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Full text of "Handbuch der vergleichenden und experimentellen entwicklungslehre der wirbeltiere"

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HANDBUCH 


DER 


VERGLEICHENDEN  UND  EXPERIMENTELLEN 

ENTWICKELUNGSLEHRE 
DER  WIRBELTIERE 

BEARBEITET   VON 

Prof.  Dr.  Baefurth,  Rostock,  Prof.  Dr.  Bbaus,  Heidelberg,  Docent  Dr. 
BÜBLER,  Zürich,  Prof.  Dr.  Eüd.  Bijrckhardt,  Basel,  Prof.  Dr.  Felix, 
Zürich,  Prof.  Dr.  Flemmikg(7),  Kiel,  Prof.  Dr.  Froriep,  Tübingen,  Prof.  Dr. 
Gaupp,  Freiburg  i.  Br.,  Prof.  Dr.  Goeppert,  Heidelberg,  Prof.  Dr.  Oscar 
Hertwig,  Berlin,  Prof.  Dr.  Eichard  Hertwig,  München,  Prof.  Dr.  HocH- 
STETTER,  Innsbruck,  Prof.  Dr.  F.  Keibel,  Freiburg  i.  Br.,  Prof.  Dr.  RuD. 
Krause,  Berlin,  Prof.  Dr.  Wilh.  Krause,  Berlin,  Prof.  Dr.  v.  Kupffer  (f), 
München,  Prof.  Dr.  ]\Iaurer,  Jena,  Prof.  Dr.  Mollier,  München,  Docent 
Dr.  Neumayer,  München,  Prof.  Dr.  Peter,  Greifswald,  Docent  Dr.  H.  Poll, 
Berlin,  Prof.  Dr.  Eückert,  München,  Prof.  Dr.  Schauinsland,  Bremen, 
Prof.  Dr.  StrahI;,  Gießen,  Prof.  Dr.  Waldeyer,  Berlin,  Prof.  Dr.  Ziehen,  Berlin 

HERAUSGEGEBEN   VON 

DR-  OSKÄR  HERT'HriG 

O.   Ö.   PROF.,   DIREKTOR   D.    ANATOM.-BIOLOG.   INSTITUTS   IN    BERLIN 

ERSTER  BAND.    ERSTER  TEIL.    ERSTE  HÄLFTE 

MIT  244  ABBILDUNGEN  IM  TEXT 


VERLAG   VON   GUSTAV   FISCHER 

1906 


Uebersetzungsrecht    vorbehalten. 


fix 


Vorwort. 

Seit  der  vor  26  Jalireu  erfolgten  Herausgabe  der  „Treatise  on 
comparative  embryology"  des  leider  der  Wissenschaft  so  früh  ent- 
risseneu Francis  Balfour  ist  der  Versuch,  das  Gesamtg-ebiet  der 
vergleichenden  Entwickelungsgeschichte  der  Tiere  zusammenfassend 
darzustellen,  nicht  wieder  unternommen  worden.  Allerdings  haben 
E.  KoRSCHELT  und  K.  Heider  sich  vereinigt,  um  gemeinsam  ihr 
vortreffliches  Lehrbuch  der  Entwickelungsgeschichte  der  wirbel- 
losen Tiere  in  3  Bänden  herauszugeben,  welches  von  1890 — 1893 
erschienen  ist.  Aber  eine  vergleichende  Entwickelungsgeschichte  der 
Wirbeltiere,  welche  in  Anbetracht  der  zahlreichen,  seit  1880  er- 
schienenen, über  alle  Klassen  der  Wirbeltiere  sich  erstreckenden  Ab- 
handlungen ein  besonders  dringendes  Bedürfnis  gewesen  wäre,  blieb 
ungeschrieben.  Denn  auch  die  umfassenderen  Lehrbücher  der  Ent- 
wickelungsgeschichte des  Menschen  und  der  Wirbeltiere,  welche  in 
Deutschland,  England,  Franki^eich  und  Amerika  neu  herausgegeben 
wurden,  sind  vorwiegend  für  das  Studium  des  Studenten  der  Medizin 
und  des  praktischen  Arztes  berechnet,  und  wenn  in  einigen  von  ihnen 
die  vergleichende  Entwickelungsgeschichte  als  notwendig  für  die  Dar- 
stellung vieler  wissenschaftlicher  Fragen  mit  berücksichtigt  wurde,  so 
ist  es  doch  nirgendwo  in  einer  auch  nur  einigermaßen  erschöpfenden 
Weise  geschehen,  sondern  immer  nur  insoweit,  als  es  sich  mit  den 
auf  einem  anderen  Gebiet  liegenden  Lehrzwecken  vereinigen  ließ. 

Ein  Handbuch  der  vergleichenden  Entwickelungslehre  der  Wirbel- 
tiere, welches  einen  treuen  Spiegel  vom  Stande  der  gegenwärtigen 
entwickelungsge schichtlichen  Forschung  mit  ihren  zahkeichen  Pro- 
blemen und  noch  ungelösten  Streitfragen  geben  will,  erfordert  ein 
sehr  eingehendes  Studium  der  in  einem  Menschenalter  entstandenen, 
umfangreichen  Litteratur.  Ein  einzelner  Forscher  hätte  zur  Bewäl- 
tigung dieser  Aufgabe  viele  Jahre  angestrengten  Fleißes  verwenden 
müssen.  Daher  haben  sich,  um  die  an  der  Wende  des 
Jahrhunderts  besonders  wünschenswerte  Herausgabe 
eines  zusammenfassenden  Handbuchs  zu   ermöglichen. 


IV  Vorwort. 

mehrere  Facligeuossen,  welche  durch  eigene  Forschungen 
tiefere  Einblicke  in  einzelne  Gebiete  der  vergleichen- 
den Entwickeln ngslehre  gewonnen  haben,  zu  gemein- 
samer Arbeit  vereinigt. 

Bei  der  Verteilung  des  zu  verarbeitenden  Materials  in  einzelne 
Kapitel  war  von  vornherein  eine  Entscheidung  zwischen  zwei  Wegen 
zu  treffen!  Einmal  konnte  man  als  Einteilungsprinzip  die  verschie- 
denen Klassen  der  Wirbeltiere  benutzen  und  ihre  Entwickelungs- 
geschichte  unter  Wahrung  einheitlicher  vergleichender  Gesichtspunkte 
für  sich  getrennt  darstellen.  In  diesem  Falle  bestände  das  Handbuch 
in  einer  Sammlung  von  Monographieeu  des  Amphioxus,  der  Cyclo- 
stomen,  der  Selachier,  Teleostier,  Ganoiden  etc.  bis  zu  den  Säuge- 
tieren und  dem  Menschen  herauf.  In  dieser  Weise  haben  Korschelt 
und  Heider  in  ihrem  Lehrbuch  die  Entwickelungsgeschichte  der 
Wirbellosen  zusammengefaßt.  Die  große  Verschiedenartigkeit  der 
einzelnen  Eutwickeluugstypen  und  das  dadurch  bedingte  Zurücktreten 
allgemein  durchgehender,  vergleichender  Gesichtspunkte  lassen  eine 
solche  Form  der  Behandlung  für  die  Wirbellosen  zur  Zeit  auch 
als  die  mehr  geeignete  erscheinen.  Dagegen  ist  für  die  Wirbeltiere 
die  Sachlage  doch  eine  grundverschiedene.  Denn  in  den  einzelnen 
Klassen  des  Wirbeltierstammes  treten  die  gemeinsamen  Grundzüge 
einer  typischen  Organisation  überall  deutlich  hervor  und  gestatten  eine 
auf  wissenschaftlicher  Basis  durchgeführte  Vergleichung.  Daher 
ist  es  für  ein  Handbuch  der  vergleichenden  Entwickelungsgeschichte 
der  Wirbeltiere  das  richtigere  und  jedenfalls  das  wissenschaftlichere 
Prinzip,  nicht  die  Klassen  des  Systems,  sondern  die  einzelnen  Stadien 
des  Entwickeluugsprozesses  und  die  einzelnen  Organsysteme  der  Ein- 
teilung zu  Grunde  zu  legen.  Denn  nur  auf  diesem  Wege  kann  eine 
erschöpfende  Vergleichung  in  übersichtlicher  und  kurz  zusammen- 
gefaßter Form  gegeben  werden. 

So  empfiehlt  sich  für  das  Handbuch  dasselbe  Einteilungsprinzip, 
welches  sich  auch  in  der  vergleichenden  Anatomie  der  Wirbeltiere 
bewährt  hat,  und  welches  von  Balfour  in  seiner  „Treatise  on  com- 
parative  embryology"  in  dem  die  Wirbeltiere  behandelnden  Band  be- 
folgt worden  ist. 

Die  Aufgabe  des  Handbuchs  besteht  vor  allen  Dingen 
darin,  einen  erschöpfenden,  auf  quellenmäßiger  Dar- 
stellung beruhenden  lieber  blick  über  das  Gesamt- 
gebiet der  vergleichjenden  Entwickelungslehre  zu 
geben.  In  ihm  ist  mit  möglichster  Vollständigkeit  die 
ganze  entwickelungsgeschichtliche  Litteratur  durch- 
gearbeitet und  es  sind  auf  solcher  Grundlage  die  als 
gesichert  erscheinenden  Ergebnisse,  die  noch  strittigen 
Fragen    und    die    leitenden    und    sich    immer   mehr    ver- 


Vorwort.  V 

feinernden  Probleme  der  Forschung  zusammengefaßt 
worden. 

Auch  haben  in  dem  Handbuch  die  Ergebnisse  der 
experimentellen  Entwickelungslehre,  welche  im  letzten 
Jahrzehnt  eifriger  gepflegt  zu  werden  beginnt,  ent- 
sprechend ihrer  großen  Bedeutung  für  das  tiefere  Ver- 
ständnis vieler  Entwickelungsprozesse,  die  gebührende 
Berücksichtigung  gefunden. 

Bei  der  Bearbeitung  der  in  den  einzelnen  Kapiteln 
behandelten  Themata  ist  jedem  Mitarbeiter  volle  Frei- 
heit der  Darstellung  gewahrt  worden,  so  daß  es  wohl  vor- 
kommt, daß  über  allgemeine,  noch  strittige  Fragen  in  verschiedenen 
Abschnitten  des  Lehrbuches  auch  entgegengesetzte  Ansichten  ver- 
treten werden.  Hierin  möchte  ein  Nachteil  kaum  zu  erblicken  sein. 
Ein  einseitiger  Paiteistandpunkt  sollte  in  dem  Handbuch  nicht  zum 
Ausdruck  kommen. 

Da  das  Verständnis  des  Textes  durch  die  Beigabe 
guter  Abbildungen  sehr  erleichtert  wird,  so  ist  auf  die 
Herstellung  der  Bilder  nach  Originalzeichnungen  oder 
Nachbildungen  lehrreicher  Figuren  aus  Monographieen 
und  Abhandlungen  besondererWert  gelegt  worden.  Die 
Abbidungen  erscheinen  als  schwarze  oder  mehrfarbige 
Figuren  im  Text;  von  der  Beigabe  von  Tafeln  iist  da- 
gegen abgesehen  worden. 

Nachdem  jetzt  die  letzten  Manuskiipte  in  Druck  gegeben  sind, 
ergreife  ich  mit  Freuden  die  Gelegenheit,  sowohl  den  Herren  Mit- 
arbeitern, welche  so  viel  zum  Gelingen  des  Werkes  beigetragen  haben, 
als  auch  dem  Herrn  Verleger  Dr.  Gustav  Fischer  für  das  Entgegen- 
kommen bei  der  oft  schwierigen  Drucklegung  und  für  die  glänzende 
Ausstattung  mit  einer  außerordentlich  reichen  Zahl  von  Textflgureu, 
die  zum  großen  Teil  neu  hergestellt  werden  mußten,  meinen  ver- 
bindlichen Dank  auszusprechen. 

Grunewald  bei  Berlin,  Juni  1906. 

Oscar  Hertwig. 


Inhaltsverzeichnis 

zu  Band  I,  Teil  1. 


Seite 
Oscar    Hertwig.       Einleitung    und    allgemeine    Littev 

r  a  t  u  r  ü  b  e  r  s  i  c  h  t.     Erschienen  im  September  1 901       ...  1 

I.  Die  Entwickelungslehre  im  16.  bis  18.  Jahrhundert       .     .  1 

II.  Die  Entwickelungslehre  im  19.  Jahrhundert 35 

1)  Die  morphologische  Richtung 35 

2)  Die    physiologische    Richtung    in    der    entwickelungsge- 
schichtlichen  Forschung 62 

Allgemeine  Litter aturüber sieht 69 

I.  Kapitel. 

W.  Walde YER.    Die  Geschlechtszellen.     Erschienen  1901  — 

1903 86 

I.  Einleitung.     Zeugungsformen.     Begriffsbestimmung ...  86 

II.  Samen.     Sperma 92 

Die  Spermien 99 

Spermiogenese 160 

III.  Eier.     Ova.     Eimassen.     Laich.     Synoia 221 

Morphologisches  Verhalten  der  Eier 232 

Oogenese 353 

IV.  Gremeinsames    für    beiderlei    Geschlechtszellen.     Spermien 

und  Eier 399 

Anhang  zum  Abschnitt  Sperma 429 

Litteraturverzeichnis 431 

II.  Kapitel. 

Richard  Hertwig.    Eireife,  Befruchtung  u.  Furchungs- 

prozeß.     Erschienen  im  April  1903 477 

I.   Teil.     Eireife  und  Befruchtung 477 

II.  Teil.     Der  Furchungsprozeß 569 

LiUeraturverxeicJmis 688 

III.  Kapitel. 

Oscar  Hertwig.    Die  Lehre  von  den  Keimblättern.     Er- 
schienen im  April  1903 699 

Geschichte  der  Blättertheorie  und  einige  einleitende  Betrach- 
tungen         699 

Entwickelung    der  Keimblätter  in    den  einzelnen  Klassen    der 

Wirbeltiere 713 

Litteraturverzeichnis 949 


Inhaltsverzeichnis.  VII 

IV.  Kapitel.  Seite 

Oscar  Hertwig.     Mißbildungen  u.  Mehrfachbildungen, 
die  durch  Störung  der  ersten  Entwickelungspro- 

zesse  hervorgerufen  werden.  Erschienen  im  August  1903  967 

Ldtteraturverzeiehnis 995 

Zusammenfassung  von  Kapitel  III  und  IV 999 

Ergebnisse  der  Keimblattlehre 999 

V.  Kapitel. 

RÜCKERT  u.  MOLLIER.     Die  Entstehung    der  Gefäße    und 

des  Blutes  bei  Wirbeltieren.   Erschienen  im  August  1906  1019 

Litteraturverxeichnis 1273 

Nachträge  und  Berichtigungen  zum  I.  Band  (1.  Teil) 1279 

Sachregister 1280 


Einleitung  und  allgemeine  Litteraturübersicht. 

Von 

Professor  Oscar  Hertwig-, 

I.   Die  Entwickelungslehre  im  16.  bis  18.  Jahrhundert. 

Beim  Stiidiuin  entwickelimgsgeschichtlicher  Abhandlungen  ans  dem 
16.  bis  18.  Jahrhundert  sieht  sich  der  Leser  in  eine  fremde  Welt 
natur^Yissenschaftlicher  Auflassungen  und  Streitfragen  versetzt.  In 
Fragen,  über  welche  sich  jetzt  jedermann  leicht  aus  eigener  An- 
schauung unterrichten  kann  und  deren  Erklärung  seinem  Denken 
keine  Schwierigkeiten  verursacht,  sieht  er  die  größten  Forscher  im 
Dunkel  herumtappen;  er  sieht,  wie  sie  sich  bei  mangelnder  Erkennt- 
nis des  Thatsachenmateriales  in  den  verschiedenartigsten  Hypothesen 
verlieren,  die  uns  jetzt  abenteuerlich  vorkommen  und.  losgelöst  aus 
ihrem  Zusammenhang,  oft  nicht  zum  Vorteil  ihrer  Urheber  beurteilt 
werden.  Wohl  mancher  wird  auch  nach  der  Lektüre  eines  alten 
Buches  dasselbe  mit  dem  befriedigenden  Gefühle  bei  Seite  legen, 
dem  Goethe  mit  den  Worten:  „Wie  wir's  zuletzt  so  herrlich  weit 
gebracht"  einen  bezeichnenden  Ausdruck  gegeben  hat.  Wer  indessen 
tiefer  in  den  Werdegang  der  Wissenschaft  einzudringen  sucht,  wird 
es  nicht  immer  leicht  finden,  sich  ein  billiges  Urteil  über  die  wissen- 
schaftliche Bedeutung  der  einzelnen  Hypothesen  und  über  das  Ver- 
dienst der  einzelnen  Persönlichkeiten  zu  bilden ,  wenn  uns  Wahres 
und  Falsches  in  ihren  Untersuchungen,  ihren  Wahrnehmungen  und 
Folgerungen  oft  wunderbar  gemischt  entgegentritt.  Leicht  wird  be- 
vorzugt, was  zu  Anschauungen  des  Kritikers  am  meisten  Verwandt- 
schaft darbietet,  in  ähnlicher  Weise,  wie  zuweilen  historische  Schrift- 
steller ihren  eigenen  politischen  Standpunkt  zum  Maßstab  bei  der 
Beurteilung  von  Geschichtsereignissen  macheu.  Auch  kann  dies  an- 
standslos geschehen  bei  einer  Generation  von  Naturforschern ,  denen 
sich  wissenschaftliche  Probleme  noch  in  reichlicher  Fülle  darbieten, 
weil  das  Interesse  für  die  Historie  ihrer  Wissenschaft  aus  leicht  zu 
erkennenden  Gründen  ein  relativ  geringes  ist  und  hinter  dem  Inter- 
esse ,  selbst  Hand  an  die  Erforschung  der  Natur  zu  legen ,  zur  Zeit 
noch  sehr  zurücktritt. 

Wer  von  einem  objektiveren  Standpunkt  aus  die  Wirksamkeit 
einzelner  Naturforscher  in  früheren  Jahrhunderten  beurteilen  will, 
wird  versuchen  müssen,  sich  ein  Bild  von  dem  Gesamtzustand  der 
einzelnen  wissenschaftlichen  Perioden ,  von  ihren  Forschungsmitteln, 
von  ihrem  geistigen  Zustand  zu  verschaffen,  um  so  den  richtigen  Hinter- 
grund für  das  Verständnis  des  Einzelnen  zu  gewinnen. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  1 


2  Oscar  Hertwig, 

Wenn  wir  von  diesem  Gesichtspunlite  aus  unser  Jahrhundert  mit 
seinen  drei  Vorgängern  vergleichen,  so  werden  wir  zu  dem  Ergebnis 
kommen ,  daß  in  diesen  für  ein  systematisches  und  erfolgreich  fort- 
schreitendes Studium  der  Entwickelungslehre  die  Vorbedingungen  noch 
so  gut  wie  ganz  fehlten.  Denn  einmal  geboten  die  älteren  Natui-- 
forscher  noch  nicht  über  die  technischen  Hilfsmittel  und  Untersu(;hungs- 
methoden,  ohne  welche  erfolgreiche  Untersuchungen  auf  entwickelungs- 
geschichtlichem  Gebiete  nicht  möglich  sind.  Zweitens  fehlten  noch 
die  wissenschaftlichen  allgemeinen  Begriffe  über  die  feinere  tierische 
Organisation ,  welche ,  erst  auf  Grund  ausgedehnter  und  mühsamer 
Untersuchungen  von  mehreren  Generationen  von  Naturforschern  all- 
mählich erworben ,  für  das  richtige  Verständnis  des  Entwickelungs- 
prozesses  unentbehrlich  sind. 

Was  den  ersten  Punkt,  die  Untersuchungstechnik,  betrifft, 
so  war  dieselbe  in  einer  Richtung  allerdings  schon  hoch  ausgebildet. 
Mit  feinen  Scheren ,  Messern  und  Nadeln  verstanden  die  Anatomen 
früherer  Jahrhunderte  in  der  Organzergliederung  Vortreifliches  zu 
leisten.  Auch  die  Technik  der  Injektion  von  Gefäßen  mit  gefärbten 
Flüssigkeiten  oder  erstarrenden  Massen  oder  selbst  mit  Luft  wurde 
schon  von  Einzelnen  in  meisterhafter  Weise  gehandhabt,  wobei  feine 
Kanülen  oder  in  feine  Spitzen  ausgezogene  Glasröhren  benutzt  wurden. 
Ein  SwAMMERDAM  uiuß  ein  wahrer  Virtuos  in  der  Anfertigung  minu- 
tiöser Organzergliederungen  gewesen  sein ;  wahrscheinlich  würde  es  ihm 
kein  heute  lebender  Anatom  in  der  Ausübung  dieses  Zweiges  der 
Technik,  sowie  in  beharrlicher,  zur  Erzielung  gelungener  Präparate 
unentbehrlicher  Ausdauer  und  Geduld  gleich  thun.  Allein  hiermit 
ist  bei  entwickelungsgeschichtlichen  Untersuchungen  nur  wenig  zu  er- 
reichen. Zur  Zeit,  wo  die  einzelneu  Keime  schon  eine  solche  Größe 
und  Konsistenz  besitzen,  daß  sie  sich  mit  Scheren  und  Nadeln,  even- 
tuell mit  Zuhilfenahme  von  Lupen,  zerlegen  lassen,  besitzen  sie  schon 
alle  einzelnen  Organe  in  wesentlich  derselben  Weise  wie  das  aus- 
gebildete Gescliöi)f ,  so  daß  auf  die  Frage ,  wie  entstellt  das  einzelne 
Organ,  kein  Licht  mehr  fällt ;  im  Gegenteil  leistet  die  Zergliederung 
eher  der  Annahme  Vorschub,  es  seien  bei  den  Embryonen  schon  alle 
Organe,  wie  bei  den  Erwachsenen,  nur  in  viel  kleinerem  Maßstab  und 
in  zarterer  Beschaffenheit  vorhanden. 

Auf  noch  früheren  Stadien,  denen  jetzt  das  Interesse  bei  entwicke- 
lungsgeschichtlichen Untersuchungen  fast  ausschUeßlich  zugewandt  ist, 
sind  die  Keime  so  weich  und  so  klein ,  daß  mit  der  gewöhnlichen 
anatomischen  Präparationstechnik  keine  besonderen  Erfolge,  auch  bei 
dem  größten  Geschick  und  der  größten  Ausdauer  zu  gewinnen  sind. 
Hier  spielen  sich  aber  gerade  die  Vorgänge  ab,  welche  uns  über  das 
Wesen  des  ganzen  Entwickelungsprozesses  eigentlich  erst  aufklären. 
Um  hier  Fortschritte  zu  erzielen ,  mußte  sich  erst  eine  besondere 
mikroskopische  Technik  neben  der  anatomischen  Zergliederungskunst 
ausbilden ;  man  mußte  lernen,  sich  chemischer  Hilfsmittel  zu  bedienen, 
teils  um  die  weicheai  Keime  zu  härten  und  zu  konservieren,  damit  sie 
geeignet  zum  Schneiden  und  zum  Zerzupfen  werden,  teils  um  in  der 
weichen ,  durchscheinenden ,  organischen  Substanz  durch  Gerinnung 
optische  Unterschiede  hervorzurufen  und  so  verborgene  Strukturen 
erst  sichtbar  zu  machen.  In  letzterer  Hinsicht  wurde  ein  mächtiges 
Hilfsmittel  die  Färbetechnik.  Die  chemischen  Methoden,  um  leistungs- 
fähiger zu  werden,   mußten  dann  wieder  mit  besonderen,   für   mikro- 


Die  Entwickelungslehre  im  1(J. — 18.  Jahrhundert.  3 


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skopische  Objekte  geeigneten  Methoden  kombiniert  werden.  Die  ana- 
tomische Zergliedei'ung  mit  Messer  und  Schere  mußte  durch  die 
Anfertigung  dünner,  durchsichtiger  Sclmittpräparate  vermittelst  des 
Rasiermessers  oder  mit  Hilfe  komplizierterer  Schneideinstrumente  (der 
Mikrotome)  ersetzt  werden.  Auch  war  die  Technik  zu  erfinden,  so 
gewonnene  mikroskopische  Präparate  als  Sammlungsgegenstände  auf- 
zubewahren. Das  alles  aber  sind  zugleich  mit  der  außerordentlichen 
Vervollkommnung  der  Mikroskope  und  anderer  Hilfsinstrumente  der 
Präzisionsmechanik  im  wesentlichen  Errungenschaften  unseres  Jahr- 
hunderts, durch  welche  die  Entwickelungslehre  erst  eigentlich  zu  einer 
methodisch  betriebenen  AYissenschaft  geworden  ist. 

Vereinzelten  Versuchen  in  der  bezeichneten  Richtung  begegnen 
wir  freilich  auch  in  früheren  Jahrhunderten.  In  seiner  Bibel  der 
Natur  berichtet  uns  Sw^ammerdam,  daß  er  sich  „andere  Kunstgriffe'' 
ersonnen  habe,  als  es  ihm  nicht  gelang,  die  befruchteten  Froscheier 
mit  den  gewöhnlichen  Methoden  „zu  zerlegen''.  Er  machte  die  Frosch- 
eier härter,  indem  er  sie  kochte;  er  legte  sie  auch  in  verschiedene 
Flüssigkeiten  ein,  teils  in  der  Absicht,  dadurch  ihre  gallertige  Hülle 
aufzulösen,  teils  dem  Eidotter  mehr  Festigkeit  zu  geben.  In  gleicher 
Absicht  bediente  sich  Haller  bei  der  Untersuchung  der  Entwickelung 
des  Hühnchens  starken  Weingeistes.  Ebenso  berichtet  uns  Spallanzani, 
daß  er  an  Fliegenpuppen  (1786,  p.  417),  die  im  frischen  Zustand  nur  aus 
einer  schleimigen  Substanz  zu  bestehen  schienen,  nachdem  er  sie  ge- 
kocht hatte,  deren  Flügel,  Rüssel  und  Kopf  habe  unterscheiden  können. 
Und  an  einer  anderen  Stelle  (p.  423)  bemerkt  er:  „Gefärbte  Aufgüsse 
thun  den  Naturforschern  gute  Dienste,  einige  Organe  der  Pflanzen 
dem  Auge  deutlich  sichtbar  zu  machen",  dadurch  daß  sie  von  ihnen 
die  Farbe  annehmen.  „Herr  Bonnet  hat  durch  diese  Erfindung  die 
kleinen  Gefäße,  die  in  den  Samenblättern  befindlich  sind  und  von  dem 
Embryo  ausgehen,  entdeckt." 

Größere  Bedeutung  haben  aber  damals  solche  vereinzelte  Versuche 
für  die  Ausbildung  einer  rationellen  embryologischen  Untersuchungs- 
methode nicht  gewonnen.  Auch  wurde  das  Zustandekommen  einer 
solchen  offenbar  dadurch  sehr  erschwert,  daß.  während  die  anatomische 
Zergiiederungstechnik  im  Interesse  der  ärztlichen  Praxis  gelehrt  und 
vom  Lehrer  dem  Schüler  mitgeteilt  wurde,  embryologische  Studien 
immer  nur  von  sehr  wenigen  vereinzelten  Forschern  aus  rein  wissen- 
schaftlichem Interesse  und  ausnahmsweise  betrieben  wurden.  Daher 
war  jeder  Forscher  auf  diesem  Gebiete  zu  jener  Zeit  ein  Autodidakt, 
der  erst  auf  eigenen  Wegen  sich  die  Erfahrungen  seiner  Vorgänger 
wieder  mühsam  erwerben  mußte,  ehe  er  Eigenes  hinzuzufügen  über- 
haupt beginnen  konnte.  Besser  aber  als  durch  Bücher  werden  gerade 
Untersuchungsmethoden  und  Kunstgriffe,  wie  jeder  von  uns  aus  eigener 
Erfahrung  weiß,  durch  persönliche  Anleitung  verbreitet,  wie  denn 
unsere  wissenschaftlichen  Institute  als  Pflegestätten  rationeller  Methodik 
für  die  Erhaltung  und  Foitbildung  wissenschaftlicher  Arbeitsweise  eine 
außerordentliche  Rolle  spielen. 

Um  zu  zeigen,  mit  wie  großen  Schwierigkeiten  die  ganz  auf 
sich  angewiesenen,  vereinzelten  Forscher  auf  dem  entwickelungs- 
geschichtlichen  Gebiete  früher  zu  kämpfen  hatten,  mögen  zwei  Bei- 
spiele dienen. 

Caspar  Friedrich  Wolff,  der  doch  ohne  Frage  ein  ausge- 
zeichneter Beobachter  war,  und  der  in  der  Untersuchung  des  Hühner- 


4  Oscar  IIertwig, 

eies  eine  ganze  Reihe  von  Vorgängern,  Malpighi,  Fabricius  ab 
Aquapendente.  Harvey,  PIaller,  gehabt  hat,  suchte,  als  er  sich 
zuerst  mit  der  Untersuchung  beljrüteter  Eier  bescliäftigte,  den  Embryo 
im  Hagel  des  Eies  (Clialazaej  auf.  „Noch  jetzt  hebe  ich",  bemerkt 
er  in  seinem  berühmten  Werk  über  die  Bildung  des  Darmkanals, 
„zum  Andenken  eine  sehr  sorgfältige  Zeichnung  von  einer  Chalaze 
auf,  worin  ich  die  Paidimente  des  Embrj'o  gefunden  zu  haben  glaubte.'' 
„Es  ist  unbeschreiblich,  wie  leicht  man,  auch  wenn  man  ein  Oedip 
wäre,  sich  bei  Untersuchung  bebrüteter  Eier  irren  kauM,  als  wäre  es 
unmöglich.  Beobachtungen  darüber  anzustellen,  ohne  Irrtümer  zu  be- 
gehen" (1812,  p.  ST). 

Der  große  Physiologe  Haller,  der  ebenfalls  schon  viele  Unter- 
suchungen am  Hühnerei  angestellt  hatte,  konnte  bei  einer  großen, 
mit  Kuhlemann  vorgenommenen  Versuchsreihe,  bei  welcher  42  Schafe 
geopfert  wurden  (1775,  Bd.  VIII,  p.  98),  in  den  ersten  2  Wochen  ihrer 
Trächtigkeit  im  Hörn  und  in  der  Trompete  der  Gebärmutter  trotz 
aller  aufgewandten  Mühe  nichts  anderes  als  einen  weißen,  zähen 
Schleim  auffinden.  Die  Eier  oder  jungen  Embryonen,  nach  denen  er 
suchte,  blieben  ihm  wegen  ungeeigneter  Untersuchungsweise  verborgen. 
Daher  eröffnet  denn  auch  Haller  in  seinen  Elementen  der  Physio- 
logie den  Abschnitt  über  die  Zeugung  mit  den  charakteristischen 
Sätzen:  „Ich  beginne  ein  höchst  beschwerliches  Werk  und  ich  ver- 
spreche dem  Leser  nicht  leicht  einen  Ausgang,  welcher  ihn  befriedigen 
■wird.  Denn  es  versteckt  die  Natur  die  ersten  Anfänge  des  neuen 
Menschen  hinter  dicken  Finsternissen,  und  sie  offenbart  einige  Tage 
nach  der  Empfängnis  nichts  von  dem  wirklichen  Ei,  welches  diese 
Schöpferin  brüten  läßt,  ja  nicht  einmal  bei  den  vierfüßigen  Tieren" 
(1775,  Bd.  VIII,  p.  4). 

Vielleicht  noch  wichtiger  für  die  richtige  Beurteilung  der  embryo- 
logisclien  Arbeit  im  16. — 18.  Jahrhundert  halte  ich  den  zweiten  oben 
erwähnten  Punkt:  den  Mangel  einiger  allgemeiner  wissenschaftlicher 
Begriffe,  die  für  das  Verständnis  des  Entwickelungsprozesses  unent- 
behrlich sind.  Ich  meine  vor  allen  Dingen  die  grundlegenden  Vor- 
stellungen, daß  Pflanzen  und  Tiere  sich  aus  organischen  elementaren 
Lebenseinheiten  aufbauen,  daß  diese  sich  durch  Teilung  fortpflanzen, 
und  daß  sie  die  verschiedenartigsten  Elementarstrukturen  aus  sich 
hervorbringen  können.  Ohne  diese  Vorstellungen,  welche  erst  durch 
die  mikroskoi)ischen  Studien  über  den  feineren  Bau  der  Organismen, 
verbunden  mit  philosophischen  Betrachtungen,  allmählich  in  der  ersten 
Hälfte  unseres  Jahrhunderts  gewonnen  wurden,  war  weder  vom  Aus- 
gangspunkt und  Anfang  des  Entwickelungsprozesses,  noch  vom  Wachs- 
tum der  organischen  Teile  ein  wissenschaftliches  Verständnis  zu  ge- 
winnen. Daher  sehen  wir  bei  allen  Forschern,  von  Malpighi  und 
SwAMMERDAM  bis  Haller  uud  Casp.  Fr.  Wolff,  die  Frage,  was  ist 
■der  Keim  der  Organismen,  die  Klippe  bilden,  an  welcher  sie  ohne 
Ausnahme  Schift'bruch  erlitten. 

Wie  die  Beobachtung  von  allgemeinen  Vorstellungen  beherrscht 
wird,  zeigt  uns  ein  lehrreiches  Beispiel.  Mit  Lupenvergrößerung  läßt 
sich  der  Furchuugsprozeß  des  Froscheies  recht  gut  beobachten,  und 
ohne  Frage  sind  einzelne  Stadien  desselben  auch  in  früheren  Jahr- 
hunderten schon  mehrfach  gesehen,  aber  nicht  beachtet  und  zum 
Gegenstand  wissenschaftlichen  Nachdenkens  gemacht  worden,  weil  sich 
kein   Berührungspunkt    mit    irgend    einer   Allgemeinvorstellung   fand. 


Die  Entwickelunsslehre  im   16. — 18.  Jahrhundert. 


^fc> 


SwAMMERDAM  (1752,  p.  o21)  bihlot  das  Stadium  der  Z\v(!itoiliiii,u  genau 
ab  und  beschreibt  es  auf  Grund  einer  ganz  vortrefflichen  IJeobachtung 
auch  mit  deu  Worten:  „Ferner  war  das  Fröschchen  gleichsam  in  zwei 
Teile  geteilt  (Fig.  1)  und  das  zwar  vermittelst  einer  sehr  merklichen 
(irube  oder  Zusammenfaltung."  „Aber  da  ich  nun  das  Ei  (das  durch 
Kochen  gehärtet  war)  bei  gedachter  Furche  voneinander  trennte,  so 
sah  ich,  daß  sie  auf  der  einen  Seite  des  Frosches  beinahe  bis 
auf  die  Mitte  seines  Leibes  ging;  auf  der  anderen  Seite  war  die 
Furche  l)ei  weitem  nicht  so  tief,    sondern    nur  ein  wenig  eingekerbt." 

In     dem     Vorstellungskreis 
von    Swammerda:m    konnte    die  i  b 

wichtige  Beobachtung  nur  zu 
den  wissenschaftlich  wertlosen 
Sätzen  Veranlassung  geben  :  „Die 
Bemerkung  der  Furche  oder  Falte 
am  Leibe  des  Frosches,  die  ich 
auch  hernachmals  an  lebendigen 
Fröschen  entdeckte,  nachdem  ich 
vorhin  zufälligerweise  darauf  ge-  Fig.  l.    Froscheier,  auf  dem  Stadium 

kommen  war,  gab  mir  ein  großes      der   Zweiteihmg  von  Swammerdam  be- 
Licht,  wie  es  mit  dem  schnellen      schrieben. 
Auswuchs  und  der  ^'erlängerung 

des  Frosches  zugehe.  Er  reckt  sich  den  vierten  Tag  nach  seiner  Ge- 
burt aus.  Ich  halte  also  dafür,  daß  aus  dem  einen  Teile  Kopf  und 
Brust  des  ausgebrüteten  Frosches  und  aus  dem  anderen  Bauch  und 
Schwanz  hervorwachse.'' 

Es  fehlte  ferner  den  alten  Naturforschern  das  System  vergleichend- 
anatomischer Vorstellungen,  der  Begriff  von  Analogie  und  Homologie, 
der  Begriff  verschiedener  Typen  der  Organisation,  der  Begriff'  einer 
stufenweisen  Ausbildung  und  einer  Umbildung  der  einzelnen  Organe 
und  dergleichen  mehr.  Das  alles  sind  ja  erst  geistige  Errungen- 
schaften, die  wir  dem  Ende  des  18.  und  dem  Anfang  unseres  Jahr- 
hunderts verdanken,  Forschern,  wie  Cuvier,  Meckel,  G.  S.  Hilaire, 
Oken,  Lamarck,  w^elche  die  Ergebnisse  ausgedehnter  Zergliederungen 
der  verschiedensten  Tiere  zu  sichten  und  mit  Ideen  zu  beleben  ver- 
standen. , 

Zwar  verglichen  die  alten  Naturforscher  des  16. — 18.  Jahrhunderts 
die  einzelnen  Organismen  in  ihrem  Bau  und  in  ihrer  Entwickelung 
untereinander,  aber  ohne  jede  Methode.  Ihr  Vergleichen  muß  daher 
noch  als  ein  mehr  oder  minder  unwissenschaftliches  und  planloses 
bezeichnet  werden,  so  wenn  die  Entwäckelung  des  Tieres  mit  der 
Entwickelung  der  Pflanze,  die  Entwickelung  des  Insektes  mit  der- 
jenigen des  Menschen,  oder  wenn  Saftröhren  der  Pflanzen  mit  den 
l»lutgefäßen  der  Tiere  verglichen  und  für  anatomisch  gleichwertige 
Bildungen  gehalten  wurden. 

Swammerdam,  die  Entwickelung  der  Insekten  zum  Maßstab  nehmend, 
zugleich  auch  von  dem  Grundsatz  ausgehend,  daß  alle  Werke  Gottes  in 
ihrer  Fortpflanzung  und  in  ihrem  Wachstum  auf  einem  einzigen  Grund 
zu  ruhen  scheinen,  findet  eine  Uebereinstimmung  zwischen  der  Ent- 
wickelung der  Pflanzen,  der  Insekten,  der  Frösche  und  des  Menschen. 
Er  läßt  den  Menschenkeim  zuerst  wie  ein  Würmchen  in  das  Ei  einge- 
schlossen   sein,    dann    soll    sich     „das    Menschenwürmchen    häuten"     und 


6  Oscar  Hertwig, 

schließlicli  noch  eine  Puppenperiode  durclimachen.  „Der  Mensch  kann 
also  in  der  That"  —  so  liest  man  in  der  Bibel  der  Natur  —  „zu  der' 
Zeit,  wenn  er  im  Begriff  ist,  in  die  Welt  zu  kommen,  und  so  wie  die 
Insekten  ansehnliche  Teile  ablegen  und  verlieren  soll,  eine  Puppe  ge- 
nannt werden;  denn  er  muß  seine  Nabelschnur,  seinen  Mutterkuchen, 
sein  Chorion  und  Amnion  im  Stich  lassen  und  verhauten."  Weil  die 
Säugetierembryonen  mit  einem  Amnion,  Chorion  und  Nabelschnur  ver- 
sehen sind,  wurde  das  Vorhandensein  solcher  Bildungen  auch  bei  den 
Amphibienlarven  vorausgesetzt.  Spallanzani  läßt  das  Proschei,  wie  vor 
ihm  auch  schon  Swajimerdam,  von  einem  Amnion  eingeschlossen  sein ;  er 
deutet  offenbar  als  solches  die  Dotterhaut,  wenn  sie  sich  durch  peri- 
vitelline  Flüssigkeit  vom  Ei  weiter  abgehoben  hat;  ja  sogar  eine  Nabel- 
schnur beschreibt  und  bildet  er  von  der  Proschiarve  ab,  worunter  wohl 
die  Kiemeniaden  gemeint  sind;  denn  Spallanzani  hebt  als  Merkwürdig- 
keit hervor,  daß  die  Nabelschnur  anstatt  vom  Bauch  schon  gleich  am 
Kopf  entspringe. 

Daß  die  einzelnen  Organe,  wie  das  Nervensystem,  das  Skelett,  die 
Sinnesorgane  etc.,  während  der  Entwickelung  aus  einfacheren  in  kompli- 
ziertere Formen  übergehen ,  also  eine  Stufenfolge  verschiedener  Zu- 
stände durchlaufen  müssen,  ist  eine  Vorstellung,  die  den  alten  Natur- 
forschern noch  durcliaus  fern  lag.  Daher  fehlte  es  denn  in  allen  Fällen, 
wo  frühere  Embryonalzustände  einzelner  Organe  beobachtet  wurden,  an 
einem  Verständnis  für  sie.  Wenn  Unterschiede  zwischen  den  em- 
bryonalen und  definitiven  Verhältnissen  besonders  sinnenfällig  hervor- 
traten, suchte  man  sie  anstatt  „vergleichend-morphologisch"  in  irgend 
einer  anderen  Weise  zu  deuten,  wie  durch  ein  zu  verschiedenen  Zeiten 
ungleiches  Wachsthum  der  einzelnen  Organe,  durch  Häutungsprozesse, 
vornehmlich  aber  durch  eine  Veränderung  im  Aggregatzustaude, 
der  auf  frühen  Stufen  ein  noch  flüssiger  sei  und  dann  allmählich  ein 
festerer  werde.  Das  sind  Ideengänge,  die  in  verschiedener  Form 
von  SwAMMERDAM  bis  ZU  BoNNET  uud  Haller  immer  wiederkehren. 
Während  der  Entwickelung  müssen  die  Flüssigkeiten  im  Ei,  wie  sich 
Swammerdam  ausdrückt,  „verrauchen",  oder  es  müssen  die  über- 
flüssigen Feuchtigkeiten  verzehrt  werden,  damit  die  Gliedmaßen  mehr 
erhärten  und  die  Hüllen  durchbrechen  können  (1752,  p.  18). 

Bei  Berücksichtigung  der  dargelegten  Momente  wird  man  es  be- 
greiflich finden,  daß  die  specielle  Entwickelungsgescliichte  einzelner 
Organsysteme,  welche  in  unserem  Jahrhundert  den  Hauptgegenstand 
embryologischer  Untersuchungen  ausmacht,  noch  keine  Pflege  finden 
konnte.  Man  beschränkte  sich  fast  stets  auf  die  Zergliederung  älterer 
Embryonen,  bei  denen  die  hauptsächlichsten  Organe  schon  in  ihren 
Umrissen  angelegt  sind  ;  man  richtete  sein  Augenmerk  auf  die  äußeren 
Körperformen,  namentlich  auf  die  Beschaffenheit  der  Eihüllen,  endlich 
auf  biologische  Verhältnisse.  Besonders  sind  es  die  Insekten,  die 
Amphibien,  das  Hühnchen  und  die  Säugetiere,  in  deren  Entwickelung 
man  sich  einzudringen  bemühte. 

Ueber  die  Insekten  erschienen  die  epochemachenden  Abhand- 
lungen von  Swammerdam,  Malpighi  und  Reaumur.  Swammer- 
dam (1752)  teilt  uns  eine  Fülle  der  feinsten  Beobachtungen  über 
die  verschiedenen  Ordnungen  der  Insekten  mit  (Laus,  Libelle, 
Ameise,    Schmetterling,    P'liege)     und    giebt    uns    einen    Ueberblick 


Die  Entwickelungslehre  ina  16.— 18.  Jahrhundert.  7 

Über  die  Veränderungen,  die  sich  bei  den  einzelnen  Metamorphosen 
vollziehen.  Seine  Untersuchungen,  durch  welche  er  die  Bewunderung 
seiner  Zeitgenossen  erregte,  wurden  zum  Teil  erst  nach  seinem 
Tode  von  seinem  Landsmann  Boerhave  gesammelt  und  als  Biblia 
naturae  IToT  herausgegeben.  Nicht  minder  berühmt  ist  die  Ab- 
handlung von  jNIarcellus  Malpighi  über  den  Seidenspinner  (De 
Bombyce),  und  die  1734  —  42  von  Reaumur  (1734)  in  G  Bänden 
herausgegebeneu  „Memoires  pour  servir  ä  Thistoire  naturelle  des  in- 
sectes". 

Mit  der  Amphibienentwickelung  beschäftigten  sich  Swammerdam 
(Frosch),  RÖSEL  von  Rosenhof  (1758)  und  noch  eingehender  der 
Abt  Spallanzani  (Frosch,  Laubfrosch,  Erdkröte,  Wassersalamander), 
der  zugleich  seine  Beobachtungen  durch  eine  Reihe  wichtiger  Experi- 
mente zu  vertiefen  wußte  (178(3), 

Ein  bevorzugtes  Objekt  für  embryologische  Forschungen  wurde 
von  Anfang  an  das  Ei  des  Hühnchens,  wahrscheinlich  schon  aus  dem 
Grunde,  weil  das  Beobachtungsmaterial  so  leicht  und  reichlich  fast 
zu  allen  Jahreszeiten  zu  erhalten  ist.  Doch  auch  die  Entwickelung 
der  Säugetiere  wurde  an  verschiedenen  Arten  (Kaninchen,  Hund, 
Hirsch  etc.)  studiert,  wobei  allerdings  am  meisten  nur  die  Eihäute  be- 
achtet wurden.  An  Fabricius  ab  Aquapendente  (1687),  der  Pro- 
fessor in  Pavia  war  und  2  Schriften  „De  formato  foetu"  (1600)  und  „De 
formatione  foetus"  (1604)  veröffentlichte,  schließt  sich  in  England  der 
berühmte  Harvey  (1737)  an  mit  seinen  1651  erschienenen  „Exercita- 
tiones  de  geueratione  animalium'',  in  Holland  der  Anatom  Regnier 
DE  Graaf  (1677)  mit  seiner  ausgezeichneten  Abhandlung  „De  muli- 
erum  organis".  Erheblich  gefördert  wurde  die  Kenntnis  von  der  Ent- 
wickelung des  Hühnchens  durch  Marcellus  Malpighi  (1687), 
welcher  auch  schon  den  Kunstgriff  anwandte,  die  Keimscheibe  zu 
umschneiden  und  vom  Dotter  abzuheben.  Seine  beiden  Schriften  „De 
formatione  pulli  in  ovo"  und  „De  ovo  incubato"  sind  gleichzeitig  auch 
mit  Abbildungen  ausgestattet,  welche  sich  durch  größere  Genauigkeit 
in  der  Wiedergabe  und  durch  bessere  Ausführung  auszeichnen.  Einen 
weiteren  Fortschritt  bahnen  die  vielgenannten  und  gerühmten  Unter- 
suchungen Haller's:  ,,Sur  la  formation  du  coeur  daus  le  poulef'  (Lau- 
sanne 1758)  an,  in  welchen  die  Umwandlung  eines  Organsystems,  die 
Entstehung  des  gekammerten  Herzens  aus  einem  gekrümmten  Schlauch 
zum  ersten  Mal  genauer  verfolgt  wurde. 

Alle  seine  Vorgänger  aber  übertrifft  durch  Schärfe  der  Beobach- 
tungen und  durch  die  Tragweite  der  aus  ihnen  gezogenen  Schlüsse 
Casp.  Friedr.  Wolfe,  auf  dessen  Abhandlung  ,,De  formatione  in- 
testinorum  (1768—69)  später  noch  genauer  eingegangen  werden  wird. 

Wie  in  der  Entwickelung  jeder  Wissenschaft,  so  treten  auch  in 
der  Entwickelung  der  Embryologie  einzelne  Erruugenschaften  durch 
ihre  weittragende  Bedeutung  gewissermaßen  wie  Meilensteine  der  Er- 
kenntnis besonders  hervor.  Als  solche  betrachte  ich  1)  die  in  dem 
Satze  „Omne  vivum  ex  ovo"  ausgesprochene  Erkenntnis,  2)  die  Ent- 
deckung der  Samenfäden,  3)  die  Einblicke  in  den  Befruchtungsprozeß 
durch  Vornahme  von  Experimenten,  4)  die  Entdeckung  der  Partheno- 
genese und  5.  der  Regeneration. 

Um  den  Fortschritt  zu  verstehen,  der  durch  den  Satz  „Omne  vivum 
ex  ovo"  ausgedrückt  wird,  muß  man  sich  vergegenwärtigen,  daß  nicht 
nur  in  Laienkreisen,  sondern  auch  unter  Aerzten  und  Naturforschern 


8  Oscar  IIertwig, 

Jahrhunderte  hing  die  Meinung  herrschend  war,  es  könnten  mancherlei 
Tiere,  wie  z.  B.  Insekten,  direkt  aus  faulenden  Substanzen,  durch 
eine  Art  Gärung,  ihren  Ursprung  nehmen.  Von  den  Einge- 
weidewürmern zumal  ist  es  sogar  noch  am  Anfang  unseres  Jahr- 
hunderts hier  und  da  angenommen  worden.  P]s  ist  das  große  \'er- 
dienst  des  Italieners  Redi  (16()8),  zuerst  die  Unhaltbarkeit  einer 
solchen  Generatio  aequivoca  dargethan  zu  haben.  Seine  in  Briefform 
1668  herausgegebene  Schrift :  „Esperience  intorno  alla  generazione 
delle  insetti",  welche  l(i71  auch  in  lateinischer  Sprache  erschien,  hat 
einen  großen  Einfluß  auf  die  Anschauungen  seiner  Zeit  ausgeübt. 
Durch  vielfach  variierte  Experimente  wies  Redi  nach,  daß  sich  keine 
Würmer  an  Fleischstücken,  welche  in  sorgfältig  zugeschlossenen  Gläsern 
aufgehoben  werden ,  bilden  können ;  er  verfolgte ,  wie  die  Würmer 
aus  Eiern  entstehen,  welche  von  verschiedenen  Fliegenarten  auf  das 
Fleisch  als  einen  günstigen  Nährboden  abgelegt  werden ,  wie  die 
Würmer  vom  Fleisch  sich  ernähren  und  sich  zuletzt  in  Pu])pen  ver- 
wandeln, aus  welchen  dann  wieder  die  betretfende  Fliegenart  hervor- 
kriecht. Die  Versuche  Redi's  wurden  alsbald  noch  erweitert  durch 
die  schönen  Beobachtungen  von  Malpighi  und  Swammerdam,  daß 
auch  die  Insekten,  welche  in  den  Gallen  der  Pflanzen  ihren  Ursprung 
nehmen,  aus  Eiern  auskriechen,  welche  von  Insekten,  wie  den  Gall- 
wespen, im  Pflanzengewebe  abgelegt  werden.  Zu  noch  allgemeinerer 
Geltung  wurde  diese  Ansicht  durch  Harvey  (17o7)  gebracht, 
welcher  in  seiner  schon  genannten  Abhandlung  über  die  Er- 
zeugung der  Tiere  zu  beweisen  suchte:  „ovum  esse  primordium  com- 
mune Omnibus  animalibus'^  ein  Satz,  welcher  in  dem  Schlagwort: 
„omne  vivum  ex  ovo"  von  epochemachender  Bedeutung  geworden  ist. 
„Nos  autem  asserimus",  heißt  es  gleich  auf  der  zweiten  Seite  von 
Harvey's  Schrift,  „omnia  omnino  animalia,  etiam  vivipara,  at(|ue  ho- 
minem  adeo  ipsum  ex  ovo  progigni ,  primos(j[ue  eorum  conceptus,  e 
({uibus  foetus  flaut,  ova  quaedam  esse." 

Freilich  hat  Harvey,  wie  seiner  Zeit  alle  Physiologen,  nicht  an- 
geben können,  wie  das  Ei  der  Säugetiere  und  des  Menschen  vor  der 
Befruchtung  und  in  den  ersten  Wochen  nach  ihr  aussieht  und  wo  es 
im  weiblichen  Körper  seinen  Ursprung  nimmt.  Von  den  alten  Ana- 
tomen wurden  die  Eierstöcke  für  männliche  Hoden  (festes  mulicbres) 
gehalten,  welche  einen  Saft  abscheiden  sollten.  Den  Weg  zu  einer 
richtigeren  Auffassung  haben  erst  Hörne,  Stenson  und  besonders 
Regnier  de  Graaf  (1677)  angebahnt.  Sie  lenkten  die  Aufmerk- 
samkeit auf  die  in  der  Rinde  des  Eierstocks  liegenden  Bläschen,  deren 
flüssiger  Inhalt  Ijeim  Kochen  zu  einer  weißen,  festen  Masse  gerinnt; 
sie  erklärten  sie  für  die  wirklichen  Eier;  Stenson  führte  daher  auch 
für  die  festes  muliebres  deu  Namen  Ovarium  ein.  Das  Hauptverdienst 
aber  in  der  Frage  kommt  Regnier  de  Graaf  zu,  welchem  zu  Ehren 
die  Eifollikel  der  Säugetiere  denn  auch  mit  Recht  den  Namen  der 
GRAAF'scheu  Bläschen  erhalten  haben. 

Durch  eine  Reihe  sehr  sorgfältiger  Beobachtungen,  die  an  Kanin- 
chen angestellt  wurden,  weist  Regnier  de  Graaf  nach,  daß  einige 
Stunden  und  Tage  nach  der  Begattung  an  den  Eierstöcken  Verände- 
rungen eintreten ,  indem  eine  Anzahl  Bläschen  geplatzt  sind  und 
durch  eine  kleine  Oeff'nung,  in  welche  er  mit  einer  Schweinsborste 
eindringen  konnte,  ihren  Inhalt  entleert  haben.  72  Stunden  nach  der 
Befruchtung  gelang  es  ihm  auch  in  den  Hörnern  der  Gebärmutter  eine 


Die  Entwickelungslehre  im   10. — 18.  Jahrhundert.  9 

Anzahl  Eier  aufzufinden,  welche  Bläschen  waren  und  eine  Flüssigkeit 
enthielten,  die  beim  Kochen  wie  Eiweiß  gerann.  Da  sie  somit  nach 
ihrer  Beschaffenheit  den  Follikeln  im  Ovarium  ähnlich  waren,  schloß  er 
auf  die  Einatur  der  letzteren.  Als  wichtigen  Beweis  hierfür  machte 
er  auch  die  Beobachtung  geltend,  daß  bei  den  getöteten  Kaninchen 
die  in  den  Uterushörnern  aufgefundenen  Eier  mit  der  Anzahl  der 
entleerten  Follikel  des  Ovarium  übereinstimmten.  Zwar  ließ  sich  hier- 
gegen die  auffällige  Erscheinung  geltend  machen,  daß  die  reifen  Fol- 
likel im  Ovarium  etwa  lOmal  größer  waren  als  die  entleerten  und 
in  der  Gebärmutter  erst  nach  72  Stunden  wieder  aufgefundenen  Eier. 
Doch  sucht  R.  de  Graaf  diesen  Widerspruch  durch  die  Annahme 
abzuschwächen,  daß  von  der  Hülle  der  Follikel  außer  dem  Ei  noch 
eine  zweite  Substanz  eingeschlossen  werde,  welche  die  Grundlage  für 
den  sich  in  der  Folge  entwickelnden  gelben  Körper  bilde.  Ferner 
stellte  DE  Graaf  fest,  daß  vom  5.  Tage  an  die  Eier  in  der  Gebär- 
mutter sehr  rasch  größer  werden,  daß  sie  vom  8.  Tag  an  sich  von 
der  Uteruswand  nicht  mehr,  ohne  zu  zerreißen,  ablösen  lassen,  daß  am 
10.  Tage  zuerst  eine  schleimige  Partie,  einem  „Würmlein  ähnlich'', 
im  Inhalt  der  Eiblase  w-ahrzunehmen  ist.  „Es  sei  zu  verwundern",  be- 
merkt er,  „wie  viele  Flüssigkeit  die  Eier  in  so  kurzer  Zeit  einsaugen." 

Die  GRAAp'schen  Entdeckungen  wurden  zwar  von  den  meisten 
Anatomen  seiner  Zeit  angenommen,  stießen  aber  auch  von  einigen 
Seiten  auf  Widerspruch,  da  zwei  Lücken  in  den  Beobachtungen 
bestanden,  erstens  hinsichtlich  der  verschiedenen  Größe  der  Bläschen 
im  Eierstock  und  in  den  Uterushörnern,  und  zweitens  hinsichtlich  des 
Verbleibes  der  Eier  in  den  ersten  3  Tagen  nach  der  Befruchtung, 
wo  sie  weder  in  dem  geplatzten  Follikel,  noch  in  den  Eileitern  auf- 
gefunden werden  konnten.  Daher  konnte  neben  der  Lehre  von  Stenson 
und  Graaf  sich  noch  längere  Zeit  eine  zweite,  zuerst  von  M.  Malpighi 
ausgesprochene  Ansicht  behaupten ,  welche  mit  Energie  von  \'alis- 
NERi  (1739)  verfochten  wurde.  Nach  ihr  sind  die  gelben  Körper 
die  Orte,  in  welchen  die  Eier  verborgen  sind,  und  die  mit  Flüssigkeit 
gefüllten  Bläschen  des  Ovarium  sind  nur  Drüsen,  welche  mit  ihrem 
Safte  zur  Ernährung  des  drüsigen  Körpers  dienen.  In  letzterem  nahm 
man  auf  Durchschnitten  eine  kleine  Höhle  wahr,  die  sich  nach  außen 
durch  einen  feinen  Gang  öffnete.  „In  diesem  Kelch'',  bemerkt  Valis- 
NERi  (p.  374),  „ist  das  ganze  Kunstwerk  der  Zeugung  enthalten:  denn 
es  steckt  in  demselben,  wde  das  ganze  Geheimnis  der  zukünftigen  Ftianze 
in  einem  Samenkorn,  aber  so  klein  und  zart,  daß  die  Augen  und 
Hände  eher  ermüden,  ehe  man  es  findet."  Zwar  hat  Valisneri  das 
Ei  selbst  nicht  auffinden,  auch  seinen  Uebertritt  in  den  Eileiter  nicht 
wahrnehmen  können ,  aber  gleichwohl  fügt  er  hinzu :  .Jch  wollte 
schwören,  daß  es  gewiß  so  sei,  als  wenn  ich  es  wirklich  gesehen 
hätte"  (p.  378). 

So  blieb  in  der  Lehre  vom  Ei  der  Säugetiere  noch  mehr  als  ein 
dunkler  Punkt.  Aufgeklärt  wurde  der  wahre  Sachverhalt  auch  erst  in 
unserem  Jahrhundert,  als  Carl  Ernst  v.  Baer  (1827)  nachwies, 
daß  nicht  das  GRAAF'sche  Bläschen  selbst  das  Säugetierei  ist,  sondern 
eine  außerordentlich  viel  kleinere  Zelle,  w^elche  in  dem  Follikelepithel 
seiner  Wand  eingebettet  ist. 

Neben  der  Erkenntnis  von  der  Bedeutung  des  Eies  ist  das  zweite 
große  Ereignis  die  E  n  t d e c k u n  g  d er  Samenfäden  oder  der 
Samenw^ürmchen,  wie  sie  häufig  genannt  wurden. 


10  Oscar  Hertwig, 

Sie  geschah  im  Jahre  1(J77  durch  den  Holländer  Ant.  van  Leeu- 
WENHOEK.  Dieser  war  durch  den  Studenten  Ham  auf  kleine,  beweg- 
liche Körperchen  in  der  Samentlüssigkeit  eines  an  Gonori'hcie  leidenden 
Mannes,  die  er  mit  der  Lupe  untersucht  hatte,  aufmerksam  gemacht 
worden.  Er  verfolgte  die  Sache  weiter,  fand  die  Samen  würmchen  bald 
auch  im  Samen  eines  Hundes  und  eines  Kaninchens  und  teilte  seine 
Beobachtungen  der  Akademie  in  London  in  einem  von  Abbildungen 
begleiteten  Schreiben  mit.  In  den  nächsten  Jahren  gelang  ihm  auch 
der  Nachweis  bei  vielen  anderen  Tieren,  wie  Vögeln,  Fischen,  Fröschen, 
Insekten.  Er  stellte  Berechnungen  über  die  außerordentliche  Kleinheit 
und  Zahl  der  Samentierchen  an  und  schätzte,  daß  sich  ihrer  in  einer 
Samenmenge  vom  Hahn,  die  etwa  die  Größe  eines  Sandkorns  hat, 
fünfzigtausend  vorfinden,  und  daß  in  der  gesamten  Milchmenge  eines 
Stocktisches  so  viele  Tierlein  seien,  daß  ihre  Anzahl  mehr  als  dreißig- 
mal  die  Anzahl  aller  auf  der  Erde  lebenden  Menschen  übersteige. 
Auch  entdeckte  er  schon,  daß  in  der  Geschlechtsdrüse  der  Muscheln 
Eier  und  Samentierchen  gleichzeitig  nebeneinander  vorkommen. 

Leeuwenhoek's  Beobachtungen,  die  naturgemäß  das  größte  Auf- 
sehen erregten,  wurden  leicht  bestätigt ;  über  ihre  Bedeutung  aber 
entstand  zwischen  den  Anatomen  ein  mehr  als  100  Jahre  nicht  zu 
schlichtender  Streit.  Während  der  Entdecker  selbst  die  später  noch 
ausführlicher  zu  besprechende  Hj'pothese  aufstellte,  daß  die  Samen- 
fäden die  präformierten  Keime  der  Tiere  seien,  erklärten  andere 
Forscher  sie  für  kleinste  parasitische  Geschöpfe,  welche  die  Samen- 
flüssigkeit, Infusorien  vergleichbar,  bevölkern.  Man  wies  dabei  auf 
das  Voj-kommen  von  kleinsten  Lebewesen  auch  in  anderen  tierischen 
Säften  hin,  auf  die  Infusorien  im  Schleim  der  weiblichen  Vagina  oder 
im  Mastdarme  des  Frosches,  Valisneri  wollte  sogar  ihren  Nutzen 
darin  erblicken,  daß  sie  durch  ihre  Bewegungen  das  Gerinnen  der 
Samenflüssigkeit  verhindern.  Noch  in  Jon.  Müller's  Physiologie 
heißt  es:  „Ob  die  Samentierchen  parasitische  Tiere  oder  belebte  Ur- 
teilchen  des  Tieres,  in  welchem  sie  vorkommen,  sind,  läßt  sich  für 
jetzt  noch  nicht  mit  Sicherheit  beantworten.'' 

Zur  Entscheidung  dieses  Streites  trugen  auch  die  Experimente 
nicht  bei,  welche  von  dem  Abt  Spallanzani  über  den  Befruchtungs- 
prozeß angestellt  worden  sind,  und  welche  zu  den  an  dritter  Stelle 
aufgeführten  wichtigen  Leistungen  gehören,  zu  deren  Besprechung  ich 
jetzt  übergehe. 

Nachdem  schon  Malpighi  ohne  Erfolg  den  Versuch  gemacht 
hatte,  aus  dem  Ovarium  genommene  Eier  des  Seidenspinners  mit  dem 
Samen  des  Männchens  zu  befruchten  und  so  willkürlich  zur  Ent- 
wickelung  anzuregen,  hat  Spallanzani,  durch  seinen  Freund  Bon- 
net angeregt,  die  künstliche  Befruchtung  1780  erfolgreich  als  embryo- 
logische Methode  ausgebildet  (1786,  Bd.  I,  p.  138).  Sie  gelang  ihm 
bei  mehreren  Ami)hibien  (Erdkröte,  Wassersalamander,  Laub-  und 
Wasserfrosch).  Er  entnahm  die  Eier  dem  vom  Männchen  getrennten, 
in  Paarung  begriffenen  Weibchen,  bestrich  sie  mit  dem  Samen,  der 
aus  den  Samenblasen  des  Männchens  entleert  wurde,  und  brachte  sie 
darauf  in  ein  Gefäß  mit  Wasser.  Er  beobachtete  an  einem  Teil  der 
so  künstlich  befruchteten  Eier  das  Ausschlüpfen  der  Kaulquappen, 
während  in  Kontrollversuchen  andere  Eier,  die  nicht  mit  Samen  be- 
fruchtet worden  waren,  in  derselben  Zeit  unentwickelt  geblieben  waren. 
Auch    beim    Seidenspinner    konnten    nach    einigen    mißglückten   Vor- 


Die  Entwickelungslehre  im   16. — 18.  Jahrhundert.  11 

versuchen  reife  Eier  künstlich  von  ihm  befruchtet  und  kleine  Räupchen 
gezüchtet  werden.  Durch  den  Erfolg  ermutigt,  versuchte  Spallan- 
ZAXi  seine  Methode  auch  l)ei  Tieren,  die  ihre  Jungen  lebendig  ge- 
bären, zur  Anwendung  zu  bringen.  Er  hielt  eine  Hündin  mehrere 
Wochen  in  einem  Zimmer  streng  eingeschlossen,  und  als  er  Anzeichen 
der  Brunst  bei  ihr  wahinahm,  spritzte  er  ihr  19  Gran  Samen  eines 
Hundes  durch  den  inneren  Muttermund  in  die  Gebärmutter  ein;  sie 
wurde  noch  einige  Wochen  weiter  in  Haft  gehalten,  bis  sich  die 
Trächtigkeit  genau  feststellen  ließ;  02  Tage  nach  der  künstlichen  Be- 
fruchtung warf  sie  3  Junge. 

Spallanzani  bemühte  sich  auch,  durch  Vermischung  von  Samen 
und  Eiern  verschiedener  Amphibienarten  Bastarde  zu  züchten,  doch 
ohne  Erfolg  (1.  c.  p.  340).  Dagegen  bewies  er  durch  zahlreiche,  viel- 
fach variierte  Experimente,  daß  das  befruchtende  Prinzip  im  Samen 
nicht  die  allgemein  angenommene  Aura  seminalis,  sondern  seine 
festen  Teile  seien  (1.  c.  p.  2'26).  Denn  ein  sehr  kleines  Tröpfchen 
eines  mit  Wasser  sehr  stark  verdünnten  Samens  befruchtete  noch 
ein  damit  betupftes  Ei;  ferner  verliert  beim  Filtrieren  durch  mehrfach 
zusammengelegtes  Löschpapier  besamtes  Wasser  seine  befruchtende 
Kraft,  während  der  Filterrückstand,  in  Wasser  ausgepreßt,  auf  die 
Eier  noch  einwirkt  (1.  c.  p.  342). 

Noch  tiefer  als  Spallanzaxi  ist  auf  botanischem  Gebiet  Koel- 
REUTER  (1761)  durch  sinnreiche  Experimente  in  das  Wesen  des 
Befruchtungsprozesses  eingedrungen  in  seinen  1761 — Gii  erschienenen 
Untersuchungen:  ..Vorläufige  Nachricht  von  einigen  das  Geschlecht 
der  Pflanzen  betreffenden  Versuchen  und  Beobachtungen".  Indem  er 
auf  künstlichem  Wege  durch  Uebertragung  des  Pollens  die  Bestäubung 
bei  zahlreichen  Blütenpflanzen  vornahm,  kam  er  auch  auf  den  Ge- 
danken, Bastarde  auf  diese  Weise  herzustellen  und  ihre  Eigenschaften 
zu  studieren ;  er  bearbeitete  diese  Frage  mit  so  bewunderungswürdiger 
Ausdauer  und  Einsicht,  daß  nach  dem  Urteil  von  Sachs  (1875,  p.  440) 
die  von  ihm  vorgenommenen  Bastardierungen  „auch  jetzt  noch  zu 
den  besten  und  lehrreichsten  zählen,  obwohl  seitdem  Tausende  der- 
artiger Experimente  gemacht  worden  sind".  Hierbei  wurde  er  zugleich 
auch  auf  die  Bedeutung  der  Insekten  bei  der  Bestäubung  der  Bluten- 
pflanzen aufmerksam. 

Eine  weitere  wichtige  Errungenschaft  des  18.  Jahrhunderts  auf 
dem  Gebiete  der  Zeugungslehre  ist  die  Entdeckung  der  Par- 
thenogenese und  des  mit  ihr  verbundenen  Generations- 
wechsels bei  den  Blattläusen. 

Der  Genfer  Philosoph  und  Naturforscher  Charles  Bonnet 
(1762)  isolierte  eine  Blattlaus  sofort  nach  ihrer  Geburt  auf  das  sorg- 
fältigste und  stellte  fest,  daß  sie.  ohne  je  mit  einem  Männchen  in 
Berührung  gekommen  zu  sein,  trotzdem  öfters  hintereinander  lebendige 
Junge  zur  Welt  brachte;  er  trieb  hierbei  die  (xenauigkeit  soweit,  daß 
er  Tages-  und  Stundenziffer  über  die  Niederkünfte  der  Einsiedlerin 
anfertigte.  Da  auf  seine  briefliche  Mitteilung  an  Reaumur  die  Pariser 
Akademie  noch  gewisse  Bedenken  äußerte  gegen  „eine  Entdeckung, 
welche  einem  allgemeinen  und  durch  alle  bisherigen  Erfahrungen  ein- 
mütig bestätigten  Gesetz  geradezu  entgegen  wäre",  wiederholte  Bonnet 
seine  Experimente,  und  um  dem  Einwand  zu  begegnen,  daß  eine 
früher  stattgehabte  Begattung  noch  auf  mehrere  spätere  Geschlechter 
nachwirken   könne,   züchtete   er   Blattläuse   als  Einsiedler    unter   allen 


12  Oscar  IIertwig, 

KauTolen  bis  zum  10.  (icschlocht.  Denn  „es  wäre",  so  bcniorkt  er 
liierzu,  ,.docli  ein  kaum  zu  begreifendes  Wunder,  daß  Urenkel  von 
ilirem  Urgroßältervater  oder  nur  von  ihrem  Urgroßvater  befruclitet 
sein  sollten".  Bei  diesen  mühsamen  Untersuchungen  entdeckte  Bonnet 
gleichzeitig  auch  den  Generationswechsel  der  BlattLäuse;  er  wies  nach, 
daß,  während  die  Weibchen  in  der  warmen  Jahreszeit,  ohne  befruchtet 
zu  werden,  oftmals  hintereinander  lebendige  Junge  gebären,  sie  bei 
Beginn  der  kälteren  Jahreszeit  „Wintereier"  legen,  aus  denen  erst 
im  Frühjahr  Junge  auskriechen ;  auch  stellte  er  außerdem  noch  fest, 
daß  die  Wintereier  befruchtet  werden,  indem  im  Plerbst  kleinere  Blatt- 
lausmännchen auftreten,  von  welchen  die  Weibchen  vor  dem  Eierlegen 
begattet  werden  (1775,  Bd.  II,  p.  121). 

Fünftens  endlich  ist  als  eine  der  bemerkenswerten  Leistungen  des 
18.  Jahrhunderts  noch  die  Begründung  der  Lehre  von  der 
Regeneration  zu  nennen.  Um  sie  haben  sich  besonders  Reau- 
MUR,  Trembley  und  Bonnet  in  ausgezeichneten  Experimentalunter- 
suchungen  verdient  gemacht.  1712  berichtet  Reaumur  (1712,  p.  235), 
daß  vom  Krebs  abgeschnittene  Beine  und  Scheren  nach  einiger  Zeit 
wieder  wachsen,  und  daß  diese  Neuerzeugung  sich  immer  wiederhole, 
so  oft  man  das  regenerierte  Bein  abermals  durch  einen  Scherenschnitt 
entferne.  Er  knüpft  hieran  theoretische  Betrachtungen,  die,  obwohl 
auf  dem  Boden  der  Evolutionstheorie  stehend,  doch,  wenn  man  in 
ihnen  das  Wort  Keim  oder  Anlage  setzt,  Aeußerungen  ähnlich  sind, 
wie  sie  auch  in  unserer  Zeit  gethan  worden  sind. 

Noch  größeres  Aufsehen  erregten  die  1744  veröffentlichten  vor- 
trefflichen Untersuchungen  von  Trembley  über  die  Naturgeschichte 
der  Süßwasserpolypen.  Die  hier  in  reicher  Fülle  mitgeteilten,  nach 
allen  Richtungen  ausgeführten  Experimente  sind  so  genau  und  er- 
schöpfend, daß  sie  nur  in  wenigen  Punkten  von  den  zahlreichen 
Forschern,  die  später  das  gleiche  Thema  behandelt  haben,  erweitert 
oder  belichtigt  worden  sind.  Hier  wurde  zum  ersten  Male  an  einem 
niederen  Tiere  das  wunderbare  Vermögen  nachgewiesen,  jeden  in  Ver- 
lust gekommenen  Körperteil  in  genau  entsprechender  zweckmäßiger 
Weise  wieder  herzustellen.  Wie  das  Kopfende  nach  Entfernung  des- 
selben mit  allen  Tentakeln  vom  Fußende  wiederum  erzeugt  wird,  so 
auch  umgekehrt.  Wenn  beide  Enden  abgetrennt  werden,  so  regeneriert 
das  allein  zurückgebliebene  Mittelstück  an  den  entsprechenden  Wund- 
Hächen  einen  neuen  Kopf  und  neuen  Fuß.  Beide  Hälften  eines  der 
Länge  nach  halbierten  Polypen  werden  bald  durch  Ergänzung  des 
Fehlenden  zu  2  neuen  vollständigen  Tieren ;  ja  sogar  kleine  Stückchen 
eines  vielfach  zerteilten  Polypen  können  ein  jedes  wieder  nach  einiger 
Zeit  ein  Ganzes  herstellen. 

Bonnet  hat  nicht  nur  die  Experimente  an  Hydra  bestätigt, 
sondern  sie  auch  auf  noch  höher  organisierte  Tiere,  wie  Regen- 
würmer, ausgedehnt,  bei  denen  er  ebenfalls  feststellen  konnte,  daß 
ein  abgeschnittenes  Schwanz-  oder  Kopfende  nach  längerer  Zeit,  be- 
sonders in  dem  letzteren  Falle,  wieder  ergänzt  wird.  Eine  noch 
lebhaftere  Regeneration  fand  er  bei  einigen,  nicht  näher  bestimmten 
Arten  kleiner  Süßwasserwürmer,  unter  denen  ein  in  reinem  Wasser 
gezüchtetes  Exemplar  in  einem  Experiment  12mal  den  Kopf  er- 
neuerte, nachdem  derselbe  immer  wieder  von  neuem  w^eggeschnitten 
worden  war. 


Die  Theorieen  der  Präformatioii.  13 

Um  (las  1)11(1  von  den  wissenschaftlichen  Leistnngen  des  16.  Vjis 
18.  Jahi'hnndeits  auf  dem  Gebiete  dei-  Entwickelungslehre  abzu- 
schließen, muß  jetzt  noch  auf  eine  große  Streitfrage  näher  eingegangen 
werden,  welche  die  Naturforscher  bei  ihren  entwickelungsgeschicht- 
lichen  Untersuchungen  auf  das  lebhafteste  beschäftigt  hat,  ich  meine 
die  Frage:  was  ist  das  Wesen  des  organischen  Entwickelungsprozesses, 
wodurch  wird  es  möglich,  daß  aus  einer  winzigen  Substanzmenge,  aus 
einem  Ptlanzensamen,  aus  einem  tierischen  Ei  oder  aus  einem  Samen- 
faden wieder  ein  hoch  zusammengesetzter  Organismus  genau  der 
gleichen  Art  entsteht?  was  ist  der  Keim  von  Anfang  an  und  wie  bildet 
er  sich  zum  ausgewachsenen  Geschöpf  umV  wie  ist  das  Wunder  zu 
erklären,  daß  an  der  Wundstelle  die  organische  Substanz  die  Fällig- 
keit besitzt,   Verlorenes   in  zweckmäßiger  Weise   wieder  herzustellen  V 

Solche  Fragen  bildeten  einen  Gordischen  Knoten,  welchen  die 
alten  Naturforscher  auch  bei  Anwendung  des  größten  Scharfsinns  nicht 
zu  lösen  vermochten,  weil  hierzu,  wie  schon  früher  (p.  2)  hervor- 
gehoben wurde,  die  "N^orbedingungen  noch  vollständig  fehlten.  Für 
die  gegenwärtige  Generation  aber,  wenn  sie  vorurteilslos  das  Werden 
wissenschaftlicher  Erkenntnis  zu  verfolgen  sucht,  ist  es  lehrreich,  zu 
studieren,  wie  große  Naturforscher  und  Philosophen,  ein  Swammer- 
DAM,  Malpighi,  Harvey,  Leeuwenhoek,  Leibniz,  Spallanzani, 
Haller,  Bonnet,  Buffon,  C.  Fr.  Wolff,  Oken,  Blumenbach 
und  noch  manche  andere  aus  einem  ganz  unzureichenden  Thatsachen- 
material  sich  ihre  Theorieen  aufzubauen  suchten,  welche  ihnen  die  Er- 
scheinungen der  Zeugung  und  Entwickelung  begreiflich  machen  sollten. 
Die  einander  widersprechenden  Theorieen  lassen  sich  in  zwei  Haupt- 
gruppen anordnen,  1)  in  die  Theorieen  der  Präformation  oder  Evolution, 
und  2)  in  die  Theorieen  der  Epigenesis. 


I.  Die  Theorieen  der  Präformatioii  oder  Eyolutioii 

beherrschten  das  17.  und  18.  Jahrhundert.  Savammerdam  und  Mal- 
pighi, LEEmvENHOEK.  Spallanzani  uud  Valisneri,  Bonnet,  Re- 
AUMUR  und  Haller,  desgleichen  die  Philosophen  Malesbranche 
und  Leibniz  sind  überzeugte  Evolutionisten.  Durch  strenge  Be- 
obachtung der  Naturerscheinungen  und  durch  logische  Schlüsse 
glaubten  sie  notgedrungen  zu  der  Annahme  gezwungen  zu  werden, 
daß  im  Ei  oder  im  Samenfaden,  als  dieser  später  entdeckt  wurde, 
das  spätere  ausgewachsene  Geschöjjf  gewissermaßen  schon  als  eine  Art 
von  unendlich  kleinem  Miniaturbild  angelegt  und  dabei  in  Hüllen  ein- 
geschlossen sei,  die  es  allmählich  durchbreche  und  abwerfe.  Das  Werden 
eines  Geschöpfes  erklärten  sie  daher  als  eine  Art  Wachstum  und 
nannten  es  eine  Evolutio  oder  eine  Entwickelung,  im  Hinblick  auf  die 
Fälle,  in  denen  die  wachsenden  Teile  sich  durch  Sprengung  ein- 
schließender Hüllen  entfalten.  Ein  Paradigma  bot  die  Entstehung  einer 
Phanerogamen blute  aus  einer  Knospe  oder  die  Entwickelung  eines 
Insekts  aus  Ei,  Ptaupe  und  Puppe.  Swammerdam  hat  wohl  am 
meisten  durch  seine  Untersuchungen  über  Insektenentwickelung  den 
Grund  zu  solchen  Vorstellungen  gelegt.  Gestützt  auf  seine  unter 
Lupenvergrößerung  ausgeführten  Zergliederungen  hält  er  nichts  für 
gewisser,  als  daß  alle  Glieder  des  Schmetterlings,  der  Fliege  oder 
eines  andern  Insekts  schon  in  der  Puppe  vorhanden  sind  (1752,  p.  13). 


t' 


14  Oscar  IIertwig, 

Nichts  erregte  iiielir  die  Verwunderung  seiner  Zeitgenossen,  als  wenn 
SwAMMERDAM  vor  ihnen,  wie  es  einmal  auch  vor  dem  Großherzog 
von  Toscana  geschah,  zeigte,  wie  ein  Schmetterling  mit  seinen  zu- 
sammengerollten und  verwickelten  Teilen  in  einer  Raupe  steckt,  in- 
dem er  ihnen  mit  unglaublicher  Geschicklichkeit  und  mit  unbegreiflich 
feinen  Werkzeugen  —  so  erzählt  uns  Boerhave  —  „seine  Hülle  ab- 
nahm, so    daß   das   Verborgene  offenbar   ward". 

Seine  beim  Studium  der  Raupen  und  Puppen  gemachten  Wahr- 
nehmungen übertrug  Sw^ammerdam  dann  weiter  auch  auf  das  Ei  und 
veranlaßte  ihn  zu  der  Bemerkung  (1752,  p.  19):  es  verdienten  die  Eier 
keine  Eier,  sondern  Eierpüppchen  genannt  zu  werden ,  derweil  die 
Tierchen  in  Gestalt  eines  Püppchens  darin  steckten;  und  es  sollte  das 
sogenannte  Ei,  das  das  Tierchen  umgiebt,  besser  seine  Haut  oder 
Schale  heißen.  Swammerdam  wandte  sich  gegen  die  Lehre,  daß  ein 
Geschöpf  sich  durch  „Metamorphose"  in  ein  Geschöpf  ganz  anderer 
Art  umwandeln  könne,  und  stellte  dagegen  die  richtige  Behauptung 
auf,  daß  Ei,  Raupe,  Puppe  und  Insekt  nur  verschiedene  Entwickelungs- 
zustände   einer   und   derselben  Tierart  sind. 

In  derselben  Weise  schloß  Spallanzani  bei  der  Untersuchung 
der  Froschentwickelung:  weil  der  Frosch  aus  der  Kaulquappe  ent 
steht  und  dieser  wieder  kontinuierlich  aus  dem  Ei  hervorgeht,  muß 
das  befruchtete  Ei  selbst  schon  ein  kleines  Fröschchen  sein ;  und 
da  ferner  das  befruchtetete  Ei  genau  so  wie  das  unbefruchtete  aus- 
sieht, dieses  aber  schon  im  Eierstock  eingeschlossen  ist,  so  müssen 
auch  schon  „die  Embryonen  der  Frösche  in  ihrer  Mutter  lange  Zeit, 
ehe  sie  befruchtet  wurden,  vorhanden  sein"  (1786,  p.  1—18,  §  19). 
Auch  giebt  er  an,  die  Fröschchen,  die  erst  in  den  nächsten  Jahren 
geboren  werden  sollen,  im  Eierstock  gesehen  zu  haben ;  er  meint  hier- 
mit die  kleineu  Eier,  welche  am  Ende  einer  Laichperiode  nach  Aus- 
stoßung der  reifen  Eier  im  Ovarium  zurückbleiben. 

Wie  Swammerdam  und  Spallanzani,  so  glaubten  überhaupt  die 
alten  Evolutionisten,  von  gleichen  Ideengängen  geleitet,  durch  die 
Beobachtung  d  e  r  N  a  t  u  r  selbst  zu  der  Annahme  gezwungen  zu 
zu  sein  (Bonnet,  1775,  Bd.  II,  p.  XXI),  daß  jeder  organisierte  Körper 
schon  vor  der  Befruchtung  präexistiere,  was  in  gewissem  Sinne  ja 
auch  vollkommen  wahr  ist,  und  daß  die  Befruchtung  nichts  weiter 
thut,  als  daß  sie  „dem  vorher  schon  im  Samenkorn  oder  im  Ei  im 
kleinen  abgezeichneten,  organisirten  Ganzen  dieEntwickelung  verschaffe". 

Im  übrigen  verhehlten  sich  auch  überzeugte  Evolutionisten,  wie 
Bonnet,  Haller  u.  a.,  die  ungeheuren  Schwierigkeiten  nicht,  auf 
welche  die  Durchführung  der  Theorie  nach  vielen  Richtungen  stieß. 
So  blieb  ihnen  keineswegs  verborgen,  daß  die  embryonalen  Organe 
vielfach  ein  ganz  anderes  Aussehen  und  eine  andere  Beschaffenheit 
haben  als  im  ausgebildeten  Zustand,  und  daß  das  Ei  selbst  aus  einer 
flüssig-weichen ,  anscheinend  unorganischen  Substanz  zu  bestehen 
scheine.  Doch  machten  sie  gegen  Einwände,  die  hieraus  geschöpft 
wurden,  nicht  ohne  eine  gewisse  Berechtigung  geltend,  daß  die  Teile^ 
je  kleiner,  um  so  zarter,  weicher  und  schwieriger  voneinander  unter- 
scheidbar werden.  Sie  konnten  sich,  wie  Haller  (1775,  VIII,  p.  247) 
thut,  darauf  berufen,  daß,  während  bei  den  meisten  Insekten  in  der 
Puppe  das  deutlich  ausgebildete  Insekt  steckt,  in  anderen  Fällen,  wie 
bei  den  Fliegen  und  Ameisen,  nach  den  Untersuchungen  von  Swam- 
merdam „die  Struktur  offenbar  in   einem  Brei  begraben    liegt.     Und 


Die  Theorieen  der  Präformation.  15 

doch  sei  der  Bau  auch  hier  organisch,  wenn  auch  demjenigen,  der  die 
Sache  nur  so  obenhin  anselie,  alles  weich  und  flüssig  vorkäme;  und 
ebenso  sei  in  der  Puppe  der  Ameisen  schon  eine  wirkliche  Ameise, 
obschon  ihr  Körper  nur  aus  IMilch  und  Flüssigkeit  zu  bestehen  scheine." 

Ferner  hatte  man  auch  erkannt,  daß  während  der  Entwickelung 
sich  die  Organe  wie  in  ihrer  Konsistenz  so  auch  in  Form  und  gegen- 
seitiger Anordnung  verändern  können. 

„Es  kommt  mir  höchst  wahrscheinlich  vor",  bemerkt  Haller, 
von  seinen  Untersuchungen  am  Hühnchen  ausgehend,  ,,daß  die  wesent- 
lichen Teile  der  Frucht  schon  längst,  aber  nicht  als  solche, 
wie  sie  bei  großen  Tieren  erscheinen,  gebildet  sind. 
Gewisse  und  vorher  dazu  bereitete  Ursachen  beschleunigen  das 
Wachstum  in  einigen  dieser  Teile,  in  anderen  hindern  sie  solches. 
Indem  sie  nun  die  Lagen  verändern,  indem  sie  die  sonst  durch- 
sichtigen Werkzeuge  sichtbar  machen  und  den  Fluidis  und  der  schlei- 
michten  Materie  eine  Festigkeit  geben,  so  bilden  sie  zuletzt  ein 
Tier,  welches  aber  von  dem  E  m  b  r  .y  o  sehr  verschieden 
ist,  ein  Tier,  worin  indessen  kein  einziger  Teil  ist,  der  nicht  wesent- 
lich schon  im  Embryo  gewesen  wäre."  „Das  Hühnchen  im  Ei 
ist  vom  vollkommenen  Huhn  nicht  weniger  verschieden 
als   die  Raupe   vom   Schmetterling"  (1775,  Bd.  VIII,  p.  155). 

Noch  bestimmter  spricht  sich  Bonnet  dahin  aus,  daß  „man  sich 
nicht  vorstellen  müsse,  als  wenn  alle  Teile  eines  organisierten  Körpers 
im  Keime  ebenso  genau  im  kleinen  befindlich  wären,  als  wie  sie  in 
dem  entwickelten  Ganzen  im  großen  erscheinen''.  Nach  den  neuen 
Entdeckungen  am  Hühnchen  hält  er  es  für  bewiesen,  „daß  alle,  so- 
wohl äußerliche  als  innerliche  Teile  im  Keime  ganz  andere  Gestalten, 
Proportionen,  Festigkeit  und  Ordnung  haben,  als  nachher,  wenn  der 
Trieb  der  Säfte  und  die  Auswickelung  (Evolution)  ihre  natürlichen 
Wirkungen  geäußert  haben".  So  kommt  denn  Bonnet  sogar  zu  einer 
so  allgemein  gehaltenen  Fassung  des  Keimbegriffs,  daß  er  auch  für 
unsere  heutigen  Vorstellungen  wohl  anwendbar  wäre.  Denn  unter 
Keim  verstellt  er  „eine  jegliche  Vorher  ordnun  g,  jegliche 
V  0  r  h  e  r  ])  i  1  d  u  n  g  der  Teile,  die  durch  sich  selbst  ver- 
mögend ist,  das  Dasein  einer  Pflanze  oder  eines  Tieres 
zu  bestimmen".  Und  um  keinen  Zweifel  an  seiner  Auffassung 
aufkommen  zu  lassen,  fügt  er  hinzu:  „Ich  behaupte  deshalb  nicht, 
daß  die  Knöpfchen  an  den  Ausschößliugen  der  Armpolypen  schon  an 
sich  selbst  Polypen  im  kleinen  und  unter  der  Haut  der  Mutter  ver- 
steckt, sondern  darin  gewisse,  solchergestalt  präorganisierte  Par- 
tikelchen vorhanden  sind,  aus  deren  Entwickelung  ein  Polyp  ent- 
stehen kann"  (1775,  Bd.  II,  p.  LVIII).  Den  Keim  nennt  Bonnet  daher 
auch  ..einen  Grundriß  und  ein  i\l  o  d  e  1 1  von  dem  organi- 
sierten Körper",  insofern  er  „schon  wirklich  im  kleinen  alle 
wesentlichen  Teile  der  Pflanze  oder  des  Tieres  in  sich  enthält,  das  er 
vorstellt".  „Der  Hauptunterschied  zwischen  dem  Keime  und  dem 
entwickelten  Tiere  sei  der,  daß  der  erstere  nur  aus  bloßen  Elementar- 
partikeln bestehe,  und  daß  die  Maschen,  die  sie  formieren,  darin  so 
enge  als  möglich  sind,  anstatt  daß  in  dem  anderen  die  Elementar- 
partikeln mit  unzähligen  anderen,  vermittelst  der  Nahrung  hinzuge- 
kommenen Teilen  verbunden,  und  die  Maschen  der  einfachen  Fibern 
daselbst  so  weit  als  möglich  sind,  als  sie  es  auch  in  Absicht  der 
Natur  und  Ordnung  ihrer  Prinzipien  sein  sollen    (1.  c.  Bd.  II,  p.  26). 


16  Oscar  IIertwig, 

All  einer  Organisation  des  Keimes,  in  welcher  gleichsam  schon 
das  spätere  Geschö])f  in  irgend  einer  Weise  vorgezeichnet  sei  (Prä- 
delineation),  glanbten  die  Evolutionisten,  auch  wenn  im  Ei  keine  Si)ur 
davon  zu  sehen  sei,  vor  allen  Dingen  deswegen  entschieden  festhalten 
zu  müssen,  weil  sie  es  philosophisch  für  undenkl)ar  hielten,  daß  eine 
Naturkraft  aus  einer  ungeordneten  „rohen"  Stoftnienge  nach  einfach 
mechanischen  Prinzipien  Knochen,  Muskeln,  Eingeweide  und  Gefäße 
bilden  und  noch  dazu  alle  diese  Dinge  in  einer  gewissen  Ordnung 
zweckmäßig  untereinander  verbinden  könne  (Haller,  1775,  Bd.  VIII, 
p.  203).  Denjenigen,  welcher  dergleichen  Hyjjothesen  Gehör  geben 
will,  glaubt  Haller  einzig  und  allein  an  das  Auge  erinnern  und  die 
Frage  vorlegen  zu  sollen :  „Wie  könnte  das  Auge  vermittelst  einer 
ausdehnenden  Kraft  dergestalt  gebaut  und  zu  Membranen  werden, 
die  aufeinander  folgen,  die  alle  anders  gewebt  sind,  daß  das  Licht  von 
den  durchsichtigen  Teilen,  welche  allenthalben  mit  anderen  sehr  un- 
durchsichtigen Teilen  umgeben  und  eingefaßt  sind,  aufgefangen  werden 
kann,  deren  Bau  so  genau  berechnet  ist,  daß  in  Millionen  Menschen 
und  in  Millionen  Tieren  die  Strahlen  eines  Lichtpinsels  von  allen 
Seiten  auf  die  Netzhaut  vereinigt  auffallen  können?  Und  dennoch 
kannte  diese  körperliche  Ursache  weder  das  Licht  noch  die  Gesetze, 
wodurch  dasselbe  gebrochen  wird,  indessen  daß  sie  alles  bis  auf  den 
hundertsten  Teil  einer  Linie  so  richtig  ausgemessen  und  zuge- 
schnitten hat,  als  das  Licht  auf  der  Netzhaut  zu  sammeln  erfordert 
wird  etc." 

In  ähnlichem  Sinne  äußert  sich  Bonnet,  daß,  „wer  den  mensch- 
lichen Körper,  dieses  Meisterstück  der  Natur,  zerlege,  notwendig  inne- 
werden müsse,  daß  ein  so  wunderbarlich  zusammengesetztes  und  doch 
so  harmonisches  und  so  einiges  Ganze  nicht  wie  eine  Uhr  oder  wie 
eine  Mosaikarbeit  durch  allmähliches  Ansetzen  unendlich  vieler  ver- 
schiedener Stücke  habe  entstehen  oder  gebildet  werden  können.  Er 
werde  zugeben  müssen,  daß  ein  derartiges  Ganzes  der  unauslöschliche 
Abdruck  eines  auf  einmal  hervorgebrachten  Werkes  sei." 

Wenn  die  alten  Evolutionisten  Beobachtungen  und  Vernunftgründe, 
wie  ich  gezeigt  habe,  bei  dem  damaligen  Stande  der  Naturerkenntnis 
zu  Gunsten  ihrer  Theorie  anführen  konnten,  so  sahen  sie  sich  doch 
bei  weiterem  logischen  Ausbau  ihrer  Theorie  in  einem  Punkte  vor 
eine  geradezu  ungeheure  Schwierigkeit  gestellt.  Denn  jede  Pflanzen- 
und  jede  Tierart  besteht  ja  aus  einer  unendlichen  Folge  sich  aneinander 
schließender  Generationen,  von  welchen  immer  die  eine  die  nächst- 
folgende hervorbringt.  Wenn  nun  bei  dieser  Succession  keine  Neu- 
zeugung der  jüngeren  Generation  in  der  älteren  stattfindet,  sondern 
jene  bereits  fertig  in  dieser  als  Miniaturgeschöpf  eingeschlossen  ist, 
so  bleibt  nichts  anderes  als  die  Annahme  übrig,  daß  überhaupt  alle 
Geschöpfe,  die  einst  gelebt  haben  und  noch  leben  werden,  in  einem 
ersten  Geschöpf  der  entsprechenden  Art  durch  einen  allmächtigen 
Schöpfer  am  Anfang  aller  Dinge  geschaffen  sein  müssen.  Die  Prä- 
formationstheorie führte  so  ganz  konsequenterweise  zur  Einschachte- 
lungslehre  (emboitement),  einer  zwar  streng  logisch  entwickelten,  aber 
trotzdem  absolut  unverständlichen  und  thörichten  Hypothese,  auf 
welche  daher  das  Wort  des  Dichters  zutrifft:  „ist  dies  schon  Tollheit, 
hat  es  doch  Methode."  Und  dieses  Gefühl  sind  wohl  auch  die  alten 
Evolutionisten  nicht  ganz  los  geworden,  auch  wenn  Bonnet  sagt:  „die 
Hypothese    sei   eine  von  den  größten  Siegen  des  Verstandes  über  die 


Die  Theorieen  der  Präforraation.  17 

Sinne.  Die  verschiedenen  Ordnnn^en  so  unendlich  kleiner  Dinge, 
welche  nach  dieser  Hypothese  ineinander  eingeschlossen  sind ,  be- 
schweren die  Einbildung,  ohne  die  Vernunft  zu  erschrecken". 

Denn  an  anderen  Stelleu  seines  Werkes  läßt  es  Bonnet  dahinge- 
stellt sein,  ob  die  Einschachtelungslehre  oder  die  nachher  zu  be- 
sprechende entgegengesetzte  Theorie  des  BuFFON'schen  Pansper- 
matismus  den  Vorzug  verdieut.  Immerhin  aber  erblickt  er  auch  hier 
noch  in  der  Einschachtelungstheorie  eine  erhabene  Vorstellung  und 
er  stellt  sich  „mit  dem  Gefühl  einer  geheimen  Zufriedenheit  in  dem 
Scholle  der  Aemilia  den  Keim  des  Helden  vor.  der  nach  einigen  Jahr- 
tausenden ein  mächtiges  Reich  aufrichtet,  oder  vielmehr  des  Welt- 
weisen,  der  alsdann  der  Welt  die  Ursache  der  Schwere,  das 
Geheimnis  der  Erzeugung  und  die  Mechanik  unseres  Wesens  er- 
klären wird". 

Wie  His  (1870/72)  anführt,  ist  wohl  zum  erstenmale  die  Einschachte- 
lungslehre in  voller  Konsequenz  von  dem  Philosophen  Malebranche 
(1688)  aufgestellt  worden.  In  seinem  vielgelesenen  Buch :  Recherche 
de  la  verite.  welches  in  zahlreichen  Auflagen  seiner  Zeit  erschienen 
ist,  führt  Malebranche  aus,  daß  unsere  Sinne  beschränkt  und  unsere 
Begriffe  von  Größe  und  Ausdehnung  nur  relativ  sind,  daß,  wenn  die 
Milbe  im  Verhältnis  zu  uns  als  ein  unendlich  kleines  Tier  erscheine, 
es  doch  noch  tausendmal  kleinere  Tiere  als  die  Milbe  gebe,  die  uns 
sogar  die  Erfahrung  schon  kennen  gelehrt  habe ;  daher  denn  auch  kein 
Grund  vorhanden  sei,  daß  diese  dann  die  kleinsten  von  allen  seien. 
Denn  die  Materie  sei  ins  Unendliche  teilbar,  und  so  könne  es  auch 
unendlich  kleine  Tiere  geben,  obwohl  vor  diesem  Gedanken  unsere 
Einbildung  erschrecke. 

Aus  diesen  Grundsätzen  macht  dann  Malebranche  sofort  die 
Nutzanwendung  auf  die  Entwickelung  der  Pflanzen  und  der  Tiere.  Auf 
Malpighi  und  Swammerdam  hinweisend,  die  in  dem  Tulpenkeim 
schon  ein  ganzes  Tülpchen,  im  Hühnerei  ein  Hühnchen  und  im  Froschei 
ein  Fröschchen  entdeckt  hätten,  fügt  er  hinzu,  daß  der  Verstand  bei 
dem,  was  die  Augen  sehen,  nicht  Halt  machen  müsse.  „Gar  la  vue 
de  l'esprit  a  bien  plus  d'etendue  que  la  vue  du  corps.  Nous  devons 
donc  penser  outre  cela,  que  tous  les  corps  des  hommes  et  des  animaux 
qui  naitront  jusqu'ä  la  cousommation  des  siecles,  ont  peut-etre  ete 
produits  des  la  creation  du  monde;  je  veux  dire  que  les  femelles  des 
Premiers  animaux  ont  peut-etre  ete  creees  avec  tous  ceux  de  la  meme 
espece  qu'ils  out  engendre  et  qui  doivent  s'engendrer  dans  la  suite 
des  temps." 

Eine  große  Schwierigkeit  entstand  der  Präformationstheorie,  als 
Leeuwenhoek  in  der  Samenflüssigkeit  zahlreicher  von  ihm  untersuchter 
Tiere  die  Samenfäden  auffand.  Denn  da  bei  der  Entstehung  eines 
neuen  Geschöpfes  das  männliche  Geschlecht  ebenso  gut  beteiligt  ist, 
wie  das  weibliche,  so  lag  es  jetzt  nahe,  die  Streitfrage  aufzuwerfen, 
ob  die  Eier,  wie  man  früher  allgemein  angenommen  hatte,  oder  die 
neuentdeckten  Samenwürmchen  die  präformierten  Keime  sind.  Haben 
diese  doch  den  Vorzug  für  sich,  daß  sie  beweglich  und  in  ihrer  ge- 
streckten Form  mehr  tierähnlich  sind,  als  die  kugeligen  und  unbe- 
weglichen Eier.  In  weiterer  ^'erfolgung  seiner  Studien  über  die  Zu- 
sammensetzung der  Samenflüssigkeit  zögerte  denn  auch  Leeuwenhoek 
nicht,  diese  Hypothese  in  seinen  an  die  Londoner  Akademie  ge- 
richteten Briefen  often  auszusprechen ;  er  glaubte  später  sogar  männ- 

Handbuch  der  Eatwickelungslehre.  9 


18 


Oscar  Hertwig, 


liehe  und  weibliche  Samenfäden  unterscheiden  zu  können:  auch  glückte 
es  ihm,  durch  mikroskopische  Untersuchungen  bei  Hunden  und 
Kaninchen  entgegen  den  Angaben  von  Harvey  festzustellen,  daß  bei 
einer  Begattung  die  Samenfäden  in  die  Höhle  der  Gebärmutter  hinein- 
dringen und  von  hier  sogar  in  die  Eileiter  und  l)is 


gelangen. 


zur  Tuben Öffnung 


sollten 


ein 


In    der  Mutter 

Nest  für 

Tieren 


ihre  weitere  Entwickelung 


sie  dann  einen  geeigneten  Ort,  gleichsam 
finden.  Bei  den  eierlegenden 
aber,  bei  Vögeln,  Amphibien,  Fischen.  In- 
sekten u.  s.  w.  sollten  die  Eier  nur  die  Bedeutung 
haben,  den  günstigen  Nährboden  für  die  Samenfäden, 
die  eigentlichen  Keime,  zu  liefern.  In  jedes  Ei, 
so  glaubte  Leeuwenhoek  annehmen  zu  müssen, 
dringe  je  ein  Samenfaden  ein  und  ernähre  sich  hier 
auf  Kosten  der  Dottermasse;  daher  er  denn  auch 
bemüht  war,  im  Inhalt  kleiner  Eier  den  eingedrungenen 
Samenfaden  aufzufinden;  doch  wollte  ihm  dies  mit 
seinen  Vergrößerungen  in  keinem  Falle  gelingen. 

Auch  die  Ansicht  von  Leeuwenhoek  fand  bald 
ihre  Anhänger.  Man  verglich  die  Samenfäden  mit 
den  Kaulquappen  und  ließ  sie  wie  diese  allmählich 
wachsen  und  sich  verwandeln.  Der  Holländer  Hart- 
soeker  (1694),  der  ebenfalls  in  der  Kunst  Linsen 
zu  schleifen  geübt  war  und  sich  sogar  die  Priorität 
in  der  Entdeckung    der  Samenfäden    auf  Grund  von 


Beobachtungen 


am  Hahn  zuschrieb,  erklärte  sie  für 
die  präformierten  Keime  und  gal)  zu  dieser  Hypo- 
these eine  charakteristische  Illustration  (Fig.  2),  in- 
dem er  in  den  Kopfteil  eines  menschlichen  Samen- 
fadens eine  kleine  menschenartige  Figur  mit  zusam- 
mengeschlagenen Armen  und  Beinen ,  von  einer 
dünnen  Hülle  eingeschlossen,  einzeichnete.  Ein  sonst 
unbekannter  Schriftsteller,  Dalenpatius  (1699),  ver- 
stieg sich  sogar  zu  der  kühnen  Behauptung,  die  Häutung 
eines  Samenwurmes  unter  dem  Mikroskop  gesehen 
zu  haben,  und  lieferte  eine  Abbildung  (Fig.  3)  eines 
so  frisch  gehäuteten  Menschleins,  an  welchem  er  den 
noch  von  der  Hülle  bedeckten  Kopf,  Brust,  Arm 
und  Beine  en  miniature  darstellte.  In  England  ent- 
wickelte Garden  ähnliche  Ansichten  wie  Leeuwen- 
hoek. Bei  den  Pflanzen  wurde  die  Rolle  der 
den  Pollenkörnern   im   Blütenstaub   zu- 


Samenfäden 


geschrieben, 
lag 


nun  die  Wahrheit?     Bei  der  Lehre,  daß 
bei  der  damit  zunächst  unverträglichen 
der  Samenfaden   der  präforniierte  Keim 


wurde    Jahrhunderte    lang    viel    hin 


Wo 
das  Ei,  oder 
Lehre,    daß 
sei?     Darüber 

und  her  gestritten.    Es  entstanden  die  beiden  Schulen 
Fig.  3.  der    Ovisten    und  der    Anim  alculisten.     Wäh- 

rend unter  den  ersteren  Forscher,  wie  Swammer- 
DAM,  Malpighi,  Harvey,  Spallanzani,  Vallisnerius,  Bonnet, 
Haller  u.  a.  aufzuführen  sind,  finden  wir  in  der  Reihe  der  letzteren 


neben   dem 


Begründer 


der  Lehre,  Leeuwenhoek,   den 


großen 


Philo- 


Die  Theorie  des  Panspermatismus.  19 

sophen  Leibniz,  ferner  Boerhave,  Lieutaud,  Lancisius  u.  a. 
Der  Streit  schien  zn  Gunsten  der  Ovisteu  entschieden,  als  Bonnet 
die  Jiingfenizeu.uung  der  Blattläuse  entdeckte  und  nachwies,  daß  die 
Eier,  die  niemals  den  Einfluß  des  männlichen  Samens  erfahren  hal)on, 
sich  trotzdem  zu  Blattläusen  entwickeln.  Haller  erblickte  hierin 
eine  der  mächtigsten  Stützen  für  die  Ovisteu.  Die  Samenfäden  wurden 
von  jetzt  an  meist  für  parasitische  Gebilde  dei-  Samentiüssigkeit,  den 
Infusorien  vergleichbar,  gehalten  und  es  hat  noch  bis  in  die  zweite 
Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  gedauert,  bis  der  wirkliche  Sachverhalt, 
daß  Ei-  und  Samenzelle  als  gleichwertige  Elemente  am  Zeugungsakt 
beteiligt  sind,  festgestellt  und  damit  die  Streitfrage  der  Ovisteu  und 
der  Animalculisten  zum  Abschluß  gebracht  wurde. 


2.  Die  Theorieeii  der  Epigenesis  und  des  Panspermatismus. 

Die  im  vorigen  Abschnitt  geschilderten  Theorieen  der  Evolution 
harmonierten  nicht  nur  am  besten  mit  dem  Thatsachenmaterial,  über 
welches  die  Naturforscher  zur  Zeit  von  Swammerdam  und  Haller 
geboten,  sondern  fügten  sich  auch  am  leichtesten  einer  doch  von 
christlichen  Dogmen  stark  beeinflußten  Ideenwelt  ein,  von  welcher  sich 
auch  die  Gelehrten  nicht  frei  machen  konnten.  Sie  waren  daher  während 
dreier  Jahrhunderte  die  herrschenden  in  der  Wissenschaft,  mochten 
nun  die  Eier  oder  die  Samenfäden  als  die  präformierten  Keime  an- 
gesehen werden.  Gleichwohl  fehlte  es  auch  nicht  an  vereinzelten 
Forschern,  welche  den  schwachen  Punkt  der  Evolutionslehre,  welcher 
in  der  Einschachtelung  der  Generationen  liegt,  erkannten  und  sich 
daher  andere  Vorstellungen  von  der  Entstehung  der  Organismen  zu 
bilden  suchten.  Unter  ihnen  sind  die  bedeutendsten  der  berühmte 
BuFFON,  der  Naturphilosoph  Oken,  namentlich  aber  der  als  scharf 
beobachtender  und  klar  denkender  Forscher  gleich  ausgezeichnete 
Caspar  Friedrich  Wolff. 

Buffon  (1749,  Bd.  II)  hat  in  seiner  allgemeinen  Naturgeschichte, 
welche  durch  ihre  gefällige,  interessante  Darstellung  noch  heute  den 
Leser  fesselt,  seine  originellen  Ansichten  entwickelt,  welche  man  als 
die  Theorie  des  Panspermatismus  zusammengefaßt  hat.  Er  erblickt 
in  der  Annahme  der  Einschachtelungslehre  nicht  nur  ein  Geständnis, 
daß  man  die  Entstehung  eines  Organismus  nicht  begreifen  könne, 
sondern  auch  zugleich  einen  Verzicht  auf  den  Willen,  sie  zu  begreifen. 
Abgesehen  davon,  daß  man  die  Aufgabe  selbst  nicht  löse,  füge  man 
zu  ihr  noch  die  neue  Schwierigkeit,  daß  man  zu  der  Annahme  einer 
unendlichen  Zahl  von  Keimen,  die  alle  in  einem  einzigen  eingeschlossen 
seien,  gezwungen  werde.  So  verliere  man  in  dem  Labyrinth  des  Un- 
endlichen vollends  den  Faden  der  Wahrheit,  und  anstatt  die  Frage 
aufzuklären  und  zu  lösen,  beginne  man  nur  sie  mehr  zu  verwickeln 
und  sich  von  ihrer  Lösung  zu  entfernen.  Und  so  versucht  Buffon 
nun  selbst  einen  neuen  Weg  der  Erklärung  ausfindig  zu  machen. 
Aus  der  Thatsache,  daß  fast  an  jeder  Stelle  eines  Baumes  eine  Knospe 
sich  bilden  kann,  die,  abgelöst  von  ihm,  wieder  einen  Baum  liefert, 
und  ebenso  aus  der  Thatsache,  daß  aus  einem  in  viele  Stücke  zer- 
schnittenen Polypen  ein  jedes  Stückchen  sich  wieder  zu  einem  Polypen 
gestaltet,   zieht   er   den    wichtigen  Schluß    (in    welchem  man    eine  auf 


20  Oscar  Hertwig, 

tlieoretischeni  Wej^e  erfaßte  Konceptioii  der  Zelleiitheorio  erblicken 
kann),  daß  eine  Ptianze  und  ein  Tier  als  eine  Vereinigung  zahlloser 
kleiner  Individuen  derselben  Art  aufgefaßt  werden  muß.  In  diesem 
Sinne  läßt  er  die  Ulme  aus  vielen  Ulmen,  die  Hydra  aus  vielen  Hydren 
zusammengesetzt  sein  (p.  18,  19). 

Eine  scharfe  Grenze  zieht  Buffon  zwischen  der  unorganischen 
Natur  und  der  Welt  der  Organismen.  Als  die  Grundlage  der  letzteren 
nimmt  er  kleine,  organische,  lebende  Einheiten  an,  gewissermaßen 
Urteilchen  der  organischen  Welt,  welche  gleich  der  unorganischen 
Materie  unzerstörbar  und  unveränderlich  sind.  Aus  ihnen  bauen  sich 
alle  lebenden  Wesen  auf  und  zerfallen  bei  ihrem  Tode  wieder  in  sie. 
Buffon  nennt  sie  daher  eine  „niatiere  productive  et  organique".  Er 
läßt  sie  überall  in  Wasser,  Erde  und  Luft  verbreitet  sein  und  eine 
unerschöpfliche  Quelle  für  die  Entstehung  neuer  Pflanzen-  und  Tier- 
generationen bilden. 

Einen  Beweis  für  seine  Ansicht  findet  er  in  den  Untersuchungen 
des  englischen  Naturforschers  Needham,  welcher  durch  Experimente 
gefunden  zu  haben  glaubte,  daß  die  in  Aufgüssen  oder  bei  der  Fäulnis 
organischer  Substanzen  auftretenden  Infusorien  nicht  aus  Eiern,  sondern 
aus  dem  direkten  Zerfall  pÜanzlicher  und  tierischer  Teile  entstehen. 
Buffon  spricht  sich  hierbei  nicht  ganz  bestimmt  darüber  aus,  ob  die 
Infusorien  schon  selbst  die  letzten  unzerstörbaren  Urteilchen  der  be- 
lebten Materie,  oder  vielmehr  die  ersten  Vereinigungen  von  solchen 
sind ;  doch  neigt  er  offenbar  der  letzteren  Ansicht  zu ;  denn  von  den 
Infusorien  bemerkt  er,  daß  dieselben,  je  länger  die  Infusionen  stehen 
bleiben,  um  so  mehr  in  immer  kleinere  lebende  Partikeln  (wahr- 
scheinlich die  Bakterien)  zerfallen  und  dabei  zugleich  immer  giftigere 
Eigenschaften  annehmen. 

Gleich  den  Infusorien  rechnet  Buffon  auch  die  Samentierchen 
zu  der  belebten  Urmaterie;  indem  er  sie  nur  wenig  organisiert  sein 
läßt,  bekämpft  er  die  Lehre  der  Animalculisten  :  „Pour  le  dire  plus 
clairement,  ces  pretendus  animaux  ne  sont  que  les  parties  organiques 
Vivantes,  dont  nous  avons  parle,  qui  sont  communs  aux  animaux  et 
aux  vegetaux,  ou  tont  au  plus,  ils  ne  sont  (lue  la  premiere  reunion 
de  ces  parties  organi({ues.'' 

Durch  welche  Kraft,  läßt  sich  nun  weiter  fragen,  werden  die  in 
der  Natur  überall  verbreiteten  organischen  Urteilchen ,  in  welche 
Pflanzen  und  Tiere  schließlich  zerfallen,  fortwährend  zu  neuen  Pflanzen 
und  Tieren  wieder  verbunden?  —  Hier  hilft  sich  Buffon  mit  der 
Hypothese  eines  beständig  vor  sich  gehenden  Kreislaufes  der  or- 
ganischen Urteilchen.  Pflanzen  und  Tiere  nehmen  sie  als  Nahrung 
in  sich  auf,  jene  mit  ihren  Wurzeln  aus  dem  Boden,  diese,  indem  sie 
entweder  Pflanzen  oder  Tiere  verzehren ,  welche  beim  Verdauungs- 
prozeß im  Darmkanal  sich  wieder  in  die  unzerstörbaren  organischen 
Moleküle  auflösen.  Ihr  Wachstum  findet  dadurch  statt,  daß  die  ver- 
schiedenen Organe  aus  dem  aufgenommenen  Nahrungsmaterial  sich 
diejenigen  Teilchen  assimilieren,  die  ihnen  verwandt  sind,  die  übrigen 
dagegen  abstoßen. 

Aus  demselben  Prinzip  wird  dann  auch  die  Fortpflanzung  erklärt. 
Sie  erfolgt  aus  dem  Ueberschuß  der  Urteilchen,  der  beim  Wachstum 
keine  Verwendung  mehr  findet.  Daher  sind  Ernährung,  Wachstum 
und  Zeugung  die  Wirkungen  ein  und  derselben  Ursache.  Die  über- 
schüssigen Urteilchen  sammeln  sich  an  bestimmten  Stellen  zu  Keimen 


Die   Tlieorie  des  Pansperinatismiis.  21 

an  und  verbinden  sich  nach  ihrer  inneren  Verwandtschaft.  Um  zu 
erklären,  daß  aus  einem  solchen  Aggregat  immer  die  Pflanzen-  und 
Tierart  hervorgeht ,  in  welcher  sich  der  Keim  gebildet  hat.  nimmt 
BuFFON  eine  form  gebende  Kraft  an,  ^Yelche  jeder  Organismenart 
innewohnt  und  vermöge  welcher  sie  die  Urteilchen  zu  einer  nur  ihr 
eigentümlichen  und  ihr  entsprechenden  Weise  vereint.  Insofern  be- 
zeichnet er  jede  Pflanzen-  und  Tierart  als  ein  Modell,  in  welchem 
die  aufgenommenen  und  zur  Zeugung  verwandten  Urteilchen  der  Art 
gemäß  neu  geformt  werden.  Die  Fortpflanzung  gestaltet  sich  ein- 
facher bei  Pflanzen  und  solchen  niederen  Tieren,  wie  den  Polypen, 
bei  denen  ein  Teil  dem  anderen  gleicht,  so  daß  z.  B.  der  Polyp  als 
eine  Vielheit  von  lauter  kleinen  Polypen  aufgefaßt  w^erden  konnte. 
Denn  hier  enthält  jeder  Teil  die  Gesamtheit  der  Urteilchen,  aus  denen 
das  Ganze  besteht.  Dagegen  kann  bei  solchen  Tieren,  die  aus  vielen 
ungleichen  Teilen  oder  verschiedenartigen  Organen  aufgebaut  sind, 
nicht  mehr  jeder  Teil  das  Ganze  wieder  erzeugen,  weil  er  nicht  alle 
Urteilchen  beherbergt.  Die  Fortpflanzung  wird  komplizierter,  sie  geht 
nur  von  bestimmten  Stellen  des  Körpers,  von  den  Geschlechtsorganen 
aus,  welche  gleichsam  besondere  Behälter  darstellen,  in  welche  von 
jedem  Organ  und  jedem  verschiedenen  Teil  des  Körpers  der  Ueber- 
schuß  der  organischen  Moleküle  hingeschickt  wird.  Buffon  ent- 
wickelt hier  eine  Anschauung,  welche  uns  später  bei  Charles 
Darwin  in  seiner  Hypothese  der  Pangenesis  wieder  entgegentritt. 
Auch  bei  Darwin  könnte  der  BuFFON"sche  Satz  stehen:  „Ces  mole- 
cules  sont  absolument  analogues  ä  chaque  partie,  dont  elles  sont 
renvoyees,  puisqu' elles  etaient  destinees  ä  nourrir  cette  partie;  des 
lors  quand  toutes  les  molecules  renvoyees  de  tout  le  corps  viennent 
ä  se  rassembler,  elles  doivent  former  uu  petit  corps  semblal)le  au 
Premier,  puisque  chaque  molecule  est  seinblable  ä  la  partie  dont  eile 
a  ete  renvoyee"  (p.  425). 

Die  Besonderheit  der  geschlechtlichen  Zeugung  wird  endlich  noch 
dadurch  erklärt,  daß  sich  ein  neuer  Organismus  erst  dann  bilden  kann, 
wenn  sich  die  organischen  Moleküle  der  Samenflüssigkeiten  beider 
Geschlechter  miteinander  vermischt  haben,  was  an  einem  dazu  ge- 
eigneten Orte  (la  matrice  de  la  femelle)  geschehen  muß.  Wenn  bei 
der  Vermischung  sich  mehr  organische  Moleküle  des  männlichen  als 
des  weiblichen  Geschlechts  vorfinden,  entsteht  ein  männliches  Wesen, 
und  umgekehrt. 

Durch  solche  phantastischen,  zum  Teil  sinnreich  ausgeklügelten 
Konstruktionen,  welche  hier  und  da  sogar  Anklänge  an  moderne  Er- 
rungenschaften der  Zellenlehre  zeigen,  aber  wenig  auf  eigenen  und 
dann  meist  falsch  gedeuteten  Beobachtungen  beruhen,  glaubt  Buffon 
die  Schwierigkeit  der  präformierten  und  ineinander  geschachtelten 
Keime  umgehen  zu  können ;  so  schließt  er  denn  seine  Abhandlung 
mit  dem  Satz :  „mais  il  y  a  une  inatiere  organicpie  toujours  active, 
toujours  prete  ä  se  monier,  ä  s'assimiler  et  ä  [troduire  des  etres  sem- 
blables  ä  ceux  ([ui  la  re(;oivent:  les  especes  d'animaux  ou  de  vegetaux 
ne  peuvent  donc  jamais  s'epuiser  d'elles  memes;  tant  qu"il  subsistera 
des  individus  Tespece  sera  toujours  tonte  neuve:  eile  Test  autaut  au- 
jourdliui  ([u'elle  etait  il  y  a  trois  mille  ans"  (1749,  p.  426). 

Aehnlichen  Ideengängen  wie  bei  Buffon  begegnen  wir  auch  bei 
Oken  (1805)  in  seiner  1805  veröffentlichten  Schrift  über  Zeugung,  in 
welcher  er  die  „Panspermie''  als  die  älteste,  ehrwürdigste  Idee  in  der 


22  Oscar  Hertwig, 

Geschichte  der  Naturphilosopliie  l)ezeichiiet.  Pflanzen  und  Tieie  läßt  er 
aus  zahlreichen,  auf  das  innigste  untei-einander  verbundenen  Infusorien 
zusammengesetzt  sein,  derart,  daß  ihre  Individualitäten  nur  noch  eine 
einzige  Individualität  bilden.  Oken  hat  daher  auch  später  auf  Grund 
solcher  Aussprüche  die  Priorität,  der  Begründer  der  Zellentheorie  zu 
sein,  für  sich  in  Ansjjruch  genommen. 

Wie  BuFFON  ein  entschiedener  Anhänger  der  NEEDHAM'schen 
Lehre  bestreitet  er  auf  das  entschiedenste  die  Richtigkeit  von  Spallan- 
ZANi's  Experimenten,  nach  denen  die  Infusorien  aus  Sporen  oder  Eiern, 
die  im  Wasser  und  in  der  Luft  verbreitet  sind,  ihren  Ursprung  nehmen ; 
vielmehr  läßt  er  sie  ebenfalls  direkt  aus  einem  Zerfall  pflanzlicher  und 
tierischer  Substanz  in  ihre  Urbestandteile  entstehen.  In  der  Gärung 
und  Fäulnis  sieht  er  einen  Prozeß,  welcher  der  Zeugung  der  höheren 
Organismen  entgegengesetzt  ist,  also  eine  wahre  Entzeugung  oder 
Katagenesis.  Da  somit  die  Infusorien  die  Grundlage  für  alles 
Lebendige  sind,  nennt  er  sie  die  Urtiere,  die  Ur Stoffe  des  Organischen, 
oder  die  Elemente  der  organischen  Welt ,  und  behauptet  von  ihnen, 
daß  sie  bei  der  Schöpfung  ebenso  allgemein  und  unvertilgbar  ent- 
standen seien,  wie  Erde,  Luft  und  Wasser. 

Oken  ist  durchaus  ein  Anhänger  der  BuFFON'schen  Lehre,  daß 
ein  Organismus  nie  aus  etwas,  was  nicht  selbst  organisch  ist,  ent- 
stehen könne.  Seine  ewigen  „panspermitischen  Infusorien"  sind  auf 
der  ganzen  Erde,  in  der  Luft  und  im  Wasser  verbreitet;  ohne  sie 
kann  es  keine  Zeugung,  kein  Wachstum  geben.  Aus  ihrer  Synthese 
entstehen  zuerst  Pflanzen,  aus  diesen  dann  die  Tiere.  Ernährung  und 
Wachstum  der  letzteren  beruht  auf  dem  Zerfall  der  in  den  Darm  auf- 
genommenen pflanzlichen  und  animalischen  Nährstoffe  in  ihre  Urtiere 
(Katagenesis)  und  auf  der  Assimilation  derselben. 

Auf  dem  gleichen  Prinzip  bei'uht  die  Zeugung  bei  Pflanzen  und 
bei  Tieren.  Denn  der  Zeugungsstoff"  oder  der  Samen  besteht  aus  nichts 
anderem  als  aus  Infusorien,  die  sich  aus  dem  Körper  des  Zeugenden 
wieder  ablösen.  Die  Samenfäden  der  Tiere  und  die  Pollenkörner  der 
Pflanzen  sind  also  nicht  präformierte  Keime,  sondern  Urtiere,  aus 
denen  sich  durch  eine  neue  S,ynthese  wieder  Tiere  und  Pflanzen  der- 
selben Art  unter  geeigneter  Bedingung  aufbauen.  Bei  der  geschlecht- 
lichen Zeugung  ist  eine  solche  Bedingung,  daß  die  Urtierchen  des  männ- 
lichen Samens  sich  mit  einem  weiblichen  Bläschen  vereinigen.  „Dieses 
liefert  zum  entstehenden  Embryo  —  so  führt  Oken  weiter  aus  —  weder 
einen  Keim,  noch  organische  Grundteilchen,  noch  sonst  etwas  Materiel- 
les, sondern  bloß  die  Form,  welche  die  eintretenden  Cercarien  (anderer 
Ausdruck  für  die  Samenfäden)  durch  die  mit  den  Bläschen  erwachsene 
organische  Thätigkeit  so  miteinander  verbindet,  daß  sie,  auch  noch 
durchsichtig,  schon  den  Typus  desjenigen  Tieres  in  Miniatur  darstellen, 
zu  dessen  Gattung  sie  gehören".  Das  Bläschen  nennt  Oken  daher 
auch  schlechthin  „die  Typus  gebende  Kraft"  und  meint  von  ihr,  sie 
sei  dem  Bläschen  ebenso  eigentümlich,  wie  der  Niere  die  harnbildende 
„Funktion"  oder  der  Leber  die  Gallenabsonderung.  Die  Hypothese 
von  der  Typus  bildenden  Kraft  des  Bläschens  vertritt  bei  Oken  die 
Rolle  des  Modells  in  der  Lehre  von  Buffon. 

Dem  HARVEY'schen  Satz  „Omne  vivum  ex  ovo"  setzt  Oken, 
da  die  Infusorien,  aus  denen  sich  der  Embryo  aufbaut,  nur  im  männ- 
lichen Samen  enthalten  sind,  die  Antithese  gegenüber:  „Nullum  vivum 


Die  Theorie  der  Epigenesis.  23 

ex  ovo".     Dagegen  wachse  der  Embryo  durch  fortdauerndes  Absetzen 
von  Infusorien  aus  dem  Bhite  der  Mutter. 

Oken  ist,  wie  Buffon,  Anhänger  der  Lehre  einer  jederzeit  vor 
sich  gehenden  Generatio  ae(|uivoca.  allerdings  nur  aus  dem  Organischen. 
"Wie  Infusorien  aus  Zerfall  von  Fleisch,  so  läßt  er  auch  höher  orga- 
nisierte parasitische  Tiere,  die,  wie  die  Krätzmilbe,  Erreger  von  Haut- 
krankheiten sind,  oder  die  verschiedenen  Arten  von  Eingeweidewürmern 
aus  einem  Auflösungsprozeß  einzelner  Organteile  in  ihre  Urbestand- 
teile  und  aus  neuer  Vereinigung  derselben  ihren  Ursprung  nehmen. 
In  den  Wurmkrankheiten  etc.  erblickt  er  eine  Tendenz  des  Tieres, 
in  seinen  Ursprung  zurückzusinken. 

Die  XEEDHAM'schen  Infusionsversuche  bilden,  wie  wir  gesehen 
haben,  eine  der  wichtigsten  Grundlagen  sowohl  für  Buffon's,  wie  für 
Okex's  Zeugungslehre,  durch  welche  die  Präformationstheorie  ersetzt 
werden  sollte.  Daher  richteten  denn  auch  die  Evolutionisten  ihre  An- 
griffe gegen  diesen  schwachen  Punkt  der  ihnen  entgegentretenden  Lehre, 
mit  besonderem  Erfolg  der  Abt  Spallaxzaxi.  Durch  sehr  sorgfältige 
Experimente,  die  Oken  mit  Unrecht  als  nicht  beweiskräftig  hin- 
zustellen versuchte,  hat  Spallanzani  (1786)  schon  1777  die  ver- 
meintliche Generatio  aequivoca  der  Infusorien  und  die  NEEDHAM'schen 
PJntdeckungen  als  Irrtümer  klar  nachgewiesen. 

Wichtiger  und  erfolgreicher  als  die  auf  nachweisbaren  Irrtümern 
beruhende,  phantastische  Hypothese  des  Panspermatismus  wurde  die 
von  Caspar  Friedrich  Wolff  1759  zuerst  entwickelte  Theorie  der 
Epigenesis. 

Aus  ähnlichen  allgemeinen  Gesichtspunkten  wie  Buffox  fühlte 
sich  Wolff  schon  als  junger  Mann  von  der  Präformationstheorie  ab- 
gestoßen, weil  sie  seinem  Denken  keine  Befriedigung  gewährte.  „Ich 
muß  gestehen",  erzählt  er  selbst,  ,,daß  beide  Meinungen,  sowohl  die 
von  der  Evolution,  als  auch  die  andere  von  den  Samentierchen,  mir 
immer  —  und  auch  ehe  ich  noch  glaubte,  daß  ich  jemals  zu  Beobach- 
tungen kommen  würde,  die  mich  in  den  Stand  setzten,  eine  Theorie 
der  Generation  auszuarbeiten  —  schon  unwahrscheinlich  vorgekommen 
sind"  (1764,  p.  .39).  Als  Grund  seiner  Abneigung  führt  er  an,  daß  es 
in  der  ganzen  Natur  kein  einziges  Phänomen  gebe,  welches  auch  nur 
einige  Aehnlichkeit  mit  der  Evolution  habe,  wie  sie  durch  die 
Präformatioustheorie  für  Pflanzen  und  Tiere  angenommen  werde. 
Denn  alle  anderen  Gebilde  in  der  Natur  entstünden  und  vergingen 
wieder  aus  natürlichen  Ursachen.  Als  Beispiel  nennt  er  die 
Wolken,  welche  in  der  Luft  entstehen  und  sich  wieder  auflösen,  und 
er  bemerkt  hierzu :  „Oder  scheinen  sie  nur  zu  entstehen?  und  werden 
sie  eigentlich  nur  evolviertV  Nein,  wir  wissen,  daß  sie  durch  natür- 
liche Ursachen  und  zwar  durch  die  Wärme  produziert  werden,  und 
wie  sie  produziert  werden.  Die  Materie  zu  den  Wolken  war  da,  aber 
Wolken  wurden  erst  produziert."  In  demselben  Sinne  weist  Wolff 
auf  die  Bildung  des  Regenbogens,  auf  die  durch  Mischung  entstehenden 
chemischen  Substanzen  hin,  an  welchen  allen  sich  zwar  Veränderungen 
des  Weltgebäudes,  aber  niemals  Evolutionen  abspielten.  Daher  erklärt 
er  die  Hypothese  der  Präformation  von  vornherein  für  im  höchsten 
Grade  unwahrscheinlich ;  denn  man  finde  in  der  ganzen  Natur  kein 
einziges  Beispiel  von  einem  solchen  Dinge,  wie  die  Hypothese  an- 
nehme. Melmehr  würden  alle  Erscheinungen,  die  in  der  Welt  statt- 
finden,  durch   physische  Ursachen   im   genauesten  und  vollständigsten 


24  Oscar  IIertwig, 

Verstände  hervorgebracht;  daher  sei  es  Aufgabe  des  Naturforschers^ 
die  Kräfte  in  der  Natur  zu  entdecken  und  irgend  eine  UK'igliche  Art 
einzusehen,  wie  durch  jene  Kräfte  die  organischen  Körper  gebihlet 
werden  (h  c.  p.  51,  56). 

Am  Schhiß  des  einleitenden  Kapitels,  welches  über  die  Unwahr- 
scheinlichkeit  der  Hyi)otliese  von  der  Prädelineation  handelt,  faßt 
WoLFF  seinen  Standpunkt  gewissermaßen  wie  ein  Glaubensljekenntnis. 
in  den  schönen,  von  Ueberzeugung  durchdrungenen,  an  seine  Leser 
gerichteten  Worten  zusammen:  „Sie  werden  sich  noch  erinnern,  daß 
eine  Evolution  ein  Phänomen  war.  welches  seinem  Wesen  nach  gleich 
bei  der  Schr)pfung  von  Gott  erschaffen,  aber  in  einem  unsichtbaren 
Zustande  erschaffen  wurde,  eine  Zeitlang  unsichtbar  blieb  und  als- 
dann sichtbar  wurde.  Sie  sehen  bald,  ein  entwickeltes  Phänomen  ist 
ein  Wunderwerk,  welches  von  den  gemeinen  Wunderwerken  nur  darin 
unterschieden  ist,  daß  es  erstlich  zur  Zeit  der  Schöpfung  schon  von 
Gott  produziert  ist,  zweitens  daß  es  eine  Zeitlang,  ehe  es  zum  Vor- 
schein gekommen,  unsichtbar  geblieben  ist.  Alle  organischen  Körper 
sind  also  wahre  Arten  von  Wunderwerken.  Allein  wie  sehr  ändert 
sich  nicht  dadurch  der  Begriff,  den  wir  von  der  gegenwärtigen  Natur 
haben,  und  wie  viel  verliert  er  nicht  von  seiner  Schönheit.  Bishero 
war  sie  eine  lebendige  Natur,  die  durch  ihre  eigenen  Kräfte  unendliche 
Veränderungen  herfürbrachte,  jetzt  ist  sie  ein  Werk,  welches  nur  Ver- 
änderungen herfürzubringen  scheint,  in  der  That  aber  und  dem  Wesen 
nach  unverändert  so  liegen  bleibt,  wie  es  gebauet  war,  außer  daß  es 
allmählich  immer  mehr  und  mehr  abgenutzt  wird.  Zuvor  war  sie  eine 
Natur,  die  sich  selbst  destruierte  und  sich  selbst  von  neuem  wieder 
schuf,  um  dadurch  unendliche  Veränderungen  herfürzubringen,  und 
sich  immer  wieder  auf  einer  neuen  Seite  zu  zeigen.  Jetzo  ist  sie  eine 
leblose  Masse,  von  der  ein  Stück  nach  dem  anderen  herunterfällt,  so 
lange  bis  der  Kram  ein  Ende  hat.  Eine  solche  elende  Natur  kann  ich 
nicht  ausstehen,  und  die  Samentierchen,  in  ihrer  Hypothese  betrachtet, 
sind  nicht  ein  Werk  des  unendlichen  Philosophen,  sondern  sie  sind  das 
Werk  eines  Leeuwenhoek's,  eines  Glasschleifers''  (1.  c.  p.  73). 

Von  so  starkem  Glauben  durchdrungen,  hat  C.  Fr.  Wolff  es 
sich  schon  früh  zur  Lebensaufgabe  gemacht,  den  Irrtum  der  Evolution 
nachzuweisen  und  durch  eine  Theorie  der  Epigenesis  zu  ersetzen. 
Es  geschah  in  4  Schriften  (1759,  17(34,  1768,  1789),  von  welchen  die 
erste  als  Doktordissertation  1759,  die  letzte  30  Jahre  später  ver- 
öffentlicht wurde.  Die  Dissertation  „Theoria  generationis"  ist  in 
deutscher  Uebersetzung  in  die  von  Ostwald  herausgegebenen  Klas- 
siker der  exakten  Wissenschaften  mit  aufgenommen  worden ;  bedeu- 
tender und  interessanter  ist  jedenfalls  die  von  Wolff  selbst  1764  in 
deutscher  Sprache  veröffentlichte  „Theorie  von  der  Generation" 
in  2  Abhandlungen,  weil  er  in  der  ersten  derselben  auf  seine  Stellung- 
nahme den  Theorieen  der  Evolution  gegenüber  sowie  auf  eine  Reihe 
allgemeiner  Fragen  und  Einwürfe  näher  eingeht.  Auf  seine  Erstlings- 
arbeiten, welche  die  Theorie  der  Epigenesis  schon  fertig  enthalten, 
hat  Wolff  nach  seiner  Uebersiedelung  als  Akademiker  nach  Peters- 
burg noch  1768  seine  an  ausgezeichneten  Beobachtungen  reiche  Schrift 
„De  formatione  intestinorum",  in  welcher  er  die  empirische  Grund- 
lage für  die  Epigenesistheorie  zu  liefern  sucht,  und  1789  eine  Ab- 
handlung von  der  eigentümlichen  und  wesentlichen  Kraft  der  vege- 
tabilischen   sowohl   als   auch   der  animalischen  Substanz  veröffentlicht. 


Die  Theorie  der  Epigenesis.  25 

Die  leitenden  Gesichtspunkte  zu  seiner  Theorie  liat  Wolff 
offenbar  durch  das  Studium  der  Pflanzen  gewonnen.  Er  untersuchte 
an  ihnen  die  Stellen,  wo  neue  Or.uane  sich  anlegen,  junge  Samen- 
knospen. Vegetationskegel,  Blattanlagen  u.  s.  w. ;  er  findet,  daß  die 
jüngsten  Teile  weich  und  flüssig  sind  und  sich  wie  klebrichte  Säfte 
in  Fäden  ausziehen  lassen ;  daß  sie  ferner  wie  ein  Tropfen  Wasser 
durchsichtig  und  klar,  ohne  jede  Struktur  seien,  daß  sie.  durch  Wein- 
geist verdichtet,  weiß  würden  und  auch  dann  „dem  besten  Mikroskop 
nichts  als  eine  ebene  und  polierte  Oberfläche  zeigten"  (1704,  p.  18.'5, 
134;  1789,  p.  20).  Da  es  nun  eine  wahre  Unmöglichkeit  sei,  daß  ein 
flüssiger  Körper  zugleich  organisch  sein  könne,  hält  er  es  für  ,. geo- 
metrisch bewiesen'',  daß  am  Anfang  alle  neu  sich  bildenden  Teile 
nicht  organisch  seien.  Die  gleiche  Ansicht  äußert  er  für  neu  sich 
bildende  tierische  Organe.  „Das  Gehirn  beim  Embryo  sei  so  flüssig 
wie  Wasser." 

In  dem  Flüssigkeitstropfen  erl)lickt  Wolff  eine  Absonderung 
oder  ein  Sekret  eines  bereits  vorhandenen  Orgaues  einer  Pflanze 
oder  eines  Tieres,  ein  Sekret,  welches  aus  ihren  Gefäßen  und  Saft- 
bläschen nach  außen  hervorgetrieben  werde,  in  ähnlicher  Weise,  wie 
z.  B.  die  yiüch  aus  der  Milchdrüse.  Das  erste  allgemeine  Gesetz  von 
der  natürlichen  Formation  organischer  Körper  lautet  daher:  „Ein 
jeder  organische  Körper  oder  Teil  eines  solchen  wird  erst  ohne 
organische  Struktur  produziert." 

Die  weitere  Entwickelung  besteht  dann  darin,  daß  das  zuerst 
Unorganische  organisch  gemacht  wird.  Auch  dieser  Vorgang  ist  nach 
C.  Wolff's  Theorie  der  Epigenese  ein  höchst  einfacher.  Einmal  ver- 
mehrt sich  der  ausgeschiedene  Saft,  indem  immer  neuer  nachdrängt; 
zweitens  verändert  er  sich  in  seiner  Beschaffenheit;  denn  je  länger  er 
ausgeschieden  ist,  um  so  zäher,  fester  und  solider  Avird  er.  Drittens 
aber  bilden  sich  in  der  fester  gewordenen  Substanz  durch  den  be- 
ständig zufließenden  neuen  Saft,  durch  welchen  sie  zugleich  ernährt 
wird,  besondere  Gefäße  aus  als  Wege  für  die  Saftströmung:  auch 
lagert  sich  ein  Teil  des  Saftes  in  Bläschen  ab.  Auf  diese  Weise  er- 
halten wir  als  zweites  Gesetz  (1704,  p.  191)  der  Epigenese:  das,  was 
erst  als  eine  unorganische  Ausscheidung  produziert  war,  wird  organisch 
gemacht  oder  mit  Organisation  versehen,  indem  es  Bläschen  und  Ge- 
fäße erhält. 

Um  die  hier  kurz  zusammengefaßten  Ideengänge  richtig  zu  ver- 
stehen, muß  man  im  Auge  behalten,  daß  Wolff  zumal  von  tierischer 
Organisation  und  Struktur  noch  sehr  primitive  rohe  ^'orstellungen 
hat.  Als  Beweis  diene  folgender  Satz  (1704,  p.  102):  „Die  Gefäße  und 
Bläschen  macheu  die  innere  Struktur  eines  Teiles  aus ;  sie  machen 
den  Teil  organisch,  und  ohne  sie  würde  der  Teil  aufhören,  organisch 
zu  sein.  Nehmen  Sie  der  Leber  oder  der  Niere  alle  Gefäße  weg,  so 
bleibet  weiter  nichts  als  ein  Klumpen  Materie  übrig,  die  zwar  die 
Eigenschaften  der  tierischen  Substanz  halben  kann,  in  der  Sie  aber 
so  wenig  Organisation  oder  Struktur  noch  antreffen,  als  in  einem 
Klumpen  Wachs."  Ebenso  hält  er  die  niedersten  Pflanzen  und  Tiere 
(Polypen,  Volvox,  Proteus  etc.)  für  nichts  anderes  als  lebende  oder 
vegetierende  Materie,  nicht  aber  für  organisierte  Körper  (1789,  p.  39). 

Die  Entstehung  eines  tierischen  Körpers  denkt  sich  Wolff  etwa 
so:  „Die  verschiedenen  Teile  entstehen  alle  einer  nach  dem  anderen; 
sie  entstehen   alle   so.    daß    immer    einer    von    dem  anderen  entweder 


26  Oscar  Hertwig, 

(an  der  Obertiäche)  exceniiort  oder  deponiert  (d.  li.  im  Inneren  abge- 
schieden) wird."  „Ein  jeder  Teil  ist  also  allemal  erstlich  ein  Etlekt 
eines  anderen  vorhergelionden  Teiles  und  wird  alsdann  wiederum  die 
Ursache  anderer  folgender  Teile.  Ein  jeder  Teil  ist  im  Anfang,  wenn 
er  excerniert  oder  deponiert  wird,  unorganisch,  und  er  wird  erst 
organisiert,  wenn  er  schon  wieder  andere  Teile  excerniert  hat,  und 
diese  Organisation  eines  Teiles  geschiehet  entweder  durch  Gefäße  und 
Bläschen,  die  in  ihm  formiert  werden,  oder  durch  zusammengesetzte 
Teile,  die  innerhalb  seiner  Substanz  deponiert  werden.  Jene  Exkretion 
des  einen  Teiles  durch  den  anderen,  die  ich  Vegetation  genannt  habe, 
gehet  auf  solche  Art  eine  Zeit  lang  fort,  endlich  aber  hört  sie  auf, 
und  diejenigen  Teile,  welche  alsdann  zuletzt  excerniert  worden  sind, 
bleiben  die  letzten  und  excernieren  keine  anderen  weiter." 

Als  den  zuerst  excernierten  Teil  des  Embryo  bezeichnet  Wolff 
das  Rückgrat  und  den  Kopf,  der  zuerst  ganz  unorganisiert  ist;  die 
erste  Grundlage  des  Tieres  scheidet  dann  (beim  Hühnchen)  die  Sub- 
stanz zu  den  Flügeln  und  Füßen  aus,  die  unter  der  Gestalt  einer 
Keule  zum  Vorschein  kommt;  von  ihrem  Rand  werden  wieder  die 
Zehen  als  kleine  Hügelchen  ausgeschieden ;  gleichzeitig  wird  vom 
Rückgrat  nach  innen  eine  Substanz  deponiert,  die  ersten  Züge  der 
Wirbel,  in  denen  noch  später  wieder  Knochensubstanz  abgelagert 
wird;  ebenso  werden  in  den  Extremitäten  die  ditferenten  Teile  der- 
selben, Muskeln,  Knochen  etc.,  abgelagert  u.  s.  w. 

Auf  die  Frage,  woher  das  Rückgrat  kommt,  von  welchem  die 
übrigen  Organe  ausgeschieden  werden ,  giebt  Wolff  die  Antwort 
(1764,  p.  221),  daß  es  vom  Ei  excerniert  worden,  nachdem  durch  den 
Einfluß  des  männlichen  Samens  in  ihm  die  Vegetation  wieder  augeregt 
worden  sei.  Denn  die  geschlechtliche  Zeugung  glaubt  Wolff  aus 
demselben  Prinzip  erklären  zu  können.  Die  Bildung  der  Zeugungs- 
stoffe läßt  er  auf  einer  Abnahme  der  Vegetationskraft  beruhen.  Es 
werden  in  den  Geschlechtsorgauen  zwar  noch  Säfte  abgeschieden,  aber 
sie  werden  nicht  organisiert,  da  der  Zufluß  neuer  Nahrungssäfte  auf- 
hört. Daher  trennen  sich  auch  die  nicht  weiter  ernährten  Zeugungs- 
stoffe nach  ihrer  Sekretion  vom  Organismus  ab.  Damit  nun  im  pflanz- 
lichen Samen  und  im  tierischen  Ei  die  zum  Stillstand  gekommene 
Vegetation  wieder  hergestellt  werde,  müssen  ihnen  von  außen  Nah- 
rungssäfte zugeführt  werden  als  Ersatz  für  den  inneren  Zufluß,  der 
ja  aufgehört  hat.  Solchen  Ersatz  liefert  der  männliche  Samen,  welcher 
als  ein  im  höchsten  Grade  vollkommenes  Nutriment  bezeichnet  wird. 
Wolff  definiert  daher  die  Befruchtung  als  eine  mit  Hilfe  des  männ- 
lichen Samens  wieder  hergestellte  Vegetation,  oder  auch  als  eine  von 
außen  geschehene  Nutrition. 

Daß  sich  im  Laufe  der  Entwickelung  verschiedenartige  Organe 
nacheinander  bilden,  erklärt  Wolff  durch  die  Annahme,  daß  in  die 
Säfte  immer  mehr  ungleichartige  Substanzen  aufgenommen  werden, 
die  dann  an  besonderen  Stellen  wieder  zur  Absonderung  gelangen 
(1789,  p.  51).  „Es  sind  gallenhafte  Säfte  in  einer  Vegetationsperiode, 
welche  die  Leiter  hervorbringen  und  bilden.  Es  sind  in  einer  anderen 
Periode  wässerige,  mit  Salzteilen  geschwängerte  Säfte,  welche  die 
Nieren  produzieren."  Wie  in  der  organischen  Substanz  durch  die 
Bewegung  der  Säfte  selbst  die  Gefäße  und  Bläschen  entstehen,  die 
durch  Erhärtung  der  Grenzschicht  eigene  Wandungen  erhalten,  so 
entstehen   an  Orten,    wo    überflüssige,   ungleichartige  Säfte  wieder  ab- 


Die  Theorie  der  Epigenesis.  27 

gesondert  werden  müssen ,  als  eine  neue  Art  von  Gefäßen  die 
Absonderungskanäle;  zugleich  bilden  sich  dadurch  auch  besondere 
Sekretionsbehältnisse,  Gallenblase,  Nierenbecken,  Harnleiter,  Harn- 
blase. 

Bei  dem  Versuch,  eine  Theorie  der  iiflanzlichen  und  tierischen 
Entwickelung  aufzustellen,  geht  Wolff  auch  auf  die  sich  naturgemäß 
aufdrängende  Frage  ein,  welche  Kräfte  bei  der  Bildung  eines  Organismus 
wirksam  sind.  Zum  Zweck  der  Erklärung  glaubt  er  „eine  den  Pflanzen 
und  Tieren  eigentümliche  und  wesentliche  Kraft"  annehmen  zu  müssen. 
Was  ist  Wolff's  „Vis  essentialis" '?  Darüber  hat  er  sich  zwar 
schon  in  seinen  beiden  ersten  Schriften,  am  eingehendsten  aber  in 
seiner  nur  hierüber  handelnden  Abhandlung  aus  dem  Jahre  T789  aus- 
gesprochen. 

Nach  seiner  Ansicht  (1812,  p.  125)  ist  die  Bildung  organischer  Körper 
im  allgemeinen  den  bloßen  Naturkräften  überlassen,  welche  den  vege- 
tabilischen und  tierischen  Materien  innewohnen ;  eine  Materie  dieser 
Art  aber,  die  mit  solcher  Kraft  versehen  ist,  wurde  von  Gott  un- 
mittelbar aus  dem  Nichts  geschaffen ;  sie  ist  von  der  Materie  der  un- 
belel)ten  Natur  mit  ihren  Kräften  verschieden,  was  Wolff  durch  die 
Wahl  des  Namens  „Vis  essentialis''  zum  Ausdruck  gebracht  hat. 

Kräfte  sind  nur  an  ihren  Wirkungen  zu  erkennen.  So  erkennt 
man  auch  das  Wesen  der  Vis  essentialis  an  den  Erscheinungen  der 
pflanzlichen  und  tierischen  Nutrition  und  Vegetation,  daher  sie  auch 
als  Vegetations-  oder  Nutritionskraft  bezeichnet  wird.  Die  Nutrition 
aber  beruht  darauf,  daß  sowohl  die  festen  als  flüssigen  vegetabilischen 
und  animalischen  Substanzen  die  Eigenschaft  haben,  die  ihnen  gleichen 
Teile  anzuziehen,  die  ungleichen  aber  abzustoßen.  Hierbei  findet  so- 
wohl eine  Anziehung  statt  zwischen  den  verschiedenen  Teilen  der 
Säfte  unter  sich  selbst,  als  auch  zwischen  festen  und  flüssigen  Teilen, 
insofern  sie  von  gleichartiger  Natur  sind;  umgekehrt  stoßen  sich  ver- 
schiedene flüssige  Teile  oder  feste  und  flüssige  Substanzen  voneinander 
ab,  wenn  sie  ungleichartig  sind.  Wolff  spricht  daher  auch  den 
Organismen  die  Fähigkeit,  eine  fremde  Substanz  in  eine  ihnen  gleich- 
artige Substanz  umzuwandeln,  entschieden  ab  und  verwirft  das 
ihm  ,,wunderlich"  dünkende  Wort  Assimilation  als  eine  unschickliche 
Bezeichnung  (1789,  p.  45).  Die  Ernährung  beruht  für  ihn  nicht  auf  einer 
Art  Verwandlung  von  Stoffen,  sondern  auf  Entwickelung  einer  schon 
existierenden  Substanz,  dadurch  daß  die  vegetabilischen  und  animalischen 
Substanzen  das  ihnen  Gleichartige  anziehen.  In  diesem  Sinne  nimmt 
Wolff  auch  eine  Differentia  specifica  der  besonderen  anziehenden 
und  abstoßenden  Kräfte  an. 

Um  ein  etwas  komplizierteres  Beispiel  zur  Erläuterung  dieser 
Ideengänge  anzuführen,  so  stellt  sich  Wolff  die  Veränderungen  in 
der  Leber  in  der  Weise  vor:  „Wenn  das  Blut  in  der  Pfortader  lang- 
samer fließt,  äußert  die  Repulsion  ihre  Wirkung  und  fängt  das  galligte 
Serum  schon  an,  sich  von  dem  nahrhaften  Serum  und  den  Blutkugeln 
zu  separieren.  Und  wo  es  nun  an  der  Oeft'nung  eines  Gallenganges 
vorbeikömmt,  tritt  es,  repelliert  vom  Blut  und  angezogen  von  der 
Oeftnung,  augenblicklich  und  sehr  zuverlässig  in  den  Gallengang  ein. 
Die  Blutmasse  hingegen,  von  der  sich  das  Galligte  geschieden  hat, 
wenn  sie  an  der  Oeft'nung  einer  Wurzel  der  Hohlader  vorbeigeht,  tritt, 
repelliert  vom  gallichten  Serum  und  angezogen  von  der  Hohlader, 
sicher  in  diese  hinein.    Kommt  sie  an  die  Oeft'nung  eines  Gallenganges, 


28  Oscar  Hertwig, 

so  geht  sie,  repelliert  von  derselben  und  repelliert  von  der  Galle,  an 
jener  Oeffnung  vorbei/' 

Die  in  Anziehung  gleichartiger  und  in  Abstoßung  ungleichartiger 
Teile  sich  äußernde  Nutritionskraft  ist  nur  der  vegetabilischen  und 
animalischen  Substanz  eigen  und  von  der  allgemeinen  Anziehungs- 
kraft, die  alle  Körper  besitzen,  verschieden;  denn  wäre  das  nicht  der 
Fall,  so  müßten  diese  ebenso  wie  die  Pflanzen  nutriert  werden,  sie 
müßten  wachsen  und  auf  irgend  eine  Art  ihr  Geschlecht  fortpflanzen. 
Daher  spricht  sich  Wolff  auch  gegen  den  Vergleich  eines  Organismus 
mit  einer  Maschine  aus.  Denn  wenn  man  auch  aus  irgend  einer 
Substanz  ein  Modell  einer  Pflanze,  z.  B.  eines  Trapogogon  prat.,  mit 
ihrer  inneren  Struktur  genau  nachbildet,  so  würden  auch  die  eifrigsten 
Verteidiger  der  mechanischen  Medizin  dem  Modell  die  gleichen  Ver- 
richtungen wie  dem  natürlichen  Trapogogon  nicht  zutrauen.  Denn 
es  fehle  seiner  Substanz  die  „eigentümliche  und  wesentliche  Kraft'', 
die  nur  den  organischen  Substanzen  innewohnt  und  welche  für  alle 
Mechanik  unerklärbar  ist  (1789,  p.  70).  Ohne  sie  könne  alle  Organi- 
sation, auch  mit  den  allgemeinen  Kräften  der  Körper  versehen,  dennoch 
nicht  die  geringste  von  den  Verrichtungen  hervorbringen,  die  wir  bei 
Tieren  oder  bei  Pflanzen  wahrnehmen  und  die,  zusammengenommen, 
ihr  Leben  ausmachen. 

Wolff  wendet  sich  daher  auch  gegen  Versuche  einer  mechanischen 
Erklärung  des  Lebensprozesses,  giebt  aber  auf  der  anderen  Seite  auch 
zu,  daß  sich  überall,  sobald  Organisation  stattfindet,  auch  Mechanismus 
in  die  vegetabilischen  Verrichtungen  einschleiche,  oder  wie  es  an 
anderer  Stelle  heißt,  daß  sich  in  wunderbarer  Weise  in  die  ersten 
Wirkungen  der  wesentlichen  Kräfte  des  tierischen  Körpers  mechanische 
Ursachen  und  mechanische  Kräfte  einmischen  und  die  Wirkungen 
jener  Kräfte  modifizieren  (1789,  p.  40  u.  16).  Die  Vis  essentialis  ist 
eine  Grundkraft,  welche  nur  dem  Lebewesen  zukommt,  und  von  welcher 
alle  Wirkungen  herrühren,  die,  zusammengenommen,  das  Leben  eines 
Dinges  ausmachen,  wie  Digestion,  Sanguifikation,  Sekretion,  Vege- 
tation, Produktion  und  Bildung  neuer  Teile,  Respiration,  selbst  die 
Generation. 

Die  Vis  essentialis  vergleicht  Wolff  (1789,  p.  42  u.  69)  auch  au 
mehreren  Stellen  der.  Kraft,  deren  Dasein  Stahl  sehr  wohl  erkannte, 
die  er  aber  mit  Unrecht  der  Seele  (anima)  zuschrieb.  Noch  mehr 
aber  entspricht  sie  wohl  dem,  was  man  in  der  ersten  Hälfte  unseres 
Jahrhunderts  unter  „Lebenskraft"  verstanden  hat. 

Ueber  die  wissenschaftliche  Bedeutung  von  Wolff's  Theorie  der 
Generation  ein  gerechtes  Urteil  zu  fällen,  ist  nicht  leicht.  Auf  der 
einen  Seite  wird  man  anerkennen  müssen,  daß  die  3  theoretischen 
Schriften  die  Arbeit  eines  scharfsinnigen  und  logisch  geschulten  Natur- 
forschers sind,  daß  er  die  schwachen  Seiten  der  Einschachtelungs- 
und  Evolutionstheorie  gleich  Buffon  u.  a.  richtig  erkannte  und  auf 
Grund  von  Beobachtungen  bei  Pflanzen  und  Tieren  zu  beweisen  ver- 
sucht hat.  daß  sich  die  Vorgänge  bei  der  Entwickelung  ganz  anders 
abspielen,  als  man  es  nach  der  Evolutionstheorie  gewöhnlich  voraus- 
setzte ;  auf  der  anderen  Seite  aber  ist  doch  auch  zu  beachten,  daß 
die  von  Wolff  an  die  Stelle  der  Präformation  gesetzte  neue  Theorie 
der  Epigenesis  zwar  einfach  und  aus  wenigen  Grundannahmen  an- 
scheinend folgerichtig  entwickelt,  aber  doch  ebenfalls  unrichtig  ist. 
Ganz  verfehlt  ist  schon  ihre  Grundannahme,  nach  welcher  die  Pflanzen 


Die  Theorie  der  Epigenesis.  29 

uud  Tiere  aus  einem  völlig  unorganisierten  Saft  allein  durch  Wirkung 
seiner  Vis  essentialis  liervorgelicn  sollen.  Uel)erlegt  man  sich  ge- 
nauer, wie  durch  Anziehung  gleichartiger  und  Abstoßung  ungleich- 
artiger Säfte  aus  einem  wie  Wasser  Hüssigen  Ausgangsmaterial  ein 
menschlicher  Organismus,  ein  Gehirn,  ein  Auge,  ein  Ohr  entstehen 
soll,  so  heißt  das  doch  der  Vis  essentialis  Wirkungen  zuschreiben, 
die  ebenso  wie  die  Konse(iuenzen  der  Einschachtelungslehre  an  das 
Wunderbare  streifen.  Was  man  später  gegen  den  Begriff  der  Lebens- 
kraft vorgebracht  hat,  das  läßt  sich  alles  ebenso  auch  von  der  eigen- 
tümlichen und  wesentlichen  Kraft  Wolff's  sagen;  sie  hat  mehr  das 
Wiesen  einer  Wunder-  als  einer  Naturkraft. 

Unsere  heutigen  Anschauungen  über  pflanzliche  und  tierische 
Organisation  und  Ent Wickelung  sind  daher  auch  von  denen  Wolff's 
grundverschieden.  Daraus  soll  ihm  kein  Vorwurf  gemacht,  aber  wohl 
■gezeigt  werden,  daß  nach  dem  damaligen  Stande  der  Naturerkenntnis 
in  der  Biologie,  Physik  und  Chemie  überhaupt  die  Elemente  nicht 
gegeben  waren,  auf  denen  sich  eine  rationelle  Entwickelungslehre  er- 
richten ließ. 

Wenn  Wolff  bei  seinen  Lebzeiten  nicht  seiner  geistigen  Be- 
deutung und  seinen  Leistungen  entsprechend  gewürdigt  wurde,  so  ist 
man,  wie  mir  scheint,  in  unseren  Tagen  in  den  entgegengesetzten 
Fehler  verfallen,  man  hat  seiner  Theorie  der  Generation  eine  Bedeutung 
für  die  Wissenschaft  zugeschrieben,  die  wieder  über  das  gerechte  Maß 
hinausgeht. 

So  läßt  sich  das  von  Kirchhoff,  dem  Biographen  Wolff's,  ge- 
fällte Urteil  (1868):  ,,Was  Kant  für  die  Philosophie,  ist  Wolff  für 
•die  Physiologie :  der  kritische,  d.  h.  der  allein  den  Namen  verdienende 
Begründer",  schon  abgesehen  von  anderem  allein  aus  dem  Grunde 
nicht  aufrecht  erhalten,  weil  Wolff's  Schriften  bekanntermaßen  über- 
haupt nur  einen  sehr  geringen  Einfluß  auf  den  weiteren  Entwickelungs- 
gang  der  Wissenschaft  ausgeübt  haben.  Ebenso  ist  es  ein  Mythus, 
wenn,  nach  dem  Vorgang  von  Huxley,  Wolff  mit  der  Entdeckung 
der  Zelleutheorie  in  einen,  wenn  auch  entfernten  Zusammenhang  ge- 
bracht wird.  Denn  die  Vorstellung  von  organischen  Elementarteilen, 
weiche  sich  bei  Buffon  und  Oken  findet,  ist  der  WoLFF'schen  Ge- 
dankenwelt ein  fremdes  Element.  Nach  ihr  bestehen  ja  Pflanzen  und 
Tiere  aus  verschiedenen,  mehr  oder  minder  flüssigen  und  zum  Teil 
fest  gewordenen  Substanzen,  in  welchen  durch  Saftströmung  Wege  (die 
Gefäße  der  Pflanzen  und  Tiere,  die  Drüsenkanäle  etc.)  und  durch 
vSaftablagerung  kleine  Vakuolen  entstanden  sind.  Nur  soweit  dies 
«ingetreten  ist,  schreibt  Wolff  den  Teilen  überhaupt  eine  Organisation 
zu.  Wo  ist  hier  nur  der  geringste  Anklang  an  eine  Zellentheorie 
zu  finden? 

Wenn  Wolff's  Theorie  der  Epigenesis  sich  aber  auch  in  ihrer 
allgemeinen  Fassung  als  unrichtig  erwiesen  hat  und  für  uns  jetzt  nur 
noch  ein  historisches  Interesse  besitzt,  in  den  unvergänglichen  Besitz 
der  Wissenschaft  ist  eine  große  Anzahl  seiner  Beobachtungen  über- 
gegangen, und  diese  ül^ertreffen  auf  dem  Gebiete  der  Embryologie  an 
Genauigkeit  und  wissenschaftlicher  Bedeutung  weit  die  Leistungen 
eines  Malpighi,  Harvey  uud  Haller  auf  dem  Gebiete  der  Ent- 
wickelungsgeschichte.  Sie  sind  hauptsächlich  zusammengestellt  in  der 
17()8  zuerst  in  lateinischer  Sprache  veröft'entlichten  Abhandlung  Wolff's 
„Ueber    die  Bildung  des  Darmkanals  im   bebrüteten  Hühnchen",    von 


30 


Oscar  Hertwig, 


welcher  C.  E.  von  JUer  nicht  mit  Unrecht  sagt:  „Es  ist  die  größte 
Meisterarbeit,  die  wir  auf  dein  Fehle  der  beobachtenden  Naturwissen- 
schaften kennen."  In  ihr  hat  Wolff  in  der  That  den  unerschütter- 
hchen  Beweis  geliefert,  daß  im  Ei  des  Hühnchens  die  späteren  Organe 
nicht  als  solclie  in  kleinerem  Maßstabe  vorhanden  sind,  sondern  daß 
sie  sich  erst  allmählich  l)ilden  und  daß  insofern  Entwickeln ng 
auf  Epi genese  beruht.  Er  stellte  zum  ersten  Male  die  wirkliche 
Entwickelung  des  Darmes  und  Magens,  des  Nervenrohrs,  der  Umst- 
und Bauchwand,  des  Nabels  und  des  Amnion  fest.  Er  zeigte,  daß 
das  Bildungsmaterial  für  Magen  und  Darm  anfangs  eine  flach  ausge- 
breitete Membran   ist,   welche    er,  seiner  Neigung  folgend,    pflanzliche 


und 


tierische  Formbildung 


setzen,    einem  Pflanzenblatt  verglich, 
gründer  der  wichtigen 


geheime 


miteinander    in 

WcjLFF  kann  als  der 
Keimblätterlehre  bezeichnet  werden 


Beziehungen 


zu 
erste  Be- 


Meisterhaft  ist  seine  Beschreibung,  wie  aus  dem  Darmblatt  eine 
„Darmrinne"  entsteht  und  wie  schließlich  die  Räuder  der  Rinne  nach 
der  Medianebene  zusammenrücken  und  zu  einem  Rohr  verwachsen ; 
er  nennt  den  Vorgang  ganz  richtig  auch  schon  eine  Zusammenfaltung 
der  Membran,  wofür  er  an  anderer  Stelle  (p.  173)  auch  das  Wort  Zu- 
sammenschnürung gebraucht.  Eine  seine  Darstellung  erläuternde  Ab- 
bildung ist  aus  seinem  Werk  als  Zinkographie  (Fig.  4)  hier  reproduziert. 


Fig.  4.  Hühnerembryo,  von  unten  be- 
trachtet, nach  K.  Fe.  Wolff  (1768,  T.  XII, 
Taf.  VII,  Fig.  5). 

a  Areola  pellucida.  h  Kopfscheide,  c  Pars 
embryonis  supracardiaca.  d  Synciput.  e  Cor. 
f  Amnü  veri  primnm  tentamen.  g  Vena  ascen- 
dens.  h  Vaginae  capitis  principiuni.  i  Lim- 
bus  orificii  cardiaci.  k  Orificium  cardiacum. 
l,  l  Limbi  abdominales,  m,  m  Limbi  interintesti- 
nales, n  Kudimenta  vertebrarum.  o  Extremitas 
Spinae  dorsahs.  ji  Aperturae  amnü  primordium. 
q  Medulla  spinalis.  s  Vasoruni  vestigia.  v  In 
volucri  caudae  prima  adumbratio. 


In  ähnlicher  Weise  läßt  Wolff  das  Nervenrohr  entstehen,  dessen 
Entwickelung  er  derjenigen  des  Darmrohrs  vergleicht.  Nicht  minder 
treftlich  ist  seine  Beschreibung  der  Nabelbildung  und  der  Art  und 
Weise,  wie  sich  die  Seitenplatten  des  Unterleibes  „in  das  Amnion" 
umschlagen,  und  wie  durch  ihr  Zusammenwachsen  Brust-  und  Bauch- 
wand zustande  kommt,  die  anfangs  nicht  vorhanden  ist,  so  daß  das 
Herz  freiliegt. 

Ahnend,  daß  die  Zusammenfaltung  von  Membranen  ein  Vorgang 
ist,  der  sich  bei  verschiedenen  Organen  wiederholt,  thut  Wolff  den 
bedeutungsvollen  Ausspruch:  „Es  scheint,  als  würden  zu  verschiedenen 
Zeiten  und  mehrere  Male  hintereinander  nach  einem  und  demselbeu 
Typus  verschiedene  Systeme,  aus  welchen  dann  ein  ganzes  Tier  zu- 
sammengesetzt wird,  gebildet,  und  als  wären  diese  darum  einander 
ähnlich,  wenn  sie  gleich  ihrem  Wesen  nach  einander  verschieden  sind. 
Das    System,    welches    zuerst    erzeugt    wird,    zuerst    eine    bestimmte, 


Die  Theorie  der  Epigenesis.  31 

eigentümliche  Gestalt  aniiimint,  ist  das  Nervensystem.  Ist  dieses  voll- 
endet, so  bildet  sich  die  P'leischmasse,  welche  eigentlich  den  Embryo 
ausmacht,  nach  demselben  Tyi)iis,  beinahe  wie  ein  zweites,  in  Hinsicht 
auf  die  äußere  Gestalt  dem  ersten  ähnliches  Tier,  durch  Wiederholung 
desselben  Zeugungsaktes.  Darauf  erscheint  ein  drittes,  das  Gefäß- 
system, das  gewiß  dem  ersteren  nicht  so  unähnlich  ist,  daß  niclit  die 
als  allen  Systemen  gemeinsam  zukommend  beschriebene  Form  in  ihm 
leicht  erkannt  würde.  Auf  dieses  folgt  das  vierte,  der  Darmkanal, 
der  wieder  nach  demselben  Typus  gebildet  wird  und  als  ein  voll- 
endetes, in  sich  geschlossenes  Ganze  den  drei  ersten  ähnlich  erscheint'^ 
(1812,  p.  148). 

Mit  gerechtem  Stolz  konnte  Wolff  von  seiner  Untersuchung  sagen 
(1812,  p.  58):  „Was  ich  hier  darlege,  ist  der  erste  Versuch  dieser 
Art.  Ich  glaube,  die  erste  Entstehung  des  Darmkanals  dergestalt  auf- 
gefaßt zu  haben,  daß  ich  imstande  bin,  eine  vollständige  Darstellung 
der  Art  und  Weise  zu  liefern,  wie  er  von  seinem  ersten  Anfange  an 
sich  bildet  und  sich  allmäldich  bis  zu  seiner  gänzlichen  Vollendung  ent- 
wickelt. Diese  Theorie  der  Bildung  des  Darmkanals  wird,  wie  ich 
hoffe,  erfahrenen  Naturforschern  desto  angenehmer  sein,  da  sie  sich 
beinahe  ganz  auf  Beobachtungen  oder  wenigstens  auf  Schlüsse  gründet, 
die  unmittelbar  wie  Folgesätze  aus  den  Beobachtungen  abgeleitet 
werden."  Im  Gegensatz  zu  seinen  beiden  Erstlingsschriften  ist  Wolff 
in  dieser  Untersuchung  offenbar  bemüht,  alle  Spekulation  in  den 
Hintergrund  treten  und  die  Thatsachen  für  sich  allein  sprechen  zu 
lassen.  Er  will  nur  genau  die  Art  und  Weise  beschieiben,  wie  Brust, 
Unterleib  und  Becken,  Magen  und  Darm  gebildet  werden;  „die  Ur- 
sachen aber,  welche  dies  bewirken",  bemerkt  er  selbst  an  einer  Stelle, 
„haben  wir  nicht  gesehen,  und  von  diesen  ist  in  dieser  Abhandlung 
auch  nicht  die  Red'e"  (1812,  p.  221)). 

Von  seinen  Zeitgenossen  wurde  auch  diese  Schrift  Wolff's  wenig 
beachtet;  erst  nach  seinem  Tode  wurde  sie  am  Anfang  des  folgen- 
den Jahrhunderts  durch  Meckel,  der  eine  deutsche  Uebersetzung 
von  ihr  veranstaltete,  der  Vergessenheit  entrissen. 

Ein  ungleich  größerer  Erfolg  in  der  Bekämpfung  der  Evolutions- 
theorie hat  30  Jahre  nach  dem  Erscheinen  von  Wolff's  Theoria 
generationis  Blumenbach  (1791)  gehabt  mit  seiner  1789  heraus- 
gegebenen kleinen  Broschüre  „Ueber  den  Bilduugstrieb".  In  witzigem 
und  gefälligem  Stil  geschrieben,  erlebte  sie,  obwohl  sie  an  Tiefe  und 
Reichtum  der  Gedanken  hinter  Wolff's  Schriften  weit  zurücksteht, 
nach  2  Jahren  eine  neue  Auflage,  und  Okex  bezeichnete  Blumen- 
bach als  den  Forscher,  der  allen  Evolutionen  den  ersten  wahrhaft 
tödlichen  Streich  beigebracht  habe,  nach  dem  sie  sicher  nicht  mehr 
aufleben  werden  außer  in  der  Geschichte. 

Ursprünglich  selber  ein  Anhänger  der  HALLER'schen  Evolutions- 
theorie, wurde  Blumenbach  später  ihr  entschiedener  Gegner,  haupt- 
sächlich bekehrt  durch  Experimente  über  Regeneration  des  Süßwasser- 
polypen. Mehr  als  durch  Gründe  erschütterte  er  die  Einschachtelungs- 
lehre  durch  scharfen  Witz  und  Ironie.  Nach  der  Meinung  eines  Genfer 
Naturforschers,  erzählt  er,  seien  alle  Menschen  in  der  Welt  von  gleichem 
Alter,  der  Großvater  nicht  um  einen  Tag  älter  als  sein  neugeborener 
Enkel;  mit  Kain  und  Abel  und  200000  Millionen  der  übrigen  Menschen 
hätten  wir  6000  Jahre  zusammengesteckt,  und  hätten,  doch  nicht  ganz 
ohne  Bewegung,  brach  dagelegen ;    Avir    seien    nach    und   nach   sachte 


32  Oscar  IIertwig, 

gewachsen;  wir  konnten  uns  nänilich  bei  Kains  Schwester  schon  ein 
bischen  mehr  ausdehnen,  als  bei  ihrer  Mutter,  wo  sie  selbst  nebst 
ihren  Geschwistern  noch  bei  uns  lag  und  uns  den  Raum  beengte; 
und  so  kriegten  wir  mit  jeder  neuen  Entwickelung  eines  unserer  Vor- 
fahren ein  geräumiger  Logis,  und  das  that  uns  wohl,  da  streckten  wir 
uns  immer  mehr  und  mehr,  bis  endlich  die  Reihe  der  Entwickelung 
auch  an  uns  kam"  (1711),  p.  r)S). 

Den  Einfall  Swammerdam's  und  Spallanzani's,  daß  das  schwarze 
Fleckchen  im  Froschlaich  schon  die  Kaulquappe  sei,  fertigt  er  ab  als 
„die  glücklichste  Anwendung  von  der  Logik  des  Bruder  Peter  im 
Märchen  von  der  Tonne,  der  auch  seinen  P)rüdern  das  hausbackene 
Brot  für  einen  ex(iuisiten  Hammelbraten  vor  demonstrieren  wollte". 
Gegen  die  Würde  der  Samentierchen  aber  wird  als  Argument  geltend 
gemacht  (p.  19),  daß  es  kaum  eine  größere  Unähnlichkeit  gäbe,  als 
zwischen  den  Samentierchen  des  Frosches  und  des  Wassersalamanders, 
während  „die  Aehnlichkeit  zwischen  zwei  Wassertropfen  nicht  ähnlicher 
sein  kann ,  als  zwischen  den  Samentierchen  des  Menschen  und  des 
Esels"  in  den  Kupfern  des  Herrn  von  Gleichen. 

An  die  Stelle  der  Evolution  setzt  denn  Blumenbach  gleichfalls 
die  Epigenese.  Darunter  versteht  er  die  allmähliche  Entstehung  eines 
Organismus  „aus  dem  zwar  reifen,  übrigens  aber  rohen,  ungeformten 
Zeugungsstoff  der  Eltern".  Damit  das  Werk  zustande  kommt,  nimmt 
Blumenbach  eine  besondere,  dem  Zeugungsstoff  innewohnende,  bil- 
dende Kraft  an,  die  von  ihm  Bildungstrieb  oder  Nisus  formativus 
genannt  wird,  und  welche  bewirkt,  daß  der  Stoff  anfangs  eine  bestimmte 
Gestalt  annimmt,  dann  lebenslang  erhält,  und  wenn  sie  ja  etwa  ver- 
stümmelt worden  ist,  womöglich  wieder  herstellt.  Er  rechnet  sie 
in  die  Reihe  der  Lebenskräfte  (Kontraktilität,  Irritabilität,  Sensibilität 
etc.),  von  welchen  sie  aber,  wie  überhaupt  auch  von  den  allgemeinen 
physischen  Kräften  des  Körpers,  verschieden  sei.  Wenn  der  Bildungs- 
trieb eine  völlig  widernatürliche  Richtung  befolgt,  entstehen  Miß- 
geburten. Wolff's  Vis  essentialis  und  seinen  Nisus  formativus  hält 
Blumenbach  für  verschiedene  Lebenskräfte.  — 

Mit  dem  Ende  des  18.  Jahrhunderts  ist  die  Herrschaft  der  Evo- 
lutionstheorie, welche  in  ihren  Konsequenzen  zur  Einschachtelungs- 
lehre  geführt  hatte,  vorüber  und  an  ihre  Stelle  die  Epigenesis  als  die 
führende  Hypothese  getreten.  Eine  neue  Periode  beginnt  für  die  Ent- 
wickelungslehre,  welche  bis  in  unsere  Jahre  reicht,  eine  Periode,  reich 
an  Arbeit,  reich  an  Ergebnissen.  Ehe  wir  zu  ihi'er  Darstellung  über- 
gehen, werfen  wir  noch  auf  den  eben  betrachteten  ^JOO-jährigen 
Zeitraum  und  auf  den  eigentümlichen  Verlauf  des  in  ihm  sich  ab- 
spielenden wichtigen  Erkenntnisprozesses  einen  zusammenfassenden 
Rückblick. 

Die  Frage,  was  ist  Zeugung,  was  ist  Entwickelung  eines  Organis- 
mus, beschäftigt  auf  das  lebhafteste  tiefer  denkende  Forscher,  um 
so  lebhafter  vielleicht,  je  schwieriger  es  war,  mit  den  unzureichenden 
Forschuugsmitteln  der  früheren  Zeit  in  das  Mysterium  einzudringen. 
Durch  geschickte  Experimente  und  Beobachtungen  gelingt  es  Redi, 
SwAMMERDAM,  Malpighi  uud anderen  zu  zeigen,  daß  zahlreiche  Tieie, 
von  denen  der  Laienverstand  annahm,  sie  entständen  durch  Urzeugung 
aus  faulenden  Substanzen,  sich  aus  Eiern  durch  Elternzeugung  ent- 
wickeln. Ein  großer  Fortschritt  der  Naturerkenntnis  wurde  so  in  dem 
•Satz  „Omne  vivum  ex  ovo"  (Harvey)  festgelegt.    Ein  Meister  in  der 


Zusammenfassender  Rückblick.  33 

Zergliederungslainst,  Swammerdam,  drang  erfolgreich  in  den  Bau  der 
Eier,  der  Raupen  und  Puppen  hei  den  Insekten  ein  und  zog  aus 
seinen  Beobachtungen  den  Schhiß,  daß  dieselben  Organe,  wie  in  der 
Imago,  auch  schon  in  der  Puppe,  in  der  Raupe  und  im  Ei  voidianden 
seien,  daß  demnach  Raupe,  Puppe  und  Imago  nicht  verschiedene  Arten 
von  Geschöpfen,  die  durch  eine  Art  A^erwandlung  auseinander  ent- 
stehen, sondern  nur  verschiedene  Entwickelungsstadien  ein  und  der- 
selben Tierart  seien.  Er  wie  Malpighi  lieferten  so  das  Thatsachen- 
material  für  die  Evolutionstheorie,  von  welcher  daher  die  alten  Forscher 
wohl  sagen  konnten,  sie  sei  aus  der  Beobachtung  der  Natur  selbst 
abstrahiert. 

Doch  in  diesen  vermeintlichen  Thatsachen  lag  eine  große  Schwierig- 
keit, wenn  man  die  Frage  aufwarf,  woher  stammt  das  kleine  Geschöpf 
im  Ei?  Hiermit  war  der  Anstoß  zur  Einschachtelungstheorie  gegeben; 
denn  wenn  der  werdende  Organismus  en  miniature  im  Ei  schon 
im  Eierstock  der  Mutter  vorhanden  ist,  was  lag  näher  als  der  Schluß, 
<laß  die  Mutter,  welche  doch  auch  aus  einem  Ei  sich  entwickelt  hat, 
ebenfalls  schon  im  Eierstock  der  Großmutter  vorhanden  war,  und  so 
fort  in  endlosem  Prozeß?  Der  Philosoph  Malebraxche  zog  diese 
Konsequenz,  auf  die  Relativität  des  Begriffes  ,.Größe"  und  auf  die 
unendliche  Teilbarkeit  der  Materie  hinweisend. 

Eine  neue  Schwierigkeit  entstand  mit  der  Entdeckung  der  Samen- 
fäden durch  Leeuwenhoek,  da  sich  jetzt  recht  gut  die  Ansicht  ver- 
teidigen ließ,  daß  eher  als  das  Ei  der  Samenfaden  das  präformierte 
Geschöpf  sei;  sie  schien  durch  die  Entdeckung  der  Parthenogenese 
vorübergehend  beseitigt.  Doch  auch  so  blieben  der  Schwierigkeiten 
noch  viele  bestehen,  mit  welchen  wir  ernsthafte  Forscher,  wie  Bonnet, 
Haller  u.  a.,  sich  abmühen  sehen,  die  Schwierigkeit,  daß  vom  Vater 
Eigenschaften  auf  das  Ei  übertragen  werden,  die  Thatsache  der  Bastard- 
zeugung, die  von  Bonnet  und  Haller  wohl  bemerkte  Thatsache,  daß 
eml)rvonale  Organe  eine  vielfach  andere  Beschaffenheit,  als  im  fertigen 
Zustand  haben,  die  Thatsache  der  Regeneration,  alles  Schwierigkeiten, 
welche  man  durch  Hilfshypothesen  zu  heben  versuchte.  Doch  alle 
diese  Anstrengungen ,  zu  einer  richtigeren  Auffassung  des  Keim- 
begriffes auf  dem  einmal  eingeschlagenen  Wege  zu  gelangen,  blieben 
vergeblich.  Die  Vorstellung,  welche  wir  mit  dem  Begriff  „Anlage- 
substanz" jetzt  verbinden,  war  bei  der  damaligen  Einsicht  in  die 
Struktur  der  Organismen,  und  bei  der  Unkenntnis  der  Thatsachen, 
aus  denen  wir  erst  diesen  Begriff  entwickelt  haben,  wohl  noch  nicht 
an  der  Zeit. 

Daß  ein  Weg  der  Erkenntnis,  der  in  seinen  Konsequenzen  in 
dunkele  Finsternis  führt,  wie  selbst  Haller  einräumt,  Zweifel  an 
seiner  Richtigkeit  wachrufen  muß,  ist  verständlich :  daher  denn  zu  ver- 
schiedenen Zeiten  neue  Anstrengungen  gemacht  wurden,  das  Rätsel 
der  Zeugung  und  Entwickelung  in  anderer  Weise  zu  lösen.  Der 
Präformation  in  ihren  verschiedenen  Formen  werden  Theorieen  der 
Epigenese  in  manchen  Variationen  gegenübergestellt.  Buffon  kommt 
auf  die  Idee  einer  Zusammensetzung  des  Organismus  aus  kleineren 
Elementarorganismen,  die  wieder  aus  lebenden  organischen  Molekülen 
bestehen.  Er  betrachtet  sie  als  eine  unzerstörbare  Bildungsmaterie 
für  Pflanzen  und  Tiere,  die  in  der  ganzen  Natur  zerstreut  ist,  und 
welche   als  Nahrung   von  Pflanzen    und  Tieren   aufgenommen,   sowohl 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.  3 


34  Oscar  Hertwig, 

zu  ihrem  Wachstum  dient,  als  auch  in  ihnen  wieder  wie  in  einem  Modell 
zu  neuen  Individuen  derselben  Art  vereinigt  wird. 

Während  IJuffon,  mehr  Schriftsteller  als  Forscher,  sich  bei  seinen 
kühnen  Hypothesen  ohne  thatsächliclie  Unterlage  beruhigt,  wird  durch 
den  ihn  quälenden  Zweifel  Casp.  Friede.  Wolff  als  echte  Forscher- 
natur angeregt,  sich  in  die  Eutwickelung  des  Hühnchens  zu  vertiefen 
mit  derselben  ausdauernden  Entsagung,  wie  vor  ihm  Swammerdam. 
Durch  Thatsachen  beweist  er,  daß  im  Hühnerei  die  Organe  nicht  wie 
es  die  Evolutionisten  annahmen,  präformiert  sind,  sondern  sich  all- 
mählich bilden ;  er  legt  so  die  ersten  festen  Fundamente  für  eine 
rationelle  Entwickelungsgescliichte  der  einzelnen  Organe  und  giebt  den 
Anstoß  zur  Keimblättertlieorie.  Aber  ebenfalls  mit  den  Unzulänglich- 
keiten der  Beobachtungsmittel  kämpfend,  verfällt  er  bei  der  Frage 
nach  der  ersten  Entstehung  eines  Organismus  in  den  entgegengesetzten 
Fehler  wie  die  Evolutionisten.  W^ährend  diese  eine  Organisation  des 
Keimes  annahmen,  welche  zwar  in  der  von  ihnen  gelehrten  W^eise 
falsch,  aber  in  anderer  W^eise  doch  wirklich  vorhanden  ist,  leugnet 
Wolff  eine  solche  überhaupt  ganz  und  gerät  mit  seiner  Lehre  einer 
Epigenese  aus  einem  rohen  Zeugungsstoff,  einem  wie  Wasser  flüssigen 
Saft,  auf  einen  der  Einschachtelungslehre  entgegengesetzten  Abweg. 
So  wird  er  genötigt,  seine  Vis  essentialis  das  Wunderwerk  verrichten 
zu  lassen ,  welches  die  Evolutionisten  der  Weisheit  und  Allmacht 
eines  Schöpfers  glaubten  anvertrauen  zu  müssen.  Auch  die  Epi- 
genesisten  konnten  nicht  die  richtige  Vorstellung  finden,  was  Anlage 
eines  Organismus  und  was  Eutwickelung  ist. 

In  eigentümlicher  Mischung  sehen  wir  so  Irrtum  und  W^ahrheit 
in  den  Vorstellungen  der  Evolutionisten  und  der  Anhänger  der 
Epigenesis  verteilt.  Die  Evolutionisten  hatten  vollkommen  recht, 
wenn  sie  eine  Organisation  des  Lebenssubstrates  auch  im  Eizustand  be- 
haupteten und  lehrten,  daß  schon  im  Eierstock  der  zukünftige  Orga- 
nismus als  Ei  auf  seine  w^eitere  Eutwickelung  harre.  Noch  heute 
können  wir  mit  Bonnet  sagen :  „Können  wir  nicht  einmal  die  Bildung 
einer  einfachen  Fiber  mechanisch  erklären,  so  daß  die  Vernunft  nichts 
dagegen  einzuwenden  hätte,  wie  wollen  wir  denn  auf  gleiche  Art  die 
Reproduktion  so  zusammengesetzter  Organe,  als  die  meisten  Insekten 
haben,  erklären?  Nach  welcher  Mechanik  soll  sich  wohl  ein  Zahn, 
ein  Fuß,  ein  Auge  u.  s.  w.  bilden?  „Und  in  Bezug  auf  eine  Ent- 
stehung aus  rohem  Bildungsstoff  muß  auch  heute  unser  Ausspruch 
lauten:  Nulla  est  epigenesis." 

Wie  die  Ovisten  mit  ihrem  Ausspruch,  daß  das  Ei  der  Organis- 
mus sei,  so  hatten  nicht  minder  auch  die  Animalculisten  recht,  wenn 
sie  dasselbe  vom  Samenfaden  behaupteten.  Die  mangelnde  Einsicht 
liegt  in  gewissem  Sinne  auf  Blumenbach's  Seite,  sowohl  wo  er  die 
Evolutionisten  mit  dem  Peter  in  der  Tonne  vergleicht,  als  wo  er  von 
der  Lehre  über  die  Samenfäden  spricht:  „Noch  weit  unbegreiflicher 
ist  es,  wie  andere  Männer  die  in  einem  stagnierenden  tierischen  Safte 
zu  erwartenden  Würmchen  zu  beseelten  Keimen  künftiger  Menschen 
und  Tiere  haben  hinaufwttrdigen  und  erheben  dürfen",  und  wo  er 
„Zweifel  äußert,  die  sich  gegen  eine  so  seltsame  Behauptung  empören". 

Dagegen  fällt  in  dem  Streite  die  Palme  des  Siegers  wieder  den 
Anhängern  der  Epigenesislehre  zu,  sowohl  wenn  Wolff  und  Blumen- 
bach das  erkünstelte  Wunderwerk  der  Einschachtelungshypothese 
kritisieren,    als   namentlich   auch   wenn  Wolff   durch  Thatsachen  be- 


Vergleichende  Methode  der  Embryologie.  35 

weist,  daß  die  einzelnen  Organe  des  ausgebildeten  Geschöpfes  nicht 
als  solche  im  Ei  vorhanden  sind,  und  sich  an  die  Arbeit  macht,  um 
zu  zeigen,  wie  sie  sich  bilden. 

So  kommt  die  Wahrheit  im  Widerspruch  der  Meinungen  erst 
allmählich  und  auf  Umwegen  zur  Erscheinung,  in  demselben  Maße, 
als  durch  gehäufte  Beobachtungen  und  durch  Verbesserung  der 
Methoden  das  Thatsachenmaterial  zunimmt. 


II.    Die  Entwickelungslehre  im  19.  Jahrhundert. 

Mehr  als  jemals  zuvor  ist  das  Studium  der  Entwickelungslehre 
im  19.  Jahrhundert  durch  zahlreiche  Untersuchungen  und  durch  bahn- 
brechende Entdeckungen  gefördert  worden.  Hierbei  machen  sich  zwei 
Forschungsrichtungen  geltend,  die  wir  als  morphologische  und  als 
physiologische  getrennt  besprechen  wollen,  da  ihre  Methoden  und 
Aufgaben  verschiedene  sind. 

I.   Die  morphologische  Richtung. 

Zur  besseren  Uebersichtlichkeit  wird  es  dienen,  wenn  wir  zwei 
Perioden  unterscheiden,  von  denen  die  erste  bis  zur  Begründung  der 
Zelleutheorie,  die  zweite  bis  zur  Gegenwart  reicht. 

a)  Die  erste  Periode. 

Die  morphologische  Richtung  der  Entwickelungslehre  verdankt 
ihren  raschen  Aufschwung  ain  Anfang  unseres  Jahrhunderts  zum  großen 
Teil  der  vergleichenden  Methode.  Je  mehr  die  Einzelkenntnisse 
sich  durch  Untersuchungen  von  Tieren  aus  den  verschiedensten  Stämmen 
und  Klassen  ins  Unendliche  erweiterten,  um  so  mehr  erwachte  auch 
bei  Zoologen  und  Anatomen  die  Erkenntnis,  daß  die  Wissenschaft  sich 
nicht  auf  die  Beschreibung  des  einzelnen  Naturobjekts  beschränken 
dürfe,  sondern  durch  den  Vergleich  der  Lebewesen  und  ihrer  Orgaue 
zur  Aufstellung  allgemeiner  Gesetze  der  Formbildung  und  der  Ent- 
wickelung  der  Lebewelt  vordringen  müsse.  Auf  diesem  Wege  trat  am 
Ende  des  vorigen  und  am  Anfang  des  19.  Jahrhunderts  eine  grund- 
legende Reform  des  tierischen  Systems  durch  die  Ausbildung  der 
Typenlehre  ein,  um  welche  sich  hauptsächlich  Cuvier  und  C.  E.  von 
Baer  verdient  gemacht  haben ;  es  entstand  als  ein  sehr  verheißungs- 
voller Wissenszweig  die  vergleichende  Anatomie,  die  in  Frankreich 
durch  ViCQ.  d'Azyr,  G.  St.-Hilaire  und  namentlich  wieder  durch 
CuviER,  den  man  auch  den  Vater  der  vergleichenden  Anatomie  ge- 
nannt hat,  in  Deutschland  aber  durch  Oken  und  J.  Fr.  Meckel, 
den  „deutschen  Cuvier",  gefördert  wurde. 

Die  Methode,  die  in  Zoologie  und  Anatomie  sich  als  fruchtbringend 
erwiesen  hatte,  wurde  es  nicht  minder  auch  auf  dem  Gebiete  der  Ent- 
wickelungslehre; man  verglich  die  Embryonen  der  verschiedenen  Tiere 
und  ihre  Organe  sowohl  untereinander  als  auch  mit  den  vollendeten 
niederen  und  höheren  Formen  des  tierischen  Systems.     So  brach  sich 


36  Oscar  Hertwig, 

neben  der  rein  beschreibenden  eine  mehr  philosophische  Betrachtungs- 
weise der  Tierwelt  Bahn,  hie  und  da  in  einer  etwas  tumultuarischen 
Weise,  was  sich  namentlich  von  der  naturphilosophischen  Schule,  die 
durch  Oken  in  Deutschland  begründet  wurde,  sagen  läßt.  Allgemeine 
Gesetze  wurden  aufgestellt,  viele  zwar  unreif  und  übereilt,  aber  trotz- 
dem nicht  ohne  Förderung  für  die  weitere  Entwickelung  der  Wissen- 
schaft, weil  durch  sie  doch  in  das  Chaos  eines  sich  anhäufenden,  zu- 
sammenhangslosen Wissensmaterials  leitende  und  die  Einzelheiten 
zusammenfassende  Ideen  eingeführt  wurden.  Unter  diesen  verdanken 
wir  der  Naturphilosophie  auch  die  Einführung  des  Descendenzprinzips 
in  die  morphologische  Forschung,  des  Prinzips,  daß  von  den  zahl- 
reichen Ptianzen-  und  Tierarten  die  höheren  aus  den  niederen  Formen 
im  Laufe  der  Erdentwickelung  allmählich  entstanden  sind. 

Der  fruchtl)ringende  Gedanke  wurde  in  vortrefflicher  Weise  von 
dem  großen  Lamarck  in  seiner  „Philosophie  zoologique"  durchzu- 
führen und  zu  begründen  versucht.  Auch  gewann  er  bald  eine 
mächtige  Stütze  in  der  vergleichenden  E  m  b  r  3^  o  1  o  g  i  e. 

Schon  mehreren  Forschern  (Kielmeyer,  Oken,  Tiedemann, 
Carus,  Blainville)  war  es  aufgefallen,  daß  die  Embryonen  der 
höheren  Tiere  eine  große  Aehnlichkeit  und  Uebereinstimmung  in  ihrem 
Bau  mit  den  bleibenden  Formen  der  niederen  Tiere  besitzen.  Besonders 
aber  hat  sich  J.  Fr.  Meckel  am  Anfang  unseres  Jahrhunderts  be- 
müht, ,,die  Parallele  zwischen  der  Entwickelung  des  Embryo  der 
höheren  Tiere  und  der  Tierreihe",  also  einen  Kreis  von  Vorstellungen, 
weichen  Haeckel  unter  dem  Namen  des  biogenetischen  Grund- 
gesetzes, zusammengefaßt  hat,  in  verschiedenen  Schriften  eingehender 
zu  begründen. 

In  seinem  System  der  vergleichenden  Anatomie  stellt  Meckel 
den  Grundsatz  auf  und  sucht  ihn  gegen  Einwürfe  zu  verteidigen 
(1821,  Bd.  I,  p.  396),  daß  die  Entwickelung  des  einzelnen  Organismus 
nach  denselben  Gesetzen  als  -die  der  ganzen  Tierreihe  geschehe,  daß 
also  das  höhere  Tier  in  seiner  Entwickelung  dem  Wesentlichen  nach 
die  unter  ihm  stehenden,  bleibenden  Stufen  durchläuft,  wodurch  die 
periodischen  und  Klassenverschiedenheiten  aufeinander  zurückgeführt 
werden.  So  entspreche  offenbar  der  Embryo  eines  mit  Gliedmaßen 
versehenen  Tieres,  solange  er  ohne  Gliedmaßen  ist,  in  Bezug  auf 
diesen  Teil  seines  Baues  denen,  welche  derselben  beständig  entbehren; 
der  Embryo  des  warmblütigen  Tieres,  solange  seine  beiden  Herz- 
kammern vereinigt  sind,  dem  kaltblütigen  durch  diesen  Umstand  u.  s.  w. 
So  lange  ein  gewisses  Organ  eine  gewisse,  einer  niedrigeren  Klasse 
bleibend  zukommende  Form  hat,  gehöre  offenbar  der  Embryo  des 
höheren  Tieres  in  Bezug  auf  dieses  Organ  dieser  niedrigeren  Klasse 
an  (1.  c.  p.  412). 

In  Bezug  auf  den  Menschen  aber  heißt  es,  „ob  der  menschliche 
Embryo  alle  oder  nur  einige  Bildungsstufen  durchlaufe,  sei  völlig 
gleichgiltig,  sobald  sich  nur  aus  sicheren  Thatsachen  ergebe,  daß  er 
deren  mehrere  und  daß  er  sie  immer  durchlaufe,  daß  also  jene  Aehn- 
lichkeiten  nicht  zufällige  seien"  (1.  c.  p.  411). 

Ferner  erl)lickt  Meckel  einen  Beweis  für  die  Richtigkeit  der  von 
ihm  aufgestellten  Parallele  noch  in  dem  Umstände,  „daß  der  Embryo 
der  höheren  Tiere  die  verschiedenen  Stufen  in  derselben  Ordnung 
durchläuft  als  sie  in  der  Tierreihe  aufwärts  steigen,  so  daß  seine 
früheren  Formen  den  niedrigeren,  die  späteren  den  höheren  der  unter 


Meckel's  Lehre.  37 

seiner  Art  stehenden  Organismen  entsprechen"  (1.  c.  p.  41  ö).  ..Dieses 
riesetz  gelte  in  der  That  ohne  Ausnahme  für  alle  Organe  und  beweise, 
dalJ  man  nicht  bloß  von  Entwickelungsstufen,  Formveränderungen 
ü  b  e r  h a  u p  t ,  sondern  von  einer,  der  E n  t  w  i  c k  e  1  u n  g  in  der 
T  i  e  r  r  e  i  h  e  parallel  laufenden  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g  der  ein- 
zelnen 0  r  g  a  n  i  s  m  e  n  r  e  d  e  n  m  ü  s  s  e"  (1,  c.  p.  41 0). 

Die  Mannigfaltigkeit  in  den  Erscheinungen  der  Organismenwelt 
sucht  Meckel  teils  auf  innere,  in  der  Natur  der  Organismen  be- 
gründete, teils  auf  äußere  Ursachen,  welche  als  Einflüsse  auf  sie 
wirken,  zurückzuführen. 

Auch  zur  Erklärung  der  Mißbildungen  wurde  das  neuentdeckte 
(resetz  herangezogen.  In  den  meisten  derselben  sah  Meckel  die 
Folge  eines  Stillstandes  der  Entwickelung  auf  einer  früheren  Bildungs- 
stufe, daher  er  denn  auch  für  sie  den  Namen  Hemmungsmißbil- 
dung einführte. 

Es  liegt  auf  der  H a n tl ,  daß  der  e m b r y o  1  o g i s c h e n 
Forschung  durch  diese  Lehre  neue  und  feste  Ziele  klar 
A' 0 r g e z e i c h n e t  waren;  galt  es  doch  nun  in  der  E n t w^ i c k e- 
1  u  n  g  jedes  einzelnen  Tieres  die  niederen  und  höheren 
Stufen  der  Entwickelung  genau  zu  untersuchen,  die 
eine  von  der  anderen  abzuleiten  und  sie  mit  den  nie- 
deren und  höheren  F  o  r  m  z  u  s  t  ä  n  d  e  n  zu  vergleichen, 
welche  uns  das  Tierreich  darbietet  und  Gegenstand 
der  V  e  r  g  1  e  i  c  h  e  n  d  -  a  n  a  1 0  m  i  s  c  h  e  n  Forschung  sind.  E  n  t  - 
w^  i  c  k  e  1  u  n  g  s  g  e  s  c  h  i  c  h  t  e  und  vergleichende  Anatomie 
haben  fortan  ihren  Bund  geschlossen,  welcher  für  den 
Fortschritt  der  Wissenschaft  so  überaus  förderlich 
geworden  ist. 

Die  Lehre  von  der  Parallele  zwischen  der  „individuellen  Meta- 
morphose'' und  „der  Metamorphose  des  Tierreiches"  (C.  E.  v.  Baer, 
1828,  p.  201)  war  am  Anfang  unseres  Jahi'hunderts  unter  Anatomen 
und  Physiologen  weit  verbreitet.  Als  Gewährsmann  hierfüi-  sei  C.  E. 
V.  Baer  citiert  (1828,  p.  199).  „Wenige  Darstellungen  von  Verhält- 
nissen in  der  organischen  Welt"  erzählt  er,  „haben  so  viel  Beifall 
gefunden,  als  die,  daß  die  höheren  Tierformen  in  den  einzelnen  Stufen 
der  Entwickelung  des  Individuums  vom  ersten  Entstehen  an  bis  zur 
erlangten  Ausbildung  den  bleibenden  Formen  in  der  Tierreihe  ent- 
sprechen, und  daß  die  Entwickelung  der  einzelnen  Tiere  nach  denselben 
Gesetzen,  wie  die  der  ganzen  Tierreihe,  erfolge,  das  höher  organisierte 
Tier  also  in  seiner  individuellen  Ausbildung  dem  Wesentlichen  nach 
die  unter  ihm  stehenden,  bleibenden  Stufen  durchläuft,  so  daß  die 
periodischen  Verschiedenheiten  des  Individuums  sich  auf  die  Ver- 
schiedenheiten der  bleibenden  Tierformen  zurückführen  lassen."  Diese 
Idee,  lebendig  geworden  zu  einer  Zeit,  w^o  außer  von  Malpighi  und 
WoLFF  noch  keine  zusammenhängenden  Untersuchugen  über  die 
früheren  Perioden  der  Entwickelungsgeschichte  irgend  eines  Tieres 
angestellt  waren,  und  vorzüglich  durchgeführt  von  einem  Manne,  der 
über  die  Entwickelungsgeschichte  der  höheren  Organismen  wohl  die 
meisten  Kenntnisse  besaß  (Meckel),  konnte  nicht  umhin,  große  Teil- 
nahme zu  erregen,  da  sie  von  einer  Menge  specieller  Beweise  unter- 
stützt wurde.  Sie  gewann  noch  mehr  Gewicht,  da  sie  sich  fruchtbar 
erwies,  indem  eine  Reihe  Mißbildungen  verständlich  wurde,  wenn  man 
sie   als   Folge   eines   partiellen   Stehenbleibens   der   Entwickelung   auf 


38  Oscar  Hertwig, 

frülicren  Bildungsstufen  betrachtete.  —  Kein  Wunder  also,  daß  sie 
mit  Wärme  aufgenommen  und  schärfer  durchgeführt  wurde." 

Welch  reges  Interesse  zumal  in  Deutschland  embryologischen 
Untersuchungen  entgegengebracht  wurde,  ist  aus  zahlreichen  Aus- 
sprüchen zu  ersehen,  welche  sich  aus  der  Litteratur  der  ersten  Hälfte 
des  19.  Jahrhunderts  leicht  zusammenstellen  lassen.  „Mit  Verwunderung 
sahen  wir  uns",  erklärt  Pander(1817,  p.  29)  in  Bezug  auf  entwickelungs- 
geschichtliche  Forschungen,  „auf  den  fremden  Boden  einer  neuen  Welt 
versetzt."  „Die  Entwickelungsgeschichte  ist  der  wahre  Lichtträger  für 
Untersuchungen  über  organische  Körper",  heißt  es  in  dem  viel  citierten 
Ausspruch  von  C.  E.  von  Baer  (1828,  p.  231).  „Bei  jedem  Schritte 
findet  sie  ihre  Anwendung,  und  alle  Vorstellungen,  welche  wir  von 
den  gegenseitigen  Verhältnissen  der  organischen  Körper  haben,  werden 
den  Einfluß  unserer  Kenntnis  der  Entwickelungsgeschichte  erfahren." 
„Die  Entwickelungsgeschichte  giebt  dem  Philosophen,  bemerkt  in 
ähnlicher  Weise  Huschke  (1832,  p.  1),  „den  Stoff  zur  Ausführung 
eines  festen  Gebäudes  des  organischen  Lebens.  Man  sollte  jedes 
Organ,  jeden  Stoff  und  auch  jede  Thätigkeit  nur  immer  mit  der  Frage 
untersuchen,  wie  sind  sie  entstanden."  Seine  „anatomisch-philosophischen 
Untersuchungen  etc."  beginnt  Rathke  mit  einem  Lob  der  Entwickelungs- 
geschichte. „Um  die  Gesetze,  welche  der  tierischen  Schöpfung  zu 
Grunde  liegen,  zu  erforschen,  müsse  man  nicht  nur  die  völlig  ausge- 
bildeten Tiere  ins  Auge  fassen,  sondern  seine  Aufmerksamkeit  auch 
den  in  Bildung  begriffenen  zuwenden.  Denn  hier  sehe  man  ein  Organ 
sich  von  einem  einfachen  allmählich  in  ein  zusammengesetztes  um- 
wandeln. Auch  müssen  ja  begreiflicherweise  sich  an  dem,  was  noch 
in  der  Bildung  begriffen  ist,  die  Bildungsgesetze  leichter  erkennen 
lassen,  als  an  dem,  was  schon  fertig  dasteht." 

Endlich  sei  auch  noch  aus  der  Untersuchung  über  die  Visceral- 
bogen  der  Wirbeltiere  etc.  der  Ausspruch  von  Reichert  (1837)  an- 
geführt: „Die  Entwickelungsgeschichte  ist  es,  welche,  wie  mein  großer 
Lehrer  (Joh.  Müller)  sagte,  das  Richteramt  über  die  komparative 
Anatomie  zu  führen  hat." 

Dank  diesem  lebendig  gewordenen  Interesse  für  das  Studium  der 
Entwickelungsgeschichte  erschien  in  den  ersten  Decennien  des  19,  Jahr- 
hunderts eine  Reihe  höchst  bedeutsamer  Untersuchungen,  unter  denen 
an  erster  Stelle  die  Arbeiten  von  Pander  und  C.  E.  von  Baer  zu 
nennen  sind.  Beide  Forscher,  Deutschrussen  von  Geburt  und  eng 
miteinander  befreundet,  wandten  sich  nach  Würzburg,  um  sich  von 
DÖLLiNGER  in  das  Studium  der  Biologie  tiefer  einführen  zu  lassen, 
und  wurden  durch  seinen  Rat  und  Einfluß  dazu  bestimmt,  die  Ent- 
wickelungsgeschichte des  Hühnchens  von  neuem  eingehend  zu  be- 
arbeiten. So  entstand  in  Würzburg,  wie  C.  E.  von  Baer  (1828,  p.  V) 
uns  selbst  erzählt,  „jene  für  die  Naturwissenschaft  ewig  denkwürdige 
Verbindung,  in  weicher  ein  in  physiologischen  Forschungen  ergrauter 
Veteran  (Döllinger),  ein  von  Eifer  für  die  Wissenschaft  glühender 
Jüngling  (Pander)  und  ein  unvergleichlicher  Künstler  (Dalton)  sich 
verbanden,  um  durch  vereinte  Kräfte  eine  feste  Grundlage  für  die 
Entwickelungsgeschichte  des  tierischen  Organismus  zu  gewinnen". 

C.  E.  von  Baer  selbst  war  durch  äußere  Verhältnisse  zunächst 
verhindert,  sich  an  den  Untersuchungen  zu  beteiligen,  doch  folgte  er 
der   Arbeit    seines    Jugendfreundes    Pander    mit    solchem    Interesse, 


Schriften  von  Pander  und  C.  E.  vox  Babr.  39 

daß  er  dadurch  dem  Stiidiuiu  der  Entwickeluugsgeschichte  für  immer 
gewonnen  wurde. 

Pander  veröffentlichte  seine  Untersuchungen,  die  seit  Caspar 
Friedrich  Wolff's  Schrift  wieder  die  erste  bedeutende  Leistung 
auf  dem  betreffendeu  Gebiete  sind,  1817  als  Doktordissertation  in 
lateinischer  und  gleich  darauf  auch  in  deutscher  Sprache  unter  dem 
Titel:  „Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte  des  Hühnchens  im  Ei". 
Koch  in  klarerer  Weise,  als  es  schon  durch  C.  F.  Wolff  geschehen 
war,  legte  er  in  ihnen  die  Grundlage  für  die  Keimblättertheorie.  Es 
gelang  ihm,  die  Keimhaut  des  12  Stunden  bebrüteten  Eies  nach 
Maceration  in  Wasser  in  2  Schichten  zu  trennen,  welche  er  als  seröses 
Blatt  und  als  Schleimblatt  unterschied,  und  zwischen  denen  er  später 
noch  eine  dritte  Schicht,  das  Gefäßblatt,  sich  anlegen  ließ.  „Mit  der 
Bildung  der  Keimhaut",  bemerkt  Pander  (1817,  p.  6),  „ist  zugleich 
die  ganze  Entwickelung  des  Hühnchens  im  Ei  begründet,  welche  von 
nun  an,  rastlos  fortschreitend,  nur  auf  diese  sich  bezieht;  denn  was 
auch  immer  Merkwürdiges  in  der  Folge  sich  zutragen  mag,  so  ist  es 
nie  für  etwas  anderes  als  eine  Metamorphose  dieser  mit  unerschöpf- 
licher Fülle  des  Bildungstriebes  begabten  Membran  und  ihrer  Blätter 
anzusehen."  Er  suchte  festzustellen,  wie  sich  aus  den  einzelnen 
Blättern  die  späteren  Organe  hervorbilden,  und  erkannte  als  erster 
dabei  klar  die  so  wichtige  Rolle,  welche  fast  überall  bei  der  Organo- 
genese das  Prinzip  der  Faltenbildung,  Ausstülpung  und  Abschnürung 
spielt.  Die  hierauf  bezüglichen  Sätze  sind  so  meisterhaft  abgefaßt, 
daß  sie  wohl  im  Wortlaut  hier  wiedergegeben  zu  werden  verdienen 
(1817,  p.  6): 

„Die  Keimhaut  selbst  bildet  allein  durch  den  einfachen  Mechanis- 
mus des  Faltens  den  Leib  und  die  Eingeweide  des  Tieres.  Ein  zarter 
Faden  setzt  sich  als  Rückenmark  an  ihr  an,  und  kaum  ist  dieses  ge- 
schehen, so  schlägt  sie  die  ersten  Falten,  welche  selbst  dem  Rücken- 
mark den  Sitz  anweisen  mußten,  als  Hülle  über  das  kostbare  Fädchen, 
auf  diese  Weise  die  erste  Grundlage  des  Leibes  bildend.  Hiernach 
geht  sie  in  neue  Falten  über,  welche  im  Gegensatz  zu  den  ersten 
die  Bauch-  und  Brusthöhle  mit  Inhalt  gestalten.  Und  zum  dritten  Male 
sendet  sie  Falten  aus,  um  den  aus  ihr  und  durch  sie  gebildeten  Foetus 
in  passende  Hüllen  einzuwickeln.  Daher  es  denn  niemand  befremden 
mag,  wenn  im  Verlaufe  unserer  Erzählung  so  viel  von  Falten  und 
Umschlägen  die  Rede  ist." 

Pander  hat  die  in  so  rühmlicher  Weise  begonnenen  embiyologischeu 
Untersuchungen  später  selbst  nicht  weiter  fortgeführt,  dagegen  war 
jetzt  C.  E.  VON  Baer,  der  Pander's  Forschungen  mit  veranlaßt  und 
verfolgt  hatte,  mit  so  großem  Interesse  für  die  Entwickelungsgeschichte 
erfüllt  w'orden,  daß  er  fortan  ihr  Studium  zur  Hauptaufgabe  seines 
Lebens  machte.  1819  ging  er  in  Königsberg  an  die  ersten  eigenen 
Beobachtungen,  die  zunächst  nur  auf  ein  Verständnis  von  Pander's 
Untersuchungen  gerichtet  waren  (1828,  p.  VI);  mit  unermüdlicher  Aus- 
dauer setzte  er  sie  jahrelang  fort,  hauptsächlich  von  der  Idee  geleitet, 
„welche  gleich  einem  leuchtenden  Strahle  durch  seine  Seele  schoß, 
wie  der  Typus  im  Baue  der  Wirbeltiere  sich  allmählich  im  Embryo 
ausbildet"  (1.  c.  p.  VII).  Erst  im  Jahre  1828  begann  er  den  ersten 
Teil  seiner  Untersuchungen  zu  veröffentlichen  unter  dem  Titel:  Ueber 
Entwickelungsgeschichte  der  Tiere,  Beobachtung  und  Reflexion.  Der 
zweite  Teil,  auch  noch  nicht  ganz  vollendet,  erschien  sogar  erst  1837. 


40  Oscar  Hertwig, 

Beide  Teile  l)il(leii  nicht  nur  das  Hauptwerk  der  wissenschaftlichen 
Thätigkeit  von  Baer,  sondern  überhaupt  das  Fundament,  auf  welchem 
die  ganze  moderne  Entwickelungslehre  ruht. 

Mit  Recht  konnte  daher  Huxley  über  Baer's  Buch  „Entwicke- 
lungsgeschichte  der  Tiere"  den  Ausspruch  thun,  „es  enthalte  die 
tiefste  und  gesündeste  Philosophie  der  Zoologie  und  der  Biologie  über- 
haupt, die  jemals  der  Welt  geschenkt  worden  sei".  Und  ebenso  muß 
man  Kölliker  (1870,  p.  14)  beipÜichten,  wenn  er  sagt:  „Baer's 
Werke  dürfen  sowohl  wegen  des  Reichtums  und  der  Vortrefilichkeit 
der  Thatsachen,  als  auch  der  Gediegenheit  und  Größe  der  allgemeinen 
Betrachtungen  halber  unbedingt  als  das  Beste  bezeichnet  werden, 
was  die  embryologische  Litteratur  aller  Zeiten  und  Völker  aufzu- 
weisen hat." 

Unter  den  Entdeckungen  Baer's  steht  obenan  seine  Auffindung 
des  Eies  der  Säugetiere,  die  in  der  kleinen  Schrift  „De  ovi  mamma- 
lium  et  hominis  genesi"  (1827)  veröffentlicht  wurde.  Während  bis 
dahin  noch  die  auf  p.  8  dargestellte  Lehre  von  Regnier  de  Graaf 
herrschte,  zeigt  er  zum  ersten  Male  auf  der  Naturforscherversammlung 
in  Berlin  an  Präparaten,  daß  erst  in  der  Wand  des  GRAAP'schen 
Bläschens  das  außerordentlich  viel  kleinere  Ei  der  Säugetiere  einge- 
schlossen ist. 

In  seinem  Hauptwerke  über  Entwickelungsgeschichte  der  Tiere 
hat  Baer  am  eingehendsten  die  Entwickelung  des  Hühnchens  vom 
Anfang  der  Bebrütung  bis  zum  Ausschlüpfen  aus  dem  Ei  untersucht, 
daneben  aber  auch  zahlreiche  Beobachtungen  an  Vertretern  anderer 
Wirbeltierklassen,  an  Säugetieren,  Amphibien  und  Fischen  angestellt. 
An  Pander  anknüpfend,  hat  er  die  Keimblättertheorie  weiter  ausgebaut. 
Pander's  seröses  und  Schleimblatt  bezeichnet  er  als  das  animale  und 
das  vegetative.  Jedes  von  ihnen  läßt  er  sich  abermals  in  2  Schichten 
sondern  oder  spalten ;  das  animale  Keimblatt  in  die  Hautschicht  und 
die  Fleischschicht,  und  ebenso  das  vegetative  Blatt  in  die  Gefäßschicht 
und  die  Schleimschicht.  Durch  Zusammenfalten  entwickeln  sich  aus 
den  4  Schichten  Röhren,  welche  Baer  die  Primitivorgane  des  tierischen 
Körpers  nennt,  da  sie  alle  einzelnen  Organe  der  Anlage  nach  enthalten 
und  sich  allmählich  aus  ihrer  Wand  hervorbilden  lassen.  So  geht  die 
Hautschicht  in  die  Hautröhre  und  in  die  Nervenröhre  über;  aus  der 
Gefäß-  und  Schleimschicht  formt  sich  zugleich  mit  seinem  Gekröse 
der  Darmkanal,  an  dem  daher  auch  ein  Schleimhautrolir  und  ein  Ge- 
fäßrohr unterschieden  werden  kann.  Die  Fleischröhre  endlich  liefert 
eine  Doppelröhre  für  die  Rücken-  und  für  die  Bauchwand. 

Um  sich  die  Entstehung  des  Körpers  verständlich  zu  machen, 
weist  Baer  (1828,  p.  65 — 67)  darauf  hin.  daß  der  Wirbeltierkörper 
symmetrisch  gebaut  sei,  und  daß  man  sich  daher  alle  Primitivorgane 
aus  2  Hälften  verwachsen  denken  könne.  Er  empfiehlt,  ein  Wirbel- 
tier von  oben  herab  in  der  Mittelebene  bis  in  die  Nervenröhre  zu 
spalten,  ohne  mit  dem  Schnitt  die  untere  Wand  der  letzteren  zu 
treffen,  und  es  dann  ebenso  von  der  unteren  Fläche  aus  in  der  Mittel- 
ebene bis  in  die  Darmröhre  zu  spalten.  Wenn  man  dann  die  durch 
Spaltung  erhaltenen  Teile  platt  auseinanderlege,  so  bekomme  man 
ein  Tier,  zusammengesetzt  aus  einer  plattenförmigen  Rückenhälfte  und 
einer  ebensolchen  Bauchhälfte,  die  beide  noch  in  der  Achse  untereinander 
zusammenhängen.    Die  Platten  könne  man  sich  dann  noch  weiter  ver- 


C.  E.  VON  Baer's  Lehren.  41 

eiufacht  denken,  und  so  würde  man  schließlich  einen  einfachen  Keim, 
wie  es  die  Keimscheibe  des  Vogels  sei,  erhalten. 

Wie  aus  den  oben  genannten  Primitivortianen  die  zahlreichen 
Organe  des  Wirbeltierkörpers,  wie  Diüsen,  Sinneswerkzeuge  etc.  an- 
gelegt werden,  hat  Baer  ebenfalls  in  jahrelanger  Beobachtung  fest- 
zustellen versucht ;  daß  ihm  hierbei  viele  Vorgänge  dunkel  geblieben 
sind,  wird  man  begreiflich  finden,  wenn  man  die  von  ihm  angewandten 
noch  einfachen  Methoden  der  Untersuchung  berücksichtigt.  So  ist  ihm 
z.  B.,  von  manchem  anderen  abgesehen,  die  Entstehung  des  Nerven- 
rohrs  nicht  ganz  klar  geworden,  und  er  irrte,  indem  er  das  Hör- 
bläschen, in  ähnlicher  Weise  wie  das  Auge,  durch  eine  Ausstülpung 
von  dem  letzten  Hirnbläschen  gebildet  werden  ließ.  Doch  das  sind 
untergeordnete  Einzelheiten  im  Vergleich  zu  der  meisterhaften  Ge- 
samtdarstellung, welche  Baer  von  dem  Entwickelungsprozesse  zum 
ersten  Male  gegeben  hat. 

Seine  allgemeinen  Erörterungen  über  das  Wesen  des  Entwicke- 
lungsprozesses  hat  Baer  in  mehreren  Schollen  und  Korollarien  der 
Darstellung  seiner  Befunde  angefügt.  Drei  Hauptergebnisse  sind 
daraus  hervorzuheben.  Das  eine  betrifft  seine  Stellungnahme  zur 
Theorie  der  Evolution  und  Epigenesis.  Baer  ist  weder  Anhänger 
der  einen  noch  der  anderen,  sondern  nimmt  eine  Mittelstellung  zwischen 
beiden  ein.  Wie  er  nicht  ansteht,  die  Einschachtelungslehre  als  eine 
Hypothese  zu  bezeichnen,  die  an  Unsinn  grenzt,  obwohl  sie  sehr  aus- 
gezeichnete Naturforscher  zu  Verteidigern  gehabt  habe  (1837,  p.  6), 
so  erklärt  er  sich  doch  ebenso  entschieden  gegen  die  Ansicht,  als  ob 
in  der  Entwickelung  der  Organismen  zu  irgend  einer  Zeit  eine  wirk- 
liche Neubildung  stattfände.  Vielmehr  beruhe  jede  Entwickelung 
auf  Wachstum  und  Umbildung  eines  bereits  Vorhandenen  (1828,  p.  156). 
,,Ich  will  zeigen"  —  erklärt  Baer  an  einer  Stelle  (1837,  p.  8)  —  „daß 
die  organischen  Körper  wieder  vorgebildet  sind,  noch  auch,  wie  man 
sich  gewöhnlich  denkt,  aus  ungeformter  Masse  in  einem  bestimmten 
Momente  plötzlich  anschießen.''  „Aus  einem  Homogenen,  Gemein- 
samen bildet  sich  allmählich  das  Heterogene  und  Specielle  hervor"' 
(1837,  p.  153),  oder  mit  anderen  Worten:  „Alles  Einzelne  ist  früher  in 
einem  Allgemeinen  mit  enthalten''  (p.  156).  ,,Ein  jedes  Organ  ist 
also  ein  modifizierter  Teil  eines  allgemeineren  Organs,  und  in  dieser 
Hinsicht  kann  man  sagen,  daß  jedes  Organ  schon  in  den  Fundamental- 
organen enthalten  ist  und  zwar  mit  seinem  ganzen  Umfange''  (p.  157). 
So  ist  der  Atmungsapparat  z.  B.  ein  besonders  hervorgewachsener, 
ursprünglich  nur  sehr  kleiner  Teil  der  Schleimhautröhre;  er  war  also 
in  der  Schleimhautröhre  schon  enthalten  und  zwar  in  seinem  ganzen 
Begriffe.  „Die  Entstehung  eines  Organes  ist  wie  die  Entstehung  des 
Embrj'o  nur  der  Anfang  des  Wachstums  und  das  Wachsen  eine  Fort- 
setzung der  Entstehun  g,  die  aber  nur  scheinbar  ist  und 
auf  Umbildung  beruht"  (p.  158).  Den  Keim  bezeichnet  daher 
Baer  (1828,  p.  224)  „als  das  u  nau  s  gebildete  Tier  selbst", 
und  bei  niederen  Tieren  nennt  er  „das  Zeugen  die  unmittel- 
bare Verlängerung  des  Wachstums  über  die  Grenzen 
des  Individuums  hinaus"  (p.  150).  Ueberhaupt  kann  nach 
seiner  Auffassung  „die  Beobachtung  die  strengste  materia- 
listische Lehre  widerlegen  und  den  Beweis  führen,  daß 
nicht  die  Materie,  wie  sie  gerade  angeordnet  ist, 
sondern    die    Wesenheit    der     zeugenden    Tierform    (die 


42  Oscar  Hertwig, 

Idee  nach  der  neuen  Schule)  die  Ent Wickelung  der  Frucht 
beherrscht"  (p.  148).  Mit  Entschiedenheit  tritt  somit  Baer  für 
die  Kontinuität  des  Lebensprozesses  in  der  Reihe  der  durch  Zeugung 
auseinander  hervorgehenden  Generationen  der  Geschöpfe  ein. 

Das  zweite  Hauptergebnis  ist  die  Begründung  der  Typen  lehre, 
durch  welche  eine  grundlegende  Reform  der  tierischen  Systematik 
herbeigeführt  wurde.  Wie  Cuvier,  so  erkannte  auch  Baer  gleich- 
zeitig und  unabhängig  von  ihm,  daß  auf  Grund  der  vergleichenden 
Anatomie  der  Organe  die  Tiere  in  4  größere  Stämme,  die  sich  durch 
den  Typus  ihrer  Organisation  unterscheiden,  eingeteilt  werden  müssen. 
Unter  Typus  versteht  er  das  Lageverhältnis  der  organischen  Elemente 
und  der  Organe  (1828,  p.  208).  Hierbei  thut  er  aber  zugleich  einen  wich- 
tigen Schritt  über  Cuvier  hinaus,  dadurch  daß  er  die  Typenlehre 
auch  entwickelungsgeschichtlich  begründet  und  eine  noch  innigere 
Verbindung  zwischen  Entwickelungslehre  und  vergleichender  Anatomie 
herbeiführt,  als  es  schon  durch  Meckel   geschehen  war. 

Durch  das  Studium  der  Entwickelung  verschiedener  Tiere  er- 
kannte Baer  zum  ersten  Male,  daß  im  Laufe  der  Entwickelung  am 
frühzeitigsten  die  typischen  Unterschiede  im  Lageverhältnisse  der 
hauptsächlichen  Organsysteme  angelegt  werden,  so  daß  sich  am 
frühesten  feststellen  läßt,  welchem  Typus  der  einzelne  Keim  ange- 
hört, daß  dann  erst  die  Ordnungs-  und  Gattungscharaktere  und  zuletzt 
die  Speciesunterschiede  hervortreten. 

Von  seinem  umfassenden  Standpunkt  aus  unterschied  C.  E.  von 
Baer  in  ähnlicher  Weise  wie  Cuvier  4  Haupttypen  des  Tierreiches 
(p.  209),  den  Typus  der  Wirbeltiere,  der  Mollusken,  der  Gliedertiere 
und  der  Strahltiere.  Er  beseitigte  dadurch  die  weitverbreitete  Vor- 
stellung von  einer  einreihigen  Anordnung  der  Tiere,  die,  vom  Infusor 
beginnend,  bis  zum  höchst  organisierten  Endglied  der  Kette,  dem 
Menschen,  fortschreitet. 

Außer  dem  Typus  der  Organisation  unterschied  ferner  Baer  noch 
als  ein  sehr  wichtiges  Verhältnis  „den  Grad  der  Ausbildung  des 
tierischen  Körpers''  (p.  207).  Derselbe  kann  wieder  bestehen  in 
einem  größeren  oder  geringeren  Maße  der  morphologischen  und  der 
histologischen  Sonderung,  eine  ebenfalls  wichtige  Unterscheidung, 
welche  Baer  zuerst  in  die  Entwickelungslehre  eingeführt  hat.  Die 
morphologische  Sonderung  beruht  auf  der  fortschreitenden  Ditfe- 
renzierung  der  Primitivorgane  in  ungieichwertige  und  verschieden 
funktionierende  Abschnitte,  wie  z.  B.  des  Darmrohrs  in  Magen,  Dünn- 
und  Dickdarm,  in  Lunge,  Leber,  Pankreas  u.  s.  w.  Die  histologische 
Sonderung  dagegen  wird  dadurch  herl)eigeführt,  daß  sich  innerhalb 
der  zuerst  gleichförmigen  Substanz  der  embryonalen  Organe  die  ver- 
schiedenen Gewebe,  Epithel-,  Bindegewebe,  Knorpel,  Knochen,  Nerven- 
und  Muskelfasern  absondern  (p.  154). 

Da  Typus  und  Stufe  der  Ausbildung  etwas  durchaus  Verschiedenes 
sind,  so  kann  „derselbe  Typus  in  mehreren  Stufen  der  Ausbildung 
bestehen  und  umgekehrt  dieselbe  Stufe  der  Ausbildung  in  mehreren 
Typen  erreicht  werden.  Das  Produkt  aus  der  Stufe  der  Ausbildung 
mit  dem  Typus  giebt  erst  die  einzelnen  größeren  Gruppen  von  Tieren, 
die  man  Klassen  genannt  hat"  (p.  208).  So  glaubt  denn  Baer,  „daß 
in  der  That  die  Biene  höher  organisiert  ist  als  der  Fisch,  obgleich 
nach  einem  anderen  Typus"  (p.  208). 


C.  E.  VON  Baer's  Lehren.  43 

„Die  Ausbildung  des  Lebens  nach  dieser  oder  jener  Richtung 
erzeugt  eben  die  Variationen  der  Ilaupttypen ,  wie  diese  selbst 
wesentlich  in  ihren  Lebenserscheinungen  verschieden  sind"  (p.  210). 
Daher  teilen  sich  die  Typen  in  Klassen,  diese  wieder  in  geringere 
„Variationen,  die  wir  Familien  nennen,  welche  nicht  nur  den  Haupt- 
typus, sondern  auch  den  Typus  der  Klasse  mit  besonderen  Modi- 
fikationen tragen,  w^odurch  sich  der  Charakter  der  Familie  bildet. 
Modifikationen  geringeren  Grades  in  diesem  Familiencharakter  geben 
die  Gattungen.     So  geht  es  fort  bis  zu  den  Arten  und  Abarten."' 

Den  hier  dargelegten  Komplex  von  Vorstellungen  hat  Haeckel 
mit  dem  Namen  des  „Baer' sehen  Gesetzes"  zusammengefaßt 
(1891,  p.  47). 

Endlich  haben  wir  noch  näher  auf  die  Stellung  einzugehen,  welche 
Baer  gegenüber  der  Lehre  vom  Parallelismus  zwischen  der  indi- 
viduellen Metamorphose  und  der  Metamorphose  des  Tierreichs  ein- 
nimmt. Er  hält  die  namentlich  von  Meckel  ausgebildete  Ansicht, 
daß  der  Embryo  höherer  Tiere  die  bleibenden  Formen  der  niederen 
Tiere  durchlaufe,  für  nicht  berechtigt  und  sucht  dagegen  den  Paral- 
lelismus in  folgender  Weise  zu  erklären:  Den  Erklärungsgrund  findet 
er  darin,  daß  sich  jedes  Tier  durch  Umwandlung  aus  einer  allge- 
meinen in  eine  sich  immer  mehr  specificierende  besondere  Form  ent- 
wickelt. „Daher  ist  es  notwendig,  daß  wir  in  der  einen  wirklich 
historisch  begründeten  Folge  und  in  der  anderen  genetisch  gedachten 
Reihe  eine  Uebereinstimmung  der  in  dieser  fortgehenden  inneren 
Sonderung  finden,  daß  sich  überhaupt  eine  Menge  Uebereiustim- 
mungen  zwischen  dem  Embryo  höherer  Tiere  und  der  bleibenden  Form 
niederer  Tiere  nachweisen  lassen"  (1828,  p.  220).  „Anstatt  die  anderen 
bestimmten  Formen  zu  durchlaufen,  scheidet  sich  vielmehr  jeder 
Embryo  einer  bestimmten  Tierform  von  ihnen.  Im  Grunde  ist  also 
nie  der  Embryo  einer  höheren  Tierform  einer  anderen  Tierform  gleich, 
sondern  nur  ihrem  Embryo.  Nur  dadurch,  daß  die  am  w^enigsten 
ausgebildeten  Tierformen  vom  Embryonenzustaud  sich  wenig  ent- 
fernen, behalten  sie  einige  Aehnlichkeit  mit  den  Embryonen  höherer 
Tierformeu.  Diese  Aehnlichkeit  ist  also,  wenn  unsere 
Darstellung  gegründet  ist,  auf  keine  Weise  das  Be- 
dingende der  Entwickelungsgeschichte  höherer  Tiere, 
sondern  nur  eine  Folge  der  Organisation  der  niederen" 
(p.  224).  „Der  Embryo  geht  nie  durch  eine  andere  Tierform  hin- 
durch, sondern  nur  durch  den  Indifferenzzustand  zwischen  seiner 
Form  und  einer  anderen"  (p.  230).  „Mithin  durchlaufen  die 
Embryonen  der  W  i r  1)  e  1 1 i e r  e  in  ihrer  E  n t  w i c k  e  1  u n  g  gar 
keine  bekannten  bleibenden  Tierformen"  (p.  220). 

Zu  diesem  Gedankengang  ist  es  als  kein  Widerspruch  zu  be- 
trachten, wenn  in  demselben  Scholion  Baer  auf  die  Frage,  ob  nicht 
im  Beginne  der  Entwickelung  alle  Tiere  sich  im  wesentlichen  gleich 
sind  und  ob  nicht  für  alle  eine  gemeinsame  Urform  besteht ,  die 
öfters  citierte  Antwort  giebt  (p.  224) :  „Da  der  Keim  das  unausge- 
bildete  Tier  selbst  ist,  so  kann  man  nicht  ohne  Grund  behaupten,  daß 
die  einfache  Blasenform  die  gemeinschaftliche  Grundform  ist,  aus 
der  sich  alle  Tiere  nicht  nur  der  Idee  nach,  sondern  historisch  ent- 
wickeln." 

Neben    C.   E.  von  Baer,    der   als   das    geistige  Haupt    der   eut- 
wäckelungsgeschichtlichen  Richtung  bezeichnet  werden  muß,  sind  noch 


44  Oscar  Hertwig, 

zahlreiche  andere  Forscher  mit  Erfolg  auf  dorn  neuerschlossenen  Ge- 
biete thätig.  In  Deutschland  sind  außer  Oken,  Meckel  und  Pander, 
die  schon  genannt  wurden,  noch  Tiedemann  und  Carus,  der  uner- 
müdliche Rathke,  dem  wir  eine  Fülle  der  schönsten  Entdeckungen 
verdanken,  der  auf  allen  Gebieten  der  Biologie  thätige  Johannes 
MÜLLER,  der  fein  beobachtende  Jenenser  Anatom  Huschke,  ein 
Schüler  Oken's,  der  große  Physiologe  Purkinje,  ferner  Burdach, 
Reichert,  Siebold  und  manche  anderen  aufzuführen.  In  Frank- 
reich sind  thätig  Dutrochet,  Prevost  und  Dumas,  Serres,  Coste, 
Duges  etc.,  in  England  Wharton  Jones  und  Allen  Thompson, 
in  Italien  der  berühmte  Rusconi. 

Durch  die  rüstige  Arbeit  so  vieler  bewährter  Forscher  wurde 
fast  von  jedem  Organsystem  seine  Genese  in  Angriff  genominen,  und 
bald  eine  Tierklasse  nach  der  anderen  in  das  Bereich  der  Untersuchung 
hineingezogen.  Es  w^urden  die  Grundlagen  für  den  feineren  Bau  des 
Eies  gelegt.  Purkinje  beschrieb  1825  in  seinen  Symbolae  ad  ovi 
avium  historiam  das  Keimbläschen  im  Vogelei  und  entdeckte,  daß  es 
vor  der  Befruchtung  sich  auflöst  und  schwindet;  Coste  (1834)  und 
Wharton  Jones  (1838)  fanden  dann  unabhängig  voneinander  das 
gleiche  Gebilde  auch  im  Ei  der  Säugetiere  auf,  welches  1827  durch 
Baer's  glänzende  Entdeckung  bekannt  geworden  war.  R.  Wagner  (1835) 
vervollständigte  den  Einblick  in  den  Bau  des  Eies  durch  die  Auf- 
findung des  Keimfleckes.  Wichtige  Beobachtungen  über  den  Furchungs- 
prozeß,  von  welchen  schon  einige  Andeutungen  Swammerdam  ge- 
sehen aber  nicht  verstanden  hatte,  wurden  von  Prevost  und  Dumas 
am  Froschei  gesammelt  und  gleich  darauf  von  Rusconi  und  Baer  (1834) 
noch  genauer  verfolgt;  doch  bliel)  ihnen  allen  die  eigentliche  Be- 
deutung des  so  eigentümlichen  Prozesses  als  eines  Zellenteilungs- 
vorganges noch  verborgen.  Baer  glaubte,  daß  durch  ihn  eine  größere 
Berührungsfläche  für  die  befruchtende  Sanienflüssigkeit  geschaffen  werden 
solle.  Bald  darauf  beschrieb  Rusconi  (1836)  den  Furchungsprozeß 
auch  für  das  Fischei. 

Was  die  Organentwickelung  betrifft,  so  veröffentlichte  Tiedemann 
schon  1816  eine  Schrift:  Anatomie  und  Bildungsgeschichte  des  Gehirns 
im  Foetus  des  Menschen,  und  stellte  in  richtiger  Erkenntnis  den  seit- 
dem oft  geäußerten  Grundsatz  auf,  daß  „die  vergleichende  Anatomie 
und  die  Anatomie  des  Foetus  den  Ariadnefaden  für  dieses  Labyrinth 
bildeten''.  Die  Entwickeluugsgeschichte  der  Sinnesorgane  wird  durch 
Huschke  (1832)  gefördert,  der  die  Entstehung  des  Hörbläschens  und 
des  Linsensäckchens  aus  grubenförmigen  Einsenkungen  der  äußeren 
Haut  entdeckte.  Nicht  uninteressant  ist  es,  von  Huschke  zu  er- 
fahren, auf  welchen  Wegen  die  alten  Anatomen,  die  sich  der  Kunst 
der  Querschnitte  noch  nicht  bedienten,  zu  solchen  schon  schwierigeren 
Entdeckungen  gelangten.  Als  er  die  Augenentwickelung  beim  Hühnchen 
untersuchte,  wurde  er  in  der  Mitte  der  Augenblase  einen  kleineren 
Fleck  gewahr,  den  er  für  die  Anlage  der  Linse  hielt.  Er  untersuchte 
ihn  mit  einem  feinen  Haar,  mit  dessen  Spitze  er  hierbei 
in  eine  Oeffnung  glitt.  „Nun  war  ich",  fährt  Huschke  fort, 
„auf  einmal  aus  aller  Verlegenheit ;  denn  ich  wußte  jetzt,  daß  die 
Linsenkapsel  ebenso  wie  das  ganze  Auge  und  vorzüglich  das  Laby- 
rinth des  Ohres  entsteht,  d.  h.  daß  sie  eine  Einstülpung  des  äußeren 
Hautsvstems  ist". 


Die  Zeitgenossen  von  C.  E.  vox  Baek.  45 

Zahlreiche  Bearbeiter  hat  die  Entwickeln ngsgeschichte  des  Skeletts 
gefunden,  berechtigtes  Aufsehen  erregten  die  glänzenden  Entdeckungen 
Rathke's  ül)er  die  Metamorphose  des  Visceralskeletts,  die  Auffindung 
der  Kienienspalten  bei  Reptilien,  Vögeln  und  Säugetieren,  sowie  der 
Aortenbogen  und  ihrer  Umbildung.  Denn  ,.durch  die  leisesten  Ueber- 
gänge  sieht  man  hier",  wie  Rathke  (18o2j  in  den  anatomisch-philo- 
sophischen Untersuchungen  über  den  Kiemenapparat  und  das  Zungen- 
bein der  Wirbeltiere  bemerkt,  „von  den  Grätenfischen  bis  zu  dem 
Menschen,  die  Formen  und  Typen  jener  Gebilde  ineinander  übergehen". 
Ergänzend  schlössen  sich  hieran  bald  die  nicht  minder  wichtigen  Unter- 
suchungen Reichert's  über  die  Entwickelung  der  Gehörknöchelchen 
aus  dem  Kiefer-  und  Zungenbeinbogen  an.  Auch  die  Entstehung 
der  übrigen  Teile  des  Kopfskeletts  wurde  von  Rathke  ,  Duges 
und  Reichert  ,  von  den  beiden  letzteren  bei  den  Amphibien,  be- 
arbeitet. 

Endlich  bildet  noch  ein  Feld  der  ergiebigsten  Forschungen  die 
Entwickelung  der  Harn-  und  Geschlechtsorgane.  Auch  hier  ist  wieder 
als  Bahnbrecher  Rathke  anzuführen,  der  die  WoLFF'schen  Körper 
genauer  untersuchte  und  vieles  aufklärte.  Einen  vorläufigen  Abschluß 
führte  dann  Johannes  Müller  herbei  mit  seiner  berühmten,  grund- 
legenden Schrift:  Bildungsgeschichte  der  Genitalien  aus  anatomischen 
Untersuchungen  an  Embrj'onen  des  Menschen  und  der  Tiere  (1830). 
Gleichzeitig  wurde  von  Jon.  Müller  noch  die  Entwickelungsgeschichte 
der  Drüsen  durch  seine  Schrift:  De  glandularum  secernentium  struc- 
tura  penitiori  gefördert. 

Neben  den  verschiedenen  Klassen  der  Wirbeltiere  wurden  all- 
mählich auch  die  AVirbellosen  auf  ihre  Entwickelung  untersucht;  die 
Mollusken  von  Carus,  die  Insekten  von  Herold,  die  Crustaceen  und 
Arachnoiden  von  Rathke. 

Um  den  rasch  gewachsenen  Schatz  des  Wissens  zugänglicher  zu 
machen,  entstanden  die  ersten  Lehrbücher  der  Entwickelungsgeschichte : 
C.  E.  VON  Baer,  Ueber  Entwickelungsgeschichte  der  Tiere,  Beobachtung 
und  Reflexion,  1828—1837;  Valentin,  Handbuch  der  Entwickelungs- 
geschichte des  Menschen  mit  vergleichender  Rücksicht  der  Entwickelung 
der  Säugetiere  und  Vögel,  1835;  Bischoff,  Entwickelungsgeschichte 
der  Säugetiere  und  des  Menschen,  1842. 

Die  Charakteristik  der  vorliegenden  Periode  schließe  ich  mit 
einigen  Sätzen  aus  einer  historischen  Darstellung,  welche  Valentin 
(1835,  p.  581)  in  seinem  Handbuch  von  den  wissenschaftlichen  Be- 
strebungen seiner  Zeit  gegeben  hat  und  welche  lehrt,  wie  das 
Studium  der  Entwickelungsgeschichte  namentlich  in  Deutschland  zu 
einer  führenden  Macht  geworden  ist.  „Fast  alle  in  unserem  Zeitalter 
thätigen  und  ausgezeichneten  Physiologen  und  Anatomen",  heißt  es 
daselbst,  „haben  einen  Teil  ihrer  vorzüglichsten  Bestrebungen  auf 
die  individuelle  Entwickelungsgeschichte  gerichtet,  der  gegenüber  als 
anderseitiges  Problem  die  Entwickelungsgeschichte  der  Tierwelt,  die 
vergleichende  Anatomie,  steht.  Beide  zusammen  sind  die  Grundlagen, 
auf  denen  jede  wahre  und  echte  Erkenntnis  der  Natur  des  tierischen 
Lebens  basiert  werden  muß.  So  zeigt  sich  die  Idee  der  genetischen 
Beziehungen  als  das  herrschende  Element  unserer  heutigen  physio- 
logischen Leistungen,  wie  nicht  minder  der  Gesamtheit  alles  wüssen- 
•schaftlichen  Strebens  unserer  Zeit," 


46  Oscar  Hertwig, 


b)  Zweite  Periode  von  Schwann  und  Charles  Darwin 

bis  jetzt. 

In  der  zweiten  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  haben  vor  allen  Dingen 
zwei  Faktoren  auf  den  sich  noch  weiter  unaufhaltsam  vollziehenden  Auf- 
schwung der  entwickelungsgeschichtlichen  Forschung  einen  mächtigen 
Einfluß  ausgeübt,  der  in  allen  wichtigen  Untersuchungen  hervortritt. 
Der  eine  Faktor  ist  die  Begründung  der  Zellentheorie  durch  Schw^ann, 
der   zweite  Faktor   die   durch  Darwin  neubelebte  Descendenztheorie. 

Das  Urteil,  welches  Joh.  Müller  von  der  Bedeutung  der 
ScHWANN'schen  Entdeckungen  für  die  Physiologie  fällte:  „Sie  gehören 
zu  den  wichtigsten  Fortschritten,  welche  je  in  der  Phj'siologie  gemacht 
worden  sind:  sie  begründen  erst  eine  bisher  unmöglich  gewesene 
Theorie  der  Vegetation  und  Organisation ;  die  Fundamente  sind  nun 
geliefert",  es  gilt  in  gleichem,  wenn  nicht  in  noch  höherem  Maße  für 
das  Verhältnis  der  Zellentheorie  zu  der  Entwickelungsgeschichte.  Denn 
die  Zelle  ist  der  Baustein,  mit  dessen  Hilfe  die  Natur  die  verschiedenen 
Arten  der  Lebewesen  geschaffen  hat.  Was  das  Atom  für  den  Chemiker, 
das  sind  die  Zellen  für  den  Embryologen,  das  Material,  durch  dessen 
Vereinigung  alle  Organe  und  Gewebe  gebildet  werden,  gerade  wie 
aus  der  Synthese  verschiedenartiger  Atome  alle  chemischen  Körper 
entstellen. 

Jetzt  ließ  sich  Aufgabe  und  Ziel  der  entwickelungsgeschichtlichen 
Forschung  viel  klarer  und  schärfer  formulieren,  als  je  zuvor.  Die 
Aufgabe  lautete:  Auf  welchem  Wege  werden  Schritt  für  Schritt  aus 
der  Zelle  als  dem  Elementarorganismus  die  verschiedenen  Arten  der 
Lebewesen  von  den  einfachsten  bis  zu  den  am  höchsten  komplizierten 
gebildet  V 

Damit  eröffnete  sich  ein  weit  ausgedehntes,  ganz  neues  Arbeits- 
feld, und  zugleich  bahnte  sich  neben  der  schon  besprochenen  Be- 
ziehung zur  vergleichenden  Anatomie  eine  neue  Verbindung  mit  einer 
zweiten  biologischen  Schwesterdisciplin  an,  mit  der  mikroskopischen 
Anatomie.  Denn  für  die  neuen  Aufgaben  konnten  die  Methoden  der 
älteren  Embryologen,  die  Untersuchung  der  Embryonen  mit  Lupe  und 
schwacher  Vergrößerung,  die  Zergliederung  mit  Schere  und  Messer 
nicht  mehr  genügen.  Je  mehr  die  Zelle  zum  Ausgangs-  und  Mittel- 
punkt der  Untersuchung  wurde,  um  so  mehr  mußte  auch  in  der  Ent- 
wickelungsgeschichte der  Forscher  zu  den  verschiedenen  Methoden 
greifen,  welche  auf  dem  Gebiete  der  mikroskopischen  Anatomie  mit 
ihren  Fortschritten  untrennbar  verbunden  sind.  So  wurde  von  Jahr- 
zehnt zu  Jahrzehnt  die  embryologische  Untersuchungstechnik  eine 
vollkommenere  und  mannigfaltigere.  Man  begann  ein  immer  größeres 
Gewicht  auf  die  gute  Härtung  und  Konservierung  der  Embryonen  zu 
legen.  Mau  griff  zu  den  in  der  Histologie  ausgebildeten  Färbemethoden. 
Besonders  wichtig  aber  wurde  die  Kunst,  den  Embryo  in  eine  tadel- 
lose Serie  von  Querschnitten  zu  zerlegen.  Auch  die  geschickteste 
Handhabung  des  Rasiermessers  genügte  nicht  mehr  für  diesen  Zweck. 
Besondere  Schneideinstrumente  wurden  konstruiert.  Die  ersten  noch 
unvollkommenen  Versuche  führten  bald  zu  den  vorzüglichen  Mikro- 
tomen, welche  in  den  mechanischen  Werkstätten  von  Jung  und  von 
Schanz  etc.  ausgeführt  werden  und  mit  denen  es  ein  leichtes  ist,  lücken- 
lose Schnittserien   durch  Embryonen  mit  einer  gleichmäßigen  Schnitt- 


Einfluß  von  Schwann  und  Darwin  auf  die  Entwickelungslehre.       47 

dicke  von  5  /<  herzustellen.  Auf  diese  Weise  ist  es  jetzt  möglich  ge- 
worden, daß  selbst  Anfänger  sich  in  kurzer  Zeit  Einblicke  in  den  Ent- 
wickelungsverlauf  verschaffen  können,  welche  friüier  Forscher,  wie 
WoLFF,  Pander  und  Baer,  nur  durch  allergrößte  Ausdauer  und  durch 
langjährige  Beschäftigung  mit  dem  Gegenstand  gewonnen  haben.  Dem- 
entsprechend konnten  aber  auch  jetzt  die  Ziele  der  Forschung  viel 
höher  gesteckt  werden. 

Mit  der  Schneidetechnik  bildeten  sich  besondere  Methoden  der 
Einbettung  aus,  welche  für  den  Embrj'ologen  noch  viel  wichtiger  als 
für  den  Histologen  sind.  Von  den  verschiedenen  Verfahren,  die 
empfohlen  worden  sind,  Wachs  mit  Oel,  Spermaceti  mit  Kakaobutter, 
Flemming's  Transparentseife,  Paraffin,  Bunge's  Eiweißmasse,  Gummi- 
glycerin  hat  sich  die  Paraffineinbettung  am  meisten  bewährt  und  in 
der  Embryologie  als  Universalmethode  eingebürgert. 

Da  es  zuweilen  recht  schwierig  ist,  sich  aus  einer  großen  Pieihe 
von  Schnitten  ein  annähernd  richtiges  Bild  von  der  Form  und  den 
Lagebeziehungen  embryonaler  Organe  zu  bilden,  hat  man  zu  einer 
exakteren  Lösung  dieser  Aufgabe  besondere  Rekonstruktionsmethoden 
ersonnen.  Zuerst  hat  His  vermittelst  einer  Methode  graphischer 
Rekonstruktion  eine  Reihe  vorzüglicher  Modelle  für  den  entwickelungs- 
geschichtlichen  Unterricht  hergestellt.  Ein  weiterer  Fortschritt  wurde 
hierauf  durch  die  von  Born  ausgearbeitete  Methode  der  Platten- 
rekonstruktion herbeigeführt ,  und  in  ihr  ein  Hilfsmittel  gegeben, 
welches  für  manche  Untersuchungen  unentbehrlich  ist  und  in  embryo- 
logischen Laboratorien  häufig  benutzt  wird.  Auch  die  Photographie 
wurde  als  ein  wichtiges  Hilfsmittel  in  den  Dienst  der  erabryologischen 
Forschung  gestellt. 

Vermittelst  der  zahlreichen  Hilfsmittel,  von  denen  die  voraus- 
gegangene Epoche  noch  keine  Vorstellung  hatte,  ist  es  jetzt  ein  leichtes 
geworden,  embryologische  Sammlungen  anzulegen,  welche,  wenn  in 
größerem  Maßstabe  und  nach  einem  wohldurchdachten  Prinzip  durch- 
geführt, wahrscheinlich  für  den  embryologischen  Forscher  von  noch 
größerem  Wert  sein  werden,  als  für  den  Morphologen  die  vergleichend- 
anatomischen Museen. 

Die  mikroskopische  Technik  in  ihren  verschiedenen  Zweigen  ist 
recht  eigentlich  ein  Erzeugnis  der  4  bis  5  letzten  Decennien.  Denn 
die  schon  auf  Seite  2  erwähnten  Anfänge,  die  hier  und  da  in  früheren 
Jahrhunderten  bemerkt  werden,  sind  kaum  von  Bedeutung.  Auch 
Pander  und  Baer  erzielten  ihre  Ergebnisse  auf  keinem  anderen 
Wege  als  vor  ihnen  Haller  und  C.  Fr.  Wolff.  Ein  bemerkbarer 
Fortschritt  in  der  Untersuchungstechnik  tritt  erst  bei  Remak,  Kölliker 
und  Hensen  hervor,  und  ist  dann  in  wenigen  Jahren  ein  Gemeingut 
aller  Forscher  geworden. 


fe^ 


Außer  der  schon  früher  benutzten  Essigsäure  bediente  man  sich 
einer  großen  Zahl  von  Reagentien  zur  Härtung  der  Embryonen.  Eroscli- 
eier  wurden  von  Remak  in  einer  Mischung  von  Kupfervitriol  mit  Alkohol 
und  Holzessig  gehärtet  (1850,  p.  127).  0,2-proz.  Sublimat  und  0,3-proz. 
Chromsäure  wurden  für  Hühnerkeimscheiben  angewandt  (p.  181).  Auch 
hat  Remak  schon  erhärtete  Froscheier  mit  dem  Messer  halbiert,  um  in 
die  Keimblase  und  in  die  RuscoNi'sche  Nahrungshöhle  einen  Einblick 
zu  gewinnen  ip.  142  und  Erklärung  zu  Taf.  XII,  p.  XXXV),  und  auch  mit 
feinem  Messer  Durchschnitte  durch  frische  Hühnerembryonen  unter  dem 


48  Oscar  Hertwig. 

einfachen  Mikroskop  (also  wohl  nach  der  Guillotinenmethode)  angefertigt 
(Tafelerklärung,   p.  XXXVI). 

Um  die  Einführung  der  Sclmittmethode  in  das  embryologische  Studium 
haben  sich  besonders  Hensen  und  Kölliker  verdient  gemacht,  welche  sie 
nicht  nur  bei  Embryonen  vom  Hühnchen,  sondern  auch  vom  Kaninchen 
für  die  Keimblätterbildung  anwandten.  Ein  Vergleich  von  Kölliker's 
erster  Auflage  der  Entwickelungsgeschichte  des  Menschen  aus  dem 
Jahre  1861  und  der  zweiten  1879  erschienenen  Auflage  zeigt  in  deut- 
licher Weise,  wie  durch  die  in  der  Zwischenzeit  aufgekommene  Schnitt- 
methode  eine  genauere  Darstellung  vieler  Verhältnisse  erst  möglich  ge- 
worden ist. 

Doch  nun  nach  diesem  Exkurs  auf  die  sich  ausbildende  Unter- 
suchungstechnik für  embryologische  Zwecke  zurück  zur  Besprechung 
der  Untersuchungen  und  Aufgaben,  welche  durch  Schwann's  Zellen- 
theorie in  der  Entwickelungsgeschichte  hervorgerufen  wurden! 

Obenan  stehen  hier  die  Fragen:  welche  Bedeutung  haben  das  Ei 
und  der  an  ihm  schon  früher  entdeckte  Furchungsprozeß  im  Lichte 
der  Zellentheorie  V  Die  erste  Frage  hat  Schwann  in  seinen  mikro- 
skopischen Untersuchungen  gleich  selbst  zu  erörtern  begonnen.  Nach- 
dem er  es  zuerst  zweifelhaft  gelassen  hatte,  ob  das  Keimbläschen  nur 
der  Kern  einer  Zelle  oder  selbst  eine  im  Dotter  entstandene  Zelle 
und  in  diesem  Falle  die  wesentlichste  Grundlage  des  Embryo  sei 
(1839,  p.  49),  entschied  er  sich  schließlich  mit  richtigem  Takt  für  die 
«rstere  Alternative  (1.  c.  p.  258).  Doch  blieb  die  zweite  Ansicht  im 
Kreise  der  Gelehrten  längere  Zeit  die  vorherrschende  und  wurde  von 
Wagner,  Valentin,  Henle  und  Bischoff  verfochten.  „Das  Keim- 
bläschen ist  in  der  That  eine  primäre  Zelle'',  so  lautete  der  Schluß,  zu 
welchem  Bischoff  bei  seinen  Untersuchungen  der  Säugetiere  gelangt 
ist,  „sein  Fleck  ist  deren  Kern  und  der  zuerst  gebildete  Teil  des  Eies. 
Der  Dotter  und  die  Dotterhaut  sind  sekundäre  spätere  Bildungen, 
welche  sich  um  diese  Zelle  entwickeln  und  ablagern''  (1845,  p.  12). 
Man  bezeichnete  sie  als  eine  Umhüllungsmasse.  Auch  Kölliker 
deutete  vorübergehend  die  Kerne  des  Eies  und  der  Furchungskugeln 
für  Eml)ryonalzellen  (184.3),  ging  aber  schon  im  nächsten  Jahre  in 
seiner  Entwickelungsgeschichte  der  Cephalopoden  (1844)  zu  der  rich- 
tigeren Auffassung  über.  Eine  allgemeinere  Uebereinstimmung  aber 
in  den  Anschauungen  wurde  erst  nach  langen  Debatten  herbeigeführt, 
als  in  der  Histologie  der  Begriff'  „Zelle"  ül)erhaupt  eine  schärfere 
Fassung  namentlich  auf  Grund  einer  richtigeren  Erkenntnis  des 
Zellenbildungsprozesses  durch  die  Arbeiten  von  Nägeli,  Kölliker, 
Remak,  Leydig  u.  a.  erhielt. 

Eine  besondere  Schwierigkeit  für  die  Zellentheorie  verursachten 
die  Eier  mit  gesondertem  Bildungs-  und  Nahrungsdotter  und  mit 
partieller  Furchung.  Sind  sie  ebenfalls  einfache  Zellen  oder  etwas 
Zusammengesetzteres?  Der  Wendepunkt  in  dieser  Frage  ist  wohl 
erst  im  Jahre  1861  eingetreten,  als  Gegenbaur  in  einem  kleinen 
Aufsatze  über  den  Bau  der  Wirbeltiereier  mit  partieller  Dotterteilung 
den  Satz  scharf  formulierte:  „Die  Eier  der  Wirbeltiere  mit  partieller 
Furchung  sind  somit  keine  wesentlich  zusammengesetzteren  Gebilde 
als  die  der  übrigen  Wirbeltiere;  sie  sind  nichts  anderes  als  zu  be- 
sonderen Zwecken  eigentümlich  umgewandelte,  kolossale  Zellen,  die 
aber  nie  diesen  ihren  Charakter  aufgeben"  (Gegenbaur,  1861). 


Einfluß  von  Schwann  und  Darwin  auf  die  Entwickelungslehre.      49 

Nicht  miiidei-  hat  es  langer  Diskussionen  bedurft,  ehe  die  jetzt 
herrschende  Lehre  von  der  Bedeutung  des  Furchungsprozesses  klar 
durchdacht  und  allgemein  angenommen  war.  Zwar  hatten  schon  vor 
dem  Erscheinen  von  Schwann's  Zellentheorie  Rusconi  und  Baer 
erkannt,  daß  die  Furchen  am  Froschei,  welche  Prevost  und  Dumas 
(1824)  beschrieben  hatten,  durcli  den  ganzen  Dotter  hindu)"chgehen 
und  ihn  in  kleinere,  für  den  Aufbau  der  Organe  bestimmte  Elemente 
zerlegen.  Rusconi  (182(3)  spricht  von  einer  „division  et  subdivision 
de  la  substance  du  germe  ou  en  d'autres  termes,  une  Operation  au 
nioyen  de  laquelle  la  nature  prepare  les  molecules  elementaires  des 
principaux  systemes".  Besonders  nahe  der  Wahrheit  kam  C.  E.  von 
Baer  (1834).  Als  erste  Regungen  des  Lebens  im  Froschei,  das  er 
als  ein  Individuum  bezeichnet,  beschreibt  er  Selbstteilungen,  die  sich 
so  lange  fortsetzen,  bis  die  zahllosen  neuen  Individualitäten  unendlich 
wenig  Bedeutung  haben  und  nur  als  Elementarteile  eines  neuen  In- 
dividuums erscheinen. 

Rusconi  und  Baer  vermochten  ihreu  vortrefflichen  Beobachtungen 
und  Deutungen  keine  größere  wissenschaftliche  Tragweite  zu  geben, 
weil  ihnen  noch  die  allgemeine  Vorstellung  von  dem  Aufbau  der 
PÜanzen  uud  Tiere  aus  lebenden  Elementareinheiten,  den  Zellen,  fehlte. 
Schwann  aber,  der  bald  darauf  (1839)  diese  Vorstellung  für  die  Tiere 
durch  seine  Zellentheorie  begründete,  wußte  wieder  nichts  mit  den 
eben  genannten  Beobachtungen  anzufangen.  Hatte  er  doch  von 
ScHLEiDEN  die  aus  falschen  Beobachtungen  gewonnene,  unglückliche 
Lehre  vom  Cytoblastem  und  von  der  freien  Zellenbildung  übernommen 
und  sich  ganz  in  den  Gedankengang  verirrt,  daß  sich  die  Zellen  nach 
Art  eines  Krystallationsprozesses  aus  einer  Mutterlauge,  sei  es  inner- 
halb bereits  vorhandener  Mutterzellen,  sei  es  aus  einer  zwischen  ihnen 
vorhandenen  Bildungssubstanz,  bilden  sollten.  Die  verfehlte  Cyto- 
blastemlehre  ist  sowohl  in  der  histologischen  als  embryologischen 
Litteratur  eine  Quelle  vieljähriger  Irrtümer  und  Streitigkeiten  ge- 
worden. Erst  nachdem  auf  botanischem  Gebiete  Mohl  den  Vorgang 
einer  Zellteilung  bei  Spirogira  genau  beschrieben  und  Nägeli  von 
umfassenderem  Staudpunkte  aus  reformatorisch  gewirkt  hatte,  haben 
auf  tierischem  Gebiete  vor  allen  Dingen  Kölliker,  Remak  und 
Leydig  sich  das  ^>rdienst  erworben,  das  Verständnis  der  Furchung 
angebahnt  und  gezeigt  zu  haben,  daß  eine  freie  Zellenbildung  nicht 
stattfindet,  sondern  alle  Elementarteile  in  ununterbrochener  Folge  aus 
der  Eizelle  durch  Teilung  hervorgehen. 

In  seiner  Entwickelungsgeschichte  der  Cephalopoden  glaubt  Köl- 
liker den  Satz  als  wahrscheinlich  aufstellen  zu  dürfen  (1844,  p.  140), 
,,daß  in  der  ganzen  Reihe  der  Entwickelung  der  tierischen  Gewebe, 
ebenso  wie  bei  den  Pflanzen,  keine  Zellenbildung  außerhalb  der  schon 
vorhandenen  sich  finde,  vielmehr  alle  Erscheinungen  als  die  ununter- 
brochene Folge  von  Veränderungen  ursprünglich  gleichbedeutender  und 
von  einem  ersten  abstammender  Elementarorgane  aufzufassen  seien". 
Es  scheint  ihm  ein  Gesetz  zu  sein  (1.  c.  p.  135),  „daß  die  Gewebe  in 
einer  unmittelbaren  Reihenfolge  von  Veränderungen  aus  den  Furchungs- 
kugeln  entstehen". 

Neben  der  totalen  wurde  bald  auch  die  partielle  Eurchung  des 
Eies,  zuerst  von  Rusconi,  etwas  später  durch  C.  Vogt,  am  Fischei  be- 
obachtet.    Genauer  aufgeklärt  wurde  der  Prozeß  aber  erst  von  Kölliker 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.  4 


50  Oscar  Hertwig, 

in  seiner  Untersuchung  der  Cephalopoden  (1844).  1848  erfolgte  die 
Entdeckung  der  partiellen  Furchung  beim  Vogelei  durch  den  franzö- 
sischen Embryologen  Coste.  In  zweckmäßiger  Weise  benutzte  Remak 
(1855,  p.  82)    diese  Wahrnehmungen,    um    die    Eier    der    Wirbeltiere    in 

2  große  Gruppen,  in  die  holo blastischen  und  die  meroblastischen,  einzu- 
teilen. Als  holoblastische  bezeichnete  er  solche  Eier,  deren  Inhalt  sich 
ganz  in  Embryonalzellen  teilt  und  in  den  Embryo  umwandelt;  als 
meroblastische  dagegen  solche,  deren  Inhalt  nach  der  von  Reichert 
eingeführten  Terminologie  in  Bildungsdotter  und  in  Nahrungsdotter 
gesondert  ist,  von  denen  nur  der  erstere  durch  fortschreitende  Teilung 
in  Zellen  zerfällt  und  den  Keim  liefert. 

Bei  der  Klarlegung  dieser  fundamentalen  Verhältnisse  blieb  ein 
Punkt  indessen  noch  mehrere  Jahre  in  Dunkel  gehüllt,  nämlich  das 
Schicksal  des  Keimbläschens  und  die  Rolle  der  Kerne  beim  Furchungs- 
prozesse.  Löst  sich  Keimbläschen  und  Kern  vor  jeder  Teilung  auf, 
wie  es  im  Anschluß  an  die  Botaniker  Reichert,  Auerbach  u.  a. 
behaupteten,  oder  teilt  sich  auch  der  Kern  durch  bisquitförmige  Ein- 
schnürung, wie  es  die  meisten  Forscher  (Baer.  J.  Müller,  Köl- 
LiKER,  Gegenbaur  etc.)   annahmen  V     Hierüber   haben    uns   erst   die 

3  letzten  Decennien  durch  eine  Reihe  wichtiger,  weittragender  mikro- 
skopischer Entdeckungen  belehrt,  über  deren  Geschichte  das  zweite 
Kapitel  Näheres  bringt. 

Hervorgehoben  sei  nur  der  Nachweis  von  der  Kontinuität  der 
Kerngenerationeu  (Hertwig,  Flemming),  die  Entdeckung  des 
karyokinetischen  Prozesses  (Strasburger,  Bütschli,  Flemming, 
Hertwig,  Fol,  Van  Beneden  u.  a.),  die  Umwandlung  des  Keim- 
bläschens in  die  Richtungsspindel  und  die  Entstehung  der  Polzelleu 
(Hertwig,  Bütschli  u.  a.). 

Wie  auf  das  tierische  Ei  fiel  durch  den  Bund  der  Zellentheorie 
mit  der  Entwickelungslehre  jetzt  auch  Licht  auf  die  Natur  der  Samen- 
fäden. Die  in  früherer  Zeit  ohne  Erfolg  diskutierte  Frage,  ob  die 
Samenfäden  Bestandteile  des  Tieres  oder  parasitische  Infusorien  seien, 
wurde  zu  Gunsten  der  ersten  Alternative  gelöst  durch  den  von  Köl- 
liker  (1841)  erbrachten  Nachweis,  daß  sie  sich  aus  Hodenzelleu  ent- 
wickeln. Die  hieran  sich  anschließenden  schwierigeren  Fragen  der 
Histogenese,  Umwandlung  der  einzelnen  Bestandteile  der  Samenzelle  in 
die  Bestandteile  des  Samenfadens,  fanden  ihre  Beantwortung  durch 
die  wichtigen  Untersuchungen  von  La  Valette,  Flemming,  Her- 
mann u.  a.),  über  welche  im  ersten  Kapitel  (Abschnitt:  Spermiogenese) 
ausführlicher  gehandelt  wird. 

Durch  die  aus  der  Zellentheorie  sich  ergebenden  neuen  Gesichts- 
punkte empfing  das  Studium  der  Entwickelungslehre  noch  nach  vielen 
anderen  Richtungen  Anregung  und  Vertiefung.  Deutlich  tritt  dies 
hervor  in  den  ausgezeichneten  ,,Untersuchungen  über  die  Entwickelung 
der  Wirbeltiere"  von  Robert  Remak,  einem  Werk,  welches  an  Ge- 
nauigkeit und  Vielseitigkeit  der  Beobachtungen  die  Arbeiten  Baer's 
noch  übertrifft,  wenn  es  auch  an  Tiefe  und  Tragweite  der  allgemeinen 
Gesichtspunkte  hinter  ihnen  zurückbleibt.  ,,Ich  glaubte  eine  Ver- 
pflichtung zu  haben",  bemerkt  Remak  in  seinem  Vorwort,  „mittelst 
der  Erfahrungen  und  Fertigkeiten,  welche  ich  mir  bereits  erworben, 
die  immer  schärfer  sich  umschreibende,  selbst  von  Bischoff's  Arbeiten 
nur  wenig  berührte  Aufgabe,    nämlich  die   Er  grün  düng   des   An- 


Remak's  Arbeiten.  51 

t e i  1  e s  der  Keimblätter  an  der  B  i  1  d ii n  j;-  der  Organe  und 
Gewebe,  der  Lösung  entgegenzuführen."'  Wie  jetzt  zum  ersten  Male 
gezeigt  wurde,  liefern  das  äußere  und  das  innere  Keimblatt  allein 
die  epithelialen  Ueberzüge  des  Köri)ers.  die  Epidermis  und  das  E])ithel 
des  Darmkanals,  ferner  die  epithelialen  Bestandteile  der  aus  ihnen 
sich  durch  Sprossung  entwickehulen  Drüsen.  Diese  werden  daher 
auch  als  Epithelial-  oder  Oberhautdrüsen  den  drüsigen  Gebilden  des 
mittleren  Keimblattes  (Lymphdrüsen,  Milz,  Nebennieren)  entgegen- 
gestellt. Wegen  ihrer  histogenetischen  Leistungen  werden  das  äußere 
und  das  innere  Keimblatt  als  Darmdrüsen-  und  als  Hautdrüsenblatt 
bezeichnet.  Als  die  wichtigsten  Leistungen  des  mittleren  Keimblattes 
wurden  die  Bildung  der  Stützsubstanzen,  der  willkürlichen  und  unwill- 
kürlichen Muskeln,  der  Blutgefäße  und  des  Blutes,  sowie  der  Ge- 
schlechtsprodukte erkannt  und  in  der  Bezeichnung  „motorisch-germina- 
tives  Blatt"  zum  Ausdruck  gebracht. 

Auf  einzelne  Beobachtungen,  durch  welche  Remak  seine  Vor- 
gänger übertraf,  einzugehen,  würde  uns  zu  weit  führen,  nur  zweierlei 
sei  hervorgehoben.  Erstens  wurde  Remak  bei  der  Entwickelung  des 
Axenskeletts  auf  eine  Reihe  eigentümlicher  Erscheinungen  aufmerksam, 
welche  er  als  „Umgliederung  der  Wirbelsäule''  zusammenfaßte,  zweitens 
sprach  er,  auf  Beobachtungen  am  Froschei  gestützt,  die  Vermutung 
aus,  daß  „die  Nahrungshöhle  durch  Einstülpung  der  Außenfläche  des 
Keimes  entsteht''  (p.  183). 

Remak's  Versuch,  die  histogenetischen  Leistungen  der  Keimblätter 
festzustellen,  fand  großen  Beifall;  auch  gelanges,  einige  Widersprüche 
zu  beseitigen.  Man  erkannte,  daß  im  Hirn.  Rückenmark  und  in  der 
Retina  die  Blutgefäße  mit  dem  sie  umhüllenden  Bindegewebe  nicht 
an  Ort  und  Stelle  von  Zellen  des  äußeren  Keimblattes  abstammen, 
sondern  von  Gewebsteilen  (Gefäßsprossen),  die  aus  dem  angrenzenden 
mittleren  Keimblatte  hineingewachsen  sind.  Und  ähnlich  fand  noch 
in  manchen  anderen  Punkten  die  REMAK'sche  Lehre  einen  weiteren 
Ausbau,  zugleich  aber  gab  sie  auch  vielfach  zu  dogmatischen  Auf- 
fassungen Veranlassung,  indem  man  als  ein  durchgehendes  Gesetz 
annahm,  daß  bei  allen  Tieren  die  einzelnen  Keimblätter  nur  ganz 
bestimmte  Gewebe  sollten  bilden  können.  Von  diesem  Grundgedanken 
geleitet,  machte  His  in  seinem  Programm  (1^66),  „Die  Häute  und 
Höhlen  des  Körpers",  den  Versuch,  die  Beziehung  der  Keimblätter 
zu  den  Geweben  als  Einteilungsprinzip  für  das  System  der  Gewebe 
zu  benutzen  und  unterschied  demgemäß  die  zur  Auskleidung  der 
serösen  Höhlen  dienenden  Zellen  als  „unechte  Epithelien  oder  Endo- 
thelien"  von  den  echten  Epithelien  der  äußeren  Keimblätter.  Kleinen- 
berg aber  glaubte,  durch  seine  Untersuchung  von  Hydra  dargethan 
zu  haben,  daß  die  Uebereinstimmung  der  Entwickelung  der  Hydra 
und  der  Wirbeltiere  nicht  nur  bis  zu  den  primären  Keimblättern 
reicht,  „sondern  daß  auch  die  specialisierten  Gewebe,  die  Epithelien, 
die  Muskeln,  mit  den  dazugehörigen  Nerven  und  die  Geschlechts- 
organe bei  beiden  mit  Rücksicht  auf  die  Keimblätter  eine  wesentlich 
gleichartige  Genese  haben''.  Ebenso  setzte  Van  Beneden  voraus,  daß 
die  beiden  Keimblätter  bei  allen  Metazoen  denselben  histogenetischen 
Wert  besitzen. 

Mit  der  Aufstellung  eines  derartigen  Gesetzes  war  man  mit  den 
Thatsachen  in  Widerspruch  geraten.  Namentlich  bei  den  Cölenteraten 
konnten  Oscar   und  Richard  Hertwig  (1879)  nachweisen,   daß   die 

4* 


52  Oscar  Hertwig. 

Gescliloclitsprodukte  in  manchen  Abteilungen  sich  konstant  im  inneren 
Keimbhitt,  l)ei  anderen  dagegen  ebenso  konstant  ektodermal  entwickehi, 
daß  Mnskelzellen  und  Nervenfasern  ebenso  gut  vom  inneren  wie  vom 
äußeren  Keimblatt  gebildet  werden ;  sie  sprachen  sicli  daher  bestimmt 
gegen  das  Dogma  aus,  daß  jedes  Keimblatt  nur  die  Fähigkeit  habe, 
eine  bestimmte  Reihe  von  Geweben  hervorzubringen.  Denselben  Stand- 
punkt vertraten  auch  Goette  und  Kölliker,  von  denen  der  letztere 
erklärte  (1879,  p.  o89),  „daß  alle  l>  Keimblätter  potentia  auch  die 
Fähigkeit  zur  Umbildung  in  alle  Gewebe  lial)en,  jedoch  infolge  be- 
stimmter morphologischer  Gestaltungen  dieses  Vermögen  nicht  aller- 
wärts  bethätigen''. 

Betreffs  der  Detailuntersuchungen  über  die  Entstehung  der  ein- 
zelnen Gewebe,  der  Muskelfasern,  der  Nervenfasern,  der  Geschlechts- 
produkte, der  Blutgefäße  und  des  Blutes,  der  Stützsubstanzen  etc., 
ist  auf  die  geschichtlichen  Abschnitte  in  den  späteren  Kapiteln  in 
Bd.  I — III  zu  verweisen. 

Trotz  zahlreicher  Arbeiten  ist  die  Histogenese  ein  Gebiet,  auf 
welchem  auch  jetzt  noch  viele  Fragen  zu  lösen  sind.  Namentlich  aber 
ist  die  Entstehung  der  Nervenfasern,  des  Blutes  und  der  Blutgefäße 
im  Tierreiche  mit  vervollkommneteren  Methoden  noch  genauer  aufzu- 
klären. 

Der  andere  Faktor,  welcher  der  embryologischen  Forschung  in 
der  zweiten  Hälfte  des  Jahrhunderts  ein  besonderes  Gepräge  auf- 
gedrückt hat,  ist  die  von  Darwin  ausgehende  Bewegung,  die  durch 
seine  Selektionshypothese  wieder  lebhafter  angeregte  Frage  nach  der 
Entstehung  und  Abstammung  der  Organismen.  Zwar  hat  diese  Frage 
schon  unter  der  Herrschaft  der  Naturphilosophie  am  Anfang  unseres 
Jahrhunderts,  wie  oben  gezeigt  wurde,  die  Naturforscher  lebhaft  be- 
schäftigt ;  durch  Verbindung  vergleichend-anatomischer  und  vergleichend- 
embryologischer  Forschungen  hatte  man  schon  versucht,  die  Meta- 
morphosen der  Organe  in  der  Tierreihe  und  während  der  individuellen 
Entwickelung  von  genetischen  Gesichtspunkten  aus  zu  erklären.  Doch 
war  in  den  50-er  Jahren  die  spekulative  Richtung  mehr  zum  Still- 
stand gekommen;  mau  sah  wohl  ein,  vielleicht  auch  unter  dem 
Einfluß  von  C.  E.  von  Baer's  Schriften,  daß  man  aus  der  Ab- 
stammungsfrage auf  ein  Gebiet  nicht  näher  zu  beweisender  Hypo- 
thesen geriet ;  gleichzeitig  bot  sich  auch  der  Forschung  mit  der 
Begründung  der  Zelltheorie  ein  so  unerschöpfliches  und  lohnendes 
Feld  für  wichtige  Detailuntersuchungen  dar,  daß  diese  eine  Zeit- 
lang in  der  Zoologie,  in  der  mikroskopischen  Anatomie  und  Entwicke- 
lungsgeschichte  mehr  in  den  Vordergrund  traten. 

Mit  dem  Darwinismus  hat  die  Spekulation  auf  dem  Gebiete  der 
Entwickelungsgeschichte  wieder  neue  Impulse  erhalten,  weniger  durch 
Darwin  selbst  als  durch  Haeckel.  Denn  Darwin  ist  seinem  ganzen 
Studiengang  nach  der  vergleichend-anatomischen  und  entwickelungs- 
geschichtlichen  Forschung  in  ihren  Specialproblemen  nie  näher  ge- 
treten. Dagegen  hat  Haeckel  durch  seine  zahlreichen  wissenschaft- 
lichen und  po])ulären  Schriften  zur  raschen  Verbreitung  der  neuen 
Lehre  außerordentlich  beigetragen,  besonders  aber  hat  er  die  ver- 
gleichende Anatomie  und  Entwickelungsgeschichte  ganz  in  ihren 
Dienst  zu  stellen  und  zu  wichtigen  Beweismitteln  der  Descendenz- 
theorie  zu  machen  gesucht,  in  seiner  Generellen  Morphologie,  in  seiner 


Haeckels  biogenetisches  Grundgesetz.  53 

an  weitere  Kreise  sich  wendenden  Anthroi)ogenie  und  in  seinen  be- 
rühmten Schriften  zur  Gastraeatheoric. 

Wie  Meckel  und  seine  Anhänger  legt  Haeckel  das  größte 
Gewicht  auf  die  Parallele,  welche  sich  zwischen  der  Stufenfolge  em- 
bryonaler Entwickelungsformen  und  der  Reihe  niederer  und  höherer 
Tierformen  beim  Studium  der  vergleichenden  Anatomie  und  Systematik 
erkennen  läßt.  Zu  beiden  fügt  er  aber  noch  eine  dritte  Parallele 
hinzu,  welche  man  aus  den  Ergebnissen  der  paläontologischen  Forschung 
gewinnt,  „In  dem  dreifachen  Parallelismus  der  phyletischen  (palä- 
ontologischen), der  biontischen  (individuellen)  und  der  systematischen 
Entwickelung"  erl^lickt  Haeckel  „eine  der  größten,  merkwürdigsten 
und  wichtigsten  allgemeinen  Erscheinungsreihen  der  organischen  Natur" 
(1866,  II,  p.  371).  Die  Erklärung  dieser  ,,dreifachen  genealogischen 
Parallele"  bezeichnet  er  als  das  „Grundgesetz  der  organischen  Ent- 
wickelung oder  kurz  das  „biogenetische  Grundgesetz''.  Einen 
kurzen  Ausdruck  giebt  er  ihm  in  dem  Satz:  „Die  Ontogenie  ist  eine 
Rekapitulation  der  Phylogenie,  oder  etwas  ausführlicher :  Die  Formen- 
reihe, welche  der  individuelle  Organismus  während  seiner  Entwickelung 
von  der  Eizelle  an  bis  zu  seinem  ausgebildeten  Zustande  durchläuft, 
ist  eine  kurze  gedrängte  Wiederholung  der  langen  Formenreihe,  welche 
die  tierischen  Vorfahren  desselben  Organismus  oder  die  Stammformen 
seiner  Art  von  den  ältesten  Zeiten  der  sogenannten  organischen 
Schöpfung  an  bis  auf  die  Gegenwart  durchlaufen  haben''  (181>1,  p.  7). 

Haeckel  läßt  den  Parallelismus  zwischen  beiden  Entwickelungs- 
reihen  allerdings  „dadurch  etwas  verwischt  sein,  daß  meistens  in  der 
ontogenetischen  Entwickelungsfolge  vieles  fehlt  und  verloren  gegangen 
ist,  was  in  der  phyletischen  Entwickelungskette  früher  existiert  und 
wirklich  gelebt  hat".  Denn  „wenn  der  Parallelismus  beider  Reihen", 
fügt  er  dem  Obigen  weiter  hinzu,  „vollständig  wäre,  und  wenn  dieses 
große  Grundgesetz  von  dem  Kausalnexus  der  Ontogenese  und  Phylo- 
genie im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes  volle  und  unbedingte  Geltung 
hätte,  so  würden  wir  bloß  mit  Hilfe  des  Mikroskops  und  des  ana- 
tomischen Messers  die  Formeureihe  festzustellen  haben,  welche  das 
befruchtete  Ei  des  Menschen  bis  zu  seiner  vollkommenen  Ausbildung 
durchläuft;  wir  würden  dadurch  sofort  uns  ein  vollständiges  Bild  von 
der  merkwürdigen  Formenreihe  verschatfen,  welche  die  tierischen  Vor- 
fahren des  Menschengeschlechts  von  Anbeginn  der  organischen  Schöpfung 
an  bis  zum  ersten  Auftreten  des  Menschen  durchlaufen  haben.  Jede 
Wiederholung  der  Stammesgeschichte  durch  die  Keimesgeschichte  ist 
eben  nur  in  seltenen  Fällen  ganz  vollständig  und  entspricht  nur  selten 
der  ganzen  Buchstabenreihe  des  Alphabets.  In  den  allermeisten  Fällen 
ist  vielmehr  dieser  Auszug  sehr  unvollständig,  vielfach  durch  Ursachen, 
die  wir  später  kennen  lernen  w^erden,  verändert,  gestört  oder  gefälscht. 
Wir  sind  daher  meistens  nicht  imstande,  alle  verschiedenen  Form- 
zustände, welche  die  Vorfahren  jedes  Organismus  durchlaufen  haben, 
unmittelbar  durch  die  Ontogenie  im  einzelnen  festzustellen ;  vielmehr 
stoßen  wir  gewöhnlich  auf  mannigfache  Lücken," 

Haeckel  unterscheidet  daher  in  der  Entwickelung  zwei  ver- 
schiedene Arten  von  Prozessen  :  1 )  die  p  a  1  i  n  g  e  n  e  t  i  s  c  h  e  n  und 
2)  die  c  e  n  0  g  e  n  e  t  i  s  c  h  e  n.  Die  ersteren  sind  keimesgeschichtliche 
Wiederholungen  oder  solche  Erscheinungen  in  der  individuellen  Ent- 
wickelungsgeschichte,  welche  durch  die  konservative  Vererlning  getreu 
von  Generation  zu  Generation  übertragen  werden  und  welche  demnach 


54  Oscar  Hertwig. 

einen  unmittelbaren  Rückschluß  auf  entsprechende  Vorgänge  in  der 
Stamniesgeschichte  der  entwickelten  Vorfahren  gestatten.  „Cenogenetische 
Prozesse  liingegen  oder  keimesgeschichtliche  Störungen''  nennt  Haeckel 
„alle  jene  Vorgänge  in  der  Keimesgeschichte,  welche  nicht  auf  solche 
Vererbung  von  uralten  Stammformen  zurückführbar,  vielmehr  erst 
später  durch  Anpassung  der  Keime  oder  der  Jugendformen  an  be- 
stimmte Bedingungen  der  Keimesentwickelung  hinzugekommen  sind. 
Diese  cenogenetischen  Erscheinungen  sind  fremde  Zuthaten,  welche 
durchaus  keinen  unmittelbaren  Schluß  auf  entsprechende  Vorgänge  in 
der  Stamniesgeschichte  der  Ahnenreihe  erlauben,  vielmehr  die  Er- 
kenntnis der  letzteren  geradezu  fälschen  und  verdecken."  Hierdurch 
sieht  sich  Haeckel  auch  veranlaßt,  eine  Palingenesis  oder  Auszugs- 
entwickelung und  eine  Cenogenesis  oder  Störungsentwickelung  anzu- 
nehmen, und  er  giebt  mit  Rücksicht  auf  dieses  Verhältnis  jetzt  dem 
biogenetischen  Grundgesetz  folgende  schärfere  Fassung: 

„Die  Keimesentwickelung  (Ontogenesis)  ist  eine  gedrängte  und 
abgekürzte  Wiederholung  der  Stammesentwickelung  (Phylogenesis), 
und  zwar  ist  diese  Wiederholung  um  so  vollständiger,  je  mehr  durch 
beständige  Vererbung  die  ursprüngliche  Auszugsentwickelung  (Palin- 
genesis) beibehalten  wird,  hingegen  ist  die  Wiederholung  um  so  unvoll- 
ständiger, je  mehr  durch  wechselnde  Anpassung  die  spätere  Störungs- 
entwickelung (Cenogenesis)  eingeführt  wird." 

Vererbung  und  Anpassung  werden  als  die  treibenden  Faktoren 
des  Entwickeln ngsprozesses  bezeichnet.  Das  System  ist  der  unendlich 
verzweigte  Stammbaum  der  Organismen  und  die  Hauptaufgabe  des 
Forschers  ist,  die  Verbindungen  der  heutzutage  existierenden  Endzweige 
in  richtiger  Weise  herzustellen.  In  der  w'irklichen  P)lutsverwandtschaft 
der  Organismen  ist  die  Erklärung  für  die  morphologischen  Erscheinungen 
zu  suchen. 

Auf  der  Abstammungshypothese  fußend,  ging  man 
daran,-  den  v  e  r  g  1  e  i  c  h  e  n  d  -  a  n  a  t  o  m  i  s  c  h  e  n  Ergebnissen, 
Sätzen  und  Methoden  eine  phylogenetische  Bedeutung 
unterzulegen.  Wie  das  System  zum  Stammbaum,  so  wurde  die 
alte  vergleichend-anatomische  Bezeichnung  Homologie  ein  Ausdruck 
für  Blutsverwandtschaft.  Während  man  früher  als  homolog  solche 
Teile  bezeichnete,  die  nach  Lage,  Struktur  und  Entwickelung  mit- 
einander übereinstimmen,  so  erklärte  man  sie  jetzt  für  Erbstücke 
von  gemeinsamen  Vorfahren.  Die  vergleichend  morphologischen  Me- 
thoden wurden  zu  phylogenetischen,  wie  Strasburger  (1874)  in  einem 
Vortrag  :  „Ueber  die  Bedeutung  phylogenetischer  Methoden  für  die  Er- 
forschung lebender  Wesen"  hervorhob,  allerdings  nicht  ohne  eine  Ein- 
schränkung dabei  zu  machen.  Denn  er  fügte  hinzu :  „Die  von  uns 
angewandten  phylogenetischen  Methoden  unterscheiden  sich  im  übrigen, 
was  den  Modus  procedendi  anbetriift,  nicht  von  den  früheren ;  wir 
operieren  immer  noch  mit  den  nämlichen  Mitteln,  die  nur 
neu  werden  durch  den  Hintergrund,  den  w^  i  r  i  h  n  e  n 
ge  b  en." 

Die  eben  skizzierten  Anschauungen,  die  in  einem  geschlossenen 
System  auftraten,  haben  auf  eine  ganze  Generation  von  Forschern 
einen  großen  Einfluß  ausgeübt  und  den  Eifer  für  entwickelungs- 
geschichtliche  Untersuchungen  wohl  noch  mehr  geweckt,  als  es 
vordem  schon  in  so  hohem  Maße  der  Fall  war.  Mit  Rücksicht  auf 
phylogenetische    Spekulationen     wandte     man     sich     mit    besonderem 


Phylogenetische  Hypothesen.  55 

Interesse  dem  Studium  solcher  Tiergruppen  zu,  in  welchen  man 
weniger  abgeänderte,  gemeinsame  Stammformen  im  System  zu  er- 
blicken geneigt  war,  überliaui)t  den  sogenannten  Verbindungsgliedern 
zwischen  verschiedenen  Klassen  oder  Typen.  Man  suchte  die  Ur- 
formen zu  erforschen,  deren  Entwickelung  als  eine  möglichst  unver- 
fälschte oder  i)alingenetische  angesehen  werden  konnte.  Amphioxus 
und  die  Selachier  insbesondere  wurden  bevorzugte  Objekte  der  Em- 
bryologen, das  letztere  Objekt,  nachdem  es  schon  Gegenbaur  zur 
Grundlage  für  seine  Arbeiten  über  das  Skelett  gemacht  hatte.  Während 
vordem  durch  die  Typenlehre  von  Cuvier  und  Baer  der  vergleichen- 
den Morphologie  gewisse  Fesseln  angelegt  worden  waren,  so  konnte 
jetzt  die  Vergleichung  wieder  freier  und  kühner  hervortreten,  wie  zur 
Zeit,  als  G.  St.  Hilaire  seine  Lehre  sur  l'unite  de  composition  ent- 
wickelte und  die  These  aufstellte,  daß  die  Gliedertiere  auf  dem  Rücken 
laufende  Wirbeltiere  seien.  Jetzt  wurde  die  Theorie  der  Keimblätter 
von  den  Wirbeltieren  auch  auf  die  Wirbellosen  übertragen  und  in  der 
Gastraeatheorie  eine  Grundform,  die  Gastraea,  aufgestellt,  welche  für 
alle  Tiertypen  gemeinsam  ist.  Beziehungen  der  Wirbeltiere  zu  den 
Anneliden,  wie  in  den  Segmentalorganen,  ja  selbst  zu  den  Cölenteraten 
wie  in  dem  den  Urmund  umgebenden  Nervenring  wurden  aufgefunden. 

Bei  der  Charakteristik  der  vorliegenden  Epoche  ist  auch  des 
Zuges  nach  dem  Meere  zu  gedenken.  Schon  iu  der  Mitte  unseres 
Jahrhunderts  haben  Jon.  Müller  und  seine  Schüler,  ferner  Kölliker, 
Gegenbaur,  Haeckel,  Leuckart  die  hohe  W^ichtigkeit  von  Unter- 
suchungen mariner  Tierformen  erkannt  und  daher  solche  an  diesem 
und  jenem  Punkte  der  Meeresküste  vorgenommen.  Zur  zoologischen 
Forschung  am  Meere  kam  jetzt  bald  auch  die  entwickelungsgeschicht- 
liche  hinzu,  und  so  wuchs  die  Zahl  derer,  welche  alljährlich  mit  ihrem 
mikroskopischen  Apparate  die  Meeresküste  aufsuchten,  so  sehr,  daß 
der  Gedanke  lebendig  werden  konnte,  für  sie  besondere  biologische 
Stationen  am  Meere  zu  errichten.  Nachdem  die  zoologische  Station  zu 
Neapel  iu  großem  Stil  von  Dohrn  gegründet  worden  war,  folgten  bald 
ähnliche  Anstalten  nicht  nur  an  den  verschiedensten  Küstenpunkten 
Europas  (Triest,  Villafranca,  Roseoff,  Rovigno,  Helgoland  etc.),  sondern 
ebenso  auch  in  Amerika  und  Australien.  Durch  diese  Einrichtungen 
wurden  entwickelungsgeschichtliche  Untersuchungen  an  Meertieren 
außerordentlich  erleichtert.  Die  am  meisten  begehrten  Untersuchungs- 
objekte wurden  Amphioxus  und  noch  weit  mehr  die  Selachier,  welche 
jetzt  die  Stelle  des  Hühnchens  in  der  vorausgegangenen  Periode  ein- 
nahmen. 

Wenn  ich  als  eine  der  wichtigsten  treibenden  Kräfte  der  ent- 
wickelungsgeschichtlichen  Forschung  die  phylogenetischen  Hypothesen 
besonders  in  der  ihnen  von  Haeckel  gegebenen  Form  aufgeführt 
habe,  so  dürfen  zur  Vervollständigung  des  geschichtlichen  Ueberblicks 
auch  die  Einwürfe  nicht  unerwähnt  bleiben,  die  den  neuen  Bestrebungen 
von  manchen  Seiten  gemacht  worden  sind.  Da  läßt  sich  als  eine 
Einseitigkeit  der  phylogenetischen  Richtung  das  allzu  große  Gewicht 
bezeichnen,  welches  von  ihr  auf  die  Abstammungsfrage,  gewissermaßen 
als  den  Mittelpunkt  embryologischer  Forschung,  gelegt  wird.  Wird 
doch  dadurch  die  Hypothese  zur  Hauptsache  in  der  Wissenschaft  von 
der  Entwickelung  gemacht.  Denn  auf  alle  Abstammungsfragen  können 
nur  hypothetische  Antworten  der  Natur  der  Beweismittel  nach  gegeben 
werden.    Von  keiner  der  3  Parallelerscheinungen,  auf  welchen  das  bio- 


56  Oscar  Hertwig, 

genetische  Grundgesetz  aufgebaut  ist,  können  wir  erfahren,  wie  in 
Wirklichkeit  die  entfernte  Vorfahrenform  irgend  einer  Tierart  ausge- 
sehen hat. 

Einmal  ist  aus  der  Beschati'enheit  der  jetzt  lebenden  niederen  und 
höheren  Organismen  auf  die  Beschaffenheit  vorausgegangener  Ahnen- 
formen irgend  einer  Tierart  kein  sicherer  Schluß  zu  ziehen.  Denn 
hier  gilt  im  allgemeinen,  was  Gegenbaur  im  besonderen  von  dem 
Verhältnis  des  Lepidosiren  zu  den  jetzt  lebenden  Amphibien  sagt 
(1870,  p.  75):  „Es  ist  zwar  in  hohem  Grade  wahrscheinlich,  daß 
Lepidosiren  mit  den  gegenwärtig  lebenden  Amphibien  gemeinschaft- 
liche Stammeltern  besaß,  aber  es  ist  ebenso  sicher,  daß  jene  Amphibien 
nicht  von  Lepidosiren  abstammen."  „So  wenig  wir  die  Urahnen 
einer  Familie  oder  die  Voreltern  eines  Volkes  unter  der  Generation 
der  Lebenden  suchen,  so  wenig  dürfen  wir  daran  denken,  unter  der 
lebenden  Tierwelt  dieselben  Formen  in  unveränderter  Gestalt  zu  ent- 
decken, die  für  diese  oder  jene  Abteilung  der  Ausgang  der  Differenzierung 
gewesen  sind." 

Ebensowenig  aber  ist  ein  sicherer  Schluß  auf  die  specielle  Or- 
ganisation entfernter  Vorfahrenformen  auf  Grund  der  Stufenfolgen  einer 
individuellen  Entwickelung  möglich.  Denn,  streng  genommen,  ist  jedes 
Embryonalstadium,  wenn  wir  der  Terminologie  von  Haeckel  folgen, 
ein  cenogenetisches,  und  nichts  ist  sicherer,  als  daß  Formen,  wie  sie 
jetzt  als  Stadien  in  einer  Ontogenie  beobachtet  werden,  in  der  Vor- 
zeit als  Ahnenformen  nie  existiert  und  nie  den  Abschluß  einer  in- 
dividuellen Entwickelung  gebildet  haben  können. 

Wie  Oscar  Hertwig  in  seinem  Lehrbuch :  „Die  Zelle",  eingehen- 
der durchgeführt  hat,  sind  an  der  von  Haeckel  gegebenen  Fassung  des 
biogenetischen  Grundgesetzes  einige  Aenderungen  vorzunehmen  (LS98, 
p.  273) :  „Wir  müssen",  heißt  es  daselbst,  „den  Ausdruck :  „Wiederholung 
von  Formen  ausgestorbener  Vorfahren"  fallen  lassen  und  dafür  setzen: 
Wiederholung  von  Formen,  welche  für  die  organische  Entwickelung 
gesetzmäßig  sind  und  vom  Einfachen  zum  Komi)lizierteren  fortschreiten. 
Wir  müssen  den  Schwerpunkt  darauf  legen,  daß  in  den  embryonalen 
Formen  ebenso  wie  in  den  ausgebildeten  Tierformen  allgememe  Ge- 
setze der  Entwickelung  der  organisierten  Lebenssubstanz  zum  Aus- 
druck kommen." 

„Nehmen  wir,  um  diesen  Gedankengang  klarer  zu  machen,  die 
Eizelle.  Lulem  jetzt  die  Entwickelung  eines  jeden  Organismus  mit 
ihr  beginnt,  wird  keineswegs  der  alte  Urzustand  rekapituliert  aus  der 
Zeit,  wo  vielleicht  nur  einzellige  Amöben  auf  unserem  Planeten 
existierten.  Denn  die  Eizelle  z.  B.  eines  jetzt  lebenden  Säugetieres 
ist  kein  einfaches  und  indifferentes,  bestimmungsloses  Gebilde,  als 
welches  sie  zuweilen  hingestellt  wird,  sondern  sie  ist  das  außerordent- 
lich komplizierte  Endprodukt  eines  sehr  langen,  historischen  Ent- 
wickelungsprozesses ,  welchen  die  organisierte  Substanz  seit  jener 
hypothetischen  Epoche  der  Einzelhgen  durchgemacht  hat.  Die  Eizelle 
von  jetzt  und  ihre  einzelligen  Vorfahren  in  der  Stammesgeschichte 
sind  daher  nur,  insofern  sie  unter  den  gemeinsamen  Begriff  der  Zelle 
fallen,  miteinander  vergleichbar,  im  übrigen  aber  in  ihrem  eigent- 
lichen Wesen  außerordentlich  verschieden  voneinander.  W^as  von  der 
Eizelle,  gilt  in  derselben  Weise  von  jedem  folgenden  Embryonalstadium. 
Es  ist  bei  der  Vergleichung  ontogenetischer  mit  vorausgegangenen 
phylogenetischen   Entwickelungsstufen   immer    im    Auge    zu    behalten, 


Moditikation  des  biogenetischen  Grundgesetzes.  57 

laß  infolge  der  mannigfachsten  Einwirkungen  äußerer  und  innerer 
Faktoren  das  ontogenetisclie  System  in  beständiger  Veränderung  be- 
griffen ist,  und  zwar  sich  im  allgemeinen  in  fortschreitende!'  Richtung 
verändert,  daß  daher  in  Wirklichkeit  ein  späterer  Zustand  niemals 
mehr  einem  vorausgegangenen  entsprechen  kann." 

Wenn  ein  Systeniatiker  einen  einfachen  Hydroidpolypen  und  die 
nur  in  geringfügigen  Merkmalen  unterschiedenen  Gastrulaformen  eines 
Seesterns,  eines  Brachiopoden,  einer  Sagitta,  eines  Amphioxus  auf 
Grund  ihrer  Aehnlichkeit  im  Tiersystem  zu  einer  Gruppe  der  Gasträ- 
aden  vereinigen  wollte,  so  würde  er  handeln  wie  ein  Chemiker,  der 
alle  möglichen  weiß  aussehenden  und  in  Xadeln  krystallisierendeu 
chemischen  Körper  zu  einer  Gruppe  im  chemischen  System  zusammen- 
stellte, obwohl  sie  alle  mit  einer  ganz  verschiedenen,  vom  Laien  aller- 
dings nicht  erkennbaren  und  auch  nicht  nachzuweisenden  Molekular- 
strnktur  versehen  sind.  Wie  in  der  chemischen  Systematik  nicht  ein 
grob  in  das  Auge  springendes  Merkmal  als  Einteilungsprinzip  zu 
verwerten  ist,  so  auch  bei  der  Einordnung  der  äußerlich  ähnlichen 
Gastrulaformen.  Denn  die  Gastrula  eines  Echinodermen,  eines  Cölen- 
teraten,  eines  Brachiopoden,  eines  Amphioxus  trägt  trotz  aller  äußeren 
Aehnlichkeit  stets  der  Anlage  nach  und  als  solche  für  uns  nicht  er- 
kennbar die  Merkmale  ihres  Typus  und  ihrer  Klasse  an  sich,  nur  noch 
im  unentwickelten  Zustand;  alle  Gastrulastadien  sind  also  in  Wahrheit 
ebenso  weit  voneinander  unterschieden,  wie  die  nach  allen  ihren  Merk- 
malen ausgebildeten  Lebewesen. 

Daß  gewisse  Formzustände  in  der  Entwickelung  der  Tiere  mit 
so  großer  Konstanz  und  in  prinzipiell  übereinstimmender  Weise 
wiederkehren,  liegt  hauptsächlich  daran,  daß  sie  unter  allen  Verhält- 
nissen die  notwendigen  Vorbedingungen  liefern ,  unter  denen  sich 
allein  die  folgende  höhere  Stufe  der  Ontogenese  hervorbilden  kann. 
Der  einzellige  Organismus  kann  sich  seiner  ganzen  Natur  nach  in 
einen  vielzelligen  nur  auf  dem  Wege  der  Zellenteilung  umwandeln. 
Daher  muß  bei  allen  Metazoen  die  Ontogenese  mit  einem  Furchungs- 
prozeß  beginnen,  und  Aehnliches  läßt  sich  von  jedem  folgenden  Stadium 
sagen. 

So  führt  uns  die  Vergleichung  der  ontogenetischen  Stadien  der 
verschiedenen  Tiere  teils  untereinander,  teils  mit  den  ausgebildeten 
Formen  niederer  Tiergruppen  zur  Erkenntnis  allgemeiner  Gesetze, 
von  welchen  der  Entwickelungsprozeß  der  organischen  Materie  be- 
herrscht wird. 

Es  ist  daher  auch  nicht  zu  billigen,  wenn  man  den  Begriff  der 
Homologie  mit  dem  Begriff  wirklicher  Blutsverwandtschaft  zu  ver- 
quicken und  aus  ihm  zu  erklären  sucht.  Denn  dadurch  macht  man 
für  das  ganze  Lehrgebäude  der  vergleichenden  ^lorphologie  die  Hypo- 
these zur  Grundlage;  vielmehr  hat  die  vergleichende  Anatomie  und 
vergleichende  Entwickelungsgeschichte  die  Organismen  nur  nach  dem 
Maßstabe  ihrer  größeren  und  geringeren  Aehnlichkeit,  wobei  allerdings 
alle  Organisationsverhältnisse  zu  berücksichtigen  sind,  die  Organe 
nach  ihren  Lagebeziehungen,  ihrem  Bau  und  der  Art  ihrer  Entwicke- 
lung zu  vergleichen  und  hieraus  allgemeine  Regeln  zu  ziehen,  zu 
welchen  sich  dann  in  zweiter  Reihe  noch  die  Frage  nach  Abstammung 
und  Blutsverwandtschaft  als  etwas  Hypothetisches  hinzugesellen  kann. 

Ebenso  verbietet  es  sich,  die  vergleichend-morphologischen  kurz- 
weg   als   phylogenetische   Methoden   zu    bezeichnen.     Schon    1875   hat 


58  Oscar  Hertwig, 

sich  hierüber  Alexander  Braun  (1875,  i).  245,  246)  in  folgender 
Weise  geäußert:  ,,Es  ist  begreiflich,  daß  man  die  Bedeutung  des 
neuen  Standpunktes  überschätzte  und  von  der  Abstanmiungslehre  niehi' 
erwartete,  als  sie  zu  leisten  fähig  ist,  daß  man  in  ihrer  Anwendung 
eine  neue  Methode  gefunden  zu  haben  glaubte,  wo  es  sich  in  der  That 
nur  um  ein  Resultat  der  früheren  Methode  und  einen  dadurch  er- 
weiterten Gesichtspunkt  handelte." 

„Nicht  die  Descendenz  ist  es,  welche  in  der  Morphologie  ent- 
scheidet, sondern  umgekehrt,  die  Morphologie  hat  über  die  Möglich- 
keit der  Descendenz  zu  entscheiden."  „Dieselbe  Verkennung  der  von 
der  Abstammungslehre  unabhängigen  Bedeutung  der  Morphologie  liegt 
in  der  Behauptung,  daß  von  einer  Homologie  der  Organe  nur  die 
Rede  sein  könne  unter  der  Voraussetzung  gemeinsamer  Abstammung 
oder,  wie  Strasburger  sich  ausdrückt,  daß  die  Vergleichung  selbst 
schon  Phylogenese  sei,  da  sie  nur  unter  der  Voraussetzung  gelte,  daß 
man  es  mit  Dingen  von  gleichem  Ursprung  zu  thun  habe.  Es  kommt 
darauf  an,  was  man  unter  gleichem  Ursprung  versteht.  Den  Würfeln, 
in  welchen  das  Kochsalz  krystallisiert,  wird  man  den  gleichen  Ursprung 
nicht  absprechen,  aber  von  einer  gemeinsamen  Abstammung  derselben, 
von  einem  Urwürfel  des  Kochsalzes  wird  man  nicht  reden  können. 
So  könnte  man  auch  im  Gebiete  des  Organischen  eine  gleiche  Art 
des  Ursprungs  typisch  übereinstimmender  Formen  sich  denken  ohne 
äußeren  Zusammenhang  der  Entwickelung"  — . 


An  die  Besprechung  der  führenden,  auf  der  Zellentheorie  und 
auf  der  Descendenztheorie  basierten  Ideen  möge  sich  noch  eine  kurze 
Ueljersicht  anschließen  über  die  auf  speciellere  Probleme  gerichtete 
wissenschaftliche  Arbeit,  welche  in  keinem  Zeitraum  so  fruchtbar 
und  erfolgreich  wie  in  den  letzten  50  Jahren  gewesen  ist.  Groß  wie 
nie  zuvor  ist  die  Schar  embryologischer  Forscher  in  allen  Staaten 
Europas  und  Nordamerikas ;  auch  in  Japan  bildete  sich  unter  Mitsicuri 
und  Ishikawa  eine  tüchtige  Embryologenschule  aus. 

Aus  jeder  Klasse  der  Wirbeltiere  fanden  einzelne  Repräsentanten 
jetzt  ihre  monographische  Bearbeitung.  Mit  der  Entwickelung  des 
Amphioxus  beschäftigten  sich  so  ausgezeichnete  Beobachter  wie 
KowALEVSKY  uud  Hatschek  uud  schufen  hier  eine  Grundlage,  auf 
welche  man  bei  der  Untersuchung  anderer  Wirbeltierklassen  immer 
wieder  zurückzugehen  suchte.  Aus  der  Klasse  der  Cyclostomen 
untersuchten  M.  Schultze,  Kupffer,  Götte  u.  a.  Petromyzon  und 
neuerdings  Dean  das  so  abweichende  Verhältnisse  darbietende  Bdello- 
stoma  auf  ihre  Entwickelung.  Die  Teleostier  und  Ganoiden  bearbeiteten 
Lereboullet,  Oellacher,  Henneguy,  Agassiz,  His,  Whitman  u.  a. 
Von  hervorragender  Wichtigkeit  wurde  die  ausgezeichnete  Monographie 
„On  the  development  of  Elasmobranch  fishes"  des  so  früli  ver- 
storbenen Balfour  (1878).  Sie  wurde  der  Ausgangspunkt  einer  sehr 
großen  Reihe  der  wichtigsten,  zu  weiterer  Ergänzung  dienenden  Unter- 
suchungen. Eine  Monographie  der  Amphibienentwickelung  lieferte 
GÖTTE  in  seinem  Werk  über  die  Unke.  Das  Hühnchen  wurde  von 
His  von  neuem  bearbeitet,  verschiedene  Vertreter  der  Reptilien  wurden 
von  Rathke,  Agassiz,  Strahl,  Will,  Mehnert,  Mitsicuri 
untersucht. 


Embryologische  Arbeiten  der  letzten  50  Jahre.  59 

Das  schwierige,  kostspielige  und  zeitraubende  Studium  der  Säuge- 
tierentwickelung  wurde  von  vielen  Seiten  in  Angriff"  genommen.  Auf 
Bischoff,  dem  wir  verschiedene  Monographieen  über  Kaninchen, 
Meerschweinchen,  Hund  und  Reh  verdanken,  folgten  Van  Beneden, 
welcher  Kaninchen  und  Fledermaus,  Bonnet,  w^elcher  Hund  und  Wieder- 
käuer, Keibel.  welcher  das  Schwein,  Hubrecht,  welcher  Nagetiere, 
Selenka,  welcher  die  Beuteltiere,  Caldwell  und  Semon,  welche  die 
Monotremen  zum  Gegenstand  ihrer  embrj'ologischen  Arbeiten  machten. 
Von  der  Entwickelung  des  Menschen  endlich  lieferte  His  eine  grund- 
legende Untersuchung  in  seiner  Anatomie  menschlicher  Embryonen, 
an  welche  sich  zahlreiche  Einzeldarstellungen  von  Embryonen  aus 
der  1.  bis  3.  Woche  von  Fol,  Spee,  Mall,  Chiarugi,  Phisalix 
und  vielen  anderen  anschlössen. 

Noch  eifriger  wurde,  zumal  von  vergleichenden  Gesichtspunkten 
aus,  das  Studium  einzelner  Stadien  des  Entwickelungsprozesses  und 
einzelner  Organsysteme  betrieben.  Der  Ausbau  der  Keiinblattlehre 
stand  viele  Jahrzehnte  hindurch  im  Mittelpunkt  der  wissenschaftlichen 
Diskussion.  Durch  Haeckel's  bahnbrechende  Gastraeatheorie  (1874, 
1875)  und  durch  die  gleichzeitig  erschienene,  berühmte  Planulatheorie 
von  Lankaster  (1873,  1877)  wurde  es  möglich,  die  beiden  primären 
Keimblätter  von  der  einfachen  Grundform  der  Gastrula,  resp.  Planula 
abzuleiten.  Durch  die  Cölomtheorie  von  Lankester,  Oscar  und 
Richard  Hertwig  (1881)  fiel  Licht  auf  den  Ursprung  und  die  Be- 
deutung des  mittleren  Keimblattes.  Die  Frage  nach  dem  Urmund  in 
den  verschiedenen  Klassen  der  Wirbeltiere,  nach  seiner  Bedeutung 
und  seinem  Schicksal  wurde  von  den  verschiedensten  Seiten  zu  lösen 
versucht  (Balfour,  Rauber,  Hatschek,  Kowalevsky  ,  Rabl, 
DuvAL,  Oscar  Hertwig  etc.) 

Die  kurzen  Bemerkungen  mögen  hier  genügen,  da  in  dem  dritten 
Kapitel  auf  die  Geschichte  der  Keimblattlehre  noch  genauer  einge- 
gangen werden  wird.  Aus  demselben  Grunde  kann  hier  aus  der  Ge- 
schichte der  Organogenese  ebenfalls  nur  eine  knappe  Zusammen- 
stellung des  Wichtigsten  Platz  finden. 

Die  Entwickelung  der  Eihäute  und  der  Placenta  bildet  ein  be- 
liebtes, stets  wieder  von  neuem  in  Angriff"  genommenes  Thema.  Unter 
den  zahlreichen  Forschern,  die  sich  mit  ihm  beschäftigt  haben,  sind 
besonders  zu  nennen  :  Turner  und  Ercolani,  Van  Beneden,  Strahl, 
Osborn  und  Duval,  Waldeyer,  Langhans  und  Sedgwick  Minot, 
von  Gynäkologen  Hofmeier,  Leopold  und  Rüge. 

Zu  einer  Reihe  glänzender  Entdeckungen  führt  das  mit  Eifer 
in  Angriff"  genommene  Studium  der  Ontogenese  des  Urogenitalsystems. 
Nach  den  grundlegenden  Arbeiten  von  Rathke  und  Jon.  Müller 
haben  sich  auf  diesem  Gebiete  besonders  ausgezeichnet :  Waldeyer, 
Semper,  Balfour,  Fürbringer,  Spengel,  Flemming,  Rückert, 
Rabl.  Boveri,  Semon,  Felix  etc. 

Das  Gehirn  wird  auf  seine  Entwickelung  eingehend  untersucht 
von  MiHALCOvics,  von  His,  Kupffer  u.  a.,  das  Gehörorgan  von 
Böttcher,  das  Auge  von  Kessler,  das  Geruchsorgan  von  Mihalco- 
vics.  Der  Darmkanal  und  seine  Drüsen  werden  bearbeitet  von  Toldt, 
Brächet,  die  Derivate  der  Kiemenspalten  von  Kölliker,  Stieda, 
Born,  Maurer,  Prenant  u.  a.,  die  Zähne  und  Zalmgebilde  von 
Robin  und  Magitot.  Tomes,  Hertwig,  Kollmann,  Rose  u.  a. 
Das   in   älterer   Zeit   von  Rathke    genauer   untersuchte   Gefäßsystem 


60  Oscar  HertwiCx, 

und  das  Herz  finden  neue  Bearbeiter  in  His,  Born,  Hochstetter, 
die  Ent Wickelung  des  Zwerchfells  und  Herzbeutels  klären  auf: 
Brächet,  Uskow,  Kavn,  Swaen.  Zahlreich  sind  die  Forscher,  die 
sich  mit  der  Entwickelung  des  Skeletts,  besonders  auch  des  Schädels, 
beschäftigt  haben:  Gegenbaur,  Kölliker,  Parker,  Jacobson, 
Spöndli,  Hertwig,  Götte,  Hasse,  Rosenberg,  Rüge,  Stöhr, 
Froriep,  Mollier,  Braus,  Wiedersheim,  Gaupp. 

Durch  die  Genannten,  denen  sich  noch  viele  andere,  zum  Teil 
nicht  minder  verdiente  Forscher  anschließen,  ist  in  4  bis  5  Decennien 
ein  sehr  umfangreiches  Wissensmaterial  zusammengetragen,  gesichtet 
und  unter  allgemeine  Gesichts})unkte  gebracht  worden,  so  daß  wir 
fast  in  die  Entwickelung  eines  jeden  Organsystems  mehr  oder  minder 
vollständige,  hier  und  da  schon  erschöpfende  Einblicke  gewonnen 
haben.  Immer  schwieriger  wird  es,  auf  dem  Gebiete  der  Organo- 
genese neue,  grundlegende  Entdeckungen  zu  machen. 

Auch  in  Lehrbüchern  hat  die  Entwickelungsgeschichte  der  Wirbel- 
tiere in  dem  letzten  Zeitraum  viele  zusammenfassende  Darstellungen 
erfahren.  Hier  ist  in  erster  Linie  zu  nennen  die  in  erster  Auflage 
1S()1  erschienene  Entwickelungsgeschichte  des  Menschen  und  der 
höheren  Tiere  von  Kölliker,  eine  Quelle  der  Belehrung  für  die 
ältere  Generation  der  Embryologen,  ein  Lehrl)uch,  das  sich  durch 
zahlreiche  Holzschnitte  auszeichnete,  wie  sie  in  gleicher  Vollkommen- 
heit auf  diesem  Gebiete  vorher  nicht  existierten.  Eine  neue  Be- 
arbeitung desselben  wurde  1897  durch  Oscar  Schultze  veranstaltet. 
Ein  großes  vergleichend-embryologisches  Wissensmaterial  wurde  18H1 
zusammengestellt  in  dem  durch  eine  Fülle  allgemeiner  Gesichtspunkte 
ausgezeichneten  Handbuch  der  vergleichenden  Embryologie  von  Bal- 
FOUR.  1886  erschien  das  Lehrbuch  der  Entwickelungsgeschichte  des 
Menschen  und  der  Wirbeltiere  von  Oscar  Hertwig,  in  welchem  der 
Verfasser  die  vergleichend- genetische  Methode  zur  Grundlage  der 
Darstellung  machte  und  besonders  die  allgemeinen  theoretischen 
Probleme  in  den  Vordergrund  stellte.  In  6  Auflagen  fand  es  rasch 
eine  weite  Verbreitung  und  wurde  in  die  englische,  französische, 
italienische  und  russische  Sprache  übersetzt.  Ein  ähnliches  Prinzip 
der  Darstellung  befolgten  hierauf  Prenant.  Sedg\vick  Minot  und 
MiHALCOVics  in  ihren  vortrefllichen  Lehrbüchern :  Prenant,  Elements 
d'embryologie  de  l'homme  et  des  vertebres,  1891;  Ch.  S.  Minot, 
Human  Embryology,  1892;  Mihalcovics,  Fejlödestan,  1899.  Unter 
ihnen  zeichnet  sich  Minot's  Entwickelungsgeschichte  durch  ein  gründ- 
liches Studium  der  einschlägigen  Litteratur  aus.  Außerdem  sind  noch 
hervorzuheben:  Romiti's,  Hoffmann's,  Schäfer's,  Marshall's, 
Kollmann's,  Bonnet's,  Schenk's  Lehrbücher;  Haeckel's  auf  einen 
weiteren  Leserkreis  berechnete,  1891  in  4.  Auflage  herausgegebene 
Anthropogenie  und  Duval's  Atlas  d'embryologie,  18S8,  Ein  größeres 
embryologisches  Tafelwerk,  das  für  den  Forscher  ein  wichtiges,  unent- 
behrliches Hilfsmittel  zur  raschen  und  genauen  Orientierung  zu  werden 
verspricht,  sind  die  von  Keibel  herausgegebenen,  in  Lieferungen  er- 
scheinenden Normentafeln  der  Entwickelungsgeschichte. 


Die  Entwickelungsph3'siologie.  61 


II.  Die  physiologische  Richtung  in   der  entwickelungsi^eschicht- 

lichen  Forschung. 

Auch  von  physiologischen  Gesichtspunkten  aus  kann  man  den 
Entwickelungsprozeß  der  Organismen  in  der  verschiedensten  Weise 
zum  Gegenstand  wissenschaftlichen  Studiums  machen.  Nicht  zufrieden 
mit  der  anatomischen  Untersuchung  und  Vergleichung  der  entwickelten 
und  in  Entwickelung  begriffenen  Formen  der  Lebewesen,  mit  den  Ge- 
setzen und  mit  dem  System,  das  man  auf  diese  Weise  erhält,  wirft 
man  auch  noch  die  Frage  nach  den  Ursachen  auf,  welche  den  Ent- 
wickelungsprozeß  bewirken.  Man  versucht,  wie  His  sich  ausdiückt, 
„jede  Entwickelungsstufe  mit  allen  ihren  Besonderheiten  als  notwendige 
Folge  der  unmittelbar  vorangegangenen"  zu  begreifen  (1874,  p.  2). 
Zu  der  reinen  Beobachtung  tritt  hier  als  wichtiges  Hilfsmittel  das 
biologische  Experiment  hinzu.  Man  kann  diese  Seite  der  Entwickelungs- 
lehre  wohl  am  passendsten  als  Entwickelungsphysiologie  oder 
auch  als  experimentelle  Entwickelungslehr e  von  der  ver- 
gleichend-morphologischen Richtung  unterscheiden. 

Schon  der  früher  beschriebene  Versuch  C.  Fr.  Wolff's,  die  Ent- 
wickelung eines  Organismus  durch  die  Wirkungen  seiner  Vis  essen- 
tialis,  aus  Strömungen  eines  Säftegemisches  nach  besonderen  Wachs- 
tumspunkten hin  und  aus  Attraktion  und  Repulsion  verschiedener 
Stoffe  zu  erklären ,  läßt  sich  als  eine  entwickelungs-physiologische 
Hypothese  bezeichnen.  Später  hat  sich  Lotze  in  seiner  „allgemeinen 
Physiologie  des  körperlichen  Lebens"  (1851)  wieder  eingehender  mit 
den  Ursachen  der  Gestaltbildung  beschäftigt.  Namentlich  aber  hat  His 
der  auf  der  Descendenztheorie  fußenden  phylogenetischen  Richtung  die 
Aufgaben  einer  besonderen  Entwickelungsphysiologie  entgegengestellt 
in  seinen  Briefen  an  einen  befreundeten  Naturforscher :  Unsere  Körper- 
form und  das  physiologische  Problem  ihrer  Entstehung  (1874).  Durch 
Gründung  eines  eigenen  „Archivs  für  Entwickelungsmechanik  der 
Organismen"  hat  Roux  die  Arbeiten  der  physiologischen  Richtung,  die 
bis  dahin  in  anderen  Zeitschriften  zerstreut  erschienen  waren,  in  einen 
Brennpunkt  zu  vereinigen  gesucht. 

Wenn  wir  nach  den  Errungenschaften  auf  diesem  Gebiete  im 
19.  Jahrhundert  fragen,  so  ist  an  erster  Stelle  auf  die  grundlegenden 
Entdeckungen  hinzuweisen,  durch  welche  die  Physiologie  der 
Zeugung  ein  ganz  neues  Aussehen  gewonnen  hat.  Der  alte  Streit 
der  Animalculisten  und  Ovisten  fand  jetzt  erst  seine  befriedigende 
Lösung  durch  die  genaue  Feststellung  der  Erscheinungen  des  Be- 
fruchtungsprozesses. Am  Echinodermenei  wurde  durch  Oscar  Hert- 
wiG  (1875)  der  Nachweis  geführt,  daß  ein  Samenfaden  in  den  Dotter 
eindringt,  daß  sein  Kopf,  welcher  aus  Chromatin  besteht  und  nach 
den  älteren  Untersuchungen  von  La  ^'ALETTE  vom  Kern  der  Samen- 
bildungszelle abstammt,  zu  einem  Samenkern  wird,  daß  Ei  und 
Samenkern  einander  entgegenwandern  und  durch  ihre  Vereinigung 
den  Keimkern  liefern,  von  welchem  die  weiteren  Entwickelungs- 
vorgänge  beherrscht  werden.  Somit  haben  sowohl  die  Ovisten  als  die 
Animalculisten  in  gewissem  Sinne  recht  behalten,  die  einen,  wenn 
sie  das  neue  Geschöpf  vom  Ei,  die  anderen,  wenn  sie  es  vom  Samen- 
iaden    herleiteten.     Nur    ist   jetzt    die  Vorstellung    eines  Geschöpfes 


62  Oscar  Hertwig, 

eil  iiiiiiiature  durch  den  Begriff  der  Anlagesubstanz  ersetzt  worden. 
Durch  den  Nachweis,  daß  bei  der  Zeugung  eine  väterliche  und  eine 
mütterliche  Anlage  sich  vereinigen,  war  jetzt  in  befriedigender  Weise 
eine  materielle  Grundlage  für  die  Thatsache  gewonnen,  daß  das  Kind 
ein  Mischprodukt  aus  den  Eigenschaften  seiner  beiden  Erzeuger  dar- 
stellt, und  so  eine  Schwierigkeit  beseitigt,  derer  Gewicht  Haller, 
Bonnet  und  andere  Evolutionisten  wohl  empfanden,  aber  auch  durch 
Hilfshypothesen  nicht  zu  beseitigen  wußten. 

Eine  außerordentlich  umfangreiche  Litteratur  ist  seit  1875  über 
die  Befruchtung  und  die  mit  ihr  in  Zusammenhang  stehenden  Pro- 
zesse entstanden.  Durch  zahlreiche  Untersuchungen  wurde  die  Gesetz- 
mäßigkeit der  Befruchtungsvorgäiige  für  das  Pflanzenreich  durch 
Strasburger  und  Guignard  etc.,  für  das  Tierreich  durch  Fol, 
Flemming,  Selenka,  Van  Beneden,  Boveri  und  viele  andere,  für 
Protozoen  durch  Richard  Hertw^ig  und  Maupas  festgestetlt.  Ferner 
wurde  unsere  Erkenntnis  des  Prozesses  auch  noch  weiter  vertieft 
1)  durch  die  von  E.  Van  Beneden  (1H83)  entdeckte  Thatsache,  daß  Ei- 
und  Samenkern  genau  äquivalente  Mengen  von  färbbarer  Kernsubstanz 
zur  Konstituierung  des  Keimkerns  liefern,  und  2)  durch  den  gleichfalls 
von  ihm  geführten  Nachweis,  daß  bei  der  Teilung  der  Eizelle  die 
beiden  Tochterzellen  infolge  der  Längsspaltung  der  im  Keimkern  ent- 
haltenen Chromosomen  väterlicher  und  mütterlicher  Herkunft  gleich 
viel  Kernsubstanz  von  beiden  Eltern  erhalten.  Hierzu  gesellte  sich 
bald  auch  noch  die  Entdeckung  der  Reduktionsteilung,  welche  durch 
Van  Beneden,  Boveri,  Weismann,  0.  Hertwig,  vom  Rath,  Rückert, 
Haecker,  Brauer  u.  a.  aufgeklärt  wurde. 

Die  beim  Studium  des  Befruchtungsprozesses  neu  gewonnenen 
Thatsachen  wurden  die  Grundlage  für  eine  Theorie  der  Vererbung,, 
welche  0.  Hertwig  (1884)  und  Strasburger  (1884)  gleichzeitig  und 
unabhängig  voneinander  veröffentlichten.  Beide  stellten  die  Hypo- 
these auf,  daß  Ei-  und  Samenkern  die  Träger  der  mütterhchen  und 
väterlichen  Erbmasse  oder  der  von  Nägeli  „Idioplasma"  genannten 
Substanz  sind.  Als  Beweise  für  diese  Auffassung  führte  0.  Hert- 
wig an,  1}  den  Verlauf  des  Befruchtungsprozesses,  2)  die  Aequivalenz 
der  von  den  beiden  Erzeugern  bei  der  Befruchtung  zusammentretenden 
Kernstoffe,  3)  die  an  keiner  Stelle  unterbrochene  Kontinuität  der  Kern- 
generationen, 4)  die  komplizierten  Erscheinungen  der  Karyokinese,. 
welche  auf  eine  gleichmäßige  Verteilung  der  Kernsubstanzen  hinaus- 
laufen. In  der  Erbmasse  erblickten  Hertwig  und  Nägeli  eine  hoch- 
organisierte Substanz  von  einer  verwickelten  micellaren  Struktur. 

Noch  in  vielen  anderen  Richtungen  erfuhr  die  Physiologie  der 
Zeugung  einen  weiteren  Ausbau.  Die  von  Bonnet  entdeckte  Partheno- 
genese wurde  in  ihrem  Vorkommen  und  in  ihrer  Abhängigkeit  von 
äußeren  Faktoren  im  Tierreich  genauer  studiert,  vor  allen  Dingen 
von  Siebold  und  Weismann  ;  dabei  wurde  die  interessante  That- 
sache festgestellt,  daß  parthenogenetische  Eier  nur  einen  Richtungs- 
körper  bilden  (Weismann,  Blochmann,  Brauer  etc.).  Die  Erschei- 
nungen und  Ergebnisse  der  Bastardbefruchtung  wurden  an  Echinodermen 
durch  Oscar  und  Rich.  Hertwig,  an  Amphibien  durch  PplItger 
und  Born,  sowie  an  mehreren  anderen  Objekten,  verfolgt.  Auch  in 
die  Geheimnisse  der  vegetativen  Affinität ,  mit  welcher  sich  bisher 
fast  ausschließlich  Botaniker  an  Pflanzen  beschäftigt  hatten,  versuchten 
einzelne  Forscher  jetzt  auf  tierischem  Gebiete  Einblicke  zu  gewinnen,. 


Entwickelungsphysiologie.  63 

Born,  indem  er  Teilstücke  von  Embryonen  verschiedener  Amphibien 
durch  Pfropfimii  zu  vereinigen  suchte,  Wetzel  und  Joest,  von  denen 
der  eine  gleiclie  Experimente  mit  verscliiedencn  Hydraarten ,  der 
andere  mit  verscliiedenen  Arten  von  Regenwürmern  ausführte,  Paul 
Bert,  indem  er  die  Schwanzspitze  von  einem  Nagetier  in  die  Haut 
anderer  verwandter  Nager  verpflanzte. 

Eine  besondere  Aufgabe  haben  die  Vertreter  der  Entwickelungs- 
physiologie mit  Recht  in  der  genaueren  Erforschung  d  e  i-  em- 
bryonalen W  a  c  h  s  t  u  m  s  V  0  r  g  ä  n  g  e  gesucht.  In  den  schon  er- 
wähnten Briefen  hat  His  das  „Prinzip  des  ungleichen  Wachstums" 
aufgestellt,  auf  die  Notwendigkeit  hingewiesen,  durch  Ausführung  von 
Messungen  sich  hierüber  genauer  zu  unterrichten,  und  selbst  auch 
mehrere  solcher  Untersuchungen  ausgeführt.  Bald  nach  der  Ent- 
deckung der  Karyokinese  und  der  Einführung  verbesserter  Methoden 
zu  ihrer  Darstellung  erkannte  man,  daß  ein  ausgezeichnetes  Mittel 
zum  Studium  der  Orte  beschleunigten  Wachstums  der  Nachweis  der 
Zahl  der  Kernteilungsfiguren  sei.  Altmanx  lenkte  die  Aufmerksam- 
keit auf  die  Häufigkeit  der  Mitosen  an  der  Innenfläche  des  Medullar- 
rohres;  Bizzozero  studierte  das  Drüsenwachstum  durch  Untersuchung 
der  Mitosen,  Keibel  u.  a.  die  Verteilung  der  Mitosen  in  der  Keim- 
scheibe und  ihre  Anhäufung  in  der  Umgebung  der  Primitivrinne. 

Man  hat  die  durch  ungleiches  Wachstum  bedingten  Vorgänge, 
welche  zur  Entstehung  der  verschiedensten  Organe  führen,  in  zwei 
Gruppen  geteilt,  in  die  Faltenbildung  (Aus-  und  Einstülpung)  epi- 
thelialer Lamellen,  und  in  die  Auswanderung  von  Zellen  aus  dem  epi- 
"thelialen  Verbände.  Nachdem  schon  P ander  (1817)  die  Bedeutung 
der  Faltenbildung  für  die  Entstehung  der  Organe  klar  erkannt  hatte, 
haben  sich  His,  Rauber,  Oscar  und  Richard  Hertwig  mit  ihr  ein- 
gehender beschäftigt.  Letztere  (1.S79— 81)  lenkten  in  ihren  Schriften  zur 
Blättertheorie  die  Aufmerksamkeit  auf  die  Cölenteraten ,  ein  aus- 
gezeichnetes Objekt,  in  dessen  ganzer  Organisation  sich  das  Prinzip 
der  Faltenbildung  epithelialer  Lamellen  bis  in  das  kleinste  Detail  auf 
das  klarste  durchgeführt  zeigt.  Auch  läßt  sich  hier  als  physiologische 
Ursache  für  das  ungleiche  Wachstum  einer  Zellmembran  das  ungleiche 
Funktionieren  ihrer  verschiedenen  Abschnitte  erkennen.  Es  werden 
nämlich  Teile  einer  Membran  stärker  wachsen  und  sich  eiufalten  müssen, 
w^enn  sie  vermöge  ihrer  Lage  mehr  als  benachbarte  Strecken  für  irgend 
einen  besonderen  Zweck   funktionell   in  Anspruch   genommen  werden. 

Unter  den  Wachstumsvorgängen  haben  die  überraschenden  That- 
sachen  der  Regeneration  schon  in  früher  Zeit  das  lebhafteste  Interesse 
der  Physiologen  auf  sich  gezogen.  Nachdem  die  ersten  grundlegenden 
Beobachtungen  durch  Trembley.  Bonnet,  Spallanzani,  Reaumur 
an  Hydra,  an  Lumbricinen  und  Naiden,  an  Amphibien,  Eidechsen  und 
an  Krebsen  gesammelt  worden  waren,  haben  in  der  ersten  Hälfte  des 
19.  Jahrhunderts  Blumenbach  und  Duges  die  Lehre  von  der  Re- 
generation weiter  gefördert,  namentlich  aber  ist  ihr  eine  größere  Be- 
achtung wieder  in  den  letzten  Jahrzehnten  zu  teil  gew'orden. 

Als  besonders  erfolgreiche  Forscher  auf  diesem  Gebiet  sind  Loeb 
und  WoLFF  hervorzuheben.  Au  experimentelle  Errungenschaften  der 
Botaniker  anknüpfend,  hat  Loeb  (1891/92)  die  durch  Abtrennung  oder 
Verletzung  von  Körperteilen  hervorgerufenen  Wachstumsvorgänge  in  die 
Regenerationen  im  engeren  Sinne  und  in  die  Heteromorphosen  ein- 
geteilt.    Von  einer  Regeneration  spricht  er,  wenn  von  der  Wundstelle 


64  Oscar  Hertwig, 

aus  das  verloren  gegangene  Organ  in  der  früheren  Weise  wieder  neu 
gebildet,  also  einfach  ersetzt  wird,  dagegen  liegt  eine  Heteromorphose 
vor,  wenn  infolge  besonderer,  meist  nicht  näher  zu  analysierender 
Bedingungen  neue  Organe  gebildet  werden,  welche  dem  betreffenden 
Orte  oder  dem  i)roduzierenden  Gewebe  ursprünglich  fremd  sind. 
Durch  sinnreiche  Experimente  hat  Loeb  eine  größere  Auswahl  hoch- 
interessanter Heteromorphosen  bei  Hydroidpolypen,  bei  Cerianthus,  bei 
Ascidien  hervorzurufen  verstanden.  —  Große  Verwunderung  rief  in 
Anatomenkreisen  die  von  Colucci  und  Wolff  gemachte,  von  Erik 
Müller  u.  a.  bestätigte  Entdeckung  hervor,  daß  im  Auge  der  Tritonen 
nach  vollständiger  Extraktion  der  Linse  eine  vollkommene  normale 
neue  Linse  entsteht,  aber  jetzt  nicht  von  ihrem  ursprünglichen  Mutter- 
boden, sondern  von  einem  mit  der  ontogenetischen  Linsenentwickelung 
in  gar  keiner  Beziehung  stehenden  Orte,  nämlich  von  dem  Epithel 
des  oberen  Irisrandes. 

