestfq, 
e-a-no-i-5ere-totxät-i  nu!§  di-mal,  par-se-ke-la-bejst'e, 

nngetüm  in  seiner  gier  ganz  verschluckt  hatte.  249.   Das 

be^st'a  veva,  ^n-si-ejjgurd'entsa,  lagutiu  eis  ^ntirs.  k"al 

a'nten-la-si-güle,  ildz  veve-stranglö-dyu  antfrs.  kely 

in-sa-ingurdia,  az-veva-travüs  inters.  knal 

rab'a,  i-Qa-dlutii-zu  ntipres.  kas 

int-e-sQ-gQl9,  e^u-v^vQ-glotuts  inters.  kejs-- 

di-tant^-gQl^,  a-'u-v^ve-inglutis  intlrs.  kis- 

war   eine    freude!  250.   Sie  herzten  ihre  mutter  und 

ej-in-lagermä'n !  ejdz-Qn-karzinau  sia-muma  a- 

ere  ena-legreje!  ehlz-Qn-karets6  la-si-mame 

dera  in-algrets'a!  ez-an-fat    tyaretses    a-lur- 

f^a  n-alegratsa!  i-a-tsart'd    si-oma    i-ie-sontei 

tQ  e-ej-Q  un-alegriq!  lu°r   e'-t/aresär  lu°r-märi   e- 

t$  aJe/e  una  konsolas^o!  lor  a-'an-fat-i  t/ar^sis  a-so- 


68  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

hüpften  wie  ein  Schneider  auf  seiner  hochzeit.  251.   Die 

salyeren  sk-in-snider  sen-sies-notoes.  la- 

e-en-salyis- antun  sku-en-sneder  tar-la-si-nQtse.  la- 

mama  i-sun-salyits  sko-in-sna^er  a-saz-nQtses.  iuq- 

s-ke-D-sart6ur  a-si-notsa.  ma- 

e^saltär  kQmQ-UB-sertü°r  es-SQz-nQtsQs.  ma- 

märi  e-a-saltaviß  kome-un-sart6r  a-ny^sis.  ma- 

alte  aher  sagte:    252.  „Jetzt  geht  und  sucht  steine,    253.  mit 

velya-aber  Q-dety:  „usa  ma1  a-enkuri  krapetsla,  kun- 

vilye-aber  Q-det/:  „ose  dye  e-tsart;^  krape,  kun- 

la-velya  a-dit:  „osa  it  i-kuri  krapa,  kun- 

la-vedla  a-dit:  „zaia  zide  i-kride  sas,  kuia- 

la-vetx<?  e.-diz^:  „kumö  la't  e-tserlt  klaps,  kuia- 

la-v^le.  a-'a-dit:  „kumq  va't  e-sirft  klas,  kuB- 

diesen  werden  wir  dem  ungeheuer  den  bauch  anfüllen,  solange 
kuete  vanyfn-nus  ad-^mplani  al-v'anter  a-la-bejst'a,  asf- 
keje  nindze  ad  -  amplan^kr  il  -  va'nter  a-la-bestye,  anfiny- 
kuela  impliran  -  a  al-va^nter  a  - 1  -  monstrum,  intänt  - 1#  -  el - 
kai  impliroiaze  1  -  vanter  a  -  la,  -  pejsta,  intäB  -  k  -  la  -  dgrm  - 
kei  i  -  emplarfß  la  -  pantsQ  a  -  1  -  mQstrQ ,  intänt  -  k  -  al  -  duarm 
kei    dyi  -  emplarfß    la  -  paßse    a  -  1  -  mQstro,   fintänt  -  ke  -  al  - 

es   noch   schläft."  254.   Da  schleppten  die  sieben  zicklein 

dity  sku-la-dQrm-aun."  kq    Qn    als  -  s*at    andzö"ts    runau 

ty-eja-d^rme  aiak."  kq    Qn    ilts  -  s^t    andzQults    dabqt 

d^rma  amö."  Iura     an     es  -  set     azölts     sperifc 

mQ."  PQ   a  -  i  -  set  vezuei   znel  trat   a  - 

.int^imö."  alQrQ    Mi  -  s{et    dzoko1    e^strasi- 

duar."  al^re    i  -  s'et    tyavrejs    5aB  -  stra  - 

geschwind   die   steine  herbei       255.   und  steckten  sie  ihm  in 

speit  n$tr"r  la-krapa  a-Qn-katsd,u  kueja  ad-el 

runö-nQ  la-krape  e-Qn-mes  kele  ad-eje  a'n- 

strudzdya  namprö  la-krapa  i-1-an-mis  a'nt-il-butäts 

strots  i-sas  kaprQ  i-li-a-fit/ai    t-1-vanter 

när  zuelts  'u-klaps  ai  e-eM-in-fityär  int-e- 

sinät  prest  i-klas  dondye  e-a-iJuJan-rltxät-i  int- 


II.   Der  wolf  and  die  sieben  zicklein.  69 

den  bauch,  soviel  sie  nur  hineinbrachten.  256.    Dann  nähte 

el-v'anter,  si-fre  sku-elz-Qn-rabitsä^n.  Iura    9   la- 
ten-il  va'nter,  tan  sku-t#-elz-9n-pudle  meter-a'nt.       aloure  9  la- 

kua'-t;(-es-pudeven  meter-a'nt.  Iura  1-a  la- 

tan-k-i-a-pudü  mater-ite.  P9    1-a   la- 

pants(?  tanty  k-e^an-podut  meti-dentri.  ^9P9       la  - 

a-so-panse  tant#  ke-podevin  meti-drenti.  dQpo       la  - 

ihn  die  alte  in  aller  geschwindigkeit  wieder  zu,  dass  er  nichts 
velya  ben-spert  kuziu-ans'amen,  ty-el-9-santju  nuet; 
vilye  spert  puspe  kuzl  -  antsemen  el,  us^-t/-§l-9  za-kurzle 
velya  in  -  tota  -  presa  dart^  kuzv  -intsembel,  t/- el-nan  -  a- 
vedla  kun-duta-prasa  in^  kuzi-prQ,  Bsi-k-1-ne-s-en-a-nten- 
vet/o  9-lu-a-kuzft-d9ndy9  kun-dut9-pres9,  kusi  ke-lu*  no- 
v^le   a  -  la  -  ja  -  kuzl't  -  iDs'^m^   kun-dute-zveltese,   kusi  ke-al 

merkte;  257.  nicht  einmal  gerührt  hat  er  sich. 

nyaiak-in-'eda  z-e^l  samuentdu. 

navöt;  nVank-muantö  z-9-l. 

z-ak^rt  da-noeya;  nyaijk-muvanta  na-z-a-1. 

du  nia;  nt#e-muet  ne-s-a-1. 

si-e-nak"§rt  di-nu^;  al-no-si-a  ne^nt^e-mot. 

no-siJa-nakuärt  di-nu'e;  al-no-siJa  nant^e-muvut. 

258.  Als  der  wolf  endlich  ausgeschlafen  hatte,  stand  er  auf, 
ku-tx-al-luf  veva  finalma'n  durmiu  avunda,  z-el  laväu-se, 
küre-ty-il-lokf  veve  finalma^tx  durmf-or,  e-el-lavö-se, 
kur-t^-al-luf  veva  finalma'nt/  durmi-ora,  e-1-lava-sr, 
d9  -  k  - 1  -  lonf  9a  finalmanter  as^  -  dnrmi,  ie  - 1  -  levd  -  su, 
k9D-ke-lu-lu°f  al-vev9  finalmentri  durml't  av9nd9,  a-siJevä, 
kuant-ke-l-löf   al-v$ve  finalmentri   durml't  avonde^   al-si- 

259.  und  weil  er  von  den  steinen  im  magen  so  grossen 
a  -  kun  -  k'a*  - 1#  -  el  -  veja  -  sur  vanyü  si  -  gr9nda  -  sa't 
e  -  per  -  kely-t/-^l-  veve- survanyl6  tant-sejd:  da- 
i  -  per  -  kuas  - 1%  -  el  -  veva  -  surny f  tant  -  sa't  da- 
i-per-t^e-k-l^a-dyatd  da-i-sas  t-1-magöö  tan- 
e-par-tse-ke-ju- klaps  t-al-st9mi  ei-i-v^v9 
^-'evät,  e-par-se-ke,  par  -  vie  -  d  -  a1  -  klas  int  -  al  -  st9mit, 


70  Texte  ans  lebenden  mnndarten. 

Durst  bekommen  hatte,   ging  er  zu  einem  brunnen  und  wollte 

dyu-t-la-krapa   ty-el-v^va   e-1-magün,   z-^1  'us  tier-ina-fantauna 

la-krape  ^nt-il-magün,  e^l-^1  Tc  tar-ena-truäs  e-leve-bever. 

la-krapa    t/-el-veva    a'nt-i-l-stoma,     e-l-i    pro-in-bvly    i-leva- 

sa{t,  iR-l-zit  a-n-di*Qk  i-a-ulü-bever. 

fat$  tantQ-si°t,  al-le^  la-di-um-pots  e-vol^-bevi. 

al-vev^  tant§-set,  al-§-lät  la-di-uia-pQs  e^areve^-bevi. 

trinken.  260.   Als  er  aber  anfing  zu  gehen,  da  stiessen 

a-leja-ba^er.  .     ku-ty-el-Q-aber-ants{et  ad-ira,   kq  qn  la- 

aber-kür-tx-e^l-Q-ants^t  ad-ekr,  $n  ils-kraps 
ba^ber.  -    mQ-kur-ty-el-a-kumantsa    ad-Tr,    an    es- 

ma-ko-k-1-a-skumentsa  a-zi,  a-i-sa§  te- 
ma-k^D-k-al-komentsä  a-lä,  'u  klaps  int- 
ma-kuant-ke-alJa-skomei3sät    a-la,   i-klas 

die  steine  in  seinem  bauch  aneinander  und  rappelten, 
krapa  ^n-s^-Vanter  stu§a11  in  kuntra  l-a"ter  a-ramurdu. 
ahiten-il-sis-va^ter   strumplö'  1-eny  kunter-1-öter  e-Qn-rumplanö. 
kraps  a'nt-in-sez-va'nter  batv  i-kluka  vn  kunter-l-^ter. 
si-vanter  urtä  un  t-l-a"ter  i-a-tamara. 
e-sQ-pantsQ  bater  un  t-al-atri  e-buzinar. 
int-a-so-paBse_  a^aia-trusät  ud  k'intre-l-altri  e-zbateviia. 

261.    Da  knurrte  er:  262.    „Was  rumpelt  und 

k$  Q-el  murmanyäu:  „tye{  rumplanejsa  a- 

alQ"re  Q-el  murmanyl6:  „tye   ramplune   e- 

lura  a-1  bruntulä:  „tye  rumura  a'nt- 

P9  a-1  bruntlä:  „t#e  tumbla  i-stlin- 

alojQ  al-brontola:  „tse  buzinQ  e-sklo- 

al$re  alJa-brontolat:  „se  buzine_  e-zbrun- 

pumpelt  in  meinem  bauch  herum?    263.   Ich  meinte,  es  wären 

rabata  e^n-nVu-v^nter ?■  !u  -  va  -  karti"  t/  -  i  -  fiis 

rabate  a'nten-il-mis-va^ter?  i-va-kartl°    ty-i-fis 

in-maz-va'nter?  a-na-kret  ty-i-fos  sez- 

derne'a-pa  te-mi-vanter?  i-e-minä  k-l-fosa  sips 

pe^Q  int-e-m<?-pantsQ?  W-kredilt  k-e'-fos 

dule  int-a-me^-panse?  ^-'a'-krudut    ke-fosi» 


II.   Der  wolf  und  die  sieben  zicklein.  71 

sechs  zicklein,  indessen  sind  es  lauter  steine."      264.    Und  als 

siz-andz6uts,  dantaun  z-a^mu-spir-krapetsla."  a-ku-t/- 

seks  andzo'Jlts,  dantänt  e^-ly  tot-krape."  e  -  küre- 

azölts,  impd-da-k^  ez-a  tot-krapa."  i-kur-t/- 

vezuei,  ntant  ie-l  blot-sas."  i-kq-k- 

sls  dzoko',  invetsQ  son  nQmQ-klaps."  e-kQB-k- 

sls  t/avr<js,  invesi  sod  dome-klas."  e-kuant- 

er  zum  brunnen  kam,  wollte  er  sich  übers  wasser  bücken  und 
el-e-vanyus  vid-la-fanta"na,  lev-el  sasto/ser  -  dyu  zu-l-aua 
t^-el-e^-rivö  tar-la-truäs,  lev-el  za-zbasär  sur-1-äve  e-bever; 
el-e-nyv  pro-l-bt?ly,  lev-el  az-zgubar  sur-l-äua  i- halber; 
l-i°-ruä  a-l-dr$k,  ulQve-1  se-plia  soura-l-^ga  i-bever; 
al  -  rivä  a-l-pots,  al  -  volevQ  - pleä -  si  sQrQ-1-ägQ  e-bevi; 
ke-al-e-rivät  a-l-pQs,  al^areve^-pleä-si  parzore-1-äge^  e-bevi; 

trinken;    265.  da  zogen  ihu  die  schweren  steine  hinein,    266.  und 

e-ba'ber;  k$  q  la-krapa-greVa  trat/  a'n-a-dyu  el,  a- 

-     kq  $n  ils-kraps-grefs  il  trat/  liä'nt,  e- 

kua  1-a  la-krapa-greva  trat-a'nt,  i- 
te-ks-memant  1-a  i-sas-pezqt/  trat-ite, 
alqrQ  'u-klaps-pezants  e'-lu-tirar-dentri, 

ma-i-klas-pezäns  a-lu-'an-tirät-drenti,  e- 

er  musste  jämmerlich  ersaufen.  167.   Als  die  sieben 

el-Q-stuviu  ni<j  mizeräblam&'n.  ku-t^-als-s^at 

eJ-Q-stuvP  mizeräblama'nt/  as-niantär.  kure  -  ix  "  ^8  " 

el-a-stuvv  z-na{entar  mizeräblama^t/.  kur  - 1/ -  es  -  set 

1-a-mesü  mizeramanter  s-arnag^.  kQ-k-i-set-ve- 

al-a-sk"inyüt  mizeramentri  nea-si.  kQD-ke-'u-s'et- 

alJa-skunyut  mizeramenti  ined-si.  kuant  ke-i-s'et 

zicklein  das  sahen,  liefen  sie  hinzu  und  riefen: 

andzöuts  Qn-viu  k"a!,  ^n-els  kurf-notier  ad-Qn-klumäu: 

s^t  andzqults  Qn-vle  kely,  e.n-ily  kurles-vetlrs  e-Qn-zbridyfe: 

azölts  an- vis  kuaf,  sun-a  kurvts-namprö  i-an  zbrayf: 

zu°i  a-udü  käst,  iez-i  frii-kapr^  i-a-zvajä,: 

dzoko1  e'-an-vidüt  kest,  e'-korer-ai  e-kridär: 

t/avr^s  a-'an-v'odut  kist,  a-son-kurus-dondy^  e-'aö-zberlät: 


1- 
e- 


72  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

268.    „Der  wolf  ist  tot,  der  wolf  ist  tot",        269.  und  tanzten 

„al-luf  e-morts,  al-luf  e-mQrts",  a  -  qn  -  sutäu 

„il-lokf  e^m^rt,  il-lokf  ^-mört",  e  -  Qn  -  saltö 

„al-luf  §-mQrt,  al-luf  §-mQrt",  i  -  an  -  salta 

„l-lo"f  i8-mQrt,  l-louf  ie-mort",  i-a-balä  da- 

„lu-lu°f  al-$-muart,  lu-lu°f  al-e-m"art",  e  -  e1  -  balär 

,,^1-löf  al-e-m"art,  eUlöf  al-$-muart",  e-a-^B-ba- 

vor  Freude  mit  ihrer  mutter  um  den  brunnen  herum. 

da-la-lagria  kun-sia-muma  enturn-]a-fantäuna.  a 

da-la-legre^  kun-si-mame  antun-la-truäs.  f 

d-algrets'a  kun-Iur-mama  intu°rn-aly-bi;ly.  m 

1-alegratsa,  kun-si-oma  ntour-l-drok.  p 

di-alegrfQ  kun-lu°r-märi  attfr-d-al-pots.  j 

lät  di-tante-konsolas'öia  kuia-so-märi  intor-d-al-pQS.  § 

Anmerkungen.  Satz  167.  a  andzeH,  f  andz$ul,  m  azä:l 
und  p  vezüel  =  haed-eolas,  £  dzokol  vielleicht  bloss  durch 
weitere  suffixierung  daraus  entstanden;  5  tyavr^t  ist  dem  ven. 
havreto  nachgebildet.  —  168.  m  i  „es"  nimmt,  wie  i  „und", 
vor  vokalen  ein  d  an  (s.  anm.  zu  141);  das  d-  an  dera  ist  aber 
angewachsen,  und  zwar  offenbar  eben  infolge  der  häufigen 
Verbindungen  et -erat,  aut-erat,  inde-erat,  wo  das  abgelöste 
erste  wort  sonst  meistens  ohne  -d  gebraucht  ist:  i,  0  und  einstens 
vermutlich  in.  —  169.  Neben  udyqn  hat  man  am  Vorderrhein 
und  zum  teil  am  Hinterrhein  budyqn  u.  ä.,  in  p,  Gadertal  und 
Buchenstein  ist  das  wort  für  „gern",  wie  in  m  und  im  Münster- 
tal, um  die  erste  silbe  verkürzt  und  lautet  dyan,  y§n  u.  ä.;  es 
scheint  =  voli-endo  zu  sein,  obwohl  -li-  nicht  überall  die  ge- 
wöhnliche entwicklung  zeigt.  —  5  *ur  „ihnen"  ist  aus  dem 
Wettbewerb  der  zwei  formen  illi(s)  und  illorum  (toskanisch  gli 
und  loro)  hervorgegangen.  —  §  uar$v$,  uarut  (200)  erinnert  an 
das  rumänische  vrea,  vrut,  nur  dass  r  aus  l  zwischen  vokalen 
im  Rumänischen  eben  gesetz  geworden  ist.  —  170.  m  damdlydr 
ist  im  Unterengadin  zu  einem  Substantiv  zusammengewachsen.  — 
171.  Hier  wird  man  zuerst  bemerken,  dass  £  noch  ein  ein- 
faches perfekt  besitzt.  —  172.  Carus  im  eigentlichen  sinne 
heisst  in  p  tjar  oder  txare  (satz  6);  hari  ist  ein  fremd  wort.  — 
173.  Statt  f  p$l  e-pfl  würde  man  lieber  p$l  ed-yse  sagen  (vgl.  3).  — 


II.   Der  wolf  und  die  sieben  zicklein.  73 

175.  £  e  =  ad  illam,  $  a  =  illam.  Der  blosse  artikel  illa(m) 
gibt  £,  i  la,  in  Verbindung  mit  den  meisten  präpositionen  aber 
£  e,  i  a,  z.  b.  mit  ad:  e,  a,  mit  de:  d-$,  d-a,  mit  per:  #-?,  p-a, 
mit  intus:  i'n£-?,  iw£-a.  Ähnlich  der  männliche  artikel:  £  lu, 
l  il,  aber  mit  ad,  intus  usw.:  £,  5  al,  int-dl  usw.  —  Zu  m 
kunyoserdt  vgl.  anm.  zu  59.  —  179.  p  zi,  zidq  und,  nach  dem 
Vorbild  von  factus,  zit,  zitq.  —  182.  1  partd  und  puartd.  — 
183.  Statt  via-la-güs  auch  yo-da-la-güs.  —  187.  a  auch  hrida.  — 
la  di  U73  butegdr,  ähnlich  rumänisch  la  un  negustör  (illac).  — 
189.  f  el-el  aus  $-el.  Wenn  die  beiden  §  zu  einem  einzigen 
vokal  zasammenfliessen,  so  verliert  das  zweite  wort  seinen 
silben wert:  dagegen  sträubt  sich  das  Sprachgefühl.  In  p  ie-l 
ist  l  silbisch  ausgesprochen,  oder  kann  es  wenigstens  sein;  in 
Enneberg  (r)  zwingt  man  das  l  durch  einen  vorgeschobenen 
d-verschluss  zur  silbischkeit:  e-dl;  in  m  sträubt  man  sich  nicht 
mehr  gegen  die  Vereinigung  der  zwei  Wörter  zu  einer  silbe: 
e-l  (neben  ez-el  s.  221).  —  196.  3  dit-i,  beliebte  anhängung  des 
dativs  t  (ihm,  ihr,  ihnen)  an  das  part.  perf.  in  5:  vgl.  198,  202, 
211.  —  199.  £  semeni-mi,  ohne  pronomen  semeng,  5  sanierte  = 
semina,  s.  anm.  zu  85.  —  200.  £  ku-lu-lu°f  statt  he-\  dieselbe 
vokalangleichung  201  su-no-tu,  208  su-tu.  Übrigens  war  „chn" 
einst  auch  sonst  für  oder  neben  „che"  im  Friaulischen  ge- 
braucht. —  201.  f,  m  ad  =  lat.  te,  wie  141  f ,  m  z  =  lat.  se. 
Anlautendes  s,  t,  wird  nicht  stimmhaft,  aber  unbetontes  se,  te 
wurde  sa,  ta,  dann  s,  t  oder,  wenn  es  die  lautumgebung  ver- 
langte, as,  at;  nun  konnte  dieses  -5,  -t,  als  auslautend,  vor 
folgenden  vokalen  und  stimmhaften  konsonanten  stimmhaft 
werden:  z,  d  oder  az,  ad.  —  203.  p  se-sa,  £  si-sa  man  weiss.  — 
204.  a  'eda,  b  ga,  f  eny-§e,  dilz-dya,  m  vna-yq,  duez-dyädes 
oder  -dya  =  vic-ata;  p  uw  'ade,  doiJqdes,  q,  r  'ade,  Buchenstein 
v'ade  =  viaticum ;  £  vidts  ist  das  afrz.-aprov.-italienische  viaggio 
in  der  bedeutung  des  verdrängten  einheimischen  viaticum 
(vgl.  s.  270).  —  205.  Das  -t  von  £  av{erdzit,  §  v'arzet  macht 
eine  Schwierigkeit,  wenn  sich  -mi  daranschliessen  soll;  die 
lösung  in  5  ist  eine  Sehenswürdigkeit  auf  indogermanischem 
boden.  —  208.  m  o-nq  oder  auch  o-nce.  —  217.  m  t%a{sta 
scheint  nicht  als  erbwort  von  lat.  cista  abzustammen,  sondern 
aus  dem  Deutschen  entlehnt  zu  sein  (kiste).  —  232.  Man  über- 
sehe nicht,  dass  in  Graubünden  die  adverbien  auf  -mente  den 


74  Texte  aus  lebenden  mnndarten. 

ton  auf  dem  adjektiv  haben.  —  236.  p  pu're  ohne  pluralzeichen, 
wie  das  dort  den  attributivischen  adjektiven  vor  dem  Substantiv 
gestattet  ist.  —  238.  £  lio  oder  li°,  die  zweite  form  wäre 
etymologisch  richtig.  —  246.  a  zqn-els  „sind  sie",  aus  elz-qn 
wohl  nur  deshalb  falsch  umgekehrt,  weil  auch  dem  sing.  el-q 
die  mit  z  anlautende  umkehrung  z-el  gegenübersteht.  Es  ist 
also  z  im  gründe  genommen  das  s  von  est,  g  das  e  von  est,  n 
das  n  von  habent,  dem  vorbild  des  rheinischen  plurals  zu  est, 
und  eis  der  akkusativ  illos,  der  auch  als  nominativ  dienen  muss. 
Einfach  und  kurz  ist  die  geschiente  von  f  $n-ily  und  die  von 
p  iez-i\  m  sun-a  ist  einfach  sunt-illi,  lautlich  erleichtert.  — 
254.  m  namprö  und  p  Jcaprtf  zeigen  in  der  betonten  silbe  eine 
auffällige  Übereinstimmung  zwischen  dem  Unterengadin  und 
den  tälern  um  die  Sellagruppe,  p,  q,  r  und  Buchenstein:  das 
ist  die  ortspartikel  pro,  pro  („zu"  und  „her").  —  257.  a  z 
(statt  pt)  =  est,  f,  m  z  =  se.  —  258.  Das  in  Graubtinden  und 
Tirol  zu  levatum  hinzugefügte  sursum  entspricht  dem  deutschen 
„auf"  und  wird  wohl  nicht  ohne  deutschen  einfluss  zu  dieser 
Verbreitung  gelangt  sein.  —  259.  a  dyu-t-la,  man  würde  -d- 
erwarten;  aber  das  d  verbindet  sich  am  Rhein  nicht  gern  mit 
l,  man  zieht  es  lieber  zur  vorhergehenden  silbe,  wo  es,  im  silben- 
auslaut,  stimmlos  wird,  wie  das  d  von  -tudinem  in  f  styiradetne. 
finsternis.  —  263.  £  invetso  oder  inv$ts$  und  5  inv$si,  alle  drei 
fremden  gepräges.  Das  italienische  (toskanische)  invece 
wurde  auf  venedischem  boden  invetse  oder  invese  gelesen  (in 
Port,  invese);  das  auslautende  -e  wird  in  Friaul  entweder  in 
das  geläufige  -$  umgesetzt  oder  in  -i;  das  betonte  e  kann,  als 
in  der  vorletzten  silbe  stehend,  zu  e  nationalisiert  werden; 
endlich  kann  innerhalb  Friauls  das  -§  zu  -q  und  das  ts  oder  s 
zu  ts  werden,  wenn  das  wort  aus  der  friaulischen  ebene  nach 
Karnien  wandert.  So  erklären  sich  jene  drei  friaulischen 
formen.  —  266.  a  ni4,  £  neä  =  necare,  die  Wörter  in  f,  m  und 
l  sind  ableitungen  davon;  aber  p  arnag4  ist  in-aqu-are.  — 
269.  Saltare  ist  in  Graubünden  noch  in  der  alten  bedeutung 
erhalten,  wie  salire  (s.  satz  250);  in  Tirol  und  Friaul  ist,  wie 
in  den  meisten  romanischen  sprachen,  die  bedeutung  von  saltare 
auf  die  von  salire  herabgedrttckt,  salire  vergessen  und  für 
„tanzen"  ein  neues  wort  anderswoher  bezogen. 


III.   Der  alte  hund. 


75 


[.  270 

.  Der  alte  hund. 

a 

ai-txa"n-vely. 

f 

il-t^aa-vily. 

m 

al-tyan-veiy. 

P 

1-vedl-t/an. 

l 

lu-t/an-ve^u. 

i 

^l-t/aß-v^li. 

271.  Ein  baner  hatte  einen  wachsamen 
in  -  pur  v^va  in  -  t#aun  -  valy^nt, 
en-pukr  veve  en-t/an  vidyilänt, 
in-pallr  veva  in  -  t^an  -  bun.  t/ß 
m  -  paur  9a  m  -  bon  -  t/an ,  k  -  9a 
üb  -  kontadiB  al  -  vev9  un  -  t/an- 
ub  -  kontadiB  a  -  veve.  un  t^an- 


hund,  der  Sultan  hiess. 

t#a  veva  num  sultan. 

t/i  veve  nom  sultan. 

veva  noin  sultan. 

inüem  sultan. 

bon,  ke  al-vevQ  n^n  sultäfl. 

zveat,  ke  al-veve  noB  suMb 


172.    Der  war  schon  alt  geworden 

k"^l  ^ra  SQn-vanyüs-vely  a- 
kel  ere  s^n-nr-vily  e-veve 
kuest  dera  s^n-nyt'-vely  i- 
kast  foa  bele  -  uni  -  vedl  i- 
kest  al-erQ  b^l-deventät- 
kist     al  -  'ej$     za  -  deventät- 


und  hatte  keine  zahne  mehr,  sodass  er  nichts  mehr  ordentlich 
veva  nadyinz  -  d'ants  ple,  use"  - 1/  -  el  -  saveva  -  tsapa"  nuet  ple 
nindz-da'nts  ple,  use"  - 1/  -  $1  -  pudeve  bet/  ple  t/apdr  -  a'nt 
na -veva  plu  indyunts  -  da'nts,  u§e*  - 1%  -  el  -  na  -  pudeva  noeya  plv 
n-Qa  plu  degün-dants,  Bsi-k-l-ne-pud^a  plu  nia  baB  p'a-ite. 
vCjt/u  e-al-no-vevQ  aHris  dint/,  kusi-k-al-no-podev^-t^apä 
v'eli   e-al-no-vere   plu'    dinty,   kusi  -  ke  -  al  -  no  -  podeve^    plu1 


anpacken  konnte. 

skuJ-auda. 

entsat^e  ku-t^i-tot^e. 

tsufer  indr^t. 
> 

pullt  nu'-ätri. 
braßkä  bea  nu'e. 


273.  Da  stand  einmal  der  bauer  mit 
k$  steva  in-'e/ia  al-pur  kun- 
en-^e  stave  il-pukr  ku-la-si- 
ina-ya  steva  al-panr  kun-sa- 
n-'ade  staz^a  l-paur  kun- si- 
nn -  viäts  In  -  kontadin  al  -  stevQ 
une-v9lt^   al- kontadiB   al-st§v$ 


seinem  weib  vor  dem  tor  und  sagte: 

sia-femna  avd"n-la-p9rta  e-o-det/: 

done  avänt-p^rte  e-Q-det/: 

dona  avänt-p9rta  i-a-dit: 

fana  daD-p9cta  i-a-dit: 

ku-la-s9-f^m§n9  devänt-la-puart9  e-al-diz^: 

kui3-so-f^mine  denänt-la-puarte  e-alJa-dit: 


274. 


„Den  alten 
„al-vely- 
„il  -  vily  - 
„al  -  vely  - 
„l  -  vedl  - 
„lu-ve^u- 
„$1  -  vjeli  - 


76  Texte  aas  lebenden  mnndarten. 

Sultan  schiesse  ich  morgen  tot,    275.  der  ist  zu  nichts  mehr  nütze." 

sultan  sieV'u-dyu  damäun,  k^l  vala  tier-nuet  ple." 

sultan  sady^t-i-dyu  dumän,  k§l  q  par-navöt  ple." 

sultan  sa'eVa-yo  dumän,  kuel  nan-e  plv  per-noeya." 

sultan  stlupt6-i  duman,  l-n-ie  plu  da-nia." 

sultan  i-lu-tiri-'u  demän,  lul  al-no-^  pin  bon  da  nu1^." 

sultan  'o-lu-koparä1  dumän,  lu1  al-no-le  plu1  par  nu1-§." 

276.  Das  weib  hatte  mit  dem  armen  tier  mitleid  und  sagte: 
la-femna  v§va  kumpas^n  ku-l-pa"per-tier  ad-9-dety: 
la-done  veve  kompa^ün  ku-l-pöver-tlr  e-9-dety: 

la  femna  veva  kumpas'ün  ku-la-povra-bestya  i-a-dit: 
la-fana  se-menga  pityä  d-l-puere-tier  i-a-dit: 
la-f^m^nQ  e.-vevQ  kompas'ön  d-^-pu^ve^-bejst^  e-$-diz§: 
la-ftjmine  a-v^v^  kompas'ön  di-k^-p^re^-bej^e  e-a-'a-dit: 

277.  „Wenn  er  uns  schon  so  viele  jähre  gedient  hat  und  ehrlich 

„s  -  §1  -  9  -  sarvfu   da   nus    taunz-ons   ad  -  e  -  staus  -  fidaVels 

„si-e^l-Q-SQn-sarvP  a-noks  tanz-9nts  ed - q - sto - fidevel 

„s  -  el  -  anz  -  a  -  sqn  -  sar vi  tant  -  onts  i  -  e  -  stat  -  on£st  i  -  fid61, 

„se-1-nez-a-bele-servi  tan-d-ani  i-^-stat-ra'dla  i-va- 
"  >  >  >     >  ...... 

„s-al-nuz-a-b^l-sejvlts  tanty-any  e-al-e-stät  onest  e- 
„za-ke-lu^al-nuz-^-servlt  tanty-a'n  e-al-e-stät  on^ste- 

und  anhänglich  war,  so  könnten  wir  ihm  doch  das  gnadenbrot 

ad-atasäus,  se-savejsen-nus   taunatäun  da   ad-el  al-paun  per- 

e-andz-veve-gudy^nt,    si-pudesents   tQ/   ily-där    il-pan   per- 

si-1-pudesen  tanttma  1-där  al-pan  da-grats'a." 

lant  kun-nous,  pudesanze  mpQ  i-de  va/ter  da-madya." 

fedM,  nu°-podaresin  ben  dä-i  lu-pan  dibänt." 

fed£l,  a-podarejsin  p9  mantinyf-lu  par-gras'e." 

geben."     278.   „Ach  freilich",  sagte  der  bauer,  279.   „du  bist 

nuet."        «        „a  per-sas^ts",  o-l-pur-dety,  „te  -  a'z  - 
navöt."              „a  naturalma'nty",  9  il-pukr  det/,        „te  -  ist 

„m9  natural",  a-dit  al-paur,  „tv  -  nan  - 

„a  dants",  a-dit  l-paur,  „tu-n-ies- 

„a  sigur",  al-dls  lu  kontadfn,  „tu-no-tu- 

„ma  sigur",  *a-dit  $1  kontadfn,  „tu-no-tu- 


III.   Der  alte  hund.  77 

nicht  recht  gescheit;    280.  er  hat  keinen  zahn  mehr  im  maul, 

bet/a  fety  parderta;  el-Q    nadyinz-d'ants   ple   a'n-buka, 

bety  tot  parderte;  el-9   ninz-da^ts   ple   a'nten-buke, 

es  ba!n  sk^rta;  el-nan-a  plv  nyank  vn-da'nt  in-boka, 

a  dra  akorta;  1-nen-a  plu  degün-dant  te-botya, 

si°s  beu  akuartQ;  al-no-1-a    a'tris    dint/    im-bQtxQ, 

ses  furbe;  al-no-sa  plu1  nisuo-dint  im-bo^e, 

281.    und   kein   dieb   fürchtet   sich   mehr  vor  ihm:  jetzt  kann 
a-nadym-lader  tema  ple  el:  usa  po-ej  ira. 
e-nindz-läders  il-tejnen  ple:  ose  p(?l-el  egr-dav^nt. 
i-ndym-läder  na-s-tema-plv  dad-el:  osa  po-1  ir-davent. 
i-degün-lere  ne-se-1-tam  plu:  zan  pQ-1  s-en-zi. 
e-nisÜD-läri"al-no-l-a  ätri  pour$  di-lu*:  kumö  al-po  lä-si-nt. 
e-nisÜD-läri  al-no-'a  plu1  paure  di-lu':  kum^  al-pol  la. 

er  gehen.  282.  Solange  er  uns  diente,  hat  er  auch  sein  gutes 
si-dity  sku-l-9-sarvi'1  da-nus,  s-9-el-era  sur- 
si-de^sku-el-andz-Q-sarvT3,  9-el  er  survanyle 
use-loent/  t/-el-anz-a-sarvf,  a-1  er  surnyi  saz- 
intan-k-1-nes-a-servf,  a-l-nt^e  dyatä  si-boD- 
intänt-k-al-nuz-a-s^rvlt,  al-a  ent/  ritsevut  lu- 
fintant-ke-al-nuz-'a-servlt,  al-'a  antye  vüt  al- 

fressen  dafür  bekommen."  283.   Der  arme  hund 

vanyü  sia-buna-malya  parsjanter."  al-pauper-txaun 

il-siz-bun-damalyer  perelve."  il  -  pöver  -  t/an 

bun-damalyar."  al  -  pover  -  t/an 

madya  "  l-puere-t/aD  f$a 

SQ-boB-mandyä."  lu  -  pu°ver  -  tyan 

so-boD-mandyä."  $1  -  p"er  -  tyao 

lag  nicht  weit   davon   in   der  sonne  ausgestreckt;       284.    da 

zieva  betya  lyundz-dav^n  starnius  91*  aly-sul^ly;  kq 

zazeve  bet/  lyunts  da-lQ  standi-ör  a'nten-il-suly&y;  I9 

yazeva  na  loents  da-la  sta'z-öra  a'nt-i-1-sulä1;  la 

nia  dalönts  da-il6,  pendü-zu  te-suiädl  desträt;  ilö 

al-no-stevo  lontän  d-ai  distirät  iD-sari°li;  alä 

al-steje  nQ  lontdo  di-li  distirät  par-soreli;  la 


78  Texte  ans  lebenden  mundarten. 

hörte  er  alles  und  wurde  traurig,  weil  morgen  sein  letzter 
9-el  udiu  tut  ad-^-vanyüs-trests,  par-kV  tya-dam&un  du- 
9-I  santl6  tot  e-nive- trolle,  per-kely  tyi-dumän  duev-eser 
a-1  dudi  tot  i  -  e  -  nyt>  -  trist,  per-k^a1  t#a-duman  des-eser 
a-1  o"di  dut  i-ie-deventä-tra"rik,  da -via  ke-dumän  das^a 
al- sinti  dut  e-deventd-suturnQ,  par-tse-ke-lu-di-d^pQ  al- 
al-'a-sintut  dut  e-al-e-deventät  maliDkQnik,  par-se-ke-dum&B 

tag  sein  sollte.  285.    Er  hatte  einen  guten  freund, 

ev-eser  si"-davoz-de.  e^-veva   in-bien-amitx,   al- 

il-siz-davoz-de.  el  -  veve  em  -  buD  -  ame^,   il- 

saz-ultim-di.  el  -  veva    in  -  bun  -  ami ,   al  - 

vester  si-di-ded^.  1  -  9a     m  -  bon  -  amfk,     1  - 

skx1inyivQ  'esi  lu-SQ-ultim-di.  lu'-al-v^vQ  uu-bon-kompäny, 

vev$  di-'esi  el-so-ultin-di.  lu1  -  al  -  veve    un  -  boD  -  ami, 

den  wolf,        286.   zu  dem  schlich  er  am  abend  hinaus  in  den 

luf,       .  ti°r-kuel   z-el   sluitä"s   la-sera   Qra-ely-^t 

lokf,  ter-kel  e-1  sluitö-ör  la-se're  ahnten -il-göt 

luf,  pro-kuel  e-1   mutsa,  la-sah-a  a'nt-i-l-g9t 

louf,  da -käst  s-i°-l  sla/^ena  da-sa^ra  t-l-b^sk 

lu-lu°f,  da-kest  al-la   deskii°s   di-serg  int-al-bQsk 

al-löf,  la-di-lu*  al-e-zbrisat  di-ser^  t-al-b^sk 

wald   und  jammerte  ihm  vor,   was  mit  ihm  geschehen  sollte. 

ad-9-lamentä11  se  per-el  tye'-k-i-duesi-sabady^  kun-^1. 

e-ily-9-plandzf-avänt  t#e-ty-il-du^s-davantär  kun-el. 

i-a-plQnt  t/e-t^-i-veva  da-dvantar  kun-el. 

i-s-a-lamentä  pra-d-al  t^e-k-i-i-ulas  f§. 

e-al-si-lamentä    di-ts^-k-al-dovevQ   sutsedi    int-al-demäu   di-lul. 

e-al-Vva'ut  kua-lu1  par-kel  ke-veve.  di-susedi-dyi. 

287.  „Höre,"  sagte  der  wolf,    288.  „sei  guten  mutes,    289.  ich 


„auda,"  9  1-luf  dety, 

„adyes  kuraza, 

»n- 

„terle,"  9  il-lokf  det/, 

„v^dyez-be^-t^me, 

i  - 

„d^da,"  a-dit  al-luf, 

„ayez-bun-kuraza, 

a,- 

„aut,"  a-dit  l-louf, 

„n-ebes  tama, 

ie- 

„sint,"  a-i-diz^  lu-lu°f, 

„da-t^i  kurady9, 

!o- 

„sint,"  ja-dit  el-löf, 

„koradyo, 

!o- 

III.   Der  alte  hund. 


79 


werde  dir  schon  aus  deiner  not  helfen, 
veny  s<m  a-dyidä  te  Q-da-tia-mazer'a. 
viny  s^n  a-d-dyidär  or-da-la-ti-mizerdye. 
d-ytdara  s<m  or-da-taz-bzo3ny. 
te-zuder^-pa  bao  Qra-de-ti-stanta. 
i-t#i-dyavar&1  beD  d-al-to-intrlk. 
ti-tirard1  za  für  d-al-to-intrik. 


290. 


Ich  habe  mir 
!u  -  a  -  patar  - 
i  -  va  -  pantsö  - 
a-na-studya- 
ie  -  m  -  e  -  psa  - 
5o  -  i-mi-so'- 
^-mi-sV-za- 


etwas  ausgedacht. 
t/än-Qra  entsat/e. 
ör  entsat/e. 
öra  alt/. 
Qra  velk. 
impensät  alk. 
pensät  alk. 


291.  Morgen  in  aller  früh  geht  dein  herr 
damäun  b^n-marvely  vq  tiu-senyür 
dum  an  bany-marvely  vq  il-tis-patrün 
duman  abanüra  va  tas-patrün  kun- 
dumdn  #abenoura  va  ti-padröo  kun- 
demän  buinQrQs  lu-tQ-parön  al-va-ku- 
dumdo  a-buin-$re  al-to-parÖD  va  kun- 


mit  seiner  frau  heuen, 
kun-sia-dona  a-fa  fa'n, 
ku-la-si-femne  a-far  ku-1-fany, 
sa-dona  a-fär  kun-fa'n, 
si-faua  a-lour(j  ku-l-fan, 
la-sQ-fijmenQ  a-fä  fen, 
so-fijmine  a-fa  fen. 


292.  und  da  nehmen  sie 
e-kQ  prenden-elts  s'u- 
e-kQ  pely-ily  il-siz-büp 
i-la  pilyen-a  lur-pitsen 
i-il6  tQl-i  si-pitl  mpea, 
e-ai  e'-tol  ent/  lu-lu°r- 
e-la  a-t/olin  kun-lor  al- 


ihr     kleines     kind    mit,     weil    niemand    zu    hause    bleibt. 

ufä"n  -  piüy    kun  -  elts ,    par  -  k'V    tya  -  nadyfn    rest  -  a  -  t/eza. 

kun  -  elts,   per  -  kely   t/i  -  niny   reste   a  -  t#a. 

ufänt   kun -es,   per  - 1/ -  indyvn   na  -  resta   a-tyäza. 

per  -  t/e  -  ke  -  degun    resta   a  -  t/aza. 

pitsul  -  frut   kun  -  lu°r,   par  -  tse  -  ku   nisüß   al  -  restQ   a  -  t/azQ. 

so  -  plsul  -  frut,   par  -  se  -  ke  -  nisun   no  -  rest§   a  -  t/aze. 

293.  Das  pflegen  sie,  während  sie  arbeiten,  hinter  den  zäun  in 
kuel  Qn-ejts  per-m^da  da-meter  durqn-la-lavur  3-l-um- 
kel  Qn-ily  per-m^de  da  m§ter,  dantänt-els-lavüren,  da- 
kuest  soln-a  meter,  intänt-t/i  lagüren,  davö-la-sa'f  a'nt- 
kast  mat-i  danyoura,  intdn-k-i-lo"ra,  dQ-la-sief  te-dura- 
kest  e'-lu-met  simpri,  intänt-k-e'-lavQrQ,  dev6ur-la- 
kist  a-lu-m^tin  simpri,   intaut- ke-a-lavorin,  daur-la- 


80 


Texte  ans  lebenden  mundarten. 


den  schatten  zu  legen.         294. 

briva  davqs-la-sa'f. 

vos-la-sekf  a^ten-la-sumbre've. 

i-la-sumbrlva. 

brea. 

standyadQ  in-ornbrejiQ. 

tyarande  t-al-ombren§. 


Lege  dich  dazu,  als  wenn  du 
sameta  dasperes,  sku-sa-te- 
mete-t  dasperes,  sku-si-te- 
t-meta  dasp^ra,  sko-sa-tt>- 
ponde  -  te  deprq,  ske  -  tu  - 1- 
met-tyi  af  dindyQ,  kQmQ-su- 
buti-ti  dondye,  kome-se-tu- 


es  bewachtest. 

partyirases  k"el. 

t^iresez-el. 

1-pertyureses. 

vardases. 

tu-lu-"ardeas. 

lu-uarda§is. 


295.  Ich  werde  nachher  aus  dem  wald  heraus- 
}u-veny  ts'anter  a-vanyi  Q-da-ly-"aut 
ie-viny  slve  a-nikr-ör-d-il-göt  e  aß- 
a-nyara  Iura  or-d-al-g^t  i-aogulara 
unirij  pQ  Qra  -  d  - 1  -  bojsk  i- rubere  1- 
o-i-vinyara1  d^pq  fty'r - d - al - bQ§k  e- 
o-venyarä1  doj>o  für  -  d  -  al  -  b^sk  e-ro- 


kommen  und  das  kind  rauben. 

ad-eiagulä  ly-ufäun. 

guldr  il-büp. 

1-ufant. 

pitl. 

raubarai  lu-frut. 

barä1  el-frut. 


296.  Du  musst  mir  schnell  nach- 

te-stos  daböt  k"erer  s'anter- 

*■  > 

te-st$st  dab^t  kurikr  slve- 
ti>stos  ku°rer  zvelt  davö- 
tu-muPses  debQta  me-fri-dQ, 
tn-tu-skuens  z"elt  kori-mi- 
tu-tu-skunyis  kori-mi  prest 


Ich 

*u- 
ie- 
a- 
ie- 
'o- 
'o- 


rennen,  gerade  als  ob  du  mirs  wieder  abjagen  wolltest.    297. 

m$,  grat  sku-sa-te-leses-pre^nder-dyu  el  da-m^. 

me^,  dyist  sku-te-leses  puspe  il-tyapär-dyu  da  me. 

ma!,  yust  sko-s-tv-1-leses  dart#(j  am-tör. 

dra  ske-tu-me-1-ulases  inq  tQ. 

devöur,  just  kQmQ-se-tu-vol£s-toli-m-el  da-nollf. 

datir,  prQpi  kome-se-tu-uarej§is^t/o[li]-mi-lu  di-nyöf. 

lasse  es  fallen,      298.  und  du  bringst  es  den  herrenleuten  wieder 

laz-da-dyu  el,  a  -  te  -  pQrtez  -  e^l    puspe    a  -  te1-s  -  patrüns 

il-las-krudä>,  a  -  te  -  il  -  partes    puspe    anavds    als  -  tis- 

al-laz-dar-dyo,  i-tu-al-pQrtes   dart^   inavö  a-tas-pa- 

1-lase-tum^,  i-tu-1-pQrtes  in<?  tsruk  a-i-padröns. 

i-lu-lagi-tyadf0,  e-tu-tu-lu-tQrnQS  a-p"artä  indev<5ur  a- 

lu-lasi-t#ad6,  e-tu-tu-lu-puartis  indaur  a-i-paröߧ. 


III.   Der  alte  hund.  81 

zurück.  299.  Die  meinen  dann,  du  hättest  es  gerettet,  und  sind 
anavqs.  kuete  trat/en  lu  t#a  -  te  -  adyes  -  spindräu  el  ad- 

patrÜDS.  kelts  kre'en  alo^'re  ty*  -  te  -  v^dyes  il  spindrö  e- 

trünts.  k"ej3    kraäen    Iura    t/a  -  tv  - 1  -  ayes  -  salva    e-sun 

kis  miena  -  p$  ke  -  tu  - 1  -  ebes  -  varentä,  i  -  i  -  te- 
i-paröns.  kes  eJ-kreut  d$p$  ke-tu-tu-lu-vebis-salvät,  e- 

lor  a-krodiü  alQr§  ke-tu-tu-lu-vebis-salvät,  e- 

viel  zu  erkenntlich,  als  dass  sie  dir  dann  etwas  zuleide  täten. 

en  b!e  -  memi  -  enkunasaVels,  t/  -  eis  -  venyesen  a  -  f a  entsag 

en  bler  -  mendye  -  angratyevels  per  -  at  -  far  alQ"re  entsat/e  d- 

bler-masa-rekonyosa/nts  per-at-fär  aldy-da-1-mäl. 

savrä  masa-gra  per-te-f^  pQ  velk  de-mel. 

e'-son  trop-masQ-rikonos^nts  par-fa-t^i  dQpq  alg-di-mäl. 

a-son  tr^p-mase-rikonyoslns  par-fa-ti  alQre  d-al-mäl. 

300.  Da  kommst  du  bei  ihnen  erst  recht  in  gnade, 

da-l-mal  da-te.  kq  venyes-te  grat  a-vanyi  tier-els  en-grats^a, 

il-mäl.  kQ    viny-ily    prQpe    a-d-vekr    gudy^nt, 

Iura  va'nts  -  tv  pro  -  es  pur  dret  in  favür, 
Dlo"ta  vanyes  pra-d-a*  dqq  dra  in-grats'a, 
al$rQ  tu-tQrnQS  kuD-lu°r  intyimö  a-buinQ8, 
al$re  tu-venyis  kun-lor  ant/emQ  plu'  in-buinis, 

301.  und   sie   werden   es  dir  an   nichts  mehr  fehlen   lassen." 
ad-ete-venyen  a-s$  munkd  da-te  nnet  ple." 
e-els-vinyen  a-t-laser  mant^er  navöt  ple." 
i-ez-na-t-lasaran  plu  maökar  no3ya." 
i-i-ne-te-laserä  plu  nia  mantya." 
e-e'-no-t^i-lasarän  mantyä  nu^ätri." 
e-a-no-ti-lasarän  plu1  mant^ä  nu'e/' 

302.  Der  rat  gefiel  dem  hunde,  303.  und  wie  es  ver- 
kuaLkusely  Q-plaziu  a-l-txann,  e  -  sku  -  ejz  -  eren 
kel-kunts^ly  Q-plazfe  a-l-t/aD,  e  -  sku  -  eklz  -  ve- 
kuest-kusäly  a-plazu  a-l-t/an,  i-sko-t^-ez-ve- 
ks-kunsa1  a-plazü  a-l-tyaü,  i-kQ-k-i-s-ga- 
kest-koDs6!  aJ-a-plazut  a-l-tyan,  e-komQ-k-e'-si- 
kist-kuns^1  Pa-plazut-i  a-l-tyaü,  e-kome-ke-'e^- 

Gartuer,  Bätorom.  spr.  u.  lit.  ß 


82  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

abredet  war.  so  geschah  es  auch.  304.    Der  vater  schrie, 

sakunvenyi-dyu,  use"  z-a1  davantä",  al  -  bap    9  -  gri", 

ven  ats-lase-dyu,  use"  3-ly-er  davantö.  il  -  bap    q  -  zbri- 

ven  per-iiakl£ts,  use"  ez-a  er  davanta.  al  -  bap  a  -  zbra- 

ruznä,  ie-la  ntye  devent^da.  1-pere    a-zva'a, 

e^Q-intinduts,  kusf  sd-q  §ntye  deventat.  lu-päri    al-kri- 

stät-intindut,  kusi  al-e-stät  ant^e  fat.  §1  -  pari    §i  -  *a- 

als  er  den  wolf  mit  dem  kind  übers  feld  laufen  sah; 
ku  -ty-e^-Q-  viu  al-luf  mQn  ku-l-ufal1n  aträs  -  al -plalln; 
dyle,  kur-t#-el-Q- vla  il-lokf  kurqnt  traz  -  il  -  fonts  ku-l-büp; 
yi,  kur-ty-el-a-vis  al-luf  a-kunrer  a^-per-la-tyampQnya  ku-1-ufänt; 
kQ-k-l-a-  udü  1  -  lo"f  kuran  tr$z  - 1  -  t/amp  ku  - 1  -  pitl; 
da,  kon-k-al-ved^  a-kori  lu-lu°f  su-p-al-t^amp  ku-1-frut; 
mittit  a-2berlä,  k'^nt-ke-al-'a-v^dut  il-löf  a-kori  trav^rg-il-tyamp 

305.  als  es  aber  der  alte  Sultan  zurückbrachte, 
ku-t^-al-vely-sultan  Q-aber  purtäu-anavqs  el, 
aber-kur-tx-il-vily-sultanily-Q-purtö-anavds, 
mQ-kur-t^-al-vely- sultan  l-a-purta-inav6, 
ma-kQ-k-1-  vedl  -  sultan  1  -  a  -  purtä  -  tsruk, 
ma-  koB-  ku  -  lu  -v$t#u  -  sultaia  a-  lu-  puartä-  in- 
ku-1-frut  in-bQtye;      ma-k'^nt-ke-il-v^li-sultäu   al-luJa-puartät- 

da  freute  er  sich,  streichelte  den  hund  und  sagte :  306.  „Dir  soll  kein 

k$  z-ej  salegrä"s,  Q-strehäu  al-t^aun  a-dety:  „da-teda^e- 

o-l  adz-legrö,  Q-strityi6  il-t^an  e-Q-dety:  „a  -  te    du^s 

z-a-1  alegra,  a-lyisa  al-t/an  i-a-dit:  „a  -  ta1    nu- 

s-a-1-gudü,  a-tsartiä  1-tyan  i-a-dit:  »a-ti  n-ax:sa 

dev6"r,  a-si-ralegra,  al-t/aresa  lu-tyan  e-diz^:  „a-ti  nent^e 

indaur,  al-si^a-konsolät,  'a-tyaresät  il-t/an  e-'a-dit-i :  „a  -  ti  no  -  si- 

härchen  gekrümmt  werden,  307.    du  sollst  das  gnaden- 

t#a  vanyi  stursiu  in-t#av£ly,  te-da^es-va*   al-pa"n 

nikr  strubö  niny-pe/1,  te-ast    a-vekr-il-pan 

dastya  nyir  fat  noeya  d-al-mäl,  tu-as   ad-avä^   al-pan 

uni  stört  m-pa/1,  tu  -  qz  -  d  -  ava1  1  -  pa» 

ud  pi°l  no-n-tyi-a  daJesi-stuart,  tu -az- da -vi0  lu-pan 

d^vi  stuarzi-ti  nyant^^  un  pel,  tu-varäs    ^1-paD    di- 


ÜI.   Der  alte  hund.  83 

brod  haben,  solange  du  lebst."  308.    Und  zu  seinem  weib 

per-nuet,  si-dity  skii-te-vives."  a-tier-sia-femna  9-I 

par-navöt,  si-de1  sku-te-veVes."  e-a-la-si-done  q-1 

da-grats'a,  fin-tya-tv-vive§."  i  -  a  -  sa  -  dona   a  - 1  - 

debänt,  tan-dyut  ke-tn-vives."  i  -  a  -  si  -  fana     a  - 1- 

>  *         j  >  ...... 

par-nu'9,  fin-ke-tu-vifs."  e  -  e  -  sq  -  f^menQ    al- 

gras'e,  fio-ke-tu-vivig."  e-a- so- limine  al-'a- 

sagte  er:    309.    „Geh  gleich  heim  und  koche  dem  Sultan  brei, 

det/:  „vq  gla^ti   a-t^^za   e-ko/   a-1-sultan    ina-bulya, 

det/:  „vq    dabqt    a-t^a    e-ko/    a-1-sultan    ena-bolye, 

dit:  „va   spert    a-tya    i-köza    a-1-sultan    ina-mieza, 

dit:  „va  debQta   a-tyaza  i-kues  a-1-sultan  na-zufa, 

diz^:  „va    subit    a-tyazQ    e  -  fa1    zuf   a-1-sultän, 

dit-i :  „  va  subita  a-tyaze^  e-faj-dyi  a-1-sultäo  una-polente^, 

310.    den  braucht  er  nicht  zu  beissen,     311.  und  bring  ihm  das 

kuela  drov-el  betya  da-ni1,  a-pQrta  ad-el  al- 

kele  Q-l  bedy-da-bazints  da-m^rder,  e-pQrte   ad-el   il- 

k"ela  na-maügl-el  ruoier,  i-pQrta  ad-el   al- 

kasta  n-a-1-drade  de-mQrder,  i  -  pQrt  -  i    l  -  plu- 

kest  al-no-a-bizinyQ  da-mastiä-lu,  e-p"art-i  lu-plu- 

kiste  al-noJa-bizunye  di-rozeä-le,  e  -  pnarti  -  dyi   al- 

kopfkissen  aus  meinem  bett:        312.   das  schenke  ich  ihm  zu 

plumäts  Q-d-miu-lety:  küel  §endy-u  ad-el  per- 

plimätg  or-d-il-mis-lety:  kel   tsintyedy-i    ad-el- 

plwnats  or-da-mes-let:  kuel     al  -  regjfl  -  a    per 

mdts  Qra-de-mi-lr't:  ka§t    i  -  don  -  i    per  -  si- 

mät§  four-d-al-nyoJet:  kest  i-lu-doni  p-al-SQ- 

kusiö  d-al-m'o-'^t:  ki§t  jo-i-lu-regali   par- 

seiner  lagerstätte."      313.   Von  da  an  hatte  es  der  alte  Sultan 

siMety."  da-kQ  dav^n  veva  al-vely-sultan  §i- 

per-il-sis-lety."  da-kQ  dav^nt  veve  il-vily-sultan  si- 

sas-kuts."  da-kua  davent  a  al-vely-sultan  nyv 

kuts."  da-tlo   inänt   1-a-l-vedl-sultan    abu- 

'et."  alQrQ   in-po/   lu-vet/u-snltäü   al-ste- 

so-kutxo."  di-kumQ    indevänt    al  -  v'eli  -  sultäo 

6* 


84  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

so  gut,  wie  er  sichs  nur  hätte  wünschen  können. 

bi°n,  sku-ej-mQ-ves-savi11  dyaviztj. 

bun,  sku-^l-ves-ma1  as-pudle  dyivizlr. 

us6-bun,  sko-ty-el-az-ves  ma  pudu  yavvzär. 

da  tan-b<ma,  kQ-k-1-se-l-asa  me/  pudü  bints$. 

vq  kusf-beü,  ku-di-m'e1  al-no-si-var£s  ma1  pudut  bramä. 

al-la-'a-vude  tant-beö,  kome-ke-al-si-lu-vez-ma1  pudüt  bramä. 

Anmerkungen.  Satz  271.  f  vidyüdnt  erweist  sich  durch 
mehrere  laute  als  ein  fremdwort.  —  272.  m  nceya  oder  ncelya 
und  j  nu{Q,  j  nu(Q  entspricht  einem  lat.  null-ia,  p  nia  aber 
eher  einem  plural  von  nihil  oder  einem  verkürzten  ne-micam 
(quidem),  wie  rumänisch  nimicä;  a  nuet,  f  navöt  ist  das  lom- 
bardische wort  für  diesen  begriff  (ne  guttam,  s.  s.  221);  dass 
in  diesem  (negativen)  satz  f  entsatyß  statt  navöt  steht,  ist  auf- 
fällig. —  m  tsvfer,  italienisch  ciuffare,  von  der  1.  in  die  3.  kon- 
jugation  versetzt  (ein  nebenan  in  n  regelmässiger  übertritt).  — 
273  und  283.  §  st$v?  =  stav$.  —  277.  p  ani  oder  any.  — 
278.  5  al-dls  (präs.)  oder  al-dity  (perf.).  —  279.  p  ies-q  = 
ies -\- pq,  daher  in  der  frage:  „bist  du  (denn)?"  Hier  aber 
tu-n-ies-q  „du  bist  denn  doch  nicht";  ebenso  ist  pq  im  satz  289 
verwendet,  der  auch  kein  fragesatz  ist.  —  281.  f  pol-ql  erklärt 
sich  wie  ql-ql  im  satz  189;  $  pol  aber  ist  die  ven.  form,  die 
nach  dem  vorbild  von  el  vol  (er  will)  gestaltet  ist.  —  j  al-no- 
l-a  enthält  das  pleonastische  ille  (d.  h.  nisüw  läri)  zweimal.  — 
284.  m,  £,  j,  ultim,  -w  erkennt  man  sofort  als  fremdwort. 
In  m  hat  man  daneben  auch  pv  davö,  in  n  pv  dg,  also  wie  in 
o,  p,  q,  r  formen  mit  vokalischem  auslaut,  während  von  o  bis  i 
das  auslautende  s  fest  sitzt  (davo's,  davös  u.  ä.),  in  Friaul  das 
r  (devöur,  daür)\  aber  im  Friaulischen  ist  das  wort  in  dieser 
bedeutung  durch  das  italienische  ultimo  ersetzt  (vgl.  s.  165).  — 
286.  et  duqsi  ist  der  konjunktiv  der  indirekten  rede,  durch  -i 
(den  charakteristischen  vokal  des  präs.  konj.)  gebildet  aus  dufa, 
dem  alten  kondizionalen  konjunktiv  debuisset.  —  p  prq-d-ql 
„bei  ihm"  und  „zu  ihm";  prq  ist  neben  pro  (satz  254)  ge- 
bräuchlich, aber  vermutlich  aus  diesem  mit  ad  zusammengesetzt, 
sodass  man  eigentlich  pr-qd-ql  abzuteilen  hätte.  —  287.  m 
d$da  oder  toidla.  —  288.  £  da-t%i  ist  lateinisch  da  tibi.  — 
Das  französische  courage  ist  nach  Graubtinden  durch  deutsche, 


III.  Der  alte  hund.  85 

nach  Friaul  durch  schriftitalienische  Vermittlung  gelangt.  — 
290.  f  i-va  mtisste  etymologisch  iv-a  geteilt  werden,  aber  das 
v-  ist  angewachsen:  va-'e  „habe  ich".  —  292.  p  mpqa  von 
in-paria:  „zugleich",  „mit";  die  entwicklung  der  bedeutuug 
leuchtet  einem  ein,  wenn  man  italienisch  al  pari,  französisch 
de  pair  vergleicht.  —  293.  Umbra  ist  mit  suffixen  versehen, 
in  Graublinden  offenbar  mit  -ivus;  vorne  ist  in  f  und  m  ein  s- 
ange wachsen  (vgl.  Diez,  Wtb.  IIb),  in  p  ein  d-  (de?).  —  298.  p 
in$  „wieder"  ist  gewiss  dasselbe  wort  wie  m  inavö  „zurück" 
(in-avorsum),  a  anavgs,  f  -Ös.  —  304.  a  mQn  gerundium  zu  ira 
(andando),  wie  f  Jcurgnt  und  p  Jcurdw,  prädikativ  nach  den 
verben  der  Wahrnehmung.  —  309.  a  bulya,  f  bolye,  i  bu°lya 
erkennt  man  sofort  als  eine  ableitung  von  bullire  (vgl.  frz. 
bouillon);  m  mieza  verdankt  sein  geschlecht  vielleicht  demselben 
wort,  kommt  aber  vom  Deutschen  (mus);  p  zufa,  £  zuf  gehn 
auf  den  deutschen  stamm  süf  (saufen,  suppe)  zurück  und  zeigen 
die  den  alten  entlehnungen  am  südrand  des  deutschen  gebietes 
eigentümliche  wiedergäbe  des  auslautenden  s.  —  £  /*a'  mag 
aus  fac-illi  entstanden  sein,  wie  das  in  einem  noch  grösseren 
teil  Friauls  gebräuchliche  da'  „gib"  aus  da-illi,  während  stai 
„bleib  stehen",  wo  es  überhaupt  vorkommt,  nur  eine  nach- 
ahmung  jener  zwei  imperative  ist.  Trotz  fa\  da*  sagt  man 
aber  fa-lu,  da-mi  usw.,  wie  begreiflich.  Doch  ist  die  ursprüng- 
liche bedeutung  des  -i  nicht  mehr  im  bewasstsein,  daher  j 
fa*-dyi  mit  dem  (zweiten)  pleonastischen  illi.  —  313.  £  hu  statt 
lie  ist  hier  nicht  durch  ein  folgendes  u  hervorgerufen  (vgl. 
satz  200),  sondern  eben  eine  in  einem  teil  Karniens  noch  üb- 
liche Nebenform  der  partikel  und  des  pronomens  he.  Es  dürfte 
zunächst  als  konjunktion  aufgetreten  sein  und  eigentlich  das 
Jco,  hu  vorstellen,  das  aus  quomodo  entstanden  ist  (wie  auch 
in  Graubtinden  und  im  rätoromanischen  Tirol):  „wie",  „als" 
und  „dass"  können  manchmal  einander  vertreten. 


86 
IV. 


Texte  ans  lebenden  mundarten. 


314.   Der  verlorne  söhn. 

a  al-fely-p'ars. 

f  il-fely-pers. 

m  al-flly-pejs. 

p  l-nT'^l-pnjdigo. 

5  lu-fl-prQdik. 

%  ^1-fi-prQdik. 


315.   Ein  mann  hatte  zwei  söhne; 

in  -  um  veva    dus  -  fe'lts; 

en  -  om  veve    dus  -  fe'lts; 

in  -  om  veva     düs  -  filts; 

d  -  u°m  9a    do1  -  fiöns; 

uö-om  al-v^vQ    do'-fls; 

un  -  9D  al  -  v^ve    do1  -  f  oi; 


316.   und  der  jüngste  von  ihnen  sagte  zum  vater:     317.    „vater, 


ad-al-dyuven  da-kuelts  9-dety  a-l-bap: 
e-il-dyüven  da-kelts  9-dety  a-l-bap: 
i-al-dyüven  dad-es  a-dit  a-l-bap: 
i-l-plu-zoun  d-a^doi  a-dit  a-l-pere: 
e-lu-pin-dzov^n  di-lu°r  al-dizQ  a-l-päri: 
e-el-pi-z9viD  di-lor  *a-dit-i  a-l-päri: 

gib  mir  den  teil  der  habe,  der  mir  zukommt." 
da  da-me  la-part  da-la-ra"ba  tya-tuka  da-me." 
d9  a-me^  la-pard-da-la-röbe  tp-tot^e  a-me." 
da  a-ma1  kuela-part  da-la-r^ba  t^-am-toka." 
dazä-me  kala-pert  d-i-baias  ke-me-toka." 
da^-mi  k^-part  d-9-fakoltät  k-a-mi-t9tx9." 
da'-mi-t  la-part  d-a-fakoltät  ke-mi-tot^^." 


318. 


„bap, 
„bap, 
„bap, 

„pari, 
„pari, 

Und  er 
ad  -  §1- 
e-el-9- 
i  -  el- 
i-al-i- 
e  -  lu1- 
e  -  l^- 


teilte  ihnen  das  vermögen. 
9-partiu  ad-§lts  la-rauba. 
partl6  ad-^lts  la-röbe. 
alz-a-partf  la-r^ba. 
a-parti  la-rQba. 
a-'ur-a-partlt  la-ru"b9. 
al-i-'a-spartlt-i  la-fakoltät. 


319.  Nicht  viele  tage  darauf  raffte 
bet/a  b'e-dis-ts'anter  9  al- 
bedy-bler-deks-slve  9  il-fely 
na-bl^r-dits-davö  a-tut  al- 
no-truepez-diz-d9  a-rabla  1- 
n9~troz-dlz-d9P9  lu-fi  pin- 
n9  -  tr9z  -  dl§  -  d9po   al  -  fi  -  pi- 


der jüngere  söhn  alles  zusammen  und  zog  in  ein  fernes  land 
dyuven  -  fely  rafäu  tut  ents'amen  ad-e-  his  en  -  ina  -  tfara- 
dyüven  pilyl  -  antsejoen  tot  e  -  ^  -  Ie  -  dav^nt  ahnten  -  en  -  pa^ks- 
flly-dyüven  tot-intsembl  i-ez-i-davent  a^t-in-in-pa^'s  lon- 
fi-plu-zoun  dut  adüm  i-s-en-ie-zi-dem£ts  te  -  m  -  pavis  -  da- 
dzov^n  al-ingrumä  dut  isS^mQ  e-a-si-n-la  int-un-pals  lon- 
Z9viü    al-^-t^olt   dut    as'ejne^    e-al-e-lät    int  -  üb  -  palz  -  Ion- 


IV.   Der  verlorne  soha. 


87 


fort;  320.  da  vertat  er  seine  habe,  indem  er  ein  schlechtes 
dalyünts;  I9  9  -  el  dasfäty  sia  -  rauba  kun  -  manä  ina- 
dalyünts;  I9  9-3I  spalatstf  la-si-röbe  kun-manär  ena- 
tän;  la  a-1  disfät  sa-rijiba  kun-manär  ina-n^sa- 
lönts;  ilö  a-1  desfät  si-ba,B  kun-men^  na-stleta- 
tän;  alä  al-mandyä  la-S9-fakoltät  kun-menä  un9~ 
tan;  la  al-'a-mandyät  la-so-sostaüs§  ku-1-menä  unl- 
ieben führte.  321.  Als  er  all  das  seine  verzehrt  hatte,  kam 
sTata-veta.  ku-ty-$l-9-dyu-sfarlatäu  tijt-l-siu,  z-a'- 
sl^te-vete.  kur-ty-^l-veve-malye-se  tot-il-sIe,  $-nIe 
vita.  kur-t^-el-veva-malya-öra  tot-al-s'o,  ez-a- 
vita.  kaD-ke-l-9a-madyä  dut-l-sie,  ie-l-uni  te- 
trist9-vit9.  k9D-k-al-vev9-mandyät  dut-al-89,  $-vinyi 
t^ative-vit^.  kuant-ke-al-veve-mandyät  dut-el-S9,  se-vi- 


in  jenes  land  eine  grosse  hungersnot, 
venyü  eß-kuela-tjara  in-gr9n-fomäts, 
a'nten-kel-pa'^ks  eD-gr9nt-fomatsi, 
njv  en-kllel-paiäis  ina-gr9nda-t#arestla, 
kal-pavis  na-graü-t^arestia, 
iü-kel-pais  un9-grand9-tyarestia, 
nyude^  iü-kel-pals  une-grande-fan, 


322. 


und  er  fing  an, 

ad  -  §1  -  9  -  en- 
e  -  el  -  9  -  ants6t 
i  -  el  -  a  -  ku  - 
i -  1  - a - sku  - 
e  -  W-al  -  ko- 
e  -  lu1  -  al  -  *a  - 


grosse  not  zu  leiden.  223. 

tsict  a-pati  g^nda-mazer'a. 
a-patekr  gr9nda-mazerdye. 
mantsa  ad-ava'r-bzoeny. 
mentsd  a-ava1  na-gran-stanta. 
mentsa  a-vi°  grand9  mizer^. 
skomensät  a-pati  grande^-mizer'^. 


Er  ging  hin  und  schloss 
^1  -  $  -  'us  a  -  safäty  vi- 
^l-^-Iö  e-az-9-m^s  kun- 
el  -  ez  -  i    i  -  az  -  a  -  surdät 

l-s-en-ie-zit  i-s-a-metü 

>  > 

a-si-n-la  e-a-si-met^ 
al  -  e  -  lät    e  -  si  •  »a  -  mitüt 


sich  an  einen  der  leute  jenes  landes  an;    324 

tfer-in-ijm  da-knela-t!ara; 

eny  da-la-lyokt  da-ke^l-pa^ks; 

ad-vn  da-la-ly9t-da-kl,el-paiäis; 

pra-d-un  d-la-zant  de-kal-pavi§; 

kunt-un  di-ke1  di-kel-pals; 

kunt-un  d-a-int  di-kel  pafs; 


der  schickte  ihn  auf 
ku$l  9-tarm^ts  $1  sin- 
keji  ily-9-term^s  sen- 
ktest al-a-tramis  sim- 
kast  1-  a-m  andd  te-si- 
kest  a-lu-mandä  int- 
kist  al-luJa-mandät 


Texte  aus  lebenden  mundarten. 


seine  felder,  die  sehweine  zu  hüten, 
se's-fiins  per-partyirä  als-pQrs. 
ils-siz-ers  a-tyirär  ils-p^jrts. 
sas-tyampQnyes  a-perty^rär  as-purses. 
t^ampes  a-vard§  i-purtsfei. 
e^siM^amps  a-uardeä  'u-purtsits. 
int-i-s'e'-t/amps  a-uardä  i-pursls. 


325.  Und  er  wäre  froh 
ad-el-fus-staus- 
e  -  el  -  fis  -  §to  - 
i  -  el  -  fos  -  stat  - 
i  -  al  -  fos  -  sta  - 
e-lu^-al-  sareV 
e-lu1-  al-sar^s- 


gewesen,  sich  den  bauch  mit  den  kleien  anzufüllen,  die  die 
le'ts  d-emplanf  siu-v'anter  ku  -  las  -  krestyes  tya  -  ls  -  p$rs  -  ma- 
kunti'nt  dad-amplanökr-il-siz-va'nter  ku  -  las  -  krestyes  t#- 
kunta'nt  dad  -  implfr  saz  -  va^ter  ku  -  laz  -  grvstyes  ty  -  as- 
kuntant  d-impli  si-vanter  ku-i-tamezÖDS  ke-madyQa  i-pur- 
stät-kont^nt  di-empla  la-SQ-pantsQ  ku  -  las  -  SQmulQB  ke-su- 
stät-kuntent  d-implend-si   la-paßse^   ku  -  li  -  §$mulis   ke  man- 


schweine frassen, 

lyaven, 

ils-pQrts  malyeven, 

purstjs  malyeven, 

tsiei, 

purtsits  mandyavQ, 

dyaviß  i-pursis, 


326.  aber  niemand  gab  ihm  davon, 
aber-nadyin  d^v-ad  -e^l  da  k"a\ 
aber-niny  il-däve  da-kely. 
mQ-indyun  na-1-deva  da-k"eles. 
ma-degüß  ne-n-i-daiQa. 
ma-nisün  no-i-n-devQ. 
ma-nisÜD  no-idyi-n-d^ve. 


327.   Da  ging  er  in  sich  und  sagte:  328.   „Wie  viele 

kq  z-el  jus  a'n-sas^ts  ad-Q-dety:  „komb^rs 

kq  9-^1  pantsö  tar-sas^ts  e-Q-dety:  „kans-fa- 

osa  ez-el  i  in-saLsves  i-a-dit:  „knants- 

zaD  ie-l  zit  iia-se-nstas  i-a-dit:  „tan-de- 

alQrQ  al-enträ  in-se-stes  e-al-diz^:  „tsetant/ 

alQre  al-e-inträt  iia-se-steJB  e-al-'a-dit:  „setänty 

knechte  meines  vaters  haben  brot  in  tiberfluss,     329. 

fume'lts  da-miu-bap  qn  paun  en-abundauntsa, 

me^lts  da-miz-bap  Qn  pan  abundantse, 

fam&lts  da-maz-bap  an  pan  in-abunda"ntsa, 

fanty  de-mi-p^re  a  pan  dagarät, 

fam^'s  di-nyQ-päri  k-e'-an  paü  in-abondantsQ, 

fam#s  di-m'o-päri  a-'aia  pan  in-abondaiase, 


und  ich 

ad-Ju- 

e-P- 

i-a- 

i-ie- 

eJo- 

e-'o- 


IV.   Der  verlorne  söhn. 


89 


sterbe  vor  hunger! 
mQra  da-la-fom! 
mor  da-la-fQm! 
mör  da-fom! 
m$re  da-fam! 
i-mour  da-fau! 
muri  di-fao! 


330.  Ich  werde  mich  aufmachen  und  zu  meinem 
ju  -  veny  a  -  safä  -  se  ad  -  ira  tier  -  miu  -  bap 
i-viny  a-m-far-se  e-ad-ekr  ter-miz- 
a-m-fara-su  i-yara  pro-maz-bap  i-zara 
lever^  -  su  i  -  zir^  da  -  mi  -  pere  i  -  i  - 
Jo  -  i  -  mi  -  'evarä1  e-i-lara*  da -ny^- pari 
^-mi-tyolarä'-su  e-lara1  la-di-m'o-päri 


vater  gehen  und  ihm    331.  Vater,  ich  habe  gesündigt  gegen  den 


e-di  ad-el:     [sagen: 

bap  e-dekr-ad-ej : 

ad-el: 

dir(j: 

e-i-dira1 : 

e-i-dirä': 


bap,  Mi-a-faty  put/ä,"  eokunter-al-tsVl 
bap,  i-va-faty  put/P  kunter-il-tsrl 
bap,  a-na-fat  pnt/a  kunter-al-tsel  i- 
pere,  ie-e-kumetu  pityä  kontra  a-1- 
päri,  *o  -  i  -  a1  -  pet/ät  kuintro-lu-tsil 
pari ,     'o  -  'a1  -  petyät    kuintr^  - 1  -  sll 


himmel  und  dir  gegen-    332.  ich  bin  nicht  mehr  wert,  dein  söhn 
ad-enkunter-te;     [über;  ^-sun  bet^a  ple  la-valeta  da-sanum- 

i-suD  be't-ple  deny  dad-eser-numnö 
a-na-sun  plv  deny  dad-eser-nnmna 
ne-soD  plu  danye  de-vester-tlama 
i-no-so1  ätri  deny  di-'esi-klamat 
Vno-so1    plu1    de'D    di-'esi-klamat 


e-kunter-te; 

kunter-ta1 : 
>        • 

tsiel  i-dant-a-vo; 
e-kuintrQ-di-vu°; 
e-kuintri-di-vo ; 


zu  heissen;    333.  mache  mich  zu  einem  deiner  knechte."  334.  Und 
na  ti"-fely;          fa  m$  sku  in  da-te^-fum^ls."  ad- 

tis-fely;  f9  me,  per-eny  d-ils-tis-  fame^lts."  e- 

tas-fily;  fa  a-ma'  per-vn  da-tas-famä'lts."  i- 

v9§-fi;  faza-me  per-un  de-vQs-fanty."  i- 

llestri-fl;  toli-mi  par-uD  d-ei-uestris-fameis.u  e- 

ue§tri-fi;  faze-mi-t  ud  d-e'-uestris-fame^s."  e- 

er  machte  sich  auf  den  weg  und  kam  zu  seinem  vater.  335.  Als  er 

el-Q  safäty  sin- via  ad-^-venyüs  tier-si"-bap.  ku-ty-eL- 

el-adz-Q-mes  sen-veje  e-e.-nP  ter-siz-bap.  aber-ku- 

el-z-a-instrada  i-e-nyv  pro-saz-bap.  mq  -  kur- 

l-l-a-mueta  i-ie-uni  da-si-p^re.  ma-kan- 

a-§i-tyapä-su  e-vinyi  da-sQ-päri.  ma-koD- 

al-gi-'a-t^apät-su  e-1-e-vinydt  la-di-so-päri.  ma-k"ant 


90  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

aber  noch  weit  war,  sah  ihn  sein  vater,  336.    fühlte 

e^a  aun  dalyünts,  9  si"-bap  viu  ej,  Q-san- 

re-t^-el-ere  ank  dalyünts,  9  siz-bap  vT0  ej,  veve- 

t^-el-dera  amö  dalcents,  1-a-l  vis  saz-bap,  a  -  ny v 

k-l-fQa  mQ  dalönts,  1-a-l  udü  si-p^re,  se-n-a- 

k-al-e/Q  intyimö  lontän,  a-lu-ved§  SQ-päri,  al  -  v$ 

ke-al-'ere^  ant/emQ  lontäü,  so-päri  lu-VvMut,  al  -  }a  - 

mitleid  mit  ihm  und  lief  hin,  fiel  ihm  um  den  hals  und 
tiu  kumpas^n  kun-^1  ad-e-kurills-vitier,  9  palyäu  ad-^1  entijrn- 
kumpas'üa  kun-el  e-e-kurl-ve,  ily - 9 - pilyie  antun -kul^ts 
kumpasjün  dad  -  el  i  -  e  -  kurv  -  via  pro  -  el,  1  -  a  -  abratsa 
menä  pitya  i-ie-kors  kaprQ,  1-a-abratsa  i  busä. 
kompas^D  di  -  lu1  e  -  al  -  kor(j  -  af ,  a  -  lu  -  tyapä  a  -  bratsakuel 
sintut  kompas'ÖD  di  lu1  e-1-e-kurut-la,  lu-Vtyapät  a-brasaku^l 

ktisste  ihn.     337.  Der  söhn  aber  sagte  zu  ihm:    338.    „Vater, 

kuliets  a-bitsa11  eJL  al-fely-aber  9-dety  ad-§l:  „bap, 

e-bitsip.  il-fely-aber  Q-dety  ad-ejh  „bap> 

i-butsa.  mQ-al-fily  al-a-dit:  „bap, 

ma-l-fi  i-a-dit:  „P$re, 

e-a-lu-busa.  ma-lu-fl  a-i-diz^:  „pari, 

e-lu-VbuSät.  ma-el-fi  i-'a-dit-i:  „pari, 

ich  habe  gesündigt  gegen  den  himmel  und  dir  gegenüber,   339.  von 

Va-faty  putyau  eökunter-al-tsVl  ad-eiakunter-t^,  da- 

i-va-fat/  putyi6  ankunter-il-tsPl  e-kunter-t$,  da- 

a-na-fat  putya  kunter-al-tsel  i-kunter-ta1,  da- 

ie-$-kumetü  pit/a  kontra-a-l-tsiel  i-dant-a-vo,  da- 

i-a^pet^ät  kuintrQ-lu-tsIl  e-kuintrQ-di-vu°,  da- 

'o-'a'-petyät  kuintre-l-sll  e-k"intri-di-vo,  di  - 

nun    an   bin    ich   nicht   mehr   wert,    dein   söhn   zu   heissen." 
kg  nav^n  sund-Mi  betya  ple  la-valeta  da-sanumnä  tiu-fely." 
k9  dav^nt  suB-a  bety  ple  deny  da-nikr  numnö  tis-fely." 
kua  davent  na-sun-a  plt>  deny  da-nyir-numna  tas  fily." 
tlo  inänt  ne-sonze  plu  danye  de-vester-tlamä  v^s-fi." 
kumö  indevant  i-no-so1  ätri  deny  di-lesi-klamät  "estri-fl." 
kum6  indenänt  'o-no-so1  plu'  de1»  dPesl-klamät  uestri-fi." 


IV.  Der  verlorne  söhn. 


91 


340.  Aber  der  vater  sagte  zu  seinen  knechten:     341.  „Bringt  das 

aber-al-bap  Q-det#  a-se's-fnme^ls:  „purta1  al- 

aber-il-bap  Q-dety  a-ls-sis  fame'lts:  »purt$  -  n$ 

mQ-al-bap  a-dit  a-sas-famä^lts:  „purta^-nan 

ma-1-pere  a-dit  a-si-fanty:  „purtade- 

ma-lu-päri  al-diz(j  e^s^-fam^'s:  „puartdit 

ma-el-päri  i-ja-dit-i  a-^s'e'-fame^s:  „p^artä't- 

schönste  gewand  her  und  zieht  es  ihm  an,  342.  und  gebt 

ple-bi-va&tyu  nQtfer  e-tardyä'-a'n  ad-el  ku$l,  a-da1  ad- 

il-pi-beJLvistyP  e-tir^-ly-a^t  ad-el,  e-det  ad- 

al-pv-bel  busmä'nt  i-trat-el-a^t  ad-el,  i-dat  ad- 

kaprq  l-plu-bel-guant  i-tira-''-le-sonra.  i  -  daza  - 

lu-pim-b'e^l-vistlt  e-meti-e-1,  e-daM- 

ka  el-pi-b'el-ve§tlt  e-mete-dyi-lu  a-dues.  e  -  mete  - 

ihm   einen   ring   an   die   hand   und   schuhe    für   seine   ftisse; 

el  in-ani  e-l-ma"n  e-katsers  per-se^-pa's; 

^1  en-anel  ved-il-siz-man  e-kaltsers  per-ils-sis-peks; 

el  in-ane  via-saz-man  i-st/arpes  per-sas-pes; 

i  na-varata  te-si-man  i-t/outs^i  per-si-pies; 

un-an^l  int-^-sQ-man  e-skarps  p-e^si^pe^; 

dyi-t  uD-an^l  in-rnaa  e-skarpis  su-'-sV-pis; 

343.  und  führt  das  gemästete  kalb  her  und  schlachtet  es,   344.  und 

a-manä*  nQtier  al-vadf-angarsau  a-matsa1  kuel,  a- 

e-man^-nQ  il-vadel-angarsee  e-mats^  el,  e- 

i-manä^nan  al-vadeMßgresanta  i-matsa*  el,  .       i- 

i-menäde-kaprQ  l-vad4l-ograsa  i-matsa-le,  i- 

e-menä't-ka  lu-vidy^l-ingrasät  e-matsaMu,  e- 

e-menäH-ka  el-vidy^l-ingrasät  e-kopa'-lu,  e- 


lasst  uns  essen  und  fröhlich  sein: 
malyä'n-nus  a  sa^n-nus  le^ers: 
malyäny  e-stany-alegers: 
madyä'n  i-sta'n-legers: 
ma'ön  i-stazön  de-bona-vueia: 
mandyin  e-§tiD-ali°ris: 
mandyin  e-stin-lejrjis: 


345.  denn  dieser  mein  söhn 
per-k^-t/a-k^l-mi"- 
per-  t/e-  k^l-il-  mis-fely 
per-tye-kuest-mas-fily 
per-tye-kas-mi-fi  f$a 
par  -  tse  -  ke  -  kest  -  ny  q- 
par  -  se  -  ke  -  kist  -  mV 


92 


Texte  ans  lebenden  mnndarten. 


war  tot  und  ist  wieder  lebendig  geworden;  346.  er  war  verloren 


fely  era-mQrts  ad-e  puspe  venyüs-vifs; 
ere-mQrt  e-e-puspe^  nle-vekf; 
dera-mprt  id-e-dart;^  nyu  vif; 
mort  i-ie-in9-uni-vif; 
fl  al-ero-nTart  e-al-e-tornät  a-vivi; 
fi  alJ§r§-muart  e-1-e-tornät  vif; 


el  -  era  -  p*ars 
el  -  ere  -  p^rs 
el  -  dera  -  pejs 
1  -  foa  -  perdü 
al  -  erQ  -  p^rdut 
al  -  *§re  -  p*ar  - 


und  ist  wieder  gefunden  worden." 

ad-e  puspe  venyiis-emflaV's." 
e-e-puspe^  nP-kattf." 
i-e-dart/^  nyu-tyata." 
i-ie-stat-in§  dyatä." 
e-al-e-stat  da-nouf  tyatät." 
dut  e-1-e-stat  di-nyöf  t^atät." 


347.  Und  sie  fingen  an,  fröh- 
a-elz-Qn-entSH;  ad-e- 
e  -  §ldz  -  <m  -  antsöt  ad- 
i  -  ez  -  an  -  kumantsa  a- 
i-i-a-skumentsä  a-§t$ 
e  -  lu°r  -  e1  -  komentsär 
e  -  lor  -  a  -  'an  -  skomensät 


lieh   zu  sein.  348.    Sein   älterer  söhn  war  draussen  auf  dem 

ser-le^ers.  si"-fely-vely  era  luQra  si-ls-funs; 

e^er-legers.  il-sis-fely-vily  ere  ör  se-1-fonts; 

star  leyers.  sas-fily-vely    dera    öra    sun-la-tyampQiiya; 

de-bQna-vu^a.  si-mazer  f$a  Qra  n-t^amp; 

aJesi-ali°ris.  sQ-fi-pin-ve^u  al-erQ  fo"r  int-al-t/amp; 

a-sta  in-alegria.  al-so-fi-pi-vetyo  al-^r^  für  t-al-t^amp; 


feld;       349. 


und  als  er  in  die  nähe  des  hauses  kam,  hörte 
a-ku-ty-el-e-venyüs  da-manaVel  da-la-tyejza,  q- 
e  -  kur  - 1#  -  §1  -  §  -  rivö  dasper  -  la  -  t#a ,  9  -  1 
e  -  kur  -  t%  -  el  -  e  -  nyv  dasp^r  -  la  -  tya,  a  - 1 
i-kaD-k-1-  iP-ruä  da-uzfD  -  da-  t^aza,  a-1 
e  -  koB  -  k-al  -  vinyf  dindyQ  -  la- tyazo^  al  -  sin- 
e  -  kuan  -  ke  -  al  -  e  -  vinyut  dondye.  -  la  -  tyaze,  al- 


er 


spielen    und    singen, 
el  udiu  sunQn  a-kant^n, 
santl6  sunQnt  e-kantQnt, 
dudi  a-sunar  id-a-tyantar, 
oudi  sunäü  i-tyantäß, 
ti  a-suinä  e-t^antä, 
»a-sintut  a-suna  e-a-tyantä, 


350.  und  er  rief  einen  der 
ad  -  el  -  9  -  klumäu  notier 
e  -  el  -  q  -  klamö  -  ör  eny 
i-ei-a-klumä-nan  vn 
i-l-a-kerdä-kapi'9  üb 
e  -  al  -  klamd  uia  d  -  e'- 
e-al-^-klamät    ud    d- 


IV.   Der  verlorne  söhn.  93 

knechte  her  und  fragte,  was  das  wäre.  351.    Der  sagte 

in  d-als-fum^lts  a-dumandä"  t/e1  kua'  sa\  kuel  9- 

d-ils-fame^ts  e-9-dumandö  tye-t/i-kely  se'e.  kel    9- 

d-es-famäUts  i-a-dumanda  txe-t/a-kuai  sia.  kuest 

d-i-fanty  i-a-damandä  t/e-ke-kas  fos.  käst   i- 

fame^s  e-a-i-domandä  tse-ke-kest  al-fos.  kest  a- 

e^fam^'s  e-i-'a-domandät-i  se-ke-kist  al-'ere.  lu1    al- 

zu  ihm:  352.  „Dein  bruder  ist  gekommen,  353.  und  dein  vater  hat 

dety  ad-el:  „tiu-fra  e-vanyüs,  a-till-bap    9-ma- 

det#  ad-el:  „il-tis-frar  e^-rivö,  e-tiz-bap  9-matsö 

al-a-dit:  „tas-frär  e-riva,  i-taz-bap  a-matsa 

a-dit:  „ti-fra  ie-rud,  i-ti-p^re    a-matsä 

i-diz^:  „t9-fradi  al-e-vinyut,  e-t9-päri  al-a-ma- 

Pa-dit-i:  „to-fradi  al-e-tornät,  e-to-päri  al-'a-ma- 

das  gemästete  kalb  geschlachtet,  weil  er  ihn  gesund  wieder- 
tsäu  al  -  vadi  -  ej)garsäu,  par  -  kuaJ  -  ty  -  el  -  9  puspe  survenyü  el 
il  -  vadeel  -  angarse6,  per  -  kely  ty  -  $1  -  9  -  survanyp  el  posp9 
al  -  vade"  -  iögresanta,  per  -  t#e  -  t/  -  el  - 1  -  a  surnyi  dart/9  inavo 
1  -  vadeU  -ngrasä,  per  -  tye  -  ke  -  1  -  1 -a  in9  dyatä  san  tsruk." 
tsät  lu-vidy^l-ißgrasät,  par-tse-k-a-lu-a-imbtit  dan6nf  saD- 
sät   al-vidy^l-iügrasät,  par-se-ke-al-lu-'a-t/atät  dinyof  sao- 

bekommen  hat."  354.  Er  wurde  zornig  und  wollte  nicht  hinein- 

sanns  anav^s."  el-^-venyüs  vMns  a-l§va  bety  ir-a!n. 

sao."  el-^-nP  vilö  e-leve  bety  ekr-a'nt. 

fris-i-saD."  el-az-a-gritanta  i-na-leva  ir-a'nt. 

al-s-a-desenä  i-n-ul9a  zi-ite. 

e-salf."  lu1  -  al  -  deventä  rab'ü°s  e  -  al  -  no  -  volej9 

e-salf."  lu1  -  al  -  sl  -  Ja  -  rabiat  e  -  no  -  "areve  la  - 

gehen.  355.    Da  ging  sein  vater  heraus  und   bat  ihn. 

k9  e  al-bap  jus-9ra  ad-9*ruidu  eJL 
al9ure  3  siz-bap  Ie-ör  e-9-rule  el 
Iura  e  saz-bap  i-öra  i-l-a-rua. 
P9  i°  si-pere  zit-9ra  i-1-a-priä. 

la-dentri.  al9r9  s9-päri  la-four  e-a-lu-preä. 

drenti.  atyre^  so-päri  1-e-lät-für  e-lu-'a-preat. 


94  Texte  aus  lebenden  mnndarten. 

356.   Der  aber  antwortete  dem  vater:         357.    „Sieh,  so  viele 

kuel-aber  o-raspundiu  a-l-bap:  „mira,  si-b^rz- 

k^l-aber  Q-ra§pundie  a-l-bap:  „varde,  gi-bler- 

mQ-kuest  a-ra§püs  a-l-bap:  „uara,  tant-Qnts 

ma-kal  a-respendü  a-l-p^re:  »tyala,    tan-d- 

ma-kel  a-i-ri§p"ind(j  a-l-päri:  „txal&t,   tanty- 

ma-lui-i-ia-ri§puindtit-i  a-l-päri:  »tyalet,    tanty- 

jahre  diene  ich  dir,    358.  und  nie  habe  ich  deine  geböte  tiber- 

9ns  surv^u  da-te,  a-ma1    a-*u    survardyau    te's-kiin- 

onts  serv-i  tq,  e  -  ma1    va  -  i  -  znrpasö    ils  -  tis  -  ku- 

at-s^rv-a,  i  -  ma   na  -  na  -  5a   surpasa   tas  -  ku- 

ani  ve-servä§-i,  i-me1  nen-e-i  traskurä  kal-ke-m-a^ 

any  i-Si-s^rf,  e-ma1    no  -  a1  -  traskurät    Mi-vue§tris 

aiü  ^-us-Servi&i,  e-ma1    !o  -  no  -  iai  -  trazgradlt    i-ue§- 

gangen,  359.   und  doch  hast  du  mir  nie  ein  zicklein  gegeben, 

damals,  a-taunataun   as-te    da-me   ma1   dau   in-andz^l, 

mqnts,  e-tQX    m-ast    ma1   do   en-andz$ul   per-star-ale- 

m^nts,  i-tantvna    na-m-as-tu   ma    dat   in-azösl   per- 

kumandä,  i-mpQ    ne-m-a'ze    me/    dat   B-vezüel   per-ste^ 

komänts,  e-par-kest  vu°  -  no  -  mi  -  vi°s  ma*  dät  n§nt/e 
tris-komäö§,        e-pur  vo-no-mi-vez-ma1  dät  un-t^avi^t  par- 

dass  ich  mit  meinen  freunden  fröhlich  wäre.     360.  Aber  jetzt, 

t#-u-ves-saviu  fa-le'ger  kun-me^-kump^ns.  aber  -  iisa, 

ger  ku-lts-mis-kumaräts.  aber  -  ose, 

i§tar-leyer  kun-mas-kump^nts.  mQ-osa,  t%- 

de-bona-ueia  kuia-nri-kumpanyes.  ma   -  za,D, 

un-dzokol  par-stä-ali°ri  kuJu-mi°  komp&ns.  ma  -  kumö, 

Sta-l^gri  ku-i-m^-amig.  ma  -  kumq, 

wo  dieser  dein  sobn  gekommen  ist,  der  dein  vermögen  durch  eine 
ku-k'el-tiu-fely  e-venyüs,  t#a-Q-rabitsä"-dav§n  tia-rauba  tras- 
ty-e-rivö  kel-il-tis-fely,  tyi-Q-faty-ekr  la-ti-röbe  kun-manär 
i-e-nyu  kuest-tas-fily,  t/-a-disfät  ta-rQba  kun-manar  ina 
ke-l-ie-rua  ks-vQS-fi,  k-a-desfä-vQSta-roba.  kuia-men^  na-stleta 
ke-al-^-rivat  kest-ue§tri-fi,  ke-al-a-mandyät  la-vuestrQ-fakoltät 
ke-1-e-rivät   kist-'e&tri-fi,   ke^a-mandyät   la-uegtr^-§o§taDs^ 


IV.   Der  verlorne  sohD.  95 

schlechte  lebensweise  durchgebracht  hat,  hast  du  ihm  das  ge- 

ina-sTata-veta,  as-te  matsd"  ad-ej  il-vadi-angarsä"." 

ena-sl^ta-vete,  aste  matsö  ad-ej  il-vadel-angarsee." 

nosa-vita,  as-tv  matsa  ad-el  al-vadeMngresanta." 

vita,  i-a'ze  matsä  l-vad£l-ngrasä." 

kun-mejaä   unQ-tristQ-vitQ,   vu°-i-vi°s-matsät  lu-vidy^l-iügrasät." 

menänt  t/ative^-vite,  vo-i-ves-masät-i  al-vidy^l-iögrasät." 

mästete  kalb     361.  Und  er  sagte  zu  ihm:  362.  „Mein  kind,  du  bist 

[geschlachtet."        ad-el-Q-detx  ad-ek  „mi-ufäun,   te-a's 

e-eJ-Q-dety  ad-el:  „miz-unfant,  te-ist 

i-el-a-dit  ad-el:  „maz-ufänt,  tv-e§ 

i-al-i-a-dit:  „mi-mut,  tu-ies  fort 

e-lu1  a-i-diz§:  „frut-nyQ,tu-tu-si08 

e-lu1  al-i-Vdit-i:  „fi-Dtfo,  tu-tu-ses 

immer  bei  mir,   363.  und  all  das  meine  ist  auch  364.  Man  musste 

adina  kun-m^,  e-tut-al-miu  %  e/a-tiu.      [dein,      in  -  stuev  - 

adenye  tar-m^,  e-tot-il-mP  e  er-tie.  ints-stueve- 

advna  pro-ma1,  i-tot-al-m'o  ez  er-t'o.  mQ-i-za- 

pra-me^,  i-dut-l-mie  ie  nt#e-tie.  ma-un-me- 

simpri  d(mdyQ-me,  e-dut-lu-nyQ  al-e-tQ.  ma  -  a  -  §i  - 

simpri  ka-di-me,  e-dut-al-m'o  1-e  antye-tQ.  ma-al-§i- 

aber  fröhlich  sein  und  sich  freuen,    365.  denn  dieser  dein  bruder 

aber  eser-le'gers  a-salagrd,  per-kuai-t/a-k"el-tiu- 

aber  eser-leger  e-za-legrär,  per  -  tye  -  kel  -  tis  -  frär 

stueva  eser-leyer  i-z-alegrar,  per -t^e-kuest- tas- frär 

89a  vester  de-b(ma-ueia  i-se-gQder,  per-tye-ke-kas-ti-fra 

skui-nyivQ  iesi-ali°ris  e-ralegrä-si,  par  -  tse  -  ke  -  kest  -  tq  - 

sku-nyeve  'esi-legris  e-konsolä-si,  par-se-ke-kist-to-fradi 

war  tot  und  ist  wieder  lebendig  geworden,    366.  er  war  ver- 

fra  eja-morts  ad-§  puspe  vanyus-vifs,  e^-era-p^rs 

ere-m^rt  e-§  puspe^  nr-vekf,  el-ere-pers 

dera-mort  i-e-nyv  dart/3  vif,  el-dera-p^rs 

fo^a-mQrt  i-i°-uni  inQ  vif,  1  -  fya  -  perdü 

fradi  al-erQ-muart  e-al-e-tornät  a-vivi,  al  -  qrq  -  p'ej:- 

al-ierei-muart  e-al-e-tornät  vif,  al-'ere-p'ar- 


96  Texte  ans  lebenden  mundarten. 

loren  und  ist  wieder  gefunden." 

ad-^  pusp$  venyÜ8-amflaus."  o 

e-$  pusp$  nl-katö."  f 

i-e  darty^  nyu-tyata."  m 

i-ie  inQ  uni-dy.ata."  p 

dut  e-al-e  danöuf  t^atät."  j 

dut  e-al-e-stät-t^atät  dinydf."  j 

Anmerkungen.  Satz  315.  $  ow  oder  gm.  —  317.  In  p, 
£  und  g  ihrzt  man  den  vater,  daher  findet  man  hier  den  plural 
des  verbums  (gebt)  und  des  pronomens  (ihr,  satz  331).  — 
321.  i  fav  oder  auch  tyarestie.  —  323.  o  safdt%  steht  ohne 
htilfszeitwort  da:  es  ist  an  das  andere  partizip  lus  durch  a  (und) 
angereiht,  ohne  an  dem  htilfszeitwort  e  teilnehmen  zu  können. 
Denn  die  sitte,  dem  reflexiven  verb  das  htilfszeitwort  esse  zu 
gestatten,  ist  in  Graubtinden  unbekannt;  am  vorderrhein  kann 
sie  wohl  auch  gar  nicht  bestehen,  weil  das  reflexive  pronomen 
se-,  sa-  an  den  verbalstamm  angewachsen  ist.  —  326.  5  idyi  „ihm". 
Sonst  heisst  dort  der  dativ  der  3.  person  singular  und  plural 
gewöhnlich  i,  zuweilen  hat  man  das  bedtirfnis,  dieses  i  oder  y 
durch  einen  vorausgehenden  d-verschluss  zu  verstärken,  z.  b. 
bei  der  einftigung  in  den  imperativ  mete-dyi-t  oder  der  anftigung 
daran:  mete-dyi-lu  (beides  im  satz  341).  So  auch  hier;  es  fragt 
sich  nur,  ob  das  i  davor  bloss  lautlich,  nämlich  durch  tibereilte 
zungenhebung  zu  erklären  ist,  oder  als  eine  Wiederholung 
(i  -\-  dyi).  Es  könnte  i  an  no  und  dyi  an  n  (inde)  geheftet 
sein,  vgl.  255,  340;  auch  die  unmittelbare  aufeinanderfolge  von 
*  und  dyi  ist  uns  schon  bekannt  (anm.  zu  309  fa'-dyi).  — 
g  devq  =  dave.  —  328.  f  abundantse  ist  vermutlich  als  a-bun- 
dantse  gedacht;  ein  fremd  wort  wird  leicht  verkannt.  —  333.  £ 
toli-mi  =  tollite-me,  mit  der  alten  biegungsart.  —  334.  p  l-l; 
das  zweite  l  ist  illa  mit  abgeworfenem  -q:  er  hat  es  in  be- 
wegung  gebracht.  —  336.  a  ad-el  objektsakkusativ,  mit  der 
präposition  verstärkt,  wie  das  besonders  im  Oberengadin  (und 
in  Spanien)  üblich  ist.  —  341.  m  trat,  342  dat;  daneben  kommt 
auch  schon  trat,  da*  vor,  wie  purtd'  usw.  —  £  meti-e-l  (oder 
met-i-el?)  =  mittue  illi  illum.  —  342.  a  Jcatsers  oder  -es.  — 
344.  p  auch  mqiowze,  stqzowze.  —  353.  a  sauns  prädikatskasus.  — 
363.   m  m'o,  Po,  andere  sprechen  m*p",  t*gu  aus. 


V.  Dekameron  19.  97 


(367)  Ich  sage  also:  (368)  in  den  Zeiten  des  ersten  königs 
von  Zypern,  als  das  heilige  land  von  Gottfried  von  Bouillon 
erobert  war,  pilgerte  eine  vornehme  frau  aus  der  Gascogne  zum 
heiligen  grab.  (369)  Und  als  sie  zurückreiste  und  wieder  in 
Zypern  angekommen  war,  wurde  sie  von  schlechten  leuten  grob 
behandelt.  (370)  Dartiber  war  sie  sehr  gekränkt  (371)  und  dachte 
zum  könig  zu  gehen  und  sich  bei  ihm  zu  beklagen.  (372)  Es 
wurde  ihr  aber  von  jemand  gesagt,  dass  ihre  mühe  vergeblich 
wäre;  (373)  denn  dieser,  sagte  er,  ist  so  träge  und  feig, 
dass  er  nicht  nur  die  den  andern  zugefügten  beleidigungen 
nicht  bestraft,  wie  es  sich  gehörte,  sondern  als  armer  tropf 
auch  immer  die  hinunterschluckt,  die  man  tausendmal  ihm 
selbst  zufügt.  (374)  Deshalb,  sagte  er,  wenn  einer  einen 
verdruss  hat,  so  tut  er  ihm  eine  beleidigung  an  und  lässt  so 
seinen  zorn  an  ihm  aus.  (375)  Als  die  frau  das  hörte,  verlor 
sie  die  hoffnung  sich  zu  rächen;  (376)  aber  um  doch  ein  bisschen 
trost  über  ihren  verdruss  zu  bekommen,  nahm  sie  sich  vor,  den 
könig  wegen  seiner  feigheit  zum  narren  zu  halten.  (377)  Da 
trat  sie  weinend  vor  ihn  und  sagte:  (378)  „Mein  herr,  ich 
komme  nicht  zu  dir,  als  ob  ich  für  die  beleidigung,  die  mir 
angetan  wurde,  genugtuung  erwartete;  (379)  aber  statt  dessen 
bitte  ich  dich,  dass  du  mich  lehrest,  wie  du  die  erträgst,  die 
man  dir  angetan  hat,  wie  ich  höre,  damit  ich  nach  deinem 
vorbild  mit  geduld  die  meinige  tragen  könne.  (380)  Die  würde 
ich,  weiss  gott,  wenn  ich  es  tun  könnte,  gern  dir  schenken, 
weil  du  so  tüchtig  bist  im  tragen."  (381)  Der  könig,  der  bis 
dahin  so  feig  und  träge  gewesen  war,  war  nun,  wie  wenn  er 
aus  dem  schlaf  erwachte:  (382)  er  rächte  hart  die  beleidigung 
jener  frau  (383)  und  war  von  da  an  sehr  streng  gegen  alle, 
die  etwas  gegen  die  ehre  seiner  kröne  getan  hätten. 

a  (367)  !u-dets  pia:  (368)  e-ls-tfams  da-ly-ampr£m-rej#  da- 
la-tsipra,  ku-txa-la-t'ara-SQnt/a  §ra-prid-aJn  da-gotfrit  da-bu- 
lyon,  kq  Q  ina-duna-nobla  da-la-gaskonya  palagrinada  tier- 
la-SQntya-fysa.  (369)  a-ku  t/-ela-§-venyida-anavQ8  ad-^ra 
puspe^  arivada  a'n-tsipra,  z  -  ela  -  venyida  mal-traktada  da- 
sTata-lyut.    (370)   zur-da-kuai  $r-e>   fety-ofandida  (371)   ad-Q- 

Gartner,  Rätorom.  apr.  u.  lit.  7 


98  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

patart#&u  dad-ira  tier-al-rej#   a  -  da  -  salamantd  -  se  per-kllel. 

(372)  a'-^-aber  venyü-dety  da-ntsat^i  t#a - sia - bra'a  vany^si 
ad-^ser  par-nuet;  (373)  per-k"a'-t;(a-ku$l,  Q-el-dety,  e  si- 
mars  e  -  tumale^ts ,  ty-el  betya-mQ  las-ofenzMins  fatyas  a-lz- 
auters  bet/a  strufejlya,  skii-i-auda,  sonder  sku.-pa"per  tok, 
era-kueles  lag"eta  t#-ins-fQ  ad-^l-sets  nundumbra'vlas-'^- 
des.  (374)  per-kV,  di-el,  s-in-Q  iu-dizgüst,  se-f9-el  ad-el 
in-ofenz'un  e-la  use"  Qra  sia-greta  vid-eJL  (375)  ku-t^a-la- 
duna  Q-udiu  k1^1,  o-§la  p'ars  la-sparontsa  da-fa-vandet/a; 
(376)  aber  -  per  -  tä"natäun  -  val  in-tek  kunsulats'ün,  9-^la  priu- 
aväun  da-tanä1  al-r§tx  pil-nar  per-sia-tumaletyaddt.  (377)  k$ 
z-ela-ida  a-bardy^n  tier-el  ad-Q-dety:  (378)  „miu-sinyür,  in- 
veny  bet/a  tier-t§,  per-kua'-t#-u-spityäs  da-te  satisfakts'ün 
per  - 1  -  ofenz'ün  tx-^-venyida-fat^a  da-nie;  (379)  aber-$nstaly 
ro^-u  t^  tya-te-miis'es  da-me  kQ-te-suportes  k"eles  ty-in-Q- 
fat/  a-te,  sku-Mi-^ndresa,  sin-a-k'V-ty-u-pQsi  s'anter-ti"- 
eksempel  supiirti,  kun-pats^nts'a  la-mia.  (380)  kueja  veny^s- 
ju  per-mi-Qlma  udy^n  sandytj  da-te,  s-iu-sav(js,  per-k^a'-tya- 
te-a's-si-ferms  ^-1-supiirtä."  (381)  al-rety,  ty-era  tokan-da- 
kQ  staus  si - tumale^ts  e-mars,  eja  usa  skij-s-el-sadastadas 
da-la-sien:  (382)  el-Q-faty  vandet^a  sdrfama'n  per-1-ofen- 
z'tin  da-kueja-duna  (383)  ad-^ra  da  kQ-dav^a  fety  streng  $b- 
kunter  -  tuts  -  kuels  t#a  -  ve^en  -  faty  antsat^  e^kunter  1-onür 
da-sia-kruna, 

f  (367)  i-de*  alzo:  (368)  a^ten  -  ils  -  ta'mps  dily-am- 
prem-r§t#  da-tsipern,  kure-tyi-la-teje-so/ntye  ere-pilyid- 
a^t  da-gotfrit  da-bulyon.  §  ena  -  noble  -  done  da-la-gaskonye 
pelegrinade  tar  -  la  -  so/ntye  -  fyse,  (369)  e  -  kur  - 1#  -  ela  -  dyeve- 
anavös  e-ere  pusp§  riväde  a-tsipern,  $-la-nPde-maltratade 
da-nöse-lyokt.  (370)  zur-da-kely  er-eja-fity-gritintade  (371)  e-Q- 
pantsö  dad-ekr  ter-il-re^  e-a-ts-plandzer  tar-el.  (372)  aber- 
ily-^-nP  la-detye  d-entsat/f  tyi-la-si-fade'e  se'e-adumbaten; 

(373)  per-t#e-kel,  q-l-dety,  ^-si-marsüß  e-tamalir,  t#- 
§l-struf§dye  bety-aiagäl  bety  las  -  ofenzkins  fat^es  ad-ildz- 
Qters,  sku-tx-i-tot^e,  sonder  strangle-dyu,  sku  -  en  -  pöver- 
zani,  adenye  er-keles  t^-ints-fQ  nondumbrevlez-dya  ad-§l- 
s^ts.  (374)  per-kely,  de'-el,  küre-txi-entsatyf  9  en-displaz^kr, 
si-fo-el  ad-ej  ena-ofenzMÜB  e-las-useje  über  la-si-grete 
sen-el.    (375)   kur  -  t/i  -  la  -  done   Q-santf8  kely,  Q-la-pers  la- 


V.  Dekameron  1 9.  99 

gparantse  da-pilylr  vand^t/e;  (376)  aber  -per- t<#  -  survanyikr 
empö  kunffrt  zur-d-il-siz-displaz^kr,  adz- Q-la-pilyie-avänt 
da-tiny6kr  per-nar  il-rety  per-ve'e-da-la-si-teme.  (377)  kQ 
e^la-e'de  bardyQnt  avänt-^1  e-Q-dety:  (378)  „mis-sinyükr,  i- 
viny  be't-tar-te^  sku  -  s  -  ie  -  spit^s  pa'am&'nt  par  - 1  -  ofenz'un 
fatye  a-mej  (379)  aber-anstä'nts-lyets  ro-i-t$  tyi-te-am-moses 
sku - tyi - te - sup^rtes  k^les  t/ - indz - q - fat/  a-te^  sku-i-sa^t, 
sen  -  a  -  kely  - 1#  -  ie  -  sapt/e  slv-il-tiz-egza'mpel  zurpurtär  kun- 
patsentst/e  la-mi.  (380)  kele  sint^idy^s  -  ie  frank  gudy^nt  a- 
t§,  §-i-sav(js  far  kely,  per  -  kely  -  t^i  -  te  -  ist  -si-f^rm  per-pur- 
tär."  (381)  il-rety,  tyi-ere-sto  anfinyen-ose  si-tamalier  e- 
marsüö,  ere  ose  sku-s-el-za-dazd^s  or-d-il-sen:  (382)  el-Q- 
fat#  sarfa  -  vandej#e  per  - 1  -  ofenz'un  da  -  tsela  -  done  (383)  ed- 
ere  da-kQ-davent  fity,  stra'nt/  kunter  -  tots  -  k^lts  t/i-vejäeii- 
faty  entsatye"  ankunter-l-on6kr  da-la-si-karune. 

tn  (367)  a-di  dimena:  (368)  i-l-temp  d-al-prum-ra1  da- 
tsipern,  kur  -  tya  -  la  -  tera  -  sqntya  dera  -  tuta  -  a'nt  da-gotfrit 
da-bulyön,  e-pelegrinäda  ina-nQbla-dona  da-la-gaskonya  pro- 
la-SQnt/a-fQsa.  (369)  i-kur-t/-ela-turneva  i-dera  dart^  ri- 
väda  a-tsipern,  e-la-nyt>da  maltratäda  da-n^sa-ly^t.  (370)  da- 
k1^1  dera-la  st^n  gritantäda  (371)  i  -  z  -  a  -  z  -  impisäda  dad-ir 
pro-l-ra1  i-da-plqndzer.  (372)  mQ-id-e-nyv-dit  ad-ela  da- 
mtyvn  t^a-sa-fadia  fos-per-noeya;  (373)  per-t/e-kuest,  a-l-dit, 
e-tant-tyastoer  i-valanoeya,  t#-el  na-be  na-tyastla,  Sko-ty-i- 
toka,  laz-ofa'zes  fates  a-z-Qters,  dimperse-  sko-pöver-d'amper, 
travonda  ad  una  er  -  kueles  t/  -  im  -  fa  mila  -  ya  ad  -  el  -  tsves. 
(374)  per-k'V,  diz-el,  kur-tx-int/un  a  in-displazd'r,  si-fa-el  in- 
ofa'za  ad-el  i-las-öra  use"  sa-rabdya.  (375)  kur-t^a-la-dona 
a-dudi  k'a1,  a-la-pe/s  la-sprantsa  da-z-vindityj|r:  (376)  m$- 
per-surnyir  tantuna  impa  -  d  -  kunfqrt  in-saz-displazä'r,  a-la- 
tut  avänt-sa1  da-tenyer  per-nar  al-ra1  per-sa-timiditä.  (377)  osa 
e-la-ida  kridqnt  avant-el-i-a-  dit:  (378)  „mas-sinyur,  a- 
na  -  veny  pro  -  tal ,  sko  -  s  -  a  -  spetes  sotisfats'ün  per  - 1  -  ofa'za 
fata  a-ma':  (379)  eqq  -  invetse  -  da  -  kuaJ  at-rou-a  t^a-tu-am- 
moses  kg-t/a-tv-supQrtes  k"eles  t^-vn-a-fat  a-ta*,  sko-t^-a- 
sa'nt,  per-t/-a-pQsa,  davö - taz - eksa'mpel ,  supurtar  kum- 
pats'entsa  la-mia.  (380)  kuela,  per-d'o,  regal^s-a  yent,  s-a- 
pud£s  far  kV,  a-ta1,  per-t^e-t^a-tu-es-us^-bun  per  purtär." 
(381)  al-ra1  tyi-dera-stat  fin-kua  tant-t#astüer  i-valanceya,  dera 


100  Texte  aus  lebenden  mundarten. 

osa,  sko  -  s  -  el  -  az  -  zdru°ly£s  d-al-scen:  (382)  el-a-vindit#a 
sev^rama^t/  l-ofa!za  fata  a-k"ela-dona  (383)  i-e-§tat  da-k°a- 
davent  fitx  seve>  kunter  -  tot  -  ku§s  tyi  -  vesen  -  fat  alty  kunter- 
1-ontir  da-sa-koruna. 

p  (367)  dooka  i-dize  (368)  a-i-tampes  d - 1  - prim - ra  de- 
tgipri ,  do-ke-la-tfara-santa  foa-dyapeda  da-gotfrit  de-bur6D, 
ie-zita  a-dlieza  na-nQbla-senyo"ra  d-la-gaskonya,  a-1-santo- 
sepolkrQ.  (369)  i-ko-k-la-ziva-tsruk  i-fQa-inq  ru^da  a-tsi- 
pri,  ic-la-unida  m^l-trateda,  da-ria-zant.  (370)  de -käst  s- 
eD-a-la-abü  termant  mperm^l  (371)  i-a-pensä  de-zi  da-l-ra  a- 
s-eD-lament^  pra-al.  (372)  ma-i-ie-sta-dit  da-valgUB  ke-si- 
fadia  fosa  pernia,;  (373)  per-t/e-ke-ka§t,  a-l-dit,  ie*  tan-frej; 
i-da-nia,  ke-no-medra  l-ne-straufa,  ko-k-l-kuiaväia,  1-ufezes 
fates  a-i-a"tri,  ma-dlot  ntye,  da-pi^re-tsa'ser,  fort  kales 
k-uß-f^s  niile-'ades  a-al  Bstas.  (374)  per-kas,  diz-1,  kaB-ke- 
valgüö  a  vel-mueia,  fez-1  B-mperm^l  a-al  i-se-pera-via  Dsi 
si-saü.  (375)  kaB-ke-la,-senyo"ra  a-o"di  kas,  a-la-perdü  la-spe- 
rantsa  de-se-vendik§:  (376)  ma-per-dyat^  mpQ  m-pue-de-kun- 
sulats'öß  de-si-mueia,  s-a-la-to't-dant  de-to-1-ra  per-si- 
fra^duinantsa,  per-1-kul.  (377)  zan  iMa-ru^da  bradläia  dan-ad- 
al  i-a-dit:  (378)  „mi  seny6ur,  ie-ne-vanye  nia  pra-te,  s-k-ie- 
aspitas  vendata,  de-1-ufeza  ke-m-ie-stata-fata;  (379)  ma-imp£- 
de-kas  te-pre-i  ke-te-m-nsanyes  kQ-k-tu-supQrtes  kales  ke- 
D-t-a-fat  a-ti,  kQ-k-inriese,  afiB-k-ie-pQse-kumpurt(j  dQ-ti- 
mostra  kum-patsientsa  la-mia.  (380)  kasta,  die  1-sa,  se-pudas 
l-f$,  siükas-i  dyan  a-ti,  per  -  tye  -  ke-t-is-  tarn  -boö  de-purt^." 
(381)  1-ra,  ke-foa-sta  Bkin-nlo^ta  tam-fr^t  i-pa'ger,  foa  zaü 
si-k-1-se-desedasa  da-l-suen:  (382)  1-a-vendikä  sorf  1-ufeza 
de-kla-senyoura  (383)  i-ie-stat  da-mo-B-la  dra-rigoröus  kun- 
dui-kai  k-as-fat  velk  kontra-l-unö"r  de-si-kurona. 

j  (367)  dunt/Q  jo-i-dIs:  (368)  int  -  e1  -  timps  d-al-priü- 
re  di-tsipro,  kon  -  ke  -  la  -  t^ro  -  santo  e-ero-tol§to  da-gotifre" 
di-bu'ÖB,  uno-s'QrQ-nobil  d-e-gaskonyo  $-la  a-perdöß  la-d- 
al-sant-sepulkri.  (369)  e-kQB-k-e-tornavQ  e-e-en?  danöuf  ri- 
vadQ  a-tsipro,  $-fo-maltratadQ  da-tristo-int.  (370)  kest  a-i- 
displaz^  trop  (371)  e-^-si-impeBsä  di-lä  da-l-re  e-di-la- 
mentä-si  da-lul.  (372)  ma-a-i-e-stät-det  da-k"alkidüß  ke- 
la-8Q-fadio  ^-sar^s  par-nu^;  (373)  par-tse-ke-kest,  al-dls,  al- 
e-tant-p^ri  e-da-nu'Q,  ke-nQ-nQmQ  al-no-t^agtlQ,  kQmQ-ku- 


V.   Dekameron  19.  101 

tQtyQ,  laz-of^zQS  fatQS  a-'-a'tris,  ma-al-ioglöt,  kgmQ-um- 
makarQt,  simpri  e^nty-k^s  k-e'-fas  mil-viäts  a-lu'-stes.  (374)  par- 
kest, al-dis,  kQB - ku - kualkidÜD  al  -  a  -  un  -  displazi0,  a-i-fäs 
un-of^zg  a-lu1  e-al-si-disfäs  kusi  d-e-SQ-rab1«?.  (375)  koB-ke- 
la-s'^rQ   £-  sinti   kest,    ^-p'^rd^   la-sperantsQ   di- vendikä-si; 

(376)  ma-par-vi°  par-kest  um-pu°tx9-di-konsolatsiÖD  d-al-SQ- 
displazi0,  e-si-propon^  di-muardi  lu-re  par  -  la  -  sq  -  timidität. 

(377)  alQi'Q  e-vinyi  vaint  da-lu1  e-e-i-diz^:  (378)  „nyQ-s'or, 
'o-no-veD  da-te,  k^mQ-se-i-sp'etäs  sodisfats^B  par  -  la  -  ofij- 
zq  ke-mi-^-stadQ-fatQ;  (379)  ma-inv§tse-di-kest  i-tyi-prei 
ke-tu-mi-iDsenyis  tsemut  -  ke  -  tu  -  sapuart9s  k^s  k-e'-tyi-aü- 
fatQS  a-ti,  kQmQ-ke-i-sint,  par-ke-i-puesi  sapuartä  ku-l-tQ- 
^z^mpli  kun-pats^otsQ  la-m^.  (380)  kejstQ,  lu-sa  lu-sinyu°r, 
s-i-lu-podes-fä,  i - ty - § - donar^s  volaut^r  a-ti,  par-tse-ku- 
tu  -  si°s  -  kusi  -  boD  da-puartä."  (381)  lu-re,  ke-al-erQ-stät  üd- 
in-k^-vQltQ  kusi-p^ri  e-da-nu'Q,  kumö  al-parevQ  kQmQ-k- 
a-si-fos-dizm6t  d-e-sum:  (382)  al-vindikä,  sevejamenti  la- 
oi^zq  fatQ  a-k^-s!QrQ  (383)  e-al-e^-stät  dqpQ-d-iD-k^-vQltQ  trop 
rigoros  kun  -  dut/ -  kei  k-e'-ves-fat  alk  knintrQ  - 1  -  onu°r  d- 
e.-SQ-karonQ. 

j  (367)  !o-dizi  duntye;  (368)  a-i-timps  d-al-priD-r^ 
di-sipro,  kuant  -  ke  -  la  -  t'are  -  sante^  le  -  stad$  -  t/apad^  da-go- 
fredo  di-bu^D,  nne^siQr§- nobile,  d-a-gaskQnye  »e-lade  io- 
pelegrinadyo  a-1-sant-sepulkri.  (369)  e-kuant-ke-^-tornad^- 
indaür  e-'ere.  dinyöf  rivade  io-sipro,  *e  -  stade^  -  maltratad^ 
da-t/attv^-int.  (370)  di-kist  si-vev^-vüt  trQp  a-mal  (371)  e-!a- 
peüsät  di-la  la-d-al-re  par-lanyä-si  kuü-lu1.  (372)  ma-a-i- 
'e-stät-drt-i  di  kualkidün  ke-la-so-fadie  sar^s-butad$-vie; 
(353)  par-se-ke-lu1,  !a-dit-i  kist-tal,  al-$  tant  poltrön  e-vil, 
ke-  dq-  dorne  al  -  no  -  t#asti£,  kome  -  ke  -  tQtye,  li-ofezis  fatis  a- 
i-altris,  ma-kome-puer-beät,  al  -  iiaglutfs  simpri  ant^-k^s 
ke-mil-vQltis  venyiö-fati§  a-lu'-stes.  (374)  par-kist,  diz-lu1, 
kuant  -  ke  -  k^alkidün  al  -  Ja  -  un  -  displaze" ,  al  -  i  -  fäs  une  -  ofez£ 
a-lu1  e-al-sfog^  kusi  la-so-rab'e  suo-lu1.  (375)  k"ant-ke-la- 
f$mine_  ^-sintut  ki§t,  'e-'a-p'ardüt  la-sperans§  di-vindikä- 
si;  (376)  ma-par-ve  iüste's  k^lki-sodisfas^B  d-al- so -dis- 
plazi, *e  -  si  -  *a  -  mittit  t-al-t/af  di  -  tyoli  -  p  -  al  -  kul  al-r£ 
p-a-so-viltät.  (377)  algre.  a-'e-vinyude  vafnt  ka-di-lu1  e- 
i-'a-dit-i:   (378).     „siör-m'o,  'o-no-v^nyi  ka-di-t§,  kome- 


102  Texte  ans  lebenden  mundarten. 

se-'o-sp'etäs  sodisfas^D  par-la-ofeze  ke-mi-'e-stade-fatej 
(379)  ma-invese-di-kist  'o-ti-prei  ke-tu-mi-ii3senyis  semiit- 
ke-tu-tu-suplIartis  k§s  ke-ti-soiJ-stadis  fatis  a-ti,  kome-ke- 
io- sinti,  afin-ke-'o,  daur-el-to-§zempli,  p"edi-supuartä  kun- 
pas'ense  la-m§.  (380)  kist$,  lu-sa  beB  dio,  se-'o-lu-pod<j§-fa, 
ti  -  la  -  regalai  ^s  vulintir  a-ti,  za-ke-tu-ses-kusi-braf  di- 
supartä."  (381)  el-r$,  ke-al-^r^-Stät  fiB-alQre  kusi-poltröß 
e-vil,  al-'ere^  kumq  kome-se-al-si-zveäs  d-a-suß:  (382)  al- 
^-vindikat  duramentri  la-ofez§  di-k^-siore^  (383)  e-di-kum^- 
denänt  al-i§r§  aSä'-sev^r  kuintri-dutx-kei  ke-a-vesiß-kume- 
tüt  alk  kuintri-l-onör  d-a-so-kor6n$. 

Anmerkungen.  Von  den  Übersetzungen  dieser  novelle 
bei  Papanti  kommt  die  aus  Ilanz  s.  710  der  vorliegenden 
aus  a  am  nächsten;  desgleichen  die  aus  Zernez  s.  709  unserm 
texte  aus  m,  die  aus  Arta  s.  517  dem  aus  j,  die  aus  Cividale 
s.  519,  San  Daniele  s.  527  oder  Görz  s.  610  dem  text  aus  g; 
der  aus  p  ist  eine  verbesserte  aufläge  der  Übersetzung  aus 
S.  Ulrich  s.  654.  —  Zu  satz  371:  m  z-q-z-impisäda,  mit  wieder- 
holtem reflexivum,  zeigt  uns  einen  fall,  wo  das  gefühl  für 
dieses  pronomen  geschwächt  erscheint;  am  Vorderrhein  ist  das 
reflexivum  an  das  verb  angewachsen  (s.  s.  213).  —  372.  f  det^e 
subst.  —  374.  a  la  gra  lässt  aus.  —  376.  j  nm-puHxQ-di-kon- 
solats{6i9:  man  würde  um-pu°Jc-di-k.  erwarten  oder  pu°txQ  &., 
was  freilich  in  der  bedeutung  ebenso  weit  abwiche,  wie  „wenig 
trost"  von  „ein  wenig  trost";  aber  man  sieht,  dass  der  zweite 
ausdruck  auf  jenen  einfluss  genommen  hat. 


Zweiter  teil. 


Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen 

mundarten. 


Aus  den  voranstehenden  texten  könnte  sich  der  leser 
sechs  kleine  Sprachlehren  abziehen,  von  denen  jede  eine  räto- 
romanische mundart  in  den  hanptzügen  darstellte.  Die  texte 
sind  mannigfaltig  genug,  um  ein  ansehnliches  stück  Wortschatz 
und  die  meisten  biegungsformen  darzubieten.  Die  sechs  mund- 
arten sind  so  gewählt,  dass  alle  hauptteile  des  Sprachgebietes 
durch  die  reinsten  untermundarten  vertreten  sind.  Allein  diese 
sechs  Sprachlehren  könnten  uns,  auch  wenn  sie  fertig  vorlägen, 
nicht  befriedigen.  Wir  brauchen  einen  kurzen,  zusammen- 
fassenden, vergleichenden  auszug  aus  den  sechs  btichlein,  um 
das  gesamte  gebiet  zu  übersehen  und  einen  gesamteindruck 
zu  bekommen;  wir  brauchen  aber  anderseits  mehr,  als  wir  in 
den  sechs  btichlein  finden  könnten.  Wir  müssen  von  den  merk- 
würdigen sprach erscheinungen  die  Verbreitung  kennen  lernen, 
sonst  laufen  wir  gefahr,  aus  den  sechs,  wenn  auch  noch  so 
sorgfältig  ausgewählten  mundarten  unberechtigte  schlösse  auf 
grössere  gebiete  zu  ziehen.  Besonders  lautformen  wechseln  ja 
zuweilen  von  gemeinde  zu  gemeinde.  Wo  ich  belege  aus  einer 
grösseren  anzahl  mundarten  beibringe,  halte  ich  folgende  reihen- 
folge  ein:  Kleven  (Chiavenna),  a-I),  zum  teil  aus  zwei,  drei 
orten  (wobei  Disentis  in  b  immer  an  erster  stelle  steht),  Ober- 
und  Unter-Bergell,  i-n,  Poschiavo  (ausnahmsweise  nicht  nach 
eigener  anhörung,  sondern  nach  J.  Michael,  Der  dialekt  des 
Poschiavotals,  Diss.  Zürich,  Halle  1905),  Pinzolo  im  südwestlichen 


104       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

Tirol,  Mezzana  im  Sulzbergischen,  Rumo,  Cagnö,  Brez,  Fondo, 
Cörredo,  Tres,  Cunevo  im  Nonsbergischen,  Rovereto,  dann  am 
Avisio  aufwärts  Cembra,  Cavalese,  Predazzo,  Vigo,  o  -  r,  Buchen- 
stein,  Colle  di  Santa  Lucia,  Ampezzo,  Auronzo,  Ober-  und  Unter- 
Comelico,  Erto,  Cimolais,  Poleenigo  (an  der  quelle  der  Livenza), 
g-g,  Pordenone  und  Portogruaro. 

Bauart  der  Wörter. 

Wenn  wir  unsere  sechs  gleichlaufenden  rätoromanischen 
texte  durchsehen,  so  fallen  uns  bald  einige  lautreiche  einsilbige 
Wörter  auf,  wie  a  txaHs,  baunts,  traHs,  f  pluHts,  patntx,  vintst, 
m  plu°lts,  v$rmts,  va'ntx,  p  zmaHs,  txa"ts,  diauts,  j  MaHs,  zu$lts, 
mu°Us,  5  nyarfs,  Jcuantx,  stuart.  So  viel  sprecharbeit  ist  da 
mit  einem  einzigen  silbenträger  verbunden,  dass  wir  6  oder  7 
lautzeichen  brauchen,  um  die  silbe  zu  schreiben,  Der  abstand 
vom  Italienischen  (Toskanischen)  ist  offenkundig.  Aber  nicht 
die  Schriftsprache  und  die  gebildetenaussprache,  sondern  die 
benachbarten  italienischen  mundarten  müssen  wir  mit  unseren 
mundarten  vergleichen;  und  da  stehen  wir  gleich  vor  dem  fall  — 
der  sich  oft  wiederholen  wird  — ,  dass  nämlich  gegen  die  eine 
der  beiden  italienischen  mundarten  der  abstand  nicht  sehr 
gross  ist.  Die  venedische  mundart  von  Portogruaro  (s.  satz  1 
bis  166)  zeigt,  wie  das  Toskanische,  das  bedtirfnis  nach  jedem 
einfachen  konsonanten  und  nach  jeder  der  wenigen  geduldeten 
gruppen  von  geräuschlauten  auf  einem  silbischen  vokal  aus- 
zuruhen, und  die  gewohnheit,  dem  vokal  nur  unter  ganz  be- 
sonderen bedingungen  am  schluss  noch  einen  laut  anzuhängen; 
es  kommen  daher  auf  10  silbische  vokale  durchschnittlich  nur 
ungefähr  11  andere  laute  (in  g  fast  14,  in  den  anderen  räto- 
romanischen mundarten  noch  mehr).  Auf  der  lombardischen 
seite  hingegen  stösst  das  Rätoromanische  an  ein  weites  gebiet, 
das  ähnlichen  auslautsgesetzen  gefolgt  ist:  an  das  gebiet  der 
galloitalischen  und  der  gallischen  mundarten.  Die  einsilbigen 
Wörter  dillts,  p^ts,  ts$rt,  tswh  des  textes  aus  Kl.  bleiben  an 
lautreichtum  nur  wenig  hinter  den  oben  angeführten  räto- 
romanischen beispielen  zurück,  und  die  silbentragenden  vokale 
stehen  in  Kl.  zu  den  anderen  lauten  ungefähr  in  dem  Verhält- 
nisse von  10  zu  13. 


Bauart  der  Wörter.  105 

Welche  vokale  in  den  mundarten  beliebt  oder  unbeliebt 
sind,  das  eignet  sieh  im  allgemeinen  nicht  als  merkmal  einer 
grösseren  mundartengruppe;  wir  finden  z.  b.  an  betonter  stelle 
in  a  selten  o,  in  f  selten  u,  in  m  selten  $  in  p  selten  e,  in  j 
selten  q  usw.  Von  der  bedeutung  des  Vorhandenseins  der 
laute  v  und  ce  in  f)  bis  rt  wird  später  die  Rede  sein  (s.  140 f). 
Nur  £  tritt  als  ein  kennzeichen  der  reinsten  rätoromanischen 
mundarten  hervor.  Es  fehlt  in  ganz  Friaul  und  tritt  von  a 
bis  r  unter  verschiedenen  bedingungen  auf;  aber  das  starke 
zurücktreten  der  unbetonten  vokale,  das  sich  in  der  ver- 
dumpfung  zu  e  ausspricht,  ist  eine  kennzeichnende  be- 
gleitersch einung  der  bauart  der  rätoromanischen  Wörter.  Der- 
selbe zug  zeigt  sich  auch  in  der  Schwächung  des  aus- 
lautenden -a  zu  £  in  f,  zu  q  in  p,  zu  -g  und  -?  in  j 
und  §  usw. 

Mit  der  zurückdrängung  der  unbetonten  vokale  hängt  die 
längung  und  die  diphthongierung  der  betonten  zusammen. 
Diese  beiden  mittel,  den  tonvokal  festzuhalten,  sieht  man  in 
unseren  rätoromanischen  texten  reichlich  angewandt,  in  dem 
von  Portogruaro  gar  nicht.  Am  reichsten  an  diphthongen  ist 
in  Graubünden  a,  in  Tirol  p,  in  Friaul  der  gebirgige  nord- 
westen  (§,  ö,  j). 

Von  den  konsonanten,  die  als  bausteine  für  rätoromanische 
Wörter  gebraucht  sind,  verdienen  unsere  aufmerksamkeit  die 
Zischlaute  s,  z,  s,  z,  die  mit  ihnen  zusammengesetzten  laute  ts, 
dz,  ts,  dz  und  die  ähnlich  gearteten  t%,  dy.  In  f  und  m  be- 
gegnen uns  alle  zehn  nebeneinander,  in  anderen  rätoromanischen 
mundarten  nicht  alle,  aber  jedenfalls  in  solcher  häufigkeit, 
dass  sie  immer  den  vierten,  oder  doch  mehr  als  den  fünften 
teil  unter  den  geräuschlauten  ausmachen  —  in  Kl.  und  Port, 
nur  ungefähr  den  siebenten.  Das  ist  für  den  lautcharakter 
der  mundarten  nicht  ohne  bedeutung.  Die  häufigkeit  der  ein- 
fachen Zischlaute  hängt  auch  mit  der  wortbiegung  zusammen 
(denn  die  lateinischen  endungen  auf  -s  geben  da  den 
ausschlag);  aber  zwischen  blossem  Zischlaut  und  dem  mit 
einem  t- verschluss  zusammengesetzten  Zischlaut  wählt  oft  die 
sprechkraft  und  sprechgewohnheit,  und  da  ist  es  beachtens- 
wert, dass  1  unter  dem  venedischen  einfluss  den  ts  und  ts 
von  |  einfaches  s  gegenüberstellt. 


106       Vergleichende  darstellnng  der  rätoromanischen  mundarten. 

Man  könnte  noch  andere  unterschiede  zwischen  Räto- 
romanisch und  Italienisch  rein  statistisch  auffinden,  z.  b.  dass 
dort  auf  10  stimmlose  konsonanten  durchschnittlich  15  stimm- 
hafte kommen,  in  Kl.  mehr  als  17,  in  Port,  noch  viel  mehr. 
Aber  weitaus  am  wichtigsten  für  die  bauart  der  räto- 
romanischen Wörter  ist  der  wortton  und  was  damit  zusammen- 
hängt. 

Der  betonte  vokal  bildet  den  mittelpunkt  des  Wortes,  um 
ihn  ordnen  sich  die  anderen  laute  je  nach  den  sprechgewohn- 
heiten  an.  Mancher  laut  wird  ganz  unterdrückt,  der  tonvokal 
verharrt,  solange  das  wort  selbständig,  also  der  vokal  betont 
bleibt.  Die  tonstelle  ist  in  den  rätoromanischen  mundarten, 
wie  in  den  meisten  romanischen  sprachen,  noch  immer  dieselbe, 
die  wir  aus  dem  klassischen  latein  kennen,  abgesehen  von 
den  bekannten  fällen,  in  denen  nach  dem  zeugnis  der  romanischen 
sprachen  das  volkslatein  von  der  betonung  der  klassiker  ab- 
wich, wie  filiölus,  par(i)etem,  integrum,  quinqua(gi)nta  usw. 
und  von  den  auch  in  den  anderen  romanischen  sprachen  vor- 
kommenden analogischen  tonverlegungen  bei  der  biegung  von 
verben. 

Das  zurücktreten  der  unbetonten  vokale  im  Rätoromanischen 
kann  nur  da  bis  zum  Schwund  führen,  wo  der  rest  des  Wortes 
nach  den  sprechgewohnheiten  des  ortes  aussprechbar  ist,  oder 
durch  eine  unauffällige,  sich  von  selbst  einstellende  Veränderung 
aussprechbar  wird.  Aus  consobrinum  musste  zunächst  kuzurin 
werden,  und  in  a  husarin  mag  die  dreisilbige  form  noch  fort- 
leben, da  ja  a  aus  u  vor  r  ein  begreiflicher  lautwandel  ist. 
Wem  aber  -zr-  keine  Schwierigkeit  macht,  der  kann  leicht 
das  u  oder  a  vor  r  vernachlässigen,  wie  in  f  kuzreny,  oder 
mit  dem  von  selbst  dazwischen  tretenden  d- verschluss:  mkuz- 
drin.  Der  Stammvokal  von  minari  ist  nur  in  g  und  i  mnev 
unterdrückt;  der  anlaut  mn-  ist  sonst  nicht  geläufig.  Bei 
verben  wird  der  Stammvokal  überhaupt  nicht  leicht  aufgegeben, 
weil  er  sich  in  den  biegungsformen  mit  betontem  stamm  immer 
wieder  aufdringlich  meldet  und  dem  gedächtnis  des  Volkes 
einprägt.  Nur  bei  den  allerhäufigsten  verben  behält  das  volk 
unregelmässige  formen,  wie  bei  esse,  habere,  posse,  velle,  ire  u.  a. 
Die  Stammsilben  der  anderen  verben  pflegt  man  zu  schonen, 
und  Verkürzungen  wie  p  ruznf,  muzrg  (neben  mezurf)  neben  die 


Bauart  der  Wörter.  107 

3.  P.  Sg.  rqzonq  spricht,  mezura  misst,  zu  stellen  ist  eine  Selten- 
heit: vgl.  f  ruiandr,  mizirdr. 

Hinter  der  tonsilbe  geht  der  verfall  der  silben  viel  früher, 
auf  einem  weiteren  gebiet  und  mit  einer  gewissen  regelmässig- 
keit vor  sich.  Das  gebiet  setzt  sich  über  die  Lombardei  west- 
wärts bis  ins  Französische  und  ins  Katalanische  fort.  Die 
regelmässigkeit  erklärt  sich  daraus,  dass  es  sich  da  haupt- 
sächlich um  suffixe  und  biegungsformen  handelt,  also  um  häufig 
wiederkehrende  lautgruppen,  für  die  sich  bald  ein  fester  brauch 
finden  konnte. 

Eine  besondere  Stellung  nehmen  dabei  die  silben  ein, 
deren  vokal  a  ist  (s.  das  erste  beispiel  auf  der  folgenden  seite): 
sie  gehen  nicht  verloren.  Das  ist  akustisch  und  psychologisch 
ohne  weiteres  verständlich.  Wenn  die  endung  auslautendes  -a 
ist  (lat.  -a,  -am,  -at),  so  kann  dieser  vokal  seine  lautfülle  und 
die  dazu  erforderliche  mundbewegung  erhalten  —  was  nicht 
überall  da  stattfindet,  wo  ich  und  andere  sich  mit  der 
Schreibung  -«  begnügen  —  oder  man  macht  sich  die  ausspräche 
merklich  bequemer,  sodass  der  laut  in  die  e-,  ö-  oder  o- reihe 
hineinrückt.  Die  natürliche  anläge  oder  die  sprechgewohnheit 
hat  1.  merklich  in  die  e- reihe  hineingedrängt  in  ü,  Ober- 
Comelico,  Forno  di  sotto  (s)  und  in  einem  zusammenhängenden 
grossen  landstrich  um  Udine  bis  nach  Kärnten  und  bis  an  das 
Meer  (0,  t)  und  ein  stück  von  §)  —  2.  in  die  ö -reihe  in  f  — 
3.  in  die  o- reihe  in  Waltensburg  (in  b),  in  Sulzberg  und  Rumo, 
im  Fassatal  (o)  und  im  nordöstlichen  teil  Friauls  (g).  Hingegen 
finden  wir  das  a  der  endung  -as  fast  in  allen  rätoromanischen 
mundarten  zu  e  geschwächt,  in  einem  grossen  teil  Friauls 
durch  die  e-reihe  hin  bis  zum  i  verdünnt. 

Die  anderen  vokale  hinter  der  tonsilbe  können  verloren 
gehen;  und  so  erscheint  das  maskulinum  cattum,  plur.  cattos 
oder  catti,  um  die  endsilbe  verkürzt.  Wo  -i  als  mehrzahl- 
zeichen gilt,  lässt  man  den  vokal  nicht  so  leicht  fahren: 
in  südtirolischen  gegenden  behält  man  -i,  um  doch  ein  zeichen 
des  plurals  zu  besitzen;  in  den  besseren  rätoromanischen 
mundarten  Tirols  hat  man  den  stammauslaut  dem  -i  ange- 
glichen (palatalisiert),  bevor  man  auf  das  -i  verzichten  konnte. 
Trifft  die  palatalisierung  ein  1  und  geht  so  weit,  wie  bei 
bellus  in  Tirol   und  Friaul,   so    ist   der  aus   -li   entstandene 


108       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mimdarten. 

katze     pl.  kater      pl.   schön     pl.  gut  geben  claves 

Kl.      gata     gat  gat  gat  b§l  bei  ben  da  tsäf 

a         dyata   -tes  dyat  dyats  bi  bjalts  be'n  da  klafs 

b         dyata   -tes  dyat  dyats  bi  b'alts  bejn  da  klafs 

gata     -tes  gat  gats  bi  balts  bo/n  da  klafs 

gato      -tes  gat  gats  bi  balts  be'n  da  klafs 

gata     -tes  gat  gats  bi  b'alts  baJn  da  klafs 

c         gata     -tes  gat  gats  bi  b$alts  ben  da  klafs 

gata     -tes  gat  gats  bi  b^lts  b^ny  da  kläfs 

b         dyata  -tes  dyat  dyats  bi  be^lts  bany  da  kläfs 

dyata  -tes  dyat  dyats  bi  be/lts  bany  dar  klafs 

e  dyata  -tes  dyat  dyats  bi  belts  bany  dar  klafs 

f  dyate   -tes  dyat  dyats  b^l  b^lts  bany  dar  kläfs 

g         dyata   -tes  dyat  dyats  b'al  ttalts  b$n  der  klefts 

I)         gata     -tes  gat  gats  bei  b^lts  bany  der  klefs 

U.-B.  gata     -ta  gat  gat  bal  ba1  ben  d§  kl^f 

O.-B.  gata     -ta  gat  gat  bei  bi  ben  dej  klef 

i         dyata  -tes  dyat  dyats  bei  bejts  ba4n  der  klefs 

j  dyata  -tes  dyat  dyats  bejl  belts  ba*n  dar  klafs 

!         dyata  -tes  dyat  dyats  b$l  b^lts  bany  der  klefs 

I  yata     -tes  yat  yats  bei  b^s  ba'n  dar  kläfs 

tu        yata     -tes  dyat  dyats  bei  b$s  ba*n  dar  kläfs 

yata     -tes  yat  yats  bei  beas  ba*n  dar  klafs 

n         yata     -tes  yat  yats  bei  b^s  ba*n  dar  kläfs 

Pose,  gata     -ti  gat  gat  bei  bely  ben  da  tsäf 

Pinz.  gata     -ti  gat  ga#  bei  b$i  ben  dar  tyaf 

Mezz.  gatQ     -ti  gat  gati  bei  b§i  ben  dar  tyaf 

Kümo  dyatQ  -  te  dyat  dyati  bejl  bei  b^n  dar  klao 

Tres    dyata  -te  dyat  dyati  b^l  bei  beu  dar  klau. 

Rov.   gata     -te  gat  gati  bei  bei  ben  dar  tsave 

i- laut  meistens  als  silbisch  anzusehen,  gewiss  in  biH;  im  fluss 
der  rede  kann  bei,  b'ei  als  einsilbiges  be',  biei  auftreten.  Wie 
u  und  o,  geht  auch  e  leicht  verloren;  Wörter  wie  bene  geben 
das  -e  selbst  im  Venezianischen  auf.  Bei  dem  beispiele  dare 
kommt  noch  etwas  hinzu:  die  infinitive  können  nämlich  in 
einigen  gegenden  ihr  -re  abwerfen  (s.  s.  170).  Von  der 
endung  -es  (z.  b.  claves)  bleibt  in  rätoromanischen  gegenden 
das  -s  zurück.  Aus  dem  auslautenden  -v's  muss  dann  -fs  werden, 


Bauart  der  Wörter.  109 

Cem.    gata      -te      gat  gati      bei  b$i  beu     dar    tsau 

Cav.     gata      -te     gato  gati      b^l  b^i  ben     dar  tsave 

Pred.   gata      -te      gat  gati      b§l  frei  beD     dar  tsau 

Vigo    dyat$    -te      dyat  dyat/   bei  bie  beD     dar  k'af 

0          dyatQ    -tes    dyat  dyats    bei  bie  ben     der  k'eves 

p          dyata    -tes    dyat  dyat/   bei  biei  bau     d$  tleves 

q          dyata    -tes    dyat  dyät/   bei  bi  bäny  de  tles 

r          yata      -tes    yat  yat/     bei  bi  b^D     d^  tles 

Buch,  dyata    -te      dyat  dyat/   bei  biei  beD     de  kle 

Colle    dyata    -te      dyat  dyat/   bei  frei  ben     da  t/ef 

Amp.    zata      -tes    zato  zate      bei  frei  ben     da  tsaes 

Aur.     dyata    -te      dyato  dyate    bei  b'ei  ben     da  t/ave 

O.-C.    t/eta     -ti      t/eto  t/eti      belo  bi  b§D      da  t/ai 

U.-C.   dyeta    -te      dye^t  dyet      bei  b'ei  beo     da  t/ai 

Erto    dyata    -te      dyat  dya>9-    bei  bie  be'D     de  t/e 

Cim.    dyata    -te      dyat  dya#    bei  frei  beny   d§  tyes 

§         dyata    -tes    dyat  dyas     frei  b'ei  beo     da  kläs 

dyate^     -tes    dyat  dyats    frei  b'ei  beo     da  kläs 

t          dyata    -tes    dyat  dyats    frei  b'ei  beo     da  kläs 

u         dyata    -tis     dyat  dyas     b'ei  b'ei  beo     da  kläs 

ü          dyate    -t$8    dyat  dyats    frei  b'ei  beD     da  kläs 

ft»        dyata    -tis     dyat  dyas     frei  b'ei  beo     da  kläs 

j          dyatQ    -t$s    dyat  dyats    b'^1  frei  beo     da  kläfs 

t)         dyat$    -t^s    dyat  dyats    b'ei  b'ei  beo      da  kläs 

3          dyate    -tis     dyat  dyas     b'ei  frei  beo     da  kläs 

dyate    -tis     dyat  dyas     b'§l  b'ei  b^D     da  klas 

dyata    -tis     dyat  dyas     b'ei  b'ei  beo     da  klas 

dyata    -tis     dyat  dyas     frei  frei  beD     da  klas 

Pord.  gata      -te      gat  gati      bei  bei  beo     dar  tsave 

Port,   gata      -te      gato  gati      bei  bei  beo     dar  tsave 

oder  wenn  die  zweierlei  schleiflaute  hintereinander  zu  un- 
bequem sind,  blosses  -s  (vgl.  afranz.  clef,  pl.  cles).  In  o,  p 
mochte  man  das  v  nicht  preisgeben  und  musste  daher  den 
vokal  zwischen  v  und  s  behalten.  Das  vorbild  der  A- 
deklination  konnte  bei  dem  tem.  clavis  diese  erhaltung  be- 
günstigen. 

Es  gibt  verschiedene  umstände,  die  den  Verlust  der  vokale 
und   silben  hinter   der  tonstelle   verhindern.    Selten  hält  den 


110       Vergleichende  darstellnng  der  rätoromanischen  mundarten. 

vokal  der  unmittelbar  vorausgehende  ton  vokal  zurück,  mit  dem 
er  einen  Zwielaut  gebildet  hat,  z.  b.  in  deus,  mens  a,  b  diu, 
deu,  d^s,  deus,  miu,  b  dies,  mies,  \  d{Qu,  m  dlo,  irio,  rt  d(Qu, 
Comelieo,  Erto,  Cimolais  w'p,  m'o,  in  Friaul  m'g,  nyp  u.  ä. 
(s.  s.  217).  Der  vokal  ist  da  erhalten,  aber  die  zwei  silben 
sind  zusammengefallen. 

Steht  ein  konsonant  zwischen  dem  betonten  vokal  und  dem 
vokal  der  endsilbe,  so  muss  er  oft  nach  dem  verlust  dieser  silbe 
eine  Veränderung  erleiden,  z.  b.  stimmlos  werden,  nm  im  aus- 
laut  bestehen  zu  können.    Das  -f  an  den  rätoromanischen  formen 


dieb 

pl. 

vier 

andrer 

pl. 

laus 

pl. 

Kl. 

lader 

lader 

kuat^r 

ojter 

olt^r 

.  p'cets 

p^ts 

a 

lader 

> 

laders 

kuater 

> 

auter 

> 

auters 

> 

p¥y 

plu/lts 

b 

lader 

laders 

kuater 

> 

a"ter 

anters 

p¥y 

pllTltS 

c 

läder 

läders 

k"ater 

a"ter 

auters 

pliTly 

pluHts 

se^lm 

selmps 

k"ater 

> 

auter 

) 

a"ters 

> 

plu/ly 

plivlts 

b 

läder 

> 

läders 

kuater 

öter 

öters 

pluly 

plults 

lader 

laders 

kuater 

oter 

oters 

> 

piuiy 

plults 

e 

läder 

> 

läders 

kater 

öter 

öters 

> 

pluly 

plults 

f 

läder 

läders 

kater 

öter 

öters 

pluly 

plujlts 

9 

leder 

lederts 

kater 

öter 

öters 

pluMy 

plu5lts 

*> 

leder 

leders 

kuater 

eter 

eters 

£     > 

pluUy 

plu's 

U.-B. 

l^der 

lfder 

knatar 

eltar 

e^tar 

plu'l 

pluJl 

O.-B. 

l^dej* 

l^dej 

kuatar 

altar 

altar 

plod 

plo'l 

t 

leder 

> 

leders 

kater 

öter 

öters 

pluely 

pluelts 

leder 

leders 

kuater 

öter 

öters 

pluely 

pluUts 

i 

lad  er 
> 

läders 

> 

k"ater 
> 

Qter 

Qters 

Pluly 

plults 

f 

l^der 

Inders 

k"ater 

> 

eter 

eters 

pluely 

pluelts 

i 

läder 

> 

läders 

> 

kuater 

> 

oter 

^ters 

pluely 

pluits 

m 

läder 

läders 

k"ater 

> 

<?ter 

§ters 

pluiy 

plu°lts 

läder 

läders 

kuater 

ater 

äters 

pluely 

pluelts 

n 

läder 

läders 

k"ater 

äter 

äters 

pVly 

pVlts 

Pose. 

lädru 

lädri 

k"atrn 

altru 

altri 

ploely 

ploely 

Pinz. 

ladru 

ladri 

k"atru 

aftru 

aftri 

p'm 

P'9X 

Mezz. 

ladro 

ladri 

kuatro 

autro 

a"tri 

p'ot* 

p'Qttf 

Kümo 

ladej 

ladri 

kater 

a"t$r 

autri 

pjotze.l 

p'okli 

Tres 

ladro 

ladri 

kater 

a"ter 

antri 

P'Qtyel 

p'ojdi 

Rov. 

ladro 

ladri 

k'atro 

altro 

altri 

p^tso 

p^tsi 

Banart  der  Wörter. 


111 


luf,  lonf,  lof  usw.  (s.  148)  bezeugt,  dass  das  p  von  lopus 
schon  den  lautwandel  p-b-v  vollendet  hatte,  als  die  end- 
silben  -um,  -us  verstummten.  Was  in  dem  falle  geschieht, 
wenn  r  oder  1  hinter  einem  andern  konsonanten  in  den  aus- 
laut  gedrängt  wird,  sehen  wir  unten  an  latro,  quattuor  (quattro), 
alt'rum  und  ped-uc'lum.  Das  1  bleibt  stimmhaft  und  wird 
silbisch  in  p  podl,  es  wird  stimmlos  im  Bergeil;  sonst  aber 
muss,  wo  silbisches  r,  1  nicht  in  Übung  ist,  ein  farbloser,  in 
dem  r,  1  als  stimmton  schon  enthaltener  vokal  zum  silbenträger 
vorrücken  —  ob  vor  oder  kinter  dem  r,  1,  ist  von  vornherein 


Cem. 

lader 

ladri 

kuatro 

alter 

altri 

p:QtSO 

p^tsi 

Cav. 

ladro 

ladri 

k"atro 

altro 

altri 

podye 

podyi 

Pred. 

ladro 

ladri 

katej 

a"tej 

autri 

podye 

podyi 

Vigo 

lare 

lare^s 

katej 

auter 

e^tre^s 

podye 

podyes 

0 

leje 

lej-es 

kater 

autej 

etres 

poye 

poyes 

P 

leje 

leres 

kater 
> 

auter 
> 

autri 

podl 

podli 

q 

lere 

leri 

kater 

> 

äter 

ätri 

p'edl 

p'edli 

r 

l§re 

l^ri 

kater 

> 

äter 

ätri 

p'edl 

p'edli 

Buch. 

ladro 

ladri 

kat^r 

aut$r 

antri 

p'egle 

piegli 

Colle 

ladro 

ladri 

kuater 

a,!tej 

autri 

podye 

podye 

Amp. 

ladro 

ladri 

kuatro 

9utro 

9utre 

pedo 

pedoe 

Aur. 

ladro 

ladre 

kuatro 

antro 

autre 

pidj6 

pid'oe 

O.-C. 

lade/ 

lade/ 

kuater 

autej 

et^r 

pedu*o 

pedui 

U.-C. 

ladro 

ladre 

kuatro 

autro 

alltre 

podo^ 

podo1e 

Erto 

ladre 

ladre 

knatre 

altre 

altre 

pedu°dye  pedu°dye 

Cim. 

ladro 

ladri 

kuatre 

altre 

altre 

pedu°i 

pedu°is 

§ 

läri 

läris 

kuatri 

ätri 

ätris 

pidöli 

pidöi 

t 

läre 

läres 

kuatre 

altri 

altres 

pedyle 

pedo/e 

u 

läri 

läris 

kuatri 

altri 

altris 

pidöli 

pid.91 

Ö 

läri 

läris 

kuatri 

alti 

atis 

pedoH 

pedoi 

tt> 

läri 

läris 

kuatri 

ätri 

a}tris 

pedöli 

pedoi 

S 

läri 

läris 

kuatri 

ätri 

a'tris 

pedu°li 

pedu°i 

1 

läri 

läris 

kuatri 

äti 

a'tyis 

pedöli 

pedgi 

1 

läri 

läris 

k"atri 

altri 

altris 

pedöli 

pedoi 

läri 

läris 

kuatri 

altri 

altris 

pedoli 

pedoi 

lari 

laris 

kuatri 

altri 

altris 

pedöli 

ped^i 

Pord. 

ladro 

ladri 

k"atro 

antro 

antri 

peotso 

peptsi 

Port. 

ladro 

ladri 

kuatro 

altro 

altri 

pe^tso 

peqtsi 

112       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

nicht  ausgemacht.  Das  Friaulische  zieht,  wie  die  beispiele 
zeigen,  vor,  den  unterstützenden  vokal  im  auslaut  anzubringen 
(worin  sich  vielleicht  ein  einfluss  der  italienischen  Sprechweise 
erkennen  lässt).  Die  Nonsberger  halten  im  plural  an  dem 
flexions-i  fest,  während  im  Singular  der  unterstützende  vokal 
in  beliebter  weise  vor  das  r,  1  tritt  und  die  tiberflüssige 
singularendung  abziehen  lässt. 

Gehen  wir   endlich   zu  dem   fall  über,   dass  der  tonsilbe 
im    latein   noch   zwei    silben    folgen,    so   können   wir   Wörter 


euter 

trinken  lärche    elf 

rot 

pl. 

jung 

Kl. 

pets 

bef 

laris 

vtmdes 

I  ros 

ros 

dzoin 

a 

iver 
> 

be^ber 

laris 

indis 

t#ietsen 

kQtsents 

dyuven 

b 

iver 

bejber 

laris 

endis 

tyetsen 

kQtsents 

dyuven 

iver 
> 

falber 

laris 

endis 

tsietsen 

i 

kQtsents 

dyuven 

iver 
> 

b^ber 

laris 

endis 

t#ietsen 

kQtsents 

dyuven 

c 

Iver 
> 

bever 
> 

laris 

endis 

kQtsen 

kQtsents 

dzuven 
> 

b 

Iver 
> 

beber 
> 

laris 

endis 

kQtsen 

kQtsents 

dyuven 

iver 
> 

bever 
> 

lares 
> 

endes 

kQtsen 

kQtsents 

zuven 
> 

e 

§'ver 

bever 

> 

laris 

endis 

kQtsen 

kQtsents 

dyQuven 

f 

e'ver 

> 

bever 

> 

lares 
> 

endes 
> 

kQtsen 

kQtsents 

dyuven 

9 

egver 

b^gver 

lares 

> 

endes 

> 

kuetsen 

kuetsents 

dzQuen 

$ 

vver 
> 

bever 

> 

lares 

> 

vndes 
> 

kötsen 

L        > 

kQtsents 

dyüen 

U.-B. 

petx 

bevar 

lares 

tmdes 

) 

ros 

ros 

dyuan 

O.-B. 

war 

bejvar 

lares 

tmdes 

ros 

ros 

dyuan 

i 

vgver 

b^ver 

lars 

tmdes 
s 

kötsen 

kQtsents 

dyuven 

vgver 

bäver 

lars 

tmdes 

k°atsen 

k°atsents 

> 

dyuven 

i 

iver 
> 

ba'ver 
> 

lars 

tmdes 

> 

kQtsen 

kQtsents 

yuven 

f 

wer 

> 

ba'ver 

lars 

tmdes 

> 

kötsen 

kQtsents 

dyuen 

i 

wer 
> 

ba'ver 

> 

lars 

tmdes 
> 

kQtsen 

kQtsents 

yüven 

m 

wer 
> 

ba'ber 
> 

lars 

tmdes 
> 

kQtsen 

kQtsents 

yüven 

tt 

wer 

> 

ba'ver 

) 

lars 

tmdes 
> 

kötsen 
*    > 

kQtsents 

yüen 

Pose. 

pets 

bea 

laras 

tmdas 

ros 

ros 

dyuan 

Pinz. 

pe*t 

bivar 

laras 

tmdas 

rus 

rus 

dyun 

Mezz. 

pe*t 

bevej 

larejs 

tmdejs 

ros 

ro§i 

dyoen 

Rumo 

livejr 

bever 

lares 

tmdejs 

ro§ 

ro&i 

dzo"en 

Tres 

liv^r 

bever 

lares 

undes 

ros 

rosi 

dzoven 

Cun. 

liv^r 

bevej* 

lares 

tmdes 

ros 

ro§i 

dzoen 

Rov. 

p'et 

bever 

lare§ 

ündeze 

ros 

ro§i 

zoven 

Bauart  der  Wörter. 


113 


wie  calidus,  frigidus,  oculus,  viridis  beiseite  lassen,  weil 
sie  augenscheinlich  schon  in  der  verkürzten  form  cal'dus, 
frig'dus  usw.  ins  Romanische  gekommen  sind;  auch  digitus, 
obwohl  es  im  Rumänischen  bis  heute  noch  nicht  so  verkürzt 
ist.  Zwei  unbetonte  silben  nebeneinander  können  nur  unter 
besonders  günstigen  umständen  verschwinden,  wie  man  es 
an  laricem  und  juvenem  in  einzelnen  tälern  sieht;  undecim 
und  coccinum,  obgleich  ganz  ähnlich  gebaut,  widersetzen 
sich  einer  solchen  zusammenziehung,   wie  man  leicht  begreift. 


Cem. 

liver 

bever 

lares 

vndes 

ros 

rosi 

dyoven 

Cav. 

skarpa 

bever 

lares 

undes 

ros 

rosi 

zoven 

Pred. 

skarpa 

bever 

lares 

undes 

ros 

ros 

zoven 

Vigo 

ure 

be/v^r 

lars 

undejs 

ros 

ro§ 

zoen 

0 

urek 

be/ver 

l^rs 

unes 

ros 

ros 

zon 

P 

ure 

> 

bever 

lejes 

undes 

kuetsun  ku^sni 

zox,n 

q 

vre 

bä're 

lers 

im  es 

kcetse 

koetsi 

zön 

r 

vre 

be/re 

l^rs 

imes 

c       ) 

ketso 

k^tsi 

zön 

Buch. 

ure 

be^e 

lers 

undes 

ros 

ros 

zoen 

Colle 

ure 

beve 

lares 

undes 

ros 

ros 

zoven 

Amp. 

uro 

bee 

lares 

undes 

ros 

rose 

zoin 

Aur. 

uro 

beve 

lares 

ündeze 

ros 

rose 

doven 

O.-C. 

uro 

bei 

lar^s 

undejs 

roso 

rosi 

(foin 

u.-c. 

uro 

bei 

laris 

undes 

roso 

rose 

doiny 

Erto 

zge^ba 

be/ve 

lares 

undes 

ros 

ro§ 

doveD 

Cim. 

ure 

beve 

lares 

undes 

ros 

ros 

doven 

§ 

üvri 

b^vi 

laris 

undis 

r9s 

ros 

zQvin 

üvri 

bevi 

laris 

undis 

ros 

ro§ 

dzQvin 

t 

lüvre 

beve 

laris 

unde§ 

ros 

ros 

dzQven 

u 

üvri 

bevi 

laris 

undi§ 

tqs 

tqs 

zQvin 

Ö 

üvri 

b^vi 

laris 

undis 

ros 

ros 

zQven 

ro 

Sri 

bevi 

larts 

undis 

ros 

ros 

dzovin 

£ 

u°ri 

bevi 

larts 

undis 

TQS 

r$s 

dzoven 

9 

üvri 

b^vi 

laris 

undis 

rQ8 

tqs" 

dzQvin 

i 

lüvri 

bevi 

laris 

undis 

roj? 

r$s 

dzovin 

lüvri 

bevi 

laris 

undis 

l'QS 

r$s 

zQvin 

luvri 

bevi 

laris 

undis 

TQS 

tqs 

zQvin 

Pord. 

teta 

bever 

läreze 

ündeze 

TQ§ 

TQSi 

zQvene 

Port. 

lü/oro 

bevar 

läreze 

ündeze 

TQSO 

r$si 

zQvene 

Gai 

tner,  Rätorom.  spr.  u 

lit. 

8 

114       Vergleichende  darstellang  der  rätoromanischen  mundarten. 

Von  den  zwei  e  in  bibere  bleibt  in  Graubtinden  scheinbar 
das  erste  als  unterstützender  vokal  stehen;  aber  auch  bib're 
kann  zu  den  vorliegenden  formen  geführt  haben.  Sie  stimmen 
zu  denen  von  uber(e)  und  zu  denen  von  latro  (s.  110).  Nicht 
so  in  Osttirol.  In  Vigo,  o-r  hängt  die  stelle  des  unter- 
stützenden e  davon  ab,  ob  der  konsonant  vor  r  erhalten  ist 
oder  nicht;  und  das  -b-  hatte  in  dem  zeitworte  wegen  der 
anderen  verbalformen  ein  zäheres  leben  als  in  dem  Substantiv. 
Treten  wir  bei  Buchenstein  in  das  gebiet  der  Piave,  so  finden 


jung  f. 

weib 

tante 

samstag 

;     sonntag 

woche 

Kl. 

dzöina 

fijmina 

dzia 

sabat 

dumeniga 

setimana 

a 

dyufna 

femna 

Qnda 

SQnda 

dum^nya 

jamna 

b 

dyufna 

fejnna 

Qnda 

SQnda 

dumendya 

'amna 

dyufnQ 

femQ 

QndQ 

SQndQ 

dumendyQ 

amQ 

dyufna 

fema 

Qnda 

SQnda 

dumQndza 

'ama 

c 

dzufna 

femna 

Qnda 

SQnda 

dumendza 

^amda 

dyufna 

fe^rana 

Qnda 

SQnda 

dumeDga 

emda 

b 

dyufna 

f^mna 

Qnda 

SQmda 

dumendya 

e/mda 

zufna 

fejnna 

Qnda 

SQmda 

dumendya 

e/'mda 

e 

dy$uvna 

f^mna 

Qnda 

SQnda 

dumendya 

emda 

f 

dyüfne 

f^mne 

Qnde 

sQnde 

dum^ndye 

e^nde 

9 

dzQgvna 

famna 

anda 

SQnda 

dumendya 

efna 

% 

dyüvna 

femna 

anda 

samda 

dumendya 

^mda 

U.-B. 

dyufna 

femna 

anda 

sanda 

dumeDga 

satm^na 

O.-B. 

dyufna 

femna 

anda 

sanda 

dumeDga 

satmana 

i 

dyugvna 

f^mna 

anda 

sanda 

dumendya 

egvna 

i 

yufna 

femna 

anda 

sanda 

dumendya 

eJfna 

! 

dyuvna 

f^mna 

anda 

SQnda 

dumendya 

eVna 

1 

yüvna 

femna 

anda 

SQnda 

dumendya 

emna 

m 

yufna 

femna 

anda 

SQnda 

dumendya 

emna 

n 

yufna 

f^mna 

yaya 

SQnda 

dumendya 

emna 

Pose. 

dyüana 

fema 

ämia 

? 

dumeDga 

stemana 

Pinz. 

dyuna 

fumbla 

deda 

sabu 

duminiga 

stamana 

Mezz. 

dyövejiQ 

femnQ 

andQ 

sabo 

domenegQ 

setemanQ 

Rumo 

dzonQ 

femnQ 

andQ 

sabet 

domendyQ 

sedmanQ 

Brez 

dzouna 

femna 

anda 

sabet 

domendya 

semmana 

Cun. 

dzona 

femna 

anda 

sabo 

domendya 

sedmana 

Rov. 

zövena 

f^mena 

zia 

sabo 

dom6nega 

setimana 

Bauart  der  Wörter. 


115 


wir  das  -re  des  infinitives  abgeworfen,  wie  dann  noch 
weiter  im  osten,  auch  im  Kurnänischen.  Aber  der  verzieht 
auf  diese  endung  kann  nicht  sehr  alt  sein,  sonst  hätten  wir 
nicht  beve,  bevi  u.  ä.  bekommen,  sondern  bef  (vgl.  Kleven). 

Betrachten  wir  endlich  den  fall,  dass  von  den  zwei 
unbetonten  silben  die  zweite  durch  ihren  vokal  a  gesichert 
ist.  Den  reinsten  rätoromanischen  mundarten  gelingt  es  da 
jedes  mal,  die  andere  silbe  zu  unterdrücken;  ihnen  sind  die 
italienischen    sdrucciole    fremd.      Besonders    an    den    formen 


Cav. 

zövena 

femena 

zia 

sabo 

domenega 

setimana 

Pred. 

zövena 

femena 

zia 

säbeda 

domenega 

setemana 

Vigo 

zöenQ 

fömenQ 

ämed$ 

säbedQ 

domenyQ 

setemanQ 

0 

zonQ 

fernen^ 

ämedQ 

säbedQ 

domenyQ 

setem^nQ 

P 

zouna 

fana 

anda 

sada 

dumanya 

ena 

q 

zöna 

fomna 

mada 

säbada 

dumanya 

edma 

zöna 

fomna 

mada 

sabda 

dumanya 

£dema 

r 

zöna 

fomena 

m^da 

säbada 

dumanya 

(jdema 

Buch. 

zöena 

fämena 

mada 

säbeda 

dumania 

setemana 

Colle 

zövena 

fömena 

meda 

säbeda 

domenya 

stemana 

Amp. 

zöina 

femena 

rämeda  säbeda 

domenya 

setemana 

Aur. 

dövena 

femina 

n§ne 

sabo 

domenia 

stemana 

O.-C. 

döina 

fejmna 

nena 

säbeda 

domenia 

stomana 

U.-C. 

dona 

femina 

n^ne 

sabo 

domenia 

stomana 

Erto 

dovena 

femena 

deda 

säbeda 

domönidya 

stemana 

§ 

zQvina 

femina 

anya 

säbida 

domenia 

sitimana 

dz^ving 

femin§ 

any$ 

säbide. 

dom^ni^ 

seteman^ 

t 

dzqvena 

femena 

anya 

sabo 

domenia 

setemana 

u 

zQvina 

femena 

anya 

säbida 

domenia 

setemana 

Ö 

zqvine. 

f^min^ 

anye. 

säbide^ 

dom^ni^ 

seteman^ 

tt) 

dzövina 

femina 

nyanya 

säbida 

domenia 

setimana 

S 

dzövenQ 

fernen  q 

anyQ 

säbedQ 

dom^niQ 

setemanQ 

¥ 

dzQvin^ 

f§min$ 

any<? 

säbid^ 

dom^ni^ 

setiman^ 

i 

dzQvine 

fijmine 

anye 

säbide 

domenie 

setemane 

zQvina 

femina 

nyanya 

säbida 

domenia 

setimana 

zqvine^ 

%nin§ 

anye. 

säbidQ 

dom^ni^ 

seteman^ 

ZQvina 

femina 

anya 

säbida 

domenia 

setimana 

Pord. 

zqvene 

femina 

nyanya 

sabo 

domöneya 

setimana 

Port. 

zQvene 

femena 

ämia 

sabo 

domeneya 

sitimana 

8* 

116       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

von  hebdomas  können  wir  bewundern,  wie  die  einzelnen 
täler,  voneinander  unabhängig,  das  ungefüge  fremdwort  zu 
einem  mundgerechten  wort  verarbeitet  haben.  Bei  sabbata 
gelang  das  leichter;  man  wird  nicht  tibersehen,  dass  auf 
italienischer  seite  sabbatum  zugrunde  liegt  und  in  Graubtinden 
die  nebenform  mit  -mb-,  die  auch  in  Frankreich,  in  Deutsch- 
land und  im  slawisch-madjarisch-rumänischen  osten  eingang 
fand.  Zwischen  dem  ven.  domenega  und  dem  rät.  dumenäya, 
dumqnyq  u.  ä.  steht  die  friaulische  form  auf  -ia,  die  man  wohl 
noch  durchwegs  als  viersilbig  ansehen  muss.  Auf  die  Verein- 
fachung von  amita  bis  zu  dmia  führt  schon  der  venedische  laut- 
wandel,  in  friaulischem  munde  wird  dann  anya  daraus,  ferner 
im  kindermunde  nyanya.  Echt  rätoromanisch  aber  ist  der  Über- 
gang von  dmida  zu  am'da,  anda.  Merkwürdig  ist  die  tonver- 
setzung  (amita)  in  einem  landstrich,  der  vom  Pustertal  südwärts 
nach  der  reichsgrenze  führt  (noch  etwas  darüber  hinaus  nach 
C.  Battisti,  La  vocale  A,  1907);  denn  sonst  entledigt  man  sich 
der  proparoxytona  auf  diese  weise  nur  bei  Zeitwörtern,  wo  das 
nebeneinander  von  formen  mit  betonten  endungen  und  solchen 
mit  betontem  stamm  zu  derlei  neuerungen  gelegenheit  gibt,  z.  b. 
excitat  o  desfdg,  p  desgtdq,  misc-itat  b  miseda,  p  mesqidq, 
x  moseda,  j  masedg,  %  mesede,  seminat  o  semeng,  £  semen?. 
Die  eben  angeführten  beispiele  aus  j  und  g  zeigen,  dass  in 
Friaul  Wörter  mit  betonter  drittletzter  silbe  einstens  ebenso 
unbequem  waren  wie  in  den  anderen  teilen  des  rätoromanischen 
Sprachgebietes;  im  laufe  der  Jahrhunderte  aber  hat  man  sich 
manches  von  der  venedischen  Sprechweise  angeeignet.  Zwei- 
silbiges feni'na,  sab'da  ist  da  vielleicht  nie  entstanden;  aber  g 
perdvglg,  $  gwgule,  am  untern  Tagliamento  isdvera  sind  gewiss 
junge  proparoxytona,  dadurch  erklärlich,  dass  die  leute  in 
der  nachahmung  des  angesehenen  Venezianischen  zu  weit  ge- 
gangen sind,  sich  ihrer  heimischen  eigenart  im  tibermass 
entäussert  haben  (tiberentäusserung):  denn  gut  vene- 
zianisch hat  parola,  unghia,  capra  nicht  mehr  silben  als  im 
Toskanischen. 

Noch  ein  merkmal  im  bau  der  rätoromanischen  Wörter 
verdient  unsere  aufmerksamkeit.  Es  besteht  darin,  dass  der 
betonte  vokal  kürzer  ausgesprochen  wird,  wenn  noch  eine  un- 
betonte   silbe    im    wort    folgt,    und    hat    eine    zweifach    be- 


Bauart  der  Wörter. 


117 


schränkte  geltung:  auf  gewisse  offene  vokale  und  auf  den 
östlichen  teil  des  Sprachgebietes.  Die  grenze  geht  —  was  sonst 
selten  eintrifft  —  mitten  durch  die  tirolische  oder  mittlere 
gruppe,  so  dass  q,  r  und  Buchenstein  schon  zum  östlichen  teil 
zu  rechnen  sind.    Z.  b. 


stern 

führt 

coda 

hora 

gelassen 

gekommen 

b 

ste/la 

m^na 

ko"a 

ura 

sau 

sada 

vinyida 

f 

stelle 

manye 

küe 

> 

Q«re 

lasee 

laseede 

> 

nlede 

> 

i 

sta^a 

ma'na 

kua 

ugra 

lasö 

laseda 

nyigda 

m 

sta5la 

•  ma'na 

kua 

ura 

lasa 

lasada 

nyüda 

Tres 

stela 

mena 

koa 

ora 

ladyä" 

ladyada 

nuda 

0 

St^ÜQ 

men$ 

kQudQ 

orq 

lasä 

lasadQ 

venyudQ 

P 

sta'la 

ma'na 

koda 

oura 

lasd 

laseda 

unida 

q 

stära 

mana 

koda 

ora 

läse" 

lasada 

nyuda 

r 

stera 

m^na 

koda 

ora 

lasQ 

lasada 

nyuda 

Buch. 

stäla 

mäna 

koda 

ora 

läse* 

lasada 

vinyuda 

Erto 

stela 

mena 

koda 

ora 

las^ 

lasada 

venyuda 

S 

stelQ 

menQ 

k<?dQ 

m 

lasät 

lasadQ 

vinyudQ 

l 

st$l$ 

mene^ 

kQde 

Qre 

lasät 

lasad^ 

vinyude^ 

Das  erste  wort  lässt  von  b  bis  p  die  längung  an  dem 
diphthong  erkennen;  Tres  auf  dem  Nonsberg  und  Erto  an 
der  friaulischen  grenze  unterscheiden,  wie  das  Venezianische, 
kaum  längen  und  kürzen;  Gadertal,  Buchenstein  und  Friaul 
sprechen  den  vokal  kurz  aus,  Friaul,  wie  immer  in  solchen 
fällen,  sogar  offen.  Das  offene  ^  scheint  hier  unmittelbar 
aus  dem  urspünglichen  e  entstanden  zu  sein,  während  ä,  $ 
in  jenen  tirolischen  tälern  aus  dem  diphthong  a*,  e*  ver- 
kürzt sein  dürften.  In  f  manye  ist  a  zwar  kurz,  aber  aus 
ai  hervorgegangen,  wie  das  palatalisierte  n  bezeugt.  In  t 
ugra  entspringt  ug  einem  zwielaut  (s.  s.  165).  Am  beredtesten 
sind  die  letzten  beispiele:  p  lasa  hat  d  (nicht  e),  weil  die 
männliche  form  verkürzt  ist  (-ä');  in  Friaul  umgekehrt  -at, 
-ut,  aber  -ade  usw.  Das  a  in  q  -äda  ist  zwar  lang,  muss 
aber  einst  kurz  gewesen  sein;  sonst  hätte  es  in  jener  gegend 
in  e  übergehen  müssen  (vgl.  p  laseda). 


118       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


Betonte  vokale. 

Nun  gehen  wir  zu  den  wichtigsten  lauten  der  Wörter 
über,  zu  den  betonten  vokalen,  und  fangen  mit  dem 
häufigsten  und  lautesten  an,  dem  lateinischen  a.  In  ge- 
schlossener silbe  bleibt  es  meistens  a,  genauer  gesagt: 
ein  a-laut;  denn  wer 
Vertreter  aller  unserer 
mundarten  in  einem  saal 
um  sich  versammeln 
könnte  und  das  wort 
bassus  abfragte,  würde 
gewiss  auch  ohne  Werk- 
zeug ein  dutzend  a 
unterscheiden  können. 
Wir  aber  müssen  und 
können  uns  hier  mit 
einem  ungefähr  beschei- 
den. Andere  beispiele 
für  erhaltenes  a  findet 
man  genug  in  diesem 
buch.  Die  hier  folgen- 
den sollen  uns  zeigen, 
dass  der  silbenschluss 
durch  r  in  manchen 
gegenden  kein  hinder- 
nis  der  dehnung  und 
weiteren  Verwandlung 
des  a  bildet.  Es  walten 
dabei  verschiedene  ge- 

setze.  In  c  gestattet  nur  der  einfache  konsonant,  der  aus 
ss,  rr  im  auslaut  werden  musste,  die  längung;  in  e-g  war 
-n  vielleicht  silbisch  (vgl.  die  sulzbergische  form);  östlich 
von  Udine  dehnt  man  überhaupt  einfache  vokale  vor  r 
gern,  wobei  Cividale  zu  der  diphthongischen  ausspräche  aa 
fortschreitet;  in  o-r  und  Erto  ist  die  aus  dem  e  zu  er- 
schliessende  alte  dehnung  des  a  meistenteils  dadurch  be- 
dingt, dass  dem  r  ein  anderer  (von  r  verschiedener)  konsonant 


niedrig 

wagen 

teil 

fleisch 

Kl. 

bas 

kar 

part 

karna 

a 

bas 

tyar 

•part 

t^arn 

b 

bas 

kar 

part 

kam 

c 

bäs 

kär 

part 

kam 

bas 

tyär 

part 

tyarn 

b 

bas 

t^ar 

part 

tyarn 

e 

bas 

t*ar 

part 

t/ern 

f 

bas 

ty&Y 

part 

t#ern 

9 

bas 

tyar 

part 

tyem 

% 

bas 

kar 

pejt 

k^rna 

U.-B. 

bas 

kar 

pert 

k^rna 

O.-B. 

bas 

kar 

part 

karna 

i 

bas 

tyar 

pärt 

tyarn 

i 

bas 

tyar 

part 

t/arn 

i 

bas 

tyar 

part 

tyern 

l-n 

bas 

txar 

part 

tyarn 

Pinz. 

bas 

kar 

part 

kam 

Mezz. 

bas 

kar 

part 

kar^n 

Tres 

bas 

tyar 

part 

t^arn 

Kov. 

bas 

kar 

part 

karne 

Cem. 

bas 

kar 

part 

kam 

Betonte  vokale. 


119 


folgt.  Dazu  kommt  in  p  noch  eine  Unterscheidung,  näm- 
lich die,  dass  nach  palatalen,  wie  auch  in  offener  silbe,  statt 
£  das  noch  offenere  a  eintritt:  pqrt — tXQm  wie  Iqvq — dyqvq 
(lavat  —  cavat)  oder  ftzes — dyqzes  (facis  —  jaces).  Alle  ? 
aus  a  mögen  über  q  als  ihre  Vorstufe  heraufgekommen 
sein;  dennoch  halte  ich  jene  q  nicht  für  stehen  ge- 
bliebene  q,    sondern    sie    werden    einer    rückläufigen,    durch 

dissimilation  erklär  - 
karne  liehen  bewegung  ent- 
kam stammen.  Es  ist  näm- 
t#arn  lieh  auffällig,  dass 
tse^rn  scala  —  stxala  —  styrilq 
t#arn  durch  die  Vereinfachung 
t/er  seines  anlautes  nicht 
t/§rn  sqlq  geworden  wäre. 
t#§rn  Wenn  hingegen  stxqlq 
karne  mit  $lq  (Flügel)  zu 
karne  stxqlq  vorgerückt  ist, 
karne  so  begreift  man  ohne 
karni  weiteres  unser  heutiges 
käme  sqlq,  das  von  einem 
#ej  späteren  dissimilieren- 
#arn  den  wandel  tx$  —  tyq 
tyar  natürlich  nicht  berührt 
t#ar  werden  konnte.  Die 
tsaar  Scheidung  zwischen  e 
t^är  und  q  in  p  scheint 
tyar  also  jung  zu  sein;  da- 
karne  für  spricht  auch  die 
karne  örtliche  beschränktheit 
(s.  124). 
In  offener  silbe  weicht  das  betonte  a  oft  in  die  e- reihe 
aus,  ohne  dass  die  benachbarten  laute  eine  zungenhebung 
veranlassten;  und  diese  erscheinung,  dem  schriftitalienischen 
und  den  zwei  benachbarten  italienischen  mundarten  völlig 
fremd,  verdient  eine  eingehendere  behandlung. 

Beim  anblick  der  beispiele  auf  den  folgenden  Seiten  erkennt 
man  sofort,  dass  der  zug  von  a  nach  e  in  den  verschiedenen 
teilen  des  rätoromanischen  gebietes,  sofern  er  überhaupt  sieht- 


Cav. 

bas 

kar 

parte 

Pred. 

bas 

kar 

part 

Vigo 

bas 

tyar 

part 

0 

bas 

tse^r 

pext 

P 

bas 

tyar 

pert 

q 

bäs 

tyär 

pert 

r 

bas 

tyar 

pejt 

Buch. 

bas 

tyar 

pert 

Colle 

bas 

t*ar 

part 

Amp. 

bas 

tsar 

parte 

Aur. 

bas 

t/ar 

parte 

O.-C. 

baso 

tyar 

parti 

u.-c. 

baso 

t/ar 

parte 

Erto 

bas 

*ar 

p§rt 

Cim. 

bas 

/ar 

part 

§ 

bas 

tyar 

part 

t-ö 

bas 

t/ar 

part 

h 

bas 

tsasr 

paart 

bas 

t/är 

pärt 

bas 

t/ar 

part 

Pord. 

bas 

kar 

parte 

Port. 

baso 

karo 

parte 

120       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

bar  ist,  unter  verschiedenen  bedingungen  erfolg  hatte;  auch 
die  einwirkung  eines  benachbarten  palatallautes  ist  nicht 
immer  gleich.  Nehmen  wir  daher  zunächst  einen  einzelnen 
dialekt  heraus,  und  zwar  p,  den  von  italienischem  einfluss  am 
besten  geschützten. 

In  p  gelten  folgende  vier  gesetze:  1.  Betontes  la- 
teinisches a  in  offener  silbe  wendet  sich  im  allgemeinen 
vor  allen    konsonanten   ausser  m,   n  gegen  e,   z.  b.   txq,   tl§. 


paar 

teuer 

essen 

fegen 

haus 

nase 

köpf 

Kl. 

para 

kar 

mandza 

skuä 

ka 

näs 

testa 

0 

pej 

W 

maly$ 

skuä 

tyQza 

nas 

t*au 

PV 

tyar 

malya 

skuä 

tyaza 

nas 

txau 

b 

per 

kar 

malyä 

skuä 

kaza 

nas 

t^au 

per 

kar 

milyä 

skuä 

kaz$ 

nas 

t&P 

VV 

kar 

mily§ 

skuä 

kaza 

näs 

txau 

c 

per 

kar 

mal§a 

skuä 

käza 

näs 

ts<f 

per 

kar 

maly(j 

skuä 

kaza 

näs 

k$u 

p$r 

tyer 

malye 

skuä 

käza 

näs 

t^au 

b 

p§r 

t*ear 

maly§a 

skuä 

ty?za 

näs 

tyo 

per 

tyer 

malyer 

skuär 

W 

nas 

t*ia 

e 

per 

tyer 

malyer 

skuär 

tyeza 

näs 

t*ea 

f 

per 

tyer 

malyer 

skuär 

tya 

nas 

txee 

B 

per 

tyer 

mandyer 

skudr 

t/eza 

nes 

tyu 

f> 

pej 

tyßr 

mandyer 

skuer 

tyeza 

nes 

t^sta 

U.-B. 

wt 

ker 

maugQ 

sku$ 

k(jza 

n^s 

testa 

O.-B 

pa1!* 

fä* 

maiag^r 

sku^r 

t/fza 

nej3 

te'sta 

i 

per 

tyer 

mandyer 

skuer 

tyeza 

nes 

k° 

i 

p$r 

<3Wi 

mandyär 

skuär 

t^^za 

nas 

*ZQ 

! 

VV 

tyv 

mandyer 

sku^r 

t^za 

nes 

ta$ 

1 

p$r 

ttfx 

mandyär 

skuär 

tyäza 

näs 

*w 

m 

p^r 

tyar 

mandyar 

skuvar 

t#äza 

nas 

fctf 

per 

tyar 

mandyär 

skuvär 

t^äsa 

näs 

txe° 

n 

per 

t*är 

ma'ndyer 

sküer 

> 

tyaza 

Das 

tfa* 

Pose. 

per 

kär 

mandzä 

? 

ka 

näs 

krapa 

Pinz. 

par 

kar 

manyär 

spasär 

kaza 

nas 

kQ 

Mezz. 

par 

kar 

manyär 

spasär 

kazQ 

nas 

test$ 

Rumo 

par 

tyar 

manyär 

spasär 

tyaz(? 

nas 

testQ 

Tres 

par 

tyar 

manyär 

spasär 

tyaza 

nas 

tejsta 

Betonte  vokale. 


121 


2.  Fallen  die  laute  hinter  einem  solchen  a,  $  weg,  so 
bleibt,   wie  dieselben  beispiele  lehren,  der  e-laut  unverändert. 

3.  Steht  aber  das  a  schon  in  alter  zeit  im  auslaut  oder 
ist  es  infolge  einer  alten  abkürzung  des  Wortes  in  den 
auslaut  gerückt,  so  bleibt  es,  vermutlich  weil  es  nicht 
gelängt  wurde,  un verschoben  ein  a,  z.  b.  da  gib,  da  gibt, 
pra  wiese,  Tca  hier.  4.  Von  den  zwei  e- lauten  steht  a, 
wie    schon    seite   119    besprochen    ist,    hinter   den    palatalen 


Kov. 

per 

kar 

manyär 

spasär 

ka 

nas 

testa 

Cem. 

par 

kar 

manyär 

spasär 

ka 

nas 

te^sta 

Cav. 

par 

kar 

manyär 

spasär 

kaza 

nas 

kao 

Pred. 

pej 

kar 

manyär 

skoär 

kaza 

nas 

kau 

Vigo 

pe 

t*ar 

manyär 

skoär 

t/azo. 

nas 

tyaf 

0 

pe 

tser 

manyär 

sko^r 

tse^Q 

n^s 

tsef 

P 

per 

t*ar 

maya 

sku§ 

t^aza 

n^s 

tya 

q 

per 

tyßr 

mandy£ 

skue" 

t^aza 

nes 

tye 

r 

p<jr 

tjer 

mandyä 

sko^ 

t/aza 

nes 

tä 

Buch. 

p^r 

tXv 

mandye" 

skoe 

t/eza 

n^s 

tye 

Colle 

par 

tytfr 

manyö 

skoä 

t/eza 

nas 

testa 

Amp. 

pe1 

tsaro 

manyä 

spatsä 

tsaza 

nas 

tSQn 

Aur. 

PS1 

karo 

manyä 

skoä 

tyaza 

nas 

t/ou 

O.-C. 

pe1 

t^aro 

mandye* 

spa#ä 

t^eza 

nas 

t*eu 

U.-C. 

PS1 

karo 

mandyä 

spa#ä 

tyeda 

nas 

tzo 

Erto 

pejr 

Zar 

mandyä 

sko^ 

#aza 

nejs 

X? 

Cim. 

par 

Zar 

mandyä 

sko(j 

^aza 

n^s 

vtf 

§ 

pär 

tyär 

mandyä 

skovä 

t/aza 

näs 

t*af 

pär 

t*är 

mandyä 

skovä 

tyaze 

näs 

t*äf 

t,  u 

pär 

tyär 

mandyä 

skovä 

t^aza 

näs 

tyßf 

ü 

pär 

tyär 

mindyä 

skovä 

tyaze. 

näs 

tZäf 

ru 

pär 

tZär 

mandyä 

skovä 

t^aza 

näs 

t/äf 

g 

pär 

tyär 

mandyä 

skovä 

ty&zq 

näs 

t*äf 

» 

pär 

tyßr 

mandyä 

skovä 

t#az$ 

näs 

t*af 

i 

par 

tyar 

mandyä 

skovä 

tyaze 

nas 

t/af 

paar 

tsaar 

mandyä 

skovä 

tsaza 

na"s 

tsaaf 

pär 

tyär 

mandyä 

skovä 

t*az<- 

näs 

t*äf 

par 

t/ar 

mandyä 

skovä 

t^aza 

nas 

t/af 

Pord. 

pe.r 

karo 

manyär 

skovär 

kaza 

nazo 

testa 

Port. 

per 

karo 

manyär 

skoär 

kaza 

nazo 

testa 

122       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


clavis 

salz 

sommer 

bruder 

pL 

wiese 

pl. 

Kl. 

tsäf 

sä  f. 

esta  m. 

fradei 

fradei 

prä 

pra 

a 

klaf 

sal  m. 

stat  f. 

frar 

frars 

prau 

pral,s 

6 

klaf 

sal 

stat 

fra 

fräs 

prau 

praus 

klaf 

sal 

stät 

fra 

fräs 

prau 

pralIs 

klaf 

sal 

stat 

fra 

fräs 

pra11 

praus 

klaf 

säl 

stät 

fra 

fräs 

prau 

praus 

c 

klaf 

sal 

stät 

fra 

fräs 

prau 

praus 

klaf 

säl 

stät 

fra 

fräs 

prau 

praus 

b 

kläf 

säl 

stät 

frar 

frars 

pro 

pros 

klaf 

sal 

stat 

frar 

frars 

pro 

pros 

e 

klaf 

säl 

stat 

frar 

frars 

pro 

pros 

f 

kläf 

sal 

stät 

frar 

frars 

pro 

pros 

9 

klef 

sei 

stet 

frer 

frerts 

pro 

pros 

*> 

klef 

sei 

stet 

frer 

frers 

Pr<? 

pr$s 

U.-B. 

kl^f 

sei 

st^t 

fre. 

fre. 

pre. 

pre 

O.-B. 

klef 

se.1 

st^t 

frer 

frer 

pra 

pra 

i 

klef 

sei 

stet 

frer 

frers 

pro 

pros 

i 

klaf 

sal 

stat 

frar 

frars 

pra 

prats 

! 

kle.f 

sei 

st^t 

fre^r 

frejs 

Pre. 

prets 

I 

kläf 

säl 

stät 

frar 

frars 

pra 

prats 

m 

kläf 

säl 

sta 

frär 

frars 

pra 

prats 

klaf 

sal 

stat 

frar 

frars 

pra 

prats 

n 

kläf 

sal  f. 

sta 

frär 

frärs 

pra 

prats 

Pose. 

tsäf 

säl 

estät  m. 

fradtjl 

fradely 

pra 

pra 

Pinz. 

tyaf 

sal  m. 

istä 

fradei 

fradei 

pra 

pre. 

Mezz. 

tyaf 

sal  f. 

istä 

fradei 

fradei 

pra 

pradi 

Rumo 

klao 

sal 

istä 

fradei 

fradei 

pra 

pradi 

Cagnö 

klau 

sal 

istä 

fradei 

fradei 

pra 

pradi 

Tres 

klau 

sal 

istä 

fradei 

fradei 

pra 

pradi 

Rov. 

tsave 

sal  m. 

istä  m. 

fradei 

fradei 

pra 

pradi 

lauten  i,  y,  %,  hingegen  ?  in  den  anderen  fällen.  Die 
ähnliehkeit  mit  den  französischen  lautverhältnissen  springt 
in  die  äugen;  sogar  dem  q  nach  i  steht  das  altfranzösische 
ie  aus  a  zur  Seite,  insofern  dieses  ie  mit  dem  ie  aus 
lateinischem  offenem  e  reimt  und  somit  ein  offeneres  e  ent- 
halten muss  als  sonst  e  aus  a.  Dem  ha  in  p  steht  das 
französische    oa    zur    seite;    dass  pra    nicht    zu   pre"    stimmt, 


Betonte  vokale. 

123 

Cem. 

tsau 

sal  f. 

istä 

fradel 

fradei 

pra 

pradi 

Pred. 

tsau 

sal  m. 

istä  f. 

fradel 

frad^i 

pra 

prai 

Vigo 

k;af 

sal 

istä  m. 

fra 

frades 

pra 

pre 

0 

kjef 

8^1 

istä 

fra 

freies 

pra 

pre 

P 

tle 

8^1 

iostä 

fra 

freies 

pra 

prei 

q 

tle 

se 

iste 

fre 

fredes 

pre 

pra 

r 

tle 

se 

dist§ 

fre 

fredes 

I 

pre 

pres 

Buch. 

kle 

8^1 

iste 

fradel 

fradiei 

pre 

pr^i 

Colle 

feef 

sal 

istä 

fradel 

frad'ei 

pra 

prai 

Amp. 

tsae 

sa 

istade 

fradel 

frad'ei 

pra 

prade 

Aur. 

t/ave 

sal 

ist'ade  f. 

fradel 

fradJei 

pra 

prade 

O.-C. 

t^ai 

sal 

ist'adi  m 

fradel 

fradis 

pra 

pra 

u.-c. 

tyai 

sal 

istade 

fra 

frades 

pra 

prades 

Erto 

fc? 

Sei 

ist§ 

fradel 

fradie 

pr$ 

prejs 

Cim. 

*W 

s$l 

ist(j 

fradel 

frad!ei 

pre. 

pres 

§ 

kläf 

säl 

istät  m. 

fradi 

fradis 

prat 

präs 

kläf 

säl 

istät  f. 

fradi 

fradis 

prät 

präts 

t 

kläf 

säl 

estät  m. 

frade 

frades 

prät 

präts 

u 

kläf 

säl 

istät 

fradi 

fradis 

prät 

präs 

ö 

kläf 

säl 

estät  f. 

fradi 

fradis 

prät 

präts 

ro 

kläf 

säl 

astät 

fradi 

fradis 

prät 

präs 

E 

kläf 

säl 

istät  m. 

fradi 

fradis 

prät 

präts 

0 

kläf 

säl 

stät  f. 

fradi 

fradis 

prät 

präts 

klä 

säl 

stä 

fradi 

fradis 

prä 

präs 

8 

kläf 

sal 

estät  m. 

fradi 

fradis 

prät 

präs 

klaaf 

saal 

instant 

fradi 

fradis 

praat 

praas 

kläf 

säl 

iostät 

fradi 

fradis 

prät 

präs 

klaf 

sal 

instät 

fradi 

fradis 

prät 

pras 

% 

klaf 

sal 

instät 

fradi 

fradis 

prat 

pras 

Pord. 

tsave 

sal 

i§tä  f. 

fradel 

fradei 

pra 

prai 

Port. 

tsave 

sal 

istä  m. 

fradel 

fradei 

pra 

prai 

beruht  nur  darauf,  dass  im  Französischen  das  t  von  pra- 
tum  erst  dann  abfiel,  als  das  a  schon  seinen  lautwandel 
vollendet  hatte. 

Nun  sehen  wir  uns  um,  wie  weit  der  zug,  das  be- 
tonte a  in  die  e- reihe  zu  verschieben,  verbreitet  ist. 
Gehen  wir  um  die  Sellagruppe  herum  von  p  nach  o, 
Buchenstein   und   q,    r,    so    treffen   wir   tiberall   ungefähr   in 


124       "Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

denselben  Wörtern  einen  e-laut  für  lat.  betontes  a,  natür- 
lich nicht  durchwegs  denselben  e-laut  wie  in  p.  Zunächst 
kehrt  die  Scheidung  zwischen  zwei  e- lauten,  wie  p  $  und 
a,  nicht  wieder.  Dann  sehen  wir  in  zwei  stücken  unter- 
schiede in  der  Verteilung  von  a-  und  e-lauten.  Pratum  und 
die  partizipe  auf  -atus  werden  in  jeder  der  fünf  mundarten 
verschieden  dekliniert.  In  der  einzahl  haben  q,  r  und 
Buchenstein  ihr  t  nicht  früh  genug  verloren  (vgl.  franz.  pr£). 
Die  mehrzahlform  pr$i  kommt  offenbar  über  pradi  — 
prqdi  her,  o  pre  ebendaher  durch  zusammenziehung;  r  pres 
fusst  auf  der  akkusativform  -os.  Wie  in  q  der  plural  pra  zu- 
stande kam,  weiss  ich  nicht.  Der  zweite  unterschied  von 
p  liegt  in  q,  r  tyaza\  aber  nach  der  auf  s.  117  betrachteten 
eigenttimlichkeit  von  q  bis  g,  die  betonte  vorletzte  silbe  vor- 
wiegend kurz  auszusprechen,  war  das  a,  wie  in  geschlossener 
silbe,  vor  der  erhöhung  zu  e  geschützt.  In  q  tyera,  r  tx$ra 
(cara)  verstehen  wir  den  e-laut  als  angleichung  an  die  männ- 
liche form.  Dass  Buchenstein,  Colle  und  Comelico  in  casa 
doch  ein  e  entwickelt  haben,  mag  in  dem  vorausgehenden 
palatalen  laut  seine  erklärung  finden:  für  Colle  beweist  dies 
der  vokal  in  den  zwei  infinitiven,  die  ich  unter  die  beispiele 
gestellt  habe.  Doch  lassen  wir  diese  mehr  oder  weniger 
venezianisierten  mundarten  beiseite  und  sehen  erst  jenseit 
der  Piave  die  spräche  von  Erto  näher  an,  so  erkennen 
wir  gleich  wieder  die  tirolischen  Verhältnisse,  .und  zwar  die 
von  q,  r  (carus  macht  als  marktwort  mit  seinem  a  den 
venezianischen  und  friaulischen  händlern  ein  Zugeständnis). 
Cimolais  "geht  da  auch  noch  mit;  dann  aber,  schon  in  Claut 
(nach  Battisti)  und  von  §  bis  g,  selbst  im  NW-winkel  f, 
der  nicht  weit  von  Comelico  entfernt  und,  nach  dem  Orts- 
namen Comeglians  zu  urteilen,  von  dort  aus  besiedelt  ist, 
zeigt  sich  von  dem  französisch  -  rätoromanischen  lautwandel 
keine  spur.  Das  aa,  zu  dem  in  Cividale  alle  langen  a 
(ä  in  Cormons)  zerdehnt  werden,  ist  unstreitig  eine  ver- 
wandte erscheinung;  aber  wir  dürfen  nicht  etwa  an- 
nehmen, dass  hier  in  Forum  Julii  ein  älterer  zustand  der 
friaulischen  spräche  erhalten  sei.  Denn  es  spricht  sonst 
kein  anzeichen  dafür,  auch  lässt  sich  dieser  lautwandel 
nicht    aus    früherer    zeit    belegen.     Wir    haben    nur    festzu- 


Betonte  vokale.  125 

stellen,  dass  der  alte  zug,  langes  a  zu  e  zu  erhöhen, 
in  einem  punkte  Friauls  auftritt,  obschon  er  in  alter 
zeit  nicht  vorhanden  oder  nicht  im  stände  war,  durchzu- 
dringen. 

In  den  ganz  venedischen  orten  tritt  ein  e  aus  a  in 
per  auf  (=  tosk.  pajo).  Den  e  -  laut  hat  das  i  in  lat. 
paria  verursacht,  aus  dem  blossen  a  wäre  er  da  nicht 
hervorgegangen.  Dieses  beispiel  soll  nur  den  günstigsten 
fall  einer  solchen  einwirkung  auf  betontes  a  vor  äugen 
führen.  Die  Wörter  mit  dem  suffix  -arius  haben  an  manchen 
orten  eine  kürzere  form,  was  bei  einem  so  häufigen  suffix  be- 
greiflich ist.   Man  vergleiche  mit  den  obigen  formen  des  (ausser 

in  Kleven)  singularisierten  paria  die 
nebenstehenden  von  molinarius.  Für  p 
besteht  natürlich  die  nebenform  -a,  z.  b. 
furmia  ameisenhaufen.  In  Mar  leicht 
und  miar  meile  erkennt  das  volk  nicht 
den  stamm,  daher  auch  nicht  das 
suffix  und  wirft  das  -r  nicht  ab. 

Verfolgen  wir  nun  unseren  laut- 
wandel  nach  westen  hin,  so  brauchen 
wir  von  Oberfassa  (o)  nur  nach  Unter- 
fassa  zu  gehn,  und  alle  e  aus  a 
verschwinden,  ausser  wenn  ein  fol- 
gendes i  die  erhöhung  verlangt,  wie 
bei  pe  und  pre,  bei  e  habeo,  se 
sapio,  nie  muius.  Weiter  westlich 
verschwinden  auch  diese  wenigen  e 
aus  a,  erst  im  Inngebiet  stossen  wir  wieder  auf  e- laute 
solcher  herkunft.  Schieins  (m)  hat  das  a  in  -arium  zu  ? 
erhöht,  das  gelängte  a  in  allen  Stellungen  zu  q.  Von  diesem 
q  wird  dasselbe  zu  halten  sein,  wie  von  dem  aa  in  Cividale, 
obschon  man  dem  hoch  und  abseits  gelegenen  dörfchen  eher 
die  bewahrung  eines  alten  sprachzustandes  zutrauen  könnte. 
Noch  eine  vereinzelte  spur  von  e  aus  a  im  Unterengadin 
scheint  die  wiedergäbe  des  lat.  caput  darzubieten.  Wenn  das 
wort,  wie  man  sieht,  sein  u  länger  erhalten  hat,  als  das  p-b-v 
davor,  so  würden  wir  tyau  erwarten,  wie  man  am  Vorderrhein 
ausspricht;  aber  im  Mtinstertal  sagt  man  ttfa",  ts{au,  in  Tarasp 


Kl. 

muline 

q,  b 

mulin^ 

f,  i 

muliner 

m 

mulyiner 

Pinz. 

muriner 

Tres 

molinär 

0 

moHne" 

P 

mulintj 

q 

murind 

r 

mornä 

Erto 

molin^r 

S 

mulinar 

i 

mulinär 

Port. 

mulinar 

126       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

(wie  in  Samnaun)  tx$°,  sonst  bis  nach  Süss  hinauf  tyq.  Diese 
form  ist  offenbar  die  jüngste,  aber  warum  die  älteren  formen 
überhaupt  vom  a  abgedräDgt  worden  sind,  verstehe  ich  nicht, 
da  sonst  in  I-n  ein  vorausgehendes  i%  nicht  (oder  nicht  mehr) 
solche  einwirkung  erkennen  lässt. 

Erst  ganz  oben  am  Inn  kommen  wir  in  eine  richtige 
e-gegend,  und  diese  reicht  Über  drei  passe  hin  an  den 
Rhein  und  ins  Addagebiet.  An  der  Verbreitung  unseres  laut- 
wandels  in  dieser  gegend  fällt  es  auf,  dass  er  nicht  etwa 
gegen  die  Lombardei  hin  allmählich  abnimmt.  Gerade  an 
der  lombardischen  grenze  (in  dem  Mischdialekt  von  Unter- 
Bergell),  ebenso  am  anfang  des  a- reichen  Unterengadins  (in  !) 
und  an  der  quelle  des  Oberhalbsteinerrheins  (in  rj),  von  wo 
ab  der  lautwandel  gegen  den  Vorderrhein  hin  immer  seltener 
wird,  kommen  die  allermeisten  e  aus  a  vor,  und  zwar  nicht 
nur  in  den  durch  die  beispiele  auf  s.  120  und  122  vertretenen 
fällen,  sondern  auch  bei  altum,  alterum,  calceas,  falcem,  fal- 
sum,  aqua,  pastor,  (f)  $t,  $tqr,  7c§tses,  ftts,  fqts,  qva,  p§ster)  u.  a., 
in  Unter  -  Bergell  sogar  in  Wörtern,  die  im  Italienischen, 
aber  nicht  im  Rätoromanischen  Graubündens  gebräuchlich 
sind,  wie  blv&Jc  weiss,  satmqna  woche.  Man  erkennt  leicht, 
dass  da  ein  junger  lautwandel  vorliegt,  eine  plumpe  gleich- 
macherei,  eine  überentäusserung.  Es  scheinen  leute,  die  in 
ihrer  eigenen  spräche,  wie  die  lombarden,  kein  e  aus  a 
besassen,  sich  an  die  spräche  der  neuen  heimat  willig  an- 
gepasst  zu  haben  und  in  der  ersetzung  ihrer  a  durch  e  zu 
weit  gegangen  zu  sein.  Es  handelt  sich  da  um  lauter  kleine, 
vor  der  einführung  der  fremdenindustrie  ganz  winzige  Ort- 
schaften: eine  einzelne  eingewanderte  familie  konnte  schon 
einen  sehr  merklichen  einfluss  auf  die  entwicklung  der  orts- 
mundart  ausüben.  Die  ortsgeschichte  würde  vielleicht  manchen 
aufschluss  geben.  Die  dialektmengung  spiegelt  sich  auch  in 
der  bunten  aufeinanderfolge  verschiedener  mundarten  ab :  auf  1 
folgt  das  e- reiche  f,  darauf  j,  wo  nur  nach  t%  ein  e  aus  a  er- 
scheint, dann  einige  orte  (i),  die  man  als  normal  o.-eng.  be- 
zeichnen könnte,  dann  das  Bergell  mit  seinen  zwei  lomb.-rät. 
mischmundarten.  Übrigens  selbst  in  i,  wo  e  aus  a  in  offener 
silbe  schön  entwickelt  ist,  kommen  e- laute  an  auffallender 
stelle  vor  (s.  134). 


Betonte  vokale.  127 

Beim  tibergang  von  t)  nach  f  und  von  g  nach  e  nimmt 
die  häufigkeit  des  e  aus  a  plötzlich  stark  ab:  es  tritt,  ab- 
gesehen von  -arius,  nur  hinter  palatallauten  auf.  Wo  also 
weder  davor  noch  dahinter  eine  zungenhebung  veranlasst  wird, 
fehlt  der  zug,  oder  er  hatte  etwa  nur  zu  einem  a  geführt, 
sodass  es  möglich  war,  unter  italienischem  einfluss  zum  a 
zurückzukehren,  wenn  nicht  der  palatale  nachbarlaut  bis 
zum  e  trieb.  Der  lautwandel  ist  in  f  so  geregelt,  dass  er 
nach  allen  palatallauten  und  nach  s,  i  eintritt,  und  zwar 
zu  e,  e?  führt  oder,  wenn  die  vorhergehende  silbe  des 
Wortes  i  oder  u  enthält,  zu  i,  ie,  z.  B.  dar  geben,  p.  p.  do, 
däde,  aber  talyer  schneiden,  taly&,  taly^dq  und  pilyir 
nehmen,  pilyie,  püyiede.  Auf  das  hohe  alter  dieses  laut- 
wandels  kann  man  daraus  sehliessen,  dass  s,  z  noch  palatale 
Wirkung  haben;  auch  kann  zu  der  zeit  jenes  laut  wandeis 
a  +  u  noch  nicht  =o  geworden  sein,  da  ein  talyö"  kein  e 
mehr  entwickeln  könnte.  Die  höhere  stufe,  i  aus  a,  scheint 
aber  erst  im  18.  Jahrhundert  erstiegen  worden  zu  sein: 
der  oberhalbsteinische  katechismu3  vom  jähr  1755  hat  noch 
piglea,  erst  der  vom  jähre  1768  hat,  wie  der  „ober-unter- 
halbsteinische"  vom  jähre  1788,  piglia.  Über  den  e-laut  in 
carnem  s.  s.  118. 

In  b  treffen  wir  noch  nichts  wesentlich  neues  an,  erst  in  c 
fallen  die  meisten  e  ab,  weil  das  c  vor  a  nicht  palatalisiert 
ist;  nur  caput  hält  sich  noch  als  ts$u  und  in  der  misch- 
form k?"  (Ems).  In  b  versagt  allmählich  auch  das  e  nach 
den  dort  seltenen  palatalen  —  wir  stehen  in  einer  gegend  von 
geringer  rätizität  —  und  es  erweist  sich  der  lautwandel  auch 
hier  als  uralt;  denn  in  Flims,  wo  man  mity4  ausspricht,  sagt 
man  auch  s$  lassen  und  hit§4  jagen>  obwohl  s  längst  nicht 
mehr  palatal  ist. 

Endlich  ganz  oben  im  Tavetsch  (a),  abseits  von  allen 
wegen  nach  der  Lombardei,  treffen  wir  wieder  fast  sämtliche 
e  aus  a  an,  die  wir  in  e,  f  gefunden  haben;  das  nachfolgende 
-u  im  partizip  hebt  allerdings  die  von  der  anderen  Seite 
kommende  palatalisierung  auf:  malydu  gegessen  (f  maly&\ 

Nach  dem  für  das  Rätoromanische  so  wichtigen  tibergang 
des  betonten  a  in  die  e- reihe  müssen  wir  den  tibergang  in 
die  o- reihe   ins   äuge   fassen,  und  zwar  in   sechserlei  fällen: 


128       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mnndarten. 

1.  im  lat.  au,  2.  a  +  u,  3.  a  +  v  vor  konsonanten,  4.  a  +  1 
vor  konsonanten,  5.  a  vor  m,  n,  6.  a  im  auslaut. 


gold 

stier 

hört 

wäre 

arm 

wenig 

f. 

b 

aur 

taur 

auda 

rauba 

pa"per 

pauk 

pa"ka 

f 

or 

tor 

sa'nte 

> 

röbe 
> 

pöver 

pak 

pake 

ör 

tör 

sajnta 

röba 

pöver 

Pötz 

pötya 

nt 

a"r 

taur 

döda 

röba 

pöver 

pak 

paka 

Pose. 

ör 

tör 

sent 

rQba 

pQar 

P9k 

p^ka 

Pinz. 

or 

t$r 

sent 

rojba 

purcet 

P<?k 

pQka 

Tres 

or 

tqv 

Sent 

r$ba 

por6t 

Pu$t* 

puei#i 

0 

<?r 

t$ro 

sent 

r$bQ 

pere 

pek 

petsa 

P 

or 

mants 

aut 

rojba 

puere 

puek 

pucka 

q,  r 

or 

mants 

alt 

röba 

pure 

pük 

putya 

Erto 

or 

mä# 

s^nt 

roba 

poardt 

PQk 

PQ*a 

S 

a"r 

taur 

sint 

ru°bQ 

pu°ver 

pu°k 

pu°tx9 

h 

a"r 

taur 

sint 

rob§ 

p"er 

pök 

pot/e 

Port. 

Ql'O 

tQro 

sente 

roba 

pövaro 

poko 

poka 

1.  Die  zusammenziehung  von  au  zu  einem  o-laut  ist 
im  Italienischen  regel,  sie  kommt,  wie  obige  beispiele  zeigen, 
auch  in  rätoromanischen  mundarten  vor;  aber  an  vier  stellen 
des  gebietes  sehen  wir  das  alte  au  erhalten:  am  Vorder- 
rhein (a,  B,  c),  unter  gewissen  bedingungen  in  einem  teil  des 
Unterengadins  (m)  und  in  Friaul,  unter  anderen  in  p  und 
Buchenstein.  An  dem  reinen  a  des  alten  Zwielautes  hat  man 
auch  da  festgehalten,  wo  man  an  stelle  von  lat.  au  einen 
blossen  a-laut  ausspricht,  wie  f,  f-n  päh,  pah,  Tarasp  är 
und  da  wo  man  zu  al  gelangt  ist,  wie  Münster  dalda, 
q,  r  alt.  Dass  au  aus  al  vor  konsonanten  leicht  entsteht, 
ist  bekannt;  wir  werden  es  gleich  auch  im  rätoromanischen 
gebiet  beobachten  (s.  131).  Aber  al  aus  au,  d.  i.  denselben  weg 
in  umgekehrter,  aufwärts  gehender  richtung  zurückzulegen, 
das  ist  wohl  kein  gewöhnlicher,  physiologisch  begründeter  laut- 
wandel,  sondern  eher  ein  lautwechsel,  wie  er  bei  der  Sprach- 
mischung vorkommt  (tiberentäusserung):  wer  sich  angewöhnt, 
das  heimische  au  aus  lat.  al  gegen  das  italienische  al  zu  ver- 
tauschen, kann  leicht  auch  ein  au  aus  lat.  au  mitlaufen  lassen. 
Nehmen  wir  nun   alle  gegenden   zusammen,    wo  noch   a",   a, 


Betonte  vokale. 


129 


al  für  ital.  o  =  lat.  au  zu  hören  ist,  so  bekommen  wir  an- 
sehnliche gebiete:  a-c,  f,  f-n,  to-r,  Bachenstein,  g-g.  Die 
bewahrung  des  a  ist  um  so  merkwürdiger,  als  schon  im 
latein  au  mit  0  verwechselt  werden  konnte  und  gerade  auf 
rätischem  gebiet,  von  Nonsberg  über  Tirol  und  Friaul  hin, 
formen  für  pauper  und  paucus  vorkommen,  die  auf  eine 
alte  ersetzung  von  au  durch  offenes  0  schliessen  lassen.  Pauper 
ist  in  Friaul  auffällig  stark  verkürzt  (vgl.  über  s.  113). 

2.  Wenn  das  betonte  a  zufolge  des  ausfalles  eines  kon- 
sonanten  mit  dem  darauffolgenden  u  zusammengerät,  wie  das 
in  den  partizipien  auf  -atum,  in  pratum,  caput  u.  a.  ge- 
schehen kann ,  so  bleibt  in  a-c  wieder  der  aus  a  +  u 
entstehende  Diphthong  aa  bestehen  (s.  s.  122  pratum),  in 
b-g  und  t  wird  er  zu  0  zusammengezogen.  In  anderen 
gegenden  hat  der  konsonant  den  vokal  -u  überlebt.  Bei 
caput  hat  sich  das  u  auch  weiter  im  osten  geltend 
machen  können  (s.  s.  120 f.),  und  das  erweichte  c-  hat  das 
a  +  u  sich  nicht  überall  in  gleicher  weise  entwickeln  lassen, 
wie  sonst. 


gans 

ziege 

m 

Qtya 

tyävra 

Amp. 

Qka 

tsQura 

Kl. 

oka 

kävra 

— 

t/ävra 

Aur. 

Qka 

t/aura 

a 

auka 

t/aura 

n 

Q^a 

t/ävra 

O.-C. 

Qka 

txaura 

b 

auka 

tya"ra 

Pose. 

? 

kävra 

U.-C. 

Qka 

tyaura 

auka 

kaura 

Pinz. 

Qka 

kavra 

Erto 

Q*a 

xevra 

aukQ 

ka"rQ 

Mezz. 

QkQ 

kaurQ 

Cim. 

Qka 

*eura 

c 

a"ka 

kaura 

Rumo 

QkQ 

t*anrQ 

§ 

— 

t/ära 

auka 

t#aura 

Tres 

Qt/a 

tyaura 

öt*e 

t/äre. 

b 

öka 

työra 

Rov. 

Qka 

käora 

t,  u 

oka 

t/ära 

oka 

t^ora 

Cem. 

Qka 

kaura 

Ö 

nt/e 

t/äre 

e 

Qka 

työra 

Cav. 

Qka 

kaura 

m 

ot/a 

t/ära 

f 

$**? 

työre 

Pred. 

oka 

kaura 

S 

u°tx°. 

t/ärQ 

9 

otya 

t/üra 

Vigo 

okQ 

tyaurQ 

ü 

ötye 

t/äre 

1 

Qka 

tyevra 

0 

autSQ 

tsanrQ 

8 

ötye 

t/äre 

U.-B 

.  oka 

k^vra 

P 

a"t/a 

tyoura 

Qtya 

tsavra 

O.-B. 

Qka 

ty^vra 

q 

ältya 

t/öra 

öt/tf 

t/avr§ 

i 

ötya, 

tyevra 

r 

ältya 

tyura 

Qtya 

tsavra 

fei 

9tya 

tftvn 

Buch. 

Qka 

t^oura 

Pord 

.  Qka 

kavra 

1 

Qtya 

tyävra 

Colle 

Qka 

t/_oura 

Port. 

oka 

kävara 

.Gi 

irtner, 

Eätorom.  spr.  u.  lit. 

9 

130       Vergleichende  darstellnng  der  rätoromanischen  mundarten. 

3.  Wie  v  vor  konsonanten  u  werden  kann,  zeigt  uns 
lat.  aueella  =  avicella.  Können  wir  nun  für  ital.  oca,  franz. 
oie  schon  eine  grundforni  auca  ansetzen,  so  erwarten  wir  im 
Rätoromanischen  dafür  formen,  die  mit  pauca  (s.  128)  reimen; 
das  trifft  aber  nur  bei  wenigen  rät.  mundarten  zu,  besonders 
bei  rheinischen.  Eine  Ursache  dieser  Ungleichheit  haben  wir 
schon  kennen  gelernt:  in  Tirol  und  Friaul  ist  das  au  in  paucus 
wie  altes  offenes  o  behandelt.  Eine  andere  ist  die,  dass  das 
weibliche  pauca  wenig  gebraucht  und  daher  nach  analogie 
an  die  männliche  (sächliche)  form  angebildet  ist:  p  pueka 
statt  -tya.  In  sehr  vielen  orten  endlich  findet  man  weder 
gänse,  noch  einen  einheimischen  namen  dafür.  In  Ems  (c) 
z.  b.  nennt  man  sie  gews  (sing,  gew  m.),  im  Unterengadin 
und  anderswo  gewinnt  man  den  namen  dieses  aus  eigener 
anschauung  kaum  bekannten  tieres  durch  oberflächliche 
nationalisierung  des  italienischen  Wortes,  wieder  an  anderen 
orten  bedient  man  sich  ohne  weiteres  des  ital.  oca.  Un- 
bestritten erb  wörtlich  erscheinen  die  formen  mit  erhaltenem  a: 
o-c  auJca  u.  ä.,  o,  p  ungefähr  aHya  und  q,  r  ältxa,  wobei 
das  l  wieder  das  ergebnis  einer  mundartenmischung  sein  dürfte 
(s.  s.  128).  So  auch  die  bei  Pallioppi  als  u.-eng.  an- 
gegebene form  „aqua",  die  aber  dem  oberen  Münstertal  (n) 
angehört;  da  habe  ich  nämlich  für  paucus  päku  mit  stimm- 
losem, bloss  gehauchtem  u,  fem.  päkua  gehört.  Auf  diese 
durchdringung  des  k  mit  u  macht  Salvioni  in  den  Rendiconti 
del  R.  Ist.  Lomb.  40  (1907),  s.  1117  aufmerksam,  wo  er  von  der 
entgegengesetzten  Wanderung  des  u  in  aqua  spricht.  Das 
andere  beispiel  bringt  ein  v,  das  aus  p  erst  über  b  hin  her- 
vorgehen musste:  capra-cabra-cavra.  Auf  dieser  stufe  stehen 
die  beiden  italienischen  nachbarmundarten ,  auch  fj-n  auf  der 
lombardischen,  g  auf  der  venedischen  seite;  im  bergigen  teil 
Friauls  und  ein  stück  in  die  ebene  hinaus  hat  man  das  v 
zwar  beseitigt,  aber  so  dass  bloss  eine  ersatzdehnung  ge- 
blieben ist  und  das  wort  dem  ven.  cavra  nicht  allzu  un- 
ähnlich wurde.  Zu  einem  diphthong  verarbeitet  sehen  wir 
a  +  v  in  a  -  c,  in  Tirol  von  Sulzberg  bis  o,  p,  Buchenstein  bis 
zur  Piavequelle,  auch  in  Cimolais;  in  b-g  und  q,  r  sind  die 
Zwielaute  kontrahiert,  und  zwar  meistens  zu  o;  das  ü  in  r 
ist    auffällig,    aber    auch    faber    gibt    r    fvr:    offenbar    weil 


Betonte  vokale.  131 

das  a  vor  dem  noch  konsonantischen  v  in  p,  q,  r  zu  e  erhöht 
worden  war  (g.  Erto  und  Cimolais). 

4.  Das  1  vor  konsonanten,  besonders  vor  Zahnlauten, 
„hart"  auszusprechen,  ist  manchen  Völkern  bequem.  Das  1 
bekommt  durch  die  gesenkte,  zurückgezogene  Stellung  des 
zungenkörpers  einen  o-  oder  u- klang;  al  klingt  dann  wie  aul, 
das  dumpfe  1-geräusch  wird  vernachlässigt,  das  u  unwill- 
kürlich durch  die  lippenvorstülpung  unterstützt,  kurz:  statt 
alt  wird  aH  ausgesprochen,  in  manchen  gegenden  zu  ot  o.  a. 
zusammengezogen.  Im  Venedischen  ist  alt  erhalten,  im  Lom- 
bardischen bloss  das  a  vertieft;  die  venedische  ausspräche 
reicht  über  ganz  Friaul  hin,  die  lombardische  setzt  sich  dies- 
seit  des  Splügenpasses  in  dem  streifen  b  bis  ins  südliche 
Domleschg    fort.     In    den    mehr    gemischten    mundarten   von 


hoch 

warm 

sense 

Cem. 

alt 

kalt 

falts 

Kl. 

VQlt 

kQlt 

fQltS 

Cav. 

alto 

kaldo 

false 

a 

a"t 

tyaut 

faHs 

Pred. 

a"t 

kaut 

fauts 

u 

aul 

ka'l 

faults 

Vigo 

aut 

t/aut 

fauts 

c 

a"lt 

kault 

faults 

0 

ant 

tsaut 

fauts 

a"l 

t/aul 

fault§ 

P 

ant 

txant 

fant§ 

b 

Qlt 

t^Qlt 

fQltS 

q,  r 

alt 

t/ält 

falts 

olt 

t/olt 

foltS 

Buch. 

aut 

tyaut 

fauts 

e,  f 

öt 

tyot 

föts 

Colle 

aut 

tjprt 

fa"s 

*> 

$ 

k$t 

fets 

Amp. 

9uto 

ts9udo 

f9utse 

U.-B. 

eU 

kelt 

felts 

Aur. 

auto 

txaudo 

fau#e 

O.-B. 

alt 

kalt 

falts 

O.-C. 

aDto 

t#auefo 

fan#i 

i 

öt 

työt 

föts 

U.-C. 

auto 

t/a"do 

fau#e 

i 

ot 

txQt 

fqts 

Erto 

alt 

*alt 

MB- 

i 

0 

**<?* 

fets 

§ 

alt 

t#alt 

fals 

i 

9t 

tXQt 

fgts 

alt 

tyalt 

falts^t  m, 

m 

öt 

t*öt 

f9ts 

t,  u 

alt 

tjalt 

falts  f. 

m,  n 

at 

t^ät 

fäts 

ö 

alt 

tyalt 

falts^t  m, 

Pose. 

9lt 

k^lt 

falt§ 

ro-Q 

alt 

t/alt 

falt§  f. 

Pinz. 

aft 

kaft 

fafty 

i 

alt 

t^alt 

falts^t  m, 

Mezz. 

aut 

ka"t 

t#z 

alt 

tsalt 

falSöt 

Rumo 

aut 

tyaut 

faus 

alt 

t/alt 

fals  f. 

Cun. 

aut 

tyaut 

fauts 

Pord. 

alt 

kaldo 

falsln  m. 

Rov. 

alt 

kalt 

fals 

Port. 

alto 

kaldo 

falsiö 

132       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

IL -Bergeil,  t)  und  !  tritt  wieder  g  auf,  das  weder  rät.  noch 
lomb.  ist.  Das  Unterengadin  hat  neben  den  Vereinfachungen 
zu  q  und  ä  auch  noch  au  (I).  Auch  in  Pinzolo  muss  einst 
dieser  zwielaut  üblich  gewesen  sein;  denn  af  (mit  beid- 
lippigem  f  nach  Ettmayer,  Rom.  Forsch.  XIII)  kann  nicht 
unmittelbar  aus  al  entstehen.  Ähnlich  wie  falcem  entwickelt 
sich  auch  falsum,  nur  dass  dieses  stellenweise  durch  das  ital. 
falso  ersetzt  ist  (Kl.  fals,  Pinz.  fdls,  Comelico  fdlso).  Man 
übersehe  nicht,  dass  bei  alt'rum  (s.  110),  wo  ein  grösseres  ge- 
dränge  von  konsonanten  ist,  das  1  schliesslich  oft  ausgestossen 
wurde  im  gegensatz  zu  altum  usw.;  so  in  ct-b,  q,  r,  §,  tü-t) 
(vgl.  span.  alto  und  otro). 
5.    Ferner     haben 


wir  uns  noch  um  das 

hund 

pl. 

hand 

stroh 

a  vor  m,  n  zu  kümmern. 

Kl. 

kan 

kan 

man  f. 

Stram 

Die  verdumpfung  eines 

a 

tyaun 

t^al,nts 

maun  m 

.  ström 

solchen    a     ist    aber 

B 

t*o"n 

tyounts 

moun 

ström 

fast    auf  Graubünden 

tyaun 

t#aunts 

maun 

gtrom 

beschränkt.    In   Tirol 

tyeun 

t#eunts 

m§un 

strQm 

werden  wir  an  diesen 

c 

tSQD 

tSQDS 

mon 

StrQm 

lautwandel  in  dem  orte 

t*eun 

tyeunts 

meun 

strQm 

V  i  g  o  bei  Tres  im  Nons- 

b 

tya"n 

t#al,nts 

maun 

strQm 

bergischen  erinnert,  wo 

tyan 

tyans 

man 

ström 

das    besonte    a     vor 

e 

tyan 

tyanks 

man 

strQm 

den  nasenlauten  bis  zu 

f,  9 

tyan 

tyans 

man 

strQm 

einem  offenen  o  herab- 

% 

tyan 

tyans 

man 

strQm 

gestimmt  ist.    (Dieses 

U.-B. 

ken 

ken 

men 

? 

nonsbergische      Vigo, 

O.-B. 

kan 

kan 

man 

? 

nicht  zu  wechseln  mit 

i 

ty^m 

ty?mps 

m^m 

stram 

dem  im  Avisiotal,  ist 

t^em 

t#ems 

mem 

Stram 

nur  s.  133  und  135  be- 

i 

tyan 

t/ants 

man 

stram 

rücksichtigt.)    Zu  den 

i 

t#an 

t^ants 

man 

strQm 

beispielen,  die  den  laut- 

1 

tyan 

tyans 

man 

strQm 

wandel  vor  den  nasen- 

m 

tyan 

tyants 

man 

strQm 

lauten  beleuchten  sol- 

tyan 

tyans 

man 

strQm 

len,  muss  ich  bemerken, 

n 

t*aun 

t#aunts 

ma"n 

str^m 

dass  stramen  im  Rät. 

Pose. 

kan 

kan 

man  f. 

— 

für  stroh  verwendet  ist, 

Pinz. 

kan 

kan 

man 

— 

während   es  in   Chia- 

Mezz. 

kany 

kanyi 

man 

— 

Betonte  vokale. 


133 


venna,  Nonsberg,  Pordenone,  Portogruaro  streu  bedeutet,  in 
Rovereto  maisstroh;  manus  ist  in  Graubünden  männlich:  die  mit 
bane  überschriebenen  Wörter  heissen  in  Graubünden  „noch", 
sonst  „auch".  Überschauen  wir  nun  die  formen  von  a  bis  n, 
so  bemerken  wir,  dass  die  verdumpfung  zwar  an  einzelnen 
stellen  Graubündens  fehlt,  dass  aber  gerade  am  anfang  und  am 
ende  der  mundartenreihe  der  lautwandel  vollkommen  gleich  ist: 
a  und  n  hat  au  vor  einfachem  n  und  vor  ng,  nc  (a  saun, 
n  sauwh  blut)  und  g  vor  einfachem  m  und  vor  mm,  nn  (a,  n 
Qn  jähr),  nd,  mb  (a  Jcgmba,  n  ygma  bein);  auch  vor  nt  (a,  n 
ufd"nts  kinder)  stimmen  die  a  dieser  mundarten  überein.  Von 
einzelheiten  können  wir  hier  absehen.    Wo  durch  den  Splügen-, 

Septimer-,  Malojapass, 
die  Verbindung  mit  der 
Lombardei  hergestellt 
ist,  da  ist  dieser  laut- 
wandel nicht  zustande 
gekommen  oder  wieder 
aufgegeben  worden;  so 
in  Andeer  (b)  nächst 
dem  Splügenpass,  in 
Ij  beim  Septimerpass 
und  in  einigen  orten 
des  Engadins.  Merk- 
würdig, dass  im  Ober- 
engadin  geradezu  der 
entgegengesetzte  laut- 
wandel auftritt.  Wäh- 
rend au  durch  die  Zu- 
rückziehung der  zunge 
für  das  velare  #  erklär- 
lich ist,  also  die  aus- 
spräche man,  lam,  awk 
voraussetzt,  verlangt  o', 
e  ein  mehr  oder  weniger 
palatales  n.  Das  haben 
wir  auch  gleich  bei 
a'ntxa  und  sa'ntx  (blut), 
weil  in  i  das  c  vor  a 


Rumo 

tyany 

tyanyi 

man 

— 

Tres 

tyan 

t#ani 

man 

stram 

Vigo 

km 

*XWi 

mQn 

strQm 

Rov. 

kany 

kanyi 

man 

stram 

Cem. 

kany 

kanyi 

man 

— 

Cav. 

ken 

keni 

man 

— 

Pred. 

kan 

kanyi 

man 

— 

Vigo 

tyan 

t/ans 

man 

stram 

0 

tsan 

tsas 

man 

stran 

9 

t/an 

t/ans 

man 

stram 

q,  r 

tyan 

t/ans 

man 

stran 

Buch. 

tyan 

tyaas 

man 

stram 

Colle 

t*en 

tyeny 

man 

— 

Amp. 

tsan 

tsei 

man 

strame 

Aur. 

t/an 

tyei 

man 

strame 

O.-C. 

t*an 

t^an 

man 

— 

U.-C. 

tyan 

tyeu 

man 

strame 

Erto 

Xan 

/ans 

man 

— 

3 

tyan 

tyans 

man 

stran 

t,  ö 

tyaa 

t/ans 

man 

— 

u 

tyan 

tyans 

maß 

stram 

TO-tJ 

tyan 

tyans 

man 

strank 

* 

tyan 

tyans 

man 

strank 

tyan 

t/ans 

man 

stran 

t#an 

t/ans 

man 

§tram 

Pord. 

kan 

kani 

man 

strame 

134       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  niundarten. 


wolle 

ruft 

flamme 

gross 

pl 

hanc 

Kl. 

laüa 

tsama 

f'ama 

grant 

grant 

aaka  a, 

Q 

launa 

klQma 

flQma 

gron 

grQnts - 

aun  n. 

b 

lo"na 

klQma 

flQma 

grQn 

grQnts 

oun 

launQ 

klQmQ 

Aquiq 

grQn 

grQnts 

aun 

l$"na 

klQma 

flQma 

grQn 

grQnts 

eunk 

c 

lQna 

klQma 

flgma 

grQn 

grQnts 

QD 

leuna 

klpma 

flQma 

greun 

greunts 

QD 

lQiaa 

klQma 

flQma 

grQD 

grQnts 

QD 

b 

la"na 

klQma 

flQma 

graunt 

graunts 

annk 

laiaa 

klQma 

flQma 

grant 

grants 

ank 

e 

lana 

klQma 

flQma 

grQnt 

grQnts 

auk 

f 

lane 

klome 

ÖQme 

grQnt 

grQnts 

ank 

9 

lana 

klQma 

flQma 

grQnt 

grQnts 

änt/a 

5 

laüa 

klama 

flama 

grQnt 

grQnts 

auk 

U.-B. 

lQna 

klama 

flama 

grant 

granty 

enka 

O.-B. 

lana 

klama 

flama 

grant 

grant/ 

ank 

i 

lQma 

klama 

flama 

grant 

grants 

a5nt/a 

lema 

klama 

flama 

grant 

grants 

ent/a 

i 

lana 

klama 

flama 

grQnt 

grQnts 

— 

I 

lana 

klama 

flQma 

grQnt 

grQnts 

— 

I 

lana 

klama 

flQma 

grant 

grants 

— 

m 

lana 

klQma 

flQma 

grQnt 

grQnts 

— 

n 

launa 

klQma 

flQma 

grQnt 

grQnts 

— 

Pose. 

läna 

tsama 

flama 

grant 

grants 

auka  a. 

Pinz. 

lana 

tyama 

flama 

grant 

gi% 

auka 

Mezz. 

lanQ 

tyamQ 

flamQ 

grant 

grandi 

auko 

Rumo 

lanQ 

klamQ 

flamQ 

grant 

grandi 

ant^Q 

Tres 

lana 

klama 

flama 

grant 

grandi 

ant/a 

und  das  c  (g)  im  auslaut  zu  t%  palatalisiert  wird;  aber  p$m, 
l$ma  u.  dgl.  werden  wir,  wie  schon  manche  formen  mit  e 
aus  a  in  \  I  und  Unterbergell,  auf  die  Sprachmischung  zurück- 
führen müssen  (s.  126).  Diese  verkehrung  scheint  im  16.  Jahr- 
hundert eingetreten  zu  sein;  denn  die  Schriftsprache  hat  noch 
die  Schreibung  mit  au  angenommen,  obwohl  man  in  demselben 
Jahrhundert,  in  dem  die  oberengadinische  Schriftsprache  ent- 
stand, schon  reime  von  au  aus  a  mit  ai  aus  e  antrifft.  Die 
Schreibung  mit  au  ist  noch  heute  üblich. 


Betonte  vokale. 

135 

Vigo 

lona 

kloma 

floma 

gront 

grondi 

Qnt/a 

Rov. 

lana 

tsama 

fama 

grant 

grandi 

aoka 

Cav. 

lana 

tsama 

fama 

gran 

grani 

anka 

Pred. 

lana 

tsama 

f'ama 

grant 

grandi 

anka 

Vigo 

lanQ 

k'amQ 

famQ 

graö 

greny 

ent/e 

0 

lenQ 

k^amo 

famQ 

gran 

gi*W 

ejntse 

P 

lana 

tlama 

flama 

graD 

grans 

nt/e 

q 

läna 

karda 

fläma 

gran 

gräny 

int/e 

r 

lana 

k^rda 

flama 

gran 

gräny 

int/e 

Buch. 

lana 

klama 

flama 

gras 

grany 

ent/e 

Colle 

lana 

t/ama 

fama 

grant 

grant/ 

int/a 

Amp. 

lana 

tsama 

fama 

graD 

grei 

anke 

Aur. 

lana 

t/ama 

fama 

gran 

gr?i 

aoke 

O.-C. 

lana 

t/ama 

fama 

graD 

grandi 

ank 

U.-C. 

lana 

t/ama 

fama 

graD 

gr^D 

aoka 

Erto 

lana 

t/ama 

fama 

grant 

gralD 

aJD 

Cim. 

lana 

t/ama 

fama 

grant 

grany 

a'ny 

§ 

lana 

klama 

flama 

grant 

grant/ 

ant/a 

lane^ 

klame 

flame^ 

grant 

gra^nt/ 

ant/e 

t 

lana 

klama 

flama 

grant 

grant/ 

ant/a 

u 

lana 

klama 

flama 

grant 

gra*nt/ 

ent/a 

Ö 

lane 

klame 

flam§ 

grant 

gr^nt/ 

ant/e 

ro 

lana 

klama 

flama 

grant 

grant/ 

ent/a 

E 

lanQ 

klamQ 

flamQ 

grant 

gra'nt/ 

yüz 

* 

lane 

klame 

flame 

grant 

gra'nt/ 

?nt/e 

h 

lane 

klame 

flame 

grant 

gra'nt/ 

ant/e 

lane 

klame^ 

flam$ 

grant 

gr^nt/ 

ant/§ 

lana 

klama 

flama 

grant 

grant/ 

ant/a 

Pord. 

lana 

tsama 

fama 

grando 

grandi 

anka 

Wo  wir  in  Tirol  oder  Friaul  a*,  e,  i  o.  ä.  an  stelle  eines 
a  vor  m,  n  finden,  da  ist  dahinter  leicht  der  palatale  laut  zu 
entdecken,  der  die  zungenhebung  veranlasst  hat.  Zu  dem  tosk. 
anche  hat  man  im  lomb.-rät.-ven.  gebiet  die  nebenform  anca, 
also  rät.  ant'fa  mit  palatalem  konsonanten;  die  unbetonte 
Stellung  im  satz  erleichtert  die  Verdünnung  des  a-.  Über  die 
bedeutungen  s.  s.  133.  In  dem  plural  -i  —  soweit  diese  plural- 
bildung  in  Übung  ist  —  sehen  wir  wieder  die  quelle  der  Ver- 
änderungen des  a  von  grandis  und  canis  in  der  mehrzahl;  und 


136       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

von  da  wird  in  Cavalese  und  Colle  der  e-laut  auch  in  die  einzahl 
verschleppt  (wie  das  palatalisierte  n  in  Kümo  und  anderen  orten). 
6.  Die  verdumpfung  des  betonten  a  im  auslaut  kommt 
in  a  und  e-i  vor.  Von  den  verbalformen  da,  sta,  dat,  stat, 
vade,  vadit,  fac,  facit,  die  im  Italienischen  alle  auf  a  ausgehen, 
wähle  ich  vadit  als  beispiel,  die  einzige,  die  in  allen  unseren 
gegenden  die  dem  ital.  va  entsprechende  form  hat.  Daneben 
ist  eccum-hac  (ital.  qua)  gestellt,  oder  wenn  das  nicht  vor- 
kommt, illac  (la),  in  Erto  de-ubi-illac  (wo). 

Kl.   va  la  e-f)  vq  kq  Pinz.    va  la  Erto  va  dolä 

a      vq  kQ  Berg,  va  la  Rov.    va  la  Cim.  va  la 

b      va  kou  i  vq  kQ  Cav.     va  klla  §  va  ka 

va  kau  j  va  kua  Vigo    va  ka  u  va  la 

va  keu  I  ve  kue  o-r      va  ka  ö,  tn  va  ka 

c      va  kö  i  va  kua  Buch,  va  ka  £,  t)  va  alä 

va  keu  m  va  kua  Amp.   va  ka  $  va  la 

b      va  kua  n  va  kna  U.-C.    va  ka  Pord.  va  k"a 

Warum  eccum-hac  in  b,  c  die  laute  annimmt,  die  einem 
a  vor  n  entsprächen,  weiss  ich  nicht.  Es  reimt  mit  tsou  (ecce- 
hac),  lou  (illac)  und  nou  (in-hac?);  das  letzte  bedeutet  „her" 
und  ist  im  Unterengadin  wirklich  mit  einem  n  versehen:  j-ut 
naw,  nan,  n  naun.  In  Vigo,  o-r,  Buchenstein  heisst  Jca  „her"; 
„hier"  ist  in  p  tlo,  Vigo,  o  Afy,  q,  r,  Buch.,  Colle,  O.-Comelico 
wie  im  O.-Bergell  und  in  Poschiavo  M10.  —  Das  ?  in  o  0I4 
(r  olä,  p,  q,  Buch,  uld,  j,  1  duld  wo)  wird  wie  das  in  l§ng 
zu  den  tiberrätischen  gebilden  zu  rechnen  sein,  wie  sie  in  dem 
kämpfe  mit  den  benachbarten  italienischen  mundarten  auf- 
treten. Übrigens  begnügt  man  sich  in  unbetonter  Stellung  auch 
mit  old. 

Das  betonte  lateinische  I  gehört  bekanntlich  zu  den 
dauerhaftesten  lauten;  so  auch  in  unseren  mundarten.  Aber 
hie  und  da  wird  es  in  die  e- reihe  her  abgedrückt  oder 
diphthongiert,  und  das  sind  interessante  fälle.  Nicht  vom 
allgemein  phonetischen  Standpunkt  aus:  wir  kennen  jenen 
Zwielaut  ei  aus  i  in  unserer  eigenen  spräche  und  die 
Öffnung  eines  vokales  im  gedränge  der  konsonanten  in  unserer 
eigenen    ausspräche,    z.   b.    hochzeit.     Es    kommt   hier    nur 


Betonte  vokale. 


137 


noch  der  dem  Deutschen  fremde  fall  hinzu,  dass  das  i 
auch  im  auslaut  verkürzt  wird.  Am  meisten  veränderte  i 
hat  die  gegend  b-g  (s.  die  beispiele);  gegen  a  hin  nimmt 
der  lautwandel  langsam,  gegen  i  hin  rasch  ab.  Nehmen  wir 
filius  hinzu,  so  sehen  wir,  dass  auch  a  teilnimmt:  a-f  fely, 
9  f$ty>  t-n  Hy\  an  sie  (ja)  und  dem  erweiterten  sie  (so) 
lernen  wir,  dass  auch  über  i  hin  bis  n  solche  veränderte  i 
vorkommen.  „Ja"  heisst  in  \)  se,  in  i  bis  n  si;  nur  in 
Samnaun  hatte  sich  1880  noch  ye  erhalten,  das  auch  in 
a-f  in  der  form  dyq,  äzq,  e'a,  dye'e  u.  ä.  dem  italienischen  sl 
gegenübersteht;  „so"  a  use'a,  b  astfa,  asia,  asQ{a  (Brigels), 
asiQ  (Waltensburg),   c  asi,   asQ{a  (Bonaduz),   s&a,  b  asi,  se% 


tag 

pl. 

weg 

-ia 

Kümo 

di 

di 

viQ 

-iQ 

Kl. 

di 

di 

via 

-ia 

Tres 

di 

di 

via 

-ia 

a 

di 

dis 

via 

-ia 

Rov. 

di 

di 

via 

-ia 

b 

di 

dis 

ve'a 

-e5a 

Cav. 

di 

di 

via 

-ia 

di 

dis 

via 

-ia 

Vigo 

di 

dis 

— 

-ig 

dyi 

dyis 

vo/a 

-o/a 

0 

di 

dis 

viQ 

-iQ 

dyi 

dyis 

viQ 

-iQ 

V 

di 

dis 

via 

-ia 

dzi 

dzis 

via 

-ia 

q,  r 

de 

dis 

ia 

-ia 

c 

dzi 

dzis 

ve'a 

-ia 

Buch. 

di 

dis 

via 

-ia 

dy?1 

dyis 

vQ!a 

-ia 

Colle 

di 

di 

— 

-ia 

dyi 

dyis 

ve'a 

-e'a 

Amp. 

di 

dis 

ia 

-ia 

b 

dyi 

dyis 

ve/a 

-e^a 

Aur. 

di 

di 

via 

-ia 

zi 

zis 

ve/a 

-^a 

O.-C. 

cf 

dis 

via 

-ia 

e 

de 

dejs 

ve^a 

-^a 

U.-C. 

di 

dis 

via 

-ia 

f 

de 

deks 

ve'e 

-eje 

Erto 

di 

dis 

— 

-ia 

9 

dze^ 

dzeks 

ve*a 

-^a 

§ 

di 

dis 

— 

-ia 

1 

di 

dis 

ve'a 

-e1-a 

di 

dis 

vie 

-** 

Berg. 

di 

di 

— 

-ia 

t,  u,  to 

di 

dis 

via 

-ia 

t 

di 

diks 

via 

-ia 

ö 

di 

dis 

vie 

-H 

fcl 

di 

dits 

via 

-ia 

l 

di 

dis 

viQ 

-iQ 

I 

di 

dits 

ve'a 

-ia 

9 

di 

dis 

vie 

"^ 

di 

dits 

via 

-ia 

h 

di 

dis 

vie 

-ie 

m,  n 

di 

dits 

via 

-ia 

di 

dis 

via 

-ia 

Pose. 

dids 

diäs 

via 

-ia 

di 

dis 

vie_ 

-ie 

Pinz. 

di 

di 

via 

-ia 

di 

dis 

via 

-ia 

Mezz. 

di 

di 

viQ 

"iQ 

Pord. 

dzorno,  -i 

via 

-ia 

138       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


hören 

faden 

wein 

mehl 

schreiben 

part. 

ähre 

KL 

senti 

fil 

vin 

farina 

skrlf 

skrivu 

spiga  f. 

n 

udf 

fil 

vin 

frina 

skriver 

> 

skrit 

spia 

B 

udi 

fil 

vin 

frina 

skriver 

skret 

speja 

udf 

fil 

vin 

frina 

skriver 

skret 

spidya 

udi 

fil 

vin 

frinQ 

skriver 

skret 

spidyo. 

udi 

fil 

vin 

frina 

skriver 

skret 

spldza 

c 

udi 

fil 

vin 

frinya 

skriver 

skret 

spiga 

udi 

fil 

veny 

frenya 

skriver 

skret 

spidya 

udi 

fil 

veny 

frenya 

skriver 

skret 

spidya 

b 

udir 

fil 

veny 

frenya 

skriver 

> 

skret 

spe'a 

e 

santir 

fe1! 

veny 

frenya 

skriver 

skret/ 

spe/a 

f 

sante'kr  fe4 

o 

veny 

frenye 

skreVer 
> 

skret/ 

spe'e 

9 

sant^ki 

c 

■  m 

veö 

farena 

skregver 

skr^ts 

speya 

$ 

santir 

fil 

veny 

frenya 

Skriver 
i 

skrit/ 

speya 

U.-B. 

senti 

fil 

vin 

farina 

skrivar 

skrit/ 

spiga 

O.-B. 

santir 

fil 

viD 

farina 

skrivar 

skrit/ 

spiga 

i 

santfkr 

o 

fikl 

viny 

farinya 

skrigver 

skrit 

splya 

M 

santir 

fil 

vin 

farina 

skriver 

skrit 

spia 

i 

udir 

fil 

vin 

farina 

skriver 

skrit 

spia 

m 

dudlr 

fil 

vin 

farina 

skriver 

skrit 

spia 

n 

santir 

fil 

vin 

farina 

skriver 

skrit 

spia 

daldej 

fil 

vin 

farina 

skriver 

skrit 

spia 

Pose. 

sinti 

fil 

vin 

? 

skrlva 

? 

? 

Pinz. 

sint£r 

fil 

vin 

farina 

skrivar 

skrit 

spiga 

Mezz. 

sentir 

fil 

vin 

farinQ 

skrivar 

skrit 

spigo 

Kümo 

sentir 

fil 

vin 

farinQ 

skrivar 

skrit 

spidy? 

e  use%  f,  g  use,  Ij  usia,  i,  f,  1  use%  j  usi,  tn  use,  n  iseta,  use'a. 
Suchen  wir  unseren  lautwandel  weiter  im  osten,  so  sehen  wir 
in  unseren  beispielen  hier  oben:  Pinzolo  sinter.  Von  da 
können  wir  die  spuren  weiter  nach  stiden  verfolgen  (z.  b. 
in  Biondelli  1853,  Papanti  1875,  v.  Ettmayer  1903)  über 
Bergamo  und  Brescia  bis  an  den  Po.  In  Graubünden  finden 
wir  manche  lombardische  züge;  aber  merkwürdig  ist,  dass 
dieser  zug  in  den  zunächst  liegenden  lombardischen  mundarten 
nicht  vorkommt,  sondern  weiter  im  Süden.  Allein  wir  stossen 
noch  weiter  weg,  in  q,  r,  auf  denselben  ostlombardischen 
zug:   man  sagt  da  de  (tag)  wie   in  e,   f   oder  Brescia,   und 


Betonte  voka' 

e. 

139 

Cagnö 

sentir 

fil 

vin 

farina 

skriver 

skrit 

spiya  f. 

Fondo 

sentir 

fil 

vin 

farina 

skriver 

skrit 

spidya 

Rov. 

sentfr 

fil 

vin 

farina 

skriver 

skrit 

spiga 

Pred. 

sentir 

fil 

vio 

farina 

skriver 

skrit 

spiga 

Vigo,  o 

sentir 

fil 

vin 

farinQ 

skriver 

skrit 

spio 

p 

o"di 

fil 

vio 

farina 

skri 

skrit 

spia 

q,  x 

aldi 

fi 

vin 

farina 

skri 

skrit 

spi  m. 

Buch. 

senti 

fil 

vin 

farina 

Skrive 

skrit 

spia  f. 

Colle 

senti 

fil 

vin 

farina 

skrive 

skrit 

spia 

Amp. 

senti 

firo 

vin 

farina 

skrie 

skrito 

spia 

Aur. 

senti 

filo 

vin 

farina 

skrive 

skrit 

spia 

O.-C. 

senti 

filo 

vin 

farina 

skrivi 

skrit 

spiga 

U.-C. 

senti 

filo 

vin 

farina 

skrive 

skrit 

spia 

Erto 

§enti 

fil 

vin 

farina 

skrive 

skrit 

spidya 

§ 

sintl 

m 

vin 

farina 

skrivi 

skrit 

spik  m. 

sintf 

fil 

vin 

farine 

skrivi 

skrit 

spik 

t 

sinti 

fil 

vin 

farina 

skrive 

skrit 

spik 

u 

sinti 

ffl 

vin 

farina 

skrivi 

skrit 

spik 

n 

sinti 

fil 

vin 

farin^ 

skrivi 

skrit 

spik 

ro 

sinti 

fil 

vin 

farina 

skrivi 

skrit 

spik 

S 

sinti 

fil 

vin 

farinQ 

skrivi 

skrit 

spik 

9 

sinti 

fil 

vin 

farine^ 

skrivi 

skrit 

spit 

i 

Sinti 

fil 

vin 

farine 

skrivi 

skrit 

spik 

sinti 

fil 

vin 

farina 

skrivi 

skrit 

spia  f. 

sinti 

fil 

vin 

farin§ 

skrivi 

skrit 

spie 

sinti 

fil 

vin 

farina 

skrivi 

skrit 

spik  m. 

Pord. 

sintir 

fil 

vin 

farina 

skriver 

skrit 

spi/a  f. 

se  (ja)  wie  in  f)  oder  Pinzolo.  Auch  in  q,  r  ist  das  durchaus 
nicht  der  einzige  lombardische  zng  (s.  s.  141).  Eine  eigentüm- 
liche Verschiebung  in  einen  anderen,  gleichfalls  lomb.  laut  hat 
das  wort  für  „so"  erfahren:  q  wsce,  r  vsvc  (vgl.  p  wsi).  Vgl. 
auch  Pose,  prumaera  frühling,  Bergeil,  f)-n,  Pinzolo  prvm 
(primus),  Vigo,  o,  Buch,  prvm,  q,  r  prum  u.  ä. 

Die  Zwielaute  wie  e*  verhärten  in  gewissen  gegenden  zu 
eg,  eh  u.  ä.;  hierüber  s.  s.  165. 

In  a,  b  tsun,  Realta  (c)  tsiw  (s.  s.  196)  scheint  i  zu  u  ge- 
worden zu  sein;  aber  die  dazwischen  üblichen  formen  weisen 
deutlich  auf  den  durchlaufenen  lautwandel:  Flims  (fj),  c  Ueu,uk, 


140       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

tseuis  kommen  von  einem  früheren  tsewku  mit  mühsam  ge- 
hauchtem u,  wie  man  jetzt  noch  im  u.-bergellischen  tswku  hören 
kann.  Das  e  von  tseui3  kann  leicht  in  dem  Zischlaut  ver- 
schwinden, wenn  das  wort,  kaum  betont,  an  das  folgende  Sub- 
stantiv gelehnt  ist.  So  stellt  also  das  u  in  tsun  nicht  das  i 
von  quinque  dar,  sondern  das  u  der  zweiten  silbe. 

Der  dritte  extreme  vokal,  lat.  ü,  ist  bekanntlich  in  einer 
weiten  abteiiung  des  Romanischen  zu  u- lauten  palatalisiert 
worden:  vom  Atlantischen  Meer  über  die  Westalpen  hin  nach 
Norditalien  bis  ins  Lombardische.  Die  beispiele  hier  unten 
zeigen,  wie  weit  dieser  zug  auch  in  unseren  mundarten 
gewirkt  hat.    Das  alte  u  ist  in  ganz  Graubünden  verschwunden: 


hart 

f. 

einer 

f. 

Rov. 

dur 

dura 

un 

una 

Kl. 

dür 

dura 

TOD 

vuna 

Cem. 

dur 

dura 

un 

una 

Q 

dir 

dira 

in 

ina 

Pred. 

dur 

dura 

UD 

una 

b 

dir 

dira 

in 

ina 

Vigo 

dur 

durQ 

un 

un$ 

dir 

dirQ 

in 

inQ 

0 

dur 

dun? 

1113 

unQ 

dir 

dira 

in 

ina 

P 

dur 

dura. 

UD 

una 

c 

dir 

dira 

in 

ina 

q 

dür 

dura 

UD 

una 

dir 

dira 

iD 

iua 

dür 

doera 

UD 

cena 

dir 

dira 

iny 

inya 

r 

dür 

di(ra 

utn 

ucna 

dir 

dira 

eny 

enya 

Buch. 

dur 

dura 

UD 

una 

b 

dir 

dira 

eny 

enya 

Colle 

dur 

dura 

un 

una 

dir 

dira 

eny 

enya 

Amp. 

duro 

dura 

un 

una 

e 

de/r 

de/ra 

eny 

enya 

O.-C. 

duro 

dura 

un 

una 

f 

dekr 

o 

deh-e 
> 

eny 

enye 

U.-C. 

duro 

dura 

UD 

una 

G 

dzekr 

o 

dzej>Ta 

en 

ena 

Erto 

dur 

dura 

UD 

una 

t) 

dür 

dura 

ceny 

oenya 

§ 

dür 

dura 

UD 

una 

Berg. 

dur 

dura 

un 

una 

dür 

dur$ 

UD 

une 

i 

dukr 

dugra 

un 

una 

t,  u,  to 

dür 

dura 

UD 

una 

M 

dur 

dura 

vn 

una 

Ö 

dür 

dur$ 

UD 

un§ 

I-n 

dür 

dura 

un 

una 

S 

dür 

durQ 

UD 

unq 

Pose. 

dür 

dura 

UD 

una 

* 

dür 

dur§ 

UD 

une 

Pinz. 

dur 

dura 

vuny 

vuna 

i 

dur 

dura 

UD 

una 

Mezz. 

dur 

dur$ 

un 

vnq 

dür 

dure 

UD 

une 

Cagn£ 

dur 

dura 

vn 

vna 

dur 

dura 

UD 

una 

Tres 

dur 

dura 

un 

una 

Pord. 

dur 

dura 

UD 

una 

Cun. 

dur 

dura 

vn 

una 

Port. 

duro 

dura 

UD 

una 

Betonte  vokale.  141 

I)-n  hat  noch  die  lombardischen  v  und  m  in  Übung,  während 
sonst  im  Rh  eingebiet  dafür  i-  und  e- laute  eingetreten  sind. 
So  ersetzen  auch  viele  menschen  fremde  ü  und  ö  durch  i 
und  e,  wenn  sie  nicht  von  kind  auf  jene  zugleich  palatalen 
und  labialen  laute  gelernt  haben.  Das  i  aus  u  kann,  wie 
das  alte  I,  gekürzt  und  zu  einem  e  herabgedrückt  werden, 
wenn  es  in  eine  geschlossene  silbe  oder  in  den  auslaut 
gerät,  z.  b.: 

Über    die   verhärteten    diph- 
thonge  s.  unten  s.  165. 

Die  lombardische  ausspräche 
des  lat.  ü  gilt  in  Tirol  nicht 
nur  in  der  lomb.  SW-eeke  und  in 
den  halblombardischen  orten  wie 
Pinzolo,  sondern  auch  in  einem  teil 
des  Nonsbergs,  sodass  nur  in  den 
nonsbergischen  gemeinden  von 
Brez  und  Fondo  bis  Tres  —  also 
an  der  deutschen  Sprachgrenze  — 
noch  das  alte  u  weiter  klingt. 
Das  v  im  westlichen  Nonsberg  ist 
übrigens  kein  volles  ü,  es  macht 
den  eindruck  eines  verzerrten  u. 
Das  v-  gebiet  zieht  sich  von  da 
südwärts  ins  Etschtal,  dann  den 
Avisio  entlang  bis  über  Predazzo  hinauf.  Das  v  dringt  da- 
hin mit  dem  lombardisch  gefärbten  Venedisch  Trients.  In 
Vigo  endlich  geht  der  venedische,  in  diesem  punkt  sogar 
lombardische  einfluss  zu  ende:  in  o  und  p  sind  wir  wieder 
auf  rein  rät.  boden.  Und  doch  taucht  um  ein  joch  weiter 
weg,  in  q,  r,  noch  einmal  das  lomb.  v,  ce  auf.  Da  das  Gader- 
tal  von  p,  Buch.,  Ampezzo  und  dem  deutschen  Pustertal  ein- 
geschlossen ist,  so  muss  es  wohl  eine  lomb.  ein  Wanderung 
o.  dergl.  erfahren  haben.  Die  ortsgeschichte  müsste  da  auf- 
schluss  geben.  Fremden  einfluss  scheint  auch  die  Unregel- 
mässigkeit zu  verraten,  mit  der  v,  ce  auftreten.  Wir  haben 
uns  eben  (s.  139)  über  wsds,  prvm  (p  wiit  prim)  gewundert, 
wir  können  es  auch  über  sorvtsa  maus  (Buch,  soritsa)  und 
anderseits    über    uw    (fem.    vna),    hurt,    bort    (brutto),    kHm, 


frucht 

du 

auf 

Kl. 

frut 

tv 

SU 

a 

fretx 

te 

se 

b 

fret/ 

ti 

si 

c 

frets 

ti 

si 

fretx 

tQl 

SQ1 

fretx 

te1 

se1 

b 

fret^ 

ta1 

sa1 

fretx 

te* 

se1 

frets 

te1 

se/ 

e 

fretX 

te1 

se1 

f 

fret* 

te 

se 

9 

fr^ts 

te 

se 

% 

ixvt 

tce 

S03 

i-n 

ixvt 

tv 

8V 

142       Vergleichende  darstellnng  der  rätoromanischen  nmndarten. 

f.  ztfuna  nüchtern  u.  a.  Auch  dass  man  im  Gadertal  den 
Italiener  lombfrt  nennt,  weist  auf  eine  nähere  beziehung  zu 
den  Lombarden  hin. 

Nun  gehen  wir  zu  den  e-  und  o- lauten  über,  zuerst  zu 
den  geschlossenen. 

Das  lat.  geschlossene  e  (e,  1,  oe)  ist,  wie  die  beispiele 
lehren,  in  vielen   rätoromanischen  mundarten   zu  einem   nach 


i    hin 

zielend 

en    dip 

ihthong 

zerdel 

mt:    e\ 

i     ?,    ! 

fs    a\    ?' 

1    und 

die  verhärteten   formen  wie  e^k   begegnei 

i   uns 

nebeneinander, 

-ere 

birne 

apfel 

schnee 

talg 

durst 

essig 

kalt 

Kl. 

-e* 

per 

pom 

nef 

sef 

set 

aze  m. 

fret 

a 

-** 

pair 

ma'l 

na'f 

sa!f 

saJt 

iz'ü 

fra't 

& 

-e* 

per 

me/1 

ne/f 

se/f 

S§'t 

iziu 

fre/t 

-6 

per 

mo/l 

no/f 

SQ*f 

SQ't 

iz<5u 

flQ't 

-6 

per 

mejl 

ne'f 

S^f 

se/t 

iz^u 

frtft 

-6 

per 

maU 

na'f 

sa/'f 

sa't 

iz6u 

fra/t 

c 

-6 

per 

mel 

nef 

sef 

set 

iz6u 

fret 

b 

-e 

per 

mel 

nef 

sef 

set 

ize'a 

fret 

-6t 

per 

mel 

nef 

sef 

set 

azia 

fret 

e 

-(j'r 

pe> 

me^l 

nejf 

se'f 

sejt 

izia 

fre't 

f 

-^kr 

pekr 

me/1 

nekf 

sekf 

s§kt 

iZP 

frekt 

9 

-§kr 

pekr 

mekl 

nekf 

s$kf 

se^kt 

aze 

frekt 

% 

-ahr 

— 

pom 

na!f 

sa'f 

sa*t 

aza'a  f. 

fraH 

U.-B. 

-e* 

per 

pom 

nef 

sef 

set 

aze*  m. 

fret 

O.-B. 

•&i 

pe*r 

pom 

ne*f 

s^f 

se't 

aze* 

fre't 

i 

-er 
< 

pej 

pom 

na'f 

sajf 

sa't 

azäVt 

fra't 

-a*r 

pa*r 

pom 

najf 

sa'f 

sa't 

aza't 

fra't 

%l 

-ä;r 

pa'r 

maU 

na'f 

sajf 

sa't 

azä't 

fra't 

i 

-toi 

pa'r 

ma!l 

na'f 

sa'f 

sa* 

aza' 

fraH 

m 

-a'r 

pa'r 

ma'l 

na*f 

sa'f 

sa't 

aza' 

fra' 

-a'r 

pa'r 

maU 

na'f 

sa'f 

sa't 

asa' 

fra1 

n 

-ajr 

pa'r 

maU 

na*f 

s'qu 

sa1 

aza1 

fra' 

Pose. 

-6 

pir 

pom 

nef 

sef 

se^t 

aze't 

fre't 

Pinz. 

-6t 

per 

pum 

nef 

sef 

se 

az<2  f. 

froat 

Mezz. 

-6t 

per 

pom 

nef 

sef 

se 

aze*  m. 

fret 

Rumo 

-6t 

per 

pom 

neo 

seo 

se 

aze* 

fret 

Tres 

-6t 

per 

pom 

neu 

Seil 

se 

aze* 

fret 

Rov. 

-6t 

per 

pom 

nef 

sef 

se 

aze* 

fret 

Betonte  vokale. 


143 


die  älteste  form  &  sogar  in  den  vorwiegend  lombardischen 
dialekten  von  Oberbergell  und  Poscbiavo,  der  am  weitesten 
entwickelte  zwielaut  p'  in  Brigels  (6)  und  in  sehr  be- 
schränkten fällen  auch  in  Bonaduz  (c).  Die  vergleichung 
mit  dem  afr.  ei,  oi  drängt  sich  uns  auf  und  lässt  uns 
vermuten,  dass  in  beiden  Sprachgebieten  der  weg  nach  oi 
über  ai  geführt  habe.  Die  diphthongierung  des  betonten 
geschlossenen  e  ist  eines  der  gemeinsamen  merkmale  des 
Rätoromanischen,   sie  ist  in   Friaul  mehr  verbreitet,   als   die 


Cem. 

-e> 

per 

pom 

neo 

seo 

se 

az6  m. 

fret 

Cav. 

-e> 

per 

pomo 

neve 

seo 

se 

aze 

fredo 

Pred. 

-er 

per 

pom 

nef 

sef 

se 

aze 

fret 

Vigo 

-er 

pe/r 

pom 

ne/f 

se/f 

se/'t 

aze" 

fre't 

0 

-er 

pe'r 

pom 

ne/f 

se/f 

se/t 

az^1 

fre/t 

V 

-a* 

pasr 

mal 

natf 

sa'f 

sa't 

asa1 

fra't 

q 

-a' 

par 

pom 

nä1 

sä1 

sä1 

aza1 

fir&H 

r 

-6l 

< 

pier 

pom 

ne/ 

se1 

se1 

az(j! 

fre/t 

Buch. 

-$ 

pe'r 

pom 

ne1 

se1 

se1 

aze1 

fre!t 

Colle 

-S 

Pej- 

pom 

nef 

sef 

sef 

az<21 

fret 

Amp. 

-e 

pero 

pomo 

nye 

s'eo 

s'ede 

azedo 

f'edo 

Aur. 

-e 

pero 

melo 

neve 

seu 

sede 

azedo 

fredo 

O.-C. 

-$ 

pe/r 

pom 

ne/ 

seo 

seMi 

azeMo 

fre/do 

U.-C. 

-e 

pero 

pomo 

ne1 

seu 

sVde 

aze 

fre'do 

Erto 

-# 

pe/'r 

poD 

ne/f 

se/f 

se/ 

aztj1 

fre/t 

Cim. 

-0 

pe'r 

me1! 

ne'f 

sVf 

se1 

aze1 

fre't 

§ 

-e1 

pe'r 

me^l 

ne'f 

Se*f 

sVt 

az#t 

freJt 

-? 

p^r 

m§'l 

neJf 

se/f 

se/t 

az^t 

frejt 

t,  u 

-# 

pe{r 

milüts 

ne*f 

se!f 

seH; 

az#t 

fre't 

0 

-la 

piar 

mial 

niaf 

siaf 

siat 

azH 

friat 

tu 

-e 

per 

mel 

nef 

sef 

set 

azet 

fret 

l 

-i° 

pi°r 

mi°l 

ni°f 

si°f 

si°t 

azi°t 

fri°t 

*) 

-e 

per 

mel 

nef 

sef 

set 

azet 

fret 

-6 

per 

mel 

ne 

se 

se 

aze 

fret 

h 

-4 

pirüts 

melüts 

nef 

sef 

set 

azet 

fret 

-e 

pirüs 

milüs 

nejf 

sef 

set 

azet 

fret 

-e 

pirüs 

milüs 

nef 

sef 

set 

azet 

fret 

-k 

pirüs 

milüs 

ne'f 

se'f 

se5t 

az£t 

fre{t 

Pord. 

-v 

pero 

pomo 

neve 

seo 

se. 

azeo 

fredo 

144       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


kette 
kadena 
kada'na 
kadena 
kado/na 
kade'nQ 
kadena 
kada'na 
kadenya 
kadeüa 
kado/nya 
kadenya 
kada'nya 
kadanya 
kadanya 
kadanye 
tyade^a 
kadanya 
kadena 
kadena 
t^adanya 
tyadanya 
t/ada'na 
t/ada'nya 
tyada'na 
tyada'na 
tyada'na 
tyada'na 
tsada'na 
kadena 
kadina 
kadenQ 


beispiele  zeigen,  nämlich  in  5  nicht  nur  in  Cividale  und  an 
der  Tagliamentomündung,  sondern  besonders  auch  im  NW 
von  Cividale,  in  Gemona  und  Tolmezzo  und  von  da  nord- 
ostwärts  in  Chiusaforte  (t)).  Um  so  merkwürdiger  ist  es, 
dass  dazwischen  gerade  die  reinsten  friaulischen  unter- 
mundarten,    die    von    Clauzetto    (0),    Pesariis,    Forni    Avoltri, 


finger 

recht 

voll 

abend 

linnen 

kalt  f. 

Kl. 

dl 

drit 

p'en 

sera 

tela 

freda 

Cl 

det 

drety 

pla'n 

sera 

ta'la 

fra'da 

b 

d$t 

drety 

ple'n 

sera 

tejla 

fre'da 

d<jt 

dret/ 

plo/n 

sera 

to/la 

fr  9' da 

d$t 

dret/ 

plejn 

serQ 

te/lo 

fre'dQ 

dej; 

dret/ 

ple'n 

sera 

te/la 

fre'da 

det 

drets 

pla'n 

sera 

ta'la 

fra'da 

c 

det 

drets 

plen 

sera 

tela 

freda 

det 

drets 

pleö 

sera 

tela 

freda 

det 

dret/ 

plo>y 

sera 

tela 

freda 

det 

dret/ 

pleny 

sera 

tela 

freda 

b 

det 

dr^t/ 

pla'ny 

sera 

tela 

freda 

d$t 

drets 

plany 

sera 

tela 

freda 

e 

d$t 

dret/ 

pla'ny 

se'ra 

te'la 

fre'da 

f 

de.t 

dret/ 

pla'ny 

se/re 

te'le 

fre/de 

9 

? 

drets 

pl§D 

se^gra 

t$gla 

fregda 

% 

det 

dret/ 

pla'ny 

sa'ra 

ta'la 

fra'da 

U.-B. 

det 

dret/ 

plen 

sera 

tela 

freda 

O.-B 

dent 

dret/ 

pleD 

se'ra 

te'la 

fre'da 

i 

da'nt 

dret 

pla'ny 

s§ra 

ta'la 

fra'da 

dent 

drej; 

pleny 

sa'ra 

ta'la 

fra'da 

J 

da'nt 

dret 

pla'n 

sa'ra 

ta'la 

fra'da 

! 

da'nt 

dret 

plany 

sa'ra 

ta'la 

fra'da 

i 

da'nt 

dret 

pla'n 

sa'ra 

ta'la 

fra'da 

nt 

da'nt 

dret 

pla'n 

sa'ra 

ta'la 

fra'da 

da't 

dret 

pla'n 

sa'ra 

ta'la 

fra'da 

n 

det 

ret 

pla'n 

sa'ra 

ta'la 

fra'da 

d$t 

ret 

pla'n 

sa'ra 

ta'la 

fra'da 

Pose. 

de't 

drits 

pleö 

? 

tela 

? 

Pinz. 

de 

drit 

pliü 

sera 

tila 

fr«  da 

Mezz. 

de 

drit 

plen 

serQ 

telQ 

fredQ 

Betonte  vokal« 

i 

145 

Rumo 

de 

drit 

plen 

ser$ 

telQ 

fredQ 

t^aden^ 

Tres 

de 

drit 

plen 

sera 

tela 

freda 

t/adena 

Rov. 

de 

drit 

p'en 

sera 

tela 

freda 

kadena 

Cem. 

de 

drit 

p'en 

sera 

tela 

freda 

kadena 

Cav. 

dedo 

dret 

p1-en 

sera 

tela 

freda 

kadena 

Pred. 

det 

dret 

p'eo 

sera 

tela 

freda 

kadena 

Vigo 

de/t 

dret 

p'eo 

serQ 

te'lo 

fre/dQ 

t^adenQ 

0 

de*t 

dret 

p'eo 

serQ 

te4o 

fre'd<? 

tsedenQ 

P 

da/t 

drat 

plan 

sa'ra 

ta/la 

fra;da 

t^ada^na 

<* 

daJt 

dart 

plany 

sara 

tära 

frä^da 

t/adäna 

r 

de/t 

dejt 

pleo 

sera 

tera 

fre*da 

t/adena 

Buch. 

de*t 

dart 

pleD 

sära 

tala 

fre'da 

t/adana 

Colle 

det 

de/t 

p*en 

sera 

tela 

freda 

t^adena 

Amp. 

dJedo 

dreto 

p1eD 

sera 

tera 

feda 

tsadena 

Aur. 

dedo 

dret 

p'eo 

i^era 

tela 

freda 

t/adena 

O.-C. 

deMo 

dreto 

pJeD 

sera 

t§la 

fre/da 

tsadena 

U.-C. 

de^o 

dreto 

p'eD 

sera 

tela 

fre'da 

t/adena 

Erto 

de*t 

dret 

piaD 

seja 

tela 

fre/da 

^adena 

Cim. 

d^t 

dret 

p*eD 

? 

tela 

fre'da 

^ad^na 

§ 

de*t 

dret 

pleD 

sera 

tela 

frejda 

tsadena 

de't 

dret 

pleD 

sere 

tele 

fre'd§ 

tyade^ 

t,  tt 

dejt 

dret 

pleD 

sera 

tela 

fre^a 

t/adena 

Ü 

diat 

dret 

pleD 

s§re 

tele 

fri'de. 

t/adene 

tt> 

det 

dret 

pleD 

s§ra 

tela 

freda 

t/ad^na 

S 

di°t 

ret 

pleD 

sejQ 

telo 

fri°dQ 

tyad$nQ 

9 

det 

dret 

pl^D 

s^re 

tele 

fred§ 

tyadene 

det 

dret 

pleD 

sere 

tele 

frede^ 

tyadene. 

i 

det 

dret 

pleD 

sere 

tele 

frede 

tyadene 

det 

dret 

pleo 

s^ra 

tela 

freda 

tsadena 

det 

dre^t 

pleo 

sere^ 

tele 

fred$ 

t/adene^ 

det 

dret 

pleo 

sera 

tela 

fre'da 

t/adena 

Port. 

deo 

drito 

p'eo 

sera 

tela 

freda 

kaena 

Collina  (f)  ungefähr  den  entgegengesetzten  diphthong  ia,  i° 
aufweisen;  und  dazu  dürfen  wir  wohl  auch  das  '«  von 
Ampezzo  stellen.  Es  lässt  sich  kaum  denken,  dass  man  in 
diesen  gegenden  von  anfang  an  einen  so  gänzlich  ver- 
schiedenen drang  zur  Weiterentwicklung  des  geschlossenen  e 
gehabt    hätte.      Die    benachbarten    mundarten    mit    ihren    e 


Gärtner,  ßätorom.  spr.  u.  lit. 


10 


146       Vergleichende  darstelltmg  der  rätoromanischen  mundarten. 

und  e*  deuten  uns  an,  dass  das  die  Vorstufen  jener  ver- 
kehrten diphthonge  gewesen  sein  werden:  etwa  e-e-e1, 
dann  wieder  vereinfacht  zu  e,  und  erst  von  da  aus  geht 
die  neue  diphthongierung  zu  ea,  ie  und  endlich  zu  ia  und 
zu  *e. 

Die  erhaltung  oder  vielleicht  schon  die  entstehung  dieser 
verschiedenen  diphthonge  ist  in  verschiedener  weise  von  der 
lautumgebung  abhängig.  In  geschlossenen  silben  pflegt  der 
vokal  kurz  und  einfach  zu  bleiben,  s.  das  beispiel  directus 
(das  in  Friaul,  schon  von  Erto  ab,  nicht  dexter  bedeutet).  Es 
ist  ein  auf  i-n  und  die  zwei  benachbarten  mundarten  von  g 
und  Oberbergell  beschränktes  lautgesetz,  das  e  vor  s  und 
einem  zweiten  konsonanten  zu  diphthongieren,  z.  b.  Ober- 
bergell frelsli,  g  frqhstx,  j-l,  Samnaun  (m)  und  n  frtfstx,  in  i 
und  Schieins  (m)  zu  frästx  erleichtert.  Bei  Wörtern  wie 
digitus  und  frigidus  muss  man  auf  eine  verschiedene  be- 
handlung  gefasst  sein.  In  i-m  und  o-j  reimt  nicht  nur 
frigidus  mit  sitis  —  wofern  nicht  das  eine  oder  das  andere 
wort  den  konsonanten  im  auslaut  abgeworfen  hat  —  sondern 
auch  digitus,  während  dieses  wort  in  a-lj,  Bergell  und  n  den 
vokal  unzerdehnt  lässt.  Der  reim  von  digitus  mit  sitis  und 
frigidus  ist  im  Engadin  durch  ein  auf  dens  anspielendes  n 
gestört,  aber  erst  in  neuerer  zeit:  nach  Samnaun  ist  diese 
entstellung  des  Wortes  nicht  hintibergedrungen.  Im  Nons- 
bergischen  geht  wieder  digitus  mit  sitis.  Der  diphthong  in 
frigidus  bleibt  im  femininum  auch  östlich  von  o,  p  (s.  s.  117), 
an  tela  aber  sehen  wir,  wie  gerade  von  p  ab  in  der  vor- 
letzten silbe  kein  diphthong  mehr  bestehen  bleibt  oder  ent- 
standen ist.  Unmittelbar  neben  o,  p,  in  Buchenstein  und  q 
scheint  der  diphthong  erst  nachträglich,  der  östlichen  sprech- 
gewohnheit  folgend,  zu  ä  verkürzt  worden  zu  sein.  Die 
entwicklung  des  diphthongs  wird  gehindert,  wenn  infolge 
des  Verlustes  des  folgenden  konsonanten  der  tiefe  vokal  der 
nächsten  silbe  hinzutritt;  so  im  Kheingebiet  bei  acetum, 
so  auch  in  n  bei  sebum.  Leicht  verständlich  ist  die  Zer- 
störung des  diphthongs  in  c-f  und  in  q  (plenus)  durch  ein 
folgendes  n,  das  gleichsam  die  zungenhebung  an  sich  reisst, 
indem  es  palatal  wird  und  noch  hinter  sich  ein  mehr  oder 
weniger    deutliches   y   nachschleppt.     Endlich    will   ich   noch 


Betonte  vokale.  147 

darauf  aufmerksam  machen,  wie  das  r  den  auf  i  endigen- 
den zwielaat  oft  verdrängt.  Die  zwielautreichen  mundarten 
in  b  haben  in  pirum,  sera  und  im  inf.  auf  -ere  blosses  e, 
ebenso  die  im  obersten  Engadin  (i)  einfaches  £  (dieses  ver- 
mutlich aus  a*  zusammengezogen);  Vigo,  o  hat  nur  bei 
pirum  seinen  diphthong  entwickelt;  ebenso  O.-Comelico; 
leichter  begreiflich  ist  es,  dass  q,  r  und  Forno  di  sotto  (§) 
nur  im  infinitiv  den  diphthong  behalten,  wo  nämlich  das 
unbequeme  r  abgefallen  ist.  In  r  pier  erkennt  man  fremden 
einfluss.  Nahe  liegt  das  deutsche  wort,  das  ja  in  Tirol  in 
der  einzahl  ungefähr  so  lautet;  vgl.  das  poschiavische  pir, 
piar  (Michael  1905,  s.  13).  —  Wälschellen ,  das  sich  sonst 
besser  an  q  anschliesst,  geht  beim  geschlossenen  e  mit  r. 