Wenn  man  von  einem  allgemeineren  Standpunkte  aus  nach  den 
Ursachen  fragt,  welche  die  Besonderheiten  eines  Entwickelungspro- 
zesses  und  des  Wachstums  bewirken,  so  kann  man  dieselben  in  zwei 
große  Gruppen  einteilen,  in  die  äußeren  und  in  die  inneren  Faktoren 
der  organischen  Entwickelung.  Eine  Uebersicht  über  dieselben  haben 
Spencer  (187G)  in  seinen  Prinzipien  der  Biologie  und  Oscar  Hert- 
wig (1898)  im  zweiten  Band  seiner  allgemeinen  Anatomie  und  Physio- 
logie gegeben.  Beide  Faktoren  sind  in  gewissem  Maße  dem  Experi- 
ment zugänglich. 

Ueber  die  äußeren  Faktoren  der  Entwickelung  liegt  eine  Reihe 
experimenteller  Untersuchungen  aus  den  letzten  Jahrzehnten  vor, 
nachdem  zuvor  schon  auf  botanischem  Gebiete  Sachs,  Pfeffer  u.  a. 
erfolgreich  vorgegangen  waren.  Der  Einfluß  von  Licht ,  Wärme, 
Schwerkraft,  Druck,  Zug,  chemischen  Stoffen  auf  den  Ablauf  der 
tierischen  Entwickelung  wurde  von  Roux,  Schultze,  Oscar  Hert- 
wig, Dareste,  Dorfmeister,  Weismann,  Merisfield,  Nussbaum, 
Maupas,  Herbst,  Kassowitz,  Gies,  Pouchet  und  Chabry, 
ScHMANKEWiTSCH,  Wegner  ctc.  uutersucht. 

Viel  wichtiger  als  die  äußeren  sind  bei  den  Tieren  die  inneren 
Faktoren  der  organischen  Entwickelung,  d.  h.  die  Ursachen,  die  in 
der  si)ecifischen  Organisation  der  Anlagesubstanz  gegeben  sind  und 
bewirken,  daß  jeder  Entwickelungsprozeß  in  artgemäßer  Weise  nach 
einem  bestimmten  Ziele  seinen  Ablauf  nimmt.  Wie  dies  geschieht, 
ist  seit  10  Jahren  viel  diskutiert  worden  und  hat  zu  einer  Reihe 
wichtiger  Experimente  sowie  zur  Ausarbeitung  mehrerer  Theorieen 
geführt,  in  denen  sich  vornehmlich  zwei  entgegengesetzte  Standpunkte 
vertreten  finden. 

Der  eine  Standpunkt  ist  in  der  von  Weismann  (1892)  veröffent- 
lichten Keimplasmatheorie  am  schärfsten  vertreten  worden.  Wie  schon 
andere  Forscher  vor  ihm,  nimmt  Weismann  an,  daß  im  Ei  und  zwar 
in  seinem  Zellenkern,  eine  besondere  Substanz,  das  Keimplasma, 
unterschieden  werden  muß,  welches  Träger  der  erblichen  Eigenschaften 
jeder  Organismenart  ist.  Er  läßt  es  aus  sehr  vielen  verschiedenen 
Stoffteilchen  zusammengesetzt  sein,  da  nach  seiner  Annahme  in  ihm 
alle  Zellen  oder  Zellgrupi)en,  welche  selbständig  vom  Keim  aus  ver- 
änderlich sind,  also  alle  einzelnen  Gewebs-  und  Organzellen  des  aus- 
gebildeten Organismus,  durch  kleine,  besondere  Einheiten,  die  Deter- 
minanten, vertreten  werden,  deren  Zahl  sich  auf  viele  Hunderttausende 


Keimplasmatheorie  und  Theorie  der  Biogenesis.  65 

belaufen  kann.  Die  Determinanten  sind  die  Träger  der  Zelleneigen- 
schaften; sie  bauen  sich,  da  die  Eigenschaften  einer  Zelle  verschieden- 
artige sein  k()nnen,  selbst  wieder  aus  noch  kleineren  Einheiten,  den 
Biophoren,  auf,  durch  welche  je  eine  einzelne  Eigenschaft  der  Zelle 
repräsentiert  wird.  Ferner  läßt  Weismaxx  die  Determinanten  im 
Keimplasma  fest  lokalisiert  und  zu  einer  komjjlizierten  Architektur 
verbunden  sein.  Er  nennt  die  so  entstandene  höhere  Einheit  ein  Id. 
Sie  ist  der  InbegritT  aller  zum  Auflmu  eines  Individuums  der  Art 
nötigen  Determinanten. 

„Biophoren,  Determinanten,  Iden,  Architektur  des  Keimplasmas 
sind  Annahmen,  gemacht  zu  dem  Zwecke,  um  mit  ihnen  die  Frage 
nach  den  Ursachen  der  morphologischen  und  histologischen  Sonderung, 
die  sich  im  Eutwickelungsprozesse  des  Eies  vollzieht,  zu  erklären. 
Hierzu  dient  die  Hypothese,  daß  die  Determinanten  beim  Entwicke- 
luugsprozeß  durch  einen  im  Ei  ebenfalls  vorausbestimmten  und  ge- 
regelten, aber  seiner  Natur  nach  durchaus  unbekannten  und  rätsel- 
haften Mechanismus  allmählich  wieder  auseinandergelegt  und  auf  die 
einzelnen  Zellen,  die  sie  nun  in  ihrem  Charakter  bestimmen,  verteilt 
werden.  Nach  der  Vorstellung  von  AVeismann  „spaltet  sich  das 
Keimplasma-Id,  wenn  der  Furchungsprozeß  beginnt,  wenn  nicht  stets, 
so  doch  bei  sehr  vielen  Zell-  und  Kernteilungen,  in  immer  kleinere 
Gruppen  von  Determinanten ,  so  daß  an  Stelle  einer  Million  ver- 
schiedener Determinanten,  die  etwa  das  Keimplasma-Id  zusammen- 
setzen möge,  auf  der  folgenden  ontogenetischen  Stufe  jede  Tochter- 
zelle  deren  nur  noch  eine  halbe  Million,  jede  der  darauf  folgenden 
Stufen  nur  eine  viertel  Million  u.  s.  w.  enthält.  Zuletzt  bleibt  in 
jeder  Zelle  nur  noch  eine  Art  von  Determinanten  übrig,  welche  die 
betreffende  Zelle  oder  Zelleugruppe  zu  bestimmen  hat". 

Als  das  Mittel,  dessen  sich  die  Natur  zu  dem  wunderbar  ver- 
wickelten Zerlegungsprozesse  des  Keimplasmas  bedient,  bezeichnet 
Weismann  die  Zell-  und  Kernteilung.  Er  unterscheidet  nämlich 
2  Arten  derselben,  eine  erbgieiche  oder  integrelle  und  eine  erb- 
ungleiche oder  ditferentielle. 

Die  erbgleiche  Teilung  beruht  auf  einer  Verdoppelung  der  Deter- 
minanten durch  Wachstum  und  auf  ihrer  ganz  gleichmäßigen  Ver- 
teilung auf  die  Idhälften,  welche  sich  bei  der  Karyokiuese  bilden  und 
voneinander  trennen;  sie  tritt  bei  Embryonalzellen  und  später  bei 
Gewebezellen  ein ,  welche  Tochterzellen  der  gleichen  Art  hervor- 
bringen. 

Die  erbungleiche  Teilung  dagegen  wird  durch  ungleiche  Grup- 
pierung der  Determinanten  während  ihres  Wachstums  eingeleitet; 
infolgedessen  spalten  sich  die  Iden  derartig,  daß  ihre  Determinanten 
in  sehr  verschiedenen  Kombinationen  auf  die  Tochteriden  übertragen 
werden.  Diese  Art  der  Halbierung  des  Keimplasmas  spielt  bei  der 
Umwandlung  des  Eies  in  den  fertigen  Organismus  die  eigentliche 
Hauptrolle.  Nur  durch  ihre  richtige  Funktionierung  ist  es  möglich, 
daß  die  im  Keimplasma  eingeschlossenen  zahllosen  Determinanten  so 
entwickelt  werden,  daß  sie,  zur  rechten  Zeit  an  den  richtigen  Ort 
gebracht,  die  morphologische  und  histologische  Sonderung  der  vom 
Ei  abstammenden  Zellen  bewirken. 

Den  AVEisMANN"schen  verwandte  Ansichten  hat  Roux,  veranlaßt 
durch  Experimente  am  Froschei,  in  seiner  Mosaik  theo  rie  ausge- 
sprochen. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.  5 


66  Oscar  Hertwig, 

Der  entgejueiigesetzte  Standpunkt  wird  von  Nägeli,  von  Oscar 
Hertwig  (1898)  und  von  Driesch  vertreten  und  hat  besonders  in  der 
Theorie  der  Biogenesis  eine  eingehendere  Begründung  unter 
Zurückweisung  der  WEiSMANN'schen  Annahme  gefunden.  Der  Ge- 
dankengang der  „Biogenesis"  ist  in  kurzem  folgender: 

Da  alle  Organismen  während  ihrer  Entwickelung  einmal  den  ein- 
zelligen Zustand  durchlaufen,  so  sind  in  diesem  alle  konstanten  oder 
wesentlichen  Merkmale,  durch  w^elche  sich  Art  von  Art  unterscheidet, 
in  ihrer  einfachsten  Form  enthalten  oder  gewissermaßen  auf  ihren 
einfachsten  Ausdruck  gebracht.  Es  giebt  daher  überhaupt  so  viele 
voneinander  grundverschiedene  Arten  von  Zellen,  als  es  verschiedene 
Arten  von  Ptianzen  und  Tieren  giebt.  Dies  führt  zur  Annahme,  daß 
die  Zellen  eine  feinere,  unser  Erkenntnisverm(»gen  zur  Zeit  über- 
steigende micellare  Organisation  besitzen  müssen,  vermöge  welcher 
sie  Träger  der  Arteigenschaften  sind.  Im  einzelnen  sich  eine  Vor- 
stellung von  ihrer  Organisation  zu  machen,  wie  es  Weismann  mit 
seiner  Id-  und  Determinantenlehre  gethan  hat,  erscheint  beim  Fehlen 
jeder  em])irischen  Grundlage  nicht  möglich,  dagegen  lassen  sich  im 
Hinblick  auf  Erscheinungen  des  Befruchtungsprozesses  Gründe  für 
die  Ansicht  geltend  machen,  daß  die  Substanz,  welche  Träger  der  Art- 
eigenschaften ist  und  im  Zeugungsprozesse  als  Erbmasse  (Idioplasma) 
von  den  Eltern  auf  das  Kind  übertragen  Avird,  im  Zellenkern  einge- 
schlossen ist. 

Den  Hauptdifferenzpunkt  zur  Keimplasmatheorie  von  Weismann 
bildet  die  Antwort  auf  die  Frage,  wie  aus  der  Zelle  und  ihren  unsicht- 
baren Arteigenschaften  die  zusammengesetzte  Organismenart  oder  die 
Individualität  höherer  Ordnung  mit  ihren  sichtbaren  Arteigenschaften 
hervorgeht.  Die  Theorie  der  Biogenesis  verwirft  die  von 
Weismann  gemachte  fundamentale  Annahme  von  der  erb- 
ungleichen Teilung  der  Zelle  und  mit  ihr  die  ganze 
D  e  t  e  r  m  i  n  a  n  t  e  n  1  e  h  r  e ,  weil  sie  mit  einer  der  ersten 
G r u n d  1  e h r e n  der  Zeugung  in  Widerspruch  steht.  Den n 
eine  physiologische  G  r  u  n  d  e  i  g  e  n  s  c  h  a  f  t  eines  jeden 
Lebewesens  ist  das  Vermögen,  seine  Art  zu  erhalten. 
Die  Zelle,  welche  einem  übergeordneten  Organismus 
den  Ursprung  giebt,  kann  sich  nur  durch  e  r  b  g  1  e  i  c  h  e 
Teilung  vermehren  und  produziert  nur  auf  diese  m 
Wege  die  unzähligen  Generationen  von  Zellen,  welche 
alle  Träger  der  Art  eigen  schaffen  oder  der  Erbmasse 
sind. 

Die  Erklärungsgründe,  welche  Weismann  durch  den  erkünstelten 
Prozeß  der  Auseinanderlegung  der  im  Idioplasma  vereinten  Determi- 
nanten zu  gewinnen  versucht  hat,  sind  in  dem  Prozeß  der  sozialen 
Vereinigung  der  Zellen  mit  ihrer  Arbeitsteilung  und  Integration  zu 
suchen.  Denn  das  sich  vermehrende,  aus  artgleich  organisierten  Ein- 
heiten zusammengesetzte  Aggregat  nimmt  bei  seinem  Wachstum  be- 
stimmte Formen  an,  welche  auf  jeder  Stufe  des  Wachstums  die  Folgen 
sind  1)  des  Einflusses  zahlloser  äußerer  Faktoren  und  2)  noch  mehr 
der  unendlich  komplizierten  Wirkungen,  welche  die  immer  zahlreicher 
werdenden  elementaren  Lebenseinheiten  aufeinander  ausüben.  Die 
einzelnen  Zellen,  obschon  der  Art  nach  gleich  als  Abkömmlinge  einer 
gemeinsamen  Mutterzelle,  geraten  infolge  des  Wachstumsprozesses 
räumlich    und    zeitlich    unter    ungleiche    Bedingungen.     Einmal 


Theorie  der  Biogenesis.     Experimente  von  Chabry,  R,oux  u.  a.       67 

nehmen  sie  im  Aggregat  verschiedene  Stellungen  ein,  durch  welche 
ihre  Beziehungen  zueinander,  zum  Ganzen  und  zur  Außenwelt  be- 
stimmt werden,  sie  erhalten  gewissermaßen  ein  ihre  Wirkungsweise 
beeintlussendes  Eaumzeichen ;  sie  werden  räumlich  determiniert.  Die 
einen  werden  z.  B.  um  den  aninuilen,  die  anderen  um  den  vegetativen 
Pol  des  Eies  gruppiert;  die  einen  kommen  ins  äußere,  die  anderen 
ins  innere  Keimblatt  zu  liegen,  die  einen  erhalten  eine  Lage  in  der 
Umgebung  des  Urmundes  (Nervenplatte,  Chorda),  die  anderen  in 
größerer  Entfernung  von  diesem  für  die  Organbildung  wichtigen  Orte. 
Somit  geraten  bei  ihrem  Zusammenwirken  die  artgleichen  Zellen  in 
verschiedene  Zustände  gemäß  ihrer  verschiedenen  Position.  Die  Zellen 
werden  aber  auch  außerdem  noch  dadurch  determiniert,  daß  sie  der 
Zeit  nach  unter  wechselnde  räumliche  Bedingungen,  welche  wieder 
für  die  einzelnen  Gruppen  verschieden  sind,  geraten ;  sie  erhalten  eine 
verschiedene  Geschichte.  Indem  in  ihnen  die  früher  durchlaufenen 
Zustände  nachwirken,  werden  sie  nicht  nur  durch  die  momentan  ge- 
gebenen, sondern  auch  durch  die  zeitlich  vorausgegangenen  Beziehungen 
determiniert. 

In  diesem  Prozesse  werden  durch  die  Bedingungen,  unter  welche 
die  Zellen  in  der  Zeitfolge  und  in  ihrer  räumlichen  ^'erteilung  geraten 
sind,  mit  einem  Worte  durch  ihre  Specialentwickelungsgeschichten  die 
Anlagen,  welche  die  Erbmasse  einer  Artzelle  ausmachen,  allmählich 
offenbar,  und  zwar  oifenbaren  sie  sich  einmal  darin,  daß  die  einzelnen 
Zellen  die  jeder  Stufe  entsprechende  Anordnung  annehmen,  und  zweitens 
darin,  daß  sie  auf  jeder  Stufe  eine  immer  Itestimmter  werdende  Funk- 
tion und  eine  ihr  entsprechende,  immer  ausgeprägter  werdende  Struk- 
tur gewinnen. 

Zwischen  den  einzelnen  Ontogenieen  aber  wird  die  Kontinuität 
der  Entwickelung  dadurch  gewahrt,  daß  aus  dem  Aggregat  der  Art- 
zellen einzelne  sich  ablösen  und  wieder  den  Ausgangspunkt  für  neue 
Entwickelungsprozesse  abgeben. 

Das  ist  in  wenigen  Worten  der  wesentliche  Inhalt  der  Theorie 
der  Biogenesis. 

Von  großer  Bedeutung  für  die  Entscheidung  in  den  strittigen 
Fragen  sind  mehrere  Experimente  geworden,  durch  welche  in  den 
letzten  Jahren  unsere  Einsicht  in  das  Wesen  des  organischen  Ent- 
wickelungsprozesses  eine  bedeutende  Vertiefung  erfahren  hat;  sie  sind 
von  Chabry,  Roux,  Driesch,  Oscar  Hertavig,  Wilson,  Zoja, 
Herlitzka.  Oscar  Schultze,  Wetzel,  Fischel  u.  a.  ausgeführt 
worden  und  zielen  darauf  ab,  entweder  die  ersten  Furchungskugeln 
des  Eies  vollständig  voneinander  zu  trennen  und  sich  getrennt  ent- 
wickeln zu  lassen,  oder  ihr  normales  Lageverhältnis  durch  äußere  Ein- 
griffe zu  stören  und  dadurch  den  weiteren  Eutwickelungsverlauf  zu 
beeinflussen,  oder  endlich  einzelne  Zellen  abzutöten  und  dadurch  aus 
dem  Entwickelungsverlaufe  auszuschalten. 

Der  größte  Teil  der  Experimente  hat  zu  Ergebnissen  geführt, 
welche  deutlich  und  entschieden  für  die  erbgleiche  Teilung  der  Anlage- 
substanz sprechen.  Denn  wenn  bei  befruchteten  Eiern  des  Seeigels 
(Driesch)  oder  des  Amphioxus  (Wilson)  oder  einer  Meduse  (Zoja) 
die  Teilstücke  nach  der  ersten  oder  der  zweiten  Teilung  durch  Schütteln 
isoliert  wurden,  entstanden  nicht  monströse  Bruchstücke  eines  Em- 
bryos, sondern  normale  Ganzgebilde  nur  von  halber  oder  viertel  Größe 
im    Vergleich   zu    der    aus    dem    ganzen  Ei   entstandenen   Larve.     So 


68  Oscar  Hertwig, 

konnte  der  Experimentator  nach  Willkür  aus  einem  Ei  2  oder  4  Larven 
züchten.  Wenn  die  beiden  ersten  Halbkugeln  von  Amphioxus  sich 
nur  gegeneinander  verschoben,  so  wurden  die  verschiedensten  Arten 
von  Doppelmißbildungen  erhalten. 

Zu  etwas  abweichenden  Ergebnissen  haben  ähnliche  Experimente 
an  Ctenophoreneiern  geführt.  Denn  die  durch  Zerlegung  des  Eies 
gewonnenen  2  oder  4  Teilstücke  zeigten  bei  ihrer  Weiterentwickelung 
Defekte  in  der  Anzahl  der  Wimperrippen,  so  daß  Chun  und  Fischel 
sie  zu  Gunsten  der  Mosaiktheorie  von  Roux  und  der  Keimplasma- 
theorie  von  Weismann  verwertet  haben,  während  Driesch  und 
Morgan  hierin  ein  nur  scheinbar  abweichendes  Verhalten  sahen  und 
mit  den  übrigen  Ergebnissen  glaubten  leicht  in  Einklang  bringen  zu 
können. 


Wie  unser  kurzer  Ueberblick  zeigt,  ist  auch  auf  dem  Gebiete  der 
Entwickelungsphysiologie  eine  erhöhte  Thätigkeit  nach  vielen  Rich- 
tungen hin  zu  bemerken ;  schon  ist  eine  Reihe  hochbedeutsamer  Er- 
gebnisse zu  Tage  gefördert  worden  und  weitere  Fortschritte  werden 
erfolgen,  je  mehr  die  Zahl  der  geeigneten  Untersuchungsobjekte  ver- 
mehrt, die  experimentellen  Methoden  vervollkommnet  und  neue  Ge- 
sichtspunkte gewonnen  sein  werden. 

Auch  an  Versuchen,  das  in  vielen  Zeitschriften  sehr  zerstreute 
Beobachtungsmaterial  durch  eine  lehrl)uchmäßige  Darstellung  besser 
zusammenzufassen  und  weiteren  Kreisen  nutzbar  zu  machen,  hat  es 
nicht  gefehlt.  So  hat  Oscar  Hertwig  einen  Teil  der  entwickelungs- 
physiologischen  Errungenschaften  in  seinem  Lehrbuche :  „Die  Zelle 
und  die  Gewebe,  Grundzüge  der  allgemeinen  Anatomie  und  Physio- 
logie", besonders  in  dem  1898  erschienenen  zweiten  Teile  zusammen- 
gefaßt. Ferner  sind  zu  nennen  das  nach  anderen  Gesichtspunkten 
angeordnete,  aber  zum  Teil  auch  Gegenstände  der  Entwickelungs- 
physiologie behandelnde  Werk  von  Charles  Benedict  Davenport 
(1899):  ,,Experimental  morphology"  in  2  Bänden  und  das  kleinere, 
nur  über  das  Froschei  handelnde  Lehrbuch  von  Th.  Morgan  (1897) : 
,,The  development  of  the  frog's  egg.  An  introduction  to  experimental 
embryology''. 


Allgemeine  Litteratnrübersicht  69 


Allgemeine  Litteraturübersicht. 


Y  o  r  b  e  m  e  r  k  11  u  g.     Im  Handbuch  sind  beim  Citieren  und  bei  der  Figurenerklärung 
folgende  Abkürzungen  in  Anwendung  gebracht. 

A.  L.  =  Allgemeine  Litteraturübersicht. 

A.  L.  I.     A.  L.  II.     A.  L.  III  =  Allgemeine  Litteratnrübersicht.     Ei-ster  Teil  etc. 

S.  =  Seite,  p.  =  pagina.  T.  =  Tome.  Vol.  =  Volume.  Bd.  =  Band.  Aufl.  = 
Auflage.     Jhrg.  =  .Jahrgang.     Taf.  =  Tafel.     Fig.  =  Figur(en). 

Das  Jahr,  in  welchem  eine  angeführte  Arbeit  erschienen  ist,  ist  in  fettem  Drack  hervor- 
gehoben. Wenn  von  demselben  Autor  in  einem  .Jahre  2  oder  mehr  Arbeiten  in  der 
Litteraturül)ersicht  aufgeführt  sind,  findet  sich  zum  Zweck  der  Unterscheidung  beim 
Citiren  der  au  zweiter,  resp.  dritter  Stelle  aufgeführten  Arbeit  ein  Sternchen  *  resp. 
ein  Jvreuz  f  noch  beigefügt  (z.  B.  1890,   1890*,  1890  f). 

Die  gebräuchlichsten  Zeitschriften,  in  denen  sich  embryologische  Litteratur  findet,  sind  im 
Anschluß  an  SCHWALBE's  Jahresbericht  in  folgenden  Abkürzungen  citiert: 

Abh.  Akad.  Wiss.  Berlin  =  Abhandlungen  der  Königlichen  Akademie  der  Wissenschaften 
zu  Berlin. 

Abh.  math.-phys.  Kl.  sächs.  Ges.  Wiss.  =  Abhandlungen  der  mathematisch-physikalischen 
Klasse  der  Königlich  sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften.     Leipzig.     8. 

Abh.  schles.  Ges.  vaterl.  Kult.  Naturw.  u.  Med.  =  Abhandlungen  der  schlesischen  Gesell- 
schaft für  vaterländische  Kultur.  Abteilung  für  Naturwissenschaften  und  Medizin. 
Breslau.     8. 

Abh.  Senckenberg.  naturf.  Ges.  =  Abhandlungen  der  Senckenbergisch.  naturforschenden 
Gesellschaft.     Frankfurt  a.  M. 

Amer.  Journ.  of  mori^hol.   =  American  Journal  of  moi-phology. 

Amer.  Natur.  Phil.  =  The  American  Naturalist,  a  populär  illustrated  magazine  of  natural 
history.     Philadelphia.     8. 

Amtl.  Ber.  Vei-s.  deutseh.  Naturf.  u.  Aerzte  =  Amtliche  Berichte  über  die  Versamm- 
lungen deutscher  Naturforscher  und  Aerzte.     4. 

Anat.  Anz.  =  Anatomischer  Anzeiger.  Centralblatt  für  die  gesamte  wissenschaftliche 
Anatomie.     Amtliches  Organ  der  Anatomischen  Gesellschaft.     .Jena.     8. 

Anat.  Hefte  =  Anatomische  Hefte,  Wiesbaden.  Referate  und  Beiträge  zur  Anatomie  und 
Eutwickeluugsgeschichte.     8. 

Ann.  and  Mag.  nat.  bist.  =  The  Aunals  and  Magazine  of  natural  history. 

Ann.  des  sc.  nat.  =  Annales  des  sciences  naturelles. 

Anz.  Akad.  Wiss.  Krakau  =  Anzeiger  der  Akademie  der  Wissenschaften  in  Krakau. 
Krakau.     8. 

Arch.  Anat.  u.  Phys.  ^  Archiv  für  Anatomie  und  Physiologie.     Leipzig.     8. 

Areh.  Anthrop.  =  Archiv  für  Anthropologie.  Zeitschrift  für  Naturgeschichte  und  Ur- 
geschichte des  Menschen.     Brauuschweig.     4. 

Arch.  antrop.  e  la  etnol.  =  Archivio  per  l'antropologia  e  la  etnologia.  Organo  della 
Soeietä  italiana  di  antropologia  e  di  etnologia.     Firenze.     8. 

Arch.  biol.  =  Archives  de  biologie.     Gand.     Leipzig  und  Paris.     8. 

Arch.   Entwickl.-Mech.  =  Archiv  für  Entwickelungsmechanik  der  Organismen.  Leipzig.  8. 

Arch.  ges.  Physiol.  =  Arcliiv  für  die  gesamte  Physiologie  des  Menschen  und  der  Tiere. 
Bonn.     8. 

Arch.  ital.   Biol.  =  Archives  italienues  de  Biologie,     ßome,  Turin  et  Florence.     8. 

Arch.  mikr.  Anat.  =  Archiv  für  mikroskopische  Anatomie  und  Entwickelungsgeschichte. 
Bonn.     8. 

Arch.  Physiol.  Par.  =  Archives  de  physiologie  normale  et  pathologique.     Paris.     8. 

Arch.  pathol.  Anat.  =  Archiv  für  pathologische  Anatomie  und  Physiologie  und  klinische 
Medizin,  herausgegeben  von  Rudolph  Virchow.     l^erlin.     8. 

Arch.  de  sc.  biol.  St.  Petersb.  =  Archives  de  sciences  biologiques,  publiees  par  l'institut 
imperial  de  medecine  experimentale  ä  St.  Petersbourg.     4. 

Arch.  zool.  exp.  et  gen.  =  Archives  de  Zoologie  expei'imentale  et  generale.     Paris. 

Assoe.  franc.  pour  l'avanc.  d.  sc.  C.  R.  ==  Association  franjaise  pour  l'avaneement  de 
sciences,  Comptes  rendus.     Paris.     8. 

Atti  Ass.  med.  lombard.  Mil.    =    Atti    della  Assoeiazione    medica  lombarda.     Milano.     8. 

Atti  R.  Accad.  fisiocritici  Siena  =  Atti  della  Reale  Accademia  dei  fisiocritici  di  Siena.  8. 

Atti  R.  Accad.  Sc.  Torino.  Cl.  Sc.  fis.  mat.  e  nat.  =  Atti  della  Reale  Accademia  delle 
scienze  di  Torino.     Classe  di  scienze  fisiche,  matematiche  e  natural!.     Torino.     8. 


70  Oscar  Hertwig, 

Beitr.  patliol.  Annt.  u.  allg.  Pathol.  =  Beiträge  zur  2)athologisclieii  Auatoinie  uii<l  zur 
allgeuieineu  Pathologie.     Jena.     8. 

Bor.  uaturf.  Gos.  Froiburg  =  Berichte  der  naturforschenden  Gesellschaft  zu  Freiburg  i.  B.  8. 

Ben  Scuckonlierg.  naturf.  Ges.  =  Bericht  der  Senckenberg'schen  naturforschenden  Gesell- 
schaft in  Frankfurt  a.  M. 

Bibliogr.  anat.  =  Bibliograjihie  anatomiciue.     Paris.     8. 

Biol.  Central))l.  =   Biologisclies  Centralblatt.     Leipzig.     8. 

Biol.  Füren.  Förhandl.  Stockholm  =  Biologiska  Föreningeus  Förhandlingar.  Verhand- 
lungen des  biologischen  Vereins  in  Stockholm.     8. 

BoU.  scient.  =  BoUetiuo  scieutifico.     Pavia.     8. 

Boll.  mus.  di  zool.  ed  anat.  compar.  di  Torino  =  Bolletino  dei  musei  di  zoologia  ed  di 
anatomia  comi^arata  della  R.  Universita  di  Torino.     Torino.     8. 

Boll.  Soc.  roman.  per  gli  stud.  zool.  =  Bolletino  della  SocietH  roniana  per  gli  studi 
zoologici.     Roma.     8. 

Bull.  Acad.  de  med.  de  Belgique  =  Bulletin  de  l'Aeademie  Royale  de  medecine  de 
Belgiqne.     Bruxelles.     8. 

Bull. 's  Soc.  anat.  Par.  =  Bulletins  de  la  Societe  auatoniique  de  Paris.     Paris.     8. 

Bull.  Mus.  Compar.  Zool.  Harvard  College  =  Bulletins  of  the  Museum  of  Comparative 
Zoology  at  Harvard  College. 

Bull.  Mus.  bist.  nat.  =  Bulletin  du  Museum  d'histoii-e  naturelle. 

Bull,  scient.  de  la  France  et  Belgique  ==  Bulletin  scientifique  de  la  France  et  de  la 
Belgique.     Paris.     8. 

C  R.  Acad.  sc.  Par.    =    Comi^tes    rendus    hebdomadaires    des    seanccs    de  l'Acadgmie  de 

Sciences.     Paris.     4. 
C.  R.  Soc.  biol.  Par.    =    Comptes   rendus    des  seances  et  memoires  de  la  Societe  de  bio- 

logie.     Paris.     8. 

Ergebnisse  Anat.  u.  Entwickeluugsgesch.  =  Ergebnisse  der  Anatomie  imd  Entwickelungs- 
geschichte.     Wiesbaden.     8. 

Portschr.  Med.  =  Fortschritte  der  Medizin.     Berlin.     8. 

Intern.  Monatsschr.  Anat.  u.  Phys.  =  Internationale  Monatsschrift  für  Anatomie  und 
Physiologie.     Leipzig.     8. 

Jahresber.  Fortsehr.  Anat.  u.  Entwickeluugsgesch.  =  Jahresberichte  über  die  Foi'tschritte 

der  Anatomie  und  Entwickeluugsgeschichte,  hrsg.  von  G.  Schwalbe.     Jena.     8. 
Jahresber.    schles.  Ges.    vaterl.  Kultur,   Naturw.  Abt.,    Zool.  Sekt.    =   Jahresberichte   der 

schlesischen  Gesellschaft   für    vaterländische    Kultur.     Naturwissenschaftliche  Abteilung ; 

zoologisch-botanische  Sektion.     Breslau.     8. 
Jenaische   Zeitschr.    Naturw.    =    Jenaische   Zeitschrift   für    Naturwissenschaft.     Hrsg.  von 

der  medizinisch-naturwissenschaftlichen  Gesellschaft  zu  Jena.     8. 
J.  Hopkins  Univ.  Circ.  =  Johns  Hopkins  LTuiversity  Circulars.     Baltimore.     4. 
J.  Hopkins  Univ.  Stud.  biol.  lab.  ==  Johns  Hopkins  University,  Baltimore.     Studies  from 

the  biological  laboratory.     Baltimore.     8. 
Journ.  Anat.  and  Phys.  Loud.  =   The  Journal  of  Auatomy  and  Physiology.     London.    8. 
Journ.  de  l'anat.  et  phys.  Par.   ^  Journal   de    ranatomie    et    de    la  physiologie  normales 

et  i^atbologiques  de  l'homme  et  des  auimaux.     Paris.     8. 
JoiU'n.  Mori^h.   Best.  =  Journal  of  ^Morphology.     Boston.     8, 
Journ.  Physiol.  Camliridge  =  The  Journal  of  Physiologj'.     Cambridge.     8. 
Journ.  R.  micr.  Soc.  Loud.  =  Journal  of  the  Royal  microscopical  Societj-.     London.     8. 

Lancet  =  Lancet.     London.     8  and  4. 

Mem.  R.  Accad.  sc.    Istit.    di  Bologna  =  Memorie   della    Reale  Accademia  delle  scieuze 

dell'  Istituto  di  Bologna.     Bologna.     4. 
Mitt.  zool.  Stat.  Nea2)el.  =  Mitteilungen  aus  der  zoologischen  Station  zu  Neapel. 
Monats. -Ber.  Akad.  Wiss.  Berlin  siehe  Sitz.-Ber.  etc. 
Monit.  Zool.  ital.  =  ]Monitore  Zoologico  italiano.     Firenze.     8. 
Morphcd.  Arl).   =^  Morphologische  Arbeiten,   hrsg.  von  G.   Schwalbe.     Jena.     8. 
;Mori)hol.  Jahrb.  =  Morphologisches  Jahrbuch.     Eine  Zeitschrift    für  Anatomie    und  Ent- 

wickeluugsgeschichte.     Leipzig.     8. 

Nature.  Lond.  =  Nature.     A  weekly  illustrated  jovirnal  of  scieuce.     London.     8. 
Norsk  ^lag.  f.  Lägevidensk.    Christiauia  ==  Norsk  Magazin  for  Lägevidenskaben.     Udgived 
af  Lägeföreningens  i  Christiauia.     8. 

Philos.  Trans.  R.  Soc.  Lond.  =  Philosopliical  Transactions  of  the  Royal  Society  of 
London.     4. 


Allgemeine   Litteraturübersicht.  71 

Pioc.  Acad.  Nat.  Sc.  Phil.  ^  Proceedings  of  tlie  Academy  of  Natural  Sciences  of  Phila- 
delphia.    8. 

Proc.  Amer.  Assoc.  advanc.  sc.  =  Proceedings  of  the  American  Association  for  the  ad- 
vancenicnt  of  scieuce  at  the  anniial  nioctings.     8. 

Proc.  Ass.  Amer.  Anat.  =  Proceedings  of  the  Association  of  American  Anatomists. 
Washington.     8. 

Proc.  biol.  Soc.  Washington  ==  Proceedings    of  th(!  Biologieal  Society  of  Washington.     8. 

Proc.  E.  Soc.  Lond.  =  Proceedings  of  the  Eoyal  Society  of  London.     8. 

Quart.  .Tourn.  niier.  Sc.  =  Quarterly  .loiirnal  of  Microscopical  Science.     London.     8. 

"R.  Ist.  Lomb.  di   sc.  e  lett.  Rendie.    =    Reale    Istituto    Lombardo    di   scienze    e   lettere. 

ßendicouti.     Milano.     8. 
Rend.  R.  Ist.  Lomb.  Sc.  Lett.  =  Reudiconti  di  R.  Istituto  Lombardo  di  scienze  e  lettere. 

Milano.     8. 
Rep.  .  .  .  Meet.    Brit.    Assoc.    advanc.    Sc.  Lond.    =   Reports   of  the  .  .  .  Meeting  of  the 

British  Association  for  the  advancement  of  Science.     London.     8. 
Rev.  scientif.  Par.  =  La  Renie  scientifique  de  la  France  et  de  l'etrangor.     Paris.     4. 
Ricerche   lab.   di    anat.    norm.  LTniv.  Roma  =  Ricerche  fatte    nel  laboratoi-io  di  anatomia 

noi-male  della  R.  LTniversitk  di  Roma.     4. 

Sclimidt's  .lalirb.  ges.  Med.  =  Schmidt's  Jahi'bücher  der  in-  und  ausländischen  gesamten 
Medizin.     Leipzig.     8. 

Sitz.-Ber.  Akad.  Wiss.  Berlin  =  Sitziingsbei'ichte  der  Königlich  preußischen  Akademie  der 
Wissenschaften  zu  Berlin. 

Sitz.-Ber.  Akad.  Wiss.  Wien,  math.-nat.  Kl.  =  Sitzungsbericht  der  Kaiserlichen  Akademie 
der  Wissenschaften  zu  Wien,    mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse.     8. 

Sitz.-Ber.  Ges.  Beförd.  ges.  Xaturw.  Marburg  =  Sitzungsbeiüchte  der  Gesellschaft  zur 
Befördenang  der  gesamten  Naturwissenschaften  zu  Marlmrg.     8. 

Sitz.-Ber.  Ges.  iMoiph.  Physiol.  München  =  Sitzungsbericht  der  Gesellschaft  für  Morpho- 
logie und  Physiologie  in  München.     8. 

Sitz.-Ber.  math.-physik.  Kl.  Akad.  Wiss.  München  =  Sitzungsberichte  der  mathematisch- 
physikalischen  Klasse  der  Königlich  bayrischen  Akademie  der  Wissenschaften  zu 
München.     8. 

Tagebl.    Vers,    deutsch.    Naturi.    u.    Aerzte   =   Tageblatt   der   Versammlungen    deutscher 

Naturforscher  und  Aerzte. 
Trans.  N.  Y.  Acad.  sc.    =    Transactions    of    the  New  York  Academy    of   Sciences.     New 

York.     8. 
Tx'ans.  R.  Acad.  Med.  Ireland.  Dubl.  =  Transactions  of  the  Royal  Academy  of  Medicine 

iu  Ireland.     Dublin.     S. 

Verh.  Anat.  Ges.  ^  Verhandlungen  der  Anatomischen  Gesellschaft.     Jena.     8. 

Verh.  deutsch,  zool.  Ges.  ....  Jhi'vers.  zu =  Verhandlungen    der   zoologischen 

Gesellschaft  auf  der  .   .  Jahresversammlung  zu 

Verh.  Phys.-med.  Ges.  Würzburg  =  Verhandlungen  der  Physikalisch  -  medizinischen  Ge- 
sellschaft in  Würzburg. 

Zeitschr.  Biol.  =  Zeitschrift  für  Biologie.     München,     roy.  8. 

Zeitschr.  wiss.  Zool.  =  Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Zoologie.     Leipzig. 

Zool.  Anz.  =  Zoologischer  Anzeiger.     Leipzig.     8. 

Zool.  Centralbl.  =  Zoologisches  Centralblatt.     Leij^zig. 

Zool.  Jbr.  ==  Zoologische  Jahrbücher. 


A.  L.  I. 

Litteratur  über  ältere  und  neuere  entwickelungsgescMchtliclie  Schriften, 

welche  in  der  historischen  Einleitung  erwähnt  sind. 

V.   Baer,    C,   E.     De  ovi  mammalium  atque  hominis  genesi.     Lipsiae  1827. 

—  Ueber  Entwickelungsgeschichte  der  Tiere.     Beobachtung  und  Reflexion.     1828,   1837. 

1828  I.   Teil,  1837  IL   Teil. 

—  Die  Metamorphose    des  Eies    der  Batrachier    vor    der   Erscheinung    des   Embryo   vnd 

Folgerungen    aus    ihr  für  die   Theorie  der  Erzeugung.     Arch.  Anat.  u.  Phys.  1834. 

—  Reden.     I.    Teil.     Joh.    Sioammerdam's    Leben    und   Verdienste   um    die   Wissenschaft. 

Petersburg  1804. 

—  Ueber  Entwickelungsgeschichte  der  Tiere.  LI.  Teil.  Herausgegeben  von  Stieda-Königs- 

berg.  1888. 


72  Oscar  Hertwig, 

Jialfonr,   F.   M.      A   Jronor/mph    on    the    de,velopment.    of   rJax)nob)ynirh    ßshrii.     London 

1S7S. 
van    livtirtlcn.    Ed.      llrchrrchcf    xur    la    indtiinit/'dii    dr    rauf,    In  frcmidntidii    et   hi    di- 

rinioii   crlliilairc.     Arch.   biol.    T.   1]'.   1SS3, 
Bischo/J',      Entwickeliingsgeschichte  des  Kanincheneies.     Braimscl/iri  i,/   tS4'J. 

—  Eiihrii'l-cliingsge.'^rhichte  des  Ihindeeies.     Brannschireig  1H4!>. 
Jilumcnharh.      Z^cbo-  den  Bildungslrieb.     2.  Avfl.      Göttingrii.  1701. 
Bonnrt.      Consideraiions  sur  les  corps  organises.      Gerieve  17(i2, 

—  Bctrorhtuiigen  über  die  organisierten  Körper.      Uebersetzt  von    iiorze.     177'*. 
Brann,    A.     Die    Frage    nach    der    Gymnospermie    der    Cycadeen    erläutert    durcJi    <//> 

Stelhing  dieser  Familie  im  Stufengang  des  Geirärhurcichoi.     Monats-Ber.  Akad.  W'lsx. 

Berlin  aus  dem  Jahre  1875.  S.  241— "267.     Berlin  1S76. 
Buffon.      IFistoire  naturelle,  generale  et  particiilirre.      T.  II.     Paris  1749. 
Costc.      llistoire    generale    et  particuliere    du  developpement  des  corps  organises.     ltiJ:7 

—1859. 
Dalevp<itiii.s.      Extrait  d'une  lettre  de  31.  Dalenpatius  ä  l'avtevr  de  ces  nouvelles,  con- 

tenarit  itnc  decoiiverte  curieiise,  faite   j)ar  le  moyen  du  mirro.s-cope.     Nouvelles  de  la 

rrpuhlitjue  des  Irftrrs  pur  .Taques  Bernard.     Amsterdam   1099,  p.  .552. 
FahriciiiS  nb  Aquapendente.    De  formato  foctn.  De  formatione  foetus.    Opera  omnia 

Lipsiae  1687. 
Gegenbau r,  C.      Ueher  den  Bau  und  die  Eiitviclcelung  der  Wirhfltiereier  mit  partieller 

Dotterteilung.     Arch.  Anat.  u.  Phijs.  1861. 

—  Grundzüge  der  vergleichenden  Anatomie.     2.  Aufl.     1870. 
Haeckel,   E.      Generelle  3Iorphologie  der  Organismen.    1866. 

—  Die  Ga.itraeatheorie,  die  phylogenetische  Klassifikation  des  Tierreiches  und  die  Homo- 

logie der  Keimblätter.     .lenaische  Zeitschr.  Naturw.  Bd.    VIII.   1874. 
■ —  Die   Gastrula    und    die    Eifurchung    der   Tiere.     Jenaische  Zcitschr.  Naturw.  Bd.  IX. 
1875. 

—  Ziele   und    Wege  der  heutigen  Entuu'ckeiungsgeschichte.     Jena  1875'^. 

—  Anthropogenie  oder  Entwickelung.9g€schichte  des  Menschen.     4-  Aufl.  1891. 
Haller.      Sur  la  formation  du  coeur  dans  le  poulet.     Lausanne  1758. 

—  Aufanqsgründe     der    Physiologie    des    menschlichen   Körpers.      Uebersetzt     von    Halle. 

Bd.    VHI.  1775. 
Hartsoeker,  N.     Essay  de  diojytrique.  p>-  ~~'^!  ^^0.     Paris  1694. 
Havveij,    G.      E.rercitationes     de    generatione     animalium.      Editio    novissima    Lugdani 

Bat((voruni,  1737.      Erste  Ausgabe  London  1651. 
Hei'tirifi,    Osefir.      Beiträge    zur  Kenntnis    der  Bildung,    Befruchtung  und  Teilung    des 
tierischen  Eies,     llorphol.  Jahrb.  Bd.  I.  1875. 

—  u.  Bichard,      Studien  zur  Blättertheorie.  1879 — 1881. 

—  —    Die    Cölomtheorie.      Versuch    einer    Erklärung    des    mittleren    Keimblattes.      .Jena 

1881. 
— •  Das  Problem    der    Befruchtuug    und    der    Isotropie    des    Eies,    eine    Theorie    der    Ver- 
erbung.    Jenaische  Zeitschr.  Naturw.  Bd.  XVIII.  1884. 

—  Die  Zelle  und  die   Gewebe.     II.  Buch.     1898. 

Hls,    W.      Die  Häute  und  Höhlen  des  Körpers.     Basel  1865. 

—  Die    Theorieen    der    qeschlechtlichen    Zeugung.     Arch.    Anthroj).    Bd.  IV  u.    V.    1870 

u.  1872. 

—  Unsere  Körperform  und  das  physiologische  Problem  ihrer  Entstehung.     1874. 
Hiischke.      Ueber  die  erste  Enticickelung  des  Auges    und    die  damit  zusammenhängende 

Cyklopie.     Arch.  Anat.  u.  Phys.  1832. 
Kirchhoff.      Caspar  Friedrich    Wolff,    sein    Leben   und,   seine  Bedeutung  für    die    Lehre 

von  der  organischen  Entwickelnng.     Jenaische  Zeitschr.  Naturu\  Bd.  IV.  1868. 
von  KoelUkev,   A,     Beiträge  zur  Kenntnis  der  Geschlechtsverhältnisse  und  der  Samen- 
flüssigkeit  wirbelloser  Tiere.     Berlin   1841. 

—  Entnuckelnngsgeschichte  der  Cephcdopoden.     1844. 

—  Eutu'ickelungsgeschichte  des  3Ien.schen.     2.  Aufl.  1879. 

Koelreutet'.      Vorläufige  Nachricht  von  einigen,  das  Geschlecht  der  Pflanzen  betreffenden 

Versuchen  und  Beobachtungen.     1761 — 1766. 
Lamat'ck.     Philosophie  zoologique.  1809.      Deutsche    Z^cbcrsetzung  von  A.  Lang.     ,Iena 

1876. 
Lankestet',   Bat/.      On    the  2)'>'i^^ilive    cell-layers    of  the  embryo  as  the  bcms  af  genea- 

logical  Classification    of  animals,    and    on   the  origin  of  vascular  and  lymph-systems. 

Ann.  and  3Iag.  nat.   hist.  1873.  p>-  821. 

—  Notes    on    the    embryology    a,nd    Classification    of  the    animal    kingdom :    con^yrising  a 

revi.non    of  speculations    relative    to    the    origin   and  significance  of  the  germ  luyers. 
Quart.  .lourn.   micr.  Sc.    Vol.  XVII.  No.  5.  1877. 


Allgemeine  Litteraturübersicht.  7; 


o 


'!T5 


Leenwenhoek.     Philnsophinil    Tninsactions.    1077. 

Loeb,  Untersucliuvf/en  zur  jj/iysiologischen  3Iorpholo(jie  der  Tiere.  Heft  1  v.  2.  lSf)l, 
1S92. 

Lotze.     Alh/emehie  Physiologie  des  körperlichen  Lebens.     IS.jl, 

Mnlrhronrhe.     De  In  recherrhe  de  la  verite.     ^.  edit.     Amsterdam   lÖSS. 

Mitiphjhiiis,   M.      Opera  omnia.    lßS7. 

Meckef,  F.  Entwurf  einer  DarsteUunf/  der  zwischen  dem,  Embrymustande  der  höheren 
Tiere  und  dein  permanenten  der  niederen  stattfindenden  Parallele.  Beitr.  zur  ver- 
gleichenden Anatomie.  Bd.  IJ.     Leipzig  1811. 

—  System   der  rergleichendeti  Anatomie.   Bd.   I.      Halle  1821. 

Müller,  Joh.  Bildungsgeschichte  der  Genitalien  aus  anatomischen  Untersuchungen  an 
Embryonen  des  Menschen  und  der  Tiere.     1830. 

—  De  c/hoidularum  secern.  structnra  penitiori  earumque    prima  formatione  etc.     Lipsiae 

IS.iOK 
NeetllHiiH,    G.      Disquisitio  anatomica   de  formato  foetu.     London  1GG7. 
Oken.      Die  Zeugung.     Bamberg   180.5. 

—  Beiträge  zur  vergleichenden  Zoologie.     180G. 

Fandet'.  Beiträge  zur  EntivickelmigsgescMcJitc  des  Hühnchens  im  Ei.  Doktordissertation 
1817. 

—  €h.     Diss.  inaug.  sistens  historiam  metamorphoseos,   cpiam  ovum  incubatum  prioribtts 

quinque  diebus  subit.      Vircebergi  1817. 

—  Enticickelungsgeschichte  des  Küchels.     Isis.  1818. 

JPrevoiit  u.  Dumas.      Devcloppement    de    l'oeuf   des    batraciens.     Ann.    des   sc.    nat.   I. 

Ser.    T.  IL   1821:. 
Purkinje.      Symbolae  ad  ovi  avium   historiam.     1825. 
Ilathke.     Anatomisch-philosophische    Untersuchungen    über    den  Kiemenapparat   und  das 

Zungenbein  der   Wirbeltiere.     1832. 
Reaiiniur.     Sur  les  diverses  reproductions  qid  se  fönt  dans  les  ccrevisses,  le.s  omars  etc. 

et  cntre  autres  sur  Celles  de  leurs  jambes  etc.     Mem.  de  l'Acad.  Royale  des  sciences. 

1712.     Paris  1714:. 

—  3Iemoires  pour  servir  ä  l'histoire  naturelle  des  insectes.     17.34 — 1742. 

JtecH,  Fr.  Esperience  intoi-no  allo  generazione  delli  insetti.  lG(i8.  Latein.  Ausgabe 
1G71.      Experi)nenta  circa  generationem,  insectorum  etc. 

Hegnerus  de  Graaf.     De  mulierum  organis.     Opera  omnia.     Leiden  1G77. 

Reichert,  Ueber  die  Visceralbogen  der  Wirbeltiere  im  allgemeinen  und  deren  Meta- 
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Remak.      Untersuchungen  über  die  Entwickelung  der   Wirbeltiere.     1850 — 1855. 

Roesel   von  Rosenhof.     Historia    naturalis    ranarum   nostratium  etc Deutsch: 

Die   natürliche  Historie  der  Frösche  hiesigen  Landes.     Nürnberg  1758. 

Riisconi.  Ueber  künstliche  Befruchtung  von  Fischen  und  über  einige  neue  Versuche  in 
Betreff  künstlicher  Befruchtung  an  Fröschen.     Arch.  Anat.   u.  Phys.  1840. 

V.   Sachs,  Julius.      Geschichte  der  Botanik.     1875. 

Schicanti,  Th.  Mikroskopisclie  Untersuchungen  über  die  Uebereinstiinmung  in  der 
Struktur  und  dem    Wachstum  der  Tiere   und  Pflanzen.     Berlin  1839. 

Spallanzani.  Versuche  über  die  Erzeugung  der  Tiere  und  Pflanzen,  nebst  des  Herrn 
Johann  Senebier's  Entiourf  einer  Geschichte  der  organisierten  Körper  vor  ihrer  Be- 
fruchtung.    Z^ehersetzt  von  Michaelis.     178G. 

Siyeticer,   Herbert.      Prinzipien  der  Biologie.     187G. 

Schmidt,  Oscar.  Die  Entwickelung  der  vergleichenden  Anatomie.  Ein  Beitrag  zur 
Geschichte  der   Wissenschaften.     Jena  1855. 

Spiffelius,   A.      Opera  quae  e.rstant  omnia.     De  formato  foetu.     Amsterdami  1G45. 

Strasburger,  E.  Ueber  die  Bedeutung  pthylogenetischer  Methoden  für  die  Erforschung 
lebender    Wesen.     Jenaische  Zeitschr.  Naturw.  Bd.    VIII.  1874. 

—  Neue  Untersuchungen  über  den  Befruchtungsvorgang  bei  den  Phanerogamen  als  Gr^ind- 

lage  für  eine  Theorie  der  Zeugung.     Jena  1884. 
Swammerdam.     Biblia    naturae,    sive    historia    insectorum    in   certas    classes    reducta. 
Leid.   1737 — 38. 

—  Bibel  der  Natur.     1752.     Nebst  Swammerdam' s  Leben  von  Boerhaave. 
Tiedemann.     Anatomie    und  Bildungsgeschichte    des  Gehirns   im  Foetus   des  Jlenschen. 

18  IG. 

Tremblcy.  Memoires  pour  servir  ä  l'histoire  d'un  genre  de  Polypes  d'eau  douce. 
Leiden    1744. 

Vallisneritis,  Antonius.  Historie  von  der  Erzeugung  der  Menschen  tmd  Tiere  nebst 
einer  Untersuchung:  ob  solche  durch  die  Samenwürmer  oder  diirch  die  Eier  ge- 
schehe.     Uebersetzt  von  Berger.     1739. 

Waldeyer.  Gedächtnisrede  auf  v.  Baer.  Tagebl.  Vers,  deutsch.  Naturf.  u.  Aerzte  zu 
3Iünchen.     1877. 


74  Oscar  Hertwig, 

IVeismniiti.     Das  Keimplasma,  eine   Theorie  der   Vererhimcj.     1S92, 

Wol/J'.    C,  Fr.      Theoria  (fenerotioius.    1759,    In  das  Deut.tchr  ührrsetzi  von  Samassa. 

Ostirald's  Klassiker  der  e.vaktni    Wissetischaßeii.   No.   84.   lS9(i. 

—  Theorie  von  der  Generation.      1704. 

—  De  formatione  intestinornm.    Nova  Commentar.    Acad.  sc.  Petro'polit.     Petrop.    T.  XII 

u.  XIII    170S. 

—  Von    der    eigentümliehen    und   tresentJirhen  Kraft  der  ver/etahilischen  smrohl  als  auch 

der  animalischen   Substanz.     Petcrshur(/  17Sf}. 

—  Ueher    die    BiUhinq    des    Darmkanals    im    bebrüteten  Hühnchen.      Uebersetzt    von  Fr, 

Meckel.     1812. 


A.  L.  II.     Lehrbücher  und  Tafelwerke. 

Balfour,   F.   M.      Comparative  enürryology.     London   1880 — 81. 

—  Handbuch  der  vergleichenden  Embryologie.     Ans  dem  Englischen   übersetzt  von  Dr.  C, 

Vetter.     2  Bände.     Jena  ISSl. 
Bergh,   B.   S.      Vorlesungen  über   allgemeine  Embryologie.      Wiesbaden  1895. 
Bischoff,  Th.    Entivickehmgsgeschichte  der  Säugetiere  und  des  Jlenschen.    Leipzig  184:2, 

Aus  Sömmering's  ,,Vom  Bau  des  menschlichen  Körpers". 

—  Entv'ickelungsgeschichte.      Wagner' s  Handieörterbuch   der  Physiologie.     Bd.  I. 
Bannet.      Grundriss  der  Enttrickelungsgeschichte  der  Haussäugetiere.     1891. 
Chievitz,  J.   H.     Fosterets   Udvikling  fremstillet  for  Medicinske  Studerende.   Kjöbcnhavn 

1891. 
Coste.     Histoire   genercde    et  ^7a)'/;VM/('e»'e    du  develojjpement  des  corps  organises.     1847 

—1859. 
Bavenport,    Ch.   B.      Experimental  inorphology.     Part  I  u.  II.     New  York,  Macmillan 

and  Co.  1899. 
Dean,   Bnshjord.      Fishes  liring  and  fossil.     Au  outline  of  their  forms    and  probable 

relationshi2)s.     Columbia   Univers,  biolog.     Series  1895. 
Vehierre.     €h.     Manuel    d'embryologie    hnmaine    et    comparee.     Paris    1886.      2.  edit. 

1889. 
Vuvtil,   31.      Atlas  d'embryologie.     Paris  1888. 
Ecker,   A.     Icones  physiologicac.     1851 — 1859. 

Evdl.      Die  Entwickelnng  des  Menschen  und  Hühnchens  im  Eie.     Leipzig  1845. 
Forster,   M.   und  Balfour,   F.   JM.      The  Clements  of  emhryology.     Part  I   (Hühnchen). 

London   1874.    2.  edit.  by  Adam  Sedgwick  and  Wcdter  Heapie  1883.    5.  Aufl.    London 

1896.     Deutsche   Uebersetzung  durch  Kleinenberg.     Leipzig  1876. 
d-ilis,  P.     Precis   d'enüiryologie    cidopte    aux   sciences   mediccdes.     Preface  par  Matthias 

Dural.     Paris   1891. 
Haacke,    Wilhelm.      Grutidi'iss  der  Entwickelungsmechanik.     Leipzig  1897. 
Haddon,   A.  C      An   introdnction   to  fhe  study  cf  embryoloqy.     Philadelphia  u.  London 

1887. 
Haeckel,   E.      Ardhropogenie  oder  Entwickelungsgeschichte  des  Menschen.  Leipzig  1874. 
His,    IV.      Unsere  Körperform,  und  das  physiologische  Problem  ihrer  Entstehung.  Leipzig 

1874. 
Hertwig,    Oscar.     Lehrbuch  der  Entivickelungsgeschichte  des  Menschen  und  der  Wirbel- 
tiere. 1886.      6.  Aufl..  1898. 

—  Traite  d'embryologie  etc.      Traduit  j)ar  Charles  Julin.     1891.      Ed.  II  1899. 

—  Tc.cthook  of  evibryology  of  man  and  mammals.    Translated  by  E.   L.   Mark.    London 

1892. 

—  Manuale  di  embri<ilo</i<(,  dell'   uomo  e  dei  vcrtebrati.      Traduz.  da  A.    Cioja.     Jlilano 

1894. 

—  Die  Zelle   und  die   Geu^ebe.      Grundzüge    der    allgemeinen  Anatomie    und   Physiologie. 

IL  Buch.     Jena  1898. 

Hoff'mann,  C.  K.  Grondtrekken  der  vergelijkende  OntwikkelingsgescMedenis  van  de 
gewervelde  Dieren.     Leiden   1884. 

Keihel,  F.  Nonnentafeln  zur  E)dwickelungsgeschichte  der  Wirbeltiere.  In  Verbindung 
mit  Kästner,  Kopsch,  Mehnert,  3Iinot,  Nicolas,  Beighard,  Schaper,  Semon,  Sobotta, 
Whitman.  Heft  I.  Keibel.  Normentafrlii  zur  Entwickelungsgeschichte  des  Schweins. 
Jena  1897.  Heft  II.  Keihel  u.  Abraham.  Normentafeln  zur  Entwickelungsge- 
schichte des  Huhnes.     Jena  1900. 

von  Koelliker,  A.  Entwickelungsgeschichte  des  Menschen  und  der  höheren  Tiere.  Aka- 
demische   Vorträge.     Leipzig  1861.      2.  ganz  umgearbeitete  Aufl.     Leipzig  1879. 

—  Grundriss  der  Eutwickeluiii/si/cschichte  des  Menschen  und  der  höheren  Tiere.     2.  Aufl. 

Leipzig  1884. 


Allgemeine  Litteraturübersicht.  75 

Kollmnnn,   LcJn-l»ich  der  Entivickelungsgeschichte  des  Menschen.     Jena  1898. 
Koi'schelt  inid  Ifeidev,  K.     Lehrbuch    der  vergleichenden  Entwickelungsgeschichte  der 

virbrllosrn    Tirre.      Jena   1890—1893. 
Marshall,   A.   3/»7jje.s.      Vertchratc  embryology.     London  1892. 
Martin.   Pitul.     Lrhrbnrh   der  Anatomie  der  Ilatistiere.     Stuttgart  1901. 
MihalKoiics,    Geza.      Fcjlödestan.     I.     Budapest  1899. 
Minot)   CJiarles  Sedg.    Human  embryology.  Neic  York,   Wllliain  Wood  and  Co.  1892. 

—  A    biblioqraph}!  uf  ccrtebrate  embryology.      Jlemoirs  of  the  Boaton  Soc.    of  Nat.  Mist. 

Vol.  li'.  1893. 

—  Lehrbuch     der    Entwickelungsgeschichte    des    Menschen.     Deutsche    Uebersetzung    von 

Kü.stner,     Leipzig  1894. 
Morgan,   Th.  H.      The  development  of  the  frog's  egg.     An  introd/uction  to  experimental 

onbrynlnr/y.     yew    York  Macmillan    Co.   1897. 
Müller,  J.  ' iRandwörterbuch  der  Physiologie.  Bd.   LI.  Buch    VLL  u.    VLLL.   1840. 
Pre)iaiit.     Elements  d' embryolog ie  de  l'homnie  et  des  vertebres.     Paris  1891 — 1896. 
Frei/er,    W.     SpecieUe  Physiologie  des  Embryo.     1883,   1884, 
liathke,   H.     Entwickelungsgeschichte  der  Wirbeltiere.     Leipzig  1861. 
Rotiiiti,    (i.     Lezioni  di  embnogenia  um<ma  e  comparata  dei  vertebrati.      Siena   1881, 

1882,   1888. 
lioule,   L.      L'embryologie  generale.     Paris  1892. 

Schäfer,   E.   A,     Embryology.      Quain's  Elements  of  anatomy.     10.  edit.    Vol.  I.    1890. 
Schenk.     Lehrbuch  der  vergleichenden  Embryologie  der   Wirbeltiere.     Wien  1874. 

—  Lehrbuch   der  Embryologie  des  ßlenschen   und  der   Wirbeltiere.      Wien  1896. 
Schnitze,    Oscar.      Gru)idriss  der  Entwickelungsgeschichte  des  Menschen  und  der  Säuge- 
tiere.    Leipzig  1897. 

Tourneux,  F,  Atlas  d'embryologie.  Developpement  des  organes  genito-urinaires  chez 
l'homme.      Vol.  I.  1894. 

—  Freds  d'embryologie  humaine.     Paris  1898, 
Yalenti,  Lezioni  elementari  di  emhriologia.     Torino  1893. 

Valentin,  G,  Handbuch  der  Entivickelungsgeschichte  des  Menschen  mit  vergleichender 
Rücksicht  der  Entivickelung  der  Säugetiere  tmd   Vögel.     Berlin  1835, 

Velpeau,  A,  A,  L.  31,  Die  Embryologie  tmd  Ovologie  des  3Ienschen  etc.  Aus  dem 
Französischen   übersetzt  von    C.  Schwabe.     LImenau  1834. 

V)'olik,  W.  Tabulae  ad  illustrandam  embryogenesin  homi)iis  et  mammalium,  tarn 
naturalem  quam  abnoiinem.     Amstelodami  1849.     Lipsiae  1854. 

Wagner,   R,     Lcones  2)hysiologicae.     Atlas.  1852, 

A.  L.  III.     Entwickelungsgescb.ich.tliche  Sch.riften, 

welche  über  den  Gesamtvei'laiif  der  Eutwickelung  eines  Tieres  oder 
über  die  Entwickelung  vieler  Organe  handeln.  Die  Litt  erat  ur  ist  nach 
den  einzelnen  Wirbeltierklassen  geordnet.  Sie  findet  eine  Vervoll- 
ständigung in  den  Litte ratiir Übersichten  der  einzelnen  Kaj^itel,  auf 
welche  hiermit  besonders  hingewiesen  \v  i  r  d. 

1)  A  VI  p  h  i  o  X  u  s. 

Hatschek,   B.     Studien  über  Entwickrhnig  des  Amphioxus  lanc.      Arbeiten  aus  d.  zool. 

Inst.   d.    Unir.    Wien.  Bd.  IV.  1881. 
Koivalevsky,   A,     Entwickelungsgeschichte  des  Amphioxus  lanc.     Mem.  de  l'Acad.  Imp. 

de  St.  Petersbourg.  Ser.  7.   T.  XI.  1867, 

—  Weitere    Studien,    über    die    Entwickelungsgeschichte    des  Amphioxus   lanc.    etc.     Arch. 

mikr.  Anat.  Bd.  XIII.  1877. 
Willey,  A,      The    later    larval    development    of   Amphioxus.      Quart.    Journ.    micr.  Sc. 
Vol.  XXXII.  1891. 

—  Development  of  the  atrial  Chamber  of  Ampihioxus.    Proc.  Boy.  Soc.  London.   Vol.  LVIII. 

1891. 

2)   Cyclostomen. 

Bashford,  Dean,  On  the  development  on  the  Californian  Hagfish  (Bdellostoma  stouti). 
Quart.  Journ.  micr.  Sc.  X.  S.    Vol.  XL.  p.  269.  1897, 

—  On    the  plan    of  development  of  a  3Iyxinoid.     Science.  X.  S.    Vol.    V.  p.  4-^3-  1897; 

Vol.  IX.    1899, 

—  On  the  embryology  of  Bdellostoma  stouti.     Festschrift   zum  70.   Geburtstage   von  C.  v. 

Kupfer.   1899, 
Doflein,  Franz,     Zur  Entwickelungsgeschichte  von  Bdellostoma  stouti.      Verh.  Deutsch. 
Zool.   Ges.  Jhrvers.  zu  Hamburg  1899, 


7G  Oscar  Hertwig, 

Goette,   A.      Ucher  die  EntwicJcchmg  von  Petromyzon  fluv.     Z>i"I.   .ins.   1S<SS. 

—  Entu'ickelungsgeschichte    des   Flnuifnciivauges    (Petrom.  fluv.).     Abliandl.  zur  Entiricke- 

luvgKgcHch.  d.    Tiere.  Heft.  5.    1S90. 
V.  Ktt])JJ'rr,  C.     Ueber  die  Entirickrhnig  ran.  Petromyzon  Planrri.    Sitz.-Ber.  vinlli.-jihiisik. 
Kl.  Abid.  TIV.v.s.     München.  ISSS.  ' 

—  Die    Eiitirickelung    von   Petromyzon.   Planeri.     Arrh.  viikr.  Anat.  Bd.  XXXV.  1S90. 
Müller,   A,      Ueher  die  Entirickelvng  der  Nexmangen.      Ein  vorlävßger  Bericht.     Arch. 

Anat.  u.  Phys.  ISSti. 
Nestlci',  K.     Beitröge  zur  Anatomie  und  Eiitiricki'liingyge.'<chiehte  von  Petromyzon  Planeri. 

Arrh.  f.   Xatiirge.sch.   Jahrg.  46.   1S90. 
Nuel,   tT.   jP.      Quefqves  phases    du    developpement   du   Petromyzon  Planeri.     Arch.  Biol. 

T.  IL  1S81. 
OivsJan}iihotr.      Zur  Entwickelung  des  Petromyzon  fluviatilis.     Bull.  Acad.  des  seien,  de 

\st.  Peter.^bourg.    T.  XIV.   1S70. 

—  Zur  Etitirickeliinr/sqeschiehte   di's  Flus.'<neunauges.      Bull.  Acad.  des  seien,  de  St.  Peters- 

bourg.   T.  XXXHI.  N.  S.   T.  I.  1SS9. 

—  Zur  JEntwickebmgsgeschichte  des  Flussneunauges.     Vorl.  Mitt.     3Ielanges  biol.  tires  du 

Bull,  de  l'Acad.  des  seien,  de  St.  Petersbourg.    T.  XIIL  18S9'K 
JPrice.      Zur  Ontoqenie    eines  My.rinoiden   (Bdellostoma  stouti).      Sitz.-Ber.  math.-phj/sik. 
Kl.  Akad.    TI7.s.s\  München.  Bd.  XXVI.   S.  69.  1896. 

—  Some  points  in   the  development  of  a  Myxinoid.      Verh.  Anat.   Ges.   S.  81.   1896. 
Schneidev,   A.     Anatomie  und  Entwickelungsgeschichte  von  Petromyzon  und  Ammocoetes 

in:  Beiträge  zur  vergleichende.'n  Anatomie  und  Entwickelungsgeschichte  der  Wirbeltiere. 
Berlin    1879. 
Schnitze,   M.      Entwickelungsgeschichte  des  Petromyzon  Planeri.     Verhandl.  d.  Gesellsch. 
d.    Wissensch.  zu  Harlem.  1856. 

—  Froricp's  Xotizen.     Bd.  II.  1S58. 

Scott,    W.   B.      Vorläufige    Ilitteilung     über    die    Enttrickrlungsgeschichte     der    Petromy- 
zonten.     Zool.  Anz.'  Xo.   63,  64.  1880. 

—  Preliminary    account    qf   the    development    of  the   Lampreys.      Quart.  Journ.  micr.  Sc. 

Vol.  XXI.  1881. 

—  Beiträge    zur   Entwickelungsgeschichte    der  Petromyzonten.     3Iorphol.  Jahrb.  Bd.    VII. 

1882. 

—  The  embryology  of  Petromyzon.     Journ.  ff  Morphol.    Vol.  I.  1887. 

Shtpley,   A.   E.      On  some  points  in  the  development  of  Petromyzon.  fluv.      Quart.  Journ. 
micr.  Sc.  N.  S.    Vol.  XXVII.  1887. 

3)  Selachier. 

Balfoiir.      A  p>reliminary  account  of  the  development  of  the  elasmobranch  fishes.     Quart. 
Journ.  micr.  Sc.    Vol.  XIV.  1874. 

—  The  development  of  elasmobranch  flshes.     .lourn.  Anat.   and.  Phys.  Land.  Vol.  X.  1876. 

Vol.  XL  1877.  ' 

—  A  mrjnograph  on  the  development  of  elasmobranch  fishes.     London.  1878. 
Biignion,  E.     Developpement    des    Selaciens.     Bull,    de   la  Soc.   Vaiidoise  d.  seien,  nat. 

T.  IV.  1895. 
Dohrn,   A,      Studien   zur   Urgeschichte    des    Wirbeltierkörpers.      Eine    grijfere    Zahl    von 

Abhandlungen  in:  Mitt.  zool.   Stat.  Neapel  1883 — 1901, 
His,    W,       Sonderung    und     Charakteristik    der    Entwickelungsstufen    junger    Selachier- 

embryonen.     Arch.  Anat.  Physiol.  Anat.  Abt.  1894. 
Hoffmann,    C   K.      Bciträ(/e  zur  Entwickelungsgeschichte  der  Selachü.     Morphol.  .lahrb. 

Bd.  XXIV  u.  XXV.  1896  u.  1898. 
Kastsclienko,  N.    Zur  Entwickelungsgeschichte  des  Selachierembryos.  Anat.  Anz.  Bd.  III. 

1888. 
Koivalevsh'y,   A.    Zur  Entwickelungsgeschichte  der  Haifische.    Nach  den  Untersuchungen 

an  3Iustelus  laevis  und  Acanthias  vidg.     (Pussisch.) 
V.  Leydig,   F.      Beiträge  zur  mikrosk.  Anatomie   u.  Entwickelungsgeschichte   der  Rochen 

und  Haie.     Leipzig  1852. 
Per^nyi,    J.     Beiträge    zur  Eiidiryologie    von    Torpedo    mcirmorata.      Vorl.  Mitt.     Zool. 

Anz.'  9.   Jahrg.  1886. 
Rathke,   H.     Beiträge    zur    Geschichte    der    Tierwelt.     Entwickelung    der  Haifische    und 

Pochen.    Neueste  Schriften  der  Natvrf.  Ges.  in  Danzig.    Bd.  IL  Heft  '2.    Halle  1827. 

4)  Teleostie  r. 

Agassiz,   Alex.      Su.r  le  developpement  des  Pleuronectes.     Journ.  de  zool.   T.   VI.  1877. 
On   the    young   stages    of  some  osseous  fishes.     Proc.  of  the  Axner.  Acad.  of  Arts  and 
Seien.    Vol.  XLLL,  XLV.  XVLL  1877.   1878.   1882.' 


Allgemeine  Litteraturübersicht.  77 

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Alis  and  Seien.    Vol.  XX.   1884:. 

—  and  Whitinan.      The   development   of  o.sseo?<s  fishes.     3fem.    of  (he  Mus.  of  comiyar. 

Zool.    Vol.  XIV.  1885.  PL  2.  1889. 
Aubevt.   H.     Beiträqe    zur  Entwickeln itgsgeschichte    der  Fische.     Zeitschr.    f.    wissensch. 

Zool.    Bd.    VIT.   1850. 
V.  Baer,   C.  E.      Cnter.'<iirhunf/rn  über  die  Entivickelungsyeschichtc  der  Fische  etc.  Leipzig 

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Allgemeine  Litteraturübersicht.  79 


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Ämer.  Journ.  Sc.    Vol.  XVII.  IS 34. 
Ziegler,    Fr.,    Zur  Kenntnis    der  Oberflächenbilder    der    Rana-Embrrjonen.     Anat.   Ans. 

Bd.    VII  lSf)2. 

8)  RcjJtilien. 

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—  Beiträqe    zur    Entwickelungsgeschichte    der   Reptilien.     Zeitschr.  iviss.  Zool.    Bd.  XL. 

1884. 

—  Weitere   Z^nt ersuchungen  zur  Entwickelungsgeschichte    der  Reptilien.     Jlorphol.  Jahrb. 

Bd.  XL  1886. 

—  Reptilien.     Entivickelungsgesch.   Teil.  1890.     Bronn's  Klassen  u.   Ordnungen  des   Tier- 

reichs.    Bd.    VI.  Abt.  's.  S.  1872.  1890. 
Lerehonllet,   A.     Recherches  d'embryologie  comparee  sur  le  developpement  de  la  truite, 

du  lezard  et  du  lim,nee.     Ann.  des  sc.  nat.  Ser.  IV.   T.  XIX.  Paris  1863. 
Orr,  H.     Contribution  to  the  embryology  of  the  lizard.  Journ.  3Iorph.  Bosf.   l'ol.  I.   1887. 
Ostrouitioff,   A,      Zur  Entwickelungsgeschichte  der  Eidechsen.     Zool.  Anz.  1888. 
Parker,    TF.   H.      Report    on    the    develojiment    of   the    green    turtle    (Chelonc    viridis). 

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Hathke,   H.      Entwickelungsgeschichte  der  Natter  (Coluher  natrix).  1839. 

—  Die  Entwickelungsgeschichte  der  Schildkröten.  1848. 

—  Untersuchungen  über  den  Körperbau  und  die  Entivickelung  der  Krokodile.  1866. 
Schauinsland,   H.      Zur   Entwickelung    von   Ilatteria.      Sitz.-Ber.  Akad.    Wiss.  Berlin. 

1898. 

—  Beiträge    zur  Biologie    und  Entwickehvng    der  Ilatteria    nebst  Bemerkungen    über    die 

Entwickelung  der  Sauropsiden.     Anat.  Anz.  Bd.  XV.  1899. 
Straltl,   H.     Beiträge  zur  Entwickelung   von  Lacerta  agilis.     Arch.  Anat.  Phys.    1882. 

—  Beiträge  zur  Entwickelung  der  Reptilien.     Arch.  Anat.  u.  Phys.  A.  1882  ■■■. 

—  Ueber  Entunckelnngsvorgänge    am    Vorderende    des  Embryo  von  Lacerta  agilis.     Arch. 

Anal.   u.  Phys.   A.  1884. 

—  Ueber  Wachstumsvorgänqe  an  Embryonen  von  Lacerta  agilis.    Abh.  Senckenberg.  naturf. 

Ges.  1884-^. 
Thileniiis,    G.       Vorläufiger    Bericht    über    die    Eiablage    und    erste    Entwickelung    der 

Ilatteria  p.     Sitz.-Ber.  Akad.  Wiss.  Berlin.  1899.  'S.  247—256. 
Thomas,   A.   f.    IV.      Prelinunary    note    on,  the    development  of  the   Tualarn   (Ilatteria). 

Proc.  R.  Soc.  Lond.    Vol.  XLVIII.  1891. 
Todaro.     Sopra  lo  svilujypo  della  seps  chalcides.     Monit.  zool.  ital.  Anno  4- 
Voeltzkow,   M.      Ueber  Bioloqie    und,  Embryonalentwickelung  der  Krokodile.     Sitz.-Ber. 

A!:ad.    Wiss.  Berlin.  1893. 

—  Beiträge    zur  Entirickelungsgeschichte    der  Repitilien.     Biologie    und,  Entwickelung  der 

äusseren  Körperform  von   Crocodilus  madagascariensis.     Abh.  Senckenb.  naturf.    Ges. 
Bd.  XXVI.  Frankfurt  a.  M.  1899. 

9)   Vögel. 

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Braun,   M.     Aus    der    Entwickelungsgeschichte    der  Papageien.      Verh.  Phys.-med.    Ges. 
Würzburg.  X.  F.  Bd.  XIV.  1880:  Bd.  XV.  1881. 


Allgemeine  Litteraturübersicht.  81 

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s(,ol.-s<,<,t.  Inxt.  zu  Wiirzhiir(/.  Bd.    V.   1SS2. 
V.   liaer,    C.   E.      Uclx-r  Eiilirickehmgsgeschichte  der  Tiere.     Beobac/i/mir/  und  Reflexion. 

A'ünigsherf/  18:2S  m.   1S;J7. 

—  Ueber  Entwickelungsge.^cMchte  der  Tiere.    2.  Teil.    Herausgegeben  von  Stieda.    Königs- 

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Ereil.     Entn'ickcbuKj  der  Leibesform  des  Hühnchens.     Leipzig  lS-i5. 
Gruwa.     Studien  über  letzte  Entwickelungsvorgänge  im  bebrüteteten  Vogelei.    Diss.  Greifs- 

wakl.  1S7S. 
Home,  E.      On  the  changes  the  egg  tmidergoes  during  incubation.    Phil.   Trans.  1S23. 
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norne-hoUandiae).     Fror.  Linn.  Soc.  JS^'eiv  South    Wales.  1SS7. 
Hi.s,    W.      Ueber  die  erste  Anlage  des  Wirbeltäerleibes.    Arch.  mikr.  Anat.  Bd.  IL  18G(i. 

—  rntersuchungen    über   die    erste  Anlage   des    Wirbeltierleibes.     Die   erste  Entirickrlnmi 

des  Hühnchens  im  Ei.     I^eipzig  186S, 
Knpffer,    C,    und  Benccke,  B.      Photogromvie  zur    Ontogenie    der    Vögel.     Nova  Acta 
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3Iitrophanoiv,       Note    snr    le    developpement    primitif    de    l'avtruche.      Biblingr.    anat. 

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Moleschott,  J.     Zur  Evihnjologic  des  Hühnchens.      Untersuchungen  zvr  Naturlehre  des 

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—  Stiidii  embriologici  sid  pulcino.      Torino  1808. 

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3.  Annee.     1895. 

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—  Observations  on  the  anatomy  and  development  of  Apteryx.    Phil.  Trans.  1891'^. 

—  Additional  observations  on  the  developiment  of  Apiteryx.     Phil.   Trans.  1891t. 
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Betiifik,   B,      Untersuchungen  über  die  Entwickelung  der    Wirbeltiere.     Berlin   1855. 
Stutler,    Th.     Embryo7ialformen    einiger   antarktischer   Vögel.     3Iitt.  Naturf.  Ges.  Bern. 

1886. 

—  Embryonalentwickelung  der  Vögel.    Eorschungsreise  S.  M.  S.  Gazelle  1874176.   Teil  III. 

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Zehnter^   L.     Beiträge   zur  Entwickelung   von    Cypselus   melba,   nebst   biologischen  und 

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—  Ih'r  Ent u: ickel u ngsgeschichte  des  Hundeeies.     Braunschweig  1845, 

—  Entwickelungsgeschichte  des  3Ieerschweinchens.      Giessen   1852, 

—  Entwickelungsgeschichte  des  Reheies.      Giessen  1854. 

—  Ueber   die  Ranzzeit   des  Euchses   und   die    erste  Entwickelung  seines  Eies.     Sitz.-Ber. 

d.  Kl.  bayr.  Akad.  zu  München.  18G3. 

—  Neue  Beobachtungen  zur  Entwickelungsgeschichte  des  Meerschweinchens.      Abh.  d.  Kl. 

bayr.  Akad.  d.    Wiss.  IL  Klasse.  Bd.  X.  München  1866, 

—  Historisch-kritische  Bemerkungen    zu    den    neuesten  Mitteilungen   über   die    erste  Ent- 

vnckelung  der  Säugetiereier.     3Iünchen  1877, 
Bonnet,   It.     Zur  Embryologie  der   Wiederkäuer.     3Iitt.  d.  Jlorph.  Ges.  zu  München  1883. 

—  Beiträge    zur  End)ryologie    der   Wiederkäuer,    geiconnen    am    Schafei.     Arrh.  Anat.   u. 

Phys.  Anat.  Abt.  1884  u.  1889, 
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1899, 
Handbuch  lier  Entwickelureslehrc.    I.  {\ 


82  Oscar  Hertwig, 

Culdwell,    W.   II,       The    rvihri/dlnf/y    iif  Jfmuilrriiiftt'i    and  Marmijjialia.      Pror.    II.   Sor. 

Loml.    Vol.  XLll.   1SS7    li    p'hilos.     Tm„s.    R.  Sor.    Lond.    Vol.  CLXXVIJI.   1.SS7. 
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Denilcer,   J.     Recherches    anaf.omiq'ncs    et    embri/ologir/ves    .•iiir    len   .sinfjett  CDtthropoides; 
foetus    de    gorille    et    de    gibhon    compures   au.c  foetiix    humains    et  aux  anthropoides 
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1887. 

—  Jlittclblatt   tind  Amnion    der  Katze.     Habilitationsschrift.     Erlangen  1887*. 

—  Embryologische    Untersuchungen.     Einheimische  Raubtiere.     Heft  1.  1889. 

—  Evibryologische    Untersuchungen.     Heft  2.     A.    Die    Stammesgeschichte    der   Nagetiere^ 

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1890. 
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Allgemeine  Litteraturttbersicht.  83 


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bryonen.    Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt.  1880. 

—  Besitzt  der  menschliche  Embryo  einen  Schiranz  f     Arch.  f.  Anat.   u,.  Phys.  Anat.  Abt. 

1880'^. 

—  Replik  und  Kompromifssätze   nebst  SchJu fserklürung    von   W.  His.     Arch.  f.   Anat.   u. 

Phys.  Anat.  Abt.  1880 f. 
Etevnod,   A.   C.  F.      Communication   sur   un   oeuf  humain   avec  embryon  excessivement 
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—  Premiers   Stades  de   le  circulation  sanguine  dans    l'oeuf  et   l'embryon  humain.     Anat. 

Anz.  Bd.  XV.  1898. 

—  II  y  a  un   canal  notochordal    dans   l'embryon  humain.     Anat.  Anz.  Bd.  XVI.  1899. 

—  De  la  presence  dans  l'embryon  humain  d'un  canal  notochordal,  soit  d'un  archenteron 

homologue  ä  celui  des  organismes  inferieurs.    Arch.  scienc.  phys.  et  nat.  Annee  CIV. 

Geneve  1899. 
Feldbdusch.     Ein  4^/^  mm  langer  Embryo  aus  der  dritten  Woche  der  Schwangerschaft. 

Wochenbl.  d.  pfälz.  Aerzte.  Jahrg.  XI.    1893. 
Fol,   H.     Description  d'un  embryon  humain  de  cinq  millimetres  et  six  dixiemes.    Recueil 

zoologique  suisse.   T.  I.    1884. 

—  S^lr  la  queue  de  l'embryon  humain.      Compt.  rend.    T.   C.    1883. 

Froriep.     Junge  menschliche  Embryonen.     Med.  Korrespondenzbl.  d.  Württemberg,  ärztl. 

Vereins.  Bd.  LXVIII.   1878. 
Gerlach,  Leo.     Ein  Fall  von  Schwanzbildung  bei  einem  menschlichen  Embryo.    Morph. 

.lahrb.  Bd.    VI.  1880. 
Glacomini,    C,     Su  alcune  anomalie  di   sciluppo  deW    embrione  umano.     Atti  della  R, 

Acad.  delle  Sc.  di  Torino.    Vol.  XXIII.    Torino  1888;    Vol.  XXIV.  1889.     Arrh. 

ital.  biol.   T.  IX.    1888. 

—  Sidle  anomalie  di  sviluppo  del  embrione  umano.    Atti  d.  R.  Accad.  d.  Sc.  d.  Torino. 

Vol.  XXXII.  1896. 

—  Un  ovo  umano  di  11  giorni.    Giornale  della  R.  Accad.   di  Med.  di  Torino.     Vol.  III. 

Torino  1897. 

—  Sur  les  unomalies  de  dereloppement  de  l'embryon  humain.    Arch.  ital.  Biol.   T.  XXVII. 

1897 ;    T.  XXIX.  1898. 
Halpryn.     Mitteilungen  über  die  Präparationsergebnisse  einer  frühzeitigen  menschlichen 

Frucht.     Mitt.  embryol.  Inst.   Univ.    Wien.  Bd.  I.    1880. 
Heniiiy,    C.       Ueber   eines   der  jüngsten   menschlichen   Eier    und    über   Fortbestand   der 

Allantois.     Arch.  f.   Gynäkol.  Bd.    V.  1873. 
Mensen,    V.     Beitrag    zur   3Iörphologie    der  Körperform   und    des   Gehirns   des  menschl. 

Embryos.     Arch.  Anat  u.  Phys.  Anat.  Abt.  1877. 

6* 


84  Oscar  Hertwig, 

J/I.S,    ir.      Zur   Kritik  liiixjrrcr  mensclilirhcr  Eiiibrt/onen.     Arrh.  f.   Anal.   n.  P/n/s.   Anut. 
Abt.    ISSO. 

—  Uebcr  den  Srluranztcil  den  ■m('7ii>chlichcn  Embrija.     Arch.  f.  Aual.   u.  l'Injs.  Aiidt.  Abt. 

ISSO'K 

—  Avatomic    menschiichei-  Embryonen.    Heft   1.    Embryonen    des   ersten   Monats.    Leipzig 

ISSO  f.   Heft  2.   Gestalt  und.  Grö/senenttmckelumi  bis  zum  Schlujs  des  zweiten  3Ionats. 
Leipzig   1SS:J.      Heft  S.     Zur  Geschichte   der  Organe.     Leipzig  ISSii. 

—  Die  Eritvickelini<i  der  menschlichen  und  tierischen  Physiognomieen.    Arch.  /'.  Anat.  'ii. 

Phys.  Anat.  Abt.   lSff2. 

—  Besprechunq    eines  jiiiK/cren  menschlichen    Emhryo.      Verh.    d.    Ges.    deutscher  Naturf. 

in   Wien.  1894. 
Jankelou'itz,   A.     Ein  junger  menschlicher  Embryo  nnd  die  Entwickelung  des  Pankreas 

bei  demselben.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XIvVI.  1S95. 
Jinto.'iik,   J,     Zwei  junge  menschliche  Embryonen.     Arch.  mikr.  Anat.  Bd.  XXX.  1887. 
KeibeJ,  F.    Ein  sehr  junges  menschliches  Ei.    Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt.  1890. 

—  Ein   menschlicher  Embryo    mit   scheinbar   bläschenförmiger  Allantois.     Arch.  Anat.  u. 

Phys.  Anat.  Abt.  1891. 

—  Ueber  den  Schwanz  des  menschlichen  Embryo.     Arch.  Anat.  u.  Phys.  Anut.  Abt.  1S9V^. 

—  lieber  den  ScMvanz    des    menschlichen  Embryo.     Anat.  Anz.  Bd.    TT.   p.  670.  1891  f. 

—  Ueber    einen    menschlichen   Embryo    von    6,8   nmi   gröfster    Länge.      Verh.  Anat.    Ges. 

Tübingen.    1899. 
V.  Koeinher,   A.      Der    W.    Krause'sche  inenschliche  Embryo    mit  einer    Allantois.     Ein 
iSchreiben  an  Herrn  Prof.  His.     Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt.  1882. 

—  Einige  Beobachtungen  über  die  Organisation  junger  menschlicher  Embryonen.     Sitzber. 

Phys.-med.   Ges.    Würzburg.     1883. 
KoUmmin,    tT.      Beiträge   zu   der   Entwickelungsgeschichte    des   ßlenschen.     Zeitschr.    f. 
Biol.  Bd.  ITT.  18(i8. 

—  Die  menschlichen  Eier  von  6  mm   Grö/se.     Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.    Anat.  Abt.  1879, 

—  Die  Körperform  menschlicher  normaler  und  pathologischer  Embryonen.     Arch.  f.  Anat. 

u.  Phys.    Anat.  Abt.  1889.     Sup2)l. 

—  Beobachtungen  an  einer  menschlichen  Keimscheibe  etc.     Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anat. 

Abt.    1889-^. 

—  Die  Anatomie  menschlicher  Embryonen  von    W.  His.      Vortrag.      Verhandl.  d.  Naturf. 

Ges.  in  Basel.  Bd.    VLLL.  1889  f. 

—  Die  Entwickelung  der  Chorda  dorsalis  beim  3Ienschen.     Anat.  Anz.  Bd.    V.  1890, 

—  Die  Rumj)fsegmente    menschlicher  Embryonen    von  13 — 35   Urivirbeln.     Arch.  f.  Anat. 

u.  Phys.'  Anat.  Abt.  1891. 
Kosstnann.      Zur   Histologie    der   Extrauterinschwanycrschaft     nebst   Bemerkungen    über 

ein  sehr  junges,   mit  der  iiterinen  Decidua  gelöstes  Ei.     Zeitschr.    f.   Geburtshülfe  u. 

Gynäkologie.     Bd.  XXVLL  1893, 
Krause,   W,     Ueber  einen  frühzeitigen  menschlichen  Embryo,    Zool.  Anz.  Bd.  ILI.  1880. 

—  Ueber  zwei  frühzeitige  menschliche  Embryonen.  Zeitschr.  f.  wissensch.  Zool.  Bd.  XXXV. 

1880'K 

—  Ueber    die    Allantois    des   Menschen.     Arch.  f.    Anat.    u.    Phys.    Anat.    Abt.  1875  u. 

Zeitschr.  f.  wissensch.  Zool.  Bd.  XXXVI.  1881, 
Leclie,    W,      Lieber    einen  jungen   metischlichen    Embryo.      Verh.    d.    biolog.     Verei/ns    in 

Stockholm.    1889, 
Mall,   F,      A  human   embryo  twenty- six  days  old,     Journ.  of  Morphol.    Vol.   V.   1S91. 

—  A  human  embryo  of  the  second  week.     Anat.  Anz.  Bd.    VIII.  1893. 

—  Early    human    embryos    and    the    m.ode    of    their   2}'>'ßSß'>'vation.      The    .lohns  Hopkiiis 

Hosjyital  Bulletin.  1893^, 

—  The  value  of  embryologicul  sp>ecimens.     Blaryland  med.  Journal.  1898, 

—  A  contribution  to  the  study  of  the  pathology  of  early  human  embryos.     .Lohns  Hopkins 

Hospital  Reports.     Vol.  iX.  1900. 
Mai'chand,      ^likroskojnsche  Präparate   von   zwei  frühzeitigen  menschlichen   Eiern    und 

einer  Decidua.     Sitzber.  d.   Ges.  z.  Beförd.  d.  ges.  Naturw.  Blarbiirg.  1898. 
3Iassa,   T,      Un  embrione  umano  nei  primissimi  stadii  di  sviiuppo.     Giorn.  Ass.  napol. 

di  med.  e  natural.  Anno  9. 
Merkel,   Fr,     Menschliche  Embryonen  verschiedenen  Alters,    auf  Medianschnitten  unter- 
sucht.    Abh.  d.  K    Ges.  d.    Wiss.  zu   Göttingen.     Math.-2}hys.  Ol.  Bd.  XL.  1894/95, 
3Iüller,   Joli,     Zergliederungen   menschlicher   Embryonen    aus  früherer    Zeit    der    Ent- 

vnckelung.     Arch,  f.  Anat.  u,  Phys.    1830. 
Phisalix,    C,     Etüde    d'un    embryon  humai)i   de   10  millimetres.     Arch,  de    zool.   exper, 

Ser.   3.    T.    VI   1888. 
Piper,   H.      Ein   menschlicher   Embryo    von    6,8  mm    Nackenlinie.      Arch.   f.    Anat.    u, 

Phys.  Anat.  Abt.  1900. 


Allgemeine  Litteratiirübersicht.  85 

V.  Pveuscheti.  Voiiäußyc  MUleiinny  über  die  Eryeitiinse  der  anatomischen  Uiitersnchung 
eines  frischen  menschlichen  Embryos  mit  freier  blasenförmiger  Allantois  (3,7  mm, 
Lün(ie).     Mitteil.  d.  Nutiirir.   Vereins  ron  Xeurorpommern  u.  Rügen.    12.  .Thrg.  1884. 

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Reichert,  C.  Beschreihnng  einer  frühzeitigen  menschlichen  Fmcht  im  hUischenförmigen 
Bildungszustande,  nebst  vergleichenden  UntersnchiDigen  über  die  bläschenförmigen 
Früchte  der  Säugetiere  n.  des  3Ienschen.     Abh.  d.  Königl.  Akad.  Wiss.  Berlin.  187-'i, 

Iletny,  Ch.  Observation  d'un  embryon  humain  long  d'nn  ccntimetre.  Robin's  Journ. 
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Schlesinger,  W.  Menschliches  Ei  ans  sehr  früher  Zeit  der  ScMvangerschoft.  Intern. 
klin.  Enndschan.  Bd.  IL  1888. 

Schroeder  van  der  Kolk.  Waarnemingen  over  het  maaksel  van  de  menschelijke 
Placenta  en  over  huren  blocds-omloop.  Verhandelingen  der  erste  Classe  van  het 
Koninkl.  Xederl.  Institut  van    ]Vetcnschap]>en.     Amsterdam.  1851. 

Schwabe.  Beschreibung  einer  sehr  frühzeitigen  menschl.  Frucht  im  bläschenförmigen 
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für  den   Verein  Schlesw. -Holst.  Aerzte.    Heft  11.    1888. 

—  Beobachtungen    an    einer   menschlichen   Keimscheibe    mit    offener   Medullurrinne    und 

Canalis  neur.     Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.    Anat.  Abt.  1889. 

—  Neue   Beobachtungen    über    sehr  frühe    Entivickelungsstufen    des    menschlichen   Eies. 

Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.    Anat.  Abt.  1896. 
V.   Stuhenraiich,   Lnduig.     Beschreibung  einiger  junger  menschlicher  Früchte  aus  dem 

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Sutton,   J.      On  an  early  tubal  oviim.      Tr.  of  the   Obstetr.  Soe.  of  London.    V.  1894. 
Tettenhdttter,    Eng.      Ueber  das    Vorkommen  offener  Schlundspalten,    bei  einem  mensch- 
lichen Embryo.     Arb.  aus  d.  anat.  Inst,  zu  München.     1892. 
Thomson,   Allen.      Contribution    to   the  history    of  the    struct^ire   of   the    human    ovvm 

and  embryo  before    the  third   weck  after  conception.     Description    of  some  early  ova. 

Edinburgh  Med.  and  Surg.  Journal.    Vol.  LLL.  1839   u.  Froriep's  Neue  Notizen  vom 

.lahre   1840. 
Toldt,  C.     Ueber  die  Altersbesfimtnung  menschlicher  Embryonen.    Prager  med.  Wochenschr. 

1879.  p.  121  u.  133. 
Waldei/cr,      Anatomische    Untersuchung  eines  menschlichen  Embryos  von  18—30  Tagen. 

Ileidenhain's    Studien    des    physiol.  Instituts    zu    Breslau.     Heft    3.    Leipzig    1865. 

S.   54—68. 
Wharton,    Jones  Thomas.      On   the  first   changes    in   the   ova   of  the   mammifera   in 

cnnsrrptence    of   impregnation    and    on   the    mode    of  origin   of   the    chorion.     Philos. 

Ti-unsactions  Royal  Soc.  London.     1837,   P.  II. 
Zimmermann,  K.    W.      Rekonstruktion   eines  menschlichen  Embryos    von  7  mm  Länge 

aus  der  4.   Woche.      Verh.  Anat.   Ges.  Bd.  III.  1889. 

—  Ueber  Kopf  höhl  enrudimente  beim  Menschen.     Arch.   mikr.  Anat.  Bd.  LIII.  1898. 

Aufserdem  ^vird  verwiesen  auf  A.  LH:   Coste  1847 — 1859.     Ecker  1851 — 1859. 
Frdl  1845. 


Erstes  Kapitel. 

Die  Geschlechtszellen. 

Von 

Professor  W.  Walcleyer. 

I.   Eiiileitunj^.    Zeiigungsformeii.    Begriffsbestimmung. 

Nach  dem  jetzigen  Staude  unseres  Wissens  gehen  sämtliche  auf 
der  Erde  neu  entstehende  Lebewesen,  seien  es  die  in  ilirer  Organi- 
sation einfachsten  oder  zusammengesetztesten,  seien  es  tierische  oder 
pflanzliche,  aus  bereits  bestehenden  lebenden  Wesen  gleicher  Art 
hervor;  man  nennt  diesen  Vorgang:  elterliche  Zeugung,  Toko- 
g  0  n  i  e  oder  G  e  n  e  r  a  t  i  o  a  e  q  u  a  1  i  s.  —  Im  Gegensatze  hierzu  be- 
zeichnet man  mit  den  Namen:  Urzeugung,  Archigonie  oder 
Gene  ratio  sp  cutanea  (auch  aequivoca)  die  Entstehung  neuer 
Lebewesen  aus  unbelebtem,  unorganisiertem  Material.  Wie  l3emerkt, 
ist  eine  solche  Zeugung  unter  den  gegenwärtigen  Verhältnissen  un- 
seres Planeten  durch  nichts  erwiesen. 

Die  einfachste  Form  der  elterlichen  Zeugung  —  wir  werden  sie 
von  jetzt  ab  schlechtweg  als  „Zeugung"  bezeichnen  —  ist  die  Ent- 
stehung eines  neuen  Lebewesens  durch  Teilung  (Divisio)  eines 
vorhandenen  Wesens  gleicher  Art.  Als  eine  Unterart  der  Teilung  ist 
die  S  p  r  0  s  s  u  n  g  (G e m  m  a t  i  o)  anzusehen. 

Die  Teilung  kann  eine  Zweiteilung  oder  eine  Mehrfachteilung 
sein;  die  Zweiteilung  ist  die  weitaus  häufigere  Form.  Das  Charakte- 
ristische jeder  Teilungsvermehrung  ist,  daß  sämtliche  Teilungsstücke 
nach  Größe  und  sonstiger  Beschaffenheit  im  wesentlichen  gleich  sind. 
Sonach  geht  bei  der  Divisio  der  Eiterorganismus  in  seine  Teilstücke, 
Kinderorganismen,  gerade  auf  —  nach  geschehener  Teilung  bleibt  kein 
Eiterorganismus  zurück. 

Bei  der  Sprossung  werden  von  einem  Eiterorganismus  ein 
oder  mehrere  kleinere  Stücke  abgelöst,  in  denen  die  wesentlichen  Be- 
standteile des  Eiterorganismus  enthalten  sind ;  diese  Stücke,  Sprossen, 
Gemmae,  Gemmulae,  wachsen  zu  neuen  Organismen  derselben 
Art  heran,  während  der  Eiterorganismus  als  solcher  bestehen  bleibt 
und  in  der  Folge  noch  weiteren  Sprossengenerationen  das  Dasein 
geben  kann. 


W.  Waldeyer,  Die  Gesclilechtszellen.  87 

Diese  beiden  Formen  der  Zeugung  werden  vorzugsweise  an  den 
einzelligen  Organismen,    den  Protopliyten  und  Protozoen,    l)eobac]itet. 

Wir  wissen  feiner,  dass  man  von  mehrzelligen  Tieren  und  Pflanzen, 
Metazoen  und  Metaphyten,  größere,  aus  vielen  Zellen  bestehende  Stücke, 
Knospen,  Stecklinge,  Reiser  etc.  abtrennen  kann,  oder  daß  solche  Stücke 
sich  auch  spontan  ablösen,  und  daß  diese  unter  günstigen  Bedingungen 
sich  wieder  zu  einem  ganzen  Organismus  gleicher  Art  entwickeln 
können.  Man  kann  mit  demselben  Erfolge  auch  manche  Tiere  und 
Pflanzen  —  von  Tieren  z,  B.  die  Quallen  —  bis  zu  einer  gewissen 
Grenze  in  gleichgroße  Stücke  zerlegen.  Bei  allen  diesen  Formen  der 
Zeugung  —  wir  sprechen  von  ,, Zeugung"  aber  nur  dann,  wenn  der 
Vorgang  ein  natürlicher,  spontaner,  kein  künstlich  herbeigeführter  ist  — 
ist  die  zeugende  Thätigkeit  nicht  an  besondere,  für  die  Zeugung  ein- 
gerichtete Teile  des  zeugenden  Organismus  gebunden.  Falls  dieser 
aus  einer  einzigen  Zelle  besteht,  ein  einzelliger  ist,  versteht  sich  das 
bei  der  einfachen  Teilungszeugung  von  selbst;  bei  der  Sprossungs- 
zeugung  sieht  man  die  Sprossen  nicht  aus  besonders  dafür  bestimmten 
Abschnitten  der  elterlichen  Zellgeschöpfe  hervorgehen.  Falls  der  Or- 
ganismus ein  mehrzelliger  ist,  ist  es  ein  Verband  von  ihn  zusammen- 
setzenden Zellen,  Zellen  aber,  die  sich  durch  nichts  auszeichnen,  welche, 
als  Knospe,  Reiser  oder  Steckling  abgetrennt,  sich  weiter  entwickeln 
und  so  die  Grundlage  eines  neuen  Wesens  gleicher  Art  abgeben. 

Diesen  Formen  der  Zeugung,  welche  wir  im  allgemeinen  als 
somatogene  bezeichnen  können,  insofern  der  ganze  Körper  des 
Lebewesens  oder  doch  ein  größeres  Stück  desselben  dabei  beteiligt 
ist,  steht  eine  andere,  die  cytogene  gegenüber.  Bei  der  cyto- 
genen  Zeugung  wird  die  Zeugungsthätigkeit  im  Organismus  auf  be- 
sonders hierzu  ausgebildete  Zellen  desselben,  die  Zeugungszellen 
oder  Geschlechtszellen,  übertragen.  Es  verlieren  dann  zumeist 
die  übrigen  Zellen  des  betreffenden  Organismus  die  Fähigkeit  zur 
Hervorbringung  eines  neuen  Organismus,  zur  Zeugung;  in  anderen 
Fällen ,  z.  B.  bei  manchen  Tierstöcken  und  einer  großen  Anzahl 
Pflanzen,  behalten  sie  diese  Fähigkeit  insofern  bei,  als  clie  Möglichkeit, 
durch  Stecklinge  oder  Knospen  sich  zu  vermehren,  ungeschwächt  er- 
halten bleibt. 

Es  ist  klar,  daß  von  der  Ausbildung  besonderer  Zeugungszelleu  nur 
bei  mehrzelligen  Organismen,  den  Metaphyten  und  Metazoen,  die  Rede 
sein  kann.  Bei  den  einzelligen  Lebewesen  kann  es  nur  eine  somatogene 
Zeugung  geben,  da  bei  der  Teilung  der  ganze  Leib  des  einzelligen  Wesens, 
nicht  ein  besonders  dazu  bestimmtes  Stück  desselben,  sich  an  der  Zeugung 
beteiligt.     Auch  für  die  Sprossung  gilt  dies,  wie  leicht  darzuthun. 

Die  cytogene  Zeugung  verdient  diesen  Namen  mit  Recht,  weil 
sie  an  einzelne  Zellen,  die  besonders  ausgebildet  werden  und  in 
einem  bedeutungsvollen  Gegensatze  zu  den  übrigen  Zellen  des  Or- 
ganismus stehen,  geknüpft  ist  und  weil  somit  jeder  neue  Organismus, 
der  auf  diesem  Wege  entsteht,  von  einer  singulären  besonderen  Zelle 
anhebt.  Sie  zerfällt  wieder  in  zwei  Hauptformen,  in  eine  unge- 
schlechtliche (monogene)  und  in  eine  geschlechtliche 
(amphigene)  Zeugung. 

Bei  der  monocytogenen  Zeugung  bilden  sich  Zellen  des  elterlichen 
Organismus   zu  Fortpflanzungskörpern   indifferenter  Art  aus,    die   für 


88  W.  Waldeyer, 

sich  allein  imstande  sind,  sich  zu  einem,  dem  elterlichen  Organismus 
gleichenden  neuen  Lebewesen  zu  entwickeln.  Solche  Fortpflanzungs- 
körper nennt  man  Sporen,  Spori').  Bei  der  amphicytogenen 
Zeugung  entstehen  zwei  verschiedene  Fortpflanzungskörper,  die,  wie 
die  Sporen,  nichts  anderes  als  besonders  für  den  Zweck  der  Zeugung 
ausgebildete  Zellen,  Fortpflanzungszellen,  Zeugungszellen 
sind;  aber  es  müssen  der  Regel  nach  zwei  verschiedene  Zellen  zu 
einer  verschmelzen,  Kopulation,  wenn  ein  neues  Lebewesen  der 
gleichen  Art  sich  entwickeln  soll;  dieses  entwickelt  sich  dann  aus  dem 
durch  die  Kopulation  entstandenen  gepaarten  Zellkörper  (Zellenpaarling). 
Die  eine  Art  dieser  Fortpflanzungszellen  nennt  man  Eizellen  oder 
auch  schlechtweg  Eier,  Ova,  die  andere  Art  Samenzellen, 
Sanienkörper,  Spermatosomata,  oder,  wie  wir  es  hier  nach 
L.  Auerbach's  Vorschlage  (612)  thun  wollen,  Spermien,  Spermia, 
welcher  Name  schon  eine  weite  Verbreitung  gewonnen  hat. 

Indem  bei  den  höheren  Pflanzen  -  hier  freilich  nur  bei  wenigen 
Arten  —  und  bei  weitem  den  meisten  Tierarten,  der  Evertebraten 
sowohl  wie  der  Vertebraten,  die  Eizellen  von  anderen  Individuen  er- 
zeugt werden  als  die  Spermien,  so  sondern  sich  die  einzelnen  Per- 
sonen jeder  der  betreffenden  Tier-  oder  Pflanzen-Art  in  zwei  Gruppen, 
je  nacli  ihrer  Beteiligung  am  Zeugungsgeschäft:  in  die  weiblichen 
Individuen,  d.  h.  diejenigen,  welche  die  Eier  liefern,  und  in  die  männ- 
lichen, welche  die  Spermien  hervorbringen.  So  kommt  es  zu  einer 
Unterscheidung  der  Geschlechter,  des  männlichen  und  des  weib- 
lichen, und  hiernach  spricht  man  denn  auch  von  den  Eiern  als  den 
weiblichen  Fortpflanzungskörpern  und  von  den  Spermien  als  den 
männlichen.  Auch  die  Bezeichnung  Geschlechtszellen,  unter 
der  beiderlei  Fortpflanzungsgebilde  zusammengefaßt  werden,  geht 
hierauf  zurück.  Insofern  endlich,  als  zumeist  die  beiderlei  Geschlechts- 
zellen in  der  That  auf  getrennte  Personen  verteilt  sind,  hat  man 
(Haeckel)  diese  geschlechtliche  Zeugungsform  auch  als  Gonocho- 
r  i  s  m  u  s  bezeichnet. 

Daneben  kommt  als  Ptegel  bei  vielen  Evertebraten  -  Species  der 
Fall  vor,  daß  ein  und  dasselbe  Individuum  beiderlei  Geschlechtszellen 
hervorbringt  (Bandwürmer,  zahlreiche  Mollusken  u.  a.);  man  be- 
zeichnet dieses  als  „Hermaphroditismus''.  Außerdem  kommt  eine 
Rückbildung  der  geschlechtlichen  Zeugung  vor  derart,  daß  eine  Art 
der  Geschlechtszellen,  und  zwar  trifft  dies  ausschlieiUich  die  Eizellen, 
befähigt  wird,  auch  ohne  Kopulation  mit  der  anderen  Geschlechts- 
zelle, also  der  Samenzelle,  sich  zu  einem  neuen  Individuum  zu  ent- 
wickeln; man  nennt  dies  „Barth  eno  gen  esis".  Soweit  man  aber 
weiß,  besteht  bei  keiner  der  betreifenden  Arten  eine  rein  partheno- 
genetische  Fortpflanzung ;  sie  ist  immer  mit  sexueller,  also  Kopulations- 
Fortpflanzung  gemischt.  Bei  Wirbeltieren  kommt  eine  Partheno- 
genesis  nicht  vor;  vgl.  hierüber  Bonnet  (614a),  dessen  kritischer 
Beanstandung  aller  als  parthenogenetisch  gedeuteten  Vorgänge  bei 
Vertebraten  ich  durchaus  zustimme. 

Wenn  vorhin  gesagt  worden  ist,  daß  der  Name  „cytogene  Zeugung" 
deshalb  passend  sei,  weil  bei  dieser  Form  jeder  neue  Organismus  von 
einer    singulären    Zelle    anhebe,    so    scheint    damit    im    Widerspruche    zu 


1)  Von  OTtcpo?,  die  Saat,  der  Samen. 


Die  Geschlechtszellen.  89 

stehen,  daß  —  abgesehen  von  der  Parthenogenesis  —  der  Zeugungs- 
und Entwickelungsvorgang  an  eine  Paarung  zweier  Zellen  gebunden 
ist.  Morphologisch  hat  aber  der  aus  der  Kopulation  von  Ei-  und  Samen- 
zelle hervorgegangene  Zellenpaarling,  die  „Furchungszelle",  den  Wert 
einer  einzigen  Zelle  und  verhält  sich  auch  durchaas  als  eine  solche.  Sie, 
die  Furchungszelle,  zeigt  nur  einen  Kern,  den  „Farchungskern",  der 
aus  den  Bestandteilen  des  Kernes  der  Eizelle  und  der  Samenzelle  her- 
vorgegangen ist  (0.  Hkrtwig  —  M.  1247 — 1251);  vgl.  hierzu  Kapitel  II. 

Man  pflegt  nun  die  verschiedenen  Zeugungsfornien  auch  schlecht- 
weg einzuteilen  in  die  geschlechtlichen  (digenen  oder  amphi- 
genen)  und  ungeschlechtlichen  (monogenen);  zu  den  letzteren 
würden  dann  gehören  die  Teilungszeugung,  die  Sprossungs- 
z  e  u  g  u  n  g ,    die    K  n  o  s  p  e  n  z  e  u  g  u  n  g    und    die    S  p  o  r  e  n  z  e  u  g  u  n  g. 

Bei  allen  diesen  Zeugungsarten  ist  nur  ein  zeugendes  Individuum 
vonnöten,  und,  falls  Fortpflanzungskörper  (Sporen)  gebildet  werden, 
genügt  eine  einzelne  Spore  zur  Zeugung.  Die  geschlecht- 
liche Zeugung  begreift,  außer  der  gewöhnlichen  Form  des  Gono- 
chorismus,  auch  noch  den  Hermaphroditismus  und  die  Par- 
thenogenesis. Denn  bei  dem  ersteren  ist,  obzwar  nur  ein 
zeugendes  Individuum  beiderlei  P'ortpflanzungskörper  hervorbringt, 
doch  das  Zusammenwirken  je  zweier  verschiedener  Fortpflanzungs- 
körper unerläßlich,  und  bei  der  letzteren  liegt,  obwohl  sie  der  Form 
nach  monogen  erscheint,  dennoch  ein  amphigener  Zeugungscharakter 
zu  Grunde,  da  sie,  wie  bemerkt,  nur  eine  Rückbildung  der  geschlecht- 
lichen Form  darstellt. 

Noch  eine  andere  bis  jetzt  nicht  erwähnte  Zeugungsform  gehört 
hierher,  der  Generationswechsel,  Metagenesis.  Im  Gene- 
rationswechsel sind  die  geschlechtliche  und  ungeschlechtliche  Zeugung 
miteinander  derart  in  einen  Zeugungskreis  verbunden,  daß  ein  In- 
dividuum einer  bestimmten  Art  zunächst  sich  monogen  fortpflanzt, 
sei  es  durch  Teilung,  Knospung,  Sprossung  oder  auch  tlurch  partheno- 
genetische  Eier,  und  daß  die  auf  diese  Weise  erzeugten  Nachkommen, 
entweder  der  nächsten  Generation  oder  auch  späterer  Generationen, 
geschlechtlich  diff'erenziert  werden,  indem  sie  die  Fähigkeit  zur  Ei- 
und  Spermienbildung  erhalten.  Aus  den  befruchteten  Eiern  gehen 
dann  wieder  Individuen  hervor,  die  sich  ungeschleclitlich  fortpflanzen, 
und  so  läuft  der  Zeugungskreis  im  Wechsel  der  Formen  weiter.  Wie 
leicht  begreiflich,  kann  die  Metagenesis  in  einer  Anzahl  verschiedener 
Abarten  auftreten. 

Zeigt  sich  hierin  und  in  der  Parthenogenesis,  daß  zwischen  ge- 
schlechtlichen und  ungeschlechtlichen  Zeugungsformen  Uebergänge  be- 
stehen, so  linden  sich  andererseits  auch  bei  den  einfachsten  Geschöpfen,  die 
sich  nur  monogen  fortpflanzen,  Akte,  die  an  eine  Befruchtungsthätigkeit, 
wie  sie  nur  bei  der  Kopulation  der  geschlechtlich  differenzierten  Fortpflan- 
zungskörper vorkommt,  erinnern,  und  es  scheint,  daß  solche  Akte  von 
Zeit  zu  Zeit  eingreifen  müssen,  damit  die  Art  erhalten  bleibe.  Es  ge- 
hört u.  a.  hierher  die  Kopulation  der  Infusorien,  welche  neuerdings 
durch  die  Forschungen  von  Maupas  und  R.  Hertwig  in  diesen  Be- 
ziehungen klar  gestellt  worden  ist.  Ja,  noch  mehr:  bei  einigen  Genera, 
wie  z.  B.  bei  den  Vorticelliden,  ergiebt  sich  sogar  ein  Dimorphismus  der 
sich    kopulierenden   Individuen.      Einzelne    Individuen    einer    Vorticellen- 


90  W.  Waldeyer. 

Kolonie  liefern  dui'ch  wiederholte  Teilung  eine  Xaclikommenschaft  be- 
sonders kleiner  Geschöpfe,  welche  sich  von  ihren  Stielen  ablösen  und 
frei  im  Wasser  umherschwinimen :  man  nennt  diese  kleinen  Formen  „Mikro- 
gameten".  Andere  Individuen  der  Kolonie  bleiben  von  normaler  Größe, 
es  sind  die  „Maki'ogameten".  Bei  den  Paarungen  nun  kopuliert  immer 
ein  Mikrogamet  mit  einem  Makrogameten,  indem  die  ersteren  fiei 
schwimmend  die  letzteren  aufsuchen.      Vgl.  hierzu    besonders  Kapitel  II. 

Wir  sind  in  eine  kurze  Besprechung  der  Zeugungsformen  ein- 
gegangen, um  den  Begriff  der  Geschlechtszellen,  d.  i.  der  Samenzellen 
und  der  Piizellen,  mit  denen  wir  es  in  Kapitel  I  zu  thun  haben,  scharf 
fassen  zu  können.  Es  ergiebt  sich  aus  dem  Gesagten,  um  kurz  zu  re- 
kapitulieren,  daß  wir  unter  Geschlechtszellen,  ganz  allgemein  ge- 
sprochen, Zellen  zu  verstehen  haben,  welche  die  Fähigkeit  besitzen, 
auf  dem  Wege  fortgesetzter  Teilung  neue  Individuen  aus  sich  hervor- 
gehen zu  lassen.  Insbesondere  si)rechen  wir  von  Geschlechtszellen, 
wenn  diese  Zellen  einen  Bef r u ch tu ngs Charakter  angenommen 
haben,  der  darin  beruht,  daß  sie  sich  in  zwei  Arten  sondern,  deren 
keine  der  Regel  nach  für  sich  allein  ein  neues  Individuum  aus  sich 
hervorgehen  lassen  kann,  daß  aber,  wenn  eine  Zelle  der  einen  Art 
mit  einer  Zelle  der  zweiten  Art  sich  zu  einer  neuen  Zelle,  einem 
Paarung  vereint,  aus  dieser  neuen  gepaarten  Zelle  heraus  ein  neues 
Individuum  sich  entwickelt. 

Bei  dieser  Paarung  (Kopulation)  der  Geschlechtszellen  vollzieht  sich 
der  Vorgang,  den  wir  „Befruchtung"  (Foecundatio)  nennen,  und  ich  sprach 
deshalb  vorhin  von  einem  Befruchtungscharakter  der  Zellen.  Altem 
Sprachgebrauche  nach  sieht  man  bei  der  Paarung  in  der  nämlichen  Ge- 
schlechtszelle, der  Spermie,  das  aktive,  befruchtende  Element,  in 
der  weiblichen,  dem  Ei,  das  passive,  befruchtete.  S.  Kap.  II 
(Hertwig). 

Die  Geschlechtszellen  zeigen  nun  überall,  wo  sie  vorkommen,  einen 
ausgespi'ochenen  D  i  m  o  r  p  h  i  s  m  u  s ,  der  an  den  eben  besprochenen 
Fall  der  Vorticellen- Kolonien  mit  ihren  Mikro-  und  Makrogameten 
anschließt,  obwohl  —  vgL  hierüber  0.  Hertwig  (66  I  S.  217  ff.)  — 
Unterschiede  bestehen,  auf  die  hier  näher  einzugehen  nicht  der  Ort 
ist.  Dieser  Dimorphismus,  welcher  wohl  aus  dem  Prinzipe  der  Arbeits- 
teilung zu  erklären  ist,  wandelt  die  bei  der  ersten  Entwickelung  völlig 
gleich  erscheinenden  Sexualzellen  in  ganz  auffälliger  Weise  um :  die 
eine  Art  der  Geschlechtszellen,  die  männlichen,  bilden  ihren  proto- 
plasmatischen Auteil  zurück,  dagegen  ihren  centrosomalen  besonders 
aus.  So  erlangen  sie,  bei  geringer  Größe,  für  gewöhnlich  mit  der 
Form  einer  langschwänzigen  Geißelzelle,  an  der  man  ein  Kopfstück 
und  einen  Schwanzfaden  unterscheidet  —  s.  Fig.  5  —  eine  große 
Beweglichkeit  und  haben  als  specielle  Aufgabe  die,  die  andere  Ge- 
schlechtszellenart, die  weiblichen,  zw^ecks  der  Kopulation  aufzusuchen 
und  diese  Kopulation  durch  Eindringen  in  die  weiblichen  Zellen  zu 
bewerkstelligen.  Die  weiblichen  Geschlechtszellen  bilden  dagegen 
ihren  protoplasmatischen  Anteil  l)esonders  aus  und  nehmen  eine  unter 
Umständen  sehr  erhebliche  Menge  von  Nahrungsstoffen  auf,  während 
ihr  centrosomaler  Anteil  sich  zurückzubilden  scheint.  So  stellen  die 
ausgebildeten  Eizellen  großenteils  sehr  ansehnliche  Elemente  dar, 
welche  meist  unbeweglich  sind  und  vor  allem  einen  großen  Zellenleib 


Die  Geschlechtszellen.  91 


besitzen.  Sie  haben  die  Aufgalie,  l)ei  dei'  Entwiokelung  des  neuen 
Individuums  als  materielle  Unterlage  zu  dienen,  so  daß  es  scheint, 
als  gingen  die  neu  entstehenden  Wesen  ausschliel^lich  aus  ihnen  hervor. 
Das  ist  bis  zu  einem  gewissen  Grade  auch  richtig:  wir  kommen  als- 
bald hierauf  zurück. 

Wie  die  männlichen  Geschlechtszellen,  die  Spermien,  bei  den 
völlig  getrennt  geschlechtlichen  Wesen  ausschließlich  von  den  männ- 
lichen Individuen  geliefert  werden,  so  werden  die  weiblichen  Geschlechts- 
zellen, die  Eizellen,  ausschließlich  von  den  weiblichen  Individuen 
der  betreffenden  Art  hervorgebracht.  Es  geschieht  dieses  bei  beiden 
Geschlechtern  in  der  AVirbeltien-eihe  durchweg  in  besonderen  Organen, 
die  ihrem  Baue  nach  am  meisten  an  Drüsen  erinnern  und  daher  ge- 
wöhnlich als  Keimdrüsen  bezeichnet  werden.  Die  männlichen 
Keimdrüsen  heißen  die  Hoden,  Testes,  die  weiblichen  die  Eier- 
stöcke,  Ovaria. 

Wie  angegeben  wurde,  kommt  der  Dimorphismus  der  Geschlechts- 
zellen im  wesentlichen  durch  die  verschiedene  Ausbildung  des  Proto- 
plasmaleibes und  des  in  den  Centrosomen  gegebenen  kinetischen 
Apparates  der  Zellen  zustande.  Am  Kern  zeigen  sich,  was  die 
Masseuverhältnisse  betrifft,  keine  Verschiedenheiten;  im  Gegenteil, 
Spermien  wie  Eizellen  führen  —  und  es  ist  dies  ein  für  die  Befruch- 
tungs-  und  Entwickelungslehre  besonders  wichtiger  Punkt  —  wie  es 
nach  den  bisherigen  Beobachtungen  scheint,  stets  eine  äquivalente 
Menge  K  er nsu  b stanz,     (Vgl.  0.  Hertwig  66.  I,  S.  218  ff.) 

Wenn  also  vorhin  darauf  hingewiesen  wurde,  daß  bei  der  Ent- 
wickelung  eines  neuen  Individuums  die  Eizelle  im  wesentlichen  das 
Material  für  dasselbe  abgebe,  so  muß  dies  dahin  näher  bestimmt 
werden,  daß  an  K  e  r  n  s  u  b  s  t  a  n  z  die  männliche  Geschlechtszelle  eben- 
so viel  beisteuert  wie  die  weibliche.  Das  Nahrungsmaterial  für  die 
weitere  Vermehrung  der  Protoplasma-  und  Kernmassen,  sowie  den 
unmittelbar  übergehenden  Anteil  an  Protoi)lasma  für  die  ersten  durch 
Teilung  der  Furchungszelle  sich  bildenden  Zellen  des  jungen  Organis- 
mus, liefert  die  Eizelle, 


Im  Voraufgehenden  ist  versucht  worden,  in  aller  Kürze  den  Be- 
griff der  Fortptianzungszellen  und  ihre  Bedeutung  für  die  Eutwickelung 
des  Embryos  klar  zu  machen. 

Indem  wir  zu  einer  genaueren  Besprechung  der  Geschlechtszellen 
übergehen,  ist  vorab  daran  zu  erinnei'n,  daß  dieselben  bei  den  Wirbel- 
tieren, welche  wir  hier  vorzugsweise  zu  berücksichtigen  haben,  nicht 
völlig  isoliert,  als  reine  Spermien  und  reine  Eizellen  zur  Ver- 
wendungkommen, sondern,  und  insbesondere  trifft  dies  für  die  Spermien 
zu,  gemischt  mit  den  Absonderungen  verschiedener  Drüsen,  So  er- 
scheint das  seitens  des  Mannes  bei  dem  Begattungsakte  gelieferte 
Produkt  als  eine  Flüssigkeit,  welche  die  Spermien  enthält,  aber  der 
Hauptsache  nach  aus  einer  Mischung  mehrerer  Drüsensekrete  besteht; 
wir  nennen  die  Flüssigkeit  den  „Samen",  „Sperma",  auch  wohl 
zu  schärferer  Bestimmung  „männlichen  Samen",  „Sperma  virile". 

Die  Eizellen  wandeln  sich,  wie  bemerkt,  bevor  sie  zur  Befruchtung 
kommen,  durch  Aufnahme  einer  größeren  oder  geringeren  Menge  von 
Nährstoffen  und  durch  Ausbildung  zum  Teil  sehr  kompliziei't  beschaf- 
fener Hüllen   in  weiter   ausgestaltete  Gebilde   um,   die  wir   nun    nicht 


92  W.  Waldeyer, 

mehr  ,,Eizellen'',  sondern  „Eier''  nennen.  Unsere  Darstellnng  hat  nun 
aucli  diese  Biklungen,  die  Sanienflüssigkeit  und  das  Sperma  im  ganzen, 
sowie  die  von  der  Eizelle  aufgenommenen  Nährstoffe  und  die  EihüUen, 
kurz,  die  völlig  ausgebildeten  Eier  zu  behandeln.  AVir  beginnen  mit 
dem  Sperma. 

II.  Saoicii,  Sperma. 

a)  Physikalisches  und  chemisches  Verhalten. 

Die  durch  eine  Ejakulation  entleerte  Flüssigkeit,  der  Samen, 
Sperma,  stellt  sich  beim  Menschen  unter  normalen  Verhältnissen 
unmittelbar  nach  der  Entleerung  als  eine  weißlich-trübe,  gelatinöse 
Masse  dar,  schwerer  als  Wasser,  von  eigentümlichem  Geruch,  Samen- 
geruch —  man  hat  denselben  mit  dem  Gerüche  von  Kastanien  und 
von  Sauerdorn  oder  [Deutsche  med.  Presse,  1900,  No.  20]  mit  dem 
beim  Brühen  grüner  Bohnen  entstehenden  verglichen  —  und  schwach 
alkalischer  Reaktion.  In  kurzer  Frist  wird  dieses  gelatinöse  Produkt 
jedoch  mehr  dünntlüssig  und  erweist  sich  bei  beginnender  Eintrocknung 
als  klebrig.  Vollständig  eingetrocknet  bildet  das  Sperma  an  Zeug- 
stoff'en,  Wäschestücken  und  dergl.  gesteift  sich  anfühlende  gelbbräun- 
liclie  Flecken  mit  dunkleren  Ptändern ;  dieselben  lassen  sich  namentlich 
in  lauwarmem  Wasser  leicht  wieder  aufweichen,  und  man  ist  imstande 
die  wichtigsten  morphologischen  Bestandteile  des  Spermas,  die  Sper- 
mien, selbst  noch  in  Flecken  älteren  Datums  durch  solche  Aufweichung 
nachzuweisen. 

Der  ejakulierte  Samen  ist,  wie  bemerkt,  ein  Gemisch  verschiedener 
drüsiger  Produkte,  und  zwar  des  Hodens,  des  Nebenhodens,  der 
Samenblasen,  der  Prostata,  der  CowPER'scher  Drüsen  und  der  Urethral- 
drüsen  (LiTTRE'schen  Drüsen).  Er  enthält,  abgesehen  vom  Wasser, 
eine  Reihe  sehr  bemerkenswerter  chemischer  Bestandteile  in  Lösung, 
sowie  eine  ansehnliche  Zahl  morphologischer,  durch  das  Mikroskop 
nachweisbarer  Elemente. 

Chemisch  ist  vor  allem  der  große  Reichtum  an  festen  Bestand- 
teilen hervorzuheben,  den  bereits  die  ersten  Bestimmungen  von  Vau- 
QUELiN  und  KÖLLiKER  (citicrt  nach  Kühne\s  Lehrbuch  der  physio- 
logischen Chemie,  Leipzig  LS68)  ergeben  haben:  90  Proz.  Wasser  auf 
10  Proz.  feste  Bestandteile,  unter  diesen  G  verbrennliche,  4  Asche, 
darin  3  phosphorsaurer  Kalk.  Nach  Kölliker  enthält  der  Samen 
von  Stieren  und  Hengsten  nur  80—82  Proz.  Wasser,  jedoch  auch 
weniger  Aschenmaterial.  Als  die  wichtigsten  besonderen  Bestand- 
teile sind  anzuführen:  die  gewöhnlichen,  in  organischen  Flüssigkeiten 
sich  vorfindenden  Salze,  als  Hauptmasse  ein  schleimiges  Nukleo- 
albumin,  fällbar  durch  Zusatz  einer  geringen  Menge  von  Essigsäure 
und  wieder  löslich  in  einem  kleinen  Ueberschusse  der  letzteren  (Neu- 
meister 182a  II),  ferner  einen  von  Posner  nachgewiesenen  albumosen- 
artigen  Körper  und  das  S  per  min,  eine  von  Schreiner  (232)  ent- 
deckte Base,  die  von  Ladenburg  und  Abel  für  Aethjdenimin,  von 
KoBERT  als  zum  polymeren  Aethylenimin,  dem  Diäthylenimin  (Piperazin) 

lC.^H4(^^ TT  \C.H4 1  gehörig    erklärt   wird.     Neumeister    (182aII), 

dem  ich  diese  Angaben  entlehne,  l:)ezweifelt  die  Albumosennatur  des 
von    Posner   nachgewiesenen   Körpers,   da   sich    bisher   alle  Angaben 


Die  (Teschlechtszellen. 


9:} 


vom  Vorkommen  von  Albumosen  in  normalen  K()r[)ersäfteu  oder  Or- 
ganen als  irrig  erwiesen  hätten :  jedenfalls  seien  noch  nähere  Bestim- 
nmnuen  erforderlich.  Anch  wird  von  anderen  Seiten  (n.  a.  von  Poehl) 
wieder  die  Identität  des  Spermins,  d.  h.  der  von  Schreiner  nach- 
gewiesenen Base  [(C2H5N)2  nach  Schreiner's  Formel]  mit  dem 
Piperazin  bestritten  (A.  Poehl.  Weitere  Mitteilnngen  über  Spermin, 
Berliner  klin.  Wochenschr..  1891,  No.  39).  Wie  aus  diesen  kurzen 
Angaben  ersichtlich,  sind  wir  kaum  über  die  Anfänge  einer  Chemie 
der  Samenflüssigkeit  hinausgekommen. 

Besser  steht  es  mit  unserer  Kenntnis  von  den  morphologischen 
Bestandteilen  des  Ejakulates.  Wir  finden  darin  (Fig.  5)  als  weitaus 
das  Wichtigste  1)  die  Sjjermien  {S,  4  w.  5).  von  denen  weiter  unten 
ausführlich  gehandelt  werden  soll ,  2)  sehr  beständig  runde,  große 
Zellen  mit  Kernen  und  kleineren  rundlichen  Einschlüssen  und  ähnliche 
Elemente  ohne  Kerne  (7,  1),  die  als  „Hodenzellen"  bezeichnet  werden. 
3)  Lymphocyten  (2.  U),  4)  cvlindrische  Zellen  mit  und  ohne  Pigment- 
körnchen, 5)  hyaline  kugelige  Körper  (8,  8),  6)  Lecithinkörper,  aus  der 


12 


Fig.  5.  Menschliches  Ejakulat  (Sperma  hominis  ejaculatum),  lialb- 
schematisch.  Vergr.  etwa  300.  In  einer  mit  feinen  Körnchen  —  Eiweißkörnchen  — 
durchsetzten  Flüssigkeit  finden  sich  einzelne  gröi^ere  glänzende  Körnchen  =  Fett- 
kügelchen  und  dunkelhräunliche  Pigmentkörnchen.  Ferner:  größere  kugelige  Zellen 
(1)  sog.  Hodenzellen,  Lymphocyten  {2,  2),  Spermien  (3,  4,  ö,  ö).  Dem 
Spermium  -V  haftet  noch  ein  Protoplasmarest  an;  man  sieht  dies  auch  noch  bei  zwei 
anderen  nicht  bezeichneten  Spermien ;  die  Spermien  4  sind  gestreckt,  ö  und  ö  zeigen 
eine  Oesenbildung.  Bei  6'  zwei  Cylinderzellen,  davon  eine  mit  Pigmentkörnchen. 
7  kleine  Lecithin-Prostatakörper,  deren  das  Ejakulat  viele  enthält,  s,  s  hyaline 
Kugeln,  wahrscheinlich  degenerierte  gequollene  Zellen.  9,  lU,  11,  12,  13  Spermakrystalle 
verschiedener  Form  und  Größe.     14  große  Amyloidköi*per  aus  der  Prostata. 


i)4  W.  Waldeyer. 

Prostata  stammend  (7,  7),  7),  mitunter  Amyloidkür])er  derselben  Her- 
kunft (14),  8)  Sympexionkörper  aus  den  Samenblasen,  9)  Sperma- 
krystalle  verschiedener  Form  (.9,  10,  11,  12,  IS)  und  endlich  eine 
Menge  kleiner  Granula  verschiedener  Art:  Fettkügelchen,  Eiweiß- 
granula, freie  Pigmentkörnchen  u.  a. 

Die  halbschematische  Figur  5  soll  die  Mehrzahl  dieser  Bildungen 
veranschaulichen  und  zugleich  das  Bild  eines  Ejakulates  geben,  wie 
es  sich  unter  dem  Mikroskope  bei  beginnender  Abkühlung  und  Ein- 
trocknung darzustellen  pflegt;  es  treten  nämlich  erst  dann  die  Kry- 
stalle  auf. 

Was  die  mit  dem  Namen  „H o den z eilen"  bezeichneten  Gebilde 
anlangt,  so  ist  deren  Abkunft  nicht  sicher.  Zweifellos  sind  es  stark 
veränderte  Zellen,  denn  keine  der  Zellenbestandteile  der  Hodenkanäl- 
chen  oder  der  samenleitenden  Wege,  die  sich  dem  Sperma  beimengen 
könnten,  hat  normal  die  Form  dieser  großen  runden  Zellen  des 
Ejakulates.  Mir  ist  es  ferner  überhaupt  zweifelhaft,  ob  diese  Elemente 
als  „Hodenzellen"  zu  bezeichnen  sind,  denn  es  ist  sehr  fraglich,  ob 
in  einem  Ejakulate  Bestandteile  vorhanden  sind,  welche  noch  kurz 
vor  Eintritt  der  Ejakulation  in  den  Hodenkanälchen  lagerten  (s.  w.  u.). 
Ich  neige  dazu,  diese  Elemente  zum  Teil  als  veränderte,  abgestoßene 
Epithelien  der  Harnröhrenschleimhaut  anzusehen,  zum  Teil  als  ver- 
änderte Lymphocyten. 

P.  FüRBRiNGER  (89a)  fand  die  Hodenzellen  bei  Azoospermie  im  Inhalte 
von  Nebenhodenkanälchen,  welche  chirurgisch  eröffnet  worden  waren,  und 
ist  geneigt,  sie  als  „Nebenhodenzellen"  zu  bezeichnen.  Es  liegt  näher,  auch 
hier  an  veränderte  Lymphocyten,  als  an  veränderte  Nebenhodenepithelien 
zu  denken.  Lymphocyten  können  beim  Aufquellen  sehr  wohl  solche 
Formen  annehmen  wie  die  sogen.  „Hodenzellen".  Aehnlichkeit  mit  den 
Spermatogonien,  Spermatocyten  und  Spermatiden  (s.  w.  u.)  haben  sie  nicht : 
jedenfalls  müßten  es  stark  veränderte  Elemente  sein.  Es  ist  übrigens  nach 
den  neuerdings  von  Aignek  (1),  Hammer  (106),  Henry  (112,  113)  u.  a. 
geschilderten  Befunden  von  secerniereuden  Zellen  im  Nebenhoden  sehr 
wohl  zuzugeben,  daß  ein  Teil  der  fraglichen  Zellen  solche  Nebenhoden - 
Zellen  sind, 

Ueber  die  in  normalem  Sperma  selten  vorkommenden,  unver- 
änderten Lymphocyten  ist  nicht  nötig,  weiter  etwas  zu  sagen.  — 
Die  cylindr  isch  en  Zellen  mit  und  ohne  Pigmentkörner  stammen 
vom  Epithel  der  Samenblasen  und  des  Ductus  deferens,  die  hyalinen 
Tropfen  und  Kugeln  aus  irgend  welchen  hyalin  oder  mukoid  umge- 
wandelten Zellen  oder  Zellentrümmern  der  Samenwege,  zum  Teil  sind 
es  auch  Sekretmassen ;  die  Lecithin-  und  A  m  y  1  o  i  d  k  ö r  p  er  kommen 
aus  der  Prostata.  Die  Lecithinkörper  sind  insbesondere  von  P.  Für- 
bringer  (89a)  studiert  worden.  Sie  stellen  nach  ihm  kleine  Kügelchen 
von  der  halben  Größe  eines  roten  Blutkörperchens  (im  Durchschnitt) 
dar:  ihre  chemische  Reaktion  —  Fürbringer  konnte  aus  diesen 
Körnern  das  charakteristische  Platindoppelsalz  des  Neurins  darstellen  — 
weist  auf  ihre  nahe  Verwandtschaft  zum  Lecithin  hin.  Diese  Körper 
tinden  sich  sehr  reichlich  im  Ejakulat. 

Seltener  sind  die  Amyloidkörper  der  Prostata  dem  Sperma  zugemengt. 
Wie  Fürbringer  mit  Hecht  hervorhebt,  kommen  diese  chai-akteristischen 
konzentrisch  geschichteten  Bildungen  auch  in  der  Harnröhrenschleimhaut, 


Die  Geschlecbtszellen.  95 

und  zwar,  wie  ich  tinde,  in  den  kleinen  LiTTKE'schen  Drüsen  vor.  In 
der  Harnblasenschleimhaut  sind  kleine  Schleimdrüsen  mit  ähnlichen  Kon- 
krementen gleichfalls  nachgewiesen  worden.  Auch  finden  sich  nicht 
selten  konzentrisch  geschichtete  Epithelkörper  im  Harnblasenepithel;  diese 
könnten  gelegentlich  auch  in  ein  Ejakulat  hineingelangen. 

Mit  dem  Namen  „S y  m  p  e x i o n  k  ö  r p  e r"  (Sympexions)  hat  Robin 
(Traite  du  microscope,  Paris  1871,  p.  577)  rundliehe  oder  rundlich-läng- 
liche „concretions''  von  wachsartiger  Konsistenz  bezeichnet,  welche  sich 
ziemlich  reichlich  im  Sekrete  der  Samenblasen  vorfinden  und  zuerst 
von  Valentin  gesehen  wurden ;  sie  scheinen  mir  Niederschlagsbildungen 
zu  sein ;  Näheres  ist  darüber  nicht  bekannt.  Die  Litteratur  s.  bei 
M.  Fränkel  (86a). 

Die  Sp er  m  akry stalle  wurden  von  Böttcher  entdeckt  und 
werden  auch  nach  ihm  als  „BÖTTCHER'sche  Krystalle''  bezeichnet.  S. 
indessen  w.  u.  Sie  treten,  wie  bemerkt,  erst  l3ei  Abkühlung  und  bei 
beginnender  Eintrocknung  im  Samen  auf.  Fig.  5  zeigt  einige  der  ge- 
wöhnlichsten Formen :  Prismen  in  Doppelpyramidenform  (9),  Prismen 
mit  Stutzliächen  in  langen  und  kurzen  Stücken  (10,  12,  IS),  Rosetten- 
formen {11)  und  Drusen;  sie  gehören  dem  monoklinen  System  an,  vergl. 
die  getreuen  Abbildungen  bei  Fürbringer  (89a).  Schreiner  (232) 
wies  nach,  daß  diese  Krystalle  das  phosphorsaure  Salz  der  von  ihm 
entdeckten  Base,  des  „Spermin''  (s.  vorhin)  darstellen.  Man  hat  sie 
vielfach  mit  den  ZENKER"schen  Krystallen  des  leukämischen  Blutes 
oder  mit  den  zu  diesen  gehörenden  CnARCOT-LEYDEN'schen  Asthma- 
krystallen  identifizieren  wollen,  neuerdings  auch  mit  den  Lubarsch- 
REiNKE'schen  Hodenkrystallen,  jedoch  mit  Unrecht;  denn  die  Asthma- 
krystalle  sind,  abgesehen  von  chemischen  Verschiedenheiten  (Unlös- 
lichkeit der  Asthmakrystalle  in  Formol  und  in  Alkalien),  hexagonal, 
die  Sperminkrystalle  tetragonal.  Vergl.  hierzu  außer  Fürbringer 
insbesondere  noch  Tn.  Cohn  (70),  bei  welchem  sich  auch  die  übrige, 
schon  recht  ansehnliche  Litteratur  findet. 

Die  größeren  Formen  der  BÖTTCHER'schen  Spermakrystalle  sind 
bereits  mit  freiem  Auge  als  glänzende  Flitter  zu  erkennen.  Die- 
selben sind  leicht  löslich  in  Säuren,  Avie  in  Alkalien  und  in  Formol, 
schwer  löslich  in  Wasser,  unlöslich  in  Alkohol  und  Aether.  Die  von 
LuBARSCH  (154,  155)  entdeckten  Krystalle  finden  sich  in  den  In- 
h  a  1 1  s  z  e  1 1  e  n  der  H  o  d  e  n  k  a  n  ä  1  c  h  e  n  in  größeren  und  klein eren 
Formen,  letztere  insbesondere  in  den  Spermatogonien.  Reinke  (223) 
entdeckte  seine  Krystalle  oder  „Krystalloide''  in  den  Z wische n- 
zellen  des  Hodens.  Beides  sind  normale  Bildungen,  jedoch  läßt 
sich  zur  Zeit  über  sie  noch  nichts  (ienaueres  angeben ;  sie  sind  viel 
kleiner  als  die  BÖTTCHER'schen  Krystalle. 

Untersucht  man  ein  frisches  Ejakulat  vom  Menschen,  so  fallen 
zunächst  durch  ihre  Menge  und  ihre  lebhafte,  durcheinander  wimmelnde 
Bewegung  die  zahlreichen  Spermien  auf.  Die  Bewegung  ist  so  rasch, 
daß  man  die  Form  der  einzelnen  Spermien  kaum  erkennen  kann. 
Mit  der  Abkühlung  und  beginnenden  Eintrocknung  verlangsamt  sich 
die  Bewegung,  und  sieht  man  nun  bei  starker  Vergrößerung,  wie  sie 
der  Fig.  5  entspricht,  die  Spermien  genauer.  Die  abgestorbenen  liegen 
gestreckt  (4)  oder  in  Schlmgen-  oder  Oesenbildung  ihres  Schwanz- 
stückes (5,  5);  wieder  andere  bewegen  sich  bei  undulierender  Form 
des  Schwanzes   im    Gesichtsfelde  nach   verschiedenen  Richtunuen   mit 


96  W.  Waldeyer, 

den  Köpfen  voran.  An  einzelnen  bemerkt  man  noch,  meist  in  der 
Nähe  des  Kopfes,  proto])lasmatische  Anhän,u,e  in  Gestalt  von  rnndlichen 
Klümi)clien  (.V).  Dann  treten  auch  die  übrigen  Bestandteile  des  Si)erma 
deutlicher  hervor  und  die  Krystalle  beginnen  anzuschießen.  Nicht 
allemal  findet  man  das  zusammen,  was  Fig.  5  zeigt;  auch  ist  die 
Zahl  der  gezeichneten  Spermien  geringer,  als  man  sie  gewöhnlich  in 
einem  Gesichtsfelde  beisammen  trittt. 

Kurz  sollen  nun  noch  im  Nachfolgenden  die  einzelnen  Pro- 
dukte der  bei  der  Bereitung  des  Sperma  mitwirkenden 
Drüsen  charakterisiert  werden. 

Ho  d  en  se  k  r  e  t.  In  den  Tubulis  contortis  werden  die  Spermien 
gebildet  (s.  w.  u.),  dabei  eine  zähe  eiweißhaltige  Flüssigkeit  in  geringer 
Menge  [v.  Mihalkovics  (M.  ^833)].  Mau  kann  sagen,  daß  diese  Flüssig- 
keit w^ohl  nur  zur  Erleichterung  der  Fortbewegung  der  Spermien  dienen 
möge.  Ueber  die  in  den  Hodenkanälchen  und  in  den  interstitiellen 
Hodenzellen  vorkommenden  Krystallbildungen  ist  bereits  vorhin  im  An- 
schlüsse an  die  BöTTCHEE'schen  Krystalle  kurz  berichtet  woi'den. 

Neben  ho  de  nse  kr  et.  v.  Mihalkovics  (M.  2833)  hat  bereits  die 
Vermutung  geäußert,  daß  in  den  Nebenhodenkanälchen  ein  sekretorischer 
Apparat  gegeben  sei.  Genauere  Begründung  haben  dafür  neuerdings 
Schaffer,  Hammar  (106),  Henry  (112,  113)  und  Aigner  (1)  durch  den 
Nachweis  von  besonders  angeordneten  Zellengruppen  und  von  Sekret- 
körpern innerhalb  dieser  Gruppen  und  in  vereinzelten  Epitbelzellen  der 
Nebenhodenkanälchen  geliefert.  Der  Inhalt  dieser  Kanälchen,  sowie  der 
des  Ductus  deferens  besteht  aber  bei  geschlechtsthätigen  Individuen  ziam 
größten  Teile  aus  Spermien  und  erscheint  wie  eine  dickliche,  etwas 
glänzend  schillernde,  gelblich  weiße  Masse,  sobald  er  in  reichlicher 
Menge  angehäuft  ist. 

Mit  der  Ampulle  des  Ductus  deferens  und  den  Samen- 
blasen  ist  ein  sekretorischer  Apparat  von  größerer  Bedeutung  gegeben. 
Das  Sekret  beider  Teile  des  männlichen  Geschlechtsweges  ist,  soweit  wir 
wissen,  dasselbe;  es  ist  eine  im  frischen  Zustande  ziemlich  klare,  gela- 
tinöse Masse,  äußerlich  etwa  wie  gequollene  Sagokörner  oder  Froschlaich 
beschaffen.  In  der  Leiche  findet  man  den  Inhalt  meist  dicklich  ver- 
flüssigt und  trübe,  vielfach  von  bräunlicher  Färbung,  welche  von  der 
Zumischung  bräunlichen  Pigmentes  aus  zerfallenen  Zellen  des  Ej)ithels 
herrührt.  Man  hat  von  besonderen  Drüsen  in  der  Wand  der  Samen- 
blasen gesprochen,  welche  vorzugsweise  das  Sekret  liefern  sollten ;  neuere 
Untersuchungen  M.  Fränkel's  (86a)  haben  dies  jedoch  nicht  bestätigen 
können. 

Fürbringer  giebt  an,  daß  das  Sekret  der  Samenblasen  vorzugs- 
weise aus  einer  Art  Globulin  bestehe.  Es  giebt  dem  frisch  ejakulierten 
Sperma  vorzugsweise  seine  gelatinöse  Beschaffenheit.  Einfache  Behälter, 
Receptacula  seminis,  worauf  der  Name  schließen  lassen  könnte,  sind  die 
Samenblasen  nicht;  ihre  Haaptfunktion  ist  die  Absonderung  des  eben 
geschilderten  Sekretes.     Ueber  die  Bedeutung  desselben   s.  w.  u. 

In  den  Samenblasen  geschleclitsreifer  Menschen  finden  sich  auch  meist 
Spermien  in  reichlicher  Zahl.     Vgl.  die  Dissertation  von  Kavser   (126a). 

In  den  sehr  großen  Samenblasen  mancher  Nagetiere  —  Ratten, 
Mäuse,  Meerschweinchen  —  sind  Spermien  nach  Kayser  für  gewöhnlich 
sehr  selten  zu  treffen,  ebenso  in  der  kleineren  Samenblase  der  Kaninchen. 
Brachte  man  aber  ein  Kaninchen-Männchen   für  mehrere  Stunden  in   die 


Die  Geschlechtszellen.  97 

Nähe  eines  brünstigen  Weibchens,  beide  Tiere  jedoch  durch  ein  Gitter 
getrennt,  so  daß  eine  Kopulation  unmöglich  war,  so  zeigten  sich  beim 
Männchen  eine  große  Menge  von  lebhaft  sich  bewegenden  Spermien  in 
der  Samenblase.  Wir  nahmen  seiner  Zeit  das  WEHER'sche  Organ  als 
Samenblase,  was  ja  nach  PALLiN(187a)  z.  T.  berechtigt  ist.  Dies  Ex- 
periment hat  ein  zweifaches  Interesse.  Einmal  spricht  es  dafür,  daß, 
wahrscheinlich  infolge  der  erregten  Geschlechtslust,  Hodeninhalt  in  den 
Samenwegen  vorwärtsbewegt  wird,  ohne  daß  es  zur  Ejakulation  kommt 
und  dann,  daß  derselbe  in  den  Samenblasen  aufgespeichert  wii'd. 

Das  Prostatasekret,  welches  neuerdings  insbesondere  von 
P.  FÜRBRiNGER  (88 — 89a)  studiert  wurde,  hat  eine  trübweißliche 
Färbung  und  erscheint  ähnlich  einer  ziemlich  dünnflüssigen,  milchigen 
Emulsion ;  seine  Reaktion,  frisch  aus  der  Prostata  gewonnen,  ist  zumeist 
eine  schwach  saure.  Das  Sekret  besteht  aus  einer  Aufschwemmung  der 
lecithoiden  Körperchen  (Fürbringer)  in  einer  eiweißreichen  Flüssig- 
keit, welche  hauptsächlich  den  von  Posner  nachgewiesenen  albumose- 
artigen  Körper  in  Lösung  enthält.  Auch  der  charakteristische  Sperma- 
geruch haftet  am  Prostatasekret  und  zwar  an  dem  Spermin,  welches, 
wie  Fürbringer  nachwies,  aus  dem  Prostatasekrete  stammt,  während 
Hoden-  Nebenhoden-  und  Samenblasensekret,  sowie  das  Sekret  der 
CowPER'schen  Drüsen  geruchlos  sind. 

Die  zur  Bildung  der  BÖTTCHER'schen  Krystalle  nötige  Phosphor- 
säure ist  in  den  Sekretstoften  der  übrigen  Samenwege  enthalten  und 
wird  nicht  vom  Succus  prostaticus  geliefert.  Man  kann  (Fürbringer) 
durch  Zusatz  von  Ammoniumphosphat  zu  reinem  Prostatasekret  als- 
bald die  BÖTTCHER'schen  Krystalle  erzeugen. 

Das  Sekret  der  Co wper 'sehen  Drüsen  ist  ein  völlig  klares, 
ungemein  zähes,  so  daß  es  in  fußlange  Fäden  ausgezogen  werden  kann; 
es  besteht  fast  ganz  aus  reinem  Schleimstoft"  (epithelialem  Mucin). 

Das  Sekret  dieser  Drüsen,  sowie  vielleicht  auch  das  der  LixTKB'schen 
Drüsen  der  Harnröhre  liefert  augenscheinlich  die  spärliche  schleimige 
Feuchtigkeit,  welche  bei  geschlechtlicher  Erregung  sich  in  der  Fossa 
navicularis  der  Harnröhre  ansammelt  und  selbst  in  Tröpfchenform  aus 
deren  Mündung  hervortreten  kann.  Wenn  Spermien  darin  gefunden 
werden,  so  beweist  das  nicht,  daß  diese  unmittelbar  im  Anschlüsse  an 
die  stattfindende  Erregung  frisch  aus  den  eigentlichen  Samenwegen 
('Ductus  deferens  und  Nebenhoden)  hinaufgewandert  sind ;  Spermien 
können  sich  nach  stattgehabter  Ejakulation  noch  Tage  lang  in  der  Harn- 
röhre aufhalten  und  beweglich  bleiben ;  sie  gelangen  auch  durch  ihre 
Eigenbewegungen  bis  in  die  Harnblase  hinein. 

Um  die  wichtigeren  chemischen  und  physikalischen  Daten  im  Zu- 
sammenhange zu  geben,  schließe  ich  hier  alsbald  die  Haupt- 
ergebnisse der  chemischen  Untersuchung  der  Sper- 
mien an.  Wir  verdanken  dieselben  vornehmlich  Fr.  Miescher  (173) 
und  A.  KossEL  und  dessen  Schülern  (131  u.  132). 

Miescher  stellte  zuerst  aus  den  Kernen  der  Eiterzellen,  später 
auch  aus  den  Köpfen  der  Lachsspermien  einen  Stoif  dar,  den  er  und 
Hoppe-Seyler  mit  dem  Namen  „Nu  kl  ein"  belegten. 

Die  Nukleine  gehören  zur  Gruppe  der  von  Hoppe-Sfa'ler  als  „Pro- 
teide" bezeichneten  Körper,  welche  wiederum  mit  den  Albuminen  (echten 

Haiidbucli  der  Eiitwickelungslehre.     I.  7 


98  W.  Waldeyer, 

Eiweißsubstanzen)  und  den  Albuminoiden  die  große  Abteilung  der  Pro- 
teinstoffe bilden.  —  Die  Nukleine  wurden  alsbald  in  echte  Nukleine 
und  Paranukleine  (Kossel)  —  Pseudonukleine  (Hammarsten)  —  geschieden. 
Die  echten  Nukleine  umfassen  die  Nukleinsäuren  (Altmann)  und  deren 
Verbindungen  mit  Eiweißstoffen ;  sie  geben  als  Spaltungsprodukte  die 
Nukleinbasen  (Basen  der  Harnsäuregruppe,  Xanthinbasen,  Purinbasen 
E.  Fischer);  die  Paranukleine  geben  keine  Nukleinbasen.  Sämtliche 
Nukleine  wie  Paranukleine  sind  reich   an   Phosphor. 

Das  von  Miescher  in  den  Köpfen  der  Lachssi)ermien  nachge- 
wiesene Nuklein  ist  Thymo  -  Nukleinsäure  in  Verbindung  mit  einem 
basischen  Eiweißkörper,  dem  ebenfalls  von  Miescher  entdeckten 
Protamin.  Die  Köpfe  der  Lachsspermien  enthalten  9C),0ß  Proz.  neu- 
trales nukleinsaures  Protamin,  d.  i.  60,5  Proz.  Nukleinsäure  und 
35,56  Proz.  Protamin.  Aehnlich  fand  Mathews  (131. J  die  Zu- 
sammensetzung der  Spermienköpfe  vom  Hering.  Die  Thymonuklein- 
säure  aus  Lachsspermien  hat  nach  Miescher  und  Schmiedeberg  die 
Formel  C,,R,,^ ,^^,0,^. 

In  den  Schwänzen  der  Lachsspermien  fanden  sich  (Miescher) 
41,9  Proz.  Eiweiß,  31,83  Proz.  Lecithin  und  26,27  Proz.  Fette  und 
Cholesterin.  Sehr  beachtenswert  ist,  daß  nach  den  Untersuchungen 
A.  Kossel's  und  seiner  Schüler  in  den  Spermien  anderer  Tierarten 
kein  Protamin,  sondern  andere  Eiweißbasen  mit  der  Nukleinsäure 
verbunden  vorkommen,  so  beim  Stör  das  Stur  in,  bei  dem  Seeigel- 
genus Arbacia  das  Arbacin;  ebenso  verhält  es  sich  mit  den  Spermien 
des  Stieres  und  des  Ebers,  denen  gleichfalls  das  Protamin  abgeht. 

Die  Spermien  sind  im  allgemeinen  gegen  physikalische  und  che- 
mische Agentien  sehr  resistent;  sie  widerstehen  einigermaßen  kon- 
zentrierten Säuren  und  auch  heißer  Sodalösung,  werden  dagegen  in 
heißem  Aetzkali  schnell  gelöst.  Sie  werden  durch  Macerieren  oder 
durch  Fäulnis  nur  zum  Teil  verändert,  die  Köpfe  quellen  aber  in 
Kochsalzlösung  stark  auf  (vgl.  hierzu  Ballowitz  ,  5).  Nach  dem 
Eintrocknen  lassen  sie  sich,  wie  bemerkt  —  am  besten  in  1-proz. 
Kochsalzlösung  oder  in  Ammoniakwasser  —  selbst  nach  längerer  Zeit 
wieder  aufweichen,  so  daß  sie  gut  mit  dem  Mikroskope  erkannt  werden 
können.  Glüht  man  sie  vorsichtig  auf  dem  Objektglase,  so  bleiben  die 
veraschten  Spermien  in  ihrer  Form  erhalten. 

Man  hat  sich,  namentlich  in  forensischem  Interesse,  bemüht,  sichere 
Reaktionen  auf  Sperma  zu  erhalten.  Das  Sicherste  bleibt  immer  der 
Nachweis  von  Spermien;  auch  das  Auffinden  der  BöTTCHER'schen  Kry- 
stalle  ist  von  diagnostischem  Wert.  Neuerdings  hat  Florence  (83,  84)  an- 
gegeben, daß,  wenn  man  eine  starke  Jodjodkalilösung  (1,65  g  J-|-2,54  g  KJ 
auf  30  g  Wasser),  was  ungefähr  einer  Lösung  von  Kaliumtrijodid  (KJs) 
entspricht,  auf  dem  Objektträger  zu  einem  Tropfen  des  wässerigen  Aus- 
zuges eines  Spermafleckes  setze,  in  kürzester  Frist  braun  gefärbte  mikro- 
skopische Krystalle  auftreten.  Diese  Ivrystalle  ähneln  den  bekannten 
TEiCHMAXN'schen  Häminkrystallen  und  stellen  wie  diese  rhombische 
Täfelchen  dar.  Florence  selbst  giebt  schon  an,  daß  diese  Reaktion  nur 
einen  beschränkten  Wert  habe,  da  noch  andere,  und  zwar  basische  Stoffe 
dasselbe  Verhalten  zeigen.  Posner  und  Vertun  (252)  haben  nun  dar- 
gethan,  daß  zahlreiche  basische  Körper  der  Cholingruppe  und  der  Purin- 
gruppe  sowie  das  ScnnEiNER'sche  Spermin  positive  Reaktion  geben,    und 


Die  Geschlechtszellen.  99 

daß  ferner,  wie  auch  Gon^alvez  Cruz  zeigte,  insbesondere  Zumischung 
von  Blut,  Eiter,  dann  auch  starke  Verdünnung  mit  Wasser  oder  Harn, 
die  Reaktion  aufheben  kann.  Es  darf  also  weder  aus  ihrem  Fehlen, 
noch  aus  ilireni  Auftreten  ein  sicherer  Schluß  gezogen  werden ;  höchstens 
mag,  wie  das  bereits  auch  Flokence  betont,  ein  positives  Ergebnis  zu 
weiterem  Nachsuchen  nach  Spermatozoen  Anlaß  geben. 

ß)  Die  Spermien. 

Schon  vorhin  schilderten  wir  in  Kürze  das  Verhalten  der  mensch- 
lichen Spermien  im  frischen  Ejakulate;  wir  haben  nunmehr  auf  den  Bau 
der  Spermien  genauer  ein/Ai gehen.  Zunächst  beschreiben  wir  an  einer 
schematischen  Figur  (Fig.  G)  die  sämtlichen  Teile,  welche  man  bisher 
an  einem  Tierspermium  hat  nachweisen  können,  mit  anderen  Worten 
also  das  komplizierteste  Bild,  welches  ein  Spermium  nach  unserer 
jetzigen  Kenntnis  darbieten  kann,  und  besprechen  dann  diese  Teile  im 
allgemeinen  genauer,  endlich  im  besonderen  die  Spermien  der  einzelnen 
Wirbeltierklassen.  Anhangsweise  finden  auch  die  Spermien  der  Everte- 
braten   und  der  Pflanzen  kurze  Berücksichtigung. 

Es  folgt  dann  die  Darstellung  der  Spermiogenese.  Einige 
physiologische  Daten  und  Daten  allgemeinerer  Beziehung,  Technik  und 
Geschichte  der  Spermiologie  bilden  den  Schluß  des  IL  Abschnittes. 

1.    Kurze  Ueber sieht  des  Baues  der  Spermien; 
Teile  derselben;  Nomenklatur. 

Wir  unterscheiden  an  jedem  Wirbeltier-Spermium  —  s.  Fig.  6.  — 
den  Kopf  Cp.  =  Caput,  den  Hals  Gl.  =  Collum  und  den  Schw^anz 
Cd.  =  Cauda.  (Zu  den  Figureubezeiclmungen  wählen  wir  die  abge- 
kürzten lateinischen  Namen.)  Am  Kopfe  muß  ein  Vorder  stück 
P.a.  Pars  anterior,  von  einem  Hinter  stücke  P.JJ.,  Pars  posterior, 
unterschieden  werden.  Am  Vorderstücke  haben  wir  zumeist  nach  vorn 
das  P er f Oratorium  Pf.,  welches  verschieden  ausgebildet  sein  kann: 
als  Spitze  in  der  Form  des  von  Retzius  sogenannten  Spießes,  zu 
dem  mitunter  ein  Widerhaken  (Hamulus  =  Ham.  in  der  Figur) 
tritt,  oder  als  ein  mehr  beilförmig  schneidendes,  oder  selbst  knopf- 
förmiges  Gebilde,  s.  w\  u.  Das  Perforatorium  setzt  sich  oft  mit  einer 
kleinen  Verdickung  (a)  gegen  den  Rest  des  Vorderstückes  ab.  —  Das 
Hinterstück  des  Kopfes  ist  sehr  verschieden  gestaltet;  in  der  Fig.  6 
ist  es  (rein  schematisch)  pfriemenförmig  gehalten. 

Der  Hals  ist  meist  nur  ein  sehr  kurzer  Abschnitt  des  Sper- 
mium. Ist  das  nächstfolgende  Stück  des  Schwanzes  stark  ausgebildet, 
so  erscheint  der  Hals  wie  ein  deutlicher  Einschnitt,  fast  wie  eine  Lücke. 
Man  erkennt  an  ihm  ein  oder  mehrere  kleine  dunkle  Körperchen,  c.  a., 
die  vom  Centrosoma  der  Spermiumbildungszelle  abstammen,  öfters 
feine  Fäden,  welche  diese  Körper  mit  dem  Schwänze  verbinden,  und 
eine  helle  Zwischensubstanz.     Näheres  weiter  unten. 

Am  Schwänze  unterscheiden  wir  drei,  mitunter  auch  vier  Ab- 
schnitte: Zuvörderst,  unmittelbar  auf  den  Hals,  folgt  das  Verbin- 
dungsstück P.c.  Pars  coujuuctionis;  dasselbe  führt  ein  dickeres 
oder  dünneres  „Achsenstück",  „Achsenfaden"  oder.  „Hauptfaden"  — 
Filura  principale  —   (in  der  Figur  nicht  bezeichnet),   dazu  eine  Hüll- 


100 


W.  Waldeyer, 


Cp. 


--  P.p. 


-ca. 


.p.e. 


% 


—F.  marg. 

—F.princ. 
—Fihrill.  rnarg. 

—Fihrill.princ. 


^l____ 


.F.  access. 
-,M.  undul. 


.Gubern. 
(M.  int.) 


P.t. 


cp. 


-F.  term. 


-Spicterm. 


Fig.  6. 


Substanz,    in    welcher   häutig  eine 
Spiralbildung-  als  Faden  (F.spir.= 
Filuni  Spirale)  oder  als  Saum  er- 
kennbar  ist.     Dieser   Hauptfaden 
setzt  sich  in  den  Hauptfaden  des 
zweiten  Abschnittes,  des  Haupt- 
stückes   des    Schwanzes    P.pr. 
(Pars   principalis),   fort;   mitunter 
ist,    wie   hier  in    der  Figur  ange- 
geben,   eine  Art  Absatz  zwischen 
beiden    Stücken    vorhanden.     Am 
Hauptstücke  des  Schwanzes  können 
nun   bei    manchen    Spermienarten 
noch  mehrere  Fäden,  der  Rand- 
faden,    F. marg.    (Filum    margi- 
nale)    und     der    Neben  faden, 
F.  access.  (Filum  accessorium)  auf- 
treten.   Der  erstere,  in  der  Figur 
rot    gezeichnet,    liegt    am   Rande 
einer  undulierenden  Membran,  der 
W  e  1 1  e  n  m  e  m  b  r  a  n ,      M.  undul. 
(Membrana   undulatoria),   der  Ne- 
benfaden   (blau    gehalten)    gegen- 
über  dieser  Membran;   in   Fig.  6 
liegt  der  Nebenfaden  scheinbar  in 
derselben.     Kurz   vor   dem   Ende 
des  Hauptstückes,  cp.,   hebt  sich 
auf  der  Nebenfadenseite   oft  eine 
besondere    membranöse    Bildung, 
das   Steuer   oder   die  Steuer- 
m  e  m  b  r  a  u  (Ballowitz),  Guhern., 
(Gubernaculum)  aus  dem  Schwänze 
heraus,  um  dann  plötzlich,  ebenso 
wie  der  Nebenfaden,  zu  enden.  Das 
Gubernaculum  ist  nur  ein  beson- 
ders deutlich  hervortretender  Teil 
einer  meist  zwischen  Haupt-  und 
Nebenfaden     befindlichen     feinen 
Membran,   der  Zwischenmem- 
bran,   Membrana  intermedia  (M. 
int.)  —  Fig.  6B  — .    Der  Haupt- 
faden ,  wie    der  Randfaden  lassen 
sich,  wie  insbesondere  Ballowitz 
(5_8j  gezeigt  hat,  in  eine  Anzahl 
feinster     Elementarfibrillen      zer- 
legen,   Fibrin,  princ.  und  Fihrill. 
marg.    (Fibrillae    principales    und 
Fibrillae  marginales)  in  der  Figur, 
wo  dies   an  je  einer  Stelle  ange- 
deutet ist. 

Das  dritte  Stück  des  Schwanzes 
ist  das  Endstück,  P.t.  (Pars 
termiualis).     Dasselbe  ist  vielfach 


Die  Geschlechtszellen. 


101 


Fig.  G-1.  Sper- 
mium von  A  m  - 
phiiima  means 
nach  Mc  GRii:(iOR 
(157).  Pf.  Perfora- 
torium.  a  verdickte 
Stelle;  dahinter  eine 
hellere  Partie  h.  Op 
Caput  (Kopf),  P.c. 
Pars  conjunctiouis 
(Verbindungsstück), 
alias  „Mittelstück". 
1  bedeutet  dasselbe, 
S  eine  dünne  hellere 
Partie ,  welche  das 
Stück  1  (Mittelstück 

Aut.)   mit    dem 
rundlichen  dunklen 
Stücke  o    verbindet 
(vgl.  Text),  a.  Stelle, 
durch    welche    der 
Querschnitt  a^ 
(Fig.  6i?)  gelegt 
wurde;  Z»,  die  Stelle 
des  Querschnittes  b^ 
der  Fig.  65;   e  die 
Stelle     des     Quer- 
schnittes e  (Fig.  65). 


F.wartj. 


Cj,. 


Fig.  GB.  <'i  b^  cd 
e  fünf  Querschnitts- 
bilder des  Schwan- 
zes, welche  proxüno- 
distalwärts  einander 
folgen;  a,  unmittel- 
bar am  Mittelstück 
e,  nahe  dem  Ende 
gelegen.  F.jjr.  Filum 
principale  (Haupt- 
faden oder  Achsen- 
faden) erscheint  wie 
ein  dünner  Halb- 
ring. F.acc.  Filum  ac- 
cessorium  (Nebenfa- 
den), F.marci.  Filum 
marginale  (Rand- 
faden). J/.»/k/.  Mem- 
brana    undulatoria. 

Inv.  Involucrum 
(Hülle),  welche  in 
ttj  und  öj  den  Achsen- 
faden und  den  Ne- 
benfaden umgiebt. 
M.  int.  Membrana 
intermedia.  Vergr. 
beim  Spermium  in 
der  Totalansicht : 
Zeiss,  Apochromat 
2,0  mm,  Apert.  1,30, 
mit  Kompensations- 
okular  No.  6,  Tubus 
1()0  mm. 


¥ 


F.pv. 


\^--Ec.  {Aut) 


a^ 


3-' 


^ 


6, 
Mcnii.  undui. 


.  in  arq. 


ÄLujid. 


F.mai 


y- 


■.#, 


Jnv.—-         ^^   .  ^ 

I'.pr.         ,'        , '  ; 

^         /    M.int.  F. 

Jnv.+AjL  iiit.  ,,, 

J!.  nee. 


B 


102  W.  Waldeyer, 

(Icutlicli  vom  Hauptstücke  abgesetzt,  bei  c.p.  in  Fig.  6,  und  enthält 
die  Fortsetzung  des  Hauptfadens;  es  läßt,  wie  es  scheint,  zuweilen 
noch  eine  feinste  Hülle  eikennen,  denn  bei  Siredon  ragt  noch  ein  weit 
feineres  Ende ,  der  E  n  d  s  ])  i  e  J5 ,  Spie.  term.  (Spiculuni  terminale), 
daraus  hervor  (R.  Fick3()3).  Die  meisten  dieser  Einzelheiten  zeigen 
uns  die  Urodelenspermien ;  einige  sind  überhaupt  bis  jetzt  nur  bei 
Siredon  beobachtet  worden;  sie  sind  hier  in  der  Art  des  von  Böhm 
und  Davidoff  gegebenen  Schemas  (47  a,  S.  247)  mit  einigen  Ab- 
änderungen auf  Grund  der  Angaben  von  Ballowitz  und  R.  Fick  in 
einer  Figur  zusammengestellt  worden. 

Man  wolle  zu  dieser  schematischen  Figur  0  noch  die  nächst- 
folgenden, ()A  und  6B,  und  die  Figuren  10  (deutliches  Perforatorium 
und  Spiralfaden) ,  13  (Endstück  des  Schwanzes) ,  18  (Fibrillen) ,  25 
(beide  Centrosomen),  27  und  28  (die  Teile  des  Kopfes  und  die  Spirale) 
sowie  Figg.  36  A  und  40  (Hals  mit  Centrosomen,  Hauptstück  und  End- 
stück) vergleichen,  um  den  Beweis  für  das  Vorhandensein  aller  in 
der  Fig.  6  wiedergegebenen  Teile  auch  an  getreuen  Abbildungen  ge- 
führt zu  sehen. 

Was  insbesondere  die  Figuren  6A  und  6B  betrifft,  so  lasse  ich 
hier  gleich  deren  Besprechung  folgen,  weil  sie  vor  allem  geeignet  sind, 
einen  großen  Teil  der  schematisch  vorgeführten  Teile  eines  Spermium 
in  klarer  Weise  an  einem  Naturpräparate  zu  veranschaulichen  und  die 
Anordnung  und  Beschaffenheit  der  verschiedenen  vom  Schwänze  des 
Spermium  beschriebenen  Fäden  und  Membranen  darzuthun. 

Wir  sehen  vorn  am  Spermium  von  Amphiuma  das  ungemein  fein 
auslaufende  Perforatorium  ( A  c  r  o  s  o  m  a  v.  Lbnhossek,  Spieß  Gr. 
Retzius)  ;  bei  a  zeigt  sich  die  auch  im  Schema  Fig.  G  angegebene  Verdickung. 
Das  mit  h  bezeichnete  blasse,  auf  a  distalwärts  folgende  Stück  könnte 
als  Vor  der  stück  des  Kopfes  bezeichnet  werden;  da  es  sich  indessen 
[nach  Mc  Ct]{egor (157)]  aus  demselben  Stücke  entwickelt,  wie  der  vor 
a  liegende  Teil  des  Pei'foratorii^m,  so  muß  es  zu  diesem  gezogen  werden. 
Der  Hauptteil  des  Kopfes,  Q;,  ist  bei  Amphiuma  von  sehr  erheblicher 
Länge  und  zeichnet  sich  durch  eine,  man  könnte  sagen,  elegante  Form 
aus.  Das  mit  1  und  P.  c.  bezeichnete  Stück  nennt  Mc  Gkegor  in  Ueber- 
einstimmung  mit  den  Autoren  seit  Sciiweigger- Seidel  das  Mittel- 
stück; dieser  Name  ist  mit  dem  bislang  von  mir  gebrauchten  „Ver- 
bin du  n  gs  tu  ck"  (Retzius)  gleichbedeutend.  Nun  folgt  eine  kurze, 
dünne,  eingeschnürte  helle  Stelle,  2.  Ich  betrachte  diese  beiden  Teile  zu- 
sammen als  dem  „Hals  e"  (Collum)  der  Fig.  6  entsprechend  (s.  weiter  unten). 
Darauf  folgt  eine  dunklere  Partie  von  ungefähr  derselben  Größe  wie  2,  mit 
welcher  die  W  e  1 1  e  n  m  e  m  b  r  a  n  (Memb.  undul.)  beginnt.  Es  kommt 
nunmehr  der  Schwanz  des  Spermium,  an  dem,  wenigstens  in  Fig.  6  A, 
abgesehen  von  der  Wellenmembran,  keine  weiteren  Unterabteilungen 
mehr  zu  eikennen  sind;  dagegen  lassen  sich  diese  an  den  aufeinander 
folgenden  Querschnitten  des  Spermium  6  A  erkennen,  s.  Fig.  6  B. 

Der  Querschnitt  a.^  ist,  wie  in  Fig.  6A  markiert  ist,  etwa  durch  die 
Stelle  a^  gelegt;  h^  entspricht  wohl  der  Stelle  h^  im  Bilde  der  Spermie; 
ferner  ist  dort  auch  die  Querschnittsstelle  für  e  angegeben;  zwischen  &j 
und  6  liegen  die  Schnittebenen  für  c  und  d.  Da  diese  Ebenen  im  Original 
nicht  näher  angegeben  sind,  so  muß  meine  Angabe  nur  als  eine  un- 
gefähr stimmende  angesehen  werden.  Bei  a^  (Fig.  6B)  zeigt  sich  ein 
relativ    dicker  Achsenfaden  (/".  pr.  =  Filum  principale,    Hauptfaden),    an 


Die  Geschlechtszellen. 


103 


demselben  nach  oben  (in  der  Figur)  ein  dünner,  halbkreisförmig  zu- 
sammengekrümmter Anhang,  beides  von  einer  dicken  Hülle  [Inv.)  umgeben ; 
aus  der  Rinne  des  Anhanges  geht  ein  feiner  Faden,  der  in  ein  kleines 
Knöpfchen  endet,  hervor.  In  h^  hat  sich  der  Anhang  von  dem  bis  dahin 
als  Hauptfaden  gedeuteten  Teile  getrennt,  bleibt  jedoch  mit  diesem  — 
alles  noch  von  der  Hülle  umgeben  —  durch  einen  feinen  Faden  (M.  int.) 
verbunden.  Weiterhin  schwindet  die  Hülle  (c,  d,  e)\  endlich,  bei  e,  ist 
auch  der  untere  scheinbare  bisherige  Hauptfaden  im  Schwinden  be- 
griifen.  —  Man  hat  die  Querschnittsbilder  meines  Erachtens  so  zu 
deuten,  daß  in  F.  acc.  der  Neben  faden  gegeben  ist,  in  F.  marg. 
(Filum  marginale)  der  Rand  faden,  der  das  freie  Ende  der  Membrana 
undulatoria  einnimmt,  welche  auf  dem  Querschnitt  ja  als  feine  Linie 
erscheinen  muß.  Der  auf  dem  Durchschnitte  als  gekrümmtes  Fädchen 
erscheinende  Teil  stellt  das  Filum  principale  dar ,  welches  sich 
somit  hier  als  ein  halbröhrenförmiges  Gebilde  ausweist.  Die  mit  tn.  int. 
(Membrana  intermedia)  bezeichnete  Linie  ist  die  Schnittlinie  einer  zweiten, 
zwischen  Haupt-  und  Nebenfaden  ausgespannten  Membran  ;  ich  halte  sie, 
wie  S.  100  bemerkt,  für  das  morphologische  Aequivalent  des  von  Bal- 
LOwiTZ  bei  Siredon  beschriebenen  G  u  b  e  r  n  a  c  u  1  u  m  (s.  Fig.  6)  und 
komme  unter  ß  2  und  ß  3  noch  darauf  zurück. 


2.    Genauere  Schilderung  des  Baues  der 
AV  i  r  b  e  1 1  i  e  r  s  p  e  r  m  i  e  n. 

a)  Kopf.  Am  Kopfe  der  Wirbeltierspermien  hal>en  wir ,  abge- 
sehen von  den  vorhin  genannten  Teilen,  dem  Vor  derst  ücke ,  dem 
H  i  n  t  e  r  s  t  ü  c k e  und  dem  P  e r  f  o  r  a t  o  r  i u  m  mit  Spieß  und  W i  d e r - 
haken,  noch  folgende  Bildungen  zu  unterscheiden:  die  Kopf  kappe, 
den  Innen körper,  eine  periphere  und  eine  centrale  Partie, 
die  Querbänder  und  den  Mikroporus. 

Die  Kopfkappe,  Galea  capitis  m.,  bildet  einen  dünnen 
Ueberzug  des  Kopfes  der  Säugetierspermien ,  welcher  am  vorderen 
Kopfende  am  stärksten  ist  und  hier  mit  dem  Perforatorium  zusammen- 
hängt. Nach  hinten  verdünnt  sich  die  Kappe  bis  aufs  feinste,  und 
ihre  Grenze  erscheint  etwa  am  hinteren  Drittel  des  Kopfes,  nament- 
lich an  gefärbten  Präparaten  in  Gestalt  einer  sehr  feinen  Linie  {Gal. 
und  L.  Gal.   in    den    Fig.   6  D ,   3G   und   30  A).     Deutlich   sieht   man 


Fig.  6  C.  Kopf,  Hals  und  Anfangsteil  des 
Schwanzes  (Verbindungsstück)  eines  Spermium  von 
Bos  taurus  nach  Bali.owitz  (7  —  Taf.  XIV, 
Fig.  78).  Cp.  Caput  (Kopf);  67.  Collum  (Hals; 
Cd.  Cauda  (Schwanz) ;  Gal.  (Pf.)  Galea  capitis  (Kopf- 
kappe); das  Ff  soll  andeuten,  daß  diese  Kopf- 
kappe mit  dem  Perforatorium  im  Zusammenhange 
steht.  P.a.  Pars  anterior  capitis  (Vorderstück  des 
Kopfes).  P.cf.  Pars  centralis  capitis  (Innen körper). 
P.p.  Pars  posterior  capitis  (Hinterstück  des  Kopfes). 
P.  r.  Pars  conjunctionis  (Verbindungsstück).  5 
dunkles  Knöpfchen  am  Vorderende  von  P.  c,  Teil 
des  Centrosoma  posterius. 


.-aal(Ff) 


Fig.  6  C. 


mitunter  am  vorderen  Umfange  des  Kopfes  einen  dunkleren,  mehr 
oder  weniger  scharf  auftretenden  Kontur,  hinter  dem  eine  hellere 
Strecke  folgt  (Fig.  6  C  und  35) ;  auch  dies  ist  auf  die  Kopfkappe  zu 
beziehen.     Weiteres  später  bei  Besprechung  des  Perforatorium. 


104  W.  Waldeyer, 

MiESCHER  (173),  Valentin  (248a),  Jensen  (121  — 121b)  u.  a.,  ins- 
besondere neuerdings  Ballowitz  haben  am  Kopfe  die  verschiedenen, 
vorhin  genannten  Abschnitte  beschrieben. 

Den  von  Ballowitz  erwähnten  „Innenkörper"  zeigt  Fig.  G  C 
als  heller  erscheinenden,  bikonvex  linsenförmigen  oder  halbmondförmigen 
Teil  (P.  et)  zwischen  dem  dunkleren  Vorderstücke  (nebst  der  Kopf- 
kai)pe)  und  dem  gleichfalls  dunklen  Hinterstücke.  Ballowitz  selbst 
(7,  S.  279)  giebt  der  Vermutung  Raum,  daß  es  sich  hier  nur  um  eine 
optische  Erscheinung  handle,  bedingt  durch  die  beiden  dunkleren 
Grenzlinien  der  Kopfkapi)e  und  des  Hinterstückes;  mir  scheint  dies 
die  richtige  Deutung  zu  sein. 

Die  von  Ballowitz  so  benannten  beiden  Abteilungen  des  Kopfes, 
das  V  0  r  d  e  r  s  t  ü  c  k  (P.  r^..  Pars  anterior  capitis)  und  das  Hinter- 
stück  {P.p.,  Pars  posterior  cai)itis)  sind  eine  sehr  wichtige, 
fast  bei  allen  Wirbeltierspermien  nachzuweisende  Struktureigentümlich- 
keit und  um  so  bemerkenswerter,  als  sie  wahrscheinlich  auf  ein  von 
Fr.  Merkel  entdecktes  Verhalten  des  Kernes  der  Samenbildungs- 
zellen —  s.  w.  u.  Spermiogenese  —  zurückzuführen  sind. 

Diese  beiden  Abteilungen  lassen  sich  durch  verschiedene  Färbe- 
mittel deutlich  macheu.  Es  liegen  also  wohl  chemische  Differenzen 
vor,  über  deren  Bedeutung  wir  freilich  noch  nichts  Näheres  wissen. 
Frische  Spermienköpfe,  namentlich  die  von  der  dickeren,  rundlichen 
P'orm,  erscheinen  unter  dem  Mikroskope  stark  glänzend,  vorn  meist 
mit  einem  dunklen  Ptande,  der  sich  an  den  Seiten  (Kopf  von  der 
Fläche  gesehen)  mehr  oder  weniger  weit  liinabzieht.  Nach  Färbungen, 
insbesondere  mit  Karmin ,  bleibt  gewöhnlich  das  Vorderstück  das 
hellere ;  das  Hinterstück  färbt  sich  in  vielen  P'ärbemitteln  sehr  stark. 
Bei  den  Spermien  des  Menschen  ist  dies  sehr  deutlich,  u.  s.  w. 

Von  einer  weiteren  Differenz  des  Spermienkopfes  berichtet  zuerst 
Grohe  (101a),  später  Miescher  (173),  denen  Jensen  (121),  was  das 
Wesentliche  anlangt,  zustimmt.  Es  soll,  auch  abgesehen  von  der 
Kopfkappe,  wie  dies  Jensen  ausdrücklich  sagt,  eine  hellere  Außen- 
schicht (periphere  Partie)  von  einer  dunkleren  Binnen masse 
(centralen  Partie)  zu  unterscheiden  sein :  W  a  n  d  s  c  h  i  c  h  t  und 
Inhalt  Jensen.  Diese  Sonderung  tritt  aber  nur  bei  Färbungen 
(Säurefuchsin  und  Goldchlorid)  hervor.  Miescher  hat  sie  insbe- 
sondere bei  den  Spermien  der  Teleostier  beschrieben,  und  Ballowitz  (7) 
findet  auch  in  seinen  Beobachtungen  Anhaltspunkte  für  eine  solche 
Unterscheidung.  Miescher  geht  aber  in  seinen  Detailangaben  noch 
w^eiter.  In  der  Binnenmasse  soll  bei  Teleostiern  ein  stäbchenförmiges 
Gebilde,  das  „  Centralstäbchen",  eingebettet  sein,  welches  sich 
von  der  Insertionsstelle  des  Schwanzes  an  durch  den  Kopf  in  etwa 
drei  Vierteln  seiner  Länge  erstreckt;  dasselbe  stehe  durch  einen  feinen 
Kanal  in  der  Bindeuschicht,  den  Miescher  als  „Mikroporus" 
bezeichnet,  mit  dem  proximalen  Ende  des  Schwanzes  in  Verbindung. 
Miescher  will  diese  Bildungen  auch  für  die  Säugetiere  nachgewiesen 
haben.  Für  die  letzteren  habe  ich  mich  ebensowenig  wie  Ballowitz 
mit  Sicherheit  von  diesen  Differenzierungen  überzeugen  können,  und 
auch  für  die  Teleostier  gewinnen  dieselben  durch  die  Ballowitz- 
schen  Untersuchungen  ein  anderes  Licht.  Wenn  auch,  wie  es  in 
Fig.  14  auf  den  ersten  Blick  erscheint,  ein  dunkles  kleines  Körper- 
chen in  der  Mitte  des  Kopfes  sichtbar  ist,  so  ist  diese  Lage  doch  nur 
eine  scheinbar  centrale.    Es  zieht  sich  nämlich  an  den  fast  kugelrunden 


Die  Geschlechtszellen.  105 

Köpfen  der  Knochenfischspermien  (Fig.  14  stellt  eine  Spermie  von 
Perca  fluviatilis  dar)  an  einer  Stelle  eine  meist  längliche,  rinnenförmige 
Delle  entlang,  ähnlich  der  Kerbe  an  einer  Kaffeel)oline,  nur  nicht  so 
ausgedehnt.  In  dieser  Delle,  also  seitlich  am  Kopfe,  befindet  sich 
der  Ansatz  des  Halses,  und  zwar  so,  daß  der  Achsenfaden  mit  dem 
an  seinem  vorderen  Ende  befindlichen  Endknöpfchen,  welches  ent- 
wickelungsgeschichtlich  dem  vorderen  Centrosom  (c.  a.)  entspricht, 
innerhalb  der  Delle  in  die  Rindenschicht  sich  einsenkt. 

Ballowitz  spricht  hier  von  einer  „OefFnung",  durch  welche  das 
Endknöpfchen  in  die  Rindenschicht  des  Kopfes  eingelassen  sei,  und 
meint,  daß  man  noch  eine  Art  Kittsubstanz  annehmen  dürfe,  welche  das 
Knöpfchen  an  den  Kopf  befestige  und  den  kleinen  hellen  Hof  erzeuge, 
den  man  um  das  dunklere  Knöpfchen  herum  wahrnimmt.  Ich  meine, 
daß  es  nicht  nötig  sei,  von  einer  besonderen  „Oeffnung"  zu  sprechen; 
es  handelt  sich  wohl  um  eine  kleine  Vertiefung  der  Rindenschicht,  in 
welcher  das  Knöpfchen  steckt.  Ist  diese  im  Grunde  einer  seitlich  sich 
am  kugeligen  Kopfe  heraufziehenden  Delle  oder  Rinne  gelegen,  und  geht 
von  da  der  Achsenfaden  des  Halses  zum  Verbindungsstücke,  also  seitlich 
auf  einer  gewissen  Strecke  entlang,  bis  zum  distalen  Kopfpole  hin,  wo 
er  in  das  Verbindungsstück  (P.  c.)  eintritt,  dann  muß  bei  der  Ansicht 
des  Kopfes  von  der  Dellenseite  oder  von  der  Gegenseite  der  Delle  her 
ein  Bild  wie  in  Fig.  14  erscheinen;  es  erklären  sich  auch  so  das  Mie- 
scHEß'sche  Centralstäbchen  und  der  Mikroporus. 

Die  Querbänder  des  Kopfes  erscheinen  als  3—4  schmale 
dunkle  Streifen  desselben ;  sie  wurden  von  Valentin  (248a),  der  4 
unterschied,  zuerst  beschrielien ;  eine  Abbildung  derselben  giebt  auch 
W.  Krause  im  I.  Bande  der  von  ihm  bearbeiteten  3.  Auflage  des 
Handbuches  der  Anatomie  seines  Vaters  C.  Krause  (p.  266,  Fig.  155A). 
Sie  sind  sowohl  an  frischen  Spermienköpfen  vieler  Säuger  (Ursus, 
Lepus,  Cavia  u.  a.),  als  auch  an  gefärbten  Präparaten  zu  sehen  und 
am  genauesten  von  Ballowitz  (9)  studiert  worden.  Seinen  Beob- 
achtungen zufolge  entsteht  das  vorderste  dunkle  und  kleinste  Quer- 
band durch  eine  an  der  betreifenden  Stelle  des  Kopfes  befindliche 
Vertiefung.  Das  nächstfolgende  ist  regelmäßig  bogenförmig  mit  vor- 
derer Konvexität,  wie  Ballowitz  fand,  und  wird  durch  die  hintere 
Grenzlinie  der  Kopfkappe  und  die  vordere  Begrenzung  des  Innen- 
körpers erzeugt.  Das  dritte  Band  ist  der  Ausdruck  der  Grenze 
zwischen  Vorder-  und  Hinterstück  des  Kopfes,  wie  bereits  v.  Brunn, 
Renson  und  Fürst  angenommen  haben  (Litteratur  s.  bei  Ballo- 
witz). Das  hinterste  Querband  scheint  darauf  zu  beruhen,  daß,  wie 
Färbungen  erweisen,  das  Hinterstück  des  Kopfes  wiederum  aus  zwei 
physikalisch  und  chemisch  differenten  Zonen  besteht,  deren  Grenze 
sich  in  dem  Bande  ausdrückt. 

Mit  dem  Namen  „  P  erf  Oratorium  "  belege  ich  einen  Apparat, 
der  sich  am  vorderen  Ende  des  Kopfes  der  Spermien  der  meisten 
Tiere  und  auch  bei  denen  des  Menschen  findet.  Sein  ganzer  Aufbau 
und  seine  Lage  am  vorderen  Kopfende,  sowie  die  unmittelbare  Be- 
obachtung zeigen,  daß  er  eine  mechanische  Bedeutung  hat,  nämlich 
als  Bohrapparat  oder  Schneideapparat  beim  Eindringen  der  Spermien 
in  die  Eier  zu  wirken.  Das  Perforatorium  ist,  wie  es  scheint,  immer 
zugespitzt  oder  zugeschärft  (Mensch),  so  daß  man  Spitzenperforatorien 
und   Schneideperforatorien   unterscheiden    kann ;    beide    sind    von    be- 


106  W.  Waldeyer, 

sondcror  Festigkeit  und  Widerstandsfähigkeit.  Die  Spitzenperforatorien 
sind  zuweilen  (s.  Fig.  0  und  CA)  mit  einem  Widerhaken  ver- 
sehen, der  so  gestellt  ist,  daß  das  über  den  Haken  hinaus  einge- 
drungene Perforatorium  nicht  wieder  zurückgleiten  kann,  ohne  daß 
der  Haken  abbricht.  Als  besonders  feine  Spitze,  „pointe  cephalique", 
hat  sie  G.  Herrmann  (M.  2565  —  1882)  bei  Selachiern  beschrieljcn ; 
G.  Retzius  (224)  unterschied  es  unter  dem  Namen  „Spieß",  Ballo- 
wiTZ  (7)  als  „Spitzenstück",  Benda  (29,  36,  37)  als  „Spitzenkörper". 

Färberiscli  unterscheidet  sich  das  Spitzenperforatorium  fast  stets 
von  dem  rückwärtig  gelegenen  Teile  des  Kopfes;  frisch  ist  es  meist 
nicht  scharf  zu  sondern.  Bei  den  Reptilien  z.  B.  färbt  es  sich  dunkler 
und  bleil)t  dunkler  beim  Aufhellen  der  Färbung  (Ballowitz).  Eine 
Anzahl  Reagentien,  welche  die  üljrigen  Teile  des  Kopfes  stark  quellen 
macheu,  lassen  das  Perforatorium  intakt,  und  es  gelang  Ballowitz 
auf  diese  Weise,  durch  Maceration  am  Perforatorium  von  Triton  noch 
eine  sich  stärker  färbende  Mantelschicht  von  einem  blasser  bleibenden, 
besonders  resistenten  I  n  n  e  n  k  ö  r  p  e  r  oder  I  n  n  e  n  f  a  d  e  n  (Fig.  23) 
zu  isolieren.  Der  Widerhaken  gehört  der  Mantelschicht  an.  Sehr  be- 
merkenswert ist  bei  einigen  Species,  Triton  (wahrscheinlich  auch  die 
übrigen  Urodelen)  und  Bombinator,  die  bereits  von  Retzius  erkannte 
Verlängerung  des  Spießes  auf  den  Hauptteil  des  Kopfes.  Ballowitz 
und  IvAR  Broman  haben  dies,  ersterer  bei  Triton,  letzterer  bei 
Bombinator,  am  genauesten  beschrieben  (vgl.  Fig.  19  und  20).  Bei 
Triton  liegt  dieser  „Binnenteil"  des  Perforatoriums  (Binnenspieß, 
wie  ich  ihn  bezeichnen  möchte)  in  der  Rindenschicht  des  Kopfes,  bei 
Bombinator  in  der  Mitte  des  letzteren. 

An  der  Zusammensetzung  des  Perforatoriums  beteiligen  sich,  wie 
vor  allem  Benda  (1.  c.)  erkannt  hat  —  s.  w.  u.  Spermiogenese  — 
die  Bestandteile  des  Idiozoms  (Meves,  „Sphäre"  der  Autoren),  deren 
einer  einen  stärker  tingierbaren  lunenkörper  liefert,  der  sich  vorn 
am  Kern  befestigt,  deren  zweiter  die  Kopfkappe  erzeugt.  Die  Kopf- 
kappe überzieht  nun  diesen  Innenkörper  (den  Spitzenknopf  Merkel's, 
dasAkrosom  v.  Lenhossek's,  Hakenstäbchen  Jensen's  —  bei 
der  Ratte),  anfangs  weiter  abstehend,  später  dicht  anliegend.  Das 
Akrosom   ist   sonach  der  Hauptbestandteil   des  Spitzenperforatoriums. 

An  der  im  allgemeinen  spitzigen  Form  dieses  Perforatoriums 
kommen  allerlei  Abweichungen  und  Varianten  vor.  So  zeigt  der 
Spieß  bei  Pelobates  spiralige  Drehung,  wie  der  Kopf  überhaupt;  bei 
den  Singvögeln  setzt  sich  der  dem  Kopfe  angehörige  Spiralsaum  auch 
auf  den  Spieß  fort.  Bei  den  anderen  Vögeln  erscheint  er  als  kleines 
Knöpfchen,  Spitzenknopf  (s.  Fig.  32),  bei  wieder  anderen  von  der 
gewöhnlichen  einfachen  Spitzenform.  Eine  hakenförmige  Umbiegung, 
die  z.  B.  bei  der  Ratte  sehr  deutlich  erscheint,  ist  sehr  häufig. 

Was  die  zweite  Art  der  Perforatorien  anlangt,  die  ich 
die  schneidende  nannte,  so  entwickelt  sich  diese  aus  dem  vor- 
dersten Teile  der  Kopfkappe,  welcher  sich  zuschärft  und  eine  be- 
sonders große  Resistenz  anzunehmen  scheint.  Demnach  muß  dieser 
vordere  Rand  der  Kopfkappe  schneidend  wirken.  So  liegen  die  Ver- 
hältnisse z.  B.  beim  Menschen. 

Ganz  eigenartig  ist  die  Form  beim  Meerschweinchen,  wo 
das  Perforatorium  durch  Meves  neuerdings  eine  sehr  eingehende 
Beschreibung  erfahren  hat  (s.  Fig.  36—37).  Der  Apparat  ist  be- 
sonders groß   und  erscheint  wie  ein  hakenförmig   gekrümmter  Ansatz 


Die  Geschlechtszellen.  107 

am  Kopfe  bei  der  Kantenansicht  des  letzteren,  von  der  Fläche  ge- 
sehen einfach  als  etwas  sich  verschniälernder  vorderer  Kopfteil  mit 
Kantenkrümmung  (Fig.  31  Pf.).  Wie  der  Kopf  selbst,  so  ist  auch  das 
Perforatorium  der  Fläche  noch  gekrümmt,  jedoch  nach  entgegen- 
gesetzter Richtung  als  der  Kopf,  Auf  dem  Durchschnitt  (Fig.  olPf.) 
gewahrt  man  eine  dunklere  Rindenschicht  und  eine  hellere  Innen- 
schicht —  als  „Spalt",  wie  es  Meves  tliut,  möchte  ich  diese  hellere 
Lage  nicht  bezeichnen.  Weiteres  darüber  s.  bei  der  Spezialbeschreibung 
der  Nagerspermien.  Wir  dürfen  diese  Perforationsform  wohl  zu  den 
„schneidenden''  zählen. 

Die  GröEe  des  Perforatoriums  ist  gleichfalls  sehr  verschieden, 
von  den  kleinen  Endknöpfchen  der  genannten  Vögel,  welche  kaum 
zu  messen  sind,  bis  zu  den  langen,  fadenförmigen  Spießen  der  Urodelen 
oder  den  breiteren,  löiTelförmigen  Bildungen  von  Cavia. 

Bei  den  Teleostiern  mit  ihren  kleinen  kugeligen  Köpfen  scheint 
in  der  Regel  kein  Perforatorium  vorhanden  zu  sein ;  ebenso  vermisse 
ich  es  beim  Amphioxus.  Man  kann  versucht  sein,  das  Fehlen  bei  den 
Teleostiern  mit  dem  Vorhandensein  einer  Miki'opyle  am  Ei  —  s. 
Abschnitt  „Ei''  —  in  Verbindung  zu  bringen ;  es  bedarf  dann  wohl 
keines  Perforatoriums. 

b)  Hals,  Unter  dem  von  Eimer  eingeführten  Namen  „Hals" 
(Collum  spermii)  ist  der  unmittelbar  auf  den  Kopf  folgende  Teil 
des  Spermium  zu  verstehen,  der  bei  manchen  Spermienformen,  z,  B, 
bei  den  Chiropteren,  deutlich  in  Gestalt  einer  Einschnürung  sich  mar- 
kiert (Fig.  6C  und  35—38),  In  anderen  Fällen,  wie  bei  den  Spermien 
des  Menschen,  ist  nichts  von  einer  derartigen  Einschnürung,  durch 
welche  der  Hals  sich  äußerlich  als  besonderer  Abschnitt  des  Innen- 
fadens kundgiebt,  wahrzunehmen ;  in  einer  dritten  Reihe  von  Spermien, 
z,  B.  von  Bos  taurus,  ist  diese  Einschnürung  nur  unbedeutend  —  so 
tritt  sie  in  den  Abbildungen  von  Retzius  (224)  nicht  hervor,  w^ährend 
sie  in  Fig.  6  C  (Ballowitz,  7 )  deutlich  erscheint.  Nichtsdestoweniger 
muß  man  auf  Grund  entwickelungsgeschichtlicher  Daten  einen  „Hals" 
annehmen  und  kann  ihn  hiernach  auch  genau  definieren.  Es  ist  nach 
diesen  Daten  unter  dem  Spermien  halse  diejenige,  meist  nur  sehr 
kurze  Strecke  des  Spermium  zu  verstehen,  welche  das  vordere 
Centrosom  und  die  zwischen  diesem  und  dem  hinteren  Centrosom 
befindliche  durchsichtige  homogene  Z  w  ischenmasse  samt  den  in 
manchen  Fällen  in  dieser  eingelagerten  „Centrosomfäden"  umfaßt. 
Für  die  Begründung  dieser  Erklärung  muß  auf  den  Abschnitt  „Spermio- 
genese" (s,  w.  u,)  verwiesen  werden. 

Man  könnte  noch  das  vordere  Stück  des  hinteren  Centrosoms  hierher- 
ziehen; mir  will  es  indessen  richtiger  erscheinen,  das  hintere  Centrosom 
dem  Verbindungsstücke  des  Schwanzes  zuzuzählen,  dem  es  dann  voll- 
ständig mit  seinen  beiden  Stücken,  dem  vorderen  und  dem  hinteren, 
angehörte;  s.  w.  u.  „Verbindungsstück". 

An  der  Hand  der  Figuren  sei  der  Begriff  des  Spermienhalses 
weiter  erläutert.  In  der  schematischen  Fig,  6  ist  bei  ca  das  kleine 
vordere  Centrosom  gezeichnet,  dicht  dahinter  ein  doppeltes  Knöpfchen, 
entsprechend  dem  in  2  Stücke  zerfallenen  A^orderstücke  des  hinteren 
Centrosoms ;  zwischen  den  3  Knöpfchen  eine  hellere  Substanz ,  die 
Zwischensubstanz,  In  dieser  liegen,  wie  es  scheint,  insbesondere 
bei   den   Säugetierspermien,    noch    einer    oder    mehrere    feine  Fäden, 


108 


W.  Waldeyer, 


Fa. 


Cp. 


Pe:{ 


b: 


A'd.  a.  {oa.} 
"iJiJ'.  int. 
"NiL.  jp.ic.p.j] 

-  iJnv.ext. 

—Jnv.  int. 
-Ann.lo.jp.^) 


-'  F.pr. 


Cd.-\    p    ,.^ 


---Jiii 


welche  das  vordere  Centrosom  mit 
dem  Vorderstücke  des  hinteren  Cen- 
trosoms  verbinden  (Fig.  36  A  Fe, 
Fig.  6C  Cl). 

In  Fig.  6  A,  dem  Spermium  von 
A  m  j)  h  i  11  m  a  m  e  a  n  s ,  muß  das 
mit  1  und  auch  mit  P.  c.  (Aut.)  be- 
zeichnete Stück  als  der  Hals  an- 
gesehen werden ,  nicht  als  Ver- 
bindungsstück (Mittelstück),  wie  es 
von  Mc  Gregor  und  von  den 
Autoren  auch  bei  den  sonstigen 
Figuren  der  Urodelenspermien  stets 
bezeichnet  w^orden  ist;  denn  die 
Entwickelungsgeschichte  läßt  keinen 
Zweifel  darüber  zu,  daß  diese  Partie 
{!)  aus  dem  vorderen  Centrosom 
und  einer  Zwischensubstanz  hervor- 
geht. 2  ist  höchst  wahrscheinlich 
eine  verbindende  Zwischensubstanz 
zwischen  1  und  5,  einer  dunklen 
rundlichen  Masse,  w^elche  das  vor- 
dere Stück  des  hinteren  Centrosoms 
darstellt. 

An  der  von  Meves  gegebenen 

Säuge- 
vergl. 


schematischen   Figur   eines 


tierspermium  (Fig.  6D) 
auch  das  Schema  vom  Menschen 
(Fig.  43  B)  —  besteht  der  Hals  aus 
den  beiden  Stücken  Nd.  a.  (ca.)  = 
Noduli  anteriores  (Centrosoma  an- 
terius)  und  Ms.  int.  =  Massa  inter- 
media. Nd.  p.  {c.pi  )==  Noduli  poste- 
riores (Centrosoma  posterius  i)  stellt 


F.t 


Fig.  6  D. 


Fig.  6  D.  Schema  eines  Meerschweincheii- 
spermiura  nach  Meves  (171  —  Textfigur  c, 
S.  360).  Cp.  Caput  (Kopf);  Cl.  Collum 
(Hals);  Cd.  Cauda  (Schwanz).  P.a.  Pars 
anterior  capitis  (Vorderstück:  des  Kopfes). 
Gal.  Galea  capitis  (Kopf kappe,  Rand  der- 
selben). P.p.  Pars  posterior  capitis  (Hinter- 
stück des  Kopfes).  iVrf.  a.  {c.  «.)  Noduli 
anteriores  (Centrosoma  anterius),  vordere 
(Hals-)Knöpfchen.  Bis.  int.  Massa  intermedia 
(Zwischenmasse  des  Halses).  Nd.2).  {<--2^i) 
Nodiüi  posteriores  (Centrosoma  posterius  I, 
hintere  Knöpfchen).  P.  c.  Pars  conjunctionis 
(Verbindungsstück  des  Schwanzes).  Spir. 
Filum  Spirale  (Spiralfaden).  Stthst.  int.  Sub- 
stantia  intermedia  (Zwischensubstanz).  Ann. 
(cp.-,)  Annulus,  ßing  (Centrosoma  poste- 
rius"II) ;  P.  -pr.  Pars  principalis  (Hauptstück 
des  Schwanzes).  F.pr.  Filum  principale 
(Hauptfaden,  Achsenfaden).  Inv.  Invo- 
lucrum  (Hülle  des  Hauptfadens).  P.  t.  Pars 
terrainalis  (Endstück  des  Schwanzes). 


Die  Geschleclitszellen.  109 

den  vorderen  Teil  des  hinteren  Centrosoms  dar.  Die  Centrosonifäden 
sind  hier  nicht  gezeichnet,  ebenso  wenig  die  einzelnen  Knöpfchen,  in 
welche  die  Stücke  Nd.a.  nnd  Nd.p.  zerlegt  sind.  Man  wolle  für  dieses 
die  nach  Meves  kopierten  Figg.  36,  36  A  und  36  B  vom  Meerschwein- 
chen und  die  dazu  gegebene  Erklärung  vergleichen.  Bei  diesem  Tier 
erkennt  man  die  Centrosonifäden,  die  sich  an  kleinen  Knöpfchen,  Noduli, 
in  die  die  Centrosomen  häutig  zerfallen,  befestigen. 

Eimer  (M.  2612)  und  Ballowitz  (7)  nahmen  an,  daß  der  Hals  stets 
vom  Achsen  faden  durchsetzt  sei,  der  sich,  oft  mit  einem  deutlichen 
Endknöpfchen  versehen,  an  den  hinteren  Kernpol  inseriere.  Ballowitz 
hat  schon  bei  mehreren  Säugetieren  doppelte  oder  dreifache  Eäden  nach- 
gewiesen ;  da  er  aber  (s.  w.  u.)  dargethan  hatte,  daß  der  Achsenfaden 
aus  mehreren  Fibrillen  bestehe,  so  war  die  Deutung,  daß  diese  mehr- 
fachen Eäden  in  der  That  den  Achsenfaden  repräsentierten,  sehr  wohl 
zulässig.  Jensen  zeigte  dann  (121b),  daß  bei  anderen  Säugetieren,  z.B. 
bei  der  Ratte,  keinerlei  Fäden  im  Halse  zu  finden  seien,  sondern  nur 
eine  geringe  Menge  Zwischensubstanz  in  schmaler  Schicht,  durch  welche 
das  vordere  Centrosom  mit  dem  Vorderstücke  des  hinteren  Centrosoms 
verbunden  wird.  —  Meves  hat  schließlich  die  Sache  geklärt,  indem  er 
nachwies,  daß,  wenn  Fäden  vorhanden  sind,  sie  Bildungen  sui  generis 
seien,  die  die  einzelnen  Centrosomstücke  miteinander  verbinden.  Ich 
habe  deshalb  den  Namen  „Centrosomfäden"   dafür  gewählt. 

Es  ist  nicht  unwichtig,  den  Hals  als  besonderen  Teil  des  Spermium 
zu  unterscheiden,  einmal  wegen  seiner  morphologischen  Stellung  als 
an  das  vordere  Centrosom  geknüpften  Teiles,  dann  in  Bezug  auf 
seine  ph3^siologische  Bedeutung,  welche  wahrscheinlich  nach  zwei  Rich- 
tungen hin  gesucht  werden  muß.  Der  Hals  ist  zweifellos  als  eine  Art 
Gelenkstelle  anzusehen,  in  welcher  der  Kopf  gegen  den  Schwanz  und 
umgekehrt  ziemlich  beträchtliche  Biegungen  auszuführen  vermag  (vgl. 
Ballowitz  7),  die  sicherlich  nicht  gieichgiltig  für  den  Einbohrungs- 
oder  Einschneidungsvorgang  bei  der  Kopulation  zwischen  Ei  und 
Spermium  sind.  Noch  wichtiger  erscheint  vielleicht  der  Umstand,  daß 
infolge  der  eigentümlichen,  man  muß  sagen  „lockeren"  Befestigung 
der  Geißel  am  Kopfe  in  dem  Halsstücke,  hier  Kopf  und  Schwanz 
leicht  voneinander  getrennt  werden  können  oder  der  Schwanz  auch 
vom  Halse.  Es  liegt  ja  hier  nur  die  weiche  Zwischenmasse,  und,  sind 
Centrosomfäden  vorhanden,  so  sind  diese  doch  sehr  dünn  und  wohl 
leicht  zerreißlich. 

Wie  das  vordere  Centrosom  mit  der  Substanz  des  Kopfes  ver- 
bunden ist,  darüber  wissen  wir  nichts  Genaueres.  Ballowitz  (7) 
nimmt  eine  Kittsubstanz  an;  nachweisen  kann  man  aber  eine  solche, 
die  nur  in  minimaler  Masse  vorhanden  sein  dürfte,  nicht.  Eine  leichte 
Abtrennbarkeit  des  Kopfes  vom  Schwänze  ist  aber  erforderlich,  wenn 
allein  der  Kopf  des  Samenfadens  —  s.  Kap.  Befruchtung  —  als  männ- 
liche Kernmasse  (Spermakern)  mit  dem  Eikern  sich  verbinden  soll; 
ebenso  eine  Abtrennung  des  Schwanzes  vom  Halse,  wenn  etwa  das  in 
letzterem  befindliche  Centrosom ,  das  proximale  (vordere),  dem  be- 
fruchteten Ei  das  Centrosom  zu  liefern  hat.  Man  sieht  ja  auch  that- 
sächlich  (A.  Böhm  47  und  R.  Fick  363)  alsbald  nach  dem  Eindringen 
eines  Spermium  in  die  Eizelle  den  Kopf  vom  Schwänze  in  der  Hals- 
gegend sich  trennen ;  das  Halsstück  selbst  wird  hier  zu  einer  strahligen 


110  W.  Waldeyer, 

Sphäre ,  in  der  frcnlich  ein  ('entrosom  von  Fick  beim  Axolotl  nicht 
gefunden  wurde  ^).  Möglich,  daß  der  Hals  auch  bei  der  merkwürdigen, 
von  Fick  und  Michaelis  („Die  Befruchtung  des  Tritoneneies",  Arch. 
f.  mikrosk.  Anat.,  Bd.  XLVIII,  l-SOT,  p.  528)  beobachteten  Drehung  der 
Sperniienköi)fe  so,  daß  das  Ilalsstück  zum  Eikern  sich  wendet,  in 
Betracht  kommt. 

Wenn  man  mit  den  bisherigen  Autoren  den  von  mir  bei  Am- 
phiuma  als  „Hals"  bezeichneten  Teil  „Mittelstück"  nennt,  so  muß  man 
—  s.  die  nähere  Begründung  bei  dem  Abschnitte  „Spermiogenese"  — 
mit  Meves  (109)  sagen,  daß  das  Mittelstück  der  Urodelen,  und  es  gilt 
dies  auch  für  die  Selachier  u.  a.,  dem  Mittclstücke  (Verbindungsstücke) 
der  Säugetiere  nicht  homolog  sei,  denn,  wie  wir  sehen  werden,  besteht 
eine  in  wesentlichen  Dingen  al) weichende  Ent Wickelung.  Ich  ziehe  es 
aber  vor,  um  entwickelungsgeschichtlich  auf  gleiche  Weise  entstandene 
Dinge  auch  mit  gleichen  Namen  zu  belegen,  das  Mittelstück  der  Autoren 
bei  den  Urodelenspermien  mit  der  Bezeichnung  „Hals"  zu  versehen. 
Wie  sich  später  herausstellen  wird,  wechselt  der  Hals  oder  das  „Hals- 
stück", wie  man  auch  sagen  könnte,  bei  den  einzelnen  Tierfamilien 
beträchtlich  in  Form  und  Größe  ab ;  das  sind  aber  ja  nur  unwesent- 
liche Dinge. 

Schon  Jensen  und  F.  Hermann  (Ergebnisse  der  Anatomie  und  Ent- 
wickelungsgeschiclite,  herausgegeben  von  Merkel  und  Bonnet,  für  1892, 
p.  213)  haben  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  keine  Homologie  zwischen 
dem  Verbindungsstücke  (Mittelstücke)  der  Urodelen  und  dem  der  Säuge- 
tiere, Vögel  und  Reptilien  bestehe.  Jensen  (M.  2615)  schließt  das  aus 
dem  Umstände,  daß  man  in  dem  sog.  Mittelstücke  der  Urodelen  keinen 
Achsenfaden  nachweisen  könne.  Baelowitz  (5,  III)  hat  zwar  auch  hier 
nach  Macerationen  einen  axialen  Teil  von  einem  sich  unregelmäßig  ab- 
bröckelnden Mantelstücke  trennen  können  und  will  deshalb  dem  Jensbn- 
schen  Schlüsse  nicht  beipflichten;  indessen  erkennt  er  sehr  wohl  Dif- 
ferenzen an,  welche  zwischen  den  Urodelen  und  den  übrigen  Klassen  be- 
stehen, indem  er  den  Achsenfaden  des  Mittelstückes  von  einem  „eigent- 
lichen Achsenfaden"  unterscheidet  und  hervorhebt,  daß  dieser  eigentliche 
Achsenfaden  des  Hauptstückes  von  dem  des  Verbindungsstückes  durch 
ein  Endknöpfchen  getrennt  sei. 

Bei  den  Urodelenspermien  ist  noch  einer  Eigentümlichkeit  des 
Halsstückes  zu  gedenken,  nämlich  der,  daß  das  vordere  Ende  des  letzteren 
in  einer  entsprechend  ausgehöhlten  Konkavität  des  hinteren  Kopfendes 
steckt,  s.  Fig.  6  (Retzius,  224;  Levdig,  14(3;  Ballowitz  .5,  III).  Letzterer 
zeigte  daztt,  daß  von  dem  vorderen  Ende  des  Halsstückes  bei  Triton 
noch  ein  kleiner  Zapfen  sich  tiefer  in  den  Kopf  hinein  erstreckt  (1.  c. 
Taf.  XII,  Fig.  56).  Dasselbe  fand  R.  Fick  bei  Siredon  (.363,  Taf.  XXVIII, 
Fig.  22),  wo  der  Zapfen  mit  St.  „Stachel"  bezeichnet  ist.  Auch  Fick 
unterscheidet  an  dem  Halsstücke  eine  dünne  Mantelschicht  von  einem 
soliden,    stäbchenförmigen   „Kernstücke".     Den    Ausdruck   „Achsenfaden" 


1)  Centrosomen  wurden  aber  von  Sobotta  bei  der  Maus  uud  Forelle  festge- 
stellt (vgl.  Ergebnisse  der  Anatomie  und  Entwickeiungsgeschichte,  herausgeg.  von 
Merkel  u.  Bonnet,  Bd.  V,  Bericht  für  1895.  Wiesljaden  189G).  Für  Wirbellose 
(bei  Physa)  desgl.  von  v.  Kostanecki  (Arch.  f.  mikrosk.  Anat.,  Bd.  XL VII).  Nach 
den  klaren  Ergebnissen  von  Meves  (171,  p.  384)  indessen  kann  man  nur  behaupten, 
daß  das  in  der  Eizelle  auftretende  erste  Furchungscentrosoni  sich  in  seiner  Substanz 
von  dem  Centrosom  der  Spermatide  herleite,  nicht,  daß  es  mit  ihm  identisch 
sei  (s.  sp.). 


Die  Geschlechtszellen.  111 

gebraucht  er  nicht,  da  er  besonders  betont,  daß  der  Achsenfaden  des 
Hauptstückes  sich  vollständig  von  dem  Halsstücke  abgliedere  —  s.  die 
angezogene  Fig.  22.  —  Die  Wellenmembran  erstreckt  sich,  wie  Ballo- 
wiTZ  und  R.  FicK  übereinstimmend  angeben,  nicht  auf  das  Halsstück 
hinauf;  sie  beginnt  vielmehr  erst  an  dessen  hinterem  Ende. 

R.  FiCK  gebraucht  ebenfalls  (1.  c.  p.  556)  den  Namen  „Hals",  indem 
er  sagt:  „Malbranc  (158a),  der  zuerst  beim  Axolotl  das  Zwischenstück 
zwischen  Kopf  und  „Hals"  fand,  nannte  es  „Schaltstück".  Was  aber 
FiCK  hier  mit  dem  Namen  „Hals"  meint,  erklärt  er  nicht;  augenscheinlich 
versteht  er  darunter  die  Abgliederung  dieses  seines  Zwischenstückes 
gegen  den  Schwanz,  obwohl  er  bald  darauf  fortfährt,  er  wolle  die 
E,ETZius'sche  Bezeichnungsweise,  die  ja  auch  Ballowitz  konsequent 
durchführt,  beibehalten,  wenngleich  der  Kürze  des  Ausdruckes  wegen 
auch  die  Bezeichnung  „Hals"  ganz  zweckmäßig  wäre,  die  für  die  Axolotl- 
spermatozoen  auch  sonst  nicht  unpassend  erscheine.  Hier  ist  offenbar 
die  Bezeichnung  „Hals"  jedesmal  in  einem  ganz  verschiedenen  Sinne  ge- 
braucht worden. 

Ich  gehe  auf  diese  Einzelheiten  hier  aus  dem  Grunde  ein,  weil 
ich  den  Namen  ,.Hals"  oder  auch  „Hals stück"  für  einen  ganz 
bestimmten  Abschnitt  der  Spermien  eingeführt  sehen  und  ihn  scharf 
von  dem  Verbindungsstücke  trennen  möchte.  Ich  hebe  dazu  noch- 
mals hervor:  1)  daß  der  Hals  nicht  vom  Achsenfaden  durchzogen 
wird,  also  keinen  Teil  der  Geißel  bildet,  was  auch  daraus  hervor- 
geht, daß  sich  die  Wellenmembran  nicht  auf  ihn  fortsetzt;  2)  daß 
der  betreffende  Spermienteil  auch  nicht  zum  Kopfe  gehört,  wie  seine 
Entwickeluugsgeschichte  (s.  weiter  unten)  auf  das  strengste  erweist, 
und  3)  daß  er  im  Ei  bei  der  Befruchtung  eine  Strahlung  liefert,  in 
der  wir  das  Centrosom  oder  wenigstens  einen  Abkömmling  desselben 
zu  suchen  haben.  Hierzu  kommt  nun,  daß  bei  den  Selachiern 
(Suzuki,  243),  bei  Helix  pomatia  (Korff,  130)  und  wahrscheinUch 
noch  bei  einer  nicht  geringen  Zahl  anderer  Tiere  dies  Halsstück, 
welches  aus  dem  vorderen  Centrosom  entsteht,  eine  bedeutende  Ent- 
wickelung  erfährt.  Grund  genug  nach  allem  dem,  es  durch  eine  be- 
sondere Benennung  auszuzeichnen  und  es  nicht  mit  dem  „Mittel- 
stücke" oder  „Verbindungsstücke",  welches  ein  Teil  des  Schwanzes 
ist,  zu  konfundieren. 

c)  Schwanz.  Der  Schwanz  des  Samenfadens,  Gau  da  spermii, 
welcher  bei  sämtlichen  Wirbeltieren  vorhanden  ist,  läßt  nach  der  von 
G.  Retzius  (224)  gegebenen,  zur  Zeit  wohl  allgemein  angenommenen 
Einteilung  drei  Abschnitte  unterscheiden :  das  V  e  r  b  i  n  d  u  n  g  s  s  t  ü  c  k , 
Pars  c  0  n  j  u  n  c  t  i  0  n  i  s ,  das  H  a  u  p  t  s  t  ü  c  k ,  Pars  p  r  i  n  c  i  p  a  1  i  s , 
und  das  En  d  stück,  Pars  terminalis.  Allgemeines  Characteristicum 
des  Spermienschwanzes  ist  das  Vorhandensein  eines  Achsenfadens, 
dem  die  Bedeutung  einer  schwingenden  Geißel,  eines  Motors  für  das 
Spermium,  zukommt.  Im  Halsstücke  fehlt,  wie  wir  gesehen  haben, 
ein  solcher  Achsenfaden,  denn  die  dort  beobachteten  fadigen  Bildungen 
sind  dem  Achsenfaden  des  Schwanzes  nicht  homolog,  zeigen  sich  auch 
von  ihm  getrennt.  Der  Achsenfaden  zieht  ununterbrochen  vom  Be- 
ginne des  Schwanzes,  unter  allmählicher  Verdünnung,  bis  zum  äußer- 
sten Ende  des  Spermium  hindurch.  Es  würde  somit  durch  diesen 
wesentlichen  Teil  des  Schwanzes  kein  Grund  zur  Trennung  desselben 
in    drei    gesonderte   Abschnitte    gegeben    sein ;    der   Grund   für   diese 


112  W.  Waldeyer, 

Trennung;  liegt  vielmehr  in  dem  Verhalten  der  Centrosomen  und 
der  Hüllen  des  Achsenfadens,  wodurch  bei  vielen  Spermien  schon 
mit  mäßiger  Vergrößerung  sichtbare  Absätze  am  Schwänze  erzeugt 
werden. 

Das  V  e  r  b  i  n  d  u  n  g  s  s  t  ü  c  k  wird  vom  H  a  u  p  t  ü  c  k  e  des  Schwanzes 
abgesetzt  einmal  durch  das  letzte  Stück  des  distalen  Centrosoms, 
—  „Scheibe"  Jensen  (121b,  p.  410),  „Seh lu  ß sehe ibe"  „End- 
scheibe", Ballowitz  (7,  p.  245)  — ,  welches  am  hinteren  Ende 
des  Verbindungsstückes  gelegen  ist,  während  das  erste  (vordere) 
Stück  dieses  Centrosoms  den  (proximalen)  Anfang  des  Haui)tstückes 
bezeichnet.  Da  der  Achsenfaden  durch  diese  „Scheibe"  hindurchgeht, 
so  stellt  dieselbe  in  Wahrheit  einen  Ring  vor. 

Wir  verdanken  Meves  (166 — 171)  den  bestimmten  Nachweis,  daß 
es  ein  Stück  des  hinteren  Centrosoms  ist,  welches  in  Form  der  Jensen- 
schen  Ringscheibe  die  Grenze  zwischen  Verbindungsstück  und  Haupt- 
stück des  Schwanzes  bildet.  Bei  den  völlig  ausgebildeten  Spermien  der 
meisten  der  untersuchten  Tiere  ist  diese  Scheibe  nicht  mehr  gut  wahr- 
nehmbar. Sehr  deutlich  soll  sie  sich  bei  Didelphys  virginiana  erhalten, 
vergl.  Fig.  32. 

Eine  zweite  Marke  für  das  Verbindungsstück,  welche  ihm  vielleicht 
jedoch  nicht  ausschließlich  zukommt,  ist  das  Vorhandensein  eines 
Spiralfadens.  Derselbe  ist  insbesondere  durch  die  Untersuchungen 
von  Jensen  (1.  c),  Ballowitz  (5  u.  7),  Benda  (29 — 39)  und  Meves 
(167  u.  171)  sichergestellt  worden.  Derselbe  windet  sich  in  engen 
Touren  um  den  Achsenfaden  herum ;  er  beginnt  am  vorderen  Ende 
des  hinteren  Centrosoms  und  endet  an  dessen  hinterem  Ende,  falls 
er  sich  nicht  noch,  wie  (nach  Jensen)  bei  einigen  Species,  auf  das 
Hauptstück  fortsetzt.  Zwischen  seinen  Windungen  findet  sich  eine 
homogene  Substanz  —  Zwischen  Substanz  Ballowitz. 

Außer  diesen  Bestandteilen  sind  nun  noch  zwei  Hüllen  am 
Verbindungsstücke  beschrieben  worden.  Eine  innere  Hülle  soll 
in  sehr  dünner  Lage  unmittelbar  den  Achsenfaden  umgeben,  zwischen 
diesem  und  der  Spiralhülle  gelegen;  sie  soll  sich  distal  in  die  Hülle 
des  Hauptstückes  fortsetzen.  Meves  (171,  p.  35'S),  dem  ich  diese 
Angabe  entnehme,  spricht  sich  jedoch  nicht  mit  voller  Bestimmtheit 
über  diese  innere  Hülle  aus. 

Die  zweite  Hülle  ist  die  äußere;  sie  liegt  außen  auf  der  Spiral- 
hülle und  wird  vom  Protoplasma  der  Bildungszellen  der  Spermien, 
der  Spermatiden,  geliefert.  Sie  soll  nach  Meves  (171)  vorn 
am  Kopfe  inserieren  und  hinten  mit  dem  Verbindungsstücke  enden ; 
sie  würde  demnach  auch  noch  den  Hals  überziehen,  wie  es  die  von 
Meves  gegebene  schematische  Figur  6  D  zeigt.  Diese  Hülle  hat  an 
noch  nicht  völlig  ausgebildeten  Spermien  öfters  eine  aufgetriebene 
Stelle  —  Fig.  6D  — ;  später  wird  sie  gleichfalls  sehr  dünn  und  legt 
sich  der  Spiralhülle  dicht  an. 

Die  beschriebenen  Teile  sind  in  den  Tigg.  6  und  6  D  (Schemata), 
9,  10,  27,  31,  32,  36  u.  43  dargestellt.  Fig.  ^6  zeigt  bei  P.  c.  das  Ver- 
bindungsstück mit  der  deutlichen  Abtrennung  vom  Hauptstücke,  dem 
dick  gezeichneten  Achsenfaden,  dem  Spiralfaden  und  dessen  homogener 
hellerer  Zwischensubstanz,  sowie  der  äußeren  Hülle,  welche  sich  auf 
das  Hauptstück    fortsetzt.     Die    nach  Meves  (171,    Textfigur  C,    p.    360) 


Die  GescWechtszellen.  113 

kopierte  Fig.  6D  zeigt  bei  Nd.  p.  (c.pi),  erstes  (proximales)  Stück  des 
hinteren  Centrosoms,  den  Beginn  des  Verbindungsstückes,  wie  ich  es 
fassen  möchte,  bei  Ann.  (c.  p^)  die  JENSEN'sche  Scheibe  (Ring,  Meves) 
als  zweites  Stück  des  hinteren  Centrosoms ;  darauf  folgt  eine  eingeschnürte 
Stelle,  mit  der  das  Hauptstück  beginnt,  s.  weiter  unten.  Am  Verbindungs- 
stücke haben  wir  in  der  Mitte  den  starken  fibrillären  Achsenfaden, 
F.  pr.,  bedeckt  unmittelbar  von  der  inneren  sehr  dünnen  Hülle,  Inv.  int. 
Auf  dieser  lagert  die  Spiralhülle,  bestehend  aus  dem  in  Form  heller, 
runder  Stellen  (im  scheinbaren  Querschnitte)  gezeichneten  Spiralfaden 
(Spir.)  und  seiner  (dunkel  gehaltenen)  Zwischensubstanz  (Subst.  int).  Auf 
die  Spiralhülle  folgt  dann  die  äußere  Hülle,  Involucrum  externum  (Inv.  ext.) ; 
an  dieser  bemerkt  man   eine  der  erwähnten  Verdickungen. 

Von  den  nach  der  Natur  entworfenen  Bildern  läßt  Fig.  9  ein  Stück 
der  äußeren  Hülle  des  Verbindungsstückes  erkennen.  Die  Fig.  10,  27, 
31  und  32  zeigen  die  Spiralhülle;  Fig.  36  giebt  das  getreue  Bild  des 
Verbindungsstückes  vom  Meerschweinchen ;  ein  Querschnitt  ist  in  Fig.  37 
(Cd.  F.  c)  dargestellt. 

Nach  dem  in  Wort  und  Bild  Angegebenen  läßt  sich 
das  Verbindungsstück  kurz  als  derjenige  Teil  des 
Spermium  definieren,  welcher  an  das  hintere  Centro- 
s  0  m  geknüpft  i  s  t. 

Aeußerlicli  stellt  sich  das  Verbindungsstück  mehr  oder  weniger 
scharf  von  den  übrigen  Teilen  des  Spermium  abgesetzt  dar,  meist 
als  eine  längliche  Verdickung  des  vordersten  Schwanzabschnittes 
(s.  u.  a.  die  Fig.  35,  36  A,  36,  38,  39  und  40),  welcher  um  so  deut- 
licher erscheint,  je  mehr  die  Halspartie  eingeschnürt  ist  und  je  besser 
der  Schlußring  (s.  Fig.  36  A  Ann.)  erhalten  ist.  Vielfach  ist  eine  genaue 
Abgrenzung  ohne  Kenntnis  der  histogenetischen  Entwickelung  an  den 
reifen  Spermien  kaum  vorzunehmen,  und  ich  mag  mich  nicht  dafür 
verbürgen,  ob  an  manchen  der  hier  abgebildeten  Samenfäden  die 
Bezeichnung  P.  c.  völlig  richtig  angebracht  ist. 

Die  Größe  des  Verbindungsstückes  ist  sehr  verschieden.  Nimmt 
man  dasselbe  in  dem  Sinne,  wie  ich  es  hier  verstehe,  und  wie  es  die 
Säugetierspermien  nach  den  histogenetischen  Untersuchungen  von 
Meves  klar  erkennen  lassen,  so  ist  es  bei  den  Urodelen,  z.  B.  Sala- 
mandra  maculosa,  sehr  lang  —  s.  Fig.  49  Wj  nach  Meves,  wo  die  Stelle 
des  Ringes  völlig  sicher  bestimmt  ist.  Ich  weiche  hier  nach  dem 
vorhin  Gesagten  von  den  Autoren  ab,  welche  dies  lange  Stück 
zwischen  den  beiden  Teilen  des  hinteren  Centrosoms  als  „Haupt- 
stück" bezeichnen.  Was  als  Hauptstück  bei  den  Urodelen  aufzufassen 
ist,  darüber  s.  weiter  unten. 

Bei  den  F  i  s  c  h  e  n ,  Reptilien  und  V  ö  g  e  1  n  ist  das  Verbindungs- 
stück im  allgemeinen  kurz,  soweit  das  aus  den  vorliegenden  Angaben 
und  meinen  eigenen  Untersuchungsergebnissen  sich  beurteilen  läßt. 
Man  wolle  hierzu  die  betreffenden  Figg.  8,  12—16,  28  und  32  ver- 
gleichen. Bei  den  Säugetieren  ist  es  im  Verhältnis  zur  Gesamtlänge 
der  Spermien  ansehnlich  entwickelt :  mäßig  lang  ist  es  beim  Menschen 
(Fig.  40).  Ob  dasselbe  in  Fig.  29  (Fringilla  caelebs)  richtig  abge- 
grenzt ist,  darüber  wage  ich  keine  bestimmte  Meinung  zu  äußern. 
Bei  der  Taube  (Fig.  30)  ist  es  nicht  möglich,  am  unversehrten  reifen 
Spermium  das  Verbindungsstück  sicher  zu  umgrenzen;  auch  Ballo- 
wiTZ  (5,    I,   p.  446)   gelangt  zu   keinem   bestimmten   Ergebnisse;    er 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.    I.  8 


114  W.  Waldeyer, 

si)richt  in  seiner  späteren  Arbeit  (5,  III,  p.  27'S)  nach  Befunden  an 
Ophidiern,  welche  in  der  äußeren  P'orni  ihrer  Spermien  manche  Aehn- 
licldveiten  mit  denen  der  Columliinen  zeigen,  die  Vermutung  aus,  daß 
das  lange  dickere  Stück  des  Schwanzes  das  Verbindungsstück  sei; 
dann  würde  (vgl.  die  Figg.  30  und  27)  das  Hauptstück  nur  unbe- 
deutend sein  und  sich  vom  Endstücke  nicht  unterscheiden  lassen. 
Hier  kann  nur  eine  genaue  histogenetische  Analyse  aushelfen. 

Bezüglich  der  Form  Verhältnisse  des  Verbindungsstückes  ist 
noch  mitzuteilen,  daß  dasselbe  bei  den  Spermien  einzelner  Säugetier- 
gruppen (Chiropteren,  Eimer,  M.  2612;  Ballowitz,  7,  p.  245;  Beut- 
ler, FÜRST,  90)  leicht  abgeplattet  ist.  Bei  den  übrigen  unter- 
suchten Säugetieren  konnten  Ballowitz  wie  Jensen  (121b)  keine 
solche  Abplattung  finden. 

Als  Haupt  stück  des  Schwanzes,  Pars  principalis,  be- 
zeichne ich  mit  Retzius-  denjenigen  Abschnitt,  welcher  aus  dem 
Achseufaden  und  einer  gewöhnlich  einfachen,  diesen  umschließenden 
Hülle  besteht,  ohne  Beteiligung  des  Centrosoms;  dieser  Abschnitt 
folgt  unmittelbar  auf  das  Verbindungsstück. 

Das  Hauptstück  zeigt  somit  meist  eine  weit  einfachere  Organisation 
als  das  Verbindungsstück  und  ist  fast  immer  merklich  dünner  als 
das  letztere  —  Ausnahmen  kommen  vor ;  vielleicht  bilden  die  Spermien 
der  Colurabinen  eine  solche.  Zuweilen  ist,  wie  bereits  erwähnt  werden 
mußte,  ein  deutlicher  Absatz  gegen  das  Verbindungsstück  vorhanden, 
der  wie  eine  Einschnürung  erscheint;  dieselbe  liegt  hinter  dem  Schluß- 
ringe—  s.  die  Abbildungen  Jensen's  von  den  Rattenspermien  (121b), 
Eimer's  (M.  2612)  und  Ballowitz'  (7)  von  den  Chiropterenspermien, 
und  die  schematische  Figur  6D  unmittelbar  hinter  „47*w".  Hier  liegt 
der  Achsenfaden  scheinbar  nackt  zu  Tage;  nach  der  durch  Fig.  6D 
erläuterten  Ansicht  von  Meves  ist  er  indessen  noch  von  der  inneren 
Hülle  umgeben,  welche  in  die  Hülle  des  Hauptstückes  übergeht. 
Scharf  ist  die  Grenze  auch  bei  Didelphys  (Fig.  34). 

Bei  den  Spermien  zahlreicher  Species  bleibt  das  Kaliber  des 
Hauptstückes  in  seinem  ganzen  ^'erlaufe  nicht  gleichförmig,  sondern 
verdünnt  sich  allmählich  gegen  das  Endstück  hin  (s.  Fig.  6  D,  36  u,  40). 
Es  ist  dies  im  wesentlichen  auf  eine  Abnahme  in  der  Stärke  der 
Hülle  und.  der  die  Fibrillen,  aus  denen  der  Achsenfaden  besteht,  ver- 
kittenden Zwäschensubstanz  zurückzuführen,  doch  scheint  auch  —  vgl. 
die  von  Meves  entworfene  schematische  Figur  6D  und  die  An- 
gaben von  Ballowitz  (5,  I,  p.  419)  —  eine  Reduktion  der  Fibrillen 
des  Achsenfadens  stattzufinden. 

Sehr  merkwürdig  ist  ein  von  Meves  für  das  Meerschweinchen  fest- 
gestellter Befund,  daß  nämlich  an  der  späteren  Grenze  zwischen  dem 
Aclisenfaden  des  Verbindungsstückes  und  des  Hauptstückes  im  Laufe  der 
Entwickelung  der  Spermien  eine  Verdickung  des  Achsenfadens  beginnt, 
welche  über  den  letzteren  distal  sich  ausdehnt,  so  daß  er  im  Hauptstücke 
eine  Zeit  lang  stärker  erscheint  als  im  Verbindungsstücke ;  später  gleicht 
sich  dies  wieder  aus.     (Vgl.  Fig.  50  f). 

Ueber  die  Beschaifenheit  der  Hülle  des  Hauptstückes  kann  ich 
nur  sagen,  daß  sie  eine  sehr  dünne  und  in  den  meisten  Fällen  homo- 
gene ist.  Ueber  ihre  Genese  berichtet  Meves  (171,  s.  w.  u.),  daß 
sie  ein  „Bildungsprodukt  des  Achsenfadens  selbst  darstellen  müsse, 
vielleicht  ein  Ausscheidungsprodukt  desselben,  ähnlich  wie  die  innere 


Die  Geschlechtszellen.  115 

Hülle  des  ^'erbin(hlngsstückes,  in  die  sie  sich  kontinuierlich  fortsetzt". 
Diese  Angabe  bezieht  sich  auf  das  Meerschweinchen  (s.  Fig.  (JD).  Man 
wird  zugeben,  daß  hier  noch  weitere  Nachforschungen  nötig  sind. 
V.  Brunn  (M.  2604)  hat  nach  Untersuchungen  bei  Vögeln  die  An- 
sicht ausgesprochen,  daß  sie  auf  das  Zell])rotoplasma  zurückgeführt 
werden  müsse,  welches  sich  an  dem  Achsenfaden  entlang  bis  zum  Ende 
des  Hauptstückes  hinunterzieht.  Für  Säugetiere  kann  ich  Meves 
beipflichten,  wenn  er  hierzu  bemerkt,  daß  man  zu  keiner  Zeit  das 
Pi-otoplasma  weiter  als  bis  zum  hinteren  Ende  des  Verbindungsstückes 
verfolgen  könne. 

Die  Grenze  des  Hauptstückes  gegen  das  Endstück  wird  durch 
das  Ende  der  Hülle  des  Hauptstückes  bestimmt;  so  nimmt  man 
wenigstens  bis  jetzt  an,  da  es  nicht  gelungen  ist,  an  dem  Endstücke 
mit  Sicherheit  noch  eine  Hülle  aufzudecken.  In  vielen  Fällen  ist  die 
Grenze  deutlich  durch  eine  Art  Absatz  markiert  —  man  vgl.  die 
Figg.  6  D  (Schema),  12,  29,  34  und  40,  hier  mit  L.  P.  pr.  =  Limes 
partis  principalis  bezeichnet.  Bei  der  Mehrzahl  der  Spermienarten  ist 
der  Uebergang  gegen  das  Endstück,  wenigstens  bei  den  reifen  Exem- 
plaren, unmerklich. 

An  den  Spermien  mancher  Tiere  sind  auch  am  Hauptstücke 
Querstreifen  und  S p i r a  1  b i  1  d  u  n g e n ,  wie  am  Verbindungsstücke, 
beschrieben  worden:  Jensen  (121b)  von  der  Ratte,  Ballowitz  (7) 
bei  vielen  Chiropteren.  Bei  den  übrigen  von  ihm  untersuchten  Säuge- 
tieren sah  Letzterer  nach  Behandlung  mit  macerierenden  Reagentien 
vielfach  einen  Zerfall  in  quere  Stückchen,  "svill  aber  nicht  entscheiden, 
ob  diese  auf  das  Vorhandensein  eines  echten  Spiralfadens  zu  beziehen 
seien.  Für  die  Chiropteren  und  die  Ratte  nimmt  er,  wie  für  das 
letztere  Tier  auch  Jensen,  an,  daß  die  hier  sehr  deutlich  sichtbaren 
Querstreifen  einem  echten  Spiralfaden  ihre  Erscheinung  verdanken. 
Brown  (62a)  und  Jensen  zeigten  außerdem,  daß  die  Spiralbildungen 
am  Hauptstücke  der  Rattenspermien  sich  färberisch  anders  verhalten 
als  am  Verbindungsstücke  —  bei  1-proz.  Goldchloridbehandlung  bleibt 
das  ganze  Hauptstück  ungefärbt,  während  sich  die  Spirale  des  Ver- 
bindungsstückes sehr  stark  färbt  (Brown)  —  und  endlich  macht  Jen- 
sen darauf  aufmerksam,  daß  die  beiderlei  Spiralfäden  nicht  zusammen- 
hängen, sondern  durch  die  vorhin  erwähnte  kleine  Einschnürung 
zwischen  Haupt-  und  Verbindungsstück  völlig  getrennt  werden. 

Bei  den  Vögeln  zeigen  nach  den  Untersuchungen  von  Schweigger- 
Seidel  (233),  V.  Brunn  (M.  2(J04)  und  insbesondere  von  Ballowitz 
{5,  I)  die  Passeres  einen  sehr  deutlichen  Spiralfaden,  der  sich  auch 
leicht  isolieren  läßt,  sowohl  am  Verbindungsstücke,  wde  am  Hauptstücke. 

Ballowitz  gebraucht  unterscliiedslos  die  Ausdrücke  „Öpiralfaden'' 
und  „Spiralsaum" ;  es  würde  dies  meines  Eraclitens  besser  vermieden, 
denn  bei  dem  Worte  „Saum"  denkt  man  leicht  an  eine  membranartige 
Bildung,  wie  es  die  Wellenmembran  der  Urodelen  ist;  um  eine  solche 
Bildung  handelt  es  sich  hier  jedoch  nicht,  wenn  ich  auch  nicht  in  x\brede 
stellen  will,  daß  sowohl  homologe,  wie  analoge  Beziehungen  bestehen 
mögen,  s.  w.  u. 

Bei  den  übrigen  Ordnungen  der  Vögel  nimmt  Ballowitz  nur 
für  das  Verbindungsstück  einen  Spiralfaden  an:  am  Hauptstücke 
gelang  es  ihm  hier  nicht,  weitere  Strukturen  in  dessen  Hülle  zu  er- 
kennen. 

8* 


116  W.  Waldeyer, 

Auch  die  Se lackier  und  die  Urodelen  zeigen  demselben 
Autor  zufolge  (5,  III)  Andeutungen  von  Querstreifen,  die  ersteren  am 
Verbindungsstücke,  die  letzteren  am  Mantel  des  von  den  Autoren  so 
genannten  Hauptstttckes,  welches  aber  nach  meiner  Auffassung  dem 
Verbindungsstücke  entspricht.  Sehr  deutlich  sind  die  Querstreifen  bei 
den  Reptilien;  sie  werden  hier  von  Ballowitz  als  Ausdruck  einer 
Spiralfaser  wohl  mit  Recht  angesprochen. 

Andere  wichtige  Bildungen,  welche  am  Verbindungsstücke  und 
Hauptstücke  vieler  Spermienarten  erscheinen,  sind  die  in  Gestalt  von 
flossenförniigen  Säumen  auftretenden  Membranen.  Dieselben  liegen 
da,  wo  sie  außer  allem  Zweifel  vorhanden  sind,  stets  nur  einseitig 
dem  Schwänze  (sc.  dem  Achsenfaden)  an,  im  Gegensatze  zu  dem 
Spiralfaden,  welcher  den  Achsenfaden  umwindet.  Man  unterscheidet 
zwei  solcher  Membranen ,  die  vorhin  bereits  genannt  wurden :  die 
Wellen memb ran,  Membrana  undulatoria,  und  den  von 
Ballowitz  beim  Axolotl  nachgewiesenen  „Steuersaum''  oder 
„  K  i  e  1  s  a  u  m  '\  G  u  b  e  r  n  a  c  u  1  u  m  m. 

In  vollendetster  Ausbildung  finden  wir  die  W  e  1 1  e  n  m  e  m  b  r  a  n 
bei  den  Urodelen;  aber  auch  bei  einzelnen  Anuren,  wie  bei  den 
Bufonen  und  Bombinator  (Fig.  19  und  20),  und  in  geringerer 
Ausbildung  bei  einzelnen  Tel eo stiem  (Esox,  Perca)  kommt  eine 
ähnliche  Membran  vor;  Leydig  (140)  erwähnt  einer  solchen  bei 
Gasterosteus.     Vgl.  jedoch  hierzu  S.  123. 

Bei  den  Urodelen  insbesondere  ist  die  Wellen  memb  ran  — 
wir  wollen  ihr  von  den  mancherlei  verwendeten  Namen  diesen  von 
R.  FiCK  herrührenden  geben,  wegen  der  wellenförmigen  (undulierenden) 
Bewegungen ,  welche  an  ihr  beobachtet  werden  —  eine  sehr  an- 
sehnliche Bildung  (Fig.  6,  GA,  6B  u.  17).  Mit  ihrem  einen  Rande 
ist  sie  geradlinig  an  dem  Hauptfaden  befestigt,  mit  dem  anderen, 
welcher  wegen  seiner  größeren  Länge  sich  in  krausenförmige  Falten 
legt,  an  dem  Randfaden  (siehe  die  früher  schon  gegebene  kurze  Er- 
klärung der  Figuren).  Czermak  (73a),  dem  Meves  folgt,  bezeichnet 
diejenige  Seite  des  Schwanzes,  an  welcher  die  Membran  befestigt  ist, 
als  dessen  (und  auch  des  ganzen  Spermium)  Rückenseite,  die  gegen- 
überliegende als  Bauchseite.  (^)uerschuitte  von  Urodelenspermien, 
welche  wohl  zuerst  Piersol  (M.  2625),  später  Meves  (167)  und 
Mc  Gregor  (157;  s.  Fig.  6B)  ausgeführt  haben,  zeigen,  daß  der 
Achsenfaden  im  Verbindungsstücke  und  im  Hauptstücke  des  Schwanzes 
flach-hufeisenförmig  (Schnittbild)  gekrümmt  erscheint,  die  Konkavität 
zur  Rückenseite  hin  gewendet,  und  daß  ausschließlich  auf  der  Bauch- 
seite eine  Hülle  vorhanden  ist.  Die  Wellenmembran  ist  nun  in  der 
Konkavität  des  Achsenfadens  wie  in  einer  Furche  eingeptlanzt 
(Meves),  steht  also  unmittelbar  mit  der  Achsenfadensubstanz  in  Be- 
rührung. Hieraus  und  auch  aus  anderen  Gründen  (1.  c.  p.  127) 
folgert  Meves,  daß  die  Membran  sich  direkt  vom  Achsenfaclen  aus 
bilde,  und  ebenso  der  Rand  faden,  welcher  bei  seinem  ersten  Auf- 
treten gleich  in  seiner  ganzen  Länge  dicht  neben  dem  Achsenfaden 
gesehen  wird ;  die  einseitig  dem  letzteren  aufgelagerte  Hülle  zeigt 
sich  erst  nach  dem  Auftreten  der  Wellenmembran. 

Ueber  die  Bildung  des  Gubernaculum  —  dasselbe  ist  bis 
jetzt  (von  Ballowitz,  5,  III)  sicher  nur  bei  Siredon  beobachtet  worden 
und  beschränkt  sich  auf  den  distalen  Teil  des  Schwanzes  (Fig.  6)  — 
wissen  Avir  nichts.     Ich  bin    der  Meinung,    daß   es  mit  der  membran- 


Die  Geschlechtszellen.  117 

artigen  Bildung,  welche  zwischen  dem  Nebenfaden  (s.  weiter  unten) 
und  dem  Hauptfaden  auftritt,  zusammenzustellen  sei. 

Von  H.  GiBBEs  (93)  und  W.  Krause  (133  — 135)  sind  auch  bei 
Menschen-  und  Säugetierspermien  sehr  feine  Membranen  abgebildet  und 
beschrieben  worden,  welche  aber,  W.  Krause  zufolge,  darin  von  den 
eben  besprochenen  Membranen  abweichen,  daß  sie  spiralig  um  den 
Schwanz  des  Samenfadens  mit  ihrer  Anheftungslinie  herumreichen. 
H.  GiBBES  nimmt  freilich  einen  einseitig  angehefteten  membranösen 
Saum  an,  wie  dies  auch  seine  indessen  nicht  sehr  einleuchtenden  Ab- 
bildungen darthun.  Einen  Randfaden  vermag  ich  in  den  sonst  voll- 
kommen klaren  Abbildungen  W.  Krause's  nicht  zu  erkennen ;  die 
Membran  selbst  ist  sehr  zart  dargestellt.  Diese  Angaben  haben  bis 
jetzt  von  anderer  Seite  keine  Bestätigung  gefunden ;  nur  Jensen,  obwohl 
er  über  keine  direkte  Beobachtung  verfügt,  spricht  sich  zustimmend  aus ; 
s.  w.  u.  Menschenspermien. 

Das  Endstück  des  Schwanzes  besteht,  so  wird  gewöhnlich  an- 
genommen, aus  dem  nackten,  d.  h.  hüllenlosen  Achsenfaden.  Dasselbe 
stellt  einen  kürzeren  Abschnitt  des  Schwanzes  dar,  als  das  Haupt- 
stück, variiert  jedoch  nicht  unbedeutend  in  seiner  Länge.  Meist  läuft 
es  so  unmeßbar  fein  aus,  daß  es  schwer  wird,  sein  äußerstes  Ende 
mit  voller  Schärfe  zu  bestimmen.  Der  Absatz  vom  Hauptstücke  ist,  wie 
bemerkt,  mehr  oder  minder  deutlich  ausgeprägt;  vielfach  aber  ist  das 
Endstück  vom  Hauptstücke  nicht  durch  eine  äußerlich  sichtbare  Marke 
zu  trennen.  Hiermit  hängt  dann  die  weitere  Frage  zusammen,  ob 
das  Endstück  überhaupt  völlig  hüllenlos  sei?  Beobachtungen  von 
Ballowitz  (5,  I.  p.  447)  bei  Tauben  —  es  trat  nach  Maceration  am 
Endstücke  ähnlicher  Querzerfall  auf  wie  beim  Verbindungsstücke,  und 
der  isolierte  Achsenfaden  erschien  feiner  als  das  gefärbte  Endstück 
des  intakten  Spermatosoms  —  lassen  es  als  wahrscheinlich  gelten, 
daß  auch  am  Endstücke  noch  eine  feine  Hülle  vorhanden  sei. 

Einer  der  wichtigsten  Befunde  nun,  dessen  genaue  Feststellung 
und  physiologische  Würdigung,  nach  voraufgegangenen,  nicht  weiter 
verfolgten  Einzelbeobachtungen  von  Schweigger -Seidel  und  Jen- 
sen, wir  Ballowitz  verdanken,  ist  die  Zusammensetzung  der 
gröberen  Fadenbildungen  im  Schwänze  aus  feinsten 
Fibrillen:  E 1  e  m  e  n  t  a  r  f i  1)  r  i  1 1  e  n. 

Wir  haben  gesehen,  daß  von  gröberen  Fadenbildungen  im  Schwanz- 
teile der  Spermien  mindestens  einer  vorhanden  ist,  der  Achsen- 
faden. Bei  den  Amphibien  treten  noch  ein,  oder,  wie  bei  Amphiuma 
und  anderen  Urodelen ,  (Tritonen)  noch  2  weitere  stärkere  Fäden 
hinzu:  der  Rand  faden  und  der  N  ebenfaden.  Nun  zeigte  Ballo- 
witz, daß  bei  allen  Tieren,  mit  Ausnahme  der  Amphibien,  bei  denen 
besondere,  alsbald  zu  besprechende  Verhältnisse  vorliegen,  der  Achsen- 
faden  oder  Hauptfaden  aus  feinsten  Fibrillen  zusammengesetzt 
ist.  Häufig  ergeben  sich  zunächst  2  dickere  Fäden  als  Bestandteile 
des  Achsenfadens ,  diese  zerfallen  dann  wieder  in  mehrere  feine 
Fibrillen  —  bis  zu  9  wurden  gezählt  (Jensen).  Die  Elementar- 
fibrillen  lassen  ihre  Dicke  nicht  mehr  bestimmen ;  man  vermag  auch  nicht 
zu  sagen,  wie  viele  solcher  Fibrillen  in  einem  Achsenfaden  stecken,  da 
man  ja  nicht  wissen  kann,  ob  man  sämtliche  Fibrillen  isoliert  hat. 

Bei  den  Amphibien  zerfällt  nur  der  Pt  and  faden  in  Fibrillen; 
der  Neben  faden  läßt  sich  in  kleine,  längliche  Stücke  zerlegen,    die 


118  W.  Waldeyer 


hintereinander  aufgereiht  sind;  am  Achsen  faden  ist  die  Zerlegung 
in  Fil)rillen  hier  noch  nicht  gelungen. 

Den  Neben  faden  erklärt  Ballowitz  für  einen  kanimförmig 
abgesetzten  Teil  der  Hülle;  wahrscheinlich  ist,  wie  bemerkt,  die 
Steuermembran  des  Axolotl  auch  hierher  zu  rechnen.  Weiteres 
hierül)er  s.  später  l>ei  den  Amphibien.  Ich  halte,  wie  ich  in  der  vorhin 
gegebenen  Erklärung  der  Fig.  G  B  bemerkte,  dafür,  daß  der  Nebenfaden 
hier  ein  vom  Hauptfaden  abgespaltener  Teil  ist.  Damit  würde  auch 
stimmen,  daß  er  nicht  in  Fibrillen,  sondern  nur  in  einzelne  hinter- 
einander gelegene  Stückchen  zerlegt  werden  kann.  —  Die  Fibrillen  sind, 
wo  sie  vorkommen,  durch  eine  Zwischensubstanz,  die  man  sehr  wohl 
als  „Kittsubstanz"  bezeichnen  kann,  verbunden.  Dieselben  sind,  wie 
Ballow^itz  gezeigt  hat.  bis  zum  äußersten  Ende  des  Endstückes  zu 
verfolgen  (^Fig.  38  und  39).  Man  vergleiche  zu  dem  in  Eede  Stehenden 
noch  die  Figg.  27  (Spiralfaden),  17,  29,  29  A,  29  B,  35  und  40. 

Der  Achsenfaden  wird  von  seinem  Beginne  an  bis  zum  Ende  des 
Endstückes  immer  dünner,  ähnlich  wie  meist  der  ganze  Schwanzteil. 
Nach  Ballowitz  ist  dies,  wie  bemerkt,  in  der  Hauptsache  darauf 
zurückzuführen,  daß  die  Hülle  dünner  und  die  Kittsubstanz  geringer 
wird;  ob  die  Fibrillen  selbst  dünner  werden,  ist  wahrscheinlich,  aber 
nicht   sicher  festzustellen  (5  —  I,  S.  419). 

3.  Die  Spermien  der  einzelnen  Tierklassen  und 

Tierord  nungen. 

An  der  Hand  von  Abbildungen,  welche  in  ihrer  Mehrzahl  den 
sehr  genauen  und  eingehenden  Arbeiten  von  Ballowitz  entlehnt  sind, 
sollen  nun  die  Spermien  der  Hauptvertreter  aller  Wirbeltierklassen 
einer  kurzen  Besprechung  unterzogen  werden: 

I.  Acrania.  Das  Sperma  des  A  m  p  h  i  o  x  u  s  1  a  n  c  e  o  1  a  t  u  s  er- 
scheint bei  seiner  freiwilligen  Entleerung  ~  sie  erfolgt  stoßweise  aus 
dem  Abdominalporus  der  laichenden  Tierchen  —  als  ein  feiner  weiß- 
licher Schleim,  der  im  Wasser  alsbald  zergeht.  Außer  den  Spermien 
sind  bis  jetzt  weitere  morphologische  Bestandteile  in 
demselben  nicht  beobachtet  worden;  es  fehlt  über- 
haupt eine  genauere  Untersuchung.  Die  Laichzeit 
scheint  sich  vom  Ende  des  Mai  bis  in  den  Juli  hinein 
zu  erstrecken,  und  die  Ausstoßung  der  Geschlechts- 
produkte geschieht  in  den  Abendstunden  von  6  Uhr 
ab  an  schattigen  Stellen. 

Fig.  7.    Spermien  von  Am  phioxus  lau  Ceolat  US.    Nach 
Langerhaxs    (Arch.    f.    mikr.    Anat. ,    Bd.    XII ,    Tat.    XIV, 
Ficr    7  Fig.  43b  u.  c). 

Diese  Spermien  sind  wohl  die  kleinsten  unter  denen  der  Verte- 
braten  ;  ihre  Köpfe  sind  ellipsoidisch,  nahezu  kuglig,  mitunter  sieht 
man  an  ihnen  bei  gefärbten  Präparaten  eine  Difl'erenzierung  in  ein 
vorderes  und  hinteres  Stück  (s.  Fig.  11);  an  der  Insertion  des  sehr 
feinen  Schwanzes  wurde  zuweilen  ein  kleines  sich  dunkel  färbendes 
Knöpfchen  —  Sobotta  vermutet  in  ihm  das  Centrosom  —  gesehen. 
In  Boraxkarmin  färben  die  Köpfe  sich  dunkelrot.  Weitere  Gliederung 
ist  bislang  nicht  wahrgenommen  worden;  auch  ich  konnte  eine  solche 
an  Spermien,  welche  ich  der  Güte  der  Herren  Lo  Bianco  und  Kopsch 
verdanke,  nicht  wahrnehmen. 


Die  Geschlechtszellen. 


119 


Ich  fand  die  Spermien  so,  wie  sie  Fig.  7,  i  (nach  Lanoeehaxs) 
wiedergiebt.  Die  Form  7,  2  halte  ich  im  Gegensatze  zu  Langerhans 
für  ein  jüngeres  Stadium,  oder  auch  für  eine  abnorme;  jedenfalls  bin  ich 
sehr  zweifelhaft  darüber,  ob  man  den  relativ  großen  Anhang  hinter  dem 
zugespitzten  Kopfe  als  das  Verbindungsstück  (Ballowitz  5  III,  S.  22ß, 
SoBOTTA  561)  deuten  darf. 

Die  Spermien  von  Amphioxus  lanceolatus  wurden  zuerst  von  A. 
KöLLiKER  1843  beschrieben  und  gut  abgebildet  (Ueber  das  Geruchsorgan 
von  Amphioxus,  Müller's  Archiv,  1843,  S.  32),  später  von  Langeeiians 
(137)  und   von  Sobotta  (5G1,  S.  38). 

n.  Cyclostomata.  Bei  den  Hyperotreta  (Myxine,  Bdello- 
stoma)  sind  die  Spermien  von  Myxine  glutinosa  durch  J.  T.  Cuxning- 
HAM  (73)  als  kleine  Gebilde  beschrieben  worden,  mit  kleinen,  birn- 
förmigen,  stark  lichtbrechenden  Köpfen,  hinter  welchen  sich  ein  durch- 
sichtiger protoplasmatischer  Körper  —  wahrscheinlich  das  Verbindungs- 
stück —  befindet,  dem  der  übrige  Teil  des  Schwanzes  folgt. 

Nach  den  Mitteilungen  übrigens,  welche  F.  Nansen  und  G.  Retzius 
(224a)  gegeben  haben,  ist  es  zweifelhaft,  ob  man  gut  ausgebildete  reife 
Spermien  von  Myxine  schon  kennt.  B.  Dean  (342b)  teilt  diese  Zweifel 
an  den  CuNxiNGHAM'schen  Angaben  freilich  nicht.  In  Dean's  Monographie 
selbst  findet  sich  nichts  über  die  Spermien ;  die  Litteratur  ist  dagegen 
vollständig  augeführt.  Nach  einer  brieflichen  Mitteilung  von  Doflein 
sind  die  Köpfe  der  Spermien  von  Bdellostoma  spindelförmig,  in  eine  Spitze 
ausgezogen  und  von  8 — 10  ju  Länge.  Das  Verbindungsstück  hebt  sich 
wenig    ab.     Der  Schwanz  ist  relativ  stark,  jedoch  nicht  besonders  lang. 


Fig. 


Ich  gebe  in 
den    H  y  p  e  r  0  a  r  t  i  a 
nach  Calberla  (64). 
sind    bemerkenswert 


8  von   der  zweiten    A1)teilung  der  Cyclostomen, 
ein    Spermium    von    P  e  t  r  0  m  y  z  0  n    p  1  a  n  e  r  i 


Die  Köpfe  dieser  Spermien 
durch  ihre  langgestreckte 
Walzenform :  nach  vorn  verjüngen  sie  sich  kaum. 
Das  Verbindungsstück  (P.c.)  ist  deutlich,  der  übrige 
Teil  des  Schwanzes  ist  sehr  lang  und  dünn ;  das 
Hauptstück  ist  selbst  bei  der  angewendeten  be- 
trächtlichen Vergrößerung  vom  Endstücke  nicht 
zu  unterscheiden. 


Cv. 


Jon.  Müllee,  Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.,  Jahresber. 
für  1836  beschreibt  bereits  die  Spermien  von  Petro- 
myzon  marinus.  Herfort  (41  3)  schildert  das  Sperma 
bei  Petromyzon  planeri  nach  den  Beobacht- 
ungen von  Vejdovsky  als  eine  milchweiße  Flüssigkeit, 
welche  beim  spontanen  Laichen  in  starkem  feinen 
Strahle  herausgespritzt  wird.  Eine  genauere  Unter- 
suchung dieses   Sperma  fehlt  noch. 

R.  Wagner  giebt  eine,  augenscheinlich  sehr  un- 
vollkommene Abbildung  eines  Spermium  von  Petro- 
myzon fluviatilis  (Todd's  Cyclopaedia,  Vol.  IV,  P.  1 , 
p.  483) ;  dasselbe  ist  dem  von  P.  planeri  sehr  ähnlich. 


Cd: 


Fig.  8. 
Calberla. 
Cd.   Cauda, 
(caudae). 


Spermium  von  Petromyzon  planeri  nach 
Vergr.  800.  Cp.  Caput,  P.c.  Pars  conjunctionis, 
F.  pr.    +    term.   Pars    principalis    -1-    terminalis 


Pj*rA  te 


rm. 


Fig.  8. 


120 


W.  Waldeyer, 


Völlig 


m.    Selachü. 
Formen  sowohl  in    der 
Spermien  der   Selachier 


verschieden   von   den  vorhin  beschriebenen 

Größe  wie  in    der  Struktur   erweisen  sich  die 

Sie   sind   über   lOmal  so   Lang   als    die   des 

Amphioxns ;     ihr    Koi)f    insbesondere 

übertritt't  den  einer  Amphioxus-Spermie 


'Ec.(aul: 


-Jnv. 


\ 


.pr. 


Cd;: 


P.t. 


Über  30mal  an 


Länge. 


Derselbe  zeigt 
.0  -6  (bei  Pristiurus  nach  Rückert 
[534]  9)  flache  Spiralwindungen  (Fig.  9) 
und  hat  am  vorderen  Ende  ein  scharfes 
„Spitzenstück"  (Ballowitz  5  III), 
welches  als  Perforatorium  aufzufassen 
ist.  Dasselbe  bleibt  bei  Färbung  in 
Gentianaviolet  —  nach  voraufgegange- 
ner Behandlung  mit  Kochsalzlösung  — 
hell,  während  der  übrige  Kopf  sich 
sehr  intensiv  koloriert  (Fig.  10).  Man 
kann  eine  periphere  oder  Rindenschicht 
von  einer  centralen  oder  Binnenschicht 
des  Kopfes  unterscheiden,  doch  ist  eine 
der  Kopfkappe  vergleichbare  Membran 
nicht  nachweisbar. 

Der  auf  den  Kopf  folgende  Ab- 
schnitt erscheint  in  Form  eines  geraden 
Stäbchens,  an  welchem  man  bei  Fär- 
bungen dicht  gedrängte  spiralige  Strei- 
fung unterscheiden  kann.  Am  hinteren 
Ende  desselben  beschreibt  Ballowitz 
ein  abgestutztes,  regelmäßig  geformtes 
dickes  Stück  {Inv.  Fig.  9),  w-elches  auch 
ein  wenig  auf  das  Hauptstück  des 
Schwanzes  (P.pr.)  übergreift  und  sich 
wie  eine  durchsichtige  Hülle  aus- 
nimmt. Es  folgt  dann  die  Geißel,  die 
aus  zwei  völlig  einander  gleichen,  durch 
eine  durchsichtige,  feine,  hautartige 
Zwischensubstanz  verbundenen,  in  zier- 
lichen Spiralwindungen  umeinander  ge- 
drehten Fäden  besteht.  Die  Windungen 
werden,  je  näher  dem  distalen  Ende  sie 
liegen,  desto  enger.  Jeder  Faden  läßt 
sich   durch   Maceration   noch    in    Ele- 


Fig.  9. 


Fig.  9.  Spermium  von  Raja  clav ata.  Pf. 
Perforatorium,  Cj).  Caput  (Kopf),  P.p.  Pars 
posterior  des  Kopfes,  Cd.  Cauda  (Schwanz),  P.  c. 
(Auf.)  Pars  conjunctionis  (Verbindungsstück), 
P.pr.  (Aut.)  Hauptstück  (Pars  principalis)  des 
Schwanzes ,  P.  t.  Pars  terminaiis  (Endstück) 
des  Schwanzes,  Inv.  Hülle  am  hinteren  Ende 
des  Verbindungsstückes  und  vorderen  Ende 
des  Hauptstückes  des  Schwanzes.  (Nach  Bal- 
lowitz 5  III,  Taf.  XI,  Fig.  1.  Winkel, 
homog.  Imraers.  '1.,^,  Mikrom.  Okul.  2,  Tub. 
elong.  (1  mm  der '  Zeichnung  =  0,0009  mm 
des  Objektes). 


Die  Geschlechtszellen. 


121 


mentarfibrillen  zerlegen.  Durch  denselben  Prozeß  werden  l)eide  Fäden 
im  ganzen  dünner,  so  daß  sie  wohl  eine  Hülle  besitzen;  ebenso 
bröckelt  die  spiralige  Hülle  von  dem  Verbindungsstücke  ab,  und  es 
bleibt  dann  im  Centrum  desselben  ein  einziger  Achsenfaden  übrig, 
in  welchen  die  beiden  Schwanzfäden  übergehen  (Fig.  11). 

Ein   Endstück   glaubt   Ballowitz,   dem   ich   die   vorstehenden 
Angaben  entlehne,  nicht  annehmen 
zu  sollen.  An  seinen  Abbildungen 
(Fig.  9  u.  11)  erkennt  man  aber 
deutlich  einen   ganz  feinen  End- 
faden  (P.t.    in    Fig.   9,    F.i^.    in  /  i  J  V-Pc.  lAnt.) 
Fig.  11),  den  ich  bis  auf  weiteres                 '    »-- "^■"-     «  > 
als   das    „Endstück"   ansprechen 
möchte. 


Fig.  10.  Kopfteil  eines  Spermium 
von  Raja  clavata  nach  Maceration  in 
Kochsalzlösung  und  Färbung  in  Gen- 
tianaviolett.  Das  Hinterstück  des  Ko2:)fes 
(Cp.  P.p.)  stark  gefärbt,  während  das 
Vorderstück  (P.a.)  rüit  dem  Perfora- 
torium  (Pf.)  fast  farblos  bleibt.  Am 
Verbindungsstücke  (P.  c.)  eine  schräg 
gestellte  Streif ung  ( Spirale j.  P.pr.  vor- 
derster Teil  vom  Hauptstück  des 
Schwanzes.     Vergr.  s.  Fig.  9. 


Fig.  11.  Schwanzteil  eines  Sper- 
mium von  Raja  clavata  nach  Mace- 
ration in  Kochsalzlösung.  Fig.  1 1  ist  aus 
den  Figg.  7  u.  9  von  Ballowitz  (5  III, 
Taf.  XI)  kombiniert.  P.  c.  Verbindungs- 
stück, die  Hülle  durch  die  Maceration 
teilweise  entfernt,  der  Achsenfaden  da- 
durch freigelegt.  P.  pr.  Hauptstück  des 
Schwanzes,  dessen  2  Fäden  zum  größ- 
ten Teil  auseinandergelegt  sind,  bei  1 
aber  in  der  gewöhnlichen  AVeise  (s. 
Fig.  9)  eng  umeinander  geschlungen 
sind.  F.  t.  Endfaden  des  Schwanzes. 
(Fig.  10  u.  ]1  nach  Ballowitz  (5  III) 
Tai  XI.  Vergr.  s.  die  Erklärung  zu 
Fig.  9.) 


F.pr[Äut^ 


Cd.[AaCt)\    % 


F.t. 


Fig.  10. 


Fig.  11. 


Ich  habe  —  abgesehen  von  der  eben  hingestellten  Annahme  eines 
Endstückes  —  zu  den  Figg.  9 — 11  die  von  Ballowitz  gewählten  Be- 
zeichnungen nach  der  von  mir  angenommenen  latinisierten  Form  gegeben. 
Indessen  bin  ich  nicht  sicher,  ob  diese  Bezeichnungen  alle  zutreffend  sind, 
und  habe  deshalb  bei  den  mir  zweifelhaft  erscheinenden  Benennungen  den 
Zusatz  „Aut."  gemacht.  Denn  jüngst  hat  Suzuki  (243)  nachgewiesen,  daß 
der  im  sogenannten  Verbindungsstücke  der  Selachier  steckende  Faden 
aus  dem  vorderen  Centrosom  hervorwächst  und  daß  ein  hinteres  Centrosom 
vorhanden  ist,  welches  den  Achsenfaden  aussendet  und  sich  zu  einem 
Ringe  umgestaltet,  durch  welchen  hindurch  der  Achsenfaden  mit  dem 
vorderen  Centrosom  und  dessen  Faden  in  Verbindung  tritt.  Wie  der 
Ring  sich  verhält,  ob  er  wie  bei  Salamandra  sich  in  zwei  Teile  zerlegt, 
von  denen  der  eine  nach  abwärts  rückt,  um  sich  am  Ende  des  als  Ver- 
bindungsstück anzusprechenden  Teiles    festzusetzen,    wie  ferner  die  zwei 


122 


W.  Waldeyer, 


Fäden  entstehen,  darüber  ist  nichts  bekannt.  Aber  nach  dem  von  mir 
angenommenen  Begrifi'e  eines  „Halses"  entspriclit  den  Su/.uxi'schen  Unter- 
suchungen zufolge  das  Stück  P.c.  (Aut.)  mehr  einem  „Halsstücke"  als 
einem  „Verbindungsstücke",  und  ist,  wie  auch  Suzuki  schon  angiebt,  dem 
in  gleicher  Weise  entstehenden  Halsstücke  (Verbindungsstücke  Aut.)  der 
Urodelenspermien  homolog.  Wo  wir  nun  das  Verbindungsstück  und  das 
Hauptstück  zu  suchen  haben,  ist  zur  Zeit,  ehe  nicht  eine  genaue  Spermio- 
genese von  Raja  vorliegt,  unmöglich  festzustellen.  Daß. sich  um  den  in 
Rede  stehenden  Teil  spiralige  Bildungen  anlegen,  kann  nicht  gegen  meine 
Auffassung  ins  Gewicht  fallen.  Wir  finden  diese  ja,  wie  bereits  im 
vorigen  Abschnitte  festgestellt  wurde,  an  verschiedenen  Teilen  der 
Spermien.  Es  soll  noch  erwähnt  sein,  daß  nach  den  Angaben  von  Ballo- 
wiTZ  das  sogenannte  Verbindungsstück  von  Raja  sich  färberisch  anders 
verhält  - — ■  es  bleibt  hell  bei  der  Tinktion  mit  Gentianaviolett  —  als 
die  gleich   benannten  Stücke  der  meisten  übrigen  Wirbeltiere. 

Die  Litteraturangaben  über  die  Selachierspermien  giebt  Ballowitz 
(5  III).  Ich  füge  diesen  noch  hinzu  die  mehr  entwickelungsgeschicht- 
lichen  Arbeiten  von  Swaen  und  Masquelin  (M.  2586),  Sabatier  (227) 
und  F.  Hermann  (116),  unter  denen  die  letztere  vortreffliche  Abbildungen 
der  nahezu  reifen  Spermien,  welche  im  Hoden  in  charakteristischen  Längs- 
bündeln zusammenliegen,  liefert.  S.  über  dieses  Verhalten  bei  der 
Spermiogenese. 

IV.  Ganoidei.  Für  die  Abteilung  der  Ganoiden  kann  ich  nur 
auf  die  Beschreibung  und  Abbildung  von  Ballowitz  (5  III)  mich 
beziehen  (s.  Fig.  12),  welche  die  Spermien  von  Aci penser  sturio 
angeht.  Diese  Spermien  gehören  zu  den  kleinen  Formen.  Ihr  Kopf 
ist  länglich  -  cylindrisch  und  trägt  ein  kleines,  spitzes  Ansatzstück, 
P  e  r  f  0  r  a 1 0  r  i  u  m ;  dieses  bleibt  bei  Färbungen  unbetroffen,  während 
am  Kopfe  ein  vorderer  Randteil,  P.  «.,  sich  stärker  färbt  als  der  hintere 

Abschnitt,  P.  p.  Den  folgenden  kugligen  Teil 
deutet  Ballowitz  als  Verbindungsstück,  P.  c. ; 
es  schließt  sich  daran  ein  langes  Hauptstück, 
P.  pr.,  von  dem  ein  kurzes,  feines  Endstück,  P.  t, 
deutlich  abgesetzt  ist.  In  dem  sogenannten  Ver- 
bindungstücke erkennt  man  ein  kleines  Knöpfchen 
dicht  am  Kopfe  und  ein  größeres  nahe  dem  hin- 
teren Ende;  ob  das  Hauptstück  unmittelbar  in 
dieses  größere  Knöpfchen  übergeht,  läßt  sich 
nicht  entscheiden.  Zwischen  beiden  Knöpfchen 
verläuft  ein  sehr  feiner  axialer  Faden. 


Cj. 


Cd. 


P.a 
P.J.. 
P.c. 


P.pi 


P.t. 


Fig.  12.  Spermium  vom  Stör  (Acipenser  sturio).  Cp. 
Kopf  (Caput),  Cd.  Schwanz  (Cauda),  P.a.  Vorderstück  des 
Kopfes  mit  kleinem  Stiftchen  (Perforatorinm),  P.p.  Hinter- 
stück des  Kopfes,  P.c.  Verbindungsstück,  mit  heller  Hülle 
und  Faden  mit  2  Kuöpfchen ,  P.  pr.  Hauptstück  des 
Schwanzes,  P.  f.  Endstück  des  Schwanzes.  (Nach  Ballo- 
witz [5,  III]  Tai  XI  Figg.  11  u.  12  kombiniert.)  Vergr. 
s.  die  Angabe  bei  Fig.  9. 


Fig.  12. 

Man  kann  vermuten,  daß  das  vordere  Knöpfchen  einem  vorderen 
Centrosom  entspricht,  das  hintere  einem  hinteren  Centrosom ;  dann  würde 
das    vordere  Knöpfchen    mit    dem  feinen  Faden,   der  als  Centrosomfaden 


Die  Geschleclitszellen.  123 

aufzufassen    wäre,    zusammen    ein    Halsstück    darstellen.     Wie    weit    sich 
dann  das  Verbindunijsstück  erstreckte,  bliebe  zu  untersuchen. 

V.  Teleostei.  Reichlichere  Nachrichten  liabeii  wir  über  die  Sper- 
mien der  Knochentische,  von  denen  eine  ganze  Reihe  aus  verschiedenen 
Ordnungen  untersucht  ist. 

Bei  MiESCHER  (173)  und  His  (412)  finden  sich  genaue  Angaben  über 
die  Spermien  von  Trutta  salar  (Lachs)  —  s.  Fig.  72.  Ballowitz  unter- 
suchte Clupea  harengus,  Esox  lucius,  Cyprinus  carpio,  von  dem  auch 
KöLLiKER  (Zeitschr.  f.  w.  Zool.  Bd.  VII,  Tai".  XIII)  eine  Abbildung  giebt, 
Leuciscus  rutilus,  Scardinius  erythrophthalmus,  Gadus  morrhua,  Perca 
fluviatilis,  Acerina  cernua,  Gobius  niger,  Zoarces  viviparus  und  Cyclo- 
pterus  lumpus.  Jensen  (121)  beschreibt  die  Samenfäden  von  Sebastes 
norvegicus,  Leydig  (146)  von  Gasterosteus. 

Im  allgemeinen  gehören  die  Spermien  der  Knochenfische  zu  den 
kleinsten,  welche  wir  kennen.  Sie  -werden  ganz  passend  als  „steck- 
nadelförmig"  bezeichnet;  nur  muß  man  sich  die  Vergleichs-Stecknadel 
mit  verhältnismäßig  dickem,  hügligem  Kopfe  denken  —  s.  Fig.  13  u. 
14,  Perca  fluviatilis.  Bei  manchen  Species,  s.  Fig.  15  u.  16,  Zoarces 
viviparus,  hat  der  Kopf  die  Gestalt  einer  breitovalen  Scheibe  mit  einer 
dellenförmigen,  seichten  Aushöhlung  an  einer  Seite.  Am  hinteren 
Ende   des  Kopfes   fand   Ballowitz    stets   einen   kleinen,   besonderen 


Bh 


Fig.  14.  Fig.  15.        Fig.  16. 

f>j  i  Fig.  13.  Spermium  von  Perca  fluviatilis.    Qa.  Kopf 

''  (Caputl,  Cd.  Schwanz  (Caiida),  P.  c.  Verbindungsstück  des 

Schwanzes  (Pars  conjunctionis).  P.  f.  Endstück  des  Schwan- 
zes (Pars  terminalis),  M.  Saum  (Ballowitz). 

Fig.  14.  Vorderer  Teil  eines  Spermium  von  Perca 
fluviatilis.  Bezeichnungen  wie  in  Fig.  13.  Man  sieht, 
wie  das  Verbindungsstück  (P.  c.)  ein  größeres  Knöpf chen 
trägt,  welches  mit  ihm  durch  einen  Faden  verbunden  ist; 
letzterer  dringt  mit  dem  Knöpfchen  C.  a.  scheinbar  in 
den  Kopf  ein.  P  pr.  Hauptstück  des  Schwanzes  (Pars  prin- 
cipalis). 

Fig.  15  u.  16.     Spermien  von  Zoarces  viviparus. 
Y'is.  13.  Pip-  1^  ^'on  der  Kante,   Fig.  16  von   der  Fläche   gesehen. 

D  Delle;  die  übrigen  Bezeichnungen  wie  in  Fig.  13. 

Fig.  13—15  nach  Ballowitz  (5  IIIj,  Taf.  XI,  Figg.  21,  45,  50  u.  52.    Vergr. 
s.  die  Angabe  zu  Fig.  9. 

Abschnitt,  den  er  für  das  „V  er  bin  dungsstück"  ansieht.  Ich  habe 
ihn  danach  auch  in  den  hier  reproduzierten  Figuren  mit  P.  c.  be- 
zeichnet. —  Der  Schwanz  läßt  bei  manchen  Species  die  Sonderung 
in  ein  langes  „Ha  up  t  stück"  und  ein  kurzes  „Endstück"  deutlich 
erkennen  (Fig.  13).  Aiw  Hauptstück  befindet  sich  bei  mehreren  der 
untersuchten  Arten  (Esox,  Perca)  ein  einseitig  demselben  ansitzender 
Saum,  M,  Fig.  13,  welchen  ich  einem  „Steuersaum"  —  s.  das  vorhin 
S.  100  u.  116  Gesagte  —  vergleichen  möchte ;  ein  „Nebenfaden",  den  man 


124  W.  Waldeyer, 

erwarten  sollte,  fehlt;  wenigstens  ist  er  nicht  erkennbar.  Den  Achsen- 
faden vermochte  Ballowitz  auch  hier  in  Fibrillen  zu  zerlegen,  jedoch 
nur  in  wenige;  der  Endfaden  zertiel  nicht  in  feinere  Fibrillen. 
Uebrigens  ist  der  Achsenfaden  der  Teleostier  schon  an  sich  sehr  dünn ; 
im  Haui)tstück  ist  er  mit  einer  zarten,  homogenen  Hülle  versehen. 
Bei  Zoarces  und  anderen  besteht  der  Achsenfaden  zunächst  aus 
zwei  parallel  laufenden,  stärkeren  Fäden,  von  denen  übrigens  jeder 
sich  noch  einmal  teilen  kann. 

Ob  die  Deutung  des  „Verbindungsstückes"  als  solches  zutreffend  ist, 
kann  nicht  eher  entschieden  werden,  als  bis  eine  genaue  entwickelungs- 
geschichtliche  Analyse  der  Knoclienfischspermien  vorliegt  ;  bis  jetzt  fehlt 
eine  solche.  In  Fig.  14  (von  Perca)  sieht  man  das  bereits  vorhin,  S.  105 
besprochene  Verhalten  abgebildet,  welches  sich  auf  den  Ansatz  des 
Schwanzstückes  an  den  Kopf  bezieht.  Man  erhält  den  Eindruck,  als  ob 
von  dem  Verbindungsstücke  ein  feiner  Faden  in  den  Kopf  eintrete,  der 
etwa  in  der  Mitte  desselben  mit  einem  Endknöpfchen  (Ca)  endige.  Das 
ist  jedoch  nur  scheinbar;  in  Wahrheit  liegt,  wie  schon  S.  105  aus- 
geführt wurde,  der  Faden  mit  dem  Endknöpfchen  seitlich  dem  kugligen 
Kopfe  an,  in  einer  Delle  desselben.  Nun  ist  es  mir  wenigstens  nicht 
unwahrscheinlich,  daß  C.  a.  einem  vorderen  Centrosom  entspricht  und  der 
Faden  zwischen  C.  a.  und  P.  c.  den  Wert  eines  Centrosomfadens,  nicht 
den  eines  Achsenfadens  besitzt.  Beides  zusammen  repräsentierte  dann 
das  Halsstück  und  P.  c.  (Fig.  14)  wäre  in  der  That  das  Verbindungs- 
stück. Bei  Leuciscus  erwähnt  jedoch  Ballowitz  unterhalb  dieses 
dickeren  Stückes  P.  c.  noch  einen  länglichen,  etwas  verdickten  Abschnitt 
des  Schwanzes,  der  sicli  intensiver  färbte,  deutlich  abgesetzt  war  und 
sehr  an  die  länglichen  Verbindungsstücke  der  Säugerspermien  erinnerte 
(5  III,  Anm.  zu  S.  238).  Es  sind  auch  für  die  Teleostier,  wie  gesagt, 
noch  weitere  spermiogenetische  Untersuchungen  nötig,  ehe  man  eine  sichere 
Deutung  wird  geben  können. 

VI.  Dipnoi.  Genauere  Angaben  über  die  Spermien  der  Lurch- 
fische  (Lepidosiren,  Protopterus,  Ceratodus)  sind  mir  aus 
der  mir  zugänglichen  Litteratur  nicht  bekannt  geworden.  Nur  W.  N. 
Parker  (188),  auf  dessen  Arbeit  mich  R.  Semon  aufmerksam  machte, 
giebt  eine  Abbildung  und  kurze  Beschreibung  von  den  Protopterus- 
Spermien.  Der  Kopf  sei  möhrenformig  in  eine  lange  Spitze  aus- 
laufend, ähnlich  wie  bei  Bufo  cinereus.  Er  trage,  mittels  eines  kleinen 
Verbindungsstückes  befestigt,  zwei  kurze  dünne  Schwanzfäden.  Von 
einer  diese  Fäden  verbindenden  Membran,  wie  sie  die  Bufonen- 
spermien  auszeichnet,  berichtet  Parker  nichts.  Der  Kopf  mißt  bei 
10  [X  größter  Dicke,  40  \i  Länge.  —  Aus  dem  Hoden  von  Protopterus 
annectens-Exemplaren,  welche  von  Stuhlmann  gesammelt  und  der 
Berliner  anatomischen  Anstalt  überwiesen  waren,  gewann  Dr.  Kopsch 
die  von  ihm  hier  S.  127  in  Fig.  17  A  abgebildete  Form.  Der  Kopf  hatte 
eine  mehr  gedrungene  Gestalt  als  in  Parker's  Abbildung  und  es  war 
nur  ein  Schwanzfaden  zu  erkennen.  —  Aus  den  jüngst  veröffentlichten 
Untersuchungen  R.  Semon's  (551,  S.  304  Anm.)  führe  ich  an,  daß  bei 
Ceratodus  forsteri  die  funktionierende  Niere  (i.  e.  die  Urniere)  als 
Ausführungsweg  (dem  Nebenhoden  vergleichbar)  für  das  Sperma  dient. 
Zur  Zeit  der  Geschlechtsreife  sind  bei  den  Männchen  ein  Teil  der 
MALPiGHi'schen  Körperchen  und  der  Nierenkanälchen  mit  Spermien 
gefüllt.     (Vgl.   auch  Zool.  Auz.,  Bd.  XXIV,   No.  638,  11.  März  1901. 


Die  Geschlechtszellen.  125 

vn.  Amphibia.  Von  keiner  Tierklasse  bestehen  so  zahlreiche 
Litteraturangaben  über  die  Si)ermien  wie  von  den  Amiihibicn;  aber 
auch  in  keiner  Klasse  finden  wir  so  hochentwickelte,  autiallendc  und 
mannigfaltige  Formen,   wie  hier. 

Die  Litteratur  hat  Ballowitz  bis  189U  ziemlich  vollständig  gegeben, 
und  ich  darf  wohl  auf  ihn  (5,  III)  verweisen;  ich  will  nur  hervorheben, 
daß,  außer  Ballowitz  selbst,  insbesondere  Spallanzani  (238  b),  J.  X. 
CzER-MAK  (73  a),  V.  Siebold  (238  a),  Schweiggee-Seidel  (233),  Jensen 
(121a,  b),  V.  Valette  St.  George  (249),  Leydig  (l-Iöa,  146),  G.  Retzius 
(244),  W.  Flemming  (82),  R.  Fick  (363),  Mc  Gregor  (157)  und  Meves 
(167,  171)  sich  um  die  Kenntnis  dieser  merkwürdigen  Spermienformen 
verdient  gemacht  haben. 

Bei  den  Amphibien  müssen  wir  zunächst  deren  beide  Unter- 
abteilungen, die  Urodelen  und  Anuren,  scheiden,  indem  deren 
Spermien  große  Differenzen  aufweisen. 

Die  Urodelen  (s.  die  Fig.  6  A  u.  B,  Amphiuma  means,  und  Fig.  17, 
Triton  marmoratus)  haben  jene  großen  Samenfäden  mit  langen, 
pfriemenförmigen  Köpfen,  spießförmigen  Perforatorien,  großem  Hals- 
stücke, langen ,  mit  einer  so  charakteristischen  undulierenden  Be- 
wegungsmembran versehenen  Schwänzen,  wie  sie  in  allen  Einzelheiten 
schon  vorher  beschrieben  worden  sind:  auch  das  Schema  Fig.  6  ist 
zumeist  nach  dem  Verhalten  der  Urodelenspermien  entworfen.  So 
kann  hier  auf  eine  weitere  Beschreibuug  verzichtet  werden.  Es  wäre 
noch  zu  Fig.  17  nachzutragen,  daß  nach  Ballow^itz  bei  einigen 
Formen  au  der  undulierenden  Membran  eine  Art  Verdickung  sich  be- 
merklich macht  (1.  1.  1.  1.  in  Fig.  17),  die  Ballowitz  als  eine  proto- 
plasmatische Bildung  auffaßt  und  sie  als  „Plasmafaden''  bezeichnet. 
Dieser  Faden  färbt  sich  ebenso  intensiv  wie  der  Randfaden. 

Unter  die  bei  der  Spermiogenese  mitgeteilten  Figuren  habe  ich 
dann  noch  eine  in  der  Ausführung  etwas  veränderte  halbschematische 
Figur  (49  »i , )  eines  Spermium  von  S  a  1  a  m  a  n  d  r  a  m  a  c  u  1  o  s  a  nach 
Meves  (171)  aufgenommen,  auf  welche  hier  gleichfalls  verwiesen 
werden  mag 


©• 


Nach  E.  Xeu.mann  (182)  treten  bei  Salamandra  maculosa,  wenn  man 
Kochsalztrockenpräparate  der  Spermien  mit  LuGOL'scher  Lösung  be- 
handelt, im  Kopfe  eine  große  Anzahl  von  dunkelrandigen,  fettglänzenden 
Kügelchen  auf,  die  dichtgedrängt  in  einer  hyalin  erscheinenden  Substanz 
liegen ;  beim  Frosch  werden  diese  Bildungen  vermißt.  Die  Bedeutung 
dieser  Erscheinung  ist  noch  nicht  bekannt. 


'>r> 


Die  Anuren  zeigen  noch  eine  größere  Mannigfaltigkeit  der 
Formen,  als  die  Urodelen,  wie  die  hier  mitgeteilten  Figg.  18 — 23 
ergeben. 

Das  (nach  Ballowitz)  in  Fig.  18  dargestellte  Spermium  von 
Felo  bat  es  fuscus  erinnert  in  der  Bildung  seines  Kopfstückes  an 
die  Selachier;  dasselbe  stellt  einen  spiralig  gewundenen  Cylinder  dar. 
Ob,  wie  Ballowitz  meint,  ein  Verbindungsstück  fehlt,  darüber  können 
erst  weitere  spermiogenetische  Untersuchungen  entscheiden.  Das  vor- 
dere Ende  des  Kopfes  zeigt  sich  weit  resistenter  und  färbt  sich  nicht 
in  Anilinfarben  und  in  Alaunkarmin,  wie  es  der  folgende  Kopfabschnitt 
thut;  er  ist  daher  als  Perforatorium  zu  bezeichnen  und  umfaßt  wohl 
auch  das  Vorderstück  des  Kopfes,  wenn  wir  ein  solches  hier  annehmen 


126 


W.  Waldeyer, 


Pf.  -I-  Harn. 


Cd. 


Fig.  17.  Sper- 
mium von  Triton 
marmoratus.  Cp 
Cajjut       (Kopf), 

Cd.   Cauda 
(Schwanz),  Pf.  + 
Harn.     Hamnlus 
(Perforatorium 
mit  Widerhaken), 
F.a.  Vorderstück 
(Pars  anterior) 
des  Kopfes,  P.  p. 

Hinterstück 
(Pars     posterior) 

des    Kopfes. 
Beide  sind  nicht 
scharf    2;etrennt. 
P.  c.   (Avt.)    Ver- 
bindungsstück 
(Pars      conjunc- 
tionis)  der 
Autoren, 
J/.M«c?7/?.  Weilen- 
membran  (Mem- 
brana undula- 
toria),      F.  marg. 
ßandfaden     (Fi- 
lum    marginale), 
1. 1.  1. 1.  Plasma- 
faden     (Ballo- 

WITZ),    F.  pr. 
Achsenfaden 
(Filum      princi- 
pale)  des  Schwan- 
zes,   P.  t.    End- 
stück (Pars   ter- 
minalis)  des 
Schwanzes. 
(Nach      Ballo- 
WITZ      [5,     III], 
Tat.    XII,     Fig. 
55.)  Vergr.  s.  die 
Angabe  zu  Flg.  9. 


Fig.  17. 


Die  Geschlechtszellen. 


127 


wollen.  —    Die   einfache  Geißel   ist  dünn,  zerfällt  aber  bei  der  Mace- 
ration    in    3—4    Fibrillen,    die    von    einer    augenscheinlich   nur    sehr 
schwachen     Hülle    zusammen  .uehaltcn 
werden.  Ein  Endstück  hebt  sich  nicht  ab. 


In  Fig. 


19  gebe  ich  das  Gesamt- 


bild einer  der  sehr  merkwürdigen 
Spermien  von  Bom])inator  igneus  nach 
V.  LA  Valette  St.  George  (24'J,  I) 
und  in  Fig.  20  ein  Schema  des  Vordei'- 
kopfes  dieses  Spermium,  wie  ich  es 
nach  den  Angaben  von  Ivar  Broman 
(50)  entworfen  habe,  um  die  eigen- 
artigen Verhältnisse  des  Perforatorium 
und  der  Centrosomeu  zu  zeigen. 

W^ir  tiuden  bei  der  Feuerkröte 
(Unke),  obwohl  sie  mit  Pelobates  (Teich- 
uuke,  Wühlkröte)  zu  derselben  Familie 
(Pelobatiden)  gezählt  wird,  eine  gänzlich 
abweichende  Spermienform,  wie  sie  sonst, 
so  weit  wir  wissen,  bei  den  Vertebraten 
nicht  wieder  vorkommt.  Der  Kopf  hat 
die  Form  eines  gebogenen ,  spindel- 
förmigen Stabes,  in  dessen  Mitte  ein 
dünneres  Stäbchen  liegt,  welches  am 
vorderen  Ende  als  spießförmiges  Per- 
foratorium hervortritt  —  Cp  und  Gp. 
(Pf)  I,  Cp  {Pf)  II  in  Fig.  19  und  20. 
In  Fig.  20,  wo  nur  ein  Teil  des  Kopfes 
dargestellt  ist,  sieht  man  die  Lage  des 


-Pf. 


.Cp. 
.P.c. 

.Cd. 


CdMlrill. 


Fiff.  17  A. 


Fig.  18. 


Fig.  17  A.  Spermium  von  Protoplerus  annectens.  Kopsch  praep.  et  del. 
Vergr.  1500.  Pf.  Perforatorium.  Cp.  Caput  (Kopf).  P.c.  Pars  conjunctionis  (Ver- 
bindungsstück).    Cd.  Cauda  (Schwanz). 

Fig.  18.  Spermium  von  Pelobates  fuscus.  Cp.  Caput  (Kopf),  Pf.  Per- 
foratorium, P.  p.  Hinterstück  (Pars  posterior)  des  Kopfes,  Cd.  FihriU.  Fibrillen  des 
Schwanzes.  (Nach  Ballowitz  [5,  III,  Taf.  XII,  Fig.  54].)  Vergr.  s.  die  Angabe 
zu  Fig.  9. 


128 


W.  Waldeyer, 


Spießes  mitten  im  Kopfe  (Binnenspieß),  wie  es  durch  Querschnitte 
(I.  Broman)  erwiesen  wird,  sein  hinteres  abgeschnittenes  Ende,  Op.  (Pf)  111, 
und  den  vorn  vortretenden  Außenspieß  (Perforatorium).  Vom  Kopfe 
hebt  sich  an  dessen  konkaver  Seite  in  der  Mitte  ein  mehr  nach  vorn 
dicht  an  ihm  herablaufender  Achsenfaden  {F.  prmc.)  ab,  indem  letzterer 
sich  von  der  Mitte  an  stärker  als  der  Kopf,  jedoch  auch  nach  der- 
selben Seite  hin  krümmt ;  dieser  Faden  trägt  die  Wellenmembran  mit 
derem  Randfaden,  und  wurzelt  vorn  mit  diesem  zusammen  in  einem 
kleinen,  runden  Knöpfchen,  dem  hinteren   Centrosom,    vor  welchem  dicht 


c.[a  ■¥]_■).] 


J .  wcirci.T 


F.  terntv. 


CrW-}' 


F.  prijLc.I. 

-rj,.(pr.)E. 


F.  in  a  rrj. 


m'iivc.E. 


Fio.  19. 


Fig.  20. 


Fig.  19.  Spermium  von  Bombinator  igneus.  6>  (Pf)  I freihegender  Teil  des 
Perforatoriums  (Außenspieß),  Cp  {Pf.)  II  im  Kopfe  liegender  Teil  des  Perforatori  ums 
(Binnenspieß),  c  (a  +  p)  Centrosoma  anterius  +  posterius  (vorderes  und  hinteres 
Centrosom),  Cp.  Kopf,  F.marg.  Eandfaden,  31.  mulul.  Wellenmembran,  F.princ.  Haupt- 
faden, 31.  II  membranöse  Verbindung  zwischen  hinterem  Ende  des  Kopfes  und  dem 
Hauptfaden,  Cj.  F.  F  Vereinigungsstelle  von  Rand-  und  Hauptfaden,  F.  term.  End- 
faden, Prtpl.  Protoplasmarest.  Nach  v.  LA  Valette  St.  George  ^249,  I,  Taf.  24, 
Fig.  4)  und  Ivae.  Broman  (59)  kombiniert. 

Fig.  20.  Vorderes  Ende  eines  Bombinatorspermium ,  halbschematisch ,  zur 
besseren  Klarstellung  des  Verhaltens  der  Fäden.  Bezeichnungen  wie  in  Fig.  19. 
Außerdem  F.  prmc.  I  vorderer  Teil  des  Hauptfadens,  F.  princ.  II  hinteres,  abgeschnit- 
tenes Ende  desselben ,  F.  marg.  I  Beginn  des  ßandfadens  am  hinteren  Centrosom, 
F.  marg.  Randfaden  in  der  Mitte,  Cp.  {Pf.)  III  Schnittende  des  Binnenspießes.  Ueber 
die  Vergrößerung  der  Fig.  19  fehlt  die  Angabe ;  Fig.  20  ist  bezügl.  der  Vergrößerung 
willkürlich  gezeichnet. 


dabei  ein  zweites  Knöpfchen,  das  vordere  Centrosom,  gelegen  ist,  mit 
dem  aber  die  Fäden  direkt  keine  Verbindung  eingehen.  In  dieser  Lage 
der  Centrosomen  in  der  Nähe  des  vorderen  Kopfendes  liegt  nun  die  be- 
merkenswerte Eigentümlichkeit  des  Bombinatorspermium ;  sie  erinnert, 
s.  w.  unten,  an  das  Verhalten  der  Pf  lanzen  sp  ermien.  Zwischen 
Kopf  und  Achsenfaden  ist  (Fig.  19)  eine  membranöse  Bildung,  M  II 
ausgespannt,  welche  wohl  in  die  Kategorie  der  Steuermembranen 
zählen    ist.     Bei   Cj.  F.  F  treffen  Rand-  und  Achsenfaden    zusammen 


zu 
und 


die 


Fortsetzung 


des    Fadens    ist    als    „Endfaden",    F.  term.,    aufzufassen; 


Die  Geschlechtszellen. 


129 


derselbe  trägt  am  Ende  ein  Stückchen  protoplasmatischer  Substanz,   wie 
dies   bei  den   Unkenspermien  häufiger  gefunden  wird. 

Die  Spermien  der  Bufoniden  sind  genau  von  v.  la  Valette 
St.  George  (249,  S.  385),  Spengel  (Urogenitalsystem  der  Amphi- 
bien, Arb.  aus  dem  zool.-zoot.  Inst,  in  Würzburg,  Bd.  III,  1876—77, 


^/ 


Vd. 


BS. 


Fig.  21.  Fig.  22.  Fig.  23. 

Fig.  21.  Spermium  von  Hyla  arborea.  Ff.  Perforatorium.  Cp.  Caput  (Kopf). 
P.c.  Pars  conjunctionis  (Verbindungsstück).  Cd.  Cauda  (Schwanz).  P.  pr.  Pars  prin- 
cipalis  (Hauptstück)  des  Schwanzes. 

Fig.  22.  Eiesensperraium  von  Hyla  arborea.  Bezeichnungen  wie  in  Fig.  21. 
Figg.  21  u.  22  nach  v.  la  Valette  St.  George,  Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXVII. 
Taf.  XV,  Fig.  13  u.  16.    Maßstab  3  :  0,001 75. 

Fig.  23.  Isoliertes  Perforatorium  (Spieß)  von  Triton  taeniatus  nach 
Ballowitz  (5,  III).  Mantelschicht  des  Perforatorium  und  des  Kopfes  durch  Mace- 
ration  entfernt.  Es  bleiben :  Pf.  Perforatori  um  rest  (Außenspieß).  Yd.  verdickte  Stelle 
am  Uebergange  des  Außenspießes  in  BS.,  den  Binnenspieß.     Vergr.  s.  Fig.  9. 


S.  100),  Leydig  (155a),  Pflüger  (Unters,  über  die  Bastardierung 
der  anuren  Batrachier  etc.,  Arch.  f.  die  ges.  Physiol.,  Bd.  XXXII,  1883, 
S.  550),  Jensex  (121)  und  Ballowitz  1.  c.  untersucht  worden,  und 
es  ergeben  sich  bei  Bufo  vulgaris,  cinereus  und  calamita,  wenigstens 
in  der  Gesamtform,  Aehnlichkeiten  sowohl  mit  Alytes  obstet r i- 
«aus,   welche  Art  den  Felo bati den    näher   steht,   als  auch,   abge- 


Handbnch  der  Eutwickelungslehre.     l. 


9 


130  W.  Walde YER, 

sehen  von  der  Schwanzmembran,  mit  den  Rani  den  und  den  Disco- 
dactylen  (Hyla),  s.  Figg.  '2i  u.  22.  Die  Köpfe  sind  hing  und 
l)friemenförmig,  indem  sie  in  eine  mehr  oder  weniger  fein  aus- 
gezogene Spitze  aushxufen  (Pf.).  Bei  allen  läßt  sich  ein  deutliches 
Verbindungsstück  (P.  c.)  erkennen,  dessen  genauere  Analyse  jedoch 
noch  erforderlich  ist,  um  es  richtig  deuten  zu  können.  Der  Schwanz- 
faden, an  welchem  keine  scharfe  Abgrenzung  in  Haupt-  und  End- 
stück sich  zeigt,  ist  lang  und  dünn,  jedoch  im  Verhältnis  zum  Kopfe 
kürzer  als  bei  den  meisten  übrigen  Spermien.  Bei  Alytes  und  den 
Bufoniden  besteht  er  aus  2  Fäden,  die  durch  eine  dünne  Membran 
zusammengehalten  werden  und  zum  Ende  hin  miteinander  verschmelzen. 
Der  eine  Faden  ist  dünner  und  verläuft  gerade,  der  andere  ist  dicker 
und  verläuft  mit  dem  an  ihm  haftenden  Abschnitte  der  Membran 
leicht  gewunden. 

Ueber  die  Deutung  dieser  Teile  herrscht  eine  Meinungsverschieden- 
heit zwischen  Leydig  und  v.  la  Valette  St.  George.  Ersterer,  dem 
sich  Ballowiz  nach  seinem  Befunde  bei  Alytes  anschließt,  meint,  daß 
die  Membran  eine  Membrana  undulatoria  und  der  stärkere  Faden  ein 
Randfaden,  der  schwächere  ein  Achsenfaden  sei.  v.la  Valette  St.  George 
nimmt  die  beiden  Fäden  für  gleichwertig,  die  Membran  würde  somit  eher 
einer  Steuermembran  gleichzusetzen  sein.  Ich  muß  mich  bei  dem  Mangel 
eigener  ausreichender  Untersuchungen  eines  Urteiles  enthalten. 

Die  Spermienköpfe  der  Ranide n  sind  mehr  walzenförmig,  vorn 
ein  wenig  verjüngt  und  mit  einem  Spitzenknöpfchen  versehen.  —  Die 
Spermien  der  Amphibien  sind  wohl,  namentlich  bei  den  Urodelen  und 
einigen  Anuren,  z.  B.  D  i  s  c  o  g  1  o  s  s  u  s  (Spengel),  die  größten  Wirbel- 
tierspermien. 

Ueber  die  in  Fig.  22  abgebildeten  „Riesen Spermien",  welche 
bei  den  Amphibien  besonders  häufig  zu  sein  scheinen,  s.  w.  u.  —  In 
Fig.  23  ist  (nach  Ballow^itz)  ein  isoliertes  Perforatorium  von  Triton 
abgebildet  zum  Vergleich  mit  der  gleichen  Bildung  bei  Bombinator; 
es  ist  darüber  bereits  früher  S.  106  gehandelt  worden, 

VIII.  Reptilia.  Ueber  das  Sperma  der  Reptilien  berichten 
Leuckart  (Art.  „Zeugung"  im  Handwörterbuch  der  Physiologie), 
Leydig  (145,  146),  Jensen  (121),  Prenant  (202) —  Gecko  communis 
—  Ballowitz  (5  III)  —  Lacerta  agilis  und  vivipara,  Anguis  fragilis 
Psammodromus  hispanicus,  Coluber  natrix,  Vipera  berus  und  Testudo 
mauritanica,  —  Voeltzkow  (716)  —  Crocodilus  madagascariensis  — 
Gakutaro  Osawa  (187)  —  Hatteria  punctata. 

Nach  den  vorhandenen  Abbildungen,  von  denen  ich  (nach  Ballo- 
witz) die  Figg.  24—28  einschließlich  wiedergebe,  haben  die  Reptihen- 
Spermien  bei  allen  den  untersuchten  Arten  nahezu  dieselbe  Form. 
Die  Köpfe  sind  länglich -pfriemenförmig  mit  vorderer  feiner  Spitze 
(Perforatorium,  Pf.),  welches  an  allen  deutlich  ist.  Es  folgt  darauf 
ein  als  „Verbindungsstück"  bezeichneter  Abschnitt,  in  welchem  in 
einigen  der  BALLOWiTz'schen  Figuren  deutlich  zwei  kleine  knopfartige 
Gebilde  hervortreten,  die  ich  keinen  Anstand  nehme  als  vorderes  und 
hinteres  Centrosom,  ca.  und  c.}).,  anzusprechen,  s.  Fig.  24,  25  u.  26. 
In  Fig.  26  erscheint  mir  allerdings  die  Bezeichnung  c.p.  (Centrosoma 
posterius)  für  das  weit  zurückliegende  Körperchen  zweifelhaft;  dies 
könnte  auch  ein  Hüllenbrocken  sein.  In  Fig.  27  sieht  man  eine  lang 
ausgezogene  spiralige  Bildung  an   der   mit   P.c.   (Pars    conjunctionis) 


Die  Geschlechtszellen. 


131 


hezeichneten  Strecke.  Ich  hin  auch  hier  im  Zweifel,  ob  die  Bezeich- 
imiiii'  P.c.  für  diese  ganze  Strecke  gelten  kann,  da,  wie  wir  vorhin 
bemerkten,  auch  am  Haui»tstücke  Spiralbildungen  vorkommen.  Ein 
Endfaden  ist  nicht  immer  deutlich  abgesetzt :  wenn  vorhanden,  dann 
ist  er  sehr  kurz ;  icli  meine,  ihn  auch  in  der  Fig.  26  zu  erblicken,  ob- 
wohl Ballowitz  ihn  in  dieser  Figur  nicht  besonders  bezeichnet  hat. 

Als  Besonderheiten  seien  noch  folgende  erwähnt:  Die  Spermien  der 
Crocodilinen  unter  den  Hydrosauriern  sind  wohl  am  wenigsten  bekannt. 
VöLTZKOw  sagt  in  seiner  kurzen  Notiz,  1.  c,  daß  sie  die  Form  kleiner 
Nematoden  hätten,  in  der  Mitte  verdickt  und 
nach  beiden  Enden  hin  spitz  ausgezogen 
seien;  eine  Kopfverdickung  sei  nicht  vor- 
handen (!  m);  sie  hätten  eine  äiißerst  leb-  fjy 
hafte  Bewegung  gezeigt.  Hiernach  würden 
die  Crocodilina  eine  von  den  übrigen  Rep- 
tilien abweichende  Spermienform  besitzen.  |  i^?^~~~:S< 

Die  Köpfe,  wie  auch  die  Verbindungs- 
stücke quellen  in  Kochsalzlösungen  stark 
auf   (Fig.    24    u.    25)  :    es    erscheint    dann 


■  ca. 


f'i-Pf-\ 


Cp; 


Tf.  I 


Cf. 


Cd: 


'ca.. 

CJK 


r.jin 


Pf. 

Cp. 
o.a. 

Fil.ax . 
c.-p. 


Fil.ax.+ Jni'öl, 
F.t. 


COf. 


i 

/ 


CiL. 


.! 


JP.pr. 


\ 


% 


F.F. 


F.p, 


Fig.  24. 


Fig. 


2.3. 


Fig.  2(j. 


Fig.  27. 


Fig. 


28. 


Fig.  24.  Spermium  von  Lacerta  agilis:  Hülle  des  Verbindungsstückes  ge- 
quollen. Pf.  Perforatonum.  Cp.  Kopf.  c.p.  Centrosoma  posterius ;  von  diesem  zieht 
zum  Kopf  ein  feiner  Faden,  um  beides  eine  feine  (gequollene)  Hülle.     Cd.  Schwanz. 

Fig.  25.  Spermium  von  Lacerta  agilis:  Kopf  (Cp.)  stark  gequohen.  Pf.  Per- 
foratorium.  ca.  Centrosoma  anterius.  c.p.  Centrosoma  posterius.  P.pr.  Hauptstück 
des  Schwanzes.     Die  Hülle  um  die  beiden  Centralkörper  fehlt. 

Fig.  26.  Spermium  von  Psammodromus  hispanicus.  Pf.  Perforatorium. 
Cp.  Kopf.  r.u.  Centrosoma  anterius.  Fil.ax.  Achsenfaden  (Filum  axiale)  von  seiner 
Hülle  befreit,  c.p.  Centrosoma  posterius  (?).  Fil. a.r.  +  Invol.  Achsenfaden  samt  seiner 
Hülle  (Filum  axiale  +  Involucrum).    P.t.  Endstück  des  Schwanzes  (Pars  termiualis). 

Fig.  27.  Spermium  von  Coluber  natrix.  Cp.  Kopf.  iy.  Perforatorium.  ca. 
Centrosoma  anterius.  P.c  Verbindungsstück  (Pars  conjunctionis)  mit  S2:>irale.  P.pr. 
Hauptstück  des  Schwanzes  (Cd.).     Ein  Endstück  ist  nicht  deutUch  zu  unterscheiden. 

Fig.  28.  Spermium  von  Testudo  mauritanica.  Cp.  Kopf.  Cd.  Schwanz. 
Pf.  Perforatorium.  ca.  Centrosoma  anterius.  P. c.  Verbindimgsstück  (gequollen,  mit 
Querlinieu.)  P.pr.  Hauptstück  und  Endstück  des  Schwanzes ;  das  Endstück  in  zwei 
Fibrillen  (F.F.)  zerfallen.  (Fig.  24—28  nach  Ballowitz  5  III,  Taf.  XII;  Vergr. 
vgl.  die  Angabe  zu  Fig.  9.) 

9* 


132  W.  Waldeyer, 

deutlicli  der  feine  die  beiden  Knöpfchen  verbindende  Faden.  Ferner 
läßt  sich,  so  wie  auch  färberisch,  das  Vorderstück  des  Kopfes  mit  dem 
Perf Oratorium  von  einem  Hinterstücke  unterscheiden;  auch  eine  dunklere 
festere  ßindenschicht  von  dem  leichter  quellenden  Centrum. 

Sehr  bemerkenswert  sind  die  am  Verbindungsstücke  bei  Maceration 
auftretenden  Querlinien  (Fig.  28),  die  nach  Ballowitz  auf  einen  Spiral- 
faden zurückzuführen  wären.  Auch  an  der  Rindenschicht  der  Köpfe 
treten  solche  Querzeichnungen  auf  —  s.  die  Spermien  der  Vögel  (Leydig, 
Pkenant,  Ballowitz,  1.  c).  Einen  feineren  fibrillären  Zerfall  des 
Achsenfadens  konnte  letzterer  nicht  nachweisen ;  nur  den  Endfaden  fand 
er  mitunter  gegabelt  (Fig.  28).  Einen  Doppelfaden  (Jensen  bei  Vipera 
berus)  und  einen  Hautsaum  (Leydig  bei  Lacerta  agilis)  stellt  Ballo- 
AviTZ  in  Abrede.     Ich  habe  derartige  Bildung  gleichfalls  vermißt. 

IX.  Aves.  Die  Spermien  der  Vögel  gehören  seit  den  um- 
fassenden Untersuchungen  von  Ballowitz,  der  nicht  weniger  als  42 
Arten  aus  allen  Ordnungen  —  nur  die  Ratiten  fehlen  —  bearl>eitet 
hat,  zu  den  bestgekannten  Olyekten  ihrer  Art.  Schon  die  älteren 
Autoren  haben  manche  gute  Angaben,  insbesondere  über  die  so  auf- 
fallenden Formen  der  Singvögelspermien.  Ich  nenne  Wagner  und 
Leuckart  (Todd's  Cyclopädia)  und  Leuckart  in  Rud.  Wagner's  Hand- 
wörterbuch. Von  neueren  Forschern  müssen  vor  allem  Schweigger- 
Seidel  (233),  Jensen  (121,  121a,  221b),  v.  Brunn  (M.  2604)  und 
V.  LA  Valette  St.  George  (Stricker's  Handl)uch  der  Gewebelehre) 
zitiert  werden. 

Man  kann  zwei  Hauptformen  der  Vogelspermien  unter- 
scheiden, die  einen,  und  zwar  von  der  Mehrzahl  der  Ordnungen, 
schließen  an  die  Reptilien  an  und  sind  hier  durch  die  Fig.  30,  31  und 
32  repräsentiert ;  die  anderen  dürften  an  die  Selachier  und  Amphibien 
angereiht  werden:  es  sind  die  Spermien  der  Singvögel  (Passeres), 
lieber  die  Spermien  der  Ratiten  hal)e  ich  keine  Angaben  finden  können. 

Die  Samenfäden  der  ersteren  Form  haben  beider  weit  überwiegenden 
Mehrzahl  der  untersuchten  Arten  eine  geringere  Größe ;  der  Kopf  ist 
entweder  länglich,  pfriemenförmig  (Fig.  .30,  31),  oder  stäbchenförmig 
(Fig.  32),  öfters  mit  einem  deutlichen  Perforatorium  {Ff)  versehen. 
Bei  V  a n  e  11  u  s ,  L a  r  u  s  ,  Mi  1  v  u  s  u.  a.  erscheint  das  letztere  nach 
Ballowitz  als  kleines  Knöpfchen;  eine  genauere  Untersuchung  ist 
für  diese  eigentümliche  Bildung,  deren  Funktion  nicht  ersichtlich 
ist,  noch  erforderlich.  Vielfach  ergiebt  sich  l)ei  Quellungspräparaten 
eine  Trennung  in  eine  Binnenmasse  und  eine  Rindenschicht,  in 
welcher  Q  u  er  Schattierungen  auftreten;  auch  ein  Knöpfchen, 
„Endknöpfchen",  Ballowitz,  wird  am  Beginne  des  Achsenfadens, 
da,  wo  er  sich  an  den  Kopf  ansetzt,  sichtbar.  Am  Verbindungs- 
stücke, P.c.,  treten  durchweg  spiralige  Bildungen  auf,  die  wegen  ihrer 
Zartheit  und  leichten  Zerstörbarkeit  schwierig  auf  ihre  wahre  Natur  zu 
untersuchen  sind  (Fig.  31  u.  32).  Sie  erscheinen  als  Querstreifen  oder 
Querriefeln,  die  manchmal  auch  deutlich  als  enge  Spiralen  erkannt 
werden  können.  Ballo\vitz  (1.  c.  S.  442)  spricht  als  das  Ergebnis 
seiner  Untersuchungen  aus,  „daß  es  sich  um  einen  zarten,  sehr 
schmalen,  protoplasmatischen,  leicht  vergänglichen,  um  den  Achsen- 
faden in  engen  Touren  gewundenen  Spiral  säum  handle,  dessen  Win- 
dungen am  reifen  Spermatosom  durch  mehr  weniger  ausgebildete 
Zwischensubstauz  untereinander   verbunden   werden''.  —  An  manchen 


Die  Creschlechtszellen. 


133 


Cjp. 


^"X 


■1^ 


r. 


Cd: 


Bt. 


irillac  q)rinc. 


S!i 


jiir. 


Fig.  29  A. 


Fm.  29  B. 


Fig.  29.  Spermium  von  Fringilla  caelebs.  Cp. 
Caput  (Kopf).  Pf.  Perf Oratorium.  P.a.  Vorderstück  (Pars 
anterior)  des  Kopfes.  Spir.  Spiralsaum  des  Vorderstückes. 
P.p.  Hinterstück  (Pars  posterior)  des  Kopfes.  Cd.  (Cauda) 
Schiwanz.  P.  c.  Verbindungsstück  (Pars  conjunctionis). 
P.pr.  Hauptstück  (Pars  principalis).  Dieser  Teil  des  Sper- 
mium ist  erheblich  verkürzt  gezeichnet,  um  Raum  für  das 
Endstück  P.  t.  zu  schaffen.  Abgesehen  von  der  Länge 
gelten  hier  dieselben  Maßverhältnisse  wie  für  Fig.  9.  Mit 
Ausnahme  von  Pf.,  welches  Ballowitz  nicht  besonders 
bezeichnet  hat,  habe  ich  die  von  ihm  gewählten  Bezeich- 
nungen angenommen. 

Fig.  29  A.  Stück  des  Schwanzes  P.pr.  eines  Spermium 
von  Fringilla  caelebs;  Zerfall  des  Achsenfadens  F.jn: 
(Filum  principale)  in  zahlreiche  Fibrillen.  P.pr.  Hauptstück 
des  Schwanzes.  Fihrlllae  princ.  Fibrillen  des  Achsenfadens 
(Fibrillae  principales). 

Fig.  29  B.  Isolierter  Spiralfaden  (Spir.)  von  Frin- 
gilla cannabina. 

Fig.  29—29  B  aus  Ballowitz  (5  I),  Taf.  XIV  u.  XVI. 
Fig.  29  ist  aus  Fig.  1  n.  3  der  Taf.  XIV  kombiniert, 
Fig.  29  A  ==  Fig.  24  bei  Ballowitz,  Fig.  29  B  =  Fig.  62 
bei  Ballowitz,  aber  etwa  um  die  Hälfte  verkürzt. 


Fig.  29. 


134 


W.  Waldeyer, 


von  IUllowitz  gegebenen  Aljhildungen 


hinteren  Ende  des  Verbindnngs- 


Cd: 


der 

ist  auch   am 

Stückes  ein  Knöpfchen  zu  sehen.  Man  darf 
dieses  Knöpfchen  sowohl,  wie  das  vorhin  er- 
wähnte „Endknöpfcheu^'  als  Centrosomen  an- 
sprechen. 

Das  Hauptstück  dieser  Spermien  ist 
verhältnismäßig  lang  und  dabei  sehr  dünn, 
immer  aber  sehr  viel  winziger  als  bei  den 
Singvögelspermien.  Ein  Endstück  läßt  sich 
mit  Sicherheit  nicht  abgrenzen.  An  allen 
Geißeln  gelang  es  Ballowitz,  die  Zusammen- 
setzung  aus   feineren  Fil)rillen  nachzuweisen. 

Eine  besondere  Form  haben  in  dieser  Gruppe 
die  Spermien  der  Columbinae  (Fig.  30).  Zu- 
nächst sind  sie  ansehnlich  groß ;  ihr  langer, 
pfriemenförmiger  Kopf  ist  säbelförmig  gekrümmt 
mit    feiner     Spitze.      Darauf    folgt    als   weitaus 


C/n 


Cd. 


Fig.  30. 


Fig.  31.  Fig.  32. 


Fig.  30.  Spermium  von  Columba  domestica.  Cp.  Kopf  (Caput).  Cd.  Schwanz 
(Cauda).  P.-pr.  Hauptstück  (Pars  ijrincij^alis)  des  Schwanzes.  P.  t.  Endstück  (Pars 
terminalis)  des  Schwanzes.  Diese  Bezeichnungen  sind  nach  Ballowitz'  erster 
Deutung  gewählt,  es  sind  jedoch  mit  Fragezeichen  die  späteren  Deutungen  P.  c.f  und 
P.pr.f  hinzugesetzt. 

Fig.  31.  Spermium  von  Caprimulgus  europaeus.  Qj.  Caput  (Kopf).  P/'.  Per- 
foratorium.  P.  a.  +  P.p.  die  vereinigten  beiden  Stücke  des  Kopfes  (Pars  anterior  + 
Pars  posterior).  P.  c.  Verbindungsstück.  P.pr.  (Pars  principalis)  Hauptstück  des 
Schwanzes  [Cd.). 

Fig.  32.    Spei'mium  von  Vanellus  cristatus.  Bezeichnuugen  wie  in  Fig.  31. 

Fig.  30—32  aus  Ballowitz  (5  I).  Fig.  30  =  Fig.  91,  Tat.  XVII,  Fig.  31 
kombiniert  aus  Fig.  85  u.  86  der  Taf.  XVII^  Fig.  32  kombiniert  aus  Fig.  117  u. 
120  der  Taf.  XVIII.     Vergrößerung  s.  die  Angabe  bei  Fig.  9. 


Die  Geschlechtszellen.  135 

längster  Teil  des  Spermium  ein  dickes,  sich  vielfach  windendes  Schwanz- 
stück, welches  sich  in  Gentiana  lebhaft  färbt  (ähnlich  auch  ,  der  Kopf, 
der  hier  nur,  der  Unterscheidung  wegen,  heller  gehalten  ist  l  Das  Ende 
-der  Geißel  beginnt  mit  scharfem  Absatz  als  feiner  Faden.  Ueber  die 
Deutung  der  einzelnen  Teile  s.  w.  u. 

Völlig  abweichend  und  in  ganz  eigenartiger  Form  zeigen  sich  die 
sehr  großen,  insbesondere  sehr  langen  Spermien  der  Singvögel  (Pas- 
seriden)  —  s.  die  Figg.  29,  29  A  u.  29  B.  Der  Kopf  ist  pfriemenförniig, 
und  mit  einem  feinen  Spiralsaume  versehen.  Der  Kopf  ist  entweder 
selbst  leicht  schraubenförmig  gewunden  und  dazu  noch  von  dem 
deutlich  abgesetzten  Spiralsaum  umgeben  (ß.  Fig.  29,  Fringilla),  oder 
aber  die  Windungen  des  Kopfes  fallen  mit  denen  des  Saumes  zu- 
sammen (Muscicapa  u.  a.),  und  dann  erscheint  das  Ganze  wie  eine  — 
relativ  gesprochen  —  große  Schraulje.  Weiterhin  lassen  sich  am 
Kopfe  ein  sehr  fein  auslaufendes  Vorderstück,  P.a.,  dessen  Spitze  ich 
als  Perforatorium  deute,  und  ein  kürzeres  Hinterstück,  P.j).  unter- 
scheiden. Kernfärbungen  treffen  nur  das  letztere,  welches  sich  auch 
als  das  resistentere  erweist. 

Als  Verbindungsstück  deutet  Ballowitz  einen  dickeren, 
unmittelbar  auf  den  Kopf  folgenden  Teil  des  Schwanzes  (P.  c.  Fig.  29). 
Bei  Fringilla  setzt  sich  dieses  Stück  nicht  deutlich  von  dem  folgen- 
den, mit  einem  charakteristischen  Spiralsaume  umgebenen  Teile  des 
Schwanzes  ab,  wohl  aber  bei  Muscicapa  u.  a.  Hier  ist  auch  in 
Form  einer  Lücke,  durch  welche  Ballow'Itz  den  „Achsenfaden"  zum 
Kopfe  hin  treten  sah ,  ein  ,,Hals"  vorhanden  (zwischen  Kopf  und 
Verbindungsstück).  Am  vorderen  Ende  des  Achsenfadens  war  auch 
ein  „Endknöpfchen"  deutlich :  am  hinteren  Ende  des  Verbindungs- 
stückes sieht  man  an  den  BALLOWiTz'schen  Abbildungen  nichts  der- 
gleichen ;  ich  habe  auch  nichts  davon  bemerkt. 

Sehr  merkwürdig  ist  nun  der  als  „Hauptstück",  P.pr.,  zu  be- 
zeichnende auffallend  lange  Teil  der  Geißel  durch  die  ihn  umwickelnde 
Spiralbildung.  Ballowitz  bezeichnet  dieselbe  bald  als  „Spiralfaden", 
bald  als  „Spiralsaum".  Bei  Macerationen  löst  sich  diese  Bildung 
leicht  los  und  schnurrt  zusammen ;  sie  erscheint  dann  deutlich  als 
Faden.  Häutig  werden  auch  isolierte  derartige  Fäden  bei  frischen 
Spermapräparaten  der  Singvögel  gefunden.  Ballowitz  meint,  daß  der 
Faden  durch  eine  protoplasmatische  Hülle  an  den  Achsenfaden  ge- 
heftet sei;  eine  Membran  zwischen  Spiralfaden  und  Achsenfaden  scheint 
es  nicht  zu  geben.  Der  Spiralfaden  zerbröckelt  leicht  und  zerfällt 
nicht  in  Elementarfibrillen,  wogegen  letzteres  am  Achsenfaden  sich  in 
seltener  Deutlichkeit,  s.  Fig.  29  A,  zeigt;  7 — 10  solcher  Fibrillen  —  ob 
es  sämtlich  Elementarfibrillen  waren,  ist  natürlich  nicht  auszumachen  — 
wurden  gezählt. 


t^"- 


Bei  Oriolus,  Lanius  nnd  Corvus  ist  kein  Spiralfaden  am 
Hauptstücke  zu  entdecken,  obw'ohl  sonst  die  Spermien  denen  der  übrigen 
Passeriden  gleichen;  hier  kann  auch  kein  Endstück  unterschieden 
werden,  welches  sonst  deiitlich  abgesetzt  ist,  jedoch  ohne  Spirale,  s.  Fig.  29. 

In  den  Figurenbezeichnungen  bin  ich  meist  den  Deutungen  gefolgt, 
welche  Ballowitz  giebt.  Bei  den  Columbinen  wirft  sich  insbesondere 
die  Frage  auf,  ob  der  lange  vordere,  in  Fig.  32  dunkel  gehaltene  Ab- 
schnitt des  Schwanzes  das  Verbindungsstück  oder  das  Hauptstück  sei. 
Ich    habe    beide  Bezeichnungen    in    der  Figur   hinzugesetzt.     Ballowitz, 


136 


W.  Waldeyer, 


welcher  in  seiner  früheren  Abhandlung  (5  I)  das  in  Rede  stehende  Stück 
als  Hauptstück  (P.pr.)  aufgefaßt  hatte,  neigt  in  der  späteren  Veröffent- 
lichung (5  III)  nach  den  Befunden  bei  den  Schlangens]jermien  dazu,  es 
als  Verbindungsstück  P.  c.  anzusehen.  Ich  muß  wiederholt  darauf  hin- 
weisen, daß  wir  zu  einer  sicheren  Deutung  erst  kommen,  wenn  für  die 
einzelnen  Spermienformen  eine  histogenetische  Analyse  vorliegt,  wie  wir 
sie  Meves,  Benda  u.  a.  für  die  Säugerspermien  und  für  Salamandra  ver- 
danken, 

X.    Mammalia.     Wenn  man  von  den  gleicli   zu  beschreibenden 


merkwürdigen  Formen  der  Beuteltierspermien  absieht,  dann 


zeigen 


die 


Samenfäden  der  Säuger  im  Gesamthabitus  eine  große  Aehnlichkeit. 
Sie  sind  klein;  der  Kopf  ist,  von  der  Fläche  gesehen,  meist  rundlich- 
scheibenförmig, vorn  zugeschärft,  nach  hinten  verdickt.  Vielfach  ist 
ein  deutlicher  Hals  vorhanden,  dem  ein  eljenso  klar  ausgesprochenes 
Verbindungsstück  folgt.  Auch  Hauptstück  und  Endstück  des  Schwanzes 
sind  gut  geschieden ;  der  Achsenfadeu  ist  fibrillär,  auch  im  Endstücke 
(Ballowitz).     [Fig.  43  A  u.  B.] 

Da  wir  in  der  allgemeinen  Schilderung  der  Spermien  S.  103  ff.  uns 
meist  an  die  Säugetierspermien  gehalten  haben,  so  wäre  es  überflüssig, 
hier  eine  eingehendere  Schilderung  zu  geben.  Es  sollen  deshalb  die 
einzelnen  Ordnungen  nur  kurz  an  der  Hand  der  Figuren  besprochen 
werden,   wobei  insbesondere   bei  den  Spermien   von  Ca  via  cobaya 

das,  was  noch  in  der  früheren  Schilderung 
fehlte,    nach    den    trefflichen    MEVEs'schen 
zu  ergänzen  ist. 


Cv.JL. 


Cu.M. 


Cd: 


Figuren 

Ueber  die  Spermien  der  M  o  n  o  t  r  e  m  e  n 
vermag  ich  leider  nichts  beizubringen ;  in  der 
mir  zugängigen  Litteratur  fand  ich  nichts, 
da  V.  Bardeleben  (15 — 17)  keine  reifen,  aus- 
gebildeten Formen  beschreibt  und  ich  für 
eigene  Untersuchungen  kein  Material  von 
diesen  seltenen  Tieren    zur  Verfügung  hatte. 

Spermien  von  Beuteltieren  sind  in 
den  Figuren  33  A  und  B  von  Metachirus  quica 
(nach  Fürst  90)  und  34  B  und  A  von  Di- 
delphys  virginiana  (nach  Selenka  —  M.  914 
bis  916)  wiedergegeben.  Außerdem  beschreibt 
Fürst  noch  die  Samenfäden  von  P  h  a  s  - 
cogale  albipes  (Phascologale  albipes). 
Die  Spermien  von  Metachirus  quica 
haben  einen  halbkreis-scheibenförmigen  Kopf^ 
vorn  konvex ,  hinten  konkav,  und  in  zwei 
Schenkel  auslaufend.  Der  vordere  und  seit- 
liche Rand,  Q>.  7  in  der  Figur,  und  die  beiden 
Sclienkel,    Q;.  //,    sind  dunkler,    stärker  liclit- 


Fiff.  33  A. 


Spermium  von  Metachirus  quica  (Marsupialia).  nach  Karl 
M.  FÜRST  (90  —  Tat.  XIX,  Fig.  34),  Seitenansicht,  r>.  /Vorderseitenteil  des  Kopfes, 
Cp.  II  Kopfschenkel.  C'p.  III  Mittelteil  des  Kopfes  (Partes  laterales,  Crura  capitis, 
Pars  intermedia  capitis).  Cd.  Cauda  (Schwanz),  P,  c.  Pars  conjnnctionis  cum  filo 
spirali  (Verbindungsstück  mit  Spirale).    P-pv.  Pars  principalis  (Hauptstück). 

Fig.  33  B.  Spermium  von  Metachirus  quica  (Marsupialia)  nach  Karl 
M.  FÜRST  (90  —  Taf.  XIX,  Fig.  35),  Flächen  an  sieht.  Bezeichnung  wie  in  Fig.  33  A. 
Vergr.  für  Fig.  33  A  und  B:  Leitz,  homog.  Immers.  7,^,  Okul.  4l. 


Die  Geschlechtszellen. 


137 


brechend,  das  Mittelstück  des  Kopfes  ist  zarter,  heller,  Cj).  111.  Die  Schenkel 
sind  um  ihre  eigene  Achse  nach  der  Medianlinie  des  Kopfes  gedreht ;  so 
kommen  die  verschiedenen  Bilder  heraus,  wie  man  sie  in  der  Seiten- 
ansicht (Fig.  33  A)  und  in  der  Flächenansicht  (33  Bj  wahrnimmt.  Welcher 
Teil  als  Perforatorium  wirkt,  ist  schwer  zu  sagen.  —  Der  Schwanz  inseriert 
mit  einem  fein  zugespitzten  A^erbindungsstücke  median  am  Kopfe.  Das 
Verbindungsstück  ist  deutlich  abgesetzt  und  zeigt  spiralige  Bildungen. 
Die  Zeichnungen  geben  weiterhin  nur  ein  Stück  des  Hauptfadens  wieder 


B 


Fig.  34  B. 


Fig.  34  A. 


Fig.  34A  und  B.  Spermien  von  Didelphvs  virginiana  —  Opossum  — 
(MarsupiaUa)  nach  Selexka  (M.  914  —  Taf.  XIX,  Fig.  9  und  10).  Die  Bezeich- 
nungen sind  von  mir.     Vergr.  ^"""/j. 

Fig.  34  A.  Einzelspermium  ,  durch  Zerreißung  eines  Doppelsperm  iura  (34  B) 
entstanden.  Cp.  Caput  (Kopf).  Cd.  Cauda  (Schwanz).  Pf'.  Perforatorium,  entspricht 
dem  Punkte,  wo  die  Seitenteile  des  Kopfes  Cp.  I  (s.  Fig.  33  B)  zusammenstoßen. 
Cp.  11  Crura  capitis  (Kopfschenkel).  Cp.  III  Pars  intermedia  capitis  (Mittelteil  des 
Kopfes).  P.c.  Pars  conjunctionis  (Verbindungsstück  des  Schwanzes^  P.pr.  Pars 
principalis  (Hauptstück  des  Schwanzes).  P.  t.  Pars  terminalis  (Endstück  des 
Schwanzes. 

Fig.  34  B.    Doppelspermium. 


138 


W.  Waldeyer, 


Die  Spermien  von  Didelphys  Virginia  na  sind  der  Mehrzahl 
nacli  vor  völliger  Reife  zu  je  zweien  verbunden  (Fig.  34  B)  —  s.  w.  u., 
Z  y  g  o  s  e  der  Spermien.  —  Später  trennen  sie  sich  und  erscheinen  dann 
unter  der  Form  der  Fig.  34  A.  Nach  Fig.  34  B  zu  urteilen  sieht  man  an 
dem  vorderen  verdickten  Kopfrande  keine  Marke  an  der  Stelle,  an  der 
später  die  Trennung  stattfindet.  Ich  betrachte  (Fig.  34  A)  die  vordere  Spitze 
als  ein  Perforatorium  und  habe  die  Teile,  welche  ich  als  gleichwertig 
mit  denen  von  Metachirus  quica  erachten  möchte,  mit  denselben  Buch- 
staben bezeichnet.  Das  Verbindungsstück  ist  sehr  eigentümlich  geformt, 
wie  aus  zwei  vorn  in  eine  Spitze  zusammenlaufenden  Hälften  zusammen- 
gefügt, zwischen  welche  sich  das  Hauptstück  scheinbar  einschiebt.  Wahr- 
scheinlich ist  der  starke  Absatz  am  Ende  der  zwei  Hälften  in  der  That  das 
Ende  des  Verbindungsstückes ;  wir  hätten  dann  ein  sehr  langes,  kräftiges 
Hauptstück  (P.pr.)  und  ein  sehr  kurzes  feines  Endstück  (P.t.).  Erst  die 
Erforschung  der  Spermiengenese  kann  feststellen,  ob  diese  Deutung  richtig 
ist.  Am  Verbindungsstücke  wie  an  dem  Hauptstücke  sah  Selenka  eine 
deutliche  Querstreifung. 

Die  Bewegung  der  Zwillingsspermien  schildert  Selenka  als  ein 
rapides,  gleichmäßiges  Vorwärtsschießen ;  die  einzelnen  Spermien  bewegten 
sich  in  großen  Kreisen,  und  wenn  die  Bewegung  langsamer  wurde,  er- 
schien sie  stoßend  und   bohrend. 

Aus  der  Ordnung  der  Ungulaten  gebe  ich  nach  Ballowitz  (6)  ein 
Spermium    von     Bos    taurus;     auch    bei    Retzius  (224),     sowie    bei 

MiESCiiER  (173)  linden  wir  sehr  gute  Abbildungen 
und  Beschreibungen  der  Stierspermien.  Von  der 
Fläche  gesehen  (Fig.  35)  erscheint  der  Kopf  eiförmig 
mit  schmalerem,  in  der  Mitte  etwas  ausgehöhltem 
(Mikroporus  Miescher)  Hinterende.  Stellt  man 
nicht  auf  die  Mitte  ein,  so  erscheint  die  Begrenzungs- 
linie geradlinig,  etwas  stärker  lichtbrechend;  vorn 
verjüngt  sich  der  Kopf  auch  ein  klein  wenig,  wie 
man  namentlich  bei  der  Profilansicht  wahrnimmt, 
und  erscheint  stärker  lichtbrechend ;  von  den  Seiten 
her  ist  der  Kopf  gleichmäßig  abgeplattet,  so  daß 
er  nahezu  stäbchenförmig  sich  darstellt.  Man  erkennt 
ein  deutliches  Halsstück  (Fig.  35  C/.),  welches  Ballo- 
witz genauer  beschreibt,  ein  langes  Verbindungs- 
stück, etwa  doppelt  so  lang  als  der  Kopf,  ein 
Hauptstück  über  dreimal  so  lang  als  das  Ver- 
bindungsstück, und  ein  kurzes  Endstück  (s.  die 
citierte  Figur).  Die  Stierspermien  sind  fast  doppelt 
so  lang  als  die  des  Menschen.  Aus  dem  Artio- 
dactylenstamm  liegen  noch  Beschreibungen  vor  von 
Ovis  und  Sus  (Ballowitz  7);  aus  dem  der  Perisso- 
dactylen  von  Equus  caballus  (Ballowitz  7, 
Jensen  121b). 


Fig.  35.  Spermium  von  Bos  taurus,  Rind  (Artio- 
dkctvla)  nach  Ballowitz  (6  —  Taf.  XI,  Fig.  1).  Cp.  Caput 
(Kopf).  Cl.  Collum  (Hals).  Cd.  Cauda  (Schwanz).  P.c.  Pars 
conjunctionis  (Verbindungsstück  des  Schwanzes).  P.  pr. 
.Et.  Pars  principalis  (Hauptstück  des  Schwanzes).  P.  t.  Pars 
terminalis  (Endstück  des  Schwanzes).  Vergr.  Winkel, 
homogene  Immers.  24,  Tub.  exfr. 


Cl: 


Cd. 


V.l. 


Fig.  35. 


Die  Geschlechtszellen.  139 

Am  genauesten  kennen  wir  die  Spermien  der  Nager;  namentlich  die 
der  Muriden  (Ratte,  Maus),  des  Kaninchens  und  Meerschweinchens  haben 
genaue  Beschreibungen  erfahren,  insbesondere  durch  Jensen  (121,  1  21a  u.  b), 
Ratte  :  Ballowitz  (7),  Ratte,  Kaninchen,  Meerschweinchen,  Eichhörnchen ; 
V.  Brunn  (M.  2604),  Renson  (M.  2579),  Ratte;  Brown  (62a),  Ratte; 
Meves(171),  Meerschweinchen;  F.  Hermann  (115),  Maus;  Benda  (35 — 38), 
Maus  (s.  Fig.  46);  v.  Ebner  (74 — 77),  Ratte,  u.  a. 

Die  Form  der  Köpfe  ist  verschieden:  von  der  Fläche  gesehen,  fast 
hakenförmig  bei  der  Ratte,  beilförmig  bei  der  Maus  (s.  Fig.  46),  eiförmig, 
denen  des  Stieres  ähnlich,  bei  Lepus  cuniculus  —  nur  ein  wenig  kleiner : 
in  Form  eines  zweifach  gebogenen  Hakens  TKantenansicht)  oder  einer 
vorn  abgerundeten  und  breiteiförmigen  Scheibe  (Flächenansicht)  — 
Fig.  36 — 37  —  beim  Meerschweinchen.  Der  Schwanzteil  weist  keine 
bemerkenswerten  Verschiedenheiten  auf. 

Ich  schildere  min  genauer  nach  den  Angaben  und  Figuren  von 
Meves,  denen  ich  Besseres  nicht  hinzufügen  kann,  einige  feinere 
Struktur-  und  Formverliältnisse  bei  Cavia. 

Von  der  Kopfkappe  und  deren  hinterer  Randlinie  {L.  Gal.  Figg.  36 
und  36  B),  ferner  von  der  Einteilung  des  Kopfes  in  ein  Vorderstück  und  in 
ein  Hinterstück,  sowie  von  dem  großen  Perforutorium  der  Meerschweinchen- 
spermien  ist  schon  die  Rede  gewesen  (S.  103,  104  u.  106).  Die  Kanten- 
ansicht des  Kopfes  lehrt,  daß  dieser,  wie  das  Perforatorium,  von  vorn 
nach  hinten  gekrümmt  ist,  aber  in  entgegengesetzter  Richtung  (Fig.  36  B). 
Meves  bezeichnet  die  Seite,  an  der  die  Konkavität  des  Kopfes  liegt,  als 
„Bauchseite",  Fac.  ventr.  (Facies  ventralis)  in  der  Figur,  die  gegenüber- 
liegende, also  mit  der  Konvexität  des  Kopfes  und  der  Konkavität  des 
Perforatoriums  versehene,  als  „Rückenseite",  Fac.  dors.  (Facies  dorsalis). 
Diese  Krümmungen  treten  aber  erst  an  den  reifen  Samenfäden  im  Ductus 
deferens  auf. 

Kopf  und  Perforatorium  zeigen  sich  in  gleicher  Art  verdickt  und 
verdünnt,  die  dickeren  Theile  nach  hinten,  die  dünneren  nach  vorn  ge- 
richtet; gleichzeitig  laufen  auch  die  Seitenränder  fein  zugeschärft  aus  — 
s.  Fig.  37  Pf.  und  Cp.  P.  a.  Die  verschiedene  Färbbarkeit  des  vorderen 
und  hinteren  KoiDfabschnittes ,  welche  insbesondere  von  Ballowitz 
studiert  wurde  —  der  hintere  Abschnitt,  P.  p.,  färbt  sich  stärker  —  mag 
wohl  zum  Teil  auf  solchen  Dickenverschiedenheiten  beruhen,  jedoch  nicht 
in  allen  Fällen,  denn  beim  Kaninchen  färbt  sich  mit  Jodgrün  der  vor- 
dere dünnere  Teil,  P.  a.,  dunkler. 

Der  hintere  Rand  des  Kopfes  ist  mit  einer  Querfurche  versehen, 
und  der  Hals  des  Spermium  ist  nicht  in  dieser  Furche,  sondern  ven- 
tralwärts  davon  an  der  entsprechenden  Kopfkante  angeheftet.  Diese 
Anheftung  geschieht  scheinbar  mit  einer  griffeiförmigen  Spitze,  und  liegt 
nach  den  Befunden  von  Meves  auch  mehr  an  der  rechten  Seite  des 
Kopfes.  Wir  können  ja,  indem  wir  Bauch-  und  Rückenfläche,  sowie 
Vorn  und  Hinten  beim  Meerschweinchenspermium  zu  unterscheiden  ver- 
mögen, auch  von  einer  rechten  und  linken  Seite  desselben  sprechen.  — 
In  Wahrheit  geschieht  die  Anheftung  des  Schwanzes  an  den  Kopf  ver- 
mittelst des  Halsstückes;  dieses  besteht  aus  vier  feinen  Fäden,  die  ich 
als  C  en  tr  osomf  ä  d  en  bezeichnete;  dieselben  beginnen  an  der  er- 
wähnten Stelle  des  Kopfes  mit  3  Endknöpfchen.  Von  den  beiden  late- 
ralen Knöpfchen  geht  je  ein  Faden  aus,  von  dem  mittleren  Knöpfchen 
2  Fäden;    sämtliche    4  Fäden    enden   am  Verbindungsstücke    hinter    dem 


140 


W.  Waldeyer, 


Beginne  der  Spiralhülle  gleichfalls  mit  leichten  Verdickungen.  Die  dor- 
sale Kopf  kante  trägt  eine  stäbchenförmige  Bildung,  welche  in  der  Kanten- 
ansicht, rig.  50g,  als  dunkles  Knöpfchen  (K)  erscheint  und  genetisch  zu 
den  3  Knötchen  der  ventralen  Kante  gehört ;  wir  haben  bereits  vorgreifend 
(S.   107  If.)  bemerkt,  daß  diese  Bildungen  Centrosomenabkömmlinge  dar- 


..-siliilifei 


L.Cial. 


Fig.  36  A. 

Fig.  36.  Spermium  aus  dem  Nebenhoden 
von  Cavia  cobaya,  Meerschweinchen  (Ro- 
dentia).  Gesamtbild.  Nach  Meves  (171,  Taf. 
XXI,  Fig.  50).  Vergr.  wie  Fig.  36  A,  jedoch 
auf  %  verkleinert.  Behandlung:  Sublimat, 
Eisenhämatoxylin.  C'p.  Caput  (Kopf),  Cl.  Col- 
lum (Hals),  Cd.  Cauda  (Schwanz),  Pf.  Per- 
foratorium,  P.  a.  Pars  anterior  capitis  (Vorder- 
stück des  Kopfes),  L.  Gal.  Limes  galeae  (hintere 
Grenze  der  Kopfkappe),  P.j)-  Pars  posterior 
capitis  (Hinterstück  des  Kopfes),  P.  c.  Pars  con- 
junctionis  (Verbindungsstück  des  Schwanzes), 
2  Protoplasmaklümpchen ,  P.  pr.  Pars  prin- 
cipalis  (Hauptstück  des  Schwanzes),  P.  t.  Pars 
Die  hinteren  Knöpfchen,  Nd.p.,  (Fig.  36  A) 
fehlen  in  der  Originalfigur,  da  sie  an  den  Spermien  des  Nebenhodens  meist  nicht 
mehr  sichtbar  sind;  sie  sind  hier  nach  Fig.  36  A  hinzugezeichnet  worden. 

Fig.  36  A.  Kopf,  Hals  und  Verbindungsstück  eines  Spermium  von  Cavia 
cobaya  aus  dem  Hoden.  Starke  Vergr.  Zeiss,  Apochr.  2  mm,  Ok.  18,  Tub.  16  cm. 
Nach  Meves  (171,  Taf.  XXI,  Fig.  45).  Behandlung:  HERMANN'sches  Gemisch  — 
Eisenhämatoxylin.  Pf.  Perforatorium ,  P.a.  Pars  anterior  capitis,  L.  Gal.  Limes 
Galeae,  P.j).  Pars  posterior  capitis,  Nd.a.  Noduli  anteriores,  vordere  Halsknöpfchen, 
F.  c.  Fibrillae  centrosomatum,  Centrosomfäden ,  Nd.  p.  Noduli  posteriores ,  hintere 
Knöpfchen,  2  Protoplasmaklümpchen,  F.  sjyir.  Filum  spirale,  Spiralfaden.  Hinzugesetzt 
ist  schematisch  .4«».  Annulus  (Ring),  vom  distalen  Stücke  des  hinteren  Centralkörpers 
abstammend.  In  der  Originalfigur  fehlt  der  Annulus,  da  er  auf  diesem  Stadium 
der  Ausbildung  der  Spermien  nicht  mehr  deutlich  sichtbar  ist.  Ich  habe  ihn  nach 
einem  früheren  Stadium,  um  nicht  zu  viele  Figuren  nötig  zu  haben,  hinzugezeichnet. 


Fig.  36. 
terminalis  (Endstück  des  Schwanzes). 


Die  Geschlechtszellen. 


141 


stellen.  Die  beiden  mittleren  Fäden  divergieren  nach  hinten  ventral  und 
nach  vorn  dorsal.  Sie  sind  durch  eine  anscheinend  weiche,  homogene 
Zwischenmasse  verbunden.  Das  ganze,  von  den  4  Fäden  nebst  ihrer 
Zwischenmasse  gebildete  Halsstück  beginnt  mit  rundlichem  Querschnitte 
am  Verbindungsstücke  des  Spermium  und  setzt  sich  mit  dorsoventral 
abgeplattetem  Ende  an  den  Kopf  an.  hat  also  im  großen  und  ganzen  die 
Gestalt  eines  Klarinettenmundstückes,  s.  Fig.  36  B.  Die  3  vorderen  Knöpf- 
chen sind  in  den  Figg.  36  u.  36  A  zu  sehen  ;  man  kann  hier  nur  3  Fäden 
F.  c.  fFig.  36  A  und  50h)  erkennen :  die  Zweiteilung  des  einen  fmittlerenj 
dieser  Fäden  ist  aber  in  Figg.  36  B  Gl  und  50g  F.  c.  m.  (Filum  centro- 
somatis  medium)  zu  sehen,  ebenso  wie  sein  proximales  und  seine  beiden 
distalen  Endknöpfchen.  Endlich  zeigen  die  Querschnitte  (Fig.  37)  Gl^  und 
GL-,   die  4  Fäden   als  dunkle  Punkte    in  ihrer  gegenseitigen  Anordnung ; 

Fig.  36  B  u.  37.  Sper 
niienstücke  von  Ca  via 
(.•obava.  Nach  Meves 
(171,  Taf.  XXI,  Fig.  48 
u.  49).  A''ergr.  und  Behand- 
lung s.  die  Erklärung  der 
Fig.  3ij  u.  36  A. 

Fig.  36  B.  Kopf  teil  im 
Profil;  Bezeichnungen  wie 
Fig.  36.  Hinzu  kommen : 
Fac.  rentv.  Facies  ventralis 
(Bauchseite  des  Spermium), 
Fac.  dors.  Facies  dorsalis 
{Rückenseite  des  Sper- 
miums), nach  der  Namen- 
gebung  von  Meves. 

Fig.  37.  Pf.  Querschnitt 
durch  das  Perf Oratorium 
(Pf.  Fig.  36  A),  Cp.  P.a. 
Querschnitt  durch  das 
Vorderstück  des  Kopfes  im 
Bereiche  der  Kopfkappe, 
Cp.  P.  p.  Querschnitt  durch 
das  Hinterstück  des  Kopfes, 
Cl^  Querschnitt  durch  den 
proximalen  Teil  des  Halses 
(Xd.a.  Fig.  36  A),  Cl^  Quer- 
schnitt mitten  durch  den 
Hals,  Cd.  P.  c.  Querschnitt 
durch  das  Verbindungs- 
stück. 


Cd.  { 


Cd.P.r. 


Fig.  36  B. 


Fig.  37. 


dabei  stellt  sich  heraus,  daß  die  beiden  mittleren  Fäden  etwas  feiner  sind. 
Der  Querschnitt  Pf.  geht  durch  den  oberen  Teil  des  Perforatoriums  und 
zeigt  dessen  dunklere  Rinden-  und  hellere  Binnenschicht,  sowie  seine 
(dorsale)  Flächenkrümmung.  In  Gp.  P.  a.  ist  bereits  der  Kopf  des  Spermium 
selbst  getroffen ;  die  beiden  Ränder  werden  noch  von  der  distalen  Fort- 
setzung des  Perforatoriums  eingenommen,  dessen  entgegengesetzte  Krüm- 
mung sie  auch  zeigen.  Gp.  P.p.  ist  ein  reiner  Querschnitt  durch  den 
hinteren  Kopfabschnitt ;  hier  laufen  die  Ränder  nicht  so  dünn  aus; 
(7?j  trifft  noch  den  untersten  Teil  des  Kopfes  mit;  auf  diesen  sind  die 
beiden  wieder  zugeschärften  Flügel  zu  beziehen;  die  rundliche,  helle, 
mittlere  Masse  begreift  die  Zwischensubstanz  des  Halses;  inmitten  der- 
selben bilden  die  4  Fäden  in  Form  von  Punkten  die  eben  erwähnte, 
abgeplattete  Figur.  Gl^  geht  mitten  durch  den  Hals,  Gd.  P.  c.  durch  das 
proximale  Ende  des  Verbindungsstückes. 


142 


W.  Waldeyer, 


Bezüglich  der  übrigen  Teile  der  Figg.  3G — 37  und  der  in  ihnen  dar- 
gestellte Meerschweinchenspermien  kann  ich  auf  das  bei  der  allgemeinen 
Formbeschreibung  der  Spermien  Gesagte  mich  zurückbeziehen  (s,  S.  103  ff.). 
Nur  wäre  noch  hervorzuheben,  daß  die  Meerschweinchenspermien  ein 
sehr  langes  und  verhältnismäßig  dickes,  sich  caudalwärts  stark  ver- 
jüngendes Haupt  stück  und  ein  kurzes,  feines,  gut  abgesetztes  End- 
stück besitzen. 

Aus   der   Ordnung  der   Raubtiere,   Carnivora,   habe  ich  (nach 


Ballowitz)  die  Fig.  SSA  u.  B 
u.  B 


Canis   faniiliaris   —   mitgeteilt. 


Felis  domestica  —  und  Fig.  39  A 
Bei  der  Katze  ist  der  Kopf 


Cl. 

P.O. 

-1 


Cd. 


A 


M 

CL 
-P.c. 


'fM  ^ 


FlbrÜl. 
terin. 


i^pr. 


tcl: 


B. 


FihriU. 
term. 


,^^[     J\FihrilUerm. 

B 

FihrilLterm. 


Fiftrill.  teyiR. 


Fig.  38  A. 


Fig.  38  B. 


A. 

Fig.  39  A. 


Fig.  39  B. 


Fig.  38  A  u.  B.  Spermien  von  Felis  domestica,  Hauskatze  (Carnivora) 
A  von  der  Fläche,  B  von  der  Kante.  Nach  Ballowitz  (6,  Taf.  XI,  Figg.  8  u.  9). 
Vergr.  Wijtkel,  homog.  1mm.  24,  Tub.  estr.  Cp.  Caput  (Kopf),  Cl.  Colkmi  (Hals), 
Cd.  Cauda  (Schwanz),  P.  c.  Pars  conjunctionis  (Verljindungsstück  des  Schwanzes), 
P.  pr.  Pars  principalis  (Hauptstück  des  Schwanzes),  FihriU.  term.  Fibrillae  terminales 
(Fibrillen  des  Endstückes),  1  Protoplasmaklümpchen. 

Fig.  39  A.  Spermium  von  Canis  familiaris,  Hund  (Carnivora).  Nach  Bal- 
lowitz, wie  Fig.  38  (No.  35,  Taf.  XI).     Bezeichnungen  wie  in  Fig.  38. 

Fig.  39  B.  Zwei  Schwanzenden  von  Hundesper  mien ,  bei  denen  das  End- 
stück in  mehrere  Fibrillae  terminales  {Fibrill.  term.)  zerfallen  ist.  Nach  Ballowitz, 
wie  Fig.  38  (No.  35  u.  36,  Taf.  XXI). 


schmäler  als  beim  Hunde,  wo  er  vorn  breit  wird  und  sich  nach  hinten 
stark  verjüngt.  Die  Profilansicht  des  Spermium  von  Felis  zeigt  deut- 
lich ein  schneidendes  Perforatorium  (Fig.  38 B).  Deutlich  sind  bei 
beiden  Species  die  Halsstücke  {Cl),  die  Verbindungs-,  Haupt-  und 
Endstücke;  letztere  zeigen  die  von  Ballowitz  nachgewiesene  be- 
merkenswerte Splitterung  in  2—4  feinste  Fibrillen. 


Die  Geschlechtszellen.  143 

Von  den  hier  nicht  (Uirch  Abltilduii.uen  vertretenen  Ordnungen 
der  Säuger  liegen  nucli  aus  folgenden  Abbildungen  und  Beschreibungen 
vor:  Proboscidea.  v.  Widersperg,  bei  Elephas  africanus  (2<)C)) ; 
Insectivora,  Ballowitz  (7)  und  Fürst  (Bidrag  tili  kännedomen 
om  Sädeskropparnas  struktur  och  utveckling.  Xordiskt  med.  Arkiv. 
Bd.  XIX,  18S())  bei  Talpa  und  Erinaceus ;  C  h  e  i  r  o  p  t  e  r  a ,  Eimer 
(M.  2612),  Ballowitz  (7),  Fürst  (1.  c.)  bei  Vesperugo,  Vespertilio, 
Rhinolophus,  Macroglossus  u.  a. ;  Pitheci,  v.  Hansemann  (108)  bei 
Pithecus  satyrus  Geoffr.,  Orang.  Aus  den  Ordnungen  der  Mono- 
treniata,  Edentata,  Cetacea,  Lamnungia,  Pinnipedia  und  Prosimii  bin 
ich  in  der  mir  zugänglichen  Litteratur  keinen  Angaben  begegnet. 

Die  Spermien  des  afrikanischen  Elefanten  sind  —  nach  den  Abbil- 
dungen V.  Widersperg's  zu  urteilen  —  nicht  unähnlich,  sowohl  an  Ge- 
stalt, wie  an  Größe,  denen  des  Menschen.  Die  der  genannten  Insekti- 
voren  kommen  denen  des  Kaninchens  nahe.  Bei  den  Chiropteren 
sind  der  verhältnismäßig  kleine,  kurze,  cylindrische,  abgeplattete,  vorn 
ein  wenig  verjüngte,  hinten  fast  glockenförmig  ausgehöhlte  Kopf,  das 
große  Halsstück,  das  große,  breite  Verbindungsstück  mit  dem  deutlichen 
Spiralfaden  sehr  charakteristisch.  Vom  Orang  berichtet  v.  Hansemann, 
daß,  obwohl  das  betreffende  Tier  noch  im  vollen  Zahnwechsel  stand,  doch 
bereits  große  Mengen  reifer  Spermien  vorhanden  waren.  Da  es  sich  um 
Leichenmaterial  handelte,  mochte  v.  Hansemann  keine  genaueren  Angaben 
über  die  Form  machen;  er  bemerkt  nur,  daß  die  Köpfe  schlanker  und 
spitzer  als  beim  Menschen  erschienen  und  daß  Mittelstücke  nicht  beob- 
achtet wurden  (Leichenveränderung  ?j. 

XL  Homo.  Die  Spermien  des  Menschen  gehören  zu  den  klei- 
neren Formen  und  tragen  durchaus  den  Charakter  der  Säugetier- 
spermien.  Sie  lassen  bei  Vergrößerungen  von  800— 10()0  deutlich  fast 
alle  Hauptteile  erkennen:  Kopf,  Verbindungsstück  und  Endstück  des 
Schwanzes  ;  nur  ein  Halsstück  erscheint  niclit  deutlich  abgesetzt,  vgl. 
die  Figg.  40A  u.  B  und  41.  Der  Kopf  hat,  von  der  Fläche  gesehen, 
die  (xestalt  eines  Ovals,  welches  sich  einer  regelmäßigen  Ellipse  nähert. 
Die  längere  Achse,  die  übrigens  nur  um  stark  ein  Drittel  die  Quer- 
achse überwiegt,  steht,  wie  bei  allen  Spermien,  in  deren  Längsrichtung. 
Der  hintere  Pol  ist  infolge  des  geradlinigen  Ansatzes  des  Halsstückes 

—  s.  über  dieses  weiter  unten  —  quer  abgestutzt,  der  vordere  geht 
ein  wenig  mehr  spitz  zu.  Das  hintere  Stück  des  Kopfes  ist  stärker 
lichtbrechend  als  das  vordere  und  ist  auch  färberisch  von  verschiedenem 
Verhalten.  Pappenheim  (188)  zeigte,  daß  man  durch  die  Roma- 
NOWSKY-NocHT'sche  Protozoen-  und  Protophytenfärbung  (Nocht,  in : 
Centralbl.  f.  Bakt.,  Bd.  XXIV,  1898,  S.  839  und  Bd.  XXV,  1899, 
S.  17  u.  704  if.)  das  Hinterstück  des  Kopfes  mit  einer  kegelförmig 
sich  in  das  Vorderstück,  welches  von  der  Kopfkappe  überzogen  ist, 
fortsetzenden  Spitze  rot  färben  kann,  während  das  Vorderstück  mit 
der  Kopfkappe  mattblau  wird. 

Fügen  wir  gleich  hier  an,  daß  mit  derselben  Färbung  das  Ver- 
bindungsstück dunkelblau  erscheint,  während  bei  der  Tinktion  mit 
Pappenheim's  Methylgrün-Pyroningemiscli  (s.  Virchow's  Archiv,  Bd.  GL VII, 
1899)  der  gesamte  Kopf  grün  wird,  der  hintere  Abschnitt  dunkler  als 
der  vordere  —  was  übrigens  wahrscheinlich  an  der  größeren  Dicke  liegt 

—  das  Verbindungsstück  aber  eine  leuchtend  rote  Farbe  annimmt. 


144 


W.  Waldeyer, 


Bei  der  Kantenaiisicht  zeigt  der  Kopf  eine  Birnform,  das  dickere 


zuge- 


Eiide    nach    hinten    gerichtet:    der    vordere  Rand   ist   demnach 
schärft:  dieses  Verhalten  erklärt  die  verschiedene  Lichtbrecliung,  welche 
am  vorderen  und  hinteren  Abschnitte  wahrgenommen  wird,  s.  Hg. 
und  Fig.  41, 


unter  recht 
nover  1876) 
konvex  sein 


Die  Querbänder  (2—3), 
deutlich    gesehen, 
soll  die  eine  Seite 
als  die  andere. 


40,B 
vorhin   S.  105,   werden  mit- 
Nach   W.  Krause  (Allg.  Anat.,  Ran- 
des Hinterstückes  nicht  selten  stärker 


CdA 


Fe 


r.y 


V. 


L.P.pn 


Ft. 


B. 

Fig.  40  A  u.  B. 


Fig.  42. 


Fig.  41. 


Fig.  40  A  u.  ß.  Spermien  von  Homo  sapiens,  Mensch.  Nach  G.  EETZirs  (224, 
Tai  X,  Fig.  15  u.  16).  Vergr.  Zeiss,  homog.  Imra.,  7,^,,  Ok.  3,  Tub.  extr.  Be- 
handlung: frische  Pi'äparate  und  Osmium präparate.  A  Profilansicht,  B  Fiächen- 
ansicht.  C'p.  Caput  (Kopf),  Cd.  Cauda  (Schwanz),  ff.  Perforatorium  (Spieß,  Eetzius), 
P.e.  Pars  conjunctionis  (Verbindungsstück  des  Schwanzes),  P. pr.  Pars  principalis 
(Hauptstück  des  Schwanzes),  L.P.pr.  Limes  partis  principalis  (Grenze  des  Haupt- 
stückes gegen  das  Endstück  des  Schwanzes),  P.  t.  Pars  terminalis  (Endstück  des 
Schwanzes). 

Fig.  41.  Spermium  von  Homo  sapiens  (Mensch).  Nach  v.  Wideesperg  (260, 
Taf.  VI,  Fig.  17).  Frisches  Präparat ;  Vergr.  1000.  Cp.  Caput  (Kopf),  Pf.  Perfora- 
torium, P.  a.  Pars  anterior  capitis  (Vorderstück  des  Koj^fes),  P.  p.  Pars  posterior 
capitis  (Hinterstück  des  Kopfes),  P.c.  Pars  conjunctionis  (Verbindungsstücli),  P.  ;>r. 
Pars  principalis  (Hauptstück),  P.  t.  Pai's  terminalis  (Endstück  des  Schwanzes),  letztere 
3  Teile  nicht  scharf  unterschieden. 

Fig.  42.     Riesenspermium  vom  Menschen.    Nach  v.  Widersperg  (260,  Taf.  VI, 
Fig.  18).     Frisches  Präparat,  Vergr.  1000. 
als  Vorder-  und  Hinterstück  des  Kopfes,  ■; 
zu  deuten. 


Kopf  besonders  groß.     1  u.  2  sind  wohl 
als  stark  vergrößertes  Verbindungsstück 


Das  stäbchenförmige  Verbindungsstück,  P.  c.   in  den  Figuren,  ist 


ungefähr  so 


laug 


gesetzt,    als    man 


sehen  pflegt.     Bei   sehr 


wie   der  Kopf  — 

es,    besonders   in 


Retzius  zeichnet 
der  Kantenansicht, 


starken  Vergrößerungen 


es  stärker  ab- 
gewöhnlich zu 
sieht  mau  zwischen 


Die  Geschleclitszellen.  145 

Kopf  und  Verbindungsstück  eine  Einschnürung,  die  den  ,,Hals"  markiert. 
Nach  W.  Krause,  dem  icli  zustimme,  zeigt  der  Kopf  hier  eine  kleine 
V^ertiefung,  in  welche  der  Hals  mit  dem  Verbindungsstück  eingelassen 
ist  (s.  weiter  unten).     Das  letztere  ist  ein  wenig  abgeplattet. 

Der  Schwanz  im  ganzen  ist  von  mäßiger  Länge  (vgl.  die  Maß- 
tabelle); das  Ilauptstück  verjüngt  sich  allmählich;  das  kurze  End- 
stück —  kaum  doi)i)elt  so  lang  als  der  Kopf  —  ist  nicht  scharf  ab- 
gesetzt, jedoch  an  guten  Präparaten  bei  starken  Vergrößerungen  sehr 
wohl  zu  erkennen. 

Meves  hat  die  Güte  gehabt,  mir  ein  von  ihm  selbst  gezeichnetes 
Schema  eines  menschlichen  Samenfadens  nach  seinen  neuesten  Unter- 
suchungen, in  welchen  den  Form-  und  Größenverhältnissen  Rechnung 
getragen  ist,  für  die  Mitteilung  an  dieser  Stelle  zu  überlassen ;  ich 
habe  dasselbe  verkleinert  in  Fig.  43  A  wiedergegeben  und  daneben  in 
Fig.  43  B  in  der  Größe  des  Originals  Kopf,  Hals,  Verbindungsstück 
und  den  Anfang  des  Hauptstückes.  An  der  ganzen  Figur  mag  man 
ein  Bild  von  den  relativen  Größenverhältnissen  gewinnen.  Die  Fig.  43  B 
läßt  auch  beim  Mensclienspermium  alle  die  Teile  wiedererkennen,  wie 
sie  für  das  Meerschweinchen  (s.  Fig.  6  D)  bestimmt  wurden. 

Wir  gewahren  am  Kopfe,  Q?.,  die  hintere  Grenze  der  Kopf  kappe 
(L.  Gal.),  wodurch  ein  Vorderstück,  P.  a.,  von  einem  Hinterstücke,  P.  j9., 
getrennt  wird.  Der  Hals,  C/.,  läßt  sich  nach  den  entwickeluugsgeschicbt- 
lichen  Befunden,  wie  beim  Meerschweinchen,  als  das  unmittelbar  auf  den 
Kopf  mit  einer  kleinen  Einschnürung  folgende  Stück  iinterscheiden, 
welches  aus  den  hier  als  dunkler  Querstrich  (Querscheibe)  gezeichneten 
vorderen  Centrosomknötchen,  Nd.a.  (Noduli  anteriores),  und  einer  homo- 
genen Zwischensubstanz,  3Is.  int.  (Massa  intermedia),  besteht.  Das  V  e  r- 
bindungsstück,  P.c.,  umfaßt  den  Bereich  des  hinteren  Centrosoms, 
zwischen  dessen  proximalem  Stücke,  Nd.p.  (Noduli  posteriores),  gleichfalls 
als  dunkler  Querstrich  (Querscheibe)  gezeichnet,  und  dem  ringförmigen, 
distalen  Stücke,  dem  Schlußringe,  Ann.  (Annulus),  oder  der  Endscheibe, 
Jensen.  Wir  treffen  hier  als  weitere  Bestandteile  im  Centrum  den  aus 
Fibrillen  bestehenden  Achsenfaden,  der  vom  proximalen  Abschnitte  (des  hin- 
teren Centrosoms)  ausgeht.  Der  Achsenfaden  ist  zunächst  von  einer  inneren 
—  in  der  Figur  blau  gehaltenen  —  dünnen  Hülle,  Inv.  (Involucrum)  einge- 
faßt; darauf  folgt  die  Spiralhülle,  bestehend  aus  einem  durch  schwarze  dicke 
Punkte  markierten  Spiralfaden,  Spir.,  und  einer  dessen  Windungen  (8 — 9 
beim  Menschen  nach  Meves)  zusammenhaltenden  hellen  Zwischensubstanz, 
Sb.  int.  (Substantia  intermedia).  Außen  lagert  sich  darauf  eine  fein- 
punktiert gehaltene  Schicht,  Mtcli.,  die  Mitochondrienscheide,  aus  welcher, 
nach  den  Untersuchungen  von  Benda,  der  Spiralfaden  seinen  Ursprung 
nimmt;  diese  Scheide  entstammt  dem  Cytoplasma  der  Spermienbildungs- 
zelle  (Spermatide)  und  führt  die  eigentümlichen,  von  Benda  genau  charak- 
terisierten und  als  Mitochondria  bezeichneten  Granula.  S.  w.  u. 
„  Spermiogenese  " . 

Das  nun  folgende  Hauptstück  des  Schwanzes,  P.pr.  (Pars  princi- 
palis),  ist  vom  Verbindungsstücke  abgesetzt^  indem  weder  die  Mitochon- 
drienscheide noch  die  Spiralhülle  sich  auf  dasselbe  erstrecken.  Es  scheint 
dagegen  —  Meves  läßt  dies  noch  unbestimmt  —  als  ob  die  dünne 
innere  Hülle  des  Verbindungsstückes  sich,  erheblich  verstärkt,  auf  das 
Hauptstück  fortsetze.  Beide  Hüllen  sind,  in  der  .  Annahme  ihrer  Zu- 
sammengehörigkeit, in  derselben  blauen  Färbung  gehalten  worden. 

Handbuch   der  Entwickelungslehre.     I.   1,  JQ 


146 


W.  Waldeyer, 


r,i 


Cp 


''']"■ 


Jnr. 


J' 


'ji: 


l.F.pr. 
Vi. 


Fig.  43  B. 


Fig. 


Fig.  43 A. 


,.  43  A.  Schema  eines  Menschen  Sper- 
mium, Originalzeichiiung  von  Meves,  auf  '/s  ver- 
kleinert. Cf.  Caput  (Kopf).  Cl.  Collum  (Hals).  Cd. 
Cauda  (Schwanz).  P.c.  Pars  conjunctionis  (Verbin- 
dungsstück). P.'pr.  Pars  principalis  (Hauptstück). 
P.  t.  Pars  terminalis  (Endstück).  Nd.  p.  Noduli  poste- 
riores (vordere  Grenze  des  Verbindungsstückes).  Ann. 
Annulus,  Schlußring,  hintere  Grenze  des  Verbin- 
dungsstückes. L.  P.2)r.  Limes  partis  princii3alis,  hintere 
Grenze  des  Hauptstückes. 

Fig.    43  B.      Schema    eines    Menschensper- 


Die  Geschlechtszellen.  147 

miuiu,  vorderer  Teil.  Originalzeichnuiii^  von  Mkves;  Größe  des  Oritifinales.  Cp. 
Caput  (Kopf).  Cl.  Cohura  (Hals).  Cd.  Cauda  (Schwanz).  P.a.  Pars  anterior  capitis 
(Vorderstück  des  Kopfes).  L.  Gid.  Limes  Galeae,  Grenze  der  Kopfkappe.  P.p.  Pars 
posterior  cajütis  (Hinterstück  des  Kopfes).  Nd.  a.  NoduH  anteriores  (vordere  Centrosora- 
knötchen,  Halsknötchen).  3Is.  int.  Massa  intermedia  (Zwischenmasse  des  Halses). 
^Y(/.  ^;.  Noduli  posteriores  (hintere  Centrosomknötchon).  Spir.  Spiralfaden.  Inv.  In- 
volucrum  (Hülle  des  Achsenfadens  im  Verbindungsstück  —  blau^.  P.c.  Pars  con- 
junctionis  (Verbindungsstück).  Mtch.  Mitochondria.  Sb.int.  Substantia  intermedia 
(Zwischensubstanz  der  Spiralhülle).  Aim.  Annulus  (Schlußring).  F.pr.  Filum  prin- 
cijjale  (Hauj^tfaden).  luv.  Involucrum  (Hülle  des  Hauptfadens  —  blau).  F.pr.  Pars 
principalis  (Hauptstück  des  Schwanzes). 

Ich  habe  absichtlich  bei  der  Beschreibung  der  menschlichen 
Spermien  noch  einmal  eine  detaillierte  Figur  mit  genauer  Einzell)e- 
schreibung  gegeben,  obwohl  ich  mir  bewußt  war,  daß  hiermit  manche 
Wiederholungen  von  früher  bereits  Gesagtem  unvermeidlich  würden 
—  vgl.  die  Beschreil)ung  der  Fig.  6D  und  die  Al)schnitte  Kopf,  Hals 
und  Verltindungsstück  in  der  allgemeinen  Beschreil)ung  der  Spermien 
(S.  103  tf.).  Es  schien  mir  indessen  wichtig,  gerade  von  menschlichen 
Spermien  eine  eingehende,  völlig  zusammenhängende  Darstellung  zu 
liefern.     Die  Größenverhältnisse  s.  in  der  Maßtabelle. 

Von  einzelnen  Beobachtern,  ich  nenne  E.  Nelson  (M,  2624)  und 
K.  V.  Bardeleben  (19,  20,  22),  sind  Befunde  mitgeteilt  worden,  welche 
auf  die  Anwesenheit  eines  besonderen  Perforatoriums  am  Kopfe 
schlieijen  lassen.  Beide  geben  sogar  an,  daß  vorn  am  Kopfe  lange,  spieß- 
förmige Fortsätze  —  doppelt  so  lang  als  der  Kopf  und  mit  einem  Wider- 
haken versehen  —  vorhanden  wären,  und  bilden  sie  ab ;  auch  kleinere 
spitze  Ansätze  werden  von  v.  Bardeleben  in  mehreren  seiner  Figuren 
abgebildet.  Diese  kleinen  Ansätze  kann  man  wohl  bei  Spermien,  aus 
dem  Hoden  entnommen,  zuweilen  sehen ;  aber  an  völlig  reifen  Spermien, 
im  Ejakulat,  sind  sie  sehr  selten ;  einen  längeren,  lanzenförmigen  Anhang 
habe  ich  überhaupt  nicht  gesehen ;  er  wird  auch  von  keinem  anderen 
Beobachter  erwähnt.  Ich  meine,  wde  W.  Krause,  daß  das  Perforatorium 
der  Menschenspermien  in  dem  vorderen  scharfen  Rande  der  Kopfkappe 
gegeben  ist  und   schneidend,  nicht  bohrend  wirkt. 

Im  übrigen  beschreibt  v.  Bardeleben  die  färberischen  und  Re- 
fraktionsunterschiede der  beiden  Abteilungen  des  Kopfes,  bestätigt  den 
von  MiEscHER  und  Ballowitz  nachgewiesenen  „Innenkörper"  —  derselbe 
ist  wohl  identisch  mit  dem  vorhin,  s.  S.  143,  erwähnten  kegelförmigen  Fort- 
satze des  Hinterstückes  —  und  giebt  an,  daß  derselbe  in  mehrere 
Stückchen  zerfallen  könne.  Ferner  schildert  er  die  Querstreifen  des 
Kopfes  und  sagt  (12),  daß  man  unter  Umständen  den  Achsenfaden  durch 
den  Kopf  bis  zur  Spitze  verfolgen  könne.  Diesem  letzteren  gegenüber 
kann  ich  meine  Zweifel    nicht  unterdrücken. 

lieber  den  S  p  i  r  a  1  s  a  u  m  an  den  menschlichen  Spermien  (H.  Gibbes 
und  W.  Krause)  verweise  ich  auf  das  vorhin,  S.  117,  Gesagte  und  füge 
hinzu,  daß  auch  v.  Bardeleben  (12)  diesen  Spiralsaum  beschreibt  und 
abbildet.  Jensen  spricht  von  Andeutungen  eines  Spiralsaumes  am  Ver- 
bindungsstücke beim  Menschen  (121  u.  121b)  und  will  einen  solchen 
auch  für  das  Hauptstück  nicht  in  Abrede  steilen. 

Ueber  den  von  v.  Bardeleben  (17)  verteidigten  Dimorphismus 
der  menschlichen  Samenfäden  und  sonstige  abweichende  Formen  soll 
weiter  unten  im  Zusammenhange  gehandelt  werden ;  nur  sei  hier  alsbald 
bemerkt,  daß,  wie  es  scheint,  auch  beim  Menschen  Spermien  von  be- 
sonderer Größe,  „Riesenspermien",  v.  la  Valette  St.  George,  vorkommen, 

10* 


148  W.  Waldeyer, 

s.  Fio-.  42  nacli  v.  Wiedersperg  (260).  Auch  v.  Bardeleben  (12)  erwähne 
solcher  Exemplare ;  in  der  von  ihm  gegebenen  Abbildung  zeigt  sich  jedoch 
der  Kopf  von  so  abweichender  Form,  daß  man  versucht  ist,  an  eine 
abnorme  Bildung  zu  denken. 

Die  „Schlußscheibe"  oder  „Endscheibe"  bei  den  menschlichen 
Spermien  hat  wohl  schon  Prenant  gesehen  (M.  2627) ;  auch  an  den 
beiden  Abbildungen,  welche  Ballowitz  (7)  giebt  (Taf.  XIV,  Eigg.  62  u. 
63)  ist  sie  zu  erkennen,  ebenso  wie  das  proximale  Stück  des  hinteren 
Centrosoms,  welches  mit  EL  (Endknöpfchenj  bezeichnet  ist.  Jensen  giebt 
vom  Menschen  dasselbe  an  (121b).  Im  Text  geht  Ballowitz  auf  die 
Schlußscheibe  beim  Menschenspermium  nicht  ein;  vom  Endknöpfchen 
stellt  er  (S.  267)  fest,  daß  dasselbe  so  dicht  dem  Kopfe  anliegt,  daß  es 
erst  nach  Ablösung  des  letzteren  deutlich  hervortritt;  demnach  muß  der 
Kopf  der  menschlichen  Spermien  am  distalen  Ende  eine  größere  Aus- 
höhlung besitzen. 

Angaben  aus  neuerer  Zeit  über  menschliche  Spermien  liegen  vor 
von  Ballowitz  (7),  v.  Bardeleben  (12,  13,  20,  22),  v.  Ebner  (74—77), 
P.  Fürbringer  (88— 89a),  Gibbes  (93),  Jensen  (121b),  W.  Krause  (133 
bis  135),  A.  Menzel  (161),  Fr.  Merkel  (162),  E.  Neumann  (181,  182), 
Pappenheim  (188),  G.  Retziüs  (224),  G.  Romiti  (225),  v.  la  Valette 
St.  George  (250)  und  v.  Wiedersperg  (260).  Hierzu  kommen  die  von  mir 
im  Text  gegebenen  brieflichen  Mitteilungen  nebst  Zeichnungen  von 
Meves  und  dessen  bereits  gedruckte  Veröffentlichungen  (168,  169). 


4.    Spermien  der  Evertebraten  und  Pflanzen. 

Obwohl  wir  in  diesem  Werl^e,  streng  genommen,  nur  die  Verte- 
braten  zu  berücksichtigen  haben,  können  doch,  namentlich  in  diesem 
Kapitel  desselben,  die  Evertebraten  und  Pflanzen  nicht  gänzlich 
übergangen  werden. 

Grebilde,  die  man  mit  dem  Namen  „Spermien"  zu  belegen  hat, 
kommen  nur  bei  den  Metazoen  und  Metaphyten  vor;  wenn  einzelne 
Beobachter  auch  bei  den  Protozoen  —  vgl.  bei  v.  la  Valette  St. 
George  in  Stricker's  Handbuch  der  Lehre  von  den  Geweben,  S.  521» 
—  von  Spermatozoen  gesprochen  haben,  so  wird  damit  der  Begriff 
„Spermium"  sicher  zu  weit  ausgedehnt.    Uebergänge  sind  ja  vorhanden. 

So  haben  wir  in  dem  einleitenden  Abschnitte  festgestellt,  daß,  soweit 
geschlechtliche  Akte  bei  den  Protozoen  stattfinden,  es  auch  Bildungen 
giebt,  wie  den  stationären  und  den  wandernden  Befruchtungskern  der 
Infusorien,  die  Mikrogameten  und  Makrogameten  bei  den  sessilen  Kolonien 
der  Vorticellen  u.  a.,  die  den  Geschlechtszellen  analog  sind ;  doch  dürfen 
wir  diese  Bildungen  den  Spermien  und  den  Eiern  nicht  als  homolog  er- 
achten. Entweder  sind  es  nur  Teile  einer  Zelle,  wie  die  Befruchtuugs- 
kerne  bei  den  Infusorien,  oder  es  handelt  sich  um  differenzierte  Glieder 
einer  Tierkolonie.  Dies  freilich  kommt  den  specifischen  Geschlechtszellen 
schon  näher. 

Sämtliche  Metazoen  unter  den  Evertebraten,  vielleicht  mit 
Ausnahme  der  Dicyemiden,  zeigen  wohlausgebildete  Spermien.^  die 
sich  bei  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Arten  auch  in  der  Form 
und  in  ihren  einzelnen  Teilen  an  die  der  Vertebraten  anschließen. 
Es  sind  hier  besonders  zu  nennen  die  die  Arthropoden,  Pulmonaten  und 


Die  Geschlechtszellen.  149 

Xcmortinon  betreffenden  Untersuchungen  v.  Siebold's,  Bütschli's, 
Leyi)Ig"s.  L.  Landois'.  v.  la  Valette  St.  (Ieorge's,  (Jilson's 
(La  Cellule,  T.  I,  II,  I\),  PlatxNEr's  (Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  XXV, 
XXVI  u.  XXVII),  Prenant's  (La  Cellule,  T.  III,  VI),  Bolles  Lee's 
(M.  25(39  u.  2570),  Nussbaum's  (ISöa),  Grobben's  (Arbeiten  aus 
dem  zoolog.  Institut  der  Wiener  Universität,  1878),  G.  Herrmann's 
(M.  .')445)  und  vor  allem  die  Arbeit  von  Ballowitz  (5  II),  woselbst 
auch  die  Litteratur  näher  nachgewiesen  ist.  —  Weitere,  wenn  auch 
nur  mit  den  Namen  der  Autoren  citierte  Litteratur  giebt  v.  la  Val- 
ette  St.  George  in  Strigker's  Handbuch  der  Gew^ebelehre. 

Bei  den  Evertebraten  wie  bei  den  Pflanzen  treten  aber,  im  Gegen- 
satze zu  den  \'ertebrateu,  z  w  e i  v e r  s  c h i e  d e n  e  G r  u  n d f  o  r  m  e  n  de r 
Spermien  auf:  die  einfache  Form  oder  die  Zellenform  und  die 
differenzierte  Form  oder  die  F  a  d  e  n  f  o  r  m  ,  letztere  in  allem  Wesent- 
lichen der  Vertebratenspermien-Form  entsprechend. 

Bei  der  Zellen  form  ist  die  äußere  Gestaltung  des  Spermium 
wenig  oder  kaum  abweichend  von  der  seiner  Bildungszelle,  wenn  auch 
in  Einzelheiten  allerlei  Differenzierungen  vorkommen.  Am  genauesten 
sind  uns  aus  dieser  Kategorie  die  Spermien  von  Ascaris  megalocephala, 
insbesondere  durch  E.  Vax  Beneden  (M.  1224,  1225),  Boveri  (M. 
1235  u.  1237,  1226  u.  2542)  und  0.  Hertwig  (M.  1252)  bekannt  ge- 
worden. Ich  verweise  bezüglich  der  Abbildungen  auf  das  folgende 
Kapitel.  Aeltere  Untersuchungen  über  die  Samenfäden  der  Nematoden 
lieferten  bereits  PiEichert  (222a)  und  H.  Muxk  (18(Ja).  —  Aus  dem 
Pflanzenreiche  gehören  hierher  die  Spermien  der  gesamten  P  h  a  - 
nerogamen,  die  Pollenzellen,  welche  ebenfalls  von  zahlreichen 
Forschern  sehr  genau  untersucht  und  beschrieben  sind. 

Sämtliche  niedere  Metaphyten  mit  Ausnahme  der  Pilze,  d.  h.  also 
die  Gefäßkryptogamen  (Filicinen,  Equisetaceen,  Ophioglosseen, 
Rhizocarpeen  und  Lycopodiaceen).  ferner  die  Muscineen,  Chara- 
ceen  und  höheren  Algen  haben  Spermien  von  Fadenform 
(Fig.  52). 

Allen  fadenförmigen  Pflanzenspermien  gemeinsam  ist,  daß  die 
Geißeltaden  hüllenlos  und,  schon  ohne  Präparation  sichtbar,  in  der  Melirzahl 
vorhanden  sind  (2  —  20  und  darüber) ;  ferner,  daß,  falls  nur  wenige  Fäden 
sich  finden,  diese  sich  stets  am  vorderen  Ende  des  Spermium,  d.  h. 
an  demjenigen,  welches  bei  der  Bewegung  vorangeht,  befestigen.  Wir 
sahen,  daß  bei  den  Wirbeltierspermien  die  Fäden  meist  erst  durch 
weitere  Präparation  als  in  der  Mehrzahl  vorhanden  nachgewiesen  werden 
konnten,  und  daß,  mit  Ausnahme  von  Bombinator,  dieselben  am 
hinteren  Umfange  der  Spermien  angebracht  sind.  Beides  gilt  ebenso 
für  die  bisher  untersuchten  Spermien  der  Evertebraten,  soweit  sie  die 
Fadenform  zeigen. 

Die  Spermien  von  V  au  c  h  e  ria  (Siphoneen,  Algen)  sind  sehr  klein  und 
haben  zwei  polar  gestellte  Geißeln.  Bei  den  Fucaceen  (Algen)  finden 
sich  Spermien,  welche  der  Zellenform  näher  stehen,  mit  zahlreicheren 
Geißeln  versehen.  Viele  Geißelfäden  zeigen  auch  die  Equisetaceen 
(Fig.  51).  Die  Mu  sei  neen  -  Spermien  haben,  wie  viele  andere  Pflanzen- 
Spermien,  ein  leicht  gewundenes  Kopfstück  mit  2  Geißeln  vorn  (Fig.  52). 
Bei  den  Rhizocarpeen  sind  die  Spermien  schraubenförmig  gewunden. 
LTnter  den  Lycopodiaceen  hat  Isoetes  lacustris  eine  besonders 
interessante  Form,   indem  der  Spermienkörper  —  so  muß  man  hier  w^ohl 


150  W.  Waldeyer, 

sagen    —    spindelförmig   ist    und    an    beiden    Enden    ein  Bündel  Geißel- 
fäden  trägt. 

Bei  allen  Fadenspermien  bildenden  Pflanzen  findet  die  Befruchtung 
unter  Wasser  statt,  denn  nur  in  einem  flüssigen  Medium  können  sich  die 
Spermien  bewegen ;  öfters  dauert  die  Bewegungsfähigkeit  der  pflanzlichen 
Samenfäden  nur  kurze  Zeit,  bei  Isoetes  lacustris  z.  B.  nur  5  Minuten. 
Für  weiteres  verweise  ich  auf  das  weit  verbreitete  Lehrbuch  der  Botanik 
von  J.  Sachs,  in  welchem  die  Spermieuformen  eine  ziemlich  eingehende 
Darstellung  gefunden  haben. 

Unter  den  Evertebraten  begegnen  wir  der  einfacheren  (Zellen-) 
Form  bei  den  Nematoden,  den  Dekapoden,  bei  einem  Teile  der  Myrio- 
poden  (Chilognathen)  und  der  Arachniden  (Araneen).  Alle  übrigen,  also 
sämtliche  Spongien,  Cölenteraten,  Echinodermen,  der  weitaus  größte  Teil 
der  Würmer,  einschließlich  der  Bryozoen,  Tunicaten  xand  der  vielleicht 
hierher  zu  rechnenden  Orihonectiden,  die  sämtlichen  Insekten,  Mollusken 
und  Cephalopoden  haben  die  Fadenform. 

Ballowitz  (5  II)  hat  nachgewiesen,  daß  man  —  insbesondere  bei 
den  Coleopteren,  wo  er  über  100  Arten  untersuchte  —  stets  deutlich 
ein  Kopfstück  unterscheiden  kann,  selbst  da,  wo  die  Autoren  von 
spindelförmigen  oder  haarförmigen  Spermien  sprechen.  Vorn  am  Kopfe 
ließ  sich  ein  Perforatorium  (Spitzenstück  Ballowitz,  Segment  procephalique 
Gilson)  feststellen.  Ein  „Verbindungsstück"  ist  bis  jetzt  nicht  gesichert. 
Die  Geißel  der  Coleopteren,  deren  Spermien  zu  den  größeren  Formen 
gehören,  besteht  bei  einer  Anzahl  Arten  aus  einem  steifen,  wenn  auch 
elastisch-biegsamen  Stützfaden  (Ballowitz),  an  den  sich  einseitig 
(nicht  spiralig)  ein  feiner  Saum  anlegt.  Der  Rand  dieses  Saumes  ist 
etwas  verdickt,  als  „Saumfaden",  Ballowitz,  und  in  dem  Saume  selbst, 
näher  dem  Stützfaden,  differenziert  sich  noch  ein  zweiter  Faden,  „Mittel- 
faden", Ballowitz.  Letztere  beiden  Fäden,  sowie  auch  noch  andere 
Teile  des  Saumes  selbst  lassen  sich  in  Fibrillen  zerlegen,  der  Stützfaden 
nicht.  Bei  einer  zweiten  Form  von  Insektenspermien  ist  kein  Stützfaden 
vorhanden ;   es  giebt  indessen  Uebergangsformen. 

Andere  Evertebraten,  z.  B.  die  Echinodermen,  Anneliden  zum  Teil, 
u.  a.  zeigen  kleine  Spermien  mit  rundlichen  Köpfchen,  ähnlich  denen 
der  Fische;  einzelne  Echinodermenordnungen  haben  Spermien  mit  Spitzen- 
stücken (FiELüSla). 

üeberblicken  wir  nunmehr  die  verschiedenen  Formen,  unter  denen 
uns  die  Spermien  im  Tier-  und  Pflanzenreiche  erscheinen,  so  lassen 
sich  folgende  Hauptgruppen  und  Unterabteilungen  aufstellen: 

I.  S  p  h  ä  r  0  s  p  e  r  m  i  e  n  ,  K  u  g  e  1  s  p  e  r  m  i  e  n : 

1)  ohne  Anhänge  (Sphaerospermia  simplicia), 

2)  mit  Anhängen  (Sphaerospermia  armata). 

II.  N  e  m  a  1 0  s  p  e  r  m  i  e  n ,  F  a  d  e  n  s p  e r  m  i en  : 

1)  ohne  Geißelmembranen  1  a)  Kopf  rundlich 
(Nematospermia  simplicia)  J  ß)  Kopf  länglich 

2)  mit  Geißelmembranen  1  a)  Kopf  rundlich 
(Nematospermia  membranosa)  )  ß)  Kopf  länglich. 

Diese  Einteilung  geht  nur  von  äußeren  Form  Verhältnissen  aus ; 
sie  beruht  nicht  auf  entwickelungsgeschichtlicher  oder  physiologischer 
Basis.     Wir  werden    auf   diese   nach  Betraclitung    der  Spermiogenese 


Die  Geschlechtszellen.  151 

ziirttckkomineu  und  dabei  auch  des  Versuches  von  Brandes  (56,57  b) 
gedenken,  die  verschiedenen  Sperniienformen  auf  eine  Grundform  oder 
Gruudstruktur  zurückzuführen. 

Unter  Kugelspermien  verstehe  ich  alle  diejenigen  Formen,  welche 
die  Form  ihrer  Mutterzellen,  der  Spermatiden  —  s.  Spermiogenese  — 
mehr  oder  minder  bewahrt  haben,  also  iin  ganzen  rundliche,  sphärische 
oder  konische  Körper  darstellen.  Dieselben  führen  keine  Geißel 
als  Lokomotionsorgan,  und  darin  liegt  ihr  vornehmster  Unter- 
schied von  den  Fadenspermien.  Beispiele  sind  vorhin  aufgefüht  worden  : 
Nematoden,  Dekapoden,  Araneen  u.  a.  bei  den  Tieren,  Phanerogamen  bei 
den  Pflanzen.  Als  Unterabteilungen  möchte  ich  die  einfachen  von  den 
mit  besonderen  Anhängen  versehenen  unterscheiden,  wobei  ich  Kapseln 
oder  sonstige  Hüllen  nicht  als  Anhänge  zähle.  Demnach  gehören  zu 
den  Sphaerospermia  simplicia  die  meisten  Pollenzellen  der  Pha- 
nerogamen und  die  Spermien  der  Nematoden.  Als  Beispiele  der  Sphaero- 
spermia armata  müssen  die  der  Dekapoden  gelten,  wo  wir 
Perforatorien,  Stacheln  und  andere  Anhänge  für  besondere  Zwecke  finden. 
Für  die  weitere  Einteilung  der  Fadenspermien  schien  mir  der 
Umstand,  ob  die  Geißel  mit  einer  Membran,  sei  es  nun  eine  undulierende 
oder  nicht,  versehen  ist,  wichtig,  und  zu  einer  weiteren  Gliederung  die 
Form  des  Kopfes,  ob  kugelig  oder  länglich  (spieß-,  walzen-  oder  pfriemen- 
förmig).  Weniger  Wert  möchte  ich  auf  die  Schraubenform  legen.  Auch 
das  mehr  oder  minder  deutliche  Erscheinen  eines  Spiralfadens  kommt 
hier  wohl  nicht  in  Betracht,  denn  derselbe  ist  eine  sehr  weit  verbreitete 
Bildung,  welche   an  allen   Teilen  eines  Spermium  auftreten  kann. 

Was  die  an  den  Spermien  beobachteten  M  e  m  b  r  a  n  b  i  1  d  u  n  g  e  n 
anlangt,  so  möchte  ich  dieselben  hier  noch  kurz  von  einem  allgemeineren 
Gesichtspunkte  aus  besprechen:  Wir  haben  deren  zwei  kennen  gelernt, 
die  un  d  ulier  e  n  de  n  und  nicht  undulier  enden;  sowohl  bei  Verte- 
braten  (insbesondere  hier  bei  den  Amphibien)  und  bei  den  Evertebraten 
(Coleopteren  u.  a.)  kommen  sie  vor.  Ihrer  Herkunft  nach  stammen 
beide  aus  derselben  Quelle,  dem  Cytoplasma  der  Spermatiden.  Die  Be- 
weglichkeit der  undulierenden  Membranen  liegt,  wie  es  scheint,  nicht  in 
ihnen  selbst,  sondern  vor  allem  in  einem  im  freien  Rande  derselben 
verlaufenden  Faden,  dem  „Randfaden"  oder  „Saumfaden", 
Ballowitz,  welcher  weiter  fibrillär  zerfällt  werden  kann.  Innerhalb 
der  Membranen  und  mit  ihnen  im  Zusammenhange  können  nun  noch 
mehrerlei  Fäden  dargestellt  werden,  die  aber  keine  Aufkräuselung  der 
betreffenden  Membranen  erzeugen,  wie  das  der  Randfaden  thut.  Ich 
bezeichne  die  nicht  undulierenden  Membranen  allgemein  als  Membranae 
intermediae  (vgl.  Fig.  6B).  Hierher  möchte  ich  nun  auch  die 
Spiralbildungen  ziehen.  Ist  ein  Spiralfaden  vorhanden,  so  kann 
er  mnerhalb  einer  Hüllsubstanz  differenziert  sein,  wie  beim  Menschen 
und  Meerschweinchen  (s.  Fig.  6 ,  6  D  und  43  A  und  B) ;  er  tritt 
dann  äußerlich  nicht  hervor;  oder  aber  er  tritt  äußerlich,  einem  Spiral- 
saume gleich,  mehr  oder  minder  deutlich  in  die  Erscheinung  (Fig.  29, 
Fringilla).  In  einem  solchen  Falle  ist  immer  eine  größere  oder  geringere 
Menge  Zwischensubstanz  zwischen  dem  Hauptfaden  und  dem  Spiralfaden 
vorhanden,  und  wenn  der  letztere  sich  ein  wenig  weiter  vom  Hauptfaden 
mit  seinen  Windungen  entfernt,  dann  gelangen  wir  auch  hier  zwischen 
beiden  Fäden    zu  einer  Membranbildung.     Es   erscheint  ■  mir  dabei    nicht 


152  W.  Waldeyer, 

von  großem  Belang,  ob  die  Bildung  eine  spiralige  oder  einseitig  ange- 
heftete ist ;  ich  bin  der  Meinung,  und  das  sollte  noch  einmal  besonders 
hervorgehoben  sein,  daß  alle  diese  Bildungen  als  verwandte  anzusehen 
sind.   —    Vgl.  hierzu  die  Bemerkungen  auf  S.   116  ff. 


5.    Varietäten  der  Spermien;  Sper  m  at  ophor  en; 
R  e  i  f  n  n  g  s  e  r  s  c  h  e  i  n  u  n  g  e  n. 

Von  wichtigeren  Varianten  sind  bei  den  Spermien  zu  erwähnen: 
die  d  i  m  o  r  p  h  e  n  F  o  r  m  e  n  ,  die  R  i  e  s  e  n  s  p  e  r  m  i  e  n ,  die  Doppel- 
spermien  und  die  Bund  eis  permien.  Dazu  treten  dann  Form- 
abweichungen, die  als  Mißbildungen  aufgefaßt  werden  müssen.    S.  No.  6. 

Von  besonderem  Interesse  ist  der,  wie  es  scheint,  häufiger  vor- 
kommende Dimorphismus  der  Spermien  bei  ein  und  demselben 
Individuum.  Insbesondere  studiert  ist  derselbe  bei  Paludina  vivipara, 
wo  ihn  1836  v.  Siebold  entdeckte  (Fernere  Beobachtungen  über  die 
Spermatozoen  der  wirbellosen  Tiere,  Müller's  Arch.  für  Anat.  und 
Physiologie,  1836,  S.  232)  und  wo  er  von  Max  v.  Brunn  (M.  2605), 
Auerbach  (3b)  und  neuerdings  von  Meves  (172a)  auch  genetisch 
genau  verfolgt  wurde,  s.  Spermiogenese.  Die  beiderlei  Formen  werden 
hier  als  die  haar  förmigen  und  die  wurm  förmigen  unter- 
schieden. Die  ersteren  haben,  nach  der  Schilderung  M.  v.  Brunn's, 
die  gewöhnliche  Spermienform  mit  6-fach  schraubenförmig  gewundenem 
Kopfe,  deutlichem  langen  Verbindungsstücke  und  Hauptstücke  des 
Schwanzes;  sie  messen  SS  u.  Die  anderen,  wurmförmigen,  sind  über 
doppelt  so  lang  und  mehr  als  doppelt  so  dick;  ein  Koi)fstück  ist  kaum 
abgesetzt,  und  geht  das  Spermium  in  nahezu  gleicher  Stärke  bis  zum 
Schwanzende  fort,  wo  wie  aus  einer  Hülse  8 — 10  feinste  Fibrillen 
hervorragen. 


ö^ 


Aehnliche  Dimorphismen  sind  noch  beschrieben  durch  Leybig  bei 
Notommata  Siebold  ii,  durch  Schenk  und  Köhler  bei  M  u  r  e  x 
brandaris,  bei  A  m  p  u  1 1  a  r  i  a  und  anderen  Prosobranchiern  durch 
M.  V.  Brunn  und  Brock,  bei  Py  gaera  (Lepidoptera)  durch  Meves  ('172a). 
Am  weitesten  ist  neuerdings  v.  Bardeleben  (15  u.  17)  gegangen,  indem 
er  auch  bei  Säugetieren,  insbesondere  bei  Monotremen,  und  auch  beim 
Menschen  einen  regelmäßigen  Dimorphismus  annehmen  zu  müssen  glaubte. 
Weitere  spermiogenetische  Untersuchungen  haben  indessen  hier  eine  irr- 
tümliche Deutung  richtig  beobachteter  Vorgänge  ergeben.  Uebrigens  hat 
V.  Bardeleben  (12,  20,  22)  mit  Recht  auf  die  zahlreichen  Varianten 
der  gewöhnlichen  Form  menschlicher  Spermien  hingewiesen. 

Ueber  die  Bedeutung  des  geschilderten  Dimorphismus  läßt  sich  bis 
jetzt  noch  nichts  Bestimmtes  aussagen.  Die  übrige  Litteratur  findet 
sich  bei  M.  v.  Brunn,  Auerbach  und  Meves. 

Eine  weitergehende  Bedeutung  für  den  Dimorphismvis  wird  neuer- 
dings durch  Brandes  (57a)  geltend  gemacht,  indem  er  ihn  mit  den 
zweierlei  Zellen  der  Hodenkanälchen,  den  vegetativen  und  germinativen 
Hodenzellen  Bbnda's,  in  Verbindung  bringt  (s.  w.  u.  Spermiogenese),  und 
durch  seine  Befunde  bei  der  Spermiogenese  der  Assel.  Hier  sollen  die 
einzelnen  Spermien  aus  je  2  Zellen  entstehen,  von  denen  die  eine  den 
Perforationsapparat,  die  andere  das  übrige  liefert.  In  anderer  Art  hatte 
V.  Bardeleben  (1.  c.)  je  2  Zellen  für  die  Bildung  jedes  Spermium  heran- 
gezogen,  doch  haben  sich  seine  Deutungen  nicht  aufrecht  erhalten  lassen. 


Die  Geschlechtszellen.  153 

Till  Anschlüsse  hieran  ist  der  ,,  R  i  e  s  e  n  s  p  e  r  m  i  e  n  "  zu  gedenken, 
merkwürdiger,  sehr  großer  Spermien,  welche,  wie  es  scheint,  fast  bei 
allen  Tieiarten  vorkommen.  Sie  wurden  von  v.  la  Valette  St. 
George  (249,  Arch.  m.  A.,  Bd.  XX\II,  S.  394)  zuerst  (bei  Hyla 
arborea)  gesehen  und  „Riesenspermatosomen''  benannt;  vgl.  Fig.  22, 
Später  haben  sie  J.  Broman  (bei  Bombinator  —  (30,  (31)  und  Regaud  (212) 
genauer  und  auch  entwickelungsgeschichtlich  verfolgt;  ferner  gehört  die 
hier  wiedergegebene  Figur  42,  Menschenspermium,  nach  v.  Wieders- 
PERG  (2G0),  wohl  hierher.  Ballowitz  (5  I,  III)  giebt  für  Fische 
und  Vögel,  Bolles  Lee  (M.  2569)  für  Nemertinen  Aehnliches  an. 
Auch  hier  fehlt  uns  noch  ein  Verständnis  der  Bedeutung;  weiteres 
s.  unter  „Spermiogenese". 

Vielfach  sieht  man  —  vgl.  insbesondere  die  Arbeiten  von 
F.  Hermann  (116)  und  Sabatier  (227)  über  Selachier  und  die  vieler 
anderen  Autoren  über  Spermiogenese  bei  Evertebraten  —  die  Spermien 
regelmäßig  in  größere  Bündel  zusammengeordnet.  Unter  den  Verte- 
braten  trifft  mau  dies  sehr  häufig  bei  Ca  via  cobaya.  Im  Innern 
der  weiblichen  Genitalien,  vielfach  auch  schon  früher  in  den  aus- 
führenden Samenwegen,  gliedern  sich  die  Bündel  in  die  einzelnen  Sper- 
mien auf.  Bei  manchen  Arten,  wie  insbesondere  bei  den  Cephalo- 
poden  (NEEDHAM'sche  Körper),  manchen  Arthropoden,  z.  B. 
Astacus,  u.  a.  wird  um  ein  oder  mehrere  solche  Spermienbündel 
eine  Art  Kapsel  gebildet,  wodurch  die  Spermien  zusammengehalten 
werden  ,  „ S  p  e  r  m  a  t  o  p  h  o  r  e'\  Als  „ S  a  m  e  n  s  t  ä  b  c  h  e  n"  bezeichnet 
Leuckart  (Artikel  „Zeugung"  in  Wagner's  Handwörterbuch  der 
Physiologie)  ein  durch  eine  Kittmasse  fest  verklebtes  Packet  Samen- 
fäden ohne  besondere  Hülle.  Die  Männchen  bringen  beim  Begattungs- 
akte diese  Spermatophoren  oder  diese  Saraenstäbchen  in  die  Ge- 
schlechtsöffnung des  Weibchens  hinein  oder  befestigen  sie  in  unmittel- 
barer Nähe  derselben.  Nach  Auflösung  der  Hülle  der  Spermatophoren 
w^erden  die  Spermien  frei  und  erlangen  dann  erst  ihre  volle  Beweg- 
lichkeit. Bei  den  NEEDHAM'schen  Körpern  sind  besondere  Spreng- 
vorrichtungen vorhanden. 

Ballowitz  hat  die  ohne  Spermatophoren  bestehende  gruppen- 
artige Zusammenlagerung  als  „Spermatoz  eugma"  bezeichnet. 

Hiervon  ist  die  vom  demselben  Autor  als  „  Spermosyzygie" 
benannte  Erscheinung  wohl  zu  trennen.  Bei  dieser  Form  handelt  es 
sich  um  eine  regelmäßig  vorkommende  innige  Verkuppelung  j  e 
zweier  Spermien  zu  einem  Doppelgebilde  eigentümlicher  Art. 
Beobachtet  wurde  diese  Syzygie  iubesondere  bei  Coleopteren,  vor 
allem  bei  Dyticiden  und  dann  bei  Beuteltieren,  wo  Selenka  (M.  914) 
sie  zuerst  auffand.  Ballow^itz  (4b  u.  4c)  sah  sie  gleichzeitig  bei 
Dyticiden;  ihre  erste  genauere  Schilderung  bei  diesen  gab  Auerbach 
(2  u.  3),  später  Ballowitz  (10).  der  auch  Drillingskuppelungen 
beschreibt.  Auch  bei  Astacus  fluviatilis  hat  G.  Herrmann  (M.  3445) 
Doppelspermien  gefunden,  ebenso  Broman  (61)  bei  Bombinator,  wo 
sich  Beziehungen  "zur  Riesenspermienbildung  herausgestellt  haben. 

Nach  Auerbach  und  Selenka  sollen  sich  die  beiden  konjugierten 
Spermien,  bevor  sie  bis  zur  Eizelle  gelangen,  wieder  trennen;  dies  ist 
jedoch  bei  den  Dyticiden  nach  Ballowitz'  Befunden  nicht  immer  der  Fall, 
da  er  vielfach  noch  im  Receptaculum  seminis  der  Weibchen  Doppelspermien 
fand.     Ob  der  Fall    bei  Astacus    und  Didelphys    einerseits    und    der  von 


154  W.  Waldeyer, 

Dyticus  andererseits  gleicliartig  liegt,  kann  bezweifelt  werden,  denn  bei 
Dyticus  tindet,  worauf  AuEKiiACii  (3)  aufmerksam  macht,  die  Kuppelung 
erst  statt,  nachdem  die  schon  frei  beweglichen  Spermien  fast  ihre  volle 
Ausbildung  erlangt  haben ;  bei  Astacus  und  wahrscheinlich  auch  bei 
Didelphys  bleiben  beide  Spermien  von  ihrer  Entwickelung  an  verbunden. 
Eine  derartige  entwickelungsgeschichtliche  Verkuppelung  zu  dreien  hat 
auch  Saks  bei  Mysis  [citiert  nach  Auerbach  (3)]  beobachtet. 

Was  die  Bedeutung  dieser  Paarung  anlangt,  so  hat  schon  Selenka 
auf  die  dadurch  erzielte  Verstärkung  der  Bewegung  hingewiesen,  und 
Ballowitz  stimmt  dem  zu.  Uebrigens  sieht  letzterer  die  Syzygien  nur 
als  einfachere  fälle  der  Zeugmen  an. 

Wir  können  passend  an  dieser  Stelle  auch  der  Formänderungen 
gedenken,  welche  die  Spermien  noch  auf  dem  langen  Wege  vom  Hoden 
bis  zur  Ejakulationsöffnung  in  den  verschiedenen  Abschnitten  der 
männlichen  Geschlechtsorgane  und  während  ihres  Aufenthaltes  im  Innern 
der  weiblichen  Geschlechtswege  bis  zum  Eintritte  in  das  Ei  erleiden, 
Formänderungen,  die  man  zu  den  „R  e  i  f  u  n  g  s  e  r  s  c li  e  i  n  u  n  g  e  n^' 
zählen  kann.  Diese  Reifungserscheinungen  sind  indessen  wohl  von 
den  sogenannten  „Reif e teil un  gen''  zu  sondern,  welche  an  den 
Bildungszellen  der  Spermien  auftreten  und  bei  der  Spermiogenese 
zu  besprechen  sind.  Den  mitgeteilten  Beobachtungen  zufolge  ist  anzu- 
nehmen, daß  die  Spermien  aller  Tiere,  wenn  sie,  wie  zumeist,  längere 
Strecken  männlicher  Geschlechtswege  bis  zur  Ausstoßung  zu  durch- 
laufen haben,  solche  Veränderungen  aufweisen.  Beim  Menschen  be- 
stehen sie  im  folgenden :  Die  Samenfäden  verlieren  im  Ductus  deferens 
meist  die  protoplasmatischen  Anhänge,  welche  sie  noch  in  den  Hoden- 
kanälchen  und  im  Anfange  des  Nebenhodens  zeigen ;  sie  isolieren  sich 
völlig  voneinander,  falls  sie  in  Gruppen  lagen ;  sie  nehmen  noch  ein 
wenig  an  Länge  zu,  wie  mir  scheint,  doch  fehlen  mir  noch  exakte 
Messungen  in  ausreichender  Zahl,  Endlich,  und  das  scheint  besonders 
wertvoll,  gewinnen  sie  erst  in  den  Samenblasen  und  nach  Zutritt  des 
Succus  prostaticus  ihre  volle  Beweglichkeit,  Aehnliches  gilt  auch  für 
die  Säugetiere,  Von  weiteren  Formänderungen,  die  er  als  Reifungs- 
erscheinungen bezeichnet,  berichtet  Meves  beim  Meerschweinchen : 
Hier  werden  die  Köpfe  im  Nebenhoden  kleiner,  zum  Teil,  wie  Meves 
meint,  durch  Substanzverdichtung,  zum  Teil  scheinbar,  durch  Aus- 
bildung der  vorhin  (S,  139  und  Figg,  36  B  und  37)  beschriebenen 
Krümmungen,  Ferner  bilden  sich  die  AlDkömmlinge  des  hinteren  Centro- 
soms,  die  4  am  proximalen  Ende  des  Verbindungsstückes  befindlichen 
hinteren  Knöpfchen  (JVc?,jt>,  Fig,  36  A)  allmählich  zurück,  insbesondere 
die  beiden  mittleren  —  welche  in  Fig,  36  B  auch  nicht  mehr  gezeichnet 
sind,  während  sie  auf  dem  jüngeren,  in  Fig,  50  g  und  h  abgebildeten 
Stadium  noch  hervortreten  — ,  ebenso  der  am  distalen  Ende  des  Ver- 
bindungsstückes befindliche  Schlußring,  Ann.  in  Fig,  36  A,  Vgl,  hierzu 
die  Bemerkung  in  der  Erklärung  dieser  Figur  S,  140  •).  Endlich  legt 
sich  die  cytoplasmatische  Hülle  im  Bereiche  des  Verbindungsstückes 
der  Spiralhülle  dichter  an. 


1)  Ich  möchte  hier  sogleich  auf  ein  Versehen  aufmerksam  machen,  welches 
S,  141  im  Reindruck  steheu  geblieben  ist:  in  Zeile  2  v,  o.  muß  es  statt  „vorn" 
heißen  „hinten",  so  daß  der  betreffende  Satz  lautet:  „Die  beiden  mittleren  Fäden 
divergieren  nach  hinten  ventral  und  nach  hinten  dorsal".  Es  ergiebt  dies  auch  die 
Betrachtung  der  Figuren  36  B  und  50  g  ohne  weiteres. 


Die  Geschlechtszellen.  155 

Was  die  im  Innern  der  weiblichen  Gesclilechtswege  noch  vor  sich 
gehenden  Veränderungen  anlangt,  so  gedenke  ich  der  Beobachtungen 
von  Ed.  Van  Beneden  und  Julin  bei  Ascaris  megalocephala  (M.  1224, 
1225,  1226  u.  2542),  von  Selenka  (M.  914).  Hallez  (Conipt.  rend., 
T.  LXXIX),  Bertkau  (Sitzungsberichte  der  Niederrheinischen  (iesell- 
schaft  für  Natur-  u.  Heilk.  Bonn,  1881),  Eimer  (M.  2612)  und  Ballo- 
WITZ  (7). 

Die  Ascaris-Sperniien  zeigen  sich  im  Uterus  der  Weibchen  von 
sehr  variabler  Gestalt,  sie  erlangen  erst  hier  ihre  volle  Ausbildung. 
Die  Doppelspermien  von  Didelphys  trennen  sich  nach  und  nach  im 
Innern  der  weiblichen  Geschlechtswege.  Hallez  fand  bei  Brachyuren, 
daß  die  Spermien  in  der  Bursa  copulatrix  der  Weibchen  eine  spindel- 
föi'uiige  Gestalt  annahmen.  Wenn  die  Spermien,  wie  bei  den  Fleder- 
mäusen, längere  Zeit  im  Innern  der  weiblichen  Genitalien  verweilen, 
ehe  sie  zum  Ei  gelangen,  dann  stellen  sich  Aenderungen  an  ihnen 
ein,  die  man  als  Macerationserscheinungen  bezeichnen  könnte  (Eimer, 
Ballo\vitzj. 

Im  allgemeinen  muß  zu  den  Formverschiedenheiten  der  Spermien, 
insbesondere  auch  beim  Menschen,  noch  gesagt  werden,  daß,  abgesehen 
von  den  Reifeersclieinungen,  Dimorphismen  und  Riesenformen,  noch 
allerlei  individuelle  Formvai-iationen  vorkommen,  die,  wde  vorhin  berührt, 
neuerdings  insbesondere  von  v.  Bardeleben  angezeigt  sind.  Aber  es 
liegen  auch  Beobachtungen  aus  älterer  Zeit  dafür  vor,  unter  anderen  von 
R.  Wagner  (Lehrb.  d.  Physiologie  1839),  Lallemand  (Ann.  des  Scienc. 
natur.,  Ser.  2,  T.  XV,  1841)  und  von  A.  Kölliker  (127— 129);  nament- 
lich führen  diese  Autoreu  Größenunterschiede  bei  verschiedenen  Individuen 
au.  Grohe  (101a)  meint,  daß  hier  Kontraktionszustände  der  Spermien- 
köpfe  im  Spiel  sein  könnten. 

6,    Pathologische  Erscheinungen. 

Was  die  pathologischen  Veränderungen  am  Gesamt- 
spernia  anlangt,  so  sind  die  durchgreifendsten  die  Azoospermie, 
d.  i.  das  Fehlen  von  Spermien  im  Ejakulat,  was  sowohl  auf  Nicht- 
bildung  derselben,  als  auch  auf  Abschluß  der  samenbereitenden  Kanäle 
von  den  übrigen  ausführenden  Wegen  beruhen  kann,  und  der  Asper- 
matismus.  Letzterer  besteht  in  dem  Fehlen  jeglichen  Ejakulates, 
wobei  der  Ejakulationsreflex  ausgelöst  sein  kann,  oder  es  auch  nicht 
einmal  zu  diesem  kommt,  selbst  wenn  vollkommene  Erektion  besteht. 
Hier  ist  eine  große  Verschiedenheit  der  Formen  und  Ursachen  vor- 
handen,  worüjjer  insbesondere  P.  Fürbringer  (89a)  eingehender 
handelt.  Als  bemerkenswert  führe  ich  die  Fälle  an.  in  denen  das 
Sperma  in  die  Urethra  posterior  und  von  da  rückwärts  in  die  Harn- 
blase ejakuliert  wird,  bei  Hindernissen  in  der  Gegend  des  Colliculus 
seminalis. 

Bei  der  Azoospermie  können  alle  sonstigen  Empfindungen  und 
Funktionen  des  männlichen  Geschlechtslebens  vollkommen  bestehen. 
Dieser  Zustand  kommt  häufiger  vor,  als  man  früher  geglaubt  hat:  er 
ist  natürlich  nur  durch  wiederholte  genaue  mikroskopische  Unter- 
suchung des  Ejakulates  sicherzustellen. 

Sperma  mit  wenig  Spermien  und  wenig  anderen  körperlichen 
Elementen  erscheint  heller   und  dünnflüssiger,    gerinnt   auch   weniger 


156  W.  Waldeyer, 

gut.  FÜRiJRiNGER  (1.  c.)  giebt  an,  daß  auch  die  S])ermien  selbst  in 
pathologischen  Fällen  der  eben  aufgeführten  Art  abnorm  durchsichtig 
erscheinen  können.  Endlich  wäre  dann  noch  der  pathologischen 
IJeiniiscluingon  von  Blutkör])erchen  und  deren  Pignientabkcuiinilingen, 
von  Eiterköi[»erchen  und  Mikroben  verschiedener  Art  (Haomospcrnia, 
Pyosperma,  Mikrobiosperma  [mj)  zu  gedenken.  Bezüglich  der  Mikroben 
hat  die  Frage  nach  dem  Vorkommen  von  Erregern  der  Syi)hilis  und 
der  Tuberkulose  naturgemäß  das  meiste  Interesse  erregt  und  eine 
große  Anzahl  von  Untersuchungen  hervorgerufen.  Da  wir  den  patho- 
genen  Erreger  der  Lues  nicht  kennen,  blieben  darauf  zielende  tinter- 
suchungen  bis  jetzt  ohne  Erfolg.  Nach  den  Experimenten  von  Jäkh 
(lieber  den  Bacillengehalt  der  Geschlechtsdrüsen  und  des  Sperma 
tuberkulöser  Individuen,  Virchow's  Arch.  f.  pathol.  Anat.,  Bd.  CXLII, 
S,  101,  1S95)  scheinen  Tuberkelbacillen  im  Inhalte  der  sonst  nicht 
veränderten  Samenblasen  Tuberkulöser  vorzukommen  und  mit  Erfolg 
auf  Meerschweinchen  überimpft  werden  zu  können. 

An  den  Spermien  selbst  sind  sowohl  in  der  Formgestaltung, 
wie  auch  in  dem  funktionellen  Verhalten  pathologische  Erscheinungen 
festgestellt  worden.  Bei  den  pathologischen  Formen  müssen  wieder 
die  Mißbildungen  --  T  e  r a t o  s  p  e r  m  i  e  n  —  von  den  übrigen  patho- 
logischen Bildungen  unterschieden  werden.  Regaud  (212),  falls  ich 
ihn  recht  verstehe,  rechnet  u.  a.  die  Riesenspermien  zu  den  terato- 
logischen  Formen,  zu  denen  sicher  wohl  die  dop])elköpfigen 
Spermien  mit  einfachem  Schwänze  und  die  doppelschwänzigen  Spermien 
mit  einfachem  Kopfe,  sowie  die  mehrspießigen  Spermien  zu  rechnen 
sind.  Regaud  fand  (212)  im  Ejakulate  eines  Neurasthenikers  mehr- 
fach solche  Doppelkopfspermien,  die  vollkommen  beweglich  waren; 
die  doppelschwänzigen  und  mehrspießigen  Spermien  beschreibt  u.  a. 
Broman  (61)  bei  Bombinator.  Auch  bei  anderen  Tieren  sind  ab- 
weichende Spermienformen  beschrieben  worden,  so  von  G.  Herr- 
mann (M.  3445)  bei  Dekapoden  und  von  Regaud  (212)  bei  verschie- 
denen Säugetieren.  Es  bestehen  offenbar  Beziehungen  zur  Riesen- 
und  Doppelspermienbildung  (Syzygie).  Als  einfach  pathologische 
Formen  sind  zu  bezeichnen  die  verkrüppelten  Spermien  mit  mangel- 
haft ausgebildeten  oder  leicht  abbrechenden  Köpfen  und  Schwänzen ; 
es  kann  hierbei  eine  gewisse  Beweglichkeit  bestehen  bleiben.  Schon 
R.  Wagner  (Lehrbuch  der  Physiologie)  erwähnt  dieser  verkrüppelten 
Bildungen.  Inwieweit  die  mißgebildeten  oder  sonst  pathologischen 
Spermienformen  noch  befruchtungsfähig  sein  mögen,  darüber  läßt  sich 
zur  Zeit  nichts  Bestimmtes  aussagen. 

Störungen  der  Funktion  geben  sich  kund  in  trag  sich  be- 
wegenden oder  gar  völlig  bew^egungslosen  Spermien  mit  Oesenbildungen 
ihrer  Schwänze.  Hierher  rechnen  wir  wohl  am  besten  auch  das  Vor- 
kommen zahlreicher  unausgereifter  Spermien  mit  Protoplasmaanhängen, 
und  isolierter  Köpfe  und  Schwänze  im  frischen  Ejakulate,  wie  dies 
einen  nicht  seltenen  Befund  bei  Pollutionisten,  Spermatorrhoikern  und 
Onanisten  darstellt.  Da  die  Bewegungen  der  Spermien  zu  normaler 
Lebhaftigkeit  vorzugsweise  erst  durch  den  Zutritt  des  Succus  pro- 
staticus  angefacht  werden  (P.  Fürbringer  89a),  so  kann  in  manchen 
Fällen  die  mangelhafte  Bewegung  derselben  auf  Fehlen  der  Prostata- 
sekretion beruhen. 

Erkrankungen  der  Hoden  beeinflussen  die  Spermiogenese  in  etwa 


Die  Geschlechtszellen.  157 

intakt    gebliel)enen   Teilen   des  Organes   nicht,   wie   mehrfach   nachge- 
wiesen worden  ist  (Vgl.  Cordes,  (71). 

Akute  Allgemeinerkrankungen  schädigen  in  den  meisten  Fällen  die 
Spermatogenese  in  mehr  oder  minder  lioheni  Grade:  entweder  finden  sich 
bei  dahin  gehörenden  Kranken  wenige  Spermien  oder  gar  keine  —  es 
müssen  dieselben  aufgelöst  worden  oder  in  Detritus  zerfallen  sein. 
In  anderen  Fällen  zeigen  sich  auch  die  Bildungszellen  der  Spermien 
bis  zu  den  Stammzellen  (Spermatogonien)  hinab  verändert;  insbe- 
sondere kommen  vielkernige  Spermatocyten  und  Spermatiden  vor  — 
vgl.  hierzu  die  Arbeiten  von  Maximow  (159a~-160a)  und  Regaud(212) 
und  den  Abschnitt  „Spermiogenese".  Bei  chronischen  Leiden  kommt 
es  vor  allem  auf  die  Dauer  derselben  und  den  gesamten  Ernährungs- 
zustand an;  ist  dieser  ein  mangelhafter,  so  sistiert  auch  die  Spermio- 
genese; hiermit  stimmen  die  Versuche  von  Grandis  (citiert  bei 
Cordes),  der  bei  hungernden  Tauben  Ausfall  der  Spermiogenese  schon 
nach  wenigen  Tagen  feststellen  konnte.  Die  fertigen  Spermien  star])en 
ab,  ebenso  wie  die  meisten  Samenbildungszellen;  der  Detritus  wurde 
resorbiert;  nur  die  w^andständigeu  Zellen  blieben  erhalten.  Die  Mit- 
teilung von  Cordes,  der  ich  diese  Daten  entnehme,  enthält  noch 
weitere  Litteratur. 

Als  immerhin  bemerkenswerter  Casus  rarissimus  mag  der  von 
0.  Beckmann  (Viechow's  Archiv  für  pathol.  Anat.,  Bd.  XV,  S.  540,  1858) 
beschriebene  Fall  eines  erbsengroßen  Konkrementes  aus  dem  Ductus 
ejaculatorius  eines  alten  Mannes  hier  angereiht  sein;  der  nach  Auflösung 
der  Kalksalze  in  ursprünglicher  Form  und  Größe  verbleibende  Best  des 
Konkrementes  bestand  ganz  aus  wohlerhaltenen  Spermien,  die  durch  ein  in 
Alkalien  aufweichendes  homogenes  Bindemittel  zusammengehalten  wurden. 

Von  Interesse  ist  ferner  der  jüngst  mitgeteilte  Befund  Plato's  (Ueber 
die  vitale  Färbbarkeit  der  Phagocyten  des  Menschen  und  einiger  Säuge- 
tiere mit  Neutralrot,  Arch,  f.  mikrosk.  Anat.  u,  Entwickelungsgeschichte, 
Bd.  LVI,  S.  868  [892],  1900),  daß  vielfach  die  Spermien  auch  von  Phago- 
cyten aufgenommen  und  verdaut  werden.  Nach  E-egaud  und  Maximow 
(1.  1.  c.  c.)  werden  auch  von  den  vegetativen  Hodenzellen  (SERTOLi'schen 
Zellen)  fertige  Samenfäden  durch  Phagocytose  zum  Schwinden  gebracht. 
Nach  Regaud  beträfe  dies  vorzugsweise  Si^ei-mien,  die  abnorm  entwickelt 
oder  in  der  Entwickelung  zurückgeblieben  sind. 

7.  Zahl  und  Größe  der  Spermien. 

LoDE  (148  u.  M.  2623)  hat  die  Zahl  der  Spermien  beim  Menschen  und 
Hunde  durch  ein  ähnliches  Zählverfiihren,  wie  es  für  die  Bestimmung 
der  Blutkörperchenzahl  angewendet  wird,  ermittelt.  Beim  Menschen 
wurden  auf  1  Kubikmillimeter  Ejakulat  60876,  beim  Hunde  61795 
Spermien  gefunden,  also,  darf  man  sagen,  fast  gleiche  Zahlen,  die  aber 
bedeutend  gegen  die  Zahl  der  roten  Blutkörperchen  in  dem  gleichen 
Quantum  Blut  (bekanntlich  5  Millionen)  zurückstehen.  Auf  das  Gesamt- 
Ejakulat  berechnet,  ergaben  sich  beim  Hunde  für  dieses  (=  950  mm^) 
55  778000,  beim  Menschen,  dessen  Ejakulat  im  Mittel  3373  mm'^ 
beträgt,  über  200  Millionen  Spermien.  Lode  berechnet  daraus,  daß 
ein  Mann  während  seiner  zeugungsfähigen  Jahre  rund  340  Billionen 
Samenfäden  hervorbringt.  Vergleicht  man  damit  die.  200  Eier,  welche 
das  menschliche  Weib   (nach  Hensen)    in    seinen    beiden  Eierstöcken 


158 


W.  Waldeyer, 


Objekt 

Bezeichnung  des  Teiles 

Länge 

IJ. 

Breite 

IX 

Dicke 

u 

Beobachter 

Mensch  und  Säugetiere. 

1.  Spermium 
vom  Men- 
schen 

Gesamtspermium 
Kopf 

Verbindungsstück 
Schwanz 

52    62 
4,5 
6 

41—52 

2-3 

1-2 

0,7—1 

W.  Krause,  Handb. 
der  menschl.  Anal., 
Tl.    I ,    S.    259  ff., 
Hannover  1876 

2.  Canis    fa- 
miliaris 

Gesamtspermium 
Kopf 

Verbindungsstück 
Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

66 

6 

10 

60 

3.  Fehs    do- 
mestica 

Gesamtspermi  um 
Kopf 

Verbindungsstück 
Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

54 
4 

7 

50 

4.  Erinaceus 
europaeus 

Gesamtspermium 
Kopf 

Verbindungsstück 
Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

85 

5 

10 

80 

5.  Mus  decu- 
manus 

Gesam  tsperm  ium 
Kopf 

Verbiudu  ngsstück 
Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

170    210 
10 
56 

160—200 

6.  Mus  mus- 
culus 

Gesamtspermium 
Kopf 

Verbindungsstück 
Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

107 

7 

24 

100 

7.  Sciurus 
vulgaris 

Gesamtspermium 
Kopf 

Verbindungsstück 
Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

138 

8 

10 

130 

8.  Cavia    co- 
baya 

Gesamtsperm  ium 
Kopf 

Verbindungsstück 
Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

93 
13 
11 

80 

9.  Bostaurus 

Gesamtspermium 
Kopf 

Verbindungsstück 
Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

Gesamtspermium 
Kopf_ 

Verbindungsstück 
Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

65 

8 

12 

57 

263 
13 
23 

250 

10.  Phasco- 
gale    albi- 
pes 

2—10  FÜRST  (90). 
Die  zu  No.  7  (Sciu- 
rus)      angegebene 
Zahl  0,013  mm  als 
Schwanzlänge    ist 
wohl    ein    Druck- 
fehler.   Ich  nehme 
^    0,13  mm  an. 

11.  Vesperugo 

Hals 

0,7—0,9 

Ballowitz  (7) 

T 

Vögel. 

12.  Fringilla 
caelebs 

Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

259 

Ballowitz  (7) 

Die  Geschlechtszellen. 


159 


Objekt 

Bezeichnung  des  Teiles 

Ivänge 
u 

Breite 

Dicke            Beobachter 

Reptilien. 

13.  Crocodilus 
madagas- 
cariensis 

Gesanitspermium 

20-27 

VÖLTZKOW   (716j 

Amphibien. 

14.  Bufo  cala- 
mita 

Gesamtspermium 
Kopf 

Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 
Membran 

62—91 
17—21 

45-70 

4 

V.  LA  Valette  St. 
George  (249) 

15.  Rana     es- 
culenta 

Kopf 

Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 
(Schätzung  nach  der 
Zeichnung) 

15-21 
37—52 

2-3 

Derselbe  (249) 

16.  Hyla     ar- 
borea 

Kopf 

Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

210 
52 

2,5 

Derselbe  (249) 

17.  Alytes  ob- 
stetricans 

Kopf 

Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 
Membran 

29 

78 

1,7 
5,2 

Derselbe  (249) 

18.  Siredou 
piscifor- 
mis 

Kopf 

davon  der  Spieß 
Verbindungsstück 
Schwanz  (einschl.  des 

Verbindungsstückes) 
Gesamtspermium 

110—130 
9,6 
9,6 

250— 3(:m:) 

360—430 

1,7 
1,2 

R.  FiCK  (363) 

Fische. 

19.  Esox   lu- 
cius 

Kopf 

Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 

2,2 

41 

Ballowitz  (5  IIlj 

20.  Sahne   sa- 
lar. 

Kopf 

4—4,5 

3—3,5 

2-2,5 

W.  His  (M  2775) 

21.  Acipenser 
sturio 

Kopf 

Verbindungsstück 
Schwanz  (einschl.  des 
Verbindungsstückes) 
Gesamtspermium 

4,5 
2 

45 
49,5 

Ballowitz  (5  III) 

22.  Eaja     cla- 
vata 

Kopf 

Verbindungsstück 
Schwanz 
Gesamtspermium 

50 

15 

150 

215 

Ballowitz  (5  III) 

Acrania.    Everteb 

raten. 

23.  Amphi- 
oxus    lan- 
ceo  latus 

Kopf 
Schwanz 

1 
15—20 

Sobotta  (561) 

24.  Paludina 
vivipara 

haarförmige  Spermien, 
Gesamtlänge 
wurmförmige 

88 
180—190 

M.V.BRirNK(M2605) 

160  W.  Waldeyer, 

zur  befruchtungsfähigen  Reife  bringt,  so  kommen  auf  jedes  derselben 
nahezu  850  IMillionen  Spermien,  während  doch  nur  ein  einziges  Sper- 
mium für  jedes  Ei  nötig  ist.  Lode  weist  darauf  hin,  daß  hiermit  eine 
Sicherung  der  Befruchtung  gegeben  sei,  wie  wir  sie  günstigei'  auch 
im  Pflanzenreiche  nicht  linden. 

In  der  Tabelle  auf  Seite  158  und  159  sind  die  Groß  en  Verhält- 
nis s  e  der  Spermien  des  Menschen  und  einer  Anzahl  Tiere  zusammen- 
gestellt. 

Die  kleinsten  Spermien  unter  den  Wirbeltieren  hat  wohl 
Amphioxus,  die  größten,  nach  Spengel's  (M.  2955)  Messungen, 
D  i  s  c  0  g  1 0  s  s  u  s  p  i  c  t  u  s  mit  2000  /<  =  2  mm,  wie  sich  denn  die 
Amphibien  überhaupt  durch  sehr  große  Spermien  auszeichnen.  Geo- 
triton  fuscus  z.  B.  hat  (nach  Wiedersheim,  Salamaudra  perspicillata 
und  Geotriton  fuscus,  Würzburg  1875)  Spermien  von  700  //  Länge. 

Unter  den  Wirbellosen  hat  Cypris  ovum(Ostracoda)  gigantische 
Spermien;  sie  messen  ebenfalls  2  mm  und  darüber;  sind  also  viel 
länger  als  das  Tier  selbst,  welches  nur  0,5—0,6  mm  Länge  erreicht 
(s.  Zenker,  Archiv  f.  Naturgeschichte,  Bd.  XX ;  dort  wird  das  Maß 
der  Spermien  zu  -j.^ — 1  Linie  angegeben;  1  Linie  =  2,22  mm  nach 
rheinländischem  Fußmaß,  2,25  mm  nach  Pariser  Fußmaß). 


y)  Spermiogenese. 

Die  Darstellung  der  Ent Wickelung  der  Spermien  hat  sich 
in  drei  Teile  zu  gliedern  :  1)  die  Stammesentwickelung  der  Spermien 
bis  zum  ersten  Auftreten  eines  besonderen  männlichen  Keimorganes 
(Hoden)  m it  den  U  r  s  a  m  e  n  z  e  1 1  e  n ,  A  r  c  h  i  s  p  e  r  m  i  o  c  y  t  e  n  darin  ; 
2)  die  Weiterentwickelung  der  Ursamenzellen  bis  zu  dem  Endstadium 
der  zelligen  Entvvickelungsformen  oder  Vorformen  der  Spermien,  den 
Spermatiden;  3)  die  Umwandlung  der  zelligen  Vorformen  in  die 
definitive  Sphären-  oder  Fadenform.  Will  man  diese  drei  Entwicke- 
lungsabschnitte  mit  besonderen  Namen  belegen,  so  könnten  die  Be- 
zeichnungen :  S  p  e  r  m  i  0  p  h  y  1 0  g  e  n  e  s  e ,  S  p  e  r  m  i  o  c  y  t  o  g  e  n  e  s  e  und 
Spermiohistogenese  (oder,  kürzer,  Spermiogenese)  gewählt 
werden. 

Während  der  beiden  ersten  Abschnitte  haben  wir  es  mit  den 
zelligen  Vorformen  der  Spermien  zu  thun,  die  im  wesentlichen  W^achs- 
tums-  und  Vermehrungserscheinungen  —  letztere  durch  eigenartige 
Mitosen  —  zeigen ;  im  dritten  Abschnitte  handelt  es  sich  nur  noch 
um  die  Ausgestaltung  der  definitiven,  zur  Kopulation  mit  der  Eizelle 
geschickten  Form,  zur  Herstellung  der  Spermie  aus  ihrer  unmittel- 
baren Bildungszelle,  der  Spermatide.  Hierbei  können  noch  Wachstums- 
vorgänge vorhanden  sein;  meist  handelt  es  sich  aber  um  eine  Reduktion. 

1.   Sp er mio Phylogenese. 

Bei  der  Spermioph3dogenese  kommt  in  Frage,  von  welchen  Furch- 
ungs-  bezw.  Keimblattzellen  die  Bildungszellen  der  Spermien  ab- 
stammen, und  auf  welche  Zellen  sie  in  der  i)hyletischen  Entwickelung 
der  Lebewesen  letztlich  zurückzuführen  sind. 

Mehr  und  mehr  häufen  sich  in  den  beiden  letzten  Jahrzehnten 
Befunde,  welche  dafür  sprechen,  daß  die  Geschlechtszellen,  wie 


Die  Geschlechtszellen.  IGl 

wir  die  Spermien  und  die  Eier  —  einschließlich  ilirer  Vorstufen  —  im 
allgemeinen  bezeichnet  haben,  eine  besondere  Art  von  Zellen  darstellen, 
die  bereits  in  den  ersten  Stadien  der  Furchung  auftreten,  sieh  von 
den  übrigen  Zellen,  die  die  sonstigen  Teile  des  neuen  Individuums, 
insbesondere  dessen  Gewebe  bilden,  den  somatischen  oder  Körper- 
zellen, alsbald  sondern  und  in  ununterbrochener  Vermehrungsfolge 
den  sämtlichen  Spermien  oder  Eiern  eiues  männlichen  bez.  weib- 
lichen Individuums  zur  entwickelungsgeschichtlichen  Grundlage  dienen. 
Indem  sonach  die  Geschlechtszellen  auf  der  einen  Seite  aus  dem  mit 
einem  Spermium  ko])ulierten  Ei  unmittelbar  hervorgehen,  auf  der 
anderen  Seite  aber  wieder  neuen  Eiern  und  Spermien  zum  Ursprünge 
dienen,  stellt  sich  ihre  Stammesentwickelung  als  eine  kontinuierliche 
Bahn  —  Keim  bahn  V.  Haecker  —  dar,  die  innerhalb  einer  Art 
von  einem  Individuum  in  das  andere  ohne  Unterbrechung  übergeht. 
Danach  treten  bei  jedem  ]\I  e  t  a  z  o  e  u  - 1  n  d  i  v  i  d  u  u  m  seine 
Geschlechtszellen  in  einen  Gegensatz  zu  den  Körper- 
z  eilen  (Somaz  eilen,  somatischen  Zellen). 

Da  die  ^Verhältnisse  bei  der  Entwickelung  der  Eier  ganz  dieselben 
sind,  so  wird  erst  bei  der  Ovogenese  näher  auf  die  Phylogenie  der 
Geschlechtszellen  eingegangen  werden.  Hier  sei  nur  noch  so  viel  ge- 
sagt, daß  die  Geschlechtszellen  ursprünglich  keinem  bestimmten  Keim- 
blatte angehören,  was  sich  auch  sehr  wohl  begreift,  wenn  wir  erfahren, 
daß  wahrscheinlich  schon  in  den  beiden  ersten  Furchungszellen  der 
Gegensatz  zwischen  der  Geschlechtszellen-  und  Körperzellenanlage 
vorhanden  ist.  Bei  den  meisten  Geschöpfen  finden  sich  die  Geschlechts- 
zellen, sobald  die  Keimblätter  ausgeprägt  sind.  iniMesoderm.  Dort 
häufen  sie  sich  nun  an  bestimmten  Stellen  im  Laufe  der  weiteren  Ent- 
wickelung an,  indem  sie  unter  Zuziehung  von  Körperzellen  die  Ge- 
schlechtsdrüsen, Hoden  und  Eierstöcke  bilden.  Bis  zu  dem 
ersten  Auftreten  dieser  Organe,  also  bis  zur  b  e  s  t  i  m  m  t  e  n  L  o  k  a  1  i- 
s  a  t  i  o  n  der  Geschlechtszellen,  rechnen  wir  den  ersten  Abschnitt 
der  Samenkörper-  und  Eientwickelung. 

Den  Namen  „Geschlechtszellen''  gebrauchen  wir  einmal  als  Sammel- 
namen für  sämtliche  Glieder  im  Laufe  der  Keimbahn ;  insbesondere 
aber  bedienen  wir  uns  seiner  noch  als  Specialbezeichnung  für  die- 
jenigen Zellen  der  Keimbahn,  welche  keinerlei  Verbindung  mit  den 
somatischen  Zellen  mehr  zeigen,  also  zuerst  als  reine  Geschlechts- 
zellen auftreten,  und  zwar  bis  zu  ihrer  Lokalisation  in  der  Anlage  der 
Geschlechtsdrüse  hin.  Da  hiermit  ein  neuer  Abschnitt  der  Spermio- 
genese beginnt,  so  empfiehlt  sich  für  die  weitere  Generation  der  Ge- 
schlechtszellen ein  besonderer  Name,  und  wir  wählen  bei  den  männ- 
lichen Embryonen  die  von  v.  la  Valette  St.  George  (250,  Arch. 
f.  mikr.  Anat.,  Bd.  12,  p.  801)  zuerst  gebrauchte  Bezeichnung  „Ur- 
Samenzelle  n",  welches  Wort  man,  um  einen  internationalen  Aus- 
druck zu  haben,   mit    „Archisp er miocyten"    wiedergeben  kann^). 


1)  V.  LA  Valette  St,  George  gebraucht  den  Namen  „Ursamenzeilen"  in 
einem  anderen  Sinne,  als  es  hier  geschieht,  nämhch  als  deutsche  Bezeichnung  für 
die  von  ihm  sonst  als  „Spermatogonien"  bezeichneten  zelligen  Vorstufen  der  Spermien. 
Da  der  Name  ,,Ursamenzellen"  in  diesem  Sinne  (für  Spermatogonien)  sich  aber 
kaum  eingebürgert  hat  —  man  liest  fast  stets  (auch  bei  v.  LA  Valette)  „Spermato- 
gonien" —  so  darf  ich  ihn  wohl  als  freigegeben  ansehen  und  ihn  anderweitig  ver- 
wenden. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  H 


162  W.  Waldeyer, 


2.   S  p  e  r  in  i  0  c  y  t  o  g  e  11  e  s  e. 

Indem  wir  unter  „Ursanicnzellen"  die  zuerst  in  der  embryonalen 
männlichen  Keimdrüse  siclitl)ar  wei'denden  Geschlechtszellen  verstehen, 
müssen  wir  alsbald  bemerken,  daß  es  mit  unseren  jetzigen  Hilfsmitteln 
unmöglich  ist,  genau  anzugeben,  sowohl  wann  sie  zuerst  dort  auftreten, 
als  auch  auf  wie  viel  Zellenfolgen  im  Hoden  sich  dieser  Begriff  aus- 
dehnen darf.  Die  Ursamenzellen  (Archispermiocyten)  werden  bei  den 
meisten  W  irb  eitleren  zuerst  in  dem  von  mir  als  ,, Keimepithel"  be- 
zeichneten Cylinderzellenbezuge  der  (männlichen)  Keimdrüsenoberfläche 
gesehen,  und  zwar  als  größere,  rundliche,  hellere  und  mehr  bläschen- 
förmige Zellen  zwischen  den  deutlich  cylindrischen  Zellen  des  Keim- 
epithels, von  denen  sie  sich  abheben.  Beiläufig  sei  angeführt,  daß 
dies  bei  jungen  Hühnchenembryonen  von  3.-5.  Tage  der  Bebrütung 
ab  der  Fall  ist.  Aber  es  muß  hier  gleich  gesagt  werden,  daß  wir  nach 
unserer  jetzigen  Kenntnis  nicht  imstande  sind,  zur  Zeit,  wann  bei  den 
Wirbeltieren  die  Keimdrüsenanlage  zuerst  als  solche  sicher  unterscheid- 
bar wird,  zu  sagen,  ob  es  eine  männliche  oder  weibliche,  eine  Hoden- 
oder eine  Eierstockanlage  sei.  Um  diese  Zeit  müssen  wir  es  also  noch 
unentschieden  lassen,  ob  wir  in  den  geschilderten  rundlichen  Zellen 
Ursamenzellen  oder  Ureizelleu  —  dies  sei  die  Bezeichnung  für  das 
homologe  w-eibliche  Element  —  zu  erblicken  haben.  Wir  können 
auch  mit  dieser  Reserve  noch  nicht  auskommen ;  denn  es  liegt  die 
dritte  Möglichkeit  vor,  daß  die  betreffenden  Geschlechtszellen  dieser 
Stufe  noch  „ainphigen"  sind,  d.  h.  daß  sie  noch  keinen  bestimmten 
Geschlechtscharakter  haben.  Wir  wissen  überhaupt  nicht,  wann  und 
wodurch  die  Keimzellen  ihren  männlichen  oder  weiblichen  Geschlechts- 
charakter bekommen,  so  daß  sie  fortab  mit  Fug  den  Namen  „Geschlechts- 
zellen'' führen  dürfen.  Man  kann  aber  auf  der  anderen  Seite,  wie 
Benda  (34,  p.  59)  mit  Recht  bemerkt,  die  Thatsache,  daß  man  in  den 
ersten  Entwickelungsstadien  morphologisch  kein  Geschlecht  zu  er- 
kennen vermag,  nicht  gegen  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  schon  bei  der 
Befruchtung  der  Geschlechtscharakter  bestimmt  werde,  anführen.  (Vgl. 
B.  Henneberg's  Referat  in  den  „Ergebnissen  der  Anatomie  und  Ent- 
wickelungsgeschichte",  herausg.  von  Merkel  und  Bonnet,  Bd.  7, 
Wiesbaden  1898,  p.  (397.) 

W.  Nagel  (M.  2930)  hat  insbesondere  bei  menschlichen  Em- 
bryonen sich  bemüht,  möglichst  früh,  und  zwar  an  dem  anatomischen 
Verhalten  der  Geschlechtsdrüsenanlage  die  Merkmale  aufzufinden,  woran 
man  ihr  Geschlecht  erkennen  könne.  Ich  habe  seine  Präparate  von  12 
bis  13  mm  langen,  sehr  gut  konservierten  Embryonen  (Embryonen  Eund  M, 
1.  c.)  genau  studiert  und  halte  mit  Nagel  die  Geschlechtsdrüsen  dieses 
Stadiums,  in  denen  die  Zellenhaufen,  welche  zusammen  mit  wenig  Binde- 
gewebe und  Kapillaren  den  Hauptbestandteil  der  jungen  Anlagen  bilden, 
mehr  längliche,  strangähnliche  Eormen  haben,  und  in  denen  die  Ge- 
schlechtszellen spärlicher  zu  finden  sind,  für  männliche,  diejenigen,  in 
denen  die  Zellenhaufen  rundlich  sind  und  die  großen,  hellen  Geschlechts- 
zellen reichlicher  sich   zeif^en,  für  weibliche. 


Von  dem  Augenl)licke  an,  w^o  wir  sicher  sagen  können,  daß  die 
vorliegende  Keimdrüse  ein  Hoden  sei,  dürfen  mit  Bestimmtheit  die 
sich    in    ihr    vorfindenden    Geschlechtszellen   als  „Ursamenzellen"   be- 


Die  Geschlechtszellen.  163 

zeichnet  werden.  Ich  würde  vorschlagen,  daß  man  sich  darüber  einigte, 
bis  zu  diesem  Zeit])unkte  Zellen  derselben  Form,  welche  man  also  in 
geschlechtlich  noch  niclit  bestimml)aren  Keimdrüseuanlagen  tindet.  als 
„Geschlechtszellen"  fernerhin  zu  benennen,  so  lange  eben,  bis  die 
Differenzierung  klar  ersichtlich  ist.  Von  Semon  (M.  2951  u.  2952) 
wird  der  gelegentlich  auch  schon  von  v.  la  \'alette  St.  George 
(Arch.  f.  mikrosk.  Anat.,  Bd.  27.  S.  5)  gebrauchte  Name  „Urkeim- 
zellen",  von  C.  K.  Hoffmann  (M.  2912,  2913)  „Vorkeimzellen"  für 
diese  hochwichtigen  Gebilde  verwendet. 

Verfolgen  wir  die  Entwickelung  sicher  als  solcher  bestimmbarer 
Ursamenzellen  weiter,  so  ist  zunächst  der  Bau  einer  Hodenaulage  — 
dieselbe  stellt  sich  bei  allen  Wirbeltieren  als  fast  gleich  heraus  —  zur 
Zeit,  wann  wir  sie  als  solche  erkennen  können,  zu  beschreiben :  ich 
folge  hier  der  von  Nagel  für  den  Menschen  gegebenen  Schilderung. 
Die  junge  Anlage  erscheint  als  ein  auf  der  medialen  Fläche  der  Ur- 
niere  gelegener  flacher,  länglicher  Wulst,  der  (bei  Embryonen  von  12 
bis  13  mm  Länge)  auf  dem  Querschnitte  0,5  mm  Breite  bei  0,3  mm 
Höhe  aufweist.  Derselbe  besteht  aus  einem  Lager  ansehnlicher  cylin- 
drischer  Zellen,  welche  anfänglich  in  das  anstoßende  Peritonaealepithel 
—  noch  ohne  scharfe  Grenze  —  übergehen;  es  ist  dies  Zellenlager 
das  von  mir  sogenannte  „Keim epithel".  Darunter  findet  sich  ein 
vom  Bindegewebe  der  Urniere  abstammendes  spärliches  Stroma.  Zur 
Zeit,  wann  der  männliche  Charakter  der  Keimdrüse  schon  erkennbar 
ist,  zeigen  sich  in  diesem  Stroma  längliche  Zellstränge,  S ex u ai- 
strän ge,  eingebettet,  welche,  auch  meinen  Befunden  nach,  mit  dem 
Keimepithel  zusammenhängen,  jedenfalls  an  dieser  oder  jener  Stelle 
unmittelbar  an  dasselbe  heranreichen.  Sowohl  in  dem  Keimepithel 
selbst,  wie  in  den  Sexualsträngen  sind  vereinzelt  liegende  größere, 
rundliche  Zellen  von  dem  vorhin  geschilderten  Verhalten,  die  Ur- 
samenzellen, eingebettet :  die  übrigen  Zellen  der  im  Stroma  liegen- 
den Stränge  haben  eine  ähnliche  Beschaffenheit  und  Form  wie  die 
Cylinderzellen  des  Keimepithels. 

In  einem  noch  früheren  Stadium,  welches  als  ein  „amphigenes" 
oder  „indifferentes''  bezeichnet  werden  muß,  sieht  man  nur  den  Keim- 
epithelwulst; ein  Stroma  darunter  ist  kaum  entwickelt;  jedenfalls 
liegen  noch  keine  Zellenstränge  darin.  Im  Keimepithelwulst  findet 
man  jedoch  schon  jene  größeren  rundlichen  Zellen,  die  wir  indessen, 
wie  bemerkt,  in  diesem  Stadium  noch  nicht  als  Ursamenzellen  be- 
zeichnen können,  da  wir  den  Charakter  der  Keimdrüsenanlage  noch 
nicht  zu  bestimmen  imstande  sind.  Im  Anfange  ihrer  Entwickelung 
sind  also,  wie  wir  vorgreifend  bemerken,  männliche  wie  weibliche 
Keimdrüsen  einander  völlig  gleich,  und  wir  nennen  für  diese  Zeit  der 
Entwickelung,  wie  gesagt,  die  größeren  rundlichen  Zellen  mit  ihrer 
allgemeinen  Bezeichnung  „Geschlechtszellen"'. 

Wie  nun  jene  auf  den  späteren  Stadien  in  der  Hodenanlage  sicht- 
baren Stränge  entstehen,  ist  für  die  Wirbeltiere  noch  nicht  mit 
Bestimmtheit  entschieden ;  sicher  ist  nur  das  Eine,  allerdings  das 
Wichtigste :  daß  die  Ursamenzellen,  welche  wir  in  den 
Strängen  finden,  v  o  n  j  e  n  e  n  g  r  ö  ß  e  r  e  u  r  u  n  d  1  i  c  h  e  n  Z  e  1 1  e  n 
abstammen,  die  von  mir  im  K e i m e p i t h e  1  nachgewiesen 
und  seinerzeit  als,,Ureier"bezeichnetw^urden,  und  die 
ich  nunmehr  als  „Geschechtszellen",  bezw.  bei  sicher 
als  männlich  erkannten  Keimdrüsen,  auch  bereits  inner- 

11* 


164  W.  Waldeyer, 

halb  des  Keimepithels  als  „Ur Samenzellen*'  benenne. 
Sicher  ist  ferner,  daß  diese  Zellstränge  die  Anlage 
eines  T e i  1  e s  d e r  späteren  S a m e n k a n ä  1  c h e n ,  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  der  Tubuli  contorti  darstellen. 

Unsicher  ist  noch  die  Art  und  Weise,  wie  die  Ursamenzellen  in 
die  Sexualstränge,  d.  h.  die  Sameukanälchen-Anlagen  hiueingelaugen, 
ob  sie  aktiv  einwandern  —  v.  la  Valette  St.  George  (250,  Bd.  1) 
beschreibt  sehr  lebhafte  amöboide  Bewegungen  bei  einem  Teile  der 
Inhaltszellen  der  Samenkanälchen  — ,  ob  sie  durch  eine  Art  Durch- 
wachsungsprozeß  zwischen  Keimepithel  und  Stroma  aufgenommen 
werden  (W.Nagel,  M.  2930),  oder  wie  sonst  V  Unsicher  bleibt  ferner, 
ob  außer  den  Ursamenzellen  auch  noch  die  anderen  Bestandteile  des 
Inhaltes  der  fötalen  Samenkanälchen,  die  cylindrischen  Epithelzellen, 
später  also  deren  Abkömmlinge :  die  verästigten  Zellen  Sertoli's  (236) 
[Follikelz  eilen  v.  la  Valette  St.  George's  (250),  Sperma  to- 
blasten V.  Ebner's  (74),  vegetative  Hodenzellen  oder  Fuß- 
z  eilen  Benda's  (34)],  gleichfalls  vom  Keimepithel  abstammen,  oder 
ob  sie  von  den  Urnierenkanälchen,  welche  sicher  in  das  Hodenstroma 
hineinwachsen  und  auf  diese  Weise  die  Verbindung  mit  den  Aus- 
führungswegen herstellen,  abzuleiten  sind?  Mit  anderen  Worten,  ob 
sämtliclie  Abschnitte  der  Hodenkanälchen :  Tubuli  contorti,  recti  und 
das  Rete  testis,  von  der  Urniere  abstammen,  abgesehen  von  den  in 
ihnen  enthaltenen  Ursamenzellen,  oder  ob  etwa  die  Tubuli  contorti 
mit  ihren  Ursamenzellen  und  ihren  Epithelz  eilen  vom  Keim- 
epithel abzuleiten  sind,  und  nur  die  Tubuli  recti  und  das  Rete  testis 
vom  WoLFp'schen  Körper?  Endlich  kommen  die  interstitiellen 
Hodenzellen  in  Betracht,  denen  man  neuerdings  auch  eine  gewisse 
Rolle  bei  der  Spermiogenese  zugeschrieben  hat,  s.  w.  u. 

Von  einer  Menge  Einzelnheiten  in  der  Darstellung  der  Ent- 
wickeluug  des  Hodens,  die  von  den  Autoren  noch  verschieden  ange- 
geben werden,  sehe  ich  hier  gänzlich  ab  und  verweise  auf  das  Kapitel 
„Entwickelung  der  Geschlechtsorgane" ,  in  welchem  alles  Erwähnte 
genauer  dargelegt  werden  wird.  Hier  war  nur  die  Genealogie  der 
Spermien  Schritt  für  Schritt  zu  verfolgen  und  dies  konnte  bis  zu  den 
Ursamenzellen,  welche,  wie  sich  zeigen  wird,  die  Ahnenzellen  der 
Spermien  sind,  in  befriedigender  Weise  geschehen.  Wir  haben  nun- 
mehr den  Weg  von  den  Ursamenzellen  innerhalb  der  Hodenkanälchen 
bis  zu  den  Bildungszellen  der  Spermien,  den  Spermatiden,  weiter  zu 
schildern. 

Daß  der  samenbereitende  Teil  der  Hodenkanälchen  vom  Peritonäal- 
epithel  abstamme,  ist  zuerst  von  Boenhaupt  für  das  Hühnchen  angegeben 
worden  (M.  2897).  Später  haben  dann  Semper  (M.  2953),  Balfour 
(M.  584 — 586)  und  Braun  (M.  2899)  für  die  Plagiostomen  und  Reptilien 
den  sicheren  Nachweis  der  Abstammung  der  Ursamenzellen  in  den  Hoden- 
kanälchen vom  Keimepithel,  bezw.  von  den  darin  gelegenen  Geschlechts- 
zellen, erbracht,  für  den  Menschen  insbesondere  Janoöik  (M.  2914  u.  663) 
und  Nagel  (1.  c).  Von  anderen  besonders  wichtigen  Arbeiten  führe  ich 
die  großen  Monographien  von  G.  v.  Mihalkovics  (674)  und  von  Richard 
Semox  (mit  eingehender  Litteraturbesprechung  —  M.  2951  u.  2952) 
C.  K.  HoFFMANxX  (M.  2912,  2913  u.  119a  u.  662)  und  Jungersen  (M.  2916) 
an.  Bei  der  Besprechung  der  Ovogenese  müssen  wir  auf  diesen  Gegen- 
stand zurückkommen. 


Die  Greschlechtszellen.  165 

Die  durch  ein  Hineinwachsen  der  Kanälchen  der  Urniere  in  die 
Hodenanlage  hergestellte  Verbindung  der  Samenkanälchen,  speciell  der 
Ursamenzellen  und  ihrer  Endprodukte,  der  Spermien,  mit  den  ableitenden 
Wegen  (Ductus  deferens  u.  s.  f.),  für  welche  ich  bereits  1870  (591)  eine 
Reihe  von  Untersuchungsergebnissen  anführen  konnte,  fällt  schon  in  eine 
sehr  frühe  Periode  des  Embryonallebens :  eine  genaue  Zeitbestimmung 
für  die  Beendigung  dieses  Prozesses  ist  indessen  kaum  zu  geben. 

Im  5.  bis  6.  Eutwickehmgsmonate  ist  der  Hoden  beim  Menschen 
(und  bei  Säiigetierföten  entsprechender  Ausbildung)  in  seinen  wesent- 
lichen Teilen  angelegt.  Es  ist  eine  deutliche  Albuginea  vorhanden, 
die  mit  kurz-cjlindrischen  Keimepithelzellen  belegt  ist  und  letztere 
von  dem  Parenchym  der  Keimdrüse  völlig  abtrennt.  Man  findet 
zwar  noch  vereinzelte  Ursamenzellen  zwischen  den  Epithelzellen  der 
Albuginea  (Mensch  und  Säugetiere);  diese  können  jedoch,  der  starken 
Albuginea  wegen,  nicht  mehr  in  das  Innere  des  Hodens  gelangen  und 
fallen  einer  Degeneration  anheim.  Der  ganze  Prozeß  der  Spermien- 
bildung,  solange  er  besteht,  ist  nunmehr  in  das  Innere  der  Samen- 
kanälchen verlegt. 

Wenn  Neubildungen  von  Hodenkanälchen  oder  Hodenampullen  — 
vgl.  hierüber  unter  Anderen  v.  la  Valette  St.  George  (249,  Bd.  28,  30, 
39,  und  250a),  Semper  (M.  2953),  F.  Hermann  (115)  und  Friedmann  (81)  — 
vorkommen,  was  für  die  niederen  Vertebraten  wohl  anzunehmen  ist,  so 
scheinen  die  Generationszellen  der  Spermien  auch  hier  von  bereits  in  die 
Keimdrüsenanlage  hineingeratenen  Ursamenzellen  auszugehen.  Ueber 
diese  Vorgänge  sind  wir  jedoch  noch  nicht  hinreichend  unterrichtet. 

Das  Hodenparenchym  besteht,  sobald  die  Samenkanälchen  einmal 
gebildet  sind,  aus  diesen  mit  einer  Tunica  propria  versehenen  Kanäl- 
chen und  aus  dem  zwischen  ihnen  befindlichen  bindegewebigen  Stroma 
nebst  reichlichen  Gefäßen.  Ueber  dieses  Stroma  mit  den  in  ihm 
gelegenen  eigentümlichen  Zellen,  den  ,,iuter stitiellen  Hoden- 
z eilen",  wird  später  gehandelt  werden.  Die  jungen  Samen- 
kanälchen enthalten  zweierlei  Zellen,  die  großen  hellen,  kugeligen, 
mit  großem,  rundlichen,  dunklen  Kerne  versehenen  Ursamenzellen 
und  die  zwischen  diesen  befindlichen  C3dindrischen  Epithelzellen. 
Benda  11.  cc.  bezeichnet  die  ersteren,  wie  bemerkt,  auch  als  ..ger- 
minative",  die  anderen  als  „vegetative"  Geschlechtszellen.  Die  letz- 
teren sind  auf  den  jeweiligen  Schnitten  in  der  Mehrzahl  zu  sehen, 
wenn  auch,  wie  Benda,  soweit  ich  an  meinen  Präparaten  finde,  richtig 
vermutet,  nur  in  einer  Lage  angeordnet:  etwa  4—6  Ursamenzellen 
sind  auf  den  einzelnen  Schnitten  von  gewöhnlicher  Dicke  anzu- 
treffen. Fr.  Merkel  (162),  welcher  wohl  der  Erste  war.  der  fötale 
und  postfötale  Samenkanälchen  genauer  untersuchte,  v.  la  Valette 
St.  George  (250,  Bd.  15).  F.  Hermann  (115a),  Prenant  (M.  3447) 
sowie  die  meisten  übrigen  Autoren  —  vgl.  die  historische  Darstellung 
bei  Prenant  —  geben  ebenfalls  diese  lieiden  Zellenformen  als  Inhalt 
der  jungen  Hodenkanälchen  an.  Nach  Merkel  sollen  die  Epithel- 
zellen ein  netzförmig  zusammenhängendes  Syncytium  bilden,  in  dessen 
Maschen  die  germinativen  Geschlechtszellen  eingelagert  sind. 

Mit  Ausnahme  von  Wachstumserscheinungen,  bedingt  durch  mito- 
tische Teilung  der  genannten  beiderlei  Zellarten  (Benda,  34),  sind 
weitere  Veränderungen   bis   zum   Eintritte  der  Geschlechtsreife,   d.  h. 


166  W.  Walde YER, 

in  der  inaktiven  Periode,  an  den  Hodenkanälehen  nicht  wahr- 
znnehnien ;  nur  giebt  Merkel  an,  daß  Verschiedenheiten  zwischen 
Menscli  und  Rind  einerseits  und  Raubtieren,  Nagern,  Einhufern,  Dick- 
häutern u.  s.  w.  andererseits  vorkämen ,  insofern  bei  Mensch  und 
Rind  schon  zu  einei-  frühen  Zeit  der  Entwickehmg  die  Epithelialzellen 
sich  zu  jenem  netzförmigen  Syncytium  und  weiterhin  zu  den  ver- 
ästigten Zellen  Sertoli's  -  s.  w.  u.  —  ausbildeten,  während  bei  den 
übrigen  Säugetieren  dies  erst  zum  Eintritt  der  ersten  Brunstperiode 
geschähe.  Ferner  macht  Merkel  darauf  aufmerksam,  daß  bei  neu- 
geborenen Knallen  die  germinativen  Zellen  (Ursamenzeilen)  sich  auf- 
fallend vergrößert  zeigen,  sowohl  gegenüber  der  Fötalperiode  als  auch 
gegen  die  späteren  Zeiten  der  inaktiven  Periode  bis  zur  Pubertät. 
Es  würde  also  unmittelbar  nach  der  Geburt  sich  eine  ähnliche  ge- 
steigerte Thätigkeit  in  den  Hoden  einstellen,  wie  sie  sich  z.  B.  in  den 
Milchdrüsen  zeigt.  —  Auf  die  Angaben  Prenant's,  die  keine  völlig 
inaktive  Periode  zulassen  (M.  3447),  komme  ich  später  zurück. 

Zur  Zeit  der  Pubertät  beginnt  nun  die  Spermienbildung; 
wir  wollen  diese  zunächst  im  allgemeinen  betrachten  und  dann  auf 
die  Unterschiede  bei  Mensch  und  Tier  (Brunstperioden)  eingehen. 

Die  Bildung  der  Spermien  vollzieht  sich  bei  den  Vertebraten  und 
auch  bei  einem  großen  Teile  der  Evertebraten  durch  zwei  neben- 
einander herlaufende  und  in  eigentümlicher  Weise  miteinander  ver- 
knüpfte Prozesse:  1)  die  Entstehung  der  „Si)ermatiden",  d.  h.  der 
Vorstufen  der  Spermien,  aus  den  Ursamenzellen  und  2)  die  eigen- 
artige Umbildung  der  Hoden-Epithelzellen  zu  „Nährzelleu"  für  die 
Spermatiden  und  für  die  aus  diesen  unter  dem  Einflüsse  der  Nährzellen 
sich  heranbildenden  Spermien.  Der  Vorgang  ad  1  verläuft,  kurz  gefaßt, 
so,  daß  die  Ursamenzellen  der  Hodenkanälchen  durch  wiederholte 
Teilungen  mit  zwischengeschobenen  Ruhepausen  schließlich  eine  Zellen- 
generation produzieren,  deren  einzelne  Glieder,  Samenzellen  4.  Ordnung, 
oder  Spermatiden  v.  la  Valette  St.  George,  sich,  jedes  für 
sich,  in  eine  Spermie  unnvandeln.  Bei  dem  Vorgange  ad  2  wandeln 
sich  die  cylindrischen  Epithelzellen  bei  einer  großen  Reihe  von  An- 
amniern  wie  Amnioten  in  eigenartiger  Weise  zu  besonders  geformten 
Zellen,  den  von  Sertoli  bei  den  höheren  Wirbeltieren  entdeckten, 
von  ihm  als  „cellule  ramiticate''  bezeichneten,  jetzt  gewöhnlich  nach 
Benda  „vegetative  H  o den z eilen"  oder  „Fußzellen"  benann- 
ten Gebilden  um,  die  mit  den  neugebildeten  Spermatideu  in  Ver- 
bindung treten,  um  —  das  ist  die  w^ihrscheinlichste  Bedeutung  dieser 
Verbindung  („Kopulation"  Benda,  34)  —  als  „Nährzellen"  (Peter,  191) 
für  die  Spermatiden  während  ihrer  Umfoi'mung  zu  den  Spermien  zu 
dienen. 

Bei  anderen  Tieren  (Urodelen  z.  B.  —  s.  w.  u.  — )  behalten  diese 
vegetativen  Zellen  mehr  die  Form  der  ursprünglichen  Epithelzellen, 
umschließen  die  Abkömmlinge  der  Ursamenzellen,  so  daß  diese  in 
„Follikelgruppen"  (Samencysten ,  Spermatocysten ,  v.  la  Valette 
St.  George)  zusammengefaßt  werden,  wobei  die  vegetativen  Zellen 
das  Epithel  dieser  Follikel  bilden;  v.  la  Valette  St.  George  gab 
deshalb  diesen  vegetativen  Zellen  den  Namen  „Follikelzellen".  Es 
sind  allerlei  Uebergäuge  zwischen  diesen  Follikelzellen  und  den  aus- 
gesprochenen Fußzellen  vorhanden,  die,  wäe  insbesondere  Benda  (37) 
nachgewiesen    hat.    beide    auf   die   Epithelzellen    der  jungen    Hoden- 


Die  Geschlechtszellen.  167 

kanälchen  und  auf  die   cj^lindrischen  Zellen   des  Keimepithels   zurück- 
zuführen sind. 

In  diesem  zweiten  Abschnitte  der  Spermiogenese  betrachten  wir 
nur  diejenigen  Vorgänge,  welche  sich  an  den  Ursamenzellen  abspielen 
und  bis  zur  Entstehung  der  Si)ermatiden  führen.  Im  di'itten  Ab- 
schnitte wird  die  Umwandlung  der  letzteren  in  die  Spermien,  sowie 
die  der  Epithelzellen  in  die  Fußzellen  und  das  Verhalten  der  Sperma- 
tiden und  Spermien  zu  den  Fußzellen  besprochen. 

Die  Ursamenzellen  erscheinen  mit  dem  Beginn  der  Pubertät 
und  während  der  ganzen  Lebenszeit,  in  welcher  ein  Individuum  Spermien 
produziert  —  nennen  wir  diese  Zeit  kurz  die  ,,aktive  Geschlechts- 
periode" —  dicht  an  der  Wand  der  Sameukauälchen  gelegen.  Es 
sind  dies  diejenigen  Elemente,  welche  Benda  mit  dem  von  Biondi 
(M.  2544,  M.  2545  u.  No.  44)  eingeführten  Namen  „S t am mz eilen" 
(nicht  „Stammmutterzellen'',  wie  Schönfeld  sagt)  belegt  und  die 
Brown  (62a)  als  „spore  cells",  Regaud  (206 — 209)  als  „spermato- 
gonies  ä  noyaux  poussiereux'',  Schönfeld  (231)  als  „cellules  indiffe- 
rentes'' bezeichnet.  Sie  sind  von  v.  la  Valette  St.  George  0  i^"cl 
den  meisten  übrigen  Autoren,  welche  den  von  ersterem  (250,  Bd.  15) 
für  die  Ausgangsform  der  innerhalb  der  Hodenkanälchen  vorfindlicheu 
samenbildenden  Zellen  eingeführten  Namen  „Spermatogonien''  an- 
nahmen, zu  diesen  gezählt  worden,  und  ZAvar  als  die  erste,  älteste 
Generation  derselben.  Allein  schon  Broavn  (62a)  und  Benda  (29) 
unterscheiden  bei  den  Ausgangsformen  der  samenbildenden  Zellen,  den 
Spermatogonien,  die  „spore-cells'\  Brown,  oder  „Stammzellen",  Benda, 
als  besondere  Arten.  Letzterer  sagt  von  Biondi"s  und  seinen  Stamm- 
zellen, die  er  als  „Zellen  mit  kleinen,  chromatinreicheu,  ruhenden 
Kernen"  schildert,  daß  sie  die  Stammzellen  aller  der  germinativen 
Hodenzellen  seien.  Am  genauesten  hat  sie  jüngst  Schönfeld  (231) 
beschrieben,  den  ich  im  Nachstehenden  folge:  Es  sind  die  in  Rede 
stehenden  Zellen,  welche  ich,  wie  bemerkt,  als  direkte  Abkömmlinge 
der  im  Keimepithel  vorfindlicheu  LTrsamenzelleu,  „Archispermiocyten", 
betrachte  und  auch  als  solche  noch  bezeichnen  möchte,  ziemlich  große 
Elemente  (15—23  /.i  lang,  9—10  ^i  breit  und  10-11  /<  hoch),  mit 
einer  feinen  Membran  (nach  Schönfeld)  versehen  und  mehr  oder 
weniger  gegen  die  Membrana  proi)ria  der  Samenkanälchen  abgeplattet. 
Ihr  rundlicher  oder  ellipsoidischer  Kern  mißt  10  :  7  u  und  führt  ein 
deutliches  Kernkörperchen ;  er  zeigt  eine  wohl  ausgeprägte  Chromatin- 
hülle  und  eine  sehr  feine,  staubförmige  Verteilung  von 
Chromatinmolekeln ,  untermischt  mit  gröberen  Brocken  im  Inneren, 
welche  Eigentümlichkeit  diesen  Zellen  den  vorhin  erwähnten  Regaud- 
schen  Namen  „spermatogonies  ä  noyaux  poussiereux"  eingetragen  hat. 
Das  Protoplasma  zeigt  eine  deutliche  Fadenstruktur ;  neben  dem  Kerne 
liegt  das  Idiozom  (s.  w.  u.)  mit  2  Centrosomeu. 

Ich  stimme  dieser  Beschreibung  zu  mit  Ausnahme  der  Angabe 
über  das  Vorhandensein  einer  Zellmembran,  von  der  ich  mich  nicht, 
überzeugen  konnte ;  jedoch  bemerke  ich.  daß  auch  Benda  (31,  p.  72) 
die  scharfe  Begrenzung  dieser  Zellen  hervorhebt  und  bereits  von  der 
feinen  Verteilung  des  Chromatins  im  Kerne  dieser  Zellen  spricht. 


1)  So  sagt  z.  B.  V.  LA  Valette  St.  George  an  verschiedenen  Orten  seiner 
Abhandhingen  bald  „Ursamenzellen",  bald  „Spermatogonien"  für  dieselben  Gebilde; 
im  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  27,  S.  5  gebraucht  er  den  Ausdruck  „Urkeimzellen" 
als  gleichwertig  mit  „Spermatogonien". 


168  W.  Waldeyer 


Durch  mitotische  Teilungen  geht  —  das  kann  mit  Bestimmtheit 
und  in  Uebcreinstimmung  mit  allen  Autoren  gesagt  werden  —  eine 
weitere  Generation  von  Zellen  aus  den  Arcliisi)erniiocyten  hervor,  die 
zum  Teil  noch  an  der  Wand  der  Samenkanälchen  liegen  bleibt,  zum 
Teil  aber  auch  weiter  zum  Lumen  derselben  vorgeschoben  wird.  Ein 
Teil  dieser  neugebildeten  Zellen  behält  die  Form  der  Ursamenzeilen 
bei,  es  sind  die  ständigen  Reservezellen  für  weitere  Schübe  von 
Si)ermienbildung,  so  daß  also  die  Ursamenzeilen  gleichsam  einen 
eisernen  Bestand  des  Inhaltes  der  Samenkanälchen  bilden.  Ein 
zweiter  Teil  der  neugebildeten  Zellen  ändert  aber  seine  Beschaflenheit: 
dies  werden  die  Samenzellen  1.  Generation,  für  die  wir  mit  Schönfeld 
die  Bezeichnung  v.  la  Valette  St.  George's  „Spermatogonien" 
festhalten. 

Die  Spermatogonien  charakterisieren  sich  gegenüber  den  Ursamen- 
zellen  durch  folgende  Merkmale:  Sie  sind  etwas  kleiner  als  die  Archi- 
spermiocyten,  ihr  Protoplasma  ist  heller ;  ihre  Kernkörperchen  erweisen 
sich  als  echte  Chromoblasten,  indem  sie  Chromatiu  erzeugen  und  in 
mehrere  Chromatinbröckel  zerfallen,  welche  sich  zur  Oberfläche  des 
Kernes  begeben ;  zwischen  diesen  gröberen  Bröckeln  bleiben  aber  noch 
die  feineren  Stäubchen,  die  um  jedes  Bröckelchen  besonders  orientiert 
sind,  erhalten.  Indem  die  Chromatinbröckel  sich  an  der  Kernober- 
fläche ansammeln  und  abplatten,  erscheint  letztere  krustenförmig;  dies 
hat  zu  den  Beschreibungen  der  „Spermatogonien  mit  Krustenkernen" 
[F.  Hermann  (M.  25(i4),  v.  Lenhossek  (142),  Regaud  (11.  cc.)J  — 
„spermatogonies  ä  noyaux  croütelleux"   —  Veranlassung  gegeben. 

Die  Spermatogonien  ihrerseits  vermehren  sich  in  rascher  Folge 
durch  mitotische  Teilungen,  deren  Zahl  schwankend  erscheint,  jeden- 
falls noch  nicht  genau  bestimmt  ist.  Dabei  wird  der  Krustencharakter 
der  Kerne  immer  deutlicher.  Endlich  kommt  eine  letzte  Generation 
von  Tochterzellen,  die  sich  nicht  mehr  teilen,  um  eine  weitere  Generation 
gleich  beschaffener  Zellen,  also  neuer  Spermatogonien,  hervor- 
zubringen, sondern  sich  zunächst  vergrößern  und  dabei  eine  Reihe 
höchst  bemerkenswerter  und  wichtiger  Veränderungen  eingehen.  Diese 
2.  Generation  der  Samenzellen  sind  v.  la  Valette  St.  George's 
„Sper  matocyten''.  Man  unterscheidet  Spermatocyten  1.  und 
2.  Ordnung. 

Wegen  der  fortdauernden  Aenderung  der  Gestalt  und  Struktur  ist 
es  nicht  möglich,  eine  allgemeingiltige  Beschreibung  der  Spermato- 
cyten zu  geben.  Schönfeld  nimmt  für  Bos  taurus  nicht  weniger 
als  neun  verschiedene  Formen  an,  Avelche  ein  Spermatocyt  zu  durch- 
laufen hat,  bevor  er  sich  zur  weiteren  Teilung,  der  vorletzten  in  der 
ganzen  Reihe,  anschickt.  Zunächst  bewahren  die  Spermatocyten  noch 
das  krustige  Aussehen  ihrer  Kerne  und  haben  13—14  //  Durchmesser 
bei  7,5 — 8  /<  Kerngröße.  Bald  zieht  sich  der  größte  Teil  des  Chro- 
matins  gegen  denjenigen  Kernpol  zusammen,  an  welchem  das  Idiozom 
gelegen  ist;  Moore  (176—178)  hat  diese  charakteristische  Erscheinung 
mit  dem  Namen  „Synapsis"  belegt;  sie  bildet  sich  mehr  und  mehr 
aus^).  Weiterhin  tritt  eine  neue  Umformung  des  Chromatins  ein, 
indem  dasselbe  in  kleine  Körner  aufgeht,  welche  nach  und  nach  heran- 
wachsen und,  jedes  für  sich,  in  charakteristische  Vierergruppen 
zerfallen;    diese   sind   anfangs   noch   mit   dem    größeren    synaptischen 


1)  Von  ouvaTtiew,  sich  anschließen,  berühren. 


Die  Geschlechtszellen.  169 

Centruin  durch  Fäden  (Lininfäden)  vereinigt,  welche  jedoch  allmählich 
schwinden.  Nun  enthalten  die  Spermatocytenkerne  nur  jene  Merer- 
grui)i)en,  die  sämtlich  an  der  Kernperipherie  lagern. 

In  einem  folgenden  Stadium  treten  neue  Fäden  auf,  welche  (nach 
Schönfeld)  nicht  auf  die  früheren  Lininfäden  zurückzuführen  sind. 
An  ihnen  reihen  sich  die  Vierergruppen  auf  und  es  entsteht  unter 
Verschmelzung  der  je  4  Granula,  aus  denen  jene  Gruppen  bestehen, 
ein  neuer  Chromatinfadenknäuel,  der  an  der  Kernobertläche  gelegen 
ist;  die  Fäden  desselben  haben  ein  rosenkranzförmiges  Aussehen. 

Es  folgen  im  unmittelbaren  Anschlüsse  hieran  Veränderungen, 
welche  zweifellos  als  mitotische  aufzufassen  sind:  eine  Längsteilung 
der  Knäuelfäden  und  (bei  Bos  taurus,  dem  von  Schönfeld  unter- 
suchten Objekte)  ein  Zerfall  derselben  in  12  Chromosomen,  welche 
ellipsenähnliche  Ringe  bilden.  Man  darf  annehmen,  daß  diese  Ringe 
durch  nachträgliche  Verschmelzung  der  Enden  je  zweier  Schwester- 
fäden entstehen.  Darauf  folgen  Bildung  einer  Spindel  mit  je  einem 
Centrosom  an  den  beiden  Polen,  Zusammeuziehung  der  Ringe  auf 
kurze,  dickere  Chromosomen,  Anhäufung  derselben  zu  einer  Aequatorial- 
platte.  abermalige  Teilung  derselben  und  Metakinesis  unter  Bildung 
einer  Tonnenfigur  (nach  den  Abbildungen  Schönfeld's  zu  schließen), 
Doppelstern  und  Teilung  der  Zelle.  Die  beiden  Tochterzellen  stellen 
nun  die  S  p  e  r  m  a  t  o  c  y  t  e  n  zweiter  0  r  d  n  u  n  g  oder  E  bn ER'schen 
Zellen,  nach  v.  Lenhossek's  (142)  Bezeichnung,  dar. 

V.  Ebner  führte  den  Nachweis,  daß  bei  Säugetieren  diese 
Spermatocyten  2.  Ordnung,  bevor  sie  sich  weiter  teilen,  erst  zu  einem 
ausgesprocheneu  Ruhestadium  ihrer  Kerne  gelangen,  während  man 
das  von  den  Spermatocyten  1.  Ordnung  nicht  sagen  kann,  falls  sich 
nicht  herausstellen  sollte,  daß  sie  längere  Zeit  in  dem  Stadium  der 
Krustenkerne  verharren.  Abgesehen  nämlich  von  dem  Wachstum 
dieser  letzteren  Zellen,  welches  für  sie  —  s.  w.  u.  Vergleichuug  mit 
der  Oogenese  —  charakteristisch  ist,  tragen  die  beschriebenen  Ver- 
änderungen derselben  alle  den  Charakter  von  Vorbereitungen  zu  der 
eben  geschilderten  Teilung  an  sich.  Man  bezeichnet  diese  Teilung  der 
Spermatocyten  1.  Ordnung  in  die  der  2ten  als  die  1.  Reifeteilung. 
Mit  dieser  beginnt  ein  neues  Stadium  der  Spermiogenese,  das  der 
R  e  i  f  e  t  e  i  1  u  n  g  e  n  der  Spermatocyten.  Jeder  Spermatocyt  2.  Ord- 
nung teilt  sich  alsbald  zum  2.  Male,  und  die  Produkte  dieser,  der 
letzten  Teilung  in  der  ganzen  Reihe,  sind  die  Spermatiden  v.  la 
Valette  St.  George's.  Diese  wandeln  sich  durch  einen  histo- 
genetischen  Vorgang  in  die  Spermien  um.  In  der  Reihe  der  Gene- 
rationen von  der  Ursamenzelle  bis  zur  Spermatide  einschließlich  stellen 
die  Spermatocyten  2.  Ordnung  die  3.  und  die  Spermatiden  die  4.  Gene- 
ration dar. 

Die  1.  Reifeteiluug  geschieht  unter  dem  Bilde  der  von  W.  Flemming 
(M.  2556)  nachgewiesenen  heterotypischeu  Mitose,  die  2.  nach  der 
homöotypischen  Form  desselben  Autors.  Ueberliaupt  scheinen,  wie 
Flemming  vermutet,  sämtliche  der  genannten  Geuerationsmitosen, 
auch  die  der  Ursamenzellen  und  Spermatogonien,  einer  dieser  beiden 
Teilungsformen  anzugehören  ^). 


1)  Ich  erinnere  daran,  daß  bei  diesen  beiden  von  der  „typischen"  Mitose  ab- 
weichenden Teilungsarteu  schon  die  ruhenden  Kerne  eine  massige,  chromatinreiche 
Beschaffenheit  haben   mit  strangförmiger  Anordnung  des  Chromatins,  so  daß   eine 


170  W.  Waldeyer, 

Bei  Salainandra  ist  festgestellt,  daß  die  Zahl  der  Chromosomen 
sowohl  bei  der  heterotypischen  (ersten)  als  auch  bei  der  liomöo- 
typischeu  (zweiten)  Reifungsteilung  nur  12  beträgt,  anstatt  der  2-4. 
welche  wir  bei  den  übrigen  Mitosen  (der  Körperzellen)  zählen  (Flem- 
MING,  1.  c). 

Schönfeld  ermittelte  beim  Stier  zu  Beginn  der  heterotypischen 
Teilung  gleichfalls  12  ringförmige  Chromosomen,  so  daß  auch  hier 
eine  Verminderung  der  Chromosomenzahl  besteht,  was  nach  v.  Ebner 
(76)  auch  bei  der  Ratte  der  Fall  ist,  obwohl  er  nicht  durchweg  genaue 
Zählungen  anstellen  konnte. 

Bei  der  zweiten  homöotypisch  verlaufenden  Reifeteilung  fand 
V.  Ebner  bei  der  Ratte  auch  Ringcliromosomen,  während  Schönfeld 
für  den  Stier  solche  in  Abrede  stellt;  auch  bei  Salamandra  fehlen  nach 
Meves  (166)  hier  die  Ringe.  Die  aus  dieser  Teilung  hervorgehenden 
Spermatiden  bleiben  kleiner  als  ihre  Mutterzellen,  die  Spermatocyten 
2.  Ordnung.  Fernere  Unterschiede  der  2.  Reifeteilung  gegen  die  1. 
beim  Stier  sind  (nach  Schönfeld)  die  kurze  Stäbchenform  der 
12  Chromosomen  der  Aequatorialplatte ,  welche  nur  etwa  ^/g  der 
Breite  der  1.  Reifeteilungsplatte  hat,  und  die  Länge  der  Spindel,  so 
daß  die  Centrosonien  dicht  an  der  Zelloberfläche  liegen.  Bei  der 
Metakinese  sollen  hier  die  Stäbchen  sich  quer  teilen. 

Der  Kern  der  jungen  Spermatiden  ist  anfangs  kleiner  als  der  der 
Spermatocyten  2.  Ordnung  und  zeigt  sich  in  gewöhnlicher  Weise  netz- 
förmig strukturiert.  Der  chromatoide  Nebenkörper  (Benda) 
—  s.  w.  u.  —  fehlt;  dagegen  tritt  alsbald  ein  deutliches  Kernkörper- 
chen  auf,  welches  den  Spermatocyten  2.  Ordnung  abgeht;  der  Kern 
vergrößert  sich  durch  Vermehrung  des  Kernsaftes. 

Im  Zellprotoplasma  der  Spermatogonien  wie  der  Spermato- 
cyten tritt  die  Fadenstruktur  etwas  zurück,  indem  helle  Stellen  sich 
zeigen,  so  daß  dasselbe  fast  wie  vakuolisiert  erscheint.  Sehr  deutlich 
nimmt  man  in  allen  Zellen  bei  der  Spermiogenese  —  auch  in  den 
später  zu  besprechenden  Fußzellen  Benda's  —  kleine  Granula  wahr, 
deren  eigenartige  Natur  Benda  durch   eine   besondere  Färbemethode, 


gewisse  Aehulichkeit  mit  dem  Anfang  des  Knäuelstadiums  einer  typischen  Mitose 
besteht,  und  daß  die  Knäuel  dann  sehr  locker  erscheinen. 

Bei  der  heterotypischen  Mitose  findet  nun  eine  doppelte  Teilung  der 
Chromosomen  statt,  einmal  als  entschiedene  Längsteilung  während  des  Knäuelstadiums 
und  dann  —  nach  Flemmixg  ebenfalls  als  Längsteilung  —  eine  Teilung  der  ge- 
trennten Fäden  im  Dyasterstadium.  Ferner  ist  bei  der  heterotyi^ischen  Mitose 
bemerkenswert,  daß  nach  der  1.  Teilung  die  Schwesterfädeu  nicht  alsbald  sich  voll- 
kommen trennen,  sondern  nur,  Ringe  oder  Ellipsen  bildend,  auseinander  weichen, 
wie  dies  E.  Vax  Beneden  bei  Ascaris  zuerst  feststellte;  auch  die  2.  Teilung  fand 
dieser  Forscher  und  vermutete  bereits,  daß  sie  normal  sei,  was  dann  von  Flemming 
sicher  erwiesen  wurde.  Die  Ringe  oder  langgezogenen  Ellipsen  bilden  eine  charak- 
teristische Tonnenfigur,  worauf  im  Aequator  die  Durchtrennung  der  Ellii^sen  als 
Beginn  der  Metakinese,  dann  das  Wandern  der  Hälften  zu  den  beiden  Spindeipolen 
und  hierbei,  wie  gesagt,  eine  abermalige  Teilung  der  Chromosomen  erfolgt.  Die 
1.  Teilung  im  Spiremstadium  wird  als  die  wesentliche  Chromatinhalbierung  zur 
Bildung  gleichwertiger  Tochterkerne  angesehen ;  was  die  zweite  bedeutet,  ist  noch 
unsicher. 

Bei  der  homöotypischen  Form  findet  nur  eine  einmalige  (Längs-)Teilimg 
der  Chromosomen  statt,  und  es  bilden  sich  keine  Ringe.  Von  der  typischen  Teilung 
unterscheidet  sie  sich,  wie  bemerkt,  durch  die  Beschaffenheit  der  ruhenden  Kerne 
und  die  sehr  lockeren  Knäuel,  sowie  durch  eine  ungewöhnUch  lange  Dauer  der 
Metakinese,  indem  die  Schwesterchromosomen  lange  in  der  Nähe  des  Aequators  vei'- 
weilen,  ehe  sie  zu  den  Polen  abrücken. 


Die  Geschlechtszellen.  171 

die  sie  schön  blau  erscheinen  läßt,  nachgewiesen  hat.  Da  die  Granula 
meist  fadenförmig  aneinander  gereiht  erscheinen,  indem  sie  innerhalb 
der  C3'toi)lasmafäden  gelegen  sind,  hat  sie  Benda  als  Mitochondria 
(.äxog  Faden,  xovöqiov  Körnchen)  bezeichnet.  Wenn  sie  in  den  Fäden 
so  dicht  verschmolzen  sind,  daß  man  die  einzelnen  Körnchen  nicht 
mehr  unterscheiden  kann,  so  nennt  Benda  solche  Fäden  Chondrio- 
miten.  Die  Mitochondria  spielen,  wie  wir  im  nächsten  Kapitel  sehen 
werden,  bei  der  Spermiogenese  eine  wichtige  Rolle  ^). 

Das  Idiozom  wird  während  der  Periode  der  ausgesprochenen 
Synapsis  weniger  deutlich  gesehen;  sobald  letztere  Erscheinung,  wie 
es  unmittelbar  vor  der  1.  Teilung  der  Spermatocyten  der  Fall  ist, 
zurückgeht,  wird  es  nebst  seinen  beiden  Centrosomen  wieder  sehr 
deutlich  in  kugliger  Form,  während  es  vorher  halbmondförmig  alj- 
geplattet  dem  Kern  angeschmiegt  lag.  Gleichzeitig  tritt  dann  wieder 
die  iibrilläre  Struktur  des  Protoplasmas  voll  in  die  Erscheinung. 

Ueberblicken  wir  die  Gesamtheit  des  Ablaufes  der  Spermiocyto- 
genese,  der  namentlich  bei  den  Nematoden  —  vergl.  die  Arbeiten 
E.  Van  Beneden's  (M.  2542),  0.  FIertwig's  (M.  1252),  Brauer"s 
(57  a)  u.  a.  —  sich  weit  übersichtlicher  darstellt,  so  können  wir  mit 
0.  Hertwig  drei  Stadien  oder  Perioden  unterscheiden:  1)  das 
Vermehrungsstadium  oder  das  Stadium  der  Spermato- 
go n  i  e  n ;  2)  das  W  a  c  h  s  t  u  m  s  s  t  a  d  i  u  m  oder  das  Stadium  der 
Spermatocyten  erster  Ordnung  und  3)  das  Reifestadium 
oder  das  Stadium  der  Spermatocyten  2.  Ordnung  und  Sperma - 
tiden,  in  welchem  2  charakteristische  Teilungen,  die  ,,Reifungsteilungen", 
rasch  aufeinander  folgen,  die  die  Spermatocyten  1.  Ordnung,  unter 
Verminderung  der  Chromosomenzahl  auf  die  Hälfte,  in  die  reifen, 
befruchtungsfähigen  Samenzellen,  die  Spermatiden, 
überführen.  Denn  das,  was  nun  weiter  folgt,  die  Spermiohistogenese, 
ändert  an  dem  Bestände  der  Spermatide  nichts  mehr,  wie  wir  sehen 
werden,  sondern  formt  sie  nur  in  der  Weise  um,  daß  sie  befähigt 
wird,  in  die  Eizelle  einzudringen. 


'O^ 


Die  Namengebung  würde  vereinfacht  werden  und  damit  die  Ueber- 
sichtliclikeit  der  Einteilung  gewinnen,  wenn  man  statt  der  Bezeichnung 
„Spermatocyten  2.  Ordnung"  eine  andere  einführte.  Daß  ein  Bedürfnis 
dafür  vorliegt,  kann  aus  dem  schon  mehrfach  angenommenen  Vorschlage 
V.  Lenhoss^k's  (142)  entnommen  werden,  diese  Spermatocyten  „v.  Ebner- 
sche  Zellen"  zu  nennen.  Wenn  wir  dem  Grundsatze  der  Nomenklatur, 
wie  er  bei  der  Baseler  Anatomenversammlung  1895  angenommen  wurde, 
folgen  wollen,  Personennamen  thunlichst  zu  vermeiden,  so  dürfte  viel- 
leicht die  Benennung  „Präspermatiden",  statt  „Spermatocyten 
2,  Ordnung",  sich  empfehlen;  er  hat  zugleich  den  Vorzug  der  Kürze. 
Wir  hätten  dann:  Vermehrungsstadium  =  Stadium  der  Spermatogonien, 
Wachstumsstadium  =  Stadium  der  Spermatocyten,  und  Reifungsstadium  =: 
Stadium  der  Präspermatiden  und  Spermatiden. 


1)  Offenbar  gehören,  wie  das  auch  Benda  (37,  88)  selbst  anerkennt,  die  Mito- 
chondria zu  den  als  .,Cytomikrosomen"  schon  lange  bekannten  Gebilden  und  mögen 
zum  Teil  mit  iinter  den  ALTMAXN'schen  Granula  einbegriffen  sein  (?).  Das  Verdienst 
Benda's  ist  es,  durch  seine  ausgezeichnete  Färbemethode  diese  Mitochondria  als  eine 
besondere  Art  der  Cytomikrosoraen  festgestellt  zu  haben.  Man  hat  diese  Körnchen 
bei  der  Spermiogenese  schon  früher  erwähnt,  insbesondere  haben  dies  v'.  LA  Valette 
St.  George  und  v.  BRrXN  gethan.    Vergl.  hierzu  Meves  (172). 


172  W.  Waldeyer, 

Das  zweite  Element,  welches  bei  der  Speiiiiiogenese  eine  Rolle 
spielt,  sind  die  Fußzellen  oder  vegetativen  Ilodenzellen  Benda's. 
Dieselben  sitzen,  wie  die  Ursamenzellen,  der  Wand  der  Hodenkanäl- 
clien  mit  breiter  Basis,  die  den  Kern  enthält,  unmittelbar  auf,  ragen 
mit  einem  langen  Protoplasmaleibe  radiär  bis  zur  Lichtung  vor,  zeigen 
aber  im  übrigen,  je  nach  der  Funktionsphase  der  betreffenden  Hoden- 
kanälchen,  sehr  verschiedene  Gestaltungen.  Ihr  Protoplasmaleib  ist 
niembranlos,  sehr  Aveich  und  plastisch,  so  daß  er  von  den  allseitig 
sich  anlegenden  germinativen  Hodenzellen  Eindrücke  empfängt,  die 
ihn,  namentlich  gegen  die  Lichtung  der  Samenkanälchen  hin,  verzweigt 
und  lappig  erscheinen  lassen  („cellule  ramihcate"  Sertoli). 

Wichtig  ist  die  von  v.  Ebner  (75)  aufgedeckte  und  von  Benda  (37) 
bestätigte  Fettablagerung  und  Fett  Wanderung  im  Protoplasma 
dieser  Zellen,  Das  Fett  liegt  in  länglichen  Pieihen,  entsprechend  der 
deutlichen  Fadenstruktur  des  Protoplasmas ;  es  wandert  während  der 
Umwandlung  der  Spermien  zu  Spermatiden  in  den  Fuß  der  Zelle 
zurück.  Das  meiste  Fett  der  Samenkanälchen  liegt,  wie  Benda  (1.  c), 
LuBARSCH  und  Hansemann  (107)  gegen  Plato  (197)  angeben,  und 
zwar  mit  Recht,  wie  ich  glaube  sagen  zu  dürfen,  intracellulär  im 
Protoplasma  der  Fußzellen.  Uebrigens  bestehen  große  Verschieden- 
heiten in  der  Menge  dieses  Fettes  bei  den  einzelnen  Tieren;  der 
Mensch  hat  einen  reichlichen  Fettgehalt. 

Weiterhin  enthalten  diese  Zellen  ebenso  wie  die  germinativen 
Hodenzellen  sehr  deuthche  Mitochondria  in  Längszügen  angeordnet 
(s.  Fig.  45  A  und  B  und  Fig.  47),  ferner  die  von  Lubarsch  (154)  ent- 
deckten Hodenkanälchenkrystalle,  beim  Menschen  nach  Benda  (.37) 
ausschließlich  hier  gelegen . 

Sehr  deutlich,  namentlich  in  der  Fußplatte,  zeigen  sich  Fäden  im 
Protoplasma;  während  des  Kopulationsstadiums  (Symphorese  m.  — 
s.  w.  u.)  w^erden  dieselben  auch  im  Zellkörper  und  dessen  Ausläufern 
gut  sichtbar.  Benda  konnte  mit  seiner  Mitochondrienfärbung  Fäden 
bis  in  die  unmittelbare  Nähe  der  kopulierten  Spermatiden  und  jungen 
Spermien  verfolgen.  Daß  eine  wirkliche  Verbindung  der  Fäden  (Kopu- 
lationsfäden)  mit  den  Spermatiden  existiere,  wird  von  anderer  Seite 
(v.  Lenhossek,  142,  und  Tellyesnitzki,  244 — 247)  bestritten.  Benda 
möchte  eine  solche  erschließen  aus  dem  „richtenden"  Einflüsse,  den 
die  Fußzellen  offenbar  auf  die  polare  Anordnung  der  Spermien  zu 
d^en  Fußzellen  haben,  wenigstens  bei  Säugetieren. 

Sehr  sonderbare  Formen  zeigen  die  Kerne:  sie  erscheinen  sack- 
artig, wie  schlaff,  und  mit  tiefen  Einbuchtungen  versehen,  was  auch 
Schönfeld  (1.  c.)  hervorhebt.  Sie  haben  ein  Liningerüst  mit  reich- 
lich an  ihm  aufgereihten  Chromatinkörnchen ;  manche  zeigen  das  Chro- 
matin aber  auch  größtenteils  im  Nucleolus  konzentriert.  Diese  Ver- 
hältnisse als  Zeichen  beginnender  Degeneration  anzusehen,  wie  es 
unter  anderen  v.  la  Valette  St.  George  will,  wird  von  Benda  (37) 
zurückgewiesen.  Ich  muß  ebenfalls  die  Fußzellen,  wenn  sie  einmal 
gebildet  sind,  als  sehr  dauerhafte  Gebilde  bezeichnen.  Dafür  sprechen 
auch  ihre  entwickelungsgeschichtlichen  Verhältnisse. 

Die  Herkunft  der  Fußzellen  (vegetativen  Hodenzellen)  ist  ebenso- 
wenig wie  ihre  Bedeutung  festgestellt.  Ich  neige  mich  mit  Benda  (1.  c), 
der  diese  Frage  sehr  eingehend  behandelt,  auf  die  Seite  derer,  welche 
sie  von  den  fötalen  cylindrischen  Zellen  des  Keimepithels,  bezw. 
später   der   Hodenkanälchen,    den    Follikelzellen   v.   la    Valette    St. 


Die  Geschlechtszellen.  173 

George's  ableiten,  Haben  sie  durch  allinähliches  Heranwachsen  einmal 
ihre  volle  Ausbildung  erlangt,  so  scheinen  sie  (Benda)  dauernd  er- 
halten zu  bleiben :  höchstens,  daß  sie  sich,  nachdem  sie  einen  Schub 
kopulierender  Si)ermien  abgestoßen  haben,  in  ihrem  verzweigten  Proto- 
plasmaleibe zurückbilden  bis  auf  den  kernhaltigen  Fuß,  von  dem  aus 
sie  dann  zur  Aufnahme  einer  weiteren  Generation  von  Spermatiden 
wieder  heranwachsen.  Mitosen  wurden  bis  jetzt  bei  ihnen  nicht  be- 
obachtet. Sonach  lindet  schon  eine  frühzeitige  Scheidung  dei-  ger- 
miuativen  und  vegetativen  Zellen  —  im  Stadium  des  Keimepithels  — 
statt. 

Benda  (37)  schüdert  die  Mutterzellen  der  Fußzellen,  d.  h.  die 
fötalen  Cylinderzellen,  als  membranlos  mit  dichtem  Protoplasma,  spär- 
lichen Mitochondria  und  ellii)soidischen  chromatinreichen  Kernen :  in 
den  unreifen  Hodenkanälchen  überwiegen  sie  bei  weitem  an  Zahl.  Ihre 
mitotischen,  im  Salamauderhoden  von  Drüner,  (Jeuaische  Zeitschr.  f. 
Naturw..  Bd.  29.  1.S94)  zuerst  studierten  Teilungen  zeigen  allerlei 
Besonderes:  gedrungene  Mitosenfigur,  Mangel  eines  ,,Teilungsraumes". 
häufig  asymmetrische  Stellung  der  Spindel.  Die  Teilungen  findet  man 
bei  Anamniern  nur  in  denjenigen  Abschnitten  des  Hodens,  wo  die 
jüngsten  Stufen  der  germiuativen  Zellen  (Ursamenzeilen  und  Spermato- 
gonien)  lagern,  bei  Amnioten  in  allen  Kanälchen,  jedoch  nur  bis  zum 
Beginne  der  Pul)ertät,  wo  sie  von  der  epithelialen  Grundform  zur 
Fußzellenform  auswachsen.  Benda  bezeichnet  diese  Metamorphose 
der  vegetativen  Cylinderzellen  zu  den  Fußzellen  als  eines  der  sichersten 
Zeichen  der  beginnenden  Geschlechtsreife. 

Die  Frage,  ob  in  der  That  eine  Fußzelle  der  Regel  nach  so  lange 
bestehen  bleibe,  als  der  betrefl:ende  Hoden  funktioniert,  kann  indessen 
doch  noch  nicht  sicher  beantwortet  werden.  Den  Dualisteu,  welche 
wie  Benda  zweierlei  sich  schon  frühzeitig  scheidende  Zellen  in  den 
Hodenkanälchen  annehmen,  stehen  die  Monisten  gegenüber  (Prenant. 
Schönfeld,  Regaud  u.  a.).  Prenant  (202a  und  M.  2834)  führt 
alle  Hodenzellen  auf  die  ursprüngliche  cylindrische  Epithelzelle  zurück. 
Regaud"s  Annahme  (20G— 209),  daß  die  Fußzellen  auch  in  ihrer  ent- 
wickelten Form  noch  proliferieren  und  daß  von  ihnen  alle  übrigen 
Hodenzellen  abstammen,  schließt  sich  der  PRENANT'chen  insofern  an, 
als   auch  die  Fußzellen  ursprünglich   aus  Cylinderzellen   hervorgehen. 

Die  SERTOLi'schen  Zellen  sollen,  so  meint  Regaud  (208),  ein  Plas- 
modium ohne  bestimmte  Zellengrenzen  bilden  und  sich  durch  ami- 
totische Teilungen  lebhaft  und  andauernd  vermehren  und  auf  diesem 
Wege  die  vorhin  erwähnten  „cellules  ä  noyaux  poussiereux"  liefern. 
„La  cellule  de  Sertoli",  sagt  Regaud,  „est  donc  la  cellule  generatrice 
et  nourriciere  des  elements  de  la  lignee  seminale." 

Schönfeld  (1.  c.)  hat,  wde  bemerkt,  die  Meinung  aufgestellt,  daß 
die  Ursamenzeilen,  seine  „cellules  indifferentes",  durch  mitotische 
Teilung  sowohl  die  Spermatogonien  als  auch  junge  Fußzellen  lieferten. 
Ich  habe  mich,  wie  gesagt,  bis  jetzt  nicht  davon  überzeugen  können 
und  muß  mich  mit  Benda  den  Dualisteu  anschließen.  Bezüglich  der 
Funktion  der  Fußzellen  vgl.  weiter  unten  den  Abschnitt:  ,.Physiologische 
Bemerkungen". 

Da  nähere  Beziehungen  zwischen  den  Fußzellen  und  den  „inter- 
stitiellen H 0 den z  eilen",  „Z  wischen z eilen",  zu  bestehen 
scheinen,  so  sollen  letztere,  so  w^eit  es  erforderlich  ist,  an  dieser  Stelle 


174  W.  Waldeyer, 

besprochen  werden.  Dieselben  sind  große,  rundlich-eckige,  weiche, 
nienibraulose  Zellen  mit  einem  ansehnlichen  Proto])lasmaleibe  und 
mittelgroßem  runden  Kerne.  Sie  ähneln  einigermaßen  den  Leber- 
zellen, insbesondere  auch  durch  ihren  (ielialt  an  Fettkörnchen  und 
feinen  Pigmentgranulis.  Auch  Krystalloide ,  ähnlich  denen  in  den 
SERTOLi'schen  Hodenzellen,  sind  in  ihnen  von  Reinke  (223)  nach- 
gewiesen worden.  Sie  liegen  zwischen  den  Samenkanälchen  im  inter- 
stitiellen Bindegewebe  und  schließen  sich  enge  an  die  Blutgefäße  an, 
weswegen  ich  sie  seiner  Zeit  zu  den  von  mir  in  eine  besondere  Gruppe 
zusammengelegten  „perivaskulären"  Zellen  gestellt  habe  (s.  „Die  Ent- 
wicklung der  Carcinome",  Virchow's  Arch.  f.  path.  Anat,  Bd.  55). 

Plato  (197)  und  Friedmann  (87),  denen  ich  nach  meinen  Er- 
fahrungen und  in  Rücksicht  auf  den  interessanten  Befund  v.  Hanse- 
mann's  (107),  der  bei  winterschlafenden  Murmeltieren  die  Zwischen- 
zellen völlig  vermißte,  während  sie  bei  einem  kräftigen  Frühjahr  stiere 
sehr  reichlich  entwickelt  waren,  zustimme,  haben  gezeigt,  daß  die 
interstitiellen  Zellen  eine  durch  OSO4  leicht  reduzierbare  Substanz  — 
wahrscheinlich  Fett  —  in  Menge  aufspeichern ,  von  wo  es  in  die 
Fußzellen  der  Samenkanälchen  gelangt.  Die  Zellen  haben  also  wichtige 
Beziehungen  als  „Nährzellen"  für  die  Spermiogenese. 

Friedmann  erwies,  daß  zwar  dasjenige  Fett,  w^elches  zuerst  im 
Hodengewebe  auftritt,  stets  intratubulär  gelegen  ist,  zu  einer  Zeit, 
in  welcher  interstitielle  Zellen  kaum  entwickelt  sind ;  später  aber  liefern 
diese  das  intratubuläre  Fett.  —  Die  Zwischenzellen  fehlen  von  den  Ui'o- 
delen  an  abwärts  bei  Vertebraten  und  Evertebraten ;  nur  bei  Paludina 
fand  Auerbach  (3b)  analoge  Zellen.  Das  Fett  liegt  indessen  bei  diesen 
Tieren  (Urodelen,  Fischen  etc.)  vom  Beginne  der  Hodentliätigkeit  an 
reichlich  intraampullär  bezw^  intratubulär.  Nach  Plato  sollen  in  der 
Membrana  propria  der  Samenkanälchen  besondere  Porenkanälchen  vor- 
handen sein,  welche  das  Fett  durchlassen.  —  Beissner  (23)  stützt  wiederum 
die  Ansicht  Nussbaum's,  der  die  interstitiellen  Zellen  von  rudimentär  ge- 
bliebenen Sexualsträngen  herleitet.  Ich  schließe  mich  bezüglich  der  ge- 
weblichen  Zugehörigkeit  der  Zellen  denen  an,  welche  sie,  wie  Friedmann 
und  Plato,  für  bindegewebige  erklären.  —  v.  Bardeleben  (18)  geht  noch 
einen  Schritt  weiter  als  Plato,  indem  er  die  Zwischenzellen  in  die  Hoden- 
kanälchen  einwandern  und  sich  dort  zu  Fußzellen  umbilden  läßt. 

Leydig  (Zur  Anatomie  der  männlichen  Geschlechtsorgane  und  Anal- 
drüsen der  Säugetiere,  Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.,  Bd.  2,  1852)  war,  wie 
Stieda  mit  Recht  in  Erinnerung  gebracht  hat,  der  Entdecker  der  Zwischen- 
zellen des  Hodens. 

In  kurzer  Darstellung  schildere  ich  im  folgenden  noch  die  Sperniio- 
cytogenese  bei  einem  Vertreter  des  anamnischen  Wirbeltierkreises, 
Salamandra  maculosa,  der  am  häufigsten  zur  Untersuchung  ge- 
dient hat;  ich  folge  der  sehr  genauen  Beschreibung  von  Meves  (166). 

Wir  können  hier  ebenso  wie  bei  den  Amnioteu  die  vorhin  ge- 
nannten drei  Abschnitte  der  Spermiocytogenese  unterscheiden : 
1)  das  Vermehr  ungsstadium  ,  2)  das  Wachstumsstadium  , 
3)  das  R  e  i  f  u  n  g  s  s  t  a  d  i  u  m ,  Stadium  der  Reifeteilungeu.  Hierzu 
käme  wohl  ein  Vorstadium  oder  Anfangs  Stadium.  Dies  Anfaugs- 
stadium  bleibt  bei  Salamandra  dauernd,  so  möchte  ich  es  wenigstens 
auffassen,  erhalten  in  den  beiden  Zipfeln  des  Salamanderhodens, 
wo  sich  sehr  große,  in  ihrer  Form  an  Eizellen  erinnernde  Ursamen- 


Die  Geschlechtszellen.  175 

Zellen,  untermischt  mit  kleinen,  zum  Teil  gegen  die  Ursamenzellen 
abgeplatteten  Cylinderzellen  (Randzellen,  s.  Fig.  2  bei  Meves,  1.  c). 
finden.  Dies  Zellenlager  fasse  ich  als  gleichwertig  auf  mit  dem  Keim- 
epithel der  Amniotenembryonen  und  dem  noch  inaktiven  Samenkanäl- 
cheninhalte vor  Eintritt  der  Geschlechtsreife. 

Meves  beschreibt  bei  den  Kernen  der  großen  Zellen  ein  feinkörniges 
Aussehen,  wie  bei  den  vorhin  geschilderten  Staubkernzellen  Regaud's, 
glaubt  indessen  dies  auf  Einwirkung  der  härtenden  Reagentien  (Nieder- 
schläge im  Kernsaft)  beziehen  zu  sollen. 

In  den  an  die  Hodenzipfel  angrenzenden  Hodeulappen  vermehren 
sich  bei  den  geschlechtsreifen  Tieren  die  Ursamenzellen  durch  schnell 
aufeinander  folgende  mitotische  Teilungen  und  liefern  so  die  S  p  e  r  - 
matogonien  (zweites  oder  Vermehrungsstadium).  Zunächst  entstehen 
große  Spermatogonien ,  die  jede  für  sich  von  den  Cylinderzellen 
(Fol likelz eilen,  v.  la  Valette  St.  George)  umgeben  sind. 
Mehrere  große  Spermatogonien  mit  ihren  Follikelzellen  liegen  in  einem 
von  Bindegewebe  abgekammerten  „Neste''  zusammen.  Aus  den 
großen  Spermatogonien  gehen  durch  fortgesetzte  Teilungen  kleinere 
hervor;  die  Abkömmlinge  jeder  großen  Gonie  bleiben  in  einem  Haufen 
(Nest)  zusammenliegen  und  sind  im  ganzen  —  nicht  mehr  die  ein- 
zelnen kleinen  Gonien  —  von  Follikelzellen  umgeben ;  so  entstehen  die 
zellenhaltigen  Cysten,  Spermatocy  sten,  Samen  Cysten  v.  la 
Valette  St.  George's.  Alle  Spermatogonien  haben  vor  der  Längs- 
teilung der  Chromatinfäden  24  Chromosomen. 

Es  folgt  nun  eine  Ruhepause,  in  welcher  die  zuletzt  gebildete 
Generation  der  kleinen  Spermatogonien  längere  Zeit  verharrt,  indem 
die  einzelnen  Gonien  heranwachsen  und  eine  Reihe  von  Keruverände- 
rungen  durchmachen.  Wir  nennen  diese  Zellen  jetzt  Spermato- 
cy teu  1.  Ordnung  und  befinden  uns  im  zweiten  oder  Wachstum  s- 
stadium.  Das  Kernchromatin,  welches  bislang  bei  den  ruhenden 
Zellen  in  dickeren  Klumpen,  an  Lininfäden  befestigt,  unter  der  Ober- 
tläche  des  Kernes  angeordnet  war,  verteilt  sich  mehr  und  mehr  auf 
die  Lininfäden,  und  so  kommt  das  Bild  eines  ruhenden  Kerns,  der 
sich  dem  Knäuelstadium  nähert,  heraus ;  die  Chromatinfäden  sind  mit 
vielen  Zacken  versehen. 

Es  folgt  dann  das  dritte,  das  Reifungsstadium ,  mit  den  für 
Salamandra  zuerst  von  Meves  nachgewiesenen  beiden  charakteristi- 
schen Reifeteilungen.  Aus  der  ersten,  heterotypischen,  Reifeteilung 
gehen,  wie  bei  den  Amnioten,  die  S  permatocyten  2.  Ordnung 
(Präspermatiden  m.)  hervor,  aus  diesen  durch  homöotypische  Mitose 
die  Sper matiden,  welche  sich  in  die  Spermien  direkt  unwandeln 
—  s.  den  folgenden  Abschnitt.  —  Während  aller  dieser  Vorgänge 
bleiben  sämtliche  Elemente:  Spermatogonien,  Spermatocyten ,  Prä- 
spermatiden, Spermatiden,  Spermien  nebst  den  Follikelzellen,  in  den 
erwähnten  Cysten  zusammenliegen.  Auf  welchem  Wege  die  Spermien 
schließlich  in  die  Ausführungskanäle  gelangen,  ist  noch  nicht  sicher 
ausgemacht. 

Der  Vorgang  der  ersten  Reifeteilung  beginnt  mit  der  Bildung  eines 
feinfädigen  Knäuels,  dem  ein  grobfädiger,  lockerer  folgt.  Früh  kommt 
es  zur  ersten  Längsteilung;  statt  der  früheren  24  Chromosomen  erscheinen 
nur    12    unter    der  Bildung  von  Reifen  (Ringen).     Abweichend  vom  Ab- 


176  W.  Waldeyer, 

laufe  der  Dinge  bei  Bos  taurus  und  Mus  decumanus  stellt  sich  zwischen 
der  ersten  und  zweiten  Reifeteilung  kein  Ruhestand  ein.  Bei  der  zweiten, 
homöotypischen  Mitose  erfolgt  die  Längsteilung  der  wieder  in  der  Zwölf- 
zahl zur  Teilung  sich  stellenden  Chromosomen  gleichfalls  früh.  Meves 
fand  auch  Bildungen,  die  an  die  vorhin  erwähnten  und  später  (bei  der 
Oogenese)  noch  zu  besprechenden  „Vierergruppen"  erinnern,  jedoch  nicht 
i'egelmäßig.  —  Bemerkenswert  ist  das  Verhalten  des  Cytomitoms  der 
Spermatocyten,  indem  dessen  Fäden,  w^ie  Rawitz  (204)  fand,  konzen- 
trisch zur  Sphäre  angeordnet  sind. 

Es  ist  offenbar  von  hohem  Interesse,  daß  die  Vorgänge,  welche 
von  den  Ursanienzellen  zur  Bildung  der  Spermatiden  führen,  wie  es 
scheint,  in  der  gesamten  Lebewelt  —  denn  auch  bei  den  Evertebraten 
und  Pflanzen  stoßen  wir  auf  die  gleichen  Erscheinungen  —  dieselben 
sind  und  in  den  genannten  Phasen  der  Vermehrungs-,  Wachstums- 
und  Reifungserscheinuugen  sich  abspielen.  Um  so  höhere  Beachtung 
verdienen  diese  Prozesse,  als  sie  bei  der  Heranbildung  einer  zur  Be- 
fruchtung reifen  Eizelle  in  gleicher  Weise  nachweisbar  sind.  Wir 
kommen  infolgedessen  bei  der  Ovogenese  hierauf  zurück  und  werden 
dort  auch  ihre  Bedeutung  besprechen. 

Der  Ablauf  der  gesamten  Spermiogenese,  d.  h.  der  Spermiocyto- 
genese  nebst  der  Spermiohistogenese,  vollzieht  sich  auf  einer  be- 
stimmten Strecke  eines  Samenkanälchens.  Man  kann  also  von 
einem  wellenförmigen  Ablaufe  der  Spermiogenese  in  den  Samen- 
kanälchen  sprechen,  indem  auf  einem  Querschnitte  eines  solchen 
Kanälchens  nur  ein  Umwandlungsstadium  der  Samenzellen  gefunden 
wird,  während  auf  Längsansichten  sämtliche  Stadien  nebenein- 
ander zu  sehen  sind:  „Samenbildungswelle",  „unda  spermiogenetica". 
—  Regaud  (217,  218)  bezeichnet  die  Form  dieser  Welle  als  eine 
spiralige. 

Benda  (28b  und  29)  hat  aus  dem  Verhalten  der  Quer-  und  Längs- 
schnittsbilder zuerst  den  Schluß  auf  den  wellenförmigen  Ablauf  der 
Spermiogenese  gezogen ;  fast  gleichzeitig  v.  Ebner  (75)  und  FijKST  (90). 
V.  Ebner  wies  nach,  daß  die  Länge  einer  solchen  Samenwelle  im  Ratten- 
hoden 32  mm  beträgt. 

Von  Einzelheiten,  welche  die  Spermiocytogenese  betreffen,  sind 
noch  folgende  anzuführen: 

Bedeutung  der  Synapsis  (Moore).  Moore  (176)  meinte,  daß 
es  sich  im  wesentlichen  um  eine  dichte  Zusammenlagerung  der  Chromo- 
somen handle;  die  meisten  Autoren  indessen,  darunter  auch  Schönfeld 
(1.  c),  sind  der  Ansicht,  daß  eine  Anziehung  von  selten  der  beiden 
Centrosomen  dabei  im  Spiele  sei.  Er  macht  darauf  aufmerksam,  daß  die 
Synapsis  dann  eintrete,  wann  die  beiden  Centrosomen  zusammen  dicht 
am  Kerne  liegen  und  sich  von  dem  Lininnetze  freigemacht  haben.  Bei 
Salamandra,  wo  die  Chromosomen  immer  an  einem  Lininnetze  befestigt 
bleiben,  zeigt  sich  keine  Synapsis.  Daraus,  daß  sie  nicht  beständig  ist, 
geht  übrigens  meines  Erachtens  auch  hervor,  daß  der  Erscheinung  keine 
besondere  Bedeutung  innewohnt. 

Zahlenverhältnisse  der  Chromosomen.  Die  Untersuchungen 
von  Elemming  (81b),  Boveri  (622b,  Heft  3,  1890)  und  Haecker  (653) 
haben  ergeben,  daß  bei  den  Körperzellen  (Gewebszellen)  jedes  Tieres 
eine    bestimmte    Zahl,    Normalzahl,    von    Chromosomen    besteht,  z.  B. 


Die  Geschlechtszellen.  177 

für  die  Epithel-  und  Bindegewebszellen  von  Salamandra  24  Mutter- 
chromosomen. Bei  den  Geschlechtszellen  ist  das  anders,  indem  eine 
oder  mehrere  normal  sonst  vorkommende  Chromosomenteilungen  aus- 
bleiben können ;  die  ungeteilten  Chromosomen  haben  also  dann  den 
Wert  von  mehreren :  bivalente  oder  plurivalente  Chromosomen, 
wie  sie  Haecker  (653)  bezeichnet.  Diese  Vorgänge  können  eine  Reduktion 
der  Chromosomenzahl  vortäuschen  und  werden  von  Rückert  (Merkel 
und  Bonnet,  Ergebnisse,  Bd.  3)  und  Haecker  (Ueber  generative  und 
embryonale  Mitosen,  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  43,  1894)  als  „Pseudo- 
reduktion"  oder  „Scheinreduktion"  bezeichnet.  —  Häufig  sind  bei 
den  Geschlechtszellen  die  Zahlen  der  Potenzen  von  2,  also  4,  8,  12  und 
32  (BovERi'sche  Reihe);  auch  Multiplikationen  von  2,  4,  8  mit  3,  also 
12  und  24  z.  B.  kommen  häufiger  vor.  Potenzen  von  3  sind  selten; 
beim  Echinus-  (Boveri)  und  Thj-sanozoon-Ei  (Van  der  Stricht)  werden 
9  Chromosomen  gezählt.  Ich  verweise  für  weitere  Angaben  auf  Haecker's 
Werk  (653). 

Nebenkörper.  Mit  dem  Ausdrucke  Nebenkörper,  den  v.  la 
Valette  St.  George  zuerst  für  den  alsdann  zu  schildernden  ..Neben- 
kern" gebraucht,  will  ich  eine  Anzahl  Gebilde  zusammenfassen,  welche 
zum  Teil  bei  Mitosen  überhaupt  auftreten,  zum  Teil  bis  jetzt  nur  bei 
der  Mitose  der  Geschlechtszellen,  insbesondere  bei  den  Sperraato- 
mitosen,  beobachtet  wurden.  Dahin  gehören:  1)  die  Idiozome. 
Meves.  2)  die  Neben  kerne  (Mitochondrienkörper ,  Meves), 
3)  die  Spindelrestkörper,  Meves,  4)  die  chromatoiden  Nebeu- 
körper,  Benda,  5)  die  Intranuklearkörper,  v.  Lenhossek, 
6)  die  t  in  gl  er  baren  Körner,  v.  Ebner. 

Idiozomi),  Meves  (166a).  Meves  hat  den  allgemein  angenommenen 
Vorschlag  gemacht,  die  kompakten  Hüllen,  welche  bei  den  Geschlechts- 
zellen und  ihren  Teilprodukten  bei  vielen  Tierarten  die  Centrosomen 
umschließen  und  gegenüber  den  Sphären  der  übrigen  Zellen  einige  be- 
merkenswerte Besonderheiten  aufweisen,  mit  einem  besonderen  Namen, 
„Idiozoma",  zu  belegen.  Vor  allem  sind  diese  Hüllen  sehr  deutlich 
und  dick  und  zerfallen  bei  den  Teilungen  der  Spermiocj-togenese  in 
einzelne  Brocken  [Rawitz  (204  u.  205  I),  Meves  (166),  v.  Erlanger  (79a)]. 
Meves  hebt  ausdrücklich  hervor,  daß  die  Centrosomen  nicht  an  dem 
Zerfalle  teilnehmen,  sondern  zwischen  den  Idiozombröckeln  deutlich 
erkennbar  bleiben.  Zu  beachten  ist  ferner,  daß  die  Idiozome  sich 
wiederherstellen,  wenn  in  den  Mitosenfolgen  ein  Ruhezustand  eintritt,  daß 
sie  aber  desaggregiert  bleiben,  wenn,  wie  z.  B.  bei  Salamandra,  zwischen 
der  1.  und  2.  Reifeteilung  kein  Ruhezustand  vorkommt.  Scharf  läßt  sich 
das  Idiozom  durch  seine  Verwendung  bei  der  Spermiohistogenese  de- 
finieren, und  hierdurch  schützt  man  sich  auch  am  besten  vor  Verwechs- 
lungen mit  einem  der  anderen  Nebenkörper ,  Verwechslungen ,  welche 
sich  nicht  selten  in  der  Litteratur  finden,  so  mit  dem  Mitochondrien- 
körper (Nebenkern)  und  mit  dem  Spindelrestkörper.  x\us  dem  Idiozom 
geht  hervor  das  Perforatorium,  insbesondere,  wenn  dasselbe  unter  der 
Form  eines  Spitzenkörpers,  Akrosoma  (v.  Lenhossek),  vorkommt.  — 
Renson  (M.  2579)  war  wohl  der  erste,  der  das  Idiozom  gut  unterschied 
und  gut  beschrieb  (als  „corpuscule  accessoire");  Niesixg  (184)  giebt 
eine  genaue  Besprechung  desselben. 


1)  Von  l'Sio?  (eigenartig)  und  CwjJiat  (Gürtel,  Hülle). 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.    I.  12 


178  W.  Waldeyer, 

N  e  b  e  11  k  e  r  n ,  M  i  t  o  c  h  o  u  cl  r  i  e  n  k  ö  r  p  e  r.  Unter  der  von  Büt,schi,i 
gegebenen  Bezeichnung  „Nebenkern"  sind  vielfach  sehr  verschiedene 
Dinge  bezeichnet  worden,  v.  la  Valette  8t.  George  entdeckte  ihn 
1867  bei  den  Insekten  (250,  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  3)  und  nennt  ihn 
(250,  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  10,  p.  502)  ganz  beiläufig  ,,Nebenkörper". 
Später  (249,  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  27)  nahm  er  dafür  die  1871 
(Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.)  von  Bütschli  verwendete  Benennung  „Neben- 
kern" an.  Der  Mitochondrienkörper  erscheint  ungefähr  von  der  Größe 
eines  Kernkörpers  neben  dem  Kern  als  vielfach  glänzendes  und  aus 
kleineren  Granulis  bestehendes  Gebilde.  Verwechslungen  sind ,  wie 
Meves  gezeigt  hat,  vorgekommen  mit  dem  Idiozom  und  dem  Spindel- 
restkörper. Schon  V.  LA  Valette  St.  George  (Arch.  f.  mikr.  Anat., 
Bd.  27)  giebt  indessen  richtig  an,  daß  er  aus  Cytomikrosomen  bestehe. 
Durch  die  Untersuchungen  von  Benda  (35 — 38)  und  insbesondere  von 
Meves  (172)  ist  nun  mit  Bestimmtheit  nachgewiesen  worden,  daß  der 
Nebenkörper  oder  Nebenkern  v.  la  Valette  St.  George's  im  wesentlichen 
aus  der  BsNDA'schen  Mitochondria  besteht  und  —  s.  w.  u.  —  beim  Auf- 
bau des  Spiralfadens  der  Spermien  in  bestimmter  Weise  seine  Ver- 
wendung findet  und  sonach  jetzt  gleichfalls  wohl  charakterisiert  ist. 

Spindelrestkörper.  Die  Spindelrestkörper  gehen  aus  den 
ELEMMiNG'schen  Zwischenkörperchen  hervor,  welche  zu  einem  soliden 
homogenen  Körper  verschmelzen,  der  bei  der  Trennung  beider  Tochter- 
zellen in  zwei  Körper  zerlegt  wird,  die  später  schwinden.  Von  einer  be- 
sonderen Bedeutung  derselben  ist  nichts  bekannt.  Platner  (M.  2576) 
scheint  der  erste  gewesen  zu  sein,  der  ihn  (bei  den  Spermatocyten  von 
Helix)  beschrieb  und  zwar  als    „Nebenkern". 

Chromatoider  Nebenkörper.  Benda  (34)  bezeichnet  mit  diesem 
Namen  ein  aus  zwei  Stücken,  einem  Körnchen  und  einem  Ringe,  be- 
stehendes, sich  stark  färbendes  Gebilde,  welches  von  F.  Hermann  (M.  2564) 
zuerst  beschrieben  wurde  (bei  Salamandra  und  bei  der  Maus).  F.  Hermann 
ließ  ganz  richtig  aus  diesem,  seinem  „Nebenkörper"  das  Mittelstück  der 
Spermien  hervorgehen,  aber  auch  (aus  dem  Ringe)  den  Flossensaum ; 
außerdem  zog  er  noch  einen  großen  rundlichen  blassen  Körper  hinzu,  den 
er  später  sich  abtrennen  und  im  Protoplasma  verschwinden  ließ;  er 
nannte  alles  das  zusammen  einfach  „Nebenkörper"  (117).  Benda  sah 
ebenfalls  völlig  richtig  den  Geißelfaden  von  einem  Körnchen  des  von  ihm 
„chromatoider  Nebenkörper"  genannten  Gebildes  ausgehen  und,  wie  das 
auch  Hermann,  der  sich  über  den  Ursprung  der  Geißel  noch  nicht  be- 
stimmt äußert,  sah,  durch  den  Ring  hindurchtreten.  Wir  wissen  jetzt, 
daß  wir  hierin  Teile  des  Centrosoms  vor  uns  haben,  und  so  erschiene 
denn  eine  besondere  Bezeichnung  überflüssig,  nachdem  auch  Benda  seine 
Benennung  „chromatoider  Nebenkörper"  für  diese  centrosomalen  Bil- 
dungen aufgegeben  hat. 

Indessen  haben  insbesondere  Niessing  (184),  v.  Lenhossek  (142), 
Moore  (175 — 177)  und  Meves  (171)  ein  anderes,  bereits  in  den  Spermato- 
cyten vorfindliches  Gebilde  mit  diesem  Namen  belegt.  Es  handelt  sich 
um  einen  oder  mehrere  (Meerschweinchen),  bei  Ratte  und  Maus  sehr 
ansehnliche,  lebhaft  färbbare  Körper,  welche  sich  während  der  Spermio- 
histogenese  wieder  verlieren.  In  der  BioNDi'schen  Mischung  färbt  dieser 
Körper,  welcher  meist  in  der  Nähe  des  hinteren  Kernpoles  zu  finden  ist, 
sich  lebhaft  rot.  Seine  Substanz  stimmt  nach  Meves  weder  mit  Chro- 
matin, noch  mit  der  Nukleolensubstanz  überein.  Das  Endschicksal  dieser 
Bildung,  sowie  seine  Abkunft  sind  noch  unbekannt. 


Die  Geschlechtszellen.  179 

T  i  n  g  i  e  r  b  a  r  e  Körner.  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  v.  Ebner  (75) 
größere  oder  kleinere  Granula,  welche  gegen  das  Ende  der  Spermio- 
histogenese  in  den  meist  am  Mittelstücke  haften  bleibenden  protoplasma- 
tischen Anhängen,  s.  Fig.  36  A  2,  Fig.  38  A,  1,  Fig.  50  g  und  50  k  (Ctpl), 
auftreten.  Bei  einem  Teile  derselben  handelt  es  sich  wohl  um  Fett- 
körnchen ;  andere  Granula  werden  aber  lebhaft  durch  Kernfärbemittel 
tingiert.  Vgl.  hierüber  insbesondere  Brown  (62a),  v.  Ebner  (75)  und 
Meves  (171). 

Intranuklear  kör  per.  Der  Intranuklearkörper  wurde  von  v.  Lbn- 
HOSSEK  (142)  zuerst  genau  beschrieben  und  benannt.  Er  schildert  den 
später  auch  von  Schönfeld  (231)  kurz  erwähnten  Körper  bei  Mus  decu- 
manus  als  eine  2 — 2,5  fi  große,  elliptische,  linsenförmige  Bildung,  die  in 
einer  Art  Kernvakuole  gelegen  ist.  In  Flemming's  Dreifachgemisch  färbt 
er  sich  schwach  rosa,  während  die  Nukleolen  stark  rotviolett  erscheinen. 
In  Eisenhämatoxylin-Präparaten  werden  an  ihm  eine  Anzahl  schwarzer 
Oberflächen-Mikrosomen  sichtbar.  Wahrscheinlich  besteht  er  aus  viel 
Linin  und  wenig;  Chromatinmikrosomen.  Er  findet  sich  nach  v.  Lenhossek 
bei  der  Ratte  nur  in  den  mittelgroßen  Spermatocyten;  seine  Bedeutung 
ist  unbekannt.  —  v.  Ebner  ist  wohl  der  Erste,  der  diese  Bildung  gesehen, 
derzeit  sie  aber  als  Kernköx'perchen  angesprochen  hat;  Moore  (177)  wurde 
darauf  aufmerksam,  daß  es  sich  um  etwas  Besonderes  handle ;  er  nennt 
sie  jedoch  auch  „a  curious  secondary  nucleolus". 

Zur  Yeranschaulichuug  des  S.  167—178  zur  Spermiocytogenese 
Gesagten  diene  das  Schema  Fig.  44,  welches  einer  von  Benda  (29b 
u.  34)  gegebenen,  gleichfalls  schematischen  Zeichnung,  nach  Art  der 
zuerst  von  Bioxdi  entworfenen  (M.  2544),  nachgebildet  ist. 

Die  Figur  stellt  den  Querschnitt  eines  Hodenkanälchens  dar,  wobei 
angenommen  ist,  daß  in  verschiedenen  aufeinander  folgenden  Segmenten 
dieses  Querschnittes ,  /  —  /7 ,  der  ganze  Turnus  einer  Spermiogenese 
seinen  Ablauf  nehme,  was  freilich,  wie  bemerkt,  den  Thatsachen  nicht 
entspricht:  In  Segment  /  liegen  an  der  Wand  Zellen  von  der  Art  der 
Zellen  Spg.ll  in  Segment  Fl  und  die  Zellen  F.Z.^  Spermatogonien 
und  Fußzellen  (Benda)  ;  letztere  sind  nicht  voll  entwickelt  und  haben 
ein  streifiges  Protoplasma.  In  einer  2.  Reihe,  näher  zur  Lichtung  des 
Kanälchens  hin,  liegen  5  Spermatocyten  1.  Ordnung  ^e;  sie  sind 
größer  als  ihre  Vorgänger.  Der  Rest  des  Segments  ist  mit  Spermatiden, 
Spt.^  ausgefüllt,  welche  bereits  durch  Anlage  der  Spermienschwänze  ihre 
beginnende  Umbildung  zu  Spermien  erkennen  lassen. 

In  Segment  //  sind  die  Fußzellen  {JE.Z.)  zu  voller  Entwickelung 
gelangt  und  sind  in  die  Kopulation  mit  den  Spermatiden,  Spt.,  einge- 
treten. Die  letzteren  zeigen  alle  am  distalen,  zum  Lumen  gewendeten 
Pole  die  Geißelanlage,  welche  von  einem  kleinen  dunklen  Körperchen, 
neben  dem  ein  größeres  dunkles  liegt,  ausgeht;  dies  sind  die  Centrosomen 
(die  Nebenkörper  F.  Hermann's  —  chromatoide  Nebenkörper  Benda's 
nach  der  früheren  Auffassung  der  beiden  Autoren).  In  der  Nähe  ist  bei 
manchen  Spermatiden  ein  etwas  heller  gehaltener  rundlicher  Körper  ge- 
zeichnet, der  chromatoide  Nebenkörper  nach  jetziger  Auffassung. 
Am  proximalen  Pole  des  hellen,  großen,  zum  Teil  mit  Kernkörperchen 
gezeichneten  Kernes  liegt,  in  derselben  Tönung  wie  der  echte  chroma- 
toide Nebenkörper  gehalten,  das  I  d  i  o  z  o  m.  Man  sieht  das  Geschilderte 
zum  Teil  auch  bei  den  Spermatiden  in  /  und  bei  den  Spermatocyten  in 
/  und  //. 

12* 


180 


W.  Waldeyer, 


In  Abschnitt  III  erblickt  man  die  unveränderten  Fußzellen,  F.Z.^ 
in  fortdauernder  Kopulation  mit  den  bereits  weiter  umgewandelten 
Spermatiden,  bei  welchen  an  der  Anheftungsstelle  des  Schwanzes  die 
sogen.  „Schwanzmanschette"  in  Gestalt  einer  hellen  Blase  ('"Röhre),  durch 
welche  der  Schwanzfaden  hindurchzieht,  erscheint.  Die  Spermatocyten, 
Spc.  in  /  und  /i,  sind  weiter  gegen  das  Lumen  vorgeschoben  und  ver- 
größert —  Wachstumszone  —  ;  an  der  Kanälchenwand  liegen  eine  Ursamen- 
zeile   [Spg.I)    und    zwei    Spermatogonien    (Spg.lJ).      Dasselbe     zeigt     der 


^^dQ   ^_J^^   '^^Q 


Sektor  //^;  nur  sind  die  Spermatocyten,  Spc,  noch  weiter  gewachsen.  In  V 
sind  die  Spermatocyten,  von  denen  noch  einige  erhalten  blieben  (Spc), 
in  Teilung  eingetreten;  man  sieht  4  Mitosen,  3  gleiche  (Aequatorial- 
platte)  und  eine  im  Beginne  der  Tochtersternbildung;  unter  letzterer, 
rein  schematiscb  gehalten,  2  Präspermatiden  (Spermatocyten  2.  Ordnung) 
im  Ruhezustande,  an  denen  noch  keine  weitere  Umbildung  zu  sehen  ist. 
Die  verschiedenen  Mitosen  sollen  die  2  Reifeteilungen  anzeigen.  Unten 
an  der  Kanälchenwand,  dicht  an  der  Grenze  gegen  FJ  liegt  eine  Ursamen- 
zelle.    Die  Spermatiden  haben  ihre  Umformung  zu  Spermien  fast  vollendet; 


Die  Geschlechtszellen.  181 

doch  zeigen  sie  sämtlicli  noch  den  Protoplasmaanhanf^,  welcher  sich  ver- 
längert hat,  und  die  gleichfalls  verlängerte  iSchwanzmanschette.  Eine 
junge  Spermie  ist  tief  in  den  Stamm  einer  Faßzelle  hinabgerückt,  andere 
Spermien  beginnen  Irei  zu  werden ;  fast  sämtliche  sind  jedoch  noch  in 
der  Kopulation. 

Im  Abschnitt  FI  sind  die  jungen  Spermien  mit  Kopf,  Hals  nnd 
Mittelstück  fertig  ausgebildet  und  meist  frei:  nur  wenige  sieht  man  noch 
mit  dem  Stamme  der  Fußzellen,  die  in  teilweiser  Rückbildung  begriffen 
sind,  verbunden.  Nun  beginnt  aber  schon  ein  neuer  Nachschub,  indem  sich 
alle  Spermatocyten  2.  Ordnung  zu  einem  neuen  Spermatidenlager  (Spt.), 
ähnlich  dem  in  /,  umgeteilt  haben ;  in  einzelnen  Spermatiden  fängt  bereits 


'.•■,.'■   •    (SU     Jä»    *?'>        E'V'.V .   .  •  '         "^    \     •••       "A.    «■•^^-Tr5'«/ 


^ 


'•^.^jü^-^' 


Fig.  45  A.  Fig.  45  B. 

Fig.  45  A.  Stück  des  Inhaltes  eines  Samenkanäk-heus  von  Mus  musculus, 
nach  einher  Orisinalzoichnung  von  Benda.  Vergr.  1400.  Näheres  im  Text.  F.Z.(v.Z.) 
Fußzelle  (vegetative  Hodenzelle,  Bexda).  S.Z.I.  (y.Z.l.)  Samenzelle  1.  Ordnung 
(germinative  Hodenzelle  1.  Ordnung,  Stammzelle,  Benda,  Spermatogonie  v.  LA 
Valette  St.  George).  S.Z.II.  {g.Z.lI.)  Samenzelle  2.  Ordnung  (germinative  Hoden- 
zelle 2.  Ordnung,  Samenmutterzelle,  Benda,  Spermatocyte  v.  LA  Valette  St. 
George).  S.Z.III.  {g.Z.III.)  (Samenzelle,  germinative  Hodenzelle  3.  Ordnung  Benda, 
Sperraatide  v.  LA  Valette  St.  George).  Die  Zeichnung  erläutert  vor  allem  das 
Verhalten  der  Kerne  und  der  Mitochondria. 

Fig.  45  B.  S.Z.II.  zwei  Samenzellen  2.  Ordnung  (Samenmutterzellen,  Benda, 
Spermat'ocyten  v.  LA  Valette  St.  George),  isoUert  in  genauerer  Ausführung.  Kern 
mit  Chromatinnetzen  und  dickeren  Chromatinstücken,  Idiozora  mit  kleinem  Centro- 
som,  Cytoplasma  mit  Mitochondria.  Mus  musculus.  Vergr.  1400.  Originalzeichnung 
von  Benda. 


182 


W.  Waldeyer, 


die  Geißelbildung  wieder  an.  Unter  den  Öpermatiden  liegt  eine  Reihe  von 
Zellen  mit  Knilael kernen,  die  man  zum  Teil  als  S])ormatogonien,  z.  T.  als 
ISpermatocyten  l.  Ordnung  zu  betrachten  hat.  Man  erblickt  ferner  2  Fuß- 
zellen mit  ihrem  basalen  Kerne  und  von  einer  dritten  den  Stamm ;  dazu 
kommen  3  junge  Spermatogonien  [Spg.ll,  eine  rechts  gelegen),  eine  Ur- 
samenzelle  (SpgJ)  und  eine  solche  in  der  Mitose  begriffen  {Spg.l.  Th). 
8o   beginnt  dann   die  Samenbildungswelle  aufs  neue. 


In  den  Figuren  45 A  und  45  R  sind,  nach  Originalzeichnungen 
Benda's,  Samenbildungszellen  von  Mus  niusculus  getreu  wieder- 
gegeben. In  Fig.  45  A  sind  die  Spermatogonien,  Spermatocyten  und 
Spermatiden  wie  es  sich  wohl  empfiehlt,  als  Samenzellen  1.,  2.  und 
3.  Ordnung  bezeichnet  worden.  Die  von  Benda  gebrauchten  Namen: 
„Stam  mzellen"  für  Samenzellen  1.  Ordnung,  „Samenmutter- 
zellen" für  Samenzellen  2.  Ordnung  sind  in  der  Figurenerklärung 
beigefügt;  die  Samenzellen  3.  Ordnung  werden  von  Benda  schlechthin 
als  „Samenzellen"  bezeichnet.  Man  bemerkt  die  großen  helleren 
Kerne  der  Fußzellen,  F.Z.  (v.Z.),  mit  ihren  Kernkörpern.  Die  (nicht  be- 
zeichnete) Spermatogonie  links  neben  der  nur  teilweise  erhaltenen 
Fußzelle  möchte  ich  als  Ur Samenzelle  ansprechen;  die  beiden  Zellen 
S.Z.i.{g.Z.i)  als  junge  Spermatogonien.  Darüber  die  großen  Zellen 
mit   ihren  eigenartigen  Kernen  sind  Spermatocyten  im  Heranwachsen 

der  Figur).     Be- 

reihenweisen  An- 

soll  hier- 


begrift'en ;  dann  folgen  Spermatiden  (s.  d. 

sonders    schön    tritt  Benda's  Mitochondria   in  ihrer 


Erklärung 


Ordnung  innerhalb  des  Fußzellenstammes  hervor 


über 


vorzugsweise  Aufklärung  geben. 


die  Figur 


f^J'y^:-:: 


A^^m 


i 


Fig.  46a — e.  Um- 
bildung einer  Sperma- 
tide  a,  durch  die  ver- 
schiedenen Entwicke- 
lungsstufen  b,  c,  d  zum 
fertigen  Spermium  e 
bei  Mus  m  u  s  c  u  1  u  s  , 
nach  einer  Original- 
zeichnung von  Benda. 
Vergröß.  1400.  Ent- 
stehung der  Spiralhülle 
(in  e)  aus  der  Mito- 
chondria. Näheres  im 
Text. 


/ 


Fig.  46. 


In    Fig.  45  B    haben  wir   2  junge    Spermatocyten    mit    Kern    im 
Detail,  Mitochondria  und  dem  Idiozom,  in  welchem  ein  kleines  Centro- 


som  sichtbar  ist.     Die  Kerne 
matinverteilung. 


zeigen 


noch  die  Krustenform  der  Chro- 


Die  Geachlechtszellen. 


jsa 


Das  weitere  Verhalten  der  Mitocliondriamasse  zeigt  Fig.  46a— e 
von  ]\Iiis  ninsculns;  dieselbe  wird  wesentlich  hei  der  Bildung  des  Ver- 
bindungsstückes verwendet,  vor  allem  zur  Spirale.  Darauf  kommen 
wir  im  Abschnitt  „Spermiohistogenese"  zurück. 

In  Fig.  47  A  und  4715  kommt  gleichfalls  die  eigenartige  Anordnung 
der  Mitochondria  bei  den  Spermatogonien  und  Si)ermatocvten  von 
Salamandra  maculosa  zur  Schau.  Fig.  47 A,  Vermehiungsteilung  einer 
Spermatogonie,  läßt  die  Chromosomen  und  die  Spindelfigur  mit  den 
beiden  Centrosomen  sehr  gut  erkennen.  Die  Mitochondria  knüjjft  sich 
an  die  Fadenstruktur  des  Protoi)lasmas    und  läßt  einen  i)erinuklearen 


Fig.  47  A.  Mitose 
einer  Spermatogonie 
von  Salamandra 
maculosa.  Original - 
Zeichnung  nach  Benda. 
Mitochondria.  Vergr. 
1400.  Näheres  im  Text. 

Fig.  47  B.  Hetero- 
typische Mitose  eines 
Spennatocyten  von  Sa- 
lamandra macu- 
losa (1.  Eeifungs- 
teilung).   Originalzeich- 


nung von  Benda. 
chondria.  Vergr. 
Näheres  im  Text. 


Mito- 
1400. 


Fig.  47  A. 


Raum  frei.  In  Fig.  47  B,  der  heterotypischen  1.  Reifungsteilung  ent- 
sprechend, rückt  die  ausgiebig  vorhanclene  Mitochondria  dicht  an  den 
Kern  heran,  an  welchem  nur  ein  paar  Chromosomen  sichtbar  sind. 


3.    Spermiohistogenese. 

Die  Spermiohistogenese  begreift  die  Umwandlung  der  Sper- 
matiden in  die  reifen  befruchtuugsfähigen  Spermien.  Obwohl,  wie  wir 
bei  der  Formbeschreibung  der  Spermien  gesehen  haben,  letztere,  ihrer 
verschiedenen  Gestalt  wegen ,  auch  Verschiedenheiten  der  Spermio- 
histogenese aufweisen  müssen,  so  vollzieht  sich  im  großen  und  ganzen 
der  in  Rede  stehende  Prozeß  doch  auf  dieselbe  Weise,  und  zwar  in 
folgenden  Grundzügen :  Aus  dem  Chromatin  des  Kernes  der 
Spermatide  wird  der  Kopf  des  Spermium;  ein  Teil  des  Idio- 
z  0  m  s  bildet  das  P  e  r  f  o  r  a  t  o  r  i  u  m  ;  das  C  e  n  t r  o  s  o  m  beteiligt  sich 
an  der  Bildung  des  Halses,  des  Verbindungsstückes  und  des 
Achsenfadens.  Das  C }'  t  o  p  1  a  s  m  a  liefert  hauptsächlich  den  Achsen- 
faden,  mit  seiner  Mitochondria  die  S  p  i  r  a  1  b  i  1  d  u  n  g  e  n  und  beteiligt 


sich  im  übrigen  an  der 


Bildung  der  Hüllen  des  Schwanzes. 


Ich  folge  im  wesentlichen  den  Darstellungen  von  Benda  und 
Meves,  welche  Ersterer  für  verschiedene  Tierklassen ,  insbesondere 
aber  für  Mus  musculus.  Letzterer  für  Salamandra  maculosa ,  Cavia 
cobaja  und  auch  für  den  Menschen  gegeben  hat. 

Ich  schildere  die  Spermiohistogenese,   um  eine  einheitliche 


Darstellung  zu  gewinnen,  zunächst  nach 


den  Angaben  von  Meves  für 


184  W.  Waldeyer. 

S  u  1  a  111  a  11  d  v  ii  iii  :i  c  u  1  o  s  a  und  für  C  a  v  i  a  c  o  Ij  a  y  a ;  darauf  seien 
die  zur  Zeit  bestellenden,  zum  Teil  abweichenden  Angaben  der  anderen 
Autoren  besprochen. 

Wie  Flemming  (Beiträge  zur  Kenntnis  der  Zeih;  und  ihrer 
Lebenserscheinungen  IL  Arch.  für  niikr.  Anat.,  Bd.  1<S,  18>)0)  zuerst 
gezeigt  und  Meves  (1()7  und  171)  bestätigt  hat,  wandelt  sich  bei 
Salamandra  nur  das  Chromatin  des  Spermatidenkerns  unter  Zu- 
sammensintern in  den  Spermienkopf  um. 

Das  P  e  r  f  0  r  a  1 0  r  i  u  in  in it  dem  H  a  m  u  1  u  s  ward  vom  I  d  i  o  z  o  in 
gebildet.  Dasselbe  rückt  (Figg.  48  d  und  49  h— mj  allmählich  über 
die  Peripherie  des  proximalen  Zellpoles  hinaus,  verlängert  sich,  spitzt 
sich  zu  und  bekommt  am  äußersten  Ende  den  Widerhaken.  Genaueres 
s.  weiter  unten  bei  Cavia  cobaya. 

Eine  Kopf  kappe  ist  bei  Salamandra  bis  jetzt  nicht  sicher  nach- 
gewiesen ;  bestände  eine  solche,  so  würde  sie  vom  Protoplasma  der 
Spermatide  abzuleiten  sein,  wie  denn  Mc  Gregor  (157)  bei  Amphi- 
uma  von  einem  dauernd  bleibenden  dünnen  Cytoplasmabezuge  des 
Kopfes  spricht. 

Bei  der  Bildung  des  Sp  ermium-Halses  sind  vorzugsweise  die 
Central  kör  per  beteiligt.  Es  sind  deren  zwei  vorhanden,  welche 
sich  (Fig.  48  a)  zu  Beginn  der  Spermiohistogenese,  nachdem  sie  schon 
früher  das  Idiozom  verlassen  haben,  an  den  distalen  Zellenpol  begeben. 
Hier  wächst  der  vordere  Centralkörper  (c.  a.)  bedeutend  heran, 
während  der  hintere  kleiner  bleibt,  dicht  an  der  Zellperipherie  liegt 
und  scheinbar  den  späteren  Achsenfaden  aus  sich  hervorwachsen 
läßt.  Jedenfalls  bildet  sich  nach  der  in  Wort  und  Bild  nicht  miß- 
zuverstehenden Darstellung  von  Meves  der  Achsenfaden  in  Ver- 
bindung mit  dem  hinteren  Centralkörper.  Wir  kommen  weiter 
unten  hierauf  zurück. 

Nun  erfolgt  (s.  Fig.  48  b)  eine  Art  Einstülpung  des  hinteren  Zell- 
poles durch  den  hinteren  Centralkörper,  so  daß  der  Achsenfaden  von 
Seiten  der  Zellsubstanz  in  eine  Röhre  eingeschlossen  wird.  Diese 
Einstülpung  erstreckt  sich  bis  in  die  Nähe  des  Kernes,  dem  sich  als- 
bald der  vordere  Centralkörper  derart  anlegt,  daß  ein  sich  stark  ver- 
größernder proximaler  Abschnitt  desselben  knopfförmig  in  die  hintere 
Kernpartie  hineinwächst,  während  der  mit  dem  Knopf  verbundene  Rest 
sich  sichelförmig  dieser  Partie  anlegt  (Fig.  48  d).  '  Gleichzeitig  gehen 
am  hinteren  Centralkörper  sehr  wichtige  Veränderungen  vor.  Derselbe 
gewinnt  die  Gestalt  einer  kleinen  Kreisscheibe,  erscheint  also  im  Pro- 
hl  als  ein  zur  Zellläugsachse  quergestellter  Strich  (Fig.  48  b).  Aus 
der  Scheibe  wird  dann  ein  Ring,  in  dessen  Mitte  das  vordere  Ende 
des  Achsenfadens  steckt.  Man  kann  demnach  w^ohl  die  Sache  so  auf- 
fassen, als  ob  sich  die  mittlere  Partie  der  Kreisscheibe,  von  der  der 
Achsenfaden  distalwärts  ausgeht,  von  den  Randteilen  loslöse.  Dies 
ist  auch  die  Meinung  von  Meves  bezüglich  der  Spermiogenese  von 
Mensch  und  Säugetier  (171,  p.  378). 

In  den  Figg.  48  a — d  sieht  man  den  Achsenfaden  nicht  durch  den 
Ring  zum  vorderen  Centrosom  hindurchwacbsen ;  dagegen  erscheint  dies 
so  in  den  Figg.  49  h — 1,  während  in  49  mj^  der  Achsenfaden  wieder 
nur  mit  dem  Teile  des  hinteren  Centrosoms  verbvinden  dargestellt  ist, 
welcher  aus  der  mit  dem  vorderen  Centrosom  verschmelzenden  Ringhälfte 


Die  Geschlechtszellen. 


185 


a 


Nucl. 


Nucl. 


Vg.caud. 
F.princ. 


Cl 


Nucl. 

Ctpl. 

ca. 
Ann.  fc.p.) 

-  -   Vagxaud. 
F.princ. 


Fig.  48  (a— d). 

Fig.  48  a — d.  Vier  schematische  Figuren  nach  Meves  (Arch.  f.  mikroskop.  Anat., 
Bd.  54,  p.  364)  zur  Erläuterung  der  Spermiogenese  von  Salamandra  maculosa. 
Nucl.  Xucleus  (Kern).  Ctpl.  Cytoplasma  (Zellleib j.  c.  a.  Centrosoma  anterius  (vorderes, 
proximales  Centrosom).  c.  p.  Centrosoma  posterius  (hinteres,  distales  Centrosom). 
F.  princ.  Filum  principale  (Hauptfaden)  in  allen  Figuren.  Vg.  caud.  Vagina  caudahs 
Schwanzscheide  (Figg.  b,  c,  d).  c.  p.  (Ann.).  Centrosoma  posterius  (Annulus),  Ring 
des  hinteren  Centrosoms  (Fig.  c  und  d).  Jdz.  Idiozoma  (Sphäre),  (Fig.  dj.  Näheres 
im  Text. 

hervorgeht.  Wir  werden  alsbald  sehen,  daß  nach  der  eigenen  Darstellung 
von  Meves  bei  Säugetieren  der  Achsenfaden  selbst  niemals  das  vordere 
Centrosom  erreicht,  sondern  nur  durch  die  zwischen  vorderem  und  hin- 
terem Centrosom  sich  entwickelnden  Centrosomfäden  (s.  p.  107).  Für 
Salamandra  bestehen  etwas  abweichende  Verhältnisse  s.  w.  u. 

Mit  Rücksicht  auf  das  Verhalten  der  Säugetiere,  wo  das  vordere 
Centrosom  das  wesentliche  Stück  des  Spe  rmienhalses  abgiebt, 
müssen  wir  auch  bei  Salamandra  dasselbe,  welches  hier  allerdings  zu 


186 


W.  Waldeyer, 


nu 


Harn. 
Pf.(Jd%) 


Nucl.(Gp.) 


ca. 

c.p.ffÄnn.IJ 


M.  undul.    -  - 

F.princ.    -  - 
F.marg.    ■  - 


P.t.fFü.marg.) 


P.pr.(Fil.j)rinc.) 


c. 2). II  (Ann. 11) 


M.  undiil. 


Inv. 


Fqwinc. 
M.undul. 


:f 


F.marg. ''' 
Fig.  49  m, 


Centrosoras    (Ringes),    c 


hinteren  Centrosoms  (Ringes),  in  Fig.  49 1 
Membrana   undulatoria  (Wellenmembran)< 


__  Inv. 

(M.int. + Fil.acccss.. 


Fig.  49  h — m,. 

Fig.  49  h,  i,  k,  1,  lUi.  Fünf  schematische  Zeichnungen  nach 
Meves  (Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  54,  ]).  36ö)  zur  Erläuterung 
der  Spermiogenese  von  Salaraandra  maculosa.  Pf.  (.I<h.).  Per- 
foratoriura.  Der  Zusatz  .Tdz  deutet  dessen  Abstammung  vom 
Idiozoma  an.  Micl.  (Cp.).  Nucleus,  späterer  Kopf,  C';j.,  des 
Spermium.  Ctj)!.  Cytoplasma  (Zellleib),  c.  a.  Centrosoma  an- 
terius  (vorderes ,  proximales  Centrosom  =■  Mittelstückanlage 
der  Autoren).  Ann.  (c.  p.).  Annulus  (Centrosoma  posterius), 
Ring.  Vg.  caud.  Vagina  caudalis  (Schwanzscheide).  F.  jjrinc. 
Filum  principale  (Hauptfaden)  in  Fig.  49  h  und  m,.  c.  p.  I. 
Centrosoma  posterius  I,  proximales  Teilstück  des  hinteren 
p.  IL  Centrosoma  posterius  II,  distales  Teilstück  des 
'  Ham.  Hamulus,  Widerhaken.  31.  undul. 
F.   marg.    Filum  marginale   (Randfaden). 


Die  Geschlechtszellen.  187 

luv.  (M.  int.  +  Fil.  access.).  Involucriim  (Hülle),  aus  der  sich  die  Membrana  inter- 
media (31.  Int.),  sowie  das  Filum  accessorium  (Nebenfaden),  falls  sie  vorhanden  sind, 
entwickeln;  bei  Salamandra  fehlen  sie.  P.pr.  (Fil.  princ.j  Pars  principalis  (Haupt- 
stück des  Schwanzes)  mit  der  Fortsetzung  des  Filum  principale.  P.  t.  (Fil.  inorg.) 
Pars  terminalis  (Endstück  des  Schwanzes)  mit  der  Fortsetzung  des  Filum  marginale. 
—  Für  Fig.  4!l  m„,  Querschnitt  durch  das  Verbindungsstück  eines  Spermium  von 
Salamandra  maculosa,  gelten  dieselben  Bezeichnungen. 

einem  großen  Gebilde  {Cl.  in  Fig.  49  mj)  auswächst,  als  „Halsstück" 
bezeichnen.  Es  wird,  wie  erwähnt  (p.  108),  von  den  Autoren  bis  jetzt 
„Mittelstück"  benannt. 

Was  die  histogenetische  Bildung  des  Schwanzes  der  Salamander- 
sperinien  betrifft,  so  wissen  wir  über  den  Achsen  faden,  wie  eben 
bemerkt,  sicher  nur  so  viel,  daß  er  in  Verbindung  mit  dem  hinteren 
Centrosom  hervorwächst,  oder,  um  nur  das  unmittelbar  Feststellbare 
zu  sagen,  von  seinem  ersten  Erscheinen  an  mit  dem  letzteren  in 
Verbindung  steht. 

Die  Hülle  des  Achsen fadens  liegt  letzterem,  wie  Quer- 
schnitte lehren  (s.  Fig.  49  nig  Inv.)  nur  einseitig  auf,  und  zwar  an 
der  „Bauchseite''  nach  der  von  Czermak  eingeführten  Bezeichnungsweise 
s.  S.  116.  Diese  Seite  ist  konvex,  die  gegenüberliegende  „Rückenseite" 
ist  rinnenartig  ausgetieft  {F.  2Jrinc.  Fig.  49  m  J,  und  aus  dieser  Rinne 
erhebt  sich  die  Membrana  undulatoria  (M.  undul.)  mit  dem  Randfaden 
{F.  marg.)  an  ihrem  freien  Rande.  Die  Hülle  leitet  Meves  vom  Cyto- 
plasma  der  Spermatide  ab,  und  zwar  in  folgender  Weise :  Wie  zuerst 
F.  Hermann  (115)  zeigte,  nimmt  der  Ring  {Ann.,  Fig.  49  h — nii)  eine 
pessarförmige  Gestalt  an  und  legt  sich  mit  seiner  Längsachse  in  die 
Längsrichtung  der  Spermatide,  derart,  daß  der  proximale  Halbring 
des  Pessars  zur  Rückenseite  des  sich  bildenden  Spermium,  der  distale 
zu  dessen  Bauchseite  gewendet  ist;  der  Achsenfaden  zieht  durch  die 
Mitte  der  Pessarlichtung  hindurch  (Fig.  49  k).  Nun  trennen  sich  die 
beiden  Hälften  des  Pessars  von  einander:  die  proximale  bleibt  am 
Halsstücke,  d.  h.  am  vorderen  Centrosom,  liegen  und  verschmilzt  als- 
bald mit  ihm,  die  distale  wandert  an  der  Bauchseite  des  Achsenfadens 
eine  beträchtliche  Strecke  weit  entlang,  wobei  ihre  beiden  freien  Riß- 
enden auf  dem  Achsenfaden  gleiten  (Fig.  49  1  und  mJ.  Sie  nimmt 
auf  ihrem  Wege  Zellprotoplasma  mit,  welches  nach  Meves  die  in  Rede 
stehende  ventrale  Hülle  des  Achsenfadens  liefert.  Wie  sich  die  Um- 
bildung des  Protoplasmas  zur  Hüllsubstanz  des  Näheren  gestaltet, 
wissen  wir  nicht. 

Verbindungsstück.  Die  Genese  des  Verbindungsstückes  ist 
auf  das  genaueste  mit  dem  eben  Besprochenen  verknüpft.  Vs'w  haben 
schon  —  s.  p.  113  —  vorweggenommen,  daß  als  Verbindungsstück 
derjenige  Teil  des  Spermium  zu  betrachten  sei,  welcher  zwischen  den 
beiden  Teil-Stücken  des  hinteren  (distalen)  Centrosoms  gelegen  ist  und 
noch  diese  beiden  Centrosomstücke  einbegreift.  Indem  wir  das  Ver- 
bindungsstück so  annehmen,  entspricht  es  völlig  dem,  was  Retzius 
am  ausgereiften  Spermium  darunter  verstanden  wissen  wollte.  Wie 
nun  dieses  Stück  histogenetisch  entsteht,  ist  in  der  eben  gegebenen 
Beschreibung  der  Bildung  der  Achsenfadenhülle  bereits  dargelegt 
worden ;  die  Schilderung  von  Meves  läßt  an  Klarheit  und  Bestimmtheit 
nichts  zu  wünschen  übrig.  Bemerkenswert  ist,  wie  nochmals  hervor- 
gehoben werden  soll,  daß  das  vordere  Stück  des  distalen  Centrosoms 
(der  vordere  Halbpessarring)  fest  mit  dem  Halsstücke,  dem  proximalen 


188  W.  Waldeyer, 

Centrosom,  verschmilzt;  eine  Zwischensubstanz,  wie  wir  sie  beim 
Säugetiere  und  beim  Menschen  finden  werden,  scheint  hier  nicht  vor- 
handen ;  demnach  ist  es  auch  nicht  möglich,  eine  scliarfe  Grenze 
zwischen  Halsstück  und  Verbindungsstück  bei  den  Urodelen  anzugeben, 
lieber  die  Histogenese  der  Membrana  undulatoria  ist  zur 
Zeit  noch  nichts  Näheres  zu  berichten;  ihr  Rand  faden  läßt  sich  nach 
Meves  (171,  p.  365)  bis  zum  Halsstücke  verfolgen  (Fig.  49  k  und  l). 
Schon  im  beschreibenden  Teile  sahen  wir,  daß  das  Verbindungs- 
stück der  Urodelen  eine  beträchtliche  Länge  hat  —  zwischen  c.p.I. 
und  c.j).II  (Ann.  I  und  Ann.  II)  in  Fig.  49  m,.  —  Soweit  wie  von 
c.p.II  (Fig.  49  m^)  die  Meml)rana  undulatoria  noch  reicht,  ist  das 
H  a  u  ])  t  s  t  ü  c  k ,  von  da  ab  das  Endstück  zu  rechnen  ;  histogeuetisch 
ist  speziell  über  diese  Teile  nichts  Genaueres  bekannt. 

Wie  die  Fibrillen  des  Randfadens  sich  bilden  und  wann, 
wde  ihre  Zwischen-  oder  Kittsubstanz,  darüber  wissen  wir  zur  Zeit 
gleichfalls  noch  nichts.  Nur  der  Randfaden  hat,  wie  seinerzeit  an- 
gegeben wurde,   bei  den  Amphibien  Fibrillen,    der  Achsenfaden  nicht. 

Bei  den  Säugetieren  gestaltet  sich  die  Spermiogenese  im 
wesentlichen  gleich;  ich  gebe  zunächst  die  Spermiogenese  bei  Cavia 
cobaya  nach  Meves  (171),  indem  ich  von  der  Einteilung  in  be- 
stimmte Abschnitte,  Perioden,  (3  nach  Meves,  5  nach  Benda,  7  nach 
V.  Bardeleben)  glaube  absehen  zu  dürfen. 

Die  fertige  Meerschweinchenspermatide  zeigt  außer  Zell  leib 
und  Kern,  mit  deutlichem  Faden  werk  in  ersterem  und  gröberen 
Chromatinbrocken  nebst  verbindenden  Lininfäden  in  letzterem,  ein 
verhältnismäßig  großes  Idiozom  mit  Körnern,  die  in  Eisenhämatoxylin 
sich  schwärzen,  und  zwei  deutliche,  hanteiförmige  C  e  n  t r  o  s  o  m  e  n , 
welche  aber  schon  außerhalb  des  Idiozoms  dicht  an  der  Zellperipherie 
gelegen  sind.  Ferner  finden  sich  ein  oder  mehrere  „chromatoide 
Nebenkörper"  in  Gestalt  unregelmäßiger  Brocken.  Siehe  das  vorhin, 
p.  178,  über  diese  Bildungen  Gesagte. 

Mit  Beginn  der  Spermiohistogenese  wird  der  K  e  r  n  excentrisch 
verlagert,  während  sich  sein  Chromatin  zunächst  in  der  Mitte  zu- 
sammenklumpt, um  später  sich  in  einem  grobbalkigen  Chromatinnetze 
au  der  Kernperipherie  auszubreiten. 

Im  Idiozom  sammeln  sich  die  in  Eisenhämatoxylin  dunkelnden 
Körner,  deren  jedes  einen  lichten  Hof  erhält,  zu  einem  einzigen 
großen  Korne,  Archosoma,  Moore  (175),  an,  welches,  umgeben 
von  einem  größeren  Lichthofe,  sich  dem  Kerne  nähert;  der  Rest  des 
Idiozoms  erscheint  halbmondförmig  dem  Lichthofe  angeschmiegt.  Das 
Archosom  nebst  seinem  Lichthofe  geht  in  das  Perforator  ium  und 
in  die  Kopf  kappe  auf,  und  zwar  in  folgender  Weise: 

Zunächst  sondert  sich  das  Archosom  in  eine  hellere  Außen-  und 
dunklere  Binnenzone,  welch  letztere  wie  eine  dunkle  Kugel  in  der 
Außenzone  erscheint;  um  diese  wieder  liegt  der  Lichthof,  an  diesem 
endlich  der  Idiozomrest.  Dann  lagert  sich  das  Ganze  an  den  pro- 
ximalen Kernpol  dicht  an;  die  Wand  des  nunmehr  deutlich  als  Um- 
hüllungsbläschen erscheinenden  Lichthofes  verschmilzt  mit  der  Kern- 
wand, jedoch  nur  zu  den  Seiten  des  dunklen  Innenkörpers,  welcher, 
unter  halbkugeliger  Abplattung,  mit  der  Kernwand  ebenfalls  verschmilzt. 
Die  hellere  Außenzone  wird  dadurch  auf  den  proximalen  Umfang  des 
Innenkörpers  beschränkt.     Indem  nun  die  Membran  des  Lichthofbläs- 


Die  Geschlechtszellen.  189 

chens  sich  über  die  Kernmembran  bis  jenseits  des  Kernäciuators  hin 
ausbreitet,  liefert  sie  die  K  opf  kappe.  Das  Archosoma  wird,  indem 
es  (beim  Meerschweinchen)  die  früher  beschriebene  abgeplattet-löffel- 
förmige  Gestalt  annimmt  (Fig.  50  g  und  50  h  Pf.),  zum  P  er  f  Ora- 
torium (Akrosom  v.  Lenhossek)  und  ist  natürlich  auch  von  der 
Kopfkappe  überzogen.  Der  Idiozomrest  gleitet  an  der  Seite  des 
Kernes  hinab  zu  dessen  distalem  Pole  hin;  er  verschwindet  gegen 
das  Ende  der  Spei-mienbildung.  —  Die  definitive  Krümmung,  sowie 
die  Trennung  in  die  zwei  Blätter  mit  Zwischensubstanz  (p.  141) 
kommen  beim  Perforatorium  von  Ca  via  erst  nach  Abstoßung  der 
Spermien  in  das  Samenkanälchenlumen  zustande. 

Verhalten  der  C  e  n  t  r  a  1  k  ö  r  p  e  r.  —  Fig.  50.  —  Vom  distalen 
(hinteren)  Centralkörper  nimmt  wie  bei  Salamandra  rasch  ein  feiner  Faden, 
die  Anlage  des  Achsenfadens,  seinen  Ausgang.  Dann  nimmt  der  vordere, 
dem  Kerne  dicht  angeschmiegte  Centralkörper  eine  Lage  ein,  welche  ihn 
in  einen  rechten  Winkel  zum  hinteren  stellt,  der  mit  seiner  Längs- 
achse in  der  Längsachse  der  Zelle  gerichtet  bleibt.  (Dieses  Stadium  ist 
in  Fig.  50  nicht  gezeichnet.)  Nunmehr  krümmt  sich  der  hintere  Central- 
körper hakenförmig  um  ;  der  eine,  näher  dem  Kerne  gelegene  Haken- 
schenkel kommt  nahezu  parallel  mit  dem  vorderen  Centrosom  zu 
stehen,  der  andere  behält  die  ursprüngliche  Richtung  (die  der  Geißel) 
bei  und  zeigt  sich  beim  Uebergange  in  die  letztere  durch  ein  Knöpfchen 
verdickt,  während  das  freie  Ende  des  anderen  Hakenschenkels  gleich- 
falls anschwillt.  Auch  der  vordere  Centralkörper,  der  mit  der  Kern- 
wand verschmilzt,  ändert  seine  Gestalt,  indem  er  nach  der  Seite  hin, 
an  welcher  die  beiden  Hakenschenkel  des  hinteren  Centrosoms  ineinander 
übergehen,  einen  kleinen,  stielförmigen  Ansatz  bekommt.  Das  am 
Stielchen  sitzende  dickere  Stück  ist  das,  welches  mit  der  Kernwand 
verschmilzt  und  nunmehr  wie  in  den  Kern  eingedrückt  erscheint. 

Ich  füge  hier  sofort  die  späteren  Veränderungen  der  Centralkörper  an : 
Der  senkrecht  zur  hinteren  Zellenwand  gestellte,  in  die  Geißel  übergehende 
Hakenschenkel  ic.p.I)  des  hinteren  Centrosoms  zerfällt  in  zwei  Knötcher.; 
von  denen  das  eine  (distale)  jenes  eben  erwähnte  Geißelknöpfchen  (c.p.ll) 
ist  (Fig.  50  c),  das  andere  {c.p.I  [et]  Fig.  50  d)  gerade  dem  Uebergange 
in  den  proximalen  (queren)  Hakenschenkel  entspricht.  Das  distale 
stärkere  Knötchen,  von  dem  die  Geißel  ausgeht,  wandelt  sich  in  einen 
Ring  um  (cp.  11,  Fig.  50  d),  durch  den  die  Geißel  hinduxxhtritt,  um  sich 
mit  dem  Knötchen  c.p.I  («)  zu  verbinden.  Ich  betone  hier  sofort,  daß, 
W'ie  wir  aus  dem  Gesagten  entnehmen  müssen,  dieses  Knötchen  gleichfalls 
ein  Stück  des  ursprünglichen  hinteren  Centrosoms  ist.  Der  Rest  des 
vorderen  Hakenschenkels  schwillt  unterdessen  stark  keulenförmig  an. 

Der  vordere  Centralkörper  (ca.)  zerfällt  nunmehr  in  eine  ventrale 
und  in  eine  dorsale  Hälfte;  erstere,  die  ventrale,  weiter  in  drei  neben- 
einander gelegene  Knötchen,  vordere  Centrosomknötchen  (Hals- 
knötchen,  Nd.  a.,  Fig.  50  e  und  f).  —  Die  Bezeichnungen  „ventral" 
und  „dorsal"  sind  in  dem  p.  139  erklärten  Sinne  zu  nehmen.  — 
Ebenso  zerfällt  der  horizontale,  keulenförmig  verdickte  Hakenschenkel 
in  drei  entsprechende  Knötchen,  hintere  Centrosomknötchen 
(cp.  1,  Nd.  p.),  von  denen  das  der  Verdickung  entsprechende  das  größte 
ist.  Diese  drei  hinteren  Knötchen  treten  nun  mit  den  drei  vorderen 
durch  feine  Fäden,  Centrosomfädenm.,  in  Verbindung,  und  es  er- 
scheint zwischen    allen    diesen  Dingen    eine  homogene  Zwischensubstanz. 


190 


W.  Waldeyer, 


Der  feine  Stiel,  der  vom  vorderen  Centrosom  (Fig.  50  c  und  d)  abging, 
schwindet,  desgleichen  die  dorsale  Längsspalthälfte  dieses  Centrosoms, 
von  der  soeben  die  Rede  war;  wenigstens  ist  an  den  von  Meves  abge- 
bildeten reifen  Spermien  nichts  mehr  davon  zu  entdecken,  während  sie 
in  der  Profilansicht  eines  noch  nicht  voll  entwickelten  Spermium  als 
Punkt  an  der  distal-dorsalen  Kopfkante  erscheint  (Je  in  Fig.  50  g). 
Vgl.  hierzu  auch  p.  139/140. 


a. 


b. 


c.p.  I  (Nd.pJ 
c.p.i(cC)\       °^~'\-c.p.ji   /:.^-\ -ap.jr    JX-^'c.p./fa-'J 

-Fprinc.  i. 

'---c.p.JTfAnn.) 
-'Vg.  caud. 

—F.princ  IT. 


Fig.  50  (a— f). 

Fig.  50  a— f.  6  Schemata  zur  Erläuterung  der  Si^ermiogenese  beim  Menschen 
und  bei  Cavia  cobaya,  entworfen  nach  Zeichnunoen  und  Angaben  von  Meves 
(Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  54).  Figg.  a  und  b  nach  dem  Verhalten  beim  Menschen 
(Textfiguren  n — p  Meves),  die  übrigen  nach  den  Befunden  bei  Cavia  cobaya.  ca. 
Centrosoma  anterius  (vorderes,  proximales  Centrosom).  cp.  Centrosoma  posterius 
(hintei'es,  distales  Centrosom,  in  sämtlichen  Figuren).  cp.I  Vorderstück  des  hinteren 
Centrosoms.  c.jo. // Hinterstück  des  hinteren  Centrosoms  (Figg.  c — f).  c.p.  I (a)  Teil 
vom  Vorderstücke  des  hinteren  Centrosoms,  welcher  sich  später  mit  dem  Hauptfaden 
verbindet  (Figg.  d — f).  c.a.(Nd.a.)  Centrosoma  anterius  (Noduli  anteriores),  vordere 
Endknöpfchen,  aus  dem  vorderen  Centrosom  entstanden.  cp.I (Nd.j).)  Centrosoma 
posterius  (Noduli  posteriores),  hintere  Endknöpfchen,  aus  dem  hinteren  Centrosom 
entstanden.  F.princ.  I  vorderer,  bei  der  ersten  Anlage  dünnerer  Teil  des  Filum 
principale  (Hauptfadens),  c.p.  II(Ann.)  Ceutrosoma  i^osterius  (Annulus),  distales 
Stück,  Ring,  Schlußring.  Vg.cand.  Vagina  caudalis  (Schwanzblase).  F.princ.  II 
hinterer,  bei  der  ersten  Anlage  dickerer  Teil  des  Hauptfadens. 


Der  vom  hinteren  Gentralkörper  ausgegangene  Ring  (c.p.  II,  Fig.  50 
d  und  e,  und  c.p.  II,  Ann.,  Fig.  50  f)  rückt  an  das  distale  Ende  des  um 
den  Anfangsteil  des  Achsenfadens  (F.  princ.  /,  Fig.  50  f )  in  länglicher  Form 
sich  ansammelnden  Cytoplasmas  bis   an  die  Schwanzblase,    s.  weiter 


Die  Geschlechtszellen.  191 

unten  (Vg.  caud.,  Fig.  50  f)')  heran;  nach  und  nacli  wird  er  immer  un- 
deutlicher und  ist  am  reifen  Spermium  nicht  mehr  zu  entdecken;  in 
Fig.  50  h  ist  seine  Stelle  angedeutet. 

Aehnlich  ergeht  es  dem  mittleren,  aus  dem  horizontalen  (vorderen) 
Hakenschenkel  des  hinteren  Centrosoms  entstandenen  Knötchen ;  nur  er- 
halten sich  von  ihm  ein  oder  zwei  Fädchen,  die  zum  mittleren  Knötchen 
des  vorderen  ventralen  Centralkörpers  ziehen. 

Die  beiden  seitlichen,  aus  diesem  Hakenschenkel  hervorgegangenen 
Knötchen  bilden  sich  ein  wenig  zurück  und  werden  schließlich  in  das 
vordere  Ende  der  Spirale  des  Verbindungssttickes  aufgenommen ;  ihre 
Verbindungsfäden  mit  den  Knötchen  des  vorderen  Centrosoms  bleiben 
bestehen.     Vgl.  p.   139—141. 

Bei  der  Ratte  und  beim  Menschen  vollziehen  sich  nach  Meves 
die  Umbildungen  der  Centralkörper  im  wesentlichen  in  derselben 
Weise,  wie  beim  Meerschweinchen.  Jedoch  sind  folgende  Abweichungen 
zu  bemerken :  Der  Kern  sendet  dem  vorderen  Centralkörper  einen  Fort- 
satz entgegen,  an  welchen  dieser  Körper  sich  anheftet  und  nun  durch 
den  sich  wieder  einziehenden  Fortsatz  an  den  Kern  herangebracht 
wird.  Der  Centralkörper  wächst  dabei  in  ein  Stäbchen  aus,  welches  einen 
stielförmigen  Fortsatz  in  das  Cytoplasma  entsendet  und  quer  zur  Achse 
der  Zelle  dem  Kerne  angelagert  ist.  Der  hintere  Centralkörper,  von  dem 
der  Achsenfaden  ausgeht,  wird  stumpf-kegelförmig,  mit  der  Spitze  zum 
Kern  hin  gewendet  (vgl.  Fig.  50  b) ;  er  zerfällt  später  in  einen  (vorderen) 
Knopf,  von  dem  der  Faden  ausgeht,  und  in  einen  Ring,  durch  den  der 
Faden  hindurchtritt.  Der  Knopf,  welcher  dem  jEXSEx'schen  Endknöpf- 
chen  entspricht,  verbindet  sich  durch  eine  Zwischenmasse  mit  dem  vor- 
deren Centralkörperchen  ;  dies  verschmilzt  nunmehr  innig  mit  dem  Kerne, 
insbesondere  bei  der  Ratte;  beim  Menschen  erscheint  es  an  den  reifen 
Spermien  häufiger  als  kleine  Erhebung  am  hinteren  Kernpole.  Centro- 
somfäden  bilden  sich  nicht.^ 

Die  im  Vorigen  mitgeteilten  Befunde  erweisen,  daß  bei  Säugetieren 
(nach  Meves)  nur  der  hintere  Centralkörper  mit  der  Bildung  des 
Achsenfadens,  also  des  Spermienschwanzes,  zu  thun  hat.  Ferner  zeigt 
sich,  daß  auch  der  vordere  Centralkörper  nebst  einer  Zwischensubstanz 
und  nebst  Fäden  (Meerschweinchen)  sich,  wenn  auch  eng  mit  dem  Kerne 
verbunden,  erhält.  Sonach  l)erechtigt  uns  die  Entwickelungsgeschichte, 
außer  Kopf  und  Schwanz  noch  einen  dritten  Teil  bei  den  Spermien 
zu  unterscheiden,  den  Hals.     Siehe  das  p.  109  ff.  Gesagte. 

Wie  vorhin  bemerkt,  bestehen  bei  Salamandra  in  dem  Verhalten 
der  Centrosomen  zum  Achsenfaden  einige  Besonderheiten,  welche  ich  hier 
nach  einer  brieflichen  Mitteilung  von  Meves  und  nach  seiner  Darstellung 
im  Archiv  für  mikroskop.  Anat.,  Bd.  50,  1897,  pp.  119,  130  und  131, 
wiedergebe :  Der  neugebildete  Achsenfaden,  den  wir  zunächst  —  siehe 
Figg.  48a  und  b  —  mit  dem  hinteren  Centrosom  in  Verbindung  finden, 
tritt  später  durch  den  Ring,  in  welchen  der  ganze  hintere  Central- 
körper übergeht,  hindurch  bis  zum  vorderen  Centralkörper  hin,  an 
welchen  er  nunmehr  angeheftet  erscheint.  In  der  Folge,  sobald  der  Ring 
sich  pessarförmig  umzugestalten  beginnt,  sieht  man  das  hintere  Ende  des 


1)  Statt  Vg.  caud.  (Vagina  caudalis)  sollte  in  der  Figurenbezeichnung  „Ves. 
ccmd."  (Vesica  caudalis)  stehen,  um  eine  Verwechselung  mit  der  Schwanzscheide, 
für  welche  Vg.  caud.  gebraucht  wurde,  zu  vermeiden.  Es  handelt  sich  um  zwei 
verschiedene  Bildungen. 


192  W.  Waldeyer, 

vorderen  Centralkörpers,  an  welchem  der  Achsenfaden  sitzt,  sich  auf- 
liellen,  welcher  Vorgang  von  Mrves  als  eine  Einschmelzung  dieses  Endes 
aufgefaßt  wird.  Hierdurch  trennt  sich  der  Achsenfaden  vom  vorderen 
Centralkörper  wieder  ab.  Jetzt  verschmilzt  das  vordere  Halbpessar 
des  hinteren  Centralkörpers  mit  dem  Reste  des  vorderen  Centro- 
soms  und  bildet  so  dessen  distales  (hinteres)  Ende ;  mit  diesem  Ende, 
welches  also  endgiltig  dem  hinteren  Centrosom  angehört,  verbindet 
sich  (sekundär)  auf  die  Dauer  der  Achsenfaden. 

Weitere  Umwandlungen  des  Kernes.  Wir  sahen,  daß 
der  Kern  zunächst  eine  excentrische  Lage  angenommen  hatte;  später 
zieht  sich  der  Zellleib  nacli  hinten  bis  zum  distalen  Rande  der  Kopf- 
kappe vom  Kerne  zurück.  Letzterer  streckt  sich  in  die  Länge,  plattet 
sich  ab  und  spitzt  sich  am  proximalen  (vorderen)  Ende  ein  wenig  zu. 
Das  grobmaschige  Chromatinnetz  wandelt  sich  in  ein  feinmaschiges, 
aus  dünnen  Netzfäden  bestehendes  um.  Später  nimmt  mit  (namentlich 
vorn)  sich  steigernder  Abplattung  der  Kern  an  Volumen  ab  und  ge- 
winnt ein  homogenes  Aussehen,  indem  das  Chromatinmaschenwerk 
immer  enger  wird  und  der  Kernsaft  sich  eindickt.  Am  Schlüsse  der 
dritten  Periode  hat  der  Kern  seine  Lötfeiform  (beim  Meerschweinchen) 
erreicht  und  ist  zum  Kopfe  der  Spermie  geworden. 

Verhalten  des  C  y  t  o  p  1  a  s  m  a  s  und  Bildung  der  Schwanz- 
manschette.  Im  Cytoplasma  treten  nach  und  nach  zahlreiche  Fett- 
körnchen auf.  Um  den  Ursprung  des  Achsenfadens  herum  bilden 
sich  dann,  den  Angaben  von  Meves  zufolge,  feine  Fäden  im  Cyto- 
plasma, die  sich  zu  einem  --  verstehe  ich  die  Beschreibung  und 
Zeichnung  von  Meves  recht  —  sanduhrförmigen  Faserkorbe  zusammen- 
fügen. Dann  verschmelzen  die  Fäden  miteinander,  und  der  Korb  wird 
zu  einem  hyalinen  Rohre,  der  Seh  w  a  n  z  m  a  n  s  c h  e  1 1  e .  welche  die 
Centrosomenabkömmlinge,  den  Beginn  des  Achsenfadens  und  anfangs 
auch  den  hinteren  Kernpol  umgiebt.  Indem  sich  später  das  Cyto- 
plasma, dem  die  Schwauzmanschette  angehört,  gänzlich  vom  Kerne 
zurückzieht  und  nur  noch  denjenigen  Teil  des  Achsenfadens,  welcher 
später  dem  Verbindungsstücke  angehört,  einscheidet  —  s.  weiter  unten  — 
wird  der  hintere  Kernpol  frei.  Gegen  Ende  der  Spermiohistogenese 
soll  nach  Meves  die  Schwanzmanschette  schon  wieder  schwinden; 
ihre  Bedeutung  ist  noch  unaufgeklärt. 

In  dieser  Periode  treten  dann  auch  im  Cj^toplasma  die  zuerst  von 
V.  Ebner  (75)  bei  der  Ratte  beschriebenen,  von  ihm  ihrer  Neigung  zu 
Farbstoffen  wegen  als  „t  i  n  g  i  e  r  b  a  r  e  Körner"  bezeichneten  Bildungen 
auf.  Da  sie  mit  dem  betreffenden  Teile  des  Cytoplasmas,  nachdem  sie 
sich  vorher  zu  größeren  Ballen  zusammengeklumpt  haben  —  Fig.  50  g  — 
zu  Grunde  gehen,  kann  ihnen  eine  besondere  Bedeutung  bei  der 
Spermiogenese  wohl  nicht  zugesprochen  werden. 

Ein  Teil  des  Cytoplasmas  beteiligt  sich  indessen  in  hervorragender 
Weise  an  der  Spermienbildung,  und  zwar  insbesondere  bei  der  Her- 
stellung des  Verbindungsstückes  und  der  Hüllen  des 
Achsenfadens;   wir  besprechen  den  letzteren  an  dieser  Stelle  mit. 

Die  erste  Anlage  des  Achsen  faden s  erscheint,  wie  wir  sahen, 
an  der  Spermatide  gleich  zu  Beginn  ihrer  Umformung  zur  Spermie. 
Schon  bevor  das  hintere  Centrosom  auf  seiner  Wanderung  die  hintere 
Zellperipherie  erreicht  hat,  beginnt  aus  ihm,  oder  sagen  wir  „in  steter 


Die  Geschleclitszellen.  193 

Verlnndung  mit  ilim",  ein  feines  Fädclien  hervorzuwachsen,  welches 
bald  eine  ansehnliche  Länge  erreicht.  Dieses  Fädchen  ist  schon  deut- 
lich erkennbar  und  ragt  bereits  aus  der  Spermatide  hervor,  während 
diese  noch  ihre  rundliche,  gewöhnliche  Zellenforni  bewahrt  hat.  Vgl, 
Fig.  44.  46  und  50  a.  Sobald  das  hintere  Centrosoni  dicht  an  die 
Zellperipherie  gerückt  ist,  ragt  die  Geißel  gänzlich  aus  der  Zelle 
heraus.  Mit  der  Wanderung  der  Centrosomengruppe  zum  Kerne  hin, 
dessen  hinterem  Pole  sie  zustrebt,  wird  ein  bei  verschiedenen  Tieren 
verschieden  langer  Teil  des  primitiven  Achsenfadens  wieder  von  dem 
Cytoplasma  umschlossen  ;  immer  aber  bleibt  ein  ansehnlicher  Teil,  der 
sich  mit  der  weiteren  Entwickelung  bedeutend  verlängert,  frei.  Ich 
sehe  hier  von  der  bei  Salamandra  —  und  nach  Benda  in  einem  ähn- 
lichen Prozesse  auch  bei  Säugetieren  —  zur  Schwanzmanschetten- 
bildung führenden  Einstülpung  der  Zelle  (Figg.  48  b,  c,  d)  einmal 
ab.  Es  ist  somit  ein  intracellu  lärer  Teil  des  Achsenfadens 
schon  frühzeitig  von  einem  extra  cell  ulären  zu  unterscheiden. 
Auf  diese  Unterscheidung  ist  Gewicht  zu  legen,  da  nach  den  Unter- 
suchungen von  Meves  (167  und  171)  und  Benda  (36,  37  und 
briefliche  Mitteilung),  denen  ich  mich  anschließe  —  vgl.  p.  114/115  — , 
das  Cytoplasma  der  Spermatide,  wenigstens  bei  den  Säugetieren,  sich 
nicht  weiter  über  den  Achsenfaden  distal  hinüberzieht,  als  der  Pting 
an  letzterem  entlang  wandert.  Dies  fanden  wir,  s.  das  vorhin  Ge- 
sagte, auch  bei  Salamandra.  Da  nun  durch  den  Ring  die  distale 
Grenze  des  Verbindungsstückes  bezeichnet  wird,  so  darf  man  sagen, 
daß  der  intracellulär e  (oder  der  innerhalb  der  Schw'anz- 
manschette  gelegene)  Teil  des  Achsenfadens  derjenige 
sei,  der  dem  späteren  Verbindungsstücke  entspreche. 
Wie  Meves  gefunden  hat,  ist  dieser  Teil  des  Achsenfadens  {F. 
princ.  I,  Fig.  50  f)  anfangs  auch  dünner  als  der  extracelluläre. 

Frühzeitig  erscheint  um  den  intracellulären  Teil  des  Achsenfadens 
herumgelagert  eine  kleine,  spindelförmige  oder  länglich  ellipsoidische 
Blase,  welche  alsbald  mit  dem  Ringe  an  die  Zellperipherie  rückt, 
während  der  Zellenleib  sich  streckt  (Vg.caud.,  Fig.  50  f).  Diese  Blase, 
Schwanzblase,  geht  bei  der  gemeinsamen  Wanderung  dem  Ringe 
um  eine  Strecke  vorauf,  entfernt  sich  aber  nicht  von  der  Zellperipherie, 
sondern  bleibt  hier  (distal)  dicht  am  Ringe  liegen,  wie  dies  Fig.  50  f 
zeigt.  Der  Achsenfaden  behält  innerhalb  dieser  Blase  seinen  geringeren 
Durchmesser. 

Die  Blase  ist  von  v.  Bardelebex  bei  menschlichen  Spermien  zuerst 
gesehen  worden,  jedoch  irrtümlicherweise  als  hinteres  Centrosom  gedeutet, 
was  begreiflich  wird,  da  sie  beim  Menschen  einen  in  OsO^  sich  bräunenden, 
in  Eisenhämatoxylin  sich  schwärzenden  Inhalt  hat.  Meves  erkannte  zuerst 
die  Blasenform  und  deutete  sie  als  durch  eine  partielle  Abhebung  der 
inneren  Hülle  des  Achsenfadens  entstanden.  Die  Blase  schwindet 
später;  was  sie  bei  der  Spermiohistogenese  zu  leisten  habe,  ist  noch  nicht 
aufgeklärt.  Sie  ist  wohl  von  der  Schwanzmanschette  zu  unter- 
scheiden; die  Bezeichnung  Vag.  caud.  bedeutet  in  den  Figg.  48  und  50 
nicht  dasselbe;  s.  die  Anm.  zu  p.  191. 

Wie  V.  Brunn  (Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  23)  gezeigt  hat.  erreicht 
der  Achsenfaden  schon  früh  seine  definitive  Länge ;  Meves  fand,  daß 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  13 


194 


W.  Waldeyer, 


er  mit  der  Ausbildung  der  üln-igen  Sperniienteile  auch  seine  endgiltige 
Dicke  erreicht,  und  zwar  zunächst  im  Bereiche  des  Hauptstückes. 

Die  Hüllen  des  Spermienschwanzes  entwickeln  sich  in 
folgender  Weise:  Dicht  um  den  Achsenfaden  legt  sich  im  Bereiche 
des  Verbindungsstückes  zunächst  eine  dünne  innere  Hülle,  Invo- 
lucrum  in  fern  um  (s.  Fig.  6  D  Inv.  int.  und  4o  B  iwv.),  an.  Einen 
Beweis  für  ihr  Vorhandensein  erblickt  Meves  in  der  von  ihm  ent- 
deckten, eben  beschriebenen  Blase  {Vg.  caud.).  Diese  innere  Hülle 
geht  ohne  Unterbrechung  in  die  Hülle  des  Hauptstückes  über,  welche 
Meves  für  ein  Eigenprodukt  (vielleicht  „Ausscheidung")  des  Achsen- 
fadens hält;  demnach  dürfte  dem  Involucrum  internum  des  Verbin- 
dungsstückes dieselbe  Entstehungsweise  zugeschrieben  werden.  — 
Falls  auch,  wie  vermutet  wird,  der  Endfaden  noch  eine  Hülle  besäße, 
würde  diese  gleichfalls  hierherzurechuen  sein. 

Aus  dem  Cytoplasma  gehen  dann,  insbesondere  am  Halsstücke 
und  am  Verbindungsstücke,  zw^ei  weitere  Hüllen  hervor,  die  äußere 
Hülle,    Involucrum    e  x  t  e  r  n  u m   (Fig.    6  D    Inv.   ext.)    und   die 


Ctpl. 


F.c.m. 


-     Pf- 


Pa.  +  P.p. 

Ctpl. 

Nd.a. 

F.c. 

Nd.p. 


P.c. 


Cd\% 


P.pr. 


Fig.  50  g. 


Fig.  50  h. 


Fig.  50  g  und  h.  Ein  in  der  Entwickelung  fast  fertiggestelltes  Spermium  von 
Ca  via  cobaya  (nach  Meves,  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  54),  50  g  von  der  Kante, 
50  h  von  der  Fläche  gesehen.  Ctpl.  Cytoplasmarest,  vom  Kopfe  des  Spermium 
getrennt.  Pf.  Per f Oratorium.  P.a.  Pars  anterior  (Vorderstück)  des  Kopfes.  P.p.  Pars 
posterior  (Hinterstück)  des  Kopfes.  F.c.m.  Filum  centrosomatum  medium  (mittlerer 
Centrosomfaden).  Ä-.  hinteres  (dorsales)  Längsspaltstück  des  proximalen  Centro- 
soms,  hier  (im  Profil)  als  Knötchen  erscheinend.  Cl.  Collum  (Hals).  P.c.  Pars 
conjunctionis  (Verbindungsstück).  P.pr.  Pars  principalis  (Hauptstück).  Cd.  Cauda 
(Schwanz).  P.a.  +  P.p.  Stück  des  Kopfes,  welches  Teile  von  der  Pars  anterior  und 
auch  von  der  Pars  i^osterior  umfaßt.  j\\La.  Noduli  anteriores  (vordere  Centrosom- 
kuötchen).  F.c  p'ila  centrosomatum  (Centrosomfaden).  Nd.p.  Noduli  posteriores 
(hintere  Centrosomknötchen).     Näheres  im  Text. 


Die  Geschlechtszellen.  195 

Spiral  hülle  (Fig.  6  D  und  Fig.  43,  S2>ir.  -|-  Sbst  int.),  welche  zwischen 
der  inneren  und  äußeren  Hülle  gelegen  ist.  Die  letztere  schmiegt 
sich  bei  reifen  Si)erniien  der  Spiralhülle  so  dicht  an,  daß  sie  mit  ihr 
zusammenzufallen  scheint. 

Erst  durch  Meves  ist  die  Herkunft  dieser  äußeren  Hülle  aus  dem 
Cytoplasma  klargestellt  worden.  Sie  bildet  auch  die  an  jungen  Samen- 
fäden vorhandene,  bereits  von  Dujardin  und  Köllikeu  wahrgenommene 
spindelförmige  Auftreibung  im  Bereiche  des  Verbindungsstückes. 

Die  Si)iralhülle  anlangend,  so  zeigte  zuerst  v.  Brunn  (Arch.  f. 
mikr.  Anat.,  1884),  daß  dieselbe  aus  dunkelglänzenden  Körnchen 
des  Cy toplas mas  hervorgehe,  welche  dem  Achsenfaden  sich  auf- 
lagern und  der  Quere  nach  zu  einem  spiraligen  Faden  verschmelzen. 

Später  wollte  sie  G.  Niessixg  (Würzburger  Verhandl.,  1889),  ebenso 
wie  die  Schwanzmanschette  und  im  Zusammenhange  mit  der  letzteren, 
auf  die  röhrenförmig  ausgezogene  Kernmembran,  die  der  Quere  nach 
zerfalle,  zurückführen,  F.  Hermann  dagegen  und  Benda  (in  frühereu 
Mitteilungen  —  vgl.  No.  35)  auf  den  auswachsenden  „Ring".  Diese 
Ansicht  ist  auch  von  dem  neuesten  Autor  auf  diesem  Gebiete,  Schön- 
feld (231),  wieder  aufgenommen  worden. 

Ich  zweifle  jedoch  nicht,  daß  die  Ansicht  v.  Brunn's  in  der 
Fassung  und  Erweiterung,  welche  sie  durch  die  jüngsten,  ausgezeich- 
neten Untersuchungen  Benda's  (37  und  38)  erhalten  hat,  das  Richtige 
ti-ifft.  Der  Zuvorkommenheit  Benda's  verdanke  ich  Einsicht  in  seine 
Originalpräparate  und  die  Originalzeichuungen,  welche  in  Fig.  46  wieder- 
gegeben sind ;  diesen  zufolge  muß  ich  Benda  zustimmen,  wenn  er 
die  Spiralhülle  auf  die  von  ihm  nachgewiesene  Mitochondria  zu- 
rückführt (vgl.  p.  145  und  p.  182,  183).  Die  Mitochondriakörner  ver- 
schmelzen, wie  es  v,  Brunn  angegeben  hat,  und  bilden  dann  bei 
den  Spermien  verschiedener  Tiere  einen  homogen  erscheinenden 
Spiralfaden,  dessen  Windungen  später  meist  so  eng  zusammenliegen, 
daß  man  sie  nicht  gut  mehr  als  spiralige  unterscheiden  kann.  In 
anderen  Fällen,  z.  B.  beim  Sperling,  kommt  es  nicht  zur  Bildung 
einer  Spirale,  sondern  nur  zu  der  eines  lockeren  Fadens.  Die  Spirale 
kann  eng  (dicht)  gewunden  sein  (Mus  musculus),  s.  Fig.  46,  oder  locker 
(Columba,  Lacerta) ;  sie  kann  starkfädig  oder  feinfädig  sein,  endlich 
zu  einer  Art  homogener  Röhre  sich  umbilden.  Benda  verlegt  sie 
da,  wo  sie  in  das  Bereich  der  Schwanzmanschette  kommt,  auf  die 
Außenfläche  derselben;  so  hängt  sie  in  ihrer  Breite  von  der 
letzteren  ab,  in  ihrer  Länge  von  der  Ausdehnung  des  Cytoplasmas 
auf  die  einzelnen  Teile  der  Spermie. 

So  beschränkt  sich  die  Spiralhülle  bei  Säugern  auf  das  Verbindungs- 
stück; bei  der  Taube  und  bei  Lacerta  umfaßt  sie  den  Kopf  und  den 
Halsteil  der  Spermie  (Benda  37).  Bei  den  A  n  u  r  e  n  findet  sie  sich  am 
Halsteile  und  am  proximalen  Geißelteile  (Verbindungsstücke) ;  bei  Bom- 
binator erkennt  man  chondriogene  Bildungen  an  Kopf  und  Geißel,  jedoch 
sah  Benda  hier  keine  deutliche  Spirale.  Bei  Urodelen  fand  er  eine  enge 
Spirale,  soweit  sich  das  Protoplasma  mit  dem  Ringe  vorschiebt,  also  in 
der  ganzen  Länge  des  Verbindungsstückes.  Bei  den  Selachiern  und  Pul- 
monaten hinwieder  bekleidet  die  Mitochondrienhülle,  bezw.  Spirale,  das 
hier  langgestreckte  Halsstück. 

c  In  Fig.  46  ist  die  allmähliche  Entwickelung  der  Mitochondrienspirale 
von  Mus  musculus  deutlich  zu  verfolgen. 


13 


* 


196  W.  Waldeyer, 

Ebensowenig  wie  über  die  Histogenese  der  P'ibrillen  des  Rand- 
fadens nnd  der  der  Wellen membran  —  s.  das  vorhin  bei  Salamandra 
Gesagte  —  wissen  wir  über  die  Fibrillen  des  Achsen  fad  ens, 
deren  Kittsnbstanz  und  über  die  Zwischen  Substanzen  am 
Halsstücke  und  an  der  Spiralhülle.  (Vgl.  die  Figg.  6  D  und  43,  wo 
diese  Dinge  bezeichnet  und  erklärt  sind.) 

Im  Nachfolgenden  sollen  noch  neben  wichtigeren  geschichtlichen 
Daten  einige  von  der  MEVEs'schen  Darstellung  abweichende  Angaben  an- 
geführt werden. 

Bbnda,  dem  wir  neben  Meves,  v.  Lenhossek  und  F,  Hermann  die 
eingehendsten  Untersuchungen  über  die  Spermiohistogenese  verdanken, 
hatte  die  Umbildung  des  Kernes  in  den  Spermienkopf  derart  beschrieben, 
daß  sich  das  Chromatin  der  Spermatide  zunächst  an  der  Kernperipherie 
kapselartig  ansammle  und  darauf  der  Kern  sich  zur  Herstellung  der 
Kopfform  abplatte.  Für  das  Meerschweinchen  trifft  dies  nach  Meves 
nicht  zu ;  neuerdings  hält  auch  Benda  diese  seine  Darstellung  nur  noch 
für  die  Sauropsiden  aufrecht  (37). 

Für  die  Entstehung  des  Halsstückes  bestehen  verschiedene  Dif- 
ferenzen zwischen  Meves  einerseits  und  F.  Hermann,  sowie  Bertacchini 
(40 — 43)  andererseits,  auf  welche  hier  jedoch  nicht  näher  eingegangen 
werden  kann.  Ich  verweise  auf  die  betreffenden  Angaben  von  Meves 
(171). 

Benda  (37),  Suzuki  (243)  und  v.  Korff  (130)  haben  gleichzeitig 
das  wichtige  Ergebnis  gewonnen,  daß  das  sogenannte  „Mittelstück"  der 
Selachier  und  der  Pulmonaten  —  nach  meiner  Auffassung  das  Hals- 
stück  —  nichts  als  das  besonders  stark  in  die  Länge  gewachsene 
vordere  Centrosom  sei.  Das  stimmt  mit  dem  Verhalten  der  Urodelen; 
nur  daß  hier  das  vordere  Centrosom,  wenn  auch  ansehnlich  sich  ver- 
größernd, doch  nicht  ein  so  auffallendes  Längenwachstum  zeigt.  Benda 
möchte  (briefliche  Mitteilung)  das  Stück  als  „Mittelstück",  oder  „centro- 
korpuskuläres  Spermienstück"  benennen.  Ich  würde  am  liebsten  den 
Namen  „Mittelstück"  ganz  fallen  lassen,  da  er  zu  Verwechslungen  mit 
dem  Verbindungsstück  führen  kann.  (Vgl.  das  p.  110  und  111  Gesagte.) 
Interessant  scheint  mir  insbesondere  der  von  Benda  und  v.  Korff  ge- 
führte Nachweis,  daß  bei  Evertebraten  (Pulmonaten)  dieselbe  außerordent- 
liche Entwickelung  des  Halsstückes  vorkommt,  wie  bei  einzelnen  Verte- 
bratenklassen. 

Die  wahren  Centrosomen  der  Säugetierspermatiden  und  ihr  Verhalten 
bei  der  Spermiohistogenese  wurden  als  solche  ungefähr  gleichzeitig  von 
Meves  und  von  v.  Lenhossek,  denen  später  Benda  sich  anschloß,  er- 
kannt;  Meves  hat  ihre  Umwandlungen  am  genauesten  verfolgt. 

Meves  giebt  an,  daß  sich  ein  ansehnliches  Stück  des  Cytoplasmas 
bei  der  Spermiogenese  des  Meerschweinchens  abstoße,  nachdem  es  sich 
vorher,  samt  den  in  ihm  enthaltenen  tingierbaren  Körpern,  eventuell  auch 
dem  chromatoiden  Nebenkörper,  vom  Verbindungsstücke  der  jungen 
Spermie  abgeschnürt  habe  (s.  Figg.  50  g  und  h).  Dies  Stück  Cytoplasma 
werde  dann  von  einer  Fußzelle  aufgenommen  und  resorbiert.  Schon  bei 
Brown  (62a)  und  bei  v.  Ebner  (75)  linden  wir  eine  ähnliche  Angabe 
von  der  Ratte;  Regaud  (222,  I)  scheint  diesen  Vorgang  für  die  Säuge- 
tiere zu  verallgemeinern;  die  abgestoßenen  Stücke  bezeichnet  er  als 
„Corps  residuels".  Benda,  welcher  früher  ein  Zugrundegehen  des  Cyto- 
plasmas angenommen  hatte,  spricht  sich  neuerdings  (briefliche  Mitteilung) 


Die  Geschlechtszellen.  197 


gegen  ein  solches  aus;  es  handle  sich  vielmehr  um  eine  Reduktion,  Zu- 
sammenschrumpfung des  Cytoplasmas;  kein  Teil  des  Spermatidencyto- 
plasmas  gehe  der  8permie,  streng  genommen,  verloren. 

Die  S  c  h  w  a  n  z  ra  a  n  s  c  h  e  1 1  e ,  welche  Bexda  auch  bei  Säugetieren 
durch  des  scheideuförmige  Vordringen  des  Zellleibes,  im  Zusammen- 
hange mit  dem  Ringe  (Centroporus),  im  wesentlichen  sich  bilden  läßt 
(Fig.  48),  geht  nach  seiner  neuerdings  mir  brieflich  mitgeteilten  Ansicht 
(während  er  früher  für  ein  Zugrundegehen  derselben  eingetreten  war), 
gleichfalls  nicht  verloren.  Ebenso  äußern  sich  E.  Klein  (126  a),  Bioxdi 
(M.  4544),  G.  und  C.  Niessing  (1.  c.  und  No.  184  und  185),  F.  Her- 
mann (115)  und  V.  Lenhossek  (142).  Sonach  wäre  der  Mantel  des  Ver- 
bindungsstückes aus  dem  gesamten  cytoplasmatischen  Material  der  Sper- 
matide  abzuleiten.  Den  Namen  „Schwanzmanschette"  führte  v.  Len- 
hossek (142)  für  die  älteren  Bezeichnungen  „Schwanzblase",  „Schwanz- 
kappe" ein.  Seit  v.  Kolliker,  der  sie  zuerst  bespricht  (127 — 129),  haben 
die  meisten  Autoren  sie  von  der  Kernmembran  abgeleitet.  Renson  (M.  2579) 
war  der  erste,  welcher  die  Bildung  der  Manschette  aus  dem  Cytoplasma 
erkannte  und  v.  Lenhossek  (142)  zeigte,  daß  es  sich  nicht  um  eine 
geschlossene  Blase,  sondern  um  eine  offene   „Röhre"   handle. 

Benda  (30 )  hat  als  erster  die  Umbildung  des  I  d  i  o  z  o  m  s  zum  Per- 
foratorium  und  zur  Kopfkappe  richtig  dargestellt,  nachdem  ältere  Angaben 
von  V.  LA  Valette  St.  George,  Merkel,  v.  Brunn,  Brown  und  insbe- 
sondere von  Renson  (1.  c.)  voraufgegangen  waren.  Benda  bezeichnet  den 
Lichthof  als  Vakuole,  den  dunklen  Körper,  das  Archosom  Moore's  (176), 
welches  die  Anlage  des  „Spitzenkörpers",  „Spitzenknopfes",  „Akrosoms" 
darstellt,  ahs  „Korn".  Weitere  genavie  und  eingehende  Angaben  finden 
wir  bei  Niessing  (184,  185)  und  v.  Lenhossek  (142). 

Soweit  ich  sehe,  ist  die  Histogenese  der  Spermiengeißel,  das 
ist  des  Achsen  fadens  und  seiner  Nebenbildungen:  Rand  faden, 
Neben  faden,  Membrana  und  u  lato  ria  und  intermedia,  noch 
keineswegs  völlig  aufgeklärt.  Die  ältere  Angabe,  der  Achsenfaden  sei 
ein  Kernprodukt,  welche  auf  von  Kolliker  zurückgeht  und  neuer- 
dings noch  u.  a.  von  Brissaud  (58  a),  Bioxdi  (M.  2544)  und  C.  Niessing  (1.  c.) 
aufrecht  erhalten  wurde,  mviß  zwar  endgiltig  aufgegeben  werden;  wir 
können  indessen  nur  so  viel  Bestimmtes  an  deren  Stelle  setzen,  daß  die 
Achsenfadenbildung  in  inniger  Verknüpfung  mit  dem  Centrosom  erfolgt. 
Unentschieden  ist  es  noch,  ob  der  Faden  eine  reine  Centrosom- 
bildung  ist  oder  nur  unter  Mitwirkung  des  letzteren  aus  dem  Protoplasma 
hervorgeht.  Ohne  von  den  Beziehungen  zu  den  Centralkörpern  zu  wissen, 
hatten  schon  Henle  (Splanchnologie),  v.  la  Valette  St.  George  (250), 
Fr.  Merkel  (162),  Sertoli  (237)  u.  a.  den  Faden  für  ein  Cytoplasma- 
produkt  erklärt.  Meves  faßt  das  so,  daß  er  (171,  p.  385)  sagt,  die  An- 
gaben der  eben  genannten  Autoren  seien  die  richtigeren  und  nur  dahin 
zu  ergänzen,  daß  am  Ursprungspunkte  des  Schwanzfadens  aus  der  Zell- 
substanz die  Centralkörper  gelegen  seien,  welche  später  die  Verbindung 
mit  dem  Kerne  vermittelten.  Es  stimmt  aber  damit  wxnig  die  Thatsache, 
daß  der  Faden  (nach  Meves)  vom  hinteren  Centrosom  ausgeht,  sobald 
dieses  die  Peripherie  derSpermatide  erreicht  hat,  vgl.  die 
Aeußerung  von  Meves  selbst  (171,  p.  363/364)  und  Figg.  48,  49  und  50  a. 
Man  sollte  eher  erwarten,  daß  der  Faden,  wenn  er  eine  Cytoplasma- 
bildung  wäre,  schon  erschiene,  bevor  das  betreffende  Centrosom  an  die 
Zellperipherie  gerückt  wäre. 

Es   kommt    hinzu,    daß    von  Meves  selbst    (168   und   168  a)    wie  vor 


198  W.  Waldeyer 


ilim  schon  von  K.  W.  Zimmermann  (260)  an  Centi-osomen  ruhender 
Zellen  feine  Greißelfäden  beobachtet  wurden,  sowie,  daß  durch  v.  Lbn- 
HOsSEK(142a)  und  Henneguy  (115)  mit  guten  Gründen  die  Ansicht  ver- 
fochten wurde,  es  seien  die  Basalkörperchen  der  Wimperhaare  in  den 
Flimmerzellen  Abkömmlinge  der  Centrosomen.  Bexda,  auf  dessen  ein- 
gehende Darstellung  (39  a)  verwiesen  sei,  hat  den  Beweis  hierfür,  so 
scheint  mir,  durch  seine  neuen  Färbungsverfahren  ein  wandsfrei  erbracht 
und  zugleich  gezeigt,  daß  die  Wimperwurzeln  Mitochondriabildungen  sind. 
Es  kann  also  auch  das  Centrosom  selbst  als  das  Muttergebilde  des 
Achsenfadens  angesehen  werden. 

F.  Hermann  (115)  zeigte  ziierst  klar  und  bestimmt,  daß  die  Spermien- 
geißel  nicht  vom  Kerne  aus  entstehe,  sondern  getrennt  von  letzterem 
an  der  Peripherie  der  Spermatide  in  Verbindung  mit  einem  kleinen 
Doppelkörper  (Ring  und  Korn),  über  dessen  Natur  er  aber  nicht  ins 
Klare  kam,  ebensowenig  wie  Bbnda,  der  das  Ganze,  anschließend  an 
Hermann's  Bezeichnung  „Nebenkörper",  als  „chromatoiden  Nebenkörper" 
benannte.  (S.  das  vorhin  p.  178  Gesagte.)  Hermann  zeigte  ferner,  daß 
der  Geißelfaden  mit  dem  Korne,  aus  welchem  er  hervorwächst,  zur 
(späteren)  distalen  Kernperipherie  wandert  und  dort  sekundär  mit  dem 
Kerne  verschmilzt.  Es  ist  dies  zweifellos  einer  der  wichtigsten  Fort- 
schritte in  der  Erkenntnis  der  Spermiohistogenese.  Moore  (177)  und 
Benda  (34)  bestätigten  zum  Teil  Hermann's  Entdeckung,  worauf  dann 
Meves  (167)  den  nicht  minder  bedeutsamen  Nachweis  lieferte,  daß  die 
genannten  Ursprungskörperchen  der  Spermiengeißel  die  Spermatiden- 
centrosomen  seien,  welcher  Deutung  bald  darauf  v.  Lenhossek  (142)  und 
Benda  (37)  sich  anschlössen.  Zwischen  Benda  und  Meves  besteht  aber 
zur  Zeit  (briefliche  Mitteilungen)  noch  die  erhebliche  Differenz,  daß 
Ersterer  die  Geißel  stets  mit  dem  vorderen  Centrosom  in  Verbindung 
sieht,  während,  wie  das  p.  191  eingehend  mitgeteilt  wurde,  Letzterer  sie 
an  das  hintere  Centrosom  anschließt. 

Aus  den  Angaben  von  Mc  Gregor  über  Amphiuma  möge  hier  noch 
folgendes  mitgeteilt  sein :  Bei  der  Umformung  der  Sphäre  zum  Perfora- 
torium  durchbricht  die  Wandung  der  Idiozomblase  die  Zellmembran  der 
Spermatide.  Die  Insertion  des  MooRE'schen  Archosoms  an  den  Kern  ist 
durch  eine  Hervorragung  von  dessen  entsprechendem  Pole,  sowie  durch 
eine  kragenförmig  die  Insertionsstelle  umgebende  Chromatinanhäufung 
markiert ;  dies  wird  auch  von  Benda  angegeben  (37).  Dieselbe  Chromatin- 
anhäufung ündet  sich  an  dem  gegenüberliegenden  Centrosomenpole  des 
Kernes. 

Die  erheblichste  Abweichung  von  den  MEVEs'schen  Angaben  bei 
Salamandra  hat  Mc  Gregor  bei  der  Bildung  des  Halsstückes.  Bei 
Amphiuma  soll  dasselbe  nicht  nur  vom  vorderen  Centrosom,  sondern  der 
Hauptsache  nach  von  dem  Idiozomreste,  der  nach  Meves  zu  Grunde  geht, 
gebildet  werden.  Ich  glaube,  daß  hier  seitens  Mc  Gregor's  ein  Irrtum 
vorliegt.  Mit  letzterem  stimmt  freilich  die  Darstellung  von  Calkins, 
beti-effend  die  Spermiogenese  von  Lumbricus. 

Der  dorsale  Halbring  des  pessarförmigen  Körpers  soll  nach  Mc  Gregor 
nicht  mit  dem  Halsstücke,    sondern    mit  dem  Achsenfaden  verschmelzen. 

Mit  ein  paar  Worten  gehe  ich  noch  auf  die  merkwürdigen  Ab- 
weichungen ein,  welche  die  Spermiohistogenese  von  Bombinator  darbietet 
(Ivar  Broman,  59).  Das  Bemerkenswerteste  liegt  darin,  daß  die  Centro- 
somen sich  nicht  vom  Idiozom  trennen,  sondern  zusammen  am  Kopf- 
ende des  Kernes  der  späteren  Spermie  liegen  bleiben ;    dieses  Ende  ist 


Die  Geschlechtszellen.  199 

anfangs  der  Austrittsstelle  der  jungen  Geißel  aus  dem  hinteren  Centrosom 
nahe  gelegen.  Später  rotiert  der  Kern  90*^  um  seinen  Mittelpunkt  der- 
art, daß  das  Kernkopfende  nunmehr  an  die  richtige  Stelle  (vorn)  zu 
liegen  kommt:  so  gerät  denn  der  Geißelursprung  an  das  vordere  Kopf- 
ende der  Spermie  (s.  Fig.  19).  Der  „Spieß"  wächst  von  dem  immer 
mit  den  Centrosomen  in  Verbindung  bleibenden  Idiozombläschen  mitten 
durch  den  Kern  hindurch  nach  hinten.  Broman  giebt  in  Ueberein- 
stimmung  mit  Meves  an,  daß  bei  der  Bombinatorspermiogenese  sich 
Cytoplasmaballen  abschnüren,  die  zu  Grunde  gehen. 

Was  die  Entstehung  der  wurm  förmigen  Spermien  von 
Paludina  anlangt,  auf  welche  p.  152  verwiesen  wurde,  so  verdanken 
sie  ihre  eigenartige  Form,  mit  den  vielen  isoliert  in  ein  Bündel  zusammen- 
gefaßten Achsenfä.den  des  Schwanzteiles,  der  Zerteilung  der  Centrosomen 
in  12  Einzelkörperchen,  zu  denen  je  ein  Achsenfaden  sich  bildet.  Es 
sei  hierzu  bemerkt,  daß  bereits  G.  Niessing  die  Centralkörper  der 
Spermatocyten  von  Salamandra  aus  einer  Anzahl  Körnchen  zusammen- 
gesetzt fand.  Auch  tritt  eine  sehr  bemerkenswerte  Reduktion  der 
Chromosomen  ein,  indem  nur  ein  Chromosom  von  14  in  die  fertige 
Spermie  gelangt  und  bei  Pygaera  —  s.  p.  152  —  gar  keines.  Nimmt 
man  die  Chromosomen  als  die  Träger  der  Vererbungspotenzen  an,  wofür 
sehr  vieles  spricht,  dann  würde  eine  Befruchtung  mit  den  wurmförmigen 
Samenfäden  wenig  oder  gar  keine  männlichen  Eigenschaften  übertragen. 
Somit  haben  diese  Formen  aller  VV'ahrscheinlichkeit  nach  ein  hohes  In- 
teresse (Meves,   172a). 

Der  Bildung  von  Riese nspermien  liegen,  soweit  wir  wissen  — 
Maximow  (160,  160a),  Regaud  (212),  I.  Bromax  (60,  61)  —  bereits 
Riesenspermatiden  zu  Grunde,  die  z.  B.  bei  Bombinator  ein  normales 
Vorkommnis  sind.  Sie  entstehen  hier  (Regaud  und  Broman)  auf  dem 
Wege  pluripolarer  Mitose  aus  Riesenspermatocyten  oder  Riesenspermato- 
gonien,  während  Maxijiow  sie  auf  Verschmelzung  von  normalen 
Spermatiden  und  in  anderen  Fällen  auf  amitotische  Kernvermehrung  in 
normalen  Spermatiden  ohne  nachfolgende  Zellteilung  zurückbezieht  und 
sie  in  letzter  Instanz  als  Degenerationserscheiniingen  auffaßt.  So  weit 
sehen  Regaud  und  Ivae  Brüman  nicht ;  sie  lassen  vielmehr  einzelne  von 
diesen  vielkernigen  Riesenspermatiden  sich  zu  „Riesenspermien"  oder  zu 
anderen  monströsen  Formen  weiter  entwickeln ;  eine  große  Anzahl  sollen 
allerdings  auch  nach  ihren  Untersuchungen  degenerieren.  Vgl.  hierzu 
auch  Pauljiier  (189). 

Die  Spermiogenese  der  Everteb  raten  bietet,  soweit  sie  bekannt 
ist  —  ich  erwähne  die  Arbeiten  von  v.  la  Valette  St.  George  (11.  cc), 
V.  KoRFF,  Benda  und  Meves  bei  den  Pulmonaten  (11.  cc),  de  Bruyxe 
'Verhandl.  d.  Anat.  Gesellsch.  in  Tübingen  1899),  Hevmoxs  (661b),  Paul- 
iiiER  (Journ.  of  Morphology,  Vol.  XV),  P.  et  M.  Boiix  (Bibliographie  ana- 
tomique,  T.  VII)  und  Verson  (Arch.  ital.  de  Biol.,  T.  XXXII,  1899)  bei 
Arthropoden  —  im  ganzen  die  gleichen  Grundzüge.  Der  schon  sehr 
weit  in  Anspruch  genommene  Raum  gestattet  indessen  ein  weiteres  Ein- 
gehen hierauf  in  einem  der  Entwickelung  der  Vertebraten  vorzugsweise 
gewidmeten  Werke  nicht.  Außerdem  ist  auf  das  soeben  erschienene 
,.Lehrbuch  der  vergleichenden  Entwickelungsgeschichte  der  wirbellosen 
Tiere"  von  Korschelt  und  Heider,  Jena,  Gustav  Fischer,  1902,  p.  399  ff. 
zu  verweisen. 

Wir  kehren  nach  dieser  Darlegung  der  Spermiohistogenese  der 
Tiere    und    des   Menschen    zurück    zur   Bedeutung   der   p.  172  ff. 


200  W.  Waldeyer, 

bescliricbeneii  Fuß/ellcu  und  zur  Eutw  i  ekel  uugs  w  eile  der 
Spenniogenese.  Wir  sahen  bereits  —  s.  die  Erklärung  der  Fig.  44  — , 
daß  die  Spermiohistogenese  unter  einer  wichtigen,  besonders  von  Benda 
betonten  und  studierten  Beteiligung  der  vegetativen  Hodenzellen 
(Fußzellen)  ihren  Ablauf  nimmt,  indem  die  Spermatiden  sich  zwischen 
die  Protoplasmaausläufer  der  Fußzellen  wie  in  Nischen  hineinlegen  und 
in  dieser  nahen  Verbindung  mit  den  Fußzellen  ihre  ganze  histo- 
genetische  Umformung  durchmachen.  Erst  wenn  aus  der  Spermatide 
eine  nahezu  fertige  Spermie  geworden  ist,  w^erden  die  von  je  einer 
Fußzelle  getragenen  jungen  Spermien  bündelweise  in  das  Hoden- 
kanälchenlumen abgestoßen.  Die  geringen  weiteren  Umwandlungen, 
die  sogenannten  „Reifungserscheinungen",  welche  die  Spermien  bei 
ihrem  Aufenthalte  in  den  Ausführungskanälen  der  Männchen  und  im 
Innern  der  weiblichen  Genitalien  noch  erleiden,  sind  bereits  besprochen 
worden. 

Es  wurde  ferner  schon  erwähnt,  daß  die  Hauptbedeutung  der 
Kopulation  in  der  gesicherten  Ernährung  der  Spermatiden  während  ihrer 
Umbildung,  wobei  sie  von  den  Blut-  und  Lymphgefäßen  des  Hodens 
möglichst  weit  entfernt  liegen,  gesucht  werden  müsse ;  hieiün  stimmen 
Benda,  v.  Ebner  und  Peter  (11.  cc.)  überein.  So  stellen  sich  diese 
Zellen  denn  auch  in  dieser  Beziehung  den  Follikel-  oder  Epithelzellen 
im  Hoden  derjenigen  Tiere,  wo  keine  Fußzellen  vorkommen  (z.  B.  bei 
Salamandra)  und,  wie  wir  später  sehen  werden,  den  Epithelzellen  der 
Eifollikel  gleich.  —  Was  den  von  Benda  (o7)  in  einem  durch  besondere 
Protoplasmafäden,  ,, Kopulationsfäden"  ausgeübten  „richtenden"  Einfluß 
auf  die  in  der  Entwickelung  begriffenen  Spermien  anlangt,  durch  welchen 
die  letzteren  in  Gruppen  oder  Bündel  zusammengelegt  werden,  so 
macht  Grobben  (101)  auf  morphologische  und  physiologische  Gründe 
aufmerksam,  die  hierbei  in  Frage  kämen:  Die  Spermien  seien  Geißel- 
zellen und  als  solche  den  Flimmerzellen  homolog;  Flimmerhaare  seien 
aber  stets  der  Lichtung  der  betreffenden  Kanäle  zugewendet;  so  ver- 
stehe sich  das  auch  für  die  Spermiengeißeln.  Der  physiologische  Grund 
sei  das  Nahrungsbedürfnis,  dem  durch  die  Fußzellen  (durch  Kern- 
attraktion) genügt  werde.  Zweifelhaft  sei  es,  ob  die  P\ißzellen  auch 
die  ausstoßenden  Kräfte  für  die  Spermien  hätten.  Regaud  (207, 
209,  219,  220)  und  Loisel  (153c)  schreiben  den  Fußzellen  eine  be- 
sondere Sekretion sthätigkeit  zu.  Letztere  stehe  zu  der  richten- 
den, die  Spermien  bündelweise  anziehenden  Kraft,  die  als  chemo- 
taktische anzusehen  sei,  in  Beziehung.  Der  phagocyti sehen 
Thätigkeit  der  Fußzellen  wurde  p.  196  gedacht.  —  Gelegentlich 
verzehren  sie  nach  Regaud  (222,  I)  auch  Spermien,  insbesondere  ab- 
gestorbene und  fehlerhaft  gebildete,  so  Avie  auch  abgestorbene  und 
degenerierte  Samenbildungszellen.  —  In  vielen  Fällen,  Beispiele  bieten 
die  Evertebraten,  ist  die  Zusammenlagerung  der  Spermien  in  Bündel 
ohne  Weiteres  darauf  zurückzuführen,  daß  das  Bündel  in  letzter 
Instanz  aus  einer  einzigen  Bildungszelle,  deren  Teilprodukte  dicht 
zusammen  liegen  bleiben,  entsteht.  Bei  den  Evertebraten  kommen 
vielerlei  Variationen  von  Zellen  vor.  die  im  allgemeinen  als  Aequi- 
valente  der  Fußzellen  zu  deuten  sind.  Es  gehören  dahin  die  „Follikel- 
zellen",  die  „Basalzellen",  „Nährzellen"  (der  Arthropoden  z.  B.),  die 
Cytophoren-  (Blastophoren-)  und  Rhachisbildungen  (bei  Nematoden), 
ferner  die  großen  VERSON'sehen  Zellen  (bei  Insekten).  Alle  diese 
Einrichtungen  dienen  im  Wesentlichen  zur  Ernährung  der  sich  bildenden 


Die  Geschlechtszellen. 


201 


Speriiiien,  zu  ihrer  Gruppierung  und  zur  Spcrniatophorenbildung. 
KoRSCHELT  und  Heider  haben  sie,  soweit  es  sich  dabei  um  Zellen 
handelt,  unter  der  Bezeichnung  ,,Hi  Ifsz  eilen "  zusammengefaßt 
(6G6a).  —  Vgl.  hierzu  den  Abschnitt  „Oogenese". 

Die  Samenentwickelungswelle  verläuft  bei  den  Tieren, 
die  eine  deutliche  Brunstperiode  auch  im  männlichen  Geschlechte 
zeigen,    wie   die   weitaus   größte   Zahl   der   nicht   domestizierten  Tiere 


~--Ctpt. 


Nacleol. 


Niid. 


-.\ufi1.  (Cp.) 


F' 


,-  c. 


W 


—  c 


(Kucl) 


CM 

Fig.  51  I- 


-V. 


Fig.  b'l 


Fig.  51.  I  Mutterzelle  von  Gymiiogramm  e  sulfurea  mit  rundem  färb- 
baren Körperchen  neben  dem  Kerne,  c  färbbares  Körperchen.  Nud.  Kern.  Ctpl.  Zell- 
leib.   Ntideol.  Nucleolus. 

Fig.  51.  II  Mutterzelle  von  Equisetum  arvense.  c.  mehr  gestreckt  als 
in  Fig.  51 1 ;  die  Bezeichnungen  sonst  dieselben. 

Fig.  51.  III,  IV,  V.  Weitere  Entwickelungs&tadien  von  Fig.  51  II;  Bezeich- 
nungen dieselben.  Nud.(Cp.)  in  Fig.  51  V  deutet  an,  daß  der  Kern  (nucleus)  zum 
Kopf  (caput)  der  Spermie  geworden  ist. 

Alle  Figuren  nach  Belajeff  (28,  29);  Vergr.  950. 

Fig.  52.  Spermium  (Antherozoid)  von  Sphagnum  fimbriatum  nach  GuiG- 
NARD  (102),  PI.  III,  Fig.  63.  Vergr.  1400.  —  Man  darf  wohl  das  kleine  Kn()pfchen 
c  dem  mit  c  bezeichneten  Körper  der  Figuren  51  I — V  gleichsetzen.  Cp.  würde  dem 
Kopfe  der  tierischen  Spermien  entsprechen,  F  den  Geißelfäden. 


dies  thut,  in  etwas  anderer  Form  als  beim  Menschen,  wo  eine  solche 
Periode,  wenigstens  beim  Manne,  nicht  besteht.  Bei  den  Tieren  mit  Brunst 
sind  während  derselben  alle  Samenkanälchenabschnitte,  welche  sich 
überhaupt  an  der  Spermiogenese  beteiligen,  also  die  Tubuli  contorti, 
in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  mit  den  vorhin  beschriebenen  verschie- 
denen Phasen  der  Spermienbilduug  ausgestattet ;  zwischen  zwei  Brunst- 
perioden jedoch  findet  sich  ein  interimistischer  Ruhezustand,  während 
dessen   man   nach  Benda  (34)   nur   mehr   oder  weniger  rückgebiklete 


202  W.  Waldeyer, 

Fußzellen,  Ursanieiizellen,  Spermatogonien,  Spermatocyten  und  Sper- 
niatiden,  aber  keine  Spermien  sieht.  Beim  Menschen  tritt  ein  solcher 
interimistisclier  Ruhezustand,  während  dessen  keine  Spermiohistogenese 
stattfindet,  während  der  ganzen  geschlechtsreifen  Lebenszeit  für  sämt- 
liche Samenkanälchen  oder  selbst  für  ein  einzelnes  Kanälchen  nicht 
ein ;  immer  finden  sich  hier  gewisse  Strecken  mit  Spermieubildung, 

Bei  winterschlafenden  Tieren  oder  solchen  mit  langen  Intermis- 
sionen  zwischen  den  Brunstperioden,  desgleichen  auch  bei  Menschen 
in  den  Vorstadien  seniler  Rückbildung  und  während  längeren  Siech- 
tums kehren  die  Hodenkanälchen  in  den  von  Benda  so  genannten 
primären  P  u  1)  e  r  t  ä  t  s  z  u  s  t  a  n  d  zurück,  in  welchem  wir  nu r 
zweierlei  Zellen,  die  Ursamenzellen  und  mehr  oder  weniger  zur  ur- 
sprünglichen C}dinderzellenform  zurückgebildete  Fußzellen  antretfeu. 
Vgl.  hierüber  insbesondere  Benda  (34). 

Prenant  (202a)  geht  noch  weiter,  indem  er  behauptet,  daß  während 
der  interimistischen  Ruhezustände  und  auch  vor  Eintritt  der  Pubertät 
Perioden  vorkämen,  wo  nur  eine  Zellenform,  und  zwar  die  der  cyHn- 
drischen  Epithelzelle  in  den  Samenkanälchen  gefunden  werde.  Daneben 
finde  man  aber  vor  der  Pubertät  bis  zu  einem  gewissen  Grade  schon  An- 
sätze zur  Erzeugung  von  Spermien  (PräSpermatogenese). 

LoisEL  (150 — 153)  erhob  ähnliche  Befunde  bei  Sperlingen  und  Pinken; 
auch  hier  soll  während  der  Winterszeit  nur  eine  einzige  Zellenart  in 
den  Hodenkanälchen  gesehen  werden.  Als  „PräSpermatogenese"  bezeichnet 
er  dann  die  zum  Ende  des  Winters  in  den  Hoden  dieser  Tiere  auf- 
tretende reichliche  Zellenvermehrung,  die  aber  noch  nicht  zur  Spermien- 
bildung  führt. 

Kurz  mag  hier  noch  die  Spermiogenese  bei  den  Pflanzen 
berührt  sein.  Die  Erklärung  der  Figg.  51  I — V  ist  so  genau  ge- 
geben, daß  wenige  Bemerkungen  hier  genügen  können. 

Eine  Pflanzen spermatide,  wenn  der  Ausdruck  gestattet  ist,  hat 
bei  den  Farnen  (Fig.  511  von  G  y  m  n  o  g r  a  m  m  e  s  u  1  f  u  r  e  a)  die 
Form  einer  gewöhnlichen  Zelle,  enthält  aber,  und  darauf  sei  besonders 
hingewiesen,  neben  Kern  und  Kernkörperchen,  nach  den  Unter- 
suchungen von  Belajeff  (24—28)  u.  A.  ein  Körperchen  —  in  den 
Figg.  51  I — V  rot  dargestellt  —  welches  man  wohl  als  einCentral- 
körperchen  ansprechen  darf;  man  wolle  hierzu  die  Bemerkungen 
von  Meves  (172a)  vergleichen.  Im  Verlaufe  der  Spermiohistogenese, 
welche  in  den  Figg.  51  II — V  von  E  q  u  i  s  e  t  u  m  a  r  v  e  n  s  e  dargestellt 
ist,  sieht  man  das  fragliche  Körperchen  sich  verlängern,  desgleichen  den 
Kern  unter  Schrumpfung  (Reduktion)  des  Cytoplasmas;  schließlich 
wird  der  Kern  zum  Kopfe  der  Spermie  (Fig.  51  Vj  und  deren  zahl- 
reiche Geißelfäden  entwickeln  sich  vom  Centralkörperchen  ^)  aus.  Im 
wesentlichen  zeigt  sich  hier  also  derselbe  Bildungsmodus  wie  bei  den 
tierischen  Spermien. 


1)  Im  bisherigen  Texte  sind  die  Namen  „Sphäre",  „Idiozom",  „Centrosom", 
„Centrallförper",  „Centralkörperchen"  ohne  besondere  Erklärungen  über  ihre  Be- 
deutung gebraucht  worden.  „Centrosom"  und  „Centralkörper"  wurden  unterschiedslos 
verwendet;  der  Ausdruck  „Centriolen"  (Boveri)  =  „Centralkörner"  überhaupt  noch 
nicht.  Nach  den  neueren  Angaben  von  Boveri  (G22b— 4)  und  Meves  (Verhand- 
lungen der  Anatomischen  Gesellschaft  in  Halle  a/S.,  1902)  ist  eine  strengere  Schei- 
dung notwendig  geworden;  ich  werde  daher  beim  Abschnitte  ,, Oogenese"  hierauf 
zurückkommen. 


Die  Geschlechtszellen.  203 

Fig.  52  soll  mir  ein  fertiges  Spermium  (von  Sphagnum)  illu- 
strieren; dasselbe  ist  bereits  früher  (p.  14'J)  besprochen  worden.  Die 
den  Centralkörperchen  zu  vergleichenden  Bildungen  werden  von  den 
Botanikern  als  „B 1  e p  h  a  r  o  p  1  a  s  t  e  n"'  bezeichnet  ^).  Eingehende  Mit- 
teilungen über  die  PHanzenspermien  mit  Angabe  der  Litteratur  linden 
sich  bei  E.  Zacharias  (2G4,  2(10.  265a),  welcher  die  Gleichwertig- 
keit des  bei  manchen  Arten  ptlanzlicher  Spermien  vorhandenen 
Schraubenbandes  mit  dem  Kopfe  der  Tierspermien  und  die  der  Geißeln 
mit  dem  Schwanzfaden  sicher  erwiesen  hat  (Botan.  Zeit.  1881  und  1899). 

Indem  die  Spermien,  selbst  in  der  Fadenform,  als  Zellen  mit 
allen  Attributen  solcher  nachgewiesen  sind ,  drängt  sich  iinabweislich 
ihre  Aehnlichkeit  mit  niederen  Protozoen  auf,  insbesondere  mit  Fla- 
gellaten  und  Sporozoen.  Dangeard  (73a  I)  vergleicht  neuerdings 
die  Selachier-  und  Pulmonaten-Spermien,  indem  er  sich  auf  die  histo- 
genetischen  Arbeiten  von  SuzrKi  (243)  und  v.  Koeff  (130)  bezieht,  mit 
den  Zoosporen  von  Flagellateii,  insbesondere  von  Polytoma  ixvella 
Ehr.  —  Die  Bombinator-Spermien  haben  eine  merkwürdige  Aehnlichkeit 
mit  den  einzelnen  Individuen  von  Herpetomonas  Lewisi,  einer 
im  Rattenblute  lebenden  Flagellate.  Xach  Präparaten,  welche  mir  Dr. 
V.  Wasielewski  zur  Verfügung  stellte,  zeigen  die  Herpetomonaden  des 
Rattenblutes  am  Zellleibe  eine  undulierende  Membran  mit  einem  Rand- 
faden; da,  wo  letzterer  mit  seinem  einen  Ende  in  das  Zellprotoplasma 
eintritt,  gewahrt  man  eine  Verdickung,  ähnlich  einem  Ringknopfe,  mit 
durchgestecktem  Stäbchen;  v.  Wasielewski  (257  a  Ij  vergleicht  die  Ver- 
dickung mit  einem  Cilienträger  (Blepharoplasten).  Beim  Beginne  der 
Bildung  neuer  Individuen  liegt  diese  Verdickung  dicht  dem  einen  Kern- 
pole an,  löst  sich   aber  später  ab. 

Nichtsdestoweniger  ist  es  nicht  zulässig,  die  Spermien  als  selb- 
ständige „Animalcula"  aufzufassen;  dazu  fehlt  ihnen  eines,  die  Fort- 
pflanzungsfähigkeit  durch  Erzeugung  gleicher  Wesen  von  sich 
aus,  etwa  durch  Teilung  oder  Sprossung,  wie  sie  die  ihnen  ähnlichen 
Protozoen  besitzen. 

In  Ergänzung  und  teihveiser  Berichtigung  des  p.  148,  zu  Ein- 
gang von  Abschnitt  4  Gesagten  sei  hervorgehoben,  daß  wir  bei  Sporo- 
zoen, z.B.  bei  Coccidium  Schubergi  Schaud.,  Bildungen  finden, 
die  aus  der  Teilung  von  männlichen  Befruchtungsindividuen,  Mikro- 
gametoblasten,  hervorgehen  und  sich  in  allen  wesentlichen  Dingen  wie 
fadenförmige  Spermien  verhalten.  Aus  einem  Mikrogametoblasten  ent- 
wickeln sich  hier  durch  Teilung  des  Kernes  eine  größere  Anzahl 
solcher  spermienähnlicher  Mikrogameten.  wie  sie  für  gewöhnlich  ge- 
nannt werden.  Die  Tochterkerne  schnüren  sich,  mit  ein  wenig  Zell- 
protoplasma versehen,  von  den  Mikrogametoblasten  ab.  strecken  sich 
in  die  Länge,  erhalten  zwei  Geisselfädeu  und  nehmen  völlige  Spermien- 
form  an.  Ein  Rest  des  Mikrogametoblasten  und  dessen  Kerns  geht 
zu  Grunde.  Die  Befruchtung  geschieht  ganz  wie  bei  den  Sexualzellen 
höherer  Tiere,  indem  je  ein  Mikrogamet  in  ein  weibliches  Befruch- 
tungsindividuum, den  Makrogameten,  eindringt  und  Kernkopulation 
erfolgt.     Vorher   stößt   der  Makrogamet  eine  Anzahl  Kernstücke  aus, 


1)  Das  Wort  „Blepharoplast  =  Wimperbildner"  —  Einige  sagen  „Blepharo- 
blast"  —  wurde  zuerst  von  Webber  (257a  11)  gebraucht.  Richtiger  wäre  „Blephari- 
doplast",  gebildet  von  ßXtqsapL;  =  Wimper  und  TiXacjTOs,  wie  AeTuSoTiiepa,  von  XsTtic. 
AErtiöo;  und  Tirspov. 


204  W.  Waldeyer, 

so  daß  auch  eine  Reduktionsteilunff.  wie  bei  einer  Richtungskörperclien- 
bildung  (vgl.  Abschnitte  „Ei"  und  „Ijefruchtung")  bestellt  (230b). 

Eine  rationelle  Benennung  der  einzelnen  Spermien- 
teile,  und  damit  eine  Vergleichung  der  verschiedenen  Si)ermienfornien 
in  der  gesamten  Lebewelt,  hätte  nach  Brandes  (56,  57b)  vor  allem 
zu  berücksichtigen,  wie  sich  die  mechanisch  wirksamen  Teile  zu  den 
genetisch  funktionierenden  verhalten.  Um  aber  eine  solche  Ver- 
gleichung richtig  durchführen  zu  können,  müßten  wir  erst  wissen, 
welches  bei  den  einzelnen  Spermienformen  die  mechanischen  und 
welches  die  genetischen  Stücke  derselben  sind.  Daß  das  Nuklein  zu 
den  letzteren  gehört,  wird  von  Niemandem  bezweifelt;  jedenfalls  wird 
darin  die  männliche  Erbmasse  gesucht  —  vergl.  insbesondere  die 
Arbeiten  von  0.  Hertwig  (661,  mit  Litt.).  Wie  verhält  es  sich  aber 
mit  dem  i)rotoi)lasmatischen  Anteile  des  Spermiums,  wie  mit  den 
Centralkörperchen  V  Was  sind  die  sogenannten  Nebenkerne  V  Ich  bin 
mit  NUSSBAUM,  Brandes  u.  a.  der  Ansicht,  daß  wir  auch  den  proto- 
plasmatischen Teilen  des  Spermiums,  welches,  wie  soeben  noch  her- 
vorgehoben wurde,  eine  zwar  für  besondere  Zwecke  adaptierte  Zelle, 
immer  aber  eine  Zelle  mit  allen  ihren  Bestandteilen  darstellt,  eine 
genetische  Funktion  beilegen  müssen.  Wenn  ich  dabei  den  Ausdruck 
von  Brandes,  daß  eine  Eizelle  nur  eine  „winzige"  Menge  von  Proto- 
plasma enthalte,  als  für  zu  weit  gehend  erachte,  so  ist  es  doch  un- 
streitig wichtig,  einmal  darauf  aufmerksam  gemacht  zu  sehen,  daß  ein 
so  großes  Mißverhältnis  zwischen  dem  Protoplasma  der  Eizellen  und 
dem  der  Spermien,  wie  man  es  gewöhnlich  annimmt,  gar  nicht  be- 
steht, und  daß  sehr  wahrscheinlich  das  Protoplasma  ebenso  wie  der 
Kernstotf  der  Spermien  in  einer  Art  konzentrierten  Zustaudes  sich 
befindet.  Daß  die  Perforatoriumsvorrichtungen,  die  Fäden  und  Fi- 
brillen, die  radiären  Fortsätze  l^ei  den  Deka})oden,  die  Wellen-  und 
Zw'ischenmembranen  mechanisch  wirksame  Teile  sind,  ist  klar ;  nichts- 
destoweniger können  sie,  da  sie  sich  im  Inneren  des  Eies,  soweit  sie 
eindringen,  auflösen,    doch  noch  anderweitig  wirksam  sein. 

Es  stehen  uns  drei  Mittel  zur  Verfügung,  um  die  Bedeutung  der 
einzelnen  Teile  eines  Spermiums  zu  erkennen:  die  färberische  Reaktion, 
die  genaue  Verfolgung  der  Spermiogenese  und  das  Verhalten  der 
Spermien  nach  dem  Eintritte  in  das  Ei.  Die  färberische  Reaktion  darf 
nicht  zu  hoch  bewertet  werden,  wie  ich  Brandes  gegenüber  bemerken 
möchte;  Auerbach's  (612)  kyanophiler  und  erythrophiler  Färbung 
für  männliche  und  weibliche  Geschlechtszellen  kann  man  die  Tragweite, 
welche  ihr  Autor  ihr  beigemessen  hat,  nicht  zugestehen.  Der  zweite 
und  dritte  Weg  sind  sicherer  und  versprechen  mehr  Erfolg,  sind  aber 
sehr  schwierig  zu  beschreiten,  und  es  fehlen  uns  auch  für  den  dritten 
Weg,  für  den  insbesondere  E.  van  Beneden.  Kostanecki  und 
R.  FiCK  (s.  Kap.  „Befruchtung")  Musteruntersuchungen  geliefert 
haben,  trotz  allen  diesen,  noch  die  notwendigen  feineren  Methoden, 
welche  uns  über  den  Verl)leib  und  die  Wirksamkeit  jedes  einzelnen 
Spermiumteiles  in  der  Eizelle  Aufschluß  geben  könnten.  Hier  liegt 
ein  zur  Zeit  noch  unübersehbares,  aber  hoch  lohnendes  Arbeitsfeld  vor. 

Man  kann  versucht  sein,  an  jedem  Spermium  ein  Karyomer, 
Centrom  er  und  Cytomerzu  unterscheiden,  wobei  ich  unter  Cyto- 
mer  den  protoplasmatischen  Anteil  verstanden  wissen  möchte.  Der  Kopf 
würde  dann  im  wesentlichen  dem  Karyomer,  der  Hals  als  wesentliches 
Centrosomenstück,  dem  Centromer.  der  Rest  dem  Cytomer  entsprechen. 


Die  Geschlechtszellen.  205 

Diese  Einteilung  hat  aber  insofern  wenig  Wert,  als  cytoplasniatische  Teile 
über  das  ganze  Spermium  sich  erstrecken  können  und  Centrosonien- 
teile  auch  im  Verbindungsstücke  sich  finden.  Wir  müssen  daher  vor- 
läufig auf  eine  Einteilung  der  Spermien  auf  Grund  ihrer  ^vesentlich 
wirksamen  Teile  verzichten  und  uns  mit  einer  weniger  wertvollen  be- 
gnügen, die  sich  fürs  erste  nur  an  die  äul^eren  Formen  hält,  wie  ich 
es  (p.  150/151)  versucht  habe.  Hoffentlich  kann  bald  etwas  mehr  Be- 
friedigendes geboten  werden ! 

£.  Physiologische  Bemerkungen. 

Der  bisherigen  fast  rein  anatomischen  Darstellung  haben  sich 
einige  physiologische  Auseinandersetzungen  anzuschließen.  Wir  be- 
trachten :  1 )  die  Leistungen  der  fertigen  Spermien  selbst,  ins- 
besondere deren  Bewegungserscheinungen,  2)  die  wichtigsten 
bei  der  tierischen  und  menschlichen  Samenbildung  im  ganzen  zu  ver- 
zeichnenden physiologischen  Geschehnisse.  Hierbei  kommt  auch  die 
Bedeutung  der  übrigen  Bestandteile  des  Sperma  (Prostata- 
sekret u.  s.  w.)  und  die  normale  Entleerung  des  Sperma,  die  Ejaku- 
lation, zur  Sprache. 

Jede  Spermie  hat,  wie  bereits  wiederholt  hervorgehoben  ist,  die 
Hauptaufgabe,  bei  der  Entstehung  eines  neuen  Individuums  auf  dem 
Wege  bisexueller  Fortpflanzung  den  männlichen  Anteil  zu  liefern. 
Wir  nannten  schon  diejenigen  Teile  eines  Spermiums,  welche  ins- 
besondere hierzu  bestimmt  sind,  die  genetischen.  Daneben  besitzt 
aber,  wie  wir  sahen,  jede  Spermie  rein  mechanische  Vorrichtungen, 
welche  sie  zum  Aufsuchen  des  weiblichen  Fortpfianzungskörpers,  des 
Eies,  und  zum  Eindringen  in  dasselbe  befähigen. 

Vorhin,  bei  der  Besprechung  einer  rationellen  Einteilung  der 
Spermien,  wurde  schon  auf  die  großen  Lücken  hingewiesen,  welche  in 
der  Deutung  der  einzelnen  Teile  noch  bestehen.  Nach  den  Unter- 
suchungen von  BovERi  und  0.  und  R.  Hertwig  spricht  alles  dafür, 
daß  wir  in  dem  C  h  r  o  m  a  t  i  n  a  n  t  e  i  1  e  des  S  p  e  r  m  i  u  m  k  o  p  f  e  s  sicher 
den  m  ä  n  n  1  i  c  h  e  n  V  e  r  e  r  b  u  n  g  s  t  r  ä  g  e  r  zu  suchen  haben.  Boveri 
erblickt  aber  auch  in  dem  Centrosom  der  Spermien  einen  wichtigen 
Bestandteil,  von  dem  es  freilich  schwer  zu  sagen  ist,  ob  war  ihn  zu  den 
genetisch  oder  mechanisch  wirksamen  rechnen  müssen.  Boveri's,  wie 
mir  scheint,  durch  die  beobachteten  Thatsachen  wohl  begründeter  Lehre 
zufolge  (622b  und  622d)  fehlt  der  befruchtungsreifen  Eizelle 
allermeist  das  Centrosom;  dieses  soll  ihr  durch  die  Spermie  wieder 
zugeführt  werden.  Soweit  wir  wissen,  spielt  aber  das  Centrosom  bei 
den  Zellteilungsvorgängen  eine  wichtige  Rolle,  die  wir  allerdings  noch 
nicht  genauer  zu  bestimmen  vermögen.  Es  steht  jedoch  nichts  im 
Wege,  anzunehmen,  daß  durcli  das  Centrosom  der  mit  Dotter  be- 
ladenen  trägen  Eizelle  der  Anreiz  zur  Furchung,  welche  ja  die  regel- 
mäßige Folge  der  Kopulation  von  Ei  und  Spermium  ist,  gegeben  wird. 
Wir  komnien  nach  der  Besprechung  der  Eizelle  auf  diesen  Punkt 
zurück;  vergl.  auch  das  Kapitel  „Befruchtung".  —  Die  etwaige  gene- 
tische Bedeutung  der  protoplasmatischen  Bestandteile  ist  vorhin  bereits 
so  weit,  als  es  in  diesem  Kapitel  nötig  erscheint,  berührt  worden. 

Die  mechanischen  Funktionen  der  Spermien  gliedern  sich 
im  wesentlichen  in  zwei  verschiedene  Leistungen :  den  Perf Ora- 
torien kommt  die  Aufgabe  zu,  diejenigen  Eizellen,  welche  ohne  vor- 


c 


206  W.  Waldeyer, 

gebildete  Eintrittskanäle  (Mikropylen)  sind ,  zu  eiöftnen ,  um  den 
Spermien  den  Weg  in  das  Innere  frei  zu  machen  (vgl.  p.  105).  In 
dem  Achsenfaden ,  bezw.  dem  Randfaden  und  der  undulierenden 
Membran  haben  wir  jedenfalls  einen  Teil  des  kinetischen  Ap- 
parates der  Spermien  zu  ei'blicken ,  wahrscheinlich  auch  (s.  p.  Dl) 
in  dem  hinteren  Centrosoni  und  in  dem  Spiralfaden  des  Verbindungs- 
stückes. Es  ist  noch  nicht  ausgemacht,  in  welcher  Weise  diese  Teile 
kinetisch  wirksam  sind,  welcher  von  ihnen  der  reizemjjfängliche  Teil 
ist,  welcher  der  aktiv  bewegende?  Ferner  ist  zu  erwägen,  ob  wir  bei 
den  Sjtermien,  außer  einem  aktiven  Motor,  nicht  noch  einen  passiven 
Motor,  der  wie  eine  Treibstange  für  den  Kopf  und  das  Perforatorium 
wirkt,  zu  unterscheiden  haben  V  Dies  könnte  sehr  gut  eine  Aufgabe 
der  Cauda  si)ermii  sein.  Benda  (38  und  39a)  ist  geneigt,  dem 
Centrosom  —  und  ich  meine,  daß  hierbei  dann  das  hintere  Centrosom 
in  Frage  komme,  während  das  vordere  dasjenige  ist,  welches  wir 
vorhin  nach  Boveri  als  für  den  Furchungsvorgaug  wirksam  bezeich- 
neten —  vorzugsweise  die  R ei z  em  pfän  glich keit  zuzuweisen,  den 
Spiralfaden  als  den  aktiven,  den  Achsenfaden  als  den  passiven  Motor 
anzusehen.  Ballowitz  tritt  entschieden  für  die  von  ihm  und  Jensen 
nachgewiesenen  Fibrillen  als  aktiven  Motor  ein  (8).  Es  würden 
damit  der  aktive  und  i)assive  Motor  im  wesentlichen  zusammenfallen. 

Wir  müssen  in  dieser  Beziehung  daran  erinnern ,  daß  bei  den 
Amphibien  mit  undulierenden  Membranen  und  Randfaden  letzterer  die 
fibrilläre  Struktur  zeigt  und  daß  auch  Fibrillen  in  der  genannten  Membran 
auftreten.  Für  Benda  spricht  das  A'^on  ihm  aufgedeckte  Verhalten  der 
Mitochondria  (38,  •  39a),  die,  seinen  Befunden  zufolge,  sowohl  bei  der 
Bildung  der  Spiralhülle,  wie  auch  bei  der  der  Wimperwui'zeln  und  der 
sarcous  elements  der  gestreiften  Muskelfasern  beteiligt  sind.  Ich  bin 
geneigt,  mich  auf  Benda's  Seite  zu  stellen.  Die  vielfach  angestellten 
Versuche  mit  abgeschnittenen  Geißeln,  die  sich  selbständig  weiter  be- 
wegten ,  sind,  meines  Erachtens,  noch  nicht  in  beweiskräftiger  Weise 
durchgeführt  worden,  da  man  nicht  bestimmt  sagen  kann,  ob  das  Ver- 
bindungsstück vollständig  von  dem  beweglich  gebliebenen  Geißelreste 
abgetrennt  worden  war. 

Ueber  die  Form  der  Spermienbewegung  haben  v.  Bkunn,  Eimer 
(11.  cc.  Minot)  und  insbesondere  Ballowitz  Studien  gemacht.  Die  Ver- 
gleichung  mit  der  Bewegung  der  Flimmerhaare  hat  durch  Benda's  Be- 
funde sehr  an  Boden  gewonnen,  v.  Brunn  läßt  die  Bewegung  der  Geißel 
nur  in  einer  Ebene  erfolgen,  Eimer  bei  manchen  Spermienarten  in 
einem  doppelten  Kegelmantel.  Im  ersteren  Falle  würde  die  Bahn  eines 
sich  bewegenden  Spermiums  eine  Wellenlinie,  im  zweiten  eine  Spirale 
darstellen.  Sind  Membranen  vorhanden ,  so  sieht  man  diese  lebhafte 
undulierende  Bewegungen  ausführen  (Urodelen,  Insekten),  wodurch  dem 
ganzen  Gebilde  eine  rasche  geradlinige  Vorwärtsbewegung  erteilt  wird. 
Aehnlich  bewegen  sich  diejenigen  Vogelspermien,  die  mit  einem  Spiralsaume 
versehen  sind.  Die  Form  des  Kopfes  muß  übrigens  auch  auf  die  Form 
der  Bewegung  von  Einfluß  sein,  z.  B.  die  Schraubenform,  wie  sie  bei 
Fringilla  und  Raja  besteht ;  solche  Spermien  müssen  bei  der  Vorwärts- 
bewegung um  ihre  Längsachse  rotieren. 

Bei  den  Kugelsp  ermi  en  (Myriopoden,  Dekapoden,  Nematoden) 
sind  Einziehen  und  Ausstrecken  der  Fortsätze  sowie  amöboide  Be- 
wegungen beobachtet  Avorden  (A.  Schneider  705a,  0.  Zacharias  (265b) 
u.  a.).     Diese  Bewegungen  sind  aber  nur  wenig  ausgiebig.     Sie   scheinen 


Die  Geschlechtszellen.  207 

indessen  nach  einigen  Beobachtungen  (Gang  67a)  bei  Dromiden  im  Innern 
der  weiblichen  Genitalien  sich  zu  größerer  Lebhaftigkeit  zu  steigern. 

Die  Ursachen  der  Bewegung  der  Sperinien  sind  in  letzter 
Instanz  wohl  automatische,  die  in  Wirksamkeit  treten,  sobald  die 
Spermien  völlig  ausgebildet  sind  und  in  einem  geeigneten  Medium 
sich  befinden.  Leichte  Alkaleszenz  des  letzteren  ist  der  Bewegung 
günstig,  doch  hält  sie  auch  bei  geringen  Säuregraden  lange  an.  Schon 
Henle  (Allgemeine  Anatomie)  empfiehlt  die  Untersuchung  der  Spermien 
in  adä([naten  Flüssigkeiten  (Speichel,  Serum,  Eiweißlösungen).  Köl- 
LiKER  (129)  verdanken  wii-  eine  eingehende  methodische  Untersuchung 
über  diese  Dinge. 

Interesse  bieten  vor  allem  die  Versuche,  welche  sich  auf  die  Ur- 
sachen des  Eintrittes  der  Spermien  in  die  Eier,  das  Aufsuchen  der 
letzteren,  das  Eindringen  mehrerer  Spermien  in  ein  einziges  Ei  (Poly- 
spermie) —  in  der  Regel  dringt  nur  ein  Spermium  in  ein  Ei  ein, 
und  nur  ein  Spermium  genügt  stets  der  Befruchtung  —  und  Aehn- 
liches  beziehen.  Doch  werden  diese  Dinge  am  besten  erst  nach  Dar- 
stellung der  Lehre  vom  Ei  besprochen. 

Die  Dauer  der  n  o  r  m  a  1  e  n  B  e  w  e  g  1  i  c  h  k  e  i  t  d  e  r  S  p  e  r  m  i  e  n 
ist  bei  denjenigen  Geschöpfen,  deren  Eier  außerhalb  des  mütterlichen 
Organismus  befruchtet  werden  (z.  B.  im  Wasser),  wie  bei  Fischen 
und  vielen  Wasserevertebraten,  meist  kurz. 

Bei  der  Forelle  erhält  sieb  die  normale  lebhafte  Bewegung  im  Wasser 
nur  30  Sekunden,  Hexxeguv  (110a).  Gemmill  (644)  fand  für  Echiniden- 
spermien  3  Stunden  bis  72  Stunden  und  darüber.  Je  geringer  die  Wasser- 
menge im  Verhältnis  zum  Sperma  war,  desto  länger  hielt  die  normale 
Beweglichkeit  an;  auch  dauerte  sie  länger,  wenn  die  Spermien  zur  Brunst- 
zeit den  Tieren  entnommen  waren,  als  später,  wenn  letztere  erschöpft 
waren.  Auch  HexxeitUy  stellte  fest,  daß  unverdünntes  Sperma  von  Fo- 
rellen, die  sogenannte  „Milch"  dieser  Tiere,  mehrere  Tage  lang  aufbe- 
wahrt werden  kann,  ohne  daß  die  Bew^egungsfähigkeit  aufhört.  In  der 
unverdünnten  Samenmilch  bewegen  sich  allerdings  die  Spermien  nicht, 
auch  wenn  die  Milch  ganz  frisch  den  Tieren  entnommen  wird;  die  Be- 
w^egung  trat  aber  sofort  ein  bei  hinreichender  Verdünnung  mit  Wasser, 
hielt  jedoch  in  jedem  Falle  nur  die  eben  genannte  kurze  Zeit  von  einer 
halben  Minute  an.  Die  in  die  Eier  eingedrungenen  Spermien  des  Härings 
wurden  noch  mehrere  Stunden  innerhalb  der  Eier  beweglich  gefunden 
(KuPFFER,  Litt-Uebersicht,  Bd.  L  p.  77.  1878). 