Wohin  das  betonte  lat.  geschlossene  o  (ö,  ü)  im  Räto- 
romanischen durch  eine  mit  e-el  gleichlaufende  bewegung 
geführt  werden  muss,  ist  klar:  zu  o";  und  dieser  enge 
diphthong  kann  sich  zu  ou,  au  erweitern  oder  zu  ok,  uk 
verhärten.  Die  beispiele  zeigen  diese  diphthongierung  in 
blute  z.  b.  in  e  und  in  p;  das  o  in  p  ou  ist  dabei  etwas 
aus  der  o- reihe  getreten  (s.  14),  was  an  das  g*  aus  e* 
in  Brigels  und  Bonaduz  erinnert.  Die  gesetze  des  lautwandels 
in  e  und  p  sind  nicht  ganz  gleich.  Bei  coda  (e  Jcgua) 
geht  p  koda  mit  den  östlichen  dialekten,  bei  vocem  (e  ygus) 
hat  p  us  vielleicht  vo"-uou  zu  u  kontrahiert  (wie  im  Fran- 
zösischen iei  zu  i).  Dagegen  hat  p  seinen  diphthong  in 
soura  (supra),  koHs  (consuit)  und  einigen  Wörtern  vor  r  und 
einem  zweiten  konsonanten,  wie  four,  lcourt,  boursa,  fourtxa 
(neben  fortxq),  wo  e  nur  zur,  kuza,  furn,  Jcürt,  bürsa, 
fürtxa  sagt.  Verbreitet  ist  der  lautwandel  von  o  zu  ou 
nicht  so  weit  als  der  von  e  zu  e\  Vielleicht  aus  einer 
physiologischen  Ursache;  aber  auch  von  der  akustischen 
seite  her  ist  es  verständlich,  dass  ein  nach  i  hinzielender 
diphthong,  mit  seinen  hohen  obertönen,  aufdringlicher  das 
nachwachsende  geschlecht  zur  nachahmung  auffordert,  als  das 
tiefe  ou. 

In  Graubünden  sehen  wir  unser  ou  {gu,  oh,  uk)  auf  e 
f,  g  und  t  beschränkt,  und  auch  da  fällt  bald  t,  bald 
i  und  f  ab;  z.  b.  coda  e,  g  kgua,  f  küe,  t  kua,  juvenis 
e   dyguvm,    g    dzguen,    f,    t   dyüven.     Sonst    hat   Graubunden 

10* 


148        Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mnndarten. 


kreuz 

Joch 

wolf 

blute 

stunde 

wir 

rund 

KL 

krüs 

dzuf 

lüf 

f'ör  m. 

ura 

nun 

rodunt 

0 

krus 

dyuf 

luf 

flur  f. 

ura 

nus 

radun 

b 

krus 

dyuf 

luf 

fliir 

ura 

nus 

radun 

krus 

dyuf 

luf 

flur 

urQ 

nus 

radün 

| 

krus 

dyuf 

luf 

flur 

ura 

nus 

radun 

c 

krus 

dzuf 

luf 

flur 

ura 

nus 

radun 

krüs 

dyuf 

luf 

flur 

üra 

nüs 

radunt 

krüs 

dyuf 

luf 

flüra 

üra 

nüs 

radun 

b 

krüs 

dyüf 

luf 

flur 

üra 

nüs 

radunt 

krus 

zuf 

luf 

flur 

ura 

nus 

radunt 

e 

krQlls" 

dyo"f 

lQuf 

flo"r 

9ura 

n$us 

radunt 

f 

kroks 

dyokf 

lokf 

flokr 

o 

Q«re 

noks 

rad6nt 

9 

kroks 

dzukf 

lukf 

flukr 

o 

ogra 

noks 

radönt 

% 

krü§ 

dyuf 

luf 

flur 

ura 

nus 

radunt 

U.-B. 

krus 

dyuf 

luf 

flur 

o 

ura 

noejtej 

radunt 

< 

O.-B. 

krus 

dyuf 

luf 

flur 

ura 

noaltri 

radönt 

i 

kruks 

dyuf 

luf 

flukr 

0 

ugra 

nuks 

arduent 

i 

krus 

yuf 

luf 

flur 

ura 

nus 

rodüent 

! 

krus 

dyuf 

luf 

flur 

ura 

no 

rodönt 

i 

krüs 

yuf 

luf 

flur 

üra 

no 

radiient 

krüs 

yuf 

luf 

fluer 

üra 

no 

radönt 

krüs 

yuf 

luf 

flur 

üra 

no 

radönt 

m 

krüs 

dyuf 

luf 

fluer 

üra 

no 

radönt 

krüs 

yuf 

luf 

flur 

üra 

no 

radunt 

n 

krüs 

yuf 

luf 

flur 

üra 

nu 

radunt 

krüs 

yuf 

luf 

nVr 

üra 

nu 

radunt 

Pose. 

krüs 

dzuf 

luf 

für  m. 

üra 

nualtri 

rodönt 

Pinz. 

krus 

dzuf 

luf 

for 

ora 

nceaftri 

tunt 

Mezz. 

kros 

dyof 

lof 

florf. 

orQ 

no1 

tunt 

Tres 

kros 

öon 

lo11 

flor 

ora 

no1 

tont 

Cum 

kros 

dzo 

lof 

fior 

ora 

no1 

tunt 

vorwiegend  einfache  u- laute.  Auf  Bonaduz  und  das  Dom- 
leschg  beschränkt  ist  die  diphthongierung  vor  n:  a  timün, 
B  txamün  u.  ä.,  c  tsamun,  himun  (Ems),  tiimqun  (Bonaduz), 
b  tximeuv,  timuw  (Schamsertal),  e-f)  timiw  deichsei;  vgl.  a 
vor  n  s.  132.  Merkwürdig  ist  die  entgegengesetzte  diph- 
thongierung   in    geschlossener    silbe,    wie    in    i    vuelp    fuchs, 


Betonte  vokale. 

149 

ßov. 

kros 

dzof 

lof 

for  m. 

Qra 

DO1 

tondo 

Cem. 

kros 

dyof 

lof 

for 

ora 

no1 

tont 

Cav. 

kros 

zo 

lof 

for 

Qra 

no1 

tondo 

Pred. 

kros 

zof 

lof 

for 

ora 

no1 

tondo 

Vigo 

kro/'s 

ZQuf 

lQuf 

for 

orQ 

no1 

toröü 

0 

krQns 

ZQuf 

louf 

for 

orQ 

uos 

torön 

P 

krous 

zouf 

louf 

nVr  f. 

oura 

nous 

turönt 

q,  r 

krüs 

zu 

lu 

flu 

ora 

nos 

torön 

Bach. 

krous 

zou 

louf 

flou 

ora 

nos 

torön 

Colle 

kros 

zof 

lof 

for  m. 

ora 

no1 

torönt 

Amp. 

kros 

zo/o 

lupo 

for  f. 

ora 

DOS 

tondo 

Aur. 

kros 

— 

lupo 

for  m. 

ora 

DO1 

tondo 

O.-C. 

krozi 

6? 

lupo 

for 

ora 

no1 

tondo 

U.C. 

kro§ 

— 

lo 

for 

ora 

ne1 

tondo 

Erto 

kre^s 

ö^f 

lQ»f 

f<?ur 

ora 

nos 

tont 

Cim. 

kro"s 

douf 

louf 

four 

ora 

nos 

tondo 

§ 

krous 

zouf 

louf 

flör 

Qra 

nQS 

tarönt 

krös 

dzauf 

lauf 

flör 

<?r$ 

uqs 

tarönt 

t 

krons 

dzouf 

louf 

flor 

Qra 

noaltris 

tarönt 

u 

kro°s 

dyouf 

lo"f 

flour 

Qra 

noaltris 

tarönt 

ö 

kru8s 

— 

luaf 

fluar  f. 

WS 

nosatis 

tarönt 

tu 

krös 

yöf 

löf 

flör 

Qra 

nö 

tarQnt 

S 

kru°s 

dzu°f 

lu°f 

flu°r  m. 

<?ro 

nu° 

tarönt 

n 

krös 

dzof 

löf 

flör  f. 

9«? 

nou 

tar§nt 

krös 

dzö 

lö 

flör 

Q«-? 

nou 

tarQnt 

kroBs 

yonf 

louf 

flör 

Qre. 

non 

tarQnt 

i 

krös 

yöf 

löf 

flor 

Qre 

noaltris 

tarQnt 

krös 

yöf 

löf 

flör 

9«? 

noaltris 

torönt 

kros 

yof 

löf 

flor 

ora 

noatris 

tarönt 

krous 

zouf 

louf 

flo"r 

Qra 

nQS 

torönt 

kros 

zouf 

lof 

fl^r  m. 

Qra 

noaltris 

tont 

Port. 

kroze 

zovo 

lovo 

for 

ora 

nantri 

tondo 

Jcuert  hof,  fu'rn  ofen,  fu'rtxa  gabel,  mu'stya  fliege,  buHxa  mund 
und  in  dem  oben  angeführten  ardüent  rund.  Im  ersten  beispiel 
findet  sieh  der  diphthong  fast  in  ganz  Graubünden  (s.  s.  181), 
nicht  viel  seltener  vor  r  und  einem  zweiten  konsonanten;  auch 
musca  wird  ausser  in  g-n  auch  in  einem  teile  von  b  mit 
einem    diphthong   ausgesprochen,    aber   bucca    nur   im    Ober- 


150       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

engadin  (i,  j),  rotundus  ausserdem  in  einem  kleinen  teil  des 
Unterengadins.  Diese  sprechgewohnheit  ist  uns  Deutschen 
vor  r  bekannt  und  begreiflich;  hier  aber  seheint  das  r  nicht 
im  spiel  zu  sein.  Derselbe  diphthong  hat  sich  an  ein  paar 
orten  auch  vor  einfachem  r  eingefunden:  s.  florem  s.  148 
1-n;  vielleicht  vom  plural  eingeschleppt,  denn  in  j,  !  und 
dem  oberen  teil  von  1  heisst  zu  flur  die  mehrzahl  fluers  (wie 
buersa  börse). 

In  Tirol  sehen  wir  den  lautwandel  von  o  zu  o"  wie  in  p 
so  auch  in  Oberfassa  (o),  Unterfassa  (Vigo)  und  Buchen- 
stein; im  Fassatal  nicht  vor  r,  in  Buchenstein  zwar  vor  ein- 
fachem und  mit  einem  zweiten  konsonanten  verbundenem  r 
(Jco"rt,  boursa  usw.),  aber  nach  art  der  östlichen  mundarten 
nicht  in  gewissen  weiblichen  Wörtern,  während  man  im  Fassatal 
z.  b.  Jcgudg  ausspricht.  Das  Gadertal  hingegen  scheidet  sich 
wieder  aus:  es  hat  keines  jener  ou  aus  o,  sondern  einfache 
vokale,  meistens  u,  wie  mancher  lombardische  dialekt  (vgl. 
Poschiavo).  Weiter  im  0  und  SO  herrscht  das  ven.  o  vor; 
nur  in  Erto  und  Cimolais  treten,  wie  in  anderen  punkten,  so 
auch  in  beziehung  auf  den  o- diphthong  wieder  ungefähr  die 
tirolischen  Verhältnisse  auf. 

Endlich  lassen  unsere  beispiele  auch  in  Friaul  hie  und 
da  ein  ou  aus  o  sehen  (in  Forni  di  sotto  zu  au  erweitert), 
und  zwar  im  NW  (8),  SW  (S.  Vito  al  Tagliamento  in  g) 
und  NO  (Chiusaforte  in  t)).  Wie  e'  aus  6,  ist  auch  ou  aus  ö 
ein  allen  drei  abteilungen  des  rätoromanischen  gebietes  eigen- 
tümliches merkmal,  wenngleich  die  einzelnen  untermundarten 
den  diphthong  unter  abweichenden  bedingungen  und  mit 
verschiedener  häufigkeit  erreicht  oder  bewahrt  haben  und 
ihn  zum  teil  nicht  mehr  zeigen  oder  auch  vielleicht  nie  durch- 
setzen konnten.  Die  gleichlaufende  entwicklung  von  e  und  ö 
geht  so  weit,  dass  auch  bei  ö  wieder  der  verkehrte 
diphthong  u°,  ua  an  stelle  von  ou  auftritt,  und  zwar  in 
Friaul  wieder  in  den  s.  144  genannten  orten  von  ö  und  j;  und 
wieder  werden  wir  annehmen  dürfen,  dass  der  neue  diph- 
thong erst  aus  dem  kontrahierten  alten  diphthong  ent- 
standen sei. 

Jetzt  bleibt  uns  noch  ein  paar  von  vokalen  zu  betrachten 
übrig:  das  offene  e  und  das  offene  0. 


Betonte  vokale.  151 

Vom  lat.   offenen   e   erwarten  wir  in   offener  silbe   den 
diphthong  ie;  die  beispiele  heri,  integrum,  caelum,  decem  er- 
füllen diese  erwartung  in  verschiedenem  masse  (s.  152).    Ein  ie 
mit  betontem  e-laut  (*$,  *e)  ist  in  unseren  mundarten  selten, 
es    erscheint    regelmässig    im    Venedischen,    daher    auch    im 
Piavegebiet.  in  Nonsberg,  im  Avisiotal  sogar  bis  an  das  obere 
ende  (o).    Häufiger  ist  der  umgekehrt  betonte  diphthong  (ie): 
b-Ij,  p,  r,  BuchensteiD,  Erto;  auch  in  Colle,   Cimolais  und  ro 
kommt  er  vor.    Im  Lombardischen   und  von  i  bis  n  herrscht 
das  einfache  e  vor.    Wir  finden  aber  noch  eine  vierte  wieder- 
gäbe des  lat.  offenen  e,  und  zwar  fast  nur  in  rätoromanischen 
mundarten,    nämlich    einfaches,    meistens    langes    i.      Es    ist 
nicht    unwahrscheinlich,    dass    jenes    e    aus    älterem    *e    zu- 
sammengezogen ist;   sicher  ist   es  l  aus  *'.     Wenn   wir  nun 
die  Verteilung  von  %  ie,  i  und  e  in  diesen  Wörtern  unter  unsere 
lomb.,  rät.  und  ven.  dialekte   beachten,  so  sehen  wir  als  rät. 
eigentümlichkeit   hervortreten,   dass   der   bekannte   diphthong 
ie  aus  lat.  e   in   offener   silbe   die    betonung  ie  angenommen 
hat   und   dann   leicht   zu   einfachem   i    zusammengeschmolzen 
ist.    In  einigen  gegenden  finden  wir  endlich  den  umgekehrten 
diphthong    e':    in    dem    sonst    ziemlich    rein    rätoromanischen 
Tavetsch  (a),  in  der  rät. -lomb.  mundart  des   oberen  Bergells, 
an    einigen    stellen    Westfriauls,    vereinzelt    auch    in    Erto. 
Die    aufgezählten     gegenden     stehen    sprachlich     in    keiner 
engeren    beziehung    zueinander,    der    diphthong    e    ist    nicht 
in   allen   gleich   dem   aus   lat.  geschlossenem   e   entstandenen 
diphthong   der    betreffenden    mundart,    es    mögen    daher   die 
verschiedenen  e*  auf  verschiedene  weise  zustande  gekommen 
sein;  am  lombardischen  ende  vermutlich  durch  diphthongierung 
des   e,   das   dort   dem   lat.    offenen    e   zu    entsprechen   pflegt. 
Bei   lepus   (s.  154)   geht   das   p    in   b,    v   oder   noch   weiter 
in   den   vokal  u   über;   in    dem   letzten   falle   kann    der   alte 
vokal  mit  dem  neuen  zu  einem  diphthong  zusammenwachsen, 
oder    zu    einem    triphthong,    wenn    e    zu    *'e    zerdehnt    war. 
Es    ist    merkwürdig,    was   das    für   verschiedene    lautgebilde 
zur    folge    hatte.      In    Friaul    erfahren    wir    durch    die    er- 
weichung  des  anlautenden  1,  dass  *e  aus  lat.  offenem  e  auch 
da  bestanden  hat,   wo  es  in  offener  silbe  sonst  nicht  mehr  zu 
hören  ist. 


152       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

Mit  dem  offenen  e  in  geschlossener  silbe  gewinnen 
wir  abermals  ein  rät.  merkmal  gegenüber  den  benachbarten 
ital.  mundarten:  die  diphthongierung,  die  sich  in  solcher 
Stellung  erst  in  Süditalien,  in  Nordfrankreich,  im  Kumänischen 
und  im  Spanischen  wiederfindet,  treffen  wir  von  q  bis  n,  in 
Nonsberg  von  Fondo  bis  Tres,  im  Avisiotal  von  Cavalese  auf- 
wärts, in  o-r,  Buchenstein,  Colle  usw.  bis  Erto  und  Cimolais, 
endlich  von  §  bis  §  an.  Freilich  unter  verschiedenen  Be- 
dingungen.   Bei  hibernum  ist  das  e  in  keiner  rät.  mundart  ein- 


gestern 

ganz  himmel  zehn  sechs  kämm 

winter 

zeit 

Kl. 

•er 

intrek 

tsel 

des 

ses 

petsen 

inv^rn 

temp 

a 

e'r 

entir 

tsVl 

d^s 

sis 

petzen 

umvFrn 

temts 

& 

ier 

entfr 

tsFl 

dies 

sis 

P?^en 

umvfern 

t^mps 

c 

ier 

antfr 

tsFl 

di«S 

sis 

petzen 

umvFrn 

tems 

Fr 

antfr 

tsFl 

dies 

sis 

PStyen 

umviern 

temps 

b 

Fr 

antfr 

§H 

die§ 

sis 

pe^en 

umvFrn 

ta'ms 

Fr 

antfr 

tsFl 

di's 

sis 

petsen 

umvFrn 

ta'nts 

e 

Fr 

antfr 

tsFl 

dies 

se> 

pe^en 

umvFrn 

tadmp 

f 

Fr 

antfr 

tsFl 

dis 

seks 

P^/?n 

anvfern 

ta'mp 

9 

ier 

antFr 

tsi°l 

dFs 

siks 

patsen 

amvFrn 

tejap 

1 

ier 

antfr 

tsFl 

dFs 

sis 

petzen 

amvFrn 

tahnp 

U.-B. 

er 

o 

intrek 

tsel 

des 

ses 

petyan 

imv^rn 

temp 

O.-B. 

e^ 

intrC'k 

tsVl 

de's 

se's 

petyan 

imvörn 

temp 

i 

er 

inter 

tsel 

des 

ses 

peten 

iviern 

temp 

n 

er 

inter 

sei 

des 

ses 

peten 

imvFrn 

temp 

I 

er 

inter 

tsel 

des 

ses 

peten 

umvFrn 

temp 

m 

er 

inter 

tsel 

des 

ses 

peten 

umvFrn 

temp 

er 

inter 

tsel 

deg 

ses 

p^ten 

imbFrn 

temp 

n 

er 

inter 

tsel 

des 

ses 

peten 

ivFrn 

temp 

er 

inter 

tsel 

des 

ses 

p^ten 

umvFrn 

temp 

Pose. 

er 

inter 

tsel 

dis 

sis 

petsan 

invern 

temp 

Pinz. 

'er 

intrek 

tXe\ 

des 

se 

peten 

imv^rn 

temp 

Mezz. 

a'eri 

^ntr6k 

m 

des 

Stf 

p^ten 

imver^n 

temp 

Cagnö 

a!eri 

entr£t# 

ts^l 

des 

ge1 

peten 

imv^rn 

temp 

Fondo 

alyeri 

entr^ty 

tsjel 

d'es 

sV 

p^ten 

imv^rn 

temp 

Tres 

^ri 

antr^ty 

^1 

d'ejs 

g'e1 

p§ten 

imv^rn 

temp 

Cun. 

a'eri 

entr^ty 

s^l 

des 

§e/ 

p^ten 

imv^rn 

temp 

Kov. 

dyeri 

entr^k 

s'el 

deze  se* 

peten 

imve/no 

temp 

Betonte  vokale. 


153 


fach  geblieben  ausser  im  Gadertal  (q,  r)  und  im  Fassatal  (o), 
bei  terra  fällt  auch  ein  teil  Graubündens  ab  (vgl.  auch  perdere 
s.  170).  Hibernum  hat  in  ganz  Graubiinden  den  diphthong  ie 
angenommen,  vermis  in  a,  b  vlerm\  erst  im  plural,  wo  das  -s 
den  silbenschluss  beschwert,  kommt  der  verschärfte  diphthong 
zustande:  a,  b  v'arms  u.  ä.  (Brigels,  Waltensburg  varmps). 
Neben  der  oft  bis  zu  ia  erweiterten  diphthongierung  vor  r  sehen 
wir  die  enge  diphthongierung  vor  einem  hinzutretenden  i  be- 
liebt,  sei  es  ein  altes  i  oder   erst  aus  einem   palatalisierten 


Cem. 
Cav. 
Pred. 

Vigo 
o 

q 

r 

Buch. 

Colle 

Amp. 

Aur. 

O.-C. 

u.-c. 

Erto 
Cim. 


t 
u 
ü 
\v 

I 
1 


Pord. 


alyeri 

aldzeri 

alny^r 

ndyern 

ndyern 

inier 

inier 

nnier 

imier 

nnier 

inny^r 

anyere 

nyere 

nts'eri 

iny^re 

e/r 

e'r 

«er 

*§r 

Ir 

Vr 

Wt 

Ier 

*th 

Ir 

Ir 

Ir 

e*r 

a^ri 


intr^k 

entrego 

entr^k 

ntriek 

int'e> 

intier 

intlr 

intlr 

ntier 

ntier 

ntier 

int'ero 

int'ero 

intfero 

int'ero 

intriak 

intier 

int'e'r 

inter 

intlr 

intr# 

inte^r 

intPr 

int#r 

intlr 

intlr 

intlr 

int#r 

int'^ro 


8^1 

8^1 

tyel 

ts;el 

ts'el 

tsiel 

tsll 

tsi 

t§i 

tSM 

s'el 

ts^lo 

^elo 

frei 

#>el 

#M 

ö&l 

se'l 

tsll 

tsll 

tsVl 

tsVl 

t§Il 

tsll 

tsll 

tsll 

Sil 

gJel 
s'el 


des 

d'es 

d'es 

dies 

dies 

dies 

dis 

dies 

dies 

dies 

dies 

d'es 

d'eze 

o^es 

d^ze 

dias 

d^s 

de5s 

dis 

dis 

de^ 

dess 

dis 

dis 

dis 

dis 

dis 

dejs 

d'eze 


se/ 
BW 

sV 
sie 
sie 
sies 
sls 
sIs 
sls 
sick 

sje 

§'e 

sia 

s'e 

Sia 

85e 

se's 

sls 

sls 

sejs 

stfs 

sls 

SIS 

sls 

sls 
sls" 
sejs 
sie 


peten 

peten 

p^tin 

peten 

petin 

piene 

p'ete 

p^te 

p'eto 

p'eten 

peten 

p^tin 

p'eten 

p'etno 

p^tin 

piaten 

p'eten 

p'etin 

disp^1 

disp6' 

p^tin 

p'etin 

p^tin 

p'eten 

p'etin 

p'etin 

Poetin 

p'etin 

p^tene 


lmv^rn     1 

temp 

imvejno 

te^mpo 

imv^r 

temp 

imv^rn     1 

temp 

imv^rn     1 

temp 

inv'arn     1 

tamp 

iover 

tämp 

dinv^r      1 

tomp 

invern      1 

tomp 

imv^rn    1 

temp 

imvär       1 

temp 

inve/no 

tempo 

imverno 

:empo 

inverno 

;empo 

invejno    1 

temp 

imv(jr 

e/mp 

invdrn      1 

temp 

inv'är 

;!enp 

inv'dr       1 

/emp 

imv^r      1 

timp 

inv^r       1 

timp 

imv'^r      1 

timp 

imv^rn 

timp 

inv^r       1 

cimp 

imv'^r      1 

;imp 

inv'är       1 

timp 

unv^r      1 

timp 

unv'är      1 

timp 

inv^rno 

tempo 

154       Vergleichende  darstellnng  der  rätoromanischen  mnndarten. 


hase 

haut 

kalb 

pl. 

schöne 

erde 

freitag  sieben 

Kl. 

legur  f. 

pel 

vid^l 

-ei 

beja 

tera 

vene/di 

se.t 

a 

l'ur 

p'al 

vadi 

-fdlts 

b'ala 

t'ara 

ve^iderdis 

s'at 

b 

ljour 

p'al 

vadi 

-!älts 

b'ala 

t'ara 

ve^nderdis 

s'at 

leur 

pal 

vadi 

-alts 

bala 

tara 

venderdyis 

sat 

l<fr 

pal 

vadi 

-älts 

balQ 

taro^ 

venderdyis 

sat 

lenr 

p'al 

vadi 

-ilts 

b'ala 

t'ara 

venderdyis 

s'at 

leur 

plal 

vadi 

-'älts 

b'ala 

t'ara 

v^nderdzis 

s$t 

c 

leur 

peal 

vadi 

-^lts 

beala 

te/ra 

venderdzis 

> 

se.at 

leur 

pe.1 

vade" 

-QltS 

b§la 

tera 

venderdyis 

se.t 

leur 

V$ 

vadi 

-^lts 

b^la 

t^ra 

venderdyis 

s$t 

b 

lenra 

P^l 

vadi 

-  ^  lts 

be/la 

te^ra 

venderdyis 

seat 

li°r 

pe/1 

vadi 

-  $alts 

be.ala 

teara 

venderzis 

se.at 

e 

lyo1!- 

pel 

vad^l 

-(jlts 

beja 

tera 

venderde* 

s^t 

f 

lyo'r 

pel 

vadel 
i 

-elts 

c 

Wf 

%e 

venderde* 

s$t 

ß 

ty<?kr 

p'al 

pus 

pusts 

b'ala 

t'ara 

vanderdz^ 

s'at 

$ 

levra 

pej 

vadel 

c 

-^lts 

b^la 

t§ra 

venderdi 

s$t 

U.-B. 

levra 

pal 

avdel 

-& 

bala 

tara 

venderdi 

sat 

O.-B. 

le'vra 

pel 

avdel 

-& 

bela 

tfra 

venderdi 

s$t 

i 

l^gvra 

pe.1 

vde 

vdelts 

bela 

t§ra 

venderdi 

s$t 

i 

levra 

pe.1 

vde 

vd^lts 

b^la 

teia 

venderdi 

s^t 

! 

leVra 

p^l 

vde 

vd'es 

bela 

t§ra 

venderdi 

s^t 

1 

le'vra 

pel 

vde 

vdejs 

be.la 

t^ra 

venderdi 

> 

s^t 

m 

levra 

pel 

vade 

-es 

bela 

t^ra 

venderdi 

set 

lebra 

pel 

vade" 

-<2"S 

bela 

t^ra 

venderdi 

set 

n 

levra 

pe.1 

vade* 

"f9 

bela 

tera 

venderdi 

se.t 

Pose. 

l^guar  rr 

i.  p^l 

ved^l 

-ely 

b§la 

? 

venardi 

s§t 

Pinz. 

levar 

pel 

videl 

-ei 

beja 

t§ra 

voenardi 

c 

s§t 

Mezz. 

leur$  f. 

pel 

ved£l 

-ei 

b<& 

tejo 

v^nder 

s§t 

Ruino 

lev^r  m. 

p^l 

ved^l 

-ei 

b^io 

te^Q 

v^nder 

§e.t 

Fond( 

) lyever 

p^l 

aud^l 

-!ei 

bela 

tera 

v^nder 

set 

Tres 

l^ver 

pe.1 

ved^l 

-V 

beja 

t$ra 

v^nder 

s§t 

konsonanten  hervorgewachsen.  Das  mehrzahl-i,  das  in  Tirol 
und  Friaul  den  Wörtern  auf  -ellus  erhalten  blieb,  be- 
günstigt die  diphthongierung  des  e;  wir  sehen  das  deutlich 
in  dem  besser  rät.  teil  Nonsbergs,  in  Predazzo,  Vigo,  o-r, 
Buchenstein  usw.  bis  Erto  und  Cimolais,  wo  im  singular  das 
e    einfach    bleibt.      Neben    *ei    kommt    iei    vor,    das    zu    ie 


Betonte  vokale. 

155 

Clin. 

lever  m 

•P$l 

ved<p 

-$ 

bela 

teja 

v^nder 

set 

Rov. 

lev^r 

pel 

ved^l 

-V 

bela 

tera 

vendro 

s^t 

Cem. 

lever 

pel 

ved^l 

-£ 

bela 

t^ra 

vejider 

s^t 

Cav. 

lev^r 

p$l 

ved^l 

-v 

be^a 

teja 

vener 

s^te 

Pred. 

lev^r 

p$l 

vedtjl 

-lei 

beja 

t^ra 

vendej* 

s§t 

Vigo 

dyeber 

p$l 

ved^l 

-ie 

bejo 

tero 

vendej 

s§t 

0 

yevej 

pel 

vedel 

-ie 

beJQ 

te/o 

vendej 

s^t 

*> 

liever 

pel 

vadel 

-iei 

bela 

t'ara 

vanderdi 

set 

q 

leu> 

pel 

videl 

-f 

bela 

tera 

vä/ndres 

set 

1qu 

pel 

videl 

-l 

bela 

te/a 

vä'ndres 

set 

r 

l$u 

pel 

vid^l 

-i 

b$la 

te/a 

ve^dres 

s$t 

Buch. 

leor 

pel 

vedel 

-iei 

bela 

t5era 

vendej 

set 

Colle 

leor 

pel 

vedel 

-]ei 

bela 

tara 

vend^r 

set 

Amp. 

Toro 

pe> 

ved^l 

-jei 

bela 

te^'a 

vendres 

SQte 

Aur. 

^oro 

pel 

vedel 

•SA 

bela 

t^ra 

v^ndre 

se^te 

O.-C. 

l'e^ro 

pel 

vedel 

-i 

bela 

t$ra 

vendej 

seti 

U.-C. 

l'oro 

pel 

vedel 

-*ei 

bela 

teja 

v^ndre 

s^te 

Erto 

liavre 

pel 

vedel 

-ie 

bela 

t$ra 

ve'dre 

set 

Cim. 

Pevre 

pel 

vedel 

^ei 

bela 

t^ra 

vendre 

set 

3 

Tevar 

p'el 

vid'^1 

-jei 

frela 

tfara 

ve'rs 

sjet 

eror 

pJel 

vid5el 

-5ei 

fr'ele^ 

tKr<? 

vinars 

sset 

t 

dyever 

p^l 

vid'^l 

**ei 

tfek 

tyera 

viners 

s^t 

u 

yevri 

p'el 

vidyel 

-ei 

frela 

t^era 

vinars 

tfet 

Ö 

dyevor 

pJel 

vidyel 

-ei 

b'ele^ 

tyeje. 

viners 
> 

s5et 

tu 

yeur 

p^l 

vidyel 

-ei 

b^la 

t'^ra 

vine/s 

s^t 

£ 

yevej 

p^l 

vidyel 

-ei 

b'elQ 

t^ro 

vinars 

s^t 

9 

yeur 

p'el 

vidyel 

-ei 

b'eje^ 

tym 

vinars 

s^t 

h 

nye^ur 

p!el 

vid'el 

-5ei 

b!ele 

tfare 

vinars 

s*et 

y^r 

p'^1 

vidyel 

-ei 

bjeja 

t^ra 

vine/s 

s^t 

y^ur 

p'$l 

vidyel 

-ei 

bje^ 

tfare^ 

vinars 

s'§t 

yeiir 

p!el 

vidjel 

jei 

frela 

tfara 

vinars 

s^t 

Pord. 

TeV^ro 

pele 

vedel 

-ei 

bela 

t$ra 

v^n^re 

sete 

oder  i  vereinfacht  werden  kann  (vgl.  franz.  lit,  six).  In  Grau- 
bünden, wo  der  plural  -ellos  üblich  ist,  geht  von  et  bis  b 
(ausser  Ems)  der  singular  auf  i  aus.  Nach  den  formen 
von  pellis  zu  schliessen,  wird  das  i  in  vaäi  nicht  aus 
-ellum  entstanden  sein,  sondern  etwa  durch  anlehnung  an 
den   ehemaligen   nom.   plur.     Durch   diese   anlehnung   würde 


15G       Vergleichende  darstellang  der  rätoromanischen  mnndarten. 

sich  auch  der  Verlust  des  -11-  sowohl  da,  als  auch  in  i-tt 
erklären  lassen.  Für  den  fall  des  erst  nachträglich  hinzu- 
tretenden i- lautes  habe  ich  die  beispiele  sex  und  pecten 
vorgeführt  (s.  152  f.).  Den  idealen  Urformen  s'e's,  pWne, 
die  wir  von  sex,  pec(ti)ne  erwarten  können,  steht  p  sies, 
piene  sehr  nahe;  ebenso  nahe  a-b,  fj,  q,  t,  tü-t)  sis,  sis,  %  sis 
und,  mit  verhärtetem  diphthong,  f  seks,  g  siks,  Buch.  sieh. 
Pecten  hat  sein  betontes  e  sonst  nur  noch  in  q,  r,  Buch., 
Auronzo  bis  Erto,  Cimolais,  B-j  diphthongiert;  es  ist  hier 
tiberall,  wie  auch  im  Lombardischen,  in  der  alten  (zwei- 
silbigen) form  stehen  geblieben.  Die  formen  in  q,  r  ver- 
gleiche man  mit  denen  von  coccinus  (rot):  q  kcetse,  x  Jcetso 
(p  kuHsun). 

Wenn  weder  ein  r,  noch  ein  i-laut  folgt,  so  ist  das 
offene  e  in  geschlossener  silbe  nur  in  wenigen  gegenden 
diphthongiert  worden  oder  diphthongisch  erhalten,  am  häufigsten 
am  Rhein  und  in  Friaul;  s.  pellem,  vitellum,  -os,  bellam  und 
Septem.  Vor  den  nasenlauten  endlich  finden  wir  diphthonge 
am  seltensten:  in  g  bei  tempus;  bei  Veneris  nicht  einmal  da, 
obschon  Ve-  eine  offene  silbe  ist.  Allein  vor  nasenlauten 
verhalten  sich  die  vokale  auch  in  anderen  sprachen  anders  als 
sonst.  In  unseren  mundarten  stimmt  Veneris  meistens  mit 
vendere  zusammen,  bene  mit  plenus  u.  dgl.  Auch  das  friaul. 
timp,  vinars  stimmt  zwar  zu  VM  (habemus),  aber  nicht  zu  vew 
(venit).  Die  erhöhung  des  e  vor  m,  n  zu  i  ist  auch  im 
Rumänischen  bekannt: 

1.  lat.        Veneris   merenda    argentum  dentem  parentem  sentit 
friaul.    vinars      mirinde     arint  dint       parint       sint 

rum.      vineri      merinda     argint        dinte      pärinte     simte 

tempus    2.  tenerpl.    bene     tenet    venit    3.  plenum    dominica 
timp  teners       heia       ten        vew  plew        domenie 

timp  tineri       bine      tine      vine  plin         duminecä 

vendere     de-inter     lingua     stringere     4.  habemus   5.  lignum 
vendi         dentri         lewge       strendzi  vw  {?)  lew 

vinde         dintre         limba      stringe  avem  lemn 

Wie  die  beispiele  lehren,  erscheint  das  lat.  offene  e  in  beiden 


Betonte  vokale.  157 

sprachen  vorwiegend  als  i,  das  geschlossene  meistens  in 
Friaul  als  e,  im  Rumänischen  als  i.  Ob  aber  das  offene 
e  erst  über  ie  zu  i  erhöht  wurde,  lehrt  uns  auch  das 
Rumänische  nicht:  tine  scheint  darauf  hinzuweisen,  aber 
timp  und  tineri  sprechen,  nach  den  rum.  lautgesetzen ,  da- 
gegen, desgleichen  dinte  und  simte;  denn  diese  konsonanten 
im  anlaut  hätten  vor  ie  nicht  bestehen  können.  Über  vw 
(habemus)  s.  s.  232. 

Das  lat.  offene  o  (ö)  hat  die  grösste  anzahl  verschiedener 
laute  ergeben;  gegen  50  einfache  und  zusammengesetzte 
laute  an  stelle  eines  betonten  solchen  o  sind  in  den  bei- 
spielen  auf  den  folgenden  vier  Seiten  innerhalb  der  mund- 
arten  a-g  unterschieden.  Seine  entwicklung  läuft  zunächst 
mit  der  des  offenen  e  gleich:  o  gibt  einen  diphthong  uq,  uo, 
unter  umständen  ua,  die  diphthonge  können  fallend  werden, 
z.  b.  u°,  sie  kommen  auch  in  geschlossenen  silben  zustande, 
sie  fehlen  anderseits  zuweilen  in  offenen,  die  durch  kon- 
traktion  entstandenen  einfachen  laute  zerdehnen  sich  in 
manchen  orten  zu  den  umgekehrten  diphthongen  qu,  ou, 
aus  denen  durch  Verhärtung  des  velaren  endes  ok  u.  ä. 
hervorgeht.  Aber  im  gegensatz  zum  offenen  e  entwickelt 
sich  das  offene  o  noch  weiter,  indem  der  diphthong  uo  in 
die  e- reihe  tibertritt  (ue),  wie  im  Spanischen  und  Alt- 
französischen; und  von  ue  aus  führen  auf  der  lombardischen 
seite  viel  betretene  wege  nach  der  ö-ti-  reihe  usw.  So  er- 
klärt sich  unser  halbes  hundert  von  wiedergaben  des  lat. 
offenen  o,  die  sich  voneinander  durch  klang,  dauer  oder 
kraft  Verteilung  deutlich  unterscheiden. 

In  der  einzelnen  mundart  ist  die  mannigfaltigkeit  freilich 
sehr  beschränkt,  in  p  z.  b.  auf  p  (vor  nasenlauten  mehr 
oder  weniger  geschlossen  und  nasal)  und  ue.  Der  diphthong 
erscheint  meistens  in  offener  silbe,  wie  in  vezu'l  zicklein 
(haedeolus),  pl.  vqzuH,  uel  er  will,  inuem  name,  nuef  neu, 
f.  nueva,  fuek  feuer,  zu'k  spiel  usw.,  in  geschlossener  silbe 
in  drei  fällen,  nämlich  vor  unsilbischem  i,  wie  in  fufa 
oder  fueyq  blatt,  trqfuH  klee,  plueia  regen,  ukuH  heute,  vor 
et,  x,  ce  (i),  wie  in  kuH  gekocht,  kuesa  hüfte,  kuHsun  rot,  und 
vor  nt,  nd,  mn,  wie  in  fru'nt  stirne,  puent  brücke,  sku'nder 
verbergen,  suen  schlaf.   Das  einfache  g  steht  gewöhnlich  in  ge- 


158       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

schlossener  silbe,  wie  in  legi  hals,  JcQrn  hörn,  mgrt  tot,  pQrta 
trägt,  katgrdes  vierzehn,  pgse  ich  kann,  nqst  unser,  ferner  im 
auslaut,  wie  in  pq  er  kann,  bg  ochse,  mQ  nur  (modo),  endlich 


herz 

ei 

pL 

neun 

regnet    donn. 

ort 

gute 

leere 

Kl. 

köer 

Oef 

cef 

nöef 

p^öef 

dzovedi 

Sit 

buna 

voe'da 

0 

kQr 

etf 

ofs 

nuf 

plova 

dyevda 

lduk 

buna 

vita 

6 

kQr 

ief 

Qfs 

nQf 

plQva 

dyev*a 

li"k 

buna 

vita 

kQr 

ief 

Qfs 

nQf 

plQva 

dyievdyQ 

l<fk 

bunQ 

vitQ 

kQr 

ief 

Qfs 

nQf 

plQva 

dyevdya 

le°k 

buna 

vita 

kQr 

i«f 

Qfs 

nöf 

plova 

dzievdza 

le"k 

buna 

vita 

c 

kQr 

i°f 

Qf8 

nöf 

plQva 

dyi'vdya 

leuk 

buna 

vita 

kQr 

Qf 

Qfs 

nöf 

plQva 

dyievdya 

liak 

buna 

vida 

kQr 

9f 

QfS 

nQf 

plQva 

dyievdya 

liek 

be^na 

vida 

kör 

öf 

öfs 

nöf 

plöva 

dyievdya 

liek 

buna 

vita 

b 

kör 

öf 

öfs 

nöf 

plöva 

dyievdya 

liek 

beuna 

vita 

kor 

of 

ofs 

nof 

plova 

zievdya 

lia 

buna 

vida 

e 

kor 

öf 

öfs 

nöf 

plöva 

dyievdya 

li 

buna 

ve/da 

f 

kör 

öf 

öfs 

nöf 

plQ"e 

dylvdye 

li 

bune 

vejde 

> 

9 

kör 

Qkf 

Qkfti 

i  nQkf  plQ  Ja 

dzievdya 

lia 

buna 

vegda 

*) 

kör 

öf 

öfs 

nöf 

ploa 

dyuvdya 

luty 

luna 

vüda 

U.-B. 

kor 

o 

cef 

oef 

ncef 

ploef 

dyoebya 

loek 

buna 

vo^da 

O.-B. 

kQr 

oef 

oef 

noef 

plcef 

dycebya 

loek 

luna 

voe'da 

i 

kQkr 

■  Cef 

öefs 

nQkf  plQva 

dyöevdya 

loe 

buma 

vöeda 

fc-l 

kQur 

cef 

Quf8 

nQuf 

plQua 

dyoevdya 

loe 

buna 

vöeda 

1 

kour 

Cef 

0US 

nouf 

plo'a 

yöevdya 

loe 

buna 

vöeda 

kör 

öf 

öfs 

nöf 

plo"a 

yöevdya 

lee 

buna 

vöeda 

kör 

cef 

öfs 

nöf 

plöva 

yöevdya 

loe 

buna 

vöeda 

m 

kör 

cef 

ofs 

nöf 

plöva 

yöev^ 

loe 

buna 

vöeda 

kör 

öf 

öfs 

nöf 

plöva 

yöev'a 

loe 

buna 

vöeda 

n 

kör 

Cef 

öefs 

nöf 

ploa 

yöev^a 

loe 

buna 

vöeda 

Pose. 

kQr 

cef 

öef 

nöef 

plQf 

dzeeb^a 

loek 

bona 

voe^da 

Pinz. 

keer 

cef 

oef 

ncef 

ploef 

zQb'a 

sit 

buna 

voeda 

Mezz. 

koer 

cef 

c 

oevi 
< 

ncef 
< 

plcef 

dyosfrQ 

PQSt( 

)  bQnQ 

VO^dQ 

Rumo 

tycer 

(Ell 

oevi 

nceu 

ploeu 

zoeb'Q 

loe* 

DQnQ 

voe^Q 

Cagnö  keer 

030 

oevi 

neo 

ploeo 

dzoeb'a 

lce* 

bQna 

vce^a 

Fondo  kuer 

ueo 

"evi 

nueo 

pleo 

dz^fra 

luet/  bQna 

vueJda 

Tres 

ku<?r 

v"$u  vueji  n"§u 

pl,eu 

d'^b'a 

luQty  bQna 

vue/da 

Corr. 

kuQr 

v"qu  vllQvi  n"Qu 

plQU 

z"Qb'a 

luQtx  bQna 

vl,Q'da 

Betonte  vokale.  159 

in  einigen  Wörtern,  wie  vezgla  junge  ziege,  zqIcl  er  fliegt  (exvolat), 
Qra  draussen,  rgda  rad,  durch  die  sieh  p  an  die  östlichen  mundarten 
anschliesst  (s.  116),  obwohl  rota  inFriaul  diphthongiert {rvqda u.a.). 


Cun. 

kcer 

030 

cevi 

ncef 

plceo 

dzceb'a 

loety  bQna 

vce^a 

Rov. 

kQr 

Qf 

Qvi 

npve 

p'Qve 

zQb*a 

sito 

bona 

vQda 

Cem. 

koer 

030 

03Vi 

nceve 

pj030 

zQb'a 

loek 

bQna 

voe^a 

Cav. 

kcer 

030 

cevi 

nceve 

p^ve 

zoeb'a 

loego  bQna 

vceda 

Pred. 

koer 

oef 

cevi 

ncef 

pW 

zceb'a 

lcek 

bQna 

voe'da 

V,  o 

ker 

ef 

eves 

nef 

p*ef 

zeb'Q 

lek 

bQnQ 

vetQ 

P 

kuer 

uef 

u^es 

nuef 

pluef 

zuebja 

lu°k 

bQna 

ueta 

q 

köer 

V 

VB 

nv 

plce1 

zce^a 

\vk 

bona 

öeta 

köer 

V 

v& 

nv 

ploe* 

zceb'a 

]vk 

buna 

öeta 

r 

kvr 

V 

ÜS 

nv 

plv 

zijb'a 

\v 

bona 

tJta 

c 

Buch. 

ku°r 

vu°f 

vu°f 

nu°f 

plu°f 

zu°ba 

lu°k 

bona 

vu°ta 

Colle 

k"or 

vof 

vof 

nuof 

p'of 

zuoba 

luok 

bona 

vo'ta 

Amp. 

kQre 

ö 

oe 

noe 

p'oe 

zo'ba 

luo 

bQna 

voHa 

Aur. 

k"or 

vovo 

vove 

nQve 

p'ove 

do'ba 

luo/o 

bona 

vo'ta 

O.-C. 

kor 

uevo 

uevi 

nuevi 

p'ovi 

db*ba 

lueyo 

bQna 

uHa 

Ü.-C. 

kor 

vovo 

vove 

nove 

pJove 

do*ba 

logo   bQna 

vo'ta 

Erto 

k<fr 

<fs 

§us 

nuaf 

p'(ff 

duaba 

l<fk 

bQna 

u5ta 

Cim. 

kour 

ouf 

ous 

n"of 

pVlf 

duQ!ba 

louk 

bQna 

gu9*ta 

1 

kour 

ouf 

ous 

no"f 

ma'a 

z"oba 

louk 

buona 

vVta 

kür 

kQk 

kQks 

nüf 

ma§ 

dzöb$ 

lauk 

buen$ 

voHq 

t 

kür 

ouf 

o"s 

nüf 

plollf 

dzuejba  lu 

buna 

vVta 

u 

kour 

o"f 

ous 

nollf 

plöf 

zVba 

louk 

buna 

go*ta 

Ü 

kour 

ouf 

ous 

nouf 

plouf 

yo!b$ 

louk 

buin$ 

v"eit§ 

tö 

kür 

üf 

ü§ 

nüf 

plöf 

yo^a 

lük 

buina 

vVta 

E 

kour 

ouf 

ous 

nüf 

plo"f 

yoHjf 

louk 

buinQ 

vueHQ 

9 

kür 

üf 

US 

nüf 

plüf 

fdty 

lük 

buin§ 

vuejt§ 

kür 

ü 

US 

nüf 

plü 

yolb$ 

lük 

binQ 

vVte^ 

kür 

üf 

üs 

nüf 

plouf 

f&bq 

lük 

bQn^ 

vVtQ 

8 

kür 

üf 

US 

nüf 

plüf 

yo^e 

lük 

buine 

Vte 

kür 

üf 

üs 

nüf 

plüf 

yo'ba 

luk 

buina 

Vta 

kür 

üf 

üs 

nüf 

plof 

jo{h§ 

luk 

buin$ 

"^de. 

kur 

üf 

ü§ 

nuf 

plof 

yojba 

luk 

buna 

ueda 

kour 

ouf 

ous 

no"f 

plo"f 

zVba 

louk 

buina 

v"eta 

kQr 

ouf 

ous 

nouf 

plonf 

zo'ba 

louk 

buna 

v"eta 

Pord. 

k"Qr 

VQVO 

VQvi 

nQve 

p'Qve 

z'oba 

1q/o 

bQna 

VQda 

160        Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


-aus 

gut 

pl. 

leer 

nacht 

mann    pl. 

snochen 

beisst 

Kl. 

foera 

bllD 

bun 

voe't 

nQts 

um 

um 

QS 

QS 

mört 

Q 

Qra 

bien 

bunts 

vit 

DQt/ 

um 

uments 

ies 

08 

mQrda 

b 

Qra 

bien 

bunts 

vit 

DQt/ 

um 

uments 

| 

ies 

QS 

mQrda 

c 

Qra 

bun 

bunts 

vit 

nQts 

um 

uments 
<•    > 

ies 

QS 

mQrda 

Qra 

bQl,n 

be/'nts  vit 

DQty 

lim 

uments 

QS 

QS 

mQrda 

ora 

bun 

buns 

vit 

not* 

lim 

uments 

<•    > 

QS 

QS 

mQrda 

b 

or 

beuD 

beuns 

vit 

nQty 

lim 

uments 

QS 

QS 

mQrda 

or 

bun 

buns 

vit 

nQts" 

lim 

uments 
i    > 

QS 

QS 

mQrda 

e 

or 

bun 

buns 

ve*t 

not* 

om 

oments 
> 

QS 

QS 

mQrda 

f 

ör 

buia 

buns 

vekt 

nQtx 

om 

oments 
> 

QS 

QS 

mQrde 

9 

ör 

bun 

buns 

vekt 

nuQts 

om 

oments 

QS 

QS 

mQrda 

1 

ör 

bun 

buns 

vut 

nö/ty 

om 

oments 

> 

QS 

QS 

mQrda 

Ü.-B. 

fQ 

bun 

bun 

vceH 

no3t/ 

om 

oman 

QS 

QS 

mort 

O.-B. 

Qra 

bun 

bun 

voe't 

ncety 

om 

oman 

QS 

QS 

mQrt 

t 

<?kr 

bum 

bumps  vffit 

nQt 

Qm 

Qments 

03S 

038 

mQrda 

Qkr 

bum 

bumps  vffit 

nQat 

om 

oments 
> 

038 

038 

mQrda 

M 

9ura 

bun 

bunts 

vffit 

nQt 

om 

oments 

03S 

038 

mQrda 

i 

oura 

bun 

buns 

vffit 

nQt 

om 

oments 

038 

038 

mQrda 

öra 

bun 

bunts 

vffit 

nQt 

Qm 

Qments 

QS 

Q8 

mQrda 

öra 

bun 

buns 

vffit 

nQt 

om 

oments 

038 

038 

mQrda 

m 

öra 

bun 

bunts 

vffit 

nQt 

om 

oments 

038 

03S 

mQrda 

öra 

bun 

bunts 

vffit 

nQt 

om 

oments 

QS 

QS 

mQrda 

n 

Qra 

bun 

bunts 

vffit 

nQt 

om 

oments 

QS 

QS 

mQrda 

Pose. 

fQra 

bon 

bon 

vffi^ 

nö/t 

om 

oman 

QS 

QS 

? 

Pinz. 

* 

bun 

bun 

voet 

nQt 

Qm 

Qmany 

QS 

QS 

— 

Mezz. 

foarQ  bQn 

bQni 

vos't 

< 

nQt 

Qm 

Qmni 

QS 

QSi 

— 

Rumo 

foerQ  bQn 

bQni 

VCB't 
< 

nQt 

Qm 

Qmni 

Q§ 

QSi 

mQrt 

Cagnö 

foer 

bQn 

bQni 

voe't 

nQt 

Qm 

Qmni 

QS 

QSi 

mQrt 

Fondo  fuer 

bQn 

bQni 

vVt 

nQt 

Qm 

Qmni 

Q§ 

QSi 

mQrt 

Tres 

fuera 

bQn 

bQni 

v^jt 

nQt 

Qm 

Qmmi 

QS" 

QSi 

mQrt 

Corr. 

fuQl* 

bQn 

bQni 

VuQ*t 

nQt 

Qm 

Qmni 

QS 

QSi 

mQrt 

Cun. 

feer 

bQn 

bQni 

V03Jt 

nQt 

Qm 

Qmni 

QS 

Q§i 

mQrt 

In  geschlossener  silbe  zu  diphthongieren  ist  am  be- 
liebtesten in  Friaul:  man  sagt  da  muardi  mördere  ebenso  wie 
p'ardi  perdere,  während  am  oberen  Vorderrhein  neben  pardqr 
das  mit  dem  alten  o-laut  versehene  mQrdqr  steht.  Der  er- 
weiterte, verschärfte  diphthong  ua  gehört  nur  dem  Friaulischen 


betonte  vokale. 

161 

Rov. 

fQra 

bon 

boni 

VQdo  nQt 

Qra 

Qmeni 

QS 

QSi 

mQrde 

Cem. 

fQra 

bQn 

bQni 

voe't  nQt 

om 

ömeni 

QS 

QSi 

mQrt 

Cav. 

foera 

bQn 

bQni 

voedo  nQt 

Qmo 

Qmeni 

QS 

Q8i 

mQrde 

Pred. 

foera  boD 
< 

bQni 

V03lt    nQt 

Qm 

Qmeni 

QS 

QS 

mQrt 

Vigo 

fQrQ 

boD 

bony 

vet     nQt 

Qm 

QmQny  qs 

QS 

mQrt 

0 

fyq 

boD 

bony 

vet     net 

QD 

Qmi 

QS 

QS 

mQrt 

P 

Qra 

boD 

bony 

uet     nupt 

uem 

uemes 
> 

QS 

QS 

mQrt 

q 

fQra 

bun 

bony 

öet      noat 

om 

omi 

QS 

QS 

mört 

fQra 

bUD 

buny 

öet      net 

om 

omi 

QS 

QS 

mört 

r 

fQra 

buo 

bony 

vt      net 

c 

om 

omi 

QS 

QS 

mört 

Buch. 

fQra 

boD 

bony 

vu°t   not 

om 

omeny  qs 

QS 

mQrt 

Colle 

fQra 

bun 

buny 

vo^    not 

omen  omeny  qs 

QS 

mQrt 

Amp. 

fQra 

bon 

boi 

voHo  note 

QD 

Qme 

QS 

Qse 

— 

Aur. 

fQra 

bon 

boi 

vo'to  nyote 

iQn 

Qmeo 

QSO 

Q§e 

mQrde 

O.-C. 

fQra 

boD 

bo'ny 

u'to    nueti 

QD 

Qmi 

QSO 

QSi 

mQrdi 

u.-c. 

fQra 

boD 

bony 

vo'to  note 

QD 

Qmio 

QSO 

Qse 

mQrde 

Erto 

fQra 

boo 

bo/B 

u't      nu*t 

UaD 

uami§ 

QS 

QS 

mQr# 

Cim. 

fQra 

l)OD 

bons 

guqxt  n"ot 

VuOD 

vuomes  qs 

QS 

mQrö- 

§ 

four 

boD 

buony 

vVt  nuot 

Qm 

vuomis 

vuos  vuos 

muart 

für 

bon 

bueny 

vo't    not 

Qm 

Qminy 

vues  vues 

muart 

t 

für 

boo 

böls 

vue!t  nyot 

Qm 

Qmi 

vues  vues 

muart 

u 

for 

boD 

bony 

go't    not 

Qm 

Qmio 

vos 

vos 

muart 

0 

fo"r 

bon 

bony 

¥*«K  not 

Qm 

Qminy 

vues  vnes  mnart 

n? 

für 

bon 

bony 

Wt  not 

Qm 

oinin 

vues  vnes  mnart 

S 

fonr 

boü 

bony 

vue{t  not 

Qm 

Qms 

vues  vues  muart 

ü 

für 

boD 

bony 

v'Vt  nQt 

Qm 

Qms 

vues  vues  muart 

für 

boD 

bODS 

v^t  nyQt 

Qm 

Qmts 

vues  vues  mnart 

a 

für 

boo 

bö's 

vVt  nyot 

Qm 

umio 

vuej$  v"es 

i  muart 

für 

bQD 

bö's 

Vt    nyQt 

Qmp 

Qmps 

nes 

ues 

muart 

für 

boD 

bons 

uet     nyQt 

OD 

umio 

Be^ 

neJ 

muart 

fonr 

boD 

bo'DS 

vuet   nQt 

QD 

Qmis 

vnes  vues  muart 

fQra 

boD 

boJDS 

Vet  not 

OD 

Qmis 

gues  gues  muart 

Pord. 

fora 

boü 

bQni 

vQdo  nQte 

Qmo 

Qmini 

QS 

QSi 

— 

an;  dem  Wechsel  zwischen  *•  und  *a  in  a,  b  vi'rm,  pl. 
v^rms,  umvftrn,  pl.  umvidrnts  entspricht  aber  der  zwischen 
ie  und  g  in  a,  b  ies,  gries  dick,  t%iern  hörn,  txietsen  rot  und 
pl.  qs,  grgs,  Jcgrnts,  Jcgtsents.  Das  letzte  dieser  beispiele  ist 
offenbar   durch    flexivische    anlehnung    an    die   anderen    ent- 

Gartner,  Bätorom.  spr.  u.  lit.  [[ 


162       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

standen,  da  das  -s  nicht  auf  den  vokal  der  ersten  silbe 
zurückwirken  kann.  Natürlich  scheint  derselbe  Wechsel  bei 
nief,  ncifs  aus  novum,  -os;  aber  wieder  nur  eine  anlehnung 
an  jene  reihe  ist  die  form  tsgJcs  zu  tsieJc  blind.  Ebenso  ge- 
läufig wie  i'-Q,  ist  ie-u  in  et,  ü  bien-bunis;  und  in  c,  b  ist 
neben  bun,  beun  usw.  für  gewisse  fälle  bien  üblich,  wie  im 
Engadin  been  neben  bum,  bun  u.  dgl.  Von  den  formen  ces  und 
qs  ist  teils  die  eine,  teils  die  andere  für  beide  zahlen  in  ge- 
brauch; einstens  wird  ces  die  einzahl,  qs  die  mehrzahl  ge- 
wesen sein,  wie  ja  auch  jetzt  noch  das  kollektive  n.  pl.  gsa 
heisst,  auch  wo  man  ces  sagt. 

Fallende  diphthonge  (ue,  ie)  aus  offenem  o  sind  nicht  so 
weit  verbreitet  als  ie,  ia  aus  offenem  e,  sie  fehlen  nämlich 
im  Engadinischen,  in  o  und  im  Friaulischen ;  aber  das  gerade 
im  östlichen  Friaul  so  häufige  ü  in  kür,  für,  nüf,  lük  wird 
wohl  aus  u°  oder  ue  kontrahiert  sein. 

Der  Übergang  in  die  e- reihe,  von  uo  zu  ue,  ist  dem 
Venedischen  fremd,  aber  über  die  rät.  mundarten  hin  bis 
an  die  ven.  grenze  verbreitet.  Hieher  gehören  alle  ue,  ue, 
ue  und  die  davon  abgeleiteten  i-,  ü-  und  ö- laute,  z.  b.  die 
ye,  ie,  i,  v,  ce  im  namen  des  donnerstages  in  Graubünden; 
hieher  auch  das  e  für  ue  im  Fassatal.  Nur  in  solchen  orten 
fehlt  jede  spur  von  dem  tibergang  in  die  e- reihe,  wo  auch 
sonst  venedischer  einfluss  bemerkbar  ist:  in  einem  punkte 
des  Nonsbergs  und  in  einem  gebiet  von  Buehenstein  und  Am- 
pezzo  bis  zur  Tagliamentoquelle  ($)  und  nach  u. 

Das  ce  aus  ö  reicht  so  weit,  wie  das  v  aus  ü  (s.  s.  140); 
und  es  ist  so  weit  zu  e  entrundet,  wie  das  v  zu  i.  In 
Nonsberg  widersteht  wieder  nur  die  an  das  Deutsche  an- 
grenzende landschaft  im  NO  dem  lombardischen  beispiel,  im 
Avisiotal  ist  die  lombardische  färbung  des  Trienter  Italienisch 
bis  an  die  grenze  des  Fassatales  vorgedrungen,  und  im  Gader- 
tal,  dem  östlichen  Vorposten  des  Lombardischen,  erklingen 
ebensowohl  ö -laute  wie  ti- laute,  aber  wieder  nicht  ohne  ein- 
zelne Verfehlungen:  sowohl  zu  oberst  als  zu  unterst  im  tal  (q) 
und  noch  mehr  in  dem  östlichen  Seitental  (r)  gibt  es  Wörter, 
die  an  stelle  des  ce  einen  e-laut  haben  und  umgekehrt,  z.  b. 
Kolfuschk  ncet  und  net  nacht,  nceya  und  neva  neue,  cele  und 
ele  öl,  Wälschellen  net,  ~kesa  htifte,  St.  Virgil  (r)  net,  nea,  ere, 


Betonte  vokale.  163 

JcQsa,  kqtso  rot,  trep  viel,  ferner  Kolf.  übe  und  tyeo  lau,  weiter 
unten  im  tal  t'/ceo,  t%ceve,  r  tyyye,  q  vceya  Vorabend.  Die 
meisten  cß  werden  aus  ue,  °e  durch  Vereinigung  der  lippen- 
stellung  des  u  mit  der  zungenstellung  des  e  entstanden  sein. 
Aus  ue  konnte  in  denselben  gegenden  ve  werden,  dann  am 
Rhein  durch  entrundung  ie;  man  sieht  das  deutlich  an  i-f 
pvertx,  a-h  piertx  Schwein  (pl.  porks). 

Umgekehrte  diphthonge  aus  lat.  offenem  o  sind  be- 
sonders häufig;  sie  sind  zweierlei:  ou  und  ?".  Zu  e'  ist  es 
nur  auf  der  lomb.  seite  gekommen,  und  zwar  nur  am 
Rhein  (a);  ?w  kommt  in  Erto  vor,  wo  auch  ö  in  die 
e- reihe  geraten  ist.  Die  eu,  $u  bei  bonus  in  c,  b  können  aus 
ueu  vereinfacht  sein,  wobei  ue  dem  lat.  o  entspricht  und  das 
zweite  u  durch  das  n  hervorgerufen  wurde  (vgl.  paun,  p$"n 
aus  panem).  Der  form  ou  (oh  u.  ä.)  begegnen  wir  im  Engadin 
von  t  bis  nach  I  hinunter,  in  Cimolais  und  in  Westfriaul  bis 
nach  S.  Vito  hinunter;  auch  in  Chiusaforte  (ty).  Tirol  ist 
davon  frei. 

Nun  gibt  es  noch  gar  manche  einzelheiten,  die  zu  der 
mannigfaltigkeit  der  ergebnisse  des  lat.  offenen  o  beitragen. 
Ich  mache  nur  kurz  darauf  aufmerksam,  dass  das  ge- 
brechliche voc'tus  (ital.  vuoto,  franz.  vide)  auch  im  Rät. 
augenscheinlich  nicht  überall  alle  laute  in  gleicher  reihen- 
folge  weiter  entwickelt  hat,  dass  am  Rhein  locus,  focus,  jocus 
das  u  in  die  Stammsilbe  hineingezogen  haben,  dass  an 
der  friaul.-ven.  grenze  "o,  ue  zuweilen  in  io,  *e  umgesprungen 
ist  (z.  b.  Gemona  nyot  nacht,  nyestri  unser,  tyoli  nehmen) 
und  dass  im  friaul.  buin$  das  •  regelrecht  aus  e  vor  n  erhöht 
wurde  (s.  156). 

Es  gibt  Wörter,  die  nicht  tiberall  mit  demselben  vokal 
im  Romanischen  fortlebten,  den  wir  ihnen  zusprechen  möchten. 
Am  bekanntesten  ist  der  fall  totus:  franz.  tout  und  ital.  tutto 
entsprechen  einander  nicht,  und  man  sieht  in  dem  u  von 
tutto  den  umlaut,  den  nach  alter  oberitalienischer  sprach- 
gewohnheit  der  plural  auf  -i  bekommen  musste.  Wir  haben 
oben  (s.  161)  spuren  eines  solchen  Umlautes  an  dem  plural 
von  homo  in  5  bemerken  können  (umiw  nördlich  von  Udine 
und  in  Cormons)  und  sind  nicht  überrascht,  in  derselben 
gegend  auch  jenes  wort  mit  u  zu  sehen: 

11* 


164       Vergleichende  darsteUung  der  rätoromanischen  niundarten. 


all 

pl. 

Rov. 

tut 

tuti 

U.-C. 

duto 

dute 

Kl. 

tut 

tvt 

Cem. 

tvt 

tuti 

Erto 

dut 

dux 

o-b 

tijt 

tuts 

Cav. 

tuto 

tuti 

Cim. 

dut 

du'x 

e-lj 

tot 

tots 

Vigo 

dut 

duty 

Pole. 

dut 

duti 

Berg. 

tut 

tutyi 

0 

dut 

duts 

M 

dut 

duty 

it  l 

tuet 

tuets 

P 

dut 

duty 

u-ro 

dut 

du1^ 

f-n 

tot 

tots 

q 

dut 

duty 

S 

dut 

duty 

Pose. 

tut 

tuts 

deet 

deety 

* 

dut 

duJt^ 

Pinz. 

tut 

tvx 

r 

dut 

dut/ 

h 

dut 

duty 

Mezz. 

tut 

tuti 

Buch. 

dut 

dutx 

dut 

dutyus 

Tres 

tut 

tuti 

Amp. 

duto 

dute 

Pord. 

tut 

tuti 

Cun. 

tvt 

tuti 
< 

O.-C. 

duto 

dutyi 

Port. 

tuto 

tuti 

Die  auf  ü  statt  auf  ö  zurückgehenden  formen  sind,  wie 
man  sieht,  auf  die  gegenden  beschränkt,  wo  das  wort  die 
mehrzahl  mit  -i  bildet  oder  gebildet  hat;  denn  in  KL,  Pose, 
Pinz.,  Vigo  und  weiter  im  osten  bis  j  ist  das  -i  nicht  mehr 
als  vokal  erhalten.  Die  form  dutyus  am  Westrand  der  friaul. 
ebene  enthält  zum  tiberfluss  noch  die  mehrzahlendung  der 
fremd  Wörter  auf  -u,  wie  z.  b.  v^t^u  alt,  pl.  vqtxus.  Plurale 
ohne  -s  sind  dort  eben  selten. 

Bekannt  ist  auch  der  fall,  dass  deorsum  an  sursum  an- 
gelehnt wird,  z.  b.  tosk.  su,  giü.  So  auch  in  o-r  und  t-j 
im  gegensatz  zum  Venedischen,  das  in  deorsum,  wie  man 
unten  sieht,  den  o-laut  bewahrt.  In  Graubünden  geben  die 
zwei  Wörter  keinen  reim;  die  lautentwicklung  von  deo(rsum) 
am  Rhein  ist  nicht  klar. 


SU 

giü 

e         se' 

dyu 

Tres   su 

dzo 

Amp. 

su 

zo 

Kl. 

SU 

dzu 

f         se 

dyu 

Cun.    suc 

dzo 

Aur. 

su 

do 

a 

se 

dyu 

9         se. 

dzo 

Rov.   su 

zo 

O.-C. 

SU 

ÖVL 

b 

si 

dyu 

f)           803 

dyo 

Cav.    su 

zo 

U.-C. 

SU 

do 

se/ 

dyu 

Berg,  su 

dyo 

Pred.  su 

zu 

Erto 

SU 

do 

si 

dyu 

t,  j      su 

dyo 

Vigo  su 

zu 

Pole. 

SU 

do 

si 

dzu 

f-n     su 

yo 

0,  p    su 

zu 

§ 

SU 

zo 

c 

si 

dyeu 

Pose.  ? 

dzo 

q           803 

Z03 

SU 

dzQ 

SQ1 

dyiu 

Pinz.  su 

dzu 

r         st 

c 

zut 

t-ü 

SU 

7* 

se1 

dyeu 

Mezz.  su 

dyo 

Buch,  su 

ZU 

i 

SU 

y« 

b 

se* 

dyeu 

Rumo  su 

dzo 

Colle  su 

zu 

Pord. 

Su 

ZQ 

Betonte  vokale.  165 

Wie  diese  zwei  adverbe  zu  su',  deo'  verkürzt  wurden, 
so  konnte  man  avorsum  gleichfalls  des  konsonantischen 
auslautes  ganz  oder  teilweise  berauben.  Es  scheint  dies 
aber  erst  später  geschehen  zu  sein;  denn  avo'  ist  nicht 
weit  verbreitet  und  ist  lautlich  etwas  anders  behandelt 
worden  als  deo'.  Avorsum  hat  in  a-\  nur  das  r,  in  g-$ 
nur  das  s  verloren,  daher  a,  b  davg's,  c-lj  davös,  t  davg'hs 
hinten,  hinter,  nach,  als  adjektiv  (f.  davgza,  -ösa,  -ggza) 
der  letzte,  und  anavg's,  anavös,  inavfiks  zurück,  §-ö  davöur, 
davur,  tö-§  devöur,  daür  u.a.  hinten,  hinter,  nach,  indavöur, 
indaür  u.  ä.  zurück,  wieder.  Im  Unterengadin,  schon  von 
j  abwärts,  ist  der  ganze  auslaut  abgeworfen:  dato  hinten, 
hinter,  nach,  inavo  zurück,  wieder.  In  n  sind  die  zwei 
Wörter  noch  weiter  vereinfacht  zu  dQ,  in$,  wie  in  Tirol: 
Vigo,  0-r  dg  hinter,  nach,  de  dQ,  da  dg  u.  ä.  hinten» 
p  in$,  Vigo,  o,  q,  r  indg"  wieder,  in  Buchenstein  wieder 
weniger  verkürzt:  davg,  indavg  usw.,  und  in  Erto  schliesst 
sich  die  reihe  mit  daü,  inyaui  an  Friaul  an.  Aus  Am- 
pezzo  führt  Alton  1879  zwei  Wörter  für  den  begriff  „nach" 
an:  „daös"  und  „dapö",  das  zweite  offenbar  etymologisch 
gleich  mit  dem  ital.  dopo.  Das  g  von  avorsum  ist  also 
nicht  zu  geschlossenem  o  erhöht  worden,  geschweige  zu  u; 
auch  am  Rhein  nicht,  wo  die  vergleichung  mit  ital.  giuso 
statt  davös  vielmehr  davus  (lat.  ö)  erwarten  liesse,  oder 
gar  die  angleichung  an  sursum,  die  freilich  wegen  der  be- 
griffe nicht  nahelag. 

Verhärtete  diphthonge  habe  ich  die  Verbindung  eines 
vokales  mit  h,  g  genannt,  die  an  stelle  eines  lat.  betonten 
vokales  in  f,  g,  t  anzutreffen  ist.  Wir  sind  ihnen  bei  allen 
lat.  vokalen  begegnet,  ausser  bei  a.  Bei  geschlossenem  e 
entspricht  das  eh,  eg  einem  diphthong,  der  mit  unbetontem 
i  endigt:  f,  g  trehs,  pehr  =  t  trafs  drei,  pa'r  und  p$r 
birne,  g  megza,  segra  =  f  m^ze,  i  maiza  tisch,  f  stfre, 
i  sa'ra  und  s$ra  abend ;  ebenso  steht  dem  oh,  og  u.  dgl.  aus 
lat.  geschlossenem  o  ein  diphthong  auf  u  zur  seite:  f  flohr, 
g,  i  fluhr  =  e  flgur  blute,  g  ogra,  i  ugra  =  f  gure  stunde;  so 
können  wir  auch  bei  den  anderen  vokalen  oft  gleichlaufende 
vokalische  diphthonge  auf  i  oder  u  in  der  nähe  aufweisen,  z.  b. 
f,  g,  i  pehs  =  e  ptfs,  \  pe's  fttsse,  g  lyghr,  i  legvra  =  f  lyoW, 


166       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  innndarten. 

I  levra  hase,  g,  i  bgkf  =  f  bouf  ochse,  i  Tcgkr  =  \  Jcour  herz, 
g  stqgva,  t  stvgva  =  f  stew  stube.  Gewiss  sind  solche  verhärtete 
diphthonge  aus  gewöhnlichen  diphthongen  entstanden:  die 
zungenbewegung,  die  zum  i  und  die  zum  u  führt,  braucht  nur 
tibertrieben  zu  werden,  um  eine  enge  oder  gar  einen  verschluss 
zustande  zu  bringen,  also  einen  konsonanten.  Kommt  es  nur  zu 
einer  enge,  so  muss  beim  i  ein  gewöhnliches  y  zu  hören  sein, 
oder  wenn  die  nachfolgenden  laute  stimmlosigkeit  verlangen, 
ein  dünnes  %  (ich -laut),  ebenso  beim  u  das  neugriechische  y 
oder  ein  velares  x  (ach -laut).  Im  falle  eines  verschlusses  er- 
schallen g-  und  k-laute,  an  verschiedenen  stellen  des  weichen 
gaumens  erzeugt;  die  aus  dem  i  entsprungenen  natürlich  weit 
oben,  sie  verlieren  aber  dann,  wenn  das  i  verklungen  und  ver- 
gessen ist,  den  palatalen  Charakter  und  werden  den  aus  u  ent- 
sprungenen g  und  k  völlig  gleich  hervorgebracht:  Qk  klingt  in 
g  lyokf  wie  in  g  bpJcf  oder  i  kpkr .  Der  Vorgang  ist  verständ- 
lich, man  kann  sich  nur  darüber  wundern,  dass  die  leute  in  der 
Übertreibung  der  diphthonge  eine  befriedigung,  ja  eine  er- 
leichterung  finden,  während  sonst  der  umgekehrte  weg  durch- 
laufen wird  (z.  b.  von  factum  zu  franz.  fait).  Eine  erleichterung: 
denn  in  f  verzichtet  man  regelmässig  darauf,  sobald  sich  der 
folgende  konsonant  der  nächsten  silbe  anschliesst,  z.  b.  awgulekf 
(aequal-ivus),  f.  awguh've  gerade,  treJct  (tritus),  f.  tre{de  hässlich. 
Nun  fragt  es  sich  aber,  ob  überhaupt  immer  ein  eigentlicher 
diphthong  vorhergegangen  sein  muss,  ob  nicht  ik  und  uk  un- 
mittelbar aus  i  und  u  entstehen  konnten.  Ein  volk,  das  gern 
e  zu  e  und  ö  zu  ou  zerdehnt,  kann  diese  sprechgewohnheit 
auch  auf  I  und  ü  ausdehnen;  da  muss  aus  I  infolge  der 
weiteren  hebung  des  zungenrückens  sofort  ix  oder  ik  werden 
und  aus  ü  infolge  der  weiteren  annäherung  des  zungenrückens 
an  das  gaumensegel  sofort  ux  oder  uk.  Solche  ik  und  uk  ent- 
stehen daher  nicht  aus  diphthongen,  sondern  wie  die  diph- 
thonge el  und  o".  Somit  wird  f,  g,  i  riks  wurzel  von  einem 
ris  abstammen,  f  nikr,  i  nyikr  venire  von  einem  nlr,  g,  i  duks 
dulcis  von  einem  düs  usw.  Für  g  nyekr  wird  es  auch  besser 
sein,  von  nyikr  auszugehen,  als  von  nye{r,  und  ebenso  werden 
manche  ek  und  ok  auf  i  und  U  zurückgehen,  nicht  auf 
wirkliche  diphthonge.  Zwei  wege  stehen  zur  erklärung 
von   f,   g   stxikr   obscurus,    f   stxire,   g   stxigra   (fem.)   offen: 


Betonte  vokale.  167 

aus  stytr,  -a  und  aus  skür-skukr-stxvkr;  nun  sehen  wir  aber 
t  stxvkr,  stxvgra  wirklich  vorhanden,  das  nur  aus  einem 
sJcuJcr  erklärbar  ist  —  somit  ist  unsere  lauterscheinung  älter 
als  die  vermutlich  nicht  sehr  alte,  von  der  Lombardei  herein- 
gedrungene palatalisierung  des  u  zu  v,  und  sie  gewinnt  da- 
durch ausserordentlich  an  interesse. 

Das  Schrifttum  liefert  uns  begreiflicherweise  keinen  ge- 
schichtlichen nachweis:  man  hat  solche  k,  g  immer  als  orts- 
uuarten  betrachtet  und  in  der  Schrift  verheimlicht.  In  dem 
oberhalbsteinischen  katechismus  vom  jähre  1755  (Cuorta  Doc- 
tregna  o  Mussamaint . .  .,  Bonaduz)  kommt  freilich  manches 
solche  k  vor,  merkwürdigerweise  immer  mit  g  bezeichnet 
(agigt  hilfe,  saugt  heil,  saigt  durst);  aber  ein  älteres  denk- 
mal  aus  f  haben  wir  nicht.  Sehen  wir  nach,  ob  sich  die 
erscheinung  ganz  auf  die  drei  mundarten  f,  g,  i  beschränkt. 
Es  ist  schon  das  bemerkenswert,  dass  g  zwar  durch  den 
Albulapass  mit  t  verbunden  ist,  im  übrigen  aber  f,  g  und  i  von- 
einander getrennte  talstücke  des  Oberhalbsteiner  Rheins,  der 
Albula  und  des  Inns  sind.  Weiter  weg,  aber  noch  innerhalb 
Graubündens,  bemerkt  man  in  zwei  gegenden  eine  schwache 
neigung,  i  oder  u  konsonantisch  auszusprechen,  sodass  man 
ein  x  °der  h  schreiben  könnte:  in  Unterbergell,  wo  man  vceH 
(s.  160),  ce'l  (s.  173),  pe{\  haar  u.  ä.  Wörter  mit  einem  bloss 
gehauchten  i  ausspricht,  und  am  ostende  Graubündens,  wo 
man  hinter  m  pa\  (Samnaun)  pa{  ich  zahle,  pard*  wand,  ravi 
geöffnet,  li  ich  binde  u.  dgl.  einen  auf  i  gestimmten  hauch 
hören  lässt,  hinter  m  sank  blut,  y§lk  gelb,  n  päk  wenig  einen 
auf  u  gestimmten  hauch;  auch  das  alte  unterengadinische 
eaug,  eug  (ego)  wird  mit  einem  solchen  h-  oder  ch-laut  zu 
lesen  sein.  In  Tirol  und  Friaul  sind  gleichfalls  solche  kon- 
sonantierungen  in  einzelnen  Wörtern  zu  finden,  auch  nur  im 
wortauslaut:  in  Buchenstein  siek  sechs,  Erto  miak  meine  (ital. 
miei),  u  <ek  sie  (ital.  lei). 

Das  merkwürdigste  ist  aber,  dass  diese  ungewöhnliche 
neigung,  neben  den  vokalen  i  und  u  die  entsprechenden 
engen-  oder  verschlusslaute  hervorzubringen,  nicht  nur  in  den 
gebieten  des  Rheins,  des  Inns,  der  Etsch  (n),  der  Piave  und 
der  Livenza  nachweisbar  ist,  sondern  auch  in  dem  der  Rhone, 
wie  Gillierons  Atlas  lehrt;  z.  b.: 


168      Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  muudarten. 

durst  schnee  habt  lebhaft      f.  bedecken  faden 

988  sek  nek      eg        vik      vlgva  979    kuvrik  fik 

989  sek  nek      aik      vik      vlgva  989    kruvik  fik 
f        sejkt  nekf    vets     vekf    ve*ve  f        kurv^kr     fe1! 
g       sekt  nekf    v^ks    vekf    vegva  g       kuvr^kr     fekl 
i        sa't  na'f     va*s     vikf     vigva  i        kurnfkr      fikl 

kalt  wissen  trinken  pfeffer  schreiben  hart  f. 

988    frek  saveg  be!gre  p^gvrQ  ekrigre  duk  dugra 

f        frekt  sav^kr  bever  pever  skre'ver  dekr  de're 

g        frekt  sav^kr  be^gver  pegver  skregver  dzekr  dzegra 

i        fra^t  sava5r  baVer  paVer  skrigver  dukr  dvgra 

auf         mauer  Die  genaue  bezeichnung  der  laute 

989     suk  muk  s.    in    dem   Atlas   selbst.     Der   ort 

f  z$ure  mekr  979  (Lens)  liegt  bei  Sitten  (Sion), 
g  dzukr  mikr  988  (Evolene)  und  989  (Vissoye) 
t         zukr         mvkr        in    zwei    Seitentälern    der    Rhone, 

die  oberhalb  Sittens  von  Süden  her 
einmünden.  Noch  weiter  oben  ist  das  Rhonetal  deutsch, 
und  in  derselben  richtung  weiter  treffen  wir  erst  im  Tavetsch 
wieder  Romanen;  einstens  gab  es  da  keine  Sprachgrenze,  es 
ist  also  kein  zufall,  dass  diese  seltene  lauterscheinung,  wenn 
auch  an  etwas  abweichende  bedingungen  geknüpft,  auch  in 
den  Walliser  Alpen  vorkommt.  Wie  stark  auch  da  die  ab- 
weichung  im  einzelnen  ist,  mögen  die  formen  für  culus,  per- 
d-utum   und  legit   vor  äugen   führen,   lauter  fälle,   in  denen 

in  Graubtinden  überhaupt  kein 
verhärteter  diphthong  entsteht. 
In  979  wird  beim  u  nicht 
die  zungenstellung  übertrieben, 
sondern  die  lippenstellung ; 
daher  tritt  nicht  das  velare  k  auf,  sondern  das  labiale  p. 
(In  979  puh  puteus  entstammt  das  Je  dem  i.) 

Man  beachte,  dass  diese  unseren  Rätoromanen  so  nahe 
stehenden  Romanen  das  u  noch  rein  erhalten  haben;  dadurch 
wird  es  wieder  wahrscheinlich  gemacht,  dass  die  verhärteten 
diphthonge  in  Graubtinden  älter  sind  als  die  palatalisierung 
des  u  zu  v  («*).  Reines  u  herrscht,  wie  mir  Dr.  Josef  Haber 
mitteilt,  auch  noch  in  Livigno  und  dem  obersten  Addatal. 


979 

kup 

perdup 

lik 

988 

kuk 

perduk 

lik 

989 

kuk 

perduk 

lig 

Betonte  vokale.  169 

Über  die  verkehrten  diphthonge  noch  ein  zusammen- 
fassendes wort.  Wir  sind  ihnen  bei  lat.  e  und  o  begegnet,  z.  b. 
I  flu0r  blute,  Jcour  herz  (s.  s.  145  f.,  150 f.,  157,  163).  Sie  sind 
wie  gesagt,  erst  aus  den  einfachen  lauten  zerdehnt,  zu  denen 
die  alten  Zwielaute  ei,  ou,  ie,  uo  kontrahiert  worden  waren. 
Die  verkehrung  ist  also  nur  ein  naturspiel,  dem  man  weder  ein 
hohes  alter,  noch  eine  hohe  bedeutung  zuschreiben  kann;  es 
fällt  nur  eben  auf,  dass  diese  erscheinung  in  Graubünden,  im 
Piavegebiet  und  in  Friaul  verbreitet  ist.  Nur  die  verkehrung 
lat.  §-ie-e-e(  oder  lat.  q-uo-o-ou  o.  ä.  fanden  wir  in  et,  g,  Ober- 
bergell,  i-t  und  in  dem  zusammenhängenden  landstrich  von 
Erto,  Cimolais,  §-u  bis  in  die  friaulische  ebene  (g)  westlich  vom 
untersten  laufe  desTagliamentos  (S.Vito  und  selbst  noch  S.Michele 
al  Tagl.).  Eine  besondere  Stellung  nimmt  Ampezzo  ein,  das  näm- 
lich nur  ie  statt  ei  entwickelt  hat,  z.  b.  s'ede  durst,  d{edo  finger, 
nye  schnee.  Aber  alle  vier  verkehrungen  haben  ö  und  j  auf- 
zuweisen, zwei  der  aller  reinsten  friaulischen  mundarten. 


Die  unbetonten  lateinischen  vokale  treten  im  Räto- 
romanischen weit  in  den  hintergrund  zurück,  die  meisten 
fallen  ganz  weg;  es  war  daher  schon  oben  von  ihnen  zu 
sprechen,  wo  vom  bau  der  Wörter  die  rede  war  (s.  S.  105 
bis  116).  Während  in  den  betonten  vokalen  jede  mundart  laut 
ihre  färbe  bekennt,  tragen  die  unbetonten  zur  kennzeichnung 
der  mundarten  sehr  wenig  bei;  die  betonten  sind  nach  emp- 
findlichen formein  weiter  geschieden,  die  unbetonten  haben 
ihren  bestand  verringert.  So  treffen  wir  z.  b.  in  p  ausser  den 
alten  lauten  a,  q,  e,  i,  q,  0,  u  und  au  in  den  tonsilben  noch 
a,  ie,  ue,  %  ou,  a\  a{  an;  in  unbetonten  silben  aber  haben  wir 
eigentlich  nur  vier  vokale: 

a  für  a  und  e,  z.  b.  fgrinq,  txqdq'na,  martxq,  mqrqndq, 
i  für  i  und  e,  z.  b.  fä§,  dizd's  (ihr  sagt),  prid,  join$  (kämmen), 
u  für  u,   0,  au,  z.  b.  fum4,  kurtel  (messer),  surddl  (sonne), 
purtsel,  urqdlq  (ohr),  ferner  kurz  (bedecken),  udq*  (videre), 
e  für  e,  a,  i,  z.  b.  dezeset  (17),   rezonq  (spricht),   mesedf 
(mischen)  usw. 
Andere  vokale  oder  diphthonge  werden  höchstens  aus  der  be- 
tonten Stellung  in  unbetonte  silben  verschleppt.  —  In  anderen 
mundarten  sind  wieder  andere  vokale  beliebt, 


170       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  nmndarten. 


finden  wissen  verlieren  kommen 


Konsonanten. 

ß  haben  wir  in  q,  r  und  Buchenstein  bei  florem  (s.  148) 
abgefallen  gesehen;  im  Gadertal  hat  auch  majorem,  meliorem 
mayu,  miü  gegeben  und  soror  so.  Weit  verbreitet  ist  aber 
der  verlust  des  r  der  infinitivendungen:  am  Vorderrhein, 
am  Hinterrhein  bis  zur  Via  mala  und  zum  Schynpass,  in 
Unterbergell  und  in  den  lombardischen  mundarten  von 
Kleven  und  Poschiavo, 
dann  in  dem  grössern  zu- 
sammenhängenden ge- 
biet von  p,  q,  r  und 
Buchenstein  bis  über 
ganz  Friaul  hinunter. 
Weiter  im  osten  je- 
doch, im  Kumänischen, 
werfen  die  infinitive, 
wenn  sie  nicht  sub- 
stantiviert sind,  die 
ganze  endung  -re  ab. 
Es  ist  also  ohne  zwei- 
fei auch  bei  uns  nichts 
lautliches.  Doch  birgt 
sich  etwas  lautliches 
hinter  dem  umstand, 
dass  a-b  und  p  die 
lateinische  3.  kon  - 
jugation  an  dieser  art 
Verkürzung  des  infi- 
nittves  nicht  teilneh- 
men lassen.  Vielleicht 
war  da,  als  das  weg- 
lassen des  -re  üblich 
wurde,  peidere  usw. 
schon  zu  perder  ge- 
worden. Toller(e),  tra- 
her(e),   excluder(e)  u. 


Kl. 

truvä 

save" 

pert 

venyi 

a 

amflä 

savä1 

p'arder 

vanyi 

b 

amflä 

sav£ 

p'-arder 

vinyi 

amflä 

save 

parder 

vinyi 

amflä 

save 

perder 

vinyi 

c 

katä 

save- 

perder 

veni 

katä 

save* 

parder 

venyi 

b 

katä 

save 

parder 

venyi 

katär 

save> 

perder 

venyir 

e 

katär 

sav^'r 

pfrder 

ne/r 

f 

katär 

savejkr 

pfrder 

nikr 

o 

9 

t^ater 

sav^kr 

parder 

nyekr 

% 

kater 

savä'r 

parder 

mi- 

U.-B. 

tru§ 

save 

perdar 

ni 

O.-B. 

tru6r 

c 

save^r 

perdar 

nyir 

i 

tyatBr 

saver 

c 

parder 

nyikr 

tyater 

savä'r 

parder 

nyikr 

i 

tyatär 

savä'r 

penler 

nyir 

! 

tyat<?r 

savä'r 

parder 

nyir 

1 

t^atär 

saväh' 

parder 

nyir 

m 

t^atjfr 

savä*r 

pejder 

nyir 

tyatär 

savä'r 

perder 

nyir 

n 

t^ater 

savä'r 

parder 

nyir 

Pose. 

truä 

sav6 

p^rda 

vini 

Pinz. 

gatär 

save> 

perdar 

viny^r 

Mezz. 

gatär 

save> 

perdar 

venyir 

Kumc 

>  dyatar 

save> 

perdar 

nir 

Konsonanten. 

171 

Kl. 

furmigi 

3     muline     -era 

Vigo 

formie        moline'    -  eQ 

Q 

furmikl^  mnlin§     -era 

P 

furmia       mulin<j    -ej. 

f 

furmiler    mulinSr   -  ere 

q 

furmia       murinä,  -ära 

i 

furmier     muliner   -  era 

r 

fornyä       mornä    -ara 

m 

furmier     mulyiner  -  ^ra 

Erto 

fromidyiar  molin^r  -eja 

Pose. 

? 

muline     -era 

E 

furmiär      mulinär  -ar'Q 

Pinz. 

furmig^r  muli 

n^r    -eja 

i 

furmiär      mulinär  -arJ§ 

Cagnö  formiyär  molinär   -ara 

Port. 

förmiger    muline'r  -era 

a.  hat 

p  dennoch  gekürzt,  aber  da  musste  der  schnitt,  wie  bei  den 

anderen  konjugationen 

Cun. 

dyatär 

save'r 

perde^r 

nir 

bis     an     den     vokal 

Kov. 

gatär 

savör 

p^rder 

venyir 

hinan:     tQ,    tr$,    stlu. 

Cav. 

katär 

save'r 

pe/dej 

venyir 

In  der  Verbindung  mit 

Pred. 

gatar 

save'r 

perd^r 

venyir 

unsilbischem  i  (-arius, 

Vigo 

troär 

saer 

p§rd£r 

venyir 

-orius)  ist  das  r  ver- 

0 

tro^r 

sae'r 

perde^r 

venyir 

nachlässigt  von  a  bis  b 

V 

dyatcj 

sava1 

p'arder 

uni 

und  von   o  bis  r,  im 

q 

tsafe 

savä1 

perde 

nyi 

Fassatal  auch  in  den 

r 

tsafij 

se1 

p^rde 

nyi 

weiblichen  formen ;  vgl. 

Buch. 

tyate" 

savö1 

p'erde 

vinyi 

die  beispiele  oben  mit 

Colle 

t/ata 

savQ 

parde 

vinyi 

tosk.  formicajo,  mugna- 

Amp. 

tsata 

sa6 

perde 

venyi 

jo,  -ja.     Die  richtige 

Aur. 

t^atä 

save' 

pejde 

venyi 

weibliche   form  lautet 

O.-C. 

tyatä 

sav^ 

perdi 

nyi 

im  Fassatal  -üq,  z.  b. 

U.-C. 

t#etä 

save' 

pe^rde 

venyi 

Vigo  panag  brodbrett, 

Erto 

*at<? 

sav^1 

pejde 

venyi 

0     tsutsaQ     kalkofen; 

Cim. 

X^ 

save' 

pejde 

venyi 

molineg    ist    von    der 

Pole. 

trovär 

sav6r 

perde(r)  vinyi 

männlichen  form  abge- 

§ 

t#atä 

save^ 

pjardi 

vinyi 

zogen.      Die    endung 

t 

t#atä 

save^ 

p'erde 

vinyi 

-iar  in  Erto  ist  das  in 

u 

tyatä 

sav# 

p^rdi 

v'nyi 

ganz  Europa  bekannte 

ö 

t^atä 

savia 

p1-erdi 

vinyi 

aus  Frankreich   stam- 

ttJ 

tyatä 

save 

p'^rdi 

vinyi 

mende  suffix  -  ier  (= 

£ 

tyatä 

savi0 

p'ejdi 

vinyi 

-arius);  die  rät.  mund- 

9 

tyatä 

save' 

p^rdi 

vinyi 

arten  bezogen  es  vor- 

i 

t^atä 

save 

p'ardi 

vinyi 

wiegend      aus      dem 

tsatd 

sav^ 

p'erdi 

vinyi 

schriftitalienischen. 

Port. 

katär 

saviSr 

pe.rdar 

vinyir 

. 

172       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

L  im  auslaut  zu  unterdrücken  ist  eine  eigenttimlichkeit  des 
Gadertales,  z.  b.  q,  r  se  salz,  da/de,  ded^  fingerhut,  Jcv  culus, 
Jeu  milchsieb,  su,  ft  usw.;  auch  Ampezzo  hat  formen  wie  sa, 
dedd,  was  von  einem  nachbartal  nicht  wundernehmen  kann. 
Hingegen  ist  es  wichtig,  dass  das  Gadertal  wieder  mit  dem 
fernen  Lombardischen  im  einklang  steht:  Kleven  sä  f.,  didd, 
Jcv.  Von  den  folgenden  beispielen  bringt  sol  noch  einen  beleg 
dafür  bei;  es  zeigt  ferner  für  die  weite  gegend  von  o,  p  bis 


äuge 

Pl. 

sonne 

ohr 

alt 

f. 

nagel    bett 

Kl. 

oets 

oets 

so 

oredza 

vets 

vedza 

undza 

e^ts 

a 

ely 

e^ts 

sul^ly 

urelya 

vely 

velya 

ipgla 

let* 

b 

ely 

eUts 

suhpy 

urelya 

vely 

velya 

ungla 

letx 

ely 

e^ts 

sul^ly 

ure^yQ 

vely 

velyQ 

unglQ 

lety 

ely 

elts 

sul^ly 

urelya 

vely 

velya 

ungla 

lets 

c 

ely 

elts 

sul^ly 

urelya 

vely 

velya 

ungla 

Lets 

ely 

elts 

sulyeUy  urelya 

vely 

velya 

uiagla 

1% 

il 

ilts 

sul^ly 

urelya 

vely 

velya 

UBgla 

litz 

b 

il 

ilts 

sul^ly 

urelya 

vily 

vilya 

ex'ngla 

1% 

il 

ilts 

sul^ly 

urelya 

vily 

vilya 

ungla 

lits 

e 

üy 

ilts 

sulely 

urelya 

vily 

vilya 

ungla 

l*$ 

f 

üy 

ilts 

sulyely  urelye 

vily 

vilye 

ungle 

let^ 

9 

üy 

ilts 

sulyel 

urelya 

vily 

vilya 

ungla 

l^ts 

*> 

v\y 

vlts 

svvely 

urelya 

vely 

velya 

ungla 

% 

U.-B. 

03*1 

03*1 

sul 

urela 

ve1! 

vela 

ungla 

let* 

O.-B. 

ce1! 

ce'l 

sul 

ure'la 

ve4 

ve'la 

ungla 

letz 

i 

cely 

03ltS 

sulaly 

uralya 

vely 

velya 

ungla 

let 

M 

cely 

03ltS 

suld1 

uralya 

vely 

velya 

ungla 

let 

i 

cel 

oelts 

siüä1 

uralya 

vely 

velya 

ungla 

let 

cely 

ceUts 

SUU' 

urelya 

vely 

velya 

ungla 

let 

m 

cel 

celts 

sula1 

uralya 

vely 

velya 

ungla 

let 

n 

öely 

ffilts 

sulä1 

urelya 

vely 

velya 

ungla 

let 

Pose. 

oets 

oets 

sül 

urelya 

vets 

vetsa 

ündza 

lets 

Pinz. 

QX 

B£ 

sul 

reexa 

v$X 

ve*a 

undza 

let 

Mezz. 

Qtz 

Qtyi 

sol 

reklQ 

v&X 

v&XQ 

unglQ 

let 

Rumo 

wi 

?kli 

sol 

reklo 

ve*el 

veklo 

ongl? 

let 

Fondo  Qt^el 

okli 

sol 

rekla 

vetyel 

vekla 

ongla 

let 

Corr. 

Qtyel 

okli 

sol 

rekla 

vetyel 

vekla 

ongla 

l<?t 

Rov. 

OjtSO 

Qtsi 

sol 

retsa 

vetso 

ve^tsa 

ondza 

let 

Konsonanten.  173 

ans    Adriatische    meer    die    vertauschuDg    eines    1    zwischen 

vokalen  gegen  r,  augenscheinlich  eine  alte  dissimilation.  Ohne 

einen  solchen  anlass,  spricht  r  statt  1  (11)  Ampezzo  gern 
aus,  z.  B.  gario  gleich,  firo  faden,  ra  weibl.  artikel,  Jcera  jene, 
mitunter  auch  r:  Tcqra  jene,  sora  allein  f.    Für  das  Kätoromanische 

kennzeichnend    sind    die    fälle,    in    denen    die    hebung  oder 

die  Zurückziehung  der  zunge  die  alte  ausspräche  des  1  ge- 
fährdet:   man    sieht    an    den    beispielen    sofort,    dass    die 

Cem.    Qtyo     Qtyi     sol          ret/a     vetyo    v$tya    uudya  l^t 

Cav.     Qtyo     qtyi     sol          redya   v^tyo    ve^#a    undya  l^to 

Pred.    Qt/o     Qtyi     sol          redya   vej#e    ve^xa    omb'a  l^t 

Vigo     edye    edy^s  soredye  oredyQ  vedye   v^dyQ   ombjQ  l$t 

0          e^ye  e^yes  soredye  oredyQ  ve'dye  ve^yQ  omb'q  let 

p          uedl     uedli    suradl    uradla  vedl      vedla    ondla  liet 

q          03dl     cedli    soradl     oradla  vedl      vedla    aundla  let 

r          edl      edli     soradl     oradla  vedl      vedla    aundla  l^t 

Buch,  ogle     ogli     sorogle  orogla  vegle    vegla    ombla  let 

Colle    vodye  vodye  sol          redya   vedye   vedya  iindya  let 

Amp.    Qtso     Qtsi      soroyo    rea        vetso     v^tsa    linza  lyeto 

Aur.     voi      voi      sar$yo    rea       v^t/o    ve^a    ondya  lyeto 

O.-C.    ui        ui        saroyo    retya     vet/o    v^t/a    ondya  l'eto 

U.-C.    voyo    voye    saroyo    reya      ve^o    ve^a    undya  l'eto 

Erto     uadye  uadye  soredye  redya   vet/e    vetya    ondya  koa 

Cim.     vu°i     vu°is   sorei       orea      vetye    vetya    ondya  lyet 

§          vuoli    vuolis  Soreli      vorela  vetyu    v^t^a    ongla  llet 

völi     voi      soreli      vorele^   vetyu    vetye^     ongle^  let 

t           üle      üye      sor^le     or^la     vetyu    vetya    ongla  dyet 

U          völi     vöi      soreli      ur^la     ve^u    vetya    öngula  yet 

ö          vuli      vui      soreli      orej^     ve^xu    vej;;^    öügolg  yet 

ro         völi     voi      sareli     vorela  v'eli      v'ela     ÖDgula  yet 

£          vu°li    vu°i     sari°li     voi^Iq  vi°li      vi°lQ      QDglQ  yet 

t)          vo"li    voi      soreli     vor^l^  v'eli      v^le     Qßgule  yet 

völi     voi      soreli      vorfle^   vVli     vVle^     QQgle.  yet 

5          völi     voi       soreli      orele     v'eli      v^le      QBgule  yet 

v^li     v$i      soreli      or^la     v^tso     vetsa    QDgula  y^t 

völi     voi      soreli     uarel$    v'eli      v^le     öngule  yet 

vuli     vui      soreji     orela     vetyu    vetya    qngula  l'et 

Port,    otso     otsi     sol          retsa     vetso    vetsa    ondza  leto 


174       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


blatt 

;      eis 

mehi 

■  regnen 

weiss 

warm  I 

F.     kalk 

süss 

Kl. 

fe'a 

dzats  m.  pu 

p'öäf 

Wank 

kojda 

kaltsina 

dufts 

a 

fely 

glats 

ple 

plöver 

alf 

t#a"da 

kaltsina 

duts 

b 

fely 

glats 

pli 

pl$ver 

alf 

kaülda 

kaltsina 

dults 

fely 

glats 

pli 

plöver 

alf 

kauldQ 

kaltsinQ 

dults 

fely 

glats 

Pi 

plQver 

alf 

kaulda 

kiltsina 

dults 

fely 

glats 

pli 

pl$ver 

alf 

kaulda 

kaltsina 

dults 

c 

fely 

glats 

pli 

plöver 

alf 

kaulda 

kaltsinya 

diiltg 

fely 

glats 

Pi 

plöver 

alf 

kal,da 

kaltsina 

dults 

fely 

glats 

p¥ 

plqver 

alf 

t/a^lda 

kaltsenya 

duks 

b 

fely 

glats 

pli 

plöver 

alf 

tyQlda 

kaltsenya 

diilts 

fily 

glats 

pli 

plöver 

alf 

t/olda 

kaltsenya 

dults 

e 

fily 

glats 

ple 

plöver 

alf 

t/öda 

kaltsinya 

dolts 

f 

fily 

glats 

ple 

plo^er 

alf 

t/öde 

kaltsinye 

doks 

9 

fily 

glats 

ple 

plo/'er 

alf 

t/öda 

t^altsena 

duks 

% 

My 

glat§ 

ploe 

ploer 

alf 

k^da 

tyaltsenya 

dut§ 

U.-B. 

fo3ja 

glats 

plt; 

ploear 

bl^nk  kelda 

kaltsina 

dults 

O.-B. 

fo3!a 

glats 

pk> 

ploevar 

blank 

kalda 

kaltsina 

dults 

i 

fely  glats" 

pu 

plöver 

alf 

t^öda 

tyutsinya 

duks 

i 

fely  glats 

pu 

plQ"er 

alp 

tyoda 

tyutsina 

duts 

! 

foely  glats 

plu 

plo/'er 

alp 

tyQda 

kutsinya 

duts 

I 

foel 

glats 

plu 

plo/'er 

alp 

tyauda 

kutsinya 

duts 

fely  glats 

plv 

plo^er 

alp 

tyßäax 

t/altsina 

düts 

fely  glats 

plu 

plöver 

alp 

t/^da 

tyaltsina 

duts 

m 

fely  glats 

plu 

plöver 

alp 

t/Qda 

t/altsina 

duts 

fely  glats 

plu 

plöver 

alp 

tyäda 

t/altsina 

duts 

n 

fely  glats 

plu 

plöer 

alp 

tyäda 

tyäts 

düts 

fely  glats 

plu 

plöer 

alp 

tsäda 

tsats 

düts 

Pose 

fea 

dzas 

plu 

pl^a 

blank 

k^lda 

kalslna 

dülts 

Pinz. 

ft^a 

gla*  f. 

pu 

pfear 

Wank 

kavda 

kaftyinya 

duls 

Mezz. 

fe'Q 

gtatx 

pu 

plcev^r 

blank 

kaudQ 

ksLHx 

dolty 

Rumo 

feQ 

glas 

pu 

plceve/ 

blaut/  t#audQ 

tyaus 

do"s 

Cagn^ 

)  feja 

glas 

pu 

ploevar 

blant/  t/auda 

tyaus 

dols 

Fondo  fVa 

glats 

pu 

plev^r 

blanty  tyallda 

tyauts 

dots 

Tres 

f'e/a 

gla# 

pu 

puever 

blanty  t/aMa 

t#aus 

dol# 

palatalisierung  des  1  in  den  zwei  italienischen  mundarten 
beliebter  ist,  die  velarisierung  (und  dann  labialisierung)  hin- 
gegen  in   den   reiner   rätoromanischen    mundarten    aller    drei 


Konsoi]  auteu. 

175 

Corr. 

fnQ> 

glats 

pu 

ptyvejr 

blanty  t#auda 

t*auts 

dolts 

Cun. 

feya 

glats 

pu 

pfev^l 

•  blant/  tyauda 

*txauts 

dolts 

Rov. 

fo> 

dzas  m. 

pu 

p;Qver 

b'ank 

kalda 

kalsina 

dols 

Cem. 

foa'a 

dyas  f. 

pu 

p'oevej 

b'ank 

kalda 

kaltsina 

doltS 

Cav. 

foaa 

dyasa 

pu 

p'oever 

b'anko  kalda 

kalsina 

dolso 

Pred 

fcea 

dyats 

pu 

p'oevej 

b'ank 

ka'da 

kalsina 

dots 

Vigo 

fOQ 

dyatsQ 

pJu 

p'ev^r 

b'ank 

t*a"d9 

tya"ts 

dQ"ts 

0 

fo$ 

dyatsQ 

p'u 

p'ever 

b'ank 

tsaud9 

tsauts 

do^tS 

* 

fupia 

dlatsa 

plu  plua1 

blank 

t/a"da 

t^ts 

douts 

< 

feya 

dlatsa 

plce 

plovä' 

blank 

tyälda 

tyälts 

düts 

fe/a 

dlatsa 

plu 

plocj1 

blank 

t^älda 

tyälts 

düts 

r 

fe> 

dlatsa 

plu 

pk;^! 

blank 

tsalda 

tyälts 

düts 

Buch 

fo*a 

glats 

plu 

pluö1 

blank 

t#a"da 

t/auts 

do*ts 

Colle 

fo'a 

dyas 

Pi 

p'ove 

b'enk 

t#auda 

t^a"s 

dos 

Amp. 

fo'a 

zatso  m 

pi 

p'oe 

bianko  t§Quda 

kaltsina 

doltse 

Aur. 

fo'a 

dya#a  f 

•  Pi 

p'ove 

b'anko 

t^a"da 

t/au#ina 

dol#e 

O.-C. 

fq'a 

tye#a 

Pi 

p'ej'vi 

b'anko 

tyaMa 

t#u#ina 

dol#i 

U.-C. 

fo> 

dye#a 

Pi 

p'ove 

b'anko 

t^a"da 

t/o#ina 

dol#e 

Erto 

fuaia 

dya#a 

Pi 

p'e/'ve 

b'ank 

xalda 

^al^ina 

dol# 

Cim. 

fuoia 

dya»?a 

Pi 

p'ove 

b'ank 

#alda 

#al#ina 

dol# 

3 

fqto 

glasa 

Pi 

ma'ä 

blank 

t^älda 

tsalsina 

dols 

föe. 

glatse^ 

Pi 

maä 

blank 

t/älde. 

t#altsin§ 

dölts 

t 

f'ea 

glatsa 

Pi 

plQve 

blank 

t/alda 

t^altsina 

dölts 

u 

fo5a 

glats  m. 

Pi 

pl(?vi 

blank 

tsalda 

t/altsina  d^lts 

ö 

f^ 

glatse_  f. 

Pi 

plovi 

blank 

t/alde 

t^altsin^ 

dotts 

tt> 

f'ea 

glatsa 

plu1  plQvi 

blank 

t/alda 

tyaltsina 

dolts 

S 

fue'Q 

glatSQ 

plu1 

plovi 

blank 

t/ald$ 

tyaltsinQ 

du°lts 

* 

% 

glats§ 

plu1 

plovi 

blank 

tyälde^ 

t^altsin^ 

dQlts 

fu9 

glatse 

plu1  plQvi 

blank 

tyälde^ 

tyaltsine^   dohs 

5 

*$ 

glatse 

plu1 

plovi 

blank 

t^alde 

t/altsine 

dolts 

f'<?a 

glasa 

plu1  plQvi 

blank 

tsalda 

tsalsina 

dols 

f°$ 

glas 

plu1 

plQvi 

blank 

t/alde^ 

t^alsin^ 

dols 

fo'a 

glas 

plu1 

'  plQvi 

blank 

tsalda 

tsalsina 

döls 

fu§a 

glas" 

plu1 

pl$vi 

blank 

tsalda 

tsalsina 

dQls 

Port. 

fo'a 

dyaso  m 

.  p'u 

p'ovar 

franko  kalda 

kalsina 

dolse 

gruppen.  Die  Wörter  auf  -cülus,  -cüla  haben  im  Italienischen 
das  1  durch  die  palatalisierung  ganz  eingebtisst,  in  a-I), 
Bergell,    i-n,    Nonsberg,    p-r,    Buchenstein    und    §-g    nicht. 


176       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

In  Friaul  sehen  wir  allerdings  in  dem  plural  oculi  das  1  ganz 
aufgelöst,  aber  das  kommt  vom  -i,  das  auch  in  anderen 
gegenden  so  stark  palatalisiert  (s.  s.  176).  Die  form  vqtyu  u.  ä., 
die  in  ganz  Friaul  teils  ausschliesslich,  teils  neben  dem  ein- 
heimischen vkli,  vi°li  üblich  ist,  gibt  sich  als  ein  venedisches 
fremd  wort  zu  erkennen.  Aus  dem  Poschiavotal  werden  ausser 
den  oben  angeführten  lomb.  formen  oßts,  vets,  ilndia  auch 
noch  rätoromanische  wie  cely,  vely,  üwgla  gemeldet;  die 
lombardisierung  des  tales  ist  noch  im  gang.  Man  beachte, 
dass  -cül-  im  Venedischen  sein  u  früher  verliert,  als  das 
c  zeit  hatte,  stimmhaft  zu  werden,  und  dass  das  Nons- 
bergische  an  der  entwicklung  eines  stimmlosen  cl  in  diesen 
Wörtern  teilnimmt.  In  Ampezzo  ist  das  stimmlose  ts  in 
Qtso,  v$tso  einer  jüngeren  venezianisierung  zu  verdanken.  — 
Aus  cl,  gl  im  anlaut  haben  die  beiden  italienischen  mund- 
arten schon  seit  Jahrhunderten  palatale  geräusche  aus- 
gearbeitet, worin  das  1  ganz  untergegangen  ist;  in  den  misch- 
mundarten  von  Pinzolo  und  von  Mezzana  (Sulzberg)  ist  das  1 
noch  nicht  auf  der  ganzen  linie  geschlagen:  vgl.  clavis 
(s.  122)  und  glacies.  Aus  der  reihe  a-j  fällt  wieder  nur  o 
ab;  und  da  ist  cla-  nur  bis  Wa-,  k'e-  gediehen,  nicht  bis  zu 
txa-,  tsa-.  So  hat  1  auch  in  dem  anlaut  pl-,  bl-,  fl-,  wie  in 
plenus  (s.  144),  pluere,  blank,  flamma  (s.  134),  flos  (s.  148), 
bis  heute  ausgeharrt  von  a  bis  g,  wieder  mit  ausschluss  von  o 
und  mit  einschluss  von  Bergell,  Nonsberg  und  Buchenstein; 
Poschiavo  und  Pinzolo  haben  schon  viele  1  in  solcher  Stellung 
aufgegeben,  Sulzberg  (Mezzana)  noch  wenige.  Plus,  im  satze 
sehr  oft  wie  eine  vorsilbe  unbetont,  hat  in  einigen  gegenden 
das  1  verloren;  zum  teil  besteht  daneben  eine  vollere  form 
für  die  fälle,  wo  das  wort  den  satzton  hat,  z.  b.  Kl.  pv, 
pvse,  Bonaduz  (c)  pli,  pl<?,  Domleschg  (b)  pi,  pli,  e,  f  pi,  ple, 
m  pv,  plv,  £  pw,  pM  (ätri),  Ruvigna  (g)  pu%  plu\ 

Dem  1  gefährlich  ist  im  Rätoromanischen  nur  die  vor- 
bereitende zungenhebung  vor  dem  flexi  vischen  -i  (s.  illi, 
belli,  capilli),  vor  dem  unsilbischen  i  (z.  b.  folium),  in  Friaul 
auch  vor  *e  (lectus);  das  1  in  folium  hat  nur  von  a  bis  n 
standgehalten. 

Mit  der  verhältnismässig  grossen  beständigkeit  des  1  im 
Rät.   gegenüber  den  palatalisierenden  einflüssen  der  nachbar- 


Konsonanten.  177 

laute  steht  anderseits  die  neigung  zur  vokalisierung  im 
einklang,  aber  nicht  in  notwendigem  verband.  Beständig 
ist  das  1  in  calidus,  -a,  alter  (s.  110),  altus,  falcem 
(s.  131),  calcem,  dulcem  auf  der  lombardisch  -  venedisehen 
seite,  während  a,  e-n,  der  nördlichste  teil  von  Nons- 
berg,  Predazzo,  Vigo,  o,  p,  Buchenstein,  Colle  und  Am- 
pezzo  das  1  regelmässig  verlieren;  bei  calcina  ist  in  einigen 
dieser  orte  das  1  doch  erhalten,  teils  weil  die  silbe  un- 
betont ist,  teils  weil  das  wort  unter  italienischem  ein- 
fluss  steht.  Erst  bei  alt'rum  war  für  b-t),  q,  r,  I,  ttJ-t) 
das  gedränge  der  konsonanten  gross  genug,  um  das  1 
zu  verdrängen;  und  selbst  da  scheint  es  sich  in  Friaul 
vielmehr  um  palatalisierung  (vgl.  o,  ro-rj)  zu  handeln,  muss 
aber  nicht  so  sein:  denn  wir  sehen  bei  o  aut$r,  f.  aHrq 
im  plural  nebeneinander  m.  qtres  und  f.  aHres. 

Wiewohl  die  rätoromanische  behandlung  des  1  vor  t, 
d,  s  an  die  französische  erinnert,  liegt  doch  ein  unter- 
schied darin,  dass  im  Franz.  das  1  vor  jedem  konsonanten 
dieser  art  von  auflösung  anheimfällt,  während  in  Grau- 
bünden und  Tirol  nur  die  berührung  des  Zahnfleisches  mit 
der  Zungenspitze  dazu  führt,  dass  der  zungenkörper  zurück- 
drängt. Daher  bleibt  1  vor  p,  b,  f,  v,  m  und  velarem  c,  g 
bestehen.    Das   femininum  q,  r  suis,  Buch.  souts,  Amp.  soltse 

maulwurf    staub  Schwefel  handfläche  etwas  furche 

Frz.      taupe     poudre  soufre     paume  auques  (sillon) 

b  talpa      porla  suiper    palma  entsit;^1  tsuikm. 

f  talpe      polvre       tsolper   palme  entsatye"  so'lty 

i  talpa      puelvra     tsuerpel  palma  kaltyösa  suelt/ 

m         talpa      puelvra     suelper   palma  alty  -suely 

Pinz.    tupina    pulvar      sulfar     palmi^m.  vargüt  sulk 

Cagnö  talpina  polver      solfej-     palpa  f.  vergöt  solty 

0  tampinQ  polver  m.  solper     pejpQ  velk  solk 
p          talpina  polver       solper     pelpa  velk  solk 

r  talpina  polber      solper  pälpa  välk         süt§  f. 

Erto  solvera  polvre  f.    solpre  SpalmQdm.  alk  ku'era 

j  fark       polver  m.  solfer  palmQ  f.      alk  kumv'öriQ 

1  fark       polvar      solpar  plante         alk  agär  m. 
Port,  farko      polvere  f.  solfare  palma         kualk9sa  ku'era  f. 

Gärtner,  Rätorom.  spr.  u.  lit.  12 


178       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


gibt  nicht  sulcnm  wieder,  sondern  gleichsam  ein  *sulcem,  das 
man  vom  plur.  sulci  abgezogen  hat. 

M,  N  unterliegen  manchmal  einer  palatalisierung,  wo 
man  es  nicht  erwarten  würde,  so  in  vinum,  farina  c-i 
(s.  138),  also  nach  einem  i,  ferner  in  nimia  b-f  (s.  261), 
in  meus  t-t)  (s.  216).  Im  auslaut  einen  nasalen  konsonanten 
velar  auszusprechen,  ist  wie  in  lomb.  und  ven.  gegenden 
auch  in  vielen  rät.  mundarten  beliebt.  Das  labiale  m  ist 
begreiflicherweise  einer  solchen  verrückung  nicht  so  leicht  aus- 
gesetzt (vgl.  auch 

rauch    leder      brod    heu  jähr   pl. 
Kl.      frm     kuräm     pan     fen      an     an 
a         fem     kuiQm     paun    fa'n     Qn    Qnts 

0  fem  kurQm  po1]n  fe/n  Qn  Qnts 
fem  kurQm  po"n  fo/n  Qn  Qnts 
fem     kurQm     paun    ftj'n     Qn    qnts 

C  fem     kirQm       pqd      fen      qn     qnts 

fem     tyirQm     pe/'n     fQ'ny  qn    qnts 

fem     tyirQm     pQn      fqnj    qn     qnts 

b         fem     t^irQm      pa"i3    fany    qn    qnts 

fem     tyirqm      paD      fany    qn     qnts 

e,  f     fem     tyirQm     pan     fany    Qn     Qnts 

q         fejn     t/irQm     pan     f§n      Qn    Qnts 

f)         fuin     t/uräm     pan      fa'ny  on     Qnts 

U.-EL  fi?m    ktT  pen      fen      an    ant# 

O.-B.  fum    tyoe'r       paß     fen      an    anty 

t  fvm     tyuram     p^m     fajny  an    ants 

fvm     tyvr&m    pem     feny    an    ants 

j  fi;m     t#t>ram    pan      fa*n     on     onts 

f  fvm     t^t>rQm    pan       fany    on     onts 

1  fum  t^iiQm  pan  fa'n  Qn  Qnts 
fuin  t^irQm  pan  fajn  an  ants 
fvm  txirQm  paß  fa'n  Qn  Qnts 
fem  t^iiQm  pan  fa*n  Qn  Qnts 
fum  txvrqm  paun  fa'n  Qn  Qnts 
fvm     tsirQm     paun     fa'n     Qn     Qnts 

Pose,  fum     koräm    pan      fen      an    an 
Pinz.  fvm     soala       pan      fin       an    any 
Mezz.  fvm     koräm    pan      fen      an     ani 


stramen  s.  132 
und  homo  s.  160). 
Die  form  kirim  im 
nonsb.  Vigo  ent- 
springt einer  suf- 

fixvertauschung. 
Auf  ein  -w  für 
m  stossen  wir 
erst  im  Avisiotal, 
dann  aber  bis  ans 
meer    fast    ohne 

Unterbrechung, 
wTenn  wir  auch  die 
1.  pl.  (sumus  usw. 
s.231ff.)  beachten. 
Dass  fumus  fast 
nirgend  sein  m 
aufgibt,  erklärt 
sich  aus  dem  be- 
wussten  .»Zusam- 
menhang mit  fu- 
mare.  Man  be- 
achte die  Weiter- 
entwicklung des 
-w  zu  -vh  bei 
stramen  von  tu 
bis  über  t)  hin- 
aus; auch  in  der 
friaulischen  ebene 


in 
n 


Konsonanten. 


179 


üblich  ist  plauk  langsam  (piano).  Das  unmittelbar  hinter  dem 
tonvokal  stehende  lat.  n  geht,  wenn  es  in  unseren  lomb., 
rät.  und  ven.  mundarten  in  den  auslaut  zu  stehen  kommt, 
sehr  häufig  in  w  über;  nur  an  wenigen  stellen  ist  dieser 
lautwandel  unbekannt  oder  verschwunden  oder  so  undeut- 
lich geworden,  dass  man  oft  nicht  weiss,  ob  man  -n  oder 
-w  gehört  hat.  Aber  zwei  hindernisse  treten  dem  laut- 
wandel in  den  weg.  Das  eine  besteht  darin,  dass  von  dem 
betonten  vokal  oder  diphthong  eine  palatalisierung  aus- 
geht, wie  bei  vi- 
Fondo  fum  koräm  pan  fen  an  ani 
Vigo  fum  kirün  p^n  fen  <m  Qni 
Cun.  fum  koräm  pan  fen  an  ani 
Kov.  fum  koräm  pan  fen  an  ani 
Cav.  fumo  korame  pan  fen  an  ani 
Pred.  fum  koräm  paD  fen  an  any 
Vigo  fum  kuräm  pao  fen  an  eny 
o  fum    koräo     pan    fen     an     e^ny 

p  fum     ku!äm    pao    fao     an     any 

q  fum     kuräo     paD    fany  an     any 

r  fum     koräo     pan    feo     an     any 

Buch,  fum  kuräm  paD  feo  an  any 
Colle  fum  koräm  pan  fen  an  any 
Amp.  fumo  korame  pan  fen  an  ane 
Aur.  fumo  korame  pan  Fen  an  ane 
O.-C.  fum  kurami  pan  feo  an  ani 
U.-C.  fumo  korame  paD  Pen  aD  ane 
Erto      fuD      koräo     pao    f&n    aD     ajo 

fuD      koreäD   paD    feny  aD     ä!x 

fum     koreäo    paD    feD     an     any 

fum    koreäo   paD    feD     an     ä's 

fum     koreäü    pao    feD     an     any 

fum    koreäD    paD    feD     an     ans 
t)  fum    koreäo   pao    fe^o     aD     a'os 

fum    kor'äo    pao    f$o     an     a5os 
g  fum    koreäu   paD    feo     aD     a'nt/ 

fuD      koreäo   pao    f§n     ao     a^s 

fuo      koräo     pao    feo     ao     a!ny 
Pord.     fumo  korame  pao    feo    ano  ani 


Cim. 

t 
u-to 


num,  unum  in 
c-f,  t|  und  bei 
fenum ,  plenum, 
bene  ebenda  und 
in  q;  die  hebung 
des  zungen rückens 
kann  leicht  die 
verrückung  eines 
w  zu  w  ver- 
hindern oder  die 
eines  n  zu  n 
bewirken.  Merk- 
würdiger ist  das 
andere  hinder- 
nis,  das  durch 
das  wort  annus 
beleuchtet  wer- 
den soll :  das 
latein.  nn  sehen 
wir  fast  durch- 
wegs anders  be- 
handelt als  n, 
und  zwar  so,  dass 
dem  nn  in  den 
reineren  rätorom. 
und  ital.  mund- 
arten der  alveo- 
lare Charakter 
gewahrt  ist. 
12* 


180      Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

Den  auslaut  -m  zieht  nur  t  vor  und  eine  kleine  lomb.-ven. 
landschaft  nördlich  vom  Gardasee;  er  war  früher  in  Südtirol 
weiter  verbreitet. 

P,  B  erleichtern  sich  wie  in  den  benachbarten  ital. 
mundarten  zwischen  vokalen:  p  wird  stimmhaft,  b  gibt  den 
verschluss  auf,  und  so  werden  beide  zu  beidlippigem,  dann  zu 
zahnlippigem  v  (s.  sapere,  capillus,  caballus,  hibernum).  Nach 
au  hält  sich  p  so  lange  wie  der  diphthong  (pauper),  nach  u, 
o  geht  auch  noch  v  verloren  (scopare).  Auch  die  gruppen 
pr,  br  lassen  sich  des  lippenverschlusses  berauben  (capra, 
lepus,  über).  Gerät  ein  so  erhaltenes  v  in  den  auslaut,  so 
verliert  es  den  stimmton  und  wird  zu  f  (lupus,  sebum),  wie 
auch  das  alte  v  (clavis). 

F,  V  versagen  zuweilen  im  anlaut;  f  ganz  ausnahms- 
weise bei  foras  (s.  160)  in  o-I),  O.-Bergell,  i-n  und  p  — 
also  bei  demselben  worte  wie  im  Französischen  — ,  v  auch 
keineswegs  regelmässig,  aber  doch  bei  mehreren  Wörtern  und 
in  einer  noch  grösseren  anzahl  von  orten.  Das  anlautende 
v  kann,  wie  das  f  von  foras,  verschwinden,  wie  das  be- 
sonders in  o-r  üblich  ist,  aber  auch  sonst  in  vielen  rät. 
und  ital.  mundarten  vorkommt;  das  v  kann  aber  auch  in 
b  oder  in  g  tibergehen,  in  b  auf  der  ven.  seite,  von  Pin- 
zolo  bis  s,  in  g  vorwiegend  auf  der  lomb.  seite,  von  o 
bis  nach  Pinzolo  (vgl.  aber  Cim.  gugH,  u  goH  leer,  s.  161). 
Die  Vernachlässigung  des  v-  fällt  am  leichtesten  dann  vor, 
wenn  das  v  vor  u,  o  steht  und  deshalb  (oder  überhaupt  in 
der  betreffenden  gegend)  beidlippig  ausgesprochen  wird:  die 
lippen  brauchen  sich  nur  eben  einander  nicht  genug  zu 
nähern.  Die  ab  weichung  nach  b  oder  g  erfolgt,  wenn  im 
gegenteil  die  der  u-mundstellung  eignende  annäherung  der 
lippen  aneinander  oder  die  des  zungenrückens  an  das  gaumen- 
segel  bis  zur  Verschlussbildung  tibertrieben  wird.  Der  tiber- 
gang von  v-  in  g-  scheint  am  schwierigsten  zu  sein;  dennoch 
wechselt  vuelp  und  gue1p  an  einem  und  demselben  ort  (m), 
desgleichen  us  und  gus  (in  Pinzolo).  Wo  das  v-  so  leicht 
ganz  verschwindet,  wie  in  p-x  und  in  Ampezzo,  da  kommen 
zwei  merkwürdige  erscheinungen  vor:  1.  dass  umgekehrt 
an  einen  vokalischen  anlaut  ein  v-  vortritt,  z.  b.  p  v§lk 
aliquid,    vorder    ardere,    vester    esse,    2.    dass    verschiedene 


Konsonanten. 

181 

fuchs  stimme  wollen 

wurm 

Cem. 

bolp 

ose  vuler  verm 

Kl. 

P&V 

vös 

vole* 

verm 

Cav. 

volpe 

vose  vuler  vermo 

Q 

uelp 

vus 

vulä1 

vierm 

Pred. 

volp 

os     vule'r  verm 

b 

uelp 

vus 

vule 

vierm 

Vigo  bolp 

<?us    vulör  verm 

c 

vuelp 

vüs 

vule 

vierm 

0 

bolp 

us     vol£r  verm 

vulp 

vüs 

vul£ 

verm 

P 

bolp 

us     ula1    'arm 

vuelp 

vüs 

vule 

v^rm 

q 

olp 

üs     orä1    rumÜD 

b 

vuelp 

vüs 

le 

verm 

r 

olp 

üs     orcj1    romü 

gaelp 

vus 

1er 

vejm 

Buch 

.volp 

os     vul#  v'erm 

e 

gulp 

VQ"S 

le/r 

verm 

Colle  bolp 

os     vul§  varm 

f 

golp 

vuks 

lejkr 

v^rm 

Amp.  olpe 

vos  vur6  vermo 

9 

g°elp 

voks 

vuhjkr 

v(jrm 

Aur. 

volpe 

vos  vole  ve/mo 

* 

gulp 

vüs 

vulä'r 

vfrm 

O.-C. 

volpi 

os     vul(j  vermo 

U.-B. 

volp 

vus 

vul6 

verm 

U.-C. 

olpe 

os     vol£  vejmo 

O.-B. 

volp 

vüs 

vule'r 

/   o 

dyandt 

Erto 

bolp 

eus   vol^1  v$r 

i 

vuelp 

vuks 

vulfr 

verm 

Cim. 

bolp 

ous   vote'  varm 

vuflp 

vuks  vul&r 

vejm 

§ 

bQlp 

vous  voW  vxarm 

i 

vuelp 

vus 

vuläh- 

vejm 

b<?lp 

vqs  vol^1  v'ar 

f 

uelp 

VHS 

vulä'r 

verm 

t,u 

bolp 

vös   vol#  v'er 

1 

vuelp 

vüs 

vul&r 

verm 

Ö 

bolp 

vuas  vulia  v'ej 

m 

vuelp 

güs 

voelya': 

r  verm 

ko 

bolp 

vös  vole  v^r 

vuplp 

vüs 

vulä'r 

vejm 

E 

bolp 

vu°svoli°  v^rm 

B 

»Qlp 

güs 

vcelyä1 

r  v§rm 

9 

bQlp 

vös  vule^  v^rm 

avuqlp 

l  vüs 

vulä'r 

ve^rm 

bolp 

vo"svole  v'e^r 

Pose. 

golp 

üs 

vule 

v^rm 

h 

bolp 

vös  voltj  v'ar 

Pinz. 

bulp 

gus 

vul^r 

vertu 

volp 

v^s  vule  v'e.r 

Mezz. 

.  bolp 

OS 

voler 

ve^m 

volp 

vös   uar£   v'ar 

Rumo  bolp 

OS 

vole> 

verm 

b<?lp 

vos  voI6  v'ar 

Rov. 

bolp 

vos 

vol£r 

v^rmo 

Pord 

.  volpe 

vQze  vol^r  v^rmo 

formen  eines  Zeitwortes  teils  mit  v-  anfangen,  teils  nicht,  z.  b. 
in  Ampezzo:  vo\  os,  vo  (will),  vado,  as,  va  (geht).  Warum 
gerade  die  2.  person  den  anlaut  verliert,  ist  klar:  das  u  von 
tu  war  geeignet,  das  schwache  geräusch  des  beidlippig  ge- 
sprochenen v  mit  seinem  tiefen  oberton  ganz  zu  decken.  Am 
merkwürdigsten  aber  ist  das,  dass  diese  v-lose  form  weiter 
besteht,  obwohl  der  heutige  gebrauch  zwischen  tu  und  das 
zeitwort  ein  pleonastisches  (vom  akkusativ  abstammendes)  un- 
betontes te  oder  V  eingeschoben  hat. 


182       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  ninndarten. 

W  kommt  fast  nur  im  anlaut  vor,  auch  da  nur  in 
wenigen  Wörtern.  Es  fragt  sieh  vor  allem  darum,  ob 
dieser  deutsche  laut  mit  dem  Vorschlag  eines  velaren  ver- 
schlusslautes wiedergegeben  wurde  oder  nicht,  in  zweiter 
linie  darum,  ob  der  beidlippige  reibelaut  erhalten,  vokalisiert 
oder  (nach  g)  vernachlässigt  wurde:  also  ob  in  tosk.-lomb. 
weise  guardare  gesagt  wird,  oder  in  französischer  garder, 
oder  in  ven.  vardar,  oder  endlich  ua-,  vua-.  Die  beispiele 
hier  unten  zeigen,  dass  die  vier,  fünf  wiedergaben  des  w 
nicht  glatt  und  reinlich  verteilt  sind;  man  nehme  über- 
dies  zur   kenntnis,    dass    in   Schieins   (m)    guarir    und   "arir, 


gewinnen 

krieg 

hüten 

schauen     heilen 

wald    schielend 

B 

gudenyd 

u'ara 

pert/irä 

mirä      madagä 

l,aul     uier§ 

f 

gudanyer 

g?r? 

t^irär 

vurdär  st/ampanter  göt      g^rs 

i 

gadanyer 

ge/a 

t/t>rer 

garder  garikr 

göt      g^rs 

m 

gudenyar 

u^ra 

pertjfvrjti 

•  "ardär  uarlr 

göt      "ejs 

Pinz. 

g"adanyäi 

•  gueja 

tend^r 

vardar  guare> 

bqsk    stral($o 

Cagnö  vadanyär 

gera 

rinkvrär 

vardar  varir 

bosty  lost/ 

Vigo 

vadanyär 

vejQ 

renkurär 

vardar  varir 

b(?sk    (zvertsär) 

P 

vadanya 

v'ara 

vard(j 

tyale     vari 

bosk   vjarts 

r 

vadany^ 

v^ra 

vard(j 

t^ahj     vari 

bösk   v^rts 

Erto 

vadanya 

g^ra 

renkur^ 

vard^    vari 

bosk   starl^t/o 

S 

vodenyä 

vu§r<j 

vuardeä 

t/alä     vuari 

bosk   v"e.rts 

i 

vodenyä 

uere 

uardä 

tyalä     uari 

bQsk   lösk 

Port. 

vadanyär 

guera 

(värdia) 

vardar  varir 

bosko  stralQtso 

gu§ra  und  u$ra  nebeneinander  vorkommen,  ebenso  in  g 
vuqyq  und  u$rQ,  am  Vorderrhein  (b),  nach  Carigiets  Wörterbuch 
zu  schliessen,  vardd,  wardd  und  urdd.  Formen  mit  gua- 
können  unter  lomb.  oder  schriftitalienischem  einfluss  entstehen 
oder  eingeführt  werden,  solche  mit  va-  unter  venedischem. 
Davon  abgesehen,  kann  man  sagen:  lombardisch  ist  gua-, 
o,  ü  ua-,  c  va-,  b-f  vorwiegend  gua-,  ga-,  1-n  ist  im  begriffe, 
ua-  gegen  das  lomb.  und  tosk.  gua-  zu  vertauschen,  tirolisch- 
kadorisch-friaulisch-venedisch  ist  va-  ("a-).  Da  in  a-c  kein 
venedischer  einfluss  möglich  ist,  so  werden  wir  die  #-lose 
entfaltung  zu  va-,  ua-  als  die  dem  Eätoromanischen  genehmste 
betrachten  dürfen;  vielleicht  war  sie  auch  am  Inn  heimisch. 


Konsonanten.  183 

T,  D  unterliegen  zwischen  vokalen  oft  den  bekannten 
Veränderungen:  t  wird  stimmhaft,  das  so  entstandene  und 
das  alte  d  kann  schliesslich  ganz  verschwinden,  zumal 
in  der  Verbindung  tr,  dr,  wo  der  schlag  des  d  neben 
den  Schlägen  des  Zungenspitzen -r  leicht  vernachlässigt  werden 
kann.  Aber  an  den  beispielen  pratum,  aestatem  (s.  122), 
acetum  (142),  sitis  (142),  catena  (144),  ped-uculus  (110), 
frater  (122),  latro  (110)  kann  man  sehen,  dass  die  grössere 
oder  geringere  lebenskraft  der  t-laute  nicht  die  rät.  mund- 
arten  kennzeichnet:  sie  ist  im  allgemeinen  gering  in  Tirol 
und  in  Venedig,  gross  in  der  Lombardei,  im  Oberengadin, 
im  obersten  Piavegebiet  und  in  Friaul  (mit  ausnähme  von 
Paularo  t),  wo  die  in  den  auslaut  geratenden  t  und  andere 
auslautende  konsonanten  gern  weggelassen  werden).  Auch 
innerhalb  einer  und  derselben  mundart  hat  sich  für  solche 
t,  d  nicht  immer  ein  durchgehendes  gesetz  ausgebildet; 
vgl.  p  saH,  para*  (ital.  sete,  parete),  deinüt,  udü  (ital. 
ignudo,  veduto),  ferner  pqrg/,  rq  (parete,  rete),  as4,  pr<* 
(assai,  prato),  prq i  (prati). 

Die  neigung  zur  palatalisierung  vor  i  und  ie,  wie  in 
lat.  dies  (s.  137),  vitellus  und  terra  (154),  ist  auf  zwei 
landschaften  beschränkt:  1.  b,  c,  seltener  a,  b,  g,  j,  2.  u, 
ö,  j,  t),  seltener  I,  t,  ro  und  ein  stück  von  j.  Friaul 
schliesst  sich  in  diesem  punkt  an  das  Rumänische  an, 
während  jener  landstrich  in  Graubtinden  keinen  anschluss 
hat.  Man  beachte,  dass  in  g  die  palatalisierung  in  gleicher 
weise  durch  das  i  aus  lat.  u  hervorgerufen  wurde,  sodass 
z.  b.  durum  und  dicere  gleichlauten:  dzekr.  Tirol  gibt  nur 
bei  der  endung  -i  dem  gleichen  zuge  nach,  s.  toti  s.  164. 
Der  palatalisierung  von  t,  d  ganz  abhold  ist  somit  unter  den 
rät.  mundarten  nur  e,  f,  fo,  !-n. 

S  liefert  deutliche  kennzeichen  des  Rätoromanischen. 
Gegenüber  dem  Venedischen  halten  unsere  mundarten  an  dem 
dünnen  s  fest,  wie  man  an  crassum  sieht  (s.  folg.  Seite). 
Die  breitere  ausspräche,  hier  mit  s  bezeichnet  (s.  s.  15), 
tritt  erst  an  der  grenze  gegen  diejenigen  italienischen  mund- 
arten auf,  die  gleichfalls  das  s  verbreitert  haben.  In  Friaul 
ist  die  Tagliamentoquelle  §  und  die  ganze  ebene  5  mitgerissen 
worden.     Im  plural   hat  Graubtinden   keine   besondere  form; 


184       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


fett 

pl. 

so 

ja 

fliege 

pl. 

issest 

steht 

Kl. 

gras 

-s 

ißsi 

si 

muska 

— 

mandzet 

ste 

a 

gras 

-s 

usVa 

dye 

miistya 

-es 
> 

malyes 

stas 

b 

gras 

-8 

ase'a 

dye 

miistya 

-es 
> 

malyes 

stas 

gras 

-S 

aso/a 

dye 

muestya 

-es 
> 

malyes 

stas 

gras 

-S 

asio 

dys 

mufstyo 

-es 
> 

malyes 

stas 

gras 

-S 

asia 

dy? 

mu°st#a 

-es 
> 

malyes 

stas 

gras 

-S 

asia 

dze 

muska 

-es 
> 

malyes 

stas 

c 

gras 

-S 

asl 

dze 

muska 

-es 

malyes 

stas 

gras 

-8 

as6l 

dye 

muska 

-es 
> 

malyes 

stas 

gras 

-S 

aso/a 

dye. 

miiska 

-es 

malyes 

stas 

b 

gras 

-S 

asl 

dy^a 

mustya 

-es 

malyes 

stas 

gras 

-S 

seja 

eJa 

miistya 

-es 
> 

malyes 

stas 

e 

gras 

-S 

us^a 

e*a 

mustya 

-es 
> 

malyest 

stäst 

f 

gras 

-S 

use" 

dye^ 

i  mostye 

-es 
> 

malyes 

StE8t 

9 

gras 

-S 

us£ 

he/ 

muestya 

-es 
> 

mandyes 

stest 

$ 

gras 

-S 

usia 

se 

muest^a 

-es 

mandyes 

stest 

U.-B. 

gras 

-S 

u§i 

§i 

muska 

-a 

manga 

sta 

O.-B. 

gras 

-S 

insia 

si 

moska 

-a 

manga 

sta 

i 

gras 

-s 

usVa 

si 

muestya 

-es 
> 

ma'ndyest 

stest 

i 

gras 

-s 

usi 

si 

mirstya 

-es 
> 

majndyest 

stast 

t 

gras 

-s 

usVa 

si 

muest/a 

-et 
> 

ma'ndyest 

st^st 

i 

gras 

-s 

usVa 

si 

mu°st/a 

-es 
> 

mandyes 

stäs 

gras 

-s 

usVa 

si 

mu°stya 

-es 

c 

mandyes 

stäs 

m 

gras 

-s 

use" 

si 

mu°stya 

-es 
> 

ma^ndyes 

stäs 

gras 

-s 

use 

ye 

mostya 

-es 
> 

mandyes 

stäs 

n 

gras 

-8 

iseta 

si 

m^ostya 

-es 

mandyes 

stäs 

gras 

-8 

use" 

si 

mu°stsa 

-es 

ma^ndzes 

stäs 

Pose. 

gras 

-S 

insi 

si 

moska 

-i 

mandzas 

stäs 

Pinz. 

gras 

-8 

tyi 

se 

muska 

-i 

manyi 

ste 

Mezz. 

gras 

-si 

aus! 

si 

moskQ 

-e 

manyes 

stas 

Rumo 

gras 

-si 

atsi 

U 

mostyQ 

-e 

manyejs 

stas 

Cagnö 

gras 

-si 

entsi 

si 

mostya 

-e 

manyes 

stas 

Fondo 

gras 

-si 

ensi 

si 

möst^a 

-e 

manyes 

stas 

crass(o)8  =  crass(um);  wo  aber  der  plural  auf-i  üblich  ist,  da 
sehen  wir  in  den  reineren  mundarten  aus  -si  durch  palatalisierung 
-s  entwickelt:  schon  von  Predazzo  an  aufwärts  nach  o-r,  Buchen- 
stein und  t-t).  Vor  silbischem  i  hat  auch  Graubtinden  s  bekommen, 


Konsonanten. 