Ganz  anders  steht  es  bei  der  inneren  Befruchtung.  Schon 
Leeuwenhoeck,  später  Prevost  und  Dumas  und  Th.  W.  Bischoff 
(1.  c.  Litt.-Uebersicht.  Bd.  I.  p.  72;  1845.  S.  73,  1677  und  1824)  fanden 
in  den  inneren  weiblichen  Geschlechtswegen  von  Hündinnen  und  Ka- 
ninchen noch  8  Tage  nach  der  Begattung  sich  bewegende  Spermien. 
Auch  wenn  letztere  sich  nicht  mehr  bewegen,  erhalten  sie  sich  noch 
lange  Zeit  in  ihrer  Form;  so  sah  Bonnet  (614a)  17^/,  Tage  nach  der 
Begattung  auf  der  Oberfläche  einer  von  ihm  untersuchten  Hunde- 
keimblase  noch  wohl  erhaltene  Spermien.  Im  Eileiter  der  Hühner 
bleiben  die  Spermien  mindestens  24  Tage  bewegungs-  und  befruch- 
tungsfähig (Barfurth,  280b), 

Bei  Fledermäusen  findet  die  Begattung  im  Herbst  statt,  die  Spermien 
treten  zu  den  Eiern    erst    im  nächsten  Frühjahr;    sie    erhalten    sich  also 


208  W.  Waldeyer, 

ein  lialbes  Jahr  laug  im  Uterus  der  Weibchen  in  voller  Integrität,  wenn 
auch  einige  Veränderungen  an  ihnen  sichtbar  werden,  s.  p.  155  ').  (Vgl. 
darüber  Ballowitz,  7  u.  9a.)  Bei  der  besamten  Bienenkönigin  erhalten 
sich  die  Spermien  in  deren  Samentasche  bis  zu  4 — 5  Jahren  beweglich 
und  befruchtungsfähig,  bei  verschiedenen  anderen  Insekten  bis  zu  einem 
halben  Jahre  im  Inneren  der  Weibchen.  (C.  Th.  v.  Siebold:  „Fernere 
Beobachtungen  über  die  Spermatozoen  wirbelloser  Tiere".  3  u.  4. 
Müller's  Archiv.  1837.  p.  381.  —  „Lange  Lebensdauer  der  Spermato- 
zoen in  Vespa."  Wiegmann's  Archiv.  1839.  Bd.  IV.  p.  107.  —  „Wahre 
Parthenogenesis  bei  Schmetterlingen  und  Bienen."  Leipzig  1856.)  Wie 
lange  dies  beim  Menschen  der  Fall  zu  sein  pflegt,  wissen  wir  nicht 
auf  Tag  und  Stunde,  doch  dürfte  eine  Frist  von  8 — 10  Tagen  als  nicht 
zu  lang  angenommen  erscheinen.  Festgestellt  ist  —  man  vgl.  die  An- 
gaben bei  F.  Strassmann,  Lehrbuch  der  gerichtlichen  Medizin.  1895. 
p.  61  —  daß  man  in  männlichen  Leichen  noch  am  3.  Tage  nach  dem 
Eintritte  des  Todes  sich  bewegende  Spermien  gefunden  hat.  Herr  P. 
Strassmann,  Privatdocent  der  Gynäkologie  an  der  Berliner  Universität, 
machte  mich  darauf  aufmerksam,  daß  keine  der  bekannten  hierher  ge- 
hörigen Thatsachen  gegen  die  Annahme  spricht,  es  könne  sich  das  in 
der  Tube  und  im  Uterus  befindliche  Sperma  eine  Woche  lang  be- 
fruchtungsfähig erhalten.  Aus  der  mir  von  P.  Strassmann  mitge- 
teilten Litteratur  erwähne  ich:  Bossi,  Etüde  clinique  et  experimentale 
de  l'epoque  la  plus  favorable  ä  la  fecondation  de  la  femme  et  de  la  vi- 
talite  des  spermatozoides  sejournant  dans  le  nidus  seminis,  Rivista  di 
ostetr.  e  ginecol.  1891.  No.  10,  und  Noav.  Arch.  d'obstetr.  et  de  gynecol. 
Avril  1891 ;  ferner  Dührssen,  Sitzungsb.  der  Gesellsch.  f.  Gebiirtsh.  und 
Gynäkologie  in  Berlin  vom  19.  Mai  1893,  und  Zweifel,  Lehrbuch  der 
Geburtshülfe.  3.  Aufl.  1902.  Bossi,  dessen  Angaben  nicht  allseitig  an- 
erkannt sind,  will  noch  12 — 17  Tage  nach  der  letzten  Kohabitation 
lebende  Spermien  in  der  Scheide  und  5 — l^j^  Tage  im  Canalis  cervicis 
uteri  gefunden  haben.  Dührssen  konstatierte  bei  der  Operation  einer 
Pyosalpinx  lebende  Spermien  in  der  flinken)  weniger  erkrankten  Tube 
einer  Patientin,  welche  seit  9  Tagen  in  der  Klinik  sich  befand  und  den 
letzten  Beischlaf  'd^j^  Wochen  zurückdatierte.  Zweifel  teilt  einen  Be- 
fund von  Birch-Hirschfeld  mit,  welcher  nicht  sowohl  wegen  der  Lebens- 
dauer der  Spermien  von  Interesse  ist,  als  betreffs  der  Schnelligkeit  der 
Wanderung  derselben  auch  in  der  Leiche  des  Weibes:  es  wurden  16 
Stunden  nach  dem  Tode  bei  einer  Puella  publica,  welche  während  der 
Kohabitation  verstorben  war,  lebende  Spermien  in  den  Eileitern  gefunden. 
Es  bleibt  hier  allerdings  der  Zweifel  bestehen,  ob  die  betreffenden  Sper- 
mien gerade  von  der  letzten  Kohabitation  herstammten.  Uebrigens  ge- 
langen,   nach   den    Beobachtungen    bei    Kühen    von  Frank    und    bei    Ka- 


1)  BezügHch  dieser  Veränderungen  erwähne  ich  noch  der  merkwürdigen  Ergeb- 
nisse einer  bereits  1889  angestellten  \Tntersuchung  von  Rossi  (M.  2637)  bei  Mäusen. 
Bei  diesen  Tieren  wird  schon  in  den  ersten  Tagen  die  größte  Menge  der  in  den 
Uterus  ejakulierten  Spermien  dortselbst  wieder  durch  Phagocytose  vernichtet.  Die 
phagocytischen  Lymphzellen  wandern  aus  der  Uteruswand  in  die  Spermienmasse 
ein,  nehmen  die  Spermien  auf  und  verdauen  sie  binnen  kurzer  Frist.  Es  dürfte 
dies  wohl  die  erste  Beobachtung  der  Aufnahme  von  Spermien  in  Phagocyten  sein. 
Vorhin,  p,  157,  ist  bereits  der  gleichen  Beobachtungen  von  Plato  gedacht  worden. 
Die  Angaben  Rossi's  stimmen 'mit  denen  von  Sobotta  (ööö)  insofern  überein,  als 
Letzterer  die  größte  Menge  der  Spermien  im  Uterus  schon  24—36  Stunden  post 
coitum  wieder  geschwunden  fand ;  nur  sehr  wenige  gelangen  ihm  zufolge  bis  in  den 
Eileiter.    Von  phagocytischem  Zugrundegeheu  der  "Spermien  erwähnt  Sobotta  nichts. 


Die  Greschlechtszellen.  209 

ninchen  von  Henskn  zu  schließen,  die  Sj^ermien  schon  etwa  2  Stunden 
nach  der  Begattung  am  Eierstocke  an ;  wahrscheinlich  also,  wie  ich 
meine,  auch  beim  Menschen  —  P.  Strassmann  (241a).  —  Für  weitere 
Litteraturangaben  wolle  man  die  ausgezeichnete  Arbeit  Sobotta's  (556) 
vergleichen.  —  Endlich  mache  ich  noch  auf  Ahlfeld's  Mitteiluni;:  „Die 
neueren  Anschauungen  über  den  Zusammenhang  von  Menstruation,  Ovu- 
lation und  Befruchtung,  und  die  praktischen  Konsequenzen  derselben", 
Deutsche  mediz.  Wochenschr.  1880,  aufmerksam :  Ahlfeld  vermochte  bei 
Körpertemperatur  im  Brütschranke  »Spermien  über  8  Tage  lebend  zu 
erhalten.  In  dei'  wohlbekannten,  1840  erschienenen  Arbeit  von  Hausmanx 
(M.  1974)  wird  bereits  von  einer  7-tägigen  Lebensdauer  der  Spermien 
innerhalb  der  weiblichen  Scheide  gesprochen. 

Ob  die  Befruchtungsfähigkeit  der  Sj^ermien  ebensolange  an- 
hält wie  ihre  Bewegungsfähigkeit,  ist  noch  fraglich.  Vernon  (713a) 
stellte  für  Echinideneier  sowohl  wie  für  Echinidenspermien  fest,  daß  die 
Befruchtimgsfähigkeit  erheblich  abnimmt,  wenn  sie  längere  Zeit  in  dem 
sonst  für  sie  adäquaten  Seewasser  aufbewahrt  werden,  ehe  sie  zur  Be- 
fruchtung kommen.  Mit  denselben  Fragen  beschäftigt  sich  auch  Gemmill 
bei  denselben  Objecten  ((344).  —  Man  darf  im  allgemeinen  wohl  an- 
nehmen, daß  die  Befruchtungsfähigkeit  so  lange  besteht,  als  die  Be- 
wegungsfähigkeit ungeschwächt  erhalten  bleibt.  Wie  vorhin  schon  be- 
merkt, spricht  nach  P.  Strassmann  keine  bisher  bekannt  gewordene 
Thatsache  dagegen,  daß  die  menschlichen  Spermien  eine  Woche  lang 
im  Innern  der  weiblichen  Oenitalien  befruchtungsfähig  bleiben. 

Gewissen  Reagentien  gegenüber ,  welche  Zellen  und  manche  Proto- 
zoen in  einer  bestimmten  Konzentration  schnell  abtöten,  zeigten  sich  nach 
Henneguy's  Versuchen  (110  a)  die  Forellenspermien  sehr  widerstands- 
fähig. So  blieben  sie  in  5 — 10-proz.  Alkohol  (100  Wasser,  5  — 10  Alkohol) 
und  in  gleichen  Mischungen  von  Aether  und  Chloroform  in  demselben 
Grade  befruchtungsfähig  wie  in  reinem  Flußwasser.  Langsames  Gefrieren- 
lassen tötet  die  Spermien  nicht,  und  sie  ertragen  bis  zu  50"  Wärme. 
Mancherlei  interessante  Angaben  über  diese  Dinge  bringen  uns  bereits 
Spallanzani,  Newport,  Prevost  und  Dumas  u.  a.  (S.  No.  255,  255a  u.  669.) 

Schon  Henle  (Allgem.  Anat.  p.  954)  hat  die  Geschwindigkeit 
und  Kraft  der  Spermienbewegung  untersucht;  in  l^j^  Minuten  legen 
sie  etwa  1  Zoll  =  21  mm  Wegstrecke  zurück;  das  wäre  für  mensch- 
liche Spermien,  ihre  Länge  zu  50  \).  angenommen,  das  550-fache  (rund) 
dieser  Länge.  Ein  Mensch  von  160  cm  Körperlänge  müßte,  um  die- 
selbe Geschwindigkeit  relativ  zu  seiner  Körperläuge  zu  erreichen,  1  km 
in  9  Minuten  zurücklegen,  also  im  Geschwindschritt  marschieren.  Die 
vorhin  mitgeteilten  Angaben  von  Frank  und  Hensen  setzen  eine 
gleiche  Geschwindigkeit  voraus.  Bei  ihren  Bewegungen  schoben  nach 
Henle's  Beobachtung  die  Spermien  Körper  zur  Seite,  welche  das 
Zehnfache  ihrer  Größe  hatten.  Leber  die  verschiedenen  Einflüsse, 
welche  die  Bewegung  der  Spermien  gegen  das  Ei  hin  und  den  Eintritt 
in  dasselbe  anfachen  und  beherrschen,  soll  später  beim  Abschnitt  „Ei" 
gehandelt  werden. 

Bewegungserscheinungen  verschiedenster  Art  werden  auch  während 
der  Spermiogenese  beobachtet.  Eine  der  wichtigsten  ist  die  von 
Benda  als  „Kopulation",  von  mir  als  „Sy mphorese"  ^)  bezeich- 

1)  Da  Benda  selbst  den  von  ihm  nach  einem  Vorschlage  von  G.  Fritsch  ein- 
geführten Namen  „Kopulation"  für  das  Verhältnis  der  Spermatiden  und  Spermien 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  1.  ]^4: 


210  W.  Waldeyer, 

nete  Vcrbiiidiiiig  der  Pi'äsperiiiatiden,  Sperniatidcn  und  Spermien  mit 
den  SERTOLischen  Zellen.  Ich  verweise  darüber  auf  das  ]).  lOG,  171 
und  179  ff.,  Fig.  44  Gesagte  und  Abgebildete.  Als  wirksame  Momente 
für  die  Herbeiführung  der  Symphorese  werden  cytotaktisch  e  und 
trophotaktische  Einflüsse  genannt  (Ivar  Broman  [ßla],  Roux, 
Grobben,  Benda).  Auf  Cytotaxis  führt  Roux  auch  die  Doppel- 
spermien  der  Dyticiden  zurück.  Für  J.  Broman  l)leibt  es  zweifelhaft, 
ob  man  dies  auch  zur  Erklärung  der  Doppelspermien  von  Didelphys 
anführen  könne  '). 

Was  die  Bewegungserscheinungen  bei  der  Spermiohistogenese 
anlangt,  so  führt  Brojian  die  Wanderung  der  Centralkörper  und  der 
Idiozome  auf  karyotaktische  Einflüsse  zurück ;  diese  Körper  suchen  z.  B. 
bei  der  Bildung  von  Riesenspermatiden  mit  mehreren  Kernen  die  grö- 
ßeren Kerne  auf,  wandern  dagegen  an  degenerierenden  Kernen  vorbei.  — 
Broman  führt  hier  auch  die  hakenförmigen  Umbiegungen  der  stabförmigen 
Centralkörper  an,  sowie  die  bei  Meerschweinchen  und  Ratten  von  Meves 
gemachte  Beobachtung,  daß  vom  Kerne  aus  ein  kleiner  Stift  dem  Central- 
körper entgegenwächst,    was  Broman   bei  Rana  fusca  bestätigen  konnte. 

In  den  Hodenkanälchen  selber  nimmt  man  kaum  Bewegungen  an 
den  Spermien  wahr ;  lebhafter  bewegen  sich  schon  die  aus  den  Neben- 
hodenkanälchen  und  aus  dem  Ductus  deferens  entnommenen  Spermien ; 
volle  Beweglichkeit  erlangen  die  letzteren  aber  erst  nach  Zutritt  des 
Sekretes  der  Samenblasen  und  insbesondere  des  Succus  prostaticus. 
Die  Zumischung  dieser  beiden  Flüssigkeiten  ist  es  wenigstens,  was  in 
der  Norm  die  lebhafte  und  andauernde  Bewegung  der  Spermien  zu- 
nächst zu  Wege  bringt  und  unterhält.  Hierüber  sind  insbesondere 
die  Untersuchungen  Fürbringer's  (89a)  und  Steinach's  (239)  zu 
vergleichen. 


zu  den  SERTOLischen  Zellen  als  nicht  ganz  geeiguet  erklärt,  so  gestatte  ich  mir, 
die  Bezeichnung  „Symphorese"  dafür  vorzuschlagen.  Das  Wort  'SuacpöpTiaic 
=  Zusammentragen,  Authäufen,  dürfte,  da  es  nur  der  Thatsache  des  Zusammen- 
liegens  Ausdruck  giebt  und  höchstens  noch  eme  Andeutung  auf  die  Gruppierung 
enthält,  wohl  als  passend  erscheinen. 

1)  In  der  citierten  Arbeit  von  J.  Broman  (61a)  findet  man  die  weitere  Litte- 
ratur  und  eine  gute  Uebersicht  der  insbesondere  von  den  Botanikern,  ferner  von 
Roux,  Verw^orn,  Driesch,  J.  Loeb  u.  a.  eingeführten  und  ausgebauten  Begriffe 
„Taxis"  und  ,, Tropismus".  Beides  sind  Vorgänge  und  Erscheinungen,  welche  durch 
von  außen  kommende  Anreize,  Eichtungsreize,  an  lebenden  Dingen  (Protoplasma, 
Kernen,  Kernkörperchen ,  Zellen,  Tieren,  Pflanzen)  hervorgerufen  und  l)estimmt 
werden;  sie  werden  als  ,,paratouische"  Vorgänge  den  ,,spontanen''  oder 
„autonomen"  gegenüber  gestellt,  die  auf  innere,  den  betreffenden  lebenden 
Dingen  inhärierende  Ursachen  zurückzuführen  sind.  Unter  „Taxis"  wird  eine 
paratonische  Bewegung,  unter  „Tropismus"  eine  ebensolche  Wachstums- 
richtung verstanden.  Die,  soweit  bis  jetzt  angenommen  wird,  bei  der  Bildung 
der  Spermien  und  ihrer  Bewegung  in  Frage  kommenden  Taxis-  und  Tropismen- 
formen  sind:  die  Cytotaxis  und  die  Karyotaxis,  ein  von  einer  Zelle  bezw. 
einem  Kerne  ausgehender  auf  andere  Zellen  oder  Kerne  wirkender  Bewegungsimpuls 
(Cytotropismus  Eoux),  die  Trophotaxis  =  Einfluß  von  Nährmaterial  und  von 
Nährströmungen,  die  Thigmotaxis  =  Einfluß  des  Kontaktes,  insbesondere  von 
Oberflächen,  die  Rheotaxis  ^  Einfluß  von  Flüssigkeitsströnnmgen,  und  die 
Chemotaxis  =  der  die  Richtung  einer  Bewegung  bestimmenden  chemischen  Stoff- 
wirkuug.  Ist  die  Bewegung  oder  das  Wachstum  zur  Reizquelle  hin  gerichtet,  so 
wird  das  als  positive  Taxis  bezw.  positiver  Tropismus  bezeichnet,  umgekehrt  als 
negative  Taxis,  negativer  Tropismus.  —  Es  ist  gewiß  nützüch,  diese  Begriffe  auf- 
zustellen und  weiter  auf  ihre  Berechtigung  zu  prüfen;  nur  ist  nicht  zu  vergessen, 
daß  wir  damit  der  Erkenntnis  des  Wesens  aller  dieser  Erscheinungen  nicht  viel  näher 
gekommen  sind. 


Die  Geschlechtszelleu.  211 

Auf  die  längere  Unterhaltung  der  Bewegung  wird  hier 
wohl  das  größere  Gewicht  zu  legen  sein;  wenigstens  lieferten  Ratten, 
denen  Steinach  Samenblasen  und  Prostata  exstirpiert  hatte,  Spermien, 
die  sich  bei  der  Entnahme  noch  gut  beweglich  zeigten.  Uebrigens 
wirkt  jede  Flüssigkeit  vom  Charakter  der  physiologischen  Koch- 
salzlösung, namentlich  bei  Körpertemperatur,  günstig  ein;  auch  der 
Harn  des  betretfeuden  Geschöpfes  ist  hierher  zu  zählen.  Besonders 
beweisend,  daß  die  Sekrete  der  Prostata  und  der  Samenblasen  es 
nicht  allein  sind,  welche  für  längere  Zeit  die  P)eweglichkeit  der  Sper- 
mien unterhalten,  sind  die  schon  wiederholt  mitgeteilten  Fälle  von 
lebhaft  sich  bewegenden  Spermien  in  dem  flüssigen  Inhalte  von  Sper- 
matocelen.  Es  mag  dazu  noch  hervorgehoben  sein,  daß  Vertun  (251) 
in  einem  neuerdings  von  ihm  beobachteten  Falle  weder  Spermin, 
noch  Cholin,  noch  die  PosNER'sche  Hemialbumose  nachweisen  konnte. 

Zwischen  dem  Sekrete  der  Samenblasen  und  dem  der  Pro- 
stata besteht  der  Unterschied,  daß  das  erstere  in  Wasser  schwimmende 
troddelförmige  Tropfen  (gouttes  flottantes)  bildet,  während  der  Saccus 
prostaticus  sich  leicht  darin  vierteilt  (Schlagint weit  230b).  Schon 
p.  96/97  wurde  hervorgehoben,  daß  sich  die  Spermien  im  Samenblasen- 
inhalte lebhaft  bewegen.  Ich  füge  dem  hinzu,  daß  ich  mich  nicht 
entschließen  kann,  auch  nach  Kenntnisnahme  der  gründlichen  Arbeit  von 
Felix  (80),  noch  besondere  Drüsen  in  den  Samenblasen  anzunehmen. 
Felix  beschreibt  in  der  Pars  ampullaris  ductus  deferentis  und  in  den 
Samenblasen,  besondere  größere  blasige  Buchten,  deren  mehrere  unter- 
einander in  Verbindung  stehen  und  gemeinsam  mit  einem  Ausführungs- 
gange in  den  Hauptraum  der  Vesicula  seminalis  münden;  auch  von 
tubulöseu  Formen  der  Art  spricht  Felix.  Ob  man  nun  solche  Bildungen, 
die  im  feineren  Baue  ihres  Epithels  ganz  mit  dem  Hauptraume  und 
dessen  zahlreichen  kleineren,  mehr  offenen  Buchten  übereinstimmen,  als 
„Drüsen"  bezeichnen  will,  das  ist  lediglich  Ansichtssache.  Ich  meine,  daß 
man  von  Drüsen  bei  einem  Organe,  wie  es  die  Samenblasen  sind,  nur 
sprechen  sollte,  wenn  man  Bildungen  trifft,  die  in  ihrem  Bau  etwas  Beson- 
deres, direkt  auf  Erzeugung  eines  eigenartigen  Sekretes  deutendes  aufweisen. 
So,  meine  ich,  sind  weder  die  HENLE'schen  Buchten  der  Conjunctiva, 
noch  die  LiEBERKtJHN'schen  Schläuche  des  Darmes,  noch  die  von  Felix 
beschriebenen  Buchten    der  Vesiculae  seminales    als  Drüsen  aufzufassen. 

Das  Samenblasensekret  wie  die  spärliche  Hoden-  und  Nebenhoden- 
flüssigkeit ist  leicht  alkalisch.  VVie  schon  erwähnt,  fand  P.  Für- 
BRixGER  das  Sekret  der  gesunden  Prostata  fast  stets  sauer.  Bei  Pro- 
statitis, s.  insbesondere  Lohxstkin  (149),  zeigt  sich  nicht  selten  neutrale 
oder  selbst  alkalische  Reaktion;  in  etwa  1/3  der  Fälle  ergab  sich  bei 
Prostatitis  Nekrospermie,  in  der  großen  Mehrzahl  der  Fälle  bheb 
die  Beweglichkeit  der  Spermien  erhalten,  ob  auch  ihre  Befruchtungs- 
fähigkeit ?  das  ist  eine  andere  Frage.  Bewegungsunfähige  Spermien  können 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  nicht  mehr  befruchtend  wirken,  selbst 
wenn  es  gelänge,  sie  in  ein  befruchtungsfähiges  Ei  einzuführen;  auf  der 
anderen  Seite  darf  aber  nicht  gefolgert  werden,  daß  noch  so  lebhaft 
sich  bewegende  Spermien,  auch  wenn  sie  in  ganz  regelrechter  Weise  in 
ein  normales  reifes  Ei  eindringen,  allemal   auch  befruchtungsfähig  seien. 

Sicher  aber  ist  —  man  wolle  insbesondere  die  wertvollen  Unter- 
suchungen von  P.  FüRBßixGER  (89a),  Steixach  (239)  und  G.  Walker 
(257  und  257a)  vergleichen  —   daß   das  normale  Samenblasen-  und  Pro- 

14* 


212  W.  Waldeyer, 

statasekret  einen  wesentlichen  Einiluü  auf  die  Befruclitungsfähigkeit  der 
Spermien  hat.  Bei  Ratten  fand  Steinach,  daß  Exstirpation  der  Samen- 
blasen eine  Verminderung,  Exstirpation  der  Samenblasen  und  der  Pro- 
stata aber  einen  Verlust  der  Befruchtungsfähigkeit  zur  Folge  hatte, 
während  die  Libido,  die  Potentia  coeundi  und  die  Produktion  normal 
erscheinender  Spermien  unvermindert  erhalten  blieben.  Nach  Walker 
hebt  auch  die  Exstirpation  der  Prostata  allein  die  Befruchtungsfähig- 
keit auf. 

Nicht  geringes  Interesse  bieten  auch  die  Experimente  Metschnikow's 
und  Moxter's  (179).  Letzterer  bestätigte  zunächst  die  Angaben  von 
Rossi  (M.  2631)  und  Plato,  daß  die  Spermien  von  Leukocyten  auf- 
gezehrt werden,  und  zwar,  indem  er  Spermien  in  die  Baiichhöhle  von 
Kaninchen  brachte.  Wurden  ferner  Spermien  eines  anderen  Tieres 
(MoxTEK  nahm  Spermien  von  Schafböcken)  in  die  Bauchhöhle  von  Kanin- 
chen eingebracht,  so  erlangte  das  Blutserum  dieses  Kaninchens  eine 
spermiocide  und  agglutinierende  Eigenschaft  frischen  lebenden  Schaf- 
bockspermien  gegenüber ;  es  bildet  sich  also  eine  Art  Immunserum. 

Die  Bildung  befruclitimgsfähiger  Samenfäden  beim  Menschen  be- 
ginnt bekanntlich  mit  Eintritt  der  Pubertät ;  der  Veränderungen,  welche 
dabei  der  Inhalt  der  Hodenkanälchen  erfährt,  wurde  bereits  früher 
gedacht  (p.  165  ftV);  hier  sei  noch  nachgetragen,  daß  mit  Beginn  der 
Pubertät  in  der  Wand  der  Kanälchen  ein  dichtes  Netzwerk  elastischer 
Fasern  auftritt,  während  vorher  solclie  Fasern  fast  gänzlich  fehlen 
(Benda,  o9).  Leprince  (144)  stellte  am  Pariser  Leichenmateriale 
fest,  daß  für  Paris  13' /2  Jahr  der  früheste  Pubertäts-Termin  sei.  Das 
stimmt  auch  mit  den  Beobachtungen  von  Cordes  (71)  am  Berliner 
Leichenmateriale.  Fälle  von  früherer  Geschlechtsreife  mit  Bereitung 
befruchtungsfähiger  Spermien  sind  indessen  genugsam  bekannt.  Eine 
Altersgrenze  nach  oben  für  die  Spermiogenese  mit  Bildung  befruchtungs- 
fähiger Spermien  scheint  es ,  solange  der  allgemeine  Gesundheits- 
zustand ein  guter  ist  und  die  Körperkraft  sonst  erhalten  bleibt,  also 
keine  Altersschwäche  eintritt,  nicht  zu  geben.  Dafür  giebt  es  nicht 
anzuzweifelnde  Belege  genug.  So  fand  u.  a.  Cordes  (71)  bei  einem 
92-jährigen  Greise  noch  zahlreiche  normale  Spermien.  Eine  Abnahme 
der  Massenproduktion  der  Spermien  tritt  aber  auch  bei  gesunden, 
lebenskräftigen  Greisen  wohl  immer  ein. 

Außer  ungünstigen  Ernährungs-  und  Schwächezuständen  wirken 
einer  normalen  Samenbildung  entgegen  abnorme  Lagerung  des  Hoden 
und  Behinderung  der  Entleerung  der  Spermien,  wie  durch. Unterbindung 
oder  Evulsion  des  Ductus  deferens  oder  Obliteration  der  Nebenhoden- 
kanäle. S.  Näheres  hierüber  bei  Gripfith  (96 — 100)  und  Ribbert  (224b), 
nach  welchem  bei  Obliteration  des  Ausführungsganges  ein  völliges  Ver- 
siegen der  Spermienproduktion  jedoch  erst  nach  Monaten,  selbst  erst  nach 
Jahren,   eintritt. 

Eine  regelmäßige,  ohne  Ueberreizung  ausgeübte  Geschlechtsthätigkeit 
wirkt  günstig,  während  ein  Uebermaß,  sonstige  üeberanstrengung,  schlechte 
Ernährung  und  ungünstige  Lebensverhältnisse  im  allgemeinen ,  sowie 
Geschlechtskrankheiten  die  Spermienproduktion  schnell  herabsetzen,  ja 
gänzlich  aufheben ;  die  letztere  steht  eben  in  innigem  physiologischen 
Konnex  mit  dem  Gesamtverhalten  des  Organismus ;  wie  und  wodurch  ?  ist 
im  Näheren  noch  nicht  bekannt. 


Die  Geschlechtszellen.  213 

Die  Produktion  und  das  Vorhandensein  reichlicher  normaler  Spermien 
in  den  männlichen  Geschlechtsorganen  regt  reflektorisch  die  Libido 
sexualis  an ;  auch  hier  sind  die  Wege  noch  nicht  bekannt.  Beim  Men- 
schen scheint  starke  Füllung  der  Samenblasen  und  Druck  auf  letztere 
seitens  der  gefüllten  Harnblase  oder  des  liectum  gleichfalls  stimulierend 
zu  wirken.  Indessen  hängen  von  der  Spermienproduktion  die  Libido 
und  die  Potentia  nicht  allein  ab,  wie  weitere  Versuche  Steinach's  bei 
Ratten  zeigten.  Kastrierte  er  Rattoi  vor  Eintritt  der  Pubertät,  so  zeigte 
sich  zur  Zeit,  wann  letztere  hätte  eintreten  müssen,  starke  Libido,  aber 
verminderte  Potenz.  Später  freilich  nahm  auch  die  Libido  ab,  ebenso 
wie  bei  Individuen,  welche  nach  dem  Eintritte  der  Pubertät  kastriert 
worden  waren.  Bei  Menschen  hat  man  dieselben  Erfahruno;en  gemacht. 
Es  muß  also  im  Centralnervensystem  eine  Geschlechtssinnanlage 
vorhanden  sein,  die  sich  zunächst  unabhängig  entwickelt.  Bei  den  vor 
der  Pubertät  Kastriei'ten  bleiben  die  accessorischßn  Geschlechtsdrüsen 
rudimentär. 

Die  Dormale  Entleerung  des  Sperma  erfolgt  durch  einen 
höchst  komplizierten  Reflexakt,  die  Ejakulation.  Es  scheint  mir 
sicher,  daß  mit  einer  Ejakulation  nicht  derjenige  Teil  der  Spermien 
herausbefördert  wird,  der  noch  im  Hoden  oder  Nebenhoden  sich  be- 
fand, sondern  der,  welcher  vorher  schon  und  während  der  geschlecht- 
lichen Erregung  bis  zu  den  accessorischen  Drüsen,  Samenblasen  und 
der  Pars  prostatica  urethrae  durch  die  Peristaltik  der  muskulösen 
Nebenhodengänge  und  des  Ductus  deferens  heraulbefördert  worden  war. 
In  dieser  Beziehung  scheint  mir  die  p.  96/97  erwähnte  Beobachtung 
von  H.  Kays  ER  wichtig. 

Bei  denjenigen  Vertebraten,  welche  eine  Nachniere  (Metanephros)  ent- 
wickeln, wie  bei  Reptilien,  Vögeln  und  Säugetieren,  gelangen  die 
Spermien  durch  einen  besonderen  Ausführungsgang,  den  Ductus  deferens 
in  die  Harnröhre,  bezw.  Kloake  (Reptilien,  Vögel);  dieser  Gang  ist 
aber  der  ursprüngliche  Ausführungsgang  der  Urniere  (Mesonephros).  Da, 
wo  die  Urniere  erhalten  bleibt,  gelangen  die  Spermien  vom  Hoden  in  die 
Harnkanalkapseln  (MüLLEu'schen  Kapseln)  der  Urniere  und  werden  durch 
die  Harnkanälchen  in  den  gemeinsamen  Harnsamengang  — •  WoLFF'schen 
Gang  —  geleitet :  Ganoiden,  Amphibien  (zum  größten  Teile), 
(NUSSBAUM  185c  und  d),  Eraxkl  (86).  Die  Mehrzahl  der  Selachier 
schließt  sich  an  die  Reptilien  und  Vögel  an ;  kurz  vor  der  Mündung  in  die 
Kloake  fließen  jedoch  Harnleiter  (Ureter)  und  Samengang  (Ductus  deferens) 
zu  einem  gemeinsamen  Harnsamengange  zusammen.  Die  Knochen- 
fische zeigen  meist  eine  ähnliche  Einrichtung.  Bei  den  Cyclo- 
stomen  wird  das  Sperma  in  das  Cölom  entleert  und  durch  die  Pori 
abdominales  nach  außen  befördert.  Eine  Sonderstellung,  die  an  Einrich- 
tungen bei   den   Würmern  erinnert,   nimmt  Amphioxus  ein. 

Während  der  gewöhnliche  Weg  zur  Einführung  des  Sperma 
in  die  weiblichen  Geschlechtsteile  bei  Säugetieren  und  beim 
Menschen  die  Scheide  ist,  wo  die  Spermien  auch  deponiert  werden, 
kommt  es  bei  anderen,  wie  z.  B.  beim  Schafe,  direkt  zur  Einführung 
in  den  Uterus  (s.  Marshall  158c).  Der  Penis  des  Schafbockes  hat  an 
seinem  vorderen  Ende  einen  von  der  Harnröhre  durch])ohrten  wurm- 
förmigen  dünnen,  jedoch  erektionsfähigen  Anhang,  der  bei  der  Begat- 
tung in  den  Uterus  eindringt.    Beachtenswert  ist,  daß,  wenn  den  Böcken 


214  W.  Waldeyer, 

(lieser  Anhang  abgeschnitten  wird,  die  Begattung  meist  erfolglos  bleibt» 
obwohl  eine  Ejakulation  in  die  Scheide  stattfindet. 

Berücksichtigen  wir  auch  die  übrige  Lebewelt,  so  werden  die  Pollen- 
körner durch  die  Luft  und  vielfach  durch  Honig  suchende  Insekten  über- 
tragen, die  beweglichen  Fadenspermien  der  früher  genannten  Pflanzen 
meist  durch  das  Wasser.  So  geschieht  es  auch  bei  den  meisten  der  im 
Wasser  lebenden  Tiere.  Eine  erhebliche  Anzahl  der  Wasserbewohner,  wie 
viele  Crustaceen,  die  Knorpelfische,  Wasser-Reptilien,  -Vögel  und  -.Säuge- 
tiere, befruchten  sich  jedoch  durch  kopulative  Begattung.  Bei  der  Be- 
samung im  Wasser  sammeln  sich  beiderlei  Geschlechter  meist  in  größeren 
Haufen  an  und  ergießen  ihre  Geschlechtsprodvikte,  Eier  und  Spermien, 
gleichzeitig  in  das  umgebende  Medium.  Hierher  gehört  auch  wohl  der 
Besamungsmodus  der  Anuren,  wenngleich  bei  diesen  eine  Kopulation  der 
Männchen  und  Weibchen  stattfindet.  In  anderen  Fällen  —  para- 
vaginale  Besamung  —  bringen  die  Männchen  mit  ihren  Extremi- 
täten die  Spermien,  welche  in  Paketen,  den  vorhin  (p.  153)  kurz  be- 
sprochenen Spermatophoren,  eingeschlossen  sind,  in  die  Nähe  der 
weiblichen  Geschlechtsöffnung,  in  welche  dann  die  aus  den  Spermato- 
phoren sich  entleerenden  Spermien  eindringen,  oder  aber  die  Spermato- 
phoren werden  unmittelbar  in  die  weibliche  Geschlechtsöffnung  eingeführt. 
Sehr  merkwürdig  ist  eine  letzte  Art  der  Einverleibung,  die  hypoder- 
male. Fr.  Müller  fand  zuerst  (1844)  bei  Clepsine  anf  der  Haut  fest- 
sitzende Spei-matophoren.  Daß  dies  ein  normaler  Kopulationsweg  sei,  in- 
dem die  Spermatophoren  vom  Männchen,  die  eine  Art  Stilet  an 
ihrem  Penis  besitzen,  bis  unter  das  Integument  eingeführt  werden,  dann 
die  darin  enthaltenden  Spermien  in  die  Leibeshöhle  und  die  Ovarien  bis 
zu  den  Eiern  vordringen  und  diese  befruchten,  haben  insbesondere  Arn. 
Lang  1882  und  1884  bei  Turbellarieu,  L.  Plate  1885  bei  Rotatorien 
und  1891  Whitmax  (257b)  in  hohem  Grade  wahrscheinlich  gemacht. 
Brandes  (55a)  konstatierte  bei  Nephelis  auch  direkt  das  Eindringen  der 
hypodermatisch  injizierten  Spermien  in  die  Ovarialsäcke.  Ferner  meint 
er,  daß  die  angeklebten  Spermiophoren  bei  diesen  Tieren  im  strengen 
Wortsinne  nicht  solche  wären,  sondern  von  den  männlichen  Individuen 
gebildete  Röhren,  durch  welche  die  Spermien  eingespiützt  würden,  also  „In- 
jektionskanülen" für  Spermien;  er  nennt  sie  deshalb  auch  eine  Art  „Pseudo- 
spermatophoren".  Brumpt  (62e)  hat  dann  bei  Hirudineen  durch  hvpoderma- 
tische  Einspritzung  von  Sperma  künstliche  Befruchtung  zu  erzielen  ver- 
sucht, wobei  es  ihm  gelang,  die  Spermien  bis  in  die  Eisäcke  zu  den 
Eiern  vordringen  zu  sehen.  Die  sogenannte  „künstliche  Befruchtung" 
durch  Vermischung  von  Eiern  und  Sperma  im  Wasser  und  durch  künst- 
liche Einführung  von  Sperma  in  die  Scheide  auch  bei  höheren  Tieren 
ist  zur  Erzielung  reicher  Brut  in  den  Fischbrutanstalten  und  zu  ent- 
wicklungsphysiologischen Experimenten  seit  Spallanzani's  Zeiten  un- 
zählige Male  mit  Erfolg  ausgeführt  worden.  Bekannt  ist,  daß  sie  Mariox 
Sims  auch  beim  Menschen  zur  Hebung  gewisser  Fälle  von  Sterilitas  fe- 
minina  versucht  hat.  Nach  den  mir  von  P.  Strassmann  zugestellten 
Litteraturangaben  will  Bossi,  1.  c.  s.,  wiederholt  hierbei  Erfolg  gehabt 
haben;  weitere  Litteratur  s.  bei  Chrobak  und  Rosthorn  :  „Erkrankungen 
der  weiblichen  Geschlechtsorgane",  Wien,  1900.  —  Ueber  die  Besamung 
durch  Spermatophoren,  welche  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle 
bei  Wirbellosen  vorkommt  —  bei  den  Wirbeltieren  wohl  niir  bei  einigen 
Urodelen  —  verweise  ich  auf  die  eingehende  Darstellung  bei  Korschelt- 
Heider  (666a),  p.  426  ff. 


Die  Geschlechtszellen.  215 

Neuere  Untersuchungen  von  Ballowitz  (Ha)  und  Jvau  Bkomax 
(61d  u.  f)  lehren  uns  das  sehr  häufige  Vorkommen  von  allerhand 
atypischen  Formen  der  Spermien  (mehrschwänzigen  und  mehrköpfigen 
Spermien,  Spermien  mit  abweichenden  Kopfformen  und  mit  winkligem, 
exceutrischem  Ansatz  der  Schwänze)  bei  Menschen  und  Säugetieren  kennen. 
Wahrscheinlich  sind  auch  solche  Formen  nicht  ohne  physiologische  oder 
pathologische  Bedeutung. 

Zum  Beschluß  dieses  kurzen  physiologischen  Kapitels  sei  noch  der 
sehr  bemerkenswerten  Thatsache  gedacht,  daß  Bastardraännchen, 
z.  B.  männliche  Maultiere  oder  männliche  Maulesel,  männliche  Bastarde 
von  Kanarienvögeln  und  anderen  Finkenarten,  nur  sehr  selten  befruchtungs- 
fähige Spermien  erzeugen,  jedenfalls  sich  mit  den  gleichartigen  Weibchen 
nicht  fortpflanzen.  Angaben  darüber  finden  sich  in  Bukdach's  und  R. 
W.\gxer's  Handbüchern  der  Physiologie. 

t)  Geschichtliche  Bemerkungen. 

Bei  einer  ausführlichen  Darstellung  der  Lehre  vom  Sperma  dürfen 
auch  einige  geschichtliche  Angaben  nicht  fehlen,  und  es  mag  ent- 
schuldigt werden,  wenn  ich  zunächst  die  Geschichte  der  Entdeckung 
der  Spermien,  unzweifelhaft  eine  der  wichtigsten  Entdeckungen  in  der 
Biologie,  genauer  angebe.  Leeuwenhoeck  berichtet  darüber  zuerst 
in  zwei  Mitteilungen,  abgedruckt  im  XIII.  Jahrgange  der  Londoner 
Philosophical  transactions,  Vol.  IV.  No.  142,  welche  Nummer  die  Zeit 
vom  Dezember  1677  bis  Februar  1678  umfaßt.  Am  Schlüsse  der  No.  142 
steht:  Printed  John  Martin  1679.  Die  Ueberschrift  der  ersten  Mit- 
teilung lautet: 

Observationes  D.  Anthonii  Leuwenhoeck,  de  natis  e  semine  genitali 
animalculis. 

(Observatoris  epistola  Honoratiss.  D.  D.  Vicecomiti  Beouncker,  La- 
tine  conscripta;  Dat.  Nov.  1677,  quam  ipsissimis  huc  transmissis  verbis 
inserendam  autor  censuit.) 

Die  betreffende  Stelle  des  hier  von  Leeuwenhoeck  zum  Abdruck 
eingesendeten  Briefes  sei  mitgeteilt:  „Postquam  Exe.  Dominus  Professor 
Granen,  me  visitatione  sua  saepius  honorarat,  literis  rogavit,  Domino  Ham 
cognato  suo  quasdam  observationvim  mearum  videndas  darem.  Hie  Do- 
minus Ham  me  secundo  invisens,  secum  in  laguncula  vitrea  semen  viri, 
Gonorrhoea  laborantis  sponte  destillatum,  attulit,  dicens,  se  post  paucis- 
simas  temporis  minutias  (cum  materia  illa  jam  in  tantum  esset  resoluta, 
ut  fistulae  vitreae  immitti  posset)  animalcula  viva  in  eo  observasse,  quae 
caudata,  et  ultra  24  horas  non  viventia  judicabat:  Idem  referebat  se 
animalcula  observasse  mortua  post  sumtam  ab  aegroto  Terebinthinam. 
Materiam  praedictam  fistulae  vitreae  immissam  praesente  Domino  HA^f 
observavi,  quasdamque  in  ea  creaturas  viventes;  at  post  decursum  2  aut 
3    horarum    eandem  solus  materiam  observans,  mortuas  vidi." 

In  demselben  Briefe  berichtet  Leeuwenhoeck  schon  von  seinen 
weiteren  Untersuchungen  über  menschliches  Sperma  und  erwähnt  bereits 
darin  der  S per m  akry  stalle,  die  er  auch  dort  in  3  Figui-en  abbildet, 
und  zwar  in  den  Formen,  wie  sie  wirklich  vorkommen.  „Et  cum  prae- 
dicta  materia  paucillum  temporis  steterat,  in  ea  observabantur  trilaterales 
figurae  ab  utraque  parte  in  aculeum  desinentes ;  quibusdam  longitudo 
minutissimae  arenae  (Gesichtsfeld),  aliquae  aliquantulum  majores,  nt  fig.  A. 
Praeterea,  adeo  nitidae  ac  pellucidae,  ac  si  crystallinae  fuissent." 


216 


W.  Waldeyer, 


In  einem  zweiten  Briefe  vom  18.  März  1078  giebt  er  dann  schon 
Abbildungen,  von  denen  2  hier  wiedergegeben  sein  mögen ;  er  nennt  als 
Teile    der    Spermien    in    seinem    ersten    Briefe :    Corpus    und    Cauda,    im 

zweiten  bereits  Capitulum  cum 
trunco  und  cauda,  oder  Caput  cum 
trunco  und  cauda,  so  daß  seit 
dieser  Zeit  die  wichtigsten  Namen 
schon  feststehen.  In  diesem  Schrei- 
ben berichtet  er  auch  über  die 
Spermien  von  verschiedenen  Säuge- 
tieren, später  dann  von  Fröschen 
und  Evertebraten.  Ueberhaupt  hat 
er  viele  Jahre  seine  Untersuchungen 
über  diese  Dinge  aufs  eifrigste 
fortgesetzt. 

Die  Entdeckung  der  Sperma- 
krystalle  nimmt  A.  Boettcher 
(47  b)  für  sich  in  Anspruch,  wenig- 
stens spricht  er  nicht  davon,  daß 
sie  schon  jemand  vor  ihm  gesehen 
habe ;  allgemein  hat  man  ihm  auch 
diese  Entdeckung  zugeschrieben 
und  die  Kry stalle  nach  ihm  be- 
nannt (S.  FüRBKINGER,  88  u.  89a). 
Wir  erwähnten  eben,  daß  sie  schon 
Leeuwenhoeck  beschrieben  und 
abgebildet  hat.  Sehr  eingehend 
und  mit  mehreren  Abbildungen  be- 
handelt sie  die  Schrift  des  Frei- 
herrn  W.  v.  Gleichen,  genannt 
ßusswoRM  :  „Abhandlung  über  die 
Samen-  und  Infusionstierchen,  oder 
über  die  Erzeugung  nebst  mikro- 
skopischen Beobachtungen  des 
Samens  der  Tiere'-,  Nürnberg  1778, 


Fig.  53a.  Fig. 

Fig.  53a  und  b.  Kopien  menschlicher 
Spermien  nach  Leeuwenhoeck,  Größe  des 
Originals. 


4*^ ;  ferner  erwähnt  ihrer  R.  Wag- 
ner in  seinem  schätzbaren  Lehr- 
buche der  Physiologie ,  Leipzig, 
L.  Voss,  1842  [1838 — 1841]  (p.  29),  woselbst  auch  eine  gute  Zusammen- 
stellung der  älteren  Litteratur  über  unseren  Gegenstand  zu  linden  ist. 
In  der  auf  Leeuwenhoeck  folgenden  Zeit  spann  sich  die  Diskussion 
hauptsächlich  darüber  hin,  ob  die  Spermien  Tiere  seien  oder  nicht. 
Leeuwenhoeck  selbst  hält  sie  für  „animalcula".  Der  Streit  darüber 
hat  ungefähr  bis  zum  Erscheinen  von  Schwann's  berühmtem  Werke, 
worin  er  die  Zellenlehre  begründet,  gewährt  (1839).  Ehkenberg  in 
seinem  großen  Infusorienwerke,  1838,  und  Valentin  (1837,  Repertorium) 
möchten  sie  noch  für  Tiere  erklären,  Ehrenberg  mit  Hill  (1751)  für 
Cercarien,  weil  man  stiletförmige  Anhänge  am  Kopfe  fand  (Perforatorien) 
und  die  „Delle"  am  Kopfe  für  eine  Sauggrube  hielt.  Auch  bei  Ehrex- 
berg  findet  sich  eine  reiche  Litteratur.  R.  Wagner  1.  c.  drückt  sich 
noch  etwas  zweifelnd  aus.  v.  Siebold  (Wiegmann's  Archiv,  1838)  sprach 
sich  gegen  die  tierische  Natur  aus,  und  Henle,  nachdem  er  anfangs  auch 
mit    Johannes    Müller    wegen     der    vermeintlichen    Sauggrube    für    die 


Die  Geschlechtszellen.  217 

tierische  Natur  der  S]>ermien  eingetreten  war,  erkannte  bald,  daß  es 
sich  dabei  um  eine  „Delle",  also  um  eine  optische  Erscheinung  handle. 
Schon  früher  hatten  sich  Linne,  Buffon,  Caspak  Fk.  Wolff,  Spallan- 
ZAXi  und  Treviranus  gegen  die  Auffassung,  die  Spermien  seien  animal- 
cula,  ausgesprochen.  Richtig  führt  Lalle.mand  in  einer  beachtenswerten 
Abhandlung  „Observations  sur  le  role  des  zoospermes  dans  la  generation", 
Ann.  des  Sc.  natur.  T.  XV.  Zool.  1841,  gegen  die  Tiernatur  an,  daß  sie 
im  Hoden  in  derselben  Weise  bereitet  würden,  wie  die  Eier  in  den 
Eierstöcken. 

Der  Xame  „Sperma tozoa"  rührt  von  K.  E.  von  Baer  her,  vgl. 
Acta  Acad.  Caes.  Leopold.  Vol.  XIII.  2.  p.  64  ff.  —  Ich  eitlere  aus 
dieser  Zeit  wegen  zahlreicher  geschichtlicher  Bemerkungen,  Abbildungen 
und  Litteratur  -  Nachweise  noch  das  sonst  ziemlich  kritiklos  gehaltene 
Buch  Josef  Julius  Czermak's  (nicht  mit  J.  X.  Czermak,  einem  der  besten 
Förderer  der  Spermatologie,  zu  verwechseln)  „Beiträge  zur  Lehre  von  den 
Spermatozoen",  Vortrag  auf  der  2.  allgem.  Vers,  deutscher  Naturforscher 
u.  Aerzte  in  Wien  1832,  Wien  1833,  Beck's  Buchhandlung.  Die  aben- 
teuerlichen Vorstellungen,  wie  sie  von  Dalenpat,  1699,  Anbry,  Gerber 
(^Allgemeine  Anatomie)  und  selbst  von  einem  Nathanael  Lieberkühn  über 
die  Spermien  als  „homunculi"  genährt  wurden,  deute  ich  nur  an. 
Weiteres  darüber  s.  bei  J.  J.  Czermak.  —  Die  Vorstellungen  über  die  Be- 
deutung der  Spermien  waren  lange  Zeit  ebenso  unklar  wie  die  über  ihre 
Natur.  Nach  Leeuwenhoeck  sollten  sie  die  Geschlechtslust  erregen. 
J.  J.  Czermak  hielt  sie  schon  für  das  befruchtende  Prinzip,  sie  sollten 
den  weiblichen  Zeugungsstoff",  den  er  für  ein  Fluidum  ansah  (noch  1832, 
nachdem  v.  Baer  längst  das  Säugetierei  entdeckt  hatte!),  zur  Gestalt- 
bildung befähigen.  Allen  voran  hatte  schon  der  Freiherr  v.  Gleichen- 
Bussworm  sich  dahin  geäußert,  daß  die  Spermien  in  die  Eier  eindringen 
müßten,  um  sie  zu  befruchten. 

Die  Samenfäden  bei  Pflanzen  wurden  bereits  1834  durch  Unger  und 
Wbrneck  beschrieben  (bei  Sphagnum  —  Regensburger  botanische  Zeitung. 
1834.  p.  145).  Meyen  erwähnt  solche  Bildungen  bei  Oenothera  und  Mer- 
chantia. 

Eine  neue  Epoche  für  die  Spermatologie  beginnt  mit  den  Unter- 
suchungen Kölliker's,  die  auch  der  Ansicht  von  der  tierischen  Natur 
der  Spermien  ein-  für  allemal  ein  Ende  machten.  Wir  verdanken 
KÖLLiKER  (127 — 129 j  die  ersten  genauen  Angaben  über  die  Spermio- 
genese; zwei  Thatsachen.  die  noch  heute  Geltung  haben,  hat  er  mit 
Bestimmtheit  erkannt:  die  mehrfache  Schichtung  verschieden  geformter 
Zellen  im  Inneren  der  Samenkanälchen  und  die  Bildung  des  Kopfes 
der  Spermien  aus  dem  Kern  der  Bildungszellen.  Henle  (Handbuch  der 
systematischen  Anatomie.  Bd.  IL  Braunschweig  1866.  Kap.  „Hoden") 
beschrieb  die  verschiedenen  Zellformen  genauer  und  ließ  den  Schwanz 
der  Spermien  aus  dem  Zellkörper  hervorgehen,  womit  er  der  Wahr- 
heit näher  kam  als  Kölliker,  der  ihn  gleichfalls  vom  Kern  ableitete. 

Sertoli's  wichtige  Arbeiten  (236,  237)  leiten  einen  ferneren 
neuen  Abschnitt  in  der  Geschichte  unserer  Kenntnis  der  Spermato- 
genese ein,  indem  er  die  vegetativen  Hodenzellen,  Nährzellen  Peter 
oder  Fußzellen  (Benda)  [SERTOLrscheu  Zellen  Autt.]  entdeckte  und  sie 
von  vornherein  als  ein  Element  bezeichnete,  welches  mit  der  Spermien- 
bildung  direkt  nichts  zu  thun  habe.  Bei  den  sameubildenden  Zellen 
unterschied  er  drei  Gererationen,   deren  Schilderung  auch  noch  heute 


218  W.  Waldeyer, 

recht  gut  in  den  erweiterten  Rahmen  unserer  Kenntnisse  hineinpaßt. 
V.  Ebner  liat  eine  Zeit  hing  in  seiner  mit  Recht  hochgeschätzten 
Arbeit  (74)  den  SERTOLi'schen  Zellen  die  Rolle  der  Spermienbildung 
zugeschrieben  und  sie  deshalb  als  „Spermatoblasten''  bezeichnet,  worin 
er  viele  Anhänger  fand,  andererseits  aber  auch  bald  eine  entschiedene 
Reaktion  hervorrief,  der  Riondi,  dessen  Präparate  auch  mich  seiner 
Zeit  überzeugten,  in  einer  gleichfalls  wertvoll  bleibenden  Arbeit  zum 
Opfer  fiel,  indem  er  die  v.  EßNER'schen  Si)ermatoblasten,  d,  h.  Sertoli- 
schen  Zellen,  nicht  als  Zellen,  sondern  als  Ueberreste  sich  umbildenden 
Zellprotoplasmas  ansah.  Merkel  betrat  mit  Sertoli  wieder  den 
richtigen  Weg  (162).  In  seiner  sjjätereu  Arbeit  {lö}  berichtigte 
V.  Ebner  seinen  Irrtum  und  erweiterte  unsere  Kenntnis  über  die 
Bedeutung  der  SsRTOLi'schen  Zellen  durch  den  Nachweis,  daß  sie 
Fett  leiten. 

V.  LA  Valette  St.  George  (s.  insbesondere  No.  250  und  Arch. 
f.  mikr.  Anat.  Bd.  XV)  legte  in  der  Schilderung  tler  Generationsfolge 
der  Samenbildungszellen  die  Grundlage  für  die  heutige  Auffassung: 
die  fast  allgemein  angenommenen  Namen  Spe  rmatogo  nien  und 
Spermatocy ten  rühren  von  ihm  her,  den  von  Ph.  Semper  zuerst 
gebrauchten  Namen  „Spermatiden''  fügte  er  in  passender  Weise  ein. 
Den  von  ihm  sogenannten  „Spermatogemmen"  liegen  augenscheinlich 
dieselben  Bilder  zu  Grunde,  wie  den  v.  EßNER'schen  Spermatoblasten; 
doch  ist  V.  LA  Valette  St.  George  über  die  Entstehung  dieser 
Gebilde  und  die  Bedeutung  der  Fußzellen  nicht  völlig  ins  Reine  ge- 
kommen. Seine  Schilderungen  von  den  zweierlei  Zellen  in  den  jungen 
Hodenkanälchen  sind  zutreffend;  die  einen,  runden,  bezeichnet  er  als 
ürsam  en  z  eil  en  ,  die  anderen,  welche  diese  einhüllen,  als  Fol- 
likelzellen,  um  die  Aehnlichkeit  mit  den  zweierlei  Zellen  der 
jungen  weiblichen  Keimdrüsen  darzulegen ;  wie  sich  aber  diese  Fol- 
likelzellen  im  Hoden  erwachsener  Tiere  verhalten,  wird  von  v.  la 
Valette  für  die  Hoden  höherer  Vertebraten  nicht  mit  Bestimmtheit 
ausgesprochen. 

Vor  allen  haben  Brown  (62a)  und  Benda  (29)  das  Verdienst, 
indem  sie  in  richtiger  Erkenntnis  der  Dinge  auf  Sertoli  und  Merkel 
zurückgingen,  sowohl  Sertoli's  „cellule  ramificati"  gegen  Biondi's 
Angriff  dauernd  zur  Anerkennung  gebracht,  als  auch  ein  neues  Moment 
in  die  Sache  hineingetragen  zu  haben,  welches  den  v.  EßNER'schen 
Vorstellungen  einigermaßen  entgegen  kam.  Insbesondere  betonte  es 
Benda,  daß  eine  zeitweise  Verbindung  zwischen  den  Spermatiden, 
hez^Y.  den  jungen  Spermien  und  den  vegetativen  Hodenzellen  erforder- 
lich sei  und  als  normaler  Vorgang  in  den  Rahmen  der  Spermiogenese 
hineingehöre;  er  bezeichnete,  wie  angegeben,  diesen  Vorgang  als 
„Kopulation".  Grobben  schlug  später  „Plasmafusion"  vor;  mir 
schien  ein  völlig  indifferenter  Name  der  richtige,  den  ich  in  dem 
Worte  „Symphorese"  gefunden  zu  haben  glaube. 

Ballow^itz  (4 — 11),  Flemming  (M.  2556),  F.  Hermann  (115 
—116),  Meves  (165— 172a),  v.  Lenhossek  (142),  Moore  (175 
— 178),  Brown  (62a),  v.  Ebner  in  seinen  neueren  Publikationen 
(75,  76),  Benda  (29 -:39a),  J.  Broman  (59— 62f).  Regaud  (2U(;)— 222 
VIII),  Loisel  (151— 153e),  Bouin  (48—55  I)  und  Schönfeld  (231) 
haben  wohl  in  der  neueren  Zeit  die  Sache,  insbesondere  unsere  Kennt- 
nisse  von   der   Spermiogenese,   am    meisten    gefördert.     Im  Texte   ist 


Die  Geschlechtszellen.  219 

bereits  des  Anteils  der  Meisten    der  Genannten  an  neneren  wichtigen 
Entdeckungen  gedacht  worden. 

Von  Einzelheiten  sei  noch  folgendes  angeführt: 

Der  Name  „Samenfaden"  wurde  zuerst  von  Kölliker  (1.  c.)  in 
Vorschlag  gebracht,  der  Name  „Sper  m  atide",  wie  bemerkt,  von  Pii. 
Semi'er  (707a).  J.  N.  Czekmak  unterschied  in  hergebrachter  Weise  Kopf 
und  Schwanz  und  an  letzterem  wieder  das  Kopfstück,  das  Mittel- 
stück  und  das  Endstück.  Schweigger-Seidel  bezeichnete  später  das 
CzERMAK'sche  Kopfstück  des  Schwanzes  als  „Mittelstück".  Um  die  damit 
gegebene  Verwirrung  zu  vermeiden,  schlug  Retzius  die  Namen  vor,  die 
wir  hier  gebraucht  haben :  „Verbindungsstück"  für  Czeumak's  Kopf- 
stück des  Schwanzes  (Schweigger-Seidel's  Mittelstück),  „Hauptstück" 
für  Czermak's  Mittelstück  und  behielt  nur  den  Namen  „Endstück"  in  der 
CzERMAK'schen  Bedeutung  bei.  Auch  gab  er  die  Benennungen  „Spieß" 
und  „Randfaden".  Letzteren  hatte  Gibbes  (93)  unter  dem  Namen 
„iilament"  bei  Salamandra  und  Triton  zuerst  beschrieben  und  Flemming 
(M.  2613)  bei  Salamandra  bestätigt.  Um  die  Auffindung  und  Beschrei- 
bung der  Membraubildungen  an  den  Spermien :  Spiralsäume ,  Wellen- 
membran, Steuermembran,  haben  sich  insbesondere  K.  Th.  v.  Siebold 
(Müller's  Arch.  1836  und  1837 ,  Valentix's  Repertorium.  1837  und 
Zeitschr.  f.  wissensch.  Zoologie.  Bd.  L),  J.  N.  Czermak  (73a)  und  Ballo- 
wiTZ  (4a — 8)  verdient  gemacht;  Jensen  (121 — 121c)  und  Ballowitz 
um  die  fibrilläre  Struktur  der  Schwanzfäden.  Jensen  giebt  auch 
geschichtliche  Notizen  über  den  Spiralsaum  der  Säugetierspermien 
(121b).  Ballowitz  (5  III)  entdeckte  und  benannte  den  „Neben- 
faden",  sowie  die  Steuermembran,  s.  p.  99,   117  und  125. 

Die  Histogenese  des  Spiralfadens  aus  kleinen  körnigen  Bildungen 
beschreibt  zuerst  v.  Brunn;  sicher  erwiesen  hat  sie  Benda  (35 — 38). 
Die  Bildung  des  Achsenfadens  unabhängig  vom  Kern  haben  zuerst  wohl 
Moore  und  v.  Bardeleben  gesehen ;  genau  in  allen  bis  jetzt  bekannten 
Einzelheiten  festgestellt  hat  sie  Meves.  Bei  v.  Lenhossek  (142)  finden 
sich  darüber  eingehende  geschichtliche  Angaben  fp.  304).  Swaen  und 
Masqiielin  (M.  2586)  beschreiben  zuerst  die  fibrilläre  Struktur  der  Fuß- 
zellen  (1883).  Die  ernährende  Thätigkeit  der  letzteren  ist  wohl  zuerst 
von  Renson  (M.  2579)  erwähnt,  dann  von  Gilson  (M.  2561),  von  Regaud 
(218a,  219,  220,  2221,  232V)  von  Loisel  (152  und  153e),  und  insbe- 
sondere von  Peter  (191),  von  dem  auch  der  Name  „Nähr z eilen" 
herrührt,  eingehender  besprochen  worden.  Die  Arbeit  Peter's  enthält 
eingehende  geschichtliche  Nachweise.  Ich  bemerke  noch,  daß  Regaud 
seine  hier  p.  173  erwähnte  Ansicht,  die  samenbildenden  Zellen  ent- 
stammten den  SERTOLi'schen  Zellen,  inzwischen  aufgegeben  hat  und  sich 
der  Meinung  der  Dualisten  anschließt.  Er  beschreibt  ferner  in  den  Nähr- 
zellen bläschenförmige  Gebilde,  vesicules  de  secretion,  die  er  als  Sekret- 
massen ansieht;  ähnliche  Dinge  bespricht  J.  Bro.man  bei  den  mensch- 
lichen Nährzellen  unter  dem  Namen  „Korbbläschen"  wegen  ihres  gittei-- 
förmigen  Aussehens.  Loisel  hält  für  die  Vögel  an  der  Einheit  der  im 
Frühjahr  zu  Beginn  der  Spermatogenese  in  den  Hodeukanälchen  vor- 
handenen Zellen  fest;  die  Differenzierung  in  spermienbildende  und 
SERTOLi'sche  Zellen  sei  eine  sekundäre.  Bouin  hat  sich  insbesondere 
mit  den  Involutions-  und  Degenerationserscheinungen  bei  der  Spermio- 
genese beschäftigt  und  neuerdings  schöne  Untersuchungen  über  die 
Spermiogenese    bei  Wirbellosen    (Lithobius)  angestellt.     Die  ausführliche 


220  W.  Waldeyer, 

Arbeit  von  Janssexs  (120a)  konnte  hier  leider  keine  Berücksichtigung 
mehr  finden,  da  sie  mir  erst  zu  Händen  kam,  als  die  betreffenden 
Abschnitte  bereits  gedruckt  waren.  Ebensowenig  konnte  ich  noch  die 
neueren  Publikationen  von  Regaid  (222 1 — VIII),  von  Loisel  (152  und 
153e),  so  wie  von  v.  Kokff  (130a)  eingehender  in  Betracht  ziehen;  ich 
mußte  mich  mit  kurzen  Bemerkungen  und  dem  Citat  begnügen. 

Treffliche  Abbildungen  von  Spermien  giebt  in  reichster  Zahl  Ballo- 
wiTZ  (4a — 10);  aus  älterer  Zeit  sind  die  von  E,.  Wagner  in  seinen  Icones 
physiologicae  und  in  Todd's  Cyclopsedia,  Artikel   „Semen",  anzuführen. 

Von  kappenartigen  Ueberzügen  des  Kopfes  der  Samenfäden  spricht 
wohl  zuerst  Köllikek  (127,  128).  Später  widmet  Guohk  ihnen  eine  ein- 
gehendere Besprechung;  er  nimmt  eine  elastische  Membran  um  das  ganze 
Spermium,  insbesondere  auch  um  den  Kopf  an,  welche  das  Spermium  be- 
fähige, nach  jeder  Gestaltveränderung  in  die  Ruhelage  zurückzukehren 
(101a).  Schweiggek-Seidel  (233j  gab  (1865)  den  Namen  „Kopfkappe" 
und  beschrieb  mit  guten  Abbildungen  dies  Gebilde  richtig  als  nur  einen 
vorderen  Teil  des  Kopfes  überziehend.  Später  haben  sich  noch  v.  Brunn 
(M.  2550),  Jensen  (121  — 121c),  Fürst  (90,  91,  91a)  und  insbesondere 
Ballowitz  des  näheren  mit  der  Kopfkappe  beschäftigt.  Während 
V.  Brunn  zu  der  Annahme  gelangte,  daß  die  Kappe  nur  ein  bei  der 
Entwickelung  auftretendes  Gebilde  sei,  welches  später  abgeworfen  werde, 
worin  ihm  Fürst  für  eine  Reihe  Säugetiere  beistimmte,  haben  der  Letz- 
tere und  Jensen  für  die  Ratte  und  den  Igel  (Fürst)  ihren  Fortbestand 
auch  bei  den  völlig  ausgebildeten  Spermien  erwiesen ;  nach  den  Unter- 
suchungen von  Ballowitz  scheint  dies  überhaupt  für  alle  Säugetiere  an- 
genommen werden  zu  müssen.  Weitere  Untersuchungen  sind  indessen 
über  dies  Gebilde  noch  erforderlich. 

Die  beiden  Abteilungen  des  Spermiumk  o  pfes,  das 
V  0  r  d  er-  und  H  i  n  t  e  r  s  t  ü  c  k ,  haben  bereits  Grohe  und  Schweigger- 
Seidel  (auch  abgesehen  von  der  Kopfkappe)  bemerkt ;  desgleichen 
FÜRST  (bei  der  Ratte)  und  Jensen,  v.  Brunn  (M.  2550)  hat  sie  als 
allgemeine  Erscheinung  in  den  früheren  Entwickelungsstadien  der 
Spermienköpfe  beschrieben,  läßt  sie  jedoch  später  wieder  schwinden ; 
ihre  Grenze  bedinge  das  mittlere  VALENTiN'sche  Querband;  er  führt 
sie  auf  die  von  Fr.  Merkel  nachgewiesenen  beiden  Abteilungen 
des  Kernes  der  Spermatiden  zurück.  Ballowitz  wies  das,  wie  es 
scheint,  wenigstens  bei  den  Säugetierspermien  allgemein  verbreitete 
Vorkommen  eines  Vorder-  und  Hinterstückes  an  den  reifen  Spermien 
nach;  auch  die  Namen  rühren  von  ihm  her. 

Eimer  entdeckte  den  Achsen  faden  (bei  Fledermäusen). 
V.  Brunn  gab  den  Namen  und  wies  ihn  auch  bei  andern  Wirbeltieren 
nach  (M.  2604,  1883).  Der  Name  „Hals"  für  einen  körperlichen 
Bestandteil  des  Spermiums  wurde  zuerst  von  Th.  Eimer  gebraucht 
(M.  2612,  1874).  Er  verstand  darunter  dasjenige  kurze  Stück  des  Achsen- 
fadens (v.  Brunn),  welches  vom  Verbindungsstücke  des  Schwanzes  zum 
Kopfe  zieht,  um  sich  au  diesen  anzuheften.  Eimer  war  der  Meinung, 
daß  hier  der  Achsenfaden  nackt  zu  Tage  liege.  Dann  hat  Ballowitz 
(M.  2591,  1886)  diesen  Namen  mit  der  Aenderung  aufgenommen,  daß  er 
den  betreffenden  Achsenfadenteil  als  ,,Halsstück  des  Achsenfadens"  — 
schlechtweg  „Halsstück"  —  bezeichnete.  Zugleich  wies  er  nach,  daß 
bei  vielen  Säugetieren  nicht  ein,  sondern  2  feine  Fäden  dies  Halsstück 
bilden,    und   daß    sie   am  Kopfe   mit  je  einem  Endknöpfchen  befestigt 


Die  Geschlechtszellen.  221 

seien.  Er  ist  auch  dafür,  daß  diese  Fäden  nackt  zu  Tage  lägen. 
Später  (7,  p.  260 if.,  is<ii)  nimmt  I^>allowitz  noch  den  Namen  ..Hals" 
auf  und  bezeichnet  damit  die  „Lücke",  welche  zwischen  Kopf  und 
Schwanz  erscheint,  die  aber  von  dem  „Halsstücke"  durchsetzt  wird. 
Die  (scheinbare)  Lücke  zwischen  Kopf  und  Schwanz  wurde  zuerst 
von  Grohe  erwähnt,  dann  von  Schweigger- Seidel.  Meves 
(171 ,  p.  334,  1899j  schließt  sich  zunächst  dieser  Auffassung  des  Halses 
als  einer  Lücke  an.  Nun  zeigte  aber  bereits  Jensen,  dem  Ballowitz 
folgte,  so  wie  später  Meves,  daß  in  dieser  Lücke  auch  eine  ..durch- 
sichtige verbindende  Substanz"  liege  —  Ballowitz  nennt  sie  Kitt- 
substanz — ,  und  daß  z.  B.  bei  der  Ratte  diese  Sul)stanz  es  sei,  welche 
das  proximale  Ende  des  Achsenfadens  mit  dem  distalen  Kopfende 
verbindet.  Die  weiteren  genauen  Angaben  von  Meves  sind  im  Texte 
mitgeteilt  worden. 

Kurz  kann  ich  hier  zur  Ergänzung  des  p.  148  Alinea  3  Gesagten, 
unter  den  geschichtlichen  Angaben  nur  noch  der  neuesten  Mitteilungen 
von  J.  Broman  (61e  und  f)  über  die  Spermien  von  Pelobates  und  vom 
Menschen  gedenken,  bei  welchen  beiden  er  im  Halsstücke  je  2  kleine 
Centralkörpercheu,  ähnlich  wie  Meves  beim  Meerschweinchen  nach- 
zuweisen vermochte  (61d  und  61  e).  S.  auch  Wilgox  (261).  Für  die 
verschiedenen  im  Spermienschwanze  beobachteten  Fadenbildungen 
schlägt  Broman  die  Namen  vor:  „Bewegungsfaden"  für  den  aktiv 
beweglichen  „Stützfaden"  und  „Nebenstützfaden"  (s.  bei  Amphiuma) 
für  die  passiv  beweglichen.  Er  geht  dabei  von  der  Voraussetzung 
aus,  daß  einer  der  Fäden  in  der  That  aktiv  beweglich  sei;  s.  das 
p.  206  Gesagte. 

Für  weitere  geschichtliche  Notizen  sei  noch  auf  No.  256  ver- 
wiesen. 


III.   Eier,  Ova.    Einlassen  (Laich),  Synoia. 

a)  Namengebung.     Begriffsbestimmung.     Uebersicht  der  Hauptteile 

der  Eier.     Bildung  des  Laichs. 

Mit  dem  Namen  „Eier",  „Ova"  belegen  wir  in  der  Regel  die 
vollständig  ausgebildeten,  zur  Befruchtung  reifen  weiblichen  Geschlechts- 
zellen. Aber  wir  gehen  mit  dieser  Bezeichnung  noch  weiter,  in- 
dem wir  sie  einerseits  auf  Bildungen  anwenden,  die,  wie  die  Eier 
der  Vögel,  Reptilien,  Selachier  und  anderer  Tiere,  nicht  mehr  als 
„Zellen"  angesehen  werden  können,  sondern  durch  Anbildung  be- 
sonderer Hüllen,  wie  Eiweißmassen,  Kalkschalen  und  anderer  Dinge, 
Körper  von  sehr  verwickelter  Zusammensetzung  geworden  sind, 
andererseits  auf  weibliche  Geschlechtszellen,  welche  noch  nicht  voll- 
ständig ausgebildet  sind,  insbesondere  noch  nicht  ihre  Befruchtungs- 
fähigkeit erlangt  haben.  Endlich  wird  bei  den  Viviparen  auch  die 
aus  dem  Ei  entwickelte  Frucht  mitsamt  ihren  Hüllen  (Eihüllen), 
namentlich  in  den  früheren  Entwickeluugsstadien,  als  „Ei"  bezeichnet, 
ähnlich  wie  man  fortfährt,  von  einem  Vogel-  oder  Reptilien-Ei  zu 
reden,  selbst  wenn  schon  das  darin  entwickelte  Junge  unmittelbar 
vor  dem  Ausschlüpfen  steht.  Den  Ausdruck  „Eier",  „Ova"  werden 
wir,  dem  vorstehend  dargelegten  Sprachgebrauche  gemäß,  ohne  strenge 
Begriifsfassung  im  allgemeinen  verwenden,  von  „Eizellen",  „Cytova" 
aber   nur   sprechen,    wenn   das  bestehende   Gebilde   unzweideutig   als 


222 


W.  Waldeyer. 


Vogeleiei , 


Zelle  ersclieiut  und  nur  „Zellineniliranen"  als  Hüllen  besitzt,  also 
solche,  die  von  der  betreffenden  Zelle  selbst  gebildet  wurden.  Dienach 
außen  abgelegten  weil)lichen  Fortpflanzungskörper  werden  wir,  gleich- 
falls dem  Sprachgebrauche  folgend,  stets  als  „Eier"  bezeichnen,  z.  B. 
Insekteneier  u.  a. 
Für  eine  wissenschaftliche  Betrachtung  i.^t  aber  bei  den  Eiern, 
ebenso  wie  es  bei  den  Spermien  und  deren  verschiedenen  Ent- 
wickelungsstufen  der  Fall  war  (vergl.  S.  162ff.j,  eine  weitere  Namen- 
gebung  mit  streng  festgestellten  Begriffen  unljedingt  erforderlich.  Es 
wird  von  Nutzen  sein,  wenn  wir  hier,  gleich  zu  Anfang  unserer  Dar- 
stellung vom  Ei,  diese  Nomenklatur  in  kurzer  üebersicht  bringen ; 
beim  Kapitel  „Oogenese"  kommen  wir  eingehender  darauf  zurück. 
Wir  werden  beim  Stammbaume  der  Eier  unterscheiden : 
1)  die  Stammzellen,  Fr  otogon  ocyten,  2)  die  Ur ge- 
schlecht sz  eilen  ,  Ar chigonocyten,  3)  die  Geschlechts- 
zellen, Gon ocyten,  4)  die  Ureier,  Archiova,  wofür  wir  auch 
die  Namen  Ureizellen,  Archicytova  verwenden.  Darauf  folgen 
5)  die  Primordialeier .  Oogonien,  6)  die  Voreier,  0 ocyten 
I.  Ordnung,  7)  die  Eim  utt er  z eilen,  0  ocyten  IL  Ord- 
dann  die  Pteifeier,  Ovia;  vielfach  wird  für  diese  schlecht- 

Ova.  Ovula  verwendet. 


n  u  n  g , 

weg  auch  der 


allgemeine  Name  Eier 


Soma 


W  \l  1/1/  ///////. 


O     O       o     o 


j-  Oviiin)   - •! 

iSperrnLurri'    •/ 


OospermiumJ 


TT  Orniim;'-'  - 
Spermium.  _ 


^  Urg^sthlfrhtszell/'X 
fAnJä/^onoa/feJ 


P. 
On^jermiumH 


Fj  "     fArr/M/wtoa/feJ 


Fig.  54.  Schema  der  Geschlechts-  und  Körperzellenbildung  bei  Ascaris  megalo- 
cephala  nach  Boveri.  Bei  I  treten  ein  Ovium  und  ein  Spermium  zusammen,  um  ein 
befruchtetes  Ei,  ein  Oospermium,  zu  bilden;  dieses  liefert  bei  der  ersten  Teilung 
eine  Stammzelle  P^  und  eine  Somazelle  »S',.  P,  teilt  sich  wieder  in  P.^  und  >%  und 
P.  liefert  bei  ihrer  weiteren  Teilung  nur  noch  Geschlechtszellen, 

selbst  wird   als 


so  fort   bis  zu  P.,. 

entweder   männliche  oder   weibliche;   sie 


Urgeschlechtszelle,  Archi- 


gonocyte,  bezeichnet, 
von  neuem. 


Bei  II  beginnt  derselbe  Prozeß  mit  einem  anderen  Individuum 


Die  drei  ersten  Glieder  des  Stammbaumes,   „Stammzellen",    „Ur- 
geschlechtszellen"    uud    „Geschlechtszellen"    haben    die   Eier   mit    den 


Spermien 


gemeinsam 


(vergl.    Abschnitt    Spermiogenese,    p.  160  ff.) ; 


Die  Geschlechtszellen.  223 

Fig.  54,  welche  ich  mit  unbedeutender  Aenderung  Boveri's  wichtigem 
Werke  (622  a)  entlehne,  giebt  über  dieselben  einen  vorläufigen  Auf- 
schluß: Aus  der  Verbindung  eines  Reifeies,  Oviuni,  mit  einem  Sper- 
mium, dem  Oospcrmium.  geht  durch  den  Furchungsprozeß  die  junge 
Embryonalanlage  hervor.  Bei  Ascaris  megalocepliala,  auf  Avelchen 
Nematoden  sich  die  Figur  Ijezieht,  enthält  die  eine  (Pj)  der  beiden 
ersten  Fui'chungszellen,  S^  und  P^,  neben  der  Anlage  von  weiteren 
Körperzellen,  *S.,  .  .  .  Sj,  .  .  . ,  auch  die  Anlage  von  Geschlechtszellen ; 
die  andere  Furchungszelle  (S,),  liefert  nur  Küri)erzellen.  welche  in 
der  Figur  als  einfache  helle  Kreise  bezeichnet  sind.  Bei  einer  be- 
stimmten Anzahl  der  folgenden  Teilungen  bleibt  dasselbe  Verhalten. 
BovERi  nennt  diejenigen  vier  ersten  Furchungszcllen.  welche,  neben 
Körperzellenanlagen,  die  Geschlechtszellenanlagen  führen,  „Stamm- 
zellen" =  Pi~P^  in  Fig.  54.  Von  der  5.  Teilung  an  liefert  der  eine 
Abkömmling,  P5,  der  letzten  Stammzelle  (PJ  nur  noch  Geschlechts- 
zeilen. Dieser  Abkömmling  (P^)  wird  von  Boveri  als  „Urge- 
s  c  h  1  e  c h t  s  z  e  1 1  e''  bezeichnet ;  die  von  ihm  in  den  nächsten  Folgen 
gelieferten  Zellen  sind  die  „Geschlechtszellen"  Xussbaum  (683). 
Sie  sind  hier  nicht  gezeichnet,  können  aber  leicht  als  fortlaufende 
Abkömmlinge  in  der  Reihe  der  Zellen  Pj,  P^,  Pg,  P^,  P^  .  .  .  gedacht 
werden,  bis  sie  wieder  ein  Ovium  oder  ein  Spermium  liefern.  Bei  II 
treten  solche  zu  einem  neuen  Individuum  zusammen.  —  Diejenigen 
Körperzellen,  /S,,  ä^  u.  s.  f.,  welche  aus  dem  Oospermium  und  aus 
den  Stammzellen  hervorgehen  und  ihrerseits  nur  wieder  Körperzellen 
erzeugen,  haben  noch  etwas  besonderes  und  sind  daher  durch  vier 
kurze  kreuzförmig  stehende  Striche  in  der  Figur  ausgezeichnet;  von 
dieser  Besonderheit  wird  später  gehandelt  werden.  Die  übrigen  Körper- 
zellen sind,  wie  bemerkt ,  als  einfache  helle  Kreise  gehalten ;  sie 
bilden  durch  ihre  weiteren  Vermehrungen  alle  sonstigen  Gewebe  und 
Organe  des  Individuums. 

Die  Geschlechtszellen  der  drei  ersten  Generationen  —  den  Namen 
„Geschlechtszellen"  ganz  allgemein  gebraucht  also  die  Stammzellen, 
Urgeschlechtszellen  und  Geschlechtszelle  im  engeren  Sinne,  sind  ihrem 
Charakter  nach,  ob  männlich  oder  weiblich,  noch  nicht  zu  bestimmen. 
Bei  irgend  einer  Generation  der  Geschlechtszellen  —  der  wievielten?  ist 
ebenfalls  nicht  bestimmbar  —  ist  dies  aber  möglich ;  wir  nennen  diese 
zuerst  als  solche  bestimml^aren  Geschlechtszellen,  je  nach  ihrem  Sexual- 
charakter. U r  s  a  m  e  n  z  e  1 1  e  n  oder  U  r  e  i  e  r  (Ureizellen ).  Die  Abkömm- 
linge der  Ureier  werden  —  wahrscheinlich  liegen  dabei  mehrere  Ge- 
nerationen vor  —  Primordial  ei  er,  Oogonien  genannt.  Mit 
einer  (der  letzten)  dieser  Generationen  l^eginnen  die  betreffenden  Zellen 
stark  zu  wachsen  und  die  dehnitive  Größe  des  späteren  Reifeies  zu 
erlangen;  diese  Zellen  sind  Boveri's  Oocyten  (auch  „Ovocyten) 
I.  Ordnung,  die  Voreier,  wie  ich  sie  nenne.  Durch  einen,  was 
die  Massen  anlangt,  sehr  ungleichen  Teilungsprozeß  zerfallen  sie  in  die 
kaum  verkleinert  erscheinenden  Oocyten  II.  Ordnung,  die  E  i  - 
mutter Zellen,  und  die  ersten  Polzellen  (Polocyten  I).  Die 
Oocyten  IL  Ordnung  teilen  sich  endlich  je  in  das  R  ei  fei,  Ovium 
und  die  zweite  Polzelle.  Vielfach  teilt  sich  dabei  auch  die  erste 
Polzelle  noch  einmal  in  zwei  Tochterzellen  ^). 

1)  Ebenso,  wie  der  Name  ,,Ei",  wird  auch  der  Name  „Geschlechtszelle",  der 
schon  lange  im  Gebrauch  ist,  in  mehrfacher  Bedeutung  verwendet.  Es  läßt  sich 
dies    nicht    umeehen,    bringt    aber    wohl   kaum   Schwierigkeiten    mit    sich.      Wie 


224  W.  Waldeyer, 

Aus  der  Fig.  55  —  kopiert  nach  den  Angaben  von  Boveri  (306) 
und  0.  Hertwig  (Lehrbuch  der  Entwickelungsgeschichte,  7.  Aufl.)  — 
wird  man  sich  leicht  über  diese  Dinge  orientieren. 

Ich  habe  bei  den  vorhin  angefühi'ten  Namen  einige  Aenderungen  mir 
gestattet.  Zunächst  habe  ich  überall  Namen,  welche  bequem  international 
zu  verwenden  sein  dürften,  hinzugefügt:  Protogonocyte,  Archigonocyte, 
Cytovum,  Archicytovum ;  letztere  beiden  Ausdrücke  wurden  gewählt,  um 
Verwechslungen  mit  „Oocyte"  zu  vermeiden.  Ferner  bildete  ich  neu 
„Reifei"  und  dessen  internationalen  Terminus  „Ovium".  Da,  wie  eingangs 
dieses  Abschnittes  bemerkt,  der  Ausdruck  „Ei"  ungemein  vieldeutig  ist,  so 
sind  wir  gezwungen,  für  den  Fall,  daß  wir  mit  bestimmten  Begriffen  in 
kurzer  Form  operieren  wollen,  ein  neues  Wort  zu  schaffen.  Ovium, 
welches  an  das  griechische  wtov,  Ei,  (statt  aov)  und  zugleich  an  „Spermium" 
anlehnt,  schien  mir  brauchbar.  Es  soll  darunter  also  das  reife,  regulär  be- 
fruchtungsbereite Ei  verstanden  werden,  dessen  Begriifserklärung  Boxnet 
(297)  trefflich  mit  folgenden  Worten  giebt:  „Reif  ist  das  Ei  nur 
dann,  wenn  es  eine  bestimmte  für  die  Species  nur  in  un- 
wesentlichen Varianten  schwankende  Größe  erreicht, 
eine  bestimmte  Masse  Dotter  (s.  darüber  w.  u.)  im  Eileib 
meist  mit  mehr  oder  weniger  auffallender  peripherer 
Verlagerung  des  Keimbläschens  aufgespeichert  und  die 
Richtungskörperchen  oder  Polzellen  abgeschnürt  hat." 
—  Der  Name  „Urei"  rührt  von  PflitCtER  (517),  „Primordialei"  von  His 
(418)  her;  sie  wurden  aber  von  ihren  Urhebern  in  etwas  anderem  Sinne 
gebraucht  als  hier.  Indem  ich  „Oogonien"  und  „Primordialeier"  gleich- 
setze, folge  ich  Boxnet   (296). 

Wie  Boveri  (306)  richtig  darlegt,  enii)fiehlt  es  sich  nicht,  bei  den 
Jetzten,  mit  der  Bildung  der  Polzellen  einhergehenden  Teilungen  die 
Namen  „Eimutterzelle",  „Eitochterzelle"  „Eienkelzelle''  zu  verwenden 
(für  bezw.  Oocyte  I.  Ordnung,  Oocyte  IL  Ordung  und  Ei  [ReifeiJ). 
Will  man,  wie  zu  wünschen,  einen  guten  deutschen  Ausdruck  haben, 
so  erweist  sich  wohl  „Vorei"  als  passend  (für  Oocyte  L  Ordnung), 
Auch  der  Ausdruck  „Polocyte"  dürfte  brauchbar  sein.  Da  es  sich  bei 
den  Polocyten  um  „Zellen"  handelt,  und  da  dies  mit  Rücksicht  auf 
das  Verständnis  dieser  Bildungen  zu  betonen  wichtig  ist,  so  wünsche 
ich  den  Namen  „Richtungskörperchen"  durch  den  später  gebräuchlich 
gewordenen  „Polzellen"  oder  „Polocyten"  durchweg  zu  ersetzen. 

Das  Reifei  entspricht  —  vergl.  die  Fig.  55  —  streng  genommen 
der  Spermatide  und  nicht  dem  Spermium;  Korschelt  und  Heider 
(1.  c.  p.  294)  haben  auch  deshalb  für  „Reifei"  den  Ausdruck  „Oide" 
gewählt.  Da  jedoch  das  Spermium  nur  auf  dem  Wege  einer  Um- 
formung direkt  aus  der  Spermatide  hervorgeht,  besteht  auch  eine 
Homologie  zwischen  Ovium  und  Spermium.  In  der  Ausbildung 
sekundärer  und  tertiärer  Hüllen  —  freilich  erst  nach  der  Befruchtung  — 
erleidet  übrigens  auch  das  Reifei  noch  allerlei  Veränderungen. 

In  allen  den  genannten  Stadien  ihres  Bestehens  stellen  nun  die 
Eier  im  wesentlichen  Zellen  dar  mit  einem  meist  schon  anfangs  großen 


schon  der  Seitentitel  dieses  ganzen  Kapitels  zeigt,  wird  einmal  die  Bezeichnung 
„Geschlechtszellen"  ganz  allgemein  gebraucht  für  männliche  und  weibliche  Fort- 
pflanzungskörper jeglicher  Art  und  jeglicher  Entwickelungsstufe,  dann  aber  —  seit 
NussBAUM  (683)  —  verstehen  wir  darunter,  im  engeren  Sinne,  die  nächsten  Ab- 
kömmlinge der  Urgeschlechtszelleu  BovERi's,  so  lange  diese  Abkömmlinge  noch 
keinen  Geschlechtscharakter,  ob  männlich  oder  weiblich,  erkennen  lassen. 


Die  Geschlechtszellen. 


225 


Protoplasmaleibe,  großem  Kern  und  Kernkörperchen.  Dazu  kommen 
fast  in  allen  Fällen  Hüllen,  die  man  als  eigene  und  fremde 
bezeichnen  kann.  Die  ersteren  sind  vom  Zellenleibe,  dem  Eiproto- 
plasma  selbst  geliefert,  haben  also,  Avie  vorhin  bereits  bemerkt,  den 
Charakter  von  Zellmembranen;  die  anderen  sind  von  außenhei-,  von 
den  das  Ei  umgebenden  Organen  abgeschieden  und  dem  Ei  aufgelagert 
worden.  Die  eigenen  Hüllen  sind  die  „Dotterhaut",  „Oolemma" 


Keimzoiie. 


Waehstiims- 
zone. 


ßeifezone. 


I.   n.  III. 

Generation    von 

Spermatogonien 

und  Oogonieu. 


Spermatoeyten  I 
und  Oocyteu  I. 


I.  II.  III. 

( >  eueration    von 

Zellen  der 

Reifezone. 


Fig.  55.  Schema  der  Entwickehing  der  Urgeschlech tszellen  (I  in  der 
Keimzone)  —  Ursamenzeilen  link.s,  Ureier  rechts  —  zu  den  Spermatiden  imd  Spermien, 
bezw.  Ovien:  II  u.  ///  in  der  Keimzone  bedeuten  die  Spermatogonien  und  Oogonien. 
Die  obere  kleine  Zelle  in  der  Wachstumszone  wächst  zu  einer  Spermatocyte  I.  Ord- 
nung oder  zu  einer  Oocyte  I.  Ordnung  (e;')  heran.  Durch  die  Teilung  dieser  ZeUen 
(/  in  der  Eeifezone)  entstehen  (links)  je  2  Spermatoeyten  II.  Ordnung  (Präsperma- 
tiden), rechsts  je  eine  Oocyte  II.  Ordnung,  Eimutterzelle  (et^)  und  eine  erste  Pol- 
zelle (j52i).  Die  folgende  Teilung  bei  //  in  der  Eeifezone  ergiebt  die  Spermatiden 
(hnks  1,  2.  3,  4)  und  ein  Reifei,  Ovium  (ei^),  nebst  der  zweiten  Polzelle  {pz%  Auch 
pz^  kann  sich  noch  einmal  teilen  und  dann  ergeben  sich  rechts  wie  links  4  Abkömm- 
hnge  von  /  (Eeifezone),  die  links  alle  gleichwertig  sind,  rechts  aber  un gleichwertig, 
indem  nur  ei^  befruchtungsfähig  wird.  —  Nach  BovERi  und  O.  Hertwig  (Lehrbuch 
der  Entwickelungsgeschichte,  7.  Aufl.,  Fig.  26,  p.  41,  1902). 


oder  die  „Dotterhäute'';  die  fremden  werden  als  „Zona",  ..Cho- 
rion", als  Schalenhaut,  als  „Eiweißhüll  e'\  als  „Eischale". 
Kalk  schale  u.  a.  unterschieden  und  sind  jedermann  vom  Vogelei. 
wenigstens  oberflächlich,  bekannt. 

Noch  ein  weiteres  Stück  gehört  zu  dem  Bestände  der  Reifeier,  der 
Dotter.  Vitellus  (Xahrungsdotter,  Reichert).  Während  das  Ei 
bis  zum  Ende  des  Stadiums  der  Oogonien  nur  einen  aus  reinem  gewöhn- 
lichen Zellprotoplasma  aufgebauten  Leib  besitzt,  beginnt  es  später, 
namentlich  im  Stadium  der  Oocyte  I.  Ordnung,  im  Wachstums- 
stadium 0.  Hertwig's,  aus  Nahrungsmaterial,  welches  ihm  durch 
verschiedene  Einrichtungen  reichlich  geboten  wird,  in  seinem  Innern 
eine  zur  Ernährung  des  künftigen  Embryo  bestimmte  eigentümliche  Sub- 
stanz von  höchstem  Nährwerte  auszubilden,  den  Dotter,  welcher 
sich  in  Form  von  glänzenden  Kügelchen  oder  in  krystallähnlichen 
Bildungen  „Dotterplättcheu"  (?  s.  w.  u.)  in  das  Eiprotöplasma  einlagert 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     F.  15 


226  W.  Waldeyer, 

und  darin  oft  bis  zu  großen  Mengen  -  vergl.  die  Eier  der  Vögel, 
Reptilien,  Haifische  —  aufspeichert.  Die  erhebliche  Größe  der  genann- 
ten Eier  liihrt  zum  Teil  von  diesem  meist  gelblich  gefärbten  „Dotter" 
{'/Jyudng,  vitellus)  hör.  Aber  auch  die  kleinsten  Reifeier  besitzen  fast 
ausnahmslos  eine  im  Verhältnis  ansehnliche  Menge  Dotter.  Da  man 
nun  in  früherer  Zeit  den  Dotter  nicht  streng  vom  Eii)rotoplasnia 
schied,  so  wurde  derzeit  der  Name  „Dotter"  auch  für  den  ge- 
samten Eileib  (abgesehen  vom  Kern  und  Kernkör])er)  gebraucht, 
und  man  thut  dies  da,  wo  es  auf  eine  strenge  Scheidung  nicht  an- 
kommt, wohl  noch  heute.  Reichert  unterschied  zuerst  beim  Reifei 
genauer  zwischen  dem  Eiprotoplasma,  welches  er  als  „Bildungs- 
d  0 1 1  e r"  bezeichnete  und  dem  N  a  h  r  u  n  g  s  d  o  1 1  e  r  (D  e  u  t  o  p  1  a  s  m  a 
Ed.  van  Beneden). 

Der  Ausdruck  ,,Bildungsdotter"  hat  seine  vielfachen  Mängel;  vor 
allem  ist  er  kein  „Dotter",  Schon  aus  diesem  Grunde  und  der  Kürze 
wegen  gebraucht  man  jetzt  das  Wort  „Dotter"  nur  für  den  Begriff 
des  im  Ei  enthaltenen  Ernährungsmaterials,  welches  bei  der  Em- 
bryonalentwickelung sich  direkt  nicht  an  der  Leibesbildung  des  Embryo 
beteihgt.  Für  das  Eiprotoplasma,  welches  später  zur  Leibessubstanz 
des  Embryo  sich  umformt,  schlägt  Bonnet  (296)  vor,  das  Wort 
„Keim'',  ßlaovog,  zu  gebrauchen,  welchen  Vorschlag  ich  für  sehr 
annehmbar  erachte.  Das  i)aßt  denn  auch  gut  zu  dem  Sprachgebrauch, 
der  mit  dem  Worte  „Keim"  auch  den  bereits  in  Furchung  begriffenen 
oder  abgefurchten  Bildungsdotter,  also  die  erste  Embryoualanlage  zu 
bezeichnen  pflegt.  Man  kann  auf  diese  Weise  für  die  verschiedenen 
Stadien  sich  der  Ausdrücke  „ungefurchter",  „furchender,  abgefurchter" 
Keim  u.  a.  bedienen. 

Bezüglich  des  Dotters  muß  schon  hier  eines  für  das  Verständnis  der 
Eier  sehr  wichtigen  Umstaudes  gedacht  werden.  Ist  der  Dotter  in  ver- 
hältnismäßig geringer  Menge  im  Ei  vorhanden,  so  wird  bei  dem  Teilungs- 
prozesse, der  die  Bildung  des  Embryo  einleitet,  dem  F  u  r  ch  u  n  g s p r  o - 
z  e  s  s  e  (S  e  g  m  e  n  t  a  t  i  o),  der  Dotter  mit  in  die  Teilung  hineingerissen  ; 
die  erste  Furche  zerlegt  das  ganze  Ei  in  zwei  Teile  und  jeder  Teil, 
Elastomer,  F  u  r  c  h  u  n  g  s  k  u  g  e  1 ,  F  u  r  c  h  u  n  g  z  e  1 1  e ,  enthält  etwa 
die  Hälfte  des  Dotters ;  so  geht  es  auch  beim  weiteren  Teilungsprozesse 
fort;  Beispiel:  Eier  der  Säugetiere.  Ist  aber  der  Dotter  in  großer 
Masse  vorhanden,  so  sammelt  sich  der  verhältnismäßig  kleine  Keim 
an  einer  Stelle  des  Dotters,  gleichsam  auf  der  Dottermasse  schwim- 
mend. Bei  der  Furchung  vermag  er  die  große  schwere  Dottermasse 
nicht  mit  in  den  Teilungsprozeß  hineinzuziehen;  letztere  bleibt  un- 
gefurcht als  träge  Nahrungsmasse  unter  dem  sich  zum  Embryo  fort- 
bildenden Keime  liegen;  Beispiele:  Vögel,  Reptilien  u.  a.  Die  erstere 
Eiform  geht  durch  mancherlei  Zwischenformen  in  die  zweite  über. 
Die  Eier  der  ersten  Art  werden  als  „holo  blas  tische",  die  der 
zweiten  als  „meroblastische"  bezeichnet. 

Da  die  Eier  längst  bekannt  waren,  bevor  man  die  Zellen  und 
deren  Teile  kennen  lernte,  so  waren  die  gleichartigen  Teile  bei  ihnen 
mit  anderen  Namen  benannt  worden ,  als  sie  später  für  die  übrigen 
Zellen    üblich    wurden :    Dotter   =   Z  e  1 1 1  e  i  b ,    Keimbläschen, 

V  e  s  i  c  u  1  a    g  e  r  m  i  n  a  t  i  v  a  =   Zellkern,    K  e  i  m  f  1  e  c  k ,    ]\I  a  c  u  1  a 
g  e  r  m  i  n  a  t  i  V  a    =    K  e  r  n  k  ö  r  p  e  r ,     D  o  1 1  e  r  h  a  u  t ,     Membrana 

V  i  t  e  1 1  i  n  a  =  Z  e  1 1  m  e  m  1)  r  a  n.    Hierher  gehört  nach  manchen  Autoreu 
auch  die  dicke  glänzende  Hülle  vieler  Eier,  wie  die  der  Säugetiere  und 


Die  Geschlechtszellen. 


227 


des  Menschen,  die  als  Z  o  n  a  oder  Z  o  n  a  p  e  1 1  n  c  i  d  a ,  Z  o  n  a  r  a d  i  a  t  a 
bezeichnet  wird.  Da  die  genannten  Stücke  bei  den  Eiern  manche 
Besonderheiten  anfweisen,  empfiehlt  es  sich,  die  alten  überall  ein- 
gebürgerten Namen  l)eiznbehalten.    Xnr  sollte,  wie  bemerkt,  der  Ans- 


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Fig. 

56. 

Fig.  57. 


Fig.  58. 


Fig.  56.  Holoblastisches  Ei  eines 
Säugetiers  (Tarsius  spectrum,  Prosimii) 
nach  Stratz  (570),  Taf.  VII,  Fig.  8. 
Das  junge,  von  einem  Teile  der  zu- 
gehörigen FolUiielzellen  umgebene  Ei 
zeigt  die  helle  dünne  Dotterhaut  (Zona) 
noch  nicht  völlig  ausgebildet,  den 
Eileib  (üoplasma)  mit  wenig  (dunk- 
leren) Dotterelementen,  das  helle  Keim- 
bläschen und  darin  den  dunklen  Keim- 
fleck. 

Fig.  57.  Kleines  meroblastisches 
Ei  eines  Irisches  (Esox  lucius)  nach 
His  (419).  Die  feine  dunkle  äußere 
Linie  stellt  die  Dotterhaut  dar,  die 
zweite  etwas  breitere  dunkle  Linie  die 
(optische)  Grenze  des  Eileibes,  die  hel- 
lere Schicht  zwischen  beiden  ist  ein- 
gedrungenes Wasser.  Nach  oben,  ein  wenig  vorgewölbt,  befindet  sich  der  Keim, 
darunter  der  Dotter.  An  der  Grenze  beider  dunkle  Fetttropfen  in  der  Eindenschicht. 
Fig.  58.  Halbschematischer  Durchschnitt  eines  leroßen  meroblastischen  Eies 
(Gallina 
Fig.  11, 

Kalkschale  dar.  Darunter  zwei  feine  dunkle  Linien  bezeichnen  die  Schalen - 
haut,  Membrana  testacea;  rechts  weichen  sie  auseinander,  um  einen  linsen- 
förmigen helleren  Eaum,  die  Luft  kämm  er,  einzuschließen.  In  der  Mitte  der 
große  dunkle,  mit  hellen  konzentrischen  Streifen  durchsetzte  Körper  ist  die  fast  ganz 
aus  Dotter  bestehende  Eizelle  (Gelbei).  Die  Streifen  bedeuten  dünne  Schichten  des 
sogenannten  weißen  Dotters,  welche  zwischen  die  Masse  des  hier  dunkel  gehaltenen 
gelben  Dotters  eiugeschaltet  sind.  Die  flaschenförmige  helle^ Figur  in  der  Mitte 
bezeichnet  ebenfalls  eine  Masse  weißen  Dotters,  die  PuRKYNE'sche  L  a  t  e  b  r  a  ; 
nach  oben  wird  sie  von  dem  kleinen  (dunklen)  linsenförmigen  Keime,  der  Cicatri- 
cula  (Narbe)  gedeckt.  Der  Raum  zwischen  Schalenhaut  und  Eizelle,  Gelbei,  ist  mit 
dem  Eiweiß  (Albumen)  ausgefüllt;  in  demselben  erstrecken  sich  links  und 
rechts  je  ein  dunkler  gedreht  verlaufender  Strang,  die  Chalazae,  Hagelschnüre, 
von  der  Dotterhaut  zur  Schalenhaut. 

15* 


Jgroßen 
domestica)   nach  Allen   Thomson  aus  O.  Hertwig's  Lehrbuch,   7.  Aufl. 
S.   16.     Die    dickere    äußerste    dunkle    Linie    stellt    den    Durchschnitt    der 


228  W.  Waldeyer, 

druck  ..Dotter''  nur  für  den  „Nahrunusdotter"'  verwendet  werden,  für 
den  ,J)il(lungsdotter"  der  Name  „Keim".  Korschelt-Heider  (66()a) 
nennen  den  Zellleib  des  Eies,  einerlei  ob  mit  oder  ohne  Dotter, 
„0  oplasma''. 

An  den  Figuren  50 — 5S  wird  man  sich  leicht  über  die  hier  be- 
nannten übersichtlich  beschriebenen  Teile  der  meroblastischen  und 
holoblastischen  Eier  orientieren. 

Bei  den  männlichen  Geschlechtszellen  mußten  wir  zwischen  den 
Spermien  und  dem  Sperma  unterscheiden.  Etwas  ähnliches  ist 
auch  bei  den  Eiern  vieler  Tiere  nötig,  indem  dieselben  durch  Hüllen 
verschiedener  Bildung  und  Konsistenz  in  größerer  Zahl  zu  einem 
Packet  zusammengebracht  werden.  Vielleicht  emptiehlt  es  sich,  um 
die  Aehnlichkeit  anzudeuten,  die  zwischen  dem  Sperma,  i.e.  der 
Samenmasse  mit  den  Spermien  darin,  und  diesen  Einlassen  besteht, 
eine  besondere  allgemeine  Bezeichnung  einzuführen,  die  für  alle  die 
verschiedenen  Formen  verwendet  werden  könnte;  ich  schlage  das 
Wort  „Synoion"  (ocr  und  coiom  dafür  vor.  Am  ähnlichsten  dem 
Sperma  sind  in  dieser  Beziehung  wohl  die  Gallertnuissen,  welche  den 
Froschlaich,  Krötenlaich  und  den  Laich  mancher  Fische  bilden.  Der 
Fischlaich  wird  freilich  meist  sofort  nach  der  Entleerung  in  das  Wasser 
zerteilt,  so  daß  die  einzelnen  Eier  mit  ihren  Hüllenresten  isoliert 
werden;  aber  das  geschieht  ja  auch  mit  dem.  Fischsperma,  der  so- 
genannten „Fischmilch",  und  es  werden  doch  von  den  brünstigen 
Weibchen  bei  der  Berührung  mit  den  Männchen  eine  Menge  Eier  mit 
gallertigen  dünnen  Hüllen  in  der  Art  eines  Ejakulates  ausgestoßen. 
Die  schleimigen  oder  gallertigen  Massen  sind,  ebenso  wie  beim  Sperma, 
Produkte  von  Drüsen  der  ausführenden  Wege. 

Auch  bei  Wirbellosen  kommen  ähnliche  Einrichtungen  vielfach 
vor.  Wenn  die  die  Eier  einhüllenden  Massen  von  außen  erhärten,  so 
daß  sie  Kapselform  annehmen,  so  werden  sie  Cocons  genannt. 
Bei  den  Lumbriciden  und  den  Hirudineen  werden  solche  Cocons,  die 
mehrere  Eier  umschließen,  von  den  Hautdrüsen  dieser  Tiere  geliefert ; 
bei  anderen,  z.  B.  bei  Hydrophilus,  werden  die  Eier  in  eine  Gespinnst- 
kapsel  eingeschlossen,  ähnlich  vfie  dies  bei  den  Spinnen  der  Fall  ist. 
Derlei  Einrichtungen  erinnern  an  die  Sp er niatop hören.  Damit 
verlassen  wir  aber  schon  den  Boden ,  der  einen  Vergleich  mit  dem 
Sperma  zuließ.  Wir  werden  weiter  unten  bei  den  Kapiteln  „Morpho- 
logisches Verhalten  der  Eier"  und  „Physiologische  Bemerkungen"  auf 
diese  Dinge  zurückkommen  und  sehen,  daß  auch  die  um  die  ein- 
zelnen Eier  der  Oviparen  Tiere  sich  lagernden  Hüllen  an  die  in 
Rede  stehenden  Bildungen  sich  anschließen. 

ß)  Physikalisches  und  chemisches  Verhalten  der  Eimassen  (Synoia) 

und  der  Eier. 

Ueber  das  physikalische  Verhalten  der  Eimassen  ist  kaum 
mehr  etwas  dem  eben  Gesagten  hinzuzufügen.  Auch  die  einzelnen 
Eier  zeigen  in  physikalischer  Beziehung,  wie  in  Konsistenz,  Farbe 
u.  a. ,  eine  so  große  Verschiedenheit,  daß  wir  auf  die  Beschrei- 
bungen bei  den  Tierklassen  verweisen  müssen.  Erwähnt  mag  noch 
sein,  daß  die  mit  dickerer  Dotterhaut  versehenen  Eier  eine  große 
Elastizität  aufweisen.  Bei  den  Fisch  eiern  und  den  Eiern  anderer  im 
Wasser  laichenden  Tiere  dringt  nach  der  Befruchtung  vielfach  Wasser 


Die  Gresclilechtszellen.  229 

durch  die  Eihaut  eiu.  Besonders  interessant  sind  die  Einflüsse, 
welche  die  verschiedenen  p  h }'  s  i  k  a  1  i  s  c  h  e  n  Energien  a  u  f 
die  Eier  ausüben.  So  stellen  sich  infolge  der  Schwerkraft  die 
Eier  der  Vögel  so  wie  die  der  Anurcn  —  Beobachtungen  besitzen 
wir  bei  Hühnern  und  Fröschen  —  in  bestinmiter  Weise  ein.  Das 
Hühnerei  dreht  sicli  dabei  in  seiner  Schale  (im  Albumen)  um  die 
durch  die  Chalazen  gehende  Achse  so,  daß  der  Keim  nach  oben  zu  liegen 
kommt;  die  Froscheier  drehen  sich  in  ihrer  Gallerthülle  in  gleicher 
Weise. 

Die  Froscheier  haben  bekanntlich  eine  größere  schwarze  und  eine 
kleinere  helle  Kalotte.  In  der  Mitte  der  schwarzen  Kalotte  findet  sich 
an  der  Oberfläche  die  größere  Menge  des  spezifisch  leichteren  Keims,  in  der 
Gegend  der  helleren  der  schwerere  Nahrungsdotter  angehäuft.  Die  Eiachse 
bei  Rana  fusca,  dem  braunen  Grasfrosche,  d.h.  die  Linie,  welche  die 
Scheitelpunkte  beider  Kalotten  verbindet,  stellt  sich  demgemäß  unter  dem 
Einfluß  der  Schwere  senkrecht  ein.  Beim  Wasserfrosche,  der  Rana  es- 
c  u  1  e  n  t  a ,  fand  Roux  (699  a),  daß  die  Eiachse  sich  schief  stellt.  Daß  dies 
eine  rein  physikalische  Erscheinung  sei.  bewies  Roux  dadurch,  daß  er 
sie  auch  an  Eiern,  die  durch  Kochen  erhärtet  und  aus  ihrer  Gallert- 
hülle ausgeschält  waren,  zeigen  konnte.  W^as  die  Einstellung  der  Hühner- 
eier anlangt,  so  hat  Waldeyer  (591,  S.  67)  die  Vermutung  ausgesprochen, 
daß  der  weiße  Dotter  der  Latebra  (s.  Fig.  58)  spezifisch  schwerer  sei 
und  daher  wie  ein  Senkblei  wirke ;  daselbst  wird  auch  der  abw^eichenden 
Ansichten  Purkyne's  und  v.  Baer's  gedacht.  Daß  auch  solche  kleine 
Körper  wie  die  Nucleolen  in  den  Eiern  in  ihrer  Lagerung  durch  die 
Schwerkraft  beeinflußt  werden  können,  zeigt  die  hübsche  Beobachtung 
von  Hereick  (416). 

Durch  PflIjger's  bahnbrechende  Untersuchungen  (M.  23-42)  wurde 
die  Aufmerksamkeit  zuerst  auf  diese  Dinge  und  auf  ihre  W'ichtigkeit 
für  gewisse  Fragen  der  Entwickelungsgeschichte  gelenkt. 

Ueber  die  Einflüsse  anderer  physikalischer  Agentien :  Temperatur, 
Licht,  Magnetismus,  Elektrizität  sind  insbesondere  in  der  letzten  Zeit, 
vorzüglich  von  Roux,  Driesch,  den  Brüdern  Hertwig,  0.  Schultze, 
Born  u.  a.  zahlreiche  Versuche  angestellt  worden,  welche  die  Ab- 
änderungen der  Entwickelungsvorgänge  durch  diese  Energieformen 
zum  Gegenstande  hatten.  Auf  das  unbefruchtete  Ei  ist  dal)ei  kaum 
Rücksicht  genommen  worden.  Einzelnes  siehe  noch  unter  „Physio- 
logische Bemerkungen". 

Genauere  Kenntnis  der  chemischen  Bestandteile  der 
Eier  haben  wir  nur  bei  den  Vögeln.  Reptilien,  Amphil)ien 
und  Fischen,  da  die  Eier  der  Säugetiere  wegen  ihrer  Kleinheit  und 
der  fast  unmöglich  erscheinenden  Beschattung  einer  genügenden  Zahl 
bislang  chemisch  nicht  untersucht  worden  sind.  Auch  für  die  Wirbel- 
losen fehlen  uns  genaue  Analysen. 

Die  Eischalen  der  Vögel  sowie  die  kalkhaltigen  Schalen  der 
Saurier  und  Hydrosaurier,  soweit  sie  vorkommen,  enthalten  Calcium, 
Magnesium  und  Spuren  von  Eisen,  dazu  Kohlensäure,  P  h  o  s  - 
p  h  o  r  s  ä  u  r  e ,  Schwefelsäure  und  Kieselsäure,  letztere  auch 
nur  in  Spuren.  Im  allgemeinen  finden  sich  3 — 6  Proz.  organischer 
Substanz  und  90  Proz.  Calciumcarbonat.  Die  übrigen  4 — 7  Proz.  ver- 
teilen sich  auf  die  anderen  genannten  Stoffe.  Phosphorsaure  Magnesia 
fehlt  oft.  -    In   der  organischen  Grundlage   der   harten  Eischale   und 


230  W.  Waldeyer, 

insbesondere  in  der  Schalenhaut  findet  sicli  ])ei  Vögeln,  Sauriern, 
Hydrosauriern  und  Selachiern  Keratin.  Bei  Tropidonotus  natrix 
und  Mustelus  laevis  wird  Elastin  als  Bestandteil  angegeben.  Mucin 
enthält    die    Gallerthülle  der  Amphibieneier. 

Neumeister  fand  in  der  Eischale  von  Echidna  aculeata  eine 
von  den  echten  Keratinen  abweichende  Substanz,  insofern  als  sie  vom 
Magensaft,  allerdings  sehr  schwer,  verdaut  wurde. 

Unter  den  Pigmenten  der  Vogeleierschalen  sind  ver- 
schiedene Arten  mit  besonderem  Namen  belegt  worden:  Oocyanin, 
als  Farbstotf  der  blauen  bis  grünen  Schalen,  das  Oorhodein  in 
den  dunklen  und  rötlichen  Eierschalen.  In  den  Schalen  der  Strauß- 
und  Kasuareier  hat  man  einen  besonderen  grünen  Farbstoff,  das 
0  0  c  h  1 0  r  i  n  und  in  den  Eiern  der  Krypturiden  das  gelbe  0  o  x  a  n  t  h  i  n 
nachgewiesen. 

Die  I  n  h  a  1 1  s  s  u  b  s  t an  z  e  n  der  Eier  sind  am  besten  beim  Huhn 
bekannt   und   beziehen    sich   die   folgenden   Angaben   auf  Hühnereier : 

Das  Durchschnittsgewicht  eines  Hühnereies  beläuft  sich  auf 
40—50  g,  doch  kommen  sehr  viel  kleinere  Eier  (Zwergeier)  und 
weit  schwerere  und  größere  (Rieseneier),  welche  bis  zu  70  g  und  dar- 
über wiegen,  vor.  Diese  Angaben  beziehen  sich  aber  offenbar  auf 
kleinere  Hühnerrassen.  Von  einer  größeren  Hühnerrasse,  der  sog. 
Ulmerrasse,  teilt  mir  Dr.  F.  Hein,  Assistent  des  Berliner  anatomischen 
Institutes,  mit,  daß  hier  meist  90  g  als  Gewicht  gefunden  wird,  jedoch 
kam  die  Gewichtszunahme  vorzugsweise  auf  das  Albumen,  nicht  auf 
den  gelben  Dotter.     Die  Schale  wiegt  meist  12  g. 

Im  Eier  ei  weiß  finden  sich,  abgesehen  von  den  aus  Keratin 
bestehenden,  dassell)e  durchsetzenden  Sttttzhäutchen,  der  Hauptsache 
nach  Proteinstoff'e:  Ovalbumin,  mehrere  Globuline  und  das 
Ovomukoid  (Mörner);  außerdem  eine  alkalisch  reagierende 
Flüssigkeit,  welche  man  durch  Auspressen  gewinnt  und  die  sich  gut 
filtrieren  läßt.  Sie  besteht  aus  Sß  Proz.  Wasser,  0,5  Proz.  Salzen 
(Chlornatrium  und  Chlorkalium), Traubenzucker,  Fett,  Seifen,  Lecithin 
und  Cholesterin  in  geringen  Mengen  und  Spuren  eines  Lipochroms, 
des  L utein s. 

Die  Lipochrome  finden  sich  hauptsächlich  in  den  Fettgeweben,  sind 
aber  auch  in  Pflanzen  (Möhren  und  Tomaten)  gefunden  worden.  Sie 
(vergl.  weiter  unten)  bilden  im  wesentlichen  auch  den  gelben  Farbstoff 
des  Dotters. 

Das  Ovalbumin  koaguliert  in  dünnen  Lösungen  schon  bei 
56^  C.  Es  löst  sich  in  verdünntem  schwefelsauren  Ammoniak  und 
scheidet  sich  bei  langsamem  Verdunsten  daraus  in  Krystallen  ab, 
welche  etwa  ^/g  Proz.  phosphorsauren  Kalk  enthalten. 

Die  Globuline  machen  7  Proz.  der  Gesamteiweißmenge  aus. 
Sie  werden  zum  größten  Teil  durch  Kohlensäure,  wenig  Essigsäure 
oder  verdünnte  Salzsäure  ausgefällt.  Sie  koagulieren  erst  bei  höheren 
Temperaturen. 

Das  Ovomukoid  wurde  zuerst  von  Neumeister  dargestellt 
und  von  ihm  als  Pseudopepton  beschrieben.  Da  es  beim  Kochen  mit 
verdünnten  Säuren  eine  reduzierende  Substanz  abspaltet,  nimmt 
Neumeister  nunmehr  den  von  Mörner  vorgeschlagenen  Namen 
„Ovomukoid'^  an. 


Die  Gesclilechtszellen.  231 

Es  ist  bekannt,  daß  das  Eiweiß  der  sog.  Nestflüchter, 
zu  denen  ja  die  Hühner  ,u:ehören  —  nur  die  Kibitzeier  machen  hier 
eine  Ausnahme  —  beim  Koagulieren  durch  Erwärmen  zu  einer  festen, 
weißen,  undurchsichtigen  ^Nlasse  erstarrt,  während  das  Eiweiß 
der  nacktgeborenen  Nesthocker  (Sciiwalben,  Krähen,  Finken)  beim 
Sieden  nur  eine  vollkommen  durchsichtige  und  Huorescierende  (iallerte 
bildet.  Tarchanoff  hat  dieses  durchsichtig  bleibende  Eierweiß  als 
„Tataeiweiß''  bezeichnet.  Dieses  Verhalten  beruht  wahrscheinlich  nur 
auf  einem  größeren  Reichtum  an  basischen  Salzen  (Kalisalzen). 

Der  hell  bis  dunkel  gelb  erscheinende  Dotter  der  Vogel  ei  er 
wird  von  einem  dünnen  Häutchen,  der  Dotter  haut,  umhüllt,  welche 
aus  einem  Keratin  besteht,  das  sich  allmählich  in  Pankreassaft  löst; 
also  ähnlich  abweichende  Eigenschaften  besitzt,  wie  die  Eischale  von 
Echidna  (s.  vorhin). 

Die  Dottersubstanz  selbst  reagiert  schwach  alkalisch  und  stellt  eine 
Emulsion  dar,  von  der  in  Wasser  nur  wenig  löslich  ist;  sie  enthält 
überhaupt  kaum  6  Proz.  Wasser.  Aether  giebt  eine  gelbe  Lösung  von 
Fetten,  Cholestearin  und  Pigment,  sowie  von  Lecithinen.  Als  Rück- 
stand bleiben  Eiweißstoffe,  die  durch  wiederholte  Aetherextraktionen 
völlig  farblos  sich  darstellen  lassen,  sich  in  10  Proz.  Kochsalzlösung 
selbst  leicht  lösen,  bei  Verdünnung  dieser  Lösung  mit  Wasser  aber 
wieder  ausfallen.  Diese  Proteinstofflösung  koaguliert  beim  Erwärmen 
und  enthält  auf  einen  Hühnereidotter  etwas  über  1  Proz.  Salz  (Chlo- 
ride, Magnesiasalze,  Kalksalze  und  etwas  Kieselsäure),  dazu  noch 
Traubenzucker.  Die  Eiweißstoffe  selbst  sind  teils  einfache  Vitellin- 
körper,  insbesondere  aber  Lecithalbumin,  die  lockere  Verbindung 
eines  Lecithins  mit  Vitellin.  Wichtig  ist  ein  eisenhaltiges  Nuklein. 
das  Haematogen,  aus  welchem  sich  bei  der  Bebrütung  das  Haenio- 
globin  des  jungen  Vogels  bilden  soll.  Dasselbe  ist  wie  das  Lecithin 
im  Dotter  an  einen  Vitellinkörper  gebunden  und  wie  Lecithalbumin 
in  salzhaltigem  Wasser  lösHch. 

Ein  gelbes  Li[)ochrom,  L  u  t  e  i  n  (V  i  t  e  1 1  o  1  u  t  e  i  n) ,  bildet  neben 
einem  in  geringerer  Menge  vorkommenden  roten  Farbstoffe,  Vi  teil o- 
rhoidein,  die  Ursache  der  Färbung  des  Dotters.  Einige  specielle 
Angaben  findet  man  noch  w^eiter  unten  bei  Besprechung  der  morpho- 
logischen Verhältnisse  des  Dotters. 

Wie  mir  Dr.  Hein  mitteilt,  ändert  sich  mit  verschiedener  Fütterung 
der  Hühner  die  Farbe  des  von  ihnen  produzierten  Eidotters.  Bei  trockener 
Körnernähruns  werden  hellgelbe  Dotter  ei'zielt.  Grüne  Pflanzenkost  er- 
zeugt  dunklere  gelbe  Farbentöne.  Reichlicher  Fleischzusatz  (Schnecken, 
Würmer)  giebt  dunklere  rötlich  gefärbte  Dotter. 

Der  Dotter  des  Kn och en fisch eies  hat  im  ganzen  dieselbe 
Zusammensetzung  wie  der  Vogeleidotter;  das  aus  demselben  darzu- 
stellende besonders  benannte  Ichthulin  ist  eine  mit  Lecithin  und 
eisenhaltigem  Nuklein  besetzte  Vitellinbildung. 

Bezüglich  der  Wirbellosen  mag  erwähnt  sein,  daß  deren  Ei- 
hüllen  meist  aus  Chitin-  und  Skeletinsubstanzen  bestehen;  Kruken- 
berg und  W.  Engel  landen  indessen  bei  Murex  keratinähnliche 
Stoffe. 

Die  vorstehenden  Angaben  sind  dem  Lehrbuche  der  physiologischen 
Chemie  von  R.  Neujieister,  2.  Auflage  1897,  Jena,  Fischer,  soweit  nicht 


232  W.  Waldeyer, 

eine  andere  Quelle  angegeben  ist,  entlehnt.  Für  weitere  Angaben  seien 
genannt:  Boxdzinski  und  Zoja  (295a),  Bun(;e  (315),  Dillner  (345), 
R.  DuBOis  (634),  Gl^cosa  (381)  —  Froschei  und  Eihüllen  — ,  Gross 
(389),  Hammarsten  und  Lind  wall  (398),  Hofmeister  (421)  —  Kiystalli- 
sation   des  Eieralbumins   —   Ivobert  (447a  und   b)   —   Giftstoffe  in  Eiern 

—  König  (452)  —  Chemie  der  menschlichen  Nahrungs-  und  Genuß- 
mittel —  IvuuKENBEG  (455),  LiERERiMANx  (460  Und  461),  Malt  (470)  — 
Dotterpigment  —  Miescher  (479),  Mörner  (488),  Neumeister  (500), 
Raspail  (524),    Salkowski    (538),    Taroiiaxofp    (577),    Thudichum    (581) 

—  Lutein  — ,  Walter  (593)  —  Ichthulin  —  und  Wickmann  (603). 
Auch  ist  auf  die  aus  dem  Laboratorium  A.  Kossel's  hervorgegangenen 
Arbeiten  (Zeitschrift  für  physiologische  Chemie)  aufmerksam    zu  machen. 

Schließlich  soll  hier,  da  es  Jedermann  bekannt  ist,  nur  kurz  an- 
gedeutet werden,  daß  die  Eier,  namentlich  die  der  Vögel  und  Reptilien 
(Schildkröten),  aber  auch  die  der  Fische  (Rogen  vom  Hering,  Karpfen. 
Hecht  u.  a.,  Kaviar)  und  mancher  Wirbellosen  (Krebse,  Seeigel)  äußerst 
wichtige  und  geschätzte  Nahrungsmittel  darstellen.  Bei 
den  Eiern  der  Vögel  und  Reptilien  ist  es  vor  allem  der  Dotter,  der  in 
Betracht  kommt.  Die  Eier  der  Haushühner,  Gänse  und  Enten,  sowie 
der  Rogen  gewisser  Störarten  (Acipenser  glaber,  ruthenus,  stellatus, 
Güldenstädtii,  huso)  sind  von  großer  volkswirtschaftlicher  Bedeutung, 
indem  sich  der  Handelswert  dieser  Produkte  auf  einige  Hundert  Millionen 
Mark  beziffert.  Nimmt  man  die  Samen  und  Früchte  der  Pflanzen  hinzu, 
welche  mit  gutem  Recht  an  dieser  Stelle  genannt  ^verden  können,  so 
sieht  man,  daß  die  Natur  mit  denselben  Dingen,  die  sie  zur  Heran- 
bildung ihrer  neu  entstehenden  Lebewesen  schafft,  zum  großen  Teile 
auch  das  Leben  der  bereits  entwickelten  Menschen  und  Tiere  unterhält. 


y)  Morphologisches  Verhalten  der  Eier. 

Mit  dem  folgenden  beginnen  wir  einen  der  für  die  Entwickelungs- 
geschichte  wichtigsten  Teile  unserer  Darstellung.  Wir  zerlegen  die- 
selbe in  nachstehende  Unterabteilungen :  1)  eine  eingehende  Schilde- 
rung des  anatomischen  Baues  der  Eier  im  allgemeinen,  2)  eine 
Schilderung  der  Eier  der  einzelnen  W  i  r  b  e  1 1  i  e  r  k  1  a  s  s  e  n ,  event, 
auch  einzelner  Ordnungen,  woran  eine  kurze  Besprechung  der  Eier 
der  Evertebraten  und  Pflanzen  sich  anschließt. 

Es  folgt  dann  3)  eine  Besprechung  der  inneren  Struktur  der 
Eier  im  Verhältnisse  zum  Gange  ihrer  Entwicklung.  Kürzere  Ab- 
schnitte über  Varietäten  und  Besonderheiten,  über  Rückbil- 
dungen und  pathologische  Erscheinungen,  über  Zahlen-  und 
(Größen Verhältnisse,  sowie  eine  Angabe  über  die  bisher  ver- 
suchten Klassifikationen  der  Eier  bilden  den  Schluß  dieses  Teiles. 

1.  Allgemeine  Darstellung  des  Baues  der  Eier. 

Wir  haben  bereits  angegeben,  daß  die  Eier  in  jeder  Form  und 
Ausbildung,  in  der  sie  uns  in  der  gesamten  Lebewelt,  bei  Pflanzen 
wie  bei  Tieren,  begegnen,  im  wesentlichen  Zellen  sind.  Dies 
geht  ganz  streng  aus  dem  Anfang  und  Ende  ihres  Daseins,  aus  ihrer 
frühesten  Entwicklung  und  aus  ihrer  AYeiterbildung  zum  Embryo  eines 
neuen  Lidividuums  hervor.  Die  LTreier  sämtlicher  Tiere  sind  ohne 
Ausnahme  Zellen    von    einfachem    typischen  Bau,   an   denen   man  nur 


Die  Geschlechtszellen.  233 

die  charakteristischen  Bestandteile:  den  aus  Protoplasma  bestehenden 
Zellenleib,  den  Kern  und  in  der  weitaus  größten  Mehrzahl  der  Fälle 
auch  einen  Kernkörper  unterscheiden  kann.  Wenn  nun  auch  im  Laufe 
der  weiteren  Ausgestaltung  der  Ureier  zu  den  Keifeiern  bei  vielen 
Tierordnungen  und  Pflanzen  sehr  komplizierte,  zum  Teil  schwer  ver- 
ständliche P>ildungen  herauskommen,  so  läßt  sich  eines  unter  allen 
Umständen  nachweisen,  daß  nändicli  der  Teil  der  Reifeier,  w^elcher 
dem  üreie  entspricht  und  von  ihm  klar  und  bestimmt  abgeleitet 
werden  kann,  einzig  und  allein  es  ist,  der  durch  seine  fortgesetzte 
Teilung,  den  sogenannten  Furchungsprozeß,  in  den  Leib  des  jungen 
Embryo  übergeht,  diesen  Leib  bildet.  Wenn  dem  Urei  bei  seiner  Um- 
gestaltung zum  Reifei  allerlei  Dinge  sich  zugesellen,  wie  Nahrungs- 
bestandteile (Dotter),  Hüllen,  Befestigungsstücke  u.  s.  w.,  so  werden 
diese  entweder  bei  der  Entwicklung  des  Eies  zum  Embryo  wieder 
abgeworfen  oder  aufgelöst,  oder  von  dem  „Keime",  von  der  Eizelle, 
wie  wir  das  weiter  ausgebildete  Urei  wohl  am  passendsten  nennen, 
l)assiv  mit  in  den  Embryonalkörper  hinübergenommen ;  der  aktive 
Teil  des  Furchungsvorganges  wird  ausschließlich  von  dem  geleistet, 
was  an  dem  befruchteten  (oder  parthenogenetisch  sich  entwickelnden) 
Reifei  die  ursprüngliche  Zelle,  das  Urei,  darstellt.  Der  Dotter,  sei  er 
nun  ganz  oder  zum  Teil  mit  in  die  Furchungselemente  hinüber- 
genonimen  worden,  schwindet  später  ganz,  indem  er  von  den  jungen 
Embryonalzellen,  beziehungsweise  dem  schon  weiter  entwickelten 
jungen  Embryo  oder  Fötus  als  Nahrung  aufgebraucht  wird.  Dies 
muß  von  vornherein  besonders  betont  und  hervorgehoben  werden, 
wenn  wir  ein  Verständnis  des  Baues  der  Eier  in  ihren  mannigfaltigen 
Gestaltungen  gewinnen  wollen. 

Wir  betrachten  demgemäß  zunächst  den  Bau  der  Ureier,  als 
derjenigen  Gebilde,  welche  sich  in  der  Eutwicklungsreihe  der  Eier 
zuerst  als  solche  erkennen  lassen  und  das  Wesentlichste  sind,  dann 
den  der  Eier  im  allgemeinen,  ohne  bei  den  letzteren  darauf 
Gewicht  zu  legen,  ob  wir  es  mit  Oocyten  oder  Reifeiern  zu  thun 
haben,  da  vielfach  in  der  Tierwelt  die  Oocyten  schon  eine  solche  Aus- 
bildung erlangen,  daß  sie  von  den  Reifeiern  kaum  zu  unterscheiden 
sind.  Auf  die  Oogonien  brauchen  wir  hier,  bei  der  allgemeinen  Be- 
schreibung, nicht  einzugehen,  da  sie  in  ihrer  äußeren  Erscheinung 
meist  sich  kaum  von  den  Ureiern  unterscheiden. 

Die  Ureier  aller  Geschöpfe  —  wir  können  wohl  auch  bei  den 
Pflanzen  von  solchen  reden  —  sind  in  der  Regel  ansehnliche,  große, 
membranlose  Zellen  von  kugliger  oder  doch  sphäroider  Gestalt  mit 
großem,  bläschenförmigem  Kern  und  gut  entwickeltem  Kernkörperchen. 
Wahrscheinlich  sind  sie  alle  mit  amöboider  und  lokomotorischer  Be- 
wegungsfähigkeit begabt,  wie  das  von  den  Ureiern  der  S  p  o  n  g  i  e  n  und 
C  öl  enteraten  festgestellt  ist.  In  Fig.  59  erkennt  man  (bei  ,.ei") 
Zellen,  die  sicher  als  Ureier  anzusprechen  sind,  da  sie  sich  als  w^eibliche 
Geschlechtszellen  unzweifelhaft  ausweisen  und  zugleich  die  einfach- 
sten Formen  zeigen,  denen  man  begegnet.  Diese  Zellen  zeigen  ver- 
schiedene Gestalt  und  sind  auch  in  Bewegung  begriffen  gesehen  worden, 
s.  Haeckel's  Monographie  der  Kalkschwämme.  Berlin  LS72.  Reimer, 
und  F.  E.  Schulze  (No.  706a,  p.  260).  Bei  Cölenteraten  machen 
derartige  Zellen,  von  denen  man  sicher  weiß,  daß  sie  weibliche  Keim- 
zellen sind,  Wanderungen  auf  verhältnismäßig  große  Strecken  durch, 
bis  sie  zu  ihrer  endgiltigen  „Reifungsstätte"  —  Weismann  (723a)  — , 


234 


W.  Waldeyer, 


der  weiblichen  „Gonade",  d.  h.  dem  „Ovariunr'  (Oophoron)  gelangen, 
wo  sie  fortab  seßhaft  bleiben  und  sich  weiter  entwickeln. 

Es  ist  natürlich  ein  scharfer  Unterschied  zwischen  Geschlechts- 
zellen in  dem  vorhin  festgehaltenen  Sinne  —  als  noch  nicht  nach  der 
männlichen  oder  weiblichen  Seite  hin  sicher  bestimmbarer  Zellen  — 
und  Ureiern,  der  äußeren  Form  nach,  nicht  zu  machen.  Man  kann 
erst  von  Ureiern,  ebenso  wie  von  Ursamenzeilen  (s.  S.  160  ft".),  sprechen, 


Fig.  59.  Schnitt  durch  Sycandra  raphaniis  Haeckel.  Aus  Korschelt-Heider 
(666a),  Fig.  151,  S.  295  nach  F.  E.  Schulze  (706a).  Der  Schnitt  trifft  einige  Eadial- 
tuben  mit  dazwischen  liegendem  Mesoderm  nebst  Eizellen  verschiedener  Ansbildung. 
<:i  Ureier  (ra.);  ein  Teil  davon  zeigt  Formen,  wie  sie  bei  amöboiden  Zellen  vorkommen. 
Außerdem  zwei  größere  Eizellen  (Oogonien  oder  Oocyten).  Kg  Kragengeißelzellen 
der  Radialtuben,  n  Nadeln. 


wenn  man  weiß,  daß  es  sich  um  weibliche  oder  männliche  Individuen 
handelt.  Auch  von  gewissen  Körperzellen  sind  bei  den  Poriferen 
die  jüngsten  Geschlechtszellen,  oder  auch  die  Ureier  bez.  die  Ursamen- 
zellen,  nicht  sicher  zu  unterscheiden,  so  daß  man,  wie  u.  a.  F.  E.  Schulze 
es  thut,  die  Ureier  von  Körperzellen  der  genannten  Art  abgeleitet  hat. 
Wir  müssen  jetzt  Zweifel  darüber  hegen,  ob  diese  Auffassung  zu 
Recht  besteht,  denn  es  ist  in  hohem  Grade  wahrscheinlich,  daß  überall 
die  Ureier  und  die  Ursamenzeilen  von  „Geschlechtszellen''  abstammen. 


Die  Greschlechtszellen. 


235 


Bei  den  Würni  ern  werden  die  ersten  sicher  als  Ureier  bestinim- 
l)aren  Zellen  vielfach  in  der  epithelialen  Wand  bcklei düng 
des  Cöloms  gefunden,  wo  sie  sich  durch  ihre  Größe  und  rundliche 
Form  auszeichnen.  Bei  einer  großen  Zahl  anderer  Würmer  und  bei 
den  meisten  Arthropoden  liegen  sie  in  dem  blinden  Ende  der  schlauch- 
förmigen Eierstöcke,  s.  Fig.  60. 

Alan  erkennt  hier  meist  nur  schwer  die  Zellengrenzen  und  Manche 
haben  daher  diese  Stelle  des  Ovariums,  das  „Keimlager''  oder  ..Keim- 
polster'', für  eine  syncytiale  Bildung  angesprochen^).  Dasselbe 
gilt  auch  für  den  Hoden  dieser  Tiere.  Ich  muß,  so  weit  meine  eigenen 
Erfahrungen  reichen,  mich  gegen  die  Annahme  eines  Keim-Syncytiums 


g    Kp   ^r 


I 


eiTiv 


Fig.  6().  Längsschnitt  durch  das  Ovariuui  von  Canthocamptus  staphylinus 
(Copepoda)  nach  V.  Haecker  (053),  Fig.  61,  S.  96.  g.  Gelenk  zwischen  Cephalo- 
thorax  und  erstem  freien  Thorakalringe.  Kp.  Keimpolster,  *//•  Zone  der  ruhenden 
Ureizellen  (Haecker)  —  nach  meiner  Auffassung  Oogonien  —  sy.  Synapsis-Zone, 
eim.  Eimutterzellen  (Haecker)  -Oocyten,  w.  —  ab.  abortive  Eizellen,  d.  Darmwandung. 


aussprechen.     In  Fig.  60   gehören    die   fünf  kleinsten    dunklen  Kerne 


Zellgrenzen 


sind  nicht 


ge- 


im   blinden   Ovarialende  Ureieru  an ;    die 
zeichnet. 

Wenden  wir  uns  zu  den  Vertebraten,  so  haben  für  Am- 
phioxus  BovERi  (621)  und  Legros  (667c)  die  Ureier  beschrieben: 
sie  erscheinen  zuerst,  wie  bei  allen  Wirbeltieren,  im  Cölomepithel,  und 
zwar  in  der  wiederholt  erwähnten  charakteristischen  Form. 

Genaue  Angaben  haben  wir  über  die  Ureier  der  Selachier, 
insbesondere  von  Balfour  (M  584—58(5),  H.  Ludwig  (467j,  Semper 


1)  Das  in  neuerer  Zeit  vielfach  gebrauchte  Wort  „Syncytium"  rührt  von 
E.  Haeckel  her.  Er  schlägt  vor  (in  seiner  Schrift  „Ueber  den  Organismus  der 
Schwämme  und  ihre  Verwandtschaft  mit  den  Korallen",  Jen.  Zeitschr.  f.  Medizin 
u.  Naturw.,  Bd.  5,  S.  207  |227j)  das  aus  sekundär  verschmolzenen  Zellen  be- 
stehende Ektoderm  der  Kalkschwämme  mit  diesem  oder  mit  dem  Namen  „Sarko- 
dine"  zu  bezeichnen,  zum  Unterschiede  von  „Sarkode". 


236  W.  Waldeyer, 

(M  2953),  SwAEN  (M  590),  A.  Schultz  (594  und  595),  und  vor  allem 
neuerdings  von  A.  IL  Schmidt  (542  und  543). 

Man  sieht  in  den  beiden  Abbildungen,  welche  hier  aus  Schmidt's 
Werk  (nach  Korschelt-Heider)  wiedergegeben  sind,  in  Fig.  Gl  D 
links  ein  unzweifelhaftes  Urei  zwischen  den  Ovarialepithelzellen  liegen ; 
rechts  davon  zwei  größere  Eizellen,  von  denen  es  zweifelhaft  ist,  ob 
man  sie  noch  „Ureier"  nennen  darf;  sie  sind  im  Begritfe,  tiefer  in  das 
Eierstocksgewebe  hineinzuwandern.  Fig.  Gl  C  zeigt  ebenfalls  eine  schon 
ansehnlich  große  Eizelle,  die  jedoch  noch  im  Epithel  gelegen  ist  und 
um  welche  die  Zellen  des  letzteren  sich  in  der  Weise  gruppieren, 
wie  es  bei  der  Follikelbildung  geschieht.  Auch  hier  muß  ich  es, 
mangels  bestinnnter  Charaktere,  unentschieden  lassen,  ob  noch  ein 
Urei  oder  schon  eine  Oogonie  vorliegt. 


Fig.  61.  C.  Schnitt  durch  das  Ovarium  von  Raja  punctata;  junge  Eizelle 
(Urei?  oder  Oogonie?)  im  Keimepithel.  D.  Schnitt  durch  das  Ovarium  von  Raja 
asterias;  links  ein  Urei  im  Epithel,  rechts  zwei  in  die  Tiefe  rückende  Oogonien. 
Beide  Abbildungen  aus  Koeschelt-Heider  ((JGßa),  Fig.  187,  p.  331  nach 
A.   H.   SCHMIDT,"l.  c. 

Für  die  Teleo stier  führe  ich  insbesondere  die  Abhandlung  von 
JuNGERSEN  an  (M  2619);  die  Ureier  sind  hier  anfangs  auch  isoliert 
zwischen  den  Cölomepithelzellen  gelegen. 

Die  Ureier  der  Amphibien  schildern  neuerdings  Gemmill  (377) 
und  BouiN  (301.  302.  304);  sie  treten  schon  sehr  frühzeitig  in  der 
jungen  Geschlechtsdrttsenanlage  auf,  und  zwar  in  unmittelbarem  An- 
schlüsse an  das  Cölomepithel  (Keimepithel),  von  dem  sie  auch  viele 
Autoren,  wie  s.  Z.  Waldeyer  (591),  Kolessnikow  (447a),  CK. Hoff- 
mann (M  2912)  und  neuerdings  Bouin  ableiten.  Hier,  wie  fast  überall, 
tritt  aber  die  seit  Nussbaum's  Untersuchungen  —  s.  w.  u.  „Geschlechts- 
zellen" —  so  wichtig  gewordene  Frage  auf,  ob  sie  nicht  von  beson- 
deren Zellen,  den  Geschlechtszellen,  abstammen.  Von  anderen  Autoren, 
bei  denen  sich  die  Ureier  der  Amphibien  besprochen  finden,  erwähne 
ich   noch   vor   allem  Götte,    in  dessen   großem  Werke  über  die  Ent- 


Fig.  62.  Fig.  63.  Fig.  64. 

Fig.  62.  Teil  des  Ovarialepithels  von  Hatteria  punctata  nach  OsAWA  (507) 
Taf.  XXIII,  Fig.  ö.  Fünf  Ureier  verschiedener  Größe;  vielleicht  sind  die  drei 
größeren  auch  Oogonien. 

Fig.  03.  Ovarialepithel  von  Tarsius  spectrum  nach  Stratz  (570),  Taf.  VII, 
Fig.  1.    Links  ein  Urei;  rechts  unter  dem  Epithel  einige  zusammengelegene  Oogonien. 

Fig.  64.  Ein  Urei  aus  dem  Ovarialepithel  von  einem  neugeborenen  Mädchen. 
Originalpräijarat.     Starke  Vergrößerung. 


Die  Geschlechtszellen. 


237 


wiclduni>sgeschichte  der  Unke  (^I  G2  und  63),  ferner  Spengel  (M  2955) 
und  Semon  (M  2i)ll  und  2952). 

Von  Ureiern  der  Aninioteu  mögen  noch  einige  Abbildungen 
gegeben  sein ,  so  Fig.  62  von  H  a 1 1  e  r  i  a ,  Fig.  63  von  T  a  r  s  i  u  s 
spectrum   und  in  Fig.  64  vom  Menschen. 

Die  Ureier  der  Reptilien  besprechen  insbesondere  Braun 
(M.  2899),  C.  K.  Hoffmann  (M.  2913)  und  neuerdings  (i.  Osawa  (507) 
von  Hatteria  punctata.  Von  letzterer  Art  hatte  ich  gleichfalls 
Gelegenheit  mehrere  von  Thilenius  sehr  gut  konservierte  Eierstöcke 
zu  untersuchen.  Ich  kann  die  Schilderung  Osawa's,  demzufolge  die 
jüngsten  Ureier  sich  in  der  Größe  nur  wenig  von  den  Ijenachbarten 
Ovarial-Epithelzellen  unterscheiden,  bestätigen.  Sie  fallen  durch  ihre 
rundliche  Form,  und,  wie  ich  finde,  auch  durch  ihre  größere  Helligkeit 
auf.  Der  Kern  zeigt  nach  Osawa's  Angabe  in  Hämatoxylin  eine 
gute  Färbbarkeit.  und  man  sieht  an  Hämatoxylin-Eosinpräparaten  in 
der   Nähe    des    Kernes    (Keimbläschens)    ein    etwas   stärker    gefärl)tes 


A 


8 


st  WhSäm  st 
c 


Fig.  OSA — D.  Schnitte  vom  Ovarium  eines  neugeborenen  Kaninchens  nach  Bl'HLEK 
(313).  ke  Keimepithel,  H  Stroma  des  Eierstockes.  A  zeigt  eine  mitotische  Figur  inner- 
halb des  Keimepithels.  In  B  sieht  man  an  zwei  Stellen  übereinandergeschichtete  Zellen 
im  Keimepithel,  an  einer  Stelle  ist  die  untere  Zelle,  Urei,  größer  als  die  obere,  da- 
neben eine  gleichgestaltete,  in  die  Tiefe  gerückte  Zelle.  In  C  eine  größere  Eizelle, 
mit  herabgerückten  Keiraepithelzellen ,  in  D  eine  Reihe  in  die  Tiefe  gewanderter 
Zellen. 


Protoplasma.  Ein  sicher  als  solches  anzusprechendes  Kernkörperchen 
habe  ich  in  den  Ureiern  nicht  gesehen;  auch  bildet  Osawa  keine 
Nucleolen  aus  diesem  Stadium  ab  (vgl.  weiter  unten,  Ureier  von 
Säugetieren).  Fig.  62  zeigt  rechts  zwei  Ureier,  links  drei  größere 
Eier,  um  welche  die  Epithelzellen  sich  bereits  follikelartig  zu  gruppieren 
beginnen ;  man  kann  nicht  mit  Bestimmtheit  sagen,  ob  auch  diese 
noch  Ureier  sind. 

Die  Vei'hältnisse  bei  den  Vögeln  erweisen  sich  als  ganz  ähnlich. 
Man  w^olle  hier  die  Arbeiten  von  Bornhaupt  (620),  Borsenkow 
(M.  2898),  His  (418),  C.  K.  Hoffmann  (M.  3521),  Janosik  (663), 
Waldeyer  (591)  und  insbesondere  von  v.  Mihalkovics  ((574  u.  (574  a) 
und   Semon   (M.  2951  u.  2952)   vergleichen.      Für   Abbildungen    ver- 


238 


W.  Waldeyer, 


weise  ich  auf  Fig.  50,  Taf.  V  (oül)  =  Fig.  ü6  hier,  welche  Zeichnung 
auch  in  Stricker's  Handbuch  der  Gewebelehre,  (p.  566)  und  in 
0.  Hertwig's  weitverbreitetes  Lehrbuch  der  Entwickelungsgeschichte, 
7.  Aufl.  (p.  41*.»)  aufgenommen  worden  ist. 

lieber    die   Ureier    der    Säugetiere    finden    wir   Angaben    bei 
E.  VAN  Beneden  (288),   Born  (2!)8a),    Bühler  (31;5),  Coert  (627), 

FouLis      (M.      1874. 
''•''^'    '"-^      ''-"  1875),Harz(M.  1879), 

V.     Kölliker     (448 

— 451),    V.    MlHALKO- 


vics 
(M. 

M. 
492- 


e.sch 


Fig.  66.  Teil  eines  Schnittes  durch  das  Ovarium 
eines  neugeborenen  Kindes  nach  Waldeyer  in  Stri- 
cker's Handbuch  der  Gewebelehre,  Artikel :  „Eierstock 
und  Nebeneierstock").  X-.e  Keimepithel,  e.sch  Eischläuche, 
w.e  Ureier,  ei.b  Eiballen ,  /  jüngste  isolierte  Follikel, 
(j  Gefäße. 


(1.    c),    Nagel 
1.S97,    M.    2929, 

2930 ,   ferner 

-495),    Pflüger 

(517),    Stratz    (569, 

570),  Waldeyer  (1.  c.) 

und  insbesondere 
jüngst  bei  v.  Wini- 
WARTER  (609).  lieber 
die  Ureier  des  Men- 
schen äußern  sich 
am  eingehendsten  W. 
Nagel  (11.  cc),  und 
neuerdings  Wende- 
ler (596)  und  v.  Wini- 

WARTER    (1.    C). 

Ich  bilde  in  Fig.  (63) 
nach  Stratz  ein  Urei 
von  Tar  siu  s  spec- 
trum  ab  und  in 
Fig  64  ein  solches 
vom  Menschen  isohert,  nach  eigenem  Präparat.  Andere  Abbildungen 
von  menschlichen  Ureiern  geben  Nagel  und  Wendeler  (1.  c). 

Bis  auf  V.  Winiwarter's  bedeutsame  Mitteilung  stimmen  für  die 
Ureier  der  Säugetiere  und  des  Menschen  sämtliche  Angaben  mit  den 
vorhin  über  die  Ureier  der  niederen  Vertebraten  gebrachten  überein, 
wie  sich  aus  den  Figuren,  insbesondere  auch  aus  den  hier  mitgeteilten 
(63 — 66)  ergiebt.  Beim  Kaninchen  schildert  Bühler  eingehend  unter 
Mitteilung  klarer  Abbildungen,  wie  durch  Teilung  von  Zellen  des 
Eierstocksepithels  bei  neugeborenen  Tieren  einerseits  neue  Zellen 
entstehen,  deren  Kerne  größer  werden  und  eine  mehr  rundliche  Form 
annehmen.  Andererseits  behalten  die  neugebildeten  Zellen  die  Form 
und  Größe  der  Keimepithelzellen  bei,  d.  h.  sie  erscheinen  cylindrisch, 
mit  ihrer  Längsachse  radiär  (senkrecht)  zur  Oberfläche  des  Ovariums 
gestellt;  ebenso  stellen  sich  die  länglichen  Kerne  dieser  Zellen  ein. 
Aus  den  neu  entstehenden  Zellen  der  ersteren  Art  mit  den  größeren 
rundlichen  Kernen  werden  in  ihrer  weiteren  Entwickelung  unzweifel- 
hafte Eizellen,  wie  sich  aus  der  hier  wiedergegebenen  Figur  Bühler's 
(Fig.  65)  klar  ergiebt.  Besonders  beachtenswert  erscheint  hierzu  die 
Angabe  Bühler's,  daß  bei  denjenigen  Teilungen,  welche  zur  Bildung 
von  Ureiern  führen,  die  Teilungsebene  parallel  zur  Eierstocksober- 
fläche liegt,  so  daß  die  beiden  Tochterzellen  sich  übereinander 
schichten ;    die  untere,    unmittelbar   dem  Eierstocke   autliegende   Zelle 


Die  Geschlechtszellen.  239 

ist  es  dann,  welche  zum  Ureie  auswächst  (s.  Fig.  65  B.  u.  D).  "Wenn 
die  Teilungen  so  erfolgen,  daß  die  Tochterzellen  nebeneinander 
zu  stehen  kommen.  (Umn  behalten  letztere  ihre  Eigenschaft  als  Keim- 
epithelzellen. 

Da  man  irgend  einer  Keime})itlielzelle  es  noch  nicht  ansehen 
kann,  ob  sie  einmal  durch  Teilung  eine  jüngste  Eizelle,  ein  Urei, 
liefern  wird ,  so  sind  Avir  gezwungen ,  erst  jene  etwas  größeren 
helleren  Zellen  mit  den  mehr  rundlichen  Kernen  als  .,Ureier"  anzu- 
sjirechen.  Das  ist  auch  meine  Auflassung  gewesen,  wie  es  aus 
Fig.  6(3,  sich  ergiebt.  Auch  v.  Kölliker  ,  Nagel,  Wendeler 
und  Coert  bilden  die  Ureier  so  ab  und  beschreiben  sie  in 
derselben  Weise ,  wie  sie  hier  geschildert  worden  sind.  Be- 
sonders gute  Abbildungen  liefern  v.  Kölliker  (451) ,  Nagel 
(1.  c.)  und  Wendeler  (1.  c.  Fig.  15).  Alle  Autoren  leiten  ohne 
Ausnahme  die  Ureier  vom  Keimepithel  ab ;  die  Frage ,  ob  beim 
Menschen  und  1)ei  den  Säugetieren  nicht  auch  besondere  „Geschlechts- 
zellen" vorhanden  wären,  die  sich  zu  den  Ursamenzeilen  einerseits, 
zu  den  Ureiern  andererseits  fortentwickelten,  ist  bis  jetzt  kaum  be- 
rührt w^ordeu ;  jedenfalls  liegen  noch  keine  Befunde  und  speciell 
hierauf  gerichtete  Untersuchungen  vor.  Nur  Coert  streift  kurz 
diesen  wichtigen  Punkt,  indem  er  sagt  (p.  179) :  „Er  bestaat  geen 
aanleiding  om  te  meenen,  dat  reeds  in  een  zeer  vroeg  ontwickeliugs- 
stadium  enkele  weinige  cellen  van  het,  den  geslachtsklieraanleg  be- 
dekkend,  coeloomepithelium  zouden  zijn  aangewezeu,  waruit  uit- 
sluitend  alle  later  optredende  geslachtsproducten  hun  oorsprong 
zouden  uemen." 

Ich  habe  s.  Z.,  obwohl  ich  im  allgemeinen  die  Zellen  des  Keim- 
epithels sich  durch  Teilung  vermehren  ließ,  nicht  angenommen,  daß  die 
Bildung  eines  U  r  e  i  e  s  jedesmal  mit  einem  T  e  i  1  u  n  g  s  p  r  o  z  e  s  s  e 
einer  Keimepithelzelle  beginne;  vielmehr  war  ich  der  Meinung,  daß 
irgend  eine  beliebige  Keimepithelzelle  durch  einfaches  Auswachsen 
und  durch  einfache  Umformung  sich  zu  einem  Urei  ausbilden  könne. 
In  gleicher  Weise  sprechen  sich  Nagel  (vgl.  z.  B.  No.  493,  S.  46). 
Wendeler  (1.  c,  s.  p.  24  u.  26)  und  v.  Kölliker  (1.  c.)  aus,  wobei 
ja  nicht  ausgeschlossen  ist,  daß  ein  oder  das  andere  Mal  ein  Urei 
sich  direkt  im  Anschlüsse  an  einen  Teilungsvorgang  entwickelt. 
Verstehe  ich  Coert  recht,  so  ist  er  derselben  Meinung:  seine  Ureier 
(oereierj  sind  nichts  anderes,  als  weiter  ausgebildete,  differenzierte 
Keimepithelzellen. 

Nach  den  Beschreibungen  Bühler's  (313)  hingegen  scheint  es, 
daß  die  Bildung  eines  Ureies  jedesmal  durch  einen  Teilungs- 
vorgang einer  Keimepithelzelle  eingeleitet  wird:  vgl.  das  vorher 
Gesagte  und  Fig.  65.  Alle  Autoren  stimmen  ferner  darin  überein,  daß  die 
Bildung  der  Ureier  insbesondere  im  Keimepithel  und  in  den  unmittelbar 
unterhalb  des  Keimepithels  gelegenen  Zellenmassen  des  Eierstocks, 
den  PFLÜGER'schen  Schläuchen  oder  den  Eiballen  (Waldeyer, 
s.  Fig.  66  e.  seh.  und  ei.  h.)  statthat ,  indem  auch  die  im  Ovarial- 
epithel  vorfindlichen  Ureier  alsbald  in  die  Tiefe  sich  versenken  (Fig.  65). 
Wendeler  (1.  c.)  schildert  die  menschlichen  Ureier  als  rund- 
liche, einer  Kugel  vergleichliare,  auffällig  durchsichtige  Zellen.  Auch 
die  Ureikerne  haben  eine  kuglige  Gestalt,  sie  erscheinen  durch  starke 
Vermehrung  des  Kernsaftes  wie  aufgebläht.  Das  Kerngerüst  ist 
w^eitmaschig,    dessen    Gerüstfäden    und    die   Netzknoten    färben    sich 


240  W.  Waldeyer, 

intensiv,  während  der  Kernsaft  meist   völlig  farblos  und  durchsiclitig 
bleibt. 

Sehr  beachtenswert  ist  die  von  vielen  Autoren  ausdi'ücklich  an- 
gegebene Thatsache,  daß  den  Ur eiern  die  Kernkör  perchen 
fehlen. 

So  nenne  ich  Balfour  (M.  1866),  der  wohl  zuerst  hierauf  hinge- 
wiesen hat,  und  insbesondere  Nagel  (M.  2930).  Auch  den  Keimepithel- 
zellen fehlen  die  Kernkörperchen.  In  Fig.  66  sind  in  den  im  Keim- 
epithel gelegenen  Ureiern  keine  Kernkörper  abgebildet;  AVendeler  er- 
wähnt ihrer  auch  nicht.     Wir  kommen  auf  diesen  Punkt  zurück. 

Durch  die  wichtige  Arbeit  v.  Winiwarter's  (609)  ist  es  neuer- 
dings zweifelhaft  geworden,  ob  die  im  Vorigen  beschriebenen  Bildungen 
in  der  That  als  die  Ureier  der  Säugetiere  anzusehen  sind  V  Zur 
Beantwortung  dieser  wichtigen  Frage  müssen  wir  Folgendes  in  Er- 
wägung ziehen : 

Wir  definierten  (p.  225)  die  Ureier  als  jene  Geschlechtszellen,  welche 
zuerst  sicher  als  weibliche  erkannt  werden  können.  Wir  nahmen  ferner 
an,  daß  von  den  Ureiern  sich  durch  Teilungen  weitere  Generationen 
von  Eizellen  entwickeln,  die  wir  mit  Boveri  Oogonien  nennen; 
wie  viele  Oogoniengenerationen  es  giebt,  wissen  wir  nicht.  Genug,  es 
sind  an  solchen  Zellen,  wie  die  beschriebenen,  in  der  That  Teilungen 
mitotischer  Form  nachgewiesen  worden. 

So  giebt  PflüCtER  (517)  an,  bei  der  Katze  die  Teilung  von  Eizellen 
direkt  beobachtet  zu  haben ;  Kölliker  (Lehrbuch  der  Entwickelungs- 
geschichte),  Klebs  (M.  1883,  1884),  E.  van  Beneden  (287)  und  Balfour 
(M.  1866)  sprechen  sich  gleichfalls  für  Teilungen  an  den  jüngsten  Eiern 
aus.  Man  könnte  diesen  älteren  Beobachtungen  gegenüber  Zweifel 
hegen,  wie  denn  auch  Bischoff  (M.  1948),  Waldeyer  (591)  und  Xagel 
(M.  1996)  sich  gegen  eine  derartige  Vermehrung  ausgesprochen  haben. 
Nach  den  Beobachtungen  von  Büthler  (313)  aber  —  vgl.  insbesondere 
dessen  Fig.  9  —  von  H.  Rabl  (523  b)  und  Wendeler  (596)  müssen 
alle  Zweifel  gegenüber  einer  Vermehrung  der  bis  jetzt  als  Ureier  ange- 
nommenen Zellen  schwinden. 

Man  kann  nun,  dem  Gesagten  zufolge,  das  ,,Urei"  auch  definieren 
als  die  erste  Oogonie.  Die  Abkömmlinge  der  letzten  Teilungsgene- 
ration, die  sich  fortab  nicht  mehr  teilen,  nannten  wir  mit  Boveri 
Oocyten  I.  Ordnung  (Voreier  m.).  Dies  alles  bringe  ich  in  kurze 
Erinnerung,  um  die  durch  v.  Winiwarter's  Befunde  aufgeworfene 
Frage  verständlich  erörtern  zu  können. 

V.  WiNiwARTER  (609)  geht  bei  seiner  Schilderung  des  Kaniuchen- 
eierstockes  aus  von  einem  18  -  tägigen  Embryo.  Der  Eierstock  eines 
solchen  Embryos  zeigt  auf  seiner  Oberfiäche  ein  mehrschichtiges  — 
mindestens  zweischichtiges  —  epitheliales  Zellenlager,  Keimepithel, 
von  dem  nach  der  Unterlage  hin  zapfeuförmige  Fortsätze  von  Zell- 
massen vordringen,  die  netzartig  untereinander  verbunden  sind  i  Ei- 
ballen, Waldeyer). 

Bei  Kaninchenembryonen  vom  23.  Tage  erscheint  das  Ober- 
Üächenepithel  deutlich  zweischichtig.  Die  Kerne  der  oberen  Zellen- 
lage färben  sich  im  ganzen  dunkler ,  sind  von  ellipsoider  Form, 
stehen  meist  senkrecht  auf  der  Eierstocksoberfläche  und  haben  ihren 
längsten    Durchmesser   auch  in   dieser  Richtung.     Eine  Kernmembran 


Die  Geschlechtszellen.  241 

ist  kaiiin  zu  erkennen,  das  Kerngerüst  ist  von  äußerster  Feinheit: 
darin  liegen,  unregelmäßig  angeordnet,  einige  größere  Chroniatin- 
brocken,  die  sich  dunkel  färben.  Kernkörper  sind  nicht  vor- 
handen. Man  sieht  in  dieser  Lage,  welche  dem  Keimepithel  ent- 
spricht, schon  bei  den  jüngeren  Embryonen  von  If^  Tagen  und  Ijei 
neugeborenen  Tieren  bis  zum  2.  Tage  nach  der  Geburt  mitotische 
Teilungstiguren.  Die  Kerne  der  zweiten,  tieferen  Zellenlage,  welche 
übrigens  von  der  ersten  nicht  linear  geschieden  ist,  sind  etwas  kleiner 
als  die  eben  geschilderten,  von  mehr  rundlicher  Form  und  im  ganzen 
heller.  Ihre  Kerumembran  tritt  deutlicher  hervor,  ebenso  das  Kern- 
gerüst, in  dessen  Knotenpunkten  Chromatinanhäufungen  sich  finden, 
insbesondere  in  der  peripheren  Kernzone;  auch  vereinzelte  größej-e 
Chromatinbrocken  nimmt  man  noch  wahr.  Im  Inneren  der  von  den 
Kerngerüstfäden  umschlossenen  Maschenräume  findet  sich  noch  das 
äußerst  feine  Gerüst  der  Kerne  der  ersten  Lage.  Nucleolen  sind 
auch  in  diesen  Z  e  1 1  e n  k e r  n  e n  nicht  nachzuweisen.  Mito- 
tische Figuren  sind  in  der  tieferen  Zelleuschicht  zahlreich  vorhanden. 

Unmittelbar  an  diese  tiefe  Zellenlage  schließen  sich  die  rund- 
lichen oder  mehr  länglichen  Zellenmassen  an,  welche  sich  in  das 
Innere  des  Eierstocksstromas  einsenken.  In  diesen  Massen  finden 
wir  nur  noch  nahe  der  Oberfläche  einzelne  mitotische  Figuren,  weiter 
in  der  Tiefe  nicht  mehr;  dagegen  treten  hier  an  den  Kernen,  die  wir 
als  die  Kerne  von  Eizellen  ansprechen  müssen,  sowie  an  den  Leibern 
dieser  Zellen  selbst  Wachstumserscheinungen  auf  mit  Umformungen 
des  Kernchromatins,  wobei  zugleich  Xucleoli  sichtbar  werden. 
Es  ist  sonach  klar,  daß  in  diesen  tieferen  Schichten  schon  diejenigen 
Eizellen  gebildet  sind,  die  sich  nur  noch  durch  Wachstum  verändern, 
die  Oocyten  I.  Ordnung,  daß  also  die  Ureier  in  den  beiden  obersten 
epithelialen  Zellenlagern  gesucht  werden  müssen,  v.  Winiwarter 
bezeichnet  die  Kerne  der  obersten  Zellenlage  als  „pro  tob  röche 
Kerne  a" ,  die  der  zweiten  als  „protobroche  Kerne  &" ,  die 
tiefer  gelegenen  nucleolenführenden  Kerne  als  „deu  tob  röche 
Kerne"  ^).  Da  nun,  wie  erwähnt  wurde,  die  Ureier  keine  Kern- 
körperchen  haben,  so  lautet  die  Frage :  Siud  die  Zellen  mit  den  proto- 
brochen  Kernen  a,  oder  die  mit  den  protobrochen  Kernen  h  als  Ureier 
anzusehen  V 

V.  Winiwarter  ist  der  Ansicht,  daß  das,  was  bisher  von  den 
Autoren  als  Ureier  (bei  den  Säugetieren  und  beim  Menschen, 
denn  für  einen  von  ihm  untersuchten  menschlichen  Embryo  hat  er 
dieselben  Ergebnisse  zu  verzeichnen)  angesehen  worden  ist,  und  im 
vorhergehenden  auch  von  uns  so  gedeutet  wurde,  daß  das  Zellen  mit 
deutob  rochen  Kernen  seien,  die  sich  nicht  mehr  vermehren,  sondern 
zu  Reifeiern  heranwachsen,  mit  anderen  Worten,  daß  die  bislang 
als  Ureier  gedeuteten  Bildungen  als  Voreier,  i.  e.  Ovo- 
cyten  I.  Ordnung,  angesehen  werden  müßten  (1.  c.  p.  114). 

Seine  Schlüsse  baut  v.  Winiwarter  in  folgender  Weise:  Die 
Zellen  mit  protobrochen  Kernen  a  und  b  sind  die  ersten,  welche  im 
Eierstocksepithel  erscheinen.  In  den  von  der  oberflächlichen  Keim- 
epithellage   ausgehenden    Zelleuzapfen    (Eiballen,   Waldeyer)    findet 


1)  Vom  TipwTo?  und  ßpoxo?,  Schlinge,  Strick,  Netz  oder  auch  Netzmasche. 
„Noyaux  protobroques"  a  et  b,  „Noyaux  deutobroques"  v.  Wixiwaetek.  Seuto; 
ist  eine  willkürlich  gebildete  Abkürzung  von  Ssytepoc. 

Handboch  der  Entwickelungslehre.    I.  '[Q 


242  W.  Waldeyer, 

man  nur  Zellen  mit  jirotobrochen  Kernen  a  nnd  Zellen  mit  dento- 
broclien  Kernen.  Die  letzteren  erleiden  keine  Teilungen  mehr,  und 
es  läßt  sich  zeigen  (durch  Verfolgung  der  älteren  Stadien),  daß  sie 
zu  Reifeiern  heranwachsen .  wobei  ihr  Kci-n  noch  eine  ganze  Reihe 
successiver  Aenderungen  erleidet,  worüber  si)äter  (Kap.  Eientwickelung) 
zu  handeln  sein  wird.  Die  Zellen  der  Eiballen  mit  den  protoljrochen 
Kei'nen  1)  werden ,  wie  sich  gleichfalls  einwandsfrei  zeigen  läßt,  zu 
Follikelepithelzellen.  Da  wir  nun  unter  Oogonien  diejenigen  Eizellen 
verstehen ,  welche  sich  noch  durch  T  e  i  1  u  n  g  v  e  r  m  ehren,  so 
müssen  dieselben  unter  den  Zellen  mit  den  i)rotobrochen  Kernen  a  und 
b  gesucht  werden,  denn  nur  bei  diesen  linden  mitotische  Teilungen 
statt.  Da  die  Zellen  mit  den  deutobrochen  Kernen  sich  nicht  mehr 
teilen,  sondern  zu  Eiern  heranwachsen,  so  stellen  sie,  wie  bemerkt, 
die  Ovocyten  I.  Ordnung  dar.  Nun  aber  sind  ferner  diese  deuto- 
brochen Zellenkerne  größer,  rundlich  von  Gestalt  und  heller  als  die 
protobrochen,  stimmen  also  mehr  mit  denjenigen  Kerncharakteren 
überein .  welche  den  Ureikernen  der  Autoren  von  allen  Seiten  zu- 
geschrieben werden  (p.  113 — 114  1.  c).  Dazu  kommt,  daß  nach 
Balfour  und  Coert  die  ,,Ureier"  bei  Kaninchen-Embryonen  des- 
selben Alters  (21 — 24  Tagen)  erscheinen,  bei  denen  v.  Winiwarter 
die  Zellen  mit  den  deutobrochen  Kernen  auftreten  sah. 

Angesichts  der  vorhin  mitgeteilten  Angaben  der  Teilungen  von 
Ureiern  muß,  so  scheint  es  mir,  v.  Winiavaeter  zu  dem  Auswege  greifen, 
daß  es  sich  hier  um  ungewöhnlich  große  und  helle  protobroche  Kerne 
gehandelt  habe.  Insbesondere  verweise  ich  noch  einmal  auf  H.  Rabl's 
Befunde  bei  der  Katze  (1.  c).  Rabl  beschreibt  in  den  hellen,  rundlichen 
Zellen,  welche  er  sowohl  im  Eierstocksepithel,  als  auch  in  den  Eiballen, 
zahlreich  fand,  und  als  Ureier ,  Oogonien  bezeichnet,  unzweifelhafte 
Mitosen ;  es  giebt  also  in  der  That  junge  Eizellen,  welche  die  bisher 
von  den  Autoren  den  Ureiern  zugeschriebenen  Form  aufweisen  und  die 
sich  durch  Teilung  vermehren,  wie  es  den  Oogonien  zukommt.  Ist  es 
richtig,  w^as  v.  Winiw" arter  meint,  so  muß  man  diejenigen  Bildungen, 
welche  man  den  Ursamenzellen  zu  homologisieren  hat  and  zweckmäßig 
als  Ureier  benennt,  unter  den  Zellen  mit  den  protobrochen  Kernen 
wahrscheinlich  unter  den  Zellen  mit  den  protobrochen  Kernen  a  suchen: 
aber  darunter  wären  sie  dann  nicht  zu  erkennen,  wenn  man  mit 
V.  Wixi WÄRTER  jene  rundlichen  helleren  Elemente  im  Keimepithel  schon 
als   „Oocyten"   deuten  will. 

Es  ergeben  sich  also  in  der  sicheren  Deutung  derjenigen  Zellen, 
welche  man  beim  Eierstocke  den  Ursamenzellen  zu  homologisieren 
hätte,  den  ersten  Oogonien  oder  Ureiern,  noch  mancherlei  Schwierig- 
keiten, die  nur  durch  wiederholte  und  verfeinerte  Untersuchungen  zu 
überwinden  sein  werden.  Die  Frage  nach  der  Existenz  besonderer 
Geschlechtszellen  spielt  natürlich  auch  hierhinein,  und  müssen 
wir  daher  bei  Besprechung  dieser  letzteren  und  bei  dem  Vergleiche 
zwischen  Spermiogenese  und  Oogenese  nochmals  auf  diese  Dinge 
zurückkommen.  —  Hier  sei  nur  noch  kurz  bemerkt,  daß  nach  Regaud 
(222  I,  p.  353)  die  „cellules  a  noyau  poussiereux'',  welche  ich  für  die 
Ursamenzellen  ansehe ,  sich  in  Bezug  auf  die  Struktur  ihrer  Kerne 
genau  so  verhalten,  wie  die  Zellen  mit  den  protobrochen  Kernen  a; 
auch  entbehren  sie  eines  Nucleolus.  —  Schönfeld  (231)  hingegen 
schreibt  diesen  Zellen  ein  deutliches  Kernkür])erchen  zu  und  l.iildet 
es    wiederholt    al).    —    Es   ist   endlich    klar,   daß,    wenn    die    Wini- 


Die  Geschlechtszellen.  243 

WARTER'sche  Ansicht  für  die  Ureier  der  Säugetiere  richtig  ist,  sie 
auch  für  die  übrigen  Ureier,  wenigstens  für  die  der  "Wirbeltiere, 
gel  ton  düi'fte. 

Bau  der  weiter  entwickelten  Eier:  Oocyten  nnd  Reif- 
eier. Indem  die  Ureier  durch  die  verschiedenen  Generationen  der 
Oogonien  sich  zu  den  Oocyten  entwickeln ,  treten  sie  mit  diesen  in 
ihre  AVaclistumsperiode  ein  und  erlangen  mit  dem  Ende  derselben 
ihre  endgültige  Größe  und  Ausbildung.  Mit  der  Ausstoßung  der 
beiden  Polocyten  gewinnen  sie  ihre  Befruchtungsfähigkeit,  ändern  aber 
damit  an  ihren  erreichten  Form-,  Größen-  und  Bauverhältnisseu,  kurz 
an  ihrem  Gesamthabitus  kaum  noch  etwas.  Handelt  es  sich  um  abzu- 
legende Eier,  so  gewinnen  diese,  wie  schon  vorhin  bemerkt,  Ijeim  Lege- 
vorgange  noch  eine  Reihe  von  Hüllen  und  sonstigen  Vorrichtungen, 
die  zum  Schutze  und  zur  Befestigung  dienen.  So  nehmen  wir  in 
diesen  Abschnitt,  welcher  den  Bau  der  zur  Befruchtung  entwickelten, 
völlig  ausgebildeten  Eier  zu  schildern  hat,  alles  dieses  auf  und  be- 
sprechen die  reifen  Eier  in  ihrer  äußeren  Erscheinung,  wie  in  ihrem 
Bau  im  allgemeinen,  unter  Einschluß  der  genannten  Legehüllen. 

Weitaus  die  meisten  Eier  haben,  wie  gleichfalls  erwähnt  wurde,  eine 
K  u  g  e  1  f  0  r  m  ,  oder  eine  der  Kugelgestalt  genäherte  s  p  h  ä  r  i  s  c  h  e 
Form;  insbesondere  trilft  dies  zu  für  alle  kleinen  Eier  und  für 
solche,  welche  im  Mutterkörper  verbleiben  ;  die  letzteren  werden  ja, 
wie  begreiflich,  stets  auch  zu  den  kleinen  Formen  gehören,  da  sie 
nicht  mit  viel  Dotter  und  Hüllen  bei)ackt  zu  werden  brauchen.  Die 
größeren  Eier,  welche  abgelegt  werden,  nehmen  eine  verlängerte, 
ellipsoidische  oder  diejenige  charakteristische  Form  an,  welche 
wir  zumeist  beim  Vogelei  finden,  und  die  von  daher  ihren  Namen 
hat,  die  ovoide,  mit  einem  spitzeren  und  einem  stumpferen  Pole 
versehene.  Hierbei  dürfte  es  sich  in  beiden  Fällen  um  eine  An- 
passung an  das  Legegeschäft  handeln.  Die  ellipsoidischen  Eier  finden 
wir  vor  allem  bei  den  Insekten ;  ich  verweise  u.  a.  hier  auf  die  all- 
gemein bekannten  Eier  der  Dipteren. 

Sehen  wir  von  den  Hüllen  ab,  so  ist  das  darin  steckende  Ei,  Oo- 
cyte  oder  Reifei,  von  weicher  Konsistenz,  entsprechend  seiner  Zell- 
natur ;  die  dotterreichen  Eier  sind,  wie  bekannt,  fast  zerfließlich  weich. 
Eine  stärker  entwickelte  Zellmembran  (Dotterhaut)  giebt  aber  den 
Eiern,  namentlich  den  kleinen,  oft  eine  große  Elastizität  und  Wider- 
standsfähigkeit. 

Die  sehr  verschiedene  F  ä  r  b  u  n  g  der  Eier  beruht  entweder  im 
Dotter,  der  meist  gelblich  in  hellerer  oder  dunklerer  Schattierung 
ist  —  siehe  Abschnitt :  Chemische  und  physikalische  Beschaftenheit  der 
Eier  — ,  aber  auch  bläulich  oder  blaugrünlich  erscheinen  kann,  wie  bei 
der  Teil  er  seh  necke,  Patella,  selbst  violett,  wie  bei  einem  von 
Grexacher  beschriebenen  Cephalopodenlaich  (Teuthisart?),  oder  sie 
liegt  in  einem  dem  Ooplasma  beigegebenen  Pigmente  (dunkle  Eier 
vieler  Batrachier,  Frösche  z.  B.  und  mancher  Fische  (Störe),  oder  endlich 
sie  liegt  in  der  Schale,  wie  wir  das  von  den  so  mannigfaltig  gefärbten 
Vogeleiern  wissen.    Vgl.  hierzu  den  soeben  angezogenen  Abschnitt. 

Die  Größe  der  Eier  ist  eine  sehr  verschiedene,  wie  einleuchtet, 
wenn  wir  die  Ausmaße  eines  Menscheneies  mit  dem  eines  Straußen- 
oder Aepyornis-Eies  vergleichen,  selbst  wenn  wir  bei  den  letzteren 
Eiern  nur  das  nehmen,  was  vergleichbar  ist,  das  Gelbei  in  seiner 
Dotterhaut.      Genauere    Angaben     geben     wir     am    Schlüsse     dieses 

16* 


244  W.  Waldeyer, 

Kapitels.    Hier  sei  nur  noch  erwähnt,  daß  die  Reifeier  im  allgemeinen 
weitaus  die  größten  tierischen  Zellen  darstellen. 

Es  giebt  indessen  auch  gewisse  Nervenzellen,  die  den  Säugetiereiern 
und  Menscheneiern  an  Größe  nicht  nachstehen.  So  hat,  nach  den 
Messungen  von  G.  Fritsch,  Lophius  piscatorius  Nervenzellen  von  0,1 — 
0,2  mm  Durchmesser  mit  Kernen  von  70  /n  und  Nukleolen  von  35  f.i ; 
die  beiden  elektrischen  Nervenzellen  von  Malopterurus  electricus  stehen 
diesen  kaum  nach  (G.  Fritsch).  Größere  Zellen  noch  von  1  — 1,5  mm 
Durchmesser  fand  Chun  in  den  blinddarmförmigen  Anhängen  der  Luft- 
säcke bei  den  Siphonophoren ;  die  Kerne  dieser  Zellen  sind ,  wenn  sie 
gefärbt  sind,  leicht  mit  freiem  Auge  zu  sehen. 

Die  nunmehr  genauer  zu  schildernden  morphologischen  Bestandteile 
der  Eier,  welche  S.  225  schon  kurz  aufgeführt  wurden,  geben  wir  zu- 
nächst in  einer  tabellarischen  Zusammenstellung,  um  die  Uebersicht 
über  den  Gang  der  Beschreibung  zu  erleichtern.     Wir   haben  am  Ei: 

a)  Den  Eileib,  Ooplasma  (Korschelt-Heider)  mit  a)  dem 
Keim  oder  Eiprotoplasma  und  ß)  dem  Den  toplas  ma 
(Dotter,  vitellus), 

b)  das  Keimbläschen,  v  e  s  i  c  u  1  a  g  e  r  m  i  n  a  t  i  v  a  (Eikern )  mit 
dem  K  e  i  m  f  1  e  c  k  ,  m  a  c  u  1  a  g  e  r  m  i  n  a  t  i  v  a  (Kernkörper), 

c)  den  Dotterkern,  nucleus  viteUinus,  (Sphaere,  Centro- 
som)  nebst  den  Centriolen  (Centralkörperchen). 

d)  die  E  i  h  ü  1 1  e  n  ,  i  n  v  0 1  u  c  r  a  0  v  0  r  u  m  und  Befestigungsstücke. 
Die  Hüllen  zerfallen  (nach  Korschelt-Heider)  in  «)  p  rimäre 
D  0 1 1  e  r  h  a  u  t ,  membrana  vitellina),  (i)  s  e  c  u  n  d  ä  r  e  (C  h  o  r i  o  n) 
y)  tertiäre  (Eiweißhüllen ,  Gallerthüllen ,  Schaleubildungen, 
Coconbildungen). 

a)  Eileib,  Ooplasma.  Der  Eileib  ist,  wie  wir  gesehen  haben, 
bei  den  jüngsten  als  solche  erkennbaren  Eiern,  den  Ureiern,  ein 
echtes,  reines  Zellprotoplasma  und  von  dem  Protoplasmaleibe  anderer 
Zellen  mit  unseren  jetzigen  Hilfsmitteln  nicht  zu  unterscheiden.  Bei 
denjenigen  Eiern,  welche  wenig  Dotter  ausbilden  und  aufspeichern, 
behält  er  diese  Beschaffenheit  im  großen  und  ganzen  bei. 

Solche  Eier  mit  wenig  Deutoplasma  finden  wir  bei  den  Poriferen, 
bei  den  Tricladen,Rhabd  ocölen  und  gewissen  Trematoden,  bei  den 
Orthonectiden,  bei  einigen  Oligochäten  (Lumbricus  z.  B.),  bei  den 
meisten  Echinodermen,  bei  den  viviparen  Aphiden  und  bei  einigen  Ovi- 
paren Hymenopteren,  wie  den  Ptero malinen,  die  ihre  Eier  in 
die  Leibeshöhle  anderer  Lisekten  ablegen  und  bei  den  A  s  c  i  d  i  e  n. 
Die  Eier  vieler  Säugetiere  sind  im  Verhältnisse  zu  ihrer  Größe  ziemlich 
dotterreich.  Das  Ei  des  Menschen  ist  ein  dotterarmes,  aber  protoplasma- 
reiches. Die  Tricladen,  Rhabdocölen  und  die  betreffenden  Trematoden, 
so  wie  die  Pteromalinen  dürften  die  dotterärmsten  Eier  liefern.  Bei  den 
genannten  Plattwürmern,  liegen  1  oder  2  Eizellen,  von  vielen  dotterführen- 
den Zellen,  Do t terzeilen,  umgeben,  in  einer  Hülle;  das  ganze  stellt 
also  einen  Cocon  dar  und  man  kann  das  Gebilde  füglich  nicht  mehr 
ein  Ei  nennen ,  wie  es  indessen  auch  wohl  üblich  ist.  Erst  wenn  die 
Entwickelung  beginnt,  zerfallen  die  Dotterzellen  und  werden  von  dem 
sich  entwickelnden  Embryo  verzehrt.  So  lange  die  Eizellen  dieser  Tiere, 
obwohl  sie  Reifeier  darstellen,  nicht  zur  Entwickelung  gelangen,  er- 
halten sich  auch  die  Dotterzellen  intakt;  solche  Eizellen  sind  nrni  fast 
ganz    frei    von  Dotter.     Auch    bleiben    die    hier    aufgezählten    Eier    stets 


Die  Geschlechtszellen.  245 

klein,  so  daß  sie  sich,  wenn    man  von    Kernveräuderungen    absieht ,    nur 
wenig  von  Ui^eiern  unterscheiden. 

Eine  einsclnieideiule  Aendenin.u"  erfährt  das  Ooi)lasina  durch  die 
Aufnahme  größerer  Dottermasseu.  Die  Dottersubstanzeu  erscheiueu 
als  körperliche  Elemente,  Dotterkörper,  zuerst  in  Form  sehr 
kleiner  Kügelchen  von  mehr  oder  minder  starker  Lichtbrechung,  und 
zwar  häutig  in  der  Nähe  des  Kerns;  diese  Kügelchen  wachsen  heran 
und  können  eine  recht  ansehnliche  Größe  erreichen.  Es  ist  klar,  daß 
infolge  dieser  Einlagerung  das  ursprüngliche  Protoplasma  eine  netz- 
förmige, oder  wabenförniige  Anordnung  erhalten  wird,  die  je  nach  Zahl, 
Größe  und  A'erteilung  der  Dotterelemente  verschieden  ist. 

Die  Dotterkörper  sind  im  wesentlichen  —  vgl.  die  chemischen 
Angaben  S.  231  —  aus  Eiweißstoffen  gebildet  und  zeigen  eine  ver- 
schiedene Konsistenz  vom  Zähflüssigen  bis  zum  Festen.  Dazu  treten 
fettartige  Substanzen  und,  namentlich  bei  den  Knochenfischen  (s.  Fig.  57) 
und  verschiedenen  Wirbellosen,  echte  Fetttropfen,  sogenannte  Oel- 
tropfen,  die  mitunter  eine  bedeutende  Größe  erreichen;  so  liegt 
u.  a.  bei  vielen  Entomostraken  inmitten  des  Dotters  eine  auffallend 
große  Fettkugel.  Die  chemische  Be- 
schaffenheit   der    Dotterkörper    ist    nicht 

immer,    vom  Beginne   ihrer  Entwickelung  -'"     ^^ 

an,   die   endgiltige;    es   gehen   öfter  Vor- 
stufen   voraus,    welche    als   „Vitellogene''  o^^ 
oder  „Prolecithe"  bezeichnet  werden.  Wei-  ~         "\ 
tere  Angaben  über  das  chemische  Verhal-         ■'  :.     ,       ^^ 
ten  der  Dotterkörper  lasse  ich  noch  folgen.  -    "  ^ 

Abgesehen   von   der   Kugelform ,   wie  ~3 

wir  sie  insbesondere  im  Vogeldotter  finden, 
zeigen  die  Dotterkörper  sich  in  der  Ge- 
stalt von  Schollen,  Cylindern  und  rundlich- 
eckigen  Figuren,  insbesondere  in  den  Eiern 
von    Selachiern ,    einigen    Knochenfischen  ^^ "  «.^   ' ' ' 

(Cyprinoiden)    in    jüngeren    Stadien    und  Fig.  67.  Dotterelemente  von 

Amphil.)ien.    Vielfach  wird  auch,  insbeson-     Torpedo  oceUata  (nach  J.  Rü- 
dere für  Amphibien  und  Fische,  eine  Platt-      CKERT  [534]  Fig.  20).    Grobe 
chen-  oder  Täfeichenform,  die  an  Krystalle     Dotterkörper  und  ferne  Dotter- 
1  ^   V,  /-  1-  N       korner;  Zerraü  der  srroben  Dot- 

erinnert,  angegeben.    0.  Schultze  (o4<a)     terkörper  in  feine.  "" 

und  R.  FiCK  (363)    stellen   dies  aber  für 

Ami)hibien   in  Abrede;    die    Dotterkörper 

sind  hier   ähnlich   gestaltet,   wie   bei    den    Selachiern  (Fig.  67);   diese 

Körper  können  aber  in  Plättchen  zerfallen. 

Krystalloide  oder  gar  Krystalle,  wofür  sie  Radlkofer  (523 d) 
erklärt  hat,  sind  die  krystallähnlicheu  Dotterplättchen,  falls  sie  über- 
haupt vorkommen,  aus  dem  Grunde  nicht,  weil  sie  keine  Doppel- 
brechung zeigen,  was  bei  echter  Krystallnatur  der  Fall  sein  müßte, 
da  ihre  Form  sie  zu  den  irregulären  Krystallen  stellen  würde. 
Nur  die  regulären  Krystalle  zeigen  bekanntlich  keine  Doppelbrechung. 
Vgl.   hierzu   v.   Ebner  (351)   und  Rückert  (534). 

v.  Ebxer  hat  jüngst  (351)  den  interessanten  Befund  von  Krystallen 
des  regulären  Systems  (ohne  Doppelbrechung)  im  Ooplasma  von 
Cervus  capreolus  mitgeteilt,  die  aus  einer  Globulinsubstanz  bestehen.  Es 
handelt  sich  hier  also  um  echte  Eiweißkrystalle.  In  Eiern  anderer  Säuge- 
tiere wurden  solche  bis  jetzt  noch  nicht  gefunden. 


246 


W.  Waldeyer, 


Krystalloide  Körper,  ähnlich  denen  von  Reinke  u.  A.  im 
Hoden  beschriebenen  Bildungen,  erwähnt  van  Bambeke  in  den  Eiern  von 
Pholcus  phalangioides  Puessl  (Araneinen),  und  zwar  sowohl 
im  Ooplasma  wie  auch,  allerdings  nur  in  geringerer  Zahl,  im  Keim- 
bläschen und  Keimflecke.  0.  Hehtwig  (416b)  beschreibt  eigentümliche 
spindelförmige  Körper  im  Dotter,  0.  Schl'Ltze  bei  Amphibien  hämatoidin- 
ähnliche  Krystalle. 

Eingehend  schildert  Rückert  die  Dotterkörper  der  Selachier,  haupt- 
sächlich bei  P  r  i  s  t  i  u  r  u  s  und  Torpedo.  Es  ist  hier  ein  grober  und 
feiner  Dotter  zu  unterscheiden.  Die  großen  Körper  des  groben  Dotters 
sind  niedrige  prismenähnliche  oder  cylindroide  kurze  Scheiben,  welche 
scheinbar  von  einer  Art   hellerer  Hüllsubstanz  umgeben  werden.    Dieses 

die  eine  schmalere  Fläche  der  kurzen 

lichtbrechend    ist    als    das    gegenüber- 

die    so    beschaffenen    Dotterplättchen, 

schwimmen,    immer  das  stärker  lichtbrechende  Ende  nach 

sehe    man    nun 
Teile,    und 


kommt  nach  Puckert  daher,  daß 
Cylinderstücke  sehr  viel  stärker 
liegende    breitere    Ende    und    daß 


wenn  sie    frei 

oben  kehren.     Beim  Blick    auf   diese    schmaleren    Enden 

stets    auch    die  überragenden    schwächer    lichtbrechenden 


so 


wurde  der  Anschein  eines  helleren  Mantels  erweckt.  Der  feinkörnige 
Dotter  besteht  aus  viel  feineren  rundlichen  Elementen,  den  „Dotter- 
körnei'n",  wie  Rückert  sie  im  Gegensatze  zu  den  groben  „Dotterplätt- 
chen" nennt :  die  letzteren  gehen  aber  durch  Zerfall  in  die  Körner  über. 
Der  feine  Dotter  umgiebt  zunächst  den  Keim  ringförmig,  dann  aber 
schiebt  er  sich  zugeschärft  von  allen  Seiten  her  unter  den  Keim  und 
in  Porm  eines  Cylinders  oder  Kegels,  der  ein  Stück  groben  Dotters  um- 
schließt, in  den  letzteren  nach  unten  (die  Keimscheibe  oben  gedacht) 
hinein.  Feiner  Dotter  wird  auch  im  Innern  des  Keimes  selbst  gefunden, 
indem  eine  dichte  Durchsetzung  des  Keimprotoplasmas  mit  feinsten 
Dotterkörnern  —  die  noch  meßbaren  haben  1 — 2  fi  —  besteht,  so  daß  das 
Protoplasma  fast  ganz  verdeckt  wird.  Bei  der  Furchung  werden  diese 
letztgenannten  Dottermassen    mit  in  den  Furchungsprozeß  einbezogen. 

Abweichend  von  Ritckert  nimmt  His  (420  a)  um  die  groben  Dotter- 
körper der  Selachier  thatsächlich  eine  HiQlsubstanz  an,  und  zwar  eine 
doppelte,  eine  innere  resistente  Haut  und  eine  äußere  hyaline  Substanz. 
Auch  darin  diiferiert  His  von  der  vorstehend  mitgeteilten  Beschreibung, 
daß  er  den  feinkörnigen  Dotter  Rückert's,  der  den  Keim  zunächst  um- 
giebt, noch  mit  Keimprotoplasma  durchsetzt  sein  läßt. 

Anders  verhalten  sich  die  Dotterelemente  bei  den  Vögeln,  wo 
sie  insbesondere  von  Foster  und  Balfour  (639a)  "und  W.  His 
(418  u.  420a)  genau  beschrieben  sind.  Auch  hier  sind  zweierlei 
Dottermodifikationen    zu   unterscheiden,    der   gelbe   und   der  weiße 

Dotter,   von    denen    man 
^  B  den  ersteren  dem  groben 

Dotter  der  Selachier,  den 
zweiten  dem  feinen  ver- 
gleichen kann.  Der  gelbe 
Dotter  besteht  aus  großen 

25 — 100  /<    messenden 
Kugeln,    die    wieder   un- 
zählige  feinste  Körnchen 
enthalten,  so  daß  sie  wie 
bestaubt     aussehen      (s. 

m  Ä). 


Fig.  68.  Dotterkörper  vom  Hühnerei  nach 
Balfour  aus  O.  Hertwig's  Lehrbuch  der  Ent- 
wickelungsgeschichte,  7.  Aufl.,  Fig.  10:  .1  Dotter- 
kugel des  gelben  Dotters.  7>  JJotterkugeln  des 
weißen  Dotters  verschiedener  Größe  und  Entwicke- 
hmg  mit  ihren  Inhaltskörperu. 


Fio- 


Die  Geschlechtszellen.  247 

Die  Kugeln  des  weißen  Dotters  (s.  Fig.  68  B)  sind  sehr  ver- 
schiedener Größe,  von  allcrfeinsten  punktförmigen  Körpern  an  bis  zu 
Köri)ern  fast  von  der  Größe  der  gelben  Dotterkugeln  ;  sie  sind  heller 
als  die  gelben  Dotterkugeln  und  führen  je  nach  ihrer  Größe  ein  oder 
mehrere  stark  lichtbrechende  kugelige  Gebilde  als  Inhaltskörper.  Die 
Haupt-  oder  Hüllmasse  der  Kugeln  ist  eine  zähflüssige  Eiweiß- 
(Vitellin-)  Lösung,  die  Inhaltskörper  dagegen  sind  festere  Massen  von 
strahligem  Bruch  und  enthalten  vakuolenartige  Innengebilde. 

His  (420a),  dem  ich  diese  und  die  folgenden  Angaben  entlehne, 
bringt  für  die  Kugeln  des  weißen  Dotters,  sowie  für  alle  im  Eidotter 
auftretenden  hellen  Kugeln,  ob  mit  oder  ohne  Einschlüsse,  den  Namen 
„D  o  t  tercy  toi  de"  im  Vorschlagt).  —  Salzsäure  löst  die  Hüllmasse 
und  läßt  die  Inhaltskörper  aufquellen.  Es  giebt  auch  leere  Cytoide,  die, 
wenn  sie  zwischen  trüben  Dottermassen  gelegen  sind,  den  Anschein  heller 
Vakuolen  bieten.  Daß  sie  zu  den  festeren  Inhaltskörpern  in  genetischer 
Beziehung  stehen,  ist  wohl  sicher;  nur  wissen  wir  nicht,  ob  letztere  der 
hellen  Cytoidhülle  den  Ursprung  geben  oder  ob  sie  sich  umgekehrt  aus 
dieser  Hüllmasse  bilden.  Wichtig  ist,  daß  die  Inhaltskörper,  namentlich 
bei  sich  entwickelnden  Eiern,  in  kleinere  Körner  zerfallen,  und  daß  auch 
die  Hüllmassen  sich  lösen,  so  daß  die  Körner  frei  werden  und  nun 
massenweise  von  den  jungen  Zellen  des  Keimes  aufgenommen  werden. 
So  gestaltet  sich  denn  die  Ernährung  des  jungen  Embryo  durch  den 
Dotter  zu  einer  phagocytischen. 

Bemerkt  mag  noch  werden,  daß  es  oft  Schwierigkeiten  macht,  eine 
mit  Dotterkörnern  vollgeladene  Keimzelle  und  ein  stark  körniges  Dotter- 
cytoid  zu  unterscheiden.  Man  wird  insbesondere  auf  die  Anwesenheit, 
bezw.  das  Kehlen  eines  Kerns  zu  achten  haben. 

Die  großen  gelben  Dotter  kugeln  sind  viel  empfindlicher 
gegen  Reagentien  als  die  Dottercytoide.  Bei  Wasserzusatz  zerfallen  sie 
sofort  in  feine  dichte  Körnermassen;  in  stärkeren  Kochsalzlösungen 
(über  1  Proz.)  lösen  sie  sich  auf;  da  die  Cytoide  erhalten  bleiben, 
kann  man  so  den  gelben  von  dem  weißen  Dotter  trennen. 

Es  wurde  bereits  bemerkt,  daß  die  Hüllmasse  der  Cj'toide  eine 
Vitellinlösung  sei ;  auch  die  Dotterkörper  der  Amphibien  u.  a.  be- 
stehen aus  Vitellin  und  verhalten  sich  ganz  wie  die  gelben  Dotter- 
kugeln, indem  sie  in  Kochsalzlösungen  gelöst  werden.  Die  Vitellin- 
substanz  der  Cytoide  muß  jedoch  nicht  völlig  die  gleiche  sein,  da  sie 
sich  in  Kochsalzlösung  nicht  löst.  Das  Vitellin  enthält  nun  das  be- 
treifende Lecithin  und  einen  nucleinähnlichen  phosphorreichen  Körper, 
wozu  noch  ein  Teil  des  Fettes  mit  den  früher  genannten  Salzen  tritt; 
alles  dieses  ist  im  Vitellin  zusammen  gebunden. 

Schon  MiESCHER  machte  darauf  aufmerksam,  daß  das  „Eiernuclein" 
nicht    identisch    sei    mit    dem  Nuclein    der  Zellkerne ;    neuerdings  haben 


1)  His  wählt  diesen  Ausdruct,  weil  diese  Gebilde,  der  Einschlußkörper  wegen, 
die  an  Kerne  und  Kernkörper  erinnern,  mehrfach  für  ZeUen  gehalten  worden  sind, 
so  von  Schwann,  Reichert,  Coste  und  seiner  Zeit  von  His  selbst.  Letzterer  hat 
jetzt  diese  Ansicht  aufgegeben.  Neuerdings  ist  sie  in  etwas  abgeänderter  Weise  von 
Lavdowsky  und  Tischutkin-  (457)  wieder  aufgenommen  worden.  Die  weißen 
Dotterelemente  werden  von  ihnen  „Dottercyten",  ihre  Inhaltskörper  „Dotter- 
kugeln", die  gelben  Dotterelemente  „Dottersegmente"  genannt.  Die  Dotter- 
cyten sollen  aus  den  Dottersegmenten  hervorgehen  und,  obwohl,  selbst  keine  voll- 
kommenen Zellen,  doch  den  Zellen  der  jungen  Embryonalanlage  ihren  Ursprung 
geben. 


248 


W.  AValdeyer. 


KossEL  und  seine  Schüler  darüber  weitere  Untersuchungen  angestellt 
und  gezeigt,  daß  das  Eiernuclein  zu  den  von  Kossel  sog.  „Para- 
nucleinen"  gehört;  während  der  Entwickelung  geht  aber  höchst  wahr- 
scheinlich das  echte  Nuclein  der  Kerne  der  Embryonalzellen  aus  dem 
Dotterparanuclein  hervor.  Die  eisenhaltige  Substanz,  von  der 
vorhin    bei  Aufzählung    der    chemischen  Bestandteile    der  Eier  die  Rede 

war,  gehört  auch  zu  diesen  Para- 
nucleinen  und  ist  von  Buxge  (315) 
gefunden  worden.  Beim  Zerfalle 
der  Dotterkörper,  welcher  zur 
Bildung  von  Scheiben  und  Körn- 
chen führt  oder  durch  Vacuolen- 
bildung  eingeleitet  wird ,  zeigt 
sich  unter  Umständen  ein  gelb- 
rötlicher Farbstoff;  man  hat  die- 
sen, wie  S.  231  bemerkt,  sowie 
das  Eisen  mit  der  Bildung  von 
Blutfarbstoff  in  Verbindung  ge- 
bracht. 

Es  fragt  sich,  ob  die  Dotter- 
körper Membranen  haben 
oder  nicht?  His  (420a)  scheint 
Membranen  anzunehmen :  er 
spricht  wiederholt  von  ..Blasen", 
von  mit  ..Flüssigkeit  gefüllten 
Blasen",  vom  ..Platzen"  dieser 
Blasen,  von  einer  .,resistenteren 
Haut"  als  innerer  Hülle  der 
Dotterkörper  der  Selachier  und 
von  einer  ..zarten  membranösen 
Hülle"  bei  den  Yogeldotter- 
körpern,  Foster  und  Balfour 
(639a)  sprechen  den  letzteren 
eine  Membran  mit  Bestimmt- 
heit ab.  Ich  vermag  mich  gleich- 
falls nicht  von  dem  Vorhanden- 
sein einer  solchen  zu  über- 
zeugen :  es  lassen  sich  auch  alle 
Erscheinungen  an  den  Dotter- 
I  körpern.  selbst  das  ..Platzen", 
"  ohne  Annahme  einer  Membran 
erklären. 

^i:)-'--'-:  y.yV'  J  ■\..^'- .  ' ■-'■'M'.  Fig.  60.    Segment  eines  Eies  von 

WU:  '::  -^  ;  •    '        -  '- ^         Triton  laeniatusr  (Bexda  präp.,  Frl. 

%,■;:-;:  ■  E.   Magex    del.)    Zeiss    V12    homog. 

^^'  ;/:■■:  Immers.  Oc.  4.  —  Von  oben  nach  unten 

folgen:  1.  das  abgeplattete  FoUikel- 
ü- .  epithel,  2.  die  Dotterhaut,  3.  die  deut- 
lich aus  Stäbchen  zusammengesetzte 
Zona  radiata,  4.  eine  hellere  ßtndenschicht^  5.  eingesprengte  dunklere  Dotter- 
massen, C).  Zone  mit  (gefärbten)  Dotterkörpern,  ..  Zone  ohne  solche  Körper,  8.  das  von 
einem  hellen  Hofe  umgebene  Keimbläschen  mit  3  größeren  dunklen  Körpern  (Keuu- 
f lecken),  feinen  Körnchen  imd  fadenförmigen,  aus  strich-  und  punktförmigen  Kor- 
perchen  zitsammengesetzten  Gebilden,  Gerüststrängen.  Die  fernen  blauen 
Pünktchen,  namentlich  in  der  Eindenlage  des  Dotters  sind  Mitochondria.  Die 
Körnchen  im  Keimbläschen  gehören  nicht  dahin. 


"^^te^^^fe 


Die  Geschlechtszellen. 


249 


Die  Dotterelemente  der  Reptilien  sind  ähnlich  den  Dotter- 
cytoiden  der  Vögel;  nur  zeigen  die  Inhaltskörper  eine  schwächere 
Lichtbrechung. 

Bei  den  Knochenfischen  finden  wir,  insbesondere  bei  Cypri- 
noiden,  in  jungen  Eiern  sogenannte  Dotterplättchen  (His  419  u.  420a) ; 
bei  den  reifen  Eiern  stellt  der  Dotter  eine  klare,  konzentrierte  Vitellin- 


lösung  —  so   darf  man    wohl 


sagen 


dar.    His  setzt  diese  Dotter- 


fiüssigkeit  einer  Salzlösung  von  Dotterplättchen  gleich. 

Die  Dotterkörper  der  Amphibien  wurden  schon  vorhin  nach  den 
Angaben  von  0.  Schultze  und  R.  Fick  erwähnt.    Ich  verweise  auf  die 

Die  Körper  sind  dort  (künstlich)  gefärbt. 


Abbildungen  Fig.  69  und  70. 


•*< 


Die  Stellung  dieser  sämtlichen  Dotterkörper  zur  Eizelle  kann  w^ohl 
mit  der  von  Aleuronkörnern  oder  Stärkekörnern  im  Pflanzen- 
reiche verglichen  wer- 
den (His  420a);  sie 
sind  „organische"  Bil- 
dungen, denen  eine  er- 
nährende Funktion  zu- 
kommt, die  sich  wäh- 
rend der  Entwicklung 
geltend  macht ;  sie 
sind  jedoch  nicht  or- 
ganisiert, führen  kein 
eigenes  Leben.  Schon 
Johannes  Müllek  hat 
den  Vergleich  mit  den 
Stärkekörnern  hinge- 
stellt (s.  bei  Leydig, 
Lehrbuch  der  Histo- 
logie, S.  509). 

Bei  den  übrigen 
Tieren ,  insbesondere 
den  Säugetieren, 
Stelleu  die  Dotterele- 
mente kleine ,  stark 
lichtbrechende  Körn- 
chen oder  Kügelchen 
dar,  die  bei  der  Unter- 
suchuuij    mit     durch- 


Fig.  70.  Elastomere  von  Triton  taeniatus  aus  der 
ersten  Furchungszeit.  In  der  Mitte  der  helle  Kern  mit 
Gerüststrängen,  zu  beiden  Seiten  je  eine  Sphäre  mit 
einem  Centriol  und  Strahlung,  rings  umgeben  von  blau 
gefärbter  Mitochondria.  Weiter  peripher  das  Ooplasma 
mit  den  gelbgrünlichen  Dotterkörpern  und  osmierten 
Fettpartikeln  dazwischen.  Benda  praep.  et  delin. 
Vergr.  800. 


fallendem  Licht  das  ganze  Ei  dunkelkörnig  erscheinen  lassen. 


so 
a. 


daß 
,  oft 


dadurch  andere  Teile  des  Eies,  wie  z.  B.  das  Keimbläschen  u. 
gänzlich  verdeckt  werden. 

Bei  manchen  Insektenarten  finden  sich  auch  schollenähnliche 
Körper. 

Meist  zeigt  sich  der  Dotter  gefärbt  (vergl.  das  S.  231  und  S.  243 
Gesagte).  Nur  selten  ist  er  farblos ;  seine  Elemente,  die  Dotterkörper, 
sehen  dann  wie  Vakuolen  aus.  Uebrigens  trifft  man  auch  zwischen 
gefärbten  Dottermassen  ungefärbte  Dotterelemente  an. 

Wohl  müssen  von  diesen  Dotterfärbungen  die  echten  Pignien- 
tierungen  des  Ooplasma  unterschieden  werden,  wie  wir  sie  bei 
vielen  Amphibieueiern  finden,  aber  auch  bei  Ganoiden  (Stör)  u.  a. 
Hier   liegt  ein  körniges   Pigment   zwischen  den  Dotterelementen 


250 


W.  Waldeyer, 


und  ist  bei  manchen  Arten,  z.  B.  beim  Frosch,  in  der  sogenannten 
animalen  Hälfte,  d.  i.  der,  in  welcher  der  Embryo  zuerst  sich  anlegt, 
besonders  stark  angehäuft,  so  daß  diese  ein  schwarzes  Aussehen  ge- 
winnt und  ohne  weiteres  unterschieden  werden  kann.  Vgl.  hierzu  ins- 
besondere 0.  ScHULTZE  (547a)  und  R.  Fick  (363). 

Von  nicht  geringem  Interesse  ist  der  von  Benda  (38  u.  616  b) 
gelieferte  Nachweis,  daß  die  bei  der  Spermiogenese  in  so  bedeutsamer 
Weise  eintretende  Mitochondria  (s.  S.  171,  172,  178,  181,  182  und 
195)  auch  in  den  Eizellen  reichlich  vertreten  ist ;  ebenso  findet  sie  sich 
in  den  Zellen  der  GRAAF'schen  Follikel,  Zellen,  die  bei  der  Ei])ildung 
zweifellos  eine  wichtige  Rolle  spielen.  In  den  hier  folgenden  Figuren 
69,  70  und  71,  nach  Originalpräparaten  Benda's  gezeichnet,  ist  die- 
selbe in  Form  feinster  blauer  Körnchen,  so  wie  sie  an  den  Präparaten 
erscheint,  dargestellt;  in  Fig.  71  sieht  man  auch  einige  Chondriomitome, 
d.  h.  zu  fadenähnlichen  Bildungen  aneinandergereihte  Mitochondria ; 
sie  sind  im  Originalpräparat  weit  deutlicher. 


Fig.  71.  Ei  von  Mus  musculus  in  seinem  GRAAF'schen  Follikel,  dessen  binde- 
gewebige Thecae  nicht  mit  abgebildet  sind.  Zu  äußerst  die  aus  den  Follikelepithel- 
zellen  gebildete  Membrana  granulös  a,  links  ein  heller  Raum  mit  Liquor 
folliculi  erfüllt.  Auf  dem  Ei  dicht  an  dessen  Zona  ijellucida,  das  Eiepithel, 
zu  ^/^  (rechts)  erhalten  mit  blaukörniger  Mitochondria.  Das  Ei  mit  Keimbläschen 
und  Keimfleck  des  Keimbläschens  ist  in  der  Zeichnung  nicht  besonders  scharf  aus- 
gefallen. Im  Dotter,  insbesondere  an  der  Peripherie,  Mitochondria.  Benda 
präp.,  Frl.  Magen  del.    Zeiss  '/12  ^o^^-  Inimers.  Oc.  4. 

An  den  Figuren  69  und  70  sind  auch  in  ausgezeichneter  Weise 
die  Dotter  kör  per  zu  sehen,  welche  (künstlich)  gelblich  und  bräun- 
lich gefärbt  erscheinen.  Die  größeren  dunkleren  Körner  zwischen  den 
gelblichen  Dotterplättchen  in  Fig.  70  sind  osmiertes  Fett.  In  Fig.  71 
(Maus)  liegt  die  Eizelle  in  ihrem  Follikel;  in  den  sie  zunächst  um- 
gebenden Zellen,  dem  Eiepithel,  wie  Waldeyer  diese  benannt  hat, 
ist  die  Mitochondria  gut  gefärbt  worden,  desgleichen  in  der  Eizelle 
selbst,  namentlich  dicht  unter  der  hellen  dicken  Hülle,  der  Zona 
pellucida. 

Von   weiteren  Strukturen   im    Ooplasma   sind  noch  die  von 


Die  Geschlechtszellen. 


251 


W.  Flemming  (366)  nachgewiesenen  Fäden  zu  erwähnen.  Sie 
jiehöreii  dem  Protoplasma  an,  sind,  wie  (his  E.  Klein  in  seinem  Atlas 
der  Histologie  für  das  Eiprotoplasma  schon  angegeben  hatte,  netz- 
förmig untereinander  verbunden  und  es  liegen  in  (liesen  Fäden,  dem 
Mitom  des  Ooplasmas,  ursprünglich  die  Dotterkörner ,  wenn  sie 
zuerst  entstehen.  Später,  wenn  sie  größer  werden,  rücken  sie  aus  den 
Fäden  heraus  und  füllen  deren  interlilare  Maschen.  Somit  kommt  dem 
Eiprotoplasma  dieselbe  elementare  Struktur  zu, 
wie  sie  insbesondere  von  Flemming  auch  für 
andere  Zellen  nachgewiesen  worden  war.  (S.  hierzu 
Fig.  72.) 


Fig.  72. 


Xetzgerüst  aus  dem  Ooplasma  eines  Ovarial- 
eies  vom  Kaninchen.  Chromosmiumessigsäure,  Eisenhäma- 
toxylin.  Die  dunkle  Wandung  oijen  ist  die  Zona  pellucida. 
Nach  W.  Flemming  (366,  Fig.  Ij. 


gen. 


Das  Netzwerk  im  Dotter  mit  seinen  knotenförmigen  Verdickun 
die  von  Edw.  A.  Schaefer  (Proc.  royal  Soc,  Vok  XXX)  als  „Pseudo 
nuclei''  beschrieben  worden  sind,  ist  wiederholt  untersucht  worden, 
neuerdings  noch  von  Kohlbrugge  (447  a),  der  die  jüngsten  Dotter- 
elemente gleichfalls  innerhalb  der  Xetzfäden  sich  heranbilden  sieht.  Beim 
Kapitel  „Oogenese",  namentlich  bei  Besprechung  der  Dotterbildung, 
müssen  wir  auf  diese  feineren  Strukturverhältnisse  zurückkommen. 

Eigentümlich  ist  die  Schichtung,  welche  in  den  großen,  dotter- 
reichen Eiern  der  Sauropsiden  zu  Tage  tritt,  s.  die  Figuren  58  und  73. 
Beim  Vogelei  (Fig.  58)   sieht   man   inmitten   des   gelben  Dotters  kon- 
zentrische  helle   Linien,    welche   die 
Latebra  umkreisen,  in  ziemlich  regel-  „-.'-'■'••" 

mäßigen  Abständen    aufeinander  fol-  ,■■"" 

gen ;  ähnlich  ist  es  beim  Selachier- 
dotter,  der  hier  nach  der  uaturge-  / 
treuen  Abbildung  von  Rückert  (534) 
in  Fig.  73  wiedergegeben  ist.  Die 
Zeichnung  vom  Vogelei  ist  halb- 
schematisch ;  es  ist  hierauf  die  große 
Regelmäßigkeit  im  Abstände  und  in 
der  Breite  der  Linien  zurückzuführen. 

Die    Schichtung   beruht   hier  darauf,  y 

daß   abwechselnd   gelber  Dotter  (die  .  y' 

breiten  dunklen  Bänder  in  der  Figur) 

und    weißer    Dotter     (die    schmalen  ---~-__.:i,.i;.^-'' 

hellen  Bänder)  das  Gelbei  zusammen- 
setzen. Zum  weißen  Dotter  gehört 
auch  die  Substanz  der  Latebra  und 
des  Pander  'sehen  K  e  r  n  s  i).  Beim 
Selachierei  bestehen  die  schmaleren, 
grobkörniger  gezeichneten  Zonen  aus- 


grobem    Dotter    mit    recht     großen 
Dotterkörpern,  die  breiteren,  helleren 


Fig.  73.  Meridionalschnitt  durch 
ein  reifes  Ovarialei  von  Torpedo 
marmorata  nach  Rückert  (534, 
Taf.  LH,  Fig.  23).  Oben  der  kleine, 
linsenförmige  Keim  mit  dem  (dunk- 
leren) Keimbläschen  darin.  Der  Dotter 
zeigt  abwechselnd  grobkörnige,  dunkler 
gezeichnete  und  feinkörnige,  hellere 
Schichten. 


1)  Unter  dem  Namen  „PAXDER'scher  Kern"'  wird  die  weiße  Dottermasse  dicht 
unter  dem  Keime  verstanden,  welche  sich  nach  abwärts,  ein  wenig  sich  verschmälernd, 
in  die  Latebramasse  fortsetzt. 


252  W.  Waldeyer, 

Zonen  gleichfalls  aus  grobem  Dotter,  in  dem  aber  kleinere  Dotter- 
körpei-  vorherrschen.  Aus  großen  Dotterkörpern  besteht  auch  die  der 
Latebra  vergleichbare  centrale  Masse,  die  nach  oben  zum  Keim  und 
zu  dem  diesen  umgcljenden  feinkörnigen  Dotter  sich  erstreckt.  Bei 
auffallendem  Lichte  erscheinen  die  schmaleren,  grobkörnigen  Zonen 
dunkler,  die  breiten  heller,    so  wie  sie  die  Zeichnung  wiedergiebt. 

Der  Reptiliendotter  zeigt  eine  ähnliche  Schichtung.  Nach 
C.  F.  iSauasin  (M.  2354)  kommt  sie  hier  dadurch  zustande,  daß  Lagen 
von  großen,  glänzenden  Dotterkörpern  mit  kleineren,  dichter  gedrängten 
abwechseln.  Alle  Schichten  konvergieren  gegen  den  Keim  hin  und 
zeigen  in  dessen  Nähe  die  kleineren  Dotterkörper.  Sarasix  ist  der  An- 
sicht, daß  die  Zeichnung  der  Dotterschichtung  beim  Vogelei,  wie  sie 
V.  KöLLiKER  in  seinem  Werke  ülser  Entwickelungsgeschichte  der  Tiere 
giebt,  wo  man  die  Zonen  des  weißen  Dotters  sich  sämtlich  gegen  die 
Latebra  zurück  biegen  sieht,  der  AVirklichkeit  nicht  entspreche;  aber 
auch  das  THOJisoN'sche  Schema,  welches  hier  in  Fig.  58  aufgenommen 
ist,  sei  vielleicht  nicht  richtig.  Wahrscheinlich  würden  die  Linien  des 
weißen  Dotters  sich  nicht  vom  Keim  abbiegen,  wie  in  Fig.  58,  sondern 
alle  dem  Keime  zustreben,  wie  Sakasin  es  bei  Reptilien  fand  und  wie 
es  auch  aus  Fig.  73  einigermaßen  ersichtlich  ist.  Sarasin  sieht  eine 
Stütze  für  diese  Meinung  am  Dotter  von  Melopsittacus  undulatus, 
den  er  gleichfalls  untersuchte. 

Eine  der  wichtigsten  Fragen  beim  Bau  des  Ooplasmas  ist  die 
nach  dem  Vorkommen  bezw.  nach  der  Erhaltung  von  Proto- 
p  1  a  s  m  a  innerhalb  desselben  bei  den  dotterreichen  Eiern.  Die  dotter- 
reichen holoblastischen  Eier,  z.  B.  die  der  Amphibien,  zeigen  es  üljerall 
auch  zwischen  den  stärksten  Anhäufungen  von  Dotterelementen ;  siehe 
u.  a.  R.  FiCK  (363)  und  Michaelis  (479a).  Daß  in  den  jungen 
meroblastischen  Eiern  überall  Protoplasma  zwischen  den  Dotter- 
elemeuten  befindlich  sein  muß,  lehrt  ohne  weiteres  die  schon  an- 
gedeutete und  später  eingehend  zu  behandelnde  Entwickelungs- 
geschichte des  Dotters.  Waldeyer  hat  die  Meinung  vertreten 
(M.  1021),  daß,  wenigstens  in  der  unmittelbaren  Nachbarschaft  des 
Keimes,  Protoplasma  in  Form  von  Fortsätzen,  die  immer  feiner  und 
feiner  würden,  je  weiter  sie  in  den  Dotter  vordrängen,  sich  zwischen 
den  Elementen  des  letzteren  befände.  Auch  die  Darlegung  von  His 
(420a)  ist  dieser  Auffassung  günstig;  ferner  stimmt  ihr  Sarasin  (1.  c.) 
für  das  Reptilienei  zu.  Demgegenüber  betont  H.  Virchow  (586  und 
586a),  daß  es  bis  jetzt  noch  an  dem  bestimmten  Nachweise  von  Proto- 
plasma im  Ooplasma  meroblastischer  Eier  außerhalb  des  Keimes  fehle. 
Es  sei  sehr  wohl  möglich,  daß  beim  reifen  meroblastischen  Ei  alles 
Protoplasma  sich  aus  dem  Dotter  zurückziehe  und  im  Keime  sich 
vereinige.  Er  verweist  dabei  auf  eine  interessante  Beobachtung  von 
M.  V.  KowALEWSKi  (M.  2786),  der  zufolge  beim  Einbringen  von  reifen 
Goldfischeiern  in  Wasser  sich  das  Protoplasma  rasch  in  einer  Art 
Strömung  aus  dem  Ooplasma  herauszieht,  um  sich  an  einer  Stelle  in 
Gestalt  des  Keimes  zusammenzuballen.  Freilich  bleiben  gerade  hier 
in  der  Nähe  des  Keimes  noch  ,,Keimf  ort  Sätze"  (Waldeyer)  be- 
stehen, die  bis  zu  einer  gewissen  Tiefe  im  Dotter  stecken;  aber,  so 
meint  H.  Virchow,  es  sei  hiermit  thatsächlich  erwiesen ,  daß  das 
Protoplasma  sich  vom  Dotter  zu  trennen  vermöge,  und  nichts  stehe 
im  Wege,    anzunehmen,    daß    dies   auch   vollständig   geschehen  könne. 


Die  Geschlechtszellen.  253 

Dies  ist  gewiß  zuzugeben,  aber  meines  Erachtens  wenig  wahrscheinlich. 
Gern  sei  indessen  zugestanden,  daß  noch  weitere  Untersuchungen  über 
diesen  Punkt  nötig  sind;  die  BENDA'sche  Mitochondrienfärbung  dürfte 
hier  gute  Dienste  leisten. 

Der  Annahme  v.  Köllikeu's  (Lehrbuch,  p.  46),  daß  im  gelben  Vogel- 
dotter eine  „Zwischenflüssigkeit"  vorhanden  sei,  tritt  H.  Virchow 
gleichfalls  entgegen. 

Bei  vielen  Eiern  namentlich  Wirbelloser  (Geryoniden,  Ktenophoren, 
Siplionophoren)  lassen  sich  am  Ooplasma  zwei  deutlich  gesonderte 
Schichten  unterscheiden,  die  man  passend  als  Exoplasma  und 
Endoplasma   bezeichnen    kann.     Das   Exoplasma,    in    Form    einer 

Fig.   74.     Reifei   von  ^^^:::^:^^^^^^^^^^^^^^:::::>-^ 

Petromvzon        fluviatilis  *,.        "  .      r.,^ 

nach     Herfort     (413),  ,-<^  ..«::;>•  v:v  :•■!;:::?■  ^  ;  "--, 

Taf.  IV,  Fig.  1.    Oben  z^r;  ::  ::;■;;: ^.U 

der  sehr  feinkörnige,  auf  z^    '■-  '    ^:  ^' ^^^ 

dem   (optischen)    Durch-  /^^ 

schnitte    sichelförmiger-  .;  , 

scheinende    Keim.      An  - -'  i:.--;;:;-.cvH:>--^-:-.:;/;^::-;.v. 

der    Peripherie    eine  \:l^-^^-^f^^^ 

Schicht     vakuolisier-  /•       :>■    'r^^^  \ 

ten  Ooplasmas;  un-  /i         ■  ■■  '  ^  A 

mittelbar  unter  der  '  .v^tt^y^^^j^^^^ 

Dotterhaut  liegt  noch  ;    :{:^^:yh^^^^!^K^^X-<0^^^^::. ^ 

eine    äußerst    dünne  ^^^^  '  W     -V^ 

Lage     feinkörnigen 

Ooplasmas.    —    In 
der   Mitte    ein    grob-      i 
körniges    und    grob-      ■       ':/:'-';:;l 
vakuoiisiertes     Oo-  ^   ^ 

plasma.    Zwischen  die-  V 

sem     und    den    Rinden-  ,        '   '  '-^^  ■..„'.... 

Vakuolen  eme  mehr  tem-  v  •,.:•**.•*;••?*;>/.''{  jH*"".*.':::?--*    •*.  :".  * 

ornige    blasse.      Rechts  r.l:'^V'V?r:;!'"*v'jv"y.Vv/.:;;:,>^;;"^^^^^ 

oben  eine  Polocyte  mit  ^  '•^M''^^^^^^'^^ '^''■:i^^!'<-'i^- ^ 

daruntergelegener  Spi  n-  \V 

d  el.     Um  letztere  herum 

eine    radiäre   Anord-  ,     "^ 

nung     der     Dotter-  ^>^  ^>"'- 

kü gelchen.  Reichert,  ^^^~  _  -         '.r;^^ 

Obj.  4,  Ok.  B.  ^   — -~^^^    - 


..'•  •*'t^?,*v'^'V 


Rindenschicht  dicht  unter  der  Dotterhaut  gelegen,  zeigt  sich  fein- 
körnig und  dicht  granuliert;  das  Exoplasma  im  Innern  sieht  zuweilen 
wie  eine  schaumige,  vakuolisierte  Masse  aus.  die  Ziegler  (610a)  bei 
Iv  t  e  n  0  p  h  0  r  e  n  aus  dichtgedrängten  klaren  Dotterkugeln  bestehen  läßt. 
Ueberhaupt  muß  als  eine  fast  allen  Eiern  zukommende  Eigentümlich- 
keit des  Ooplasma  das  abweichende  Verhalten  der  peri- 
pheren Lagen  bezeichnet  werden,  so  daß  man  von  einer  „Rinden- 
schicht",  „Zonoidschichf-  (His419)  desselben  sprechen  kann.  Meist 
ist  hier  der  eingelagerte  Dotter  feinkörniger ;  wahrscheinlich  findet  sich 
in  der  Mehrzahl  der  Fälle  hier  auch  mehr  Protoplasma  als  sonst.  Das 
schließt  jedoch  nicht  aus,  daß  vielfach  in  dieser  Rindenschicht  größere 
Fetttropfen,  die  bei  Knochenfischen  farbig  erscheinen  (His  419).  ein- 
gelagert sind.  Immer  aber  kann  man  eine  sehr  feinkörnige  Schicht 
an  der  äußersten  Peripherie  des  Eies,  dicht  unter  der  Dotterhaut 
antreffen.     Diese  alleräußerste  feine  Schicht  pflegt  selbst   dann    nicht 


254  W.  Waldeyer 


zu  fehlen,  wenn  nahe  der  Rinde  gr()l)ere  Dotterkürner  und  Vakuolen 
gelegen  sind.  Ob  diese  Schicht  überall  protoplasniatische  Sub- 
stanzen führt  oder  nur  in  der  Nähe  des  Keimes,  darül»er  läßt  sich 
zur  Zeit  nichts  Bestimmtes  aussagen.     Vergi.  hierzu  die  Figg.  74  u.  70. 

Als  Gegensatz  zu  dem  ebenerwähnteu  Verhalten  der  Eier  von 
Greryoniden,  Ktenophoren  und  8iphonoplioren  mit  vakuolisiertem  Endo- 
plasma  zeigen  viele  Eier  von  Lingula  anatina  (Brachiopoda)  ein 
schaumiges,  vakuolisiertes  Exoplasma  bei  einem  feinkörnigen  Endoplasma 
(N.  Yatsu,  609b). 

Vielfach  begegnet  man  in  unmittelbarer  Nähe  des  Kernes  einer 
lichteren,  feiner  granulierten  Ooplasmazone;  so  beschreiben  dies 
JanosIk  (433a)  von  Säugetiereiern,  Eimer  (M.  1963)  und  Osawa  (507) 
von  Reptilien,  vgl.  Fig.  79.  Letzterer  giebt  auch  färberische  Eigen- 
tümlichkeiten dieser  Schicht  an. 


Fig.  75.  Keim  pol  eines  Reifeies  von  Petrorayzon  fluviatilis  nach  Hee- 
FORT  (418),  Taf.  IV,  Fig.  2.  Der  Keim  zeigt  eine  fein  areoläre  Struktur  und  setzt 
sich  in  die  äußerste  feinkörnige  Üoplasmaschiclit ,  ebenso  wie  nach 
unten  zwischen  die  dunkel  gezeichneten  Dotterkörper  fort.  Dem  Keime  entsprechend 
lagert  auf  den  Eihäuten  die  „Flocke"  s.  w.  u.,  Eihäute.     Eeichert,  Obj.  S,  ük.  3. 

Hier  ist  auch  wohl  der  Platz,  der  größeren  Spalträume  zu 
gedenken,  die  beim  Ei  an  mehrfacher  Stelle  gesehen  und  beschrieben 
worden  sind.  Wenn  wir  diese  Bildungen  als  „Spalträume''  bezeichnen, 
so  soll  damit  nicht  gesagt  sein,  daß  sie  etwa  Kunstprodukte  wären, 
die  durch  Druck  oder  sonstige  äußere  Einwirkungen  auf  die  Eier 
entstanden  seien ;  es  handelt  sich  vielmehr  um  meist  schmale,  spalten- 
förmige,  mit  Flüssigkeit  gefüllte  Räume,  von  denen  ich  namhaft  mache 
den  perivitellinen  Spaltraum,  den  perinukleären  und 
den  subgerminalen. 

Einen  sehr  schmalen  perivitellinen,  mit  Flüssigkeit  gefüllten 
Spalt  räum  zwischen  Dotterhaut  und  Ooplasmaoberfläche  hat  W. 
Nagel  in  seiner  wohlbekannten  Abhandlung  über  das  menschliche  Ei 
(490)  beschrieben  und  abgebildet.  Die  Existenz  eines  solchen  Raumes 
ist  physiologisch  nicht  unwichtig,  insofern  dadurch  das  Ooplasma  be- 
fähigt wird,  sich  innerhalb  der  Dotterhaut  zu  drehen.  Bei  den  Eiern, 
welche  ins  W^asser  entleert  werden,  sieht  man  meist  sehr  schnell,  und 
oft  in  beträchtlicher  Menge  Wasser  (intrakapsuläre  Flüssigkeit  His) 
durch    Diffusion    eintreten    und   einen   solchen    Spaltraum    füllen,   ihn 


Die  Geschlechtszellen.  255 

vielleicht  dabei  auch  erst  erzeugen.  Vgl.  hierüber  besonders  His  (419j. 
Den  NAGEL'schen  Spaltrauni  halben  die  meisten,  welche  nach  ihm 
menschliche  Eier  untersuchten,  nicht  wieder  gefunden.  An  den  hier 
abgebildeten  beiden  menschlichen  Eiern  (s.  w.  u.),  ist  er  auch  nicht 
zu  sehen ;  aber  es  ist  zu  bemerken,  daß  diese  beiden  Eier  noch  nicht 
völlig  ausgebildet  sind.  Die  Angelegenheit  vordient  weitere  Beachtung. 
Aehnliche,  mit  heller  Flüssigkeit  gefüllte  Spalträume  um  den 
Kern  haben  Leydig  (M.  198G  und  M.  1987),  ferner  Götte  (M.  62,  63) 


o 


Fig.  76.  Oocyte  vom  Menschen,  nahe  dem  Eeifeziistande,  frisch  einem  noch 
lebenswarmen  Eierstocke  entnommen.  Außen  das  Eiepithel  mit  der  Zona 
pellucida,  darunter  eine  breite  he  llere  Protoplasmaschicht,  in  der  Mitte 
ein  dunklerer  Herd  von  eingelagerten  Dotterkörpern;  hnks  oben  Keim- 
bläschen mit  Keimfleck.     Bei  k  und  k  subzonale  Kerne.    Frl.  E.  Magen  del. 

und  KoHLBRUGGE  (447  d)  erwähnt.  Es  wäre  dies  indessen  keine  Be- 
sonderheit der  Eier,  denn  derartige  ., Kerntaschen",  wie  sie  Leydig 
nennt,  finden  sich  auch  bei  anderen  Zellen:  bei  den  Eizellen  sind  sie 
nur  in  besonderer  Deutlichkeit  entwickelt.  Es  kommt  in  Frage,  ob  nicht 
der  in  Fig  79  um  den  Kern  gelegene  helle  Hof  ein  solcher  Spaltraum 
ist.     Ein    „subgerminale'r"    Spalt  räum   findet   sich   bei   mero- 


r^. 


256  W.  Waldeyer, 

blastischen  Eiern  häutig  zwischen  Keim  und  Dotter;  meist  wird  er 
erst  bei  der  Embryonalentwickelung  deutlicli. 

In  der  Rindenschicht  der  Eier  von  Knochenfischen  sind 
von  His  (419)  Kerne  beschrieben  worden,  die  er  als  ,,  Rinden - 
kerne"  bezeichnet;  er  leitete  sie  seiner  Zeit  von  Wanderzellen 
(Leukocyten)  ab ,  die  in  das  heranwachsende  Ei  hineingelangten. 
KoHLBRUGGE  meint  sie  auf  Kerne  von  Follikelepithelzellen  zurück- 
führen zu  sollen,  deren  Zellleiber  von  der  Eizelle  aufgenommen 
und  assimiliert  worden  seien.  Aehnliches  tindet  sich  bei  Hydra, 
wo  die  Eizelle  sich  eine  ganze  Anzahl  ihr  ursprünglich  gleich- 
wertiger Zellen,  die  sie  umgeben,  einverleibt,  um  auf  deren  Kosten 
heranzureifen.  Die  Kerne  dieser  phagocytisch  aufgenommenen  ,,Nähr- 
zellen"  bleiben  noch  längere  Zeit  im  Ooplasma  des  Hydraeies  er- 
halten, bis  auch  sie  schließlich  verdaut  werden.  Kleinenberg  hat 
sie  seiner  Zeit  unter  dem  Namen  „Pseudozellen"  beschrieben.  S. 
DoFLEiN  (348  a).  Ich  will  bei  dieser  Gelegenheit  darauf  aufmerksam 
machen,  daß  ich  auch  bei  menschlichen  Eiern  dicht  unter  der  Dotter- 
haut kernähnliche  Gebilde  wiederholt  angetroffen  habe.  Daß  sie  ge- 
legentlich von  eingewanderten  Leukocyten  abstammen  können,  ist 
durchaus  nicht  in  Abrede  zu  stellen ;  ebenso  gut  können  sie  aber  auch 
nach  Kohlbrugge's  Annahme  erklärt  werden.   S.  Fig.  76. 

Wiederholt  ist  der  „V  a  k  u  o  1  e  n  ''  im  Ooplasma  und  der  ,, V  a  k  u  o  - 
lisierung"  desselben  gedacht  worden ;  dasselbe  gewinnt  dadurch  ein 
eigentümlich  „schaumiges"  Aussehen.  Wir  wissen,  daß  der  Ausdruck 
„Vakuole"  nur  in  dem  Sinne  gebraucht  wird,  um  einen  kughgen,  mit 
einer  ganz  hellen,  durchsichtigen,  flüssigen  Substanz  erfüllten  Raum 
zu  bezeichnen.  Es  fragt  sich,  was  das  für  Substanzen  seien,  die  das 
Bild  einer  natürlichen  Vakuolisierung  erscheinen  lassen  ?  Wir  wissen 
darüber  noch  wenig;  doch  darf  wohl  gesagt  werden,  daß  es  sich  dabei 
um  verflüssigte  Eiweißmassen,  vielleicht  auch  um  farblose  VitelHnsub- 
stanz  handelt.  Künstlich  werden  Vakuolen  vielfach  durch  einge- 
drungenes Wasser  hervorgebracht. 

Es  können  auch  noch  Einschlüsse  anderer  Art  im  Ooplasma 
vorkommen ;  so  zeigen  sich  im  Eie  von  Hydra  viridis  nach  Kleinen- 
berg's  Angabe  Chlorophyllkörner. 

Topographie  des  Eidotters.  Zu  den  wichtigsten  Punkten 
der  Eianatomie  gehört  die  V  e  r  t  e  i  1  u  n  g  d  e  s  D  o  1 1  e  r  s  i  m  Ooplasma, 
die  D  0 1 1  e  r  1 0  p  0  g  r  a  p  h  i  e.  Sie  steht  in  einem  unverkennbaren  Zu- 
sammenhange mit  der  Masse  des  Dotters,  welche  uns  zu  der 
Einteilung  der  Eier  in  holoblastische  und  meroblastische 
führte  (s.  S.  226).  Der  Dotter  kann  1)  im  ganzen  Eie  ziemlich  gleich- 
mäßig verteilt  sein,  2)  kann  er  sich  an  dem  einen  Ende  des  Eies, 
dem  Dotterpole,  vorzugsweise  anhäufen  und  endlich  3)  die  Mitte 
des  Eies  einnehmen ,  während  die  protoplasmatischen  Teile  des 
Ooplasmas  bei  2  sich  am  anderen  Pole,  dem  Keim  pole,  sammeln 
und  bei  3  einen  peripheren  Mantel  um  den  centralen  Dotterherd 
bilden.  F.  M.  Balfour,  von  dem  diese  Einteilung  aufgestellt  worden 
ist,  gab  die  Namen:  alecithale  Eier  für  den  ersten  Typus,  telo- 
lecithale  für  den  zweiten    und  cent  r  olecithale  für  den  dritten. 

Diese  Namengebung  ist  keine  gute,  denn  „alecithale"  Eier  im 
strengen  Wortsinne  dürfte  es  kaum  geben.  Vgl.  die  Aufzählung  der 
dotterarmen  Eier  S.  224.  Höchstens  könnte  man  von  „oligolecithalen" 
Eiern  reden.     Aber   auch   das  würde    gegenüber   den   beiden  anderen 


Die  Geschlechtszellen.  257 

Begriffen  keinen  Gegensatz  bedeuten,  da  es  sich  nicht  um  die  Massen 
an  sich,  sondern  um  deren  Verteilung  handelt,  wenn  auch  hier,  wie 
wir  soeben  noch  bemerkten,  ein  gewisser  Zusammenhang  unverkenn- 
bar ist.  Der  Ausdruck  ,,  is  olecithal ",  den  ich  für  ,,alecithal"  vor- 
schlage, würde  jedenfalls  logisch  richtiger  sein.  Denn  auf  die  gleich- 
mäßige oder  ungleichmäßige  Verteilung  des  Dotters  im  Ooplasma 
kommt  es  an,  wenn  es  sich  um  die  Beurteilung  der  Furchungsform 
handelt,  die  man  von  den  betreffenden  Eiern  erwarten  darf.  Ist 
der  Dotter  gleichmäßig  im  Eiprotoplasma  verteilt,  so  kann  die 
Furchung  immer  nur  eine  totale  sein,  das  betreffende  Ei  muß  ein 
holoblastisches  sein;  ist  dagegen  die  Verteilung  eine  ungleich- 
mäßige, so  wird  es  bei  einem  gewissen  Grade  der  Ungleichmäßigkeit 
zu  einer  meroblastischen  Eiform  mit  partieller  Furchung  kommen. 
Selbstverständlich  ist.  daß  bei  relativ  geringen  Dottermengen  eher 
eine  gleichmäßige  Verteilung  stattfinden  wird  als  bei  großen  Massen. 
Demgemäß   seien  die  Eier   nach  ihrer  Dottertopographie   eingeteilt  in 

a)  isolecithale  und 

1      ..,     ,      f«)  telolecithale 

b)  an  isolecithale   ^^^,  centrolecithale. 

0.  Heetwig  (Lehrbuch,  7.  Aufl.,  S.  12j  teilt  richtig  in  diesem  Sinne 
ein  in:  1;  dotterarme  Eier  mit  gleichmäßig  verteilten 
Reserv estoffen,  2)  Eier  mit  polständigem  Dotter material, 
3)  Eier  mit  mittelständigem  Dottermaterial;  2  und  3  nennt 
er  polar  und  central  differenzierte  Eier.  —  Edm.  B.  Wilson  (607a)  nennt 
die  alecithalen  Eier  Balfour's   „homolecithale". 

Die  isolecithalen  Eier  umfassen  einmal  fast  sämtliche  d o 1 1 e r - 
armen  Eier,  wie  sie  ziemlich  in  allen  Tierklassen  vorkommen;  vgl. 
die  Zusammenstellung  S.  244.  Diese  Eier  sind  die  kleinsten,  welche 
überhaupt  gefunden  werden,  meist  nur  von  60 — ^200  jx  Größe  und 
nahezu  durchsichtig.  Das  Ei  des  Menschen  muß  zu  ihnen  gezählt 
werden.  Bei  diesen  Eiern  ist  die  Furchung  eine  sogenannte 
äquale,  d.  h.  die  beiden  ersten  Furchungskugeln,  und  meist  auch 
noch  die  nächstfolgenden,  sind  gleich  groß.  Die  Furchung  des  Menschen- 
eies ist  noch  unbekannt. 

Es  giebt  aber  eine  zweite  große  Abteilung  der  isolecithalen  Eier, 
welche  sich  durch  verhältnismäßigen  Dotterreichtum  auszeichnen ;  da- 
hin gehören  die  Eier  einiger  P o r i f e r e n ,  mancher  Cölenteraten, 
einzelner  Echinodermen  (Ophiura  nach  Wilson  607a),  die  Eier 
von  Chiton  unter  den  Mollusken,  die  von  Amphioxus  (Sobotta 
Ö6l)  und  die  der  meisten  Säugetiere,  soweit  sie  bekannt  sind. 
Die  Furchung  dieser  Eier  weicht  schon  ein  wenig  von  dem  äqualen 
Tj'pus  ab,  indem  in  der  Regel  die  eine  der  beiden  ersten  Furchungs- 
zelleu  etwas  größer  ist  als  die  andere ;  man  darf  daraus  schließen,  daß 
bereits  eine  Hinneigung  zur  anisolecithalen  Anordnung  des  Dotters 
besteht.  Einige  haben  eine  derartige  Furchung  mit  dem  besonderen 
Namen  einer  „adäqualen"  belegt. 

Außerordentlich  verbreitet  sind  die  Eier  mit  tel  olecithal  er 
D  Ott  er  lagern  ug:  sie  finden  sich  in  fast  allen  Tierklassen  mit  Aus- 
nahme der  Säugetiere,  wenn  man  diese,  wie  es  wohl  die  Meisten  auch 
halten,  ungeachtet  des  geringen  Unterschiedes  in  den  beiden  ersten 
Furchungskugeln  nicht  von  den  Geschöpfen  mit  isolecithalem  Dotter 
trennen  will.  Die  Eier  der  Mollusken,  vieler  W  ü  r  m  e r .  der  G  a  - 
n  0  i d  e  n ,  Amphibien  und  der  P  e  t  r  o  m  y  z  o  n  t  e  n  (s.  Fig.  74),  ferner 

Haodbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  17 


258 


W.  Waldeyer, 


die  der  Knochenfische,  S  e  1  a  c  h  i  e  r ,  Reptilien  und  Vögel  ge- 
hören hierher.  Aus  sonst  im  Allgemeinen  nicht  hierher  zu  zählenden 
Klassen  müssen  unter  den  Arthropode  n  noch  S  c  o  r  p  i  o,  0  n  i  s  c  u s , 
M y s i s ,  C u m  a ,  unter  den  Tunicaten  Pyrosoma  genannt  werden. 
Auch  hier  haben  wir  zwei  Unterabteilungen.  Die  eine,  die  meisten 
Mollusken,  \V  ü  r  m  e  r ,  P  e  t  r  o  m  y  z  o  n  ,  die  meisten  Amphibien 
und  die  Ganoiden  umfassend,  zeigt  noch  eine  totale,  jedoch  in- 
äquale  Furchung,  indem  die  Dottermasse  noch  nicht  so  groß  ist,  als 
daß  sie  nicht  von  dem  sich  furchenden  Keime  mit  einbezogen  werden 
könnte.    Diese  Eier  schließen   zunächst  an   die   zweite  Abteilung   der 

Furchung)   an.     Bei   den  Se- 

den 

Ce- 

s.  w.) 

nicht 


isolecithalen  Eier   (Eier   mit   ädäqualer 

lachiern,  den  Knochenfischen,  den  Cöcilien  (unter 
Amphibien),  den  Reptilien  und  den  Vögeln,  ferner  bei  den 
phalopoden  und  den  eben  genannten  Arthropoden  (Scorpio  u. 
furcht  sich  nur  der  Keim,  da  die  stark  entwickelte  Dottermasse 


bl 


in  die  Furchung  einbezogen  werden  kann.  Dies 
sind  dann  die  meroblastischen  Eier. 

Die  centr  olecithal  en  Eier  gehören, 
genau  genommen,  mit  den  partiell  sich 
furchenden  telolecithalen  zusammen.  Wahr- 
scheinlich müssen  die  letzteren  aus  den  centro- 
lecithalen  abgeleitet  werden. 

Wir  erwähnten  bereits,  daß  der  Dotter  bei 
zahlreichen  Tierarten  sich  zunächst  in  der  Um- 
gebung des  Keimbläschens  zu  bilden  beginnt. 
Bei 
muß 


■f 


zu 

stärkerer    Dotterentwickelung    dieser    Art 

ein     centrolecithales     Ei     herauskommen. 

sich    die  Dotterbilduns;    noch    weiter. 


Steigert 

so  liegt  es  nahe, 


anzunehmen, 


daß 


der  Dotter 
sich  anhäufen 


welche  dem  Keimbläschen  entgegengesetzt 


insbesondere  nach  der  Seite  hin 
wird 

ist ;  da  wird  dann  die  stark  sich  verdünnende 
Keimrinde  gesprengt  und  der  Keim  zieht  sich 
an  den  entgegengesetzten  Pol  zurück.  Daß  bei 
einigen  Anthropoden  (siehe  das  vorhin  Er- 
wähnte) meroblastische  Eier  mit  telolecithalem 
Bau  vorkommen,  spricht  für  diese  Ableitung. 
Indessen  kann  man  sich  die  telolecithalen 
meroblastischen  Eier  auch  aus  den  telolecithalen 
holoblastischen  Eiern    hervorgegangen  denken. 

Fig.  77.  Centrolecithales  Ei  eines  Dipteren  im 
Längsschnitt,  bl  Keim,  welcher  das  Ei  rings  umgiebt. 
d  Dotter,  dh  Dotterhaut,  kbl  Keimbläschen,  m  Mikro- 
pyle.  ch  Chorion.  Aus  Korschelt-Heider  666a, Fig.  V2i. 

Die  centrolecithalen  Eier  sind  fast  ausschliesslich  auf  die  Arthro- 
poden beschränkt.  Nur  Cucumaria  (Holothuria)  und  ein  paar 
Anthozoen  (Reuilla  und  C 1  a v u  1  a r i a)  werden  sonst  noch  genannt. 

Interessant  ist,  daß  die  Furchung  bei  Renilla  nicht  immer  nach  dem 
bei  solchen  Eiern  vorkommenden  Typus,  der  sog.  „sup  er  fi  ci  eilen 
Furchung"  erfolgt,  das  heißt,  sich  auf  die  Keimrinde  beschränkt  und 
das  dotterreiche  Ooplasma  im  Innern  des  Eies  nicht  mit  ergreift,  sondern 
unter  Umständen  eine  totale  ist.  Das  Renilla-Ei  stellt  somit  ein  Ueber- 
gangsstadium  dar. 


Die  Geschlechtszellen. 


259 


In  Fig.  77  ist  ein  Dipteren-Ei  als  Muster  der  centrolecithalen 
Form  wiedergegeljen. 

b)  Keimbläschen  und  Keim  fleck.  Das  Keimbläschen, 
V  e  s  i  c  u  1  a  g  e  r  m  i  n  a  t  i  v  a ,  ist  der  Kern  der  Eizelle.  Wie  sich  aus  den 
bei  der  Befruchtung  abspielenden  Erscheinungen  ergiebt,  kommt  ihm  eine 
besonders  wichtige  Rolle  für  die  Eutwickelungsvorgänge  zu.  Der  Name 
„Keimbläschen''  drückt  schon  aus,  daß  wir  es  mit  einem  rundlichen, 
hell  erscheinenden  blasigen  Gebilde  zu  thun  haben ,  welches  durch 
diese  Beschatfenheit  auffällt;  dazu  kommt  eine  im  Verhältnis  zum  Ei- 
protoplasma  —  ich  betone  hier  das  „Protoplasma"' ,  um  auch  die 
großen  Eier  mit  viel  Deutoplasma  heranziehen  zu  können  —  ansehn- 
liche Größe. 

Alle  Keimbläschen  haben,  insbesondere  im  völlig  ausgebildeten 
Zustande,  eine  deutliche  Membran,  die  wohl  von  der  häufig  vor- 
kommenden inneren  Zellmembran  unterschieden  werden  muß; 
s.  Fig.  78. 


Fig.  78.  Fig.  79. 

Fig.  78.  Kaninchenei  aus  einem  geschlechtsreifen  Ovarium.  Außen  die  hier  in 
Folge  der  Behandlung  dunkel  erscheinende  Zona  pellucida,  dann  das  Ooplasma,  gegen 
die  "Kernhöhle  durch  eine  gleichfalls  dunklere  Schicht  (innere  Zellmembran  nach 
Flemmixg's  Auffassung)  abgegrenzt.  Das  herausgetretene  Keimbläschen  ist  deutlich 
von  einer  mehrfach  eingefalteten  Membran  begrenzt.  Nach  Flemming  (366)  Taf. 
XXXII,  Fig.  4. 

Fig.  70.  Ei  von  Hatteria  punctata  in  seinem  Follikel.  Außen  die 
bindegewebige  Follikel  wand,  die  gegen  das  Ei  hin  die  abgeplatteten  Kerne  der 
Follikelepithelzellen  trägt.  Nach  oben  ist  die  Follikelwand  nebst  Epithel 
von  der  Zona  radiata  abgehoben,  unten  liegen  beide  in  natürlicher  Lage  dicht 
aneinander.  Es  folgt  eine  äußere  heUere  Ooplasmaschicht,  dann  ein  dunkles  stark 
deutoplasmahaltiges  Ooplasma,  dann  ein  heller  Hof  um  den  mit  vielen  dunklen 
Körnchen,  Nucleolen  (Keimflecken)  durchsetzten  Kern  (Keimbläschen).  Gegen 
den  hellen  Hof  sind  sowohl  der  Kern  wie  das  Ooplasma  scharf  abgegrenzt. 


Unter  der  „innereren  Zellmembran"  (W.  Pfitzner,  Arch.  f.  mikr. 
Anat.,  Bd.  22,  p.  681)  versteht  man  eine  zuweilen  deutlich  membranöse, 
meist  jedoch  mehr  einer  „Crusta"  (F.  E.  Schulze)  entsprechende  dünne 
Schicht,  welche  bei  manchen  Zellen  das  Protoplasma  gegen  den  Iveru 
hin  abschlieljt ;  es  bleibt  dabei  meist  ein  schmaler  schalenförmig  den 
Kern  umgebender  Raum  zwischen  dieser  inneren  Zellmembran  und  der 
echten  Kernmembran  erhalten,  der  mit  einer  hellen,    homogenen,  wie  es 

17* 


260  W.  Waldeyer, 

scheint   mehr  Aussigen  Masse  gefüllt  ist.     (Pfitzner,  1.  c,  Leydig,  Zelle 
und  Gewebe,  Bonn,   1885,  p.  21). 

Bei  manchen  Eiern  wird  in  dieser  Weise  gleichfalls  das  Ooplasnia 
von  einem  hellen ,  das  Keimbläschen  umgebenden  Hofe  gesondert ; 
so  in  Fig.  79.  Die  Grenzschicht  des  Ooplasma  gegen  den  hellen 
l)erinucleären  Hof  wäre  hier  als  innere  Zellmembran  (innere  Dotter- 
haut) zu  bezeichnen. 

Wie  der  helle  Hof  selbst  zu  deuten  sei,  ist  noch  fraglich.  Osawa 
faßt  denselben  als  eine  zum  Dotter  gehörige  Substanz  auf:  besser  wird 
er  wohl  als  eine  besondere  Substanz  augesehen;  keinesfalls  ist  er  als 
„Dotter"  (Deutoplasma)  zu  bezeichnen.  Auch  kann  Kernsaft  dai'in  ver- 
treten sein.  Eigentümlich  ist  allerdings  die  Aehulichkeit  mit  der  äußeren 
schmalen  hellen  Schicht.  Diese  Aehulichkeit  tritt  auch  in  Fig.  78,  wo 
die  innere  und  äußere  Zone  in  gleicher  Weise  dunkel  erscheinen,  hervor. 
In  der  Originalfigur  Flemming's  haben  beide  gleichfalls  denselben  Farben- 
ton  (dunkelgelb).  Flemming  deutet  die  ganze  innere  dunkle  Zone  als 
innere  Zellmembran ;  sie  würde  alsdann  beinahe  so  dick  sein,  wie  die 
Zona  pellucida. 

Die  Gestalt  der  Keimbläschen  ist  nicht  immer  kuglig,  wie 
in  den  Fig.  79,  88  und  89;  dies  trifft  in  der  Regel  nur  zu,  wenn  die 
Bläschen  in  der  Mitte  der  Oocyten  liegen,  wie  dies  bei  jungen  Oocyten 
meist  der  Fall  ist.  Bei  den  reifen  Oocyten,  namentlich  zur  Zeit  der 
Polzellenbildung,  rücken  die  Keimbläschen  dicht  unter  die  Zellober- 
fläche, s.  Fig.  80 
und     platten     sich 

^.-'    '' '     .  --.  -  -  -  , ....^-- _.- .--- 7        dann  oft  bedeutend 

,  .  .'A- -■',?'■•■  '        ab.  Vielfach  begeg- 

net  mau  auch  ellip- 
-^  soidischen  Formen, 

,  s.  Fig.  85.     Beson- 

ders interessant 
sind  die  Keimbläs- 
chen mit  amöboiden 
Fortsätzen,  wie  sie 
VAN  Bambeke  bei 
Pholcus   phalangio- 

Fig.  80.     Peripheres    Stück    eines   reifenden   Ovaria!-  id^S   (Arcll.   de  Bio- 

eies  von  Tori^edo  ocellata,  Meridionalschnitt ,  mittlere  Vor-  logie,  T.  X\  ,  1897) 

größerung.      Nach    oben    die    Follikelwand ,    darimter  der  und        KORSCHELT 

Keim  mit  dem  dicht  unter  die  Dotterhaut  emporgerückten  „„,i  W^IDER  (666a^ 

ellipsoidischen  Keimbläschen.     An  Stelle  des  Xucleolus  ein  ,     .   j-,      .            ^     _  y 

Häufchen  Chromosomen.     Rings  um  den  Keim  der  Dotter  ÖCI  UytlCUS    Uiaigl- 

ohae    scharfe  Grenze  aegen   den   Keim.      Nach  RiJCKERT  ualis,  0.  SCHULTZE 

(534)  Taf.  LH,  Fig.  24  (547a)   bei   Amphi- 

bien beschreiben. 
Einfaltungen  sieht  man  häufig;  s.  Fig.  81;  es  ist  nur  zu  fragen  in 
wie  weit  sie  durch  die  Einwirkung  der  Reagentieu  hervorgebracht  sind. 

Das  Keimbläschen  ändert  während  der  Ausbildung  der  Eizellen 
in  eigenartiger  Weise  seine  Lage.  Bei  den  Ureiern  und  jungen 
Oogonien  und  Oocyten  nimmt  es  gewöhnlich  eine  centrale  Lage  ein ; 
wie  schon  bemerkt,  rückt  es  später  dicht  unter  die  Eimembran  und 
plattet  sich  dort  ab.  Sind  Nährz  eilen  (s.  w.  u.,  Oogenese)  vor- 
handen, so  wandert  das  Keimbläschen  meist  gegen  diese  hin. 


Die  Geschlechtszellen. 


261 


Die  Größe  der  Keimbläschen  —  Daten  s.  später  in  der  Maß- 
tabelle —  kann  so  l)edeutend  werden,  daß  mau  die  Bläschen,  wie  u.  a. 
bei  Amphibien,  leicht  mit  bloßem  Auge  sehen  und  mit  Nadeln  iso- 
lieren kann.     Auch   dieser   letztere   Umstand   beweist    wohl   das  Vor- 


handensein einer 


eigenen 


Membran. 


Frische  Keimblächen  erscheinen  mehrfach 
weitere  Struktur;  nur  der  Keimfleck,  s.  w.  u., 
schildert  sie  Flemming 
(366a)  bei  den  Ascidien 
und  neuerdings  LuBOSCH 
(brieÜiche  Mitteilung)  bei 
den  Petromyzonten,  Nach 
und  Anwen- 
von  Färbemitteln 
linden  sich  dieselben 
Strukturen,    wie  in    son- 


ist 


anz  homogen,  ohne  jede 
in  ihnen  sichtbar.    So 


/ 


Härtungen 
düng 


'■^r 
t -j 


•:.'T 


stigen  Zellkernen  :  C  h  r  o  - 


;  *• . 


m  a  t  i  n  n  e  t  z  e ,  die  mit 
der  Kernmembran  und 
den  Karyosomen 

(Netzknoten)  s.  w.  u., 
zusammenhängen,  Li- 
u  in  netze  u.  a.  Da- 
zwischen in  den  Maschen 
dieser  Netze  eine  mehr 
flüssige  homogene  Masse, 
der  Kernsaft  (Nucleo- 
hyaloplasma,  Strasbur-' 
ger),  endlich  die  K  e  i  m  - 
flecke,  die  man  in 
Karyosomen  und  Plas- 
mosomen  einteilt  und 
von  denen  alsbald  die 
Rede  sein  soll. 

Bei  jungen  Eiern  (Amphibien, 
Born  (297),  Selachier,  Rückert 
(M.  2008),  Säugetiere,  Gurwitsch, 
s.   Fig.   82),   füllt    das    Chromatiu- 


Fig.  82.  Ei  (Oocyte)  eines  12-tägigen 
Meerschweinchens  (Cavia  cobaya). 
1.  Ooplasma.  2.  Zwei  sich  in  Eisenhäma- 
toxyhn  stark  färbende  kleine  Körper  un- 
bestimmter Art  ^).  3.  Idiozom,  Dotterkern, 
mit  4.  zwei  Centralkörperchen.  Außerdem 
der  verhältnismäßig  große  Kern  (Keim- 
bläschen) mit  den  ihn  ganz  erfüllenden 
Chromatinfäden,  Netzknoten  und  einem 
größeren  Karyosom.  Seibeet  Apochromat 
2  mm,  Comp.  Oc.  12.  Nach  Guewitsch 
(393),  Taf.  XVI,  Fig  1. 


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Fig.  81.  Junges  Tritonei.  Keimbläschen  von 
unregelmäßig  begrenzter  Form  mit  Einfaltungen ; 
dasselbe  hat  sich  teilweise  von  der  inneren  Dotter- 
haut zurückgezogen.  Zahlreiche  Nucleolen.  Schwache 
Vergrößerung. 


— -  2 


\ 


/ 


1)  Guewitsch  meint,  daß  sie  vielleicht  den  „chromatoiden  Neben  kör  pern", 
wie  sie  von  Niessixg,  v.  Lexhossek  (112,  S.  259),  Mooee  und  Meves  beschrieben 
wurden,  vgl.  S.  178  letzte  Alinea,  entsprechen  dürften. 


262 


W,  Waldeyer, 


gerttst  den  Kernraum  fast  völlig  aus;  nachher  zieht  es  sich  mehr 
zurück  zum  Centrum  und  mehr  zusammen.  S.  w.  u.  Oogenese. 
Sehr  eigentümlich  sind  die  Formen,  welche  die  Chromatinstränge 
bei    Amphibien,   Selachiern,    Vögeln    und    Reptilien   wäh- 


^^%^SS^S^^^s. 


Fig.  83.  Junges  Eierstockei  (Oocyte)  von  Siredon  pisciformis,  nach 
Flemming  (M.  390),  p.  13-4,  Textfig.  G.  Quergestrichelte  Gerüststränge  (Chromo- 
somen) im  sehr  großen  Kern  (Keimbläschen).  Kernmembran  deutlich.  Zahlreiche 
blasser  gefärbte  Nucleoli  (Keimflecke)  in  Gestalt  kleiner  heller  Kreise  gezeichnet. 
Sie  liegen  theils  in  den  Gerüststräugen ,  theils  zwischen  denselben  im  Kernsaft. 
Zeiss  Vis»  schwaches  Ocular. 


Fig.  84.  Federstrang  aus  dem  Keimbläschen  von  Pristiurus.  Zeiss. 
Apochrom.  Homog.  Imm.  2"  mm.  Ocul.  6.  Zeichnung  auf  das  Doppelte  vergrößert. 
Nach  J.  EüCKEET  (534)  Anat.  Anz.  VII,  1892,  S.  115,  Fig.  1. 


Die  CTeschlechtszellen.  263 

rend  der  Ausbildung  der  Oocyten  zum  Reifei  vielfach  annehmen. 
Insbesondere  fallen  gewundene  federfahnenförniige  Figuren  auf,  s.  Figg. 
83,  84  und  85,  die  sogenannten  „Gerüststränge".  Flemming 
beschreibt  sie  als  Erster  bei  Siredon,  s.  Fig.  83,  und  anderen  Am- 
phibien, RÜCKERT,  Fig.  84,  bei  Selachiern.  Born  (297,  298)  und  Car- 
NOY  mit  Lebrun  (321 — 323)  sehr  eingehend  bei  Amphibien,  Mll. 
LoYEZ  (46r)b)  bei  Reptdien,  unter  denen  jedoch  die  Ophidier  eine 
bemerkenswerte  Ausnahme  abgeben.  Ich  bringe  hier,  Fig.  85,  bei 
schwächerer  \'ergrößerung  eine  Abbildung  vom  Keimbläschen  eines 
Hatteriaeies,  worin  man  vier  solcher  Gerüststränge  erkennt. 

HoLL  (M.  1976)  fand  die  gleichen  Bildungen  beim  Hühnerei, 
konnte  sie  jedoch  bei  Menschen-  und  Säugetiereiern  nicht  nachweisen. 
Hier  scheinen  sie  in  der  That  zu 
fehlen.  Andeutungen  solcher  Formen 
finden  sich  in  einzelnen  Figuren  v. 
WiNiWARTERS  (609),  z.  B.  Taf.  VII, 
Fig.  84,  unter  seinen  „noyaux  di- 
plotenes.     Sie    gehören    stets    dem  ry;;Jv>ir^;^t-^^'^7^  *^      \ 

Oocytenstadium  an.  1  •  - '  J'^    .  •; ;    •      ■.  .* 

Carnoy  und  Lebrun  bezeichnen  \*.K;'''^    "^    .■i-.:;^^  ..  ;/ 

diese  Bildungen  als  „goupillons"  oder  '^  ."  ■^'  .^ii^^-'%V^^/-^  , 

auch     „goupillons    barbeles",     indem  "'~^-  *e       *^»^'  ' 

sie  sie  mit  gewissen  langen,    dünnen 

Flaschenbürsten     vergleichen;     Mlle.  | 

LoYEZ      gebraucht       den      Ausdruck 

„Chromosomes  barbeles"  oder  „Chro-  .  Fig.  85  Keimbläschen  von  Hatte - 
"  ,    PI  ^1  ,      -r,  na  punctata  mit  vier  Jbederstran gen, 

mosomes  a  filaments  plumeux".  Born  zahlreichen  feinen  punktförmigen  In- 
erklärt sie  als  lange  feine,  in  einer  haltskörpern  und  größeren  peripher, 
eigentümlichen  Weise  zusammenge-  dicht  an  der  Kernmembran  gelegenen 
legte   Fäden,    derart,    daß   eine  Folge      Keimflecken.      Dr.  F.   Kopsch    praep. 

.  ^  .  et  dehn 

von     quergerichteten     Schleifen     sich 

bilde,    wie  etwa    beim  Ductus   epidi- 

dymidis.     Bei  Besprechung  der  Oogenese  kommen  wir  auf  ihre  Entstehung 

und  Bedeutung  zurück. 

Der  Kernsaft,  das  Nucleohyaloplasma  Strasburger's 
ist  in  den  Keimbläschen  in  so  reichlicher  Menge  vorhanden,  daß  da- 
durch dessen  Bläschennatur  herauskommt;  es  ist  dies  ziemlich  cha- 
rakteristisch gegenüber  den  Kernen  der  meisten  sonstigen  Zellen. 
Wie  aus  dem  leichten  Heraustreten  von  Kernsaft  in  den  umgebenden 
Kernhof  und  in  das  Ooplasma  hervorgeht,  muß  der  Kernsaft  einen 
ziemlich  dünnflüssigen  Aggregatzustand  besitzen,  wie  er  denn  am 
frischen  Präparat  völlig  wasserhell  erscheint.  Erst  nach  Zusatz  er- 
härtender Reagentien  oder  nach  Behandlung  mit  Eisenhämatoxyliu 
erscheinen  feinste  punktförmige  Granula,  die  man  wohl  als  Nieder- 
schläge auffassen  darf.  Der  Kernsaft  ist  als  eine  Eiweißlösung  an- 
zusehen, hat  aber  noch  das  Vermögen,  andere  Bestandteile  des  Keim- 
bläschens, wie  Gerüstteile,  Teile  von  Nukleolen  aufzulösen.  Ins- 
besondere haben  Carnoy  und  Lebrun  (321 — 323)  in  sehr  weitgehender 
Weise  von  der  Auflösung  solcher  Teile  im  Kernsaft,  aber  auch  von 
der  Wiederausbildung  derselben  aus  dem  Kernsafte  gesprochen. 

Bei  manchen  Tieren  ganz  verschiedener  Ordnungen  sind  noch 
besondere  vom  Keimbläschen  ausgehende  Bildungen  beobachtet  worden, 


264  W.  Waldeyer, 

die  in  Gestalt  von  zarten  niemb  ran  Ösen  Trichtern  zur  Peripherie 
des  betreffenden  Eies  ziehen,  wo  sie  bei  Ivnochenfischen  (Leuciscus) 
mit  einem  (lotterkernartit;en  Gebikle  in  Verbindung  stehen,  van  Bam- 
BEKE  (M.  1937),  bei  Holotliurien  (Caudina  arenata)  sich  zur  Mikro- 
phyle  —  s.  w,  u.  —  hin  erstrecken,  Gerould  (G44a). 

Keimfleck,  macula  germinativa.  Es  kann  nicht  zweifel- 
haft sein,  daß  der  Keimfieck  der  Eizellen  deren  Kernkörper  entspricht. 
Nun  müssen  aber  mit  Flemming  zweierlei  Keimflecke,  oder  nukleolen- 
artige  Gebilde,  wie  bei  vielen  Körperzellen,  so  auch  bei  den  Eizellen 
unterschieden  werden:  die  Netz  knoten,  Pseudonu  cl  eoli,  wie 
ich  sie  zu  nennen  vorschlage,  und  die  echten  Kern  kör  per,  Nu- 
cleoli^).  Die  Unterschiede  beruhen  im  wesentlichen  darauf,  daß  die 
echten  Kernkörper,  Nucleoli  Flemming's  und  K,  Rabl's  (Morpholog. 
Jahrbuch  Bd.  X,  S.  316)  kein  Nuklein,  sondern  Py renin  (Paranuklein), 
Frank  Schwarz  (Morph,  u.  ehem.  Zusammensetzung  des  Protoplasmas, 
Breslau  1887)  —  nach  E.  Zacharias,  Botan.  Zeitung  1885,  auch 
Plastin  —  enthalten,  und  infolge  dessen  auch  andere  färberische 
Eigenschaften  haben:  sie  sind  basophil  (safranophil),  während  die  Netz- 
Imoten  Flemming's,  die  Pseudonucleoli,  aus  Nuklein  bestehen 
und  acidophil  (hämatoxylinophil)  sind.  Durch  Doppelfärbungen  mit 
Fuchsin  und  Solidgrün,  mit  Hämatoxylin  und  Eosin,  oder  mit  dem 
BiONDi'schen  Gemisch,  lassen  sie  sich  daher,  wenn  sie  nebeneinander 
im  selben  Kerne  vorkommen,  leicht  unterscheiden.  Ob  indessen  die 
Netzknoten  nur  größere  Ansammlungen  von  Chromatin  (Nuklein),  der- 
selben Substanz,  welche  den  wesentlichen  Bestandtheil  der  Kern- 
gerüstfäden ausmacht,  darstellen,  ist  noch  eine  unerledigte  Frage. 
Mikroskopisch  erscheinen  die  Plasmosomen  bald  unabhängig  von  dem 
Kernnetzwerk,  frei  im  Kern,  bald  trifft  man  sie  jedoch  in  einer 
breiteren  Ansammlung  des  nukleinhaltigen  Kerngerüstes  eingelagert ; 
die  Karyosomen  alier  sind  stets  mit  dem  Gerüst  innig  ver1)unden, 
weshalb  ihnen  Flemming  auch  den  Namen  „Netzknoten"  gegeben  hat. 

Als  eine  weitere  und  sehr  bemerkenswerte  Nukleolenform  sind 
die  gemischten  N  u  k  1  e  o  1  e  n ,  A  m  p  h  i  n  u  c  1  e  o  1  i  m.,  zu  bezeich- 
nen, welche  sehr  häufig  in  den  Eizellen  vorkommen.  Sie  zeigen  einen 
meist  größeren  blassen  und  einen  damit  verbundenen,  stärker  licht- 
brechenden kleineren  Teil,  der  sich  auch  intensiver  färbt.  Der  letztere 
liegt  entweder  inmitten  des  ersteren,  wie  ein  abermaliger  Einschluß, 
oder  liegt  ihm  an  irgend  einer  Stelle  an,  entweder  dicht  wie  eine 
Knospe,  oder  durch  einen  Stiel  hantelartig  verbunden,  oder  endlich 
kappenförmig  aufsitzend.  Der  eine  Teil  besteht  dann  vorherrschend 
aus  nukleolärer,  der  andere  aus  pseudonukleolärer  Substanz. 

Als  „Neb  ennukle  ölen"  ,  Paranucleoli  bezeichnete  Flem- 
ming (390)  Nukleolen  von  erheblich  geringerem  Ausmaße,  die  in 
manchen  Fällen  außer  einem  großen  ,,Haup  tnucleolu  s",  „Archi- 
nucleolus"  m.,  in  Kernen  verschiedener  Art,  insbesondere  wieder 
in  Keimbläschen  gefunden  werden.  Bei  den  Eiern  von  Wirbeltieren 
kommt  dies  besonders  häufig  vor  (Flemming).  Uebrigens  haben 
schon  R.  Wagner  beim  Maikäfer,  cit.  bei  v.  la  Valette  St. 
George  (584),  und  Letzterer   selbst   bei  einer  Libellenlarve  zwei  un- 


1)  Andere  Bezeichnungen  sind  für  Pseudonucleoli:  nucleoles  nucleiniens  Caexoy 
(321—323),  Karyosomen  Platxer  (M.  1274,  S.  53),  Gaule,  ügata,  Lukjaxow, 
s.  Arch.  für  Anat.  und  Physiol.  1883  und  1887,  für  Nucleoli :  nucleoles  plasmatiques 
Carnoy,  Plasmosomen  Gaule  u.  s.  f. 


Die  Geschlechtszellen.  2(55 

gleich  große  KeiiuHecke  als  beständigen  r)efnn(l  festgestellt.  Fig.  f<ß 
zeigt  einen  Aniiihinucleolus,  der  zugleich  Ilauptnucleulus  ist,  mit 
einigen  (drei)  Nebennukleolen  vom  Menschen. 

Lacaze-Dutiuers  (Recherches  snr  les  organea  genitaux  des  Acephales 
lamellibranches    Ann.    8c.  natur.   1854)    hat    wolil    als    erster    die  Amphi- 
nnkleolen    beschrieben,    bald    nach  ihm  LEVDia  bei  Cyclas  Cornea  (Arch. 
f.  Anat.  u.  Physiol.   1855).     Ele.m- 
MiNG  (390)  und  0.  Hertwig  (416  a) 
haben  den  Gegenstand  eingehender 
behandelt.     Neuerdings  haben  wir 
sehr  genaue  Untersuchungen    von 
Stephan    (566  a)    zu    verzeichnen, 

Fig.  86.     Stück  einer  nahezu  reifen 
Oocyte  vom  Mensehen  frisch  in  Liquor 

folliculi    untersucht.      Amphinucleolus  _/ 

mit  einem  schwächer  lichtbrechenden 
großen  und  stärker  Uchtbrechendeu 
kleinen  Anteile.  Rechts  einige  Neben- 
nukleolen (Paranucleoli).  Keimbläschen 
hell,  ohne  jede  Spur  eines  wahrnehm- 
baren Gerüstes,  umgeben  von  einem 
Stück  Ooplasraa  mit  leichter  Dotter- 
kömung.  Starke  Vergrößerung.  Frl. 
E.  Magex  del. 

welcher  die  Amphinucleoli  zuerst  bei  Wirbeltieren  nachwies.  Interessante 
Beobachtungen  teilt  er  über  S  e  r  r  a  n  u  s  mit :  Hier  vermehrt  sich  die  nukleo- 
läre  Kernsubstanz  (Plasmosomen)  durch  eine  Art  Sprossungsvorgang  und 
tritt  in  Form  eines  Netzwerkes  an  die  Oberfläche  des  Keimbläschens : 
innerhalb  des  Netzwerkes  liegen  dann  an  dessen  breiteren  Knotenpunkten 
die  Pseudonucleoli  (Karyosomen).  Weiterhin  giebt  Stephan  an,  daß  auch 
eine  förmliche  innige  Mischung  der  beiden  Substanzen,  des  Pyrenins  und 
des  Nukleins,  in  den  Kernkörperchen  verschiedener  Knochenfische  vor- 
kommt ;  solche  Kerne  verdienen  dann  in  erster  Linie  den  Namen  „Misch- 
nukleolen".  Die  gemischten  Pja-enin-  und  Nukleinmassen  können  sich 
nach  Stephan  (bei  Knochenfischen)  wieder  trennen  und  es  können  so 
aus  Mischnukleolen  Nukleolen  und  Pseudonukleolen  hervorgehen.  Stephan 
neigt  übrigens  der  Ansicht  zu,  daß  die  Substanz  der  Nukleolen,  das 
Pyrenin,  ein  Produkt  der  Pseudonukleolensubstanz,  i.  e.  des  Nukleins 
(Chromatins)  sei.  Weiteres  über  diese  Dinge  bieten  Haecker  (653), 
Michel  (479  b),  Montgomeey  (678  a),  Obst  (505)  und  Vigiee  (713  b). 

In  vielen  Fällen  findet  sich  in  den  dann  fast  gerüstfrei  und 
homogen  erscheinenden  Keimbläschen  ein  einziger  sehr  großer 
Xucleolus,  der  alles  Niiklein  des  Keimbläschens  gleichsam  in  sich 
aufgesogen  hat.  und  sonach  im  wesentlichen  als  ein  Pseudonucleoliis 
erscheint.  Indessen  ist  es  wohl  richtiger  ihn  als  Amphinucleolus  auf- 
zufassen, da  er  zweifellos  auch  das  etwa  vorhandene  Pyrenin  mit 
umfaßt. 

Sehr  genau  hat  jüngst  Lubosch  diese  Verhältnisse  bei  Petromyzou 
fluviatilis  studiert  und  mir  darüber  briefliche,  mit  Zeichnungen 
illustrierte  Mitteilungen  gemacht.  Vorhin  wurde  schon  der  ganz  helle 
Kern  der  Petromyzonten  erwähnt,  dessen  Nuklein  sich  bei  jungen  Eiern 
in  dem  großen  rundlichen  Nucleolus  aufgespeichert  hat.     Lubosch  konnte 


266  W.  Waldeyer, 

ihn  in  3 — 4  Schnitte  zu  6  |ii  zerlegen  und  es  zeigte  sich  (an  Sublimat- 
präparaten) eine  dunklere  stärker  lichtbrechende  Hülle  von  ungleicher 
Dicke,  die  einen  grobkörnigen  Inhalt  von  ähnlichem  Gefüge,  wie  das 
Karyoplasma  umschloß.  Meiner  Meinung  nach  haben  wir  es  hier  mit 
einem  echten  Amphinucleolus  zu  thuu. 

Solche  großen  Nukleoleu  „Riesennukleolen"  ,  „Nukleinkörper"  0. 
Hertwig  (661,  S.  42)  hat  schon  Leydig  beschrieben  (M.  885).  Wenn 
sich  nun  beim  Wachstum  und  bei  den  Umformungen  der  Zellen,  ins- 
besondere bei  den  Vorbereitungen  zur  Teilung,  das  Kerngerüst  neu 
bildet,  so  geht  die  Nukleolenmasse  wieder  in  dasselbe  auf  und  der  Kucle- 
olus  verschwindet  völlig.  Diese  Veränderungen  sind  aus  den  Vorgängen 
der  mitotischen  Zellteilung,  wie  sie  unter  anderen  von  Flemming  (390) 
und  Rabl  (1.  c.)  in  meisterhafter  Weise  beschrieben  sind,  sattsam 
bekannt.  Reiches  Detail  bieten  darüber  vor  allem  die  Arbeiten  von 
Carnoy  und  Lebrun  (321 — 323).  Aus  jüngster  Zeit  berichtet  MUe, 
LoYEz  von  einem  Entwickelungsmaximum  der  Nukleolen,  während 
die  Chromosomen  zurückgehen.  Ich  möchte  auch,  obwohl  sie  nicht 
direkt  zu  dem  hier  bearbeiteten  Gegenstande  gehört,  auf  die  Arbeit 
Meunier's,  „Les  nucleoles  des  Spirogyra",  Lierre  1887,  verweisen. 

Es  wurde  bereits  bei  der  Besprechung  der  Ureier  gesagt,  daß 
sie  keine  Nucleoli  haben;  nur  Pseudonucleoli  kommen  vor;  das  spricht 
für  die  vorhin  erwähnte  Meinung  Stephan's,  daß  das  Pyrenin  sich 
aus  dem  Nuklein  bilde,  und  somit  Nucleoli  erst  später  entstehen 
könnten. 

Die  Form  des  Nucleolus  und  des  Amphinucleolus  ist  meist  eine 
kugelige;    doch    kommen    allerlei    Abweichungen    vor.     Die    Pseudo- 


'■*». 


,^ 


\ 


\ 


/ 


/ 


\ 


••• « ».. .  ••  •• 


V 


Fig.  87.  Ei  von  Ceratodus  forsteri  (Ganoiden)  nach  E.  Semox  (551) 
T.  XXX,  Fig.  2.  Außen  abgeplattetes  Follikelepithel,  der  helle,  elHpsoidische  Kern 
mit  wenig  Gerüstfäden  zeigt  zahlreiche  uniforme  Keimflecke  an^der  Perijjherie. 


Die  Geschlechtszellen. 


267 


inicleoli  zeigen  ihre  Form  weniger  klar,  da  sie  mit  den  Gerüstfäden 
zusammenhängen.  Von  verschiedenen  Seiten  werden  amöboide 
B  e  \v  e  g  u  n  g  e  u  der  N  u  k  1  e  o  1  e n  angezeigt,  so  unter  anderen  von 
W.  Nagel  (490)  beim  Eie  des  Menschen,  von  Auerbach,  Orgauo- 
logische  Studien  I,  Breslau  1874  (S.  IßO)  und  Stephan  (56r3  a). 
Hier  sind  auch  die  Teilungen  und  Sprossuugen  zu  erwähnen, 
welche  man  vielfach  an  den  Kernkörpercheu  beobachtet  hat,  und  die 
mit  lokomotorischen  Veränderungen  verbunden  sind,  indem  die  Keim- 
flecke sowohl  nach  der  Peripherie,  wie  nach  dem  Centrum  rücken. 
Ein  U  e ]j  e r  t  r  e t  e n  von  N  u k  1  e  o  1  e n  in  das  0  o p  1  a s m  a  wurde 
von  Mll.  LoYEZ  (1.  c.)  und  anderen  beobachtet,  während  Stephan  (1.  c.) 
es  bei  seinen  Objekten  vermißte. 

Vielfach  sind  in  den  Keimflecken  sogen.  Vakuolen  beobachtet 
worden ;  auch  das  von  Schrön,  „Ueber  das  Korn  im  Keimflecke  und 
in  den  Kernkörpercheu  der  Ganglienzellen.  Moleschott's  Unter- 
suchungen zur  Naturlehre  Bd.  9'',  entdeckte  von  ihm  als  „Korn'' 
Einschlußgebilde  hat  meist  diese  Deutung  erfahren. 
V.  LA  Valette  St.  George  (584). 


zeichnete 
anderen  von 
ob   auch    die 
die  zu  dem 


Mir 


scheint 


be- 
unter 
es,  als 


zwei  Substanzen  eines 
Jvorn"   Schrön's 


Nucleoius  Bilder  geben  könnten. 


gehören. 


Die  meisten  Eier  weisen  in  ihren  Keimbläschen  nur  1 — 2  Keim- 
flecke auf,  wieder  andere  mehrere,  3—16,  endlich  giebt  es  Keim- 
bläschen mit  viel  größeren  Zahlen  bis  zu  100  und  darüber.  Auer- 
bach (1.  c.)  unterscheidet  demnach  uni-  und  binukleoläre, 
(o  1  i  g  0  n  u  k  1  e  0 1  ä  r  e),  p  1  u  r  i  n  u  k  1  e  o  1  ä  r  e  und  m  u  1 1  i  n  u  k  1  e  o  1  ä  r  e 
Kerne.  Die  Säugetiereier  und  die  der  meisten  Wirbellosen,  im  all- 
gemeinen gesprochen  die  kleineren  Eier,  gehören  zu  den  oligo-  und 
höchstens  plurinukleolären,  während  die  großen  meroblastischen  Eier 
der  Reptilien,  ferner  insbesondere  die  der  A  m  p  h  i  b  i  e  n ,  sowie 
vieler  Knochenfische  und  Ganoiden  zu  den  multinukleolären  zu 
rechnen  sind. 


Fig.  88. 

Fig.  88.  Junges  Ei  von  A  n  - 
guilla  vulgaris.  Keimbläschen 
kugelig  mit  zahlreichen,  verhältnis- 
mäßig großen  Keimflecken  an  der 
Peripherie.  Die  hellen  Stelleu  im 
Ooplasma  entsprechen  Oeltropfen. 
Nach  OwsjAxxiKOW  (M.  2799), 
Tai  III,  Fig.  2ü. 


Fig.  89. 


Fig.  89.  Ei  von  Barbus  vulgaris  Flem.  Außen  Dotterhaut,  dann, 
helle  Zonoidschicht,  dann  schwach  getrübte  Innenschicht  des  Ooplasmas.  Darin 
das  große  helle  Keimbläschen  mit  zahlreichen  Keimflecken.  Nach.  His  (419)  Taf.  II 
Fig.  1. 


268  W.  Waldeyer, 

Man  vergleiche  hierzu  die  Figuren  7(5,  79,  81,  87,  88  und  89.  Was 
die  Eier  der  Vögel  anlangt,  so  zeigt  sich  in  denselben  bis  zu  Keim- 
bläschengrößen von  80—117  /<  noch  ein  einfaches  Kernkörpercheii ; 
von  da  ab  scheint  es  einem  Zerfalle  in  feinste  Körnchen  zu  unter- 
liegen,  HoLL  (M.  197()).  Vielleicht  ist  das  nur  ein  noch  weiteres 
Fortschreiten  auf  dem  Wege  der  Zerteilung,  wie  ihn  uns  die  Reptilien, 
Ganoiden  u.  s.  w.  aufweisen. 

Ueber  die  Größen  Verhältnisse  von  Keimbläschen  und  Kcim- 
Üeck  wolle  man,  wie  bemerkt,  die  Tabelle,  s.  w.  u.,  vergleichen. 

Es  kann  schließlich  nicht  genug  betont  werden,  worauf  insbeson- 
dere auch  0.  Hertwig  (661,  p.  45)  aufmerksam  macht,  daß  man  kaum 
eine  allgemein  zutreffende  Beschreibung  von  Kern  und  Kernköri)e]"chen 
einer  lebenden  Eizelle  wird  geben  können,  da  dieselbe  in  einem  dauernd 
fortschreitenden  Entwickelungsgange  begriffen  ist,  in  welchem  sich 
Schritt  für  Schritt  vor  allem  das  Bild  von  Keimbläschen  und  Keim- 
Hecken  ändert.  Wir  werden  das  beim  Kapitel  „Oogenese"  näher  dar- 
zulegen haben. 

Wir  verweisen  zu  eingehender  Information  über  diesen  Abschnitt, 
außer  auf  die  p.  265  genannten  Autoren :  Haecker,  Michel,  Mont- 
GOMERY,  ViGiER  und  ÜBST,  uoch  auf  die  zum  Teil  schon  mehrfach 
citierten  Arbeiten  von  Born  (297),  van  Bambeke  (M.  1936.  1937, 
1939),  Carnoy  ET  Lebrun  (321—323),  Durante  (M.  1962),  R.  Fick 
(363,  364),  Flemming  (36(m),  Frommann  (M.  1967),  Gurwitsch 
(393),  Leydig  (M.  1986,  1987),  Löwenthal  (M.  1989),  Loyez  (466a), 
Oellagher  (M.  1919),  Purkyne  (M.  2005),  Rein  (M.  1276)),  Rückert 
(M.  3371),  Stephan  (566a),  van  der  Stricht  (573)  und  Ziegler  (610). 

Ueber  die  Bedeutung  der  Keimflecke  vermögen  wir  wohl 
noch  wenig  Sicheres  auszusagen.  Haecker  (653)  diskutiert  die  drei 
bis  jetzt  geäußerten  Meinungen,  die  er  als  Tran  sportations-, 
Reservestoff-  und  Sekreti  onstheorie  bezeichnet.  Die  Trans- 
portationslehre  sieht  die  Nukleolen  als  Organe  an,  welche  ihre  Sul)- 
stanz  bei  Beginn  der  Zellteilung  auf  die  sich  bildenden  Chromosomen 
übertragen,  und  sie  später  bei  der  Wiederbildung  der  Tochterkerne 
den  Tochterchromosomen  wieder  entnehmen.  Strasburger  sieht  die 
Nukleolensubstanz  als  einen  Reservestoff'  an,  aus  dem  das  Kinoplasma 
der  Zelle  nach  Bedarf  entnehme.  Haecker  selbst  huldigt  der  Se- 
kretion st  heorie,  der  zufolge  die  Nukleolen  sich  durch  eine  Art 
Abscheidung  oder  Abspaltung  von  dem  Chromatiugerüst  des  Kernes 
aus  bildeten,  und  später,  sei  es  in  gelöster  oder  ungelöster  Form,  in 
das  Cytoplasma  überzutreten  hätten.  Wilson  und  Wheeler  haben 
sich  dieser  Ansicht  angeschlossen.  Am  weitesten  geht  neuerdings 
Poljakoff  (519),  der  die  Nukleolen  als  trophische  Centren  der  Zellen 
betrachtet  und  sogar  den  Befruchtungsvorgang  im  wesentlichen  als  eine 
Vereinigung  von  Kernkörpern  auffaßt. 

Der  Keimfleck  wurde  von  Rudolf  Wagner  (588a)  entdeckt.  Er 
beschreibt  ihn  bei  Säugetieren  als  ein  beständig  vorkommendes  gelblich 
schimmerndes,  dunkleres  Gebilde  Auch  bildet  er  schon  die  öfters  vor- 
kommenden zwei  Substanzen,  eine  hellere  und  dunklere  ab  und  beschreibt 
sie  bei  Unio  und  Anodonta.  Die  mehrfachen  Keimflecke  bei  Krebsen, 
Fischen  und  Batrachiern  beschreibt  Wagxer  gleichfalls  bereits  in  seiner 
ersten  Mitteilung.  Beim  Menschen  hat  Wagner  den  Keimfleck  selbst 
nicht  gesehen,  vermutet  aber  richtig,  daß  er  auch  dort  nicht  fehle. 
Valentin  endeckte  ein  Jahr  später  den  Keimfleck  beim  Menschen  (.582b). 


Die  Geschlechtszellen.  26!» 

Auf  die  neuesten  Angaben  V.  Haecker's  (396a)  und  Conklin's  (331a), 
welche  das  regelmäßige  Auftreten  von  mehrfachen  und  insbesondere  von 
Doppelnukleolen  bei  den  jungen  Gesclilechtszellen  mancher  Wirbel- 
loser (Copepodeu ,  Mollusken)  betreffen ,  wird  später  (Oogenese)  ein- 
zugehen sein. 

Die  Namen  „H  auptn  u  cleolus"  und  „Nebennucleolus"  (Ad- 
ventiv-Kernkörper)  sind  von  den  Autoren  in  verschiedenem  Sinne  ge- 
braucht worden.  Haecker,  auf  dessen  eingehende  Darstellung  (653,  insbes. 
p.  105  ff.)  ich  wiederholt  verweise,  unterscheidet  drei  Typen  von  Eiern 
nach  der  Beschaffenheit  ihrer  Keimflecke :  den  ersten  mit  einem  einzigen 
großen,  central  gelegenen  ,,Hauptnucleolus''  =  E  c  h  i  n  o  d  e  r  m  e  n  -  T  }'  p  u  s 
(hierher  gehört  auch  C  ant  ho  c  amp  t  us),  den  zweiten  mit  zahlreichen 
kleineren,  meist  wandständigen  ,,Nebennukleolen"  =  Vertebraten- 
Tyj)us  —  (s.  Figg.  85,  87,  88,  89),  und  den  dritten  mit  einem  aus  zwei 
verschieden  sich  verhaltenden  Stücken  zusammengesetzten  Doppelnucleolus 
(Amphinucleolus)  =  La  m  el  1  ibr  an  chi  a  t  en -T y  p  us.  Hierzu  ist  — 
siehe  das  vorhin  Mitgeteilte  —  zu  bemerken,  daß  manche  Säugetiere  und 
der  Mensch  dem  3.   Typus   angehören. 

Daß  die  Xukleolen  bei  manchen  Eiern  in  gewissen  Stadien  ihrer 
Entwickelung  aus  dem  Keimbläschen  in  das  Ooplasma  austreten,  wiarde 
bereits  S.  267  kurz  erwähnt.  Solche  ausgetretene  Nucleoli  können  sich 
längere  Zeit  noch  unversehrt  erhalten,  und  man  hat  sie  dann  als  Meta- 
nucleoli  bezeichnet.  Insbesondere  ist  dies  während  des  Reifeprozesses 
der  Eier  beobachtet  worden.  Vergl.  u.  a.  Haecker,  Die  Eurchung  des 
Eies  von  Aequorea  forskalea,  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  XL,  1892  und 
No.  653,  S.  111  ff.,  ferner  W.  M.  Wheeler,  The  maturation,  fecondation 
and  earlv  cleavage  of  Myzostoma  glabrum  Leuckart,  Arch.  de  Biologie, 
T.  XV.  p.   1—77,   1898. 

Die  Bedeutung  der  Xukleolen  anlangend,  so  scheint  mir  die 
Ansicht  Strasburger's  (Reservestofflehre),  jedoch  in  der  Eorm,  wie  sie  R. 
EiCK  (364)  vorgetragen  hat,  die  richtige  zu  sein.  Demnach  stellen  die  Keim- 
fiecke  Xukleinspeicher  oder  auch  Xukl  ein-L  abor  a  tori  en  vor. 
In  ihnen  befinde  sich  das  Chromatin  in  einer  Art  Ruhezustand,  während 
es  in  den  Eedersträngen  imd  Chromosomen  in  aktiver  Form  auftrete. 
Strasser  (708a)  hält  die  Federstrangbildung  für  einen  Reinigungsprozeß 
der  Chromatinsubstanz. 

Schon  seit  längerer  Zeit  sind  mehreiige  GRAAP'sche  Fol- 
likel und  zwei-  und  mehrkernige  Eizellen  bei  Wirbellosen 
und  Wirbeltieren  bekannt  gewesen.  Ich  will  erst  später,  im  Anschlüsse 
an  das  Kapitel  „Oogenese'',  auf  diese  in  mehrfacher  Beziehung  inter- 
essanten Bildungen  eingehen. 

Kerne  in  Dotter,  wie  sie  (s.  S.  256)  Kohlbrugge  von  Rep- 
tilien beschreibt,  fand  jüngst  Wetzel  (599a)  bei  Pelias  berus:  er 
leitet  sie  auch  von  den  Kernen  der  Granulosazellen  ab,  die  in  den  Dotter 
gelangen  (einwandern)  und  dort  zerfallen,  während  die  Kerne  noch  längere 
Zeit  erhalten  bleiben,  jedoch  größer  werden  und  blasig  erscheinen,  mit 
wenig  Chromatin.  Auch  Chromatinbröckel,  die  von  zerfallenen  und  assi- 
milierten Kernen  noch  übrig  blieben,  sind  im  Dotter  von  Pelias  zu 
finden. 

Die  Lage  des  Keimbläschens  anlangend,  sei  der  kurzen  Be- 
merkung S.  260  hinzugefügt,  daß  man  als  Gesetz  für  dieselbe  aufstellen 
kann  (HERTWio'sche  Regel),    es    suche    stets    die    Mitte    des    Ei- 


270  W.  Waldeyer, 

Protoplasmas  einzunehmen.  Demnach  wird  es  sich  bei  den  Ur- 
eiern  und  jungen  Öocyten  aller  Geschöpfe  in  der  Eimitte  halten  müssen, 
ebenso  bei  den  streng  isolecithalen  Eiern  bis  zum  Eintritte  der  Reifungs- 
erscheinungen. Bei  den  polar  differenzierten  Eiern,  z.  B.  bei  den  Am- 
])hibien  und  bei  den  meroblastischen  Eiern,  rückt  es  mit  dem  Eiproto- 
]ilasma,  d.  i.  mit  dem  Keime,  an  den  Keimpol  und  nimmt  hier  auch 
wieder  dessen  Mitte  ein  bis  zum  Eintritt  der  Reifung,  wo  es  dicht  unter 
die  Oberfläche  gelangt.  Bei  den  centrolecithalen  Eiern  muß  es  nach  der 
angegebenen  Regel  dauernd  in  der  Mitte  liegen,  da  es  nur  auf  diese 
Weise  die  Mitte  des  als  periphere  Schale  vorhandenen  Keimes  einnehmen 
kann. 

Bezüglich  weiterer  Einzelheiten  über  Kern  und  Kernkörjoer  sei  noch 
besonders  auf  die  Abhandlung  von  Korschelt  :  Beiträge  zur  Morphologie 
und  Phvsiologie  des  Zellkeimes.  Zoolog.  Jahrbücher,  Abt.  für  Anatomie 
und  Ontogenie,   1889,  verwiesen. 

Ueber  den  feineren  Bau  des  Dotters  finden  wir  noch  genauere 
Angaben,  betreffend  Krokodilinen  und  Schildkröten,  bei  Völtzkow  (716 
IV,  S.  354)  und  Mehnert  (M.  3405),  auf  die  ich  noch  ausdrücklich  ver- 
wiesen haben  möchte. 

Die  Namen  „Subgerminalschichf'  und  ,,Subger  minalhöhle" 
rühren  von  Mehnert  her  (1.  c.) ;  die  letztere  Höhle  (Spalt)  ist  wohl  von 
der   „Furchungshöhle"   zu  unterscheiden. 

Beim  Abschnitte  ,.Dotter  und  Keimbläschen"  ist  schließlich  noch 
einer  neueren  Angabe  JHolmgren's  zu  gedenken.  Außer  den  bereits 
vielfach  beschriebenen  fadenförmigen  und  netzähnlichen  Bildungen 
(Pseudochromosomen),  die  mit  dem  Dotterkerne  zusammenhängen  (s. 
w.  u.),  erwähnt  Holmgren  (424),  daß  von  außen  her  kanalförmige 
Bildungen  in  die  Oocyten  (bis  jetzt  nur  bei  Katzen  untersucht)  ein- 
dringen und  mit  den  genannten  Formationen  des  Dotterkernes  in  V^er- 
bindung  stehen  sollen.  Holmgren  selbst  erinnert  an  die  seit  Golgi 
bekannten  Bildungen  in  den  Nervenzellen  (apparato  reticolare),  welche 
er  selbst  eingehend  untersucht  hat  und  bezüglich  derer  jüngst  Kopsch 
in  den  Sitzungsberichten  der  Berliner  Akademie  der  Wissenschaften 
(1902)  eine  neue  vortreffliche  Untersuchungsmethode  mit  erschöpfendem 
Litteraturnachweise  gegeben  hat.  Die  betreffenden  Aussagen  Holm- 
gren's  über  die  Katzen-Oocyten  sind,  wie  ich  finde,  noch  unbestimmt 
gehalten,  so  daß  man  weitere  Untersuchungen  wird  abzuwarten  haben, 
ehe  ein  bestimmtes  Urteil  über  diese  Dinge  gefaßt  werden  kann. 

c)  Dotter  kern  (Nucleus  vitellinus),  Sphäre  (Idiozom),  Cen- 
trosom,  Gen  tri  ölen  und  Verwandtes.  Die  hier  unter  c  auf- 
geführten Bildungen  fassen  wir  zusammen,  weil  sich  durch  neuere  Un- 
tersuchungen, insbesondere  seit  Balbiani,  nahe  Beziehungen  zwischen 
ihnen,  d.  h.  dem  Dotterkern  einerseits  und  der  Sphäre  mit  Centrosomen 
und  Centriolen  andererseits,  ergeben  haben.  Wir  schließen  hier  unter 
der  Rubrik  „Verwandtes",  gleich  noch  andere  im  Ooplasma  gefundene 
und  beschriebene  Dinge  an,  die  teils  ebenfalls  Beziehungen  zu  dem 
Dotterkern  erkennen  lassen,  teils  in  ihrer  Stellung  und  Bedeutung 
noch  unaufgeklärt  sind.  Es  sind  das:  1)  Ausgetretene  Kern- 
und  Kern  kör  per  chen  teile,  2)  eigentümliche,  stäbchen- 
förmige und  spindelförmige  Bild  ungen,  3)  die  Polarringe, 
4)  die  Arcli i pl asm a schleifen,  Pseudochromosomen  und 
Central  kapseln  und  5)  die  Nebenkerne  (Paranuclei). 


Die  Geschlechtszellen. 


271 


Der  Dottorliorii,  nucleus  vitellinus,  wurde  von  v.  Wit- 
Ticii  1845  ((iü!»  II)  bei  Araneen  entdeckt.  Carus  (323a)  gab  bald 
darauf  den  Xanien  ,.Dotterkern".  Es  folgten  dann  die  Untersucliungen 
von  Gramer  (ooob).  Gegenbaur  (M.  1968  u,  1969)  fand  das  Ge- 
bilde bei  Vögeln,  Lubbock  (466c)  bei  Myriopoden.  Die  eingehend- 
sten Studien  machten  Balbiani  (M.  1982,  M.  843,  273  a  u.  b  und  274) 
und  Henneguy  (405).  Bei  Letzterem,  dann  bei  Jordan  (437)  und 
bei  Schütz  (M.  2011)  finden  sich  weitere  geschichtliche  Mitteilungen. 
Auf  die  neueren  Arbeiten  wird  alsbald  einzugehen  sein. 

Nach  den  Befunden  des  Entdeckers  und  der  ersten  Beschreiber: 
V.  Wittich.  Carus  und  Gramer,  muß  unter  Dotter  kern  ein  relativ 
großes,  gewöhnlich  sphärisches  Gebilde  von  dunklem  Aussehen  (bei 
(lurchfallendem  Licht  unter  dem  Mikroskope)  verstanden  werden, 
welches  ne])en  dem  Kerne  im  Oojjlasma  gelegen  ist  und  häufig  eine 
feine  konzentrische  Streifung  zeigt.  Hierzu  kommt,  daß  das  Gebilde 
in  seinem  charakteristischen  Hauptbestandteile  mit  der  Ausbildung 
des  Dotters  in  den  nahezu  reifen  Eiern  (größeren  Oocyten)  und  in 
den  Reifeiern  zu  schwinden  pflegt.  Ausnahmen  sind 
banden,  jedoch  selten. 

Andere  Bezeichnungen  sind 
„Corps  de  Balbiani". 

In  den  Eiern  der  meisten  Tiere  und  auch  beim  Menschen  sind 
Gebilde  nachzuweisen,  auf  welche  man  die  Bezeichnung  „Dotterkern'' 
anwenden  kann;  immer  mehr  schmelzen  die  Fälle  zusammen,  in  denen 


allerdings 


vor- 


„BALBiAxi'scher  Kern",    „corps  vitellin' 


Fig.  !)0.  Fig.  91.  Fig.  92. 

Fig.  90.  Oocyte  eines  neugeborenen  Mädchens.  Um  das  helle  Keimbläschen 
herum  findet  sich  ringförmig  das  dunkel  granulierte  Dotterkernlager  Couche 
vitellogene).  Nach  unten  (in  der  Figur)  ist  dasselbe  am  stärksten  ausgebildet.  Im 
Keimbläschen  ein  dunkler  Keimfleck. 

Fig.  91.  Oocyte  aus  dem  Ovarium  einer  Erwachsenen,  umgeben  von  den 
zugehörigen  abgeplatteten  Follikelepithelzellcn  mit  ihren  dunklen,  gleichfalls  abge- 
platteten Kernen.  Das  helle,  mit  Gerüstfäden  und  zwei  rundlichen,  keimfleckähn- 
lichen  Körpern  versehene  Keimbläschen  ist  von  einem  starkentwickelten  Dotter- 
kernlager  (Couche  vitellogene)  umgeben.  Letzteres  ist  nach  der  rechten  Seite  der 
Figur  am  stärksten  entwickelt  und  zeigt  dort  (ein  wenig  mehr  nach  oben)  innerhalb 
einer  helleren  Zoneden  dunkleren  Dotterkern.  Außerdem  eine  Anzahl  in  der  Figur 
dunkel  erscheinende  Fett  tropfen.  Bei  c  erscheint  ein  kleiner  Spin  delkörper 
hart  am  rechten  Rande  des  Dotterkernlagers. 

Fig.  92.  Oocyte  einer  erwachsenen  Frau.  Der  Dotterkern,  umgeben  von 
seiner  helleren  Zone,  tritt  innerhalb  des  ansehnlichen  Dotter  kern  lagers  sehr 
deutlich  hervor.  In  letzterem  außerdem  dunkle  Fetttropfen,  ähnlich  wie  in 
Fig.  91.  Das  (helle)  Keimbläschen  läßt  deutlich  mehrere  ringförmige  Chro- 
matink  örjier,  welche  durch  Chromatin fäden  verbunden  sind,  erkennen. 

Fig.  90,  91,  92  Obj.  'Z,,  homogene  Immersion  Leitz,  Ocul.  No.  2  Zeiß.  —  Aus 
VA2f  DER  Stricht  572,  Figg.  1,  3  u.  Fig.  p.  141. 


272 


W.  Waldeyer, 


mau  ihn  nicht  antrifft,  obwohl  er  noch  unter  verwandten  Arten  bei 
der  einen  vorkommen,  bei  der  andern  fehlen  soll.  Insl)esondere  ist 
dies  verwunderlich  bei  den  Araneen,  wo  er  z.B.  bei  Tegenaria, 
Lycosa  u.  A.  in  so  auffälliger  Form  vorhanden  ist  —  s.  Fig.  ÜS  — , 
während  er  bei  Epeira  und  Meta  bis  jetzt  nicht  vorgefunden 
wurde. 

Die  Formverhältnisse  und  die  Bestandteile  des  Dotterkerns,  wie 
sie  uns  vor  allen  die  neueren  Untersuchungen  van  der  Stricht's 
(572,  574),    VAN   Bambeke's  (276)   und   Henneguy's  (1.  c.)   ergeben, 


Fig.  93. 


Fig.  94.  Fig.  95. 

Fig.  93.    Isolierter  Dotterkern  aus  einer  Oocyte  eines  3-jährigen  Mädchens 
samt  der  ihn  umgebenden  helleren  Zone  und  dem   auf  einem  dünnen,   konzentrisch 
gestreiften    Ring    reduzierten    Dotterkern  lagen      Vom   Dotterkern   gehen    einige 
Strahlen  aus.     Ringsum  dunkle  Fe  tl  körn  che  n. 

Fig.  94.  Oocyte  einer  Erwachsenen.  Keimbläschen  und  Protoplas- 
manetz des  Ooplasma.  Das  Dotterkern  iager  beginnt  zu  schwinden.  Der 
Dotterkern  selbst  nebst  einigen  kleinen  Strahlen  und  der  helleren  ihn  zunächst 
umgebenden  Substanz  ist  noch  deutlich.  Kleinere  und  größere  dunkle  Fett- 
tröpfchen. 

Fig.  95.  Größere  Oocyte  einer  Erwachsenen,  umgeben  vom  Follikelcpi- 
thel.  Netzwerk  des  Ooplasma  mit  einigen  Fettkörnchen.  Links  zwischen 
dem  hellen  Keimbläschen  und  dem  Follikelepithel  liegt  in  gleichem  Abstände 
von  beiden  im  Ooplasmanetze  der  nackte  Dolterkern.  Das  gesamte  Dotter- 
kernlager ist  im  Ooplasma  aufgegangen. 

Figg.  93,  94,  95  Vergrößerung  wie  bei  den  Figg.  90—92.  Aus  van  der 
Stricht  (572),  Figg.  6,  7,  8. 


zeigen 


die  Figuren  90 — 95  vom  Menschen  und  96,  97  und  98  von 
Tegenaria  domestica.  Dieselben  sind  sämtlich  van  der  Stricht 
(572)  entnommen,  dessen  für  den  Dotterkern  des  Menschen  ge- 
gebenen Darstellung  ich  zunächst  hier  folge: 

In  jungen  Oocyten  von  Neugeborenen  tritt  um  den  Kern  als 
erstes  eine  nach  Fixierung  mit  HERMANN'scher  Flüssigkeit  und  Fär- 
bung mit  Safranin  dunkel  erscheinende  Substanz  auf,  welche  den  Kern 
(Keimbläschen)  ringförmig  umgiebt,  so  jedoch,  daß  der  Kern  exzen- 
trisch gelagert  ist  (Fig.  90  vom  Neugeborenen).  Van  Bambeke  (275) 
bezeichnet  sie  nach  dem  Vorgange  von  Leydig   als  ,,Couche   pal- 


o 


Die  Geschlechtszellen.  27o 

leale"  (Mantelschicht),  Mertens  (477)  geradezu  als  „Sphere  at- 
tractive",  van  der  Stricht  als  ,,Couche  vitellogen  e",  dem 
wohl  die  von  mir  (in  den  Figurenhezeichnungen)  gewählte  Benennung: 
,,D  Ott erkernlager"  entsi)rechen  dürfte.  In  älteren  Oocyten,  Figg. 
91,  92  und  93,  tritt  in  diesem  Lager  da,  wo  dasselbe  am  stärksten  ent- 
wickelt ist,  eine  sphärische,  hellere  Stelle  auf —  Zone  pale,  van  der 
Stricht  — ,  inmitten  derer  dann  als  ein  in  Safranin  sich  sehr  stark 
färbender  kugliger,  homogener,  zuweilen  granulierter  Köi'per,  der 
Dotter  kern,  erscheint.  Inmitten  dieses,  von  van  der  Stricht  als 
solchen  angesehenen  Dotterkerns  finden  sich  zuweilen  1 — 2  kleinere, 
sich  noch  lebhafter  färbende  Körperchen  („Granulations"  van  der 
Stricht).  Bei  Neugeborenen  erscheint  der  hier  seltener  als  bei  Er- 
wachsenen ausgebildete  Dotterkern  bläschenförmig.  Die  sich  stark 
färbenden  Binnenkörperchen  (Granulations)  fand  van  der  Stricht 
hin  und  wieder  durch  eine  zarte  Brücke  verbunden.  Die  ,,Zone  pale'' 
möchte  er  zum  Dotterkern  selbst  gerechnet  wissen. 

Von  dem  Dotterkerne  aus  sieht  mau  öfters  feine  radiäre  Strahlen 
sich  in  die  blasse  Zone  hineinerstrecken. 

Die  Mantelschicht  oder  das  Dotterkernlager  läßt  eine 
Netzstruktur,  ähnlich  dem  umgebenden  Ooplasma,  erkennen,  nur  viel 
dichtmaschiger,  mit  safranophilen  Granula  in  den  Maschen.  Oefters 
sind  die  Maschenfäden  konzentrisch,  entweder  zum  Keimbläschen  odei' 
zum  Dotterkern  (Fig.  98)  angeordnet. 

Im  weitereu  Entwickelungsverlaufe  treten  nun  in  dem  Dotter- 
kernlager sphärische,  in  der  HERMANN'schen  Flüssigkeit  fast  schwarz 
gefärbte  Körper  auf,  die  van  der  Stricht  als  „boules  graisseu- 
ses"  bezeichnet  und  deren  Erscheinen  er  als  Beginn  der  Dotterbil- 
dung ansieht.  Stehen  sie  in  der  That  zur  Dotterbildung,  wie  ich 
gleichfalls  anzunehmen  geneigt  bin,  in  Beziehung,  so  fragt  es  sich,  ob 
ihre  Bezeichnung  als  „Fettkügelchen"  ohne  weiteres  zuzugeben  ist. 
Es  wäre  wohl  zu  erwägen,  ob  man  sie  nicht  besser  als  „Dotterkügel- 
chen"  benennen  müßte.  Ihr  Auftreten  ist  zuerst  vorzugsweise  au  eine 
ringförmige  Zone  geknüpft,  welche  die  „Zone  päle"  unmittelbar  um- 
giebt;  später  treten  diese  „Dotterelemente",  so  wollen  wir  sie  einmal 
hier  aufführen,  auch  im  übrigen,  mehr  peripherisch  gelegenen  Teile 
des  Dotterkernlagers  auf. 

Oft  begegneten  die  Autoren,  ich  nenne  vor  Allem  Balbiani  und 
VAN  DER  Stricht.  —  aber  auch  Schütz  (M.  2011  und  Mertens 
477)  sprechen  davon  —  mehrfachen  (doppelten  bis  vierfachen) 
Dotter  kernen  innerhalb  entweder  einer  einzigen  oder  für  jeden 
Dotterkern  besonderen  „Zone  päle''. 

Mit  dem  weiteren  Wachstum  der  menschlichen  Oocyte  beginnt, 
unter  zunehmender  Ausbildung  von  Dotterkügelchen,  das  Dotterkern- 
lager zu  schwinden  (Fig.  94).  Es  ist  schwer  zu  sagen,  in  welcher 
Weise  dies  geschieht.  Van  der  Stricht  spricht  von  einer  „Des- 
agregation"  oder  auch  von  einer  „Umformung"  der  Substanz  des  Dotter- 
kernlagers in  Dottersubstanz  unter  weiterer  Dotterkügelchenbildung. 
Man  könnte  somit  sagen,  die  Masse  des  Dotterkernlagers  gehe  in 
das  Ooplasma  auf,  indem  wir  das  W'ort  „ 0  o  p  1  a  s  m  a" ,  welches 
bereits  1>^87  von  Whitman  (M.  1295)  gebraucht  wird,  im  Sinne 
von  Korschelt  und  Heider  (vergl.  hier  p.  22S)  verwenden.  Denn 
bei  diesem  „Aufgehen"  kommt  sehr  wahrscheinlich  nicht  nur  eine 
Umformung    in    Deutoplasma ,    sondern    auch    in    Keimsubstanz    des 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  ]^g 


274 


W.  Waldeyer, 


Eies,  in  Eiprotoplasma,  in  Betracht.  Schließlich,  bei  Oocyten,  deren 
Follikclo])ithel  schon  kubische  Form  angenommen  hat  (s.  Fig.  95)  und 
mehischichtig  zu  werden  l)eginnt,  ist  nur  noch  der  Dotterkern  selbst, 
der   gleichsam    nackt   im  Ooplasma    gelegen    ist,   erhalten.     Van   der 


Fig.  96. 


t'^ 


Fig.  97. 


n/.ir 


Fig.  98. 

Fig.  96.     Junge   Oocyte  von  Tegenaria  (domestica?  —   die  Art  ist   von 

VAN  DER  Stricht   nicht  ausdrücklich   angegeben).    Das    helle  mit  Keimfleck  und 

Gerüst    versehene    Keimbläschen     (o)    ist    halbmondförmig  von    einem    dunkei- 
granulierten   Hofe  =  Dotterkern lager  (cv)  umgeben. 

Fig.  97.  Weiter  entwickelte  Oocyte  derselben  Species.  Bei  nv  sieht  man 
im  Dotterkernlager  (c«)  einen  Dotterkern  mit  einem  tiefdunklen  Granulum 
auftreten,    v  Keimbläschen. 

Fig.  98.  Noch  vreiter  vorgeschrittene  Oocyte  von  Tegenaria;  der  Dotter - 
kern  («*•)  hat  seine  größte  Ausbildung  erlangt.  Bei  d  sieht  man  das  „Aufgehen" 
der  Dotterkernlagersubstanz  in  das  Ooplasma.  v  Keimbläschen,  n  Dotter- 
kern lag  er. 

Nach  einer  Bemerkung  des  Autors  sind  die  Figuren  90—98  —  s.  a^an  der 
Stricht  572,  S.  131  —  mit  derselben  Vergrößerung:  Leitz,  homog.  Inmi.  7i-2> 
Oc.  2,  Zeiß,  wiedergegeben. 


Die  Geschlechtszellen.  275 

Stricht  vermochte  es  nicht  zu  entscheiden,  ob  derselbe  noch  vor 
Ausstoßung  der  ersten  Polocyte  gänzlich  schwindet.  —  Ich  bemerke, 
daß  in  den  hier  kopierten  Figuren  van  der  Stricht's,  die  im  Inneren 
der  wirklichen  Dotterkerne  vortindHchen  „Granulations"  nicht  mit 
wünschbarer  Deutlichkeit  zum  Abdrucke  gekommen  sind.   — 

Vergleichen  wir  nun  mit  dieser  Beschreibung  die  Befunde,  wie 
sie  VAN  der  Stricht  selbst  beim  Tegenaria-Ei,  dem  klassischen 
Objekte  für  die  Untersuchung  eines  echten  unbezweifelten  Dotter- 
kernes, erheben  konnte,  so  ist  eine  Uebereinstimmung  bis  in  Einzel- 
heiten hinein  unverkennbar,  (vergl.  die  Fig.  96,  97  und  9S.)  Fig.  90 
entspricht  durchaus  Fig.  90  (Mensch),  Fig.  97  gleicht  Fig.  91  (Mensch), 
abgesehen  vom  Fehlen  der  Dotterkügelchen  im  Dotterkernlager;  aber 
wir  linden  in  Fig.  12  van  der  Stricht's,  die  hier  nicht  mit  auf- 
genommen ist ,  auch  diese  „boules  graisseuses" ;  Fig.  98  endlich 
zeigt  den  vollentwickelten  Dotterkern,  wie  er  bei  den  Spinnen 
vorkommt.  Daß  derselbe  so  bedeutend  an  Masse  den  menschlichen 
Dotterkern  übertrifft,  kann  selbstverständlich  nicht  gegen  eine  Ver- 
gleichung  angeführt  werden.  Uebrigens  wurden,  wie  im  Vorhergehenden 
mitgeteilt,  die  konzentrischen  Streifungen  auch  beim  Menschen  ge- 
funden. 

Aehnliche  Bilder  vom  Dotterkern  bei  anderen  Tierklassen  sind  von 
verschiedenen  Autoren  gezeichnet  und  beschrieben  worden.  Wir  nennen 
hier  noch :  Balbiani  (11.  cc),  He^neguy  (1.  c),  d'Hollaxder  (423a),  Mun- 
sox  (489a)  und  Gurwitsch  (393). 

In  einigen  Beziehungen  abweichende  Befunde  ergeben  die  neu- 
esten Beobachtungen  van  der  Stricht's  über  den  Bau  der  Oocyten 
bei  Fledermäusen  (574  V),  auf  welche  wir  gleichfalls  näher  eingehen 
müssen. 

Hier  sieht  man  zuerst  bei  den  jüngeren  Oocyten  eine  exzentrisch 
zum  Kern  gelagerte  dichtere  Dottermasse,  in  ^velcher  ein  durch  Eisen- 
hämatoxylin  gut  färbbarer  rundlicher  Körper  (Centrosoma,  van 
DER  Stricht),  der  inmitten  noch  ein  kleines  „Centralkörperchen" 
enthält,  erscheint.  Beides  zusammen,  Centrosom  und  Centralkörper- 
chen,  nimmt  van  der  Stricht  für  den  Dotterkern  (noyau  de  Bal- 
BiANi).  Um  diesen  herum  findet  man,  von  einer  zarten  Membran 
umgeben,  eine  ,,Zone  claire" ;  dieses  sei  die  Sphere  attractive 
E.  VAN  Beneden's.  Später  treten  rings  um  die  Sphäre  fadenförmige, 
verschlungene,  in  Safranin  lebhaft  rot,  in  Eisenhämatoxylin  stark  blau 
sich  färbende  Fäden  auf,  die  eine  Art  Korb  um  dieselbe  bilden.  Diese 
Fäden  sind  die  zuerst  von  F.Hermann  als  Archoplasmaschleif  en 
und  jüngst  von  M.  Heidenhain  (109).  insbesondere  bei  den  Samen- 
bildungszellen von  Proteus  beschriebenen  „P  seudochromosom  en" 
s.  w.  u.  Ich  möchte  nicht  bezweifeln,  daß  auch  die  von  H.  v.  Wini- 
warter  (609)  an  der  Peripherie  der  Sphären  (Idiozome)  menschlicher 
Oocyten  abgebildeten  Fäden  (609,  p.  131,  Figg.  94—96)  hierher  zu 
rechnen  sind. 

Van  der  Stricht  beschreibt  nun  weiter,  daß  diese  Fäden  sich 
dichter  zusammenlagern  und  sich  vom  Dotterkern  ein  wenig  ent- 
fernen (oder  daß  der  letztere  irgendwie  aus  diesem  Faserkorbe,  der 
mehr  und  mehr  eine  kompakte  Masse  darstellt,  heraustritt).  In  dieser 
Gestalt  bildet  die  Fadeumasse  ein  kernähnliches  Gebilde,  welches  van 
DER  Stricht  als  „P  seu  don  ucleus''  bezeichnet;  dies  Gebilde  hat 
niemals   eine    Membran    und    unterscheidet   sich  dadurch   scharf  vom 

18* 


276  W.  Waldeyer, 

Keimbläschen.  In  einem  folgenden  Stadium  zerfällt  der  Pseudonucleus 
wieder  in  seine  Fäden,  die  nun  aber  kürzer  und  dicker  erscheinen 
und  sich  im  ganzen  Ooplasnia  verbreiten,  sich  auch  weniger  intensiv 
färben.  Endlich  schwellen  die  im  Ooi)lasma  verteilten  Pseudochromo- 
somen  zu  unregelmäßig  geformten  Massen  (amas  ou  boyaux  vitello- 
genes,  van  der  Stricht)  an.  Sie  zeigen  sich  dann  aus  feinsten  Mi- 
krosomen  zusammengesetzt,  die  van  der  Stricht  mit  der  „Mito- 
chondria"  Benda's  (p.  171)  vergleicht,  ohne  sie  jedoch  identifizieren 
zu  wollen.  Nach  und  nach  zerfallen  die  „amas  vitellogenes",  also  die 
ursprünglichen  Pseudochromosomen,  in  diese  Mikrosomen,  welche  sich 
in  den  Wabenwänden*)  des  Ooplasma  verteilen. 

Van  der  Stricht  ist  der  Ansicht,  daß  wenigstens  ein  Teil  des 
Deutoplasmas  von  den  Mikrosomen  der  Pseudochromosomen  gebildet 
werde  ;  über  die  Bildungsweise  selbst  vermag  er  aber  nichts  auszu- 
sagen. Das,  was  er  selbst  als  „Dotterkerulager''  (couche  vitellogene) 
beim  M  e  n  s  c h  e  n  und  bei  T  e  g  e  n  a  r  i  a  ,  van  Bambeke  in  gleicher 
Weise  bei  Pholcus,  beschrieben  hat,  homologisiert  er  mit  dem 
Pseudochromosomenfadenwerk  der  Fledermäuse,  welches  hier  ja  ebenso 
den  Dotterkern  umgiebt,  wie  das  Dotterkernlager  dieselben  Bildungen 
bei  den  Oocyten  des  Menschen  und  denen  der  Spinnen. 

Ist  dem  aber  so,  dann  ist  doch  noch  ein  Unterschied  zu  kon- 
statieren. Nach  der  vorhin  wiedergegebenen  Schilderung  van  der 
Stricht's  entsteht  beim  Menschen  und  bei  Tegenaria  zueist  das 
Dotterkernlager ,  dann  erst  der  Dotterkern ;  bei  den  Fledermäusen 
würde  das  Umgekehrte  der  Fall  sein. 

Hier  ist  noch  zu  erwähnen,  daß  nach  Boum  (299a)  u.  A.  —  s.  die 
Diskussion  zum  Vortrage  van  der  Stricht's  (574  V,  p.  7)  —  die  Pseudo- 
chromosomen sich  auch  ganz  unab- 
hängig von  einem  Dotterkern  im  (oo- 
plasma, meist  allerdings  zunächst  um 
das  Keimbläschen  herum,  bilden  können. 

;  Nach     der     hier     wesentlich    auf 

Grund    der   Beobachtungen   van  der 

Fig.  99.  Ei  (Oocyte)  eines  12-tägigen 
Meerschweinchens  (Caviacobaya).  1.  Oo- 
plasma.     2.  Zwei    sich   in    Eisenhämatoxyliii 

r-—  2   stark    färbende   kleine   Körper   unbestimmter 

Art  ^).     3.   Idiozom,   Dotterkern,    mit  4.   zwei 
Centralkörpercbcn.    Außerdem  der  verhältnis- 

g   mäßig    große   Kern  (Keimbläschen)    mit    den 

ihn    ganz    erfüllenden  Chromatinfäden,   Netz- 
knoten und  einem   größeren    Karyosom.     Sei- 
/  bert,     Apochromat    2    mm,    Comp.    Oc.    12. 

4  Nach  GuRWiTSCH  (393),  Taf.  XVI,  Fig.  1. 

Stricht's  gegebenen  Darstellung  zeigt  der  Dotterkern  eine  Verbindung 
mit  denjenigen  Bildungen,  welche  wir  unter  dem  Namen  Sphären, 
C  e  n  t  r  0  s  0  m  e  n  und  C  e  n  t  r  i  o  1  e  n  kennen  und  von  denen  alsbald 
genauer  die  Rede  sein  wird.    Ganz  anders  lautet  indessen  die  neueste 


/ 
/ 


1 )  Van  der  Stricht  schreibt  dem  Oo])lasma  der  Fledermauseier  einen  wabigen 
Bau  zu  (structure  pseudoalveolaire). 

2)  GuRWiTSCH  meint,  daß  sie  vielleicht  den  „chromatischen  Neben  kör pern"-, 
wie  sie  von  Niessing,  v.  Lenhossek  (142,  p.  258),  Moore  und  Meves  beschrieben 
wurden,  vergl.  p.  178  letzte  Alinea,  entsprechen  dürften. 


Die  Geschlechtszellen. 


Z(  i 


Angabe  v.  Winiwarter's  (609  I)  über  den  D  o  1 1  e  r  k  e  r  n  des  Kanin- 
chens. 

Dieser   zufolge   ist    in    fast  allen  Oocyten   des   Kaninchens   etwa 


vom  10.  Tage  der  Geburt  an  bis  zur  6. — 7.  Woche  ein  unzweifel- 
haftes Idiozom  mit  Centrosom  und  Cciitriolen  vorhanden,  s.  Fig.  100. 
Am  Rande  des  Idiozoms  finden  sich  zahlreiche  dunkle  Granula.  In 
den  Oocyten  der  4.  Woche  zeigt  sich  aber  noch  ein  zweiter  sphä- 
rischer Körper  mit  heller  Peripherie  und  tief  dunklem  Centrum  ;  diesen 
erklärt  v.  Winiwarter  für  den  BALBiANi'schen  Kern,  den  Dotter- 
kern.  Offenbar  ist  dieser  Körper  dasselbe,  man  vergleiche  Fig.  99 
und  Fig.  100,  was  Gurwitsch  (o93)  als  einen  nicht  näher  bestimm- 
baren chromatoiden  Körper  bezeichnet  hat. 

Für  den  Menschen,  s.  1.  c.  p.  402,  stimmt  —  dies  sei  besonders 
hervorgehoben  —  v.  Winiwarter  mit  van  der  Stricht  bezüglich 
dessen,    was   als  Dotterkern   anzusehen    sei,   ganz   überein,   indem   er 


Fig.  100.  GRAAF'scher  Follikel  eines  4 
Wochen  alten  Ovariums  von  Lepus  cu- 
niculus.  Links  und  ein  wenig  nach  oben 
vom  Keimbläschen  ein  dunklerer  zackiger 
Körper  mit  2  kleinen  Granulis,  je  in  einem 
etwas  lichteren  Hofe  =  Sphäre  (Idiozom) 
mit  2  Centrosomen  und  Centriolen.  Un- 
terhalb des  Keimbläschens  nahe  der  Peri- 
pherie des  Ooplasmas  ein  dunkler  kugliger 
Körper  mit  hellem  Hofe,  nach  v.  Wini- 
warter =^  dem  Dotterkern.  Zeiß,  Apo- 
chrom.  Obj.  2,0  mm;  Apert.  1,30;  Ocul. 
compens.  8;  Tub.  160  mm.  Fig.  3  (aus 
Y.  Winiwarter  [609  I]). 


v// 


m 


hier  das  Idiozom  als  den  Dotterkern  annimmt.  So  wären  denn  der 
Dotterkern  des  Menschen  und  der  des  Kaninchens  zwei  gänzlich  ver- 
schiedene Gebilde,  was  anzunehmen  doch  sein  Bedenken  hat.  Piichtig 
ist  ja,  daß  E.  van  Beneden,  der  den  fraglichen  Körper  der  Kaninchen- 
oocyte  zuerst  sah,  dann  Balbiani,  Henneguy  u.  A.  dasselbe  Gebilde 
für  den  Dotterkern  nahmen,  was  jetzt  auch  Winiwarter  dafür  er- 
klärt. Aber  es  fragt  sich  doch,  ist  denn  dieser  Körper,  der  in  der 
GuRwiTSCH'schen  Abbildung  doppelt  vorhanden  ist,  in  der  That  ein 
Dotterkern  V  Ist  er  dem  Dotterkern  der  Araueen  homolog  zu  setzen, 
oder  ist  er  etwas  ganz  anderes,  z.  Z.  noch  nicht  sicher  bestimmbares' 


bei  der  Spermiogenese  so  mancherlei 
Bezeichnung  ,,Xebenkörper"  zusammen- 


AVir  haben  —  vgl.  p.  177  ff. 
Bildungen,  die  ich  unter  der 

gefaßt  habe,  in  den  Samenzellen  auftreten  gesehen,  daß  es  nicht 
Wunder  nehmen  könnte,  auch  bei  den  homologen  Zellen,  den  Eizellen, 
noch  derartige  Dinge,  die  weder  ein  Idiozom  noch  ein  Dotterkern 
sind,  anzutreffen.  —  Nicht  unerwähnt  soll  indessen  bleiben,  daß  Mer- 
tens  (476,  477)  bei  Vogeleiern  auch  zwei  Körper  ganz  ähnlichen 
Verhaltens  wie  sie  Gurwitsch  und  v.  Winiwarter  abbilden,  aufge- 
funden hat  und  sie  so  deutet  wie  der  Letztere:  den  größeren  mit  dem 
Centriol  als  Sphaere  (Idiozom),   den  kleineren  als  Dotterkern. 


278  W.  Waldeyer, 

Es  ist  zur  Zeit  schwierig,  einen  Entscheid  zu  treffen ;  wir  werden 
auf  diese  wichtige  Frage  zurückkommen,  wenn  wir  das  Centrosom 
der  Eizelle  besprochen  haben ;  vorher  sollen  noch  einige  Thatsachen 
bezüglich  der  Dotterkerne  angeführt  werden. 

Die  Größe  der  Dotterkerne  ist  sehr  verschieden,  und  es  läßt 
sich  um  so  weniger  darüber  sagen,  als  der  Begriff'  dessen,  was  wir 
Dotterkern  nennen  sollen,  keineswegs  feststeht. 

Unter  der  Bezeichnung  „noyaux  vitellins  accessoires'' 
—  accessorische  Dotterkerne  —  beschreibt  van  der  Stricht  bei 
Spinneneiern  kleinere,  konzentrisch  geschichtete  Dotterkerne,  welche 
sich  in  Fragmenten  der  couche  vitellogene,  die  im  Ooplasma  sich  ver- 
teilt haben,  entwickeln.  Mehrfache  Dotterkerne  haben  auch  Munson 
(1.  c.)  bei  Limulus,  Blochmann  bei  Ameisen  (M.  1951),  Stuhl- 
mann (M.  2010)  und  Jordan  (437)  bei  Diemyctylus  viridescens 
(Batrachier)  sowie  Korschelt  und  Heider  —  s.  darüber  666a, 
]).  268  —  angetroffen ;  dieselben  sind  gewöhnlich  an  der  Peripherie 
der  Eizelle  gelegen.  Von  einzelnen  Beobachtern,  Blochmann  (1.  c), 
Leydig  (M.  1987).  und  Balbiani  (11.  cc),  sind  sie  auf  sprossenartig 
am  Kern  entwickelte  und  abgeschnürte  Stücke  zurückgeführt  worden. 
S.  w.  u.  unter  „Ausgetretene  Kernstücke". 

In  dem  großen,  glänzenden,  in  so  charakteristischer  Weise  kon- 
zentrisch geschichteten  Dotterkerne  von  Tegenaria  sind  noch  dich- 
tere Ceutren  zu  sehen,  die  zuweilen  als  Zwillingsbildungen  auftreten. 
Das  ganze  Gebilde  zeigt  gelbliche  Färbung,  quillt  in  gewöhnlichem 
kalkhaltigen  Wasser  und  Essigsäure  bedeutend  auf,  löst  sich  dagegen 
in  kurzer  Zeit  in  Mineralsäuren  sowie  in  destilliertem  Wasser.  Seine 
Substanz    steht   der  des  Leu  eins  offenbar  nahe,    Schütz  (M.  2011). 

Lediglich,  um  vor  einer  Verwechslung  zu  warnen,  sei  darauf  hin- 
gewiesen, daß  man  mit  dem  Namen  „D  o  1 1  er  kerne"  auch  diejenigen 
echten  Kerne  bezeichnet,  welche  bei  der  Turchung  meroblastischer 
Eier,  aber  auch  bei  Amphibien  (Brai'S,  Jenaische  Zeitschr.  f.  Naturw., 
Bd.  9),  in  den  subgerminalen  Schichten  des  Dotters  („Dottersyncytium" 
H.  ViRCHOw)  auftreten  und  in  diesen  scheinbar  nackt  liegen :  Merocyten- 
kerne  (Rückert),  Nebenspermakerne  (Oppel,  Braus).  Vgl.  0.  Hertwig, 
Lehrb.   d.  Entwickelungsgeschichte,   7.  Aufl.,   p.   76  u.   78. 

Die  physiologische  Bedeutung  des  Balbiani 'sehen 
Dotterkerns  anlangend,  so  ist  derselbe,  wie  auch  sein  Name  an- 
deutet, meist,  und  zwar  schon  bald  nach  seiner  Entdeckung,  mit  der 
Bildung  des  Dotters  (Deutoplasmas)  in  Verbindung  gebracht  worden, 
so  von  Carus,  Leydig,  Gegenbaur,  und  neuerdings  insbesondere 
von  VAN  Bambeke  in  seiner  wertvollen  Arbeit  über  den  Dotterkern 
von  Pholcus  (276)  und  von  van  der  Stricht;  vgl.  das  vorhin  Mit- 
geteilte. Wenn  wir  auch  über  das  ,,Wie"  dieser  Bildung  noch  nicht 
im  Klaren  sind,  so  sprechen  doch  das  Auftreten  von  dotterköri)er- 
ähnlichen  Kügelchen  innerhalb  des  Dotterkernlagers,  verbunden  mit 
der  Verteilung  und  schließlichen  Auflösung  desselben  und  des  Dotter- 
kernes selbst  im  Ooplasma,  wobei  letzteres  wächst  und  mit  Dotter- 
elementen durchsetzt  wird,  sehr  eindringlich  für  diese  Auffassung. 
0.  Hertwig  (416a)  hat  den  Dotterkern  von  Rana  unter  der  Be- 
zeichnung „Dotterkonkrement"  geradezu  als  eine  Ansammlung  von 
Nährstoffen  bezeichnet. 


Die  Geschlechtszellen. 


279 


Es  kann  bei  verschiedenen  Tieren  sehr  lange  Zeit  vergehen,  bis 
der  Dotterkern  völlig  aufgelöst  ist,  wie  denn  Balhiani  nachwies,  daß  die 
jungen,  eben  ausgeschlüpften  T  e  g  e  n  a  r  i  e  n  noch  einen  Rest  des  Dotter- 
kerns ihres  Muttereies  in  der  in  ihrem  Hinterleibe  befindlichen  Dotter- 
masse tragen. 

SphäiMMinpparat.  Mit  der  Bezeichnung  ,,Si)härenap parat,, 
möchte  ich  für  die  Geschlechtszellen .  wie  für  die  Zellen  überhaupt, 
diejenige  komplizierte  Bildung  bezeichnen,  deren  Mitteli)unkt  die 
„Centralköri)erchen"  —  den  Namen  ganz  allgemein  gebraucht  —  dar- 
stellen. Nehmen  wir  alles  übersichtlich  zusammen,  was  dazu  gehört, 
so  ist  zu  unterscheiden  —  vgl.  Fig.  101  —  1)  das  Centralkorn 
( C  e  n  t  r  i  0 1  u  m .  C  e  n  t  r  i  o  1),  2)  das  C  e  n  t  r  o  s  o  m  (C  e  n  t  r  o  s  o  m  a), 
3)  die  Sphäre   (Sphaera\    welche  neuerdings   aus   den  p.  177  an- 


Fig.  101.  Fig.  102. 

Fig.  101.  Schema  des  Sphärenapparates  der  Eizelle  von  Ascaris  megalocephala, 
wie  sie  sich  bei  der  ersten  Furchungsteilung  darstellt,  nach  BovERi.  Man  sieht  die 
erste  Furchungsspin  del  mit  4  Chromosomen  in  deren  Aequator.  In  der 
Nähe  beider  Pole  befindet  sieh  der  Sphärenapparat  mit  Centriol,  Centro- 
soma und  Sphäre.     Näheres  im  Text. 

Fig.  102.  Dasselbe  nach  E.  VAN  Bexeden.  Näheres  im  Text.  Beide  Figuren 
entlehnt  aus  Haecker  (653),  p.  63,  Fig.  44  u.  45. 


gegebenen  Gründen  von  Meves  bei  den  Geschlechtszellen  mit  dem 
allgemein  angenommenen  Terminus  Idiozom  (Idiozoma)  benannt 
worden  ist. 

Wir  sehen  in  der  Fig.  101,  welche  die  Auffassung  des  Sphären- 
apparates nach  BovERi  (622  b)  wiedergiebt,  den  dunkel  gehaltenen 
Sphärenapparat  an  jedem  Pole  der  in  der  ersten  Furchungsteilung 
begriffenen  Eizelle.  Von  ihm  geht  eine  doppelte  Strahlung  aus,  und 
zwar  die  Asterstrahlun  g  (Sternstrahlung)  radienförmig  nach  allen 
Seiten  in  das  Ooplasma  hinein,  und  die  Furchungsspindelstrahlung, 
kurzweg  Spindelstrahlun  g,  von  einem  Sphäreuapparate  zum  an- 
deren. 

Im  „Aequator"  der  Spindelstrahlung  sieht  man  4  Chromo- 
somen. Der  Sphärenapparat  selbst  zeigt  zu  äußerst  einen  größeren 
dunkelkörnigen  Ring,  worauf  ein  kleinerer  heller  Ring  folgt.  Beides 
zusammen  bildet  die  Sphäre,  sphere  attractive  E.  van  Be- 
xeden's,  welcher  die  dunkle  Partie  als  ..zone  corticale"  (Rindenschicht), 
die  helle  als  „zone  medullaire"  (Markschicht  der  Sphäre)  benannt  hat. 
Die  hellere  Schicht  zeigt  fast  gar  keine  Körnelung  und  nur  eine  un- 
deutliche Strahlung;  doch  lassen  sich  nach  Boveri  die  Strahlen  bis 
zu  dem  von  dem   hellen  Ringe   umschlossenen,    dunkleren  Scheibchen 


280  W.  Waldeyer, 

oder  Kügclchen  verfolgen;  letzteres  ist  das  von  I)Overi  genau  prii- 
cisierte  und  unterschiedene  Centrosom.  Innerhalb  dieses  Centru- 
sonis  sieht  man  nun  (Fig.  101),  am  besten  nach  Färbungen  mit  Sa- 
franin oder  mit  dem  Eisenhämatoxylin  M.  Heidenhain's,  ein  schart 
begrenztes,  sich  sehr  intensiv  färbendes,  kleines  kugeliges  Körperchen, 
das  Centralkorn  (Centriol)  Boveri's. 

E.  VAN  Beneden,  der  mit  Neyt  (288a)  die  erste  genaue  Schilderung 
des  Apparates  gegeben  hat,  weicht  insofern  von  Bovbhi  ab,  als  bei  ihm 
eine  Unterscheidung  von  Centrosom  und  Centriol  noch  nicht  vorkommt. 
Das  in  Fig.  102  inmitten  der  hellen  zone  medullaire  gelegene  dunkle 
Centralgebilde,  an  vv^elches  sich  die  Spindelstrahlen  ansetzen,  ist  von 
VAN  Bbneden  zuerst  als  Polkörperchen,  „corpuscule  polaire",  be- 
zeichnet worden;  si:)äter  nannte  er  es  (288a,  p.  52)  „corpuscule  central". 
Außerdem  unterscheidet  er  nur  noch  die  Sphäre  mit  ihrer  Rinden-  und 
Markschicht. 

Die  Figur  102  ist  von  Haecker,  dem  ich  sie  entlehnt  habe,  in- 
sofern nicht  völlig  getreu  wiedergegeben,  als  bei  E.  vax  Beneden  die 
ßindenschicht  der  Sphäre  auch  einen  dunklen  Ton,  freilich  ohne  Granu- 
lation, hat  (288a,  Taf.  VI,  Fig.  2). 

Solche  Sphärenapparate  werden  in  mehr  oder  minder  vollständiger 
Ausbildung,  indem  öfters  nur  Centrosomen  mit  Centriolen  erkennbar 
sind  und  die  Sphäre  selbst  verschieden  deutlich  hervortritt,  viel- 
fach bei  den  in  Teilung  begriffenen  Oogonien,  aber  auch  bei  den 
Oocyten,  wo  sie  bei  vielen  Tieren  mit  der  Oocyte  selbst  bedeutend 
heranzuwachsen  pflegen,  gefunden.  Ich  nenne  die  Arbeiten  von  F.  M. 
Mac  Farland  (s.  bei  Boveri,  ()22b),  betreffend  die  Oocyten  von  Diau- 
lula  sandiegensis  (Opisthobranchia),  von  van  der  Stricht  (570a 
u.  574)  und  Schokaert  (543a)  bei  Thysanozoon  Er occhi  (Plana- 
rien) und  bei  Echiniden,  von  Fürst  (G42a),  ferner  die  Oogonien  von 
A  s  c  a  r  i  s  m  e  g  a  1  o  c e  p  h  a  1  a  ,  Moszkowski  (488a)  und  ihr  Vorkommen 
bei  demselben  Nematoden  an  den  Richtungsspindeln,  wo  sie  von  Fürst 
und  Boveri  als  regelrechter  Befund  in  Abrede  gestellt  wurden.  Auch 
Lebrun  (M.  3152)  fand  sie  hier.  Sonst  sind  Carnoy  und  Lebrun  der 
Meinung,  daß  die  Centrosomen  keine  besonderen  und  dauernden  Zell- 
bestandteile seien,  sondern  sich  bei  jeder  Zellteilung  neu,  und  zwar 
aus  dem  Kern  heraus  l)ilden,  um  nach  geschehener  Teilung  wieder  zu 
verschwinden.  Sphärenapparate  bei  den  Oogonien  und  Oocyten  von 
Wirbeltieren  und  dem  Menschen  beschreiben  Gurwitsch  (s. 
Fig.  99),  VAN  der  Stricht  (572)  als  Dotterkern,  ferner  Meves  (478) 
Sobotta  (561,  Anm.  p.  26)  und  v.  Winiwarter  (609  u.  6091).  Nach 
Petrunkewitsch  (514b)  haben  auch  die  parthenogenetischen  Oocyten 
von  Artemia  sali  na  (Crustacea)  ein  Centrosom;  ob  mit  Centriol, 
wird  nicht  angegeben  und  ist  auch  aus  den  Abbildungen  nicht  ersichtlich. 

Was  die  Struktur  der  einzelnen  Teile  des  Sphärenappa- 
rates anlangt,  so  ist  von  den  kleinen  Centriolen  kaum  etwas 
bekannt;  nur  w'äre  zu  erwähnen,  daß  v.  Erlanger  (Arch.  f.  mikr. 
Anat.  u.  Entw.-Gesch.,  Bd.  LIX,  1897)  und  Haecker  (653,  p.  90  ff.) 
dieselben  als  „bläschenförmig''  darstellen.  Das  Centrosom  ist  Bo- 
veri meist  homogen  erschienen,  in  anderen  Fällen  feinschaumig,  wie 
es  auch  v.  Erlanger  1.  c,  ferner  R.  Hertwig  (bei  Actinosphaerium), 
Griffin  (bei  Thalassema),  Sobotta  (bei  Amphioxus)  schildern. 


Die  Geschlechtszellen.  281 

An  der  Sjjhäre,  d.  i.  der  Centrosoiiienhülle,  dem  Idiozoma 
von  i\lEVES,  müssen,  wenn  wir  von  einer  Trennung  in  eine  Rinden- 
nnd  Markschicht,  die  nicht  immer  dnrchznführen  ist,  einmal  abseilen, 
jedenfalls  zwei  substantielle  Dinge  unterschieden  werden:  die  Strahlen 
und  eine  zwischen  den  Strahlen  liegende  Substanz.  Nur 
sind  wir  darüber  noch  nicht  sicher,  ob  die  Substanz,  aus  der  die  Strahlen 
bestehen,  nicht  etwa  dieselbe  ist  wie  die  zwischen  den  Strahlen  befind- 
liche. So  giebt  E.  van  Beneden  (288a,  p.  55),  der  stets  den  strahligen 
Bau  der  Sphäre  hervorhebt  und  von  einer  besonderen  Sphärensubstanz 
nicht  spricht,  an,  daß  nach  Behandlang  mit  starker  Essigsäure,  wahr- 
scheinlich durch  Zerstörung  der  Strahleniibrillen  und  Zerfall  derselben 
in  Granula,  die  Sphäre  als  ein  granulierter  Körper  erscheine.  Boveri 
nimmt  außer  den  Strahlenfäden  noch  eine  besondere  Sphärensubstanz, 
die  er  „Arch  oplasma''  (richtiger:  „Archiplasma^',  Benda)  nennt, 
an,  läßt  es  jedoch  in  seiner  neuesten  Publikation  (622b,  Anm.  zu 
p.  IIG)  unentschieden,  ob  diese  Substanz  etwas  Besonderes,  von  der 
des  übrigen  Zellenleibes  Unterschiedenes  sei,  oder  ob  sie  aus  dem 
übrigen  Protoplasma  unter  dem  Einflüsse  der  Centrosomen  +  Centri- 
olen  sich  erst  bilde.  „Unter  allen  Umständen  aber",  sagt  Boveri, 
„findet  eine  Ansammlung  dichterer  Zellsubstanz  um  die  Centrosomeu 
und  Zurückdrängung  von  Zwdschensubstanz  statt." 

In  dem  Sphärenapparate  der  Samenzellen  und  der  Eizellen  sind 
die  Centrosomenhüllen,  d.  i.  die  Sphären,  substantiell  deutlich 
zu  unterscheiden;  wir  wissen,  worauf  schon  E.  van  Beneden  (1.  c.) 
hinweist,  daß  sie  besondere  Farbaffinitäten  haben  und  daß  sie  bei 
den  Samenzellen  in  Bröckel  zerfallen,  die  sich  im  Zellprotoplasma 
verteilen,  daß  hier  die  Strahlen  vielfach  zurücktreten,  und  daß  diese 
Substanz  bei  der  Bildung  des  Perforationsapparates  der  Spermien 
eine  Hauptrolle  spielt  (p.  177  u.  188).  Wir  werden  alsbald  sehen, 
w^orauf  schon  bei  der  Betrachtung  des  Dotterkerns  kurz  hingewiesen 
wurde,  daß  dieselbe  Substanz  es  ist,  welche  im  wesentlichen  bei  den 
Eizellen  die  Dotterkernmasse  darstellt. 

Dies  besondere  Verhalten  der  Sphären  bei  den  Geschlechtszellen 
ist  die  Ursache  gewiesen,  weshalb  v.  Erlaxger  (1,  c.)  unter  dem 
Xamen  „Centrodeutoplasma"'  und  bald  darauf  Meves  unter  der  gangbar 
gewordenen  Bezeichnung  „Idioplasma",  die  wir  hier  ebenfalls  verwenden, 
die  Sphärensubstanz  dieser  Zellen  besonders  ausgezeichnet  hat.  In 
Kürze  ist  schon  p.  177  daraiif  hingewiesen  worden;  für  eine  eingehendere 
Kenntnisnahme  dieser  Gründe  verweise  ich  auf  den  Bericht  von  Meves 
(166a). 

Eine  der  wichtigsten  Fragen  beim  Sphärenapparat  ist  die  nach 
dem  Verhalten  des  Centriols  (Centralkorns)  zum  Cen- 
trosom.  Wir  haben  gesehen,  daß  Boveri  beide  Gebilde  scharf  unter- 
scheidet; auch  verwahrt  er  sich  dagegen,  daß  etwa  E.  van  Beneden"s 
„corpuscule  polaire"  oder  „corpuscule  central"  seinem  Centriol  ent- 
spreche. Die  Sache  ist  deshalb  so  wichtig,  weil  es  darauf  ankommt, 
ob  das  Cen  triol  es  ist,  dem  die  physiologischen  Leistungen  des  Sphären- 
apparates im  wesentlichen  zugeschrieben  werden  müssen,  oder  das 
Centrosoma. 

Boveri  selbst  ((322b,  p.  119,  129  ff.,  159  u.  a.)  vindiziert  offenbar 
seinem  Centrosom  die  Bedeutung,  auf  die  Sphärenradien  und  damit 
unmittelbar  auf  den  Ablauf  der  Zellteilung  einzuwirken.    Ueberall.  wo 


282  W.  Waldeyer, 

er  von  der  Beziehung  des  Si)härena])parates  zur  Zellteilung  si)riclit, 
ist  das  Centrosoni  als  der  die  Teilung  energetisch  beherrschende 
Körper  hingestellt;  das  Centriol  aber  ist  Teilungsorgan  des  Centro- 
soms.  Es  heißt  u.  a.  p.  119:  „Das  Centriol  kann  weder  als  Insertions- 
]ninkt  der  Radien  (der  Sphäre)  noch  als  Erregungscentruin  für  dieselben 
angesehen  werden.  Die  ganze  Beziehung  zur  Sphäre  liegt  dem  Centro- 
som  ob ;  das  Centriol  dagegen  hat  in  diesem  die  Funktion  eines 
Central-  und  Teilungsorgans". 

BovERi  sieht  demzufolge  die  Centrosomen  als  allgemein  den 
Zellen  zukommende  und  dauernde  Organe  derselben  an. 

Nun  hat  aber  jüngst  Meves  (67ob),  wie  mir  scheint,  mit  triftigen 
Gründen,  die  Behauptung  aufgestellt,  daß  die  von  Flemming  (6391)  in 
den  tierischen  Gewebszellen  entdeckten  D  o  p  p  e  1  k  ö  r  n  c  h  e  n  ,  die  später 
von  M.  Heidenhain,  Meves  selbst  u.  A.  bestätigt  wurden,  und  die 
BovERi  als  Centrosomen  ansehen  möchte,  nicht  als  solche,  sondern 
als  Cen  tri  ölen  zu  betrachten  seien.  Nach  Meves  wären  in  den 
meisten  Zellen,  und  darunter  auch  in  den  männlichen  Geschlechtszellen, 
überhaupt  keine  Centrosomen  im  Sinne  Boveri's  vorhanden.  Mit 
Rücksicht  darauf  hat  denn  auch  Meves  in  seinen  letzten  Arbeiten 
über  die  Spermiogenese  nicht  mehr  die  Bezeichnung  „Centrosoni'', 
sondern  „Centralkörperchen"  verwendet.  Meves  giebt  dabei  zu,  daß 
Boveri  recht  hat,  wenn  er  es  ablehnt,  daß  das,  was  E.  van  Beneden 
„Centralkörperchen''  genannt  hat.  von  ihm  (Boveri)  als  Centriol  ge- 
nommen worden  sei.  Meves  wird  deshalb  überall  da,  wo  jene 
charakteristischen  „Doppelkörnchen"  Flemming's  in  Frage  kommen,  sie 
fortan  mit  den  BovERi'schen  Namen  „Centralkörner"  oder  „Centriolen" 
bezeichnen.  Ich  führe  das  hier  ausdrücklich  an,  weil  demzufolge  alles 
das,  was  im  Abschnitte  „Sperma"  von  den  Umbildungen  der  „Centro- 
somen" zu  Halsstücken  und  Teilen  am  Achsenfaden  gesagt  ist,  streng 
genommen,  auf  „Centriolen"  bezogen  werden  muß.  Ich  habe  die 
Namen  „Centrosom",  „Centralkörper",  „Centralkörperchen"  bei  der 
Abfassung  der  betreffenden  Absätze,  ebenso  wie  die  Meisten,  noch 
unterschiedslos  gebraucht.  Die  Notwendigkeit  einer  strengeren 
Scheidung  stellt  sich  nunmehr  heraus.  Das  ist  das  eine,  was 
hier  zu  bemerken  wäre.  Zum  anderen  wirft  sich  die  Frage  auf:  Sind 
denn  nun  die  echten  Centrosomen  Boveri's  da,  wo  sie,  wie  z.  B.  bei 
den  Oocyten  von  Diaulula,  bei  Sida  u.  a.,  vorkommen,  dauernde 
und  für  die  Zellteilung  wertvolle  Zellorgane  V  Muß  nicht  auch  hier 
die  ihnen  zugewiesene  Ijedeutung  auf  die  gleichfalls  stets  vorhandenen 
Centriolen  übertragen  werden?  Müßte  das  geschehen,  dann  bleibt 
kaum  etwas  anderers  übrig,  als  die  Centrosomen  Boveri's  noch  zu 
den  Sphären,  bezw.  Idiozomen  zu  zählen.  Irre  ich  mich  nicht,  so 
geht  das  auch  aus  der  Beschreibung  van  der  Stricht's  (572)  hervor. 

Ich  übergehe  hier,  da  wir  ja  keine  vollständige  Geschichte  des 
Sphärenapparates  zu  geben  haben,  die  so  sehr  verschiedenen  einander 
widersprechenden  Meinungen  über  die  Entstehung  der  einzelnen 
Bestandteile  desselben,  möchte  aber  doch  zweierlei  anführen :  Einmal, 
daß  Boveri  (1.  c.  p.  78)  das  Centriol  als  eine  durchaus  selbständige 
Bildung  betrachtet,  das  nicht  etwa  durch  Wachstum  zu  einem  Centro- 
som werden  könnte,  in  welchem  dann  wieder  auf  endogenem  Wege 
neue  Centrioleu  entstünden.  Zum  anderen  ist  von  verschiedenen 
Seiten  eine  spontane  und  sogar  eine  künstliche  Neubildung 
von  „Centralkörpern"    —    ich   gebrauche    diesmal   das  Wort  ganz  all- 


Die  Geschlechtszellen.  283 

gemein,  nicht  in  scharf  umschriebenem  Sinne  —  inmitten  des  Ooplasma 
beobachtet  und  experimentell  zu  Wege  gebracht  worden,  wofür  auf 
die  Angaben  Carnoy's  {y>2i — .^28),  Mead"s  (475a),  de  Morgan's 
(4b5c  u.  d)  und  Loeb's  (403a-  e)  verwiesen  sein  soll.  Auch  das  Auf- 
treten von  eigentümlichen  Strahlungsfiguren ,  welches  die  Brüder 
Hektwig  als  die  ersten  gesehen  haben  bei  Eiern,  die  mit  verschie- 
denen giftig  wirkenden  Lösungen  behandelt  worden  waren,  gehört 
wohl  hierher  (41Gc;  M.   1255). 

Ich  kann  hinsichtlich  der  experimentellen  Hervorbringung  von  Cen- 
triolen  oder  Centrosomen,  wie  sie  insbesondere  Morgan  beschreibt,  meine 
Bedenken  nicht  unterdrücken  und  schließe  mich  dem  an,  was  Boveri 
(622f)  und  Meves  (673b)  darüber  gesagt  haben.  Ebenso  bestehen  noch 
Zweifel  darüber,  ob  das,  was  Carxov  imd  Mead  als  Centralkörper 
(Centrosomen  oder  Centriolen)  angesprochen  haben,  solche  sind ;  Boveri 
(622f)  hält,  gestützt  aixf  die  neuesten  hochinteressanten  Versuche 
Wilson's  (605b  u.  607b),  eine  spontane  Neubildung  von  Centrosomen 
im  Zellprotoplasma,  speciell  auch  im  Ooplasma,  für  möglich.  Der  sehr 
berechtigten  Kritik  Meves'  unterliegen  aber  auch  die  Befunde  Wilsox's 
(607b). 

Der  Sphärenapparat  gehört  unzweifelhaft  zu  den  wichtigsten 
Bestandteilen  der  Geschlechtszellen,  wie  der  Zellen  überhaupt.  In 
erster  Linie  übt  er  eine  bedeutungsvolle  Funktion  bei  der  mitotischen 
Zellteilung,  indem  er,  wie  wohl  allseitig  zugestanden  wird,  dabei  als 
der  kinetische  Apparat  wirksam  ist.  Für  die  Geschlechtszellen 
erscheint  es  von  besonderem  Interesse,  daß  die  Reifeier  durchweg  ihr 
„Ovocentrum'',  d.  i.  ihren  ,, Sphärenapparat",  insbesondere  aber  das 
Centriol,  verlieren,  also  ihren  kinetischen  Apparat  einbüßen. 
Bei  den  Reifeteilungen  (s.  vorhin  p.  223 — 225  und  Fig.  55,  Reife- 
zone) finden  sich  zwar  in  manchen  Fällen  an  den  Richtungs- 
spindeln noch  Centriolen.  in  anderen  fehlen  sie  auch  hier.  So  nach 
SoBOTTA  (465)  beim  Mäuseei.  Am  verbleibenden  Eikern  wurden 
Ovocentren  bezw.  Centriolen  bis  jetzt  noch  nicht  gefunden:  sie 
müssen  also  jedenfalls  bei  der  zweiten  Polzellenbildung  zu  Grunde 
gehen.  Mit  dem  eindringenden  Spermium  erhalten,  durch  dessen 
Hals  stück,  die  Reifeier  ein  neues  Centriol,  welches  sich  alsbald 
mit  einer  Sternstrahlung,  Aster,  umgiebt.  Es  ist  in  dieser  Be- 
ziehung nicht  unwichtig  die  Detailarbeit  zu  verfolgen,  mit  der  das 
Spermatiden-Ceutriol  bei  der  Spermiohistogenese  zu  einem  fein- 
konstruierten Apparate  der  Spermie  ausgearbeitet  wird.  Mag  das  auch 
in  einer  Beziehung  der  Spermienbewegung  selbst  zu  gute  kommen, 
gleichgiltig  für  den  der  Eizelle  zu  gebenden  kinetischen  Antrieb  scheint 
es  mir  aber  auch  nicht  zu  sein.  Ich  habe  es  mir  deshalb  angelegen 
sein  lassen,  diese  Dinge,  insbesondere  nach  den  ausgezeichneten 
Arbeiten  von  Meves  —  s.  Abschnitt  Sperma  —  ausführlich  zu  be- 
sprechen. Betrachtet  es  doch  Boveri  (622f)  als  die  Aufgabe  des 
Spermium  bei  der  Befruchtung,  der  Eizelle  das  ihr  verloren 
gegangene  kinetische  Centrum ,  ihr  „0  v  o  c e n  t  r  u  nr",  durch  das 
„Spermocentr  um"  wieder  zu  ersetzen  und  damit  die  für  die 
Furchung  notwendigen  auslösenden  Kräfte  zu  liefern.  Doch  hierfür 
habe  ich  auf  das  nächstfolgende  Kapitel:  „Befruchtung"  zu  ver- 
w^eiseu. 


284  W.  Waldeyer, 

Was  nun  die  Cen  tri  ölen  li  üUen,  die  wir  mit  Meves  als 
„Idiozoni''  zusammenfassen,  anlangt,  so  haben  wir  schon  darauf  hin- 
gewiesen, daß  sie  bei  der  Spermiogenese  zur  Bildung  des  Perfora- 
torium  und  bei  der  Oogenese,  indem  sie  die  Dotterkerne  herstellen, 
zur  Bildung  des  Deutoplasma  in  Beziehung  treten.  Darüber  s. 
noch  w.  u. 

Nebcilkörper.  Wie  Lei  den  Spermien  und  bei  der  Spermiogenese, 
so  treten  auch  bei  den  Eiern  und  speziell  bei  der  Oogenese  allerlei  be- 
sondere Neben  kör  per  auf,  die  wir  am  besten  an  dieser  Stelle  be- 
schreiben, da  sie  zumeist  mit  dem  Spliärenapparate  in  Beziehung  stehen : 

Ausgetretene  Kern-  und  Ker  nk  ör  p  er  ch  en  t  eil  e.  Zahl- 
reich sind  die  Angaben,  daß  im  Laufe  der  Oogenese  Bestandteile  der 
Kerne  oder  auch  der  Kernkörper  sich  entweder  vom  Kerne  oder  vom 
Nucleolus  abschnüren,  um  in  das  Ooplasma  bezw.  in  den  Kernleib  ein- 
zutreten, oder  daß  aus  dem  Kernleibe,  sei  es  Chromatin  oder  Kernsaft 
oder  endlich  Nukleolarsubstanz  in  das  Ooplasma  auswandere  oder  aus- 
gestoßen werde.  Welche  Kräfte  dabei  thätig  sind,  ob  etwa  chemotaktische, 
wie  es  neuerdings  für  die  Sphärenbildung  A.  Giardixa  (382c)  ausspricht, 
darüber  ist  kaum  etwas  Zuverlässiges  bekannt.  Die  genaueste  Dar- 
stellung solcher  Vorgänge  liefert  van  Bambeke  (275)  bei  Scorpaena  scrofa 
(Teleostei,  Acanthopteri),  woselbst  sich  weitere  Litteratur  (Boule,  Fol, 
Weismann  u.  Ishikawa,  Will,  Scharff,  Blochmann,  Leydig  und  Bal- 
BiANi)  findet.  Daß  aus  solchen  ausgetretenen  Kernbestandteilen  gewisse 
Sphärenbestandteile  werden  sollen,   haben  wir  erwähnt. 

Stäbchenförmige  Bildungen.  Wir  gedachten  bereits  spin- 
deliger Formationen,  welche  0.  Hbrtwig  auffand  (p.  246).  Dieselben,  bis 
jetzt  nach  unerklärten  Dinge  sah  0.  Schultze  (547a)  beim  gleichen  Objekte. 
Von  van  der  Stricht  (572)  ist  auch  ein  eigentümlicher  spindeliger  oder 
stäbchenförmiger  Körper  bei  der  Si^härenbildung  erwähnt  und  abge- 
bildet worden  (s.  Fig.  91).  Schokaert  (543a)  sah  bei  Thj'sanozoon 
Brocchi  das  Centrosom  (Centriol?)  aus  einem  fadenförmigen  Gebilde 
des  Kernes  hervorgehen. 

Polarringe.  Whitman  (M.  1353)  beschrieb  unter  dem  Namen 
,,polar  rings"  bei  Clepsine  Ansammlungen  von  einer  dotterkern- 
ähnlichen  Substanz  um  die  Eipole  herum ;  vgl.  darüber  insbesondere 
K.  FooT  (369a). 

Ps  endo  Chromosomen,  Archoplasmaschleifen,  Central- 
kapseln.  Von  F.Hermann  sind  bereits  1891  (Arch.  f.  mikrosk.  Anat., 
Bd.  XXXVII)  unter  dem  Namen,, A r  ch  o p  1  a  s  m  a  s  ch  1  e  i  f  e  n"fadenförmige, 
sich  intensiver  färbende  Bildungen  bei  den  Spermatocyten  von  Pi'oteus 
in  der  Idiozomsubstanz  um  das  Centralkörperchen  herum  beschrieben 
worden;  vergl.  auch  No.  116.  Meves  (166)  und  Metzner  (Beiträge  zur 
Granulalehre,  Arch.  f.  Anat.  u.  Phj'siologie,  Physiol.  Abt.,  1894)  iden- 
tifizierten hiermit  ähnliche  Fäden ,  die  sie  bei  der  Spermiogenese  von 
Salamandra  fanden.  M.  Heidenhain  belegte  mit  dem  Namen  „Pseudo- 
chromosomen"  Bildungen  von  demselben  Aussehen,  welche  er  gleich- 
falls bei  Samenzellen  von  Proteus  fand.  Da  Hermann  seine  Archoplasma- 
schleifen auch  mit  den  von  Platner  gefundenen  Stäbchen  des  Neben- 
kerns der  Pulmonaten  identifiziert ,  von  denen  aber  die  Heidenhain- 
schen  „Pseudochromosomen"  verschiedene  Dinge  sind,  so  war  es  nicht 
mit  Sicherheit  zu  sagen,  ob  Hermann's  Archoplasmaschleifen  und  die  von 
M.  Heidexhain  gefundenen  Fäden  in  der  That  dasselbe  seien.  Heiden - 
HAIN    bezweifelt    es    indessen    nicht    und    stellt   diese  Bildungen    mit  den 


Die  Geschlechtszellen.  285 

Chondriomiten  Bexda's  in  eine  Reihe.  Wir  haben  schon  vorhin  (p.  275) 
gesehen,  daß  dieselben  merkwürdigen  Bildungen  auch  bei  denOocyten 
des  Menschen  und  verschiedener  Wirbeltiere  vorkommen,  und  daß  sie 
mit  der  Dotterbildung  in  einer  sehr  bemerkenswerten  Verbindung  zu 
stehen  scheinen.  Bestätigt  sich  dies,  so  würde  Benda's  Mitochondria 
noch   an  Bedeutung  gewinnen. 

Die  von  Ballowitz  am  Epithel  der  DESCEMEx'schen  Haut  zum  ersten 
Male  beschriebenen  korbgetlechtähnlichen  oder  sich  wie  eine  durchlöcherte 
Kapsel,  die  in  der  Form  an  die  Centralkapseln  der  Radiolarien  erinnert,  aus- 
nehmenden Bildungen  (Centrophormien  Ballowitz)  fand  M.  Heiden- 
HAix  auch  um  die  Sphären  der  Samenzellen  von  Proteus  gelagert.  Sie 
bestehen  ihm  zufolge  aus  dichtgedrängten  Mikrosomen,  unter  denen  sich 
auch  BENDA'sche  Mitochondria  verbirgt.  Ich  erwähne  sie  hier,  obwohl 
bei  Eizellen  von  diesen  Bildungen  noch  nichts  bekannt  geworden  ist,  da 
kaum  zu  zweifeln  sein  dürfte,  daß  sie  auch  an  den  Sphären  dieser  oder 
jener  Eizellen  sich  zeigen  werden.  Für  alles  Weitere  verweise  ich  auf 
die  Darstellungen  von  Meves  (172)   und  M.  Heidexhaix  (109j. 

N  e  b  e  n  k  e  r  n  e  ,  P  a  r  a  n  u  c  1  e  i.  Ueber  die  ,.n  o  _\^  a  u  x  a  c  c  e  s  - 
soires"  und  ,,Ps  e  u  do  uu  c  1  ei"  Vax  der  Stricht's  ist  schon  p.  275 
und  278  das  Nötige  gesagt  worden.  Als  „Nebenkerne"  oder  „chromatoide 
Körper''  wären  wohl  bis  auf  weiteres  am  besten  die  von  Gurwitsch  (393j 
Fig.  99  abgebildeten  und  kurz  beschriebenen  Körper  zu  benennen,  über 
deren  Bedeutung  wir  nichts  Näheres  wissen.  AVie  bereits  angegeben, 
neiee  ich  dazu,  auch  die  von  v.  Wixiwarter  beim  Kaninchen  als  Dotter- 
kerne  angesprochenen  Körper  in  diese  Kategorie  unbestimmter  „Neben- 
kerne" vorläufig  einzustellen. 

Wir  können  nimmehr  auf  die  Beziehungen  der  Dotter- 
kerne zum  Sphärenap parate  zurückkommen.  Mit  aller  Ent- 
schiedenheit hat  schon  Balbiani  (11.  cc.)  erklärt,  daß  diese  Bildungen 
zusammengehören :  der  Dotterkern  sei  ein  „hypertrophisches  Centro- 
som"  (No.  274).  Mit  dem  Centrosom  bringen  ihn  auch  Janosik  (433a) 
und  JuLiN  (436)  zusammen,  ebenso  Henneguy  (405).  Van  der  Stricht 
(472)  glaubt  den  centralen  dunkleren  Teil  des  Dotterkerns,  in  welchem 
sich  ja  auch  centriolenähnliche  Körperchen  finden,  Figg.  92  u.  94  —  sie 
sind,  wie  erwähnt,  in  den  Figuren  Van  der  Stricht's,  die  ich  be- 
nutzen konnte,  nur  nicht  so  gut  zum  Ausdrucke  gekommen  -  als 
Centrosom  Boveri's  +  der  „zone  medullaire"  Van  Beneden's  an- 
sprechen zu  können.  Die  helle  um  den  centralen  Teil  des  Dotter- 
kerns gelegene  Zone  entspreche  der  Rindenschicht  der  Sphäre,  das 
Dotterkerniager  (couche  vitellogene)  dem  Gebiete  der  Spliärenstrahlung. 
Vielleicht  ist  es  besser,  diesen  letzten  Vergleich  auszuschalten  und, 
indem  wir  einzig  das  Centriol  als  Centralstück  unterscheiden  und 
alles  darum  Gelegene,  sich  noch  besonders  Heraushebende  als  „Idio- 
zom"  fassen,  zu  sagen,  der  Dotterkern  mit  seiner  couche 
vitellogene  entspreche  dem  Idiozom,  welches  für  den 
besonderen  Zweck  der  Dotter bildung  besonders  ausge- 
bildet sei.  Dann  kann  es  kleinere  Dotterkerne  geben  oder  größere, 
und  die  Deutung  bleibt  bestehen.  Ebenso  kann  es  Eier  geben,  deren 
Sphäre  den  gewöhnlichen  Charakter  bewahrt  und  sich  nicht  zu  einem 
Dotterkern  ausbildet.  Gewiß  bleibt  es  richtig,  was  Van  der  Stricht 
hervorhebt,  daß  diese  Deutungen  so  lange  noch  nicht  feststehen,  als 
es   nicht   gelungen   ist,   den  Dotterkern    von    dem  Sphärenapparat  der 


286  W.  Waldeyer, 

letzten    Oogoiiienteilung   al)ziileitcn,    oder   zu   zeigen,    daß    er   in    den 
Si)liärenapparat  der  ersten  Polzellenteilung  übergehe. 

Es  sei  verstattet,  noch  einige  Termini  technici,  die  in  so  reicher 
Fülle  bei  der  Litteratur  des  Sphärenapparates  eingeführt  sind  und  noch 
nicht  erklärt  wurden,  hier  aufznfüliren  :  C  e  n  t  r  o  p  1  a  s  m  a  =  Substanz 
der  Centrosomen,  Boveri  =;=  Substanz  der  Sphären,  v.  Erlanger.  Ver- 
dichtungszone der  Sphäre,  Boveri  =  einer  sich  besonders  dunkel 
färbenden,  dichter  gefügten  Zone  der  Sphäre  nahe  dem  Centrosom. 
C  en  t  r  0  sp  h  är  en  =  Centrosomen,  Strasburger,  Wilsox.  Sphäro- 
plasma  oder  Kinoplasma,  Strasburger  =  Archiplasma.  Ovo- 
centrum  und  Sp  ermo  c  e  n  tr  um,  Pol  =  dem  Sphärenapparate  der 
Eizelle,  bezw.  der  Samenzelle,  Cytocentrum  =  dein  Sphärenapparate 
einer  beliebigen  Zelle.  Ich  möchte  die  Erklärung  dieser  drei  Namen 
jetzt  so  zu  fassen  vorschlagen.  Ich  weiß  sehr  wohl,  daß  man  die  Sphären 
ursprünglich  nicht  mit  darin  einbegriffen  hat,  sondern  nur  die  Central- 
körperchen.  Aber  was  verstand  man  seiner  Zeit  darunter?  Waren  dies 
die  Centrosomen  ?  Waren  es  die  Centriolen  ?  War  es  beides  zusammen  ? 
Und  die  Radien  der  Sphäre  gehören  doch  auch  zu  diesem  Centrum. 
Oder  aber  man  müßte  den  von  M.  Heidenhain  vorgeschlagenen  Namen 
„Mi  kr  o  c  en  trum"  jetzt  in  diesem  allgemeinen  Sinne,  d.  h.  also  = 
Cytocentrum  gebrauchen.  M.  Heidenhain  selbst  versteht  darunter  die 
einzeln  oder  in  der  Mehrzahl  inmitten  einer  Astrophäre  befindlichen 
Körnchen  (Centriolen?),  die  zu  einem  als  Centralkörper  fungierenden 
Gebilde  zusammentreten.  (Vergl.  Heidenhain,  1.  c.  i.  jj.  463  u.  Anm.  2 
zu  p.  489.) 

Die  Namen  :  M  u  1 1  e  r  c  e  n  t  r  o  s  o  m ,  T  o  c  h  t  e  r  c  e  n  t  r  o  s  o  m  , 
Doppel  centrosom.  Seh  wester  centriolen  erklären  sich  von 
selbst.  Diplosoma  (Zimmei-mann)  =  Doppelcentrosom,  Tri- 
pelcentrosom  sind  gleichfalls  selbstverständlich.  Netrum,  Boveri 
=  einer  Spindelfigur,  welche  aus  der  Substanz  der  Centrosomen  hervor- 
geht. Centronuclei,  Boveri  =  Kernen,  welche  in  sich  noch  undiffe- 
renziert das  Material  zu  einem  Cytocentrum  enthalten ;  es  soll  dies 
bei  den  Protozoen  der  Fall  sein.  Astrocentrum,  Fol,  Peri blast, 
Vejdovsky  =  C  5^  t  0  c  e  n  t  r  u  m  oder  auch  Centrosom  —  diese  Namen 
sind  nicht  in  bestimmtem  Sinne  gebraucht. 

Bezüglich  der  Geschichte  der  Sphärenapparate  hat  Boveri 
(653)  alles  Wichtige  gegeben.  Nur  weil  ich  selbst  früher  in  meinen  viel 
citierten  zusammenfassenden  Berichten  über  Kaiyokinese,  Befruchtung 
und  Vererbung  Boveri's  Anteile  an  der  Feststellung  der  wichtigen 
Thatsache  der  Centriolenteilung  (Centrosomenteilung)  und  der  Aner- 
kennung dieser  Bildungen  als  dauernder  Zellorgane  durch  ein  mir  selbst 
unbegreifliches  Uebersehen  seiner  betreffenden  Veröffentlichung  nicht 
gerecht  geworden  bin,  benutze  ich  gern  diese  Gelegenheit,  um  ausdrück- 
lich anzuerkennen,  daß  Boveri's  (653)  geschichtliche  Darstellung  den 
Sachverhalt  völlig  richtig  wiedergiebt ;  Boveri's  betreffende  Mitteilung : 
„Ueber  die  Befruchtung  der  Eier  von  Ascaris  megalocephala"  wurde 
in  der  Gesellschaft  für  Morphologie  und  Physiologie  zu  München  am 
3.  Mai  1887  gemacht  und  gelangte  im  Separatabdrucke  am  14.  August 
1887  im  E.  VAN  Beneden's  Hände;  Letzterer  hatte  inzwischen  am  7.  August 
1887  seine  Ergebnisse  der  belgischen  Akademie  der  Wissenschaften  vor- 
gelegt.    Vergl.  288a. 

Außer  auf  Boveri's  Buch  wolle  man  für  eine  geschichtliche  Dai- 
stellung   noch    auf  die    Schriften  von   Henneguy    (658a),    v.   Kostanecki 


Die  Geschlechtszellen.  287 

und  SiEDLECKi  (666b),  Wilson  (726a)  und  M.  Heidexhaix  („Neue  Unter- 
suchungen über  die  Centralkör])er  und  ihre  Beziehungen  zum  Kern  und 
Zellenprotoplasma",  Arch.  f.  mikroskopische  Anatomie,  Bd.  XLIII,  1804 i 
ferner  M.  Heidenh.\ix  und  Tu.  Cohx:  „Ueber  die  Mikrocentren  in  den 
Geweben  des  Vogelembryos",  Schwalbe's  Morpholog.  Arbeiten,  Bd.  VII, 
1 897,  zurückgehen. 

Von  weiteren  Schriften  über  Dotter  kerne  und  Ovo- 
centruni  (abgesehen  von  den  bereits  citierten)  seien  angeführt: 
Burger  (M.  425),  Barberio  (280),  Child  (325),  Dantu  (628c), 
Eismond  (638a),  Fürst  (642a).  Herfort  (413),  Hubbard  (431), 
HoLMGREN  (622a),  London  (669e).  C.  Rabl  (M.  449  u.  450),  Ron- 
DiNO  (530),  Weismann  (M.  2024—2029),  Watase  (M.  3155)  und 
H.  E.  Ziegler  (M.  460  u.  461). 

d)  Eihüllen  (Involucra  ovorum)  und  Befestigungsstücke. 

Mikropyle. 
Unter  ..Eihüllen"'  verstehen  wir,  ganz  allgemein  genommen,  sämt- 
liche häutige  oder  kapselartige  oder  schalenartige  Gebilde,  die  im 
Laufe  der  Oogenese  bis  zum  Eintritte  der  Embryoeutwickelung  bei 
Viviparen.  bis  zur  Eiablage  bei  den  Oviparen  um  die  nackten,  d.  h, 
hüllenlosen  Ureier  auftreten. 

Mit  dieser  Begriffsbestimmung  scheiden  wir  diejenigen  Hüllen, 
welche  sich  im  Eileiter  oder  im  Uterus  bei  den  lebendiggebärenden  Ge- 
schöpfen um  das  zum  Embryo  sich  umgestaltende  Ei  bilden  (Amnios, 
Chorion,  Decidua  u.  s.  f.),  hier  aus,  obwohl,  wie  bereits  bemerkt  wurde, 
es  nicht  ungewöhnlich  ist,  auch  einen  in  der  Entwickelung  nicht 
zu  w^eit  fortgeschrittenen  Embryo  samt  diesen  ihn  einschließenden  Hüllen 
noch  als  „Ei"'  zu  bezeichnen.  Auch  soll  nicht  verschwiegen  sein,  daß 
es  nicht  ganz  folgerichtig  ist,  das  Eiweiß,  die  Kalkschale  und  die  Schalen- 
haut des  Vogel-  und  Reptilieneies  zu  den  „Eihüllen"  zu  zählen,  während 
mau  die  Deciduae  ausschließt,  denn  wie  diese  wird  die  Kalkschale  des 
Vogeleies  im  Uteras  der  Vögel  gebildet  und  umschließt  samt  der  Schalen- 
haut den  jungen  Vogel,  bis  er  zum  Ausschlüpfen  reif  ist.  Diese  Hüllen 
sind  also  nicht  nur  Eihüllen,  sondern  auch  Embryonalhüllen.  Es  hieße 
aber  dem  Sprachgebrauche  zu  sehr  Gewalt  anthun,  wenn  man  anders 
verfahren  wollte.  Außerdem  sind  Eiweiß,  Schalenhaut  und  Kalkschale 
A  b  s  c  h  e  i  d  u  n  g  e  n  des  Vogel-  bezw.  Reptilieneileiters  und  -uterus, 
während  die  Deciduae  die  g  e  w  u  c  h  e  r  t  e  U  t  e  r  i n  s  c  h  1  e  i  m  h  a  u  t  selbst 
darstellen  und  Chorion  wie  Amnios  vom  Embryo  aus  gebildet  werden, 
also  im  strikten  Wortsinne  „Embryonalhüllen''  benannt  werden  müssen. 
Als  allgemeine  Ausdrücke  für  irgend  eine  der  primären  oder  sekundären 
Eihüllen  sind  auch  die  ISTamen :  Eihaut,  Eikapsel  (His)  und  Oolemma 
(Boxxet)  gebräuchlich. 

Während  sämtliche  Wirbeltiereier  mit  mindestens  einer  E  i  - 
liülle  versehen  werden,  treffen  wir  bei  den  Wirbellosen  auch  dau- 
ernd nackt  bleibende  Eier  an:  Poriferen,  manche  Coelen- 
terata  —  Hydrozoen,  Siphonop hören  und  Anthozoen  — , 
selbst  einige  Lam eil ibranchiaten.  wie  Dreissensia,  wo  (nach 
Meisenheimer,  Entwickelungsgescliichte  von  Dreissensia  polymorpha. 
Zeitschrift  für  wiss.  ZooL,  Bd.  69,  p.  1,  1901)  die  Eier  nackt  ins 
AVasser  abgelegt  werden.  Barrois  und  Giard  (citiert  bei  Kor- 
schelt-Heider  666a),  denen  ich  diese  Angaben  entlehne,  geben  an, 


288  W.  Waldeyer, 

daß  bei  Mytilus  und  Lain  ellaria  sich  zuerst  eine  Hülle  bilde,  die 
S])äter  jedoch  abgeworfen  werde.  Umgekehrt  ist  von  Fol  (M.  1242)  bei 
E  chinoderin  en  (Asterias  z.  B.)  die  Bildung  einer  feinen  Dotter- 
haut an  den  nur  mit  einer  dünnen  Gallerthülle  versehenen  Eiern 
unmittelbar  nach  dem  Eindringen  des  befruchtenden  Spermium  be- 
obachtet worden;  ähnliches  auch  bei  anderen  Eiern  (s.  Kap.  „Be- 
fruchtung"). Wahrscheinlich  handelt  es  sich  hierbei  jedoch  nur  um 
die  Abhebung  einer  schon  vorher  gebildeten  membranähnlichen  Gienz- 
schicht  des  Ooplasma  durch  Bildung  einer  Flüssigkeit  in  dessen 
äußeren  Lagen.  Die  Flüssigkeit  wiederum  entwickelt  sich  durch 
dilfusen  Verkehr  zwischen  eindringendem  Wasser  und  dem  Ooplasma. 
Mit  Ludwig  (467)  und  Korschelt-Heider  (1.  c.)  sollen  pri- 
inHre,  sekiiiidäre  und  tertiäre  Eiliiilleii  unterschieden  werden. 
Unter  primären  Eihüllen  werden  solche  verstanden,  die  vom 
Ooplasma,  also  von  der  Eizelle  selbst,  gebildet  werden;  sekun- 
däre sind  diejenigen,  welche  vom  Follikel  epithel  abstammen, 
also  noch,  ebenso  wie  die  primären,  im  Eierstocke  entstehen.  Unter 
tertiären  Eihüllen  begreifen  wir  endlich  diejenigen,  welche  sich 
erst  in  den  ableitenden  Wegen,  Eileiter,  Uterus,  u.  s.  w.  bilden. 

Primäre  Eihüllen,  Die  primären  Eihüllen  treten  in  zwei 
Formen  auf,  als  dünne,  strukturlose  H  ä  u  t  c  h  e  n  =  D  o  1 1  e r  h  a  u  t 
(Membrana  vitellina)  und  als  meist  stärkere,  radiär  gestreifte 
Häute,    Zonae,    Zonae    radiatae,    Zonae   pellucidae.     Die 


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Fig.  104. 

Fig.  103.  Schnitt  durch  die  Wandung  eines  4  mm  großen  H  ühnerf  oJlikels 
und  die  anliegenden  Teile  des  eingeschlossenen  Eies.  ep.  O  varialepithel.  th, 
ext.  Theca  folliculi  externa,  th.  int.  Theca  folliculi  interna.  ^.Tunica 
propria  folliculi,  f.  Follikelepithel,  z.  Zoua  radiata.  /(/.  fein- 
körniger Dotter  (weißer  Dotter),  gd.  grobkörniger  Dotter  (gelber  Dotter). 
Aus  Waldeyer  (591),  Taf.  III,  Fig.  25.     Hartnack  Ok.  3,  System  7. 

Fig.  104.  Schnitt  durch  die  Wandung  eines  jungen  Eifollikes  von  Hatteria 
punctata  Gray.  Oben  die  bindegewebige  Theca  folliculi,  darunter  das 
Follikelepithel  mit  dunkelgeschwärzten  Kernen,  dann  ein  Zwischenraum  (Er- 
härtungsproclukt),  dann  eine  dünnere,  tief  geschwärzte  Eihaut,  darauf  nach 
unten  die  starke,  sehr  zierlich  radiär  gestreifte  Zona  radiata,  darauf  wieder  ein 
Zwischenraum  (Ei'härtungsprodukt),  dann  äußerste  feine  Granula- Seh  ieht 
des  Dotters  in  Gestalt  einer  Pu  nktr  ei  he,  darauf  hellere  äußere  Dotterlage, 
endlich  die  tiefe  dunklere  Dottermasse.  Dr.  Kopsch  fec.  Eisenhämatoxylin- 
färbung.     Frl.  E.  JMagen  del.     Starke  Vergrößerung. 


Die  Geschlechtszellen. 


281) 


Zonae  können  jedoch,  namentlich  l)eim  Wachstunie  der  Eier,  sich  er- 
hoblicli  verdünnen  und  dann  .uloiclifalls  als  zarte,  strukturlose  ITäutchen 
erscheinen,  so  bei  den  Reifeiern  der  Vögel,  Rejjtilien  und  Aui])hibien. 
Beispiele  dünner,  einfacher  Dotterhäute  liefern  Aniphioxus  und 
numche  Wirbellose.  Außerordentlich  dünn  ist  auch  die  Eihaut  des 
Keifeies  von  S  a  1  a  m  a  n  d  r  a  maculosa  Laur.  nacli  nRöxRoos  (8^8). 
Es  ist  aber  noch  unsicher,  ob  diese  Haut  eine  MemVu-ana  vitellina 
oder  eine  stark  verdünnte  Zona  radiata  +  Membrana  vitellina  ist. 

Die  Zonae  radiatae,  s.  Figg.  103 — 105,  stellen  bei  den  meisten 
Wirbeltieren  die  charakteristische  Eihülle  dar.  Bei  Aniphioxus  fehlt 
dieselbe ;  bei  den  Cyclostomen  zeigen  sie  die  M  y  x  i  n  o  i  d  e  n ,  während  mir 
bei  den  Petromyz  outen  eine  radiär  streifige  Membran  nicht  sicher 
nachgewiesen  erscheint.  Vergl.  die  Angaben  weiter  unten  im  speciellen 
Teile,  Abschnitt  „Cyclostomen''.  Alle  übrigen  Wirbeltiere  haben  sie 
in  guter  Ausbildung.  Bei  den  Amphibien,  Reptilien  und  Vögeln  wird 
sie  mit  dem  steigenden  Wachstum  des  Eies  stark  verdünnt  und  läßt 
die  radiäre  Struktur  kaum  mehr  erkennen,  während  sie  bei  den  jungen 
Eiern  sehr  gut  ausgebildet  und  als  starke  Hülle  deutlich  wahrnehmbar 
ist.  Die  Monotremen  zeigen  eigenartige  Verhältnisse,  über  welche 
man  den  speziellen  Teil  —  Eier  der  Mammalia  —  nachsehen  wolle. 
Bei  den  übrigen  Säugetieren  und  dem  Menschen  ist  sie  als  Zona 
pellucida  seit  Entdeckung  des  Säugetiereies  bekannt.     Ihre  Radiär- 


Fig.  105.  A— C  Schnitte  durch  Ei- 
follikel  von  Scyllium  canicula,  D 
von  Raja.  A  jüngstes  Stadium,  C  äl- 
testes Stadium,  D  ein  Stadium  wie  B, 
/.  Follikelepithel.  Was  die  nach 
oben  davon  gelegenen  Schichten  be- 
deuten, ist  nicht  völlig  klar;  jedenfalls 
bilden  sie  die  Follikelwand.  dh. 
äußere  Eihaut  (Dotterhaut  Balfour). 
zr.  Zona  radiata.  d.  Ooplasma.  In 
C  und  D  sind  eigentümliche  große 
Zellen  im  Follikelepithel  aufgetreten, 
s.  darüber  Abschnitt :  Oogenese.  Nach 
F.  M.  Balfour  (M.  1866). 


D 


-zr 


d-M 


Streifung   sah   hier   bereits    1854    Remak    (Ueber  Eihüllen    und  Sper- 
matozoen,  J.  Müller"s  Arch.  f.  Anat.  und  Physiol.  1854). 
(591)  gab  1870  den  Namen  „Zona  radiata". 


Waldeyer 


Selbst  da,  wo  diese  Hülle  eine  ansehnliche  Dicke  erreicht,  wie  bei 
Knochenfischen  und  Säugetieren,  bleibt  sie  biegsam,  faltbar 
und  bis  zu  einem  gewissen  Grade  quellungsfähig.  Bei  Knochenfischen, 
wo  sie  His  als  „Eikapsel"  bezeichnet,  erhält  sie  eine  beträchtliche  Stärke 
und  Resistenz,  nicht  selten  auch  eine  mehrfache  Schichtung,  s.  w.  u. 
Teleostei.  In  den  Figuren  103 — 105  sind  Zonae  radiatae  von  Vögeln. 
Reptilien  und  Selachieren  dargestellt,  zugleich  auch  die  bei  diesen 
Ordnungen  stets  in  derselben  Weise  vorkommende  ungestreifte  Dotter- 
haut; nur  in  Fig.  103  ist  diese  noch  nicht  zu  sehen.  Für  die  übrigen 
Vertebraten  s.  w.  u.  eine  Anzahl  Abbildungen. 


Handbuch  der  Entwickelungslehre.  I. 


19 


290  W.  Waldeyer, 

Die  Streifung  der  Zona  muß  auf  feine  Porenkanäle  zu- 
rückgeführt werden;  bei  Teleostiern  sind  diese  schon  von  Jo- 
hannes Müller  (Ueber  zahh-eiche  Porenkanäle  in  der  Eikapsel 
der  Fische,  Arch.  f.  Anat.  1854,  p.  186)  sicher  nachgewiesen.  Für  die 
Säugetiere  haben  wir,  abgesehen  von  älteren  Andeutungen  von 
Pflüger  (517),  jüngst  von  Flemming  (M.  o90),  PiEtzius  (M.  1902)  und 
V.  Ebner  (850)  sehr  bestimmt  lautende  Angaben  darüber,  daß  Fort- 
sätze des  Eiepithels  (s.  w.  u.)  durch  die  Porenkanälchen  der  Zona 
hindurch  zur  Rindenschiclit  des  Ooplasma  dringen.  Auch  Fig.  133 
von  Caldwell  (von  Phascolarctos  cinereus)  zeigt  deutlich  die  Ver- 
bindungen. Ich  füge  hier  an,  daß  Waldeyer  1871  in  Stricker's 
Handbuch  der  Gewebelehre,  p.  553,  solche  Fortsätze  für  Knochen- 
fische, insbesondere  für  Perca  beschrieben  hat.  Bezüglich  eines 
gleichen  Verhaltens  bei  Wirbellosen  sei  die  umfassende  Monographie 
Leydig's,  Eierstock  und  Samentasche  der  Insekten,  Nova  Acta  Acad. 
Caesar.  Leoi)old,  T.  XXXIII,  1867  citiert.  Ob  die  von  Lindgren 
(M.  1988),  V.  Sehlen  (M.  1587)  und  H.  Virchow  (M.  2021)  be- 
schriebenen, durch  die  Zona  tretenden  Zellen  präformierte  Zona- 
kanälchen  benutzten  oder  sich  eigene  Wege  bahnten,  ist  kaum  zu 
entscheiden.  Daß  die  Spermien  die  Zonakanälcheu  zum  Eintritte 
wählen  sollten,  ist  sehr  unwahrscheinlich,  da  die  Spermienköpfe  un- 
gleich größere  Ausmaße  haben.  Keinesfalls  haben  die  Radiärkanälchen 
irgend  etwas  mit  einer  Mikropylenbilduug  zu  tliun. 

Ich  habe  hier  die  Zona  radiata  als  eine  vom  Ooplasma  aus- 
gehende Bildung  aufgefaßt  und  damit  Korschelt  und  Heider  mich 
angeschlossen.  Meine  frühere  Ansicht  (591)  gebe  ich  hiermit  auf.  Ich 
bin  hauptsächlich  durch  Befunde  am  Tritonei  nach  Präparaten  Benda's, 
dann  an  den  Eiern  von  Hatteria  und  durch  den  Vergleich  meiner 
Präparate  mit  den  Abbildungen  und  Befunden  F.  M.  Balfour's  (M. 
1866)  zu  dieser  jetzigen  Ansicht  gekommen.  Man  sieht  bei  jüngeren 
Eiern  von  Triton,  s.  Fig.  69  u.  123,  dicht  unter  dem  Follikelepithel  zu- 
nächst eine  deutliche  homogene  Schicht,  die  wahrscheinlich  eine  Dotter- 
haut ist,  doch  weiß  man  über  ihre  Entstehung  nichts  Sicheres.  Erst 
unter  dieser  Schicht  sieht  man  die  Zona  radiata.  die  aus  deutlich  er- 
kennbaren Stäbchen  besteht,  wie  dies  bereits  Gegenbaur  in  seiner 
grundlegenden  Arbeit  (M.  1968)  dargestellt  hat.  Ganz  dasselbe  fand 
Balfour  bei  Selachiern,  s.  Fig.  105.  Man  kann  dies  am  unge- 
zwungensten so  deuten,  daß  die  Zona  radiata  vom  Eie  aus  gebildet 
wird.  Eigenmann  (M.  1585)  konnte  bei  Fun  du  Ins  (Teleostei, 
Cyprinodontidae)  nachweisen,  daß  hier  thatsächlich  zuerst  eine  Ei- 
hülle  gebildet  wird,  die  mehr  nach  außen  liegt,  näher  dem  Follikel- 
epithel als  die  später  erscheinende,  unter  dieser  ersten  Eihülle  ge- 
legene Zona  radiata,  die  also  bei  ihrer  Bildung  vom  Follikelepithel 
getrennt  ist.  —  Für  die  Selachier  giebt  Balfour  (M.  1866)  an,  daß 
hier  zuerst  eine  zarte  Dotterhaut  gebildet  werde,  ehe  noch  das  Follikel- 
epithel ausgebildet  sei,  daß  diese  zarte  Haut  somit  eine  echte  Dotter- 
haut sein  müsse.  Diese  Haut  liegt  aber  stets  zwischen  Follikelepithel 
und  Zona  radiata;  später  wird  sie  auch  stärker,  s.  Fig.  105. 

Für  die  Säugetiere  und  den  Menschen  hat  Retzius  (1.  c),  dem 
die  Befunde  Flemming's  (1.  c.)  und  v.  Ebner's  (1.  c.)  zur  Seite 
stehen ,  zeigen  können ,  daß  sich  zuerst  von  den  zum  Ooplasma 
tretenden  Fortsätzen  der  Follikelepithelzellen  ein  feiner  Fasertilz 
bildet,  der  dicht  der  Eioberfläche  anliegt;  dieser  Faserfilz  ist  die  erste 


Die  Geschlechtszellen.  291 

Anlage  der  Zona  pellucida.  Zwischen  den  Filzfäden  tritt  nun  nach 
Retzius  später  eine  homogene  Substanz  auf;  beides  zusammen,  die 
Filzfä(h'ii  und  die  homogene  Substanz  bilden  die  Zona.  Ein  Teil  der 
ursprünglich  von  den  Follikelepithelzellen  zum  Ooplasma  hinüber- 
ziehenden Zellausläufer  bleibt  im  protoplasmatischen  Zustande  inner- 
halb der  sich  bildenden  Zonasubstanz  erhalten.  So  erklärt  sich  das 
Bestehenbleiben  von  feinen  Verbindungen  zwischen  Epitlielzellen  und 
Ooplasma.  Woher  nun  die  homogene  Substanz  kommt,  ist  fraglich. 
Sie  kann  sehr  wohl  vom  Ooplasma  stammen.  Dann  wäre  die  Zona 
radiata  der  Säugetiere  ein  Doppelprodukt,  aus  dem  Follikelepithel  und 
dem  Ooplasma  sich  bildend. 

Bemerkenswert  ist  das  Verhalten  der  Zona  pellucida  gegen  Eisen- 
hämatoxylin.  Wie  schon  v.  Ebner  (350)  angiebt,  schwärzt  sie  sich  darin 
intensiv,  und  man  sieht  die  Follikelepithelzellen  mit  deutlichen  Fortsätzen 
A^ersehen,  die  in  eine  Art  syncytiale  Masse,  dicht  auf  der  Zona  gelegen, 
übergehen  (s.  Fig.  130).  Bei  Hatteria  wird  die  außen  auf  der  Zona 
liegende  Eihaut  geschwärzt  (Fig.   104). 

Sonach  sind  wir  über  die  Herkunft  und  die  Bildungsweise  dieser 
so  wichtigen  Hülle  noch  keineswegs  im  Fteinen,  obwohl,  wie  mir 
scheint,  der  Ursprung  aus  dem  Ooplasma  dar  wahrscheinlichere  ist. 
Wenn  indessen  Ft.  Hertwig  indem  von  ihm  verfaßten  Teile  dieses 
Kapitels  —  s.  Anm.  zu  p.  293  —  und  mit  ihm  manche  Andere  die 
Zona  radiata  (pellucida)  als  ein  .,Chorion"  i.  e.  als  ein  Produkt  des 
Follikelepithels  auffassen,  so  ist  diese  Ansicht,  wie  die  Sachen  augen- 
blicklich liegen,  gleichfalls  als  berechtigt  anzusehen.  Es  sei  nochmals 
hervorgehoben,  daß  insbesondere  bei  den  großen  Eiern  der  Amphibien, 
Selachier,  Reptilien  und  Vögel  die  beschriebenen  Verhältnisse, 
also  2  Häute,  von  denen  die  äußere  homogen,  die  innere  radiär  ge- 
streift (kanalisiert)  erscheint,  nur  an  jungen,  noch  in  Ausbildung  be- 
griftenen  Eiern  gut  zu  sehen  sind.  Später  atroph!  er  en  beide 
Häute,  und  zwar  zunächst  die  Zona  radiata.  Schließlich  bleibt,  so- 
weit wir  uns  sicher  aussprechen  können,  um  das  Ei  (Gelbei)  an- 
scheinend nur  eine  einzige,  meist  sehr  feine  Eihaut  —  gewöhn- 
lich „Dotterhaut''  genannt  —  zurück.  Zuweilen,  wie  beim  Vogelei, 
erscheint  diese  wie  aus  feinen  verfilzten  Fasern  zusammengesetzt. 

Die  Radiärkanälcheu  der  Zona  verhalten  sich  bei  den  verschiedenen 
Eiern  verschieden,  indem  sie  bald  mehr,  bald  weniger  deutlich  her- 
vortreten ;  unter  Umständen ,  namentlich  bei  den  stark  verdünnten 
Zonae  (Vögel,  Reptilien i.  dürften  sie  gänzlich  schwinden.  Ihre  Be- 
deutung kann  eine  sehr  wichtige  sein ;  es  soll  nur  an  das  Eindringen 
von  Flüssigkeiten,  wie  es  bei  den  Knochenfischen  sicher  besteht,  s. 
w.  u.,  und  an  die  durch  sie  vermittelten  Beziehungen  zwischen  Oo- 
plasma und  Follikelepithel  erinnert  werden. 

Sekundäre  Hüllen  —  Chorion.  Wenn  wir  die  Zona  radiata 
zu  den  Dotterhäuten,  d.  h.  zu  den  primären  Eihüllen  rechnen,  dann 
ist,  soweit  mir  bekannt,  der  sichere  Nachweis  von  Hüllen,  die  vom 
Follikelepithel  ausgehen,  also  von  „sekundären  Hüllen",  bei 
Wirbeltieren  nicht  gegeben.  Für  eine  Follikelepithelhülle  bedienen 
wir  uns  der  Bezeichnung  „Chorion",  welche  bei  In  sekten  eiern 
für  Hüllen  dieser  Herkunft  auch  seit  langem  in  Gebrauch  ist.  Bei 
Insekten  kommt  ein  Chorion  im  vorstehenden  Sinne  in  der  größten 
Verbreitung  vor,  ferner  bei  Cephalopoden  nach  Ussow  (Arch.  de 

19* 


292  W.  Waldeyer, 

Biol.,  T.  II,  issi)  und  Vialleton  (Ann.  scieiic.  nat.  Paris,  1S88)  und 
l)ei  Chitonen  (Käfersclinecken)  nach  Garnault  (Arch.  de  Zool.  gen. 
et  experim.,  T.  VI,  1888)  und  Plate  (Zool.  .Jahrb.,  Suppl.  1897). 

Bei  allen  diesen  Chorionbildungen  schwebt  die  Streitfrage,  ob  es 
sich  um  anfangs  ungefornite,  später  erhärtende  Ausscheidungen 
des  Follikelepithels  handle,  oder,  und  zwar  insbesondere  für  gewisse 
Bildungen,  wie  Stacheln,  Fortsätze  und  Aehnliches,  um  direkte  chitinöse 
Umwandlung  von  Follikelzellen.  Korschelt  und  Heider,  auf  deren 
ansführliche  Darstellung  zu  verweisen  ist,  sprechen  sich  für  eine  cuti- 
culare  Abscheidung  seitens  des  Follikelepithels  aus. 

Tertiäre  Ei  hüllen.  Hierher  gehören  Gallerthüllen,  Ei- 
weißhüllen, Schalen  häute,  Kalkschalen,  Hornschalen, 
Cocons  und  Aehnliches,  kurz  alles,  was  in  den  die  Eier  ableitenden 
Wegen  gebildet  wird.  Es  soll  hierfür,  soweit  es  die  Wirbeltiere 
angeht,  auf  die  w^eiter  unten  folgende  Darstellung  der  Eier  der  ein- 
zelnen Vertebratenklassen  verwiesen  werden.  Was  die  Everte- 
braten  anlangt,  so  würde  es  hier  zu  weit  führen,  besonders  auf  sie 
einzugehen ;  ich  gebe  für  sie  das  öfters  genannnte  Werk  Korschelt- 
Heider's  an. 

Eine  der  verbreitetsten  Hüllen  dieser  Art  ist  eine  mehr  oder 
minder  dicke,  klare  Gallert  hülle,  vielfach  von  großer  Klebekraft, 
womit  die  Eier  vieler  im  Wasser  lebender  Tiere,  Ganoiden, 
Knochenfische,  Amphibien  und  vieler  Wirbelloser  an 
allerlei  Gegenstände,  die  sich  im  Wasser  finden :  Wasserpflanzen,  ab- 
gebrochene Zweige,  Steine  u,  s.  f.,  angeklebt  werden  ;  sie  halten  sehr 
fest.  Auch  dienen  die  Gallerthüllen  offenbar  noch  zum  Schutze;  viel- 
leicht ermöglichen  sie  auch  das  Schwimmen  mancher  pelagischer  Eier. 
Letzteres  kommt  vielfach  auch  dadurch  zu  Stande,  daß  sich,  wie  schon 
erwähnt,  zwischen  Ooplasma  und  Dotterhaut,  sowie  die  Eier  ins 
Wasser  gelangen,  eine  Flüssigkeitsschicht  bildet;  hierdurch  wird  das 
Ei  einmal  vergrößert  und  es  wird  eine  specifisch  leichtere  Schicht,  als 
das  Ooplasma  und  das  umgebende  Wasser  es  ist,  geschaffen,  denn 
die  sich  bihlende  Flüssigkeit  ist  nicht  reines  Wasser.  Siehe  darüber 
noch  den  Abschnitt  „Teleostier-Eier". 

Wenn  mehrere  Eier  zusammen  in  einer  kapselartigen  Bildung 
eingeschlossen  werden,  so  nennt  man  das,  wie  schon  Eingangs  dieses 
Kapitels  angegeben  (p.  228)  einen  Cocon.  Solche  kommen  vor  bei 
Haifischen  (gelegentlich),  dann  bei  L  u  m  b  r  i  c  i  d  e  n  ,  H  i  r  u  d  i  n  e  e  n 
u.  a.  Bei  vielen  P 1  a  1 1  w  ü  r  m  e  r  n  wird  in  eine  Coconkapsel  eine  Eizelle 
mit  einer  Anzahl  Dotterzellen,  die  anfangs,  solange  das  Ei  noch  un- 
entwickelt bleibt,  ihre  Selbständigkeit  bewahren,  eingeschlossen.  Es 
giebt  aber  auch  Fälle,  z.  B.  bei  Polykladen,  wo  2  und  mehrere 
Eizellen  inmitten  einer  Anzahl  Dotterzellen  in  einem  Cocon  liegen. 
Vielfach  nennt  man  die  Cocons  dieser  Art  auch  noch  schlechtweg 
„Eier";  dann  wären  dies  „zusammengesetzte  Eier".  Besser  ist 
es  aber,  den  Ausdruck  „Cocon"  zu  verwenden. 

Auch  zur  Herstellung  eines  Laiches  werden  nur  die  tertiären 
Eihüllen,  wie  bereits  bemerkt,  verwendet.     Siehe  p.  228. 

Zur  Erzeugung  der  tertiären  Hüllen,  namentlich  der  Cocoubildungen, 
der  festeren  Schalen ,  aber  auch  der  Gallertmassen  und  der  Eiweiß- 
hüllen, dienen  gewöhnlich  besondere  Drüsen,  die  mit  den  ableitenden 
Wegen,  indessen  auch  mit  der  Haut  (Lumbricideni  verbunden  sind: 
Schalendrüsen,  Eiweißdrüsen  u.  s.  w. 


Die  Geschlechtszellen.  293 

An  die  Eihüllen  schließen  sich  noch  zweierlei  Bildungen  an:  die 
B  ef  estiguu  gsap  j)arate  und  die  Mikro  p3len. 

Befestigungsap  parate.  Als  einfachstes  Befestigungsmittel, 
aber  auch  als  das  verbi-eitetste,  dienen  die  als  solche  bereits  erwähnten 
klebrigen  Gallertmassen:  weiterhin  bilden  sich  sowohl  bei  Chorion- 
hüllen, als  vornehmlich  bei  den  tertiären  Hüllen  besondere  Befestigungs- 
api)arate  in  Gestalt  von  Haken.  Fäden.  Schnüren,  Stacheln 
und  anders  geformten  Fortsätzen  aus.  Die  wichtigsten  derselben 
werden  weiter  unten  im  speciellen  Teile  ihre  Erledigung  finden. 

Mikropylen.  Unter  Mikropylen  versteht  man  besondere  Kanäle 
der  Eihäute,  die  dazu  bestimmt  sind,  bei  Eiern  mit  dicken  Häuten  den 
Spermien  den  Zutritt  zum  Ooplasma  zu  ermöglichen.  Sie  kommen 
vor  in  den  Zonae  und  in  den  Chorionliüllen,  denn  die  tertiären  Hüllen 
werden  erst  dann  angelegt,  wenn  die  Befruchtung  erfolgt  ist.  Mikro- 
pylen finden  sich  unter  den  Vertebraten  bei  den  Cyclostomen. 
den  G  a  n  0  i  d  e  n  und  T  e  1  e  o  s t  i  e  r  n  ,  unter  den  Wirbellosen  ins- 
besondere bei  den  Insekten  und  Holothurien.  Ich  verweise 
für  eine  nähere  Beschreibung  der  Wirbellosen-Mikropylen  auf  Kor- 
schelt-Heider,  der  Vertebraten-Mikropylen  auf  die  folgende  Spezial- 
darstellung. 

Eine  eigenartige  Vorrichtung  zur  Begünstigung  des  Eintrittes  der 
Spermien  bildet  die  „Flocke"  der  Petromyzonten,  wovon  gleichfalls 
w.  u.  die  ßede  sein  wird. 


2.  Die  Eier  der  einzelnen  Wirbeltierklassen  und 

-  0  r  d  n  u  n  g  e  n. 

Im  folgenden  soll  eine  Beschreibung  der  Eier  der  einzelnen 
Wirbeltierklasseu  und,  wenn  erforderlich,  auch  der  -Ordnungen,  nach 
Form  und  Bau  gegeben  werden,  wie  dies  für  die  Spermien,  s. 
p.  118  ff.  geschehen  ist.  Da  die  Ureier  bereits  eine  eingehende 
Darstellung  erfahren  haben  (p.  233  ff.)  und  die  Oogonien  und 
Oocyten  im  Abschnitte  „Oogenese"  abzuhandeln  sind,  so  haben 
wir  jetzt  vor  allem  die  ausgebildeten  Eier,  die  Reif  ei  er,  seien  sie 
nun  befruchtet  oder  nicht,  zu  betrachten.  Insbesondere  wird  hier 
Rücksicht  auf  die  Eihüllen  und  deren  Nebenapparate  genommen 
werden,  die  vorhin  nur  in  kurzer  mehr  klassifizierender  Uebersicht 
zur  Sprache  gekommen  sind'). 

I.  Acrania.  Die  Amphioxus- Weib  chen  laichen  immer  mit 
den  Männchen  zusammen  —  vergl.  das  darüber  p.  lls  Bemerkte. 
So  treffen  sich  die  Eier,  welche  in  wiederholten  Ejakulationen  aus 
dem  Abdominalporus  entleert  werden,  im  Meerw'asser  sofort  mit  dem 
Sperma,  und  die  Befruchtung  erfolgt  unmittelbar.  Der  Laich  er- 
scheint beim  Ausstoßen  als  weißliche  Flüssigkeit,  ähnlich  wie  das 
Sperma  (die  Milch);  doch  erkennt  man  alsbald  die  einzelnen  Eier 
schon    mit    bloßem    Auge   als   sandkorngroße,    rundliche    Körperchen. 


1)  Die  Beschreibung  von  den  Cyclostomen  an  bis  zu  den  Säugetieren 
einschließlich  rührt  von  R.  Hertwig  her.  Sie  wurde  aus  dein  von  ihm  bearbeiteten 
Kapitel  „Befruchtung"  hierher  übernommen.  Nur  wenige  Zusätze  und  einige  Ab- 
bildungen sind  von  mir  gegeben  worden.  Uie  von  R.  Hertwig  herrührenden  Teile 
sind  mit  (R.  H.j,  die  mir  zufallenden  mit  (W.)  bezeichnet.  Waldeyer. 


294 


W.  Waldeyer, 


Das  eben  ausgestoßene,  noch  nicht  befruchtete  Amphioxus-Ei, 
s.  Fig.  106,  ist  kugelig  und  zeigt  an  einem  seiner  Pole  vielfach  ein 
llichtungskörperchen  (s.  darüber  Kapitel  „Befruchtung"),  um- 
geben von  einer  geringen  Menge  feingranulierten  Protoplasmas,  welches 
fast  frei  von  Dotterkörperchen  erscheint.  Das  erste  Richtungskör])erchen 

bildet  sich  aus  dem  Keimbläs- 
chen noch  in  den  Gonaden 
(Ovarialkammern),  und  zwar  un- 
mittelbar vor  der  Entleerung  der 
Eier.       Ein    Sphärenapparat    ist 


Flg.  106.  Eben  entleertes  Ei  von 
A  m  p h  i  0  X II  s  1  a n  c eo  1  a  t  u  s  nach  So- 
BOTTxi  (561,  Aiiat.  Anz.,  Fig.  1).  Zu 
äußerst  die  (dunkel  gezeichnete)  äußere 
Dotterhavit;  dieselbe  ist  noch  nicht 
abgehoben.  Darauf  folgt  eine  dünne 
Rindenzone  dotterfreien  Ooplasmas. 
Die  Hauptmasse  des  letzteren  ist  gleich- 
mäßig mit  Deutoplasmakügelchen  durch- 
setzt. Oben  eine  vertikal  gestellte 
Richtungsspindel  mit  den  äqua- 
torial angeordneten  Chromosomen  in- 
mitten des  fast  dotterfreien  Keimes. 
Vergr.  500. 


an  den  ersten  Richtungsspindelpolen  nicht  nachzuweisen ;  weder  Strah- 
lung noch  Ceutriolen  sind  zu  sehen.  Eine  feine  Strahlung  findet  sich 
dagegen  an  den  Polen  der  zweiten  Richtungsspindeln ;  aber  ein  Cen- 
triol  war  auch  hier  nicht  zu  erkennen. 

Das  Ei  ist  von  einer  strukturlosen,  dünnen  (0,5  /<)  Membran  um- 
geben und  zeigt  darunter  eine  schmale,  dotterarme  Zone.  Die  Haupt- 
masse des  Ooplasma  aber  ist  sehr  reich  an  kleinen  Dotterkörpern 
von  kugeliger  Form  und  durchschnittlich  1  ^t«  Größe  (Dotterkügelchen), 
welche  sich  in  OsO^  nur  bräunen  und  nach  der  Osmiumbehandlung 
sich  noch  in  gewissen  Farbstotfen,  wie  unter  anderen  in  Hämatoxyliu, 
lebhaft  färben. 

Es  verdient,  nach  Sobotta  (561), 
wörtlich    entlehne,   hervorgehoben   zu 
nach  seinem  Gehalt  an  Deutoplasma, 
sich   zu   den   Eiern   der  Cyclostomen 
an  die  dotterärmeren,  protoplasmareichen  Eier  der  Säugetiere  und  des 
Menschen    sich    anschließt.      Nur    muß   betont   werden,    daß   die  Ver- 

und  es  ist  darauf  wohl 


dem  ich  diese  Beschreibung  fast 
werden,  daß  das  Amphioxus-Ei 
abgesehen  von  seiner  Kleinheit, 
und  Amphibien  stellt  und  nicht 


teilunff  des  Dotters  eine  sehr 


gleichmäßige 


ist. 


die    (nach    Sobotta)    gleiche    Größe    der    beiden    ersten    Furchungs- 

ad  aqua  1  — 


Furchung 


Segmente   zurückzuführen.      Später   wird   die 
s.  p.  257. 

Ueber  die  Hüllen  des  Amphioxus-Eies  besteht  bei  den  beiden 
Autoren,  die  ihrer  hauptsächlich  gedenken,  Sobotta  (561)  und  Van 
DER  Stricht  (571),  keine  Uebereinstimmung.  Wie  bemerkt,  nimmt 
Sobotta  um  das  frisch  gelegte  Ei  eine  zarte  Hülle  (Membran)  an, 
die  sich  im  Wasser  sofort  abheben  soll  und  sich  bereits  an  den 
Ovarialeiern  findet;  das  sah  auch   Van  der  Stricht. 

Bei  Sobotta  ist,  so  scheint  mir,  keine  volle  Sicherheit  vorhanden, 
wenn    er    (p.    25) 


sagt : 


,Das  ganze    Ovarialei    ist    umgeben    von   einer 


Die  Geschlechtszellen.  295 

deutlichen  Membran",  und  später  (p.  36) :  „Ob  das  Ei  eine  eigene 
Zellincmbian  besitzt,  wird  schwer  zu  entscheiden  sein,  jedenfalls  be- 
steht eine  membranartige  äußere  Schicht  der  Eisubstanz,  die  aber 
schwerlich  eine  isolierbare  Hülle  darstellt.  Das  gilt  noch  mehr  für  das 
Ovarialei." 

Wenn  nun  die  Eier  in  das  Wasser  entleert  sind,  so  bildet  sich 
nach  SoBOTTA  binnen  kurzem,  namentlich  um  die  besamten  Eier,  im 
Wasser  eine  zweite  stärkere  Membran,  „H  a  u  p  t m  e  m  b  r  a n"  Sobotta, 
aus  der  erstarrenden  deutoplasmaarmen  Rindenschicht  des  Eies.  So- 
nach besitzt  das  besamte  Ei  zwei  Hüllen,  eine  äußere  schwächere, 
die  schon  im  Ovarium  augelegt  ist  und  eine  innere  stärkere;  beide 
heben  sich  nach  längerem  Verweilen  des  Eies  im  Wasser  von  dem 
zum  Embryo  sich  entwickelnden  Ooplasma  mehr  oder  minder  ab. 

Van  der  Stricht  beschreibt  au  den  entleerten  Eiern  nur  eine 
Hülle,  dieselbe,  nach  seiner  Ansicht,  die  schon  an  den  Ovarialeiern 
sichtbar  ist.  Sobotta  möchte  dagegen  die  Meinung  vertreten,  daß 
die  von  Van  der  Stricht  abgebildete  Hülle  seiner  (Sobotta's) 
inneren  Membran,  der  Hauptmembran,  entspreche. 

II.  Cyclostomata.  a)  P  e  t  r  0  m  y  z  o  n  t  e  n.  (R.  H.)  Die  Eier 
der  Petroniyzonten  zeichnen  sich  durch  einen  mittleren  Grad  von 
Dotterreichtum  und  demgemäß  auch  durch  mäßige  Größe  aus. 
Letztere  wurde  von  Max  Schultze  (M.  1559)  für  Petromyzou 
Plan  er  i  auf  '/.,  Linie  (-=2  mm)  bestimmt.  Calberla  und  spätere 
Untersucher  fanden,  daß  die  Hauptachse  länger  ist  als  die  übrigen, 
das  gesamte  Ei  die  Form  eines  Piotationsellipsoids  hat.  Nach  Cal- 
berla (M.  1238)  mißt  der  Längsdurchmesser  1,0—1,2,  der  Quer- 
durchmesser 0,9—1,0  mm,  während  nach  v.  Kupffer  (M.  1252)  und 
BÖHM  (M.  1233)  die  betreffenden  Maße  0,95—1,0  und  0,S5— 0,9  mm 
betragen.  Aehnlich  scheinen  die  Größenverhältnisse  bei  P.  fluvia- 
tilis  zu  sein  (Shipley)  (M.  1563),  während  über  P.  marin us  keine 
Angaben  vorliegen.  Die  mattgelbliche  Farbe  der  Eier  rührt  von  den 
Dotterplättchen  her,  während  Pigment  fehlt.  Damit  hängt  es  zu- 
sammen, daß  der  dotterärmere  animale  Pol  lichter  aussieht  als  der 
vegetative. 

Schon  innerhalb  des  Ovarium s  ist  das  Ei  der  Neunaugen  von 
einem  Chorion  umgeben,  welches  in  zwei  Schichten  differenziert 
ist,  eine  äußere,  die  weicher  ist  und  wie  die  Zapfenschicht  bei  Te- 
leostiern  und  Ganoiden,  (s.  w.  u.)  im  Wasser  zu  einer  gallertigen, 
klebrigen,  allmählich  sich  abstreifenden  Masse  anquillt,  und  eine  innere 
härtere.  Die  innere  Schicht  ist  Sitz  einer  feinen  radialen  Streifung, 
die  nach  Calberla  auch  in  die  Außenschicht  verfolgbar  sein  soll  und 
wahrscheinlich  der  Ausdruck  feinster  Porenkanäle  ist.  —  (^V.)  Bei 
BÖHM,  Herfort  und  (s.  w.  u.)  bei  Lubosch  werden  indessen 
Streifen  oder  Porenkanäle  nicht  erwähnt.  —  (ß.  H.)  Am  einen  Pol 
des  Eies,  der  innerhalb  des  Ovars  etwas  birnförmig  ausgezogen 
ist  —  Fig.  107  oben  —  und  jetzt  schon  der  animale  Pol  mit  Rück- 
sicht auf  sein  späteres  Schicksal  genannt  werden  kann,  ist  das 
Chorion  im  Bereich  einer  scharf  umschriebenen  Partie  modifiziert, 
die  innere  Schicht  ist  verdickt  und  uhrglasartig  stärker  gewölbt,  die 
Stelle  der  äußeren  Schicht  ist  von  der  „Flocke"  (A.  Müller)  einge- 
nommen, einer  wasserklaren,  daher  von  den  meisten  Forschern  über- 
sehenen dicken  Lage,   welche  wohl  nur  eine  Modifikation  der  äußeren 


296 


W.  Waldeyer, 


Chorionscliicht   ist.   —    (W.)    Herfort    (41;5)    beschreibt   nach   außen 
von   der   do[)])elscliichtigen  Eihaut   noch   einen   in  Wasser   quellenden 


besonderen 
Eihaut   aufsitzen ; 
Eigg.  107  u.  108. 


Schleiniüberzug 


und    läßt    die    Flocke    der    äußeren 
sie  solle  aus  mehreren  Läi)])chen  bestehen.     Vergl. 
■ —    (11.  H.j  Strittig   sind    bezüglich  der  Beschaffen- 
heit der  Eihüllen  zwei 
weitere  Punkte.     Nur 
M.      ScHULTZE       be- 
schreibt   nach     innen 
>  vom      Chorion      eine 

dünne,  erst  bei  der  Be- 
fruchtung deutlicher 
werdende  Dotterhaut, 
Calberla    eine    von 

V\\      M.    SCHULTZE     u.    A. 

vergebens  gesuchte 
M  i  k  r  0  p  y  1  e.  Letztere 
soll  die  höchste  Stelle 


Fig.  107.  ß ei  fei  von 
Petrorayzon  flu  via - 
tilis  nach  Herfort  (413), 
Taf.  IV,  Fig.  1.  Oben 
der  birnförmig  verjüngte 
aniniale  Pol  mit  dem 
Keime.  Doppelte  Ei- 
haut, am  Pole  etwas  ver- 
dickt und  uhrglasförmig 
gehoben.  Peripherisch  das 
vakuolisierte  O  o  p  I  a  s  m  a , 
vergl.  ferner  die  Erklärung 
zu  Fig.  74,  p.  2.53.  (Rei- 
chert, Obj.  4.  Ok.  3.) 


des  uhr glasartig  differenzierten  Abschnittes  der  inneren  Chorionschicht 
in  Form  eines  trichterförmigen  Kanals  durchbohren.  Böhm  und  Her- 
fort  haben    die    Mikropyle  auf  Schnittpräparaten    vergebens  gesucht 


Die  Geschlechtszellen.  297 

und  stellen  daher  ihre  Existenz  auf  das  bestimmteste  in  Abrede.  Auch 
KuPFFER  und  Benecke,  welche  frisches  Material  untersuchten,  haben 
das  von  Calberla  gegebene  Bild  nicht  bestätigen  können.  Nach 
ihren  Angal)en  soll  jedoch  eine  miki-opylenartige  Stelle  in  dem  inneren 
Chorion  ausgespart  sein;  sie  sei  aber  nicht  an  eine  bestimmte  Stelle 
des  uhrglasförmigen  Aufsatzes  lokalisiert  und  durch  die  gallertige 
Außenschicht  so  ausgefüllt,  daß  man  sie  nicht  direkt  beobachten  könne. 
p]rst  durch  das  eindringende  Spermatozoon  werde  der  Kanal  w'egsam 
und  nun  auch  sichtbar  gemacht.  —  (W.)  Durch  die  Freundlichkeit  von 
Dr.  LuBOSCH,  Assistenten  an  der  anatomischen  Anstalt  in  Jena,  bin 
ich  in  den  Stand  gesetzt,  noch  einiges  über  die  jüngeren  Eistadien 
bei  Petromyzon  fluviatilis  mitteilen  zu  können. 

Die  der  nachfolgenden  Beschreibung  zu  Grunde  liegenden  Präparate 
stammen  von  einem  Weibchen,  das  Ende  November  in  Memel  gefangen 
worden  war  und  14  Tage  in  Gefangenschaft  gelebt  hatte.  Bis  zur 
Laichzeit  fehlten  noch  5  Monate. 

Die  in  einem  Ovarium  befindlichen  Eier  stehen  sämtlich  auf  der- 
selben Entwickelungsstufe.  Sie  sind  länglich-oval  und  zwischen  625 
und  750  (i  lang ;  ihre  Farbe  ist  weißlicli-gelb.  Sie  liegen  im  Ovarium 
regellos;  eine  Orientierung  des  Keimbläschens  nach  einer  Richtung  (etwa 
nach  dorsal)  ist  nicht  zu  beobachten.  Die  Eier  sind  außen  von  einer 
Eollikelepithellage  umhüllt,  die  meist  dem  Ei  dicht  anliegt.  Nach  innen 
von  ihr  ist  es  von  einer  starken  Eihaut  umgeben.  Bei  schwacher 
Vergrößerung  erscheint  diese  Hülle  als  doj^pelt  konturierte,  stark  glänzende 
Membran.  Bei  stäi'kerer  Vergrößerung  erweist  sie  sich  als  zusammen- 
gesetzt aus  einer  äußeren  homogenen  Zone  und  einer  stark  lichtbrechenden 
schmalen  inneren  Zone.  Beide  zusammen  sind  bis  zu  6  ,a  dick,  die 
innere  allein  1,5  (u.  Dieser  sehr  resistenten  Kapsel  ist  offenbar  der 
häufige  Mißerfolg  bei  der  Fixation  zuzuschreiben.  Sublimatgemische, 
FLEMJiiNG'sche  Flüssigkeit,  Pikrinschwefelsäure  reißen  das  Ei  innen  ent- 
zw^ei,  d.  h.  die  Eeagentien  sind  noch  nicht  eingedrungen,  während  das 
Objekt  außen  schon  fixiert  ist.  Zur  Erhaltung  der  Formen  ist  heiße 
(85")   ^/g  —  ^/2-proz.  Chromsäure  unerläßlich. 

Das  Keimbläschen  liegt  in  diesem  Entwickelungsstadium  der  Eier 
bereits  unter  dem  spitzen  Pol  des  Eies. 

Das  Cytoplasma  ist  zum  allergrößten  Teil  durch  Dotter  über- 
deckt. Auffällig  ist  folgende  Struktur :  Bei  schwacher  Vergrößerung  ist 
das  Protoplasma  über  dem  Keimbläschen  feingekörnt  und  fast  frei  von 
Dotter.  Bei  stärkerem  System  sieht  man,  daß  hier  eine  Cytoplasma- 
schicht  liegt,  die  dem  Keimbläschen  zunächst  fast  kompakt  ist,  sich 
dann  aber  nach  dem  Pol  zu  strahlenförmig  ausbreitet  und  dabei  zunächst 
engere,  dann  gröbere  Maschen  bildet.  Schließlich  umzieht  ein  feinerer 
Saum  von  Plasma  das  Ei  dicht  nach  innen  von  der  Hülle.  In  jenen 
Maschen  liegen  nur  feine  Dotterkörner.  Trifft  man  das  Keimbläschen 
nicht  in  der  Längsachse  des  Eies,  sondern  quer,  und  zwar  durch  seinen 
obersten  Teil,  so  erscheint  es  von  solchem  Plasmastrahlennetz  rings 
umgeben. 

Auffällig  ist  die  konstant  beobachtete  Anordnung  der  Dotter- 
elemente. Diese  sind  an  der  Peripherie  des  Eies  am  feinsten  und 
werden  am  größten  gegen  die  Mitte  des  Eies.  Am  Eande  sind  kleine 
runde  Fleckchen  des  Cytojdasmas  ausgespart,  wodurch  der  Anschein 
einer  Vakuolisierung  der  peripherischen  Schicht  entsteht.  Diese  Vakuolen 
sind  außen  am  kleinsten  und  nehmen  nach  innen  an  Größe  zu. 


298 


W.  Waldeyer, 


b)  Myxinoiden.  (R.  H.)  Die  Eier  der  Myxiiioiden  unterscheiden 
sich  von  den  Eiern  der  Petromy zonten  in  einein  Grade,  der  zu 
der  nahen  \'erwandtschaft  beider  Grui)pen  in  gar  keinem  Verhältnis 
steht;  sie  sind  von  ganz  außerordentlicher  Größe,  demgemäß  dottei- 
reich  und  mesoblastisch.  Die  Eizelle  ist  langgestreckt,  auf  einer  der 
Längsseiten  geradlinig  begrenzt  oder  sogar  schwach  konkav  eingezogen, 
auf  der  gegenüberliegenden  Seite  konvex  gekrümmt;  an  dem  einen 
Ende,  welches  dem  animalen  Pol  entspricht,  ist  sie  etwas  dicker  als 
am  anderen.  Der  Längsdurchmesser  schwankt  bei  Bdellostoma 
Stouti  (Bashford  Dean)  nach  zahlreichen  Messungen  zwischen 
14 — 29  mm,  der  Querdurchmesser  zwischen  7 — 10,5  mm.  Die  Eier 
von  Myxine  glutinosa  sind  ungefähr  von  gleicher  Größe. 

Ueber  den  Bau  des  Eies  sind  wir  am  besten  füi-  Bdellostoma 
Stouti  orientiei^t  (Bashford  Deax,  Doflein).  Die  bräunlich  gefärbte 
Eischale  dieser  Tiere  ist  unzweifelhaft  ein  Produkt  des  Eollikelepitliels 
und  daher  als  C  h  o  r  i  o  n  zu  bezeichnen ;  sie  besteht  wde  bei  vielen 
Teleostiern  und  Ganoiden  aus  zwei  Lagen.     Die  äußere  entspricht 


c^~i     '  ^r~i  /r-^-    er^  "^^  .  err\  .r— -,  «r^:^  .   ' 


Fig.  109.  Eischale  von  Bdellostoma  (Dofleix  und  Bahsford  DEÄ^'). 
A  Längsschnitt.  /"  Foüikel.  e  FoUikelepithel.  ch^  Prismenschicht,  c/i^  der  Zona 
radiata  entsprechende  Schicht  des  Chorion.  B  Längsschnitt  durch  das  Mikropjdende. 
?»  Mikropyle.  d  Deckel.  C  Einer  der  die  Mikropyle  umstehenden  Haken  bei  stärkerer 
Vergrößerung. 


der  Zapfenseilicht  der  genannten  Eische :  sie  zeigt  auf  Querschnitten  eine 
radiale  Streifung ,  auf  Elächenschnitten  und  bei  der  Betrachtung  von 
der  Oberfläche  ein  äußerst  zierliches  Mosaik ;  sie  besteht  daher  aus 
dicht  gefügten  prismatischen  Stäbchen,  welche  an  die  kernhaltigen  Enden 
der  äußerst  feinen  und  langausgezogenen  EoUikelzellen  in  der  Weise  an- 
stoßen, daß  jedes  Stäbchen  einer  Zelle  entspricht.  Aus  dieser  Ueber- 
einstimmung  kann  man  schließen,  daß  die  Stäbchen  Ausscheidungs- 
produkte der  Zellen  sind.  An  ihrem  dem  Ei  zugewandten  Ende  gehen 
die  Stäbchen    in    die    innere  Schicht    über,    welche    ihrer  Lage    nach  der 


Die  Geschlechtszellen.  299 

Zona  racliata  der  Teleo  stier  entspricht,  wenn  sie  sich  auch  in  ihrei^ 
Struktur  ganz  erheblich  unterscheidet.  Auf  Schnitten,  die  senkrecht  zur 
Längsachse  des  Eies  geführt  werden,  gewahrt  man  eine  undeutliche 
Schichtung  parallel  der  Oberfläche,  als  wäre  die  betreffende  Lage  aus 
8_-10  feinen  Häuten  zusammengesetzt.  Die  innerste  Lage  dieser  ge- 
schichteten Hülle  ist  besonders  stark  lichtbrechend  und  von  homogenem 
Aussehen,  so  daß  sie  von  B.  Dean  als  eine  dritte  besondere  Lage  auf- 
gefaßt wird. 

Eine  merkwürdige  Struktur  der  inneren  Schalenschicht  wird  auf 
Schnitten  bemerkbar,  welche  parallel  zur  Oberfläche  oder  senkrecht  zu  ihr  in 
der  Eichtung  der  Längsachse  des  Eies  geführt  werden.  Auf  Längsschnitten 
sieht  die  Eischale  aus,  als  wäre  sie  in  regelmäßigen  Abständen  in 
einzelne  Stücke  zerklüftet.  Man  könnte  versucht  sein,  dieses  Bild  durch 
die  Annahme  zu  deuten ,  daß  die  Schale  aus  einzelnen  aufeinander 
folgenden  Eingen  sich  zusammensetze.  So  regelmäßig  ist  jedoch  die 
Anordnung  nicht.'  Denn  wie  die  Tangentialschnitte  lehren,  sind  immer 
nur  kurze  Stücke,  Teile  von  Eingen,  gegeben,  die  dann  in  benachbarte 
Stücke  übergehen,  so  daß  ein  cirkulär  um  das  Ei  gelegtes  Maschenwerk 
entsteht.  Auch  hängen  zwei  hintereinander  folgende  Eingabschnitte 
durch  zahlreiche   Querbrücken  untereinander  zusammen. 

Die  Eischalen  der  Myxinoiden  sind  gedeckelt.  d.  h.  durch  eine 
scharf  eingeschnittene  cirkuläre  Unterbrechung  in  geringer  Entfernung 
vom  animalen  Pol  ist  ein  kleiner  Teil  der  Schale  als  Deckel  von  dem 
Rest  der  Schale  abgegrenzt.  Vielleicht  ist  die  Sonderung  so  zu  er- 
klären, daß  cirkulär  angeordnete  Spalten  sich  zu  einem  einheitlichen 
Spalt  vereinigt   haben,   welcher   den  Deckel   vom  Schalenrest  sondert. 

Inmitten  des  Deckels  findet  sich  die  Mikropyle,  sie  ist  ein  in 
seinem  Verlauf  etwas  ausgeweiteter  Kanal,  welcher  am  Grunde  einer 
becherförmigen  Einsenkung  der  Schalendecke  liegt.  Umstellt  wird  die 
Mikroi)yle  von  einem  Schopf  von  Haken  (s.  Fig.  109),  deren  Zahl  ge- 
wöhnlich zwischen  35  und  45  beträgt,  selten  mehr  (bis  zu  60).  selten 
weniger  (20).  Die  Haken  sind  fadenförmige  Auswüchse  der  inneren 
Schaienschicht  und  stehen  in  mehreren  konzentrischen  Kreisen  um  die 
Mikropyle  herum.  An  ihrem  peripheren  Ende  laufen  sie  in  2— 4  blatt- 
artige Fortsätze  aus,  welche  wie  die  Ausläufer  eines  Ankers  nach  rück- 
wärts gekrümmt  sind.  Ein  gleicher  Schopf  von  Haken  findet  sich  am 
entgegengesetzten  Ende  des  Eies.  Indem  2  aufeinander  folgende 
Eier  mit  den  Haken  ungleichnamiger  Enden  aneinander  verankert  sind, 
entstehen  lange,  ab  und  zu  verästelte  Ketten  von  Eiern. 

Dicht  unter  der  Mikropyle  liegt  eine  dotterarme  Partie  des 
Eies  wie  eine  Art  Keim  Scheibe.  In  ihr  ist  beim  unreifen  Ei 
das  Keimbläschen  eingeschlossen,  in  welchem  lange  Zeit  über  ein  ein- 
ziger ansehnlicher  Nucleolus  enthalten  ist;  später  findet  man  hier  den 
Eikern. 

ni.  Selachii.  (W.)  Die  abgelegten  Eier  der  S  elachier  gehören  mit 
denen  der  Reptilien  und  Vögel  zu  den  großen,  dotterreichen, 
meroblastischen  Typen.  Ihre  Form  ist  aber  vielfach  von  der  rundlichen 
oder  ovalen,  für  die  Reptilien-  oder  Vogeleier  charakteristischen  ab- 
weichend. Die  große,  dotterreiche,  dem  Gelbei  der  Vögel  entsprechende 
orange  oder  gelb  gefärbte  Eizelle  schimmert,  von  dem  hellen  Eiweiß 
umgeben,  durch  die  äußere  hornige  Schale  hindurch,  ist  kugelförmig, 
oder  abgeplattet  rundlich,   oder  ellipsoidisch   und  zeigt  deutlich  einen 


300  W.  Waldeyer, 

meist  noch  intensiver  gefärbten  Keim  (Keimscheibe,  Blastodiscus), 
welcher  in  Furchung  begritfen  ist,  da  die  Befruchtung,  wie  bei  allen 
den  mit  Schale  versehenen  Wirbeltiereicrn,  schon  stattfindet,  ehe  das 
Eiweiß  und  die  Schale  sich  gebildet  haben,  zur  Zeit, 
wann  das  Gelbei,  d.  i.  die  reife  Eizelle,  sich  eben  von 
dem  Eierstocke  losgelöst  hat  und  sich  im  Anfange  der 
Tube  befindet.  Das  Furchungsstadiuni,  in  welchem  man 
den  Keim  unmittelbar  nach  der  Ablage  des  Eies  an- 
trifft, ist  das  der  Morula  (Kopsch,  453).  Das  Gelbei 
ist  im  frischen  Zustande  äußerst  weich  und  zerfließ- 
lich,  demgemäß,  wenn  es  freipräpariert  ist,  da  auch 
Dotterhaut  und  Chorion  (?)  rudimentär  sind,  nicht  form- 

Fig.  110.  Abgelegtes  Ei  von  Pristiurus  melanosto- 
mus.  Der  vordere  Pol  (Keimscheibenpol)  nach  ol)en  gerichtet. 
Am  hinteren  abgeplatteten  Pole  zwei  in  kurze  Fäden  ausgezogene 
Ecken.  Hornschale  dunkelbraun,  Eiweiß  hell;  darin,  nur 
zum  Teil  sichtbar,  vorn  das  Gelbei.  Nach  Rückert,  I'ig.  1, 
Taf.  LH  (534). 

beständig.  Wie  beim  Vogelei,  schwimmt  es  in  seinem  Eiweiß  mit  dem 
Keimscheibenpole  nach  oben  gewendet,  zeigt  indessen  (Ivopsch,  1.  c.) 
in  Bezug  auf  die  Hauptachsen  des  ganzen  Eies  keine  konstante  Lagerung. 
Das  Keimbläschen  des  reifen  Ovarialeies  rückt  dicht  unter 
die  Dotterhaut  (s.  Fig.  80)  und  kann  eben  noch  mit  freiem  Auge  (bei 
Torpedo  ocellata)  als  dunkler  Fleck  in  dem  gelblichen  Iveime  erkannt 
werden  (Rückert,  534). 

Die  Form  der  abgelegten  Eier  wird  wesentlich  durch  die  Horn- 
schale bedingt  und  ist  meist  länglich- viereckig,  an  den  Ecken  sehr 
häufig  in  lange  spiralig  gewundene  Fäden  ausgezogen.  Mit  diesen  Fäden 
Averden  die  Eier  an  allerlei  festen  Gegenständen,  wie  sie  sich  im  Meer- 
wassei-  an  den  Aufenthaltsorten  der  Tiere  finden,  Felsvorsprüngen,  Steinen, 
Wasserpflanzen,  Zweigen  u.  s.  f.  gleichsam  angebunden  oder  aufgehängt. 
Finden  die  Tiere  —  einige,  z.  B.  Scyllium,  laichen  auch  in  den  Aquarien 
—  solche  Gegenstände  nicht,  so  lassen  sie  auch  die  Eier  auf  den  Boden 
fallen.  Für  die  Weiterentwickelung  der  Eier  ist  es  aber  günstig,  wenn 
sie  derart  aufgehängt  sind.  Es  scheint  auch,  daß  dabei  eine  bestimmte 
Stellung  des  Eies  bevorzugt  wird ,  indem  man  die  Scyllium-Eier  nach 
KossEL  (s.  bei  Kopsch,  1.  c),  wenn  sie  unter  den  gewöhnlichen  Be- 
dingungen im  Freien  abgelegt  werden,  immer  mit  dem  stumpfen  Ende, 
an  welchem  sich  das  Gelbei  befindet,  nach  unten  gerichtet  antrifft. 

Fig.  111  zeigt  nach  einer  von  Ivopsch  gefertigten  Zeichnung  das 
Scyllium-Ei  in  dieser  Stellung.  Das  dunkle,  durchschimmernde  Gelbei 
liegt  nach  unten  am  stumpfen  Pole,  w^o  sich  auch  die  kürzeren  Schnüre 
befinden,  mit  denen  das  Ei  an  dem  dickeren  Zweige  befestigt  ist.  Die 
beiden  längeren  und  dünneren  Fäden  am  schmalen  Elende  sind  so  stark 
um  zwei  dünnere  Nebenzweige  herumgeschlungen ,  daß  diese  sich  über- 
kreuzt haben. 

Gewöhnlich  legen  die  Sc3'lliumweibchen  2  Eier  bald  nacheinander; 
dann  tritt  eine  längere  Pause  ein ;  man  kann  annehmen,  daß  etwa  alle 
10  Tage  2  Eier  abgelegt  werden.  Der  stumpfere  Eipol  erscheint  beim 
Legen  zuerst ;  die  längeren  Schnüre  bleiben  noch  einige  Zeit  im  Körper 
des  Tieres,  welches  somit  im  Schwämmen  das  Ei  nach  sich  zieht.    Bleiben 


Die  Geschlechtszellen. 


301 


die    kurzen 
Ei   vollends 


freien  Schnüre 
herausffezoofen. 


nun    irgendwo  hangen,    so  wird  dadurch  das 
Oefters  werden  auch  mehrere  Eier  an  dem- 
1.   c). 


selben  Gregenstande  befestigt  (Kopsch, 

Die  Selachier  sind  zum  Teil  vivipar  (Carchariidae,  Muste- 
lidae  —  unter  diesen  der  sogenannte  „glatte  Hai  des  Aristoteles", 
Mustelus    laevis,    bei    dem    sich    selbst    eine    Art    Placentarbildung 


Fig.    111.     Ei    von   Scyllium   canicula,  in  gewöhnlicher  Lage   an   einem 
Olivenzweige  befestigt.  (Nach  Fr.  Kopsch,  No.  453.) 


zeigt  —  Lamna,  Acanthias,  ein  Teil  der  Rochen  [Myliobatidae 
u.  a.]),  zum  Teil  ovipar  (Scylliidae,  Notidanidae,  Scj^mnus, 
Cestracion.  Bei  C  e  s  t  r  a  c  i  o  n  sind  die  Eier  kegelförmig  mit  zwei 
Spiralleisten.     Auch  der  größere  Teil  der  Rochen  ist  ovipar. 

Daß  man  die  Hörn  schale  mit  Recht  so  nennen  darf,  zeigt  der 
Befund  von  Keratin  in  derselben  (S.  230).  —  Ueber  das  Verhalten 
der  sonstigen  Eihüllen  sei  einmal  auf  die  Angaben  im  allgemeinen 
Teile  und  die  dort  wiedergegebenen  Figuren  Balfour's  zurückver- 
wiesen und  dann  auf  die  Befunde  Rückert's  (534),  welche  mir  als 
die  genauesten  und  bestgestützten  erscheinen. 

RüCKERT  unterscheidet  wie  Balfour  am  jungen  Pristiurus-  und 
Torpedo -Ei  die  zwei  p.  298  (Fig.  105)  beschriebenen  Hüllen.  Bei 
älteren  Eiern,  insbesondere  Reifeiern,  tritt  die  auch  von  Balfour  und  den 
übrigen  Beschreibern  des  Selachiereies  —  Citate  bei  Rückert  —  erwähnte 
Verdünnung  und  Atrophie  dieser  beiden  Häute  in  hohem  Grade  ein. 
Interessant  ist  aber  die  Angabe  Rückert's,  daß  sich  an  einzelnen  Stellen, 
so  vornehmlich  oberhalb  des  Keimes,  an  diesen  dann  als  eine  einzige 
erscheinenden  dünnen  Hüllen  noch  eine  Querstreifung  erkennen  lasse.  Vgl. 
die  Bemerkung  zu  den  Angaben  R.  Fick's  bei  den  Amphibien.  Rückert 
will  diese  einfach  erscheinende  Hülle  des  reifen  Selachiereies  „K  e  i  m  - 
hülle"  nennen.  Ich  glaube,  daß  man  hier  ohne  neuen  Namen  mit  „Eihaut'' 
oder  „Oolemma"  auskäme.  Nun  beschreibt  aber  Rückert  als  eine  zweite 
Hülle  unter  dem  Namen  „Dotterhaut"  eine  deutlich  sichtbare  feine  Grenz- 
lamelle des  Ooplasma,    die  sich  indessen  nicht  vom  Dotter  (Ooplasma)  ab- 


302 


W.  Waldeyer, 


lösen  lasse.  Das  wäre  dann  eine  Art  „Crusta"  im  Sinne  F.  E.  Schulze's, 
Biol.  Centralbl.,  Bd.  XVI,  1896.  Aehnliclies  findet  sich  meines  Wissens 
an  allen  großen  meroblastischen  Eiern  nnd  ist  auch  von  diesem  oder  jenem 
Autor  an  solchen  Eiern  beschrieben  worden.  Ueber  das  Verhalten  des 
Sei  ac  hierd  0  tters    ist    p.  246    und    251    das   Nötige    gesagt    worden. 

IV.  Dipnoi,  Ganoidei.  (ß.  H.)  Die  Linch fische  und  die 
Schmelz  seh  Upper  besitzen  im  Bau  und  in  der  Entwickelung  ihrer 
Eier,  so\Yie  in  ihrer  gesamten  Fortpflanzungsweise  große  Aehnliclikeit 
untereinander,  so  daß  wir  sie  getrennt  von  den  übrigen  P'ischen  und 
gemeinsam  besprechen  können.  Hinsichtlich  ihrer  Eibildung  schließen 
sie  sich  den  Amphibien  an.  während  sie  den  Teleostiern  und  Se- 
lachiern  ferner  stehen. 

Zum  Unterschied  von  allen  ül)rigen  Fischen  sind  die  Eier  von 
Ganoiden  und  Dipneusten  holoblas  tisch  ;  für  solche  haben 
sie  aber  im  allgemeinen  eine  enorme  Größe.  Die  kleinsten  Eier  be- 
sitzen nach  Salensky  (M.  8o5)  der  Sterlet,  Acipenser  ruthenus, 
2  mm;  nächstdem  kommen  der  amerikanische  Stör  Lepidosteus 
osseus  mit  o,o  mm  (Bashford  Dean  :Mla),  3,5  mm  (Fülleborn 
371a),  Lepitlosiren  paradoxa  mit  6,5-7  mm  (Kerr  4401). 
Bei  Amia  calva  ist  das  Ei  in  der  Richtung  vom  animalen  zum 
vegetativen  Pol  etwas  verlängert,  so  daß  der  Längsdurchmesser  2,5—3 
mm,  der  Querdurchmesser  2 — 2.5  mm  mißt. 

Umhüllt  werden  die  Eier  von  einem  festen  Chorion,  auf  welches 
einwärts  noch  eine  Dotter  haut  folgt  (Kowalewski,  Owsiannikoff 
(M.  829)  und  Salensky  1.  c. i.  Das  Chorion  besteht  bei  Ganoiden 
aus  2  Lagen,  einer  inneren  radialstreitigen  Zona  radiata  (Mark. 
Bull.  Mus.  Comp.  ZooL,  Voh  19,  1899,  Balfour  M.  827,  Bashford 
Dean  1.  c.)  und  einer  äußeren  Zotten  schiebt,  welche  vermöge  ihrer 
Quellbarkeit  zur  Befestigung  der  Eier  an  Fremdkörpern  dient:  es  be- 
sitzt am  animalen  Pol  einen  Mikropylapparat,  und  zwar  einen  einzigen 
Kanal  bei  Amia  (Whitman  and  Eycleshymer  600)  und  Lepid- 
osteus, bei  A  c  i  p  e  n  s  e  r  i  d  e  n  eine  Gruppe  von  Kanälen,  deren  Zahl 
von  Kowalew^ski   auf  7,  von  Salensky  auf  5—13  für  den  Sterlet 

angegeben  wird.  Bei  den 
Dipneusten  hat  man  bis- 
her noch  keine  Mikropjlen  ge- 
funden. Auch  werden  hier 
die     Eier     nach     außen    vom 


Fig.  112.  A  Querschnitt  durch 
die  Mikropyle  von  Lepidosteus. 
B  ein  Stück  der  Eihaut,  stärker 
vergrößert,  m  Mikropyle  mit  ein- 
gelagerter FoUikelzelle.  s  Zotten- 
schicht, r  radialstreifiges  Chorion. 
rsp  Richtungsspindel.  Nach  Mark 
1.  c. 


Chorion  nach  Art  der  Amphibieneier  mit  einer  aus  dem  Eileiter 
stammenden  Gallertschicht  umhüllt,  welche  zum  Ankleben  an  Fremd- 
körper dient,  wenn  auch  die  Klebkraft  keine  sehr  große  ist.  Bei 
Ceratodus  erreicht  die  Gallertschicht  beim  Quellen  im  Wasser  eine 
gewaltige  Mächtigkeit. 


Die  Geschlechtszellen.  303 

Die  einzige  genauere  Schilderung,  welche  vom  Chorion  gegeben 
worden  ist,  stammt  von  Mark  (1899j  und  bezieht  sich  anf  L  e  p  i  d  o  s  t  eii  s. 
Die  schon  im  Ovar  gebildete  Umhüllung  besteht  aus  einer  inneren  und 
äußeren  Schicht.  Die  innere  ist  die  mächtigere  und  wird  von  Mark 
Zona  radiata  genannt,  weil  sie  von  feinen  Porenkanälen  in  radialer 
Richtung  durchsetzt  wird.  Die  äußere  oder  Zottenschicht  besteht  aus 
prismatischen,  radial  angeordneten,  dicht  aneinander  gefügten  Stäbchen 
mit  keulenförmigen  verdickten  Außenenden,  während  die  inneren  Enden 
sich  in  mehrere  Wurzelausläufer  verlängern,  die  in  die  Zona  radiata  eine 
Strecke  weit  eindringen.  Die  Mikropyle  entsteht,  indem  das  Chorion 
trichterförmig  in  die  Richtung  des  Dotters  eingesenkt  ist  und  beide 
Schichten  sich  gleichzeitig  nach  dem  Grund  des  Trichters  verdünnen. 
Am  Grund  liegt  die  kleine  Oeffnung.  Nach  Mark  sollen  übrigens  beide 
Schichten  vom  Ei  selbst  gebildet  werden,  zuerst  die  Zottenschicht,  dann 
erst  die  Zona  radiata.  Da  wir  oben  den  Ausdruck  Chorion  auf  Produk- 
tionen des  Eollikelepithels  eingeschränkt  haben ,  würde  diese  Bezeich- 
nung —  die  Richtigkeit  der  MARiv'schen  Darstellung  vorausgesetzt  —  für 
die  Eihülle  von  Lepidosteus  nicht  passen.  —  Bei  den  übrigen  Ga- 
n  0  i  d  e  n  scheint  die  Eihülle  im  wesentlichen  denselben  Bau  zu  besitzen. 

Am  Körper  des  Eies  selbst  kann  man  deutlich,  wie  beim  Ei  vom 
Salamandra  maculosa,  eine  dotterarme  Keimschicht  von  der 
dotterreichen  Hauptmasse  des  Eies  unterscheiden.  Da  der  Dotter 
gefärbt  ist,  gelblich  z.  B.  bei  Lepidosiren,  bräunlich  bei  Amia, 
so  macht  sich  gewöhnlich  der  Unterschied  in 
einer  erheblich  lichteren  Färbung  der  Keim- 
schiclit  bemerkbar.  Bei  den  Eiern  von  Cera- 
todus  und  den  Stören  ist  wie  bei  den 
Eiern  der  meisten  Amphibien  reichliches 
Pigment  vorhanden ;  es  bildet  eine  Schicht 
unmittelbar  unter  einer  dünnen  oberflächlichen 
Lage  homogenen  Plasmas,  die  am  Hauptpol 
stärker  entwickelt  ist  als  nach  dem  entgegen- 

Fi^.  113.     Frisch  abgelegtes  Ei  von  Amia  calva 
nach  Whitmax  und  Eycleshymer  (600). 

gesetzten  Ende,  so  daß  die  dunkle  Abschattierung  des  Eies  umgekehrt 
ausfällt  als  bei  den  übrigen  Arten,  dunkel  der  animale  Pol,  heller  der 
vegetative.  Bei  den  Stören  ist  die  Pigmentlage  am  oberen  Elende 
derart  verteilt,  daß  eine  starke  genau  polare  Anhäufung  durch  eine 
lichtere  ringförmige  Zone  von  einem  dichten  Pigmentwulst  am  Baude 
der  Keim  Schicht  getrennt  wird. 

V.  Teleostei.  (W.)  Die  Eier  der  Knochenfische  wechseln  in  der 
Größe  zumeist  von  der  eines  Mohnkornes  bis  zu  der  einer  Erbse. 
Wir  haben  bereits  erwähnt,  daß  sie  bei  manchen  Fischen,  namentlich 
die  kleinen  Eier,  durch  schleimige  Substanz  in  Massen  vereinigt,  als 
Laich,  Synoion,  ausgestoßen  werden  (p.  228);  in  anderen  Fällen 
werden  die  Eier  einzeln  abgelegt.  Solange  die  Eier  in  den  Eier- 
stöcken vereinigt  liegen ,  bezeichnet  man  ihre  Masse  insgesamt  als 
Rogen.  Die  Knochenfische  und  die  zu  den  Ganoiden  ge- 
Iförigen  Störe  legen  unter  den  Wirbeltieren  wohl  die  größte  Zahl 
von  Eiern.    Ueber  100  wird  bei  den  Teleostiern  wohl  stets  die  mindeste 


304  W.  Waldeyer, 

Zahl  betragen;  sie  kann  aber,  wie  beim  Hecht  und  Karpfen, 
der  Schleie  u,  a.,  auf  100000  und  weit  darüber  steigen,  um  bei  den 
Störfischen  mehrere  Millionen  zu  erreichen.  Vergl.  hierüber  die 
weiter  unten  zu  machenden  Angaben. 

Der  Form  nach  sind  die  Eier  der  Knochenfische  in  der  Regel 
kugelig,  seltener,  wie  bei  verschiedenen  Gobius- Arten,  länglich,  ähn- 
lich Dipteren-Eiern  und  auch  kaum  größer  als  diese.  Sie  sind  meist 
von  heller,  gelblicher,  grauer  oder  grauweißlicher  Färbung,  andere 
wieder,  namentlich  die  pelagischen  Eier,  völlig  wasserklar  und  durch- 
scheinend :  B  e  1 0  n  e ,  L  a  b  r  i  d  e  n ,  C  r  i  s  t  i  c  e  p  s  a  r  g  e  n  t  a  t  u  s  u.  a. 
Von  Ctenolabrus  geben  A.  Agassiz  und  VVhitman  (M.  2758)  an. 
daß  die  Reifeier  beim  Ablegen  leicht  getrübt  sind  durch  eine  feine 
Granulierung,  s.  Fig.  114,  daß  sie  sich  aber  im  Meerwasser  binnen 
wenigen  Sekunden  völlig  klären.  Fast  immer  ist  die  äußere  „Ei- 
kapsel",  um  den  allgemein  gefaßten  Namen  von  His  (419)  zu  ge- 
brauchen, etwas  durchsichtig.  Diese  Eikapsel  ist  durchweg  sehr  resi- 
stent und  elastisch,  so  daß  man  die  Eier  auf  den  Boden  werfen  kann, 
ohne  daß  sie  platzen.  —  Die  Knochenfischeier  gehören,  wie  wir  gesehen 
haben  (p.  258),  zu  den  meroblastischen. 

Den  im  allgemeinen  Teile  gegebenen  kurzen  Bemerkungen  über 
das  chemische  Verhalten  (p.  231),  über  den  Dotter  (p.  245. 
249),  über  das  Eindringen  von  Wasser  zwischen  Eikapsel  und 
Rindenschicht  des  Dotters,  sobald  die  frisch  gelegten  Eier  in  das  Wasser 
gelangen,  und  das  völlige  Heraustreten  des  Keimes  bei  dieser  Gelegen- 
heit (p.  252,  254  und  255)  und  über  die  Kerne  und  Kernkörperchen 
(p.  267)  mag  noch  Nachstehendes,  welches  ich  den  Abhandlungen  von 
His  (419  und  420a)  entnehme,  hinzugefügt  werden: 

Nach  den  Untersuchungen  Miescher's  bestehen  die  Eikapseln  der 
Lachseier    aus    einer  im  Wasser  unlöslichen  Eiweißmodifikation,  lösen 


\ 


/ 


'/■ 


Fig.  114.  Fig.  115. 

Fig.  114.  Reifei  von  Ctenolabrus,  spec.  vor  der  Berührung  mit  Seewasser. 
Ooplasma  leicht  granuHert.  Eikapsel.  Nach  Agassiz  und  Whitmax  (M.  27.ö8). 
50  :  1. 

Fig.  115.  Reifei  von  Esox  lucius  nach  His  (419).  Die  feine  dunkle  äußere 
Linie  =  Eikapsel.  Die  breitere  helle  Schicht  =  eingedrungenem  Wasser.  Die 
folgende  dunklere  schmale  Zone  =  dem  äußeren  Ooplasma-Kontur  +  der  Rind en,- 
schicht.  Oben  die  hellere  kugelförmig  vorgewölbte  Partie  =  Keim.  Darunter 
die  sogenannten  „Oelkugeln"  der  Rindenschicht,  dann  der  flüssige  Dotter.     15  :  1. 


Die  Geschlechtszellen.  305 

sich  auch  nur  schwei"  in  Kalilauge;  sie  sind  aber  verdaulich  und  liefern 
eine  zuckerfreie  Peptonlösung ;  ferner  enthalten  sie  0,76  Proz.  Schwefel 
und  Spuren  von  Phosphor,  der  aber  auch  von  anhaftender  Dotterrinde 
abgeleitet  werden  könnte. 

Der  Eiinhalt  besteht  aus  dem  Keime,  der  Rindenschicht  und 
der  Dotter masse.  (Die  Ausdrücke  „Hauptdotter"  für  „Keim"  und 
,,Nebendotter"  für  „Rindenschicht  -\-  Dottermasse",  die  von  His  noch  ver- 
wendet werden,  sind  entbehrlich.)  Ueber  den  Keim,  s.  Fig.  115,  ist  dem 
Gesagten  nichts  mehr  hinzuzufügen.  Die  Rindenschicht  ist  im  wesent- 
lichen ein  dünner,  dicht  unter  der  Eikapsel  gelegener  Protoplasmamantel, 
der  mit  der  Peripherie  des  Keimes  zusammenhängt,  mit  anderen  Worten 
von  dieser  ausgeht  und  die  centrale  Dottermasse  einschließt.  Diese  Schicht 
bildet  insofern  eine  Uebergangsbildung  zwischen  dem  rein  protoplasma- 
tischen, von  Dotterbestandteilen  fast  vollständig  freien  Keime  und  der  cen- 
tralen Dottermasse,  als  sie  zahlreiche  größere  und  kleinere,  glänzende,  zum 
Teil  gefärbte,  Fetttropfen  ähnliche,  kugelige  Gebilde  enthält,  die  vielfach 
als  „0  elkug ein"  bezeichnet  werden.  Aber  His  macht  mit  Recht  darauf 
aufmerksam,  daß  sie  kein  reines  Fett  sein  können,  da  sie  in  Wasser 
stark  quellen.  Sie  bestehen  aber  auch  nicht  reinweg  aus  derselben  Sub- 
stanz wie  die  centrale  flüssige  Dottermasse,  denn  sie  mischen  sich  nicht 
mit  dieser  und  bilden  bei  manchen  Eiern,  indem  sie  größtenteils  zu- 
sammenfließen ,  eine  große  sogenannte  „Oelkugel"  von  starker  Licht- 
brechung,  die  sich  neben  der  Dotterflüssigkeit  selbständig  erhält. 

Letztere  nimmt  als  eine  klare,  flüssige  Masse  konzentrierten  Gehaltes 
den  größten  Teil  des  Eikörpers  ein,  umschlossen  vom  Keime  und  der 
mit  diesem  zusamenhängenden  Rindenschicht.  Wir  sahen  schon,  daß  bei  den 
Cvprinoiden  auch  feste  Dotterkörper  vorkommen.  Bei  den  meisten 
Teleostiern  ist  aber  der  Dotter  in  gelöstem  Zustande  vorhanden. 

Das  unmittelbar  nach  dem  Entleeren  der  Eier  in  das  umgebende 
Wasser  erfolgende  Eindringen  des  letzteren  ist  für  die  Knochenfischeier 
ein  normales  Vorkommnis  und  ist  zur  Entwickelung  der  Eier  nötig ;  die 
in  der  Eikapsel  vorhandenen  Radiär  kanälchen  bilden  wohl  den 
Weg.  Der  Keim,  der  beim  eben  gelegten  Ei,  wenn  auch  öfters  gefärbt, 
durchscheinend  ist,  trübt  sich  im  Wasser  leicht ;  ebenso,  und  zwar  stärker 
und  unter  einer  Art  Gerinnung ,  die  Dotterflüssigkeit.  Soll  die  Ent- 
wickelung der  Eier  ungestört  vor  sich  gehen ,  so  darf  indessen  kein 
Wasser  zu  der  Dotterflüssigkeit  selbst  gelangen.  Ich  bin  mit  His  der 
Meinuno-,  daß  der  Keim  zusammen  mit  der  Rindenschicht  den  Zutritt 
des  eingedrungenen  Wassers  zur  centralen  Dottermasse  verhindert.  Das 
eingedruno-ene  Wasser  befähigt  den  Eiinhalt  zu  Beweo-ungen  namentlich 
Rotationen,  welche  auch  vielfach  beobachtet  werden.  Fraglos  mischt 
sich  das  eingedrungene  Wasser  diffusiv  auch  sofort  mit  Ooplasmabestand- 
teilen,  so  daß  die  Flüssigkeit,  welche  man  zwischen  Eikapsel  und  Rinden- 
schicht antrifft,  schon  bald  nach  ihrem  Auftreten  nicht  mehr  als  „Wasser" 
bezeichnet  werden  kann.  Siehe  darüber  weiteres  zu  Ende  des  Ab- 
schnittes V.   „Teleostier". 

Die  größten  Schwierigkeiten  bieten  die  Hüllen  der  Fischeier, 
insbesondere  das,  was  wir  vorerst  mit  His  (419),  zusammenfassend, 
die  Eikapsel  genannt  haben.  Es  lassen  sich  öfters  mehrere  Schichten 
gut  unterscheiden. 

R.  H.)  Das  Chorion  des  Teleostiereies  erinnert  bei  vielen  Arten 
an  die  ^'erhältnisse,    welche  wir  bei  Ganoiden    kennen  gelernt    haben. 

HaBdbuch  der  Entwickelungslehre.  1.  20 


306  W.  Waldeyer, 

Bei  C  r  e  n  i  1  a  b  r  u  s  p  a  v  o  (List  46 1  d),  L  e  u  c  i  s  c  u  s  r  u  t  i  1  u  s  (Hoff- 
mann M.  2779),  Alburnus  lucidus  (Brock  M.  2900j,  Cobitis  bar- 
batula  (KöLLiKEU,  Würzburger  Verhandl.,  Bd.  8)  und  wahrscheinlich 
bei  den  meisten  Cyprinoiden  und  vielen  anderen  Teleostiern  be- 
steht es  aus  der  Zona  radiata  und  der  Zottenschicht  (Pig.  116). 

9  ^^^&^^aäie^^5g^^_^  Fig.  116.     Durchschnitt    durch   die   ober- 

z  WMSMlMMlISmrm^^  flächlichste    Dotterschicht  und    die    LihüUeu 

r                                ~'        --^MMM/  von  Alburnus  lucidus  (nach  Brock),    g 

(i                                           ~^'^^S^[  bindegewebige    Hülle    mit    FoUikel- 

'^Vl^^^'^*"©?^ä^^     ^'1^  epithel.      z    Zottenschicht.      r    Zona 

■^^   '%?**^'^^'''-^ >^^S'^^--^  radiata     des     Chorion.       </    äußere    radial- 

streitige  Lage  des  hies. 

Erstere  liegt  nach  innen  und  ist  von  feinen  Porenkanälen  durchsetzt, 
welche  bei  der  Plächenansicht  eine  feine  Punktierung,  auf  optischen  oder 
wirklichen  Durchschnitten  die  bekannte  radialstreilige  Struktur  verursachen. 
Oefters  ist  an  ihr  eine  äußere  Schicht  durch  eine  deutlich  ausgeprägte 
Grenze  von  dem  Rest  unterschieden  und  auch  durch  verschiedenes  Pärbe- 
verinögen  ausgezeichnet.  Neben  der  radialen  Streifung  kann  noch  eine 
konzentrische  Schichtung  vorhanden  sein.  Wenn  die  Eier  in  das  Wasser 
gelangen,  kann  die  radiale  Streifung  infolge  von  Quellung  undeutlich 
werden,  so  daß  dann  die  konzentrische  Streifung  allein  auffällt.  So  er- 
klären sich  wohl  die  Angaben  v.  Kupffbr's  (Die  Entwickelung  des 
Herings  im  Ei.  Jahresber.  der  Kommission  zur  wissenschaftl.  Untersuchung 
der  deutschen  Meere  in  Kiel,  1874 — 1876.  Berlin,  Wiegandt,  Hempel 
und  Parey,  1878),  daß  das  Chorion  des  Herings  in  seiner  äußeren  Lage 
konzentrisch,  in  seiner  inneren  Lage  radiär  gestreift  sei,  und  die  Angaben 
Ryder's  (M.  2808)  und  List's,  daß  die  der  Zona  radiata  der  übrigen 
Pisclie  entsprechende  Schalenschiclit  bei  Gadus  morrhua  und  Creni- 
labrus  pavo  nur  konzentrische  Streifung  erkennen  lasse. 

Die  Z  0  1 1  ens  clii  cht  besteht  bei  Leuciscus  rutilus  (Hoff- 
MANX  1.  c.)  und  Alburnus  lucidus  (Brock  1.  c.)  aus  keulenförmigen 
Zapfen,  welche  palissadenartig  nebeneinander  gestellt  sind,  bei  C  r  e  n  i  - 
labrus  pavo  (List  1.  c.)  aus  kleinen,  äußerst  regelmäßig"  geformten 
hexagonalen  Prismen ;  sie  quillt  beim  Uebertragen  in  das  Wasser  und 
verleiht  den  Eiern  eine  beträchtliche  Klebkraft,  vermöge  deren  sie  au 
Premdkörpern  haften  oder  untereinander  zu  Gallertklumpen  zusammen- 
backen. Man  hat  daher  Ursache,  bei  Eiern,  welche  von  klebriger  Be- 
schaffenheit sind,  die  Existenz  einer  Zottenschicht  zu  vermuten.  Für 
das  Heringsei,  welches  nach  Kupffer  (1.  c.)  mit  einer  homogenen  kleb- 
rigen Schicht  umhüllt  ist,  hat  Hoffmaxx  (1.  c.)  in  der  That  nachgewiesen, 
daß  dieselbe  durch  Verquellung  einer  radialstreifigen  Schicht  entsteht, 
die  von  der  eigentlichen  Zona  radiata  scharf  unterschieden  ist  und  offen- 
bar wie  bei  L  e  ]3  i  d  o  s  t  e  u  s  von  palissadenartig  zusammengefügten  Zotten 
gebildet  wird. 

Sehr  häufig  ist  die  Zottenschicht  rudimentär  oder  fehlt  sogar  ganz, 
z.  B.  beim  Hecht,  Salmoniden  etc.:  in  anderen  Pällen  ist  sie  modi- 
fiziert oder  vielleicht  auch  durch  anderweitige  Strukturen  ersetzt,  so  bei 
den  durch  starke  Klebkraft  ausgezeichneten  Eiern  des  Stichlings, 
vielen  Scomberesociden,  verschiedenen  Arten  von  Gobius,  Blen- 
n  i  u  s  u.  s.  w.  Hier  finden  sich  auf  der  Oberfläche  der  Zona  radiata 
Portsätze  von  mannigfacher  Gestalt,  die  gewöhnlich  als  modifizierte  Zotten 
gedeutet    werden.     Bei    den    Scomberesociden    (Haeckel,    Arch.    f. 


Die  Geschlechtszellen. 


307 


Anat.   u.  Phys.   1855, 


gesamte 


Cho 


rion 
Länge. 


KöLT.iKKU  1.  c.)  sind  sie  über  das 
verbreitet  und  bilden  wurmförinig  gewundene  Fäden  von  enormer 
Bei  Belone  sind  die  Fäden  kürzer,  in  geringerer  Zahl  und  auf  den  Um- 
kreis der  Mikrop3'le  (s.  w.  u.)  beschränkt.  In  gleicherweise  ist  bei 
den  Stichlingsarten  das  Chorion  im  Umkreis  der  Mikropjde  mit  kleinen 
gestielten  pilzförmigen  Aufsätzen  bedeckt  (ca.  300  auf  einem  Eij.  Ob 
die  große  Klebki-aft  des  Eies  von.  den  beschriebenen  Fortsätzen  ausgeht, 
oder  ob  nicht  etwa  noch  zwischen  ihnen  eine  aus  verquollenen  Zotten 
hervorgehende  Gallertschicht  liegt,  ist  nicht  genügend  sichergestellt.  Im 
letzteren  Falle  werden  die  Aufsätze  nicht  ohne  weiteres  den  Zotten  der 


Fische  vergleichbar  sein, 


übrigen 

renzierungen  derselben  aufgefaßt 


sondern  höchstens  als  besondere  Diffe- 
werden  können. 


Die  merkwürdigsten  Verhältnisse  zeigt  jedoch  die  äußere  Eihaut 
des  Barscheies  (Fig.  117),  welche  so  sehr  von  allem  Bekannten  ab- 
weicht, daß  sie  für  eine  eigentümliche,  dem  Knorpel  am  nächsten  stehende 
Gewebsform  hat  gehalten  werden  können  (His  419).  Leider  ist  die 
Deutung  der  Schicht  trotz  zahlreicher  über  sie  erschienener  Untersuchungen 
noch  strittig.  Die  Zona  radiata  ist  bei  Perca  fluviatilis  besonders 
deutlich  in  eine  schmalere  äußere  und  breite  innere  Lage  gesondert ;  sie 
ist  außerdem  nach  außen  von  einer  gewaltigen  Gallertschicht  umhüllt, 
welche    von    ihrem  Entdecker   Jon.  Müller  (M.   1995)    mit  Unrecht    der 

von  C.  Vogt   (M.  2818)    beschriebenen  Zona  radiata 
verglichen  wurde.      Jon.  Müller    schreibt    der  Ober- 


vorhei' 


Coregonus 


an    reifen,    aber  dem  Eierstock    entnommenen 


einige  Zeit 
von 

fläche    der  Schicht 

Eiern  eine  hexagonale  Felderung  zu.  Vom  Mittelpunkt  eines  jeden  Feldes 
soll  mit  tromjoetenartig  verbreitertem  Ende  ein  Pöhrchen  ausgehen,  welches 
wie  ein  Zahnbeinröhrchen  aussehe  und  die  Dicke  der  Gallerte  durchsetze. 
Die  betreffende  Felderung  wurde  später  in  unzutreffender  Weise  von 
Raxsom  (M.  2803)  wieder  abgebildet  und  besctrieben ;  sie  ist  durch  das 
zierliche  Mosaik  des  Follikelepithels  hervorgerufen  und  fehlt  daher  an 
abgelegten  Eiern.  Die  sogenannten  Röhrchen  sind  durch  Ausläufer  der 
Follikelzellen  bedingt,  welche  breit  an  jeder  Zelle  beginnen  (daher  die 
trompetenartige  Verbreiterung  der  Eöhrchen),  oft  einen  korkzieherartig 
gewundenen  Verlauf  einhalten  und  bis  zur  Zona  radiata  vordringen 
(Waldeyer  591,  Brock  1.  c).  Nach  dem  Untergang  der  Follikelzellen 
und  ihrer  Ausläufer  erhalten  sich  die  von  letzteren  in  die  Gallerte  ein- 
gegrabenen Röhrchen.  In  der  Deutung  der  Gallertschicht  stehen  sich 
zwei  Auffassungen  gegenüber:  1)  sie  ist  eine  den  übrigen  Fischen  fehlende 
Eika])sel,  also  eine  Bildung  eigener  Art  (Mark  [M.  830],  Kölliker  1.  c), 
2)  sie  ist  eine  modifizierte  Zött- 
chenschicht.  Letztere  Auffassung 
wäre  berechtigt,  wenn  sich  Hoff- 
maxn's  (1.  c.)  Angabe  bestätigte, 
daß  sich  die  Schicht  als  eine  Lage 
kleiner  Zöttchen  bildet. 


Fig.  117.  Querschnitt  durch  Fol- 
likel, Chorion  und  angrenzenden  Dotter 
des  Barscheies  (nach  Brock),  g 
faserige  FoUikelwand.  z  Gallertschicht 
mit  Zellen  des  Follikelepithels,  welche 
Fortsätze  in  die  Schicht  entsenden,  r 
Zona  radiata,  aus  2  Teilen  gebildet,  d 
Dotter. 


20* 


308 


W.  Waldeyer, 


Die  Unsicherheit,  welche  in  der  Deutung  der  EihüUen  der  Fische 
besteht,  hat  ihren  Grund  darin,  daß  wir  über  ihre  Entwickelungsweise 
nicht  genügend  orientiert  sind.  Auch  hier  begegnen  wir  zweierlei 
Angaben,  Nach  der  einen  (Kölliker,  Mark  11.  cc.)  bildet  sich  im 
Follikel  zunächst  die  Zottenschicht  und  später  erst,  zwischen  ihr  und 
der  Eiobertläche,  die  Zona  radiata,  welche  demgemäß  kein  Produkt  der 
Granulosazellen  wäre,  sondern  vom  Ei  ausgeschieden  würde.  Dann 
wird  die  Zona  radiata  „Dotterhaut''  genannt.  Nach  der  herrschenden 
Auffassung  dagegen  ist  das  Verhältnis  umgekehrt  (Brock  1.  c);  die 
Zona  radiata  ist  wie  bei  anderen  Wirbeltiereiern  ein  Produkt  der 
Granulosa,  ebenso  auch  die  Zöttchenschicht ;  die  ganze  Eikapsel  der 
Fische  wäre  dann,  wie  es  hier  geschehen  ist,   als  Chorion  zu  deuten. 

Die  interessanteste  Struktur  des  Chorion  endlich  ist  die  von 
DoYERE  und  Bruch  unabhängig  voneinander  entdeckte  Mikropyle, 
welche  bei  allen  Teleostiereiern  in  Einzahl  vorkommt  (vergl.  Ganoiden, 
Fig.  112  und  Figg.  118 — 122,  ferner  die  geschichtlichen  Bemerkungen 
am  Schlüsse  dieses  Kapitels).  An  der  Stelle,  wo  die  Mikropyle  liegt, 
ist  das  gesamte  Chorion  trichterförmig  eingezogen,  so  daß  es  sogar 
etwas  in  den  Dotter  hineinragt.  An  den  noch  im  Eierstocke  befind- 
lichen Eiern  wird  der  Trichter  von  einer  besonders  großen  FoUikel- 
zelle  ausgefüllt  (s.  Fig.  112).  Am  Grunde  des  Trichters  findet  sich 
ein  feiner,  die  Dicke  des  Chorion  durchsetzender  Kanal,  dessen  Durch- 
messer etwa  der  Breite  eines  Spermienkopfes  der  betreffenden  Fisch- 
art entspricht.  Bei  der  Flächenansicht  der  Mikropyle  bekommt  man 
konzentrische  Kreise,  ein  innerer  kleiner  Kreis  ist  der  Mikropylkanal 
selbst,  ein  weiterer  äußerer  Kreis  entspricht  der  äußeren  Umrandung 
der  trichterförmigen  Einsenkung  des  Chorion. 

(W.)  In  den  Figg.  118  —  122  lasse  ich  noch  einige  Bilder  von  Fisch- 

His  und  OwsjANNiKOW  zu  näherer  Erläuterung  des 

Bei  der  Forelle   (Fig.  118)   folgt   auf  eine   tiache 

„Mulde''    der    Eikapsel    ein 

gangstricht  er''    (His  419) 

feine  „M  i  k  r  o p  y  1  e  n  k  a  n  a  1" . 


mikropylen  nach 
folgen. 


Gesagten 


/- 


engerer  „Zu- 
und  dann  der 
An  dessen  Mün- 


Fig.  118.  Mikropyle  von  Salmo  fario  L.  (Fo- 
relle) nach  His  (419).  tat.  I,  Fig.  10.  Hartnack  Obj. 
IX.    Näheres  im  Text. 


Fig.  119.  i?tück  eines  Eies  von  Salmo  salar  L.  (Lachs).  Mikropyle. 
Unter  der  Kapsel  ein  heller  Zwischenraum,  dann  der  Keim  und  die  Rindenschicht. 
Nach  His  (419),  Taf.  I,  Fig.  7.     Hartnack  Obj.  V.     S.  Text. 


dung  gegen  das  Ooplasma  hin  (s.  a.  Fig.  119),  vom  Lach  sei,  bildet  die 
Eikapsel  einen  kleinen  Vorsprung.  —  Beim  Lachsei  (Fig.  119)  finden 
wir  eine  flache  Mulde,    auf  welche   sofort   der  Mikropylenkanal   folgt. 


Die  Gesclilechtszellen. 


309 


In  Fig.  120  ist  bei  stärkerer  Vergrößerung  die  Mikropyle  eines  Lachs- 
eies und  bei  derselben  Vergrößerung  ein  Lachsspermiuni  dazu  ge- 
zeichnet:  man  sieht,  daß  die  Mikrojnle  nur  ein  eni  ein  zi  gen  Sper- 
mium zur  selben  Zeit  den  Durchtritt  gewähren  kann. 


Fig.  121. 


Fig.  120. 


Fig.  122. 

Fig.  120.  Mikropyle  von  SaJiiio  salar  bei  stärkerer  Vergrößerung  nebst 
einem  dazu  gezeichneten  Spermium  derselben  Fischspecies.  Nach  His  (419), 
Taf.  I,  Fig.  8.     Hartnack,  Syst.  XII. 

Fig.  121.  Mikropylenpol  von  Gasterosteus  aculeatus.  Mikro- 
pylengrube  (Mulde)  von  einer  Schleimmasse  mit  Kernen  ausgefüllt.  Zöttchen 
auf  der  äußeren  Eihaut  fZona  radiata),  welche  zur  Bildung  der  Grube  stark  einge- 
buchtet ist.  Unter  der  Zona  radiata  noch  eine  helle  Schicht  (eingedrungene  Flüssig- 
keit? W.).  Dann  die  Rindenschicht  und  der  Dotter,  beides  nur  recbterseits  ge- 
zeichnet.   Oc.  I,  Obj.  2,  Seibekt.    Nach  Owsjannikow  [M.  2799),  Taf.  III,  Fig.  35. 

Fig.  122.  Mikropyle  von  Gasterosteus  (spec.)  von  der  äußeren  Ober- 
fläche des  Eirs  gesehen.  Faltungen  der  Eikapsel  um  die  Mulde  herum.  Nach 
His  (419). 


Bildungsweise 


der   Mikrop3de    bei 


Fig.  121)  der  der  Salmoniden  mikropyle 
einer  schleimigen  Masse 


Im  ganzen  schließt  sich  die 
Gasterosteus  (aculeatus)  f s 
an.  Nur  ist  die  Mulde  hier  größer  und  mit 
ausgefüllt.  Der  Mikropylenkanal  wird  gegen  das  Keimbläschen, 
welches  unmittelbar  unter  ihm  gelegen  ist,  wieder  etwas  weiter,  was 
bei  der  Forelle  und  dem  Lachs  nicht  der  Fall  ist.  Auch  ist  die  Ei- 
kapsel im  Bereiche  der  Mikropyle  etwas  verdickt.  Von  der  P'läche  ge- 
sehen zeigt  sich  die  Eikapsel  um  die  äußere  Mikropylenötfnung  herum 
in  radiäre  Falten  gelegt  (Fig.  122). 

(R.  H.)  Nach  innen  vom  Chorion  wird  von  vielen  Forschern, 
Vogt  und  Agassiz  (M.  2818),  Whitmann  und  Eycleshymer  (600), 
Hoffmann.  1.  c,  Oellacher  (M.  279(3),  Foulton  (373)  und  anderen 
noch  eine  weitere  äußerst  zarte  Membran  angenommen  und  als 
Dotterhaut  bezeichnet.  Ihre  Existenz  muß  mindestens  als  im 
hohen  Grade  zweifelhaft  angesehen  werden,  da  insbesondere  die  neueren 


310  W.  Walde YER, 

Untersuchungen  nichts  über  sie  zu  l)erichten  wissen,  Nveder  an  un- 
befruchteten noch  an  befruchteten  Eiern.  Viele  Forscher  wurden  zur 
Annahme  einer  Dotterhaut  geführt,  durch  die  beim  Eindringen  des 
Wassers  —  siehe  vorhin  —  zu  beobachtenden  Erscheinungen,  daß  das 
Wasser  sich  zwischen  EioberÜäche  und  Dotter  sammelt,  und  daß  der 
Dotter,  wenn  man  ihn  durch  Anstechen  des  Eies  entleert,  bei  Be- 
rührung mit  Wasser  gerinnt.  So  kam  man  zur  Vorstellung,  es  müsse 
zwischen  Dotter  und  dem  durch  das  Cliorion  eingedrungenen  Wasser 
eine  trennende  und  die  Gei'innung  verhindernde  Membran  vorhanden 
sein.  Die  ganze  Schlußfolge  ist  unbegründet,  da,  wie  wir  sahen,  die 
Rinden  Schicht  den  Dotter  genügend  gegen  die  Einwirkung  des 
Wassers  schützt. 

In  vielen  Fällen  (Obllacher,  1.  c.)  ist  es  unzweifelhaft  diese 
protoplasmatische  Rindenscliiclit  gewesen,  welche  zur  Annahme  einer 
Dottermembran  geführt  hat.  Denn  in  diesen  Fällen  wird  angegeben, 
daß  die  Dottermembran  die  unmittelbare  Fortsetzung  des  Keims  sei, 
was  für  die  Rindenschicht  zutrifft,  mit  dem  Wesen  einer  Dottermembran 
dagegen  unvereinbar  wäre,  daß  ferner  in  ihr  die  für  die  Rindenschicht 
des  Eies  charakteristischen  „Oelkugeln"  lagern.  Auch  ist  es  vollkommen 
willkürlich,  das  homogene  Material,  welches  bei  im  Wasser  liegenden 
Eiern  das  Chorion  von  der  Dotteroberfläche  trennt,  für  reines  Wasser 
zu  erldären.  Viel  wahrscheinlicher  ist,  daß  die  Flüssigkeit  Beimengungen 
enthält.  Schon  geringe  Beimengungen  von  Salzen  würden  hinreichen, 
die  Dottergerinnung  zu  verhüten,  welche  z.  B.  in  physiologischer  Koch- 
salzlösung, selbst  wenn  man  sie  auf  die  Hälfte  verdünnt,  nicht  zu  stände 
kommt.  Wahrscheinlich  ist  aber  der  betreffende  Raum  gar  nicht  von 
Flüssigkeit  eingenommen,  sondern  von  einer  weichen,  flüssigkeitsreichen 
Gallerte,    wie    sie    bei    den  Eiern    wirbelloser  Tiere    angetroffen  wird. 

VI.  Amphibia.  Was  die  Beschaffenheit  der  Eier  der  Am- 
phibien anlangt,  so  sind  dieselben  ziemlich  dotterreich  und  dem- 
gemäß von  ansehnlicher  Größe.  Die  kleinsten  Eier  findet  mau  im 
allgemeinen  bei  Anuren.  Ihr  Durchmesser  beträgt  bei  Pelobates 
fuscus  1,5  mm  (Van  Bambeke.  M.  59),  bei  Rana  temporaria 
2  (1,80—2,12)  mm  (Born  296a). 

Den  Anuren  schließen  sich  zunächst  die  Triton en  an,  deren 
Eier  1,6 — 2  mm  messen.  Der  Durchmesser  des  Eies  schwankt  l)eim 
Axolotl  zwischen  1,5 — 3  mm  (meist  2  mm),  bei  Am bly Stoma 
puuctatum  beträgt  er  2  mm  (Eycleshymer  357a),  bei  Sala- 
m  a  n  d  !■  a  maculosa  nach  Carno y  (321  -«323)  3,5  mm,  nach 
Kupffer  (M.  12)  sogar  5  mm,  nach  Grönroos  (388)  meist  4  mm 
(3,8 — 5  mm)  bei  Necturus  sogar  6  mm  (Fülleborn).  Die  größten 
Eier  finden  sich  bei  den  Gy  m  nophion  en ,  auf  die  ich  wegen  ihrer 
Besonderheiten  später  noch  einmal  zurückkommen  w^erde.  Der  in 
den  bekannten  „Dotterplättchen"  abgelagerte  Dotter  ist  im  ganzen 
Ei  verbreitet,  am  spärlichsten  jedoch  in  der  Umgebung  des  animalen 
Poles,  wo  sogar  bei  Salamandra  maculosa  eine  nahezu  dotter- 
freie Partie  entstehen  kann,  welche  an  die  Keimscheibe  der  Vögel 
erinnert.  In  ihr  liegt  das  Keimbläschen,  auf  späteren  Stadien  der 
Ei-  und  Furchungskern.  Bei  Salamandra  fällt  die  dotterfreie 
Region  durch  weißliche  Farbe  auf  und  unterscheidet  sich  ähnlich  wie 
bei  den  P  e  t  r  o  m  y  z  o  n  t  e  n  hierdurch  von  der  gelblichen  Haupt- 
masse  des   Eies.     Diese   für  ein  Amphibien -Ei  auffallende  Eigen- 


Die  Geschlechtszellen.  311 

tümliclikeit  ist  eine  Folge  des  gänzlichen  Pigmentmangels,  welcher 
seinerseits  wieder  wohl  mit  dem  Umstand,  daß  die  Eier  nicht  ins 
Freie  abgesetzt  werden  und  so  nicht  an  das  Licht  gelangen,  in  Zu- 
sammenhang zu  bringen  ist.  Sonst  gilt  für  die  Amphibieneier  als 
Regel,  daß  die  animale  Seite  des  Eies  dunkler  gefärbt  ist  als  die 
vegetative,  und  zwar  infolge  Ablagerung  reichlichen  Pigments.  Das 
Pigment  findet  sich  vornehmlich  in  der  Rindenschicht  des  Eies  und 
breitet  sich  von  der  animalen  Hälfte  über  den  Aequator  hinweg  auch 
auf  die  vegetative  Seite  aus,  wo  es  mit  einer  wenig  scharf  markierten 
Grenze  aufhört.  Von  der  Rinde  aus  erstreckt  sich  öfters  ein  zartes 
Pigmentnetz  auch  in  die  inneren  Partien  des  Eies.  Häufig  findet  sich 
ein  Pigmentstrang  im  unreifen  Ei,  der,  am  animalen  Pol  beginnend, 
ein  Stück  weit  nach  dem  Innern  des  Eies  bis  zum  Keimbläschen 
reicht,  welches  er  umhüllt.  Er  erzeugt  eine  als  „figure  claviforme'' 
(Van  Bambeke  M.  1936)  beschriebene  Zeichnung,  welche  auch  nach 
dem  Untergang  des  Keimbläschens  noch  eine  Zeit  lang  bestehen 
bleibt.  Am  intensivsten  ist  die  Pigmentierung  bei  den  Anuren, 
am  schwächsten  bei  den  Triton en.  Noch  deutlicher  als  bei  un- 
befruchteten Eiern  ist  die  Pigmentverteilung  nach  der  Befruchtung; 
vergl.  das  betreffende  Kapitel. 

Ueber  die  Eihüllen  der  Amphibieneier  ist  noch  immer  keine 
Einigung  erzielt.  Sicher  ist,  daß  schon  im  Ovar  vom  Follikelepithel 
eine  Hülle  ausgeschieden  wird,  das  Chorion,  welches  sehr  häufig 
(RoBiN,  Jouru.  Anat.  Phys.  1874,  0.  Schultze  547a)  auch  „Dotter- 
membran" genannt  wird.  Manche  Autoren  (Newport  6H2  I,  Van  Bam- 
beke 274a,  FiCK  363)  sprechen  dann  noch  von  einer  weiteren 
zarteren  Hülle  einwärts  vom  Chorion,  der  Dotterhaut,  andere  be- 
streiten deren  Existenz.  Van  Bambeke  (274a)  und  andere,  welche 
für  eine  Dotterhaut  eingetreten  sind,  lassen  dieselbe  so  dicht  der 
Oberfläche  des  Eies  aufliegen,  daß  sie  nur  schwierig  von  Pigment- 
körnchen gereinigt  werden  könne  und  bei  dem  Furchungsprozeß  mit- 
eingefaltet  werde,  was  dafür  sprechen  würde,  daß  unter  „Dotterhaut" 
nur  eine  Grenzlage  des  Rindenprotoplasma,  keine  besondere  Membran 
zu  verstehen  wäre. 

Eine  weitere  Kontroverse  ist  (Fick),  ob  die  Dotterhaut  schon  v  o  r 
der  Befruchtung  vorhanden  ist  und  infolge  derselben  nur  deutlicher 
wird,  oder  ob  sie  überhaupt  erst  nach  der  Befruchtung  in  die  Er- 
scheinung tritt. 

Stets  wird  das  Amphibienei  beim  Passieren  der  Eiwege  noch 
von  weiteren  Hüllen  umgeben,  die  von  den  Eileiterdrüsen  aus  erzeugt 
werden.  Van  Bambeke  (274a)  unterscheidet  3  derartige  Hüllen,  1) 
eine  innere  Kapsel,  innerhalb  welcher  das  Ei  die  später  (s.  Kapitel 
„Befruchtung")  zu  besprechenden  Rotationen  ausführt,  sie  enthält  beim 
Axolotl  hell  glänzende  Kügelchen,  hat  ein  faseriges  Aussehen  und 
entspricht  wahrscheinlich  der  Lage,  welche  von  Robin  „Chorion''  ge- 
nannt wird;  2)  eine  äußere  Kapsel  von  krystallartiger  Durchsichtig- 
keit und  großer  Festigkeit;  3)  eine  mächtige,  in  Wasser  stark  quellende, 
klebrige  und  daher  zum  Befestigen  der  Eier  an  Fremdkörper  dienende 
Gallertschicht  (couche  agglutinante  ou  adhesive).  (W.)  Diese  äußerste 
Hülle  ist  es  denn  auch,  welche  die  Amphibieneier  bei  sehr  vielen 
Arten  zu  einem  Synoion,  Laich,  verbindet.  Dieser  Laich  kann 
klumpig  (Frösche)    oder    schnurförmig   sein  (Alytes,  Pelobates,  Bufo). 


312 


W.  Waldeyer, 


Bezüglich 


der  Eihäute    der  Amphibien    stimmt    der  Befund    an    den 


Eiern  von   Triton  taeniatus,    den 
s.  Eig.  123,    erheben    konnte,    mit    den 


ich  an  einem  Präparate  Bbnda's, 
Angaben  O.  Schultzk's  (547a) 
überein.  Man  sieht  unmittelbar 
unter  dem  Eollikelepithel  mit 
seinen  abgeplatteten  Kernen  eine 
(dunkel  gezeichnete)  homo- 
gene Haut  =  Dotter  haut  0. 
ScHULTZE,  darunter  deutliche, 
radiär  gestellte  Stäbchen,  welche 
offenbar  der  äußersten  Ooplasma- 
lage  angehören  und  das  dar- 
man  als  „Zona 
bezeichnet.       Jeden- 


stellen,    was 


radiata" 
falls  liegt 
nehmen. 


es 


nahe. 
Betrachtet 


das    anzu- 
man    die 


Zeichnungen   E,.  Fick's  (363), 


will   es    mich    bedünken,  als 


so 
ob 


man 

6 


bis 


10 


unter  anderem  in  den 


Eig^ 


30, 


'"s 


11,  12,  13,  17a,  17b,  26 
an  den  vorzüglich  aus- 
geführten Bildern  gut  erkennen 
könne,  daß  Eick's  äußere  Dotter- 
haut (Chorion  oder  auch  Zona 
pellucida),  wie  er  sie  zu  nennen 
vorschlägt,  noch  aus  zwei  Schich- 
ten, einer  äußeren  homogenen 
und  inneren  radiär  gestreiften, 
bestehe.  So  kurz  die  radiären 
Streifen  auch  sind,  so  lassen  sie 
sich  stellenweise  doch  deutlich 
wahrnehmen.  Allerdings  muß 
man  dann  zugeben,  unter  Berück- 
sichtigung der  Eiguren  10  und 
30  bei  EiCK, 
innerste  dritte, 


daß     noch     eine 
sehr  feine  Dotter- 
ist,   die  zumeist 


haut  vorhanden 

als  Grenzschicht  des  Ooplasma 
erscheint,  aber,  wie  in  Eig.  10 
und  30  (1.  c.)  sich  auch  einmal 
isoliert  zeigt.  Sonach  würde  bei 
den  Amphibien  eine  Zona  ra- 
diata vorhanden  sein  —  die 
Eig.  123  gestattet  wohl  kaum 
eine  andere  Deutung  —  die  vom 
Ooplasma  ihren  Ursprung  nähme. 
Oder  aber  man  müßte  zur  Er- 
klärung von  Eig.  123  sagen : 
zuerst  habe  das  Eollikelepithel 
die  Zona  radiata  gebildet,  dann 
darüber  peripherisch  noch  eine 
homogene  Lage.  Unter  Umständen  könne  auch  noch,  wie  beim  A  x  o  1  o  1 1 
nach  EiCK,  eine  feine  Dotterhaut  sensu  strictiore  gebildet  werden.     Diese 


Fig.  123.  Segment  eines  Eies  von  Tri- 
ton taeniatus,  nach  einem  Präparate  von 
Benda.  Zeiß,  homog.  Imm.  Vi»,  Ok.  4.  — 
Erklänmg  im  Text. 


Die  Geschlechtszellen.  313 

Dotterhaut  Fick's  ist  ohne  Zweifel  identisch  mit  der  „membrane  vitelline" 
Vax  Bambkke's  (274a) ,  sowie  mit  der  bei  den  Selachieni  erwähnten 
Grenzmembran  Rückekt's.  Ob  sie  in  Fig.  123  vorhanden  ist,  oder  in 
dem  Stadium,  in  welchem  sich  das  gezeichnete  Triton-Ei  befand,  über- 
haupt noch  nicht  vorhanden  war,  will  ich  nicht  entscheiden.  Das  letztere 
ist  mir  in  Rücksicht  auf  die  Befunde  R.  Fick's  das  Wahrscheinlichere. 
Vgl.  hierzu  das  vorhin  bei  der  allgemeinen  Besprechung  der  Eihüllen 
Gesagte,  p.  288  ff. 

VII.  Reptilia.  (ß.  H.)  Die  Eier  der  Reptilien  sind  nächst  den 
Vogeleiern  die  größten  bei  den  Wirbeltieren  vorkommenden  Eier; 
sie  sind  daher  zur  Untersuchung  der  Reifungs-  und  Befruchtungser- 
scheinungen wenig  geeignet,  woraus  es  sich  erklärt,  daß  wir  über  die 
ersteren  gar  nicht,  über  die  letzteren  sehr  unvollkommen  orientiert  sind. 

Wie  beim  Vogelei  hat  das  als  „Gelbei"  aus  dem  Ovar  austretende 
Ei  der  Reptilien  meist  eine  gelbliche  oder  orange  Färbung;  es  erinnert 
auch  an  dasselbe  in  seiner  feineren  Struktur.  Bei  den  Eidechsen 
besteht  es  nach  Sarasin  aus  konzentrischen  dunkleren  und  helleren 
Schichten,  welche  um  eine  der  Latebra  vergleichbare  Stelle  (Dotter- 
organ) gruppiert  sind,  nur  daß  diese  nicht  im  Centrum  der  Eikugel 
lagert,  sondern  an  wechselnden  Stelleu  angebracht  ist.  An  einem  Pol 
sind  die  Schichten  sehr  dünn  und  fließen  zu  einer  linsenförmigen,  das 
Keimbläschen  enthaltenden  Masse  zusammen,  der  Keimscheibe.  Sicher 
festgestellt  ist  nur  die  Existenz  einer  Hülle,  über  deren  Entstehung, 
ob  vom  Dotter  oder  vom  Follikel,  die  Ansichten  der  Forscher  geteilt 
sind.  Sie  entspricht  der  Zona  radiata  der  bisher  betrachteten  Wirbel- 
tiereier und  soll  im  folgenden  „Chorion"  genannt  werden.  Sie  zeigt 
bei  allen  Reptilien  eine  deutliche  radiale  Streifung,  eine  Struktur, 
die  ja  meist  auf  Porenkanäle  zurückgeführt  wird.  Bei  Schildkröten- 
Eiern  glauben  freilich  Agassiz  und  Clark  (M.  2279)  sich  überzeugt 
zu  haben,  daß  die  Schicht  in  kleine  Prismen  zerlegt  werden  kann. 

Xach  Ei.MEK  (M.  1963)  soll  nach  innen  von  der  Zona  radiata  ein 
feines  Häutchen,  die  Dotterhaut  vorhanden  sein  und  ein  gleiches  nach 
außen,  das  „Chorion".  Völlig  unverständlich  und  von  keinem  neueren 
Forscher  bestätigt  sind  die  Angaben,  daß  zwischen  der  Dotterkugel  und 
der  Dnttei-haut  ein  besonderes  Epithel  lagere,  wie  das  Follikelepithel  außer- 
halb des  Chorion  (Agassiz  u.  Clark,  Eimer). 

Allen  Reptilien  gemeinsam  ist  die  fibröse  Eihaut  (Schalen- 
liaut),  eine  Membran,  welche  aus  mehreren  Lagen  besteht,  die  oft  durch 
Präparation  voneinander  getrennt  werden  können.  Jede  Membran 
wird  von  feinen  Fasern  gebildet,  welche  in  ihrer  Beschaffenheit  am 
meisten  an  elastische  Fasern  erinnern.  Sie  beginnen  mit  Verdickungen, 
oft  mit  deutlichen  Kolben  und  verlaufen  im  großen  und  ganzen  mit 
der  Oberfläche  des  Eies  parallel.  Bei  den  Eidechsen  sind  sie 
namentlich  in  den  oberflächlichen  Lagen  wirr  angeordnet  und  machen 
dadurch  den  Eindruck  einer  körnigen  Schicht.  Bei  den  Schildkröten 
beschreiben  Agassiz  und  Clark  eine  sehr  regelmäßige  Anordnung: 
innerhalb  einer  und  derselben  Schicht  sollen  die  Fasern  parallel  verlaufen, 
die  Faserrichtungen  zweier  auf  einander  folgenden  Schicjiten  sollen  sich 
dagegen  unter  rechten  Winkeln  kreuzen.  Auch  bei  den  Krokodilen 
sind  zwei  im  allgemeinen  senkrecht  zu  einander  gestellte  Fasersysteme 


314 


W.  Waldeyer, 


vorhanden,   von    denen  das  eine  im  wesentlichen  in  der  Kichtiing  der 
Längsachse,  das  andere  der  Quere  nach  angeordnet  ist. 

Zwischen  den  Fasern  finden  sich  auch  isolierte  Kolben,  für  die 
ein  Zusammenhang  mit  Fasern  nicht  hat  erwiesen  werden  können. 
Ferner  ist  der  Zwischenraum  zwischen  ihnen  von  einem  homogenen 
Bindemittel  erfüllt,  welches  um  so  mehr  hervortritt,  je  spärlicher  die 
Fasern  sind.  Dies  gilt  im  allgemeinen  für  die  obertiächlichste  Lage. 
Für  Schlangen  beschreibt  Nathusius  (Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.,  Bd.  21 
und  38)  hier  eine  homogene  Schicht,  die  nach  außen  durch  eine  trübe 
Cuticula  abgeschlossen  werde. 

Die  äußerste  Schicht  der  Schalenhaut  ist  meist  mit 
Kalk  imprägniert.  Die  Verkalkung  fehlt  bei  den  durchsichtigen 
Schalen  lebendig  gebärender  Formen  (Lacerta  vivipara),  sie  ist  bei 
den  meisten  Lepido  säur  lern  nicht  sehr  stark  entwickelt  und  ebenso 
bei  manchen  Seeschildkröten  (Chelone),  denen  man  eine  lederartige 
Schale  zuschreibt.  Dagegen  ist  eine  harte  Kalkschale  nach  außen  von 
der  fibrösen  Eihaut  entwickelt  bei  manchen  Schlangen,  vor  allem  aber 
l)ei  den  meisten  Schildkröten  und  allen  Krokodilen;  bei  Schlangen 
besteht  sie  entweder  aus  lockeren,  rosettenförmigen,  pflasterartig  an- 
einander gefügten  Plättchen  oder  dichtgefügten,  an  die  Mamillarschicht 
der  Vogeleischale  erinnernden  Säulchen  (Nathusius)  ;  bei  Schild- 
kröten und  Kroko  dilen  ist  sie  eine  dicke  Kalkkruste,  dicker  selbst 
als  die  Schale  des  Vogeleies.  Von  letzterer  unterscheidet  sie  sich 
durch  ihre  rauhe  Oberfläche  (s,  Fig.  124),  weil  die  für  das  Vogelei 
charakteristische  glatte  cuticula-artige  äußere  Schicht  fehlt.  Die  Rauhig- 
keiten der  Oberfläche  erzeugen  bei  Krokodileiern  eine  zierhche  Zeich- 
nung, indem  sie  zu  Riffen  aneinander  schließen,  welche  wie  die  Win- 
dungen einer  Hirnkoralle  mäandrisch  angeordnet  sind  (Voeltzkow). 
Bei  Schildkröten  und  Krokodilen  ist  die  Schalendicke  von 
Porenkanälen  durchsetzt. 

Bei  Eidechsen  und  Schlangen  liegt  die  Schale  dem  Chorion 
direkt  auf;  es  fehlt  eine  ernährende  Ei  weiß  schiebt.  Gleich- 
wohl findet  in  manchen  Fällen  —  ob  in  allen,  ist  fraglich  —  eine 
Ernährung  des  Eies  durch  die  Schale  hindurch  statt,    wahrscheinlich, 

indem  das  Eiweiß, 
welches  von  den 
Wandungen  des 
LTterus  stammt,  so- 
fort vom  Ei  auf- 
genommen wird 
(Leuckart).  Sa- 
RASiN  (M.  2354) 
fand,  daß  das  Ei 
von  Lacertaagi- 
lis  nach  Abzug  der 
Schale  in  der  Zeit 
vom  Eintritt  in  den 
Eileiter  bis  zur  Ge- 
burt um  ^3  seines 
Gewichts  zunimmt. 

Fig.  124.     Ei  von  Crocodilus  americanus  Seba.  Reichlichere  Aus- 

Rauhe  Oberfläche  der  Eischale.     Natürliche  Größe.     Nach      SCheidung    von    El- 
Clarke  (328),  Taf.  IX,  Fig.  3.  weiß  führt  bei  vielen 


Die  Geschlechtszellen. 


315 


Re])tilien  zur  Bildung  einer  besonderen  Eiweißschicht  zwischen  Chorion 
und  Schalenhaut.  Dieselbe  findet  sich  andeutungsweise  bei  Hatteria, 
ist    stärker   entwickelt   bei  Krokodilen,   am   mächtigsten   aber   bei 


Fis.  121 


0. 


Alligator 


Ei  von 
m  i  s  s  i  s  - 
sipiensis  Daudin, 
von  oben  her  eröffnet. 
Die  Kalkschale,  so- 
weit sie  erhalten,  zeigt 
zackige  Ränder;  unter 
diesen  kommt  rechts 
und  links  die  weiße 
S  c  h  a  1  e  n  h  a  u  t  vor. 
In  der  Mitte  sieht  man 
das  verhältnismäßig 
große  kugelige  Gelb- 
ei,  in  dessen  Mitte 
wiederum  die  kleine 
helle  Keim  Scheibe, 
links  davon  als  weiße, 
etwas  unregelmäßige  Linie  den  E a n d  der  Keimhaut  (am  Gelbei).  Die  dunklere, 
das  Gelbei  zunächst  umgebende  Masse  ist  das  Eiweiß.  Nach  Clärke  (328),  Taf. 
IX,  Fig.  7.    Natürl.  Größe. 


Fig.  126.  Ei  von 
Alligator  missis- 
s  i  p  i  e  n  s  i  s  Daudik. 
Ein  großer  Teil  der 
Kalkschale  ist  wegge- 
brochen ;  man  sieht  die 
große  mittlere  kreide- 
weiße Zone  der 
Schalenhaut.  Nach 
Clarke  (328),  Taf.  IX, 
Fig.  5.     Natürl.  Größe. 


/ 


V 


V 


\ 


Schildkröten;  bei  K r o k o d i  1  i e r n  und  Cheloniern  hat  sie  auf- 
fallende Konsistenz,  so  daß  man  Schale  und  Schalenhaut  entfernen 
kann,  ohne  daß  die  nunmehr  durch  die  Eiweißlage  gegebene  Form  des  Eies 
verändert  wird.  Noch  bezeichnender  für  die  Konsistenz  ist  eine  andere 
Wahrnehmung.  Die  Eiweißschicht  besteht  aus  einzelnen  Lagen.  Man 
kann  die  einzelnen  Lagen  abziehen,  ohne  das  Ausfließen  des  Restes 
zu  bewirken. 


Die  Untersuchungen  von  Agassiz  und  Clark  (1.  c.)  machen  es 
wahrscheinlich,  daß  die  Eiweißmassen  in  die  inneren  Lagen  der  Schalen- 
haut abgelagert  werden.  Man  findet  nämlich  bei  Schildkröten  Eier 
im  oberen  Abschnitt  des  Oviducts,  bei  denen  die  Schalenhaut  schon 
entwickelt  ist,  die  Eiweißschicht  aber  noch  nicht  ihi^e  definitive  Mächtig- 
keit erreicht  hat.  Man  muß  daher  annehmen,  daß  das  Eiweiß  durch  die 
Dicke  der  Sclialenhaut  hindurch  auf  den  Dotter  abgelagert  wird.  Die 
genannten  Autoren  fanden  ferner,  daß  in  den  Eiweißschichten  sich  feine 
ovale  Körner  finden,  die  in  parallelen  Reihen  angeordnet  sind ;  je  mehr 
man  nach  außen  kommt,  um  so  mehr  schließen  die  Körner  zu  Easern  zu- 
sammen,   die    den    Fasern    der    Eihaut    entsprechen.       Dazu    kommt    als 


316 


W.  Waldeyer, 


zwei  aufeinander  folgende 


Es 


liegt 


weiteres  Moment    der  Uebereinstimmung,    daß 

.Schichten    die   Körnerreihen    in  gekreuzter   Anordnuna' 

daher  nahe,   anzunehmen,  daß  die  Eiweißschicht, 

dilen,   Schildkröten  und,   wie  ich  gleich  hinzufügen  will, 

durch  faserige  Zwischenlager  gestützt,  zwischen  Schale    und  Choi4on  des 

Eies    findet,    sich    auf    die  Nährflüssigkeit    zurückführen  läßt,    welche  zur 

Ernährung  des  Embryo  bei  L  epi  dos  aur  iern  durch  die  fibröse   Schale 

hindiirch    abgeschieden    wird.      Da    die   L  ep  ido  saurier    ihre    Eier    im 


6   zeigen, 
welche  man  bei  K  r  o  k  o  - 
Vögeln, 


allgemeinen 


länger 


im  Muttei'leib    behalten,    kann 
Scheidung  eine  kontinuierliche  und  allmähliche  sein, 
Anhäufung 


hier  die  Eiweißaus- 
bei  der  es  zu  keiner 
kommt.  Die  Abscheidung  muß  dagegen  eine  energischere 
werden,  wenn  die  Eier  rascher  den  Eileiter  und  Uterus  passieren.  Das 
Ei  kann  daher  das  Nährmaterial  nicht  bewältigen,  und  so  bildet  sich 
die  Anhäufung  in  den  inneren  Lagen   der  Faserhaut   aus. 

(W.)  Die  Untersuchungen  von  Clarke  (328)  ergaben  noch  eine 
eigenartige  Besonderheit  am  Ei  von  Alligator  mississipiensis 
Daudin.  Hier  tritt  in  der  Mitte  des  Eies  bald  nach  der  Ablage  des- 
selben in  der  Schalenhaut  eine  quer  zur  Längsachse  desselben  gestellte, 
kreideweiß  erscheinende  Zone  auf  (Eig.  126),  welche  auch  durch, 
die  Kalkschale  hindurch  zu  erkennen  ist  und  sich  mit  fortschreitender 
Entwickelung  des  Embryo  noch  weiter  nach  den  Polen  hin  ausdehnt. 

In  Fig.  125  ist  ein  völlig  geöffnetes  Ei  dei\selben  Species  wieder- 
gegeben, bei  welchem  die  Entwickelung  der  Keimhaut  schon  ziemlich 
weit  vorgeschritten  ist;  man  sieht  —  vgl.  die  Erklärung  der  Figur  — , 
daß  die  anatomischen  Vei'hältnisse  hier  ganz  ähnlich  denen  eines  Vogel- 
eies, speciell  eines  Hühnereies  sind  (s.  w.  u.  Fig.  128).  Nur  ist  vom 
Eiweiß  des  Alligatoreies  noch  zu  bemerken,  daß  dasselbe  in  der  Gegend 
der  Ränder  der  kreideweißen  Zone  an  der  Schalenhaut  befestigt  ist,  so 
daß  es  nicht  ohne  weiteres  ausfließt. 


schmale 
p  1  a  s  m 
Um  das 


hellere   Üop 
a.     Etwas  nach 
Keimbläschen 


asmaschicht,    dann   die 

links   das   Keimbläschen 

eine  helle  Schicht.     Nach 


Fig.  127.  Junges  Ei 
von  Hatteria  punc- 
tata in  seinem  Fol- 
likel (1  mm  Durch- 
messer). Außen  die 
bi  n  dgewebige  F  o  I  - 
likeiwand,  mit  den 
an  ihren  abgeplatteten 
Kernen  kenntlichen 
Follikelepithel- 
z eilen.  Oben  (in  der 
Figur)  ist  die  FolUkel- 
wand  vom  Ei  abge- 
hoben, unten  liegt  sie 
ihm  dicht  an  in  natür- 
licher Lage.  Am  Ei 
erkennt  man  die  Zona 
r  ad  lata  als  äußerste 
Hülle,  darunter  eine 
dunkle  Hauptmasse  des  üo- 
mit  zahlreichen  Nukleolen. 
G.  OsAWA  (507). 


Li    Fig.  127 


wiederhole    ich    die 


ge- 


kommene Fig 
zur  Ansicht 
übersehen  zu 


erinnere     ich     in 


p.  259    bereits    zum  Abdrucke 
79,    die    ein   junges  Ei  von  Hatteria  jiunctata  Gray 
ringt,    um  alle  Teile  eines  jungen  Reptilieneies  mitsammen 
können.     Va'l.   dazu  auch  das  p.   259/260  Gesagte.     Ferner 


Bezug 


auf    die    E  i  li  ü  1 1  e  n  ,     insonderheit     die     Zona 


Die  Geschlechtszellen.  317 

radiata,  an  Fig.  1U4,  aus  der  hervorgeht,  daß  an  jungen  Eiern  außen 
auf  der  Zona  radiata  noch  eine  sich  in  Eisenhiuaatoxylin  schwärzende 
dünne,  homogen  erscheinende  Haut  vorhanden  ist,  so  daß  die  Hüllen 
solcher  Eier  sich  genau  verhalten  wie  bei  Triton  (Fig.  123).  Vgl.  das 
p.  312  Gesagte. 

VIII.  Aves.  Die  sämtlich  mit  einer  äußeren  harten  verkalkten 
Schale  versehenen  Vogel  ei  er  sind  so  gut  in  ihrer  äußeren  Er- 
scheinung, nach  Gestalt.  Färbung  und  sonstigem  i)hysikalischen  Ver- 
halten bekannt,  daß  es  kaum  nötig  erscheint,  hier  noch  vieles  darüber 
mitzuteilen.  Ohnehin  ist  bereits  in  den  Abschnitten  ff.  /:?,  y  über  den 
allgemeinen  Aufbau,  das  chemische  Verhalten  und  den  Bau  des  Dotters 
der  Vogeleier  manches  dargelegt  worden. 

Das  gelegte  Vogelei,  was  wir  meinen,  wenn  wir  den  Namen 
„Vogelei"  schlechtweg  gebrauchen,  setzt  sich  in  verschiedenen  Ab- 
schnitten des  weiblichen  Geschlechtstractus  zusammen.  Im  Eierstocke 
bilden  sich  die  Vogeleier,  wie  die  Eier  aller  übrigen  Tiere,  aus  den 
Geschlechtszellen  und  erscheinen  dort  zunächst  im  Keimepithel  unter 
der  Form  rundlicher,  bläschenförmiger  Freier.  Später  werden  sie 
in  ihre  GRAAF"schen  Follikel  eingeschlossen  und  wachsen  darin  unter 
einer  Massenproduktion  von  Dotter  zu  den  „Gelbeiern"  (reifen  Eier- 
stockseiern) heran,  zu  den  Bildungen,  die  wir  im  gewöhnlichen  Sprach- 
gebrauche beim  gelegten  \'ogelei  als  das  „Eigelb"  oder  den  „Eidotter" 
zu  bezeichnen  ptlegen.  Ein  Gelbei  besteht  aus  einer,  wenn  auch 
zarten,  so  doch  verhältnismäßig  widerstandsfähigen  Dotter  haut, 
dem  Keime  und  dem  Dotter.  Da  unter  den  natürlichen  Verhält- 
nissen sämtliche  Vogeleier  in  dem  oberen  Teile  des  Eileiters,  bevor 
sich  die  festen  Hüllen  gebildet  haben,  also  noch  als  „Gelbeier"  bereits 
befruchtet  zu  werden  ptlegen,  so  haben  die  gelegten  Eier  keinen  un- 
veränderten „Keim"  (s.  p.  226)  mehr,  wie  er  noch  in  den  reifen  Eier- 
stockseiern vorkommt,  sondern  seine  Stelle  wird  von  einem  mehr  oder 
weniger  weit  zum  Morulastadium  fortgeschrittenen  jungen  Embryo  oder, 
wenn  man  lieber  will,  „gefurchten  Keime"  eingenommen,  und  es  be- 
ginnt sich  die  Keimhaut  zu  bilden.  Das  sich  darbietende  Bild  ist 
ähnlich  dem  der  Fig.  125  vom  Alligator.  Dieser  „Morula-Keim"  wird 
als  die  „Keim  seh  ei be''  Discus  proligerus,  im  täglichen  Leben  auch 
als  „Narbe"  (Cicatricula)  oder  „Hahnentritt"  bezeichnet^).  Im  reifen 
Eierstocksei  liegt  der  hier  noch  unveränderte  Keim  als  abgeplattete 
Protoplasmamasse  dicht  unter  der  Dotterhaut  und  enthält,  wieder 
peripher,  also  unmittelbar  an  der  Dotterhaut  gelegen,  das  gleichfalls 
abgeplattete  Keimbläschen.  Die  Reifungsteilungen  unter  Bildung 
der  Folzellen  scheinen  im  oberen  Teile  des  Eileiters  stattzufinden. 
Seltsamerweise  ist  über  diese  Vorgänge,  so  wie  über  das  Eindringen 
der  Spermien  und  flie  Befruchtungserscheinungen  bei  dem  so  häufig 
untersuchten  Vogelei  kaum  etwas  bekannt. 


1)  Die  Namen  „Keimscheibe",  „Cicatricula",  „Narbe",  „Hahnentritt"  pflegen 
sowohl  für  den  ungefurchten  Keim  des  Reptilien-  und  Vogeleies  —  das  Wort 
„Keim"  im  Sinne  Bonxet's  (p.  226)  verstanden  ~  gebraucht  zu  werden,  als  auch 
für  die  kleine  scheibenförmige  Embryonalanlage,  wie  sie  sich  an  der  Stelle  des  Keimes 
im  befruchteten  gelegten  Ei  findet  (vergl.  Fig.  125),  also  für  den  „Morula-Keim", 
wie  er  im  Texte  bezeichnet  wurde.  Ich  halte  dafür,  daß  man  das  Eiprotoplasma, 
wie  es  im  unbefruchteten  Ei,  im  Eierstocksei,  vorkommt,  und  welches  das  „Keim- 
bläschen" enthält,  stets  mit  Bonnet  als  „Keim"  schlechtweg  bezeichnen  sollte  und 
daß  man  den  Namen  „Keimscheibe"  nur  für  den  gefurchten  Bildungsdotter  des 
gelegten  Eies  zu  verwenden  hätte. 


318  W.  Waldeyer, 

Niclit  alle  Vo^eleier  gelangen  zur  Reife;  viele  werden  im  Eier- 
stocke znrückgebildet  und  dann  resorbiert  (s.  w.  u.)  Gelaugt  ein 
reifes  Eierstocksei  in  die  Tube,  (was  so  voi-  sich  geht,  daß  es,  frei 
über  die  Oberfläche  des  Eierstockes  hervorragend,  von  dein  großen, 
weiten,  muskulösen  Tul)entrichter  umfaßt  wird,  der  Follikel  sich  er- 
öffnet und  das  austretende  Ei  von  dem  Trichter  aufgenommen  wird), 
dann  gleitet  das  Ei  weiterhin  unter  spiraliger  Drehung  in  dem  Ei- 
leiter hinab,  wird  in  dessen  oberem  Teile  befruchtet  und  erhält  dort 
die  Ei  weiß  hülle  mit  den  Chalazen.  Im  unteren  Abschnitte  wird 
es  von  der  Schalen  haut  und  endlich  im  Uterus  des  Tieres  von 
der  Kalkschale  umgeben.  Die  Zeit,  in  der  sämtliche  Hüllen  sich 
fertig  bilden,  beträgt  kaum  2  Tage.  Wir  besitzen  hierüber  insbesondere 
Untersuchungen  von  Coste  (M.  850,  851)  und  Oellacher  (M.  2000). 

Beim  Legen  scheint  das  Hühnerei  mit  dem  stumpfen  Pole  voran- 
zugehen. S.  darüber  die  näheren  Angaben  bei  Gadow  (Bkoxx's  Klassen 
und  Ordnungen  des  Tierreichs,  Bd.  6,  Abt.  4,  -p.  881). 

Die  Form  der  Vogeleier  ist,  wenn  auch  zumeist,  doch  nicht  immer 
die  bekannte  „ovoide",  die  ja  daher  ihren  Namen  hat:  wir  finden  in- 
dessen auch  walzenförmige,  gleichpolige  Vogeleier  (Tinamus,  Cryp- 
turtis,  Apteryx,  die  Megapodidae,  Caprimulgidae,  Macro- 
pterygidae  und  Trochilidae)  und  solche,  die  sich  der  Kugelgestalt 
nähei'n  (C  h  a  1  c  o  p  h  a  p  s  [Columbiformes]),  die  Alcedinidae  und  M  e  r  o  - 
pidae.  Völlig  kugelförmig  sind  die  meisten  der  sogenannten  „Spar- 
eier", d.  h.  Eier  ohne  Dotter,  wie  sie  gelegentlich  in  den  JSTestern  der 
verschiedensten  Vogelarten  gefunden  werden.  Die  Eier  der  S  c  o  1  o  - 
pacidae  und  Charadridae  können  als  „kr  ei  s  elf  ö  rmig"  be- 
zeichnet werden. 

Sehr  wechselnd  ist  bekanntlich  die  Größe  der  Eier  von  dem  kleinen 
Ei  der  Ko  Hb  r  i  ar  t  en  bis  zum  Straußenei  (Länge  bis  15  cm,  Breite 
bis  12  cm,  Gewicht  1,5  kg)  und  den  fast  kopfgroßen  Eiern  der  neusee- 
ländischen und  madagassischen  vorweltlichen  Riesenvögel  —  Dinornis- 
und  Aepyornis  arten.  Die  Eier  von  Aepyornis  rhaximus  Geoffr. 
sind  Gmal  so  groß  wie  Straußeneier  und  kommen  in  ihrer  Masse,  wie 
leicht  zu  berechnen  ist,  etwa  150  Hühnereiern  gleich.  Im  Verhältnis 
zu  seiner  Körpergröße  erzeugt  aber  der  Kiwi  (Apteryx,  Shaw)  die 
voluminösesten  Eier,  die  die  Größe  von  Schwaneneiern  besitzen,  während 
das  Tier  selbst  nur  einem  Cochinchinahuhne  gleichkommt  ^). 

Die  Zahl  der  Eier,  welche  die  Vögel  legen,  bis  sie  zu  bebrüten 
anfangen,  das  Gelege,  schwankt  gleichfalls,  aber  in  engeren  Grenzen 
==  1  — 18;  sie  ist  bei  den  einzelnen  Arten  für  das  jedesmalige  Gelege 
fast  genau  dieselbe.  Aus  nur  einem  Ei  besteht  das  Gelege  bei  den 
Spheniscidae  (Pinguinen),  aus  2  bei  den  zahlreichen  Arten  der 
Tauben;  es  bestehen  nur  wenige  Ausnahmen;  aus  7 — 12  — 18  bei  den 
Enten  und  Hühnervögeln ;  die  Gattung  P  e  r  d  i  x  scheint  das  reichste 
Gelege  zu  haben.     Die  Zahlen  3  —  6  treten  am  häufigsten  auf. 

Die  so  bemerkenswerte  Färbung  der  Vogeleier  ist  wissenschaft- 
lich in  allen  Beziehungen  noch  nicht  völlig  aufgeklärt.  Es  kommt  hier 
sowohl  der  Schutz  für  das  Ei  selbst  (gegen  Entdeckung)  als  auch  der 
Schutz  des  sich  entwickelnden  Embryos  gegen  Licht  und  Sonnenwärme 
in  Betracht.     Bemerkt    zu    werden    verdient,    daß    die   Eier    aller  Rep- 


1)  Eine  Anzahl   der   vorstehenden  Daten  teilte  mir  Professor  Dr.  Reichenow, 
Kustos  am  Berliner  zoologischen  Museum,  gütigst  mit. 


Die  Geschlechtszellen.  31iJ 

tilien  weiß  sind;  sie  werden  ja  auch  dem  Sonnenlichte  während  der 
Entwickehmg  entzogen.  Aber  auch  viele  Vögel  haben,  wie  bekannt, 
gänzlich  weiße  Eier. 

B  a  u  V  e  r  h  ä  1 1 11  i  s  s  e  d  e  r  V  o  g  e  1  e  i  e  r ,  i  n  s  b  e  s  o  n  d  e  r  e  d  i  e  d  e  r 
Eihüllen.  (K.  H.)  Wie  die  Vögel  systematisch  nur  einen  hoch 
entwickelten,  einseitig  spezialisierten  Ausläufer  der  Klasse  der  Rep- 
tilien darstellen,  so  läßt  sich  die  gleiche  Betrachtungsweise  auch 
auf  die  Beschaffenheit  der  Eier  ausdehnen.  Wir  hatten  bei  den  Rep- 
tilien gesehen,  daß  im  allgemeinen  die  Komplikation  der  sekundären 
Eihüllen   im    gleichen  Maße   zunimmt,   wie   die  Zeit  des  intrauterinen 

Fie.  128.  Halbschematischer 
Durchscnnitt  eines  Hühner- Eies 
(Gallina  domestica)  nach  Allen 
Thomson  aus  0.  Hertwig's  Lehi-- 
buch,  7.  Aufl.  Fig.  11,  p.  IG.  Die 
dickere  äußerste  dunkle  Linie  stellt 
den  Durchschnitt  der  Kalkschale 
dar.  Darunter  zwei  feine  dunkle 
Linien  bezeichnen  die  Schalen - 
haut,  Membrana  testacea; 
rechts  weichen  sie  auseinander,  um 
einen  linsenförmigen  helleren  Raum, 
die  Luft  kämm  er,  einzuschließen. 
In    der    Mitte    der    große    dunkle,  ^  ■"' 

mit    hellen   konzentrischen    Streifen 
durchsetzte  Körper  ist  die  fast  ganz  '^~ 

aus  Dotter  bestehende  Eizelle  (Gelb- 

ei).  Die  Streifen  bedeuten  dünne  Schichten  des  sogenannten  weißen  Dotters,  welche 
zwischen  die  Masse  des  hier  dunkel  gehaltenen  gelben  Dotters  eingeschaltet  sind. 
Die  flaschenförmige  helle  Figur  in  der  Mitte  bezeichnet  ebenfalls  eine  Masse  weißen 
Dotters,  die  PuKKYNE'sche  Latebra;  nach  oben  wird  sie  von  dem  kleinen  (dunklen) 
linsenförmigen  Keime,  der  Cicatricula  (Narbej  gedeckt.  Der  Raum  zwischen  Schalen- 
haut und  Eizelle,  dem  Gelbei,  ist  mit  dem  Eiweiß  (Albumen)  ausgefüllt;  in 
demselben  erstrecken  sich  links  und  rechts  je  ein  dunkler  gedreht  verlaufender 
Strang,  die  Chalazae,  Hagelschnüre,  in  der  Richtung  von  der  Dotterhaut  zur 
Schalenhaut. 

Daseins  sich  verkürzt.  Die  fibröse  Schale  sondert  sich  immer  mehr 
in  eine  äußere  verkalkende  Lage,  die  Schale  im  engeren  Sinne,  eine 
fibrös  bleibende  Lage,  die  Schalenhaut,  und  die  vom  Eiweiß  durch- 
setzten Schichten.  Da  nun  die  Zeit,  in  welcher  die  Eier  im  Uterus 
verbleiben,  bei  den  Vögeln  abermals  eine  Abkürzung  erfahren  hat, 
selbst  im  Vergleich  zu  den  Schildkröten,  ist  es  begreiflich,  daß 
die  erwähnten  Differenzierungen  bei  ihnen  ihren  Höhepunkt  erreicht 
haben. 

Das  eigentliche  Vogelei,  das  sogenannte  Gelbei,  besteht,  wie  be- 
merkt, im  Eierstocke  aus  dem  Keime  und  dem  Dotter.  Letzterer  bildet 
zur  Zeit,  wo  die  Entwickelung  noch  nicht  begonnen  hat,  fast  die  ge- 
samte Masse  des  Ooplasma.  Der  Keim  liegt  auf  der  Dotterkugel  als 
eine  dünne  Scheibe  dotterarmen  Protoplasmas  ausgebreitet,  welche  bei 
jeder  Lage  des  Eies  nach  aufwärts  schaut,  weil  analog  den  Eiern 
der  Amphibien  eine  gesetzmäßige  Verteilung  der  schwereren  und 
leichteren  Bestandteile  Platz  gegriffen  hat.  Da  der  Keim  und  auch 
die  Keimscheibe  leichter  sind,  muß  die  im  Eiw^eiß  suspendierte  Dotter- 
kugel beim  Wechsel  der  Lage  sich  so  lauge  drehen,  bis  der  Keim 
(Keimscheibe)    die   ihm   zukommende  Lage   wieder   eingenommen  hat. 


320  W.  Waldeyer, 

Der  Dotter  besteht  aus  dem  gelben  und  weißen  Dotter,  zwei  Moditika- 
tionen  dos  Dotternmterials,  welrhe,  ab.uesehon  von  der  Färbung,  durch 
verschiedene  Struktur  der  Dotterkugehi  unterschieden  sind  (s.  ]>.  245, 
Fig.  (38).  Beim  gekochten  Ei  behält  der  weiße  Dotter  eine  weichere 
Konsistenz  als  der  hart  gerinnende  gelbe  Dotter.  Beide  Ai'ten  des 
Dotters  zeigen  eine  ganz  bestimmte  Verteilung.  Im  Centrum  des  Eies 
Hegt  eine  Anhäufung  weißen  Dotters,  die  „Latebra".  Von  hier  aus 
erstreckt  sich  ein  Strang  gleicher  Substanz  bis  an  die  Keimscheibe 
heran.  So  entsteht  unter  der  Keimscheibe  eine  flaschenförmige  Masse 
weißen  Dotters,  um  w^elche  die  übrigen  Dottermassen  konzentrisch  ab- 
gelagert sind  derart,  daß  weißliche  und  gelbliche  Schichten  miteinander 
alternieren.  Stets  wird  dabei  die  Oberfläche  des  Eies  von  einer  Lage 
weißen  Dotters  eingenommen  (s.  Fig.  128). 

Auch  der  Keim,  bezw.  die  Keimscheibe  läßt  eine  Zeichnung  er- 
kennen :  eine  weißliche  Randschicht  umschließt  eine  durchscheinende 
mittlere  Partie,  deren  Centrum  wieder  weißlicher  erscheint.  Das  Aus- 
sehen ist  durch  eine  Flüssigkeitsansammlung  unter  der  Keimscheibe 
bedingt.  Die  weißliche  Randschicht  bezeichnet  die  Ausdehnung,  in 
welcher  die  Keimscheibe  dem  Dotter  aufliegt,  die  durchscheinende 
Partie  die  Gegend  der  Flüssigkeit,  das  weiße  Centrum,  welches  auch 
als  PANDER'scher  Kern  bezeichnet  wird,  deutet  die  durchscheinende 
Latebra  mit  ihrem  Strange  an.  Das  Gelbei  wird  von  einer  faserigen 
Hülle,  der  ,,D  otterhaut",  umgeben,  deren  morphologische  Deutung 
trotz  vielfältiger  Untersuchung  unklar  ist.  Am  natürlichsten  würde 
es  scheinen,  die  Hülle  als  die  modifizierte  Zona  radiata  aufzufassen, 
wie  wir  sie  bei  allen  Wirbeltieren  bisher  gefunden  und  als  Chorion 
gedeutet  haben.  Dieser  Ansicht  wird  aber  widersprochen ;  es  sei  die 
faserige  Lage  eine  Neubildung,  eine  „Adventitia",  während  die  vor- 
übergehend nachweisbare  Zona  radiata  gänzlich  schwinde  oder  zu  einer 
dünnen  innersten  Lage  reduziert  werde,  Holl  (M.  1976).  Ganz  neuer- 
dings ist  die  Auffassung  noch  weiter  kompliziert  worden.  Die  Dotter- 
haut, wie  sie  aus  dem  Follikel  stamme,  soll  nach  dem  üebertritt  in 
den  Eileiter  eine  Verstärkung  erfahren  durch  eine  dünne  fibröse  Lage, 
welche  der  Eiweißschicht  zuzurechnen  sei  (Mitrophanow^).  Die 
neuere  Auffassung  gründet  sich  auf  die  Beobachtung  von  Eiern  mit 
kleinen  Blutergüssen ,  welche  wie  rote  Flecke  auf  dem  Gelbei  er- 
scheinen und  sich  nicht  durch  Pinseln  entfernen  lassen,  w^eil  sie  in 
der  „Dotterhaut"  selbst  liegen.  Untersuchung  auf  Schnitten  ergiebt 
dann,  daß  au  der  Dotterhaut  durch  die  eingelagerten  Blutkörperchen 
2  Lagen  unterscheidbar  werden,  eine  innere  Lage,  welche  der  Zona 
radiata  -f  Adventitia  entspricht,  und  eine  äußere  Lage,  welche  als  die 
innerste  zur  „Dotterhaut"  hinzugeschlagene  fibröse  Eiweißschicht  ge- 
deutet werden  müßte. 

Wir  kommen  zu  den  vorhin  aufgezählten  Umhüllungen,  welche 
nach  der  Befruchtung  innerhalb  der  weiblichen  Ausführwege  ge- 
bildet w^erden.  An  den  Ausführwegen  unterscheidet  man  wie  bei  den 
Reptilien  drei  Abschnitte:  den  Trichter,  den  Eileiter  und  den  Uterus. 
Sehr  häufig  wird  dann  noch  das  kurze  vom  Uterus  in  die  Kloake 
überleitende  Stück  als  ein  besonderer  4.  Abschnitt  bezeichnet.  Die 
Bedeutung  dieser  Teile  für  die  Hüllenbildung  wurde  gleichfalls  vorhin 
schon  angegeben.     Wir  beginnen  mit  der  Kalkschale. 

Die  Kalk  schale  besteht  aus  3  wenig  schaj'f  voneinander  ab 
gesetzten  Lagen.     Die    innerste    derselben  ist  die  Mamillensc hiebt- 


Die  Greschlechtszellen. 


321 


sie    besteht    aus  Kalksäulchen,    die    senkrecht    zur    Schalenoberfläche    ge- 
stellt sind  und   mit   abgerundeten  Enden   —   daher  der  Name  „Mamillen" 
—   gegen  die  Schalenhaut  vorspringen;  benachbarte  Mamillen  können  in 
ihrem  Verlauf  untereinander 
verschmelzen,     so     daß     das  o 

Bild  verästelter  Säulen  ent- 
steht ;  die  einzelnen  Säulchen 
sind  um  einen  organischen 
Kern  entwickelt  und  zeigen 
eine  Schichtung  parallel  der 
Oberfläche  Fig.   129. 

Nach  außen  gehen  die 
Kalksäulchen  in  eine  dich- 
tere Kalkschicht  über, 
die  aus  netzförmig  verbun- 
denen der  Oberfläche  paral- 
lelen Taserzügen  sich  auf- 
baut und  unter  den  drei 
Schichten  bei  weitem  die 
größte  Mächtigkeit  hat.  Nach 
außen  schließt  dann  eine 
glatte  Cuticula  an,  eine 
oft  unvollkommen  verkalkte 
und  dann  weiche,  oft  auch 
feinkörnig  verkalkte  und 
dann  kreidige  Lage,  welche 
für  die  Glätte  der  Eiober- 
fläche  Ursache  ist. 


a    - 


Fig.  129.  Querschliff  durch 
die  Schale  des  Straußeneies  nach 
NATHusirs  KöxiGSBORX.  a  ver- 
ästelte Kanäle.  ■-  a'  Stellen,  wo 
dieselben  angeschliffen  sind,  o 
ihre  Mündungen  auf  der  Schalen- 
oberfläche, r  Schalencuticula.  b 
geschichtete  Kalkschale,  d  fibröse 
Schalen  haut. 


§l^^§  «# 


:*:i;^^ic;vj 


Auch  die  Schale  des  Vogeleies  ist  von  Porenkanälen  durchsetzt. 
Dieselben  sind  einfache  Röhren  bei  den  meisten  Eiern ;  bei  den  Eiern 
der  Ratiten  sind  sie  verästelt,  s.  Fig.  129;  ein  auf  der  Innenseite 
beginnender  einheitlicher  Stamm  giebt  zahlreiche  feine  Kanälchen  ab, 
deren  Mündungen  sämtlich  am  Grund  einer  gemeinsamen  gnibenförmigen 
Vertiefung  der  Schalenoberfläche  lieo-en.  Da  zahlreiche  solcher  Stämme 
vorhanden  sind,  sind  auch  zahlreiche  Gruppen  von  Oeffnungen  über  die 
Schalenoberfläche  verbreitet.  Die  Substanz  der  Cuticula  dringt  eine 
Strecke  weit  in  die  Porenkanäle  ein,  vielleicht  schließt  sie  sogar  die 
Oeffnungen  derselben ;  sie  ist  in  Wasser  quellbar.  Trockene  Eischalen 
sind  daher  für  Luft  und  Wasser  leicht  durchgängig.  Die  Permeabilität 
hört  aber  sofort  auf,  wenn  man  zuvor  die  Cuticula  längere  Zeit  an- 
gefeuchtet und  zur  Quellung  gebracht  hat.  Schabt  man  die  Cuticula  ab, 
so  wii'd  damit  der  Einfluß  der  Befeuchtung  auf  die  Durchgängigkeit  der 


Schale  sofort  aufgehoben. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I. 


21 


322  W.  Waldeyer, 

(W.)  Ueber  die  Zahl  und  die  Verteilung  der  Porenkanälchen  in 
der  Kalkschale  des  Hühnereies  haben  wir  jüngst  interessante  Mitteilungen 
von  Rizzo  (529)  erhalten.  Man  hat  im  Mittel  rund  7600  äußere  Poren- 
öffnungen anzunehmen ;  von  diesen  kommen  am  spitzen  Eipole  auf  1  qmm 
0,90,  am  stumpfen  Eipole,  da,  wo  die  Luftkammer  sich  befindet,  1,49 
und  in  der  äquatorialen  Eizone  1,31.  Die  Stellung  der  Porenöifnungen 
ist  ziemlich  regelmäßig,  an  einigen  Regionen  in  Halbkreisen,  an  anderen 
geradlinig. 

(R.  H.j  Die  Färbung  der  Schale  hat  öfters  nur  in  der  äußersten 
Schicht,  der  Cuticula,  ihren  Sitz  und  erstreckt  sich  von  hier  aus  in  die 
Porenkanäle  hinein.  Häufiger  verbreitet  sich  die  Färbuno;  in  die  übrio^en 
Teile  der   Schale ;    sie  kann    sogar    die    ganze  Schalendecke    durchsetzen. 

Die  nach  innen  von  der  Schale  folgende  Schalenhaut  ist  aus 
derselben  Art  Fasern  gebildet,  wie  die  Schalenhaut  der  Reptilien: 
doch  fehlen  die  terminalen  Anschwellungen.  Die  Fasern  sind  nach  allen 
Richtungen  hin  gekreuzt.  Wie  es  schon  bei  manchen  Reptilien  zu- 
trifft, kann  man  an  der  Schalenhaut  2  Lamellen  unterscheiden  und  auch 
durch  Präparation  von  einander  trennen.  An  einem  Ende  des  Eies 
Aveichen  die  Lamellen  auch  unter  natürlichen  Verhältnissen  auseinander 
und  umschließen  einen  von  Luft  erfüllten  Raum,  die  Luft  kämm  er  des 
Eies.  Man  kann  an  den  meisten  Vogeleiern  ein  stumpfes  und  ein 
spitzeres  Ende  unterscheiden.  Die  Luftkammer  liegt  stets  am  stumpfen 
Pole  (s.  Fig.   128). 

Die  zwischen  Chorion  und  Schalenhaut  gelegene  Eiweißschicht 
besteht  vornehmlich  aus  flüssigem,  wasserreichem  Albumin,  das  durch 
faserige  Membranen  auch  am  entleerten  Ei  etwas  zusammengehalten  wird. 
Zerschneidet  man  die  letzteren,  so  fließt  das  Eiweiß  ab.  Die  Verteilung 
der  faserigen  Membranen  in  Lagen,  welche  der  Oberfläche  parallel  ver- 
laufen, ist  Ursache,  daß  auch  das  Eiweiß  im  gekochten  Zustand  eine 
deutliche  Schichtung  erkennen  läßt.  Auf  einem  Durchschnitt  wechseln 
dunklere  und  lichtere  Partien ;  erstere  entsj^rechen  der  Lage  der  Faser- 
züge, innei'halb  deren  das  Eiweiß  nicht  so  homogen  gerinnt  wie  in  den 
Zwischenlagen.  An  das  Gelbei  grenzt  zunächst  eine  Lage  flüssigen  Ei- 
weißes, dann  eine  von  Faserzügen  durchsetzte  Schicht,  die  Membrana 
chalazifera,  deren  Namen  auf  den  Umstand  zurückzuführen  ist,  daß 
von  ihr  die  Chalazen  oder   „Hagelschnüre"   ausgehen. 

Unter  Chalazen  versteht  man  zwei  faserige  Stränge,  welche  von 
den  beiden  den  Schalenenden  zugewendeten  Seiten  des  Gelbeies  ausgehen 
und  eine  Strecke  weit  in  der  Eiweißmasse  verlaufen,  ohne  aber  die 
Schalenhaut  zu  erreichen  (Fig.  128).  Sie  können  daher  nicht  das  Ei  in 
seiner  Lage  befestigen,  sondern  nur  wie  Puffer  wirken  und  bei  stärkeren 
Erschütterungen  das  Ei  gegen  Stoß  schützen.  Sie  entspringen  nicht  von 
der  Dotterhaut,  sondern  von  der  nächsten  Faserlage  der  Eiweißschicht, 
so  daß  ihr  Ursprung  von  der  Oberfläche  des  Gelbeies  durch  eine  dünne 
Lage  flüssigen  Eiweißes  getrennt  bleibt.  In  ihi-em  Verlauf  sind  die 
Chalazen  spiralig  gedreht,  und  zwar  die  Chalaze  der  Seite  des  stumpfen 
Pols  im  entgegengesetzten  Sinne  als  die  andere.  Man  erklärt  diese 
Eigentümlichkeit  durch  die  Annahme,  daß  das  Ei  beim  Passieren  des 
Eileiters  um  seine  Längsachse  gedreht  wird  und  mit  seiner  Oberfläche 
daher  eine  Spirale  beschreibt,  daß  gleichzeitig  die  Enden  der  beiden 
Chalazen  fest  liegen  und  die  Drehung  nicht  mitmachen. 

Auch  am  Eiweiß  hat  man  versucht,  den  Einfluß  der  Spiraldrehung 
des  Eies  nachzuweisen.    Die  Schichtung  des  Eiweiß  soll  nicht  konzentrisch, 


Die  Geschlechtszellen.  323 

sondern  spiral  angeordnet  sein  ;  bei  vorsichtiger  Präparation  soll  man  die 
Lagen  in  Spiraltoin^en  abwickeln  können  (Meckel  v.  Hemsbach,  M.  1893). 
Doch  haben  diese  Angaben  Widerspruch  erfahren  (v.   Natiiusius). 

(W.)  Beziehungen  des  feineren  Baues  der  Eihüllen,  namentlich  der 
Kalkschalen  der  Vogeleier  zur  Systematik  des  Ordo  avium,  hat  zuerst 
H.  Landois  (455a)  aufzudecken  unternommen ;  ihm  zufolge  können  die 
Species  häufig  aus  der  mikroskopischen  Struktur  der  Eischale  erkannt 
und  bestimmt  werden.  Doch  sind  über  diese  interessante  Frage  noch 
weit  eingehendere  Untersuchungen  nötig. 

Der  eifrigste  Erforscher  der  Eihüllen  der  Vögel  und  Reptilien  ist 
W.  V.  Xathusu-s  ;  seine  jüngsten  Schriften  über  diesen  Gegenstand  sind 
unter  den  Nrn.  496,  498  und  499  aufgeführt.  Für  die  älteren  verweise 
ich  auf  H.  Gadow's  Litteraturverzeichnis  (1.  c.)  Broxx's  Klassen  und 
Ordnungen  des  Tierreichs. 

Als  größere  und  zusammenfassende  Werke  über  die  Eier  der  Vögel 
nenne  ich  noch  die  folgenden:  Baedeker  (271a),  E..  Blasius  (294a), 
Des  Murs  (343  a),  Hewitson  (416  1),  Lefevre  (458  c),  Morris  (4881), 
A.  Xewton  (500  b),  v.  Eeichenau  (526  a),  Taczanowski  (575  a),  Tvzexhauz 
(582  I)  und  besonders  den  im  Jahre  1901  mit  einer  ersten  Lieferung,  be- 
treffend die  Raditae  und  von  den  Carinatae  die  Tinamiformes,  Galliformes, 
Hemipodii,  Pteroclidiformes,  Columbiformes,  Opisthocomiformes,  Ralliformes, 
Podicipedidiformes,  Colymbiformes,  Sphenisciformes,  Procellariiformes,  Alci- 
formes  und  Lariformes,  erschienenen  „Catalogue  of  the  Collection  of 
Birds  eggs  in  the  British  Museum  (natural  history)  —  London,  Long- 
mans  &  Co.,  dessen  Abbildungen  und  kurze  prägnante  Beschreibungen 
vortreiflich  sind.  Verfasser  ist  E.  W.  Gates,  welcher  auch  die  2.  Auflage 
von  Allan  Hume's  „Nests  and  Eggs  of  Indian  Birds"  besorgt  hat.  Das 
British  Museum  besitzt  zur  Zeit  eine  Sammlung  von  über  50  000  Vogel- 
eiern, das  Berliner  zoologische  Museum  rund  25  000. 

IX.  Mammalia.  (R.  H.)  Nachdem  man  lange  Zeit  angenommen 
hatte,  daß  alle  Säugetiere  lebendige  Junge  gebären,  wurde  indem 
letzten  Viertel  des  verflossenen  Jahrhunderts  durch  Haacke  (394)  und 
Caldwell  (M.  1472  und  No.  318  u.  319),  später  auch  durch  R.  Semon 
(707)  festgestellt,  was  schon  früher  wiederholt  vermutet  worden  war, 
daß  die  Monotremen  (Echidna,  Ornithorhynchus,  voraus- 
sichtlich auch  Pro  echidna)  Eier  legen.  Von  den  äußerst  kleinen, 
dotterarmen  Eiern  der  placentalen  Säugetiere  unterscheiden  sich 
die  Eier  der  Monotremen  durch  ihren  Dotterreichtum  und  ihre  an- 
sehnliche Größe,  womit  weiter  zusammenhängt,  daß  sie  nach  Art  der 
Reptilien-  und  Vogel -Eier  eine  partielle  diskoidale  Furchung 
haben.  Die  Eier  der  placentalen  Säugetiere  einerseits,  der 
Monotremen  andererseits  bilden  somit  zwei  Extreme,  zwischen  denen 
die  Eier  der  Beuteltiere  vermitteln,  wenn  sie  auch  im  allgemeinen 
den  ersteren  näher  stehen. 

Die  reifen  Eier  der  placentalen  Säugetiere  sind  ungefähr 
0,1  —  0,2  mm  groß  (0,06  bei  Igel  und  Maus,  0,9  beim  Meer- 
schweinchen, 0,18  bei  Hund  und  Kaninchen),  sie  sind  mit 
einer  verhältnismäßig  starken,  durch  ihre  Helligkeit  (gegenüber  dem 
bei  durchfallendem  Licht  dunkel  erscheinenden  Ooplasma)  ausge- 
zeichneten und  deshalb  Zona  pellucida  genannten  Hülle  ausge- 
rüstet; diese  Hülle  wird  wegen  ihrer  oft  allerdings  nicht  nachweis- 
baren radialen  Struktur  auch  als  Z.  radiata  bezeichnet.  Wir  wollen 
sie   im   folgenden  „Chorion"  nennen,  wenn   es   auch   keineswegs  fest- 

21* 


324 


W.  Waldeyer, 


steht,  daß  sie  vom  Follikelepithel  erzeugt  wird.  Eine  Mikropyle  ist 
sicher  nicht  vorhanden,  bei  der  weichen  Beschaffenheit  des  Chorions 
auch  überMüssig'.  Ob  unterhalb  des  Chorions  noch  eine  weitere,  den 
Dotter  nach  außen  abgrenzende  Membran  vorkommt,  ist  zweifelhaft: 
ihre  Existenz  wird  von  Reichert  und  E.  Van  Beneden  mit  Be- 
stimmtheit behauptet,  von  den  meisten  Forschern  aber  in  Abrede  ge- 
stellt. Sehi'  auffallend  ist  die  lange  Persistenz  eines  Teiles  des  Follikel- 
epithels.  Schon  innerhalb  des  GRAAF'schen  Follikels  grupi)ieren  sich 
die  direkt  an  das  Ei  grenzenden  Follikelzellen  äußerst  regelmäßig  um 
das  Chorion  herum,  indem  sie  sich  zu  langen,  radial  gestellten  Cy- 
lindern  ausziehen,  deren  Kern  am  peripheren  Ende  der  Zelle  unter- 
gebracht ist.  Ausgerüstet  mit  diesen  Follikelzellen,  der 
Corona  radiata  (Eiepithel,  Waldeyer)  treten  die 
Oviduct  über;  sie  können  ihre  zellige  Umhüllung  selbst 
nach  der  Befruchtung  bewahren.  (VT.)  Nach  E.  Van  Beneden  i)e- 
steht   bei   den  Chiropteren    eine  besonders  starke  Zona   pellucida, 


sogenannten 
Eier  in  den 
längere  Zeit 


Fig.  130.  Nahezu  ausgewachsene  O  o  c  y  t  e  von  L  e  p  u  s  c  u  n  i  c  u  1  u  s.  Be- 
hancUung  mit  Eiseuhämatoxylin  nach  M.  Heidenhain.  Die  Epithelz  eilen 
zeigen  deutlich  ihren  Zusammenhang  durch  Fortsätze  und  gehen  in  eine  unmittelbar 
auf  der  tief  geschwärzten  Zona  pellucida  lagernde,  scheinbar  syncytiale 
Masse  über.  Das  Ooplasma  gewinnt  bei  dieser  Behandlung  ein  hellgeflecktes 
Aussehen.     Keimbläschen  nicht  sichtbar.     Dr.  Kopsch  praep. ;    Frl.  E.  Magen  del. 


Die  Geschlechtszellen. 


325 


an  der  man,  wie  auch 
uraiiulieite    Lage   und 


Waldeyer  angegeben  hat,  eine  äußere  dünne 
;.,^  ..X.W  eine  stärkere  innere  homogene  unterscheiden 
kann:  die  radiären  Streifen  finden  sich  in  dieser,  sind  jedoch  nicht 
immer  deutlich.  Nach  Beliandlung  mit  Eisenhämatoxylin  schwärzt  sich 
die  Zona  intensiv,  s.  die  betreffende  Angabe  bei  v.  Ebner  (350, 
p.  59),  und  die  Zellen  der  Corona  radiata  erscheinen  unmittelbar 
auf  der  Zona  pellucida  wie  in  einem  syncytialen  Zusammenhange,  s. 
Fig.  130.  Letzteres  soll  damit  nicht  als  intra  vitam  bestehend  hin- 
gestellt sein. 

(R.  H.)  Außerordentlich  viel  größer  sind  die  Eier  der  Mono- 
tremen:  schon  beim  Uebertritt  vom  Ovar  in  den  Oviduct  mißt 
ihr  Durchmesser  bei  Or nithorhynchus  2,5  mm  (Caldwell,  1.  c), 
bei  Echidna  3  mm  i Caldwell)  oder  sogar  3,5 — 4  mm  (R.  Semon, 
1.  c.)  In  ihrer  Struktur  erinnern  sie  noch  an  die  Eier  der  Vögel 
und  Reptilien;  ihr  Dotter  besteht  aus  gelblichen  und  weißlichen 
Teilen,  welche  konzentrisch  geschichtet  sind.  Ein  Centrum  der  Schieb- 
ung 


ist    in    einer    centralen,    weißlichen    Masse   gegeben,    welche   der 


Latebra  des  Vogeleies  verglichen  werden  kann.  Die  weißliche 
Masse  ist  nach  dem  Ende,  an  welchem  der  Bildungsdotter  in  Form 
einer  Keimscheibe  lagert,  zu  einem  flaschenhalsartigen  Fortsatze  aus- 
gezogen. 

Wenn  die  Eier  abgelegt  werden,  sind  sie  bei  Echidna  15  mm 
(nach  Semox  1(3,5  mm)  lang  und  12  mm  (nach  Semon  13  mm)  breit. 
Sie  haben  somit,  während  sie  Eileiter  und  Uterus  passierten,  d.  h. 
nach  der  Befruchtung  und  während  der  ersten  Stadien  der  disko- 
idalen  Furchung,  durch  Nahrungsaufnahme  ähnlich  den  Eidechseneiern 
eine  gewaltige  Vergrößerung  erfahren. 


^-^  '  ■-'.j~ 


Fig.  131.  Stück  des  Durchschnittes  eines  ungefurchten  Echidna -Eies 
(Species?)  aus  dem  Eileiter.  Zu  äußerst  die  Schale,  dann  das  Proalbumin 
(Eiweißschicht),  darunter  das  dunkle  Chorion  (viteUine  membran  Caldwell). 
In  der  Mitte  dicht  am  Chorion  der  Durchschnitt  des  abgeplatteten  Keimbläschens, 
zunächst  umgeben,  wie  beim  Vogelei,  von  einem  flach  ausgebreiteten,  fast  dotter- 
freien Keime.  Von  diesem  aus  senkt  sich  nach  abwärts,  ähnlich  einer  Latebra, 
weißer  Dotter  mit  kleineren  Dotterkörpern;  ringsherum  gelber  Dotter  mit  größeren 
Dotterkörpern.     Nach  Caldwell  (318,  319)  Taf.  XXXI,  Fig.  1. 


Zum  Teil  freilich  ist  die  Größenzunahme  auch  auf  die  Bildung 
sekundärer  Eihüllen  zurückzuführen.  Im  Ovar  sind  die  Eier 
von  einem  Chorion  umgeben,  an  dem  man  bisher  noch  keine  radiale 
Streifung    hat    nachweisen  können,   ferner   von   einer  dünnen,  eiweiß- 


326 


W.  Walde Y ER, 


haltigen  Schicht,  dem  P r o a  1  b ii  m  i n  Caldwell's.  Die  Eierstocks  - 
eier von  E  Chi  (Ina  hat  G.  A.  Guldberg  (892a)  genauer  beschrieben. 
In  den  Eileitern  wächst  das  Proalbumin  zu  einer  nicht  unbeträcht- 
lichen Eiweißlage  heran ;  auf  ihrer  Obertläche  wird  dann  die  aus 
Keratin  bestehende  Eischale  abgelagert,  welche  bei  Ornitho- 
rhynchus  sogar  verkalkt.  Während  das  Ei  den  Uterus  passiert, 
wird  die  Eiweißschicht  resorbiert,  so  daß  nun  Chorion  und  Schale 
wie  bei  Eidechsen  direkt  aneinander  grenzen.  Dagegen  hebt  sich 
jetzt  das  Chorion  vom  Dotter  ab,  und  es  entsteht  so  ein  Zwischenraum, 
welcher    von    einer    in    Reagentien    koagulierenden,    oHenbar    eiweiß- 


haltigen 


Flüssigkeit 


erfüllt  wird. 

Echidna    besteht  aus  2  Schichten, 


einer    äußeren    radialstreiiigen. 


Die   Eischale   von 
homogenen    Lage    und 
verdünnt     sich     beim    W-'achstum     des 
noch    ein    zartes    Häutchen    darstellt. 

ü-ew altig:  an   Masse   zu :    Ihre   Struktur   wird   von   Caldweli. 
schildert    als    von    Semon.      Nach    Caldwell    besteht    sie    aus 


Eies    immer 
Die    äußere 


Lage 


einer  inneren 

innere  Lage 

sie    nur 

dagegen 


Die 

mehi-,    bis 
nimmt 

anders    ge- 
radialen 


Stäbchen    oder    Zotten,    nach    Semon 


dagegen 


ist  sie  eine  zusammen- 
hängende Lage,  von  radialen  Kanälen  durchsetzt,  die  in  ihrem  Verlauf 
bauchig  erweitert  sind.  Die  äußere  Lage  ist  es,  welche  an  Masse  zu- 
nimmt und  so  die  Verdickung  der  gesamten  Schale  verursacht.  Dabei 
w^erden  die  radialen  Kanäle  in  ein  anastomosierendes  Lückensystem  um- 
gewandelt, welches  in  unregelmäßiger  Weise  die  Schalendicke  durchsetzt. 
Kurz  vor  der  Eiablage  wird  schließlich  die  Schale  noch  von  einer  dritten 
Lage,   einer  bräunlichen  Cuticula,  überzogen. 

Die  Eier  der  Beuteltiere  sind  zur  Zeit,  wo  sie  in  den  Oviduct 
übertreten,  von  sehr  verschiedener  Größe,  bei  Phascolarctus 
cinereus  0,17  mm  (Caldwell),  also  eher  kleiner,  jedenfalls  nicht 
größer   als   das   menschhche   Ei,    bei  Didelphys   virginiana  (Se- 


lenka)    0,5   mm. 


Sichergestellt 


für  dieselben  ist  nur  die  Existenz 
eines  Chorion;  dagegen  ist  es  zweifelhaft,  ob  eine  als  Proalbumen 
zu  bezeichnende  Lage  vorhanden  ist.  Im  Uterus  findet  sich  später 
eine  beim  Opossum 


sogar  ganz  gewaltige  Eiweißschicht,  welche  von 


^M 


emer  besonderen  äußerlichen 
Lage  umhüllt  wird  (s.  Fig.  132). 
In  letzterer  erblickt  Selenka 
eine  mit  dem  Ei  entleerte  all- 
mählich faserig  umgewandelte 
Lage  von  Follikelzellen,  wäh- 
rend  Caldwell   und  Semon 


Ungefurchtes 


Ei 


von 


virginiana     (Mar- 


Fig.  132. 
Didelphys 

supialia)  aus  der  oberen  Hälfte  des 
Eileiters.  Zu  äußerst  eine  Zellen - 
läge  (mitgenommenes  Folhkelepi- 
thel  Selenka),  darunter  eine  dicke 
Eiweißschicht.  Dann  ein  heller  Raum 
(perivitelliner  Raum  Selexka),  dann 
das  üoplasma  mit  Keimbläschen. 
Alb  Zona  (Rest)  müßte  wohl  der 
dunkle  innere  Kontur  der  Eiweiß - 
Schicht  angesehen  werden.  Selexka 
meint,  daß  die  Zona  frühzeitig 
schwinde.  Nach  Selenka  (M.  914, 
915),  Taf.  XVII,  Fig.  1. 


Die  Geschlechtszellen. 


327 


sie  als  Aequivalont 
Follikelepithels  nach 
schwindet    auch    bei 


Chorion  und  Schale  direkt  aufeinander 


der  Mouotrenienschale  deuten  und  Reste  des 
innen  von  der  Schale  zeichnen.  Nacli  ihnen 
den  Beuteltieren    die   Eiweißschicht,    so   daß 


folgen. 


if 


I 
■e 


''  "H. 


Fig.  133.  Nahezu  ausgewachsene  Oocyte  von  Phascolarctus  cinereus 
( Marsupialia)  aus  einem  EierstocksfoUikel.  Nach  außen  die  Corona  radiata  mit 
Fortsätzen  der  Zellen,  welche  einen  hellen  Zwischenraum  durchsetzen  und  dann 
durch  eine  dickere  dunkle  Hülle  bis  zum  üoplasma  vordrmgen.  Diese  dunkle 
Hülle  nennt  Caldwell  „vi  teil  ine  membran".  Richtiger  wird  sie,  s.  Text,  als 
„Chorion"  (Zona  pellucida)  bezeichnet.  Im  Ooplasma  ist  eine  (gelbe)  dott er- 
reiche (nach  unten  gelegene)  halbmondförmige  Schicht  und  eine  hellgraue 
Masse,  in  der  das  Keimbläschen  liegt  (weißer  Dotter)  zu  unterscheiden.  Nach 
Caldwell  (318,  319),  Taf.  XXIX,  Fig.  5. 


( W.)  Die  Eier  der  place ntalen  Säugetiere  bewahren  nach 
Größe,  — •  s.  die  vorhin  angegebenen  Maße  — •  Bau  und  Form  noch 
am  meisten  den  Charakter  der  Ureier,  d.  i.  den  einfacher  Zellen. 

Von  den  Eiern  der  übrigen  Vertebraten  kommen  ihnen  die  der 
Acrania  am  nächsten  (s.  S.  293).  Vorhin  wurde  bereits  darauf  hinge- 
wiesen, daß  es  Gewebszellen  giebt,  die  größer  sind  als  die  placentalen 
Säugetiereier  (S.  244).  In  der  Form  durchweg  kugelig,  zeigen  sie  im 
Bau  ziemlich  getreu  auch  noch  die  Charaktere  gewöhnlicher  membran- 


328  AV.   Waldeyer, 

führender  Zellen.  Immerhin  verdient  aber  hervorgehoben  zu  werden, 
daß  die  Reifeier  der  Säuiietiere,  ja  aucli  bereits  deren  im  Wachstnme  ans- 
gebihlete  Oocyten,  keineswegs  alle  als  „dotterarm"  bezeichnet  werden 
düifen,  jedenfalls  nicht  im  Verhältnis  zu  ihrer  Grciße,  Bei  den  meisten 
der  gewühnlicn  zur  Untersuchung  gelangenden  Säugereier  aus  diesem 
Stadium  sind  die  Dotterk()rper  doch  so  reichlich  entwickelt,  daß  sie, 
wie  bemerkt,  dem  Oo])lasma  ein  bei  durchfallendem  Lichte  dunkel- 
körniges Aussehen  verleihen  und  das  Keiml)läschen  nebst  den  rein 
l)rotoi)lasmatischen  Teilen  vielfach  verdecken. 

Wenn  vcniiin  die  Eier  der  placentalen  Säugetiere  „dotterarm"  ge- 
nannt wurden,  so  geschah  das  im  Gegensatze  zu  den  Eiern  der  Mono- 
tremen  und  hatte  insofern  seine  volle  Berechtigung.    ■ 

Indem  die  Dotterkörper  ziemlich  gleichmäßig  das  Ooplasma  durch- 
setzen, gewinnt  dessen  Protoplasma  einen  pseudowabigen  Bau.  Um 
das  Keimbläschen,  welches  im  Verhältnisse  zum  Eivolumen  als  sehr 
groß  bezeichnet  werden  muß,  ist  jedoch  ein  dotterfreies  Ooplasma  als 
hellere  Schicht  stets  ein  wenig  reichlicher  angehäuft.  E.  Pflüger  (517). 
Mit  dem  Beginne  der  Pieifeteilungen  rückt  die  Vesicula  germinativa  wie 
bei  den  übrigen  Eiern  dicht  an  die  Oberfläche;  sie  ist  auch  bereits  bei 
den  nahezu  reifen  Eiern  exzentrisch  gelegen,  nach  E.  van  Beneden 
bei  den  Fledermauseiern  schon  in  jungen  Oocyten. 

Bei  den  Eiern  der  Chiropteren  beschreibt  E.  van  Bexbden  (288) 
in  der  Mitte  ein  helleres  dotterarmes  Ooplasma  und  eine  ebensolche  dünne 
Rindenschicht  dicht  unter  der  Zona  pellucida.  Zwischen  beiden  Schichten 
liegt  dann  wie  eine  Ringschale  eine  dotterreiche  Schicht :  in  dieser  lagert 
das  Keimbläschen,  welches  mit  seinem  peripheren  Umfange  die  Rinden- 
schicht, mit  seinem  zentralen  die  helle  innere  Schicht  berührt.  Der 
Dotterreichtum  der  Fledermauseier  ist  indessen  verschieden;  fast  völlig 
frei  von  den  glänzenden  charakteristischen  Dotterkörpern  ist  nach  E.  van 
Bbneden  (1.   c  )  das  Ei  von  Vesper tilio  mystacinus. 

Die  intermediäre,  gewöhnlich  dotterreiche  Schicht  erscheint  an  den 
Ovarialeiern  der  Fledermäuse,  welche  mit  Osmium  oder  mit  Kleinen- 
BBRG'scher  Elüssigkeit  fixiert  waren ,  im  Gegensatze  zu  dem  obenge- 
schilderten Bilde  des  frischen  Eies  heller  als  die  beiden  anderen  Schichten 
und  von  deutlich  netzförmiger  Textur. 

X.  Homo.  Die  Eier  des  Menschen  stimmen  in  allen  wesent- 
lichen Punkten  mit  denen  der  Säugetiere  überein.  Ueber  die  mensch- 
lichen Ureier  möge  das  S.  238  if.  Gesagte  verglichen  werden.  Im 
Nachstehenden  wird  besonders  von  den  herangereiften  Oo- 
cyten die  Rede  sein;  ein  Reifei  und  der  Prozeß  der  Reife- 
teilungen ist  beim  Menschen  noch  niemals  mit  Sicherheit  beobachtet 
worden.  Das,  was  man  gewöhnlich  als  ausgebildete  menschliche  Eier 
beschrieben  hat  und  was  auch  wir  der  nachstehenden  Schilderung, 
im  w^esentlichen  nach  den  Befunden  W.  Nagel's  und  neueren  eigenen, 
zu  Grunde  legen,  sind  eben  die  den  nahezu  sprungreifen  Follikeln 
menschlicher  Ovarien  entnommenen  Oocyten. 

Waldeyer  hat  (s.  bei  Nagel,  490)  unterschieden:  fertige  Eier 
und  reife  Eier;  W.  Nagel  fügt  diesen  hinzu  die  „reifenden"  Eier. 
Unter  „fertigen"  Eiern  sind  diejenigen  zu  verstehen,  bei  denen  die 
D  e  u  t  0  p  1  a  s  m  a  b  i  1  cl  u  n  g  vollendet,  die  Zona  pellucida  gänzlich  aus- 
gebildet und  das  Keimbläschen    dicht  an  die  Peripherie  gerückt  ist, 


Die  Geschlechtszellen.  329 

ohne  jedoch  weitere  Veränderungen  erlitten  zu  haben.  Das  fertige  Ei 
hat  die  definitive  Größe  erreicht;  wenigstens  darf  man  sagen,  daß  es 
während  des  Prozesses  der  Reifung  und  nach  geschehener  Befruchtung 
bis  zur  ersten  Turchungsteilung  bei  Säugetieren  keine  irgendwie 
erhebliche  Größenzunahme  mehr  erleidet,  und  dies  dürfte  auch  für  den 
Menschen  zutreffen. 

Unter  einem  reifenden  Ei  versteht  Nagel  das  Ei  in  dem  Zustande, 
in  welchem  es  sich  während  der  Richtungsteilungen  befindet.  Reif  ist 
das  Ei  (Reifei),  sobald  aus  dem  Keimbläschen  nach  der  letzten  Richtungs- 
teilung und  Ausstoßung  der  zweiten  Poloc^-te  der  Eikern  im  Sinne 
0.  Heutwig's  geworden  ist.  Vergi.  das  p.  224  ff.  Gesagte.  In  der  hier 
o-eo-ebenen  Begriffsbestimmung  eines  Reifeies  ist  eine  noch  etwas  schärfere 
Fassung  versucht  worden,  als  sie  Bonnet  (s.  p.  224)  gegeben  hat. 
Letzterer  spricht  noch  von  einem  „Keimbläschen"  bei  einem  Reifei,  wenn 
die  Richtungskörperchen  abgeschnürt  sind.  Ich  erachte  es  nicht  für  einen 
Fehler,  dies  zu  thun,  denn  wenn,  wie  es  doch  der  Fall  ist,  das  Keim- 
bläschen den  Kern  der  Eizelle  darstellt,  und  wenn  die  Polzellenbildung 
eine  echte  Zellteilung  ist,  dann  ist  auch  der  nach  Ausstoßung  der  Pol- 
zellen im  Ei  verbleibende  Kern  doch  ein  Enkelstück  des  Keimbläschens 
und  kann  weiterhin  so  benannt  werden.  Da  dieser  Kern  aber  vom 
Keimbläschen  sich  in  allerlei  Eigenschaften  unterscheidet,  s.  Kap.  „Be- 
fruchtung", so  kann  man,  um  das  Reifei  möglichst  scharf  zu  definieren, 
den  Namen  „Eikern"   statt  Keimbläschen  mit  Vorteil  zit  verwenden. 

Nach  der  Meinitng  Nagel's  müßten  die  reifenden  Eier  des  Menschen 
noch  in  den  Eierstocksfollikeln  gesucht  werden,  die  Reifeier  dagegen 
im  Anfangsteile  der  Tube.  V^ie  gesagt,  kennen  wir  diese  beiden  Stufen 
des  menschlichen  Eies  noch  nicht.  Wir  wissen  auch  nicht,  zu  welcher 
Periode  der  Ausbilditng  des  Ovulum  humanuni  das  Eindringen  der 
Spermien  erfolgt  und  wie  dies  geschieht. 

Von  dem  gewöhnlich  sogenannten  reifen  Ei  des  Menschen, 
d.  i.  also  von  der  ausgewachsenen  Oocyte,  dem  fertigen 
Ei,  giebt  in  der  neuesten  (7.)  Auflage  seines  Lehrbuches  0.  Hert- 
wiG  p.  13,  im  wesentlichen  nach  W.  Nagel,  folgende  übersichtliche 
Beschreibung,  die  ich  fast  wörtlich  übernehme,  da  ich  dieselbe  durch- 
aus zutreffend  finde  und  nichts  Besseres  an  ihre  Stelle  zu  setzen  ver- 
mag: 

„Das  menschliche  Ei  behält  auf  allen  Entwickelungsstufen  seine 
Durchsichtigkeit,  so  daß  man  auch  am  überlebenden  Objekt  alle  ana- 
tomischen Einzelheiten  auf  das  genaueste  erkennen  kann.  Der  Dotter, 
s.  Fig.  134,  ist  in  2  Schichten  gesondert.  In  der  inneren  (centralen) 
Schicht  liegt  vornehmlich  das  Deutoplasma;  es  veranlaßt  hier  im 
Gegensätze  zu  den  meisten  Säugetiereieru ,  nur  eine  geringfügige 
Trübung,  da  es  teils  aus  mattglänzenden,  teils  aus  stark  lichtbrechenden 
Krümelchen  gröberer  und  feinerer  Natur  besteht;  doch  kann  man  eine 
so  deutliche  Abgrenzung  der  einzelnen  Dotterelemente,  wie  dies  bei 
vielen  Säugetieren  und  niederen  V^ertebraten  der  Fall  ist,  nicht  er- 
kennen. Die  äußere  Schicht,  die  Pvandzone  des  Ooplasmas  ist 
weit  feinkörniger  und  durchsichtiger  und  schließt  das  Keimbläschen 
samt  dessen  großen  Keim  flecke  ein  (s.  Fig.  134  und  135).  Die 
Zona  pellucida  ist  auffallend  breit,  s.  Fig.  70,  fein  radiär  gestreift 
und  bei  Eiern  in  nahezu  völliger  Ausbildung  vom  Dotter  durch  einen 
schmalen  perivitellinen  Spaltraum  getrennt  (vgl.  darüber  w.  u.). 
Die  menschlichen  ohne  Läsion   aus   den  Ovarialfollikeln  ausgetretenen 


330 


W.  Waldeyre, 


Eier  zeigen  stets  ein  mehrschichtiges  Epithel,  Corona  radiata 
(Bischoff).  Das  Durchschnittsmaß  solcher  Oocyten  (fertiger  Eier)  ist 
0,17  mm." 


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Fig.  134.  Nahezu  reifes  Ei  vom  Menschen  (ausgewachsene  Oocyte),  frisch  dem 
noch  lebenswarmen  Eierstocke  entnommen.  Außen  das  Epithel  mit  der  hellen 
Zona  pellucida,  darunter  eine  breite  Schicht  dotierarmen  Ooplasmas,  in 
der  Mitte  das  dott  er  reiche  Ooplasraa.  Links  oben  Keimbläschen  mit  Keim- 
fleck.     Einige  subzonale  Kerne.     Frl.  E.  MACiEX  del.     500 :  1.  I 


Dieser  übersichtlichen  Schilderung  fügen  wir  nun  noch  einige 
Angaben  zur  Erläuterung  und  eingehenderen  Darstellung  hinzu. 

Eiepithel.  Das  von  W.  Nagel  (400)  abgebildete  Ei,  welches 
ich  selbst  mit  Nagel  stundenlang  unter  dem  Mikroskope  beobachtet  habe, 
zeigte  die  Corona  radiata  genau  so,  wie  sie  in  der  Abbildung  Nagel's 
(Taf.  XX,  Fig.  5)  wiedergegeben  ist,  mit  3 — 4  Schichten,  deren  tiefste 
in  sehr  regelmäßiger  Weise  radiär  zur  Zona  sich  stellte.  An  dem  Ei 
der  Eig.  76  hier  waren  nicht  so  viele  Schichten  erhalten;  an  einigen 
Stellen  sieht  man  2  Lagen,  meist  nur  eine ;  nur  an  einem  kleinen  Be- 
zirke (rechts)  sind  mehrere  Zellen  aufeinander  gehäuft ;  doch  ist  es  kaum 
zu  bestimmen,  ob  dies  eine  natürliche  Lagerung  ist.  Das  Eiepithel  in 
Eig.  134  ist  halbschematisch,  wie  es  an  einem  Eisenhämatoxylin-Präparate 


Die  Geschlechtszellen.  331 

erscheint,  wiedergegeben.  In  Fig.  135,  einer  weit  jüngeren  Oocyte  eines 
neugeborenen  Mädchens ,  ist  noch  gar  keine  Corona  radiata  gebildet. 
Bemerkenswert  sind  die  abgej^latteten  Kerne,  welche  hier  der  Eiober- 
fläche  dicht  anlagern.  Alles  dieses  spricht  für  die  Ansicht  Bischoff's 
(M.   1950),   daß  eine  gut  ausgebildete  Corona  ein  Zeichen    der  nahenden 


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Fig.  135.  Ei  eines  neugeborenen  Mädchens  in  situ  inmitten  des  Discus  pro- 
ligerus.  An  der  Peripherie  des  Eies  ein  deutlicher  Grenzkontur;  darauf  liegen 
abgeflachte  Kerne.  Oben  ein  Stück  der  Follikelwand  mit  Kernen  und  roten 
Blutkörperchen.  Gefäßwaudungen  nicht  sichtbar.  Xach  einem  Präparate  W.  Nagel's. 
Frl.  E.  Magen  del.    Vergr.  500/1. 

Reife  des  Eies  sei ;  denn  ich  muß  auch  das  von  Nagel  (1.  c.)  abgebildete 
Ei,  seiner  besser  ausgebildeten  Dotterbestandteile  halber,  für  älter  als 
das  der  Eig.   76,  p.   255   erklären. 

Daß  indessen  eine  deutliche  Corona  ein  völlig  reifes  Ei  anzeige, 
wie  es  wohl  Bischoff  gemeint  hat,  soll  nicht  gesagt  sein.  Es  ist  hier 
deshalb  auch  nur  von  der  „nahenden"  Reife  gesprochen  worden.  E.  Vax 
Bexedex  (288)  und  Nagel  (490)  haben  sich  in  diesem  Sinne  schon 
gegen  Bischoff  geäußert. 


332  W.  Waldeyer, 

Zoiia  pell  u  cid  a.  Beim  Ei  des  Menschen  ist  nur  eine  Eihülle, 
die  Zona  pellucida,  vorhanden.  W.  Nagel  bildet  sie  auch  an 
jüngeren  Eiern  stets  als  fein  radiär  gestreift  ab,  was  ich  für  das  von 
ihm  abgebildete  nahezu  reife  Ei  einer  30-jährigen  Frau  (Taf.  XX,  Eig.  5) 
auch  als  richtig  anerkennen  muß.  An  dem  von  mir  in  Fig.  76  ab- 
gebildeten frischen  Ei  ist  die  Streifung  nicht  deutlich  wahrzunehmen ;  an 
anderen  gleicher  Entwickelungsstufe  habe  ich  sie  indessen  auch  gesehen. 
Auch  V.  Ebner  sieht  die  Streifung  an  frischen  Präparaten  nur  selten.  Den 
Abbildungen  Nagel's  zufolge,  die  größtenteils  von  erhärteten  Eiern  ent- 
nommen sind,  scheint  die  Streifung  an  solchen  deutlicher  zu  werden.  — 
Daß  sich  die  Zona  in  Falten  legen  kann,  ohne  zu  reißen,  habe  ich  mehr- 
fach beobachtet.  Die  äußere  Fläche  der  Zona  zum  Eiepithel  hin  ist 
stets  uneben.  Wenn  es  in  der  Abbildung  Fig.  76  den  Anschein  hat, 
als  ob  Fortsätze  der  Zellen  des  Eiepithels  tief  in  die  Zona  eingedrungen 
wären,  so  ist  das  in  diesem  besonderen  Falle,  soweit  das  am  betreffenden 
Präparate  zur  Entscheidung  zu  bringen  war,  augenscheinlich  nur  darauf 
zurückzuführen,  daß  wir  hier  eine  Flächenansicht  des  Eies,  welches  mit 
seinem  Aequator  eingestellt  ist,  vor  uns  haben.  Fortsätze  von  Zellen, 
welche  über  oder  unter  der  gerade  eingestellten  Ebene  liegen,  können 
sich  dann  leicht  so  ausnehmen,  als  steckten  sie  in  der  Zona  selbst.  Daß 
aber  letzteres  thatsächlich  vorkommt,  wurde  bereits  p.  290  anerkannt. 
Die  Zona  ist  elastisch,  wasserreich,  quellungsfähig,  nicht  doppelbrechend 
(v.  Ebner  1.  c). 

P  eri  vit  el  li  n  e  r  Eaum.  Der  von  W.  Nagel  abg-ebiklete  und 
als  konstant  bei  menschlichen  Eiern,  deren  Zona  einigermaßen  ausgebildet 
ist,  angenommene  schmale  p  er  i  vi  t  e  lline  Sp  al  t  r  aum  ,  s.  p  254  ist  in 
neuerer  Zeit,  insbesondere  von  v.  Ebner  (350),  bei  Eiern  dieses  Stadiums 
bestritten  worden.  Daß  er  in  der  mehrfach  citierten  von  Nagel  be- 
schriebenen und  abgebildeten  großen  Ooc3'te  einer  30-jährigen  Frau  vor- 
handen war,  davon  habe  ich  mich  selbst  überzeugen  können.  Dagegen 
habe  ich  ihn  an  den  für  die  Darstellung  dieses  Kapitels  neu  und  in 
frischem  Zustande  untersuchten  menschlichen  Eiern,  wie  unter  anderem  in 
den  der  Figg.  76  u.  134  zu  Grunde  liegenden,  nicht  sehen  können.  Diese 
Eier  waren  aber  alle  augenscheinlich  auch  noch  weniger  ausgebildet,  als 
das  eben  angezogene  Ei  der  NAGEL'schen  Tafel  XX  (490).  v.  Ebner 
giebt  indessen  selbst  zu,  daß  sich  ein  perivitelliner  S])altraum  zur  Zeit 
der  Ausstoßung  der  Eichtungskörper  und  bei  dei-  Befruchtung  bilde.  Er 
sagt  nicht,  ob  er  dies  beim  Menschen  oder  bei  Säugetieren  beobachtet 
hat ;  ich  darf  aber  wohl  aniiehmen  bei  letzteren ;  beim  Menschen  könnte 
sich  ein  solcher  Spaltraum  auch  etwas  früher  zeigen,  imd  es  bildete 
dann  Nagel's  Angabe,  wenigstens  für  das  frisch  beobachtete  Ei  seiner 
Fig.  5,  Taf.  XX,  1.  c,  welches  ich  für  ein  dicht  vor  der  Reifung  stehendes 
halte,  keinen  Gegensatz.  An  den  erhärteten  Pi'äparaten  Nagel's  dürfte 
indessen  der  als  perivitelliner  Spaltraum  gedeutete  subzonale  Raum  auf 
die  Härtung  zurückzuführen  sein. 

Dem  Spaltraum  schreibt  Nagel  deshalb  eine  solche  Bedeutung  zu, 
weil  er  eine  Drehung  des  Ooplasmas  mitsamt  dem  Keimbläschen  inner- 
halb der  Zona  ermögliche  und  es  auf  diese  Weise  verständlich  Averde, 
daß  auch  bei  den  menschlichen  (und  Säugetier-)  Eiern  das  Keimbläschen 
im  frischen  freiliegenden  Ei  immer  nach  oben  dem  Beschauer  zugewendet 
liege.  Ich  stimme  hier  v.  Ebner  bei,  daß  diese  Thatsache  sich  ebenso 
leicht  dadurch  erklären  lasse,  daß  das  specifisch  leichtere  Keimbläschen 
in  dem  nahezu  flüssigen  Ooplasma  nach  aufwärts  steige. 


Die  Greschlechtszellen.  333 

Ooplasma.  Dicht  unterhalb  der  Zona  findet  sich  eine  sehr 
schmale,  fein])iiiiktiert  erscheinende  Substanz,  die  ,.f  e  i  n  k  ü  r  n  i  g  e  D  o  1 1  e  r  - 
rinde''  v.  Ehnku's  („Ooplasmarinde"  würde  ich  vorziehen  zu  sagen), 
die  ich  gleichfalls  stets  deutlich  wahrnehmen  konnte ;  darauf  folgt  eine 
breitere  hellere  Ooplasmazone,  in  welcher  bei  den  nahezu  reifen  Eiern 
das  Keimbläschen  lagert,  und  dann  die  centrale  dunklere  Ooplasmamasse. 
Es  wurde  erwähnt,  daß  die  hier  eingelagerten  Deutoplasmamassen  viel 
blasser,  kleiner  und  weniger  scharf  begrenzt  sind  als  bei  denjenigen 
Säugetiereiern,  die  am  meisten  untersucht  zu  werden  pflegen,  das  sind 
die  Eier  unserer  Hausnager  und  Zuchttiere.  Daß  es  aber  auch  ähnliche 
dotterarme  Säugetiereier,  wie  es  das  menschliche  Ei  ist,  geben  dürfte, 
ist  wohl  nicht  abzulehnen.  Wir  erwähnten  dies  bereits  nach  E.  Vax 
Bexedex  bei  einer  Eledermausart.  Erwähnt  wurden  ferner,  s.  Fig.  76 
und  p.  256,  die  subzonalen  Kerne.  Xicht  gar  selten  sah  ich  regel- 
mäßige Bröckel  xmd  bräunliche  Körper  im  Ooplasma,  über  deren  Natur 
ich  nichts  aussagen  kann.  Von  größeren  scholligen  Dotterkörpern  berichten 
V.  KöLLiKER  und  V.  Ebxeu.  Nagel  beschreibt,  1.  c.  Taf.  XXI,  Fig.  7, 
zwei  solcher  Bröckel  in  einem  menschlichen  Ei,  welche  er  für  ßichtungs- 
körperreste  halten  möchte.  Mir  scheint  diese  Deutung  angesichts  des 
in  derselben  Eizelle  abgebildeten  völlig  unveränderten  Keimbläschens 
nicht  zulässig. 

Keimbläschen  und  Keim  fleck.  Dem  früher  im  allgemeinen 
Gesagten  (p.  259  ff.)  braucht  für  das  Ovulum  humanuni  nichts  mehr  hin- 
zugefügt zu  werden.  Hervorheben  wollen  wir  nur  noch  einmal,  daß  die 
Vesicula  germinativa  samt  Keimfleck  des  menschlichen  Eies  verhältnis- 
mäßig groß  ist  und  in  dem  lichten  Ooplasma  meist  sehr  schön  und  deut- 
lich hervortritt. 

In  Eig.  135  habe  ich  noch  eine  jüngere  menschliche  Oocj'te 
von  einem  neugeborenen  Mädchen  inmitten  ihres  Discus  proligerus  ab- 
bilden lassen.  Man  sieht  hier  noch  nichts  von  einer  Zona  pellucida. 
Zwar  findet  sich  am  Ooplasma  ein  deutlicher,  fast  wie  eine  Dotterhaut 
sich  ausnehmender  Grenzkontur,  ob  das  aber  eine  solche  Haut  oder 
die  erste  Spur  einer  Zona  ist,  kann  nicht  entschieden  werden.  Das 
Ooplasma  erscheint  noch  fast  rein  protoplasmatisch. 

3.  Eier  der  E  v  e  rtebrateu. 

Ueber  die  allgemein  bedeutsamen  Teile  der  Eier  der  Wirbellosen 
ist  bereits  im  Vorhergehenden  an  vielen  Stellen  das  Wesentlichste 
mitgeteilt  worden. 

P.  222  besprachen  wir  nach  Boveri  die  Abstammung  der  Ge- 
schlechtszellen bei  Ascaris,  p.  228  die  Bildung  von  Laich  und 
Cocons  bei  Wirbellosen,  p.  231  findet  sich  eine  kurze  chemische 
Notiz.  P.  233  ff.  sind  die  Ü r e i e r  der  Cölenteraten  und  Poriferen 
(mit  Abbildungen)  dargestellt,  p.  243  die  Eier  von  Dipteren,  Abbildung 
Fig.  77.  Ueber  Färbung  der  Eier  von  Patella  und  Teuthis 
liegt  ebendaselbst  eine  Angabe  vor;  p.  244  über  dotterarme  Eier 
Wirbelloser.  Dotter  kör  per  bei  Insekteneiern  wm-den  p.  249  er- 
wähnt ;  das  Endoplasma  und  Exoplasma  bei  Cölenteraten  und 
Lingula  anatina  p.  254,  das  Chlorophyll,  die  Nährzellen 
und  Pseudozellen  vom  Hydra-Ei  p.  256.  Die  Einteilung  der 
Eier  der  Wirbellosen  nach  ihrem  Dotter gehalt  wurde  p.  257  ge- 
geben. Das  Keimbläschen  findet  sich  abgehandelt  p.  260,  der 
Keimfleck    p.  264,    265,    267    und    269,    der    Dotter  kern,    insbe- 


334 


W.  Waldeyer, 


sondere  bei  Spinnen,  p.  271  ff.  mit  den  Figg.  96,  97  und  98  von 
Tegeneria,  der  Sph  äre  n  appar  a  t  p.  279  IT.  und  endlich  die 
Nebenkörper  Wirbelloser  p.   284. 

Da  wir  ferner  in  dem  jüngst  erschienenen  allgemeinen  Teile  des 
KoRSCHELT-HEiDER'schen  Werkes  (GGOa)  eine  sehr  eingehende  Schil- 
derung der  Eier  der  Wirbellosen  erhalten  haben,  so  sind  an  dieser 
Stelle  nur  noch  wenige,  das  Gesamtverhalten  dieser  Eier  in  den  ein- 
zelnen   Klassen    betreffende   Bemerkungen    hinzuzufügen. 

Die  Eier  der  Wirbellosen  sind,  wenn  auch  als  „Zellen"  groß,  so 
doch  als  „Eier"  im  allgemeinen  klein;  die  größten,  etwa  vom  Um- 
fange einer  Haselnuß  (die  Kapselbildungen  eingerechnet),  finden  sich  bei 
den  Cephalopoden  (Sepia,  Eledone).  Ihre  Form  ist  sphärisch, 
oder  walzenförmig,  auch  stumpfspindlig  (S  e  p  i  a),  oder  eine  kleinere  regel- 
mäßigere Spindelform  (E  chino  rhy  n  chu  s).  Die  nackten  Eier  der 
C  ö  1  e  n  t  e  r  a  t  e  n  und  P  o  r  i  f  e  r  e  n  zeigen  amöboide  Bewegungen  mit 
sehr  wechselnder  Form,   insbesondere  bei  Hydra.      S.  Fig.  59  u.  136. 


Fig.  136.  A  Ei  von 
Hydra  viridis  weiter 
entwickelt.  Die  Einschlü.'ise 
stellen  nach  Kleinenberg 
teils  Pse  udozellen  (s.  p. 
256),  teils  Chi  orophyll , 
teils  Dotterkörper  dar ; 
die  letzteren  zerfallen  als- 
bald in  feine  Granula.  Das 
Ei  selbst  befindet  sich  im 
amöboiden  Zustande,  gv 
das  Keim  blase h en.  Ein 
Keimfleck  war  nach  der 
Angabe  Kleinenberg's 
vorhanden,  tritt  aber  in 
der  Figur  nicht  hervor.  B 
P  s  e  u  d  o  z  e  11  e.  Nach 

Kleinenberg    (M-   1328, 
Taf.  II,  Fig.  10). 


Die  Farbe  ist  gewöhnlich  weißlich  —  man  vergleiche  die  allge- 
mein bekannten  Eier  der  Oviparen  Dipteren,  insbesondere  der  Fliegen- 
arten —  Stubenfliege,  Schmeißfliege  (Musca  vomitoria)  —  aber 
es  kommen  auch  Eier  in  allerlei  Farben  vor:  bräunlich  (PI  at  t  w  ürm  er), 
gelblich  ( L  i  n  g  u  1  a  a  n  a  t  i  n  a) ,  schwarz  (Sepia),  bläulich  T  h  e  u  t  i  s  - 
arten  (s.  p.  243). 

Nackte  Eier  wechseln  ab  mit  anderen,  die  mit  harten  Schalen 
und  Kapseln  vei'sehen  sind  ;  bei  den  letzteren  trifft  man  M  i  k  r  o  - 
p  y  1  e  n  a  p  p  a  r  a  t  e  von  oft  sehr  verwickelter  und  zierlich  gezeichneter  Aus- 
bildung (Insekten).  Von  den  nackt  bleibenden  Eizellen  erscheinen 
manche  in  recht  ansehnlicher  Größe  mit  großem  klaren  Keimbläschen 
und  Keimfleck :  auch  nutritive  Einschlüsse,  wie  Dotterkörper  u.  a.,  können 
sich  in  diesen  Eiern  in  erheblichen  Mengen  ausbilden   fs.  Fig.    136). 

Reich  an  Dotterkörpern  sind  insbesondere  die  Eier  der  meisten 
Arthropoden  und  vor  allem  die  der  Cephalopoden   (s.  w.   u.). 

Die  Eihüllen  der  Wirbellosen  sind  sehr  mannigfaltig  strukturiert, 
folgen  abei'  den  vorhin  im  allgemeinen  dargestellten  Entwickelungs wegen. 
Wir  haben  Eier  mit  einfacher  zarter  Dotterhaut,  dann  solche 
mit  einer  dicken  Z  o  n  a  r  a  d  i  a  t  a  (H  o  1  o  t  h  u  r  i  e  n) ,  dann  solche  mit 
echten,    vom  Follikelepithel    abzuleitenden  C  h  o  r  i  o  n    (Insekten,    C  e  - 


Die  Geschlechtszellen.  335 

I^halopoden);  hierzu  kann  noch  eine  echte  Dotterhaut  vorhanden  sein 
(In  seiften)  oder  sie  kann  fehlen  (C  eph  alo  poden).  Endlich  kommen 
nun  noch  bei  vielen  tertiäre  E  i  h  ü  1 1  e  u  vor,  die  von  den  ableitenden 
Wegen  und  auch  von  besonderen  Drüsen,  z.  B.  den  Nidamental- 
drüsen  bei  den  Cephalopoden  gebildet  werden.  Vielfach  sind  sie  mit 
allerlei  Anhängen,  Haken,  Stacheln,  Buckeln  u.  a. ,  zur  Befestigung 
versehen ;  in  anderen  Fällen  werden  sie  durch  eine  Klebegallerte  be- 
festigt, oder  sind  durch  solche  zu  einem  Laich  vereinigt.  Von  diesen 
und  von  den  Coconbildungen  war  schon  die  Rede  (p.  228). 

Einzelne  Eier  (D  i  s  t  o  m  e  u  ,  T  ä  n  i  e  n)  zeigen  an  einem  Pole  einen 
abhebbaren  (?)  Deckel. 

Mancher  interessanter  Eigentümlichkeiten  halber  sollen  die  Eier  der 
A seidien  und  der  Cephalopoden  noch  besonders  besprochen  werden. 

Die  Eier  der  A  s  c  i  d  i  e  n  zeigen  an  der  Innenseite  der  sie  um- 
schließenden Eihülle  eine  Schicht  epithelioider  Zellen,  zwischen  Hülle 
und  Ooplasma,  die  v.  Kupffer  in  der  (irrigen)  Annahme,  daß  daraus  der 
„Mantel"  (Testa)  der  Ascidien  hervorginge,  mit  dem  Namen  Testa- 
z eilen  belegt  hat. 

Die  reifen  Eier  von  Ascidia  canina  lassen,  sobald  sie  frei 
werden,  das  anhaftende  Follikelepithel  —  dieses  wäre  der  Corona  radiata 
der  Säugetiereier  zu  vergleichen  —  zu  sehr  regelmäßig  angeordneten, 
papillenähnlichen  Zöttchen  auswachsen,  und  zwar  wächst  jede  Zelle  zu 
einem  solchen  zottenförmigen  Gebilde  heran.  Diese  Zottenzellen  haben 
ein  schaumiges  Aussehen  (Schaumzellen  i :  ihr  Kern  bleibt  als  dunklerer 
kugeliger  Körper  erhalten  (s.  Eig.  137).  Eine  äußere  Lage  des  Follikel- 
epithels  bleibt  im  Follikel  zurück  und  kann  sich  zu  einer  Art  Corpus 
luteum,  (s.  später)  ausbilden.  Nach  innen  von  dem  Zottenepithel  liegt 
(als  dunkle  Linie  in  der  Figurj  eine  Membran,  das  Chorion;  an  dessen 
Innenfläche  findet  sich  die  einschichtige  Lage  der  Testazellen;  darauf 
folgt  die  (hell  gehaltene)  Gallertschicht,  dann  das  Ooplasma  der  Eizelle, 
deren  Kern  in  den  Eiern  dieses  Stadiums  wegen  der  dunklen  Beschaifen- 
heit  des  Ooplasmas  niu-  schwer  sichtbar  ist;  in  Fig.  137  ist  er  gar  nicht 
zu  erkennen.     Eine  Dotterhaut  giebt  es  nicht. 

Ueber    die  Genese    der   Testa- 
zellen  ist  viel  Streit   gefühi't   worden. 

Fig.  137.  Reifes  Ei  aus  dem  Ovidukt 
von  Ascidia  canina.  c  Follikelzellen 
(Schaurazellen).  rf  Chorion.  eTestazellen. 
/Ooplasma.  .c  Gallertschich  t.  Nach 
V.  KuPFFEE,  Arch.  mikrosk.  Anat.,  Bd.  VI, 
p.  115,  Taf.  VIII,  Fig.  4.  (Die  Fig.  1.37  ist 
der  Fig.  182  von  Korschelt-Heider  [666a] 
nachgedruckt;  sie  stellt  aber  keine  getreue 
Kopie  der  v.  KuPFFER'schen  Originalfigur  dar, 
die  nicht  als  Durchschnittsbild',  sondern  als 
Flächenbild  gezeichnet  ist,  so  daß  man  den 
hellen  Raum  .-•  noch  ganz  wie  mit  Zellen  aus- 
tapeziert sieht.) 

KoRSCHELT  und  Heider  sprechen  sich  für  die  Ansicht,  der  auch  die 
Mehrzahl  der  neueren  Forscher  huldigt,  aus,  daß  die  Testazellen  Ab- 
kömmlinge des  Follikelepithels  sind,  die  zum  Ooplasma  hin  verschoben 
werden,  teilweise  in  dasselbe  hineindringen  und  sich  dort  auflösen,  teil- 
weise aber  eine  vollständige  zweite  Zellenschicht  zwischen  dem  ursprüng- 
lichen Follikelepithel  und  dem  Ooplasma  bilden.  Sind  die  Testazellen 
in  hinreichender  Menge    entwickelt,    dann    erst    entsteht    zwischen  ihnen 


336  W.  Waldeyer, 

und  dem  Follikelej)itliel  die  Membran  d  (Fig.  137),  die  also  nur  ein 
Produkt  von  FoUikelepithelzellen  —  oder,  was  dasselbe  sagen  wiu-de, 
der  Testazellen  —  sein  kann,  sonach  mit  dem  Namen  „Chorion"  bedacht 
Averden  mulJ.  Wahrscheinlich  bilden,  wie  ich  meine,  die  Testazellen  die 
Gallertschicht  und  dienen  auch  sonst  zur  Ernährung  des  Eies.  Ist  dem 
so,  dann  stellen  die  Testazellen  der  Ascidieneier  nur  einen  speziellen, 
ganz  besonders  ausgebildeten  Fall  eines,  wie  es  scheint,  allgemeinen 
Vorkommnisses  bei  der  follikulären  Eibildung  dar.  Vgl.  das  über  die 
Befunde  von  KoiiLP.urGGE  und  Wetzel  p.  256  und  269  Gesagte. 

Außer  durch  ihre  Größe,  Färbung,  Laich-  und  Kapselbildung  fallen 
die  Cephalopodeneier  durch  ihren  Dotterreichtum  auf,  der  sie  zu 
echten  meroblastischen  Eiern  stempelt,  wie  insbesondere  v.  Kol- 
LiKER  1844  in  seiner  aiisgezeichneten  Arbeit  (M.  1332)  gezeigt  hat.  Bei 
keiner  anderen  Eiart  ergiebt  sich  eine  so  scharfe  Trennung  zwischen 
dem  sich  furchenden  Keime  und  dem  dotterhaltigen  Ooplasma.  Die 
Gattung  Argonauta  scheint  mit  Eiern  von  1,3  mm  die  kleinsten, 
Eledone  mit  Eiern  von  15  mm  und  darüber  die  größten  Eier  dieser 
merkwürdigen  Tierklasse  zu  haben.  Bei  den  Oktopoden  fehlen  die 
äußeren  Kapsel-  oder  Gallertmassen ;  hier  besitzen  die  Eier  nur  ein 
Chorion.  Dieses  ist  mit  einer  klar  ausgebildeten,  unmittelbar  über  dem  zu 
ihr  gewendeten  Keime  mündenden  M  i  k  r  o  p  y  1  e  versehen.  Vom  Keime 
geht  ein  dünner  Protoplasmamantel  rings  um  das  ganze  Ei :  zwischen 
diesem  i;nd  dem  Chorion  liegt  eine  ansehnliche  Menge  einer  hellen,  eiweiß- 
haltigen Flüssigkeit.  Diese  Verhältnisse  erinnern  an  den  Bau  der 
Teleostiereier.  Der  Dotter  der  Cephalopodeneier  hat  eine  feinkörnige 
Beschaffenheit. 

Als  besonders  bemerkensAvert  muß  beim  Cephalopodenei  dessen 
sicher  ausgesprochene  polare  und  bilaterale  Differenzierung 
hervorgehoben  werden ;  wir  kommen  dai'auf  später  zurück. 

In  einzelnen  Fällen  stellt  der  Cephalopodenlaich  sehr  be- 
deutende Massen  dar.  So  fischte  Guenacher,  wie  ich  aus  Korschelt- 
Heider  entlehne,  bei  den  Kapverdischen  Inseln  eine  wahrscheinlich  einer 
•Teuthid  en- Art  angehörige  Laichmasse  auf  von  75  cm  Länge  und 
15  cm  Breite,  in  der  die  Eier  zu  Tausenden  eingebettet  lagen.  Unter 
den  Teuthiden  kommen  allerdings  Exemplare,  insbesondere  der  Gattung 
Architeuthis  vor  von  mehreren  Metern  KörjDcr-  und  bis  zu  10  bis 
lim  Fangarmlänge,   so  daß  solche  große  Laichmassen  wohl  erklärbar  sind. 

Auf  einige  andere  Verhältnisse,  insbesondere  auf  die  z  u  s  a  m  m  e  n  - 
gesetzten  Eier  der  P 1  a  t  h  e  1  m  i  n  t  h  e  n  mit  Eizellen  und  Dotterzellen 
kommen  wir  bei  den  Abschnitten   „Klassifikation"  und  „Oogenese"  zurück. 

4.  Eier  der  Pflanzen. 

Bei  den  niederen  Pflanzen  mit  sexueller  Fortpflanzung,  wie 
wir  unter  den  Kryptogamen  zahlreiche  Beispiele  haben,  sind  häufig  die 
kopulierenden  Zellen  einander  gleich  und  sind  im  Bau  einfachen  Zellen 
ähnlich,  so  bei  dem  jüngst  von  Juel  (Ueber  Zellinhalt,  Befruchtung  und 
Sporenbildung  bei  Dipodascus  ;  Flora,  Allgemeine  botanische  Zeitung, 
Ergänzungsband,  1902)  bearbeiteten,  in  Pflanzensäften  vegetierenden 
Fadenpilze,  Dipodascus.  Zwei  Zellen,  je  mit  10 — 12  Kernen,  erweisen 
sich  als  Geschlechtszellen,  können  jedoch  noch  nicht  als  $  oder  S  unter- 
schieden werden.  Bei  der  Kopulation  sieht  man  von  der  einen  Zelle,  dem 
P  ollin  od,  die  Kerne  in  die  andere,  das  Karpogon,  hinüberwan- 
dern; das  P  oll  in  od  ist  die  Samenzelle,  das  Karpo  gon  die  Eizelle. 


Die  Geschlechtszellen.  337 

Nach  der  so  vollzogenen  T'efruchtung  entwickelt  sich  das  Karpogon 
weiter,  wächst  stark  und  liefert  die  jungen  Sporen,  während  das 
Pollinod  nicht  an  Größe  zunimmt. 

Bis  zu  den  höchsten  Pflanzen  hinauf  erscheint  durchweg  das  Ei 
unter  der  Form  einer  einfachen  Zelle,  der  Eizelle,  entweder  nackt 
oder  doch  nur  mit  feiner  Hülle,  Kern,  Kernkörper  und  Protojjlasma. 
Unsicher  ist  noch  das  Vorkommen  von  Sphärenapparaten. 

Die  insbesondere  auf  GririxAED's  frühere  Untersuchungen  (bei 
Lilium  Martagon)  zurückzuführenden  Angaben  von  Centrosomen-  und 
Centriolen  -  ähnlichen  Körpern  in  den  Eizellen  der  Pflanzen  haben 
durch  die  neueren  Forschungen  keine  Bestätigung  erfahren.  Erst  nach 
der  Befruchtung  treten  an  den  Spind  eljoolen  der  ersten  Teilungsfigur  sehr 
kleine  Centralkörperchen  auf,  die  man  als  Centriolen  ansehen  darf.  Wo- 
her sie  stammen,  ist  noch  nicht  aufgeklärt.  In  der  unbefruchteten  Ei- 
zelle fehlen  sie ;  ob  sie  mit  dem  Spermium  eingeführt  werden,  geht  aus 
den  vorhandenen  Angaben  bis  jetzt  nicht  hervor.  Daß  indessen  an  den 
Pfianzenspermien  Centralkörperchen  ähnliche  Bildungen  ( Blepharoplasten) 
vorkommen,  haben  wir  p.  202  &.  gesehen.  In  den  Gewebszellen  der 
niederen  Pflanzen  fehlen  Centralkörperchen  nicht.  Vgl.  Strasburger, 
XoLL  etc.,  Lehrbuch  der  Botanik,  5.  Aufl.,  1902,  p.  50,  ferner  Stras- 
BURGBR,  Botanisches  Praktikum,  4.  Aufl.,  1902,  p.  609,  dann  P.  B. 
Farmer  und  Williams  (638d),  Strasburger  (708  III)  und  Guignard 
(650a). 

Die  Befruchtung  geschieht,  wie  wir  sahen  (p.  148),  bei  den 
Pflanzen  entweder  durch  Spermien,  oder  in  Schläuche  auswachsende 
Pollenzellen,  indem  diese  mit  der  Eizelle  kopulieren. 

Die  zarten,  an  sich  nicht  geschützten  Eizellen  der  Phanerogamen 
liegen  von  verschiedenen  Hüllen  (Embryosack  mit  Endosperm- 
g e  w e b e  und  Archegonium,  Nucellus  und  Integumente)  ein- 
geschlossen und  bilden  mit  diesen  Hüllen  zusammen  die  Samenanlage. 
Die  Eizelle  selbst  wird  unmittelbar  vom  Archegonium,  einer  schlauch- 
oder  sackförmigen  zelligen  Hülle,  umgeben.  Die  Integumente  lassen  am 
oberen  Ende  der  Anlage  eine  kleine  Oeffnung,  die  Mikropyle,  frei, 
durch  welche  der  Pollenschlauch  bis  zum  Nucellus  und  Endosperm,  dann 
durch   den    „Halskanal"   des  Archegonium  zur  Eizelle  selbst  vordringt. 

Nach  der  Befruchtung  entwickelt  sich  durch  einen  Fui'chungsprozeß 
die  Eizelle  zum  Keim  und  die  Samenanlage  zum  Samen.  Nährmassen, 
die  man  dem  Dotter  und  den  Eiweißhüllen  der  tierischen  Eier  ver- 
gleichen könnte,  sind  selten  in  nennenswertem  Maße  in  der  Eizelle  selbst 
aufgespeichert  —  und  darin  liegt  ein  bemerkenswerter  Unterschied 
zwischen  der  tierischen  und  pflanzlichen  Eizelle  —  wohl  aber  können 
sie  in  den  Zellen  des  Keimes  sich  ansammeln  und  insbesondere  in  den 
Hüllen  der  Samenanlage,  wo  bei  vielen  Samen  ein  besonderes  Nähr- 
gewebe, entweder  aus  dem  Nucellus  oder  dem  Endospermgewebe  sich 
bildet. 

Ich  füge  hinzu,  daß  vom  „Samen"  die  „Frucht"  wohl  unter- 
schieden werden  muß,  die  nach  der  Befruchtung  aus  anderen,  den  Samen 
tragenden  und  einhüllenden  Blütenteilen   entsteht. 

Der  Name  „Ei"  wird  bei  Pflanzen  nur  für  die  nackte  „Eizelle"  ver- 
wendet, nicht  auch  für  die  mit  ihren  oben  genannten  Hüllen  versehene  Ei- 
zelle, wie  dies  bei  den  Tieren  üblich  ist.  Füi'  die  Pflanzeneizelle  zu- 
Handbuch der  Entwickelungslehre.  I.  22 


338  W.  Waldeyer, 

saminen  mit  ihren  Hüllen  bestanden  ja  seit  langem  die  Bezeichnungen 
„Samen"   und  auch   „Frucht",   ehe  man  die   Eizelle  selbst  kannte. 

Auf  einige  andere,  erst  in  der  neuesten  Zeit  ermittelte  merkwürdige 
Dinge,  wie  die  Unterschiede  zwischen  Geschlechtszellen  und  Körper- 
zellen bei  den  Pflanzen,  auf  die  Bedeutung  der  sogenannten  S  3^1  e  r - 
giden  als  abortiver  Eizellen,  sowie  auf  die  Doppelbefruchtung 
soll  später  (0  0  g  e  n  e  s  e)  eingegangen  werden. 

Einen  Vergleich  zwischen  den  Greschlechtszellen  der  Tiere  und 
Pflanzen  hat  V.  Haecker  unternommen  (652,  653,  p.  136  &.).  Hier 
findet  sich  auch   die  neuere  Litteratur  i). 

5.  P  r  0  s  1)  e  k  t  i  V  e  E  i  s  t  r  u  k  t  u  r. 

Ohne  uns  hier  in  eine  Diskussion  über  die  verschiedenen  Theo- 
rieen  des  Wesens  der  Entwickeluny;,  ob  Präformat  Ion  oder  Epi- 
genesis,  ob  organbildende  K  ei  m  bezirke,  ob  Isotropie 
des  Eies,  einzulassen,  ohne  ferner  die  WEiSMANN'sche  „Determi- 
nantenlehre'' und  Ptoux'  „Mosaiktheorie"  sowie  0.  Hertwig's 
„Biogenesis"  zu  erörtern  —  man  wolle  darüber  0.  Hertwig's  Ein- 
leitungskapitel dieses  Handbuches  vergleichen  —  müssen  wir  doch  die- 
jenigen Thatsachen  hervorheben,  welche  zweifellos  zeigen,  daß  in  der 
Eizelle  eine  bestimmte  Struktur  vorhanden  sein  muß,  welche  den  Ent- 
wickelungsgang.  sobald  er  einmal  ausgelöst  ist,  in  seinem  Wege  und 
Ziele  wesentlich  mitbestimmt.  Wir  wollen  diese  Struktur  in  Anlehnung 
an  Driesch  die  p  r  0  s  p  e  k  t  i  v  e  E  i  s  t  r  u  k  t  u  r  nennen ;  auch  der  Name 
„Eistruktur"  schlechtweg  wird  hierfür  verwendet. 

Wenn  wir  hier  der  Eizelle  eine  solche  Struktur  vindizieren ,  so 
werden  wir  hauptsächlich  darauf  geführt  durch  den  Umstand,  daß  die 
Furchungszellen  und  damit  der  Leib  der  jungen  Embryonen  ihr  Material 
unmittelbar  zunächst  aus  der  Eizelle  nehmen,  ferner  dadurch,  daß  wii- 
viele  parthenogenetisch  sich  entwickelnde  Eier  haben,  bei  denen  ein  Einfluß 
des  Spermium  ausgeschlossen  ist.  Indessen  ist  wohl  zu  bedenken,  daß  der 
prospektiven  Eistruktur  nicht  alles  zugewiesen  werden  kann,  wie  ja  die 
Vererbung  ganz  sinnfälliger  väterlicher  Eigenschaften  erweist.  Ist  es 
jetzt  doch  unbestritten,  daß  ().  Hektwio's  Lehre,  die  Erbmasse  für  die 
jungen  Embryonen  müsse  in  den  beiderlei  Ivernsubstanzen  gesucht 
werden,  im  wesentlichen  zutrifft.  Daß  aber  durch  die  Einführung  väter- 
licher Erbmasse  auch  der  Ent wickelungsgang  der  Eizelle  beeinflußt 
werden  muß,  ist  klar.  Vgl.  hierüber  besonders  Boveri's  neueste  Mit- 
teilungen (622g).  Diese  Anerkenntnis  thut  jedoch  der  Annahme  einer 
prospektiven  Eistruktur  keinen  Eintrag. 

Als  sicher  erwiesene  Eistrukturen  können  wir  folgende  aufführen : 
die  Polarität,  die  S  y  m  m  e  t  r  i  e ,  und  für  manche  Eier  eine  lie- 
stimmte  topographische  Anordnung  der  0  rgan  an  lagen, 
die  „organbildenden  Keimbezirke'"  von  His.  Hierher  gehören  ferner 
meines  Erachtens  die .  Fälle,  in  denen  gewisse  Eiformen,  die  auch 
äußerlich  bereits  ausgezeichnet  sind,  nur  Embryonen  eines  bestimmten 
Geschlechtes  entwickeln,  entweder  männliche  oder  weibliche. 

Unter  der  Polarität  der  Eier  verstehen  wir  eine  derartige  An- 
ordnung der  Eizellenbestandteile,  daß  an  zwei  entgegengesetzten  Enden 


1)  Für  einige  hier  benutzte  Litteraturimchweise  bin    ich  Herrn  Professor  Dr. 
E,  Zacharias  sehr  dankbar. 


Die  Geschlechtszellen.  339 

„Polen",  des  Ovuluiii  sich  füi'  die  Eiitwickelung  verschiedenwertige 
Bestandteile  anhäufen,  und  damit  eine  Hauptachse  des  Eies  er- 
zeugt wird.  An  dem  einen  Pole,  dem  ,.a  n  i  m  a  le  n '' ,  finden  wir  dann 
vorzugsweise  das  protoplasmatische  Material,  den  Keim  mit  dem  Keim- 
bläschen, an  dem  anderen,  dem  „vegetativen",  das  deutoplasma- 
tische  (s.  ]).  256  ff.). 

Jüngst  hat  Boveri  (3H6a)  die  bereits  von  Selenka  und  Driesch 
(citiert  nach  Boveri)  nachgewiesene  Polarität  des  Seeigeleies  (Ei  von 
S  t  r  0  n  g y  1  0  c  e  n  t  r  0  t  u  s  1  i  v  i  d  u  s)  genau  dargelegt  und  eingehend 
behandelt.  Das  Ei  von  S  t r  o  n  g y  1  o  c  e  n  t  r  o  t  u  s  1  i  v  i  d  u  s  hat  in  der 
Nähe  des  einen  Poles,  des  vegetativen,  einen  Pigment  ring,  dessen 
breiter  Rand  ziemlich  mit  einem  größten  Kreise  des  kugeligen  Eies 
zusammenfällt  und  daher  annähernd  eine  Eihälfte  als  helles  Stück 
über  sich  hinausragen  hat,  während  an  der  engeren  Ringseite  nur  ein 
kleines,  kuppenförmiges,  helles  Segment  außerhalb  des  Ringes  sicht- 
bar wird.  Durch  den  Ring  wird  eine  Achse  bestimmt,  diese  ist  die 
Eiachse.  Im  größeren  Segmente  liegt  das  Keimbläschen,  jedoch 
excentrisch  zur  Achse;  an  dem  einen  Ende  derselben  findet  sich  in 
der  Gallerthülle  des  Eies  ein  einer  Mikropyle  vergleichbarer  Kanal,  der 
Gallertkanal,  durch  den  die  Richtungskörper  ausgestoßen  werden 
und  durch  den  gewöhnlich  auch  das  befruchtende  Spermium  eintritt. 
Hier  ist,  wie  die  weitere  Entwickelung  zeigt,  der  au i male  Pol  zu 
suchen. 

Längs  der  Achse  zeigt  das  Strongylocentrotus-Ei  nun  eine  sehr 
merkwürdige  Schieb  tun  gs  st  ruk  tu  r,  insofern  eine  erste  Zone, 
das  ist  die  kleinere,  vegetative,  unpigmentierte  Ivui)pe,  das  primäre 
Mesenchym  und  somit  das  Larvenskelet  liefert,  die  Pigmentringzone 
den  Darm  und  dessen  Abkömmlinge ,  die  größere  unpigmentierte 
animale  Eihälfte  den  Ektoblasten  nebst  Zubehör.  Beachtenswert  ist, 
(laß  diese  Polarität  und  Schichtungsstruktur  schon  in  den  Oocyten 
erster  Ordnung  auftritt. 

Selenka  fand  bereits,  daß  während  der  Oogenese  die  Echiniden- 
eier  mit  einem  Ende  an  der  Ovarialwand  wie  mit  einem  sich  länger 
und  länger  ausziehenden  Stiele  haften  bleiben,  während  sie  in  das 
Ovariallumen  mit  dem  dickeren  Ende  vorragen.  An  dem  Stielende  bildet 
sich  nun  höchst  wahrscheinlich  der  Gallertkanal ;  so  kann  denn  die  Pola- 
rität des  Seeigeleies  mit  seiner  Entwäckelungsweise  in  Verbindung  ge- 
bracht werden. 

Zu  den  polar  ditferenzierten  Eiern  zählen  die  anisolecithalen 
Eier  (s.  p.  257),  wie  das  Eroschei,  das  Neunaugenei  und  viele 
andere. 

Von  nicht  geringerer  Bedeutung  als  die  Polarität  ist  die  bila- 
terale S  y  m  m  e  t  r  i  e ,  die  sich  an  vielen  Eiern  nachweisen  läßt,  so  an 
den  Insekten-  und  C  e  p  h  a  1  o  p  o  d  e  n  e i  e  r  n  (Watase,  M.  3257,  und 
Studies  from  Biol.  Laboratory  John  Hopkins  Univers.  Baltimore,  1888, 
Vol.  VI).  Aber  auch  bei  Wirbeltieren,  Amphibien,  Vögeln 
(Kölliker  beim  Huhn),  Torpedo  (Sobotta)  ist  dies  der  Fall,  wie 
sich  aus  der  Anordnung  der  ersten  Blastomeren  sofort  ergiebt.  Bei 
Rana  fällt  in  der  Regel,  wie  Newport,  Pflüger  und  Roux  experi- 
mentell feststellten  und  0.  Schultze  (547)  an  Schnittreihen  bestätigte, 
die  erste  Furche  beim  Segmentationsprozesse  des  Eies  in  die  Median- 
ebene.    Auch  ist,    wie   Van  Bambeke    zeigte,    beim    Amphibienei 

99* 


840  W.  Waldeyer, 

der  Weg,  den  das  befruchtende  Spennium  im  Ei  nimmt,  immer  der- 
selbe; er  kann  an  einer  sich  bildenden  Pigmeiitieriing  (Pigmentstraße) 
erkannt  werden,  so  daß  auch  für  diesen  Vorgang  eine  besondere  regu- 
läre Organisation  des  Eies  vorhanden  sein  muß.  Experimentell  hat 
allerdings  Roux  nachgewiesen,  daß  die  Spermien  auch  gezwungen 
werden  können,  andere  Wege  einzuschlagen  (lokalisierte  Befruchtung). 

E.  Van  Bexedex  war  einer  der  ersten,  welcher,  und  zwar  im  be- 
sonderen für  das  Ascaris-Ei,  die  Polarität  sowohl,  als  die  bilaterale  Sym- 
metrie genauer  untersucht  hat;  ich  verweise  hier  aufsein  unter  No.  616a 
citiei'tes  gru.ndlegendes  Werk ,  vgl.  insbesondere  p.  352.  Ich  möchte 
mich  der  schon  von  Van  Bbxbdbn  ausgesjDrochenen  Meinung  anschließen, 
daß  wahrscheinlich  sämtliche  Eier  eine  polare  und  bilateral-symmetrische 
Struktur  besitzen ,  letztere  wenigstens  für  die  bilateral-symmetrischen 
Geschöpfe. 

Ob  nun  die  bilateral-symmetrische  Struktur  des  unbefruchteten 
Eies  allein  ausreicht,  um  dem  sich  entwickelnden  Embryo  seine  bila- 
terale Symmetrie  zu  geben,  oder  ob  noch  äußere  Kräfte,  wie  ins- 
besondere die  Schwerkraft,  dabei  mitwirken  müssen,  das  ist  ein  in  den 
letzten  Jahren  insbesondere  von  Ptoux  auf  der  einen  und  Schultze 
auf  der  anderen  Seite  lebhaft  diskutiertes  Problem  geworden ,  zu 
welchem  0.  Hertwig  und  Born  eine  vermittelnde  Stellung  einnehmen; 
ich  verweise  zu  einer  Orientierung  über  den  jetzigen  Stand  der  Frage 
auf  die  jüngst  erschienene  Arbeit  M.  Moszkowski's  (488b),  woselbst 
die  neuere  Litteratur  vollständig  gegeben  ist,  insbesondere  die  für 
diese  Frage  wichtigen  Arbeiten  von  Born,  0.  Hertwig,  Kathariner, 
Fr.  Kopsch,  Morgan  und  Tsuda,  Pflüger,  Roux  und  0.  Schultze. 

MoszKOWSKi  selbst  kommt  zu  der  Ansicht,  daß  die  Schwerkraft  allein 
dem  Amphibien-Eie  die  kurz  nach  der  Befruchtung  auftretende  Sj'mmetrie- 
ebene  schaffe  und  damit  die  künftige  Medianebene  des  Embryo  be- 
stimme ;  die  Substanz  des  Amphibieneies  sei  unbedingt  isotrop  und 
seine  Entwickelung  eine  rein  epigenetische.  Innerhalb  des  Mutterkörpers 
befinden  sich  die  Eier  in  einer  Zwangslage  (Roux)  und  kann  dort  der 
Einfluß  der  Schwerkraft  nicht  hervortreten.  S.  hierzu  indessen  das 
Kapitel   „  B  e  f  r  u  c  h  t  u  n  g  " . 

An  anderen  Eiern,  z.  B.  bei  Musca,  sind,  wie  insbesondere 
Henking  (M.  3397  und  Zeitschrift  für  wiss.  ZooL,  Bd.  4(3,  1888)  und 
Blochmann  (M.  1952)  gezeigt  haben,  noch  weitere  Anlagen  prospek- 
tivisch  festzulegen.  Wir  sehen  in  Fig.  77  p.  258  ein  Ei  von  Musca 
im  wesentlichen  nach  den  Befunden  der  eben  Genannten.  Als  vor- 
derer Pol  des  länglichen  Eies  wird  derjenige  bezeichnet,  welcher 
bei  seiner  Lage  in  der  Eiröhre  des  Muttertieres  gegen  dessen  Kopf- 
ende hin  gewendet  ist.  Hier  —  bei  m  in  der  Figur  —  befindet  sich 
zumeist  die  Mikropyle,  und  stets  bildet  sich  hier  das  Kopfende 
(orales  Ende)  des  künftigen  Embryo,  das  aborale  Ende  am  entgegen- 
gesetzten Pole.  Ferner  legt  sich  an  der  mehr  konvexen  Fläche  des 
Eies  die  Ventralseite  des  Embryo  mit  dem  „Keimstreifen"  an,  an  der 
mehr  planen  {hl  n.  d  in  der  Figur)  die  Ptückenpartie.  Aehnliche 
Unterscheidungen  konnte  Watase  (1.  c.)  beim  Cephalopoden-Eie 
machen. 

Noch  weiter  gehende  Differenzierungen  im  Sinne  organbildender 
Keimbezirke  sind  bei  manchen  Gasteropoden,  Ilyanassa  z.  B.,  ferner 
bei  M y  z  0  s  1 0  m  a  und  bei  den  K  t  e  n  o  p  h  o r  e  n  nachzuweisen.  (Cramp- 


Die  Geschlechtszellen.  341 

TON  (383c),  Driesch  (349  und  349a),  Chun  (326a),  Driesch  und 
Morgan  (349b,  c  u.  d),  Fischel  (364a),  Roux  (532a  u.  b)  und  H. 
E.  Ziegler  (610a).  Ich  erinnero  auch  an  die  ältere  Darstellun,ii  des 
Furchungsprozesses  bei  den  Gasteiopoden  von  Bobretzky  (Ardi.  f. 
mikr.  Anat.,  Jkl.  13,  1877). 

Die  Nachweise  für  diese  Angaben  werden  teils  so  geführt,  daß 
man  entweder  durch  direkte  Beobachtung  zeigen  kann,  wie  eine  lUa- 
stomere,  die  bestimmten  Organanlagen  den  Ursprung  giebt,  von  einer 
bestimmten  Stelle  des  Eies  aus  entsteht,  oder  daß  man  experimentell 
darlegt,  wie  mit  der  Zerstörung  einer  solchen  Blastomere  immer  be- 
stimmte Teile   eines  Embryonalleibes  nicht  zur  Ausbildung   gelangen. 

Ich  glaube  hierher  auch  die  Fälle  von  einer  bestimmten  ge- 
schlechtlichen Charakterisierung  gewisser  Eizellen  ziehen 
zu  dürfen.  Weitbekannt  seit  langem  ist  die  Thatsache,  daß  unbe- 
fruchtete Eier  von  H}' men  opter  en ,  der  Bienen  z.  B.,  nur 
Männchen  (Drohnen)  entwickeln  lassen,  die  befruchteten  Eier 
Weibchen;  wir  hätten  also  eine  für  männliche  Entwickelung  be- 
stimmte Eistruktur  anzunehmen.  Besonders  bemerkenswert  sind  aber 
die  Verhältnisse  bei  den  Rotatorien,  bei  den  Aphiden  und  bei 
der  von  Korschelt  genauer  untersuchten  Species  Dinophilus 
apatris').  Bei  letzterer  sind  Eier  verschiedener  Größe  in  einem 
und  demselben  Cocon  eingeschlossen ;  aus  den  kleineren  gehen  die 
ebenfalls  kleineren  Männchen,  aus  den  größeren  die  Weibchen  hervor. 
Besondere  kleine,  nur  zur  Entwickelung  von  Männchen  befähigte  Eier 
liefern  neben  zwei  anderen  Formen,  sogenannten  Winter-  (Dauer-)  und 
Sonimer-(Subitan-)Eiern,  die  R  äd  e  r  t  i e  r  e.  Bei  den  Ap  h  i  d  e  n  kommen 
gleichfalls  verschieden  große,  zur  Entwickelung  verschiedener  Ge- 
schlechter bestimmte  Eier  vor.  Auch  bei  Phylloxera  findet  man 
Aehnliches.  Hierbei  ist  besonders  zu  bemerken,  daß  bei  Dino- 
philus beiderlei  Eier  der  Befruchtung  bedürfen,  daß  also  hier  im 
Ei  das  Ausschlaggebende  unzweifelhaft  zu  suchen  ist. 

Mancherlei  Bemerkenswertes  über  das  Verhältnis  des  Baues  der 
Geschlechtszellen,  männlicher  wie  weiblicher,  zur  Erzeugung  der  Ge- 
schlechter bringt  auch  Rauber  in  seinem  jüngst  erschienenen  Buche  be- 
treffend den  „Ueberschuß  an  Knabengeburten"   (692). 

Anhangsweise  sei  bemerkt,  daß,  wie  begreiflich,  zwischen  der  Größe 
der  meroblastischen  Eier  und  der  ihrer  Keimscheiben  eine  gewisse 
Proportionalität  besteht;  Ch.  L.  Edwards  (351a)  fand  dies  für 
Hühnereier. 

Die  Betrachtungen  und  Untersuchungen  über  die  Eistruktur  sind 
vor  allem  auf  Pflüger's  mit  Recht  hochgehaltene  Arbeit  über  den 
Einfluß  der  Schwerkraft  auf  die  Entwickelung  des  Eies  (M.  2342,  2343) 
zurückzuführen.  Pflüger  selbst  kam  damals  zu  der  Ansicht  von 
der  gleichartigen  Struktur  des  Eies,  Isotropie  des  Eies.  Seit 
dieser  Zeit  ist  die  Erforschung  der  Eistruktur  eine  der  bedeutsamsten 
Aufgaben  der  Entwickelungsgeschichte  geworden,  deren  Lösung  ins- 
besondere durch  Chabry,  Driesch,  die  Brüder  Hertwig,  Morgan, 
Roux,  Wilson,  Ziegler  u.  a.  gefördert  worden  ist.     Daß  bei  einem 


1)  Die  Gattung  „Dinophilus"  nimmt  eine  besondere  Stellung  in  der  großen 
Abteilung  der  Würmer  ein;  gewisse  Verhältnisse  erinnern  an  die  Rädertiere,  andere 
stimmen  nicht.  Im  ganzen  finden  sich  Organisationsverhältnisse  wie  bei  den  Anne- 
lidenlarven. 


342  W.  Waldeyer 


so  weitgreifendcn  Probleme  nocli  vielfache  Meinungsverschiedenheiten 
bestehen ,  darf  nicht  wunder  nehmen.  Vor  allen  haben  Nägeli 
((>s()a)  und  jüngst  K.  Rabl  (()*,)1  I)  betont,  daß  wir  die  Ursachen  für 
die  eigenartige  Entwickelung  der  verschiedenen  Arten  der  Tier-  und 
Pflanzenwelt  (Roux'  „specifische  Ursachen")  schon  in  der  Struktur  der 
Eizelle  zu  suchen  haben.  Was  für  die  Eizelle  gilt,  muß  nach 
0.  Hertwig's  Ausspruch  (OGl)  auch  für  jede  genetische  Zelle  oder 
jeden  genetischen  Zellenkomplex  (Sporen  oder  Knospen)  angenommen 
werden.  Dies  schließt  natürlich  nicht  aus,  daß  im  weiteren  Ver- 
laufe der  Entwickelung  auch  der  Einfluß  äußerer  Faktoren  mehr  und 
mehr  zur  Geltung  kommt.  Wissen  wir  ja  doch,  daß  sich  gewisse 
Eier  in  diesen  Medien  und  Temperaturen,  andere  nur  in  jenen 
entwickeln,  und  sind  erst  mehrere  Zellen  durch  den  Furchungsprozeß 
entstanden,  so  muß  ja  die  eine  auf  die  andere  einwirken.  Boveri, 
(306a)  hat  sich  dahin  ausgesprochen,  daß  der  Einfluß  der  protoplasma- 
tischen Eistruktur  dirigierend  hauptsächlich  sich  auf  die  ersten  Ent- 
wickelungsvorgänge  beziehen  dürfte.  Die  Struktur  des  Eiplasniäs  be- 
sorge das  rein  P  r  o  m  o  r  p h  o  1  o  g i  s  c h e ,  gebe  die  allgemeine  Grund- 
form, den  Rahmen ;  alles  weitere  Specifische  werde  vom  Kern  aus- 
gefüllt. 

Daß  dem  Kerne  eine  bedeutsame  Rolle  bei  der  Determiniermig 
der  Entwickelungsformen  zufalle ,  haben  wir  schon  vorhin  anerkannt. 
Hier  sei  weiter  ausgeführt,  daß,  abgesehen  von  der  Thatsache,  daß  der 
Kern  die  Erbmasse  im  wesentlichen  in  sich  faßt,  er  hochbedeutend 
für  den  Stoffwechsel  der  Zellen  ist  (s.  insbesondere  Korschelt, 
Beiträge  zur  Morphologie  und  Ph3^siologie  des  Zellkernes  1.  c.  p.  270), 
ebenso  für  die  Regeneration,  wie  Versuche  an  einzelligen  Tieren,  die 
man  in  kernlose  und  kernhaltige  Stücke  zerschnitt,  erweisen.  S.  insbeson- 
dere Gruber,  „Ueber  künstliche  Teilung  bei  Infusorien",  Biol.  CentralbL, 
Bd.  IV  u.  V.  Vor  allem  möchte  ich  aber  auf  Boveri's  Beobachtungen 
der  Differenzen  z-wischen  den  Geschlechtszellen  und  den  K(:)r})erzellen 
bei  Ascaris  megal  ocephala  (622a)  hingewiesen  haben,  welche 
wesentlich  im  Kern  gefunden  werden.  Hierauf  wird  weiter  unten  näher 
eingegangen  werden.  S.  auch  das  schon  p.  222  kurz  Berichtete.  Weismann 
(724  u.  725)  hat  die  Ansicht  aufgestellt,  daß  in  den  Kernchromosomen 
mehrere  selbständige  Vererbungsträger  (Träger  verschiedener  sich  ver- 
erbender Eigenschaften),  sogenannte  „  I  s  o  d  o  n  t  e  n  "  aufgespeichert  seien, 
so  daß  jedes  Chromosom  sämtliche  zu  vererbende  Quali- 
täten enthalte.  Auch  Boveri  (622g)  ist  in  einer  jüngst  erschienenen 
Arbeit  zu  der  Auffassung  gekommen,  daß  die  einzelnen  Chromo- 
somen verschiedene  Qualitäten,  die  vererbungsfähig  seien, 
hätten;  er  unterscheidet  sich  jedoch  darin  erheblich  von  Weismann, 
daß  er  jedem  einzelnen  Chromosom  verschiedene  Qualitäten  zuspricht. 
Wir  sehen  in  diesen  Meinungen  die  Lehre  von  der  prospektiven  Ei- 
struktur bereits  bis  in  die  einzelneu  Kernelemente  hineingetragen.  Den 
Kernen  aber  für  das  in  Rede  Stehende  eine  „Totipotenz"  nach  der 
Bezeichnung  von  Driesch  einzuräumen,   kann  ich  mich  nicht  entschließen. 

Wenn  man,  wie  es  einige  (Doflein,  zur  Strassen  und  Ziegler) 
gethan  haben,  auch  den  Centrosomen  einen  determinierenden  Einfluß 
auf  die  formgestaltenden  Kräfte  bei  der  Entwickelung  zusprechen  will, 
so  kann  man  sicherlich  dem  von  vornherein  nicht  entgegentreten,  um  so 
weniger,  als  die  Angaben  Morgan's,  Mead's  u,  a.,  die  der  Annahme 
einer  höheren  Bedeutung  der  Centralkörperchen  entgegenstehen,  sowohl 


Die  Geschlechtszellen.  343 

von  BovERi,   als    insbesondere   von  Meves  als  mMih  nicht  beweisend 


WTC 


dargethan  sind.     Vgl.  p,  2S3,     Indessen  müssen  Weh  weitere  Begrün- 
dungen abgewartet  werden. 

Aus  der  Litteratur  über  die  prospektive  Struktur  der  Eizelle 
seien  außer  den  genannten  Werken  noch  angeführt:  Bütschli  (815b), 
CuAMPTox  (333c),  DuiEscii  (349 — 349d),  Eyclbshvmer  (357a),  Heider 
(G57a),  Hekbst  (G59a),  Lillie  (461a),  Loeb  (463),  Morgan  (485b),  Robix 
(698),  Rorx  (699a),  Samassa  (540),  Oskar  Schultze  (547),  Whitmax 
(7261)  und  Wilson  (605  und  726b).  —  Vor  allern  ist  auf  den  grund- 
legenden Bericht  von  Driescu  in  Meukel's  und  Boxxet's  „Ergebnissen" 
(349a)  aufmerksam  zu  machen.  Die  Abhandlungen  von  Driescu  ('349d), 
Herbst  (659a)  und  Moszkowski  iL  c.)  hat  jüngst  Rorx  im  Archiv  für 
Entwickelungsmechanik,  Bd.  XIII,  p.  610—662,  und  Bd.  XIV  (c.  Mosz- 
KowsKi)  einer  eingehenden  kritischen  Besprechung  unterzogen,  auf  welche 
noch  hingeM'iesen  sein  soll.  Bezüglich  der  Stellungnahme  Roux'  gegen 
JMoszKOwsKi  ist  übrigens  Keibel's,  auf  dessen  Anregung  Moszkow.ski's 
Arbeit  unternommen  worden  war,  Antikritik  zu  vergleichen  (Anatom.  Anz., 
Bd.  XXI,  p.  581,  1902). 

6.   Varietäten  der  Eier. 

Die  zahlreichen,  insbesondere  bei  den  Eiern  der  Vögel,  vor  allem 
bei  unseren  Zuchtvögeln  beobachteten  Varietäten  beziehen  sich 
meist  auf  die  Größe,  Form  und  Färbung.  Man  unterscheidet 
nach  der  Größe  Riesen-  und  Zwergeier;  in  der  Form  kommen 
Varietäten  durch  kugelige  oder  cylindrische  Gestalten  vor, 
wo  wir  die  gewöhnliche  Eiform  erwarten  sollten.  Bei  den  gefärbten 
Eiern  sind  Farbspielarten  nach  den  verschiedensten  Richtungen 
hin  zahlreich  ausgebildet;  wir  sind  jedoch  wissenschaftlich  diesen  an 
sich  nicht  uninteressanten  Dingen  bislang  nicht  näher  gekommen. 

Bemerkenswerter  sind  die  Doppeleier  und  die  Einschluß- 
eier, lieber  diese  wie  über  die  Ries  an  ei  er  sei  noch  einiges  an- 
geführt. 

Ungewöhnlich  große  Eier,  Rieseneier,  sind,  außer  bei  den  Vögeln, 
jüngst  noch  bei  A  s  c  a  r  i  s  m  e  g  a  1  o  c  e  p  h  a  1  a  von  L.  Sala  (537b),  R.  Zo.ja 
(727;  und  zur  Strassex  (568b)  beschrieben  worden.  Die  Rieseneier  bei 
den  Vögeln  sind  meist  D  o  p  p  e  1  e  i  e  r  oder  E  i  n  s  c  h  1  u  ß  e  i  e  r.  Unter 
einem  D  o  p  p  e  1  e  i  versteht  man  ein  Ei  mit  2  Gelbeiern  in  einer  und 
derselben  Schale ;  sie  haben  neben  ihrer  erheblichen  Größe  häufig  eine 
walzenförmige  Gestalt.  Die  beiden  Gelbeier  können  entweder  nur  eine 
gemeinsame  Dotterhaut  haben,  oder  es  hat  ein  jedes  seine  besondere. 
In  beiden  Fällen  sind  aber  das  Eiweiß,  die  Schalenhaut  und  Kalkschale 
gemeinsam.  Oft  ist  der  eine  Dotter  kleiner  als  der  andere.  Bei  ge- 
trennten Dotterhäuten  können  die  beiden  Gelbeier  getrennten  Follikeln 
entstammen ;  falls  sie  kurz  nacheinander  in  den  Eileiter  geraten,  können 
sie  darin  leicht  mit  gemeinsamen  tertiären  Hüllen  umkleidet  werden. 
Doppelgelbeier  mit  gemeinsamer  Dotterhaut  entstammen  wohl  stets  ein  und 
demselben  Follikel :  bei  ihrer  weiteren  Entwickelung  legen  sie  sich  dicht 
aneinander ;  an  dei-  Berührungsfläche  verschmelzen  dann  beide  Dotterhäute 
in  ein  gemeinsames  Septum  fiü-  beide  Gelbeier.  Ich  möchte  diese  Mei- 
nung vertreten,  muß  jedoch  hervorheben,  daß  wir  nichts  Bestimmtes 
aussagen  können,  bevor  wir  keine  sichere  Kenntnis  von  der  Bildung 
der    Dotterhaut    haben.     Embr3^onen  entwickeln  sich  bei    der  Bebrütung, 


344  W.  Waldeyer, 

t 
falls    beide  Keime  Jagfruclitet    waren,    wohl    stets;    indem    aber   der  eine 
den  andern  beliind^|    kommen   beide  nicht    zur    Reife.     Auch    Eier   mit 
3  Gelbeiern    hat  man    gefunden.      Vgl.    über    die    Doppeleier  Lmmekmann 
(434). 

Bei  den  Einschlußeiern,  Ova  in  ovo,  liegt  in  einem  Ei 
(Vogelei)  eingeschlossen  ein  anderes,  oder  auch  mehrere,  welche  selbst 
wenigstens  von  der  Schalenhaut  oder,  im  extremsten  Ealle,  auch  noch 
von  einer  Kalkschale  umschlossen  sind,  also  Gelbei,  Eiweiß  und  Schalen- 
haut oder  dazu  noch  die  Kalkschale  haben.  Mitunter  kommen  hier  patho- 
logische Fälle  vor,  bei  denen  das  eingeschlossene  Ei  ganz  rudimentär  ist, 
oder  ihm  das  Gelbei  fehlt.  Jüngst  beschrieb  Francis  H.  Hekrick  (415) 
einen  bislang  wohl  als  Unikum  dastehenden  Fall,  in  dem  das  einge- 
schlossene Ei  mit  Kalkschale,  Schalenhaut  und  Dotter  innerhalb  des 
Gelbeies  des  umhüllenden  Eies  lag.  Immermann  und  Herrick  geben 
ein  reichhaltiges  Litteraturverzeichnis. 

Die  zuerst  von  LuiGi  Sala  bei  Ascaris  megalocephala  beschriebenen 
Rieseneier  entstehen  durch  Verschmelzung  zweier  Eier.  Sie  ent- 
wickeln die  doppelte  Anzahl  Chromosomen'  und  verhalten  sich  dem  ein- 
dringenden Spermium  gegenüber  wie  ein  einziges  Ei. 

Auf  eine  der  bemerkenswertesten  Varietäten  ist  bereits  beim  Ab- 
schnitte „Eistruktur"  hingewiesen  worden;  es  ist  dieses  die  Pro- 
duktion verschieden  großer,  zu  verschiedenen  Zeiten 
s  i  c  li  entwickelnder  und  verschiedene  Geschlechter  her- 
vorbringender Eier.  Solche  kommen  vorzugsweise  bei  den  Ro- 
tatorien  und  Crustaceen  — Daphnoiden  und  einigen  Cope- 
poden,  wie  Diaptomus  denticornis  nach  Haecker  (654a)  — 
vor.  Diese  Tiere  erzeugen  einmal  Eier,  welche  dünnschalig  und  dotter- 
arm sind  und  alsbakl  in  der  wärmeren  Jahreszeit  parthenogenetisch  zur 
Entwickelung  kommen:  Sommereier  (Subitaueier),  das  andere 
Mal,  in  der  vorgerücken  Jahreszeit,  dickschalige  und  dotterreiche  Eier, 
deren  Entwickelung  erst  später  erfolgt:  Wintereier  (Dan  er  ei  er); 
letztere  Eier  sind  auch  befruchtungsbedürftig. 

Im  Abschnitt  „Eistruktur''  wurde  bereits  erwähnt,  daß  bei  den 
Rotatorien  —  auch  bei  Phylloxera  kommt  dies  vor  -  gewisse, 
meist  kleinere  Eier  nur  männliche  Junge,  andere,  größere,  nur 
weibliche  hervorgehen  lassen. 


■&'■ 


7.  Pathologische  Er  schein  un  gen  an  Eiern.  Mißbildungen. 
Abnorme  Einschlüsse.     Rückbildung  von  Eiern. 

Mit  einigen  Worten  muß  hier  gewisser  Erscheinungen  an  den 
Eiern  gedacht  werden,  die  man  zum  Teil  als  „pathologische''  an- 
sehen muß.  Da  sie  häufig  vorkommen  und  zum  anderen  Teile,  wie 
die  „Rückbildung"  von  Eiern,  als  regelmäßige  Vorgänge  anzusehen 
sind,  dürfen  sie  nicht  übergangen  werden. 

In  erster  Linie  gehören  hierher  unvollkommen  gebildete 
Eier  und  förmliche  Mißbildungen  von  Eiern,  die  sich  am 
nächsten  an  die  soeben  erwähnten  Doppeleier  und  Einschlußeier  an- 
lehnen. Wir  rechnen  hierzu  die  bei  Vögeln  nicht  selten  angetroffenen 
Eier  ohne  Kalkschale  und  Eier  ohne  Gelbei,  „Windeier"  und  „Spar- 
eier". Ist  dabei  auch  die  Form  der  Eier  in  auffallender  Weise  ver- 
ändert, kugelig  oder  cylindrisch,  der  Längsachse  nach  gekrümmt 
u.   a.   m.,    so   kann    man    von    mißgebildeten    Eiern     sprechen. 


Die  Geschlechtszellen.  345 

Solche  Abweichungen  von  der  Norm  mögen  wohl  bei  den  Eiern  aller 
Tiere  vorkommen :  begreiflicherweise  sind  sie  aber  am  häufigsten  bei 
den  Hausvögeln  gefunden  und  untersucht  worden. 

Bei  den  Hausvögeln  hndct  man  auch  nicht  selten  fremde  Ein- 
schlüsse verschiedenster  Art  innerhalb  des  AUnimens  oder  des  Gelb- 
eies, die  in  ähnlicher  Weise  in  ein  Ei  gelangen,  d.  h.  während  dasselbe 
im  Eileiter  und  Uterus  von  seineu  tertiären  Hüllen  unüagert  wird,  wie 
ein  Ei  selbst  in  das  andere.  Wir  verzichten  auf  eine  genauere  Be- 
sprechung dieser  oft  sehr  seltsamen  Fälle,  indem  wir  auf  die  hier 
folgenden  Litteraturcitate  aus  der  neueren  Zeit  verweisen ;  auch  hier 
müssen  wir  uns  auf  weniges  beschränken,  obwohl  die  Menge  des  all- 
jährlich auf  diesem  Felde  Gebotenen  sehr  reichlich  ist. 

Insbesondere  sei  auf  die  Mitteilung  von  v.  Nathusius  (497)  ver- 
wiesen; sonst  seien  genannt  Van  Bambekb  (M.  1938),  M.  Bartels  (281), 
Baueb  (283),  Britcher  (311  —  albinotische  Eier  bei  Amphibien),  Cho- 
baut  (326),  CoLLiN  (331),  G.  Fritsch  i371),  Mitrophanow  (483),  K. 
MöBius  (485)  und  Supixo  (575).  Uebrigens  behandeln  eine  Anzahl  der 
hier  genannten  Autoren  Fälle  von  Doppel-  und  Einschlußeiern. 

Wichtiger  als  dieses  sind  die  Rückbildungserscheinungen 
an  Eiern,  die,  wie  schon  bemerkt,  zu  den  regelmäßigen  Vorkomm- 
nissen zu  rechnen  sind  und  zum  Teil  wenigstens  nicht  als  itatholo- 
gisch  betrachtet  werden  können.  Da  es  sich  empfehlen  dürfte,  die 
Rückbildungserscheinungen  an  den  Eiern  zugleich  mit  den  korre- 
spondierenden ähnlichen  Vorgängen  an  den  Eierstocksfollikeln 
zu  besprechen,  so  sei  hier  eine  kurze  Schilderung  der  letzteren,  die 
eingehender  erst  bei  der  Oogenese  zur  Behandlung  kommen  werden, 
vorweggenommen. 

Ebenso  wie  die  Spermien  bei  ihrer  Entwickelung  in  den  Hoden- 
kanälchen  von  besonderen  Zellen  umgeben  und  beeinflußt  werden,  so  ist 
dies  auch  überall  da,  wo  sich  die  Eier  in  bestimmten  Organen,  den  Ei- 
Gonaden  (Ovarien,  Oophoren,  Eierstöcken),  vom  Urei  zum  ßeifei  aus- 
bilden, der  Fall.  Innerhalb  der  Eierstöcke  liegen  die  heranreifenden 
Eier  in  Kammern  oder  Säckchen,  die  man,  wenn  sie  voneinander  abge- 
schlossen sind,  als  Follikel,  Eifollikel,  GRAAF'sche  Follikel 
bezeichnet.  Dieselben  bestehen  zu  äußerst  aus  einer  bindegewebigen 
Wandschicht,  Theca  folliculi,  der  ein  Lager  epithelialer  Zellen, 
das  Follikelepithel,  aufsitzt,  von  welchem  die  Eizellen  selbst  un- 
mittelbar umgeben  sind;  s.  u.  a.  die  Fig.  100  (p.  277),  wo  eine  junge 
Eizelle  vom  Kaninchen  inmitten  des  zugehörigen,  noch  nicht  regelmäßig 
angeordneten  Foliikelepithels  abgebildet  ist,  Fig.  95  (p.  272),  welche  eine 
ältere  Oocyte  vom  Menschen,  von  regelmäßig  aufgebautem  Follikelepithel 
umgeben,  zeigt,  Fig.  87,  Ei  von  Ceratodus  mit  stark  abgeplattetem  Fol- 
likelepithel, und  Fig.  79  und  80,  wo  auch  die  bindegewebige  Follikel- 
wand  zu  sehen  ist. 

Man  hat  nun  sowohl  bei  Wirbellosen,  wie  insbesondere  bei  Wirbel- 
tieren als  ein  fast  regelmäßiges  ^'orkommnis  die  Rückbildung  von 
Follikeln  samt  den  in  ihnen  eingeschlossenen  Eiern  wie  auch 
von  Eiern  allein  bei  erhalten  bleibenden  Follikeln,  wenn,  wie  es 
nicht  selten  vorkommt,  mehrere  Eier  in  einem  Follikel  lagern,  be- 
obachtet. Man  hat  in  diesem  merkwürdigen  Vorgange  wohl  eine 
Kompensation  der  Ueberproduktion  von  Eiern  in  den  Gonaden  zu 
erblicken.      Daher    finden    wir     diese    Prozesse    am    weitesten    ver- 


346  W.  Waldeyer, 

breitet  bei  den  höiieren  Wirboltieron,  deren  Geschlechtshanshalt  anf 
die  Erzengnnji'  einer  geringen  Zahl  von  endgiltig  zur  vollen  Ent- 
"wickelnng  gelangenden  Nachkommen  eingerichtet  ist,  während  in  ihren 
Eierstöcken  viele  Tausende  von  Ureiern  angelegt  sind,  so  u.  a.  beim 
Menschen.  Hier  geht  eine  ganz  unverhältnismäßig  große  Zahl  von 
Eiern  schon  als  Ureier,  Oogonien  und  junge  Oocyten  zu  Gründe.  Bei 
manchen  Geschöpfen,  u.  a.  bei  Insekten,  dienen,  wie  weiter  unten  — 
Oogenese  —  dargethan  werden  soll,  die  degenerierenden  Eier  den  zur 
vollen  Ausbildung  gelangenden  zur  Nahrung.  Ob  nicht  noch  an  die 
Resorption  der  Eisubstanzen  andere  Funktionen  geknüpft  sind,  müssen 
weitere  Untersuchungen  lehren. 

Da  die  Rückbildung  der  Eier  und  der  zugehörigen  Follikel  bei  ge- 
schlossen bleibenden  Follikeln  vor  sich  geht,  so  hat  man  nach  W. 
Flemmixg  (M.  1964)  diese  Vorgänge  als  „Follikel  atre  sie"  bezeichnet 
und  spricht  von  „at retischen  Follikeln"  (Folliculi  atretici). 
Weniger  zu  billigen  ist  es,  M^enn  Van  der  Stricht  (574  II)  auch  von 
einer  „Atresie  ovulaire"  handelt.  Die  aus  solchen  atretischen  Fol- 
likeln hervorgehenden,  den  echten  Corpora  lutea,  s.  w.  u.,  ähnlichen 
Bildungen  hat  endlich  v.  Kölliker  (448a)  als  Corpora  lutea  atre- 
tica  benannt,   womit  man  sich  eher  einverstanden  erklären   kann. 


■^j 


Wenn  kleine  Follikel,  bei  denen  die  Hüllen  und  das  Epithel  noch 
nicht  ordentlich  ausgebildet  sind,  zu  Grunde  gehen,  so  geschieht  das 
nach  Paladino  (M.  1899  u.  M.  1900  u.  No.  509)  in  der  Weise,  daß 
zuerst  das  noch  ganz  flache  Epithel  abstirbt,  körnig  zerfällt  und  re- 
sorbiert wird,  wobei  das  alsbald  gleichfalls  degenerierende,  der  Zona 
noch  entbehrende  Ei  nackt  in  das  Ovarialstroma  zu  liegen  kommt. 
Die  darauf  folgende  Degeneration  des  Eies  muß  als  eine  ,,hyaline" 
bezeichnet  werden.  Der  Kern  löst  sich  auf,  und  der  Eirest  wandelt 
sich  in  eine  matt  glänzende,  in  verschiedenen  Farbstoffen,  insl)eson- 
dere  Eosin,  stark  färbbare  homogene  Masse  um,  die  dann  allmählich 
aufgesogen  wird.  Solche  Follikel  gehen  mit  ihrem  Ei  spurlos  zu 
Grunde. 

Ist  der  Follikel  größer  mit  deutlich  entwickelten  Hüllen  und  zona- 
führendem  größerem  Ei,  dann  greifen  mannigfaltigere  Erscheinungen 
Platz.  Zuerst  wird  wie  bei  den  kleinen  Follikeln  das  Follikelepithel 
verändert,  an  dessen  Kernen  die  von  W.  Flemming  als  Chrom ato- 
lyse  geschilderten  Vorgänge  sich  abspielen.  Hierbei  zerfällt  das 
Kernchromatin  in  Körnchen  und  Klümpchen,  die  sich  nach  der  Kern- 
oberfläche verlagern  und  zum  Teil  in  den  Zellleib  austreten.  Die 
dann  homogen  erscheinenden  Kerne  verlieren  ihre  Färl)barkeit  und 
werden  samt  den  Chromatinbröckeln  und  den  Zellenleibern  unter 
fettiger  Degeneration  der  letzteren  (H.  Rabl,  52oa),  die  in- 
dessen, wie  Van  der  Stricht  (575  II)  bei  Fledermäusen  fand,  auch 
fehlen  oder  unbedeutend  sein  kann,  aufgelöst.  Unter  Resorption  des 
Liquor  folliculi  beginnt  eine  Wucherung  der  Tunica  interna  fol- 
liculi, insbesondere  ihrer  Zellen,  die  den  Follikelbinnenraum  allmählich 
ausfüllen  und  das  gleichzeitig  der  Degeneration  anheimfallende  Ei 
dicht  umschließen.  Hierdurch  wird  das  vorhin  genannte  „Corpus 
luteum  atreticum"  erzeugt. 

Beim  Ei  tritt  eine  Einfaltung  der  Zona  auf,  doch  bleibt 
die  Zona  sehr  lange  sichtbar.  Wanderzellen  dringen  in  Masse  in  die 
Eizelle  ein  und  bringen  sie  nach  und  nach  zur  Resorption.     Sehr  be- 


Die  Geschlechtszellen.  347 

luerkenswert  ist  hierbei  das  von  Flemming  (M.  1964)  festgestellte 
Auftreten  von  Sjjindeltiiiuren  in  der  Eizelle,  ähnlich  wie  bei  der  Bil- 
dung der  Polzellen. 

Beim  Menschen  und  bei  den  daraufhin  untersuchten  Affen 
ist  die  Wucherung  der  Tunica  interna  folliculi  viel  geringer  als  bei 
den  übrigen  Säugetieren.  Es  bildet  sich  hier,  unter  \'erö(lung  des 
Follikelinnern  und  Resorption  des  Eies,  an  der  Innentläche  der  Tunica 
interna  eine  sehr  auffallend  erscheinende  dicke,  hellglänzende  Glas- 
haut, die  sich  vielfach  einfaltet  und  das  Ei,  solange  es  sich  noch 
erhält,  samt  einer  gallei-tigen,  von  Leukocyten  durchsetzten  Masse 
einschließt.  Von  dei-  dünnen,  bei  normalen  Follikeln  an  der  ent- 
sprechenden Stelle  bestehenden  Basalmembran  läßt  sich  die  Glashaut 
schwerlich  ableiten.  H.  Rabl  (523a)  führt  sie  auf  eine  Abscheidung 
hyaliner  Masse  seitens  der  Tunica  interna  zurück.  Solche  faltige,  an 
ihrem  Glänze  leicht  erkennbare  Bildungen,  d.  i.  also  Reste  der  größeren 
atretischeu  Follikel,  erhalten  sich  in  den  Ovarien  sehr  lange  und 
werden  in  jedem  älteren  menschlichen  Ovarium  in  größerer  Zahl  an- 
getroffen. 

In  den  großen  atretischeu  Follikeln  findet  man  zu  Anfang 
der  Degeneration  stets  die  eigentünilicheu,  von  Call  und  Exner 
(M.  1871)  beschriebenen  Bildungen,  Call-Exner 'sehen  Körper. 
Sie  erscheinen  als  helle  kughge  Stellen  inmitten  der  Granulosa  oder 
des  Cumulus  oophorus.  um  welche  sich  die  Granulosazellen  ganz  in 
derselben  Weise  wie  die  Zellen  der  Corona  radiata  um  die  Eier  her- 
um gruppieren.  So  ist  es  dann  gekommen,  daß  man  diese  Dinge 
mehrfach  für  Eier,  normale  oder  degenerierende,  gehalten  hat.  Das 
Fehlen  einer  Zona,  eines  Keimbläschens  und  granulierten  Proto])lasmas 
klärt  bei  genauerem  Zusehen  bald  den  Stand  der  Dinge  auf.  Flem- 
ming (1.  c.)  nahm  sie  als  Epithelvakuolen,  wobei  es  sich  um  Ver- 
änderungen und  Untergang  einer  Gruppe  von  Granulosazellen  handle 
(H.  Rabl,  523).  Honore  (428)  meint,  daß  sie  auf  die  Bildung  eines 
eigentümlichen  Sekretes  seitens  der  Granulosazellen  herauskämen ;  die 
Flüssigkeit  dieser  ^^akuolen  ist  in  der  That  vom  Liquor  folliculi  ver- 
schieden. Mir  scheint  es  sich  um  denselben  Prozeß  wie  bei  der 
Liquorbildung  zu  handeln,  wobei  es  zunächst  zur  Erzeugung  einer 
konzentriertereu  Vorstufe  des  Liquor  kommt.  Irgend  eine  besondere 
Bedeutung  kann  diesen  Dingen  schwerlich  zugeschrieben  werden. 

Beim  Igel  und  bei  Fledermäusen  vermochte  Van  der  Stricht 
(575  II)  um  das  der  Degeneration  verfallende  Ei  herum  vielkernige 
Riesenzellen  nachzuweisen,  über  deren  Entstehungsweise  jedoch  noch 
nichts  Bestimmtes  zu  ermitteln  war. 

Aus  den  Schilderungen  Van  der  Stricht's  geht  ferner  hervor, 
daß  sich  diese  Vorgänge  der  Follikel-  und  Eibilduug  mit  zahlreichen 
Varianten  in  den  Einzelheiten  abspielen  können. 

In  der  Darstellung  von  Bühlek  (313a)  über  die  Vorgänge  bei  der 
Follikelatresie  der  Cyclostomen  und  Fische  wird  darauf  auf- 
merksam gemacht,  daß  man  die  Gesamtheit  dieser  Prozesse  unter  dem 
Gesichtspunkte  einer  Beseitigung  des  für  den  Untergang  bestimmten 
Eies  sowohl  w'ie  des  Follikels  zu  betrachten  habe.  Deshalb  sei  dies 
alles  bei  der  Follikelatresie  viel  verwickelter  als  beim  Corpus  lu- 
teum (s.  später),  wo  nur  noch  der  Follikel  auszugleichen  und  zur  Rück- 
bildung zu  bi-ingen  sei,  während  bei  der  Atresie  auch  noch  das  Ei  zur 
Resorption  kommen  müsse. 


348  W.  Waldeyer, 

Was  insbesondere  die  Cyclostomen  und  Fische  anlange,  so 
unterlägen  die  Follikelhüllen  nach  der  regelrechten  Ausstoßung  der  Eier 
nur  einer  einfachen  Atrophie,  bei  der  Atresie  aber  hätten  diese 
Hüllen  in  aktiver  Thätigkeit  noch  bei  der  Resorption  des  Eies  mitzu- 
wirken. Diese  Resorption  vollzieht  sich  nun  nach  Bühler  auf  zweifache 
Weise,  und  zwar  zunächst  ohne  Mitwirkung  phagocytischer  Zellen  durch  ein- 
fachen Zerfall  des  Kernes  und  einzelner  protoplasmatischer  Dotterbestand- 
teile mit  nachfolgender  Auflösung  der  Zerfallsstücke  und  Resorption  dieser 
Lösungen  durch  das  Eollikelepithel,  die  Thecazellen  und  die  Follikel- 
gefäße,  dann  aber  durch  eine  phagocytische  Thätigkeit  der  inzwischen 
stark  gewucherten  Follikel  epithelz  eilen.  Bühler  weicht  hier  von 
der  gangbaren,  auch  vorhin  eingehaltenen  Annahme,  daß  es  Leukocj^ten 
seien,  welche  in  die  Eizelle  eindrängen  und  sie  phagocy tisch  zur  Re- 
sorption brächten,  ab ;  diese  Thätigkeit  falle  vielmehr  den  Follikelepithel- 
zellen,  den  Gr  anulosaze  1  1  en  zu.  Nach  Schwand  der  Eizelle  bildet 
sich  dann  auch  der  nunmehr  überflüssig  gewordene  Follikel  selbst  zurück. 
Das  gewucherte  Epithel  gehe  seinerseits  durch  Zerfall  und  Resorption 
spurlos  zu  Grunde,  und  die  Theca  folliculi  werde  wieder  zu  einem  Teil 
des  Stroma  ovarii,  aus  dem  sie  entstanden  ist  (vergl.  hierzu  den  Ab- 
schnitt  „Corpus    luteum"). 

Ist  die  Angabe  Bühler's  von  der  vorzugsweisen  Beteiligung  der 
Granulosazellen  bei  der  Eiresorption  unter  Einwanderung  derselben 
in  das  Ei  richtig,  so  sind  die  früher  (p.  256  u.  269)  mitgeteilten  An- 
gaben Kohlbkugge's,  Wetzel's  u.  a.  über  die  Rolle  der  in  die  Eier  ein- 
wandernden Granulosazellen  möglicherweise  auch  von  diesem  Gesichts- 
punkte aus  zu  betrachten. 

Am  längsten  hält  sich  nach  Bühler  auch  bei  den  Fischen  das 
0  o  1  e  m  m  a ;  Reste  desselben  als  glänzende,  sich  stark  färbende  Massen 
findet  man  oft  noch  in  den  schon  längst  wieder  zum  Ovarialstroma  zu- 
rückverwandelten Thecae. 

Wichtig  ist  die  Thatsache,  daß  es  nicht  bloß  bei  der  Bildung  von 
Richtungsspindelfiguren  in  den  Eiern  degenerierender  Follikel  bleibt, 
sondern  nach  den  Angaben  von  H.  Rabl  (523),  Henneguy  (406  u. 
407),  GuRwiTSCH  (393),  Van  der  Stricht  (574  II),  Janoöik  (M. 
1881,  433  u.  433c),  Spuler  (566)  u.  A.  zu  regelrechten  Teilungen 
der  Eizelle  —  Van  der  Stricht  beobachtete  bis  zu  10  Segmente 
—  kommt,  die  von  den  Genannten  als  Beginn  einer  echten  par- 
thenogen  e tischen  Furchung  angesprochen  werden.  Sobotta 
(556)  und  Bonnet  (614a)  haben  dieser  Auffassung  widersprochen; 
ich  ersehe  auch  aus  der  mir  soeben  zugehenden  ausgezeichneten  Dar- 
stellung der  Oologie  durch  v.  Ebner  in  der  Schlußlieferung  der 
6.  Auflage  von  A.  Kölliker's  Handbuch  der  Gewebelehre  (665a), 
daß  V.  Ebner  den  Standpunkt  Sobotta's  und  Bonnet's  teilt  (vergl. 
auch  das  p.  88  Bemerkte). 

Die  erste  Beschreibung  der  Rückbildung  von  Eiern,  und  zwar  bei 
Fröschen,  geht  auf  Savammerdaji's  „Biblia  naturae"  (citiert  nach  Bühler, 
313a)  zurück.  Für  die  Säugetiere  gaben  B.  Reinhardt  im  I.  Bande 
von  R.  ViRCHOw's  Archiv  („Ueber  die  Entstehung  der  Körnchenzellen"), 
später  (1860)  F.  Grohe  im  XXVI.  Bande  derselben  Zeitschrift  in  ein- 
gehenderer Untersuchung  auch  bei  Ovarien  von  Kindern,  dann  E.  Pflüger 
(1868)  in  seinem  bekannten  Werke  (517)  und  wiederum  in  ausgedehnter 
Untersuchung    1870   (Virchow's  Archiv,    Bd.  LI)   Slaviansky    die    ersten 


Die  Geschlechtszellen.  349 

Mitteilungen.  Bis  dahin  bezogen  sich,  soweit  mir  bekannt,  diese  Be- 
funde, abgesehen  von  der  Notiz  Swammeüdam's,  vorwiegend  auf  die 
Säugetiere  und  den  Menschen.  Ich  hatte  Gelegenheit,  bei  meinen 
auf  alle  Wirbeltierklassen  sich  erstreckenden  Untersuchungen  über  den 
Eierstock  (591)  derartige  Degenerationsvorgänge  überall  in  großer  Zahl 
festzustellen,  und  habe  dem  1871  in  8tuicker's  Handbuch  der  Gewebe- 
lehre, p.  573,  kurzen  Ausdruck  gegeben.  Gegenwärtig  verfügen  wir 
schon  über  mehrere  monographische  Arbeiten:  bei  den  Vögeln  von 
V.  Brunn  (316),  bei  den  Amphibien  unter  kurzer  Ausdehnung  auf  alle 
Wirbeltierklassen  von  G.  Rüge  (536),  bei  den  Eidechsen  von  Strahl 
(568)  und  J.  A.  Meyer  (478a)  und  insbesondere  neuerdings  bei  den 
Cyclostomen  und  Teleostiern  (Coregonus)  von  Bühler  (313a),  der  damit 
eine  auf  alle  Wirbeltierklassen  sich  erstreckende,  auch  das  Corpus  lu- 
teum, ein  begreifende  sehr  eingehende  Untersuchungsreihe  eröffnet  hat. 
Weitere  Litteratur  haben  wir,  abgesehen  von  der  schon  citierten,  in  den 
Arbeiten  von  Barfurth  (280a),  Bouix  (300),  Crety  (335),  Matschinsky 
(473),  Maximow  (474),  Mingazzini  (481),  Nussbaum  (M.  1143),  Pfister 
(515  u.  516),  Rossi  (531),  Schneider  (705b),  Schmidt  (542),  Schott- 
Länder  (544)  und  Williamson   (605). 

8.   Zahlen-   und  G  r  ö  ß  e  n  v  e  r  h  ä  1 1  n  i  s  s  e  der  Eier. 

Wir  haben  bereits  im  Vorigen  eine  Reihe  von  Angaben  über  die 
Zahlen-  und  Größenverhältnisse  der  Eier  gemacht;  insbesondere  ist 
dies  beim  Abschnitte :  Eier  d  e r  e i n  z e  1  n  e n  W  i r  b  e It i e r k  1  a s s e  n , 
p.  293  ff.,  der  Fall  gewesen.  Ferner  ist  auf  die  pp.  243,  244,  257, 
261  (Keimbläschen),  266  (Riesennuldeolen)  und  267  (Zahl  der  Nukle- 
olen)  zu  verweisen. 

Was  die  Zahlen  im  allgemeinen  anlangt,  so  ist  hervorzuheben, 
daß  diese,  ebenso  wie  auch  die  Größen,  innerhalb  viel  weiter  zu 
ziehender  Grenzen  schwanken,  als  die  der  Spermien,  was  ja  auch  den 
korrekten  sonstigen  Verhältnissen  in  durchsichtiger  Weise  entspricht. 

Im  besonderen  seien  noch  die  wichtigeren  Zahlen  aus  der  von 
Leuckart  gegebenen  Tabelle  mitgeteilt,  welche  die  jährlich  zur  Be- 
fruchtung und  Entwickelung,  bezw.  Befruchtungsfähigkeit  gelangenden 
Eier  der  aufgeführten  Tierspecies  betreffen : 

E  c  h  i  n  u  s  a  r  t  e  n  bis   1  Million  Eier 

Würmer: 
Ascaris  lumbricoides       mehrere  Millionen  Eier 
Bothriocephalvis  latus     über  1  Million  Eier 
Clepsine  5—7  Gelege  zu  20 — 40  Eiern 

Arthropoden: 

Apis  mellifica  6000—10000  Eier 

Melolontha  vulgaris  25—40  Eier 

Bombyx  mori  300  Eier 

Scorpione  (vivipar)  30 — 50  Junge 

Epeiradiademata  1 600  Eier 

Carcinus  maenas  300000  Eier 

Mollusken: 

ArcaNoae  2  Millionen  Eier 

Ostreaedulis  1  Million  und  darüber 


350  W.  Walde YER, 

Helix  pomatia   und 

Helix  horten  sis  30 — 80  Eier 

0  c  1 0  p  Lx  s  spec.  600  —  1 000  Eier 

Selachier: 

Acanthias  vulgaris  2 — 3  Gelege  zu  je  4 — 6  Jungen 

(vivipar) 

Ganoiden: 

Acipenser  huso  bis  zu  3  Millionen  Eier 

Teleostier: 

G  a  d  u  s  m  o  r  r  li  u  a  bis  4  Millionen  Eier 

Esox  lucius  130  000  Eier 

Cyprinus  carpio  330 000     „ 

Syngnath  US  viridis  1 50 — 200  Eier 


Am 

ph] 

L  b  i  e  n  : 

Triton-  Arten 

bis  300  Eier] 

E-ana  esculenta 

2500 1)        „ 

Re 

p  ti 

lien : 

T  e  s  t  u  d  0  -  Arten 

8     12  Eier 

Pelias  berus 

8-15      „ 

Lacerta-  Arten 

8-12      „ 

(Lacerta  vivipara  ist 

lebendig  gebärend) 

Krokodile 

40  —  70  Eier 

Vögel: 

Raubvögel  2 — 5   Eier 

Papageien  3 — 4  Eier 

Passer  domesticus  2 — 3  Gelege  zu  4 — 6  Eiern 

Hirundo  rustica  desgleichen 

Gallina  domestica  bis  zu   100  Eiern 

Perdix  cinerea  15 — 20  Eier 

Columba  domestica  6 — 8  Gelege  zu  je  2  Eiern 

Scolopax  rusticola  4^5  Eier 

Ping  uin- Arten  (Spheniscidae)  1 — 2      „ 

Säugetiere: 

Pithecus  satyrus  (Orang)  1   Junges, 

Felis  leo  3 — 4  Junge 

Felis  domestica  2mal  3 — 6  Junge 

Canis  familiaris  2mal  3 — 7        „ 

E 1  e  p  h  a  s  alle  3  Jahre  1  Junges 

Sus  scrofa  domest.  2mal  6 — 12  Junge 

B  0  s  t  a  u  r  u  s  1   Junges 

Lepus  cuniculus  5 — 8mal  4 — 7  Junge 

Mus  musculus  4 — 6mal  4 — 10    „ 

Cavia  cobaya  6mal  3 — 5  Junge 


1)  O.  ScHULTZE  (547a)   zählte   im  Durchschnitt  bei  ßana   fusca  1724  (1326 
bis  2565).  Die  Zahl  in  beiden  Eierstöcken  kann  um  mehrere  Hunderte  verschieden  sein. 


Die  Geschlechtszellen.  o51 

Diese  Zahlen  sind,  was  die  größeren  anlangt,  nnr  gute  Schätzungs- 
werte. Nimmt  man  hinzu,  daß,  wie  wir  sahen,  stets  eine  ansehnliche 
Menge  Eier  durch  Ilückhildung  zu  Grunde  geht,  so  erhöhen  sich  die 
Ziffern  nicht  unbeträchtlich. 