185 

Corr. 

gras 

-si 

entsi 

si 

most^a 

-e 

manyes 

sta£t 

CttD. 

gras 

-si 

ensita 

si 

most/a 

-e 

manyest 

stast 

Rov. 

gras 

-§i 

kosita 

si 

moska 

-e 

manyi 

sta1 

Ceni. 

gras 

-si 

kosi 

si 

moska 

-e 

manyes 

stas 

Cav. 

gras 

-si 

kosita 

si 

moska 

-e 

manyes 

stas 

Pred. 

gras 

-s 

kosita 

si 

moska 

-e 

manyes 

stas 

Vigo 

gras 

-s 

kosi 

si 

mostyo 

-e 

manye 

stas 

0 

gras 

-s 

kosi 

si 

mosQ 

-es 

manyes 

st^s 

\> 

gras 

-s 

DSi 

si 

mosa 

-es 

ma'es 
> 

stes 

q 

gras 

-s 

insöe 

se 

mosa 

-es 
> 

mandyes 

stäs 

r 

gras 

-s 

BSl>( 

se 

mosa 

-es 

mandyes 

stas 

Buch. 

gras 

-s 

kosi 

si 

mosa 

-e 

mandye 

stas 

Colle 

gras 

-s 

kozi 

si 

mosa 

-e 

mandye 

stas 

Amp. 

gras 

-se 

kosi 

si 

mosa 

-es 

manyes 

stas 

Aur. 

gras 

-s 

kozi 

si 

mosa 

-e 

manye 

stas 

O.-C. 

graso 

-si 

kosi 

si 

mosa 

-i 

mandyi 

stas 

u.-c. 

graso 

-se 

kosi 

si 

mosa 

-e 

mandye 

stas 

Erto 

gras 

-s 

kosi 

si 

mosa 

-e 

mandye 

sta 

Cim. 

gras 

-s 

kosi 

si 

mosa 

-e 

mandya 

sta 

§ 

gras 

-s 

kusi 

si 

mQst/a 

-as 

mandyas 

stas 

gras 

-s 

kusi 

si 

mostye 

-es 

mandyejs 

stas" 

t 

gras 

-s 

kusi 

si 

mQStya 

-es 

mandye 

stas 

u 

gras 

-s 

kusi 

si 

mostya 

-is 

mandyis 

stas 

o 

gras 

-s 

kusi 

si 

mostye. 

-ej» 

mendy^s 

stas 

U 

gras 

-s 

kusi 

si 

mQstya 

-is 

mandyis 

stas 

I 

gras 

-s 

kusi 

si 

mostyo 

-QS 

mandyQS 

stäs 

n 

gras 

-s 

kusi 

si 

most^e. 

'& 

mandyes 

stäs 

gras 

-s 

kusi 

si 

mostye 

-is 

mandyis 

stäs 

i 

gras 

-s 

kusi 

si 

most/e 

-is 

mandyis 

stas 

gras 

-s 

kusi 

si 

mQStsa 

-is 

mandyis 

staas 

gras 

-s 

kusi 

si 

mostye 

-is 

mandyis 

stäs 

gras 

-s 

kusi 

si 

m$stsa 

-is 

mandzis 

stas 

gras 

-s 

kusi 

si 

mQSt^a 

-is 

mandyis 

stas 

Port. 

graso 

-si 

kusi 

si 

moska 

-e 

manyi 

sta 

und  zwar  bevor  das  i  die  Veränderungen  bis  el,  $'  und  q* 
(Brigels  b  und  Bonaduz  c)  durchgemacht  hat;  dagegen  hat  der 
reinere  teil  Friauls  das  s  dünn  erhalten.  Für  den  hinweisenden 
gebrauch  hat  sich  das  kurze  sie  verstärken   müssen  (eceum 


186       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

sie  u.  ä.);  die  erklärung  sämtlicher  formen  ist  hier  nicht  möglich. 
Das  s  vor  einem  andern  konsonanten  breit  auszusprechen,  ist 
keine  besonderheit  unserer  mundarten;  man  beachte  im  gegen- 
teil  das  dünne  s  in  n  mQstfä  und  in  n,  %  todesk  deutsch.  Sehr 
charakteristisch  für  a-j  ist  die  bewahrung  des  auslautenden 
Zischlautes  sowohl  im  plural  der  nomina  als  in  der  2.  p.  sg. 
der  verba.  Auch  Ampezzo  hält  noch  an  dem  -s  fest,  Po- 
schiavo,  Sulzberg,  Nonsberg  nur  beim  verbum,  während  die 
plurale  auf  e  auf  der  alten  endung  des  nominativs  (-ae)  be- 
ruhen werden.  In  Vigo,  Buchenstein,  Colle,  Auronzo,  Comelico 
und  in  t  macht  man  beim  verbum  den  unterschied,  dass  das  -s 
nur  nach  betontem  vokal  erhalten  ist  (das,  stas  usw.).  Über 
das  angewachsene  -t  in  einigen  westlichen  dialekten  s.  s.  230. 
X  verliert  seinen  ersten  bestandteil  nicht  leicht,  wenn 
es  unmittelbar  auf  den  betonten  vokal  folgt;  daher  reimt 
sex  selten  mit  es  (du  bist),  und  wo  das  doch  so  ist  (p  sies 
ies),  da  muss  der  form  sies  eine  längere,  etwa  sieis  vor- 
ausgegangen  sein.     In  f,  g  und   Buchenstein   ist  das  heutige 


sechs 

sechzig 

I 

ses 

sesanta 

Buch. 

siek 

sesanta 

Kl. 

ses 

sesanta 

m 

ses 

sesanta 

Colle 

s'e/ 

sesanta 

Q 

sis 

sisQnta 

ses 

sesanta 

Amp. 

s'e 

sesanta 

b 

sis 

sisonta 

n 

ses 

sesaunta 

Aur. 

s'e 

sesanta 

sis 

sisontQ 

Pose. 

sis 

sesanta 

O.-C. 

sia 

sesanta 

sis 

sisonta 

Pinz. 

se 

sesanta 

U.-C. 

s!e 

sesanta 

c 

sis 

sisonta 

Mezz. 

S$l 

sesantQ 

Erto 

sia 

sesanta 

sis 

sisonta 

Cagnö 

s$l 

sesanta 

Cim. 

s'e 

sesanta 

sis 

sisemta 

Fondo 

sV 

sesanta 

§ 

se's 

sisanta 

b 

sis 

sisaunta 

Tres 

sje/ 

sesanta 

sis 

sesante 

sis 

sisanta 

Cun. 

se1 

sesanta 

t 

sis 

sesanta 

e 

se's 

sesanta 

Rov. 

sie 

sesanta 

u 

.stfs 

sesanta 

f 

seks 

sesante 

Cem. 

se5 

sisanta 

ö 

se's 

sesante. 

9 

siks 

sasanta 

Cav. 

g'e1 

sesanta 

ro 

sis 

sesanta 

f) 

sis 

sasanta 

Pred. 

s^1 

sesanta 

S 

sis 

sesantQ 

U.-B 

.  ses 

sasanta 

Vigo 

sie 

sesant^ 

9 

SlS 

sesante^ 

O.-B 

.  se's 

sasanta 

0 

sie 

sesantQ 

i 

SlS 

sesante 

t 

ses 

sasa'nta 

P 

sies 

sesanta 

sis 

sesanta 

ses 

sasenta 

q 

SlS 

sesanta 

se's 

sesanta 

hl 

ses 

sesanta 

X 

sis 

sesanta 

Ford. 

sie 

sesanta 

Konsonanten.  187 

Je  natürlich  erst  durch  Verhärtung  von  diphth engen  auf  i  ent- 
standen (s.  165  und  167).  Der  andere  bestandteil,  der  Zisch- 
laut, hält  sich  im  auslaut  in  den  reinsten  mundarten,  übrigens 
auch  in  Kleven  und  in  Poschiavo.  Die  schriftitalienische  form 
sei  und  die  ven.  sie  überschreiten  stellenweise  ihr  ursprüng- 
liches geltungsgebiet.  Die  Verbreiterung  trifft  diesen  Zischlaut 
ebenso  und  ebenda,  wie  das  gewöhnliche  s;  aber  im  Bergeil 
muss  ihn  das  k  von  x  zu  s  verbreitert  haben.  Vor  betontem 
I  bleibt  er  in  lomb.  gegenden  dünn:  Kleven  und  Poschiavo 
lisiva  (lixiva);  sonst  aber  nicht: 


Lauge 

i           alsigva 

Vigo 

lesivQ 

Erto   lesiva 

et     lasiva 

m         lasiva 

P 

lesiva 

5         lisivQ 

b     lisiva 

Pinz.    lisiva 

q 

lisva 

i        lisie. 

f      lyiölve 

Cagnö  lesiva 

r 

losvca 

Port,  lfsia 

C,  0  sind  besonders  leicht  der  palatalisierung  ausgesetzt, 
am  meisten  vor  i  Infolge  der  das  i  vorbereitenden  zungen- 
hebung  rückt  die  Verschlussstelle  allmählich  weiter  am  weichen 
gaumen  hinauf;  dabei  hängt  sich  bei  der  Verschlusslösung 
ein  immer  deutlicheres  schleifgeräusch  an  (fix,  gy),  gerade  so 
wie  an  t,  d,  wenn  man  sie  zufolge  der  hebung  des  zungen- 
rückens  allmählich  am  harten  gaumen  rückwärts  und  aufwärts 
rücken  lässt,  d.  h.  sie  erweicht  {tx,  dy).  Eine  grenze  zwischen 
beiderlei  quetschlauten,  hx  und  tx,  gy  und  dy,  lässt  sich  kaum 
bestimmen.  Diese  schleif  laute,  dünner  ich -laut  und  dünnes  j, 
können  dann  1.  durch  breitere  ausspräche  verdeutlicht  oder 
erleichtert  werden,  sodass  man  von  tx,  dy  zu  toskanischem  ci, 
gi,  dann  zu  entpalatalisiertem  ts,  dz  kommt,  oder  sie 
können  2.  durch  weitere  vorrtickung  der  erzeugungssteile  in 
die  deutlicher  zischenden  und  leichteren  ts,  dz  übergehen. 
Wo  man  später  den  t- verschluss  vernachlässigt,  gelangt 
man  im  1.  fall  zu  s,  z,  im  2.  zu  s,  z  oder  zu  fr,  6. 
Sehen  wir  nun  die  beispiele  auf  der  folgenden  seite  an,  so 
bemerken  wir  sofort,  dass  die  breiten  Zischlaute,  mit  oder 
ohne  t- verschluss  davor,  in  den  besten  rät.  mundarten  in 
allen  fällen  an  Stelle  des  lat.  c,  g  vor  i,  e  stehen,  während 
in  lomb.  und  in  ven.  gegenden  unter  gewissen  Bedingungen 
dünne  Zischlaute  auftreten.    Im  anlaut  und  nach  konsonanten 


188       Vergleichende  darstellnng  der  rätoromanischen  mnndarten. 


asche 

100 

knie 

vogel 

vicinus 

floh 

melken 

Kl. 

sender  f. 

tsent 

dzincets 

uzel 

vizin 

pules 

miilts 

Q 

tsendra 

tsien 

ganüly 

utsi 

vazin 

pelis 

mundyer 

b 

tsendra 

tsien 

zanüly 

utsi 

vizin 

pelis 

mulzer 
>•    > 

ts§ndro_ 

tsien 

zanüly 

utsi 

vizin 

pelis 

mulzer 

^        > 

tsendra 

tsien 

zanüly 

utsi 

vizin 

pelis 

mulzer 

t        > 

c 

tsendra 

tsien 

zanüly 

utsi 

vazin 

pelis 

muldzer 

t            > 

tsendra 

tsien 

zanüly 

utse* 

vaziia 

pelis 

muldzer 

tsendra 

tsien 

dzanöly 

utsi 

vazeny 

pelis 

miildzer 

tsendra 

tsien 

zanüly 

utsi 

vazeny  pelis 

muldzer 

b 

tsendra 

tsient 

zanüly 

utsi 

vazeny  pelis 

muldzer 

tsendra 

tsient 

zanüly 

utsi 

vazeny  peles 

muldzer 

c 

tsendra 

tsient 

zanüly 

uts^l 

vaziny 

pelis 

mundzer 

> 

f 

ts^ndre 

tsent 

zanüly 

utsel 

vazfny 

peles 

mundzer 

0 

tsandra 

ts^nt 

snuely 

utsi 

— 

peles 

mundzer 

% 

tsendra 

tsient 

zanüly 

utsel 

vazeny  pules 

mundzer 

U.-B. 

tsendra 

ts^nt 

dzanü4 

ults<51 

vazin 

pules 

mulzar 

O.-B. 

tsendra 

tsent 

dzanö'l 

ultsel 

vazin 

püles 

mundzar 

i 

tsendra 

tsient 

snuely 

utse 

vziny 

pules 

mundzer 

i 

sendra 

sient 

snuely 

uts^ 

vzin 

puls 

mundzer 

! 

tsendra 

tssent 

snuely 

utse" 

vazin 

pults 

mundzer 

1 

sendra 

sient 

znuely 

utse" 

vazin 

pults 

muzer 

tsendra 

tsent 

znuely 

utse" 

vazin 

puls 

müzer 

m 

tsendra 

tsient 

snuely 

utse* 

vazin 

pults 

moldzer 

tsendra 

tsient 

snuely 

uts6 

vasin 

pults 

multser 

n 

sendra 

sient 

zanuqly 

utse* 

vazin 

pults 

muldzer 

tsendra 

ts^nt 

dzanü°ly 

uts^ 

vazin 

pults 

muldzer 

Pose. 

sendra 

tsent 

dzcenoely 

urs^l 

viziia 

pulik 

? 

Pinz. 

t/oendru 

sent 

dzinq* 

uzel 

viziß 

pus 

mundzar 

Mezz. 

t/endej" 

t^nt 

dyinoklo 

autyel 

vizin 

pules 

mundyer 

Rumo 

sender 

sejito 

zino;tfl 

a"s§l 

vizin 

pulejs 

munzer 

Cagnö  sender 

tse^nto 

zinox<?l 

aus$l 

-uzin 

pules 

mondzer 

Brezz. 

.  tsender 

tsent 

dzino^l 

auts$l 

-uzin 

pules 

mondzer 

Fondo  tsender 

tsent 

dzinoj^l 

autsQl 

-uzin 

pulejs 

mondzer 

Corr. 

tsender 

tsento 

dzinQtyel 

aus<jl 

vezin 

pules 

mondzer 

hat  auch  das  Lomhardisehe  ts,  dz  oder  s,  #,  erst  in 
Südtirol  und  weiter  östlich  lassen  ts,  s,  &  usw.  vene- 
dischen  einfluss  oder  doch  ven.  Zusammenhang  erkennen.    In 


Konsonanten. 

189 

Tres 

Bender 

#^nto  dinQtyel 

au#<?l 

-uzin 

pules 

möder 

Cun. 

tsender 

s^nto 

dzin^t^el 

auts<p 

vezin 

pvles 

munzer 

Rov. 

sendro 

sento 

dinQtso 

oz^l 

visin 

pules 

molz^r 

Cem. 

tuender 

sent 

dyinqt/o 

UZ§1 

vesin 

piles 

muldyer 

Cav. 

sener 

s^nto 

dyinQt/o 

ozel 

visin 

pulzo 

mulzej* 

Pred. 

tuender 

tx^ot 

zanodye 

auty$l 

vezin 

pvles 

mozej 

Vigo 

tsender  in 

tsent 

zenedye 

uts(jl 

vezin 

pules 

mQuzer 

0 

tsender 

tsent 

zene/ye 

utsel 

vezin 

pules 

mo^z^r 

P 

tsander 

tsaat 

znodl 

utsel 

uzin 

pules 

mo"zer 

q 

tsa'nder 

tsänt 

zunadl 

vitsel 

vizin 

purs 

müze 

tsender 

tsont 

zenedl 

vitsel 

vizin 

poeres 

müze 

r 

tsander 

tsont 

zen^dl 

vitsel 

iziu 

prres 

müze 

> 

Buch. 

tsender 

tsant 

zenogle 

utsel 

vizin 

pules 

mouze 

Colte 

sender 

sent 

zanodye   gusel 

vizin 

pules 

münze 

Amp. 

tsendre  f. 

tsento 

zend 

auts^l 

vetsin 

pules 

moze 

Aur. 

#endre  m 

#^nto 

deno'o 

au#el 

ve#in 

pules 

monde 

O.-C. 

#e/nder 

#ento 

dunoyo 

u#el 

vitsiD 

pulvis 

mondi 

U.-C. 

Bender 

#ento 

donoyo 

u#el 

ve#in 

pulis 

munde 

Erto 

#e!dre 

#e*nt 

done^dye  pitqt 

vezin 

pul# 

moWe 

Cim. 

#eniza  f. 

#ent 

denoi 

or#el 

vezin 

pul# 

molde 

§ 

s  nlza 

s'ent 

zinouli 

us^l 

vizin 

pulis 

mouizi 

tsinlz§ 

tsent 

dzenöli 

vutsel 

— 

pülts 

möldzi 

t 

tsinlza 

tsent 

dzenöle 

uts^l 

visin 

pülts 

m^ldze 

u 

tsinlza 

tsent 

zinöli 

utsel 

visin 

pults 

mQldzl 

ö 

tsinlz^ 

tsent 

zen^li 

utsel 

vitsiD 

pults 

mQldzi 

ro 

tsinlza 

tsent 

dzenöli 

uts^l 

visin 

pults 

moldzi 

g 

tsmlzQ 

tsent 

dzenu°li 

utg^l 

vitsin 

pnlts 

mu°ldzi 

9 

tsinlze^ 

ts^nt 

dzenöli 

vutsel 

vizin 

pülts 

moldzi 

tsinlze 

tsent 

dzenöli 

utsel 

vitsin 

pülts 

moldzi 

8 

tsinize 

ts^nt 

dzenQli 

utsel 

visio 

pults 

moldzi 

siniza 

sent 

zen^li 

us^l 

visin 

puls 

miinzi 

sinlze^ 

s^nt 

zenöli 

us^l 

visin 

puls 

monzi 

siniza 

sent 

zenoli 

usel 

visin 

puls 

monzi 

siniza 

tsent 

zenQli 

us^el 

visin 

puls 

moLzi 

Port. 

senare 

sento 

zenotso 

ozel 

visin 

püleze 

molzar 

Friaul  reicht  ts  nur  von  t  bis  \)  und  ein  Stückchen  gegen 
Udine  hinaus;  der  grösste  teil  der  friaul.  ebene  (j)  aber  spricht 
teils  rein  venedisch  s,  z  aus,  teils  ist  er  —  und  mit  ihm  der 


190       Vergleichende  darstellung  der,  rätoromanischen  mundarten. 

angrenzende  teil  Venetiens  auch  —  zu  dem  halbbreiten  s,  z 
fortgeschritten,  das  sonst  im  Venedischen  dem  lat.  s  ent- 
spricht. An  av(i)cellus  beobachten  wir  die  stimmlosigkeit 
des  aus  c  hervorgegangenen  lautes  in  allen  mehr  oder 
weniger  rätoromanischen  orten.  Bei  vicinus  ist  stimm- 
losigkeit   ein  zeichen    der    entlehnung;    an    zwei    orten    hat 

bein  hahn     henne      pferd      haare    zahlen    sägen 

Kl.       gamba  gal     galina       kaväl     kavei      pagä    segä 

a  k<miba  t/e!t  galyina    t/avä'     t#av#lts  pi§       si§ 

k<miba  tyet   galyina    tyavä1     t/avaMts  piä       rezdyä 

b  k^mba  t#iet   galyina    kaväly    kavelts  pagä    rezdyä 

kombQ  t#iet  gilyinQ     kaväly   kavelts   pagä    rezdyä 

k$mba  t^iet  gilyina     kaväly   kave'lts  pagä    rezdyä 

k^mba  tsiet   gilyina      kaväly  kavelts   pagä    rezgä 

c  k^mba  kiet    gelyina     kaväly  kavelts   pagä    retsgä 

kQmba  k§t    galyiiaa     kaväly  kavölts   pagä    rezgä 

k$mba  k^t    galyiuya  kaväly   kavelts   pagä    razgä 

b  t/Qma  k^t    galyenya  tyaväly  tyaveUts  pi(ja      razdy$a 

t/Qmba  kot    galyenya  t^aväl     t#av§lts  pa^r    razdy^r 

c  tyqma  köt    galyinya  tyaväl    t^av^lts  paer     radzdye'r 

f  t^me  köt    galyinye  tyaväl    tyav^lts  payer  radzdyer 

g  tyQma  köt    dyilyeiaa  t^aväly  t/avalts  payer  razdyer 

I)  kama  kot    galyenya  tyaväl    tyavelts  padyer  razdyBr 

U.-B.    gamba  gal     galina      kaväl     kavei      pag§    sag^ 

O.-B.    gamba  gal    galiüa       kaväl     kavei      pag^r  sag^r 

i  tyama  t/oet  dyilinya  t/aväly  t/av^lts  payer  radzdyer 

j  tyama  dyal  dyalina    tyaväl    t^av^lts  peär     rezdyer 

i  t^Qma  dyal  dyalina    t^av^ly  t^av^s    pay^r  razdyea 

t  t^Qma  yal    yalina      t^aväly  tyav^s     payär  razdyär 

tyama  dyal  dyalina    tyaväly  tyaves     payär  rezdyär 

t^Qma  yal    yalina       tyaväly  t/av^ts    payär  rezdyär 

m         tyQma  dyal  yalina       t#ava      tyav'ös    payar  rezdyär 

t^Quia  yal    yalina       t^avä      t^av^as    payär  resiär 

n  y<?ma  yal    yalina       t#aväl     tyaves     payer  rezdyer 

ygma  yal    yalina      tSavä1     t^aves     päyer  rezdyer 

Pinz.    gamba  gal     galina       kaväl     kavii       pagär  rasagär 

Mezz.  gambQ  gal     galinQ       kaväl     kavei      pagär  segär 
Rumo  dyambQ  dyal  dyalinQ     t/aväl    tyavei     payär  seyär 


Konsonanten. 


191 


man  mir  weder  auf  „nachbar",   noch  auf  „nahe"   mit  vieinus 
geantwortet. 

Eines  der  auffallenden  kennzeichen  des  Rätoromanischen 
gegenüber  dem  Italienischen  ist  die  palatalisierung  von  c,  g  vor  a. 
An  canis  haben  wir  das  (s.  132)  von  a-§  und  überdies  in  Nons- 
berg,  Vigo,  Buchenstein,  Colle,  Ampezzo  usw.  bis  Erto  gesehen, 


Cagnö 

dyamba 

dyal 

dyalina 

t^aval 

tyavei 

payär 

seydr 

Corr. 

dyamba 

dyal 

dyalina 

t/avdl 

tyavei 

padydi 

■  sedydr 

Rov. 

gamba 

gal 

galina 

kavdl 

kavei 

pagdr 

segdr 

Pred. 

gamba 

gal 

galina 

kavdl 

kavei 

pagdr 

s'egar 

Vigo 

yamQ 

dyal 

yalinQ 

t/avdl 

t/avei 

paar 

sedr 

0 

yamQ 

dyal 

yalinQ 

tSavdl 

tsavei 

pa^r 

se^r 

P 

dyama 

dyal 

dyalina 

tyavdl 

t/avd1 

pa/a 

sia 

q 

dyäma 

dyal 

dyarina 

t#avdl 

tyavd's 

pa'e" 

sie* 

dyäma 

yal 

yarina 

t/avdl 

tyav^s 

pa'e" 

si6 

r 

yama 

yal 

yarina 

tyavdl 

t/ave's 

pa^ 

sitj 

Buch. 

dyama 

dyal 

pita 

tyavdl 

tya,v&8 

pa'e* 

sie" 

Colle 

dyamba 

dyal 

pita 

tyavdl 

t^av^i 

pagd 

sie* 

Amp. 

zamba 

zal 

pita 

tsavdl 

tsaei 

pa/d 

Aur. 

dyamba 

dyal 

pita 

tyavdl 

t/avei 

pagd 

sed 

O.-C. 

tyamba 

t*el 

pita 

t/avdl 

tsavei 

pa/a 

v  •  / 

sie 

U.-C. 

dyamba 

dyej 

pita 

t/aväl 

tsavei 

pa/d 

sia 

Erto 

dyamba 

dyal 

pita 

#avdl 

/avis 

padye* 

sidy<? 

8 

dyamba 

dyal 

dyalina 

t/aväl 

tyav'ei 

pa'ä 

siä 

dyamb^ 

dyal 

dyaline^ 

tyavdl 

tyav'ei 

paä 

seä 

t 

dyamba 

dyal 

dyalina 

t/avdl 

tsavei 

päd 

sed 

u 

dyamba 

dyal 

dyalina 

tyavdl 

tyav'ei 

pajd 

sed 

D 

dyambe. 

dyal 

dyaline. 

tsavdl 

tsavei 

päd 

sed 

to 

dyamba 

dyal 

dyalina 

t^aväl 

t^av'ei 

pa'a 

seä 

E 

dyarnbQ 

dyal 

dyalinQ 

tyavdl 

tsavei 

pa*ä 

seä 

t) 

dyambe. 

dyal 

dyaline. 

t/avdl 

t/avei 

pa'ä 

seä 

b 

dyambe 

dyal 

dyaline 

tyavdl 

tsavei 

pajd 

sed 

dzamba 

dzal 

dzalina 

tsavdl 

tsavei 

pa*d 

sed 

dyamb§ 

dyal 

dyaline^ 

t^aväl 

tsavei 

payd 

sed 

dyamba 

dyal 

dyalina 

t/avdl 

tyavei 

paya 

sed 

dzamba 

dzal 

dzalina 

tsavdl 

tsav'ei 

pa'd 

sed 

dyamba 

dyal 

dyalina 

tyavdl 

tyav'ei 

pa'd 

sed 

Pord. 

gamba 

gal 

galina 

kavdl 

kavei 

paydr 

seydr 

192       Vergleichende  darstelluüg  der  rätoromanischen  mundarten. 


mund 

kuh 

gabel 

lang 

f. 

frisch 

f. 

feuer 

Kl. 

buka 

vaka 

furka 

lunk 

lunga 

fre§k 

freska 

foek 

Q 

buka 

vaka 

furt/a 

Tunk 

Punga 

frejst/ 

frejstya 

fnk 

b 

buka 

vaka 

furt/a 

liun 

li'nga 

frest* 

frejst/a 

fi"k 

buka 

vaka 

fuert/a 

leunk 

leußga 

fre^ty 

freska 

feuk 

bukQ 

vakQ 

fuert/Q 

leun 

fyngq 

fre^ty 

frest/Q 

feuk 

buka 

vaka 

fuertya 

lexlnk 

le"Bga 

fr^stx 

frejstya 

feuk 

buka 

vaka 

fuertya 

leunk 

leunga 

fresk 

freska 

fe"k 

c 

buka 

vaka 

furka 

le"nk 

leunga 

fresk 

freska 

feuk 

buka 

vaka 

fiirka 

Iqd 

lQna 

fresk 

frejska 

fiak 

buka 

vaka 

furtya 

lunk 

lunga 

fresk 

freska 

fiak 

buka 

vaka 

furt/a 

lUB 

lunga 

fre^k 

freska 

fiek 

b 

buka 

vaka 

furtya 

leT,nk 

le"nga 

freist/ 

frestya 

fiek 

buka 

vat/a 

fijrtya 

lunk 

lunga 

fre% 

frestya 

fi« 

e 

buka 

vatya 

fürt/a 

lunk 

lunga 

fresty 

fre^t/a 

fi 

f 

büke 
> 

vat/e 

fürtye 

lunk 

lunge 

fre^ty 

fre^tye 

fi 

9 

bot/a 

vat/a 

fuertya 

lunt/   lundya  freist/  frejtstya 

fia 

$ 

buka 

vaka 

furtya 

lunk 

lunga 

fregty 

frest/a 

Mx 

U.-B. 

buka 

vaka 

furketa 

lunk 

lunga 

fresk 

freska 

fcek 

O.-B. 

boka 

vaka 

furketa 

lunk 

lunga 

fre]sk 

fre'ska 

foak 

i 

buet/a 

vat/a 

fuert/a 

lunty 

lundya  frästy 

frästya 

f03 

i 

buet/a  vat/a 

fuert/a 

lunty   lundya 

fra'sty 

fra'st/a 

f03 

U 

boka 

vatya 

fuert/a 

luDk 

lunga 

fra'st/ 

fraJst^a 

fa) 

m 

boka 

vat/a 

fuertya 

lunk 

lunga 

fräst/ 

frastya 

fee 

boka 

vat/a 

fuert/a 

lunk 

lunga 

fresty 

frestya 

f03 

n 

buka 

vatya 

fuQrt/a 

lllDk 

lunga 

fragst/ 

fra'st/a 

f03 

boka 

vatsa 

fu°rtsa 

luiak 

lunga 

fra'sts 

fra'stsa 

f03 

Pose. 

boka 

? 

forka 

lunk 

lünga 

fresk 

freska 

foek 

Pinz. 

buka 

vaka 

forka 

lunk 

lunga 

froesk 

freeska 

foek 

Mezz. 

bok$ 

vakQ 

furkQ 

tynk 

iQßgQ 

fresk 

freskQ 

foek 

Rumo 

botyo. 

vat/Q 

förtyQ 

ivfy 

lQndyQ  frest/ 

frest/Q 

foety 

Cagnö  bo/a 

va/a 

fort/a 

l?nty 

londya  fresty 

frest/a 

fmX 

Brez 

bot/a 

vat/a 

förtya 

lonty 

londya  fr  est/ 

fresr/a 

fuety 

Fond( 

)  bo/a 

vatja 

fört/a 

lonty 

londya 

fresty 

frest/a 

f"etx 

Corr. 

bot/a 

vatya 

fort/a 

lQnty 

londya 

fresty 

frestya 

P&Z 

ebenso  an  dominica  (s.  114),  ausser  in  Ems  (c)  dumewga;  anders 
und  weniger  verbreitet  sind  die  quetschlaute  bei  capra,  musca, 
casa,  calidus,  carrus,  carus,  caput,  catena  u.  a.;  und  so  sehen 


Konsonanten.  193 

Tres     botya   vatya  fortya   l<mt#   iQndya  frest/  frestya  f^ty 

Cun.     botya   vatya   fortya  lQnty   lpndya  fresty  frestya  fcety 

Rov.     boka    vaka    forka    lonk    loüga  fresk  freska  f<jk 

Cem.    boka    vaka    forka    lQük    iQnga  fresk  freska  fcek 

Cav.     boka    vaka    forka    lQBgo  l^Dga  fresko  freska  fcego 

Pred.   boka    vaka    forka    loiak    longa  fresk  freska  foek 

Vigo     bot^Q   vatxQ    fortyQ    lonk    londy$  fresk  frestyQ  fek 

0  bötSQ    vats$    fortsQ    lenk    le*ndy9  fresk  frestso  fek 
p          botx.a   vatya   fonrtya  lonk    londya  frask  frasa  fuek 
q           botya   vätya   fürtya   lunk    lündya  fräsk  fräska  fük 

botya   vat^a   fürtya  lunk    lündya  fresk  freska  fuk 

r  botya   vatya   fürtya  lunk    lündya  fresk  freska  fv 

Buch,   botya   vatya   fo"rt^a  lonk    londya  frask  fräska  fu°k 

Colle    botya   vatya   fortya   loük    londya  fresk  freska  fuok 

Amp.    botsa      —     fortsa    lQBgo  l^nga  fresko  freska  fo 

Aur.     bot/a  vatya    fortsa   lQDgo  lQnga  fresko  fresa  foyo 

O.-C.    botya   vatya  fortsa  lQBgo  lQBga  fresko  freska  f^e/o 

U.-C.    bot/a  vat/a    fortya   lQDgo  lQDga  fresko  freska  fogo 

Erto     bo^a     va;ta    for#a    lu'ük   luandya  fresk  fresa  feuk 

Cim.     bo#a     va#a    for/a     lu°Dk  lu°ndya  fresk  freska  fo"k 

§  bQtya   vatya   f$rt/a   luonk  luondya  fresk  frestya  fo"k 

bQt^e   vat^e   fQrt/£    lonk    londye  fresk  fresty£  fük 

t  bQtya   vat/a   fQrt#a   lußk    lündya  fresk  frestya  fu 

u  bQtya   vat/a   fQrtya   lunk    lündya  fresk  frestya  fouk 

ö  bQtj^   vatye  fQrtye    lunk    lundye  fresk  frestye  fouk 

Xo         bQtya   vatya   fyrtya   lußk    lündya  fresk  frestsa  fük 

E  bQt^9    vat^Q   fQrtyQ   lunk    lundyQ  fresk  frestyQ  fonk 

t)  bQtye    vatye   fQrtye   lunk    lundye  fresk  frest;^  fük 

1  bQtye  vat^e  fgrtye  lunk  lundye  fresk  frestye  fük 
botsa  vatsa  fortsa  lunk  lundza  fresk  frestsa  fuk 
bQt^^  vatye  fortx$  lunk  lundye  fresk  fre^st;^  fuk 
bQt#a  vat^a  fortsa  lunk  lündya  fre§k  frestsa  fuk 
bQtsa  vatsa  fqrtsa  lunk  lundza  fresk  frestsa  fouk 
bQtya   vatya  f$rt#a   lunk    lündya  fresk  frestsa  fo"k 

Pord.    boka    vaka    forka    longo  longa  fresko  freska  f$yo 

wir  auch  an  den  hier  zusammengestellten  beispielen  von  camba 

an   bis   furca,   longa   und   fresca,    dass  die   grenze   zwischen 
palatal  und  velar  nicht  immer  gleich  läuft.    Sehr  merkwürdig 

Gärtner,  Bätorom.  spr.  u.  llt.  13 


194       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

ist  die  sache  in  GraubündeD.  Denn  nur  teilweise  erklären 
sich  die  verschiedenen  behandlungen  des  c,  g  vor  a  aus  den 
verschiedenen  lautverhältnissen  im  wort,  wie  der  tonstärke  des 
a  oder  der  natur  des  dem  c,  g  vorausgehenden  lautes;  sondern 
im  grossen  nimmt  die  häufigkeit  der  palatalisierung  von  ca  und 
ga  sowohl  vom  Tavetsch  aus,  als  auch  vom  Engadin  und  Bergün 
aus  gegen  Chur  hin  ab:  der  gemeinsame  tiefpunkt  beider  ab- 
stufungen  ist  Ems,  der  fast  schon  verdeutschte  grenzort  des 
Kätoromanischen  gegen  das  deutsche  Rheintal.  Es  ist  nicht  un- 
wahrscheinlich, dass  viele  solche  ha,  ga  =  lat.  ca,  ga  an  die 
stelle  älterer  t%a,  dya  getreten  sind,  wie  ja  in  Ems  kimüw 
deichsei  und  ragis  wurzel  auf  diesem  wege  entstanden  sein 
müssen  (vgl.  tyimkw,  radyis  in  Heinzenberg,  c).  Eine  italiani- 
sierende  ausspräche  der  Deutschen  oder  den  Deutschen  gegen- 
über mag  jene  rückläufige  bewegung  begünstigt  haben.  Aber 
ich  halte  jetzt  dafür,  dass  sich  von  Chur  her  ins  Rätoromanische 
Graubündens  der  einfluss  desjenigen  Romanisch  eingekeilt  hat, 
das  eben  einst  in  Chur  und  weiter  draussen  gesprochen  wurde 
und  vielleicht  ein  a  besass,  vor  dem  eine  palatalisierung  nicht 
möglich  war.  Stalla  (t))  steht  ausserhalb  der  genannten  zwei 
abstufungen  und  verdankt  seine  im  vergleich  mit  dem  be- 
nachbarten f  zahlreichen  ha,  ga  dem  Septimerpass,  der  nach 
Berge!  1  und  Kleven  führt. 

Die  erhaltung  des  h  von  fresca  in  q,  r  Buch.,  Colle,  Am- 
pezzo,  Comelico  und  Cimolais  wird  der  männlichen  form  zu 
verdanken  sein  (vgl.  musca  s.  185);  umgekehrt  vielleicht  kommt 
das  -ty  an  o,  b  fr$stx,  lartx  (geräumig)  von  der  weiblichen  form 
frqstxa,  lardya.  In  Flims  und  in  c  hat  man  Je  in  beiden  ge- 
schlechtern;  von  b  bis  n  aber  und  im  Nonsbergischen  werden 
auslautende  k- laute  zu  t%  erweicht,  zuweilen  zu  x,  i  erleichtert 
oder  ganz  verschwiegen,  ohne  dass  eine  verwandte  form  auf 
-a  dazu  verleitet:  z.  b.  tsint%  u.  ä.  (quinque,  s.  196),  b-n  letx, 
la*  u.  ä.,  Nonsb.  latx,  lax  (lacus);  fast  tiberall  da  ist  auch  focus, 
locus  so  entwickelt,  nur  in  g,  i,  j  und  Nonsberg  auch  longus 
und  paueus.  Das  ist  einmal  ein  lautwandel,  der  auf  das 
Rätoromanische  westlich  von  der  Etsch  beschränkt  ist. 

Noch  zwei  erweichungen  sind  auf  den  westen  be- 
schränkt: 1.  die  des  c,  g  vor  ü  und  ö,  2.  die  der  Ver- 
bindung  ct.     Die    erste   tritt   nur   da   ein,   wo   sich   u   zu  v 


Konsonanten.  195 

(i)  und  uo  zu  ve  (02)  wendet,  also  auf  der  lomb.  seite,  z.  b.  bei 
obscurus,  corium  (s.  178),  anc'hodie  (s.  200)  in  ct-n  und  Rumo, 
während  das  Lombardische  (wie  das  Französische)  bei  einem 
mehr  oder  weniger  harten  k-  laut  verharrt.  Noch  weiter 
westlich  liegt  das  lombardisch  -  rätoromanische  gebiet  der 
anderen  erweichung;  sie  ist  aus  dem  Spanischen  bekannt, 
während   Poschiavo   die    französische    entwicklung    mitmacht. 


dunkel 

milch 

Berg. 

skvr 

lat* 

Vigo 

skur 

lat 

Kl. 

skür 

lats 

t 

st^vkr 

lat 

0,  p 

skur 

lat 

a 

styir 

lat* 

i-n 

styur 

lat 

q 

skür 

lät 

b 

gtyir 

laty 

Pose. 

skür 

lä!t 

r 

skür 

lat 

stsir 

lata 

Pinz. 

skvcr 

lat 

Buch. 

skur 

lat 

c 

skir 

lat§ 

Mezz. 

skur 

lat 

Amp. 

skuro 

late 

styir 

lat* 

Rumo 

st^vr 

lat 

O.-C. 

skuro 

lati 

b 

gtyir 

lat* 

Cagnö 

§kvr 

lat 

U.-C. 

skuro 

late 

gtyir 

lats 

Fondo 

skur 

lat 

Erto 

skur 

lat 

e 

gtye/r 

lat* 

Cun. 

skur 

c 

lat 

•-J 

skür 

lat 

f 

gtyikr 

lat* 

Rov. 

skur 

lat 

! 

skür 

lat 

9 

st^ikr 

lats 

Cav. 

skur 

late 

skur 

lat 

* 

styur 

lat* 

Pred. 

skur 

lat 

Port. 

skuro 

late 

Octo  heisst  in  Kleven  vQt,  in  i  gtx,  Qatx,  also  mit  ver- 
kehrtem auslaut  (vgl.  noctem  s.  160);  Zahlwörter  unterliegen 
zuweilen  dem  einfluss  der  schule  oder  dem  des  handelsverkehrs. 
Daher  reimt  auch  o-r  qt  (acht)  nicht  mit  noctem. 

Qu  und  Gu  vor  vokalen  behalten  im  Italienischen 
das  unsilbische  u  meistens  bei,  in  den  besten  rät.  mundarten 
nicht,  oder  nur  unter  günstigeren  umständen.  Von  den  ein- 
zelnen fällen,  in  denen,  wie  im  anlaut  von  quinque,  das  u 
allgemein  und  in  sehr  alter  zeit  vernachlässigt  ist,  können 
wir  absehen.  An  quattuor  (s.  110)  und  den  beispielen  auf 
den  folgenden  Seiten  erkennen  wir,  dass  in  diesem  stücke 
am  hartnäckigsten  dem  Italienischen  widersprechen  1.  der 
mittlere  teil  Graubündens  (e-g,  t)  und  2.  Tirol  (fast  ganz 
Nonsberg  und  o-r  mit  einem  stück  Avisiotal  hinunter 
und  Buchenstein).  Die  art,  wie  man  über  die  Schwierig- 
keit solcher  u  hinwegkommt,  ist  nach  gegenden  und  nach 
der   lautumgebung    verschieden.     Nicht   einmal    quattordeeim 

13* 


196       Vergleichende  darsteUung  der  rätoromanischen  mundarten. 


und  quadra(gi)nta  stimmen  überall  in  der  ersten  silbe 
überein;  doch  da  scheint  die  grössere  häufigkeit  der 
kleineren  zahl  für  den  früheren  verlust  des  u  entschieden 
zu  haben.  Auch  das  betonte  qua  in  quattuor  und  quin- 
quä(gi)nta  ist  verschieden  behandelt  in  a-b,  m  und  n;  dar- 
an wird  die  hineinziehung  des  u  des  zweiten  Zahlwortes 
in  die  vorhergebende  silbe  (s.  198)  schuld  sein.  Ganz 
anders  steht   es  aber  um   das  qu  in  aqua:    Graubünden  hat 


Kl. 
o,  b 
c 


c 

f 
9 

$ 

U.-B. 

O.-B. 
i 

i 
f 
l 

m 

n 

Pose. 

Pinz. 

Mezz. 

Rumo 

Cagnö 

Fondo 


5 

tsink 

tsun 

tseun 

tseunk 

tsun 

tsenty 

tsenty 

tsinty 

tsinty 

tsentx 

tSenty 

tsink 

tsink 

tsinty 

tsinty 

sinty 

tsinty 

tsinty 

tsinty 

tsinty 

tSintx 

sinty 

tsints 

tsink 

sink 

tyink 

tsinty 

tsinty 

tsinty 


14 

kuatordes 

kuitQrdis 

kuitQrdis 

kuitQrdis 

kuitordis 

k"itordi§ 

kuitQrdes 

kitQrdis 

kitQrdes 

katQrdes 

kitQrdes 

katordes 

kutQrdes 

katordes 

kuatQrdes 

katordes 

katQrdes 

katQrdes 

kuatodes 
> 

katQrdes 

kuatQrdes 

katQrdes 

katQrdes 

k"atQrdas 

kuatQrdas 

kuatQrdejs 

katQrdes 

katQrdes 

katQrd^g 


15 

kuindes 

kuindi§ 

kuendis 

kuendi§ 

kuendis 

kuendis 

k"endes 

kindis 

kinde§ 
> 

kindes 

kuindes 
> 

kuindes 
> 

kuindes 

kindes 
> 

kuinde§ 
> 

kuinde§ 
i 

kuindes 
> 

kl,indes 

> 

kuindes 
i 

kuinde§ 
> 

kuindes 
> 

kuindes 

kuindes 
> 

kuindas 

kuindas 

kuindej$ 

kindes 

kindes 

kinde^ 


40 

kuaranta 

kurQnta 

kurQnta 

kure^nta 

kurQnta 

kuraunta 

kuranta 

kuranta 

kurante 
> 

karanta 

kuranta 

k°aranta 

kuranta 

kara'nta 

karenta 

kuaranta 

k"aranta 

kuaranta 

kuaranta 

kuaranta 

kuaranta 

kuraunta 

kuaraunta 

kvlaranta 

kuaranta 

kuarautQ 

karantQ 

karanta 

karanta 


50        wasser 

tsinkuanta   akua 

tsunkQnta    aua 

tsunkQnta    aua 

tsunkeunta  aua 

tsunkQnta    aua 

tsunkaunta  a"a 

tsunkanta    aua 

tsunkanta 

tsunkante 
> 

tsunkanta 

tsinkuanta 

tsinkuanta 

tsinkuanta 

tsinkanta 

tsinkuenta 

sinkuanta 

tsinkuanta 

tsinkuanta 

tsvnkuanta  äua 

tsunkanta    äua 

tsinkuanta 

sunkaunta 

tsinka"nta 

t§inkuanta 

sinkuanta 

t/inkuantQ   akuQ 

tsinkantQ     akQ 

tsinkanta     aka 

tsinkanta     äka 


ava 

äve 
> 

äva 

Qva 

§gua 

aua 

öva 

öva 

Qva 

e> 

äua 


aua 

äua 

a"a 

akua 

akna 


sucht 

§nkuera 
dunkiera 
dunkiera 
nkuera 


kuera 
kuera 


Konsonanten. 


197 


das  q  aufgegeben,  Tirol  und  Friaul  das  u,  Lombardei  und 
Venetien  keines  von  beiden.  Im  Italienischen  ist  der  kon- 
sonant  stimmlos  geblieben;  so  auch  im  Nonsbergischen, 
wenn  hier  nicht  etwa  ahua,  aha  erst  aus  dem  ven.  Etsch- 
tal  bezogen  ist  (wie  wasser,  mit  hellem  a,  in  einem  teil 
des  bair.-österr.  gebietes  aus  der  gebildetensprache).  Das 
bestreben,  ein  unsilbisches  u  der  endsilbe  festzuhalten,  zeigt 
Graubtinden  auch  bei  lingua;  die  verschiedenen  graub.  formen 


Tres 

Cnn. 

Rov. 

Cem. 

Cav. 

Pred. 

Vigo 

0 

P 

q,  r 

Buch. 

Colle 

Amp. 

Aur. 

U.-C. 

Erto 


t 
u 
ü 

IX) 

i* 
*) 
I 


Port. 


^inty 

tsintx 

sinkue 

sink 

sinkue 

tyink 

tsink 

tsink 

tsink 

tsink 

t§ink 

sink 

tsinke 

#inke 

#inke 

#ink 

sink 

tsink 

t§ink 

tsink 

t§ink 

tsink 

tsink 

tsink 

t&ink 

sink 

sink 

sink 

sink 

sinkue 


kuatQrdes 

katQrdes 

k"atQrdeze 

kuatQrdes 

kuat$rdes 

katqrdes 

katQrdejs 

katQrdes 

katQrdes 

katördes 

kat^rdes" 

katQrdes 

kuatQrdes 

kuatqrdeze 

k^atordes 

kuatQrdes 

kut"ardis 

kutuardis 

kat"ardes 

kutuardis 

kutuardi§ 

kutuardis 

katuardi§ 

kut"ardi§ 

kuf'ardis 

kutuardis 

kut"ardis 

kutuardi§ 

kutuardis 

kuatördeze 


kuindes 

kindes 

kuindeze 

kuindes 

kuindes 

kindes 

kin^s 

kines 

kindes 
> 

kines 

kindes" 

kinde§ 

kines 

kuindeze 

kuindes 

kuindes 

kuindi§ 

k"indi§ 

k"indes 

kuindis 

knindis 

kuindi§ 

kuindi§ 

knindis 

kuindis 

kuindi§ 

k"indis 

kuindis 

kuindis 

kuindeze 


kuaranta 

karanta 

kuaranta 

kuaranta 

kuaranta 

karanta 

karantQ 

karantQ 

karanta 

karanta 

karanta 

kuaranta 

kuaranta 

knaranta 

k"aranta 

kuaranta 

kuaranta 

korant§ 

karanta 

k"aranta 

kuarante 

koranta 

korantQ 

korante 

kuarante 

kuaranta 

kuarante 

kuaranta 

kuaranta 

kuaranta 


#inkuanta 

tsinkanta 

sinkuanta 

sinkuanta 

sinkuanta 

t/inkuanta 

tsinkantQ 

tsinkantQ 

tsinkanta 

tsinkanta 

tsinkanta 

sinkuanta 

tsinkuanta 

#inkDanta 

#inkuanta 

#inkuanta 

sinkuanta 

t§ink"ante 

tsink"anta 

tsink'anta 

tsinkuant$ 

tsinkuanta 

tsinkuant9 

t§inkuant$ 

tsinkuante 

tsinkuanta 

sink"ant$ 

sinkuanta 

sinkuanta 

sinkuanta 


akna 

aka 

akua 

akua 

akua 

aVa 

ago 

<&<? 

Sg.a 

ega 


t/er 
kier 
kier 
klr 


yega  kier 

a!va  — 

a/a  — 

a/a  — 

a/a  — 

<?ga  — 
äga 

äg$ 
äga 
äga 

äg<? 
agra 


tser 


'S* 

äg9 
ag£ 
age 
aga 

ag? 
aga 
aga 
akua    • 


tse'r 

tslr 

tslr 

tslr 

tslr 

sir 

sir 

sir 

§ir 


Kl. 

lingua 

sank 

ki 

ke 

a 

l'unga 

saun 

txi 

t*e 

6 

liuDga 

soun 

txi 

W 

f 

lyaßge 

sank 

t/i 

tye 

i 

la*ndya 

sa'nt/ 

¥ 

tye 

m 

leua 

sanku 

txi 

tye 

n 

lyauDga 

sauük 

tgi 

tsV 

198      Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  muudarten. 

zunge      blut   wer  was         Cagnö  lenga  saiak  t#i  ke 

o  lengQ  saük  ki  ke 

p  l^Dga  sank  ki  tye 

q  la'Bga  saük  ke  tyi 

r  lenga  sank  ke  t/i 

Amp.  leDga  sank  ki  tse 

Erto  le'nga  sank  #i  t^ia 

j  lengQ  sank  ku1  tse 

Pose.  leiagua    sank     ki     ki  $  lenge^  sank  ku1  se 

Pinz.  lingua     sank     ki     ke  Port.  lengua  sangue  ki  ke 

kommen  alle  über  leuvga  her,  eine  form,  die  noch  in  den 
meisten  orten  von  b-b  besteht  und  sich  daraas  erklärt,  dass 
man  das  in  der  unbetonten  endsilbe  unbequeme  u  nicht  aus- 
warf, sondern  durch  verfrühte  u-mundstellung  in  die  tonsilbe 
hineinbekam,  wo  es  bequemer  sitzt.  Bei  sanguis  könnte 
man  gleiches  erwarten;  aber  die  diphthonge,  die  da  am 
Vorderrhein  auftreten,  sind  dieselben  wie  bei  canis,  manus 
(s.  132)  usw.  Hingegen  ist  das  u  des  zweiten  qu  in  quinque, 
quinqud(gi)nta  in  c  (auch  in  Flims  iseuw1c)  deutlich  als  vor- 
gerückt zu  erkennen. 

Ob  das  q  vor  i,  e  nach  dem  verschwinden  des  u  noch 
palatalisiert  wird,  hängt  natürlich  davon  ab,  ob  zu  der  zeit 
der  lautwandel  ci  zu  tyi,  ce  zu  tye  nicht  schon  tiber- 
wunden ist.  Der  auslautende  quetschlaut  an  quinque  in  b-n 
und  Nonsberg  kommt  hier  nicht  in  betracht  (s.  194).  Quin- 
deeim  ist  dazu  tiberall  zu  spät  gekommen,  wo  es  überhaupt 
das  u  abwerfen  durfte.  Qnaerere,  meistens  in  die  i-kon- 
jugation  tibergetreten,  lebt  in  a-c,  m,  Vigo,  o-r  und  8-5 
fort,  in  der  nachbarschaft  hat  man  mit  oder  von  den 
Italienern  cercare  für  diesen  begriff;  jedoch  in  Graubtinden 
ist  das  u  zu  spät  oder  noch  nicht  ausgefallen,  in  Tirol  zu 
spät,  in  Friaul  früh  genug,  um  die  ortsüblichen  quetschlaute 
und  Zischlaute  aus  dem  q  (c)  entstehen  zu  lassen.  An  quis 
und  quid  endlich  kann  man  beobachten,  wie  der  k-laut  zwar 
palatalisiert  ist,  aber  oft  nicht  bis  zu  dem  Zischlaut  gelangt, 
wie  das  alte,  früher  in  die  bewegung  eingetretene  lat.  c  vor 
i,  e  an  demselben  ort.  Dass  das  friaul.  ku*  nicht  =  quis  ist, 
sondern  ein  zum  nominativ  vorgerücktes  cui  (vgl.  franz.  lui),  ist 


Konsonanten.  199 

klar.  Eccu'illum  (s.  218)  entledigt  sich  des  u  in  einem  grösseren 
gebiet  als  quindecim:  Auronzo,  Comelico,  Erto,  3-$  ungefähr  hei. 

J  ist  durch  einen  da  vortretenden  d- verschluss  verstärkt 
und  daher  vor  allen  vokalen  gleich  oder  ähnlich  wie  g  vor 
i  und  e  (s.  187)  entwickelt;  vgl.  juvenis  s.  112,  jugum  s.  148 
und  jovia  s.  158.  (In  venedischen  und  angrenzenden  mund- 
arten  schwankt  zuweilen  die  ausspräche  zwischen  Venedisch 
und  Toskanisch.)  Die  Verbreiterung  des  j  zu  dz,  z  ist  aber 
in  Graubunden,  im  gegensatz  zu  g  vor  i  oder  e,  und  im 
gegensatz  zum  Lombardischen,  fast  tiberall  unterblieben; 
sogar  in  g,  wo  man  das  j  in  einen  Zischlaut  verschärfte, 
kam  man  von  dy  zu  dz,  nicht  (wie  bei  g)  zu  dz.  In 
Friaul  lautet  jovia  mit  deorsum  gleich  an,  aber  juvenis 
mit  genu.  Die  formen  mit  dz,  z,  6,  d  und  mit  halb- 
breitem z  sind  (ausser  in  g)  dem  venedischen  einfluss  zuzu- 
schreiben, sie  erstrecken  sich  von  Pinzolo  und  Nonsberg  bis 
ans  ostende. 

Überblicken  wir  schliesslich  die  palatalisierung,  die  von 
dem  unsilbischen  i,  e  vor  vokalen  ausgeht,  wie  in  den 
Suffixen  -alia,  -aneus,  -arius,  -itia,  -aceus,  in  einzelnen  Wörtern 
wie  filius,  balneum,  paria,  medius,  brachium  usw. 

Wenn  1  oder  n  mit  gehobenem  zungenrticken  aus- 
gesprochen wird,  so  gibt  das  in  dem  augenblick,  wo  die 
Zungenspitze  vom  l-  oder  n- verschluss  weggezogen  wird, 
oberhalb  des  zungenrtickens  ein  deutliches  y-geräusch.  An 
folium  (s.  174)  und  filia  (s.  200)  sehen  wir,  dass  nur  in  a-n 
das  palatale  1  fortlebt,  während  alle  anderen  rät.,  lomb.  und 
ven.  mundarten  darauf  verzichten  und  sich  mit  dem  y  oder  mit 
noch  weniger  begnügen:  *folya-foya-foia-foa.  Sogar  zwischen 
zwei  a  kann  der  palatale  laut  zuweilen  ganz  ausfallen:  Vigo 
tadr,  Cormons  ($)  tad  sehneiden.  Aus  dem  Poschiavotal 
meldet  uns  Michael  sowohl  filypla,  als  figla  (filiola).  Bei  oleum 
kommt  es  zu  keiner  palatalisierung  im  Rät,  wie  im  Lomb.,  Tosk., 
Prov.  und  Französischen;  das  wort  ist  in  f,  I,  m,  wie  im  Franz., 
weiblich.  Das  n  verliert  sich  selten  in  solcher  läge:  Erto,  §-£ 
ra*  spinne;  es  geht  eher  in  einen  anderen  nasenlaut  über:  in 
gemeines  n  in  p  qrani  neben  -dny,  tioHyani  ferse  neben  -dny, 
g  tyalty?%n,  Rumo  ra'n,  in  *?  in  Vigo  reu,  txutxev,  Cormons 
ra{i3,  Ampezzo  talardv.    In  anderen  gegenden  ist  das  palatale 


200       Vergleichende  darstellang  der  rätoromanischen  mundarten. 


tochter 

öl 

regen    heute 

halb 

f. 

hemd 

arm 

KL 

fioela 

oli 

—      inkoe 

m^ts 

m^dza 

kamiza 

bras 

a 

felya 

eli 

pleVa     9ts 

mipts 

m^aza 

kamiza 

brats 

b 

felya 

ieli 

plievia      9ts 

miets 

m^za 

kamiza 

brat§ 

feiy<? 

ieli 

plievdy9  9ts 

miets 

maz9 

kamiz9 

brat§ 

felya 

ieli 

plievdya  9ts 

miets 

m^za 

kamiza 

brats 

c 

felya 

Mi 

plievdya  ots 

miets 

m§sdza  kamlza 

brät§ 

felya 

iele 

plievdya  9ts 

miets 

medza 

kamiza 

brats 

b 

felya 

ieli 

plievdya  9ts 

meHs 

m^adza  kamiza 

brats 

felya 

ieli 

plievdya  9ts 

miets 

meaza 

tyamlza 

brats 

e 

felya 

ieli 

plievdya  9ts 

m§ts 

m§za 

tyame/za 

brats 

f 

felye 

Iele 
> 

pll^dye    9t8 

m9ts 

m9ze 

t^ame'ze 

brats 

9 

fejya 

ieli 

plievdya  9ts 

m'ats 

m'adza 

tyamigza 

brats 

$ 

filya 

vli 

pluvdya  9ts 

m^ts 

mfdza 

tyamlza 

brats 

U.-B. 

fia 

oela1 

ploevdya  inktie 

mats 

matsa 

kamiza 

brats 

O.-B. 

fiya 

celi 

plceVa     intyce 

mets 

medza 

kamlza 

brats 

i 

filya 

öeli 

ploevdya  9ts 

mete 

m^dza 

tyamigza  brats 

M 

filya 

oeli 

ploevdya  9ts 

m$ts 

metea 

t^amiza 

brats 

i 

filya 

oela 

ploevdya  9ts 

m^ts 

metea 

t^amlza 

brats 

m 

filya 

oela 

ploevdya  9ts 

mets 

metsa 

t^amlza 

brats 

filya 

cela 

plöev^     9ts 

mets 

metsa 

tyamlsa 

brats 

n 

filya 

öeli 

ploevdya  9ts 

mets 

metea 

tyamlza 

brats 

Pinz 

fioela 

<?yn 

—       ißkce 

mes 

m^za 

t/amlza 

bra/ 

Mezz. 

ficelQ 

?y° 

plcev^     ankoe1 

m^s 

m§z9 

kamizo 

braty 

Rumo 

ficelo 

?yo 

plo3v'9     ntyce1 

mes 

mez9 

t^amiz9 

brats 

Cagn£ 

>  fioela 

<?yo 

—       aßköe1 

mej3 

m§za 

t^amiza 

bras 

Fond( 

>  fi§la 

9yo 

plev'a      aßk11^1 

mes 

meza 

t^amiza 

bräts 

Corr. 

puta 

9yo 

pl9v;a      aiak1'^1 

m$ts 

m9za 

tyamiza 

brats 

Tres 

fi^la 

Qyo 

pu^v!a      aDk"^ 

mej3 

meza 

t/amiza 

bra# 

Cun. 

fioela 

<?y° 

—       eiakoe1 

m9s 

meza 

tyamiza 

brats 

Rov. 

fi9la 

?yo 

pj9va       ankö* 

mes 

meza 

kamiza 

bras 

ny  auch  im  auslaut  geläufig:  a-b,  %  m,  n  kalk^ny,  e-f  kaltxo'ny, 
i  tyaltyäny,  f,  I  txaUxtfny,  lomb.  kalkdny  (ven.  kalkanyö). 

Mit  r  geht  i  keine  Verbindung  ein;  wir  haben  das  an 
dem  suffix  -arius  s.  171  sehen  können  und  an  corium  s.  178. 
Vor  vokalen  geht  Vigo  und  p  besonders  weit  in  der  Zerstörung: 
ag,  qa  tenne,  salmoQ,  sqlmueia  Salzlake,  pael,  pa'üH  eine  art 
kessel. 


Konsonanten. 

201 

Cem. 

fioela 

'<?yo 

p'ceva 

ankce' 

mes 

m^za 

kamiza 

braty 

Cav. 

fioela 

•  <?yo 

p'Qza 

ankoe' 

m^zo 

meza 

kamiza 

braso 

Pred. 

ficela 

c 

■<?yo 

p'ceveda  aükce1 

m^s 

m^za 

kamiza 

brat/ 

Vigo 

fio 

ele 

p'ev'Q 

anke" 

m^ts 

m^zg 

t/ame'zQ 

brats 

0 

fi<? 

elek 

p'ev'9 

inke" 

mets 

mezQ 

tsame'zQ 

brats 

V 

fia 

uele 

plueia 

Dkuei 

mets 

meza 

t^ama/za 

brats" 

q 

fia 

osle 

ploe'a 

iököe 

mets 

meza 

t^amaza 

bräts 

r 

fia 

ere 

plv'a 

nki> 

mets 

m^za 

t/am^za 

brats 

Buch. 

fia 

<?yo 

plo'a 

Dku°i 

mets 

meza 

t^amäza 

brats 

Colle 

fia 

<?yo 

p'ova 

enku6i 

mes 

meza 

t^amiza 

bras 

Amp. 

fia 

<?yo 

p'oa 

anku6' 

mezo 

m^za 

tsameza 

bratso 

Aur. 

fia 

9yo 

p'oa 

aDkuö'1 

m^do 

m^da 

tsameza 

bra#o 

O.-C. 

fia 

<?yo 

vbf& 

inkii' 

medo 

meda 

t^am^za 

brafro 

u.-c. 

fia 

<?y<> 

p'oa 

Bko' 

m$do 

meda 

tyameda 

bra#o 

Erto 

fia 

uali 

p'oa 

uüku' 

mia# 

miada 

^ame'za 

bra# 

Cim 

fia 

vu°le 

p'ova 

uuku°i 

i  m'e# 

m'eda 

/ame'za 

bratf- 

1 

fia 

vuoli 

pluoia 

vu0i 

m'es 

m'eza 

t/ameza 

bras 

fie 

vueli 

ploe. 

vö! 

m'ets 

m'edze^  tyameze 

brats 

t 

fia 

vuele 

plea 

vuei 

m?et§ 

m'eza 

tsameza 

brats 

u 

fia 

voli 

plo'a 

vo' 

m'ets 

m'eza 

tyam^za 

brats 

Ö 

fie 

vneli 

plQ^ 

vuia 

m'ets 

m'eze^ 

tyamez^ 

brats 

ro 

fia 

vueli 

plo'a 

ue 

m'ets 

m'edza 

,  tsameza 

brats 

l 

fio 

vueli 

plo'Q 

ujo 

m'ets 

m'edzQ  t/am^zQ 

brats 

9 

fie 

vneli 

ploe. 

vq' 

m'ets 

m'edze^  t^am^z^ 

brats 

8 

fie 

vueli 

ploe 

vue 

m'ets 

m'edze 

tyameze 

brats 

fia 

ueH 

ploa 

"S 

m'es 

m'eza 

tsameza 

bra§ 

fie 

u$li 

plft 

ue 

m'es 

m'eze^ 

t/ameze^ 

bras 

fia 

ueli 

plo'a 

ue 

m'es 

m'eza 

t/ameza 

bras 

fia 

vueli 

plo/a 

vuel 

m'es 

m'eza 

tsameza 

bras 

fia 

gueli 

plo'a 

yuei 

m'e§ 

m'eza 

tsameza 

bras 

Port. 

fia 

o'o 

p'ova 

ankuo 

mezo 

meza 

kamiza 

braso 

Die  lippenlaute  können  durch  ein  folgendes  t,  y,  X 
auch  nicht  allmählich  verändert  werden,  wohl  aber  ver- 
drängt. Das  unsilbische  i  kann  konsonantisch  werden  (y), 
oder  in  die  Stammsilbe  gezogen  oder  weggelassen  werden. 
Pluvia  zeigt  uns  all  dies;  jovia  (s.  158)  stimmt  damit 
nicht  tiberein,  es  scheint  als  ein  wort  des  geschäftlichen 
Verkehrs  vor  der  Verwitterung  besser  geschützt  gewesen  zu  sein. 


202       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mnndarten. 

Eine  sehr  wenig  gesteigerte  zungenhebung  führt  von  d,  t 
vor  unsilbischem  i  zu  dy,  ty:  z.  b.  in  deorsum  (s.  164)  am 
Rhein  und  im  Oberengadin  und  in  q,  r,  Cimolais  t^eo,  tywe, 
txevet  lau,  t,  u,  £,  tj  txqra,  -q,  -$  erde.  Leicht  erklären  sich 
aus  dy  die  anderen  formen  für  deorsum  von  !  bis  5  und  in 
den  lombardischen  und  venedischen  mundarten.  Auch  die 
formen  für  medius  (s.  200)  sind  klar,  aber  man  bemerkt, 
dass  da  die  Verbreiterung  des  reibelautes  anderswo  und 
weniger  verbreitet  ist.  Vielleicht  wegen  der  entgegen- 
gesetzten läge  in  beziehung  auf  den  betonten  vokal;  hodie 
ist  aber  nur  in  Graubünden  mit  medius  gleich  entwickelt, 
sonst  hat  es  sich  des  d  entledigt.  Ähnlich  wie  olenm  hat 
hordeum  sein  e  nicht  konsonantisch  verarbeitet:  I  ierda  f., 
m  urda  f.,  n  y$rdi,  p  grde,  q,  r  örde,  Buch.  Qrde,  Erto  gröl, 
j  vuardi,  5  uardw,  erst  in  Nonsberg  grs,  Vigo  Qrts  (a-f  andere 
Wörter). 

Das  s  wird  durch  das  folgende  i  im  Rätoromanischen 
breit;  gegen  das  Lombardische  gibt  das  einen  merklicheren 
unterschied;  s.  camisia. 

Endlich  hat  auch  das  c,  wie  vor  silbischem  i,  in  den 
gut  rätischen  mundarten  einen  breiten  zischlaut  hervor- 
gebracht, wie  glacies  (s.  174)  und  brachium  zeigen.  Das  g 
muss,  um  die  gleichlaufende  entwicklung  anzunehmen,  durch 
einen  vorausgehenden  konsonanten  geschützt  sein,  wie  in 
&,  i  sundza,  m  sondiza,  p  somq,  q  swaza  axungia;  vgl.  b 
Jcuredya,  i  kurädya,  m  kurcfa,  p  kurqq,  q  Jcur^a,  $  Jcor§ 
corrigia. 


Biegung  der  nomina.  203 


Biegung  der  nomina. 

Von  den  alten  kasus  darf  man  hier  nur  den  nominativ 
und  den  akkusativ  suchen,  jenen  als  das  zeichen  für  Sub- 
jekt und  prädikat,  diesen  für  das  direkte  objekt  und  für 
die  erst  durch  die  präposition  bezeichneten  Verhältnisse. 
Die  Romanen  haben  dann  bekanntlich,  indem  sie  sich 
allmählich  eine  feste  Wortstellung  angewöhnten,  das  be- 
dtirfnis  für  den  subjektskasus  verloren.  Nun  konnte  der 
nominativ  immer  noch  als  prädikatskasus  fortleben,  und 
auf  dieser  stufe  des  Untergangs  der  kasus  steht  in  der  tat 
das  Oberländische  in  a  und  b,  auch  in  Flims  noch,  wo  in 
lautlicher  hinsieht  die  Übereinstimmung  mit  c  grösser  ist  als 
die  mit  b  selbst.  In  a,  b  sagt  man  z.  b.  il  mir  alf  die  weisse 
mauer,  aber  il  mir  $  alfs  die  mauer  ist  weiss.  (Böhmer, 
Prädicatscasus  im  Rätoromanischen,  Rom.  Stud.  II,  210 — 226.) 
Früher  war  der  gebrauch  des  prädikatskasus  auch  auf  den 
plural  ausgedehnt  und  bis  an  den  Hinterrhein  verbreitet. 

Von  den  Substantiven  ist  di  zu  nennen,  das  in  aus- 
drücken wie  $  veny  dis  (es  wird  tag)  noch  immer  sein  -s 
bekommt;  das  wort  ist  in  dieser  bedeutung  immer  nominativ, 
während  di  als  zeitmass  öfter  im  akkusativ  vorkommt  und 
daher,  wie  andere  gewöhnliche  Substantive  in  der  akkusativ- 
form erhalten  ist.  Die  alte  nominativform  Deus,  Dieus, 
Deis,  die  von  manchen  Schriftstellern  Graubündens  von  Deu, 
Dieu,  Diu  unterschieden  wird,  gilt  aber  als  Subjekt  und 
wird  wohl  nicht  ohne  den  einfluss  der  kirchensprache  er- 
halten sein. 

Im  übrigen  wird  im  Rät.  ebensowenig  zwischen  nomi- 
nativ und  akkusativ  unterschieden  wie  im  Ital.  oder  im 
Neufranzösischen,  so  dass  uns  hier  nur  die  frage  zu  beant- 
worten übrig  bleibt,  welcher  von  den  zwei  kasus  als  einzige 
form  für  den  singular  oder  für  den  plural  stehen  geblieben 
ist.  Vorher  wollen  wir  uns  aber  nach  den  Überbleibseln  des 
neutrums  umsehen. 

Eine  spur  des  neutrums  beim  nomen  zeigt  sich  darin, 
dass  der  prädikatskasus  auf  -s  in  a  und  b  dem  neutrum 
verweigert    wird.      So    wie    im    Latein    bonus,    bellus    nur 


204       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

männlich  ist,  nicht  sächlich,  so  sagt  man  auch  jetzt  noch 
am  Vorderrhein  il  bgf  e?  bunts,  ¥alts  der  ochse  ist  gut, 
schön,  aber  Jcue-{  $  bien,  bi  das  ist  gut,  schöD.  Solche  be- 
sondere formen  für  das  neutrum  finden  wir  auch  am  Inn; 
so  schreibt  Bifrun  1560:  nu  ais  boen  ä  s'  maride-r]  während 
bei  ihm  das  maskulinum,  ob  attributiv  oder  prädikativ,  immer 
bun  heisst  (und  das  adv.  bairi). 

Das  andere  Überbleibsel,  gleichfalls  in  Graubtinden,  ist 
die  mehrzahl  auf  -a;  sie  hat  meistens  eine  kollektive,  zu- 
weilen noch  weiter  abweichende  bedeutung  und  wird  mit 
dem  Singular  des  prädikatsverbums  verbunden.  Sofern  da- 
neben der  regelmässige  (männliche)  plural  besteht,  ist  also 
die  alte  pluralform  aus  der  wortbiegung  in  die  Wortbildung 
verschoben.  Begreiflicherweise  kann  da  ein  Substantiv  mit- 
gerissen werden,  dem  eigentlich  kein  plural  auf  -a  gebührt, 
wie  fest  stock  (fustis),  festa.  Wirkliche  plurale  aber  sind 
die  von  masswörtern,  wie  b  bratsa  eilen  (bratss  arme),  ferner 
besonders  paria,  sextaria,  neben  denen  keine  andere  mehr- 
zahlform  besteht,  und  von  den  Zahlwörtern  dua,  am  Inn  auch 
tria,  z.  b.  b  tsun  pe-ra  5  paar,  endis  styra  11  star  (scheffel), 
dua  tsien  200,  i  trrta  tsient  300. 

Welcher  alte  kasus  im  singular  erhalten  ist,  lässt  sich 
bei  der  lat.  1.  deklination  nicht  sagen,  weil  die  unbetonte 
endung  -am  ohnedies  nur  -a  galt.  Die  2.  deklination  lässt 
deutlich  den  akkusativ  erkennen;  denn  es  sind  —  abgesehen 
von  den  besprochenen  prädikatskasus  —  nur  die  formen  ohne 
-s  erhalten  (s.  annus  178,  caballus  190).  In  der  3.  deklination 
erweisen  sich  die  meisten  einzahlformen  deutlich  als  akku- 
sative,  wie  pars  (s.  118),  aestas  (s.  122),  canis  (s.  132),  nur 
wenige  als  nominative,  wie  latro  (s.  110). 

Mit  dem  plural  kommen  wir  wieder  auf  einen  punkt, 
wo  Rätoromanisch  und  Italienisch  auseinander  gehen.  In  der 
der  ersten  lat.  deklination  (s.  das  erste  beispiel  s.  206)  ist 
nicht  der  nominativ,  sondern  von  et  bis  g,  auch  in  Ampezzo, 
der  akkusativ  behalten.  Das  beweist  der  Zischlaut  im  aus- 
laut;  ebenso  sicherlich  sind  die  an  den  endpunkten  unserer 
mundartenreihe  stehenden  pluralformen  die  richtige  lomb.  und 
ven.  Wiedergabe  des  nominativs  byrsae.  Aber  das  -e  im  Nons- 
bergischen,  im  Avisiotal  und  in  der  gegend  von  Buchenstein 


Biegung  der  nomina.  205 

und  Auronzo  bis  nach  Erto  und  Cimolais  wird  schwerlich  vom 
lat.  -ae  abstammen,  wenngleich  zuweilen  grammatisch  bedeut- 
same laute  zäher  festgehalten  werden  als  sonst  in  gleicher 
Stellung;  auch  der  stammauslaut  in  Wörtern  wie  musca 
(s.  184)  würde  sich  auch  so  verstehen  lassen.  Wahrschein- 
licher ist  jedoch  die  annähme,  dass  man  in  jenen  gegenden 
einst  borses  und  mostxes,  moses  sagte  und  erst  später  unter 
ven.  einfluss  das  auslautende  -s  vernachlässigte.  In  einem  teil 
derselben  orte  hat  man  den  zischlant  bei  der  verbalendung 
-as  noch  bewahrt  (s.  184),  vermutlich  weil  da  auch  das 
Venezianische  noch  formen  mit  -s  kennt  (in  der  in  Version). 

In  der  lat.  2.  deklination  war  die  wähl  zwischen  nomi- 
nativ  und  akkusativ  plur.  nicht  leicht.  Vermutlich  haben,  wie 
in  Frankreich,  beide  kasus  in  beiden  zahlen  Jahrhunderte 
lang  nebeneinander  fortbestanden.  Gegenwärtig  überwiegt 
freilich  der  akk.  -os  als  pluralzeichen,  aber  wir  finden  in 
allen  drei  rät.  abteilungen  noch  fälle,  in  denen  man  den  nom. 
-i  vorzog.  Mnros  und  novos  (s.  folg.  s.)  haben  alle  mundarten 
von  et  bis  $,  auch  Vigo  und  Cimolais,  muros  auch  Erto,  novos 
auch  Bachenstein;  manches  -s  ist  erst  später  verloren  ge- 
gangen, z.  b.  das  an  npf  in  Erto,  wie  qus  lehrt  (s.  158).  Die 
meistenteils  lautlichen  Ursachen,  die  zwischen  -i  und  -os  ent- 
scheiden, wechseln  von  landschaft  zu  landschaft.  In  p  z.  b. 
hat  caballus,  bellus,  tabulatus,  altus,  lectus,  crassus,  longus 
mit  -i  die  mundgerechten  und  deutlichen  pluralformen  txqyg, 
biei,  tublg,  aHx,  Uet%,  gras,  lont%  gegeben,  denen  gegenüber 
sich  die  akkusative  nicht  behaupten  konnten.  Auch  silbisches 
-i  konnte  zuweilen  bequemer  erscheinen,  wie  bei  oculi,  vetuli 
uedli,  vedli,  weil  die  einzahl  uedl,  vedl  auch  zweisilbig  ist 
und  weil  uedles,  vedles  weiblich  klingen  würden.  Wir  be- 
greifen ferner  plavs  planos  als  bequemer  denn  plany  und 
any  (oder  ani)  als  bequemer  denn  ans.  Aber  die  Aus- 
sprechbarkeit entscheidet,  wie  gesagt,  nicht  ausschliesslich: 
bot»  hat  in  derselben  mundart  in  der  mehrzahl  nicht  bows, 
sondern  bony;  vermutlich  weil  boni  ganz  besonders  oft  (als 
prädikat)  gebraucht  ist.  Dasselbe  boni  ist  auch  in  Friaul, 
wo  die  s-plurale  häufiger  sind,  üblich  (s.  160),  und  es  sieht 
auch  aus  denjenigen  friaul.  formen  hervor,  die  nachträg- 
lich   mit   einem    -s   versehen   sind    (t,    $);    ebenso   wie   anni 


206       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


beutel 

pl. 

mauer 

pl. 

neu 

pl. 

deichsei 

pl. 

Kl. 

bursa 

burs 

mvr 

mvr 

nöef 

noef 

timün 

timün 

a 

buersa 

buprses 
> 

mir 

mirs 

nief 

DQfs 

t/imün 

t^imünts 

6 

buersa 

buerses 
> 

mir 

mirs 

nief 

ncjfs 

tyamun  tyamünts 

buers$ 

buerses 
> 

mir 

mirs 

nief 

nCjfs 

tyemün  t^emünts 

bu°rsa 

buurses 
> 

mir 

mirs 

nief 

n$fs 

tyamün  t/amünts 

c 

bursa 

biirses 

mir 

mirs 

nouf 

noufs 

tsamün 

tsamünts 

bursa 

burses 

mir 

mirs 

DQf 

nQfs 

kimüö 

kimüns 

bursa 

burses 

mir 

mirs 

n§f 

n§fs 

t^im^un 

tyim^nts 

b 

bursa 

burses 

mir 

mirs 

nöf 

nöfs 

tximeuD 

t/imeunts 

bursa 

burses 

mir 

mirs 

nof 

nofs 

timün 

timüns 

e 

bürsa 

burses 

me^r 

me/rs 

nöf 

nöfs 

timüü 

timünks 

f 

bürse 

burses 

mekr 

mekrs  nöf 

uöfs 

timün 

timüns 

9 

buertsa 

buertses  mikr 

> 

mikrts  nokf 

ngktts 

timün 

timüns 

$ 

bursa 

biirses 

mvr 

mvrs 

nöf 

nöfs 

timün 

timüns 

U.-B. 

burtsa 

burtsa 

mvr 

mvr 

nvf 

nvf 

timün 

timün 

O.-B. 

bortsa 

bortsa 

mvr 

mvr 

ncef 

noaf 

timün 

timün 

i 

buersa 

buerses 

> 

mvkr 

o 

mvkrs 

o 

i  nokf 

nQkfs 

timüm 

timümps 

i 

buersa 

buerses 

mvr 

mvrs 

nof 

nofs 

timün 

timünts 

f 

buersa 

buerses 

mvr 

mvrs 

DQuf 

n$ufs 

timün 

timüns 

I 

buersa 

buerses 

mvr 

mvrs 

nouf 

noufs 

timün 

timüns 

buersa 

buerses 

mvr 

mvrs 

nöf 

nöfs 

timün 

timünts 

nt 

buersa 

buerses 

mvr 

mvrs 

nöf 

nöfs 

timün 

timünts 

n 

b"Qrsa 

burses 

mvr 

mors 

nöf 

nöfs 

timuni 

timunis 

Pose. 

bürsa 

bürsi 

mvr 

mvr 

n§f 

n§f 

timön 

timön 

Pinz. 

borsa 

borsi 

mvcr 

mvj 

D03f 

noaf 

tamÜD 

tamün 

Mezz. 

bursQ 

burse 

mvr 

mvri 

noef 
< 

noevi 
< 

timiin 

timuni 

Rumo 

börs$ 

börse 

mvr 

mvri 

nceu 

noavi 

c 

timön 

timoni 

Cagnö 

borsa 

borse 

mvr 

mvri 

no30 

noevi 

timön 

timoni 

Brez 

borsa 

borse 

mur 

muri 

nueu 

n"evi 

timön 

timoni 

Tres 

borsa 

borse 

mur 

muri 

n"ejii 

nueji 

timön 

timoni 

Cun. 

borsa 

borse 

mvr 

mvri 

no3o 

noevi 

timün 

c 

timuni 

aus  den  pluralformen  in  t,  t)  (s.  178)  und  alteri  in  ö-ty 
(s.  110).  Am  treuesten  halten  in  Tirol  und  Friaul  die  stamme 
auf  1  am  nominativ  fest;  s.  bellus  s.  108  und  vitellus  s.  154. 
Bei  totus  (s.  164)  mag  in  Friaul  die  grössere  häufigkeit 
für  die  nominativform  entschieden  haben.  Die  form  dutyus 
im  westen  der  Tagliamentomtindung  versteht  man,  wenn  man  die 


Biegung  der  nomina.  207 

Rov.     borsa   borse     mur    muri     n(?f      novi  timön  timoni 

Cav.     borsa   borse     mur    muri     noeo     noevi  timön  timoni 

Pred.    borsa   borse     mur    muri     noef     noevi  timön  timöny 

Vigo    borsQ   borse     mur    mur^s  nef      neves  temön  temöny 

0  borsQ   borses    mur    mures  nef      neves  temön  temös 

p  boursa  bourses  mur    mures  nuef    nueves  teniönt  temönty 

q  bürsa  bürses   mür    mürts  nu       nüs  tomün  tomüns 

r  bürsa   bürses   mür    mürs    nu       nüs  tomun  tomuns 

Bucb.   boursa  bourse    mur    mur      nu°f    nu°s  temön  temöns 

Colle    bursa   burse     mur    mur      nuof    nuof  temun  temün 

Amp.    bursa  bürses   muro  mure    nö       noe  temön  temös 

Aur.     borsa  borse     muro  mure    nyö     nyoe  tamön  tamoi 

O.-C.    borsa   borsi      muro  muri     n"evo  nuevi  tamön  tamöns 

U.-C.    borsa   borse     muro  mure    nqvo   nQve  tamön  tamöny 

Erto     borsa   borse     mur    murs    neuf    ne"f  temön  temö§ 

Cim.     borsa    borse     mur    murs    nouf    nonfs  tamön  tamös 

§>  b$rsa   bQrsas   mür    mürs    no"f    noufs  timön  timöns 

borse   borses    mür    mürs    nauf    naus  tamön  tamöns 

t  borsa    borses    mür    mürs    nüf      nüs  timön  timöns 

u  borsa   borsis    mür    mürs    nouf    no"s  tamön  tamöns 

b  borse   borses   mür    mürs    nouf    nous  tamön  tamöns 

tu         bQrsa   bQrsis    mür    mürs    nüf      nüs  temön  temöns 

£  bQrsQ   b^rsQS    mür    mürs    nouf    nous  temön  temöns 

borsa   borsas   mür    mürs    nöf      nös  tamön  tamöns 

t)  bQrs$    borses    mür    mürs    nüf      nüs  tamön  tamöns 

bQrs^    bQrsis    mür    mürs    nü       nüs  tamön  tamöns 

1  bQrse    bQrsis    mur    murs    nyüf    nyüs"  timön  timöns 
bQrsa   bQrsis    mür    mürs    nyüf    nyüs  timQn  timQns 
borse^    bor§is    mür    mürs    nyöf    nyös"  tamön  tamöns 
borsa   borsis    mür    mürs    nyöf    nyös  timön  timöns 
zbQrsa  zb$rsis  mur    murs    nouf    nous  timön  timöns 

Pord.   borsa   borse     muro  muri    nQvo    nQvi  timön  timoni 

in  jener   gegend  verbreitete   fremde   (ven.)   form   von  vetulus 

kennt:    vqtyu,    pl.    vqtyus.      In    Graubtinden,  wo    man    einen 

konsonantenreichen  auslaut  besonders  leicht  erträgt,  hat  man 

bei  all  den  genannten  Wörtern  den  s-plural.  Nur  die  grössere 
häufigkeit  hat  auch  am  Rhein  gewisse,  fast  ausschliesslich 
im  nominativ  (prädikativ)  gebrauchte  i-plurale  gerettet:   das 


208       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mnndarten. 

sind  die  partizipe  auf  -ati  und  -iti  (-uti)  in  a-b,  besonders  in 
a  und  b,  wo  sie  von  dem  prädikatskasus  der  einzahl  verlangt 
werden:  $1  $  staus,  vinyüs  —  $Ms  qn  sta\  vinyi\  in  b  aber 
heisst  „er  ist  gewesen"  $1  e  stö,  daher  in  der  m ehrzahl  auch 
qlts  en  stös,  nicht  nur  elts  en  sta*a.  Von  e  bis  n,  in  Erto, 
Cimolais  und  von  §  bis  5  hat  man  sich  für  den  akkusativ 
entschieden. 

In  der  3.  deklination  fallen  nom.  und  akk.  plur.  schon  im 
Latein  zusammen;  es  ist  daher  fast  selbstverständlich,  dass 
claves  (s.  108)  von  q  bis  j  sein  -s  hat  (auch  in  Ampezzo  und 
Cimolais).  Wir  können,  da  die  4.  und  die  5.  deklination  zu- 
grunde gegangen  sind,  auch  das  lat.  dies  hieherstellen:  es 
hat  sein  -s  im  plural  von  a  bis  g,  in  Vigo,  Buchenstein,  Am- 
pezzo, Comelico,  Erto  und  Cimolais  (s.  137).  Ungefähr  dieselbe 
Verbreitung  hat  der  s- plural  von  temo  (s.  206)  und  anderen 
Substantiven  der  3.  deklination.  Bei  männlichen  Wörtern  kann 
man  aber  zweifeln,  ob  sie  nicht  einst,  wie  in  anderen 
romanischen  sprachen,  in  die  grosse  2.  deklination  eingereiht 
und  mit  einem  nominativ  plur.  auf  -i  versehen  worden  sind. 
Dann  hätte  der  s- plural  später  den  i- plural  erst  aus  dem 
felde  schlagen  müssen  —  oder  umgekehrt.  Der  deklinations- 
fremde i- plural  musste  besonders  die  namen  lebender  wesen 
und  die  adjektiva  anlocken.  In  der  tat  hat  grandis  in  Tirol 
und  Friaul  den  i- plural  bekommen  und  behalten  (s.  134). 
Ein  ausnähme  davon  ist  p  gram  (statt  grant%),  aber  das  ist 
gewiss  eine  junge  form,  vom  verkürzten  Singular  grata  in  be- 
liebter weise  gebildet.  Wohl  aber  scheint  dqnts  von  dant 
(zahn)  der  unverrückte  alte  plural  zu  sein;  denn  er  ist  der 
einzige  s -plural  von  einem  männlichen  Substantiv  auf  -t  in  p. 
So  werden  auch  die  s-plurale  peves,  tyaneves  von  pel  feil, 
t%an4l  krippe  zu  verstehen  sein.  Es  kommt  vor,  dass  das 
plural-i  zu  dem  plural -s  hinzugefügt  wird,  wobei  s  -f-  i  =  s 
(s.  184):  so  bei  frater  in  p-r,  t-ö  fredes,  fradis  (s.  122),  bei 
latro  in  p,  t,  u  (s.  111).  So  beliebt  ist  -i,  wenn  das  männ- 
liche geschlecht  zugleich  das  natürliche  geschlecht  ist. 

Wie  weit  homo-homines  im  plural  den  vollen  stamm  be- 
wahrt, haben  wir  s.  160  gesehen.  Wenn  die  Veränderlichkeit 
des  Stammes  durch  einen  tonwechsel  verschärft  wird,  wie 
pastor-pastorem,    latro -latronem,    so   wurde   die   biegung   zu 


Biegnng  der  nomina. 


209 


schwerfällig,  um  die  zwei -kasus- zeit  lange  zu  tiberdauern: 
eine  der  beiden  formen  geriet  in  Vergessenheit,  bei  Sachen 
fast  immer  der  nominativ,  z.  b.  carbo  b  skarvün,  f  Jcarvuw, 
\  Jcravüm,  m  t^arbün,  Cagnö  tyarbön,  Vigo  -d»  usw.  Dauer- 
haft waren  hingegen  die  für  männliche  und  weibliche  per- 
sonen  bestimmten  bildungen  auf  -o,  -onem  und  -a,  -anem,  die 
aus  dem  A4tfranzösischen  wohl  bekannt  sind  (s.  jetzt  Jakob 
Jud,  Recherches  sur  la  genese  et  la  diffusion  des  accusatifs 
en  -ain  et  en  -on,  le  partie,  These,  Halle  1907).  Die  meisten 
plurale  mit  diesen  betonten  endungen  besitzt  p.  Der  inter- 
essanteste fall  ist  aber  der  oberländische  name  Nossa- 
dunaun,  den  der  Wallfahrtsort  Einsiedeln  nach  seiner  frauen- 
kirche  führt;  denn  er  stellt  den  akkusativ  sing,  von  domina 
dar.  —  Die  folgende  tafel  bringt  Wörter  für  knabe,  mädchen, 
söhn  und  Schwester  in  beiden  zahlen.  Das  Gadertal  hat  noch 
den  alten  plural  sorores.  In  Buchenstein  und  in  O.-Comelico 
sehen  wir  die  mehrzahl  von  filins  und  soror  mit  anderen 
suffixen  behaftet,  die  an  die  stelle  von  -ones  und  -ores  (oder 
-anes)  getreten  sein  dürften. 


Kl. 

tos 

tuzün 

töza 

tozän 

ÖÖ3 

fice 

sorela 

sor^l 

b 

buep 

buets 

mata 

mat6unts 

fely 

ftflts 

SQra 

SQres 

bu°p 

bueps 

bueba 

buebes 

fely 

feUts 

SQra 

SQres 

e 

mat 

mats 

mata 

matäns 

fely 

fe'lts 

söra 

söres 

> 

f 

mat 

matätss 

mata 

matäns 

fely 

fe'ls 

söre 

söres 

O.-B. 

mat 

mat/ 

mata 

matän 

fix 

fix 

SQr 

SQr 

I 

mat 

mats 

mata 

mates 

fily 

filts 

so"r 

sours 

mat 

matünts 

mata 

mates 

fily 

filts 

sör 

sörs 

m 

mat 

matünts 

mata 

matänts 

fily 

filts 

sör 

sörs 

tt 

mat 

matünts 

mata 

matäunts  fily 

filts 

sör 

sörs 

mat 

matünts 

mata 

mates 

fily 

filts 

sör 

sörs 

V 

mut 

mutöns 

muta 

mutans 

fi 

fiÖDS 

SQr 

suräns 

q 

mut 

mitüns 

mvta 

mitäns 

fi 

fls 

so 

sortis 

r 

mv(t 

mitüns 

mi^ta 

mitäns 

fi 

fls 

so 

sortis 

Buch. 

tozät 

tozät/ 

tozata  tozate 

fi 

fiö1 

sorela  sorele 

O.-C. 

tozato  tozati 

tozata  tozati 

fi$l 

fis 

sue^ 

suis 

Gärtner,  Rätorom.  Bpr.  a.  lit. 


14 


210       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


Pronomina. 

Von  den  persönlichen  fürwörtern  ist  manche  alte 
form  in  unseren  rätoromanischen  mundarten  erhalten,  die 
es  im  Lomb.  und  Ven.  nicht  mehr  ist.  So  treffen  wir 
den  nominativ  ego  nicht  mehr  in  Chiavenna,»  Poschiavo, 
Siidtirol  bis  Predazzo,  in  Bucbenstein,  Colle,  Polcenigo,  Por- 
denone    und    Portogruaro,     ebenda     auch     tu    nicht     mehr, 


ich 

du 

ihr 

er 

sie 

sie 

sie 

Kl. 

mi 

ti 

viQltar 

lü 

le 

lör 

lör 

0 

5u 

te 

vus 

el 

e^a 

$lts 

eles 

b 

i0u 

ti 

vus 

el 

ela 

elts 

ejes 

ieu 

ti 

vus 

el 

ela 

elts 

eles 

c 

p 

te1 

vus 

el 

ela 

elts 

eles 

ieu 

te1 

vus 

el 

ek 

ejlts 

etes 

b 

'U 

te1 

vus 

el 

$la 

§lts 

etes 

ja11 

te/ 

vus 

el 

ela 

elts 

eles 

e 

i* 

te1 

V9us 

el 

ela 

elts 

eles 

f 

Ie 

te 

vuzöters 
> 

el 

ele 

elts 

etes 

9 

ef 

te. 

voks 

al 

ala 

alts 

ales 

% 

aJa 

t03 

vus 

el 

ela 

elts 

eles 

U.-B. 

dye 

tv 

voejtt^r 

Iv 

le 

lur 

1er 

O.-B. 

ye 

tv 

voaltri 

lu 

le 

lur 

le'r 

i 

a1a 

tv 

vuks 

el 

$la 

etts 

ejes 

i 

i0u 

tv 

vus 

el 

$la 

etts 

eles 

! 

n 

tv 

vo 

el 

e^a 

e^ts 

eles 

I 

e 

tv 

vo 

el 

eja 

e> 

eles 

m 

a 

tv 

vo 

el 

ela 

ge 

eles 

^ 

tv 

vo 

el 

ela 

§"8 

eles 

n 

>au 

tv 

vu 

el 

§la 

*B 

eles 

Pose. 

mi 

ti 

vuältri 

\v 

le1 

lür 

lur 

Pinz. 

m$ 

te 

voeaftri 

03l 

1 

oela 

cei 

opli 

Mezz. 

mi 

ti 

vo1 

kuelff 

kuelaif 

kueif 

kueleif 

Rumo 

mi 

ti 

vo1 

kelio 

kelaio 

keio 

keleio 

Brez 

mi 

ti 

vo1 

el 

ela 

ei 

ele 

Cun. 

mi 

ti 

vo1 

kelio 

kelaio 

keio 

keleio 

Rov. 

mi 

ti 

vo1 

el 

ela 

lori 

lore 

Pronomina. 


211 


beide  als  selbständig  oder  doch  betont  gedacht.  Nos  (s.  148) 
und  vos  bewahren  nicht  überall  ihr  -s,  in  o,  p  nur  nos. 
Vermutlich  ist  in  der  zwei  -  kasus  -  zeit  dem  alten  nos, 
vos  die  in  unbetonter  Stellung  entstandene  s-lose  form 
zunächst  als  männlicher  nom.  plur.  an  die  Seite  gestellt 
worden.  Die  einseitige  entwicklung  in  o,  p  mag  von 
den  Umstellungen  p  sow-ze,  sctz-e  (sind  wir,  seid  ihr) 
ausgehen,  worin  der  (stimmhafte)  Zischlaut  das  eine  mal  nur 
dem  pronomen,  das  andere  mal  nur  dem  zeitwort  anzugehören 


Cem. 

mi 

ti 

vo* 

el 

ela 

ei 

ele 

Pred. 

mi 

ti 

vo1 

el 

ela 

lori 

ele 

Vigo 

dyo 

tu 

vo1 

el 

elQ 

it* 

ele 

0 

dye 

tu 

vo 

el 

el<? 

it§ 

etes 

P 

ie 

tu 

vo 

al 

ala 

ai 

ales 

q 

yce 

t03 

OS 

äl 

äla 

äi 

äles 
> 

r 

y« 

tv 

€ 

OS 

tf 

$ra 

ei 

eres 

Buch. 

mi 

ti 

vos 

äl 

ala 

lori 

äle 

Colle 

mi 

ti 

vo1 

el 

ela 

ei 

ele 

Amp. 

*o 

tu 

vos 

el 

era 

lore 

lore 

Aur. 

jo 

tu 

vo1 

lu1 

ela 

lore 

ele 

O.-C. 

50 

tu 

vo1 

li 

ila 

laeri 

ili 

U.-C. 

yo 

tu 

voiautre 

li 

ela 

lore 

ele 

Erto 

iua 

tu 

vosaltre 

lu1 

lie 

leur 

ele 

Cim. 

yo 

tu 

vos 

lu* 

l'e1 

lour 

lour 

Pole. 

mi 

ti 

vo1 

W 

l^D 

lor 

lor 

§ 

äQ 

tu 

VQS 

lu1 

11 

lour 

lour 

!Q 

tu 

VQS" 

kel 

ke 

kel 

kes 

t 

jo 

tu 

voaltris 

lu1 

iei 

lour 

lour 

u 

lo 

tu 

voaltris 

lu1 

Jek 

lour 

lour 

Ö 

j0 

tu 

vosatis" 

lu1 

ie. 

luar 

luar 

ro 

j0 

tu 

vö 

lu1 

ye 

lör 

lör 

J 

<o 

tu 

vu° 

lu* 

ÜQ 

lu°r 

lu°r 

o 

*<? 

tu 

vo11 

W 

V 

lör 

lör 

s 

w 

tu 

voaltris 

lu1 

ye1 

lor 

lor 

y? 

tu 

voaltris 

lu1 

ye 

lör 

lör 

yo 

tu 

voatriS 

lu1 

ye 

lor 

lor 

'<? 

tu 

voaltris 

lu1 

ye1 

lor 

lor 

Pord. 

mi 

ti 

valtri 

lu 

ela 

lori 

14* 

lQre 

212       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mnndarten. 

den  anschein  gewährt.  Alteri  hinzuzufügen  ist  in  den  besten 
rät.  mundarten  kaum  bekannt,  in  anderen  nicht  obligat: 
U.-Comelico  riaHre,  volautre  und  ne\  vo\  S.  Vito  al  Taglia- 
mento  (§)  noaltris,  voaltris  und  ngs,  vqs,  und  hier  verraten 
die  lautlichen  formen  deutlich,  was  einheimische,  was  fremde 
sitte  ist. 

Für  die  3.  person  ist  das  alte  demonstrativum  ille  heran- 
gezogen, aber  in  verschiedenen  biegungsformen :  meisten- 
teils die  akkusative.  In  Tirol  ist  der  nom.  plur.  illi  ver- 
breitet, im  Fassatal  in  einer  auffälligen  form,  die  dem 
altveronesischen  igi  entspricht  (Mussafia,  Monumenti  antichi, 
1864).  Lombardisch  -  venedisch  -  friaulisch  ist  der  gebrauch 
von  lui  und  loro;  das  friaul.  lui  antwortet  so  gut  auf  das 
friaul.  cui  (s.  198),  dass  man  an  seiner  bodenständigkeit 
kaum  zweifeln  kann.  Dazu  stimmt  auch  das  fem.  lei, 
das  gerade  in  Friaul  in  mannigfaltiger  lautentwicklung  üb- 
lich ist. 

Das  rät.  Personalpronomen  zeichnet  sich  noch  dadurch 
aus,  dass  es  den  alten,  klaren  und  bündigen  unterschied 
zwischen  me  und  ml  (mihi)  noch  nicht  vergessen  hat. 
Freilich  hat  sich  dennoch  auch  hier,  wie  beim  Substantiv, 
die  präposition  ad  zu  dem  dativ  hinzugestellt;  aber  es 
blieb  beim  ml.  Im  Engadin,  wo  man  me  als  objekt 
gleichfalls  mit  dieser  präposition  zu  verstärken  pflegt,  ist 
die  Unterscheidung  der  zwei  formen  verloren  gegangen. 
Nach  dem  vorbild  me-ml  hat  man  auch  zu  te  und  se 
die  dative  ff,  sl  lauten  lassen,  wie  alle  romanischen 
sprachen  bezeugen,  in  denen  ml  fortlebt.  Es  gentigen 
daher  die  formen  der  ersten  person,  die  hier  zusammen- 
gestellt sind,  als  beispiele: 


mich 

mir 

O.-B. 

ye 

aye 

P 

m$ 

a  mi 

Kl. 

mi 

a  mi 

t 

me 

adame" 

q 

me 

a  me 

a 

m§ 

da  me 

m 

ma' 

a  ma1 

r 

me 

a  m§ 

b 

me1 

a  mi 

Pose. 

mi 

a  mi 

Amp. 

me 

a  mi 

mo/ 

a  mi 

Pinz. 

m^ 

a  mi 

Erto 

me 

a  mi 

b 

me 

a  me/ 

Nonsb. 

mi 

a  mi 

S 

me 

a  mi 

f 

me_ 

a  me 

Vigo 

me 

a  mi 

8 

m§ 

a  mi 

U.-B. 

dye 

a  dye 

0 

m^ 

a  mi 

Port. 

mi 

a  mi 

Pronomina.  213 

Neben  den  vollen  formen  der  personalpronomen  bestehen 
leichtere,  wieder  von  ort  zu  ort  verschiedene  formen,  mit 
denen  man  sich  begnügt,  wenn  der  satzton  ein  anderes  wort 
trifft.  Doch  ist  am  Rhein  bis  zum  Schynpass  hinauf  die 
proklitische  Stellung  dieser  pronomen,  ja  überhaupt  der  ge- 
brauch der  unbetonten  persönlichen  f'drwörter  in  der  jüngsten 
zeit  fast  ganz  aufgegeben,  auch  oberhalb  des  passes  gerät  der 
gebrauch  ins  wanken.  Am  Vorderrhein  schwankte  der  ge- 
brauch schon  im  17.  Jahrhundert.  Der  oberländische  katechis- 
mus  von  Calvenzan  (1654)  sagt  z.  b.  tij  ta  dadestas  (du  er- 
wachst), eil  nus  po  udir  (er  kann  uns  hören),  jau  l'sai  (ich 
weiss  es),  auch  beim  imperativ:  mi  meigg  ora  quaist  (lege 
mir  das  aus),  dann  aber  wieder:  eil  ha  nus  scafiu  (erschaffen), 
Diaus  ha  a  nus  empermes  (erlaubt),  igl  quäl  ha  dau  a  nus 
(welcher  uns  gegeben  hat).  Das  rückbezügliche  „se"  (sa) 
ist  zwar  an  seiner  stelle  vor  dem  verb  geblieben,  aber  da  so 
fest  angewachsen,  dass  es  auch  für  die  1.  und  2.  person 
gelten  muss:  seflissiar  (sich  bemühen),  seflissiei  (bemüht  euch). 
Aber  erst  um  1700  taucht  allmählich  dieser  gebrauch  auf; 
bei  Molitor  (Cudeschet  da  s.  historias,  1656)  lesen  wir  (s.  8): 
0  vus  carschiouns  vus  partarcheit  (o  ihr  menschen,  denkt 
euch),  und  bei  Caminada  (Manuale,  1690):  mo  ta  partrachie 
ca  la  mort  vengig  tei  far  . . .  (aber  denke  dir,  dass  dich  der 
tod  . .  .  machen  wird).  Das  zweite  überbleibsei  des  unbetonten 
Personalpronomens  im  Oberländischen  ist  das  neutrum  „ei" 
(unser  „unbestimmtes  es");  es  ist  immer  Subjekt  und  gibt, 
wie  das  ital.  egli,  den  nominativ  ille  wieder:  ely.  Gabriel 
(1649)  schreibt  es  noch  nicht  mit  einer  festen  formel,  sondern 
vermutlich  lautgetreu:  el  seig  (es  sei),  ilg  ei  und  lg'ei  (es 
ist),  i  stat  (es  steht),  stat  ei  (steht  es),  eis  ei  (ist  es).  Durch 
eis  ei  verleitet  schreibt  man  dann,  schon  1654,  auch  ei  glei 
(es  ist)  und  kommt  so  zu  der  festen  form  „ei".  Auch  in 
anderen  teilen  Graubtindens  hat  man  eine  eigene  form  für 
das  neutrum:  i,  a  u.  ä. 

Über  das  heer  von  kurzformen  und  ihren  gebrauch  von 
c  bis  g  seien  hier  nur  einige  bemerkungen  angebracht. 

Pleonastische  personalpronomina  im  nominativ  hängen  sich 
in  vielen  mundarten  an  die  verba  vorne  an.  Nur  a-n  und 
p  sind  davon  frei;  o,  q,  r  wiederholen  gern  das  tu,  Kleven, 


214       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

Buchenstein,  Ampezzo  und  Portogruaro  auch  das  pronomen 
der  3.  person,  Bergeil,  Nonsberg  und  §-5  haben  für  alle  oder 
fast  alle  personen  und  zahlen  solche  tiberflüssige  kleine  ftir- 
wörter,  oft  unter  gewissen  bedingungen  nur  (z.  b.  dass  nicht 
ohnedies  schon  ein  proklitisches  wort  da  ist).  In  Pesäriis  (j) 
z.  b.  sagt  man:  *o-*  sa*,  tu  tu  säs,  lu*  dl  sa,  i°  a  sa,  nu°  i 
saviw,  u°  i  saves,  lu°r  a*  satt,  lu°r  as  saw.  In  fragen  mit  be- 
tontem pronomen  ist  die  Wiederholung  weiter  verbreitet,  z.  b. 
Vigo:  seJ  yo?  sas-te  tu?  sa-l  el?  sa-V  elg?  saön-e  no'?  saede 
vo*?  sa-i  ity?  sa-le  ele? 

Die  zwei  kasus  me-ml  usw.  können  an  unbetonter  stelle 
nicht  unterschieden  werden,  wohl  aber,  ausserhalb  Grau- 
btindens,  akkusativ  und  dativ  von  ille;  der  dativ  illi  wird 
dabei  auch  für  den  plural  (illis)  verwendet.  Unser  gebiet 
teilt  sich  demnach  in  vier  teile:  a-b  Verlust  der  pronomi 
affissi,  e-Ij  die  männlichen  dative  illi  und  illis  durch  die 
akkusative  ersetzt,  die  weiblichen  durch  die  betonten  formen, 
t-n  durchwegs  die  akkusative  statt  der  dative,  0-5  für  beide 
zahlen  der  dativ  illi  (**,  yi,  dyi,  Erto  dye;  vgl.  Pose,  ga-,  -ik, 
lomb.  und  ven.  ge).  Die  ersetzung  des  dativs  durch  den 
akkusativ  in  Graubtinden  erklärt  sich  leicht  aus  dem  zusammen- 
fallen derselben  kasus  bei  me,  te,  se,  die  ersetzung  von  illis 
durch  illi  in  Tirol  und  Friaul  ebenso  aus  dem  alten  sibi,  das 
ja  auch  für  beide  zahlen  hinreichte. 

Aus  den  auffälligen  neubildungen  sei  das  friaul.  {u 
herausgegriffen,  weil  es  in  unseren  texten  vorkommt  (satt  55). 
Es  bedeutet  illos  und  ist  aus  dem  nominativ  illi  durch  an- 
lehnung  an  den  Singular  lu  entstanden.  Illi  (i,  li)  als  un- 
betonter akkusativ  ist  ringsumher  bekannt. 

Die  Possessivpronomina  haben  sich  lautlich  und  ana- 
logisch auch  zu  einer  grossen  mannigfaltigkeit  entwickelt. 
Die  folgende  tafel  stellt  einen  ausschnitt  davon  vor  äugen: 
meus,  tuus  in  den  prädikativen  formen,  suus  in  der  attri- 
butiven. Die  attributiven,  unbetonten  formen  sind  übrigens 
gar  nicht  oder  durch  die  vokalkürze  allein  von  den  be- 
tonten verschieden  im  Lombardischen,  in  a-e,  j-n,  q,  r, 
Buchenstein,  Forni  di  sotto  (8)  und  von  ö  bis  über  einen 
grossen  teil  der  friaulischen  ebene  $  hin;  sie  werden  ohne 
artikel  nur  in  0  bis  b  (Domleschg),  i-n,  Vigo,  o-r,  Buchen- 


Pronomina.  215 

stein  und  Colle  gebraucht,  während  sonst  der  italienische  ge- 
brauch eingeführt  ist. 

Tuns  und  suus,  nach  dem  vorbilde  me-te-se,  auf  meus 
zu  reimen,  hat  man  in  allen  drei  rät.  gebieten  unternommen, 
mit  ganzem  erfolg  in  a-n  und  p,  auch  im  Bergeil,  mit  halbem 
in  Poschiavo,  Vigo,  o,  Erto,  Cimolais  und  t-5  mit  ausnähme 
des  küstenstriches  von  der  mtindung  des  Tagliamentos  bis 
Görz.  Merkwürdig,  dass  in  all  diesen  orten  mit  halber  an- 
gleichung  der  reim  stets  im  prädikativen  mask.  plur.  gelungen 
ist;  fei  (Brez,  Fondo)  ist  freilich  nicht  mehr  weit  von  m'ei. 
Im  sing,  half  die  ausserhalb  des  satztons  erworbene  gewohn- 
heit  die  endung  -um  (-0)  zu  betonen  auch  mit,  tuum  und 
suum  an  meum  anzugleichen.  Die  absonderlichsten  formen 
weist  u  auf;  um  sie  zu  erklären,  wird  man  von  dem  mask. 
plur.  mei  ausgehen  müssen.  Diese  hat  einst  ff»'«  gegeben, 
wie  man  noch  jetzt  in  benachbarten  orten  sagt;  in  t  hörte 
ich  im  auslaut  ein  schwaches  dünnes  %  nachzischen,  aus 
diesem  reiblaut  konnte  ein  verschlusslaut  werden:  m'ek  (vgl. 
Erto).  Wie  sich  m'o  zu  nyo  erleichterte,  so  dann  auch  der 
plnral  zu  nyeh.  Durch  weitere  angleichung  erhielt  der  Sin- 
gular das  -Ti  (wie  ja  sogar  das  femininum)  und  der  plnral 
das  -0-;  und  während  sich  die  zwei  nyük  einfanden  und 
wegen  ihrer  verschiedenen  bedeutung  abstiessen,  verfiel  man 
darauf,  von  der  einzahl  nyük  wie  von  einem  männlichen 
nomen  eine  mehrzahl  nyös  zu  bilden.  Vor  oder  nach  dieser 
einfachen  lösung  schloss  sich  tuus,  suus  an  und  erreichte  für 
das  männliche  geschlecht  vollkommen  reimende  formen;  auch 
tplc  ist  nun  kein  rätsei  mehr. 

In  den  misch-  und  Übergangsmundarten  Tirols  sehen  wir 
den  kämpf  zwischen  den  lomb.  und  den  ven.  formen  im  fem. 
plur.  Auch  an  einunddemselben  ort  kann  man  sie  neben- 
einander hören,  z.  b.  in  Cagnö  das  ven.  mie,  toe,  soe  und  das 
lomb.  mqi,  tcei,  sozi. 

Die  kurzformen  dieser  drei  fürwörter  bei  attributivem 
gebrauch  verlieren  an  manchen  orten  jedes  flexivische  Kenn- 
zeichen, z.  b.  U.-Bergell  nie,  te,  se  für  alle  geschlechter  und 
zahlen,  ebenso  me,  to,  so  u.  ä.  in  vielen  gegenden  im  osten,  mi, 
ti,  si  in  p,  m{o,  to,  so  in  U.-Comelico.  Bloss  das  geschlecht  unter- 
scheiden z.  b.  O.-Bergell  me,  f.  mi,  u  nyo,  t%oj  s(o,  f.  nie,  to,  so. 


216       Vergleichende  darstellang  der  rätoromanischen  mundarten. 


mein 

f. 

m.  pl. 

f.pl. 

dein 

f. 

m.  pl. 

f.pl. 

sein 

Kl. 

m$ 

mia 

me 

m^ 

to 

tua 

to 

to 

al  so 

a 

mes 

mia 

mes 

mies 
> 

t^s 

tia 

tes 

ties 
> 

siu 

b 

mej3 

me'a 

m$s 

me'es 

t$s 

te'a 

tej3 

te'es 

siu 

mas 

mo/a 

mes 

mo/es 

tas 

to'a 

tas 

tg'es 

seu 

m^s 

mia 

m^s 

mies 
> 

tes 

tia 

tes 

ties 
> 

seu 

c 

meu 

me'a 

m^s 

me/s 

teu 

te'a 

tes 

te/s 

seu 

b 

mea 

mia 

me"s 

meas 

tea 

tia 

te^s 

teas 

sea 

mies 

mi 

mies 

mis 

ties 

ti 

ties 

tis 

il  sies 

e 

mies 

mia 

mis 

mies 

ties 

tia 

tis 

ties 

il  sies 

f 

mle 

meye 

mle 

meyes 

tr 

teye 

tP 

teyes 

il  sis 

9 

mes 

me'a 

mes 

me'es 

> 

tes 

te'a 

tes 

te'es 

il  ses 

k 

mis 

mia 

mis 

mies 

> 

tis 

tia 

tis 

ties 

al  ti 

o.-a 

me 

mia 

me 

mia 

te 

tia 

te 

tia 

al  se 

i 

mP 

mia 

mPs 

mies 

> 

tla 

tia 

tPs 

ties 

> 

sia 

i 

me's 

mia 

mes 

mies 

> 

te's 

tia 

tes 

ties 

se's 

I 

mis 

mia 

mes 

mies 

tis 

tia 

tes 

ties 

sis 

1 

me's 

mia 

mes 

mies 

te's 

tia 

tes 

ties 

> 

se's 

m,  n 

mes 

mia 

mes 

mies 

tes 

tia 

tes 

ties 

ses 

Pose. 

me 

mia 

mei 

mei 

te 

tüa 

tei 

tei 

1  s$ 

Pinz. 

m§ 

mia 

me 

mi 

t<? 

tua 

t03 

tui 

al  sq 

Mezz. 

me 

meQ 

m§i 

m§i 

t(B 
t 

t03Q 

toei 

c 

toei 
< 

^1  sce 

Rumo 

m§ 

mi$ 

mei 

mei 

tQ 

tOQ 

toei 
< 

toei 

el  sq 

Cagn£ 

i  m$ 

mia 

mei 

m§i 

to 

toa 

toei 

toei 

el  so 

Brez 

me 

mia 

m'ei 

mie 

to 

toa 

tuei 

toe 

1  so 

Corr. 

me 

mia 

m'^i 

mie 

to 

toa 

t"Qi 

toe 

1  SQ 

Cun. 

me 

mia 

mei 

mie 

tQ 

toa 

t03i 

toe 

1   SO 

Rov. 

m^ 

mia 

m^i 

mie 

to 

toa 

t<?i 

toe 

1  so 

Cem. 

m§ 

mia 

mei 

mei 

to 

toa 

toei 

toei 

1  S9 

Im  gegensatz  zu  den  besprochenen  Vereinfachungen  hat 
Graubünden  auch  in  unbetonter  Stellung  zuweilen  zwei 
formen,  wie  i  mia  Jcugdes  mein  buch,  aber  mi'z  bap  mein 
vater.  Die  ausgeglichenen  kurzf'ormen  sind  begreiflicherweise 
besonders  da  in  blute,  wo  der  artikel  die  bezeichnung  von 
geschlecht  und  zahl  besorgt. 

Noster,  voster  hat  in  der  westhälfte  die  gruppe  der 
geräuschlaute  auf  einen  einfachen  Zischlaut  reduziert:  graub. 
mit  Poschiavo  ngs,  ngsa,  Pinz.,  Sulzberg,   Nonsberg,  Avisiotal 


Pronomina. 

217 

Cav. 

mio 

mia 

m'ei 

mie 

to 

tQva 

toei 

tore 

1  so 

Pred. 

mio 

mia 

m'ei 

mie 

t9 

tQva 

tpvi 

tQve 

1  so 

Vigo 

mie 

miQ 

mie 

mie 

to 

t9 

tie 

tQe 

sq 

0 

mie 

miQ 

mie 

mies 

to 

tiQ 

tie 

ties 

S9 

P 

mie 

mia 

mW 

mies 

tie 

tia 

tiei 

ties 

si 

q 

mi 

mia 

mi 

mies 

> 

to 

tva 

tv 

tves 
> 

89 

r 

mio 

mia 

mi 

mies 

to 

ti;a 

tv 

ties 

t  > 

89 

Buch. 

mio 

mia 

mi'i 

mie 

tuo 

tua 

tuoi 

tue 

suo 

Colle 

mio 

mia 

miei 

mie 

tuo 

tua 

tu°i 

tue 

sa 

Amp. 

mQ 

mea 

m'ei 

mees 

to 

toa 

tuoi 

toes 

el  SQ 

Aur. 

me 

mea 

m'ei 

mee 

«Q 

toa 

tuoi 

toe 

1   SO 

O.-C. 

m'Q 

me'a 

mi 

m^i 

t9 

tQua. 

tui 

teui 

al  sq 

u.-c. 

m'o 

mia 

m'ei 

mie 

to 

toa 

toi 

toe 

al  so 

Erto 

m'Q 

mea 

miak 

me'e 

tyua 

toa 

t*i»k 

toe 

al  so 

Cim. 

m'o 

mea 

m'ei 

mee 

t'9 

toa 

tjei 

toe 

al  so 

Pole. 

me 

mea 

m'Q# 

mee 

t<? 

toa 

tuQ# 

toe 

al  so 

§ 

m'Q 

me 

m'ei 

mes 

t9 

tö 

Vqi 

tös 

al  sq 

w 

mQ 

m'ei 

mQS 

t<? 

tö 

töi 

tos 

al  sq 

t 

nyon 

mQ 

m'ei 

mQs 

t*0D 

to 

tyei 

tös 

el  so 

u 

nyök 

niQk 

nyös 

mes 

tXök 

tök 

t*ös 

tös 

al  sfo 

Ö 

W 

me 

nyie 

lqqs 

t/9 

t9 

tyie 

tQs 

il  s'o 

tu 

nyo 

m§ 

m'ei 

mQs 

t9 

tö 

t'ei 

tös 

il  SQ 

i 

nyo 

mQ 

miQ 

mQS 

t9 

t? 

tiQ 

tös 

lu  so 

nyo 

dqq 

mia 

m^s 

to 

t9 

tia 

tQS 

lu  so 

9 

ny9 

m$ 

m'ei 

m§s 

t9 

t9 

t#ei 

tQS 

lu  SQ 

1 

m'Q 

me 

m'ei 

mes 

t9 

to 

t'ei 

tös 

eji  sq 

me 

me 

mQi 

mes 

t9 

to 

tQi 

tQS 

el  sq 

m'o 

me 

m'ei 

mQS 

t9 

to 

t'ei 

tQS 

il  SQ 

Pord. 

mio 

mia 

mi 

mie 

tuo 

tua 

tui 

tue 

el  suo 

mit  o  ngs,  ngsa  u.  ä.;  das  ist  aber  eine  rein  lautliche  er- 
scheinung,  denn  ebenda  heisst  monstrare:  in  Graubünden 
musd,  muser  u.  ä.,  in  Tirol  mosdr,  mos^r  u.  ä.  Von  flexi  vi- 
schem  wert  aber  sind  die  diphthongierungen  in  Granbünden 
und  Tirol.  In  et,  b  ist  nies  attributiv  und  neutrum,  ngs 
prädikat  eines  maskulinums,  wie  miu  —  mes,  hien  —  bunts  usw. 
(s.  204).    Die  andere  diphthoDgierung  gilt  dem  -i  des  plurals: 


Pose.     nQS     nces 
Pinz.     nQS     noes 


Vigo,  o         nQS      nes 
Buch.,  Colle  nQst    nu°s 


q     nost     nces" 
r     nQst     nüs 


218       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

Sonst  bleibt  ein  solches  o  in  geschlossener  silbe  auch  vor  -i 
ungebrochen.  Wir  sehen  durch  diese  eigenttimlichkeit  aber- 
mals q,  r  in  lombardische  gesellschaft  versetzt,  aber  diesmal 
so,  dass  die  fäden  des  Zusammenhanges  über  Buchenstein  und 

0  westwärts  zu  führen  scheinen. 

Demonstrativ  sind  vor  allem  die  begriffe  „dieser", 
Jener"  und  „der"  (derjenige);  nur  der  letzte  wird  in  allen 
unseren  mundarten  gleich  ausgedrückt,  nämlich  durch  eccum- 
illum  (ital.  quello;  wohl  schwerlich  =  atque  illum).  Neben 
Jcuel  hat  man  in  Graubtinden  eine  form  für  das  neutrum  und 
für  das  proklitische  maskulinum:  hue\  huQi  (Brigels),  hue.  Der 
plural  wird  in  a-n  durch  den  akkusativ  dargestellt,  kuelts  u.  ä., 
sonst  durch  den  nominativ,  wobei  das  1  vom  -i  aufgesogen 
ist:  lomb.  kui,  o,  q,  r,  Buch.,  Colle  Jci,  p  hat,  Nonsberg  und 
Friaul   hei.    In  Friaul  ist  auch   im  weiblichen  geschlecht  das 

1  verschwunden:  sing.  hq,  hqh  (u)  u.a.,  plur.  Jcqs,  he~s  u.  ä.; 
dazu  scheint  auch  lei  (s.  211)  verleitet  zu  haben.  Dasselbe 
wort  deckt  in  Tirol  und  Friaul,  wie  in  den  beiden  ital. 
dialekten,  auch  den  begriff  „jener",  in  Q-b  jedoch  den  be- 
griff „dieser".  Für  „jener"  hat  man  da  vielmehr  tscl,  tsel 
bereit,  neutrum  tse\  tsg*  (Brigels);  am  Hinterrhein  ist  das 
neutrum  vergessen,  weiter  oben  das  ganze  pronomen.  Erst 
am  andern  ende  Graubündens,  in  1,  m  mit  einschluss  des 
jetzt  völlig  verdeutschten  Samnauner  Tales,  taucht  dasselbe 
isel  wieder  auf,  und  zwar  wieder  in  der  bedeutung  „jener". 
Es  ist  sehr  merkwürdig,  dass  in  einundderselben  gegend 
eccum- illum  und  ecce-ille  in  zwei  Wörter  verschiedenen 
sinnes  auseinander  fliessen  können,  aber  die  lautliche  ent- 
wicklung  und  die  geographische  Verbreitung  der  Wörter 
lassen  keinen  zweifei  über  deren  bodenständigkeit  zu.  Zu 
eccum -istum  gibt  es  keine  solche  nebenform.  Es  fragt  sich, 
was  von  dem  „quest"  der  oberländischen  und  dem  „quaist" 
der  engadinischen  literatur  zu  halten  ist.  Der  form  nach  er- 
regen sie  keinen  anstoss;  aber  die  lebende  mundart  kennt, 
soviel  ich  weiss,  am  Khein  das  wort  nicht,  am  Inn  nicht 
eine  richtig  entwickelte  form  l^afst,  hast  o.  dgl.  (sondern 
huest,  huist,  also  formen,  die  dem  lomb.  huest  näher  stehen). 
S.  die  erzählung  bei  E.  Walberg,  Saggio  sulla  fon.  d.  parlare 
di  Celerina-Cresta,  Lund  1907,  s.  26,  letzte  note. 


Pronomina.  219 

Das  einfache  ille  ist  nicht  mehr  demonstrativ,  sondern 
als  Personalpronomen  (s.  oben)  nnd  als  artikel  in  Ver- 
wendung. Die  ausspräche  des  artikels  ist  flüchtig  und  oft  je 
nach  der  lautumgebung  verschieden.  Die  Schriftsprache  übt 
manchmal  eine  ausgleichende  Wirkung  aus;  das  hat  auch 
Pirona  bemerkt,  der  im  Vocab.  friulano,  1871,  übertreibend 
sagt,  vor  dem  anfang  des  19.  Jahrhunderts  habe  man  nur  lu 
angewandt,  nun  aber  sei  allgemein  an  dessen  stelle  das  ital. 
il  getreten.  In  j  ist  im  mask.  plur.  die  an  lu  angelehnte 
form  *u  gebraucht,  doch  ist  das  unentstellte  Uli  in  der  Ver- 
bindung mit  präpositionen  aufbewahrt:  int  e*  t%etmp$  auf 
den  feldern.  Der  lat.  dativ  illi,  den  wir  in  o-§  als  un- 
betontes Personalpronomen  kennen  (s.  214),  galt  am  Khein 
auch  als  artikel,  z.  b.  im  oberländischen  psalter  von  J.  Grass, 
1683,  s.  520  par  'lgi  terra  plievia  dar  (um  der  erde  regen 
zu  geben),  s.  566  Lgi  num  d'  ilg  Senger  tuts  dei  laud 
(dem  namen  des  herrn  gebt  alle  lob),  auch  in  begleitung 
der  präposition  a:  519  Deit  a  lgi  sieu  num  1'  hanur. 
Dieses  a  gli  sehen  wir  noch  1828  im  Cudisch  de  S.  Giuseph 
gedruckt:  a  gli  nauscha  Spirt  (dem  bösen  geist),  und  als 
pronomen  (s.  65):  En  sia  malmort  en  Jesus,  Maria  e  Joseph 
ä  gli  compari  (bei  seinem  tode  sind  ihm  J.,  M.  und  J.  er- 
schienen). 

Über  ipse  weiss  uns  abermals  Graubünden  die  inter- 
essanteste geschichte  zu  erzählen.  Während  nämlich  Tirol 
und  Friaul  dafür  ist'  ipsum  verwenden  (ital.  stesso),  z.  b. 
Nonsberg  stes,  Vigo  wstes,  p  wstas,  q  wstäs,  Erto  istes, 
£  stes,  i  stes,  hat  Graubtinden  an  ipsum  das  reflexive  me, 
te,  se  anwachsen  lassen,  ähnlich  wie  im  .Rumänischen,  z.  b. 
b,  f  mqts,  t^ts,  sets.  Man  sagt  also  b  iou  mets  ich  selbst,  ti 
tets  du  selbst,  el  sqts  er,  ihn  selbst,  ela  s$ts  sie  selbst  usw., 
ferner  nuzqts,  vuz^ts  wir,  uns,  ihr,  euch  selbst;  endlich  be- 
steht da  noch  die  Verbindung  huel  lets  eben  dieser,  derselbe. 
Ob  ts  aus  lat.  ps  durch  vertauschung  des  alten  verschluss- 
lautes mit  dem  zu  s  besser  passenden  entstanden  ist,  oder 
über  pts  hin,  kann  ich  nicht  sagen;  auch  nicht  bei  dem 
gleichen,  aber  jungen  fall  b  huep,  plur.  buets  (s.  209).  Das  in 
der  3.  person  angewachsene  se  —  es  hatte  sich  schon  im 
12.  Jahrhundert  da  festgesetzt  (s.  d.  alt.  rät.  Sprachdenkmal, 


220       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mnndarten. 

z.  14)  —  ergab  selbstverständlich  ein  stimmloses  s;  der 
stimmhafte  Zischlaut  in  nuzqts  ist  das  -s  von  nos.  Im 
Engadin,  wo  me,  te,  se  nach  der  Verkürzung  zu  m',  t',  s'  zu 
am,  at,  as  wieder  ergänzt  worden  ist,  könnte  in  der  gegen- 
wart  auch  von  se-ipsum  aus  ein  zes  entstehen;  man  sagt 
aber  i  azvös  (sich  selbst),  und  das  rätselhafte  v  bleibt  auch 
nach  me,  te:  amv$s,  advgs.  Bei  Peider  1719  (9)  lesen  wir 
suessa  und  svessa,  im  Unterengadin :  Chiampel  1562  eug 
mwels  (ich  selbst),  twels  (du  selbst),  a  nuo  ns'  swefs  (uns 
selbst),  Toutsch  1613  nuo  answess,  in  saiswess  (in  sich 
selbst),  Vöa  crucis,  ungefähr  1770  (taraspisch) ,  in  sai  zuess, 
'1  noss  Salvader  zuess,  tai  zuess.  Das  von  Ascoli  vor- 
geschlagene ipsum-ipsum  würde  ses  ergeben  haben  (vgl. 
stesso);  vielleicht  ist  das  u  von  nus,  vus  über  §  hin  ver- 
schleppt worden:  ad  nos  ipsos  —  a  nus  es  —  anuz^s  — 
anzu$s  —  anzvfs  usw.,  von  avuz^s  kommt  man  noch  leichter 
zu  azv^s.  Ahnliche  Übergänge  Hessen  sich  belegen.  —  In 
büchern  und  Zeitschriften  findet  man  medem,  medesim  und 
stess,  von  den  grammatikern  begünstigt,  aber  fremd  und 
mehr  in  der  bedeutung  „gleich",  „derselbe"  verwendet. 

Von  den  übrigen  fürwörtern  haben  wir  das  fragende 
und  relative  quis,  quid  schon  gesehen  (s.  198).  Das  relative 
qui,  quae,  quod  und  das  bindewort  quod  lautet  fast  überall 
ke,  he,  nur  in  Graubünden  auch  tya,  \%i\  hier  liegt  also 
nicht  quod  zugrunde,  sondern  qui,  quid,  dem  bindewort  viel- 
leicht quam. 

Wenn  wir  endlich  zu  den  sog.  unbestimmten  für- 
wörtern übergehen,  so  schreiten  wir  eigentlich  in  das  gebiet 
der  wortkunde;  denn  über  die  biegung  ist  da  nichts  zu  be- 
richten. Aber  Wörter  wie  „etwas",  „nichts",  „kein"  verdienen 
doch  eine  Sonderstellung,  ausserhalb  der  gewöhnlichen  begriffs- 
wörter.  Qualcosa,  nessuno  sind  italienisch,  die  ableitungen 
mit  gutta  lombardisch,  niente  venezianisch;  als  rätoromanisch 
erweisen  sich  die  ausdrücke  1.  unus  non  sapit  quid  oder  ego 
non  sapio  quid  in  a-g  Qntsitx?  «•  ä.,  p  tseJce,  q  t^etse  (mit 
vertauschung  des  silbenanlautes),  r  tyitse,  Buch,  txetse,  Colle 
setje,  2.  aliquid  (-quod)  in  f-n,  Cav.-Vigo,  o-r,  Buch.,  Colle, 
Amp.  bis  Erto,  Cim.,  §-§,  3.  null-ia  in  I-n,  Vigo,  o-r, 
im    nördlichen   Piavegebiet,    Erto,    Cim.,    §-g,    4.   nee    unus 


Pronomina. 


221 


in  Q-n,  o-r  und  daneben  in  einigen  lomb.  und  halb  ven. 
gegenden,  wobei  man  die  merkwürdige  nebenform  mit  d- 
in  p-r,  Buch,  und  Colle  nicht  tibersehe  (vgl.  „degtin"  im 
Rouergue,  nach  J.  Aymeric,  Z.  f.  rom.  Philo!.  III). 


etwas 

nichts 

kein 

Corr. 

vergöt 

engöt 

entsün 

KL 

k^kqs 

negöt 

nesim 

Tres 

vergöt 

engöt 

an#ün 

a 

^ntsat/e" 

nuet 

nadyin 

Cun. 

vergota 

engota 

entsinn 

b 

e^ntsatx^1 

nuet 

nadyin 

Rov. 

k"alkQS 

nyente  nasün 

entsatyq1 

nuet 

nadyin 

Cem. 

vargöt 

n^nt 

negv'n 

^ntsit/^1 

nuet 

nidyin 

Cav. 

valge 

nyente 

negtn 

c 

antsatse 

nout 

nagin 

Pred. 

valk 

n'ent 

negvn 

antsake 

nagut 

nagin 

Vigo 

valk 

nyiQ 

negün 

antsitye 

ntjt 

nadyioy 

0 

v^lk 

ni$ 

negün 

b 

antsat/S 

not 

niny 

P 

velk 

Dia 

degÜD 

antsat/e* 

mit 

niny 

q 

välk 

nia 

degüü 

e 

entyetxe 

navöt 

niny 

r 

välk 

nia 

degv'ü 

f 

entsat/ö 

navöt 

niny 

Buch 

.  vejk 

nia 

degün 

9 

antsatse 

angueta 

andyiü 

Colle  valk 

nia 

degüny 

* 

vargöt 

nagöt 

nadyrny 

Amp.  alyo 

nu'a 

negün 

O.-B. 

vargöt 

nagöt 

nadytn 

Aur. 

algo 

nu'a 

nesün 

i 

kaltyösa 

Dgueta 

indyvn 

Ü.-C. 

algo 

n'ente 

nesün 

kualtyösa 

ingueta 

indyvn 

Erto 

alk 

nia 

nesün 

j 

kualt^Qsa 

ingueta 

indyrn 

Cim. 

alk 

nu*a 

nesün 

! 

alt*  * 

ingota 

indyv'n 

Pole. 

kalkosa 

nyent 

? 

I 

alt/ 

noelya 

indyt'n 

3 

alk 

nu'a 

nisün 

alts 

nulya 

indyrn 

alk 

nue 

nisün 

m 

alt/ 

noeya 

indyvn 

t 

alk 

nuja 

nisün 

altz 

nvlya 

indyrn 

u 

alk 

nu'a 

nesün 

n 

aUt* 

nvlya 

nindzt'n 

Ö 

alk 

nu{e 

nisün 

alts 

nvlya 

nindzYn 

tö 

älk 

nuJa 

nisün 

Pose. 

varg6t(a) 

nyent 

UVgtB 

S 

alk 

ml'q 

nisün 

Pinz. 

vargiit(a) 

nigüt(a)  nigt'ny 

9 

alk 

nue^ 

nisün 

Mezz. 

vergöt 

negöt 

negv'n 

i 

alk 

nu'e 

nisün 

Rumo 

vergöt 

engöt 

ntstm 

alk 

nuya 

nisün 

Cagnf 

>  vergöt 

engöt 

entsun 

alk 

nuye 

nisün 

Brez 

vargöt 

ngot 

ntsün 

alk 

nu*a 

nesün 

Fondo  vergöt 

ngot 

ntsün 

Pord.  kualkosa  nyinte 

nesün 

222       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


Biegung  der  verba. 

Von  den  lateinischen  deklinationen  hatten  wir  nur  Über- 
bleibsel aufzusuchen,  die  konjugationen  aber  stellen  in 
unseren  mundarten  noch  immer  ein  mächtiges  stück  sprach- 
leben dar.  Um  eine  Vorstellung  von  der  mannigfaltigkeit  zu 
bekommen,  zu  der  in  den  verschiedenen  gegenden  lautwandel 
und  angleichung  geführt  haben,  wollen  wir  besonders  infinitiv, 
partizip  und  präs.  ind.  einiger  Zeitwörter  über  das  ganze  ge- 
biet hin  verfolgen. 

An  den  infinitiven,  denen  wir  schon  s.  108  bis  191  be- 
gegnet sind,  war  zu  sehen,  dass  die  vier  lat.  konjugationen 
überall  noch  fortleben,  wenn  auch  die  Verteilung  der  verba 
unter  sie  nicht  durchweg  die  gleiche  ist.  Das  Münstertal 
(n)  sticht  durch  seine  Vorliebe  für  den  infinitiv  der  3.  kon- 
jugation  ab:  Jclgmer,  -qr  clamare,  dprmer,  -$r  dormire  usw. 
Betont  bleiben  da  die  infinitivendungen  nur  in  den  einsilbigen 
oder  einsilbig  gewordenen  verben  dar,  stär,  fär,  %r,  dir,  tör 
und  bei  den  allergeläufigsten  hilfs-  und  modalverben  avcPr 
vuWr,  pudd{r,  savd^r.  Einzelne  Übertritte  in  die  3.  kon- 
jugation  kommen  auch  sonst  vor:  bei  videre  (s.  226)  in  einer 
sehr  ausgebreiteten  landschaft  (weil  der  ven.  brauch  tiberein- 
stimmt), bei  tenere  im  Engadin  und  Rumo  tenyer,  -$r  und  in 
£  tenyi,  obwohl  dieses  verb  in  Tirol  und  Friaul  sonst  meistens 
dem  zuge  von  venire  folgt  und  in  die  4.  konjugation  eintritt. 
Der  infinitiv  videre  hat  im  Engadin  und  in  Friaul  auffällige 
formen  angenommen.  Ein  in  video  berechtigter  lautwandel 
ist  in  den  infinitiv  verschleppt  bei  i  vdzqr,  m  vetser  und 
bei  §  v{gdi  usw.  Zu  jener  palatalisierung  vergleiche  man 
medius,  -a  (s.  200)  und  die  präsensformen  von  videre  in  f) 
hier  (s.  226)  und  bei  Candrian  (Dialekt  von  Bivio-Stalla, 
Halle  1900,  s.  56).  Wie  das  -o  von  vid(e)o,  so  zieht  sich 
auch  das  von  credo  in  den  stamm:  j  JcreH,  hröt,  $  Jcrgdi  usw. 
und  gelangt  von  da  auch  in  den  infinitiv.  Die  formen  auf 
-a  in  j-m  sind  gedoppelte  infinitivbildungen ;  -a  für  -ar,  -er 
ist  in  Poschiavo  regel  (s.  z.  b.  mittere  s.  228).  So  erklärt 
sich  auch  der  infinitiv  ira  an  der  quelle  des  Vorderrheins 
(s.  244). 


Biegung  der  verba.  223 

Die  partizipe  auf  -atum  und  -itum  passen  so  gut  zu 
den  infinitiven  auf  -are  und  -ire,  dass  nur  ganz  ausnahms- 
weise ein  tibertritt  stattfindet;  so  bei  venire,  das  sich  gern 
mit  tenere  verschwistert.  Am  Rhein,  wo  ü  zu  i  wird,  kann 
man  zweifeln,  ob  -itum  oder  -utum  durch  die  heutigen 
formen  (s.  230)  wiedergegeben  ist;  erst  in  f)  und  am  lnn 
sieht  man  deutlich,  ob  man  es  mit  -itum  oder  mit  -utum  zu 
tun  hat.  Aber  in  fy  und  t  sagt  man  auch  pudia,  savta,  vulla, 
dyia  (bei  Bifrun  1560:  pudieu,  savieu,  vulieu,  hagieu),  man 
scheint  also  da  —  vielleicht  auch  in  o-g  —  die  partizipe  auf 
-utum  in  die  i-konjugation  versetzt  zu  haben.  Im  übrigen 
ist  -utum,  wie  in  anderen  romanischen  sprachen,  besonders  in 
der  3.  konjugation  beliebt  und  hat  manche  alten  partizipe  mit 
betontem  stamm  (bibitum,  cognitum  u.  a.)  verdrängt.  Einzelne 
partizipe  mit  betontem  stamm  sind  nur  streckenweise  erhalten; 
s.  visum,  missum  s.  226 — 229.  Zu  tollere  (das  in  o-t  durch 
preader  und  püyir  ersetzt  wird)  hat  man  in  gemeinschaft 
mit  den  Italienern  ein  t-partizip  gebildet:  Kl.  tglt,  j-n  tut, 
Nonsberg  tuet,  tost,  ü  toH,  Colle  t%ut  usw.,  friaul.  tolt, 
tyolt  u.  ä.,  Portogruaro  tsolto,  tolto.  Daneben  kommen  aber 
andere  formen  vor:  O.-Comelico  ilosto,  ohne  zweifei  das  tlesto 
von  U.-Com.  mit  dem  o  des  verdrängten  tolto,  während  tlesto 
schon  ein  an  tolto  wenigstens  der  silbenzahl  nach  angepasstes 
tolesto  sein  wird,  wie  man  in  Auronzo  sagt.  Diese  auronzische 
form  sieht  gut  venedisch  aus  (vgl.  Port,  podesto,  volesto, 
savesto,  p*ovesto  usw.),  ist  aber  vielleicht  nicht  einfach  aus 
dem  Venedischen  bezogen,  sondern  nur  aus  toleto  an  das  ven. 
-esto  angeglichen:  denn  tolet  ist  in  Erto,  Cim.,  ö,  j,  Paularo 
(ty)  üblich,  tuVet  in  Forni  di  sopra  (§>),  tulet  in  t,  tyolet  in 
S.  Michele  al  T.  (5).  Fast  alle  diese  formen  reimen,  wie  afrz. 
toleit  und  wie  p  pluat  geregnet,  nevqt  geschneit,  Vigo  p'evet, 
nevet,  mit  directum,  plic(i)tnm  (p  plat  gebtickt),  strictum  (afrz. 
estreit).  In  tu,  f  und  einigen  orten  von  t),  §  hat  man  plot  zu 
plovi  (regnen),  offenbar  nach  movere -motum. 

Im  präsens  indikativ  ist  die  endung  -0  der  ersten 
person  singular  allen  vier  konjugationen  gemeinsam;  das 
unsilbische  i  (e)  davor  (debeo,  capio,  venio)  konnte  höchstens 
den  stammauslaut  verändern,  abej  auch  darauf  verzichtete 
man    bei    den    meisten    verben    dieser    form.     Das    -0    nun 


224       Vergleichende  darstellnng  der  rätoromanischen  mundarten. 


Kl. 

portä 

-ä 

porti   portet    porta  portum    portuf 

portän 

ü 

piirtä 

-äu 

PQrta  pQrtes    pQrta  purtä^     piirtä^ 

PQrten 

fj 

purtä 

-äu 

portel  pQrtes    pQrta  purt^'n     purtäs 

PQrten 

purtä 

-äu 

pQitel  partes    pQrta  purt^n     purtQjs 

PQrten 

purtä 

-äu 

PQrt     pQrtes    pQrtQ  purt^'n    purtäs 

PQrten 

purtä 

-äu 

PQrt     partes    pQrta  purta'n    purtä's 

PQrten 

c 

purtä 

-äu 

PQrt     pQrtes    pQrta  purten     purtes 

pQrten 

purtä 

-äu 

Partei  partes    pQrta  purten      purtäs 

PQrten 

purtä 

-äu 

PQrt     pQrtes    pQrta  purtäny  purtäs 

PQrten 

b 

purta 

-6 

pQrtel  pQrtes    pQrta  purtäny    purtäs 

PQrten 

purtär 

-6 

PQrt     pQrtes    pQrta  purtäny   purtäts 

PQrten 

e 

purtär 

-6 

PQrt     pQitest  pQrta  purtäny   purtäts 

pQrten 

f 

purtär 

-6 

PQrt     pQrtes    pQrte   purtäny   purtäts 

PQrten 

9 

purter 

-6 

PQrt     pQrtes    pQrta  pQrten      purttjks 

PQrten 

1 

purter 

-$ 

pQrt     pQrtes    pQrta  purtäny   purtä's 

PQrten 

U.-B. 

purte 

-4 

port     porta     porta  amporta  purtä 

portän 

O.-B. 

purter 

-ä 

PQrt     pQrta     pQrta  umpQrta  purtä 

pörtan 

i 

purter 

-6 

PQrt     pQrtest  pQrta  purtä'nts  purtä's 

PQrten 

purter 

-6 

PQrt     pQrtest  pQrta  purtents  purtä's 

pQrten 

i 

purtär 

-ä 

PQrt     pQrtest  pQrta  purtä'n     purtäs 

PQrten 

! 

purter 

■4 

PQrt     pQrtest  pQrta  purtäny   purtaVet  pQrten 

1 

portär 

-ä 

PQrt     partes    pQrta  portä'n     porta'vet  pQrten 

m 

purtär 

-ä 

PQrt     pQrtes    pQrta  purtä'n     purtava 

PQrten 

purtär 

-ä 

PQrt     port  es"    pQrta  purtä'n     purtaVet  pQrten 

n 

purter 

-ä 

PQrt     pQrtes    pQrta  purten     purtauat 

PQrten 

Pose. 

purta 

-ü 

pQrti   pQrtas    pQrta  partum     purtaf 

pQrtan 

Pinz. 

purtär 

-ä 

pQrtu  pQrti      pQrta  purtüm     purt<j 

PQrta 

Mezz. 

portär 

-ä 

PQrti    pQrtes    pQrtQ  portän      portä 

PQrtQ 

Kumc 

»  portär 

-ä 

PQrti    pQrtes    pQrtQ   portän      portao 

PQrtQ 

Tres 

portär 

-ä 

PQrti    pQrtes    pQrta  portän      portau 

PQrta 

Cun. 

portär 

-ä 

PQrti    pQrtest  pQrta  portän      portao 

PQrta 

Kov. 

portär 

-ä 

pQrto   pQrti      pQrta  portem    porte" 

PQrta 

musste  in  den  lombardischen  und  den  rätoromanischen  mund- 
arten abfallen,  in  stark  venezianisierten  mag  es  nachträglich 
wieder  eingeführt  worden  sein,  etwa  in  Pinzolo,  Cembra, 
Ampezzo,  Auronzo  und  Comelico.  Aber  auch  in  den  lomb. 
und  den  rät.  gegenden  begnügte  man  sich  meistenteils  nicht 
mit    dem     entblössten    stamm    (port   met),    man    fügte    ein 


Biegung  der  verba. 


225 


Cem. 

Cav. 

Fred. 

Vigo 

o 

P 

q 

r 

Buch. 

Colle 

Amp. 

Aur. 

O.-C. 

u.-c. 

Erto 
Cim. 
Pole. 


t 
IS 

u 
m 
l 


Pord. 
Port. 


portär  -ä  pqrto    partes    pQrta    portän  portao    porta 

portär  -ä  p<?rto    portes     p^rta    portöm  porte      porta 

purtär  -ä  pojrte    partes     porta    purtö»  purtä      pQrta 

purtär  -ä  pQrte    porte      PQrtQ    purtö»  purtade  pQrtQ 

portär  -ä  porte    pQrtes     p<?rtQ    portq»  portede  portQ 

purt(j    -ä  porte    portes    pQrta    purtö»  purta/s   porta 

purttj   -q  pörte    pört's      pörta    purtti»  purta's   pörta 

port(j    -^  pörti    portes     pörta    portu»  portes   pörta 

purte"    -e  porte    porte      porta    purtö»  purte1     porta 

porta    -ä  porte    p$rte      porta    portiiu  porte      p<,)rta 

portä    -a  porto    partes     pQrta    portön  porta      pQrta 

porta    -öu  pQrto    porte      porta   portön  porte      pQrta 

purtä    -(ju  porti     pQrti       porta    piirtön  purtadi  pQrta 

porta    -6  pQrto    porte      pQrta    portö»  portade  porta 

porte    -tj  port     porte      porta    portön  port^1     porta 

porttj    -^  port     p^rta      pQrta    portö»  porte'1     pQrta 

portär  -ät  p$rte    porta      pQrta    portön  portät    porta 

portä    -ät  puarti  puartas  puarta  portö»  portäs    puarta 

portä   -ät  puarti  puartes  puart§  portä»  portäs    puarte^ 

portä   -ät  puarte  puarte    puarta  portä»  portal   puarta 

partä   -ät  parti    partis     parta    partä»  partä*t   parti» 

portä   -ät  puarti  puart^s  puarte  portä»  portäs    puarte 

purtä    -ät  puarti  puartis    puarta  purtf»  purtä^    puarti» 

puartä  -ät  puarti  pl!artQS  puartQ  puarti»  p"artäjs  p'artQ 

portä   -ät  pnarti  puartas  puarta  porti»  p^art&s  puarti» 

purtä   -ät  pl,arti  p"artes  puart£  purti»  purtäte   puarte 

portä   -ä  puarti  puartis    puarte  portin  portäte    puarte 

portä   -ät  puarti  p"artis    puarte  porti»  portal    puarti» 

partä   -ät  puarti  puartis    p"art^  parti»  partes     puarti» 

portä   -ät  puarti  puartis    puarta  portin  portes     puartin 

portär  -ä  porto    porti      porta    portemo  port$      porta 

portär  -ä  porto    porti       porta    portemo  porte"      porta 


-i,  -e,  -ß  hinzu,  vermutlich  das  i-,  e-  des  pronomens  ego, 
das  in  der  inversion  enklitisch  steht  und  bei  der  rückkehr 
zur  gewöhnlichen  Wortstellung  nicht  säuberlich  abgelöst  wurde. 
Dieser  zusatz  stellte  sich  so  leicht  ein,  weil  er  ein  er- 
wünschtes zeichen  der  1.  pers.  sing,  lieferte:  das  alte  -o  war  weg, 
während  die  2.  pers.  im  Kät.  ihr  -s  behielt  (bis  der  ven.  ein- 

Gärtner,  Rätorom.  spr.  u.  lit.  [ 5 


226       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  innndarten. 


Kl. 

ved6 

vedi 

t>  vedi 

vedet 

Q 

b 

va* 

ve 

ve 

ve 

ve 

viu 

viu 
veu 
veu 
veu 

v^tsa  vetses 
v^tsel  vetses 
v^zel  vezes 
vets    vetses 
vets     vetses 

c 

vo 

ve11 

vets 

vetses 

ve 

v|u 

vets 

vetses 

b 

ve 
ve 
ver 

veu 

ve'a 

via 

v^tsel 
v^tsel 
vets 

l  vetses 

1  vetses 

vezes 

e 

f 
9 

ve/r 

vekr 

vekr 

via 

vle 

ves 

ve/ 
ve.1 
vats 

v^tsest 

ve/st 

vadzest 

* 

va'r 

vazi« 

'  ves 

vezes 

U.-B. 

vde 

vdv 

vet* 

ve 

O.-B. 

vde'r 

vdu 

vets 

ve 

i 

vdz^r 
va'r 

viks 
viks 

vets 
v^ts 

v^tsest 
v^tsest 

i 

! 
1 

va'ra 
ve/er 
v§ra 
vera 

vis 
vis 
vis 
vis 

v$ts 
vets 
v^ts 
v^ts 

vetsest 
vetsest 

vetses 
vetses 

m 

v$ra 
v^ra 

vis 
vis 

VQtS 

vets 

vetses 
vetses 

vetser 

> 

vis 

vets 

vetses 

n 
Pose. 

vetser  vis 
vede"    vv&v 

vets 
vedi 

vetses 
vedas 

Pinz. 

vizar 

vist 

vizu 

vizi 

Mezz. 

ved^r 

vist 

vedi 

vedes 

Rumc 

i  ved^r 

vist 

vedi 

vedes 

Brez 

veder  vist 

vedi 

vedejs 

vet 

v^tsa 

vetsa 

v^za 

v^tsa 

vetsa 

vetsa 

vetsa 

vetsa 

vetsa 

veza 

vetsa 

ve1 

vadza 

veza 

ve 

ve 

v^tsa 

v^tsa 

vetsa 

vetsa 

v^tsa 

v^tsa 

v^tsa 

vetsa 

vetsa 

vetsa 

vet 

vi* 
vet 

vet 
vet 


vedum 

vazä'n 

vaz^n 

vaz<j>'n 

vaz^'n 

veza'n 

vezön 

vazö'ny 

vez^n 

vazäny 

vazäny 

vazäny 

vuzäny 

vadzen 
••     > 

vazäny 

auive" 

umve 

vdza'nts 

vdzents 

vetsä'n 

vetsäny 

vetsä'n 

vetsä'n 

vetsä'n 

vetsä'n 

vetsä'n 

vetsä'n 

vedum 

vizüm 

ved£n 

vedön 

veden 


veduf 

vazä's 

vazä's 

vaz^s 

vazä's 

vezä's 

vezes 

vazes 

vezes 

vazes 

vez^ts 

vaz^ts 

vuz^ts 

vdzeks 

vazä's 

vde 

avde* 

vdza's 

vdza's 

vetsä's 

vetsa'vet 
> 

vetsa'vet 
> 

vetsa'vet 
> 

vetsa'va 
vetsava 

vetsa'vet 

i 

vetsa"at 

vedef 

vizi 

vede* 

vedeo 

vedeo 


vedan 

vetsen 

vetsen 

ve^zen 

veteen 

vetsen 
> 

vetsen 
> 

vetsen 
> 

vetsen 

vetsen 

vezen 
> 

vetsen 

ve'en 

vadzen 

vezen 
> 

ven 

ven 

vetsen 

vetsen 

vetsen 

vetsen 

vetsen 

vetsen 

vetsen 

vetsen 
> 

vetsen 
> 

vetsen 
vedan 

vi* 
vet 
vet 
vet 


fluss  auch  das  -s  verschlang,  wie  in  Vigo,  Buchenstein,  Colle, 
selbst  in  t).  In  der  1.  konjugation  stellt  die  neue  endung 
überdies  die  gleichsilbigkeit  der  drei  personen  her;  vielleicht 
hat  die  erscheinung  gerade  hier  begonnen.  Diesen  ausgangs- 
punkt  müssen  auch  diejenigen  annehmen,  die  in  dem  anhängsei 
den   unterstützenden    vokal   sehen   wollen,   wie   ihn   mancher 


Biegung  der  verba.  227 

Tres     veder  vist      vedi    vedest  vet  vedön  vedeu    vet 

Rov.     veder  vedü    vedo    vedi      vede  vedem  vedö      vede 

Cem.    veder  vist      vedo    vedes    vet  vedön  vedeo    vet 

Cav.     veder  visto    vedo    vedes    vede  vedöm  vede      vede 

Pred.    ved^r  vedv    vedo    vedejs    ve  vedön  vede      ve 

Vi.,  o  veder  vedü    v^'de  ve's       veJt  vedöö  vedede  ve't 

ü  udä1  udü      va'ze  va'zes  va*za  udöu  udä's     va!za 

q  oda1  odv      va^e  väjges   vä'ga  odüö  oda's     vä'ga 

r  od^1  odt'      ve^gi    ve/ges  vejga  odüö  od^'s     v^ga 

Buch,  vede'  vedii    ve'ge    ve'ge    ve'ga  vedöö  vede1     ve'ga 

Colle    vede  vedü    vede     vede     vede  vedun  vede     vede 

Amp.    vede  vedü    vedo    edes      vede  vedön  vede      vede 

Aur.     vede  vedü    vedo    vede     vede  vedön  vede      vede 

O.-C.    v§di  vdu      ve^i     \§di     ve^i  vdon  vd^rfi     vqöi 

U.-C.   vede  vedü    vedo    vede     vede  vedöö  vedede  vede 

Erto     ve'ge  vedü    ve*k     ve'k     ve'k  vedön  ved^1     ve!k 

Cim.     vede  vedü    ve'k     ve'k     ve'k  vedöö  vede1     ve!k 

Pole,    veder  vedüt  vede    vede     vede  vedöö  vedet     vede 

§  vedi  vidüt   v^di     vejs       v^t  vidöö  vide^s    v$t 

v'odi  vidüt    vjodi    v'öts     v'öt  vidöö  vid^s    v'öt 

t  vedö1  vedut  voup     voup     voup  vedöö  vede's    voup 

u  'odi  vedtit  !üt        'ös        'öt  vidiö  vedö't   'odin 

ö  vidia  vidüt    ynat     yuats    yuat  vidiö  vidi^s    yu*t 

tt)         *odi  vedüt  'odi      jodis     'öt  vediö  vedö's    'odiö 

j  vidi0  vidüt    'o"k      souks    'ouk  vidiö  vidi°s    'ouk 

v'odö  v'odüt  v'ouk    vVks  v'o^k  v'odiö  v'odös    v'odiö 

ty  v'odö'  v'odüt  vVt     vVts   vfout  v'odiö  v'odds    vVt 

vede  vidü     v'ou      v'ous     v'ou  vidiö  vedes    v'ou 

l  v^odi  vidüt    v'öt      v'Qdis  v'öt  vediö  vedes     v'odiö 

v'odi  v'odüt  v'odi    v'odi§   v'ot  v'odiö  v'odös    vjodiö 

v'odi  vidüt    v'odi    v'odis  v'ot  v'odiö  vedös     v'odiö 

Port,    vedar   visto    vedo    vedi     vede  vedemo  vedö      vede 

stammauslaut  nach  dem  abfall  des  -o  verlangte  —  eine 
annähme,  die  nur  in  einigen  unserer  dialekte  befriedigen 
könnte.  Das  bedtirfnis  nach  der  gleichsilbigkeit  der  drei 
personen  zeigt  sich  darin,  dass  fast  in  ganz  Friaul  dem 
puarti  nicht  meti,  sondern  met  gegenübersteht.  Und  nur 
diesem    bedtirfnis   werden    wir   die   entstehung   des    -a   in   a 

15* 


228       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

Kl.       met^r  metü  meti    metet  met  metum  metuf  nietan 

a  m^ter  m^ts   m§ta   metes  meta  matähi  mat&'s  meten 

b  m^ter  m^ts    m§tel  m^tes  m^ta  met^n  met^s  nieten 

m^ter  m^ts    m^tel  m§tes  ni^ta  meto'n  met^s  m^ten 

nieter  mes     met     metes  meta  meta^n  metä's  meten 

c  meter    mes     met     metes    meta  maten     mates      meten 

>  >  > 

m^ter  m§ts  met     m^tes    mej;a  mat^n  mates  m^ten 

b          m^ter  m^s  m^tel  metes    m^ta  matany  mates  meten 

m^ter  mes  me^t     m^tes    meta  metäny  met&s  m§ten 

e           m^ter  m^s  me^t      mutest  m^ta  matany  mat^ts  meten 

f          meter  m§s  mei     metes    mete  matany  mat^ts  meten 

q  mater   mes     mat     mates    mata  maten     matets    maten 

•j  ••  >         ^         ••  ••  >         ••         ••  j  ••  »  ••  > 

t)  meter  mes  met  metes    meta  mitany    mita's  meten 

U.-B.  metar  mes  met  met       met  ammet    mate*  metan 

O.-B.  metar  mes  met  met       met  ummet    mate'  metan 

i  m^ter  mis  me_t  metest  m§ta  mat^nts  matä^s  m^ten 

m^ter  mis  m^t  mutest  meta  matönts  inat&s  meten 

|  m^ter  mis  m§t  mutest  m^ta  meta!n    met&s  meten 

t  me^ter  mis  m^t  mutest  m§ta  metäny  metaVet  m^ten 

I  meter    mis     met     metes    meta  metä'n    meta/vet  meten 

>  >  >  > 

nt         meter    mis     met     metes    meta  metä'n    metava    meten 

>  >  > 

meter    mis      met     metes  meta  meta'n  metaVet  meten 

n  m^ter    mis     m^t     metes  m§ta  metd/n  metauat  meten 

Pose,    meta     rnufrt'  meti    metas  met  metum  metef      metan 

Pinz.    incetar  naiti'    m(etu  inoeti  meet  matüm  mati        moet 

<  <  c  t  < 

Mezz.  metej.*  metv  meti  met^s    met  met^n  mete*  met 

Kümo  met^r  metv  meti  metes    met  met6"n  meteo  met 

Tres    met^r  metü  meti  metes    met  metdn  meten  met 

Cun.     met^r  metv  meti  metest  met  mete'n  meteo  met 

Rov.     met^r  metü  meto  meti      mete  mete'm  mete*  mete 

porta  (1.  pers.)  zuschreiben  müssen;  von  der  1.  konjugation 
ging  das  dann  in  die  anderen  über,  oder  vielmehr:  die  verba 
der  anderen  konjugationen  gingen  im  Singular  des  präs.  ind. 
in  die  erste  über.  Schliesslich  ist  auch  der  zusatz  -el,  der 
in  einigen,  besonders  in  katholischen  orten  von  ü-b  b&liebt 
ist,  aus  jenem  bedürfnis  zu  erklären;  -el  wird  ilium  sein 
(Z.  f.  rom.  Phil.  25,  G25),  es  erscheint  im  druck  erst  im  j.  1704, 
in  einer  handschrift  schon  1650  (Rät.  Chrest,  I,  73). 


Biegung  der  verba. 


229 


Gera. 

meter 

nietv 

meto 

metes 

met 

meten 

meteo 

met 

Cav. 

metej 

meti' 

meto 

metes 

mete 

metöm 

meto 

mete 

Pred. 

meter 

meti; 

mete 

metes 

met 

metön 

mete 

met 

Vigo 

meter 

metü 

mete 

mete 

met 

metön 

metede 

met 

0 

met^r 

metü 

mete 

metes 

met 

meton 

metede 

met 

P 

mater 

metü 

mate 

mates 

mat 

metön 

metä^s 

>    •• 

mat 

q 

mate 

matr 

mäte 

mätes 

mät 

matün 

matä!s 

mät 

r 

m§te 

motu 

meti 

m^tes 

m^t 

inetün 
> 

met^s 

m^t 

Buch. 

mäte 

metü 

mäte 

mate 

mat 

metön 

mete1 

mat 

Colle 

mete 

metü 

mete 

mete 

met 

metun 

mete 

met 

Amp. 

bete 

betü 

beto 

betes 

bete 

beton 

bete 

bete 

Aur. 

mete 

metü 

meti 

mete 

mete 

metön 

mete 

mete 

O.-C. 

beti 

betü 

b§ti 

beti 

beti 

beton 
> 

bete^i 

b^ti 

U.-C. 

bete 

betü 

beto 

bete 

bete 

beton 

betede 

bete 

Erto 

mete 

metü 

met 

met 

met 

metön 

met^1 

met 

Cim. 

m^te 

metü 

m^t 

m^t 

m^t 

metön 

mete1 

m$t 

Pole. 

meter 

metüt 

mete 

met 

met 

metön 

metöt 

met 

8 

m^ti 

mitüt 

meti 

m^s 

m^t 

mitön 

mitö's 

m§t 

meti 

metüt 

meti 

mets 

met 

meten 

met^'s 

met 

t 

mete 

metüt 

met 

met 

met 

meten 

mete's 

met 

u 

meti 

metüt 

met 

mes 

met 

metfn 

mete^t 

metin 

U 

meti 

mitüt 

met 

mets 

met 

mitin 

metis 

met 

tu 

meti 

metüt 

meti 

mes 

met 

metin 

mete^s 

metin 

l 

meti 

metüt 

met 

mets 

met 

metin 

metis 

met 

t) 

meti 

metüt 

met 

mets 

met 

mitin 

metes 

met 

i 

meti 

metüt 

met 

metis 

met 

metfn 

metes 

metin 

m§ti 

mitüt 

m^ti 

m^tis 

m^t 

mitin 

metes 

m^tin 

m^ti 

mitüt 

m^t 

m^tis 

m^t 

mitin 

metös 

me.tin 

Pord. 

mete/ 

mes 

meto 

meti 

mete 

metemc 

>  met(j 

mete 

Port. 

metar 

meso 

meto 

meti 

mete 

metemo  mete 

mete 

Das  -s  als  zeichen  der  zweiten  person  sing,  ist  in 
a-n,  Poschiavo,  Sulzberg,  Nonsberg,  im  Avisiotal  ausser  Vigo, 
in  o-v,  Ampezzo,  §,  Q-g  festgehalten,  unmittelbar  nach  betontem 
vokal  auch  in  Vigo,  Buchenstein,  Colle,  Auronzo,  Comelico 
(s.  186),  in  der  Umstellung,  wo  es  an  dem  t  von  tu  lehnt, 
auch  in  Erto,  Cimolais,  Pordenone,  Portogruaro  und  in  Venedig 
selbst  (s.  236).  Durch  die  berühnmg  mit  t  wird  das  s 
leicht   s;   und    es    kann    so    breit    bleiben,    auch    wenn    das 


230       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


Kl. 

venyi 

venyi 

venyet 

veny 

venyum 

venyuf 

venyan 

a 

vanyi 

venytis 

veny 

venyes 

veny 

vanyin 

vanyis 

venyen 

b 

vinyi 

vinyüs 

venye' 

l  venyes 

veny 

vinyin 

vinyis 

venyen 

vinyi 

viny£"s 

venye 

l  venyes 

veny 

vinyfn 

vinyis 

venyen 

vinyi 

viny£ns 

veny 

vents 

veny 

vinyin 

vinyis 

venyen 

c 

veni 

veny£u 

ven 

ve/ns 

ve/n 

vinin 

vinis 

venyen 

venyi 

veny£u 

venyel  venyes 

veny 

vanyin 

vanyes 

venyen 

b 

vanyi 

vanyeda  venyel  venyes 

venya 

vanyäny 

vanyes 

venyen 

venyir 

venia 

ve'nt 

veants 

veny 

venyäny  veny^ts 

venyen 

e 

ne^r 

nyi 

viny 

vinst 

viny 

nyiny 

nyits 

vinyen 

f 

nikr 

nie 

viny 

vintst 

viny 

niny 

nits 

vinyen 

9 

nyekr 

nyi 

ven 

venst 

ven 

venen 
> 

nyeks 

veiaen 
> 

I) 

nir 

nie 

veny 

venyest  veny 

niny 

nis 

venyen 

U.-B. 

ni 

ni 

ventx 

ven 

ven 

amv£n 

ni 

venyan 

O.-B. 

nyir 

nyi 

veny 

veny 

veny 

umv£ny 

nyi 

venyan 

i 

nyikr 

nyla 

veny 

ventst 

veny 

nyints 

nyis 

venyen 

i 

nyir 

nyi 

veny 

ventst 

veny 

nyin 

nyis 

venyen 

t 

nyir 

nyv 

veny 

ventst 

veny 

nyiny 

nyis 

venyen 

i 

nyir 

nyv 

veny 

va'ntst 

va!n 

nyin 

nylvet 

venyen 

m 

uylr 

nyi; 

veny 

va*nts 

va*n 

nyin 

nylva 

venyen 

nyir 

nyv 

veny 

v^nts 

vajn 

nyün 

nyiJvet 

venyen 

n 

nyir 

nyi 

veny 

venyes 

veny 

nyin 

nyiat 

venyen 

Pose. 

vinyi 

vinyi 

veni 

venas 

ven 

venum 

vinlf 

venan 

Pinz. 

viny& 

vinyi; 

venyu  venyi 

veny 

vinyüm 

vinyi 

veny 

Mezz. 

venyfr 

venyi; 

ve^nyi 

ve^yQS 

vtjny 

venin 

veni 

VW 

Rumo 

nir 

nv 

ve^ni 

ve^nejs 

v§n 

nin 

nio 

vtjn 

Tres 

nir 

nu 

veni 

venest 

v§n 

nid^n 

nideu 

v^n 

Cun. 

nir 

ni; 

v^ni 

venest 

v§n 

nid^n 

nideo 

v^n 

Rov. 

venyii 

1  venyu 

ve^nyo  ve_nyi 

v^ny 

venyim 

venyi 

v^ny 

pronomen  nicht  nachfolgt,  so  in  1-n  und  Predazzo.  Hier  um 
so  leichter,  als  gleich  daneben  schon  die  allgemeine  (ven.) 
Verbreiterung  des  s  herrscht.  Das  t  von  tu  bleibt  in  zwei 
gegenden  am  -s  des  verbs  kleben:  in  e-f  und  Nonsberg,  zum 
teil  nur  an  den  einsilbigen  formen. 

Die  dritte  person  sing,  derjenigen  verba,  die  der  2.,  3. 
oder  4.  konjugation  angehörten  und  treu  blieben,  muss  auf 
den  blossen  stamm  verkürzt  sein;  wo  wir  in  ven.  weise 
ein    -e   finden,    wird   das    -e   eben    diesem   fremden   einfluss 


Biegung  der  verbs 

i. 

231 

Ceni. 

venyir  venyv 

vtjnyo  v^nyes  veny  venyin 

venyio 

veny 

Cav. 

venyir  veny  u 

ve.nyo  ve^nyes  ve^n 

venyöm 

venyi 

ve.n 

Pred. 

venyi'r  venyi 

ve^nye  v^nyes 

i  venj 

r  venyön 

venyi 

veny 

Vigo 

venyir  venyü 

venye  venye 

ven 

venyön 

venyid« 

3  ven 

0 

venyir  venyü 

venye  venye 

ve.n 

venyön 

venyid< 

j  ven 

P 

unf       uni 

vanye  vanyes 

i  van 

unyön 

unya's 

van 

q 

nyi       uyv 

vänye  vänyes  väny  nyin 

nyis 

väny 

r 

nyi       nyi; 

venyi  venyes  v^n 

nyun 

nye> 

ven 

Buch. 

vinyi    vinyü 

venye  venye 

ven 

vinyön 

viny# 

ven 

Colle 

vinyi    vinyü 

venye  venye 

ven 

vinyun 

vinyi 

ven 

Amp. 

venyi   venyü 

v^no    es 

v*en 

venyön 

venyi 

v*en 

Aur. 

venyi    venyü 

v'eno  vJes 

v*en 

venyön 

venyi 

v'en 

O.-C. 

nyi       nyu 

v'eni    v!en 

v{en 

nyon 

nyi 

v*en 

U.-C. 

venyi   venyü 

v'eno  v^ns 

v'en 

venyön 

venyede  v'en 

Erto 

venyi   venyü 

vejn     ve^'n 

ve/n 

venyön 

venyi 

vejn 

Cim. 

venyi   venyü 

veny   veny 

veny 

venyön 

venyi 

veny 

Pole. 

vinyi    vinyüt 

venye  v'en 

v'eja 

vinyön 

vinyöt 

v'en 

§ 

vinyi    vinyüt 

v'enyi  vens 

ven 

vinyön 

vinyfg 

ven 

vinyi    vinyüt 

venyi  vens" 

ven 

vinyin 

vinyls 

ven 

t 

vinyi    vinyüt 

ven      veo 

ven 

vinyin 

vinyl's 

ven 

u 

vinyi    vinyut 

ven      vens 

ven 

vinyin 

vinyöu 

venyin 

t 

vinyi    vinyüt 

ven     vens 

ven 

vinyin 

vinyls 

ven 

t$ 

vinyi    vinyüt 

venyi  venyis 

ven 

venyin 

venyis 

venyin 

E 

vinyi    vinyüt 

ven      vens 

ven 

vinyin 

vinyls 

ven 

9 

vinyi    vinyüt 

v§n     ve.n8 

ven 

vinyin 

vinyis 

v§n 

h 

vinyi    vinyüt 

ven      venyis 

ven 

vinyin 

vinyls 

venyin 

vinyi    vinyüt  venyi  venyis 

V§D 

vinyi« 

vinyes 

venyin 

vinyi    vinyüt  venyi  venyis 

ven 

vinyin 

vinyis 

venyin 

Pord. 

vinyir  vinyü 

venyo  v'en 

V^B 

vinyimo  vinyi 

vsen 

zuzuschreiben    sein,    so    in    Colle,    Ampezzo,    Auronzo,    Co- 
melico  (s.  227  videt). 

Die  erste  per son  plur.,  im  Latein  für  jede  konjugation  mit 
einer  besonderen  form  versehen,  einer  form,  die  mit  dem  infinitiv 
so  gut  harmoniert,  hat  sich  dennoch  nicht  in  der  alten  Ordnung 
behaupten  können.  Vermutlich  haben  die  widersprechenden  kon- 
junktivformen die  Verwirrung  angerichtet.  Von  -imus  ist  keine 
spur  da.  Die  form  metum  in  Kleven  und  Poschiavo  erinnert  zwar  an 
mittimus,  aber  die  Umstellung  in  Berg,  macht  es  wahrscheinlicher, 


232       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

dass  um  keine  endung  ist,  sondern  ein  wort,  etwa  homo.  Dann 
muss  auch  g  mqten  nicht  mittimus  darstellen  (s.  239).  Dieses  -um, 
-pm  ist  ja  auch  allen  4  konjugationen  gemeinsam;  ein  so  all- 
gemeiner tibertritt  in  die  3.  konjugation  wäre  eher  in  w  zu 
begreifen  (s.  222).  Die  2.  konjugation  hat  durch  das  hilfszeit- 
wort  habere  ein  solches  gewicht,  dass  sogar  die  grosse  1.  kon- 
jugation in  a-f,  f)-n  und  im  Venedischen  ihr  -amus  aufgibt, 
in  c,  b  überdies  auch  die  4.  ihr  -imus;  a,  b,  Trins  (c),  e,  f, 
t)-n  behalten  -imus  in  der  4.  konjugation  und  stimmen  in 
diesem  brauch  mit  dem  Venezianischen.  Die  blosse  anzahl 
der  anhänger  mtisste  für  -amus  und  -imus  entscheiden;  in 
der  tat  rinden  wir  in  u,  ü  die  2.  und  die  3.  konjugation  mit 
der  endung  -in  versehen,  die  einem  -imus  entspricht.  In 
tu -g  herrscht  -w  allein,  und  es  ist  schwer,  dieses  aus  -emus 
abzuleiten  (vgl.  s.  156).  Im  gegensatz  dazu  sind  im  besitze 
drei  verschiedener  endungen,  -amus,  -emus  und  -imus,  zwei 
voneinander  getrennte  gegenden:  1.  Sulzberg,  Nonsberg  mit 
Cembra  und  2.  Forni  di  sotto  (§),  t.  Jetzt  bleibt  uns  noch 
Pinzolo  und  die  grosse  gegend  von  Cavalese,  o-r,  Comelico 
bis  Erto,  Cim.,  Forni  di  sopra  (§)  und  Polcenigo  übrig:  da 
hat  man  die  1.  pers.  plur.  durchweg  auf  sumus  gereimt, 
stellenweise  mit  einem  unsilbischen  i  davor  als  kennzeichen 
für  die  verba  auf  -ire.  So  bunt  auch  die  endungen  ver- 
teilt sind,  haben  sie  doch  von  a  bis  i  das  miteinander 
gemein,  dass  das  auslautende  -s,  wie  im  Provenzalischen 
und  Katalanischen,  abgeworfen  ist.  Die  formen  mit  -s,  die 
gegenwärtig  in  i  üblich  sind  und  auch  in  f)  schon  überhand 
nehmen  (s.  Candrian,  Dial.  von  Bivio-Stalla,  1900),  haben 
das  von  dem  angehängten  nos  bekommen.  Im  16.  Jahrhundert 
ist  ein  solches  überflüssiges  -s  kaum  zu  finden:  man  unter- 
schied savains  (wissen  wir)  von  nus  savain. 

Auf  die  zweite  person  plur.  der  gewöhnlichen  verba 
hat  estis  keine  anzieh ungskraft  ausgeübt,  auch  nicht  das  dem 
ess-imus  gleichlaufende  ess-itis,  das  in  Graubtinden  an  dessen 
stelle  getreten  zu  sein  scheint  (s.  234).  Wohl  aber  habetis:  in 
p  und  Buchenstein  auf  sämtliche  verba,  in  anderen  mund- 
arten nur  auf  gewisse  gruppen.  Man  verwendet  1.  nur  -etis 
und  -itis  (4.  konjugation)  in  a,  b,  Trins  (c),  e-tt,  q,  r,  Colle, 
Auronzo    (dormi   ihr   schlaft),    Erto,    Cimolais,    im   grösseren 


Biegung  der  verba.  233 

(südlichen)  teil  von  g  und  im  Venedischen,  2.  -atis  (1.  kon- 
jugalem) und  -etis  in  c,  b,  Polcenigo  und  u,  3.  die  drei 
formen  wie  im  Toskanischen  in  Bergeil,  Poschiavo,  Sulzberg, 
Nonsberg,  Cembra,  Predazzo,  Ampezzo,  Cornelico,  s,  t,  tt),  t) 
und  im  nördlichen  teil  von  g,  4.  alle  vier  lateinischen  formen 
in  tt  und  £  —  wieder  ein  merkwürdiges  beispiel  dafür,  wie 
bunt  in  manchen  stücken  die  entwicklung  des  Rätoromanischen 
ist,  weil  an  so  vielen  stellen  berge  und  politische  grenzen 
den  verkehr  zwischen  den  einzelnen  landschaften  hindern. 
Ein  angewachsenes  vos  erkennt  man  leicht  in  den  ver- 
schiedenen lippenlauten ,  die  auf  der  lombardischen  Seite 
(bis  nach  Cembra)  der  endung  an-  oder  eingefügt  sind.  Die 
engadinischen  formen  -a/vet,  -awat  sind  durch  einen  ausgleich 
zwischen  -aH-ve  und  -ctfve,  -a'vq  erklärlich.  Dabei  bemerken 
wir  noch  einen  punkt,  worin  sich  die  rätoromanischen 
mnndarten  voneinander  entfernen:  von  den  zwei  konsonanten 
der  endung  sind  jetzt  nur  noch  in  Andeer  (b),  e  und  f 
beide  erhalten,  sonst  teils  t,  teils  s,  in  weniger  rein  rät. 
dialekten  weder  t  noch  s.  Aber  u  partdH  bleibt  noch  un- 
klar; es  kann  wieder  ein  ausgleich  vorliegen,  und  zwar 
zwischen  den  in  der  nähe  bestehenden  formen  purtcPs  (tu) 
und  portdt  (Polcenigo). 

Die  dritte  person  plur.  unterscheidet  sich  nur  in  einem 
teile  unserer  mundarten  vom  siugular.  Das  Venedische  hat 
daran  kaum  schuld;  denn  p  stimmt  mit  diesem  überein  und 
gerade  die  friaulische  ebene  nicht.  Der  verzieht  auf  eine 
besondere  pluralform  für  die  3.  person  kann  darauf  zurückzu- 
führen sein,  dass  in  der  a-konjugation  sing,  und  plur.  ohne- 
dies nicht  sehr  verschieden  klingen  und  dass  das  reflexivum 
se  für  beide  zahlen  gleich  ist. 

Von  den  vier  verben,  die  oben  als  beispiele  gewählt 
sind,  geht  venire  schon  in  einigen  gegenden  nicht  im  ge- 
wöhnlichen geleise  der  konjugationen :  man  erkennt  das  an 
den  kurzen  formen.  Am  Rhein  fehlt  z.  b.,  ausser  im  Dom- 
lesehg  (b),  der  tibertritt  in  die  a-konjugation;  vgl.  B  dgrma 
er  schläft.  Ampezzo  hat  noch  kürzere  formen  für  den  fall, 
dass  venire  bloss  hilfsverb  ist:  eno,  es,  en.  Die  formen  niden, 
nideo  im  Nonsbergischen  lehnen  sich  an  posse  an.  Um  der 
anlehnungen   willen  mögen   noch  unregelmässige  verba  folgen. 


234       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


Kl. 

ves 

sta 

stada 

sum 

se 

e 

sem 

Sl 

en 

a 

<?ser 

sta"s 

Stada 

sun 

a's 

i 

esen 
1  > 

eses 

en 

b 

eser 

*•      > 

staus 

stada 

sun 

e> 

# 

esen 

eses 

tjn 

c 

easer 

stau 

stada 

sun 

es 

es 

easen 

eases 

e,'n 

eser 

stau 

stada 

sun 

es 

es 

esen 

eses 

en 

b 

enser 

§to 

stada 

sunt 

es 

es 

e/sen 

eases 

en 

eser 

sto 

stada 

sunt 

es 

es 

esen 

eses 

en 

e,  f 

eser 

sto 

stada 

SUD 

ist 

$ 

isen 

ises 

> 

$n 

9 

«jser 

stö 

steda 

SOD 

§ät 

a 

ejsen 

eses 
1  > 

W 

$ 

eser 

stat# 

stat^a 

sum 

ist 

? 

isens 
> 

ises 
i 

en 

U.-B. 

e^ar 

stat/ 

statya 

som 

9 

9 

amse 

se 

ea 

O.-B. 

esar 

statx 

stat^a 

SUD 

e 

e 

umse" 

se 

en 

t 

eser 

sto 

steda 

sum 

est 

eks 

esents 

eses 

sum 

i 

eser 

stat 

stata 

sun 

est 

a's 

esen 

eses 

sun 

! 

eser 

stat 

stata 

sun 

est 

es 

esen 

> 

eset 

sun 

1 

eser 

stat 

stata 

SUD 

es 

es 

esen 

eset 

SUD 

m 

eser 

stat 

stata 

sun 

es 

e 

e§en 

eset 

sun 

n 

eser 

stat 

stata 

sun 

es 

es 

esen 

eset 

sun 

Pose. 

esa 

stä't 

stä'ta 

sem 

68 

e 

sem 

sef 

en 

Pinz. 

^sar 

sta 

Stada 

SU 

se 

e 

sum 

si 

e 

Mezz. 

e^r 

sta 

stadQ 

sun 

es 

9 

sen 

se 

<? 

Rnmo 

^ser 

sta 

stad$ 

sen 

es 

9 

sen 

seo 

9 

Tres 

(jser 

§ta 

stada 

son 

sest 

e 

sen 

seu 

9 

Cun. 

es^r 

sta 

stada 

son 

sest 

9 

sen 

seo 

9 

Rov. 

e&jr 

sta 

stada 

son 

sV 

9 

sem 

se 

9 

Cem. 

es^r 

sta 

stada 

sim 

ses 

e. 

sen 

seo 

<? 

Cav. 

&V 

sta 

stada 

son 

ses 

§ 

som 

se 

9 

Das  unregelmässigste  aller  Zeitwörter  ist  von  altersher 
esse.  Der  infinitiv,  wie  in  Italien  und  Frankreich  durch 
-re  in  die  reihe  der  regelmässigen  infinitive  der  3.  kon- 
jugal on  gertickt,  hat  im  Osten  das  so  erworbene  r  nach 
den  lautgesetzen  wieder  verlieren  müssen.  Wir  würden  das 
schon  von  q  an  erwarten  (vgl.  mittere  s.  228),  sehen  aber  die 
Scheidelinie  für  dieses  wort  um  einige  kilometer  ostwärts 
verlegt.  Das  partizip  ist  in  zwei  gegenden  an  factum  an- 
gelehnt, in  Graubünden:  f),  Bergell,  j-u,  Poschiavo,  in  Tirol: 
Vigo,  o,  p,  beiderseits  trotz  natürlichen  scheidemauern  und 
offenbar  seit  alter  zeit  (vgl.  die  vokale  in  pratum  s.  122). 


Biegung  der  verba. 

235 

Pred. 

es§r 

sta 

stada 

SOD 

es 

e 

sjod 

s'e 

e 

Vigo 

$s^r 

stat 

staty 

son 

es 

e 

S'OD 

s'ede 

e 

0 

eser 

stat 

stato 

SOD 

es 

e 

s'qd 

s'ede 

e 

P 

vester 

stat 

stata 

SOD 

ies 

ie 

SOD 

sa's 

ie 

q 

ester 

ste 

Stada 

SUD 

es 

e 

SUD 

sä's 

e 

t 

ester 

ste. 

stada 

SUD 

Q8 

? 

SUD 

stfs 

e 

Buch. 

est^r 

ste 

stada 

SOD 

es 

e 

SOD 

se1 

e 

Colle 

eser 

sta 

stada 

sun 

es 

e 

s'un 

s'e 

e 

Amp. 

$se 

sta 

stada 

son 

sös 

e 

son 

se 

e 

Aur. 

ejse 

stou 

stada 

son 

s'os 

e 

son 

se 

e 

O.-C. 

es 

steu 

stada 

se1 

es 

9 

son 

§^<5i 

§ 

u.-c. 

§se 

sto 

stada 

se1 

es 

in<£ 

son 

sede 

in(j 

Erto 

e.se 

ste. 

Stada 

SU1 

SU 

e 

S'OD 

säe/ 

e 

Cim. 

ese 

ste 

stada 

so1 

so 

e 

S'OD 

sV 

e 

Pole. 

eser 

stat 

stada 

SOD 

zo 

e 

SOD 

set 

e 

§> 

!esi 

stat 

stada 

S"«?1 

su9§ 

i 

SOD 

s^s 

en 

esi 

stat 

stade. 

SO1 

SOS 

e 

sen 

se5§ 

SOD 

t 

esi 

stat 

stada 

se1 

se 

e 

seD 

se's 

SOD 

u 

jesi 

stat 

stada 

SO1 

SOS 

e 

S1D 

se*t 

SOD 

t> 

ej3i 

stat 

stad§ 

SO1 

SQS 

e 

sin 

sias 

SOD 

ro 

esi 

stät 

Stada 

so1 

SOS 

e 

siu 

se's 

SOD 

S 

esi 

stat 

stado 

so' 

si°s 

e 

siD 

si°s 

SOD 

9 

5esi 

stat 

stade 

se1 

ses 

e 

siu 

ses 

SOD 

8 

'esi 

stat 

Stade, 

so1 

ses 

e 

siD 

ses 

SOD 

$si 

stat 

stada 

SQ* 

SQS 

e 

siD 

ses 

SOD 

Pord. 

W 

sta 

stada 

son 

so 

e 

semo 

se 

e 

Port. 

esar 

sta 

stada 

SOD 

ze 

ze 

semo 

se 

ze 

Sum,  sumus  (ohne  -s,  s.  232)  und  sunt  konnten  in 
rät.  lautentwicklung  zusammentreffen;  für  eine  folge  davon 
könnte  man  b  sunt  halten.  Das  t  begreift  sich  aber  auch 
als  der  d- verschluss,  der  sich  in  der  Inversion  vor  *eu  von 
selbst  einstellt  (s.  s.  236,  q).  Sum  ist  übrigens  im  Osten 
nach  habeo  (s.  239)  umgewandelt  worden,  sumus  nach 
habemus  oder  (in  Graubtinden)  von  essere  aus  neu  ge- 
bildet, endlich  sunt  teils  durch  est  ersetzt,  teils  von  est 
aus  Dach  dem  vorbilde  von  habent  umgeschaffen.  Zur 
erklärung  der  e  -  haltigen  formen  von  sum  in  Kümo, 
Comelico,    t   und   t)   wird    man    annehmen    dürfen,    dass   für 


236       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


das  gefühl  des  volkes  aus  der  1.  oder  2.  pers.  plur.  oder 
aus  dem  konj.  präs.  ein  verbalstamm  se-  herausgewachsen 
war;  ein  solcher  eingebildeter  stamm  se-,  si-  wird  auch  den 
formen  s'o»,  s{ede  im  Avisiotal,  in  Colle,  Erto,  Cimolais  zu- 
grunde liegen  (vgl.  tosk.  siete).  Auch  die  2.  pers.  sing,  ist 
häufig  neu  gebildet:  von  se-  in  Kleven,  Pinzolo,  Nons- 
berg  bis  Cavalese,  t,  g,  t)  und  einem  teil  von  3,  von  dem  so- 
der 1.  person  aus  in  Ampezzo,  Erto,  Cim.,  3,  u-lü,  3  und  Por- 
denone  usw.;  auf  die  3.  person  stützt  sich  das  ze  in 
Portogruaro;  in  Auronzo  und  Polcenigo  sind  ausgleichsformen 
entstanden.  Das  ven.  „xe"  (Port.  ze)  wird  einem  klar,  wenn 
man  die  inversions- 
formen  des  Vorder- 
rheintales kennen  lernt. 
Das  in  der  tafel  stehende 
zela  ist  augenscheinlich 
mit  dem  venezianischen 
„xe  la"  identisch  und 
von  ganz  klarer  her- 
kunft.  Es  lautet  in  Di- 
sentis  elzela  =  est  illa,  wo 
wegen  des  anschlusses 
an  den  vokal  das  s  von 
es(t)  erhalten  ist,  obschon 
das  sonst  nur  noch  $  aus- 
gesprochen wird.  In  der 
verkürzten  form  zela  von 
a  kann   das  volk  leicht 

in  ze  (ven.  xe)  das  verb  vermuten,  wie  wir  wirklich  oben  in 
den  texten  (satz  246)  in  der  mehrzahl  zqn  statt  en  lesen. 
Die  erhaltung  des  s  von  est  in  solcher  gelegenheit  sehen  wir 
auch  in  r,  g  und  $,  in  p  und  Erto  nur  im  plural.  Vom  -t  ist 
keine  spur;  r  edl  ist  so  zu  verstehen:  das  l,  als  ein  wort 
für  sich,  wird  silbisch  ausgesprochen  und  daher  unwill- 
kürlich mit  einem  d  angeschlagen.  In  anderen  fällen  ist 
das  angehängte  pronomen  mehr  vernachlässigt:  die  weib- 
lichen -ily,  -i  in  f,  t  sind  einfach  aus  dem  maskulinum 
herübergenommen,  das  männliche  ize  in  3  aus  dem  femininum, 
das  beidgeschlechtige  sono  ebenda  aus  der  1.  und  2.  person. 


a 

sundHi 

a's  te 

z^l 

zeja 

f 

suiaa 

iste 

$ 

ete 

O.-B. 

suni 

et 

el 

ela 

t 

sumi 

est 

el 

ela 

m 

suna 

estu 

el 

ela 

Pinz. 

sunti 

set 

el 

ela 

Cagnt 

1  sente 

ses 

tf 

eja 

Vigo 

soni 

este 

el 

elo 

P 

sonze 

ies 

W 

icla 

r 

sunze 

e^te 

$dl 

eze/a 

Amp. 

sone 

sosto 

elo 

era 

Erto 

sui 

susto 

eUo 

%% 

S 

soe 

si°tu 

§zel 

§ze 

» 

SQ/O 

sestu 

iz§ 

iz^ 

Port. 

SO'O 

sostu 

zelo 

zela 

Bieguug  der  verba. 


237 


In  m  macht  mau  einfach  den  mund  zu  einem  a-laut 
auf  und  deutet  damit  ego,  illi  und  illae  au.  Anderswo 
verwendet  man  e- laute  dazu,  am  merkwürdigsten  an- 
gebracht in  p-V.  In  der  1.  pers.  sing,  wäre  p  sone  zu 
erwarten ;  sonze  kann  seinen  zischlaut  nur  in  der  mehr- 
zahl  bekommen  haben,  aber  auch  da  nicht  vom  zeitwort 
sumus  (s.  232),  sondern  vom  fürwort  nos:  sum'  nos  er- 
gibt som.  Durch  das  e  dahinter  könnte  nur  gleichsam  die 
silbe  von  nos  markiert  sein.  Doch  wird  man  leichter  die 
annähme  machen,  dass  -ze  statt  -5  auch  in  der  1.  pers. 
plur.    durch    nachahmung   einer  anderen,   naheliegenden   form 

entstanden  sei,  nämlich 
e^sen  nus  e^ses  vus  $n  eJts  §n  eles  der  zweiten  person.  Erst 
isents       ises  $nily      «jnily  hier     geht     alles     glatt 

elan  ab:    (hab)etis  gibt  p  qJs, 

sumi  vos    ohne    betonung   ve; 

suna  atz  -  ve ,      atze      versteht 

eli  sich    von   selbst.     Nach 

ele  atze    richtet    sich    dann 

t  > 

ele  ovze    und    sowze,     nach 

ieles  souze  der  singular  sowze. 

^zeres         Das   nonsbergische  sente 
eres  muss     gleichfalls    beide 

e/le  zahlen      bedienen      und 

sonQs  passt     zu     keiner     von 

sono  beiden.    Für  den  t-laut 

zele  in       der       singularform 

haben  wir  zwei  er- 
klärungen  bereit  (s.  235);  vom  nonsb.  sente  und  besonders 
vom  pinzolischen  sunti  aus  gesehen,  wird  die  annähme 
wahrscheinlicher  sein,  dass  eine  alte  Verwechslung  von  sum 
und  sunt  vorliege  (vgl.  rum.  sint).  Es  mögen  also  im 
Nonsbergischen  die  zwei  formen  einst  so  gelautet  haben: 
sonti  bin  ich,  sone  sind  wir;  sone  ging  dann  nach  habemus 
in  sene  über,  endlich  glichen  sich  die  zwei  formen  zu  der 
heutigen  einzigen  form  aus.  —  Die  inversionsformen  schliessen 
trotz  den  vielen  kämpfen,  die  sie  durchzumachen  hatten, 
interessante  Zeugnisse  sonst  verlorener  formen  in  sich:  von 
ego  z.  b.  in  Nonsberg,  von  illi  in  Graubünden  und  Friaul. 


umsei 

sef 

eni 

esents 

> 

eses 

> 

sumi 

esen 

eset 

suna 

sumi 

«r 

ei 

sente 

seo 

$ 

s'one 

s'ede 

ei 

soüze 
> 

sa'ze 
••   > 

i'zi 

suDze 

se/ze 

$a* 

sone 

seo 

ei 

s'one 

sjeo 

e_'zi 

sinQ 

si0zQ 

sone1 

sino 

sezo 

sono 

semo 

seo 

zei 

238      Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


Das  andere 
hilfszeitwort  ist 
im  Singular  in 
der  bekannten 
weise  gekürzt, 
hat  aber  dann, 
besonders  oft  in 
der  1.  pers.  sing, 
wieder  erweite- 
rungen  erfahren. 
Das  lomb.-ven. 
g-  geht  meistens 
durch  alle  per- 
sonen,  bleibt  in 
manchen  gegen- 
den  aus,  wenn  das 
verb  bloss  hilfs- 
zeitwort ist,  oder 
wenn  ein  unbe- 
tontes pronomen 
beigefügt  ist;  in 
rät.  mundarten 
kommt  es  in 
der  form  dy- 
oder  y-  vor.  Es 
scheint  das  aber 
nicht  tiberall  eine 
nachahmungoder 
Übernahme     aus 

dem  italienischen  nachbardialekt  zu  sein.  Am  Isonzo  kann 
ya\  iai  aus  ego-habeo,  ya,  (a  aus  illi-  habet  entstehen, 
indem  das  pronomen  übersehen  wird  und  an  dem  Zeit- 
wort haften  bleibt.  Das  kann  bei  illi  um  so  leichter 
geschehen,  als  es  hinter  dem  partizip  wiederholt  werden 
darf:  el  {-a  dit-i.  Wo  man  in  Venetien  gg,  ga  sagt, 
da  kann,  soviel  ich  sehe,  nur  das  pronomen  ge  an- 
gewachsen sein ;  es  bedeutet  da  nicht  nur :  ihm ,  an 
jemand,  sondern  auch:  an  etwas,  hin,  da  (also  tos- 
kanisch  gli  und  ci).    Isonzofriaulisch  und  Venezianisch  haben 


Kl. 

go 

ge 

ga 

gern 

gl 

gan 

a 

a 

as 

9 

va'n 

va*s 

on 

6 

a1 

as 

a 

ve^n 

ve/s 

an 

a1 

as 

a 

vo/n 

vo/s 

an 

va1 

as 

a 

va/n 

vajs 

an 

c 

va1 

as 

a 

ven 

ves 

an 

al 

äs 

a 

v§n 

ves 

an 

b 

ve 

as 

a 

vany 

ves 

an 

ve 

as 

a 

vany 

vets 

an 

e,  f 

va 

äst 

9 

vany 

v^ts 

9» 

9 

da 

est 

9 

aß 

v^ks 

:iii 

1 

da 

ist 

9 

vany 

va's 

<m 

U.-B. 

a 

a 

a 

amä 

ve 

an 

i 

de. 

eSt 

9 

va'nts 

va!s 

^m 

de. 

est 

9 

vents 

va!s 

em 

i 

n<? 

ast 

a 

va*n 

vajs 

an 

l 

n§ 

$st 

9 

aväny 

ava*vet  an 
> 

I 

na 

äs 

a 

va*n 

va'vet 

an 

m 

na 

äs 

a 

va*n 

va1 

an 

na1 

äs 

a 

va'n 

vaVet 
> 

aun 

n 

na 

äs 

a 

va*n 

a"at 

aun 

Pose. 

ge1 

gas 

ga 

gam 

gef 

gan 

Pinz. 

g9 

g$ 

ga 

gum 

gi 

ga 

Mezz.    ga1     gas      ga    gave'n    gav6      ga 
Rumo  dya1  dyas    dya  dyen     dyeo      dya 
Tres     dya1  dyast  dya  dyen     dyeu      dya 
Rov.     g$      ga1      ga    gav£m  gavö      ga 
Cem.    ga1     gas      ga    gave'n    gaveo  .  ga 


239 

somit  nur  das 
gemeinsam,  dass 
beide  ein  Pro- 
nomen, dasselbe 
Pronomen  vor  ha- 
bere tibersehen 
haben  und  es 
nun  damit  her- 
umschleppen. 
In  g-n  ist  un- 
verkennbar inde 
an  habeo  haften 
geblieben ;  nur 
an  habeo,  weil 
habes  in  folge 
der  erhaltung  des 
-s  ohnedies  ge- 
nug körper  hat 
und  habet  sich  an 
el  zu  gut  an- 
schliesst.  U.-Co- 
melico  hat  dem 
schmarotzenden 
inde  die  ttir 
noch  weiter  auf- 
gemacht. Am 
Rhein  ist  der 
1.  person  auch 
ein  v-  vorgesetzt; 
das  ist  ein  sttick  von  ego  '?",  das  unsilbische  u,  das 
zwischen  vokalen  leicht  zum  konsonanten  wird.  Unter  den 
anderen  formen  der  tafel  ist  am  merkwürdigsten  g  an  als 
1.  person.  Dass  motten,  ob  mittimus  oder  mittit  -  homo 
(legt  man),  mit  der  3.  person  maten  mittunt  gleich  lautet, 
muss  die  dunkle  Vorstellung  erzeugt  haben,  dass  diese 
zwei  personen  gleich  sein  müssen;  daher  auch  noz-av 
statt  noz-av4n.  Nur  vor  noz-esen  hat  die  gleichmacherei 
halt  gemacht.  (Im  Neuhochdeutschen  das  auch  nicht: 
wir  sind.) 


Biegung 

der  verba. 

Cav. 

a1 

as 

a 

aom 

ave 

a 

Pred. 

9 

as 

a 

avöu 

ave 

a 

Vigo 

e 

as 

a 

aön 

aede 

a 

0 

e 

(JS 

a 

OD 

^de 

a 

P 

<? 

<>s 

a 

OD 

a's 

a 

q 

a 

as 

a 

ui) 

ä{s 

a 

r 

a 

as 

a 

au 

e> 

a 

Buch. 

$ 

as 

a 

OD 

e1 

a 

Colle 

a< 

as 

a 

aun 

ave' 

a 

Amp. 

e1 

as 

a 

aön 

ae* 

a 

Aur. 

e1 

as 

a 

avön 

ave 

a 

O.-C. 

V 

as 

a 

on 

edi 

a 

U.-C. 

ine/ 

inäs 

ina 

avön 

avede 

inä 

Erto 

$ 

a 

a 

OD 

$ 

a 

Cim. 

V 

a 

a 

OD 

e1 

a 

Pole. 

a1 

a 

a 

OD 

vet 

a 

§ 

a1 

as 

a 

VOD 

ve^ 

an 

a1 

as 

a 

veo 

ve/s 

an 

t 

a1 

as 

a 

aveia 

av#s 

an 

n 

al 

as 

a 

viD 

ve!t 

an 

Ö 

a1 

as 

a 

vio 

vi8s 

an 

ra 

a* 

äs 

a 

vio 

ve's 

an 

? 

a* 

äs 

a 

vio 

vi°s 

an 

ö 

a1 

äs 

a 

vio 

ves 

an 

h 

a1 

as 

a 

viD 

ves 

an 

ya1 

yas 

ya 

vio 

ves 

van 

a1 

as 

a 

vio 

ves 

an 

Port. 

g<? 

ga 

ga 

avemo 

av6 

ga 

240       Vergleichende  darstellnng  der  rätoromanischen  mundarten. 


Dare  und 
stare ,  kaum 
irgendwo  ver- 
schieden kon- 
jugiert, haben 
trotz  der  gegen- 
seitigen Unter- 
stützung nicht 
viel  formen  in 
den  rät.  mund- 
arten aufrecht 
halten  können. 
Insbesondere 
die  1.  pers.  sing. 
hat  sich  von  ci 
bis  n  von  sum 
ins  Schlepptau 
nehmen  lassen, 
inp-rvonhabeo, 
in  §-3  von  beiden. 
Die    anlehnung 

führt  nicht 
immer  zum  voll- 
kommenen reim 
(vgl.  auch  Mez- 
zanaundRumo). 
In     Erto     und 


Kl.   d$    de   da  dem  de  dan 

a    dun   das  dat  da*n  da's  daten 

> 

&  dundel  das    dat  de^n  de>  daten 

dun      das    dat  do/n  do/s  daten 

c  dun       das    dat  den  des  daten 

dundel  das    dat  den  des  dateji 

b  dundel  das    dat  dany  des  daten 

dunt     das    dat  dany  dets  daten 

e,  f       du»      dast  dat  dany  dets  daten 

g  don       dest  dat  dan  deks  dan 

\)  dorn      dest   dat  dany  da*s  daten 

U.-B.    dp/1        da      da  amdä  de  dan 

O.-B.    dun       da      da  umdd  det  dan 

i  dum      dest  dp  da'nts  da's  d^m 

dum      dest   dp  dents  da*3  dem 

j  dun       dast   da  da'n  da's  dan 

f  dun       dest  d$  dany  da'vet  dan 

1  dun       das    da  da*n  daJvet  dan 

> 

m         dun       das    da  da'n  dava  dan 

dun       das    da  da'n  dajvet  daun 

> 

n  dun       das    da  da'n  dauat  daun 

Pose,    dak      das    da  dam  def  dan 

Pinz.    du         d^      da  dum  d^  da 

Mezz.   dqn       das    da  dan  da  da 

Rumo  d$n       das    da  dan  dao  da 

Tres     don       dast  da  den  deu  da 

Cun.     don       dast  da  den  deo  da 


Cimolais    wird 

einst  der  reim  vollkommen  gewesen  sein;  aber  seither  ist 
sum  an  habeo  angeglichen  worden,  ohne  dass  dom  nach- 
rückte. In  Forni  di  sopra  (ß)  hat  facere  als  das  Vor- 
bild gedient,  wie  für  die  1.  und  2.  pers.  plur.  im 
Avisiotal,  0,  p,  Ampezzo,  Auronzo,  Comelico,  Erto  und 
Cimolais.  Facere  konnte  herangezogen  werden,  weil  es 
im  infinitiv  zu  fare  verkürzt  war;  desgleichen  dicere  — 
dire  in  der  1.  person  sing,  in  Poschiavo,  Rovereto,  von 
Cavalese  bis  0,  in  Ampezzo,  Polcenigo  und  im  Vene- 
zianischen. Die  3.  person  sing,  dat,  stat  gehört  zu 
den   interessanten  alterttimern   Graubündens.     Ausserhalb   des 


Biegung  der  verba. 


241 


Rov.  dago  da1  da  dem     de         da 

Cem.  dun  das  da  den      deo        da 

Cav.  dago  das  da  dazöm  daze      da 

Pred.  dage  das  das  dazön  daze      das 

Vigo  dae  das  da  dazön  dazede  da 

0  dage  des  da  dazqn  dazede  da 

p  d$  d^s  da  dazön  daza's  da 


Rheingebietes  ist 
das  -t  nicht  er- 
halten ;  das  in 
Predazzo  ist  an 
facere  angelehnt, 
wenn  anch  facit 
dort  fa  lautet 
(in  Vigo  fa  und 
fas).  Wo  der 
plural  der  dritten 
person  eine  ei- 
gene form  be- 
sitzt, ist  er  aus 
dem  Singular 
durch  -an  (-en), 

nach  vokalen 
durch  blosses  -n 
(-19,  -m)  her- 
gestellt. So  auch 
hier.  Das  la- 
teinische dant 
ist  weder  durch 
daten  wiederge- 
geben noch  durch 
d§m  oder  daun, 
vermutlich  auch 
nicht  durch  dan, 
daw  in  den  orten, 
wo  die  lautgesetze  nicht  widersprächen.  Damus,  datis  ist 
nicht  einmal  in  all  den  orten  fest  geblieben,  in  denen 
diese  endungen  in  der  regelmässigen  1.  konjngation  ge- 
bräuchlich sind.  Der  zng  nach  der  2.  konjngation  mag 
daher  kommen,  dass  tiberall  die  2.  person  sing,  (meistens 
auch  die  3.,  selten  die  1.)  mit  der  von  habere  und  von 
sapere  reimt.  Es  können  auch  die  perfekta  gehindert  haben, 
dass  das  Sprachgefühl  die  beiden  stamme  auf  -a  in  die 
a- konjngation  einreihte;  von  dieser  trennt  sie  überdies  der 
umstand,  dass  von  ihnen  nach  abzug  des  -a  kein  stamm 
übrig  bleibt. 


q 

da 

das 

da 

duD 

daVs 

da 

r 

da 

das 

da 

dun 

de/s 

da 

Buch. 

de. 

das 

da 

don 

de1 

da 

Colle 

da1 

das 

da 

dun 

de 

da 

Amp. 

da/o 

das 

da 

dazön 

daze 

da 

Aur. 

de* 

das 

da 

dazön 

daze 

da 

O.-C. 

de' 

das 

da 

dazön 

daz^di 

da 

u.-c. 

de1 

das 

da 

dadön  dade 

da 

Erto 

don 

da 

da 

dazön 

di 

da 

Cim. 

don 

da 

da 

dazön 

dazö1 

da 

Pole. 

dae 

da 

da 

don 

dat 

da 

§ 

dazi 

das 

da 

don 

de^s 

dan 

do* 

das 

da 

den 

dejs 

dan 

t 

do1 

das 

da 

den 

de's 

dan 

u 

da1 

das 

da 

din 

de't 

dan 

Ü 

do1 

das 

da 

din 

di"s 

dan 

ro-ty 

do1 

das 

da 

din 

da's 

dan 

l 

do1 

das 

da 

din 

de§ 

dan 

do/ 

das 

da 

din 

des 

dan 

Port. 

dago 

da 

da 

demo 

de 

da 

Gärtner,  Bätorom.  spr.  u.  lit. 


16 


242       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

Velle  und  posse,  die  häufigsten  modal verba  konnten 
manche  Unregelmässigkeit  gegen  die  gleichmachende  Analogie 
behaupten.  In  der  1.  pers.  sing,  erkennen  wir  überall  vol-io, 
meistenteils  auch  possum;  aber  im  Nonsbergischen  dringt 
der  vokal  jenes  verbs  in  dieses,  im  unteren  Aviso tal  und 
am  Isonzo  (5)  hat  man  auf  den  stamm  pot  neue  formen  gebaut. 
Die  2.  pers.  sing,  gibt  ein  buntes  bild;  die  erklärung  der 
einzelheit  wäre  zu  weitläufig,  wohl  auch  kaum  notwendig. 
Die  form  os  in  Ampezzo  vergleiche  man  mit  venis  (s.  231  u.  181). 
In  der  3.  person  ist  am  Rhein  das  alte  vult  erhalten  (vgl. 
dat),  auf  der  seite  gegen  Venedig  hin   hat  sich  in  den  mehr 


Kl. 

V031 

vo3ret  vöe 

voerum 

pos 

PQdet 

po 

pQdum 

podv 

Q 

vi 

VI}1 

Vllt 

la*n 

PQS 

PQS 

po 

pudä'n 

pudlu 

Ü 

vi 

vul 

vul 

lf% 

PQsel 

PQS 

PQ 

pud^n 

pudfu 

vi 

Vljl 

Vlll 

lQ{n 

PQS 

PQS 

PO 

pudQ'n 

pudeu 

c 

vi 

völ 

vut 

len 

P<?s 

PQS 

PQ 

pijden 

pud<Su 

vi 

völ 

vut 

l$n 

pos 

pos 

po 

pud^n 

pudeu 

b 

vi 

vol 

vut 

lany 

pös 

pös 

po 

pudäny 

pude'a 

vi 

vol 

vut 

lany 

pos 

pos 

po 

pudäny 

pudia 

e,  f 

vi 

vut 

VU.t 

lany 

pos 

PQSt 

P9 

pudäny  pudfe 

9 

vi 

vol 

vol 

1^13 

PQS 

PQSt 

PO 

paD 

pudi 

$ 

vv 

vot 

vot 

lany 

PQS 

PQSt 

PQ 

pudäny   pudia 

U.-B. 

vce1 

voel 

voal 

amvcel 

PQS 

PQ 

PQ 

ampQ 

pudv 

O.-B. 

vce1 

vqI 

VQl 

umvQl 

pos 

PQ 

PQ 

umpQ 

pudi^ 

i 

voely 

-  vQkst 

VQkl 

vulä'nts 

PQS 

pQkst 

PQ 

pudä5nts  pudia 

i 

V03 

VQSt 

VQl 

vulä*n 

pos 

PQSt 

PQ 

pudä'n 

pudv 

t 

V03 

voust 

VQl 

vuläny 

PO» 

po"st 

PQ 

pudäny   pudu 

1 

V03 

vös 

vol 

la*n 

PQS 

PQUS 

po 

pudä'n 

pudv 

m 

V03 

vös 

völ 

la'n 

PQS 

pös 

po 

pudäjn 

pudt; 

n 

V03 

vös 

völ 

laJn 

P<? 

pös 

PQ 

pudä'n 

pudv 

Pose. 

vcely 

VQ8 

vqI 

vQlum 

PQS 

PQS 

PQ 

pQm 

pudv 

Pinz. 

vu1 

V03 

V031 

vuliim 

PQS 

P03 

poel  pudüm 

pudu 

Mezz. 

vqei 

V03S 
< 

vcel 

( 

vol£n 

peesi 

peeses 

poel  poden 

podv 

Rumo 

vcei 

V03S 
< 

voel 

c 

volen 

pQsi 

pQses 

poel   pod£n 

podv 

Tres 

v^i 

v"ejst 

V"<?1 

vol6n 

pu§si 

p"Qsti 

puQl  pod^n 

podü 

Cun. 

voei 

voest 

voel 

vol£n 

peesi 

poesestpoel  poden 

pod^st 

Rov. 

VQ* 

VQl 

vqI 

volöm 

PQS 

poi 

PQl 

pod£m 

podü 

Cem. 

V03l 

V03S 

voel 

vulen 

poedo 

poedes 

poel   piid£n 

pudQst 

Biegung  der  verba. 


243 


venezianisierten  mundarten  die  anlehnung  von  potest  an 
die  entsprechende  form  von  velle  eingebürgert.  In  der 
lnehrzahl  hat  man  in  ct-f),  1-n  das  unbetonte  vo-  verloren; 
der  verlust  scheint  alt  zu  sein,  wie  die  Verbreitung  und  die 
bergttnische  form  glauben  lassen.  Nach  dem  brauche  in  g 
(s.  232  und  239)  würden  wir  entweder  volen  (wie  mqten) 
oder  voten  (==  3.  pers.)  erwarten;  Iq»  muss  schon  damals 
einsilbig,  also  mit  clav,  stan,  saw  usw.  vergleichbar,  gewesen 
sein,  als  die  formen  der  1.  pers.  plur.  mit  betonter  endung 
in  g  aufgegeben  wurden.  Das  a  in  pav  erklärt  sich  aus  dem 
a  in  saa,  van  gegenüber  dem  q  des  Singulars  sq,  vg. 


Cav. 

vce1 

V03S 

vcel 

viilöm 

peedo  peedes  poal   pudöm 

pudv 

Pred. 

V03l 

vces 

vnel 
< 

VljlÖD 

PQde 

pQdejs 

PQl 

pudön 

pudv 

Vi.,  o 

vo1 

ves 

vel 

vijlön 

pose 

pes 

pel 

pudön 

pudü 

P 

ue 

ues 

uel 

ulön 

pose 

PQses 

P<? 

pudön 

pedü 

q 

0 

ÖS 

0 

orun 

P<? 

pöV 

P9 

podün 

podv 

r 

ö 

ÖS 

ö 

orÜD 

PQ 

pos 

P9 

podün 

podJ 

Buch. 

vo1 

VQS 

vqI 

vulön 

PQS 

PQS 

PQ 

pudön 

pudü 

Colle 

vo1 

vos 

vol 

volün 
< 

PQS 

Pqs 

P<?1 

podün 

podü 

Amp. 

vo1 

OS 

vo 

vorön 

pos 

pos 

po 

podön 

podü 

Aur. 

vo1 

vos 

vo 

volön 

po1 

pos 

po 

podön 

podü 

O.-C. 

vo1 

"es 

ua 

vlon 

pu1 

pues 

pua 

piidön 

piidü 

u.-c. 

vo1 

vos 

vo 

volön 

po1 

pos 

po 

podön 

podü 

Erto 

u1 

ve4 

ve4 

volön 

pos 

po§ 

pua 

podön 

podü 

Cim. 

yU0i 

voul 

voul 

volön 

Puqs 

Pu9 

Pu<? 

podön 

podü 

Pole. 

vuQe 

vuq1 

VnQl 

volön 

P9§ 

p«Ql 

P"q1  podön 

podüt 

8 

yn0i 

vus 

vul 

volön 

PQS 

PQS 

P<? 

pudön 

pudut 

vo1 

vus 

vül 

volen 

pQzi 

PQS 

P9 

poden 

podut 

t 

vuei 

vül 

vül 

volen 

pues 

pues 

pues 

poden 

podüt 

u 

vo1 

vons 

voul 

vulfn 

pos 

pos 

pos 

pudin 

pudüt 

» 

vuei 

vol,s 

voul 

vulin 

pues 

p"es 

pues 

pudin 

pudut 

in 

vo1 

US 

ül 

volin 

pos 

P08 

po 

pudin 

pudut 

S 

voi 

vo"s 

voul 

vulin 

pues 

p"es 

po 

pudin 

pudut 

9 

vo1 

vüs 

vül 

volin 

pos 

pos 

pos 

podin 

podut 

h 

vuei 

vueli& 

ül 

volin 

pues 

puedi£ 

»  pues 

podin 

podüt 

vqi 

ü§ 

ul 

"arin 

p^di 

puedis 

1  pol 

pudin 

pudut 

vo1 

vqüs 

vqI 

vulin 

po1 

pos 

PQl 

pudin 

pudüt 

Port. 

vo^ 

vol 

vol 

volemo 

poso 

pol 

pol 

podemo  pode§to 

16* 


244       Vergleichende  darstellnng  der  rätoromanischen  mundarten. 

Vadit,  zu  va  abgekürzt,  gilt  in  all  unseren  mundarten, 
wie  auch  sonst  in  den  meisten  romanischen  sprachen.  Davon 
abhängig  ist  die  mehrzahl  der  3.  person,  die  2.  pers.  sing, 
ist  auch  dazu  gestimmt  worden  wie  bei  dare,  stare,  habere. 
Soweit  laufen  die  mundarten  gleich,  darüber  hinaus  aber 
sehen  wir  sie  auseinandergehen.  Der  infinitiv  wird  in  Grau- 
bünden von  dem  verb  ire  hergenommen,  in  einem  mittleren 
gebiete,  und  zwar  vom  Fassatal  ostwärts  bis  nach  dem  inneren 
Friaul   (§-ü)   und   dem   Westrand   von  },  von   demselben  verb 

mit  de wenn  ich  recht  habe,  an  dieser  auslegUDg  des  ital. 

gire  festzuhalten.    In  Stidtirol  und  in  rö-5  hat  man  ein  anderes, 


b 

i 

ius,  ida 

nnrndel 

vas 

va 

me'n 

me's 

van 

f 

ekr 

r,  e*de 
7       > 

viny 

väst 

vo 

dyany 

dyete 

VQn 

t 

ikr 

o 

Ta,  igda 

veny 

vest 

VQ 

dya^ts 

dy^s 

v§m 

m 

Tr 

i,  Ida 

veny 

vag 

va 

ya*n 

yava 

van 

Pose. 

i 

andä't,  -ta 

väk 

väs 

va 

vam 

dzef 

van 

Pinz. 

nar 

na,  nada 

vu 

ve. 

va 

num 

ne. 

va 

Cagnö 

nar 

na,  nada 

von 

vas 

va 

nan 

nao 

va 

Vigo 

zir 

zit,  zitQ 

vae 

vas 

va 

Z013 

zide 

va 

t> 

zi 

zit,  zita 

vede 

vej3 

va 

zoia 

zas 

va 

r 

zi 

zu,  zuda 

va 

vas 

va 

ZUD 

ze's 

va 

Erto 

öi 

du,  cmda 

ÖOB 

va 

va 

d!013 

öi 

va 

£ 

lä 

lät,  ladQ 

VO1 

väs 

va 

ÜB 

la's 

van 

l 

la 

lät,  lad§ 

VQ1 

väs 

va 

anfia 

les 

van 

Port. 

andär  andä,  -ada 

vago 

va 

va 

andemo  ande* 

va 

bekanntes  aber  noch  nicht  sicher  gedeutetes  zeit  wort,  dort 
ungefähr  in  der  provenzalischen  form  anar,  hier  in  der  fran- 
zösischen aller,  nur  in  den  reinen  lomb.  oder  ven.  mundarten 
von  Kleven,  Bergeil,  Pordenone,  Portogruaro  in  der  italienischen 
form  andare.  Man  sehe  in  3,  wie  1-  und  n- formen  im  plural 
nebeneinander  wohnen.  Die  1.  pers.  sing,  ist  von  e  bis  n  durch 
venio  ersetzt,  anderswo  an  sum,  dico  u.  a.  angeglichen,  am 
Vorderrhein  in  rätselhafte  gebilde  tibergegangen  (mgn,  vgm). 
Zu  dem  merkwürdigen  mgn  gehören  die  1.  und  2.  pers.  plur.  und 
andere  mit  m-  beginnende  Zeitformen  in  derselben  gegend.  Von 
Andeer  (b)  ist  zu  berichten,  dass  im  plural  formen  von  anar,  näm- 
lich nany,  näts,  denen  mit  m-  in  Scharans  (b)  gegenüberstehen, 


Biegung  der  verba.  245 

nämlich  many,  mäs;  am  entgegengesetzten  ende  des  Dom- 
leschges,  in  Rotenbrunnen,  taucht  noch  einmal  anar  auf:  nany, 
näs.  Oberhalb  des  Sehynpasses,  e-n,  lauten  diese  zwei  personen 
wie  deorsum  an  (s.  152);  es  seh  eint  also,  wie  in  o-ö,  wieder 
deire  vorzuliegen,  wiewohl  im  infinitiv  das  einfache  ire  fortlebt. 
Wer  jenen  anlaut  aus  eamus,  ierunt  erklärt,  muss  ihn  im  infinitiv 
zir,  M  (und  überhaupt  fast  tiberall)  als  verschleppt  ansehen. 

Facere  ist  tiberall  auf  dare  gereimt,  ausser  im  obersten 
Piavegebiet  (Aur.,  Com.  fö,  fe)  und  in  Erto,  Cimolais.  In  Erto 
sagt  man  auch  fi,  was  entweder  nach  der  i-konjugation  ge- 
bildet oder  bloss  ein  verkürztes  fia  ist. 


b 

fa 

fat# 

f^tsel 

fas 

fa 

fidy^n 

fidy^s 

fan 

f 

fär 

fat/ 

fats 

fast 

f<? 

fazäny 

faz^ts 

fon 

i 

fer 

fat" 

fets 

fest 

f<? 

fa*nts 

fa's 

ffm 

m 

far 

fat 

fets 

fäs 

f a 

fa*n 

fava 

fan 

Pose. 

fä 

fä;t 

fäk 

fas 

fa 

fam 

fäf 

fan 

Pinz. 

far 

fat 

fu 

fe 

fa 

fum 

k 

fa 

Cagnö 

far 

fat 

fon 

fas 

fa 

fan 

fao 

fa 

Vigo 

far 

fat 

fae 

fas 

fas 

fazön 

fazede 

fa 

P 

* 

fat 

fejte 

fezes 

f$s 

fazÖD 

faza's 

f$s 

I 

fa 

fat 

fezi 

fezes 

fes 

fatstin 

fats^s 

fes 

Erto 

fia 

fat 

fa# 

f<?  < 

* 

fazÖD 

faz^1 

H 

g 

fä 

fat 

fäs 

fas    . 

fäs 

fazin 

fa*s 

fas 

h 

fa 

fat 

fazi 

fazis 

fas 

faziD 

fazes 

faziü 

Port. 

far 

fato 

faso 

fa 

fa 

femo 

fe 

fa 

Endlich  noch  ein  paar  formen  von  sapere  und  dicere. 
In  Vigo  und  o-r  hat  im  partizip  das  p  nicht  den  zwischen 
vokalen  üblichen  lautwandel  durchgemacht;  man  erkennt  an 
den  formen  des  Gadertales  die  Ursache:  sapuit  wird  einst  das 
in  der  endsilbe  unbequeme  und  doch  unentbehrliche  u  nach 
dem  Stammvokal  vorausgenommen  und  saup  gegeben  haben, 
von  dem  perfekt  verpflanzte  sich  das  ins  partizip  saupüt,  wie 
q  salpv  zeigt  (s.  128).  Aber  später,  als  das  perfekt  verloren 
und  der  lautwandel  des  p  zwischen  vokalen  längst  nicht 
mehr  im  gange  war,  setzte  man  für  au  wieder  das  dem  verb 
sonst  zukommende  a  ein:  o  sapu.  Das  b  in  r  salbv  ist  von 
albv  herübergenommen.    Habuit  hat  nämlich  gleichfalls  sein 


246       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mnndarten. 


b 

saviu 

sa* 

sas 

sa 

ditsel 

dies 

di 

ze/n 

f 

savfe 

sa 

säst 

so 

de1  ' 

de^st 

de1 

zany 

i 

savia 

s<? 

se§t 

sq 

di 

dikst 

diks 

dza'nts 

m 

savu 

sa 

säs 

sa 

di 

dls 

dls 

za'n 

Pose. 

savt; 

se'1 

säs 

sa 

dlzi 

dlzas 

dls 

dlzum 

Pinz. 

§av 

so 

se. 

sa 

dik 

di 

dis 

diziim 

Cagnö 

sav^st 

sa1 

§a§ 

sa 

didyi 

didyes 

dis 

din 

Vigo 

sapti 

se 

sas 

sa 

die 

dis 

dis 

dizön 

V 

sapu 

se 

ses 

sa 

dize 

dizes 

dis 

dizön 

q 

salpt; 

sa 

säs 

sa 

dize 

dizes 

dls 

dizün 

r 

salbt 

sa 

sas 

sa 

dlzi 

dizes 

dls 

dizün 

Erto 

sau 

se 

sa 

sa 

dik 

dis 

dis 

dizön 

g 

saviit 

sa5 

säs 

sa 

dls 

dis 

dls 

dizin 

s 

savut 

§a* 

säg 

sa 

dizi 

dizis 

dls 

diziia 

Port. 

savesto 

SQ 

sa 

ki 

digo 

dizi 

dize 

dizemo 

u  so  durchgesetzt,  und  nach  au  hält  sich  das  b,  so  wie  dort 
das  p.  Man  beachte,  dass  da  wieder  das  band  zum  Vorschein 
kommt,  das  Friaul  mit  Tirol  verbindet:  Cagnö  bv,  Vigo,  o  abü, 
p  abü,  q,  r  albv,  Buch,  abü,  Erto  bu,  Pole,  but,  8,  ü,  Xo  büt,  %,  t) 
imbüt.  Unter  den  formen  von  dicere  ist  die  1.  pers.  sing,  in 
Poschiavo  besonders  merkwürdig.  Sie  ist,  wie  dize,  dizi  in 
anderen  gegenden,  an  dicis  usw.  angebildet;  aber  das  ver- 
schmähte dik  hatte  doch  ohne  zweifei  einst  fäk  nach  sich  ge- 
zogen und  im  verein  mit  diesem  dann  däh  (s.  240)  usw.  und  musste 
schliesslich  selber  in  dem  ström  der  gemeinen  verba  untersinken. 
Der  imperativ  fällt  im  singular  lautlich  mit  der  3.  pers. 
sing,  des  indikativs  zusammen.  Das  pronomen  als  objekt 
steht  dahinter  und  verändert  dessen  auslaut:  das  -a  in  der 
1.  konjugalen  wird  abgeworfen,  der  stimmhafte  stammauslaut 
in  den  anderen  konjugationen  braucht  nicht  stimmhaft  zu 
werden,  z.  b.  in  IL- Bergeil  guerd'  et  sieh  ihn  an,  guerd' 
um  dye  sieh  mich  an,  o  porf  e^Q  trag  sie,  r  pörtf  ele 
trag  es,  Erto  teny-elo  halt  es  (ttfn  halt),  j  p"arf  üu 
trag  es,  g  fre'  ilu  reib  ihn  (/rf  reib),  sfrenz-üu  (sfrem 
drücke  zusammen).  Diese  e,  i  vor  lo,  la  gehören  nach 
dem  geftthl  des  Volkes,  das  nicht  weiss,  dass  la  = 
ella  usw.,  zum  Zeitwort;  daher  dann  auch:  o  porte-me 
Tcest  trag   mir   das,   Erto   tenye-te-lo,   lave-te  wasch  dich,   $ 


Biegung 

der  nomina. 

247 

b 

porta 

purt^ 

porti 

-ies 
> 

-i 

purte/ en 

-e'es 
1  » 

port'en 

f 

pörte 

purt(j 

pörte 

-es 
i 

-e 
i 

Porten 

-es 
> 

pörten 

i 

pfjrta 

purte 

pörta 

-est 
i 

-a 

p^rtents 

-es 

pörten 

m 

pQrta 

purtä* 

porta 

-es 
> 

-a 

Porten 

-et 

porten 

Pose. 

porta 

purta, 

pörtfa 

-Hte 

-'a 

portMima 

-*uf 

pört'an 

Pinz. 

porta 

purte 

pQrta 

-i 

-a 

purtuma 

-<&a 

porta 

Cagnö  porta 

portä 

port;a 

-'es 

-'a 

port'en 

-Jo 

portfa 

Vigo 

porto 

purta 

porte 

-e 

-e 

purtasane 

-asade  purtäs 

P 

p<?rta 

purtade 

porte 

-es 
> 

-e 
> 

purtouze 

-a'ze 
••    > 

porte 

q 

porta 

purtede 

pörti 

-s 

-i 

purtimze 

-a'ze 

porti 

r 

pörta 

portede 

pörti 

-i 

-i 

portunze 

-ejze 

pörti 

Erto 

p$rta 

port^1 

port 

- 

- 

portoDa 

-e/da 

port 

g 

puart$ 

purtä't 

puarti 

-is 

-i 

purtiö 

-4Hf 

puarti 

s 

p"art$ 

partet 

p"arti 

-is 

-i 

partin 

-es 

pnartin 

Port. 

porta 

porte 

porta 

-i 

-a 

portemo 

-e* 

porta 

puarti-mi;  mit  vokalangleichung:  r  pörto-mo.  (Vgl.  ferner 
St.  Gabriel,  130.  Ps.  „aude"  usw.)  In  der  mehrzahl  unterscheiden 
die  rät.  mundarten  a-\,  Vigo,  o-r,  Buchenstem,  §,  t,  0-3  imperativ 
und  indikativ,  wie  es  dem  Latein  entspricht,  f-n  und  Nonsberg 
nach  lombardischer  art  nur  durch  das  im  indikativ  angefügte  vos, 
in  Pinzolo,  Erto,  u  und  im  Venezianischen  gar  nicht. 

Der  konjunktiv  präs.  ist  in  verschiedener  weise  neu 
geschaffen.  Am  besten  ist  das  im  Westen  gelungen,  wo 
man  sich  an  das  -eam,  -iam  von  habere,  tenere,  venire, 
dormire  usw.  festklammerte,  wie  z.  b.  in  Poschiavo  und  in 
Cagnö.  Da  ist  das  unsilbische  i  zum  moduscharakter  er- 
hoben, sogar  die  ausgänge  entsprechen  dem  lat.  -iam,  -ias, 
-iat,  -iant;  nur  die  zwei  übrigen  formen  hat  man  mehr 
mit  freier  band  entworfen.  Bei  deren  betrachtung  begegnen 
wir  dem  zug  der  romanischen  sprachen,  der  1.  und  2.  person 
plur.  im  konjunktiv  und  in  nebenzeiten  leichtere,  unbe- 
tonte endungen  zn  geben,  im  gegensatz  zum  ind.  präs., 
wo  man  meistenteils  selbst  der  3.  konjugation  die  schwereren 
endungen  der  2.  zugeteilt  hat.  (Vgl.  italienisch  fossimo, 
spanisch  e'ramos.  In  b  ist  das  konjunktiv-i  in  der  1.  und 
3.  person  sing,  silbisch  gebraucht,  vielleicht  hat  das  alte  -em, 
-et  mitgewirkt;  einen  merkwürdigen  platz  hat  es  in  der 
1.    und   2.   pers.   plur.    bekommen:    mitten    in    den    indikativ- 


248       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  niundarten. 

endungen.  Am  schlechtesten  ist  der  konjunktiv  in  Venetien 
weggekommen:  die  2.  pers.  sing.,  die  1.  und  2.  pers.  plur.,  in 
der  a-konjugation  auch  die  3.  pers.  sing,  und  plur.  haben 
keine  vom  indikativ  verschiedene  form.  Man  hat  da  nur  das 
-am,  -at  von  siam,  mittam  usw.  behalten,  das  war  zu  wenig 
stoff  für  die  Schaffung  eines  kenntlichen  konjunktivs.  Nicht 
viel  glücklicher  war  man  in  Friaul  und  im  Engadin.  In 
Tirol  und  Erto  sehen  wir  das  syntaktisch  merkwürdige  mittel 
angewandt,  das  pronomen  anzuhängen,  aber  nur  für  die  1. 
und  2.  pers.  plur.  Wir  tun  dasselbe  nur  in  der  1.  person  und 
nur   wenn   es  ein  imperativischer  konjunktiv  ist:    Gehen  wir! 


b 

f 
t 

meti 
m^te 
meta 

se/dyi 

s<?ye 

sa*a 

s^dyes 

sejes' 

s^est 
> 

se^dyi 

s^ye 

sa*a 

se'dyen 

seyen 

sa'ents 
> 

adyi 

vedye 

edya 

vedyen 
vedyen 
edyents 

m 
Pose. 

meta 
met'a 

sia 
sia 

sies 
> 

Sias 

sia 
sia 

sien 
> 

siuma 

naya 
gab'a 

ayen 
gäfruma 

Pinz. 

meeta 

sia 

sii 

sia 

siuma 

gab'a 

gab'uma 

Cagno 
Vigo 

met'a 
mete 

sia 
sie 

sies 
sie 

sia 
sie 

sien 
fosasane 

dyab'a 
ab'e 

dyafren 
aesasane 

V 

mate 
••  > 

soßze 
> 

sibes 
> 

sibe 
> 

soDze 

e>e 

onze 
> 

q 

mäti 

Sl 

SIS 

81 

suiaze 

ai 

unze 

Erto 
E 

meta 
meti 

se/ 
seti 

s§1 
setis 

se/ 
seti 

siona 
sin 

eba 
vebi 

ona 
vin 

h 

meti 

sedi 

sedis 

sedi 

sedin 

vedi 

vedin 

Port. 

meta 

sia 

sn 

sia 

semo 

gab*a 

gavemo 

Für  die  anderen  konjugationen  habe  ich  mittam  als  beispiel 
gewählt;  die  konjunktivformen  sind  durchwegs  dieselben,  die 
eingestreuten  indikativformen  sind  natürlich  der  entsprechenden 
konjugation  zu  entnehmen.  In  Erto  gilt  meta  für  den  ganzen 
singular.  Die  proben  von  sim  und  habeam  zeigen  uns,  warum 
man  selbst  am  ostende  das  gefühl  für  den  konjunktiv  nicht 
verlieren  konnte:  die  konjunktivformen  sind  eben  da  sehr  deut- 
lich zu  erkennen.  In  Friaul  haben  die  beiden  Zeitwörter  auch 
in  der  2.  pers.  plur.  eine  eigene  konjunktivform:  j  setis,  vebis, 
l  sedis,  veäis.  Die  letzte  dieser  formen  lehnt  sich  an  puedis, 
vadis  an;  die  erste  scheint  mit  ihrem  t  auf  das  lat.  det,  stet 
(§  deti,  steti  mit  später  angefügtem  konjunktiv-i)  zurückzu- 
gehen (vgl.  das  graübtind.  dat,  stat  s.  240  unten). 


Biegung  der  verba.  249 

Im  im  perfekt  ging  die  ausgleichung  leichter  vonstatten. 
Die  betonnng  -äbamus,  -äbatis  erklärt  alle  rät.  nnd  Yen. 
formen  in  der  tafel;  nnr  Erto  hat  die  zwei  personen  anders 
entwickelt,  ungefähr  wie  das  Französische.  In  Vigo  dürfte 
das  -e  der  1.  pers.  plur.  bloss  der  2.  pers.  nachgeahmt  sein. 
Auffällig  ist  das  g  in  p  und  q.  In  p  könnte  man  o  aus 
-ab-  erklären  wollen,  obschon  dieser  lautwandel  ohne  den 
anstoss  eines  darauf  folgenden  konsonanten  kaum  begreiflich 
ist;  aber  q  hat  matö  (r  metea)  und  purtä,  auch  p  sagt  metgve. 
Der  vokal  ist  also  in  dieser  konjugation  eher  heimisch  als  in 
der  ersten,  er  wird  von  dem  verbum  esse  herkommen,  das  im 

ö  purtavel  -aves  -ava  -aven  -aves  -aven  -$vel 

f  purtave  -aves  -ave  -aven  -aves  -aven  -eve  -ive 

t  purt^va  -evest-^va  -  Events  -e^ves  -even  -eva -igva 

m  purteva  -eves  -eva  -even  -evet  -even  -eva  -iva 

Pose,  purtävi   -ävas  -äva  -aum  -auf    -ävan  -ei     -ivi 

Pinz.  purtava  -avi    -ava  -avan  -avaf  -ava  -iva 

Cagnö  portavi    -aves  -ava  -aven  -avo    -ava  -evi   -ivi 

Vigo  purtae     -ae      -a$    -äne  -äde    -a$  -e      -ie 

p  purtove  -Qves  -$a    -an  -ais     -9a  -ove  -ive 

q  purtä      -äs      -ä      -an  -äs      -ä  -ö      -1 

Erto  portave  -ave    -ava  -'öd  -^f      -ava  -eve  -ive 

£  purtavi   -av$s  -avo  -avin  -avis   -avQ  -evi   -ivi 

l  partavi   -avis   -ave  -avin  -avis  -avin  -$vi   -ivi 

Port,  portava  -avi     -ava  -ävimo  -avi     -ava  -eva  -iva 

imperfekt  p  fgve,  q  fg  (auch  £,  r  ea)  bildet.  Diese  form  ist 
zwar  selber  auch  überraschend;  aber  man  begreift  sie,  wenn 
man  an  die  am  Vorderrhein  vorkommende  bildung  fuvel  und 
an  die  tatsache  denkt,  dass  lat.  ü,  ö  vor  v,  b  im  Romanischen 
zu  g  dissimiliert  zu  werden  pflegt.  Es  fehlt  somit  in  p  -abam 
und  -ebam,  in  q  -ebam,  im  Engadin  -abam;  dagegen  fehlt  in 
obigen  mundarten  -ibat  (klass.  -iebat)  nur  in  b.  Vigo  rindet 
-äne,  -äde  so  passend,  dass  es  sie  auch  in  die  anderen  kon- 
jugationen  mitnimmt:  meti,  •$,  -eg,  metäne,  -äde,  -eg  und 
ere,  $re,  erg,  siäne,  siäde,  erg.  Ein  s-  im  imperfekt  bekommen 
auch  einige  formen  in  Poschiavo  und  in  Ampezzo,  und  zwar 
die  personen,  die  im  präs.  s-  haben:  Pose.  s$ri,  $ras  usw. 


250       Vergleichende  darstelluug  der  rätoromanischen  inundarten. 

Der  konjunktiv  des  imperfekts  (plusquaniperfekts),  in 
den  gut  rät.  mundarten  Graubtindens  und  Tirols  immer  noch 
zugleich  als  kondizional  gebraucht,  hat  sich  in  derselben 
weise  modernisiert  wie  der  ind.  imperf.  In  Vigo  und  p  hat 
man  sogar  die  aus  -abamus,  -abatis  entstandenen  formen  als 
personalendungen  verwendet:  purtasane,  -ade,  metasane,  fosa- 
sane  usw.,  p  fusdw,  fusais  usw.  Anders  im  Gadertal:  r  por- 
tasuw,  -?'s  hat  einfach  die  endungen  des  ind.  präs.  angenommen, 
daraus  fliesst  dann  das  schwerfällige  fosastw,  -gs.  Daneben 
wird  aber  in  der  1.  person  auch  portasuw,  fgsum  betont  —  wie  es 
in  nebentempora  beliebt  ist  (s.  247)  —  und  purtesuw,  fosuw  usw. 


b 

-äs 

-ases 
> 

-äs 

-äsen 
> 

-ases 
> 

-äsen 
> 

-$B 

fus 

f 
t 
m 

-^s 

-eses 

-esest 

-eses 

> 

-es 

-esen 

-e^ents 

-esen 
> 

-eses 
-e^es 
-eset 

> 

-$sen 
-ejsen 
-esen 

| 

-tjs   -is 
-§s    -is 
-es    -is 

fis 

fus 

fos 

Pose. 

-asi 

-asas 

-äs 

-asum 

-asuf 

-asan 

-esi  -isi 

fvsi 

Pinz. 

-ces 

-03S 

-ces 

-cesan 

-cesaf 

-03S 

-[ig](PS 

fus 

Cagnö 

-asi 

-astu 

-äs 

-äsen 

-aso 

-äs 

-esi  -isi 

ffsi 

Vigo 

-ase 

-ase 

-äs 

-asane 

-asade 

-äs 

-ese  -ise 

fose 

P 

-äs 

-ases 

-äs 

-esän 

> 

-esais 

) 

-äs 

-äs    -is 

fos 

q 

-es 

-eses 

-es 

-esun 

-eses 

-is 

-es   -Is 

fos 

r 
Erto 

-äs 
-äs" 

-äs 

-as 

-äs 

-äs 

-asiin 
-isön 

-ascVs 
-is£l 

-äs 
-äs 

-(js    -is 
-&§    -is 

fQS 

fus 

S 

-äs 

-äs 

-äs 

-asin 

-asis 

-äs 

-es   -is 

fus 

i 

-asi 

-asis 

-äs 

-asin 

-asis 

-asin 

-ejsi  -isi 

fosi 

Port. 

-asi 

-asi 

-ase 

-äsimo 

-asi 

-ase 

■  -esi  -isi 

fusi 

sind  die  in  q  gebräuchlichen  formen.  Die  präsensendungen 
drängen  sich  ein:  Cagnö  portasi  neben  portds  in  der  1.  person, 
ebenso  j ;  in  p  purtase,  -asa  in  der  1.  und  3.  person.  Die  Ver- 
teilung der  konjugations vokale  weicht  von  der  im  indikativ 
ab;  selbst  innerhalb  des  Gadertales  sieht  man  eine  Verschieden- 
heit. Bei  fuissem  tritt  wieder  die  bekannte  Schwankung  im 
u-laut  auf. 

Am  Vorderrhein  hat  man  ein  bedürfnis,  in  indirekter 
rede  den  konjunktiv  zu  setzen.  Diesen  dienst  leistet  im 
präsens  der  alte  konjunktiv;  aber  für  das  imperfekt  taugt 
der    eben    vorgeführte    konjunktiv    mit    kondizionaler    kraft 


Biegung  der  verba.  251 

nicht,  sondern  man  hat  sich  einen  konjunktiv  mit  i  gebildet 
nach  dem  vorbilde  des  konj.  präs.: 

b  purtavi,  -avjes,  -avi,  -av'en,  -avjes,  -avjen.  Der  kon- 
dizional  kann  auch  in  indirekter  rede  vorkommen;  dann  wird 
er  ebenso  behandelt: 

b  purtasij  -as'es,  -asi,  -as^en,  -as'es,  -as'en.  Ebenso  za 
erel  oder  fuvel  und  fus:    eri,  fuvi,  fusi  usw. 

Wir  sind  hiermit  schon  in  die  reihe  der  nicht  tiberall  vor- 
handenen Zeitformen  eingetreten:  hierher  gehört  auch  das  histo- 
rische perfekt.  Das  eben  genannte  fuvel  und  p  fgve,  q  fg 
sind  reste  des  perfekts  fui,  aber  schon  in  das  gewand  des  im- 
perfekts  gehüllt,  weil  das  Verständnis  für  die  perfektendungen 
abhanden  gekommen  war.  In  abgelegenen  orten  am  nordwest- 
rand  Friauls  lebt  das  perfekt  noch: 

Erto   portai  -&  -ä  -äsen  -aseü  -&  -ie  -i  fui  fu 

£         purtai  -äs  -ä  -ärin   -äris    -är      -ei  -es,  -ii  -is       foi   tos 

Da  ist  freilich  die  2.  person  sing,  erst  angeflickt,  im 
plural  sieht  es  noch  schlimmer  aus;  aber  rein  bewahrt  ist 
doch  gewiss  die  3.  pers.  sing.,  in  j  auch  die  3.  pers.  plur., 
ferner  die  1.  pers.  sing,  -avi,  -ivi,  fui.  Über  die  perfekt- 
formeu  in  dem  älteren  Schrifttum  Graubündens  hat  Jak.  Sttir- 
zinger  in  seiner  dissertation  (1879)  sehr  genau  berichtet, 
freilich  ohne  rticksicht  darauf,  welche  von  den  formen 
etwa  bloss  gekünstelt  sind.  In  dem  verdacht  der  ktinstelung 
bin  ich  wieder  zu  weit  gegangen  (Rät.  Gr.  1883).  Die 
3.  pers.  sing,  halte  ich  jetzt  für  sicherlich  der  lebenden 
spräche  des  16.  Jahrhunderts  angehörend;  sie  lautet  in  der 
1.  konjngation  am  Rhein  und  im  Unterengadin  auf  betontes 
a  aus,  im  Oberengadin  —  wie  zu  erwarten  ist  —  auf  o.  Den 
plural  hatte  man  verloren,  ergänzte  ihn  aber  nach  dem  vor- 
bilde habet -habent  usw.  Da  Erto  bekanntlich  noch  der 
tirolisehen  gruppe  zuzuzählen  ist,  so  ist  hiermit  für  alle  drei 
gruppen  das  perfekt  noch  nachweisbar;  die  3.  person  sing, 
hat  sich  ungefähr  wie  im  Französischen  entwickelt,  nicht 
wie  im  Toskanischen. 

Das  bekannte,  fast  allgemein  romanische  futurum 
portare-habeo  ist  am  Rhein  nicht  bekannt,  im  Engadin  auf- 
fallend entstellt: 


252       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

i  purtero    -^gt  -^  -onts-^s  -Qn  -ejro   -irq  sarö 

m  purtera   -äs  -a  -an    -at  -an  -erä  sara 

Pose,  purtard  -äs  -d  -dm   -ef  -an  -are1  sare1 

Pinz.  purtaro    -^  -a  -um    -i  -a  -aro  -ir§  saro 

Cagnö .  purterd1  -ds  -d  -6n    -eo  -d  -erd1  sard1 

Vigo  piirtare"    -ds  -d  -6n    -ede  -d  -are  -ire*  sare 

p  purter^    -tjs  -d  -ön    -a/s  -d  -er£  -ir§  sar^ 

q  purtard   -äs  -d  -ün    -a!s  -d  -ard  ^ara  sara 

Erto  portare.    -d  -d  -öd     -#  -d  -arej  -ir§  sar(j 

j  purtard1  -äs  -d  -in     -i°s  -an  -ard1  sard1 

$  partard1  -ds  -d  -in     -es  -an  -ard1  -ird1  sard1 

Port.  portar(>    -d  -d  -emo  -e'  -d  -aro  -irö  sarö 

Die  oberengadinischen  formen  sind  mit  ausnähme  der  1.  pers. 
sing.,  die  italienisch  ist,  und  der  3.  pers.,  die  ein  heimisches 
aussehen  hat,  ganz  abenteuerlich.  Das  volk  gebraucht,  wie  am 
Rhein,  die  redensart  venio  ad  portare.  Wenn  Z.  Pallioppi 
von  einem  alten  mann  die  (auch  von  Bifrun,  wenn  auch  selten, 
versuchten)  mit  habere  reimenden  formen  amare,  -rest,  -rö  usw. 
gehört  hat,  so  war  das  gewiss  auch  nicht  Volksgut,  sondern 
nur  geschickter  gekünstelt.  Das  unterengadinische  futurum 
stimmt  wenigstens  im  singular,  es  ist  jetzt  auch  in  gewöhnlicher 
rede  üblich  (Pult,  1897).  Eine  form,  die  nicht  mit  der  ent- 
sprechenden person  von  habere  reimt,  weist  r  auf:  portariw  — 
a»;  aber  auf  -vm  endigen  da  alle  1.  personen  im  plur.,  ausser  an 
und  san. 

An  das  gekünstelte  oberengadinische  futurum  hat  Pal- 
lioppi noch  einen  konjunktiv  angehängt:  porteregia,  der 
aber  keinen  Zuspruch  findet,  obschon  er  richtig  geformt  ist. 
Man  spricht  auch  von  einem  imperativ  des  futurums,  das 
sind  unterengadinische  formen  wie:  non  farai  vendettas!  Allein 
sie  kommen  nur  in  verneinten  befehlen  vor,  sind  also  einfach 
eine  pluralisierung  des  befehlenden  infinitivs:  non  far  vendettas! 
Mit  dem  futurum  hat  das  nichts  zu  tun.  Ich  weiss  nicht,  wo 
diese  formen  etwa  volkstümlich  sind. 

An  der  seite  des  futurums  gibt  es  im  Romanischen  be- 
kanntlich einen  ähnlich  gebildeten  kondizionalis,  der 
auch  andere  namen  führt,  aber  hauptsächlich  für  die  be- 
dingungsnachsätze  nach  unwirklichen  bedingungen  bestimmt  ist. 


Biegung  der  v€ 

>rba. 

253 

Pose. 

purtaröi 

-ar^as 

-arf)f 

-aryum 

-ar^uf 

-ar^an 

Pinz. 

purtaria 

-ari 

-aria 

-arisan 

-ariSaf 

-aria 

Rumo 

portaroei 

-aroees 

-arceo 

c 

-aroeen 

c 

-arceo 

Cagno 

portercei 

-eroeStv 

-ero30 

-eroesen 

-eroeso 

-eroeo 

Brez 

portaruei 

-arn6s 

-ar°eu 

-arn£n 

-arueu 

-arueu 

Amp. 

portarae 

-araes 

-arae 

-asÖD 

-asä 

-arae 

Z. 

portarae 

-arae 

-arae 

-asone 

-asede 

-arae 

Erto 

portares 

-ar£s 

•are's 

-arisön 

-aris^1 

-ares 

S 

purtares 

-ar£s 

-are's 

-aresin 

-aresis 

-ares 

h 

partar^si 

-are^ses 

-ar^s 

-aresin 

-aresis 

-are^sin 

Port. 

portaria 

-arisi 

-aria 

-arisimo 

-arisi 

-aria 

R. 

purtaravi 

-aravi 

-aravo 

-as'emo 

-aside 

-arave 

In  den  besser  rät.  mnndarten  in  Graubtinden  und  Tirol 
braucht  man  ihn  nicht  (s.  250).  Dagegen  habe  ich  zwei  mehr 
venedische  orte  herangezogen:  Z.  bedeutet  das  Zoldotal,  das 
man  auf  dem  wege  von  Colle  nach  Erto  durchschreitet,  und  R. 
bedeutet  Rovigno  auf  Istrien.  Man  unterscheidet  leicht  folgende 
abarten:  1.  nordlombardisch  (habuit  —  auvit)  in  Poschiavo,  Sulz- 
berg und  Nonsberg,  2.  venezianisch  (habuit  —  avit)  in  Venedig, 
einem  teil  der  provinzen  Rovigo,  Treviso  und  an  der  Piave 
hinauf  über  die  provinz  Belluno  hin  und  bis  nach  Ampezzo, 
3.  das  fremde,  alt  -  schriftitalienische  -ia  (habebat)  in  der 
verkehrsreichen  Poebene  über  Padua,  Vicenza,  Verona,  Mantua 
hin  und  ins  italienische  Tirol  hinein  bis  nach  Pinzolo  und 
Predazzo,  4.  auf  habuisset  gereimte  formen  in  Erto,  Friaul 
und  auf  der  anderen  seite  in  einem  teil  der  provinzen  Mantua, 
Brescia  und  Bergamo.  Überdies  dringt  der  alte  kondizionale 
konjunktiv  auch  sonst  durch,  besonders  in  der  1.  und  2.  per- 
son  der  mehrzahl,  ja  er  verdrängt  im  Piavegebiet  und  in 
Rovigno  die  infinitivendung  sogar  gänzlich.  Goldoni  hat  die 
endungen:  -rave  (-ria),  -ressi,  -rave  (-ria),  -ressimo,  -ressi, 
-rave  (-ria);  -rave  ist  ungefähr  dreimal  so  häufig  als  -ria;  das 
-s  der  2.  person  erscheint  in  der  inversion:  meriteressistu? 


254       Vergleichende  darstellnng  der  rätoromanischen  mnndarten. 

Wortschatz. 

Für  unsere  bisherigen  betrachtungen  musste  ich  solche 
Wörter  als  belege  wählen,  die  in  allen  oder  doch  den 
meisten  rät.,  lomb.  und  ven.  mundarten  von  der  quelle  des 
Vorderrheins  bis  zur  nitindung  des  Isonzos  gebräuchlich  sind; 
jetzt  bringe  ich  zwei  dutzend  beispiele  herbei,  die  zeigen, 
wie  manche  begriffe  in  derselben  reihe  romanischer  mund- 
arten durch  drei  oder  mehr  verschiedene  Wörter  gedeckt 
sind.  Es  ist  kaum  nötig,  auf  die  un Vollkommenheit  solcher 
Zusammenstellungen  hinzuweisen:  die  begriffe,  die  man  mit 
den  gleichen  oder  ungleichen  Wörtern  in  verschiedenen 
gegenden  verbindet,  sind  eben  nicht  immer  ganz  gleich,  teils 
weil  sie  irgend  eine  besondere  färbung  oder  abschattung  an- 
genommen haben,  teils  weil  die  Sachen,  z.  b.  Werkzeuge,  land- 
schaftlich variieren.  —  „Reden"  heisst  in  b  auch  plidd,  in  a 
reMd,  in  n  tsaunts$r,  während  der  mtinstertalische  „Catechis- 
mus"  (Brescia,  um  1620)  favellar  und  raschunar  gebraucht. 
„Fels"  übersetzte  man  mir  in  Andeer  (b)  mit  tsatwgel,  in  i 
auch  mit  gripel  und  txvrala,  in  Münster  (n)  mit  hripel.  — 
„Kind"  ist  ein  sehr  dehnbarer  begriff,  ich  meine  hier  „kleines 
Kind",  aber  nicht  gerade  Säugling.  Pose,  pQp  bedeutet  nach 
Michael  Säugling;  er  hat  für  „kind"  noch  Imddw,  hredt  und 


reden 

fels 

kind 

zügel 

eidechse 

grossvater 

b 

tsintsä 

grep 

af(j>n 

hQta 

luzärt 

tat 

f 

ruzanar 

felze 

unfänt 

prandevel  luzart 

tat 

i 

diskuerei 
> 

■  spelm 

t/indliny  frandaVel  lints^rna 

nön 

m 

diskuerei 

> 

■  grip 

pitsen 

mastrina 

luts^rna 

basenyer 

Pose. 

? 

brik 

PQP 

fren 

? 

äf 

Pinz. 

parlär 

marqk 

PQP 

r£dina 

viz^rgula 

n$no 

Cagnö  parlär 

krQs 

PQP 

r^dena 

nycela 

nQn 

Vigo 

rezonär 

krepo 

pikol 

redene 

tQtermandl  dyaf 

P 

ruzn§ 

krap 

pitl 

lQtSQl 

lindyoj.a 

na'ne 
••     > 

X 

ba^ 

kre^p 

viadii 

lo^strik 

(jgedeks 

nene 

Erto 

parhj 

kr  9  da 

kanain 

r^dena 

nizejta 

nqno 

E 

fevelä 

kret 

frut 

r^dinQ 

dz^terQ 

von 

i 

fevelä 

kr§t 

frut 

r^dine^ 

lizarde^ 

von 

Port. 

parlär 

p^röia 

putilüt 

re'dena 

birfgola 

nono 

Wortschatz. 


255 


redas;  der  ausdruck  pgp  ist  auch  in  m  und  Vigo  bekannt. 
Infans  hat  auch  i:  imfd'nt.  —  „Zügel"  wird  selten  von  „zäum" 
unterschieden:  Michael  tibersetzt  frev  und  redana  mit  ztigel, 
in  Vigo  gab  man  mir  für  beides  ebensowohl  brena  als  redene 
(f.  pl.).  —  „Eidechse"  heisst  in  f  luzart  und  ts$rp  da  kater 
palyqtses,  die  mit  gelbem  bauch  sizelye,  in  r  nannte  man  mir  den 
Salamander  tdtqrmandl.  —  „Grossvater  heisst  am  Rhein  tat;  am 
Inn  bedeutet  dasselbe  wort  urgrossvater.  —  „Nur"  ist  ausführlich 
besprochen  in  Gröbers  Z.  XVI,  334.  —  „Butter"  ist  in  Westtirol 
nicht  einfach  mit  schmalz  verwechselt;  sondern,  wo  es  nötig  ist, 
bestimmt  man  die  fettarten  durch  ein  adjektiv,  so  hier  durch 
crudus:  p  zmaHs  kruf.  —  „Schmer"  will  sagen:  wagenschmer; 
zum  teil  hat  axungia  die  bedeutung  schweinschmalz,  b  syndza, 
oder  rindschmalz,  m  sondza,  £  SQndzo  (um  Stiefel  einzufetten).  — 
„Lunge"  und  „leber"  bilden  in  einigen  gegenden  Graubündens 
und  Tirols  ein  paar,  ursprünglich  nur  durch  ein  adjektiv  unter- 
schieden; in  Graubünden  ist  das  Substantiv  (vermutlich  ficatum) 
verloren  gegangen.  In  Poschiavo  ist  polmöw  gewiss  der  jüngste, 
schriftitalienische  ausdruck,  Michael  gibt  ausser  ihm  noch  lef, 


korada  und  kuradela  an. 


.Schaf"  in  dem  sinne  „weibliches 


schaf"  heisst  auch  am  Inn  nuersa;  für  Poschiavo  gibt  Michael 
auch  bistsa  an.  —  „Schmetterling",  vor  allen  der  weissling, 
hat  in  Graubünden  auch  auf  den  mtiller  anspielende  und  andere 


nur 

butter 

schmer 

lunge 

leber 

schaf 

1 

mq 

pizada 

vägesalp 

lQm 

dir 

nuersa 

f 

angäl 

p^ntx 

undzamä^nt  lef 

dekr 

o 

nürse 
> 

t 

be 

p^nt/ 

sundza 

kuralya 

fiö 

best/ 

m 

be 

pa^ty 

v'da  röda 

lef 

narqm 

tya'bes 

Pose. 

doma 

buter 

? 

polmön 

fidik 

pögura 

Pinz. 

numa 

but^r 

sundza 

pulmÜD 

figä 

fida 

Cagnö 

demQ 

bot£r 

zmir 

polmoni 

%ä 

besä 

Vigo 

demq 

smauts 

sonzQ 

fia  b'ank 

f.  ne/ger 

fe'dQ 

P 

me 

zmauts 

sonza 

fu'd  blank  f.  fosk 

biesa 

r 

ma 

zmalts 

sunza 

fi(j  ketso 

f.  fosk 

fresa 

Erto 

npme 

botiro 

söda 

pelmöo 

fidyej 

feda 

l 

nQmQ 

ont 

snits 

polmön 

fiät 

pVrQ 

1 

dQme 

ont 

suirt 

polmön 

fiät 

p'öre. 

Port. 

altro  ke  butiro 

zvirs 

palmön 

figä 

p'egora 

256       Vergleichende  darstellnng  der  rätoromanischen  mnndarten. 


schmett. 

schwalbe 

peitsche 

rücken 

jetzt 

trichter 

6 

bela 

svalma 

ge/sla 

dies 

usa 

trauter 

f 

pule 

skalme 

> 

dyä§le 

des 

ose 

I 

trakter 
> 

i 

spler 

rondulinys 

l  dyeksla 

ar&nts 

uesa 

padr'rel 

m 

pula 

yvtsela 

yaJsla 

ra'n 

osa 

trojrter 

Pose. 

parpavel 

röndula 

skuredza 

skena 

isa 

pidr'öel 

Pinz. 

farin61 

ründula 

sk^r'a 

skina 

ad^s 

lora 

Cagno 

pano^l 

rondola 

skur^a 

styena 

adtjs 

lor^l 

Vigo 

pave" 

rondol 

paHsn 

skenQ 

ad^s 

or^l 

P 

paval 

rondula 

skur'ada 

spinal 

zau 

troj^ter 

X 

pa^l 

rodündera 

vlstla 

spin$ 

zen 

tr^ter 

Erto 

pav^1 

rondol 

skur^a 

skena 

ad^s 

impi^a 

S 

pave/Q 

tsidzilQ 

skQr'Q 

skenQ 

kumö 

ple^Q 

i 

pave 

sizile 

skQr1^ 

skejie 

kumq 

plel'e 

Port. 

pave*a 

sizila 

skur'a 

Skena 

adeso 

pirJa 

namen  (s.  Rät.  Gramm,  s.  5).  —  „Schwalbe"  heisst  in  m  auch  utse 
da  nQsa  dona,  nach  deutschem  vorbild.  —  „Peitsche"  einfacherer 
art  (nicht  geflochten)  nannte  man  mir  in  Vigo  mendolQ.  Mit  dem 
wort  in  r  vgl.  Pose.  visJcla  rate.  —  „Rücken"  wird  im  Engadin  auch 
mit  dees  bezeichnet  (s.  Pallioppi).  —  „Jetzt"  bezeichnet  derselbe 
ausdruck  wie  im  übrigen  Graubünden  auch  im  Bergell  (is,  isa); 
er  hat  in  Livigno  die  form  esa  (wie  Dr.  J.  Hub  er  mitteilt).  — 
„Trichter"  nennt  man  in  Pinzolo,  wenn  er  klein  ist,  auch  urel 
(vgl.  Vigo).  —  „Heuschrecke"  heisst  ebenda  salta  martw,  in  j  gri; 
ich  glaube  nicht,  dass  eine  bloss  augenblickliche  Verwechslung 
(mit  Saatschnellkäfer  und  grille)  vorliegt.  —  „Erbse"  Buchenstein 
tsazol.  —  „Schenken"  ist  in  Samnaun  (m)  durch  sint^dr,  im 
Münstertal  (n)  durch  sintfär,  also  nicht  durch  das  schriftitalienische 
regalare  wiedergegeben;  p  gebraucht  noch  das  alte  donare 
(dun$).  —  „Pflug"  heisst  in  j-I  kreets,  in  Samnaun  fliyaHa,  in 
Predazzo  plcef,  in  o  kah'iQ,  Buch,  karia,  Ampezzo  arsu6i,  in 
S.  Michele  ($)  gwärzina.  —  „Kuss"  ist  in  Westtirol  von  dem, 
wie  mir  scheint,  deutschen  stamm  buss-  (mundartl.  bussen)  ge- 
nommen, während  das  verb  lateinisch  geblieben  (oder  wieder 
geworden)  ist:  Pinz.  baMr,  Cagnö  bozdr,  3.  pers.  sing,  boia,  sonst 
im  Nonsbergischen  bazdr,  el  baza.  —  „Sahne"  in  f  auch  flokr, 
in  Cunevo  (Nonsberg)  tela.  —  Kundigere  wüssten  noch  viel 
mehr  einzelheiten  zu  unseren  beispielen  beizutragen. 


Wortschatz. 

257 

heuschr. 

erbse 

schenken 

pflüg 

kuss 

sahne 

b 

sahjp 

arv<py 

seng'ä 

kriek 

bets 

groma 

f 

tsalep 

arv(py 

sintyidylr 

aräder 
> 

bits 

grome 

i 

salyuet 

arväly 

regaler 

areder 

i 

buts 

grama 

m 

silip 

arbäly 

regalär 

fergun 

bvts 

gr^ma 

Pose. 

salyöt 

erbelya 

? 

arad^l 

bazin 

flür 

Pinz. 

salta  m . . 

.  txes 

dunär 

ploef 

bus 

tila 

Cagnö 

sali'p 

bis 

reyalär 

pl030 

bos 

t^nda 

Vigo 

sauk 

kQ"zul 

donär 

keriQ 

bös 

bramQ 

P 

sa'ök 

arbea 

sink<j 

kudria 

bos 

brama 

X 

sayök 

arb§!a 

sinke 

kadria 

baze 

brama 

Erto 

sa'up 

bizi 

don^ 

varsöllr 

busada 

X? 

l 

g" 

tsezolQ 

donä 

kodreQ 

bus 

bramQ 

l 

zib'Qte^ 

sezaröü 

donä 

"ärzine^ 

busade^ 

smetän 

Port. 

kavaleta 

bizo 

donär 

varsör 

bazo 

kao 

Ungefähr   120  verschiedene  Wörter  hatte  ich  vorzuführen 
für   diese   24  begriffe,   zum  teil  unbekannter   oder  unsicherer 
herkunft;   aber   wenn  wir  auch  vorsichtigerweise  den  vierten 
teil   als    unbestimmt    ausscheiden,    so    bleiben    doch    ungefähr 
60  lateinische   Wörter,   die  in  den  rätoromanischen  mundarten 
offenbar   heimisch   sind,   und    nur   halb   so  viel  fremdwörter 
Diese  sind  meistenteils  germanischen  Ursprungs,  zumal  in  Grau- 
bttnden    und  Tirol;   weniger   Wörter  hat   das   Rätoromanische 
aller   drei   abteilungen   dem   Italienischen  entlehnt,   und   zwar 
teils  der  benachbarten  mundart,  teils  der  italienischen  Schrift- 
sprache; slawische  lehnwörter  sind  selten,  fast  nur  in  Friaul, 
und   selbst   da   meistens   nur   in   der   nähe   der  slowenischen 
Sprachgrenze    zu    finden.      Über    die    germanischen    und    die 
italienischen  fremdwörter  s.  meine  Rät.  Gramm,  s.  6 — 31,  über 
die  slawischen  K.  Strekelj   im  12.  band  des  Archivs  f.  slaw. 
Philologie.    Die  schichten  älterer  und  jüngerer  entlehnung  aus 
dem  Germanischen   in   p   habe  ich  in  der  „Gredner  mundart" 
(1879)   zu  trennen  gesucht;   „Das   schweizerdeutsche  Lehngut 
im  Romontschen"  (1905)  hat  K.  Brandstetter  behandelt.    Der 
kulturgeschichtliche    wert    der    erforschung    der    fremdwörter 
wird   erst   dann   erreicht  werden,   wenn   man   auf  die  beweg- 
grtinde    der    entlehnung   eingehen   wird    (wie  ich   es   für   das 
Wienerische  versucht  habe,  Z.  f.  hochd.  Ma.  III — IV). 


Gärtner,  Rätorom.  spr.  u.  lit. 


IT 


258       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  ninndarten. 

Die  kleine  Wörtersammlung  ist  im  anfang  so  bunt,  dass 
man  an  der  bedeutsamkeit  der  Wortgeographie  zweifeln 
möchte.  An  den  beispielen  „butter"  —  „jetzt"  sieht  man, 
dass  doch  die  mannigfaltigkeit  die  gruppen  unterscheiden 
lässt:  Graubtinden,  Tirol,  Friaul  treten  im  Wortschatz  oft  aus- 
einander. Die  nächsten  vier  beispiele  verraten  einen  engeren 
Zusammenhang  zwischen  Graubünden  und  Tirol,  die  vorletzten 
zwei  zwischen  Tirol  und  Friaul;  das  letzte  endlich  —  wenn 
grama,  brama  etymologisch  eins  sein  sollten  —  bringt  uns 
auf  den  gedanken,  dass  es  gemeinrätoromanische  Wörter 
geben  könne.  In  solchem  sinne  wollen  wir  den  rät.  Wort- 
schatz an  einigen  beispielen  untersuchen. 

1.  Graubtinden  hat  sich  oft  auf  kein  gemeinsames  wort 
einigen  können  oder  das  gemeinsame  wort  teilweise  auf- 
gegeben. —  Für  feld,  acker  hat  man  aus  area  ein  passendes 
wort  bekommen,  gleichsam  areum;  aber  es  ist  auf  den  mittleren 
teil  Graubtindens  c-E  beschränkt.  —  Desgleichen  pigliare  auf 
e-t;  doch  ist  in  j-n  tollere  nur  im  inf.  und  pari  (tut)  üblich, 
„er  nimmt"  heisst  auch  da  el  pilya.  Von  dem  inf.  tgur,  tor 
ein  präsens  wiederherzustellen  gelingt  nicht  mehr.  —  Einem 
grösseren  teil  Graubtindens  ist  die  vorsetzung  eines  d  bei  alzare 
eigen;  die  oberengad.  form  aduts&r  (neben  uisir)  scheint  das 
d  zu  erklären  (vgl.  ttt  dudir  hören  s.  128).  —  Ebenso  verbreitet 


feld 

nehmen 

heben 

hässlich 

anfangen 

tenne 

b 

kamp 

pr^nder 

aultsä 

mat^iert 

^ntse/ver 

iräl 

f 

er 

pilylr 

dultsär 

trekt 

antsever 

iräl 

i 

er 

pilyer 

adutser 

trikt 

kumantser 

— 

m 

tyomp 

tor 

dutsär 

teil 

kumantsär 

era 

Pose. 

kämp 

t03 

oltsä 

brvt 

kumentsä 

era 

Pinz. 

kamp 

toer 

afsar 

brt>t 

skumis^r 

eja 

Cagnö 

t/amp 

teer 

ausär 

brut 

skomensär 

ara 

Vigo 

tyamp 

tor 

utsär 

burt 

kumentsär 

aQ 

P 

tyamp 

to 

OutS(j 

burt 

skumentstj 

§a 

r 

tyamp 

to 

altse" 

bort 

skoments^ 

ära 

Erto 

/amp 

tQl 

al#<? 

brut 

skome#$ 

— 

5 

tyamp 

töli 

altsä 

brut 

komentsä 

äriQ 

h 

t/amp 

työli 

alsä 

brut 

skomensä 

ärie 

Port. 

kampo 

tQr 

alsar 

bruto 

gkomins'är 

— 

Wortschatz. 


259 


sehen  wir  den  stamm  trit-  für  „hässlich",  aber  in  a,  b  matyjfrt, 
maJeprta,  in  c,  b  paur,  por  (dessen  begriffswandel  an  franz.  vilain 
erinnert).  —  Nicht  selten  fällt  die  wortgrenze  mit  der  Wasser- 
scheide zwischen  Rhein  nnd  lnn  zusammen;  wenigstens  ungefähr: 
denn  g  und  f)  gehen  hie  und  da  mit  dem  Engadin.  Ich  habe 
für  diese  wortgrenze  leicht  16  belege  gefunden.  —  Wir  sehen 
da  am  Rhein  das  alte  incipere  noch  gegen  das  franz.-ital.  wort 
verteidigt.  —  Bei  „tenne"  ist  die  Scheidung  zwischen  area  und 
der  ableitung  mit  -alis  nicht  klar:  in  i,  wo  kein  getreide  wächst, 
braucht  man  das  wort  so  wenig  wie  die  sache  (Bifrun  hat 
irel).  —  Zu  dem  rheinischen  mal-sanus  stimmt  p  m§lsdun, 
das  aber  ungesund  bedeutet.  —  Bei  „Soldat"  verrät  der  stimm- 
hafte anlaut  am  Rhein  den  deutschen  einfluss.  —  Neben 
anye  kennt  man  in  m  auch  tsotel,  also  wie  in  f,  aber  mit 
deutschem  suffix.  —  Die  Verkleinerung  an  Urtica  hat  das 
Rheinische  auch  an  formica  (s.  264).  —  Dass  das  volk  das  wesen 
der  unsichtbaren  luft  erst  in  ihrer  bewegung  erkennt,  be- 
zeugt unser  wort  „lüftehen";  in  b  heisst  nur  ein  stärkerer 
wind  sofl,  ein  blosses  lüftehen  luft.  —  Mons  ist  in  Vigo 
und  p  nur  in  der  bedeutung  alpen weide  weiblich,  ebenso 
in  Ampezzo  (monte);  man  kann  an  den  einfluss  des  deutschen 
„alm"  denken,  weiter  im  Osten,  wo  mons  überhaupt  weib- 
lich ist,  eher  an  den  von  montagna,  das  ja  teils  üblich  (5  mon- 


krank 

krankheit  baumwolle  Soldat 

lamm 

spinne 

b 

malts6un  maltsQnya 

,  maügQla 

zuldä" 

tsot 

falfen 

f 

maltsan 

maltsQnye 

maBgQle 

zuldö 

tsotiny 

filuntse 

> 

i 

amalö 

malatia 

bambes 

sudö 

anye 

runyüm 

m 

amala 

malatia 

bambäs 

suda 

anye 

arqny 

Pose. 

mala 

? 

bumbäs 

? 

bidiD 

? 

Pinz. 

mala 

malatia 

bumbäs 

suldä 

anyel 

ranyul 

Cagnö 

mala 

malatia 

bumbäs 

soldä 

any^l 

rany 

Vigo 

mala 

malatiQ 

bumbds 

sudä 

any^l 

ren 

P 

amal<£ 

malatia 

bambes" 

soud§ 

anyel 

aräny 

r 

amare 

maratia 

bambes 

soldä 

any^l 

aräny 

Erto 

mal(j 

malatia 

bomb^s 

soldtj 

anyial 

ra* 

E 

malät 

malatiQ 

bombäs 

soldät 

any<?l 

ra1 

S 

malat 

malatie 

bumbdi§ 

soldät 

any^l 

ra'n 

Port. 

mala 

malatia 

bombazo 

soldä 

anyel 

17< 

ranyo 

260       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


brennessel 

luft 

wind 

berg 

bäum 

Schnabel 

b 

urtikla 

luft 

sofl 

kuelm 

phmta 

gnabel 

f 

urteUe 
> 

loft 

loft 

kolm 

plante 

snabel 

1 

i 

urtla 

a'er 
> 

v^nt 

muntanya 

böegty 

pikel 

m 

urtla 

a*er 
> 

sofl 

munt  m. 

böest/ 

pikel 

Pose. 

urtlga 

?' 

vent 

münt 

albar 

bek' 

Pinz. 

urtiga 

äna 

vent 

munt 

arbul 

bcek 

Cagnö 

ortiya 

äria 

v§nt 

mont 

arbol 

*>& 

Vigo 

ortio 

driQ 

vent 

mont 

alb^r 

b^k 

P 

urtia 

arja 

vant 

mont 

lan 

bek 

r 

ortia 

ar'a 

ont 

munt  f. 

1^13 

bek 

Erto 

ortidya 

äria 

ve^nt 

mont 

e^bol 

bekol 

S 

burtiQ 

äriQ 

vint 

mont 

arbol 

pik 

a 

urti$ 

a'ar 

vint 

mont 

arbul 

bek 

Port. 

ortiga 

dria 

vento 

monte  m. 

älbaro 

beko 

tanye),  teils  bekannt  ist.  —  „Baum"  ist  nicht  tiberall  in 
unserem,  dem  allgemeinen  sinne  verstanden;  b  pum4  be- 
deutet Obstbaum,  plgnta  waldbaum,  Vigo  albqr  laubbaum, 
p{aiitg  nadelbaum.  Lignum  für  bäum  hat  p-r;  schon  o 
und  Buchenstein  sagen  qlbqr,  dessen  $  aus  a  noch  vor  der  ver- 
tauschung des  r  entstanden  sein  muss.  —  Die  zwei  graub. 
Wörter  für  „Schnabel"  trifft  man  auch  im  Osten;  nämlich  j  pik 
(neben  bqk)  und  p  znobl,  hier  für  rtissel.  —  Selten  stellt  das 
Inngebiet  dem  rheinischen  wort  ein  deutsches  fremdwort 
gegenüber,  wie  „strumpfe";  übrigens  hat  m  auch  txitsol.  — 
Karneval  ist  in  allen  mundarten  ein  fremdwort,  auch  im 
Nonsbergischen,  wiewohl  man  da  dem  anlaut  nach  dem  nahe- 
liegenden Vorbild  von  carne  —  txarn  die  einheimische  gestalt 
gegeben  hat;  der  merkwürdige  ausdruck  am  Rhein  hat  gegen- 
über jenem  allerweltwort  standgehalten.  —  Jetzt  kommen 
wir  zu  vier  beispielen  für  den  fall,  dass  sich  nur  das  ost- 
ende Graubündens  abscheidet  und  sich  östlicheren  mundarten  an- 
schliesst.  —  Das  alte  nimia  reicht  nur  bis  ins  Oberengadin, 
schon  in  \  tritt  massa  dafür  ein,  das,  wie  das  französisch- 
italienische troppo,  diese  bedeutung  erst  erwerben  musste.  — 
Sinister  scheint  im  Unterengadin  erst  dem  weit  verbreiteten, 
scherzenden  wort  gewichen  zu  sein.  —  Hingegen  dürfte 
das  u.-eng.  ren-uculum   die  alte  graub.  form   sein,  während 


Wortschatz. 

261 

strumpf  fasching 

zu  viel 

d.  linke 

niere 

rösten 

b 

kit§iel 

se/ver 

mem'a 

sanipster 

narunkel 

barsä 

f 

kaltsQul 

tsever 
> 

mendye 

sanejster 

niruükel 

barsär 

t 

stimpf 

karneväl 

mejna 

snester 
> 

nyiruntyel 

braser 

m 

stimpf 

karneväl 

masa 

tsank 

ranu"ly 

ustrir 

Pose. 

k^ltsa 

? 

? 

druers 

? 

? 

Pinz. 

kafsoet 

< 

karneväl 

masa 

sank 

arnyÜB 

rust^r 

Cagnö 

t/a"sa 

t^arneväl 

masa 

entsänty 

? 

rostir 

Vigo 

t#autsQ 

karnasal 

masQ 

tsaok 

ronyön 

rostir 

P 

txa"tsa 

karnesä 
••     > 

masa 

tsaiak 

renyÖD 

prat^ 

r 

t/ältsa 

karlase 

masa 

tsamp 

rinyüü 

prate* 

Erto 

#al#a 

karnaväl 

masa 

#ank 

roDyöü 

rosti 

S 

t^altSQ 

karneväl 

masQ 

tsamp 

ranyön 

ros"tl 

h 

tyalse 

karneväl 

mase 

samp 

runyöo 

rustl 

Port. 

kalsa 

karneväl 

masa 

sanko 

ranyÖD 

rostir 

im  übrigen  teil  Graubtindens  das  deutsche  wort  hinein- 
gemengt ist.  —  Endlich  im  letzten  beispiel  gibt  sich  das 
dem  franz.  braiser  entsprechende  wort  in  Graubttnden  als 
erbgesessen  kund;  im  Unterengadin ,  vielleicht  auch  anders- 
wo, ist  das  ital.  (ar)rostire  eingedrungen,  in  Osttirol  das 
deutsche  wort. 

2.  Besondere  gemein-bündnerische  Wörter  sind  gleich- 
falls nicht  schwer  aufzufinden.  Wir  haben  schon  das  alte  albus 
(s.  174),  das  fremdwort  wald  (s.  182),  das  präfixierte  secare  (s.  190) 
und  das  nasalierte  sambat  (s.  114)  als  merkmale  Graubtindens 
beobachten  können.  Wichtig  ist  das  wort  für  „auch"  (s.  264).  — 
Hierher  gehört  ferner  das  fremdwort  „leute" ;  das  weibliche  ge- 
schlecht des  wortes  bezeugt,  dass  gens  das  verdrängte  erbwort 
war.  —  Das  einfache  solus  ist  durch  das  Verkleinerungswort  fast 
gänzlich  verdrängt  (in  b  nochpersül  allein);  das  vorgestellte  beilas 
kommt  im  Osten  hänfig  vor:  §  b'elsöH,  besdul,  t  besöH  usw.  — 
Bemerkenswert  sind  die  suffixierten  formen  von  Collum  und 
apis;  in  Ampezzo  schleppt  apis  ein  stück  des  artikels  der  mehr- 
zahl  mit:  ra  eza  die  biene.  —  Die  herkunft  des  graub.  wortes 
für  „zuhören"  ist  noch  zweifelhaft  (darüber  spricht  zuletzt 
P.  E.  Guarnerio,  Rendiconti  d.  R.  Ist.  Lomb.,  41.  Bd.,  1908, 
s.  403).  —  Eine  neue  erfindung  oder  mode  im  bau  des  herdes 
wird  den  ausdruck  plata,  genauer  pl.  de  fiuk,  f  plate  da  ft,  an  die 


262       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  inundarten. 


leute 

allein 

hals     biene 

zuhörer 

i      herd 

kirche 

b           lyo"t 

sul^t 

kuli'ts   avful 

tatla 

plata 

bazejdya 

f        lyokt 

suhjt 

kule'ts    av^'l 

tarlär 

plate 

bazejdye 

i            lylet 

sul^t 

kulöets  av'cel 

tagler 

plata 

baz^ldya 

m         lyQt 

sulöt 

kalcets  av'ö 

ta'lär 

plata 

bazeldya 

Pose,     dzent 

sül 

güla       äva 

teduld 

figuld 

dzeza 

Pinz.     dyent 

sul 

k$l         af 

skuftär 

fuguUr 

t^eza 

Cagnö  dzent 

sol 

kpl         aij 

skoltäi 

foglär 

glez'a 

Vigo      zent 

SQU1 

k^l        af 

skutär 

fregul&r  l£ziQ 

p           zant 

80*1 

kql        eva 

skut(j 

fudl<? 

dlieza 

r           zont 

SU 

kQl        <2 

§kut(j 

forgar<j 

dllz!a 

Erto      de/nt 

belsöl 

kol        e 

skoltcj 

fogolar 

di"za 

E           int 

su°l 

kuel       äs 

skoltä 

fogolar 

glizig 

h           int 

sol 

k"el       äs 

skolta 

fogolär 

glezie 

Port,     dzente  solo 

kolo       ave 

skoltär 

fog^r 

tseza 

stelle    des   alten    foeul  -  arium 

gefrieren 

anzünden 

gesetzt  haben,   wie 

die  form 

b 

zeld 

emvidä 

flugSr  in  Samnaun  (l 

n)  zu  ver- 

f 

zalär 

vidär 

muten     erlaubt.       Unter     den 

t 

zier 

ivider 

östlichen  formen  bemerke  man 

tu 

zalär 

vudär 

die  verkleineruog  Ich 

■w  in  Am- 

Pose. 

9 

vida 

pezzo,  $rin  ir 

i  O.-Comelico.  — 

Pinz. 

iDgla^är 

impiär 

Basilica  ist  als  erbwort  anzu- 

Cagnö 

Dglasar 

impiyär 

sehen  ,    auch 

die  Emser   form 

Vigo 

dyatsär 

nipeär 

bazqlga  befriedigt  uns  (s.  194); 

P 

dlats§ 

mpia 

aber    ecclesia 

,    hat 

sich    teil- 

r 

dlatstj 

iupie* 

weise    unter 

ital.    ( 

ven.)    bot- 

Erto 

indya#ej 

impe§ 

mässigkeit  gestellt, 

besonders 

£ 

glatsä 

impia 

in  dem  abstrakten  sinne:  p  Mem, 

h 

iDglasä 

impiä 

r  hieza.  —  Von  den 

zwei  aus- 

Port. 

indzasär 

impisär 

drücken  für  „vetter"  ist  consobrinus  nur  in  Graubünden  ge- 
wählt worden;  Jcuziw  in  Westtirol  und  Friaul  ist  das  franz.- 
ital.  eugino,  also  ein  fremdwort.  —  Über  die  herleitung  des 
graub.  Va,  g  blyer  usw.  von  milliarium  s.  Gröbers  Z.  25,  626.  — 
Neben  dav^n  kommt  auch  nav$n  vor;  demets  sagt  man  auch 
in  p.  —  „Immer"  kann  fortwährend  und  allemal  bedeuten; 
danach  unterscheidet  man  in  p  fort  und  äanyoura,  in  q  tres 
und  danyära,  wie  es  der  Etymologie  entspricht.  —  Das  lat.  mus 


Wortschatz. 


263 


f 

t 

m 

Pose. 

Pinz. 