AVas  die  Säugetiere  anlangt,  so  wurde  nur  die  Zahl  der  unter 
gewöhnlichen  \'orhältnissen  zur  \Velt  gebrachten  Jungen  gerechnet; 
wahrscheinlich  lösen  sich  noch  viel  mehr  reife  Eier  vom  Ovarium 
jährlich  ab.  ohne  aber  befruchtet  zu  werden. 

Für  den  Menschen  darf  man  für  die  Zeit  der  Geschlechts- 
thätigkeit  auch  als  Regel  hinstellen,  daß  das  Weib  jährlich  ein  ge- 
sundes Kind  zur  Welt  bringen  und  ernähren  kann.  Unter  unseren 
gegenwärtigen  Lebensverhältnissen  wird  diese  Zahl  aber  bei  weitem 
nicht  erreicht.  In  Deutschland  kommen  jetzt  durchschnittlich  4  Kinder 
auf  die  Ehe.  Sicher  werden  aber  jährlich  mindestens  12  Eier  als 
befruchtungsfähig  vom  Ovarium  ausgestoßen.  Die  Zahl  der  in  einem 
Ovarium  eines  18-jährigen  Mädchens  befindlichen  Eier  bestimmte  Henle 
(Handbuch  der  Anatomie  des  Menschen,  Bd.  II,  2,  Aufl.,  1873,  p.  504) 
zu  rund  36000,  Heyse  bei  einem  17-jährigen  Mädchen  jedoch  nur  auf 
die  Hälfte  (rund  17  500).  Nehmen  wir  auch  diese  letztere  Zahl  als 
die  richtige  an,  so  darf  man  doch  behaupten,  daß  beim  mensch- 
lichen Foetus  in  jedem  Eierstocke  mindestens  50000  Eier  angelegt 
werden,  da  die  Zahl  der  in  17  —  18  Jahren  normalerweise  —  s.  den 
vorigen  Abschnitt  —  zu  Grunde  gehenden  Eier   eine   sehr   große   ist. 

Nach  Hensen  (M.  863)  soll  das  menschliche  Weib  während  seines 
Lebens  rund  200  Eier  zur  Reife  bringen.  Vergleichen  wir  hiermit 
die  Zahlen  bei  den  Spermien,  s.  p.  157  tf.,  so  ist  sofort  ersichtlich, 
daß  die  letzteren  unvergleichlich  viel  größer  sind,  wie  auch  leicht  er- 
klärlich ist.  Dem  früher  Angegebenen  sei  noch  hinzugefügt,  daß  die 
Zahl  der  Pollenkörner  noch  weit  erheblicher  ist,  insbesondere  bei 
den  Koniferen,  wo  rund  eine  Milliarde  Pollen  körn  er  auf 
ein  befruchtetes  Ei  kommen  (s.  R.  von  Lendenfeld,  „Ueber  das 
Wesen  des  Lebens",  „Himmel  und  Erde",  Jahrg.  XV.  1902,  p.  75). 
Diese  außerordentlich  hohen  Zahlen  erklären  sich  daraus,  daß  die  Be- 
fruchtung der  Eier,  die  von  den  S])ermien  bezw.  Pollenelementen  auf- 
gesucht werden  müssen,  möglichst  gesichert  werden  soll.  Die  Koni- 
feren-Pollen werden  dem  Spiel  des  Windes  überlassen,  und  so  erscheint 
ihre  ungeheure  Zahl  als  eine  Notwendigkeit. 

Den  bereits  mitgeteilten  Maßangaben  seien  noch  nachstehende 
hinzugefügt : 

Das  Ei  von  Torpedo  ocellata  mißt  2 — 2,5  cm  bei  einem  Gewicht 
von  5 — 8  g;  der  im  gelegten  Ei  vorhandene  Keim  1,5 — 2  mm.  Das 
Keimbläschen  ist  eben  noch  mit  freiem  Auge  zu  sehen.  Das  Ei  von 
Pristinrus  melanostomus  hat  eine  Länge  von  15 — 17  mm,  dessen 
Keim  2  mm.     (Beide  Angaben  nach  Eückert,  534.) 

Die  Eier  des  Ostsee-Herings  erweisen  sich  schon  in  einer  Größe 
von  0,85  mm  als  entwickelungsfähig ;  die  meisten  der  abgelegten  Eeif- 
eier  hatten  0,9 — 1  mm  Durchmesser.  Die  Eier  des  norwegischen  Nordsee- 
Herings  messen  1,5  mm.  Die  Eikapsel  der  Heringseier  hat  eine  Stärke  von 
6 — 8  ft.  (v.  KuPFFER,  Die  Entwickelung  des  Herings  im  Ei,  Jahres- 
bericht der  Kommission  zur  wissenschaftlichen  UntersvTchung  der  deutschen 
Meere  in  Kiel  für  die  Jahre  1874—1876,  IV— VI,  Berlin,  W^iegand, 
Hempel  und  Parey,   1878,  p.   175.) 


352  W.  Waldeyer, 

Wie  früher  bemerkt,  sind  die  Keimbläschen  der  Amphibien- 
eier  meist  noch  mit  bloßem  Auge  zu  sehen,  die  Ker  nkörper  chen 
messen  nach  0.  Schultzb  (547a)  bis  20  |i*.  Die  Dotterkörper  des 
Axolotl-Eies  schwanken  vom  unmeßbar  feinen  bis  zu   13   |u.  (li.  Fick 

363). 

Von  Säugetier  eiern  seien  außer  den  mitgeteilten  Maßen  noch 
die  der  Reh  ei  er  nach  v.  Ebner  (351)  angeführt:  Das  ganze  Ei  = 
0,07 — 0,1  mm,  dessen  Zona  pellucida  4 — 12  u,  dessen  Keim- 
bläschen 30 — 36  ,u,  Keimfleck  9  ju. 

Die  Kerne  der  Ureier  der  Katze  messen  nach  H.  Rabl  (523b) 

10 — 11  |W,   die  der  jungen  Oogonien  (in  den  Primärfollikeln)  16 — 18  (i. 

Die    Ureier    des    Menschen    haben    nach    W.  Nagel  (490)    ein 

Ausmaß  von   10 — 16   |it,  ihre  Kerne  8  ,u.     Die    Keimepithelzellen 

fand   derselbe  Autor  8  (.i  groß  mit  5   ju  großen  Kernen. 

Weitere  Maße  von  hierher  gehörigen  Bildungen  beim  Menschen 
sind  (nach  Kölliker  und  y.  Ebner,  665a) : 

Reifeier  ( ),  22— 0,32  mm  i) 

deren  Keimbläschen      30 — 45   |tt 
„       Keimfleck  7 — 10  f* 

„       Zona  7 — 11   fJL 

„       Dotterkörper  2 —  3  fi 

Außerdem  kommen  noch  in  geringerer  Zahl  große,  s  choll  ige  Dotter- 
körper vor.  Die  Zona  tritt  nach  v.  Ebner  zuerst  an  Eiern  von 
0,06—0,08  mm  auf. 

Eben  gebildete   „Primärfollikel"  42 — 45  (u 

Reife  Follikel  9—14  mm 

Aeußere  rundliche  Zellen  des  Eiepithels     6 —   9  (i 
Innere  cylindrische      „  „  „'  bis  30  (i 

9.  Klassifikation  der  Eier.     Namen. 

Dem  praktischen  Bedürfnisse  genügt  sehr  wohl  die  im  Grunde 
auf  die  älteren  Einteilungen  von  Reichert,  E.  Van  Beneden, 
H.  Ludwig  und  Balfour  zurückzuführende  Klassifikation,  welche 
hier  p.  256  ff.  nach  der  Topographie  des  Dotters  gegeben  worden  ist. 
Den  wissenschaftlichen  Anforderungen  in  aller  Strenge  entspricht  sie 
jedoch  nicht.  Auch  können  noch  andere  Gesichtspunkte  für  die  Klassi- 
fikation herangezogen  werden.  So  haben  wir  in  neuerer  Zeit  noch 
andere  Einteilungen  der  Eier  in  der  gesamten  Tierwelt  erhalten,  von 
denen  ich  die  von  E.  Haeckel,  Biologische  Studien,  Heft  II,  Jena 
1877,  dann  von  Henneguy  (403)  und  von  Eternod  (856)  namhaft 
mache,  um  darauf  zu  verweisen.  Es  würde  bei  dem  ohnehin  schon 
über  das  ursprünglich  vorgesehene  Maß  des  Kapitels  „Geschlechts- 
zellen" hinausgewachsenen  Umfange  unserer  Darstellung  zu  weit 
führen,  wenn  diese  Dinge  hier  noch  eingehender  besprochen  werden 
sollten,  zumal  die  aufgestellten  neuen  Namen  erklärt  werden  müßten. 
In  den  Arbeiten  von  Eternod  und  Henneguy  ist  auch  die  weitere 
Litteratur  dieses  Gegenstandes  angegeben. 

Was  die  Nomenklatur  der  Eier  anlangt,  so  haben  wir  schon 
eingangs  (p.  222  ff.)  und.  wo  es  erforderlich  war,  im  Texte  das  hier 
in  Gebrauch  Gezogene  mitgeteilt  und  erklärt.  Weiteres  findet  man 
ebenfalls  bei  Eternod  und  Henneguy. 


1)  Mir  sind  menschliche  Eier  von  über  0,25  mm  nicht  begegnet. 


Die  Geschlechtszellen.  353 

Nur  auf  eine  Bezeichnung  soll  hier  noch  eingegangen  werden, 
auf  die  Unterscheidung  von  einfachen  und  zusammengesetzten 
Eiern.  Ich  selbst  habe  früher  (591)  die  meisten  gelegten  Eier,  auch  ab- 
gesehen von  den  Schalenbildungen  u.  s.  f.,  für  zusammengesetzte 
Bildungen  erklärt,  da  ich  den  Dotter  als  eine  von  anderen  Zellen  her 
hinzukommende  und  der  Eizelle  fremd  bleibende  Bildung  ansah.  Ich  möchte 
mich  nunmehr  der  Ansicht  Gegexbaur's  (M.  1968)  anschließen  und  alles 
das,  was  von  dem  Urei  ausgeht,  in  dasselbe  aufgenommen,  von  ihm  ver- 
arbeitet und  von  einer  Dotterhaut  umschlossen  wird,  also  u.  a.  auch  das 
Gelbei  eines  Vogels,  als  ein  einfaches  Ei  A'om  Werte  nur  einer  ein- 
zigen, wenn  auch  enorm  herangewachsenen  Zelle  auffassen. 
Das  ist  auch  in  neuerer  Zeit  fast  allgemein  so  angenommen  worden. 
Nun  aber  giebt  es,  wie  bereits  angemerkt  wurde  (p.  292  u.  336),  bei  ge- 
wissen Platt  Würmern  Eier,  die  äußerlich  genau  so  beschaffen  sind 
wie  andere  Eier,  die  aber  in  einer  und  derselben  Schale  mehrere 
Zellen  herbergen.  Unter  diesen  ist  zumeist  nur  eine,  die  Eizelle, 
im  Eierstock  entstanden,  die  anderen,  die  Dotterzellen,  in  be- 
sonderen Organen,  den  sogenannten  Dotterstöcken.  Wenn  die  Ei- 
zelle auf  dem  Wege  zur  Ablage  die  Mündungen  der  Dotterstöcke  passiert, 
so  gesellen  sich  diese  Dotterzellen  hinzu  und  werden  auf  dem  weiteren 
Wege  mit  der  Eizelle  von  denselben  Hüllen  eingeschlossen.  Das  ab- 
gelegte Gebilde  besteht  also  aus  mehreren  völlig  voneinander  getrennten 
Zellen.  Im  äußersten  Ealle  geht  es  in  der  Weise  weiter,  daß  die 
Dotterzellen  sich  so  lange  selbständig  erhalten,  bis  der  aus  der  Ei- 
zelle hervorgegangene  Embryo  sie  aufzehrt ;  in  anderen  Fällen,  U  e  b  e  r  - 
gangs formen,  zerfallen  die  Dotterzellen  schon  während  der  Eifurchung 
oder  kurz  vor  derselben,  also  mit  beginnender  Embryonal  bildung,  zu  einer 
Dottermasse,  von  der  dann  die  noch  ungefurchte  Eizelle  umgeben  ist. 
Nennen  wir,  wie  es  üblich  ist,  das  abgelegte  Gebilde  dieser  Art,  bei 
dem  sich  also  in  einer  und  derselben  Hülle  eine  Eizelle  und  Dotterzellen 
bis  zum  Beginne  der  Embryonalbildung  selbständig  erhalten,  „Ei",  so  ist 
dieses  Ei  aus  mehreren,  vollkommen  voneinander  getrennten  Zellen 
zusammengesetzt  und  muß  als  ein  zusammengesetztes  aufgeführt 
werden.  Man  hat  vorgeschlagen,  s.  p.  292,  diese  Dinge  als  „Cocons"  zu 
bezeichnen ;  das  ist  jedoch,  streng  genommen,  nur  in  denjenigen  Fällen 
angängig,  wo  zwei  und  mehr  Eizellen  samt  den  zugehörigen  Dotter- 
zellen in  einer  Kapsel  eingeschlossen  sind,  da  unter  „Cocon"  eine 
Mehrzahl  echter  Eizellen,  die  von  einer  gemeinsamen  Hülle  umgeben 
sind,  verstanden  wird.  Hier  sollten  wir,  wenigstens  für  die  Fälle,  in  denen 
nur  eine  Eizelle  vorhanden  ist,  den  Begriff  „zusammengesetzte 
Eier"  aufrecht  erhalten,  oder  aber  man  müßte  die  Dotterzellen  als 
modifizierte,  abortive  Eizellen  ansehen.  Hexneguy  bezeichnet  solche  Eier 
und  die  angeführten  Uebergangsformen  als  „oeufs  ectolecithes" 
(ektolecithale  Eier). 

d)  Oogenese. 

Nach  der  im  Vorigen,  p.  232 — 342,  gegebeuen  genauen  Schilderung 
des  Baues  der  Eier  ist  nunmehr  ihre  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g ,  die  Oogenese, 
zu  -besprechen.  Wir  können  diese  Besprechung  wie  beim  Abschnitt 
„Sperma"  (p.  160  ff.)  in  drei  Abteilungen  gliedern:  1)  Die  Stammes- 
entwickelung  der  Eier  =  Oophylo genese,  2)  die  Ausbildung  der 
Eier  zu  den  reifen,  befruclitungsfähigen  Gebilden,  die  wir  „Keifeier"' 
nannten,  =  Oocytogenese,   und   3)    die  Oohistogen  ese,   d.  h. 

Handbuch  der  Entwickelnngslehre.     I.  23 


354  W.  Waldeyer, 

die  histologische  Ausbildung  der  einzelnen  Teile  einer  Eizelle,  ihres 
Kernes  und  Kernkörperchens,  ihres  Dotters  und  ilirer  verschiedenen 
Hüllen,  insoweit  solche  vorhanden  sind.  r]s  ist  aber  sofort  hervor- 
zuheben, daß  die  Oocytogenese  und  Oohistogenese  zusammenfallen. 
Während  die  junge  Eizelle  vom  Stadium  des  p.  283  betrachteten  „Ureies" 
durch  das  Stadium  der  Oogonien  hindurch  sich  zur  Oocyte  umbildet, 
unter  verschiedenen  charakteristischen  Veränderungen  ihres  Kernes  zu 
ihrer  endgiltigen  Größe  heranwächst  und  durch  die  Reifeteilungen  unter 
Ausstoßung  der  Polocyten  sich  zum  „Reifei"  umbildet  —  Oocyto- 
genese — ,  gehen  gleichzeitig  die  eben  erwähnten  histogenetischen 
Veränderungen  —  wenn  wir  von  den  tertiären  Eihüllen  absehen  — 
an  ihr  vor,  die  wir  unter  den  Begriff  der  Oohistogenese  fassen.  Bei 
der  Spermiogenese  folgen  die  histogenetischen  Vorgänge  nach, 
indem  durch  sie  die  Spermatide  zum  Spermium  umgebildet  wird.  Es 
entspricht  nämlich,  wie  bereits  p.  224  If.  und  durch  Fig.  55  dargelegt 
w^urde,  streng  genommen,  dem  Reifei  die  Spermatide;  das  Spermium 
ist  nur  eine  zu  Be^^^egungszwecken  histogenetisch  umgeformte  Sperma- 
tide. KoRSCHELT- Heider  haben  daher  für  das  Reifei  den  Namen 
„  0  i  d  e  "  gebildet. 

Man  kann  übrigens,  vgl.  das  p.  224  Bemerkte,  auch  den  von  mir 
vorgeschlagenen  Namen   „Ovium"   wählen. 

Unter  Berücksichtigung  sämtlicher  in  der  Tierwelt  zur  Beob- 
achtung kommenden  Verhältnisse  kann  man  mit  Korschelt-Heider, 
denen  ich  mich  gern  anschließe,  in  erster  Linie  nach  der  Oertlich- 
keit,  in  welcher  sich  die  Oogenese  abspielt,  eine  lokalisierte  und 
eine  diffuse  Eibildung  unterscheiden.  Bei  der  ersteren  gelangen 
die  Ureier,  s.  p.  233  ff.,  in  besonders  dafür  hergerichteten  Organen, 
den  weiblichen  Gonaden,  Ovarien  (Eierstöcken)  zur  definitiven 
Ausbildung;  bei  der  diffusen  Eibildung  fehlen  solche  Orgaue;  die  Ei- 
bildung findet  im  ganzen  Körper  oder  wenigstens  in  einem  größeren 
Bezirke  desselben  ihre  Stätte. 

Vollzieht  sich  —  und  es  kann  dies  der  Fall  sowohl  bei  der  diffusen 
wie  bei  der  solitären  Eibildung  sein  —  die  Oogenese  unter  der  Mit- 
wirkung hierzu  besonders  ausgebildeter  Zellen,  Hilfszellen  Kor- 
schelt-Heider, so  ist  dieses  die  alimentäre  Eibild  un  g  (K.-H.), 
indem  diese  Zellen  der  Dotterbildung  dienen ;  fehlen  solche  Zellen,  dann 
liegt  eine  solitäre  Oogenese  vor.  Die  alimentäre  Eibildung 
wird  endlich  in  eine  follikuläre  und  eine  n  u  t  r  i  m  e  n  t  ä  r  e  (K.-H.) 
eingeteilt;  bei  der  ersteren  umgel)en  die  Hilfszellen  unter  Bildung 
eines  abgeschlossenen  sackartigen  Raumes,  des  Eifollike  Is.  die  Ei- 
zelle von  allen  Seiten;  bei  der  nutrimentären  liegen  sie  einzeln  oder 
in  Gruppen  der  Eizelle  an,  ohne  daß  es  zur  Bildung  eines  Follikels 
kommt. 

Abgesehen  von  diesen  Verschiedenheiten  vollzieht  sich  nun,  wie 
bereits  eingangs,  p.  222  ff.,  unter  Beihilfe  der  Figuren  54  und  55  aus- 
einandergesetzt worden  ist,  jede  Eibildung  vom  Stadium  des  Ureies 
ab  in  denselben  drei  Abschnitten,  wie  die  Spermiogenese,  dem 
der  Vermehrung,  dem  des  Wachstums  und  dem  der  Reifung. 
Man  nennt  die  während  der  Vermehrungs-  oder  Keimperiode  aus  den 
Ureiern  in  mehreren  Generationen  hervorgehenden  jungen  Eizellen 
..Oogonien'';  mit  dem  Eintritte  in  die  Wachstumsperiode  werden 
die  Oogonien   der   letzten  Generation    zu    den    ,.  Oocyten";   letztere 


Die  Geschleclitszelleii.  355 

vermehren  sich  während  dieser  Periode  nicht  weiter,  sondern  wachsen 
langsam  zu  ihrer  endgiltigen  Größe  heran :  gleichzeitig  spielen  sich 
an  ihnen  aucli  die  histogenetischcii  Vorgänge  der  Kern-  und  Kern- 
kcirpeichenumbildung.  der  Dotterbilduug  und  eines  Teiles  der  Hüllen- 
biiduiigen  ab.  Die  Reifungsperiode  umfaßt  wieder  zwei  höchst 
charakteristische  Teilungsvorgänge  mit  sehr  ungleichen  Teilungspro- 
dukten, derart,  daß  es  den  Anschein  hat,  als  stoße  die  Eizelle,  i.  e. 
die  völlig  ausgewachsene  Oocyte,  nach  einander  zwei  kleine  Körper- 
chen, die  Richtun  gskörperchen ,  aus,  während  sie  selbst  un- 
verändert erhalten  bliebe.  Wir  wissen  jetzt,  daß  die  scheinbar  aus- 
gestoßenen Kör])erchen  echte  Zellen  sind,  Polz  eilen,  Polocyten, 
und  daß  der  ganze  Vorgang  vollkommen  der  zweimaligen  Teilung 
einer  reifen  Spermatocyte  (Spermatocyte  I,  Ordnung)  in  je  zwei 
Präspermatiden  (Spermatocyten  II.  Ordnung)  und  jeder  Prä- 
spermatide in  z^wei  Spermatiden  entspricht.  So  wird  bei  der 
ersten  Reifungsteilung  aus  der  ausgebildeten  Oocyte  I.  Ordnung,  oder 
.Oocyte  schlechtweg,  eine  Oocyte  IL  Ordnung  und  eine  erste 
Polocyte,  aus  der  Oocyte  II.  Ordnung,  die  wir  auch  Präoide 
nennen  könnten,  eine  Oide  (Reifei,  Ovium)  und  eine  zweite  Polo- 
cyte. Morphologisch  sind  die  genannten  Teilprodukte  der  Spermato- 
cyten und  Oocyten  ganz  gleichwertig,  physiologisch  nicht,  insofern, 
als  nur  die  Oiden  (Ovien)  befruchtungsfähig  und  entwickelungsfähig 
sind,  während  die  Polocyten  zu  Grunde  gehen.  Als  beiläufiges  \'or- 
kommnis  ist  indessen  ab  und  zu  das  Eindringen  eines  Spermium 
in  eine  Polocyte  beobachtet  worden ,  freilich  ohne  entwickelungs- 
geschichtlichen  Erfolg. 

Au  der  Hand  der  Fig.  55  sind  bereits  zu  Eingang  des  Abschnittes 
„Ei"  diese  Dinge  auseinandergesetzt  worden,  um  für  die  Nomenklatur 
und  die  nachfolgende  Beschreibung  deu  Boden  zu  gewinnen.  Diese  Dar- 
legung mußte  hier  in  Kürze  wiederholt  werden,  um  die  Oogenese  im 
Zusammenhange  zu  schildern. 

Im  Folgenden  werden  wir  uns  vorzugsweise  mit  der  Oocyto- 
genese  und  Oohisto  genese  in  den  beiden  ersten  Perioden,  der 
der  Vermehrung  und  des  Wachstums,  beschäftigen,  während  die  Rei- 
fungsteilnngen,  sowie  die  eigentümlichen  Kernveränderuugen  während 
der  Oocytogenese  im  Kapitel  ,,  Befr  uchtu  ng"  ihre  volle  Erledigung 
finden.  Auf  die  0  ophylo genese  kommen  wir  nach  Abschluß  des 
Abschnittes  Oogenese  zurück,  indem  wir  sie  im  Zusammenhange  mit 
der  S  p  e  r  m  i  o  p  h  y  1  o  g  e  n  e  s  e  einer  vergleichenden  Betrachtung  unter- 
ziehen. Für  clas  erste  Verständnis  der  Oophylogenese  ist  durch  die 
kurze  Besprechung  p.  222  ff.  und  Figur  54,  sowie  durch  das  p.  160 
und  161  über  die  Spermiophylogenese  Vorgebrachte  gesorgt  worden. 
Wir  beginnen  mit  der  ausführlichen  Darstellung  der  Oocytohisto- 
genese  des  Menschen  und  der  Säugetiere,  knüpfen  daran  in 
kürzerer  Fassung  die  der  übrigen  Vertebraten  und  werfen  zum 
Schluß  einen  Blick  auf  diese  Vorgänge  bei  den  E  vertebraten  und 
den  Pflanzen, 

1.  Oogenese  des  Menschen  und  der  Säugetiere. 

Die  Oogenese  beim  Menschen  und  bei  den  Säugetieren  ist  eine 
lokalisierte,  alimentär- follikuläre.  Es  sind  wohlausgebil- 
dete, als  besondere  Organe  sich  deutlich  heraushebende  Eierstöcke, 

23* 


356 


W.  Waldeyer, 


Ovarien  (Oo]) hören)  vorhanden,  in  denen  die  weiblichen  Ge- 
schlechtszellen, wenn  sie  als  solche,  als  „Ureier'\  erkennbar  werden, 
schon  fast  sämtlich  angesammelt  sind,  s.  p.  2H3  insbesondere  238. 

In  einzelnen  Fällen  trifft  man  bei  jüngeren  Embiyonen  auch  Ureier 
in  der  Nachbarschaft  der  Eierstöcke  im  Peritonaealepithel ;  s.  darüber 
insbesondere  W.  Nagel  (M.  1897)  und  Mixot  (675a) ;  ich  habe  selbst 
wiederholt  solche  Gebilde  bei  Säugetierembr3^onen  gefunden,  die  ich  für 
Geschlechtszellen,  die  auf  ihrer  Wanderung  zur  Gonade  aufgehalten 
worden  sind,  erklären  möchte. 

Die  Eierstöcke  des  Menschen,  s.  Fig.  138,7,  sind  abgeplattet 
walzenförmige  Organe,  mit  einem  geraden,  durch  das  „Mesovarium" 
angewachsenen  und  mit  einem  konvex  abgerundeten  freien 
Rande.  Sie  haben  bei  guter  und  voller  Ausbildung  ungefähr  die 
Dicke  und  Länge  der  beiden  distalen  Fingerglieder  der  Hand  einer 
Erwachsenen    zusammengenommen,   (3 — 4  cm  Länge,    2 — 3   cm   Höhe 


Fig.  138.  Stück  des  menschlichen  Uterus  (ünks),  mit  dem  Eierstocke, 
der  der  Länge  nach  aufgeschnittenen  und  entfalteten  Tiibe,  einem  Teile  des  Ligamen- 
tum latum  uteri  und  des  Ligamentum  teres  uteri,  nach  Richakd-Sappey,  ent- 
nommen aus  W.  Nagel,  „Harn-  und  Geschlechtsorgane,  Bd.  VII,  T.  11,  Abt.  1  des 
Handbuchs  der  Anatomie  des  Menschen",  herausg.  von  K.  v.  Bardelebex.  Jena, 
G.  Fischer,  1896,  Fig.  43,  p.  08.  l  Eierstock,  ^  Fimbria  ovarica.  ä  Ligamentum 
teres  uteri.     Nahezu  natürliche  Größe. 


von  einem  Rande  zum  anderen  und  7 — 12  mm  Dicke).  Die  Ober- 
fläche der  Ovarien  ist  graurötlich  und  von  mattem  Aussehen,  ähnlich 
einer  Schleimhaut.  Am  geraden  Rande  beginnt,  ziemlich  scharf  ab- 
gesetzt, mit  einer  weißlichen  Linie  (FARRE'sche  Linie)  das  helle  glän- 
zende Peritonaeum  des  Mesovarium  —  es  entspricht  diese  Stelle 
der  dunklen  Linie  in  Fig.  138,  welche  an  der  Grenze  des 
und  des  Eierstockes  den  letzteren  umgreift. 

Auf  der  Schleimhautfläche  des  Eierstockes  schimmern 
von  Hirsekorn-  bis  Erbsengröße  und  darüber   durch,    die 
0  0  p  h o  r  i   V  e  s  i  c  u  1 0  s  i   (G  r  a  a  f i),    siehe   die    hellen    Stellen   in   der 
angezogenen  Figur. 

Der  Durchschnitt  eines  geschlechtsreifen  und  geschlechtstätigen 
Eierstockes  zeigt,  daß  derselbe,  sow^eit  er  das  mattgraue,  schleimhaut- 
ähnliche Aussehen  hat,  von  einem  kurzcylindrischen  Epithel  bekleidet 


Mesovarium 

Bläsch  en 
Folliculi 


Die  Geschlechtszellen.  357 

wird,  dem  Keim  epithel  (Waldeyer).  An  der  FAiiRE'schen  Linie 
geht  dasselbe  mit  scharfer  Grenze  in  das  ganz  niedrige  Plattenepithel 
des  Peritonaeum  (des  Mesovarium)  über.  Es  besteht  jedoch  eine  sehr 
bemerkenswerte  Ausnahme:  eine  der  Fimbrien  der  Tuba  uterina,  die 
Fimbria  ovarica,  Fig.  138.  ;2,  geht  direkt  in  die  Sclileimhautober- 
fläclie  des  Ovarium  über,  und  an  der  Uebergangsstelle  setzt  sich  das 
cylindrische  Keimepithel  in  das  Flimmerepithel  der  Schleimhaut  der 
Fimbrienrinne  und  somit  in  das  der  Tuba  uterina  fort. 

Sehr  klar  erkennt  man  auf  Durchschnittspräi)araten,  welche  quer 
durch  die  FARRE'sche  Linie  gelegt  werden,  daß  die  Serosa  des  Pori- 
tonaeums  sich  nicht  über  das  Ovarium  hinzieht.  Sonach  ist  man  völlig 
berechtigt,  die  Obertiäche  des  Ovarium  einer  Schleimhaut  zu  ver- 
gleichen und  sie  eher  an  die  Tubenschleimhaut.  als  an  das  Peritonaeum 
anzugliedern. 

Die  G  e  w  e  b  s  s  u  1)  s  t  a  n  z  des  Eierstockes  unterhalb  des  Keim- 
epithels läßt  sich  in  eine  Pii  nd  en  schiebt  und  Mark  schiebt  zer- 
legen. 

Will  man  mit  der  gangbaren  Beschreibung  der  Handbücher  un- 
mittelbar unter  dem  Eierstocksepithel  noch  eine  besondere  zellen-  und 
follikelärmere  Schicht  als  „Albuginea"  unterscheiden,  so  darf  dabei 
nicht  übersehen  Averden,  daß  die  sogenannte  AI  bugin  ea  des  Ovarium 
keinesW'Cgs  eine  weiße,  als  besondere  Hülle  abpräparierbare  Schicht  des 
Eierstockes  darstellt,  wie  die  Albuginea  des  Hodens,  der  zuliebe  die 
Ovarialalbuginea  überhaupt  wohl  in  die  Lehrbücher  gekommen  ist. 

Die  Pi  i  n  d  e  n  s  c  h  i  c  h  t ,  Z  o  n  a  p  a  r  e  n  c  h  y  m  a  t  o  s  a ,  enthält  die 
meisten  kleineren  Follikel,  Rindenfollikel.  Die  größeren  liegen 
zum  Teil  tiefer  in  der  Markschicht,  an  deren  Grenze  gegen  die  Rinden- 
schicht, zum  Teil  ragen  sie  an  der  Obertiäche  mehr  oder  weniger  her- 
vor. Das  Gewebe  der  Piindenschicht  besteht  zumeist  aus  platten,  ge- 
wöhnlich spindlig  auslaufenden,  mitunter  auch  sparsam  verästigten 
Bindegewebszellen,  mit  heller,  geringer,  weicher  Grundsubstanz. 
Zwischen  den  Zellen  finden  sich  leimgebende  Fibrillen  in  mäßiger 
Menge,  Elastische  Fasern  fehlen.  Wegen  der  auf  Schnittpräparaten 
uniformen  spindelförmigen  Gestalt  der  Eindenstromazellen  sind  diese 
von  manchen  Autoren  irrtümlich  für  glatte  Muskelfasern  gehalten 
worden. 

Die  Markschicht  des  Eierstockes,  Zona  vasculosä,  besteht 
aus  bündligem  leimgebenden  Gewebe  mit  vielen  elastischen  Fasern 
und  auch  Bündeln  glatter  Muskelfasern ;  sie  ist  die  Trägei'in  der 
stärkeren  Blutgefäße,  Lymphgefäße  und  Nerven,  deren 
feinere  Verzweigungen  in  der  Rindenschicht  liegen,  insbesondere  um 
die  reifenden  größeren  Follikel  herum. 

Die  Follikel,  von  denen  bereits  eine  kurze  orientierende  Be- 
schreibung gelegentlich  der  Besprechung  der  Rückbild  ungs  Vor- 
gänge p.  345  gegeben  werden  mußte,  erscheinen  zuerst  unter  dem 
Bilde  einer  die  Eizellen  umlagernden  einfachen  Schicht  platter  epi- 
thelialer Zellen ,  die  von  den  Keimepithelzellen  abgeleitet  werden 
müssen;  vergl.  die  Besprechung  der  Ureier,  insbesondere  p.  242,  wo 
(nach  V.  Winiwarter)  angegeben  worden  ist,  daß  sich  aus  den  in 
das  Innere  des  Eierstocksstromes  gelangten  Keimepithelzellen  die  Fol- 
likelepithelzellen  entwickelten ;  sowie  die  Figuren  Gl  D.  p.  2oi),  (]'). 
p.  237  und  66,   p.  238.     Später   werden    diese  Zellen    höher  und  um- 


358  W.  Waldeyer, 

geben  in  einfacher  cylindrisclier  Schicht,  als  Follikel  epithel  das 
Ei  (s.  Fi,i>-.  95.  p.  272).  Frühere  Stadien,  die  eines  noch  nicht  völlig  aus- 
gebildeten abgeplatteten  Follikelepithels,  zeigen  die  z.  Tl.  schon  p.  ;)45 
citierten  Figuren  87,  91  u.  100.  Zuletzt  wandelt  sich  das  einschichtige 
kurzcvlindrische  Ei)ithel  durch  mitotische  Teilungen  in  ein  3  bis  4- 
schichtiges  um,  welches  an  einer  Stelle  sich  unter  weiterer  Schichtung 
zu  einem  stumpfspitzigen  Hügel,  E  i h  ü  g e  1  (Kölliker),  C  u  m  u  1  u  s 
oophorus  B.  N.  A.  erhebt,  der  in  seiner  Mitte  die  durch  ihre  weit 
bedeutendere  Größe  und  kuglige  Form  ausgezeichnete  heranreifende 
Eizelle,  das  „Ei''  umschließt.  Nach  außen,  zu  der  gleich  zu  be- 
sprechenden Follikelwand  hin,  so  wie  unmittelbar  um  die  Eizelle  her- 
um, bewahren  die  Epithelzellen  ihre  cylindrische  Form  und  wachsen 
in  älteren  Follikeln  zu  langcylindrischen  Zellen  von  20 — 25  /<  Höhe 
heran.  Die  das  Ei  direkt  umgebenden  Cylinderzellen  nebst  den  nächst 
benachbarten  bleiben  am  Ei,  wenn  dasselbe  den  Follikel  verläßt,  haften 
und  bilden  dessen  schon  mehrfach  genannte  Corona  radiata 
(Bischoff),  Eiepithel  (Waldeyer).  Die  übrigen  Follikelepiihel- 
zellen  haben  eine  mehr  rundliche  Form ;  sie  erschienen  den  älteren 
Beobachtern  aus  der  Zeit  vor  der  Begründung  der  Zellenlehre  wie 
„Körner",  „granula''  und  es  schreibt  sich  daher  der  ältere  Name 
„Membrana  granulosa"  oder  einfacher  „Granulosa"  —  Stratum 
granulosum  (B.  N.  A.). 

Die  Namen  „Membrana  granulosa",  ,,Discus  pr öliger us" 
und  „Cumulus"  rühren  von  K.  E.  v.  Baer  her  (272);  Membrana  gra- 
milosa  und  Cumulus  sind  in  der  neueren  anatomischen  Nomenklatur 
(Baseler  Nomina  anatomica  =  B.  N.  A.)  durch  „Stratum  granu- 
losum" und  „Cumulus  oophorus"  ersetzt  worden,  v.  Baeü  unter- 
schied den  „Cumulus",  zu  dem  er  kein  Beiwort  hat,  als  Teil  seines  „Discus 
loroligerus",  den  die  jetzige  Namengebung  fallen  gelassen  hat.  Auch  sind 
bei  V.  Baer  Discus  proligerus  und  Cumulus  nicht  Teile  der  Membrana 
granulosa,  sondern  er  faßt  sie,  wie  bei  ihm  Text  und  Figuren  zeigen,  als 
selbständige  Bildungen  auf. 

Zu  diesen  vom  Keimepithel  abstammenden  und  unmittelbar  zum 
Ei  gehörenden  Teilen  gesellen  sich  nun  mit  weiterem  Wachstum 
des  Eies  die  p.  345  kurz  erwähnten  beiden  äußeren  bindege- 
webigen Hüllen,  die  Tunica  externa  und  die  ■  T u n i c a  in- 
terna folliculi,  welche  beide  unter  dem  Namen  Theca  folliculi 
zusammengefaßt  werden  (s.  v.  Baer,  k  c).  Beide  stammen  vom 
Ovarialstroma  her.  Die  Tunica  externa  hat  ganz  den  Bau  des- 
selben und  schließt  sich  auch  unmittelbar  an  dasselbe  an :  daß  sie  zum 
Follikel  gehört,  giebt  sich  nur  durch  die  zu  letzterem  konzentrisch 
gefügte  Gewebsbildung  kund.  Die  Tunica  interna  zeigt  in  einem 
zarten  Bindegewebsgerüste  eine  größere  Menge  eigentümlicher  Zellen 
von  rundlicher  oder  polygonaler  Form,  die  seiner  Zeit  von  His  als  „Korn- 
zellen'' beschrieben  wurden  und  sich  auch  im  Ovarialstroma  zerstreut 
finden.  Sie  gleichen  ganz  den  interstitiellen  Hodenzellen  und  werden 
auch  von  Tourneux  als  solche  bezeichnet.  Neuerdings  haben  Manche 
(vergl.  Abschnitt  „Corpus  luteum")  sie  als  „Luteinzellen''  aufge- 
führt. Zwischen  Tunica  interna  und  Stratum  granulosum  schiebt  sich 
noch  ein  dünnes  strukturloses  Häutchen,  die  B  a s a  1  m  e  m  b  ran,    ein 

In  Fig.  139  ist  ein  junger  Follikel  einer  Maus  mit  dem  in 
ihm   enthaltenen  Eie  dargestellt,  und  zwar  nur  das  Follikelepithel  mit 


Die  Gesclilechtszellen.  359 

der  dasselbe  nacli  außen  begrenzenden  zarten  Basalmembran.  Man 
sieht  die  Granulosazellon  sieh  an  der  I)asaliHeiiiI)ran  und  dicht  um 
das  Ei,  dessen  Zona  pellucida  (radiata)  schon  gebildet  ist,  epitlielartig 
anordnen  ;  rechts  in  der  Lücke  ist  die  Stelle  der  ersten  liildung  des 
Li(iuor  folliculi.  Einzelne  Zellen  des  Eiepithels  sieht  man  durch  feine 
Fortsätze  mit  der  Zona  in  Verbindung. 


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Fig.  139.  Junger  Follikel  aus  einem  Mäuseeierstocke.  Präi^arat  von  Benda. 
Erklärung  im  Text.     Frl.  E.  Magen  del. 

In  Fig.  140  liegt  ein  junges  menschliches  Ei  in  seinem  Cu- 
mulus  oophorus.  Die  Zona  ist  noch  nicht  gebildet  und  es  fehlt 
die  epithelartige  Anordnung  der  Gi'anulosazellen  um  das  Ei.  Ferner 
ist  ein  Stück  der  Tunica  interna  folliculi  daj'gestellt,  in  der  man  zahl- 
reiche Kerne  von  Luteiuzellen  und  Blutgefäße  wahrnimmt. 

Als  eine  bei  S  e  1  a  c  h  i  e  rn  und  Reptilien  vorkommende  Besonder- 
heit des  Follikelepitbels,  die  aber  auch  anderwärts  bei  genauerem  Zu- 
sehen sich  finden  dürfte,  ist  das  Vorhandensein  besonders  großer 
Zellen  zu  bezeichnen  (s.  p.  289,  Fig.  105  C  u.  D).  Vielleicht  haben 
sie  die  Bedeutung  von  „Nährzellen".  Hin  und  wieder  sind  solche  auf- 
fallend große  Zellen  auch  beim  Menschen  beobachtet  worden.  Nagel  (490) 
hat  sie  seiner  Zeit  als  „Nährzellen",  Scpiottländer  (545)  als  rudimen- 
täre Eier,  „N  e  b  e  n  e  i  e  r",  angesprochen  ;  neuerdings  (493)  hält  sie  Nagel 
für  die  Vorläufer  der  CALL-ExxER'schen  Körper  (s.  p.  347). 

Für  die  Follikel  des  Menschen  und  der  Säugetiere  cha- 
rakteristisch ist  die  Bildung  einer  ansehnlichen  Menge  dünner  seröser 
Flüssigkeit,  des  Liquor  folliculi,  innerhalb  derselben.  Lieber  die 
Bildungsweise  selbst  ist  nichts  Näheres  bekannt,  doch  findet  dabei  eine 
Auflösung  von  Granulosazellen  statt,  wie  die  ÜALL-ExxER'schen  Körper 
(Epithelvakuolen)  zeigen. 

Die  Ovarien  der  Säugetiere  gleichen  in  den  wesentlichen 
Stücken  den  vorhin  beschriebenen  des  Menschen.  Nur  bei  den  Mono- 
tremen  nehmen  sie,    der  zahlreichen,    großen,    stark   vorspringenden 


360  W.  Waldeyer, 

Follikel  wegen,  ein  an  die  Ovarien  der  Vögel  nnd  Reptilien  erinnerndes 
traubige.s  Aussehen  an.  Nahezu  traubig  erscheinen  auch  wegen  zahl- 
reicher stark  vorspringender  Follikel  die  Eierstöcke  der  Schweine. 
Die  Ovarien  der  übrigen  Wirbeltiere  und  der  Wirbellosen  werden 
weiter  unten  im  einzelnen  beschrieben. 


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Fig.  14Ü.  Cumulus  oophorus  aus  dem  Eierstocke  eines  Kindes  nach  einem 
Präparate  von  W.  Nagel.     Erklärung  im  Text. 

Als  eine  allgemeine,  noch  vorher  zu  besprechende  Frage  muß  bei 
den  Wirbeltiereierstöcken  das  Verhalten  der  Urniere  zu  ihnen 
angesehen  werden;  hierbei  zeigen  sich  Verschiedenheiten  bei  den  ein- 
zelnen Klassen.  Sicher  findet  weder  bei  den  Acraniern  noch  bei  den 
Teleostiern  und  Sei  ach  lern  eine  Beteiligung  der  Urniere  an  der 
Bildung  des  Eierstockes  statt.  Bei  den  A  m  ])  h  i  b  i  e  n  war  von  C.  K.  H off- 
mann (M.  2912),  R.  Semon  (M.  2952)  und  Gemmill  (377)  eine  solche 
Beteiligung  angenommen  worden.  Es  sollten  von  den  Urnierenkanälchen 
aus  epitheliale  Zellstränge,  die  „Sexualstränge"  der  Autoien.  die 
anfangs  solide  wären,  in  das  sehr  spärliche  und  zarte  bindegewebige 
Stroma  der  Peritonaealleiste,  als  welche  sich  die  erste  Anlage  des  Ova- 


Die  Geschlechtszellen. 


361 


riiims  erweist,  von  deren  Basis  aus  eindringen  und,  indem  sie  holil 
würden  und  untereinander  verscliniölzen,  diese  Leiste  zu  einem  Hohl- 
organe umgestalten.  In  der  Tliat  zeigt  sich  das  Amphibienovarium  bei 
seiner  vollen  Ausbildung  als  ein  abge])lattetcr  Sack,  dessen  sehr  zarte 
Wand  außen  vom  Keimepithel  (Peritonäalepithel),  innen  von  einem 
epithelähnlichen  Zellenbelage  ausgekleidet  ist;  diesen  letzteren  leiten 
die  genannten  Autoren  vom  Epithel  der  Urnierenkanäle  her. 


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Fig.  141.  Querschnitt  durch  eiu  junges  Ovarium  von  Pelobates  fuscus 
nach  Gemmill.  Ke  Keimepithel  mit  jungen  Eiern,  i  Innenepithel  des  Ovarialsackes, 
nach  Gemmill  von  den  Sexualsträiigen  herrührend.  Die  Sackhöhle  besteht  aus 
mehreren  verschieden  großen  Kammern.  Nach  oben  bei  A  ist  die  Basis  der  Peri- 
touäalieiste  gelegen,  von  wo  aus  die  Sexualstränge  eindringen  sollen.  B  Eine  An- 
zahl junger  Eier  aus  demselben  Ovarium  mit  Follikelepithel  (/)  und  Theca  {th). 


Anderer  und  meinen  eigenen  Erfahrungen  mehr  entsprechender 
Ansicht  ist  Bouin  (301  u.  302);  er  hält  die  Zellenstränge,  welche  an 
der  Basis  des  Ovarium  der  Amphibien  in  das  zarte  Stroma  desselben 
eindringen ,  für  mesencliymatösen  Ursprunges.  Ich  fasse  die  sack- 
förmigen Hohlräume  des  Amphibieneierstockes  als  Lymph räume 
auf;  die  BeschaÖ'enheit  ihrer  zelligen  Auskleidung  spricht  nicht  da- 
gegen. Die  Eier  mitsamt  den  Follikeln  liegen  in  den  Sackwänden  und 
springen  gegen  den  Lymph  räum  vor. 

Obwohl  bei  den  Reptilien  die  von  der  Urniere  ausgehenden 
Sexualstränge  in  die  noch  indifferenten  Anlagen  der  Keimdrüsen  stets 
hineinwachsen  und  bis  zu  dem  Keimepithel  vordringen  sollen,  so  würden 
sie  nach  ]\I.  Braun  (M.  2899)  doch  nur  bei  den  später  als  Hoden  sich 
ausweisenden  Anlagen  in  Funktion  treten  und  zu  den  gewundenen 
Samenkanälchen  werden,  bei  den  Ovarialanlagen  indessen  schwinden, 
so  daß  auch  hier  keine  dauernde  Beteiligung  der  LTrniere  nachgewiesen 
wäre.  Dasselbe  gilt  für  die  Vögel;  es  sei  hier  auf  die  Arbeiten  von 
R.  Semon  (M.  2951)  und  Born  (Merkel  -  Bonnet  :  „Ergebnisse'', 
Bd.  IV,  1894),  welche  die  bis  1894  erschienene  Litteratur  vollständig 
besprechen,  hingewiesen. 

Für  die  Säugetiere  und  den  Menschen  muß  ich  nach  er- 
neuten Untersuchungen  ebenso  wie  früher  bestreiten,  daß  Zellen- 
komplexe, die  von  der  Urniere  abzuleiten  sind,  also  „Sexualstränge'', 


362  W.  Waldeyer, 

an  der  P'oUikel-  oder  gar  Eibildung  teilnehmen,  Wohl  findet  man 
im  Menschen-,  Sängetier-,  Vogel-  und  Reptilieneierstocke  in  den  tieferen 
Schichten  der  Zona  parenchymatosa  und  in  der  Zona  vasculosa  epi- 
theliale Zellstränge,  die  v.  Kölliki<:r  zuerst  als  „Marksträn  ge"  be- 
zeichnet hat  (da  sie  vorzugsweise  in  der  Zona  vasculosa,  der  „Mark- 
schicht" des  Ovarium  angetroffen  werden).  Aber  es  ist  nach  den 
neueren,  weiter  unten  anzuführenden  Untersnchungen  von  Coert  (627) 
und  V.  WiNiWARTER  (609)  als  sehr  zweifelhaft  zu  erachten,  einmal, 
ob  diese  Stränge  von  der  Urniere  stammen,  und  zum  anderen,  ob  sie, 
wie  es  v.  Kölliker  (449  u.  451),  Bühler  (313)  und  H.  Rabl  (523a, 
p.  165)  vertreten,  in  nennenswerter  Weise  bei  der  Oogenese  beteiligt 
sind,  indem  sie  einen  Teil  der  jungen  Oocyten  oder  selbst  Oogonien 
in  sich  aufnehmen  und  für  diese  das  Follikelepithel  liefern,  s.  w.  u. 

Oocyto genese  undOohistogenese  des  Menschen  und 
der  Säugetiere.  Nach  dem,  was  wir  im  Vorigen  über  den  Bau 
der  Eierstöcke  angegeben  haben,  kann  die  Besprechung  der  Oocyto- 
genese  und  Oohistogenese  füglich  nicht  von  der  der  Follikel  genes  e 
getrennt  werden.    Wir  behandeln  deshalb  beides. im  Zusammenhange. 

Wir  verließen  p.  235  ff.  die  Eier  als  „Ureier"  im  Keimepithel 
lagernd  und  gaben  unter  Bezugnahme  auf  die  schematische  Figur  55, 
p.  225  eine  kurze  übersichtliche  Darstellung  des  Ganges  der  Oogenese. 
Indem  wir  zunächst  den  Untersuchungsergebnissen  v.  Winiwarter's 
folgen,  ist  für  das  Kaninchen  und  den  Menschen  dieser  Gang 
im  Genaueren  folgender: 

Die  "Zellen  der  beiden  Schichten  des  Keimepithels,  welche  v.  Wini- 
warter  fand  (s.  die  Beschreibung  p.  240),  vermehren  sich  reichlich 
durch  mitotische  Teilung.  Sie  unterscheiden  sich  durch  die  Beschaffen- 
heit ihrer  Kerne,  die  v.  Winiwarter  als  protobroche  Kernea 
und  protobroche  Kerne  1)  aufführt.  Wir  sahen  schon  (vergl. 
p.  240  ff.)  daß  wir  die  Ureier  unter  diesen  Zellformen  suchen  mußten, 
falls  wir  die  Ureier  mit  den  „Oogonien''  identifizieren. 

Unterhalb  der  genannten  beiden  oberen  Zellenlagen,  die  das 
Keim  epithel  repräsentieren,  und  zwar  das  primäre  Keimepithel, 
wie  V.  Winiwarter  es  ausdrücklich  bezeichnet,  sind  nun  bei  fort- 
schreitender Oogenese  die  verschiedenen  Stadien  der  Entwickelung  der 
Oocyten  sowohl  wie  der  Ovarien  zu  sehen. 

Was  die  Entwickelung  der  Ovarien  anlangt,  so  übergehen  wir 
hier  das  Stroma,  die  Blut-  und  Lymphgefäße  und  beschränken 
uns  auf  die  epithelialen  (parenchymatösen)  Bestandteile.  v.  Wi- 
niwarter (1.1.  c.c.)  folgt  den  wichtigen  zuerst  1885  von  v.  Mihal- 
Kovics  (674  u.  674a)  und  Janosik  (M.  2914)  gegebenen  Daten.  Dem- 
gemäß müssen  verschiedene  Einwucherungen  des  primären  Keim- 
epithels in  das  darunter  gelegene  primitive  Ovarialstroma  zu  verschie- 
denen Zeiten  angenommen  werden.  Die  erste  Ein  Wucherung 
liefert  nach  Coert  das  von  ihm  so  benannte  Rete-B last em.  Aus 
den  einwuchernden  anfangs  soliden,  netzförmig  zusammenhängenden 
Zellen inassen,  die  bis  in  die  Nähe  des  späteren  Hilus  ovarii  vor- 
geschoben werden,  sollen  in  der  Folge  die  Hohlkanälchen  des  Rete 
ovarii,  einei-  dem  Rete  testis  homologen  Bildung  hervorgehen. 
Die  Retekanälchen  sollen  wiederum  mit  den  vom  WoLFP'schen  Körper 
herrührenden  Epoophoron-Kanälen  sekundär  in  Verbindung  treten. 

Durch  eine  zweite  Ein  Wucherung  entstehen  die  Mark- 
stränge.    Diese    bleiben   solide  Zellenstränge;   nur  selten   und   dann 


Die  Geschlechtszellen. 


363 


1.  Keiraepithel 

2.  Verbindiingsgang 


Keimschlauch 


Markstrang 


in  der  Nachbarschaft  der  Retekanälchen,  mit  denen  sie  in  Verbindung 
treten,  werden  sie  teilweise  hohl. 

Die  wichtigste  Ein- 
wucherung  ist  die  dritte; 
sie  liefert  die  Keim- 
schlauche,  b  o  y  a  u  x 
germinatifs  v,  Wini- 
WARTER.  Diese  treten 
einerseits  mit  den  Mark- 
strängen in  Verbindung, 
andererseits  eröffnen  sie 
sich  durch  kurze,  halsartig 
eingeschnürte  V e  r  b  i  n  - 
d  u  n  g s  g ä  n  g  e ,  welche  die 
Reste  der  Einwucherungs- 
wege  darstellen,  zur  Ober- 
fläche des  Eierstockes,  zum 
Keimepithel  hin.  Fig.  142, 
welche  im  Anschlüsse  an 
eine  Zeiclinung  von  v.  Wi- 
NiWARTER  (mit  gering- 
fügigen Aenderungen)  her- 
gestellt ist,  mag  zur  Er- 
läuterung dienen : 

Bei  1.  sieht  man  nach 
beiden  Seiten  von  der 
Oeffnung  des  (2)  Verbin- 
dungsganges, I  n  V  a  g  i  - 
n  a  t  i  0  n  epitheliale  v. 
Vv^iNiwARTER,  ein  Stück 
des  später  einschichtigen 
K  e  i  m  e  p  i  t  h  e  1  s.  In  die- 
sem wie  in  dem  Verbin- 
dungsstücke haben  die 
Zellen  eine  bestimmte 
Stellung,  und  zwar  mit 
ihrer  Längsachse  senkrecht 
zur  Unterlage.  3.  be- 
deutet einen  K  e  i  m  - 
schlauch;  in  diesem 
liegen  anfangs  die  größeren 
Zellen,  die  0  o  c y  t  e  n  .  und 

die  kleineren,  die  späteren  Follikelepithelien,  noch  ziemlich  regellos; 
auch  in  4,  den  Mark  strän  gen .  wo  sich  fast  nur  Zellen,  die  den 
Follikelzellen  gleichen,  finden,  ist  keine  strenge  Regelmäßigkeit  in  der 
Lagerung  vorhanden.  5.  stellt  die  Kanälchen  des  Rete  ovarii  in 
ihrer  \'erbindung  mit  den  Marksträngen  und  mit  zwei  Epoophoral- 
kanälchen  (6)  dar.  Letztere  liegen  außerhalb  des  Eierstockes  und 
stellen  Reste  der  Urniere  dar. 

Die  Oogenese  anlangend,  so  finden  sich  nach  v.  Winiwarter's 
Ermittelungen  diejenigen  Keimzellen,  welche  wir  als  Oogonien 
bezeichnen,  und  die  sich  noch  durch  Teilung  vermehren,  nur  in 
dem    primären  Keim  epithel;    wenigstens  sagt   v.  WiNi\yARTER    nichts 


Rete  ovarii 


Fig.  142. 
parenchyms. 


6.  Epoophoron 


Schema  der  Bildung  des  Eierstocks- 
Erklärung  im  Test. 


364  W.  Waldeyer, 

davon,  ob  sich  OojAonien  auch  in  den  Maikstiängen  fänden.  Junge 
Oocyten  zeigen  sich  ab  und  zu  in  diesen,  und  es  können  namentlich 
an  der  Grenze  gegen  die  Keinischläuche  hin  sich  auch  Follikel  aus 
den  Marksträngen  bilden.  Doch  meint  v.  Winiwarter,  daß  die  auf 
Kosten  der  Markstränge  gebildeten  Follikel  fast  durchweg  atretisch  zu 
Grunde  gingen. 

Die  K  eim  schlau  che,  welche  in  der  Form  am  meisten  an  die 
„Eiballen"  Waldeyer's  erinnern,  und  Avie  diese  auch  untereinander 
in  Verbindung  stehen,  enthalten  die  F  o  1 1  i  k  e  1  e  p  i  t  h  e  1  z  e  1 1  e  n  ,  welche 
sonach  vom  Keimepithel  abstammen,  und  die  jungen  Oocyten  I.  Die 
Folli  kelepithelzellen  haben  den  Charakter  der  Zellen 
mit  den  p r o t o b r o c h e n  Kernen  \).  Die  Kerne  der  j ungen  Oo- 
cyten I,  Vor  eier  (m.)  bezeichnet  v.  Winiwarter  als  deutobroch; 
sie  wurden  gleichfalls  bereits  p.  241  u.  242  geschildeit  und  als  nukleolen- 
haltig  bezeichnet. 

V.  Ebner  schreibt  übrigens  auch  den  von  ihm  als  „Ureier",  „Oo- 
gonien",  bezeichneten  Zellen  Nukleolen  zu,  von  denen  allerdings  nicht 
näher  angegeben  wird,  ob  es  Nucleoli  oder  Psei;donucleoli  sind 
(665a,  p.  536). 

Indem  sich  anfangs  niedrige,  später  höher  und  cylindrisch  werdende 
Zellen  um  die  einzelnen  Oocyten  zusammenschließen,  beginnt  die  Fol- 
likelbildung  von  den  Keimschläuchen  aus  nach  dem  schon  von 
Pflüger  geschilderten  Ablaufe.  Weiter  legen  sich  vom  Stroma  her 
die  Elemente  der  Tunica  externa,  dann  die  der  Tunica  interna  um  die 
einzelnen  Eier  mit  samt  ihrem  Ei)ithel  herum  und  isolieren  so  den 
Follikel  von  den  übrigen  Bildungen.  Oefter  kann  man  (Waldeyer) 
noch  einen  jungen  Follikel  durch  den  Verbindungsstrang  mit  dem 
Keimepithel  in  Verbindung  stehen  sehen,  wenigstens  darf  P^ig.  17, 
Taf.  II  (591)  wohl  so  gedeutet  werden;  auch  habe  ich  die  Verbindung 
direkt  gesehen.  Auf  den  Prozeß  der  Follikelldldung  näher  einzugehen, 
wo  wir  es  hier  insbesondere  mit  dem  Ei  zu  thun  haben,  erscheint 
unnötig. 

Während  der  Follikelbildung  vollziehen  sich  an  der  Oocyte 
eine  Reihe  von  verwickelten  Vorgängen,  welche  im  allgemeinen  als 
Kernveränderungen  bezeichnet  werden  müssen;  dazu  kommen  als  eine 
zweite  Reihe  Wachstums  vor  gäuge  und  Hüllenbil  d  un  gen, 
d.  i.  der  primären  und  sekundären  Hüllen.  Alle  diese  Vorgänge  tragen 
den  Charakter  histogenetischer  Prozess  e  und  wurden  bereits 
vorhin  unter  dem  Namen  der  Oohisto genese  zusammengefaßt 

Wenn  auch  die  Reifungsvorgänge  im  strengen  Sinne  in  der  Bil- 
dung der  Polocyten  gesucht  werden  müssen,  so  ist  es  doch  unver- 
kennbar, daß  auch  die  merkwürdigen  Veränderungen  an  Kern  und 
K  e r  n  k  ö  r  p  e r  c  h  e  n ,  die  jüngst  insbesondere  von  Holl  (42o),  H.  Rabl 
(52oc),  Van  der  Stricht  (573),  Rückert  (534  u.  534a),  Haecker 
(394a— 396a),  Carnoy  und  Lebrun  (321—323)  und  durch  v.  Wini- 
warter (1.  c.)  geschildert  sind,  auf  die  Polzellenbildung  und  die  Her- 
stellung der  Befruchtungsfähigkeit  der  Eizelle,  insbesondere  ihres 
Keimbläschens  vorbereiten.  Teilungen  finden,  wie  bereits  wiederholt 
hervorgehoben  wurde,  im  Voreierstadium  nicht  mehr  statt  (s.  w.  u.), 
wohl  aber  Veräuderungen  an  den  vorhandenen  chromatischen  Kern- 
substanzeu,  den  N u k  1  e o  1  e n  und  S p h ä r e n a p p a r a t e n.    Unter 


Die  Geschlechtszellen.  365 

anderen  gehören  die  bereits  erwähnten  sonderbaren  Bildungen  der 
Federstrangfiguren  hierher  (s.  p.  262,  Figg.  83—85). 

V.  WiNiWARTER  beschreibt  eine  Reihe  von  Kernfiguren  bei  den 
sich  entwickelnden  Oocyten,  die  er  als  Folgeformen  ansieht  und  mit 
besonderen  Namen  belegt:  auf  die  Form  der  deu tobrochen  Kerne 
folge  die  der  lej)  to  tä  n  en  {lencög  dünn,  raiviu,  Strang.  Faden,  Rand), 
dann  der  s )^  n  a p  t  ä n  e n ,  welche  an  die  S y  n  a  p  s  i  s f  o  r  m  der  Kerne  bei 
der  Spermiogenese  (p.  168  u.  176)  erinnern.  Es  folgen  dann  Kerne 
mit  dicken  Chromosomen,  pachytäne  Kerne,  dann  solche  mit  Teilung 
der  Fäden,  diplotäne  Kerne,  endlich  Kerne  mit  netzförmig  angeord- 
netem Chromatin  und  1  bis  mehreren  Nukleolen,  diktyo tische  Kerne 
{di/.cvov  Netz).  Da  indessen  alle  diese  Vorgänge  im  folgenden  Ka- 
pitel (Eireife  und  Refruchtung)  ihre  Hauptdarstellung  finden  werden, 
so  mag  diese  kurze  Erwähnung,  die  nur  im  Interesse  einer  zusammen- 
hängenden Darstellung  gegeben  wurde,  genügend  erscheinen. 

Mit  wenigen  Worten  soll  aber  noch  auf  zwei  weitere  Fragen  ein- 
gegangen werden :  auf  die  Individualität  oder  Kontinuität  der 
Chromosomen  und  auf  die  Bedeutung  der  eben  erwähnten 
K  e  r  n  u  m  1)  i  1  d  u  n  g  e  n. 

Unter  der  Individualität  oder  der  Kontinuität  d  e  r  C  h r  o  - 
m  0  s  0  m  e  n ,  welche  von  K.  Rabl  (M.  449)  und  Roveri  (306)  be- 
gründet wurde,  versteht  man  ihre  morphologische  und  substanzielle 
Erhaltung  auch  während  des  Zustandes  der  Kernruhe,  während  dessen 
sie  scheinbar  in  dem  dann  auftretenden  Chromatinnetze  sich  verlieren. 
Resteht  eine  solche  Erhaltung,  so  ist  es  klar,  daß  die  Chromosomen 
als  Individuen  von  der  Mutterzelle  zur  Tochterzelle  und  so  weiter 
übergehen.  Dies  kommt  allerdings  auch  bei  den  Körperzellen  (Ge- 
webszellen) in  Frage,  insbesondere  aber  bei  den  Geschlechtszellen  und 
gilt  sowohl  für  Samenzellen,  wie  für  Eizellen.  Da  die  Geschlechts- 
zellen im  Fortgange  des  Lebens  eine  kontinuierliche  Reihe  darstellen, 
so  hat  hier  die  Individualität  der  Chromosomen  ihre  besondere  Re- 
deutung. 

Carnoy  und  Lebrun  (321  —  323)  haben  sich  vor  allem  mit  dieser 
Frage  beschäftigt;  durch  ihre  wichtigen  Untersuchungen  ist  insbeson- 
dere für  die  Geschlechtszellen  dieselbe  zu  einer  brennenden  geworden 
und  es  sind  dabei  auch  die  Nukleolen  weit  in  den  Vordergrund 
der  Retrachtungeu  gerückt  worden.  Die  beiden  Relgischen  Forscher 
kamen  zu  einem  zu  Rabl  und  Roveri  entgegengesetzten  Standpunkte, 
indem  sie  eine  Kontinuität  der  Chromosomen  läugneten.  Während  der 
vorhin  berührten  Kern  Umbildungen  sollten  sowohl  die  Nukleolen,  wie 
die  Centrosomen  und  Chromosomen  teilweise  unter  Rildung  der  p.  262 
beschriebenen  Federstraugfiguren  zu  Grunde  gehen  und  sich  in  den 
Tochterkernen  neubilden;  eine  Kontinuität  der  Chromosomen  bestehe 
nicht.  Insbesondere  sollten  Federstrangsfiguren  aus  den  Nukleolen 
hervorgehen.  Früher  hatte  schon  0.  Schultze  (547a)  die  Chromo- 
somen der  ersten  Polzellenteilung  von  den  Nukleolen  des  Keim- 
bläschens abgeleitet;  neuerdings  stellt  sich  R.  Fick  (364)  auf  die 
Seite  Carnoy's  und  Lebrun's.  —  Für  die  Kontinuität  der  Chromo- 
somen sind  vor  allen  Rückert  (M.  2008  u.  534a),  Rorn  (297,  298) 
und  noch  jüngst  wieder  V.  Haecker  (654a)  eingetreten,  auf  dessen 
nach  vielen  Seiten  für  die  Oogenese  wichtiges  Werk  besonders  auf- 
merksam gemacht  werden  soll.  Einen  mehr  vermittelnden  Standpunkt 
nimmt  Lubosch   in   seiner  Habilitationsschrift  (466)  ein,   in    der  ein- 


366  W.  Waldeyer, 

gehend  die  Veränderungen  der  Nuklcolcn  l)ei  der  Eireifung  behandelt 
werden.  Lubosch  giebt  zu,  daß  Nukleolarsubstanz  aus  dem  Kern- 
gerüst und  daß- fadenförmige  Elemente  aus  den  Nukleolen  thatsächlich 
entstehen,  wie  das  Carnoy  behauptet  hatte,  hält  aber  das  einmal 
bestehende  chromatische  Kerngerüst  im  reifenden  Ei  jederzeit  für 
nachweisbar,  wenn  auch  in  äußerst  fein  verteilter  Form.  Die  Er- 
scheinungen an  den  Nukleolen  seien  bis  zu  einem  ge\nssen  Grade 
unabhängig  von  den  Zuständen  des  Kerngerüstes. 

Wenn  in  jüngster  Zeit  so  viel  Clewicht  auf  die  Nukleolen  bei 
der  Oogenese  gelegt  wird,  so  soll  nicht  unerwähnt  bleiben,  daß  als  der 
Erste  Hüll  (423  III)  diese  Bedeutung  für  die  menschliche  Eizelle  hervor- 
gehoben hat.  Der  Nucleolus  soll  gegen  das  Ende  der  Oogenese,  indem  das 
Chromatin  des  Kerngerüstes  in  den  Zellenleib-  auswandert  und  das  Gerüste 
gänzlich  schwindet,  allein  in  der  Oocyte  zurückbleiben,  wo  er  in  einen 
Haufen  fast  gleicher  chi^omatischer  Kugeln  verwandelt  werde ;  er  stelle 
so  den  wesentlichsten  und  für  die  Befruchtung  wichtigsten  Teil  der  Ei- 
zelle dar.  Dasselbe  fand  Holl  für  die  Säugetieroogenese.  Beiläufig  sei 
bemerkt,  daß  Holl  eine  K  e  r  nköp  e  r  chenmemb  r  a  n  bei  den  Eizellen 
annimmt. 

Für  die  Individualität  der  Chromosomen,  aber  auch  für 
ihre  Beziehungen  zu  den  Nukleolen  sprechen  vor  allen  die  Erfahrungen 
von  RÜCKERT  (1.  c.)  und  Haecker  (654a),  denen  zufolge  in  den 
K eim b ah  n Zellen  von  Cyclops  die  mütterlichen  und  väterlichen 
Chromosomen  sich  selbst  für  mehrere  Generationen  getrennt  erhalten, 
Gonomerie  der  Kerne.  Dieser  Zustand  finde  in  den  p.  269  er- 
wähnten Doppelnukle  ölen  seinen  sichtbaren  Ausdruck.  Schon 
Boveri  (306)  hatte  aus  seiner  Hypothese  der  Chromosomen-Indivi- 
dualität den  Schluß  auf  eine  Gonomerie  sämtlicher  von  einem  befruch- 
teten Eie  abstammenden  Zellen  gezogen,     ^'gl.  auch  Conklin  (331a). 

Was  die  Bedeutung  der  Kern-  und  Ker  nkörpe  r  chen- 
Umbildungen  während  der  Oogenese  (und  wir  m üssen  hin- 
zufügen „Spermiogenese")  betrifft,  so  ist  nichts  Sicheres  darüber 
auszusagen;  die  etwa  dabei  in  Betracht  kommenden  Reduktions- 
vorgänge am  Kern  chromatin  werden  im  folgenden  Kapitel  ,,Eireife 
und  Befruchtung"  behandelt  werden.  Lubosch  hält  funktionell  die 
betreffenden  Vorgänge  für  Anpassungserscheinungen  des  Kerns  an 
seine  veränderten  Lebensbedingungen,  weist  aber  unter  Besprechung 
der  geringen  in  dieser  Beziehung  bis  jetzt  nur  vorhandenen  Litteratur 
auch  auf  die  morphologischen  Bedingungen  hin,  die  in  Be- 
tracht kommen  dürften,  wie  auf  die  in  der  Eiablage  -  mehrfach  und 
periodisch  für  die  Teleostier  und  Am[»hibien,  einmalig  für  das  ganze 
Leben  bei  den  Petromyzonten  — ,  oder  bei  erst-  und  mehrgebärenden 
Weibchen  gegebenen ,  wo  nach  Haecker  (395)  Unterscniede  bei 
Copepoden  vorhanden  sind.  Es  würde  hier  zu  weit  führen,  dies  zu 
diskutieren  und  verweise  ich  auf  die  Originalarbeit. 

Daß  das  Centriol  (Centrosom)  den  Oocyten  bei  der  2.  Reife- 
teilung (Polzellenteilung)  verloren  geht,  so  daß  es  dem  Reifei  fehlt, 
wurde  erwähnt. 

Die  Zeit  der  Bildung  von  Oocyten  anlangend,  so  finden 
sich  diese  bereits  vor  der  Geburt  —  beim  Kaninchen  etwa  um  die 
dritte  Fötalwoche. 


Die  Geschlechtszellen. 


367 


An  der  Ilaiid  zweier  Figuren,  143  und  144,  seien  die  Befunde 
an  jungen  Ovarien  von  Säugetieren  und  vom  Menschen  zur  Erläute- 
rung der  Grundzüge  der  Ovarial-  und  Eibildung  vor  Augen  geführt : 


Fig.  143.  Senkrechter  Schnitt  durch  den  Eierstock  und  das  Mesovarium 
einer  neugeborenen  Katze.  Leitz  Obj.  3,  Ok.  I.  Am  Uebergange  des  Mesovarium 
in  das  Ovarium  eine  Gruppe  von  kleinen  Schläuchen  mit  hell  gehaltenem  Lumen 
=  Rete  ovarii.  Darauf  folgt  nach  oben  die  3Iarksubs  t  a  nz.  In  dieser  helle 
Räume  =  leere  Blutgefäße,  und  dunkle,  teils  strangförmig,  teils  rundlich  oder  in 
anderen  Formen  erscheinende  Haufen  kleinerer  Zellen  =  Markstränge;  an  der 
Rindengrenze  liegen  einzelne  größere  inmitten  kleinerer.  Solche  Stränge  sind  zum 
Teil  auch  in  der  Rindeuschicht  erkennbar.  In  der  Rinde  oben  zahlreiche  schlauch- 
förmige (PFLÜGER'sche  Schläuche),  mehr  nach  unten  ballenförmige  (Eiballen) 
Haufen  von  größeren  Zellen,  untermischt  mit  kleineren,  welche  sich  au  das  gleich- 
falls aus  solchen  kleineren  Zellen  bestehende  Keimepithel  anschließen.  Aus  v.  Koel- 
liker's  „Erinnerungen",  Leijizig,  W.  Engelmann,  Fig.  4,  p.  301. 


Die  nach  einem  Präparate  und  einer  Abbildung  v.  Koelliker's 
(s.  a.  Fig.  1214  bei  v.  Ebner  [(365a])  wiedergegebene  Fig.  143  zeigt 
in  vortretflicher  Weise  die  verschiedenen  Bestandteile  eines  in  der  Aus- 
bildung begriffenen  Säugetier -Eier  stock  es.  Bei  der  schwachen 
Vergrößerung  der  Zeichnung  lassen  sich  in  den  Eiballen  und  Schläuchen 
die  späteren  Follikelzellen  von  den  jungen  Oocyten  nicht  durchweg 
unterscheiden.  An  der  Grenze  von  Rinden-  und  Markschicht  sielit 
man  einzelne  Oocyten  in  Marksträngen  lagern.  Wei1;eres  ergiebt  die 
Erklärung  der  Figur. 

Die  Fig.  144  (nach  W.  Nagel)  zeigt  in  den  Eiballen  kleinere 
und   größere  Zellen.     Welche  von   den   kleineren  Zellen   zu  Follikel- 


368 


W.  Waldeyer, 


Zellen  werden  dürften,  läßt  sich  noch  nicht  sicher  erkennen.  Im  Keini- 
epithel  zeigen  sich  ähnliche  Stellen  mit  zwei  Lagen,  wie  sie  v.  Wini- 
WARTER  schildert  (protobroche  Zellen  a  und  6).     Das  Stroma  reicht. 


'    "■  litt* 


Fig.  144.  Stück  eines  Schnittes  durch  den  Eierstock  eines  menschlichen 
Embryo  von  11cm  Rumpf  länge  aus  FLEMMiNG'scher  Lösung,  l  Keimepithel 
(primäres).  2  Eiballen,  bestehend  aus  den  Parenchymzellen ,  und  zwar 
kleineren  =  Follikelzellen  und  größeren  =  jungen  Oocyten  in  verschiedenen 
Stadien  ihrer  Ausbildung.  S  Stärkerer  Stromabalken  mit  Blutgefäßen,  welche  Blut- 
körperchen enthalten.     Weiteres  im  Text.     Aus  W.  JSIagel  (493),  Fig.  29,  p.   47. 


wie  es  bereits  von  Waldeyer  beschrieben  und  abgebildet  wurde  föOl, 
Taf.  II,  Fig.  11),  bis  in  das  Keimepithellager  hinein.  Die  Kerne  der 
größeren  Zellen  in  den  Eiballen,  oder  Eifächern  (Nagel)  zeigen  un- 
zweifelhaft Bilder,  die  v.  Winiwarter's  „noyaux  dentobroques"  und 
,,leptotenes"  entsprechen;  in  dem  unteren  Abschnitte  der  Figur  sind 
einige  Synapsis-Kerne  bestimmt  zu  erkennen. 

Zu  den  Arbeiten,  in  welchen  die  Veränderungen  der  Kerustruktur 
beim  Menschen    berücksichtigt  ist,   gehört  auch    die   eingehende  Dar- 
stellung Wendeler's  (596).     Vgl.  daselbst  Figg.  15,  IV  u.  V,  16  und 
Fig.    16    werden    Synapsisformen   abgebildet,    jedoch   als   zu 
gehende  Eiformen  gedeutet. 

Ich  muß  bekennen,  daß  mir  die  Frage  nach  der  Herkunft  der 
Zellen  der  Markstränge  und  des  Eete  ovarii,  wenn  wir  ein 
solches  überall  annehmen  wollen,  als  noch  näherer  Prüfung  bedürftig 
erscheint.  Es  wird  mir  w^ohl  Jeder  zugeben,  daß  die  Annahme  ver- 
schiedener zeitlich  auseinanderliegender  Etappen  von  Einwanderungen  der 
Keimepithelzellen  etwas  Unwahrscheinliches  hat ;  weitere  Untersuchungen 
sind  jedenfalls  noch  nötig.  —  Holl  hat  s.  Z.  (423  I,  p.  56)  die  Mark- 
stränge als  Nebennieren-Rindensubstanz  gedeutet.  Dem  kann  man  nicht 
zustimmen. 


17.     In 
Grunde 


Die  Geschlechtszellen.  o69 

Es  sei  hierzu  weiter  bemerkt,  daß,  vgl.  v.  Ebner  (665a  p.  558),  sehr 
verschiedene  Bildungen  in  den  Eierstöcken  vorkommen,  die  den  echten 
Marksträngen  ähneln:  Stränge  des  Rete  ovarii,  Stränge  von  Lutein- 
z  eilen  (interstitiellen  Zellen  Tourxeux,  Kornzellen  His,  s.  vorhin),  Zell- 
stränge, welche  aus  den  Luteinzellen  atretischer  Follikel  hervorgehen 
und  andere,  welche  aus  den  Epithelzellen  solcher  Follikel  abstammen. 
Eine  sorgfältige  Erwägung  ist  also  bei  der  Frage,  ob  irgend  ein  im  Ova- 
rium  vorkommender  Zellstrang  ein  Markstrang  sei,  durchaus  erforderlich. 

In  Abschnitt  IV:  Gemeinsames  für  Spermium  und  Ei 
müssen  wir  zum  Vergleich  der  Spermiogenese  mit  der  Oogenese  noch 
einmal  auf  das  p.  362 — 369  Besprochene  zurückkommen. 

lieber  die  Ausbildung  der  Follikel  ist  noch  folgendes  an- 
zugeben :  Nähert  sich  der  Follikel  seiner  vollständigen  Reife,  so  treten 
zwischen  Cumulus  oophorus  und  der  Follikelwand  zahlreiche  Epithel- 
vakuolen, d.  h.  nichts  anderes  als  Herde  neuer  Liquorbildung  auf,  so 
daß  dadurch  die  Verbindung  des  Eiepithels  mit  der  übrigen  Granu- 
losa  bis  auf  einzelne  Zellstränge  ,,Retinacula"  (Barry)  gelöst  wird. 
Hierdurch  wird  offenbar  die  Ausstoßung  des  Eies  beim  Follikelsprunge 
erleichtert.  Ueber  Liquorbildung  und  die  CALL-ExNER^schen 
Körper  vgl.  noch  Simon  (461b).  Ueber  GRAAF'sche  Follikel, 
]\I  e  m  b  r  a  n  a  g  r  a  n  u  1  o  s  a ,  Cumulus  oophorus,  M  a  r  k  s  t  r  ä  n  g  e 
handeln  Crety  (334),  Gastel  (375),  Schottländer  (544.  545). 
Lachi  (M.  1888),  Laulanie  (M.  1889),  Legge  (M.  1890)  und  Slav- 
JANSKI  (M.  1908.) 

Ovulation.  Zusammentreffen  von  Spermien  und  Ei, 
ek topische  Schwangerschaften,  Corpora  lutea.  Um  das 
Schicksal  einer  zu  ihrer  natürlichen  Bestimmung  gelangenden  mensch- 
lichen und  Säugetier-Eizelle  bis  zu  Ende,  d.  h.  bis  zum  Beginn  ihrer 
Entwickelung  zum  Embryo  zu  führen,  müssen  wir  noch  anf  den  Vor- 
gang der  Ovulation  eingehen ;  dabei  sei  in  wenigen  AVorten  der  damit 
verknüpften  Dinge,  insbesondere  der  Bildung  der  gelben  Körper. 
Corpora  lutea  gedacht. 

Unter  „Ovulation"  versteht  man  den  Austritt  eines  Reifeies  aus 
dem  eröifneten  Follikel  samt  der  Aufnahme  desselben  in  den  zur  nor- 
malen Entwickelungsstätte,  den  Uterus,  führenden  Weg,  in  den  Eileiter. 
Die  Eröffnung  der  reifen  Follikel  wird  gewöhnlich  als  „Follikel- 
sprung" bezeichnet;  doch  ist  es  mir  unwahrscheinlich,  daß  der  Vor- 
gang —  Ausnahmen  zugestanden  —  ein  plötzlicher,  sprunghaft  ab- 
laufender sei.  Der  am  meisten  vorragende  Teil  der  Follikelwand  ver- 
dünnt sich  immer  mehr,  und  man  sieht  auch  bei  guten  Injektionspräpa- 
raten diese  Stelle,  Stigma,  mit  weniger  Blutgefäßen  durchsetzt.  Steigert 
sich  nun  der  Druck  durch  fortgesetzte  Liquorbildung,  so  muß  in  der  Regel 
an  der  genannten  Stelle  eine  Eröffnung  des  Follikels,  welche  ganz  all- 
mählich erfolgen  kann,  stattfinden.  Das  nur  noch  an  den  schwachen  Re- 
tinaculis  hängende  Ei  tritt,  vom ,  Liquor  getragen,  heraus,  und  wenn 
sich  die  Tubenglocke  an  ihrem  richtigen  Platze,  d.  h.  auf  der  Oberfläche 
des  Ovarium  befindet,  so  wird  das  Ei,  welches,  wie  Versuche  Lode's 
lehren,  von  der  Kraft  der  Flimmerbewegung  leicht  bewegt  werden  kann, 
in  die  abdominale  Tubenöffnung  hineingetrieben.  Es-  ist  wahrschein- 
lich, daß  die  Fimbria  ovarica  (Fig.   138  5)  hierbei  eine  Rolle  spielt. 

Nach  den  Befunden  bei  Tieren  —  ich  verweise  auf  die  sehr  sorg- 
fältigen Untersuchungen  Reix's  (M.  1276)   —   und  nach  den  so  zahlreich 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.  1.  24 


370 


W.  Waldeyer, 


vorkommenden  Tubenschwangerschaften,'  wird  als  der  normale  Ort,  an 
dem  Eier  und  Spermien  zusammentreffen  und  in  welchem  auch  das  Ein- 
dringen der  Spermien  in  das  Ovulum  erfolgt,  die  Tubenampulle  an- 
zusehen sein.  Dieselbe  erscheint  schon  durch  ihren  Bau  (Tubenlaby- 
rinth) dazu  besonders  eingerichtet.  Indessen  kann  nicht  geläugnet 
werden,  daß  eine  Befruchtung  unter  Umständen  auch  erst  im  Uterus 
erfolgt,  oder  schon,  während  sich  das  Ei  noch  auf  dem  Ovarium  befindet. 
Ovarialschwan  gerschaften  sind  in  hinreichender  Zahl  i)  und  genau 
genug  beobachtet  worden,  um  das  letztere  zu  erweisen.  Da  bei  diesen 
wiederholt  die  Untersuchung  zu  der  Annahme  führen  mußte,  daß  das 
Ei  den  Anfang  seiner  Entwickelung  in  dem  betreffenden  Eollikelraume 
genommen  habe,  so  wird  es  wahrscheinlich,  daß  hie  und  da  ein  Reifei  bei 
der  Eröffnung  des  Eollikels  denselben  nicht  verläßt  und  innerhalb  des- 
selben befruchtet  wird. 

Unmittelbar  nach  der  Entleerung  des  Follikels  beginnt  in  seinen 
inneren  Wandschichten  ein  Zellenwucherungsprozeß  eigentümlicher  Art, 
der  an  denselben  Vorgang  bei  der  Rückbildung  der  atretischen  Eollikel 
erinnert  (s.  p.  345  ff.)  und  schließlich  zur  Entstehung  des  Corpus  luteum 
führt.  Im  ausgebildeten  Zustande  ist  das  letztere  ein  rundlicher  Körper, 
an  welchem    man    einen   weichen    grauen    durchscheinenden    Kern    und 


\ 


1-, 


\ 


f 

4 


Fig.  145.  Stück  eines  menschlichen  Eierstockes  mit  einem  kurz  vor  dem  Tode 
des_  betreffenden  Weibes  geplatzten  EifoUikel.  1,  l  Stark  gewucherte  Tunica  interna 
folIicuU  mit  zahlreichen  Blutgefäßen.  2  Oeffnung  des  Follikels.  Präparat  der  Ber- 
hner  anatomischen  Anstalt.    Aus  W.  Nagel,  1.  c. 


1)  Vgl.  die  Mitteilung  von  Fyth  in  der  Sitzimg  der  Leipziger  medizinischen 
Gesellschaft  vom  11.  November  1902  ;  es  werden  21  in  der  Litteratur  nachgewiesene 
Fälle  erwähnt.    Vgl.  auch  Franz  (370a). 


Die  Geschlechtszellen.  371 

eine  dicke,  beim  Menschen  braungelbliche,  bei  manchen  Tieren  ockergelb 
erscheinende  Rindenmasse  unterscheiden  kann.  Der  Kern  besteht  aus 
zellenreichem  jungen  Bindegewebe  mit  Blutgefäßen,  zuweilen  auch  aus 
Blutresten  in  der  Form  von  Blutpigmentschollen  oder  Hämatoidin-  (Bili- 
rubin-) Krystallen  (R.  Virchow).  Diesem  mischen  sich  Derivate  de- 
generierter Zellen,  verfettete  Zellen,  Fibrinfäden  und  andere  gewebliche 
Umwandlungsprodukte  zu.  Die  gelbliche  Rinde  besteht,  neben  einem 
meist  feinfasrigen  bindegewebigen  Stroma,  dessen  stärkere  Züge  Blut- 
gefäße führen,  aus  sehr  charakteristischen,  rundlich-polj'gonalen  Zellen,  den 
L  u  t  e  i  n  z  e  1 1  e  n  ;  sie  enthalten  große  rundliche  Kerne  mit  Nucleolis  und 
Kerngerüst,  ferner  ein  Lipochrom,  welches  in  feinen  Körnchen  das 
Protoplasma  durchsetzt  und  dem  Ganzen  die  charakteristische  Farbe 
verleiht.  Seit  Bischoff's  Untersuchungen  wird  darüber  gestritten,  wo- 
her diese  Luteinzellen  stammen.  Auf  der  einen  Seite  steht  unter 
den  neueren  Untersuchern  Sobotta  (558,  560,  562 — 564),  der  für  die 
Maus  und  das  Kaninchen,  so  weit  ich  an  seinen  eigenen  Präparaten 
dies  beurteilen  konnte,  einwandsfrei  nachweist,  daß  die  Luteinzellen  von 
den  Follikelepithelzellen  abstammen.  An  Sobotta  schließen  sich 
Stratz  (569  u.  570)  für  Halbaifen  und  Insektivoren,  Vax  Bexeden  und 
HoxoRE  (427  u.  428)  für  das  Kaninchen  und  endlich  Vax  der  Stricht 
(574  I,  574  III),  der  insofern  eine  vermittelnde  Stellung  einnimmt,  als  bei 
V  e  s  p  e  r  u  g  0  n  o  c  t  u  1  a  auch  die  eigentümlichen,  vorhin  erwähnten  Lu- 
teinzellen der  Tunica  interna  des  Follikels  einen  Teil  der  Luteinzellen 
des  gelben  Körpers  erzeugen  sollen.  Diesen  Angaben  gegenüber  be- 
haupten J.  G.  Clark  (327),  W.  Nagel  (493)  und  Bühler  (314),  daß  die 
Follikelepithelzellen  zu  Grunde  gingen  und  die  Luteinzellen  von  den 
ebengenannten  eigenartigen  Zellen  der  Tunica  interna  abstammten.  Dem 
schließt  sich  auch  Stoeckel  an  (567a).  H.  Rabl  (523a),  der  neuerdings 
mehrere  junge  menschliche  Corpora  lutea  untersucht  hat,  konnte,  da  ihm 
die  ersten  Stadien  fehlten,   zu  einer  bestimmten  Stellung  nicht  gelangen. 

In  Fis.  145,  welche  W.  Nagel  nach  einem  im  Berliner  anatomischen 
Institute  befindlichen  Präparate  hat  zeichnen  lassen,  sieht  man  eine  die 
Follikelhöhle  zu  innerst  begrenzende  dünnere  Schicht,  welche  nur  Ge- 
rinnselmassen und  Reste  der  Membrana  granulosa  enthält ;  die  darauf 
folgende  dicke  Schicht  mit  zahlreichen  Blutgefäßen  stellt  die  stark  ver- 
dickte Tunica  interna  dar,  in  der  man  bereits  große,  den  Luteinzellen 
ähnliche  Zellen  wahrnimmt.  Das  Präparat  spräche  also,  was  den  Menschen 
anlangt,  für  die  Ansicht  Clark's,  Nagel's  und  BChler's,  kann  aber  als 
einzelnes  Stück  nichts  beweisen.  Es  ist  auch  nicht  zu  diesem  Zwecke 
hier  aufgenommen  worden. 

Daß  bei  ein-  und  derselben  Bildung  so  differente  Entstehungsweisen 
obwalten  sollen,  befriedigt  nicht;  weitere  Untersuchungen  werden  abzu- 
warten sein. 

Die  Bedeutung  der  Corpora  lutea  ist  noch  nicht  aufgeklärt. 
Vielleicht  dienen  sie  anfangs  dazu,  die  Masse  des  Ovarium  wieder  her- 
zustellen. Nach  einer  von  G.  Borx  aufgestellten  Ansicht,  die  neuer- 
dings durch  Fräxkel  und  Cohn  (369c)  gestützt  worden  ist,  sollen  sie  durch 
eine  innere  Sekretion  Stoffe  in  den  Blutki-eislauf  gelangen  lassen,  welche 
auf  die  Befestigung  des  Eies  im  Uterus  begünstigend  einwirken. 

Die  gelben  Körj^er  erreichen  eine  verschiedene  Ausbildung,  jenachdem 
das  ausgetretene  Ei  zu  einer  Schwangerschaft  führt  oder  nicht.  Im 
ersteren  Falle  werden  sie  größer  und  bleiben  länger  in  ihi-er  ausgebildeten 

24* 


372  W.  Waldeyer, 

Form  erhalten,  in  letzterem  gehen  sie  bald  zu  Grrunde;  an  ihre  Stelle 
tritt  im  wesentlichen  in  beiden  Fällen  ein  festeres  Bindegewebe,  welches 
narbig  einschrumpft:  Corpora  fibrosa  albicantia.  Als  eine  Abart 
derselben,  Corpora  fibrosa  sim])licia,  bezeichnet  H.  Rabl  die- 
jenigen Eestkörper,  welche  wesentlich  nur  aus  dem  eingeschrumjDften 
Bindegew^ebskerne  der  Corpora  lutea  bestehen.  Von  „Corpora 
nigritia"  spricht  man,  wenn  die  Restkörper  durch  reichliches  Blut- 
pigment gefärbt  erscheinen. 

Es  mag  hier  gleich  die  Besprechung  der  Bezi  ehungen  der  Ovu- 
lation zur  Menstruation  mit  einigen  Worten  angeschlossen  sein. 
Daß  die  für  gewöhnlich  in  28-tägigen  Zwischenräumen  erscheinende 
Menstruation  des  menschlichen  Weibes  das  Analogen  der  tierischen  Brunst 
bedeutet,  darüber  besteht  kein  Zweifel.  Bei  den  Tieren  fallen  nun  Ovu- 
lation und  Brunst  stets  zusammen ;  beim  Menschen  kann  man  es  nur 
als  Regel  bezeichnen,  daß  die  menstruelle  Blutung  mit  der  Eröffnung 
eines  Follikels  zusammentrifft.  Sicher  aber  ist  es,  daß  die  Men- 
struation durch  die  Ovulation  bedingt  wird.  Frauen,  deren  Ovarien 
nicht  zur  vollen  Entwickelung  kamen,  oder  angeboren  gänzlich  fehlten, 
oder  denen  sie  operativ  vollständig  entfernt  wurden,  menstruieren  nicht. 
Das  Aufhören  der  Ivatamenien  gegen  Ende  der  vierziger  Jahre  bei  den 
Frauen  beruht  auf  dem  Ausfallen  der  Ovulation.  Vgl.  hierzu  Feis  (639) 
und  LoviOT  (670). 

Eine  letzte  Frage,  an  die  wir  am  besten  an  dieser  Stelle  heran- 
treten, betrifft  die  Bestimmung  des  Zeitpunk  t  e  s  ,  wann  ein  Ei  und 
welches  Ei  nach  stattgehabtem  Geschlechtsverkehr  befruchtet  wird"? 
Wird  das  Ei  befruchtet,  welches  sich  während  cl  e  r  Mensti'uation  löste,  die 
dem  fruchtbaren  Beischlafe  vorausging,  oder  das  Ei,  welches  der  nächst- 
folgenden Menstruation  angehört '?  Beide  Ansichten  haben  ihre  Vertreter  und 
ihre  Berechtigung,  da,  wie  wir  sahen,  p.  2<.)7  ff.  die  Spermien  sich  lange  im 
Innern  der  weiblichen  Genitalien  befruchtungsfähig  erhalten  können  und 
da  auch  die  reifen  Eier  nach  geschehener  Ovulation  nicht  sofort  absterben, 
falls  sie  nicht  befruchtet  werden;  bei  Echinodermen  bleiben  sie 
allerdings  nur  kurze  Zeit  leben  —  s.  w.  u.  — .  Wielange  ausgetretene 
unbefruchtete  Eier  von  Säugetieren  und  vom  Menschen  leben  bleiben, 
darüber  wissen  wir  nichts  Sicheres,  ebensowenig  über  die  aufgeworfene 
Befruchtungszeitfrage ;  infolgedessen  kennen  wir  bis  jetzt  auch  nicht  die 
Dauer  der  Schwangerschaft  auf  den  Tag  genau;  es  bleibt  in  maximo 
immer  ein  Mondesmonat  mehr  oder  weniger  zweifelhaft.  Ich  begnüge 
mich  hier  mit  diesem  Wenigen  und  verweise  für  Weiteres  auf  P.  Strass- 
MANN  (709)  und  L.  Gerlach  (M.  1922).  Ferner:  Leopold  (M.  1511), 
Veit  (M.  3365),  Mironoff  (677),  Steffeck  (708),  Sobotta  (556)  und 
Thayer  (712). 

Als  besondere  Arbeiten  über  das  Corpus  luteum  seien  noch  an- 
geführt: Bellov  (286),  CoRNiL  (332),  Doerikg(346),  Gastel  (375),  Giacomini 
(379),  HöLZL  (426),  Krels  (454),  Luquet  (468),  Marshall  and  Ewart  (472), 
Mlngazzini  (480),  Paladixo  (512,  513),  Prexant  (520),  Stoeckel  r567a\ 
Tait  (576),  Waldeyer  (592)  und  Zschokke  (611).  Ein  Teil  dieser 
Arbeiten  behandeln  die  Corpora  lutea  bei  verschiedenen  Wirbeltieren ; 
sie  werden  in  allen  Klassen  derselben  beobachtet.  Auf  die  im  Erscheinen 
begriffenen  Veröffentlichungen  BChlers  wurde  beim  Abschnitte:  „Rück- 
bildung von   Eiern"   hingewiesen. 


Die  Geschlechtszellen.  373 

Mehreiige  Follikel  und  mehr  kern  ige  Im  er.  Schon 
S.  LV)  ist  auf  (las  Vorkommen  mehreiiger  Follikel  und  mehi- 
kerniger  Eizellen  hingewiesen  worden  mit  dem  Bemerken,  daß 
dieser  Punkt  im  Anschlüsse  an  die  Oogenese  besprochen  werden 
solle.  Sehen  wir  von  älteren  Beobachtungen  ab,  die  sowohl  bei 
Tieren  wie  beim  Menschen  gemacht  worden  sind,  so  heben  sich  unter 
den  neuereu  Arbeiten  insbesondere  die  Mitteilungen  Stöckel's  (5G7a) 
und  H.  Rabl's  (523c)  heraus,  welche  Beide  sowohl  bei  jungen  ge- 
schlechtsreifeu  Frauen  als  auch  Stöckel)  bei  einem  neugeborenen 
Mädchen  zahlreiche  Follikel  mit  mehreren  Eiern  dann,  sowie  auch 
Eier  mit  mehreren  Kernen  fanden.  Stöckel  spricht  zur  Erklärung 
dieser  Befunde  die  Meinung  aus,  daß  sich,  da  er  keine  Mitosen  fand, 
die  Oocyten,  denn  um  solche  mußte  es  sich  nach  dem  sonstigen  Ver- 
halten der  Eizellen  und  der  Sachlage  überhaupt  handeln,  noch  ami- 
totisch zu  teilen  vermöchten.  Das  würde  aber  die  bisherige  Lehre 
von  dem  Gange  der  Oocytogenese,  der  zufolge  die  Oocyten  sich  nicht 
mehr  teilen,  umstoßen.  H.  Rabl  zeigt  nun  im  Anschlüsse  an  Schott- 
länder (545)  —  und  es  sind  auch  Balfour  M.  1866j  und  E.  Vax 
Beneden  (2.*^8)  (für  die  Chiropteren)  zu  nennen —  daß  es  sich  bei  den 
zwei-  und  m  e  h  r  k  e  r  n  i  g  e  n  Eiern  um  ^^  e  r  s  c  h  m  e  1  z  u  n  g  s  - 
Vorgänge  von  2  oder  mehreren  Oocyten  handelt,  wobei  er  noch  auf 
gleiche  Beobachtungen  von  Götte  (M.  (52  u.  63)  und  Blanc  (293  u. 
294)  verweist.  Eismond  beobachtete  sogar  noch  eine  nachträgliche  Ver- 
schmelzung der  Kerne  (353  u.  354).  Sehr  einfach  erklären  sich  die 
mehreiigen  Follikel  daraus,  daß  der  Inhalt  eines  Eiballens  nicht 
vollständig  in  Einzelfollikel  zerlegt  wird,  wie  Schottländer  (545) 
klar  nachgewiesen  hat. 

Der  Erklärung  H.  Rabl's,  betreffend  die  mehrkeruigen  Eier, 
schließen  sich  Schwarz  und  v.  Schumacher  (549)  an,  Avährend  Falcone 
(3()1)  auf  Stöckel"s  Meinung  hinauskommt.  ]\Ian  kann  übrigens  auch 
annehmen,  daß  bei  der  regelrechten  mitotischen  Teilung  von  Oogonien 
die  Zellteilung  ausblieb  und  so  eine  2-kernige  Oocyte  entstand.  Die 
Sache  hat  auch  für  die  Frage  der  Zwillingsschwangerschaften  Interesse. 
Vgl.  über  mehrkernige  Eier  auch  v.  Skrobansky.  Stzber.  der 
Milit.  mediz.  Akad.  zu  St.  Petersburg.  1901  (Russisch). 

Zeitdauer  und  Perioden  der  Oogenese.  Eine  der  wich- 
tigsten bei  der  allgemeinen  Darstellung  der  Oogenese  zu  besprechenden 
Punkte  ist  die  Frage  nach  den  Zeitverhältnissen  derselben. 
Hierbei  ist  Verschiedenes  auseinander  zu  halten.  Wir  haben  schon 
gesehen,  wenn  wir  uns  der  NussBAUM'schen  Lehre  von  den  Ge- 
schlechtszellen anschließen,  daß  die  Oocyten  wie  die  Spermiocyten 
streng  genommen  nicht  datiert  werden  können,  sondern  daß  die  Ge- 
schlechtszellen der  Metazoen  eine  ununterbrochene  Kette  bilden. 
Ferner  sahen  wir,  daß  bei  Säugetieren  nach  v.  Winhyarter  die 
ersten  sicheren  L^reier  im  Ovarium  um  die  dritte  Woche  des  fötalen 
Lebens  auftreten.  Wir  dürfen  sie  auch  wohl  beim  Menschen  auf 
diese  Zeit  oder  etwas  später  verlegen.  Nun  fragt  sich  weiter,  wie 
lange  treten  neue  Ureier  im  Ovarium  auf?  Ich  habe  mit  Anderen 
die  Meinung  vertreten  (591)  und  verteidige  sie  auch  noch  heute,  daß 
mit  dem  Eintritte  der  Geburt,  oder  doch  nur  wenig  später,  die  sämt- 
lichen Oogonien,  welche  überhaupt  bei  dem  betreffendem  Individuum 
vorhanden  sind  und  angelegt  waren,  sich  in  Oocyten  I  (Voreier)  um- 


374  W.  Waldeyer, 

gewandelt  haben  nnd  nun  nacli  und  nach  der  Eireifung  entgegengehen. 
So  muß  jetzt  wohl,  mit  Rücksicht  auf  die  Lehre  von  den  Geschlechts- 
zellen, meine  damalige  Behauptung  gefaßt  werden.  Daraus  ergiebt 
sich,  daß  gewisse  Oocyten,  d.  h.  diejenigen,  welche  erst  mit  dem  Auf- 
hören der  Ovulation  zur  Reife  und  zum  Austritte  aus  dem  Follikel 
kommen,  bis  zu  iX)  Jahren  alt  werden  könnten.  Unter  den  Gegnern 
dieser  Lehre  ragt  vor  allen  Paladino  (509,510,511)  hervor,  welcher 
in  einer  Reihe  von  Abhandlungen  die  Ansicht  vertritt,  daß  auch  bei 
den  Erwachsenen  noch  Ureier  im  Keime])ithel  entständen.  Ich  muß 
aber  bemerken,  daß  ich  dui'ch  seine  Abbildungen  und  Argumente  bis 
jetzt  nicht  überzeugt  worden  bin  und  befinde  mich  hier  in  Ueberein- 
stimmuDg  mit  v.  Ebner  (6()5a).  obwohl  Letzterer  die  Möglichkeit,  daß 
auch  während  der  Geschlechtsreife  beim  Menschen  Eier  aus  dem  Keim- 
epithel neu  entstehen  könnten,  nicht  ganz  abweisen  will  und  einige 
dafürsprechende  Abbildungen  giebt.  Auch  für  Nagetiere  will  v.  Ebner 
eine  solche  Spätbildung  zugestehen,  v.  Winiwarter  vertritt  dagegen 
mit  voller  Schärfe  den  von  mir  eingenommenen  Standpunkt.  Ich 
verfüge  nicht  über  neuere  Untersuchungen  auf  diesem  sehr  schwierig 
zu  entscheidenden  Gebiete,  darf  aber  wohl  sagen,  daß  1)  die  Lehre 
von  der  Kontinuität  der  Geschlechtszellen,  die  ich  gern  gelten  lasse, 
der  Spätneul)ilduug  von  Eiern  gewisse  Schwierigkeiten  in  den  Weg 
stellt  und  daß  eine  solche  Neubildung  2)  auch  nach  v.  Ebner's  An- 
gaben, falls  sie  thatsächlich  vorkäme,  doch  nur  in  beschränkter  Aus- 
dehnung nachgewiesen  worden  ist. 

Eine  weitere  Frage  ist,  wie  lange  beim  Menschen  oder  bei  Tieren 
Follikel,  bezw.  die  eingeschlossenen  Oocyten  zur  Reife  überhaupt 
gebracht  w' er  den?  Beim  Menschen  ist  als  die  Regel  anzusehen, 
daß  das  etwa  bis  zum  Ende  der  vierziger  Jahre  andauert ;  doch  sind 
Fälle  von  längerer  Dauer  der  Ovulation  bekannt.  (Amann  [270].)  — 
Endlich  ist  zu  untersuchen,  ob  während  der  Dauer  der  Gravidität  die 
Oocytenreifung  gänzlich  aufhört,  wie  das  fast  allgemein  angenommen 
wird?  Ich  begnüge  mich  mit  der  Aufstellung  der  Frage  und  ver- 
weise auf  die  Mitteilungen  von  Cosentino  (33H)  und  Vitanza  (588). 

Ueber  frühreife  Eibildung  beim  Menschen  handelt  u.  A. 
C.  Hennig  (407b).  Man  trifft  auch  nach  meinen  Erfahrungen  in  den 
Eierstöcken  von  Neugeborenen  und  jungen  Kindern  erbsengroße  Fol- 
likel mit  normal  entwickelten  Eiern.     S.  auch  Stoeckel,  p.  373. 

2.  0  ohistogenese:  Einzelnes. 

Wir  gehen  nun  noch  in  Kürze  auf  die  Vorgänge  der  Dotter- 
und  Hüllen bildung  ein,  soweit  sie  nicht  schon  zur  Erledigung 
gebracht  worden  sind,  da  für  die  Sphärenapparate.  Dotterkerne,  Kerne 
und  Kernkörperchen  das  Nötige  bereits  abgehandelt  wurde. 

Bei  den  Wirbeltieren  tritt  das  Deutoplasma  in  Form  von  anfangs 
kleinen,  später  zu  größeren  zusammenfließenden  Tröpfchen  und 
Körnchen  stets  in  der  unmittelbaren  Umgebung  des  Kernes  auf;  es 
ist  in  dem  p.  271  beschriebenen  Dotter  kerne,  in  welchem  diese 
Elemente  zuerst  erscheinen.  Sie  breiten  sich  von  da,  je  nach  dem 
Dotterreichtum,  den  das  Ei  erhalten  soll,  unter  Zugrundegehen  des 
Dotterkerns,  im  Eiprotoplasma  immer  weiter  aus.  Es  darf  ange- 
nommen werden,  daß  zuerst  die  Substanz  des  Dotterkerns  das  Material 


Die  Geschlechtszellen.  375 

für  (las  Deutoplasnia  liefert,  welches  sie  vielleicht  in  konzentrierter 
Form  enthält.  Woher  nun  der  Dotterkern  sein  Material  bezieht,  ob  direkt 
aus  dem  Protoplasma  der  Eizelle  oder  von  außen  her,  sei  es  mit 
oder  ohne  Vermittelung  des  Zellkerns,  ist  noch  nicht  festgestellt. 

Es  ist  klar,  daß  alles  weitere  Material  des  Deutoplasmas  von 
außen  her  durch  die  Blutgefäße  oder  durch  die  Follikelzellen  oder 
durch  Leukocyten  zugeführt  werden  muß.  Es  kommt  darauf  an.  zu 
entscheiden,  ol)  einer  dieser  Faktoren  allein,  oder  ob  sie  zusammen- 
wirken und  weiterhin,  ob  schon  fertige  Dotterbestandteile  von  der 
Eizelle  nur  aufgenommen  werden,  oder  ol)  sie  das  Fiohmaterial  in 
sich  zu  Deutoplasma  verarbeitet.  Das  letztere  ist  nach  Annahme  der 
meisten  Autoren  das  Wahrscheinliche,  während  Kohlbrugge  (447d) 
sehr  die  Beihilfe  des  Follikelepithels  betont,  wobei  aber  doch  eine 
Umarbeitung  des  aus  zerfallenen  Granulosazellen  gewonnenen  Materials 
seitens  der  Eizelle  noch  nötig  wäre.  Die  Angaben  von  Wetzel 
über  Pelias  berus  (599a)  gehören  gleichfalls  hierher.  Die  Anteil- 
nahme von  Leukocyten  als  Materialzuträger  ist  in  neuerer  Zeit 
sehr  zweifelhaft  geworden.  Ebenso  zweifelhaft  ist  es  noch,  ob  die 
aus  dem  Kern  in  das  Eiprotoplasma  übertretenden  Bestandteile  s. 
p.  284,  etwas  zur  Dotterbildung  beitragen. 

Es  sei  an  dieser  Stelle  aufmerksam  gemacht  auf  eigentümliche,  viel- 
leicht vom  Kern  ausgehende  c  li  r  o  m  a  t  o  p  h  i  1  e  Körper  im  Dotter 
von  Säugetiereiern,  welche  Lowexthal  zuerst  nachwies  (Internationale 
Monatsschr.  f.  Anat.  und  PliYsioL,  Bd.  VI,  p.  110)  und  Holl  bestätigte. 
—  Ueber  das  erste  Auftreten  von  Nebendotterelementen  in  Oogonien 
berichten  schon  Romiti  (Archiv  für  mikrosk.  Anatomie,  Bd.  X)  und 
Löwenthal,  1.  c. 


"? 


Was  die  H  i  s  t  o  g  e  n  e  s  e  des  K  e  r  n  s  anlangt ,  so  muß  hervor- 
gehoben werden,  daß  sein  Gehalt  an  N  u  k  1  e  i  n  k  ö  r  p  e  r  n  sich  erst 
mit  fortschreitender  Entwickelung  wesentlich  ausbildet,  und  daß  diese 
nicht  im  Dotter  vorgebildet  sind,  welcher  nur  Paranukleinkörper  ent- 
hält (KossEL,  Liebreich's  Encyklopädie  der  Therapie,  1898). 

Die  Dotterhaut,  Membrana  vi  t  ellin  a,  ist  eine  echte 
Zellenmembran ,  und  wir  wissen  so  viel  und  so  wenig  über  ihre 
Bildung  W'ie  über  die  der  Zellhäute  überhaupt :  hierzu  sei  auf  die 
Abhandlung  F.  E.  Schulze's,  Biolog.  Centralblatt,  1896,  B.  16.  p.  849 
verwiesen. 

Schwierig  ist  die  Herleitung  und  Histiogenese  der  Zona  radiata. 
Nach  der  Ansicht  der  Meisten  soll  sie  dem  Ei  von  außen  und  wahr- 
scheinlich vom  Follikelepithel  her  an  gebildet  werden  und  ist  sie  hier 
deshalb  auch  zu  den  sog  ..fremden  Hüllen"  gezählt  worden  (p.  225, 
226,  227).  Auch  R.  Hertwig  stimmt  dem  in  den  von  ihm  be- 
arl)eiteten  Abschnitten  dieses  Kapitels  bei.  Ich  selbst  neige  neuer- 
dings der  Meinung  zu.  daß  man  ihre  Bildung  doch  auf  das  Ooplasma 
zurückführen  müsse,  in  dessen  äußerster  Lage  sie  zuerst  in  Form 
kleiner,  radiär  gestellter  Stäbchen  erscheint,  s.  p.  289/290.  Die  Zona 
pellucida  der  Säugetiere  (s.  p.  291)  w^äre  den  Angaben  von  Retzius 
und  V.  Ebner  zufolge  ein  Mischprodukt.  Ueber  alles  weitere,  die 
Bildung  von  Eihüllen  der  Wirbeltiere  betreffende  ist  schon  p.  287 — 333 
gehandelt  worden. 


;)7G  W.  Waldeyer, 

3.    Oogenese  und  Oophoro genese  der  übrigen 

Ver  te  braten. 

I.  Acrauia.  lieber  die  Bildung  der  weiblichen  Gonaden 
und  der  Eier  bei  Aniphioxus  haben  uns  Boveri  (621)  und  Legros 
(667c)  Aufschluß  gegeben.  Die  Gonaden  stellen  doppelreihig  symmetrisch 
und  segmental  alternierend  gelegene  Säckchen  dar,  die  aus  dem  Cölom- 
epithel  ihren  Ursprung  nehmen.  Man  sieht  hier  an  der  vorderen 
Urwirbehvand  in  diesem  Epithel  einige  größere  Zellen  erscheinen,  die 
wir  als  „Ureier"  ansprechen  dürfen  (s.  p.  235).  Aus  einer  regen 
Vermehrung  dieser  Zellen  entsteht  ein  hinter  das  Cölomepithel  sich 
verschiebender  Zellenhaufen,  der  bald  eine  Höhlung  erhält.  Die  mediale 
Wand  des  so  hergestellten  Säckchens:  „G  eni  tal  sack  che  n''  oder 
„Genitalkammer''  im  allgemeinen,  „0 varialsäckchen",  „Ova- 
rialkammer''  für  die  $  Tiere,  schwindet  später  und  es  bildet  hier 
das  Cölomepithel  den  Ersatz.  An  der  lateralen  Wand  geht  die  Ver- 
mehrung der  Zellen  weiter,  wobei  sich  die  Wand  auch  einfaltet. 
Während  ein  Teil  der  Zellen  zu  Eiern,  Oocyten,  heranwächst  — 
die  Detailvorgänge  sind  noch  nicht  bekannt  —  bleiben  andere  in  ab- 
geplatteter Eorm  um  die  Eier  als  deren  Follikelepithel  erhalten.  Mit 
zahlreichen  weiten  Blutgefäßen  tritt  auch  mesenchymatöses  Gewebe 
au  die  Kammern  heran.  Die  Eier  werden  in  den  medialwärts  an- 
liegenden Peribr anchialrau  m  entleert  und  gelangen  von  diesem 
durch  den  Abdominalporus  (Porus  branchialis)  nach  außen 
(p.  293). 

II.  Cyclostoiiiata.  Die  Ovarien  der  Petr oniy zonten  und 
Myxinoiden  erscheinen  als  lange,  gefaltet  bandartige  und  un- 
paare  Organe,  welche  bei  Petromyzon  durch  eine  Peritonäalfalte 
Mesovarium,  an  der  dorsalen  Fläche  des  Darmes  befestigt  sind 
und  in  der  Mittellinie  liegen.  Dieselben  sind  vom  Cölomepithel  über- 
zogen, in  welchem  auch  die  „Ureier''  angetroifen  werden.  Die  reifenden 
Eier  liegen,  von  einem  wohlausgebildeten  Follikelepithel  in  gew^öhn- 
licher  Weise  umgeben,  in  den  Ovarien  dicht  gedrängt.  Sie  treten  in 
die  Bauchhöhle  aus  und  werden  von  dieser  durch  die  beiden  Pori 
genitales  in  den  Sinus  urogenitalis  und  von  diesem  aus  durch  die 
hinter  dem  After  auf  der  Urogenitalpapille  belindliche  Oeffnung  nach 
außen  entleert.  Bei  den  Myxinoiden,  wo  wir  ein  Mesenterium 
haben,  liegt  das  ebenfalls  gefaltete  bandförmige  Geschlechtsorgan  an 
der  rechten  Seite  des  Mesenterium  und  ist  an  diesem  befestigt.  Es 
besteht  hier  in  der  Regel  ein  sehr  merkwürdiger  Hermaphrodi- 
tisnius,  indem  zuerst  bei  ein  und  demselben  Tiere  im  distalen  Ab- 
schnitte Samen  und  später  im  proximalen  Eier  erzeugt  werden.  Doch 
kommen  auch  weibliche  und  männliche  Individuen  vor.  Die  Ge- 
schlechtsprodukte gelangen  wie  bei  Petromyzon  in  die  Bauchhöhle 
und  von  da  in  einen  Endabschnitt,  Sinus  urogenitalis,  derselben,  in 
die  auch  die  beiden  am  Ende  vereinigten  Ureteren  münden.  Der 
Sinus  mündet  alsbald  durch  eine  unpaare,  als  „Porus  abdominalis'' 
bezeichnete  Oeflfnung  hinter  dem  After  aus. 

Ueber  die  noch  unreifen  Oocyten  von  Petromyzon  Planeri 
macht  neuerdings  Lubosch  (466d)  einige  bemerkenswerte  Angaben.  An 
der  Keimbläschenmembran  liegen  kleine  Chromatinkörnchen,  von  diesen 
gehen    feine,    netzartig    verbundene  Päden    aus,    welche    andererseits  mit 


Die  Geschlechtszellen.  377 

einem  centralwärts  gelegenen  ungeheuren  Xucleolus  in  Verbindung 
stehen,  an  seiner  Oberfläche  eine  besondere  zarte  Lage  bilden,  aber  auch 
in  sein  Inneres  zu  einer  vaknolenförmig  erscheinenden  Substanz  treten. 
Hämatoxylin  färbt  alles,  Thionin,  ohne  jede  Differenzierung  angewendet, 
nur  den  Xucleolus  i;nd  die  Körnchen  an  der  Peripherie;  die  vakuolen- 
artigen  Einschlüsse  des  Nucleolus  und  das  Netzwerk  bleiben  ungefärbt. 
Kombination  von  Eisenhämatoxylin  mit  Pikrorubin  färbt  Fäden  und  Ein- 
schlüsse rosa,  den  Xucleolus  schwarz.  So  bleibt  nun  die  Struktur 
des  Keimbläschens  während  der  mehrere  Jahre  dauern- 
den Eireifung  unverändert!  Bekanntlich  laicht  Petromyzon  nur 
einmal  und  geht  dann  zu  Grunde.  Vgl.  noch  das  p.  297  Angegebene. 
LuBOScH  macht  darauf  aufmerksam,  daß  die  Petromyzonten-Eier  sonst 
den  Amphibieneiern  nahe  stehen,  sich  aber  durch  die  Dauer  ihrer  Reifung 
und  die  nur  einmalige  Ablage  unterscheiden ;  er  erblickt  einen  Zusammen- 
hang zwischen  dean  differenten  Verhalten  des  Keimbläschens  bei  beiden 
Tierklassen  und  diesen  verschiedenen  biologischen  Faktoren.     S.  p.  366. 

III.  Selachier.  Die  Eierstöcke  der  Selachier  erscheinen  bei 
ihrem  ersten  Auftreten  als  eine  Peritonäalfalte,  deren  Epithel  sich 
durch  erheblichere  Größe  und  deutliche  Cylindertbrm  der  Zellen  nebst 
dem  Auftreten  von  Ureiern  darin  (s.  p.  235,  236  und  Fig.  61)  wie  ein 
Keimepithel  verhält.  Bei  einigen  Arten,  wie  bei  Scyllium,  nimmt 
das  Epithel  nur  anf  der  einen,  und  zwar  der  lateralen  Seite  den 
Keimepithelcharakter  an.  Das  Stroma  der  Falte  gehört  dem  binde- 
gewebigen G  r  u  n  d  g  e  w  e  b  e  der  Serosa  an  und  ist  stark  ausgebildet. 

Die  voll  entwickelten  Eierstöcke  sind  kompakte  Körper .  ver- 
hältnismäßig klein.  Sie  liegen  in  der  Abdominalhöhle  weit  nach  vorn 
dicht  unter  dem  Herzen ;  bei  einigen  Species,  Scyllium,  Galeus  u.  a., 
ist  nur  das  rechte  Ovarium  voll  entwickelt,  das  linke  oft  gänzlich 
zurückgebildet.  Da  die  Eier  nur  in  geringerer  Zahl  jährlich  zur  Ab- 
lage kommen,  aber  alle  Zwischenstufen  in  der  Heranreifung  der  meist 
großen  Eier  vertreten  sind,  so  haben  die  Ovarien  durch  die  verschieden 
stark  vorspringenden  Follikel  ein  ungleichförmig  traubiges  Aussehen, 
ähnlich  wie  bei  den  Vögeln.  Die  Eier  werden  von  den  beiden  Eileitern 
durch  eine  diesen  gemeinsame  abdominale  Mündung  aufgenommen  und 
gelangen  bis  zu  der  etwa  in  der  Mitte  der  Gänge  gelegenen  Schalen- 
drüse, wo  sie  mit  der  Hornschale  versehen  werden,  falls  solche  vor- 
handen ist,  und  nun  in  den  uterinen  Abschnitt  kommen.  Hier  ent- 
wickeln sich  bei  den  lebendig  gebärenden  Haien  die  Embryonen.  Beide 
Ovidukte  münden  mit  einer  gemeinsamen  Oeffnung  in  die  Kloake  aus. 
Die  Befruchtung   findet,  wie  bei  den  Vögeln,  im  Ovidukt  statt. 

Eine  sehr  bemerkenswerte  Ausnahme  finden  wii'  bei  dem  großen 
Grönland-Hai,  Laemargus  borealis,  indem  nach  W.  Turxer's  Be- 
funden (A  contribution  to  the  visceral  anatomy  of  the  Greenlaiid  Shark 
[Laemargus  borealis].  Journ.  of  Anatomy  and  Phvs.,  Vol.  VIT,  p.  233, 
1873  and  Vol.  VIII,  p.  285,  1874)  hier  bei  beiden  Geschlechtern  keine 
besonderen  Geschlechts  -  Ausführungsgänge  vorhanden  sind ;  Eier  wie 
Spermien  gelangen  in  das  Cölom  und  werden  durch  zwei  Pori  abdomi- 
nales entleert. 

IV.  Dipnoi.  Die  Ovarien  der  Dipnoer  sind  doppelseitige, 
sich  lang  in  der  Bauchhöhle  hin  erstreckende  Organe,  zur  Zeit  der 
Geschlechtsreife   mit  zahlreichen,  denen  der  Anuren  ähnlichen,  jedoch 


378  W.  Waldeyer, 

größeren  riiiidlichen  Eiern  besetzt.  Bei  Ceratodns  (K.  Semon  551) 
ist  das  Ovarium  in  zahlreiche  P^alten  gelegt;  auf  dem  Durchschnitte 
sieht  man  eine  Art  Marksubstanz  und  Rindensubstanz,  in  welcher 
letzteren  die  jungen  Eier  lagern.  Vgl.  ferner  A.  («ünther,  Description 
of  Ceratodus,  Philos.  Transact.  London  1872,  Vol.  161.  —  An  der 
medialen  Seite  jedes  Eierstockes  verläuft  ein  geschlän gelter  Ovidukt 
mit  abdominaler  Oetfnung  am  oberen  Ende.  Ueber  Protopterus 
handelt  W.  N.  Parker,  On  the  Anatomy  and  Physiology  of  Pro- 
topterus annectens,  Transact.  R.  Irish  Acad.,  Vol.  XXX,  P.  3,  1892, 
and  Proceed.  Royal  Soc.  London,  1801.  Ueber  Lepidosiren 
J.  Hyrtl,  Lepidosiren  paradoxa,  Abhandl.  der  Königl.  Böhm.  Ges. 
d.  Wissensch.,  Prag  1845,  und  E.  Ehlers.  Zur  Kenntnis  der  Ein- 
geweide von  Lepidosiren,  Nachr.  d.  Königl.  Ges.  d.  Wiss.  in  Göttingen, 
Math.-phys.  Klasse,  1805.  Es  ist  hier  einige  Litteratur  mitgeteilt 
worden,  weil  die  in  den  gangbaren  Handbüchern  vorhandenen  Mit- 
teilungen nur  sehr  kurz  sind. 

V.  OanoideL  Das  äußere  Aussehen  der  Eierstöcke  ist  sehr 
verschieden  bei  den  einzelnen  Abteilungen.  Die  Sturionen  mit 
ihren  großen  Mengen  von  Eiern  haben  breite,  plattenförmige,  stark  in 
Falten  gelegte  Ovarien,  die  dicht  mit  den  verhältnismäßig  kleinen 
Ovula  besetzt  sind,  welche  zunächst  in  die  Bauchhöhle  und  von  da 
in  einen  ziemlich  kurzen  Ovidukt  gelangen. 

Bei  L  e  p  i  d  0  s  t  e  u  s  ist  der  Eierstock  klein,  walzenförmig,  mit 
rundlichen  verjüngten  Enden.  Er  stellt  wie  bei  den  meisten  Teleostiern 
einen  Hohlsack  vor,  an  dessen  Innenfläche  die  Eier  liegen,  die  sich 
durch  einen  direkt  von  der  Höhlung  des  Eierstockes  nach  außen 
führenden  Ovidukt  entleeren.  Auch  die  erste  Entwickelung  des  Ovarium 
schließt  an  die  betreffenden  Teleostier  an.  Wir  finden  im  Cölom  eine 
Falte  erhoben,  die  auf  ihrer  lateralen  Seite  ein  Keimepithel  mit  Ei- 
bildung  trägt;  ein  geschlossener  Sack  bildet  sich  erst  sekundär,  wie 
es  scheint,  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  den  meisten  Knochenfischen 
aus.  Vergl.  die  Angaben  von  F.  M.  Balfour  und  W.  N.  Parker, 
On  the  structure  and  Development  of  Lepidosteus.  Philos.  Transact. 
of  the  Royal  Soc.  London,  P.  II,  1882.  Amia  schließt  sich  bezüglich 
der  Ausfuhr  der  Eier  an  die  Sturionen  an. 

Bezüglich  der  Oogenese  liegen,  so  weit  wir  wissen,  dieselben 
Verhältnisse  vor  wie  bei  den  Teleostiern  und  Amphibien. 

VI.  Teleostei.  Es  kommen  bei  den  Knochenfischen  zwei  Zu- 
stände vor.  Niedere  Formen  werden  durch  die  Salmoniden, 
Muraenoiden  und  wenige  andere  Arten  gegeben.  Hier  sind  die 
paarigen  Eierstöcke  lang  sich  durch  die  Bauchhöhle  erstreckende 
iDandförmige  Organe,  die  gefaltet  oder  an  der  eibildenden  lateralen 
Fläche  mit  Platten  besetzt  sind.  Diese  Fläche  ,  zeigt  ein  gut  ausge- 
bildetes Keimepithel;  die  Eier  gelangen  in  Follikel,  die  bei  völliger 
Ausbildung  sich  gestielt  aus  dem  Ovarium  herausheben.  Durch  Er- 
öffnung der  Theca  folliculi  werden  die  Eier  in  die  Bauchhöhle  befördert 
und  dann  durch  den  Porus  abdominalis  entleert. 

Bei  den  höheren  durch  die  meisten  Teleostier  repräsentierten 
Formen  besteht  bei  der  ersten  Entwickelung  derselbe  Zustand,  wie 
bei  den  niederen ;    sekundär  wird   durch  furchen-    oder   rinnenförmige 


Die  Geschlechtszellen,  379 

Austiefung  der  Platte  und  Verwachsung  der  Ränder  unter  sich 
und  mit  der  Cöloniwand  die  Eierstocksanlage  in  einen  Sack  ver- 
wandelt, der  au  seinem  distalen  Ende  sich  in  einen  kurzen  Gang,  den 
Ovidukt,  fortsetzt,  durch  den  die  Eier  entleert  werden.  Beide  Ovidukte 
vereinigen  sich  mehr  oder  weniger  nahe  an  der  unpaaren,  zwischen 
After  und  Harnröhrenmündung  getrennt  gelegenen  Ausmündung, 
Geni  talporus.  In  anderen  Fällen  münden  Harn-  und  Geschlechts- 
wege gemeinsam  (Kloake.  Es  bestehen  allerlei  Varianten  in  der  Aus- 
bildung des  Eisackes  und  in  der  Größe  der  eibildenden  Fläche,  die 
mehr  oder  weniger  vom  Umfange  des  Sackes  einnehmen  und  in  Quer- 
oder Längsfalten  und  sonstige  Vorsprünge  gelegt  sein  kann.  Die 
eibildende  Fläche,  die  bei  der  ersten  Anlage  des  Eierstockes  nach  dem 
otfeuen  Cölom  hin  gewendet  war,  kehrt  sich  später,  wie  unmittelbar 
aus  dem  Gesagten  hervorgeht,  dem  Binnenraum  des  Eisackes  zu. 
Die  Eier  sieht  man  unter  den  die  innere  Sackwand  auskleidenden 
Zellen  in  Form  der  früher  beschriebenen  Ureier  zuerst  erscheinen. 
Bisher  nahm  man,  wie  für  alle  Wirbeltiere,  an,  daß  sie  weiter  ent- 
wickelte derartige  Zellen,  Keimepithelzellen,  wären.  Nunmehr  kommt 
gerade  für  die  Knochenfische  die  Frage  nach  den  „Geschlechtszellen" 
im  Sinne  Nussbaum's  in  Betracht.  Bei  der  großen  Menge  von  Eiern, 
welche  viele  Knochentische  jährlich  hervorbringen,  müßte  man  annehmen, 
daß  die  Ureier,  Oogonien,  sich  in  Jahresschüben  unter  starker  Ver- 
mehrung in  Oocyten  umwandeln.  Im  Uebrigen  werden  die  Oocyten, 
wie  bei  den  Vertebraten  sonst,  mit  einem  Teile  des  begleitenden 
Epithels,  Follikelepithels,  in  Follikel  eingeschlossen  und  machen  darin 
ihre  weitere  Eutwickelung  durch. 

Bei  vollendeter  Eibildung  einer  Laichperiode  ist  der  ganze  Hohl- 
raum des  Sackes  mit  Eiern  strafF  gefüllt  und  die  Eierstöcke  erscheinen 
fast  wie  dicht  zusammengepackte  Einlassen,  da  die  Eier,  zumal  bei 
den  lebhaften  Farben,  die  sie  vielfach  zeigen,  durch  die  dünnen  Wan- 
dungen hindurchschimmern:  Rogen. 

Bei  einigen  Teleostieru  (Zoarces,  Anableps)  besteht  innere 
Befruchtung,  welche  ebenso  wie  die  Entwickelung  der  Embryonen  in 
der  Eierstockshöhle  stattfindet. 

Bemerkenswert  sind  hermaphroditische  Geschlechtsdrüsen, 
welche  sich  bei  Serranus  und  Chrysophrys  regelmäßig,  beim 
Karpfen  und  einigen  anderen  Arten  hin  und  wieder  finden.  Bei  den 
beiden  erstgenannten  Arten  liegt  der  Hoden  in  der  Wand  des  Eier- 
stockes. 

Ueber  die  Entwickelung  des  Eierstockes  der  Teleostier  und  die 
Deutung  seines  Ausführungsganges  vergl.  W'aldeyer  (591)  und  ins- 
besondere Brock  (Beiträge  zur  Anatomie  und  Histologie  der  Ge- 
schlechtsorgane der  Knochenfische,  Morphol.  Jahrbuch.  Bd.  l\.  p.  505, 
1878)  sowie  die  Darstellung  Gegen baur"s  (Vergleichende  Anatomie 
der  Wirbeltiere,  II,  Leipzig,  1901).  Auf  die  Eientwickelung  selbst 
gehen  näher  ein  Jungersen  (M.  2916)  und  Schneider  (543  I  u.  II). 

VII.  Amphibia.  Die  Entwickelung  des  Eierstockes  der  Amphibien 
ist  in  ihren  (jrundzügen  bereits  angegeben  worden.  Ueber  die  Ent- 
wickelung der  Eier  giebt  Bouin  (301  u.  302)  die  neuesten  Angaben. 
Wie  bei  den  übrigen  Vertebraten  sieht  man  die  Ureier,  Oogonien, 
zunächst  in    dem    die  jungen    Gonaden   überkleidenden    Cölomepithel 


38U 


W.  Walde YER, 


(Keimoi»itliel)  liegen;  sie  vermehren  sich  durch  Teilung  und  die  Teil- 
produkte bleiben  zu  Ureinestern  meist  zusammenliegen.  Eine  Zelle 
eines  solchen  Nestes  wird  in  der  Regel  zu  einer  weiter  ausreifenden 
Oocyte,  während  die  anderen  degenerieren  und  wahrscheinlich  für  die 
heranwachsende  Oocyte  Nährmaterial  abgeben  (nutrimentäre  Eibildung. 
Korschelt-Heider).  Die  Keimei)ithelzellen  liefern  das  Follikel- 
epithel. Die  Reifungserscheinungen  werden  eingehend  im  folgenden 
Kapitel  (Eireifung  und  Befruchtung)  beschrieben ;  ich  will  nur  er- 
wähnen, daß  bald  nach  Flemming's  Entdeckung  der  Gerüststränge 
(s.  p.  262)  bei  Amphibien,  dieselben  auch  von  K.  Rabl  (M.  449,  450) 
bei  Proteus  aufgefunden  worden  sind.  Ueber  die  Häute  der  Am- 
phibieneier s.  p.  288  und 


310. 


VIII.  Reptilia.  Die  erste  Anlage  der  Rep  tilien  eier  stö  cke 
geht  gleichfalls  vom  Cölomei)ithel  aus,  welches  mit  dem  unterliegenden 
Stroma,  ähnlich  wie  bei  den  Vögeln,  sich  zu  beiden  Seiten  des  Mesen- 
terium zu  einem  verdickten  Streifen  und  bald  zu  einer  höheren  Leiste 
erhebt  (s.  Fig.  140).  Das  Keiniei)ithel  erscheint  als  verdicktes  Cölom- 
epithel  und  in  dem  Keimepithel  zeichnen  sich  bald  einzelne  Zellen 
durch  Größe  und  kugelige  Form  aus  —  s.  a.  Fig.  62,  p.  236.  Auch 
dicht  unterhalb  des  Keimepitliels  werden  diese  auffallenden  Zellen 
gefunden,  die  wir  bis  auf  weiteres  als  ,,Oogonieu"  nehmen.  Hoden- 
und  Eierstocksanlage  sind  anfangs  gleich.  In  beide  sollen  nun  nach 
Braun  Urnierenstränge  hineinwachsen,  vergl.  das  darüber  p.  361  Ge- 
sagte. Jedenfalls  beteiligen  sich  diese  fraglichen  Stränge  nicht  bei 
der  Oogenese.  Die  Follikelbildung  vollzieht  sich  so,  wie  sie  vorher 
im  allgemeinen  geschildert  wurde.  Sehr  auffallend  sind  die  bei  älteren 
Follikeln  auftretenden  großen  Zellen  im  Follikelepithel  zwischen  den 
gewöhnlichen,  wie  sie  schon  bei  Selachiern  (Fig.  105  D)  p.  289  abge- 
bildet  und    vorhin    besprochen  wurden ;    man  wird  wohl    in  ihrer  Be- 


ms 


Fig.  146.  Durchschnitt  der  Keimdrüsen- 
anlage eines  Embryo  von  Lacerta  agilis. 
ao  Aorta,  V  Cardinalvene,  ms  Mesenterium. 
Zu  beiden  Seiten  auf  dem  Urnierenpolster 
die  Durchschnitte  der  an  der  Kante  vor- 
springenden G  e  n  i  t  a  11  e i  s  t  e  ü.  Verdicktes 
Keimepithel,  darin  und  darunter  Ge- 
schlechtszellen ,  entweder  Ursamenzeilen 
oder  Ureier.  Nach  M.  Braun  (M.  2899). 
Aus  Kokschelt-Heider  (666a),  Fig.  193  A. 
p.  337. 


anspruchuug  als  ,,Näh]zellen"  nicht  fehl  gehen.  Die  weiteren  Ver- 
änderungen der  Eizelle  bei  ihrer  Ausreifung  sind  nach  den  Angaben 
von  Mlle  Loyez  (466b),  s.  p.  263,  ähnlich,  wie  sie  vorhin  (p.  365) 
kurz 


geschildert  wurden. 

IX.  Aves.  Die  erste  Anlage  der  Vögelovarien  erscheint  ganz  so, 
wie  sie  eben  für  die  Reptilien  dargestellt  worden  ist,  und  vollzieht  sich 
auch  die  p]i-  und  Follikelbildung  in  gleicher  Weise;  nur  fehlen  die  eben 


Die  Geschlechtszellen.  381 

j^enannteii  großen  Zellen.  Eine  Beteiligung  von  Urnierensträngen 
< Sexualsträngen)  ist  für  die  Oogenese  auszuschließen,  lieber  die 
Bildung  der  Membranen  ist  p.  288  und  319  gehandelt  worden. 

Die  Kern  differenzier  un  g  während  des  Heranwachsens  der 
Oocyten  bei  den  Vögeln  beschrieb  zuerst  eingehend  Holl  (M.  1976); 
es  sei  hier  erwähnt,  daß  er  sowohl  den  Dotterkern  wie  die  Verände- 
rungen des  Kerngerüsts.  insbesondere  auch  die  FLEMMiNü'schen  Ge- 
rüststränge, genau  schildert.  Weiteres  darüber  giebt,  w'ie  wiederholt 
erwähnt,  das  nächste  Kapitel. 

Bei  Reptilien  (Schlangen  und  zuweilen  auch  bei  Sauriern)  ist 
oft  der  linke  Eierstock  rudimentär  entwickelt;  umgekehrt  pflegt 
(mit  wenigen  Ausnahmen,  Schwimmvögel,  Habichte)  bei  den  Vögeln 
der  rechte  Eierstock  zu  schwänden.  Nach  E.  Vax  Benedex  (574  I, 
p.  4<))  liefert  bei  der  Gattung  Rhinolophus  (Cheiropteren)  niu-  der 
rechte  Eierstock  reife  Eollikel  und  Eier.    S.  auch  p.  377,   Selachier. 

4.  Oogenese  und  0  o  p  h  o  r  o  g  e  n  e  s  e  der  E  v  e  r  t  e  b  r  a  t  e  n. 

I.  Bei  den  Poriferen  ist  die  diffuse  Eibil  düng  vertreten, 
indem  die  Oogonien  (üreier)  —  s.  Fig.  59,  p.  233,  234  —  bei  vielen 
Species  in  der  mittleren  mesenchyraatösen  Köi'perschicht  überall  ver- 
teilt gefunden  werden.  Ihre  Gestalt  läßt  annehmen,  daß  sie  zu  amö- 
boiden Bewegungen  fähig  sind.  Dendy  (Studies  on  the  comparative 
Anatomy  of  Sponges,  Quart.  Journ.  micr.  Science,  Vol.  XXXV,  1893)  hat 
angegeben,  daß  sie  auf  diese  Weise  in  die  epithelialen  Einströmungs- 
kanäle des  Schwammkörpers  eindrängen  und  dort  durch  die  mit  dem 
einströmenden  Wasser  zugeführten  Spermien  befruchtet  würden.  Sie 
müssen  aber  wieder  in  das  Mesenchymgewebe  zurückwandern,  denn 
ihre  Weitereutwickeluug  erfahren  sie  dort.  Bei  manchen  Arten  findet 
man  sie  von  großen  und  zum  Teil  mit  körnigem  Material  gefüllten, 
w^ahrscheinlich  mesenchymatösen  Zellen  w'ie  von  einer  Membrana 
granulosa  umlagert  —  das  Wort  „Follikelepithel"  möchte  ich  hier 
lieber  vermeiden  —  und  sieht  dann  zahlreiche  glänzende,  kugelige 
Dotterkörper  im  heranwachsenden  Ooplasma  auftreten.  Hellere  Außen- 
schichten in  Form  einer  „Crusta"  (F.  Eilh.  Schulze,  1,  c,  p,  375)  sind 
wohl  beobachtet  und  abgebildet  worden,  z,  B,  bei  Plakina  trilopha, 
jedoch  keine  Membranbildung  im  strengen  Wortsinne,  Die  Reife- 
erscheinungen sind  noch  nicht  genau  studiert,  Pdchtungskörper  sind 
beobachtet  worden. 

Es  zeigen  sich  außer  diesen  Uebergängen  zu  follikulärer 
Eibildung  auch  solche  zu  lokalisierter,  indem,  wie  bei  Plakina 
monolopha,  die  Geschlechtsprodukte  nur  in  einer  bestimmten 
Körperregion  angetroffen  werden,  bei  anderen  Formen  (Aplysilla 
und  Euspongia)  gruppenweise  zusammenliegen. 

IL  Die  zahlreichen,  insbesondere  von  Weismann  (Ueber  den  Ur- 
sprung der  Geschlechtszellen  bei  den  Hydroiden,  Zool,  Anz„  Bd,  III  n.  IV, 
1880,  1881,  und  „Die  Entstehung  de/ Sexualzellen  bei  den  Hydroiden," 
Bd,  IV,  Jena  1883)  ausgeführten  Untersuchungen  an  Cölenteraten 
haben  ergeben,  daß  auch  hier  zum  Teil  noch  eine  diffuse  Eibildung 
vorhanden  ist,  so  bei  den  Hy  droidp  oly  pen.  Die  Ureier.  vergl,  das 
p,  233  und  234  Gesagte,   zeigen  sich  als   hüllenlose  Zellen  sowohl  im 


382  W.  Waldeyer, 

Ektodenii,  wie  im  Entodenii,  sollen  aber  si)äter  zu  einer  „Reifiings- 
stätte"  (Weismann),  der  weil)  liehen  (1  o  n  a  d  e ,  hin  wandern.  Uebrigens 
ist  von  verschiedenen  Pjeobachtern  bald  das  Ektoderni,  bald  das  Ento- 
derni  als  das  Keimblatt,  in  welchem  man  die  Oogonien  zuerst  auftreten 
sähe,  genannt  worden.  Die  merkwürdigen  Wanderungen  junger  Eizellen 
bei  den  Cölenteraten  sind  unter  anderen  von  Hartlaub  (Ueber  die 
Entstehung  der  Sexualzellen  bei  Obelia,  Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.,  Bd.  XLI. 
1884)  bei  Obelia  und  von  Chun  bei  ben  S  iphonophoren  (Die 
Siphonophoren  der  Plankton  -  Expedition ,  Ergebnisse  der  Plankton- 
Expedition  ,  Bd.  II,  1897)  beobachtet  worden ;  vergl.  auch  die  be- 
stätigenden Angaben  von  Brooks  und  Conklin  (On  the  structure 
and  development  of  the  Gonophores  of  a  certain  Siphonophore,  John 
Hopkins  ünivers.  Circ,  Vol.  X,  1891). 

Andere  Cölenteraten  haben  lokalisierte  Gonaden,  so  unter 
dem  Schirme  an  der  Magenwand  oder  an  den  Radiärkanälen.  Die 
H  y d  r  o  m  e  d  u  s  e n  und  Siphonophore  n  zeigen  die.  Keimzellen 
zuerst  im  Ektoderm ,  die  S  c  y  p  h  o  m  e  d  u  s  e  n  und  A  n  t  h  o  z  o  e  n  im 
Entoderm.  Bei  den  Scyphomedusen  gelangen  die  herangewachsenen 
Oocyten,  unter  Durchbrechung  der  betreffenden  Gonadenwand,  in  den 
Gastrovascularraum  und  werden  durch  die  Gastralöffnung  (Mund- 
öffnung) entleert. 

Bei  den  Anthozoen,  wo  wir  durch  die  Brüder  Hertwig  („Die 
Aktinien"  und  „Der  Organismus  der  Medusen",  Jenaische  Zeitschr.  f. 
Naturw.,  Bd.  XIII,  1879.  und  Denkschr.  d.  Med.-naturw.  Gesellsch.  in 
Jena,  Bd.  II,  1880)  genauere  Auskunft  über  die  Oogenese  erlangt 
haben,  rücken  die  heranwachsenden  Oocyten  aus  dem  Entoderm  in 
das  unterliegende  mesenchymatöse  Gewebe  der  „Stützlamelle"  hinein, 
wobei  sie  jedoch  durch  einen  stielförmigen  Fortsatz  mit  der  freien 
Oberfläche  des  Gastralentoderms  in  Verbindung  bleiben ;  wir  dürfen 
hierin  eine  p]  r  n  ä  h  r  u  n  g  s  v  o  r  r  i  c  h  t  u  n  g  erlilicken. 

Die  verschiedenen,  einander  entgegengesetzten  Angaben  über  die 
Ensteliung  der  Keimzellen  bei  den  Cölenteraten ,  entweder  Ektoderm 
oder  Entoderm,  erklären  sich  wohl  am  einfachsten  daraus,  daß  man  mit 
Maas  (Die  Medusen,  Reports  on  an  exploration  of  the  West  coast  etc., 
Memoirs  of  the  Museum  of  Comp.  Zool.  Harvard  Coli.  Boston  Mass., 
Vol.  XXIII,  1897)  auf  Geschlechtszellen  im  Sinne  Nussbai'm's  zurückgeht. 
S.  w.  u. 

Für  die  weiteren  Stadien  der  Oogenese  bei  den  Cölenteraten  ist 
folgendes  anzumerken  :  Bei  den  H  y  d  r  o  i  d  p  o  1  y  p  e  n  bilden  sich 
Zellen,  welche  anfangs  den  Oogonien  ähnlich  sehen,  zu  „Nährzellen" 
aus,  die  die  Oogonien  und  später  die  Oocyten,  ohne  besondere 
Follikel  zu  bilden,  dicht  umgeben.  Unterschiede  zwischen  den  jungen 
Eizellen  und  deren  Nährzellen  zeigen  sich  vor  allem  im  Kern,  welcher 
bei  der  Eizelle  größer,  chromatinärmer  und  dadurch  heller  wird. 
DoFLEiN  und  Labbe  haben  auch  eine  phagocytische  Einverleibung 
der  Nährzellen  in  die  Eizelle  nachgewiesen,  wie  es  jüngst  Kohl- 
BRUGGE  (1.  c.  p.  255)  als  ein  allgemeines  Vorkommnis  bei  der 
Oogenese  ansehen  will.  Doflein  (Die  Eibildung  bei  Tubularia,  Zeit- 
schr. f.  wiss.  Zoologie,  Bd.  LXII,  1896)  nahm  hierbei  Eizellen  und  Nähr- 
zellen noch  als  gleichwertige  Zellen,  so  daß  die  fertige  Oocyte  als  ein 
Plasmodium    anzusehen   wäre.     Dieser   plasmodiale   Zustand    ist   aber 


Die  CTescblechtszellen. 


383 


die  Kerne   der 
„Pseudozellen" 


,,Z  eilen  pol  st  er" 
Brüdern  Hertwig 


nur    etwas  Vorübergehendes,    denn    später    schwinden 

Nährzellen,    die  sich  anfangs  noch  unter  der  Form  der 

erhalten  (s.  p.  250),   und   nur 

der  eine  heranwachsende  Kern 

der  Eizelle  bleibt.  Eine  gleiche 

Erscheinung    treften    wir    bei 

vielen  Plattvairmern,  s.  w.  u. 


Fig.  147.  Aeltere  Oocyte  von 
A  d a  m  s  i  a  r  o  n  d  e  1  e t  i.  Im  Ooi)lasrua 
Dottereleniente.  Um  das  Ei  eine 
dünne  bindegewebige  Follikelwand, 
darauf  die  aus  cylindrischeu  Zellen 
bestehende  Entodermlamelle.  Dicht 
oberhalb  des  Keimbläschens  eine  be- 
sondere Lage  cylindrischer  Zellen, 
das  „Zellenpolster".  Original- 
tigur  nach  Korschelt  -  Heider 
(tibßa),  Fig.  202  B,  p.  347. 


Interessante  Bildungen  sind  die  sogenannten 
der  Cöleuterateu  (s.  Fig.  147),  wie  sie  von  den 
(1.  c),  Claus  (Untersuchungen  über  die  Organisation  und  Entwickeluug 
der  Medusen,  Prag  und  Leipzig  1883)  und  Korschelt  beschrieben 
wurden:  man  muß  dieselben  als  „Nährzellen"  ansehen.  Beachtens- 
wert ist.  daß  sich  das  Keimbläschen  in  der  Nähe  dieses  Polsters  hält. 

Ueber  die  specielle  Ausbildung  der  Dotterelemente  (siehe 
Fig.  147)  und  die  Umformungen  des  Keimbläschens  bei  den  Cölen- 
teraten  ist  nichts  Näheres  bekannt. 

IIL  Würmer.  In  dem  großen  und  mannigfach  gegliederten 
Tierkreise  der  Würmer  wiederholen  sich  dieselben  Abstufungen  in 
der  Entwickelung  der  Gonaden,  wie  bei  den  Cölenteraten.  Während 
bei  gewissen  acölenTurbellarien,  bei  den  P  oly  claden,  selbst 
bei  einzelnen  Anneliden  und  anderen  Sippen  eine  lokalisierte  Ei- 
bildung  vermißt  wird,  und  die  Eier  bei  ihrem  ersten  Auftreten  ent- 
weder diffus  im  Körperparenchjm  oder  im  Darmepithel  zerstreut 
gefunden  werden,  bilden  sich  bei  der  Mehrzahl  der  Würmer  verschieden 
geformte  Eierstöcke  aus.  Sehr  bemerkenswert  ist  dabei  die  Ent- 
stehung der  Gonaden  und  Eier  vom  P  e  r  i  t  o  n  ä  a  1  e  p  i  t  h  e  1 . 
wobei  sie  segmentweise  gelagert  sind.  Es  bestehen  hierin  An- 
lehnungen an  die  Verteb raten.  Die  überwiegende  Mehrzahl  der 
Anneliden  zeigt  diese  Oophoro-  und  Oogenese;  in  der  einfachsten 
Form  die  Polychäten,  weiter  ausgebildet  Bryozoen,  Oligo- 
chäten  und  Hirudineen. 


Bei  den  Polychäten  z.  B.  sieht  man  zur  Brunstzeit  segmental  an 
Stelle  der  gewöhnlichen  flachen  Cölomepithelzellen  an  einer  umschriebenen 
Partie  größere  rundliche  Zellen,  zu  einem  sogenannten  Keimlager  vereinigt, 
auftreten.  Die  Zellen  wachsen  heran,  ihr  Protoplasma  füllt  sich  mit 
Dotterbestandteilen,  sie  lösen  sich  ab  und  fallen  frei  in  die  Bauchhöhle, 
wo  sie   erst  ihre  letzten  Reifungsveränderungen  durchmachen. 

Bei  den  höherenAnneliden  bilden  sich  zum  Teil  verwickelt  ge- 
baute Ovarien  aus.  In  solchen  Ovarien,  die  gewöhnlich  schlauchförmig 
gebaut  sind,  stellt  das  blinde  Ende  und  der  daran  stoßende  nächste  Ab- 
schnitt  das    „Keimlager"    oder   „Keim  p  ölst  er"  dar.     In  diesem 


384 


W.  Waldeyer, 


gezogen  werden 

liegt  in  der  Figur  nach 


liegen  die  jungen  Eizellen  so  dicht,  gedrängt,  daß  man  sie  vielfach  als  ein 
Syncytiuni  aufgefaßt  hat,  welche  Auflassung  jedoch  l)ereclitigten  Zweifeln 
begegnet;  ich  mußte  seiner  Zeit  (592)  diese  Frage  unentschieden  lassen. 
Fig.  148  von  Canthocamptus  staphylinus  (Copepoda),  s.  folg. 
Seite,  kann  zur  Verdeutlichung  der  Vorgänge  bei  den  Anneliden  heran- 
Das  blinde  Ende  des  länglich-sackförmigen  Eierstockes 
links-oben  dicht  unter  dem  mit  g  bezeichneten 
Gelenk  zwischen  Cephalothorax  und  erstem  freien  Thorakalringe;  man 
sieht  hier  5  dunkel  gezeichnete  Kerne ;  die  Grenzen  der  dazu  gehörigen 
Zellen  sind  nicht  mitgezeichnet.  Nach  V,  Haecker  sieht  man  selten 
Teilungsfiguren  in  dieser  mit  Kp  bezeichneten  Region ;  er  nimmt  nichts- 
destoweniger an,  daß  hier  zur  Zeit  der  beginnenden  Eibildung  lebhafte 
Teilungsvorgänge  stattfinden  müßten,  von  denen  man  nur  deshalb  so 
wenig  wahrnehme,  weil  sie  periodisch  und  alle  auf  einmal  rasch  ab- 
liefen. Darauf  kommt  in  der  Figur  die  Zone  ur,  in  der  sich  größere 
ruhende  Kerne  befinden ;  auch  hier  sind  die  Zellumrisse  nicht  dazu 
gezeichnet,  wohl  aber  in  der  folgenden  mit  sp  bezeichneten  „Syna])sis- 
zone".  Außer  der  Synapsis-Lagerung  der  dunklen  Kerne  findet  man 
hier  nach  Haecker  gelegentlich  Teilungsfigureu,  während  solche  in 
dem  ganzen  folgenden  Abschnitte,  von  dem  Bezirke  eint  an,  fehlen 
und  nur  Wachstumserscheinungen,  neben  einigen  gleich  zu  beschreiben- 
den Aenderungen  an  Kern  und  Kernkörperchen,  zu  beobachten  sind. 
Links  von  den  Zellen  <(h  beginnt  der  Eileiter,  Ovidukt. 

Dürfen  wir  Haecker  zustimmen,  so  muß  man  die  Zellen  in  Kp, 
ur  und  sp  als  Oogonien,  Ureier  ansehen  und  alle  drei  Abschnitte  zu- 
sammen als  „Keimzone",  wie  dies  auch  Korschelt  und  Heider 
thun ;  der  ganze  übrige  Abschnitt  mit  dem  Ovidukt  enthielte  dann  die 


anv- 


Fig.  148.     Längsschnitt  durch   das  Ovarium  von  Chan  thoca  mlp- 
tus  staphylinus.     S.  Fig.  60  und  Text. 

Oocyten  und  repräsentierte  die  Wachstumszone ;  auch  die  Reifeteilungen 
finden  bei  den  Copepoden  in  demselben,  und  zwar  im  Ovidukt,  statt. 
Ob  etwa  im  hintersten    blinden  Ende  der  Eiröhren  noch  Geschlechts- 


Die  Geschlechtszellen.  385 

zeileil    im  Sinne  Nussbaum's  angenommen  werden  müssen,    läßt  sich 
zur  Zeit  nicht  unterscheiden. 

Eine  Schwierigkeit  der  HAECKEit'schen  Deutung  liegt  darin,  daß  die 
Synapsis-Figuren  sich  in  der  Keimzone  finden,  während  sie  nach  v.  Wixi- 
WARTKK  für  die  [Säugetiere  den  Oocyten  angehören.  Eine  erneute  Unter- 
suchung scheint  demnach  noch  erforderlich. 

Für  die  Eibildung  bei  den  Würmern  liegen  schon  aus  älterer  Zeit, 
insbesondere  für  die  Nematoden,  gute  Untersuchungen  von  Meissner, 
(Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.,  Bd.  V  u.  VII,  1854  u.  185(j,  bei  Mermis)  und 
H.  Mi'NK  (ebendas.,  Bd.  IX,  1858)  vor,  und  dieselbe  Tierabteilung  hat 
auch  an  dem  von  E.  Van  Beneden  als  Hauptuntersuchungsobjekt  ein- 
geführten Pferdespulwurm,  Ascaris  m  egal  o  c  e  pha  1  a  uns  die 
eingehendsten  Untersuchungen  und  Ergebnisse  über  die  Eibildung  bei 
den  Wirbellosen  —  vgl.  die  betreifenden  Arbeiten  von  E.  Van  Beneden  t 
(616a,  288a,  M.  2542)  mit  Julin  und  Neyt)  und  0.  Hertwig  (M.  1252) 
—  geliefert.  In  den  Grrundzügen  stimmen  sie  mit  dem  von  Canthocamp- 
tus  hier  Geschilderten  überein,  und  die  Namen  ,,region  forma  tive", 
„region  de  maturation",  ..region  de  mult iplicati on",  E.  Van 
Beneden  und  Julin  ^  K  e  i  m  z  o  n  e  ,  Wachstums-  und  Reifezone, 
0.  Hertwig,  sind  auf  Grund  der  Untersuchungen  an  Ascaris  mega- 
locephala  eingeführt  worden.  Ich  habe  hier  zur  Erläuterung  die 
HAECKER'sche  Figur  von  C  an  t  ho  c  amp  t  us  gew'ählt,  obwohl  sie  einem 
anderen  Evertebratenkreise,  dem  der  Arthropoden,  angehört,  weil 
sie  die  Zonen  übersichtlich  erkennen  läßt  (abgesehen  von  der  Polocj-ten- 
Bildungj  und  daneben  noch  das  merkwürdige  Faktum,  daß  die  Dotter- 
bildung in  den  Uocyten  ziemlich  plötzlich  einsetzt,  an  der  Stelle  des 
Ovidukts,  wo  derselbe  unmittelbar  über  das  Darmrohr  zu  liegen  kommt 
[cl  in  der  Figur). 

Von  w^eiteren  Veränderungen  der  Oocyten  in  der  Wachstumszone 
seien  noch  genannt  -  s.  Fig.  148  —  die  Umbildung  des  chromatinreichen 
Kernes  zu  der  großen  klaren  Keimbläschenform,  die  Anordnung  des 
Chromatins  in  eine  einzige  große  Doppelfadenschlinge,  die  Ausbildung 
eines  großen  kugligen  Nucleolus,  sowie  die  Rückl)ildung  eines  Teiles 
der  Oocyten  zu  Abortiveiern  ah,  die  wahrscheinlich  mit  zui"  Ernährung 
der  bestehen  bleibenden  Eier  dienen.  Die  Doppelfädeu  treten  in  den 
4  letzten  Eizellen  (oberhali)  d)  deutlich  hervor :  daß  man  dieselben 
nicht  als  zu  einer  einzigen  Doppelfadenschlinge  gehörig  erkennt,  liegt 
daran,  daß  wir  Schnittbilder  vor  uns  haben. 

Auch  follikuläre  Eibildung  kommt  liei  den  Würmern  vor, 
mit  oder  ohne  Ausbildung  besonderer  Nährz eilen,  so  vor  allem  bei 
den  Gephyreen  (Bonellia). 

Erwähnt  wurde  bereits  die  eigentümhche  Ausbildung  von  beson- 
deren „Nährzelleu"  in  den  Dotterstö  ckeu  der  Plathelminthen 
(p.  292,  336  u.  353);  dasselbe  kommt  bei  den  Rädertieren  vor. 
Hierin  sind  die  besten  Beispiele  von  Korschelt-Heider's  „nutri- 
m  e  n  t  ä  r  e  r  E  i  b  i  1  d  u  n  g''    gegeben. 

Abortive  Eizellen  als  Nährzellen  sind  vielfach  nachgewiesen,  in  be- 
sonders interessanter  Weise  bei  einigen  Anneliden,  z.  B.  0  phry  o  t  r  o  ch  a 
puerilis  (F.  Braem,  Zur  Entwickelungsgeschichte  von  Ophryotrocha 
puerilis.  Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.,  LVII.  Bd.  1893).  Die  in  den  Ovarien 
sich  entwickelnden  Zellen  lösen  sich  paarweise  ab  und  werden  so  zu- 
sammengekuppelt  in  der  Leibeshöhle  gefunden.  Während  die  Entwicke- 
lung  sie  anfangs  als  morphologisch  gleichwertig  erw'eist,  zeigt  später  der 

Handbuch  der  Entwickelungskhre.     I.  25 


386 


W.  Waldeyer, 


eine  Paarung,  die  Nährzelle,  einen  abweichenden,  sich  dunkler  färbenden 
Kern  und  wird  von  dem  anderen,  der  Oocyte,  allmählich  aufgesautit. 
Auch  die  s  o  1  i  t  ä  r  e  E  i  b  i  1  d  u  n  g  ist  in  dem  vielgestaltigen  Kreise 
der  W  ü r m e r  vertreten,  entweder  so,  wie  bei  vielen  Echinodermen, 
daß  die  von  den  Wänden  der  Gonade  aus  heranwachsenden  Eizellen 
durch  Stiele,  an  denen  sie  isoliert  aufgehängt  sind,  einzeln  mit  der 
Wand  befestigt  bleiben,  s.  Fig.  149,  oder  daß  sie  durch  die  Stiele, 
welche  dann  kürzer  sind,  mit  einem  in  der  Eiröhre  (Ovarium)  central 
gelegenen  Protoplasmastrange,  der  Rhachis,  verbunden  bleiben,  um 
den  sie  sich  dann  als  um  eine  mittlere  Achse,  nach  allen  Richtungen 
rosettenförmig  divergierend,  gruppieren  (Nematoden). 

IV.  Mollusca.  Wir  werden  die  Mollusken,  da  viele  von  ihnen 
(Pteropoda,  Pulmonata,  Opisthobranchiata  und  einige 
Lamellibranchiaten,  wie  Cyclas.  Pecten,  Ostrea  u.  a.) 
Zwölfter  sind,  zum  Teil  weiter  unten  unter  dem  Abschnitte  ..Zwitter" 
und  „Zwitterdrüse''  besprechen.  G  onochorism  us  besteht  bei  den 
meisten  Lamellibranchiaten,  Pro  so  br  an  chiaten  und  Hetero- 
poden.  Hier  sei  erwähnt,  daß  manche  Lamellibranchiaten  in 
ausgezeichneter  Weise  die  Stielbildung  bei  ihrer  Oogenese  zeigen, 
so  Scrobicularia  (s.  Fig.  149). 

Andere  Mollusken  zeigen  auch  F  o  1 1  i  k  e  1  b  i  1  d  u  n  g  mit  flachem 
Epithel. 

V.  Arthropoda.  Indem  wir  die  Abteilungen  der  Echinodermen, 
Brachiopoden,  A  sei  dien  und  Cephalopoden  übergehen  — 
einzelnes  Hierher  gehörige  wurde  bereits  bei  der  Besprechung  der 
Eier  der  Evertebraten  angeführt  —  soll  noch  in  Kürze  das  Wichtigste 
über  die  Arthropoden  mitgeteilt  werden,  wobei  für  Eingehenderes 

auch  auf  die  vorhin  gegebene  Beschreibung 
-^- — -^  des  Ovarium  von  Canthocamp  tus   ver- 

wiesen wird. 

Im  allgemeinen  zeigen  die  Arthropoden 
die  alimentäre  Eibildung,  sowohl  die 
follikuläre  als  auch  die  nutrimen- 
täre.  Eine  Oogenese,  welche  zwischen 
einer  follikulären  und  solitären  (mit  Stiel- 
form) die  Mitte  hält,  zeigen  die  Arach- 
noiden.  Eine  Anzahl  Epithelzellen  des 
Ovariums  folgen  stielförmig  der  bei  ihrem 
Wachstum  sich  nach  außen  aus  dem  Ova- 
rium herausdrängenden  Eizelle.  Für  ein- 
zelnes sei  noch  auf  die  Besprechung  des 
D  0 1 1  e  r  k  e  r  n  e  s  bei  T  e  g  e  n  a  r  i  a  (p.  274  ff.) 
verwiesen.  Vollkommenere  Follikel  ohne 
Nährzellen  zeigen  schon  die  Scorpioni- 
den,  Acarinen,  Myriopoden  und  von 
den  Insekten  die  Apterygoten,  Or- 
thopteren   und    Aphanipteren.      Bei 

J'ig.  149.  Ein  Acinus  des  Ovariums  von  Scro- 
bicularia biper  ata.  Oogenese  mit  Stielbildung. 
Aus  Korschelt-Heider,  1.  c.  Fig.  109,  p.  312,  nach 
H.  VON  Jhertng. 

den    letzteren    bestehen    röhrenförmige    Ovarien    mit    einem    Keim- 
polster am  blinden  Ende,  wie  bei  C  a  n  t  h  o  c  a  m  p  t  u  s ;  aber  diese  Röhren 


Die  Geschlechtszellen.  387 

sind  von  einem  Ei)ithel  ausgekleidet,  welches  die  einzelnen  vom  Keim- 
l)()lstoi-  aus  heranwachsenden  Eier  umschließt  und  ihnen  unzweifelhaft 
auch  das  Nährmaterial  liefert,  ohne  sich  jedoch  als  „Nährzellen"  heraus- 
zustellen. Angenommen  wird,  daß  diese  Follikelepithelzellen  auch  das 
Chorion  der  Insekteueier  abscheiden.  Indem  feine  Protoplasmafort- 
sätze der  Follikelzelleu  sich  mit  der  Oocyte  dauernd  oder  zeitweise 
verbinden,  entstehen  bei  der  Abscheidung  des  Chorion  dessen  Poren- 
kanäle oder  Grü  bchen.  Hier  ist  der  Ort,  auch  der  Mikropylen - 
b  i  1  d  u  n  g  zu  gedenken.  Es  scheint,  daß  überall  —  auch  bei  den 
Wirbeltieren  —  für  jeden  Mikropylenkanal  eine  Follikelei)i  th  el- 
zelle  mit  einem  zur  Oocyte  sich  erstreckenden  Fortsatze,  oder  eine 
Stielbildung  mit  im  Spiele  ist.  Wenn  nach  Bildung  des  Chorion 
odei'  der  Zona  radiata  der  Zellfortsatz  oder  der  Stiel  verkümmert 
oder  sich  zurückzieht,  so  muß  dann  ein  Kanal  entstehen,  vergl,  p.  290, 
p,  302,  Fig,  112  und  p,  308, 

Jedes  Ei  mit  dem  umgebenden  Folllkelepithel  bildet  innerhalb  der 
Eiröhre,  die  infolgedessen  ein  rosenkranzförmiges  Aussehen  zeigt,  ein 
besonderes  Fach,  Eifach. 

Bei  den  Crustaceen  und  zahlreichen  Insekten  kommen  viel- 
fach noch  besondere  Nährzellen  hinzu,  die,  wie  gesagt,  mit  großer 
Wahrscheinlichkeit  als  abortive  Eizellen  anzusprechen  sind.  Entweder 
liegen  die  Nährzellen  zwischen  den  einzelnen  Eifächern  (Nährfächer) ; 
sie  berühren  dann  zwei  benachbarte  Eier,  oder  aber  eine  einzige  Nähr- 
kammer befindet  sich,  zusammen  mit  dem  Keimfache,  am  Ende  der 
Eiröhre,  da,  wo  diese  in  den  sogenannten  „Faden""  sich  auszieht.  In 
diesem  Falle  bleiben  die  einzelnen  in  die  aufeinander  folgenden  Eifächer 
abgeschobenen  Oocyten  durch  lange  Stiele  mit  einer  im  Centrum  der 
Nährkammer  gebildeten  Sekretmasse  in  Verbindung  (Orthopteren), 

Wie  beim  Hodeu  von  Bombyx  Verson  (M,  2588),  so  fanden  neuer- 
dings ToYAMA  (On  the  spermatogenesis  of  the  silk  worm.  Bull.  Colleg. 
Agriculture,  Tokyo,  Vol.  II,  1894)  und  v.  La  Valette  St.  George, 
(Zur  Samen-  und  Eibildung  beim  Seidenspinner,  Arch.  f,  mikr,  Anat., 
Bd,  L,  1897)  in  der  einzigen  Nährkammer  des  Ovarium  desselben 
Insekts  (Raupe)  eine  einzige  große  Zelle,  VERSON'sche  Zelle,  die  man 
als  Nährzelle  betrachten  muß. 

Wiederholt  haben  wir  schon  die  Frage  gestreift,  ob  die  Oogonien 
und  Oocyteu  von  den  NussBAUM'schen  Geschlechtszellen  abzuleiten 
seien,  oder  ob  man  sie,  dem  äußeren  Anscheine  nach,  auf  „Keimepithel- 
zellen'' zurückführen  müsse,  diese  wieder  etwa  auf  Cölomepithelzellen 
oder  auf  andere.  Noch  l)ei  Besprechung  der  diffusen  Eibildung  war 
die  Rede  davon.  Was  für  Oocyten  gilt,  das  gilt  wahrscheinlich  auch 
für  die  Nährz  eilen.  Weiterhin  fragt  es  sich,  ob  es  auch  für  das 
Follikelepithel  Geltung  hätte,  Ueber  alles  dieses  wird  alsbald 
im  Zusammenhange  bei  einer  vergleichenden  Schlußbesprechung  der 
Spermie-  und  Oogenese  gehandelt  werden.  Ich  will  indessen  im 
Anschlüsse  an  das  Vorstehende  nicht  verfehlen,  auf  die  Arbeit  von 
A,  GiARDiNA :  Origine  dell'  oocite  e  delle  cellule  nutrici  nel  Dy- 
tiscus,  Internationale  Monatsschrift  für  Anatomie  und  Physiologie, 
Bd.  XVIII,  p.  417,  1901,  zu  verweisen.  Sie  enthält  manches  auch 
für  die  Oogenese  im  allgemeinen  Wichtige.  Als  Hauptergebnis  führe 
ich  mit  den  eigenen  Worten  Giardina's  (1,  c.  p,  471)  an:  „Questo 
processo  dimostra  l'assoluta  indipendenza  reciproca  tra  le  cellule  so- 
matiche  e  le  cellule  germinali  e  indica  inoltre,   cherinsieme  delle  cel- 

25* 


388  W.  Waldeyer, 

lule  nutrici  e  del  rispettivo  oocite  constituiscono  im  gruppo  armonico, 
quasi  un  organisino  dentro  rorganisino ;  iin  gruppo  che  possiamo  chia- 
niare  gruppo  germinale". 

Anhangsweise  sei  kurz  erwähnt,  daß  von  Einigen  auch  Eibildungen 
unter  ungewöhnlichen  und  pathologischen  Verhältnissen  beobachtet  und  zum 
Gegenstande  eingehender  Studien  gemacht  worden  sind.  So  von  Kxauer 
(443  und  447)  in  transplantierten  Ovarien,  während  Anderen 
eine  Transplantation  mit  Erhaltung  der  Funktion  nicht  gelang.  Es  be- 
steht schon  eine  verhältnismäßig  ansehnliche  Litteratur  über  derartige 
Versuche:  Foa  (368a),  Glass  (383),  Gkigorieff  (387),  Haymib  (399), 
Hbape  (400),  Herlitzka  (414),  Marchese  (471),  Ribbert  (696),  Eubin- 
STEiN  (533),  Shrady  (553),  W.  Schultz  (548).  —  Emanuel  (355a)  be- 
obachtete Primordialeier  in  malignen  Ovarialtumoren  [Maxi- 
Mow  untersuchte  die  Eibildung  nach  Eierstocksverletzungen] ;  Pfister 
(516)  und  E,ossi  (532)  beschäftigten  sich  mit  der  Einwirkung  entzündungs- 
erregender Agentien  auf  Eierstockseier. 

5)  Oogenese  der  Pflanzen. 

Die  Oogenese  der  Pflanzen,  zusammengehalten  mit  den 
Befruchtungs  vor  gangen  bei  denselben,  bietet  so  viel  Be- 
merkenswertes, daß  ein  etwas  weiteres  Eingehen  auf  diese  Dinge,  in 
Ergänzung  des  bereits  p.  148  (Spermien  der  Evertebraten  und  Pflanzen) 
und  p.  336  (Eier  der  Pflanzen)  Gesagten  am  Platze  sein  dürfte. 

Abgesehen  von  einer  Anzahl  Tall  ophyten -Familien ,  den 
Flageliaten,  Myxom  yceten,  Schizomyceten  (Bakterien) 
C  y  a  n  0  p  h y  c  e  e  n ,  Diatomeen  und  P  e  r  i  d  i  n  e  e  n ,  die  man  als  die 
niederen  Pilze  (Zellenpilze  und  Schleimpilze)  nnd  die  niederen 
Algen  zu  bezeichnen  pflegt,  besitzen  alle  übrigen  Pflanzen,  also  die 
höheren  Algen  und  die  Fadenpilze  (Hyphomyceten),  ferner  die 
Flechten,  als  Symbiosenformen  von  Algen  und  Pilzen,  dann  die 
Moose  und  Farne,  wie  endlich  die  Ph  an  erogam  en,  Sexuat- 
zellen  und  sexuelle  Fortpflanzung.  Selbst  bei  der  Hefe  hat  man  in 
neuerer  Zeit  unzweifelhafte  geschlechtliche  Fortpflanzungserscheinungen 
unter  der  Form  der  „Karyogamie"  (Kern-Zy gose)  entdeckt. 
(ScHiÖNNiNG,  Hoffmeister,  Guilliermonds  und  Barker,  vergl. 
E.  Jahn,  die  Morphologie  der  Hefe  und  die  Entdeckung  ihrer  Sexua- 
lität, Naturw.  Rundschau  1902,  No.  22. 

Es  treiben  zwei  benachbarte  Hefezellen  Fortsätze,  welche  sich  in- 
einander öffnen,  so  daß  ein  Kanal  zwischen  den  beiden  Zellen  entsteht. 
Man  sieht  dann,  daß  die  Kerne  dieser  Zellen  in  den  Fortsatz  wandern 
und  dort  miteinander  verschmelzen.  Darauf  teilt  sich  der  so  entstandene 
Verschmelzungskern  wieder  und  eines  der  beiden  Teüstücke  wandert  zur 
einen,  das  andere  zur  anderen  Zelle  zurück.  Hier  kann  zwar  nach  unserem 
jetzigen  Wissen  von  einer  Eizelle  oder  einer  Samenzelle  keine  Rede  sein ; 
unzweifelhaft  liegt  aber  ein  geschlechtlicher  Akt  vor,  wir  haben  es  mit 
„Gameten"  wie  man  diejenigen  Sexualzellen  nennt,  welche  noch  keine 
Differenzierung  erkennen  lassen,  zu  thun. 

Es  sei  hier  zunächst  eine  Erklärung  der  üblichen  Termini 
technici  für  die  Fortpflanzungsvorgänge  bei  den  Pflanzen  angeschlossen: 
Wie  wir  sahen  (p.  90),  wird  der  Name  „Gameten"  auch  für  die  kopu- 
lierenden einzelligen  Tiere  verwendet,  und  es  werden,  falls  dabei  ein 
Dimorphismus  hervortritt,  Makrogameten  und  M i k r  o g a m e t e n  unter- 


Die  Geschlechtszellen.  389 

schieden.  Die  aus  der  Kopulation  zweier  Pfianzen-Gameten  hervorgegangene 
Zelle  wird  Zygospore  oder  Zygote  genannt.  Für  die  männlichen 
Befruchtungszellen  wird,  außer  „Spermien"  oder  Spermatozoiden, 
auch  der  Name  „ A ntherozoiden"  gebraucht.  Die  weiblichen  Zellen 
heißen:  Eizellen,  Eier,  Ovula  oder  Oosphären.  Eine  befruchtete 
Eizelle  wird,  falls  sie  später  „Sporen"  liefert,  als  Oospore 
bezeichnet.  Die  Eortpflanzung  durch  Gameten  heißt  Isogamie,  die 
durch  dimorphe  Geschlechtszellen  Oogamie.  Die  Organe,  in  denen  sich 
die  Eier  bilden,  werden  bei  den  niederen  Pflanzen  als  0  o  g  o  - 
nien  bezeichnet;  es  besteht  also  eine  wohl  zu  beachtende  Differenz  in 
der  Bedeutung  dieses  Namens  im  Tier-  und  Pflanzenreiche.  Bei  den- 
selben Pflanzen  heißen  die  Bildungsstätten  der  S^jermien  Antheridien. 
Bei  Pilzen  und  Flechten  sind  auch  die  Namen  Karpogon  ($)  und 
Spermogonium  ((J"),  soAvie  Pollinod.  ((J)  (de  Bary)  in  Gebravich. 
„Karpogon"  und.  „Pollinod"  hat  Juel,  s.  das  p.  33G  Mitgeteilte,  auch 
für  die  weiblichen,  bezw.  männlichen  Geschlechtszellen  selbst  verwendet  i). 

Die  Oogouien  gehen  aus  einer  einzigen  Zelle  hervor,  deren 
Protoplasmaleib  mit  Kern  selbst  zur  Eizelle  werden  kann.  Indem 
diese  Zelle  sich  dabei  mit  einer  stärkeren  Membran  umgiebt,  an  der 
noch  weitere  Besonderheiten  auftreten  können,  wird  aus  ihr  das  Oogo- 
nium.  In  anderen  Fällen  enthalten  die  Oogonien  viele  Zellen.  Letzteres 
ist  bei  den  A  n  t  h  e  r  i  d  i  e  n  stets  der  Fall. 

Von  den  Moosen  und  Farnen  (Bryophvten  und  Pterido- 
p  h  y  t  e  n)  an  bis  zu  den  Gymnospermen  einschließlich  hinauf,  heißen 
diejenigen  Organe,  welche  die  Eizellen  bergen,  Arche gonien,  während 
für  die  männlichen  Organe  der  Name  Antheridien  bei  den  Moosen 
und  Farnen  bleibt.  Bei  den  Phanerogamen  (Gymnospermen  wie  Angio- 
spermen) kann  man  nicht  mehr  von  Antheridien  sprechen. 

Wir  müssen  bei  der  Betrachtung  der  Oogenese  der  Pflanzen 
unterscheiden  1)  die  Oogenese  der  Thallophyte  n,  2)  die  der 
Brvophyten  und  P  terid  ophy  ten,  welche  man  auch  als  Ar  che - 
goniaten  den  Thallophyten  gegenüber  zu  stellen  pflegt,  und  3)  die 
Oogenese  der  Phanerogamen.  Bei  den  Thallophyten  2)  ent- 
steht, wie  vorhin  kurz  angedeutet,  eine  Eizelle  entweder  so,  daß  ge- 
wisse Zellen  der  Fäden,  aus  denen  das  Pflänzchen  besteht  —  zuweilen 
sind  es  die  endständigen  Zellen  —  heranwachsen,  ihre  Membran 
verstärken,  und  gewöhnlich  eine  sphärische  Form  annehmen.  Auch 
der  Kern  vergrößert  sich  mit  dem  Kernkörperchen  unter  deutlicherer 
Entw^ickelung   des   chromatischen  Kerngerüstes.     Weiterhin  findet  bei 


1)  Richtiger  ist  es,  Karpogonien  und.  Polinodien  als  weibliche  bezw.  männhche 
Organe  zu  bezeichnen,  wie  das  Juel,  Anm.  zu  p.  48  1.  c,  wo  er  die  Namen  de- 
finiert, auch  thut:  „Ich  nenne,  heißt  es,  Pollinodien  und  Karpogonien  solche  Ge- 
schlechtsorgane, die  keine  individualisierten  oder  begrenzten  "Geschlechtskörper 
(Spermatozoon-Eier)  erzeugen."  —  Da  die  Geschlechtsorgane  von  „Dipodascus",  s. 
p.  336,  indessen  den  Formenwert  vielkerniger  „Zellen"  haben,  kann  man  hier  Kar- 
pogon und  Pollinod  auch  „Geschlechtszellen"  nennen. 

2)  Wir  sehen  hier  ab  von  der  Kopulation  durch  Zygose,  welche  sich,  ähn- 
lich wie  bei  der  Hefe,  bei  den  Conj  ugaten-A  Igen,  Closterium,  Spirogyra 
u,  a.  abspielt.  Nur  tritt  hier  nicht  nur  der  Kern  einer  Zelle  zum  Kern  der  anderen, 
sondern  die  eine  ganze  Zelle  (Gamet)  wandert  nach  Eesorption  der  Scheidewand  in 
die  CellulosehüUe  der  anderen  hinüber.  Die  wandernde  Zelle  verliert  dabei  diese  oder 
jene  Bestandteile,  wie  z.  B.  bei  Spirogyra  ihre  Chlorophyllbänder,  die  der  ruhenden 
verbleiben.  Letztere  muß  wohl  als  der  weibliche  Gamet  angesehen  werden,  die 
wandernde  Zelle  als  der  männliche. 


390 


W.  Waldeyer, 


manchen  Zellen  dieser  Art  eine  stärkere  Ablagerung  von  Substanzen, 
die  wir  als  Nährstoffe  ansehen  dürfen,  im  Protoplasma  der  jungen  Ei- 
zelle statt,  wie  insbesondere  beiden  Characeen,  wo  Oeltropfen  und 
Stärkekörner  sich  ansammeln,  s.  a.  Fig.  150.  Auch  Anhäufungen  von 
Chlorophyll  treten  auf.  Es  mag  jedoch  daran  erinnert  sein,  daß  das 
nie   in    dem  Maße  der  Fall  ist,    wie  bei  vielen  Tieren  und  daß  es  bei 


den  Archegoniaten   und  Phanerogamen   fehlt. 


Vergl 


die  Bemerkung 


p.  337. 

;_.  Fig.  150  zeigt  diese  einfachste  Form  der  Oogenese  und  Oogonio- 
genese  und  zugleich  die  Spermiogenese  in  dem  unmittelbar  unter  dem 
Oogonium  gelegenen  Antheridium,  so  wie  den  Weg,  den  die  Spermien 
zur  Kopulation  nehmen.  In  anderen  Fällen,  z.  B.  bei  der  gleich- 
falls zu  den  Phykomyceten  gehörenden  Sippe  der  Saprolegniaceen, 
teilt  sich  der  Zellkörper  innerhalb  der  späteren  Oogoniumhülle, 
wiederholt,  so  daß  dann  eine  größere  Anzahl  Eizellen  sich  in  dem 
betreffenden  Oogonium  befinden. 

Aus  der  Oospore,  3  osp  Fig.  150,  geht  bei  den  Thallophyten  auf 
ungeschlechtlichem  Wege,  indem  sie  entweder  direkt  ein 
neues  Mycelium  hervorsprossen  läßt,  oder  durch  Vermittlung  von 


Fig.  150.  Monoble- 
pliaris-sphaerica(Phy- 
comycetes,  Algenpilze). 
Ende  eines  Fadens  mit 
einem  Oogonium  o  und 
dem  darunter  liegenden 
Antheridium  a.  In  1 
vor  völliger  Ausbildung 
der  Eizelle  und  der 
Spermien,  in  2  die  letz- 
teren austretend  und  nach 
der  offenen  Mündung  des 
Oogonium  hinkriechend, 
in  3  reife  Oospore,  osj), 
das  Antheridium  entleert. 
Vergr.  800.  (Nach  Corntj, 
aus  Strasburger,  Noll, 
ScHENCK,  ScHiMPER,  Bo- 
tanik, 5,  Auflage,  p.  291, 
Fig.  270.  1002. 


in  ihr  entwickelten  Sporen,  ein  neues  Pflänzchen  hervor,  so  daß  wir  auf 
einen  im  Pflanzenreiche  weit  verbeiteten  Generationswechsel 
stoßen. 

Als  Beispiel  der  Oogenese  bei  den  Moosen  und  Farnen 
diene  Fig.  151. 

Auch  hier  muß  zum  Verständnisse  der  Oogenese  der  Generations- 
wechsel betont  werden. 

Au  einer  Moospflanze  entwickeln  sich  an  besonderen  Organen,  die 
kapseiförmig  oder  schirmförmig  an  kleinen  Stielen  sitzen,  direkt  aus  den 
Gewebszellen  dieser  Organe,  die  Archegonien.  Letztere,  s.  Fig.  151, 
sind  schlauchförmige,  aus  Zellen  aufgebaute  Bildungen,  an  denen  man 
den  Hals  mit  dem  Halskanale  und  den  Bauch  mit  einem  Ueber- 
gangsstücke  vom  Hals  zum  Bauch,  dem  Bauchkanale,  unterscheidet. 
In  jedem  Abschnitte  liegen  Zellen,  die  Halskanalzellen,  die  Bauch- 
kanalzelle    und    die  Eizelle.     Die    Spermien    entstehen  in  beson- 


Die  Geschlechtszellen, 


391 


deren,  ähnlichen  Organen,  den  Antheridien.  Die  Befruchtung  findet 
im  Wasser  oder  nach  Benetzung  der  Moospflanze  durch  Begen,,  Tau 
u.  s.  w.  statt.  Es  entwickelt 
sich  dann  ein  Embryo  —  s. 
den  Anfang  der  Entwickelung, 
Eie;.  151  C  —  ohne  daß  es 
vorher  zur  Bildung  einer  Oo- 
spore  käme. 

Aus  dem  Embryo  nun, 
der  nicht  direkt  zu  einer 
Moospflanze  auswächst,  geht 
durch  weitere  Teilung  seiner 
Zellen  und  Hüllenbildung  zu- 
nächst das  Sporogon  her- 
vor. Indem  die  zahlreichen 
Sporen,  die  sich  in  diesem 
Sporogon  entwickeln,  sobald 
sie  reif  sind,    aus  ihrem  Be- 

Fig.  151.  Marchantia  po- 
lymorpha,  (Hepaticae,  Leber- 
moose). A  junges,  B  geöffnetes 
Archegonium,  C  befruchtetes  Ar- 
chegonium  mit  Beginn  der  Keim- 
bildung, k^  Halskanalzellen,  k- 
Bauchkanalzelle,  0  Ei.  jn'  Pseudo- 
perianth.  Vergr.  ö4Ü.  Aus  Steas- 

BUEGER,  NOLL,  SCHENCK,  ÖCHIM- 

PEE,  Botanik,  5.  Aufl.  1902.  p.  319, 
Fig.  315. 


hälter  entleert  werden,  bilden  sich  aus  ihnen  auf  ungeschlechtlichem  Wege, 
durch  Keimung,  neue  Moospflänzchen.  Vom  Archegonium  gehen  auch 
Teile  direkt  in  die  Sporogonien  über,  so  daß  beide  Generationen,  die 
o-eschlechtliche  und  uno;eschlechtliche,  verbunden  bleiben. 

Grundsätzlich  gleich  verläuft  die  Oogenese  und  der  gesamte  Ent- 
wickelungsgang  bei  den  Farnen. 

Aus  den  keimenden  Sporen  geht  hier  die  geschlechtliche,  d.h. 
die  später  sich  geschlechtlich  fortpflanzende  Generation  in  Gestalt  von 
unscheinbaren,  am  Boden  oder  auf  sonstigen  geeigneten  Unterlagen  vege- 
tierenden   Pflänzchen,    Gametophyten    oder   Prothallien,    hervor; 

zum  Teil  im 


sie 


sind  bald  fadenförmig. 


bald  thallusförmig,  bald  knollig, 


Boden    geborgen. 


Diese  Prothallien  entwickeln  Archegonien  und 
Antheridien.  Die  Archegonien  führen  je  eine  Eizelle,  die  nach 
der  Befruchtung  zu  einem  Embryo  sich  ausbildet,  der  dann  zu  der 
großen,  allgemein  bekannten  Farnenpflanze  heranwächst.  An  den  Blättern 
derselben,  vielfach  auf  der  Unterseite,  entwickeln  sich  ungeschlechtlich 
die  gleichfalls  wohl  bekannten  Sporangien.  Bei  manchen  Farnen 
unterscheidet  man  Makros porangien,  in  denen  Makrosporen 
ausgebildet  werden,  von  den  Mikr  o  sp  or  angien  mit  Mikrosporen. 
Die  Makrosporen  liefern  durch  Keimung  weibliche  Prothallien, 
die  nur  Archegonien  mit  ihren  Eizellen  erzeugen,  die  Mikrosporen 
nur  männliche  Prothallien  mit  ihren  Antheridien  und  Sper- 
mien. 


392 


W.  Waldeyer, 


Die  Verhältnisse  bei  den  Moosen  und  Farnen  p;eben,  \vie  uns  zuerst 
die  fundamentalen  Arbeiten  W.  Hofmeister'«  (Vergleichende  Unter- 
suchungen der  Keimung,  Entfaltung  und  Fruchtbildung  höherer  Kryp- 
togamen  und  der  Samenbildung  der  Koniferen,  1851)  gelehrt  haben, 
den  Schlüssel  zum  Verständnisse  der  Oogenese  und  Entwickelung  der 
Phanerogam  en.  Was  man  bei  den  Phanerogamen  die  „Pollen- 
säcke" benennt,  entspricht  den  Mikrosporangien  der  höheren  Farne. 
Die  in  den  Säcken  entstehenden  „Pollenm  utt er z  eilen",  welche 
durch  Vierteilung  die  ,,Pollenkörner"  liefern,  sind  zwei  Gene- 
rationen von  „Mikro  Sporen" ;  namentlich  die  Pollenkörner  sind 
solchen  Mikrosporen  gleichwertig  zu  erachten.  Bei  den  Phanerogamen 
findet  nun  die  Keimung  dieser  Mikrosporen  oder  Pollenkörner,  welche 
im  Wesentlichen  kernhaltige  Zellen  sind,  nicht  auf  dem  Erdboden 
oder  auf  einer  sonstigen  fremden  Unterlage  statt,  sondern  auf  der  so- 
genannten „Narbe"  (Stigma)  des  weiblichen  Blütenapparates,  des 
„Gynoeceum".  Das  Ergebnis  der  Keimung,  also  der  ungeschlecht- 
lichen Zeugungsphase  im  (ienerationswechselkreise  der  Phanerogamen, 
ist  die  Bildung  eines  sehr  reduzierten  männlichen  P  r  o  t  h  a  1  - 
lium,  p.  392,  Figg.  152  und  153. 


-<6»^^i& 


PER:   Lehrbuch  der  Botanik,  Jena, 
p.  371  und  373. 


Fig.  153. 
G.  Fischer, 


Aufl. 


Fig.  152.  Tradescan- 
t  i  a  V  i  r  g  i  n  i  c  a.  P  r  o  - 
t  h  a  11  i  u  m  aus  ei  n  em 
Pollenkorn  durch  Teilung 
in  eine  antheridiale  Zelle 
(links),  welche  uhrglasför- 
mig  abgegrenzt  ist,  und 
eine  vegetativeZelle(rechts) 
gebildet ;  oben  und  unten 
je  eine  Vakuole.  Vergr. 
540. 


Fig.  153.  Fruchtknoten 
von  Polygon  um  con- 
volvulus  wähi'end  der 
Befruchtung,  fs  Stiel,  fu 
Funiculus.  fw  Frucht- 
knotenwand ,  aus  den 
P>uchtblättern  gebildet. 
cha  Chalaza.  im.  Niicellus. 
Uli  Mikropjde.  i.i  und  i.c 
Integumentuni  internum 
und  externum.  e  Embryo- 
sack, ck  Kern  desselben. 
ei  Eiai^parat.  an  Anti- 
poden. (/  Griffel.  ;;  Narbe. 
j)  Pollenkörner,  ps  Pollen- 
schläuche. Vergr.  48.  Beide 
Figuren  ausSxRASBUKGER, 

SCHENCK,NOLL  U.  SCHTM- 

1902,   Fig.    391    und   394, 


und 


Dasselbe  besteht  aus  zwei  Zellen,   einer  kleineren  antheridialen 
vegetativen;   die  kleinere  ist  vielfach    durch  eine 


einer 


größeren 


mit  der  Konvexität  zur  größeren  sich  wendende  uhi-glasförmige  Scheide- 
wand von  der  letzteren  (vegetativen)  Zelle  geschieden.  In  diesem  rudi- 
mentären Prothallimn  entstehen  nun  durch  Teilung  der  antheridialen 
Zelle  ZAvei  neue  Zellen,    die  Samenzellen  oder  Pollenzellen,    wie 


Die  Geschlechtszellen.  393 

wir  sie  nannteu  (p.  149).     Die  antheridiale  Zelle  muß  als  die  rudimentäre 
Anlage  eines  Antheridium  aufgefaßt  werden. 

Dieser  ganze  Apparat  nun  wächst  unter  Vortreibung  einer  inneren, 
ihn  umhüllenden  Haut,  I  n  t  i  n  e ,  wobei,  falls  sie  vorhanden,  eine  äußere 
Haitt,  Exine,  durchbrochen  wird,  zu  einem  langen  Schlauche,  dem 
Pollenschlauche  aus,  in  den  die  beiden  Samenzellen  mit  ihren 
Kernen  und  Protoplasma  hineingelangen.  Der  Schlauch  bohrt  sich,  vgl. 
Pig.  153,  durch  das  Gewebe  der  Narbe  und  des  Griifels,  ferner  durch 
die  Miki'opyle  zmn  Nucellusgewebe  und  durch  dieses  bis  zum  Embryo- 
sacke mit   der  Eizelle  vor  und  es  folgt  die  befruchtende  Kernkopulation. 

lieber  die  Oogenese  wissen  wir  auszusagen,  daß  sie  in  dem 
als  Erabryosack  bezeichneten  Teile  erfolgt. 

Man  kann,  vgl.  hierzu  Fig.  153,  die  Samenanlage  der  Phanerogamen 
mit  dem  Makrosporangium  eines  Moos-  oder  Farngewächses  ver- 
gleichen. Die  Fig.  153  stellt  den  Längsdurchschnitt  eines  Frucht- 
knotens von  Polygonum  convolvulus  vor.  Unten,  bei  fs  ist  die 
Basis  des  Fruchtknotens,  der  in  seinen  äußeren  Teilen  aus  den  Frucht- 
blättern ifw)  entsteht  und  im  Inneren  die  Samenanlage  enthält.  Von 
letzterer  geht  ein  Gewebsstrang,  die  Chalaza  {cha),  durch  den  Stiel, 
Funiculus,  der  Samenanlage  zur  Basis  (fs)  des  Fruchtknotens.  Ueber 
der  Chalaza  erhebt  sich  der  Nucellus  nw,  der  wiederum  von  den  beiden 
I  n  t  e  g  u  m  e  n  t  b  1  ä  1 1  e  r  n  ,  dem  inneren,  i.i^  und  dem  äußeren,  i.e,  um- 
hüllt wird.  Die  Spitze  des  Xucellus  setzt  sich  in  den  Mi  kr  opy  len- 
kanal, mi^  der  die  Integumente  durchbricht,  fort.  Im  Inneren,  des  aus 
einem  weichen  Zellengewebe  bestehenden  Nucellus  liegt  der  Embryo- 
sack,  e,  der  bei  den  Angiosj^ermen  gewöhnlich  aus  acht  Zellen  besteht, 
einer  großen  centralen,  deren  Kern,  ek^  in  der  Mitte  liegt  nnd  aus  2 
Kernen  zusammengeschmolzen  ist,  so  daß  in  der  Figur  nur  7  Zellen, 
bezw.  Kerne  erscheinen,  aus  3  am  oberen  Pole  befindlichen,  e^,  der  Ei- 
zelle mit  2  darüber  liegenden  Zellen,  den  Svnergiden,  und  aus  3 
Zellen  am  entgegengesetzten  Ende,  den  Antipoden,  an.  Die  3  oberen 
Zellen  zusammen,  d.  h.  also  die  Eizelle  mit  den  Synergiden,  werden  der 
Eiapi)arat,  ei,  genannt.  Die  Spitze  des  Fruchtknotens  verlängert  sich 
zum  Griffel,  g,  dessen  oberes  verbreitertes  Ende  bekanntlich  die 
Narbe,  n,   bildet. 

Für  die  Oogenese  kommt  nun  das  Nucellusgewebe  und 
im  Wesentlichen  die  E  m  b  r  y  o  s  a  c  k  m  u  1 1  e  r  z  e  11  e  in  Betracht.  Letz- 
tere entwickelt  sich  aus  einer  unmittelbar  unter  dem  Scheitel  des  Nu- 
cellus gelegenen  Zelle  desselben  und  rückt  später  mehr  in  die  Tiefe. 
Bei  den  Teilungen  der  die  Spitze  des  Nucellus  bildenden  Zellen,  welche 
der  Differenzierung  der  Embryosackmutterzelle  voraufgehen,  zählt  man 
bei  den  Liliaceen  24  Chromosomen  („Maximalzahl",  Guignard).  Die 
junge  Embryosackmutterzelle  kennzeichnet  sich  als  solche  durch  ihr 
stärkeres  Wachstum,  dichteres  Protoplasma  und  den  Maugel  an  Vaku- 
olen.    Auch  der  Kern  wird  größer  und  nimmt  eine  kugelige  Form  au. 

Anfangs  ist  die  chromatische  Substanz  im  Kern  in  Gestalt  größerer 
oder  kleinerer  Körnchen  verteilt.  Bei  den  nun  eintretenden  mito- 
tischen Teilungen  gehen  bei  der  ersten  Teilung  am  Kern  der  Embryo- 
sackmutterzelle der  Bildung  der  Aequatorialplatte  und  der  Tochter- 
kerne Formenfolgen  der  sich  ausbildenden  Chromosomen  vorauf,  die 
an  die  von  Haecker,  PtücKERT,  Holl.  Vax  der  Stricht,  v.  Wini- 
WARTER  u,  A.  bei  den  tierischen  Eizellen  beobachteten  erinnern,  wo- 
bei   zugleich    eine    Reduktion   der    Chromosomenzahl   eintritt.     Unter 


394  W.  Waldeyer, 

anderen  wird  auch  die  Sy  napsisform  beobachtet.  Das  Kernkörper- 
chen  schwindet.  Diese  erste  Teilung  bezeichnet  A.  Ernst  (355b),  an 
dessen  eingehende  Darstellung  ich  mich  hier  anschließe,  als  eine 
hetero typische.  Die  zweite  Kernteilung,  welche  eine  hö- 
rn öotypis  che  ist,  ist  von  keiner  Zellteilung  gefolgt  und  giebt  2  zwei- 
kernigen Enibryosackzellen  den  Ursprung.  Die  eine  dieser  beiden 
zweikernigen  Teilzellen,  welche  in  vielen  Fällen  schon  kleiner  angelegt 
erscheint,  fällt  der  Degeneration  und  späteren  Resorption  anheim,  ein 
Vorgang,  der  sich  au  die  Bildung  von  Richtungskörperchen  anlehnt. 
Gewöhnlich  bleibt  die  untere  zweikernige  Zelle  erhalten. 

In  dieser  übrigbleibenden  zweikernigen  Embryosackzelle  entsteht 
dann  eine  große  centrale  Vakuole,  welche  den  einen  Kern  mit 
einer  zugehörigen  Protoplasniaportiou  an  das  eine  Polende,  den  anderen 
gleichfalls  mit  Protoplasma  an  das  andere  Ende  drängt;  längs  der  Wand 
der  zweikernigen  Embryosackzelle  hängen  beide  polaren,  kernführenden 
Protoplasmamassen  durch  eine  dünne  Schicht  Protoplasma  zusammen. 
Die  Kernkörper  haben  sich  in  den  beiden  Kernen  neu  gebildet.  Das 
Wie?  ist  fraglich.  Die  beiden  Kerne,  welche  völlig  gleich  sind,  ruhen 
nun  eine  Zeit  lang,  während  der  ganze  Embryosack,  d.  h.  zunächst 
die  doppelkernige  Embryosackzelle,  wächst. 

Bei  dem  nächsten  Teilungsschritte  werden  die  beiden  oberen 
Tochterkerne  und  die  beiden  unteren,  welche  die  An  tip öden -Kerne 
liefern,  ungleich;  letztere  sind  größer,  chromatinreicher  als  die 
oberen  und  haben  auch  eine  größere  Chromosomenzahl ;  die  oberen 
weisen  bei  den  Liliaceen  die  auf  die  Hälfte  reduzierte  Zahl  12  auf. 

Bei  der  letzten  Teilung  wird,  wie  Ernst  angiebt,  am  oberen  Pole, 
dem  Eipole,  von  der  gemeinschaftlichen  Protoplasmamasse  durch  eine 
feine  Linie  eine  untere  kleinere  abgetrennt.  Die  oben  verbleibende  größere 
Masse  enthält  drei  Kerne,  d,  i,  die  Kerne  der  beiden  Synergiden  und  den 
Kern  der  Eizelle,  die  kleinere  einen  Kern;  die  Teilung  selbst  erfolgt 
so,  daß  die  beiden  Synergiden,  die  nun  ebenso  wie  der  Eikern  besondere 
Protoplasmaleiber  erhalten,  S  c h  w  e  s  t  e  r  k  e  r  n  e  führen,  während  der 
Eikern  mit  dem  oberen  Pol  kern  —  so  bezeichnet  man  den  Kern 
der  unteren  kleineren  Protoplasmamasse  —  schwesterlich  zusammen- 
gehört. Die  Ausbildung  der  Antipodenkerue  und  des  mit  ihnen 
entstehenden  unteren  Polkerns  weist  größere  Unregelmäßigkeiten 
auf.  Häufig  erfolgt  bei  den  Antipoden  gar  keine  Zellbildung,  die  Kerne 
wachsen  nicht  weiter  und  führen  auch  keine  N  u  k  1  e  o  1  e  n !  Dagegen 
haben  der  untere  Polkern  wie  der  obere,  die  Synergiden- 
kerne und  der  Eikern,  je  ein  großes  Kernkörperchen, 

Der  untere  Polkern  wandert  später  dem  oberen  entgegen  und 
zwar  in  dem  seitlichen  protoplasmatischen  Wandbelage;  meistens  ver- 
schmelzen beide  Polkerne  vor  der  Befruchtung  mitsammen  zu  einem 
Kerne,  elc,  den  man  als  den  Kern  des  E  m  b  r  y  o  s  a  c  k  e  s  bezeichnet, 
wie  dies  in  Fig,  153  dargestellt  ist,  wo  nur  7  Zellen  bezw.  Kerne 
sichtbar  sind.  Ernst  sieht,  wie  s.  Z.  Hofmeister,  die  Antipoden 
als  in  Pteduktion  begriffene  Zellen  eines  weiblichen  Pro  thallium 
an.  Uebrigens  kann  es  wohl  nicht  verkannt  werden,  daß  alle  die  8 
Zellen,  welche  aus  der  Embryosackmutterzelle  hervorgehen,  zusammen- 
gehören und  wohl  als  abortive  Eizellen  aufzufassen  sind.  Dafür 
sprechen  u.  a,  die  merkwürdigen  Befunde  Nawaschin's  und  Guig- 
nard's  bei  den  Liliaceen,  die  Ernst  bestätigt,  daß  nämlich  regelmäßig 
die  eine  Samenzelle,    oder   besser  der   eine    Samenkern,    mit   dem 


Die  Geschlechtszellen.  395 

Eikern,  der  andere  mit  den  vereinigten  Polkernen  kopuliert,  also  eine 
D  0  p  p  e  1  b  e  f  r  u  c  h  t  u  n  g  stattfindet,  deren  Sinn  noch  nicht  klar  ist,  wenn 
wir  auch  wissen,  daß  nacli  dieser  Befruchtung  des  Eniljryosackkernes 
ausfihin  und  dem  zugehörigen  Protoplasma  sich  das  Endosperm 
(Albunien)  entwickelt.  Ferner  spricht  für  die  Auffassung  der  Zu- 
sammengehörigkeit dieser  Zellen,  daß  auch  der  Schwesterkern  des 
unteren  Polzellenkerns  mitunter  dem  oberen  eine  Strecke  weit  ent- 
gegen rückt. 

Die  Eizelle  liegt  vor  der  Befruchtung  unter  den  beiden  Synergiden 
oder  seitlich  an  der  Wand ;  sie  ist  plasmaärmer  als  die  Synergiden 
und  führt  entweder  eine  typische  große  Vakuole  oder  mehrere  kleinere ; 
ihr  Kern  hat.  wie  der  der  beiden  Polkerne,  eine  kugelige  Form;  die 
Synergidenkerne  sind  leicht  gestreckt.  Es  sei  besonders  betont,  daß 
die  Bildung  der  Pollenkörner  und  Pollenzellen  (Samenzellen)  aus  den 
Pollenmutterzellen  in  ähnlicher  Weise  ihren  Ablauf  nimmt. 

Es  darf  gewiß  als  im  hohen  Grade  beachtenswert  angesprochen 
werden,  daß  zwischen  den  Vorgängen  der  Oogenese  der  Pflanzen  und 
der  Tiere  so  manche  ähnliche  Erscheinungen  obwalten,  wenn  auch  das 
vollständige  Verständnis  erst  noch  gefunden  werden  soll.  Sehr  auf- 
fallend ist  sicherlich  die  Doppelbefruchtung.  Alles  dieses  möge  das 
weitere  Eingehen  auf  die  Eibildung  bei  den  Pflanzen  gerechtfertigt 
erscheinen  lassen. 

Pur  die  neuere  Litteratur  verweise  ich  auf  die  hier  benutzte  Arbeit 
von  A.  Ernst  (355b).  Ich  citiere  ferner  besonders  Nawaschix  :  Resultate 
einer  Revision  der  Befruchtungsvorgänge  bei  Lilium  Martagon  und  Fri- 
tillaria  tenella,  Bull.  acad.  imper.  de  St-Petersbourg,  T.  IX,  Xo.  4,  1899) 
und  L.  GuiGXARD :  Les  decouvertes  recents  sur  la  fecondation  chez  les 
vegetaux  angiospermes.  Cinquantenaire  de  la  Societe  de  Biologie.  Volume 
jubilaire.  Paris,  Massen,  1899.  Compt.  rend.  4  a^TÜ  1899,  ferner  im  Joiu-- 
nal  de  Botanique,  T.  XV,  1901  —  Doppelbefruchtung  bei  Ranunkulaceen 
— .  Für  die  Eientwicklungsvorgänge  und  dei-en  Homologien  mit  der  Pollen- 
zellenentwicklung vgl.  Körnicke  :  Studien  an  Embryosackmutterzellen. 
Sitzungsber.  d.  Niederrhein.  Ges.  für  Xatui--  und  Heilkunde,  Bonn,   1901. 

€.  Physiologische  Bemerkiingen. 

Aus  den  beim  Ei  zu  berücksichtigenden  physiologischen 
Verhältnissen  sollen  hervorgehoben  sein:  1.  die  Bewegungen 
am  Ei,  2.  die  für  die  Eier  bestehenden  Schutzvorrichtungen, 
einschliesslich  der  Sorge  der  Eltern  für  die  abgelegten  Eier,  und  end- 
lich 3.  die  E  n  t  w  i  c  k  1  u  n  g  s  p  h  a  s  e  n  ,  welche  die  Eier  im  T  i  e  r  k  ö  r  p  e  r 
durchlaufen,  bis  sie  zur  Ablage  kommen. 

1.  Bewegungserscheinungen  am  Ei. 

B  e  w  e  g  u  n  g  e  u  bei  den  Eiern  sind  beobachtet  worden  an  ihrem 
Ooplasma,  am  Keimbläschen  und  am  Kernkörperchen.  Ueber  die 
Ooplasmabewegungen.  die  sowohl  amöboide  und  phagocytische 
als  wandernde  sein  können,  sind  wir  am  besten  unterrichtet  bei 
den  Eiern  von  Hydra  (S.  334)  und  denen  der  niederen  Wirbel- 
losen überhaupt.  Unter  den  Wirbeltieren  sind  es  die  der  Knochen- 
fische, an  derem  Ooplasma,  Keim,  sowie  Rindeuschicht.  man  die  amö- 
boiden Bewegungen  am  besten  wahrgenommen  hat. 


396  W.  Waldeyer, 

Die  ersten  Beschreibungen  für  den  Forellenkeim  lieferte  Sti:iciceu 
(Wiener  Akad.  Berichte  1865,  niath.-naturw.  KL,  Bd.  51),  jedoch  nach 
gehärteten  Präparaten.  Am  Hechteie  wurden  von  Reichert  und 
AuBBRT  eigentümliche  Rotationen  des  Dotters  nachgewiesen,  die  His 
(419)  auch  bei  der  A  es  che  (Thymallus  vulgaris)  auffand  und  mit 
Recht  auf  amöboide  Bewegungen  oder  Kontraktionen  des  Rindenproto- 
plasmas bezieht. 

Stellt  man  sich  auf  den  Standpunkt  der  allgemeinen  Annahme  Nrss- 
BAUM'scher  Geschlechtszellen  als  Vorläufer  der  späteren  Eier,  so  muss 
man  für  die  ersteren  durchweg  ein  Wanderungs  vermögen  annehmen, 
mit  dessen  Hilfe  sie  zu  ihren  Gonaden  gelangen. 

Auch  an  den  Keimbläschen  und  Nukleolen  sind  Bewe- 
gungen wahrgenommen  worden,  vgl.  die  betreffenden  Abschnitte,  ins- 
besondere S.  207.  Es  dürfen  hierher  auch  die  Ausstoßung  der 
Richtungskörperchen  und  die  Einwanderung  von  Granulosazellen  ge- 
zogen werden  (S.  269). 

Eine  letzte  Kategorie  von  Bewegungen  am  Ei  hängt  mit  den 
Reifungs-  und  Befruchtungserscheinungen  zusammen.  Besonders  zu 
erwähnen  ist  von  diesen  die  Erhebung  einer  kleinen  Ooplasinamasse 
an  derjenigen  Stelle,  der  das  zum  Eindringen  kommende  Spermium 
sich  nähert;  „Dotterhügel",  „Empfängnishügel",  „cone  d'impregnation" 
Fol.  Die  anderen  Erscheinungen  fallen  mit  denen,  die  bei  der  mito- 
tischen Zellteilung  überhaupt  beobachtet  werden,  zusammen,  oder  be- 
ziehen sich  auf  das  Gegeneinanderrücken  von  Eikern  und  Spermakern, 
worüber  im  nächsten  Kapitel  gehandelt  werden  wird.  (Vgl.  hierzu  noch 
Whitman  [M,  1295J  und  Giardina  [382]  —  Keimbläschen.) 

2.  Schutzvorrichtungen. 

Ueber  die  für  die  Eier  bestehenden  Schutzvorrichtungen 
hat  jüngst  Loisel  (465)  eine  dankenswerte  Zusammenstellung  gegeben, 
aus  der  einiges  mitgeteilt  sein  mag.  Es  lassen  sich  unterscheiden : 
Schutzmittel  gegen  Austr ocknung,  Schutz  gegen  ein 
Uebermaß  von  Feuchtigkeit,  gegen  Temperatur  Schwan- 
kung e  n ,  gegen  Mikroben,  gegen  A  u  f  z  e  h  r  u  n  g  durch  Tiere  und 
gegen   mechanische   und   chemische   Insulte. 

Der  Schutz  gegen  Mangel  oder  Uebermass  von  Feuchtigkeit,  gegen 
Temperaturschwankungen,  sowie  gegen  mechanische  und  chemische  Insulte 
wird  im  allgemeinen  durch  die  Beschaffenheit  der  Eihüllen  geleistet. 
So  sind  diese  bei  manchen  Eiern  für  Wasser  undurchlässig.  Certes 
konnte  Eier  von  Artemia  salina  3  Jahre,  Semper  Eier  von  B r a n - 
chipus  10,  Brauer  solche  von  Apus  gar  12  Jahre  trocken  auf- 
bewahren, ohne  daß  ihre  Entwicklungsfähigkeit  vernichtet  gewesen  wäre. 
Hierher  gehört  auch  eine  bei  vielen  Eiern  (Batrachiern,  Gasteropoden, 
Hirudineen,  Gordiaceen,  Phryganiden)  bestehende  Hygro  skopie  der 
Hülle;  dies  verhindert  sowohl  das  Austrocknen,  als  auch  den  Zutritt 
von  überflüssigem  Wasser.  Die  Schalen  der  Eier  mancher  Wasservögel 
enthalten   eine  fettige  Siabstanz,    welche  s<ihützend  wirkt. 

Gegen  KälteeinAvirkung  sind  sehr  viele  Eier  recht  widerstandsfähig 
und  hier  muß  der  Schutz  nicht  allein  in  der  Schale  liegen,  da  man  die 
Eier  gefrieren  lassen  kann,  ohne  daß  sie  in  ihrer  Entwicklungsfähigkeit 
Schaden  nehmen.  Colasanti  stellte  fest,  daß  Hühnereier  2  Stunden  lang 
bei  — 4^,  und  Ya    Stunde    lang    bei   — 10"    ungestört    aushalten    können. 


Die  Gesclilechtszellen.  397 

0.  SciiULTZE  erhielt  Proscheier  14  Tage  lang  in  gefrorenem  Zustande, 
ohne  daß  ihre  Entwicklungsfähigkei*:  aufgehoben  wurde.  Aehnliches  gilt 
nach  vielfachen  Erfahrungen  für  Fischeier ;  man  hat  dies  bereits  praktisch 
verwertet  (Versendung  von  Salraonideneiern  auf  Eis).  Gegen  Tempe- 
ratur Schwankungen  und  übermäßige  Belichtung  schützen 
meistens  die  Eltern  die  Eier  durch  die  Wahl  des  Ortes  der  Ablage, 
Gespinnste  u.  dgl.  Aber  auch  die  Färbung  der  Schale  und  die  Gallert- 
hüllen kommen  hier  in  Betracht. 

Für  Pflanzensamen  teilt  Dixox  (3-45a)  mit,  daß  vorsichtig  getrock- 
nete Samen  verschiedener  Pflanzen,  z.  B.  Avena  sativa,  Medicago  sativa, 
Papaver  somniferum  u.  a.)  einer  Temperatur  von  über  100"  C.  mindestens 
eine  Stunde  lang  widerstehen,  Thiseltox  Dyer  und  Dewar  stellten 
fest,  daß  der  Widerstand  gegen  Kälte  bei  mehreren  Pflanzensamen  noch 
viel  größer  ist,  indem  sie  schadlos  der  Temperatur  des  flüssigen  Wasser- 
stoffes (unter  —  200"   C.)  ausgesetzt  werden  können. 

Gelatinöse  oder  schleimige,  sowie  elastische  Hüllen  ('Fischeier  z.  B., 
s.  S.  304)  schützen  gegen  mechanische  Insulte;  vielleicht  darf 
hierher  die  Thatsache,  daß  die  Eier  erdbrütender  Vögel  eine  härtere 
Schale  haben,  gezogen  werden. 

Erstaunlich  ist  der  Schutz,  den  die  Schalen  mancher  Eier  gegen 
chemische  Einwirkungen  gewähren ;  vor  allen  gehören  hierher  die 
Schalen  der  Askariden  und  anderer  Nematoden,  wie  dies  zuerst 
H.  MuNK  (1.  c.  Zeitschr.  f  wiss.  Zool.)  feststellte.  Bataillon  fand,  daß 
sich  befruchtete  Askariseier,  nachdem  sie  24  Stunden,  unter  Fixierung 
in  FLEMMixG'scher  Lösung,  einer  Temperatur  von  35"  C.  ausgesetzt 
worden  waren,  im  Canadabalsam-Einschlusse  entwickelten.  M.  Nussbauji 
(M.  1143)  sah  die  Eier  von  Ascaris  megalocephala  sich  in  30-proz. 
Alkohol,  wenn  sie  mit  den  Uteris  eingelegt  worden  waren,  14  Tage  lang 
weiterentwickeln;  in  80-proz.  Alkohol  blieben  sie  2 — .3  Stunden,  in 
70-proz.  2  Tage  am  Leben ;  auch  kann  man  diese  Eier  ohne  Schaden 
1 — 2  Tage  eintrocknen  lassen.  —  Aehnliches  berichten  Giglioli  und  Dixox 
von  Pflanzensamen.  Wurden  diese  Samen  aber  mit  Nadeln  angestochen, 
so  erlosch  die  Keimfähigkeit  bei  Behandlung  mit  Sublimat-Alkohol  und 
Pikrinsäure-Alkohol  sehr  rasch,  ein  Beweis,  daß  die  Schutzwehr  in  der 
Hülle  gesucht  worden  mußte. 

Aber  auch  die  die  Eier  von  Vögeln  u.  a.  umgebenden  Nähr  Sub- 
stanzen geben  einen  gewissen  Schutz.  Hühnereier  ■  entwickeln  sich 
weiter,  wenn  auch  ein  Teil  ihrer  Schale  entfernt  wird.  Hierauf  stützt 
sich  z.  T.  das  von  L.  Gerlach  ersonnene  „  Embry  o  skop''.  (Die  neueren 
Methoden  auf  dem  Gebiete  der  experimentellen  Embryologie.  Anat.  Anz., 
Bd.  II,  1887,  No.  18  u.  19.)  Lolsbl  und  Fere  sahen  Hühnereier  nach 
Entfernung  der  Kalkschale  sich  bis  zum  6.  Tage  weiterentwickeln. 
Weiteres  über  Schutz  gegen  Temperaturen  imd  gegen  chemische  Einflüsse 
bei  Gemmill  (644),  Percoxx-ito  (514a)  und  Salvioli  (539). 

Eine  Schutz wii-kung  muß  auch  der  Zona  pellucida  der  Säuge- 
tier- und  Menschen  eier  zugewiesen  werden,  da  letztere  sich  mindestens 
bis  zum  Ablaufe  de  •  Furchung  erhält.     Vgl.  u.  a.  hierzu  Keibel   (439a). 

Gegen  Mikroben  können  sich  die  Eier  eine  Zeitlang,  wie  Ver- 
suche von  Fraxcotte  (cit.  bei  Loisel)  lehren,  durch  phagocytische  Auf- 
nahme und  Verdauen  derselben  schützen.  Vielleicht  spielen  die  bei 
einigen  Eiern,  z.  B.  Fischeiern,  beobachteten  Giftstoffe  iKobert  447c) 
eine  Schutzrolle  gegen  das  Verzelirtwerden ;  hierbei  kämen  auch  wieder 
harte  Schalen,  Besetzung  derselben  mit  Stacheln  u.  a.  mehr,  in  Betracht. 


398  W.  Waldeyer, 

Von  großem  Interesse  sind  die  Beobachtungen  von  His  (420)  und 
J.  LoEB  (4G3b,  e,  f)  über  die  Einwirkung  der  Reifung  und 
Befruchtung  auf  die  Erhaltung  der  Eier.  His  stellte  fest, 
daß  unbefruchtete  Salnionideneier  sich  mindestens  4  Wochen  lang 
in  fließendem  Wasser  entwickelungsfähig  erhalten.  Loeb  fand,  daß 
unreife,  unbefruchtete  Eier  von  Asterias  forbesii  in  See- 
wasser längere  Zeit  frisch  sich  erhalten,  während  reife  Eier  derselben 
Species,  wenn  sie  unbefruchtet  bleiben,  in  demselben  Seewasser  rasch 
absterben.  In  gewöhnlichem  Seewasser  tritt  die  in  den  Eierstöcken 
von  Asterias  ausbleibende  Reifung,  d.  h.  die  Bildung  des  Eikerns  aus 
dem  Keimbläschen  unter  Ausstoßung  der  Polzellen,  binnen  wenigen 
Stunden  ein ;  entzieht  man  dem  Seewasser  aber  den  Sauerstoff  oder 
die  in  ihm  enthalteneu  freien  Hydroxylionen,  was  durch  Zusatz  einer 
geringen  Menge  Säure  geschehen  kann,  so  unterbleibt  der  Reifungs- 
vorgang, ohne  daß  dies  der  späteren  Reifungsfähigkeit  oder  der  Be- 
fruchtungsfähigkeit durch  Spermien  Eintrag  thut.  Hierdurch  konnte 
das  nötige  Yersuchsmaterial  an  unreifen  unbefruchteten  Eiern  be- 
schafft werden.  Werden  die  reifen  Eier  „s  p  e  r  m  i  s  c  h"  befruchte  t, 
so  bleiben  sie,  wie  bekannt,  in  dem  Seewasser  der  überwiegenden 
iMehrzahl  nach  leben  und  entwickeln  sich  weiter.  Aber  auch  „asper- 
mische"  (parthenogenetische)  Befruchtung  ^)  wirkt  gleich  (s.  über  diese 
den  Abschnitt:  ,,Parthenogenesis"  und  das  nächste  Kai)itel).  Der  na- 
türliche Tod,  dem  die  gereiften  Seesterneier  rasch  entgegengehen, 
wird  daher  durch  die  Befruchtung,  sei  sie  durch  Spermien  oder  z.  B. 
nach  Loeb,  durch  Zusatz  einer  geringen  Menge  von  HNO  ..-Lösung 
zum  Seewasser  bei  reifen  unbefruchteten  Eiern  erreicht,  liintangehalten. 

Loeb  macht  mit  Recht  darauf  aufmerksam,  daß  große  Verschieden- 
heiten in  der  Lebensdauer  des  unbefruchteten  Eies  bestehen ;  nament- 
lich mache  es  den  Eindruck,  als  ob  das  Ei  bei  höheren  Tieren  wenn 
es  einmal  seinen  Follikel  verlassen  habe  und  Reifei  geworden  sei, 
nicht  lange  mehr  lebe,  ganz  verschieden  von  den  Spermien,  s.  S.  207  ff., 
und  daß  es,  falls  es  sich  überhaupt  entwickeln  solle,  unmittelbar  nach 
dem  Verlassen  des  Ovarium  befruchtet  werden  müsse.  Er  weist  auf 
Versuche  Harper's  (unter  C.  0.  Whitman's  Leitung)  bei  Tauben 
hin,  welche  zeigen,  daß  die  Spermien  dieser  Tiere  in  einem  gelatinösen 
Ueberzuge  des  Ovarium  längere  Zeit  leben  bleiben  und  das  Ei  gleich- 
sam erwarten,  welches  in  dem  Augenblicke  befruchtet  wird,  wenn  es 
seinen  Follikel  verläßt.  Es  sind  dies  offenbar  sehr  wichtige  Dinge, 
auch  in  praktischer  Beziehung,  insonderheit  für  die  Sterilitätsfrage. 

Was  die  Sorge  der  Eltern  für  die  abgelegten  Eier  anlaugt,  so  fällt 
sie  mit  der  Sorge  für  die  junge  Brut,  die  Brutpflege,  zusammen: 
Nestbau,  Festkleben  und  Einscharren  der  Eier,  Ablage 
derselben  in  andere  Tiere,  in  Früchte,  und  an  Stellen,  wo 
sich  günstige  Bedingungen  für  die  Erhaltun g  der  Eier  sowie 
für  die  Entwickelung  der  ausschlüpfenden  Embryonen  finden,  Herum- 
tragen der  Eier  auf  dem  eigenen  Körper  (auf  der  Rückenhaut  —  Weib- 
chen von  Pipa  americana  Lavr.  —  oder  auf  der  Bauchhaut  des 
Männchens  —  Aspredo  batrachus,  L.  Siluridae  —  oder  im  Maule 
des  Männchens  —  verschiedene  Siluridae  wie  Bagrus  C.  V.   und 


1)  Ich  möchte,  angesichts  der  sich  immer  wichtiger  gestaltenden  Untersuchungen 
über  die  Anregung  der  Eier  zur  Entwickching  ohne  Mitwirkung  von  Sperma,  die 
Ausdrücke  „spermische"  und  ., asper  mische"  Befruchtung  vorschlagen. 


Die  Geschlechtszellen.  399 

Arius  C.  V.   und   Chromisarten    Günther.  Phaiyngognathi)  bis 
zum  Ausschlüpfen  der  Embryonen  gehören  hierher. 

So  hochinteressant  viele  der  betretieuden  Maßnahmen  sind,  müssen 
wir  uns  es  doch  versagen  hier  in  weitere  Einzelheiten  uns  zu  verlieren. 
Es  seien  nur  noch  aus  der  älteren  Litteratur  die  Mitteilungen  Siii  Wm. 
Turners  in  Quart.  Journ.  of  Science  III,  1866  und  Journ.  of  Anat.  and 
Physiol.,  1866,  p.  78,  und  aus  der  neueren  die  beiden  Abhandlungen  von 
WiEDERSHEiM  (603  a)  uud  Brandes  (307  aj,  welche  auch  weitere  Nach- 
weise für  die  Wirbeltiere  enthalten,  angeführt.  Die  vollkommenste  Brut- 
pflege ist  ja  die  der  Säugetiere,  insbesondere  die  der  Place  n- 
t  a  1  i  e  r ,  welche  nicht  nur,  wie  die  übrigen  viviparen  Tiere,  ihre  Eier 
und  die  sich  aus  diesen  entwickelnden  Embryonen  im  eigenen  Leibe  be- 
halten, bis  sie  hinreichend  entwickelt  sind,  sondern  sie  auch  bis  zur  Ge- 
burt direkt  mit  dem  eigenen  Blute,  und  nach  der  Geburt  mit  einem  be- 
sonders dazu  bestimmten  Integumentsekrete,   der  Milch,   ernähren. 

lieber  die  Ei-  und  Brutpflege  bei  Wirbellosen  verweise  ich  auf 
Korschelt-Heider  (666  a). 

Im  Anschlüsse  an  das  Vorige  gedenken  wir  kurz  der  Einteilung 
der  gesamten  Tierwelt  in  o  v  i  p  a  r  e  ,  v  i  v  i  p  a  r  e ,  o  v  o  v  i  v  i  p  a  r  e  und 
pupipare  Arten  (Familien,  Ordnungen,  selbst  Klassen),  je  nachdem 
die  Tiere  unbefruchtete  Eier  legen,  die  erst  nachher,  oder  während 
des  Legens  befruchtet  werden,  oder  lebendige  Junge  gebären,  welche 
die  ursprünglichen  EihüUen  nicht  mehr  besitzen,  oder  mehr  oder  min- 
der entwickelte  Embryonen,  von  den  ursprünglichen  Eihüllen  noch 
umgeben,  zur  Welt  bringen. 

Pupipar  nennt  man  diejenigen  Tiere,  in  deren  Ablagen  Puppen- 
zustände der  Jungen  entwickelt  sind. 

Streng  freilich  wird  diese  Scheidung  nicht  durchgeführt,  denn  sonst 
müßte  man  die  Tiere  mit  den  großen  meroblastischen  Eiern,  z.  B.  die 
Vögel  ,,ovovivipar"  nennen,  da,  wie  bekannt,  die  ersten  Erscheinungen 
der  Entwickelung  des  jungen  Embryo  im  gelegten  Ei,  falls  dasselbe,  wie 
gewöhnlich,  befruchtet  war,  schon  abgelaufen  sind. 

Merkwürdig  sind  die  vereinzelten  Vorkommnisse  viviparer  Arten  in- 
mitten oviparer  und  ovoviviparer  Tierkreise,  und  umgekehrt.  Teleo  stier 
wie  Selachier  haben  mehrere  vivipare  Arten,  bei  denen  denn  auch 
eine  Begattung  und  innere  Befruchtung  stattfindet.  Für  Teleostier  vex-gl. 
u.  a.  Blake  in  Journ.  of  Anat.  and  Physich,  Vol.  II,  p.  280  und  Vol.  III, 
p.  30,  1868.  Unter  den  P^ep  tili  en  sind  einige  Arten,  wie  die  Blind- 
schleiche (Anguis  fragilis),  die  Kreuzotter  (Pelias  berus) 
und  Lacerta  vivipara  lebendig  gebärend,  bei  den  Amphibien 
einige  Salamander  art  en  u.  a.  Niu-  bei  den  Vögeln  kommt  keine 
Ausnahme  vor,  während  wir  in  den  M  o  n  o  t  r  e  m  e  n  Avieder  eierlegende 
Säugetiere  haben. 


IV.  Gemeinsames  für  beiderlei  Geschlechtszellen,   Spermien  und 

Eier. 

Am  Ende  unserer  Darstellung  des  gegenwärtigen  Standes  der 
Lehre  von  den  Geschlechtszellen  angelangt,  müssen  wir  noch  einige 
Verhältnisse  zur  Sprache  bringen,  die  den  Spermien  und  den  Eiern 
gemeinsam  sind:  1)  Die  Abkunft  derselben  von  den  Stamm - 
Zellen  uud  Urgeschlechtsz eilen  Boveri's  und  die  Frage 
ihrer   Homologie.     2)   Die   Unterschiede   der   männlichen 


400  W.  Waldeyer, 

und  weiblichen  Geschlechtszellen.  3)  Der  Einfluß  der 
Geschlechtszellen  auf  die  Besti  m  ni  u  n  g'  des  Geschlechts 
u n  d  d  er  äußere n  G  e s c h  1  e c h t s c h a r a k t e r  e.  4)  D  e r  Her  m  a - 
p  h  r  0  d  i  t  i  s  ni  u  s.  5)  Die  P  a  r  t  h  e  n  o  g  e  n  e  s  i  s.  G)  Die  K  o  p  u  1  a  t  i  o  n 
von  Spermium  und  Ei,  und  die  verschiedenen  Befruch- 
tungsformen und  7)  Die  Abhängigkeit  der  Geschlechts- 
bestimmung  von    den  Geschlechtszellen. 

Wir  gehen  nur  der  Vollständigkeit  und  Abrundung  der  Darstel- 
lung wegen,  um  nichts  zu  übergehen,  was  sich  auf  die  Geschlechts- 
zellen bezieht,  auf  diese  Dinge  ein.  An  anderen  Orten,  insbesondere 
im  nachfolgenden  Kapitel,  kann  erst  manches  seine  vollständige  Er- 
ledigung finden. 

a.  Die  Abkunft  und  Homologie  der  Geschlechtszellen. 
Die  Entstehung  der  Gonaden. 

Es  war  nicht  zu  vermeiden,  daß  wir  bei  der  voraufgegangenen 
Darstellung  zu  wiederholten  Malen  die  Frage  nach  der  Herkunft  der 
Geschlechtszellen  streifen  mußten.    Vergl.  p.  160 ff..  222  ff.,  355  und  387. 

Die  Frage  nach  der  Herkunft  der  Geschlechtszellen  lautet,  wie 
sie  an  den  genannten  Orten  bereits  gestellt  ist:  Entstehen  die  Ge- 
schlechtszellen in  jedem  Embryo  als  den  übrigen  Körperzelleu  gleich- 
wertige Bildungen,  die  sich  später  ebenso  zu  Spermien  und  Eiern 
weiter  differenzieren,  wie  eine  andere  Zelle  zu  einer  Nervenzelle,  wieder 
eine  andere  zu  einer  Epithel-  bezw.  Muskelzelle,  oder  aber,  ist  ihre 
Anlage  schon  bei  der  ersten  Teilung  der  Eizelle  in  einer  der  beiden 
Furchungszellen  vorgebildet,  so  daß  sich  die  erste  Geschlechtszelle 
direkt  aus  der  Eizelle  —  oder  bei  der  geschlechtlich  l)efruchteten  Ei- 
zelle aus  einem  Oospermium  —  wieder  also  direkt  aus  einer  Ge- 
schlechtszelle entwickelt? 

Kann  diese  Frage  bejaht  werden,  so  folgt  unmittelbar,  daß  Ei- 
zellen und  Spermatiden  bezw.  Spermien  homologe  Bildungen  sind. 

Zur  näheren  Feststellung  dieser  Homologie  und  der  Beziehungen 
von  Samen  und  Ei  sind  noch  einmal  die  Spermiophylogenese  und  die 
Oophylogenese  in  ihren  Grundzügen  nebeneinander  zu  stellen.  Daran 
schließen  sich  kurze  Betrachtungen  über  das  Keimepithci  und  Follikel- 
epithel, sowie  über  die  Entwickelung  der  beiderlei  Geschlechtsdrüsen, 
die  Orchiogenese  und  Oophorogenese.  Nach  diesen  drei  Richtungen 
hin  soll  im  Folgenden  ein  kurzer  Ueberblick  versucht  werden. 

Es  mußte  schon  auffallen,  daß  bei  den  Poriferen,  s.  Fig.  59, 
die  Geschlechtszellen  zerstreut  im  Körperparenchym  liegen  und  daß 
sie  bei  den  Cölenteraten  in  verschiedenen  Keimblättern  zu  finden 
sind  (p.  381  II).  Indessen  haben  diese  Erfahrungen  ihrer  Zeit  noch 
keinen  Anlaß  gegeben,  die  Geschlechtszellen  den  Körperzellen  gegen- 
über zu  stellen. 

M.  NUSSBAUM  ist  wohl  der  Erste,  welcher  (M.  2395  u.  683  u.  684) 
1879,  auf  Grund  eigener  that  sächlich  er  Befunde^)  es  klar 


1)  Ohne  eigene  Befunde  als  Unterlage  zu  haben,  sprechen  sich  schon  187i:' 
Galtox  (On  Blood  relationship.  Proc.  roy.  Soc.  XX,  1872),  G.  Jaegek,  Physio- 
logische Briefe  über  Vererbung,  abgedruckt  im  Lehrbuch  der  allgemeinen  Zoologie, 
Bd.  II,  1878,  E.  Haeckel  und  A.  Räuber,  Personalteil  und  Germinalteil  des  In- 
dividuums, Zool.  Anz.  IX,  1886,  worin  auf  eine  frühere  einschlägige  Aeußerung 
Eauber's  verwiesen  wird,  für  die  Trennung  des  Metazoenleibes  in  einen  somatischen 


Die  Geschlechtszellen.  401 

ausgesprochen  hat,  daß  von  vornherein  bei  der  Furchnng  der  Eizelle 
sich  zweierlei  Zellen  sondern,  die  er  als  „Geschlechtszellen"  und 
Zellen,  aus  denen  sich  der  Leib  des  Embryo  aufbaut, 
schied.  Für  die  letzteren  führt  Nussbaum  keinen  besonderen  Namen 
ein,  der  Name  „Geschlechtszellen^'  wird  von  ihm  ausdrücklich  in  dieser 
Beziehung  gebraucht.  Ich  fülire  zwei  Sätze  Nussbaum's  (683)  hier 
wörtlich  an: 

1)  „Die  Geschlechtszellen  der  Forelle  lassen  sich  als  solche  zu  einer 
Zeit  nachweisen,  wo  der  WoLFF'sche  Gang  sich  noch  nicht  abgeschnürt 
hat;  bei  Fröschen  kann  man  diese  Zellen,  von  denen  alle  Geschlechts- 
stoflfe,  sow^ohl  im  männlichen  als  im  weiblichen  Geschlecht,  ihren  Ur- 
sprung nehmen,  auf  Fiu'chungskugeln  zurückführen,  aus  denen  die  Dotter- 
plättchen  erst  zu  einer  Zeit  schwinden,  wenn  die  Anlage  der  bleibenden 
Batrachierniere  (Urniere)  schon  einen  hohen  Entwäckelungsgrad  erreicht 
hat  und  im  ganzen  übrigen  Leibe  der  Larve  ähnliche  Zellen  nicht  mehr 
vorkommen". 

2)  „Demgemäß  kann  man  sagen,  daß  bei  den  Tieren,  die  zur  Er- 
haltung ihrer  Art  besondere  Geschlechtsstoffe  ausbilden  und  sich  nicht 
durch  einfache  Teilung  oder  Sprossung  vermehren,  das  befruchtete  Ei  in 
zwei  Teile  sich  sondert,  von  denen  der  eine  den  Leib  des  Individuums 
aufbaut,  der  andere  dagegen  die  Keime  der  kommenden  Generation 
darstellt  und  durch  einen  wohl  zu  charakterisierenden  histologischen 
Vorgang  entweder  den  männlichen  oder  den  w^eiblichen  Typus  erhält. 
Die  Befruchtung  ist  die  Copula  zweier  homologer  Zellen". 

Semper  (IL  2953)  und  Braun  (M.  2899)  w^aren  für  die  Wirbeltiere 
die  Ersten,  welche  entwäckelungsgeschichtlich  die  Homologie  der 
männlichen  und  weiblichen  Geschlechtszellen  darthaten. 
Mir  (591)  war  es  nicht  gelungen,  die  Entwickelung  des  Hodens  imd 
damit  die  Herkunft  der  Samenbildungszellen  aufzuklären;  ich  kam  viel- 
mehr irriger  Weise  auf  einen  Unterschied  in  der  Herloitung  der  männ- 
lichen und  w^eiblichen  Geschlechtszellen  hinaus,  obwohl  ich  festzustellen 
vermochte,  daß  in  der  Anlage  des  Keimepithels  bei  beiden  Ge- 
schlechtern dieselben  Geschlechtszellen  —  ich  hielt  sie  durchweg 
für  Ureier  —  vorhanden  wären.  Ich  verwertete  seiner  Zeit  diesen  Be- 
fund zu   Gunsten  der  Erklärung  des  Hermaphroditismus. 

Bei  Wirbellosen  (Nematoden)  hat  zuerst  Reichert  (695a)  Eizellen 
und  Samenmutterzellen  als  durch  ihre  Bildimg  gleichwertige  Elemente 
angesprochen.  Bald  darauf  kamen  die  zahlreichen  Beobachtungen  an 
Insekten,  w^elche  sowohl  die  gleiche  Bildungsweise  der  männlichen  und 
weiblichen  Geschlechsprodukte  darthaten,  als  auch  das  frühzeitige  Auf- 
treten der  Geschlechtszellen  in  gesonderter  Anlage  erwiesen.  Ich  be- 
ziehe mich  hierfür  vorzugsw^eise  auf  die  gründlichen  Untersuchungen  von 
Heymoxs  (661,  a  u.  b). 

Für  die  Dipteren  und  Aphiden  war  es  durch  Weismann 
(Zeitschr.  f.  wiss.  ZooL,  Bd.  13),  Metschnikoff  (ibid.  Bd.  16),  Bal- 
BiANi  (Corapt.  rend.,  T.  95)  und  Witlacil  (Zeitschr.  f.  wiss.  Zool., 
Bd.  40)  seit  längerer  Zeit  bekannt,  daß  schon  während  der  ersten 
Furchungsstadien  sich  Zellen  hervorheben,  die  man  Polzellen 
(Robin) "nannte  und  aus   denen   sich  die  Keimdrüsen  und  Keimzellen 


und  sexuellen  Anteil  aus.  NUSSBAUM  gab  die  ersten  thatsächlichen  Daten  und 
Weismann's  eingehende  Darstellungen  und  kritische  Erörterungen  lenkten  die  all- 
gemeine Aufmerksamkeit  auf  dies  große  Problem. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.  I.  26 


402  W.  Waldeyer, 

herausbilden.  Ritter  (Zeitsclir.  f.  wiss.  Zool.)  bestätigte  dies  ueiier- 
dings  für  Chiron omus,  während  die  Untersuchungen  Noack's  (ibid. 
Bd.  70,  1901)  bei  Dii)tereii  Zweifel  lassen.  Frühanlagen  von  Ge- 
schlechtsorganen zeigen  auch  die  Arachniden,  z.  B.  die  Skorpi- 
oniden  nach  Brauer  (ibid.  Bd.  57  u.  59).  Wichtig  für  diese  Frage 
sind  vor  allem  die  Crustaceen  durch  die  Untersuchungen  Grobben's 
(Arb.  d.  zool.  Inst,  zu  Wien,  1879),  bei  Moina  und  LIaecker's  (652a, 
654a)  bei  Cyclops  geworden;  auf  die  Untersuchungen  Haecker's, 
sowie  auf  Boveri's  Arbeit  komme  ich  weiter  unten  noch  zurück.  Es 
sind  hiermit  die  einschlägigen  Angaben  betreffend  die  Wirbellosen 
keineswegs  erschöpft.  Eine  erste  zusammenfassende  Besprechung  gab 
0.  Hamann:  „Die  Urkeimzellen  im  Tierreich  und  ihre  Bedeutung''. 
Für  Wirbeltiere  haben  die  Beobachtungen  von  Eigenmann  (636)  und 
Beard  (615a,  616,  616  I,  II,  III)  die  Sonderung  der  Geschlechts- 
zellen bis  zu  noch  früheren  Stadien  der  Entwicklung  geführt  als  es 
NUSSBAUM  gelungen  war.  In  dem  Objecte  Eigenmann's,  dem  Tele- 
ostier  „Micro  m  e  t  r  u  s  a  g  g  r  e  g  a  t  u  s  "  liegen  sie  zu  früher  Zeit 
zerstreut  im  Ektoderm  wie  im  Entoderm.  Beard  wies  sie  in  größerer 
Zahl  bei  jungen  Embryonen  von  Raja  batis  nach  und  verfolgte  ihre 
Wanderung  vom  Dottersack  zwischen  Splanchnopleura  und  Darm- 
anlage zur  Geschlechtsleiste  hin ;  er  meint,  daß  die  RücKERT'schen 
„Megasphären"  zu  den  Geschlechtszellen  gehörten.  Schon  vorher 
hatten  Balfour  (M.  584,  586),  Rückert  (M.  2946  u.  2947)  und 
K.  Rabl  (691)  bei  Selachiern  frühzeitig  auftretende  Geschlechtszellen 
beschrieben. 

Die  wichtigsten  Beobachtungen  auf  diesem  Gebiete  verdanken  wir 
jedoch  Boveri  bei  Ascaris  m  egalocephala  (306  u.  622a — c, 
ferner  M.  3246).  Er  vermochte  den  positiven  Nachweis  zu  führen, 
das  hier  schon  bei  der  ersten  Zweiteilung  des  Eies  eine  Trennung 
der  Art  eintritt,  daß  ausschließlich  in  der  einen  Furchungszelle,  der 
Stamm zelle  I.  Ordnung,  Boveri,  die  Anlage  der  späteren  Ge- 
schlechtszellen, der  männlichen  wie  der  weiblichen,  ihren  Sitz  hat. 
Die  andere  Zelle,  Boveri's  somatische  Urzelle  I.  Ordnung, 
giebt  nur  Gewebszellen  des  betreffenden  Embryo  den  Ursprung.  Ich 
verweise  auf  die  S.  222  und  223  an  der  Hand  einer  schematischen 
Figur  Boveri's  gegebene  Darstellung. 

Bei  Ascaris  megalo  cephala  sind  die  Stammz  eilen, 
Urgeschlechtszellen  und  Geschlechtszellen  gegenüber  den 
somatischen  Zellen  im  wesen tlichen  charakterisiert  1 )  durch 
einen  reicheren  Gehalt  an  Chromatin,  2)  durch  eine  ausgesprochen 
heterotypische  Kinese,  3)  durch  eine  geringere  Größe  bei  den  ersten 
Stammzellen,  durch  eine  bedeutendere  Größe  bei  den  späteren  Stamm- 
zellen, Urgeschlechts-  und  Geschlechtszellen.  Bei  Cyclops  nennt 
V.  Haegker  (653),  abgesehen  von  der  heterotypischen  Kinese  und  der 
dauernden  Trennung  der  väterlichen  und  mütterlichen  Chromosomen, 
welches  beides  den  ersten  Furchungszellen  überhaupt  zukommt,  als 
Charakteristikum  das  Auftreten  der  von  ihm  so  genannten  ,,Ekto- 
soraen"  (Aussenkörperchen)  und  eine  Verlangsamung  des  Teilungs- 
vorganges. Die  Ektosomen  sind  kleine  Körnchen,  welche  jeweilig  an 
dem  einen  Pole  der  Spindelfigur  bei  den  kinetischen  Teilungen  auf- 
treten, später  sich  zu  gröberen  Brocken  zusammenballen,  in  den 
ruhenden  Kernen  aber  schwinden. 


Die  Geschlechtszellen. 


403 


Die  Ungleichheit  in  dem  Chroinatingehalte  der  Somazellen  und 
Keimzellen  wird  bei  Ascaris  dadurch  herbeigeführt,  daß  die  Chromo- 
somen der  ersten  Somazelle  sowohl,  wie  die  der  aus  den  Teilungen 
der  Stammzellen  neuentstandenen  Somazellen  während  des  Ablaufes 
ihrer  ersten  Teilung  in  2  Tochtersomazellen  einen  Teil  ihres  Chromatins 
abstoßen.  Die  abgestoßenen  Stückchen  schwinden  allmählich  in  dem 
Protoplasma  der  Tochterzellen,  indem  sie  sich  aufzulösen  scheinen 
(Diminutionsprozeß  Herla,  658a). 

In  der  nachfolgenden  Figur  Boveri's  ist  der  Unterschied  der 
beiden  ersten  Furchungskugeln  ersichtlich. 


Fig.  154.  Die  beiden  ersten  Furchungskugeln 
von  Ascaris  megalocephala.  S^  die  erste  Ur- 
isomazelle ;  dieselbe  giebt  nur  Somazellen  den  Urej^rung 
und  zeigt  an  den  beiden  Chromatinschleifen  (Chro- 
mosomen) einen  teilweisen  Zerfall  in  kleine  Bröckel 
(Chromatinreduktion).  Die  untere  Zelle,  Pj,  ist  die 
erste  Stammzelle.  Sie  zeigt  im  Aequator  der  kine- 
tischen Figur  die  beiden  Chromosomen  unver- 
ändert. Von  ihr  gehen  alle  Geschlechtszellen  aus. 
r.K.  Richtungskörj^erchen. 


Ob  die  zuerst  auftretenden  fertig  gebildeten  Geschlechtszellen 
schon  geschlechtliche  Charaktere  haben,  d.  h.  ob  sie  männliche  oder 
weibliche  Keimzellen  sind,  ist  bis  jetzt  nicht  zu  entscheiden  gewesen. 

Für  die  Geschlechtszellen  sind  schon  eine  ganze  Anzahl  Xamen 
herangezogen  worden:  ,, Genitalzellen",  „Sexualzellen"',  „Fortpflanzungs- 
zellen'' Semox  (M.  2951  und  2952),  „Keimzellen",  „Urkeimzellen" 
(0.  ScHULTZE ,  Grundriß  der  Entwickelungsgeschichte ,  Leipzig  1897, 
p.  425),  „Vorkeimzellen"  C.  K.  Hoffmann  (M.  2912,  2913),  „Polzellen" 
(s.  p.  401)  und  „Germ-cells"  Beard. 

Eine  Hauptfrage  ist,  was  denn  die  Geschlechtszellen  liefern? 
Liefern  sie  in  letzter  Instanz  nur  die  Spermien  und  die  Eier  oder 
auch  die  vegetativen  Hodenzellen,  das  Epithel  der  Ausführungswege 
und  die  interstitiellen  Hodenzellen  Leydig's  beim  Manne,  bezw.  außer 
den  Eizellen  die  Epithelzellen  der  GRAAF"schen  Follikel  und  die  der 
ausführenden  Wege  beim  Weibe?  Damit  hängt  denn  auch  die  weitere 
Frage   zusammen,    ob 


wir 


fürderhin  noch  ein  Keim  epithel  in  dem 
wie   es   von  Bornhaupt  und  Waldeyer 


begründet 

Beide 
Heymons 

Zellen    der 


Sinne   anzunehmen   haben, 

worden  ist? 

Fragen  lassen  sich  zur  Zeit  noch  nicht  sicher  beantworten. 

stellte  für  Phy  llodromia  fest,  daß  die  Follikelepithel- 
Eiröhren,  vom  Beginn  ihrer  Unterscheidungsmöglichkeit 
an,  sich  als  unabhängig  von  den  Geschlechtszellen  auftretend  er- 
wiesen (661a).  Giardina  läßt  die  „Nährzellen"  und  die  Eizellen  ge- 
meinsamen Ursprunges  sein,  s.  p.  387.  Boveri,  welcher  diese  Frage 
bei  Ascaris  megalocephala  experimentell  zu  lösen  suchte,  gelangte 
zu  keinem  verwertbaren  Ergebnisse.  Daß  die  muskulösen,  binde- 
gewebigen und  nervösen  Bestandteile  der  Geschlechtsorgane  nebst 
deren  Gefäßen  nicht  von  den  Geschlechtszellen  abzuleiten  sind,  bedarf 

2(3* 


404  W.  Waldeyer, 

keines  Beweises ;  es  handelt  sich  hier  um  die  E  p i th  e  1  i e n ,  Follikel- 
epithel  und  SERTOLi'sche  Zellen,  und  vielleicht  noch  um  die 
interstitiellen  Zellen. 

Wie  ist  nun  das  \'  e  r  h  a  1 1  e  n  der  Geschlechtszellen  zu  de  m 
Keimepithel  anzusehen'?  Man  kann  der  Meinung  sein,  daß,  wie 
unter  anderen  Beard  meint,  die  Geschlechtszellen  nur  örtlich  mit  den 
Epithelzellen  der  Geschlechtsdrüsen,  dem  Keimepithel,  zusammenliegen, 
mit  anderen  Worten,  ihm  beigemengt  sind,  ohne  aber  aus  ihm  hervor- 
zugehen. Das  würde  also  heißen,  da  fraglos  bei  der  Bildung  der 
GRAAF'schen  Follikel  oder  der  gewundenen  Hodenkanälchen  deren 
Epithelzellen,  sowie  die  Ureier  bezw.  die  Ursamenzeilen  —  sicher  ein 
Teil  derselben  —  aus  dem  Keimei)itliel  in  das  Innere  der  Follikel 
(Hodenkanälchen)  gelangen,  daß  das  bisher  als  einheitlich  aufgefaßte 
Keim  epithel  aus  zwei  verschiedenen  Bestandteilen  sich  zusammen- 
setzte, aus  den  Geschlechtszellen  und  aus  den  zugehörigen  Epithelzellen. 
Die  eben  erwähnten  Befunde  von  Heymons  bei  Phyllodromia 
sprechen  dafür.  Die  Sache  kann  aber  auch  anders  liegen.  Es  könnten 
die  Geschlechtszellen  durch  wiederholte  Teilung  soweit  sich  in  der 
Form  abändern,  daß  sie  von  den  späteren  Keimepithelzellen  sich  im 
äußeren  nicht  unterschieden,  und  daß  diese  selbst  aus  ihnen  hervor- 
gingen. Dann  bliebe  der  Begriff'  „Keimepither',  wie  ihn  W'aldeyer 
aufgestellt  hat,  zu  Recht  bestehen ;  denn  es  könnten  im  weiteren 
individuellen  Eutwickelungsgange  einzelne  Zellen  dieses  aus  den  Ge- 
schlechtszellen hervorgegangenen  Keimepithels,  durch  Form-  und 
Wachstumsänderungen,  sich  aufs  neue  vor  den  übrigen  zu  charakte- 
ristischen Geschlechtszellen  herausbilden. 

Indem  man  anerkennen  muß,  daß  der  zuerst  durch  M.  Nussbaum 
in  bestimmter  Weise  ausgesprochene  und  durch  Boveri  sicher  begrün- 
dete Begriff'  und  Nachweis  der  Geschlechtszellen  einen  großen  Fort- 
schritt auf  dem  Wege  unseres  biologischen  Wissens  bedeutet,  ist  die 
Frage  nach  der  Bedeutung  des  Keimepithels  naturgemäß  in  den  Hinter- 
grund getreten.  Immerhin  wird  man  diesen  Namen  als  passend  für 
den  Epithelüberzug  der  Geschlechtsdrüsen  beibehalten  können,  insofern 
dieses  Zellenlager  sicher  die  Quelle  der  Epithelzellen  der  Keimstätten 
(GRAAP'schen  Follikel  und  gewundenen  Hodenröhren)  bleibt.  Aber 
ungleich  wesentlicher  ist  die  Frage,  ob  die  Ursprungszellen  der  Ge- 
schlechtsprodukte in  einer  von  Geschlecht  zu  Geschlecht  gesondert  fort- 
laufenden Keim  bahn  sich  bewegen  und  in  einem  ausgesprochenen 
Gegensatze  zu  sämtlichen  Zellen  des  übrigen  Körpers  stehen,  ob  mit 
kurzen  Worten  jedes  Metazoen-  und  Metaphyten-Individuum  eine  Art 
Doppelwesen  ist,  in  welchem  die  Geschlechtszellen  allein  die  Kontinui- 
täts-Kette mit  den  Ahnen  herstellen  und  für  die  Zukunft  aufrecht  er- 
halten, während  den  einzelneu  Kettengliedern  die  Leiber  der  Indivi- 
duen gleichsam  aufgepfropft  sind. 

In  dieser  Fassung  stimme  ich  meinerseits  gern  der  "WEiSMANN'schen 
Lehre  von  der  Kontinuität  des  Keimplasmas  zu,  d.  h.  also  in  der  An- 
nahme besonderer  Keimzellen;  sie  ist  auch  diejenige,  welche  durch 
BovEKi,  ZUR  Strassen  (568a)  u.  a.  eine  thatsächliche  Unterlage  erhalten 
hat.  Auf  die  Abweichungen,  welche  in  der  von  Weismann  selbst  durch- 
gearbeiteten Lehre  von  der  Kontinuität  des  Keimplasmas  liegen  —  s. 
No.  724,  725  —  gegenüber  der  einfachen  Annahme  einer  Kette  von 
Geschlechtszellen,    kann   hier    unmöglich    eingegangen  werden;    ich  habe 


Die  GescliJechtszellen.  405 

sicherlich  nicht  nötig,  auf  die  hohe  Bedeutung  der  Auseinandersetzungen 
Weismaxx's  noch  besonders  hinzuweisen. 

Die  Aufstellung  des  Keimepithels  war  eine  Etappe  auf  dem 
Wege  der  Erkenntnis,  die  der  Staniniz eilen  (Geschlechtszellen) 
ist  ein  ^Yeiterer  P^ortschritt. 

Freilich  fehlt  noch  eine  ausgiebigere  Begründung  für  die  Existenz 
derselben  im  Kreise  der  Lebewesen ;  es  sind  bis  jetzt  nur  einzelne 
Geschöi)fe  —  streng  genommen,  wohl  nur  Ascaris  megalocephala  — 
für  welche  der  Beweis  primordialer  Sonderung  der  Geschlechts- 
zellen geliefert  ist;  aber  man  darf  doch  wohl  sagen,  daß  in  solchen 
grundlegenden  Dingen  eine  wesentliche  Differenz  schwerlich  anzunehmen 
ist.  Es  fehlt  ferner  der  ununterbrochene  Nachweis  vom  Uebergange 
der  ersten  Stammzelle  durch  deren  Abkömmlinge  bis  zu  einer  Ei- 
oder  Samenzelle  unter  Berücksichtigung  des  Verhaltens  der  Keim- 
epithelzellen zu  den  Geschlechtszellen.  Immerhin  scheint  die  Annahme 
besonderer  Geschlechtszellen  im  Sinne  M.  Nussbaum's  mir  hinreichend 
begründet,  um  sie  eingehender  zu  besprechen. 

Beard,  das  sei  hier  noch  zugefügt,  glaubt  die  Germ-cells  auch 
mit  der  Entstehung  der  neuerdings  von  Wilms  als  ,,Embryome"'  be- 
zeichneten Bildungen  (Teratome,  R.  Virchow)  in  Verbindung  bringen 
zu  sollen. 

Aus  dem  Schema  Boveri's  p.  222,  Fig.  54  erhellt,  wie  die 
Keimzellen  oder  Geschlechtszellen  —  eingeschlossen  die  Stammzellen 
—  durch  die  ganze  Reihe  der  genetisch  mit  einander  verbundenen 
Lebewesen  eine  kontinuierliche  Kette,  die  „Keim  bahn"  bilden.  Wir 
sehen  in  der  Figur  eine  der  Geschlechtszellen  zu  einem  Reifei  0^ 
heranwachsen;  zu  diesem  gesellt  sich  ein  Spermium  (<Sy>,),  von  einem 
Individuum  gleicher  Art  in  derselben  Weise  abstammend,  und  der 
Vorgang  beginnt  von  neuem.  So  geht  die  Keimbahn  gleichsam  in 
gerader  Linie  ununterlirochen  weiter,  so  lange  die  Art  überhaupt  be- 
steht, einer  langgestreckten  Wurzel  gleich,  von  der  in  gewissen  Ab- 
ständen die  einzelnen  Individuen  wie  Schößlinge  oder  Seitensprossen 
ihren  Ursprung  nehmen.  P)ei  der  geschlechtlichen  Fortpflanzung  wird 
jedesmal  am  Ursprünge  eines  solchen  Seitensprosses  eine  Geschlechts- 
zelle aus  einer  andern  Keimbahn  eingeschoben. 

Die  Folgerungen  aus  dieser  Lehre  von  der  Kontinuität  der  Ge- 
schlechtszellen sind  fast  unabsehbar  für  die  gesamte  Biologie;  ich  ver- 
weise hier  insbesondere  auf  die  veiscliiedenen,  diesem  Gegenstande 
gewidmeten  Abhandlungen  Weismann"s  (M.  1150  1153,  3255,  2024 
— 2027,  2402,  2403).  Um  nur  einiges  anzudeuten,  so  ergiebt  sich  in 
erster  Linie,  wie  schon  Eingangs  dieses  Abschnittes,  p.  400,  bemerkt, 
die  H  0  m  0 1 0  g  i  e  d  e  r  b  e  i  d  e  r  1  e  i  Geschlechtszellen,  der  männ- 
lichen und  der  weiblichen;  ferner  kann  eine  aussichtsvolle  Theorie 
der  B  e  f  r  u  c  h  t  u  n  g  und  \'  e  r  e  r  b  u  n  g  erst  auf  Grund  der  Keim- 
bahnlehre aufgebaut  werden;  endlich  übt  diese  Lehre  einen  unver- 
kennbaren Einfluß  auf  die  Descendenztheorie;  sie  verknüpft  die 
Metazoen  mit  den  Protozoen,  indem  die  Stammzellen  der  Metazoen 
an  die  Protozoen  sich  anschließen. 

Nachdem  wir  im  Vorhergehenden  die  Aufgabe  dieses  Abschnittes 
(IV«)  nach  zwei  der  p.  4u0  angeführten  Richtungen  behandelt  haben, 
erübrigt  noch  die  zusammenfassende  und  vergleichende  Besprechung 
nach  der  dritten  hin,  nach  der  En  t  steh  ung  der  Gonaden,  der 


406  W.  Waldeyer, 

Hoden  und  der  Eierstöcke,  die  Darstellung  der  Orchio genese 
und  Oophorogenese.  Wir  beschränken  uns  hierbei  auf  die  Wirbel- 
tiere. 

Indem  wir  bez üglich  der  Geschichte  der  Lehre  von  der 
Entstehung  und  Ausbildung  der  Geschlechtsdrüsen  auf 
die  sehr  vollständige  Darstellung  Coert's  (627)  verweisen,  gliedern 
wir  unsere  Besprechung  in  folgende  Abschnitte : 

1)  Die  erste  Anlage  der  Geschlechtsdrüsen,  welche 
deshalb  besonders  besprochen  werden  muß,  weil  sie  noch  keine 
Differenzierung,  weder  nach  der  männlichen,  noch  nach  der  weib- 
lichen Seite  hin  erkennen  läßt. 

2)  Die  Entwickelung  der  männlichen  Geschlechts- 
drüse, die  Orchiogenese. 

3)  Die  Entwickelung  der  weiblichen  Geschlechts- 
drüse, die  Oophorogenese. 

Wir  werden  bei  dieser  Darstellung  besonders  ins  Auge  fassen,  in- 
wieweit etwa  die  mitzuteilenden  Entwickelungsvorgänge  der  Annahme 
besonderer  Geschlechtszellen  im  NussBAUM'schen  Sinne 
günstig  sind,  und  müssen  auch  in  einzelnen  Punkten  wieder  auf  die 
das  Keim-  und  Follikelepithel  betreffenden  Fragen  zurückkommen.  Erst 
nach  der  Darstellung  der  Orchio-  und  Oophorogenese  werden  sich 
auch  die  homologen  Beziehungen  der  Geschlechtszellen,  sowie  die 
ihrer  Bildungsstätten  genauer  bestimmen  lassen,  als  das  bislang  mög- 
lich war. 

1,   Die  erste  Anlage  der  Geschlechtsdrüsen. 

Die  bisher  noch  nicht  besprochene  erste  Anlage  der  Geschlechts- 
drüsen erscheint  bei  den  Säugetieren,  Vögeln  und  Reptilien 
(s.  Fig.  146)  äußerlich  in  Form  eines  leicht  erhabenen,  wenig  scharf 
abgegrenzten  Streifens  an  der  medialen  Fläche  der  Urniere.  Man 
unterscheidet  an  ihm  ein  proximales  und  distales  Ende,  eine  freie, 
zur  Cölomhöhle  gewendete  Fläche  und  eine  in  das  Stroma  der  Urniere 
übergehende  Basis. 

Ich  vermochte  seiner  Zeit  nachzuweisen,  daß  diese  Anlage  ebenso 
wie  die  der  Urniere  in  letzter  Instanz,  soweit  wir  dies  bis  jetzt  sagen 
können,  auf  diejenigen  Zellen  der  REMAii'schen  Mittel  platte  zurück- 
zuführen ist,  welche  den  medialen  Winkel  der  Cölomspalte  begrenzen. 

Ein  feiner  Durchschnitt  durch  die  Gonade  aus  einer  Zeit,  in 
welcher  noch  keine  Unterscheidung  von  Hoden  und  Ovarium  möglich 
ist  (Kaninchen-Embryonen  von  10 — 12  Tagen),  zeigt  eine  meist  ein- 
schichtige, nach  Art  eines  Epithels  dieselbe  deckende  Zellenlage,  welche 
sich  allseitig  ohne  scharfe  Grenze  in  das  Cölomepithel  fortsetzt,  darunter 
ein  zartes  Gewebe  vom  Charakter  eines  Mesenchyms  (Coert,  627), 
welches  in  das  Stroma  der  Urniere  übergeht.  Die  Zellen  dieses  Ge- 
webes sind  meist  nicht  von  den  deckenden  „Epithelz eilen"  —  wir 
wollen  sie  gleich  so  nennen  —  zu  unterscheiden.  In  dem  Epithel  und 
dicht  darunter  finden  sich  schon  jetzt  jene  großen,  hellen,  kugeligen 
Zellen  mit  großen  Kernen,  welche  man  gewöhnlich  als  „Ureier''  oder 
„Ursamenzeilen"  bezeichnet  hat  —  Fig.  146. 

Bei  einem  Kauinchenembryo  von  13  oder  noch  besser  von  14  Tagen 
ist  die  Geschlechtsuuterscheidung  gleichfalls  noch  nicht  möglich;  man 
findet  bei  solchen  Embryonen  aber  die  unter  dem  Epithel  liegende, 
nun  bereits  ziemlich  dicke  Gewebslage  aus  zwei  deutlich  differenzierten 


Die  Geschlechtszellen.  407 

Schichten  bestehend,  aus  einer  oberflächlichen  mit  dem  Ei)ithel  konti- 
nuierlichen Schicht  etwas  größerer  Zellen  mit  helleren  Kernen  und  aus 
einer  basalen  Schicht  kleinerer  Zellen  mit  dunkleren  Kernen  (Coert). 
Letzterer  giebt  an,  gestützt  auf  den  Befund  reichlicher  Mitosen  im 
Epithel,  daß  beide  Schichten  aus  einer  Wucherung  dieses  Epithels 
hervorgegangen  seien,  erst  die  untere,  dann  die  obere  ohne  scharfe 
zeitliche  Trennung,  wenigstens  sagt  er  nichts  darüber,  v.  Winiwarter 
beschreibt,  Avie  angegeben,  p.  3G2,  die  Sache  ähnlich  wie  Coert,  be- 
tont aber  mehr  eine  zeitliche  und  räumliche  Trennung  der  beiden 
AYucherungsprodukte.  Beide  Autoren  stimmen  darin  überein,  daß  aus 
dem  basalen  kleinzelligem  Gewebe  das  Rete  testis  (nach  Coert 
auch  die  Tubuli  recti  testis),  bezw.  das  Rete  ovarii  hervorgehe,  aus 
dem  oberflächlichen,  größerzelligen  und  helleren  Gewebe,  unter  weiterer 
Beteiligung  des  Epithels,  die  übrigen  parenchymatösen  Bestandteile 
der  Geschlechtsdrüsen. 

2.    Die  Ent Wickelung  der  männlichen  Geschlechtsdrüse, 

0  r  c  h  i  0  g  e  n  e  s  e. 

Nach  den  Angaben  Coert's  findet  bei  den  Geschlechtsdrüsen- 
anlagen, welche  sich  zu  Hoden  entwickeln,  eine  weitere  Beteibgung 
des  Oberflächenepithels,  welches  wir  von  jetzt  ab  als  Keim  epithel 
bezeichnen  wollen,  nicht  mehr  statt.  Aus  der  subepithelialen  groß- 
zelligen Anlageschicht  entstehen  durch  eigenes  Proliferationswachstum 
ihrer  charakteristischen  Zellen,  unter  Beteiligung  des  mehr  und  mehr 
deutlich  werdenden  Stromagewebes,  die  Tubuli  contorti,  mit  ihrem 
gesamten  Bestände  an  Zellen,  Ursamenzeilen  und  SERTOLischen  Zellen. 
Ein  Untei'schied  zwischen  diesen  beiderlei  Zellen  hinsichtlich  ihrer 
Herkunft  kann  mit  unseren  jetzigen  Hilfsmitteln ,  soweit  ich  sehe, 
nicht  gemacht  werden.  Später  bildet  sich  die  Sam  en  kau  äl  eben - 
membran,  zuerst  als  sehr  feine  Membrana  propria,  aus.  Die  pri- 
mären Tubuli  contorti  sind  noch  volle  Zellenstränge,  keine  hohlen 
Tul)uli.  Sobald  die  Bildung  der  gewundenen  Samenkanälchen  aus 
ihrem  zelligeu  Blastem  beginnt ,  wuchern  bindegewebige  Elemente 
zwischen  dieses  Blastem  und  das  Oberflächenepithel  hinein  und  trennen 
beides  voneinander,  so  daß  bei  der  männlichen  Keimdrüse  keine 
weitere  Einwucherung  des  Epithels  und  Bildung  neuer  Samenkanälchen 
von  hier  aus  mehr  staltfinden  kann.  Das  Rete  testis  gliedert  sich 
nach  CoERT  in  einen  e  x  t  r  a  g  1  a  n  d  u  1  ä  r  e  n  und  intra  glandulären 
Teil ;  letzterer  liefert,  wie  bemerkt,  auch  die  Tubuli  recti,  welche  sich 
mit  den  Anlagen  der  Tubuli  contorti  in  oftene  Verbindung  setzen ; 
wie  sich  letzteres  im  feineren  Geschehen  vollzieht,  ist  bis  jetzt  nicht 
aufgeklärt.  Dasselbe  gilt  von  der  später  eintretenden  Verbindung 
des  extraglandulären  Teiles  mit  demjenigen  Teile  der  Urnierenkanälchen, 
welche  ich  seiner  Zeit  als  Sexualteil   der  Urniere  unterschieden  habe. 

Nach  diesen  Befunden  Coert's,  deren  Deutung  ich  nach  der  Ein- 
sicht von  Präparaten  v.  Skrobansky's  von  Schweineembryonen  zu- 
stimmen möchte,  geht  also  kein  Teil  der  Kanälchen  des  Hodens  aus 
der  Urniere  hervor,  alle  vielmehr  aus  dem  Cölomepithel  (Keimepithel). 
Ich  hebe  dies  wiederholt  hervor,  weil  —  siehe  die  Darstellung 
p.  162  ft\  und  die  p.  3(30  11'.  mitgeteilten  Angaben  über  die  Beteiligung 
von  Urnierenkanälchen  an  der  Bildung  des  Hodenparenchyms  —  eine 
solche  Beteiligung  von  verschiedenen  Seiten  angenommen  worden  ist. 


408  W.  Waldeyer, 


3.    Die  Ent Wickelung   der  weiblichen  Geschlechtsdrüse, 

Oophorogenese. 

Nach  CoERT  vollzieht  sich  beim  Kaninchen  und  der  Katze  die 
Oophorogenese  im  Prinzipe  zwar  gleich  wie  die  Orchiogenese, 
im  einzelnen  jedoch  verschieden.  Zunächst  haben  wir,  wie  bei  der 
Hodenanlage  und  aus  der  inditi'erenten  Anlage  hervorgegangen,  das 
Keim  epithel,  darunter  das  periphere  Blastem  und  unter 
diesem  wieder  das  kleinzellige,  basale,  das  E,ete-Blastem  Coert's. 
Letzteres  liefert  die  Kanälchen  des  Rete  ovarii  und  setzt  sich  auch 
mit  einigen  Ductuli  eti'erentes  des  Epoophoron  in  oft'ene  Verbindung. 
Das  periphere  (subepitheliale),  aus  größeren  Zellen  bestehende  Bla- 
stem wird  durch  einwucherndes  Bindegewebe  unvollkommen  in  zwei  Teile 
zerlegt ;  der  zum  Rete-Blastem  gewendete  tiefere  liefert  unter  weiterem 
Proliferationswachstum  und  unter  Mitwirkung  des  Bindegewebes  die 
Markstränge,  der  oberflächlichere  bleibt  mit  dem  Keimepithel  stets 
in  Verbindung  bis  zum  Aufhören  der  Follikel-  und  Eibildung  und 
liefert  die  v.  Winiwarter's  c  h  e  n  K  e  i  m  s  c  h  1  ä  u  c  h  e  (Pflügers  che 
Schläuche,  E  i  b  a  1 1  e  n).  In  diesen  erscheinen  die  Generationen 
der  Eier  von  den  Oogonien  an,  welche  v.  Winiwarter  geschildert  hat 
(s.  p.  240  u.  362).  Aus  dem  dort  über  v.  Winiwarter's  Ergebnisse 
Mitgeteilten  folgt,  daß  dieselben  in  den  Hauptpunkten  mit  Coert's 
Darstellung  stimmen;  nur  läßt,  wie  bemerkt,  v.  Winiwarter  die  An- 
lage der  Markstränge  und  der  Keimschläuche  in  zwei  verschiedenen 
Zeiten  nacheinander  erfolgen. 

Während  nun  bei  der  Orchiogenese  die  einzelnen  Anlagen  ver- 
bunden bleiben,  löst  sich  dieser  Zusammenhang  bei  der  Ovarialanlage 
in  deren  weiterer  Ausbildung  wieder  auf,  und  zwar  durch  Atrophie  und 
anderweite  Ptückbildung,  insbesondere  der  Markstränge  und  des  Rete 
ovarii.  Damit  trennen  sich  die  etwa  verbleibenden  Reste  des  letzteren 
vom  Epoophoron  und  von  den  Marksträngen.  Von  letzteren  verbleiben 
gleichfalls  Reste,  bei  einigen  Tieren,  z.  B.  Hund  und  Katze,  mehr, 
bei  anderen  ( Kaninchen)  weniger.  Die  Trennung  der  K  e  i  m  s  c  h  1  ä  u  c  h  e 
von  den  Marksträngen  vollzieht  sich  im  wesentlichen  durch  die  Um- 
bildung der  ersteren  in  die  geschlossenen  Follikel.  Nach  Aufhören 
der  Follikel-  und  Eibildung  erfolgt  auch  die  Trennung  des  Keim- 
epithels von  der  Follikelzone  unter  Schwund  der  Verbindungsstränge, 
invaginations  epitheliales  v.  Winiwarter's.     (S.  Fig.  142.) 

Ich  verweise  noch  auf  die  bei  Besprechung  der  Oogenese  der  ein- 
zelnen Wirbeltierklassen  über  deren  Ovarialanlage  gemachten  Angaben, 
p.  375. 

Die  Arbeiten  Coert's  und  v.  Winiwaetee's  sind  dieser  kurzen  Rekapi- 
tulation der  Genese  der  Geschlechtsdrüsen  zu  Grunde  gelegt  worden,  weil 
sie  die  neuesten  und  weitaus  eingehendsten  Darstellungen  dieses  Gegen- 
standes sind  und  weil  sie  sich  auf  die  Säugetiere  beziehen.  Was  andere 
Species  von  Säugetieren  anlangt,  so  kenne  ich  aus  v.  Skrobaxsky's  dem- 
nächst mitzuteilenden  Untersuchungen  die  das  Hausschwein  betreifenden 
Präparate ;  von  anderen  Wirbeltieren  genauer  die  Gonadengenese  beim 
Huhn,  in  den  thatsächlichen  Befunden  stimmen  sie  mit  den  Angaben 
und  Abbildungen  der  beiden  genannten  Autoren  so  w^eit  überein,  daß  ich 
auch  aus  diesem  Grunde  deren  Darstellung  hier  gefolgt  bin. 


Die  Geschlechtszellen.  409 

Von  den  Angaben  anderer  Untersucher  soll  hier  noch  auf  Boksex- 
Kow  (M.  2898),  Prenaxt  (2834  u.  2835)  Schclin  (M.  1907)  und  Lau- 
LANiE  (M.  1889)  verwiesen  sein.  Nagel's  und  Wexdelek's  Unter- 
suchungen wurde  bereits  gedacht.  Bohsexkow,  Prexaxt,  8cnui.ix  und 
Lailaxie  finden  bei  der  ersten  Anlage  der  Geschlechtsdrüsen  keinen 
Unterschied  zwischen  deckenden  epithelialen  Zellen  und  den  übrigen 
mehr  in  der  Tiefe  liegenden  Zellen ;  die  ganze  primitive  Geschlechtsdrüse 
sei  aus  gleichartig  erscheinenden  Zellen  zusammengesetzt;  dieselben 
sollen  sich  weiterhin  in  die  späteren  parenchymatösen  und  desmoiden 
Bestandteile  der  Gonaden  differenzieren. 

CoERT  und  V.  WiNiWARTER  Stimmen  in  nachstehenden  Haupt- 
punkten überein:  1)  Die  parenchymatösen  Bestandteile  der 
männlichen  und  weiblichen  Gonaden  stammen  sämtlich  in  letzter 
Instanz  vom  Cülomepithel  ab,  sowohl  die  Zellen,  welclie  den  Inhalt 
der  Samenkanälchen  bilden ,  Ursamenzellen  und  deren  weitere  Ab- 
kömmlinge, die  Spermien,  mit  den  sie  umgebenden  Samenepithelzellen, 
d.  i.  den  Anlagen  der  vegetativen  Hodenzellen  (Fußzellen,  SERTOLi'schen 
Zellen),  s.  p.  164  ff.,  ats  auch  die  Oogonien  und  dei-en  Abkömmlinge, 
die  Oocyten  und  die  Reifeier  mit  ihren  Follikelepithelzellen.  ^Yeiterhin 
gehören  hierher  die  F.pithelzellen  der  Tubuli  recti  und  des  Rete  testis 
einerseits  wie  die  der  Markstränge  und  des  Rete  ovarii  andererseits. 
Beide  Autoren  nehmen  hierbei  an,  daß  aus  einer  Cölomepithelzelle 
(Keimepithelzelle)  d  u  r  c  h  d  i  r  e  k  t  e  n  U  e b  e  r  g  a  n  g  eine  Spermatogonie 
odei-  eine  Oogonie  werde,  während  andere  Keimepithelzellen  direkt  in 
Follikelepithelzellen  übergingen.  Durch  mitotische  Teilungen  ist  für 
ausreichendes  Zellenmaterial  gesorgt. 

Was  insbesondere  die  Stellung  der  Follikelepithelzellen  an- 
langt, so  führe  ich  noch  folgenden  Satz  aus  v.  Wixiwartek's  Abhandlung 
hier  an  (1.  c.  p.  76) :  „II  en  resulte  aussi  que  les  cellules  folliculeuses 
ont  une  structure  analogue  aux  oogonies,  quelles  ont  la  meme  provenance 
et  que  morphologiquement  il  est  impossible  de  distinguer  l'oogonie  de 
la  future  cellule  folliculeuse." 

CoERT  ist  nicht  geneigt,  denjenigen  Abschnitt  des  Cölomepithels,  der 
zur  Keimdrüsenanlage  gehört  und  den  Geschlechtszellen  den  Ursprung 
giebt,  als  etwas  Besonderes,  als  ein  „Keimepithel"  in  dem  Sinne  Wal- 
deyer's  anzusehen ;  wiederholt  betont  er,  daß  es  ganz  gleich  sei  dem 
übrigen  Cölomepithel,  daß  es  höchst  wahrscheinlich  auch  an  der  Bildung 
des  mesenchymatösen  Stromagewebes  teilnehme,  und  daß,  vergl.  die  An- 
gaben p.  239  u.  356,  vielfach  Ureier  in  dem  Cölomepithel  außerhalb  der 
Embryonalanlage,   insbesondere   am  Mesovarium,  gefunden  würden. 

2 )  Keinerlei  parenchymatöser  Bestandteil  der  Go- 
naden stammt  von  Urnier enkanälchen  ab.  Es  wurde  be- 
reits vorhin  betont,  daß  die  früher  so  vielfach  angenommene  Beteiligung 
von  Urnierenkanälchen  am  Aufbau  der  Geschlechtsdrüsen,  namentlich 
an  dem  der  weiblichen,  durch  die  neueren  Untersuchungen  sehr  frag- 
lich geworden  sei.  Ich  bin  auf  Grund  meiner  jetzigeh  Erfahrungen 
gleichfalls  zu  dieser  Ansicht  gekommen. 

3)  Die  Bildungen  der  Spermien  und  der  Eier  erfolgt 
in  ganz  bestimmten  Abschnitten  des  Gonadenparenchyms, 
die"  der  Spermien  ausschließlich  in  den  Tubulis  contortis,  die  der 
Eier  so  gut  wie  ausschließlich  in  dem  subepithelialen  Parenchymlager 
und  dessen  Abkömmlingen,  den  Keimschläucheu  (boyaux  germinatifs) 


410  W.  Waldeyer, 

V.  Winiwarter's  —  Rinden  st  rängen  Coert's  —  Pflüger 'sehen 
Schläuchen,  Eib allen  Walde yer's.  Wenn,  wie  p.  364  an- 
gegeben, vereinzelte  Ureier-  und  Follikelbildungen  auch  in  anderen 
Teilen  des  Ovarialparenchyms,  insbesondere  in  den  Marksträngen  ge- 
funden werden  (v.  Kölliker,  Rouget,  Bühler  u.  a.),  so  scheinen 
diese  nicht  zur  endgiltigen  Reife  zu  kommen.  Auch  in  diesem  Punkte 
stimme  ich  Coert  und  Winiwarter  völlig  bei. 

Nach  dieser  übersichtlichen  Zusammenfassung  der  thatsächlichen 
Ergebnisse  lassen  sich  nunmehr  die  Homologieen  zwischen  den 
männlichen  und  den  weiblichen  Gonaden  aufstellen. 

Daß  im  großen  und  ganzen  zwischen  beiden  Gonaden  eine  fast 
vollständige  Homologie  besteht,  geht  hervor  aus  ihrer  bis  in  das 
Einzelne  gehenden  gleichen  Entwickelung  von  derselben  Anlage  aus, 
wird  unterstützt  durch  ihre  gleichwertige  topographische  Lagerung 
und  ihr  deskriptiv-anatomisches  Verhalten,  vor  allem  endlich  durch 
die  so  häufig  als  normale  Vorkommnisse  beobachteten  hermaphroditischen 
Zustände,  insbesondere  diejenigen  Fälle,  in  denen  ein  und  dieselbe 
Geschlechtsdrüse  zu  einer  bestimmten  Zeit  aus  denselben  zu  ihr  ge- 
hörigen Zellen  Spermien,  zu  einer  anderen  Zeit  Eier  hervorbringt. 
Siehe  darüber  weiter  unten.  Läßt  sich  zeigen,  daß  die  die  Spermien 
und  Eier  bildenden  Zellen  durchweg  schon  in  den  Furchungszellen 
als  Stammeszellen  Boveri's  angelegt  sind,  dann  ist  damit  ein 
w^eiterer  Stützpunkt  für  die  Homologie  gewonnen.  Wir  kommen  darauf 
gleich  zurück. 

E.  Van  Benedbn  hat  für  die  einzelnen  Abschnitte  des  Gonaden- 
parenchyms  bei  Fledermänsen  folgende  Beziehimgen  angenommen,  ohne 
jedoch  streng  homologe  Begründung  damit  geben  zn  wollen  : 

Ovarinm:  Testis: 

1)  cordons  medullaires  pleins  Tiibuli  contorti 

2)  cordons  medullaires  tubulaires  Tubuli  recti 

3)  Corps  reticule  Eete  testis 

Die  cordons  medullaires  jDleins  entsjirechen  den  Eindensträngen 
(Keimschläuchen,  boyaux  germinatifs),  die  cordons  tubulaires  den  Mark- 
strängen, das  Corps  reticule  dem  Eete  ovarii  der  vorhin  angewendeten 
Namengebung. 

Coert  macht  darauf  aufmerksam,  daß  sich  der  Annahme  dieser  Be- 
ziehungen als  streng  homologer  die  Thatsache  in  den  Weg  stellt,  daß 
die  Eindenstränge  des  Eierstockes  sowohl  zeitlich  als  räumlich  sich  nicht 
in  gleicher  Weise  entwickeln  wde  die  Tubuli  contorti.  Es  bestehe  dem- 
nach zwischen  beiden  keine  vollständige  Homologie.  Ebensowenig  be- 
stehe eine  solche  zwischen  den  Marksträngen  und  den  Tubulis  rectis. 
Er  ist  geneigt,  die  ovarialen  Marksti'änge  phylogenetisch  zu  erklären 
aus  der  Annahme,  daß  bei  den  früheren  Formen  der  Säugetiere  dieselben 
Ausführungswege  für  die  Eier  bestanden  hätten  wie  für  die  Spermien, 
wie  dies  noch  die  Acranier,  Knochenfische  u.  a.  zeigen;  d.  h.  die  Eier 
w^ären  vom  Eierstocke  aus  durch  ein  Kanalsystem  derselben  Art,  wie  es 
beim  Hoden  besteht,  ausgeführt  werden ;  die  Markstränge  seien  als  ein 
übrig  gebliebener  Teil  eines  solchen  Kanalsystems  zu  deuten.  Für  die 
nähere  Begründung  muß  auf  das   Original  verwiesen  werden. 

Ueber  die  homologen  Beziehungen  zwischen  männlichen  und  weib- 
lichen Keimzellen  handeln  noch  Janssen's  (120a,  120b)  und  für  die 
Pflanzen  Goebel. 


Die  Geschlechtszellen.  411 

P.  200  wurde  bereits  bemerkt,  daß  physiologisch  die  Epithelzellen 
der  Samenkanälchen  und  deren  Abkömmlinge,  die  Fußzellen  (SEUTOn'schen 
Zellen)  den  Follikelzellen  der  Eiröhren  und  GEAAF'schen  Follikel  gleich 
zu  achten  wären.  Indem  wir  die  Herkunft  beiderlei  Zellen  zu  Grunde 
legen,  dürfen  wir  sie  auch  für  homologe  Bildungen  in  demselben  Grade 
erklären,  wie  er  für  die  Ei-  und  Samenzellen  besteht. 

Lassen  sich  nun  aus  den  mitgeteilten  Angaben  über  die  Ent- 
wickelung  der  Gonaden  Anhaltspunkte  für  eine  frühe  Vor- 
bildung der  G  e  s  c  h  1  e  c  h  t  s  z  e  11  e  n  a  u  c  h  bei  den  li  ö  li  e  r  e  n 
Wirbeltieren,  insbesondere  bei  den  Säugetieren,  gewinnen? 
Wenn  man  die  Angaben  von  Nussbaum  (683,  683d,  684)  für  Am- 
phibien und  neuerdings  für  das  Huhn,  von  C.  K.  Hoffmann 
(M.  1113  u.  3521)  für  Vögel  und  Selachier,  von  Beard  (11,  cc.)  für 
die  Selachier,  und  von  Eigenmann  (1.  c.)  für  Knochenfische  — 
vergl.  auch  die  übrigen  p.  401  u.  402  genannten  Autoren  —  heranzieht, 
so  haben  wir  bereits  eine  stattliche  Reihe  von  guten  Beobachtungen, 
welche  für  die  Existenz  NussBAUM'scher  Geschlechtszellen  bei  den 
Wirbeltieren  sprechen.  Nur  für  Säugetiere  ist  meines  Wissens  nichts 
dergleichen  beigebracht  worden,  s.  das  p.  239  Gesagte.  Aus  den  hier 
mitgel eilten  Angaben  läßt  sich  für  diese  Tierklasse  auch  nur  w^enig 
entnehmen,  was  zu  Gunsten  der  frühen  Entstehung  der  Geschlechts- 
zellen spräche.  Ich  rechne  indessen  dahin  die  Angaben  von  Borsen- 
Kow,  Prenant,  Schulin  und  Laulanie,  betreffend  die  indifferente  Be- 
schaffenheit der  Zellen  der  ersten  Anlage ;  dieselbe  kann  in  einem  für  die 
Annahme  früh  auftretender  Geschlechtszellen  günstigen  Sinne  gedeutet 
werden,  insofern  sie  für  diese  erste  Zeit  einen  Gegensatz  zwischen 
einem  als  Quelle  für  die  Spermien  und  Eier  fungierenden  Keimepithel 
und  den  darunter  gelegenen  Zellen  beseitigt.  In  demselben  Sinne 
kann  die  Bemerkung  Coert's,  daß  es  anfänglich  schwierig  sei,  das 
Cölomepithel  von  der  übrigen  Gonadenanlage  abzugrenzen,  heran- 
gezogen werden  und  endlich  das  wiederholt  erwähnte  \'orkommen 
von  Zellen,  die  den  Urgeschlechtszellen  ähnlich  sehen,  an  anderen 
Bezirken  des  Cölomepithels.  Das  ist  bis  jetzt  für  die  Säugetiere  alles. 
Manche  weitere  Untersuchungen  werden  hier  noch  nötig  sein ,  um 
diese  kapitale  Frage  zum  Austrage  zu  bringen. 

ß)     Unterschiede    zwischen     den    männlichen     und     weiblichen     Ge- 
schlechtszellen. 

Nachdem  wir  diejenigen  Verhältnisse  hervorgehoben  haben,  welche 
den  beiderlei  Geschlechtszellen,  männlichen  und  weiblichen,  gemeinsam 
sind,  gleiche  Entstehungsweise,  gleiche  Entwickelung  bis  zur  reifen 
Form  u.  a.,  muß  auch  von  ihren  Unterschieden  die  Piede  sein.  Wir 
sprechen  hier  natürlich  nicht  von  den  gröberen  Unterschieden  zwischen 
einem  Reifei  und  einem  Spermium,  oder  richtiger  einer  Spermatide, 
sondern  von  etwaigen  feineren  Unterschieden  bei  den  zarteren  Struk- 
turverhältnisseu  und  von  solchen,  die  etwa  bereits  zwischen  den  Ur- 
samenzellen  und  den  Ureiern,  oder  gar  bei  den  Stammzellen  Boveri's 
bestehen.  Wir  können  gleich  sagen,  daß  für  die  letzteren  bis  jetzt 
keine  Unterschiede  bekannt  geworden  sind. 

Auf  einen  Punkt  bei  den  gröberen  Unterschieden  ist  hier 
jedoch  nochmals  zurückzukommen,  und  zwar  auf  das  Verhältnis  der  Masse 
des  Protoplasmas  in  einer  reifen  Eizelle  und  in  einer  Spermatide, 


412  .     W.  Walde YER, 

s.  ]).  90.  Bei  vielen  Eiern,  z.  B.  denen  der  Selacliier,  Vögel, 
Reptilien  und  Aini)hibien,  ist  die  Protoplasmamenge  des  Ooplasma 
ungleich  viel  größer;  nichtsdestoweniger  möchte  ich  jedoch  an  dieser 
Stelle  nochmals  auf  die  p.  204  erwähnte  Betrachtung  von  Brandes 
hinweisen. 

Von  feineren  Unterschieden  wären  hier  zu  nennen  die  p.  177, 
188  u.  279  besprochenen  Verhältnisse  der  Sphärenaj) parate,  vor 
allem  die  Ausbildung  derselben  zu  Dotterkernen  mit  ünter'gang  der 
Centrioleu  bei  den  Oocyten,  während  sie  bei  den  Spermien  einesteils  zu 
den  Perforatorien  sich  umgestalten,  anderenteils  die  Centriolen  in  be- 
merkenswerter Ausbildung  als  „Halsknötchen"  (Centrosomknötchen) 
fortbestehen.  Weiterhin  wäre  auf  die  AuERBACH'schen  Untersuchungen 
(612)  über  ein  verschiedenes  färberisches  Verhalten  der  männlichen 
und  w'eiblichen  Kernsubstanz  hinzuweisen.  Es  sollen  (untersucht 
wurden  verschiedene  Fische,  Amphibien  und  Gallus  domesticus)  die 
chromatophilen  Bestandteile  der  Keimbläschen  und  die  Dotterkörper 
bei  Dopi)elfärbungen  sich  vorzugsweise  mit  roten  Farbstoffen  färben 
—  Ery thr ophilie  —  während  der  Kopf  der  Spermien  die  blaue 
Farbe  wählt  —  Ky an  ophilie.  Erythrophil  ist  dagegen  der  Sper- 
mienschwanz ;  das  Protoplasma  der  Eizellen  zeigt  keine  ausgesprochene 
färberische  Neigung,  ist,  wie  Auerbach  sich  ausdrückt,  amphichro- 
matisch,  jedoch  häufiger  erythrophil. 

Ich  teile  zwar  die  Bedenken,  welche  Pappenheim  (188)  u.  A.  gegen  diese 
Unterscheidungen  Aüerbach's  ausgesprochen  haben,  kann  jedoch  nicht 
umhin  zu  bemerken,  daß  ich  mich  an  des  letzteren  eigenen  Präparaten 
von  der  Richtigkeit  seiner  Angaben  für  die  betreffenden  Species  über- 
zeugt habe.  Uebrigens  haben  Wilson  und  Matthews  (605a)  und 
Watase  (M.  3428)  für  Spermien  Aüerbach's  Ergebnisse  bestätigt, 
letzterer  mit  der  interessanten  Einschränkung ,  die  sich  auch  aus 
Befunden  Lukjanow's  (Einige  Bemerkungen  über  sexuelle  Elemente  beim 
Spulwurme  des  Hundes,  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  XXXIV,  p.  397,  1889) 
ergiebt,  daß  nach  erfolgter  Kojoulation  Eikern  und  Spermakern  gleiche 
färberische  Reaktion  zeigen.  So  scheint  mir  eine  ausgedehntere  Nach- 
prüfung nicht  wertlos ;  insbesondere  sollten  dabei  Oogonien  und  Spermato- 
gonien,  junge  Oocyten  und  Spermatocyten,  so  wie  Stammzellen,  z.  B. 
von  Ascaris  megalocephala,  berücksichtigt  werden. 

Wichtiger  als  die  noch  unsicheren  färberischen  Verschiedenheiten 
sind  die  Angaben  von  E.  Zacharias  (265,  wo  auch  weitere  Litteratur), 
welche  darthun,  daß  der  Kern  der  männlichen  Sexualzellen  bei  ge- 
wissen Pflanzen  viel  reicher  an  Nuklein  ist  als  der  betreffende 
weibliche  Kern,  sowohl  der  Kern  der  Eizelle,  als  auch  der  nach 
Nawaschin  bei  der  Doppelbefruchtung  befruchtete  Polzellenkern. 

Nach  den  bisherigen  Ermittelungen,  vergl.  darüber  unter  anderen 
Schönfeld  (231),  lassen  die  Vorgänge,  welche  an  den  Kernen  der 
Spermatocyten  und  Oocyten  in  deren  Wachstumsperiode  ablaufen,  im 
großen  und  ganzen  einen  Vergleich  zwar  zu,  doch  wäre  es  verfrüht, 
diesen  schon  jetzt  im  einzelnen  ziehen  zu  wollen.  Ob  namentlich 
die  flaschenbürstenförmigen  Gerüststränge  auch  bei  der  Spermiogenese 
ein  Homologon  finden,  ist  mir  zweifelhaft. 


Die  Geschlechtszellen.  413 


Y)  Der   Einfluß    der   Geschlechtszellen    auf   die    Bestimmung    des  Ge- 
schlechts und  seiner  äußeren  Charaktere. 

Wir  fassen  in  diesem  Abschnitte  zweierlei  zusammen,  eines  steht 
aber  dem  anderen  nahe.  Das  erste  zur  Erörterung  zu  Stellende  ist 
die  Frage,  ob  die  Geschlechtszellen  selbst  es  sind,  welche 
das  künftige  Geschlecht  des  aus  einem  Oospermium 
hervorgehenden  Embryo  bestimmen.  Diese  Frage  hängt 
mit  der  prospektiven  Ei-  bezw.  Spermiumstruktur  zusammen  und 
wurde  bei  Erörterung  der  ersteren,  p.  341,  schon  berülirt.  Sie  kann, 
im  Bejahungsfalle,  weiter  in  die  folgenden  zerlegt  werden: 

1)  Liegt  es  in  der  E  i  z  e  1 1  e  a  1 1  e  i  n ,  das  Geschlecht  im  Oospermium 
zu  bestimmen  oder  im  Spermium  allem,  mit  anderen  Worten: 
giebt  es,  kurz  ausgedrückt,  männliche  und  w  eil)  liehe  Reif - 
ei  er,    oder,    umgekehrt,    männliche    und  weibliche  Spermien? 

2)  Haben  die  Eizellen  und  die  Spermien  nur  eine 
geschlechtliche  Potenz  und  welche? 

Die  Beantwortung  dieser  Frage  ist  begreiflicherweise  vom 
größten  biologischen  Interesse,  wie  überhaupt  das  ganze  Gebiet  von 
der  Bestimmung  des  Geschlechts.  Doch  haben  war  uns  hier  auf  den 
etwaigen  Anteil  der  Geschlechtszellen  zu  beschränken.  Ich  werde 
mich  hier  kurz  fassen  und  mit  Hinweis  auf  die  neuen  Erörterungen 
von  Beard  (616  IV),  V.  Haecker  (654a),  Petrunkewitsch  (687b), 
0.  ScHULTZE  (706  I)  und  Watase  (M.  3428)  nur  bemerken,  daß  alle 
Genannten  den  Beginn  der  Geschlechtsbestim  mung  in  irgend 
ein  Stadium  der  Heranbildung  der  Geschlechtszellen 
selbst  verlegen.  Beard  geht  am  weitesten  zurück,  indem  er  diese 
Bestimmung  bereits  in  den  von  ihm  sogenannten  „germ-cells^'  des 
betreffenden  weiblichen  Organismus  bestehen  läßt:  „The  deter- 
mination  of  sex  for  the  next  generation  thus  lies  with  the  germ-cells 
of  the  female  Metazoon  organism"',  —  1.  c.  p.  762. 

Im  übrigen  schließt  Beard's  Erklärung  der  Geschlechtsbestimmung 
manche  Verwickelung  ein,  zumal  er,  wie  es  ja  nötig  ist,  auch  den 
Hermaphroditismus  und  die  Parthenogenesis  mit  berück- 
sichtigen muß.  So  nimmt  er  an,  daß  bei  der  Ueberfübrung  der  Lebe- 
wesen aus  dem  ursprünglichen  geschlechtslosen  zum  geschlechtlichen  Zu- 
stande 4  Geschlechtsgameten  entstanden  seien:  zwei  Formen  von  Eiern, 
männliche  und  \veibliche,  und  zwei  Formen  von  Spermien.  Die  Beweise 
hierfür  erblickt  Beard  in  dem  ziemlich  häufigen  Vorkommen  eines 
Dimorphismus  bei  den  Eiern  und  in  den  parthenogenetischen  Zu- 
ständen mit  verschiedener  Geschlechtsbestimmung  der  Eier,  s.  p.  341 
und  weiter  unten,  unter  Abschnitt  „Parthenogenesis".  Für  die  Spermien 
verweist  er  auf  die  Arbeiten  von  M.  v.  Brunx,  Brock,  Auerbach  und 
insbesondere  von  Mbves  (172a  und  172c),  sowie  auf  die  gleichfalls 
ziemlich  zahlreichen  Befunde  von  geringerem  Dimorphismus  bei  Samen- 
fäden, s.  p.   152. 

Haecker  hält  die  Möglichkeit  der  viererlei  Geschlechtszellen  Beard's 
offen ;  bei  gewissen  ßädertieren  (D  i  n  o  p  h  i  1  u  s)  und  bei  einigen  Pflanzen- 
läusen (Phylloxera)  sei  der  Fall  von  zweierlei  Eiern:  Männcheneiern 
und  Weibcheneiern  und  entweder  indifferenten  oder  gar  hermaphrodi- 
tischen Spermien  realisiert  Er  sowohl  wie  Petbuxkewitsch  und  be- 
sonders 0.  ScHLTLTZE  diskutieren  eingehender  die  sonstigen  Möglichkeiten 


414  W.  "Waldeyer, 

i;nd  Theorien'  der  Geschleclitsbestimmung,  welche  letztere  man  in  eine 
progame,  syngame  und  epigame  unterscheiden  kann.  Bei  der 
progamen  Bestimmung  hat  das  Ei  dieselbe  in  sich,  bei  der  syngamen 
wird  das  Geschlecht  im  Augenblicke  der  Befruchtung  entschieden,  sei 
es  durch  das  Spermium  allein,  oder  durch  das  Zusammenwirken  von 
Ovium  und  Spermium;  bei  der  epigamen  werden  noch  die  früheren 
Embryonalstadien  als  indifferent  angenommen  und  damit  vielen  Ein- 
flüssen, die  während  der  ersten  Entwickelung  noch  einwirken  können, 
Thür  und  Thor  geöffnet.  Die  progame  Geschlechtsbestimmuug  durch 
das  Ei  hat  die  meisten  Anhänger;  sie  ist  bereits  von  B.  S.  Sciiultze 
und  Pflüger  vor  vielen  Jahren  aufgestellt  und  experimentell  (Pflüger) 
verteidigt  worden.  Vgl.  die  neueste  Mitteilung  B.  S.  Sciiultze's  Central- 
blatt  für  Gynäkologie,  1903,  No.  1.  —  Ihr  stimmen  A.  Räuber  (692)  und 
Beard,  wie  für  die  Mehrzahl  der  Eälle  auch  0.  Schultze  bei,  wie  mir 
scheint,  auch  Petrunkewitsch,  der  jedoch  außerdem  eine  syngame 
Bestimmung  zuläßt.  Für  letztere  war  Düsing  in  seiner  bekannten  grund- 
legenden Abhandlung  (Jenaische  Zeitschr.,  Bd.  XVII,  1884)  im  wesent- 
lichen eino-etreten.  0.  Schultze  hält  die  svngame  Bestimmung;  für  völlio; 
unerwiesen.  Die  Lehre  von  der  Epigamie,  die  seiner  Zeit  kein 
Geringerer  Is  Leuckart  (Art.  Zeugung  in  R.  Wagner's  Handwörterbuch, 
Bd.  IV)  verfocht,  findet  unter  den  neueren  ernst  zu  nehmenden  Arbeiten 
über  diesen  Gegenstand  keine  Verteidigung  mehr. 

Schließlich  seien  noch  einige  nackte  Thatsachen  angeführt,  welche  für 
die  eine  oder  andere  Annahme  sprechen.  Pur  progame  Bestimmung 
ist  anzuführen,  daß  einige  Zwillinge  und  Doppelmißbildungen  stets  das- 
selbe Geschlecht  haben ;  doch  ist  dies  Pactum  nicht  absolut  zwingend'; 
es  kann  auch  syngam  aufgefaßt  werden.  Progam  müssen  aber  die 
Erfahrungen  bei  der  Parthenogenesis  gedeutet  werden ;  parthenogene- 
tische  Eier  können  sich  sowohl  zu  männlichen  wie  weiblichen  Individuen 
entwickeln.  Eine  syngame  Deutung  lässt  die  bei  den  Hymenopteren 
festgestellte  Thatsache  zu,  daß  unbefruchtete  Eier  männliche,  befruchtete 
aber  weibliche  Nachkommen  liefern.  Vergl.  übrigens  hierzu  noch  die 
neueren  Veröffentlichungen  von  Petrunkewitsch  (687a,  687b),  Weis- 
mann (722)  und  Dickel  (631b),  welcher  letztere  der  von  Petrunke- 
witsch und  Weismann  energisch  verteidigten  Lehre  von  dem  geschlechts- 
bestimmenden Einflüsse  der  Befruchtung  bei  den  Bienen  entgegentritt 
und  einen  solchen  vielmehr  in  der  Einwirkung  von  Drüsensekreten  der 
die  Eier  pflegenden  Arbeitsbienen  sucht,  wie  dies  nach  den  Beobach- 
tungen Grassi's  bei  den  Termiten  der  Pall  zu  sein  scheint  (B.  Grassi 
e  A.  Sandias,  Costituzione  e  sviluppo  della  Societä  dei  Termitidi,  Atti 
dell'  Accademia  Gioenia  delle  Sc.  nat.,  (4)  Vol.  VI  e  VII,  Catania  1893). 
Weismann  macht  (722)  mit  Recht  darauf  aufmerksam,  daß  sehr  wohl 
die  erwähnten  Drüsensekrete  (Speichel  und  Aehnliches)  einen  Einfluß 
auf  die  Ges  chl  e  cht sen  t  Wickelung  haben  können,  während  die 
Geschlechtsbestimmung  einzig  und  allein  von  der  Befruchtung 
(oder  Nichtbefruchtung)  abhängig  sei.  Bei  den  Termiten  können  sowohl 
die  Arbeiter,  wie  die  Soldaten  und  Geschlechtstiere  männlich  oder  weib- 
lich sein,  und  dies  wird  durch  die  Befruchtung  bestimmt ;  ob  aber  ein 
Individuum  Arbeiter,  Soldat  oder  Geschlechtstier  wird,  das  hängt  dann 
von  der  Ernährung,   bezw.   Bespeichelung  ab. 

Daß  auf  die  Eizelle  während  der  Oogenese  geschlechtsbestimmend 
eingewirkt  werden  kann,  lehrt  das  schlagende  Experiment  Nussbaum's 
(684)  bei  dem  bekannten  Rädertiere  H  y  d  a  t  i  n  a]  s  e  n  t  a.     Jedes  $  legt 


Die  Geschlechtszellen.  415 

entweder  nur  weibliche  oder  nur  männliche  Eier,  welche  weder  durch  die 
Befruchtung  noch  nach  geschehener  Befruchtung  geschlechtlich  mehr  Le- 
eintiußt  werden  können.  Wohl  aber  können  die  Weibchen  selbst  progam, 
und  zwar  durch  ihre  Ernährung,  bestimmt  werden:  alle  schlecht  er- 
nährten Weibchen  liefern  männliche,  alle  gut  ernährten  weibliche  Eier. 
Bei  Hydra  viridis,  welcher  Polyp  der  Regel  nach  Hermaphrodit 
ist,  aber  auch  eingeschlechtliche  Individuen  zeitigt,  erzielte  Nussbaum 
durch  den  Wechsel  der  Ernährung  bald  die  ausschließliche  Bildung  männ- 
licher, bald  die  weiblicher  Gonaden. 

Versuche ,  welche  0.  Schultze  2  Jahre  hindurch  bei  Mäusen 
nach  verschiedenen  Richtungen  hin  anstellte,  ergaben  keinen  Anhalts- 
punkt für  eine  Beeinflussung  der  Geschlechtszellencharaktere,  wohl  aber 
zeigten  sie,  daß  die  Hypothesen,  welche  über  einen  Einfluß  des  Alters 
der  Zeugenden  oder  des  Alters  der  Geschlechts^^rodukte,  wie  über  einen 
Einfluß  der  geschlechtlichen  Inanspruchnahme,  der  Inzucht  und  Incestzucht 
u.  a.  aufgestellt  worden  sind,  für  die  Maus  nicht  zu  verteidigen  sind, 
sicher  also  keine  allgemeine  Geltung  haben. 

Weitere  Nachweise  über  diese  Fragen  und  die  umfangreiche  betr. 
Litteratur  finden  sich  in  dem  Referate  Hexxeberg's  (Ergebnisse  der 
Anatomie  und  Entwickelungsgeschichte,  herausg.  von  Merkel  und  Boxxet, 
Bd.  VII,  1898,  p.  697)  und  in  dem  Werke  Orchansky's,  Etüde  sur 
l'heredite  normal  et  morbide,  St-Petersburg.   4.   1894. 

Daß  das  Vorhandensein  von  thätigen  Geschlechtsdrüsen  die  Ent- 
wickelung  der  äußeren  Geschlechtscharaktere  beeinflußt, 
welchen  Punkt  wir  als  den  zweiten  in  diesem  Abschnitte  zu 
besprechenden  hinstellen,  ist  eine  uralte  Erfahrung,  die  das  bei 
Haustieren  und  sicher  seit  vorgeschichtlichen  Zeiten  auch  beim  Menschen 
geübte  „Kastrieren"  (Verschneiden)  gelehrt  hat,  so  wie  die  Er- 
scheinungen beim  Auftreten  der  Pubertät.  Diese  letzteren  sprechen 
dafür,  daß  es  vorzugsweise  die  Anwesenheit  und  Ausbildung  der  Ge- 
schlechtszellen selbst  ist,  durch  welche  in  einer  uns  noch  nicht  ver- 
ständlichen Weise  dieser  so  mächtige  und  mannigfache  Einfluß,  der 
sich  bis  auf  die  Gehiruthätigkeit  erstreckt,  ausgeübt  wird.  ludessen 
kann  es  nicht  von  vornherein  bestritten  werden,  daß  etwa  auch  die 
Sekretionsthätigkeit  der  SERTOLi'schen  Zellen  im  Hoden,  über  welche 
neuerdings  insbesondere  Regaud  (222  IX)  und  Loisel  (153k)  weitere 
Mitteilungen  gebracht  haben,  sowie  die  Thätigkeit  der  Follikelepithelien 
(Regaud  et  Policard  525a — d),  selbst  vielleicht  die  der  interstitiellen 
Zellen,  hier  mit  in  Frage  kommen.  Als  neueste  Publikation  auf  diesem 
Gebiete  sei  die  Mitteilung  von  Foges  (639b)  erwähnt. 

Eine  scheinbare  Ausnahme  von  der  Bestimmung  der  äußeren 
Geschlechtscharaktere  durch  die  Geschlechtsdrüsen  (Geschlechtspro- 
dukte) bildet  der   P  send  ober  maphroditismu  s  (s.  unter  d). 

d)  Hermaphroditismus. 

Unter  Hermaphroditismus  wird,  ganz  allgemein  gefaßt, 
das  Vorkommen  von  beiderlei  Geschlechtsorganen  und  Geschlechts- 
charakteren bei  einem  und  demselben  Individuum  verstanden,  gleich- 
gültig, ob  diese  Organe  oder  Charaktere  vollkommen  oder  unvoll- 
kommen ausgebildet  sind. 

Nach  Klebs  (Handbuch  der  pathologischen  Anatomie,  I,  1876), 
der  einen  schon  von  J.  Fr.  Meckel  verfolgten  Einteilungsplan  auf- 
nahm und  durchführte,  pflegt   man   gewöhnlich   einen  Hermaphro- 


416  AV.  Waldeyer, 

(litis  m  US  verus  und  spurius,  oder  P  seudoherm  aphrodi- 
tismus  zu  unterscheiden.  Beim  ersteren  sind  bei  demselben  Indivi- 
duum Keimorgane  vorhanden,  welche  beiderlei  Sexualzellen,  S  wie  ? 
hervorbringen.  Entweder  sind  nun  diese  Keimorgane  gesondert  oder 
in  einem  Organe  vereinigt,  welches  dann  als  „ZAvitterdrüse"  be- 
zeichnet wird. 

Der  Pse  udoh  er  maphroditi  smus  wird  als  masculinus 
benannt,  wenn  die  Geschlechtsdrüsen  männlich,  die  übrigen  Geschlechts- 
organe und  der  äußere  Habitus  ganz  oder  zum  Teil  weiblich  sind,  im 
umgekehrten  Falle  spricht  man  von  einem  P  s  e  u  d  o  h  e  r  m  a  j)  h  r  o  - 
d  i  t  i  s  m  u  s  f  e  m  i  n  i  n  u  s. 

Die  vorstehende  Einteilung  genügt  dem  praktischen  Bedürfnisse, 
reicht  jedoch  für  eine  wissenschaftliche  Fassung  nicht  aus.  Stephan 
(708  I)  hat  jüngst  nach  dieser  ßichtung  hin  eine  neue  gegeben : 

autogamus 
Hermaphroditismus  effectivus  <  reciprocus 

successivus 

.      ..  ,.     ,  ,.  X   f  foecundus 

potentiahs  (s.  potis)  |  g^gj.-^-^ 

{glandularis 
tubularis 
externus. 

Beim  effektiven  Hermaphroditismus  handelt  es  sich  um  eine  Form, 
bei  der  wirklich  befruchtungsfähige  Keimzellen  gebildet  werden  und  zu 
bestimmungsgemäßer  Verwendung  kommen.  Findet  Selbstbefruchtung  statt, 
wie  man  sie  bei  isoliert  lebenden  parasitischen  Hermaphroditen  annehmen 
darf  (Bandwurmglieder  sollen  sich  jedoch  gegenseitig  befruchten),  so 
haben  wir  die  autogame  Form,  bei  wechselseitiger  Befruchtung  (Lum- 
bricinen,  Schnecken  u.  a.),  die  reciproke;  bringt  die  vorhandene  Zwitter- 
drüse zuerst  nur  Keimzellen  einer  Art,  dann  nur  die  der  anderen  hervor, 
die  successive  (Myxine).  Hierbei  können  erst  Spermien  im d  darauf 
die  Eier  gebildet  werden,  oder  es  geschieht  umgekehi-t  —  Proterandrie, 
Protogynie. 

Der  Potentiale  Hermaphroditismus  (Hermajohroditismus  „potis"  wäre 
wohl  der  richtige  lateinische  Ausdruck)  will  besagen,  daß  alle  Anlagen  für 
eine  doppelte  Geschlechtsthätigkeit  thatsächlich  vorhanden  sind,  daß  sie 
aber  aus  irgend  einem  Grunde  nicht  zu  regelrechter  Funktion  kommen. 
Kommt  nur  e  i  n  Apparat  nicht  zur  Thätigkeit,  dann  funktioniert  das 
hermaphroditische  Wesen  nicht  hermaphroditisch,  sondei-n  unisexuel, 
es  handelt  sich  dann  um  einen  Hermaphroditismus  potentialis  foecundus; 
fehlt  die  Funktion  beiden  sonst  gut  ausgebildeten  Apparaten,  dann 
handelt  es  sich  um  einen  Hermaphroditismus  potentialis  sterilis. 

Die  Zunamen  glandularis,  tubularis  und  externus  zum 
H  er  map  hr  odi  t  ismu  s  ru  dim  en  t  ar  ius  wollen  besagen,  daß  im 
ersteren  Falle  die  Keimdrüsen ,  im  zweiten  die  ausführenden  Wege, 
im  dritten  die  äußeren  Genitalien  oder  auch  nur  der  Gesamthabitus 
hermaphroditische  Verhältnisse  in  mehr  oder  minder  ausgeprägter  Weise 
zeigen.  Unter  die  Rubrik  des  Hermaphroditismus  rudimentarius  fallen 
die  meisten  der  bei  den  höheren  Vertebraten  und  beim  Menschen  be- 
obachteten Fälle.  Dies  und  die  Thatsache,  daß  die  Protozoen  und  Proto- 
phyten,  wenn  auch  Konjugation,  so  doch  keine  individuelle  Sexualität 
zeigen,   ferner  der  Umstand,   daß  zwischen  den  Keimdrüsen  und   den   Ge- 


Die  Geschlechtszellen.  417 

schlechtszelleu  Homologie  besteht,  fuhrt,  abgesehen  von  manchen  anderen 
Erwägungen,  zu  dem  Schlüsse,  daß  der  Hermaphroditismus  nicht  der 
primäre  Zustand  der  Bisexualität  ist,  sondern  ihr  als  die  einfachere 
Form  höchstens  in  Parallele  gesetzt  werden  kann,  wenn  er  nicht  aus  ihr 
abgeleitet  werden  muß.  Vgl.  darüber  A.  Lang,  Lehrbuch  der  vergl.  Ana- 
tomie der  wirbellosen  Tiere,  2.  Aufl.  (Mollusca),  p.  373,  Jena,  G.  Fischer, 
1900,  ferner  Benda  und  Stephan,  1.  c,  1.  c.  w.  u.  Besondere  Verhält- 
nisse, wie  singulare  Lebensweise,  Befestigung  am  Wohnplatze,  Parasi- 
tismus, langsame  Fortbewegung,  wie  bei  den  Schnecken  u.  a.,  spielen 
bei  der  Enstehung  des  Hermaphroditismus  als  entferntere  Ursachen  mit, 
und  so  erklärt  es  sich,  daß  er  bei  den  Wirbeltieren,  je  höher  sie  ent- 
wickelt sind,  als  effektive  Form  gar  nicht  mehr  vorkommt.  Die  meisten 
Beispiele  der  letzteren  Form  liefern  die  Wirbellosen.  Fakultativ  und 
rudimentär  findet  er  sich  bei  den  Amphibien  und  bei  wenigen  Teleostiern, 
bei  einzelnen  derselben  und  Myxine  auch  effektiv,  s.  p.  376  und  379. 
Als  primären  Hermaphroditismus  sieht  Haecker  die  Fort- 
pflanzungsweise  der  Volvox-Kolonieen  an;  vielleicht  gehören  auch 
Spongien  und  Ctenophoren  zu  den  Geschöpfen  mit  primärem 
Hermaphroditismus  (654a). 

Unter  den  Wirbellosen  zeigen  den  regelmäßigen  effektiven  Hermaphro- 
ditismus außer  den  p.  385  aufgeführten  Mollusken  die  wenigen  noch 
lebenden  Arten  der  E  c  a  r  d  i  n  e  s  (B  r  a  c  h  i  o  p  o  d  a),  z.  B.  die  Entenmuschel, 
Lingula  anatina,  die  B  r  y  o  z  o  a ,  die  Tardigraden  (Arachnoi- 
dea),  die  Cirrhipedia  (Crustacea),  unter  den  W^ürmern  die 
Oligochaeta  und  einzelne  P  o  1  y  c  h  a  e  t  a  (Anneliden),  die  H  i  r  u  - 
dinea,  einige  ßhab  diti  s- Arten  (Nematoda),  die  meisten  Plathel- 
m  i  n  t  h  e  s  und  einige  Xemertini,  unter  den  Echinodermen  einige 
lebendig  gebärende  0  p  h  i  u  r  e  n  ,  wie  A m  p  h  i  ur  a  ,  und  die  M  o  1  p  a  d  i  d  a 
und  Synaptida,  ferner  die  Ctenophora,  die  Gattung  Hydra  i;nd 
einige  andere  Polypomedusen,  einige  Anthozoa,  wie  Cerianthus, 
und  manche  Porifera   (Coelenterata). 

Z  Witt  er  dr  US  eil  finden  sich  bei  dem  ganzen  Kreise  der  Herm- 
aphroditen doch  nur  in  den  selteneren  Fällen,  am  verbreitetsten  noch 
bei  den  Mollusken,  Lainellibranchiaten  wie  Gasteroi)oden.  In  solchen 
Drüsen  können,  wie  bemerkt,  die  Eier  und  Spermien  gleichzeitig  und  in 
allen  Abteilungen  der  Drüse  d  u  r  c  h  e  i  n  a  n  d  e  r  oder  n  a  c  h  e  i  n  a  n  d  e  r 
entstehen,  endlich  in  verschiedenen  Abteilungen  der  Drüse  neben- 
einander (Pteropoda);  dies  führt  dann  über  zu  der  häufigeren 
Form  der  Zwitter  mit  getrennten  Keimdrüsen.  Bei  Nacktschnecken 
stellte  Babor  den  merkwürdigen  Fall  fest,  daß  ein  und  dasselbe  Tier 
temporärer  Zwitter  sein  kann,  indem  es  sowohl  vor  wie  nach  der 
Zwitterperiode  eingeschlechtlich  ist. 

Bei  den  Phalangiden  (Arachnoidea)  bilden  sich  in  einzelneu 
Fällen  Eier  in  den  Hoden  aus,  die  jedoch  nicht  zur  Verwendung  ge- 
langen, sondern  sich  zurückbilden.  Solche  Verhältnisse  finden  sich 
nicht  selten  bei  den  Amphibien,  insbesondere  bei  den  Rani  den 
und  Bufonen.  Bei  diesen  letzteren  findet  sich  noch  ein  nicht  sicher 
zu  deutendes  Organ,  BiDDER'sches  Organ,  in  Form  eines  rudimen- 
tären Eierstocks  am  oberen  Ende  der  Keimdrüse  bei  beiden  Ge- 
schlechtern; es  bilden  sich  auch  Eier  in  demselben  aus,  die  sich 
jedoch  nur  bis  zu  einer  gewissen  Stufe  entwickeln  und  dann  regel- 
mäßig  degenerieren.     Von   den   Ovarien    ist   es   nicht   so    scharf  ge- 

Handbueh  der  Entwickelungslehre.  1.  27 


418  W.  Waldeyer, 

schieden,  wie  von  den  Hoden;  zuweilen  entstehen  in  ihm  auch  Spermien. 
Bei  den  gesclilechtsreifen  Weibchen  bildet  sich  das  Organ  zurück. 
Es  zeigt  eine  auffallend  starke  Vaskularisation,  welche  die  der  Keim- 
drüsen weit  übertrifft.  Stephan  meint,  im  Anschlüsse  an  die  meisten 
anderen  Beobachter,  unter  denen  vor  allen  noch  Knappe  (442b)  zu 
nennen  ist,  daß  es  morphologisch  einem  rudimentären  Eierstocke  ent- 
spreche, indessen  durch  eine  innere  Sekretion  (Zerfallsprodukte  der 
rudimentären  Eier)  eine  bedeutsame,  allerdings  noch  unbekannte 
Funktion  zu  erfüllen  habe.  Policard  (C.  r.  Soc.  de  Biologie,  1901, 
citiert  bei  Stephan)  sah  nach  Exstirpation  des  Organs  die  Tiere  zu 
Grunde  gehen. 

Bei  denselben  S  Kröten,  die  ein  BiDDEP'sches  Organ  besitzen, 
findet  sich  übrigens  außerdem  noch  hermaphroditische  Eibildung  in 
den  Hoden.  Man  bezeichnet  solche  Hoden  als  „Ovotestes".  Daß 
bei  den  geschlechtsreifen  ?  Bufonen  sich  das  BiDDER'sche  Organ 
zurückbildet,  stimmt  sehr  wohl  mit  der  angenommenen  Funktion  des- 
selben; denn  dann  werden  im  funktionierenden  Ovarium  selbst  reich- 
lich Eier,  die  zur  Regression  kommen,  erzeugt. 

Tür  Weiteres  und  für  Litteraturangaben  ist  bezügiicli  der  Vertebraten 
auf  die  Abhandlung  von  Stephan  (708  II),  den  Bericht  Bonnet's  (Ö18),  die 
Mitteilungen  von  K.  Benda  (Ergebnisse  der  allgemeinen  Pathologie  und 
l^athologischen  Anatomie,  herausgegeben  vonLuBARSCH  und  Ostertag,  Bd.  I, 
Wiesbaden  1897)  und  Fr.  Friedmaxn  (642)  zu  verweisen;  ferner  siehe  be- 
züglich der  Evertebraten  Korschelt-Heider  (666a).  Einzelnes  Bemerkens- 
werte geben  noch  Boswald  (617),  G.  Brühl  (625),  Cole  (627a),  Delitzin 
(631),  DöRRWÄCHTBR  (633),  Düchaxek  (635),  J.  Frank  (641),  Garth 
(643),  Guericolas  (649),  Guinard  (651),  Ivopsch  und  Szy.monowski  (666), 
Messner  (673,  Fall  von  Hermaphroditismus  verus  beim  Menschen),  Sälen 
(701,  dasselbe),  W.  Nagel  (681,  Kritik  der  beim  Menschen  als  Herm- 
aphroditismus verus  beschriebenen  Fälle),  Sangalli  (702),  Sumner  (710), 
Taruffi  (711),  V.  La  Valette  St.  George  (713)  iind  Ward  (720).  Ueber 
die  bisher  beim  Menschen  und  bei  den  höheren  Wirbeltieren 
beobachteten  Fälle  sei  noch  besonders  bemerkt,  daß,  wenn  auch  beiderlei 
Keimdrüsenanlagen  vorhanden  waren,  dieselben  doch  niemals  beide  zur 
vollen  funktionellen  Ausbildung  gediehen  sich  erwiesen. 

e)  Parthenogenesis,  Ephebogenesis.     Chreozygie.     Apogamie. 

Merogonie. 

Mit  dem  von  B.  Owen  (On  Parthenogenesis  or  the  successive  pro- 
duction  of  procreating  individuals  from  a  Single  ovum,  London  1849) 
aufgestellten  und  von  C.  Th.  v.  Siebold  (Wahre  Parthenogenesis  bei 
Schmetterlingen  und  Bienen,  Leipzig  1856)  zuerst  auf  die  richtigen  Fälle 
eingeschränkten  Namen  ,,Partheno  genesis"  oder  „Jungfern- 
zeugung^'  bezeichnet  man  denjenigen  Vorgang,  bei  dem  sich  ein 
unbefruchtetes  Ei  normal  entwickelungsfähig  erweist:  der  von  Ver- 
WORN  (Die  physiologische  Bedeutung  des  Zellkerns,  Pflüger's  Archiv 
für  die  gesamte  Physiologie,  Bd.  LI,  p.  81)  vorgesehene  umgekehrte 
Fall,  daß  sich  ein  Spermium  embryonal  weiterentwickelte,  wird  von 
Rawitz  als  „Ephebogenesis",  „Jünglingszeugung"  benannt. 

Als  normales  Vorkommnis,  welches  in  regelrechter  Weise  zum 
Entwickelungsgange  gehört,  ist  die  Parthenogenesis,  sowohl  bei 
Tieren  wie  bei  Pflanzen,  eine  seltene  Erscheinung,  viel  seltener  als 
der  Hermaphroditismus.    Bei  Tieren  finden  wir  sie  hauptsächlich  unter 


Die  Geschlechtszellen.  419 

den  Würmern  (Rotatorien)  und  Arthropoden  (Phyllopoden,  Ostra- 
koden,  Aphiden,  Hymenopteren  und  Lepidopteren).  Bei  Wirbel- 
tieren ist  normale  Parthenogenesis  durch  nichts  bestimmt  erwiesen, 
siehe  das  p.  SS  Gesajite.  Unter  den  Pflanzen  zeigen  sie  die  zu  den 
Fadenpilzen  gehörenden  Sa])  rolegn  ien ,  Ohara  crinita  (Chara- 
ceen),  Marsilia  (Pteridopliyta),  ja  auch  Phanerogamen,  wie  Anten- 
naria  alpina,  Alche  milla- Arten  nach  Juel  und  Murbeck, 
und  in  besonders  interessanter  Weise  nach  Solms- Laubach  und 
Treub  Ficus  hirta  (Annales  du  Jardin  botani(|ue  de  Buitenzorg, 
Ser.  2,  Vol.  III,  p.  124,  1902). 

Nach  allem,  was  wir  wissen,  stellt  die  Parthenogenesis  einen  von 
der  Amphigonie  sekundär  erworbenen  Zustand  dar,  der  den  be- 
treiTenden  Lebewesen  zur  Eihaltuug  ihrer  Art  gewisse  Vorteile  bringt, 
ähnlich  dem  Hermaphroditismus.  Weismann  (M.  2403,  p.  94)  giebt 
als  solchen  Vorteil  die  möglichst  intensive  Vermehrung  an,  welche 
offenbar  durch  die  Parthenogenesis  gesetzt  wird. 

Die  Parthenogenesis  kann  als  dauernde  oder  als  fakultative  Ein- 
richtung bestehen.  Ein  besonderes  Interesse  hat  sie  in  letzter  Zeit 
dadurch  gewonnen,  daß,  wie  es  scheint,  allen  Eiern  die  Fähigkeit 
innewohnt,  sich  ohne  spermische  Befruchtung,  oder,  wie  man 
sagen  kann,  „a s  p  e  r  m  i  s  c h^'  zu  entwickeln :  k ü  u  s  1 1  i  c h  e  P  a r  t  h  e n  o- 
genesis  (Loeb),  deren  gegenwärtiger  Ausbau  sich  auf  die  bahn- 
brechenden Versuche  der  Brüder  Hertwig  (M.  1255)  stützt. 

Es    handelt    sich,    so    scheint    es,    darum,    einen    für  das  betreffende 

spermisch    unbefruchtete    Ei    adäquaten  Reiz    zu  finden,    der  den 

normalen  Befruchtungsreiz    des   Spermium    zu  ersetzen  vermag.     Erprobt 

sind  insbesondere  von  Loeb:  Herabsetzung  des   osmotischen  Druckes  bei 

geeigneter    Temperatur   (für    Seeigeleier),    Zusatz    von    geringen    Mengen 

eines  Kaliumsalzes  zum  Seewasser  (für  Eier  von  C  ha  et  op  t  erus),  eines 

Calciumsalzes   (für  Eier  von  Amphitrite)  —  K-,  Na-,  Li-,  Sr-  und  Mg-Salze 

erwiesen  sich  hier   wirkungslos   — .     Eier  von  Asterias  konnten   durch 

n 
Einwirkung;  von  Wasserstofifionen  (erzielt  durch  geringen  Zusatz  einer  — - 

anorganischen  Säure  zum  Seewasser)  zur  Eurchung  angeregt  werden, 
welche  Prozedur  wieder  bei  anderen  Eiern  wirkungslos  blieb.  Bei  dem 
vorhin  erwähnten  Objekte  Tkeub's,  der  Ficus  hirta  Vahl,  scheinen 
Insektenstiche  den  erforderlichen  Reiz  abzugeben.  A.  Mathews 
(472b)  erzielte  parthenogenetische  Entwickelung  durch  Schütteln  der 
Eier  bei  Seesternen.    - 

Loeb  meint,  daß,  wie  bemerkt,  vielleicht  alle  Eier  ein  partheno- 
genetisches  Vermögen  haben,  daß  aber  unter  normalen  Bedingungen 
die  parthenogenetische  Entwickelung  so  langsam  ablaufe,  daß  das  Ei 
absterbe,  ehe  es  ihm  möglich  ist  ein  vorgeschritteneres  Eutwickelungs- 
stadium  zu  erreichen.  Durch  die  künstlichen  Mittel  werde  der  Prozeß 
beschleunigt. 

Bis  jetzt  ist  es  in  keinem  Falle  gelungen,  die  Entwickelung  bei 
der  künstlichen  Parthenogenesis  so  weit  zu  treiben,  wie  bei  der  natür- 
lichen ;  man  hat  jedoch  bei  Wirbellosen  schon  vorgeschrittene  Larven- 
formen zu  Wege  gebracht.  Daß  man  bei  eingehenderen  Studien 
noch  weiter  kommen  werde,  darf  mau  wohl  voraussetzen.  Bei  Wirbel- 
tieren (Amphibien)  ist  noch  nicht  viel  erreicht  worden.  Die  neuesten 
bei  Rana  temporaria  von  Henneguy  (407a)  unternommenen  Ver- 

27* 


420  W.  Waldeyer, 

suche  mit  Salzlösungen  erjiiaben  eine  Art  Zerklüftung  der  Eier;  die 
Segmente  enthielten  aber  keine  Kerne.  Henneguy  spricht  deshalb  nur 
von  einer  P  send  osegm  en  tation  und  von  P  seudo  Segmenten. 

Bald  liefert  die  Parthenogenesis  ausschließlich  männliche 
Nachkommen  —  Arrenotokie  (Leuckart  -  Bienen),  bald, 
wenigstens  in  einer  ganzen  Reihe  von  Generationen,  nur  weibliche 
—  Thely  tokie  (v.  Siebold,  Beiträge  zur  Parthenogenesis  der  Arthro- 
poden ,  Leipzig  1871,  p.  225  —  manche  Phyllopoden,  wie  die 
Cladoceren  u.  a.),  Blattwespen  vergl.  Blochmann  (M.  1952);  end- 
lich geht,  wie  es  scheint,  bei  den  meisten  derjenigen  Schmetter- 
linge, wo  fakultative  Parthenogenesis  besteht  (z.B.  Bombyx)  sowohl 
S  wie  2  Nachkommenschaft  aus  den  unbefruchteten  Eiern  desselben 
Weibchens  hervor. 

Im  großen  und  ganzen  zeigen  die  Eier  bei  regulärer  Partheno- 
genesis keine  Besonderheiten,  doch  sind  solche  in  Bezug  auf  die 
Größe  und  Beschaffenheit  der  Schale  bei  den  Rädertieren  und  bei 
Phylloxera  beobachtet  worden,  hängen  indessen  wohl  kaum  mit 
der  Parthenogenesis  selbst  zusammen.  Es  muß  aber  hervorgehoben 
werden,  daß  es  sich  durchaus  um  regelrecht  gebildete,  mit  allen 
Attributen  versehene  Eier  handelt,  nicht  um  „Pseudova'',  wie  man 
die  parthenogenetischen  weiblichen  Sexualzellen  früher  wohl  angesehen 
und  benannt  hat. 

Weitaus  die  meisten  untersuchten  parthenogenetisch  sich  ent- 
wickelnden Eier  bilden  nur  ein  Rieh  tun  gskör  per  cheu  bei  ihren 
Reifeteilungen,  für  andere  (bei  Apis,  Blochmann,  bei  Liparis,  Platner) 
werden  zwei  angegeben. 

Schon  Blochmann  (M.  1952  u.  1953)  war  es  aufgefallen,  daß  bei 
parthenogenetisch  sich  entwickelnden  Eiern,  wie  es  Weismann  1885 
(724)  für  Daphniden,  ohne  jedoch  die  Einzahl  besonders  zu  betonen, 
und  Blochmann  1887  (M.  1952)  für  die  Aphiden  festgestellt  hatte, 
nur  ein  Richtungskörper  auftrete.  Blochmann  suchte  die  Bedeutung 
dieser  Einzahl  bei  parthenogenetischen  Eiern  gegenüber  der  Zweizahl 
bei  den  amphigonen  oifenbar  nach  einer  anderen  Richtung  hin  als  Wels- 
mann, der  kurz  darauf  1887  (M.  2025)  das  von  ihm  sogenannte  „Zahlen- 
gesetz der  Richtungskörperchen"  aufstellte.  Dies  Gesetz  stützt  sich 
nach  der  neueren  Fassung  Weismann's  (M.  2403)  insbesondere  auf  die  von 
0.  Hektwig  bei  den  Reifeteilungen  von  Ascaris  megalocephala 
ermittelten  Thatsachen  und  will  besagen,  daß  bei  parthenogenetischen 
Eiern  die  zweite  Reifeteilung,  bezw.  die  Ausstoßung  des  zweiten  Rich- 
tungskörpercbens  wegfallen  muß  (s.  Eig.  55),  weil  ihnen  durch  Spermium- 
befruchtung  keine  '  neuen  Chromosomen  zugeführt  werden  und  sie  sich 
somit  ihre:i  Cliromosomenbestand  erhalten  müssen.  Bei  spermisch  be- 
fruchteten Eiern  wird  durch  den  Spermakern  neue  Chromosomenmasse 
hinzugeführt ;  der  sich  ergebende  Ueberschuß  soll  durch  die  Abstoßung 
des  2.  Richtungskörperchens  ausgeglichen  werden.  Siehe  jedoch  hierzu 
das  Kapitel   „E  i r  e  i  f  u  n  g  und  Befruchtung". 

Wenn  Blochmann  (1.  c.)  und  Platner  (M.  2344)  neuerdings  auch 
bei  parthenogenetischen  Eiern  (bei  Apis  und  Liparis)  2  Polzellen  beob- 
achtet haben,  so  hat  Brauer  (307b)  gezeigt,  daß  diese  Befunde  einer- 
seits (bei  Blochmann)  noch  nicht  hinreichend  sicher  gestellt  sind,  anderer- 
seits (bei  Platner)  die  Möglichkeit  besteht,  daß  die  Eier  seines  Objektes 
(Liparis)  nicht  zur  weiteren  Entwickelung  kamen. 


Die  Geschlechtszellen.  421 

Wertvoll  ist  der  jüngst  erhobene  Befund  von  Petrunkewitsch  (514b), 
daß  die  parthenogetischen  Eier  von  Artemia  sali  na  ein  Centrosom 
(Centriol)  besitzen.  Dies  spricht  für  die  Lehre  Boveiu's  von  der  Rolle 
der  Spermien  bei  der  Befruchtung,  daß  sie  nämlich  der  Eizelle  das  Cen- 
triol zuzuführen  hätten,  da,  wie  wir  sahen,  der  befruchtungsbedürftigen 
Eizelle  das  Centriol  fehlt. 

Die  an  sich  sehr  beachtens\verten  Versuche  von  Rawitz  (692b) 
beweisen  meines  Erachtens  nicht  das  X'orkonnnen  einer  Epheboseiiesis 
in  dem  Sinne,  wie  Rawitz  mit  Verworn  (siehe  vorhin)  diesen  Begriff 
gefaßt  hat.  (Siehe  auch  Boveri  622e,  Anm.  zu  p.  165.)  Thatsächlich  er- 
reichte Rawitz,  indem  er  Spermien  von  Sphaer echinus  granula- 
r  i  s  zu  entkernten,  aber  sonst  ganzen  Eiern  von  H  o  1  o  t  h  u  r  i  a  t  u  b  u  - 
losa  —  nicht  kernlosen  Eistücken  wie  Boveri  und  Belage  —  brachte, 
Furchungsvorgänge  und  Entwickelung  bis  zur  Blastulabildung  unter 
gleichzeitiger  Teilung  des  eingedrungenen  in  einen  Spermakern  ver- 
wandelten Spermienkopfes.  Es  gelang  dies  auch  bei  Verwendung  von 
unreifen  Eiern,  wie  bemerkt  werden  mag,  da  angegeben  worden  ist 
(s.  666a,  p.  208).  daß  man  bis  jetzt  nur  bei  reifen  Eiern  an  über- 
zählig eingedrungenen  Spermienköpfen,  die  sich  zu  Kernen  umbildeten, 
Teilungen  beobachtet  habe.  Ueberhaupt  erinnert  der  ganze  von  Ra- 
witz beschriebene  Vorgang  an  das  Verhalten  der  Nebenspermien  bei 
polyspermisch  befruchteten  Eiern,  vergl.  insbesondere  Rückert  (534). 
Ephebogenesis  im  strengen  Wortsinne  als  Gegenstück  zur  Par- 
thenogenesis  würde  aber  nur  dann  vorliegen,  wenn  man  ein  Sper- 
mium auf  irgend  eine  Weise  allein  zu  einer  Teilung,  die  mindestens 
an  Furcliung  erinnerte,  bringen  könnte;  auch  müßte  das  Ooplasma 
nicht  an  der  Furchung  teilnehmen.  Man  hätte  sich  wohl  an  die  Spernia- 
tiden  oder  an  Spermien  von  Zellenform  zu  wenden.  Daß  im  Sinne 
Verworn's  eine  Ephebogenesis  möglich  wäre,  soll  nicht  bestritten 
sein.  Ich  füge  noch  hinzu ,  daß  das  Zerteilen  des  eingebrachten 
Spermienkopfes  in  immer  kleinere  Stücke,  bis  sie  kaum  mehr 
entdeckt  werden  konnten,  wie  dies  Rawitz  beschreibt,  nicht  dem  nor- 
malen Verhalten  eines  Furch ungsprozesses  entspricht,  sondern  eher 
einem  Zerfalle  gleicht.  Wichtig  ist  an  den  Versuchen  das  auch  von 
Rawitz  betonte  Ergebnis,  daß  zu  jeder  Ooplasmamasse  eine  bestimmte 
Menge  Kernsubstanz  gehört,  um  sie  zur  Entwickelung  zu  bringen. 

Auch  bei  Pflanzen  (Fucaceen)  ist  es  gelungen,  eine  mero- 
gonische  Befruchtung  und  Entwickelung  zu  erzielen  (Winkler  726e). 
RosTAFixsKY  hat  dies  bereits  1877  gleichfalls  bei  Pucaceen  gezeigt,  war 
somit  überhaupt  der  erste,  welcher  Teilbefruchtungen  versucht  und 
festgestellt  hat.     Vergl.  Giakd  (645a). 

0.  Hertwig  (661)  hat  mit  dem  Namen  „B  e  f  r  u  c  h  t  u  n  g  s- 
bed  ür  ftigkeit"  eine  weitere  Eigentümlichkeit  der  Gameten  (Ge- 
schlechtsweseu  und  Geschlechtszellen)  gekennzeichnet,  die  eine  Dis- 
position für  den  Befruchtungsakt  bedeutet.  Als  technischen  Ausdruck 
könnte  man  dafür  das  Wort  „Chreozygie'' M  verwenden.  Hertwig 
unterscheidet  eine  absolute  und  relative  Befruchtungs- 
bedürftigkeit. Absolut  befruchtungsbedürftige  Gameten,  selbst 
Infusorien  oder  Schwärms^joren  von  Algen,  gehen  alsbald  nach  Ein- 
tritt dieses  Zustandes  zu  Grunde,   falls  keine  Befruchtung  stattfindet, 


1)  Von  -^  /^pEO)  „Bedürfnis"  und  i^-zu^'^iJ-t  „zusammenpaaren". 


422  W.  Waldeyer, 

s.  p.  398.  Relative  Chreozygie  bedeutet,  daß  der  Gamet  nur  vorüber- 
gehend oder  fakultativ  befruchtungsbedürftig  ist,  wie  z.  B.  die 
B  i  e  n  e  n  e  i  e  r. 

Einen  interessanten  Fall  von  fakultativer  Chreozg3de  fand  Berthold 
(Die  geschlechtliche  Fortpflanzung  der  eigentlichen  Phäosporen,  Mitt.  d. 
zool.  Stat.  Neapel,  1881,  Bd.  II.)  bei  der  Algenform  Ectocarpus;  hier 
bleibt  der  weibliche  Gamet  nur  wenige  Minuten  befruchtungsfähig,  geht 
aber,  wenn  unbefruchtet  geblieben,  nicht  zu  Grunde,  sondern  entwickelt 
sich  als  Oospore  weiter. 

Der  Vollständigkeit  halber  wollen  wir  nur  kurz  noch  erklären, 
daß  Zustände  bei  Ptianzen  beobachtet  werden,  wo  die  betreffenden 
Arten  ganz  das  Vermögen,  was  ihre  Vorfahren  besaßen  und  ihre  Ver- 
wandten besitzen,  Geschlechtszellen  (Gameten)  zu  bilden,  eingebüßt 
haben.  Man  bezeichnet  dies  Verhalten  im  allgemeinen  als  Apogamie, 
und  insbesondere  dann,  wenn  der  Verlust  beiderlei  Geschlechts- 
zellen betrifft;  sonst  wird  noch  eine  Apandrie  von  einer  Apogynie 
unterschieden.  Findet  (bei  Pflanzen)  auch  keine  Sporenbildung  mehr 
statt,  dann  spricht  man  von  Aposporie.  (Vergl.  über  Apogamie 
unter  anderen  A.  de  Bary,  lieber  apogame  Farne  und  die  Erscheinungen 
der  Apogamie  im  allgemeinen.  Botanische  Zeitung,  36.  Jahrgang). 

Eine  neuere  geschichtliche  Darstellung  über  Partheno" 
g  e  n  e  s  i  s  gab  Taschexbbkg,  Historische  Entwickelung  der  Lehre  von 
der  Parthenogenesis,  Halle  1892.  Weitere  Arbeiten  über  die  in  diesem 
Abschnitte  behandelten  Dinge  aus  neuerer  Zeit  lieferten  Barfurth  (280b), 
Bataillon  (615),  Bonnet  (618),  Boveri  (622e),  Yves  Delage  (342a), 
GiARD  (381a  u.  645),  Grusdew  (391),  Henneguy  (404),  Janosik  (433), 
Leuckart  (669a),  J.  Loeb  (463— 463fj,  Nussbaum  (683b),  Wilson  (726c), 
Winkler  (726d,  726e)  und   Woltereck  (609a). 

C)  Gametozygie. 

P.  205  ff.  ist  mitgeteilt  worden,  auf  welchen  Wegen  die  Spermien 
zu  den  Eizellen  gelangen;  es  erübrigt,  was  auf  p.  207  in  Aussicht 
gestellt  wurde,  anzugeben,  wie  sie  in  dieselben  eindringen.  Die 
Gesamtheit  aller  der  hier  in  Betracht  kommenden  Vorgänge  und  Er- 
scheinungen bezeichnen  wir  als  Gametozygie. 

In  erster  Linie  ist  an  die  früher  erörterten  mechanischen  Ein- 
richtungen und  Vorgänge  der  Spermien,  welche  sie  zum  Eindringen 
in  das  Ei  überhaupt  befähigen,  zu  erinnern,  an  die  Per f Oratorien 
(p.  105)  und  an  das  aktive  Bewegungsvermögen  der  Spermien 
(p.  205  ff.);  letzteres  kommt,  wie  es  insbesondere  zuerst  A.  Schneider 
(705a)  und  M.  Nussbaum  (M.  1143),  dann  E.  Van  Beneden  (61(3a, 
p.  138)  gezeigt  haben,  auch  den  sonst  meist  unbeweglich  gefundenen 
Kugelspermien  zu,  sobald  sie  in  Berührung  mit  der  Eizelle  getreten  sind. 

In  zweiter  Linie  muß  derselben  Verhältnisse  bei  der  Eizelle, 
insbesondere  der  Mikropy lenapparate  (p.  293,  295,  299  u.  308) 
gedacht  werden. 

Zu  bisher  nicht  Besprochenem  übergehend,  würde  zunächst  der 
0  r  t  des  Eindringens  der  Spermien  in  die  Eizelle  zu  erörtern  sein. 
Ist  eine  Mikropyle  oder  eine  ähnliche  Einrichtung,  wie  z.  B.  die 
Flocke  des  Petromyzonteneis,  vorhanden,  so  ist  der  Ort  genau  be- 
stimmt;  es   ist  hierbei  hervorzuheben,   daß  der  Keim  der  Eizelle  mit 


Die  Geschlechtszellen.  423 

dem  Keimbläschen   oder   dem  Eikern    immer   in  der  Nähe  der  Mikro- 
pyle   gelegen  ist. 

Bei  dieser  Gelegenheit  sei  bemerkt,  daß  die  Angaben  E.  Van  Bene- 
den's  (616a)  über  eine  eigenartige  niikrop3denähnliche  Einrichtung  am 
Ei  von  Ascaris  megalocephala  sich  nicht  bestätigen  lassen  (Boveei, 
0.  Zacharias). 

Bei  den  Eiern  von  Anuren  dringen  die  Spermien  fast  regel- 
mäßig am  dnnklen  (oberen)  Eipole  ein  (Xewport,  Roux),  bei  den 
Urodelen  wird  wenigstens  der  obere  Pol  bevorzugt.  Die  Stellen,  an 
denen  Spermien  eingetreten  sind,  lassen  sich  als  hellere,  leicht  vertiefte 
Marken,  Empfängnisflecke,  erkennen  (Michaelis  479a).  Bei 
Amphioxus  sieht  man  die  Eintrittsstelle  meist  dem  Eii)ole,  an 
welchem  sich  die  Richtungskörperchen  bilden,  gegenüber  liegen.  In 
anderen  Fällen,  z.  B.  beim  Mäuse  ei  (nach  Sobotta)  und  bei  V  es- 
per ugo  noctula  (nach  Van  der  Stricht  7ü9a),  kann  von  einem 
bestimmten  Orte  nicht  die  Rede  sein,  wenigstens  ist  nicht  zu  entdecken, 
ob  da,  wo  das  Spermium  eintritt,  irgend  etwas  besonderes  den  Eintritt 
Erleichterndes  vorhanden  war. 

Weiterhin  ist  der  Hilfs Vorgänge  zu  gedenken,  durch  welche 
das  Ei  dem  Spermium  beim  Eintritte  entgegenkommt.  Dahin  gehören 
der  cöne  d'attraction  Fol's  (Empfängnishügel).  Man  versteht  dar- 
unter das  Hervortreten  eines  kleinen  kegelförmigen  Stückes  des 
Ooplasma  an  der  Stelle,  wo  sich  das  erste  befruchtungsreife  Spermium 
dem  Ei  bis  zu  einem  gewissen  Grade  nähert;  in  diesen  Ooplasmahügel 
tritt  das  betreffende  Spermium  ein  und  wird  mit  ihm  in  das  Ooplasma 
hineingezogen;  dieser  Vorgang  ist  bei  Seesterneiern  (Asterias  giacialis) 
beobachtet  worden.  Vom  cöne  d'attraction  ist  der  cöne  d'ex- 
sudation  (Fol)  zu  unterscheiden.  Dieser  tritt  (bei  Seeigeln)  als 
kleine  Erhebung  nach  Eintritt  des  Spermium  an  der  Eintrittsstelle 
auf.  Seine  Bedeutung  ist  unbekannt.  Beiderlei  Coni  scheinen  nach 
denj  Beobachtungen  von  A.  Müller,  Calberla,  v.  Kupffer  und 
Benecke  auch  bei  der  Befruchtung  von  Petromyzon-Eiern  vorzu- 
kommen.    Näheres  s.  Kap.  „Eireifung  und  Befruchtung". 

Eine  andere  Frage  der  G  a  m  e  t  o  z  y  g  i  e  betrifft  d  i  e  j  e  n  i  g  en 
Teile  der  Spermien,  welche  t  hat  sächlich  in  die  Eizellen 
eindringen.  Fol  u.  a.  haben  für  die  Echinodermen-Eier  angegeben, 
daß  nur  der  Kopf  und  der  Hals  eindrängen,  der  Schwanz 
draußen  bleibe  und  abgeworfen  werde.  Sobotta  nimmt  dasselbe  für 
das  Mäuseei  an.  Umgekehrt  hat  jüngst  Van  der  Stricht  1.  c.)  bei 
Vesper  ugo  noctula  den  Eintritt  des  gesamten  Spermium 
nachgewiesen.  Ebenso  Rein  (M.  1276)  für  Kaninchen,  R.  Fick  (363), 
als  erster  bei  einem  Wirbeltiere  (für  den  Axolotl),  und  Michaelis 
(L  c.)  für  Triton,  E.  Van  Beneden  für  Ascaris  megalocephala. 
Bemerkenswert  ist  die  stärkere  Färbbarkeit,  welche  den  Angaben  der 
Beobachter  zufolge  an  den  eingedrungenen  und  eindringenden  Sper- 
mien sich  herausstellt  (E.  Van  Beneden). 

Endlich  handelt  es  sich  um  die  Kräfte,  durch  die  das  begünstigte 
Spermium,  nachdem  es  infolge  der  förderlichen  Bedingungen,  welche 
ihm  die  Kopulation  der  Geschlechter  und  seine  Zahlenverhältnisse 
(s.  p.  157  u.  351)  darboten,  in  die  unmittelbare  Nähe  einer  Eizelle  ge- 
kommen ist,  nun  zur  Gametozygie  gebracht  wird.  Hier  spielen  chemo- 
taktische und  vielleicht  auch  thigmotaktische,  cytotaktische 


424  W.  Waldeyer, 

(sexuelle  Cytotaxis)  und  rlieotak  tische  Einwirkungen  eine 
Rolle.  Bei  Pfianzensperniien  (Farnen)  wissen  wir  durch  die  mit  Recht 
berühmt  gewordenen  V^ersuche  von  Pfeffer,  daß  geringe  Mengen  von 
Aepfelsäure  die  betreffenden  Spermien  anziehen,  und  daß  in  den  Arclie- 
gonien  derselben  Farne  Ae])felsäure  gebildet  wird  (GS7c).  Für  Th  igm  o- 
taxis  (bei  anderen  Spermien)  sprechen  Beobachtungen  von  Dewitz 
(M.  1239,  1240). 

Lebende  Spermien  bewegen  sich  zu  den  Flächen  des  Objektglases 
oder  Deckglases  oder  eines  zAvischenliegenden  Gegenstandes  hin  und 
verlassen  dieselben  nicht  mehr ,  wenn  sie  sie  erreicht  haben  ;  sie  sollen 
sich  an  solchen  Gegenständen  regehnäßig,  und  zwar  umgekekrt  wie  der 
Zeiger  einer  Uhr,  bewegen.  —  Massaht  (M.  1266  und  158b)  sah,  daß 
in  Gallertschicliten  von  verschiedener  Dichtigkeit  Froschspermien  den 
dichteren  Schichten  zustrebten ;  nun  sind  aber  die  Gallerthüllen  beim 
Froscheie  desto  dichter,  je  näher  sie  an  der  Dotterhaut  liegen. 

Verwohn  (714)  weist  auf  die  rheotaktischen  Einflüsse  hin,  welche 
sich  durch  den  Wimperstrom  der  Tubenflüssigkeit  äußern  können. 
Solche  und  andere  bestimmende  Einflüsse  müssen  notwendig  bei 
Wasserbefruchtungen  angenommen  werden,  wo  Eier  und  Sperma  ver- 
schiedener Arten  leicht  gemischt  werden  können  und  wo  doch  die 
zusammengehörigen  sich  flnden. 

In  dieser  Beziehung  sind  besonders  interessant  die  Beobachtungen 
v.  Dungern's  (634a).  Ihm  zufolge  produzieren  gewisse  Eier  Giftstoffe 
für  die  Spermien  anderer  Tierarten,  so  Seesterneier  für  die  Seeigel- 
spermien ,  jedoch  nicht  umgekehrt.  Andere  Substanzen  bringen  die 
Spermien  fremder  Arten  in  den  Gallerthüllen  der  Eier  zur  Agglutination, 
so  daß  ihre  Bewegung  gehemmt  wird.  Wieder  andere  in  den  Eiern 
erzeugte  Stoffe,  wirken  auf  die  Artspermien  hemmend  und  anziehend, 
so  daß  sie  sich  in  die  zum  Eindringen  günstige  Radiärrichtung  ein- 
stellen, für  fremde  Spermien  wirken  sie  reizend,  so  daß  die  Bewegung 
nicht  in  der  zur  Einstellung  nötigen  Weise  gehemmt  wird.  Zum  Be- 
weise mischte  v.  Dunoern  Gelatinelösung  mit  Eiextrakten  und  konnte 
feststellen,  daß  sich  die  zu  den  betrefiPenden  Eiern  gehörenden  Spermien 
auch  auf  diese  Gelatineschicht  senkrecht  stellten,  während  fremde  ab- 
gelenkt wurden.  —  Sehr  bemerkenswert  ist  die  Angabe  von  Schai'dixx 
(230b),  daß  beiden  Sporozoen  die  von  den  Makrogameten  ausgestoßenen 
Kernstückchen  (s.  p.  203/204)  anlockend  auf  die  spermienförmigen  Mikro- 
gameten  wirken. 

Es  scheint  übrigens,  daß  Samenfäden  in  alle  möglichen  Proto- 
plasmastücke eindringen  können,  was  ja  auch  nicht  zu  verwundern 
ist;  ich  erwähne:  eigene  und  fremde  Spermien  in  kernlose  Eistücke 
und  kernlose  Eier,  in  reife  und  unreife  Eier  (Boveri),  Rawitz  (1.  c), 
in  PJchtungskörperchen  (vergl.  die  Angaben  Platner's  Arch.  f.  mikr. 
Anat.,  Bd.  XXVII,  p.  35  über  Arion,  und  Francotte's,  Bull.  Acad. 
de  Belgique,  1897,  p.  278  über  Prostheceraeus ;  ferner  diskutieren  die 
Möglichkeit  einer  Art  Befruchtung  der  Richtungskörperchen  Sobotta 
und  V.  Kostanecki  —  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  XLVII,  p.  330  — ),  in 
E  n  d  0 1  h  e  1  z  e  1 1  e  n ,  s.  Barjon  und  Cade,  Cytologie  des  hydroceles  etc., 
(Bullet,  de  la  Societe  des  hopitaux  de  Lyon,  No  6,  1902)  in  Leuko- 
cyten,  s.  p.  157  u.  a.  In  den  letzten  beiden  Fällen  kann  es  sich  auch 
um  einen  Phagocytismus  seitens  der  genannten  Zellen  handeln. 


Die  Geschlechtszellen.    .  425 

Den  größten  Phagoc3'tismus  sollen  nach  Iwaxzoff  (438)  die  un- 
reifen Eier  der  Holothurien  an  ihren  Artspermien  üben.  Gab  er  zu  sol- 
chen unreifen  Eiern  Sperma,  so  drangen  die  Spermien  scharenweise  in  die 
Eier  eines  gewissen  Entwickelungsstadiums  —  weder  ganz  junge,  noch 
reife  eignen  sich  —  ein,  wobei  ihnen  das  Ei  durch  Aussendung  zahl- 
reicher pseudopodienähnlicher  Empfängnishügel  nachhalf.  Etwa  nach 
2  Stunden  ist  das  Ei  mit  Spermien  gesättigt  und  bildet  nun  keine  Em- 
pfängnishügel mehr ;  es  dringen  dann  auch  keine  weiteren  Spermien 
mehr  ein ;  am  folgenden  und  übernächsten  Tage  konnte  jedoch  Iwaxzoff 
die  Spermienfütterung  bei  demselben  Eie  wiederholen.  Die  Spermien- 
schwänze  verschwinden  alsbald  im  Ooplasma ;  die  Köpfe  quellen,  jedoch 
ohne  die  charakteristische  Strahlung,  ein  wenig  auf  und  dringen  in  die 
Kerne  der  Eizellen  ein,  woselbst  sie  einem  feinkörnigen  Zerfalle  unter- 
liegen ;  die  feinen  Granula  mengen  sich,  so  scheint  es,  den  Chromatin- 
granulis  des  Kernes  bei.  Iwaxzoff  knüpft  hieran  die  Folgerung,  daß  die 
Vorgänge  der  Eireifung  das  Ei  unfähig  machten,  die  eingedrungenen 
Spermien  zu  verdauen,  die  dann  zu  regelrechter  Kopulation  mit  der  Ei- 
zelle gelangen  könnten. 

Was  die  Zahl  der  in  eine  reife  Eizelle  normalerweise  ein- 
dringenden Spermien  anlangt,  so  ist  bei  den  meisten  normalen  Eiern 
nnr  ein  penetrierendes  Spermium  vorhanden,  Mono  Spermie.  Wenn 
die  Eier  irgendwie  geschwächt  sind:  durch  längeres  Warten  auf  die 
Befruchtung,  ungünstige  Medien,  Zusatz  abändernder  Reagentien, 
Chloroformieren  u.  a.  (0.  und  R.  Hertwig)  ,  dann  treten  auch 
in  monosperme  Eier  mehrere  Spermien  ein.  Bleiben  diese  über- 
befruchteteu  Eier  am  Leben,   so  furchen  sie   sich   in  abnormer  Weise 

—  pathologische  Polyspermie  Rückert  (534).  Nun  giebt  es 
auch  Eier,  in  welche  mehrere  Spermien  eintreten  können,  die  aber  bis 
auf  das  mit  dem  Eikern  kopulierende  „Hauptspermium"  im  Ei 
schließlich  phagocytisch  verschwinden,  ohne  an  demselben  irgend  einen 
irregulären  Prozeß  hervorzurufen,  „N  e  b  e  n  s  p  e  r  m  ie n''.  Andere  Eier 
wieder  —  und  dahin  wären  nach  Rückert  die  Selachiereier  zu  rechnen 

—  haben  eine  regelmäßige  Polyspermie.  Aus  den  Köpfen  der 
eingedrungenen  Nebenspermien  gehen  in  diesem  Falle  Kerne  hervor,  die 
sich  teilen  und,  indem  sie  sich  mit  einem  Teile  des  Protoplasmas  der 
Eier  umgeben,  echte  Zellenkerne  werden  können,  sogenannte  Mero- 
cyten  und  Mer  ocy  tenkerne.  Obwohl  die  Bedeutung  dieses  Vor- 
ganges noch  nicht  aufgehellt  ist,  hält  Rückert  ihn  für  einen  zur 
normalen  Entwickelung  solcher  Eier  gehörenden  physiologischen,  phy- 
siologische Polyspermie.  Wir  haben  es  hier  offenbar  mit 
wichtigen  Erscheinungen  zu  thun. 

In  allen  Fällen  von  Polyspermie  kopuliert  stets  nur  e  i  n  Sper- 
mium, das  H  a  u  p  t  s  p  e r  m  i  u  m ,  mit  dem  Eikerne,  die  G  a  m  e  t  o  z  y  g  i  e 
bleibt  eine  mon  os  per  mische.  Vergl.  unter  anderem  Rein,  I.e. 
Nur  bei  R  i  e  s  e n  e i er  n ,  die  wahrscheinlich  aber  aus  zwei  verschmolzen 
waren,  beobachteten  zur  Strassen  (568a)  und  Boveri  (622a)  eine 
d  i  s  p  e  r  m  e  B  e  f  r  u  c  h  t  u  n  g. 

Schließlich  wäre  noch  der  besonderen  Einrichtung  an  den  bei  ver- 
schiedenen $  Tieren  (Urodelen,  Evertebraten)  vorkommenden  Recepta- 
cula  seminis  zu  erwähnen,  daß  diese  Oi-gane  von  den  Muttertieren, 
z.  B.  der  Bienenkönigin,  willkürlich  geöffnet  und  geschlossen  werden 
können,  so  daß  ein  vorbeigleitendes  Ei  entweder  befruchtet  wird  oder  nichf. 


426  W.  Waldeyer, 

Ich  bemerke,  daß  sich  bei  E.  Van  Beneden  (1.  c.)  eine  sehr  ein- 
gehende Besprechung  der  Vorgänge  der  Penetration  des  Spermium,  ins- 
besondere für  Ascaris  mag  al  o  c  ephal  a  findet,  die  in  vielen  Punkten 
ihren  Wert  behalten  wird,  wenn  sich  auch  die  vorhin  berührten  Angaben 
Van  Beneden's  über  einen  Mikropylenapparat  beim  Ascaris-Ei  als  hin- 
fällig erweisen  sollten.  Ferner  ist  hervorzuheben,  daß  Puckert  (534) 
noch  weitere  Erörterungen  von  größtem  Interesse  über  die  Annahme 
eines  Abstoßungsvorganges  zwischen  den  Nebenspermien  giebt.  Doch  wir 
befinden  uns  hier  auf  der  Grenze  zwischen  den  Kapiteln  „Geschlechts- 
zellen" und  „Eireifung  und  Befruchtung",  welchem  letzteren  eine  genauere 
Erörterung  der  hier  nur  kurz  zu  berührenden  Vorgänge  vorbehalten, 
werden  muß. 

Außer  der  schon  citierten  Litteratur  seien  noch  erAvähnt :  Van  Bam- 
BEKE  (M.  1934),  E.  Van  Beneden  (M.  1223—1230),  Blanchakd  (M.  1231), 
Böhm  (M.  1232),  Bonnet  (296)  —  Spermien  im  Oolemma  bei  der  Katze 
— ,  Braus  310  (Polyspermie  bei  Urodelen),  Calberla  (1238),  Dahl  (628b), 
GuiGNARD  (M.  1244),  0.  Hertwig  (M.  1247—1253),  Keber  (M.  1250  u. 
439),  V.  KuPFFER  (M.  1263),  Mark  (M.  1265),  Nicolas  (682a).  Nighoff 
(M.  1270),  RuscoNi  (M.  1280),  Schenk  (M.  1281),  0.  Schultze  (M.  1287), 
SoBOTTA  (Bericht  über  Reifung  und  Befruchtung  des  Wirbeltiereies  in 
„Merkel-Bonnet,  Ergebnisse  der  Anatomie  und  Entwickelungsgeschichte", 
Bd.  V,  p.  507,  Wiesbaden  1896),  Tafani  (M.  1289),  Whitman  (M.  1295), 
Waldeyer  (M.   1290)  —  Referat. 

O  i^i)  Greschichtliche  Bemerkungen  zu  Abschnitt  III  und  IV. 

Für  die  Entwickelung  unserer  Kenntnisse  vom  Ei  und  vom  Ver- 
hältnis zwischen  Samen  und  Ei  verweise  ich  in  erster  Linie  auf  das 
erste  von  0.  Hertwig  bearbeitete  Kapitel  dieses  Werkes,  worin  die 
bemerkenswerten  Umgestaltungen  und  Fortschritte  unserer  Kenntnis 
dieser  Dinge  in  ihren  Hauptzügen  dargestellt  sind.  Ferner  ist,  ebenso 
wie  im  Abschnitt  II  (Samen),  eine  Anzahl  hierhergehöriger  Daten, 
insbesondere  auch  die  Erklärung  der  üblichen  technischen  Ausdrücke 
mit  Angabe  ihres  Urhebers  in  den  Abschnitten  III  und  IV  dem  Texte 
einverleibt  worden.  Ich  habe  im  folgenden  nur  noch  einige  Nach- 
träge zu  liefern: 

Was  für  die  Kenntnis  des  Anteils  des  männlichen  Geschlechtes 
an  den  Entwickelungsvorgängen  die  Entdeckung  der  Spermien  durch 
Ham  und  Leeuv^enhoeck^)  bedeutete  (s.  p.  215),  das  bedeutet  für 
die  des  weiblichen  Anteils  die  genau  150  Jahre  später  erfolgte  Auf- 
findung des  unbefruchteten  Säugetiereies  innerhalb  der  GRAAP'schen 
Bläschen  des  Ovarium  (beim  Hunde)  durch  K.  E.  von  Baer,  d.  Z. 
Professor  der  Zoologie  zu  Königsberg  i.  Pr.  Es  sei  gestattet  auch 
hier  den  betreffenden  Absatz  der  Originalmitteilung  anzuführen. 

Nachdem  v.  Baer  geschildert  hat,  wie  er  in  der  Tube  von  Hündinnen 
die  Eier  als  weißliche  Pünktchen  aufgefunden  hatte,  und  zw^ar  in  viel 
jüngeren  Stadien,  als  es  vor  ihm  Regnerus  de  Graaf,  Crt'ikshank  und 
Prevost  et  Dumas  gelungen  war,  fährt  er  fort,  p.  12  §  3  (Ovula  in 
ovario  canino) : 


1)  Der  Name  wird  bald  „Leeuwenhoeck",  bald  „Leeuwenhoek"  geschrieben. 
Ich  habe  mich  an  diejenige  Schreibweise  gehalteü,  welche  sich  in  dem  p.  215  citierten 
Bande  der  Londoner  Philos.  Transactions  findet.  Sie  ist  auch  in  das  von  August 
Hirsch  herausgegebene  „Bibliographische  Lexikon",  Bd.  III,  p.  651  übernommen 
worden. 


Die  Geschlechtszellen,  427 

„Restabat  ut  de  ovorum  conditione  iu  ovario  certiorem  me  facerem ; 
nam  ova  tarn  parva  (bezieht  sich  auf  die  kleinen,  eben  erwähnten  punkt- 
förmigen Tubeneier)  vesiculas  Graafianas  ipsas  ex  ovario  expulsas  non 
sistere  luce  clarius  visum  est,  nee  verisimile  habui  tarn  solida  corpuscula 
in  tubis  ex  vesicularum  fiuiditate  modo  coagulata  esse.  Ovaria  contemplans 
jam  ante  omnem  incisionem  in  quacumque  fere  vesicula  punctum  luteo- 
album  clare  distinxi,  quod  velamentis  vesiculae  nullo  modo  affixum  libere 
liquore  innatare  jDressio,  specillo  in  vesiculam  facta,  manifeste  docuit. 
Curiositate  quadam  potius  seductus,  quam  spe  motus  me  nudis  oculis  per 
omnes  vesicularum  Graafianarum  tunicas  ovula  in  ovariis  vidisse,  vesi- 
culam aperui,  de  quo  dixi  punctum  cultelli  lamina  (tam  distincte  illud 
vidi  et  a  muco  circumdante  discrevi)  arripui  et  microscopio  subjeci. 
Obstupui  profecto,  cum  oviilum  ex  tubis  jam  cognitum  tam  clare  viderem, 
ut  coecus  vix  negaret.  Mirum  sane  est  et  inexspectatum,  rem  tam  perti- 
naciter  quaesitam,  ad  nauseam  usque  in  quocunque  compendio  physio- 
logico  uti  inextricabilem  tractatam,  tam  facillimo  negotio  ante  oculos 
poni  posse." 

War  die  Entdeckung  der  Spermien  zum  guten  Teile  ein  Werk 
des  Zufalls,  wobei  es  allerdings  von  nicht  zu  unterschätzender  Be- 
deutung blieb,  daß  dieser  Zufall  die  Angelegenheit  alsbald  unter  die 
Augen  "eines  Leeuwenhoeck  gelangen  ließ,  so  ist  auf  der  anderen 
Seite  selten  die  Entdeckung  eines  wichtigen  naturwissenschaftlichen 
Objektes  auf  so  vorbedachte  und  methodische  Weise  zu  Wege  ge- 
kommen, wie  die  des  Ovulum  mammalium.  v.  Baer  wandte  sich, 
wie  seine  genannten  drei  berühmten  Vorgänger,  zuerst  an  den  Uterus 
und  die  Tube,  und  es  gelang  seinem  überlegten  Vorgehen  und  seinem 
scharfen  Auge  die  Eier  in  der  Tube  aufzufinden,  so  wie  sie  die  Ovarien 
eben  verlassen  hatten.  Damit  war  für  einen  geübten  Untersucher  die 
Entdeckung  der  Ovarialeier  gegeben,  wie  v.  Baer  das  selbst  so  klar  und 
packend  beschreibt.  Das,  was  die  Auffindung  erst  so  spät  hatte  ge- 
lingen lassen,  ist  offenbar  die  enorme  Größendifferenz  zwischen  den  seit 
langem  bekannten  Eiern  der  übrigen  Tiere  und  dem  Säugetierei  gewesen, 
verbunden  mit  dem  Einschlüsse  in  einen  Follikel,  der  selbst  einem 
Ei  so  ähnlich  sah. 

Seltsam,  daß  ein  so  scharfer  Beobachter  und  Denker  wie  v.  Baer 
in  der  Deutung  seines  Fundes  wieder  in  den  schweren  Irrtum  verfiel, 
das  von  ihm  gefundene  Ovulum  als  das  Homologon  des  kurz  vorher 
von  PuRKYNE  beim  Hühnerei  entdeckten  Keimbläschens  (522)  anzu- 
sprechen,  und  dann  gezwungenermaßen  den  GRAAp'schen  Follikel 
doch  als  das  Homologon  des  Vogelgelbeies  anzusehen,  eine  Verwechs- 
lung, welche  alsbald  von  Purkyne  richtiggestellt  wurde.  Merkwürdig 
ist  aber  wiederum,  ich  möchte  sagen,  die  Divinationsgabe  mit  der 
V.  Baer  um  50  Jahre  seiner  Zeit  vorausschaut,  wenn  er,  p.  29  seiner 
Abhandlung,  schreibt:  „Vesiculam  Purkinjii  partem  ovi  efficacem  esse 
credo,  qua  facultas  feminina  vim  exerceat,  ut  facultas  masculina  semini 
inest  virili"  (!). 

Das  Keimbläschen  der  Säugetiereier  wurde  10  Jahre  später 
gleichzeitig  durch  Coste  {6-2S)  und  Wharton  Jones  (435a)  nach- 
ge\Yiesen;  bezüglich  der  Entdeckung  des  Keimfleckes  siehe  das 
p.  2G8  Gesagte.  Th.  Schwann  gab  in  seinem  khtssischen  Werke 
..Mikroskopische  Untersuchungen  u.  s.  f."  die  richtige  Deutung  aller 
dieser  Teile  nach  Maßgabe  der  Zellenlehre. 


428  .    W.  Waldeyer, 

Es  sei  beziiglicli  der  Namengebimg  hierzu  noch  angemerkt,  daß 
V.  Baek  die  Bezeichnung  „Zona  pellucida",  C.  Krau.se  die  Termini 
„Oolemma"  und  „Discus  oophorus"  (statt  Discus  proligerus  v.  Babr)  gab. 
Siehe  auch  }>.  358. 

Mit  dem  Jahre  1839,  in  welchem  die  Teile  des  Eies  richtig  ge- 
deutet waren,  schließt  die  erste  Epoche  der  hier  zu  betrachtenden 
geschichtlichen  Entvvickelung  ab.  Nicht  ganz  25  Jahre  später,  mit  dem 
Erscheinen  der  PPLÜGER'schen  Monographie  (517),  an  welche  sich  die 
Arbeiten  von  Bornhaupt,  Waldeyer,  v.  Mihalkovics  und  Janosik 
anschlössen,  beginnt  die  Erkenntnis  der  0  o  gen  es e,  nachdem  Valen- 
tin (Müller's  Archiv,  1838,  p.  52('))  und  Th.  Billroth  (ebendaselbst, 
p.  144)  die  ersten  Spuren  der  Follikelbildung  bei  Säugetieren  richtig 
erkannt  hatten.  Weitere  10  Jahre  darauf  wird  mit  den  Untersuchungen 
von  BtJTSCHLi,  von  0.  Hertwig,  E.  Van  Beneden,  Fol  und  Boveri 
unsere  Kenntnis  von  den  unmittelbaren  Beziehungen  zwischen 
Samen  und  Ei  eröffnet,  mit  welchen  die  Studien  über  die  feineren 
Vorgänge  bei  der  Eireifung  und  Spermienreifung  von  Balbiani,  Van 
Bambeke,  Van  Beneden,  Benda,  Carnoy  et  Lebrun,  Coert, 
V.  Ebner,  Flemming,  Haecker,  Henneguy,  F.  Hermann,  0.  Hert- 
v^iG,  Meves,  Rückert,  Strasburger,  Van  der  Stricht,  v.  Wini- 
warter  Hand  in  Hand  laufen. 

Diese  Vorgänge  stehen  gegenwärtig  noch  im  Vordergrunde  der 
Forschung.  Als  jüngstes  Forschungsobjekt  ist,  seit  M.  Nussbaum's 
Weismann's,  Haecker's  und  Boveri's  Untersuchungen  die  Frage 
nach  der  Entstehung  der  Gameten  durch  die  Lehre  von  besonde- 
ren, eine  Keim  bahn  herstellenden  Geschlechtszellen 
vertieft  worden. 

An  diese  Erweiterung  unseres  Gesichtskreises  schließen  sich  die 
Untersuchungen  über  a  s  p  e  r  m  i  s  c  h  e  Befruchtung  an ,  deren 
Tragweite  noch  nicht  abzusehen  ist. 

Die  näheren  Daten  über  diese  seit  1839  erfolgten  Fortschritte 
sind  teils  im  Texte  dieses  Kapitels  angegeben,  teils  fallen  sie  in  das 
folgende  (Eireifung  und  Befruchtung). 

Einzelnes  anlangend,   so  sei  noch  Nachstehendes  angemei'kt : 
E.  Van  Bexedex  nimmt  (wie  seiner  Zeit  schon  C.  Krause)  bei  Kaninchen- 
eiern  noch    eine    feine  Dotterhaut    unmitttelbar    am    Ooplasma    an   (288). 
Ebendaselbst    (p.  522)    gebraucht    er    den    Namen    „Pseud  onu  cleol  i" 
für  das,  was  Elemming  als  Netzknoten  bezeichnete. 

Die  Mikropyle  beschrieben  zuerst  bei  Pischeiern  (Syngnathus) 
und  bei  Loligo  Doyere  (L'Institut,  18.  Jahrgang,  I.  Sect.,  Sciences 
mathem.,  ph3^siq.  et  naturelles,  1850,  p.  12,  Seance  15  decembre  1849) 
und  Bruch  (Zeitschrift  für  wissensch.  Zool.,  Bd.  VII,  1856,  p.   172). 

Die  Bedeutung  der  Eier  sämtlicher  Tiere  als  Zellen  wurde 
vornehmlich  von  Gegenbaur,  Mcller's  Arch.,  1861  erwiesen  und  darf 
jetzt  als  allgemein  angenommen  betrachtet  werden.  Vergl.  dazu  das  auf 
p.  353  Gesagte.  An  dieser  Stelle  ist  auch  v.  la  Valette  St.  Gborge's 
die  Deutung  der  Eiteile  abschließender  Arbeit  (584)  zu  gedenken. 

Die  Namen  „ho  lob  las  tische"  und  „meroblastische"  Eier 
sind  schon  von  Remak  gebraucht  worden.  Den  neuerdings  mehrfach 
verwendeten  Ausdruck  „Geschlechtskerne"  führte  M.  Nussbaum 
(M.  3252,  p.   132)  zuerst  ein. 


Die  Geschlechtszellen.  429 

Daß  die  Spermien  zur  Befruchtung  in  die  Eier  eindringen,  ist,  irre 
ich  nicht,  zuerst  von  Boxxet  („Contemplations  de  la  Nature"  und 
„Oeuvres  d'Hist.  naturelle,  T.  III,  ]).  454,  1779j  angenommen  worden; 
wenige  Jahre  später  sprach  sich  v.  Gleichex-Russworm  in  demselben 
Sinne  aus:  ,,Abhaudluugen  über  Samen  und  Infusionstierchen",  Nürnberg 
1788.  Die  oft  citierten  Arbeiten  von  Barry  (Proceedings  Royal  Soc, 
Vol.  IV,  p.  432,  Phil.  Transact.  London,  1843,  p.  33)  G.  Neavport,  On 
the  Impregnation  of  the  Ovum  in  the  Amphibia,  Phil.  Transact.  IL  Ser. 
1853,  Part.  II)  und  H.  Nelsox,  (681b),  sowie  auch  von  Bischoff  und 
Keber  (439)  und  alle  späteren  bis  auf  0.  Hertt^tcg  (416a)  und  Fol  (M.  1242 
u.  1243)  haben  nur  die  Anwesenheit  von  Spermien  in  den 
Eiern,  und  das  auch  nicht  immer  einwandsfrei,  dargethan,  nicht  aber 
ihren  zur  Befruchtung  notwendigen  Eintritt  erwiesen  oder 
thatsächlich  festgestellt.  Erst  0.  Hertwig's  Arbeiten  (416a) 
brechen  hier  Bahn,  und  Fol  (M.  1242,  u.  1243)  konnte  die  erste  Be- 
schreibung vom  Akte  des  Eindringens  (bei  Wirbellosen  —  Echinodermen) 
geben;  Tafaxi  (M.  1289j  und  Sobotta  (556)  lieferten  sie  für  ein  Säuge- 
tier —  Mus   musculus. 

Ueber  die  Bildung  der  Geschlechtszellen  bei  Bastardtieren,  sowie 
über  die  allgemeinen  Verhältnisse  der  letzteren  giebt  eine  eingehende 
Zusammenstellung  K.  Ackermaxx:  Tierbastarde,  Kassel  1898.  (Selbst- 
verlag des  Verfassers). 

Die  jüngsten  menschlichen  Eier  in  den  Tuben  sah  wohl  Le- 
THEBY,  Philos.  Transact.  Royal  Soc.  London,  1852,  Vol.  57,  P.  I;  ihre  Unter- 
suchung hat  jedoch  keine  besonders  bemerkenswerten  Ergebnisse  geliefert. 

G.  Platxer  (M.  2004)  war  der  erste,  welcher  feststellte,  dass  die 
beiden  letzten  Reifetheilungen  bei  der  Spermiogenese  und  Oogenese  einander 
entsprechen,    daß   also  Oiden  und  Spermatiden  homologe  Bildungen  sind. 

Aiiliaiig  zum  Abschnitt  Sperma. 

Seit  der  Bearbeitung  des  Abschnittes  „Ei"  sind  noch  eine  Reihe 
wichtiger  Arbeiten  über  Sperma  erschienen,  welche  einen  kurzen  Kach- 
trag erwünscht  machen.  In  erster  Linie  sind  die  Abhandlungen  von 
G.  Retzius  (1.  Weitere  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Spermien  des  Men- 
schen und  einiger  Säugetiere,  Biolog.  Untersuchungen,  Neue  Folge, 
Bd.  X,  1902,  p.  45,  und  2.  Ueber  einen  Spiralfaserapparat  am  Kopfe 
der  Spermien  der  Selachier,  ebend.  p.  61)  anzuführen,  in  welchen 
wichtige  Beobachtungen  über  normale  und  abweichende  Formen  von 
menschlichen  Spermien,  sowie  die  besten  Abbildungen  normaler 
menschlicher  Spermien  gegeben  werden.  Retzius  war  so  freundlich, 
mir  die  Gliche  s  zur  Verfügung  zu  stellen,  so  daß  ich  hier  noch  einige 
Figuren   normaler    menschlicher  Spermien   zur  Ansicht   bringen    kann. 

Ferner  entdeckte  Retzius  eigentümliche,  bis  jetzt  noch  nicht 
beschriebene  Spiralfädeu  am  Kopfe  der  Selachierspermien.  Retzius 
ist  auch  als  der  Entdecker  der  doppelschwänzigen  Spermien  beim 
Menschen  anzusehen,  s.  dessen  Mitteilung  vom  Jahre  1881  (224).  Ueber 
die  atypischen  Formen  der  Spermien  sind  inzwischen  auch  ausführliche 
Mitteilungen  von  J.  Broman  erschienen  (61c.  d,  f),  auf  welche  gleich- 
falls noch  ausdrücklich  verwiesen  werden  soll.  Nach  den  neueren  Er- 
fahrungen muß  es  zweifelhaft  erscheinen,  ob  diese  Formen  schlecht- 
weg als  „pathologische'"  zu  bezeichnen  sind. 

Weiterhin  gedenke  ich  der  ausführlichen  Arbeit  von  Meves  (172c) 
über  die  doppeiförmigen  Spermien  von  Paludina  und  Pygaera  und 


430 


W.  Waldeyer, 


u. 


fülire  daraus  an ,  daß  Meves  Re- 
duktionsteilungen im  Sinne  Weis- 
mann's  abweist,  den  Ausdruck  Gen- 
tr  0  s  p  h  ären,  welchen  Strasburger 
einführte,  für  die  Hüllen  um  die 
Centriolen  gewöhnhcher  Zellen  an- 
nimmt und  den  wiederholt  mißver- 
ständlich gebrauchten  Ausdruck  .,Idio- 
zom"  für  die  ,,Centrosphären"  ruhen- 
der Samenzellen,  welche  Sphären  Be- 
sonderheiten zeigen  (p.  177),  durch 
die  Bezeichnung  „Cen trothecae" 
ersetzt.  Bezüglich  des  sachlichen  In- 
haltes kann  auf  p.  199  verwiesen 
werden.  Nur  das  wäre  hinzuzu- 
fügen, daß,  wie  die  Entwickelung  der 
ungewöhnlichen  (oligopyrenen  und 
apyrenen)  Form  dieser  Spermien  es 
klar  darthut,  bei  dieser  Form  das 
Kernchromatin  ganz  oder  fast  ganz 
fehlt.  Nimmt  man  die  Chromosomen 
für  die  Vererbungsträger,  so  würde 
also  durch  solche  Spermien  keine 
oder  nur  eine  unbedeutende  väter- 
liche Erbmasse  übertragen  werden 
können.    S.  a.  A.  Schneider  (705b). 

Die  Rückbildung  nicht  entleerter 
Spermien  wird  eingehend  von  Bar- 
FURTH  besprochen  (Biologische  Un- 
tersuchungen über  die  Bachforelle, 
Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  XXVII, 
p.  160,  1886). 

Endlich  sei  noch  auf  den  in  prak- 
tischer Beziehung  wichtigen  dift'eren- 
tiellen  Nachweis  von  Sperma  durch 
das  P  räcipit  in  verfahren  ver- 
wiesen, welches  in  neuester  Zeit  von 
Uhlenhuth  und  A.  Schütze  zu 
unserer  Kenntnis  gebracht  worden 
ist.  S.  A.  Schütze,  lieber  weitere 
Anwendung  der  Präcipitine.  Deutsche 
mediz.  Wochenschr.,  No.  45,  S.  804, 
1902. 


Fig. 


_  -p.  155.  Zwei  Spermien  vom  Menschen. 
A  von  der  KopffJäche,  B  von  der  Kopfkante 
gesehen.  Man  erkennt  das  Vorderstück  und 
das  Hinterstück  des  Kopfes,  die  Ziischärfung 
des  ersteren  zum  Perforatori  um,  den  Hals 
den  zwei  Halsknötchen  (in  Fig.  A)  und 
Centrosomfäden,  das  Verbindungsstück, 
Hauptteil  und  den  Endteil  des  Schvvan- 
Nach  G.  Eetzius  (1.  c).    Gezeich,  bei 


mit 
den 
den 


zes. 


Zeiss,  Apochrom.  2  mm.  Ap.  1,30,  Tub.  IGO. 
Ocul.  12,  die  Zeichnung  dann  3X  vergr. 


B 


Die  Geschlechtszellen.  431 


Litteraturverzeichnis. 

Die  nachstehend  anfgot'ührten  Schriften  umfassen  mit  der  für  mich  zur  Zeit  er- 
reichbaren Vollständigkeit  die  (Vertebraten-lLitteratur  vom  Jahre  1893  bis  Dezember 
li)02  einschheßlich.  Von  älteren  Werken  sind  diejenigen  aufgenommen  worden,  welche 
eine  geschichtliche  Bedeutung  erlangt  haben  und  größere  zusammenfassende  Dar- 
stellungen bieten.  Ferner  führe  ich  solche  an,  welche  in  Mr^'OT's  Bibliography  of 
Vertebrate  Embryology  (67.5)  aus  den  letzten  Jahren  fehlen  —  alle  Jahrgänge,  die  in 
der  „Bibliography"  vertreten  sind,  habe  ich  nicht  ergänzen  können.  Endlich  wurden 
auch  einzelne  Schriften  geringeren  Umfanges  und  älteren  Datums  citiert,  welche  im 
Text  gerade  besonders  berücksichtigt  worden  sind.  Das  Verzeichnis  ist  in  drei  Ab- 
schnitte nach  den  3  Kapiteln,  in  welchen  die  Lehre  von  den  Befruchtungskörpern 
hier  abgehandelt  ist,  eingeteilt  worden,  jedoch  läuft  die  Numerierung  fort.  Die 
Litteratur  des  dritten  Kapitels  ist  nicht  vollständig  gegeben  worden,  namentlich 
nicht  in  den  Werken,  welche  die  hier  nur  in  Kürze  besprochenen  Gegenstände: 
Hermaphroditisraus,  Ovulation,  Menstruation  und  Parthenogenesis 
betreffen.  Doch  sind  die  neueren  Veröffentlichungen  angeführt  worden,  sowie  solche, 
aus  denen  die  fehlende  Litteratur  geschöpft  werden  kann.  Bei  den  im  Text  gege- 
benen Citaten  aus  Minot's  Bibliography  ist  ein  M.  der  Nummer  beigefügt  worden. 

A,  Sperma. 

1,  Aigner,  A.  Ueber  das  Epithel  im  Nebenhoden  einiger  Säugetiere  und  seine  se- 
kretorische Thätigkeit.  Sitzb.  d.  K.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien.  Bd.  CIX.  Abt.  III. 
Okt.  1900. 

1'.    Andrain,   J.     Note  sur  Ic  groupement  des  spermatozoides    dans  les  tubes    sernini- 

föres  sur  les  cellules  de  Sertoli.      C.  R.   Soc.  de  Biologie.   T.  LIII.  1901. 
la.  B'Anna,   E.     Sulla  spermatolisi  nei   Vertebrati.     Ricerche  Labor.  Anat.  di  Roma. 

Vol.  in.  p.  1-27.  1893. 
Ib.  Arthaucl,    G.     Etüde  sur  le  testicule  senile.     These  de  Paris.  1885. 

2,  Auerbach,  L.  Ueber  merkwürdige  Vorgänge  am  Sperma  voti  Dytiscus  marginalis. 
Sitzungsb.  d.  K.  PreuJ's.  Akad.  d.    Wiss.  p.  185.  1893. 

3,  —  Zu  den  Bemerkungen  des  Herrn  Ballowitz,  betreffend  das  Sperma  von  Dytiscus 
marginalis.  Anat.  Anz.  8.  Jahrg.  p.  627.  1893.  (Auch  über  Doppelspermien  von 
Didelphi/s.) 

3a.  _  Spermatologische  Mitteilungen.  Jahresbericht  der  Schlesischen  Gesellschaft  für 
Vaterland.  Kultur.   Zool.-bot.  Sektion.  Sitzimg  vom.  1.  März  1894. 

3b.  —  Untersuchungen  über  die  Spermatogenese  von  Paludina  vivipara.  Jenaische 
Zlschr.  f.  Naturiciss.   Bd.  XXX.  p.  405.  1896. 

4,  BalUe,  P.  Zur  Kenntnis  der  Xanthinkorper.  Journ.  f.  prakt.  Chemie.  N.  F. 
Bd.  XL  VII.  p.  559.  1893.      (Bivretreaktion   des  Protamins.) 

4a.  Ballowitz,  E.  Die  innere  Zu^samviensetzung  des  Spermatozoenkopfes  der  Säugetiere. 
Centralbl.  für  Physiologie.  Hft.   S.  1891. 

4b,  —  Zur  Lehre  von  der  Struktur  der  Spermatozoen.  Anat.  Anzeiger.  Bd.  I.  p.  363. 
1886. 

4c.  —  Zu  der  Mitteilung  des  Herrn  Professor  L.  Auerbach  in  Breslau  über  „Merk- 
würdige Vorgänge  am  Sperma  von  Dytiscus  marginalis".  Anat.  Anz.  Bd.  VIII. 
p.  505.   1893. 

4d.  —  Zur  Kenntnis  der  Samenkörper  der  Arthropoden.  Internat.  Monatsschr.  f. 
Anat.  und  Physiol.   Bd.  XL  1894. 

5,  —  Untersuchtmgen  über  die  Struktur  der  Spermatozoen  etc.  I.  Die  Spermatozoen 
der  VögeL  Arch.  f.  mikr. .  Anat.  Bd.  XXXIl.  p.  ^02.  1888.  (IL  behandelt  die 
Spermatozoen  von  Insekten  [Coleopteren] .  Zeitschr.  f.  u\  Zool.  Bd.  L.  p.  317.) 
III.  Fische,  Amphibien  und  Reptilien.  Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  A'XVTT.  p.  225. 
1890. 

ß.  —  j)as  Retzius'sche  Endstück  der  Säugetier-Spermatozoen.  Internat.  Monatsschr. 
f.  Anat.  u.  Phys.  Bd.    VIL  p.  211.   1890. 

7.  _  Weitere  Beobachtungen  über  den  feineren  Bau  der  Säugetier-Spermatozoen. 
Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  LH.  p.  217.  1891. 

8.  —  Fibrilläre  Struktur  und  Kontraktilität.  Pfliiger's  Arch.  f.  d.  gesamte  Physiol. 
Bd.  XLVL  1890. 

Qa.  —  Ueber  das  Vorkommen  des  Miniopterus  Schreibersii  Natterer  in  Deutschland 
nebst  einigen  Bemerkungen  über  die  Fortpflanzung  deutscher  Chiropteren.  Zool. 
Anz.  Bd.  XIII.  p.  345.  Jahrg.  1890. 

9.  —  Die  Bedeutung  der  Valentin' sehen  Querbänder  am  Spermatozoenkopfe  der 
Säugetiere.     Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt.  p.  193.  1891. 


432  W.  Waldeyer, 

10.  Balloiritz,  E.  Die  Doppelspermatozocn  der  Dyticiden.  Zeitschr.  f.  wis.s:  Zool. 
Bd.  LX.  p.  458.  1895. 

11.  -^  Bemerkungen  zu  der  Arbeit  von  Karl  Niessing  über:  Die  „Beteiligung  von 
Centralkörper  %md  Sphäre  am  Aufbau  des  Samenfadens  hei  Säugetieren''.  Arch.  f. 
mikr.  Anat.  u.  Entw.-Oesch.  Bd.  XLVIII.  p.  686.  1S97. 

IIa.  —  lieber  das  regelmäfsige  Vorkoimnen  zweischwämiger  Spermien  im  normalen 
Sperma  der  Säugetiere.     Anatom.  Anzeiger.  Bd.  XX.  p.  561.  1902. 

12.  Bardelehen,    K.    v.      lieber   den  feineren   Bau   der   menschlichen   Spermatozoen. 

Verhdl.  d.  Anat.   Ges.   (5.   Vers.)  in  3Iünchen  1891.  p.  157.  Jena,  Fischer,  1891. 

13.  —  lieber  Spermatogenese  bei  Säiigetieren,  besonders  beim  Menschen.  Verhandlungen 
der  Anat.   Ges.  6.    Versamml.  in   Wien  1892.  p.  202.  Jena,  Fischer,  1892. 

14.  —  Präparate  von  Spermatogenese.  Anat.  Anz.  Jahrg.  8.  Ergänzungsheft.  p.  206. 
1893. 

15.  —  Die  Spermatogenese  bei  Monotremen  und  Beuteltieren.  Verhdl.  der  Anatom. 
Gesellsch.  10.  Vers,  zu  Berlin,  p.  88.  Jena,  Fischer.  1896.  —  S.  a.  Verhdl.  der 
Gesellsch.  deutscher  Naturf.  m.  Aerzte  in  Frankfurt  a.  M.  Abt.  f.  Anatomie,  p.  489. 
1896. 

16.  - —  Die  Entstehung  der  Samenkörper.     Anatom.  Anz.  Bd.  XL  p.  697.  1896. 

17.  —  Dimorphismus  der  männlichen  Geschlechtszellen  bei  Säugetieren.  Anat.  Am. 
Bd.   XIII.  p.  564.  1897. 

18.  —  Die  Zwischenzellen  des  Säugetierhodens.  (5.  Beitrag  zur  Spermatologie.)  Anat. 
Anz.  Bd.  XIII.  p.  529.  1897. 

19.  —  lieber  die  Entstehung  der  Achsenfäden  im  menschlichen  und  Säugetiersperma- 
tozoon.     Anat.  Anz.  Bd.  XIV.  p.  I45.  1898. 

20.  —  Beiträge  zur  Histologie  des  Hodens  und  zur  Spermatogenese  beim  3Ienschen. 
(7.  Bettrag  zur  Spermatologie.)  Arch.  f.  Anat.  w.  Entw.-Gesch.  Supplementband, 
p.  198.   1897. 

21.  —  Eine  neue  Theorie  der  Spermatogenese.  Verhdl.  d.  deutschen  Naturf.  u.  Aerzte. 
68.    Vers.  Frankfurt  a.  31.   Teil  II.  2.  Hälfte,  p.  489.  1897. 

22.  —  Weitere  Beiträge  zur  Spermatogenese  beim  Menschen.  (8.  Beitrag  zur  Sperma- 
tologie.)    Jenaische  Ztschr.  f.  Naturw.  Bd.  XXXI.  1898. 

221.   Battelli.      Proprietes  rheotactiques  des  spermatozoides.    Arch.  des  Sc.  pures  et  natur. 

Genh-e.   No.  12.  p.  650.  1901. 
22a.  Bedt'taga,    J.    v.      lieber    die    Begattung    bei    einigen    geschwänzten    Amphibien. 

Zool.  Anz.  Bd.    V,  XIV  u.  XVL  1882.   1891  und  1893. 

23.  Beissner,  H.  Die  Zwischensubstanz  des  Hodens  und  ihre  Bedeutung.  Arch.  f. 
mikr.  Anat.  und  Entw.-Gesch.  Bd.  LI.  p.    794.   1898. 

24.  Belajeff,  Wl.  Ueber  Bau  und  Entwickelung  der  Spermatozoiden  der  Pflanzen. 
Flora.  Bd.  LXXLX.  p.  1.  Ergänzungsband  zu  .Jahrg.  1894. 

25.  —  Ueber  den  Nebenkern  in  spermatogenen  Zellen  und  die  Spermatogenese  bei  den 
Farnkräutern.    (Vorl.  3Iitt.)  Ber.  d.   Deutschen  botan.   Gesellschaft.  Bd.  XV.  1897. 

26.  • —  Ueber  die  Aehnlichkeiten  einiger  Erscheinungen  in  der  Spermatogenese  bei 
Tieren  und  Pflanzen.  (Vorl.  3Iitt.)  Ber.  der  Deutschen  botan.  Gesellsch.  Bd.  XV. 
1897.  S.  a.  Compt.  rend.  de  la  Soc.  des  Naturalistes  de  St.  Petersbourg.  Vol.  XXVII. 
p.  16.  1896. 

27.  —  Ueber  die  Spermatogenese  bei  den  Schachtelhalmen.  Ber.  der  Deutschen  botan. 
Gesellsch.  Bd.  XV.  1897. 

28.  —  lieber  die  Cilienbildner  in  den  spermatogenen  Zellen.  Berichte  der  Deutschen 
botan.   Gesellschaft.  16.  Jahrg.  Bd.  XVI.  p.  I40.  1898. 

28l.    —   Ueber  die   Centrosome    in   den    spermatogenen   Zellen.     Ber.    der  Deutschen  bot. 

Ges.  Bd.  XVII.  p.  199.  1899. 
28a.  Benda,    C.      Ueber  die  Spermatogenese  der  Säugetiere   und   ,,  Weitere  3Iilteilungen 

über    die  Sjyermatogenese    der  Säugetiere"  und   „Ueber  Spermatogenese    bei   Vögeln, 

Reptilien    und   Amphibien".      Verhdl.    der    Physiölog.    Gesellsch.    Berlin.   III.    LV. 

VLL    VIIL  XVIL  XVIII.  —  Arch.  /.  Anat.  u.  Physiologie.    Phys.  Abt.    1885  u. 

1886. 
28b.  —    Ueber  die  Spermatogenese    der  Säugetiere    und    des    3Ienschen.     Berliner    klin. 

Wochenschrift.  No.  36.   1886. 
28c.  —  Zur    Spermatogenese    und    Hodenstruktur    der    Wirbeltiere.     Anatom.  Anzeiger, 

2.  Jahrg.  p.  368.  1887. 

29.  —  Unter su,chungen  über  den  Bau  des  funktionierenden  Samenkanälchens  einiger 
Säugetiere  und  Folgerungen  für  die  Spermatogenese  dieser  Wirbeltierklasse.  Arch. 
f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXX.  p.  49.  1887. 

29a.    —   Entwickelung   des    Säugetierhodens.      Verhandl.    der  3.    Versammlung    der  Anat. 

Gesellsch.  zu  Berlin  1889.  p.  125.  Jena  1889. 
29b.  —  Die  neuesten  Publikationen  auf  dem  Gebiete  der  Samenlehre.    Kritische  Studie. 


Die  Geschlechtszellen.  433 

Internationales   Centralblatt  f.    Physiol.    it.    Pathologie    der  Harn-  u.  Sexualorgane. 
18S9. 

30.  Benda,  C.  Neue  Mitteilungen  über  die  Enlwickehmg  der  Genitaldrüsen  und  über 
die  Metamorphose  der  Samenzellen.  (Histiogenese  der  Sjiermntozoen.)  Verhandl.  d. 
Physiol.  Gesellschajt  zu  Berlin  1891/9^.  18.  Dezember  1891.  S.  Arch.  f.  Anatomie 
u.  Physiol.  Physiolog.  Abt.  p.  549.  1891. 

31.  —  Veber  die  Histiogenese  des  Saiiropsidenspermatozoons.  Verhandl.  der  Anat. 
Gescllsch.  6.    Vers,  in    Wien  1892.  p.  195.  Jena,  Fischer,  1892. 

32.  —  Zellstrukturen  und  Zellteilungen  des  Salamanderhode7is.  Verhandl.  der  Anat. 
Gesellsch.   7.    Vers,  in  Göttingen,  p.  161.  189.3. 

33.  —  Eine  Mitteilung  zur  Samenbildung.  Internat.  Centralbl.  f.  Physiol.  u.  Pathol.  der 
Harn-  und  Sextialorgane.  Bd.  IV.  p.  23.  1893, 

34.  —  Anatomie  des  Geschlechtsapparates.  In:  Kh'nisches  Handbuch  der  Harn-  und 
Sexualorgane  von    W.  Zülzer.  Abt.  1.  j).  58.  Leipzig.  F.   C.    W.    Vogel,  1894. 

35.  —  Ueber  die  Entstehung  der  Spiralfaser  des  Verbindungsstückes  der  Säugetier- 
spermien.      Verhdl.  der  Anat.   Gesellsch.  Kieler   Vers.  p.  20^.  1898, 

36.  —  Neuere  Mitteilungen  über  die  Histiogenese  der  Säugetierspermatozoen.  Verhdl. 
d.  Physiol.  Gesellsch,  in  Berlin.  1896/97.  Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Physiol.  Abt. 
p.  406.  1897. 

37.  —  Ueber  die  Spermatogenese  der  Vertebraten  und  höheren  Evertebraten.  I.  Ueber 
die  vegetativen  Geschlechtszellen.  II.  Die  Histiogenese  der  Spermien.  Arch.  f. 
Anat.  u.  Phys.  Physiol.  Abt,  p.  385  ti.  393.  1898,  (Verhdl.  der  Physiol.  Gesellsch. 
in  Berlin  1897/980 

38.  —  Weitere  Mitteilungen  über  die  3Iitochondria.  Verhdl.  d.  Physiol.  Gesellsch.  in 
Berlin  1898/99.     Arch.  f.  Anat.  n.  Physiol.  Physiol.  Abt.  1899. 

39.  —  und  Perutz,  F,  Ueber  ein  noch  nicht  beachtetes  Strukturverhültnis  des  mensch- 
lichen Hodens.  Verhdl.  der  Phys.  Gesellsch.  in  Berlin  1898/99,  Arch.  f.  Anat. 
und  Phys.    Physiol.  Abt.  1899. 

39a.  —  Ueber  neue  Darstellungsrnethoden  der  Centralkörperchen  und  die  Verwandtschaft 
der  Basalkörper  der  Oilien  mit  Centralkörperchen.  Verhdl.  der  Phys.  Gesellsch.  zu 
Berlin  1900-1901,     Arch.  f.  Anat.  und  Phys.  Physiol.  Abt,  1900. 

SQ&a,  Bertacchini,  P,  Sopra  alcuni  spermatozoi  umani  rnonstruosi.  Eassegna  di 
Scienze  mediche.  Anno  5.  Modena  1890. 

40.  —  La  Spermatogenese  chez  la  Rana  temporaria.  Arch.  ital,  de  Biol,  T.  XVII. 
p.  166.  1892. 

41.  —  Ricerche  biologiche  sulla  spermatogenesi  nel  gruppo  degli  Anfibi  anuri.  Internat, 
ßlonatsschr.  f.  Anat.  u.  Physiol.  Bd.  XIII.  Ilft,  12.  1896, 

42.  —  Istogenesi  dei  nemaspenni  di  Triton  cristatus.  Internat.  Moyiatsschr.  f.  Anat. 
u.  Physiol.  Bd.  XV  Hft.  5.  p.  161  u.  Hft.   6.  p.  178,  1898, 

43.  —  Intorno  all'  istogenesi  dei  nemaspermi  di  Triton  cristatus.  Internat.  Monatsschr. 
f.  Anat,  u.  Physiol.  Bd,  XVII.  p.  408.   1900, 

43a.  Bethe,  E.     De    spermatozois  observationes  nonnullae  novae.    Dissert,  inaug.  Bero- 

lini.  MüCCCLI,   8°, 
43b.  Biondi,   D,      Sullo    sviluppo    degli    spermatozoi.      Archivio    per    le    Scienze    med. 

Vol.  X.  p.  155.   1886, 

44.  Bloch,  J,  Ueber  die  Ent Wickelung  der  Samenkörper  der  Menschen  und  Tiere. 
Diss.   inaug,  Prag  1874  (fehlt  bei  Minot). 

45.  Blumherg,  A.  Ueber  die  Entwickelung  der  Samenkörper  des  Menschen  und  der 
Tiere.     Dissert,  inaug,  Königsberg  i.  Pr.  1873  {fehlt  bei  3Iinot),  \) 

47.  Böhm,  A,  A,  Ueber  Reifung  und  Befruchtung  des  Eies  von  Petromyzon  Planen. 
Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXXII,  p.  613.  1888, 

47a.  Böhm,  A,,  und  Davidoff',  M,  v,  Lehrbuch  der  Histologie  des  Menschen,  Wies- 
baden 189,5,    3.  Aufl.  1903. 

47 aa.  Bot l es  Lee,  A,  Nouvelles  recherches  sur  le  Nebenkern  et  la  regression  dufusceau 
caryocynetique.  La  Cellule.  T.  XX.  p.  181.  1902.  (Konnte  im  Te.U  nicht  mehr 
berücksichtigt  tverden.) 

47b.  Böttcher,  A.  Farblose  Kry stalle  eines  eiweifsartigen  Körjiers  aus  dem  mensch- 
lichen Sperma  dargestellt.  Virchow's  Arch.  f.  pathol.  Anat.  Bd.  XXXII.  p.  525. 
186.-5, 

48.  Bouin,  P.  De  quelques  phenomenes  de  degenerescence  cellulaire  dans  le  testicule 
jeune  des  mammiferes.     Bibliographie  anatom.  Annee  3.  p.  176.  1895. 

49.  —  A  propos  de  quelques  phenomenes  de  degenerescence  dans  les  cellules  en  activite 
karyokinetique  du  testicule  jeune  des  mammiferes.  Bibliographie  anatomique.  Annee  4. 
p.  90.  1896. 


1)  No.  46  fällt  aus. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  28 


434  W.  Waldeyer, 

50.—  Jiouin,   P.     Etudes  s\ir  l'evolution  normale  et  V involution  du  tube  semini'fere.    Arch, 

Jid' Anatomie  microse.   T.  I.  j)-  225  et  ]>.   365.  Paris.  1891. 
•51.     —  Involution   experimentale    du    tube    seminifere    des    mammiferes.     Bibliogr.  ana- 
— :  [tomigue  (Nancy).   T.    V.  p.  I84..  1897. 

52.  —  Mitoses  et  amitoses  de    nature    dege^ierative    dans    le    testicule  jeune    et   duns  le 
[testirrde  en  voie  d'atrophie  experimentale.     Bibliogr.  anat.  (Nancy).   T.    V.   p.  21G. 

1897. 

53.  —  P/u'nomlnes  rytoloyiques  anormaux  dans  l'histogenvse    et    l'atrophie    experimen 
tale    du    tube    seminifere.     Thhe  de  Nancy.    165  p-p.  S  PI.  1897.      V.  a. :    Archive'^ 
d' Anatomie  microscopique.   T.  I.  1897. 

54.;    —  A  j)Topos   du   noyau  de  la  cellule    de  Sertoli.      Phenomenes    de    division    amito- 
sique  par  clivage  et  nucleodierese  dans  certaines  conditions  pathologiques.  Bibliogr, 
^    anatomique.   T.   VII.  p.  242.  1899. 

55.  —  et    Garnier,    Ch.      Alterations    du   tube   seminifere    au    cours    de   l'alcoolisme 
experimental  chez  le  rat  blanc.     Compt.    rend.  Soc.  de  Biol.   Paris.   T.  LH.   p.  28. 

1900. 
551.    —    Sur  le  fuseau,  le  residu  fusorial  et  le  corpuscide  intermediaire  dans  les  cellules 
:  •     seminales  de  Lithobius  forßcatus.     Compt.   rend.    de    l' Association    des  Anatomistes. 

III.  Session.  Lyon  1901.  Bibliographie  anatomique.  Supplement.  1901. 
551 '.  —  et    M.      Sur    le    developpement  precoce    de   filaments   axiles     dans    les    sperma- 

tocytes  de  jyremier  ordre    chez  Lithobius  forficatus  L.      Bibliographie    anat.    T.  IX. 

p.  161.  1901. 
■  55M.  —  Mitoses    spermatogenetiques   chez    Lithobius   forficatus    L.,    ettide   stir    les   vari- 

ations    du   processus     mitosique.        Compt.     rend.     13.     Congres    internat,.    de.    Med. 

Paris.  Sect.  Histol,  et  Embryol.  p.  46.  1900. 
55'^^'.  —  et  M.      Reduetion  chromatique  chez   les  Myriajiodes.     Compt.    rend.    de    l' Asso- 
ciation des  Anatomistes.     IV.  Session   (Montpellier  1902).  Nancy  1902. 
55a.  Brandes,    O.     Die    Begattung    der  Hirudineen.     Abhandl.    der   Naturforschenden 

Gesellsch.  zu  Halle  a.  S.  Bd.  XXII.  1901. 
55b.   —  Zur  Begattung  der  Dekapoden.     Biolog.   Centralbl.  Bd.  XVII.  1897. 
55c.   —  Die  Spermatozoen  der  Dekajioden.     Sitzungsber.    d.    Preujs.    Akad.    d.    Wiss.  zu 

Berlin.  Bd.  XVI  1897. 

56.  —  Die  Einheitlichkeit  im  Baii  der  tierischen  Spermatozoen.      Verhdl.  d.  Deutschen 
zool.  Gesellsch.  p.  I4.8.  1897. 

57.  —  /.  Der  Dimorpjhismus  der  Spermien.     Zeitschr.  f.  Naturwiss.   Bd.  LXXI.   1898. 
—  //.   Zmn  Bau  der  Spermien,    Verhdl.  d.  Deutschen   zool.  Gesellseh.  p.  ISS.    1898. 

57a.  Brauer,   A,      Zur  Kenntnis  der  Spermatogenese  von  Ascaris  megalocephala.    Arch, 
f.  mikr.  Anat.  u.  Entw.-Gesch.  Bd,  XLII.  189.3. 

58.  Brazzola,  F.     Ricerche  suW  istologia  norm,  e  patol.  del  testicolo.  Bologna,   Gam- 
berini  e  Parmeggiani,  1891.   8. 

•58a.  lirissaiid.    Etüde  sur  la  Spermatogenese  chez  le  lapin.    Arch.  de  Physiol.  T.  VII. 
1880  {fehlt  bei  3Iinot). 

59.  Broman,   I.      lieber  Bau  und  Entivickelung  der  Spermien  von  Bombinator  igneus. 
Anat.  Am.  Bd.  XVIL  p.  129.  1900. 

60.  —    Ueber  Riesenspermatiden  bei  Bombinator  igneus.      Anat.  Anz.  Bd.  XVII.  p.  20. 
1900. 

61.  —    Ueber  die  Histogenese    der  Riesenspermien   bei  Bombinator    igneus.     Verhdl.    d. 
Anat.   Gesellsch.   in  Pavia  (I4.    Vers.),  p.  157.  1900. 

61a.  —    Ueber    gesetzmäfsige    Beivegungs-    und     Wachstumserscheinungen    (Taxis-    und 

Tropismenfoi^7nen)    der   Spermatiden,    ihrer    Centralkörper,    Idiozomen    und    Kerne. 

Arch.  f.  mikrosk.  Anat.  u.  Entw.-Gesch.  Bd.  LIX.  p.  Ib6.  1901. 
61b.  —    Om    de    Sertoliska    cellernas  betydelse.      Lunds   Läkaresällskaps  Förhandlingar. 

5,  März  1901. 
61c.    —   Om  fysiologiskt  förekommande  atypiska  Spermatozoer,  deras  upkomst  och  möjliga 

betydelse.     Lunds  Läkaresällskaps  Förhandlingar.   ,Ian.  1901. 
61d.  —    Ueber    Bau    und    Entivickelung    von    physiologisch    vorkommenden    atypischen 

Spermien.      Anatomische  Hefte.  Herausgeg.  von  Fr.  Merkel  und  R.  Bonnet.  1.  Abt. 

Heft  60  (Bd.  XVIII.  Heft  3).  p.  509.  1902. 
61e.    —  Notiz  über  das  ,, Halsstück"  der  Spermien  von  Pelobates  fuscus  nebst  kritischen 

Bemerkungen    über    die  Nomenklatur    der  Spermienschwanzfäden.     Anat.  Anzeiger, 

Bd.  XX.  p.  305.  1901. 
61f.    —    Ueber  atypische  Spermien,  speziell  beim  3Ienschen,   und  ihre  mögliche  Bedeutung . 

Ayiatom.  Anzeiger.  1902. 

62.  —  Bidrag  tili  Kännedomen    om  Batrachie-Sjiermiernas  Byggnad.    Lund  1900,    8. 
62a.  Brown,   H.   H.      On  the  Spcrmatogenesis  in  t he  Rat.    Quarterly  Journ,  of  3Iicrosc. 

Science.  N.  Ser.    Vol.  XXV.  1885  (fehlt  bei  Minot). 


Die  Geschlechtszellen.  435 

62b.  Bvumpt,   E.     De  l'accovplevient  chez  les  Hirudinees.     Bull.  Soc.  zool.  de  France. 

T.  XXIV.  1899. 
62c.    —  Reproduction    des    Hirudinees.      Mem.    Soc.    zool.    de   France.     T.   XIII.    Lille 

1900. 
62d.  —  De  la  fecondation  par  voie  hypodermirjue  chez  les  Hirudinees.    C.  R.  Soc.  Biol. 

de  Paris.   T.  LII.  p.  189.  1900. 
62e.    Brunn,  M.  v.      Weitere   Funde    von    zweierlei   Samenkörperformen    in   demselben 

Tier.     Zool.   Anz.  Bd.    VII.  1884. 

63.  Bühler.  Spermatogenese  bei  Bufo  vtdgaris.  Verhdl.  der  Anat.  Gesellsch.  9.  Vers, 
in  Basel,  p.  62.  1893. 

64.  Calberla,  E.  Der  Befruchtungsvorgang  beim-  Ei  von  Petromyzon  Planeri.  Zlschr. 
f.   wiss.  Zool.  Bd.  XXX.  1877. 

65.  Camus,  L.,  et  Gley,  E.  Action  coagidante  du  liquide  prostati(pie  sur  le  contenu 
des  vesicules  seminales.  Compt.  rend.  de  l'Acad.  des  Sc.  Paris.  T.  CXXIII.  p.  194. 
1896. 

66.  •; —  —  Note  sur  quelques  faits  relatifs  0  l'enzyme  prostatique  et  sur  la  fonction 
des  glandes  vesiculaires.  Compt.  rend.  de  la  Soc.  de  Biol.  Paris.  Ser.  10.  T.  IV. 
p.  787.  1897. 

%i.     —  —  Role  des  glandes  accessoires  de  l'appareil  genital  male  dans  la  reproduction. 

Bull.  Mus.  Eist.  nat.  Paris,  p.  25S.  1899. 
67a.   Cano,    G.      Sviluppo    dei   Dromidei.     Atli   della    R.  Acad.    delle  Sc.  fis.  e  matem. 

Vol.    VI.  Ser.  2.  No.  2.  Napoli  1893. 
67b.   Cavalie,    M.     La   prespermatogenese    chez   le   ptoulet.      Compt.    rend.    13  Congres 

iniernat.  de  3Ied.  Sect.  Histol.  et  Embryol.  p.  43.  Paris  1900. 
08.      Ciacclo,    G.    T.     Parallele  tra  gli  spermatozoidi  del  Triton  cristatus  e  quelli  della 

Rana    esculenta.     Rendic.    sess.    R.    Accad.    Scienz.    deW    Istit.    di  Bologna.    Anno 

1898/99.  Vol.  III.  p.  95.  —  S.  a.   Bullet,  de  Sc.  mediche.  Anno  70.  p.  424.  1899. 

69.  Chiarugi,  G.  Receptaculum  seminis  nella  Salamandrina  perspicillata.  Rendi- 
cont.  Accad.  med.-ßs.  Fiorentina.  Settimana  medic.  Anno  öS.  (Ser.  2.  Anno  1.) 
Xo.  12.  p.  142.  1899. 

70.  Colin,  Th.  Zur  Kenntnis  des  Sperma.  Deutsche  med.  Wochenschr.  No.  40.  1899. 
Vereinsbeilage,  p.  241.  —  S.  a.  Centrlbl.  f.  allg.  Path.  u.  pathol.  Anat.  Bd.  X.  j)-  940. 
1899. 

70a.  ColUn,  B.  Note  sur  la  fransformation  de  la  .'ipermatide  en  spermatozoide  chez 
Geophilus  linearis  Koch.     Bibliograpthie  anatomique.   T.  IX.  j)-  272.  1901. 

I  1.  Cordes,  H.  Untersuchungen  über  den  Einßujs  akuter  und  chron.  Allgemein- 
erkrankungen auf  die  Testikel,  speziell  auf  die  Spermatogenese,  sowie  über  das 
Auftreten  von  Fett  im  Hoden.     Virchov's  Arch.  f.  pathol.  Anat.    Bd.   CLL    1898. 

72.  Cuneo,  B.,  et  Lecene,  JP.  Note  sur  les  cellules  interstitielles  dans  le  testicule 
ectopique  de  l'adulte.     Revue  de   Chirurgie,  p.  44.  1900. 

73.  Cunningham.  J.  F.  Sj^ermatogenesis  in  3Iyxine  glutinosa.  Quart.  Journ.  of 
Jlicr.  Sc.      Voh  XXXIII.  p.  1G9.  1891. 

73a.   Czermak,  J.  X.      Ueber   die    Spermatozoen    von  Salamandra   atra.     Ein  Beitrag 

zur  Kenntnis  der  festen  Formbestandteile  der  3Iolche.   Gesainmeite  Schriften   (2  Bünde). 

Bd.  I.    gr.  8°.    Leipzig,  Engelmann.    1879.    S.  dasselbe  in  ,.Ueher sieht  der  Arbeiten 

>i.    Veränderungen   der    Schles.   Gesellsch.  f.  vaterländische    Kultur    im  Jahre   I84S. 

Breslau  1849".    Auszug  in:  Zeitschr.  f.  wissensch.  Zoologie.  Bd.  IL  p.  350.  1850. 
78a.  I}angenrd,   IP.   A.     Etüde   comparative    de  In,  zoospore   et   du  spei-matozoide.     Le 

Bota)iiste.  Ser.   7.  Fascicule  6.  Avril  1901. 
73b.  Dnjardin.     Sur  les  Zoospermes  de  la  Salamandre  aquatiqxie.    Ann.  des  Sc.  natur. 

Ser.  2.   T.  X.  1838. 
73c.  Bunierll,    A.      Metamorphose    des   Batraciens    nrodeles   ä    branchies    externes    du 

Me.cique,    dits  Axolotles.  Ann.  Sc.  nat.   T.VII.  18ß7.  (73b  — 73d  fehlen  bei  Minot.) 
73d.  Duvernoy.     Fragments  sur  les  organes  genito-nrinaires    des  reptiles  et  leurs  i)ro- 

duits.    3Iem.  presentes  par  divers  Savants   etrangers  ä  l'Academie  des  Sc.     T.  XI. 

Paris.  1848. 
73f.    Buval,   31.     Recherches   sur   la   Spermatogenese   chez  la  Grenouille.     Rev.  des  Sc. 

natur.  de  3Iontpellier.  1895, 
73g.  —  Article:  Sj>ermatozoide.  Sperme  dans  Jaccoud,  Dictionn.  de  3Ied.  et  de   Chir. 

pratiques. 

74.  Ebner,  V.  v.  Untersuchungen  über  den  Bau  der  Samenkanälchen  und  die  Ent- 
unckelung  der  Spermatozoiden  bei  den  Säugetieren  und  beim  3Ienschen.  Rollett's 
Untersuchungen  aus  dem  Inst.  f.  Physiol.  und  Histol.  in  Graz.  p.  200.  Leipzig. 
1871. 

75.  —  Zur  Spermatogenese  bei  den  Säugetieren.  Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXXI. 
p.  236.   1888. 

28* 


436  W.  Waldeyer, 

76.     Ebner,    V.   v.       lieber  die   Teilung  der  Spermatocyten  bei  den  Säugetieren.     Sitz.- 

Bber.  d.  Akad.  d.   Wiss.      Wien.  Math.-natw.  Kl.  Bd.  CVIII.  Abt.  III.  1890. 
11.     Eisen,    G.      The    Spermatogenesis    of   Batrachoseps.     Jonrn.    nf  Morphology.     Vol. 

XVII.  p.  1.  moo. 

78.  —   The  Chromoplasts  and  the    Chromioles.  Biol.  Ceutralbl.    Bd.  XIX.  p.  130.  1899. 

79.  Ellingei:  Retention  beider  Hoden  (Kryptorchixmus)  beim  Bullen.  Berliner  tier- 
ärztl.    Wochenschr.  p.  135.  1895. 

79a.  Erlanger,   R.    v,      TJeber  die  sogenannte  Sphäre    in    den    männlichen   Geschlechts- 

sellen.     Zool.   Centralbl.    4.  Jahrg.  1897. 
79b.  —  Spermatogenetische  Fragen.     Zool.   Centralbl.  III  und  IV.  189<{,   1897. 

80.  Felix,  IV,  Zur  Anatomie  des  Ductus  ejaculatorius,  der  Ampulla  ductus  deferentis 
und  der  Vesicala  seminalis  des  erwachsenen  Mannes.  Anat.  Hefte,  hcrausgeg.  von, 
Fr.  Merkel  u.  R.  Bonnet.    54.  Heft.  (Bd.  XVII.  H.  1).  p.  S.  1901, 

81.  Felizet,  O,,  et  Branca,  A,  Histologie  da  testicule  ectopique.  C.  R.  de  ki  Soc. 
de  Biol.  Paris,  p.  94I  et  987.  1898, 

811.  —  —  Degenerescence  de  la  paroi  propre  et  des  cellides  Serfoliniennes  dans  le 
testictde  en  ectopie.  Com.pt.  rend.  de  l' Association  des  Anatomistes.  Quatr.  Sess. 
(Montpellier.  1902.)  p.  9^.  Nancy.   1902. 

Sla.  Field,  G.  Wilton,  On  the  Morphology  aud  Physiology  of  the  Echinoderm  Sper- 
matozoon.    .Tourn.  of  Morphology.    Vol.  XL  p.  235.  1895, 

81b.  Flemming,  W.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Zelle  und  ihrer  Lebenserscheinnngen. 
III.  Arch.  f.  mikrosk.  Anat.  Bd.   XX.  1882.    (Fehlt  hei  ßlinot.) 

82.  —  Weitere  Beobachtungen  über  die  Entwicklung  der  Spermatosomen  bei  Salamandra 
maculosa.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXXI.  p.   71.  1888. 

83.  Florence.  Du  sperme  et  des  taches  de  sperme  en  medecine  legale.  Arch.  d'An- 
thropol.  crimin.  Annee  XL  pp.  37,  I46  et  249.  1896,    V.  a.  Lyon.  1897, 

84.  —  Les  cristaux  du  Sperme.     Arch.  d'Anthropol.  crimin.   T.  XII.  p.  6S9.  1897. 
84a.  Foa,    C.      Sur  la  transplantation  des  testicules,     Arch.   ifcd.  de  Bioloq.   T.  XXXV. 

p.  337.  1901. 

85.  Foulis,  J.  Some  observations  on  the  Development  of  the  Teslicle.  Transact.  Med.- 
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86a.  Fränkel  M.     Die  Samenblasen  des  Menschen.     Berlin.  Hirschivald.   1901.   4- 

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1898, 

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88.  —  Zur  Kenntnis  der  specifischen  Krystallbildungen  im  Genitalsystem  des  Mannes. 
Deutsche  med.    Wochenschr.  22.  Jahrg.  Nr.  38.  S.   603.  1896. 

89.  —  Berichtigung.     Virchow's  Arch.  f.  patholog.  Anat.  Bd.   CXLV.  p.  644.  1896. 
89a.  —    Die    Störungen    der    Geschlechtsfunktionen     des    Mannes.     Nothnagel's   specielle 

Pathologie  und  Therajne.  Bd.  XIX.   Teil  3.    Wien  1895. 
89b.  —   lieber  die  Herkunft  und  klinische  Bedeutung  der  sog.  Spermakry stalle,     Centralbl. 
für  die  med.   Wissensch.   p.  19.  1881,     S.  a.  Zeitschr.    f.  klin.  Medizin.    Bd.  III. 
1881, 

90.  Fürst,  K.  M.  Ueber  die  Entivicklung  der  Samenkörperchen  bei  den  Beuteltieren. 
Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXX.  p.   336.  1887, 

91.  —  Haarzellen  und  Flimmerzellen.     Anat.  Anz.  Bd.  XVIII,  1900, 

91a.  —  Bidrag  tili  kännedomen  om  sädeskropparnas  struktur  och  utveckling.  Nordiskt 
med.  Arkiv.  XIX.  1887,   {Fehlt  bei  Minot.j 

92.  Germano ,  Ed.  Ricerche  istologiche  std  testicolo  dalla  nascitä  alla  maturitd. 
Internat.  Monatsschr.  f.  Anat.  und  Phys.  Bd.  IX.  p.  24I.  1892.  —  V.  a.  Boll. 
della  Societä  di  Naturalisti  Napoli.    Vol.    V.  p.   79.  1891. 

92a.   Gasco.    Les  amours  des  A.rolotls.     Zool.  Anz.  1881.   (Fehlt  bei  3Iinot.) 

93.  Gibbes,  H.  On  the  structure  of  the  vertebrate  Spermatozoon.  Quart.  Journ.  micr. 
Sc.    Vol.  XIX.  p.  487.  1879. 

93a.  —   On  the  human  spermatozoa.     Ibid.    Vol.  XX.  1880.     (Fehlt  bei  3Iinot.) 

94.  GodleivsTxi  Jtm.  Weitere  Untersuchungen  über  die  Umwandlungstveise  der  Si^er- 
matiden  in  Spermatozoen  bei  Helix  poinatia.  Anzeiger  der  Akad.  d.  Wiss.  Krakau. 
1897. 

9.5.     Gregoire,    V.     Les  cineses  poHiniques  chez  les  Liliacees.  La  Cellule.   T.  XVI.  1899, 
96.      Griffiths,   J,      The    structural  Changes   observed    in    the   Testicles  of  aged  Persans. 
Journ.  of  Anat.  and  Phys.    Vol.  XXVLI.  p.  474  etc.  1893, 


Die  Geschlechtszellen.  437 

97.  Grifflths,  J.     Retained  Testes  in  Man  and  in  Ihe  Dog.     Journ.  of  Anal,  and  Phys. 
Vol.  XXVIII.  p.  207.    lSf)4. 

98.  —   T/ie  Coiiditinn  "f  Testes  and  Prostata  Gland  in  Eunuchoid  Persans.  Ibid.  'p.  221. 
lSf}4. 

99.  —   The    efects    upon    the    testes   of  Ligature     of    tke    speiinatic    Artery,    spermatic. 
Veins    and  of  bot h  Artery  and  Veins.    .fourn.  of  Anat.  and  Phys.    ]'oL  XXX.    p.  81 
1S95. 

100.  —  Three  lectures  upon  the  Testes  delivered  before  the  IL  College  of  Surgeons  of  Eng- 
land.    The  Lancet.  p.   791  and  916.  189.5. 

101.  Gvobben,  K.  Ueber  die  Anordnung  der  Samenkörper  zu  Bündeln  im  Hoden 
vieler   Tiere,  sowie  deren   Ursache.     Zool.  Ans.  Bd.  XXII.  pi-  I04.  1899. 

101a.    Grohe,   F.      Ueber    die  Beivequng  der  Samenh'hper.      Virchow's  Arcltiv  /.   pathol. 

Anat.  Bd.  XXXII.  1865. 
101b.   Grünhagen.   A.      Unter suchnngen   über  Samenentwicklung.     Centralbl.  f.  d.  med. 

Wissensch.  Xo.  2S.  p.  4SI  und  Xo.  42.  S.   7S7.  1883.    (Fehlt  bei  Jlinot.) 

102.  GMignavd,  L.  Developpernent  et  Constitution  des  Antherozoides.  Revue  generale 
de  Botanique.    T.  I.  p.   11,  68,  136,  et  175.   (Litt.)  1889. 

103.  G^ttnprecht.  Ueber  das  Wesen  der  Jodreaktion  (Florence'sche  Reaktion)  im  Sperma 
und  aufserhdlb  desselben.  Centralbl.  f.  allg.  Pathol.  u.  pathol.  Anat.  Bd.  IX.  p.  577. 
1898. 

104.  GiirwitscJi,  A.     Zur  Entwicklung  der  Flimmerzellen.  Anat.  Anz.  Bd.  XVII.  1900. 

105.  —  Studien  über  Flimmerzellen.  I.  Hi.'itogenese  der  Flimmerzellen.  Arch.  f.  mikr. 
Anat.  u.  Entw.-Gesch.  Bd.  LVII.  p.  IS4.   1901. 

105a.  Guyer,  M.  F.  Spermatogenesis  in  hybrid  piqeons.  Scienc.  X.  S.  Vol.  XL  p.  248. 
1900. 

106.  Hanimar ,  J.  A.  Ueber  Sekretionserscheinungen  im  Xebenhoden  des .  Hundes. 
Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  (Abt.  f.  Anat.  u.  Entw.-Gesch.)  Supipl.-Bd.  p.  1.  1897. 

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und  Phys.   (Physiol.  Abt.).  p.  176.   1896. 

107a.  —  Ueber  die  sogenannten  Zxoischenzellen  des  Hoden  und  deren  Bedeutung  bei 
pathologischen  Veränderungen.  Virchoiu's  Arch.  für  j^o-thol.  Anat.  Bd.  CXLLI. 
p.  538.  1895. 

108.  —  Demonstration  zur  Spermatogenese  des  Orang-Utang.  Verhandl.  d.  Physiolog. 
Gesellsch.    in  Berlin.     Jahrg.  1S98/1S9!K    Arch.  f.  Anat.   und  Physiol.   1899. 

108a.  Havvey.  Ueber  die  Zwischensubstanz  des  Hodens.  Centralbl.  f.  d.  med.  Wissensch. 
Xo.  oO.  1875. 

109.  Heidenhain,  M.  Ueber  die  Cent/'alkapseln  U7id  Pseudochromosomen  in  den 
Samenzellen  von  Proteus,  soioie  über  ihr  Verhältnis  zu  den  Idiozomen,  Chondro- 
miten  und  Archoplasmaschleifen.     Anat.  Anz.  Bd.  XVIII.  p.  513.  1900. 

109a.  Helntan.  Ueber  die  Entwicklung  der  Spermatozoen  der  Wirbeltiere.  Diss.  Dorpat. 
1879.     (Fehlt  bei  Minot.) 

110.  Henle,  <T.  Handbuch  der  systematischen  Anatomie  des  Menschen.  Eingeiceide- 
lehre.  1.  Auflage.  1866.    2.  Aufl.  1874. 

llOa.  Henneguy,  L.  F.  Recherches  sur  la  vitalite  des  spermatozoides  de  la  truite. 
Comp,  reyid.  Ac.  des  Sc.  Paris.   T.  LXXXIV.  Xo.  23.  1877.   (Fehlt  bei  Minot.j 

111.  —  Sur  les  rapports  des  cils  vibratiles  avec  les  centrosomes.  Arch.  d'anat.  microscop. 
T.   /.  1898. 

112.  Henry,  A.  Phenomenes  secretoires  dans  l'epididyme  des  Reptiles.  Bibliograph, 
anatom.  (Nancy.)   T.    V.  p.  I84.  1897. 

113.  —  Phenomenes  secretoires  dans  l'epididyme  des  mammiferes.  Bibliogr.  anat.  T.  VL. 
p.  265.  1899.  —  Fonction  secretoire  de  l'Epididyme.  Arch.  d'anat.  microsc.  T.  III. 
1900. 

114.  Herlitzka,  A.  Sur  la  transplantation  des  testicules.  Arch.  ital.  de  Biol.  T.  XXXII. 
p.  274.  1899. 

115.  Hermann,  F.  Beiträge  zur  Histologie  des  Hodens.  Arch.  f.  mikrosk.  Anat. 
Bd.  XXXIV.  p.  58.  1889. 

115a.  —  Die  postfötcde  Histiogenese  des  Hodens  der  Maus  bis  zur  Pubertät.  Ebendaselbst, 
p.  4^9. 

115b.  —  Urogenitalsystem.  Referat  in  „Ergebnisse  der  Anatomie  tind  Enttvickelungs- 
geschichte",  herausgeg.  von  Merkel  u.  Bon  net.  I  u.  IL  1891  ti.  1893.  (Sper- 
matozoen.) 

116.  —  Beiträge  zur  Kenntyiis  der  Spermatogenese.  Arch.  f.  mikr.  Anat.  u.  Entw.-Gesch. 
Bd.  L.  p.  276.  1897.   (Zool.   Centralbl.  1898.) 

117.  —  Bemerkungen  über  die  chromatoiden  Körper  der  Samenzellen.  Anatom.  Anz. 
Bd.  XIV.  p.  SU.  1898. 

118.  —  In  eigener  Sache.     Ebend.   Bd.  XV.  p.   177. 


438  W.  Waldeyer, 

119.  HiS)  W.  Les  travaux  scientißqices  du  Prof.  F.  Mi  es  eher.  Jiibliotki.quc  iini- 
verselle.  Arch.  des  Sc.  phys.  et  nat.  102^  annee.  p.  509.  1897. 

lli)a.  Hoffmann,  C.  JK.  Amphibien.  In  Bronn:  Klassen  ^md  Ordnungen  des  Tier- 
reichcti.     Bd.    VI.  Abt.  2.  Leipzig  n.  Heidelberg.    Winter  1877. 

11  üb.  Hofmeister.  Unter sucMmgen  über  die  Zwischensubstam  im  Hoden  der  Säuge- 
tiere.     Wiener  akud.  Sitzungsber.    1872. 

120.  Janssens,  F.  A.  Rapprochements  entre  les  cineses  polliniques  et  les  cini-ses 
se.vucltes  dans  le  teslicide  des   Tritons.  Anat.  Anz.  Bd.  XVII,  p.  520.  1000. 

120a.  —  La  .Spermatogenese  chez  les   Tritons.  ,,La  Celliäe".    T.  XIX.  p.  1.   1901. 

l20b.  —  Die  Spermatogenese  bei  den  Tritonen  nebst  einigen  Bemerkungen  über  die  Ana- 
logie ztrischen  chemischer  und  j)hysikalischer  Thätiqkeit  der  Zelle.  Anatom.  Anz. 
Bd.  XXL  No.  5.  1902. 

121.  Jensen,  O.  S.   Die  Struktur  der  Samenfäden.  Bergen   1870.    (Berlin  b.  Friedländer.) 
121a.  —   lieber    die  Struktur    der  Samenkörper    bei  Säugetieren,    Vögeln    und  Amphibien. 

Anat.  Anz.  Bd.  I.   1880. 
121b.  —   Untersuchungen   über   die    Samenkörper    der  Säugetiere,    Vögel    und  Amphibien. 

Arch.  f.  mikrosk.  Anat.  Bd.  XXX.  p.  379.  1887. 
121c.  —  Rerherchcs    sur   la    Spermatogenese.     Archives    de  Biologie.    T.  IV.  p.    1.  1883. 

122.  Ikeno,  S.  Vorläufige  Mitteilung  über  die  Sjiermatozoiden  bei  Cycas  revoluta. 
Botan.'  Centralbl.  Bd.  LXIX.  1897. 

123.  tTohnston,  IVycitt.  On  the  jodine  test  for  semen.  Boston  med.  .turg.  .lourn. 
Vol.   CXXXVL  p.   324.  1897. 

124.  Jordan,  Ediv.  O.  The  sjyermatophores  of  Diemyctylus  (Diemyclylus  viridescens). 
Journ.  <-/  Morph.    Vol.  V.    p.  263.  1891. 

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Beitrag  zur  Chromosomenreduktion  im  Pflanzenreiche.  Journ.  C'olleg.  Sc.  Imper.  Univ. 
Tokyo'.    Vol.  X.  1897. 

12,5a.  Ivanoff,  E.  La.  fonction  des  vesicules  seminales  et  de  la  glande  prostatique  dans 
l'acte    de   jecondation.     Journ.  de  phys.    et    de  jmthol.  gebier.    T.  IL  p.  95.  1900. 

126.  Kintfshury,  B.  T.  The  reducing  divisions  in  the  spermatogenesis  of  Desmo- 
gnathus  fuscus.  Zoolog.  Bull.    Vol.  IL  1899, 

126a.  Kayser,  H.  Untersuchunqen  über  die  Bedeutung  der  Samenblasen.  Diss.  inaug. 
Berlin.    1880. 

l26aa.Ätas.  Ueber  die  Entwickelung  der  Spermatozoiden.  Disserl.  inaug.  Greifswald. 
1874.   (Fehlt  bei  Minot.) 

I26b.  Klein,  JE.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Samenzellen  und  der  Bildung  der  Samen- 
fäden bei  den  Säugetieren.  (Jentralbl.  f.  die  mediz.  Wiss.  Xo.  20.  j).  369.  1880. 
(Fehlt  bei  3Iinot.) 

127.  Kölliker,  A.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Geschlechtsverhältnisse  und  der  Sainen- 
flüssigkeit  wirbelloser  Tiere  nebst  einem  Versuche  über  das  Wesen  und  die  Bedeu- 
tung der  sogenannten  Samentiere.  SS  p.  3  Taf.  4.  Berlin  1841.  (Philos.  Lnaug. 
Diss.  der   Univ.  Zürich.) 

128.  —  Die  Bildung  der  Samenfäden  in  Bläschen  als  allgemeines  Entwickelungsgesetz. 
Xeue  Denk.schrift.en  der  Schweizerischen   Gesellsch.  f.  d.  Naturwissensch.    Bd.   VILL. 

p.     1.    184:7. 

129.  —  Physiologische  Studien  über  die  Sarnenflilssigkeit.  Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  VII. 
p.  201.  18.56.  S.  a.  Würzburger  Verhandl.  VI.  1856  und  British  Association 
Reports,  p.  125.  1855. 

r29a.  Kolossow.  Beitrag  zur  Frage  von  der  Entwicklung  der  Samenfäden  bei  Säuge- 
tieren. Med.  Centralbl.  Bd.  XXX.  p.  562.  1888.  (Lst  bei  3Iinot  unrichtig  als 
,,Kolosson"  citiert.) 

130.  Korff,  K,  V.  Zur  Ilistogenese  der  Spermien  von  Heli.v  pomatia,  Arch.  f.  mikr. 
Anat.   und  Entw.-Gesch.  Bd.  LIV.  p.  291.  1800. 

130a.  —  Zur  Ilistogenese  der  Spermien    von  Phalangista  vulpina.     Arch.  f.  mikr.  Anat. 

und  Entw.   Gesch.  Bd.  LX.   p.  233.   April  1902. 
130b.  —    Weitere  Beobachttingen  über  des    Vorkommen  \r -förmiger  Centralkörper.     Anat. 

Anz.  Bd.  XLX.  p.  490.   1901. 

131.  Kossei,  A,  Untersuchungen  über  die  Nucleine  und  ihre  Spaltungsprodukte. 
Zeitschr.  f.  physiol.   Chemie.  1881. 

132.  —  Ueber  die  Nucleinsäure.  Arch.  f.  Anat.  und  Phys.  Phys.  Abt.  p.  157.  1893. 
(In  der  ZeiUschrift  für  p>hysi alogische  Chemie  finden  sich  zahlreiche  Originalarbeiten 
Kossel's  und  seiner  Schüler  über  die  Chemie  des  Sperma,  welche  hier  nicht  sämt- 
lich aufgezählt  werden  können.  Es  seien  u.  a.  genannt:  1.  A.  Kossei.  Ueber 
die  basischen  Stoffe  des  Zellkerns.  —  2.  A.  Kos  sei.  Ueber  die  Bildung  des  Thymin 
aus  Fischsperma  [1  u.  2  in  Bd.  XXI  u.  XXII  der  Zeitschr.  f.  phys.  Chemie.  1897 
u.  189SJ.    —    3.  A.  3Iatthews.    Zur  Chemie  der  Spermatozoen.    Zeitschr.  f.  phys. 


Die  Geschlechtszellen.  439 

Ch.  1897.  —  4-  ^l-  Kos  sei.  lieber  die  Konstitution  der  einfachsten  Eitveifsstoße. 
Ebd.  18US.  —  5.  D.  KurajefJ.  lieber  das  Protamin  aus  den  Spermatotoen  der 
Makrele.  Ebd.  1898.  —  6.  Wl.  Guleioitsch.  lieber  das  Arginin.  Ebd,  1899.  — 
7.  Wl.  Gule  IV tisch,  lieber  das  Thymin.  Ebd.  1899,  —  Eine  kurze  Zusammen- 
stellung über  die  „  Nu  cl  einst  off  e  "  giebt  A .  Ko  ssel  in  Lieb  reich 's 
EncykJopädie  d.  Therapie.  Bd.  IIT.  1900.  —  In  allen  diesen  Artikeln  weitere  Lit- 
teratur.) 
132a.  KoiVHlevsky,  A.  Impregnation  hypodermique  chez  l' Haemantaria  costata.  C.  R. 
de  l'Acad.  des  Sc.  Fans.   T.   CXXIX.  1S90. 

133.  Krause,  W.  Zum  Spiralsaum  der  Samenfäden.  —  H.  Gib  bes.  On  human  sper- 
matozoa.     Biol.  Centralbl.  Bd.  T.  p.  25.  1881. 

134.  —  Der  Spiralsaum  der  Samenfäden.  Internat.  Jlonatsschr.  f.  Anat.  u.  Physiol. 
Bd.  IL  p.  170.  1885. 

134a.  —  Die  Spermatogenese  bei  den  Säugern.  Centralbl.  f.  die  med.  Wissensch.  p.  3ö6 
u.  401.  1881. 

135.  —  Handbuch  der  menschlichen  Anatomie.  (3.  Aufl.  von  C.  Fr.  Th.  Krause's  Hand- 
buch.) Nachträge  zur  allgem.  und  mikrosk.  Anatomie,  p.  86.  Hannover,  Hahn'sche 
Buchhandl,  1881. 

136.  Ladenhiirg.  Ueber  das  Diäthylendiimin  (Piperazin).  Ber.  der  Deutschen  ehem.. 
GeseUsch.  Bd.  XXIIL  p.  3740.  1890. 

136a.  Langhans,  Th.  „lieber  Hodenatrophie",  in  Kocher,  Krankheiten  der  männ- 
lichen  Geschlechtsorgane.  Deutsche  Chirurgie.  Stuttgart  1887. 

137.  Langerhans.  P.  Zur  Anatomie  des  Amphioxus  lanceolatns.  Arch.  f.  mikr.  Anat. 
Bd.  XIL  1876. 

137a.  Laulanie.     Sur    l'^inite    du  processus    de    la  Spermatogenese  chez  les  mammiferes. 

Comjit.  rend.  de  l'Acad.  des  Sc.  Paris.  188ö.   (Fehlt  bei  Minot.) 
137b.  —  Sur  Devolution  et  la  valeur  de  l'epithelium  germinatif  dans  le  testicule  foetal  des 

mammiferes.   Compt.  rend.  Soc.  de  Biologie.  1887.    (Fehlt  bei  Jlinot.) 
137c.  Launois,   P.   E.     Histoire  des  spermatozoides.    La  Presse  med.  Xo.  14.  p.  77 — SO. 

1001. 

138.  Lecco,  M.  F.  lieber  die  mikrochemische  Erkennung  der  Spermaflecken  in  Kriminal- 
fällen.     Wien.  Min.    Wochenschr.  X.  Jahrg.  p.  820.  1897. 

138a.  LecftiUon,  A.  Stir  la  di.^position,  la  structure  et  le  fonctionnement  de  l'appareil 
reproducteur  des  Collemboles.  Compt.  rend.  de  l' Association  des  Anatomistes.  Quatr. 
Sess.  (Montpellier  1902.)  p.   132.  Nancy  1902. 

139.  Leeuivenhoeck,  A.  van.  Opera  omnia  s.  arcana  naturae  ope  e.vactissimorum 
microscopiorum  detecta  etc.  T.  I — IV.  Lngd.  Batav.  1719 — 1722,  T.  IV.  (Anatomia 
et  contemplationes).  p.  57. 

140.  Lenhossek,  M.  v.  Ueber  Spermatogenese  bei  Säugetieren.  Vorläufige  Mitt.  Tii- 
bingen  1897. 

141.  —  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Zwischenzellen  des  Hodens.  Arch.  f.  Anat.  u.  Phys. 
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morphologische  Entwickelung  der  Lachsspermatozoen.  Nachtrag  von  W.  His 
(p.  415)-  —  Zu  No.  2  s.  a.  Arch.  f.  e.rperim.  Pathol.  u.  Pharmakologie,  herausgeg. 
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202ail.  —  Etüde  stir  la  structure  du  tube  seminiiere  des  mammiföres.  These  de  Nancy. 
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gabe.) 

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der  Einleitung  der  Teilung  der  Spermatocyten  von  Salamandra  maculosa.  Arch. 
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zellen und  die  Spermatogenese  bei  Scyllium  canicula  L.  Arch.  f.  mikr.  Anat.  n. 
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206a.  —  Notes  sur  la  Spermatogenese  des  mammiferes :  L.  Les  „bouchons  ceUulaires" 
occupant  la  lumiere  des  tubes  seminiföres ;  Les  „segments  de  tubes"  seminiferes  d 
epithelium  disloque  et  caduc.  LL.  Les  „cellules  seminales  abortives  (et  particuliere- 
ment  les  spermatozoides)"  pendant  la  si^rmatogenese  normale.  Bibliographie  unatom. 
T.   VIL  p.  96.  1899. 

207.  —  Sur  la  morphologie  de  la  cellule  de  Sertoli  et  sur  son  role  dans  la  spermalo- 
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p.  96.  1899. 

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212.  —  Evolution  teratologique  des  cellules  seminales  chez  les  mammiferes.  Cellules 
geantes,  naines  et  d  noyaux  multiples.  Compt.  rend.  Soc.  Biol.  T.  LH.  p.  293. 
'24  3Iars.  1900.    V.  a.  Bibliogr.  anat.   T.    VIII.  p.  24.  1900. 

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rend.  Soc.  Biol.  Paris:   T.  LLI.  p.  328.  31  Mars.  1900. 

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1900. 


444  W.  Waldeyer, 

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21(3.  —  Quehjucs  details  siir  la  division  amitotique  dem  noyan.c  de  Serloli  cliez  Ic  rat. 
—  Sort  du  nucUole.  —  Deu.r  Varietes  d'amitfise  :  equivalence  ou  non-rq  11  ivalence 
des  noy<iu.i'-/ils.      Verh.  der  Anut.   Gesellsrh.   14-    Vers,  in  Paria,  p.  110.  1900. 

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Compt.  rend.  de  la  Soc.  de  Biol.    T.  LIII.  p.   74.  26  .lanv.  1901. 

2221.  —    Etudes  snr  la  strueture  des  tubes  seminiferes    et   sur  la  Spermatogenese  chez  les 

mammifrres.     Archires    d'anatomie    microscopiqiie   jtar    Ranrier  et  Henneguy. 

T.  IV.'  1901. 
22211.  —    Variations  de  la  chromatine  nucleaire   au   cours  de  la  .Spermatogenese.     Compt. 

rend.  de  la  Soc.  de  Biol.   T.  LIII.  2  Mars.  1901. 
222III.  —    Sur    le    mode    de   formation    des  chromosomes    pcndant    les    karyokineses    des 

spermatogonies  chez  le  Rat.      Compt.  rend.  de  la  Soc.  de  Biol.  30  Avril.  1901, 
222IV.  —   Transformation    paraepitheliale    des    cellules    interstitielles    dans    les    testicules 

d'un  Chien,  probablement  a  la  suite  d'une  orchite  aiicienne.     Compt.  rend.  de  la  Soc. 

de  Biol.  20  Avril.  1901. 
222V.  —  Independance  relative  de  la  fonelion    secretoire  et  de  la    fonction    spermatogene 

de  l'epithelium  seminal.      Compt.  rend.  de  la  Soc.  de  Biol.    T.   LIII.  4  Mai.  1901. 
222VI.  _  Notes  sur  les  cellules  glandulaires  de  l'epididyme  du  rat.      Compt.  rend.  de  la 

Soc.  de  Biol.   T.  LIII.  1901. 
222VII,  —  Sur  quelques  particularites    des    noyaux  de  Sertoli  du   Cobaye.      Compt.    rend. 

de  la   Soc.  de  Biol.    T.  LIII.  1901. 
222VIII,  —  et  Policard,  A.      Elude  comparative  du  testicule  du  Pore  normal,   impubere 

et  ectopique,  au  point  de  vuc  des  cellules    interstitielles.     Compt.    rend.    de    la   Soc. 

de  Biol.   T.  LIII.  27  Avril.  1901. 
222IX,  —   Observations    sur    les    phenomenes    de    secretion     de    l'epithelium    seminal    du 

Moineau,  signification  physiologique  de  la  secretion  seminale  en    general.     Role  du 

syncytium     nourricier     (cellules    de    Sertoli)     dans    les    deplacements    des    sperrnies. 

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l'Inst.  de  Zool.    de    Montpellier    et    de   la    Station  maritime  de  Cette.    Mem.  No.  3. 

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Die  Geschlechtszellen.  445 

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und  Samenleiters  von  Geburt  an  bis  zum  Greisenalter  mit  besonderer  Berücksichti- 
gung der  Hodenatrophie,  des  elastischen  Gewehes  und  des  Vorkommens  von  Kry- 
stallen  im  Hoden.  Anatomische  Hefte,  herausgeg.  von  Fr.  ßlerkel  u.  R.  Bonnet. 
Abt.  I  (Arbeiten).  H.  60  (Bd.  XVIII,  3)  p.  -593.  1902.  S.  a.  Arch.  ital.  de  Biol. 
T.  XXXVI.  p.  429.  1901. 

239.  Steinach,  E,  Untersuchungen  zur  vergleichenden  Physiologie  der  männlichen  Ge- 
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f.  d.  gesamte  Physiol.     Bd.  LVI.  p.  304.  1894. 

2391-  Stephan,  P.  Sur  la  structure  histologique  du  testicule  du  Mulet.  Compt.  rend.  de 
l'Associat.  des  Anatomistes.   Quatr.  Session    (Montpellier  1902).  Nancy  1902, 

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p.  17.  1877. 

239b.  —  Zur  Naturgeschichte  der  mexikanischen  Kiemenmolche. '  Die  Fortpflanzung. 
Sitzungsber.  der  Naturf.   Gesellsch.  zu  Dorpat.  Bd.  IV.  1875. 

240.  —  Die  Leydig'sche  Zwischensubstanz  des  Hodens.  Eine  histor.  Notiz.  Arch.  f. 
mikr.  Anat.   n.  Entw.- Gesch.   Bd.  XLVLII.  p.  692.  1897. 


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Lacerta  vivipara.  C.  R.  de  la  Soc.  de  Biol.  Paris.  Sn:  9.  T.  T'.  Xo.  28.  p.  799. 
1893. 

241a.  StrassDiann,  JP.  Li  der  Diskussion  sn  einem  Vortrage  Jaqnet's.  Zcitschr.  für 
Geburtshidfe  und  Gynäkologie.  Bd.  XLVLI.  Lieft  1.  (Hierin  auch  manche  bemer- 
kenswerte Angabe7i  von  anderen:  Olshausen,  Kossmann,  Mackenrodt  v.  a.  über  das 
Eindringen  der  Spermien  in  die   weibl.   Geschlechtsorgane.) 

242.  Studnicka.  lieber  Flimmer-  und  Cuticulazellen.  Sitzungsber.  d.  Kgl.  JiUhmischen 
Ges.  d.  Wiss.  1S99. 

243.  Suzuki,  B.  Notiz  über  die  Entstehung  des  Jlittclstückes  der  Samenfäden  von 
Selachiern.     Anat.  Änz.  Bd.  XV.  p.  125.  1898. 

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Verhandl.  der  anat.   Ges.    8.  Versainml.  in  Slrajsburg.  p.  232.    1894. 

245.  —  Ueber  die  Entiricldnng  der  Samenfäden.  Mathem.-natw.  Berichte  aus-  Ungarn. 
Bd.  XII.  p.  383.  1895. 

246.  —  Bemerkungen  zu  von  Bardeleben's  neuer  Theorie  der  Samenfädenentwicklung. 
Lntern.  llonatsschr.  f.  Anat.  und  Phys.  Bd.  XL]\  p.  33.  1897. 

247.  —  Ueber  den  Bau  des  Eidechsenhodens.  JLafhem.  n.  uutiirv.  Berichte  aus  Ungarn. 
Bd.  XILL  p.  SOS.  1897. 

248.  Thomson,  J.  Arth.  Spei-matogenesis.  Zoological  liecord.  Vol.  V.  p.  21.  1891: 
1892. 

2481.    Tourneux.       Des      celhdes    interstitielles     du     testicule.      Thise    de    L^aris.    1879. 

V.  a.  Journ.  de  l.'anat.  et  de  la  physiol.   T.  XV.  1879. 
248II.  —  et  Herrmanu,     Article    „Testicule".     Diction.    encyclop.    des    Sc.    med.     (De- 

chamhre).   1886. 
248a.    Valentin,  G.     LTistologische  und  physiolog.  Studien  LLI.     Zeitschr.  ration.  Medizin. 

Bd.  XVLLL.  1863.   (Fehlt  bei  Minot.) 

249.  la  Valette  St.  George,  A.  v.  Spermatologische  Beiträge.  L.  Arch.  f.  mikr. 
Anat.  Bd.  XXV.  p.  581.  1885.  (Bombinator.)  LIL  Eben'd.  Bd.  XXVLL.  1886. 
(Anura.J  Bd.  XXVLIL,  XXX  u.  XXXIX. 

250.  —  Die  Spermcitogenese  bei  den  Säugetieren  und  dem  Menschen.  Univers.-Progr. 
Bonn  1898.  S.  a.  Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  L,  IIL,  X.  XII,  XV  (besonders 
ivichtig).  1865—1878. 

250a.  —  De  spermato.somatum  evolutione  in  Plagiostomis.  Bonnae  1878. 

250b.  —  Artikel  „Hoden"    in  Stricker's  Handbuch    der    Geivebelehre.  Leipzig  1870. 

251.  Vertun,  M.  Ueber  Spermatocelen-Flilssigkeit,  zugleich  ein  Beitrag  zur  Chemie 
des  Samens.     Centrcdbl.  f.   d.  med.    Wissensch.  No.  31.  1899. 

252.  —  Wesen  und  Bedeutimg  der  Floreiice' sehen  Reaktion.  Centralbl.  f.  d.  Krank- 
heiten der  Harn-  und  Geschlechtsorgane.  Bd.  XL.   13.  ,Lan.  1900. 

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testicidaire  proprement  dite.  Bidl.  de  la  Societe  d'a,nthro2)ol.'  de  Paris.  Ser.  4. 
T.  III.  p.  282.  1892.  V.  a.  Gazette  med.  de  Paris.  Annee  63.  No.  20.  p.  229. 
1892. 

253a.   Varaglia,   S.    Sulla  struttura  della  parete  prop>ria  dei  canalicoli  retti  nel  lesticolo 

deirtiomo.     Giorn.  R.  Accad.  med.   Torino.  Anno  63.  p)-  158.  1900. 
253b.  —  e  Toscani,   E.     Sulla,  struttura  della  parete  propria  dei  canalicoli  contorti  deW 

uorno.     Ibid.  p.   55.   1900, 
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medical.  p.  883.  1892. 
254a.   Verson,  E.    SuW  ufficio  della  celluht  gigante  nei  folUcoU  testicolari  degli  insetti. 

Annuario  d.  R.    Stazione  bacologica    di   Padova.    Vol.  XXVLL.    1899,    ]'.  «.  Arch, 

ital.  de  Biologie.    T.  XXXLL.  p.  S2G.  1899, 

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p.  472.  1848. 

255a.  —  Fragmente  zur  Physiologie  der  Zeugung,  vorzüglich  zur  mikroskopische )i  Ana- 
lyse des  Spermas.  Abhandl.  d.  Kihiigl.  Bayerischen  Akad.  d.  Wissenschaften, 
Bd.  LL.  p.  388.  1837. 

256.  Waldeyer,  W.  Bau  und  Entwickelung  der  Sainenfäden.  Referat.  Anat.  Anz. 
2.  Jahrg.  No.  12.  1887. 

257.  Walker,  Geo.  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Anatomie  und  Physiologie  der  Prostata, 
nebst  Bemerkungen  über  den  Vorgang  der  Ejakidation.  Arch.  für  Anat.  ti.  Phys. 
Anat.  Abt.  p.  313.  1899.   {Mit  Litt.) 

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to  the  fecundative  power  of  the  spermatic  fluid.  Bulletin  of  the  .lohn  Hojikins 
Hospiial.   No.  120.  1901. 


Die  Geschlechtszellen.  447 

257ai.  Wasielewski,  v.,  und  Senn.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Flagellaten  des  Ratten- 
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und  Fl  iigg  e.  Bd.  XXXIII.  p.  444-  1900. 

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tSf)7. 

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Jonrn.    Vol.   CXXXVIII.  p.  397.  1898. 

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261.  Wilcox,  E.    V.     Human  Spermatogenesis.    Anat.  Anz.  Bd.  XVII.  p.  816.  1900. 
26la.  —  Spermatogenesis  of  Caloptenus  femur-rubrum  and  Cicada  tihicen.     Bull.  3Iuseuni 

Comp.    Zool.   Harvard  College.    Vol.  XXVII.  p.  1  1895  and   Vol.  XXIX.   p.  193. 
1896. 

262.  WinMef,  H.  lieber  die  Furchung  unbefruchteter  Eier  unter  der  Eintvirkung 
von  E.i-traktiv Stoffen  aus  dem  Sperma.  Nachr.  d.  K.  Gesellsch.  d.  W.  in  Göttingen. 
Math.-phys.  Kl.  "p.  187.  1900. 

263.  Zacharias,  E.  Ueber  Nachweis  und  Vorkommen  von  Nuclein.  Ber.  d.  Deutschen 
botan.  Ges.  Bd.  XIV  (1897)  und  Bd.  XVI.  p.  185.  1898.  (ßlikrochem.  Nachweis 
bei  Sperma  von  Lachs,   Triton  und  Eiern  von  Rana.) 

264.  —  Ergebnisse  der  dieneren  Untersuchungen  über  die  Spermatozoiden.  Bot.  Ztg. 
Bd.  LVII.  II.  Abt.  p.  1.  1899. 

265.  —  Ueber  Sexualzellen  und  Befruchtung.  Verhandl.  des  Naturw.  Vereins  in  Ham- 
burg. 1901. 

265a.  —  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Sexualzellen.  Berichte  der  Deutsch,  botan.  Gesell- 
schaft. Bd.  XIX.  p.  377.  1901.  ■ 

265b.  Zacharias,  O.  Spermatozoen  von  Polyphemus.  Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  XLI. 
1885. 

265c.  Zeller.  Ueber  die  Befruchtung  der  Urodelen.  Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  XLIX. 
p.   597  u.   741.   1890.  '  (Fehlt  bei  Jlinot.) 

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der  Anatom.  Gesellsch.  zu  Strafsburg  Eis.  p.  240.  (No.  10)  Jena,  Fischer,  1894. 
(Centrosom.) 

267.  —  Beitrüge  zur  Kenntnis  einiger  Drüsen  und  Epithelien.  Arch.  f.  mikrosk.  Anat. 
Bd.  LH.  1898.   (Centrosom.) 

B.   Ova. 

268.  Alcocic,  A.  On  a  new  species  of  Viviparous  Fish  of  the  Family  Ophidiiae. 
Ann.  Mag.  Not.  Hist.    Vol.  XVI.  p.  I44.  1895. 

269.  Allessandrini,  G.  Contribuzione  alla  conoscenza  dello  sviluppo  deW  ovario  nel 
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270.  Atnann,  J.  A.  Ueber  Bildung  von  Ureiern  und  primärfoUikelähnlicher  Gebilde 
im  senilen  Ovarium.  Fesfschr.  für  C.  v.  Kupfer,  p.  717.  Jena,  Fischer,  1899. 
S.a.  Verhdl.  d.  Ges.  deutscher- Naturf.  und  Aerzte  in  3Iünchen.  71.  Vers.  Bd.  II. 
1899. 

271.  'Arnold,   A.   T.     Beiträge  zur  Kenntnis  des  Reptilien- Ovariums.    (Erlanger  Inaug.- 

Diss.  8".  39  pp.)    Waldshut  1892. 
2<^la.  Baedeker.     Die  Eier  der  europäischen   Vögel.     Fol.  Leipzig  180.3. 
2i2.     Baer,  K.  E.  v.     De  ovi  mammaUum  et  hominis  genesi  epistola.  Lipsiae,  sumptibus 

Leopoldi    Vossii,    1827.    4.     S.  a.  Heusinger's   Zeitschr.  f.    organische   Physik. 

1827. 

273.  —  Ueber  Entwickehmgsgeschichte  der  Tiere  etc.  Königsberg  i.  Pr.  I.  T.  1828  bis 
18.34.  II.   T.  1837. 

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2<'3b.  —  Sur  l'origine  des  cellules  du   follicule    et    du    noyau    vitell.in    de   l'ceuf  chez  les 

Geophiles.  Zool.  Anz.  No.  155,  156.  1883.     (273a  und  b  fehlen  bei  Minot.) 

274.  —  Centrosome  et  Dotterkern.  Journ.  de  l'anat.  et  de  la  physiol.  T.  XXIX.  p.  145. 
1893. 


448  W.  Waldeyer, 

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275.  —  Contributions  ä  l'histoire  de  la  canstitiUio)!  de  Vauf.  II.  Elimination  d'elements 
nucleaires  dans  l'ieuf  Ovarien  de  Scorpaena  scrofa.  Bull,  de  l'Acad.  R.  des  scienc. 
de  Belgique.  Ser.  3.  T.  XXV.  p.  323.  V.  a.  journ.  of  thc  Royal  micr.  Soc.  P.  V. 
p.  609.  1893. 

276.  —  L'oocyte  de  Pholcus  p/ialanr/ioides  Fuessl.  Verhdl.  d.  Änat.  Genell.irJi.  11.  Ver. 
Gent  1897.  Jena,  Fischer,  1S97. 

27 <.     —   CdHtribution  ä  l'histoire  de  la  Constitution  de  l'ieuf.     Arch.  de  ßioltigie.  T.  XV. 

189S. 
27 ta.  —   Cristalloides  dans    l'oocyte  de  Pholcus   phnlanr/oide.'i  Fuessl.     Arch.    d' Anatomie 

microsc.    T.  II.  p.   65.  1898.  ') 

280.  Barherio,  M.  II  centrosoma  nelle  uova.  primordiali  della  coniglia.  Ann.  di 
Ostetr.  e   Ginecolog.  Anno  21.  p.   777.  1899. 

280a.  Bnrfui^th.      Biologi.Hche   Untersuchungen  über  die  Bachforelle.  Arch.  j.  mikr.  Anat. 

Bd.  XXVII.  p.  128.  1886.     (Fehlt  bei  3Iinot.) 
280b.  —    Versuche  über  die  jiarthenogenetische  Furchung  des  Hühnereies.     Arch.  f.   Ent- 

wickelungsmechanik.  Bd.  II.  p.  303.  1895. 

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Berlin,  p.   1^3.  189.5. 

281a.  Bataillon,    E.     Sur  l'cvolution  des  a'ufs  imniatures  de  Rana  fusca.      Compt.  rend. 

Acad.  Sc.  Paris.   T.   CXXXII.  p.  113^.  1901. 
281b.  —  Etudes  expcrimentales   sur   l' evolution  des  Ampthibiens  :    les    degres    de  matmxi- 

tion  de  l'ceuf  et  la  morphogencse.     Arch.  f.  Entv.-Mech.  der  Or<ianismen.  Bd.  XII. 

1901. 

282.  Battershy,  J.  Crocodile's  egg  vith  solid  Shell.  Nature.  Vol.  XLVIII.  p.  21,8. 
1893. 

283.  Bauer,  R.  W.  Ueber  das  Doppelei  eines  Haushuhns.  Biol.  Centralbl.  Bd.  XVIII. 
p.  304.    1898. 

284.  —  Ueber  das  Verhältnis  von  Eiwei/s  zu  Dotter  und  Schale  in  den  Vogeleiern. 
Biol.   Centralbl.  Bd.  XIX.  p.  320.  1899. 

285.  Behrens,  G.  Die  Reifung  und  Befruchtung  des  Forelleneies.  Anatom.  Hefte. 
Xo.  32.  p.  227.     S.  a.  Inaugural-Di.^sert.   Würzburg.  1898. 

286.  Belloy,  G.  Recherches  sur  l'origine  des  corps  jaunes  de  l'ovaire  chez  le  rat  et 
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1899.  Bibliogr.  anat.  Siipph'ment.  1899. 

287.  Beneden,  E.  Van,  Recherches  sur  la  composition  et  la  signißcation  de  l'ceuf 
basees  sur  l'etude  de  son  mode  de  formation  et  des  premiers  phenomenes  embryon- 
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288.  —  Contribution  a  la  connaissance  de  l'ovaire  des  mammiferes.  Arch.  de  Biol.  T.  I. 
1880. 

288a.  —  et  Neyt,  A.  Xouvclles  recherches  sur  la  fecondation  et  la  division  mitosique 
chez  l'Ascaride  megalocephale.  Bruxelles  1887. 

289.  Bernhardt.  Symbolae  ad  ori  avium  historiarn  ante  lyraegnationem.  Diss.  inaug. 
Vratislaviae  1834:. 

290.  Bischoff,  Th.  W.  Ueber  die  Bildung  des  Säugetiereies  und  seine  Stellung  in  der 
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291.  Bisogni.  Intorno  alla  struttura  del  gusHo  delle  uova  dei  Viperidae.  Intern. 
3Ionatsschr.  Anat.  u.  Phys.  Bd.  XIII.  p.  173.  1896. 

292.  Blnnc,  H.  Recherches  sur  la  maturation  et  la  fecondation  de  l'ceuf  de  la  truite 
des  lacs.  C.  rend.  des  travaux  presentes  u  la  78.  Session  de  la  Soc.  helvetique  des 
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A.  Weismann ,  Festschrift.  Ber.  der  Naturf.  Ges.  zu  Freiburg  i.  Br.  Bd.  VIII. 
1894. 

293.  Blanc,  L.  Un  cas  d'ovule  a  deux  noyaux  chez  un  mammifere.  Compt.  rend. 
hebdom.  de  la  Soc.  de  Biolog.  p.  563.  1892. 

294.  —  Sur  un  ovule  ä  deux  noyaux  observe  dans  l'ovaire  de  Mus  decumanus.  Ann.  de 
la  Soc.  Linneenne  de  lyon.  p.   73.  Annee  1892. 

294a.  Blasius,  R.  Ueber  die  Bildung,  Struktur  und.  systematische  Bedeutung  der  Ei- 
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29.5.  Böhm,  A.  Die  Befruchtung  des  Forelleneies.  Sitzungsber.  der  Ges.  f.  Morphol. 
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295a.  Bondzifnski  und  Zoja.  Ueber  die  fraktionierte  Krystallisation  des  Eieralbumins. 
Zeitschr.  f.  physiol.   Chemie.  Bd.  XIX.  p.  11.  1894. 

l)  Die  Nummern  278  und  279  sind  versehentlich  ausgefallen.     W. 


Die  Geschlechtszellen.  449 

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1892. 

316.  Brunn,   A.  v.     Die  Rückbildung    nicht    ausgesto/sener   Eierstockseier   bei    Vögeln. 

1)  Nummer  303  ist  versehentlich  ausgefallen.      W. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  29 


450  W.  Waldeyer, 

Beiträge  zur  Anatomie  und  Physiologie.     Festgabe  an  J.  Jlenle.  Bonn,  Fr.  Cohen, 
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Die  Geschlechtszellen.  451 

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349d.  —  Die    organischen   Regulationen.      Vorbereitungen    zu    einer    Theorie    des   Lebens. 

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29* 


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bis  zu  den  Fortpflanzungszellen.     Anat.  Ans.  Bd.  XX.  ji.  4-'tO-   lf)02. 

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autres  vertebres.     Journ.  de  l'anat.  et  de  la  physiol.   Annee  SO.  p.  1.  1894. 

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Distovium  hepaticum.     Compt.  rend.  de  l' Association  des  Anatomistes  (Qiiatr.  Sess. 

3Iontpellier  1902).  p.  128.  Nancy.  1902. 
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überhaupt.  Biol.  Centralbl.  Bd.  XIII.  p.  14.  —  S.  a,  American  Naturalist.  Vol.  XXVII. 
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422.  Hold,  M.  Groivth  of  the  Ovum  in  the  Fowl.  American  Naturalist.  Vol.  XXVI. 
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S.  a.  Verhdl.  der  Anat.  Gesellsch.  in  Göttingen,  p.  122.  1893.  IL  Sitzgsber.  der 
Kgl.  Akad.  der  Wiss.  in  Wien.  Math.-naturiv.  Klasse.  Bd.  IC.  1891.  (Eeifung  der 
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la  formation  du  liquor  folliculi.  2.  Recherches  sur  la  formation  des  corj)s  jaunes. 
Arch.  de  Biol.    T.  XVI.  p.  537.  1900. 

429.  —  Recherches  sur  l'ovaire  du,  Lapin.  3.  Note  sur  des  follicules  de  de  Graaf  d 
plusieurs  ovules.     Arch.  de  Biol.   T.  XVII.  p.  489.  1901. 

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Follikel)  Sbornik  Lekarsky   (Archives  Bohemes  de  Medecine)  v  Praze.  1888.    (Fehlt 

bei  3Iinot.) 

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456  W.  Walde YER, 

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as  they  exist  in  the  ovaries  hefore  impreynation ;  and  on  the  discovery  in  them  of 
a  veside  analogous  to  that  describcd  hy  Prof.  Pttrkhijp  in  the  mature  egq  of  the 
hird.   Proc.  Royal  Soc.  London.  P.  HL  ^>.  339/340.  is:i5. 

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Fitz.  Zool.  Anz.  Bd.  XXLI.  p.  '292.  1899,  S.  a.  London  Phil.  Transact.  Vol.  CXCLL. 
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442.  Klinckowström,  A.  Om  ett  7iyligen  funnet  moget  ägg  af  Pirolen.  Ofv.  Vet. 
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442a.  • —  Beiträge  zur  Eenntnis  der  Eireifung  und  Befruchtung  bei  Prostheceraeus  vittatus. 
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442b.  Knappe,  E.  Das  Bidder'sche  Organ.  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Anatomie, 
LListiilogie  und  Entunckelungsgeschichte  einiger  Amphibien,  besonders  der  ein- 
heimischen Biifoniden-     BLorph'ol.  .Jahrb.  Bd.  XL.  p.  489.  1886, 

443.  JLnauer,  E.  Einige  Versuche  über  Ovarirntransplantation  bei  Kaninchen.  Central- 
blatt  für  Gynäkol.  20.  Jahrg.  p.  524.  1896, 

444.  —  Bemerkung  zu  der  ILitteilung  des  LIerrn  Woldemar  Grigorieff:  Die  Schwanger- 
schaft bei  Trans2)lantation  der  Eierstöcke.  Centralbl.  für  Gynäk.  Xo.  26.  p.  842. 
1897, 

445.  —  Zur  Ovarientransplantation.     Centralbl.  für  Gynäkol.  Xo.  8.  p.  201.  1898, 

446.  —  Zu  Dr.  Are  ndt 's  „Demonstration  und  Bemerkungen  zur  Ovarientransplantation 
auf  der  70.  Vers,  deutscher  Naturforscher  und  Aerzte  zu  Düsseldorf".  Ibid.  No.  46. 
p.'  1257.   1898. 

447.  —  Ueber  Ovarientransplantation.  Wiener  Min.  Wochenschrift.  Jalirg.  12.  No.  49- 
1899. 

447a.  Kolessniixoff)   N.      Ueber  die  Eientwickelung  bei  Batrachiern  und  Knochenfischen. 

Arch.  f.  mikr.  Auat.  Bd.  XV.  p.  382.  1878.     (Fehlt  bei  Minot.) 
447b.  Kobert,   Jt.      Gieht  es  für  den  Menschen   gefährliche  Spinnen:''     Die    medizinische 

Woche.  No.  15.   1902. 
447c.    —    Ueber  Giftßsche  und  Fischgifte.     Vortrag.    Rostock,  Adlcr's  Erben,  1892, 
447d.  Kohlbrugge,  J,  H,  F,     Die  Entivickelung  des  Eies  vom.  Pr-imordicüstadium   bis 

zur  Befruchtung.      Arch.  für   mikr.    Anat.    und   Entw.-Gesch.    Bd.  LVLLL.   p.   876. 

1901. 

448.  liöUiher,  A.  v.  Ueber  die  Entwickelung  der  Graaf'scheu  Follikel  der  Säugetiere. 
Würzhurger    Verhdl.  N.  F.  Bd.    VLLL  p.  02.  1874:. 

448a.  —  Ueber  Corpora  lutea  atretica  bei  Säugetieren.  Verhdl.  der  Anat.  Gesellsch. 
Kieler   Versamml.  p.  149.  1898. 

449.  —  Ueber  die  Markkanäle  und  ILurhitränge  in  den  Eierstöcken  junger  Llündinnen. 
Ebendaselbst,  p.  151. 

450.  —  Einige  Bemerkungen  über  den  Eierstock  des   Pferdes.     Ebendaselbst,  p.  151. 

451.  —  Ueber  die  Entivickelung  der  Graafschen  Follikel  und  Eier.  Sitzungsber.  der 
Phys.-med.  Gesellsch.  in  Würzburg.  1898.  S.  a.  Erinnerungen  aus  meinem  Lieben, 
p.   299.  Leipzig  1899. 

452.  König,   J.      Chemie  der  menschlichen  Nahrung.<<-  'und   Gmu/smittel.   Berlin  1893. 
452a.  Kostanecki,   C,      Ueber  die  Reifung  und  Befruchtung   des  Eies   von  Cerebratulus 


Die  Geschlechtszellen.  457 

marf/inatuK.     Bullet,  de  l'Acad.  des  Sciences  de   Cracovie.  p.  270.   1002.      (Konnte 
im    Text  nicht  mehr  berücksichtigt  werden.) 
452b.  Koster.      Onderzoek   omtrent    de   vorming   van    eieren    in   hei    ovarium    der   zoog- 
dieren.     Verslagen  en  mededeel.  der  Koninkl.  Äkad.  van  Wctenschapen.  Amsterdam. 
2.  Reeks  D.  3.  1S68.     8.  ferner  Ibid.  2.  Eceks  D.  7.  1873. 

453.  Kopschf  Fr.  lieber  die  Eiablage  von  Scyllium  canicula  in  dem  Aquarium  der 
zool.  Station  zu  Rovigno.  Biol.   Centralhl.  Bd.  XVII.  p.  885.  1897. 

454.  Kreis,  O.  Die  Entwickelang  und  Rückbildung  des  Corpus  luteum  spurium  beim 
Menschen.  Arch.  f.  Gynäkologie.  Bd.  LVIII.  p.  411-  1899.  —  Auch  als  Inaug.- 
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Verhandl.  der  Phys.-med.   Ges.    Würzburg.  N.  F.  Bd.  XXX.  p.  56.  189G. 

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les  Anoures.     La  Cellule.  T.  XIX.  p.  315  et  T.  XX.  p.  9.  1901. 
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1901. 
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siologie von  E.  Pflüger.  Bd.  XLIII.  p.   71.  1888. 

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ehem.   Geselisch.  Bd.  XI.  1878. 

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f.   u'iss.  Zool.  Bd.  XLV.  p.  595.  1887. 

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463e.  —  Experiments  of  artificial  Parthenogenesis  in  Annelids  (Chaetopterus)  and  the 
Nature  of  the  Process  of  Fertilization.    Americ.  Journ.  of  Physiol.   Vol.  IV.  1901. 

463f.  —  Ueber  Eireifung,  natürlichen  Tod  und  Verlängerung  des  Lebens  beim  unbe- 
fruchteten Seesternei  (Asterias  forbesii)  und  deren  Bedeutung  für  die  Theorie  der 
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464.  Loisel,  G.  Les  cau^es  et  les  consequences  de  la  presence  des  reserves  nutritives 
dans  les  cBufs.  3Iiscellanees  biologiques  dediees  au  Prof.  Alfr.  Giard.  Travaux 
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et  patkol.  Ännee  36.  j).  4S8.  1900. 

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Paris.  No.  24.  p.   661.  1900. 

466.  Loyez,  ßflle.  Marie.  Sur  la  Constitution  dufollicule  Ovarien  des  Reptiles.  Compt. 
R.  de  l'Äcad.  des  Sc.  Paris.   T.   CXXX.  p.  48.  1899. 

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rend.  Ac.  Sc.  Paris.  T.   CXXXIII.  p.  1025.  1901. 

466b.  —  Note  sur  les  transformations  de  la  vesicule  germinative  des  Reptiles.  Compt. 
rend.  de  l' Association  des  Anatomistes.  Quatr.  Sess.  llontpellier  1902.  p.  10. 
Xancy  1902. 

466c.  Luhboch,  J,  Xotes  on  the  generative  organs,  and  on  the  formation  of  the  egg 
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15t li  Annual  Rep.  Fish.  Board  Scotland.  p.  I94.  1897.  —  Ebenso  14(1^  Rep.  — 
ISth  Rep. 

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rend.  Acad.  Sc.  Paris.   T.CXXIII.  p.  903.  1896. 
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Die  Geschlechtszellen.  459 

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488b.  —    Ueber    den    Einflufs    der    Schwerkraft   auf   die  Entstehicng    und  Erhaltung    der 

bilateralen  Symmetrie  des  Froscheies.     Arch.   f.    mikroskop.  Anat.    u.  Entic.-Gesch. 

Bd.  LX.  p.  17.  1902. 

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Litteratur.) 

491.  —  Bemerkungen  zu  der  Abhandlung  von  Schottländer:  „Ueber  den  Graafschen 
Follikel".     Arch.  f.  mikr.  Anat.  u.  Entw.-Gesch.  Bd.  XLI.  p.  706.  1893. 

492.  • —  Ueber  die  Entwickelung  der  inneren  und  äufseren  Genitcdien  beim  mensch- 
lichen  Weibe.     Arch.  f.  Gynäk.  Bd.  XLV.  p.  453.  1894. 

493.  —  Weibliche  Geschlechtsorgane.  In  ,, Bardeleben,  Handh.  d.  Anat.  d.  Menschen". 
Bd.    VII.  2.   Teil.  Abt.  1.  160  pp.  1896. 

494.  —  Eyitwickelung  und  Entwickelung sfehler  der  iceiblichen  Genitalien.  Handb.  d. 
Gynäk.,  herausg.  v.  J.    Veit.     Bd.  I.  p.  519.  1896. 

495.  —  Lieber  neuere  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  Anatomie  der  weiblichen  Geschlechts- 
organe. Ergebnisse  d.  Anat.  u.  Entto.-Gesch.,  herausg.  v.  Merkel  u.  Bonnet.  p.  210. 
1898. 

496.  V.  Nathnsius,  W.  Die  Entiuickelung  von  Schale  und  Schalenhaut  des  Hühner- 
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497.  —  Einschlujs  eines  Hühnereies,  Knorpel,  Knochen  iind  Bindegewebe  enthaltend. 
Arch.  f.  mikr.  Anat.  n.  Entw.-Gesch.  Bd.  XLV.  p.  654-  1895. 

498.  —  Zur  Bildung  der  Eihüllen.     Zool.  Anz.  Bd.  XIX.  p.  443.  1896. 

499.  —  Ueber  die  Gestaltungsursachen  der  Haare,  der  Eischalen  und  der  Harting' sehen 
Körperchen.  Ein  Beitrag  zum  Programm  der  Entwickelungsmechanik.  Arch.  f. 
Entwickelungsmechanik.  Bd.    VI.  pt-  365.  1898. 

500.  Nenmeister,  JJ.  Ueber  die  Eischalenhäute  von  Echnida  acideata  (E.  hystrix) 
und  der  Wirbeltiere  im  allgemeinen.  Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  XXXI.  (N.  F.  Bd.  XIII.) 
p.  413.  1895.   (Mit  Litt.) 

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460  W.  Waldeyer, 

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Jahrg.  IL  p.   137.  ISOO. 

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504.  —  Können  die  Weibchen  von  Rana  fusca  ohne  Beihülfe  der  3Iännchen  Eierlegen? 
Sitz.-Bcr.  d.  Niederrh.   Ges.  f.  Nat.  u.  Heilk.   Bonn.  Med.  Sekt.  p.  24.  ISOG. 

505.  Obst,  JP.  Untersuchungen  über  das  Verhalten  der  Nukleolen  bei  der  Eilnldung 
einiger  Mollusken  \uid  Araehniden.  Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  LXVL.  p.  161. 
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50Ö.  Oliva,  L,  Ricerchr  sperimentali  sulla  migrazione  interna  deW  orulo.  Gazz. 
d'Osprdali.  Anno  XX.  p.  1337.  1S99. 

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508.  Owen,  R.  Descrtption  of  an  impregnated  Uterus  and  of  the  Uterine  Ova  nf  Echi- 
dna  hystrij:     Ann.  and  Magaz.  Nat.  Rist.  No.  84.  p.  373.  1SS4. 

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XL  Congr.  internaz.  med.  di  Roma.  Vol.  LI.  Anatomia.  p.  19.  1894.  V.  a.  Arch. 
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1894. 

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1898. 

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ital.  de  Biol.   T.  XXXIV.   p.  228.  1900. 

513.  —  Per  la  dibaltuta  questione  sulla  essenza  del  corpo  lutea.  Anat.  Anz.  Bd.  XVII. 
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514.  Petit,  Sur  la  se.vualite  des  embryons  de  2)oide  en  rapport  avec  la  forme  de  l'ceuf. 
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514b.  Petrutike witsch,  A.  Die  Reifung  der  parthenogenetischen  Eier  von  Artemia 
salina.     Anat.  Anz.  Bd.  XXL  p.   256.  1902. 

515.  Pflstev,  A.  Die  Wirkung  der  Castration  auf  den  weiblichen  Organismus.  Arch. 
f-   Gynäk.   Bd.  L  VL  p.  583.  1898. 

516.  —  Veränderungen  des  Froscheies  und  Eierstockes  unter  dem  Einflufs  eines  Ent- 
zündung erregenden  Agens.  Arch.  f.  mikr.  Anat,  u.  Enttc. -Gesch.  Bd,  LLL.  p.  8 42. 
1898. 

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518.  Plate,   L,      Ueber  die  Eier  von  Bdellostoma  bischoffii  Schneider,    ^itzungsber.  der 

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519.  Poljakoff,  P,  Biologie  der  Zelle.  2.  Die  Reifung  und  Befruchtung  des  Eies. 
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520.  Prenant,  A,  La  valeur  morphologique  du  corps  jaune.  Son  action  physiologique 
et  therapeutique  possible.  Rev.  gener.  d.  Sciences  pur.  et  appliquees.  p.  646.  1898. 
V.  a.  Rev.  medical  de  l'Est.  p.  385.  Nancy  1898, 

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522.  Purkinje,  JT.  E.  Symbolae  ad  ovi  avium  historiam  ante  incubationem.  Vratisla- 
viae,  typis  universitatis,  1825.  (Gratulationsschrift  zum  50-jähr.  Doktor  Jubiläum 
•I.  Fr.   Blumen  h  a  c  h  '  s.) 

523.  Habt,  H.  Zur  Kenntnis  der  Richtungsspindeln  in  degenerierenden  Säugetier  eiern, 
Sitzungsber.  der    Wiener  Akad.  Math.-naturiv,  Kl.  Bd.   GVL  Abt.  LLL  p.  95.   1897. 

523a.  —  Beitrag  zur  Histologie  des  Eberstockes  des  Menschen  und  der  Säugetiere  nebst 
Bemerkungen  über  die  Bildungen  von  Hyalin  und  Pigment.  Anat.  Hefte.  Abt.  I. 
H.  34  u.' 35.   1898. 

523b.  —  Die  ersten  W achstumserscheinungen  in  den  Eiern  von  Säugetieren.  Sitzungsber. 
d.    Wiener  Akad.   Math.-naturw .  Kl.  Bd.   GVL.  Abth.  LLL  p.  107.  1897. 

523c.  —  3Iehrkernige  Eizellen  und  mehreiige  Follikel.  Arch.  f.  mikr.  Anat.  ti.  Entw.- 
Gesch.  Bd.  LLV.  p.  421.  1899. 


Die  Geschlechtszellen.  461 

523d.  Itadlkofer,   L.      Ueber    die    wahre  Natur    der   Dotterplättchen.     Zeltschr.  f.  iviss. 

Zoologie.   Bd.   IX.  p.   529.    18r>S. 
523e.  liaffaele,   F.    Uova  di   Scombrcso.c,    di  Exocoetus  e  di  Crystallogobius.     Ball.  Soc. 

XalHml.  Napoli.    Vol.    VIII.  p.  127.  ISO 5. 

524.  llaspail,  X.  A  propos  de  l'origine  de  la  couleur  des  icufs  des  Oiseaux.  Bull, 
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524a.  Mauber,  A.  Der  Uebersclmfs  an  Knabengeburten  und  seine  biologische  Bedeutung. 
Leipzig,  A.   Georgi,  lf)00. 

525.  Mawitz,  B.  Untersuchungen  über  Zellteilung.  III.  Die  Teilnng  der  Hodenzellen 
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525c.  —  —  Phenomenes  secretoires ,  formations  ergastoplasmiques  et  participation  du 
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merkungen über  das  Corpus  luteum.) 

526.  Reibisch,  J.  TJeber  die  Eizahl  bei  Pleuronectes  platessa  und  die  Altersbestimmung 
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526a.  Retzius,  G.  Ueber  den  Bau  des  Eierstockseies.  Hygieia,  Festband.  1889.  (Fehlt 
bei  ßlinot.) 

526aa.  Reichenan,  W.  v.  Die  Nester  und  Eier  der  Vögel  in  ihren  natürlichen  Be- 
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527.  Rhunibler,  L.  Ueber  Entstehung  und  Bedeutung  der  in  den  Kernen  vieler  Proto- 
zoen und  in  Keimbläschen  von  ßletazoen  vorkommenden  Binnenkörper  (Xukleolen). 
Eine  Theorie  zur  Erklärung  der  verschiedenartigen  Gestalt  dieser  Gebilde.  Zeitschr. 
f.  tüiss.  Zool.  Bd.  LVL  p.  328.  1893. 

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Eicerche  fatte  nel  Laborat.  di  Anat.  normale  Univ.  di  Roma  ed  in  altri  Laborat. 
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Pubbl.  di  R.  Istituto  di  Studi  super,  di  Firenze.  1895,  u.  Arch.  f.  Entu\-3Iechanik. 
1895. 

532.  —  Alcune    osservazioni    al   lavoro    di  Pfister :     Veränderungen   des   Froscheies    und 

Eierstockes   unter    dem    Einflujs    eines    eine    Entzündung   erregenden    Agens.    An- 
nali di  3Iedic.  d.   Univ.  di  Perugia.    Vol.  XL  1899. 
532a.  Roux,    W.     Ueber  das  entwickelungsmechanische  Vermögen  jeder  der  beiden  ersten 

Furchungszellen  des  Eies.      Verhandl.  d.  Anat.   Gesellsch.  auf  der   Versammlung  in 

Wien.  Jena,   Gustav  Fischer,  1892. 
532b.  —    Ueber   die   Bedeutung    der    neuen    Versuche   an   gefurchten   und    ungefurchten 

Ctenophoreneiern.     Arch.  f.  Entw. -Mechanik.  Bd.  IL  1895. 

533.  Rubinstein.  Ueber  das  Verhalten  nach  der  Exstirpation  beider  Ovarien  und 
nach  ihrer  Transjylantation  an  eine  andere  Stelle  der  Bauchhöhle.  St.  Petersburger 
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534.  Rückert,  J.  Die  erste  Entwickelung  des  Eies  der  Elasmobranchier.  Festschr. 
f.  K.   V.  Kupfer,  p.  581.  1899.      S.  a.  Anat.  Anz.   Bd.    VLL.    No.  4  u.  5.    1892. 

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1891z. 

535.  Rndneiv,  W.  Einige  Thatsachen  zur  Frage  über  die  genetische  Beziehung  ztoi- 
schen  Amitose  und  Mitose.     Physiologiste  Russe.  Moscou.    Vol.  I.  p.  129.    1899.    ^ 

536.  Ritge.  G.  Vorgänge  am  Eifollikel  der  Wirbeltiere.  Morph.  Jahrb.  Bd.  XV 
p.  4'Jl.  1889. 


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537.  de  Saitit-Joseph,  Note  complementairc  snr  Ics  wufs  du  Gobius  iniriutus  L.  var. 
minor  Heincke  (Gobius  microps.  Kröyer)  et  remarques  sur  quelques  aiitres  ceufs  de 
poisso7is  osseu.r.     Bidl.    de    la  Soc.   philom.    de  Paris.  Ser.  8.    T.    V.  p.  189.  1894. 

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rnikr.  Anat.  Bd.  XLIV.  p.  4S4.  lSO:i. 

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Wissrnsch.  ' No.   Sl.   1893. 

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Studio  sperimentdle.     Atti  R.  Mit.  Sc,  Lett.  ed  Arti.   T.  LVIII.  p.  501.   1899. 

540.  Saiiiaaiia,  P.  Studieyi  über  den  Einflufi  des  Dotters  auf  die  Gastrulation  und 
die  Bildunq  der  ]>rimiireu  Keimblätter  der  Wirbeltiere.  Arch.  f.  Entw. -Mechanik . 
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543.  —  Untersxichungen  über  das  Ovarium  der  Selachier.  Tijdschr.  der  Nedei-l.  dierk. 
Vereenig.  D.  VI.  Aflev.  1.  p.  1.  1898.  (Auch  als  akadem.  ,.Proe/schrift"  erschienen 
unter  dem  Titel:  ,, Onderzoekingen  betreffende  het  Ovarium  der  Selachii".  Leiden, 
E.  J.  Brill,  1898. 

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1901.      S.  a.  Anat.  Am.  Bd.  XVIII.  p.  SO.  1900. 

544.  Schottländer,  J.  Ueber  die  Entstehung  des  Grauf  sehen  Follikels  beim  3Ienschen 
und  seinen  Untergang  bei  Me^isch  und  Säugetieren.  Verhandl.  d.  Gesellsch.  f. 
Geburtsh.  und  Gynäkologie  zu  Berlin,  Sitzung  vom  IS.  Mai  1892.  Zeitschr.  f. 
Geburtsh.   u.   Gynäkol.  Bd.  XXIV.  p.  312.  1892. 

545.  —  Ueber  den  Graafsche^i  Follikel,  seine  Entstehung  beim  Menschen  und  seine 
Schicksale  bei  Mensch  u.  Säugetieren.  Arch.  f.  mikr.  Anat.  u.  Entw. -Gesch.  Bd.  XLI. 
p.  219.  1893.      (Zugleich  als  Heidelberger  Habilit.- Schrift  ausgegeben.) 

54ö.  SchiiUer,  M.  Epithelicn  auf  der  Innenfläche  der  Schulenhaut  des  Hühnereies. 
Anat.    Anz.   Bd.  XVL.  p.  46O.'  1899. 

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Gesellsch.   in  Tübingen,  p.  23.  Jena,  Fischer,  1899. 

547a.  —  Ueber  Reifung  und  Befrtichtung  des  Amphibieneis  Anat.  Anz.  Bd.  L.  j)-  149- 
188ß.      S.  a.  Zeitschr.  f.  7cissensch.  Zoologie.  Bd.  XLV.  p.   177.  1887. 

548.  Schultz,  W.  Transplantation  der  Ovarien  auf  männliche  Tiere.  Centralbl.  f. 
allgem.   Patholog.  u.  pathol.  Anatomie.  Bd.  XL.  p.  200.  1900. 

549.  V.  Schumacher,  Sigm.,  u.  Schwarz,  €.  Mehrkernige  Eizellen  und  mehreiige 
Follikel.     Anat.  Anz.  Bd.  XVLLL.  p.  1.  1900. 

550.  Schwalbe,  G.  Zur  Biologie  und  Entwickelungsgeschichte  von  Salamandra  atra 
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Aus:  Semon,  Zoologische  Forschungsreisen  in  Australien  und  dem  3Ialayischen 
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naturw.   Gesellsch.  in  Jena."  1900.) 

552.  Serve,  Fr.  Zur  Beurteilung  der  neueren  Ansichten  über  die  Entstehung  der 
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553.  Sfirady,    G.   F.      Transplantation  of  the  human  ovary.     Med.  Rec.  ]).   789.   1899. 

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1901.  (Russisch.) 

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Die  Gesclilechtszellen.  463 

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u.  Entio.-Gesch.  Bd.  XLV.  p.  15.  1895. 

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558.  —  Ueber  die  Bildung  des  Corpus  luteum  bei  der  3Iaus.  Arch.  f.  mikr.  Anat.  u. 
Entu:-Gesch.  Bd.  XLVII.  p.  261.  189(i. 

559.  —  Die  Reifung  und  Befruchtung  des  Wirbeltiereies.  Merkel- Bonnet' s  Ergeb- 
nisse d.  Anat.  u.  Entw. -Gesch.  p.  507.  189(i. 

560.  —  Ueber  die  Bildung  des  Corpus  luteum  bei  Kaninchen  nebst  einigen  Bemerkungen 
über  den  sprungreifen  Follikel  und  die  Richtungsspindeln  des  Kaninchens.  Anat. 
Hefte.  I.  2G.  Heft.  p.  471.  1897. 

561.  —  Die  Befruchtung  und  Reifung  des  Eies  von  Amphioxus  lanceolatus.  Arch.  f. 
Anat.  u.  Entw. -Gesch.  Bd.  L.  1897.     S.  a.  Anat.  Anz.  Bd.  XL  p.  129.  1896. 

562.  —  Ueber  das  Corpus  hiteum  der  Säugetiere.  Verhdl.  d.  Anat.  Gesellsch.  zu  Tübingen. 
Jena,  Fischer,  1899. 

563.  —  Noch  einmal  zur  Frage  der  Bildung  des  Corptis  luteum.  Arch.  f.  mikr.  Anat. 
u.  Entw.-Gesch.  Bd.  LJII.  p.  546.  1899. 

564.  —  Ueber  die  Entstehung  des  Corpus  luteum  der  Säugetiere.  Ergebnisse  d.  Anat. 
u.  Entw.-Gesch.,  herausgegeben  von  Merkel  u.  Bonnet.  Bd.  VJII.  p.  923.  Wies- 
baden 1899. 

565.  —  Zur  Bedeutung  der  mitotischen  Figuren  in  den  Eierstockseiern  der  Säugetiere. 
Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  ersten  Richtungsspindel  der  Säugetiere.  Festschr.  d. 
Phys.-med.   Gesellsch.  zu   Würzburg.  p.  18?.  1899. 

566.  Spuler,  A.  Ueber  die  Teilimgserscheinungen  der  Eizelle  in  degenerierenden 
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Heft  50.  (Bd.  XVI.  Heft  1.)  p.  85.  1901. 

566a.  Stephan,  P.  Sur  quelques  points  relatifs  d  rSvolution  de  la  vesicule  germinative 
des  Teleosteens.  Archives  d'Anatomie  mia'oscopique  par  Ranvi er  et  Henne guy. 
T.    V.  Fase.  1.  p.  22.  Avril  1902. 

567.  Stoeckelf  W,  Ueber  Teihmgsvorgänge  in  Primordiale  lern  bei  einer  Erwachsenen. 
Arch.  für  mikr.  Anat.  u.  Entic.-Gesch.  Bd.  LIII.  p.  357.  1899. 

567a.  —  Ueber  die  cystische  Degeneration  der  Ovanen  bei  Blasenmole,  zugleich  ein  Bei- 
trag zur  Histogene.se  der  Luteinzellen.  Beiträge  zur  Geburtsh.  u.  Gynähd.  Fest- 
schrift für  Fritsch.  p.  136.  1902. 

568.  Strahl.  Die  Rückbildung  reifer  Eierstockseier  im  Ovarium  von  Lacerta  agilis. 
Verhdl.  der  6.  Anat.    Vers,  in  Wien.  1892.  p.  190.  Jena,  Fischer,  1892. 

568a.  Sti'assen,    O.  zttr.     Embryonalentwickehmg   von  Ascaris  megalocephala.    Arch.  f. 

E)ifw.-Mech.  Bd.  III.  1896. 
568b.  —    Ueber   die   Riesenbildung  [bei   Ascaris-Eiern.     Arch.  f.    Entw.-Mech.    Bd.    VII. 

1898. 

569.  Stratz,  C.  H.  Vergleichend-anatomische  Untersuchungen  um  Säugetierovarium. 
Verhdl.  der  Ges.  f.  Geburtsh.  und  Gynäk.  in  Berlin.  Zeitschr.  f.  Geburtsh.  und 
Gynäk.  Bd.  XXXVIIL  p.  I46.  1898. 

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chez  le  Thysanozoon  Brocchi.  Verhdl.  der  Anat.  Ges.  8.  Vers.  Stra/sburg  i.  E. 
p.  223.  Jena,   G.  Fischer,  1894. 

571.  —  La  maturation  et  la  fecondation  de  l'ceuf  d'Amphio.cus  lanceolatus.  Arch.  de 
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T.  XXX.  p.  539.  1895. 

572.  —  Contribution  a  l'etiide  du  noyau  vitellin  de  Balbiani  dans  l'oocyte  de  la  femme. 
Verhandl.  der  Anat.   Gesellsch.  12.   Vers,  in  Kiel.  p.  128.  1898. 

573.  —  Z«  repartition  de  la  chromatine  dans  la  vesicule  germinative  de  l'oocyte  de  la 
femme.     Ebendas.  p.  139. 

574.  —  Sur  l'existence  d'une  astrophere  dans  l'oocyte  au  Stade  d'accroissement.  Compt. 
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Supplement,  p.  32.  1899.     (Berührt  auch  die  Dotterkernfrage.) 

5741.  —  La  ponte  ovarique  et  l'histogenie  du  corps  jaune.  Bull,  de  l'Acad.  R.  de  Belgi- 
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1901. 

574II,  —  L'atresie  ovulaire  et  l'atresie  folliculaire  du  follicule  de  de  Graaf,  dans  l'ovaire 
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Jena,  Fischer,   1901. 

574111.  —  Une  anomalie  interessante  de  formation  de  corps  jaune.  Annal.  de  la  Soc.  de 
med.  de  Gand.  8  pp.  1901. 

574I"V.  —  Etüde  de  la  sphere  attractive  ovulaire  u  l'etat  pathologique  dans  les  oocytes 
en  voie  de  degener escence.  Livre  jubilaire  dedie  ä  Ch.  Van  Bambeke.  p.  259. 
1899. 


464  W.  Waldeyer, 

574^-   Stricht,    O.    Van   der.    Lex   „pseudorhromoKomes"  dans  l'oocyle  de  Chm/re-sourifi. 

O'mpt.    fciid.    de    I' Association    des  Äiiatomistes.     4.  Sesx.  Montpellier  1002.  Nancy 

IftOJ. 
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Die  Geschlechtszellen.  467 

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189  pp.  22 figg.  Paris.  1900.  V.  a.  Compt.  rend.  Acad.  des  Sc.  Paris.  T.  CXXVIII. 
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Tieren  und  Pflanzen".      Verhdl.  d.  Dtsch.  Zool.   Gesellsch.  1898. 

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Die  Geschlechtszellen.  4G9 

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herausgegeben  von  Merkel  u.  Bonnet.  Bd.    VIII.  p.  S.'f7.   ISOf). 

654a.  —  lieber  die  Autonomie  der  väterlichen  und  mütterlichen  Kernsubstanz  vom  Ei 
bis  zu  den  Fortpflanzungszellen.  Anat.  Am.  Bd.  XX.  p.  440.  190'^.  —  Ferner: 
Ueber  das  Schicksal  der  elterlichen  und  grofsclterlichen  Kemanteile.  Jenaische 
Zeitschr.  f.  Naturwissensch.  Bd.  XXXVII.  (N.  F.  XXX).  p.  297.  lOO-i.  Auch  als 
Sonderabdruck  erschienen.  144  PP-  4   Taff.  Jena,  Fischer,  1002. 

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Changes  undergone  by  the  discharged  follicle.  Pt.  II.  Phil.  Transact.  R.  Soc. 
London.  Ser.  B.    Vol.   CLXXXVIII.  p.  185.  1897.     S.  a.  Proc.  R.  Soc.    Vol.  LX. 

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Protoplasma.     Arch.  f.    mikr.    Anat.   u.  Entw.-Gesch.  Bd.  XLVIII.  p.  181.  1897. 

—  Ferner:    Ko  stanecki ,    C.,    Ueber  künstliche  Befruchtxing   und  künstliche  par- 


470  W.  Waldeyer, 

tkenogenetische  Furclmnfj  hei  3Iactm.     Bull.  Acad.  des  Scienc.  de  Cracovie.  ^j.  363. 
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Müller  (Placoptera  cuteniyera  de  Blanchard).    Compt.  rend.  Ac.  Sc.  Paris.  T.  CXXIX. 
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tubes  dti  Corps  de  Wolff',  et  leur  homologie  avec  les  tiibes  seminiferes  chez  les  niam- 

mifcres.  Ibid.  188ß, 
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Bd.  I.  Berlin  1865. 
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verus  unilateral isj  am  Lebenden  untersucht  und  beschriebeyi.  Gesammelte  Abhandl., 
herausgegeben  von  J.  31.  Oertel.  Jlihichen,  J.  F.  Lehmann,  f.  25.  S.  a.  Arch.  f. 
pmthol.  Anat.   (Virchow).  Bd.   CXXIX.  p.   203.  1892. 

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Bd.  XVI.  1866. 
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dauernde  Zellorgane  aufzufassen    sind.     Verhandl.  der  Anat.   Gesellschaft  16.    Vers. 

(Halle  a.  S.).  p.  152.  Jena,   G.  Fischer,  1903. 

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schlechtsap2)arates  der  Amnioten.  Intern.  3Ionatsschr.  f.  Anat.  u.  Histol.  Bd.  II. 
1885.\ 

674a.  • —  Az  ember  es  a  gerinczes  ullatok  fejlödestana.  Elsö  resz.  Altalanos  fejlödestan  I. 
Budapest  1899,  (Sehr  genaue  und  eingehende  Darstellung  der  Lehre  von  den  Ge- 
schlechtszellen mit  reicher  Litteratur  und  vielen  guten  Abbildungen.) 

675.  Minot,  Ch.  S.  A  Bibliography  of  vertebrate  Embryology.  3Iemoirs  of  the  Boston 
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3Iacmillan,  1900. 
726b.  —  Amphio.vus  and  the  mosaic  theory.     Journ.  of  3Iorph.   Vol.  VIII.  p.  579.  1S93. 
726c.    —  Expcrimental  studies  in  cytology.     I.  A  cytological  .^tudy  of  arlißcial  partheno- 

genesis  in  Sea-urchin  Egg.     Arch.  /.  Entw.-3Iech.  Bd.  XII.  p.  5S9.  1901. 
726d.  Winicler,    JI.       Ueber    die    Furchung   unbefruchteter  Eier    unter    der    Einwirkung 

von  E.vtraktivstoffen  aus    dem  Sperma.      Nachr.  d.  X.   Ges.  d.    Wiss.    in  Göttingen, 

jllath.  phys.  Kl.  p.  187.  1900. 
726e.  —    Ueber  3Ierogonie    und  Befrachtung.     Jahrb.  f.  wiss.  Bot.    Bd.  XXXVI.  p.  753. 

1901. 
727.     Zoja,    H.       Untersuchungen    Über    die    Entwickeluyig    von    Ascaris   megalocephala. 

Arch.  f.  mikr.  Anat.  u.  Entiv.-Gesch.  Bd.  XLVII.  1896. 


Den  Herren  Prof.  Dr.  K.  Benda,  Dr.  F.  Hein,  Dr.  Fr.  Kopsch, 
Dr.  Fr.  Meves  nnd  Geh.  Rat  Prof.  Dr.  Kny  spreche  ich  für  freundliche 
Unterstützung  durch  Präparate.  Zeichnungen,  Litteratur  -  Nachweise, 
sowie  Hilfe  bei  den  Korrekturen  (Dr.  F.  Hein)  besten  Dank  aus! 

W. 


Inhalts  Verzeichnis . 


pag. 

I.  Einleitung.     Zeugungsformen.     Begriffsbestimmung     ....     86 
II,  Samen,  Sperma. 

a)  Physikalisches  und  chemisches  Verhalten       .      .      92 
/?)  Die  Spermien 99 

1)  Kurze  Uebersicht  des  Baues  der  Spermien;  Teile  derselben; 

Nomenklatur 99 

2)  Grenauere  Schilderung    des  Baues  der  Wirbeltierspermien   103 

a)  Kopf 103 

b)  Hals        107 

c)  Schwanz 111 

3)  Die  Spermien  der  einzelnen  Tierklassen  und  Tierordnungen  118 

I.  Acrania 118 

II.  Cyclostomata 119 

III.  Selachii 120 

IV.  Ganoidei 122 

V.  Teleostei 123 

VI.  Dipnoi        124 

VII.  Amphibia 125 

VIII.  Eeptilia 130 

IX.  Aves 132 

X.  Mammalia 136 

XI.  Homo 143 

4)  Spermien  der  Evertebraten   und  Pflanzen 148 

Ueberblick  der  verschiedenen  Sp)ermienformen     ....  150 

5)  Varietäten    der    Spermien;     Spermatophoren ;    Reifungser- 

scheinungen       152 

6)  Pathologische  Ei'scheinungen 155 

7)  Zahl  und  Größe  der  SjDermien 157 


Die  Geschlechtszellen.  475 

pag. 
/)  S  p  e  r  m  i  0  g  e  n  e  s  e        1 60 

1)  Spermioph3-logenese IHO 

2)  Spenniocytogenese 162 

Die    bei    der    Spermioc3'togenese    auftretenden    „N  e  b  e  n  - 

körper" 177 

3)  Spermiohistogenese 183 

Spermiogenese  der  Pflanzen 202 

ö)  Rationelle    Benennung    der    einzelnen  Teile    der 

Spermien 204 

f)   Physiologische  Bemerkungen 205 

C)  Greschi  eh  tliche  Bemerkungen 215 

m.  Eier,  Ova.     Eimassen  (Laich),  Synoia 221 

a)  N  a  m  e  n  g  e  b  u  n  g  ,  B  e  g  r  i  f  f  s  b  e  s  t  i  m  m  u  n  g.   U  e  b  e  r  s  i  c  h  t 

der  Hauptteile  der  Eier.     Bildung   des  Laichs  221 

ß)  Physikalisches   und    chemisches   Verhalten    der 

Eimassen  (Synoia)undder  Eier 228 

y)   Morphologisches  Verhalten  der  Eier 232 

1)  Allgemeine  Darstellung  des  Baues  der  Eier 232 

Ureier 233 

Bau  der  weiter  entwickelten  Eier  :  Oocyte  undE-eifeier  243 

a)  Ooplasma.     Dotter        244 

b)  Keimbläschen  und  Keimfleck 259 

c)  Dotterkern 270.  271 

Sphärenapparat  (Centrosom,  Centi'iolen) 279 

Nebenkörper 284 

d)  Eihüllen    (Involucra    ovorum)    und    Befestigungsstücke. 

Mikropyle 287 

2)  Die  Eier  der  einzelnen  Wirbeltierklassen  und  -Ordnungen  293 

I.  Acrania 293 

II.  Cvclostomata 295 

III.  Selachii 299 

IV.  Dipnoi,  Ganoidei 302 

V.  Teleostei 303 

VI.  Amphibia 310 

VII.  Reptilia 313 

VIII.  Aves 317 

IX.  Mammalia 323 

X.  Homo 328 

3)  Eier  der  Evertebraten 333 

4)  Eier  der  Pflanzen 336 

5)  Prospektive  Eistruktur 338 

6)  Varietäten  der  Eier 343 

7)  Pathologische     Erscheinungen     an     Eiern.       Mißbildungen. 

Abnorme  Einschlüsse.     Rückbildung  von  Eiern    .      .     .  344 

8)  Zahlen-  und  Größenverhältnisse  der  Eier 349 

(5)  Oogenese 353 

1)  Oogenese  des  Menschen  und  der  Säugetiere 355 

Eierstöcke 356 

GRAAF'sche  Follikel 357 

Oocytogenese    und  Oohistogenese    des  Menschen    und    der 

Säugetiere 362 

Ovulation.     Zusammentreffen  von  Spermien  und  Ei,  ekto- 

pische  Schwangerschaften,  Corpora  lutea 369 


47G  W.   Waldeyer,  Die  G-eschlechtszellen. 


Mehreiige  Follikel  und  mehrkernige  Eier 372 


Zeitdauer  und  Perioden   der  Oogenese 373 

2)  Oohistogenese :  Einzelnes 374 

3)  Oogenese  und   Oophorogenese  der  übrigen  Vertebraten      .   375 

I.  Acrania 375 

II.  Cyclostomata 21(\ 

III.  Selacliii 37G 

IV.  Dipnoi 377 

V.  Ganoidei 377 

VI.  Teleostei 378 

VII.   Amphibia 37U 

VIII.  Reptilia 379 

IX.  Aves 380 

4)  Oogenese  und  Oophorogenese  der  Evertebraten  ....  380 

I.  Porifera 380 

II.  Coelenterata 381 

III.  Vermes 382 

IV.  Mollusca 385 

V.  Arthropoda 386 

5)  Oogenese  der  Pflanzen 388 

f)   Phy  si  ol  0  gis  ch  e  B  enie  r  kun  gen 395 

1)  Bewegungserscheinungen  am  Ei 395 

2)  Schutzvorrichtungen 396 

Brutpflege       398 

IV.  Gemeinsames  für  beiderlei  Geschlechtszellen,  Spermien  und  Eier  399 

a)  Die    Abkunft    und    Homologie    der    Geschlechts- 
zellen.    D  i  e  E  n  t  s  t  e  h  u  n  g  d  e  r  G  on  a  d  e  n    .      .     .      .  400 

1)  Die  erste  Anlage  der  Geschlechtsdrüsen 406 

2)  Die  Entwickelung  der  männlichen  Geschlechtsdrüse,  Orchio- 

genese 407 

3)  Die    Entwickelung    der  weiblichen    Geschlechtsdrüse,    Oo- 

phorogenese      408 

ß)  Unterschiede     zwischen     den     männlichen     und 

weiblichen  Geschlechtszellen 411 

y)  Der    Einfluß    der    Geschlechtszellen  auf  die    Be- 
stimmung d  e  s  G  e  s  c  h 1 e  c  h  t  s  u  n  d  s  e  i  n  e  r  äußeren 

Charaktere 413 

(5)  Hermaphr  0  ditismu  s 415 

e)   Parthenogenesis,     Ephebogenesis,     Chreozygie, 

A  p  0  g  a  m  i  e  ,  M  e  r  0  g  0  n  i  e 418 

C)Gametozygie 422 

Monospermie,  Polyspermie 425 

tf)  Geschichtliche    Bemerkungen    zu    Abschnitt  III 

und  IV 426 

AnhangzumAbschnittSperma 429 

Litteraturverzeichnis 431 

A.  Sperma 431 

B.  Ova        447 

C.  Ova  et  Sperma.     Allgemeines 466 

Inhaltsverzeichnis 474 


Zweites  Kapitel. 
Eireife  und  Befruchtung. 

Von 

Professor  Richard  Hertwig. 

I.  Einleitung, 

Die  vielerlei  Schwierigkeiten,  welche  der  Untersuchung  von  Ei- 
reife  und  Befruchtung  bei  Wirheitieren  entgegenstehen,  sind  Ursache, 
daß  wir  von  keiner  einzigen  Art  eine  erschöpfende,  zusammen- 
hängende Darstelhing  dieser  so  wichtigen  Entwickelungsprozesse  be- 
sitzen. Unsere  Auffassungen,  welche  im  Laufe  der  letzten  30  Jahre 
vom  Wesen  beider  Vorgänge  gewonnen  worden  sind,  sind  fast  aus- 
schließlich das  Produkt  von  Beobachtungen  und  Experimenten,  welche 
an  wirbellosen  Tieren,  besonders  an  Echinodrrmen  und  Würmern  an- 
gestellt wurden.  Unter  diesen  Umständen  empfiehlt  es  sich,  ehe  wir 
uns  den  an  Wirbeltieren  angestellten,  mehr  oder  minder  lückenhaften 
Untersuchungen  zuwenden,  eine  zusammenhängende  Darstellung  vor- 
auszuschicken,   welche    sich   auf  das  Studium  wirbelloser  Tiere  stützt. 

Eireife  und  Befruchtung  sind  Prozesse,  welche  theoretisch 
scharf  auseinandergehalten  werden  müssen ;  sie  sind  auch  in  der 
Natur  öfters  zeitlich  in  der  Weise  getrennt,  daß  die  Eireife  zu  ihrem 
völligen  Abschluß  gelangt,  ehe  die  Befruchtung  einsetzt.  Noch  häufiger 
greifen  jedoch  beide  Prozesse  in  ihrem  Verlauf  ineinander,  indem 
die  letzten  Phasen  der  Eireife  sich  erst  nach  der  Vereinigung  von 
Ei  und  Spermatozoon  abspielen,  woraus  es  sich  erklärt,  daß  man 
vorübergehend  irrtümlich  in  der  Auslösung  der  Eireife  Zweck  und 
Aufgabe  der  Befruchtung  erblickte. 

Das  zu  seiner  vollen  Größe  herangewachsene  Ei  (Eimutterzelle,  0. 
Hertavig  ;  Oocyte  I.  Ordnung,  Boveri  ;  Vorei,  Waldeyer)  ist  so  lange 
noch  als  unreifes  Ei  zu  betrachten,  als  es  seinen  ursprünglichen  Kern, 
das  Keimbläschen,  enthält.  Das  Keimbläschen  (Vesicula  germi- 
nativa,  PuRKiNjE'sches  Bläschen)  (Fig.  1561)  ist  ein  Kern  von  ungewöhn- 
licher Größe,  reich  an  Flüssigkeit  (Kernsaft),  durchsetzt  von  einem 
Netzwerk  feiner  Fäden,  dem  Liningerüst,  umschlossen  von  einer  festen 
Membran.    Der  wichtigste  Bestandteil  des  Kernes,  das  Nu  dein  oder 


478 


R.  Hertwig, 


C  b  i'o  111  a  t  in  ,  ist  hei  Eiern  verscliiedener  Tiere  oder  auf  verschiedenen 
Entwickelimgszuständen  desselben  Eies  in  sehr  verschiedener  Weise 
angeordnet.  Als  einfachsten  Fall  können  wir  betrachten,  daß  das 
Chromatin  zu  einem  einheitlichen  Körper,  einem  Nucleolus,  zusammen- 
geballt ist  (vielfach  Pseudonucleolus  oder  Karvosom  genannt).  An 
demselben  muß  man  dann  eine  Grundlage,  das  Plastin  Carnoy's,  Py- 
renin  Schwarz's,  Paranuclein  0.  Hertwig's,  von  dem  in  die  Grund- 
lage eingebetteten  eigentlichen  Chromatin  unterscheiden.  Denn  nicht 
selten  sind  beiderlei  Substanzen  räumlich  gesondert,  indem  ein  chro- 
matisches Körperchen  dem  Plastin  angefügt  oder  von  ihm  umschlossen 
ist.  So  entsteht  der  gemischte  Nucleolus,  Amphinucleolus  Waldeyer's. 
Ein  anderes  Extrem  der  Kernbeschaffenheit  ist  gegeben,  wenn  das  Chro- 


Fig.   156.     Eier   von  Strongylocentrofiis  lividus    (Seeigel), 
nucleolärem  Keimbläschen,  II.  reif  mit  Eikern.     Vergr.  350. 


I.  unreif  mit-uni- 


matin  in  Form  feinster  Körnchen  dem  Liningerüst  zur  Bildung  eines 
„chromatischen  Reticulum''  eingelagert  ist.  Im  Gerüst  können  dann 
noch  größere,  schwach  färbbare  Körperchen  liegen,  chromatinfreie,  reine 
Plastinnucleoli,  vielfach  auch  Nucleoli  im  engeren  Sinne  genannt.  Bei 
großen  dotterreichen  Eiern  endlich  findet  man  viele,  oft  nach  Hun- 
derten zählende  Nucleoli,  welche  durch  große  Färbbarkeit  ausgezeichnet 
sind.  Es  ist  noch  immer  strittig,  ob  bei  diesen  pluriuucleolären  Keim- 
bläschen das  Chromatin  nur  in  den  Nucleoli  oder  zum  Teil  in  den  Nu- 
cleoli, zum  Teil  im  Kerngerüst  enthalten  ist  (vergl.  hierüber  auch 
p.  2(54  u.  f.) 

Vergleichen  wir  mit  dem  unreifen  Ei  das  reife  (Fig.  156 II),  so  finden 
wir  in  ihm  das  Keimbläschen  durch  den  Eikern  (weiblichen  Vor- 
kern, pronucleus  femelle)    ersetzt,   ein   außerordentlich    viel    kleineres 


Bläschen,  welches  schwierig  in 
zu  finden  ist,  zumal  als  es  sich 
konnte  man   lange  Zeit   an    der 


der  ansehnlichen  Masse  der  Eizelle 
so  gut  wie  gar  nicht  färbt.  Daher 
Ansicht  festhalten,  daß  das  reife  Ei 
das  Stadium  kernloser  Organismen 
die  relativen  (Trößenverhältnisse  von 


)läschen  können  die  ein  reifes  und  ein  unreifes  Seeigelei 


kernlos  sei  und  phylogenetisch 
(Moneren)  rekapituliere.  Ueber 
Eikern  und  Keim 

bei  gleicher  Vergrößerung  darstellenden  Figuren  156  I  u.  II  orientieren. 
Am  Eikern  unterscheidet  man,  al)gesehen  vom  Kernsaft,  ein  Reticulum 
und  Nucleoli.  Trotz  der  geringen  Färbl^arkeit  des  Reticulums  muß  man 
annehmen,  daß  ausschließlich  in  ihm  alles  Chromatin  in  feinster  Ver- 
teilung enthalten  ist. 

Die  Umbildung  des  unreifen  in  das  reife  Ei  erfolgt  auf  dem 
Wege  der  „R  i  c  h  t  u  n  g  s  k  ö  r  p  e  r  b  i  1  d  u  n  g" .  Das  Keimbläschen  rückt 
an  die  Oberfiäche  des  Eies;  seine  Hauptmasse  schwindet,  wahrscheinlich 


Eireife   und  Befruchtung. 


479 


indem  sie  dem  um^Liebendeii  Protoplasma  beigemengt  wird.  Daß  dabei 
Bestandteile  nach  anßen  entleei-t  werden,  ist  nicht  sehi'  wahrscheinlich. 
Was  vom  Keimbläschen  erhalten  bleibt,  liefert  die  charakteristische 
Figur  des  in  Teilung  begriffenen  Kernes,  die  Spindel  (Fig.  157).  Diese, 
die  Hichtuugsspindel  genannt  (fuseau  de  maturation),  tritt  in 
zwei  Modifikationen  auf.     Bei  vielen  Eiern  (den  Eiern  der  MullubJcen, 


J?;gvf4'jÄ^' 


Fig.  157.  Eichtungskörperbildung  von  Ascaris  mecjaloccphala.  I. — III.  Bildung 
des  eröten  Richtungskörpers..  IV.  —  VI.  Bildung  des  zweiten  Eichtungskörpers. 
1  erster,  2  zweiter  ßichtungskörper  (nach  BovERi). 

Seesterne,  vieler  Würmer)  sind  die  Spindeljjole  durch  kleine  Kör- 
perchen, die  Centrosomen,  bezeichnet;  nach  denselben  konver- 
gieren die  Spindelfasern;  sie  sind  zugleich  Ausgangspunkt  von  Proto- 
plasmastrahlung.  Bei  anderen  Eiern  (z.  B.  den  viel  untersuchten 
Eiern  von  Äscaris  megalocephala)  fehlen  die  Centrosomen  und  mit 
ihnen  die  Strahlungen  (Fig.  157).  Die  Spindelfasern  verlaufen  einander 
im  wesentlichen  parallel  und  verleihen  dem  Körper  der  Spindel  eine 
tonnenförmige  Gestalt.  Die  Richtungsspindel  zeichnet  sich  außerdem 
aus  durch  eigentümliche  Zahl  und  Beschaffenheit  der  C  h  r  o  m  o  - 
somen,  jener  bald  stab-,  bald  schleifenförmigen  Körjter,  in  denen 
das  gesamte  für  die  Weiterentwickelung  bedeutungsvolle  Chromatin 
enthalten  ist. 

der  Chromosomen  anlangt,  so  weicht 
Chromosomen  in  den  (xewebszellen  ab. 
im  Laufe  der  Kernteilungen  auftretenden 
Gewebszellen    einer   bestimmten   Tierart 


Was  zunächst  die  Zahl 
dieselbe   von   der   Zahl    der 
Wir  wissen,  daß  die  Zahl  der 
Chromosomen   für   sämtliche 


die  gleiche  ist,  z.  B.  für  manche  Seeigel  36,  für  Artemia,  eine  branchio- 
pode  Crustacee,  16<S.  In  der  Rieh  tun  gs  spindel  dagegen  sind 
i m  m  e r  nur  halb  so  viel  C h r  o m o s o m e u  vorhanden  (in  den 
erwähnten  Fällen  18,  84). 

Die  Gestalt  der  Chromosomen  ist  öfters  die  gewöhnliche 
schleifenförmige.  Sehr  häufig  findet  man  aber  die  so  charakteristischen 
T  e  t  r  a  d  e  n  oder  V  i  e  r  e  r  k  u  g  e  1  n  (Fig.  157 1.  Von  den  2  Chromo- 
somen der  Ascaris  meqalocejjhala  z.  B.  besteht  ein  jedes  aus  4 
kugeligen  Teilen,  die  in  der  Weise  angeordnet  sind,  daß  sie  die  Ecken 
eines  Quadrats  einnehmen.  Die  Viererkugeln  lassen  von  vornherein 
zwei  Auffassungen  zu :  die  eine  —  welche  hier  angenommen  worden 
ist  —  faßt  jede  Viererkugel  als  ein  Chromosom  auf,  bei  welchem 
eine  Teilung  in  4  Stücke  vorbereitet  ist;  die  andere  erklärt  jede  ein- 
zelne Kugel  für  ein  Chromosom,    die  Viererkugel  für    einen  Komplex 


480  R.  IIertwig, 

von  4  Cliroinosomen.  Die  erstere  Auffassung  ist  vorzuziclicii.  weil 
durch  sie  Uebereinstininiung  erzielt  wird  mit  den  Fällen,  in  denen 
keine  Viererkugeln,  sondern  gewöhnliche  Chromosomen  wie  bei  anderen 
Karyokinesen  gebildet  werden.  Nur  wenn  man  sie  annimmt,  gilt  der 
oben  aufgestellte  Satz,  daß  die  Zahl  der  Chromosomen  in  der  Rich- 
tungsspindel nur  halb  so  groß  ist  wie  die  Chromosomenzahl  bei  ge- 
wöhnlichen Karyokinesen.  Die  Viererkugeln  sind  dann  als  Produkte 
einer  verfrühten  Teilung  aufzufassen.  Wie  es  vorkommt,  daß  in 
einer  Zelle  die  Kerne  sich  mehrmals  teilen,  ehe  die  Zellteilung  erfolgt, 
so  haben  sich  die  Chromosomen  zweimal  hintereinander  geteilt,  ehe 
die  Kernspindel  die  zugehörigen  zwei  Teilungen  zu  Ende  durchgeführt 
hat.  Der  Verlauf  der  Richtungskörperbildung  erweist  die  Berechti- 
gung dieser  Auffassung. 

Wenn  die  Richtungsspindel  in  allen  Teilen  fertig  ist,  stellt  sie 
sich  in  einen  Eiradius  derart  ein,  daß  das  eine  Ende  der  Spindel  in 
der  Rindenschicht  des  Eies  befestigt  ist,  das  andere  Ende  nach  dem 
Eicentrum  schaut.  Dann  kommt  es  zu  einer  normalen  Kernteilung 
und  zugleich  auch  zur  Zellteilung,  welch  letztere  jedoch  das  Besondere 
hat,  daß  das  eine  Teilprodukt,  der  Richtungskörper,  ganz  außerordent- 
lich klein  ist,  das  andere  Teilprodukt,  für  welches  man  gewöhnlich 
den  Namen  „Eizelle''  bewahrt  (I— III),  fast  alles  Material  der  Mutter- 
zelle für  sich  behält  (Eitochterzelle.  0.  Hertwig,  Ovocyte  II.  Ord- 
nung BovERi).  Auf  die  erste  Richtungsteilung  folgt  ohne  Ruhepause 
die  zweite.  Der  nach  Abschnürung  des  ersten  Richtungskörpers  im  Ei 
verbleibende  Rest  der  Spindel  reorganisiert  sich  zur  zweiten  Richtungs- 
spindel, welche  genau  die  Anordnung  der  ersten  Richtungsspindel 
gewinnt  und  die  Bildung  eines  zweiten  ebenfalls  ungemein  dotter- 
und  plasmaarmen  Richtungskörpers  veranlaßt  (IV — VI).  Ist  letzterer 
abgeschnüi't,  so  reorganisiert  sich  aus  dem  Rest  der  zweiten  Rich- 
tungsspindel der  Eikern.  Da  in  vielen  Fällen  sich  inzwischen  auch  der 
erste  Richtungskörper  geteilt  hat,  so  haben  wir  jetzt  im  ganzen  4 
Zellen  von  ungleicher  Größe,  die  reife  Eizelle  mit  Eikern  (Reifei,  Ovium 
Waldeyer's)  und  3  kleine  Richtungskörper. 

P'ragen  wir  nun  nach  dem  Schicksal  der  Chromosomen, 
w'elche  gewöhnlich  während  der  Richtungskörperbildung  den  Charakter 
leicht  nachweisbarer  selbständiger  Elemente  nicht  verlieren,  so  wird 
das  Material  derselben  vollkommen  gleichmäßig  auf  die  4  Zellen  un- 
abhängig von  deren  Größe  verteilt.  Am  schönsten  ist  dies  zu  er- 
kennen bei  den  Pflanzen  und  Tieren,  welche  die  charakteristischen 
Viererkugeln  besitzen;  in  diesen  Fällen  hat  zum  Schluß  jede  Zelle 
eine  der  4  Kugeln  jedes  Ausgangschromosoms.  Bei  der  ersten  Rich- 
tungsteilung war  ein  Paar  Kugeln  dem  ersten  Richtungskörper,  das 
andere  Paar  der  Eizelle  zugeteilt  worden.  Bei  der  nächsten  Teilung 
hatten  sich  die  Paarlinge  so  eingestellt,  daß  ihre  Trennungsebene  mit 
der  Aequatorialebene  der  Spindel  zusammenfiel,  d.  h.  sie  hatten  eine 
Drehung  um  90*^  erfahren,  so  daß  sie  jetzt  nach  ihrer  Orientierung 
im  Vergleich  zur  Spindelachse  nicht  mehr  neben-,  sondern  hintereinander 
gestellt  waren.  Damit  wird  bei  der  neu  einsetzenden  Karyokinese  ihre 
Verteilung  auf  die  Tochterzellen  ermöglicht. 

Das  merkwürdige  Verhalten  der  zu  Viererkugeln  differenzierten 
Chromosomen  während  der  Richtungskörperbildung  kehrt  in  glei- 
cher Weise  bei  den  Reifeteilungen  der  Samenbildun  gs- 
zellen  wieder  (vergl.  p.  168)  und  ist  somit  ein  den  Sexual- 


Eiieife  und  Befruchtunir.  481 


Zellen  eigen  tu  in  lieh  er  Charakter.  Derselbe  würde  nichts 
Anffälliges  haben,  wenn  man  die  oben  schon  ausgesprochene  Ansicht 
vertritt,  daß  es  sich  nni  einen  beschleunigten,  der  Kernteilung  voraus- 
eilenden, im  übrigen  aber  vom  gewöhnlichen  nicht  abweichenden 
Teilungsi)rozeß  der  Chromosomen  handelt.  Von  vielen  Seiten  wird 
in  der  That  der  Erscheinung  auch  keine  größere  Bedeutung  bei- 
gemessen. Von  anderer  Seite  jedoch  wird  sie  in  Zusammenhang 
mit  der  zweiten  Eigentümlichkeit,  daß  die  Chromosomen  in  der  Ricli- 
tungsspindel  in  der  Hälfte  der  Normalzahl  auftreten,  zum  Ausgangs- 
punkt wichtiger  Theorien  gemacht,  welche  viele  Kontroversen  hervor- 
gerufen haben.  Daß  die  Chromosomen  der  ersten  Richtungsspindel, 
mögen  sie  nun  zu  Viererkugeln  differenziert  oder  vollkommen  ein- 
heitlich sein,  sich  stets  nur  in  der  Hälfte  der  sonst  für  die  Species 
charakteristischen  Zahl  vorfinden,  ist  ein  notwendiges  Korrelat  zu  den 
Vorgängen  bei  der  Befruchtung,  bei  welchen,  wie  wir  sehen  w^erden, 
2  Kerne  sich  vereinen  und  so  ihre  Chromosomen  addieren.  Damit  nun 
die  Befruchtung  nicht  zu  einer  schließlich  ins  Endlose  anwachsenden 
Vermehrung  der  Chromosomen  führe,  darf  jeder  Geschlechtskern  bei 
dem  Befruchtungsakt  nur  die  Hälfte  der  Chromosomen  mitbringen. 
M.an  nennt  das  die  Reduktion  der  Chromosomenzahl. 
Weismann  bringt  diese  Zahlenreduktion  in  folgender  eigentümlicher 
Weise  mit  der  Richtungskörperbildung  in  Zusammenhang.  Die  bei 
Beginn  der  Reifung  vorhandene,  auf  die  Hälfte  reduzierte  Chromo- 
somenzahl bedeute  eine  Pseudoreduktion.  Jedes  Chromosom  sei  hier 
ein  Doi)pelchromosom  und  sei  durch  laterale  Verschmelzung  zweier 
einfacher  Chromosomen  entstanden.  Die  Bildung  der  Viererkugeln 
sei  durch  zwei  Teilungen  von  ganz  verschiedenem  morphologischem 
und  physiologischem  Wert  bewirkt :  1)  durch  eine  Längsteilung,  welche, 
wie  bei  den  gewöhnlichen  Zellteilungen,  die  Trennung  eines  Mutter- 
chromosoms in  2  gleichwertige  Tochterchromosomen  veranlasse 
(Aequation  Stellung);  2)  durch  eine  Querteilung,  durch  welche 
jedes  Doppelchromosom  wieder  in  seine  zwei  Einzelchromosomen  zer- 
legt würde  (R  e  d  u  k  t  i  o  n  s  t  e  i  1  u  n  g).  Demnach  würde  die  erste  Rich- 
tungskörpertdlung  eine  Zellteilung  wie  jede  andere  sein,  dagegen 
nicht  die  zweite.  Bei  dieser  würde  eine  Reduktionsteilung  zu  Ende 
geführt  werden,  indem  in  den  zweiten  Richtungskörper  nicht  Teil- 
hälften von  Chromosomen,  sondern  ganze  Chromosomen  übertreten 
würden  und  zwar  die  halbe  Zahl  aller  vorhandenen  Welche  Konse- 
quenzen diese  Lehre  von  der  Reduktionsteilung  für  die  Theorie  der 
Vererbung  hat,  kann  erst  nach  Besprechung  der  Befruchtungsvorgänge 
erörtert  werden.  Die  gesamte  Theorie  steht  und  fällt  mit  dem  durch 
genaue  Beobachtung  zu  erbringenden  Eintscheid,  ob  zur  Bildung  von 
Viererkugeln  2  zweigeteilte  Chromosomen  miteinander  verkleben, 
oder  ob  ein  einheitliches  Chromosom  sich  zweimal  geteilt  hat.  Noch 
leichter  wird  wahrscheinlich  der  Entscheid  in  den  Fällen  zu  erbringen 
sein,  in  denen  keine  Viererkugeln  gebildet  werden,  sondern  schleifen- 
förmige  Chromosomen,  die  sich  zweimal  hintereinander  teilen.  Leider 
widersprechen  in  dieser  Hinsicht  die  Beobachtungen  einander,  selbst 
Beobachtungen,  welche  an  einem  und  demselben  Üntersuchungsobjekt 
angestellt  wurden. 

Die  Reife  er  seh  einungen  der  Eier  bilden,   wie  schon   her- 
vorgehoben   wurde,    ein    Seitenstück    zu    den    z\Vei   rasch   aufeinander 
folgenden  Teilungen,  welche  aus  einer  Samenmutterzelle  oder  Sperma- 
Handbuch  dfr  Entwickeluiigslehre.    I.  3]^ 


482  li.  Hertwig, 

cyte  4  Spermatideii  und  später  4  Spermatozoen  hervorgehen  lassen.  Die 
vorhandenen  Unterschiede  sind  Folgeerscheinungen  der  verschiedenen 
Aufgaben,  welche  den  beiderlei  Sexualzellen  mit  Kücksicht  auf  die  Er- 
fordernisse der  Befruchtung  und  der  Enibryonalentwickelung  zugewiesen 
sind.  Ein  erster  Unterschied,  zugleich  der  am  meisten  in  die 
Augen  fallende,  ist  darin  gegeben,  daß  bei  der  Spermatogenese 
alle  4  T  e  i  1  p  r  0  d  u  k  t  e  als  Spermatozoen  V  e  r  w  e  n  d  u  n  g  fin- 
den, bei  der  0  v  o  g  e  n  e  s  e  dagegen  )>  r  u  d  i  m  e  n  t  ä  r  werden 
und  zu  Grunde  gehen  und  nur  eines  zur  Eizelle  wird.  Man  kann  daher 
die  Richtungskörper  als  r  u  d  i  m  e  n  t  ä  r  e  Eier  autfassen ;  sie  sind  rudi- 
mentär, damit  das  eigentliche  Ei  die  zu  einer  länger  dauernden  Ent- 
wickelung  nötige  Substanzmasse  erhält.  Diese  Konzentration  der 
Substanzmasse  auf  eines  der  4  Teilprodukte  ist  um  so  notwendiger, 
als  in  der  Befruchtung  Momente  gegeben  sind,  welche  bei  der  Sper- 
matogenese einen  Einfluß  im  entgegengesetzten  Sinne  ausüben.  Die 
Befruchtung  setzt  das  Zusammentreffen  von  beiderlei  Sexualzellen 
voraus;  letzteres  wiederum  setzt  voraus,  daß  mindestens  eine  der 
beiden  Sexualzellen  leicht  beweglich  ist,  was  am  einfachsten  durch 
kompendiöse  Beschaffenheit  zu  erreichen  ist.  Die  verschiedene 
E  ntwickelu  n  gs  weise  und  Beschaffenheit  der  männ- 
lichen und  weiblichen  Sexualzellen  und  damit  weiter 
die  Differenzierung  der  beiden  Geschlechter  erweisen 
sich  somit  als  Folgeerscheinungen  e  i  n  e  r  A  r  b  e  i  t  s  t  e  i  1  u  n  g, 
welche  sich  auf  accide  n  teile  Vorgänge  der  Befruchtung 
bezieht,  daß  dem  einen  Komponenten  die  Beschaffung  der  für  die  Ent- 
wickelung  nötigen  Masse,  dem  anderen  die  Sorge  für  das  Zustande- 
kommen der  Vereinigung  der  Sexualzellen  zugewiesen  wurde.  Dagegen 
hat  der  Vorgang  der  Vereinigung  der  S ex ualz eilen,  die 
Befruchtung  selbst,  wie  wir  später  noch  sehen  werden,  mit  der 
Differenzierung  des  Geschlechts  nichts  zu  thun.  Zu 
dem  gleichen  Resultat  haben  auch  die  reichen  Erfahrungen  der  Neu- 
zeit über  Befruchtung  bei  Protozoen  geführt.  Auf  dieser  niedersten 
Stufe  organischer  Entwickelung  fehlt  in  der  Regel  der  Gegensatz  von 
„männlich'^  und  „weiblich"  ;  bei  der  Befruchtung  vereinigen  sich  Indivi- 
duen, welche  sexuell  indifferent  sind,  d.  h.  noch  keine  specifisch  männ- 
lichen und  weiblichen  Eigenschaften  haben.  Dagegen  bildet  sich  ein 
sexueller  Dimorphismus  sofort  aus,  wenn  besondere  Lebensbedingungen 
—  z.  B.  festsitzende  Lebensweise  bei  Vorticellinen  —  es  mit  sich 
bringen,  daß,  um  die  Vereinigung  zu  ermöglichen,  eine  der  beiden 
konjugirenden  Zellen  einen  besonderen  Grad  der  Beweglichkeit  erlangen 
muß.  Bei  allen  Uor^2ce//mew  bleiben  gewisse  Individuen,  die  Makro- 
gameten, auf  ihren  Stielen  seßhaft;  andere  teilen  sich  mehrmals 
rasch  hintereinander  und  liefern  Mikro  gameten,  welche  sich  ab- 
lösen, frei  herumschwimmen  und  mit  den  Makrogameten  behufs  Be- 
fruchtung verschmelzen. 

Ein  zweiter  Unterschied  zwischen  Ovogenese  und  Spermato- 
genese bezieht  sich  auf  die  Centrosomen.  Diese  „Teilorgane''  der 
Zelle  sind  während  der  zwei  Reifeteilungen  im  Hoden  vorhanden  und 
werden  schließlich  in  die  Spermatozoen  mit  hinübergenommen,  wo  sie 
im  Mittelstück  oder  Hals  zu  suchen  sind  (Sper  macentr  u  m).  Da- 
gegen fehlt  dem  reifen  Ei  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  das  Centro- 
soma (0  vo  cen  trum).  Das  ist  in  den  Fällen,  in  denen  auch  die  Rich- 
tuugsspindeln  die  Centrosomen  vermissen  lassen,  nicht  wundeibar.    In- 


Eireife  und  Befruchtung. 


483 


sogar  vorkommen 


i 


1^.^- 


B 


dessen  auch  da  wo  die  Richtiingsspindeln  Centrosomen  besitzen,  fehlt  am 
Eikern  das  Ovocentrum,  was  nur  so  verstanden  werden  kann,  daß  die 
Centrosomen  nach  Abkuf  der  zweiten  Richtungsteilung  zu  Grunde  gehen. 
Ein  dritter  Unterschied  hat  einige  praktische  Bedeutung, 
weil  er  modifizierend  auf  den  Verlauf  der  Befruchtuiis:  einwirkt,  auf 
deren  Besprechung  wir  hierdurch  übergeleitet  werden.  Die  Reife- 
teilungen der  Spermatocyten  werden  noch  im  Hoden  zu  Ende  geführt ; 
meist  nehmen  die  Samenzellen  auch  schon  im  Hoden  die  Form  der 
Spermatozoen  an,  und  nur  selten  wird  dieser  letzte  Reifungsakt  in 
den  weiblichen  Geschlechtswegen  vorgenommen,  wie  z.  B.  bei  den 
Samenzellen  der  Äscariden,  welche  die  charakteristische  Zuckerhutform 
erst  in  den  Oviducten  des  Weibchens  erreichen.  Dagegen  wird  die 
Eireife  nur  selten  {Seeigel)  im  Ovarium  beendet;  gewöhnlich  wird  sie 
hier  nur  vorbereitet,  macht  dann  Halt  und  bedarf  des  Anreizes  der 
Befruchtung,  um  abgeschlossen  zu  werden.  Bei  Wirbeltieren  fällt  diese 
Ruhepause,  in  welclier  die  Besamung  vollzogen  wird,  in  die  Zeit 
zwischen  Bildung  des  ersten  und  zweiten  Richtungskörpers,  bei  Mollus- 
ken, Insekten  und  manchen  Würmern  in  die  Zeit  nach  Bildung  und 
Einstellung  der  ersten  Richtungsspindel;  ja,  es  kann 
(Nereis,  Äscaris),  daß  zur  Zeit, 
in  welcher  die  Spermatozoen  in 
das  Ei  gelangen,  noch  das  Keim- 
bläschen besteht.  Eine  merk- 
würdige Anpassungsfähigkeit  be- 
kundet das  Ei  von  Asterias  gla- 
cialis,  insofern  man  es  hier  in  der 
Hand  hat,  die  Besamung  zu  ganz 
verschiedenen  Zeiten  der  Eireife 
auszuführen.  Mögen  die  Sper- 
matozoen auf  dem  Keimbläschen- 
stadium, dem  Stadium  der  Rich- 
tungsspindel oder  des  Eikerus 
in  das  Ei  eindringen,  stets  re- 
sultiert eine  normale  Entwicke- 
lung.  Dagegen  ergeben  sich  dann 
Unterschiede  im  Verhalten  des 
Samenkerns.  Man  kann  hier 
an    demselben    Objekt   Unter- 

Fig.  158.  Befruchtung  des  Eies 
von  Strongylocentrotus  lividus  (nach  WIL- 
SON). A— E  Vergr.  1200,  F,  G  Vergr. 
600.  A  Spermatozoon,  u  Kopf,  m  Mittel- 
stück, Schwanzfaden  nur  zum  Teil  dar- 
gestellt. B — E  oberflächlichste  Eischicht 
mit  eingedrungenem  Spermatozoon, 
welches  eine  Drehung  um  180"  erfährt 
und  um  dessen  Mittelstück  sich  Strah- 
lung entwickelt.  F,  G  allmähliche  An- 
näherung und  Vereinigung  von  Sperma- 
kern und  Eikern,  Zunahme  der  Strahlung. 

schiede  im  Aussehen  des  Samenkerns  hervorrufen,  wie  sie 
bei  verschiedenen  Objekten  vorkommen  und  durch  den  wechselnden 
Zeitpunkt  der  Befruchtung  hervorgerufen  werden,  Unterschiede,  welche 
wir  bei  der  folgenden  Darstellung  des  Befruchtungsprozesses  berück- 
sichtigen müssen. 

31* 


484  R.  Hertwig, 

Bei  den  Eiern  der  Seeigel,  bei  welchen  beide  Richtungskörper 
noch  im  Ovar  gebiklet  werden  und  bei  der  Eiablage  in  demselben 
zurückbleiben,  verläuft  die  Befruchtung  in  folgender  Weise.  Die 
Eier  sind  von  einer  zarten,  der  Oberfläche  dicht  anschließenden  Gallert- 
hülle umgeben.  Wir  wollen  dieselbe,  da  sie  im  Ovar  als  ein  Aus- 
scheidungsprodukt des  Follikelepithels  entsteht,  „Chorion"  nennen 
im  Gegensatz  zu  der  Dotterhaut,  die  wir  sogleich  noch  als  eine  Aus- 
scheidung des  Eies  kennen  lernen  werden.  Wenn  Eier  und  Sper- 
matozoen  im  Meerwasser  zusammentreffen,  so  dringen  letztere  in 
großer  Menge  in  das  Chorion  an  beliebigen  Stellen  ein  ;  in  d  a s  E 1 
selbst  g  e  1  a  n  g  t  j  e  d  0  c  h  nur  1  Samenfaden  und  von  dem- 
selben auch  nur  Kopf  und  Mittel  stück  (Hals),  während  der 
SchW'anzfaden  draußen  zurückbleibt.  Das  Eindringen  weiterer  Sperma- 
tozoeu  wird  schon  dadurch  unmöglich  gemacht,  daß,  sowie  ein  Samen- 
faden die  Verbindung  mit  der  Eizelle  bewirkt  hat,  diese  auf  ihrer  gesamten 
Oberfläche  eine  feste  Hülle,  die  für  weitere  Spermatozoen  undurch- 
dringliche Dottermembran,  ausscheidet.  Von  der  Dottermembran  zieht 
sich  das  Ei  zurück,  indem  es  sein  Volumen  nicht  unerheblich  ver- 
kleinert und  zugleich  eine  weiche,  durch  Wasseraufnahme  quellende  Sub- 
stanz, wahrscheinlich  Gallerte  in  den  Zwischenraum  ausscheidet.  Das 
E  iplasma  erfährt  somit  eine  Veränderung,  welche  auch  darin 
zum  Ausdruck  kommt,  daß  es  sich  intensiver  färbt  als  das  Plasma  nicht 
befruchteter,  im  übrigen  aber  gleich  behandelter  Eier.  Diese  qualitative 
Veränderung  der  Eizelle  würde  für  sich  allein  schon  genügen,  um 
das  Eindringen  weiterer  Spermatozoen  zu  verhindern,  was  dadurch 
bewiesen  wird,  daß  Spermatozoen  in  ein  befruchtetes  Ei  nicht  ein- 
dringen, auch  wenn  sie  zwischen  die  Oberfläche  und  die  Dottermem- 
bran gelangt  sind,  oder  wenn  ihnen  durch  mechanische  Zerstörung  der 
letzteren  der  Zugang  eröffnet  worden  ist.  Alle  diese  Vorkehrungen  sind 
Ursache,  daß  die  normale  Befruchtung  des  Seeigeleies 
„monosperm"  ist,  d.  h.  nur  von  einem  Spermatozoon  be- 
wirkt wird. 

Die  Stelle,  an  welcher  das  befruchtende  Spermatozoon  eingedrungen 
ist,  markiert  sich  durch  einen  kleinen,  zungenförmigen  Protoplasma- 
fortsatz, welcher  Befruchtuugshügel  (cone  d'exsudation  Fol)  heißt,  aber 
eine  vorübergehende  Bildung  ist,  indem  er  sehr  bald  wieder  eingezogen 
wird.  Er  muß  von  einer  anderen  Struktur  unterschieden  werden, 
welche  beim  Seeigelei  nicht  beobachtet  werden  konnte,  wohl  aber 
beim  Ei  eines  Seesterns,  Asterias  glacialis,  dem  „cöne  d'attraction". 
Dieser  geht  dem  Eindringen  des  Spermatozoon  voraus  und  ist  eine 
Protoplasmazunge,  welche  vom  Ei  dem  befruchtenden  Spermatozoon 
entgegengesandt  wird  und  ihm  als  Eintrittspforte  dient.  Die  Lage 
der  letzteren  wird  vom  Zufall  bestimmt,  da  jede  Stelle  der  Eiober- 
fläche  für  den  Eintritt  von  Spermatozoen  gleichmäßig  geeignet  ist. 
Die  Eintrittsstelle  wird  ferner  dadurch  deutlich,  daß  unter  ihr  der  Kopf 
des  Spermatozoons  durch  Reagentien  nachgewiesen  werden  kann  und  daß 
am  lebenden  Ei  die  Spermastrahlung  auftritt.  Die  Sperma- 
strahlung entsteht  im  Umkreis  des  Mittelstückes,  indem  zu  ihm  das  Proto- 
plasma eine  radiale  Anordnung  gewinnt.  Beim  Eindringen  lag  das 
Mittelstück  hinter  dem  Kopf,  dem  Sper-makern  (0.  Hertwig).  Wäh- 
rend die  Strahlung  sich  entwickelte,  ist  es,  indem  der  gesamte  Sper- 
makomplex eine  Drehung  um  180"  erfuhr,  vor  den  Sperraakern  zu  liegen 
gekommen,    und   in  dieser  Anordnung   —    Mittelstück   mit   Strahlung 


Eireife  und  Befruchtung.  485 

nach  dem  Centrum,  der  Samenkern  nach  der  Peripherie  gewandt  — 
rückt  das  Spermatozoon  in  die  Tiefe,  bis  es  nahe  dem  Eicentriim  mit 
dem  Eikern  zusammenstößt,  welcher  bis  dahin  seine  peripiiere 
Lagerung  lieibehalten  hatte,  durch  die  Wanderung  des  Spermakerns  nun 
aber  ebenfalls  zur  Ortsveränderung  veranlaßt  wird.  Straße  des  Ei- 
kerns  und  Straße  des  Samenkerns  sind  nicht  gerade  Linien,  sondern 
beschreiben  konvergierende  Bogen  (Wilson).  Wenn  Ei-  und  Sperma- 
kern sich  vereinigt  haben,  ist  die  Befruchtung  vollzogen. 

Der  Eikern  ist  vor  der  Vereinigung  und  während  derselben  ein 
sich  so  gut  wie  gar  nicht  färbendes  Bläschen  mit  mehreren  Nucle- 
oli,  der  Spermakern  ein  kompakter,  stark  färbbarer,  außerordent- 
lich viel  kleinerer  Körper.  Nach  ihrer  Vereinigung  sind  die  Sub- 
stanzen beider  eine  Zeit  lang  noch  deutlich  unterscheidbar.  Später 
schwindet  der  Unterschied ;  es  entsteht  ein  einheitlicher  Für chun gs- 
kern,  und  dieser  wandelt  sich  zur  Furchungsspindel  um,  an  welcher 
man  nicht  mehr  erkennen  kann,  was  von  derselben  auf  den  Samen- 
kern, was  auf  den  Eikern  zurückftthrbar  ist.  Die  mit  dem  Sperma- 
kern herangetretene  Strahlung  hat  sich  in  zwei  Strahlungen  gesondert, 
die  an  zwei  opponierte  Punkte  des  Furchungskerns  getreten  sind,  um 
hier  die  Pole  der  allmählich  sich  entwickelnden  Kernspindel  zu  liefern. 
Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  wenn  auch  nicht  durcli  Beobachtung  außer 
Zweifel  gestellt,  daß  ein  im  Centrum  der  Samenstrahlung  von  Anfang 
an  vorhandenes  Centrosoma,  das  Sperniacentrum,  durch  seine 
eigene  Teilung  die  Teilung  der  Samenstrahlung  verursacht  hat,  daß 
die  beiden  Centrosomen,  welche  man  au  den  Enden  der  Spindel  findet, 
Abkömmlinge  des  Spermacentrums  sind.  Dagegen  kann  es  jetzt  als 
ausgeschlossen  bezeichnet  werden,  was  vor  längerer  Zeit  Fol  behauptet 
hat  und  was  damals  großes  Aufsehen  erregte,  daß  auch  ein  Ovocentrum 
vorhanden-  ist,  welches  sich  unabhängig  vom  Spermacentrum  teilt, 
so  daß  erst  durch  Verschmelzung  der  Teilprodukte  von  Sperma- 
und  Ovocentrum  die  einheitlichen  Centrosomen  der  Furchungsspindel 
entstehen  würden. 

Das  hier  entworfene  Bild  des  Befruchtungsprozesses 
wird  erheblich  vervollständigt  durch  unsere  Erfah- 
rungen an  Eiern,  bei  welchen  die  S  p  e r m  a t o z  o  e n  ein- 
dringen, sei  es  vor,  sei  es  während  der  R i c h t u n  g s k ö r p e r - 
bildung.  Allen  diesen  Fällen  ist  gemeinsam,  daß  der  Samenkern 
eine  längere  oder  kürzere  Zeit,  nämlich  die  Zeit  über,  in  welcher  die 
Eireife  zu  Ende  geführt  wird,  im  Eiplasma  verweilen  muß,  ehe  er 
sich  mit  dem  Eikern  vereinigen  oder  in  die  Bildung  der  Furchungs- 
spindel einbezogen  werden  kann.  Dies  hat  zur  Folge,  daß  er  zu 
einem  Bläschen  anschwillt,  oft'enbar  nur  durch  Aufnahme  von  Flüssig- 
keit. Denn  in  gleichem  Maße,  als  er  sich  vergrößert,  nimmt  seine 
Färbefähigkeit  ab.  Wenn  schließlich  der  Eikern  nach  Abschnürung 
der  Piichtungskörper  fertiggestellt  ist,  sind  beide  Kerne,  soweit 
unsere  Hilfsmittel  der  Erkenntnis  uns  eine  Einsicht  ermöglichen, 
prinzipiell  vollkommen  gleich  groß  und  von  gleicher 
Struktur,  Bläschen  mit  Kernnetz  und  einigen  Nucleoli.  Nur  die 
intimste  Kenntnis  der  Lageverschiebungen  kann  dann  ermöglichen, 
an  besonderen  Merkmalen  der  Lagerung,  dagegen  nicht  der  Struktur 
Ei-  und  Samenkern  von  einander  zu  unterscheiden.  Auch  dann  kann 
noch  Verschmelzung  beider  Kerne  eintreten,  ehe  die  Furchungsspindel 
entsteht.   In  extremen  Fällen  jedoch,  wie  ein  solcher  durch  die  Eier  von 


486 


R.  Hertwig, 


Äscarfs  megalocephala  .gegeben  ist,  kann  das  Stadium  der  Kornver- 
sclinielzung  übersprungen  werden :  bei  Ascarls  megalocephala,  bei 
welcher  zur  Zeit  der  Befruchtung  noch  das  Keimbläschen  vorhanden 
ist,  wird  das  Material  der  beiden  unverschmolzenen  Kerne  direkt  in 
die  Furchungsspindel  aufgearbeitet.  Das  gilt  vor  allem  für  die 
Chromosomen,  welche  in  einem  jeden  Kern  getrennt 
entstehen,  in  gleicher  Anzahl  und  Größe  im  Samen-  wie 
Ei  kern,  in  einem  jeden  halb  so  viel,  als  in  der  Fur- 
chungsspindel angetroffen  werden.  Die  Chromosomen  der 
Furchungsspindel  stammen  somit  zur  Hälfte  vom  Ei- 
kern,  zur  anderen  Hälfte  vom  Samenkern  ab(v.  Beneden. 

BOVERI). 

Das  Studium  der  Ascaris-Eier  ist  noch  nach  einer  anderen 
Richtung  für  unsere  Anschauungen  vom  Befruchtungsprozeß  von 
Bedeutung  geworden.  Beim  Seeigelei  läßt  sich  gut  verfolgen,  daß 
mit  dem  Spermatozoon  eine  Strahlungen  auslösende 
Substanz  dem  Ei  einverleibt  wird.  Diese  Substanz  stammt 
vom  Mittelstück  des  Spermatozoons  ab  und  enthält  wahrscheinlich  ein 
Centrosoma ,  dessen  w^eiteres  Schicksal  noch  nicht  ganz  klar  ist. 
Das  Äscaris-Ei  liefert  in  gewisser  Hinsicht  auch  hier  wieder  eine  Er- 
gänzung. Zur  Zeit,  wo  die  beiden  Geschlechtskerne  zu  Bläschen  von 
gleicher  Größe  und  Beschaffenheit  geworden  sind,  tritt  im  Ei  ein  Cen- 
trosoma auf,  dessen  Rückführung  auf  das  Spermatozoon  bisher  noch 
nicht  geglückt  ist.  Auch  hat  man  im  Spermatozoon  vor  dem  Ein- 
dringen in  das  Ei  bisher  noch  kein  Centrosoma  finden  können.  Da- 
gegen ist  das  weitere  Schicksal  des  Centrosoma  von  dem  Moment  ab. 


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Fig.  159.  Befruchtung  vou  Ascaris  megalooephala  (nach  Boveri).  A  Centro- 
soma in  Teilung,  daneben  Eikern  und  Samenkern.  B  Die  beiden  Tochtercentrosomen 
rücken  auseinander,  in  Eikern  und  Samenkern  entwickeln  sich  die  Chromosomen.  C 
Eikern  und  Samenkern  lösen  sich  auf,  in  jedem  2  Chromosomen.  D  Furchungs- 
spindel mit  4  Chromosomen.     In  B  und  C  ist  ein  Richtungskörper  sichtbar. 


Eireife  und  Befruchtung.  487 

wo  es  im  Ei  sichtbar  wird,  völlig  klargelegt:  es  teilt  sich  in 
zwei  Tochtercentro  somen,  welche,  auseinanderweichend,  Proto- 
plasmastrahliing  und  die  Spindelbildung  veranlassen,  wobei  sie  selbst 
die  Spindelpole  bezeichnen. 

Die  in  ihren  Grundzügen  hier  referierten  Beobachtungen  über 
die  Befruchtung  wirbelloser  Tiere  haben  ein  sicheres  P'undament  für 
unsere  Auffassungen  vom  AVesen  der  Befruchtung  geliefert.  In  erster 
Linie  müssen  wir  betonen,  daß  bei  der  Befruchtung  zweierlei  Er- 
scheinungen kombiniert  sind,  die  nicht  notwendig  zu- 
sammengehören und  daher  auch  getrennt  vorkommen 
und  in  den  feineren  Vorgängen  des  Befruchtungspro- 
zesses auch  auseinander   gehalten  werden  können. 

1)  Die  Befruchtung  ist  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g  s  e  r  r  e  g  u  n  g.  Die 
bis  dahin  teilungsunfähigen  Eier  werden  durch  den  Zutritt  des  Sper- 
matozoons zu  Teilung-en  angeregt  und  liefern  so  ein  neues  Tier. 

2)  Die  Befruchtung  ist  die  Verschmelzung  zweier 
bis  dahin  getrennter  Zellor  ganisa  tion  en,  des  Eies  und  des 
Spermatozoons,  zu  einer  kombinierten  Zelle,  welche  die  Eigenschaften 
beider  Zellen  in  sich  vereinigt. 

Je  nachdem  man  bei  der  Definition  der  Befruchtung  auf  den 
einen  oder  den  anderen  A'organg  den  Nachdruck  legt,  kommt  man  zu 
ganz  verschiedenen  Definitionen.  Die  eine  Definition  erblickt  das 
Wesentliche  der  Befruchtung  in  der  durch  das  Spermatozoon 
bewirkten  Einführung  einesTeilungsorgans,  des  „Cen- 
trosoma",  in  das  Ei,  die  andere  dagegen  definiert  die  Be- 
fruchtung als  die  Vereinigung  zweier  G  e  s  c  h  1  e  c  h  t  s  k  e  r  u  e 
(0.  Hertwig). 

Die  er'stere  Definition  entspricht  der  üblichen  Vorstellung,  daß  die  Be- 
fruchtung die  Aufgabe  habe,  das  Ei  zur  Entwickelung  anzuregen  und  so 
die  Bildung  eines  jungen  Tieres  zu  ermöglichen.  In  der  That  scheint 
auch  unter  normalen  Verhältnissen  der  Anreiz  z  u  r  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g 
bei  der  geschlechtlichen  Fortpflanzung  nur  dadurch  herbeigeführt  zu 
werden,  daß  in  das  Ei,  welches  kein  Teilungsorgan,  kein  Centrosoma 
besitzt  und  daher  teilungsunfähig  geworden  ist,  ein  neues  Centrosoma 
durch  das  Spermatozoon  eingeführt  wird.  Beim  Studium  der  Seeigel- 
befruchtung hat  man  nämlich  ab  und  zu  beobachtet,  daß  die  beiden  in 
das  Ei  gelangenden  Bestandteile  des  Spermatozoons,  der  Samenkern 
und  das  die  Strahlung  verursachende  Mittelstück  (Spermacentrum), 
sich  voneinander  trennten  und  nur  letzteres  die  Verbindung  mit  dem 
Eikern  erreichte  (Boveri).  Dann  trat,  zunächst  wenigstens,  ohne  Be- 
teiligung des  Samenkerns  eine  normale  Entwickelung  ein.  Dies  zeigt, 
daß  eine  Vereinigung  der  beiden  Kerne  zur  A  u  s  1  ö  s  u  n  g 
d  e  r  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g  n  i  c  h  t  n  o  t  w  e  n  d  i  g  i  s  t.  Zu  demselben  Resultat 
wird  man  durch  ein  zweites  Experiment  geführt.  Man  kann  ein  reifes 
aber  noch  nicht  befruchtetes  Seeigelei  künstlich  in  zwei  oder  mehr 
Stücke  teilen,  ein  den  Eikern  enthaltendes  und  ein  oder  mehrere 
kernlose  Stücke.  Beide  Stücke  sind  befruchtungsfähig  und  beginnen 
sich  zu  teilen  (Hertwig).  Setzt  man  nun  vorsichtig  Samen  hinzu, 
so  daß  in  jedes  Stück  nur  je  ein  Spermatozoon  eindringen  kann,  so 
entwickeln  sich  beiderlei  Stücke  zu  normalen  Larven  weiter,  sowohl  das 
eine,  bei  dem  es  zur  Vereinigung  von  Ei-  und  Spermakern  gekommen 
ist,  als  auch  das  oder  die  anderen,  welche  nur  einen  Spermakern  besitzen 
(Boveri).  Für  die  Erscheinung  wurde  der  Name  M  e  r  o  g  o  n  i  e  eingeführt 


488  R.  Hertwig, 

(D klage).  Den  beiden  auf  experimentellem  Wege  hervorgerufenen  Ent- 
wickchingRvorgäugen  ist  gemeinsam,  daß  das  Ei  sich  normal  weiterent- 
wickeln kann,  auch  wenn  an  der  Eifurchung  sich  nur  ein  Geschlechts- 
kern beteiligt,  sei  es  der  Eikern,  sei  es  der  Samenkern.  Es  ist  nur 
nötig,  daß  in  das  Ei  ein  Centrosoma  eingeführt  wird.  Daraus  muß 
man  folgern,  daß  Eikern  und  Samenkern  Voll  kerne  sind.  d.h. 
Kerne,  welche  —  ein  jeder  für  sich  —  alle  zum  Entwickelungsleben 
nötigen  Grundeigenschaften  besitzen,  daß  sie  keine  Halb  kerne  sind, 
welche  sich  erst  bei  der  Befruchtung  zu  einem  Vollkern  ergänzen 
(Van  Beneden).  Daher  ist  auch  die  noch  immer  in  der  entwickelungs- 
geschichtlichen  Litteratur  weit  verbreitete  Bezeichnung,  welcher  die 
Lehre  von  den  Halbkernen  zu  Grunde  liegt,  „pronucleus  male, 
männlicherVorkern"  und  „pronucleus  f  e  m  e  II  e ,  weiblicher 
Vorkern"  (Van  Beneden)  zu  beanstanden.  Unsere  bisherigen  Er- 
fahrungen geben  uns  nicht  einmal  das  Recht,  von  geschlechtlich 
d  iff er en zierten  Kernen,  von  männlichen  und  weiblichen  Kernen 
zu  reden,  sondern  nur  von  Kernen,  Eikern  und  Samenkern,  welche 
von  sexuell  differenzierten  Zellen,  meist  auch  von  sexuell  differenzierten 
Individuen  stammen. 

Nachdem  wir  gesehen  haben,  daß  die  Entwickelungserregung  von 
der  Konjugation  des  Ei-  und  Samenkerns  unabhängig  ist  und  nur 
durch  die  Einführung  des  Spermacentrums  veranlaßt  wird,  gilt  es, 
zu  entscheiden,  ob  in  ihr  das  Charakteristische  der  Befruchtung, 
durch  welche  sie  sich  von  anderen  Formen  der  Entwickelung  unter- 
scheidet, gegeben  ist.  Hier  muß  nun  betont  werden,  daß  die  bei  der 
Befruchtung  durch  das  Spermacentrum  ausgelöste  Entwickelungs- 
erregung anderweitig  vermittelt  werden  kann.  Das  ist  bei  der  Pai'- 
thenogenesis  der  Fall;  bei  derselben  entwickelt  sich  das  Ei  ohne 
jeden  Bestandteil  des  Spermatozoons  aus  eigenem  innerem  Antrieb. 
Leider  wissen  wir  nichts  Sicheres  darüber,  was  dann  die  Wirkung  des 
Spermacentrums  ersetzt.  Wir  wissen  zwar,  daß  in  den  meisten 
Fällen  von  P  a  r  t  h  e  n  o  g  e  n  e  s  i  s  nur  ein  R  i  c  h  t  u  n  g  s  k  ö  r  p  e  r 
abgeschnürt  wird,  daß  das  Kernmaterial  des  zweiten  sich  entweder 
überhaupt  nicht  vom  Eikern  sondert,  oder,  wenn  es  geschehen  sein 
sollte,  wieder  mit  dem  Eikern  verschmilzt.  Indessen  diese  Einrichtung 
hat  nur  den  Zweck,  den  mit  der  Richtungskörperbildung  einherge- 
henden Substanzverlust  des  Eikerns,  die  bei  der  Befruchtung  mit 
Rücksicht  auf  die  Einführung  eines  neuen  Kernes  nötige,  ohnedem 
aber  überflüssige  Chromatinreduktion  zu  vermeiden ;  sie  steht  mit 
der  für  die  Parthenogenese  charakteristischen  spontanen  Entwickelungs- 
fähigkeit  des  Eies  in  keinem  engeren  ursächlichen  Zusammenhang. 
Es  werden  demgemäß  auch  Fälle  von  Parthenogenesis  beschrieben, 
bei  denen  es  zur  Bildung  eines  zweiten  Richtungskörpers  kommt. 

Aehuliche  Vorgänge,  wie  man  sie  in  der  Natur  bei  der  Partheno- 
genesis beobachtet,  kann  man  auch  künstlich  hervorrufen.  In  der  Neu- 
zeit ist  durch  ganz  überraschende  Experimente  bewiesen  worden,  daß 
Eier,  welche  vollkommen  ausgereift  sind,  alle  R  i  c  h  - 
t  u  n  g  s  k  ö  r  p  e  r  g  e  1)  i  1  d  e  t  haben  und  d  e  m  g  e  m  ä  ß  den  Eikern 
e n.t h a  1 1 e n ,  welche  in  der  Natur  sich  nicht  weiter  ent- 
wickeln würden,  durch  R e a g e n t i e n  zu  Teilungen  a n - 
geregt  w^  er  den  können.  Eine  geringe  Teilfähigkeit  findet  sich 
bei  Seeigel-Eiern,  welche  mit  Strychninlösung  behandelt  wurden 
(R.  Hertwig);  sie  wird  gesteigert,  so  daß  das  Morulastadium  erreicht 
wird,  wenn  an  Stelle  der  Strychninlösung  Extraktivstoffe   des  Sperma 


Eireife  und  Befruchtung.  489 

benutzt  werden  (Pieri,  Winkler).  Die  Entwickelung  führt  zur 
Bildung-  von  ganz  normalen  Plutei  (Seeigellarven),  wenn  Seeigeleier 
2  Stunden   lang  in   einer  Mischung   von   gleichen   Teilen   Meerwasser 

und  einer  Chlorniagnesiunilösung  I  -^n  |  verweilen  und  dann  in  reinem 

Seewasser  weiter  kultiviert  werden  (Loeb).  Die  feineren  Vorgänge 
bei  der  durch  Chlormagnesium  hervorgerufenen  künstlichen 
Parthenogenese  sind  noch  nicht  bekannt.  Untersuchung  der 
mit  Strychniu  behandelten  Eier  macht  es  wahrscheinlich,  daß  der 
Eikern  zuvor  behufs  Einleitung  des  Furchungsprozesses  ein  Centro- 
soma neu  bildet.  Wie  dem  auch  sei,  die  Erfahrungen  lehren,  daß 
der  Anreiz  zur  Entwickelung,  wie  er  gewöhnlich  d u ]■  c h 
die  Befruchtung  hervorgerufen  wird,  durch  rein  che- 
mische Einwirkungen  ersetzt  werden  kann.  Dieses  Re- 
sultat hat  bei  genauer  Ueberlegung  nichts  Ueberraschendes.  Die 
Entwickelung  eines  Organismus  aus  dem  Ei  ist  nichts  anderes  als 
eine  Succession  zahlloser  Zellteilungen.  Es  liegt  daher  kein  Grund 
vor,  für  dieselbe  wesentlich  andere  Bedingungen  zu  erwarten  als  bei 
jeder  Zellteilung.  Xun  wissen  wir  aber,  daß  zur  Zellteilung  die  An- 
wesenheit eines  Centrosoma  weder  in  allen  Fällen  nötig  ist  —  das 
lehren  die  meisten  Protozoen  —  noch  daß  seine  Anwesenheit  allein 
genügt,  um  Teilung  hervorzurufen  —  das  lehrt  uns  jede  trotz  vorhande- 
nem Centrosoma  im  Ruhezustand  befindliche  Zelle.  Vielmehr  muß  ein 
bestimmter  Gleichgewichtszustand  der  Zelle,  ihres  Kernes  und  Proto- 
plasmas erreicht  sein,  ein  Zustand,  der  bei  Gewebszellen  in  hohem 
Grade  von  der  Ernährung,  also  von  chemischen  Veränderungen  ab- 
hängt. Warum  sollte  nicht  in  gleicher  Weise  auch  die  Teilfähigkeit 
der  Eizelle  durch  chemische  Agentien   herbeigeführt  werden  können  ? 

Das  Manusln-ipt  -.ti  den)  die  Befntclitimg  behandelnden  Kapitel 
u-urde  im  Frühjahr  1901  abgeliefert  niid  im  Herbst  der  Satx  begonnen, 
Da  der  Satz  in  Fahnen  stehen  bleiben  mußte,  habe  ich  Gelegenheit, 
hier  noch  vor  der  Drucklegung  neuere  Untersuchungen  über  die  künst- 
liche Parthenogenese  des  Seeigeleies  ein^uschaUen'^).  Dieselben  stammen 
xum  Teil  von  Wilso  n  (1901),  xum  Teil  luurden  sie  von  Herrn  Wassi- 
lieff  im  zoologischen  Institut  der  Universität  München  angestellt. 
Durch  sie  wurde  bewiesen,  daß  bei  der  Chlornmgnesiunibehandlung 
Centrosojnen  rom  Fi  nrngebildet  werden  (Wilson,  Wassilieff). 
Die  Teilung  der  Fier  erfolgt  daher  in  derselben  Weise  wie  bei  der  Be- 
fruchtung,  nur  mit  dem  Unterschied,  daß  die  Spindeln  die  Jwdbe 
Zahl  der  Chromosomen  des  befruchteten  Eies  enthalten.  Man  kann 
nun  aber  auch  regelmäßige  Zwei-,  Vier-  und  Achtteilungen  durch 
anderu-eitige  Agentien  erhalten,  abgesehen  von  dem  schon  erwähnten 
Strgchnin  noch  durch  Hgoscgamin  wul  Nikotin  (Wassilieff) .  In 
allen  diesen  Fällen  ivird  die  Spindel  ohne  Cent?'OSomen  gebildet,  wie 
etwa  bei  viele?)  ReifungsLarjiokinesen.  Bei  den  strgchnisierten  Fiern, 
e)itstehen  schließlich  noch  während  der  Metaphase  Centrosomen  an  den 
Spindelpolen;  bei  den  mit  Xikotin  und  Hgoscgami)i  behandelten  Fiern. 
unterbleibt  dieser  Bildungsproxeß  und  die  Teilungen  werden  ganz  ohne 
Centrosomen  zu  Fnde  geführt. 

Wenn  man  die  Fälle  von  künstlicher  und  natürlicher  Partheno- 
genesis   berücksichtigt,    gelangt   man    zu    dem    Satz,    daß    die    Ent- 

1 )  Nachträgliche  Einschahungen  in  das  ^lanuskript  sind  durch  Hegende  Schrift, 
noch  spätere  durch  Klaninieni  gekemizeichnet. 


490  R.  Hertwig, 

Wickel  u  n  g  s  e  r  i'  e  g  u  n  g  k  e  i  u  in  o  r  p  h  o  1  o  g  i  s  c  li  e  r  \'  o  r  g  a  n  g  i  s  t  ^ 
d.h.  kein  Vorgang,  der  an  ganz  best  im  mte,  nur  bei  ihr  vor- 
kommende m  0  r  p  li  0 1 0  g  i  s  c  h  e  E  i  n  r  i  c  h  t  u  n  g  e  n  geknüpft  ist. 
Daraus  folgt  aber  nicht,  daß  auch  die  Befruchtung  kein  mori)ho- 
logischer  Vorgang  ist,  vielmehr  kann  daraus  nur  gefolgert  werden, 
daß  in  den  bisher  besprochenen,  bei  der  Befruchtungslehre  lange  Zeit 
in  den  Vordergrund  gestellten  Erscheinungen  nicht  das  Wesentliche 
der  Befruchtung  gegeben  ist.  Wir  werden  so  zu  der  zweiten  Auf- 
fassung der  Befruchtung  geführt,  welche  das  Charakteristische  des 
Vorganges  in  der  Verschmelzung  zweier  Z  e  1 1  o  r  g  a  n  i  s  a  t  i  o  n  e  n 
zu  einer  neuen  Organisation  erblickt,  eine  Verschmel- 
zung, die  in  der  Vereinigung  von  Ei-  und  Samen  kern 
i  h  r  e  n  A  b  s  c  h  1  u  ß  findet.  Von  diesem  Gesichtspunkt  aus  betrachtet 
ist  die  Befruchtung  ein  morphologischer  Vorgang  in  dem 
Sinne,  wie  oben  dieser  Begriff  erläutert  wurde,  zugleich  ein  Vorgang 
von  ebenso  fundamentaler  wie  eigenartiger  Bedeutung. 

Daß  die  an  zweiter  Stelle  gegebene  Definition  der  Befruchtung  die 
einzig  mögliche  ist,  lehren  vor  allem  unsere  Erfahrungen  an  einzelligen 
Pflanzen  und  Tieren.  Wir  begegnen  hier  besonders  bei  Protozoen  vielen 
typischen  Befruchtungsvorgängen,  welchen  sogar  die  der  ßichtungsköi'per- 
bildung  vergleichbaren  Reifeteilungen  vorangehen,  ohne  daß  mit  ihnen 
ein  Anreiz  zur  Entwickelung  verbunden  wäre.  So  endet  die  Konjugation 
der  Infusorien  mit  einer  echten  Befruchtung ;  sie  hat  aber  keinen  unmittel- 
baren Einfluß  auf  die  Vermehrung  der  Tiere,  so  daß  man  trotz  des  Nach- 
weises der  Befruchtung  nicht  von  geschlechtlicher  Fortpflanzung  reden 
kann.  Die  Befruchtung  vieler  Algen  und  Rhizopoden  führt  zur  Bildung 
von  Dauersporen  und  damit  zum  Stillstand  der  Vermehrung.  W'ie  es 
Entwickelungserregung  ohne  Befruchtung  giebt  (Parthenogenesis),  so 
giebt  es  Befruchtung  ohne  Entwickelungserregung. 

Indem  wir  die  Befruchtung  als  Kernverschmelzung  definieren, 
bringen  wir  sie  mit  einer  anderen  hochwichtigen,  die  geschlechtliche 
Fortpflanzung  charakterisierenden  Erscheinung  in  Zusammenhang,  mit 
der  U  e  b  e  r  t  r  a  g  u  n  g  der  väterlichen  und  mütterlichen 
Eigenschaften  auf  das  Kind,  mit  der  Vererbung.  Auch 
für  die  Vererbungslehre  wurde  durch  die  neueren  Untersuchungen  über 
Befruchtung  eine  sichere  Grundlage  gewonnen. 

Wir  wissen,  daß  die  Kinder,  im  großen  und  ganzen  genommen, 
in  gleichem  Maße  dem  Vater  wde  der  Mutter  gleichen,  daß  sie  somit 
gleichviel  väterliche  wie  mütterliche  Eigenschaften  besitzen.  Bei  allen 
Tieren  ist  der  einzige  materielle  Zusammenhang  zwischen  Vater  und 
Nachkommenschaft  durch  die  Sexualzellen  gegeben.  Das  Gleiche  gilt 
für  das  weibliche  Geschlecht  bei  allen  Eier  legenden  und  sich  dann 
um  die  Eier  nicht  mehr  kümmernden  Tieren.  So  kann  die  Ueber- 
tragung  der  elterlichen  Eigenschaften  auf  das  Kind  nur  durch  die 
Zeugungsprodnkte  vermittelt  werden.  —  Die  ganz  gew^altigen  Größen- 
unterschiede, welche  allgemein  zwischen  Ei  und  Samenfaden  existieren, 
lassen  es  ganz  ausgeschlossen  erscheinen,  daß  die  gesamte  Substanz 
der  Sexualzellen  die  Uebertragung  vermittelt.  Denn  dann  müßte  die 
Vererbung  ganz  erheblich  von  der  Diagonale  zwischen  väterlichen  und 
mütterlichen  Eigenschaften  zu  Gunsten  der  letzteren  abweichen.  Es 
muß  in  den  Sexüalzellen  eine  besondere  Vererbungssubstanz  vor- 
handen sein,  welche  in  gleichen  Mengen  im  Ei  und  Spermatozoon 
enthalten  ist  und  für  welche  man  den  von  Nägeli  vorgeschlagenen 
Namen  „Idioplasina"  angenommen  hat. 


Eireife  und  Befruchtung.  491 

Fragen  wir  Dun ,  welche  in  den  Zeujuungsstoffen  enthaltenen 
morphologischen  Strnktnren  dem  hier  theoretisch  konstrnierten  Idio- 
plasma  entsprechen,  so  werden  wir  auf  die  Kerne  geführt,  deren 
Größe  vollkommen  dieselbe  ist,  sofern  sie  sich  auf  gleichem  Stadium 
der  Entwickelung  befinden.  In  den  Kernen  wiederum  sind  es  deren 
wichtigste  Bestandteile,  die  Chromosomen,  welche  hierbei  allein 
in  Frage  kommen  können.  Denn  abgesehen  von  einigen  als  Ab- 
normitäten zu  deutenden  Fällen,  treten,  wie  wir  gesehen  haben,  die 
Chromosomen  in  vollkommen  gleicher  Größe  und  Zahl  im  Eikern  und 
Samenkern  auf.  So  ist  die  Forschung  dazu  geführt  worden,  mit 
einer  ganz  überwältigenden  Wahrscheinlichkeit  die  Substanz  der 
Chromosomen  als  die  Vererbungssubstanz,  als  das 
Idioplasma  zu  deuten. 

Aus  diesen  Ideengängen  folgt  von  selbst  als  notwendige  Konsequenz,, 
daß  bezüglich  in  der  Zahl  der  zur  Befruchtung  verw^andten  Spermatozoen 
in  der  Natur  keine  Willkür  herrschen  kann,  daß  dem  einzelnen  Ei 
bei  der  Befruchtung  stets  ein  Spermatozoon  entsprechen  muß,  daß 
jede  normale  Befruchtung  monosperm  ist.  jedes  Ein- 
dringen vieler  Spermatozoen,  jede  Polyspermie,  a  1)  n  o  r  m 
sein  muß.  Damit  stimmen  denn  auch  alle  Beobachtungen  überein. 
Fast  bei  allen  daraufhin  untersuchten  Tieren  dringt  in  gesunde,  lebens- 
kräftige Eier  nur  ein  Spermatozoon  ein.  Polyspermie  entsteht,  wenn 
Eier  zu  lange  gelegen  haben,  ehe  sie  befruchtet  wurden,  und  daher 
gelitten  haben,  oder  wenn  sie  mit  chemischen  Agentien  (Morphium. 
Chloral,  Chloroform  etc.)  behandelt  worden  sind  (Hertwig).  In 
diesen  Fällen  von  „pathologischer  Polyspermie"  kommt  es  zu 
keiner  normalen  Entwickelung.  Vorübergehend  schien  zwar  die  Lehre 
von  dem  pathologischen  Charakter  der  Polyspermie  erschüttert  zu  sein, 
indem  bei  manchen  dotterreichen  Eiern  es  sich  herausstellte,  daß 
auch  unter  normalen  Verhältnissen  zahlreiche  Spermatozoen  eindringen. 
Es  hat  sich  aber  weiter  herausgestellt,  daß  in  diesen  Fällen  von 
..physiologischer  Polyspermie''  immer  nur  ein  Samenkern 
mit  dem  Eikern  verschmilzt  und  die  eigentliche  Befruchtung  nur  von 
einem  Spermatozoon  vollzogen  wird,  während  die  übrigen  Sper- 
matozoen entweder  zu  Grunde  gehen  oder  sich  nur  vorübergehend 
weiter   entwickeln,   ohne  sich  am  Aufbau   des  Embryos  zu  beteiligen. 

Bei  der  großen  Bedeutung,  welche  man  den  Chromosomen  als 
Trägern  des  „Idioplasma"  bei  der  Vererbungslehre  zuschreibt,  Avird 
es  verständlich,  warum  man  so  viel  Mühe  aufgewandt  hat,  um  ihr 
Verhalten  bei  der  Reife  der  Sexualzellen  genau  zu  erforschen.  Wir 
sahen,  daß  die  Reifeteilungen  zweierlei  Deutungen  erfahren  haben. 
1)  Beide  Reifeteilungen  sind  Teilungen ,  wie  wir  sie  auch  sonst  in 
der  Histologie  beobachten ;  es  sind  Aequationsteilungen,  bei  welchen 
die  Chromosomen  in  Teile  gleicher  Beschaffenheit  halbiert  werden.  2) 
Von  den  Reifeteilungen  ist  nur  eine  eine  Aequationsteilung  (zumeist 
die  erste),  die  andere  eine  Reduktionsteilung  (zumeist  die  zweite) ;  bei 
letzterer  werden  die  Chromosomen,  welche  Paarlinge  sind,  d.  h.  aus 
zwei  seitlich  verklebten  Chromosomen  bestehen,  nicht  in  Tochterchro- 
mosomen geteilt,  sondern  wieder  in  Einzelchromosomen  zerlegt,  von 
denen  die  eine  Hälfte  dem  Richtungskörper,  die  andere  dem  Ei  zuerteilt 
wird.  Verbindet  man  mit  der  zweiten  Annahme  die  Hypothese,  daß  die 
einzelneu  Chromosomen  eines  Kernes  für  die  organologische  Ditferen- 
zierung  zwar    gleichen  Wert   besitzen,   gleichwohl   aber  untereinander 


492  R.  Hertwig. 

nicht  voUkoniiiieii  gleich  sind ,  daß  das  eine  Chromosom  bestimmte 
individuelle  Charaktere  besitzt,  welche  dem  anderen  fehlen,  dann  würde 
durch  eine  Reifeteilung,  welche  Reduktionsteilung  ist,  der  Verlauf  der 
Vererbung  beeinflußt  werden.  Eine  Geschlechtszelle  würde,  je  nach- 
dem bei  ihr  die  einen  oder  die  anderen  Chromosomen  entfernt  werden, 
mit  einem  verschiedenen  Bestände  von  Eigentümlichkeiten  am  Aufbau 
des  neuen  Organismus  beteiligt  sein  ^). 

So  würde  sich  die  Möglichkeit  ergeben,  daß  zwei  von  demselben 
Elternpaar  stammende  Organismen  sich  voneinander  mehr  oder  minder 
unterscheiden,  je  nachdem  bei  den  Reduktionsteilungen  die  Elimination 
von  Chromosomen  sich  in  ähnlicher  oder  verschiedener  Weise  voll- 
zogen hat.  Die  Reduktionsteilung  würde  eine  Quelle  der  Variabilität 
werden  und  damit  auch  der  Auslese  mittels  des  Kampfes  ums  Dasein 
wichtige  Angriffspunkte  liefern.  Hier  ist  der  Punkt  gegeben,  durch 
den  die  Lehre  vom  Verlauf  der  Befruchtung  und  der  Reife  der  Ge- 
schlechtszellen Bedeutung  für  die  Lehre  von  der  Umbildung  der  Arten 
gewonnen  hat. 

Ehe  war  die  Besprechung  der  Chromosomen  verlassen,  müssen 
wir  noch  zwei  weitere  Theorien  erörtern ,  zu  denen  ihr  Verhalten 
Veranlassung  gegeben  hat.  Die  eine  dieser  Theorien  ist  die  In- 
dividualitätslehre der  Chromosomen,  die  andere  die 
Lehre  von  der  A  m  p  h  i  m  i  x  i  s  oder  der  C  o  n  j  u  g  a  t  i  o  n  der 
Chromosomen.  Erstere  bezieht  sich  nicht  nur  auf  die  Reifeteilungeu, 
sondern  alle  Karyokinesen  vielzelliger  Organismen.  Bei  der  Vermehrung 
der  Keimzellen,  bei  der  Teilung  aller  Gewebszellen  und  Furchuugszellen 
alternieren  Zustände  des  Kernes,  in  welchen  die  Chromosomen  entwickelt 
sind  (Zeit  der  Karyokinese),  und  solche,  in  denen  man  sie  nicht  mehr 
erkennen  kann  (Zeit  zwischen  zwei  Karyokinesen).  Die  Frage  ist :  was 
ist  das  Schicksal  der  Chromosomen  in  der  Zwischenzeit  zwischen  zwei 
Karyokinesen?  Hier  sind  im  Extrem  zwei  Möglichkeiten  gegeben  :  1)  D  ie 
Chromosomen  erhalten  sich  so,  wie  sie  als  Tochter- 
chromosomen  aus  der  letzten  Teilung  hervorgegangen 
sind,  während  der  Zeit  der  Kern  ruhe  und  liefern  die 
M  u  1 1  e  r  c  h  r  0  m  o  s  0  m  e  n  der  nächsten  Karyokinese;  ihre 
einzige  Veränderung  ist  ihr  Wachstum.  Wenn  man  sie  nicht  nach- 
weisen kann,  so  erklärt  sich  das  aus  der  Auflockerung  ihrer  Struktur, 
welche  Ursache  ist.  daß  sie  sich  nicht  mehr  gut  färben  lassen.  2)  Die 
Chromosomen  lösen  sich  nach  Ablauf  jeder  Teilung 
auf,  ihr  Material  mischt  sich  mit  dem  Material  anderer 
Chromosomen  so  vollständig,  daß  bei  jedem  Teilungs- 
akt neue  Chromosomen  organisiert  werden  müssen.  In 
diesem  Falle  ist  es  sehr  wohl  denkbar,  man  kann  sogar  sagen  wahr- 
scheinlich, daß  die  neu  entstehenden  Chromosomen  nicht  genau  die 
gleiche  Zusammensetzung  wie  die  alten  haben  werden,  daß  Teilchen, 
welche  ursprünglich  in  einem  Chromosom  waren,  in  ein  anderes  über- 
treten werden. 

Abgesehen  von  den  Reifeteilungen  des  Eies  und  der  Spermatozoen, 
bei   welchen   für   sehr    viele   Fälle    die   Persistenz    der    Chromosomen 


1)  Durch  das  Studium  mehrpoliger  Mitosen  ist  neuerdings  Boveri  (Verh. 
Phys.  med.  Ges.  Würzburg,  N.  F.,  Bd.  35)  zu  dem  Eesultat  gekommen,  daß  im 
Seeigelei  die  einzelnen  Chromosomen  für  die  organologische  Differenzierung  ver- 
schiedenen Wert  besitzen,  daß  daher  das  Ausfallen  bestimmter  Chromosomen  ent- 
sprechende Defekte  in  der  Organbildung  zur  Folge  haben  muß.  Hiermit  würde  sich 
die  Lehre  von  der  Reduktionsteilung  schwerlich  vereinigen  lassen. 


Eireife  und   Befruchtung.  493 

erwiesen  ist,  welche  aber  zu  viele  Besonderlieitoii  haben,  als  daß  man 
von  ihnen  aus  allgemein  giltige  Schlüsse  ziehen  könnte,  liegen  be- 
weisende Beobachtungen  weder  für  die  eine  noch  fiir  die  andere  der 
beiden  besi)rochenen  Möglichkeiten  vor.  Unmittelbar  vor  und  nach 
den  Pteifeteilungen  begegnen  wir  Ruhezuständen  der  Kerne  (Stadium 
des  Keimbläschens,  Stadium  des  Eikerns  für  das  weibliche.  Kern 
der  Spermatocyten ,  Spermakern  für  das  männliche  (leschlecht), 
während  deren  wir  über  das  Schicksal  der  Chromosomen  im  Unge- 
wissen sind.  Für  den  Eikern  und  Samenkern  gilt  das  Gesagte  all- 
gemein, für  das  Keimbläschen  einiger  Wirbeltiere  glauben  manche 
Forscher  den  Zusammenhang  zwischen  den  Chromosomen  der  durch 
Teilung  sich  vermehrenden  Ureier  und  den  Chromosomen  der  ersten 
Richtungsspindel  nachgewiesen  zu  haben,  andere  stellen  diesen  Zu- 
sammenhang auf  das  bestimmteste  in  Abrede. 

•  Wie  wichtig  es  ist,  die  Lehre  von  der  Individualität  der  Chromo- 
somen zum  Entscheid  zu  bringen,  fällt  besonders  in  die  Augen,  wenn 
wir  uns  auf  den  Standpunkt  der  Reduktionshypothese  stellen.  Die 
Reduktionshypothese  lehrt,  daß  ganze  Chromosomen  ausgestoßen 
w^erden  müssen,  damit  bei  der  Befruchtung  keine  Steigerung  der 
Chromosomenzahl  eintritt.  Sind  die  zurückbleibenden  Chromosomen 
Individualitäten  von  dauerndem  Bestand,  so  müssen  sie  —  von  gering- 
fügigen Variationen  abgesehen  —  in  gleicher  Konstitution  in  der 
Ahnenreihe  des  betreffenden  Tieres  existiert  haben.  Je  mehr  wir  in 
der  Ahnenreihe  zurückgehen,  um  so  mehr  wächst  die  Zahl  der  Vor- 
fahren, von  denen  ein  Tier  abstammt  (2  Eltern,  4  Großeltern,  S  Ur- 
großeltern etc.).  Berücksichtigt  man,  daß  die  Zahl  der  Chromosomen 
eine  beschränkte  ist,  daß  manche  Oi-ganismen  nur  4  oder  sogar  nur 
2  Chromosomen  haben,  so  kommt  man  beim  Zurückverfolgen  der 
Generationen  sehr  l)ald  an  einen  Punkt,  w^o  —  die  Richtigkeit  der 
Individualitäts-  und  Reduktionslehre  vorausgesetzt  —  es  ganz  ausge- 
schlossen erscheint,  daß  Idioplasma  von  sämtlichen  Ahnen  sich  in  der 
Nachkommenschaft  erhalten  habe.  Bei  einem  Tiere  mit  2  Chromo- 
somen müßten  schon  2  von  den  4  Großeltern  bei  der  Vererbung  gar- 
nicht  mehr  in  Frage  kommen  können,  da  ihre  Chromosomen  bei  den 
mehrfachen  Reduktionsteilungen  eliminiert  sein  müßten ;  ihre  individu- 
ellen Eigenschaften  würden  daher  nie  mehr  in  der  Nachkommenschaft 
zur  Wiederbelebung  kommen  können.  Derartige  Konsequenzen  wider- 
sprechen allen  Erfahrungen  über  Erblichkeit.  So  wurden  die  Forscher, 
welche  sowohl  die  Individualitätslehre  als  auch  die  Reduktionstheorie 
annahmen,  zu  einer  neuen  Hypothese  geführt,  zur  Hypothese  von  der 
,,  Konj  ugation  der  Chromosomen"  (Amphimixis  der  Chro- 
mosomen). In  den  ruhenden  Keimzellen  sollen  die  Chromosomen 
lange,  bevor  die  Richtungskörperbildung  einsetzt,  sich  teilen,  die 
Teilprodukte  auseinander  weichen  und  dann  von  neuem  verschmelzen. 
Bei  dieser  Verschmelzung  soll  nun  die  Konjugation  der  Chromo- 
somen vor  sich  gehen,  indem  die  Teilprodukte  mancher  Chromosomen 
nicht  wieder  mit  den  ihnen  entsprechenden  Teilstücken  verschmel- 
zen, sondern  mit  den  Teilprodukten  anderer  Chromosomen.  Wie 
bei  der  Befruchtung  2  Zellen  durch  Verschmelzung  ein  neues  Indivi- 
duum erzeugen ,  so  würden  durch  vollkommene  Verschmelzung  von 
zwei  verschieden  gebauten  Chromosomen  koml)inierte  Chromosomen 
gebildet  werden,  welche  nunmehr  zweierlei  Idioplasma  enthielten.  Auf 
die  Beobachtungen ,  welche  dieser  Lehre  zur  Stütze  dienen  sollen, 
werden  war  liei  der  Besprechung   der  Eireife   der  Selachier  zurückzu- 


494  R.  Hertwig, 

komnion  haben.  Doch  sei  schon  hier  hervorgehoben,  daß  die  Kon- 
jugationshypothese zweierlei  Verschiebungen  der  Teilstücke  der 
Chromosomen  annimmt,  die  beide  wenig  wahrscheinlich  sind.  Zunächst 
müssen  zwei  zusammengehörige  Teilstücke  ganz  wie  bei  der  Karyo- 
kinese  auseinanderweichen.  ohne  daß  eine  Spindelbildung  vorhanden 
wäre.  Zweitens  müßten  sich  Chromosomen  vereinigen,  ohne  daß  man 
bisher  ii'gend  welche  Begleiterscheinungen  im  Kernnetz  wahrgenommen 
hätte,  wie  sie  bei  der  Konjugation  der  Kerne  in  den  charakteri- 
stischen Strahlungserscheinungen  lieobachtet  werden. 

Wir  werden  hiermit  auf  eine  letzte  Frage  von  allgemeinem 
Interesse,  die  weniger  als  die  bisher  besprochenen  Beachtung  gefunden 
hat,  hingeleitet.  Was  ist  die  Ursache,  daß  in  dem  relativ 
großen  Ei  Eikern  und  Spermakern  einander  treffen, 
gl  eich  giltig,  ob  das  Spermatozoon  weit  entfernt  vom 
Eikern  oder  in  seiner  u  n  m  i  1 1  e  1  b  a  r  e  n  Nachbarschaft  ein- 
dringt. Vielfach  hat  man  an  eine  Anziehung  gedacht,  welche  die 
beiderlei  Kerne  aufeinander  ausüben.  Diese  Erklärung  ist  zum  min- 
desten unzureichend.  Denn  bei  ihr  bleibt  es  unverständlich,  warum 
die  Kerne  nicht  direkt  aufeinander  zurücken,  sondern  sich  zugleich 
auch  nach  dem  Centrum  des  Eies  hin  bewegen,  so  daß  ihre  Bahnen 
nach  einem  dritten  Punkt  konvergiei'en,  der  dem  Mittelpunkt  der 
Protoplasmamasse  des  Eies  mehr  genähert  ist  als  Eikern  und  Sperma- 
kern am  Anfang  der  Befruchtung  (Wilson).  Auch  hört  die  Bewegung 
der  Kerne  mit  der  Kopulation  nicht  auf,  sondern  hält  die  Richtung 
nach  dem  Eicentrum  weiterhin  ein.  Sehr  interessant  für  die  uns  be- 
schäftigende Frage  ist  auch  die  Beobachtung,  daß  sich  beim  be- 
fruchteten Seeigelei  das  Centrosoma  vom  Samenkern 
entfernen  und  allein  an  den  Eikern  herantreten  kann, 
daß  dann  die  Kernkonjugation  unterbleibt  und  der  Eikern  mit  dem 
Centrosoma  allein  in  die  Gegend  der  Eimitte  rückt  (Boveri),  ein  un- 
trügliches Zeichen,  daß  die  Kerne  als  solche  keine  Anziehung  aufein- 
ander ausüben. 

Offenbar  spielt  die  K  o  n  t  r  a  k  t  i  1  i  t  ä  t  d  e  s  P  r  o  t  o  p  1  a  s  m  a  für  das 
Zustandekommen  dieses  Abschnittes  der  Befruchtung  eine  bedeutsame 
Rolle.  Die  Kerne  werden  einander  durch  die  Bewegungen  des  Proto- 
plasma genähert.  Dadurch  wird  es  auch  verständlich,  daß  die  Vereinigung 
der  Geschlechtskerne  unterbleibt,  wenn  man  das  Protoplasma  lähmt, 
sei  es  durch  Kälte  oder  Wärme  oder  durch  Behandlung  mit  lähmen- 
den Substanzen  (Chinin,  Chloral,  Chloroform).  Ausgelöst  werden  die 
Bewegungen  des  Protoplasma  durch  die  Einwirkung  des  Centrosoma. 
wie    wir   ja    auch    bei    der    Eifurchung    sehen,    daß    die    zur    Teilung 


!n 


führenden  Bewegungserscheinungen  des  Eies  von  dem  sich  teilenden 
Centrosoma  ausgelöst  werden.  Die  nach  den  Centrosomen  orientierten 
Strahlungsfiguren  sind  der  Ausdruck  der  Kontraktionsvorgänge. 

Eine  vollkommen  befriedigende  Erklärung  ist  freilich  durch  die 
Zurückführung  der  Erscheinungen  auf  die  Kontraktilität  des  Proto- 
idasma  auch  nicht  gegeben.  Denn  wie  sollte  es  sich  dann  erklären, 
daß  bei  Eiern,  welche  zur  Zeit  der  Befruchtung  noch  das  Keim- 
bläschen besitzen,  dieses  zur  Bildung  der  Richtungsspindel  nach  der 
Peripherie  wandert  und  daß  erst  der  Eikern  wieder  zurückkehrt. 
Einen  modifizierenden  Einfluß  der  Kerne  auf  die  Bewegungen  des 
Protoplasma  muß  man  daher  annehmen. 


Eireit'e  und  Befruchtung.  495 

Grescliichtliches. 

Verständnis  für  die  Reifungs-  und  Bef r uchtungserscheinungen 
des  Eies  wurde  erst  in  den  letzten  Decenuien  des  verflossenen  Jahr- 
hunderts gewonnen,  nachdem  schon  einzelne  mehr  oder  minder  bedeutsame 
Vorgänge,  herausgerissen  aus  ihrem  Zusammenhang,  vorher  beobachtet 
worden  waren. 

Schon  frühzeitig  wurde  von  zahlreichen  Beobachtern  festgestellt,  daß 
das  Keimbläschen  im  reifen  Ei  schwinde,  so  von  Purkinje  für  das 
Hühnex-ei,  von  Bischoff  und  Reichert  für  das  Ei  vieler  Säugetiere^  von 
Oellacher  und  Gtötte  für  die  Eier  der  Amphibien  und  Fische,  von 
Kleinenbekg  für  das  Ei  von  Hydra,  C.  E.  v.  Baee  und  Derbes  für  Eier 
der  Seeigel  u.  s.  w.  Diese  Angaben  gelangten  aber  erst  ganz  allmählich 
zur  Anerkennung,  weil  von  vielen  Seiten  der  Fortbestand  des  Keim- 
bläschens behauptet  wurde,  selbst  von  hochverdienten  Forschern,  wie 
JoH.  Müller  bei  Entoconcha  tnirabilis,  Barry  bei  Säugetieren,  Gegenbaur 
bei  Medusen,  Pteropoden  and  Heteropoden,  Vax  Benedex  für  das  gesamte 
Tierreich,  u.  s.  w.  Als  schließlich  die  Ansicht  vom  Schwunde  des  Keim- 
bläschens die.  Oberhand  gewann,  führte  sie  zur  Lehre  Haeckel's  vom 
„Mo n erulastadiu m"  des  Eies,  daß  die  Eizelle  ihr  Leben  als  Gewebs- 
element  des  Eierstockes  mit  der  Auflösung  des  Keimbläschens  abschließe, 
daß  sie  das  Dasein  eines  neuen,  selbständigen  Organismus  als  kernloser 
Köi'per  beginne,  als  „Cytode",  welche  das  phylogenetisch  wichtige  Stadium 
kernloser  Organismen,  der  Moneren,  rekapituliere. 

In  eine  neue  Phase  trat  die  Lehre  von  den  Umbildungen  des  reifen- 
den Eies  durch  die  Entdeckung  der  Richtungsspindel  und  ihrer  Bedeutung 
für  die  Entstehung  der  Richtungskörper  durch  Bütschli.  Die  Richtungs- 
körper oder  Polkörper  waren  au  Molluskeneiern  schon  von  Carus  (1824) 
und  E.  Müller  (1841)  beobachtet  worden;  sie  wurden  wiedergefunden 
bei  den  Eiern  der  Säugetiere  von  Bischoff,  Barry  und  Reichert.  Lovex 
il848)  stellte  fest,  daß  sie  vom  Ei  aus  durch  Abschnürung  erzeugt 
werden.  Die  Namen  „Richtungsbläschen"  (F.  Müller)  ,  „Richtungs- 
köx'perchen"  (Flemming),  „Polkörperchen"  (Robin)  wurden  gewählt,  weil 
die  Körperchen  bei  Mollusken  an  demjenigen  Pole  des  Eies,  den  man  den 
animalen  nennt,  in  welchem  die  ersten  Furchungsebenen  sich  schneiden, 
lagern.  BCtschli  bewies  nun  den  schon  von  Loven  vermuteten  gene- 
tischen Zusammenhang  der  Richtungskörper  mit  dem  Keimbläschen. 
Letzteres  soll  sich  in  die  Richtungsspindel  umwandeln,  welche  durch 
Teilung  die  beiden  Richtuiigskörper  liefere.  So  seien  die  Richtungskörper 
nichts  anderes  als  das  zu  einer  Spindel  umgewandelte  und  schließlich  in 
seiner  Totalität  ausgestoßene  Keimbläschen.  Bütschli  erklärte  die  Er- 
scheinung für  eine  Folge  der  Befruchtung.  Bei  letzterer  soll  das  Ei 
seinen  Kern,  das  Keimbläschen,  auf  dem  Wege  der  Richtungskörperbil- 
dung verlieren  und  durch  das  in  das  Ei  eindringende  Spermatozoon  mit 
einem  neuen  Kerne  versehen  werden. 

Gleichzeitig  mit  Bütschli's  Untersuchungen  war  festgestellt  worden, 
daß  das  unbefruchtete  Ei  der  Seeigel  nach  dem  Verlust  des  Keimbläschens 
noch  seinen  eigenen  Kern  habe,  den  0.  Heetwig  (1875)  Eikern  nannte  und 
als  den  bei  der  Auflösung  des  Keimbläschens  zurückgebliebenen  Keim- 
fleck deutete.  Dieselbe  Umbildung  des  Keimfleckes  in  einen  Eikern 
hatten  schon  früher  C.  E.  v.  Baer  und  Derbes  für  das  gleiche  Objekt, 
Fol  für  das  Ei  einer  Meduse.  Leydig  für  das  Ei  von  Piscicola  vermutet. 
Der  Widerspruch  dieser  Befunde  mit  den  Befunden  Bütschli's  ver- 
anlaßte  0.  Hertwig  zu  erneuten  Untersuchungen,  die  nun  zu  dem  Resultat 
führten,  daß  sowohl  die  Untersuchungen  Bütschli's  wie  die  eigenen   nur 


496  R.  Hertwig, 

zum  Teil  richtig  seien,  daß  in  der  That  das  Keimbläschen  sich  in  die 
.Richtungsspindel  verwandele  und  der  KeimHeck  somit  nicht  direkt  in 
den  Eikern  übergehe,  daß  die  Richtungskörper  durch  eine  doppelte 
karyokinetische  Teilung  entständen,  bei  der  die  Besonderheit  vorliege, 
daß  die  eine  Tocliterzelle,  der  Richtungskörper,  klein,  die  andere,  das 
Ei,  groß  sei ;  wie  bei  jeder  Kernteilung  liefere  auch  die  Richtungsspindel 
bei  ihren  beiden  Teilungen  jedesmal  2  Kerne,  bei  der  letzten  Richtungs- 
teilung den  Kern  des  zweiten  Richtungskörpers  und  den  Eikern. 

Durch  diese  von  Giard,  BiJTsciiLi,  Fol  bestätigte  Darstellung  war 
die  Reife  der  Eier  nach  ihrer  histologischen  Seite  aufgeklärt  worden. 
Die  gegen  sie  erhobenen  Einwände  Carnov's  wurden  von  Boveei  u.  A. 
als  unzutreffend  nachgewiesen.  Es  galt  nun,  für  den  morphologischen 
Charakter  der  Vorgänge  Verständnis  zu  gewinnen.  Die  Deutung,  daß 
die  Richtungskörperbildung  eine  Art  Parthenogenese  des  Eies  sei,  welche 
zum  Stillstand  gelange  und  durch  die  geschlechtliche  Entwickelung  ab- 
gelöst werde,  wurde  von  verschiedenen  Forschern  versucht,  bald  aber 
als  unhaltbar  wieder  verlassen,  als  man  die  in  vieler  Hinsicht  mit  der 
Eireife  übereinstimmende  Reife  der  Spermatozoen  kennen  lernte ;  sie 
wurde  unbegreiflicherweise  in  der  neuesten  Zeit  wieder  von  Kollmann 
(1900)  aufgefrischt.  Ebenso  unhaltbar  erwies  sich  die  von  Balfour, 
MiNOT,  Van  Beneden  aufgestellte  Theorie  vom  „Hermaphroditismus  der 
Zelle" ;  jede  Eizelle  enthalte  männliche  und  weibliche  Teile  und  sei 
daher  zu  parthenogenetischer  Entwickelung  befähigt.  Bei  der  Richtungs- 
körperbildung würden  die  männlichen  Kernteile  ausgestoßen  und  das 
Ei  Somit  auf  die  Entwickelung  durch  Befruchtung  angewiesen,  durch 
welche  d;e  verloren  gegangenen  männlichen  Qualitäten  wieder  erworben 
würden.  Eine  dritte,  von  Mark  ausgehende,  gleichzeitig  von  Bütschli 
und  BovERi  vertretene  Auffassung  gelangte  dagegen  bald  zu  allgemeiner 
Anerkennung,  daß  nämlich  die  Richtungskörper  abortive  Eier  seien,  deren 
Masse  reduziert  sei,  damit  das  Ei  das  zu  seiner  Weiterentwickelung 
nötige  Material  erhalte.  Diese  Auffassung  begründete  0.  Hertwig  durch 
einen  genauen  Vergleich  der  Ei-  und  Samenbildung  von  Äscaris  megalo- 
cephala  und  durch  den  Nachweis ,  daß  die  charakteristischen  Reife- 
teilungen auch  in  der  Entwickelung  der  Spermatozoen  vorkommen,  nur 
mit  dem  Unterschiede,  daß  hier  alle  4  Teilprodukte  zu  Spermatozoen 
werden,  weil  für  die  Spermatozoen  reichliche  Materialanhäufung  nicht 
nur  nicht  nötig,  sondern  für  ihre  freie  Beweglichkeit  sogar  hinderlich 
sein  würde. 

Das  Problem  der  Befruchtung  hat  viel  früher  als  die  Ei- 
reife  die  Forschung  beschäftigt.  Die  ersten  wissenschaftlichen  Grund- 
lagen wurde  schon  durch  die  Experimente  Spallanzani's  gewonnen, 
welche  zeigten,  daß  der  männliche  Samen  für  die  Entwickelung  der  Eier 
nötig  sei,  da  letztere  sich  nicht  entwickeln,  wenn  sie  von  der  Berührung 
mit  dem  Samen  ausgeschlossen  sind.  Die  Frage,  welche  Teile  des  Samens 
befruchtend  wirken,  ob  die  in  der  Samenflüssigkeit  gelösten  Stoffe  oder  die 
in  ihr  suspendierten  durch  Van  Hamm  und  Leeuwenhoeck  1677  entdeckten 
Spermatozoen,  wurde  zu  Gunsten  der  letzteren  durch  die  Experimente 
Spallanzani's,  Prevost's  und  die  morphologischen  Untersuchungen  v.  Sie- 
bold's,  R.  Wagener's  und  vor  Allen  v.  Koelliker's  entschieden,  welche 
nach  zwei  Richtungen  wichtig  wurden :  1)  sie  bewiesen ,  daß  bei  vielen  im 
Meere  lebenden  Tieren  der  Samen  nur  aus  Spermatozoen  besteht,  welche  im 
Meerwasser,  nicht  in  einer  besonderen  Flüssigkeit  suspendiert  sind  und 
daß  die  Spermatozoen  bei  allen  Tieren  vorkommen  und  in  Zellen  der- 
selben gebildet  werden ;   2)  sie  bewiesen,  daß  filtriertes  Sperma,  welches 


Eireife  und  Befruchtung.  497 

nur  die  flüssigen  Bestandteile  enthält,  während  die  Spermatozoen  auf  dem 
Filter  zurückgehalten  wurden,  keine  befruchtende  Wirkung  ausübt.  Damit 
ließ  sich  das  Problem  der  Befruchtung  genauer  formulieren:  Wie  wirken 
die  Spermatozoen  auf  das  Ei? 

Es  wurden  hierüber  verschiedene  Anschauungen  aufgestellt:  1)  Die 
Substanz  der  Spermatozoen  wird  in  löslichen  Zustand  übergeführt,  und 
in  diesem  Zustand  eindringend,  macht  sie  die  Eier  entwickelungsfähig. 
2)  Die  Spermatozoen  wirken  durch  Kontakt.  3)  Sie  dringen  als  geformte 
Elemente  in  das  Ei  ein.  Was  das  Eindringen  der  Spermatozoen  anlangt, 
so  behaupteten  schon  in  der  Mitte  des  19.  Jahrhunderts  mehrere 
Forscher,  den  Vorgang  direkt  beobachtet  zu  haben,  Barry  beim  Kaninchenei, 
Nelson  und  Meissner  bei  Äscaris  mystax,  Kebee  bei  Flußmuscheln,  New- 
PORT  bei  Amphibien.  Auch  Bischoff,  der  lange  Zeit  sich  gegen  die  Lehre 
vom  Eindringen  der  Spermatozoen  in  das  Ei  ausgesprochen  hatte,  erklärte 
sich  schließlich ,  gestützt  auf  Beobachtungen  an  Amphibien  und  Säuge- 
tieren, iwc  die  Lehre.  Alle  diese  Angaben  haben  keinen  nachhaltigen 
Einfluß  auf  die  Entwickelang  der  Befruchtungslehre  gehabt,  und  mit 
Recht.  Denn  viele  derselben,  wie  die  von  Barry,  Keber,  gründeten  sich 
auf  Beobachtungen,  welche  mehr  als  fragwürdig  sind.  Auch  die  besseren 
Beobachtungen  Newport's  und  Bischoff's  sind  für  einen  zuverlässigen 
Beweis  völlig  unzureichend. 

Unsere  moderne  Auffassung  der  Befruchtungsvorgänge  gründet  sich 
auf  den  durch  0.  Hertwig  geführten  Nachweis,  daß  bei  künstlicher 
Befruchtung  der  Seeigeleier  wenige  Minuten  nach  dem 
Zusatz  des  Samens  eine  Strahlung  erscheint,  die  von  einem 
durch  Färbung  als  Kern  erkennbaren  kleinen  Körperchen  ausgeht.  Den 
betreffenden  Kern  nannte  0.  Hertwig  Spermakern,  indem  er  ihn  mit  dem 
Kopfe  eines  eingedrungenen  Spermatozoons  identifizierte.  Da  normaler- 
weise immer  nur  1  Spermakern  vorhanden  war  und  dieser  in  die  Tiefe 
rückte,  um  mit  dem  Eikern  zum  Furchungskern  zu  verschmelzen,  wurde 
die  Befruchtung  definiert  als  die  Vereinigung  von  Eikern  und 
Samenkern  und  zwar  nur  eines  Spermatozoons.  In  gleichem  Sinne 
deutete  0.  Hertwig  die  an  verschiedenen  Objekten  gemachten  Beob- 
achtungen Auerbach's,  BtJTSCHLi's  Und  Strasburger's  über  die  Vereinigung 
zweier  Kerne  im  frisch  befruchteten  Ei. 

W'enige  Monate  später  veröffentlichte  E.  Vax  Beneden  Beobach- 
tungen an  Säugetiereiern ,  daß  der  Kern  des  sich  furchenden  Eies 
aus  der  Verschmelzung  von  2  Kernen  entsteht.  Einer  dieser  Kerne,  der 
anfänglich  peripher  gelagert  sei,  bilde  sich  wahrscheinlich  aus  der 
Substanz  von  Spermatozoen,  welche  in  größerer  Zahl  mit  dem  Dotter  des 
Eies  verschmelzen.  Bald  darauf  wurde  von  Fol,  das  Eindringen  des 
Spermatozoons  in  das  Seeigelei  direkt  beobachtet  und  durch  Nussbaum, 
Van  Beneden,  Boveri  in  den  Ascariseiern  ein  Objekt  entdeckt,  an  welchem 
man  die  einzelnen  Stadien  des  Eindringens  der  Spermatozoen  genau 
verfolgen  kann. 

Von  großer  Bedeutung  für  das  Verständnis  der  die  Befruchtung 
begleitenden  Strahlungserscheinungen  und  des  Zusammenhanges  der  Ei- 
furchung mit  der  Befruchtung  war  die  Entdeckung  des  Centro- 
soma durch  Van  Beneden  und  Boveri.  Letzterer  stellte  den  Satz  auf, 
daß  das  die  Eiteilung  veranlassende  Centrosoma  nur  von  dem  Spermatozoon 
stamme,  und  behielt  hiermit  Recht  gegen  die  Quadrillenlehre  Fül's, 
welche  besagte,  daß  die  beiden  Centrosomen  der  Furchungsspindel  durch 
Verschmelzung  von  je  2  Centrosomen  entständen,    von  denen  das  eine   aus 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     \.  32 


498  R.  Hertwig, 

der  Teilung  eines  Eicentrosoma,  das  andere  aus  der  Teilung  eines  Sperma- 
centrosoma  entstände. 

Mit  der  Befruchtungslehre  steht  im  Zusanunenhang  die  Ver- 
erbungslehre, daß  die  Samen-  und  Eizellen  die  Träger  der  Sub- 
stanzen sind,  welche  die  Vererbung  vermitteln.  Nägeli  legte  durch 
seine  Idioplasmatheorie  die  theoretischea  Grundlagen  für  eine 
Theorie  der  Vererbung.  Er  wies  nach,  daß  man  in  den  Sexualzellen 
•eine  besondere  Vererbungssubstanz  annehmen  müsse,  welche  gemäß  der 
gleichen  Vererbbarkeit  väterlicher  und  mütterlicher  Eigenschaften  in 
gleichen  Mengen  in  den  Eiern  und  Spermatozoen  vorhanden  sein  müsse. 
0.  Hertwig  erklärte  auf  Grund  seiner  oben  erwähnten  Untersuchungen 
über  die  Befruchtung  der  Seeigeleier  sowie  weiterer  Untersuchungen  an 
den  Eiern  anderer  Tiere  die  Kerne  für  die  Träger  der  Vererbung,  eine 
Auftassung,  welche  gleichzeitig  auch  von  Strasburgeh  für  die  Pflanzen 
ausgesprochen  wurde.  Für  die  weitere  Ausbildung  der  Vererbungstheorie 
wurde  der  durch  Van  Benbden  geführte  Nachweis,  daß  bei  Ascaris  megalo- 
cephala  Eikern  und  Spermakern  gleich  viel  Chromosomen  für  die  Fur- 
chungsspindel  liefern,  von  fundamentaler  Bedeutung.  Durch  diese  wie 
durch  die  anschließenden  Untersuchungen  Carnoy's  und  Boveri's  wurde 
das  Problem  abermals  präciser  gefaßt,  so  daß  jetzt  die  von  der  über- 
wiegenden Mehrzahl  der  Biologen  angenommene  Formulierixng  aufgestellt 
werden  konnte :  die  Vererbungssubstanz  ist  in  dem  Chromatin  der  Kerne 
gegeben.  Schließlich  konnte  sogar  Boveri  versuchen,  für  diesen  Satz  die 
■experimentelle  Begründung  zu  geben.  Er  bastardierte  kernlose  Eistücke 
von  Sphaerechinus  granularis  mit  Samen  von  Echinus  microtuberculatus 
und  suchte  zu  beweisen,  daß  die  hierbei  sich  entwickelnden  Larven  aus- 
schließlich väterliche  Eigenschaften  besäßen,  ein  Satz,  der  allerdings  von 
verschiedenen  Seiten,  vor  Allem  von  Seeliger  angegriffen  wurde. 

Litteratur. 

Amerhach,    TU.      Organolorjische  Studien.     Heft  1  «.  2.  1874. 

BaJfour,   Fr.      On  the  j)haenoinena  accompanying  the   inatnration    and  imjiregnation    of 

tlic  Ovum.     Journ.  micr.  Sc.  JV.  S.     Vol.  XVIII. 
Barry,  M.    Spermatozoa  observed  wühm   the  mammiferous  ovurn.  Philosoph.  Trans.  IS-iS. 
Van  Benetlen,   Ed.    La  maturation  de  l'o;nf,  la  fecondation  etc.  Bull.  Acad.  Belg.  S.  2. 

T.  XL.  1875. 

—  et   Neift.     Nonvelles    recherches    sur    la    fecondation    et   la    division   mitosique    chez 

l'Ascaride  megalocephale.     Leipzig  1887. 
Bischoff.      Bestätigung  des    von  Dr.  Neivport   bei    den  Batrachiern    und,   von  Dr.  Barry 

hei  dem  Kaninchen  behaupteten  Eindringens  der  Spermaiozoiden  in  das  Ei.     Giefsen 

1854. 
Boveri,    Th.   Zellenstudien..    Jenaische  Zeitschr.  Bd.  XXII,  XXII,  XXIV,  sowie  eine  Reihe 

von  vorl.  Blitt.  in  Sitzbcr.   Gesellsch.  Morpth.  u.  Phys.  München.    1887,  1888,   1889. 

—  Artikel  Befruchtung  in  Merkel  und  Bonnet,  Ergebnisse.  Bd.  I.  1891. 

■ —   Ueber  die  Befruchtungs-  und  Entwickelungsfähigkeit  kernloser  Seeigeleier.     Arch.  Entw. 
Mech.     Bd.' IL     1895. 

—  Das  Problem  der  Befruchtung.      Verh.    Gesellsch.  Deutsch.  Naturf.  u.  Aerzte  zu  Ham- 

burg 1901.      Teil  I,  p.  44 — (>4-     I^  erweiterter  Fassung  selbständig  erschienen  Jena 

19  02. 
Bütschli,    O.      Studien    über   die    ersten   Entunckelungsvorgänge    der  Eizelle,    Zellteilung 

und    Konjugation    der   Infusorien.     Abhandl.  Senckenberg.    Gesellsch.    Bd.  X.  1876, 

ferner   vorl.  Mitt.  hierüber  in  Zeitschr.  wiss.  Zool.  Bd.  XXV.  1875. 
Fol.     Recherches  sur  la  fecondation  et  le    commencement   de  l'henogenie.  Meni.  Soc.  phys. 

et    hist.     nat.   T.  XXVI  1879   (vorl.    Mitt.  Arch.  scienc.  phys.  et  natur.  de   Geneve. 

T.  XXVI).  1877. 

—  Le  quadrille  des  centres,  un  episode  nou,veau  dans  l'histoire  de  la  fecondation.     Arch. 

scienc.  phys.  et  nat.  de   Geneve.  S.  III.   T.  XXV.  1891. 
Hertwig,    O.      Beiträge    zur    Kenntnis    der    Bildung,     Befruchtung     und    Teihmg     des 
tierischen  Eies.     Habilitationsschrift  1875  (auch   nebst    Fortsetzungen    erschienen  in 
Morph.  .lahrh.   Bd.  I,  III,  IV). 


Eireife  und  Befruchtung.  499 

Herticig,  O.  Das  Problem  der  Befruchtung  und  der  Isotropie  des  Eies,  eine  Theorie 
der   Vererbung.     Jen.  Zeitsch.  Bd.  XVIII.  1884. 

—  Vergleich  der  Ei-   und  Samenbildung  der  Nematoden.    Arch.  mikr.  Anal.  Bd.  XXX VI. 

1S90. 
Hertwig,   R.      Ueber  die  Entwicfcelung  des    unbefruchteten  Seeigeleies.     Ein  Beitrag  zur 
Lehre    von   der    Kernteilung    und    der    geschlechtlichen    Differenzierung.      Festschrift 
für  C.   Gegenbaur.  Bd.  II.  S.  21—87.  1896. 

—  Ueber   Wesen  und  Aufgabe  der  Befruchtung.      Sitz.-Ber.  math.  phys.   Cl.  Akad.    Wiss. 

München.   Bd.  XXXII  p.  51—73.     1902. 

Kölliker,  A.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Geschlechtsverhältnisse  und  der  Samenflüssig- 
keit unrbelloser  Tiere.     Berlin  1841. 

JLoeh,  Jacques.  Onthe  nature  of  the  process  of  fertüization  and  the  artificial  production 
of  normal  larvae  (Plutei)  from  the  unfertilized  eggs  of  the  sea-urchin.  Amer. 
journ.  Phys.    Vol.  III.  p.  135—138.  1899. 

—  Further  experiments    on   arteücial  parthenogenesis   and   the    nature    of  the  process  of 

fertilization.     Ebenda.    Vol.    VI.  p.  135—138.  1900. 

Mai-k)  E,  L.  3Iaturation,  fecondation  and  segmentation  of  Limax  campestris.  Bull. 
JIus.   C'omp..Zool.  Harrard  Coli.    Vol.    VI.  1881. 

Xaegeli,  C.  Mechanisch- physiologische  Theorie  der  Abstammungslehre.  München- 
Leipzig  1884. 

Nelson.      On  the  reproduction  of  Ascaris  mystax.     Phi.los.    Transactions.  1852. 

Newport.      On  the  impregnation  of  the  ovum  of  Amphibia.     Ebenda,  1853. 

Weisinann,   A.      Ueber   Vererbung.  1883. 

—  Die  Kontinuität  des  Keimplasma  als   Grundlage    einer  Theorie    der   Vererbung.     Jena 

1885. 

—  Amphimi.i:is  oder  die    Vermischung  der  Individuen.     Jena  1891. 

—  und    Ishikaiva,     Weitere    Untersuchungen    zum    Zahlengesetz    der    Richtungskörper. 

Zool.  Jahrb.  Abt.  f.  Morph.  Bd.  III. 
Wilson,   E.   B.     Experimental   studies    in  Cytology.     I.  Acytological    study    in   artificial 
Parthenogenesis  in  Sea-urchins  Eggs.  Arch.  Entw  -Mech.  Bd.  XII.  p.  589 — 597  nebst 
7   Tfln.  1901. 

I.  Acraiiier. 

Das  Laicligeschäft  des  Amphioxiis  {Branchiostoma  lanceolatum) 
ist  von  den  zahlreichen  Forscliern,  welche  sich  mit  dem  hochinter- 
essanten Ent^Yickelungsgang■  dieses  niedersten  Wirbeltieres  beschäftigt 
haben,  ausführlich  beschrieben  worden.  Es  beginnt  spät  im  Frühjahr 
(im  südlichen  Mittelmeer  Anfang  April)  und  fällt  stets  in  die  Al)end- 
stunden,  wenn  die  Sonne  aufhört  den  Meeresspiegel  zu  bescheinen. 
Gegenüber  den  älteren  Angaben  Kowalevski's,  M.  Marshall's  und 
Hatschek's,  daß  die  Geschlechtsprodukte  durch  den  Mund  entleert 
werden,  stimmen  alle  neueren  Beobachter  ( Wille y,  Wilson,  Van  der 
Stricht,  Sobotta)  darin  überein,  daß  sie  die  Peribranchialhöhle,  in 
deren  Seitenwand  die  Geschlechtsfollikel  eingebettet  sind,  direkt  durch 
den  Porus  branchialis  verlassen,  die  Eier  einzeln  und  nur  bei  gestörtem 
Laichgeschäft  zu  Klumpen  zusammengeballt.  Da  die  Männchen  durch 
Ausspritzen  des  sich  rasch  im  Wasser  ausbreitenden  Samens  das  Laich- 
geschäft beginnen,  werden  die  Eier  in  der  Natur  sofort  nach  ihrer 
Entleerung  befruchtet,  oft  schon  innerhalb  des  Peribranchialraumes. 

EiroilV.  Zur  Zeit  ihrer  Entleerung  haben  die  0,1  mm  großen  Eier 
schon  den  ersten  Richtungskörper  gebildet.  Die  An  fangs  Stadien 
der  Eireife  laufen  somit  im  Ovar  ab,  sind  aber  bisher  noch  nicht 
genügend  untersucht  worden.  Sichere  Beobachtungen  liegen  zur  Zeit 
nur  über  Eier  mit  Keimbläschen  und  Eier  mit  ausgebildeten  Rich- 
tungsspindeln vor.  Jene  sind  schon  von  einer  deutlich  doppelt  kon- 
turierten  Hülle  umgeben,  dem  Chorion(?),  unter  welchem  nach  Van 
DER  Stricht  noch  eine  äußerst  feine  Dotterhaut  liegen  soll,  während 
dieselbe  nach  Sobotta  erst  bei  der  Entleerung  der  reifenden  Eier 
entstehe.  Abgesehen  von  feinkörnigem,  das  Keimbläschen  umgebendem 
Protoplasma  sind  deutlich  2  Schichten  am  Eikörper  zu  unterscheiden, 

32* 


500 


R.  Hertwig, 


eine  dünne  Rindenschicht  und  eine  innere  Hauptmasse.  Beide  ent- 
halten rundliche  Einschlüsse,  in  deren  Deutung  Sobotta  und  Van  der 
Stricht  voneinander  abweichen.  Ersterer  erklärt  die  kleineren  Kör- 
perchen der  Hauptmasse  für  Dotterkörner  (Fig.  IHOA),  die  größeren 
Elemente  der  Rinde  (Ä  r)  für  vakuolenartige  Bildungen,  während 
Van  der  Stricht  die  letzteren  für  Dotterplättchen  hält. 

Die  gleiche  Struktur  des  Eidotters  findet  sich  bei  den  Eiern  mit 
Richtungsspindeln,  solange  sie  im  Ovar  enthalten  sind.  Genaueres 
wissen  wir  nur  von  der  zweiten  Richtungsspindel  (Fig.  IGOA).  Dieselbe 
ist  mit  ihrem  peripheren  Ende  unter  der  Rindenschicht  eingepflanzt; 
ihre  von  Pol  zu  Pol  reichenden  Fasern  verlaufen  anfänglich  einander 


-  c 


♦  * 


••.  /Ii'  il"     -  •  •••■ 
*  •  •  •?  ••  .i^ 


A 


Fig.  160.  Bildung  de?  zweiten  Riclitungskörpers  von  Amphi'oxus  {nach  Sobotta). 
A  zweite  Richtungsspindel  eines  Ovarialeies  mit  Rindenschicht  (/•)  und  Chorion  (c). 
B,  C  Bildung  des  zweiten  Richtungskörpers  von  einem  in  das  Wasser  entleerten  und 
befruchteten  Ei,  Rindenschicht  geschwunden,  Dotterhaut  (d)  gebildet.  /  und  2  erster 
und  zweiter  Richungskörper.     Vergr.  900. 

parallel  (Sobotta),  so  daß  die  ganze  Spindel  breit  abgestutzte  Enden 
hat,  später  konvergieren  sie  zur  Bildung  von  spitzen  Spindelpolen  (B). 
Auch  tritt  schon  innerhalb  des  Ovariums  Strahlung  auf,  welche  aber 
erst  auf  späteren  Stadien  (nach  der  Entleerung)  deutlicher  wird  (von 
Sobotta  als  „Zugfasern"  gedeutet).  Die  Zahl  der  in  der  Aequatorial- 
platte  vereinten  Chromosomen  beträgt  zwischen  10  und  15,  wahr- 
scheinlich 12.  Oberhalb  der  Spindel  findet  sich  der  1.  Richtungs- 
körper ;  er  liegt  nach  außen  vom  C h o r i o u  (nach  Van  der  Stricht 
von  einem  abgeschnürten  Teil  des  Chorion  umgeben),  woraus  es  sich 
erklärt,  daß  er  bei  der  Entleerung  gewöhnlich  abgestreift  wird  und 
nur  selten  an  Eiern  des  Peribranchialraumes,  noch  seltener  an  ab- 
gelegten Eiern  (Van  der  Stricht)  zu  finden  ist. 

Ueber  die  Umbildung  des  Keimbläschens  zur  ersten  Richtungsspindel 
ist  nichts  bekannt.  Auch  sind  die  Beobachtungen  Soisotta's  über  Be- 
funde von  ersten  Richtungsspindehi  nicht  einwandfrei.  Seine  Angaben  und 
seine  Abbildung  passen  auf  die  m  Fig.  160A  reproduzierte  Darstellung 
der  zweiten  Richtungsspindel,  nur  daß  der  1.  Richtungskörper  an  den  be- 
treffenden Eiern  fehlte.  Es  ist  daher  die  Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen, 
daß  die  wenigen  Präparate,  welche  Sobotta  auf  erste  Richtungsspindeln 
bezog,  Eier  mit  zweiten  Richtungsspindeln  waren,  an  denen  der  Richtungs- 
körper abgestreift  war.  Präcise  Angaben  über  etwaige  Unterschiede 
zwischen   1.  und  2.  Richtungsspindel  fehlen. 

Von  den  reifenden  Ovarialeiern  unterscheiden  sich  die  entleerten 
Eier  sofort  durch  den  Mangel  der  R  i  n  d  e  n  s  c  h  i  c  h  t  (Fig.  1(30,  B,  C ; 
Fig.  161;  Fig.  162).  Dieselbe  soll  nach  Sobotta  zur  Bildung  einer  zweiten 
inneren  Hülle  (Hauptmembran  Sobotta's)  verbraucht  werden,  welcher 
somit  die  Bedeutung  einer  Dotterhaut  zukommen  würde.  Die  Umwand- 
lung der  Rindenschicht  zur  Dotterhaut  soll  durch  den  Kontakt  mit  dem 


Eireife  und  Befruchtung, 


501 


Seevvasser  bewirkt  werden  und  von  der  Befruchtung  una])liängig  verlaufen. 
Die  Membran  sei  für  Sperniatozoen  zunächst  noch  durchgängig,  hebe  sich 
aber,  sowie  ein  Spermatozoon  in  das  Ei  eindringt,  blitzschnell  von  der 
Eiobertläche  ab  und  entferne  sich  allmählich  von  ihr,  wie  schon  Kowa- 
LEVSKY  und  Hatschek  es  beschrieben  haben;  dabei  erhärte  sie  und 
werde  nunmehr  für  weitere  Spermatozoen  undurchgängig.  Nach  Hat- 
schek ist  eine  Stelle  —  wahrscheinlich  die  Eintrittsstelle  des  Spermato- 
zoons dadurch  bezeichnet,  daß  die  Dottermembran  mit  der  Eiobertläche 
einige  Zeit  noch  im  Kontakt  bleibt  und  daher  vorübergehend  trichter- 
förmig eingezogen  ist.  Verzögert  sich  die  Besamung,  so  bleibt  die  frisch 
gebildete  Dotterhaut  der  Eiobertläche  anhaften  und  ist  noch  längere 
Zeit  für  Spermatozoen  durchgängig,  wodurch  sich  günstige  Vorbedin- 
gungen für  Rolyspermie  ergeben.  Die  Abhebung  der  Membran  ist 
dann  verzögert.  (Nach  Van  der  Stricht,  dessen  Angaben  zufolge  die 
Dottermembran  schon  im  Ovar  gebildet  wird,  schwindet  die  Rinden- 
schicht, indem  ihr  Material  sich  mit  dem  übrigen  Eidotter  vermengt.) 
Nach  dem  Eindringen  des  Spermatozoons  beginnt  die  Bildung  des 
2.  Richtungskörpers  indem  sich  die  Spaltung  der  Aequatorialplatte  in 
die  beiden  Seitenplatten  vollzieht.  Unter  Zunahme  der  Strahlung  an 
den  Polen  der  sich  streckenden  Spindel  wird  der  2.  Richtungskörper 
abgeschnürt,  der  schon  von  Hatschek  beobachtet  wurde;  er  bleibt,  da 
er  innerhalb  der  Eihüllen  zu  liegen  kommt,  während  der  Furchung 
dem  Ei  anhaften. 

Befruchtung-.  Das  Eindringen  des  S  p  e  r  m  a  t  o  z  o  o  n  s  ist  am 
lebenden  Material  noch  nicht  beobachtet  worden.  Wenn  es  auch  beim 
Mangel  einer  Mikropyle  an  jeder  Stelle  der  Eiobertläche  erfolgen  kann, 
so    scheinen     doch     die     Be- 


größerer 


dingungen  hierfür  in 
Entfernung    von    der    Gegend 
der 
günstiger 


Richtungskörperbildung 
zu  sein,  so  daß  man 
am  häufigsten  das  eingedrun- 
gene Spermatozoon  in  dem  von 
der  Richtungsspindel  abge- 
wandten Abschnitt  des  Eies 
findet.  Es  stellt  an  frisch  be- 
samten Eiern  einen  auft'allend 
grollen,  langgestreckten,  der 
Eioberfiäche  parallel  gestell- 
ten, unregelmäßig  aufquellen- 
den Körper  dar,  über  dessen 
morphologische  Deutung,  wie 
auch  über  seine  Umbildung 
zum  Spermakern  zwei  ver- 
schiedene Ansichten  aufgestellt 
wurden. 

Van  der  Stricht  hält  den  Körper  für  das  gesamte  Spermatozoon 
einschließlich  des  Schwanzfadens ;  sein  Kern  werde  durch  Abbröckeln 
der  übrigen  Bestandteile  frei  und  schwelle  allmählich  zum  bläschen- 
förmigen Spermakern  an.  Sobotta  dagegen  deutet  den  Körper  als 
den  gequollenen  Spermakopf,  welcher  sich  zunächst  wieder  zu  einem 
kleineren  Körper  zusammenziehe,  ehe  er  zum  bläschenförmigen  Sperma- 
kern werde.  Beide  Forscher  stimmen  darin  überein,  daß  der  betreffende 
Körper  zunächst  ohne  jede  Asterenbildung  in  einem  Hof  dotterfreien 


Fig.  161.  Ei  von  Arnphioxus  mit  frisch 
eingedrungenem  Spermatozoon  {sp).  Eihüllen 
weggelassen  (nach  Sobotta).  Vergr.  500. 


502  R.  Hertwig, 

Protoplasmas  lagert,  daß  während  der  Verkleinerung  und  der  darauf 
folgenden  bläschenförmigen  Umgestaltung  eine  Si)ermastrahlung  auf- 
tritt, in  deren  Centrum  ein  Centrosoma  erkennbar  ist  (Sobotta). 
Inzwischen  ist  der  2.  Richtungskörper  gebildet  und  der  Eikern  rekon- 
struiert worden,  ein  zunächst  noch  allseitig  von  Strahlung  umgebenes 
Bläschen,  das  aber  beim  Wandern  in  die  Tiefe  des  Eies  seine  Strah- 
lung vollkommen  einbüßt  (Sobotta),  Während  Ei-  und  Samenkern 
aufeinander  zuwandern,  aber  noch  bevor  sie  sich  aneinander  legen 
und  verschmelzen,  hat  das  Centrosoma  des  Samenkerns  sich  ver- 
doppelt. Man  findet  daher  zur  Zeit,  wo  Ei-  und  Spermakern  sich 
vereinigen,  schon  zwei  Tochtercentrosomen,  die  Pole  der  späteren 
Furchungsspindel ,  entwickelt  und  an  opponierte  Punkte  der  Ge- 
schlechtskerne   gerückt.      Da   die    Vereinigung    der    Geschlechtskerne 


Fig.  162.  Befruchtung  des  Äniphioxus-E,ies  (nach  Sobotta).  I  Samenkern  mit 
Ceutrosoma,  Eikern  m  Bildung.  II  Centrosoma  verdoppelt.  III  Kopulation  der 
Geschlechtskerne.  IV  Furchungskern  gebildet,  c  Chorion,  d  Dotterhaut,  sp  Sperma- 
kern, ei  Eikern,  3  zweiter  Richtungskörper.     Vergr.  600. 

meist  in  beträchtlicher  Entfernung  vom  Mittelpunkt  des  Eies  'er- 
folgt, besitzt  auch  die  Furchungsspindel  eine  excentrische  Lage;  sie 
ist  aber  auf  vorgerückten  Stadien  in  der  Weise  gebogen,  daß  ihre 
die  Enden  einnehmenden  Centrosomen  in  die  Mitte  der  sich  vonein- 
ander trennenden  Furchungskugeln  zu  liegen  kommen,  wodurch  es 
den  sich  bildenden  Tochterkeruen  ermöglicht  wird,  in  den  Furchungs- 
kugeln eine  centrale  Stellung  zu  gewinnen.  Die  noch  zur  Zeit  der 
Verdoppelung  kleinen,  punktförmigen  Centrosomen  schwellen  während 
der  Karyokinese  zu  großen,  fein  granulierten  Körpern  an.  In  ihnen 
können  sich  kleine  Körnchen  entwickeln,  denen  Sobotta  keine  größere 
Bedeutung  beimißt,  während  sie  Van  der  Stricht,  indem  er  die  großen, 
fein  granulierten  Körper  als  „spheres  attractives"  im  Sinne  Van  Bene- 
den's  deutet,  Centralkörperchen  nennt. 

Nach  Van  der  ötiucht  soll  die  Strahlung  sich  auch  am  Eikern  erhalten 
und  allmählich  auf  •«inen  Punkt  desselben  (Centrosoma)  centrieren. 
Wie  am  Samenkern  verdoppele    sich  auch  am  Eikern  die  Strahlung,   ehe 


Eireife  und  Befruchtung.  503 

es  zur  Bildung  des  Furchungskerns  komme.  Demnach  würde  Amphioxus 
die  FoL'sche  Lehre  von  der  Quadrille  der  Centrosomen  bestätigen.  Mit 
Recht  hält  SoBOTTA  dem  entgegen,  daß  der  vermeintliche  Eikern  wohl 
ein  zweiter  Samenkern  sei.  Offenbar  befanden  sich  im  Material 
Van  per  Stricht's  viele  polysperme  Eier,  was  Sobotta  daraus  erklärt,  daß 
der  belgische  Forscher  die  laichenden  Weibchen  isolierte,  die  Eier  sam- 
melte und  künstlich  befruchtete.  Indem  die  Eier  so  längere  Zeit  im 
Wasser  verweilten,  ehe  sie  besamt  wurden,  wurden  die  oben  besprochenen 
Bedingungen  für  Polyspermie  geschaffen.  Was  Van  der  Stricht  über  auf- 
fallende oft  multiple  Spindelbildungen  in  Ovarialeiern  schreibt,  ist  wohl 
ebenfalls  eher  auf  Polyspermie  als  auf  parthenogenetische  Entwickelung 
zu  beziehen.  Die  Eier  des  Amphioxus  scheinen  überhaupt  ein  sehr 
empfindliches  Objekt  zu  bilden,  bei  welchem  pathologische  Polyspermie 
mehr  als   bei  anderen  Tieren  zu  befürchten  ist. 


II.  Cyclo stomen. 

a)  Hjperoartien  (Petromyzonten). 

Das  Laichgeschäft  der  Neunaugen  drängt  sich  für  Tiere  desselben 
Aufenthaltsortes  auf  wenige  Tage  zusammen.  So  fanden  Kupffer 
und  Benecke  (1878),  daß  in  einem  Bache  bei  Königsberg  i.  Pr. 
sämtliclie  Peiromyzon  Planen  in  der  Zeit  vom  12. — 17.  April,  die 
P.  fluviatüis  in  der  Zeit  vom  5. — 20.  Mai  laichten.  Nach  A.  Müller 
(1864)  soll  es  sogar  vorkommen,  daß  das  Laichgeschäft  sämtlicher  Tiere 
eines  Flusses  an  einem  Tage  beendet  wird.  Nach  Abschluß  desselben 
sterben  bekanntlich  die  Neunaugen  ab,  so  daß  man  nach  der  Fort- 
pflanzungszeit die  Tiere  massenhaft  tot  im  Wasser  treiben  sieht.  Die 
reifen  oder  in  Reife  begriffenen  Geschlechtsprodukte  gelangen  in  die 
Leibeshöhle  und  werden  von  hier  durch  die  Pori  abdominales  nach 
außen  entleert.  Freiwillig  geschieht  die  Eiablage  von  selten  des  Weib- 
chens nur,  wenn  ein  Männchen  zugegen  ist,  welches  sich  im  Nacken 
des  Weibchens  festsaugt,  gewärtig,  auf  die  in  das  Wasser  ausgetretenen 
Eier  seinen  Samen  auszuspritzen.  (Genaueres  darüber  teilt  Herfort 
1901  mit.)  Wie  bei  Fischen  kann  man  Eier  und  Samen  durch  Streichen 
reifer  Tiere  entleeren  und  so  künstliche  Befruchtung  ermöglichen. 

Eireife.  Die  Substanz  des  Eies  ist  ziemlich  gleichförmig  von 
Dotterplättchen  durchsetzt,  mit  Ausnahme  eines  lockerer  gebauten 
Centrums  und  einer  schmalen  Rindeuschicht  von  alveolärer  Struktur, 
welche  nach  dem  auimalen  Pol  allmählich  dünner  wird  (Fig.  16;^  I  u.  IIa). 
Am  Pol  selbst  lagert  einige  Zeit,  bevor  die  Eier  in  die  Bauchhöhle 
übertreten,  das  mit  einem  Keimfleck  ausgerüstete  Keimbläschen  (Ur- 
bläschen,  Müller),  von  der  Oberfläche  des  Eies  zunächst  noch  durch 
eine  scharf  umschriebene  Masse  homogenen  Plasmas  getrennt  (den 
„Deckel  des  Urbläschens",  A.  Müller).  Noch  innerhalb  des  Ovars 
steigt  das  Keimbläschen  bis  an  das  äußerste  Polende  empor,  um  hier 
sich  —  mit  Ausnahme  natürlich  der  für  den  Aufbau  der  Richtungs- 
spindel dienenden  Teile  —  aufzulösen.  Bei  Eiern  in  der  Bauchhöhle 
findet  man  daher  höchstens  noch  Reste  des  Keimfleckes,  im  übrigen 
das  Polende  des  Eies  von  einer  dünnen  Lage  homogenen  Plasmas 
eingenommen.  Dieses  „Polplasma''  muß  wohl  entgegen  den  wider- 
sprechenden Angaben  Böhm's  auf  das  ursprünglich  hier  vorhandene 
homogene  Plasma  („Deckel  des  Urbläschens")  bezogen  werden. 


504 


R.  Hertwig, 


lieber  die  Umwandlung  des  Keimbläschens  in  die  Richtungsspindel 
und  die  Bildung  des  ersten  Richtungskörpers  liegen  zur  Zeit  noch  keine 
Beobachtungen    vor.     Frisch    entleerte,    aber    noch    nicht    befruchtete 

Eier  besitzen  schon  den  ersten 
Richtungskörper  und  in  desscm 
Nachbarschaft  die  zweite  Ricli- 
tungsspindel.  Beide  Gebilde 
wurden  von  Herfort  (isi).')) 
entdeckt,  sind  dagegen  von  allen 
Forschern,  die  sich  mit  Reifung 
und  Befruchtung  der  Neunaugen- 
eier befaßt  haben,  übersehen 
worden.  Dafür  wurden  als  Rich- 
tungskörper wiederholt  andere 
Strukturen,  die  im  Gefolge  der 
auftreten,   beschrie- 


Befruchtung 
ben. 


Fig. 


163.  Oberes  Ende  von  Längs- 
schnitten durch  Pctroiiiy\o)i-¥Äer.  I 
Ovarialei  mit  Hülle  (nach  Boehm).  II 
unbefruchtetes  entleertes  Ki  mit  Weg- 
lassen der  Hüllen  (nai-h  Herfort),  a 
alveoläre  Schicht,  c  Chorion,  /  Follikel- 
epithel,  kh  Keimbläschen,  /j  l*o[|)lasma, 
1  erster  Richtungskörper,  2  zweite  Rich- 
tungsspindel. 


Nach  Herfort  liegt  in  einiger  Entfernung  vom  Polplasma  ein 
heller  Fleck.  Untersucht  man  denselben  genauer,  so  findet  man  eine 
kleine  Vertiefung  und  in  derselben  einen  ziemlich  ansehnlichen  kern- 
haltigen Körper,  den  Herfort  als  1.  Rieh  tun  gskör  per  deutet 
(Fig.  14  II  1).  In  der  Umgebung  der  Vertiefung  liegt  die  auf  dem 
Stadium  der  Aequatorialplatte  verharrende  2.  Richtungsspindel.  Da  sich 
in  der  Grube  oft  nur  geringfügige  Reste  eines  brockenartigen  Detritus 
finden,  scheint  der  1.  Richtungskörper  bald  zu  schwinden,  schließlich 
auch    die    durch    ihn    bedingte    Grube,    was    zur   Folge    hat,    daß    die 

erst 


2.   Richtungsspindel    wieder    tiefer    zu    liegen 


kommt. 


Sie    tritt 


wieder  an  die  Oberfläche,  wenn  das  Ei  befruchtet  wird,  '^j ^  Stunde 
nach  der  Befruchtung  beginnt  dann  die  Abschnürung  des 
2.  Ri  cht  un  gskör  per  s,  welcher  sich  lange  Zeit  erhält  und  noch 
während  der  Eifurchung  aufgefunden  werden  kann.  Eine  weitere  Folge 
der  Befruchtung  ist  der  Schwund  der  alveolären  Rindenschicht  (Böhm, 
Herfort),  was  an  ähnliche  Vorgänge  bei  Amphioxus  erinnert. 

Befruchtung.  Was  nun  den  Befr  u  ch  tun  gs  vor  gang  selbst 
anlangt,  so  spielt  bei  ihm  die  zarte  Gallerte  am  auimalen  Pol,  welche  von 
A.  MÜLLER  „Flocke"  genannt  wurde  (vergl.  das  Kapitel  über  das  Ei, 
S.  296),  eine  gewisse  Rolle,  indem  in  ihr  sich  die  Spermatozoen  an- 
sammeln und  radial  einstellen  wie  „Eisenfeilspäne  zur  Spitze  des  Mag- 
neten". Das  Vordringen  der  Spermatozoon  durch  das  Chorion  erfolgt  — 
darin  sind  alle  Beobachter  einig  —  nur  im  Bereich  eines  besonderen  Be- 
zirks, des  „uhrglasförmigen  Aufsatzes"  des  Chorions,  sei  es  an  verschie- 
denen Stellen  desselben  (Kupffer  und  Benecke,  Böhm),  sei  es  durch 


Eireife  und  Befruchtung. 


505 


eine  besondere,  central  gelegene  Mikropyle  (Calberla).  Nun  bildet  sich 
zwischen  Chorion  und  Eiobertiäche  ein  allmählich  sich  vergrößernder 
Zwischenraum  aus.  Denselben  erklärte  M.  Schultze  schon  aus  einer 
Zusammenziehung  des  Dotters ;  ihm  haben  sich  Kupffer  und  Benecke, 
Shipley  und  Nüel  (1881)  angeschlossen.  Letzterer  hat  die  Existenz 
einer  Kontraktion  durch  genaue  Zeichnung  eines  und  desselben  Eies  auf 
verschiedenen  Stadien  der  Befruchtung  bewiesen  und  zugleich  dargethan, 
daß  die  Zusammenziehung  in  Form  einer  Kontraktionsw^elle  verläuft, 
die  am  animalen  Pol  beginnt  und  nach  dem  vegetativen  Pol  fort- 
schreitet, so  daß  der  Spalt  zwischen  Eioberfläche  und  Eihüllen  zu- 
nächst an  ersterem  erscheint,  sich  hier  erweitert,  dann  nach  dem 
Aequator  vordringt,  vorübergehend  da- 
selbst eine  sauduhrförmige  Einschnürung 
verursacht  und  schließlich  auch  den  vege- 
tativen Pol  erreicht.  An  letzterem  bleibt 
das  Ei  noch  am  längsten  vermöge  eines 
birnförmigen  Fortsatzes  mit  dem  Cho- 
rion in  Kontakt.  Calberla  dagegen 
sucht  den  Spaltraum  durch  Endosmose 
zu  erklären,  durch  Eindringen  von  Flüssig- 
keit zwischen  Eioberfläche  und  Eihüllen ; 
er  suchte  für  seine  Ansicht  den  Beweis 
zu  erbringen,  indem  er  die  Eier  w^ährend 
der  Zeit,  in  welcher  der  Spaltraum  sich 
entwickelt,  abwechselnd  in  reines  und 
mit 


I 


E 


Indulin  gefärbtes  Wasser 


übertrug. 


Fig.  164.  Befruchtung  des  Neiomicc/en-^ies 
(nach  Calberla).  I  Eindringen  des  Spermato- 
zoon durch  die  Mikropyle  (??),  die  mitten  im  uhr- 
glasförmigen  Teil  des  Chorions  liegt.  II— III 
Retraktion  des  Dotters  unter  Bildung  von  Ver- 
bindungsfäden, darunter  ein  besonders  deutlicher 
Strang,  der  dem  Spermatozoon  als  Weg  dient. 
IV  Auftauchen  des  Befruchtungshügels.  Die 
äußere  Schicht  des  Chorions  (die  Flocke)  ist  nicht 
dargestellt. 


Es  stellte  sich  heraus,  daß  innerhalb  des  Spaltraumes  gefärbte  und 
ungefärbte  Schichten  miteinander  abwechselten.  Offenbar  bestehen 
beide  Erklärungsversuche  zu  Recht,  und  verläuft  die  Abhebung  der 
Eihüllen,  wie  bei  den  Seeigeleiern,  1)  durch  Kontraktion  des  Eidotters, 
2)  durch  Ausscheidung  einer  gallertigen,  durch  Aufnahme  von  Flüssig- 
keit von  außen  anquellenden  Substanz.  Eine  derartige  bei  Seeigel- 
eiern durch  Karminfärbung  nachweisbare  Substanz  würde  allein  die 
von  Calberla  beobachtete  Abgrenzung  verschiedenfarbiger  Schichten 
verständlich  machen. 

Mit  der  Abhebung  der  Eihäute  geht  Hand  in  Hand  eine  zweite  Serie 
von  Erscheinungen,  die  von  A.  Müller,  Calberla,  Kupffer  und 
Benecke,  Nüel  in  ziemlich  übereinstimmender  Weise  geschildert 
wurden,  aber  eine  verschiedene  Deutung  erfahren  haben.  Wenn  im 
Umkreis  des  Hauptpoles  die  Retraktion  des  Dotters  beginnt,  spannen 
sich  zunächst  noch  feine  Fäden  vom  Polplasma  zwischen  Innenseite 
des  Chorions  und  Dotterobertiäche  aus.     Unter  ihnen  befindet  sich  ein 


506  R.  Hertwig, 

besonders  starker  Plasmacylindei',  der  j^enaii  polständig  ist  und 
zwischen  der  von  Calberla  als  Mikropyle  gedeuteten  Stelle  des 
Cliorions  und  der  EioberHäche  eine  Vorbindung  herstellt.  Es  ist  der 
„Achsenstrang"  Kupffer's,  das  „Leitband  des  Spermatozoons''  Cal- 
berla's,  der  „hyaline  Zapfen"  Herfort's;  nach  Kupffer  ist  er 
nicht  immer  vorhanden,  während  dm  Calberla  als  eine  konstante, 
wenn  auch  in  einigen  Fällen  nur  kurze  Zeit  bestehende  Bildung  be- 
schreibt. Der  „Achsenstrang"  wird,  wie  die  übrigen  Verbindungsfäden, 
allmählich  in  den  Eidotter  zurückgezogen ;  er  kann  sich  dabei  sand- 
uhrförmig  einschnüren  und  so  am  peripheren  Ende  einen  Teil  seiner 
Substanz  ablösen,  welcher  an  der  inneren  Seite  des  Cliorions  als  ein 
rundliches  Körperchen  zurückbleibt.  Auch  von  den  übrigen  Fäden  er- 
halten sich  kleine  Tropfen  isoliert  auf  der  Innenseite  des  Chorion. 

Wenn  der  Achsenstrang  sich  zum  größten  Teil  oder  ganz  in  den 
Dotter  zurückgezogen  hat,  beginnt  eine  neue  Erscheinung.  An  der 
Stelle,  wo  früher  sein  basales  Ende  war,  wölbt  sich  homogenes  Plasma 
als  ein  rundlicher  Körper  empor,  der  über  die  Eioberfiäche  aufsteigt 
wie  „ein  aufgehender  Mond"  (Müller),  einige  Zeit  lebhafte  Be- 
wegungen ausführt  und  dann  in  den  trüben  Eidotter  zurücksinkt. 
Während  seines  Bestandes  soll  in  ihm  ein  granuliertes  Körperchen 
entstehen,  welches  ausgestoßen  wird. 

Die  beschriebenen  Erscheinungen  wurden  von  den  meisten  Forschern 
mit  der  Richtimgskörperbildung  in  Zusammenhang  gebracht,  das  abge- 
löste Ende  des  Achsenstranges  von  Müller  als  ein  erster,  das  granuHerte 
Körperchen  im  lebhaft  beweglichen  Protoplasmafortsatz  von  Kupffer, 
Benecke,  Böhm  als  zweiter  Richtungskörper  gedeutet.  Diese  Deutungen  sind 
unhaltbar,  da  die  Richtungskörperbildung,  wie  wir  durch  Herfort  wissen, 
abseits  vom  animalen  Pol  in  ganz  anderer  Weise  abläuft.  Vielmehr 
sind  die  merkwürdigen  Vorgänge  Begleiterscheinungen  der  Befruchtung. 
Calberla's  Leitband  des  Spermatozoons  erinnert  am  meisten  an  den 
Fortsatz,  den  das  Ei  von  Asterias  glacialis  dem  eindringenden  Spermato- 
zoon entgegensendet  und  der  von  diesem  als  Eintrittsweg  benutzt  wird 
—  cöne  d'attraction  Fol's  — ;  der  später  neu  aufsteigende  Fortsatz 
ist  unzweifelhaft  dasselbe  Gebilde,  welches  an  dem  Punkt,  wo  das 
Spermatozoon  eingedrungen  ist,  bei  Seeigel-  und  Seesterneiern  neu  auf- 
taucht und  von  Fol  „cone  d'exsudation",  von  anderen  Autoren 
B  e  f  r  u  c  h  t  u  n  g  s  h  ü  g  e  1  genannt  wird.  Wenn  dadurch  Calberla's 
Angabe,  daß  das  Spermatozoon  durch  den  Achsenstrang  in  das  Ei  ein- 
dringt, an  innerer  Wahrscheinlichkeit  gewinnt,  so  verdient  doch  Be- 
achtung, daß  ihr  von  Kupffer  und  Benrcke  widersprochen  worden  ist, 
welche  angeben,  daß  das  befruclitende  Spermatozoon  auch  an  anderen 
Stellen,  sei  es  zwischen  den  feinen  Protoplasmafäden  oder  längs  einem 
derselben,  in  den  Dotter  gelangen  könne.  Nach  Kupffer  und  Benecke 
soll  der  Achsenstrang  eine  andere  Bedeutung  haben ;  er  soll  die  an  den 
Hüllen  hängen  gebliebenen  Protoplasmatröpfchen  gleichsam  ablecken, 
auch  anderweitige  Tropfen,  die  durch  Umwandlung  verspätet  einge- 
drungener Spermatozoen  entstehen,  ja  selbst  in  den  Zwischenraum  ge- 
langte unveränderte  Spermatozoen  aufnehmen,  und  so  eine  Art  „Nach- 
befruchtung" herbeiführen.  Daß  in  dieser  Weise  noch  nachträglich 
Spermatozoen  oder  auch  nur  Teile  derselben  in  das  Ei  sollten  auf- 
genommen werden,  scheint  nach  allen  neueren  Erfahrungen  über  Be- 
fruchtung gänzlich  ausgeschlossen. 


Eireife  und  Befruchtung. 


507 


Darin  stimmen  alle  neueren  Autoren  überein,  daß  die  Be- 
fruchtung nur  durch  ein  Spermatozoon  bewirkt  wird. 
Man  hndet  den  Kopf  desselben  schon  bald  nach  der  Besamung  im 
Polplasma,  am  Grund  defs  sich  zurückziehenden  Achsenstranges  als 
ein  gebogenes,  intensiv  gefärbtes  Stäbchen,  zunächst  noch  ohne 
Strahlung.  Nach  Böhm  soll  das  Polplasma  infolge  der  Befruchtung 
eine  doppelte  Membran  abgeschieden  haben :  1)  auf  seiner  Oberfläche 
eine  Dotterhaut;  2)  zur  Abgrenzung  gegen  die  dotterhaltigen  Partien 
des  Eikörpers  eine  dickere,  wellig  verlaufende  Hülle.     Letztere,  deren 


III 


11 


rrpK-;-Wj  4  '■  *  l;>  "7^*"^  -^^  t 


1 


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■■^Jj 


Fig.  165.  Befruchtung  von  Petromyxon  Planeri  (nach  Boehm),  Chorion  und 
Gallertschicht  in  II  und  III  weggelassen.  I  Polplasma  mit  Befruchtungshügel,  ent- 
hält den  Spermakern  zunächst  noch  ohne  Strahlung.  II  Befruchtungshügel  zurück- 
gezogen, Spermakern  mit  Strahlung.  III  hnks  Spermakern  mit  Strahlung,  rechts 
Eikern;  Polplasma  zieht  sich  ins  Innere  des  Dotters  zurück.     Vergr.  SOO. 


Existenz  auch  von  Herfort  bestätigt  wurde,  ist  wohl  nichts  anderes 
als  eine  Lage  homogenen  Protoplasmas,  wie  sie  auch  bei  der  Be- 
fruchtung der  Teleostier  vorkommt.  Wenn  der  Befruchtungshügel 
gebildet  und  wieder  in  das  Ei  zurückgezogen  ist  (15  Minuten  nach 
der  Besamung),  beginnt  das  Stäbchen  des  Spermakernes  sich  in 
Körner  aufzulösen  und  an  einem  Ende  die  Strahlung  zu  entwickeln. 
Während  die  Auflockerung  in  Körner  (Spermatomeriten,  Böhm)  und 
die  Ausbreitung  der  Strahlung,  die  um  die  ganze  Reihe  der  Spermato- 
meriten gleichmäßig  (?)  angeordnet  sein  soll,  Fortschritte  macht,  be- 
ginnt  eine   Verlagerung   des   Polplasma,    welches   allmählich    in    das 

einige  Zeit  lang  mit  der  Oberfläche  durch 
Strang   zusammenhängt,    schließlich    aber 
von  Dotterkugeln  allseitig  umgeben  ist.     Der  dünne,  dotterfreie  Strang 
kann    als    Spermagang   bezeichnet   werden,    da   er   den  Weg,    welchen 
das  Spermatozoon  genommen  hat,  bezeichnet,  ähnlich  wie  wir  es  noch 
Amphibien  kennen  lernen   werden.    Er   ist  noch  4  Stunden    nach 
Besamung  zu  erkennen. 

Spermakern  enthaltenden  Polplasma  haben  die 
auch  den  Eikern  gesucht;  Calberla  und  Böhm 
auch  gefunden  zu  haben.     Böhm  beschreibt  ihn  als 

im    Polplasma, 


Innere  des  Dotters  einsinkt, 
einen    dünnen ,    dotterfreien 


bei 
der 

In  dem  den 
früheren  Autoren 
glaubten  ihn  hier 
eine    undeutlich 


welche    anfänglich    oberflächlich, 


begrenzte,    schwach    gefärbte    Partie 


päter  nach  der  Abschnürung  des 
2.  Richtungskörpers  in  den  tieferen  Schichten  gelagert  sei.  Seine 
Bilder  haben  jedoch  keinerlei  Aehnlichkeit  mit  den  Figuren,  welche 
der  sich  nach  der  Richtungskörperbildung  rekonstruierende  Eikern 
bietet.  Calberla  dagegen  findet  den  Eikern  am  Ende  eines  Stranges 
homogenen    Plasmas,   welcher   von   dem   Polplasma   aus  eine   Strecke 


508  K  Hertwig, 

weit  nach  dem  Eicentrum  zu  in  den  üotter  vordringen  soll,  aber  von 
keinem  anderen  Forscher  hat  wiedergefunden  werden  können.  Cal- 
BERLA  nennt  den  betreffenden  Strang  „Sperniagang^',  weil  er  der 
Wanderung  des  Spermatozoons  dienen  soll.  Sein  oberes  Ende  soll 
bei  der  Polansicht  des  lebenden  Eies  dem  Beobachter  inmitten  des 
Dotters  als  eine  scharf  umschriebene  lichte  Stelle,  die  „innere  Mikro- 
pyle",  in  die  Augen  fallen. 

Nach  Herfort's  Untersuchungen  kann  es  kaum  zweifelhaft  sein, 
daß  der  Eikern  abseits  vom  Polende  des  Eies  und  außerhalb  des 
Polplasma,  an  der  Stelle,  wo  die  Richtungskörper  gebildet  werden, 
entsteht  und  erst  später  vom  Polplasma  aufgenommen  wird.  Doch  ist 
er  in  letzterem  schon  angelangt,  noch  ehe  es  sich  von  der  Obertiäche 
abschnürt  und  in  die  Tiefe  rückt.  Wie  bei  anderen  Wirbeltieren, 
vereinigen  sich  auch  bei  den  Neunaugen  die  Geschlechtskerne  zu  einer 
Zeit,  in  welcher  sie  schon  zu  Bläschen  umgewandelt  sind.  Das  Pol- 
plasma ist  um  diese  Zeit  schon  allseitig  von  Dotter  umschlossen. 

b)  Ilyperotreten  (Myxinoiden). 

Die  Fortpflanzung  der  Mtjxinoiden  war  bis  in  die  Neuzeit  in 
tiefes  Dunkel  gehüllt.  Man  kannte  lange  Zeit  über  nur  die  merk- 
würdig gebauten  Ovarialeier  und  einige  wenige  abgelegte  Eier  von 
Myxine  glutinosa;  doch  war  der  Erhaltungsgrad  der  letzteren  für 
genaue  Untersuchungen  des  Inhaltes  völlig  unzureichend.  Erst  im 
letzten  Decennium  des  verflossenen  Jahrhunderts  glückte  es,  in 
größerer  Menge  abgesetzte  Eier  von  Btliilostoma  Stouti  (Price, 
Bashford  Dean,  Doflein)  und  einer  Myxinoide  der  Küste  von 
Peru  (Plate)  zu  erhalten.  Schließlich  wurden  auch  die  Fundstätten 
der  abgelegten  Eier  von  Miixinc.  glutmosa  entdeckt  (Jensen,  Hjort). 
Aus  den  Befunden,  welche  für  Mi/xine  (Jensen),  besonders  aber  für 
Bdellostoma  Stouti  (Doflein,  Bashford  Dean)  gemacht  wurden, 
läßt  sich  mit  Sicherheit  entnehmen,  daß  die  Eier  nach  ihrer  Ent- 
leerung befruchtet,  mittels  ihrer  terminalen  Hakenapparate  in  Reihen 
angeordnet  und  von  den  lateralen  Schleimsäcken  aus  in  Schleimmasse 
eingehüllt  werden.  Die  Eier  von  Bdellostoma  wurden  auf  sandigem 
Grunde,  die  von  Myxine  auf  felsigem  Boden,  an  Fremdkörpern  {Bryo- 
zoni)  befestigt,  in  großer  Tiefe  (125  Faden)  gefischt.  Doch  ist  es 
bisher  nicht  geglückt,  Reifungs-  und  Befruchtungserscheinungen  zu 
beobachten. 

ADiphibicn. 

Von  allen  Wirbeltieren  wurden  in  dei-  Neuzeit  die  Amphibien  am 
meisten  zu  Untersuchungen  über  Reifung  und  Befruchtung  der  Eier  be- 
nutzt, weil  ihre  Eier  ein  besonders  günstiges  Material  darstellen,  für 
alle  im  Binnenland  lebenden  Zoologen  bei  weitem  das  günstigste. 
Abgesehen  von  der  weiten  Verbreitung  der  Tiere  kommen  hierbei 
zwei  Momente  in  Betracht,  1)  die  schon  günstige  Beschaffenheit 
der  Eier,  2)  die  Fortpflanz  un  gs  Verhältnisse. 

Mit  Ausnahme  der  beiden  lebendig  gebärenden  Formen  Salamandra 
atra  und  S.  maculosa  sind  alle  Atnphihien  eierlegend.  Bei  den  Anuren 
wird    die    Befruchtung    im    Moment    der    Eiablage    bewirkt,     indem     das 


Eireife  und  Befruchtung.  509 

Männchen,  welches  auf  dem  Weibchen  hockt  und  es  hinter  den  Vorder- 
pfoten umklammert,  seinen  Samen  über  die  Eier  ausspritzt,  wenn  die- 
selben aus  der  Kloake  entleert  werden.  Man  kann  daher  ohne  Schwierig- 
keit künstliche  Befrachtung  bewirken.  Auch  ohne  Umarmung  des  Männ- 
chens lösen  sich  die  Eier  aus  dem  Ovar,  treten  durch  die  Bauchhöhle 
in  den  Eileiter  und  Uterus;  sie  werden  sogar  nach  außen  abgesetzt,  auch 
wenn  die  Weibchen  von  den  Männchen  getrennt  gehalten  werden  (Pk^;- 
vosT  u.  Dumas,  Newport,  Nussbaum).  Freilich  erfolgt  dann  die  Ent- 
leerung verspätet  und  nicht  auf  einmal,  wie  es  der  Fall  sein  sollte. 