Cagnö 

Vigo 

V 
r 

Erto 
l 

» 

Port. 


vetter 

kuzerin 
> 

kuzr^ny 

kuzdriny 

kuzdrin 

dzermäia 

kuzfn 

kozin 

zarmän 

zurmän 

zormdß 

dermäü 

kuzfia 

kuzfß 

zarmäü 


viel 
b*a 
bler 
bdyer 
bl^r 
multu 
tant 
tant 
trop 
truep 
tr$p 
truap 
trop 
trop 
tanto 


weg 
dav^n 
dav^nt 
dav^nt 

davent 

9 

inlä 

via 

dem^ts 

via 

ia 

inyä 

viQ 

vie 

via 


immer 
adina 
adenye 
adena 
adima 
sempri 
sempru 
semper 
semper 
danyoura 
dany^ra 
se'mpre 
simpri 
simpri 
sempre 


maus 
miur  f. 
mekr 

o 

mt'kr 

o 

mtJr 

? 

sors  m. 
sores 
soritSQ  f. 
suritsa 
sorvtsa 
s<?r#  f. 
sorls 
suri$ 
sorze  m. 


ofen 
penya 
pinye 
pinya 
pinya 
? 

fumel 

fornel 

furn^l 

furnel 

fornel 

fornel 

for 

stue 

§tua 


vater 

bap 

bap 

bap 

ba 

pädri 

pari 

pare 

pare 

p$re 

p6re 

pere 

pari 

pari 

pare 


wann 

kura 

küre 

kugra 

kura 

küra 

kuant 

kant 

kau 

kan 

kan 

kan 

kuant 

kuant 

kuando 


muss 

St$ 

st$ 
stu 
sto 

StQ 

kuny 

k(?ny 

koD 

mu'sa 

mes 

ku'n 

skueo 

skunye^ 

ga  da 


knäuel 

keni 
> 

kanel 

c 

tyane 

t^ane* 

kan^l 

grumisel 

glom 

lumes^l 

meneseU 
>   > 

lumes^l 

dyeü 

glomüts 

glimüs 

dzerao 


muss  schon  in  n  dem  im  Osten 
herrschenden  sorex  weichen,und 
zwar  dem  (wie  in  Predazzo  und 
weiter  östlich)  weiblichen  sorex: 
su°rs  f.  Der  breite  Zischlaut  im 
anlaut  ist  auffällig.  —  Furnus 
gilt  gewöhnlich  für  backofen;  in 
£  hat  man  mir  for  und  fornel  für 
Stubenofen  angegeben.  Neben 
dem  amtlichen  pater  gibt  es  oft 
koseformen,  wie  Pose,  pa,  mas, 
Pinz.,Port.2>wf>«-  In  Graubtinden 
herrscht  babbo  allein.  —  Zu 
gelare  gehört  gewiss  auch  Pose. 
dzqlt  erfroren.  —  In  b  kann  kura 


zu  ku  verkürzt  werden,  wie  gra  zu  p;  der  ausdraek  che  ora 
in  diesem  sinne  kommt  auch  in  orten  des  Nonsbergs  vor; 
Tres,  Vigo  (Nonsb.)  wakura,  Cles  akora.  —  Est  opus,  convenit 
und  das  deutsche  wort  (im  Gadertal  an  das  verdrängte 
debuisset  angelehnt)  teilen  sich  in  das  rät.  gebiet.  —  „Knäuel" 
scheint  das  quellwort  in  Graubünden  zu  sein  (vgl.  franz.  canif); 
die  andern  Wörter  gehen  auf  glomus  und  die  (ven.)  nebenform 
mit  e  zurück. 


264       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


3.  Innerhalb  der  tirolischen  gruppe  sehen  wir  nicht 
viele  wortgrenzen  durchlaufen.  Das  gebiet  ist  ja  auch 
klein,  wenn  wir,  wie  billig,  nur  o-r  dazu  rechnen  und  die 
Übergangs-  und  mischmundarten  von  Sulzberg,  Nonsberg  bis 
Vigo  und  von  Buchenstein,  Ampezzo  bis  Erto  und  Cimolais 
beiseite  lassen.  Die  örtlichen  Verhältnisse  erklären  hin- 
reichend, dass  zwischen  Nonsberg  und  Fassatal  und  noch 
mehr  zwischen  o-r  und  Erto  der  mangel  an  verkehr  zahl- 
reiche Verschiedenheiten  im  Wortschatz  entstehen  liess.  — 
Das  Gadertal  hat  mitunter  um  ein  deutsches  fremdwort  mehr 
als  p,  so  z.  b. 
gonöt,  welches 
schon  Alton 
als  altdeutsch 
erkannt  hat, 
und  das  ver- 
mutlich junge 
hersa.  —  Von 
den  2  namen 
der  ameise  im 
Gadertal  kann 
der  eine  auch 
deutsch  sein 
(s.  Schöpf, 
Tirol.  Idiot, 
detsch).  —  Die 
ableitung  auf 
-ata  hat  auch 
p  (prueda),  sie 

bedeutet  da  aber  nur  den  gestossenen  pfeffer,  ursprünglich  wohl 
die  damit  gewürzte  speise.  —  Das  ennebergische  fglis  ist 
offenbar  ein  fremdwort,  wie  „falsch"  selbst  und  wie  einige 
andere  unserer  dialektwörter  (man  achte  auf  das  1).  —  Von 
dem  wichtigen  worte  hanc  haben  wir  s.  134  viele  lautformen 
kennen  gelernt.  Den  sinn  von  „anche"  haben  sie  nur  in 
Kleven  und  von  Poschiavo  und  Pinzolo  bis  ans  ostende,  während 
für  „auch"  in  Graubünden  ein  anderes  wort  dient:  ct-b  era  u.a., 
e-f)  er,  Bergell  er,  i  ekr,  \-\  e*r,  m,  n  er.  Die  bedeutung  „ancora" 
kommt  dem   einfachen  hanc  nur  in  ct-i  zu;  von  da  ab  be- 


oft 

kirsche 

ameise 

pfeffer 

6 

sav^nts 

tsareza 

furmikla 

pe/ver 

f 

savtjnts 

tsarlze 
> 

furme'le 
> 

pever 

t 

suv^nts 

tsireza 

furmia 

p^ver 

m 

suönt 

tsareza 

furmia 

paVer 

Pose. 

spes 

seleza 

furmlga 

pear 

Pinz. 

spoes 

tsireza 

furmiga 

pever 

Cagnö  despös 

tsareza 

formiya 

pever 

Vigo 

despes 

t^rez'o^ 

förmig 

peVer 

0 

spes'  Qutes 

tsariez$ 

förmig 

pe^vej 

P 

sevants 

tsari'za 

furmia 

pever 

q 

gonöt 

kersa 

tötsora 

purvada 

r 

gonöt 

k^rsa 

kargära 

purvada 

Erto 

daspös 

#eri"za 

fromidya 

,  peVre 

S 

dispös 

tsinz'Q 

furmiQ 

pev^r 

i 

dasp^s 

sar'eze 

furmie^ 

pevar 

Port. 

despeso 

sareza 

formiga 

pevare 

Wortschatz. 


.265 


sorgt  das,  wie  man  sieht,  das  wort  modo,  zum  teil  durch 
eine  präposition  gestützt.  Aber  schon  in  q,  r  beginnt  die 
sitte,  beide  ausdrücke  zu  verbinden,  und  das  ist  um  so 
wichtiger,  als  gleich  darauf  dieses  bis  ans  meer  reichende 
gebiet  durch  das  ital.  ancora  unterbrochen  wird:  nur  Come- 
lico  besitzt  diese  Verbindung  (wkam$)  im  Piavegebiet  und 
Erto.  Man  wird  annehmen  dürfen,  dass  das  venezianische 
und  zugleich  schriftitalienische  ancora  an  der  Piave  hinauf 
eingedrungen  ist. 

4.    Gemein -tirolisch    und    zugleich   kennzeichnend   für 

Tirol,  sei  es 
für  o-r  oder 
für  Tirol  in 
einem  weiteren 
sinne,  wüsste 
ich,  streng  ge- 
nommen, kein 

wort  zu 
nennen. — Das 
merkwürdige 
oma  —  abge- 
gesehen  da- 
von, dass  es  mit 
muma  (a  -  b, 
rumän.)  etymo- 
logisch gleich 
sein  kann  — 
reicht  über  p-x 
und  Erto  nicht 
hinaus.  In  o  und  Buch,  sagt  man  m$re;  in  Cimolais  heisst  die 
mutter  Ja  mg,  nur  nach  den  possessiva  tritt  die  andere  form  ein: 
mi  oma.  Vielleicht  sind  beide  Cimolaiser  formen  dadurch  aas 
muma  entstanden,  dass  man  sich  der  vermeintlich  überflüssigen, 
kindischen  Verdoppelung  entledigen  wollte.  In  jedem  falle  ist 
die  Übereinstimmung  mit  p-x  Zeugnis  für  einen  alten  Zusammen- 
hang. —  Insulsus  umfasst  ganz  o-r,  ist  aber  freilich  kein  wich- 
tiger begriff.  —  Hingegen  ist  o  wieder  ausgeschlossen  bei  dem 
erbwort  fuscus,  bei  dem  alten  deutschen  lehnwort  seife  (mit 
stimmhaftem  anlaut!)  und  dem  ausdruck  dqnyourq  (s.  263). 


falsch 

i  noch 

mutter  ungesalzen  schwarz  seife 

faults 

onn 

muma 

— 

ner 

savün 

föts 

ank 

mame 

— 

nekr 

savün 

fös 

a'nt/a 

mama 

— 

n^r 

savüm 

f$s 

am  6 

mama 

— 

na'r 

sabtin 

fälts 

amQ 

müdza 

? 

ner 

sauneta 

fals 

am  9 

mari 

— 

negru 

savün 

faus 

amq 

mare 

— 

neyej 

saön 

faus 

amQ 

mare 

nsQus 

n^ger 

saön 

faDs 

amo 

mere 

insQus 

n^ger 

saön 

fauts 

mQ 

oma 

insöl,ts 

fosk 

z'afa 

fälts 

tyamQ 

uma 

insüts 

fosk 

zäfa 

foHs 

tyamq 

oma 

nsüts 

fosk 

zäfa 

fals 

T/am6 

oma 

— 

n^gre 

saön 

falts 

int/imö 

märi 

— 

ni°ri 

savön 

fals 

int^em^ 

>  mari 

— 

neri 

savön 

falso 

ankora 

mare 

— 

negro 

saön 

266       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


5.  Innerhalb  Friauls,  das  mehr  als  neunmal  soviel 
seelen  zählt  als  die  beiden  anderen  abteilungen  zusammen, 
ist  doch  der  Wortschatz  ziemlich  einheitlich,  wie  es  ja 
geographisch  und  politisch  begreiflich  ist;  selbst  die  schwer 
zugängliche  gegend  von  Erto,  Cimolais  und  Claut  hat 
meistenteils  den  friaulischen  Wortschatz  annehmen  müssen. 
Einzelne  Ver- 
schiedenheiten 
haben  wir  ken- 
nen gelernt,  s. 
ofen  s.  263  und 
ire  s.  244.  — 
„Fingerhut"  ist 
gewiss  ein  sehr 
altes  lehnwort 
in  Friaul,  im 
auslaut  haftet 
vielleicht  noch 
ein  Überbleibsel 
des  alten  erb- 
wortes;  vgl.  o- 
b  findyergüH, 
fevgerhüH  u.  ä. 
—  Zu  frl.  klip 
bringt  Dr.  Hu- 
ber ein  glei- 
ches Mep  aus 
Livigno  bei.  — 
Opera  konnte 
wohl  nur  so 
zu  -  bgri,  -v$r 
u.   ä.    entstellt 

werden,  dass  es  unverstanden  in  friaulischen  gegenden  umher- 
wanderte, wo  lat.  -a  verschieden  lautet. 

6.  Friaul  kann  auch  nicht  sehr  viele  lexikalische 
Wahrzeichen  aufweisen.  Zuweilen  reicht  ein  solches  wort 
über  die  venedische  grenze  hinüber,  wie  man  an  den  ersten 
drei  beispielen  sieht.  Manzo  für  bos  ist  auch  nach  Cava- 
lese,   Vigo    und    o    eingedrungen,    während   man    dazwischen, 


verbergen 

fmgerhut 

lau 

viel 

Kl. 

skunt 

didä 

tebit 

tant 

b 

tsupä 

finderguet  tievi 

b*a 

f 

tsupär 

diklär 

tlf 

bler 

t 

tsuper 

daiakler 

tevi 

bdyer 

m 

tsupär 

aßkler 

tef 

bl^r 

Pinz. 

skundar 

dadäl 

tiv'u 

tant 

Cagnö  sk<mder 

dedäl 

tebi 

tant 

Vigo 

skon^r 

dedäl 

tebek 

trQP 

P 

sku^nder 
> 

ded^l 

tiebe 
> 

truep 

q 

askonye 

d^de" 

tyeo 

trosp 

Erto 

p'at^ 

ded^l 

t^pido 

truap 

§ 

sV'ondi 

didäl 

klip 

tant 

skondi 

venyaml 

klip 

never 

c 

t 

klupä 

dendäl 

klip 

ma'tänt 

u 

skondi 

dindal 

klip 

ud  grum 

ö 

platä 

da^däl 

klip 

trop 

tu 

platä 

didäl 

klip 

trop 

£ 

platä 

vinyaröul 

klip 

trop 

9 

platä 

vinyarul 

klip 

umbQri 

i 

sk"indi 

venyarül 

klip 

trQp 

sk'lndi 

vinyarul 

t!epit 

una  vora 

skundi 

dedäl 

t'ejnt 

ud  grün 

Port. 

skondar 

ziz^l 

tepido 

tanto 

Wortschatz. 


267 


in  ti-t  und  Erto,  taurus  darunter  versteht  (s.  s.  128).  Durch 
den  viehhandel  mag  das  wort  von  den  ven.  käufern  zu  den 
Viehzüchtern  bis  in  die  Alpen  verbreitet  worden  sein;  auf 
dem  entgegengesetzten  wege  wäre  es  wohl  nicht  zu  jenem 
bedeutungsunterschied  und  nicht  zu  dem  stimmhaften  stamm- 
auslaut  gekommen.  —  An  acus  und  culter  bemerken  wir 
in  Friaul  ein  besonderes  suffix,  wie  bei  cinis  (s.  188).  In 
Poschiavo  und  Kleven  lautet  das  erste  wort  gvdza.  —  Die 
erhaltung  von  dexter  in  Friaul  ist  ein  gegensttick  zu  der 
von  sinister  in  Graubünden;  in  der  ebene  scheint  sich  das 
wort  allmählich  zu  verlieren  (dr$f).  —  S.  auch  ont  s.  255. 


ente  maulwurf 

ochse 

nadel 

messer 

rechts 

egge 

b 

enta 

talpa 

bof 

guila 

kunti 

dr$t# 

ejpst 

! 

ente 
> 

talpe 

böf 

gnlye 

kuntel 

c 

dr§tx 

erpts 

i 

anda 

talpa 

bokf 

aguelya 

kurte* 

dret 

?rpty 

m 

— 

talpa 

bo 

aguelya 

kurte 

dret 

iesp 

Pinz. 

änadra 

tupina 

bQ 

vx& 

kurt& 

drit 

trägula 

Cagn< 

)  änadra 

talpina 

b03l 

vtsa 

kort^l 

endr^t 

repe/ 

Vigo 

änerQ 

tampinQ 

mants 

vodyQ 

kort^l 

dret 

erpe§ 

P 

aunes 
> 

talpina 

bo 

odla 

kurtel 

drat 

arpes 

X 

änora 

talpina 

bQ 

aodla 

kort& 

dejt 

ejpes 

Erto 

ra#a 

solvera 

bua 

guziala 

korteU 

diastre 

grap 

g 

ratsQ 

fark 

mants 

guzel? 

kurtis 

dyestri 

grap 

l 

rase^ 

fark 

mans 

guzele. 

kurtis . 

destri 

grape. 

Port. 

rasa 

farko 

manzo 

ago 

kortel 

drito 

grapa 

7.  Graubtinden  und  Tirol  treffen  oft  in  der  ent- 
lehnung  eines  und  desselben  deutschen  Wortes  zusammen: 
gast  b  gast,  f,  i  dyast,  m  dyast,  die  deutsche  mehrzahlform  und 
fast  ohne  lautwandel:  q  gest,  r  gqst;  Schlosser  vom  Rhein 
bis  ins  Gadertal  slgser,  Mosqr  u.  ä.,  eine  entlehnung,  die 
mehr  interesse  für  die  gesehichte  des  deutschen  handwerkes 
als  für  die  unserer  mundarten  darbietet;  krebs  b,  f,  i,  p 
Jcrqps  ist  gewiss  jung  (vgl.  ü  kra'bes  krebskrankheit)  usw. 
Alt  muss  to  tupa  sein,  aber  das  rheinische  tuba  kann  jung 
sein,  weil  im  Alemannischen  die  diphthongische  ausspräche 
von  taube  nie  zustande  gekommen  ist.  Von  den  vier  bei- 
spielen  auf  der  folgenden  Seite  enthält  das  erste  im  Gader- 
tal zwar   den    bairischen    diphthong,   aber   noch   den   stimm- 


268       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


rein 

bereuen 

schloss 

magen 

spreu 

schneien 

6 

zuber 

s'enrikla 

mislQS 

magiin 

palya 

nave" 

f 

zöber 

z'anriklär 

misläs 

magün 

palye 

ne/ver 

i 

n^t 

z'arvvler 

marslces 

stqmi 

palya 

naWer 
> 

tn 

net 

z'anrvklär 

maslQs 

stome 
> 

palya 

naVer 

> 

Pose. 

net 

? 

? 

stombik 

bula 

? 

Pinz. 

nej; 

pentir  si 

raarlQS 

magÜD 

ulva 

flukar 

Cagnö 

net 

pentir  §e 

mazlQs 

magön 

bula 

üoy&r 

Vigo 

n^t 

a£r  rekQr 

mask^s 

magöia 

pao 

n^vej* 

P 

nat 

rutj  imp. 

manezlös 
••   > 

magöia 

pa\a 

nevä1 
> 

r 

zaubei 

•  iarotj  imp. 

zmaderl6* 

> 

5  magÜD 

paya 

no§1 

Erto 

net 

penti  se 

luk6t 

stQmek 

bambula  novidytj 

£ 

net 

pinti  §i 

tsep 

Storni 

— 

neveä 

3 

n§t 

pinti  §i 

lok^t 

stgmit 

bul$ 

neveä 

Port. 

neto 

pentir  se 

loketo 

stömego 

bula 

nevegär 

haften  Zischlaut  am  anfang.  —  Auffälliger  ist  das  zusammen- 
treffen der  entlehnungen  bei  „reuen",  in  Graubünden  so  ge- 
braucht wie  se  repentir,  pentirsi,  in  p-x  unpersönlich  wie 
im  Deutschen;  man  beachte  das  präfix.  —  Das  alte  malsloz 
(vorlegeschloss)  hat  sich  von  den  deutschen  und  den  romanischen 
zungen  vieles  gefallen  lassen  müssen.  —  Das  wort  stomachus 
ist  durch  das  deutsche  nicht  ganz  tiberflüssig  geworden:  p,  q 
stome  ekel.  —  Wichtiger  aber  sind  die  erb  Wörter,  durch  die 
sich  Graubtinden  und  Tirol  enger  aneinanderschliessen,  wie 
coccinus  rot  Sa  112,  hebdomas  woche,  amita  tante  s.  114, 
audire  hören  s.  138,  Veneris  dies  s.  154,  das  einfache  calx 
s.  174,  subinde  oft  s.  264,  und  hier  stehen  noch  9  beispiele. 
Palea  in  der  alten  bedeutung  und  das  alte  einfache  nivere 
bestehen  gerade  in  ct-rt  und  o-r;  in  Vigo  neben  ngvqr  auch 
schon  fokdr.  —  Tabulatum,  scheune,  heuhütte  u.  dgl.  reicht  von 
den  Rheinquellen  bis  über  die  Piave  hin:  ct-r,  Bergell,  Fleims- 
und  Fassatal,  Buchenstem,  Colle,  Comelico  usw.  bis  Erto;  nach 
Piro  na  scheint  es  noch  weiter  östlich  vorzukommen,  aber  nicht 
in  landwirtschaftlicher  Verwendung.  —  Noch  wichtiger,  weil 
noch  häufiger,  ist  der  giaub.-tir.  ausdruck  für  „gern":  voli-endo, 
wie  ich  glaube.  —  Mensa  hat  sich  nicht  von  dem  schrift- 
italienischen tavola  verdrängen  lassen.  —  Ebenso  fest  steht 
caseolus;    aus  Poschiavo   wird  furmdts  und  furmd1  gemeldet, 


Wortschatz. 

269 

tabulatum 

gern 

tisch 

käse 

zwischen 

banch 

weit 

klaväu 

budy^n 

me/za 

kizri 

denter 

1 

v^nter 

lunts 

klavö 

gudy^nt 

me^ze 

kazM 

tranter 

va'nter 

lynnts 

talvö 

gudy^nt 

ma'za 

tyazdel 

trajnter 

va'nter 

> 

daldenty 

tablä 

yent 

ma'za 

tyizcel 

tanter 

va*nter 

dalöents 

f 

buntera 

taula 

furmäts 

intentar 

ventru 

? 

— 

valintera 

tägula 

furmä' 

intra 

pä^a 

dalCL/ 

— 

volentera 

taula 

forma1 

ntra 

pansa 

lontän 

tottä 

bolentierQ 

desk 

forma1 

anter 

venter 

dalönts 

tublä 

dyan 

ma'za 

t#azüel 

anter 

vanter 

dalönts 

tabl^ 

y§n 

meza 

t/azq 

dänter 

onter 

dalünts 

tal^ 

volent^r 

täola 

fromä' 

inträ 

pä#a 

Jontän 

— 

volante^'r 

tdvQlQ 

formadi 

tra 

pantSQ 

lontän 

— 

vulintlr 

täule^ 

furmadi 

tra 

panse 

lontan 

— 

volint'era 

tola 

forma' o 

fra 

pansa 

lontän 

vielleicht  beides  entlehnt  (tosk.  und  ven.).  —  Dem  ital.  tra, 
fra  steht  inter  gegenüber,  es  wird  aber  immer  von  einer  anderen 
präposition  eingeführt;  auch  in  Tirol  dürfte  durch  diese  an- 
nähme das  anlautende  a-  zu  erklären  sein.  —  Die  einfache, 
ernste  bezeichnung  venter  ist  auf  Graubünden  und  Osttirol 
beschränkt,  ungefähr  ebenso  das  ortsadverb  longe. 

8.  Tirol  und  Friaul  haben  wir  (s.  263,  266)  einträchtig 
gesehen  in  der  alten  bedeutung  „viel"  von  troppo:  von  Cava- 
lese  über  o-r  bis  Colle  und  von  Erto  über  die  reinsten 
friaulischen  mundarten  bis  zu  einzelnen  punkten  der  ebene 
hinunter.  Hier  stelle  ich  noch  andere  beispiele  aus,  wenige, 
aber  meistens  schwer  wiegende.  —  Da  ist  das  fragewort  ubi, 
dem  man  in  0-3  das  entsprechende  demonstrativum  illac  zu- 
fügt; eine  redensart,  die  im  Slawischen  vorkommt  (und  von 
einigen  Deutschen  durch  das  auch  ins  Schriftdeutsche  ein- 
gedrungene „wieso?"  nachgemacht  wird).  Aber  je  auf- 
fälliger das  im  Romanischen  ist,  desto  bedeutsamer  ist  die 
Übereinstimmung  hier  für  uns.  —  Noch  wichtiger  ist  das 
folgende  wort  für  „neben"  oder  „daneben".  Es  kommt  von 
(de-) longa,  was  nach  der  bedeutung  durch  unser  „längs"  und 
afrz.  „lunc"  (Roll.  3732)  beleuchtet  wird,  und  reicht  von  0  bis 
Buchenstein  (nach  Alton)  und  mit  oder  ohne  Unterbrechung 
bis  an  den   Isonzo;   vgl.  auch   rum.  lingä.     Man   erkennt  an 


270      Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 


wo 

neben 

sichel 

esel 

mal 

pl. 

frühling 

b 

no"a 

daspejres 

farkla 

azen 
> 

ga 

ga 

permavera 

f 

n9"e 

dasper 

färkle 
i 

äzen 
> 

?e 

dya 

parmave/re 

t 

in  na 

daspeV 

farkla 

6zen 

vokta 

-es 

> 

prumav^ra 

nt 

indyö 

dasper 

kurte*  t^rt  äzen 

ya 

dya(des)  prrmava'ra 

Pose. 

dont 

dasper 

fals^la 

azan 

viätS 

viäts 

prumaera 

Pinz. 

indua 

m 

fälkula 

azan 

b$ta 

-i 

prvmaera 

Cagn<! 

»  endo 

dauzfn 

sezla 

azen 

b<jta 

-e 

primavera 

Vigo 

olä 

ap^ 

seslQ 

musät 

Qut<? 

-e 

ajsudQ 

P 

nlä 

dlondya 

sa'zla 

musät 

*ade 

-e§ 

aBSuda 

r 

olä 

dlündya 

SQzera 

mrs 

'ade 

-i 

ajsuda 

< 

Erto 

dolä 

davezin 

s^zola 

mus 

v$lta 

-e 

isuda 

S 

duhi 

dindyQ 

se^olQ 

mus 

viät§ 

viäts 

isud$ 

i 

dula 

dondye^ 

sizilin 

mus 

volte 

-is 

prim^vere 

Port. 

andove 

rente 

sezola 

mu§ 

volta 

-e 

primavera 

der  Verbreitung  und  an  der  lautlichen  erleichterung  im 
Friaulischen  das  hohe  alter  der  redensart.  Bei  dieser  gelegen- 
heit  lernen  wir  auch  die  gleichbedeutende  graubiindnerische 
formel  kennen;  sie  entspricht  ungefähr  dem  franz.  de  pair  und 
p  impqa  (mit,  zusammen).  —  Eines  der  wichtigsten  Werkzeuge 
in  feld  und  garten  ist  in  Tirol  und  Friaul  gleich  benannt.  Man 
merke  noch  die  formen  sezlg  in  Sulzberg,  als  die  westlichste, 
und  o  sezlQ,  als  die  berichtigung  zu  der  aus  Vigo  beigebrachten. 
Im  übrigen  habe  ich  über  dieses  wort  ausführlich  in  der  Z. XVI,  343, 
gesprochen.  Michael  übersetzt  falsqla  mit  „kornsense";  das 
soll  vielleicht  etwas  anderes  sein.  —  Das  wort  mus  dürfte  in 
Venedig  zu  Hause  sein  und  hat  dann  sprachlich  für  uns  nicht  viel 
zu  bedeuten;  man  beachte  nur,  dass  q,  r  das  u  in  v  verwandelt 
hat,  aber  nicht  tiberall  in  der  ableitung  mit  -atto:  r  mvsdt,  aber 
q  rnusdt.  —  Das  wort  {ade  in  p  habe  ich  einst  dem  graub.  wort 
vicata  gleichgestellt,  es  ist  aber  ohne  zweifei  viaticum  wie  q, 
r  *ade  und  wie  Pose,  £  vidts.  In  Friaul  habe  ich  das  wort 
ausser  in  j  nur  noch  in  Paularo  (t))  angetroffen,  und  hier  neben 
vQltq.  Das  nördliche  Carnien  ist  eben  am  weitesten  von  der 
ven.  ebene  entfernt.  Aber  wie  kommt  j  zu  der  toskanisierenden 
form?  Ich  würde  viadi  erwarten.  Im  Gadertal  sagt  man  auch 
öia.  —  Der  tir.  -  friaul.  ausdruck  für  frühling  ist  etymologisch 
gleich  dem  franz.  issue;  er  reicht  von  Predazzo  bis  Pontebba. 


Wortschatz. 

271 

zange 

krippe 

genug 

b 

tsauDga 

parz^pen 

avunda 

f 

tsaüge 

parz^ten 

avonda 

i 

tsa^dya 

prez^pen 

avnenda 

m 

tsangua 

perzepen 

avonda 

Pose. 

? 

prezef 

abQt 

Pinz. 

tana'a 

parzif 

asä 

Cagnö 

tanaJa 

tyanäl 

asä 

Vigo 

tenag 

tyan&l  f. 

asä 

V 

tena'a 
>      •• 

tyan^l 

as<2 

r 

tanaya 

t/an(j 

asä 

Erto 

tana*a 

#an§l  m. 

asä' 

S 

saüglQ 

tr^zi°f  f. 

avondQ 

8 

tana$ 

grep^ 

vund§ 

Port. 

tana*a 

gr^pia 

abastaüsa 

sehen 

den   man 

darten    Graubtindens 

9.  Graubünden 
und  Friaul  können 
kaum  ein  besonderes 
wort  besitzen,  das 
in  Tirol  fehlte.  Es  ist 
ein  zufall,.  dass  beide 
das  deutsche  wort 
zange  aufgenommen 
haben;  praesaepe  hat 
nicht  viel  zu  bedeuten, 
da  es  zum  teil  nur 
für  die  krippe  in  Beth- 
lehem gebraucht  wird. 
Und  doch  findet  sich 
ein  so  wichtiges  wort 
wie  abund-a.  das  einen 
alten  Zusammenhang 
und  Friauls  deutlich  bezeugt. 

10.  Graubtinden,  Tirol  und  Friaul  scheiden  sich  ge- 
meinsam gegenüber  den  italienischen  mundarten  am  wenigsten 
durch  den  Wortschatz  ab;  doch  trifft  mau  auch  dafür  beispiele.  — 


Coxa  kennt  man  auch  im  Engadin:  j-f,  n  kQsa. 

htifte  schw.  ellbogen  grummet  löffel 

b  kue>a  sQra     kumbel     razdif     tsadun 

f  ko/se  söre     kombel     razdekf  zdoü 

i  tyalum  SQkr    t^undüm  razdikf  zdam 

m  yaltin  sor      t^andun    a'dycer   zdun 

Pose,  galöü  sureja  gombat     digffir 

Pinz.  galüü  surela  gumboet    kQrt 


Cagnö  dyalön  sor^la  gombet     argcer 
Vigo     kesQ       SQr       kumedÖD  dige* 

sor 

so 

s§ur 

sour 


P 
r 
Erto 

l 

% 

Port 


kuesa 

ke^sa 

kuasa 

kuesQ 

kue.s^ 

9 


kvdz^ 

kv^ar 

kvsär 

gkudyer 

sadöo 

koetsu 

sedöö 


kumedÖD  diguei 

komedün  artigce 

komedöü  dQrk 

komedön  urtigöul  sedöo 
sur  kumedÖD  antiul  sedtfö 
sorela  kömio       arziliva  gutSaro 


—  Sehr  merk- 
würdig sind 
die  letzten  2 
Wörter.  Sie  be- 
zeichnen all- 
tägliche be- 
griffe der  land- 
wirtschaftund 
der  hauswirt- 
schaft,  und  sie 
sind  für  das 
volk  gewiss 
etymologisch 
ebenso  unver- 
ständlich, wie 
für  mich  selbst 
—   Doch    ich 


272       Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mundarten. 

brauche  nicht  nach  weiteren  beispielen  zu  suchen:  der  leser 
wird  schon  an  einigen  stellen  des  buches  solche  bemerkt 
haben.  S.  112  tritt  über  dem  fremden  pectus  usw.  entgegen, 
s.  120  caput  —  testa,  scopare  —  spazzare,  s.  122  frater  — 
fratello,  s.  132  stramen  —  palea,  s.  137  dies  —  diurnum. 
s.  142  melum  —  pomum,  s.  172  sol-iculus  —  sol,  und  s.  165 
haben  wir  die  interessante  gruppe  der  den  drei  räto- 
romanischen abteilungen  eigenen  Wörter  betrachtet,  die  mit 
mehr  oder  weniger  Sicherheit  auf  avorsum  zurückzuführen 
sind  und  den  italienischen  Wörtern  dietro,  dopo  und  ultimo 
gegenüberstehen. 


Dritter  teil. 

Rätoromanisches  Schrifttum. 


Ein  grosses  volk  offenbart  sein  ganzes  wesen  und  leben 
in  seinem  Schrifttum.  Fachschriften  belehren  uns  über  die 
geschichte,  das  land,  die  lebensweise,  die  arten  des  brod- 
erwerbes,  die  stufe  des  Wohlstandes,  der  bildung,  der  heimischen 
künste  und  Wissenschaften;  und  was  uns  nicht  solche  bücher 
und  Zeitschriften  berichten,  das  verrät  uns  oft  unbewusst 
die  schöne  literatur  des  volkes.  Anders  das  kleine  volk: 
dieses  hat  nicht  hände  genug,  um  über  alle  fächer  zu 
schreiben  und  kann  nicht  so  viele  Schriftsteller  hervor- 
bringen, dass  die  schöne  literatur  das  geistige  leben  und 
den  Charakter  des  volkes  von  allen  Seiten  beleuchten  könnte. 
Umfang  und  bedeutung  des  Schrifttums  werden  noch  weiter 
zurückgedrängt,  wenn  sich  das  volk  durch  sonderschrift- 
sprachen  nach  landschaften  zerspaltet,  wie  es  bei  den 
Rätoromanen  geschieht.  Kein  solches  Sonderschrifttum  kann 
jemals  gentigen,  dem  fremden  oder  der  nachweit  ein  bild 
des  völkchens  zu  liefern;  man  kann  auch  nicht  verlangen  oder 
erwarten,  dass  ein  Schrifttum,  das  durch  und  für  ein  paar  tausend 
menschen  geschaffen  wird,  hervorragende,  über  die  grenzen  der 
landschaft  hinaus  leuchtende  werke  aufweise.  Dazu  kommt 
noch  ein  umstand,  der  das  gedeihen  so  kleiner  literaturen 
hemmt.  Das  leben  der  gegenwart  zwingt  selbst  dem  ge- 
meinen landmann  eine  grosse  Verkehrs-  und  Schriftsprache 
auf:  alle  unsere  Rätoromanen  lernen  auf  den  schulen  ent- 
weder deutsch  oder  italienisch  oder  gar  beides.  Wer  daher  der 
weit  etwas  wichtiges  zu  sagen  hat,  wird  das  in  deutscher, 
italienischer,  oder  auch   in   einer  anderen   kultursprach e  ver- 

G  artner,  Bätorom.  spr.  u.  lit.  18 


274  Rätoromanisches  Schrifttum. 

öffentlichen.     So   kommt  das   rätoromanische   Schrifttum   sehr 
zu  kurz,  zumal  die  prosa. 

Bei  den  sprachlichen  betrachtungen  haben  wir  immer 
alle  mundarten  vom  S.  Gotthard  bis  nach  Görz  und  Aqui- 
leja  zusammen  zu  tiberschauen  gesucht  und  haben  von 
kapitel  zu  kapitel  ähnlichkeiten  und  zusammenhänge  fest- 
gestellt, die  der  gewaltigen  landschaftlichen  Zerklüftung  und 
staatlichen  Zerrissenheit  des  gebietes  trotzen.  Die  literarischen 
versuche  hingegen  werden  in  den  drei  teilen  des  rät.  gebietes 
abgesondert,  voneinander  unabhängig  unternommen,  wir  werden 
sie  daher  auch  abgesondert  der  reihe  nach  betrachten. 

1.  Das  älteste  rätoromanische  Sprachdenkmal. 

Kürzlich  ist  ein  wenige  Zeilen  umfassendes  rätoromanisches 
Sprachdenkmal  gefunden  worden,  das  nun  wegen  seines 
alters  ebenso  an  die  spitze  der  Chrestomathien  und  literatur- 
geschichten  dieses  romanischen  gebietes  zu  stellen  sein  wird, 
wie  man  das  mit  den  Strassburger  eiden  im  Französischen 
tut.  Seinem  wesen  nach  ist  es  vielmehr  dem  Jonas  -  fragment 
an  die  seite  zu  stellen.  In  einem  homiliar  aus  dem  9.  Jahr- 
hundert, das  in  Einsiedeln  aufbewahrt  wird,  hat  der  biblio- 
thekar  P.  Gabriel  Meier  den  zwischen  die  Zeilen  einge- 
schriebenen versuch  einer  romanischen  Übersetzung  entdeckt, 
Ludwig  Traube  hat  diese  als  rätoromanisch  erkannt  und  in 
den  anfang  des  12.  Jahrhunderts  gestellt,  G.  Gröber  hat  sie 
übersetzt  und  erklärt,  und  dann  haben,  voneinandar  unab- 
hängig und  gleichzeitig,  Robert  v.  Planta,  H.  Schuchardt, 
H.  Suchier  und  ich  noch  weitere  bemerkungen  veröffentlicht: 
Traube  und  Gröber  in  den  Sitzungsber.  der  Bayer.  Akad.  d  W. 
(München  1907,  s.  71 — 96  mit  einem  Lichtdruck),  von  Planta 
im  Archiv  f.  lat.  Lex.  (Leipzig  1907,  s.  391 — 399),  die  anderen 
in  Gröbers  Zeitschr.  (Halle  1907,  s.  702—712).  Ein  jähr  später 
kommt  noch  M.  Roques  hinzu:  Le  plus  ancien  texte  retique 
(Romania,  37.  Bd.,  s.  497—508). 

Im  folgenden  sind  diese  wenigen  Zeilen  abgedruckt,  die  worte 
der  alten  predigt  mit  schiefen  lettern,  darüber  die  rom.  Übersetzung, 
beides  mit  der  Zeilenteilung  der  handschrift;  die  abkürzungen 
sind  aufgelöst  (s.  lichtdruck  oder  den  abdruck  bei  Roques). 


1.   Das  älteste  rätoromanische  Sprachdenkmal.  275 

a  funda  nos  des  time  tres  causas 

Satis  nos  oportit  timere  tres  causas 

kare  frares  per  aquilla  tuttlo  seulo  perdudo 

harissimi  fratres  per  quas  tottus  mundus  perit 

aquil  is  gurdns  et  quil  homo  mopotesille  et  arcullus  ki  fai  di 

hoc  est  gula  et  cupiditas  et  superbia  quia  di 

abulus  per  aquillas  tres  causas  ille  prirnaris  homo 

dbulus  per  istas  tres  causas  adam  pri 

cannao  si  plaida  ille  tiauolus  in  quali  die  quo 

mum  kontinent  circumuenit  dicens   In  quacumque 

uo  manducado  de  quil  linas  si  uene  sua  uirtu  fos  ouli 

die  commederitis  de  ligno  hoc  aperientur  o 

Nus  timimo  semper  aquillas  tres  periuras  causas 

culi  uestri  Nos  autem  semper  timeamus  istas  tres 

sicu  ueni  adam  perdudus  intin  inferno 

causas  pessimas  ne  sicut  adam  in  inferno 

ne  no  ueniamo  si  perdudi  prendamus 

damnatus  est  ne  nos  damnemur  Tenea 

ieiunia  contra  quilla  curda  )    10 

mus  abstinent ia  contra  gula,  largita  ) 

prendamus  umilanz  contra 

te  contra  cupiditate,  humilitate  con 

contenia  aquilla  sauire  ki  nus  a  christiani  ueni 

tra  superbia  nam  hos  sciamus  quia  christiani 

ominai  angeli  dl  aquill  auem  nos  wardadura  siquil 

dicimur  angelum  christi  custodem  Jmbemus  sicut 

sipse  saluator  dis  ueridade  dico  uos  aquil  illi  angeli 

ipse  saluator  dicit  amen  dico  uobis  quod  angeli  eo 

rum  semper  uident  faciem  patris  mei  qui  in  caelis  est  15 

Anmerkungen.  Die  Übersetzung  will,  wenigstens  am 
anfang,  wörtlich  sein;  die  Schreibung  ist  unbeholfen  und 
ungenau;  formwörter  werden  zum  teil  einfach  ausgelassen; 
latinismen  kommen,  wie  begreiflich,  vor,  können  aber  oft 
nicht  sicher  festgestellt  werden,  weil  wir  nicht  wissen,  in 
welchen  stücken  das  Rätoromanische  am  anfang  des  12.  jahr- 
hundertes  noch  dem  Lateinischen  gleich   oder  nahezu   gleich 

18* 


276  Rätoromanisches  Schrifttum. 

gewesen  ist.  Die  erklärung  dieses  textes  ist  daher  schwierig 
und  unsicher.  —  Z.  1  a  funda  statt  avunda;  von  abundare 
abgeleitetes  Substantiv,  das  in  Graubünden  und  Friaul  an  Stelle 
des  lat.  satis  gebraucht  ist  (s.  s.  271).  —  des  =  decet,  ober- 
ländisch descha,  auch  im  U.-Engadinischen  zu  finden,  wenn- 
gleich selten:  Toutsch,  informatiun  (Poschiavo  1613):  i  nun 
descha  es  ziemt  sich  nicht.  —  time  vermutlich  verschrieben 
statt  timere;  vgl.  z.  12  sauire. 

Z.  2  kare  und  aquilla  sind  im  auslaut  unvollkommen  ge- 
schrieben. —  tuttlo,  Planta  und  Roques  lesen  tutilo.  —  Das 
verbum  finitum  (est)  fehlt;  am  rand  der  Hs.  scheint  es  zu 
stehen:  eslo  seulo,  wenn  man  nicht  mit  PI.  eclo  seulo  oder  mit 
R.  edo  seulo  liest.  —  perdudo,  z.  8  perdudus. 

Z.  3  Hier  wird  von  der  wörtlichkeit  abgegangen,  in- 
dem statt  der  eigenschaften  die  träger  der  schlechten  eigen- 
schaften  genannt  werden:  gurdus,  arcullus  (orgoglioso)  und 
der  rätselhafte  mopotesille.  PI.  erklärt  mo-  als  Wiederholung 
das  -mo  des  vorhergehenden  wortes,  potesille  als  botticello 
in  dem  sinne  von  dickwanst.  Suchier  liest  statt  s  ein 
unvollständiges  r  mit  darüber  gesetztem  us- strich:  mo  poterus 
(poderoso)  ille.  —  ki  fai  d.  „Was  macht  der  teufel?"  tiber- 
setzt Gröber;  aber  so  viel  Selbständigkeit  und  so  viel  rhetorik 
traut  PI.  unserem  Übersetzer  nicht  zu,  sondern  meint,  ki 
solle  das  lat.  quia  wiedergeben.  Wegen  des  dann  über- 
flüssigen fai  verweist  er  auf  den  bekannten  vers  Luthers: 
„das  macht,  er  ist  gericht't."  Doch  vielleicht  hielt  der  Über- 
setzer quia  für  ein  fragewort  und  glaubte  eine  frage  vor  sich 
zu  haben. 

Z.  4  ille  primaris  homo  ist  der  nominativ;  dahinter  fehlt 
das  hilfszeitwort  (venne,  fu). 

Z.  5  cannao  =  ingannato.  PI.  und  S.  glauben  darin  ein 
perfekt  zu  erkennen;  das  stimmt  aber  nicht  gut  mit  dem 
kasus  und  der  Stellung  hinter  primaris  homo.  Auch  ist  die 
perfektendung  -avit  im  Rätoromanischen  nicht  wie  im  Tos- 
kanischen,  sondern  wie  im  Französischen  behandelt  worden.  — 
si  plaida  so  spricht;  plidar  (vgl.  franz.  plaider)  ist  nur 
noch  am  Vorderrhein  gebräuchlich.  —  tiauolus,  wie  PI.  richtig 
zu  lesen  scheint,  gibt  ein  besonders  auffallendes  beispiel 
für  die  Vernachlässigung  der  stimmhaftigkeit;  vgl.  1  afunda, 


1.   Das  älteste  rätoromanische  Sprachdenkmal.  277 

3  arcullus,  5  cannao,  6  fos,  10  curda.  Gr.  schliesst  daraus, 
dass  der  Übersetzer  an  der  deutschen  Sprachgrenze  ge- 
wohnt habe. 

Z.  6  manducado  ermangelt  wieder  des  Auxiliares.  —  linas 
glaube  ich  linydts  aussprechen  zu  dürfen  (legDaccio).  — 
Die  zweite  hälfte  dieser  zeile  tibersetzt  Gr.:  „zeigt  sich  seine 
kraft  euren  äugen",  PL:  „so  wird  aufgeöffnet  euch  die  äugen". 
Schuchardt  hält  wie  PL  auirtu  für  das  partizip  (avi'rt  am 
Vorderrhein  und  im  Oberengadin).  Dem  sinne  nach  spricht 
diese  auffassung  allerdings  besser  an,  aber  beide  forscher  geben 
zu,  dass  das  wörtchen  su  eine  grosse  Schwierigkeit  bereitet: 
man  würde  wenigstens  uene  auirtu  su  erwarten,  wenn  auch 
in  gebundener  rede  und  mehr  als  fünf  Jahrhunderte  später 
J.  Grass  im  35.  psalm  singt:  Eis  han  lur  bucca  li  avirt  (: datf chiert). 
Auch  scheint  doch  die  worttrennung  sua  uirtu  vom  Schreiber 
vorgenommen  zu  sein.  —  ouli  ist  gewiss  ungeschickt  geschrieben; 
PL  und  S.  vermuten  ou  statt  uo,  und  das  1  sei  palatal. 

Z.  7  timimo  mit  i  statt  (geschlossenem)  e  wie  in  vielen 
anderen  Wörtern;  vgl.  13  auem. 

Z.  8  sicu  halten  S.  und  PL  nicht  für  einen  latinismus, 
sondern  für  die  damalige  form  des  rät.  sku,  sJco  (s.  s.  19,  satz  18).  — 
ueni  wäre  nach  S.  das  perf.  —  perdudus  mit  lat.  ausgang.  — 
inferno  oder  unferno  kann  man  lesen;  R.  hält  das  i  oder  u 
mit  dem  n- strich  für  ein  getilgtes  o  und  liest  intinferno. 

Z.  9  ueniamo  und  prendamus,  konjunktivformen,  die  dem 
Rätoromanischen  sonst  fremd  sind. 

Z.  11  umilanz  ohne  das  unentbehrliche  -a. 

Z.  12  contenia  =  altital.  contegna,  an  das  PL,  Seh.  und  8, 
erinnern.  —  aquilla  a  sauire  wieder  ohne  das  verbum  finitum 
dazwischen  (es,  auem). 

Z.  13  ominai  ergänzt  Gr.  durch  n-,  das  vom  Buchbinder 
weggeschnitten  sei;  PL  ergänzt  davor  noch  -mo,  das  zu  dem 
neni-  der  vorigen  zeile  gehörte.  Dann  ist  alles  klar;  die  präp.  a 
vor  christiani  ist  freilich  ungewöhnlich,  wie  würden  sie  besser 
vor  wardadura  brauchen.  —  angeli  dei  wird  lateinisch  gedacht 
sein,  mit  unpassender  endung;  aquill  fährt  der  Schreiber  dann 
auf  rät.  fort  und  ordnet  so  den  angelus  als  objekt  in  den 
satz  ein;  R.  liest  aber  aquillaueni  und  teilt  aquilla  ueni  (wird).  — 
siquil  teilt  PL  in  sicu  (s.  oben  z.  8)  und  den  artikel  iL 


278  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Z.  14  sipse  steht  auf  dem  rande  der  hs.,  sodass  wir  es 
auch  nach  saluator  oder  vor  il  einschalten  könnten.  Über  das 
angewachsene  se-  s.  s.  219. 

Für  die  Ortsbestimmung  haben  wir  in  diesem  Denkmal, 
wie  schon  Gröber  gesehen  hat,  zweierlei  anzeichen.  1.  Die 
mehrmalige  Verwendung  von  c,  t,  f  statt  g,  d,  v  und  das  w 
an  wardadura  machen  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  heimat 
des  Übersetzers  an  der  romanisch-deutschen  Sprachgrenze  lag; 
2.  afunda,  des,  plaida,  sipse  u.  a.  beweisen  unumstösslich,  dass 
die  spräche  des  denkmals  dem  Graubtindnerischen  am  nächsten 
steht,  und  zwar  dem  Vorderrheinischen.  Wenn  die  lesung 
su  auirtu  (z.  6)  richtig  ist,  so  würden  beiderlei  anzeichen  um 
eines  vermehrt.  Im  12.  Jahrhundert  war  das  Vorderrheintal 
noch  kein  grenzgebiet  des  Romanentums,  wir  dürfen  daher  mit 
grosser  Wahrscheinlichkeit  annehmen,  dass  unser  denkmal  die 
mundart  einer  gegend  darstellen  will,  die  heute  schon  deutsch 
ist,  unten  am  Rhein  oder  weiter  im  N  und  W  gegen  Einsiedeln 
hin,  ausserhalb  Graubündens. 

Wenn  nun  diese  mundart  unseren  heutigen  mundarten  et,  b 
nicht  nur  zeitlich  vorausgeht,  sondern  gleichsam  einer  aus- 
gestorbenen Seitenlinie  angehört,  so  nehmen  die  negativen 
merkmale,  die  ihr  zukommen,  an  wert  ab,  die  positiven  aber  zu. 
Dass  z.  b.  das  c  vor  a  noch  nichts  von  erweichung  merken 
lässt,  oder  dass  noch  für  keinen  im  Latein  einfachen  vokal 
ein  diphthong  verzeichnet  ist,  gestattet  uns  keinen  bestimmten 
schluss  auf  diese  punkte  der  lautgeschichte  für  q,  b;  dagegen 
sind  die  alten  Zeugnisse  für  den  beginnenden  Verlust  der  aus- 
lautvokale, für  die  form  sipse,  für  die  Wortbildungen  avunda, 
plidar  u.  a.  von  um  so  grösserem  gewicht. 

2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden. 

Im  Westen,  wo  sieh  jenes  älteste  rät.  Sprachdenkmal 
gefunden  hat,  da  ersteht,  einige  Jahrhunderte  später,  auch  das 
erste  rät.  Schrifttum.  Es  geht  vom  Oberengadin  aus,  pflanzt 
sich  durch  anregung  immer  weiter  fort  und  umfasst  schliess- 
lich ganz  Graubtinden,  soweit  es  romanisch  ist.  Die  anregung 
und  anfachung  von  tal  zu  tal  gibt  dem  graubtindnerischen 
Schrifttum  geschichtliche  einheit,  die  vorwiegende  tendenz  und 


2.  Das  Schrifttum  in  Graubünden.  279 

art  der  Schriften  rechtfertigt  auch  von  anderer  seite  die  Zu- 
sammenfassung von  ganz  Graubünden;  aber  die  einheit  ist  nur 
halb.  Es  fehlt  diesem  Schrifttum  das,  was  man  sonst  als  selbst- 
verständliche grundlage  voraussetzt,  eine  einheitliche  Schrift- 
sprache. Die  spräche  wechselt  mit  den  tälern  und  talteilen, 
denen  die  schriftsteiler  angehören  oder  für  deren  Bewohner 
sie  ausschliesslich  oder  doch  vor  allem  schreiben.  Dadurch 
wird  der  Zusammenhang  gestört,  Rhein  und  Inn  verstehen 
einander  nicht.  Aber  auch  die  Zweiteilung  des  bündnerischen 
Schrifttums  nach  dieser  Wasserscheide  würde  nicht  den  tat- 
sächlichen Verhältnissen  entsprechen;  denn  der  Schriftsprachen 
sind  beiderseits  mehr  als  zwei,  und  man  kann  von  Bergün  (g) 
nicht  behaupten,  dass  ihm  die  engadinische  literatur  unver- 
ständlich wäre.  Unter  solchen  umständen  halte  ich  es  für 
das  beste,  das  Schrifttum  Graubündens  so  lange  in  einer  ein- 
heitlichen geschichte  zusammenzufassen,  bis  die  reihe  der  auf- 
tauchenden neuen  Schriftsprachen  geschlossen  ist,  oder  doch 
auf  längere  zeü  abgebrochen  wird.  Ist  einmal  die  literarische 
Spaltung  Graubündens  vollzogen,  dann  wird  sich  der  weitere 
verlauf  der  literarischen  bestrebungen  besser  auch  in  besonderen 
kapiteln  darstellen  lassen. 

Es  folgt  also  zunächst  die  geschichte  der  aufstellung  ein- 
zelner Schriftsprachen  in  Graubtinden,  dann  soll,  nach  den 
Schriftsprachen  gesondert,  das  Schrifttum  der  Granbündner  bis 
zu  unserer  zeit  herab  verfolgt  werden. 

A.   Die  gründung  der  Schriftsprachen. 

Wo  und  wie  oft  vor  dem  16.  Jahrhundert  einzelne  Grau- 
bündner  romanisch  zu  schreiben  versucht  haben,  weiss  nie- 
mand. Die  versuche  blieben  wohl  verborgen;  denn  noch  1538 
meinte  G.  Tschudi,  dass  „man  Churwelsch  nit  schryben  kan" 
(Böhmer,  Verzeichniss  Rätoromanischer  Litteratur,  Rom. 
Stud.  VI,  109).  Gerade  um  jene  zeit  aber  war  Johann 
von  Travers  schon  damit  beschäftigt,  seiner  mundart  ein 
schriftsprachliches  gewand  anzupassen.  Eine  literatur  entsteht 
meistens  unvermerkt,  im  verborgenen;  allmählich,  nach  wieder- 
holten anlaufen  erklimmt  sie  eine  gewisse  höhe,  von  der  aus 
sie  dem  volke,  den  nachbarvölkern  oder  noch  weiter  hin  ihr 
licht  zusenden  kann.    Und  diese  höhe  erreicht  sie  immer  nur 


280  Kätoromanisches  Schrifttum. 

durch  die  schriftliche  fixierung,  schwer  und  langsam  durch  die 
blosse  handschrift,  leichter  und  viel  rascher  durch  den  druck. 
Erst  durch  die  Schriftsprache  bekommt  die  literatur  ein  sicht- 
bares leben  und  glänz.  Auch  die  Schriftsprache  hat,  wie  die 
literatur,  eine  entwicklung;  aber  ihre  entstehung  ist  ein  plötz- 
liches erscheinen.  Wer  eine  spräche  schreiben  will,  muss  sie 
gleich  ganz  schreiben  können:  ungeschickt  vielleicht,  mangel- 
haft, plump,  wie  es  immer  sei  —  aber  ganz.  Die  Schriftsprache 
hat  einen  geburtstag,  die  literatur  entwickelt  sich  wie  aus 
einem  Urschleim.  Johann  von  Travers,  der  vater  der  ersten 
lebensfähigen  rät.  Schriftsprache,  verdient  also  unsere  grösste 
aufmerksamkeit.  (Ulrici  Campelli  Historia  Raetica,  hg.  v. 
Placidus  Plattner  im  8.  und  9.  band  der  Quellen  u.  Forsch, 
zur  Schweizer  Geschichte,  Basel  1887 — 1890;  C.  Decurtins, 
Gesch.  d.  rätorom.  Litt,  in  Gröbers  Grundriss,  11,2,218 — 261; 
Dändliker,  Gesch.  d.  Schweiz,  Zürich  1900—1901;  C.  De- 
curtins, Rätoromanische  Chrestomathie,  5.  Bd.,  1900,  im  12.  band 
von  K.  Vollmöllers  Romanischen  Forschungen,) 

Er  war  1483  zu  Zutz  (t)  geboren,  erwarb  in  Deutschland 
seine  bildung  und  gelehrsamkeit  und  tat  sich  in  seinem 
heimatland  zunächst  als  Staatsmann  und  als  tapferer  krieger 
hervor.  Der  freistaat,  dem  er  seine  dienste  widmete,  war  ein 
ganz  junges  gebilde.  Die  drei  urkantone,  Schwyz,  Uri  und 
Unterwaiden,  waren  schon  1315  zu  der  helvetischen  eidgenossen- 
schaft  zusammengetreten,  1332 — 1353  gesellten  sich  Luzern, 
Zürich,  Glarus  und  Bern  dazu,  Graubtinden  aber  bildete  zu  der 
zeit  der  kindheit  Johanns  von  Travers  noch  keine  feste  ein- 
heit,  obwohl  es  schon  1450  unter  dem  namen  die  gm  ein  dry 
bünd  zusammengefasst  vorkommt.  Von  den  drei  blinden  ist 
der  Obere  oder  Graue  bund  im  jähre  1497  der  eidgenossen- 
schaft  beigetreten,  die  beiden  anderen  erst  1498.  Der  graue 
bund,  1395  gegründet,  1424  und  in  der  folge  alle  10  jähre  zu 
Truns  unter  dem  ahorn  {izi)  beschworen,  umfasste  das  Vorder- 
rheingebiet vom  St.  Gotthard  bis  Flims,  Trins,  einen  teil  des 
Domleschges,  Schams,  Spltigen  und  Misocco.  Der  Gottes- 
hausbund war  schon  1367  geschlossen,  um  die  Habsburger 
abzuwehren;  er  erstreckte  sich  über  Chur,  einen  teil  des  Dom- 
leschges, Bergün,  Stalla,  das  Engadin,  das  Münstertal,  Bergeil 
und  Poschiavo.    Der  Zehngerichtebund  endlich,  d.  i.  Alveneu, 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  281 

Davos  und  der  im  Norden  davon  noch  übrige  (deutsche)  teil 
Graubündens,  war  1436  gegründet,  und  zwar  nur  von  männern 
aus  dem  volk,  ohne  weltliche  und  geistliche  herren.  Das 
btindnis  zwischen  Rätiern  und  Helvetiern  1497  und  1498  war 
dadurch  veranlasst,  dass  Kaiser  Maximilian  die  drei  btinde 
bedrängte  und  sie  mit  versprochenen  vertragen  hinhielt.  Schon 
1499  beginnt  die  reihe  der  kriege  der  vereinigten  Rätier  und 
Helvetier  mit  den  nachbarn  im  Norden  und  im  Süden:  der 
krieg  dals  Svabs,  der  Mailändische  und  der  Mtisserkrieg; 
der  letzte  dieser  heldenmütig  geführten  kriege  begeisterte 
Johann  von  Travers  zu  einem  grossen  epischen  gesang  in 
der  heimischen  mundart,  der  Chianzun  della  guerra  dagl 
chiaste  da  Müs.  Johann  Jakob  Medici,  der  kastellan  von 
Mu8So  (am  NW-ufer  des  Komersees),  machte  den  Bündnern  den 
besitz  des  Veltlins  und  der  Grafschaft  Kleven  (Chiavenna) 
streitig;  er  Hess  den  von  einer  gesandtschaft  beim  Herzog 
von  Mailand  zurückkehrenden  J.  v.  Travers  mit  hinterlist 
gefangen  nehmen,  bis  dieser  wieder  losgekauft  wurde.  Das 
gedieht,  der  älteste  läDgere  rät.  text,  der  in  einer  abschrift 
erhalten  ist,  (Zwei  hist.  Gedichte  in  Ladinischer  Sprache, 
hg.  v.  Alfons  von  Flugi,  Chur  1865),  besteht  aus  704  ge- 
reimten Zeilen  ohne  versmass  und  ohne  bestimmte  silbenzahl 
(meistens  10 — 12  silben).  Die  reime  sind  vorwiegend  männlich 
und  gehen  paarweis.  Sprache  und  darstellung  sind  recht  volks- 
tümlich. Die  triebfeder  der  ersten  Verwendung  der  heimischen 
mundart  zu  schriftlicher  und  dichterischer  aufzeichnung  war 
das  lebendige,  durch  kriegstaten  geschwellte  volksbewusstsein 
der  Rätier;  dass  diese  blute  gerade  aus  dem  Oberengadin 
entspriessen  musste,  darf  wohl  als  ein  zufall  bezeichnet  werden. 
Es  war  damals  eben  ein  Zutzer  die  hauptperson  im  Mtisserkrieg 
und  zugleich  mit  den  eigenschaften  und  Vorzügen  ausgestattet, 
die  der  versuch  rätoromanisch  zu  schreiben  erforderte.  Aber 
sobald  die  bahn  gebrochen  war,  stellte  sich  sofort  eine  zweite 
triebfeder  ein,  die  auf  dieser  bahn  weiter  drängte,  nämlich 
das  echt  dichterische  bedtirfnis,  die  landsleute  durch  biblische 
dramen  zu  erbauen,  zu  ergötzen  und  zu  erziehen.  Johann 
von  Travers  selbst  ging  darin  voran;  die  Schriftsprache  hatte 
er  schon  fertig,  und  die  biblischen  dramen  brauchte  man  nur 
aus   dem   Deutschen   zu   tibersetzen   oder   nachzudichten.     So 


282  Rätoromanisches  Schrifttum. 

schrieb  er  schon  1534  einen  Josef  (La  Histoargia  dalg  bio 
Patriarch  Joseph),  dann  einen  Verlorenen  Sohn  (La  Histoargia 
dalg  füg  perte)  und   einen  komischen  Josef  (La  chianzun  da 

Joseph  lg'  füg  da  Jacob ;  s.  Decurtins),  Gebhard  Stuppan 

die  Zehn  Alter  (Las  dcsch  eteds),  andere  einen  Lazarus 
(Historgia  dalg  arik  hum  et  da  Lazarus),  eine  Susanna  (Una 
historgia  da  süsanna)  u.  a.  Der  sinn  für  solche  dichtungen 
und  aufftihrungen  war  im  Engadin  damals  sehr  verbreitet,  wie- 
wohl es  auch  sonst  begreiflich  wäre,  dass  eine  solche  literarische 
bewegung  gerade  in  dem  tal  vor  sich  ging,  wo  die  mundart 
eben  als  scbriftfäbig  erwiesen  worden  war.  Es  scheint  aber 
die  abhäugigkeit  von  Travers  doch  so  gross  gewesen  zu  sein, 
dass  man  nur  seine,  d.  i.  die  oberengadinische  Schriftsprache 
gebrauchte:  man  merkt  es  den  handschriften  nicht  an,  dass 
sie  aufftihrungen  gedient  haben,  die  nach  den  berichten  in  der 
Historia  Raetica  nicht  nur  in  Zutz  und  Scamfs,  sondern  auch 
in  Zernez,  Stts,  sogar  in  Ardetz  stattgefunden  haben.  Wir 
haben  aber  alle  diese  dramen  nur  in  handschriften  aus  zweiter, 
dritter  hand,  gar  nicht  sorgfältig  geschrieben,  teils  eigen- 
mächtig geändert,  teils  aus  Ungeschicklichkeit  entstellt.  Wie 
gut  und  wie  fest  Johann  von  Travers  die  junge  Schrift- 
sprache auf  die  beine  gestellt  haben  mochte,  das  wissen  wir 
nicht.  Doch  wir  stehen  ja  schon  iu  der  zeit  des  buchdruckes 
und  müssen  daher  die  eigentliche  literatur  unserer  Rätier  in 
den  viel  verlässlicheren,  gewichtigeren  gedruckten  erzeug- 
nissen  suchen. 

Zu  diesem  schritte  konnte  erst  eine  dritte,  mächtigere 
triebfeder  führen:  der  glaubenseifer  der  reformationszeit.  Jahr- 
hunderte lang  war  der  christliche  glaube  wie  etwas  selbst- 
verständliches von  geschlecht  zu  geschlecht  tiberliefert  worden, 
unangefochten  und  daher  keiner  Verteidigung  bedürftig.  Das 
byzantinische  schisma,  die  waldensische  bewegung  und 
diejenige,  die  sich  an  den  namen  Wyclef  knüpft,  konnten 
ihre  wellen  kaum  bis  in  die  hochtäler  der  rätischen  Alpen 
senden.  Von  Hus,  seinem  mutigen  kämpf  und  seiner  grau- 
samen Verurteilung  in  Konstanz  hat  man  an  den  quellen  des 
Rheins  und  des  Inns  gewiss  künde  bekommen,  aber  wohl  ohne 
in  den  religiösen  anschauungen  erschüttert  zu  werden.  Da- 
gegen  verbreitete   sich   die  grosse,   von   Luther   ausgehende 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  283 

reforrnation  mit  einer  bei  den  Verkehrsmitteln  jener  zeit  über- 
raschenden gesch  windigkeit  weit  über  die  grenzen  Deutschlands 
hinaus.  Der  sittliche  verfall  des  klerus  war  zu  gross  und  all- 
bekannt, in  die  oberste  leitung  setzte  man  kein  vertrauen, 
sondern  stiess  die  kirchliche  autorität  ausdrücklich  von  sich, 
um  zur  lehre  Christi  und  seiner  apostel  zurückzukehren,  wie 
sie  in  den  evangelien  enthalten  ist  oder  aus  ihnen  ausgelegt 
werden  kann.  Die  lesung  und  auslegung  der  evangelien  war 
nun  dem  einzelnen  gläubigen  anheimgestellt,  und  dieser  appell 
an  den  eigenen  verstand  musste  in  der  laienweit  das  Interesse 
an  religiösen  dingen  ausserordentlich  heben  und  eine  unermess- 
liche  menge  ernster  gedanken  und  ernster  mündlicher  und 
schriftlicher  Verhandlungen  veranlassen  —  Verhandlungen  in 
der  muttersprach e  natürlich,  nicht  in  gequältem  Latein.  Unsere 
Rätier  sind  nicht  die  einzigen,  die  bei  diesem  anlass  eine 
nationale  literatur  beginnen. 

Die  geschwindigkeit,  mit  der  die  reforrnation  bis  an  die 
quellen  des  Inns  drang  (denn  es  wurde  schon  1524  in  Ober- 
und  Unterengadin  gepredigt),  erklärt  sich  auch  daraus,  dass 
bekanntlich  fast  zugleich  mit  dem  Augustinermönch  in  Sachsen 
auch  der  prediger  im  kloster  Einsiedeln  (Schwyz)  Ulrich  Zwingli 
gegen  ablasskauf,  Zölibat  und  formelkram  eiferte.  Er  errang 
besonders  durch  die  öffentlichen  disputationen  in  Zürich  und 
Bern  grossen  erfolg.  Kaum  vom  Mtisserkrieg  keimgekehrt, 
lieferten  die  Schweizer  einander  einen  häuslichen  religions- 
krieg  (schlacht  bei  Kappel  noch  ende  1831),  worin  Zwingli, 
der  als  feldprediger  mitzog,  fiel. 

Dass  nun  gerade  im  obersten  Inntal  die  religiöse  bewegung 
auf  rät.  gebiet  zuerst  zu  der  Verwendung  der  Volkssprache  im 
druck  geführt  hat,  wird  man  sich  leicht  daraus  erklären,  dass 
eben  da  schon  der  versuch  einer  Schriftsprache  vorlag;  viel- 
leicht gab  auch  die  grosse  entfernung  vom  bischofssitz  Chur 
und  vom  kloster  Disentis  ein  wenig  ausschlag.  Johann 
von  Travers  selbst  nahm  zwar  die  neue  lehre  an  und 
hat  im  alter  selber  gepredigt,  aber  die  rolle  eines  räto- 
romanischen Luther  in  literarischer  beziehung  fiel  einem 
jüngeren  manne  zu: 

Jakob  Bifrun.  Er  ist  1506  in  Samaden  geboren,  also 
kaum  10  km  von  Zutz  entfernt,  auch  aus  angesehenem  hause, 


284  Kätoromanisches  Schrifttum. 

gleichfalls  als  Jüngling  im  ausländ  ausgebildet  (in  Paris)  und 
nach  der  rückkunft  in  der  heimat  zu  ehrenstellen  ausersehen. 
Er  hat  die  erste  rät.  Übersetzung  der  Bibel,  des  Neuen 
Testamentes,  zustande  gebracht  und  die  ersten  rätoromanischen 
drucke  herstellen  lassen;  mit  ihm  beginnt  also  eigentlich  die 
rät.  literatur.  Sein  Neues  Testament  war  erst  1560  fertig, 
aber  noch  dringender  war  die  herstellung  eines  Katechismus, 
der  mit  der  neuen  lehre  im  einklang  stunde.  Dazu  brauchte 
nur  der  deutsche  von  Comander  und  Blasius  übersetzt  zu 
werden,  und  diese  Übersetzung  wurde  schon  1552  gedruckt. 
Drei  blätter  davon  hat  Böhmer  gefunden  (s.  „Verzeichnis 
Rätoromanischer  Litteratur"  im  6.  band  seiner  Romanischen 
Studien,  s.  109 — 238;  Böhmers  Sammlung  ist  von  der  K.  Biblio- 
thek in  Berlin  angekauft  worden).  Man  nennt  das  büchlein  auch 
Fuorma,  der  titel  lautet  nämlich  in  der  zweiten  aufläge  (1571): 
VNA  CVOBTA  ET  CHBISTIAVNA  FUOBMA  DA  intra- 
guider  la  giuuentüna  &  par  ig  prüm  . . .  cugniofche  Dens,  et  fe 

d'fues mißa  in  Aromaunfch Pufchleef.  Ob  im  jähre  1552 

auch  schon  die  Tcefla  mit  gedruckt  war,  weiss  ich  nicht;  sie 
enthielt  die  buchstaben,  die  syllabierbeispiele,  das  vaterunser, 
den  glauben  und  gebete,  sie  diente  also  dem  allerersten  lese- 
unterricht,  und  zwar,  wie  das  datum  der  späteren  auflagen 
zeigt,  mehr  als  zwei  Jahrhunderte  lang.  Hier  folgt  eine  stelle 
aus  der  Fuorma  vom  jähr  1552: 

Nus  ludain  te  &  ingrazchiain  ö  Deus  bab  celeftiel,  per  l's 
tes  fanchifchems  et  grandifchems  duns  cü  quels  che  tu  hes 
nus  vlchi  graciufamaing  fpilagiö,  &  affadulo.  Nus  t'aruuain 
da  bü  cour,  che  tu  vceglias  k  nus  imprafter  gracia  nus  mae  nu 
d'Ichmainchen  la  tia  buntsed,  &  che  nus  ns'  apozen  via  ä  te  ful, 
Xainza  tuots  oters  piffijrs.  Et  che  nus  tiers  te,  qusel  chi  ift 
la  vaira  funtauna  da  tuottes  buntseds,  cu  Igitira  fidaunza  Icher- 
chian,  &  achiatten  la  fpifa  dalg  chioerp  &  da  lhorma,  tres  nos 
Ipendreder  &  figner  Jefum  Chriltum.    Amen. 

Auf  einer  anderen  seite  steht  der  satz: 

Mes  hceilgs  Itaun  adüna  fpanagiös  ilg  figner,  p  che  el  es 
aquel  chi  Ithgierbtiglia  mes  pes  our  da  la  rait. 

Endlich  noch  eine  sprachlich  interessante  stelle: 

Vratiun  cura  s'uo  a  durmir.  0  Signer  Deus  bab  celeftiel, 
nus  dormen,  ü  nus  vaglien,  vuiuen  ü  moren  Ichi  ifchens  t£s. 


2.   Das  Schrifttum  in  Granbünden.  285 

Man  sieht,  wie  die  Schreibung  ihre  mittel  aus  dem  Latein, 
dem  Italienischen,  dem  Deutschen  und  selbst  aus  dem  Fran- 
zösischen zusammengesucht  hat.  Deus  mag  eine  wirklich  ge- 
sprochene nebenform  gewesen  sein  (wie  im  Altfranz.);  aber 
bloss  der  Schreibung  gehört  das  h  an,  mit  dem  hes  (habes) 
geschrieben  ist,  und  wohl  auch  das  an  horma,  hceilgs,  obwohl 
die  richtigen  lat.  quellwörter  anima  und  oculos  sind.  Italienisch 
ist  das  -gli-  in  vceglias  (wollest)  und  das  -ch-,  -chi-  (ty)  in 
che,  chicerp  usw.,  deutsch  das  ti  in  tti,  das  c  (ts)  in  gracia, 
graciusa  und  die  meisten  zischlautzeichen.  Diese  haben  viele 
Schwierigkeiten  bereitet;  man  lese:  ivgratstx^n  ringraziamo, 
santyßems  santissimi,  usi  cosl,  spizadyö  gespeist,  zmd'ntxen 
dimentichiamo  (konj.),  s^rtxan  oder  ts-  cerchiamo  (konj.), 
zdyqrbvlya  entwirrt  (garbuglio).  Wir  begegnen  sehon  hier  den 
charakteristischen  Wörtern:  spendreder  erlöser,  adüna  immer, 
cura  wann,  via  a  hin  zu,  tres  durch,  in  den  hier  nicht  ange- 
führten zeilen:  huossa  jetzt,  sieua  nach,  davend  weg,  bgiers 
viele,  nofths  schlechte.  Andrerseits  fallen  uns  unterschiede 
von  der  heutigen  mundart  (i)  auf:  1.  nus,  cour,  our  (aus), 
fgitira  (secura)  lassen  nichts  von  erhärteten  diphthongen  merken; 
2.  ift  (bist),  figner,  vfchi,  ferner  in  nicht  angeführten  stellen, 
vigna  (veniam)  werden  jetzt  in  t  mit  e  ausgesprochen;  3.  fun- 
tauna,  staun  (stant)  haben  das  jetzt  nur  an  den  beiden  enden 
Graubtindens  übliche  au  aus  a  vor  n  (s.  s.  132);  4.  l's,  l'g,  ns' 
oder  n's  wird  jetzt  mit  einem  vorgeschlagenen  vokal  aus- 
gesprochen (ilg  Signer  heisst:  in  den  Herrn);  5.  aruuain  (1.  p. 
sg.  arou  =  rogo),  achiatten  (troviamo,  konj.)  haben  im  gegen- 
teil  heute  kein  a  im  anlaut;  6.  ludain  (laudamus)  noch  ohne  -s; 
nur  ilchens,  weil  =  sumus  nos;  7.  h^s  (habes)  noch  ohne  an- 
gewachsenes -t;  8.  fcherchian,  dormen,  vaglien  usw.  (1.  p.  pl. 
konj.)  noch  ohne  -s.  Die  drei  blättchen  Katechismus  sind, 
wie  man  sieht,  ein  wertvolles  Sprachdenkmal  aus  dem 
jähre  1552. 

Das  Hauptwerk  Bifruns  ist  sehr  selten  geworden;  man 
hat  es  für  vorteilhaft  gefunden,  die  ersten  und  letzten  blätter 
täuschend  nachzudrucken.  Der  titel  ist:  L'g  Nuof  Sainc 
Teftamaint  da  nos  Signer  IESV  CHRISTI,  Prais  our  delg 
Latin  &  our  d'oters  launguax  &  huofla  da  ncef  mis  in  Aru- 
maunfch   tres  Jachiam  Bifrun  d'Agnedina.  —  Psalm  CXIX. 


286  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Tieu  uierf  es  tina  glimijra  ä  mes  pes  &  una  litifth  ä  mieu 
paß.  —  Schquifcho  ilg  an  M.  D.  LX.  Vorausgeschickt  sind 
drei  Vorworte:  von  Philippus  Gallizius  oder  Salucius,  dem 
„Reformator  Graubündens"  (geb.  1504),  von  Erasmus  von 
Rotterdam,  dessen  Novum  Testamentum  benutzt  zu  sein  scheint, 
und  von  Bifrun  selbst.  Von  der  letzten  ist  eine  Seite  mit 
dem  Verzeichnis  der  teile  des  N,  T.  ausgefüllt,  hinter  ihr  folgt 
eine  Zusammenstellung  der  wichtigsten  fremdwörter,  die  in  den 
anmerkungen  erklärt  werden,  dann  die  biographische  Notiz 
über  den  evangelisten  Matthäus  vom  hl.  Hieronymus  (tiber- 
setzt). Aus  den  evangelien  selbst  gebe  ich  hier  eine  Probe 
(Lukas  2): 

ET  es  duanto  in  aquels  dijs,  che  eilg  es  ieu  oura  tina 
crida  da  Csefare  Augulto  che  gnis  fat  tin  seftim  da  tuotelg 
muond.  2  Et  aquailta  prtima  defcritiun  es  fteda  fatta  da  Cyrenio 
guuernadur  da  Syrise.  3  Et  giauen  tuots  ä  s'fer  fcriuer  fcodün 
in  fia  citted.  4  Et  er  Ioleph  es  ieu  Iti  da  Galilea  de  la  citted 
Nazaret  in  la  Iudea  in  la  citted  da  Dauid,  qusela  chi  uain 
auumneda  Bethlehem,  tres  aque,  chel  era  de  la  chiefa,  &  della 
fclatta  da  David,  5  per  s'fer  fcriuer  fe  cun  maria  chi  era  agli 
fpufeda  muglier,  qusela  chi  era  purtaunta.  6  Et  dchiappö  che 
fiand  allö,  che  Tun  cüplieus  l's  dijs  da  parturir,  7  &  ella  ho  par- 
turieu  les  filg  primogenit  &  l'g  plaio  aint  in  las  fasthas,  &  l'g 
ho  mis  in  tin  preleppi  per  che  eis  nun  hauaiuen  loe  in  l'hultaria. 
8  Et  l's  paftuors  eran  chi  uaglieuan  in  aquella  proepia  cütredgia, 
fafehäd  la  guardgia  dnot  ä  lur  muaglia.  9  Et  uhe  l'g  aungel 
dalg  ligner  ftet  Ipera  eis,  &  la  elaritsed  delg  figner  steilitifchit 
intuorn  eis,  &  tmette  cü  tina  granda  temma.  10  Mu  l'g  aungel 
dis  ad  eis:  Nu  tme.  Per  che  uhe  eau  dich  ä  uus  tina  granda 
algrezzchia,  qusela  chi  uain  ad  efler  ä  tuottelg  pceuel:  11  per  che 
elg  es  huoz  nalchieu  ä  uus  l'g  falueder,  qusel  chi  es  l'g  figner 
Chriftus,  in  la  citted  da  Dauid.  12  Et  aquaist  es  a  uus  per  ifaina: 
Vus  gnis  ad  acchiatter,  l'g  infaunt  fafthö  aint,  mis  in  tin  pre- 
fepi.  13  Et  fubbittamang  es  ftö  cun  l'g  aungel  tina  granda  quan- 
tited  dals  celeftiels  exercits,  ludant  Dieu,  &  fchant:  14  Glcergia 
a  Dieu  ils  hutifthems,  &  in  la  terra  psefth  ä  la  lieud,  &  tina 
buna  uosglia.  15  Et  es  duanto  fco  l's  aungels  s'partitten  our  da 
dels  in  fchil,  che  l's  humens  paftuors  fafleuan  traunter  fe  fues; 
Paffain  aint  huoffa  infina  in  Bethlehem,   che  nus  uezan,  aque 


2.   Das  Schrifttum  in  Graabiinden.  287 

che  nus  udin  chi  faia  dchiappo,  quael  che  l'g  ligner  ho  inani- 
feltö  ä  nus.  16  Et  uennen  Itinand,  &  acchiataun  Mariani  &  Ioleph, 
&  l'g  infaunt  mis  ilg  prelepi.  17  Et  hauiand  uis,  Ichi  arafaun 
eis  oura  da  partuot  da  que  pled,  quael  chi  era  dit  ad  eis  da 
quel  mattel.  18  Er  tuot  aquels  chi  haun  udieu  fun  Ithmtirafgliös, 
da  quellas  chiofes  chi  eran  dittas  dals  paltuors  ad  eis.  19  Mu 
inaria  cunfalueua  tuotta  aquailta  uerua,  la  culchidriant  in  lieu 
cour.  20  Et  l's  paltuors  Tun  tum 6s,  ludand  &  dant  hunur  a  dieu 
lur  tuottes  aqnaiftes  chioles,  quaelas  chels  hauaiuen  udieu  & 
uais:  da  co  che  eilg  era  Ito  dit  ad  eis.  21  Et  dfieua  che  elg  es 
£to  cumplieu  l's  oick  dis  che  l'g  mattel  daiua  gnir  armundö, 
fchi  es  ftö  clarao  lieu  num  Ielus,  qusel  chi  era  Ito  mis  num 
delg  aungel  auns  co  chel  gnis  cuncepieu  ilg  uainter.  22  Et  dlieua 
che  Tun  ftos  cumplieus  l's  dijs  da  lur  ptirgatiun  luainter  la 
lefcha  da  Moli,  Ichi  l'g  haun  e  mnö  ä  Iherufalem,  par  apre- 
Ichanter  aquel  alg  ligner:  23  luainter  co  fto  Icrit  in  la  lefcha 
delg  ligner:  Scodtin  malckiel  qusel  chi  uain  fti  l'g  prüm  nafchieu, 
daia  gnir  clamö  famc  agli  figner,  24  &  par  che  dellen  l'holtia 
fco  elg  era  Ito  dit  in  la  lefcha  dalg  ligner,  ün  per  d'tuorters, 
ü  duos  colübins.  25  Et  uhe  tin  hum  era  ä  Hierulalem,  ad  aquseli 
era  nü  Symeon,  &  aquel  hom  era  giüft,  &  deuot,  &  afpetteua 
la  conlulatiun  da  Ifrael,  &  l'g  fpiert  fasnc  era  für  aquel.  26  Et 
hauaiua  arffchieu  arelpofta  dalg  Ipiert  fsenc,  chel  nu  gnina 
a  uair  la  mort,  auns  co  chel  uezes  Chriftum  dalg  ligner.  27  Et 
uen  tres  l'g  Ipiert  ilg  taimpel.  Et  cura  l'g  bab  &  la  mamma 
mnetten  aint  l'g  mattel  Iefum,  par  fer  par  el  luainter  l'üfaunza 
da  la  lefcha.  28  Ichi  l'g  prädet  er  el  in  fes  bratlths,  &  ludö  dieu 
&  dis:  29  Huoffa  ligner,  lafcha  ir  tes  famalg  in  pefth,  luainter 
tieu  uierf.  30  Per  che  mes  oeilgs  haun  uis  l'g  tieu  Salüd,  31  qusel 
che  tti  hses  adattö  auaunt  la  fatlcha  da  tuots  pouuels,  32  üna 
litifth  par  manifelter  als  paiauns,  &  üna  glcergia  a  fie  pouel 
da  Ilrael.  33  Et  erä  l'g  bab  &  la  fia  mamma  chi  fe  Ithmtiraf- 
glieuan  da  quellas  chioles,  qnaBlas  chi  gniuan  dittas  da  del. 
34  Et  Symeon  benedit  ad  eis,  &  dis  h  Maria  lia  mamma:  Vhe 
aquaift  es  mis  in  aruina  &  in  areltiTtaunza  da  bgiers  in  Ilrael, 
&  in  üu  lignel,  ad  aquegli  chi  uain  cunterdit.  35  Et  taunt  pltt 
er  la  tia  prceppia  horma  uain  a  trapaffer  la  Ipeda,  par  che 
uignen  fcuuerts  l's  pifyrs  our  da  bgiers  cours.  36  Et  era  Anna 
profetisa  filia  da  Phanael  da  la  Ichlatta  da  Afer.    Et  aquailta 


288  Rätoromanisches  Schrifttum. 

era  gnida  fti  d'tijmp,  &  hauaiua  uiuieu  da  fia  uirginitsed  fet 
ans  cun  fes  marid.  37  Et  aquailta  uaidgua  era  intuorn  uchiaunta 
quater  ans,  qusela  chi  mse  nu  s'partiua  delg  taimpel,  feruiand 
d'di  &  d'not  cun  giugiüns  &  uraciuns.  38  Et  aquella  luruignand 
in  aquella  proepia  hura  fumgiantamang  ludeua  I'g  figner  & 
fafleua  da  del  ä  tuot  aquels  chi  afpetteuan  la  Ipendrilchun  in 
Hierulalem.  39  Mu  fco  eis  hauetten  cumplieu  tuot  fuainter  la 
lefcha  dalg  figner,  fchi  fun  e  turnos  in  Galileam  in  fia  citted 
Nazaret.  40  Et  Tg  mattel  crefchaiua,  &  s'fortifichieua  ilg  fpiert, 
&  gniua  piain  d'fabbijnfcha,  &  la  gracia  da  Dieu  era  lur  el. 
41  Et  les  bab  &  fia  mamma  giauen  in  münchia  an  ä  Hiernfalem 
lulg  di  de  la  festa  d'palthqua.  42  Et  siand  gnieu  da  dudelth  ans, 
&  giand  fü  eis  k  Ierufalem,  fuainter  l'tilaunza  dalg  di  de  la 
fefta,  43  &  liand  cumplieus  l's  dijs  cura  chels  turneuan,  Ichi  aru- 
magnet  l'g  mattel  Iefus  ä  Hierulalem,  &  les  bab  &  lia  mamma 
nun  haun  lauieu.  44  Mu  pilsiand  chel  füs  in  la  cumpagnia,  Ichi 
uennen  e  lin  di  d'chiamin,  &  l'g  fcherchieuan  traunter  l's  pa- 
rains  &  cunfchains.  45  Et  cura  chels  nu  l'g  acchiataun,  Ichi  lun 
e  turnos  ä  Hierulalem  l'g  leherchiand.  46  Et  es  d'chiappo  che 
dlieua  trais  dis  l'g  acchiataun  e  ilg  taimpel,  leziand  in  meza 
l's  dutuors,  &  udiant  aquels,  &  dumandand  eis.  47  Et  tuots  aquels 
chi  l'g  udiuan  finlthnuiuan  delg  lieu  inclijt,  &  de  las  lias 
arifpoftas.  48  Et  l'g  hauiand  uis  Ichi  s'haun  e  Ithmtirafglio.  Et 
lia  mamma  dis  ad  el:  Füg  per  che  haelt  fat  a  nus  in  aquella 
guila?  Vhe  tes  bab  &  eau  hauiand  grand  doeli  Icherchieuan 
te.  49  Et  el  dis  ad  eis:  che  es  e  che  uus  Icherchieuas  me?  Nun 
lauais  forza,  ch'eau  Itouua  eller  in  aquellas  chioles  chi  lun  da 
mes  bab  ?  50  Et  eis  nun  incligiettten  l'g  pled  qua3l  chel  hauaiua 
faflo  ad  eis.  51  Et  uen  giu  cun  eis,  &  uen  a  Nazaret,  &  era  ad 
eis  ubedi.  Mu  lia  mamma  culalueua  tuotta  aquailta  uerua  in 
lieu  cour.  52  Et  Iefus  auanzeua  cun  labijnlcha,  &  etaed,  &  gracia 
tiers  Dieu,  &  er  tiers  l'g  hum. 

ANNOTATIVNS. 
Alla  lieud  tina  buna  uceglia,  bainuuglijnlcha  L'g  Chrift 
dalg  figner .  uuol  dir  l'g  hunfchieu  dalg  ligner.  Per  che  e  lu- 
laiuen  cura  che  gniuan  araigs  l's  hunlcher  ufchia  er  Dieu  ho 
hunfchieu  fes  filg  Iefum,  tres  aque  uain  el  anüno  Chriftus. 
In   arnina   es  in  perdizun,  per   che   aquels   chi   nu  craien   in 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  289 

el  uignen  cundanös.  In  arefültaunza:  in  la  uitta  seterna  ad 
aquels  ehi  craien  in  el.  l'g  prtim  nalchieu,  Yg  primogenit. 
Pürgatiü,  purificatiun.  l's  dijs  de  la  pagliola.  Benedit,  dis 
bain,  aruo  uintüra.  Saia  clamö  famc  agli  figner,  laia  culagro 
agli  ligner.  tin  per  turters.  ufchels  de  la  grandezza  da 
columbins. 

So  also  sieht  die  älteste  rät.  Schriftsprache  aus.  Einige 
züge  verlchwinden  dann  gleich  am  anfang  des  folgenden  Jahr- 
hunderts; man  bemerkt  das,  wenn  man  eine  stelle  des  N.  T. 
vom  j.  1560  mit  der  im  j.  1607,  nach  Bifruns  tod,  veranstalteten 
zweiten  aufläge  vergleicht.  Vor  allem  musste  man  die  be- 
zeichnuDg  der  breiten  Zischlaute  verbessern:  s,  i  wird  ohne  t 
geschrieben,  ts,  dz  mit  t,  d.  Z.  b.  s:  pselth,  palthqua,  hutifthem, 
1607:  paßlch,  palchqua,  hutifchem,  z:  fthmtirafgliö,  1607: 
fchmtirafgliö,  ts:  Ichquilchö,  fcherchiser,  1607:  fchquitfchö, 
tfcherchiser,  dz:  falchand,  Ichant,  1607:  fadlchand,  dlchant. 
Die  zwischen  i  und  ?,  u  und  q  liegenden  laute  mussten  in  der 
Schreibung  die  mode  wechseln:  ligner,  uignen,  Ichil,  uijlg, 
tijmp,  pifyr,  1607:  legner,  vegnen,  tlchel,  velg,  temp,  piler 
(=pensiero);  hum,  humens,  num,  1607:  hom  hommens,  nom. 
Zwischen  oe  und  ti  wird  zum  teil  anders  gewählt:  1560  chioerp, 
gloergia,  bfting,  1607  chiüerp,  glüergia,  bfceng.  Mit  uo  schreibt 
Bifrun  nuof  (neu),  uuol,  dann  aber  wird  allgemein:  nouf,  voul; 
vielleicht  war  auch  das  nur  eine  verbesserte  Schreibung.  Eher 
kann  sich  ein  lautwandel  abspiegeln  in  dem  übergange  von: 
es  (ist),  er  (auch),  mes,  tes,  les,  gref,  pes  (füsse)  zu  (1607):  eis, 
eir,  meis  usw.  Gewiss  dürfen  wir  die  Zeitbestimmung  gelten 
lassen,  die  in  der  änderung  von  tu  hses,  tu  uous  (1560)  zu  tu 
hseft,  tti  voult  (1607)  liegt. 

Anmerkungen.  Arumaunlch  heisst  im  titel  die  spräche, 
nos  ladin  nennt  sie  Salutz  in  dem  vorwort,  und  in  den  lese- 
regeln am  schluss  des  Werkes  bezeichnet  sie  B.  als  linguam 
Rheticam  quam  Romanü,  feu  Ladinum  Rheti  uocant.  —  Das 
x  an  launguax  steht  für  c  +  s,  wobei  c  wie  in  sainc  den  wert 
tx  hat:  lauwgudtxs.  —  Vers  1.  crida  — ital.  grida.  —  3.  (und  41) 
giauen  dyaven  (gingen);  vor  dem  lippenlaut  ist  a*  zu  a  verein- 
facht, so  auch  anderswo  ariauen  (lachten),  aber  auch  regel- 
mässig mit  a'  ans  e:  fternaiuen  (streuten)  u.  a.  —  4.  qusela 
chi  (t%i),  ebenso  vers  5,  10  usw.,  mask.  quasi  chi  12,  akk.  quail 

Gärtner,  Bätorom.  spr.  u.  lit.  19 


290  Rätoromanisches  Schrifttum. 

che  15  usw.,  nach  aque  (das)  und  aquel  (der)  meistens  nur  chi 
oder  che  (z.  b.  vers  15);  die  umständliche  art  der  relativischen 
ankntipfung  wird  wohl  nie  volkstümlich  gewesen  sein  (das  ist 
ja  die  formel  für  abhängige  fragesätze),  sie  wird  in  der  auf- 
läge vom  j.  1607  nicht  beseitigt,  aber  dann  ganz  aufgegeben.  — 
5.  agli  =  ad  +  illi,  hier  pronomen  (ihm),  an  anderen  stellen 
artikel  (dem),  z.  b.  agli  figner  (23);  einen  dativ  auf  -i  hatten 
auch  aquel  (34),  ingitin,  algitin.  —  6.  dchiappö  (es  geschah), 
plaio  (faltete),  femnö  (säete),  det  (gab),  hauet,  tramtet  (schickte), 
giet  (ging),  Iterliülchit  (9),  partit,  gnit  (kam)  usw.,   dazu  die 

starken  pf.:   uen  (kam),  dis ftit  (war).   —    9.  uhe,  d.h.  ve, 

siehe.  —  Ipera  bei  (s.  270).  —  10.  mu  (=  modo)  aber.  —  uain 
ad  effer,  das  richtige  graubünd.  futurum;  ebenso  12.  vus  gnis 
ad  acchiatter.  —  14.  ils  hutilthems  (negli  altissimi)  ohne  Sub- 
stantiv, wie  im  lat.  vorbild.  —  &  tina  buna  uceglia,  ein  schreib- 
oder  druckfehler  für  d'  oder  dad  üna  b.  u.;   1607   ist  &  weg, 
aber   die  fehlende  präp.  nicht   eingesetzt.  —   19.  uerua,  plur. 
(in  kollektivem  sinn)  von   uierf  (vgl.  29   und  den   Spruch  im 
titel);  ein  veraltetes  wort.  —  20.  uais  =  uis  (17  u.  ö.)  mit  dem 
vokal  des  inf.  vair,  wie  franz.  £choit.   —   21.  cuncepieu,   ein 
fremdwort:   vgl.  arflchieu  (26).  —  27.  mnetten   statt  mnaun, 
wie  B.  sonst  den  plural  zu  mnö  (nach  daun,  haun:   do,  ho)  zu 
formen   pflegt;   vgl.   detten,   hauetten,   gietten   (gingen),   par- 
titten  (15),  gnitten  und  uennen  (kamen),  diffen,  fütten  (s.  s.251).  — 
31.  pouuels  und  (32)  fie  (lies:   fieu,  oder  besser:  tieu)  pouel, 
im  Widerspruch  mit  (10)  poeuel  und  dem  heutigen  pövel;   das 
wort  ist  offenbar  hier  wie  in  anderen   romanischen  gegenden 
nicht  ans   dem   volkslatein   ererbt.    —   37.  giugiün   ist  nicht 
möglich:  die  erste  silbe  muss  gi-  oder  giti-  gelautet  haben.  — 
38.  lumgiauntamang  ist  zu  lesen  (vgl.  uchiaunta).  —  39.  Tun  e 
=  sunt  illi.  —  lia  ist  1607  schon  durch  lur  ersetzt,   und  lur, 
das   übrigens  B.  selbst  schon  gebraucht  (22),   wird   dann   für 
eine   mehrheit   von   besitzern   immer   üblicher,   vielleicht   nur 
unter  dem  einfluss  des  Italienischen.  —  41.  münchia  aus  omni- 
unque  (-ca);  jetzt  mintxa.  —  lulg,  lies  fülg.  —  44.  fchi  scheint 
mir  zu  beweisen,  dass  B.  in  seinem  köpf  einen  volkstümlichen, 
vollständigen  kausalsatz  hatte,  nicht  den  fremden  satzbau  mit 
pilsiand    (pensaudo),    den   er   eben   hingeschrieben    hatte.   — 
46.  in  meza  l's  d.,  1607  verbessert:  in  mez  als  d.  —  47.  z'inmuir 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  291 

erschrecken,  az  zmvravlyer  sich  wundern  (48).  —  48.  hseft  =  h8es 
-f  tu.  —  49.  es  e  =  ist  es.  —  Die  erste  der  Annotatiuns  ent- 
behrt wieder  der  präp.  de  (s.  zu  vers  14).  —  „In  aruina"  muss 
durch  „in  perdiz[i]un"  erklärt  werden,  war  also  keine  übliche 
Redensart. 

Es  wird  den  Lesern  erwünscht  sein,  hier  auch  noch  ein 
stück  des  Verlorenen  sohnes  genau  abgedruckt  zu  rinden;  es 
folgt  daher  Lukas  XV,  12—24. 

12  tin  Ichert  hü  ho  hagieu  duos  filgs,  &  l'g  giuue  da  quels 
dis  agli  bab:  Bab  do  k  mi  la  part  de  la  roba,  qusela  chim 

13  uain.  Et  el  partit  ad  eis  la  roba.  Et  dlieua  brichia  bgiers 
dijs,  hauiäd  l'g  tilg  plü  giuuen  tuot  trat  infemel,  fchi  es  el 
tirouia   daued   in   ün   paiasda   lcenlth,    &   allö   uiuäd   el 

14  Ithlafchedamäg  ho  dlchfat  fia  aroba.  Et  dlieua  chel  hauet 
tuot  tralato,  Ichi  ue  üna  granda  fä  in  aque  paijas.    Et  el 

15  eumezo  ad  hauair  bfüng,  &  tirouia,  &  s'matet  ä  fter  cun 
ün  cittadin  da  quel  paias:  &  aquel  l'g  trätet  in  lia  maria, 

16  chel  parchitiras  l's  pourcs,  &  el  aggiauüfcheua  da  d'implir 
lieu   uainter  de  las  croufas   che  l's  pourchs  maglieuä,  ne 

17  alchiün  l'g  deua  agli.  Et  fiäd  turnö  in  fe  lues,  dis: 
Quans  bgiers   farnalgs  da  mes   bab  hau  abüdaütia  d'paü, 

18  &  eau  pijr  d'fam.  Eau  uoelg  fter  fü,  &  uoelg  ir  tiers  mes 
bab,   &  uoelg  dir  agli:   Bab  eau  hse  pchio  in  Ichi],  &  in- 

19  cunter  te:  huoffa  nu  lü  eau  deg  da  gnir  clamo  tes  tilg, 

20  fo  me  fco  ün  da  tes  famalgs.  Et  aluö  fü  &  ue  tiers  fes 
bab.  Mufiäd  aüchia  bain  da  lcenfth,  fchi  l'g  uezet  fes  bab, 
&  es  amuäto  cü  cöpafchiü:  &  curriäd  no  tiers,  fchi  s'  bittol 

21  intuorn  l'g  fieu  culcez  &  l'g  bütfchö.  Et  dis  agli  l'g  tilg: 
Bab  eau  hse  pchio  in  fchil  &  incunter  te  ne  fun  deg  aqui 

22  dfieua  da  gnir  clamo  tes  tilg.  Et  l'g  bab  dis  ä  fes  famalgs: 
Purtö  nö  la  prüma  araffa,  &  l'g  traie  aint,  &  ded  agli  ün 

23  anilg  in  fieu  maü,  &  fckiarpas  ils  pes,  &  mned  aque  uidilg 
ingrafchö,  &  lg'amazo,  &  mangiain  &  ftain  leedamäg,  per 
che  aquaift  mes  filg  era  muort,  &  es  turnö  uif,  &  era  pers 
et  es  acchiattö 

Die  aufläge  vom  j.  1607  hat  auch  an  dieser  stelle 
wieder  (s.  s.  290)  mit  c:  lcenfch,  dfchfat,  mit  t:  tfchert,  mit  e: 
tfchel,  per,  anelg,  uedelg,'  mit  o:  hom,  mit  03:  bfceng,  mit  uo: 
puorcs  (15)  und  puorchs  (16),  mit  ei:  eis,  meis,  teis,  feis,  lei- 

19* 


292  Rätoromanisches  Schrifttum. 

damalig;  sie  teilt  ferner  tirouia  jedesmal  in  seine  zwei  teile, 
ergänzt  den  fehlenden  beistrich  (21)  und  verbessert:  cumanzo  (14), 
paiais  (13,  15),  mairia  (15),  Quaunt  (17),  cumpafchiun  und 
btittol  (20). 

Man  kann  sich  denken,  was  für  eine  freude  und  was  für 
einen  stolz  im  jähr  1560  das  kleine  dicke  buch  bei  jenem 
Alpenvölkchen  erregt  hat.  In  der  druckerei  zu  Poschiavo 
war  ein  mann  aus  Campovasto  (zwischen  Zutz  und  Samaden) 
angestellt,  vielleicht  als  setzer;  der  konnte  sich  nicht  ent- 
halten, auf  dem  freien  ende  der  letzten  seite  des  bibel- 
textes  —  vermutlich  nach  der  druckkorrektur  —  hinzuzu- 
fügen (s.  869): 

ET  EAV  STEVAN  ZORSCH 

Chiatauni  de  Chiamuaftch  hse  agiu- 

do  fthquifcher  delg 

An.  1560. 

Dahinter  stehen  nur  noch  die  druckfehler  und  lateinisch 
abgefasste  leseregeln  oder  vielmehr  Schreibvorschriften. 

Mit  derselben  Schriftsprache  (t)  und  in  derselben  druckerei 
kommt  dann  die  nächste  aufläge  der  Tsefla,  der  Fuorma  und 
des  Testaments  heraus,  auch  der  Katechismus  von  Joh.  Planta: 
VN  CVORT  NVZAIVEL  E  BSOGNJus  Catechifmus  ....  in  aru- 
mauntsch  ....  tres  Joannem  Plantam  da  Samedan.  Pulchlsef, 
1582.  Aber  das  N.  T.  von  Bifrun  war  kaum  erschienen,  als 
ein  anderer  Engadiner,  der  aber  fünf  Wegstunden  unterhalb 
Zutz  geboren  war,  eine  andere  rät.  Schriftsprache  in  die  weit 
setzte : 

Ulrich  Chiampel.  Er  ist  ungefähr  1510  in  Süs  ge- 
boren. Sein  vater  Kaspar  nahm  am  Mtisserkrieg  teil.  Der 
söhn  Ulrich  (Durich  =  Udalricus)  genoss  den  lateinunterricht 
bei  Philipp  Gallizius  oder  Salutz,  dem  reformator  Graubiindens, 
dem  sich  auch  Kaspar  angeschlossen  hatte.  Als  Ulrich  im 
j.  1537  gerade  in  Basel  war  (warum,  ist  nicht  bekannt),  da 
bekam  seine  frau  in  Süs  ein  töchterchen,  das  nicht  lebensfähig 
zu  sein  schien.  Der  grossvater  Kaspar  nahm  nun  an  dem  kinde 
die  nottaufe  vor,  und  das  sah  man,  wie  man  heutzutage  sagt, 
als  eine  wegtaufe  an.  Daher  entrüstung  unter  den  katholiken, 
Verhandlung  in  Chur,  schliesslich   um  neujahr   1538   ein  vom 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  293 

katholischen  dechant  angeordneter  öffentlicher  disput  in  Stis. 
Ulrich  wohnte  dem  mehrtägigen  streit  trotz  einer  krankheit  bei. 
Kaspar  hatte  6  fl.  strafe  zu  zahlen,  aber  es  war  ein  Pyrrhus- 
sieg; denn  der  disput  brachte  der  reformation  viele  anhänger 
und  trug  dem  haus  Chiampel  viel  ehre  und  ansehen  ein.  Im 
j.  1570  wurde  Ulrich  prediger  in  Chur,  und  von  da  zog  er 
sich  1574  nach  Schieins  als  pfarrer  zurück  und  vollendete  da 
sein  grosses  geschichtswerk  Descriptio  Raetiae  Alpestris,  dessen 
zweiter  teil,  Ulrici  Campelli  Historia  Raetica,  schon  oben  (s.  280) 
angeführt  ist.  Dieser  mann  also,  der  infolge  seiner  lebens- 
umstände  schon  ein  eifriger  anhänger  der  neuen  lehre  werden 
musste,  gab  dem  reformierten  Engadin  das  buch,  das  nach 
Bifruns  werken  noch  in  der  rüstkammer  der  jungen  kirche 
fehlte:  das  gesangbuch  —  freilich  in  einer  neuen  Schriftsprache, 
der  unterengadinischen,  weil  „blears  d'Ingiadina  Dfuot  plaund- 
fchen  fick  par  quai,  ch'eaus  wleffen  chia  e  fuofs  u  gnifs  fchquit- 
fchad  oura  in  qualchiaufla  eir  in  lg  pla^d  d'Suott  Puunt  Auta, 
ilgqual  faia  ad  eaus  pltt  in  amm,  plü  chicendfch  e  leiw  dad 
imprender  e  da  1er",  wie  er  selbst  in  der  vorrede  (s.  9)  sagt, 
d.  h.  weil  viele  Unterengadiner  klagen,  sie  möchten,  dass  auch 
etwas  auf  unterengadinisch  gedruckt  würde,  was  für  sie  an- 
genehmer und  leichter  zu  verstehen  und  zu  lesen  wäre.  Da- 
her also:  blear  (Bifrun:  bgier),  eaus,  queaus,  quaus  (eis,  quels, 
quaels),  fchquitlchar,  -ad  (-ser,  -6),  chiaulfa,  auter,  pauc,  naufch 
(chiolfa,  oter,  poick,  nofch).  Man  beachte,  dass  das  keineswegs 
die  heutige  mundart  von  Stis  (!)  wiedergibt  (die  erst  später 
ihre  Sonderbarkeiten  erworben  zu  haben  scheint),  sondern  un- 
gefähr die  des  oberen  teiles  von  1:  Guarda,  Fettan.  Das  war 
die  erste  absonderung. 

Der  titel  lautet  so.  Vn  cudelch  da  Pfalms,  chi  fuun  fatts 
e  mils  da  chiätar  in  Ladin,  ils  quaus  fuun  impart  eir  uyuaunt 
ftatts  luguads  da  chiantar  in  Tadaifchk,  £d  impart  brichia. 
Proa  quai  alchiünas  ulch&gce  faingchias  Chiantzuns  Spiritualas, 
impart  trattas  our  da  lg  Tudaifchk,  ed  impart  fattas  da  noew 
in  Ladin:  improa  tuottas  chi  s'cuu^ngen  eun  la  uardad,  e  la 
fcritttira  faingchia,  £d  our  da  quella  tuutas.  Tuot  tratt  aqui 
inlemmel  in  ün  coarp:  e  dritzad  a  chiantar  in  Romaunfch, 
traas  DVRICH  CHIAMPEL,  faruiaint  da  lg  Euangeli  da 
IESV  CHRISTI  a  Sulch  in  Ingiadina  dfuott.    (Es  folgen  noch 


294  Rätoromanisches  Schrifttum. 

zwei  bibelverse.)  Wir  erfahren  also  gleich  im  titel,  woher 
die  stoffe  und  die  Vorbilder  stammen.  Es  sind  vorwiegend 
psalmen  zu  liedern  verarbeitet,  zum  teil  andere  geistliehe 
lieder,  die  mit  der  Heiligen  Schrift  im  einklang  stehen  und 
aus  ihr  entnommen  sind.  Über  das  vorbildliche  deutsche  ge- 
sangbueh  s.  die  von  J.  Ulrich  besorgte  ausgäbe  von  1906 
(=3.  band,  Ges.  f.  roman.  Lii).  Statt  der  noten  (die  die 
druckerei  nicht  bringen  konnte)  hat  er  die  singweise  so  an- 
gegeben, dass  er  auf  das  deutsche  gesangbuch  hinwies.  Wie 
Bifrun,  so  hat  auch  Chiampel  ein  vorwort  von  Phil.  Gallizius 
vorsetzen  können,  aber  ins  unterengadinisehe  übersetzt.  Ge- 
schichtlich interessant  ist  folgender  teil  davon: 

In  tuott  ilg  muond  ch'huoffa  par  gratzgia  da  Deis 
s'preidgia  lg  Euangeli,  luun  chi  fcrywen  e  chiauntan  Pfalms 
e  bellas  Chiantzuns,  ä  laud  ed  ingratzgiamaint  da  Deis,  ed 
auifamaint  da  lg  proaffem,  choa  eir  quell  dee  crair  e  s'iin- 
pillar.  Sul  proa  nuo  in  noaffa  Ingadina  mauncka  blear  in 
quai.  Brickia  chia  lg'  Euageli  nun  uennga  in  noalfa  terra 
pradgiad  (Parche  ch'ell  ais  imprüm  fchkumantzad  a  ngyr 
pradgiad  in  Ingadina  dlur  6  dfuott  in  ls'  1524.  anns:  da  mai 
imprüm,  6  dalädrinaun  eir  dad  auter  fidels  pradgiaduors  d'la 
noaffa  terra  blears,  fina  ch'eir  alchiüns  our  d'Lumbardia  naun 
fün  lg'  dawoa  luun  ngüds  proa  nuo)  Improa  nuo  nun  hawei- 
wan  Poets  e  parfunas  fapgiauntas  chi  ns'  pudeflen  eir  in 
quai  ngyr  in  agiüdt.  Parche  tu  Chriltiaun  lectur  deilch 
ffawair  ch'es  chiatta  aunt  uaingk  u  trenta  alatrads,  e  chi 
ulchelgoa  pur  bain  fapgian,  choa  pur  tin  Poet,  chi  hagia  ilg 
mced  e  lg  ffawair  da  faar  indrett  Ichantadas  chiantzuns,  chia 
ls'  plseds  tuotts  s'cumbtitten  e  s'ralpuondaa,  lehkoa  e  dee  effer 
ed  auda-  in  üna  tngyn  ouwra.  Moa  huoffa  haa  Deis  eir  a  la 
noalfa  terra  fatt  quella  gratzgia  e  datt  quell  duun,  ch'ella  haa 
brickia  pur  la  uiua  preidgia  da  lg  laingk  Euangeli,  moa  eir 
lgieut  chi  ffaun  metter  in  lg  noafs  languack  la  Scrittüra 
faingkia  (fchkoa  haa  fatt  huolla  dincuort  cun  lg  Nouw  tefta- 
maint  ilg  bain  fapgiaüt  Iachiam  Bifrun)  e  faar  Pfalms  cun 
quella  d^fchauntza  fchkoa  huoffa  ais  ditt  (ilg  quai  ais  ün 
fpetzial  duun  da  Deis)  Parche  chia  lg  noas  languack  mse  nun 
ais  ftatt  fcritt,  ne  eir  crett  brick  ch'ell  s'poaffa  fcriwer,  infyn 
awaunt  brick  blear  anns,  chia  lg  faimper  deng  da  ngyr  cun 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  295 

hunur  numnad  huom  fer  Joan  Trauers  da  Zuotz,  haa  eil  im- 
prtim  fcritt  in  Ladin,  la  noaffa  guerra  chi  haa  fehkumantzad 
eun  nuo  lg  Chiaftlaun  da  Müfch,  da  lgqual  nuo  ns'  hawain 
ftutid  ultar  cun  l'arma,  incuntra  lgqual  Deis  eir  ans  haa  datt 
uittoargia  e  ns'  cuffaluad  in  noaffa  frytad.  Huolfa  (fehkoa 
eng  haweg  eumantzad  a  dyr)  haa  Deis  muuantad  fü  lg  huneift, 
alatrad,  ed  in  la  Scrittüra  fainchia  bain  affundad  Sar  Durich 
Chiampel,  chi  haa  mifs  in  Ladin  quell  bei  cudefeh  da  ls'  Pfalms, 
da  quell  fidel  e  grandamaiEgk  da  Deis  ludad  raig  e  faingk 
prophet  Dauid,  (cun  autras  eir  beilas  faingchias  Chiantzuns 
fpiritualas  tzuond  da  noew  fattas)  cun  taunta  ffientza,  taunt  beaus 
plseds,  taunt'  adaftretza  e  gratzgia,  ch'ün  Itoua  s'  mürawlgar. 
Parche  ch'ell  cun  quailt  £eis  fcriwer  haa  mils  laa  brickia  ptir 
ilg  mainung  d'la  fcrittüra  da  lg  Prophet,  moa  eir  pardütt  chia 
lg  noafs  languack,   chi   uain   tngüd  groaffer,  haa   eir  la  fia 

gratzg'  e'd   amur,    ufehk   bain   fehkoa   eir   quäl    auter 

Datum  ä  Cuira,  a  lg  15  dy  d'  May,  da  lg  ann  1562. 

Anmerkungen.  Sul  proa  nuo  ....  Nur  bei  uns,  in  unserm 
Engadin,  fehlt  es  sehr  daran.  —  da  mai  impriim  . . .  zuerst 
von  mir  und  seither  auch  von  vielen  anderen  treuen  predigern 
unseres  landes,  bis  schliesslich  auch  aus  der  Lombardei  her 
einige  zu  uns  gekommen  sind.  —  deifch  =  debes.  —  fchantar 
setzen,  einrichten,  wie  metter  und  luguar  (o.-eng.  lover)  im 
titel.  —  defchauntza  schicklichkeit  (decet).  —  awaunt  brick 
blear  anns  usw.  vor  nicht  vielen  jähren,  als  der  stets  in 
ehren  zu  nennende  herr  J.  Tr.;  man  beachte  blear  ohne  -s 
und  die  Wortstellung.  —  frytad  von  alem.  fry.  —  tzuond 
da  noew  fattas  ganz  neu  gemacht.  —  pardütt  bewiesen.  — 
groaffer  plump;  man  würde  in  der  unbetonten  Stammsilbe  o 
oder  u  erwarten. 

Nach  den  worten  des  Phil.  Gallitzius  kommen  noch  zwei 
vorstücke:  eine  vorrede  Chiampels  selbst  und  ein  Pream 
(vorwort)  von  Johann  Zwick,  auch  dieses  in  u.-eng.  spräche. 
Nach  dem  register  stehen  endlich  die  Psalms  und  die  Chian- 
tzuns  Spiritualas  (s.  33 — 508).  Das  ist  nun  trotz  aller  ab- 
hängigkeit  dichterische  arbeit  und  verdient  gelesen  zu  werden; 
schade  dass  weder  Decurtins  in  seiner  Chrestomathie,  noch 
Ulrich  in  seiner  ausgäbe,  noch  Pallioppi  im  Dizionari  deis 
Idioms  romauntschs  (1895)  alle  Schwierigkeiten  dieses  genusses 


296  Rätoromanisches  Schrifttum. 

beseitigen.     Ein   besonderes   geschichtliches   interesse   hat   für 
uns  der  130.  psalm  (s.  287 ff.): 

Plalm  CXXX.   Ebr.    De  profundis  ad  te 

clamaui  Domine,  &  c. 

S'poa    chiantar    in    lg    mced    da    lg    prüm    plalm,    &   c. 

E   quell   plalm    haa   tngtid    in   lg   prüm    fatt   a   chiantar   in 

5    Ladin,    quell    fick    alatrad    huom    Sar    Philippus    Gallitzius, 

a    Mallans,    in    lg    ann    da    lg    Singer    1537.      Ilgqual    ais 

ilg  prttm  pfalm   ch'eug  nhag  uys  e"d   uyd  chiantand  in  nooß 

Ladin. 

P.  G. 

10  S'ehiaunta  Ichkoa,  Vß  dieffer  not  fchry  ich  zuo  dyr. 

SVMMA.  Eir  quaist  pfalm  appara  ad  elfer  ftatt  fatt 
in  tina  greiwa  perfecutziun  e  fadigia,  ud  in  ün  grand  appro- 
wamaint.  Ed  amuoffa  ch'ttn  deia  cun  fearma  buna  fidauntza 
e  ftawla  Iprauntza  ruguar,   chia  Deis  ilg  ucellga   dlibrar  da 

15  tüoert  e  foartza  e  da  tuotta  anguoflcha,  e  lg  pardunar  ils 
puchiads,  traas  ilfquaus  nuo  guadangain  l'ira  da  Deis  Itin  nuo, 
e  las  parchiadas. 

Our  d'chiafuoll  bfoeng  brag  eug  proa  tai, 
Mia  uulch  o  Senger  Deis  auda, 
20  Las  tias  urailgas  uoalw'a  mai, 

Ed  a  lg  meis  rceg  las  awra, 
Parchiai  Ich'  tu  uoufch  guardar  a  quai, 
Quaunt  puchiads  eug  nhag  fatt  a  tai, 
Chi  poa  awaunt  tai  Senger  rumangair? 

25  E  ftaa  lulettamaingk  uy  d'tai, 

Ils  puchiads  da  pardunare, 

Chia  pitlchn'e  grand  Itoua  tai  tmair, 

Eir  in  lg  mellger  dapurtare. 

Cantuott  m'uoellg  eug  ful  cuffartar, 
30  Sün  Deis  lulettamaingk  m'laffchar, 

Ed  ingual  feis  plaed  ngand  guardar. 

E  fche*  bain  gia  dtir'infyn  a  la  noatt, 
Ed  infyn  a  la  damaun  da  lg  dy, 
Schi  dee  meis  cour  brick  eßer  fchmoart 
35  D'fia  buntad  nun  wair  dubbi, 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubiinden.  297 

Moa  faar  fchkoa  eir  faw'  lfrael, 

Chi  ftaw'e  fptawa  drett  fidel, 

Fyna  chia  lg  feis  plaed  naun  ngywa. 

Scha  bain  proa  nao  fun  puchiads  blears, 
Proa  Deis  ais  blear  plü  gratzgia,  40 

Seis  mann  nun  haa  tearm  d'agiüdar, 
Quun  greiw  nuo  fean  chiargiadfe. 
Ell  ais  fulett  quell  bun  paftur, 
Chi  ad  lfrael  uain  a  ngyr, 
A  lg  Ipandrar  da  seifs  puchiadle.  45 

Ilg  CXXX.  Pfalm  dritzad  a  chiantar  eir  in  ünautra  guifa 
in  la  noatta  furfcritta. 
M.  L. 
Our  d'bfceng  chiafuoll  clam  eug  proa  tai, 
Meiß  brags  o  Senger  auda,  60 

Las  tias  urailgas  awra  dfai, 
A  mia  uufch  tzuond  ehiauda, 
Parchiai  Ich'tti  uoulch  guardar  fttn  quai, 
Fatt  quaunt  puchiads  eug  nhag  a  tai, 
Chi  t'poa  awaunt  ftaar  Senger?  ....  55 

Anmerkungen.  Zeile  3.  Zu  singen  nach  der  weise 
des  1.  psalms.  Das  „Etcetera"  bezieht  sich  auf  die  anderen 
psalmen,  die  ebenso  gesungen  werden  und  schon  früher  zu- 
sammengestellt sind.  —  4  haa  tngtid  fatt  (hatte  gemacht),  ein 
beispiel  dafür,  dass  Chiampell  tenere  als  hilfszeitwort  gebraucht 
(wie  das  auf  der  iberischen  halbinsel  vorkommt).  G.  Pult 
hat  in  seiner  dissertation  (1897)  darauf  hingewiesen,  um  das 
u.-eng.  nyv  (gehabt)  zu  erklären.  —  5  fick  alatrad  sehr  gelehrt.  — 
7  chiantand,  Gerundium  nach  audire,  mit  einem  tiefen  a; 
Ch.  konnte  das  in  der  Basler  druckerei  durch  ein  unter 
den  bubstaben  gesetztes  zeichen  angeben,  aber  nicht  in  allen 
Schriftarten.  Wenn  also  die  Schriftart  nicht  im  wege  steht, 
finden  wir  es  in  der  regel  vor  nd,  nn,  nct,  nj,  m:  grand,  ftand 
(stehend),  fiand  (essendo),  bawranda  (trank),  ann,  faingk, 
faingchia,  baing  (bad),  clam,  giamgia  (spott),  dann  usw.  — 
9  „P.  G."  bezeichnet  den  diehter,  nämlich  Philipp  Gallitzius, 
wie  oben  erzählt  wird.  —   10.  Das  lied  aus  dem  deutschen 


298  Rätoromanisches  Schrifttum. 

gesangbucb,  bekanntlich  von  M.  Luther  und  schon  in  der 
Wittenberger  Sammlung  vom  j.  1524  enthalten.  —  14.  ruguar 
mit  Verlängerung  der  velaren  zungenstellung  (s.  s.  130).  — 
15.  ilg  (akk.)  und  16.  lg  (dat.)  beziehen  sich  auf  ün.  — 
17.  parchiadas  rutenstreiche.  —  25.  Es  steht  nur  bei  dir.  — 
26.  pardanare  hat  nicht  das  lat.  -e  bewahrt;  wie  puchiadse 
(peccatos)  am  ende  des  liedes  zeigt,  gestattete  man  sich,  um 
die  von  der  singweise  verlangte  klingende  endung  zu  bekommen, 
an  jede  beliebige  betonte  endsilbe  ein  -e  anzuhängen.  Dieser 
brauch  wird  wohl  im  Deutschen  seine  wurzel  haben.  — 
31.  wörtlich:  und  nur  sein  wort  kommen  sehen  (erwarten); 
ingual  mit  derselben  änderung  des  sinnes,  wie  das  kämt., 
südtir.  lei  (=  gleich).  —  42.  Quun,  lies:  Quaü(t).  —  44.  uain 
a  ngyr,  das  bekannte  graub.  fut.  —  48.  „M.  L."  weist  auf 
den  dichter  des  deutschen  Vorbildes  hin;  aber  man  sieht  sofort, 
dass  auch  Gallitzius  nach  diesem  vorbilde  gearbeitet  und  es 
sogar  grossenteils  genauer  nachgebildet  hat,  wenn  bei  ihm 
auch  zwei  Strophen  Luthers  in  eine  zusammengezogen  sind.  — 
51.  dfai  zuverlässig  (fides).  —  54.  Fatt  vorausgestellt,  ver- 
mutlich damit  nicht  pu-  auf  den  guten  taktteil  falle:  vgl. 
„was  sünd  und  unrecht  ist  getan". 

Auf  seite  508  steht  FINIS;  aber  auf  den  folgenden  zwei 
(unbezifferten)  Seiten  folgt  noch  ein  gedieht  (nach  Ambrosius 
Blaurer)  an  die  Chriltianaifa  giuuentüd  und  am  schluss: 

Schquilchad  a  Bafel,  in  lg  Ann  da  lg  Sennger  1562. 
in  ehiala  da  lachiam  kündig:  moa  a  cuolt  da  Durich  Chiäpel 
da  Sufcb,  a  doewer  £  par  amur  da  las  balelgias  dad  Ingiadina. 

Nach  einer  seite  druckfehler  und  einem  blatt  mit  einem 
bilde  fängt  der  beigegebene,  durchwegs  nicht  paginierte 
katechismus  an.    Er  hat  einen  eigenen  titel: 

Vn  intraguidamaint  dad  infurmar  la  Giüuautün  in  la 
uaira  cretta  ....  Traas  Durich  Chiampell  ....  (am  schluss 
des  Vorwortes:  Datt  a  Sufch,  in  22.  dy  d' Mai,  da  lg  ann 
&  c.  1562). 

Das  werk  Chiampels  war  noch  schneller  vergriffen  als 
das  Bifruns:  schon  1606  veranstaltete  man  in  Basel  und 
überdies  in  Lindau  eine  neue  aufläge,  beides  ohne  nennens- 
werte änderung.  Aber  unterdessen  taucht  wieder  eine  neue 
Schriftsprache  auf,  ihr  Schöpfer  heisst: 


2.  Das  Schrifttum  in  Graubiinden.  299 

Daniel  Bonifa ci.  Über  sein  leben  weiss  ich  nichts 
anderes  zu  berichten,  als  was  in  seinem  büchlein  steht.  Er 
war  im  j.  1601  ein  „humm  giuven",  ein  „Prüs  et  Mussaa  Hnmm, 
da  quest  teimp  Meister  della  schkola  a  Fürstno";  so  sagen 
die  zwei  „servdeints  dellas  Baselgias  da  Tusaun  et  Scharauntz 
in  Domlgeaschka"  in  dem  begleitwort,  durch  das  sie  das  buch 
ihren  landsleuten  aufs  wärmste  empfehlen.  Thusis  und  Scharans 
waren  also  schon  mit  predigern  versehen.  Dass  er  in  Fürstenau 
ansässig  war,  darf  man  vielleicht  aus  dem  ausdruek  „cunvi- 
schign"  schliessen,  mit  dem  er  sich  den  herren  der  „Dretchiira 
et  Commün  da  Fürstenouv"  gegenüber  bezeichnet.  Dass  er  im 
Domleschg  zu  Hause  war,  zeigt  seine  spräche;  er  nennt  sie  im 
titel  „Romaunsch",  in  der  vorrede  „noss  natural  linguagh  da 
Tumlgieschka",  „noss  linguagh"  (eintin  noss  linguagh  mse  na 
nean  ne  scritts  ne  squitschens  eudischs);  die  zwei  prediger 
sagen  „nossa  viglia  et  nattirala  Romaunsch  da  Cuira  et  linguagh 
da  nossa  terra"  —  die  bezeichnung  solcher  Schriftsprachen 
ist  manchmal  weitherzig.  Die  unterschiede  gegen  die  heutige 
mundart  lassen  sich  durch  den  Zwischenraum  von  3  Jahr- 
hunderten erklären.  Doch  wäre  es  auch  möglich,  dass  der 
gelehrte  schullehrer  die  spräche  mehr  oder  weniger  ab- 
sichtlich archaisiert  hätte,  um  nicht  durch  örtlich  be- 
schränkte lautentwicklungen  einen  grösseren,  weiteren  leser- 
kreis  abzuschrecken:  tin,  tina  ist  zugleich  engadinisch  und 
stimmt  auch  zu  dem  oberländischen  in,  ina  besser  als  eny, 
enya,  wie  man  wenigstens  heute  im  Domleschg  sagt.  Doch 
andrerseits  liegt  in  taglear,  mangear,  spitchear  (warten), 
squitscheu,  ingratzgeu,  gea  (ja)  u.  ä.  eine  recht  enge  aus- 
schliesslichkeit. 

Der  titel  ist  (nach  J.  Ulrich,  Rhätoromanische  Texte,  L, 
Halle  1883):  „Catechismus.  CVRT  MVSSAMEINT  DELS 
PRINCIPALS  PVNCTGTS  DELLA  CHRIstianevla  Religiun, 
per  las  Baselgias  et  Schkolas  da  Comtinas  Trees  Ligias,  tras 
quell  Ault  amnssaa  S.  IOHANN  PONTISELLA  da  Cuira  fatg 
per  Tudeschk.  Vsea  da  nief  tras  Daniel  Bonifaci  mess  ora 
in  Romaunsch.  Ala  fign  ees  ün  curt  mussameint  da  buns 
Custims  a  d'tin  Giuvnal  zunt  nützevel  mess  vi  tiers.  Squitscheu 
ä  Lindauv  vid'  igl  Bodensee.  tras  IOHANN  LVDVIG  BREM. 
M.DC.I.    Einige  charakteristische  stellen: 


300  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Chi  nus  ha  daa  ils  dieschs  eommendameints?  —  Deus  igl 
noss  Signer  setts  tras  igl  seu  servieint  Mosen,  sün  igl  culm 
Sinai.  —  Co  vignan  ils  dieschs  eommendameints  partcheus 
giu?  —  Eintin  duas  Tavlas. 

Babb  noss  quel  cha  tij  ees  eintin  tschiels.  Sangh  vignig 
fatg  igl  teu  numra.  Igl  teu  reginaa  vignig  na  tiers  nns.  La 
tia  voeglia  daveint'  eintin  terra,  seö  la  fa  eintin  tschiel.  Igl 
noss  paun  da  mtinehia  gij  dse  ä  nus  hotz.  Et  perdun'ä  nus  ils 
noss  peccaas,  scö  nus  perdunein  als  noss  peecadurs.  Et  nuns' 
manar  in  provameint,  mö  ans  spindra  dagl  mal. 

Quaunts  Sacraments  ha  Christus  ordinaa  et  schantaa 
eintin  la  sia  Baselgia?  —  Dus:  Igl  sangh  Battesam  et  la  sia 
sanghia  Tscheina. 

Cur  tij  tetts  seas  ä  mesa  schi  salva  quest  urdan:  Avaunt 
tuttas  chiausas  dees  haveer  las  unglas  dschubras,  lavar  ils 
mauns,  star  sij  dretg  et  bigh  esser  igl  prim  ella  scadella,  sees 
custimaa  et  fui  la  ebriauntza,  beva  et  mandigia  teas  nott- 
basüngs,  che  ch'ees  memgia,  porta  malzognia.  (Wenn  du 
selbst  bei  tische  sitzest,  so  beobachte  folgende  Vorschrift.  Vor 
allen  dingen  musst  du  saubere  nägel  haben;  die  hände  waschen! 
Gerade  stehen  und  nicht  der  erste  in  der  Schüssel  sein!  Sei 
sittsam  und  flieh  die  trunkenheit,  trink  und  iss  das  nötige; 
was  zu  viel  ist,  bringt  krankheit.) 

Anmerkungen.  Man  stösst  gleich  auf  rheinische  merk- 
male:  in  der  ersten  stelle  setts,  in  der  letzten  tetts  (selbst),  der 
palatale  auslaut  an  fatg,  dretg.  Das  zeichen  ü  sehen  wir 
bloss  in  sün,  münchia,  basüng,  dagegen  tij,  sij  (auf),  ebenso 
plij,  plimma  (feder),  sternidar,  gist  (gerecht),  gidar  (neben  agüd), 
schkir  usw.  an  anderen  stellen.  Die  Schreibung  ü  ist  somit 
wohl  nur  eine  nicht  folgerichtig  durchgeführte  schulmeisterei. 
Auch  das  -s  hinter  diesch  wird  nur  ein  papierenes  dasein 
haben. 

In  einer  ähnlichen  spräche  geschrieben  erscheint  10  jähre 
später  endlich  auch  ein  katholischer  Katechismus,  und  zwar 
von  Gion  Antoni  Calvenzano,  unter  der  aufschrift  (nach 
Decurtins,  Chrest.  L):  Curt  Molfament  Et  Introvidament 
De  Quellas  Caulas,  Las  qualas  Icadin  fidevel  Chriltian  e 
culpantz  da  laver.  In  Milaun.  Tier  ils  Stampadurs  dil  Ar- 
civefgeju,    1611.    Ein  Domleschger  scheint  er  aber  nicht  ge- 


2.  Das  Schrifttum  in  Graubünden.  301 

wesen  zu  sein;  denn  seine  spräche  —  die  freilich  gekünstelt 
ist  —  hat  ebensoviel  merkmale  mit  dem  untern  Vorderrhein- 
tal gemein  wie  mit  dem  Domleschg,  noch  mehr  mit  Trins, 
Bonaduz,  Heinzenberg  (c).  Wahrscheinlich  hatte  er,  ein  Lom- 
barde von  geburt,  einen  lehrer  des  Rätoromanischen  oder  Mit- 
arbeiter aus  dieser  gegend,  der  auch  andere  mundarten  Grau- 
bündens  kannte.  Er  schreibt  un,  una,  undisch,  um  eine  lat- 
ital.-engadinische  form  zu  gewinnen;  ti  besass  die  druckerei 
in  Mailand  kaum.  Wo  er  aber  den  stamm  nicht  erkennt, 
schreibt  er  ahnungslos  das  gehörte  i  (wie  in  a-ti):  tuttina, 
adina,  negin;  ebenso  mit  i:  fcrittira,  frigg  (frucht).  Er  schreibt 
vean,  wie  man  jetzt  noch  in  Trins  sagt,  und  vien,  die  italienische 
form;  bear  und  blear  (viel),  die  allerdings  in  c  und  b  noch 
nebeneinander  wohnen;  ferner  tant,  quaunt  und  avond  (vor), 
und  es  werden  doch  diese  drei  Wörter  in  jeder  rät.  spräche 
gereimt  haben.  War  sein  rät.  gewährsmann  aus  Trins,  so  wird 
tant,  wie  vien,  eine  italienische  Verkleidung  sein;  quaunt  und 
blear  kann  Calvenzano  den  ihm  gewiss  bekannten,  wenn- 
gleich begreiflicherweise  von  ihm  nicht  angeführten,  büchern 
von  Chiampel  und  Bonifaci  nachgeschrieben  haben.  Neben 
avond  hat  er  auch  davaunt.  Es  ist  eine  eklektische  spräche; 
ich  will  nur  noch  auf  ein  paar  formen  hinweisen,  die  zeigen, 
wie  das  erwachen  der  Schriftsprachen  mit  diesem  katechismus 
wieder  weiter  gegen  die  Vorderrheinquellen  hinrückt:  P.  P. 
auf  -au  (mossau  gelehrt,  pucau  sünde),  ieu  (ich),  ei  und 
e  (ist),  carn,  causa,  catar  (finden),  prädikatskasus  (e  ius  ist  ge- 
gangen). Die  quelle  Calvenzanos  finde  ich  nirgends  ange- 
geben; man  begegnet  bei  ihm  einer  sonderbaren  behauptung, 
die  den  Übersetzungen  des  katechismus  von  Bellarmin 
eigen  ist: 

Chi  ha  fagg  la  credientfcha?  —  Ils  dodilch  Apoltels,  et 
tras  quei  een  dodifch  articuls. 

Unter  demselben  namen  gehen  noch  zwei  drucke: 
1.  Bref  Apologetica  enten  la  quäl  l'auctur  renda  la  ra- 
fchun,  perchei  haued  bandunau  la  doctrina  di  Caluin,  haigi 
ratfchert  la  credientfcha  Catholica.  Messa  giü  ora  dal  Latin 
nel  linguaig  Romauntich  da  Johann  Antoni  Calvenzano, 
Prer  Oblat  &  Dr.  d.  I  Scrittira.  Milaun.  Tier  ils  Stampadurs 
dil  Arciuefgeu.    1612. 


302  Rätoromanisches  Schrifttum. 

2.  In  Cuort  Muoffament  ad  intruuidaraent  da  quellas 
caulas,  Las  qualas  f cadin  fideiüel  Chriftgiaun  ei  culponz  da 
lauer.  Enten  Milaun.  Scurlehiau  digls  fcutfchadurs  digl 
Arzuuefchgiu.  1615.  (So  nach  Decurtins  Chrestomathie  I,  22.) 
Davon  ist  dann  1654  noch  eine  aufläge  besorgt  und  in  Brescia 
gedruckt  worden:  In  cuort  Muossament  ad  intruvidament  de 
quellas  causas.  Las  qualas  scadin  fideiüel  Chriftgiaun  ei  cul- 
ponz da  saver  ....  da  Gion  Antoni  Calvenzan  ...  Et  huossa 
da  nieuf  Squifchiau  tras  rieug  dels  Paders  Cappuciners  da 
A.  Rizzardi  Enten  Bressa  1654. 

Decurtins  meint,  dass  diese  Schriften  von  anderen  Ver- 
fassern seien  (Grundr.  II,  3,  s.  247);  ich  teile  das  sachliche  be- 
denken, das  er  vorbringt,  nicht  mit  ihm  und  habe  auch  kein 
sprachliches  bedenken:  unser  eklektiker  oder  Calvenzanos 
Sprachlehrer  oder  Übersetzer  (wenn  das  1611 — 1615  immer 
derselbe  mann  war),  wählt  eben  verschieden,  er  rückt  mit 
seiner  Schriftsprache,  die  zuerst  mehr  unter  Bonifacis  einfluss 
stand,  immer  weiter  und  bestimmter  nach  Disentis,  dem  mittel- 
punkt  der  katholischen  Romanen  Graubündens.  Er  konnte 
sich  dazu  um  so  leichter  gedrängt  fühlen,  als  —  abgesehen 
von  persönlichen  umständen,  die  mitgewirkt  haben  können  — 
mittlerweile  von  anderer  seite  eine  vorderrheinische  Schrift- 
sprache kräftig  in  den  sattel  gesetzt  worden  war,  und  zwar 
durch 

Stephan  Gabriel.  Seine  heimat  ist  das  Unterengadin, 
aber  als  Pfarrer  von  Ilanz  lernte  er  das  Ob  waldische,  wie  es 
in  diesem  Städtchen  gesprochen  wurde,  so  gut,  dass  er  in 
dieser  mundart  predigen  konnte  und  imstande  war,  sie  als 
Schriftsprache  zu  benutzen.  Er  stand  in  sehr  hohem  ansehen 
bei  seinen  glaubensgenossen  und  war  von  den  gegnern  so  ge- 
fürchtet, dass  sich  unter  diesen  dann  die  sage  bildete,  sein 
leichnam  sei  vor  der  beerdigung  vom  teufel  geraubt  und  auf 
einem  berg  in  stücke  zerrissen  worden  (demente  da  Brescia, 
Istoria  delle  Missioni  nella  Rezia,  Trient  1702).  Sein  erstes 
werk  hiess: 

Hg  ver  Sulaz  da  pievel  giuvan,  tras  Steffan  Gabriel. 
Squitfchau  ä  Basel,  en  la  cafa  da  Joan  Jacob  Genath.    MDCXI. 

So  lautete  der  titel  nach  Decurtins;  es  scheint  kein  ganzes 
exemplar  davon   erhalten    zu   sein.     Ein   paar   stellen   daraus 


2.   Das  Schrifttum  in  Granbünden.  303 

hat  Decurtins  in  den  nachtragen  abdrucken  können  (Rät. 
Chrest.  I,  3,  s.  755—761).  Neue  auflagen  sind  im  17.  Jahr- 
hundert drei,  im  18.  noch  zwei  erschienen.  In  der  3.  aufläge 
(1649)  heisst  der  titel:  Ilg  ver  Sulaz  da  Pievel  giuvan.  Quei 
eis  tinna  curta  fumma  da  la  Cardienfcha  d'ils  Patriarchs, 
Prophets,  ad  Apoltels.  Item  Anzaquonts  Pfalms  da  David, 
a  Canzuns  Spiritualas.  Item  anzaquontas  Uratiuns.  Tras  Steffan 
Gabriel,  ftaus  Survient  d'ilg  PI.  d.  D.  a  Lgiont.  Basel  (Genath) 
1649.  Da  ist  auch  das  Vorwort  der  1.  aufl.  abgedruckt;  das 
ende  davon  hat  nach  diesem  neudruck  so  gelautet: 

Mo  damai  ch'ei  ha  plalchieu  a  niefs  Deus  da  mi  metter 
li,  bucca  mai  ilg  uffici  dad  tin  Bab,  mo  er  ilg  uffici  dad  ün 
Survient  da  fieu  Plaid,  Ichi  hai  jou  avont  tin  tempfet  ferit  queft 
Cudefchet  bucca  mai  par  mes  eorporals  filgs,  Luci,  Steffan, 
Martin  a  Men-Fort:  mo  er  par  mes  uffonts  Ipirituals,  a  feulars 
a  Lgiont,  ad  a  Flem:  a  damai  ca  jo  hai  vieu,  ca  queft  Cude- 
fchet ha  faig  buc  pitfehen  frig:  parehei  ca  jou  hai  favents 
udieu  giuvnals,  a  mattouns,  je  er  pitfehens  uffonts  dent  quint 
da  lur  Cardienfcha,  uront,  a  cantont,  or  da  queft  Cudefchet 
eun  gronda  miravelgia,  a  lagrament  da  quels,  ca  tadlavan  tiers; 
fchi  hai  jou  vulieu  bucca  mai  par  fparngiar  gronda  fadia  da 
fori  ver  giu:  mo  er  par  cumparchir  quel  eun  autras  Bafelgias 
da  la  Ligia  Grifcha,  ilg  vulieu  lafchar  fquitfehar:  eunzunt 
par  quei,  ca  en  queft  languaig  mai  nan  ei  fquitfehau  nagutta. 
Deus  velgig  quefta  lavuretta  banadir,  eh'ella  furvefchig  a  fieu 
laud,  glierg',  ad  hanur,  ad  a  niz  da  fia  Bafelgia,  tras  Jefum 
Chriftum,  Amen. 

A  Lgiont,  3.  Febr.  ent  ilg  On  1611. 

Stephanus  Gabriel. 

(Aber  da  es  unserem  Gotte  gefallen  hat,  mir  nicht  nur 
das  amt  eines  vaters  aufzuerlegen,  sondern  auch  das  eines 
dieners  seines  Wortes,  so  habe  ich  vor  kurzer  zeit  dieses  btichlein 
geschrieben,  nicht  nur  für  meine  leiblichen  söhne  . .  .,  sondern 
auch  für  meine  geistigen  kinder  und  schtiler  in  Uanz  und 
Flims;  und  da  ich  gesehen  habe,  dass  dieses  btichlein  nicht 
geringen  erfolg  gebracht  hat,  indem  ich  oft  junge  leute  und 
mädchen,  ja   auch   kleine   kinder  aus   diesem   btichlein  habe 


304  Rätoromanisches  Schrifttum. 

über  ihren  glauben  rechenschaft  geben,  beten  und  singen 
hören,  zu  grosser  Verwunderung  und  freude  derer,  die  zuhörten, 
so  habe  ich,  nicht  nur  um  die  grosse  mühe  des  abschreibens 
zu  ersparen,  sondern  auch  um  das  anderen  kirchen  des  Grauen 
Bundes  mitteilen  zu  können,  es  drucken  lassen  wollen,  besonders 
deshalb,  weil  in  dieser  spräche  nie  etwas  gedruckt  worden 
ist.  Gott  wolle  dieses  werkchen  segnen,  dass  es  zu  seinem 
lob,  seiner  glorie  und  ehre  diene  und  zum  nutzen  seiner 
kirche  usw.) 

Zugleich  mit  der  2.  aufläge  des  Sulaz  (1625)  erschien 
die  Stadera  (die  wage);  der  titel  hat  in  der  aufläge  vom 
j.  1649  folgenden  Wortlaut: 

Unna  Stadera  da  pafar  Quala  feig  la  vera  Cardienlcha. 
Tras  Steffan  Gabriel,  Itaus  fnrvient  d'ilg  Plaid  da  Deus 
ä  Lgiont . .  .  (Basel). 

Beide  werke  sind  wieder  dem  religiösen  bedttrfnis,  dem 
glaubenseifer  entsprungen.  Das  eine  wendet  sich  an  die 
ganze  gläubige  gemeinde  und  vor  allem  an  die  kinder,  das 
andere  ist  eine  gemeinverständliche  Streitschrift,  worin  die 
alte  und  die  neue  lehre  gegeneinander  abgewogen  werden. 
Der  katechismus  und  das  gesangbuch,  die  im  Sulaz  ver- 
einigt sind,  und  die  rednerisch  wirksame  abhandlung,  aus  der 
die  Stadera  besteht,  sind  natürlich  nicht  durchwegs  selb- 
ständige Schöpfung,  aber  noch  weniger  blosse  tibersetzungs- 
arbeit.  Selbst  die  Stadera  hat  viermal  neu  aufgelegt  werden 
können;  erst  im  19.  Jahrhundert  schwand  die  nachfrage 
nach  solchen  Schriften,  die  das  beweisen,  was  man  ohne- 
dies glaubt,  und  doch  den  nicht  tiberzeugen,  der  nicht  glaubt. 
Als  probe  der  dichtkunst  Stephan  Gabriels  mögen  zwei 
Strophen  aus  dem  130.  psalm  (nach  der  aufl.  vom  j.  1649) 
dienen: 

1.    Or  d'grond  bafengs  jou  clomm,  Singiur, 
Ah  aude  mieu  bargire, 
Cun  tias  urelgias  mia  dalur 
Deus  velgias  po  udire. 
Scha  ti  'ls  puccaus  Deus  vol  dumbrar, 
A  quels  ä  nus  tiers  ralchunar, 
Schi  chi  po  ftar  vont  teie? 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubiinden.  305 

4.   Scha  gie  nus  vein  fig  bers  puccaus, 
A  gronda  naulchadade, 
A  niels  cor  ha  nagin  ruvaus; 
Deus  ha  ounc  pli  buntade. 
Ad  Ilrael  dat  el  agid, 
A  les  ligieus  dat  el  lalid, 
A  Ipindra  d'ilg  puccaue. 

Anmerkungen.  Die  Schriftsprache  St.  Gabriels  ist  später 
nur  wenig  verändert  worden;  besonders  die  reformierten  hielten 
selbst  an  kleinigkeiten  der  Schreibung  mehr  als  zwei  Jahr- 
hunderte lang  fest.  So  sehen  wir  tin,  Unna  oder  tina  neben 
adina,  nagin,  scadin,  mintgin  (jeder)  usw.  noch  in  der  2.  hälfte 
des  19.  Jahrhunderts  bei  einzelnen  Schriftstellern,  z.  b.  Appendix 
tier  la  liturgia  par  las  baselgiadas  Rumonschas  evangelicas 
sur  a  sut  ilg  uault  d'ilg  cantun  Grischun  (Chur  1853).  Auch 
in  der  kleinen  schrift  „Area  da  vapur.  In  antruvidament  per 
fermir  il  tgierp  digl  carstieun,  mes  giu  en  Rumonsch  mediant 
la  plimma  digl  mussader  Christ.  Castelberg  egl  on  1861"  (Chur) 
stehen  noch  tina  und  ina  nebeneinander.  —  Das  s  an  eis  (ist) 
im  titel  des  Sulaz  v.  j.  1649  mag  im  17.  Jahrhundert  auch  am 
Rhein  vor  beliebigem  vokalischem  anlaut  noch  bestanden  haben, 
später  erhält  es  sich  nur  vor  dem  pronomen:  eis  el,  eis  ela, 
eis  ei.  Ludeseher  schreibt  in  der  Arithmetica  (1809):  ei-s-ei 
(vgl.  franz.  a-t-il).  Aber  noch  in  der  „Fuorma  dilg  Dreig 
Civil  a  Criminal"  ...  J.  de  Casutt  (Chur  1731)  kommt  ilg 
eis  (es  ist)  neben  ilg  ei  und  lg  ei  vor.  —  Über  anzaquont 
s.  s.  220.  —  Tempset  mit  dem  zum  stammauslaut  gewordenen  s, 
wie  franz.  corset.  —  Pitschen  ist  am  Vorderrhein  und  am 
Hinterrhein  bis  zum  Schynpass  durch  ping,  pintga  (piny, 
pintya)  verdrängt.  —  Scriver  giu,  lalehar  fquitfehar  (st.  far  fq.) 
sind  eingebürgerte  Germanismen.  —  Die  konjunktive  auf  -ig, 
wie  velgig,  furvelchig,  seig,  bleiben  ein  kennzeichen  der  Uanzer 
und  überhaupt  der  reformierten  Oberländer  gegenüber  den 
Disentisern  und  den  katholischen  (-i);  ebenso  die  form  jou  (ich), 
ounc  (noch),  während  die  katholiken  fast  ausnahmslos  iau,  jeu, 
aunc,  eunc  schreiben.  Ich  stelle  hier  gleich  denselben  gegen- 
satz  zwischen  gi  (tag),  gir  (sagen)  und  (kath.)  di,  dir  fest.  — 
1.  str.  d.  130.  Ps.    Aude  ist  nicht  lat.  audi,  sondern  gehört  der 

Gärtner,  Bätorom.  8pr.  u.  lit.  20 


306  Rätoromanisches  Schrifttum. 

a-konj.  an  (s.  2461):  im  Oberländischen,  wo  man  die  unbetonten 
personalpronomina  verloren  hat,  übertrug  man  das  vor  illum, 
illam  usw.  erworbene  -e  (port'ela)  des  imperativs  auf  die  fälle, 
wo  sich  gar  kein  enklit.  ftirwort  anschloss.  —  vol  (willst)  ohne 
personenzeichen  und  vult  (will)  =  lat.  vult  sind  kennzeichen 
der  mundarten  o-b.  —  dumbrar  =  numerare.  —  „und  diese  uns 
anrechnen,  wer  kann  dann  vor  dir  bestehen?"  —  4.  str. 
Wenn  ja  (wenn  auch);  „gie"  nach  der  ausspräche  geschrieben, 
während  „je"  (s.  oben  im  vorwort  des  Sulaz)  die  kenntnis  der 
abstammung  vom  deutschen  „ja"  verrät.  —  ruvaus  ist  derselben 
herkunft  wie  ital.  riposo,  frz.  repos;  man  hat  kein  gefühl 
mehr  gehabt  für  die  bildung  von  repausare  (ruassar)  aus 
pausa  und  daher  das  -p-  nach  den  lautgesetzen  schwinden  lassen. 

Also  erst  nachdem  Stephan  Gabriel  1612  diese  obwal- 
dische  Schriftsprache  gegründet  hatte,  trat  Calvenzano  1615 
mit  seiner  dritten  spräche  auf  und  stellte  so  der  Ilanzer  oder 
reformierten  abart  die  Disentiser  oder  katholische  abart  des 
Oberwaldischen  gegenüber.  Folgerichtig  durchgeführt  war 
seine  Schriftsprache  gerade  nicht,  aber  er  hat:  in,  ina,  iau, 
spindri  (er  erlöse),  nicht  tin,  tinna,  jou,  fpindrig;  jedoch 
gij  (diem;  dicit),  nicht  di;  er  hatte  auch  schon  das  zeichen 
tg,  tgi  für  tx  erdacht  oder  von  Bonifaci,  der  es  nur  aus- 
nahmsweise gebraucht,  übernommen  und  öfter  angewandt, 
wenn  auch  keineswegs  regelmässig  (z.  b.  oigg,  artigiel,  soing, 
tkgij). 

Von  den  lebensfähigen  Schriftsprachen  Graubündens  hat 
somit  J.  Bifrun  1552  die  oberengadinische  gegründet,  U.  Chi- 
ampel  1562  die  unterengadinische,  St.  Gabriel  1612  die 
oberländische  in  der  abart  der  reformierten,  J.  A.  Calvenzano 
1615  die  oberländische  in  der  abart  der  katholiken.  Da- 
zwischen fallen  die  versuche  von  Bonifaci  1601  und  Cal- 
venzano 1611  und  1612.  Über  die  engadinischen  und  vorder- 
rheinischen Schriftwerke  wird  weiter  unten  das  nötige  gesagt; 
die  kurze  geschichte  der  kleineren  lokalschriftsprachen  will 
ich  gleich  hier  anhangsweise  abtun. 

1.  Domleschgisch  zu  schreiben,  wie  Bonifaci  1601,  fällt 
niemand  ein,  nachdem  das  Oberländische  am  Vorderrhein 
durch  angesehene  Vertreter  beider  bekenntnisse  festgelegt 
worden   ist.     Es   ist   wie    eine    neue    gründung,    wenn   einer 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  307 

im  19.  Jahrhundert  ein  büehlein  domleschgiseh  drucken  lässt. 
Das  hat  ein  unbekannter  getan:  La  giuvantegna  dilg 
Johannes  Barandun  Mral  dals  1847  dilg  cuming  d'Ortenstein 
am  berg.  Dedicau  als  tres  visehnauncas,  scrit  elg  dialeet 
da  Feldis.  Cuera  1864  Feldis  liegt  am  nordende  des  Dom- 
lesehgs,  Ftirstenau  am  stidende;  aber  weder  der  räumliche, 
noch  der  zeitliche  abstand  hindern,  dass  die  zwei  Schriften 
eine  ähnliche  spräche  zeigen: 

1601:   io  sunt,  vse;     ees,  has;    ees,  ha,  pö,  vult,  vean,  gij, 

1864:  jou  sund,  ve;  es,  has;  ei,  ha,  po,  vult,  ven,  gi, 
statt;  eschan,  vein,  amnein,  podein;  voleds;  een,  han,  pön,  ve- 
stat;  eschan,  vain,  mein,  pudaing;  pudes;  ean,  han,  pon,  ve- 
gnan,  van;  imp.  va,  fa?,  dse,  retscheva;  Jcond.  fuss,  havess,  fess; 
gnan,  van;  va,  fe,  de,  antscheva;  fus,  ves,  fes; 

dawead;    eambda;    traunter;    gijgh  (lange)  . . . 
davend;     emda;        tronter;       gig . . . 

Unser  Feldiser  macht  keinen  anspruch  auf  anerkennung 
seiner  spräche,  sondern  nennt  sie  ausdrücklich  einen  dialekt; 
er  wendet  sie  nur  zu  einer  erzählung  an. 

2.  und  3.  Nied-  und  Obwaldisch  in  verschiedener  mischung, 
wie  Calvenzano  1611  und  1612  schrieb,  war  natürlich  nichts 
lebensfähiges.  Doch  ist  ungefähr  in  der  spräche  von  1612 
abgefasst  die  katholische  Streitschrift: 

Anatomia  dil  Sulaz.  Dil  Steaffan  Gabriel  Minister 
ä  Gliount.  Enten  la  quala  curtameng  vegnan  fcuvearts  & 
clerameg  refutaus  enten  feattaunta  Examens,  ils  principals 
errurs  della  fia  reformada  doctrina  &  religioun;  part  träs  la 
fia  propria  contradictioun,  &  part  per  la  S.  Icrittira.  Enten 
grazia  dals  Caluinifts  dellas  Leias.  Träs  Adam  Nauli. 
S.  &  Doctur  della  S.  Icrittira.    Lyon,  1618. 

Das  ist  eine  selbständige  arbeit,  verständlich  und  fliessend 
geschrieben;  Nauli  hat  wohl  einfach  die  spräche  von  Cal- 
venzano 1612  angenommen  und  sie,  so  gut  er  konnte,  ge- 
schrieben; ihm  war  es  nur  um  die  sache  zu  tun,  die  spräche 
macht  ihm  keine  sorge.  Das  Domleschgische,  das  1612  den  tiber- 
wiegenden bestandteil  der  Sprachmischung  ausmacht,  scheint 
auch  ihm  geläufig  zu  sein.  Die  Übereinstimmung  lässt  sich 
am  besten  an  den  verbalformen  beobachten.  Nauli  schreibt 
für  lat.   sit:   seigig,   seig,   saigig   und   saigia,   er  strebt   also 

20* 


308  Rätoromanisches  Schrifttum. 

ebensowenig  nach  gleiehförmigkeit  wie  Calvenzano  1612,  der 
dafür  seigi,  seigg,  sij,  seia,  sija  und  sia  hat;  aber  er  weicht 
doch  nur  in  wenigen  formen  von  jenem  ab,  und  zwar  so,  dass 
seine  flexion  im  ganzen  reiner  ist.  Calvenzano  1612  hat 
z.  b.  für  lat.  est  neben  ei  auch  e,  N.  ei  und  eis;  im  konj.  1. 
u.  3.  p.  sing,  neben  -ig,  sehr  oft  -i,  N.  sehr  selten;  das  futurum 
bildet  C.  manchmal  ital.,  wie  sarä,  saran,  mancaran,  N.  immer 
mit  venire :  vean  a  dar,  vegnan  a  vegnir  provadas  (probabuntur). 
Italianismen  hat  C.  auch  sonst:  si  deve,  non  dubito,  mi  ricordo; 
N.  tut  dergleichen  nicht,  er  ist  auch  mit  Germanismen  nicht 
so  freigebig  wie  C. 

4.  Münstertalisch  (n)  schreibt  zuerst  Lanfranch  um  das 
Jahr  1620,  sein  katechismus  verkündet  es  im  titel  nicht: 

Catechismus  della  vaira  sonchia  cretta  chatolica  per 
amussar  la  giuvantum,  tras  P.  Gion  Adreas  Lanfranchum 
Doctur  dalla  sonchia  Theologia,  &  Plevan  in  Mustair  messora 
in  Romaunsch  squitschat  in  Bressa,  tas  il  Taurlin.  Cam  lo- 
bienscha  dels  Superiors.  (Die  druckfehler  hat  schon  jener 
druck.) 

Der  Verfasser  war  aus  Poschiavo;  man  kann  natürlich 
nur  an  vereinzelten  merkmalen  erkennen,  dass  man  diesen 
unterengadinischen  text  als  Münstertalisch  bezeichnen  kann 
(gibad,  gibadt  gewalt,  bei  Chiampel:  dguaudt).  Als  Lombarde 
konnte  sich  L.  mit  dem  buchstaben  u  für  ü  begnügen. 

Das  bedürfnis,  gerade  Münstertalisch  zu  schreiben,  fühlt 
1788  ein  1  ehrer,  wieder  ein  landfremder,  wie  es  scheint:  Cuort 
mossamaint  per  imprender  da  bustabbiar  e  da  leger  tonte 
il  linguaigg  Ladin  della  Vall  e  Commün  de  Mustair.  (Son- 
drio).  Ebenso  1797  der  Übersetzer  eines  deutschen  gebet- 
büchleins  in  il  pled  Ladin  della  Vall  de  Mustair.  (Brigantz.) 
Eigentlich  Münstertalisches  entdeckt  man  darin  selten  (z.  b. 
cun  ata  gush  =  dad  ätt,  d.  h.  laut).  Aus  dem  19.  Jahrhundert 
meldet  Böhmer  noch  ein  paar  solche  btichlein;  ich  habe  da- 
von gesehen:  IL  CRISTIAUN  CATHOLIC  sül  viadi  vers 
l'eternita  . .  .  Coira  1849.  Münstertalisch  ist  darin  z.  b.  atter, 
attra,  chiassa  (sache),  bleras  jadas  (mehrmals),  jent  (gern). 
Münstertalische  besonderheiten  findet  man  auch  noch  im  20.  Jahr- 
hundert in  den  Poesias  ladinas  da  Mustair  da  Ml.  F.  Pitsch, 
die  in  Innsbruck  1904  gedruckt  sind. 


2.   Das  Schrifttum  in  Granbünden.  309 

Ebenso  steht  zum  Gemein  -Unterengadinischen  mehr  in 
konfessionellem  als  sprachlichem  gegensatz  die  mundart  von : 

5.  Tarasp.  Ich  kenne  drei  beispiele  dieses  Separatismus: 
Cuorta  duttrina  Christiana:  fata  dal  ...  Beiarmin  mess'ora  da 
üna  persuna  religiusa  in  il  linguag  Rumantsch  da  Tarasp; 
1723  (diesen  nur  dem  titel  nach,  s.  Böhmer),  noch  einen 
katechismus:  Duttrina  christiana  della  vaira  sonchia  cretta 
catholica,  Per  mossar  la  Juvantüm,  miss*ora  in  linguagg  ladin 
de  Tarasp.  Dillingae  1739  (eine  zweite  aufläge  des  mtinster- 
talischen  Lanfranch  vom  j.  1620),  und  einen  kreuzweg:  Vöa 
crucis  culla  instructiun  pella  pratticar  cun  brevitä,  introdutta 
in  la  Bassielga  dalla  Missiun  Apostolica,  e  Parochiala  dal 
libero  Imperial  Feudo  da  Tarasp,  stampada  nil  linguagg 
Rhetico,  Romansch  6  ladin,  perö  nativ  da  quel  lö.  (Salzburg, 
um  1770.) 

6.  Surmeirisch,  d.  i.  Oberhalb-  und  Unterhalbsteinisch, 
hätte  eher  anspruch  auf  eine  besondere  Schriftsprache.  In  der 
mitte  des  1 8.  Jahrhunderts  ist  wirklich  eine  solche  aufgetaucht, 
und  zwar  in  einer  reihe  von  katechismen.    Der  erste  heisst: 

CUORTA  DOCTREGNA  o.  MUSSAMAINT  Da  quellas 
tgiosas,  tge  mintgia  Fidevel  Christgiang  e  obliea  da  saveir, 
sco  la  Sointgia  Cattolica,  Romana  Baselgia  mussa.  Messa  giu 
en  Rumansch  de  Sursees  per  comond  Da  Sa  Hochftirst- 
liche  Grazia  Uveschg  da  Coira  &c.  &  c.  E  con  Lubienscha 
dilgs  Superiurs  Stampada  en  Banaduz  da  Antoni  M  . . . . 
gl'Onn  1755. 

Ein  buch,  das  einen  grossen  eifer  für  genaue  wiedergäbe 
der  laute  erkennen  lässt  (saigt  durst,  dugsch  süss,  Donangs 
frauen,  tschiungcangta  50).  Es  enthält  auch  die  bekannte  stelle: 
Tgi  hö  faig  la  Cardienscha?  —  Ilgs  dodesch  Apostels,  tras 
queilg  enilg  dodesch  Artetgels. 

Der  katechismus  vom  j.  1768  (Bergamo)  ist  ausdrücklich 
als  eine  Übersetzung  des  von  Bellarmin  igl  Longaitg  Romansch 
da  Sursees  bezeichnet.  Er  ist  nicht  so  verlässlich,  sein  Ver- 
fasser ist  offenbar  ein  Italiener.  Der  5.  katechismus  nennt 
seine  spräche  Rumansch  da  Surses  Sotses  (Chur  1788),  um  sein 
absatzgebiet  nicht  überflüssig  zu  beschränken. 

In  den  fünfziger  jähren  des  vorigen  Jahrhunderts  hat 
man  es  für  gut  gefunden,  landschaftlich  beschränkte  lesebticher 


310  Rätoromanisches  Schrifttum. 

herzustellen,  darunter  auch  für  den  „dialect  de  Surmeir", 
2.  klasse  1857,  1.  klasse  1859.  Aus  dem  Codasch  da  liger 
per  la  sagonda  classa  kann  man  die  flexion  lernen,  wie  sie 
die  societad  scolastica  aufstellt;  und  das  stimmt  fast  durchweg 
mit  den  sorgfältig  hergestellten  lesestücken  und  mit  der 
lebenden  mundart  tiberein. 

B.   Das  oherländische  Schrifttum. 

Von  den  drei  lebensfähigen  Schriftsprachen  GraubUndens 
(ungefähr  i,  1,  b)  will  ich  die  jüngste  zuerst  vornehmen,  um 
die  reihe  der  rät.  mundarten  auch  hier  in  derselben  richtung 
durchzugehen,  wie  in  dem  ersten  teil  dieses  buches.  Zufällig 
sind  dadurch  die  drei  literaturen  GraubUndens  auch  nach  dem 
Umfang  geordnet.  Die  oberländischen  bücher  und  Zeitschriften 
können  nicht  nur  am  Vorderrhein  auf  leser  rechnen,  sondern 
auch  am  Hinterrhein  und  im  Albulagebiet  bis  Savognin  (f), 
während  die  beiderlei  engadinischen  erzeugnisse  auf  das  dünn 
bevölkerte  gebiet  von  Bergün  (g)  bis  Münster  (u)  beschränkt 
sind,  also  ungefähr  auf  halb  so  viele  Seelen.  Doch  bleibt  das 
Rheinland  hinter  der  nach  den  seelenzahlen  berechneten  Pro- 
duktion zurück:  im  16.  Jahrhundert  zählt  es,  wie  wir  gesehen 
haben,  überhaupt  noch  nicht  mit;  im  17.  und  18.  Jahrhundert 
liefert  es  ebensoviel,  also  verhältnismässig  halbsoviel  wie  das 
Engadin;  vor  dem  anfang  des  19.  Jahrhunderts  beginnt  die 
rheinische  literatur  anzuschwellen,  sodass  sie  im  lauf  eines 
Jahrhunderts  ungefähr  auf  das  vierfache  der  jährlichen  er- 
zeugung  steigt,  während  das  Engadin  erst  gegen  1840  einen 
raschen  aufstieg  antritt.  Die  vergleichung  von  seelenzahl  und 
bücherzahl  ist  übrigens  nicht  ganz  gerecht;  denn  die  grössere 
seelenzahl  verlangt  nur  nach  einer  grösseren  anzahl  von  ab- 
drücken, nicht  ohne  weiteres  von  werken. 

Erste  hälfte  des  17.  Jahrhunderts. 
Der  anfang  dieses  Schrifttums  geht,  wie  wir  gesehen 
haben,  von  fremden  aus,  von  dem  eingewanderten  Engadiner 
Stephan  Gabriel  und  dem  Italiener  J.  Anton  Calvenzano: 
jener  gibt  den  reformierten  im  „Sulaz"  einen  katechismus 
und  ein  gesangbuch,  dieser  den  katholiken  einen  katechismus. 
Den  katholischen  Streitschriften  von  Calvenzano  (Bref  apolo- 


2.   Das  schrifttnm  in  Graubünden.  311 

getica,  s.  s.  301)  und  Nauli  (Anatomia  dil  Sulaz,  s.  s.  307) 
tritt  die  evangelische  Stadera  (s.  s.  304)  gegenüber,  und  nun 
konnte  St.  Gabriel  getrost  die  feder  aus  der  hand  legen. 
Aber  bevor  noch  sein  Sulaz  die  dritte  und  seine  Stadera  die 
zweite  aufläge  erlebten  (1849),  konnte  sein  söhn  Lucius  seinen 
reformierten  landsleuten  das  buch  übergeben,  das  in  dem  rüst- 
zeug  der  gläubigen  noch  fehlte,  das  Neue  Testament:  Ilg  nief 
Testament.  Tras  Luci  Gabriel.  Basel,  J.  J.  Genath,  1648. 
Die  bekannte  Parabel  aus  Lukas  XV  lautet  da  so: 

ün  hum  veva  dus  filgs:  12  Ad  ilg  juven  da  quels  Ichet 
alg  bab,  Bab,  mi  dai  la  part  da  la  rauba  c'aud'ä  mi:  ad 
el  parche  or  ad  eis  la  rauba.  13  A  bucca  bears  gis  luenter, 
cur  ilg  tilg  juven  vet  tut  mefs  anfemel,  fcha  tilä'l  navent 
en  Unna  terra  dalunfch:  a  lou  sfiget  el  tut  fia  rauba  cun 
viver  fenza  Iparng.  14  A  cur  el  vet  tut  sfaig,  fcha  vangit  ei 
en  quella  terra  ün  grond  fumaz:  ad  el  antfchavet  a  ver  ba- 
lengs.  15  Ad  el  ma,  a  fa  plide  cun  ün  burgeis  da  quella 
terra:  a  quel  ilg  tarmatet  or  fin  fes  beins  a  parchirar  ils 
porcs.  16  AI  el  grigiava  dad  amplanir  fieu  venter  cun  la 
crifcas  ch'ils  porcs  malgiavan;  mo  nagin  na  lgi  deva.  17  Mo 
el  mä  en  lalez,  a  fchet,  Quonts  fumelgs  da  mieu  bab  han 
bundonza  da  paun,  a  jou  mier  d'fom?  18  Jon  vi  lavar  fi, 
ad  ir  tier  mieu  bab,  a  vi  gir  ä.  lgi,  Bab,  jou  hai  faig  puceau 
ancunter  ilg  tfchiel,  ad  avont  tei:  19  A  funt  bucca  pli  vangonts 
da  vangir  numnaus  tieu  filg:  fai  mei  effer  Ico  ün  da  tes  fu- 
melgs. 20  Ad  el  lavä  fi,  a  vangit  tier  fieu  bab:  a  cur  el  fö 
ounc  dalunfch,  fch'ilg  vafet  fieu  bab,  a  fa  parnet  puceau  d'el: 
ad  el  curret,  a  curdä-  vi  da  fieu  culiez,  ad  ilg  bitschä.  21  Mo 
ilg  tilg  fchet  ä  lgi,  Bab,  jou  hai  faig  puceau  ancunter  ilg  tfchiel, 
ad  avont  tei,  a  funt  bucca  pli  vangonts  da  vangir  numnaus 
tieu  filg.  22  Ad  ilg  bab  fchet  ä  fes  fumelgs,  Dei  nou  ilg  pli 
bi  vaftcheu,  a  lgi  targeit  ent,  a  mettei  ün  ani  en  fieu  mann, 
a  calzers  en  fes  peis:  23  A  maneit  nou  quei  vadi  angarfchau, 
a  mazeit,  a  mangein  a  ftein  da  bunna  velgia.  24  Parchei  ca 
quelt  mieu  filg  fova  morte,  ad  ei  vangeus  vifs:  el  fova  pardeus, 
ad  ei  vangeus  afflaus  .... 

Das  ansehen  dieser  bibeltibersetzung  und  dessen  einfluss 
auf  die  Schriftsprache  lässt  sich  am  besten  beurteilen,  wenn 
man    die    späteren    oberländischen    bibeln    damit    vergleicht. 


312  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Die  Bibla  tras  anchins  survients  d'ilg  plaid  da  Deus,  Coira  1718, 
nennt  das  N.  T.  im  titel  selbst  „tras  Luci  Gabriel",  sie  unter- 
scheidet sich  an  der  angeführten  stelle  von  dem  N.  T.  1648 
nur  durch  zwei  kleine  druckfehler.  Hg  nief  Testament  von 
Basel  1809  schreibt  die  hauptwörter  mit  grossen  anfangsbuch- 
staben,  hat  im  vers  17  budonza,  an  4  stellen  ein  anderes 
Unterscheidungszeichen  und  unterlässt  es  im  vers  19  das  gegen 
den  urtext  eingefügte  wort  esser  durch  andere  Schriftart  kennt- 
lich zu  machen.  Die  aufläge  von  1820  will  vollkommen  genau 
nach  1809  abdrucken,  mitsamt  den  grossen  anfangsbuchstaben ; 
nur  wenige  druckfehler  vereiteln  das  ein  wenig.  Erst  Otto 
Carisch  wagt  in  der  von  ihm  besorgten  neuen  aufläge  (Hg 
niev  Testament.  Editiun  nova  revedida  a  corregida,  tont  sco 
pusseivel,  suenter  ilg  original  Grec  .  .  .  Quera  1856)  einige 
änderungen  vorzunehmen;  es  sind  nicht  durchweg  Verbesserungen, 
und  sie  tilgen  keineswegs  alle  archaismen.  Das  Frankfurter 
Niev  Testament  (1869)  und  die  Frankfurter  Bibla  (1870)  gehen 
in  vielen  stücken  wieder  auf  die  ausgäbe  von  1648  zurück.  Die  ü 
(ün,  Unna)  wurden  erst  1856  ausgemerzt,  die  einfachen  per- 
fekta  gar  nicht,  nur  weiter  verkünstelt  (vers  12  und  15  tritt 
für  parche,  plide  1869  partit,  pladi  ein).  Die  freien  nach- 
erzählungen  streifen  viel  früher  teils  unbewusst,  teils  absicht- 
lich das  gekünstelte  ab;  so  heisst  z.  b.  vers  15  schon  1674 
in  den  Epistolas  ad  Evangelis  en  tuttas  domeingias  .  .  . 
von  Balthasar  Alig  Spiritual  de  Wrin,  Cuora  1674:  Ad 
el  ei  ius,  a  fa  plidius  cun  in  burger  da  quella  tiarra:  a  quel 
igl  tarmettet  or  en  lia  akla  per  pertgirar  ils  porcs.  Später 
werden  alle  einfachen  perfekta  vermieden  (z.  b.  von  Gallin, 
Evangelis  e  Epistolas,  Beneduz  1737). 

Bei  aller  achtung  vor  den  leistungen,  die  in  jenen  alten 
oberländischen  büchern  liegen,  müssen  wir  doch  sagen,  dass 
das,  was  wir  bisher  gesehen  haben,  alles  in  dasselbe  fach  ge- 
hört: die  prediger  und  priester  der  zwei  bekenntnisse  schreiben 
im  interesse  ihres  amtes.  Suchen  wir  in  der  ersten  hälfte  des 
17.  Jahrhunderts  nach  Veröffentlichungen  anderer  art,  so  stossen 
wir  nur  auf  zwei  gedichte  (bei  Decurtins  I,  s.  37 — 42  abge- 
druckt). Das  eine  heisst  (nach  Böhmer)  Ilg  celestial  Hie- 
rusalem,  canzun  davard  la  vitta  perpetna,  Turig  1620,  worin 
der  himmel  mit  einer  prächtigen  Stadt  verglichen  und  besprochen 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  313 

wird,  was  man  tun  und  lassen  müsse,  um  darein  aufgenommen 
zu  werden.  Das  andere  hat  nach  Decurtins  den  titel: 
Rhetus,  ilg  velg  Grilchun,  schqitfchau,  anno  1621,  und  ist  ein 
politisches  lied.  Beide  sind  aus  dem  Deutschen  übersetzt. 
Decurtins  vermutet,  dass  sie  von  demselben  Übersetzer  her- 
rührten; aber  es  wird  sich  dann  kaum  erklären  lasseD,  warum 
das  verneinnngswort  1620  buc,  bucca  ist,  1621  big,  biggia. 

Zweite  hälfte  des  17.  Jahrhunderts. 

Neue  auflagen  werden  notwendig  von  Calvenzano, 
Muossament  (1654)  und  St.  Gabriel,  Sulaz  (1683)  und  Sta- 
dera  (1683).  Aber  daneben  treten  neue  Schriften  ähnlicher  art. 
Zuerst  begegnen  wir  dem  begeisterten  Sänger  M.  Ludwig 
Molitor.  Sein  buch  heisst  (nach  Decurtins):  Ün  cudischet 
da  soinchias  historias.  Basel  1652.  Seine  absieht  tut  er  in 
der  Dedicatiun  kund: 

II  temps  varga  nunvaleivlamenc.  L'ünna  hura  catlcha 
Tautra;  Lün  gi,  Ig'auter;  L'ün  On,  lg'auter.  La  fin  rueckegia 
nou  tiers  ....  Ah  co  mai  duvein  nus  pia  lugar  nies  tempfet 
andreg?  . . .  nus  duvein  prender  nou  la  Bibla,  ilg  plaid  d'ilg 
perpette  Dieus.  Quella  ei  tin  leazi  c'ha  ent  la  pli  culteivla 
rauba,  las  pli  finnas  pedras  d'ilg  Mund.  Quella  ei  tin  clar 
Spiegel,  ca  Mulfa  la  lumellgia  d'ilg  Carlchioun,  avont,  k  Suenter 
ilg  fal .  .  .  Quella  ei  Unna  dullcha  fontouna,   or  da  la  quala 

ch'tin  po  duftar  h  ftizzar  la  pittra  leid   da  l'olma Quei 

mi  ha  muentau,  ch'jou  hai  mels  giu  anzaquontas  Historias  d'ilg 
Veder  Teftament,  enten  nies  lunguaic  Rumonlch.  Quellas  hai 
jou  fig  tuttas  tlchentau  fuenter  miedis  Cunafchents,  par  ca  la 
Juvantengia  pofsig  pli  manievel  cantar,  ä  fa  lagrar  lient. 

D.  i.:  Die  zeit  geht  unmerklich  vorüber;  eine  stunde  jagt 
die  andere,  ein  tag  den  anderen,  ein  jähr  das  andere:  das 
ende  rückt  heran.  Wie  sollen  wir  denn  unser  weilchen  recht 
anwenden?  Wir  sollen  die  bibel  hernehmen,  das  wort  des 
ewigen  Gottes.  Sie  ist  ein  schätz,  der  das  kostbarste  ding  in 
sich  fasst,  die  feinsten  edelsteine  der  weit;  sie  ist  ein  heller 
Spiegel,  der  das  bild  des  menschen  zeigt,  vor  und  nach  dem 
fall;  sie  ist  eine  liebliche  quelle,  aus  der  man  schöpfen  und 
den  bitteren  durst  der  seele  stillen  kann.  Das  hat  mich  be- 
wogen, einige  geschienten   des  A.  T.  in  unser  Romanisch  zu 


314  Rätoromanisches  Schrifttum. 

tibertragen.  Die  habe  ich  samt  und  sonders  nach  bekannten 
weisen  gesetzt,  damit  sie  die  Jugend  leichter  (lies:  maneivel) 
singen  und  sich  ergötzen  könne. 

Nach  den  Historias  folgen  s.  167  Anzaquontas  Canzuns 
Spiritualas,  nach  s.  121  Unna  Uratiun,  faicchia  ent  ilg  On  1652. 
Das  ganze  sieht  aus  wie  ein  nachtrag  zum  Sulaz.  Die  weise 
gibt  er  an,  indem  er  auf  den  Sulaz  oder  auf  Lobwasser 
hinweist,  z.  b.  (s.  1)  L'Historia,  Co  Deus  ha  Icaffieu  ilg  Mund; 
A  co  ilg  Carlchioun  feig  curdaus.  Ent  ilg  miedi:  Sco:  Cur 
Abraham  lett  maridar.    Dann  folgt  das  lied: 

Deus  ha  zunt  marvillgius  quelt  Mund, 

Or  zunt  nagut  Icaffieue, 
Quei  grond  bageg  ch'ei  tut  radunt, 

En  lis  gis  cumplanieue  .... 

Oder  s.  80:  L'Historia,  Da  David.  Ent  ilg  miedi.  Sco 
Plalm:  23.  d'ilg  Sobtüuffer.  Bei  der  Historia  da  Samson 
heisst  es:  Ent  ilg  fieu  agien  miedi,  also  vermutlich  in  einer 
von  Molitor  selbst  ersonnenen  melodie. 

Hier  muss  wieder  ein  fremder  als  oberländischer  Schrift- 
steller genannt  werden:  der  Italiener  Zacharias  da  Salö. 
Von  ihm  ist  das  grosse,  in  zwei  auflagen  erschienene  belehrungs- 
und  gebetbuch:  SPIEGHEL  DE  DEVOTIUN.  DIVIIS  ENTEN 
SIIS  PARTZ.  Cauaus  ordt  diuers  Cudelchs  Spirituals,  &  mels 
ghiü,  enten  il  Lunghaaig  Ramonfch  della  Lija  Grilcha,  per 
intruidament  del  Cumin  Pieuel,  ä  cunzunt  della  Giuuenteghien; 
dal  P.  F.  ZACHARIAS  DA  SALO,  Sacerd.  Capucciner,  Olim 
Miffionari  in  Rhaetia.  Verona  1665.  Er  widmet  das  buch  in 
dem  zu  Tarasp  am  15.  april  1663  geschriebenen  vorwort  alla 
giuuenteghien  des  lvdeiuels  comins  de  Tisentis,  Lumnezza  et 
Foppa  als  zeichen  des  freundlichen  angedenkens.  Im  jähre 
1685  gab  er  ein  buch  mit  heiligenleben  heraus:  La  Glisch  sin 
il  Candelier.    Combel  1685. 

In  jene  zeit  fallen  noch  einige  religiöse  Schriften.  H.  Ca- 
f lisch  ist  der  Verfasser  der  theologischen  abhandlungen:  La 
Vusch  da  Deus  ner  Soings  Discurs.  Chur  1669.  Balthasar 
Alig  gibt  in  zwei  btichern  teile  des  N.  T.  frei  wieder; 
volkstümlich  ist  seine  spräche  doch  nicht,  sondern  auch  er 
glaubt,  sie  durch   häufig  (aber  keineswegs  regelmässig)  ange- 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  315 

wandte  perfekta,  durch  partizipialkonstruktionen  u.  dgl.  ver- 
zieren zu  müssen.  Das  eine  buch  ist:  EPISTOLAS  AD  EVAN- 
GELIS  en  tuttas  domeingias,  a  firaus;  a  gijs  della  quareisma 
cun  la  Passiun  de  N.  S.  J.  Christi.  Mess  giu  ent  Ramonlch 
della  Liga  Grifcha,  tras  igl  S.  R.  Balthafar  Alig  Spiritual 
de  Wrin.  Chur  1674.  In  der  vorrede  an  den  Churer  bischof 
schreibt  er  sich  Balthasarus  Alius.  Das  andere  meldet  De- 
curtins  an;  es  ist  in  Prag  (1672)  gedruckt  und  enthält 
La  Passiun  da  nies  Segner  Jesu  Christi.  Ein  drittes  buch, 
Enzacontas  Canzuns  spiritualas  (Chur  1674),  enthält  lieder,  in 
der  kirche  und  zu  hause  zu  singen;  er  hofft  durch  sie  andere, 
für  die  Jugend  gefährliche  lieder  zu  verdrängen. 

Viel  besser  liest  sich  Augustin  Wendenzen,  La  vita 
de  nies  signier  Jesus  Christus  (Chur  1675);  nur  ausnahmsweise 
ist  da  ein  giet  oder  respondet  hineingeraten  —  vielleicht  aus 
dem  N.  T.  der  reformierten.  Die  bticher  dieses  mannes  haben 
auch  (1701)  eine  zweite  aufläge  erfahren.  Das  zweite  ist  ein 
Memorial  della  Passiun  de  N.  S.  (Chur  1675),  das  dritte: 
Formular  de  responder  ä  gidar  ils  Spirituals  enteis  ss.  officis 
(ministranten  buch). 

Ein  besonders  kräftiger  beweis  für  die  brauchbarkeit 
eines  buches  ist  es,  wenn  es  nach  mehr  als  hundert  jähren 
wieder  abgedruckt  wird.  Das  ist  dem  psalter  von  Johann 
Grass  zuteil  geworden:  Ils  Pfalms  d'ilg  Soinc  Prophet  a  Reg 
DAVID:  fuenter  las  Melodias  Franzofas,  cun  IV.  vulchs  da 
cantar.  Enten  vers  Rumonfchs  da  la  Ligia  Grifcha.  Tras 
Johann  Grass  ....  Turig  1683  (la  secunda  gada  stampai, 
Cuera  1790).  Die  altertümlichen  sprachformen  konnten  hier 
im  gesang  und  in  einer  gemeinde,  die  das  N.  T.  von  Gabriel 
in  händen  hatte,  leicht  ertragen  oder  sogar  geschätzt  werden. 
Der  130.  psalm  steht  s.  506—509,  die  ersten  8  verse  vier- 
mal, nämlich  unter  den  noten  für  diskaut,  alt,  tenor  und 
bass,  die  anderen  Strophen  nur  einmal  und  ohne  noten;  er 
lautet  so: 

O  Deus  cun  grond'arlira  Ah  Senger  dai  udida 

Mieu  cor  c'ei  cumbriaus  Buc  sbitte  mieu  garrir 

Suenter  tei  fulpira,  Lai  mei  haver  gurbida 

Sa  ten  vid'  tei  rantaus.  Ad  aude  mieu  bargir. 


316  Rätoromanisches  Schrifttum. 

2.   Sch'la  ti'ö  Deus  giltia  Sco  'lg  vechter  quel  Mpira 


Sin  mes  puccaus  mirafs, 

Avont  la  vifta  tia 

Jou  mai  na  Itar  pudefs. 

Mo  tiers  la  tia  grazja 
S'afflei  pardunnament, 
Ch'ilg  num  d'tia  foinchezja 


Suenter  las  errurs, 
Afchi  mi  olma  mira 
Suenter  tei  6  Deus. 

4.  Ta  fide  d'la  charezja 
D'ilg  Senger  Ifrael, 
Pardunament  a  grazja 


Seic  tont  pli  reverend.  Yens  furvaDgir  da  quel. 


3.  TutmieucunfiertalproDza 
Vi  jou  fin  Deus  Ichentar 
La  mia  ei'l  fidonza 


El  ilg  lieu  pievel  fpindra 
Da  tut  lur  naufchadat, 
Ad  Ifrael  defenda 


Mei  ven  lieu  plaid  lagrar.  Da  ber  mal  tras  buntad. 

Anmerkungen.  1,1  arfira  inbrunst.  —  1,2  cumbriaus 
bekümmert,  —  1,  4  rantar  ankleben,  anheften.  —  1,  6  sbitte 
impt.  s.  die  anm.  zu  St.  Gabriel,  130.  ps.,  1.  atrophe.  —  1,  7  gur- 
bir  werben,  erwerben,  erreichen.  —  1,  8  bargir  weinen.  — 
2,  6  S'afflei  es  findet  sieh.  —  3,  2  fchentar  setzen.  —  3,  3  meine 
Zuversicht  ist  er,  mich  wird  sein  wort  erfreuen.  —  3,  6  „suenter 
las  errurs"  ist  ungereimt  in  beiden  bedeutungen  des  Wortes; 
Herr  N.  L.  Gisepp  in  Chur  teilt  mir  den  guten  Vorschlag  eines 
anderen  Graubündners  mit,  statt  „errurs"  aururs  oder  ururs 
zu  lesen. 

Man  sieht,  die  dichtung  ist  eine  selbständige  arbeit  (vgl. 
denselben  psalm  bei  Chiampel,  s.  s.  295).  Der  vierstimmige 
satz  der  zahlreichen  gesänge  mag  auch  stark  angezogen 
haben. 

Eines  späten  neudruckes  (1739)  würdig  erwies  sich  auch 
die  Sammlung  religiöser  nachdichtungen  von  Johann  Mceli: 
Soings  Discurs  dad'ünn'Olma  fideivla,  1686.  Ich  tibergehe  die 
erbauungsbücher  von  Jenelin,  Muos  (1680),  Caminada  1690, 
Linard  1691,  Nicka  1692  und  führe  drei  ohne  namen  er- 
schienene an.  Zunächst  (nach  Decurtins)  Canzuns  devotiusas 
da  cantar  enten  baselgia,  Combel  1685,  und  Confolaziun  della 
olma  devoziufa,  Thront,  Tier  Noffa  Donna  della  Glish:  Tras 
ils  Religius  degl  Vorden  de  foing  Benedeig;  della  Claustra 
de  Mofter.  1690.  Sie  stehen  in  einem  verwandtschaftsverhältnis 
zueinander,   wie  ich  aus  der  probe  des  ersten   bei  Decurtins 


2.  Das  Schrifttum  in  Graublinden.  317 

erkenne,  und  das  zweite  (also  teilweise  auch  das  erste)  lebt 
mehr  als  ein  Jahrhundert  in  mehr  auflagen  fort,  als  es  selbst 
eingesteht:  1703  (Decurtins),  1731  (Sq.  lautra  gada  ä  Panaduz), 
1749  (tiarza  gada.  Muster),  1749  (desgl.,  in  anderem  format 
und  mit  kleineren  lettern),  1796  (quarta  ed.,  vielmehr  die 
sechste).  Ferner  verdient  das  bis  1843  achtmal  aufgelegte 
buchlein  erwähnung:  LA  MIRA  DA  BEIN  MORIR.  Quei  ei 
Zecontas  biallas  Devoziuns,  pertidas  giü  lin  mingia  dl,  per  tutt 
l'iarma  ora,  per  reverir  e  hondrar  S.  IOSEPH  Sco  particular 
Patron  per  bein  morir.  Typis  Monalterij  Difertinenlis.  1691. 
Darin  kommen,  wenigstens  1704,  schon  formen  der  1.  p.  sing, 
auf  -el  vor. 

Ausser  den  religiösen  Schriften  ist  auch  in  diesem  halben 
Jahrhundert  fast  nichts  gedruckt :  eine  vaterländische  dichtung 
von  L.  Gabriel:  Ilg  Chiet  d'ils  Grischuns  (Basel  1665),  deren 
inhalt  uns  Böhmer  und  deren  form  uns  eine  probe  bei 
Decurtins  zeigt. 

Das  18.  Jahrhundert. 

Es  tritt  eine  gewisse  Sättigung  ein:  fast  das  ganze  Jahr- 
hundert hindurch  steigt  die  produktion  nicht.  Die  bücher 
für  religiöse  belehrung  und  erbauung  erscheinen  in  neuen  auf- 
lagen; es  kommen  auch  neue  hinzu,  aber  sie  sind  nicht  mehr 
bahnbrechende  erzeugnisse  und  haben  daher  nur  wenig  geschicht- 
lichen wert.  Ich  will  nur  zwei  nennen.  An  die  Consolaziun 
und  die  Mira  schloss  sich  gleich  1705  das  Testamen  dell'Olma 
ü  Kunst  da  ventireivlameing  viver,  ä  beadameing  murir  .... 
Gion  Christ.  Caduff  Spiritual  de  Siath.  Panaduz,  de  Peter 
Moron.  1705.  Spätere  ausgaben  davon:  1745  (Muster),  1755, 
1785  (Cuera)  und  1842  (obschon  sich  diese  von  „Giuseph 
M.  Camenisch,  Pfarrer  de  Surrhein",  besorgte  ausgäbe  die 
dritte  nennt).  Wie  wenig  Veränderungen  vorgenommen  wurden, 
habe  ich  an  einer  probe  verfolgt;  sie  lautet  1705  und  1842, 
wie  folgt: 

XI.  Parts  XI.  Part, 

Davart    igl    fuenter    pietigot,  davart    il    davos    pietigot,    u 

ü  prender  cumgniau  enten  mal  prender    cummiau    ernten  mal 

mort.  mort. 


318 


Rätoromanisches  schrifttnm. 


Rifchuns  pertghiei  quella 
fuorma  da  prender  cumgniau 
leigi  faggia  cheu  luenter. 

1.  EI.  dar  enqual  bi  muffa- 
men,  cunzun  enten  mal  mort, 
fa  gron  freg,  ä  ven  bucca 
maneivel  mes  enten  blidonza. 

2.  Bein,  che  quei  pietigot 
pudes  parer  ä  tghi  memgnia 
liungs,  pertghiei  biars  pon 
pauc  taner  avon  fi  lur  pli 
luentra  malfognia  murt  lur 
grondas  anguolchas  della  mort, 
ü  per  quei,  che  ei  Tan  Ichig- 
liog  bucca  taner  avon,  nuotta 
ton  meins  en  quels  pietigots 
melfi  cheu  perquei,  che  ti 
legies  ferton,  che  ti  eis  leuns, 
ä  tegnes  ti  avon  ä  tetez,  ä 
fetlches  ti  entochen,  che  ti 
pos  tutta  quei,  che  ti  lellas 
commandar  ad  ils  auters  da 
far  cura,  che  ti  has  da  murir. 


Rischuns  pertgei  quella  fu- 
orma de  prender  commiau 
seigi  fatgia  cau  suenter. 

1.  II  dar  enqual  bi  mussa- 
men, cunzun  enten  mal  mort, 
fa  gron  fretg  e  veng  bucca 
maneivel  mees  en  emblidonza. 

2.  Bein,  che  quei  pietigot 
pudes  parer  a  ti  memmia 
liungs,  pertgei  biars  pon  pauc 
tener  avon  sin  lur  pli  suentra 
malsognia  muort  lur  grondas 
anguoschas  della  mort,  u  per 
quei,  ch'ei  san  schiglioc  bucca 
tener  avon,  nuottaton  meins 
en  quels  pietigots  mesi  chau 
perquei,  che  ti  legies  ferton, 
che  ti  eis  sauns,  e  tegnes  ti 
avon  a  tetez,  e  fetschies  ti 
entochen  che  ti  pos  tut  quei, 
che  ti  lesses  comandar  als 
auters  de  far,  cura  che  ti  has 
de  morir. 


Anmerkungen.  In  der  aufschrift  ist  1705  (bis  1785)  zu 
lesen:  las  indes  parts,  1842  indizavla  part,  beides  bedeutet: 
11.  teil.  —  suenter  als  adjektiv  (letzter)  ist  veraltet;  weiter 
unten  lässt  die  neue  ausgäbe  dennoch  suentra  (st.  davosa) 
stehen.  —  ernten  druckfehler.  —  Rischuns  mit  i,  obwohl  die 
dazwischen  liegenden  ausgaben  a  geschrieben  hatten;  ebenso 
hat  die  1785  im  buchtitel  versuchte  archaisierung  zu  Testament 
keine  nachahmung  gefunden.  —  cau  suenter  =  im  folgenden.  — 
„EI."  (st.  El)  druckt  man  1745  getreulich  nach.  —  emblidonza 
(Vergessenheit)  ist  richtig  ergänzt.  —  Die  Ilanzer  (prot.)  form 
tghi  ist  schon  1745  in  der  klosterdruckerei  zu  Disentis  be- 
seitigt. —  taner  (seit  1745  tener)  avon  =  vorhalten.  —  murt, 
muort  (per  amorem  de)  wegen.  —  schiglioc  auch  sonst,  über- 
haupt. —  en  (sind),  1785  een  (wie  auch  1705  gewöhnlich;  im 
17.  Jahrhundert  ean,  een).   —   melfi  als  plural  auf  -i  machte 


2.  Das  Schrifttum  in  Graubündeu.  319 

dem  kerausgeber  von  1842  Schwierigkeit.  —  ferton  =  frattanto.  — 
und  damit  du  dir  selber  vorhaltest  und  machest  (solange  du 
das  alles  kannst),  was  du  von  den  anderen  verlangen 
möchtest  usw. 

Eine  viel  sorgfältigere  arbeit  ist  die  bibel  von  1718: 
La  Bibla.  Tras  anchins  survients  d'ilg  plaid  da  Dens. 
Coira  1718.  Sie  ist  in  einer  altertümelnden  spräche  ge- 
schrieben, nämlich  der  L.  Gabriels  und  St.  Gabriels,  die  es 
schon  im  17.  Jahrhundert  gewesen  war.  Es  handelt  sich  da 
aber  immer  nur  um  einzelne  formen,  die  von  den  reformierten 
durch  die  Jahrhunderte  weiter  geschleppt  werden,  während 
die  katholiken  hierin  fortschrittlicher  erscheinen,  weil  sie, 
durch  keine  so  ehrwürdige  Überlieferung  beengt,  frischweg 
schreiben  konnten,  wie  sie  sprachen.  Das  N.  T.  der  bibel- 
gesellschaft  (1869)  hat  immer  noch  die  alten  und  die  ge- 
künstelten perfekte,  nagutta  (für  nuot),  antrocan  (entochen), 
2.  p.  pl.  -eits,  -its  usw.;  nur  ün,  ünna  ist  doch  schon  aufgegeben. 
Man  sieht,  wie  die  zwei  abarten  des  Oberländischen  entstanden 
sind;  die  wirklichen  mundartlichen  unterschiede  zwischen 
Disentis  und  Ilanz,  wie  die  er  weichung  des  t,  d  vor  i  zu 
ty->  dy  (tg,  g)  in  llanz,  tragen  auch  noch  dazu  bei,  wiewohl 
von  den  katholiken  viele  gleichfalls  &  tgi  (dir),  gi  (tag) 
schrieben,  wahrscheinlich  weil  sie  selbst  so  aussprachen.  Die 
Mira  da  bein  murir  ist  mit  einem  Cudesch  della  soingia  Messa 
und  den  Letanias  de  N.  S.  Jesus  zusammengebunden  erschienen; 
da  hat  man  gelegenheit  zu  sehen,  wie  in  ein  und  demselben 
katholischen  buch  verschiedene  untermundarten  friedlich  tür  an 
ttir  wohnen. 

Als  Werkzeug  der  politik  dient  die  oberländische  Schrift- 
sprache ungefähr  im  j.  1767  in  einem  druckbogen:  II  bien 
Grischun  a  sees  compatriots,  ferner  1789  in  einem  anderen 
druckbogen:  Canzun  sur  las  presentas  fitschendas  de  Valtrina 
a  Clavenna,  tschentada  si  dad  in  patriot  sin  l'entschiata 
digl'onn  1789. 

Die  Schriftsprache  tibernimmt  ein  neues  amt,  indem  sie 
als  öffentliche  geschäftssprache  auftritt.  Das  geschieht  — 
von  blossen  handschriften  natürlich  abgesehen  —  zuerst  in  einer 
gerichtsordnung:  Faorma  dilg  Dreig  Civil  a  Criminal,  sco 
quel  ven  manaus  enten  ilg  ludeivel   cumin   da  Lgiont  a  da 


320  Rätoromanisches  Schrifttum. 

la  Foppa,  sco  era  enten  ilg  lud.  singiuradi  da  Sax.  An- 
sembel  cun  las  Fuormas  dilg  Sarament  ca  ven  daus  ad  ün 
Mistral  ad  Oberkeit.  Mess  enten  aordan  a  fitau  ora  cun  an- 
chinas  emblemas  ner  figuras.  Tras  J.  de  Casutt  a  Sagoing. 
Cuera  1731.  Die  formen  ün,  Unna  lassen  erkennen,  dass  die 
spräche  Gabriels  nachgeahmt  wird;  doch  entwischt  dem  Ver- 
fasser oder  Übersetzer  auch  ein  „in  chioun"  (ein  hund).  Die 
entscheidung  über  einen  streit  zwischen  dem  kloster  und  der 
gemeinde  Disentis  wird  1737  italienisch  und  oberländisch 
gedruckt;  der  titel  ist  auf  ital.:  Laudo  6  sia  sentenza  .  .  ., 
auf  romanisch:  Spruch  o  seigi  sentenza  da  compromiss  en 
la  dispitta  ca  fova  denter  la  claustra  a  cumin  gron  della 
Cadl  ....  Im  jähr  1790  erscheint  eine  Traductiun  fideivla 
en  Ramonsch,  de  la  adressa  de  las  Ligias  Grischas,  en  la 
rimnanda  nationala  a  la  sessiun  dilgs  2  d'Avril  1790,  im  j.  1795 
eine  Fundamentala  refutatiun  dellas  lamentaschuns,  las  qualas 
il  signur  gröf  de  Wilzek  ...  ha  dau  en,  in  demselben  jähre: 
Beinfundamentau  memorial,  a  suplica  dils  Spirituals  reformai 
en  las  3  Ligias,  im  j.  1797  Bundsartikel  en  Ramonsch,  gl'on 
1726  ....  Auch  vereine  drucken  ihre  Satzungen  in  der 
heimischen  spräche;  dafür  ist  —  wenn  wir  noch  einmal  auf 
religiöses  zurückschauen  wollen  —  das  älteste  beispiel: 
Obligatiuns  per  ils  confrars  e  sorurs  della  compagnia  dellas 
tristezias  de  n.  c.  donna  S.  Maria.  Panaduz  1707,  mit  einem 
anhang  enten  Ramonsch  de  d'in  pader  Benedictiner  della 
claustra  de  Muster. 

Hat  eine  Schriftsprache  öffentliche  geltung,  so  muss  man 
sie  in  den  öffentlichen  schulen  lehren:  es  muss  zu  einer  fibel- 
und  sprachlehrliteratur  kommen.  Das  erste  büchlein  dieser 
art  finde  ich  in  Decurtins  Chrest.  (nachtrage)  unter  dem 
namen  des  (ref.)  Peter  Saluz:  Un  curt  antruvidament  par 
la  juvantengia  en  las  scolas,  en  Banaduz,  1739.  Von  diesen 
büchern  kann  man  kaum  diejenigen  sprachbticher  trennen,  die 
sich  zwar  deutsche  Sprachlehren  nennen,  aber  doch,  auch  wenn 
es  nicht  im  titel  stand,  zugleich  romanische  waren,  zumal  so- 
lange noch  gar  keine  romanische  Sprachlehre  bestand.  Ich 
habe  also  hier  zu  nennen:  Nova  grammatica  Ramonscha 
e  Tudeschgia.  Portau  enzemen  dad  in  conventual  digl  uord. 
de  s.  Benedeg  ä  Muster.    Scquicciau  enten  quella  claustra  1771. 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  321 

Der  Verfasser  heisst  Basilius  Veitb.  Das  büchlein  endet  s.  99; 
als  letztes  beispiel  ist  gewählt:  „Diese  Grammatica  wäre  ein 
nuzliehes  Buch,  wann  nicht  so  viele  Fehler  mit  eingeschlichen: 
Quella  Grammatica  fuls  in  nizeivel  Cudilch,  fche  fufs  bucca 
vegniu  en  tons  feiers".  In  der  2.  aufl.  1805  (in  der  sich  der 
Verfasser  gleichfalls  nicht  nennt)  ist  der  titel:  Gramatiea 
Ramonscha  per  emprender  il  lungaig  Tudeschg  (Bregenz  1805); 
sie  ist  auf  276  Seiten  angewachsen  und  enthält  zugleich  das 
älteste  Wörterbüchlein  (ungefähr  3300  artikel  deutsch-rom.,  1600 
rom.- deutsch). 

Für  sich  allein  steht  die  Cuerta  Descriptiun  d'ilg  Boign 
da  d'Alvegny  en  Sursaissa  Romancia  .  .  .  von  unbekanntem 
Verfasser,  die  die  Seiten  122 — 135  einnimmt  in  der  „Beschreibung 
des  Allweneuer  Schwefel-Bads  .  . ."  von  Bawiers,  Grassi  und 
Schwartz,  Chur  1747. 

Das  19.  Jahrhundert. 

Im  verlauf  des  19.  Jahrhunderts  steigert  sich  im  ganzen 
die  oberländische  Produktion,  weniger  der  religiöse  teil  als 
der  weltliche,  sodass  dieser  schliesslich  jenen  ein  wenig  tiber- 
ragt. Politische  Schriften  werden  etwas  häufiger,  vor  allem 
aber  dehnt  sich  das  gebiet  des  Oberländischen  als  öffentlicher 
geschäftssprache  weit  aus.  Die  Publikationen  des  Kleinen 
Rates,  später  auch  die  des  Grossen  Rates  erscheinen  in  ober- 
ländischer ausgäbe.  Fibeln  und  sprachbticher  werden  immer 
wieder  nötig.  Ausdrücklich  lehren  romanische  spräche  erst 
Basilius  Carigiet,  Ortografia  Ramontscha,  Muster  1858,  und 
J.  A.  Btihler,  Grammatica  elementara  dil  lungatg  Rhäto- 
romonsch,  Cuera  1864. 

Hieran  sehliesst  sich  dann  eine  reihe  von  btichern,  die 
der  Jugend  eine  oberländische  lekttire  verschaffen  sollen:  1812 
aus  dem  Deutschen  tibersetzt  unter  der  aufschrift:  Reglas  da 
moralitat  a  prudienscha  usw.,  1826  desgleichen:  Quel  nief 
a  nizeivel  cudischet  da  scola  mess  giu  da  H.  Zschokke 
a  translatau  da  M.  Conradi,  endlich  1834  beginnt  die  reihe 
der  originalen  lesebticher  mit  der  Amprima  lectura  par  la 
giuventegna  de  scola  e'gl  cantun  Grischun.  Dada  or  da 
la  societad  tiers  promotiun  da  las  scolas  cuminas  e'gl  medem 
cantun  —  ein  verwässertes  Oberländisch,  aber  wir  sehen  schon 

Gar  tu  er,  Bätorom.  spr.  u.  lit.  21 


322  Rätoromanisches  Schrifttum. 

das  oberländische  Schulwesen  in  den  bänden  von  gesellschaften 
und  gehen  ihm  weiter  nicht  nach. 

Im  19.  Jahrhundert  treibt  aber  das  rheinische  Schrifttum 
ganz  neue  zweige.  Es  tritt  endlich  die  weltliche  dichtung 
auf,  freilich  fast  nur  in  Übersetzungen  oder  nachdichtungen: 
Mathli  Conrad,  Anchinas  fablas  ad  historias  messas  en 
poesia  Romanscha  par  part  or  da  divers  cudischs  velgs  a  novs 
par  part  er  inventadas,  Chur  1816;  ohne  namen:  Ilg  Gold- 
macherdorf. Dad  ilg  sincer  a  bein  experimentau  Schvizerbot. 
Vertida  en  Rumonsch,  Chur  1820;  Ilg  onn  de  fomaz  de  1817. 
Per  ina  memoria  da  Gelli  Carisch  dedicau  a  sees  chars  patriots. 
0.  o.  1822;  J.  Sal.  Blech  et  J.  Riz  a  Porta,  La  matta  d'igl 
migiur.  Vert.  en  Rumonsch  da  la  Part  Sura,  Chur  1836; 
Florian  Walther,  Igl  collectur  Christianeivel,  1.  heft  Chur 
1836  (Promovieus  tier  la  stampa  da  la  societad  tier  propagaziun 
da  scartiras  Christianeivlas  en  la  teara  Grischuna)  usw.  Ich 
nenne  noch  die  Rimas  da  J.  A.  Bühler  da  Domat  (d.  h.  aus 
Ems),  Chur  1875,  und  die  Fablas  e  novellas.  Dedicadas  alla 
giuventegna  Romonscha  da  Gion  Arpagaus,  Chur  1878. 

Ohne  namen  und  jähr  ist  eine  Übersetzung  von  Schillers 
Lied  von  der  glocke  gedruckt  worden  (La  canzun  davart  il  senn); 
der  Verfasser  hiess  Paul  Corai  und  der  druck  ist  nach  dessen 
tod  ungefähr  1875  veranstaltet  worden  (s.  Böhmer,  verz. 
s.  176).    Ich  bringe  hier  eine  probe  davon 

Parchei  cu'lg  tunn  solenn  d'latezia 

Cumpongia  el  ilg  car  uffont 

'lg  amprim  viadi,  ca  carezia 

Ilg  mein',  en  bratsch  d'ilg  sien  purtont; 

Algi  elg  scür  d'ilg  temps  aunc  neras 

A  ciaras  sorts  ruaussan  speras, 

D'la  mumma  dulseh  quittau  a  chira 

Tiers  el  en  sia  damaun  bein  mira  — 

Ils  onns  stuleschan  sco  piliets. 

Ilg  matt  la  matta  losch  bandunna, 

Sa  fierra  fresc  or  ent  ilg  mund, 

A  tras  cu'lg  fist  el  quel  tschancunna, 

A  casa  turn'el  easters  zund, 

Carschida,  flura  da  beltezia, 


2.   Das  Fcbrifttum  in  Graubünden.  323 

Sco  inna  filgia  or  da  tschiel, 
En  castitad  ad  en  sonchezia 
La  juvna  vez'el  stont  vont  el. 
Elg  cor  lgi  lev'in  desideri 
Nunschend,  parsuls  el  va  a  stat, 
Ses  oelgs  en  larmas,  stat  bauld  eri, 
A  frars  sfarfaigs  cumngau  el  dat. 
Siemngont  ad  ella  el  savunda, 
Beaus,  seh'la  seu  salid  rispunda, 
Da  flurs  anquir'el  ilg  pli  bi 
A  si'amur  tiers  in  tschupi. 
0!  caulds  suspirs,  o  dulscha  spronza, 
0  eammas  d'aur  d'ramprimm'amur, 
Averta  vez'ilg  oelg  l'avdonza 
D'ilg  tschiel.  elg  cor  beäd'ardur, 
C'el  semper  flurs  purtass  d'latezia 
Ilg  maig  d'la  juvna  tia  earezia! 

(Diese  punkte  auf  beäda  im  drittletzten  vers  zeigen  an, 
dass  ea  zweisilbig  zu  lesen  ist.) 

Noch  ein  neuer,  üppigerer  zweig  sind  die  Zeitungen: 

II  Grischun  Romonsch,  Chur  1836—1839. 

Amitg  della  religiun  e  della  patria,  Surrhein  1838  f. 

Nova  gasetta  Ramonscha,  Surrhein -Som vi tg  1840. 

II  Romonsch,  Chur  1846—1851. 

Ilg  Amitg  dil  pievel,  Chur  1841. 

II  Grischun,  Chur  1856—1863. 

Gasetta  Romonscha  (anfangs  Nova  G.  R.),  Disentis  1857 

La  ligia  Grischa,  Ilanz,  dann  Chur,  1865 — 1873. 

Las  seras  d'unviern  (f.  schule  u.  ackerbau),  Ilanz  1866f. 

II  novellist,  red.  J.  A.  Bühl  er,  Chur  1867 f. 

II  Patriot,  Chur  1875—1882. 

II  Sursilvan,  Chur  1883. 

lgl  Ischi  (izi,  s.  s.  280),  1897  ff. 

Annalas  della  Societad  Rhaeto-romanscha,  Chur  1886 

Die  letzte  Zeitschrift  ist  hauptsächlich  der  literatur- 
geschichte  und  der  neuesten  dichterischen  Schöpfung  ge- 
widmet. Das  war  auch  der  Novellist:  Bühler  wollte  eine 
gemein-rätoromanische  Schriftsprache  schaffen.    Siehe  H.  Morf, 

21* 


324  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Die  sprachlichen  Einheitsbestrebungen  in  der  rätischen  Schweiz, 
Bern  1888. 

Wie  schon  in  den  periodischen  Schriften  die  verschiedensten 
fächer  berührt  werden,  so  fällt  nun  auch  in  der  bttcher- 
produktion  manches  für  einzelne  fächer  ab.  So  z.  b.  für  die 
heilkunde:  Cuort  entruidament  per  las  hebamas,  traduiu  dil 
codisch  dil  sgr.  dr.  Aepli  e  mess  giu  enten  Rumonsch  da  dr. 
A.  Bernhard  per  commissiun  dil  Cussegl  de  sanadad,  Chur  1816; 
Entruidament  per  l'enconoschienscha  della  cholera  asiatica, 
publicau  dal  cussegl  de  sanadat,  Chur  1836;  Cudisch  da 
hebamas  da  Dr.  Giusep  H.  Schmidt.  Translataus  ordal 
Tudestg  en  Romonsch  sin  ordinaziun  dil  cusseigl  da  sanadat 
dil  cantun  Grischun  tras  Gion  Arpagaus,  Chur  1850;  Area 
da  vapur.  In  antruvidamen  per  fermir  il  tgierp  digl  carstieun, 
mes  giu  en  Rumonsch  mediant  la  plimma  digl  mussader  Christ. 
Castelberg,  Chur  1861;  Radicala  medicaziun  dellas  ruttadiras. 
Endischavla  ed.  Dal  possessur  dil  medicament  per  las  rutta- 
diras, Krüsi-Altherr,  a  Gais,  Chur  1864.  Für  Land-  und 
forstwir tschaft:  Entruidament  tier  l'ameglioraziun  della  economia 
d'uauls  Grischuns.  Luvrau  e  dau  or  sin  insinuaziun  della 
regenza  cantonala,  Surrhein-Somvitg  1840;  Cudischett  sur  d'ils 
guaulds,  Chur  1848.  II  cultivatur  d'aviuls.  Da  H.  C.  Hermann. 
Translatau  libramein  ord  il  Tudestg  dal  plevont  N.  J.  Huonder, 
Tumein  1860.  Für  Tonkunst:  Canzuns  da  duas  vuschs  tiers  igl 
cont  elementar  en  scolas,  componidas  da  H.  G.  Nsegeli. 
Messas  en  Rumonsch  tras  Beat  Liver,  L,  Chur  1837;  Collec- 
ziun  de  canzuns  per  sopran,  alt,  tenor  e  bass,  vertidas  e  publi- 
cadas  da  J.  A.  Bühl  er,  Chur  1870.  Wie  sangesfroh  das  Ober- 
land ist,  erfahren  wir  übrigens  am  besten  im  3.  band  der  Rät. 
Chrestomathie  von  Decurtins:  Surselvisch,  Subselvisch.  Die 
weisen  der  Volkslieder  (Rom.  Forsch.  1903). 

C.   Das  oberengadinische  Schrifttum. 

Von  den  begründern  dieses  Schrifttums,  Joh.  Travers 
und  Jak.  Bifrun  ist  schon  oben  (s.  280 — 292)  die  rede  ge- 
wesen, auch  J.  Planta  ist  dort  genannt;  und  damit  ist  alles 
erwähnt,  was  Graubünden  an  romanischen  drucken  im  16.  Jahr- 
hundert hervorgebracht  hat:  1552  Bifruns  Fuorma,  1560  sein 
N.  T.,  1571  Fuorma2  samt  der  Tsefla,  1582  Plantas  Catechismus, 


2.   Das  Schrifttum  in  Granbänden.  325 

1589  Fuorma,3  diese  von  Jachiam  Papa  besorgt  (nach 
Decurtins  von  ihm  verfasst).  Hier  hat  also  schon  der  erste, 
der  drucken  Hess,  daran  gedacht,  die  Schriftsprache  in  die 
untersten  schulen  einzuführen. 

Erste  hälfte  des  17.  Jahrhunderts. 

Es  ist  schon  bemerkt  worden,  dass  Bifruns  N.  T.  nach 
seinem  tode  wieder  ausgegeben  wurde;  der  titel  heisst  nun: 
Lg  NO  VF  SAENCH  TESTAMAINT  DA  NOS  SEGNER  IESV 
CHRISTI,  Prais  oura  delg  Latin  &  our  d'oters  languaigs,  & 
huofla  da  noef  mis  in  Arumaunfch  traes  Jachiam  Biffrun 
d'Agnedina ....  Pulchlseff  1607.  Auch  von  den  darin  vor- 
genommenen Änderungen  in  der  Schreibung  ist  schon  die  rede 
gewesen.  Ein  stück  A.  T.  folgt  bald  darauf:  LA  SABGIENSCHA 
DA  IESV  F1LG  DA  SIRACH,  cummcenamaing  anumnaeda 
Ecclefialticus,  que  ais  la  disciplina  Spirituaela.  Miffa  e  Ichan- 
taeda  in  Rumaunfch  traes  Lüci  Papa  minifter  da  la  bafelgia 
da  Iefu  Chrilti ....  Pulchlaeff  1613.  Am  ende  des  Vorwortes: 
Daeda  in  Samaedan  in  l'g  di  28  Nouembris.  1612.  Er  sagt 
darin,  dass  er  das  buch  geschrieben  habe,  auch  per  daer  quäl 
princippi  da  voluer  l'g  velg  Teltamaint  in  nos  languaick,  at- 
fcho  chia  oters  prus  &  illatros  feruiaints  da  la  bafelgia  da 
lein  Chrifti,  ü  oters  chi  haun  l'g  dun,  vegnen  amuantös  da 
s'affadiaer  eir  eis  qualchiofa  in  quaifta  faenchia  lauur.  Dann 
fordert  er  auf,  nofla  Engiadina  vceglia  1er  quailt  cudelch  cun 
diligentia,  inlemmel  cun  l'g  nouff  Teftamaint,  l's  Plalms,  l'g 
Catechilem  —  ein  beweis,  dass  man  den  u.-eog.  Psalter  im 
O.-Engadin  nicht  für  fremd  ansah.  —  Eine  2.  aufläge  des 
Ecclesiasticus  erschien  1628  in  Zürich. 

Eine  grössere  glaubenslehre  liefert  Peter  S.  Schuchiaun: 
INFORM ATIVN  CHRASTIAVNA:  cun  Tias  explicatiuns  stin 
tuotts  prtncipaels  puonks  da  la  vaira  Religiun,  quidavaunt  tres 
Ductnr  Zacharias  Ursinus,  ...  afchanto  in  noas  Rumauntlch 
da  aengiadina  zura,  tres  me  Peidar  Schimun  SCHVCHIAVN, 
da  Zuotz,  Zürich  1613. 

Zwei  viel  gebrauchte  bücher  rühren  von  Johann  Gritti 
her.  Das  eine  ist  eine  gebetsammlung:  Oratiuns  Christiaunas, 
prainsas  our  dallas  oratiuns  Jo.  Avenarij  .  .  .  missas  in 
romaunfch,  Basel  1615,   im  17.  Jahrhundert  noch  dreimal,  im 


326  Rätoromanisches  Schrifttum. 

18.  und  19.  je  einmal  aufgelegt.  Sie  heisst  zuletzt:  Oratiuns 
christiaunas.  Fattas  per  Urser  da  tuots  temps,  &  in  tuot  Bsöngs, 
spartidas  gio,  in  scodtin  di  del  Eivna  vertidas  our  da  las 
Oratiuns  da  Joh.  Avenarii.  Tra38  Johan  L.  Griti  Sessevla 
Editiun.  Luzainl812.  Nur  wenige  modernere  Schreibungen  unter- 
scheiden die  zwei  um  zwei  Jahrhunderte  voneinander  abstehen- 
den texte.    Es  ist  der  mühe  wert,  ein  paar  Zeilen  zu  vergleichen. 

1627,  s.  295:  M'fo  impillaer,  ch'eau  nun  hsegia  mia  foarza 
da  me  mVeiTa,  dimperle  dalg  hutifchem  Dieu,  &  chia  eau  teng 
aradfchü  brichia  dalla  Igieut,  mü  da  Dieu,  qusel  chi  ais  in 
tlchijl.  M'fo  impiflaar,  chia  tti  fezast  in  lg'dret,  tiers  me, 
5  &  vaiast  tuot  aque  chia  eau  fatseh,  quasi  chi  eir  Unzacura 
vainst  ä  dumandser  quint  ä  mi,  da  tuots  meis  fatts,  da  meis 
plseds,  &  da  mias  ordinatiuns  &  lent^nzchias;  liand  chia  [296] 
eau  fun  tin  officisel  da  tieu  ariginam,  in  Ig'qusel  offici,  ä  mi 
commiß,  eau  v£ng  a  Itaar  ün  cuort  t£mp,  liand  chia  cummce- 
10  namaing  gratagia,  chia  quel  chi  ais  hoatz  in  granda  dignitaet, 
damaun  vain  innumbrö  traunter  ls'  moarts.  Mü  fiand  chia  vain 
ä  gnir  ün  greif  iüdici  lur  quels  chi ...  . 

1812,  s.  224 f.:  Fö'm  impi££a3r  —  z.  2  dimperle  dal  — 
3  aradfchun  —  da  la  Igieut,  mö  —  4  tfchoel.  Fö'm  impiffser  — 
lezalt  in  il  —  5  &  vezzalt  —  7  lent^ntias  —  8  reginam, 
in  il  —  9  commifs  —  10  dignitsed  —  11  innumbrö  traunter 
ils  moarts.    Mö  —  12  ün  greiv  jtidici. 

Das  andere  buch  ist  ein  Neues  Testament.  Zwar  hatte, 
wie  wir  gelesen  haben,  der  Übersetzer  des  Ecclesiasticus  zu 
der  Übersetzung  des  A.  T.  aufgefordert,  und  ein  N.  T.  war 
schon  längst  da;  dennoch  gab  Gritti  1640  L'nouf  s.  Testamaint 
in  Basel  heraus.  Dieses  unterscheidet  sich  von  Bifrun  1560 
und  1607  durch  modernere  wortformen  und  Schreibungen,  auch 
durch  änderungen,  meistens  Verbesserungen  im  ausdruck  und 
im  satzbau.  Es  ist  nicht  uninteressant,  diesen  kämpf  mit  der 
spräche  zu  beobachten: 

Bifrun  1560.  Gritti  1640. 

[Matth.  VI,  11  f.] 
Dö   ä  nus  nos   paun   huotz         Noas   paun   d'inmünchia   di 
&    in   mtinchia   di.     Parduna     do  ä  nus  hoozz.    Et   perduna 
ä  nus  nos  dbits.  ä  nus  noals  debits. 


2.  Das  Schrifttum  in  Graubiinden. 


327 


[Matth.  VII,  17.] 
VIchia  fcodtin    bun  boeftch         Ufchea   Icodün   bun    boefch 
fö  bun  früts.    Et  Icodün  marfth     fo  buns  frütts,  mu  tin  martfch 
bcefthc  fo  mels  frtits.  boelch  lo  maels  frütts. 

[Matth.  XXVI,  8.] 
Et  poick  dfieua,  gietten  nia         Et    poch    zieua   vennen    no 


tiers  el,  aquels  chi  Iteuan 
allö,  &  diffen  k  Petro:  Er  tu 
ilt  uairamaing  tin  da  quels, 
per  che  er  la  tia  fauella  t'fö 
appalais. 

[Matth.  XXVI,  42.] 


tiers  quels  chi  eiran  allö,  & 
difleu  ä  Petro,  Vairamaing  eil 
tu  eft  da  quels:  per  che  tieu 
favlaer  t'fo  palais. 


Darchio  es  el  tirouia  tina 
otra  uuota,  &  uro,  difchät: 
Bab  mes  fchi  aquailt  bachier 
nun  po  paffer  uia  da  me, 
upoeia  ch'eau  baiua  aquel,  Ichi 
duainta  la  tia  uoeglia. 


Darchio  la  lecuonda  vouta 
eis  el  ieu,  &  ho  uro  dfchand, 
Bab  mieu,  Icha  quaift  bachiser 
nun  po  paffser  da  nie,  lainza 
ch'eau  l'baiva,  fchi  dvainta 
tia  vceglia. 


[Matth.  XXVI,  74.] 


Alhura  cumenzo  el  afthma- 
ladir,  &  k  gitirer,  chel  nun 
cunfches  lhum,  &  adüntrat 
chiantö  l'g  gial. 


Alhura  ho  el  cumanzo  a  ma- 
ledir  fe,  &  k  gtirser,  Eau  nun 
cugnuolch  quel  hom.  &  lubito 
ho  l'giall  chianto. 


[Luk:  V,  38.] 
Mu    l'g    uin    muolt    s'daia         Ma    vin    novell    s'metta    in 
metter  in  uders  nuofs,  &  aman-     uders     noufs ,     &     amenduos 
duos  uignen  cufaluös.  s'cullalven. 


[Luk. 
Qusel  hum  es  d'uus,  qusel 
chi  ho  Ichient  nuorfas,  &  fchel 
perda  tin  our  da  quellas,  nu 
lalchel  forza  las  nunaunta  nuof 
ilg  deferd,  &  uo  dlieua  aquella, 
chi  es  perfa,  infina  chel  la- 
chiatta? 


XV,  4.] 

Chi  hom  d'vus,  haviand 
tlchient  nuorfas,  &  perda  tina 
da  quellas,  nun  lafcha  el  las 
nonaunta  nouf  in  l'defert,  & 
vo  zieua  quella  chi  eis  perfa, 
infina  ch'el  la  chiatta? 


328  Rätoromanisches  Schrifttum. 

[Luk.  XVI,  20  f.) 
Et  era  §r  ün  fchert  tractiot         Mu  l'eira  tin  tfchert  pouver 

qusel   chi  hauaiua  nnm  Laza-  nomno   Lazarus,    l'qusel   piain 

rus,  qusel  chi  giafchaiua  dfpera  d'bigniuns    giafchaiva    avaunt 

la  porta  da  quel  &  era  piain  la  poarta  da  quel:  Et  defide- 

d'bignuns,  &  aggiauüfcheua  da  raiva   da    s'  fadulaer   cun    las 

s'afaduler  de  las  mieulas  chi  mieulas    chi   erudaiven    da  la 

tumeuan  giu  de  la  maila  delg  maifa    del    riech:    &    eir    l's 

arick:  mu  er  l's  chiauns  gniuan  chiauns   gniven   &  laindfchai- 

et  lanlchaiuan  . . .  ven  .  . . 

Von  katholischer  Seite  tritt  Johann  Peter  Schalchet 
aus  Bergtin  auf.  Seine  spräche  enthält  nur  selten  etwas 
Bergünisches;  für  ti  ist  in  der  regel  u  gedruckt.  Von  ihm  sind 
zwei  bücher  da:  CVORTA  DVCTRIGNA  Chriftiauna.  Com- 
posta  .  .  .  dal  Chiardinel  Rob.  Bellarmin.  Et  da  noeff  missa  in 
ilg  languaikt  aroumaunsch  tres  .  .  .  Jan  Pedar  Schalket: 
Mailand  (1624  approbiert),  mit  dem  Untertitel  auf  s.  45: 
Declaratiun  della  DUCTRIGNA  Chriftiauna,  par  us  da  quels 
chi  muossan  ils  Infauns  &  autres  simples  parsunas  .  .  .  missa  in 
Aramauntsch  tres  Gian  Peidar  Schalchett  da  Brauoing.  1623. 
Das  andere  (nach  Decurtins):  Racuogliamaint  da  diversas 
vrazchivns  mifs  dal  languaikt  Italiaun  in  ilg  Roumaunsch  tres 
Gian  Peidar  Schalchett.    Mailand  1626. 

Ausser  Bifruns  Tsefla  ist  nichts  gedruckt  worden,  was 
einem  ausserreligiösen  zwecke  dienen  konnte. 

Zweite  hälfte  des  17.  Jahrhunderts. 
Nachdem  man  sich  im  Oberengadin  ein  Jahrhundert  lang 
mit  dem  u.-eng.  psalter  von  Chiampel  begnügt  hatte,  er- 
schienen Ils  PSALMS  DA  DAVID,  fuainter  la  melodia  francefa, 
fchantseda  eir  in  tudaifch  trses  Dr.  Ambrolium  Lobvafser  — 
da  noef  vertieus  &  fchantös  in  vers  romaunlchs  da  cantaer, 
TrsBS  Lurainz  Wietzel.  Basel  1661.  Ich  habe  eine  kleine 
probe  daraus  abgeschrieben  (s.  491,  psalm  CL): 

A  Dieu  ferm  in  cel  de  löd, 
Quel  lode  stin  fieu  thrun  6t, 
Pur  il  Segner  leidamang 
Eir  lode  sti  1  firmamaint. 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  329 

Ch'el  ho  fatt  traes  fia  fermezza, 
Dieu  lode  tuots  cun  cors  netts, 
Peramur  da  feis  effetts 
Chi  declaeran  fia  grandezza. 

2.  Bain  cun  voffas  vufchs  cantand 
De  hunur  k  1  Segner  grand, 

E'l  lode  cun  faer  tunaer 

La  trombett',  &  cun  funaer 

Cun  la  cyttr'  &  la  pofuna, 

Dieu  lode  sti  '1  clavacin, 

Organs  &  sti  '1  violin, 

In  lieu  löd  chia  tuot  ftrafuna. 

3.  Can  ils  Cymbals  chi  da  d'öt 
Tunan,  de  ä'l  Segner  löd, 
Voeglias  ptir  aquel  lodaer, 

Traes  il  tun  da'ls  Cymbals  ciaer. 

Creatttra  chia  fcodüna, 

Löda  ptir  la  Majeftaet 

Da'l  vair  Dieu  &  fia  bunta}t, 

Benedieu  quel  faj'adtinna. 

Die  zwei  ausgaben  des  folgenden  Jahrhunderts  (1733,  1776) 
haben  die  stelle  buchstäblich  abgedruckt  (ausser:  adüna);  die 
vom  j.  1776  schreibt  Segner  ohne  zeichen  über  dem  e  und 
wendet  für  die  substantiva  häufiger  majuskeln  an.  Unter 
dem  einfluss  des  schriftdeutschen  gerät  die  form  Pofauna 
hinein,  was  den  reim  verdirbt. 

Von  demselben  Lorenz  Wietzel  sind  noch  zwei  erbauungs- 
bücher:  Praeparatiun  stin  la  s.  tschaina  da'l  Tudaisch  &  da'l 
originael  Frances  da'l  sigr.  Drelincourt.  Translatö  trses 
Lurainz  Wiezel,  Basel  1661,  das  1696  wieder  ausgegeben 
wurde,  und  La  prattica  da  pietaet,  traes  Lud.  Baily  in  ling. 
Anglais,  transponida  in  Romaeunsch.  Traes  Lurainz  Wietzel. 
Schuls  1668.  Die  ebenda  1771  veranstaltete  2.  ausgäbe,  La 
pratica  da  pietaet  .  . .  il  prum  componuda  in  linguaieh  Englais 
tras  Lud.  Bayli  .  .  .  transponüda  in  Bomaunsch  traes  Lurainz 
Viezel  .  .  .  .,  ist  mit  einer  langen  u.-eng.  vorrede  ver- 
sehen. 


330  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Ein  trostbttchlein  in  jedem  leid  veröffentlichte  Joh.  C. 
Linard,  prediger  in  Filisur:  Cudaschaet  da  CUFFVERT  et 
consolatiun,  Ineunter  tuotta  crusch,  et  afflictiun.  Schi,  eir  in- 
cunter  la  moart  svessa  —  in  Romaunsch  Tr^s  IAN.  C.  LINARD . . . 
Tschlin  1682,  approbiert  1680  von  Conradinus  Tontschius  in 
Davos,  einer  Frau  gewidmet,  in  lateinischen  versen  bevor- 
wortet  von  Petrus  Businus,  in  einem  o.-eng.  „Raim"  von 
Jak.  Ant.  Vulpius  („Sc'ün  Dottur  our  d'Apothecas,  Bgearras 
fo  piglier  Mefchdinas:  A  landsed  dal  Coarp  da  quell,  Chi  per 
cofalg  vain  no  tiers  eil.  Ufchea  qui  Sar  Ian  Linard,  Aint  in 
quilt  Cudalch  cun  grand'  Art,  Un'  Apothec'  ho  ordinö :  Mefch- 
dinas bgearras  eir  pinö  . . . ."). 

Zwei  religionslehrbticher  fallen  in  diese  zeit.  II  Cate- 
ehisem  da  Heidelberg  vertieu  trses  Casp.  Fritzum,  Schuls  1686, 

Catechismus da  las  baselgias  d'Engiadina  Zura,  Zürich  1691 

(6.  Aufl.  1845).  Ganz  eigener  art  aber  ist  der  katechismus  zum 
singen  von  Peter  Büsin:  Catechisem  da  chianter  tres  Peidar 
Büsin,  Zürich  1674:  „Chi  voul  gnir  salv,  in  cel  beö,  StouVair 
la  vaira  Cretta:  Da  quella  stou  el  gnir  guido,  Per  ir  la  Via 
dretta  ..."  (s.  Decurtins,  Chrest.  VI). 

Für  die  prediger  selbst  ist  bestimmt  das  Formular  per  las 
baselgias  da  Engadina  Zura,  da  gnir  dals  Ministers  observö 
sainza  variatiun  . .  .  Strada  1691.  (Die  1.  aufl.  ist  1665  in  Schals 
gedruckt.) 

Im  Oberengadin  hat  man  damals  grabreden  durch  den 
druck  zu  bleibenden  denkmalen  erhöht.  Böhmer  meldet  an: 
Janet  Jac.  Sciucan,  Sermon  funersel  davart  il  stsedi  dellas 
biaedas  e  blettas  (?)  ormas  in  la  vitta  aeterna,  Schuls  1666, 
zwei  von  Casp.  Fritzun,  Predgia  funersela  1680,  Praedgia 
funersela  davart  la  mort  dels  jtists,  Schuls  1681,  und  eine  von 
Ale  seh,  Praedgia  funersela  davart  la  beaeda  spartida  da  tuots 
fidels,  Zürich  1697. 

Eine  neue,  oder  wenigstens  nicht  unter  Bifruns  namen 
gehende  fibel  kommt  zum  Vorschein  (Taefla  cun  oratiuns, 
Zürich  1674),  sonst  noch  immer  nichts  weltliches. 

Das  18.  Jahrhundert. 

Noch  deutlicher  als  am  Rhein  bleibt  im  Oberengadin  das 
Schrifttum   im    18.  Jahrhundert    ohne    aufschwung.     Von   den 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubiinden.  331 

wenigen  neuen  religiösen  Veröffentlichungen  sind  nur  zwei  er- 
wähnenswert: Extract  historic  del  Velg  &  Nouf  Testamaint, 
stö  miss  gio  da  principi  in  Tudaisch  da  .  .  .  Joh.  Chr.  Wys  .  . . 
huossa  miss  gio  in  Rumaunsch  Trses  Peider  p.  Juvalta, 
Chur  1719,  und  Canzuns  spiritaaelas  davart  Christo  Gesu  il  bun 
pastur,  Tres  Giov.  Batt.  Frizzoni  Celerina  1765  (2.  aufl., 
1840). 

Grabreden  und  predigten  werden  nicht  wenige  gedruckt: 
1706  von  Jan  C.  Linard,  1761  eine  Sammlung  vou  festreden, 
1773  von  Bunomius,  1774  von  Rosio  de  Porta,  1789,  1797 
und  1798  von  G.  B.  Frizzoni. 

Fibeln  bleiben  gesucht  und  erscheinen  ohne  angäbe  des 
Verfassers.  Die  Principis  da  grammatica  nel  linguaig  Todaisc, 
esposts  per  l'uso  dellas  scolas,  a  norma  dellas  grammaticas 
del  s.  Gottsched  e  Braun  (Chur  1778)  sind  auch  nur  unter 
der  vorrede  unterschrieben. 

Erst  in  den  letzten  jähren  des  Jahrhunderts  denkt  man 
daran  das  Oberengadinische  als  öffentliche  geschäftssprache 
zu  verwenden.  Zum  jähr  1791  notiert  Böhmer:  Memoriel  al 
magistrat  in  criminel  da  sur  munt-Fallun,  von  J.  C.  Schweizer, 
zum  j.  1796:  Ideas  sopra  las  differentias  chi  agiteschan  noass 
hondro  comosn  reguard  la  juriditium  civilla,  von  M.  St.  Mau- 
re tzen.    Man  bemerkt,  wie  die  spräche  dabei  italianisiert  wird. 

Das  19.  Jahrhundert. 

Wir  kommen  ins  19.  Jahrhundert,  aber  bis  in  die  mitte 
der  30  er  jähre  regt  sich  nichts;  erst  dann  steigt  die  Produktion, 
noch  mehr  in  den  60  er  jähren. 

Der  religiösen  literatur  fehlt  im  O.-Engadin  die  aneiferung 
durch  den  gegensatz  zweier  bekenntnisse:  der  wünsch,  den 
Schalchett  in  der  Widmung  seines  katechismus  ausgesprochen 
hatte,  dass  das  volk  zur  katholischen  kirche  zurückkehre,  ist 
nicht  in  erfülluDg  gegangen.  Ich  will  nur  das  N.  T.  heraus- 
heben, das  1861  erschienen  ist:  II  nouv  testamaint  tradttt  nel 
dialect  Romauntsch  d'Engiadina  Ota  tras  J.  Menni,  Chur  1861 
(2.  Aufl.  1883).  Nel  dialect!  Das  hat  man  noch  in  keiner 
bibeltibersetzung  gefunden:  weder  das  toskanische  „nel",  noch 
den  für  eine  Schriftsprache  all  zu  bescheidenen  ausdruck 
„dialect".     Die  Sprachlehrer  haben  freilich  schon  im  18.  jähr- 


332  Rätoromanisches  Schrifttum. 

hundert  (1778)  angefangen,  das  fremde  „nel"  einzusehwärzen 
(s.  oben  s.  331).  „Nel  dialeet  d'Engiadina  ota"  schreiben  auch 
Heinrich  und  Lechner  im  titel  ihrer  Istorias  della  sencha 
scritttira,  Chur  1857,  und  „tres  il  colloqui  d'Engiadina  ota" 
sagt  das  ähnliche  buch  Istorias  biblicas  vom  j.  1872.  Pallioppi 
wieder  veröffentlicht  1857  eine  Ortografia  et  ortoepia  del  idiom 
Romauntsch  d'Engiadin'ota.  Das  „nel"  wird  auch  im  text  des 
N.  T.  selbst  angewandt:  Luk.  XIV,  10  Chi  ais  fidel  nel  poch, 
ais  fidel  eir  nel  bger,  wie  im  u.-eng.  N.  T.  vom  j.  1867:  Chi 
ais  fidel  nel  pac,  ais  eir  fidel  nel  bler.  Die  perfekte  get, 
gnit,  dschet  usw.  bleiben,  als  entsprechend  dem  ital.  andö, 
venne,  disse  usw. 

Als  geschäftssprache  hat  das  Oberengadinische  eine  der 
geringen  volkszahl  entsprechende  Verwendung.  Die  kantons- 
gesetze  erscheinen  1821  in  einer  Collectiun  officiaela  (I.),  be- 
schränktere gesetzsammlungen  von  1839  ab. 

Von  den  sprach-  und  Schulbüchern  nenne  ich  die  Gram- 
matica  Romaunscha  e  Tudaischa,  per  adöver  nellas  scuolas 
Romaunschas,  von  Joh.  Kohler,  Strada  1840,  die  Ortografia 
et  ortoepia,  von  Zacharias  Pallioppi,  Chur  1857,  uud 
La  conjugaziun  del  verb  nel  idiom  Romauntsch  d'Engiadin'ota, 
von  demselben,  1868.  Zur  herstellung  von  lesebüchern  musste 
sich  erst  die  Societad  per  la  meglioraziun  dellas  scoulas 
publicas  bilden;  sie  gab  1833  einen  Prüm  cudasch  da  seoula 
heraus,  dem  erst  1860  das  zweite  cudaschet  folgt. 

Im  jähre  1845  kommt,  ganz  vereinzelt,  ein  büehlein  mit 
weltlichen  gedichten  heraus:  Rimas  offertas  in  favur  dels  dis- 
forttinos  abitants  da  Felsberg,  tres  Conradin  de  Flugi  — 
man  spricht  diesen  namen  deutsch  aus  — ,  Chur.  Aber  erst 
in  den  60er  jähren  blüht  die  o.-eng.  dichtung  mächtig  auf; 
das  Oberengadin,  das  tal  der  denker  Graubündens  im  16.  Jahr- 
hundert, wurde  nun  das  tal  der  dichter  dieses  kantons.  Im 
jähre  1861  veröffentlicht  Flugi  Alchtinas  rimas  Romaunschas 
revisas  et  aumentedas,  1863:  Otto  P.  Juvalta  Peidras  im- 
polidas,  pitschna  collecziun  da  rimas  Romauntschas,  1864  treten 
der  uns  schon  bekannte  Zach.  Pallioppi  und  der  fruchtbare 
dichter  G.  F.  C aderas  zum  erstenmal  hervor,  dann  S.  Caratsch. 
Melpomene  scheint  in  jenem  tal  erst  durch  den  ruf  der  Zeit- 
schriften aufgerüttelt  worden  zu  sein. 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubtinden.  333 

Zeitungen  gibt  es  da  nämlich  erst  seit  1855,  wenn  wir 
nicht  die  u.-engadinischen  mitzählen  (s.  unten): 

La  dumengia  saira,  Chur  1855 — 1858. 
Foegl  d'Engiadina,  Samaden  1857  ff. 
L'Engiadinais,  Pontresina,  Chur  1876—1882. 

Dazu  ist  noch  zu  berücksichtigen :  II  Grischun,  H  Novellist 
und  die  Annalas  (s.  oben  323). 

D.   Das  unteren gadinische  Schrifttum. 

Der  anfang  dieses  Schrifttums  fällt  auch  noch  in  das 
16.  Jahrhundert  (s.  oben  s.  292),  aber  nur  mit  einem  werk, 
dem  gesangbuch  von  U.  Chiampel.  Hiermit  war  der  erste 
schnitt  in  die  engadinische  literatur  gemacht.  Aber  ein  Jahr- 
hundert lang  stellte  man  dem  u.-eng.  gesangbuch  kein 
o.-engadinisches  gegenüber  und  dem  o.-eng.  Neuen  Testament 
kein  u.-engadinisches. 

Erste  hälfte  des  17.  Jahrhunderts. 

Chiampels  gesangbuch  (Cudesch  da  psalms)  ist  im 
j.  1606  sowohl  in  Lindau  als  in  Basel  wieder  aufgelegt  worden, 
zwei  blosse  abdrücke,  der  Lindauer  noch  genauer  als  der  andere. 

Hinter  den  Psalms  und  den  Chiantzuns  spiritualas  kam 
als  dritter  (nicht  paginierter)  teil  ein  Intraguidamaint,  d.  i.  ein 
katechismus,  und  zwar,  wie  Bifruns  Fuorma,  nach  dem 
deutschen  katechismus  von  Joh.  Comander  und  Joh.  Blasius, 
die  beide  prediger  und  stadtpfarrer  in  Chur  gewesen  waren. 
Einen  ausführlichen  katechismus  Hess  dann  Konradin  Toutsch 
inPoschiavo  drucken:  VNNA  INFORMATIUN  IN  LA  VAIRA 
VELGIA  Chriftiaunna  Religiun,  e  cretta,  in  la  quala  wengian 
cuortamaingk  tütt  ilgs  puoingks,  da  la  cretta  Chriftiaunna,  cun 
fuorma  ä  la  Icrittüra  s.  &  k  la  confeßiun  da  la  cretta  cuwen- 
gaiwla,  difchfarentzgiadamaingk,  &  cler  fcritts,  e  denotads: 
Fatta  oura  &  fchantada  in  Bumaunfch,  tras  Coradin  Toutfch, 
farviaint,  ä  purtar  awaunt  ilg  Euangeli  da  Jelu  Chrifti,  ä  la 
bafelgia  da  Laguin  in  Engiadina  d'Iuott.  Pulchlaff,  1613. 
(Cun  fuorma  =  konform,  purtar  awaunt  =  vortragen.)  Die 
Widmung  ist  am  1.  mai  1611  von  Curadin  Toutfch  unter- 
schrieben. 


334  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Lange  zeit  danach  erst  treten  zwei  neue  u.-eng.  Schrift- 
steller auf.  Nikolaus  Anton  Vuolp,  der  Schulser  pastor, 
betrauert  1648  den  tod  seiner  frau  in  einem  gedieht,  dem  ein 
gebet  folgt.  Da  haben  wir  also  eine  dem  wesen  nach  welt- 
liche dichtung  in  so  früher  zeit,  nur  ein  halber  druckbogen 
(wiedergegeben  bei  Decurtins,  VI,  s.  308—312),  aber  um  so 
bemerkenswerter,  als  gerade  im  Unterengadin  solche  dichtungen 
sehr  selten  sind.  Der  titel  ist:  Ilg  lsed  da  Clau  Thunet  Vuolp 
per  lia  chiara  mulger  Anna  Giargiceri  da  Porta;  unterschrieben: 
Nicolaus  Anthonius  Vulp,  hinter  dem  gebete:    Vulpius. 

Des  zweiten  Tätigkeit  fällt  mehr  in  die 

zweite  hälfte  des  17.  Jahrhunderts. 

Johann  Pitschen  Salutz,  ein  begabter  mann,  prediger 
in  Lavin,  zweimal  von  den  Österreichern  gefangen  und  wieder 
losgekommen,  schliesslich  wieder  pfarrer  in  Lavin,  veröffent- 
lichte dann  1649—1662  einige  bticher,  die  in  sein  fach  und 
amt  einschlagen.  Eines  ist  die  Übersetzung  und  erweiterung 
einer  Streitschrift:  CAPVCINER:  Quai  ais,  UN  ZUOND  DALA- 
TAIVEL  e  nüzaivel  Tractad.  IN  ILG  QUAL  VAIN  DESCRIT 
E  conliderä:  La  parschandüda,  ilgs  Vuts,  Reiglas  &  dilciplina 
dals  Capuciners.  IN  ILG  PRÜM  FAT  OURA  in  ilg  Lauguaek 
Frances,  tras  ilg  Reverend  &  fick  allatrad  PETRUM  MOLI- 
NIE UM,  Serviaint  dalg  plsed  da  Dieu  ä  Sedan  in  Frauntfcha. 
Et  Iura  eir  ftat  mis  in  Tudailchk:  Mo  huoffa  mis  in  Romaunfch, 
e  con  brick  paucas,  mo  nüzaivles  obfervatiuns  adampehiä  tras 
JOAN  PITSCHEN  SALUTZ,  Minilter  dalg  plsed  da  Dieu,  pro 
la  Chriftiauna  Bafelgiada  da  Laguin  in  iEngadina  zuot. 
schquitschä  in  TVRICH,  tras  HEINRICH  HAMBERGER.  Cum 
Privilegio  Illuftriflimorum  D.D.  Procerum  Rhsetorum  Curiee 
Congregatorum.  Anno  1650.  Die  approbation  ist  aus  dem 
j.  1649;  aus  demselben  jähr  auch  der  angehängte  aufsatz: 
Fundamaint  e  compilgiamaint  da  la  granda  differentia  e  contra- 
riedad,  chi  es  in  ilg  fat  dalg  saltid,  taunter  ils  praedicants, 
serviaints  da  Jesu  Christi:  et  ils  Capuciners.  Die  Kapuziner 
hatten  nämlich  schon  seit  1621  in  Graubtinden,  und  besonders 
im  Unterengadin,  von  Rom,  Wien,  Innsbruck  und  Chur  aus 
unterstützt,  der  neuen  lehre  entgegengearbeitet.  Salutz  greift 
nun  die  einrichtungen  und  sitten,  die  diesem  orden  eigen  sind 


2.    Das  Schrifttum  in  Graubünden.  335 

oder  doch  nachgesagt  wurden,  mit  scherz  und  ernst  heftig  an. 
Eine  probe  davon  (s.  68): 

Quel  fpiert  chi  ha  chiata  naun,  quilt  fecret  e  metz 
da  noffa  Mortificatiun ,  con  lichiar  e  trauondar  la  fptida  d'ün 
auter,  efs  tfchert  n'gnüd  our  da  las  chiafulezas,  &  efs  tin  nouf 
Ipiert  in  la  Bafelgia  Papala.  Parchie  ne  Deis  ne  ils  Prophets; 
ne  Chriftus  ne  ils  Apoltels  (chi  veivan  zainza  dubi,  fpüda 
brick  main  buna  co  quella  dals  Capuciners)  nun  haun  da  quai, 
ne  favti,  ne  comanda,  ne  mufa  brick  tin  plaed.  Chi  ees  Caufa, 
chia  la  Religiun  Chriltiauna,  duainta  tinna  beffa  &  tinna 
giomgia,  pro  Törgs,  Paiaus  e  Judsßus,  auter  co  queus,  ils 
quals  our  da  lur  orba  lapientia,  contra  ilg  plaed  da  Deis, 
haun  mana  da  faifves  in  la  Bafelgia,  da  quifta  fort  d'brud- 
göng?  (Der  geist,  der  dieses  geheimmittel  unserer  abtötung 
durch  das  auflecken  und  verschlucken  des  Sputums  eines 
andern  herausgefunden  hat,  ist  gewiss  aus  den  tiefen  gekommen 
und  ist  ein  neuer  geist  in  der  papstkirche.  Denn  weder  Gott 
noch  die  propheten,  weder  Christus  noch  die  apostel  —  die 
ohne  zweifei  nicht  minder  guten  Speichel  hatten,  als  die 
kapuziner  —  haben  davon  ein  wort  gewusst,  angeordnet  oder 
gelehrt.  Wer  ist  also  schuld  daran,  dass  die  christliche 
religion  bei  den  Türken,  heiden  (1.  paiauns)  und  Juden  zum 
gespötte  wird,  wer  anders  als  diejenigen,  die  aus  ihrer  blinden 
Weisheit,  auf  eigene  hand,  gegen  das  wort  Gottes,  derlei  unflat 
in  die  kirche  eingeführt  haben?) 

Gegen  die  Papals  hat  er  auch  an  einigen  stellen  des 
dichterischen  Werkes  vom  j.  1657  seine  bemerkungen  zu  machen: 
NOEBEL  CLINOET  DA  L'ORMA.  In  ilg  quäl.  Vain  com- 
pilgia,  tuotta  quai  chia  iminchia  fldela  perfunna,  ha  bfoeng 
pro  feis  entern  Saltid  da  lauair.  Our  dalg  quai  fpo  vaira, 
fcha  la  doctrinna  &  Religiun,  chi  uain  pradgiada  tadlada, 
cretta  &  cufeffada,  in  tuots  ils  defch'  honorads  Comcens  da 
d'Engadinna  baffa,  faia  Ve'lgia  u  Nouua;  Vaira  u  faufa, 
Diuinna  oder  Humauna.  Deck  mis  auant  e  confirma,  our  dals 
deich  Comondamaints,  ilg  Bap  nos,  &  la  Creadentlcha,  per 
amur,  fauur,  &  recreatiun  da  tuotta  la  Juuantüna  da  ditta  terra, 
eir  mis  chi  fpoffa  chiantar.  Tras  JOAN  PITSCHEN  SALUTZ. 
M  DC  LVII.  In  den  drei  diehtungen  tritt  jedesmal  jede  ge- 
meinde und  ganz  Engadin  redend  auf.    Er  fängt  so  an: 


336  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Ilgs  deich  Commandamaias;  fpon  chiantar  in  la  notta  dalg 
Pfalm  147.    Ludad  Deis  Vuo  fidelfe. 

Engadina. 
Ils  deich  comondamainfe, 
5    Vain  Nuo  arffchüd  da  Deis. 
Stats  Scrits  in  taflas  d'crappe, 
E  dats  alg  poeuel  feis. 
La  Reigla  da  tuot  quaie, 
Chel  voul  hauair  da  Nuo. 
10    Perfet  alaint  Compraife 
Da  Tfchel  ans  tramis  giuo. 

Da  Deis  uains  aniandufe, 
Taunt  l'orma  co  ilg  Corp. 
Con  amasdus  a  Deife, 
15    Seruir  dens  fin  la  mort. 
Dalg  maal  fick  ans  artrare, 
Elg  bcen  quel  far  da  Cour. 
Da  feis  pla;d  ns'alagrare, 
Da  tuot  temp,  our  &  our. 

20        Nos  Deis  ün  Spiert  asterne 

Voul  quai  cli'nuo  pilgien  aint. 

Seis  poeuel  our  d'Egipta, 

Ilg  ha  fat  trar  dauent. 

Eir  Nuo,  d'la  tirania, 
25    Da  Satan  dalibra. 

Sco  quai  aint  in  les  fatte 

Ais  Cler  ftat  figiüra. 

Ilg  prtim  Commondamaint. 
Zarnez. 
30        Eau  falf  par  ilg  meis  Deile, 

Ilg  Deis  da  d'Ifrael. 

Seis  poeuel  quel  cufalua; 

Culalua  maij  es  meis. 

Meis  Cour  utruo  nun  rainte 
35    Ourduart  da  quel  inlgiur. 

Da  chie  ehia  eau  nai  maunguel, 

Chiat  Tuot  pro  quel  Singur. 


2.    Das  Schrifttum  in  Graubiinden.  337 

Ilg.  2.    commondamaint. 

Sufch. 
Quel  Deis  brick  con  imagnas 
Nun  voul  ngir  prafchanta  usw. 

AnmerkungeD.  Ipon  chiantar:  sie  können  gesungen 
werden.   —   2   Der   psalm    ist   aus   Chiampel   angeführt.   — 

5  haben  wir  bekommen;  nuo  ist  in  diesem  büchlein  in  der 
regel  mit  grossem  anfangsbuchstaben  und  in  liegender  schrift 
gedruckt.  —  8  die  Vorschrift  für  all  das,  was  er  usw.  — 
10  alaint  darin.  —  11  Das  vb.  fiuitum  wird  aus  z.  5  zu  er- 
gänzen sein;  denn  das  perf.  von  mittere  ist  matet,  nicht  mis.  — 
12  Dai,  1.  da;  vains  =  vain  nuo.  —  16  des  bösen  uns  recht 
enthalten  und  das  gute,  das  vom  herzen  tun.  —  25  dalibra: 
ilg  ha  dalibra.  —  26  aint  in  les  fatt :  in  ipso  facto.  —  30  falf 
von  favlar?  —  33  rette  mich  und  die  meinigen.  —  34  raint 
1.  p.  sg.  von  rantar  (haerent-are);  utruo  altrove,  inlgiur  irgend- 
wo. —  36  Woran  ich  auch  mangel  habe,  das  finde  ich  alles 
bei  diesem  Herrn. 

Nach  den  u.-eng.  gemeinden  (vgl.  Decurtins,  Chrest., 
wo  die  zwei  anderen  dichtungen  abgedruckt  sind)  kommt 
wieder  das  ganze  Engadin  zu  worte:  Amar  dens  Nuo 
nos  Deife.  Elg  proffam  Ico  a  Nuo.  In  quai  fta  tuot  com- 
praile  usw. 

Endlich  hat  Salutz  auch  angefangen,  das  A.  T.  zu  tiber- 
setzen; zuerst  die  Genesis: 

DA  LA  BIBLIA.  Ilg  prttm  cudalch  dalg  Songk  Profeed 
MOISIS.    NOMINAD  GENESIS.    Tut  our  da  pltis  Linguacks, 

6  miß  in  la  ulitada  lingua  da  la  honorada  terra  da  d'Engadina 
Bafla  . .  .  TRAAS  JOAN  PITSCHEN  SALUTZ,  Minilter  dalg 
pla3d  da  Dieu,  in  Laguin.    Stampad  in  TVRY  1657. 

Entsprechend  betitelt  kam  dann  das  2.  buch,  NOMINAD 
EXODUS,  im  j.  1662  heraus,  aber  nicht  in  Zürich,  sondern  in 
Schuls.  In  einigen  exemplaren  waren  überdies  (mit  fort- 
laufender Seitenzählung)  acht  kapitel  des  Leviticus  enthalten. 
Decurtins  bringt  reichlich  proben  davon,  auch  das  vorwort 
zur  Genesis  (worin  S.  sein  leben  erzählt).  Ich  füge  hier  die 
Oblervatiun  zu  vers  26  (Dauo  quai  dis  Deis  fadlchain  ilg 
craftiaun  .  .  .)  hinzu: 

Gärtner,  Rätorom.  spr.  u.  lit.  22 


338  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Quel  plsed  (homo)  latin,  parnmr  da  la  fcarfdat  da  nos 
linguag,  ais  greif  a  nuo  alg  metter,  con  tin  Nuom  in  nos  plsed. 
&  vain  in  la  S.  Scritiira  luvend  nianzunad.  Ais  bfoeng  qui 
dalg  declarar,  in  ün  löc,  chi  fatisfetfcha  a  tuots. 

Quel  plsed  latin  (homo)  in  quift  chiapittel,  &  utro  in  la 
S.  Scritiira  compilgia,  taunt  la  femna  co  ilg  mafchiel,  taunt 
la  Duonna  co  ilg  huom;  ftonni  dimena  ngir  mis  oura  eir  in 
tal  moed,  chi  compilgia  ingeneral  amasdus,  brichia  deck  lttn 
in  fpeeial. 

Alg  metter  oura  con  quel  nuom  (huom)  fco  l'ais  mis  in 
ilg  Teftamaint  puter  da  partuot,  fchi  ais  el  maffa  feiars. 
Parchie  tuot  sä  quai,  chia  cur  ch'nuo  dfchain:  quel  huom, 
fchi  ma  nun  inclegianuo,  chi  fea  Unna  duonna  u  Unna  femna, 
mo  laimper  deck  ilg  Mafchiel. 

Eau  dimena  par  melger  inclet,  nai  mis  quel  plsed  latin 
(homo)  in  noffa  Lingua  (craftiaun).  Ilg  quäl  Compilgia  taunt 
la  femna  co  ilg  Mafchiel  &  denotefcha  Unna  Creatüra  con 
inteilet  creada  a  limagna  da  dieu.  Ilg  quäl  Nuom  po  ngir 
dat  a  tuottas  Natiuns  da  l'humauna  generatiun. 

Vfchea  ais  intaunter  quel  nuom,  Craftiaun,  &  Chriftiaun 
gronda  differentia:  parche  Chriftiaun  uain  naun  da  Chrifto 
&  conpilgia  in  fai  deck  quels,  chi  cufeffan  &  craien  in 
Chriftum  .... 

Wir  müssen  dem  beistimmen:  crastiaun  bedeutet  eben 
„mensch",  die  wiedergäbe  durch  huom  ist  dürftig,  ja  unrichtig 
im  Testamaint  puter  (puter  breiesser,  Oberengadiner). 

Während  wir  dem  bibelübersetzer  für  diese  Sorgfalt 
dankbar  sind,  müssen  wir  bedauern,  dass  er  es  für  not- 
wendig hielt,  die  veralteten  und  gekünstelten  perfektformen 
einzuführen.  In  den  anderen  Schriften,  ja  sogar  in  der 
vorrede  zur  Genesis  gebraucht  er  immer  das  zusammengesetzte 
perfekt. 

Noch  zwei  buch  lein  haben  Salutz  zum  Verfasser.  Das 
eine  ist  eine  lange,  nach  deutschem  vorbild  gearbeitete  dichtung, 
Nouva  Relatiun  et  Vaira  Informatiun,  davart  quellas  trais 
Cometas,  las  qualas  s'haun  palantadas,  &  fun  vifas  in  quist 
Onn  dals  1661  (Decurtins)  und  Medicina  da  Scuola,  Schuls 
1661,  ein  Schulbuch  für  kleine  kinder  (fibel,  rechenbuch,  die 
teile  der  hl.  sehrift  u.  a.). 


2.    Das  Schrifttum  iu  Graubtindcn.  339 

Von  N.  A.  Vuolp  oder  Vulpius  haben  wir  (s.  334)  nur 
gehört,  dass  er  mit  liebe  und  dankgefiihl  seine  verstorbene 
gattin  besingt.  Er  muss  aber  auch  einen  heissen  glaubenseifer 
betätigt  haben;  denn  P.  demente  (Istoria  delle  Missioni . . ., 
1702)  nennt  Nie.  Ant.  Volpio  und  Stef.  Gabriele  „Ministri 
di  Satanasso".  In  der  tat  hat  er  im  73.  lebensjahre  (1655) 
die  Übersetzung  der  psalmen  Davids  vollendet.  Diese  gab 
dann  sein  söhn  Jakob  Anton  Vulpius  1666  heraus,  indem  er 
zum  singen  eingerichtete  psalmen  und  andere  geistliche  lieder 
hinzufügte;  der  singbare  teil  erschien  auch  als  eigenes  buch. 
Die  beiden  titel  sind:  Biblia  Pitschna.  Quai  ais  ils  Psalms 
tots  CL.  Da  noav  vertids  in  Romanfeh  d'Ingadina  baffa.  Tras 
Nicolaum  Anthonium  Vulpium.  Et  tras  Jacobum  Anthonium 
Vulpium,  eun  alchtins  Psalms  da  cantar  &  autras  Canzons 
Spiritualas.  Schuls  1666.  Ferner:  XXX  Psalms  da  David. 
Alchtins  tenor  la  melodia  dal  Lobvaffer;  alchttns  tenor  la  velga 
melodia  Tudaifckia.     Tras  Jac.  Ant.  Vulpium. 

Man  beachte,  dass  die  Biblia  pitschna  perfektrein  ist;  man 
kann  sich  davon  in  den  psalmen  105  und  106  (Decurtins  VI, 
542 ff.)  leicht  tiberzeugen.  Nachdem  in  dieser  weise  Vulpius 
vater  und  söhn  den  gänzlichen  Untergang  des  einfachen  perfekts 
bezeugt  hatten,  Hess  sich  der  söhn  später,  vermutlich  von 
seinem  mitarbeiter,  dazu  verleiten,  diese  Zeitformen  wieder 
auszugraben,  um  der  bibelsprache  den  —  auch  bei  anderen 
Völkern  begehrten  —  moderduft  zu  verleihen.  Die  bibel  heisst 
(nach  Decurtins): 

LA  BIBLA  Tschantada,  vertida  e  ftampada  in  Lingua 
Rumanfcha  d'Ingadinna  Baffa:  tras  cumtin  cuoft,  e  lavür,  da 
Jacobo  Antonio  Vulpio  et  Jacobo  Dorta.  Stampad  in  SCUOL 
in  Ingadina  Baffa  Tras  Jacob  Dorta  ....  anno  1679.  Als 
probe  daraus  setze  ich  die  bekannte  stelle  aus  Lukas  XV 
hieher: 

Un  craftian  haveiva  duos  filgs.  12  E  '1  plti  juven  d'els 
difs  al  bap:  Bap,  da'm  la  part  dalla  raba  ch'im  tocca.  E  'l  bap 
partit  ad  eis  la  raba.  13  E  pauc  dids  davo,  il  tilg  plti  juven, 
haviand  mifs  infemmel  ogni  chiaufa,  giet  el  inavaunt  feis  viadi 
in  pajais  luntaun:  e  qua  diffipet  el  fias  facultads,  vivand 
diffolutamaing.  14  E  dapö  ch'el  havet  fpais  ogni  chiaufa, 
venn  tina  greiva  chareftia  in  quel  pajais;  tal  ch'el  cumanzet 

22* 


340  Rätoromanisches  Schrifttum. 

ad  havair  bfoeng.  15  E  giet,  e  s'matet  cun  ün  dals  havdaduors 
da  quella  contrada,  il  quäl  il  tramatet  stin  feis  bains,  ä  per- 
chtirar  ils  porcs.  16  Et  el  defiderava  da  s'implir  il  corp  cun 
las  grtifcas  chia  'ls  porcs  magliavan:  mo  ingtin  nu  '1  dava. 
17  Mo  Hand  turna  in  fai  fvefs,  difs  el:  Quants  mercenaris  da 
meis  bap  haun  paun  largiamaing,  &  eug  mour  d'fam!  18  Eug 
voslg  ftar  sti,  e  voalg  ir  pro  meis  bap,  6  '1  völg  dir:  Bap,  eug 
nhai  pecchia  contr'al  tfchel,  ed  avaunt  tai.  19  E  nun  fun  plü 
deng  d'effer  clamä  teis  tilg:  fa  'm  £co  tin  da  teis  mercenaris. 
20  El  dimen'alvet  sü,  e  venn  pro  feis  bap:  e  fiand  el  amo  da- 
lönfch,  il  vazet  leis  bap,  ed  havet  compaffiun  d'el:  e  currit, 
e  s'btittet  via  da  feis  culöz,  e  '1  btitlchet.  21  E  '1  tilg  il  dlchet: 
Bap,  eug  nbai  pecchia  contr'al  tfchel,  ed  avaunt  tai:  e  nü  fun 
plü  deng  d'effer  clamä  teis  tilg.  22  Mo  '1  bap  difs  ä  feis  ferviaints: 
Purtä  qui  '1  plü  bell  viftmaint,  &  il  vaftl,  &  il  mettai  un  ane 
in  daint,  e  fcarpas  in  ils  peis.  23  E  manä  our  il  vade  ingrafchantä, 
&  il  mazä:  e  mangiain,  e  'ns  allegrain.  Perche  quaift  meis  filg 
eira  mort,  &  eis  turnä  in  vita:  eira  pers,  &  ais  dcheu 
chiattä  .... 

In  den  folgenden  Jahrhunderten  ist  an  dem  damals  fest- 
gesetzten bibeltext  fast  nichts  geändert  worden.  Wie  crastian 
(nicht  -aun),  schrieb  man  schon  1743  auch  luntan,  han,  pan; 
statt  dids  1743  dits,  1867  dis;  im  j.  1867:  figl,  vögl  usw. 
(st.  filg,  vcelg);  1812  chiaussa,  1867  chosa;  statt  dapö  1836  dapo, 
1867  dopo;  statt  des  pf.  venn,  gien  (gingen),  1867  gnit  (das  die 
leute  an  das  impf,  gniva  erinnerte),  gettan;  aus  dava  wird  1743 
deva,  1867  daiva;  im  j.  1867  ersetzt  man  vistmaint  durch 
vestimaint,  in  ils  peis  durch  nels  peis,  havet  durch  avet,  mo 
durch  ma,  eug  durch  eu  —  nicht  durchwegs  Verbesserungen, 
sondern  zum  teil  italianisierungen. 

Nach  diesen  vornehmsten  drncksachen  jener  zeit  haben 
wir  noch  eine  reihe  anderer  durchzusehen.  Darunter  ist  das 
älteste  büchlein  von  Otto  Nik.  Pitschen  verfasst:  Euthanasia. 
In  noss  Ladin  miss  oura  tras  Nuot  Cla  Pitschen,  Schuls  1662. 
Es  ist  ein  erbauungsbuch,  das  die  turcht  vor  dem  tode  ver- 
scheuchen soll;  der  kolumnentitel  ist:  Bead'  Art  da  Morir. 
Eine  kleine  stelle  daraus  (s.  45  f.):  Cur  e  vain  la  DESCHA- 
VLA  HURA,  fchi  ti'mpaiffa,  sün  ls  defch  comondamaints, 
examinefcha  tia  vita,  co  tu   hajafch  queus   falva,   &  quaunt 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  341 

luvent  tu  hajafch  queus  furpaffa.  Fä  fco  ün  prudaint  debi- 
tader,  chi  improva  leis  quint  ant  co  ngir  pro  ilg  credader,  co 
eil  polfa  Itar.  ufche  guarda,  co  teis  quint  ftetta  avant  Dieu, 
nö  ir  ä  dorniir,  t'examinefcha  avant  ehe  tu  quel  dy  hajafch 
fat,  &  Icha  tu  chiatafch,  chia  tu  efch  debit  deich  milli  Igivras, 
fchi  croda  gio  sün  tia  Ichnuolgia,  &  rougua  per  pardun  da  teis 
puchiads  . . . 

Hinter  einer  unentzifferbaren  buchstabenreihe  versteckt 
sich  der  Verfasser  der  Streitschrift:  APPELLO  ä  Philippo  dor- 
miente  ad  Philippum  vigilantem.  Caufa,  chi  non  lea  vaira, 
chia  Reformats  dal  Evangeli  fean  apostatats  gio  da  la  vaira 
cretta  da  S.  Petro,  &  velgia  Chriftiana  Bafelgia  Romana;  mo 
Papilts  bain Schuls  1672  (hinten  1673). 

Aus  den  letzten  zwei  Jahrzehnten  meldet  Böhmer  zwei 
katechismen  an,  die  er  selbst  nicht  in  seine  Sammlung  be- 
kommen hat  (1681  und  1689),  ein  noch  weniger  interessantes 
„Formular  pro  '1  servezzen  da  Dieu  in  las  baselgias  da  Engia- 
dina  Bassa"  (1691),  einen  katechismus  (Compendium  religionis 
Christ,  1693),  dessen  Verfasser  sich  Henricus  Ro  bar  ins  nennt, 
noch  einen:  Informatiun  davart  ls'  principals  puoncks  da  nossa 
Christiauna  religiun  . . .  missa  giu  tras  Peder  Danz  (Schuls  1699), 
endlich  noch  einige  religiöse  Sachen,  die  aber  mehr  geistige 
arbeit  darstellen: 

Johann  Justus  Ander,  Speculum  Christianum,  dazu 
einen  Spejel  Christiaun  zum  singen  eingerichtet.    Celin  1681. 

Johann  Martinus,  Philomela;  Quai  ais  Canzuns  spiri- 
tuales,  Tschlin  1684,  im  18.  Jh.  in  Zürich,  Schuls  und  Chur 
wieder  aufgelegt;  Decurtins  bringt  s.  600—630  proben  daraus. 
Mit  Andreas  V.  Rauch  gab  Martinus  1693  in  Zürich  heraus: 
Abyss  dal'reternitat  in  3  cudeschs.  Our  da  divers  authurs  clet 
insembel. 

Matthias  A.  Bisatz,  prediger  in  Cierf,  verfasste  Medita- 
tiuns  saenchias  .  .  .  trattas  our  dalas  medit.  D.  Joh.  Gerh.  Theol. 
D.  p.  m.  Et  denovo  vertidas  in  Romaunsch,  Zürich  1686. 
Approbation  von  Toutschius. 

Jakob  Zaah,  Clinoet  spiritual,  our  da  probats  authurs 
in  Romansch  verti,  Strada  1691  (und  1733). 

Jacob  Dorta  ist  der  Verfasser  des  Fttment  spiritual, 
der  1696  und   1758  in  Schuls  gedruckt  wurde,   und  Jacob 


342  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Henric-Dorta  nennt  sich  der  Übersetzer  von:  La  vusch  da 
Dieu.  Oder  soincs  discuors.  Originalmang  scrit  in  la  lingua 
Inglesa  tras  Richard  Baxter.  E  l'hura  tradtit  in  Franzees 
Mo  huossa  our  d'il    Franzens  verti  in  RumaDSch.    Schuls  1700. 

Das  18.  Jahrhundert. 

Kaum  auf  diese  höhe  der  literarischen  fruchtbarkeit  ge- 
kommen, bleibt  das  Unterengadin  bis  über  die  30  er  jähre  des 
19.  Jahrhunderts  hin  ungefähr  auf  gleicher  höhe  und  auf  das 
gleiche  fach  beschränkt.  Der  erwähnung  wert  ist  etwa  die 
Trommeta  spirituala  per  excitar  tots  dormenzats  pecchiaders, 
in  special  Quels  chi  dormen  in  Baselgia  &  chiasa  da  Deis. 
In  nos  Romansch  tschantä  da  Conrad.  Riola,  Strada  1709. 
Der  grundgedanke  ist  s.  47  ausgesprochen:  Usche  es  la  pauca 
temm  &  reverentia  da  Dieu,  chi  s'fä  vaira  cun  dormir,  intant 
chial  plsed  da  Deis  vain  prsedgia,  ilg  principi  da  totta  Nardä. 
Samson  per  pudair  durmir  lom  stin  '1  ravuolg  da  sia  Delila, 
perdett  sia  vitta;  usche  quels  chi  dormen  in  Baselgia,  stin  '1 
ravuolg  dalla  iufernala  Delila,  perden  corps  &  Ormas.  (vaira 
sehen;  nardä  narrheit;  lom  weich;  ravuolg  schoss.)  Drei  auf- 
lagen hat  erlebt  der  Zardin  da  l'orma  fidela,  da  Ulrico 
de  Salutz,  Chur  1711  (Schuls  1764  und  1791).  Mit  dem  eben 
genannten  Riola  gleich  muss  der  prediger  in  Sins  (Sent) 
Conradinus  Riolanus  sein,  der  ein  märtyrerbuch  tibersetzt  hat: 
Martyrologium  magnum,  oder  il  cudesch  grand  deis  Martyrs  .  .  . 
Primö  stat  tschantä  in  Frances  dapo  in  Todaischk,  &  huossa 
in  noss  Romansch  verti.  Strada  1718.  Endlich  nenne  ich  noch 
Ils  Psalms  de  David,  segond  melodia  de  A.  Lobwasser.  Sco 
eir  otras  tisadas  Festales,  &  Spirituales  Canzuns  ....  tuot  com- 
ponti  &  miss  in  rima  volgare.  Tras  Valentin  de  Nicolai, 
Minister  della  Baselgia  da  Christi  a  Vettan.  Schuls  1762.  In 
der  langen  Prefatiun  spricht  er  unter  anderm  von  Duri  Cam- 
pell Minister  a  Susch,  Jachian  Vuolp  da  Ftan,  Lurainz 
Viezel  de  Zuotz  und  Jachen  Grass  Minister  ä  Prez  n'il 
Heinzenberg.  Über  seine  eigene  übersetzerarbeit  sagt  er: 
Ouravant  tuot  es  stat  mia  chtira  da  m'exprimer  con  ils  plti 
propris  pleds  dal  Spiert  S.  il  sensu  dal  quäl  (la  libertat  sä 
ogni  ün  co  saja  als  Poets  necessaria)  fidelmaing  da  metter 
avant  m'hai  flisagiä,  lhura  m'hai  eir  inservi  di  talas  expressiuns 


2.   Das  Schrifttum  in  Graubünden.  343 

chi  hagien  ün  passabil  transit  pro  qualunque  dialect  da  noss 
Engadina.  Zu  den  in  ganz  Engadin  gangbaren  Wörtern  scheint 
er  besonders  die  unbedenklich  herangezogenen  und  neu  ge- 
bildeten fremdwörter  gerechnet  zu  haben.  In  den  dichtungen 
ist  das  übel  geringer;  zuweilen  aber  kaum  zu  vermeiden,  wie 
z.  b.  im  psalm  150  (2.  hälfte): 

Con  ün  sunn  da  Trombeta, 
Con  Butatschs  chi  strasunan, 
Con  Citras  ch'tin  sdaletta, 
Con  Flceta  con  Posauna, 
Tuots  quants  chi  havais  vit'e  fla, 
Con  Orgels  dad  tin  dutsch  sun, 
Con  Cimbals  d'amabel  tunn, 
II  Segner  quia  celebrä! 

Aber  das  fremdwörterunwesen  ist  gerade  im  Unterengadin 
—  in  den  btichern  —  am  grössten.  Selbst  Jakob  Anton  Vul- 
pius  hat  in  seiner  Historia  Raatica  translatada  et  scritta  in 
lingua  vnlgara  ladina  (1705,  hg.  von  Conr.  v.  Moor,  Chur  1866), 
von  der  der  herausgeber  rühmt,  sie  „mischt  mit  äusserst  ge- 
ringen ausnahmen  keine  fremden  worte  ein",  Sätze  wie  (s.  13): 
Anno  784  ais  succedti  Tello,  l'qual  ha  restaurä  da  fuond  sü 
la  claustra  da  Tisentis,  siond  quella  ruvinada  dals  Saraceners. 
El  dess  eir  havair  sedifichiä  la  baselgia  dal  Vescovat  da  Coira. 
(Da  fuond  sü  =  von  grund  auf,  el  dess,  d.  i.  debuisset,  in  dem 
sinne  von  dicitur.) 

Wie  im  Oberengadin  hat  man  auch  hier  predigten  drucken 
lassen;  s.  Böhmer  zu  den  jähren  1720,  1722,  1725,  1750,  1761, 
1763  (dreimal  auch  noch  im  19.  Jahrhundert).  Mehr  prediger 
als  praktischer  ratgeber  ist  auch  der  Verfasser  [A.  R.  Porta] 
der  Reflexiun8  cristianas  sopra  Tincendi  da  Ftan  arrivä  la  not 
del  ^  Avril  1794  a  desegn  special  da  consolar  &  instruir  'ls 

Incendiats  ....  1795. 

Als  geschäftssprache  das  Unterengadinische  zu  verwenden, 
fällt  niemand  ein;  daher  wird  auch  von  keiner  fibel,  keiner 
Sprachlehre  gemeldet,  bis  endlich  1744  ein  büchlein  erscheint 
unter  dem  titel:  „Der  die  das  oder  Nomenclatura  ..."  und 
1770  (auch  in  Schuls):  „Nomenclatura  Romanscha  &  Todaischa", 


344  Rätoromanisches  schrifttnm. 

diese  von  Jacomo  v.  Cappol.    Nicht  religiös  ist  nur  noch  die 
Chronica  Rhetica  da  Nott  da  Porta,  Schills  1742. 

Das  19.  Jahrhundert. 

Die  religiöse  literatur  nimmt  ein  wenig  ab,  dagegen 
fängt  man  1820,  und  mit  grösserer  Verbreitung  in  den  40er 
jahren  an,  das  Unterengadinische  in  weltlichen  Schriften  zu 
gebrauchen.  Von  den  drucken  der  ersten  art  muss  genannt 
werden:  die  3.  und  die  4.  aufläge  des  N.  T.  (1812  und  1836), 
die  5.,  in  Frankfurt  erschienene  aufläge  (1867),  der  die  von 
An  de  er  und  Vital  durchgesehenen  Psalms  da  David,  tradüt 
in  Romansch  d'Engiadina  Bassa,  beigegeben  sind,  und  die 
6.  aufläge  (Köln  1867),  die  von  der  Bibelgesellschaft  mit  dem 
A.  T.  zu  einer  ganzen  Biblia  vereinigt  sind.  Der  genannte 
pfarrer  Justus  An  de  er  hat  auch  veröffentlicht:  Ils  reformaturs 
Luther  et  Zwingli,  Schuls  1845,  und:  Biografla  da  Filipp  Galli- 
cius,  reformatur  Grischun,  composta  da  Leonhardi,  vertida  .  . . 
Chur  1878. 

Als  spräche  des  gewöhnlichen,  öffentlichen  lebens  tritt 
das  Unterengadinische,  soviel  ich  sehe,  erst  1820  in  einer  art 
kalender  auf:  Tabla  festala  chi  mossa  ils  temps  dellas  festas, 
von  N.  J.  Vital.  Dann  folgen  1822  die  Statuts  della  societad 
d'ajüt  per  ils  Grecs,  von  1822  ab  verschiedene  kalender,  1827: 
Representanza  fatta  d'un  baur  als  seis  convaschins  da  Schuls 
per  l'instituziun  d'tina  schola  comüna,  von  Marchi,  1831:  Pro- 
clam  concernente  il  melioramaint  dellas  scoulas  d'Engiadina- 
bassa,  v.  Joh.  R.  a  Porta,  1842:  Constituziun  del  comtin  da 
Zernetz,  1844:  II  ami  del  contadin  contenant  l'agronomia  pel 
Romansch -Grischun,  1847:  Ledscha  davart  l'execuziun  per  de- 
bits  usw.    Diese  art  u.-eng.  Schriften  nimmt  aber  nicht  zu. 

Für  die  schule  erscheint  1818  in  Luzein  (1831  in  Chur) 
der  Magister  amiaivel,  von  A.  R.  Porta  in  Fettan:  fibel,  viele 
lesestücke,  auf  s.  144  (der  2.  aufl.)  heisst  es  dann:  Imprendai, 
chars  mattets,  eir  tudaisc;  quai  es  tin  bei  e  ntizaivel  linguach. 
Darauf  folgt  einfach  das  ABC  in  frakturschrift  und  sofort 
deutsche  texte  in  gebundener  rede.  1840:  Cudaschet  chi  con- 
tegna  ils  prtims  principis  nel  bustabgiar  et  leer,  von  Joh.  Ulr. 
Vital,  und  1841  fängt  die  Societa  per  la  megloraziun  dellas 
scolas  publicas  ihre  Veröffentlichungen  an. 


3.   Das  Schrifttum  in  Tirol.  345 

Die    weltliche    dichtung    ist    von    1835    an    durch    Über- 
setzungen von  geschichtchen  vertreten. 
Zeitungen  gibt  es  nicht  wenige: 
II  republicano,  Strada  1843. 
L'Aurora  d'Engiadina,  Strada  1843  f. 
Gazetta  d'Inngiadina,  Strada  1852 — 1854. 
L'Utschella,  Strada,  dann  Schuls,  Chur,  1867  f. 
L'Engiadina,  Strada  1868  f. 
Posta  d'Engiadina,  Chur  1871  f. 

II   Progress,    Strada    1871 — 1876,   dann    noch    einmal 

Strada  1877,  und  wieder  Schuls  1880—1882  und 

1882  ff. 

(S.  auch  oben  s.  333  La  dumengia  saira,  s.  323  II  novellist.) 

Medizinisches    enthält:    Premi    per    la    discoverta    dellas 

vairas  virolas  prseservativas  vi  da  vacchias,   Chur  1834,  und: 

Cudesch  d'instrucziun  nel  art  ostatrice,  tibersetzt  von  Mart.  Just. 

Andeer,  Chur  1850.   Landwirtschaftliches:  Catechismo  agrario, 

Schuls  1844  (?).  

Wer  sich  auch  mit  ungedruckten  Schriften  der  Graubtindner 
befassen  will,  wird  durch  die  Chrestomathie  von  Decurtins 
befriedigt  werden,  die  ja  auch  aus  den  drucken  reichlich 
proben  bringt.  Auch  anderswo  sind  handschriften  aus  dem 
romanischen  Graubtinden  veröffentlicht,  vier  oberländische  von 
Decurtins  im  Archivio  glott.  italiano  VII,  149 — 364;  Ascoli 
hat  daran  wertvolle  Annotazioni  über  biegung  und  Wortschatz 
des  Oberländischen  angefügt  (s.  426 — 602). 

3.   Das  Schrifttum  in  Tirol. 

In  Tirol  hat  die  reformation  keine  Schriftsprache  und 
kein  Schrifttum  ins  leben  gerufen;  es  hat  auch  sonst  keine 
gemeinsame  idee  einen  geistigen  Zusammenhang  zwischen  den 
romanischen  tälern  hergestellt.  Wo  in  schrift  oder  druck  eine 
der  mundarten  angewandt  wird,  da  geschieht  es  von  freien 
stücken,  ohne  das  verlockende  beispiel  einer  nachbarmundart, 
wenigstens  nicht  einer  rätoromanischen.  Wir  brauchen  nicht 
nach  der  zeit  der  ersten  Verwendung  als  Schriftsprache  zu 
ordnen,   sondern  gehen   einfach  die  gewohnte  reihe  der  täler 


346  Rätoromanisches  Schrifttum. 

nach  Osten  hin  ab,  um  aus  ihnen  die  spärlichen   literarischen 
versuche  aufzulesen. 

A.   Nonsherg. 

Die  mundartliche  literatur  dieser  gegend  hat  den  Cha- 
rakter der  modernen  italienischen  dialektdichtung:  man  bedient 
sich  der  mundart  vorwiegend  in  gelegenheitsgedichten  zu  ehren 
einheimischer  personen.  Die  liebe  zur  engeren  heimat,  beim 
publikum  so  sicher  vorauszusetzen  wie  beim  dichter  selbst, 
verleiht  dem  gedieht  einen  höheren  wert;  überdies  ermöglicht 
die  heimische  mundart  mehr  und  packendere  scherze  als  die 
feierliche  bttchersprache;  und  endlich  schneidet  man  so  den 
kritikern  von  vornherein  die  vergleichung  mit  den  grossen 
klassikern  ab.  Unter  dem  schütze  der  Volkstümlichkeit  wagt 
sich  mancher  auf  den  rednerstuhl,  dem  die  bttchersprache  nicht 
geläufig  genug  wäre.  Der  volkstümlichen  spräche  entspricht 
freilich  nicht  immer  die  sonstige  form  solcher  dichtungen, 
z.  b.  nicht  der  ältesten,  die  man  im  Nonsbergischen  kennt: 
IN  OGGHIASION  CHE  VA  AL  POSSESS  DEL  PRENCIPAT 
DE  TRENT,  Con  en  gust  ed  la  gent  che  mai  pü  tant  SO 
AUTEZZA  KEVERENDISSIMA  BONSIOR  PIEDER  MIGH1EL 
VEGILI  GIAMBATTISTA  VETTOR  DEI  CONTI  ED  CHIA- 
STEL  THONN  PAMFOLEGHIA  EN  LENGVA  NONESA.  Trient 
1776.  Seine  hoheit  den  grafen  Thun  wird  das  unterhalten 
haben,  aber  das  volk  selbst,  das  die  mundart  sprach,  wird 
nicht  alles  verstanden  haben  —  auch  wir  könnten  einen 
kommentar  brauchen,  wenigstens  sachliche  erklärungen,  wie- 
wohl wegen  der  sonderbaren  Schreibung  auch  von  sprachlicher 
seite  Schwierigkeiten  hinzukommen.  Man  findet  das  ganze 
(726  verse)  in  Böhmers  Romanischen  Studien  III  (Nons- 
bergisches  s.  1 — 84).  Ogghiasion  wird  wohl  otyß&ön  zu  lesen 
sein  (vgl.  chiastel  d.  i.  txast$l);  das  volk  aber  dürfte,  wenn  es 
das  schriftitalienische  occasione  kannte,  oJcaz'öw  ausgesprochen 
haben,  und  die  form  mit  t%  (gghi)  ist  dann  nur  zum  schein 
nationalisiert.  Man  erkennt  in  solchen  Schriften  oft  das  streben, 
sich  von  der  Schriftsprache  recht  zu  entfernen;  dabei  tut  man 
der  mundart  zuweilen  gewalt  an,  ein  andermal  trifft  man  in 
diesem  sinne  nur  die  wähl  zwischen  zwei  mundartlich  richtigen 
ausdrücken.    Der  entgegengesetzte  zug,  die  Verfälschung  der 


3.   Das  Schrifttum  in  Tirol.  347 

mnndart  durch  formen,  Wörter  und  Wendungen  einer  Schrift- 
sprache, macht  sich  hier  viel  seltener  bemerkbar,  als  in  Grau- 
bünden,  wo  die  mundart  in  allem  ernst  zur  Schriftsprache  zu 
erheben  war;  hier  wird  nur  getändelt,  gescherzt  —  pamfoleghia 
verstehe  ich  wenigstens  als  bamboleggiato.  Ob  die  entstellung 
des  Zeitwortes  zu  pamfolegiar  schon  der  mundart  angehörte, 
oder  erst  dem  scherzenden  dichter,  weiss  ich  nicht.  Dasselbe 
gilt  von  Bonsior  für  Monsignore.  Sicherlich  erst  dem  dichter 
zuzuschreiben  ist  die  scherzhafte  betonung  Nonesi  statt  Nönesi 
im  reim  mit  Giudicariesi  (vers  278).  Zum  Verständnis  des  titeis 
werde  ich  vielleicht  noch  sagen  müssen,  dass  „en"  der  artikel 
uno  ist  und  „ed"  die  präp.  di.  Unterschrieben  ist  die  Schrift 
mit  einem  decknamen  (Nardoleo  Circio).  Aus  derselben  zeit 
sind  noch  zwei  dichtungen  erhalten: 

PER  ESSER  DEVENTÄ  VESCOU  E  PRENCIP  ED  TRENT 
E  MARCHIES  ED  CHIASTELLARA  &  C.  EL  SIOR  CONT 
CHIALONEGH  PERO  DE  THUNN  Chiantada  sclett  per  Nones, 
dedichiada  Ai  Conti  ed  Thunn.  [Trient  1776.]  Am  schluss 
heisst  es,  dass  „Dottor  Siel  da  Cles"  diese  Nonesada  gemacht 
habe.  Dieser  Canonicus  Thun  wird  immer  Pero  genannt, 
während  jener  Monsignore  Pieder  hiess.  Das  zweifelhafte  wort 
ochiasion  ist  nicht  angewandt,  dafür  ein  infinitivsatz  (mit  Sub- 
jekt!), der  gewiss  nicht  volkstümlich  ist,  und  ein  jenem  wort 
ebenbürtiges  dedichiar.  Das  gedieht  ist  etwas  leichter  zu  ver- 
stehen als  das  erste;  die  Schreibung  ist  nicht  ganz  dieselbe. 
Auch  das  dritte  besingt  das  haus  Thun: 

PER  LE  NOZZE  DEL  SUR  CONT  MATTEO  ED  CHIA- 
STELL  THUNN  COLLA  SIORA  CONTESSA  MARIANNA  ED 
SINZENDORFF  NONESADA  Dedichiada  al  Sur  Cont  VEGILI 
ED  THUNN.  Trient  1777.  Im  gedieht  wird  der  grafenname, 
wie  im  ersten  gedieht,  Thonn  geschrieben,  oder  Thon  und  mit 
Vall  de  Non,  chianzon  u.  dgl.  gereimt,  aber  auch  mit  adun 
(im  ersten  auch  mit  Comun;  das  zweite  ist  bis  auf  den  schluss 
reimlos).  Im  letzten  (158.)  vers  nennt  sich  der  dichter:  „el 
Siel  da  Cles".  Eine  familie  Siel  (ital.  Sielli,  lat.  Siellins  ge- 
schrieben) hat  in  Cles  bestanden,  wie  Herr  Dr.  L.  Oberziner 
in  Trient  gefälligst  mitteilt.  Diese  drei  drücke  aus  dem  18.  Jahr- 
hundert und  einige  nonsbergische  handschriften  ans  dem  19. 
druckt  Böhmer  im  3.  bd.  der  Rom.  Studien  ab. 


348  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Mehr  als  ein  halbes  Jahrhundert  später  regt  sich  wieder 
die  lust  in  nonsbergischer  mundart  zu  scherzen.  Am  eifrigsten 
istJosefPinamonti.  Von  ihm  ist  El  peuver  balos  (der  arme 
schlucker,  1839)  und  eine  längere  dichtung:  Le  strade  e  i  ponti 
de  la  val  de  Non.  Comedia  d'un  sol  atto  e  d'una  sola  sena 
(Trient  1835).  Nachdem  die  leute  viel  für  und  wider  die  an- 
legung  von  Strassen  und  brücken  gesprochen  haben,  triumphieren 
diejenigen,  die  dafür  waren;  „el  sior  gioven"  macht  den  be- 
schluss  singbar,   damit  er  von  den  mädchen  verbreitet  werde: 

Strade  e  ponti  sarä  fatti 
A  despet  de  ci  no  vol; 
I  vorruou  sti  pouri  matti 
Che  'n  rompessen  giambe  e  col. 

5    Ei,  se  i  vuel  stentar,  patroni! 
Noi  sen  stufi  ed  spantegiar, 
Nö,  no  sen  pü  si  mincioni 
Da  far  vite  da  crepar. 

Noi  per  far  i  fatti  nossi 
10        Volen  nar  de  cä  e  de  lä 
Senza  val,  e  senza  dossi, 
Tant  d'invern  come  d'istä. 

Oh,  che  godio,  che  allegrla 
Che'l  serä  per  sposa  e  spos 
15        El  giatarse  en  compagnla 
Su  i  bei  ponti  sora  '1  Nos! 

Oh,  che  gusto  per  sti  putti 
Poder  esser  en  t'un  saut 
A  donar  o  fiori  o  frutti 
20        Senza  tema  'd  fred  o'd  ciaut! 

Oh,  che  bei  i  dl  de  festa 
Dopo  besper  nar  a  spas, 
Nar  da  chela,  nir  da  chesta 
Senza  mai  dar  en  t'un  sas!  Usw. 

Anmerkungen.  2  de  neben  ed  (6),  wie  vol  neben 
vuel  (5).  —  ci,  ital.  chi,  s.  s.  220.  —  3  vorruou  mit  uo,  vuel 


3.   Das  Schrifttum  in  Tirol.  349 

mit  ue;  in  Corredo  spricht  man,  wenigstens  heutzutage,  beide- 
mal uo  aus,  in  Tres  beidemal  ue  (vgl.  s.  253  und  158).  — 
5  patroni:  so  steht  es  ihnen  frei.  —  6  spantegiar  keuchen, 
sich  abmühen  (pantex?).  —  7  mincioni  tosk.  Schreibung  der 
ven.  ausspräche  des  bekannten  Wortes.  —  9  nossi  unsere.  — 
15  giatar  finden.  —  16  Nos  der  fluss  Noce;  reimt  mit  sposo.  — 
18  en  t'un  saut  in  einem  sprung.  —  20  ciaut  tosk.  Schreibung 
der  nonsb.  ausspräche  des  Wortes  calidum.  —  22  nach  der 
vesper  spazieren  zu  gehen.  —  24  ohne  sich  je  an  einem  stein 
anzustossen. 

Wieder  um  etliche  jähre  später  errang  Peter  Sgara- 
muzza  einen  ruf  als  nonsbergischer  dichter.  El  Nones  zivi- 
lizza  (Trient  1862)  wird  oft  genannt;  dieser  druck  ist  aber 
nicht  nonsbergisch,  sondern  der  Nonsberger  hatte  sich  da  noch 
weiter  zivilisiert:  er  spricht  schon  ganz  die  ven.  mundart  des 
südlichsten  teiles  von  Tirol.  Böhmer  hat  von  dem  Verfasser 
selbst  erfahren,  dass  die  dichtung  ursprünglich  nonsbergisch 
abgefasst  war,  und  zwar  in  der  mundart  von  Cles,  die  übrigens 
ohnedies  schon  mehr  venezianisiert  ist  als  die  der  minder 
wichtigen  orte  des  tales;  im  3.  bd.  der  Rom.  Stud.  s.  44 — 46 
sind  einige  verse  der  1.  fassung  abgedruckt.  Ich  setze  4  verse 
hierher,  daneben  dieselben  nach  dem  drucke: 

Ms.  1860.  Druck  1862. 

Anquei,  compare,  le  San  Sil-     Ozzi    compadre    le    Sam    Sil- 
vester; vestro, 

Fuer  cia  velada,  '1  gile  'd  man-     För  la  velada  '1  zile  'd  man- 
zester,  zestro, 

Volen     far     festa,     e     farge     Volem    far    fraja,    e    farghe 
onor;  onor; 

Perce    dei    veccli    le   '1    pro-     Perche    dei   vezzi    le   '1    pro- 
tettor!  tettor! 

Die  nonsbergische  muse  verstummt  allmählich.  Es  ist 
noch  Johann  Manincor  zu  nennen  (s.  Böhmer  im  Verzeichnis) 
und  Dr.  Sicher.  Eine  dichtung  von  diesem  ist  von  Dr.  Carlo 
Ossanna  im  j.  1884  mit  erklärungen  herausgegeben  worden: 
Nozze   De  Eccher-Raich   Mezzacorona   1884    (Trient,   Scotone 


350  Rätoromanisches  Schrifttum. 

e  Vitti  1884).  Dall'Isola  't  Sardi  en  mez  al  mar,  lontana 
rnez  dl  da  ciasa  del  Diaol,  mandi  [sende  ich]  sta  snonesada 
all'amigo  Don  Beppo  da  Sfruz.  Der  Hg.  bemerkt  dazu:  Questa 
lettera  fu  scritta  dal  defunto  Bartolo  Dr.  Sicher  nel  Feb- 
braio  1874,  pochi  mesi  dopo  la  sua  nomina  a  professore  nel 
R.  Liceo  di  Sassari. 


Jetzt  haben  wir  das  Etschtal  zu  überspringen.  Im  süd- 
lichsten teil  Tirols  wird  ein  Venedisch  gesprochen,  das  sich 
vom  Venezianischen  besonders  durch  drei  merkmale  unter- 
scheidet: durch  den  konsonantischen  auslaut,  das  auslautende 
m  für  n  nach  betonten  vokalen  und  durch  le  für  xe  (lat.  est). 
Rovereto  hat  vom  ende  des  18.  Jahrhunderts  bis  in  die  mitte 
des  19.  nicht  wenig  gedichte  in  diesem  „dialet  de  Rovre" 
geliefert.  Hier  als  beispiel  ein  gelegenheitsgedicht  von  Dome  nee 
Ravagn  d'Isera  auf  Don  Beppo  Bergamin  de  Usolengo  nel 
finir  con  frut  el  so  Quaresemal  en  la  parochia  de  Isera 
Tarn  1808. 

No  go  mai  fat  Soneti  en  vita  mia, 
E  pur  sta  volta  voi  tentar  de  farlo, 
E  se  credes  ancora  de  copiarlo, 
Pos  dir  almanc,  che  ho  scrit  de  poesia. 

Fazzo  l'osto,  l'e  vera,  e'n  casa  mia 
Go  pu  bocai  che  libri:  raa  se  parlo 
Quande  el  cervel  arrivo  po  a  scaldarlo, 
Parlo  en  rime  e'n  latim  de  fantasla. 

Donca  su  alegri;  e  za  che  se  sl  dot, 
Sl  bom  da  predicar,  e  far  profit, 
Receve  sto  Sonet  benche  el  sia  zot. 

Cognosso,  che  nol  ga  revers,  ne  drit: 
Ma  varde  el  cor  sencer,  che  l'ha  prodot, 
E  prim  di  criticarlo  chi  l'ha  scrit. 

Später  hat  sich  die  spräche  Roveretos  noch  reiner  ge- 
staltet; die  auslautenden  -m  für  -n  sind  in  Südtirol  in 
abgelegene  orte  verdrängt.  Der  alte  dialet  de  Rovre  ist  ver- 
stummt. 


3.    Das  Schrifttum  in  Tirol.  351 

Auch  Trient,  das  sich  durch  die  lombardische  ausspräche 
von  u  und  Ö  wie  ü  und  ö  auszeichnet,  verliert  an  eigen- 
türnlichkeit;  es  hat  übrigens  nie  so  fleissig  in  der  mundart 
gedichtet  wie  Rovereto.  Als  beispiel  will  ich  ein  stück  aus 
dem  kürzlich  erschienenen  btichlein  von  G.  Mor  anführen: 
Figaro  su,  Figaro  giü!  Collana  di  100  sonetti  in  dialetto 
trentino.  Trento  1907.  Im  31.  Sonett  hat  sich  der  barbier 
entschuldigt,  dass  er  wegen  der  fremden  kundschaften  auf 
sein  schild  „friseur"  gesetzt  habe;  daran  knüpft  das  32.: 

Del  rest  nö'l  creda  miga  che  '1  Cuce'ti 
nö  l'ama  '1  so  paes.    Eh  nö,  siö>:   qu^sta 
la  scarto.    G'averö  tuti  i  difeti, 
ma  questo  nö;  ghe  fazzo  'na  protesta. 

El  so  che  s£m  taliäni  neti  e  s-cieti, 

e  i  lo  sa  anca  '1  me  Carlo  e  la  me  Ernesta, 
perche',  ghe  devo  dir,  g'hö  dö  fioleti 
che  i  tira  tutt  dre  a  mi pie'ni  de  testa! 

Gh'e  spezie  pö  '1  me  Carlo,  che  a  dretiira 
l'e  'n  möstro  per  inzegno, . . .  en  talentön! 
Lu  '1  g'ha  'na  sl  magnifica  scritüra, 

e'l  fa  sl  nett  le  so  composiziön, 

che  pe'nso  ch  '1  ghe  'n  sa  'n  literatüra 
man  a  man  cöme  '1  Dante  a  la  staziön! 

(Das  Dantestandbild  am  Trienter  bahnhof.) 
Der  untere  teil  des  Avisiotales  gehört  gleichfalls  sprach- 
lich zu  Venetien  und  hat  sich  auch  die  lomb.  ü  und  ö  ange- 
wöhnt. Das  Fleimserische  (fiemmazzo),  das  bei  Cavalese  ge- 
sprochen wird,  nicht  das  bei  Predazzo  (predazzano),  beschreibt 
ein  ungenannter  in  einer  hs.  aus  der  ersten  hälfte  des  19.  Jahr- 
hunderts (Museum  Ferdinandeum  in  Innsbruck)  ziemlich  genau. 
Aus  dieser  und  einer  ähnlichen  kürzeren  hs.  über  diese  mund- 
art ersieht  man,  dass  in  den  letzten  70—80  jähren  das  Venedische 
reiner  geworden  ist.  Die  handschriften  lehren  noch :  gesa  (kirche), 
spaner  (ausbreiten),  vener  (verkaufen),  fradie  (brüder),  t'es  (bist), 
ameda  (tante),  aissuda  (frühling),  formen  und  Wörter,  die  jetzt 
nur   noch    in   Predazzo,    Moena   oder    im    Fassatal    fortleben, 


352  Rätoromanisches  Schrifttum. 

während  man  in  Cavalese  sagt:  tseza,  spandejr,  vender,  fradej, 
te  ses,  zia,  primavera. 

B.   Fassa. 

Aus  diesem  tal  weiss  ich  nur  ein  einziges  gedrucktes 
gelegenheitsgedicht  anzuführen.  Christian  Schneller  hat  im 
jähre  1864  davon  eine  abschrift  genommen  und  mir  diese  vor 
einigen  jähren  geschenkt.    Darnach  ist  der  titel: 

'N  occasiong  che  '1  reverendissem  preve  Don  Valentin 
Partei  toi  posses  della  pief  de  Fassa  '1  di  de  sen  Xang 
de  Xugn  del  1856  'na  tgiantzong  per  la  xent  bona.  (Rovereto 
1856).  Motto:  Oves  meae  audiunt  vocem  meam.  Mie  fede 
scouta  mia  os.  Sen  Xang  X,  27.  Das  gedieht  hat  30  Vier- 
zeiler und  fängt  so  an: 

Stasong  algegress!  ting,  tong,  tang, 
Tirä  polit  chelle  tgiampane! 
Pum  pum  pum  pum  —  Sbarä  par  Diane, 
L'e  'n  piovang  nef  e  l'e  sen  Xang! 

Voi  orghenist  sonä  su  beng! 
Prest  clarinetg,  flautg  e  subiotg 
Tree!   Tombre,  bombardogn,  fagotg 
Soffiae  it,  par  di  de  leng! 

(fen  Xang,  Sioffiae  sind  druck-  oder  Schreibfehler, 
hier  richtig  gestellt;  it  =  intus.) 

Unterschrieben  ist:  Chel  preve  de  Zepong;  Schneller 
fügte  in  klammern  hinzu:  Brunelli. 

Darauf  antwortet  dann  ein  gedieht  von  42  Vierzeilern, 
von  dem  ich  nicht  weiss,  ob  es  gedruckt  worden  ist.  Der 
titel  lautet  in  der  hs.,  die  ich  wieder  Schneller  ver- 
danke, so: 

L  Viva  della  sagra  de  Moena,  e  la  critica  del  preve 
de  Valantin  contra  la  cianzon,  fatta  dal  preve  de  Sepon  in 
occasion  del  posess  de  Don  Valantin  Partei,  che  ha  tout 
della  Pief  de  Fassa  el  di  de  Sen  Sang  de  Sugn  del  1856. 
Dieses  hoch  vom  kirchweihfest  von  Moena,  das  zugleich  eine 
kritik  des  vorigen  gedichtes  enthält,  gehört  vielleicht  noch 
demselben  jähr  1856  an.    Nachdem  an  der  tafel  im  pfarrhaus 


3.  Das  Schrifttum  in  Tirol.  353 

von  Moena  „ora  per  Talian,  ora  valeh  per  Todesch"  geredet 
worden  war,  bringt  der  dichter  „per  Fassang"  ein  hoch  dem 
dekan  von  Ciavaleis  (Cavalese)  aus,  dann  dem  von  Fassa, 
dem  kuraten  von  Moena,  dem  langen  kaplan,  dem  schwarzen 
doktor  usw.  und  fährt  so  fort: 

Oho  adess  amö  viva  el  preve  de  Sepon 
Che  ai  pares  Fasseng 
Per  auter  bong  Cristieng 
La  fat  na  curiosa  cianzong. 

La  scomenza  cosi; 
Stasong  agliegres!   Tin,  ton,  tang, 
Come  e  senti. 
Che  l'ha  scrit  per  Fassang.    Usw. 

Anmerkungen.  Amö  noch.  —  Sepon  (im  druck:  Zepong) 
Josef,  Sepp.  —  Fasseng,  d.  i.  faseny  oder  faseny,  plur.  von 
Fassang,  d.  i.  -an.  —  per  auter  übrigens.  —  stasong  1.  p.  plur. 
von  stare.  —  come  e  senti?  Man  würde  aede  sentü  er- 
warten. 

Der  Dichter  des  ersten  gedichtes  verlebte  seine  letzten 
jähre  als  kurat  in  Greden,  hat  aber  in  seinen  zwei  späteren 
dichtungen  auch  wieder  seine  heimatliche  mundart  verwendet. 
Die  eine  heisst: 

Grottol  ossia  dialoghi  e  scene  pastorecce  in  Fucchiada 
di  Soraga.  Trient  bei  Monauni,  o.  j.;  es  ist  1883  gedichtet, 
wie  aus  dem  ausdruck  „ehest  an  1883  ai  14  de  xene"  (s.  24) 
zu  schliessen  ist.  Rifesser  schrieb  mir  auf  meinen  abdruck 
hinzu:  „Composto  da  Don  Giuseppe  Brunei  di  Soraga  in 
Fassa,  Curato  a  S.  Udalrico  in  Gardena"  (gestorben  am 
6.  april  1893).  Das  kleine  büchlein  von  25  Seiten  ist,  ebenso 
wie  das  folgende,  sehr  zu  empfehlen  —  dass  darin  die 
Deutschen  nicht  gut  wegkommen,  ficht  uns  nicht  an.  Die  erste 
szene  fängt  mit  einem  Volkslied  an: 

L'aga  frestgia  e  la  polenta 
L'e  la  speisa  del  pastor 
Col  bong  temp  '1  se  contenta 
E  l'e  dut  de  bong  umor  — 

Gärtner,  Bätorom.  spr.  u.  lit.  23 


354  Rätoromanisches  Schrifttum. 

L'aga  frestgia  e  la  polenta 
L'e  la  speisa  del  pastor  — 
Canche  'l  pief  e  canche  '1  venta 
L'e  dueant  de  mal  umor. 
» 

Die  Schreibung  ist  ähnlich  wie  1856  (x  =  i),  aber  mit 
etwas  mehr  folgerichtigkeit  angewandt.  Eine  kleine  rolle  ist 
in  einer  ven.  mundart  geschrieben.  Das  andere  schriftchen, 
nur  um  wenig  grösser,  heisst: 

I  Pittores,  commedia  e  atzetta  (lies:  commedia  catzetta, 
d.  i.  oberfassanische  k.)  in  tre  atti.  Trient,  Monauni  o.  j.  Auch 
ohne  namen:  der  Verfasser  hielt  es  wohl  nicht  für  passend, 
seinen  namen  unter  Schriften  von  so  derber  Volkstümlichkeit 
zu  setzen.  In  der  volkswirtschaftlichen  vorrede  spricht  er 
„in  Brach",  d.  i.  unterfassanisch,  seine  eigene  mundart,  nicht 
catzet. 

In  der  letzten  zeit  wird  manchmal  eine  politische  flug- 
schrift  in  Innsbruck  gedruckt  und  im  tal  verbreitet.  Das  blatt 
„De  le  scole  fasane"  (1906)  fängt  so  an: 

0  let  la  lettera  averta  de  i  preves  fasegn  e  son  restä 
de  sas  a  veder,  che  chis  siniores  preves  i  fas  politica  con  la 
religion  per  tegnir  i  pöres  fasegn  sot  le  sgrifie  de  la  irredenta 
contraria  a  la  nosa  nazioualitä  fasana  ladina,  contraria  a  la 
nosa  patria  tirolese  e  contraria  al  nos  augusto  imperator.  Per 
ehest  cogne  proprio  far  dotrei  osservazion. 

El  sugo  de  dute  le  ciaeole  de  chis  siniores  preves  le, 
che  per  la  felicitä  de  i  fasegn  basta  saer  ben  la  religion, 
e  saer  dalvers  el  talian,  e  che  l'imparar  el  todesk  le  la  ruina 
de  Fasa  e  de  i  fasegn. 

Patriotc!  aede  mai  sentü  na  asenada  piü  grana  che 
chesta?  e  peisi  proprio  chis  siniores  preves,  che  fosane  amö 
a  chi  tempes,  che  i  fasegn  cherdea  a  le  strie  e  a  le  brego- 
stane?    Chi  tempes  i  e  pase,  e  speron  che  no  i  retorne  piü. 

Unterschrieben  ist  Un  fasan  che  ama  de  chör  la  patria 
fasana. 

(0  let  =  ich  habe  gelesen;  de  sas  versteinert;  pöres 
arme;  cogne  ist  es  nötig;  asenada  eselei;  peisi  denken  sie; 
fosane  wir  wären  noch  in  den  zeiten  .  .  .;  bregostane  wald- 
hexen.) 


3.    Das  Schrifttum  in  Tirol.  355 

C.   Greden. 

Heitere  dichtungen  hat  man  in  diesem  tal  nicht  der  Ver- 
öffentlichung wert  gefunden.  Es  sind  nur  zwei  drucke  in  gred. 
mundart  bekannt,  beide  ernst  und  beide  ohne  Jahreszahl  und 
ohne  autorennamen  in  Bozen  gedruckt.  Die  erste  erschien 
(nach  Böhmer)  vor  1815: 

LA  STACIONS  0'  LA  VIA  DELLA  S.  CROUSCH  che 
cunteng  de  bella  cunschiderazions  i  urazions.  Metudes  dal 
Talian  tel  Parle  de  Gördeina.  BULSAN,  stampä  pra  Carl 
Giusep  Weiss.  Also  eine  aus  dem  Italienischen  übersetzte 
kreuz wegandacht ;  der  Übersetzer  heisst  Peter  Runggaldier 
aus  Kristein  (S.  Cristina),  ein  Priester,  im  j.  1815  gestorben. 
Die  Schreibung  schwankt;  Italianismen  in  grosser  zahl,  wie  bei 
dem  gegenstände  zu  erwarten  ist.  Das  schriftchen  ist  bei 
Böhmer  (Rom.  Stud.  III,  88 — 92)  vollständig  abgedruckt. 

Ungefähr  in  das  jähr  1865  fällt  der  andere  druck: 

'Nsegnament  per  la  Soventü  de  Merch  Töne  Muret. 
(Gardenice  —  per  Gherdeina).  Es  folgen  zwei  motto  in 
lateinischer  spräche  mit  der  Übersetzung  ins  Grednerische,  dann 
107  gereimte  lange  verse  (zeilen).  Der  Übersetzer  Murets, 
Joh.  Aug.  Perathoner  war  im  j.  1878  kooperator  zu  Kristein. 
Er  bedient  sich  ungefähr  der  Schreibung  des  aus  dem  Fassatal 
gebürtigen  Verfassers  des  verdienstvollen  buches  über  Greden: 
„Gröden,  der  Grödner  und  seine  Sprache.  Von  einem  Ein- 
heimischen" [J.  A.  Vian],  Bozen  1864.  Perathoner  beginnt, 
wie  folgt;  ich  stelle  daneben  die  von  Rifesser  vorgenommene 
und  von  mir  nach  seiner  ausspräche  niedergeschriebene  Ver- 
besserung: 

Finehe  t'jes  soun,  o  fi,  sibbes  fin  ke  t'ies  zoun,  o  fi,  sibes 

attent  a  mi  duttrines,  atant  a  mi  dutrines, 

Tegn  'les  tel  euer,  coi  fatg  mo-  tanye-les  t'l  kuer,  ku  i  faty  mo- 

str'les,  fiöch'la  vita  tu  fines.  stre-le3,  fiia  ke  la  vita  tufines. 

DaD '  1  dutt  reccördete  d'unore  dan  1  dut  rek^rde  -  te  d '  uner$ 

Die,  y'l  pere  y  l'oma,  die,  i  1  p^re  i  l'oma, 

y   pö   anche    chei,    che   'mpö  i  pQ   ntye   ka1   ke   mpe   d'a" 

d'ei    la    natura    te    dona.         la  natura  te  dona. 

..     ..      ••     ,         .. 

Schiva  la  bausla,  chesta  porta         skiva  la  bonzia,  kasta  pQrta 
dann  y  nia  de  bon,  dan  i  nia  de  boo. 

23* 


356  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Ti  fai  confessa  sinziermenter,     ti   fai   kunfesa   sintsiermanter, 
y  prest  ares  perdoB.  i  pra§t  artjs  perdön. 

Andere  texte  sind  bei  Vi  an  (und  in  meiner  Gredner  Mund- 
art, Linz  1879)  gedruckt;  daraus  verdient  hervorgehoben  zu 
werden  La  vödla  mutta  (die  alte  Jungfer),  als  ein  gedieht,  das 
gut  bekannt  war.  Die  fassung,  in  der  ich  sie  kürzlich  von 
herrn  Wilhelm  Moroder  bekommen  habe,  weicht  übrigens 
von  Vian  stark  ab;  lied  und  weise  soll  von  Mathias  Ploner 
im  j.  1828  erdacht  worden  sein.  Derselbe  hat  1829  auch 
einen  Vödl  mut  gedichtet,  der  aber  noch  nicht  gedruckt  ist; 
ebensowenig  sind  es  andere  dichtungen  von  ihm.  Er  war  in 
Kastelrut  und  in  Brixen  organist. 

D.  Gadertal. 

Hier  fühlt  man  seit  langem  das  bedürfnis  nach  einem 
katechismus  in  der  mundart  des  tales.  Ein  kleiner  versuch 
liegt  in  einer  hs.  aus  dem  jähre  1836  vor;  es  werden  darin 
die  10  geböte  und  die  7  Sakramente  erklärt.  Ich  wähle  zwei 
stellen  als  proben,  wo  die  italienischen  fremdwörter  nicht  gar 
so  sehr  die  einheimischen  Wörter  überwiegen: 

....  11  secondo  Comandament  proibas  il  profane  il  nome 
di  Dio.  Sotto  '1  nome  di  Dio  intanong:  1.  dutg  i  nomi  ch'ang 
da  a  Dio.  2.  Luss  sagrä.  3.  Persones  sagrades,  e  4.  Robes 
sagrades.  II  nome  di  Dio  vang  profane:  1.  Con  dutg  i  pitgiä. 
2.  Con  les  blastames  maledisions,  imprecazions,  e  con  desprisse 
Iddio,  la  vera  Religion,  i  Santg,  e  i  Angioli.  3.  Con  de  sora- 
ment  senza  necessite,  o  falsamente.  4.  Con  ne  mantegni  nia 
i  votg  fatg  a  Dio.  5.  Con  pronunzie  e'l  nome  di  Dio,  di 
Angioli,  e  Santg  zanza  bosangn,  o  rispett  e  riverenza.  6.  Con 
matte  fora  la  parola  di  Dio,  les  perdiches,  e  dotrine  falsamente. 
II  secondo  Comandament  comana  de  santifiche  '1  nome  di  Dio, 
del  onore,  e  rispette,  e  del  pronunzie  con  rispett  e  riverenza. 
II  nome  di  Dio  vangn  santifiche,  e  onore:  1.  Canche  ang  con- 
fessa senza  paura  da  sent,  publicamente  il  nome  di  Dio. 
2.  Canche  ang  praia  Iddio  della  sua  grazia  nei  bosaingns 
del  corp,  e  dell'anima  usw. 

II  matrimonio  da  castes  grazies:  1.  La  grazia  santificante 
vang  maju.    2.  Dale  la  grazia  speciale,  che  i  maridä  posse 


3.   Das  Schrifttum  in  Tirol.  357 

vive  in  tel  matrimonio  santamente.  3.  Dale  intge  la  grazia 
speciale  ai  marida,  acciocche  ai  posse  tra  sü  les  creatures  in 
tel  timor  di  Dio. 

Das  a  in  proibas,  blastames,  zanza,  bosangn,  matte,  vangn, 
eastes  und  die  plurale  auf  -ä,  wie  sagrä,  pitgiä,  maridä  zeigen 
sofort,  dass  die  mundart  dem  oberen  teil  des  tales  angehört 
(Abteier). 

Die  spräche  enthält  tiberflüssige  italianismen.  Und  doch 
Hess  sieh  das  bedtirfnis  nach  einem  solchen  buch  nicht  ab- 
weisen: auch  heute  noch  leidet  dort  der  Schulunterricht  unge- 
mein daran,  dass  die  kinder  zwei  fremde  sprachen  lernen  müssen: 
die  deutsche,  weil  sie  ihrer  im  leben  bedürfen,  und  die 
italienische,  an  der  die  geistlichen  noch  immer  festhalten,  ob- 
wohl sie  zum  bistum  Brixen  gehören.  In  Brixen  hat  übrigens 
1743  der  bischof  Kinigl  eine  ganz  ital.  Dottrina  christiana 
da  insegnarsi  nella  dioeesi  di  Bressanone  drucken  lassen.  In 
den  Katholischen  Blättern  aus  Tirol,  jg.  1865,  liest  man  s.  453: 
„Es  liegt  der  wiederholte  Auftrag  des  h.  Ministeriums  vor  (und 
soviel  man  hört,  ist  bereits  die  Arbeit  im  Gange),  den  grossen 
Katechismus  in  den  ladinischen  Dialekt  zu  übertragen  und  im 
k.  k.  Schulbücherverlage  zu  Wien  herauszugeben."  Ein  solcher 
versuch,  den  sich  das  ministerium  im  februar  1869  zu  ge- 
nehmigen vorbehält,  wenn  die  herausgäbe  verlangt  würde, 
wird  unter  den  handschriften  der  Innsbrucker  univ.-bibliothek 
aufbewahrt:  L  Gran  Catechismo  por  les  scoles  popolares  cato- 
liches  ....  Die  Übersetzung  ist  von  drei  männern  besorgt, 
Jakob  Pitscheider,  Karl  Maneschg  und  Putzer,  sonder- 
barer weise  aber  so,  dass  jeder  ein  drittel  übersetzte.  Sie 
stimmen  in  der  Schreibung  nicht  überein.  Aus  dem  drittel 
Maneschgs  bringe  ich  hier  die  stelle,  die  sich  mit  der  ähn- 
lichen stelle  des  eben  vorgeführten  älteren  Versuches  gut  ver- 
gleichen lässt. 

D.  Qhi  proibesc'  '1  secundo  comandament? 

R.  'L  secundo  comandament  proibesc'  de  profane  '1  nom 
de  Dio. 

D.  Co  profanun  '1  nom  de  Dio? 

R.  An  profana  1  nom  de  Dio:  1.  Cun  dut'  i  pichä; 
2.  Principalmenter  colla  blastemma,  quan  ch'an  baja  cun  dis- 
prezzo   de  Dio,  dla   vera  religiun   e  de  sü   Sant';   3.  Cun  de 


358  Rätoromanisches  Schrifttum. 

g'orament  falz  o  cenza  necessite;  4.  Cun  rumpe  i  voti  fat'  a  Dio; 
5.  Cun  nomine  '1  nom  de  Dio  cenza  necessite"  e  rispett;  6.  Cun 
sfalze'  la  parola  de  Dio  o  l'adore  malmenter. 

D.  Qhi  comana  '1  secundo  comandament?    Usw. 

Der  erste  dichter  ist  Cyprian  Pescosta;  von  ihm  ist  das 
"Badiotische  Schtitzenlied"  vom  jähre  1848,  das  Dicht  gedruckt, 
aber  viel  gesungen  wurde,  sodass  es  jetzt  noch  vielen  alten 
leuten  wenigstens  teilweise  im  gedächtnis  haftet.  Ich  habe 
es  in  drei  abschriften,  von  denen  die  eine  vier  neue  Strophen 
umfasst;  die  zwei  anderen,  ungefähr  aus  dem  jähre  1860 
stammenden  abschriften  stimmen  sehr  genau  zusammen: 

Seu  müttufis,  tolless  la  tasha 
Stlöp  e  polvr  e  'na  flasha 
D'äga  d'vita  o  d'buil  vin 
Marsh  bei  snell  it'al  confifi! 

5        Lötri  da  Qhiadura  ia 
E  chi  d'Ägort  ne  da  tria 
Chi  da  Selva  e  Pescü 
Öide  ai  de  'n  brao  pe  'tl'cü! 

Qhiara  mo  cotagn  che  sälta 
10    Qhin'  al  möler  da  Castalta 
Da  Corvara  infifi  Marö 
Scizzri  assä  con  so  bun  Pro! 

Sein,  Lombärtg,  rend^sse  attira 
Che  se  no,  alzuns  la  mira 
15    Con  nos  stuz,  o  arfamä 
Collette^e  al  favä! 

Nost  chiapell  della  coccarda 
Ghela-fossa  e  blanchia-verda 
Alt  in  aria,  e  'n  cigufi 
20    Un  Lombärt,  che  stlopetuii. 

Fora  spö,  müttuns  la  flasha 
Fora  d'östa  bella  tasha! 
Viva,  viva  Ferdinand! 
Viva  nos  Tirolerland! 


3.   Das  schrifttnm  in  Tirol.  359 

Anmerkungen.  Vers  1.  sce  mitüm  (auf,  bursche!)  mit  i 
ist  üblich;  ü  ist  in  der  einen  hs.  erst  aus  i  verbessert.  — 
tolless,  rend&se  (13)  und  collettese  (16)  sind  imperative  im 
plural  mit  dem  reflexivpronomen.  —  4.  znel  schnell.  —  5.  Lotter- 
buben von  Cadore  herum.  —  6.  tria  ruhe.  —  8.  aide  geht, 
ihnen  einen  ordentlichen  fusstritt  zu  versetzen.  —  9.  Schau, 
wie  viele  hinlaufen,  sogar  der  m.  von  C;  von  Corvara  bis 
Enneberg  schützen  genug  mit  ihrem  guten  geistlichen.  — 
13.  zany  o.  ä.  jetzt.  —  lombqrty  Italiener  (s.  s.  142).  —  14.  ai- 
zuns  heben  wir.  —  15.  arfamä,  hungerleider  (plur.).  —  16.  pur- 
zelt kopfüber;  favä,  ist  das  gesteile  zum  trocknen  des  bohnen- 
strohs,  klees  usw.,  ste  a  fava  =  auf  dem  köpf  stehen.  — 
18.  ghel-fos,  vielmehr  fos-gel  schwarz-gelb.  —  19.  tsigim  jubel- 
schrei. —  22.  osta  =  vostra. 

Derselbe  Cyprian  Pescosta  hat  als  alter  priester  ein 
begeistertes  primizlied  gedichtet  zu  ehren  eines  jungen  ver- 
wandten oder  namensvetters,  der  38  jähre  nach  ihm  dieses 
fest  beging:  Per  la  Mässa  Novella  del  reverendo  Signur  Gio- 
vanni Pescosta  da  Corvara,  i  5.  d'Agost  1879  (in  Bruneck 
gedruckt).    Die  erste  der  30  Strophen  lautet  so: 

L'arpa  oressi  incö  de  Davide, 
E  söcche  al  de  bi  salmi  tgiante, 
Spo  disessi  da  brao:  de  ma  gnide, 
Gnide  devotg  chilö  a  scolte; 
Söcche  Dante  tgiante  oressi  in  leinga  ladina 
De  na  Mässa  novella  la  Commedia  divina. 

Ein  zweiter  dichter,  auch  ein  geistlicher,  ist  Mattheus 
Declara.  Sein  erstes  gelegenheitsgedicht  hat  er  schon  1865 
gemacht  (und  in  Innsbruck  drucken  lassen):  In  gausiung  d'la 
Meissa  Giubilata  d'l  molto  reverendo  signur  Don  Jaco  Gross- 
rubatscher;  das  zweite:  In  gausiung  d'la  Messa  Novella  d'l 
M.  R.  S.  Osoupp  Freinademez  da  Oies,  zelebrada  in  Badla, 
ai  5  d'Agost  1875;  das  dritte:  In  gausiung  dies  düs  Messes 
Novelles  di  M.  R.  S.  Zeno  Maring  e  Alvisio  Sopplä,  cele- 
brades  a  S.  Ciassang  ai  5  d'Agost  1878.  Aber  interessanter 
ist  eine  vierte  Veröffentlichung  von  ihm,  auf  deren  titel  er 
wenigstens  die  anfangsbuchstaben  seines  namens  kundtut: 
Storia  d'S.  Genofefa  trasportada  t'nosc'  lingaz  daö  '1  Canonico 


360  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Smid  da  M.  D.  Plovang  d'Mar&x  Prüm  über  lading.  Por- 
senü  [Brixen]  1879.  Er  hat  die  Schreibung  darin  neu  geordnet; 
die  zeichen,  die  er  anwendet,  erklärt  er  verhältnismässig  gut; 
die  spräche  wählt  er  so,  dass  auch  der  Enneberger  zu  wort 
kommt  (s.  Litbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  1880). 
Hier  folgt  eine  kleine  probe: 

Grof  Sigfrid,  cavalier  de  grang  Valuta,  de  sentimentg' 
nia  basc',  e  bell  de  persona,  i  ha  salve  la  vita  t'l  muscedöz 
d'la  battaglia  al  duca  de  Brabante,  e  dopo  che  la  verra  fö 
finida,  eile  ste  condutt  dal  duca  in  propria  ciala,  e  chesc'  i  ä 
5  ceaffe  sou  'ng  amur  desch'  ang  so  fl,  e  i  plta  sua  fla  pur 
sposa.  Cang  ch'el  gne  '1  de,  che  Genofefa  dö  s'ung  jl  col  grof, 
ele  affliziung  e  legrimes  pur  dutt'l  ciastell,  e  pur  i  contorni, 
e  sebengn'  ch'ella  i  portä  grang  amur  a  chel  brao  jon  cavalier, 
ela  pou  ci  ella  dutta  in  legrimes.  —  Incie  '1  Pere  lagrimä, 

10  cang  ch'el  1  ä  plengn'  d'amur  pur  l'ultima  ota  al  cour  e  i  djö: 
„Va,  mia  filuola;  t'arbandones  pere  e  uma  attempä  coll'inzer- 
tezza  de  t'udei  ciamö  na  Öta  in  vita  sua;  mo  Iddi  t'sii  dagnora 
e  dlunc  to  compangn'.  Tegnet'l  tres  prejent  al  pingsh*  e  al 
cour,  sceoucche  t'has  impare  da  nos;  ne  jl  mai  fora  d'les  strades 

15  santes,  ch'l  Signur  cung  sua  vita  e  dottrina  t'ha  mostre.  Se 
t'i  restes  dagnora  fedele,  nia  atramentr,  che  cina  de  fengn', 
pudungfe  nos  pungse  a  te  zenza  fastide,  e  stlü  'ng  de  nousc'  oudli 
in  pesc'."  Soung  chesc'  s'  la  tira  la  Uma  a  se,  e  dutt  scomouta 
e  dal  grang  pitte   ela  appena  bona  de  gnl  cung  ehestes  cat'r 

20  parores:  „Aieste  fortuna,  mia  Genofefa,  '1  Signur  t'aecompagne. 
0  mi  Di!  ci  ch'el  t'aspetta  a  te  ne  sai,  mo  'ng  ri  presentiment 
me  stranc'  '1  cour.  Pur  at'r  este  dagnora  Stada  na  bona  fla, 
t'es  nosta  felizite  soulla  terra,  ne  tenes  as  mai  fatt  'ng  desplajei: 
mantegnete  prossa,  e  dutt  jarä   bung:   e  se  n'essung  plou  da 

25  s'udei  soung  chesta  terra,  ciara  de  m'arjunje  cung  bones  operes 
in  Ceil." 

Dö  ehestes  parores  s'oji  intrami  dui  verso  '1  conte:  „Fl", 
i  diji,   „ella  sii  cung  te,  el  vegne  cung  te  .1  tesoro  plou  pre- 

zioso  de  nosc'  cour  — 

Strenge  gleichförmigkeit  ist  nicht  erreicht,  nicht  einmal 
bei  est'r,  avei,  jl,  savei  ganz.  Die  unvermeidlichen  fremd- 
wörter  entnimmt  er  den  beiden  nachbarsprachen  ohne  aus- 
schliesslichkeit:   grof  und  conte,  rittri  und  cavalieri,  pura  und 


3.   Das  Schrifttum  in  Tirol.  361 

contadina  gehen  friedlich  nebeneinander.  Viele  fremdwörter 
wären  bei  grösserer  Sorgfalt  vermeidbar  gewesen. 

Eine  besondere  stelle  nimmt  Dr.  Johann  Alton  ans  Kol- 
fusehk  ein.  Er  war  ein  grammatiker  und  handhabte  seine 
mundart  mit  etwas  willktir.  Trotzdem  sind  von  interesse  und 
wert:  1.  Proverbi,  tradizioni  ed  anneddoti  [1.  ane-]  delle  valli 
ladine  orientali  eon  versione  italiana,  Innsbruck  1881,  2.  Störies 
e  ehiänties  ladines  con  vocabolario  ladin-talian  metüdes  in  rima 
dal  Dr.  Giovanni  Alton.    Innsbruck  1895. 

Endlich  dient  diese  mundart  noch  einem  anderen  zweck: 
Karl  Tammers  tibersetzte  ein  landwirtschaftliches  schriftchen 
ins  Ennebergische,  nämlich:  Instruziung  d'agricultura  de  J.  Sa- 
na ek  maestro  d'agricultura  a  S.  Michiel  straportada  nel  Lading 
da  C.  Tammers  capo  dla  societe  d'agricultura  de  Marö.  Por- 
senü  1895.  Er  widmet  die  erste  Seite  den  leseregeln;  er 
wendet  formen  beider  teile  des  tales  an,  „paroles  por  Mareo 
e  paroles  por  Badiot,  desch'al  öga"  (wie  es  passt).  Die 
Schreibung  ist  leicht  verständlich  und  einfach  (ausgenommen 
das  zeichen  sj  für  s  und  /),  die  spräche  nach  möglichkeit  rein 
von  fremdwörtern. 

£.   Buchenstein  und  Colli». 

Eine  druckschrift  weiss  ich  aus  diesem  tal  nicht  beizu- 
bringen, aber  Schneller  schenkte  mir  einst  handschriftliche 
auf  Zeichnungen  aus  der  gegen  d;  sie  mögen  an  die  stelle  der 
fehlenden  drucksachen  treten. 

Aus  Buchenstein  hatte  ihm  jemand  —  ich  habe  leider 
nicht  nach  dessen  namen  gefragt  —  einige  sagen  zusammen- 
geschrieben, aus  Colle  di  Santa  Lucia  eine  andere  person  eine 
scherzhafte  erzählung,  die  wahr  aussieht.  Beides  recht  gute 
aufzeichnungen. 

I.  Sagen  aus  Buchenstein. 
1.  Zacan  vivava  sun  Lasta  'nte  na  gciesa,  ola  che  le  ades  'n 
ourt,  doi  vegle  mute  che  se  disava  le  popaöe,  e  caste  se  cher- 
dava  che  le  fossa  engcie  strie  e  cosl  le  sava  engcie  de 
profetise  che  vegnarä  'n  temp  che  la  sent  se  maridarä  tan 
sovena  che  i  po  pa  balle  'nte  fonrn  '1  di  della  nozza;  daspö 
le  disava  engcie  ehe  vegnara  su  calle  Aurone  e  che  'nte  caste 


362  Rätoromanisches  Schrifttum. 

fossa  tan  de  or,  che  §isa  le  ale  da  Souraruac  a  sei  tö  su  col 
gormel. 

2.  Aneora  al   temp  da  ades   se  veiga  dagnara   na   lum 
10    che  va  ite  e  fora  per  calle  Aurone,   e  se  crei  che  siebe  '1 

signel  den  om  che  ava  robe  legna  e  venuda. 

3.  Davant  troc  agn  lava  un  de  Chierz  na  novica  sa 
Ciastel  e  cosl  '1  siva  mefo  plu  oute  de  not  da  sta  cotela; 
ma  per  sela  tö  plu  enrta,   '1  siva  dagnara  su  per  mont  dalla 

15  Court  e  passava  via  per  sou  dell'  Oniblie.  Na  sara  fra  le  autre 
passa  cast  tel  su  per  pre  Blaneat,  '1  veiga  fuoc  'nte  na  ciasotta, 
'1  vol  si  a  s'  empie  la  pipa  e  a  vedei  chi  che  le.  'L  va  ite  e 
veiga  'd  elap  de  ai  e  ale  ehe  fasava  bancat,  '1  cognas  deme  un, 
che  leva  suo  compere,  e  cast  je  comana  de  no  dl  nia  a  degngn; 

20  se  no,  '1  mosarä  morl.  Cast  sen  va  davo  sua  strada  e  bon, 
e  le  engeie  ste  bon  de  se  tegni  de  no  di  nia  de  sta  roba  che 
lava  vedu  a  degugn;  ma  na  outa,  come  che  se  fes,  canche 
se  D  puo  beüs,  ehe  je  vegnus  de  se  di  cieze  sa  la  Plie,  1  ja 
trat  cast  da  de  not  delongo  ntel  mus  a  cast  suo  compere  che 

25  leva  engeie  con  chi  autri  strion  sun  pre  Blaneat  chi  i  fasava 
bancat,  e  co§l  se  dis  chel  siebe  engeie  mort  prast  daspö  e  che 
fossa  ste  cast  suo  compere  al  fe  morl. 

4.  Can  che  le  '1  temp  della  fava,  se  conta  ai  tosaeg,  perg- 
cie  ch'  i  no  vade   a  la  desfe,   del  bavaruol.    Se  dis   che  la  la 

30  sua  tana  'nte  Costa  da  Voje  'nte  na  sfassa  e  che  lä  na  gran 
baratta  rossa  e  na  gran  fauc  e  chel  veu  fora  a  se  scone  'nte 
la  fava  per  spie  i  tosagc  e  per  i  taje  via  le  giame,  se  i  sisa 
nte  la  fava.    Se  dis  che  fes  a  guze: 


35 


„Guza,  guza  ben, 

Taja  la  giama  al  prum  che  veng; 

Guza,  guza  mel, 

Taja  la  giama  al  prum  cotel." 


Cosi  se  sprigoleja  i  tosaeg,  che  i  no  fese  dan  alle  fave. 

5.  Se  dis  den  berba  de  Foppa  che  '1  volava  savei  'n  frago 
40  de  strionae  e  ehe  labe  liet  na  outa  'nte  cieze  liber  da  strionaö 
come  che  se  dassa  fe  a  fe  vegni  '1  diaol.  Engeie  dal  leva 
curious  de  vedei  sta  roba  e  cosl  '1  sensegna  dut  cal  che  '1  dou- 
rava,  '1  va  sulla  vara  del  plevan  sotta  la  Plie,  '1  feS  na  roda 
con  sue  jerbe  e  con  suoi  cof  che  '1  sava  tout  con  al,  '1  spetta  'nlo 


3.  Das  Schrifttum  in  Tirol.  363 

che  '1  vegne  mesanot.     Canche  V  ora  dalla  Plie  bat  mesanot,    45 
'1  sent  'd  rumou  dell'  orco  sud  cal  boseh  sotta  cal  plaD  olä  che 
leva  al.    AI  se  toi  debot  la  vata  de  padrenostri  fora  de  fonda, 
e  ite  bei  debot  'nta  mesa  sta  roda  de  cof.    Chi  veighelo  a  vegnl? 
Leva  propio  '1  diaol,   burt  conie  'd  deinonio,  che  siva  per  mez 
a  dal  e  a  duta  maniera  '1  lo  volava  tre  fora  de  sta  roda;  ma    50 
percgie   che  la  roda  leva   trop  grana,   no  le  mei   ste  bong  de 
larsonce  per  '1  podei  tre  fora.     'L  diaol  sa  beo  prove  duta  la 
not,  ma  canche  ja  de  '1  prum  bot  colla  ciampana  dall'  Aimaria, 
'1  la  musü  delongo  to  ca,  '1  läse  dIo  e  sen  si  co  neo  brao  tof. 
A  cast  auter  je  degorava  su  le  gotte  ben  grosse  e  freide  dalla    55 
poura,  e  daspö  no  je  encgie  no  plu  vegnü  'ntel  cie  de  fe  'ncora 
na  outa  na  tela. 

Anmerkungen.  Die  Schreibung  ist  unvollkommen.  Das 
tonzeichen  ist  oft  vernachlässigt,  die  worttrennung  auch  zu- 
weilen, für  6  laute  fehlt  ein  zeichen.  Ausser  dem  gemeinen  a, 
wie  in  diaol,  ola,  trat,  vara,  zaean  (tsaMn),  muss  der  buch- 
stabe  a  auch  den  kurzen,  etwas  dumpfen  a-laut  wiedergeben, 
der  an  stelle  eines  e  in  Wörtern  vorkommt,  wie  al,  bancat 
(bawJcät),  baratta,  cast  (questo),  sara,  volava  (wollte),  dassa 
(soll)  usw.  Offenes  e  ist  gemeint  in  Chierz,  jerba  und  bei  dem 
e  aus  a,  wie  in  berba,  compere,  cotel,  tel,  deme,  fe,  fes,  gciesa, 
gormel,  mei,  signel,  geschlossenes  e  in  leva  (war),  mefo,  pre, 
temp;  offenes  o  in  bosch,  bot,  costa,  cof,  daspö,  davo,  debot, 
demonio,  fora,  no,  or,  orco,  propio,  roba,  roda,  to,  geschlossenes  o 
in  Aurone,  ciasotta,  curious,  fossa  (wäre),  gotta,  not,  scone, 
strion,  tof,  Voje,  outa,  curious,  rumou.  Das  zeichen  n  scheint 
unser  Schreiber  von  Mitterrutzner  (1856)  übernommen  zu 
haben;  er  wendet  dafür  einmal  ng  (bong)  an  und  schreibt  es 
manchmal  da,  wo  es  im  sprechen  wegen  des  darauffolgenden 
t- lautes  kaum  möglich  ist,  so  in  'd  temp  und  in  'nte  (wo  er 
oft  'n  te  trennt).  Mit  s  ist  gewöhnlich  s  gemeint,  zwischen 
vokalen  auch  z  (gciesa,  mesa);  vor  stimmlosen  konsonanten 
aber  s  Lasta,  strion,  cast  (neben  cast),  daspö  (neben  daspo) 
es  gilt  z  in  profetise  und  fese.  S  mit  einem  französischen 
Zirkumflex  (ich  lasse  hier  s  drucken)  bedeutet  breiten  Zisch- 
laut, ebenso  c  (c)  breiten  quetschlaut:  s  in  cosi,  dis,  fes,  z  in 
disava,  fasava,  sensegna,  sa,  sent,  §i,  §iva,  sou,  sovena,  ts  in 
fauc,  novica,  strionac,  troc,  dz  in  larsonce  (larzondse).    Für  ty 


364  Rätoromanisches  Schrifttum. 

schreibt  er  verschiedenes:  gciesa,  engcie,  pergcie,  encgie,  percgie, 
tosagc,  tosacg,  Ciastel,  ciampana,  ciasotta,  cie,  cieze,  für  dy: 
giama.  Das  z  hat  immer  den  deutschen  wert:  cieze,  nozza, 
zacan,  mez,  Chierz,  desgleichen  j:  ja,  je,  jerbe,  sprigoleja. 
Italienisch  zu  lesen  ist  gn:  dagnara,  degugn,  legna,  sensegna, 
vegnl,  ch  und  gh:  che,  chi,  bosch  (bgsk),  veighelo.  —  Zeile  1 
zacan  einst  (vgl.  s.  220  unbest.  fürw.,  1).  —  Lasta  oder  Laste 
am  rechten  ufer  des  Cordevoles,  schon  zu  Italien  gehörig.  — 
2  eherdava  =  credebat.  —  3  wussten  auch  vorherzusagen.  — 
5  so  jung,  dass  sie  denn  im  backofen  tanzen  können.  —  6  calle 
Aurone,  jener  bergrticken  Aurone  werde  herabrutschen  und 
sein  gold  den  gegenüber  wohnenden  Soraruazerinnen  darbieten; 
Soraruaz  ist  eine  häusergruppe  von  Buchenstein.  —  9  veiga 
sieht.  —  10  ein  licht,  das  ein-  und  ausgeht.  —  10  siebe, 
p  sibe,  s.  248.  —  11  Man  glaubt,  es  geistere  da  ein  mann,  der 
holz  gestohlen  und  verkauft  hatte;  man  beachte  die  zwei  parti- 
zipe.  —  12  troc  plur.  von  trop  (s.  263)  —  lava  hatte  —  Chierz 
(Cherz)  ist  einer  der  letzten  teile  Buchensteins  auf  dem  wege 
nordwärts  nach  Corvara  (Gadertal),  desgleichen  Ciastel  (Castello), 
der  wohnort  der  geliebten,  auf  dem  wege  nach  Falzarego  (Am- 
pezzo).  —  13  si  de  not  fensterin  gehen,  wie  die  Deutschen  sagen; 
daher  cast  da  de  not  (zeile  24)  der  nachtschwärmer  —  mefo 
eben  —  outa  =  volta.  —  cotela  solche  (in  verächtlichem 
sinne).  —  14  Um  sich  den  weg  abzukürzen,  pflegte  er  über  die 
Alpe  von  Corte  und  das  Ombliejoch  zu  gehen;  dieses  joch  und 
die  wiese  Blancat  müssen  beim  Monte  Sief  gelegen  sein.  — 
16  ciasotta  hütte  —  empie  s.  s.  262.  —  18  eine  menge  männer 
und  weiber,  die  schmausten.  —  18  deme,  vgl.  p  m$  s.  255  — 
leva  war.  —  19  je  comana  befiehlt  ihm  —  degugn,  degun 
s.  s.  221.  —  20  mosarä  s.  s.  263  —  davo  s.  s.  165.  —  21  er  ist 
noch  imstande  gewesen,  es  bei  sich  zu  behalten.  —  23  wenn 
man  angetrunken  ist;  der  plural  nach  italienischer  sitte  —  als 
sie  unten  in  der  pfarre  in  einen  Wortwechsel  gerieten.  — 
24  1  ja  trat  ntel  mus  schleuderte  ihm  ins  gesicht,  warf  ihm 
vor  —   delongo   sogleich.   —  25   strion   zu   stria   (strega).   — 

27  und  dass  ihn  dieser  sein  gevatter  hätte  sterben  machen.  — 

28  tosacg  s.  s.  209  —  bavaruol,  ohne  zweifei  statt  fav-,  das 
bohnenmännlein.  —  29  lä  (er)  hat  —  30  costa  da  Voje  ist  ein 
bergrücken.  —   30  sfassa  wollen  meine  Buchensteiner;  in  der 


3.  Das  Schrifttum  in  Tirol.  365 

tat  passt  das  „ceola"  (zwiebel)  der  hs.  nicht  wohl.  —  33  Man 
sagt,  dass  er  beim  wetzen  sagt  —  38  sprigole  schrecken; 
ttber  die  bildung  des  präsens  s.  Mussafia,  sitzber.,  Wien  1883.  — 
39  Man  erzählt  von  einem  mann  aus  Foppa  (einer  hänsergruppe 
von  Buchenstein).  —  39  'd  frago,  friaul.  un  fregul,  ein  bisschen  — 
und  er  habe  einmal  in  irgend  einem  zauberbuch  gelesen.  — 
41  dassa  von  debuisset.  —  41  dal  (=  al)  hat  sein  d  von  der 
präp.  ad  genommen:  ad  al  =  a  dal.  —  42  richtete  sich  all 
das  her,  was  er  brauchte  —  vara  ebene  wiese.  —  43  roda 
kreis.  —  44  cof  blumen,  die  er  sich  mitgenommen  hatte.  — 
46  orco  ist  nicht  für  diaol  gesetzt,  sondern  dient  als  vergleich: 
höllenlärm  (über  orco  s.  Alton,  Proverbi,  tradizioni  ecc, 
Innsbruck  1881,  s.  6  ff.)  —  46  sud  (oben  in)  wird  statt  sud  (iuv 
unten  in)  verschrieben  sein.  —  47  vata  de  padrenostri  rosen- 
kranz.  —  50  tre  reissen.  —  51  vermochte  er  ihn  nie  zu  er- 
reichen. —  53  beim  ersten  schlag  mit  der  avemariaglocke.  — 
54  to  ca  sich  anschicken  —  und  mit  einem  tüchtigen  gestank 
abfahren.  —  55  degore  (part.  degorü)  herabfliessen ;  den  auf- 
fallenden stimmhaften  stammanlaut  glaube  ich  in  p  regurint 
(dachsparren)  wiederzufinden  —  56  cie  haupt;  sinn. 

IL   Matia  Cisö  va  a  Persenön. 
(Ans  Colle  di  S.  Lucia.) 
Ave  da  save  che  sto  Matia  bonanima,   Cisö  de  sorainom, 
1'  eva  un  de  chi  omegn  che  non  ava  fruä  massa  i  banc  de  scola, 
parce  che  domä  a  vede  la  sua  testa,  no  se  podeva  sperä-  che  '1 
deventasse  'n  gran  filosofo.    Per  auter,  a  forza  de  bäte  e  de 
rebate  'nte  chela  zuca,  1  'ä  'mpo  impara  tant  de  dutrina  che  '1    5 
viveva  da  bon  cristien.     Ruä  'nte  i  sessanta  agn  i  e  sauta  la 
voia  de  fä  a  sa  sen  de  el  'n  gran  viaz;  ma  davant  de  partl 
Y  k  credü  ben  fat  de  se  consilgie  con  sior  Cnrato.    Senza  auter, 
'ncora  in  chela  sera,  s'  encia  ch'  1'  eva  tarz,  '1  va  via  'n  calonia. 
Donca  1  se  presenta  a  la  porta  e  '1  da,  'n  gran  tirön  a  la  brun-     10 
sina,  che  1'  k  cidä  de  la  tirä  ju.     Sauta   fora  la  cuoga  meza 
spaurida,  e  '1  Curato  spaventä  'ncia  el,  pl  che  in  pressa  el  dis: 
„Chi  elo  sto  descreanza  a  ste  ore?    Elo  sucedü  val'  gran  des- 
grazia?"  —  „Daurl,  che  vedare!"  —  „Aha,  elo  forsi  chel  ma- 
turlo  de  Cisö?    La  os  par  chela."   —   „Fe  chel  conto."   —    15 
„Däur  pnr,  Chitarina,  che  volön  sentl  ci  che  '1  conta.    Bele  1 


366  Rätoromanisches  Schrifttum. 

ven  fora  con  una  de  le  sue."  —  „Oh,  bona  sera  sioria,  sior 
Curato!  Aveo  cenä?  Scuse  se  ve  desturbe.  Ciole  na  presa, 
e  po  con   doi  parole  se  sbrigön.    Cie  'n  disessao,   se  doman 

20  volesse  ji  a  Persenön?  'Nquoi  dapö  marenda,  intant  che  me 
jiave  su  'n  par  de  dambre,  Juane  faure  '1  me  conta  che  in  do- 
menia  a  Persenön  i  fas  la  gran  procession  de  san  Cassiän."  — 
„Ci  vosto  fä  fora  ilö  a  no  save  todesc?"  —  ,,'Npuoc  'n  sai  po 
ben  a  pizläbol,  a  maslfol.    E  po  me  pense  che  'ncia  i  Todesc, 

25  can  che  se  i  mostra  i  soldi,  i  me  capirä.  Infati,  in  ehest  cont 
non  ai  po  neguna  paora  mi.  Vedare  che  se  intendön."  — 
„Va  mefo  col  nome  de  Dio  e  värdete  da  mal.  Anzi  te  dai 
'n  pico  fagöt  da  portä  al  mio  neö  che  te  sas  che  1'  e  'nte  le 
scole  latine  a  Persenön.     Sentete  ju  'n  puoc;   intant  i  scrive 

30  po  doi  righe.  Pörtile,  sasto,  e  varda  de  no  te  parde  '1  fagöt. 
Di  che  1  salude  tant  e  ehe  '1  se  deporte  pulito."  —  „Sara  fat; 
ste  pur  senza  fastide  voi,  sior  Curato;  ve  porte  po  ben  la  resposta 
del  studioso."  —  „Va  ben  cussi.  Fa  bon  viaz,  Matia;  ciapa 
sta  petiza,  e  bevete  'n  got  de  vin,  ma  nia  aiva  de  vita,  veh!" 

35  'L  di  dare,  apena  che  spizzolava  1'  alba,  '1  bon  Matia  se 

viest  'n  puoc  meo  del  solito,  '1  se  met  '1  crosato  ross,  la  ciami- 
suola  beretina,  'n  ciapell  bass  cole  ale  large,  le  braghesse  de 
pell  e  la  ciauze  turebine  e  'n  bei  par  de  dambre  nuove  e  resente. 
Sa  femena  la  i  porta  na  bona  scudela  de  foiadine  biote  'ntel 

40  lat,  e  '1  se  le  magna  de  bon  gusto;  '1  se  met  doi  ehizuole  'nte 
scarsela  e  'n  brao  bastön  'nte  la  man,  '1  se  ciol  1'  aiva  santa, 
'1  se  segna  e  recomanda  i  afari  de  ciesa,  de  campagna  e  de 
stala  a  sua  jent,  e  via  de  fuga.  'Nte  doi  ore  1'  e  bele  s'  a  la 
Piof,  ma  '1  tira  dert  e  rua  sun  Ancisa  a  fä  la  sua  marenda: 

45  na  chizuola  e  na  bona  porzion  de  aiva  de  cressön,  peada  cole 
ale  del  ciapell,  i  basta  per  pode  ji  in  avant.  Da  sera  tarz  dut 
strac  e  fini  Fea  Ortesei  in  Gherdena.  Ja  che  ilö  '1  no  eug- 
nesseva  negugn,  1'  ä  eugnü  jl  al'  ostaria  ad  albarg.  Davant  de 
ji  a  durmi,  '1  se  fas  portä  na  porzion  de  jopa  da  carne  con 

50  balote  vanzade  da  misdl  che  i  n'  ava,  e  se  comanda  'n  miol 
de  vin. 

'L  di  dare  1'  e  in  pe  a  bonora  e  'nte  'n  par  de  ore  1'  e 
a  Laiön.  Ilö  '1  se  ferma  puoc,  parce  che  i  premeva  massa  de 
ruä  da  misdl  fora  'n  chel  gran  Persenön.    Infati  i  sonava  giusto 

55    la  granda  del  domo  in  vea  de  la  festa,  che  '1  nost  Matia  bateva 


3.   Das  sclirifttnm  in  Tirol.  367 

fuoc  coi  rampogn  dele  dambre  sun  chele  salesade  dela  contrada 
sora  i  capucini.  —  „Oh,  ci  gran  citä  che  1'  e  sto  Persenön!" 
No  ve  dighe  auter  dele  mile  maravee  ehe  '1  se  feva  a  vede 
tante  gesie  e  cussl  grande.  „Pi  bei,  '1  diseva,  sarä  mefo  'neora 
sun  paradis."  La  domenia,  festa  solene,  se  sä,  1'  eva  giusto  sun  60 
piazza  del  Domo,  can  che  '1  Vescovo  dapo  messa  montava  in 
carozza  per  tornä  a  suo  paläz.  Matia  i  cor  dare  in  dambre  e 
scraia:  „Sior  Vescovo,  spete,  spete!"  Ma  i  pulizainer  1'  ä  ben  fat 
tase;  ehe  squasi  i  lo  voleva  sarä  via.  Ma  V  e  'mpö  ruä  a  ora 
che  'l  Vescovo  desmontava  de  carozza.  Matia  i  va  da  visin,  65 
ciol  ju  '1  ciapell  e  '1  saluda  con  duta  creanza,  come  che  '1  cre- 
deva  che  s'  avesse  da  duorä  con  en  Vescovo:  „Sior  Altezza! 
bon  dl;  mi  ve  vede  la  prima  ota,  ma  voi  ja  me  cugnesse  bele 
de  certo,  parce  che  i  m'  a  dit  che  !n  Vescovo  1'  e  come  'n  gran 
paster,   che  cugness  dute  sue  fede.    Come  ve  pässela?    Steo    70 

ben  ben  de  salute? Ah,  'ncia  voi,  a  chel  che  vede,  tire 

tabac;  voi  n  'avare  po  ben  de  ehel  bon!    Che  sente  mo:  demene 
na  presa!  —  —  Adess  bogna  po  encia  che  ve  domande:  ci  falo 
'1  tosat  de  nost  Curato?"     (Chest  tosat  1  'eva  'n  puoro  orfen, 
che  '1  Curato  da  Col  mantegniva  a  sue  spese  per  Tamor  de    75 
Dio;   '1  studiava  le  scole  latine.    'L  s'  ä  po  encia  deportä  tan 
pulito,   che  finalmente  1'  e  deventä  Piovan  e  Degan  de  Fassa, 
e  ilö  1'  e  mort  del  mile  ot  cent  e  cinquantasiei.)     „Ulä  stalo 
de  quartier?    No  domande  miga,  che  voi  instess  vegnl  a  mel 
mosträ;  che  voi  adess  sare  ben  de  voia  de  jl  a  magne  valc,    80 
ave  ben  de  busegn  de  ji  a  disnä,  si.    E  po  sai  po  ben  encia 
mi  chest  tant  che  'n  Vescovo  non  e  'n  sealzacan,   e  che  bogna 
usä    duta    la    possibile    creanza    con    en    tal    gran    signor." 
'L  Vescovo  credeva  naturalmente  che  sto  puoro  cosso  fosse  'n 
puoc    mat;    1'  i    da    na   sbanzega    per    caritä   e    sen    va   per    85 
i  fati  suoi. 

Apena  tornä  a  Col  '1  va  delongo  via  'n  calonia  e  1'  i  conta 
dut  a  sior  Curato.     Cola   storia   del  Vescovo  '1   credeva   de 
i   fä  'n  gran   piacer,    invece  '1  s'  ä  ciapä   na   brava   lavada: 
,,T'  es  propio  mat;  no  de  band  i  t'  ä  batesä  Matia,  e  Matia  te    90 
moriras." 

Anmerkungen.  Die  akzente  sind  in  italienischer  weise 
gesetzt,  ebenso  die  beistriche.  Die  zweierlei  e-  und  o-laut 
sind  nicht  bezeichnet;  offenes  e  haben   wir   in  quartier,  dare 


368  Rätoromanisches  Schrifttum. 

und  den  infinitiven  wie  pode,  save,  geschlossenes  e  in  ferma, 
ciapell  usw.,  e  zuweilen  in  unbetonten  silben,  offenes  o  in  balote, 
calonia,  carozza,  fagot,  fora,  ilö,  orfen,  porte,  propio,  resposta, 
scola,  geschlossenes  o  in  Cisö,  cuoga,  jopa,  miol,  neö,  os  (stimme), 
Persenon,  puoc.  Die  konsonantenzeichen  sind  vom  ven.  Stand- 
punkt aus  verwendet:  s  gilt  durchwegs  breites  s  oder  z,  z.  b. 
s  in  Persenon,  save,  sto,  massa,  testa,  sperä.,  fas,  z  zwischen 
vokalen,  wie  in  batesä,  presentä,  tase,  resente,  studioso  und  vor 
stimmhaften  konsonanten,  wie  in  desgrazia,  sbanzega,  '1  nos(t) 
Matia  (nozmatia),  auch  in  brunsina;  z  gilt  meistens  dünnes  s 
oder  #  (so  ein  gewährsmann  1908,  während  ich  1880  nur  s 
hörte),  ebenso  c  vor  i,  e,  also  creanza,  tarz,  viaz,  cena,  cidä, 
citä,  invece,  piacer  (vgl.  tase);  z  hat  die  deutsche  geltung  in 
pulizainer  (von  polizei,  -mann  abgeleitet).  Statt  meza  {meza 
halb)  hätte  man  besser  mesa  geschrieben.  Für  das  toskanische 
c(i)  oder  ungefähr  ts  setzt  unser  autor  c  oder  ci,  z.  b.  ci,  perce, 
ciapä,  'ncia,  ciol.  Der  entsprechende  stimmhafte  laut  ist  mit  g 
bezeichnet:  large,  gesie,  consilgie;  statt  giusto  sagt  mein  ge- 
währsmann von  1908  iusto  (yusto).  Für  z  sehen  wir  j  ver- 
wendet, wo  das  blosse  s  zur  stimmlosen  ausspräche  verleitet 
hätte:  ju,  jent.  Dass  gn  im  italienischen  und  französischen 
sinne  zu  lesen  ist,  versteht  sich  von  selbst.  —  Persenon  ist 
Brixen,  ital.  Bressanone.  —  Z.  1  bonanima  verstorben.  — 
2  1'  eva  (war)  nach  V  e  (ist)  wie  1  'ava  (hatte)  nach  1'  a  (hat)  — 
chi  f=  quelli  —  massa  =  troppo.  —  3  domä  oder  domai  (nur)  — 
vede,  bäte  sind  infinitive  der  lat.  3.  konjug.  —  5  'nte  (in)  hat 
unsere  hs.  gewöhnlich  in  zwei  Wörter  getrennt  —  zuca  (kürbis) 
verächtlich  für  köpf  —  'mpo  dennoch.  —  tant  de,  ebenso  7 
und  48  davant  de  mit  stimmhaftem,  oder  vielmehr  unter- 
drücktem t.  —  6  cristien  veraltete  form:  ich  habe  nur  cristian 
hören  können;  hingegen  besteht  e  aus  a  in  offener  silbe  nach 
einem  palatalen  laut  noch  immer  in  consilgie  (fremdwort)  z.  8 
und  in  ciesa  (haus)  z.  42.  —  6  ruä.  =  arrivato  —  i  e  sautä 
la  voia  ...  es  ist  ihm  auf  einmal  die  lust  gekommen  ...  — 
7  sen  sinn.  —  9  s'  encia  oder  s'  incia  che  obgleich.  — 
9  calonia  =  canonica.  —  10  tirön  zug,  brunsina  glocke  — 
cidä  ist  nur  als  modal verb  gebraucht  (faillir):  dass  er  sie  bald 
herabgerissen  hätte.  —  12  'ncia  auch,  pl  =  piü.  —  14  daurl  = 
aprite.  —  15  maturlo  =  matto  —  par  chela  =  sembra  quella.  — 


3.  Das  Schrifttum  in  Tirol.  369 

15  fe  =  fate,  däur  =  apri.  —  16  bele  schon;  gewiss  —  de  le 
sue  von   seinen  Stückchen,  streichen.    —    18  presa   prise.   — 
19  se  sbrigön  wollen  wir  uns  auseinandersetzen.  —  20  me  jiave 
su   ich   richtete   mir   her,    dambre   holzschuhe.    —    21    faure 
schmied.  —  23  a  no  save  todesc   ohne  deutsch  zu  können.  — 
24  ein  bisschen  wohl,   ein  kleines  mass  voll,   ungefähr  in  der 
mundartlichen  form.  —  27  mefo  (denn),  p  mefiw  —  värdete  = 
guardati.   —   28  neö  =  nipote.  —   29   sentete  setze  dich.  — 
30  pörtile  bring  sie  ihm.  —  31  salude  1.  person  ind.,   deporte 
3.  pers.  konj.  —  32  fastide  sorge.  —  34  petiza  (veraltet)  wird 
mit    18   kreuzer   tibersetzt.    —    35    dare   hinten;    danach.   — 
36  viest,  heute  lieber:    vestis.  —   36  crosato  weste,  ciamisuola 
beretina  braune  joppe.   —    37  de  pell  ledern.   —    38  nuove  e 
resente  niegel-nagel-neu.  —  39  foiadine  nudeln,   biot  bloss.  — 
40   chizuola   brödchen.    —    41    scarsela   hosentasche   —    ciol 
nimmt.   —  43  s'  a  la  Piof  oben  in  der  pfarre  Buchenstein  — 
'1  tira  dert   er  zieht  (gerade)  weiter.   —   45   aiva  de   cressön 
(kersöri)  quellwasser   —   peä  =  pigliare.   —   46   da  sera  und 
54  da  misdi  sprach   mein   gewährsmann  von   1908   mit  ver- 
doppeltem da.  —  47  Ortesei  (p  urtizg?)  =  S.  Ulrich  —   da  er 
dort  niemand  kannte,  musste  er  .  .  .   —   49  Fleischsuppe  mit 
klössen,   die  sie  vom  mittagmal  erübrigt  hatten.   —   50  miol 
(veraltet)     seidel.    —    53    Laiön  =  Lajen    oder    Lojen    (bei 
Klausen).  —  55  vea  Vorabend.  —  56  rampön  stift  —  salesada 
pflaster.   —  57  capucini  oder  capuciner  (kapusini,  -tsiner).  — 
58  f eva  von  facere  —  59  gesia  =  chiesa.  —  62  i  cor  dare  läuft 
ihm  nach.  —  63  scraia  schreit.  —  64  sarä  via  einsperren.  — 
65  i  va  da  visin  geht  ihm  in  die  nähe.   —   67  duorä  =  ado- 
perare.  —  en  =  un.  —  68  ja  oder  azd  (digiä)  —  cugnesse  = 
p  hunqser,  Erto  honyose.  —  70  feda  schaf.  —  71  geht  es  euch 
wohl  gut?  —  71  tire  tabac  schnupft  t.  —  72  lasst  ihn  mich 
doch  riechen :  gebt  mir  eine  prise  davon.  —  73  bogna  =  bisogna  — 
was  macht  der  junge  unseres  k.?  —  76  er  hat  sich  denn  auch 
so   brav  gehalten.   —    78   wo   wohnt   er?   —   79  mel  mosträ 
=  mostrarmelo.  —  80  valc  =  aliquid.  —  82  scalzacan  Stiefel- 
knecht;  gemeiner  mensch.  —  84  cosso  kerl.   —   85  sbanzega 
zwanziger  (20  kreuzer  c.  m.).  —   87  delongo  sofort.   —  90  de 
band  umsonst. 

üartuet,  Ku torom.  «pr.  u,  lit.  24 


370  Rätoromanisches  Schrifttum. 

F.  Ampezzo. 

Der  älteste  druck  in  der  mundart  von  Ampezzo  in  Tirol 
soll  ein  gelegenheitsgedicht  sein,  das  der  kundige  herr  Andreas 
Constantini  in  Cortina  d'  Ampezzo  dem  ehemaligen  dechant 
von  Buchenstein  Don  Bortolo  Zardini  zuschreibt:  Per  la 
seconda  Messa  Novella  di  Don  Gr.  B.  Rudiferia  Pievano 
e  Canonico  1852.    Es  sind  14  Vierzeiler: 

Ma  anquoi  si  che  i  sciopetea! 
Ah!  non  elo  gnanche  bei? 
Duto  quanto  cigir^a 
Da  Tofana  a  Crepedel!    Usw. 

Zwei  andere  werden  dem  verstorbenen  Ingenieur  Fir- 
miliano  De  Gaspari  von  Ampezzo  zugeschrieben.  Das  eine 
ist  1861  in  Trient  als  Steindruck  erschienen:  Par  r'  occasion 
ch'  el  Piovan  d'  Ampezzo  D.  Agostino  Constantini  fesc  el 
so  Ingresso  inze  el  paes  agnö  che  1'  e  nasciü  (wo  er  geboren 
ist).  Unterschrieben  ist:  Ra  zoventü  da  Cortina.  Der  erste 
der  22  Vierzeiler  lautet: 

Presto  Ampezzane  ch'  el  Piovan  1'  e  cä; 
Sora  fö  ra  menestra  lassa  stä 
Ch' a  se  brostole,  anquoi  no  conta  nuja. 
Ciantä  alleluja, 

E  move  dute  quante  pize  e  grei 
Parche  sta  vota  onor  i  voron  fei. 
Hon  stentä  par  1'  ave,  e  ades  che  1'  hon 
L'  e  ben  rason 

Che  sone  alegre.    Usw. 

(Ampezzane,  pize,   grei,  alegre  .  .  .   sind  plur.  masc.  — 

Das  v  in  Piovan,  vota  wird  nicht  ausgesprochen.   —   sora  fö 

über  dem  feuer.  —  onor  i  voron  fei  wollen  ihm  ehre 
machen.) 

Ungefähr  ins  jähr  1869  fällt  das  Sonett  Celebrando  a  so 
prima  Messa  Padre  Basilio,  das  aber  in  einer  gemischten 
spräche  geschrieben  ist. 


4.  Das  Schrifttum  in  Friaul.  371 

Endlich   kommt   ein  lebender  dichter   desselben   namens: 

Silvio  De   Gaspari   in  Ampezzo.     Ich   kenne  von  ihm   ein 

gedieht  in  9  Vierzeilern:  Ra  bella  Ampezzana,   gedruckt  bei 
Mahl  in  Bruneck  (jähr?). 

Eine  ladinische  zeitung  für  Tirol  herauszugeben  ist  zwei- 
mal unternommen,  aber  beidemal  nach  2,  3  Nummern  wieder 
aufgegeben  worden.-  Die  eine  hiess:  ,,L' amik  di  Ladins.  Der 
Ladinerfreund"  (Innsbruck,  Mai  und  Juni  1905,  mit  beilage), 
die  andere:    „Der  Ladiner"  (Brixen,  april  1908). 

Die  „Bundesgruppe  der  Dolomiten-Ladiner  in  Innsbruck" 
(vom  „Tiroler  Volksbund")  schickt  mir  eben  (februar  1909) 
eine  faschingsnummer  „Kokodek"  zu  mit  lustigen  texten  aus 
verschiedenen  tälern.  Darunter  ist  auch  das  schützenlied  vom 
j.  1848  aufgenommen,  alle  sechs  Strophen,  nur  in  einzelheiten 
gegen  die  alte  fassung  geändert.  (Noch  besser  und  grösser  ist 
der  „Kokodek"  vom  j.  1910,  wie  ich  hier  noch  nachtragen  kann.) 

4.   Das  Schrifttum  in  Friaul. 

Friaul  umfasst  ungefähr  zehnmal  so  viel  bewohner,  und 
zwar  in  zusammenhängender  masse  vereinigte  bewohner,  als 
die  anderen  rät.  abteilungen  zusammengenommen;  wenn  man 
da  das  bedürfnis  nach  einer  eigenen  Schriftsprache  gefühlt 
hätte,  so  würde  man  zu  einer  stattlichen  friaulischen  literatur 
gekommen  sein.  Aber  das  Friaulische  steht  dem  Venezianischen, 
mit  dem  es  geographisch  zusammenhängt,  und  somit  auch  dem 
Toskanischen  so  nahe,  dass  die  Friauler  ohne  weiteres  an  dem 
italienischen  Schrifttum  teilnehmen  konnten,  gleiehgiltig  was 
für  staatliche  grenzen  etwa  zwischen  Udine  und  Florenz  im 
verlauf  der  Jahrhunderte  die  halbinsel  durchschneiden  mochten. 
Vom  Toskanischen  kann  übrigens  zunächst  keine  rede  sein; 
denn  die  ältesten  friaulischen  Sprachdenkmäler  fallen  in  die 
1.  hälfte  des  14.  Jahrhunderts,  also  in  eine  zeit,  wo  Norditalien 
eine  eigene,  venezianische  Schriftsprache  besass.  Über  die 
anfange  des  friaulischen  Schrifttums  belehren  uns  besonders 
Vinzenz  Joppi,  Testi  inediti  friulani  dei  secoli  XIV  al  XIX 
(Arch.  glott.  ital.  IV,  185 — 333),  Böhmer  in  dem  schon  oft 
genannten   Verzeichnis  (Rom.  Studien  VI)  und  die  mitarbeiter 

24* 


372  Rätoromanisches  Schrifttum. 

der  „Pagine  friulane",  Udine  1888 — 1907,  darunter  wieder 
Vinzenz  Joppi  bis  zu  seinem  tode;  texte  aus  dem  j.  1429  hat 
Alexander  Wolf  in  den  annalen  des  Istituto  tecnico  di  Udine 
(1874)  veröffentlicht. 

A.   Friaulisch  als  geschäftssprache. 

Die  ersten  denkmäler  sind  geschäftliche  aufzeiehnungen 
von  Verwaltern  friaulischer  gemeinden,  kirehen  oder  brüder- 
schaften.  Die  geschäftssprache  war  eigentlich  ein  mit 
lateinischen  kunstausdrticken  bespicktes  Venezianisch  gewesen; 
aber  das  Friaulisch e  brach  hier  und  da  durch,  bis  es  endlich 
die  oberhand  gewann.  Es  dauerte  aber  nicht  lange,  da  zog 
die  toskanische  Schriftsprache,  wie  in  ganz  Italien,  so  auch 
in  Friaul  ein.  Die  geschäftssprache  Friauls  ist  also  der  reihe 
nach  lateinisch,  venezianisch,  friaulisch  und  toskanisch.  Uns 
interessieren  nur  die  letzten  zwei  stufen;  sie  können  natürlich 
nicht  durch  zwei  bestimmte  grenzjahre  geschieden  werden. 
Man  kann  nur  ungefähr  sagen,  die  zeit  der  friaulischen 
geschäftssprache  geht  etwa  von  1336  bis  1500. 

Aus  dem  j.  1336  stammen  nämlich  die  ältesten  geschäft- 
lichen aufzeiehnungen,  die  neben  lateinischen  und  italienischen 
(ven.)  formen  auch  friaulische  enthalten  (Pagine  friul.  I,  38); 
und  von  da  an  findet  man  immer  besser  friaulische  Schriften. 
So  heisst  es.  in  den  Quaderni  der  Geisslerbrtiderschaft  von 
Cividale  (Arch.  glott.  IV,  188  f.)  zum  jähr  1355: 

In  d-avost  si  fo  comprat  zera  eun  volontat  delg  Priulg 
e  delg  cunsiglir  livry  18,  per  X  dinä  la  livre.  Si  fo  spindut 
par  spali  di  fa  gli  ziriuz.  Si  a  eibut  tot  per  cero  e  per  lavuri- 
duris  meza  marcha.  —  adi  VII  di  seseledö  si  fo  spindut  per 
un  quaderno  per  scrivir  li  chanzon  soldi  5.  (Im  august  wurden 
mit  der  einwilligung  des  priors  und  des  rates  18  pfund  wachs 
gekauft,  zu  10  denar  das  pfund.  Auch  wurde  ausgegeben  für 
bindfaden  zur  bereitung  der  kleinen  kerzen.  Es  hat  im  ganzen, 
für  wachs  und  arbeiten,  eine  halbe  mark  ausgemacht.  — 
Am  7.  juli  wurde  ausgegeben  für  ein  heft  zur  einschreibung 
der  lieder:  5  soldi.) 

Anmerkungen.  Avost  ist  die  friaul.  form  des  monats- 
namens;  daher  hat  der  herausgeber  Joppi  das  d  abgetrennt.  — 
zera,  meza,  marcha,  daneben  cero  und  livre:    der  ausspräche 


4.   Das  Schrifttum  in  Friaul.  373 

mag  keiner  der  drei  buchstaben  vollkommen  entsprochen  haben, 
aber  wir  finden  in  den  alten  aufzeichnnngen  aus  Cividale 
an  den  weiblichen  haupt Wörtern  vorwiegend  -o,  während  der 
artikel  (also  vor  dem  ton)  la  lautet.  —  gli,  hingegen  ebenda 
1406  glu  quäl,  1419  gliu  confins.  —  eibut,  ein  an  den  kon- 
junktiv  aibe  angelehntes  partizip;  jetzt  sagt  man  in  der  friaul. 
ebene  vüt,  nur  in  den  bergen  noch  inibut,  biit.  —  tot  scheint 
ein  Venezianismus  zu  sein  (statt  dut).  —  seseled<5,  1380  in  auf- 
zeichnungen  einer  brüderschaft  in  Udine  seselador;  der  monat, 
von  dem  ein  kalender  (L'otante,  Udin  1879)  singt: 

No  Fe  timp  di  sta  pognez: 
Man  es  sesilis  e  ai  falcez! 
Se  'o  voles  jemplä  i  toglaz, 
Coltait  ben  i  uestris  praz. 

Das  zweite  i  in  scrivir  fällt  auf,  stimmt  aber  zu  dem  i  in 
letira  von  1380  (Arch.  glott.  IV,  195  f.).  Zu  chanzon  wird  noch 
das  s  des  folgenden  Wortes  hinzuzunehmen  sein;  aber  auch  der 
artikel  li  ohne  -s  ist  in  Cividale  weder  damals  noch  gegen- 
wärtig richtig.  Ganz  italienisch  ist  quaderno  und  soldi.  — 
Man  sieht,  dass  das  erzählende  perfekt  damals  in  jener  gegend 
noch  in  ttbung  war:  ausser  fo  (war)  bieten  die  texte  des 
14.  Jahrhunderts  aus  Cividale  auch  alä  =  zie*  (ging),  de  =  die 
(gab),  stie"  (stand)  .  .  .,  1.  pers.  alay,  comprai,  spendei,  diey, 
3.  pers.  pl.  portarin,  furin,  zirin,  fazirin  und  formen  ohne  -in, 
wie  for  (waren),  alar  (gingen),  arecevir  (erhielten). 

Joppi  hat  auch  einen  brief  gefunden  und  abgedruckt: 
der  notar  Anton  Bellon  (gest.  1554)  in  Udine  schreibt  an 
einen  maier:  Vo  mi  domandas  cum  grande  instantie,  chu 
fazint  vo  un  dissegn  di  tutte  eheste  Patrie  di  Friul  iö  vuegli 
daus  in  note  gliu  Chystielg  duch  hierin  dentri  agl  timps  dagl 
Patriarchys  et  non  si  chiatin  vuedi  se  no  ruinaz.  Jö  azö  chu 
vo  sal  podes  cumpli  vus  agl  meterai  a  chi  un  danr  V  altri  par 
Alfabet  seiont  ch'  iö  hai  chiatat  in  scritturis  et  instrumenz 
antichs. 

In  Chiargne:   Agrons,  Amonay  .... 

In  Friul:   Azzan,  Blessaie  .... 

Des  Cittaz  di  Friul  vo  saves  cho  chu  sta  Auleie  et 
Cuncuardie:    ben   us   arevuardi   chu   Udin   e   Cittat   e   Tiare 


374  Rätoromanisches  Schrifttum. 

di  Veseovat  seiont  chu  si  viot  pagl  Privileges  di  Carlo 
Magno  .... 

Es  verstellt  sich  von  selbst,  dass  der  notar  leichter  und 
reiner  toskanisch  schrieb,  als  friaulisch;  er  hat  da  die  mund- 
art  nur  aus  liebe  zu  seinem  volke  gewählt,  wie  er  ja  auch  für 
die  friaulische  geschichte  gesammelt  hatte.  Er  glaubt  sogar, 
den  maier  warnen  zu  sollen,  dass  er  nicht  zu  viel  zeit  der 
heimatskunde  opfere:  ,,ch'  iö  non  stimi,  ch'  al  se  ben  fatt  che 
1'  hom  s'  affadij  d1  honorä  la  Patrie  chun  sos  scritturis  o  di- 
pinturis  et  lassi  in  ehest  miez  la  so  briade  di  ehiase  muri 
di  fan,  chu  nissune  rason  dal  mont  patiss  che  par  un  puchi- 
tine  di  glorie  vane  nus  lassln  vignl  sul  nestri  sangh  taute 
ruine." 

Denkmäler  der  friaulischen  geschäftsspraehe  veröffentlicht 
Joppi  a.  a.  0.  nur  bis  zum  j.  1470;  aber  ganz  aufgegeben  hat 
man  sie  noch  lange  nicht.  Solche  aufzeichnungen  waren  nicht 
für  die  öffentlichkeit  bestimmt.  Erst  im  19.  Jahrhundert  fiel 
es  hier  und  da  jemand  ein,  das  volk  in  friaulischer  prosa  über 
profane  dinge  zu  unterrichten,  wie:  Antonio  Brumatti, 
Compendi  di  dug  i  contegnos  pa'  1  soldat  tant  in  guarnigion 
come  in  chiamp  devant  il  neml,  eul  zurament  e  i  articui  di  uera, 
tradot  dal  Todesc  in  Furlan  (Wien  1843),  und:  Istruzion 
popolar  sore  il  mud  plui  vantazös  di  preparä  e  di  conserva 
il  ledän  e  sore  il  mud  di  fa  la  rispettive  buse.  Scritte  da 
G.  F.  del  Torre  par  ineärich  vut  da  i.  r.  Socie'tat  agrarie  di 
Gurlze  (Görz  1874).  Das  zweite  büchlein  ist  vielleicht  keine 
Übersetzung;  aber  die  „rispettive  buse"  riecht  wie  eine  „dies- 
bezügliche grübe".     Beide  Schriften  sind  bestellte  arbeiten. 

Merkwürdig,  dass  doch  auch  in  Friaul  die  geistlich keit 
die  volksmuudart  zu  ihren  zwecken  verwendet  hat;  nicht  im 
16.  Jahrhundert,  wo  das  ein  protestantischer  zug  gewesen  wäre, 
sondern  mitten  im  18.  Jahrhundert  verfiel  man  darauf,  also  zu 
einer  zeit,  wo  man  die  mundart  nie  zu  ernsten  auseinander- 
setzungen  zu  verwenden  pflegte.  Es  sind  freilich  nur  verein- 
zelte Schriftsteller,  aber  sie  haben  in  anderthalb  Jahrhunderten 
doch  ungefähr  30  religiöse  Veröffentlichungen  geliefert. 
Aus  dem  j.  1745  verzeichnet  Böhmer  (Joppi):  Instruzion  per 
degnamentri  rieevi  il  sacrament  dal  matrimoni  (Udine  1745, 
1792,  1801),   aus  dem  jähre  1746  die  noch   um   einmal  öfter 


4.   Das  Schrifttum  iu  Friaul.  375 

aufgelegte  Dottrine  cristiane  del  cardinal  Bellarmin,  tradotte 
in  lenghe  furlane  usw.  Ich  habe  daraus  (aufl.  1770)  die  stelle 
angemerkt: 

Cui  ha  fat  il  Credo?  —  Iu  dodis  Apuestui,  e  par  ehest 
son  dodis  Articui. 

Erst  in  den  70  er  jähren  kommen  wieder  etliche  solche 
büchlein  heraus.  Der  Kanonikus  in  Cividale  Josef  Maria 
Moroni  veröffentlicht  in  zwei  auflagen  (1772  und  1779): 
Ristret  des  primariis  instruzions  ehe  devin  da  ju  paris  e  lis 
maris  alla  tenere  fiolanze  in  chiase  e  ju  mestris  e  lis  mestris 
ne  prime  scuele,  tradot  in  furlan  . .  .  (o.  n.;  Udine).  Inzwischen 
(1773)  kommt  noch  ein  kleiner  katechismus  in  Udine  heraus 
(von  Leon,  de  Rivo),  ferner  noch  einer,  dieser  in  karnischer 
mundart:  La  Dnttrine  cristiane  del  Bellarmin  Sminuzzade, 
e  ridotte  plui  facil  a  mandä  a  memorie  de  Int  senze  lettere, 
in  lenghe  chiargniele  (Udine  1775  und  1778),  auch  ohne  namen. 
§  1  fängt  so  an:  Q.  Cui  ti  ha  creät?  —  R.  Iddio.  —  Q.  Cui 
esial  Iddio?  —  R.  Un  Spirit  purissim,  e  perfettissim.  —  Q. 
Ajal  avut  prineipi  Iddio?  —  R.  Sior  no,  ma  1'  e  simpri  stät.  — 
Q.  Ajal  da  finj  Iddio?  —  R.  Sior  no,  ma  simpri  al  sarä.  — 
Q,  Ce  ajal  fatt'  Iddio  par  fassi  cognossi?  —  R.  II  Cil,  e  la 
Tierre  eun  dut  ce  ch'  e  dentri.  —  Q.  Cun  ce  ajal  fatte  dutte 
eheste  grand'  opere?  —  R.  Cu  la  so  sante  volontät.  —  Q.  Di 
ce  T  ajal  fatt  il  Mond?  —  R.  Di  nuje.  —  Die  spräche  ist  nicht 
sehr  gut  karnisch;  am  nächsten  der  mundart  von  Tolmezzo. 

Eine  grössere  Produktion  auf  diesem  gebiete  tritt  erst  in 
den  60er  jähren  des  19.  Jahrhunderts  wieder  ein,  aber  eben 
nur  infolge  des  eifers  eines  mannes,  des  pfarrers  Joh. 
B.  Gallerio. 

Das  eigentliche  feld  der  friaulischen  literatur  ist,  wie 
das  der  heutigen  italienischen  mundartliteraturen,  die  dicht- 
kunst,  und  zwar  vorwiegend  die  heitere  dichtung.  Einen 
Übergang  zu  den  rein  dichterischen  erzeugnissen  bilden  die 
kal ender,  die  ja  mit  heiteren  gediehten,  scherzhaften  Wahr- 
sagungen über  das  neue  jähr,  Satiren  u.  dgl.  gewürzt  zu  sein 
pflegten.  Joppi  (bei  Böhmer)  kannte  zwei  aus  der  1.  hälfte 
des  18.  Jahrhunderts:  Lunario  sopra  1'  anno  1732  (Udine)  mit 
einem  Presagio  sore  1'  an  prisint,  und  einen  Strolic  per 
1'  anno  1747   von   Dominik  Murero   (Udine  1746).    Im  jähr 


376  Rätoromanisches  Schrifttum. 

1820  beginnt  die  reihe  der  Strolic  des  ersten  friaulischen 
dichters  Peter  Zorut  (Udine  1820—1865).  Daneben  und  da- 
nach kommen  aber  noch  andere:  Pronostic  sentimental  par  lis 
bieles  del  Friul,  lunari  par  V  an  1836  [von  Baron  Nik.  Ste- 
fanio]  (Udine  1836,  1837);  II  lunari  furlan  [von  Toni  Broili] 
(Udine  1845—1849);  so  noch  viele  andere;  man  bemerke  noch 
den  landwirtschaftlichen  ratgeber  für  österreichisch  Friaul 
II  contadinel,  den  der  schon  einmal  genannte  F.  del  Torre 
in  Romans  1855 — 1875  friaulisch  schrieb  nnd  in  Görz  drucken 
Hess.  In  dem  Jahrgang  auf  das  jähr  1876  heisst  es  dann: 
comparisce  ora  in  italiano. 

B.   Die  friaulische  dichtkunst. 

Das  älteste  friaulische  gedieht,  das  Joppi  aufgefunden 
hat,  gehört  noch  dem  14.  Jahrhundert  an  (1380  oder  nicht  viel 
später).  Der  notar  von  Cividale,  der  es  gemacht  (oder  wenigstens 
geschrieben)  hat,  scheint  mittelbar  oder  unmittelbar  von  der 
provenzalischen  liebesdichtung  beeinflusst  zu  sein;  die  letzte 
Strophe  lautet  so: 

Chianzunetto  va  eun  Diö 
A  chello  dumlo  saludant 
Di  chui  fidel  soi  sirvidö 
E  so  celat  saray  amant 
A  mil  mil  ang  s-yo  vives  tant 
AI  so  amor  si  soi  unit. 

(Dumlo  =  domina,  sirvidö  =  servitor,  celat  =  celatus, 
ang  =  anni.) 

Auch  das  zweite,  gleichfalls  von  einem  notar  in  Civi- 
dale (1416)  geschriebene  gedieht  „Biello  dumlo  di  valor  Io 
cgiantarai  al  vuestri  honor"  . .  .  erinnert  an  die  Provenzalen, 
enthält  aber  eine  stelle,  die  geradezu  von  Cividale  spricht: 
„Biello  dumlo  inchulurido  ...  Vo  ses  achel  zintil  rubin 
Ch  a  Cividat  arint  splendor."  (Arch.  glott.  IV,  206.)  Dem 
15.  Jahrhundert  (1431)  gehört  auch  die  gereimte  beschwörung 
an,  die  ein  notar  von  Udine  aufgezeichnet  hat  (ebenda  IV,  214). 

Erst  im  16.  Jahrhundert  schiessen  die  dichterischen  bluten 
dichter  auf,  sodass  einige  wenigstens  in  handschriften  übrig 
geblieben  sind:   Joppi  konnte  zwei  druckbogen  damit  füllen. 


4.  Das  schrifttnm  in  Friaul.  377 

Die  dichter  heissen  Nikolaus  Morlupino  ans  Venzone,  Abt 
Hieronymus  Sini  aus  S.  Daniele,  Hieronymus  Blancon 
(Bianeone)  aus  Udine,  notar  Ludwig  Amalteo  aus  Pordenone; 
die  gedichte,  meistens  sonette,  behandeln  verschiedene  gegen- 
stände. Am  umfangreichsten  ist  die  Übersetzung  eines  teiles 
von  Ariosts  Rasendem  Roland  durch  einen  ungenannten  (aus 
Udine,  wie  Joppi  meint);  sie  fängt  so  an: 

Lis  polzettis,  gl'  infanch,  gl'  amörs,  lis  armis, 
Lis  balfueriis,  plases  e  i  gran  remörs 
Chu  för  dal  timp  ch' haver  in  cul  lis  tarmis 
E  zlr  cerehiant  chu  i  es  gratäs  iü  Mors, 
Currlnt  daür  la  cölure  e  '1  fat  d'  armis 
Dal  lor  Re,  chu  vole  portä  gl'  honörs 
Di  vendichä.  lu  cül  dal  Re  Troian 
Chu  Carlo  gli  rompe  sot  Mont  dal  plan. 
Jö  vus  dirai  d'  Orlant  dut  in  un  flät  usw. 

Aus  dem  j.  1571  wird  endlich  auch  schon  ein  druck  ge- 
meldet: Canzone  ovvero  barzeletta  sopra  la  vittoria  dell'  armata 
Christiana  contro  la  Turchescha,  in  lingua  forlana  (Venedig  1571 
und  1572).  Wir  dürfen  uns  aber  nicht  wundern,  dass  die 
Friauler  später  anfingen  in  ihrer  mundart  zu  drucken  als  die 
Engadiner:  sie  hatten  eben  keinen  so  wichtigen  grund  dazu 
wie  diese.  Barzelette  zu  drucken  ist  luxus,  während  den 
Engadiner n  ihre  religiösen  bticher  so  wichtig  waren  wie  das 
tägliche  brot. 

Im  17.  Jahrhundert  sind  friaulische  drucke  noch  immer 
eine  grosse  Seltenheit.  Böhmer  hat  nur  fünf  gedichte  am  ende 
eines  sonst  italienischen  btichleins  gefunden:  Oratione  e  com- 
ponimenti  poetici  in  lode  dell'ill.  Gabriel  Marcello  raccolti 
nel  fine  del  suo  reggimento  di  luogotenente  generale  della 
patria  del  Friuli,  dal  co.  Giov.  Tacelli  (Udine  1687).  Zwei 
dieser  fünf  gedichte  sind  vom  Grafen  Hermes  di  Colloreto, 
zwei  andere  vom  Grafen  Zuan  Josef  de  Puarte,  das  fünfte 
eine  namenlose  Cingareschie  Furlane.  Und  doch  weiss  Nie. 
Villani  schon  1634  in  seinem  Ragionamento  sopra  la  poesia 
giocosa  (Venedig)  acht  friaulische  dichter  seiner  zeit  mit  ihren 
dichternamen  und  den  eigentlichen  namen  zu  nennen.  Joppi 
veröffentlicht  nach  handschriften  stellen  aus  der  Übersetzung 


378  Rätoromanisches  Schrifttum. 

des  4.  und  5.  gesanges  des  Orlando  furioso  durch  Paul  Fistu- 
lario  (genannt:  Dottor  Tunis),  Sonette  von  demselben,  von 
Plutarco  Sporeno  (genannt:  Kuptum),  von  Kaspar  Cara- 
bello  (Rumptot)  und  Brunelleseo  Brunelleschi  (Mitit), 
andere  gedichte  von  Hieronymus  Missio  (Lambin),  von 
Eusebius  Stella  aus  Spilimbergo  und  viele  ohne  namen, 
zuletzt  ein  gespräch  zwischen  einer  betschwester  und  dem 
beichtvater  vom  Grafen  Hermes  di  Colloredo.  Es  hat  also 
nicht  an  dichtem  gefehlt,  aber  man  dachte  nicht  daran,  für 
ein  grösseres  publik  um  oder  für  die  nach  weit  zu  schreiben. 

Der  bekannteste  und  fruchtbarste  unter  diesen  dichtem 
ist  Graf  Hermes  di  Colloredo  (1622 — 1692),  hauptmann  in 
österreichischen  und  in  venezianischen  diensten,  herr  auf  schloss 
Colloredo  am  Tagliamento;  die  familie  hiess  Waldsee.  Seine 
gedichte  sind  samt  bildnis  und  lebensbeschreibung  fast  ein 
Jahrhundert  nach  seinem  tode  zum  erstenmal  gedruckt  worden: 
Poesie  in  lingua  Friulana  del  eonte  Ermes  di  Colloredo 
ora  per  la  prima  volta  date  in  luce,  Udine  1785,  2  bde.;  dann 
wieder  1818  und  1828,  das  eine  mal  Canzoniere,  das  andere 
mal  Poesie  scelte  genannt.  Er  ist  in  gebundener  und  in  unge- 
bundener rede  leicht  verständlich,  weil  seine  spräche  natürlich 
und  seine  Schreibung  —  wenigstens  in  den  ausgaben  —  ge- 
regelt ist.  Er  greift  ohne  bedenken  zu  italienischen  fremd- 
wörtern,  aber  das  tut  man  auch  in  der  Umgangssprache  im 
kreise  der  gebildeten.  Er  besingt  vor  allem  die  liebe,  be- 
trachtet aber  auch  gern  mit  satirischem  spott  die  gesellschaft; 
an  seinem  lebensende  bearbeitet  er  ernste,  auch  religiöse 
gegenstände. 

Der  zweite  an  bedeutung  und  fruchtbarkeit  ist  Eusebius 
Stella,  Seine  dichtungen  sind  in  einer  hs.  in  Udine  aufbe- 
wahrt. Joppi  veröffentlicht  wenige  davon:  „poche  e  non  le 
migliori,  ma  il  buon  costume  vietava  che  di  piü  e  di  meglio 
ne  fosse  dato." 

Im  nächsten  Jahrhundert  nimmt  die  fruchtbarkeit  der 
friaulischen  muse  nicht  zu.  Drucke  friaulischer  dichtungen 
weiss  Joppi  (bei  Böhmer)  nur  ein  dutzend  aufzuzählen, 
meistenteils  sonette  zu  ehren  eines  lutignint  general,  der 
kaiserin  Maria  Theresia,  eines  geistlichen,  eines  jungen  ehe- 
paares;  aus  handschriften  veröffentlicht  er  im  Ar  eh.  glott.  einige 


4.   Da3  Schrifttum  in  Friaul.  379 

Seiten  von  Georg  Comini  nella  varietä  vernaeola  di  Corde- 
nons  (Provinz  Pordenone)  und  von  einem  priester  De  Caneva 
ans  Liariis  in  Karnien.  Am  wichtigsten  aber  ist  die  dichterische 
arbeit  von  Joh.  Jos.  Busiz  (1660  —  1743).  Er  war  in  Görz 
geboren,  studierte  in  Graz  und  lebte  dann  wieder  in  Görz  als 
Cancelliere  arcidiaconale.  Ibm  gelang  es,  das  Friaulische  zu 
nachdichtungen  zu  verwenden,  in  denen  Virgils  werke  teils 
ernst,  teils  scherzhaft  wiedergegeben  sind.  Seine  zwei  arbeiten 
wurden  erst  nach  seinem  tode  gedruckt:  die  Äneide  zuerst 
1775  in  Görz,  dann  1830—31  in  Udine  unter  dem  titel: 
L' Eneide  di  Virgilio  travistude  da  Zuan  Sef  Busiz  ridote 
a  lezion  pure  friulane  [d.  h.  eigenmächtig  aus  der  Görzer 
mundart  in  das  üblichere  Friauliseh  der  gegend  von  Udine 
umgeschrieben]  da  Znan  Batiste  nob.  da  la  Puarte  cun  pre- 
fazion  usw.,  2  bde.;  die  Georgika  1857  und  1866,  beidemal  in 
Görz  und  ohne  antastung  der  mundart:  La  Georgica  di  P.  Vir- 
gili  Maron  tradotta  in  ottava  riina  friulana  da  Zuan  Josef 
Busiz  Nobil  di  Thurnberg  e  Jungenegg,  Cancillir  arcidiaconal 
di  Gurizza  e  Gradischia  (so  die  2.  Edizion  rivioduda,  corretta 
e  publicada  da  Z.  B.  Filii).  Die  ersten  fünftbalb  verse 
der  Georgika  sind  so  tibersetzt: 

Ce  che  allegris  pö  rindi  i'semenaz, 
Sot  quäl  influs  s'abbi  d'arä  il  terren, 
Strenzi  de  vit  cul  olm  il  maridaz: 
Qual'art,  quäl  diligenza  e  quäl  inzen 
S'abbi  da  usä  cui  bus  tant  nei  stallaz, 
Ca  la  chiampagna:   e  aciö  riescin  ben, 
Cimut  lis  as  si  devin  governä, 
Generös  Mecenat,  io  uei  chiantä,. 

Die  fremdwörter  influs,  diligenza,  generös  hätten  ver- 
mieden werden  können,  zumal  influs  (quo  sidere!);  aber  im 
ganzen  ist  die  Übersetzung  so  gut,  dass  sie  friaulischen 
gymnasiasten  als  krüeke  dienen  kann.  Aber  eben  wegen 
dieser  genauigkeit,  also  gezwungenheit,  ist  die  Übersetzung 
nicht  so  flott  geschrieben  wie  die  frei  travestierte  Äneide. 

Gegen  die  mitte  des  19.  Jahrhunderts  erst  nimmt  die 
friaulische  literatur  einen  bedeutenden  aufschwung,  aber  der 
grösste  dichter  fing  schon  im  j.  1818  zu  veröffentlichen  an  und 


380  Rätoromanisches  Schrifttum. 

war  schon  1792  geboren:  Peter  Zorut.  Sein  geburtsort  ist 
das  dörfchen  Lonzano,  er  zog  aber  noch  als  kind  mit  den 
eitern  nach  Cividale,  dann  nach  des  vaters  tode  nach  Udine. 
Hier  nahm  er,  um  mutter  und  Schwester  zu  erhalten,  eine 
schreiberstelle  im  k.  k.  finanzdienst  an;  als  offizial  konnte  er 
nach  40  jähren  (1854)  in  den  ruhestand  treten  und  starb  1867. 
Die  Stadt  ehrte  ihn  im  j.  1869  durch  eine  btiste  im  museum 
und  durch  die  umtaufe  des  gässchens,  worin  er  gewohnt  hatte, 
in  Vicolo  Zorutti.  Er  hat  innerhalb  eines  halben  Jahrhunderts 
eine  grosse  anzahl  gedichte  geschrieben,  aber  im  Verhältnis  zu 
der  langen  zeit  keineswegs  eine  tibergrosse  anzahl:  er  hat  seine 
gedichte  mit  fleiss  und  Überlegung  ausgearbeitet,  wenn  sie 
auch  leicht  hingeworfen  scheinen.  Die  meisten  suchen  heiter- 
keit  zu  erregen,  andere  wollen  rtihrung  hervorbringen;  und  alle 
erreichen  das  ziel.  Veröffentlicht  sind  die  meisten  in  kalendern 
und  gelegenheitsschriften  zum  erstenmal.  Mehr  oder  weniger 
vollständige  ausgaben  der  dichtungen  Zoruts  sind:  Poesiis 
di  Pieri  Zorutt,  2  bde.,  Udine  1836—37;  Poesiis  di  Pieri 
Zorut,  3  bändchen,  Udine  1846—57;  ferner  nach  des  dichters 
tod,  in  zwei  buchhandlungen  Udines  zugleich  1880  mit  dem 
1.  bd.  anfangend:  Poesie  edite  ed  inedite  di  Pietro  Zorutti 
pubblicate  sotto  gli  auspicj  dell'  Accademia  di  Udine,  2  bde.,  mit 
bildnis  und  lebensbeschreibung,  endlich:  Raccolta  completa  usw. 
Die  von  der  akademie  geförderte  ausgäbe  hat  eine  für  fremde 
bequeme  Schreibung  gewählt,  z.  b.  (I,  406): 

Qhar  sior  Berün,  a  mont  i  compliments  . . . 
Une  strente  di  man  e  une  bussade; 
0'  mi  consöli  che  so  fie  e  sposäde 
E  che  parinch  e  amls  e'  son  contents. 

Sai  che  il  Nuvizz  al  ä  bogns  sentiments, 
Che  te  '1  chav  1'  ä  cerviell  e  no  panäde, 
Che  1'  e  usäd  a  lä  drett.  par  la  so  strade, 
E  che  1'  osserve  i  dis  comandaments : 

E  sai  che  la  Nuvizze  e  une  polzete 
Che  ä  de'  gnuche;  e  nemle  de  vanitäd, 
Je  buine,  brave,  manieröse  e  sclete: 


4.   Das  Schrifttum  in  Friaul.  381 

0'  sai  che  son  duch  doi  di  paste  fröle  . . . 
Ah,  sior  Berttn,  je  pari  fortunäd; 
L'  e  propri  un  matrimoni  che  al  fas  gole! 

Anmerkungen.  Lieber  herr  B.,  komplimente  bei  Seite  . . . 
nur  einen  händedruck  und  einen  kuss!  Ich  freue  mich,  dass 
ihre  tochter  verheiratet  ist  usw.  —  gnuche  (nuca)  verstand.  — 
1'  e  (er)  ist,  je  (sie)  ist,  (Sie)  sind. 

Ein  Busiz,  nämlich  der  hofrat  Cavalir  Zuan  Battista 
Bosizio  de  Thurnberg  e  Jnngenegg  hat  Schillers  Lied  von  der 
glocke  tibersetzt:  II  chiant  della  chiampana  (Görz  1882).  Zur 
vergleichung  mit  der  oberländischen  Übersetzung  seien  hier 
dieselben  verse  als  probe  angeführt  wie  oben  (s.  322),  obwohl  sie 
nicht  sehr  gut  ausgefallen  sind: 

Da  chist  metal  cun  sun  di  fiesta 
II  moto  prim  del  neonat, 
Che  cul  duarml  lu  manifesta, 
Ven  cun  gran  ziubil  saludat. 
Chel  pizzinin  affat  ignora 
Se  biei  ö  bruz  varä  i  siei  dis. 
La  mari,  che  la  so  prima  ora 
Cun  tenerezza  custodis. 
Ma  i  agn,  chei  svölin  räpiz  via! 
Da  chiasa  svelt  il  frut  si  siolz, 
Va  für  nel  mond  mal  cognosut, 
E  furibond  lä  si  stravolz, 
Pelegrinand  chel  mond  pardut. 
Ritörna  a  chiasa  cun  tristezza, 
LI  che  fantata  mira  fiss. 
Di  tanta  angelica  bellezza, 
E  '1  so  dolor  prest  scomparis! 
Da  desideri  inespiegabil 
II  zovin  sint  riplen  il  cur 
Per  che  fantata  tant  amabil, 
Per  je  soltant  il  viv  e  mur. 
II  mond  per  lui  nol  e  plui  nüja, 
Sul  prat,  nell'  ort  il  zir  i  flors, 
Call  idul  so  soltant  il  züja 
I  chianta  dolz  i  tanch  amors.  — 


382  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Deslr  tu  teuer,  dolz  sperä, 
Oh!  auri  timp  del  prim  ama! 
Nus  par  di  viodi  il  paradis, 
Beat  il  cur  in  chei  biei  dis! 
Oh!  che  restas  eterno  in  flor 
II  timp  tant  biel  del  prim  amor! 

Es  ist  die  mundart  von  Görz,  wie  ja  auch  im  titel  gesagt 
ist:  „tradott  in  viars  furlans,  dialett  gurizzan."  Vier  verse 
hat  der  Übersetzer  übersprungen;  von  den  druckfehlern  sind 
einige  berichtigt  in  dem  exemplar,  das  mir  herr  Kurschen 
gefälligst  aus  der  Biblioteca  civica  von  Görz  geliehen  hat. 
Statt  zir  wäre  cir  zu  schreiben.  Einige  italianismen  stören 
den  leser. 

Neben  und  nach  Zorut  wäre  etwa  noch  Karl  Favetti 
(1819—1892)  zu  nennen,  dessen  gedichte  1893  in  Udine  er- 
schienen: Rime  e  Prose  in  vernacolo  goriziano.  Er  war  in 
Görz  geboren,  studierte  in  Wien  die  rechte,  gab  sich  einer 
politischen  tätigkeit  hin,  die  ihn  mit  der  Staatsanwaltschaft 
in  konflikt  brachte,  und  musste  einen  teil  seines  lebens  im 
ausländ  (Mailand  und  Venedig)  zubringen.  Er  hat  eine  kräftige, 
ergreifende  spräche  in  seinen  gedichten;  sie  sind  vorwiegend 
ernsten  inhaltes.  Als  beispiel  diene  das  in  Venedig  geschriebene 
sonett,  das  auch  Aseoli  sich  nicht  enthalten  konnte  an  das 
ende  der  texte  Joppis  anzufügen: 

Chel  me  pais,  che  Y  Alpe  Giulia  siara 
E  cul  Lisunz  va  fin  nella  marina, 
Quand  vioderai?    Quand  busserai  che  tiara, 
Che  nassi  mi  ja  viodut  e  lä  in  ruina? 

Lontan  di  te,  o  me  Guriza  chiara, 
Una  vita  jo  meni  errant,  meschina; 
Quand  finiiä?    E  il  len  della  me  bara 
Dulä  sarä  tajat?    Cui  lu  induvina? 

Le  ver,  soi  esiliat  nel  paradis, 
In  patria  me,  cui  mei,  e  liber  soi, 
E  speri  simpri  in  plui  alegris  dis; 


4.   Da3  Schrifttum  in  Friaul.  383 

Ma  tantis  voltis  che  pensand  jo  stoi 
A  chel  che  jai  lassat  nel  me  pais, 
Mi  chiatti  cullis  lagrimis  nei  voi. 

Er  sagt  „soi  esiliat  in  patria  me",  weil  er  Venedig,  ob- 
wohl es  damals  nicht  mehr  zu  Österreich  gehörte,  und  über- 
haupt Italien  für  sein  Vaterland  ansieht. 

Ich  übergehe  andere  lyriker  und  berichte  nur  noch,  dass 
hier,  in  der  nachbarschaft  von  Goldonis  heimat,  auch 
dramatische  versuche  gemacht  worden  sind:  lustspiele  von 
G.  E.  Lazzarini,  nämlich  Malis  lenghis,  II  vencul  (der  alp), 
La  sdrondenade  (der  polterabend),  Dug'  e  nissun,  alle  vier  in 
Udine  1876,  das  letzte  1882;  Commediole  friulane  di  Fran- 
cesco Leitenberg,  Udine  1883;  usw. 

Als  probe  diene  der  erste  aufzug  der  Malis  lenghis  von 
Lazzarini,  ein  lebhaftes  gespräch  der  Schwägerinnen  Marie 
und  Antonie,  das  leicht  zu  verstehen  ist  und  es  nicht 
weniger  wäre,  wenn  die  akzente  und  apostrophe  dezimiert 
würden. 

Miutte.  No  podes  suffrilu!  .  . .  par  ehest  'i  chiatais  dug'  i 
diffiezz! 

Tunine.  Si  dis  nome  ch'  al  e  masse  zövin  par  morosä, .... 
che  no  'i  pläs  tröpp  '1  lavor, . . . 

Miutte.    S'  al  e  zövin,  al  ha  timp  di  cresci;  e  cö  '1  chia-    5 
tare  une  oecupazion  che  'i  vadi  a  genio  . . . .! 

Tunine.  Si!  . . .  I  siors  e'  puedin  scielzi!  ma  lui  no.  Cnn 
chell  fregul  di  vitalizii,  che  giöld  so  märi,  la  cämpin  a  pene!  — 
Mi  pär  che,  s'  al  'vess  vöe  di  fa  ben  o  il  contadin,  o  qualchi 
altri  mistir,  e'  saress  ore  .  . .!  10 

Miutte.  II  contadin!?  un  mistir!?  Qe  t'  impensistu  mai? 
Qe  ti  vegnial  t'  al  chiäf . . .?  —  Lui  al  e  studiät,  al  ha  talent, 
e  un  bon  impiego  no  '1  po'  manchiaj ! 

Tunine.    Si!  ehe  in  zornäde  di  ue  si  chiätin  lis  lujaniis 
pichiädis  .  . .!  —  Impiegos!  —  Par  piä  döi  francs  in  di,  se  rive,    15 
e  eun  chei  plantä  famee,  impinissi  di  früzz  . .  .! 

Miutte.    Come  tu!  che  no  tu  has  ni  balle  ni  möstre! 

Tunine.  Eh!  V  e  forsi  miei . . .!  —  Cö  '1  sarä  il  moment, 
al  pensarä  to  fradi  a  maridäti:  al  ti  chiatarä  lui  un  che  al  ti 
sei  adattät,  ch'  al  vövi  alc  al  soreli ...  20 


384  Rätoromanisches  Schrifttum. 

Miutte.    Maranieo!  ...   II   moros   o  'uei  cliiatamal  jo! . . . 
Anzi  lu  hai  za  ehiatät. 

Tun  ine.    Ma  .  . .!  chialäit  §e  pringipis,  §e  educazion! . . . 
Fevelä  di  morosezz  une  frutatte  che  fin  ir  P  altri  e'  leve  eu  lis 
25    cöttulis  a  cürt! 

Miutte.    Ma  cumö  no  lis  hai  plui! 

Tunine.  Co'jeri  de  to  etat  jö,  no  savevi  nanchie  ge  che 
olessin  di  moros,  e  no  'n  d'  hai  mai  'vüz !  —  Seame  märi  a  'i 
fevelävin  di  ümins,  e'  diseve  ch'  al  e  pechiat  .  .  .!  0  jeri 
30  grande  e  gruesse  quand  che  mi  presentärin  Bastian.  Mi  diserin 
ch'  al  'veve  vöe  di  'vemi,  ch'  o  lu  chioless  ....  e  lu  hai 
chiolt . .  .! 

Miutte.    E  se,  invece  di  miö  fradi  Bastian,  ti  'vessin  fatt 
viödi  Zeff  muini,  ch'  al  e  gobbo  e  slancät,  tu  lu  'varessis  chiolt 
35    V  instess,   no  mo'?   —   Eh!  a  mi  nissun  no  mi  faress  di'  di  si, 
se  no  foss  contente! 

Tunine.    E  jö  o  söi  stade  contente;  e  lu  söi  ore  presint. 

Miutte.    Si,  si!  —  Chiantäit  e  siviläit . . .!     Carlo  al  mi 
plas  e  jö  o  vuei  velu! 
40  Tunine.    Sint,  Miutte;  tu  säs   che   o  ti  'uei  ben;  se  tu 

fossis  une  siore  tu,  tu  podaressis  di':  o  'uei  spietä  . . . 

Miutte.    No  saränn  gran  chiossis,  ma  alc'  di  dote  a  mi 
ha  lassat  miö  pari . . . 

Tunine.    AI  e   un  mont  pöc.    Se  tö  fradi  al  'vess  'vud 
45    furtüne,  al  podaress  judäti,  ma  . . . 

Miutte.    Judämi?  —  No  'i  domandi  nuje  a  lui  jo!   — 
Oh!  lasse  ch'  o  ti  feveli  biell  sclett .  . .!    Se,  invece  di  piärdisi 
tes    facendis    dal   Cumun,    a  'i  Vess   tindüt    es    sos    chiossis, 
no  '1  'varess  cumö  tant  rott  il  chiaf  co  'i  tochie  di  pajä  . . . 
50  Tun  ine.    Fevele  biell  plane! ...  al  e  sior  Michiel  ch'  al 

eucche  daur  il  ristiell  dall'  ort. 

Miutte.    Malandrett  curios!   al  tire  tantis  di  orelis,  par 
save  ce  ch'  a  si  dis! 

Tunine.    0  'ves  simpri  il  vizi  di  lassä  viärt  il  ristiell . . .! 
55    All  e  jenträt:  al  ven  di  ste  bände. 

Miutte.     0    soi    buine    di    dial    jö,    ch'   al    tindi    ai 
fazz  siei. 

Tunine.     No  stä  fai  malis  graziis! . . .  miö  marit  al  ha 
di  daj  . . .! 


4.   Das  Schrifttum  in  Friaul.  385 

Miutte.  Ah!  mi  pareve!  ...  E' je  propri  une  disgrazie  60 
te  nestre  famee,  cui  par  un  viars,  cui  par  chell'  altri,  nissnn  'i 
tind  ai  fazz  siei!  . .  .  Barbe  Jacum  al  e  vie  pal  mond,  —  ma 
alnianco  chell  culis  sös  strussiis  al  si  ha  fatt  un  stat;  —  barbe 
Marc  no  1'  ha  tal  chiäf  altri  che  uglei  e  il  züg'  dal  tressiett; 
puar  miö  fradi  al  la  bagile  par  jessi  prin  conseir  e  cumö  sindic,  65 
e  al  finiss  eul  've  di  daj  anchie  al  soreli  .  . .! 

Tunine.  Ma,  a  ti  no  ti  tochie  di  menä  par  lenghe 
to  fradi! 

Miutte.    Se  tu  Vessis  coraggio,  ti  tochiaress  ben  a  ti  di 
dijes  für  dai  dinc'! ...  Ma  tu,  tu  tremis  cö  tu  fevelis  cun  lui,    70 
jö  no  hai  vös  in  capitul  parce  ch'  o  soi  masse  zövine,  e  intant 
la  baracche  . . .! 

Tunine.    Tas!  . .  .  sior  Michiel! 

Miutte.    Eh!  ge  sechiade! 

Anmerkungen.  Man  beachte  die  persönlichen  für  Wörter, 
die  in  der  friaulischen  rede  so  verschwenderisch  angewandt 
werden;  z.  b.  zeile  7,  12,  13,  18,  19,  20.  Das  „tu"  in  z.  17 
versteht  sich  so  von  selbst  vor  „has",  dass  das  verneinungs- 
wort  vor  „tu"  gestellt  wird,  statt  vor  „has".  Von  den  zwei 
flirwörtern  vor  fevelävin  (z.  29)  fasst  ,,'i"  das  davor  stehende 
„a  me  märi"  nochmals  zusammen;  „a"  ist  illi  (man).  —  Z.  52 
„tantis  di  orelis"  dieselbe  merkwürdige  ftigung  wie  im 
satze  376  in  Avoltri;  s.  die  Anm.  dazu  s.  102. 


Das  Friaulische  reichte  einst  über  den  Isonzo  hinaus. 
Von  der  abart  dieses  dialekts,  die  man  noch  vor  100  jähren 
in  Triest  sprach,  ist  uns  eine  schriftliche  aufzeichnung  erhalten: 
Dialoghi  piacevoli  in  dialetto  vernacolo  triestino  colla  versione 
italiana  di  D.  Giuseppe  Mainati  sagrestano  e  vicario  corale 
della  cattedrale  di  S.  Giusto  coli'  aggiunta  di  nove  lettere  .... 
e  d'  una  nuova  pianta  di  Trieste  . . .  Triest  1828  (einen  neu- 
druck  hat  Em.  Schatzmayr  1891  besorgt).  Mainati  Hess  die 
buchstaben  z  kursiv  drucken,  wenn  sie  vanno  pronunciati  dolci. 
Der  anfang  des  ersten  dialogs  (s.  5)  lautet  so: 

Gärtner,  Katoroui.  spr.  u.  lit.  25 


386 


Rätoromanisches  Schrifttum. 


El  sior  Carlim,  e  Zu&m  che 
s'  incontrem  per  strada,  e 
faueland,  uam  ognidum  in- 
tela  soua  campagna. 

Zuan.    Lustrissimo  bon  dl. 

Sr.   Carlim.    Oh!   adio   Zu&m, 

Dola  uasto? 
Zu.    Uach  in  braida. 

Sr.  Car.    A  ze  fa? 
Zu.    Uach  a  plantä  dei  aullu. 
E  lui  lustrissimo  dola  el  ua? 

Sr.  Car.  Mi  uach  im  mandria 
a  trauasä  el  uim,  e  dopo 
uach  a  plantä  dei  aullu, 
perze  el  fred  dei  inuiar  de 
1'  altro  am  1'  hau  fat  sechiä 
squasi  duti. 

Zu.  Anchia  intöla  meja  brai- 
da xe  sechiä  um  biel  aullu 
grand  ....  . 


II  sig.  Carletto,  e  Giovanni 
che  s'  incontrano  per  istrada, 
e  discorrendo,  ciascheduno 
va  nella  propria  possessione. 

Giovanni.  Illustrissimo  signore 
buon  giorno. 

Sig.  Carletto.  Oh!  Addio  Gio- 
vanni.   Dove  vai? 

Gio.  Vado  nel  mio  picciolo 
podere. 

Sr.  Car.    A  far  che? 

Gio.  Vado  a  plantare  degli 
olivi.  E  lei  dove  va  illu- 
strissimo signore? 

Sr.  Car.  Jo  vado  nella  mia 
possessione  grande  a  trava- 
sare  dei  vino,  e  poi  a  plan- 
tare degli  olivi,  perche  il 
freddo  dell'  inverno  di  due 
anni  sono  gli  ha  fatti  seccare 
quasi  tutti. 

Gio.  Anche  nel  mio  picciolo 
podere  si  e  seccato  un 
bell'  olivo  grande  .... 


Ein  wertvoller  Sprachbericht;  es  versteht  sich  von  selbst, 
dass  man  auf  diese  absterbende  mundart  nicht  eine  Schrift- 
sprache gründen  wollte. 


Inhalt. 


Seite 

Vorwort VII 

Deutsch-rätoromanisches  wörterbüchlein   zu  den  texten  aus  sechs 

rätoromanischen  mundarten IX 

Wörterverzeichnis  zum  aufsuchen  der  mundartlichen  formen,   die 

hier  als  beispiele  dienen XVII 

Wörterverzeichnis  zur  Übersicht  über  die  in  dem  buche  angeführten 

schriftsprachlichen  Wörter  und  formen XXI 

a)  Das  älteste  rätoromanische  Sprachdenkmal  XXI.  —  b)  Ober- 
ländisch XXII.  —  c)  Oberengadinisch  XXIX.  —  d)  Unter- 
engadinisch  XXXVII.  —  e)  Gadertal  XLVI.  —  t)  Buchenstem 
und  Colle  XLIX.  —  g)  Friaulisch  LV. 

Biicherschau LXII 

Nachtrag LXVIII 

Einleitung 1 

Sprachgebiet  1,  nordgrenze  2,  reinere  rätoromanische  mund- 
arten, ihre  bezeichnung  3,  der  name  Bätoromanisch  7. 

Erster  teil.   Texte  aus  lebenden  mundarten 9 

Wahl  der  texte  und  der  mundarten  9,  unvollkommenheit  der 
aufnahmen  10,  lautzeichen  11. 

I.  Sätze 16 

Anmerkungen  dazu  48. 

II.  Der  wolf  und  die  sieben  zicklein 51 

Anmerkungen  dazu  72. 

III.  Der  alte  hund 75 

Anmerkungen  dazu  84. 

IV.  Der  verlorene  söhn 86 

Anmerkungen  dazu  96. 

V.  Dekameron  19 97 

Anmerkungen  dazu  102. 

Zweiter  teil.   Vergleichende  darstellung  der  rätoromanischen  mund- 
arten           103 

25* 


388  Inhalt. 

Seite 

Bauart  der  Wörter 104 

Konsonantenreiche  Silben  104,  zurücktreten  der  unbetonten 
vokale,  diphthongierung  der  betonten,  hänfigkeit  der  Zisch- 
laute 105,  tonstelle,  silbenschwund  vor  der  tonsilbe  106,  da- 
hinter 107,  anslautserscheinungen  110,  unterstützende  vokale  111, 
der  auslaut  bei  lateinischen  proparoxytona  112,  mit  einem  a  in 
der  endsilbe  115,  kurzer  tonvokal  der  vorletzten  silbe  in  der 
osthältte  des  rätoromanischen  gebietes  116. 

Betonte  vokale    .   .    .   .* 118 

Lateinisches  a  118,  a  zu  e  in  offener  silbe  119,  bedingungen 
dieses  lautwandels  120,  dessen  Verbreitung  ostwärts  123,  west- 
wärts 125,  a  zu  o  in  lat.  au  128,  a  vor  u  129,  vor  v  und  einem 
konsonanten  130,  ebenso  vor  1  131,  a  vor  m,  n  132,  a  im  aus- 
laut 136. 

Lat.  T  zu  e,  diphthongiert  136,  mit  einem  vorausgenommenen 
u  139. 

Lat.  ü  zu  ü,  i  in  der  westhälfte  140,  im  Gadertal  141. 

Lat.  geschlossenes  e  diphthongiert  142,  verkehrt  diphthongiert 
145,  besonderheiten  146. 

Lat.  geschlossenes  o  in  Graubünden  147,  Tirol  und  Friaul, 
verkehrte  diphthongierung  150. 

Lat.  offenes  e  in  offener  silbe  151,  in  geschlossener  152, 
vor  -i  154,  e  zu  i  vor  n  156. 

Lat.  offenes  o,  Übersicht  der  Wandlungen,  eine  einzelne 
mundart  157,  diphthongierung  in  geschlossener  silbe  160,  fallende 
diphthonge,  Übergang  in  die  e- reihe  162,  verkehrte  diphthonge, 
einzelheiten  163. 

Wechsel  zwischen  o  und  u,  totus  163,  deorsum  164,  avor- 
sum  165. 

Verhärtete  diphthonge  165,  auch  ausserhalb  Graubündens  167, 
verkehrte  diphthonge,  unbetonte  vokale  169. 

Konsonanten 170 

r  170;  1  172,  palatalisiert  174,  velarisiert  177;  m,  n  178;  p,  b, 
f,  vl80;  w  182;  t  d,  s  183;  x  186;  c,  g  vor  i,  e  187,  vor  a  191, 
vor  u,  o  und  vor  t  im  Westen  194;  qu,  gu  195;  j  199;  un- 
silbisches i  199. 

Biegung  der  nomina 203 

Prädikatskasus  und  neutrum  in  Graubünden  203,  nominativ 
oder  akkusativ  in  der  lat.  1.  und  2.  deklination  204,  in  der 
3.  deklination  208,  pluralisierung  durch  betonte  endungen  209. 

Pronomina 210 

Persönliche  fürwörter  21ö,  me  und  mi  212,  unbetont,  reflexiv, 
unbestimmtes  „es",  pleonastische  nominative  213,  der  dativ  illi, 


Inhalt.  389 

Seite 

der  plural  Uli  214;  possessiva  214,  tuus,  saus  auf  meus  gereimt, 
kurzformen  215,  diphthong  in  noster  217;  deruonstrativa  218, 
artikel,  ipse  219;  fragende  und  unbestimmte  fürwörter  220. 

Biegung  der  verba 222 

Infinitiv  222;  partizip  223;  präs.  ind.  1.  pers.  sing.  223,  2.  pers. 
229,  3.  pers.  230,  1.  pers.  plur.  231,  2.  pers.  232,  3.  pers.  233; 
esse  234;  inversionsformen  236,  habere  23S,  dare,  stare  240,  velle, 
posse  242,  vadere  244,  facere  245,  sapere,  dicere  246;  imperativ 
246;  konjunktiv  präs.  247;  imperfekt  ind.  249;  konjunktiv 
impf.  250;  vorderrheinische  formen  für  die  indirekte  rede  250; 
perfekt  251;  fatarum  251;  konjunktiv  und  sog.  imperativ  des 
fut.  252;  kondizional  252. 

Wortschatz 254 

Buntheit  in  der  bezeichnung  mancher  begriffe  254;  fremde 
Wörter  257;  Wortgeographie,  1.  Verschiedenheiten  innerhalb  Grau- 
bündens  258,  2.  gemein-bünduerische  Wörter  261,  3.  Verschieden- 
heiten innerhalb  der  tirolischen  Gruppe  264,  4.  gemein -tirolische 
Wörter  205,  5.  Verschiedenheiten  innerhalb  Friauls  266,  6.  gemein- 
friaulische  Wörter  266,  7.  Graubünden  und  Tirol  267,  8.  Tirol 
und  Friaul  269,  9.  Graubünden  und  Friaul  271,  10.  gemein-räto- 
romanische Wörter  271. 

Dritter  teil.    Rätoromanisches  Schrifttum 273 

1.  Das  älteste  rätoromanische  Sprachdenkmal 274 

Anmerkungen  dazu  275,  Ortsbestimmung  278. 

2.  Das  Schrifttum  in  Graubünden 278 

A.  Die  Gründung  der  Schriftsprachen  279. 

Johann  von  Travers  280,  Müsserkrieg  281,  biblische  dramen 
282,  die  ersten  drucke  282,  Jakob  Bifrun  283,  Fuorma  284, 
Neues  Testament  285,  probe  daraus  286,  anmerkungen  dazu  289, 
Ulrich  Chiampel  292,  gesangbuch  293,  proben  daraus  294,  an- 
merkungen dazu  297,  Daniel  Bonifaci  299,  proben  aus  seinem 
katechismus  299,  anmerkungen  dazu  300,  J.  A.  Calvenzano  300, 
drei  Schriften  301,  Stephan  Gabriel  302,  proben  aus  dem  Sulaz 
303,  anmerkungen  dazu  305,  lokale  Schriftsprachen,  1.  dom- 
leschgisch  306,  2.  und  3.  gemischt -rheinisch  307,  A.  Nauli  307, 
4.  münstertalisch  308,  Lanfranch  308,  5.  taraspisch  und  6.  sur- 
meirisch  309. 

B.  Das  oberländische  Schrifttum  310. 

Erste  hälfte  des  17.  Jahrhunderts,  St.  Gabriel,  Calven- 
zano 310,  Nauli  311,  L.  Gabriels  N.  T.  311,  das  ansehen 
dieses  N.  T.  311,  Hierusalem  und  Rhetus  312.  Zweite  hälfte  des 
17.  Jahrhunderts,  L.  Molitor  313,  Zacharias  da  Salö,  Spieghel 


390  .       Inhalt. 

Seite 

de  devotiun,  Glisch  sin  il  Candelier  314,  B.  Alig,  Passiun, 
Epistolas  ad  Evangelis,  Canznns  spiritualas  315,  A.  Wen- 
denzen  315,  J.  Grass,  Psalms,  eine  probe  davon  315,  an- 
merkungen dazu  316,  J.  Mceli,  Jenelin,  Muos,  Caininada, 
Linard,  Nicka,  Canzuns  devotiusas  316,  Consolazinn  della 
olma,  Mira  da  bein  morir  317,  L.  Gabriel,  Hg  Chiet  d'ils  Gri- 
schuns  317.  Das  18.  Jahrhundert,  Caduff,  Testamen  dell' Olma 
317,  anmerkungen  dazu  318,  bibel  von  1718  319,  Oberländisch 
als  geschäftssprache  319,  als  schulsprach e  und  unterrichtsgegen- 
stand  320,  Bad  Alveneu  321.  Das  19.  Jahrhundert  321,  lese- 
bücher  321,  weltliche  dichtung  322,  P.  Corai  322,  Zeitungen  323, 
verschiedene  fächer  324. 

C.  Das  oberengadinische  Schrifttum  324. 

Travers,  Bifrun,  Planta  324.  Erste  hälfte  des  17.  Jahr- 
hunderts, L.  Papa,  Schuchiaun,  Gritti  325,  proben  aus 
dessen  N.T.  326,  Schalchett  328.  Zweite  hälfte  des  17. Jahr- 
hunderts, L.  Wietzel,  probe  aus  seinen  psalmen  328,  Linard, 
Fritzun,  Büsin,  Sciucan,  Alesch  330.  Das  18.  Jahr- 
hundert 3IJ0,  Juvalta,  Frizzoni  u.  a.,  Oberengadinisch  als 
geschäftssprache  331.  Das  19.  Jahrhundert,  Menni  331, 
Pallioppi  332,  weltliche  dichtung  332,  Zeitungen  333. 

D.  Das  unterengadinische  Schrifttum  333. 

Chiampel  333.  Erste  hälfte  des  17.  Jahrhunderts, 
K.  Toutsch  333,  N.  A.  Vuolp  334.  Zweite  hälfte  des  17.  Jahr- 
hunderts 334,  J.  P.  Salutz  334,  probe  aus  dem  Clincet  336, 
anmerkungen  dazu  337,  Da  la  biblia  337,  J.  A.  Vulpius  339, 
La  Bibla,  probe  daraus  339,  Pitschen340,  Appello,  Ander, 
Martinus,  Bisatz,  Zaah,  Dorta  341.  Das  18.  Jahrhundert, 
Riola,  Salutz,  Nicolai,  Grass  342.  Das  19.  Jahrhundert, 
An  de  er,  Vital  344,  Zeitschriften  345. 

3.  Das  Schrifttum  in  Tirol 345 

A.  Nonsberg  346. 

Nardoleo  Circio,  Siel  347,  Pinamonti  348,  Sgaramuzza 
349.  —  Das  Italienische  im  Etschtal:  Rovereto  350,  Trient  351. 

B.  Fassa  352. 

Partei  und  Brunei  352,  Grottol  353,  Pittores  354,  politische 
flugschriften  354. 

C.  Greden  355. 

Runggaldier,  Perathoner  355,  Ploner  356. 

D.  Gadertal  356. 

Katechismen  356,  Pitscheider,  Maneschg  u.  Putzer  357, 
Pescosta  358,  Declara  359,  Alton,  Tammers  361. 


Inhalt.  SOI 

Seite 

E.  Buchenstein  und  Colle  861. 

Sagen  ans  Buchenstein  361,  anmerkungen  dazu  303,  „Matia 
Ciso"  365.  anmerkungen  dazu  367. 

F.  Arnpezzo  370. 

Zardini,  F.  De  Gaspari  370,  S.  De  Gaspari  371. 

4.  Das  Schrifttum  in  Friaul 371 

A.  Friaulisch  als  geschäftssprache  372. 

Die  ältesten  friaulischen  Denkmäler  372,  eine  probe  und  an- 
merkungen dazu  372,  ein  brief  373,  geschäftliche  drucke  aus 
dem  19.  Jahrhundert  374,  religiöse  büchlein  aus  dem  18.  und 
19.  Jahrhundert  374,  kalender  375. 

B.  Friaulische  dichtkunst  370. 

Die  ältesten  friaulischen  gedichte  376,  gedichte  aus  dem 
16.  Jahrhundert  376,  aus  dem  17.  Jahrhundert  378,  Graf  Collo- 
redo  378,  Eusebius  Stella  378,  aus  dem  18.  Jahrhundert 
Busiz  379,  aus  dem  19.  Jahrhundert  Zorut  380,  Bosizio  381, 
Favetti  382,  das  lustspiel  383. 

Triester  Friaulisch:  Mainati  385. 


Druck  von  Ehrhardt  Karras,  Halle  a.  S. 


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