Ebenso  kommt  es  bei  den  Urodelen  meist  zu  keiner  echten  Begattung, 
wenn  auch    zu    einem    der    inneren   Befruchtung    vorausgehenden  Liebes- 
spiel.    Die   Urodelenmännchen  schwimmen  zur  Zeit  der  Fortpflanzung  an 
die  Weibchen  heran,  packen  sie  mit  ihrem  Maul,  schlängeln  sich  um  sie 
herum  und  schlagen  sie  mit  ihrem  Schwanz.     Dabei  wird   aber  nicht,  wie 
man  lange  Zeit   fälschlich   annahm,    die  Kloake  nach  Art  der  Vögel    auf 
die  Kloake  des  Weibchens  gepreßt;  vielmehr  entleert  das  Männchen  vor 
den  Augen  des    Weibchens    mehrere    mit    Spermatozoen    gefüllte    Samen- 
kapseln,   welche  dann  von  dem  durch  das    vorangegangene  Spiel    in    ge- 
schlechtliche Erregung  versetzten  Weibchen  in  die  Kloake  eingeführt  werden. 
So  wurden  wenigstens  die  Vorgänge  bei  Tritonen  (Gasco  1880,  Zeller  1889), 
^xoZo^^  (GrASCO  1881),  Diemydylus  (Jordan  1893)  beobachtet,  während  die  Be- 
gattungsvorgänge für  andere  Arten,  so  besonders  die  Perennibranchiaten  tmd 
Salama ndrinen,  noch  unbekannt  sind,  desgleichen  auch  für  die  in  unserer 
Gegend    nicht  vertretenen    Gymnophionen.      Von    den    Samenkapseln   aus 
werden  die  Receptacula  seminis   des  Weibchens  gefüllt    und    aus    diesen 
wiederum  die  Eier  im  Moment  der  Ablage  mit  Samen  versehen.    Letzteres 
ist     ein     willkürlich     ausgeführter    Akt,     wie    aus    folgendem    hervorgeht. 
Die  bei  der  Eiablage  mit  Sperma   versehenen  Eier   werden    mit  Sorgfalt 
an  Wasserpflanzen  befestigt.    Nun  kommt  es  aber  vor,  daß  Eier  aus  der 
Kloake  des  Weibchens,  auf  den  Boden  des  Wasserbehälters  herausfallen. 
Solche  Eier    sind    gewöhnlich    nicht    befruchtet.     Offenbar  sind  sie    ohne 
aktive    Beteiligung     des    Weibchens    herausgekommen,    infolge    eines    zu- 
fälligen Druckes    auf   die   Eileiter.     Wenn   es  bei  ihnen  zur  Befruchtung 
kommt,  so  ist  die  Ursache  wohl  in  der  zufälligen  Anwesenheit  von  Sperma 
in  der  Kloake   zu  suchen  (Jordan).      Wenn   somit  die  Besamung  der  Eier 
bei   den  Urodelen   auch    eine    innere  ist,    so    gelingt    doch    auch    hier    die 
künstliche  Befruchtung,  man  schneidet    die    Eier   aus    den    Eileitern  und 
tibergießt  sie  mit  dem  aus  den  Hoden  gewonnenen   Samen. 

Nach  den  Angaben  Lebrun's  (1902)  macht  Diemyctylus  torosus  (Ca- 
lifornien)  eine  Ausnahme  von  den  übrigen  Urodelen,  auch  von  D.  viri- 
descens  (Jordan),  indem  eine  echte  Begattung  stattfindet,  bei  welcher  das 
Männchen  das  Weibchen  hinter  den  Armen  umgreift  und  seine  Cloake 
auf  die    weibliche   Cloake  preßt. 

Eireife.  Ausführliche  Besprechung  verlangen  die  K  e  r  n  v  e  r  h  ä  1 1  - 
n  is  s  e  und  —  was  damit  zusammenhängt  —  dieR  e  i  f  e  e  r  s  c  h  e  i  n  u  n  g  e  n 
des  Eies.  Schon  den  Forschern  in  der  ersten  Hälfte  des  19.  Jahr- 
hunderts (C.  E.  V.  Baer  1834,  RuscoNiA.  L.  I)  war  es  aufgefallen,  daß 
das  Keimbläschen  des  Froscheies  am  Ende  der  Ovarialperiode  nach  dem 
pigmentierten  Pol  aufsteigt  und  dabei  schwindet,  daß  dann  an  dem  be- 
treffenden Pol  eine  lichte  Stelle  inmitten  der  pigmentierten  Umgebung 
entsteht,  der  „Keimpunkf  C.  E.  v.  Baer's,  die  „Cicatricula"  von 
Prevost  und  Dumas  (A  L.  I  1^24),  die  „Fovea  germinativa"  Max 
Schultze's  (18<33),  die  „fossette  germinative^'  Bambeke's  (1876),  der 
„Richtungsfleck''  Fick's.    Aber  erst  durch  die  Untersuchungen  Oscar 


510  R.  Hertwig. 

Schultze's  (fl886)  und  später  Ficks  (1893)  wurde  dargethan.  daß 
die  betreffenden  Vorgänge  mit  der  Bildung  der  Riebtun gskörper  im 
Zusammenbang  stehen.  Die  Ableitung  der  Richtungsspindel  vom 
Keimbläschen  gelang  endlich  den  Untersuchungen  C.vrnoy's  und  Le- 
BRrTf's  (1897—1899)  und  Borx's  (1894).  Letzterer  kam  dabei  zu 
wesentlich  anderen  Resultaten  als  die  beiden  belgischen  Forscher. 
Die  Unterschiede  betreffen  besonders  die  wichtige  Frage,  ob  die 
Chromosomen  der  Richtungsspindel  auf  die  Chromosomen  der  Oo- 
gonien  zurückgeführt  werden  können .  oder  ob  das  Keimbläschen 
einen  Zustand  des  Kernes  darstellt,  in  welchem  die  Chromosomen  den 
Charakter  individualisierter  Bestandteile  verlieren.  Mit  Rücksicht  auf 
die  große  theoretische  Bedeutung  der  aufgeworfenen  Streitfrage  für  die 


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III 


^     ~       •  ■   •       .  '^^  r"' 

Fig.  166.  Keimbläschen  von  3  heranwachsenden  Eiern  von  Triton  (nach  Borx). 
I  Kern  mit  chromatischem  Kerngerüst.  Eigröße  ca.  0,05  mra.  11  Kerngerüst  in  Auf- 
heilung begriffen,  Nudeoli  in  Bildung.  Eigröße  ca.  0,07  mm.  III  Kerngerüst  auf- 
gehellt, zahlreiche  oberflächhche  Xucfeoli.    Eigröße  ca.  0,15  mm.    Vergr."  600. 

Lehre  von  der  Individualität  der  Chromosomen  und  mit  Rücksicht 
darauf,  daß  die  Am}ihtbicn  neben  den  Sehichiem  die  einzigen  "Wirbel- 
tiere sind,  bei  denen  mau  bisher  die  Eutwickelung  der  Richtungsspiudel 
bis  auf  die  Anfangsstadien  der  Eizelle  zurückzuführen  versucht  hat. 
ist  eine  ausführlichere  Darstellung  der  Streitfrage  hier  am  Platz. 

In  den  Ureiern  von  Tritonen  (Molge  taeniatus)  beschreibt 
BoRX  ein  chromatisches  Kerngerüst  mit  spärlichen  Xukleolen  und 
eine  deutlich  chromatische  Kernmembran.  Wenn  dann  cüe  Ureier  die 
Teilunu  einstellen  und  somit  zu  iunsen  Eiern  werden,  ehe  aber  noch 
die  Dotterablagerung  beginnt,  wird  das  Kerngerüst  in  einen  Faden- 
knäuel verwandelt,  bei  dem  es  zweifelhaft  ist.  ob  er  aus  einem  ein- 
zigen vielfach  gewundenen  Stück  oder  vielen  einzelnen  Stücken  zu- 
sammengesetzt ist  (Fig.  166  I).  Gleichzeitig  vermehren  sich  die  Xukleolen 
und  sammeln  sich  unter  der  nunmehr  farblosen  Kernmembran  au  (II). 
Während  das  Keimbläschen  wächst  und  die  wandständigen  Xukleolen 
sich  weiterhin  vermehren,  werden  die  Chromatinfäden  immer  undeut- 
licher und  lassen  sich  schließlich  nicht  mehr  nachweisen  (HD.  Zugleich 
hellt  sich  das  Kerninnere  auf.  Dasselbe  ist  von  körnigen,  wolkigen,  sich 
nicht  mehr  färbenden  Massen  (Karyoplasma  Borx)  eingenommen,  wo- 
runter man  wohl  das  nach  Schwund  des  Chromatins  nunmehr  zu  Tage 
tretende  achromatische  Kernserüst  zu  verstehen  hat.    In  ihm  liefen  ein- 


Eireife  und   notViK'luung.  M  I 

zelne  Nucleoli.  Born  erklärt  ilio  Autliolliinu,  dos  KtMiumuMtMi  nu-lii  durrli 
eine  Auflösung  der  ChroniatinfädiMi.  sondiMu  durch  eine  fein»^  Vor- 
teilung der  Chromatinkörnclien  im  Knryoplasnia.  In  l>es(»nders  rlirouia- 
tinreichen  Eiern  soll  dalior  auch  zur  /eil  der  ur("»Bt<Mi  WMttMluu!',  riu 
gewisser  Grad  von  Färlti)arkeit   der  ("lironiosonuMi  crlialttMi   lt|("il»<>n. 

Wenn  nun  die  Dotterbilduuu  in  den  l'.iciii  lM>giniil,  sollcit  in  den 
centralen  Partien  von  neuem  Cliromatiiiräden  aultrcMiMi,  oder  vidmolir 
die  undeutlich  gewordenen  wieder  waliniclimhar  werden,  und  /.w.w  iiU 
verschwommene  Stränge,  die  aus  einem  l''il/,werk  {'einer,  itlasser  ('lim- 
matinfäden  bestehen  (Fig.  1(57).  Man  kann  dann  am  Keiml)l;iselitMi  'A  Zonen 
unterscheiden:  1)  eine  Rinden/oiui  mit  stark  sich  ^ärlt(<ll(l(^n  Nuch^di, 
2)  eine  intermediäre  Zone  von  lielhMU  Kai  yoplasma,  die  in  der  l''ol|-':e 
sich  nicht  nur  entsjjrechend  dem  Waclistnm  des  Keimiiläschen:.  wv- 
größert,  sondern  auch  auf  Kosten  der  drittcin   nächsten   Schicht  wIIcIihI 


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Fig.  167.    Keimbläschen  eine«  0,0  rnrn  j^roßcn   7W'<<;'/*-Ki<s«,  \'.'f)uiii\  v(trirr<)Uf!n; 
daneben  ein  Teil  600mal  vergrößert  Tnach  iVjü.v;. 

3)  ein  mehr  oder  weniger  kugeligen  Ccntrurn  der  „Centni.lk/irper'* 
—  welches  die  neu  aufgetretenen  Chrom atin «trän ge  und  'Aw'i/.chcu 
ihnen  eine  wechselnde  Zahl  verkleinerter  und  häufig  ahgehla(it>5r  Nu- 
cleoli enthält.  Da  auch  in  der  intermediären  Zone  vereinzelt/?  vcr- 
kleinerte  und  abgeblaßte  Nucleoli  auftreten,  hält  Bo/i.v  en  für  w;jhr- 
scheinlich.  daß  die  peripheren  Xncleoli  schon  auf  dem  bev;hrJef^e;/en 
Stadium  von  der  Peripherie  nach  dem  Centrum  wandern  und  hiw  rv/ch 
auflösen. 

^yäh^end  der  Centralkörper  eir'-'^^"'^'ff'f-^    vvr Irr.  d'^  f'firy.rf.riffn- 
stränge  in  ihm   deatlicher  nnd   ö-  r 

-Flaschenbürsten""   ein  Aussahen,  da«  fjoux  darch  die  ^- 

klärt,  daß  ein  einziger  feiner 

gelest  '--    ^elehe  in  ihre»  V*...^,   .  ; 

:ii~2'r?  i  ^eder  zn  ihr  zur  .  '  > 

üeser  Äiihxe  v- 


O.  SchijXtze 
da-  Peiif 
CcsBtraIfcl 


512 


,R.  Hertwig, 


und  verschwinden.  Auch  das  Keiniljläschen  wird  aufjuelöst  mit  Aus- 
nahme des  Centralkörpers,  der  zwar  ebenfalls  an  Masse  abnimmt,  in  ansehn- 
lichen Resten  aber  erhalten  bleibt  und  einen  körnigen  Körper  liefert, 
die  Anlage  der  Richtu  ngsspindel.  Dabei  werden  aus  den  in 
ihrer  Form  mit  Flaschenbürsten  verglichenen  Chromatinsträngen  immer 
schärfer  konturierte  Fäden,  schließlich  die  Chromosomen  der  Spindel. 
Wie  die  Umwandlung  der  Chromatinstränge  in  Chromosomen  vor  sich 
geht,  konnte  Born  nicht  genau  verfolgen;  immerhin  teilt  er  darüber 
Einiges  mit.  Frühzeitig  zeigen  die  Chromatinfäden  eine  paarige  Grup- 
pierung, indem  2  feine  Fäden  sich  umeinander  winden,  wie  es  auch 
von  FiCK  für  den  Axolotl  beobachtet  wurde;  wahrscheinlich  ver- 
schmelzen die  Stücke  eines  Paares  später  untereinander.  Da  nun  aber 
die  Zahl  der  Paare  größer  ist  als  die  der  Chromosomen  der  Ptichtungs- 
spindel,  müssen  noch  anderweitige,  weiterer  Erforschung  harrende 
Prozesse  bei  der  Umbildung  der  einen  in  die  andere  vorkommen. 
Alle  bisher  besprochenen  Veränderungen  verlaufen  im  Ovarium. 
In  Bauchhöhleneiern  findet  man  den  Rest  des  Centralkörpers  in  eine 
deutliche  Spindel  mit  Polstrahlung  verwandelt.  Die  Polstrahlung  ist 
wahrscheinlich  aus  Resten  des  Keimbläschenmaterials  hervorgegangen. 


11^ 


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111 


Fig.  168.  Umwandlung  des  Keimbläschens  des  Triton  -  Eies  nach  Carnoy 
und  Lebrltn.  I  Eigröße  0,07  mm,  Chroraatingerüst  beginnt  sich  in  Nucleoli  umzu- 
wandeln. II  Eigröße  0,09  mm,  Umbildung  des  Chromaüngerüstes  in  sekundäre  Nu- 
cleoli. in  Eigröße  0,11  mm,  Kerngerüst  völlig  aufgehellt,  Chromatin  ausschheßhch  in 
den  Nucleoli  enthalten.    Verer.  öOO. 


Wesentlich  anders  lauten  die  Angaben  Carnoy's  und  Lebrun's  über 
die  Eireife  der  Urodelen,  Angaben  für  welche  sich  auch  Fick  (1899)  neuer- 
dings mit  aller  Bestimmtheit  ausgesprochen  hat.  Aus  dem  anfangs  einheit- 
lichen Chromatingerüst  der  Kerne  der  jungen  Eizellen  (Fig.  1681)  sollen 
hie  und  da  einzelne  Chromatinanhäufungen  (II)  hervorgehen,  die  „p  r  i  m  ä  - 
ren  Nucleoli"  (=Karyosomen).  Ausnahmsweise  soll  sogar  der  ganze 
Faden  in  Nucleoli  umgewandelt  werden.  Die  Regel  jedoch  ist,  daß,  nach- 
dem die  primären  Nucleoli  nach  der  Peripherie  gewandert  sind,  der  Rest 
des  Chromatingerüstes  sich  in  eine  feinkörnige  Masse  verwandelt  (Magma). 
Die  Züge  dieser  feinkörnigen  Masse  sind  es,  welche  von  Born  als 
Chromatinstränge  gedeutet  werden ;  sie  gehen  ganz  verloren,  indem 
ihre  Körnchen  zum  Teil  sich  auflösen,  zum  anderen  Teil  nach  der 
Peripherie  wandern  und  hier  kleine  Anhäufungen  bilden,  die  sich  zu 
sekundären  Nucleoli  verdichten  (III).     Schließlich  ist  alles  Chromatin  in 


Eireife  und 


Befruchtung. 


513 


den  Xucleoli    (primären   und   sekundären  N.)   enthalten,    während    die 
inneren  Partien  des  Kernes  von  einem  durchaus  achromatischen  Kern- 


eingenommen 


lange 


gerüst 

an  vorhanden, 
Zeit  aber  durch  das 
in  ihm  ausgebreitete 
Chromatin  mehr  oder 
minder  verdeckt  ge- 
wesen. Chromosomen 
sind  um  diese  Zeit 
nicht  zu  finden,  die 
Kontinuität  der  Chro- 
mosomen somit  sicher 
unterbrochen  ;  alles 
Chromatin  des  Kernes 
ist  in  den  Kucleoli 
enthalten. 

Die  von  Born 
auf  späteren  Stadien 
beschriebenen  und  als 
persistierende  Chro- 
mosomen gedeuteten 
Figuren    wurden    von 


werden.      Das 


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Fig.  169.  Keimbläschen  eines  0,S  mm  großen  Eies. 
NucleoH  wandern  in  das  Centrum  und  wandeln  sich 
m  chromatische  Fäden  um,  Vergr.  180;  daneben  einer 
der  l'laschenbürstenartigen  Fäden  stärker  vergrößert. 


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Carnoy  auch  1)eobach- 
tet,  aber  für  Abkömm- 
linge der  Nucleoli  er- 
klärt. Letztere  sollen 
von  der  Peripherie  in 
die  inneren  Partien  des 
Keimbläschens  über- 
wandern und  hier  eine 
merkwürdige  Um- 
wandlung erfahren,  die 
nach  den  einzelnen 
Species  und  je  nach 
den  Entwickelungszu- 
ständen  in  einer  prin- 
zipiell bedeutungs- 
losen Weise  modifi- 
ziert sein  kann.    Bald 

soll  das  Chromatin  auf  dem  Kernnetz  in  mehreren  breiten  Fortsätzen 
(pattes  d'oie),  oder  in  schlaugenartigen  Fäden  (Chroraatinfäden  Born's), 
oder  in  Form  der  oben  schon  besprochenen  Flaschenbürsten  (goupillons) 
auswachsen.  Dadurch  wird  immer  dasselbe  erreicht,  Verteilung  der 
Nukleolensubstanz  in  feine  Chromatinkörnchen,  die  zum  Teil  aufgelöst 
werden,  zum  Teil  in  der  Kernperipherie  sich  von  neuem  sammeln 
und  abermals  zu  Nucleoli  werden,  welche  heranwachsen,  um  nach 
einiger  Zeit  das  Schicksal  der  früheren  Nucleoli  zu  erleiden.  So  sollen 
mehrere  Generationen  von  Nukleolen  entstehen  und  immer  wieder 
aufgelöst  werden.  Demnach  sind  auch  die  Chromatinfäden  Born's 
keine  dauernden  Gebilde,  sondern  Organisationen,  die  periodisch 
kommen  und  gehen.  Häufig  entwickeln  sich  aus  einem  Nucleolus 
2  Fäden,    die   dann    sich  umeinander  schlingen,  ohne  daß  man  jedoch 


Fig.  170. 
Ansammlung 
zu  einem 
Lebrux. 


Keimbläschen  eines  1,0  mm  großen  Eies. 

der  Nucleoli  im  Innern  des  Keimbläschens 

Haufen.      Beide  Figuren    nach  Caexoy    und 


ein   Recht  hätte,    dieser 

Handbuch  der  üntwickelungslehre. 


keinesw'egs 


konstanten 


Paarung 


der  Fäden 


33 


514 


R.  Hertwig, 


besondere  Bedeutung  zuzuschreiben.  Wenn  nun  die  Eireife  naht  und 
das  Keimbläschen  die  schon  von  früheren  Forschern  beobachtete  Ver- 
lagerung nach  dem  animalen  Pol  erfährt,  erfolgt  die  centripetale  Wan- 
derung der  letzten  Generation  von  Nucleoli .  die  einen  centralen 
Haufen  bilden.  Von  den  vielen  hundert  Nucleoli  werden  auch 
jetzt  wieder-  die  meisten  aufgelöst,  ein  verhältnismäßig  kleiner  Teil 
—  derjenige,  welcher  in  die  Wirkungsphäre  der  neu  entstehenden 
Richtungsspindel  gerät  —  wird  zum  Aufbau  von  Chromosomen  ver- 
wandt, welche  ähnlich,  wie  es  schon  Oscar  Schultze  (lH8(i)  gethan 
hatte,  aus  den  Nucleoli  abgeleitet  werden.  Die  Umformung  der  Nu- 
cleoli beginnt  im  Centrum  des  Haufens  und  schreitet  von  da  nach 
der  Peripherie  vor. 


4fr 


Fig.  171.    Verschiedene  Stadien  der  Umbildung  des  Keimbläschens  zur  Richtungs- 
spindel von  Tritoneieru  (nach  Carnoy  und  Lebrün). 


Eireife  und  Befruchtung.  515 

Noch  bevor  es  zur  Bildung  der  Spindel  kommt,  wird  die  Membran 
des  Keimbläschens  aufgelöst;  ein  Teil  des  Kernnetzes  verdichtet  sich  — 
Centralkör])er  Born's  —  was  oft  in  unmittelbarer  Nachbarschaft  einer 
Vakuole  sich  vollzieht,  wie  solche  überhauj)!  im  Material  des  Keim- 
bläschen zur  Entwickeluug  kommen.  Die  verdichtete  Partie  des  Kern- 
netzes wird  zur  Spindel,  indem  die  Faserzüge  zum  Teil  nach  zwei 
entgegengesetzten  Enden  orientiert  werden,  zum  Teil  —  die  zu  den 
ersteren  quer  gerichteten  —  resorbiert  werden.  An  den  Enden  der 
Spindel  entstehen  Strahlungen,  auch  diese  aus  Umbildung  des  Kern- 
netzes.     Centrosomen  sind  nicht  vorhanden. 

[Seit  der  Drucklegung  des  vorliegenden  Manuskriptes  sind  Carnoy 
und  Lebrun  (1000)  noch  einmal  ausführlich  auf  die  Besprechung  des 
Amphibieneies  zurückgekommen  und  nach  dem  Tode  Carnoy's  in 
allerneuester  Zeit  Lebrun  (1902)  allein  in  zwei  weiteren  Veröffent- 
Hchungen.  Die  von  den  belgischen  Gelehrten  gemeinsam  verfaßte  Ab- 
handlung, welche  aber  auch  erst  nach  dem  Tode  Carnoy's  erschienen 
ist,  behandelt  Alytcs  obstetricims,  Bomhinator  igneus,  Biifo  calamita  und 
Bufo  vulgaris,  ferner  liana  temporaria ;  die  beiden  anderen  Abhand- 
lungen beziehen  sich  auf  die  kalifornische  Tritonform  Biemyciylus 
torosiis  und  bringen  Nachträge  zu  den  früheren  Untersuchungen  über 
Rana  tempornria,  Bufo  vulgaris ;  zeitlich  fällt  die  erste  Abhandlung 
früher  als  die  weiter  unten  im  Nachtrag  referierte  Untersuchung 
Helen  King's,  die  beiden  anderen  später. 

In  allen  wesentlichen  Punkten,  namentlich  in  allen  Differenz- 
punkten zu  Born,  halten  die  belgischen  Forscher  ihre  frühere  Auf- 
fassung aufrecht;  die  neueren  Untersuchungen  haben  hauptsächlich 
den  Zweck,  die  Modifikationen,  welche  der  Reifungsprozeß  je  nach  den 
einzelnen  Arten  erfährt,  klar  zu  macheu.  Dieselben  beziehen  sich  auf  das 
Verhalten  der  Nucleinbestandteile  und  des  Kerngerüsts.  Bei  Bufo 
vulgaris  unterbleibt  die  Auflösung  des  chromatischen  Knäuels  in  das 
feinkörnige  Magma;  es  bildet  sich  vielmehr  sofort  eine  einheitliche,  nuk- 
leolenartige  Masse.  Bei  den  der  Richtungsspindel  unmittelbar  voraus- 
gehenden Reifeerscheinungen  werden  bei  allen  Krötenarten  die  um 
diese  Zeit  in  großer  Zahl  vorhandenen  Nucleoli  frühzeitig  aufgelöst, 
seltener  in  das  Protoplasma  ausgestoßen,  so  daß  nur  die  für  die  8 
Chromosomen  bestimmten  übrig  sind  (Fig.  172—174).  Umgekehrt 
yerschmelzen  bei  den  Fröschen  die  Nucleoli  zu  großen,  vakuolisierten 
Chromatinklumpen,  welche  zur  Zeit  der  Reifung  noch  alle  vorhanden 
sind  und  entweder  infolge  der  Auflösung  der  Kernmembran  in  das 
Protoplasma  geraten,  um  resorbiert  zu  werden,  oder,  was  seltener 
vorkommt,  aus  dem  Keimbläschen  ausgestoßen  werden.  Die  Tri- 
tonen  vermitteln  zwischen  diesen  Extremen,  indem  zwar  ein  Teil 
der  Nucleoli  frühzeitig  resorbiert  wird,  andere  dagegen  zu  vakuoli- 
sierten Massen  verschmelzen,  welche  ausgestoßen  werden.  Lebrun 
bringt  dieses  verschiedene  Verhalten  mit  der  weiter  unten  zu  besprechen- 
den verschiedenen  Geschwindigkeit  der  Eireife  in  Zusammenhang  und 
erklärt  diese  wieder  aus  der  Struktur  der  Ausführwege,  welche  bei 
Tritonen,  besonders  aber  bei  Kröten  ungeeignet  seien,  die  Eier  länger 
zu  beherbergen,  bei  Fröschen  und  Unken  dagegen  eine  für  längeren 
Aufenthalt  berechnete  Ausweitung  (Uterus)  besitzen. 

Bei  der  Schilderung  der  Umldlduug  des  Keimbläschengerüsts 
legt  Lebrun  (1902)  großen  Wert  darauf,  in  welcher  Weise  die  Kern- 
niembran  zur  Auflösung  gelangt:  bei  den  Fröschen  soll  die  Re- 
sorption auf  der   nach   dem   Centrum   gew^andten  Seite   beginnen,   bei 

33* 


516 


R.  Hertwig, 


Kröten  und  Tritonen  am  peripheren  Ende.  Vor  allem  aber  erfahren 
wir  in  den  hier  referierten  3  belgischen  Arbeiten  einige,  wenn  auch 
ungenügende,  so  doch  etwas  ausführlichere  Angaben  über  merkwüi'dige 
Strahlungserscheinungen,  welche  kurz  vor  der  Auflösung  des  Keim- 
bläschens an  diesem  bemerkbar  werden.    Sie  wurden  auch  von  Helen 


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Fig.  172. 


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Fig.  173. 


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Fig.  174. 


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Fig.  172.  Axialschnitt  eines  Ovarialeies  eines  gepaarten  Tieres  von  Bufo  vul- 
garis. 

Fig.  173.     Aequatorialschnitt  durch  das  in  Auflösung  begriffene  Keimbläschen. 

Fig.  174.  Schnitt  durch  das  Ovarialei  eines  gepaarten  Tieres,  Kern  in  Auf- 
lösung, mo  Eimern bran.  n  Chromatin-Nukleolen.  r  strahUg  angeordnetes^Kern- 
netz.     ev  Dotterhohlräume.     (Fig.  172—174  nach  Lebrun.) 


King  (cfr.  unten)  an  den  Eiern  von  Bufo  lentiginosus  beschrieben. 
An  den  Eiern  von  Rana  temporaria  und  Bufo  vulgaris  wurde  von 
Lebrun  eine  starke  Strahlung  aufgefunden,  welche  auf  der  nach  dem 
Centrum  gewandten  Seite  des  Keimbläschens  ihren  Sitz  hat  und  bei 
den  Fröschen  von  einer  der  Kernmembran  dicht  angefügten  lichten 
Partie  aus  wie  ein  Nordlicht  in  die  Umgebung,  also  nach  den  inneren 
Partieen  des  Eiplasmas  ausstrahlt.     Anfangs  ist  das  Kernreticulum  in 


Eireife  und  Befruchtung.  517 

seiner  Anordnung  unverändert,  später  aber  konverfjieren  seine  Fasern 
nach  dem  Strahlencentruni,  und  dehnt  sicli  die  Strahlung  sogar  auf  das 
zwisclien  Eiobertiäche  und  Kern  gelegene  Plasma  aus.  Wie  bei  den 
Fröschen,  so  muß  auch  bei  den  Kröten  ein  Zustand,  auf  welchem  das  sub- 
nukleäre  Protoplasma  an  der  Strahlenfigur  Anteil  hat,  sicher  existieren,  er 
scheint  Carnoy  und  Lebrun  entgangen  zu  sein;  sie  bilden  Figuren  ab, 
die  wohl  sicher  zum  Teil  früher,  zum  Teil  später  in  die  Entwickelung 
einzureihen  sind,  als  das  vom  Frosch  soeben  besprochene  Stadium.  Ein 
früheres  Stadium  erblicke  ich  in  bruchsackartigen  Ausstülpungen  des 
Kernes,   welche  mit  auf- 

gelöster    Nukleolarmasse  „^i^^^-Tr^r..- .^  ^       .--^'^^ 

erfüllt  sein  sollen  und  an  ^^0^:o;:':\'        ;•- >^?^?^5^^^"x    ;    . 

der  Stelle  liegen,  welche  |?^;?  ••  ■  ■■^■" -l"^^- W^ 

dem     Ausstrahlungscen-  .j         ^     »■'■" 

trum    beim    Frosch    ent-  .;.,      "  '^  ®    , 

spricht.     In  dieser  Weise  .■^H■V)  "   -^  ^%  c»^      5 


scheint  eine  die  Ausstrah-       ^    •  ;  v^  J9m^     n,        ® 

hing  hervorrufende  Masse 


pf.-- 


erzeugt  zu  werden,  ahn-  ^'^^^i  ;  o      » 

lieh  wie  das  Centrosoma  -     v  ö -0  o^  fl*  ^fl'i^ 

in  den  Cysten  von  Actino-  ^.mA''-^^':W-'-';^^ 


•_: V 


sphaerium  und  am  Keim- 


bläSChen    von    Asteracau-  pig.   175.      j^^na  temporaria.      Schnitt   durch 

thion  entsteht.      Auf  spä-  das  Keimbläschen  eines  Leibeshöhleneies,    pf  Si^in- 

teren  Stadien  bilden  auch  delankge.    n  Nukleolen.   ;•  Dottereinschlüsse  (nach 

Carnoy  und  Lebrun  eine        Lebeun). 

derartige  Masse  in  Form 

einer  bikonvexen  Linse   ab,   welche   aber  merkwürdigerweise   nur   auf 

die  strahlige  Anordnung   des  Kernnetzes  Einfluß   gewinnt,   aber  nicht 

auf  das  Protoplasma  (Fig.  172 — 174). 

Aus  dem  strahlig  angeordneten  Kernnetz  entsteht  allmählich  die 
Spindelanlage,  die  „plage  fusoriale''.  Sie  wird  für  Rana  temporaria 
—  abweichend  von  anderen  Amphibien  —  als  ein  scharf  abgegrenzter 
ovaler  Körper  abgebildet,  in  welchem  die  für  die  Entwickelung  der 
Chromosomen  bestimmten  Nucleoli  eingeschlossen  sind.  Die  Fasern 
der  Spindel  sollen  an  den  Polen  umkehren  und  in  rückläufige  Fasern 
übergehen,  so  daß  mau  fast  an  einen  einzigen  aufgewickelten  Faden 
denken  könnte.  Bei  allen  Richtungsspindeln  der  Amphibien  sollen 
Strahlungen  nur  vorübergehend  auftreten,  zur  Zeit  der  Aequatorial- 
platte;  später  sollen  sie  wieder  schwinden  (Fig.  175). 

Bei  den  L^rodelen  scheint  die  von  Frosch  und  Kröte  beschriebene 
Plasraastrahlung  nie  so  ausgeprägt  zu  sein,  sofern  sie  nicht  etwa  über- 
sehen worden  ist.  Wenn  auch  Lebrun  von  analogen  Zuständen  bei 
Ur  od  eleu  spricht,  so  beziehen  sich  doch  seine  Hinweise  immer 
auf  vorgerücktere  Stadien,  auf  denen  zwar  Andeutungen  von  Strah- 
lungen zu  erkennen  sind,  das  Keimbläschen  aber  sich  schon  in  voller 
Auflösung  befindet. 

In  dem  Streit  zwischen  Born  und  Carnoy  über  die  Persistenz  der 
Chromosomen  hat  in  allerletzter  Zeit  Lubbosch  (1902)  eine  Entscheidung 
herbeizuführen  versucht.  Da  er  von  der  Ansicht  ausging,  daß  die  erheb- 
lichen Differenzen,  welche  im  Beobachtungsteil  der  Arbeiten  zwischen 
Carnoy  und  Lebrun  einerseits,  Born  andererseits  bestehen,  nur  durch 
die  Verschiedenheit  der  von  ihnen  benutzten  Untersuchungstechnik  be- 
dingt  sein   könne,   prüfte  er  die  Zuverlässigkeit  der  zur  Verwendung 


518  .         R.  Hertwig, 

gelangten  Konservierungs-  und  Farbe-Verfahren  und  kam  dabei  zu 
dem  Resultat,  daß  die  von  Born  seiner  Zeit  angewandte  Chromsäure 
die  Strukturen  zwar  ausgezeichnet  konserviert,  aber  ihre  Färbbarkeit 
in  hohem  Grade  beeinträchtigt,  so  daß  man  namentlich  vom  Schicksal 
der  Nukleolen  nur  sehr  unvollständige  Kunde  erhält.  Bei  Anwendung 
sicher  wirkender  Färbemethoden  konnte  Lubbosch  wie  schon  früher 
FiCK  die  CARNOY-LEBRUN'scheu  Befunde  von  Nukleolen,  welche  sich 
in  der  verschiedensten  Weise  in  Fäden,  Stränge  und  Gerüste  auflösen, 
bestätigen.  Er  konnte  ferner  bestätigen,  daß  die  Nukleolen  einen 
großen  Teil  des  dem  Keimbläschen  zukommenden  Chromatins  ent- 
halten und  daß  auch  zur  Zeit  der  Genese  der  Richtungsspindel 
Nukleolen  am  Aufbau  der  Chromosomen  beteiligt  sind.  Dagegen 
konnte  er  keine  Stadien  finden,  auf  denen  alles  Chromatin  in  den 
Nucleolen  festgelegt  und  keine  Chromosomen  vorhanden  gewesen 
wären.  Damit  wird  die  Persistenz  der  Chromosomen,  wie  sie  Rückert 
und  Born  behauptet  haben,  wahrscheinlich,  in  der  Weise,  daß  „zu 
Zeiten  die  in  ihnen  enthaltene  Substanz  teilweise  in  Nukleolen  über- 
geht, um  nach  bestimmten  Umwandlungen  wieder  in  fädiger  Form 
dem  Kerninhalt  zugeführt  zu  werden''.  Lubbosch  unterscheidet  dem- 
gemäß in  der  chromatischen  Substanz  „zwei  Bestandteile,  von  denen 
der  eine  der  zu  ernährende,  der  andere  der  ernährende  ist  und  die  man 
als  idioch romatische  und  trophochr omatische  Substanz  be- 
zeichnen könnte,  die  jedoch  flüssig  ineinander  übergehen."] 

Wenn  das  Keimbläschen  der  Amphibien  an  die  Obertläche  empor- 
steigt, bildet  sich  an  gehärtetem  Material  in  der  Nachbarschaft  desselben 
ein  von  körniger  Masse  erfüllter  Raum.  Derselbe  wird  vielfach  nur  für 
ein  Kunstprodukt  erklärt,  hervorgerufen  durch  Schri;mpfung  infolge  der 
Reagentienbehandlung  (0.  Hertwig,  Bambeke,  Carnoy).  Andere  halten  den 
Raum  für  ein  natürliches  Vorkommnis,  die  körnige  Masse  für  geronne- 
nen Kernsaft,  der  aus  dem  schrumpfenden  Keimbläschen  ausgetreten  sei 
(GoETTE,  Oscar  Schultze,  Fick,  Helen  King).  Lbbrun,  der  Mitarbeiter 
Caknoy's,  ist  von  der  1900  (p.  255)  noch  aufrecht  erhaltenen  Auffassung,  daß 
der  von  0.  Schultze  im  Umkreis  des  Keimbläschens  beschriebene  Kernsaft 
ein  Kunstprodukt  sei,  durch  seine  Untersuchungen  an  Dierriyctylus  (1902, 
p.  19)  zurückgekommen.  Er  nimmt  an,  daß  bei  der  Nukleolenauflösung 
während  der  Reife  Paranukleinsäuren  frei  würden,  welche  'durch  eine 
Kontraktion  des  Kernnetzes  samt  dem  Kernsaft  ausgestoßen  würden. 
Dieses  Enchylem  erstarre  beim  Kontakt  mit  dem  Protdplasma  zu  einer 
homogenen  in  Reagentien  stark  gerinnenden  perinukleären  Masse.  — 
Auf  frühen  Stadien  der  Entwickelung  zeigt  der  Kern  oft  Fortsätze, 
die  in  den  Dotter  ausstrahlen.  Auch  diese  werden  vielfach  als  Kunst- 
produkte gedeutet,  von  anderen  als  amöboide  Ausläufer,  welche  das  Keim- 
bläschen in  den  umgebenden  Dotter  aussendet.  —  Was  den  Inhalt  des 
Keimbläschens  anlangt,  so  wird  keineswegs  die  Existenz  eines  Karyo- 
plasmas  oder  achromatischen  Kernnetzes  allgemein  zugegeben.  Vielfach 
wird  außer  den  Nukleolen  und  Chromosomen  nur  noch  eine  bei  Rea- 
gentienbehandlung Gerinnungsfiguren  liefernde  Flüssigkeit  angenommen 
(Oscar  Schultze,  Grünroos  1805,  Jordan,  Eycleshymer  1895).  —  Für 
die  Forscher,  welche  keinen  Zusammenhang  der  Chromosomen  mit  den 
Nucleoli  annehmen,  ergeben  sich  Schwierigkeiten,  die  enorme  Entwickelung 
derselben  an  Masse  und  Zahl  zu  erklären.  Jordan  vergleicht  sie  den 
Macronuclei  der  Infusorien  und  deutet  sie  somit  als  Teile,  welche  dem 
lebhaften  Stoffwechsel  der  Eizelle  vorstehen,  gleichsam  als  „somatische 
oder  ovogene  Kerne".     Die  gleiche  Erklärungsweise  verwendet  Born,  um 


Eireife  und  Befruchtung.  519 


■■& 


die  starke  Entwickelung  der  Chromatinschleifen  verständlich  zn  machen; 
er  führt  die  mit  ihr  zusammenhängende  i'einere  Verteilung  des  Chromatins 
darauf  zurück,  daß  sie  den  Stoffwechsel  der  Zelle  beherrschen.  Die  Art, 
in  welcher  Carnov  das  Chromatin  seine  Anordnung  wechseln  und  bald 
in  Form  von  Nukleolen,  bald  in  feiner  Verteilung  auftreten  läßt,  würde 
Born's  und  Jokdan's  Anschauungen  vereinen  und  Aussicht  eröffnen,  für 
die  eigentümlichen  Umwandlungen  des  Keimbläschens  in  dotterreichen 
Eiern  Verständnis  zu  gewinnen. 

Wir   sind  jetzt   bei   dem    Zeitpunkt  angelangt, 
auf  welclieni  die  Eier  aus  dem  Ovar  in  die  Leibes-           "~ 
höhle   übertreten.     Wenigstens   hat   man    bei    allen 
Ürodehu  {Tritonen:    Born,    Carnoy  und  Lebrun, „ 


Fig.  17G.     Äxolotl-YÄ,  vom  oberen  Pol  gesehen,     a  Fovea 
germinativa  (nach  Van  Bambeke).     Vergr.  l.ö. 

AxoloÜ:  Fick),  die  man  bisher  untersucht  hat,  die  Bauclihöhleneier 
auf  dem  Stadium  der  1.  Richtungsspindel  angetroffen.  Ueber  die 
Anuren  ist  nichts  bekannt,  mit  Ausnahme  einer  Angabe  von  Oscar 
ScHULTZE,  der  in  Eierstockseiern  einer  vom  Männchen  umklammerten 
Biifo  variahilis  eine  sehr  kleine  Richtungsspindel  fand,  eine  Angabe, 
die  es  wahrscheinlich  macht,  daß  bei  Änunn  dieselben  Verhältnisse, 
jedenfalls  keine  großen  Differenzen  im  Vergleich  zu  den  Urodelen 
bestehen. 

Alle  Leibeshöhleneier  zeigen,  besonders  deutlich  bei  Urodelen,  die 
oben  schon  kurz  erwähnte  lichte  Stelle  inmitten  der  dunkel  pigmen- 
tierten Eihäute.  Innerhalb  der  hellen  Stelle  ist  ein  scharf  umschriebener 
weißer  Fleck  (die  Fovea  germinativa  M.  Schultzens)  und  inmitten 
dieses  wieder  ein  mit  bloßem  Auge  kaum  wahrnehmbarer  schwärzlicher 
Punkt.  Letzterer  bezeichnet  den  peripheren  Pol  der  Piichtungsspindel, 
um  den  sich  spärliches  Pigment  angehäuft  hat.  Der  weiße  Fleck  muß 
auf  die  Spindel  selbst  und  das  die  Spindel  umhüllende  pigment-  und 
dotterfreie  Protoplasma  bezogen  werden.  Die  lichte  Stelle  ist  wohl 
noch  eine  Folge  davon,  daß  das  aufsteigende  Keimbläschen  das  Pig- 
ment auseinander  drängte,  daß  nach  der  Auflösung  des  Keimbläschens 
die  Dotterplättchen,  nicht  aber  das  Pigment  in  das  früher  vom  Kern 
eingenommene  Gebiet  eindringen  konnten  (0.  Schultze). 

Etwas  einfacher  verhält  sich  die  Fovea  germinativa  der  Anuren. 
Bei  Rana  escidenta  ist  sie  eine  lichte,  ziemlich  umfangreiche  Stelle. 
Bei  Eiern,  welche  sich  durch  besonders  starke  Pigmentierung  aus- 
zeichnen, ist  die  lichte  Pai'tie  in  entsprechendem  Maße  eingeengt,  so 
daß  sie  z.  B.  bei  Bana  tempornria  (0.  Schultze)  und  Pelohates  fuscus 
(v.  Bambeke)  wie  ein  weißer,  nur  mit  der  Lupe  erkennbarer  Punkt 
aussieht. 

[Den  Ausdruck  „Fovea  germinativa"  gebrauchen  Carnoy  und  Le- 
brun (1900)  und  später  Lebrun  (1902)  in  einem  ganz  anderen  Sinne 
als  M.  Schultze  und  die  oben  genannten  Autoren.  Der  Ausdruck 
dient  ihnen  zur  Bezeichnung  einer  Vertiefung,  welche  in  der  letzten 
Periode  der  Eireifung  am  animalen  Pol  auftritt  und  in  einer  korre- 
spondierenden Vertiefung  des  Keimbläschens  zum  Ausdruck  kommt; 
sie  ist  eine  mit  der  Eireife  schwindende  Struktur,  während  die  Ci- 
catricula  von  Prevost  und  Dumas,  die  Fovea  M.  Schultze's  erst 
bei  der  Reifung  auftritt  und  bis  in  die  ersten  Stadien  der  Furchung 
sich  erhalten  kann.] 


520  R.  Hertwig, 

In  der  geschilderten  Beschaffenheit  gelangt  das  Ei  in  den  Ovidukt. 
Während  es  denselben  passiert,  wird  der  erste  Riclitun  gskörper 
abgeschnürt.  Bei  Tritouen  und  wahrscheinlich  allen  ürodtkn  erfolgt 
dieser  Vorgang  in  der  ersten  Hälfte  des  Oviduktes  und  ist  in  der  Mitte 
desselben  abgeschlossen  (Carnoy  und  Lebrun).  Da  individuelle  Ver- 
schiedenheiten bei  Eiern  eines  und  desselben  Tieres  vorkommen,  ist 
eine  genauere  Zeitangabe  nicht  möglich.  Dagegen  ist  es  unwahr- 
scheinlich, daß  unter  normalen  Verhältnissen  die  Variationsbreite  so 
bedeutend  ist,  um  Born's  Angaben  zu  erklären,  welcher  die  Bildung 
des  1.  Richtungskörpers  bei  Tritonen  in  die  untere  Hälfte  des 
Oviduktes  verlegt.  Es  ist  das  um  so  unwahrscheinlicher,  als  die  über 
andere  Urodeleu  vorliegenden  Angaben  die  Darstellung  Carnoy's  be- 
stätigen. So  kam  Jordan  bei  Biemyctylus  virideseens  zum  Resultat, 
daß  die  Bildung  der  2.  Richtungsspindel  in  der  Mitte  des  Oviduktes 
schon  abgeschlossen  ist.  Nach  Fick  sollen  die  Eier  des  AxoloÜ  ihren 
1.  Richtungskörper  im  oberen  Abschnitt  des  Eileiters,  vielleicht  sogar 
schon  beim  Passieren  der  Leibeshöhle,  abschnüren. 

Eine  weitere  Teilung  des  1.  Richtungskörpers  in  zwei  Stücke,  wie  sie 
bei  wirbellosen  Tieren  öfters  vorkommt,  ist  bei  den  Amphibien  Skui^erst  selten. 
EiCK  beobachtete  sie  einmal  bei  Äxolotl-'Eiievn.  Dagegen  scheint  es  öfters 
vorzukommen,  daß  der  Kern  allein  sich  teilt  und  so  ein  zweikeruiger 
Richtungskörper  entsteht. 

Wie  beim  Ampliioxus  und  den  Cyclostomen  tritt  nach  Abschnüruug 
des  1.  Richtungskörpers  und  Regeneration  der  Richtungsspindel  eine 
Ruhepause  ein.  Die  Bildung  des  zweiten  Richtungskörpers 
vollzieht  sich  erst  nach  Eintritt  der  Befruchtung;  sie  erfolgt  daher  kurze 
Zeit  nach  der  Ablage  des  Eies.  Die  gleichen  Verhältnisse,  wie  wir 
sie  hier  für  die  eierlegenden  Urodeleu  kennen  gelernt  haben,  scheinen 
auch  allen  Anuren  zuzukommen.  Dafür  spricht  die  Beobachtung 
0.  Schultzens,  daß  man  V2  Stunde  nach  der  Befruchtung  der  Eier 
bei  Rana  temporarid  mit  der  Lupe  verfolgen  kann,  wie  der  2.  Rich- 
tungskörper abgeschnürt  wird,  so  daß  nunmehr  auf  dem  schwarzen 
Grunde  des  animalen  Poles  2  w^eiße  Körperchen  liegen.  Das  sind 
die  Richtungskörperchen,  welche  von  manchen  Autoren,  wie  z.  B. 
VAN  Bambeke  (1870),  mit  den  später  zu  besprechenden  Befruchtungs- 
fiecken  verwechselt  worden  sind. 

Wenn  nach  der  Bildung  des  2.  Richtungskörpers  der  Eikern 
entsteht  und  in  die  Tiefe  rückt,  schwinden  die  Bedingungen  für  die 
charakteristische  Zeichnung,  welche  das  in  die  Oberfläche  des  Eies 
eingefügte  periphere  Ende  der  Richtungsspindel  hervorruft.  Bei 
Urodeleri  schwindet  daher  der  intensiv  w^eiße  Fleck  mit  seinem  pig- 
mentierten Centrum.  Dagegen  kann  sich  der  umgel)eude  lichte  Hof, 
welcher  durch  Verdrängung  des  Pigments  beim  Aufsteigen  des  Keim- 
bläschens hervorgerufen  wurde,  eine  Zeit  lang  noch  erhalten,  bis  die 
Pigmentierung'  das  verloren  gegangene  Areal  zurückerobert.  Bei 
Diermjctylus  (Jordan)  ist  letzteres  schon  2  Stunden  nach  der  Be- 
samung der  Eier  geschehen.  In  anderen  Fällen  erhält  sich  die  Fovea 
länger.  Reste  von  ihr  können  bei  Tritonen  bis  zur  Zeit  der  Zwei- 
teilung (van  Bambeke  1S80),  bei  Rana  esculenta  auf  4  geteilten  (M. 
Schultze),  ja  sogar  8  —  16  geteilten  Eiern  (van  Bambeke)  erkenn- 
bar sein.     Bei  unbefruchteten  Eiern  unterbleibt  die  Rückbildung. 

Während  wir  lange  Zeit  rüclsichtlich  des  xeiÜiclieii  Verlaufs  der 
Reifungserscheinungen  auf  die  wenigen  oben  referierten  Angaben  ange- 
wiesen  ivaren,    sind   wir  neuerdings   durch   die   ausgedehnten    Unter- 


Eireife  und  Befruchtung.  521 

suclmugcn  Lehrun's  über  diese  Frage  in  ausführlicher  Welse  orien- 
tiert. Denselben  xufolge  sind  die  Unterschiede  zwischen  den  einzelnen 
Species  viel  größer,  als  die  obige  Darstellung  vermuten  ließ. 

Bei  Rana  temporaria  und  Bombinat  o  r  igneus  ver- 
,schirindet  der  Kern  um  die  Zeit  des  Platzens  der  Follikel.  Der  erste 
Bichtungskörper  wird  auf  dem  Weg  zum  Uterus  gebildet.  Bei  den 
Triton  en,  bei  denen  die  Eier  nicht  solange  im  unteren  Abschnitt  der 
Geschlecht.'^ n-ege  veru-eilen,  ver.'ichirindet  die  Kernmembran  etwas  früher; 
schon  bei  der  Passage  durch  die  Leibeshöhle  ist  die  erste  Richtungs- 
spindel  fertig  gestellt.  Bei  der  Eiablage,  mit  ivelcher  die  Befruchtung 
zusammenfällt,  ivird  der  zweite  Richtungskörper  abgeschnürt.  Bei 
Bu  fo  V  u  l  g  a  r  i  s  w  e  r  d  en  be  /  de  Rieht  u  n  g  s  k  ö  rp  e  r  noch  i  m 
Ovar  gebildet;  die  reifen  Eier  passieren  dann  rasch  die 
Leibeshöhle  und  die  Aus  führ  wege.  Diese  letxtere  Angabe 
lautet  sehr  befremdlich ;  sie  steht  nicht  nur  in  Widerspruch  mit  unseren 
Kcnutni.^soi  über  den  Zeitpunkt  der  Richtungsmitose  bei  allen  übrigen 
Wirbel fierkla.s.se?i,  sondern  auch  mit  den  von  anderen  Forschern  an 
Kröten  gemachten  Erfahrungen.  Es  wurde  schon  erwähnt,  daß  Schnitze 
bei  KrÖteneierm  ans  der  Leibeshöhle  die  erste  Richtungspindel  fand ;  dieser 
Beobachtung  ist  hinzuzufügen,  daß  Helen  King  (1901)  bei  der  ameri- 
kanischen Kröte  B.  lentiginosus  im  unteren  Ab.schnitte  des  Ociducts 
Eier  mit  der  ziveiten  Richfungsspindel  fand  und  10 — 15  Minuten  nach 
der  Befruchtung  die  Abschnürung  des  ziveiten  Richtungkörpers  fest- 
stellen konnte. 

Wen}i  es  somit  als  Norm  befrachtet  werden  ka/ti/,  daß  der  zweite 
Richtungskörper  erst  nach  der  Befruchtung  gebildet  wird,  so  scheint  es 
doch  vorzukommen,  daß  es  beim  Ausbleiben  der  Befruchtung  gleich- 
wohl zur  Abschnürung  kommi,  wenn  auch  verspätet.  Moszko  wski 
(1901)  berichtet,  daß  bei  unbefruchteten  Froscheievn  der  zweite  Richtungs- 
körper 5 — 6  Stunden  nach  der  Eiablage  auftritt.  Auch  0.  Schnitze 
schildert  die  Bildung  des  zweitot  Richtungskörpers  von  Axolotleiern, 
bei  denen  nach  seiner  Ansicht  die  Befruchtung  ausgeschlossen  ivar, 
}vährend  Fick  ähnliche  von  ihm  beobachtete  Fälle  darauf  zurüch führt, 
daß  die  Sperumtozoen  i)i  die  unpigmentierte  Seite  des  Eies  eingedrungen 
ivaren,  tvo  sie  ohne  befruchtende  Wirkung  abstarben.  Bei  Diemgc- 
tylus  fand  Jordan  an  unhefruchteten  Eiern,  welche  48  Stunden 
vorher  oitleert  waren,  den  zurifen  Rieht uiigskörper   noch  nicht  gebildet. 

Nachdem  wir  so  in  allgemeinen  Zügen  die  Reifeersclieinungeu 
kennen  gelernt  haben,  müssen  wir  etwas  genauer  auf  die  Struktur 
der  Richtungsspindeln  eingehen.  Für  beide  Spmdeln  gilt 
folgendes.  Kurz  nach  ihrer  Bildung  liegen  sie  zunächst  tangential 
und  Stelleu  sich  erst  später  —  die  1.  Riclitungsspindel  ungefähr  um 
die  Zeit,  in  welcher  der  Austritt  der  Eier  aus  dem  Ovar  vorbereitet 
oder  vollzogen  wird,  nach  Born  sogar  erst  im  Eileiter  —  in  einen 
Radius  ein..  An  ihren  Enden  wurden  bisher  noch  von  keinem  Forscher 
Centrosomen  beobachtet,  wohl  aber  bei  den  Tritonen  wenigstens 
zur  Zeit  der  Aequatorialplatte  deutliche  Polstrahlungen  (Carnoy, 
Born,  Lebrun),  während  beim  Axolotl  auch  diese  vermißt  wurden 
(0.  ScHULTZE,  Fick).  Ueber  das  Verhalten  der  Chromosomen  haben 
Carnoy  und  Lebrun  genauere  Angaben  gemacht.  Denselben 
zufolge  würde  bei  Tritonen  ein  merkwürdiger  Fall  von  Tetraden- 
bildung  gegeben  sein.  Die  Chromosomen  der  ersten  Rich- 
tungsspindel sind  anfänglich  gedrungene  Stäbe,  die  senkrecht 
zum    Faserverlauf   der    Spindel    orientiert   sind;    sie   werden   zunächst 


522 


R.  Hertwig, 


durch  eine  äquatoriale  Spalte  geteilt,  welche  von  der  axialen  Seite  aus 
einschneidet,  das  nach  auswärts  gewandte  Ende  aber  nicht  erreicht.    Die 


biegen  von 


Teilprodukte 
Spindelenden   um    und 
an.     Es    entstehen    so 
ausgehende    longitudinale 
ersten   senkrechte  Teilung, 
angeordnet  ist   und   daher 
das  ungeteilte  Stück   in    2   i 
die    nach    den    Spindelpolen    zu 
über,  ohne  aber  deren  Enden  zu 


dem  ungeteilten  Stück  aus  nach  den  beiden 

schließen   sich   dem  Verlauf  der  Spindelfasern 

2    von    einer    gemeinsamen 

Schenkel.     Nun    beginnt 

welche   in   der  Richtung 

axial    genannt   wird.     Sie 

äquatoriale  Schenkel   und 

gerichteten    longitudinalen 
durchschneiden. 


Chromatinmasse 

eine    zweite    zur 

der  Spindelachse 

trennt    zunächst 

greift   dann   auf 

Schenkel 

Beide   geschilderte 


Teilungen  sind  in  Bezug  auf  das  ursprünglich  gedrungene  Chromosom 
longitudinal  angeordnet.  Bei  der  ersten  Richtungskörperbildung  kommt 
zunächst  die  in  zweiter  Linie  entstandene  axiale  Teilung  zum 


Austrag, 


III 


X- 


Fig.  177.  Erste  Eichtungssi^indel  des  Tritoneies  auf  verschiedenen  Stadien  der 
Ausbildung.  I  Aequatoriale  Spaltung  der  Chromosomen.  II  Zweite  longitudinale 
oder  axiale  Spaltung  der  Chromosomen.  III  Axiale  Spaltung  zum  Abschluß  ge- 
langt,  Tochterchromosomen  gekreuzt  (nach  Carnoy  und  Lebrun). 


indem  die  äquatorialen  Schenkel  auf  Kosten  der  longitudinalen  wachsen, 
bis  diese  schließlich  ganz  in  erstere  einbezogen  werden.  Ist  das  der 
Fall,  dann  schneidet  die  axiale  Teilung  an  den  bisher  verbunden  ge- 
bliebenen Enden  durch.  Die  Teilprodukte,  in  denen  die  äquatoriale 
Spalte  nicht  mehr  zu  sehen  ist,  nehmen  vorübergehend  die  Anordnung 
gekreuzter  Schwerter  an,  ehe  sie  sich  zu  V-förmigen  Chromosomen 
strecken   und   auseinanderweichen.     In    der  Spindel    des   zweiten 

R  i  c  h  t  u  n  g  s  k  ö  r  p  e  r  s  tritt  dann 
von  neuem  die  äquatoriale  Spal- 
tung auf.  Im  weiteren  Verlaufe 
der  zweiten  Richtungsmitose 
wiederholen  sich  dieselben  Bilder 
wie  bei  der  ersten :  man  findet 
gekreuzte,  stabförmige  und  später 
auseinanderw^eichende,  V-förmige 
Tochterchromosomen.  Damit 
w  ä  r  e  z  u  m  ersten  i\I  a  1  e  f  ü  r 
Wirbeltiere  bewiesen,  daß 
in  der  ersten  R i c h t u n g s - 
Spindel  die  Chromosomen 
Teilung     erfahren,     eine,     welche     der 


Fig.  178.  Zweite  Eichtungsspindel  und 
erster  Richtungskörper  (nach  Carxoy  und 
Lebruxj. 


eine     zweifache 


Eireife  und  Befrachtung.  523 

ersten  R  e  i  f  e  t  e  i  1  u  n  g  entspricht,  eine  weitere,  welche 
verfrüht  auftritt  und  der  zweiten  Reifeteilung  ange- 
hört; zugleich  wäre  aber  auch  bewiesen,  daß  beide  Spaltungen  longi- 
tudinal,    die   zugehörigen  Teilungen    somit  Aequationsteilungen  seien. 

(Die  hier  wiedergegebene,  von  Carnoy  und  Lebrun  gemeinsam 
entwickelte  Auffassung  der  Chromosomenteilung  hat  Lebrun  in  seinen 
späteren  Verötfentlichungen  wieder  preisgegeben.  Was  zunächst  die 
Entstehung  der  Chromosomen  aus  den  Nukleolen  anlangt,  so  soll  die- 
selbe in  sehr  mannigfacher  Weise  varieren.  Häufig  seien  so  viel  Nu- 
kleolen  vorhanden,  als  später  Chromosomen,  deren  Zahl  für  Bombi- 
iiator  auf  6,  bei  Biifo  vulgaris  auf  8,  bei  Bana  temporaria  auf  10,  bei 
den  Tritoneri  auf  12  angegeben  wird,  so  daß  jeder  Nukleolus  ein  Chro- 
mosom liefere,  sei  es,  indem  er  sich  in  die  Länge  auszieht,  sei  es, 
daß  er  sich  zu  einem  Ring  aushöhlt  und  durch  Oeffneu  des  Ringes  zu 
einem  U-förmigen  Stück  wird.  Bei  Tritouen  und  Fröschen  komme  es 
aber  auch  vor,  daß  die  Nukleoli  zu  größeren  Massen  verschmolzen 
sind,  aus  denen  dann  die  Chromosomen  nach  einander  herauswachsen. 

Die  vielen  Formen,  welche  die  Chromosomen  auf  dem  Spiudel- 
stadium  entwickeln,  bringt  Lebrun  nunmehr  in  folgende  Reihenfolge. 
Zunächst  streckt  sich  das  Chromosom  in  der  Richtung  der  Spindelfasern 
zu  einem  schlanken  Stäbchen ;  dieses  entwickelt  im  Spindeläquator  nach 
links  und  rechts  flügelartige  Fortsätze,  die  sich  auf  Kosten  des  Haupt- 
körpers vergrößern,  bis  sie  alle  Substanz  desselben  aufgebraucht  haben. 
Dabei  entstehen  die  schon  früher  beschriebenen  Figuren  (die  „oiselles", 
die  Andreaskreuzfiguren)  als  Zwischenstadien,  schließlich  als  p]nd- 
stadium  ein  horizontal  gestellter,  sich  U-förmig  biegender  Stab,  der 
durch  Längsspaltung  zwei  Tochterchromosomen  liefert.  Demnach 
würde  die  verfrühte  Anlage  der  zweiten  Teilung  fehlen.  Auch  bei 
der  zweiten  Richtuugsmitose,  soll  gewöhnlich  eine  Längsspaltung,  selten 
eine  Querteilung  eintreten,  Unterschiede,  denen  Lebrun  keinen  Wert 
beimißt.] 

Weitere  neue  Untersuchungen  über  die  Eireife  der  Amphibien  stam- 
men von  Helen  Dean  King  (1901)  und  behandeln  das  Ei  der 
amerikanischen  Kröte  (Bufo  lentiginosus) .  Die  Verfasserin,  welche 
merkwürdiger  weise  die  umfangreichen  Arbeiten  Carnoy's  und  L  e- 
brun's  nicht  kennt,  schließt  sich  im  Großen  und  Ganzen  der  Dar- 
stellung, welche  Born  von  der  Reifung  des  Tritoneies  gegeben  Jiat, 
an,  hat  aber  nicht  die  gleiche  Vollständigkeit  der  Stadien  erzielt;  sie 
beginnt  mit  dem  Ei  des  zur  Wintcrruiie  sich  anschickenden  Tieres. 
Dasselbe  hat  schon  nahezu  seine  definitive  Größe  (ca.  1  mm)    erreicht 


Fig.  179.  Querschnitt  durch  das  pigmentierte  Ende  eines  Kröteneies;  Keim- 
bläschen im  Aufsteigen  begriffen  mit  der  merkwürdigen  Strahlungsfigur  (hne  of  ra- 
diation)  nach  Helen  King. 


524  R.  Hertwig, 

lind  soll  schon  im  Zirischcm-fnnn  •.ir/srliPii  Ohi'r/läclip  um]  Iliillr  Pm- 
vitclliu  hesitxrii  und  Airar  in  (jlclchcn  Mmi/en  iric  das  reife  Ei,  sodaß 
es  nicht  zulässig  sein  würde,  das  Peririfel/in  auf  den  ausgesto/jeneii 
Kernsaft  des  schwindenden  Keimbläschens  xurückxiifühj'en.  Auf  seiner 
dem  Ki^eninnu  \u<irurindfrn  Seife  ist  das  Keimhläselien  durch  eine 
sicJielförmigc  Masse,  die  wa/irschcinlich  von  modifi-.icrtem  Protoplasma 
gebildet  wird,  vom  Dotter  get?rjint;  es  besitzt  im  Zentrum  einen  von 
zahlreichen  Nucleoli  umlagerten  Haufen  gewundener  Chromosomen,  die 
aus  stabformigen,  hinter  einander  gereihten  cliromatischen  Mikrosomen 
bestellen  und  am  Ende  oft  in  klumpige  Masse  übergehen,  ivie  es  auch 
Carnoy  beschreibt.  Im  Frühjahr  sind  die  Chromosomen  aufgelockert, 
kaum  7ioch  färbbar  und  zeigen  die  von  Born  genauer  beschriebene 
,, Flaschenbürsten" struktur.    Auf  diesem  wie  dem  vorigen  Stadium  sind 

die  Clironwsomen  öfters, 
jedocJi  nicht  stets,  paar- 
iveis  verschlu ngen .  Deut- 
liche paarige  Gruppie- 
rung tritt  erst  ein,  wenn 
die  Chromosomen  sich  zu 
stark  färbbaren  gedrun- 
genen Fäden  verkürzt 
haben;  sie  sind  dann  in 
der  ZaJil  von  12  Paaren 
durch  das  Keimbläschen 
zerstreut,  während  die 
Nucleoli,  welche  nur  zum 
Teil  Chromatin  ent- 
lialten,  der  Rückbildung 
verfallen.  Indem  die 
Kernmembraii  aufgelöst 
wird,  dringen  Granula 
Fig.  180.  Strahhingsfigur  (line  of  radiation)  eines  des  Protoplasma  in  das 
aufsteigenden  Keimbläschens  eines  Kröteneies,  stärker  Keimblä'<chen  ein  Dies 
vergrößert,  (nach  Helen  King).  vollzieht  sich  sehr  früh- 

zeitig zu  einer  Zeit,  in 
der  das  Keimbläschen  nur  die  Hälfte  seines  Wegs  zur  Obe?-fläche  zu- 
rückgelegt hat. 

Für  die  Beobaclitung  der  folgenden  Reifestadien  hat  sich  als  wiclitig 
die  Erfahrung  heran sgesteblt,  daß  die  Eier  von  Kröten,  welche  die 
Winterquartiere  verlassen  hatten,  in  frischem  Wasser  heranreiften,  auch 
wenn  sie  noch  nicht  aus  dem  Ovarium  ausgetreten  waren.  Zu  Beginn 
der  Auflösung  des  Keimbläschens  macht  sich  eine  äußerst  merkwürdige 
Structur  bemerkbar,  die  „line  of  radiation" :  das  von  unten  und  innen 
an  das  Keimbläschen  rvngrenzende  Protoplasma  differenxier't  sich  zu 
einem  Band  von  faseriger  Struktur.  Das  Band  verkürzt  sich  und 
bildet  einen  in  das  Keimbläschen  vorgeirölbten  Bogen,  irelcher  Aus- 
gangspunkt einer  intensiven,  in  das  Keimbläschen  hinein  sicJi  ver- 
lierenden Strahlung  ivird  (Fig.  179,  180).  Auch  a7i  jedem  einzelnen 
Chromosomenpaare  tritt  Strahlung  auf,  in  deren  Ce?itrum  jedoch  kein 
Centrosoma  nachtveisbar  war.  Zuglei cli  verschmelzen  die  Centrosomeu 
eitles  Paares  zu  einem  Ring. 

Aus  der  Radiatio7islinie  entsteht  in  eijier  nicht  genauer  verfolgten 
Weise  die  erste  Richtungsspindel,  deren  Enden  durch  Strahlung,  aber 
keine  Centrosomen  ausgezeichnet  sind.     Beim  Aufsteigen  nach  der  Ei- 


Eireife  und   Befruchtung.  525 

ohrrflächr  rorUrron  sirjf  dir  Pohtrnlilunfjen;  rlie  S]nnrJrl2  lirf/f  (hi- 
Ix'i  mit  ihrer  Länijmchsc  der  ()be//U(clie  jjarallel ;  sie  i)eirinnt  erst 
später    ihre    radiale    Einstellung.      Inzivischen    Jmben    die    Chromo- 


Fie.  181.     Strahlungsfigur  (line  of  radiation)  eines  Kröteneies  in  Umbildung  zur 
Richtun'gsspindel  nach  Helen  King. 


Fig.  182.     Chromosomen  mit  Strahhing  aus  einem  im  Aufsteigen  und  in  Auf- 
ösung  begriffenen  Keimbläschens  eines  Kröteneies  nach  Helen  King. 

somenringe  eben  falls  ihre  Strahlung  eingebüßt;  sie  spalten  sich  der 
Länge  nach  in  Tochterringe  und  jeder  Tochterring  xerfällt  in  xivei 
Halbringe,  so  daß  vorübergehend  48  Chromosomen  vorhanden  sind. 
Die  Zahl  ivird  aber  bald  wieder  reduziert,  indem  sich  die  Hälften  eines 


526  R.  Hertwig, 

Halbringes  ivieder  innig  vereinigen.  Bei  der  Bildung  des  ersten  Rich- 
fffi/gskörprrs,  irelrhe  bei  der  Dnrchirandening  des  Kileiiers  erfolgt,  r Viele a 
die  nuniiielir  V-fünnig  gestcdtetcn  beiden  iStiiclie  eines  Ctironuilinringes 
nach  den  Spindeljjolen  auseinander.  Da  die  zu  einem  Ring  verschmol- 
zenen Chi^omosomen  ivahrsc^ieinlieli  Teilprodukte  eines  MtittercJiro- 
mosoms  sind,  uiire  die  erste  RirJ/tuiu/stril//ug  eine  Aequntionsteiluug. 
Derselbe  Charaldei'  würde  der  ;.  weiten  Rieht u ngshur gohinese  .\uho)nnien, 
da  bei  ihr  die  vorüber  gehe  nel  rüchgängig  gemachte  äquatoriale  Teilung 
der  Chromosomen  zum  Austrug  kommt.  Diese  Darstellung  erinnert 
sehr  an  die  Darstellung,  welche  Carnog  von  der  Teilung  der  (hromo- 
somen  giebt;  wenn  auch  manche  Abweichungoi  im  Eijrxelnen  vor- 
handen sind,  welche  sich  ans  der  Verschiedenartigkeit  des  ünter- 
suchungsmaterials  erklären,  so  herrscht  doch  im  PiinxipieUen  Ueber- 
einstiiiruiung.  —  Die  Bildung  des  zireiten  Ricl/tungskörpers  erfolgt 
10  Minuten  nach  dem  Eindringen  des  Sper))iatoxoons. 

[Wie  Lebrun ,  so  hat  auch  Helen  King  (1902)  ihre  Auffassung 
vom  Verhedten  der  Chromosomen  erheblich  modi fixiert.  Die  ringför- 
7nigen  Chromosomen  mit  ihren  Streüilungen  sollen  rollkon/nw//  ver- 
schwinden; da  auch  die  Nucleoli  sich  aufgelöst  haben,  sei  es  auf  einem 
bestimmten  Staeli um  unmöglich,  sich  von  der  Amvesenheit  von  Chromatin 
im  Kei)nbläsche){  zu  überzeugen.  Erst  ivoui  die  „line  of  radicdion" 
sich  zur  Spindel  unurundele,  ejttwickeln  sich  aus  schwach  färblxrroi 
Körnchen  8 — 20  unregelmäßige  Körper,  aus  denen  die  12  CJtro)/iosoi/wn 
hervorgehen.  Diese  strecken  sich  m  der  Richtung  der  Spindelachse, 
wie  es  Lebrun  angegeben  hat,  dessen  tveitere  Schilderung  der  Chro- 
mosomenteilung von  der   Verfasserin  bestätigt  wird.] 

Wie  schon  erwähnt  wurde,  fällt  in  der  Natur  die  IJef'ruclituiig  der 
Ainpliil>ieiieier  in  die  Zeit  zwischen  erste  und  zweite  Richtungskörper- 
bildung. Versuche,  die  künstliche  Befruchtung  zu  einer  frühei'en 
Periode  vorzunehmen,  ergaben  im  großen  und  ganzen  negative 
Resultate  (Born).  Eier,  welche  oftenbar  ei"st  kürzlich  in  den  Uterus 
übergetreten  waren,  —  die  Hauptmasse  befand  sich  nämlich  in  den  be- 
treffenden Fällen  noch  in  den  Tuben  oder  der  Leibeshöhle  —  ließen 
sich  bei  Rana  temporaria  und  Rana  esculenta  nicht  befruchten;  bei 
Pelohates  fuscus  dagegen  erfuhren  sie  —  offenbar  infolge  von  Poly- 
spermie —  eine  Zerklüftung  in  unregelmäßige  Stücke,  die  sog.  „Ba- 
rockfurchung'',  und  gingen  zu  Grunde.  Bei  Tritonen  entwickeln 
sich  zwar  sowohl  Bauchhöhleneier  als  auch  Eier  aus  den  oberen  Ei- 
leiterabschnitten, aber  nur  bei  Zusatz  von  konzentriertem  Sperma, 
und  auch  dann  trat  die  Eifurchung  um  einige  Stunden  verspätet  ein. 
Wahrscheinlich  blieben  die  Spermatozoen  in  diesen  Fällen  infolge  der 
konzentrierten  Anwendung  lange  am  Leben  und  drangen  erst  ein,  als 
der  1.  Richtungsköri)er  gebildet  worden  war. 

Bekanntlich  sind  die  Amphibieneier  die  ersten  Eier,  für  welche 
das  Eindringen  der  Spermatozoen  beim  Befruchtungsakt,  wenn  auch 
nicht  bewiesen,  so  doch  wahrscheinlich  gemacht  wurde  (Newport  1854.) 
Die  Eintrittsstellen  werden  bei  vielen  Arten  durch  charakteristische 
Pigmentfiguren  bezeichnet,  die  vielleicht  schon  von  Remak  gesehen 
worden  sind,  unter  dem  Namen  „trous  vitellins"  jedoch  zuerst  von 
VAN  Bambeke  (1870)  genauer  beschrieben  und  zu  den  eintretenden 
Spermatozoen  in  Beziehung  gebracht  wurden.  Die  „Empfängnis- 
flecke",  wie  man  die  in  Rede  stehenden  Bildungen  zweckmäßig 
nennt,    da    sie   keineswegs  Löcher   im   Dotter    sind,    werden    bei    den 


Eireife  und  Befruchtung.  527 


meisten  Urodelen  leicht  erkannt,  entweder  mit  bloßem  Auge  oder  bei 
schwacher  Lupenvergrößerung'.  Gewr)]inlich  findet  man  sie  nur  im 
olleren  pigmentierten  Abschnitte  des  Eies  als  dunkle  Pigmentflecke, 
welche  durch  einen  hellen  Hof  vom  umgebenden  lichteren  Pigment 
getrennt  werden.  Seltener  kommen  sie  auch  in  der  unpigmentierten 
Eihemisphäre  vor;  sie  sind  hier  schwieriger  zu  erkennen,  da  sie  nur 
durch  eine  undeutliche  mattgraue  Verfärbung  charakterisiert  sind.  Bei 
allen  genauer  untersuchten   Urodelen  hat   sich   herausgestellt,   daß   die 

Empfängnisflecke  in    größerer  Zahl  vorhanden  sind. 

Beim  Axolotl  fand  Fick   als   höchste   Zahl   9,    van 

1 ^^^^^Bk       Bambeke  sogar  12.      Bei    Diempctylus,    der   nord- 
amerikanischen Tritonart,    schwankt   die  Zahl  nach 

Fig.  183.  Befruchtetes  Ei  vom  Axolotl  mit  EmpfängDis- 
f lecken,  1  innerhalb  der  pigmentierten,  2  innerhalb  der  weißen 
Hälfte  des  Eies  (nach  Bambeke).    Vergr.  15. 

Jordan  zwischen  1 — 13,  das  Gewöhnliche  ist  6^8;  bei  unseren  einhei- 
mischen Tritonen  scheint  die  Zahl  gewöhnlich  geringer  zu  sein  (2 — 3) 
und  selten  auf  12  zu  steigen.  Genaue  Untersuchungen  haben 
zum  Resultat  geführt,  daß  jedem  Empfängnisfleck  ein 
eingedrungenes  Spermatozoon  entspricht,  daß  von  den 
eingedrungenen  Spermatozoen  immer  nur  eines,  das 
H  a  u  p  t  s  p  e  r  m  a  1 0  z  0  0  n  ,  die  Vereinigung  mit  dem  E  i  - 
kern  bewirkt,  die  anderen  zu  Grunde  gehen.  Es  liegt  kein 
Grund  vor,  Eier  mit  vielen  Empfängnisflecken  für  pathologisch  zu  er- 
klären (Michaelis  1897).  Denn  sie  entwickeln  sich  in  ganz  normaler 
Weise  zu  Larven  und  finden  sich  nicht  nur  bei  künstlicher  Befruch- 
tung, sondern  auch  bei  Material,  welches  unter  natürlichen  Be- 
dingungen abgesetzt  wurde.  Da  durch  die  Untersuchungen  von  Grön- 
,  Roos  (1895)  das  Eindringen  vieler  Spermatozoon  auch  für  Salamandra 
maculosa  wahrscheinlich  gemacht  worden  ist,  scheint  bei  Urodelen 
Polyspermie  weit  verbreitet,  wenn  nicht  allgemein, 
V  orzukomm  en. 

Anders  verhalten  sich  die  Änuren.  Die  Eintrittsstellen  der 
Spermatozoen  sind  hier  gewöhnlich  nicht  als  Empfängnisflecke  äußerlich 
gekennzeichnet.  Zwar  beschreiben  Remak  und  van  Bambeke  für  die 
Eier  von  Rana  esculentn  und  Pelobntes  fuscus  außerordentlich  viel 
kleinere  lichte  Stellen,  welche  Bambeke  den  Empfängnisflecken  der 
Urodelen  vergleicht.  Es  scheint  hier  aber  eine  Verwechslung  mit 
den  Richtungskörperchen  vorzuliegen,  welche  auf  dem  dunklen  Unter- 
grund der  stark  pigmentierten  Eier  als  weißliche  Körperchen  trotz 
ihrer  geringen  Größe  auffallend  deutlich  sind  (0.  Schultze).  Wahr- 
scheinlich ist  der  starke  Pigmentreichtum  der  Eier  Ursache,  daß  Ab- 
schattierungen,  wie  sie  den  Empfängnisflecken  der  Urodelen  zu  Grunde 
liegen,  nicht  zustande  kommen.  Hiermit  steht  in  Einklang,  daß 
Born,  welcher  vergeblich  bei  vielen  Änuren  nach  „Empfäugnisflecken"' 
suchte,  Andeutungen  von  ihnen  bei  den  Eiern  von  Pelobates  fuscus 
fand,  welche  schwächer  pigmentiert  sind,  als  es  sonst  h&i  Änuren  zutrifft; 
es  waren  ,,intensiv  schwarze,  unregelmäßig  begrenzte  Flecke  im  dunklen 
Felde,  nicht  am  oberen  Pole". 

Weiterhin  scheint  bei  den  Änuren  unter  normalen  Verhältnissen 
auch  keine  Polyspermie  v  o  r  z  u  k  o  m  m  e  n.  Für  die  am  meisten 
zu    Untersuchungen   benutzten    Arten  (Rana  esculenta,   Rana  arvalis, 


528  R.  Hertwig, 

Unna  temporaria,  ferner  für  Pelobates  fuscus)  kann  es  als  erwiesen 
gelten,  daß  Polyspermie  eine  krankhafte  Erscheinung  ist,  welche  zu 
einer  charakteristischen  abnormen  Entwickelung  der  Eier,  dei'  oben 
schon  erwähnten  Barockfurchung  führt. 

Für  die  Kröten  dagegen  liegen  Angaben  über  physiologische 
P  oly  sp  er  mi  e  vor.  Kupfper  (1882)  hat  an  den  Eiern  von  Bufo  vulgaris 
nnd  B.  variabilis  unter  dem  Mikroskop  verfolgen  können,  daß  anfangs  einige 
Spermatozoen  mit  großer  Leichtigkeit  eindringen,  daß  dann  später  noch 
einige  weitere  unter  großen  Anstrengungen  sich  einbohren,  daß  schließlich 
in  den  Eihüllen  Spermatozoen  zurückbleiben,  denen  sich  Dotterhügel  bis 
zur  Berührung  entgegen  wölben,  ohne  ihnen  jedoch  den  Eintritt  zu  er- 
möglichen. Auf  einem  kleinen  Teil  der  Eioberfläche  konnten  bis  zu  5 
eindringende  Spermatozoen  beobachtet  werden ;  demnach  müßte  die  Poly- 
spermie —  normale  Verhältnisse  vorausgesetzt  —  eine  ganz  enorme  sein. 
Da  indessen  die  Beobachtungen  an  Eiern,  die  mit  dem  Deckglas  bedeckt 
worden  waren,  angestellt  wurden  und  über  ihre  Weiterentwickelung 
nichts  mitgeteilt  wird,  muß  mit  der  Möglichkeit  gerechnet  werden,  daß 
die  Eier  gelitten  hatten.  Diese  Vermutung  liegt  um  so  näher,  als  die 
Untersuchung  der  inneren  Befruchtungsvorgänge  bei  Kröten  in  6  Eällen 
monosperme  Befruchtung  ergeben  hat  (Born  1886).  Ebenso  konnte  festge- 
stellt werden,  daß,  wenn  man  Bufo  vulgaris  (^cinereus)  mitÄ  variabilis  kr enzt, 
in  der  Regel  nur  ein  Spermatozoon  eindringt.  Bei  einem  Teil  der  Eier 
konnten  allerdings  auch  mehrere  Spermatozoen  im  Dotter  nachgewiesen 
werden.  Dies  Ergebnis  hat  jedoch  nichts  Ueberraschendes,  da  es  sich 
allgemein  bei  Anuren  herausgestellt  hat,  daß  Bastardierung  Poh^spermie 
begünstigt.  Wenn  man  nun  weiter  berücksichtigt,  daß  von  den  bastar- 
dierten  Kröteneiern  ein  Teil  sich  normal  entwickelte,  ein  anderer  Teil 
dagegen  unregelmäßige  Mehrfaclifui'chung  erlitt,  wie  sie  im  Gefolge  von 
Polyspermie  auftritt,  so  wird  es  sehr  wahi'Scheinlich,  daß  das  Ein- 
dringen von  mehreren  Spermatozoen  bei  Kröteneiern 
eine  normale  Entwickelung  verhindert. 

Helen  Dean  Kuig  (1901)  ist  bei  ihrer  Untersuchuiu)  der  cnueri- 
kanischen  Kröte  Bnfo  le iiti(/inosiis  ebenfalls  zu  dem  Besultat  ge- 
kommen, daß  unter  normalen  Verliältnissen  nur  ein  Spernmtoxoon 
eindringt  und  hält  Polgspermie  bei  den  Kröten  für  eine  pathologische 
Krscheifiung . 

Die  Verbreitung  der  Empfängnisflecke  läßt  erkennen,  daß  bei 
lirodelen  die  Spermatozoen  in  die  Eier  an  jedem  Punkt 
der  Oberfläche  eindringen  können,  wenn  auch  durch  zur 
Zeit  noch  unbekannte  Verhältnisse  der  Eintritt  in  die  obere  Eihälfte 
begünstigt  ist.  Auch  hier  verhalten  sich  die  Anuren  abweichend.  Unter 
gewöhnlichen  Bedingungen  hat  man  Spermatozoen  immer  nur  in  der 
oberen  Eihälfte  nachweisen  können.  Ob  der  Bezirk  der  Befruchtungs- 
möglichkeit so  w^eit  reicht  wie  die  pigmentierte  Partie,  ist  dabei  frag- 
lich; von  mancher  Seite  wird  behauptet,  daß  bei  normalen  Froscheiern 
immer  nur  eine  beschränkte  Region  im  Umkreis  des  oberen  Poles  be- 
nutzt werde  (Michaelis);  die  Gegend  sei  dadurch  bezeichnet,  daß 
hier  die  Pigmentschicht  ringförmig  verdickt  ist ;  sie  liegt  unmittelbar 
nach  außen  von  einer  hellen  Partie,  die  unter  dem  Pol  des  Eies 
sich  findet,  an  der  Stelle,  wo  die  „Figure  claviforme"  nach  dem 
Eicentrum  vordringt.  Keinen  falls  ist  es  möglich,  von 
der    unteren     hellen    Hälfte     aus     ein    Frosch  ei    zu    be- 


Eireife  und  Befruchtung.  529 

fruchten.  Schon  Newport  hat  die  „lokalisierte  Befruchtung"  aus- 
geübt, eine  Methode,  die  neuerdings  wieder  besonders  durch  Roux 
Anwendung  gefunden  hat.  Er  impfte  mit  einer  Glaskanüle  Sperma 
bis  in  die  unmittelbare  Nähe  der  Oberfläche  des  Dotters  in  die  Eihüllen 
ein  und  verhinderte  zugleich,  daß  sich  letztere  vom  Ei  abhoben  und  zu 
quellen  antingen  (vergl.  S.  0:55).  Wurde  die  lokalisierte  Befruchtung 
am  schwarzen  Pol  vorgenommen,  so  entwickelte  sich  das  Ei;  es  blieb 
dagegen  ungeteilt,  wenn  der  weiße  Pol  gewählt  wurde.  Das  Experiment 
ist  öfters  bestätigt  worden ;  doch  ist  es  unbekannt,  ob  und  warum  die 
Spermatozoen  nicht  eindringen  oder  ob  etw^a  eindringende  Spermato- 
zoen  keine  befruchtende  Wirkung  ausüben. 

Gehen  wir  nun  zur  Besprechung  der  inneren  Befruelitun^s- 
erscheinunireii  über,  so  haben  wir  mit  gewissen  Pigmentverschie- 
bungen zu  beginnen,  welche  durch  die  eindringenden  Spermatozoen 
hervorgerufen  werden  (van  Bambeke);  sie  sind  bei  den  pigmentreichen 
Eiern  der  Anuren  besonders  auffällig,  in  ihrem  Bau  dagegen  am  besten 
zu  verstehen  bei  Eiern,  welche  wie  die  Eier  des  Axolotls  und  der 
Tritonen  einen  mittleren  Grad  von  Pigmentierung  zeigen.  Beim  Axolotl 
dringt  vom  Empfänguisfleck  aus  eine  Pigmentstraße  (Fig.  184)  in  nahezu 
radialer  Richtung  eine  Strecke  w-eit  nach  dem  Eiinneren  vor,  die  „Pene- 
trationsbahn des  Samenfadens"  (Roux);  dann  biegt  sie  nahezu 
recht-  oder  stumpfwinklig  um  und  liefert  einen  etwas  kürzeren,  der 
Eioberfläche  mehr  parallel  verlaufenden  Schenkel,  die  „Kopulations- 
bahn" (Roux).  Aehnliche  Pigmentstraßen  hat  man  auch  bei  den 
Eiern  anderer  auf  diese  Verhältnisse  hin  untersuchter  Amphibien  ge- 
funden. Doch  scheint  die  Copulationsbahn  bei  Anuren  [Rnna  teni- 
poria  Roux,  Bufo  lentiginosus  H.  D.  King,  Bufo  vulgaris  van  Bam- 
beke) gegen  die  Penetrationsbahn  nicht  so  scharf  abgeknickt  zu  sein, 
oft  sogar  mit  ihr  einen  stumpfen  Winkel  bilden,  was  mit  dem  ge- 
ringeren Dottergehalt  und  dem  dadurch  bedingten  tieferen  Eindringen 
des  Spermatozoon  zusammenhängt.  Bei  der  Wahl  des  Namens  „Ko- 
pulationsbahn" war  die  Ansicht  maßgebend,  daß  der  zweite  Abschnitt 
der  Pigmentstraße  den  Weg  bezeichnet,  welchen  das  Spermatozoon, 
nachdem  es  eingedrungen  ist,  einschlägt,  um  dem  von  der  Peripherie 
aus  sich  nähernden  Eikern  entgegenzukommen  (Roux,  Jordan). 
Diese  Ansicht  läßt  sich  wohl  schwerlich  aufrecht  erhalten,  wenig- 
stens nicht  für  Urodelen.  Denn  das  Knie  kann  schon  gebildet 
werden,  ehe  noch  der  Eikern  vom  Ort  der  Richtungskörperbildung 
nach  abwärts  gewandert  ist;  es  kommt  ferner  vor.  daß  die  „Ko- 
pulationsbahn" nicht  dem  nahenden  Eikern  zugewandt,  sondern  von 
ihm  abgewandt  ist  (Fick).  Endlich  zeigen  auch  die  Nebenspermatozoen, 
welche  sich  mit  dem  Eikern  nicht  vereinigen,  die  charakteristische 
Knickung  ihrer  Bahn,  sogar  solche  Nebenspermatozoen.  welche  bei 
Urodelen  in  den  weißen  Dotter  eingedrungen  sind,  eine  der  Einwirkung 
des  Eikerns  sicher  entzogene  Region  des  Eies.  Offenbar  hängt 
die  Knickung  der  S  a  m  e  n  b  a  h  n  mit  anderen  Ursachen 
zusammen,  höchst  wahrscheinlich  mit  der  Drehung, 
welche  die  A m p h i b i e n  s p e r  m a t o z o e n ,  ganz  so  wie  die 
Spermatozoen  anderer  Tiere,  im  Inneren  des  Eies  aus- 
führen müssen,  damit  das  Centrosoma  centralwärts  zu 
liegen  kommt  (Fick). 

Bei  der  außerordentlichen  Größe  der  C/ro^ZeZew- Spermatozoen  ist 
es   leicht,    auf  Schnitten   ihr  Eindringen    in    das  Ei   genauer   zu    ver- 

Handbach  der  Entwickeluagslehre.    I.  34 


530 


R.  Hertwig, 


folgen.  Nachdem  sie  an  irgend  einer  Stelle  ohne  präforniierte  Mikro- 
pyle  die  Eihüllen  durchbohrt  haben,  gelangen  sie  mit  allen  ihren 
Teilen:  Kopf,  Mittelstück  und  Schwanzfaden,  in  den  Dotter  hinein 
(FiCK,  Michaelis,  Helen  King).     Man  nimmt  an,  daß  dabei  das  als 

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Fig.  184.  I  u.  II  Penetrationsbahn  und  Kopulationsbahn  des  eindringenden 
Spermatozoon  {s}-))  vom  Axolotl  in  ihrem  Lageverhältnis  zum  Eii^ern  {ei).  III — VI 
Verschiedene  Stadien  des  Eindringens  und  der  Umwandlung  des  Spermatozoons  zum 
Spermakern,  stärker  vergrößert  [nach  Fick]. 

„Spieß"  bekannte  spitze  vordere  Ende  des  Kopfes  den  Weg  bahnt. 
Während  des  Eindringens  wird  in  den  Zwischenraum  zwischen  Ei  und 
Eihülle  von  ersterem  etwas  homogene  Masse  (Protoplasma?)  ausge- 
schieden, welche  unter  normalen  Verhältnissen  unansehnlich  bleibt,  bei 
pathologischer  Polyspermie  zu  einem  ansehnlichen  „Extraovat"  an- 
schwillt. Beim  Eindringen  verursacht  das  Spermatozoon  eine  trichter- 
förmigeEinsenkung  der  oberflächlichsten  Dotterlage,  den    „Penetra- 


Eireife  und  Befruchtung.  531 

tion  stricht  er"  (Fick),  der  von  homogenem  Plasma  ausgefüllt  ist 
(„plasmatischer  Empfängniskegel").  Auf  seiner  Wanderung  wird  es 
von  der  oben  besprochenen  Pigmentansammlung  umschlossen. 

Zum  Teil  stammt  die  Pigmentansammlung  sicher  aus  der  pig- 
mentierten Rindenschicht  des  Eies,  indem  Partikeln  derselben  sich  dem 
nach  abwärts  rückenden  Spermatozoon  anschließen.  So  erklärt  es  sich, 
daß  bei  hochgradiger  Polyspermie  an  Stellen,  wo  viele  Spermatozoen 
dicht  nebeneinander  eindringen,  die  Oberfläche  des  Eies  ganz  des  Pig- 
ments beraubt  werden  und  sich  aufhellen  kann  (Born).  Fraglich  bleibt 
es  dabei,  ob  das  Spermatozoon  ähnlich  einem  Magnet  eine  anziehende 
Wirkung  auf  das  Pigment  ausübt,  oder  ob  es  eine  Strömung,  einen  Zu- 
fluß von  pigmenthaltigem  Protoplasma  auslöst.  Viele  Forscher  halten 
die  Annahme  der  Pigmentverlagerung  nicht  für  ausreichend,  um  die 
Intensität  und  Stärke  der  Pigmentstraßen  in  manchen  Eiern  zu  er- 
klären ;  sie  nehmen  an,  daß  durch  das  vordringende  Spermatozoon  Neu- 
bildung von  Pigment  im  umgebenden  Protoplasma  hervorgerufen  werde, 
da  auch  in  der  hellen  Hemisphäre  des  Axolotleies  Pigmentstraßen  auf- 
treten. Die  interessante  Beobachtung,  daß  wenn  pigmentreiche  {Bufo 
vulgaris)  und  pigmentarme  (Pelobates  fuscus)  Arten  miteinander  bastardiert 
werden,  die  Spermatozoen  der  letzteren  in  den  pigmentreichen  Eiern  der 
ersteren  schwach  entwickelte  Pigmentstraßen  erzeugen  (Born),  könnte  zu 
Gunsten  dieser  Annahme  verwandt  werden. 

Emen  tveitet'en  Beiveis  für  eine  Neubildung  vo)i    Pigment  im  Ei 
erhliclä  Helen  King  (1901)    darin,  daß   der  Spermakern   hei  seiner 
Vereinigung    mit  dem  Eikern,  einen   größeren  Pigmentreichtum   seiner 
Umgebung  zeigt  als  auf  seiner   Wanderung. 

Wir  kommen  jetzt  zur  Besprechung  der  wahrscheinlich  für  alle  Tiere 
geltenden  Umdrehung  des  Spermatozoon.  Der  Samenfaden 
wandert  in  der  Penetratiousbahn  in  der  bekannten  Anordnung,  voran 
der  Kopf,  dann  das  Mittelstück,  dann  der  Schwanzfaden,  Die  Um- 
drehung wird  vorbereitet,  indem  der  Kopf  am  Ende  der  Penetrations- 
bahn eine  zur  bisherigen  senkrechte  Richtung  einschlägt.  Innerhalb 
dieses  zweiten  Schenkels  seiner  Bahn  soll  die  Umdrehung  erfolgen 
(Fick),  indem  die  Kopfspitze  sich  wendet,  bis  zur  Knickungsstelle 
zurückkehrt  und  oft  sogar  über  diese  hinausdringt,  am  Pigmenstiefel 
einen  sporenartigen  Fortsatz  erzeugend.  Die  Folge  der  Drehung  ist,  daß 
das  Mittelstück  an  die  Spitze  des  Pigmentstiefels  zu  liegen  kommt 
und,  hier  aus  dem  Pigment  austretend,  eine  Protoplasmaansammlung 
mit  Strahlung  verursacht.  Ihr  fügt  sich  der  Spermakern  an,  der  aus 
Umbildung  des  Spermakopfs  inzwischen  entstanden  ist,  während  der 
lange  Zeit  noch  erkennbare  Schwanzfaden  aufgelöst  wird. 

Das  Eindringen  der  Samenfäden  vollzieht  sich  bei  allen  übrigen 
Amphibien  in  gleicher  Weise;  im  ^'erhalten  des  Pigments  ergeben 
sich  Unterschiede.  So  fehlt  die  Pigmentstraße  bei  den  pigmentlosen 
Eiern  mancher  Tritonen  und  Salamandrinen\  andererseits  ist  sie  bei 
Kröteneiern  nicht  nur  selbst  vorhanden,  sondern  sogar  noch  in  eine 
weitere  Pigmentwolke  eingehüllt.  Hier  bildet  sie  einen  dreieckigen 
Zipfel,  dessen  in  das  Ei  ragende^  spitzes  Ende  den  Spermakern  um- 
schließt. Indem  der  Zipfel  tiefer  als  bei  Urodelen  in  das  Innere  des 
Eies  vordringt,  gewinnt  er  abändernden  Einfluß  auf  die. innere  Struktur 
des  Eies,  wie  z.  B.  die  ,,Figure  claviforme"  (Fig.  185),  welche  vor  dem 
eindringenden  Pigmentzipfel  des  Spermaganges  ausweicht  und  nach  der 

34* 


532 


R.  Hertwig, 


Periplieiie  verschoben  wiid  (Bambeke).  Einen  mittleren  Grad  von 
Ent Wickelung  zeigen  die  Pigmentstraßen  in  den  Eiern  der  Frösche 
und  Knoblauchskröten. 

Von  besonderem  Interesse  ist  die  relative  Länge 
der  Pigm en t bahn en.  Wenn  auch  hierüber  noch  keine  ausgedehn- 
teren, methodisch  durchgeführten  Untersuchungen  vorliegen,  so  ergeben 
sich  doch  schon  jetzt  einige  beachtenswerte  Resultate,  besonders  wenn 
man  auch  die  in  der  Litteratur  vorliegenden  Abbildungen  von  Eidurch- 
schnitten,  die  die  Pigmentstraße  in  ganzer  Länge  freigelegt  haben, 
durchmustert.  Bei  allen  Anuren,  über  welche  Angaben  vorliegen, 
reicht  die  Pigmentstraße  bis  nahe  an  das  Eicentrum,  so  bei  Felohates 
fuscus  (van  Bambeke),  Bufo  vulgaris  (van  Bambeke,  Born),  etwas 
weniger  weit  bei  Rana  temporaria  (0.  Hertwig,  Roux).  Bei  den 
TJrodelen  ist  dagegen  die  Pigmentstraße  äußerst  kurz  und  beträgt  nur 
kleine  Bruchteile  des  Eiradius,  so  bei  Tritonen  (van  Bambeke),  Axolotl 
(VAN  Bambeke,  Fick),  Diemyctylus  (Jordan).  Für  Axolotl  bestimmten 
FiCK  uijd  VAN  Bambeke  die  Länge  der  Penetrationsbalm  und,  da  die 
Kopulationsbahn  keinen  großen  Winkel  mit  der  Eioberfläche  bildet,  damit 
die  Distanz  des  zur  Ruhe  kommenden  Kernes  von  der  Oberfläche  des 


Fig.  185. 


Fig.  187. 


Fig.  186. 


Fig.  185.  Meridionaler  Schnitt  durch  ein 
befruchtetes  Ei  von  Bufo  vulgaris ;  von  rechts 
aus  dringt  die  Samenbahn  ein,  Figure  clavi- 
forme  nach  links  ausgebuchtet  (nach  vak 
Bambeke). 

Fig.  186.  Meridionaler  Schnitt  durch  das 
befruchtete  Ei  von  Rana  temporaria  (nach  0. 
Schultze). 

Fig.  187.  Meridionaler  Schnitt  durch  ein 
Ei  von  Molge  alpestris  (nach  van  Bambeke). 
3  Samenbahnen. 


Eies  auf  etwa  ^l^  des  Eiradius,  d.  h.  ^'g  f^^s  Eidurchmessers.  Dieselben 
Maße  fand  Michaelis  bei  Tritonen.  Die  entsprechende  Distanz  beträgt 
bei  Unna  temporaria  nach  Roux  27—32  Proz.  der  Eiachse,  also  V4 — Vü^ 
nach  Michaelis  V4 ;  d.h.  beim  Frosch  dringen  die  Samenfäden  mehr 
als  noch  einmal  so  tief  ein  als  bei  Urodelen.  was  auf  einen  relativ 
größeren  Gehalt  des  Eies  an  Protoplasma  hinweist. 


Eireif'e  ntid   Befruchtung.  533 

Am  Ei  kern  ist  niemals  eine  Spur  von  Strahlung  be- 
obachtet worden,  auch  keine  Pigmentanhäufunij;.  Wenn  er  in 
die  Tiefe  wandert,  bis  er  den  Samenkern  erreicht,  hinterläßt  er  daher 
auch  nicht  die  geringste  Spur  des  Weges,  den  er  zurückgelegt  hat. 
Ist  er  dann  in  die  im  Umkreis  des  Samenkerns  entwickelte  Pigment- 
masse  eingetreten  und  hat  sich  ihm  angefügt,  so  ist  eine  Unter- 
scheidung beider  Kerne  nicht  mehr  nK'iglicli.  Um  diese  Zeit  teilt  sich 
die  vom  Mittelstück  des  Spermatozoons  stammende  Attraktionssphäre, 
welche  während  der  Annäherung  der  Geschlechtskerne  noch  als  ein 
einheitlicher  Körper  zwischen  denselben  eingeschoben  war.  Wenn  die 
beiden  Tochtersphären  auseinanderweichen,  rücken  die  Kerne  an- 
einander und  verschmelzen,  ehe  die  Chromosomen  der  Furchungsspindel 
entstanden  sind.  Es  kommt  somit  zur  Ausbildung  eines  typischen 
Furchungskerns.  Letzterer  liegt  lieim  Axolotl  und  den  Tritonen  halbwegs 
zwischen  Oberfläche  und  Centrum  des  Eies,  bei  den  Anuren  in  ge- 
ringer Entfernung  vom  Centrum.  Auch  hierin  kommt  wieder  zum 
Ausdruck,  daß  die  Eier  der  Tritonen  selbst  bei  gleicher  Größe  dotter- 
reicher sind  als  die  Eier  der  Anuren  und  daß  die  üotteransammlung 
besonders  in  der  vegetativen  Hälfte  des  Eies  vor  sich  geht. 

Ueber  das  Lageverhältnis  von  Ei-  und  Samenkern  macht  Roux 
(1887,  S.  181)  Angaben,  welche  mit  der  hier  gegebenen  Darstellung 
nicht  in  L^ebereinstimmung  stehen.  Während  nach  der  Beschreibung  Fick"s, 
welche  meiner  Darstellung  zu  Grunde  liegt,  sich  allerdings  nur  auf 
Urodelen  bezieht,  der  Eikeru  von  der  Stelle,  an  der  er  nach  Bildung 
des  zweiten  Richtungskörpers  entstanden  ist,  direkt  nach  der  Copula- 
tionsstelle  wandert,  giebt  Rorx  an,  daß  er  bei  unbefruchteten  Eiern  nur 
wenig  abseits  der  Eiaxe  und  etwa  ^l-  des  Radius  oberhalb  des  Eicentrum 
lagere  und  von  hier  etwas  (um  '/^  Eiradius)  nach  aufwärts  zur  Copu- 
lation  aufsteige.  Auffallend  an  dieser  Angabe  ist  vor  Allem  das  Eine, 
'laß  Roux  dem  unbefruchteten  Froschei  den  Eikern  zuschreibt.  Für  alle 
genauer  untersuchten  Amphibieneier  ist  es  erwiesen,  daß  wie  bei  den 
übrigen  Wirbeltieren  das  Ei  zur  Zeit  der  Befruchtung  noch  die  zweite 
Richtungsspindel  besitzt  und  den  zweiten  Richtungskörper  erst  nach  dem 
Eintritt  des  Spermatozoon  bildet.  So  werden  die  Verhältnisse  auch  von 
0.  ScHULTZE  (1887)  für  die  Froscheier,  und  neuerdings  von  Helen  Dean 
King  (1901)  für  die  Eier  von  Bufo  lentiginosus  geschildert.  Roux  müßte 
demnach  zum  mindesten  überreife  Eier  benutzt  haben.  Indessen  auch 
für  diese  ist  es  noch  nicht  vollkommen  sicher  gestellt,  daß  die  Eireife 
unabhängig  vom  eindringenden  Spermatozoon  zu  Ende  geführt  werden 
kann  (vergl.  hierüber  p.   521). 

Wie  es  nach  unseren  Kenntnissen  der  Befruchtungsvorgänge  selbst- 
verständlich ist,  vereinigt  sich  d  e  r  E  i  k  e  r  n  nur  mit  einem 
Samenkern.  Wo  daher,  wie  bei  Urodelen,  mehr  als  1  Spermatozoon 
eindringt,  müssen  wir  Haupt-  und  N  eb  enspermatozoen  unter- 
scheiden. Letztere  gehen  zu  Grunde.  Zunächst  zwar  erfahren 
sie  dieselben  Veränderungen  wie  das  Hauptspermatozoon  (Bildung  von 
Pigmentstraßen  bei  den  in  die  schwarze  Hälfte  eingedrungenen  Sperma- 
tozoen,  Drehung  des  Spermakopfs.  Entwickelung  einer  Attraktions- 
sphäre, ja  sogar  Teilung  derselben),  nur  daß  bei  den  in  die  weiße  Hemi- 
sphäre dringenden  Fäden  die  Empfängniskegel  viel  schwächer  entwickelt 
sind  (Zeichen  des  geringen  Protoplasmagehalts  der  Region).  Dagegen 
sind     niemals    S  p  i n  d e  1  b i  1  d u n  g e n    an    ihnen    beobachtet 


534  R.  Hertwig, 

worden.  Dieser  Punkt  verdient  besondere  Beachtung,  da  hierin  die 
Urodeleneier  sich  von  den  Eiern  anderer  Tiere,  bei  denen  pathologische 
nnd  physiologische  Polyspermie  beobachtet  wurde  (vergl.  Befruchtung 
der  Selacliier)  unterscheiden.  Ob  direkte  Teilungen  vorkommen  (Braus), 
ist  nicht  mit  Sicherheit  erwiesen.  Bei  Tritonen  scheinen  sich  Ptcste 
der  Kerne  bis  in  das  Blastulastadium  zu  erhalten,  wo  sie  in  einzelnen 
Blastodermzellen  neben  den  eigentlichen  Kernen  derselben  beobachtet 
wurden  (Braus  1895).  Bei  Diemyctylus  (Jordan)  sollen  dagegen 
schon  10  Stunden  nach  der  Besamung  die  letzten  Reste  geschwunden  sein. 

Welcher  von  den  eingedrungenen  Samenfäden  den  zur  Befruchtung 
dienenden  Samenkern  liefert,  ist  sicher  nur  eine  Frage  des  Orts ;  d.  h. 
der  in  der  Nachl)arschaft  des  PJchtungsflecks  eindringende  Faden 
wird  voraussichtlich  die  Befruchtung  bewirken.  Dementsprechend  ist 
es  höchst  unwahrscheinlich,  daß  auch  ein  in  den  weißen  Dotter  gelangtes 
Spermatozoon  zur  Verwendung  gelangt  (Fick).  Wie  ungünstig  die 
Bedingungen  für  die  Befruchtung  am  vegetativen  Pol  sind,  zeigen  am 
besten  die  Anuren,  bei  denen  eine  normale  Befruchtung  von  der 
weißen  Hemisphäre  aus  überhaupt  ausgeschlossen  erscheint.  Wir 
haben  schon  oben  die  negativen  Resultate  kennen  gelernt,  zu  denen 
Newport  und  Roux  gelangten,  als  sie  ihre  Methode  der  lokalisierten 
Befruchtung  auf  die  vegetative  Seite  der  Froscheier  anwandten.  Wir 
haben  dabei  auf  die  beiden  Möglichkeiten  der  Erklärung  hingewiesen: 
1)  Die  Spermatozoen  vermögen  nicht  einzudringen.  2)  Die  Spermato- 
zoeu  dringen  zwar  ein,  können  aber  nicht  zum  Eikern  gelangen. 
Erstere  Erklärung  ist  die  herrschende,  sie  steht  aber  im  Widerspruch 
mit  unseren  Erfahrungen  an  anderen  Tieren;  denn  in  allen  Fällen, 
welche  genauer  untersucht  worden  sind,  hat  sich  herausgestellt,  daß 
die  Spermatozoen  an  allen  Punkten  der  Eioberfläche  eindringen  können, 
sofern  die  Eihüllen  überall  durchgängig  sind  (vergl.  Befruchtung  der 
Selacliier) ;  die  zweite  Erklärung  scheint  mir  mit  Rücksicht  auf  die 
soeben  besprochenen  Verhältnisse  bei  Urodelen  mehr  Wahrscheinlich- 
keit zu  besitzen. 

Unter  den  Erscheinungen,  welche  an  den  Eiern  der  Amphibien 
im  Verlauf  der  Befruchtung  auftreten,  haben  wir  schließlich  noch  eine 
hervorzuheben,  welche  schon  den  ersten  Untersuchern  der  Amphibien- 
entwickelung  aufgefallen  ist:  Befruchtete  Amphibi  eneier 
liegen  stets  so  im  Wasser,  daß  sie  den  dunklen  E i p o  1 
nach  oben  wenden.  Dreht  man  die  Eier  um,  so  daß  die  helle 
Seite  aufwärts  gewandt  ist,  so  ist  liinnen  kurzer  Zeit  die  alte  Lage 
wiederhergestellt.  lu  manchen  Fällen  erfolgt  Rückdrehung  der  Eier 
im  Laufe  einer  hall)en  Stunde ,  in  anderen  so  rasch ,  daß  man 
beim  Drehen  die  helle  Seite  kaum  zu  Gesicht  bekommt.  Die  älteren 
Angaben  lauten,  daß  diese  charakteristische  Rückdrehung  bei  un- 
befruchteten Eiern  ganz  ausbleibt.  Diese  Angaben  sind  in  der  Neu- 
zeit dahin  berichtigt  worden,  daß  der  Prozeß  zwar  zustande  kommt, 
nur  viel  langsamer;  es  bedarf  mehrerer,  oft  5 — 6  Stunden,  ehe  bei 
allen  Eiern  die  dunkle  Seite  wieder  die  obere  ist  (Born  1884  u. 
1884*).  Kocht  man  befruchtete  und  unbefruchtete  Eier,  so  soll  der 
Unterschied  schwinden  und  beiderlei  Eier  mit  gleicher  Schnelligkeit 
aus   der  aufgezwungenen  Lage   in    die  normale  zurückkehren  (Roux). 

Die  Erscheinung  beruht  darauf,  daß  die  im  Amphibien  ei  ent- 
haltenen Substanzen  von  verschiedener  specifischer 
Schwere  und  zugleich  i  m  E  i  k  ö  r  p  e  r  v  e  r  s  c  h  i  e  d  e  n  ^^  e  r  t  e  i  1 1 
sind.    Das  Protoplasma  und  die  in  ihm  enthaltenen  Kerne  (Ei-,  Sperma- 


Eireife  und  Befrachtung.  535 

Fiirchungskeni.    Keimbläschen)   sind    leichter   als    das    Dottermaterial. 
Die  leichteren  und  schwereren  Bestandteile  sind   nun    derart    verteilt, 
daß  erstere  an  Masse  nach  dem  pigmentierten,  diese  nach  dem  hellen 
Pol  zunehmen.    Nach  dem  dunklen  Pol  zu  werden  die  Dotterplättchen 
nicht  nur   spärlicher,    sondern    zugleich    auch   kleiner  (0.  Schultze). 
Der  pigmentierte  Abschnitt  des  Eies  muß  daher  leichter  sein  als   der 
helle   und    muß,   wenn  das  Ei  sich  in  seiner  Lage  ganz    nach    seinem 
Schwerpunkt     orientieren    kann ,    nach    aufwärts    steigen.      Das    ver- 
schiedene   ^'erhalten    von    befruchteten    und    unbefruchteten  Eiern    ist 
nun  darauf  zurückgeführt  worden,    daß  die  Befruchtung   die   von  An- 
fang  an    vorhandenen  Unterschiede    steigert,   indem  nunmehr   eine 
zunehmende   Konzentration    des   Protoplasma    am    a  n  i - 
malen  Pol  eintritt  (0.  Hertwig).     Ganz    besonders   deutlich    ist 
diese   schärfere    Sonderung  an    den   Eiern    von    Salamandra  maculosa 
ausgeprägt,    bei    denen     nach   der    Befruchtung   eine   Art   protoplas- 
matischer,    auf  dem  Dotter    ruhender  Keimscheibe  zu  stände  kommt. 
Aber     die    Erklärung     genügt    nicht.      Denn    die    Unterschiede    des 
specitischen    Gewichts   im    unbefruchteten    Ei    sind,    wie   die  Versuche 
mit    gekochten    Eiern    lehren,   ebenfalls    schon   bedeutend    genug.     Es 
muß    daher    bei    den    befruchteten    Eiern    noch    ein   zweites   Moment 
hinzukonimen.    Dasselbe  ist  in  der  freieren  B  eweglich  kei  t  des 
Eies   innerhalb    seiner   Hüllen    gegeben.     Infolge   der  Be- 
fruchtung   erfährt     der   Eikörper   eine  Kontraktion,    so 
daß  zwischen  ihm  und  den  Hüllen  ein  Raum  die  „respiratory  Chamber" 
Xewport's,    entsteht,    der    von    einer    in    Reagentien    koagulierenden 
(eiweißhaltigen)  Flüssigkeit  (Perivitellin)  erfüllt  ist.    Besonders  deutlich 
ist   der   Raum   am   pigmentierten   Pol   (0.  Schultze);   dieser   plattet 
sich  bei  der  Befruchtung  ab ;   hier  tritt  daher   die   perivitelline  Masse 
an  abgetöteten  befruchteten  Eiern    wie   eine   schleierartige  Masse   auf, 
die   nicht   mit    dem    RichtungsHeck   verwechselt   werden    darf.     Wahr- 
scheinlich liegt  der    von  Perivitellin    gefüllte  Raum   zwischen  Chorion 
und  Eioberfläche.    So  lauten  die  bestimmten  Angaben  0.  Schultze's, 
die  sich  mit  allem,   was  über  wirbellose  Tiere  bekannt   geworden   ist, 
in  bester  Uebereinstimmung  befinden  und  auch  von  andern  Forschern, 
so  in  der  Neuzeit  besonders  von  Moszkowski  (1902)  bestätigt  worden 
sind.     Doch   liegen  auch  Angaben  vor,    daß  das  Chorion    der  Eiober- 
tiäche  fest  anhaftet  und  daß  der  die  Beweglichkeit  des  Eies  gestattende 
Raum  sich  zwischen  Choriou  und  Gallertschicht  befindet  (Ebener  1893). 
Diese   für   Tritoneier   gemachten   Angaben    haben  sehr   wenig   Wahr- 
scheinlichkeit  für    sich.  —  Zunächst  klein,    vergrößert   sich   der  Peri- 
vitellinraum  allmählich.     Diese  sekundäre  Größenzunahme  kann  nicht 
aus    der    Kontraktion    des   Eies,    wie    sie    durch    den    Reiz   der    Be- 
fruchtung  ausgelöst   wird,    erklärt    werden,    sondern    nur   durch    Auf- 
nahme  von  Flüssigkeit   von   außen,    wie   sie    Calberla  experimentell 
für   das   Ei  von   Fetromyzon  nachgewiesen   hat.     Die  Flüssigkeitsauf- 
nahme,   welche   nur   durch    Vermittelung   der    Gallertschicht   vor   sich 
gehen  kann,  ist  für  die  freie  Beweglichkeit  des  Eies  von  der  größten 
Bedeutung   wie   aus   einigen   gleich  zu  besprechenden  Versuchen  her- 
vorgeht. 

Mit  wenigen  Ausnahmen  gelangen  die  Amphibieneier  während 
oder  kurz  nach  dei-  Besamung  in  das  Wasser.  Dadurch  werden  die 
aus  dem  Eileiter  stammenden,  durch  große  Klebkraft  ausgezeichneten 
Gallerthüllen  verändert,  sie  quellen  durch  Wasseraufnahme  an  und  dehnen 
sich  dabei  so  gewaltig  aus,  daß  z.  B.  der  bei  Bana  temporaria  anfänglich 


536  R.  IIertwig, 

nur  2,5  nun  betragende  Durchmesser  der  Gallertkugel  nach  IVg  Stunde 
schon  auf  5  mm,  nach  3"/2  Stunden  sogar  auf  7  mm  anwächst,  von  da 
an  sich  im  wesentlichen  gleich  bleibend  (Prevost  et  Dumas).  Durch 
dieses  Quellen  der  Hüllen  wird  otfenl)ar  den  Spermatozoen  der  Eintritt 
in  das  Ei  erleichtert,  zugleich  aber  auch  die  Flüssigkeit  geliefert,  welche 
zum  Anwachsen  des  Perivitellinraums  notwendig  ist. 

Man  kann  nun  Amphibieneier  künstlich  befruchten  und  das  Quellen 
der  Gallerthülle ,  wenn  auch  nicht  ganz  verhindern ,  so  doch  auf 
ein  geringes  Maß  beschränken,  wenn  man  die  Eier  nicht  in  Wasser 
bringt,  sondern  nur  in  einem  feuchten,  am  besten  durch  zeitweiliges 
Zerstäuben  von  \Yasser  mit  feinsten  Tröpfchen  erfüllten,  die  Weiter- 
entwickelung ermöglichenden  Raum  kultiviert  und  bei  der  Befruchtung 
den  zur  Verwendung  gelangenden  Samen  mit  sehr  wenig  Wasser  — 
bei  Tritonen  und  anderen  Urodelen  ph3'siologischer  Kochsalzlösung  — 
versetzt.  Dann  wird  die  freie  Beweglichkeit  der  Eier  innerhalb  des 
Chorions  behindert  oder  sogar  ganz  aufgehoben,  indem  die  Gallert- 
hülle das  Ei  fest  umschließt  und  die  Vergrößerung  des  Perivitellin- 
raums unmöglich  gemacht  wird.  Vielleicht  wird  sogar  die  aus  dem 
Ei  herausgepreßte  perivitelline  Flüssigkeit  von  der  Gallerte  aus  resor- 
biert und  das  Chorion  der  Eiobertiäche  wieder  aufgepreßt.  Ein 
solches  innerhalb  der  Gallertschicht  in  ,,Z wangslage" 
befestigtes  Ei  vermag  sich  nicht  mehr  als  Ganzes  zu 
drehen,  wenn  man  den  Körper,  an  dem  es  mittelst  der  Gallerte  fest- 
geklebt ist,  z.  B.  einen  zum  Experiment  benutzten  Objektträger,  um 
180°  in  der  Weise  wendet,  daß  die  lichte  Hälfte  des  Eies  nach  auf- 
wärts schaut  (Pflüger).  Wohl  aber  treten  dann  Umlagerungen 
im  Inneren  ein  (Born  1884*),  die  sich  aber  nur  ganz  allmählich 
vollziehen  können  und  es  bewirken,  daß  die  leichteren  Bestandteile 
des  nach  abwärts  gewandten  animalen  Poles  samt  dem  eingeschlossenen 
Kern  wieder  nach  aufwärts  wandern,  die  schwereren  Dottermassen 
dagegen  nach  abwärts  (Fig.  188).  Gewöhnlich  geschieht  das  in  der 
Weise,  daß  die  pigmentierten  leichteren  Teile  auf  der  einen  Seite  in 
gleichem    Maße    emporsteigen ,    wie   die   lichten    schwereren    auf    der 

A  B 

iB 


Bd 


~Pqi}, 


Pgr 

Fig.  188.  Eier  mit  dem  dunklen  Pol  nach  abwärts  in  Zwangslage  befestigt 
suchen  die  der  relativen  Schwere  der  Teile  entsprechende  Anordnung  wieder  zu  ge- 
winnen. A  unterer  Pol  mit  seiner  Pigraentrinde  {Pgr)  genau  abwärts  gewandt.  Pig- 
mentschicht steigt  axial,  fontaiuenartig  empor,  das  helle  Feld  unter  dem  Pigmentpol 
verfärbend.  B  Eiachse  (uP—oP)  etwas  schräg  gestellt.  Das  aufsteigende  Pigment 
erzeugt  eine  rotierende  Bewegung,  deren  Richtung  durch  den  Pfeil  angedeutet  ist. 
uP,  oP  ursprünglich  unterer,  oberer  Pol.  Pijk  Spermastraße.  »■/»  weißer  Dotter. 
iB  lichte  Dotterinsel  im  Pigment.     Bd  aufsteigende  Pigmentschicht. 


Eireife  und  Befruchtung.  537 

anderen  Seite  abwärts  gleiten  (B).  Indem  das  Abströmen  des  Dotters 
in  einer  ganz  bestimmten  Richtung  erfolgt,  kommt  eine  symmetrische 
Struktur  der  Eizelle  zur  Ausbildung,  welche  um  so  wichtiger  ist.  weil 
sie  zu  den  Furchungsebenen  in  einem  bestimmten  Verhältnis  steht. 
Born  spricht  daher  von  einem  diese  Symmetrie  bezeichnenden  ,, Strö- 
mungsmeridian" :  derselbe  soll  in  den  meisten  Fällen  mit  dem  ersten 
Furchungsmeridian  zusammenfallen,  öfters  auch  senkrecht  zu  ihm 
stehen  und  nur  in  seltenen  Fällen  einen  spitzen  Winkel  mit  ihm 
bilden.  Seltener  erfolgt  der  Ausgleich,  indem  das  pigmentierte  Ma- 
terial im  Inneren  wie  eine  Fontaine  aufsteigt,  während  der  schwere 
Dotter  allseitig  auf  der  Oberfläche  herunterströmt  (A). 

Es  ist  selbstverständlich,  daß  die  Strömungserscheinungen  im  Innern 
des  Eies  eine  Veränderung  der  ursprünglichen  Pigmentverteilung  zur 
Folge  haben.  Das  fontainenartige  x4.ufsteigen  des  Pigments  bedingt  eine 
graue.  Verfärbung  der  nach  aufwärts  gewandten  lichten  Partie  und  im 
Innern  derselben  einen  dunklen  Fleck.  Beim  Abgleiten  des  weißen 
Dotters  nach  einer  Seite  findet  eine  seitliche  Verlageruncr  des  hellen 
Dotterfeldes  statt,  welches  nur  noch  zum  Teil  von  oben  sichtbar  bleibt. 
An  dasselbe  grenzt  eine  graue  verfärbte  Partie  der  Eioberfläche,  den  Pol 
einnehmend.  Diese  ist  so  zu  erklären,  daß  wie  bei  allen  Zellen  so  auch 
beim  Amphibienei  die  Rindenschicht  eine  größere  Konsistenz  besitzt  als 
das  Innere  und  an  den  Verschiebungen  sich  nicht  in  gleichem  Maße  be- 
teiligt. So  bleibt  am  Pol  eine  äußerste  Lage  hellen  Dotters  erhalten, 
unter  welcher  sich  das  Pigment  vorschiebt.  Auch  eine  unter  dem  jjig- 
mentierten  Pol  vorhandene  lichte  Stelle  wird  verlagert  und  ändert  zugleich 
ihre  Form ;  desgleichen  die  Pigmentstraße  des  Spermatozoon. 

Wenn  man  bei  Amphibieneieru  den  Mittelpunkt  des  dunklen 
Feldes  mit  dem  Mittelpunkt  des  hellen  sich  durch  eine  Linie  ver- 
bunden denkt,  die  gemäß  der  Kugelgestalt  des  Eies  durch  das  Centrum 
gehen  muß,  so  erhalten  wir  einen  bestimmten  Durchmesser,  welchen 
wir  die  „H  a  u  p  t  a  c  h  s  e"  d  e  s  E  i  e  s  nennen  wollen.  Diese  Hauptachse  — 
so  lauteten  die  längste  Zeit  über  die  Angaben  der  Forscher  —  steht 
bei  Eiern,  welche  ihrer  natürlichen  Lage  überlassen  sind,  genau  senk- 
recht; um  die  Hauptachse  herum  sind  die  Eiteile  gleichmäßig,  d.  h. 
radial -symmetrisch  gruppiert.  Neuere  von  Roux  ausgehende,  von 
O.  ScHULTZE  und  Morgan  (1897)  fortgesetzte  Untersuchungen  haben 
indessen  auch  unter  normalen  Verhältnissen  für  Bana  temporaria  und 
Rana  esculenta  eine  bilaterale  Symmetrie  des  Eies  erkennen 
lassen,  welche  in  einer  ganz  bestimmten  Pigmentanordnung  zum  Aus- 
<lruck  kommt.  Diese  tritt  bei  Rana  temporaria  nach  der  B ef r u c h- 
tung  auf.  Vor  und  kurz  nach  der  Befruchtung  liegt  bei  den  Eiern 
dieses  Frosches  die  Grenzlinie  zwischen  pigmentierter  und  lichter  Partie 
unterhalb  des  Aequators  und  demselben  genau  parallel.  Ist  die  Besamung 
vollzogen,  so  hellt  sich  nach  einiger  Zeit  die  an  das  helle 
Feld  grenzende  Partie  der  pigmentierten  Oberfläche 
auf  einer  Seite  mehr  und  mehr  auf,  so  daß  sie  fast  wie 
ein  Teil  des  hellen  Feldes  aussieht,  von  der  sie  sich  nur  durch 
eine  schwach  graue  Verfärbung  unterscheidet  (Roux).  Verfolgt  man 
jetzt  die  Grenze  der  pigmentierten  Eihälfte,  so  verläuft  dieselbe  nicht 
mehr  dem  Aequator  des  Eies  parallel,  sondern  bildet  mit  demselben 
einen  spitzen  Winkel;  auf  einer  Seite  liegt  die  Grenze  nach  wie  vor  45** 
unter  dem  Aequator,  steigt  von  hier  aus  allmählich  empor  und  erreicht 
auf  der  entgegengesetzten  Seite  ihren  höchsten  Punkt,  welcher  so  ziem- 


538  R.  Hertwig, 

lieh  mit  dein  Aequator  ziisainmeiitrifft.  Würde  man  jetzt  die  Mittel- 
punkte der  dunklen  und  dci-  durch  das  graue  Feld  vergrößerten  hellen 
Hemisphäre  durch  eine  Linie  verbinden,  so  erhält  man  die  „sekundäre 
Eiachse",  welche  mit  dem  vertikalen  Durchmesser  des  Eies,  der 
p  r  i  m  ä  r  e  n  Hauptachse,  einen  spitzen  Winkel  bildet.  Damit  ist 
für  das  Ei  eine  Symmetrieebene  gegeben,  es  ist  die  Ebene,  welche  man 
durch  beide  Achsen  legt;  sie  schneidet  den  höchsten  und  tiefsten  Punkt 
der  ringförmigen  Pigmentgrenze.  Nach  den  übereinstimmenden 
Angaben  Roux's  und  Schultze's  steht  diese  Symmetrie- 
ebene in  einem  bestimmten  Lage  Verhältnis  zum  ,.BotVuch- 
tiiiigsmeridiaii",  einem  durch  die  Eintrittsstelle  des  Sper- 
matozoon und  die  E  i  a  c  h  s  e  bestimmten  größten  Kreis 
der  E  i  k  u  g  e  1.  Der  tiefste  Stand  des  Pigments  liegt  unter  der  Eintritts- 
stelle des  Spermatozoons.  Unter  normalen  Verhältnissen  soll  sich  aus 
dieser  durch  Pigmentverteilung  und  Sameneintritt  charakterisierten 
Seite  des  Eies  stets  dasselbe  Ende  des  Embryo  entwickeln  —  welches? 
darüber  ist  noch  keine  Einigung  erzielt.  Ferner  soll  die  Kopulations- 
bahn, meist  auch  die  Penetrationsbahn  des  Spermatozoon  in  der  Sym- 
metrieebene liegen.  Die  duich  die  Befruchtung  festgelegte  Symmetrie- 
ebene soll  ferner  mit  der  Symmetrieebene  des  sich  aus  dem  Ei  ent- 
wickelnden Embryo,  der  M  e  d  i  a  n  e  b  e  n  e,  zusammenfallen.  Roux  hatte 
nun  aus  seinen  Experimenten  über  lokalisierte  Befruchtung  die  Auf- 
fassung gewonnen,  daß  der  Experimentator  es  in  der  Hand  habe,  den 
Befruchtungsmeridian  willkürlich  zu  bestimmen.  Da  durch  diesen 
wiederum  die  zukünftige  Medianebene  des  Embryo  festgelegt  werden 
soll,  kam  er  zum  Schluß,  daß  vor  der  Befruchtung  nur  eine  Richtungs- 
linie des  Embryo  bestimmt  sei,  die  Dorso-ventral-Linie,  daß  über  das 
„Vorn'*  und  „Hinten",  „links"  und  „rechts"  erst  durch  die  Befruchtung 
entschieden  werde,  und  zwar  sei  das  Entscheidende  die  Kopulations- 
linie der  beiden  Geschlechtskerne.  (Vergl.  darüber  den  Abschnitt  üiter 
Teilung,  zugleich  auch  die  daselbst  gegebenen,  die  Pigmentverteilung 
erläuternden  Figuren.) 

Strittig  sind  die  Symmetrieverhältnisse  des  Eies  von  Bana  escu- 
lenta.  Hier  steht  die  primäre  Eiachse  von  Anfang  an  zur  Senkrechten 
geneigt,  d.  h.  schon  vor  der  Befruchtung  bildet  die  Grenze  von  Hell 
und  Dunkel  einen  bei  Ii<ina  temporaryi,  erst  nach  der  Befruchtung 
erkennbar  werdenden  Winkel  mit  der  Horizontalen.  Bezeichnen  wir, 
unbekümmert  um  die  Pigmentverteilung,  ausschließlich  nach  der  An- 
ordnung im  Raum ,  den  größten  Horizontalumfang  des  Eies  als 
Aequator,  so  schneidet  die  Pigmentgrenze  den  Aequator  derart,  daß 
sie  auf  der  einen  Seite  ebenso  viel  unter  wie  auf  der  anderen  Seite 
über  denselben  zu  liegen  kommt.  Die  Folge  davon  ist,  daß  ein  Teil  des 
lichten  Feldes  bei  der  Betrachtung  von  oben  sichtbar  ist  und  schon 
vor  der  Befruchtung  eine  Symmetrieebene  erkennbar  wird.  Letztere 
ist  eine  Ebene,  die  durch  die  schräg  gestellte  Eiachse  und  die 
Vertikale  gelegt  wird;  nach  0.  Schultze  würde  sie  sich  unmittelbar 
zur  späteren  Symmetrieebene  des  Embryo  fortbilden;  diese  würde 
somit  schon  vor  der  Befruchtung  durch  die  Beschaffen- 
heit des  Eies  festgesetzt  sein.  Roux  dagegen  hält  auch  für 
Rana  esculenta  an  der  Anschauung  fest,  daß  die  detinitive  Symmetrie- 
ebene erst  durch  die  Befruchtung  bestimmt  werde;  er  behauptet,  daß 
die  Schiefstellung  des  unbefruchteten  Eies  mit  der  des  befruchteten  Eies 
nicht  identisch  sei,  daß  in  die  Zwischenzeit  ein  Stadium  der  Indifferenz 


Eireife  und  Befruchtung.  5o9 

falle,  hervorgerufen  durch  den  Kontakt  des  Spei'uiatozoon  (!!).  welches 
bei  seinem  Eindringen  „eine  Uniordnung''  der  vorher  bestehenden  An- 
ordnung hervorrufe  und  somit  eine  neue  Symmetrieebene  l)edinge. 

•  Einen  neuen  Versuch,  die  Coiiicidenx  ron  Medianebene  des  Em- 
h7i/o,  erster  Furehungsebene .  Si/iunnirieebene  des  befrneiiteten  Eies 
und  BefnuhtunijsHnridiun  :.u  erhifiren,  hat  in  allerletzter  Zeit  Mosx,- 
kotvski  (1901,  1902)  gemacht.  Er  geht  aus  von  den  oben  referirten 
Schilderungen  Borns  über  die  Ström ungserscheinungen,  durch  velche 
in  Zurinfislage  befestigte  Eier  die  der'  Wirkung  der  Schwerkraft  ent- 
sprecl(cndc  Anordnung  ihrer  Dotterbestandteile  n:ieder  gen:innen.  Das 
frisch  befruchtete  Ei  soll  sich  normaler  Weise  zunächst  in  Zwangslage 
beftrnlen.  da  erst  nach  einer  halben  Stunde  Aufenthalt  im  Wasser 
die  Quelluug  der  Eihüllen  so  weit  gediehen  ist,  dafi  das  Ei  frei 
rotieren  kann.  Dagegen  wird  durch  den  Kontakt  des  befnwhtcnden 
Spermatozoon  sofort  die  dem  unreifen  und  nicht  Ijefruchteten  Ei 
fehlende  eigentümliche  Beschaffertheit  des  Dotters  hervorgerufen,  ivelche 
die  ümordnu)ui  der  Teile  von  versrlnedenem  spevifisrhem  Geuicht, 
entspreche )ul  den  Einwirkungen  der  Schwerkraft,  gestattet.  So  ist  eine 
Sj^anne  Zeit  gegeben,  iti  der  das  Ei  nur  durch  rotierende  Strömung 
.seines  Inhcdts,  nicht  durch  Rotation  seines  ganzen  Köi'pers,  sich  der 
Wirkungsweise  der  Schwerkraft  anbeeiuenwn  kann.  Daher  entn-ickelt sich 
bei  befrueliteten  Eiern  von  Rana  temporaria  die  eigentümliche  graue 
Verfärbung,  welclw  scheinbar  zu  einer  Vergrößerung  des  ireißen  Feldes 
führt  und  weichein  derselben  Weise  u-ie  bei  den  Bor  naschen.  Experi- 
menten erklärt  werden  muß.  Es  ist  somit  die  durch  die  Befruchtung 
erndiglichte  und  durch  den  Einfluß  der  Schwerkraft  hervorgerufene  Ent- 
wickeln ng  eines  besornleren  Ström  u  ngsm  er  i d ia  ns ,  welche  dem  Ei 
seine  symmetrische  Struktur  verleiht.  Daß  dabei  die  Pigmentstraße 
des  Spermatozoon  meist  ganz  oder  wenigstens  mit  ihrem  Endabschnitt 
in  die  Sgmmetrieebene  zu  liege?!,  kommt,  erklärt  Mos  ■:  ko  wski  durch 
die  Anmüune,  daß  das  Spermata \oon  von  der  Protop)lasm(iströmnng 
erfaßt  irii^d.  Aus  dem  Zusammentreffen  der  Symmetrieebene  des  Eies 
und  des  Befruchtwng.smeridians  könne  man  daher  trotz  der  Versuche 
Roux's  über  lokalisierte  Befrnchtu)tg  nicht  schließen,  daß  erstere  von 
der  Befruchtung  bestimmt  werde,  vielmehv  seien  beide  durch  einen 
dritten  Faktor,  die  Ausbildung  des  Born' sehen  Strömungsmeridians, 
bedingt:  lokalisierte  Befrnchtung  sei  ürscwhe,  daß  die  Eiachse  eine 
Neigung  nach  der  Befruchtungsstelle  erfahre,  so  daß  auch  der  Strö- 
mung smeridicm  durch  diese  Stelle  verlaufen  müsse. 

Die  Auffassung  Moszkoivski's  hat  durch  seine  eigenen  und 
Morga7i's  (1902)  Untersuchungen  an  unbefruchteten  Eiern  neue 
Stützen  gefunden.  Es  stellte  sich  heraus,  daß  auch  an  unbefruchteten 
Eiern  von  Ran,  a  p  a  l  u  str  i  s  (Mo  r  g  a  n)  und  R.  te  mp  o  r  a  r  i  a 
(Mo  s  z  k  o  w  s  k  i) ,  wenn,  sie  in  ihrer  Lage  nicht  gestört  werden,  die 
besprochene  Verfärbung  zu  Stande  kommt,  nur  sehr  viel  später,  nicht 
nach  \  Stunde,  sondern  nach  Verlauf  von  24  resp.  ß  Stunden.  Bei 
Eiern,  welche  nach  der  Entleerung  ihre  pigmentfreie  Seite  genau  nach 
aufwärts  kehren,  kann  sogar  eine  graue  Verfärbung  am  lichten  Pole 
auftreten,  ivelche  Moszkoivski  (1902)  daraus  erklärt,  daß  hier  das 
allseitige  Abfließen  des  schweren  Dotters  und  das  fonlainenartige  Auf- 
steigen des  pig)nentierten  Dotters  (rgl.  Fig.  188  A)  stattgefunden  hat. 
Jedenfalls  lassen  diese  Unter.mchungen  erkennen,  dafj  die  graue  Ver- 
färbung des  Eroscheies  in  Form,  eines   halbmondförmigen  Feldes  durch 


540  R.  Hertwig, 

die  Befrnchtmiy  nicht  her  vor  (je  rufen,  sondern  nur  in  ihrem  Zustande- 
l:onnnen  />p(/i/nsfif/t  ivird.  Auch  das  Aushlribru  der  Verfärhuur/  hei 
her u inst rudclndcn  Eiern   spricht  für  JJerijifl/issuufj  durch  ISchuerkraft. 

Moszkowski  (1902)  U7id  Morgan  (1902)  vermißten  das  graue 
Feld  an  den  Eiern  mancher  Frösche.  Mosxkoivski  konnte  sich 
üherxeugen,  daß  starke  Pigmentierung  diese  Figeutihnlichkeit  ver- 
ursacht, hie  dem  grauen  Felde  entsprechende  Struktur  würde  vor- 
handen, nur  durch  die  starke  Pigmenti erung  verdeckt  sein.  In  ättn- 
licher  Weise  muß)  man  wohl  den  Mangel  des  charakteristischen  Feldes 
hei  pigmentfreien  mal  pigmentarnien  Eiern  erklären.  Denn,  wenn  die 
Erklärung  Mos'xkowsk i\s  richtig  ist,  wofür  viele  Erscheinungen 
spreche?!,  müßte  die  dem  grauen  Feld  zur  Ursache  dienende  Dotter- 
umlageruug  bei  allen  Amphihioi  vorkommen,  nur  daß  ihr  Sichthar- 
werden  an  besonders  günstige  Pigmentverhältnisse  geknüpft  wäre. 

Immerhin  darf  nicht  ütjersehen  werden,  daßj  der  E/klärungsversuch 
Mosxkoivski's  auch  auf  Schwierigkeitoi  stößt.  Die  xur  Befruch- 
tung gelangerulen  FroscJteier  liegen  bei  ihr  er  Entleerung  —  ivenigstcns 
ist  darüber  nichts  Gegenteiliges  bekanid  —  regellos  durcheinander ; 
ihre  Axen  werden  daher  im  Moment  der  Befruchtung  mit  der  Rich- 
tung, in  welcher  die  Schwerkraft  auf  sie  wirkt,  die  verschiedensten 
Winkel  bilden.  Demgemäß  müßten  auch  die  ümlagerungen,  u-eUhe 
durcli  die  Strömungen  int  Inneren  des  xunäehst  noch  in  Zuringslage 
befindlichen  Eies  vor  sich  gehen,  sehr  verschieden  ausfallen ;  in  ge- 
ivissen  Fällen,  nämlich  bei  allen  Eiern,  derevi  Axen  von  Anfang  an 
genau  in  der  Richtung  der  Schwerkrafts Wirkung  eingestellt  sind, 
müßten  sie  vollkommen  fehlen  und,  demgemäß  auch  die  durcJi  die 
Schwerkrafts  Wirkung  herrorgerufenen  Verfärbungen:  in  anderen  Fällen 
7yiüßten  die  Verfärbungen  schwiwh,  in  dritten  Fällen  sehr  Jujchgradig 
sein.  Damit  stehen  die  Beobachtungen  nicht  im  Einklang,  welche 
lehren,  daß  das  durch  Verfärbung  entstandene  graue  Feld  bei  edlen 
Eiern  von  gleicher  Größe  ist.  Auch  kann  man  die  von  Roux  und 
0.  Schnitze  gegebenen  Schilderungen  nur  so  verstehen,  daß  die  be- 
fruchteten Eier  sich  zunächst  vertikal  einstellen,  ivas  freie  Beweglichkeit- 
voraussetzt,  urwl  daß  dann  erst  die  Verfärbung  des  grauen  Feldes  ein- 
tritt, cdso  zu  einer  Zeit,  in  der  keine  Zwangslage  mehr  vorhanden  ist. 
Aehnliche  Einwürfe  hat  Katha ri?ier  (1902)  germicht  und  besoiiders 
betont,  daß  von  Anfang  an  lotrecht  stehende  Eier  keine  durch  Schwer- 
kraftswirkung bedingte  Sg mnietrieebene  und  daher  auch  nicht  die  Vor- 
bedingungen zu  normaler  Entwickehing  erlungen  könnten. 

Auch  die  experimentelle  Prüfung  der  von.  Mosx  ko  u^sk  i  aufge- 
worfenen Frage  hat  zu,  keinem  günstigen  Resultal  geführt.  Katha - 
riner  brachte  Eier  teilweise  schon  7  Minuten  nach  der  Befruchtung 
in  Wasser,  welches  durch  einen  eingepumpte}»  starken  Luftstrom  in 
lebhafte  Rotedieni  nach  edlen  Richtungen  cersetzl  wurde.  Damit  wurde 
die  Entwickelung  eines  bestimmten  Strömungsmeridians  unmöglich 
gemacht,  und  hätte  nun,  wenn  Moszkowski  Recht  hätte,  eine  nor- 
male Enlwickeluru/  ausgeschlossen  sein  müssen.  Das  traf  aber  nicht 
XU,  vielmehr  lief  die  Entwickelung  durchaus  normcd  ab. 

Den  Einwänden  Kathariner's  gegenüber  hat  Moszko  u'ski 
(1902)  seine  Auffassungsweise  erneut  verteidigt  durch  den  Hinu-eis, 
daß  in  der  Natur  thatsächlich  rächt  alle  Eier  eines  Eierbcdlens  —  irahr- 
scheirdicli  diejetiigen  nicht,  denoi  die  Schwerkraft  keine  Sgmmetrie- 
ehene   induziert  habe   —  sich   entwickeln,    daß  ferner   möglicherweise 


Eireife  und  Befruchtung.  541 

scJion  kurxe  Eluairkanii  der  Sditvcrkiuft  yoiäye,  mit  eine  l'iiKinip- 
[nerimg  der  Teile  einzuleiten,  ifenn  dieselbe  aiieh  erst  sehr  viel  später 
zum  Ausdruck  komme. 

•  Roux  le(/t  bei  seiner  Polemil;  (jeefen.  Mosxkejirski  riet  Geicieht 
(Ulf  ein  18h)3  niid  JStiö  uiiyestelUcs  Experiment  (HJ02J.  l>ef'rnr]itete 
und  unbefruclitete  Eier  u:urden  in  eine  Gummilösuny  gebraeiil,  deren 
ConeentratioH  den  Eiern  das  ScJnvimmen  ermöiilielite,  und  die  in  dem- 
selben Maße  eriiöht  uuirde,  als  die  Eier  dureli  fieiirumpfen  ein  lüilwres 
spexifiscites  Geuüciit  erlnelten.  Dann  sollen  die  befrucliteten  Eier  sich 
von  unbefruchteten  dadurch  unterscheiden,  da/1  sie  15 — 30  Minuten 
nach  Bet/in/f  des  Experiments  „eine  Aoideruiu)  der  Neigung  der  Eiaclise, 
fast  immer  verbunden  mit  starker  Umdrehung  (bis  -,u  K/O^,  um  die 
Eiaclise"  erfiütren.  Die  erste  Wirkung  der  Befruehtung  sei  somit  eine 
neue  innere  Anordnung  des  Eimaterials,  urelelw  keine  Folge  der  Schwer- 
kraft sein  könne,  weil  sie  vielfich  ihi-  entgegen  erfolge.  JcJt  habe  dieses 
Experiment  bisher  nicht  eruäl/nt,  weif  ich  ihm  keine  Beu:eiskraft  bei- 
messe. Es  lä/)t  sich  l)ei  ihm  garniclit  aJjselien,  in  u-elcJier  Weise  die 
das  Ei  in  luJclistem  Ma//e  schädigende//  Diffusions.strÖme  —  die  meisten 
Eier  gingen  vor  Eintritt  der  ZweiteiliDig  xu  Grunde  —  anf  die  Be- 
wegungen des  Eikörpers  einen  Einfluß  ausüben. 

Wenn  ich  die  rieten  von  B o  u  x ,  S c liultxe ,  Mo  s  x  /-•  o  u- s  k  i , 
Morgan  und  Kathariner  gemaritten  Experimente  uiul  Beobach- 
tungen überblicke,  so  komme  ich  zum  Resultat,  daß  ureder  die  Schiver- 
kraft  nocli  die  BefrncJttung  nötig  sind,  iim  dem.  Ei  die  zur  Symmetrie- 
ent)rirkelun<i  des  Embrgo  nötige  Auorduumj  der  Teile  zu  verleihen. 
Die  Möglichkeiten  hierxu  sirul  in  dem  Ei  selbst  entludten,  wie  beson- 
ders die  Eier  der  Tritonen  zeigen,  deren  langgestreckte  Gestalt,  wie  wir 
sehen  werden  (cfr.  Eifurclning) ,  in  ganz  bestimmten  Beziehungen  zu 
den  ersten  Furch ungsebenoi  und  der  späteren  3Ieridianebene  des  Eu)- 
brgos  steht.  Das  schließt  nicht  aus,  da/j  in  Helen,  vielleicld  sogar  in 
den  meisten  Fällen,  die  ScJiwerkraft  gleicJiu:ohl  in  der  von  Moszko  wski 
durclufcführten  Weise  einen  umordnenden  Einfluß  ausübt,  durcJi  welchen 
die  Lage  des  Furcliun gsmer idians  neu  bestimmt  wird,  nämlicl)  in  allen 
Fällen,  in  u-elchen  die  Verteilung  von  leichten  und  scJuveren  Bestand - 
teilen  anfänglicJi  der  Einwirkung  der  Schwerkraft  tdcht  entspriciit. 

III.  Dipue  listen  und  Granoiden. 

Mit  Rücksicht  auf  die  große  Uebereinstiinmung,  welche  im  Bau  der 
Eier  und  im  Charakter  des  Furchungsprozesses  zwischen  Dipneusteu 
und  Ganoiden  besteht  und  in  dem  betreffenden  Kapitel  eine  ge- 
meinsame Besprechung  beider  Gruppen  zweckmäßig  erscheinen  läßt, 
mögen  sie  auch  an  dieser  Stelle  vereint  abgehandelt  werden.  Wir 
haben  hierzu  um  so  mehi'  ^'eranlassung.  als  wir  für  beide  Gruppen 
über  Reifung  und  Befruchtung  nur  sehr  spärliche  und  lücken- 
hafte Erfahrungen  besitzen.  Mark  (1890)  bildet  für  Lepidosteus  eine 
in  geringer  Entfernung  von  der  Mikropyle  gelagerte  Richtungsspindel 
ab,  die  nach  Lage  und  Bau  mit  der  Richtungsspindel  der  Amphibien 
übereinstimmt.  Die  Bildung  eines  Richtungskörpers  (zweifellos  des 
zweiten)  wurde  einige  Zeit  nach  der  Befruchtung  von  Bashford  Dean 
(A.  L.  III,  ö)  beobachtet.  Salensky  (A.  L.  III.  5.  IHSl)  hat  bei 
Sterleteiern  verschiedenerlei  Befruchtungsstadien  (Kopulation  von  Ei- 
und  Samenkern)    beobachtet.     Die  Kerne  —    und   so  auch  später   der 


542  R.  Hertwig, 

Furcliungskern  —  finden  sich  am  Ende  einer  trichterförniifien  Pig- 
menteinstülpnng,  welche  vom  Eipol  aus  in  der  Längsachse  des  Eies 
in  (his  Innere  eine  Strecke  weit  hineinragt.  Ob  diese  Pigmentstraße 
durch  das  eingedrungene  Spermatozoon  veranlaßt  ist  oder  der  Figure 
claviforme  der  Anureneier  zu  vergleichen  ist,  läßt  sich  bei  unseren 
dürftigen  Kenntnissen  nicht  entscheiden.  —  Künstliche  Befruchtung 
scheint  bei  allen  Ganoiden  möglich  zu  sein,  sie  wurde  thatsächlicli 
durchgeführt  von  Bashford  Dean  bei  Lepidosieus  und  von  Salensky 
und  Ryder  bei  Äcipenseriden;  bei  Bipneusten  wurde  sie  nicht  versucht. 

Wie  in  der  Natur  die  Befruchtung  vollzogen  wird,  ist  noch  immer 
unbekannt.  An  Laichplätzen,  die  bei  Amia  nestartig  zurecht  gemacht 
werden,  drängen  sich  Männchen  und  Weibchen  der  Ganoiden  eng  zu- 
sammen (FüLLEBOKN  1894,  Bashford  Dean  A.  L.  III,  5,  1896,  1902). 
Wahrscheinlich  werden  die  Eier  wie  bei  den  Knochenfischen  im  Moment 
der  Entleerung  im  Wasser  befruchtet.  Sie  kleben  dann  an  Steinen  und 
Wasserpflanzen  einzeln  fest.  Eine  besondere  Klebscliicht  scheint  nicht 
vorhanden  zu  sein ;  vielmehr  gewinnt  die  Zottenschicht  des  Eies  im 
Wasser  eine  klebrige  Beschaffenheit.  Bei  Lepidosteus  und  Amia  bewachen 
die  Männchen  die  abgelegten  Eier  und  eine  Zeit  lang  auch  die  junge 
Brut.  Ueber  die  Befruchtung  bei  Dipneusten  wissen  wir  nichts,  wahr- 
scheinlich erfolgt  sie  wie  bei  den  Ganoiden.  Lejndosiren  (Graham  Kerr 
A.  L.  III,  6)  baut  eine  Art  Nest,  einen  mehrere  Euß  langen  Gang,  ähn- 
lich demjenigen,  der  zur  Zeit  der  Dürre  in  den  Schlamm  gebohrt  und 
als  Aufenthaltsort  benutzt  wird,  immerhin  aber  von  ihm  im  Aussehen 
verschieden.  In  ihm  bewacht  das  Männchen  die  abgelegten  Eier.  Das 
erst  in  letzter  Zeit  von  Budgett  (1901)  gefundene  Nest  von  Protoptenis 
wird  abseits  von  einem  Tümpel  und  mit  demselben  durch  einen  Kanal 
verbunden  errichtet.  Ceratodus  (Semon  A.  L.  III,  6,  1893)  legt  die  Eier 
einzeln   an  geeignete  Laichplätze. 


IV.  Teleostier. 

Mit  den  TeJeostiern  beginnen  wir  die  Reihe  der  Wirbeltiere  mit 
meroblastischen  Eiern.  Freilich  unterscheiden  sich  ihre  Eier  von  den 
übrigen  meroblastischen  Eiern  in  ganz  auffälliger  Weise;  sie  sind  un- 
verhältnismäßig klein  und  dotterarm  und  messen  etwa  so  viel  Milli- 
meter wie  die  Eier  der  Haie,  Beptilien  und  Vögel  Centimeter.  Nach 
ihrer  Größe  sollte  man  eine  totale,  wenn  auch  stark  inäquale  Furchung 
erwarten.  Am  besten  läßt  sich  dies  klar  machen ,  wenn  man  die 
Eier  der  Teleostier  und  die  der  Amphibien,  Dipneusten  und  Ganoiden 
nach  ihrer  Größe  vergleicht;  ich  gebe,  um  dies  zu  erläutern,  eine 
kurze  Uebersicht  einiger  in  der  Litteratur  vorliegender  Maße. 


a)  Teleostier. 

Serramis  scriba  (Hofmann)  0,8  mm 

Heliasis  chroinis  (Hofmann)  0,85  „ 

Gasterosteus  aculeaüis  (Kupffer)  0,9 

Creuilabrus  tinca  (List)  0,9  „ 

Ctenolabrus  sp.  (Agass.  Whitman)  0,9  „ 

Ostseehüring  (Kupffer)  0,9—1,0  „ 

Nordseehäring  (Boeck)  1,5  „ 

„  (FULTON)  1,18  „ 

Platessa  platessa  (Tulton)  1,2  „ 

Gadus  morrhua  (Ryder)  1,3  „ 


Eireife   und   Befruchtung.  543 

Perca  fluviatilis  (His)  1,4  mm 

Trutta  fario  (Blanc)  4—5        „ 

h)  Amphibien,    Ganoiden,   Uipneusten. 

Bufo  lentiginosiis  (King)  0,6 — 1,5  „ 

Pelob fites  fusciis  (Bambeke)  1,5  ,, 

Raiia  temporaria  2,0  „ 

Tritonen  (Ebener)  1,6—2,0  „ 

Salnmandra  maculosa  (Grönroos)  3,5 — 5  „ 

Nototrciiia  fissipes  (Weinlaxd)  10  „ 

AcipeHser  rutkeniis  (Salexsky)  2,0  „ 

Ceratodus  Forster i  (Semon)  2 — 3  „ 

Lepidosteus  osseus  (Dean)  3 — 5  ., 

Protopf erus  annectens     (Graham  Kerr)  3,5 — 4,0  ,, 

Lepidosiren  paradoxn  (Graham  Kerr)  6,5 — 7,0  „ 

Wenn  trotzdem  bei  keinem  Teleostier,  soviel  wir  wissen,  inäquale 
Furchung  vorkommt,  so  hat  das  seinen  Grund  darin,  daß  mehr  als 
bei  irgend  einem  anderen  Wirbeltier  das  formative  Protoplasma  von 
dem  Nahrungsdotter  geschieden  ist  und  sich  zu  einer  scharf  abge- 
grenzten Keimscheibe  am  animalen  Pol  des  Eies  sammelt.  Für  diese 
Scheidung  ist  Eireife  und  Befruchtung,  auf  die  wir  nunmehr  eingehen, 
von  der  größten  Bedeutung. 

Am  Ei  eines  Teleosüers  haben  wir  vornehmlich  drei  Bestandteile  zu 
unterscheiden:  Deine  dünne  Ptiudenschicht,  2)  den  Keim,  im  wesent- 
lichen eine  Verdickung  der  Rindenschicht,  3)  die  von  Keim  und  Ptiuden- 
schicht umschlossene  Dottermasse. 

Die  Rinde  n  Schicht  bildet  an  den  meisten  Punkten  der  Ei- 
oberfläche  eine  äußerst  dünne  Lage,  welche  von  vielen  Forschern,  so 
z.  B.  von  Oellacher,  für  eine  Dottermembran  gehalten  wurde;  sie 
enthält  meist  gefärbte  Oelkugeln,  welche  die  verschiedenartige  Färbung 
des  Eies  bedingen.  Während  sie  bei  jungen  Eiern  mit  Fortsätzen 
in  die  unterliegende  Dottermasse  eingreift,  ist  dies  beim  reifen,  be- 
fruchtungsfähigen Ei  bei  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fische 
nicht  mehr  der  Fall.  Vielmehr  liegt  die  Dottermasse  in  ihr  wie  in 
einem  Sack,  was  an  die  Anordnung  des  Fettes  innerhalb  der  Fettzelle 
erinnert,  ein  Vergleich,  der  auch  wiederholt  gezogen  worden  ist. 

Die  Keim  Scheibe  zeigt  bei  den  einzelnen  Arten  ein  sehr  ver- 
schiedenes Verhalten.  Ich  schildere  zunächst  im  Anschluß  an  Behrens 
(1898)  den  Zustand  vom  Ei  der  Salmoniden,  welcher  für  die  meisten 
Fische  Geltung  zu  haben  scheint.  Beim  abgelegten,  aber  unbefruchteten 
Ei  ist  hier  die  Keimscheibe  zwar  schon  vorhanden,  aber  wenig  ausgeprägt; 
sie  ist  eine  Lage  von  geringer  Dicke,  welche  allmählich  in  die  Rinden- 
schicht übergeht.  Durch  die  Befruchtung  wird  ein  Wechsel  hervorgerufen, 
indem  am  Keimpol  eine  enorme  Vermehrung  des  Protoplasmas  eintritt, 
so  daß  schließlich  die  Dicke  der  Scheibe  wohl  auf  das  6— 7  fache  der 
ursprünglichen  Dicke  angewachsen  ist.  Gleichzeitig  verkleinert  sich  der 
Radius  der  Keimscheibe;  ihre  Ränder  setzen  sich  von  der  Umgebung 
schärfer  ab,  schließlich  sogar  mittelst  einer  ringförmigen  Furche.  Am 
Ende  der  Befruchtungsperiode  ist  die  Keimscheibe  ein  dickes  Polster, 
welches  sich  steil  einerseits  über  die  Oberliäche  des  Dotters  empor- 
wölbt, andererseits  in  eine  Vertiefung  desselben  eingebettet  ist  (Fig.  189). 

Es  giebt  nun  Eier,  bei  denen  vor  der  Befruchtung  die  Keimscheibe 
noch  gar  nicht  differenziert  ist.  Ein  derartiges  Beispiel  ist  das 
Heringsei  (Kupffer  1878,  Bambeke  A.  L.  III,  4),  für  welches  nament- 
lich Brook  (1886)  angiebt,  daß  vor  der  Befruchtung  das  Protoplasma 
noch  durch  den    ganzen  Dotter  verbreitet  ist   und  sich  erst  ganz  all- 


544 


R.  Hertwig. 


mählich  nach  dei-  Befniclitung  aus  dem  Innern  nach  dem  Mikropylpol 
des  Eies  sammelt.  Andererseits  giebt  es  Eier,  l)ei  denen  schon  sehr 
frühzeitig  eine  deutliche  Keimscheibe  entwickelt  wird.  Am  auffälligsten 
scheint  dieselbe  bei  folgenden  Formen  schon  längere  Zeit  vor  der  Be- 
fruchtung aufzutreten :  i?/«cca  (C.  E.  V.  Baer  ISoö),   Thymallus  vulgaris 


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2 


"'*-)('>■„ 


'A-^-f^j^ 


Fig.  1<S9.  Querschnitte  durch  die  Keimscheibe  des  Forelleneies  auf  verschiedenen 
Stadien  der  Entwickelung,  1  20  Minuten,  2)  3  Stunden  20  Minuten,  3)  5  Stunden 
45  Minuten,  4)  7  Stunden  15  Minuten  nach  der  Befruchtung,  c  Spermastrahlung. 
(Nach  Behrens.) 


(His,  Ransom  A.  L.  III,  4),  Tinea  vulgaris,  Lota  vulgaris  (van  Bam- 
beke).  Da  es  sich  bei  der  vorliegenden  Frage  um  graduelle  Unterschiede 
handelt,  ist  es  begreiflich,  daß  selbst  für  dieselben  Arten  die  Angaben 
verschiedener  Autoren  voneinander  abweichen.  So  vermißt  Lere- 
BOULLET  (A.  L.  III,  4,  1854)  die  Keimscheibe  vor  der  Befruchtung 
beim  Hecht  und  Barsch,  während  His  (1873)  sie  für  den  Hecht  au- 
giebt.  Selbst  für  den  Hering,  dessen  Ei  oben  auf  Grund  der  meisten 
Angaben  als  Typus  eines  Eies  ohne  Keimscheibe  vor  der  Befruchtung 
aufgestellt  wurde,  nimmt  Hoffmann  (A,  L.  III,  4)  eine,  wenn  auch 
schwach  ausgeprägte,  Keimscheibe  an.  (Viele  Angaben  über  diese 
Verhältnisse  macht  Ryder,  A.  L.  III,  4,  1884). 

Die  Frage  wird  noch  durch  einen  weiteren  Umstand  kompliziert : 
es  ist  offenkundig,  daß  wenigstens  für  viele  Eier,  man  kann  sogar 
sagen  für  die  meisten,  schon  in  der  Uebertragung  in  das  Wasser  ein 
kräftiger  Anreiz  gegeben  ist,  welcher  die  Konzentration  der  Keimscheibe 
veranlaßt.  So  wurde  es  für  Crenilahrus  pavo  (List  A.  L.  III,  4),  Hecht 
(Kupffer,  Lereboullet),  Corregonus  palaea  (C.  Vogt),  beobachtet, 
während  das  Ei  des  Herings  beim  Liegen  im  Wasser  zwar  eine  Zunahme 
der  Rindenschicht  (Brook)  aber  selbst  nach  stundenlangem  Liegen  im 
Wasser  keine  Differenzierung  der  Keimscheibe  erkennen  läßt  (Kupffer, 
Brook).  Alle  Autoren  stimmen  aber  darin  überein ,  daß  in  den 
Fällen,  in  denen  das  Liegen  im  Wasser  auf  die  Bildung  der  Keim- 
scheibe einen  Einfluß  ausübt,  der  Prozeß  viel  rascher  und  energischer 


Eireife  und  Befruchtung.  545 


'to 


verläuft  und  ein  höheres  Maß  erreicht,  wenn  Befruchtung  zuvor  ein- 
getreten ist.  Daß  aucli  bei  l)efruchteten  Eiern  die  Konzentration  der 
Keimscheibe  relativ  spät  ihren  Höhepunkt  erreicht,  lehren  die  p]rfah- 
lungen,  daß  beim  Hering  dieser  Zeitpunkt  erst  mit  2  Stunden,  bei  der 
Forelle  sogar  mit  7—8  Stunden   eintritt. 

Ueber  die  Herkunft  des  die  Keim  Scheibe  liefernden 
Pi'otoplasma  sind  die  Untersuchungen  ebenfalls  noch  nicht  zum 
vollkommenen  Abschluß  gediehen.  Als  sicher  kann  nur  das  F.ine 
gelten,  daß  die  Hauptmasse  präformiert  ist  und  aus  anderen  Teilen 
des  Eies  herbeiströmt.  Die  Befruchtung  löst  daher  lebhafte  Bewegungs- 
erscheinungen im  Ei  aus :  man  kann  das  Rindenprotoplasma  in  dicken 
Strängen  nach  dem  Keimpol  Hießen  sehen.  Oft  bewegen  sichKontraktions- 
welleu  über  die  Oberfläche  des  Eies.  Beim  Stichlingsei  konnte  ich 
verfolgen,  wie  das  Ei  sich  in  der  Richtung  des  Keimscheibenjtols 
streckt,  wie  es  dann  sich  sanduhrförmig  einschnürt,  die  Schnürfurche 
nach  dem  Keimscheibenende  vorwärtsschreitet,  so  daß  dieses  sich  zu- 
spitzt, bis  schließlich  das  Ei  in  nahezu  Kugelgestalt  zur  Ruhe  kommt. 
Dabei  kann  vorübergehend  bei  manchen  Arten  auch  eine  scheiben- 
förmige Ansammlung  von  Protoplasma  an  dem  der  Keimscheibe 
gegenüberliegenden  Ende  des  Eies,  dem  Gegenpol,  zu  stände  kommen 
(KuppFER  1878)  sie  ist  aber  stets  nur  vorübergehender  Natur.  Sehr 
häufig  werden  die  besprochenen  Erscheinungen  von  langsamen  Oscilla- 
tionen  der  gesamten  Eizelle  innerhalb  des  Chorions  begleitet;  das  obere 
Ende  beschreibt  dabei  größere  und  kleinere  Kreise  (His).  Ist  bei 
Forellen    (Oellacher,     Henneguy) 

die   Keimscheibe   einmal   gebildet,    so  ö  b 

erheben    sich    auf   ihr    unregelmäßige  \^  ; 

Höcker  und  Wülste,  welche  nach  kur- 
zem Bestand  schwinden,  um  durch 
andere   ersetzt  zu  werden   (Fig.  190).  ^^^^^^^^^^^^»s- 

Eine    Folgeerscheinung    der    be-  ^' 

schriebeuen Protoplasmabewegungen  ist 
der  ,,disque  huileux'"  Lereboullet's, 
eine  Anhäufung  von  Fetttröpfchen 
unter  der  Keimscheibe,  welche  von 
dem  zusammenströmenden  Protoplas- 
ma mitgeschleppt  werden. 


.<~*  ,. «;. 


w    ~ 


Fig.  190.  Oberfläche  des  Forelleneies  kurz 
nach  der  Befruchtung,  schwach  vergrößert. 
a  Keimscheibe  in  amöboider  Kontraktion,  b 
Dotter.    (Nach  Oellacher).  a 

Vielleicht  entsteht  aber  die  Keimscheibe  nicht  nur  durch  Zu- 
sammenströmen des  vorhandenen  Protoplasma,  sondern  auch  durch 
Bildung  neuen  Materials,  welches  durch  E  i  n  s  c  h  m  elzen  desDotters 
erzeugt  ward.  Infolgedessen  treten  Erweichungsfiguren  mannigfacher 
Art  im  Innern  des  Dotters  und  unter  der  Keimscheibe  auf,  wie  solche 
besonders  von  Kupffer  und  Brook  für  das  Heringsei  geschildert 
wurden. 

Wir  haben  noch  eine  Anzahl  weiterer  Erscheinungen  zu  besprechen, 
die  in  analoger  Weise  wie  Bildung  und  Fertigstellung  der  Keimscheibe  in 
manchen  Fällen  ausschließlich  durch  die  Befruchtung,  in  anderen  Fällen 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  35 


546  R.  Hertwig, 

schon  (luic'li  die  Uebertragung  in  das  Wasser,  ^s enn  auch  in  einer  weniger 
ausgesprochenen  Weise,  hervorgerufen  werden.  Während  Ovarialeier 
vom  Chorion  dicht  umschlossen  werden,  bildet  sich  später  der  Schalen- 
rauni  aus,  die  „breathing  Chamber^'  Ransom's,  ein  Raum,  innerhalb 
dessen  der  Eidotter  sich  frei  bewegen  kann.  Zwei  Momente  spielen 
hierbei  eine  Rolle.  Die  Dotterkugel  kontrahiert  sich,  indem  sie  wahr- 
scheinlich Substanzen  (PerivitellinV  Gallerte V)  entleert;  umgekehrt 
wird  das  Chorion  durch  Eindringen  von  Flüssigkeiten  gebläht.  So 
kommt  es,  daß  das  Ei  als  Ganzes  sich  vergrößert,  die  eigentliche 
Dotterkugel  dagegen  kleiner  wird.  Beim  Heringsei  fand  Kupffer  das 
Ei  vor  der  Befruchtung  in  einem  Fall  0,9,  in  einem  anderen  1,0  mm 
groß,  nach  der  Befruchtung  dagegen  das  Ei  selbst  auf  0,85:0,92  resp. 
0,97:0,92  mm  verkleinert,  die  Schale  dagegen  auf  1,2  resp.  1,29  mm 
vergrößert.  Das  gesamte  Ei  erfährt  durch  die  Flüssigkeitsaufnahme 
eine  Gewichtszunahme,  welche  von  Henneguy  (A.  L.  III,  4,  1888) 
für  das  Forellenei  bestimmt  wurde :  127  mg  vor  der  Befruchtung, 
132  mg  einige  Zeit  nach  der  Befruchtung. 

Sehr  bemerkenswert  ist  endlich  die  Aufhellung  der 
Dotter  kugel,  welche  bis  zu  einem  gewissen  Grad  bei  allen  Eiern 
eintritt,  in  ganz  besonders  auffälliger  Weise  sich  an  den  marineu 
pelagischen  Eiern  äußert.  Diese  werden  vollkommen  w^asserklar  und 
so  durchsichtig,  daß  sie  im  Wasser  schwer  wahrnehmbar  sind.  Die 
Aufhellung  erfolgt  bei  manchen  Eiern,  z.  B.  von  Älosa  nur  nach  der  Be- 
fruchtung, bei  anderen,  z.  B.  Gndus  unabhängig  von  ihr  (Ryder).  Die 
Ursache  ist  im  Zusammenfließen  der  Dotterstttcke  in  eine  einzige 
zusammenhängende  homogene  Kugel  gegeben.  Dieses  Zusammenfließen 
wird  offenbar  dadurch  ermöglicht,  daß  Protoplasmastränge,  welche  ur- 
sprünglich sich  im  Dotter  ausbreiteten,  sich  aus  ihm  nach  der  Keim- 
scheibe zurückziehen.  Auch  werden  die  feinen  Körnchen  gelöst,  bei 
den  pelagischen  Eiern  von  Ctenolabrus,  wie  Agassiz  und  Whitman 
(1889)  beobachteten,  schon  w^enige  Sekunden  nach  Uebertragung  des 
Eies  in  das  Wasser.  Innerhalb  der  einheitlichen  Dottermasse  findet 
sich  bei  den  meisten  pelagischen  Eiern  eine  einzige  große  Oelkugel, 
seltener  mehrere  kleinere  gesondert.  Diese  Oelkugeln  liegen  am  Gegenpol 
und  sind  Ursache  einer  sehr  auffälligen  Erscheinung.  Wie  bei  allen 
übrigen  dotterreichen  Wirbeltiereiern  sind  auch  die  Fischeier  in  der 
Regel  so  orientiert,  daß  der  protoplasmareichere  Hauptpol  nach  aufwärts 
gewandt  ist.  Alle  mit  einer  Oelkugel  versehenen  pela- 
gischen Eier  s  c  h  w  i  m  m  e  n  d  a  g  e  g  e  n  umgekehrt,  die  K  e  i  m  - 
Scheibe  nach  abwärts.  Selten  findet  sich  diese  vom  gewöhn- 
lichen Verhalten  abweichende  Gleichgewichtslage  auch  bei  Eiern  ohne 
Oelkugeln,  so  bei  Dorscheiern  (Ryder). 

Eine  andere  Erklärung  der  merkwürdigen  Aufhellung  der  Teleostier- 
eier  giebt  Fulton  (1898).  Nach  ihm  soll  die  Aufhellung  noch  innerhalb  des 
Ovariums  ausschließlich  durch  Flüssigkeitsaufnahme  erfolgen,  was  die 
Dotterkugeln,  das  innerhalb  der  Rindenschicht  befindliche  Protoplasma  (!) 
und  sogar  das  Keimbläschen  (!!)  auflöse.  Bei  Eiern,  die  am  Boden  oder 
an  Wasserpflanzen  abgesetzt  werden  (z.  B.  von  Clupea  harengus,  Cyclojyterus 
■lumpus,  Cottus  scorpius,  Lopliius  piscator-ius),  sei  die  Wirkung  nicht  so 
energisch  wie  bei  den  glashell  durchsichtig  werdenden  Eiern  der  Pleuro- 
nectiden  u.  a.  Die  Folge  der  Wasseraufnahme  sei  eine  enorme  Volums- 
zunahme der  Eier,  bei  Platcssa  platessa  von  0,9  auf  2,4  cbmm,  bei  Gadus 
aeglefinus  von  0,53  auf  1,6  cbmm,    G.  morrhua  von  0,38  auf  1,37  cbmm, 


Eireife  und  Befruchtung.  547 

Rhombus  maximus  von  0,18  auf  0,55  cbmm,  Hippoglossus  vulgaris  von 
8,2  auf  28,7  cbmm.  Durch  das  Anschwellen  des  Eies  werde  das  Chorion 
ausgedehnt  und  in  ein  dünnes  Häutchen  verwandelt.  Ferner  vermindere 
sich  das  specifische  Gewicht  des  Eies.  Das  Schwimmen  der  pelagischen 
Eier  sei  auf  diesen   Umstand   zurückzuführen. 

Solange  der  Schalenraum  noch  nicht  entwickelt  ist,  liegt  die 
Mikrop3'le  über  dem  Centruni  der  Keim  Scheibe.  Diese  genaue  Orien- 
tierung hört  auf,  wenn  Flüssigkeit  durch  das  Chorion  eindringt  und 
dem  Ei  gestattet,  sich  innerhalb  seiner  Hüllen  und  unabhängig  von 
ihnen  frei  zu  bewegen. 

Die  Befruchtung  derTeleostiereier  erfolgt,  abgesehen 
von  den  lel^endig  gebärenden  Formen  (Zoarces  viviparus) ,  außer- 
halb des  mütterlichen  Organismus  im  Wasser,  woraus  sich  die  Mög- 
lichkeit der  künstlichen  Befruchtung  ergiebt.  Bei  den  Experimenten 
über  die  beste  Art  der  Handhabung  derselben  haben  sich  merk- 
würdige, in  ihrer  physiologischen  Bedeutung  noch  unverständliche 
Erscheinungen  herausgestellt.  Die  S  p  e  r  m  a  t  o  z  o  e  n  der  Knochen- 
fische sind  innerhalb  der  Hoden  und  deren  Ausführ- 
wege unbeweglich;  erst  wenn  sie  ins  Wasser  übertragen  werden, 
beginnen  sie  beweglich  zu  werden  und  herumzuschwimmen.  Die 
Zeit  ihrer  Aktivität  ist  aber,  wie  schon  Quaterfages  fand,  äußerst 
kurz:  die  Spermatozoen  der  Forelle  stellen  schon  nach 
30  Sekunden  ihre  Bewegungen  ein  und  sind  dann  zum  Be- 
fruchten nicht  mehr  brauchbar;  selten  ist  es,  daß  Fischspermatozoen 
viele  Minuten  am  Leben  bleiben.  Henneguy  (A.  L.  III,  4,  1888) 
bestimmte  die  Dauer  der  Beweglichkeit  beim  Sücldinq  auf  30  Mi- 
nuten, ich  selbst  auf  '^j^  Stunden.  Für  die  künstliche  Befruch- 
tung hat  sich  daher  am  zweckmäßigsten  das  sogenannte  „trockene 
Verfahren''  erwiesen :  man  benutzt  Eier  und  Samen  zunächst  ohne 
Wasserzusatz ;  erst  nachdem  man  den  Samen  vorsichtig  mittelst  einer 
Gänsefeder  über  die  Eier  verbreitet  hat,  setzt  man  Wasser  zu.  Unter 
diesen  Bedingungen  werden  nahezu  alle  Eier  befruchtet.  Wenn  man 
dagegen  erst  Samen  und  Eier  mit  Wasser  versetzt  und  dann  durch- 
einander mengt,  bleiben  zahlreiche  Eier  —  meist  etwa  30  Proz.  —  un- 
befruchtet. Da  die  Befruchtung  in  der  Natur  voraussichtlich  unter 
ähnlichen  Bedingungen  vor  sich  geht,  ist  zu  vermuten,  daß  auch  hier 
viele  Eier  unbefruchtet  bleiben. 

Ueber  die  Dauer  der  Befruchtungsfähigkeit  bei  den 
Eiern  liegen  wenige  und  zum  Teil  widersprechende  Angaben  vor. 
KuPFFER  (A.  L.  III,  4,  1878)  konnte  Heringseier  noch  nach  24-stüu- 
digem  Aufenthalt  im  Meeres wasser  befruchten.  Dagegen  sind  nach 
Henneguy  (A.  L.  III,  4,  1888)  die  Eier  der  i^ör^//e  bei  Aufbewahrung 
im  Wasser  schon  nach  30  Minuten  nicht  mehr  befruchtungsfähig,  wäh- 
rend sie  in  feuchter  Luft  2  3  Tage  aufbewahrt  werden  können,  ohne 
daß  eine  normale  Entwickelung  dadurch  unmöglich  würde. 

Ueber  die  Reifungs-  und  Befruchtungs Vorgänge  selbst 
sind  wir  auf  wenige  Arbeiten  angewiesen,  welche  in  vielen  Punkten 
voneinander  abweichen,  was  bei  den  Schwierigkeiten,  mit  denen  die 
Untersuchung  zu  kämpfen  hat,  verständlich  ist.  Vollkommen  unbekannt 
ist  die  Umbildung  des  Keimbläschens  in  die  Richtungsspindel ;  sie  wird 
sicherlich  noch  innerhalb  des  Ovariums  eingeleitet,  da  die  der  Bauch- 
höhle entnommenen  Eier  höchstens  noch  geschrumpfte  Reste  des  Keim- 

35* 


548  R.  Hertwig, 

bläschens  mit  einem  Haufen  von  Chromosomen  enthalten  (Blanc  1894), 
Abgelegte  Eier  zeigen  eine  in  den  Eiradius  eingestellte  Spindel,  von 
welcher  alle  Forscher  anneh  in  en,  daß  sie  die  erste 
Richtungsspindel  sei.  Wenn  sich  diese  Annahme  als  richtig  er- 
weisen würde,  würden  die  Knochenfische  eine  Ausnahmestellung  unter 
den  Wirbeltieren  einnehmen.  Denn  da  sofort  nach  der  Eiablage  auch  die 
Befruchtung  eintritt,  würden  die  Spermatozoen  in  das  Ei  eindringen, 
ehe  noch  der  erste  Richtungskörper  abgeschnürt  wurde,  während  bei 
den  übrigen  Wirbeltieren ,  deren  Eireife  bisher  genauer  untersucht 
worden  ist,  die  Spermatozoen  zur  Zeit  der  zweiten  Richtungssi)indel 
die  Befruchtung  bewirken.  So  ist  es  selbst  bei  Fetromyzon  und 
Amphioxus,  welche  sich  noch  am  ehesten  mit  den  Teleostiern  vergleichen 
lassen,  da  ihre  Eier  bei  der  Entleerung  nicht  lange,  dem  Urogenital- 
system entstammende  Eileiter  zu  passieren  haben. 

Nun  ist  ja  die  Möglichkeit,  daß  die  Eireife  der  Teleostier  im  Ver- 
gleich zu  den  übrigen  Wirbeltieren  verspätet  eintritt,  nicht  ohne  weiteres 
von  der  Hand  zu  weisen.  Giebt  es  doch  auch  wirbellose  Tiere,  wie  die 
viel  untersuchten  Ascariden,  bei  denen  sogar  die  Umwandlung  des  Keim- 
bläschens in  die  Richtungsspindel  erst  nach  dem  Eindringen  des  Sper- 
matozoon vor  sich  geht.  Indessen  ist  zu  beachten,  daß  wir  noch 
immer  über  Reifung  und  Befruchtung  der  Teleostiereier  ungenügend 
unterrichtet  sind. 

Ueber  die  Vorstadien  der  Eireife  bei  Teleostiern  fehlt  es  leider  ganz 
an  methodischen  Untersuchungen.  Auch  die  ausführlichste  Arbeit  auf 
diesem  Gebiet,  welche  wir  Cunningham  verdanken  (1898)  ist  zu  iinvoll- 
ständig;  man  kann  aus  ihr  nur  entnehmen,  daß  bei  Teleostiern  sich  ähn- 
liche Vorgänge  abspielen  wie  bei  Arnpliibien  und  Selachiern,  dagegen 
liefert  sie  keine  Ergänzung  zu  dem,  was  wir  von  den  genannten  beiden 
Gruppen  wissen.  —  In  den  jüngsten  Eiern  von  Pleuronediden  konnte 
CuNNiNaHAM  ein  Kernnetz  mit  einem  großen  ISTucleolus,  später  noch  mehrere 
kleinere  Nucleoli  nachweisen.  Letztere  waren  chromatisch,  das  Kernnetz 
achromatisch;  doch  rechnet  Cuxxixgham  mit  der  Möglichkeit,  daß  genauere 
Untersuchungen  vielleicht  noch  Andeutungen  von  Chromosomen,  wie  sie 
RüCKBRT  für  Elasniobranchier,  Born  für  Amphibien  beschrieben  hat,  nach- 
weisen werden.  Eier  welche  etwa  ^/g  der  definitiven  Größe  erreicht  haben, 
besitzen  Keimbläschen  mit  zahlreichen  chromatischen  Nucleoli,  doch  finden 
sich  auch  um  diese  Zeit  schon  Zustände,  auf  denen  das  Centrum  des  Keim- 
bläschens von  einem  besonderen  Bezirk  eingenommen  wird,  in  welchem 
ein  Teil  des  Chromatins  zu  Fäden  oder  einem  Netzwerk  angeordnet  ist. 
Untersucht  man  Eier  aus  Ovarien,  welche  in  der  letzten  Reife  begriffen 
sind,  so  trifft  man  die  Nukleolen  —  offenbar  auf  der  Wanderung  nach 
dem  Centrum  begriffen  —  in  den  tieferen  Schichten  des  Keimbläschens, 
oder  anstatt  ihrer,  und,  wie  Cunningham  mit  Recht  vermutet,  aus  ihnen 
entstanden  chromatische  Stränge  und  Schleifen.  Alles  in  Allem  genommen 
sprechen  diese  Beobachtungen  zu  Gunsten  Carnoy's  und  Lebrun's,  daß 
die  Nukleolen  sich  in  chromatische  Schleifen  umwandeln  und  daß  dieser 
Umbildungsprozeß  unter  periodischer  Neubildung  von  Nukleolen  sich 
mehrfach  wiederholt. 

Der  Entdecker  der  Richtungsspindel  nicht  nur  bei  Teleostiern, 
sondern  bei  Wirbeltieren  überhaupt,  Hoffmann  (A.  L.  III,  4,  1881),  dessen 
Resultate  von  Kingsley  und  Conn  (1883)  bestätigt  wurden,  hat  nur  eine 
Richtungsspindel  beobachtet;    er    giebt  an,  daß  der  am  peripheren  Ende 


Eireife  und  Befruchtung.  549 

der  Spindel  entstehende  Richtungskörper  bei  Fischen  mit  engem  Schalen- 
raum {Julis,  Scorpaena)  durch  die  Mikropyle  eliminiert  werde,  während 
er  bei  weitem  Schalenraum  unterhalb  des  Chorion  verbleibe  (Heliasis). 
Ob  noch  ein  zweiter  Richtungskörper  gebildet  wird,  läßt  Hoffmann  unent- 
schieden. Agassiz  und  Whitman  (A.  L.  III,  4,  1885)  sahen  bei  Ctenolabrus 
den  ersten  Richtungskörper  10  Minuten  nach  der  Besamung  entstehen,  nur 
wenige  Minuten  später  den  zweiten;  beide  verblieben  innerhalb  des  Cho- 
rion. Auch  bei  der  Forelle  würde  den  Angaben  Blanc's  (1894)  zufolge 
der  erste  Richtungskörper  sofort  nach  der  Befruchtung  entstehen,  der 
zweite  dagegen  1^/^  Stunden  später.  Wesentlich  anders  lautet  die  Dar- 
stellung Boehm's  (1891),  welcher  ebenfalls  das  Ei  der  Forelle  aber  mit  der 
viel  zuverlässigeren  Schnittmethode  untersucht  hat.  Nach  Boehm  würde 
der  erste  Richtungskörper  1  Stunde  nach  der  Besamung  gebildet  werden, 
nachdem  schon  ^/^  Stunde  vorher  der  Spermakern  in  der  Eirinde 
bemerkbar  geworden  war ;  nach  20  weiteren  Minuten  würde  sich  der 
zweite  Richtungskörper  abschnüren.  Behrens  (1898),  der  auch  die 
Schnittmethode  anwandte,  hat  die  Bildung  des  ersten  Richtungskörpers 
nicht  gesehen,  auf  einem  Stadium  von  20  Minuten  nach  der  Besamung 
läßt  er  aber  schon  die  zweite  Richtungsspindel  entwickelt  sein,  deren 
Teilung  mit  1   Stunde  45  Minuten  abgeschlossen  wäre. 

Wie  man  sieht,  herrscheu  zwischen  den  einzelnen  Darstellungen 
der  Eireife  nicht  geringe  Differenzen  selbst  für  dasselbe  Objekt. 
Vielleicht  erklären  sich  diese  namentlich  die  Bildungszeit  des  ersten 
Richtungskörpers  betreffenden  Unterschiede  durch  die  Annahme ,  daß 
die  Abschnürung  des  ersten  Richtungskörpers,  wenn  sie  auch  nach  der 
Besamung  eintritt,  gleichwohl  unabhängig  von  derselben  vor  sich  geht 
und  ausschließlich  von  dem  Reifezustand  der  Eier  abhängt,  welcher  bei 
dem  zur  künstlichen  Befruchtung  benutzten  Material  nicht  immer  der 
gleiche  sein  wird.  Damit  wtirde  sich  auch  erklären,  daß  die  Bildung 
des  ersten  Richtungskörpers  vollzogen  wird,  auch  wenn  die  Befruchtung 
unterbleibt  (Hoffmann). 

Ueber  die  Struktur  der  Spindel  machen  Hoffmann  und  Blanc 
ähnliche  Angaben:  die  Spindeln  seien  beiderseits  zugespitzt,  ihre  Enden 
Ausgangspunkte  deutlicher,  allseitig  entwickelter  Strahlungen.  Diese 
Darstellung  ist  wenig  wahrscheinlich.  Offenbar  sind  auch  die  Richtungs- 
spindeln der  Teleostier  von  tonnenförmiger  Gestalt  (Agassiz  und  Whit- 
man, Boehm,  Sobotta,  Behrens).  Von  ihren  breiten  Enden  erstrecken 
sich  wie  beim  Amphioxus  (cf.  p.  494,  Fig.  160)  Protoplasmastrahlen,  aber 
nur  einseitig,  nach  dem  Aequator  der  Spindel  zu;  sie  werden  daher  von 
Sobotta  und  Behrens  nicht  unter  die  Asteren  gerechnet,  sondern  als 
Teile  einer  Mantelspindel  gedeutet.  Da  die  Fäden  sich  im  Proto- 
plasma verlieren  und  sich  nicht  an  Chromosomen  befestigen,  ist  es  wohl 
richtiger,  von   einseitig  entwickelter  Polstrahlung  zu  sprechen. 

Ueber  den  Befruchtiiiig'syorg-aiig-  wissen  wir  durch  Boehm 
und  Behrens  genügend,  um  sagen  zu  können,  daß  er  den  Verlauf 
einer  gewöhnlichen  monospermen  Befruchtung  nimmt.  Solange  der 
erste  Richtungskörper  noch  nicht  gebildet  ist,  verharrt  der  Sperma- 
kopf unverändert  ohne  Strahlung  in  der  Rinde  des  Eies.  Später  tritt 
Strahlung  auf,  und  zwar  noch  ehe  sich  die  das  Mittelstück  nach 
vorn  schiebende  Drehung  entwickelt  hat.  Im  Mittelstück  ist  frühzeitig 
das  Centrosoma  als  ein  kleines  Korn  erkennbar.  Während  der  Sperma- 
kern  in    die   Tiefe  rückt,    nimmt  die  Strahlung   stark   zu.    so  daß   sie 


550  R.  Hertwig, 

mit  ihren  Enden  bis  zur  OberÜäche  des  Eies  reiclit.  Später  teilt  sich 
das  Centrosonia  und  nach  einiger  Zeit  darauf  auch  die  Strahlung. 

Inzwischen  ist  auch  der  zweite  Richtungskörper  gebildet  worden. 
Die  zunächst  noch  mit  demselben  durch  einen  Strang  der  Central- 
spindel  verbundenen  Chromosomen  des  zukünftigen  Eikernes  ballen 
sich  zu  einem  Haufen  von  Bläschen  zusammen  (Ovomeriten)  und 
erzeugen  schließlich  den  Eikern.  Daß  letzterer  eine  Strahlung  ähnlich 
dem  Spermakern  besitzt  (Blanc),  ist  sehr  unwahrscheinlich;  sehr  viel 
wahrscheinlicher  ist  es,  daß  er  ohne  Centrosoma  und  ohne  Strahlung 
in  die  tieferen  Schichten  der  Keimscheibe  hinabrückt  (Boehm,  Beh- 
rens) und  hier  mit  dem  Spermakern  verschmilzt.  Zu  den  Angaben 
über  Strahlung  am  Eikern  haben  wahrscheinlich  Verwechselungen  mit 
einem  zweiten  eingedrungenen  Spermatozoon  Veranlassung  gegeben. 
Die  verdoppelten  Centrosomen  und  Strahlungen  des  Spermacentrums 
bilden  die  Pole  der  Furchungsspindel,  welche  entsteht,  wenn  beide 
Geschlechtskerne  verschmolzen  sind.  lieber  die  Chromosomenzahl  der 
Richtungsspindel  giebt  Behrens  für  die  Forelle  an,  daß  sie  12  beträgt, 
was  für  die  Furchungsspindel  die  Zahl  24  ergeben  würde.  Nach 
Boehm  wäre  die  Zahl  der  Chromosomen  nur  halb  so  groß. 

Die  deutliche  Sonderung  der  Keimscheibe  vom  unterliegenden 
Dotter,  welche  infolge  der  Befruchtung  auftritt,  wird  nach  den  An- 
gaben von  Behrens  noch  gesteigert  durch  eine  „Membran'',  welche 
sich  zwischen  dem  den  Nahrungsdotter  umhüllenden  Protoplasma,  dem 
P er i blast  und  der  Keimscheibe  ausbildet  und  der  Form  der  letzteren 
entsprechend  convex  nach  abwärts  gewölbt  ist.  Unzweifelhaft  ist  dies 
dieselbe  Struktur,  welche  wir  schon  bei  P  etromyzon  kennen  gelernt 
und  auf  eine  Modifikation  (Verdichtung)  des  Protoplasma  zurückgeführt 
haben  (Fig.  165  p.  50T). 

V.  Elasmobraiichier. 

'  Unter  allen  Wirbeltieren  stehen  die  Elasmohranchier  in  der  Be- 
schaffenheit und  Entwickelungsweise  ihrer  Eier  den  Saaropsiden  am 
nächsten.  Ihre  Eier  rivalisieren  in  Bezug  auf  ihre  Größe  mit  den 
Eiern  der  Vögel,  sie  werden  wie  diese  im  oberen  Abschnitt  des  Oviducts 
befruchtet  und  machen  beim  Passieren  desselben  einen  Teil  ihrer  Ent- 
wickelung  durch.  Die  Elusmohrnnchier  sind  daher  niemals  ovipar  im 
strengsten  Sinne  des  Wortes,  sondern  zum  mindesten  ovovivipar,  in- 
sofern das  nach  außen  hervortretende  Fortpflanzungsprodukt  nicht  mehr 
eine  Eizelle  ist,  sondern  eine  wenn  auch  oft  wenig  entwickelte  Embryonal- 
anlage enthält.  Wie  bei  manchen  Bfpülien,  geht  auch  bei  vielen  Elasmo- 
brnnchiern  die  Ovoviviparität  in  Viviparität  über;  man  kann  sogar  sagen, 
daß  die  meisten  Haie  und  ein  großer  Teil  der  Rochm  lebendig  gebärend 
sind.  Ihre  Tragezeit  ist  meist  außerordentlich  lang,  bei  Pristiurus  nach 
Bashford  Dean  9  Monate,  bei  Scyllium  7  Monate. 

Wie  früher  auseinandergesetzt  wurde,  besteht  das  abgelegte 
Selachierei  aus  dem  Ei  im  engeren  Sinne  (dem  äußerst  weichen 
Dotter),  einer  umhüllenden  Eiweißschicht  und  einer  nach  außen  ab- 
schließenden, gefärbten  Schale.  An  dem  Ei  im  engeren  Sinne  unter- 
scheidet man  die  Keimscheibe,  welche  nur  feinste  Dotterkörnchen 
enthält,  und  den  die  Hauptmasse  bildenden  Nahrungsdotter. 
Zwischen  Keimscheibe  und  Nahrungsdotter  ist  eine  Uebergangsschicht 
eingeschoben,  welche  unter  der  Keimscheibe  eine  dünne  Lage,  den 
Keimboden,    bildet   und    im    Umkreis   der    Keimscheibe    sich    zum 


Eireife  und  Befruchtung. 


551- 


Keim  wall  verdickt.  Vom  Keimboden  erstreckt  sich  eine  cylindrisclie 
Masse  feinkörnigen  Dotters  nach  dem  Eicentrum  zu;  sie  umschließt 
da,  wo  sie  unter  der  Keimscheibe  beginnt,  eine  Anhäufung  grobkörnigen 
Dotters,  den  Dotter  sockel. 


Fig.  191.  Schematischer  Querschnitt 
durch  die  Keimscheibe  und  den  angrenzen- 
den Dotter  eines  Selachiereies  nach 
EtJCKERT.  W  Keimwall,  B  Keimboden, 
31  Cyhnder  feinkörnigen  Dotters,  der  nach 
dem  Eicentrum  vordringt. 


In  der  Keimscheibe  eingeschlossen  liegt  das  Keimbläschen. 
Diese  obeitlächliche,  stark  excentrische  Lage  erklärt  Rückert  aus  der 
Art  der  Dotterablagerung,  welche  vorwiegend  einseitig  vom  Keim- 
bläschen in  den  inneren  Partieen  der  Zelle  vor  sich  gehe.  Kast- 
SCHENKO  nimmt  dagegen  eine  sich  relativ  spät  vollziehende  Lage- 
veränderung an :  im  wachsenden  Ei  soll  das  Keimbläschen  zunächst 
seine  centrale  Lage  beibehalten  und  erst  spät,  wie  bei  den  Amphibien, 
behufs  Eireife  an  die  Oberfläche  emporsteigen. 

In  seiner  Struktur  und  seinen  Umgestaltungen  erinnert  das  Keim- 
bläschen an  das  Keimbläschen  der  Amphibien.  Nach  den  genauen 
Darstellungen  Kastschenko's  (1890)  und  vor  allem  Rückert's  (1884, 
1888),  welche  in  vielen  Punkten  mit  Born's  Angaben  für  das  Am- 
phibienei  übereinstimmen,  sind  distinkte  Chromosomen  in  der  ganzen 
Zeit,  in  welcher  das  Urei  zu  seiner  definitiven  Größe  heranwächst,  er- 
kennbar; ihre  Zahl  stimmt  mit  der  Zahl  der  in  Gewebszellen  vorhandenen 
Chromosomen  überein  (nach  Rückert  bei  Pristiurus  30 — o6).  Wahr- 
scheinlich sind  sie  identisch  mit  den  Elementen  der  Seitenplatten  (des 
Dispirems),  welche  während  der  letzten  karyokinetischen  Teilung  der 
Ureier  entstanden  waren;  sie  haben  wahrscheinlich  schon  im  Stadium 
des  Dispirems  eine  Längsspaltung  erfahren,  welche  bis  in  die  Zeit  der 
Eireife  Bestand  hat  (Fig.  192).  Beim  Wachstum  des  Eies  und  dem  eben- 
falls anfangs  sehr  lebhaften,  später  sich  verlangsamenden  Wachstum  des 
Keimbläschens  werden  die  Chromosomen  enorm  groß,  verlieren  allmäh- 


"■ tr '"s^'-^y  i  ff 


.^*^' 


/ 


Fig.  192.  Fig.  193. 

Fig.  192.     Schnitt  durch  ein  Einest  des  Ovarium  von  Scyilium  canicula.    a  und 
h  Tochterknäuel  von  Ureiern.     (Nach  Rückert.)  , 

Fig.  193.     Keimbläschen  eines  jungen  Ovarialeies  von  Pristiurus,  Chromosomen 
nur  als  marmorierte  Züge  erkennbar.     (Nach  Rückert.) 


552  R.  Hertwig 


lieh  aber  ihre  Färbbarkeit,  so  daß  man  sie  vorübergehend  kaum  noch 
wahrnehmen  kann  ;  sie  sind  dann  noch  am  besten  mit  schwachen  Ver- 
größerungen als  marmorierte  Züge  oder  undeutliche  Bänder  im  achroma- 
tischen Kerngerüst  zu  erkennen  (Fig.  193).  Später  (Fig.  194)  gewinnen 
sie  ihre  Färbbarkeit  wieder  und  nehmen  dabei  die  aufgelockerte  Struktur 
an,  welche  bei  den  Eiern  der  Amphibien  Veranlassung  war,  die  Chro- 
mosomen mit  Flaschen-  oder  Cylinderbürsten  zu  vergleichen  (s.  p.  262 
Fig.  83,  84).  Die  Struktur  kommt  dadurch  zustande,  daß  die  einzelnen 
Körner  der  Chromosomen  (dieMikrosomen)  zu  schleifenartig  gewundenen 
Fäden  auswachsen,  welche,  von  der  Achse  eines  Chromosoms  beginnend, 
radial  nach  außen  verlaufen,  um  bald  im  Bogen  umzukehren  und  nach  der 
Chromosomenachse  zurückzulenken.  Um  diese  Zeit  kann  man  sehr  deut- 
lich die  paarige  Gruppierung  der  Chromosomen  erkennen,  welche  durch 
die  erwähnte  frühzeitig  eingetretene  Längsspaltung  verursacht  wurde; 
zwei  zusammengehörige  Paarlinge  schlingen  sich  umeinander  oder 
kreuzen  sich  mehrfach  in  ihrem  Verlauf. 

Eine  rückläufige  Umbildung  der  Chromosomen  tritt  ein,  wenn 
das  Ei  sich  seiner  definitiven  Größe  nähert;  sie  nehmen  rapid  an 
Länge  ab,  schrumpfen  zunächst  auf  Vio  t^^r  ihnen  früher  zukommenden 
Maximallänge,  schließlich  sogar  auf  '/«o  und  noch  weniger;  in  gleichem 
Maße  werden  sie  wieder  intensiv  färbbar  und  wandeln  sich  in  feine, 
scharf  gezogene  Fäden  um,  welche  zuletzt  zu  gedrungenen  Stäbchen 
zusammenschrumpfen  (Fig.  195).  Waren  sie  früher  mit  Ausnahme  der 
Rindenschicht  durch  das  ganze  Keimbläschen  zerstreut,  so  drängen 
sie,! sich  jetzt  zu  einem  engen  Knäuel  im  Centrum  zusammen.    Ferner 


■    O  O   ^ 

•■P.OOO       Q 


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Fig.  194.    Querschnitt  durch   das  Keimbläschen  eines  3  mm  großen  Eies  von 
Pristiurus.     (Fig.  194,  195,  196  nach  unpubhzierten  Zeichnungen  EtJCKERx's.) 


Eireife  und  Befruchtung.  553 

muß  hervorgehoben  werden,    daß    während   der   letzten   Umbiklungen 
der   Chromosomen   die   2  Fäden   eines  Paares   sich  innig  miteinander 


'o 


vereinigen. 


o 


^    'ö- 


^.^■' 


O 

c        « 
O         c 
0      * 


Fig.  195.     Querschnitt  durch  das  Keimbläschen   eines   13,5  mm    großen  Eies 
von  Pristiurus. 

RüCKERT  ist  zu  dem  Resultate  gekommen,  daß  im  Keimbläschen  der 
Selachier  außer  den  in  Paaren  gruppierten  noch  einzeln  verlaufende  Chromo- 
somen vorkommen;  er  knüpft  hieran  folgende  Betrachtung:  es  möchten 
bei  der  Spaltung  der  Chromosomen  nicht  alle  Teilprodukte  in  Paarung 
beieinander  geblieben  sein,  sondern  einige  sich  völlig  getrennt  haben, 
welche  sich  dann  später  mit  anderen,  ebenfalls  vollkommen  getrennten 
Tochterchromosomen  neuerdings  zusammenlegen.  Hierbei  ist  die  Mög- 
lichkeit gegeben,  daß  sich  Fäden  von  verschiedener  Herkunft  untereinander 
vereinigen  und  daß  so  eine  „Konjugation  von  Chromosomen"  (Bqveri), 
eine  „Amphimixis"  (Weis- 
mann) zustande  kommt 
(vergl.  Einleitung  p.  485).  ■.   ' 

Wenn  bei  beginnen- 
der Eireife  das  Keimbläs- 
chen seine  Abgrenzung 
nach  außen  verliert  und 
eine     von     außen     nach  '     ♦      ^- 

innen  fortschreitende  Re-  *•       ...        •**       • 

duktion  seiner  Maße  er-  '^  '   •*    *  ^ 

fährt,     drängt     sich     im  ^4.1;  J^  % 

Rest   des  Keimbläschens  ■*  * 

das  Chromatin  zu  einem 
Körper  zusammen,  den 
Kastschenko  als  einen 

Körnerhaufen  beschreibt,  ^ig.  196.     Chromosomen   eines   kurz  vor  der 

in        welchem        dagegen       Auflösung  stehenden  Keimbläschens  von  Pristiurus. 

RtJCKERT  einen  einzigen, 

zusammenhängenden,  offenbar  durch  seitliche  Verldebung  von  Chromo- 


554  R.  Hertwig, 

somen  entstandenen  Faden  erkennen  konnte.  Innerhalb  des  Fadens 
ist  noch  die  frühere  Längsspaltung  angedeutet,  ferner  eine  Zusammen- 
setzung aus  aneinandergereihten  Körpern,  die  wahrscheinlich  den  alten 
Chromosomen   entsjjrechen. 

Im  Keimbläschen  der  Selachier  finden  sich  —  hierin  spricht  sich 
abermals  eine  Analogie  zu  den  Amphibien  aus  —  neben  den  Chromo- 
somen von  Anfang  an  Nukleolen  vor;  sie  nehmen  während  des 
Wachstums  des  Keimbläschens  an  Menge  und  Größe  zu  und  häufen 
sich  peripher  unter  der  Kernmembran  an ;  die  kleineren  unter  ihnen 
verbreiten  sich  bis  in  die  Region  der  Chromosomen.  Wenn  letztere 
sich  im  Centrum  des  Keimbläschens  zusammendrängen,  folgen  einige 
der  Nukleolen  den  Chromosomen ;  gleichzeitig  ergiebt  sich  eine  sich 
bis  in  die  Zeit  der  Richtungsspindel  hineinverschleppende  Rückbildung 
der  Nukleolen.  Es  herrscht  somit  ein  gewisser  Parallelismus  in  der 
Umbildung  der  Chromosomen  und  Nukleolen.  Rückert  schließt 
daraus,  daß  letztere  am  Stoffwechsel  der  ersteren  beteiligt  sind,  aber 
nicht  in  dem  Sinne,  wie  Carnoy  es  will,  welcher  annimmt,  daß  die 
Chromosomen  aus  vollkommen  gleicher  Substanz  bestehen  wie  die 
Nukleolen  und  sich  aus  ihnen  entwickeln. 

Beim  Beginn  der  Eireife  soll  sich  der  aus  Verklebung  von  Chromo- 
somen entstandene  gewundene  Faden  von  neuem  segmentieren,  aber 
nur  in  halb  soviel  neue  Chromosomen,  als  früher  Chromosomenpaare 
vorhanden  waren.  Waren  früher  bei  Pristiurus  einige  60  Einzelchromo- 
somen, d.  h.  einige  30  Paar  (wahrscheinlich  36  vorhanden),  so  schätzte 
RÜCKERT  nunmehr  die  Zahl  auf  etwa  18.  Jedes  Chromosom  ist  aber 
vierteilig,  was  man  so  deuten  kann,  daß  es  aus  2  seitlich  verklebten 
Chromosomen  besteht,  und  daß  in  jedem  derselben  die  frühere  Längs- 
teilung wieder  sichtbar  geworden  ist.  Damit  eröffnet  sich  die  Möglich- 
keit, die  Eireife  der  Selachier  in  der  Weise  zu  deuten ,  wie  es  für 
manche  Wirbellose  {Copepoden)  geschehen  ist:  bei  der  ersten  Richtungs- 
karyokinese  weichen  die  Teilprodukte  der  Chromosomen  auseinander 
(Aequationsteil  ung),  bei  der  zweiten  dagegen  die  verklebten 
Chromosomen  eines  Paares  (Reduktionsteilun  g). 

Der  erste  Richtungskörper  wird  bei  Selachiern  noch  im  Ovar  er- 
zeugt ;  auch  wird  hier  die  zweite  Richtungsspindel  in  ihrei-  Entwickelung 
bis  zur  Spaltung  der  Aequatorialplatte  in  die  Seitenplatten  gefördert. 
Die  Abschnürung  des  zweiten  Richtungskörpers  erfolgt  nach  dem 
Verlassen  des  Ovars,  wahrscheinlich  nach  Eintritt  der  Befruchtung. 
Bei  Eiern,  welche  in  den  zur  Schalendrüse  erweiterten  Abschnitt  des 
Eileiters  eintreten,  ist  der  zweite  Richtungskörper  schon  vorhanden, 
und  zwar  neben  dem  ersten  größeren  Richtungskörper  gelagert, 
welcher  in  seltenen  Fällen  sich  in  zwei  Stücke  geteilt  haben  kann 
(Kastschenko).  Die  Richtungskörper  liegen  mehr  oder  minder  weit 
vom  Centrum  der  Keimscheibe  entfernt. 

Ueber  den  Belriiclitung'svorg'ang  des  Selachiereies  liegen 
nur  die  Untersuchungen  Rückert's  (LS99)  vor.  Derselbe  fand  bei 
einem  Ei,  welches  „noch  nicht  völlig  in  die  Schalendrüse  eingedrungen 
war  und  eine  Schalenaulage  von  7  mm  besaß'',  schon  Spermatozoen- 
köpfe  ziemlich  tief  in  die  mittlere  Region  der  Keimscheibe  einge- 
drungen, woraus  man  nach  Analogie  mit  den  Befruchtungsstadien 
anderer  Wirbeltiere  schließen  muß,  daß  die  Vereinigung  von  Samen 
und  Ei  schon  vor  einiger  Zeit  stattgefunden  hatte.  Die  Besamung 
scheint   somit   einzutreten,    wenn    die    Eier  aus    dem  Ovidukt   in   die 


Eireife  und  Befruchtung.  555 

sog.  Schalendrüse,  einen  erweiterten  drüsenreichen  Abschnitt  des  Ei- 
leiters, gelangen,  womit  übereinstimmt,  daß  man  bis  zu  diesem 
Punkt,  aber  nicht  über  ihn  liinaus,  Spermatozoen  in  den  weiblichen  Ge- 
schlechtswegen nachweisen  kann  (A.  Schultz  1877).  Die  S])ermaköpfe 
zeigten  noch  den  achromatischen  Spieß  am  vorderen  Ende  und  die 
Zuspitzung  des  Chromatinabschnittes;  auch  erinnerte  ihre  Eorm  noch 
an  die  Köpfe  frei  beweglicher  Spermatozoen,  wenn  sie  auch  knotige 
Verdickungen  bekommen  und  die  charakteristische  Krümmung  in 
Si)iralwindungen  verloren  hatten.  Der  Eikern  ist  um  diese  Zeit  nach 
Bildung  des  IL  Richtungskörpers  in  Rekonstruktion  begriffen  und 
nimmt  auf  seiner  Wanderung  in  die  Tiefe  noch  eine  sehr  oberflächliche 
Lagerung  ein,  so  daß  die  Spermakerne  erheblich  tiefer  liegen. 

An  einer  Serie  von  Keimscheiben  konnte  nun  verfolgt  werden,  wie 
der  Eikern  bei  der  Wanderung  in  die  Tiefe  an  Größe  zunimmt  und 
die  Spermaköpfe  sich  zu  bläschenförmigen  Kernen  umwandeln,  wie  ferner 
ein  Samenkern  und  der  Eikern  sich  einander  näherten  und  sich  schließlich 
mit  einander  vereinten.  Eine  eigentliche  Strahlung  war  am  Eikern  nie  zu 
erkennen,  wenn  auch  vorübergehend  die  Dotterkörnchen  in  seinem 
Umkreis  eine  undeutliche  radiale  Gruppierung  besaßen.  Dagegen 
entwickelt  sich  an  einem  Ende  des  Spermakerns  Strahlung  um  ein 
kleines  wohl  als  Centrosoma  zu  deutendes  Körperchen.  Eine  Ver- 
doppelung der  Strahlung  und  damit  zusammenhängend  Bildung  der 
Pole  der  Furchungsspindel  wurde  zum  ersten  Mal  zur  Zeit  beobachtet, 
in  der  die  beiden  Geschlechtskerue  sich  aneinander  legen. 

Was  die  Struktur  der  Kerne  anlaugt,  so  beginnt  der  Eikern  bei 
seiner  der  Richtungskörperbildung  folgenden  Rekonstruktion  als  ein 
Chromatinknäuel,  der  sich  allmählig  in  ein  Kerngerüst  mit  Nucleolen 
umwandelt.  Der  Spermakern  beginnt  als  ein  compakter  chromatischer 
Körper,  der  erst  allmählich  zu  einem  Bläschen  mit  Fadenknäuel  wird, 
von  da  an  aber  sich  genau  wie  der  Eikern  weiter  entwickelt.  Ent- 
sprechend dem  Umstand,  daß  der  Spermakern  eine  Reihe  von  Um- 
wandlungen erleiden  muß,  ehe  er  den  für  den  Eikern  als  Ausgangsstadmm 
funktionierenden  Zustand  erreicht,  ist  er  hinter  diesem  in  seiner  Ent- 
wickelung  zurück,  was  sich  erst  zur  Zeit  der  Kernvereinigung  ausgleicht. 
Bei  der  Umbildung  zur  Furchungsspindel  scheinen  beide  Kerne  unabhängig 
von   einander  den  chromatischen   Knäiiel  zu   bilden. 

Die  Lage  der  copulierenden  Kerne  und  später  der  Furchungs- 
spindel ist  nicht  immer  im  Centrum  der  Keimscheibe.  Wohl  aber 
orientiert  sich  die  Achse  der  Furchungsspindel  der  Oberfläche  der  Keim- 
scheibe parallel  oder  schwach  geneigt  zu  ihr.  Eine  senkrechte  Stellung 
(Einstellung  in  der  Richtung  der  Eiachse)  kommt  nicht  vor. 

Li  die  Keimscheibe  des  Selachiereies  dringt  nun  aber  normaler 
Weise  nicht  ein  Spermatozoon  ein,  sondern  eine  große  Zahl  derselben. 
Wir  lernen  hier  zum  zweiten  MalePolyspermiekennen, 
und  z  w  a  r  e  i  n  e  n  v  i  e  1  h  o  c  h  g  r  a  d  i  g  e  r  e  n  F  a  1 1 ,  als  bei  Urodelen. 
Bei  der  jüngsten  untersuchten  Keim  Scheibe  fand  Rückert  3,  in  dem 
nächst  älteren  Stadium  8  Körper,  die  noch  deutlich  als  Köpfe  von 
Spermatozoen  zu  erkennen  waren.  Aeltere  Keimscheiben  enthielten 
außer  dem  dem  Eikern  sich  nähernden  oder  mit  ihm  sich  vereinigenden 
Hauptspermatozoon  um  so  mehr  Nebenspermatozoen,  je  mehr  die  Ent- 
wickelung  vorgerückt  war,  auf  dem  Stadium  III  von  Pristiurus  im 
Durchschnitte  14  (9.  10.  17.  20),  auf  dem  Stadium  IV  im  Durchschnitt 


Ö56  R.  Hertwig, 

30  (19.  29.  33.  41.),  auf  dem  Stadium  V  ebenfalls  30  im  Durchschnitt 
(12.  15,  39.  47.).  Auf  Befruchtungsstadien  von  Torpedo  betrugen 
die  Zahlen  15,  24,  27,  53;  nur  bei  einem  Exemplar  war  ein  einziger 
Nebenspermakern  vorhanden,  was  aber  nur  so  zu  erklären  ist,  daß 
das  Ei  mit  wenigen  Spermatozoen  in  Berührung  gekommen  war. 

Die  einzelnen  von  ihm  unterschiedenen  Stadien  der  Belruchtung 
charakterisiert  RCckert  in  folgender  Weise :  1)  Spermaköpfe  in  der  Keim- 
scheibe. 2)  Umwandlung  der  Spermaköpfe  in  Spermakerne.  3)  Haupt- 
spermakern von  den  übrigen  unterschieden,  berührt  aber  noch  nicht 
den  Eikern.  4)  Vorkerne  in  loser,  5)  Vorkerne  in  inniger  Berührung. 
6)  Knäuelphase  der  Vorkerne. 

Außer  in  die  K e i m s c h e i b e  dringen  Spermatozoen 
noch  in  tl e n  an  die  K  e i m  s c h  e i b  e  grenzenden  Dotter  ein, 
sowohl  in  den  feinkörnigen  wie  den  grobkörnigen.  Wie  weit  der 
Bezirk  des  Dotters  reicht,  in  welchen  der  Eintritt  noch  möglich  ist, 
darüber  fehlen  genauere  Untersuchungen.  In  einem  Pting,  dessen 
Breite  dem  Durchmesser  der  Keimscheibe  entsprach,  fand  Rückert 
bei  Torpedo  bis  zu  hundert  Spermatozoenköpfe. 

Wir  müssen  hier  zunächst  feststellen,  was  übrigens  schon  aus  den 
obigen  Mitteilungen  über  die  Conjugation  der  Geschlechtskerne  hat  ent- 
nommen werden  können,  daß  von  den  zahlreichen  Samenkernen  nur 
einer  —  und  zwar  wahrscheinlich  derjenige,  der  beim  Eindringen  dem 
Eikern  am  meisten  benachbart  ist  —  mit  dem  Eikern  sich  vereinigt. 
Die  eigentliche  Befr  u  ch  t  un  g  ist  also  auch  hier  eine  mono  - 
sperme.  Daß  nun  trotzdem  so  viele  überzählige  Spermatozoen  ein- 
dringen können,  läßt  sich  nur  aus  dem  Maugel  jeder  Schutzvorrichtung 
gegen  Polyspermie  erklären.  Die  Dotterhaut  scheint  zu  fehlen.  Das 
Chorion    ist   rudimentär    und    offenbar    leicht    durchlässig.      Letzterer 


'o* 


Umstand    ist    wohl    der    wichtigere.     Denn    auch   bei   den  Eiern    der 


't? 


Cyclostomen,  Ganoiden  und  Teleosüer  ist  die  Existenz  einer  Dotterhaut 
nicht  sicherer  gestellt  als  bei  den  Selachiern.  Bei  ihnen  ist  aber  das 
Chorion  von  großer  Festigkeit  und  durch  Entwickelung  der  Mikropyle 
die  Eintrittsstelle  der  Spermatozoen  auf  eine  kleine  umschriebene  Stelle 
beschränkt.  Zieht  das  Ei  sich  an  der  betreffenden  Stelle  vom  Chorion 
zurück,  so  ist  es  den  Spermatozoen  mindestens  erschwert  in  Kontakt  mit 
dem  Ei  zu  kommen.  Inzwischen  hat  dann  das  Protoplasma  des  Eies 
eine  Substanzveränderuug  erfahren,  welche  auch  ohne  schützende 
Membranen  das  Eindringen  weiterer  Spermatozoen  ausschließt. 

Diese  die  landrängenden  Spermatozoen  zurückweisende  Beschaffen- 
heit scheint  übrigens  auch  bei  den  Selachiereiern  allmählich  gewonnen  zu 
werden,  nur  verhältnismäßig  spät,  wenn  schon  ein  ansehnlicher  Grad 
von  Polyspermie  erreicht  ist  (Rückert).  Es  ist  ausgeschlossen,  daß 
die  Spermatozoen  alle  auf  einmal  in  das  Ei  eindringen.  Dem  würde 
widersprechen,  daß  ganz  frische  Befruchtungsstadien  im  Durchschnitt 
weniger  Spermatozoen  enthalten,  als  mittlere  und  vorgerücktere.  Auch 
würde  eine  solche  Annahme  bei  der  großen  Zahl  der  Nebenspermatozoen 
im  höchsten  Grade  unwahrscheinlich  sein.  Immerhin  muß  man  an- 
nehmen, daß  sehr  bald  die  Aufnahmefähigkeit  des  Eies  aufhört  und 
die  Zeit  für  dieselbe  eine  nicht  zu  lang  bemessene  ist.  Der  Beweis  hier- 
für ist  einmal  in  der  oben  mitgeteilten  Statistik  gegeben,  welche  zeigt, 
daß  vom  4.  Stadium  an  die  mittlere  Zahl  der  Spermakerne  nicht  mehr  zu- 
nimmt. Weiter  spricht  dafür  die  Umwandlungsweise  der  in  das  Ei 
eindringenden  Nebenspermatozoen. 


Eireife  und  Befruchtung.  557 

Es  hat  sich  herausgestellt,  daß  die  Spermaköpfe,  welche  in  den  grob- 
körnigen Dotter  geraten,  nur  in  der  oberliächlichsten  Schicht  desselben  zu 
Spermakernen  werden;  innerhalb  der  Region  der  Dotterplättchen  unter- 
bleibt die  Umbildung,  oliPenbar  weil  hier  das  Protoplasma,  welches  den  zur 
Bläschenbildung  nötigen  Stoft'austausch  allein  ermöglicht,  fehlt  oder  an 
Menge  nicht  genügt.  Die  Köpfe  der  Spermatozoen  nehmen  knotige  Formen 
an  und  gehen  allmählig  zu  CTrunde.  In  der  Dotterrinde,  im  feinkörnigen 
Dotter  wie  in  der  Iveimscheibe  vollzieht  sich  die  Umwandlung  der  Xeben- 
spermatozoen  zu  Spermakernen  mit  Strahlung,  aber  in  verschiedener 
Geschwindigkeit,  am  langsamsten  in  der  Rindenschicht  des  grobkörnigen 
Dotters,  rascher  im  feinkörnigen  Dotter,  am  raschesten  in  der  Keim- 
scheibe, in  welcher  sich  die  Nebenspermakerne  fast  genau  so  verhalten, 
wie  Hauptspermakerne.  Die  Gradation  dieses  Verhaltens  ist  ein  sicherer 
Hinweis,  daß  nicht  das  verschiedene  Alter,  sondern  die  Beschaffenheit 
der  Umgebung  Ursache  ist,  daß  die  Kerne,  auf  einem  bestimmten  Stadium 
untersucht,  nicht  alle  den   gleichen   Anblick  gewähren. 

Innerhalb  einer  und  derselben  Keimscheibe  —  und  damit  kommen  wir 
auf  die  oben  gegebene  Fragestellung  —  waren  Unterschiede  in  der  Um- 
wandlung der  Nebenspermakerne  nur  in  sehr  geringfügigem  Maße  vor- 
handen. Darin  ist  ein  Hinweis  gegeben,  daß  auch  rücksichtlich  der  Zeit- 
dauer, welche  die  Sprmatozoen  sich  innerhalb  des  Eies  befanden,  keine 
großen   Unterschiede   bestanden  haben  können. 

Zu  den  Veränderungen,  welche  die  Nebenspermakerne  in  der 
Keinischeibe  erleiden,  gesellen  sich  Veränderungen,  welche  sie  ihrer- 
seits hervorrufen.  Es  entstehen  im  Umkreis  jedes  Kerns  Verdichtungs- 
zonen des  Protoplasma,  so  daß  es  den  Anschein  hat,  als  ob  es  zu  einer 
Abfurchung  der  Keimscheibe  kommen  solle.  Das  tritt  jedocli  nicht 
ein.  Ebenso  unterbleibt  auch  eine  Vereinigung  der  Kerne  unter- 
einander. Vielmehr  verteilen  sie  sich  in  der  Keimscheibe  in  ziemlich 
gleichen  Abständen,  was  zusammengenommen  mit  der  Thatsache,  daß 
sie  ja  auch  von  dem  in  Bildung  begriffenen  Furcliungskern  ausgeschlossen 
bleiben,  es  wahrscheinlich  macht,  daß  die  in  die  Keimscheibe  ein- 
getretenen, mit  Centrosomen  ausgerüsteten  Kerne  sich  gegenseitig 
abstoßen.  Für  diese  Ansicht  spricht  auch  das  weitere  Verhalten  der 
Kerne,  auf  welches  wir  erst  bei  Besprechung  der  Furchungsstadien 
zurückkommen  werden. 

VI.  Reptilien. 

Wie  bei  den  Selachiern  findet  auch  bei  den  Reptilien  eine  Be- 
gattung und  demgemäß  eine  innere  Befruchtung  der  Eier  statt.  Diese 
scheint  allgemein  schon  im  Anfang  der  Ausführwege  im  Ostium 
abdominale  tubae  oder  dem  angrenzenden  Teil  des  Eileiters  vielleicht 
sogar  noch  vor  dem  Eintritt  in  die  Tuba  in  der  Leibeshöhle  zu  erfolgen. 
Während  das  Ei  dann  den  dünnwandigen  Eileiter  und  den  dickwandigen 
Uterus  passiert,  wird  es  von  den  früher  schon  besprochenen  sekundären 
Eihüllen  umgeben  (Kalkschale,  tibröser  Schalenhaut,  oft  auch  mit 
Eiweißschichten).  Zugleich  beginnt  das  Ei  seine  Entwickelung,  welche 
um  so  weiter  fortschreitet,  je  länger  das  Ei  im  Uterus  verharrt.  Die 
Dauer  des  Verweilens  im  Uterus  ist  bei  allen  Lepidosauriern  {Schlangen 
und  Eidechsen)  eine  sehr  lange.  Viele  Lepidosnurier  sind  lebendig 
gebärend :  die  Boiden  unter  den  Riesenschlangen,  die  meisten  Gift- 
schlangen (z.  B.  Viperiden  und  Hydrophiden).  unter  den  Sauriern: 
Lacerta  vivipara,    Seps  chalcides,   Anguis  fragiUs,    Gongylus   ocellatus. 


558  R.  Hertwig, 

Auch  die  übrigen  Lepidosaurier,  welche  ovivivipar  sind,  behalten  die 
Eier  sehr  lange  bei  sich,  so  daß  '/.^  der  Zeit  der  Embryonalentwiekelung 
oder  noch  mehr  im  Mutterleib  abläuft  und  die  Eier  bei  der  Ablage 
einen  hoch  entwickelten  Embryo  beherbergen.  Ein  bestimmter  Zeit- 
punkt läßt  sich  hier  oft  gar  nicht  angeben,  da  die  Tiere  je  nach  den 
Lebensbedingungen  bald  früher  bald  si)äter  zur  lüiablage  schreiten. 

Das  andere  Extrem  bezeichnen  die  Schildkröten  und  Rhyncho- 
cephnlen  (Hatteria  s.  S})henodon).  Hier  findet  man  bei  frisch  abgelegten 
Eiern  die  Gastrulaeinstülpung  eben  erst  entwickelt  (L.  Agassiz,  Mitsu- 
KURi,  Mehnert.  Dendy).  Eine  mittlere  Stellung  nehmen  die  Crocodüe 
ein ;  bei  Crocodüus  nüoticus  ist  im  frisch  gelegten  Ei  die  Bildung  der 
Kiemenbogen  im  Gang  (Völtzkow  A.  L.  III,  8,  1899).  Die  besprochenen 
Entwickelungsbedingungen  sind  Ursache,  daß  die  Eier  der  Beptilien  für 
Untersuchungen  ül)er  Eireife  und  Befruchtung  ein  wenig  günstiges 
Material  darstellen.  Dazu  kommt  die  bedeutende  Größe  der  Eier,  welche 
in  dieser  Hinsicht  nur  noch  von  den  Eiern  der  Vögel  übertroflfen  werden. 
So  ist  es  denn  begreiflich,  daß  über  die  Reifung  des  Reptilien- 
eies  jegliche  genauere  Angaben  fehlen.  Während  Kupffer  und  Be- 
necke (1878)  das  Keimbläschen  des  Eidechseueies  vor  dem  Uebertritt  in 
den  Eileiter  schwinden  lassen,  machte  Sarassin  (1883)  die  sicherlich  un- 
haltbare Angabe,  daß  es  noch  an  Eileitereiern  nachweisbar  sei  als  eine 
dünne  Lage  auf  der  Oberfläche  der  Keimscheibe,  welche  mit  einer  Ver- 
dickung in  der  Mitte  der  Keimscheibe  eingelassen  sei  und  bei  der  Bil- 
dung der  ersten  Furche  in  diese  einbezogen  werde;  Reste  des  Keim- 
bläschens sollen  sich  sogar  auf  vorgerückten  Teilungsstadien  noch  vor- 
finden. Mit  den  Thatsachen,  welche  von  anderen  Wirbeltierklassen  bekannt 
geworden  sind,  steht  dagegen  in  bester  Uebereinstimmung  die  Angabe 
ToDARo's,  daß  die  aus  dem  Ovar  austretenden  Eier  von  Seps  chalcides 
schon  eine  Richtungsspindel  besitzen,  welche  Todaro  (1895)  aus  einer 
Chromatinanhäufung  im  Keimbläschen  ableitet  und  als  die  zweite 
Richtungsspindel  deutet.  In  diesem  Zustande  gelangen  die  Eier  in 
die  Bauchhöhle  und  zw^ar  in  eine  Grube  zwischen  Ovar  und  Oviduct, 
wo  die  Befruchtung  vor  sich  gehen  soll. 

Das  Keimbläschen  des  Reptilieneies  ist  miiltinucleolär  und  gleicht 
in  dieser  Hinsicht  dem  Keimbläschen  der  Amphibien,  Selaehier  und 
Teleostier.  Daher  sind  für  dasselbe  die  gleichen  Streitfragen  zu  ent- 
scheiden, welche  wir  schon  bei  den  genannten  3  Gruppen  erörtert  haben : 
„welche  Rolle  spielen  die  Nucleolen  und  das  Kerngerüst  bei  der  Ent- 
wickelung  des  Keimbläschens  aus  dem  Kern  des  Primordialeies  (Ovogonie)? 
Sind  die  Chromosomen  Dauergebilde  oder  entwickeln  sie  sich  sekundär 
aus  den  Nucleolen?"  Während  eine  neuere,  die  Geckone  Mabuya  imdti- 
fasciata  behandelnde  Arbeit  Kohlbrügge's  (1901)  diese  wichtigen  Fragen 
ganz  unberücksichtigt  läßt  und  daher  hier  übergangen  werden  kann, 
schildert  Marie  Loyez  (1901)  die  Verhältnisse  beim  Gecko  Platydactylus 
murcdis,  den  Eidechsen  Lacerta  muralis  und  L.  viridis  und  def  Blind- 
schleiche Anguis  fragilis  im  wesentlichen  im  Sinne  Born's  und  Rückert's  : 
Die  Chromosomen  —  deutlich  färbbar  bei  Gecko  und  Blindschleiche, 
"weniger  deutlich  bei  Eidechsen  —  entstehen  aus  chromatischen,  auf  dem 
Liningerüst  des  Kerns  verbreiteten  Körnchen  und  erhalten  sich  dauernd, 
wenn  auch  ihr  Aussehen  wechselt.  Die  Nucleolen  verändern  ebenfalls 
wiederholt  ihr  Aussehen ;  sie  sind  von  großer  Bedeutung  zur  Zeit  der 
Dotterbildung,  wenn  sie  auch  in  keiner  Beziehung  zu  den  Chromosomen 
stehen,  von  denen  sie  sich  bei  kombinierten  Färbeverfahren  durch  ihre 
verschiedene  Färbbarkeit  unterscheiden. 


Eireife  und  Befruchtung.  559 

Was  die  Befruchtung  anlangt,  so  kennen  wir  die  Anfangs- 
stadien noch  nicht,  wohl  aber  einige  vorgerücktere  Zustände  von 
Eiern  der  Natter  (Oppel  1802)  und  Blindschleiche  (Oppel,  Nicolas 
1900).  In  allen  von  Nicolas  untersuchten  Keimscheiben  fanden  sich, 
obwohl  die  Furchung  noch  nicht  begonnen  hatte,  zahlreiche  Kerne,  etwas 
excentrisch  ein  Paar  dicht  zusammengefügter  Kerne,  offenbar  Ei-  und 
Samenkern  in  Conjugation,  nach  der  Peripherie  hin  viele  bläschen- 
förmige Einzelkerne  (im  Durchschnitt  25).  Sie  können  nur  als  Neben- 
samenkerne gedeutet  w-erden,  eine  Deutung,  die  dadurch  an  Sicherheit 
gewinnt,  daß  bei  einem  Teil  der  Keimscheiben  die  betreffenden  Kerne 
mit  einer  Strahlung  versehen  waren,  von  welcher  ein  Fädchen,  offenbar 
der  noch  nicht  zur  Resorption  gelangte  Schwanzfaden  des  Spermatozoon, 
ausging  und  eine  Strecke  weit  verfolgt  werden  konnte.  Wir  kommen 
somit  zu  demselben  Resultat  wie  bei  Selachiern :  es  dringen  viele 
Spermatozoon  in  die  Keimscheibe  ein,  aber  nur  ein  Samenkern  ver- 
bindet sich  mit  dem  Eikern.  Was  aus  den  Nebensamenkernen  wird 
ist  noch  nicht  verfolgt  worden. 

Oppel  hatte  schon  früher  als  Nicolas  bei  den  Eiern  der  Natter 
ebenfalls  viele  Nebenspermakerne  9—37  (im  Mittel  17)  beobachtet.  Für 
die  Blindschleiche  fand  er  geringere  Zahlen,  öfters  gar  keine  Neben- 
samenkerne, in  anderen  Fällen  1 — 4.  Der  Durchschnitt  würde  2  er- 
geben. Einige  der  von  Oppel  beschriebenen  Keimscheiben  waren 
jünger  als  die  von  Nicolas  bearbeiteten,  da  der  Eikern  eine  periphere 
Lage  hatte  und  sich  noch  im  Knäuelstadium  befand  oder  dem  Sperma- 
kern nur  genähert,  nicht  fest  augefügt  war;  andere  waren  aber  älter, 
da  schon  die  Furchungsspindel  vorhanden  oder  sogar  in  die  2  Furchungs- 
kerne  geteilt  war.  Das  verschiedene  Alter  der  Keimscheibe  kann  somit 
nicht  Ursache  der  Verschiedenheit  der  Befunde  sein,  zu  denen  Oppel 
und  Nicolas  gekommen  sind.  —  Das  gleichartige  Aussehen  der 
Nebenspermakerne  macht  es  wahrscheinlich,  daß  zwischen  den  Zeit- 
punkten ihres  Eindringens  keine  großen  Unterschiede  bestehen. 

An  den  Keimscheiben  wurden  von  Oppel  noch  allgemein  verbreitet 
Dellen  beobachtet,  die  in  manchen  Fällen  sogar  tief  in  die  Keimscheibe 
eindrangen.  Da  sie  sich  immer  oberhalb  der  Spermakerne  befanden, 
so  sind  sie  entweder  unmittelbar  durch  das  Eindringen  der  Spermato- 
zoon veranlaßt  oder  mittelbar,  insofern  sie  zwar  erst  bei  der  Reagentien- 
behandlung  entstehen,  aber  nur  weil  das  den  Spermaweg  bezeichnende 
Protoplasma  eine  Lockerung  erfahren  hatte  und  daher  schrumpfte.  Man 
wird  durch  die  Dellen  an  die  von  Fick  beim  Axolotl  beobachteten 
Befruchtungstrichter  erinnert. 

Ob  die  hier  beschriebene  „physiol  ogi sehe  Polyspermie" 
bei  Reptüie7i  allgemein  verbreitet  ist,  läßt  sich  noch  nicht  entscheiden. 
Todaro  welcher  ursprünglich  für  Seps  chnlcides  zu  gleichem  Resultat  wie 
Oppel  und  Nicolas  gelangt  war,  ist  später  von  seiner  Ansicht  zurück- 
gekommen und  hält  das  Eindringen  vieler  Spermatozoon  für  eine  krank- 
hafte Erscheinung.  Andererseits  hat  Oppel  in  einer  Keimscheibe  von 
Lacerta  viridis,  welche  am  Beginn  der  Furchung  stand,  Kerne  gefunden, 
welche  wohl  nur  als  Nebenspermakerne  gedeutet  werden  können. 

Ueber  die  Umbildung  der  Nebenspermakerne  ist  wenig  bekannt. 
Bei  einem  Blindschleichenkeime  war  ein  Kern  zur  Spindel  geworden 
(Oppel),  woraus  man  schließen  kann,  daß  die  Kerne  wie  bei  den 
Selachiern  die  Fähigkeit  haben  sich  zu  vermehren.  In  einigen  Fällen 
(Oppel,  Nicolas)  war  außer  dem  von  Ei-  und  Samenkern  gebildeten 
Paar   noch   ein    zweites  Kernpaar  vorhanden.    Da  Sarasin  (1883)  ein 


560  R.  Hertwig, 

Eidechsenei  mit  doi)i)eltem  Keimbläschen  beobachtet  liat,  könnte  man 
an  Keimscheiben  mit  doppeltem  Eikern  und  dem^iemäß  auch  doi)pelter 
Kerncopula  denken.  Eine  andere  Möglichkeit  Aväre,  daß  zwei  Neben- 
samenkerne, wie  man  es  bei  polyspermen  Seeigeleiern  gesehen  hat, 
zusammengetreten  sind. 

VII.    Vögel. 

Wie  man  systematisch  die  Vögel  vielfach  mit  den  Reptilien  unter 
dem  gemeinsamen  Namen  der  Sauropsiden  vereint  und  nur  als  einen 
hoch  entwickelten  und  specialisierten  Seitenzweig  der  letzteren  deutet, 
so  schließt  sich  auch  ihre  Entwickelung  aufs  engste  der  Entwickelung 
der  Reptilien  an.  Die  in  der  Nachbarschaft  des  Ostium  abdominale 
tubae  befruchteten  Eier  werden  beim  Passieren  von  Oviduct  und  Uterus 
mit  den  bekannten  Hüllen  umgeben  und  machen  die  ersten  Entwicke- 
lungsvorgänge  durch.  Die  bei  den  höheren  Rejitilien  sich  bemerkbar 
machende  und  in  Korrelation  zur  Ausbildung  der  Eiweißschicht  stehende 
Tendenz,  die  Zeit  der  Entwickelung  im  Mutterleib  abzukürzen,  hat 
bei  den  Vögeln  weitere  Fortschritte  gemacht,  so  daß  das  Ei,  noch  ehe 
es  zur  Gastrulation  kommt,  abgelegt  wird. 

Reifung  und  Befruchtung  des  Vogeleies  sind  so  gut  wie 
unbekannt,  was  um  so  verwunderlicher  ist,  als  das  Vogelei,  besonders 
das  Ei  des  Huhns,  zu  allen  Zeiten  das  Lieblingsobjekt  der  Embryo- 
logen gewiesen  ist,  und  für  diesen  Abschnitt  der  Untersuchung  keines- 
wegs größere  Schwierigkeiten  bietet,  als  das  Ei  der  Selachier  und 
Reptilien.  So  sind  wir  im  Unklaren,  ob  1  oder  2  Richtungskörper 
gebildet  werden,  ob  Polyspermie  normalerweise  vorkommt  oder  nicht. 
Einiges  wenige  ist  vornehmlich  durch  Holl's  Untersuchungen  über 
die  Vorstadien  der  Reife  bekannt  geworden. 

Wenn  man  berücksichtigt,  daß  alle  dotterreichen  Eier  der  Wirbel- 
tiere sonst  multinukleoläre  Keimbläschen  haben,  so  ist  es  eine  sehr 
auffallende  Erscheinung,  daß  das  Keimbläschen  des  Vogeleies  lange  Zeit 
nur  einen  einzigen  Nucleolus  enthält,  welcher  sich  bis  in  frühe  Stadien 
der  Entwickelung  zurückverfolgen  läßt.  Schon  das  junge,  aus  der 
Teilungs-  in  die  Wachstumsperiode  übertretende  Ei  hat  einen  einzigen 
Nucleolus,  der  in  einem  feinmaschigen,  durch  eine  Kernmembran  nach 
außen  abgeschlossenen  Gerüst  lagert.  Im  weiteren  Verlauf  ergeben  sich 
Anklänge  an  die  Erscheinungen,  welche  wir  von  Amphibien  und  Se- 
lachiern  kennen.  Im  Umkreis  des  Nucleolus  treten  chromatische  Stränge 
auf,  welche  an  die  „Flaschenbürsten''  genannten  Figuren  erinnern. 
HoLL  deutete  anfangs  die  chromatischen  Stränge  im  Sinne  Carnoy's 
als  Auflösungsfiguren,  später  nach  Kenntnisnahme  der  Untersuchungen 
Rückert's  und  Born's  als  Anlagen  von  Chromosomen.  Sie  nehmen 
innerhalb  des  Kernnetzes  einen  ziemlich  gut  abgegrenzten  Bezirk  ein, 
w'elcher  sich  allmählich  auf  Kosten  der  chromatinfreien  Rinde  aus- 
dehnt. Während  das  Keimbläschen  aus  seiner  anfänglich  centralen 
Stellung  zur  Oberfläche  aufsteigt,  schwindet  der  Nucleolus;  schließlich 
entsteht  in  dem  an  der  Eioberfläche  angelangten  Keimbläschen  eine 
Gruppe  kleiner  Stäbchen,  in  denen  Holl  die  Anlage  der  Richtungs- 
chromosomen erblickt. 

[Während  der  Revision  der  Druckbogen  bin  ich  noch  in  der 
Lage,  eine  Arbeit  kurz  zu  berücksichtigen,  welche  die  oben  hervor- 
gehobene emi)findliche  Lücke  in  unseren  Kenntnissen  vom  Reifungs- 
und Befruchtungsprozeß  der  Wirbeltiere  ausfüllt.    Harper  (1902)  hat 


Eireile  und  Befruchtung. 


561 


die  ersten  Entwickelungsvorgänge  an  den  Eiern  von  Tauben  studiert. 
Die  Befruchtung  erfolgt  im  olleren  Abschnitt  des  Eileiters;  beim  Ueber- 
tritt  in  den  drüsigen  Abschnitt  desselben  werden  die  Richtungskörper 
gebildet.  Wie  bei  der  Verwandtschaft  der  Vögel  mit  den  Reptilien 
zu  erwarten  war.  ist  Polyspermie  vorhanden  und  verbindet  sich  nur 
ein  Spermakern  mit  dem  Eikern,  während  die  Kerne  der  übrigen 
Spermatozoen  (Nebenspermatozoen)  sich  zwar  karyokinetisch  vermehren, 
frühzeitig  aber  nach  der  Peripherie  der  Keimscheibe  verlagert  werden. 
Die  Karyokinesen  der  Spermaspindeln  sollen  rascher  ablaufen  als 
die  des  Furchungskerns,  während  Rückert  für  Selachier  das  Gegen- 
teil angiebt.] 


VIII.  Säugetiere. 


Von  den  3  Hauptabteilungen  der  Säugetiere  sind  die  nach  Art 
der  Vögel  ovovivipareu  Monotremen  (Echidna,  Proechidna,  OrnitJio- 
rhynchus)  bisher  auf  Eireife  und  Befruchtung  noch  nicht  untersucht 
worden,  was  bei  der  Seltenheit  der  Tiere  und  der  Schwierigkeit  der 
Materialbeschaffung  ganz  begreiflich  ist.  Auch  über  die  Beuteltiere 
ist,  abgesehen  von  Beobachtungen  über  die  Anwesenheit  von  Rich- 
tungskörperchen,  nichts  bekannt  geworden.  Und  so  sind  wir  in  unserer 
Schilderung  ausschließlich  auf  placentale  Säugetiere  angewiesen. 


II 


III 


^"^^^^^ 


^^'T   -   ■, 


IV 


VI 


6V 


Fig.  197.    Verschiedene  Entwickelungsstufen  des  Keimbläschens  des  Kaninchens 
(nach  WlNiWAKTEE,).    Vergi-,  1700:1. 

Handliuch  der  Eiitwickelungslehre.  I.  36 


562  R.  Hertwig, 

lieber  die  E  i  r eif  e  und  die  dieselbe  vorbereitenden  Veränderungen 
liegen  nur  wenige  Arbeiten  vor,  welche  an  dem  Uebelstand  leiden, 
daß  keine  von  ihnen  in  erschöpfender  Weise  alle  Veränderungen  bis 
zu  Ende  im  Zusammenhang  darstellt.  Ueber  die  Veränderungen 
der  Kerne  während  der  letzten  Zeit  des  Embryonallebens  und  den 
ersten  Wochen  nach  der  Geburt,  während  der  Periode,  in  welcher 
sich  die  indifferenten  Abkömmlinge  des  Keimepithels  in  die  Follikel- 
und  Eizellen  sondern,  handelt  Winiwarter  (1900),  mit  dessen  Dar- 
stellung manche  Befunde  Rabl's  (1897)  über  die  Eier  neugeborener 
Kätzchen  übereinstimmen. 

Zur  Zeit,  in  welcher  die  Differenzierung  im  Zellmaterial  der  Keim- 
schicht noch  nicht  eingetreten  ist,  haben  die  Kerne  ein  feinmaschiges 
Reticulum  mit  Chromatinbrocken  (noyaux  protobroques)  in  demselben. 
Später  verteilt  sich  das  Chromatiu  (noy.  deutobroques)  und  ordnet  sich 
zu  gewundenen  dünnen  Fäden  an,  vielleicht  auch  einem  einzigen  Faden, 
dessen  Windungen  häufig  einander  genau  parallel  verlaufen  (Fig.  197  I 
noy.  leptotenes).  Die  Zellen  mit  feinmaschigem  Kernreticulum  vermehren 
sich  karyokinetisch ;  sie  sind  zum  Teil  Ovogonien,  zum  Teil  Follikel- 
zellen.  Die  Zellen  mit  gewundenem  Faden  sind  die  in  die  Wachs- 
tumsperiode eintretenden  Ovocyten.  Indem  die  Fadenschlingen  sich 
an  einem  Punkt  zusammendrängen,  entsteht  hier  ein  dichter  Haufen 
(II,  noy.  synaptenes).  Zugleich  verschmelzen  die  einander  parallel  ver- 
laufenden Fadenschenkel  zu  einem  dickeren  Chromatinfaden,  dessen 
Anordnung  dann  wieder  eine  Lockerung  erfährt  (III,  noy.  pachytenes). 
Im  weiteren  Fortgang  spaltet  sich  der  einheitliche  Chromatinfaden 
durch  Längsteilung,  oder  richtiger  gesagt,  er  weicht  von  neuem  in 
seine  beiden  Komi)onenten,  die  verklebten  Schleifenschenkel,  ausein- 
ander (IV,  noy.  diplotenes).  Derartige  Eier  mit  längsgespaltenem  Chro- 
matinfaden wurden  auch  von  anderen  Forschern  beobachtet,  so  von 
Van  der  Stricht,  Rückert,  H.  Rabl,  welche  aber  das  Bild  auf 
eine  Teilung  des  Chromatinfadens  beziehen,  nicht  auf  erneute  Trennung 
vorher  verschmolzener  Teile. 

Wenn  nun  der  Chromatinfaden  in  Stücke  zerfällt,  können  die  ein- 
ander anfänglich  parallel  verlaufenden  Teile  eines  Chromatinstückes  sich 
8-förmig  umeinander  wickeln  oder  an  den  Enden  zu  Ringen  ver- 
kleben (V).  So  entstehen  Bilder,  wie  sie  von  Amphibien,  Selachiern, 
auch  von  wirbellosen  Tieren  beschrieben  worden  sind.  Wini\varter 
ist  der  Ansicht,  daß  die  beiden  Stücke  eines  Paares  nicht  als  Tochter- 
chromosomen eines  Mutterchromosoms  angesehen  werden  dürfen,  denn 
sie  sind  ja  nach  seiner  allerdings  mit  einiger  Vorsicht  gegebenen 
Schilderung  die  vorübergehend  verklebten  Windungen  eines  einheit- 
lichen Chromatinfadens,  daher  nicht  durch  Längs-,  sondern  Querteilung 
aus  diesem  Chromatinfaden  entstanden.  Man  kann  auch  die  betreffen- 
den paarig  vereinten  Chromatinstücke  nicht  Chromosomenpaare  nennen. 
Denn  es  hat  sich  nicht  nachweisen  lassen,  daß  sie  in  die  Chromo- 
somen der  Richtungsspindel  übergehen.  Vielmehr  tritt  zunächst  eine 
Umformung  in  ein  chromatisches  Kernnetz  (VI,  noy.  dictyotenes)  ein. 
Um  diese  Zeit  —  es  ist  die  Zeit,  um  welche  sich  die  Eifollikel  bilden 
—  wird  ein  ächter,  d.  h.  chromatinfreier  Nucleolus  bemerkbar,  wäh- 
rend auf  früheren  Stadien  Nucleoli  nur  selten  nachweisbar  waren. 

Die  anschließenden  weiteren  Veränderungen  wurden  im  Zusammen- 
hang nur  von  Holl,  in  einzelnen  Stadien  auch  von  Löwenfeld,  So- 
BOTTA  und  Tafani   untersucht;    sie   sind  noch    nicht    genügend    auf- 


Eireife   und  Befruchtung.  563 

geklärt.  Strittig  ist  vor  allem  die  Art,  wie  die  Chromosomen  ent- 
stehen. Es  scheint  keinem  Zweifel  zu  unterliegen,  daß  an  ihrer  Bil- 
dung der  Nuclcolus  Anteil  hat,  welcher  somit  im  Vergleich  zu  den 
von  AViNiw'ARTER  beschriebenen  Stadien  eine  Veränderung  erfahren 
und  sich  mit  Chromatin  beladen  haben  muß.  Am  Nucleolus  unter- 
scheidet demgemäß  Löw'enfeld  (1888)  zwei  Bestandteile,  eine  Grund- 
substanz und  darin  eingestreutes  Chromatin.  Die  Grundsubstanz  hält 
LÖWENFELD  für  kontraktil  und  erklärt  so,  daß  der  Nucleolus  seine 
Lage  verändern,  sogar  aus  dem  Keimbläschen  auswandern  könne. 
Nach  Tafani  (1889)  würde  anch  in  der  That  bei  der  Eireife  der 
Nucleolus  aus  dem  sich  auflösenden  Keimbläschen  heraustreten  und 
für  sich  allein  die  Chromosomen  bilden.  Dagegen  giebt  Sobotta 
(1895)  an,  daß  das  chromatische  Reticulum  und  der  Nucleolus  beide 
am  Aufbau  der  Chromosomen  beteiligt  seien. 

Leider  beziehen  sich  die  ausführlichen  Angaben  Holl's  (1894)  auf 
offenbar  schlecht  konservierte  Präparate.  Nach  Holl  soll  das  Material  für 
die  Chromosomen  zum  Teil  im  chromatischen  Kernnetz  und  dessen  knotigen 
Anschwellungen  enthalten  sein,  zum  Teil  in  dem  iu  Einzahl  vorhandenen 
Nucleolus.  Letzterer  soll  ungefähr  20  ScHROEN'sche  Körner  umschließen, 
welche  allmählich  aus  ihm  heraustreten,  Substanz  aus  dem  chromatischen 
Reticulum  aufnehmen  und  so  zu  Chromosomen  werden,  während  der 
hüllenartige  Rest  des  Nucleolus  zu  Grunde  geht.  Bei  der  Bildung  der 
Richtungsspindel  soll  ein.  Teil  des  Keimbläschens  ausgestoßen  werden 
und  einen  ansehnlichen,  neben  dem  Ei  liegenden  Körper  erzeugen.  Dieser 
sog.  Keimbläschenrest  ist,  wie  Sobotta  mit  Recht  vermutet,  sicherlich 
nichts  anderes  als  der  erste  Richtungskörper. 

Was  nun  die  feinere  Struktur  der  Rieht  ungssp  in  dein 
anlangt,  so  soll  nach  Sobotta  au  ihnen  die  Polstrahlung  und  dem- 
gemäß auch  ein  Centrosoma  gänzlich  fehlen.  Dieser  Angabe  wird 
freilich  widersprochen.  H.  Rabl  (1897)  fand  centrosomenartige  Struk- 
turen und  Polstrahlung  bei  Richtungsspindeln  atretischer  Follikel.  Ein 
weiteres  Merkmal  der  Richtungsspindeln,  besonders  der  zweiten,  ist 
die  auch  sonst  bei  Richtungsspiudeln  öfters  beschriebene  Tonnengestalt, 
insofern  die  Spindelfasern  lange  Zeit  einander  nahezu  parallel  verlaufen 
oder  nur  schwach  nach  den  Polenden  konvergieren.  Auffallend  deut- 
lich ist  in  den  Metaphaseu  die  Zellenplatte  und  beim  Durchschneiden 
der  Teilstücke  das  aus  der  Zellplatte  sich  entwickelnde  Zvvischen- 
körperchen  (Sobotta,  Tafani). 

Die  Chromosomen  der  ersten  Richtungsspiudeln  scheinen  voll- 
kommen dieselben  Figuren  zu  entwickeln,  welche  Carnoy  bei  Amphibien 
genauer  beschrieben  und  „Oiselettes''  genannt  hat.  Danach  sollte  man 
auch  für  die  Säugetiere  erwarten,  daß  frühzeitig  eine  doppelte  Längs- 
spaltung der  Chromosomen  statthat,  von  denen  aber  die  eine  erst  bei 
der  zweiten  Richtungskörperbildung  zum  Austrag  kommt.  Die  Chromo- 
somen der  zweiten  Richtungsmitose  sind  Stäbchen,  welche  bei  der 
Teilung  bisquitförmig  eingeschnürt  werden.  Ihre  Zahl  bestimmte 
Sobotta  bei  der  Maus  auf  12,  während  Tafani  20,  Holl  24  annimmt. 

Die  R  i  c  h  t  u  n  g  s  k  ö  r  p  e  r  sind  bei  den  Säugetieren  von  ganz 
auffallender  Größe.  Besonders  gilt  das  Gesagte  vom  ersten  Richtungs- 
körper, sofern  derselbe  ungeteilt  bleibt.  Oft  kommt  es  aber  vor,  daß 
er  sich  in  zwei  Teile  teilt,  wie  ^'AN  Beneden  für  Fledermäuse  nach- 
gewiesen   hat.     Zur  Zeit,    wo    der  Follikel   platzt   und   das  Ei   in   die 

3G* 


564 


R.  IIertwig, 


Tube   übertritt,    ist   wolil    in  der  Regel  die  Bildung   des    ersten  Rich- 
tuugsköri)ers   beendet   und    die   zweite 
Es    werden   zwar   Ausnahmen    von    dieser 


Riclitungsspindel 


Regel 


fertiggestellt. 


angegeben :  so  will 
Bischoff  (A.  L.  III,  10,  1845)  in  einer  Anzahl  von  Fällen  das  Keim- 
bläschen bei  Ilundeeiern  noch  im  oberen  Diittel  des  Oviducts  gefunden 
haben,  während  andererseits  Van  Beneden  (1880)  aus  dem  Eierstock 
einer  Fledermaus  ein  Ei  beschreibt,  in  dem  schon  der  Eikern  vor- 
handen gewesen  sei.  Beiderlei  Angaben  sind  wohl  mit  Vorsicht 
zunehmen. 

sind  die  Angaben  Sobotta"s  und  Tafani's. 

in   der  Regel   nur   ein    R i c h t u n g s k ö r p e r 

werde.     Die  Zahl  der  Fälle,  in  welchen  vom  Ei  ein  erster 


bei 


Sehr  autfallend 
M  ä  u  s  e  e  i  e  r  n 


auf- 

d  a  ß 


gebildet 

und  ein  zweiter  Richtungskörper   abgeschnürt   werde,    schätzt  Tafani 


auf  Vö. 
Deutung 


SoBOTTA  sogar  nur  auf  V]o  ^^ller  Eier.  In  der  genaueren 
ihrer  Befunde  weichen  beide  Forscher  erheblich  voneinander 
ab.  Nach  Tafani  wäre  es  der  zweite  Richtungskörper,  welcher  in 
der  Entwickelung  so  oft  unterdrückt  werde.  Das  Ei  soll,  ausgerüstet 
mit  der  ersten  Riclitungsspindel,  in  den  Oviduct  übertreten.  Treifen 
Eier  und  Spermatozoon  frühzeitig  aufeinander,  so  habe  es  mit  der 
Bildung  des  ersten  Richtungskörpers  sein  Bewenden.  Verzögere  sich 
dieser  Zeitpunkt,  so  soll  das  Ei  noch  die  Möglichkeit  haben,  einen 
zweiten  Richtungskörper  zu  erzeugen.  Es  würden  demnach  beide 
Richtungskörper  im  Oviduct  gebildet  werden. 

Im  Gegensatz  zu  Tafani  nimmt  Sobotta  an,  daß  das  Ei  im 
Oviduct  stets  die  zweite  Richtungsspindel  enthalte  und  nach  ein- 
getretener Besamung  den  zweiten  Richtungskörper  produziere.  In 
den  ^/lo  der  Fälle,  in  denen  später  das  Ei  nur  mit  einem  Richtungs- 

körperchen  versehen  ist.  sei 
zur  Zeit  des  Follikelsprungs 
noch  das  Keimbläschen  vor- 
handen gewesen.  Im  Feri- 
ovarialrauin  findet  man 
dasselbe  aufgelöst  und  den 
Chromosomenknäuel  frei  im 
Protoplasma  liegend.  Beim 
Uebertritt  in  die  Tube  bildet 
sich  dann  sofort  die  zweite 
Richtungsspindel.  Anders 
verläuft  der  Reifungsprozeß 
bei  Eiern  mit  2  resp.  3 
Richtungskörperchen.  Bei 
diesen  entstellt  die  erste 
Richtungspindel  schon  im 
Ovar  vor  dem  Follikel- 
sprung ;  hier  wird  auch  der 
erste  Richtungskörper  ab- 
geschnürt. P>eim  Uebergang 
in  den  Oviduct  organisiert 
sich  die  zweite  Richtungs- 
spindel. Demnach  würde 
die  Entscheidung,  ob  ein  oder  zwei  Richtungskörper  gebildet  werden, 
nicht  von  der  Zeit  der  Befruchtung  abhängen,  sondern  vom  Zustand 
der  Reife  des  Keimbläschens  zur  Zeit  des  Follikelsprungs. 


Fig.  198.  Ei 
tiingsspindel  und 
(nach  SoBOTTAj. 


der    Maus    mit 
Corona   radiata. 

Vergr.  :')()( 1:1. 


erster    Eich- 
r/i  Chorion 


Eii-eife  ixud  Befruchtung.  565 

SoBOTTA  Stützt  sich  bei  seiner  Ansicht  auf  die  Unterschiede,  die 
im  Bau  zwischen  erster  und  zweiter  Richtungsspindel  bestehen. 

Nach  SoBOTTA  unterscheidet  sich  die  erste  Richtungsspindel  im 
Mäuseei  von  den  Spindehi,  wie  man  sie  sonst  zu  Gesicht  bekommt, 
durch  drei  Merkmale:  1.  durch  ihre  außergewöhnliche  Größe,  2.  durch 
ihre  nahezu  centrale  Lage,  3.  durch  die  schon  oben  beschriebene 
Gestalt  der  Chromosomen.  Die  Lage  sei  derart,  daß  man  an  eine 
Teilung  des  Eies  in  gleichmäßige  Stücke,  an  eine  Art  Parthenogenese 
denken  könne.  Sobotta  hat  aber  an  einer  Reihe  von  Uebergängen 
feststellen  können,  daß  die  Spindel  allmählich  an  die  Oberfläche  empor- 
rückt, sich  erst  tangential,  dann  radial  einstellt  und  schließlich  den 
Richtungskörper  erzeugt. 

Von  seinen  Beobachtungen  ausgehend,  erklärt  Sobotta  (1899)  eine 
Reihe  in  der  Litteratur  vorliegender,  von  Flemming  (1885)  und  dessen 
Schüler  Schottländer  (1891,  1893),  Henneguy  (1894),  Rabl,  Sitler 
(1898,  1901)  stammender  Befunde  an  atretischen  Follikeln  ebenfalls  als 
Stadien  der  Richtungskörperbildung.  Die  betreffenden  Eier  zeigten  zum 
Teil  merkwürdig  vom  Normalen  abweichende  Teilungsfiguren,  manchmal 
auch  normale  Spindeln,  welche,  ganz  wie  Furchungsspindeln,  in  einem 
Durchmesser  des  Eies  eingestellt  waren.  Letztere  wären  nach  Sobotta 
als  tief  gelagerte  erste  Richtungsspindeln  zu  deuten.  Indessen  scheint 
es,  als  müßten  hier  verschiedenerlei,  wenn  auch  einander  ähnlich  sehende 
Erscheinungen  auseinandergehalten  werden.  Die  meisten  der  betreffenden 
Autoren  hatten  ihre  Beobachtungen  auf  eine  Art  parthenogenetischer  Ent- 
wickelung  der  Eier  zurückgeführt.  Diese  Deutung  ist  offenbar  berechtigt, 
da  sich  hat  feststellen  lassen,  daß  Säugetiereier  in  atretischen  Follikeln 
sich  in  zwei  und  mehr  Stücke  teilen  können.  x\uch  stimmen  viele  der 
eigentümlichen  Kernteilungsfiguren,  welche  besonders  Rabl  abgebildet  hat, 
mit  den  Figuren  überein,  welche  nach  meinen  Untersuchungen  reife,  in 
parthenogenetischer  Entwickelung  begriffene  Seeigeleier  liefern  (Halb- 
spindeln, Ovocentren,  zerstreute  Kernbläschen). 

Ob  in  der  That  bei  Mäusen  die  Bildung  der  ersten  Richtungs- 
spindel und  des  betreffenden  Richtungskörperchen  ganz  unterdrückt  wird, 
oder  ob  nicht  wenigstens  Reste  des  Vorgangs  noch  erkennbar  sind,  bedarf 
der  näheren  Untersuchung.  Keinesfalls  handelt  es  sich  dabei  um  eine 
bei  Säugetieren  weit  verbreitete  Erscheinung.  Denn  in  der  älteren  und 
neueren  Litteratur  kennen  wir  eine  Menge  Beobachtungen,  welche  die 
Existenz  von  2  Richtungskörpern,  eines  größeren  ersteren  und  eines 
kleineren  zweiten,  oder  sogar  von  3  Richtungskörpern,  von  denen  2 
dem  geteilten  ersten  entsprechen  w  ürden,  außer  Frage  stellen.  Derartige 
Befunde  wurden  von  Bischoff  beim  Ei  vom  Reh,  MeerscJtweinchen 
und  Kaninchen,  von  Van  Beneden  bei  Chiropteren  gemacht. 

Rein  (1883)  macht  Angaben  über  größere  Zahlen  von  Richtungs- 
körperchen. Er  beobachtete  bei  einem  Ei  vom  Meerschweinchen  4  Körper 
im  Umkreis  des  Eies  und  verweist  auf  ähnliche  Befunde  Bischofp's  und 
Coste's  am  Kaninchenei,  denen  zufolge  5  Körperchen  vorhanden  waren. 
Selbstverständlich  sind  diese  Angaben  unhaltbar.  Bei  Untersuchung 
eines  so  empfindlichen  Objekts  wie  des  Säugetiereis  im  lebenden  Zustand 
—  auch  Rein  versuchte  Eireife  und  Befruchtung  an .  frischen  Eiern  zu 
verfolgen  —  sind  pathologische  Bilder  (austretende  Protoplasmatropfen, 
Verquellungen)  auch  bei  größter  Vorsicht  kaum  zu  vermeiden.  Daher 
können  auch  Eein's  Angaben  über  Veränderungen  und  Bewegungen  der 
Geschlechtskerne  nur  mit  Vorsicht  verwertet  werden. 


566 


R.  Hertwig, 


Die  Befruchtung  des  Säugetiereies  erfolgt  im  ersten  —  nacli 
Rein  sogar  erst  im  zweiten  —  Drittel  des  Oviducts,  selten  innerlialli 
der  Leibeshöhle  (Möglichkeit  der  Extrauterinschwangerschaft).  Bei  der 
Maus  gelangen  aus  dem  prall  mit  Spermatozoen  gefüllten  Uterus  nur 
wenige  Samenfäden  bis  in  die 


(jegend 


wo  sich  die  Befruchtung  voll- 
zieht; man  findet  daher  immer  nur  wenige  Spermatozoen  auf  der 
Wanderung  durch  das  Chorion  oder  innerhalb  desselben,  während  es 
bei  anderen  Säugetieren  leicht  gelingt  Spermatozoen  im  Chorion  oder 
innerhalb  des  Chorion  nachzuweisen.  Die  Eier,  w^elche  ausgerüstet 
mit  der  charakteristischen  Corona  radiata  (Fig.  198)  in  den  Ovidukt 
gelaugten,  besitzen  um  diese  Zeit  noch  Reste  derselben,   welche  aber 


das  Eindringen 


Eindringen 


der  Spermatozoen  nicht  verhindern. 

des    befruchtenden    Spermatozoon    (Fig.   2001) 


Das 
erfolgt  an  einer  meist  schwach  hervorgebuchteten  Stelle  und  zwar 
scheint  nur  der  Kopf  und  das  Mittelstück  in  das  Ei  zu  gelangen  (Tafani. 
SoBOTTA).  Nunmehr  beginnt  die  Aequatorialplatte  der  zweiten 
Richtungsspindel  sich  in  die  Seitenplatten  zu  spalten.  Nach  den 
Angaben  der  meisten  Autoren  (Bischoff,  Barry,  Van  Beneden. 
Hensen)  vollzieht  sich  dann  eine  Retraktion  des  Dotters  und  kommt 
es    zur    Bildung    eines   Raumes    zwischen  Chorion    und   Eioberfläche. 


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Fig.  199.  Bildung  des  zweiten  Richtungskörpers  der  Maus.  I  zweite  Rich- 
tungsspindel  noch  nicht  radial  eingestellt,  II  zweite  Eichtungsspindel  in  Teilung- 
begriffen,  mit  deuthcher  Zellpiatte;  a  erster  Eichtungskörper,  h  dessen  Kern  (nach 
SOBOTTA).      Vergr.  1200:1. 


Nur  SoBOTTA  erwähnt  die  Erscheinung   nicht,    bildet 
ab.     Wahrscheinlicli   ist  die  Retraktion  im  Mäuseei 
sie    ganz   fehlen   sollte,   ist   sehr  unwahrscheinlich, 
traktion    des   Dotters   soll   nach  Van 


sie   auch 


Beneden's  Angaben 


nicht 
daß 
Eine  geringe  Re- 
schon  im 


geringfügig 


Eierstock  nach  der  Bildung  des  ersten  Richtungskörpers  eintreten ; 
auch  soll  um  dieselbe  Zeit  nach  innen  vom  Chorion  eine  Dotterhaut 
ausgeschieden  werden,  ein  Vorgang,  von  dem  die  meisten  Autoren 
keine  Erwähnung  thun. 

Indem  der  Spermakopf  quillt  (2  u.  3.),  entwickelt  er  sich  zu  einem 
Bläschen  mit  achromatischem  Netz,  in  welchem  nach  einiger  Zeit  alles 
Chromatin  zu  einem  Nucleolus-artigen  Körper  zusammengeballt  ist  (4). 
Gleichzeitig  entsteht  aus  dem  Rest  der  Richtungsspindel  ebenfalls  ein 
Bläschen,  in  dem  man  zunächst  mehrere  Chromatinl)rocken,  später  eben- 
falls nur  einen  einzigen  chromatischen  Nucleolus  findet  (3,  4).  Eine 
Zeit  lang  ist  der  Samenkern  noch  an  seiner  geringeren  Größe  vom  Ei 
kern  zu  unterscheiden, 
verteilt   sich  das  Chromatin  wieder  im  Kernnetz  und 


Später  gleicht  sich  der  Unterschied  aus.     Auch 


erzeugt 


einen  in 


Eireife  und  Befruchtung. 


567 


viele  Winduiigen  gelegten  Faden  (5,  6),   der   sich   dann   in   die  Chro- 
mosomen   sondert.     Ehe  es   soweit   kommt,    können   die   Kerne    mit- 


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Fig.  2001 — 7.     iSieben    Befruchtungsstadien    des   Mäuseeies    (nach    Sobotta). 


VergT.  1200:1. 


einander  verschmelzen.  Die  Regel  ist' es  aber  nicht,  vielmehr  kommt 
gewöhnlich  die  Vereinigung  des  Materials  von  Ei  und  Samen  kern  auf 
dem  Stadium  der  Furchungsspindel  zustande  (7).  Das  die  Bildung 
der  Spindel  veranlassende  Centrosoma  wird  erst  deutlich,  wenn  die  Ge^ 
schlechtskerne  sich  einander  genähert  haben,  so  daß  die  Zugehörig- 
keit zum  Spermakern  bisher  noch  nicht  hat  bewiesen  werden  können, 
wenn  sie  auch  nicht  zweifelhaft  sein  kann. 


568  R.   HertWIG,  Eireife   und   Befruchtung. 

Bei  der  Befruchtung  der  Säugetiere  kommen  noch  einige  biologisch 
interessante  Besonderheiten  in  Betracht.  Bei  den  Nagetieren  entwickelt 
sich  im  Anschluß  an  die  Begattung  der  Scheidenpfropf,  eine  die  Scheide 
vollkommen  verschließende  glasige  Masse,  welche  erst  allmählich  gelockert 
wird  und  herausfällt.  Die  glasige  Masse  bildet  sich  aus  dem  Sekret 
der  Prostatadrüsen  des  Männchens. 

Merkwürdig  ist  die  Entwickelung  des  Rehs.  Man  unterschied  lange 
Zeit  2  Brunstzeiten,  von  denen  die  eine  in  den  Sommer  (Juli  und  August), 
die  andere  in  den  Winter  (November  und  Dezember)  fallen  sollte.  Wie 
BisCHOFF  (A.  L.  III,  10,  1884)  zuerst  bewies  und  andere  später  bestätigt 
haben,  fällt  die  Brunst  ausschließlich  in  die  Monate  Juli  und  August.  Die 
Eier  werden  auch  um  diese  Zeit  befruchtet  und  beginnen  die  ersten  Eur- 
chungen ;  sie  kommen  aber  dann  zur  Ruhe  und  entwickeln  sich  zunächst 
nicht  weiter,  ja  es  sollen  die  Furchungskugeln  zu  einer  gleichförmigen 
Masse  verschmelzen,  bis  im  Dezember  der  Entwickelungsprozeß  energischer 
wird,  so  daß  im  Januar  schon  die  Keimblase  gebildet  ist.  Die  verspätete 
Entwickelung  des  Embryo  war  Ursache,  daß  man  die  Zeit  der  Begattung 
des  Rehs,  wie  bei  anderen  Cerviden  in  den  Winter  verlegte.  Eine  ähn- 
liche Verlangsamung  der  Entwickelung  scheint  beim  Dachs  vorzukommen 
und  zu  falschen  Angaben  über  die  Ranzzeit  geführt  zu  haben  (Wid- 
mann, Fischer  1900). 

Nach  den  sehr  genauen,  auf  ein  umfangreiches  Material  gestützten 
Untersuchungen  KeibeVs  (1902)  liegen  die  Verhältnisse  beim  Beh  etwas 
anders,  als  Bischof f  angegeben  lud.  Nach  ihnen  muß  man  es  wohl 
ah  ausgeschlossen  betrachten,  daß  die  Furcliungsxellen  unter  einander 
wieder  verschmelzen;  vielmehr  geht  der  Entwickelungsproxeß,  ivenn 
auch  in  sehr  langsamem  Temj)o,  ständig  iveiter.  K  ei  bei  fand  schon 
Ende  August  Keimblasen  mit  Embrgonalhnojjf,  welche  in  den  darauf- 
folgenden Monaten  langsam  heranwuchsen,  bis  Ende  November,  meist 
erst  im  Laufe  des  Dezember  der  Embrgoncdschild  gebildet  wurde. 

Noch  eigentümlicher  liegen  die  Verhältnisse  bei  den  Fledermäusen. 
Die  Begattung  erfolgt  im  Spätherbst,  bevor  die  Tiere  die  Winterquartiere 
beziehen.  Während  des  Winterschlafs  findet  man  den  Uterus  mit  lebendem 
Sperma  prall  gefüllt.  Aber  erst  im  Frühjahr  beginnt  die  Ovulation  und 
werden  die  Eier  befruchtet,  welche  sich  nun  rasch  weiter  entwickeln.  So 
werden  wenigstens  die  Verhältnisse  von  den  meisten  Forschern  geschildert 
(Beneke,  Ei--\ier,  Fries,  Duval),  während  Van  Beneden  angiebt,  daß  die 
Eier  im  Laufe  des  Winters  befruchtet  würden,  lange  Zeit  aber,  wie  beim 
Reh,  in  Ruhe  verharren  und  erst  im  Frühjahr  die  Furchung  beginnen. 
Van  Beneden's  Angaben  sind  nicht  einwurfsfrei.  Da  Van  Beneden  die 
Oviducte  immer  erst  untersuchte,  nachdem  die  Fledermäuse  einige  Zeit, 
oft  sogar  einige  Tage  aus  den  Winterquartieren  in  die  Wärme  gebracht 
worden  waren,  ist  es  sehr  wohl  denkbar,  daß  das  Erwachen  aus  dem 
Winterschlafe  eine  verfrühte  Entwickelung  zur  Folge  gehabt  hat.  Damit 
würde  in  bester  Uebereinstimmung  stehen,  daß  Van  Beneden  in  sehr 
verschiedenen  Wintermonaten  die  Eier  immer  im  Wesentlichen  auf  gleicher 
Entwickelungsstufe  antraf,  daß  bei  vielen  anderen  der  untersuchten  Tiere 
noch  keine  Ovulation  stattgefunden  hatte,  und  zwar  sogar  bei  Fledermäusen, 
welche  im  April  untersucht  wurden  und  um  diese  Zeit  reife,  noch  nicht 
gesprungene  Follikel  besaßen. 


Litteratiir  am  Ende  des  IL  Teils  des  Kapitels. 


Zweites  Kapitel. 
IL  Teil. 

Der  Furchungsprozess. 

I.  Einleitung. 

Nachdem  im  Laufe  der  Befruchtung  der  Samenkern  mit  dem  ihm 
angefügten  Ceutrosoma  tiefer  in  das  Ei  eingedrungen  ist,  teilt  sich 
das  Centrosoma  samt  der  in  seinem  Umkreis  zur  Ausbildung  gelangten 
Strahlung  in  2  Tochtercentrosomen ;  aus  dem  Monaster  entsteht 
der  Amphiaster.  Die  Teilung  kann  sich  frühzeitig  vollziehen,  ehe  Ei- 
und  Samenkern  einander  begegnet  sind ;  sie  kann  aber  auch  der  Ver- 
schmelzung der  beiden  Geschlechtskerne  folgen.  Ln  einen  wie  im 
anderen  Fall  kommt  es  nach  einiger  Zeit  zur  Bildung  der  Furchungs- 
spindel:  die  Tochtercentrosomen  liefern  die  Pole  der  Spindel  und  zu- 
gleich die  Centren  der  von  denselben  in  das  umgebende  Protoplasma 
sich  ausdehnenden  Strahlungen ;  zwischen  ihnen  liegen  anfangs  die 
zum  Furchungskern  verschmolzenen  oder  die  Verschmelzung  vor- 
bereitenden Geschlechtskerne,  später  die  aus  letzteren  hervorgegangene 
Spindel  mit  den  zur  Aequatorialplatte  angeordneten,  oft  noch  in  zwei 
Gruppen  (eine  männliche  und  eine  weibliche)  geschiedenen  Chromo- 
somen. Damit  ist  die  reguläre  mitotische  Zellteilung  eingeleitet, 
welche  unter  dem  Namen  Furchungsprozeß  bekannt  ist.  Die  be- 
fruchtete Eizelle  teilt  sich  samt  ihrem  Furchungskern  in  2  Stücke, 
die  Furchungskugeln  oder  Blastomeren,  diese  nach  einiger  Zeit  in 
4,  8,  16  u.  s.  w.  Stücke,  welche  in  gleichem  Maße  kleiner  werden,  als 
ihre  Zahl  zunimmt. 

Ehe  wir  den  Furchungsprozeß  in  den  einzelnen  Abteilungen  der 
Wirbeltiere  besprechen,  schicke  ich  abermals  einige  allgemeine  Erörte- 
rungen voraus.  Die  Fragen,  welche  hierbei  Berücksichtigung  ver- 
langen, sind  folgende: 

1)  Inwieweit  ist  die  Lage  der  die  Teilung  des  Eies 
bewirkenden  F  u  r  c  h  u  n  g  s  e  b  e  n  e  n  eine  streng  gesetz- 
mäßige, so  daß  eine  einheitliche  Benennung  derselben 
ermöglicht  wirdV  Wird  ein  bestimmter  Furchungstypus  auch 
unter  verschiedenartigen  Bedingungen,  wie  sie  vor  allem  durch  den 
wechselnden  Gehalt  des  Eies  an  Nahrungsdotter  gegeben 
sind.  beil)ehalten  V 

2)  Durch  welche  Momente  w  i  r  d  die  A  n  o  r  d  u  u  n  g  der 
F  u  r  c  h  u  n  g  s  e  b  e  n  e  n  bestimmt,  und  inwieweit  steht  die 
Anordnung  der  Für chung sehe neu  in  konstanten  Be- 
ziehungen zur  Organisation  des  fertigen  Tieres. 


570  R.  Hertwig, 

Bei  der  Besprechung  der  Anordnung  der  Furchungsebenen 
beginnen  wir  mit  dotterarmen,  kugeligen,  sogenannten  „alecithalen'\ 
besser  gesagt  „homolecithalen''  (Wilson)  oder  „isolecithalen'' 
(Walde yer)  Eiern,  denen  man  eine  „äjjuale  Furchung"  zuschreibt, 
weil  lange  Zeit  über  die  Blastomeren  untereinander  von  ziemlich 
gleicher  Größe  sind  (vergl.  p.  257).  Am  besten  paßt  die  Bezeichnung 
..äquale  Furchung"  für  die  ersten  beiden  Teilungsschritte.  Denn  fast 
stets  zerlegt  die  erste  Teilebene  das  Ei  in  zwei  gleichgroße  Halb- 
kugeln (a  u.  b).  Die  zweite  Teilebene  steht  senkrecht  auf  der  ersten 
und  zerlegt  das  Ei  in  Quadranten  a\  a-  und  b\  b^;  sie  ist,  streng 
genommen,  eine  doppelte,  da  jede  der  beiden  durch  die  erste  Teilung 
erzeugten  Halbkugeln  unabhängig  von  der  anderen  durch  einen  be- 
sonderen Teilungsakt  halbiert  wird.  Immerhin  kann  man  von  einer 
einheitlichen  zweiten  Teilebene  reden,  weil  die  Teilebenen  beider 
Halbkugeln  in  der  Regel  vollkommen  gleich  gerichtet  sind,  so  daß 
sie  gemeinsam  eine  einzige  Ebene  bilden.  Die  beiden  ersten  Furchungs- 
ebenen schneiden  sich  in  einer  Linie,  die  man  die  Hauptachse  des  Eies 
nennt,  deren  Enden  man  als  Pole  (ani  malen  und  vegetativenPol) 
bezeichnet.  Diesen  Vergleich  mit  einer  Erdkugel  fortführend,  spricht 
man  von  den  beiden  ersten  Furchen  als  den  Meridianfurchen. 

Die  regelmäßige  Anordnung  der  beiden  meridionalen  Furchungs- 
ebenen hat  gewöhnlich  nur  kurzen  Bestand.  Nach  Beendigung  einer 
jeden  Teilung  zeigen  die  Blastomeren  die  Tendenz  sich  abzurunden 
und  ihre  Gestalt  möglichst  der  Kugelform  zu  nähern,  so  daß  sie  sich 
nur  in  geringer  Ausdehnung  berühren.  Dieser  Tendenz  wirkt  eine 
andere  Kraft  entgegen,  welche  die  Furchungskugeln  in  innigen  Kontakt 
zu  bringen  und  gegeneinander  abzuplatten  sucht;  sie  wird  wahrschein- 
lich durch  den  Druck  der  umliegenden  Eihüllen  hervorgerufen :  ihre 
Wirkung  kann  ausbleiben,  und  die  Furchungskugeln  können  dann  aus- 
einanderfallen, wenn  die  Eier  in  kalkfreiem  Wasser  kultiviert  werden,  was 
wenigstens  für  Seeigeleier  bewiesen  ist  (Herbst).  Unter  gewöhnlichen 
Verhältnissen  jedoch  führt  der  Kompromiß  zwischen  den  ])eiden  ein- 
ander widersprechenden  Tendenzen  zur  Bildung  von  Brechungs- 
furchen.  Anstatt  daß  an  einem  Pol  alle  4  Furchungskugeln  in  einem 
Punkt  zusammenstoßen,  drängen  zwei  über  das  Kreuz  gestellte  Teil- 
stücke die  beiden  anderen  aus  dem  Kontakt  heraus  und  kommen  da- 
durch in  größerer  Ausdehnung  miteinander  in  Berührung,  bei  der  Pol- 
ansicht in  Form  einer  kurzen  Linie,  welche  man  die  Brechungsfurche 
nennt.  Bei  der  Gleichheit  der  4  ersten  Furchungskugeln  ist  es  be- 
greiflich, daß  der  Kontakt  an  dem  einen  Pol  durch  das  eine  Paar 
Furchungskugeln  hergestellt  wird,  z.  B.  a^  und  b^,  an  dem  anderen 
Pol  durch  das  andere  (a^  u.  b^),  so  daß  die  Brechungsfurchen  der 
beiden  Pole,  auf  dieselbe  Ebene  projiziert,  sich  unter  rechtem  Winkel 
schneiden  würden.  Selten  kommt  es  vor,  daß  der  Kontakt  in  ganzer 
Länge  der  Hauptachse  zwischen  denselben  Kugeln  zu  stände  kommt, 
und  daß  damit  die  beiden  anderen  Furchungskugeln  aus  jeder  Be- 
rührung herausgedrängt  werden. 

Eine  Unterscheidung  der  beiden  Pole  der  Hauptachse  des  Eies 
ist  nach  dem,  was  wir  bisher  kennen  gelernt  haben,  noch  nicht 
möglich;  immerhin  ist  sie  gewöhnlich  schon  sehr  früh  durchführbar, 
und  zwar  auf  Grund  anderweitiger  Momente.  Bei  dem  vielfach  als 
Typus  eines   äqualen   Eies   verwandten  Seeigelei  fand  Boveri  (1901) 


Purchungsprozeß.  571 

Polarität  in  der  Piginentverteilung.  Ferner  sind  fast  stets  die  beiden 
Pole  während  der  beiden  ersten  Teilungen  an  der  Lage  der  Kern- 
spindeln zu  erkennen.  Schon  die  erste  Teilungstigur  ist  zumeist  dem 
einen  Pol,  den  wir  den  animalen  nennen,  mehr  genähert  als  dem 
anderen,  dem  vegetativen.  Diese  Unterscheidung  von  animalem  und 
vegetativem  Pol  wird  gewöhnlich  otlenkundig  beim  dritten  Teilungs- 
schritt, bei  welchem  ziemlich  gleichzeitig  die  4  Quadranten  in  S  Teile 
zerlegt  werden.  Die  4  Teilungsfurchen,  welche  gemeinsam  die  dritte 
Teilung  bewirken,  liegen  zumeist  genau  in  einer  und  derselben  Ebene, 
welche  senkrecht  zu  den  beiden  ersten  Furchen  steht;  sie  bilden  die 
Aequato  rialf  ur  che,  so  genannt,  weil  die  Furchung  längs  dem 
Aequator  einschneidet.  Genau  äquatorial  ist  die  Furche  wohl  niemals, 
sondern  von  der  Gegend  des  Aequators  etwas  nach  dem  einen  Pol,  dem 
animalen,  verschoben,  so  daß  die  um  diesen  Pol  gruppierten  Teil- 
stücke etwas  kleiner  sind  als  die  4  übrigen. 

In  der  weiteren  Folge  alternieren  Furchungsebenen,  welche  senk- 
recht zum  Aequator  verlaufen,  mit  solchen,  die  der  Aequatorialebene 
parallel  sind.  Letztere  Furchen  nennt  man  latitudinale  Furchen; 
erstere  könnte  man  Vertikalfurchen  nennen.  Indessen  ist  es 
nötig,  hier  zwei  Möglichkeiten  auseinanderzuhalten.  Die  Teilfurchen 
können  wie  die  ersten  beiden  Meridianfurchen  durch  die  Ei- 
pole  verlaufen  und  die  von  jenen  gebildeten  Winkel  halbieren. 
Wir  wollen  sie  ebenfalls  Meridianfurchen  (sekundäre  M.)  nennen, 
den  Ausdruck  Vertikalfurclien  dagegen  auf  Teilfurchen  beschränken, 
welche  zwar  senkrecht  zum  Aequator  gestellt  sind,  die  Pole  aber 
nicht  durchschneiden.  Solche  Vertikalfurchen  sind  gewöhnlich  einer 
der  beiden  ersten  Meridianebenen  parallel  gestellt  und  fallen  daher 
auf  die  andere  Meridianebene  senkrecht  ein.  Sie  können  aber  auch 
von  der  parallelen  Anordnung  abweichen  und  schräg  auf  die  zweite 
Meridianebene  stoßen,  woraus  sich  Uebergänge  zwischen  Meridian- 
und  Vertikalfurchen  ergeben. 

Frühzeitig  —  und  zwar  um  so  frühzeitiger,  je  mehr  bei  den 
Blastomeren  sich  die  Tendenz  zur  kugeligen  Abrundung  ausspricht 
—  entwickelt  sich  im  Centrum  des  Eies  zwischen  den  Furchungs- 
kugeln  ein  von  Flüssigkeit  oder  durchsichtiger  Gallerte  erfüllter  Hohl- 
raum, die  Furchungshöhle.  Indem  dieser  Hohlraum  an  Größe  zu- 
nimmt, werden  bei  fortschreitender  Furchung  die  Furchungskugeln 
auf  eine  oberflächliche  Lage,  das  „Blastoderm",  zusammengedrängt:  so 
bildet  sich  das  als  Blastula  oder  Vesicula  blastodermica  be- 
kannte Entwickelungsstadium. 

Für  die  Abänderung,  welche  der  geschilderte  Fur- 
chungsprozeß  bei  dotterreichen  Eiern  erfährt,  sind  zwei 
Momente  maßgebend:  1)  An  ordnun  gs  weise  und  2)  Masse  des 
Nahrungsd  Otters.  Ist  der  Nahrungsdotter  konzentrisch  um  den 
Mittelpunkt  des  Eies  angeordnet,  das  Ei  „centrolecithal'',  so  bildet  sich  die 
superficielle  Furchung  aus,  bei  welcher  anfänglich,  öfters  auch 
dauernd  nur  die  oberflächlichen  Schichten  des  Eies  in  Furchungs- 
kugeln abgeteilt  werden,  im  Innern  dagegen  ein  ungefurchter  Rest  des 
Dotters  sich  längere  Zeit  erhält.  Da  dieser  Furchungstypus  auf  die 
Arthropoden  beschränkt  ist  und  bei  keinem  Wirbeltier  vorkommt, 
kann  er  hier  unberücksichtigt  bleiben.  Dagegen  sind  weit  verbreitet 
bei  Wirbeltieren   die   in  äquale   Furchung    und   die  diskoidale 


572  R.  Hertwig, 

Furchung,  welche  beide  bei  Eiein  mit  i)olar  diffeienzicrter  Dotter- 
anordnung, den  sogenannten  „telolecithalen"  Eiern,  vorkommen.  Wie 
in  dem  den  Bau  des  Eies  l^ehandelnden  Kapitel  auseinandergesetzt 
wurde  (p.  257),  besteht  das  Charakteristische  der  telolecithalen  Eier 
darin,  daß  nach  dem  einen,  dem  vegetativen  Eipol  zu  die  Masse  des 
Nahrungsdotters  wächst,  nach  dem  anderen,  dem  animalen  Pol  zu  da- 
gegen abnimmt.  Die  Differenzierung  kann  verschiedene  Grade  zeigen. 
Animale  und  vegetative  Sphäre  enthalten  beide  Dottermaterial,  letztere 
jedoch  größere  Mengen  und  gewöhnlich  gröbere  Elemente  (größere 
Dotterplättchen).  Das  andere  Extrem  zeigt  am  animalen  Pol  das 
Protoi)lasma  frei  oder  nahezu  frei  von  Dotterplättchen,  den  Nahrungs- 
dotter darunter  zu  einer  großen  kugeligen  Masse  vereint,  in  welche 
das  Protoplasma  nur  mit  spärlichen  Fäden  (Elasm  obran  chier , 
E  e  p  t  i  1  i  e  n ,  Vögel,  M  o  n  o  t  r  e  m  e  n),  vielleicht  sogar  gar  nicht  mehr 
eindringt  (Teleo stier).  Das  Protoplasma,  der  „Bildungsdotter", 
der  allein  teilungsfähige  Abschnitt,  bildet  dann  eine  dem  Dotter  auf- 
gelagerte Scheibe.  Zwischen  beiden  Extremen  giebt  es  alle  Ueber- 
gänge. 

Da  der  Nahruugsdotter  ein  zu  keinen  aktiven  Bewegungen  be- 
fähigtes Material  ist,  übt  nur  die  Menge  des  Protoplasma  direkten  Einfluß 
auf  die  Abgrenzung  der  Furchungskugeln  aus.  Furchungskugeln,  welche 
sich  in  gleichem  Furchungsstadium  befinden,  werden  daher  ungefähr 
gleiche  Mengen  Protoplasma,  bei  der  ungleichen  Verteilung  des  Nah- 
rungsdotters dagegen  ungleiche  Massen  des  letzteren  enthalten.  Daraus 
ergiel)t  sich  mit  Notwendigkeit,  daß  auf  gleichem  Teilungsstadium  die 
Furchungskugeln  am  animalen  Pol  kleiner  sein  müssen  als  am  vege- 
tativen, um  so  viel  kleiner,  als  sie  dotterärmer  sind.  Nun  ist  aber 
der  Nahrungsdotter  nicht  nur  inaktiv,  sondern  sogar  ein  Hemmnis  für 
die  Bewegungen.  Daher  verlangsamt  sich  der  Furchungsprozeß  nach 
dem  vegetativen  Pol  zu,  was  noch  weiter  dahin  wirken  muß,  daß 
zu  einem  gegebenen  Zeitpunkt  die  in  der  F'urchuug  zurückgebliebenen 
vegetativen  Zellen  größer  sind  als  die  animalen.  So  bildet  sich  die 
inäquale  Furchung  aus,  welche  das  Ei  in  Blastoraeren  von  ungleicher 
Größe  zerlegt.  Der  Größenunterschied  muß  proportional  den  Unter- 
schieden in  der  Dotterverteilung  sein.  Sind  diese  Unterschiede  enorm, 
so  erhalten  wir  einerseits  riesige  dotterreiche,  andererseits  außerordent- 
lich kleine  protoplasmatische  Blastomeren,  schließlich  kommt  es  zur 
d  i  s  k  0  i  d  a  1  e  n  F  u  r  c  h  u  n  g ,  in  dem  nur  die  dotterarme  Masse  am 
animalen  Pol  geteilt  wird,  die  Dotterkugel  einheitlich  bleibt.  Letztere 
scheidet  damit  aus  der  aktiven  Entwickelung  aus ;  sie  bildet  eine  all- 
mählich zur  Resorption  gelangende  und  nur  indirekt  am  Aufbau  der 
Organe  beteiligte  Masse,  auf  welcher  der  abgefruchte  Teil  des  Eies, 
der  Keim,  in  Form  einer  Scheibe  lagert.  Eine  vöüige  Loslösung 
des  Nahrungsdotters  zu  einer  kern-  und  protoplasmafreien  Masse,  wie 
sie  sich  vorübergehend  bei  den  Eiern  von  Crustaceen  (Flußkrebs) 
nachweisen  läßt,  scheint  bei  Wirbeltieren  zu  keiner  Zeit  vorzukommen. 
Vielmehr  ist  die  an  die  Keimscheibe  angrenzende  Partie  der  Dottermasse 
von  Kernen  und  spärlichem  Protoplasma  durchsetzt,  welche  verschie- 
dene Namen  erhalten  haben.  Man  spricht  von  „D  otte r kernen", 
„Mer  ocy  tenkern  en"  (kurzweg  auch  Merocyten),  ,,Par ablast-" 
oder  „P  e  r  i  b  1  a  s  t  k  e  r  n  e  n".  Da  das  die  Kerne  enthaltende  Protoplasma 
eine  zusammenhängende  Masse  darstellt,    wurde   der  Name  Dotter- 


Furchungsprozeß.  573 

syiicytiuiu  eingefühlt;  die  Bezeiclimiiig  „Dotterorgan"  endlich 
soll  bedenten.  daß  die  kernhaltige  Protoplasmaniasse  die  Aufgabe  hat, 
die  Assimilation  des  Xahrungsdotters  während  der  Enibryonalentwicke- 
Inng  zu  vermitteln. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  die  Abänderungen,  welche  der  Furclmngs- 
prozeß  durch  die  Dotteranhäufung  erfährt,  auf  die  verschiedene  Größe 
der  Furchungskugeln  und  die  verschiedene  Geschwindigkeit,  mit  welcher 
sie  in  den  einzelnen  Regionen  des  Eies  gebildet  werden,  beschränkt 
bleiben,  oder  ob  auch  die  Anordnung  der  Furchen  beeinflußt 
wird  V 

Lauge  Zeit  überwog  unter  den  Enibryologen  die  Ansicht,  es 
möge  die  gleiche  Aufeinanderfolge  der  Teilfurchen,  welche  wir  von 
der  äqualen  Furclmng  beschrieben  haben,  auch  bei  der  inäqualen  und 
diskoidalen  Furcliung  gewahrt  bleiben.  Diese  Ansicht  fand  ihre  Stütze 
in  der  Wahrnehmung,  daß  bei  vielen  inäqual  sich  furchenden  Eiern, 
so  namentlich  bei  den  am  meisten  untersuchten  Froscheiern,  das 
oben  erläuterte  Furchungsschema  sich  in  der  That  namentlich  während 
der  frühen  Stadien  erkennen  ließ.  Zunächst  traten  die  2  recht- 
winklig sich  kreuzenden  Meridionalfurchen  auf,  und  auf  diese  folgte 
eine  ..Aequatorialfurche'',  welche  freilich  in  noch  höherem  Grade  als 
bei  äqualen  Eiern  die  Verschiebung  nach  dem  animalen  Pol  erlitten 
hatte,  und  zwar  proportional  dem  Dotterreichtum  des  Eies.  In  der 
Folge  ergaben  sich  jedoch  auch  bei  diesen  dem  Schema  sich  fügenden 
Eiern  manche  im  Vergleich  zur  äqualen  Furchung  neue  Erscheinungen. 
So  bilden  sich  Teiluugen  aus,  welche  wir  bei  der  ä(iualen  Furchung 
vermissen,  die  Tangentialteilun  gen,  bei  denen  die  Blastomeren 
durch  Ebenen  geteilt  werden,  welche  der  Oberfläche  parallel  verlaufen 
und  äußerlich  daher  nicht  sichtbar  werden.  Durch  sie  wird  die  bei 
der  äqualen  Teilung  einschichtige  Vesicula  blasto- 
d  e  r  m  i  c  a  vielschichtig. 

Indessen  giebt  es  auch  Eier  mit  inäqualer  Furchung,  nämlich 
solche,  bei  denen  der  relative  Dotterreichtum  sehr  groß  ist,  bei 
denen  schon  auf  frühen  Stadien  der  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g  der 
Durchführung  eines  einheitlichen  F  u  r  c  h  u  n  g  s  s  c  h  e  m  a  s 
große  Schwierigkeiten  entgegentreten.  Diese  Schwierig- 
keiten steigern  sich  noch  weiter  bei  Eiern  mit  diskoidaler  Furchung. 
Meistens,  aber  keineswegs  stets,  sind  noch  die  2  Meridionalfurchen 
nachweisbar;  aljer  eine  tyi)ische  Aequatorialfurchung  ist  nicht  zu  er- 
kennen, selbst  wenn  man  eine  sehr  weitgehende  polare  Verschiebung 
der  Furche  zugestehen  wollte.  Gleichwohl  haben  sich  viele  Forscher 
durch  die  unbefriedigenden  Beobachtungsergebnisse  nicht  entmutigen 
lassen  und  fahren  in  den  Bemühungen  fort,  wenn  auch  keine  typische 
Aequatorialfurchung.  so  doch  ein  Aecjuivalent  derselben  auch  bei  den 
diskoidalen  und  hochgradig  inäqualeu  Furchungsvorgängen  nachzu- 
weisen. Dieses  Verfahren  läßt  sich  nur  rechtfertigen,  wenn  man  an- 
nimmt, daß  der  Anordnung  der  Furchungsebenen  eine  tiefere  Gesetz- 
mäßigkeit zu  Grunde  liegt.  Das  ist  aber  ein  Problem,  welches  selbst 
noch  der  Lösung  bedarf. 

Wir  werden  damit  auf  die  oben  an  zweiter  Stelle  aufgeführten 
Fragen  hingeleitet :  durch  w  e  1  c  h  e  M  o  m  e  n  t  e  d  i  e  F  u  r  c  h  u  n  g  s  - 
ebenen  in  ihrer  Anordnung  bestimmt  werden  und  in 
welchem  ^^ e r h ä  1 1 n i s  diese  Anordnung  zum  Bau  des  aus- 
gebildeten Tieres  stehen. 


574  K.  IIertwig, 

Um  die  regelmäßige  Aufeinanderfolge  der  Furchen  zu  erklären, 
haben  Prevost  und  Dumas  (A.  L.  I  1824),  die  Entdecker  des 
P'urchungsprozesses,  d  a  s  P  r  i  n  z  i  p  d  e  r  r  e  c  h  t  w  i  n  k  1  i  g  e  n  S  c h  u  e i  - 
düng  der  Teilfurchen  aufgestellt,  ein  Prinzip,  welches  bekanntlich 
durch  Sachs  auch  für  die  Teilung  der  Pflanzenzellen  Verwendung 
gefunden  hat.  Rauber  (1883)  hat  sich  den  Ansichten  der  beiden 
französischen  Gelehrten  angeschlossen ,  dieselben  aber  durch  das 
,,Prinzip  der  Polflucht  der  Teilfurchen''  ergänzt:  es  sollen  die  neu 
entstehenden  Furchen  die  Tendenz  haben,  die  Pole  zu  vermeiden. 
Schließlich  wurde  auch  zur  Erklärung  das  PLATEAu'sche  Gesetz  der 
kleinsten  Flächen  herangezogen.  Die  Anordnung  der  Furchungskugeln 
soll  sich  in  der  Weise  vollziehen,  daß  die  Summe  ihrer  Flächen  mög- 
lichst kleine  Dimensionen  ergiebt. 

Allen  genannten  Erklärungsversuchen  haftet  der  Mangel  an,  daß 
sie  die  Anordnung  der  Teilfurchen  nicht  als  die  Konseiiuenz  der  den  Tei- 
lungen vorausgehenden  Bedingungen  auffassen,  sondern  mit  Zuständen, 
welche  erst  durch  die  Teilung  geschaffen  werden,  in  Zusammenhang 
bringen.  Gegen  die  zwei  zuerst  erwähnten  Erklärungsversuche  muß 
noch  weiter  hervorgehoben  werden,  daß  ihre  empirische  Begründung 
stark  anfechtbar  ist.  Mit  Recht  haben  sich  gegen  das  Prinzip  der  recht- 
winkligen Schneidung  der  Teilfurchen  die  meisten  Forscher  ausge- 
sprochen, welche  sich  nach  Prevost  und  Dumas  mit  dem  gleichen 
Objekt,  dem  Froschei,  beschäftigt  haben;  ebenso  häutig  wie  rechte 
werden  auch  andere  Winkel  beobachtet.  Was  nun  das  Gesetz  der 
kleinsten  Flächen  anlangt,  so  scheint  demselben  für  die  nach  der  Tei- 
lung eintretende  Gruppierung  der  Blastomeren  eine  größere  Bedeutung 
zuzukommen,  mit  Einschränkungen,  welche  sich  vielleicht  alle  daraus 
erklären  lassen,  daß  Furchungskugeln  nicht  die  vom  PLATEAu'schen 
Gesetz  verlangte  homogene  Beschaffenheit  haben.  Auch  muß  zuge- 
geben werden,  daß  die  gemäß  dem  PLATEAu'schen  Gesetz  eintretende 
Anordnung  der  Furchungskugeln  für  den  Verlauf  der  nächstfolgenden 
Teilungen  von  Wichtigkeit  wird.  Aber  es  wird  damit  nur  ein  kleiner 
Teil  der  Erscheinungen  erklärt.  In  welcher  Richtung  die  erste  Furche 
einschneidet,  wie  es  kommt,  daß  so  häufig  Teilung  in  ungleiche  Stücke 
erfolgt,  und  so  vieles  andere  bleibt  unverständlich  und  kann  nur  aus 
den  im  Ei  und  seinen  Abkömmlingen  wirksamen  lebendigen  Kräften 
erklärt  werden. 

In  der  hier  zuletzt  angedeuteten  Richtung  hat  0.  Hertw^g  (1884) 
versucht,  für  die  Anordnung  der  Teilungsfurchen  und  die  damit  in  Zu- 
sammenhang stehende  Anordnung  und  Größe  der  Blastomeren  eine  Er- 
klärung zufinden.  Ergeht  davon  aus,  daß  bei  jeder  Zellteilung 
die  Teil  furche  senkrecht  zur  Achse  der  Kernsp  in  del  ein- 
schneidet,  und  zwar  in  der  Weise,  daß  sie  die  se  Achse 
halbiert.  Somit  gilt  es,  die  Ursachen  zu  ermitteln,  welche  die  Ein- 
stellung der  Kernspindel  bestimmen.  Diese  sind  in  den  Wechsel- 
wirkungen gegeben,  welche  bei  jeder  Zellteilung  zwischen  Kern  und 
Protoplasma  zu  Tage  treten.  0.  Hertwig  hat  den  Satz  aufgestellt, 
daß  sich  d i  e  P o  1  e  der  Spindel  in  die  Richtung  der 
größten    Protoplasmamassen   einstellen. 

Der  Grundgedanke  dieses  von  einigen  Seiten  angegriffenen  Satzes 
ist  durchaus  zutreffend.  Nur  muß  man  berücksichtigen,  daß  er  sich 
auf  äußerst  komplizierte  Lebensvorgänge  bezieht.   Bei  derartigen  Vor- 


o 


Farchungsprozeß.  öTö 

gangen  kann  man  nicht  erwarten,  daß  die  ihnen  zn  Grunde  liegende 
Gesetzmäßigkeit  stets  in  genau  den  gleichen  Erscheinungsformen  zum 
Ausdruck  kommt.  AVelche  Anordnungen  ein  nach  dem  Hertwig- 
schen  Prinzip  wii'kender  Teilungsapparat  herbeiführen  wird.  l)eruht 
auf  dem  Ineinandergreifen  zahlreicher  Einzelprozesse  und  muß  daher 
notwendigerweise  mannigfachen  Variationen  unterliegen,  je  nachdem 
die  Wirkungsweise  der  einzelneu  Faktoren  in  ihrer  Intensität  ab- 
gestuft ist. 

Bei  jedem  der  Fortentwickelung  fähigen  Zellkern  wechseln  zweierlei 
Zustände:  1)  ein  Zustand,  in  welchem  er  keinen  Einfluß  auf  die 
Orientierung  des  umgebenden  Protoplasmas  ausübt,  in  welchem  daher 
auch  seine  Lagerung  in  der  Zelle  eine  wechselnde  ist  —  wir  wollen 
ihn  den  Zustand  der  Teilun  gsinakti  vität  nennen:  —  2)  ein 
Zustand,  bei  welchem  das  umgebende  Protoplasma  in  radialen  Bahnen 
nach  dem  Kern  oder,  richtiger  gesagt,  nach  dem  dem  Kern  angefügten 
Centrosoma  orientiert  ist  —  der  Zustand  der  Teilungs- 
aktivität.  Infolge  dieser  als  Strahlung  zum  Ausdruck  kommenden 
Wechselwirkung  mit  dem  Protoplasma  gewinnt  der  Kern  allmählich 
eine  bestimmte  Lagerung  in  der  Zelle,  und  zwar  rückt  er,  solange 
die  richtenden  Kräfte  wirksam  sind,  mehr  und  mehr  in  das  Centrum 
der  aktiven  Zellbestandteile,  der  Protoplasmamassen.  Diese  Ein- 
stellung des  Kernes  geschieht  am  Anfang  jeder  Teilung.  Wenn 
nun  durch  Teilung  des  Centrosoma  zwei  Ausstrahlungscentren  ge- 
schafl"en  werden,  geht  der  orientierende  Einfluß  auf  die  beiden  Tochter- 
•centrosomen  über:  deren  Stellung  wird  nun  aber  nicht  mehr  aus- 
schließlich durch  die  Wechselwirkung  mit  dem  Protoplasma  bestimmt, 
sondern  hängt  auch  davon  ab,  daß  die  Centrosomen  untereinander 
verbunden  sind,  zunächst  durch  den  Kern,  später  durch  die  aus  dem 
Kern  hervorgegangene,  im  Lauf  der  Teilung  sich  immer  mehr  in  die 
Länge  streckende  Spindel.  Obwohl  nun  die  Ausstrahlungscentren 
vermöge  der  Streckung  der  Spindel  allmählich  ihre  Lage  verändern, 
so  müssen  doch  die  nach  ihnen  centrierten  richtenden  Kräfte  auf  die 
Stellung  der  gesamten  Spindel  stets  in  gleicher  Weise  wirken,  solange 
der  Nahrungsdotter  spärlich  oder  in  der  Richtung  aller  Radien  gleich- 
mäßig verteilt  ist.  Die  Wirkung  wird  der  Art  vor  sich  gehen,  daß 
die  Spindelachse  nahezu  durch  das  Eicentrum  verläuft  und  die  beiden 
Spindelpole  vom  Centrum  gleich  weit  entfernt  sind.  Denn  das  ist  die 
Stellung,  in  welcher  jeder  Spindelpol  auf  einen  möglichst  großen 
Abschnitt  von  Protoplasma  Einfluß  gewinnt  und  seinerseits  wieder 
von  demselben  beeinflußt  wird.  Daraus  folgt  mit  Notwendigkeit,  daß 
die  die  Spindelachse  halbierende  Teilfurche  durch  das  Eicentrum  ver- 
laufen muß  —  äquale  Furchung. 

Ist  nun  der  Nahrungsdotter  nach  einem  Pol  der  Eizelle  zu  reich- 
licher angehäuft,  so  ist  eine  centrale  Spindelstellung  nicht  mehr 
möglich:  es  muß  eine  Verschiebung  nach  dem  animalen  Pol  ein- 
treten, und  zwar  zunächst  einmal  um  soviel,  als  der  Mehrbetrag  an 
Nahrungsdotter  auf  der  vegetativen  Seite  des  Eies  ausmacht.  That- 
sächlich  muß  sogar  die  Verschiebung  eine  noch  erheblichere  sein, 
weil  der  Nahrungsdotter  nicht  nur  eine  inaktive,  sondern  auch  eine 
behindernde  Masse  ist.  Durch  den  Nahrungsdotter  wird  die  Aktivität 
des  von  ihm  durchsetzten  Protoplasma  in  zweierlei  Weise  herab- 
gesetzt:   1)  ein   Teil    der    bewegenden    Kräfte    wird    zur    Bewältigung 


57G  K.  Hertwig, 

der  trägen  Dottermasse  verwandt;  2)  das  aktive  Protoplasma  wird 
durch  Einlagerung  von  Dotterbestandtcilen  ül)er  einen  größeren  Raum 
verteilt. 

In  der  polar  ungleichen  Anordnung  des  Nahrungsdotters  ist  nach 
der  HERTWiG'schen  Teilungsregel  zunächst  kein  Grund  zur  Abänderung 
des  äqualen  Charakters  der  meridionalen  Furchen  gegeben,  solange 
nämlich  die  Anordnung  des  Nahrungsdotters  eine  radial  symmetrische 
ist.  So  sehen  wir  denn  selbst  bei  Eiern  von  enormem  Dotterreichtum, 
wie  es  die  meroblastischen  Eier  sind,  häufig  die  2  meridionalen 
Furchen  in  regelmäßiger  Weise  auftreten.  Es  ist  aber  ganz  begreif- 
lich, daß  die  radiale  Symmetrie  nicht  immer  vollkommen  gewahrt  sein 
wird,  und  daß  dann  Abweichungen  von  der  Norm  auftreten  werden. 
Selbst  bei  Eiern  derselben  Art  kann  es  vorkommen,  daß  die  meri- 
dionale  Furchung  bei  einigen  Eiern  regelmäßig  verläuft,  bei  anderen 
eine  Teilung  in  ungleiche  Stücke  veranlaßt.  Erheblichere  Ab- 
weichungen vom  Rhythmus  der  ä(iualen  Furchung  werden  aber 
eintreten,  wenn  die  Teilungsthätigkeit  in  das  Grenzgebiet  des  dotter- 
reichen und  dotterarmen  Abschnittes  des  Eies  zu  liegen  kommt,  d.  h. 
zur  Zeit  der  Aequatorialfurche.  Verlagerung  derselben  nach  dem 
animalen  Pol,  zeitliche  Verschiebung,  ja  selbst  gänzliche  Unterdrückung 
der  Furche  müssen  je  nach  der  Struktur  der  Eizelle  in  Konsequenz 
der  HERTW^iG'schen  Regel  eintreten.  Daß  es  häufig  zu  einer  Ver- 
lagerung des  Aequatorialfurche  kommen  muß.  bedarf  keiner  Er- 
läuterung. Schwieriger  ist  es,  das  verspätete  Auftreten  oder  den 
gänzlichen  Schwund  der  Aequatorialfurche  zu  verstehen.  Hier  ist  zu 
beachten,  daß  die  Ansammlung  von  Nahrungsdotter  nicht  nur  zu  einer 
Sonderung  von  protoplasma-  und  deutoplasmareichen  Partieen  des 
Eies  führen  muß.  sondern  auch  zu  einer  Veränderung  in  der  Gestalt 
der  protoplasmareichen  Partie.  Je  mehr  das  Ei  durch  Aufnahme  von 
Nahrungsdotter  zu  einer  Kugel  von  ansehnlichem  Radius  anwächst, 
um  so  mehr  wird  das  Protoplasma  zu  einer  dünnen  horizontalen 
Scheibe  ausgebreitet.  Damit  wachsen  natürlich  die  Aussichten  zu 
fortgesetzter  vertikaler  Teilung  und  Unterdrückung  der  Aequatorial- 
furche, was  thatsächlich  mit  den  Beobachtungen  an  dotterreicheu 
Eiern  übereinstimmt. 

So  weit  sind  die  Verhältnisse  leicht  verständlich,  und  die  hierüber 
von  0.  Hertwig  gegebenen  Erläuterungen  sind  so  einleuchtend,  daß 
sie  wohl  allgemeine  Billigung  gefunden  haben.  Indessen  die  Einflüsse, 
welche  unmittelbar  vom  Nahrungsdotter  ausgehen,  genügen  nicht,  um 
alle  Modifikationen  zu  erklären,  welchen  der  Furchungsprozeß  wie  auch 
andere  Zellteilungen  unterworfen  sind.  Wie  wäre  es  sonst  denkbar,  daß 
dasselbe  Ei,  welches  noch  soeben  bei  der  Eireife  zwei  hochgradig  in- 
äquale Teilungen  in  das  definitive  Ei  und  die  beiden  Richtungskörper 
erfahren  hat,  nun  nach  der  Befruchtung  sich  äqual  furcht,  ohne  daß  in 
den  Verhältnissen  von  Protoplasma  und  Nahrungsdotter  eine  beachtens- 
werte Veränderung  eingetreten  wäreV  Wie  wäre  es  ferner  möglich,  daß 
dieselben  Unterschiede  zwischen  Reifeteilungen  und  Furchung  bei  dotter- 
reichen Eiern  ebenso  wiederkehren,  wie  bei  dotterarmen  V  Veränderungen 
des  Charakters  der  Zellteilung  müssen  somit  von  den  bei  ihr  unmittel- 
bar beteiligten  Faktoren  ausgehen  können  durch  V  e  r  ä  n  d  e  r  u  n  g  d  e  r 
Wechselwirkungen,  welche  zwischen  Kern  und  Proto- 
plasma b  e  s  t  e  h  e  n. 


Furchungsprozeli.  577 

Für  (Ion  iionnalen  Vorlauf  der  Zellteilung  ist,  wie  wir  oben  ge- 
zeigt haben,  eine  intensive  Wechselwirkung  zwischen  Kern  und  Proto- 
plasma nicht  nur  während  des  Teilungsaktes  selbst  nötig,  sondern 
schon  in  der  vorausgehenden  Zeit.  Während  derselben  muß  der  Kern 
in  den  Mittelpunkt  seiner  Wirkungssphäre  eingestellt  werden.  Zur 
richtigen  Einstellung  des  Kernes  bedarf  es  einer  bestimmten  Intensität 
der  Wechselwirkung,  außerdem  einer  gewissen  Zeitdauer,  daß  der 
Kern  den  Weg  bis  zu  dem  ihm  zukommenden  Ort  zurücklegen  kann. 
Zeitdauer  der  Einstellung  und  Intensität  der  Wechselwirkung  sind 
veränderlich ;  sie  gestalten  sich  z.  B.  bei  der  Richtuugskörperbildung 
ganz  anders  als  bei  der  Eifurchung.  Während  der  letzteren  eine  länger 
dauernde  Aktivitätsphase  vorausgeht,  im  Verlauf  deren  durch  die  vom 
Spermocentrum  ausgehenden  Wirkungen  die  normale  Einstellung  des 
Furchungskerns  bewirkt  wird,  wandert  zur  Zeit  der  Eireife  das  Keim- 
bläschen ohne  Strahlung  an  die  Obertiäche.  Hier  kommt  es  zur 
Bildung  der  Spindel,  deren  oberflächliche  Lage  durch  weitere  Ein- 
richtungen bewahrt  wird.  Es  kann  geschehen,  daß  Reste  des  Keim- 
bläschens lange  erhalten  bleiben  und  die  Keruspindel  von  der  Haupt- 
masse des  Protoplasmas  ausschließen.  Ein  wichtiger  Faktor  aber  ist 
vor  allem  die  geringe  Eutwickelung  der  Strahlungserscheinungen, 
welche  uns  einen  Maßstab  für  die  geringe  Intensität  der  richtenden 
Wechselwirkung  zwischen  Kern  und  Protoplasma  liefert.  Fehlen  doch 
häufig  an  den  Richtungsspindeln  die  Ceutrosomen  gänzlich,  so  daß  die 
Strahlung  entweder  gar  nicht  oder  in  ganz  geringfügiger  Weise  zur 
Ausbildung  gelangt.  Damit  schwindet  die  letzte  Möglichkeit,  noch 
nachträglich  eine  centrale  Einstellung  der  Richtungsspindel  zu  be- 
wirken ;  und  so  wird  durch  eine  Reihe  von  Einrichtungen,  welche  den 
typischen  Verlauf  der  Teilung  modifizieren,  verhindert,  daß  durch  Ab- 
schnürung protoplasmareicher  Richtungskörper  dem  Ei  zu  viel  Substanz 
entzogen  wird. 

Die  rudimentäre  Beschaifenheit  oder  der  gänzliche  Mangel  der 
Centrosomen  im  um'eifen,  reifenden  und  reifen  Ei  wird  gewöhnlich  damit 
erklärt,  daß  das  Ei  seine  an  die  Anwesenheit  von  Centrosomen  geknüpfte 
Teilfähigkeit  aufgeben  müsse,  damit  die  Befruchtung  ermöglicht  werde. 
Sicherlich  hat  die  auffällige  Erscheinung  noch  eine  weitere  Bedeutung 
für  die  Eireife,  wie  es  durch  die  oben  gegebenen  Auseinandersetzungen 
dargethan  wurde. 

So  hochgradige  Abänderungen  des  Teilungsverlaufs,  wie  ich  sie 
eben  für  die  Reifeteilungen  des  Eies  erläutert  habe,  kommen  während 
des  Furchungsprozesses  nicht  vor.  Die  Konstanz,  mit  welcher  bei 
jeder  Teilung  Centrosomen  auftreten,  schließt  es  von  Anfang  aus,  daß 
die  Intensität  der  Wechselwirkung  von  Kern  und  Protoplasma  erheb- 
lichen Schwankungen  unterliegt.  Dagegen  kann  man  von  vornherein 
mit  Sicherheit  darauf  rechnen,  daß  der  zeitliche  Verlauf  der  Vorgänge, 
welche  die  richtige  Einstellung  der  Teilspindel  bewirken,  in  beträcht- 
licher Weise  abgeändert  werden  kann.  Jeder  Kern  muß  von  dem  Ort, 
welchen  er  am  Schluß  der  vorausgegangenen  Teilung  gewonnen  hat, 
zu  der  Stelle,  welche  ihm  bei  der  nächstfolgenden  Teilung  durch  die 
Protoplasmaverteilung  seiner  Blastomere  zugewiesen  wird,  eine  Strecke 
Weges  zurücklegen,  deren  Länge  in  den  einzelnen  Fällen  sehr  ver- 
schieden   ausfallen   wird.     Die   Wegstrecke    wird   im   allgemeinen   bei 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  37 


Ö78  R.  Hertwig, 

dotterarmen  kugeligen  Eiern  und  Blastomeren  sehr  klein  sein ;  sie 
wird  sehr  bedeutend  ausfallen  bei  der  Teilung  langgestreckter  Zellen 
•oder  wenn  dotterreiche  Blastomeren  sich  in  einen  dotterreichen  und 
-einen  dotterarmen  Abschnitt  teilen,  da  die  Kernspindel  keine  der 
Streckung  der  Zelle  entsprechende  Verlängerung  erfährt:  am  ansehn- 
lichsten wird  sie  sein,  wenn  beide  Momente  sich  kombinieren,  d.  h, 
bei  ovalen  Eiern,  bei  denen  zugleich  große  Mengen  polar  angeordneten 
Nahrungsdotters  vorhanden  sind.  Wenn  wir  nun  weiter  beachten,  daß 
durch  das  Dottermaterial  den  Verschiebungen  des  Kernes  ein  Hindernis 
geschaffen  wird,  so  ist  klar,  daß  die  richtige  Einstellung  des  Kernes  in 
das  Centrum  seiner  Wirkungssphäre  in  gleichem  Maße  erschwert  sein 
muß,  je  dotterreicher  die  Eier  oder  Blastomeren  werden  und  je  mehr 
der  fortschreitende  Furchungsprozeß  Teilstücke  erzeugt,  welche  von 
der  Kugelform  abweichen.  Notgedrungen  muß  sich  in  vielen  Fällen 
ein  Mißverhältnis  entwickeln  zwischen  der  Zeit,  welche  von  Kern- 
teilung zu  Kernteilung  verläuft,  und  der  Zeit,  welche  zur  Zurück- 
legung des  Weges  behufs  normaler  Einstellung  des  Kernes  not- 
wendig ist.  Nun  wissen  wir,  daß  äußere  Einflüsse,  wie  sie  durch 
Temperaturschwankungen,  chemische  und  mechanische  Reize  ausgeübt 
werden,  sich  nicht  in  gleicher  Weise  am  Kern  wie  am  Protoplasma 
äußern  und  daher  für  den  zeitlichen  Verlauf  der  Einstellung  des  Kernes 
und  für  seine  Umwandlung  zur  Spindel  in  verschiedener  Weise  zur 
Geltung  gelangen.  Am  klarsten  kommt  diese  Erscheinung  darin  zum 
Ausdruck,  daß  bei  Zellen,  welche  chemischen,  thermischen  oder  mecha- 
nischen Einflüssen  ausgesetzt  gewesen  sind,  unter  Umständen  die 
Kernteilung  noch  zu  stände  kommt,  während  die  Protoplasmateilung 
unterbleibt  oder  wenigstens  verlangsamt  wird.  Wenn  man  dies  alles 
berücksichtigt,  so  wird  man  nicht  erwarten  können,  daß  die  Hertwig- 
sche  Teilungsregel  sich  in  allen  Fällen  mit  mathematischer  Genauig- 
keit verwirklichen  wird ;  man  wird  wie  bei  allen  Lebensvorgängen 
die  große  Variabilität  der  organisierten  Materie  berücksichtigen  müssen 
und  nicht  jeden  Ausnahmefall  sofort  als  eine  Widerlegung  der  Regel 
betrachten,  sondern  eher  Veranlassung  haben,  nach  den  Ursachen  zu 
forschen,  welche  die  Abweichung  von  der  Norm  bedingen.  Die  obigen 
Auseinandersetzungen  liefern  weiterhin  auch  eine  Erklärung,  weshalb 
Ausnahmefälle  vom  allgemeinen  Schema  bei  dotterreichen  Eiern  be- 
sonders häufig  sind,  warum  der  Furchungsprozeß  hier  mehr  und  mehr 
seines  regelmäßigen  Verlaufs  entkleidet  wird  und  selbst  bei  Eiern, 
welche  einer  und  derselben  Art  angehören,  eine  große  Veränderlichkeit 
gewinnt.  Wachsender  Dottergehalt  der  Eizelle  bedingt  eine  zunehmende 
Sensibilität  für  die  abändernde  Wirkung  äußerer  Einflüsse. 

In  der  allerletzten  Zeit  sind  weitere  Eigentümlichkeiten  der  Zellstruktur 
bekannt  geworden,  welche  die  Art  und  Weise,  in  welcher  die  HERTWiG'sche  Teilungs- 
regel zum  Ausdruck  kommt,  modifizieren,  ohne  daß  dieselbe  hierdurch  widerlegt 
würde.  Boveri  (1902)  fand  am  Ei  von  Strongylocentrotus  Uvidus  einen  breiten 
Pigmentring  unterhalb  des  Aequators  in  der  Rindenschicht  der  vegetativen  Eihälfte. 
Das  Ei  läßt  somit  eine  deutliche  Polarität  erkennen.  Die  Ebene,  in  welcher  die  Kern- 
spindel bei  der  ersten  und  zweiten  Teilung  eingestellt  ist,  liegt  dicht  oberhalb  des 
Pigmentringes  und  wird  von  BovERi  die  karj^okiuetische  Ebene  genannt,  weil  das  in 
4ieser  Region  befindliche  Protoplasma  auf  die  Öpindel  eine  besondere  Anziehungs- 
kraft auszuüben  scheint.  Denn  wenn  man  das  Ei  senkrecht  zur  Eiachse  oder  unter 
einem  Winkel  zu  ihr  preßt  und  dadurch  die  Protoplasmaanordnung  abändert,  rückt 
die  Kernspindel  aus  der  karyokinetischen  Ebene  erst  dann  heraus,  wenn  die  Ver- 
änderung sehi-  hochgradig  geworden  ist,  und  auch  dann  nicht  in  dem  Maße,  als  man 
es  nach  der  Veränderung  der  Protoplasmaanordnung  erwarten  sollte.     Ein  zweiter 


Furchungsprozeß.  579 

hier  in  Betracht  kommender  Fall  ist  das  Ei  von  Polystomum  tntegerrimum.  Hier 
konnte  Golpschmidt  (1902)  ungleiche  Größe  der  Centrosomen  an  der  ersten 
Furchungsspindel  nachweisen.  Da  somit  ungleiche  Kraftcentren  geschaffen  waren, 
■wurde  auch  die  Teilung  inäqual:  dem  größeren  Centrosoma  entsprach  eine  größere 
Furchungskugel. 

Unsere  bisherigen  Darlegungen  haben  uns  dahin  geführt,  den 
Furchungsprozeß  als  eine  Succession  aufeinander  folgender 
Zellteilungen  aufzufassen,  v  o  n  d  e  n  e  n  e  i  n  e  j  e  d  e  i  n  i  h  r  e  m 
Charakter  durch  die  Konstellation  von  Kern,  P  r  o  to  - 
p  1  a  s  ni  a  u  n  d  N  a  h  r  u  n g s d o 1 1  e r  b e s  t i m  m  t  wird,  w i  e  s  i e  sich 
aus  dem  Ablauf  der  vorangegangenen  Teilung  ergeben 
hat.  Da  nun  der  gesamte  Entwickelungsverlauf  eines  Organismus 
sich  in  eine  Summe  derartiger  Zellteilungen,  von  denen  eine  jede  mit 
Notwendigkeit  sich  aus  der  vorhergehenden  ergiebt  und  die  nächst- 
folgende bestimmt,  auflösen  läßt,  so  muß  sich  selbstverständlich  unter 
normalen  Verhältnissen  stets  derselbe  gesetzmäßige  Zusammenhang 
zwischen  den  ersten  Teilungen  und  dem  späteren  Aufbau  des  Embryo 
ergeben,  d.  h.  es  müssen  die  Eiachsen  und  die  Furchungsebenen  in 
einem  bestimmten  Lageverhältnis  zu  den  Körperachsen  und  Symmetrie- 
ebenen  des  Embryo  stehen.  Es  hat  sich  z.  B.  für  viele  Fälle  heraus- 
gestellt, daß  die  erste  Teilungsebene  ungefähr  mit  der  Sagittalebene 
des  Embryo  zusammenfällt  und  somit  das  Material  für  die  linke  und 
rechte  Hälfte  des  Embryo  sondert,  während  durch  die  zweite  Teilung 
das  Vorn  und  das  Hinten,  oder  vielleicht  auch  das  Dorsal  und  Ventral 
voneinander  getrennt  werden. 

In  der  Neuzeit  hat  man  versucht,  dieser  Uebereiustimmuug  in  der 
Orientierung  des  Eies  und  des  aus  ihm  hervorgehenden  Embryo  eine 
tiefere  Bedeutung  beizumessen.  Durch  den  Furchungsprozeß 
werde  das  Ei  nicht  nur  in  Teilstücke  zerlegt,  welche 
später  verschiedenartigen  Organen  Entstehung  geben; 
vielmehr  seien  diese  Teils tücke  selbst  schon  qualitativ 
verschieden,  in  ähnlicher  Weise  voneinander  ver- 
schieden, wie  die  Organe  und  Or  gan  gruppen,  welche 
aus  ihnen  hervorgehen;  und  so  werde  die  spätere  Verschieden- 
artigkeit der  Organe  der  Anlage  nach  vorbereitet  durch  eine  Verschieden- 
artigkeit in  den  einzelnen  Teilen  des  Eies,  mindestens  in  den  einzelnen 
Furchungskugeln.  Demgemäß  würde  der  Embryo  im  Ei  präformiert 
sein,  wenn  auch  nicht  aktuell,  wie  die  Vertreter  der  Präformations- 
oder Evolutionstheorie  des  17.  und  18.  Jahrhunderts,  Swammerdam, 
Spallanzani,  Albrecht  v.  Haller,  es  annahmen,  so  doch  der  An- 
lage nach.  Man  kann  daher  von  einer  n  eo-e  volutionis  t  ischen 
Schule  reden. 

Ihren  Ausgangspunkt  nahm  die  neo-evolutionistische  Lehre  von 
dem  von  His  stammenden  „Prinzip  der  o  r  g  a  n  b  i  1  d  e  n  den  K  e  i  m  - 
bezirke"  (A.  L.  I,  1874).  Dasselbe  wurde  zunächst  für  die  Keimscheibe 
des  Hühnchens  aufgestellt  und  besagt,  „daß  die  Keimscheibe  die 
Organanlagen  in  flacher  Ausbreitung  vorgebildet  enthält  und  umge- 
kehrt ein  jeder  Keimscheibenpunkt  sich  in  einem  späteren  Organ 
wiederfindet",  daß  „jedes  aus  der  Keimscheibe  hervorgehende  Organ 
in  irgend  einem  räumlich  bestimmbaren  Bezirk  der  flachen  Scheibe 
seine  vorgebildete  Anlage  hat".  His,  welcher  unter  Keimscheibe  hier 
den  in  Furchungskugeln  zerlegten  Keim  versteht,  fügt  weiter  hinzu : 
„Ja,  wenn  wir  konsequent  sein  wollen,  haben  wir  diese  Bestimmung 
auch  auf  das  eben  befruchtete,  und  selbst  auf  das  unbefruchtete  Ei 
auszudehnen". 

37* 


580  R.  Hertwig, 

In  der  Neuzeit  hat  sich  His  (1901)  gegen  die  Interpretation  seiner 
Lehre  als  einer  evolutionistischen  durch  0.  Hertwig  verwahrt,  speciell 
gegen  folgenden  Satz:  „His  denkt  sich  also  im  Ei  den  Embryo  gewisser- 
maßen auch  schon  räumlich  präformiert,  nur  mit  dem  Unterschied,  daß 
er  Materialteilchen  im  Ei  annimmt  an  den  Orten,  wo  nach  der  älteren 
Auffassung  die  Organe  in  verkleinertem  und  unsichtbarem  Zustande  liegen 
sollen."  Dieser  Darstellung  seiner  Ansichten  gegenüber  beruft  sich  His 
darauf,  daß  er  in  allen  seinen  Schriften  „die  Entwickelung  als  einen  or- 
ganischen ablaufenden  Prozeß  ansehe,  bei  dem  jeder  einzelne  Teilvorgang 
mit  allen  übiigen  Vorgängen  in  gegenseitigem  Wechselverhältnis  stehe". 
Ich  kann  nicht  finden,  daß  dieser  Satz  die  Auffassung  ausschließt,  welche 
0.  Hertwig  und  andere  Forscher  His  zugeschrieben  haben.  Denn  es 
wäre  ganz  gut  denkbar,  daß  bei  der  Entwickelung  zwei  Prozesse  in- 
einander greifen  und  sich  wechselseitig  einschränken,  die  Selbstentwicke- 
lung der  einzelnen  Teile  und  ihre  Bestimmung  durch  benachbarte  Teile, 
wie  ja  auch  im  postembryonalen  Leben  die  hohe  Differenzierung  und 
Eigentätigkeit  der  Organe  eine  Korrelation  derselben  mit  anderen  Or- 
ganen nicht  ausschließt. 

Indem  ich  selbstverständlich  His  einräume,  daß  er  am  kompetentesten 
ist,  seine  Anschauungen  zu  interpretieren,  so  muß  ich  andererseits  hervor- 
heben, daß  seine  Ausdrucksweise  keine  glücklich  gewählte  war,  daß  ein 
unbefangener  Leser  sie  nur  in  der  Weise,  wie  0.  Hertwig  es  gethan 
hat  und  es  auch  von  mir  geschehen  ist,  interpretieren  kann.  Die  An- 
nahme „vorgebildeter  Anlagen",  von  denen  „eine  jede  ihrem  besonderen 
Gesetze  gemäß  wächst",  die  Zerlegung  des  „eben  befruchteten  Keimes  in 
eine  Anzahl  organbildender  Keimbezirke",  wobei  „innerhalb  eines  jeden 
dieser  Bezirke  den  Teilen  eine  Wachstumserregung  innewohnt,  die  sie  bei 
ihrer  Ablösung  vom  Gesamtkeime  mit  sich  nehmen",  die  Ansicht,  daß  im 
„Ei  eine  specifische  Verteilung  der  Wachstumserregbarkeit"  vorhanden  ist, 
scheinen  auch  mir  imgroßen  und  ganzen  auf  die  Anschauungen  hinauszu- 
laufen, welche  Roux  in  seiner  „Mosaiktheorie"  zum  Ausdruck  gebracht  hat. 

Die  His'sche  Lehre  hat  durch  Roux  (1888,  1892,  1893  etc.) 
eine  Fortbildung  und  Umgestaltung  erfahren,  welche  den  neueren 
Errungenschaften  auf  dem  Gebiet  der  Zellenlehre  Rechnung  trägt. 
Die  Präformation  sei  in  den  Kernen  enthalten,  deren 
Einfiuß  auf  das  umgebende  Protoplasma  die  Verschiedenartigkeit  der 
einzelnen  Organanlagen  bedinge.  Da  nun  zunächst  in  der  befruchteten 
Eizelle  nur  ein  Kern  vorhanden  ist,  so  muß  bei  den  successiven  Kern- 
teilungen sich  allmählich  eine  Sonderung  der  in  ihm  enthaltenen  Anlagen 
vollziehen.  Die  Kernteilungen  des  Furchungsprozesses 
sind  ,,erb ungleich".  Die  beiden  Tochterkerne  eines  Mutter- 
kerns enthalten  die  Eigenschaften  desselben  ungleich  verteilt  und  sind 
daher  untereinander  verschieden.  Gewöhnlich  wird  durch  die  erste 
Furche  das  Material  für  die  linke  und  rechte  Seite  gesondert;  die 
Ebene  der  ersten  M  e  r  i  d  i  o  n  a  1  f  u  r  c  h  e  ist  daher  identisch 
mit  der  späteren  Symmetrieebene  des  Körpers.  Dem- 
entsprechend sind  auch  die  beiden  ersten  Furchungskugeln,  resp.  ihre 
Kerne  verschieden.  Die  einen  Teile  enthalten  die  Umbildungsfähigkeit 
zu  linksseitigem,  die  anderen  zu  rechtsseitigem  Material.  In  gleicher 
Weise  sondert  die  zweite  Ebene  das  Vorn  und  Hinten,  das  Kopf-  und 
Schwanzende  des  Embryo.  Nur  ausnahmsweise  komme  es  vor,  daß 
die  die  Sagittalebene  bildende  Furche  erst  an  zweiter  Stelle  entstehe; 
das  sei  dann  ein  „Anachronismus"  der  Furchen,  welcher  dadurch 
hervorgerufen    sei,    daß    die    den    zweiten    Teilungsakt     auslösenden 


Furchungsprozeß.  581 


Kräfte  ausnahmsweise  einmal  eher  in  Thätigkeit  treten  als  die  Kräfte  für 
die  erste  Teilung.  Für  die  Auslösung  dieser  Kräfte  ist  die  Anordnung 
des  Protüi)lasma  und  des  Nahrungsdotters  maßgebend ;  sie  übt  einen  rich- 
tenden Eintiuß  auf  die  Lage  der  Furchungsspindel  aus,  so  daß  auch 
Protoplasma  und  Nahrungsdotter  für  die  spätere  Orientierung  des 
Embryo  von  \Yichtigkeit  sind.  Jede  der  4  durch  die  2  ersten  Furchen 
gebildeten  Furchungskugeln  enthält  somit  das  Material  für  einen  ganz 
bestimmten  Körperquadranten  und  unterscheidet  sich  von  den  3  anderen; 
und  nicht  nur  das  Bildungsmaterial  zu  einem  ganz  bestimmten  Stück 
des  Embryo  enthält  sie,  sondern  auch  die  hierzu  nötigen  „differen- 
zierenden und  gestaltenden  Kr  ä f t e'' ;  d.  h.  sie  besitzt  in  ihrer 
Entwickelung  einen  erheblichen  Grad  von  Unabhängigkeit  vom  Ganzen, 
sie  ist  zu  „selbständiger  D  i  f  f  e  r  e  n  z  i  e  r  u  n  g''  befähigt.  Da  nun 
auch  den  späteren  Furchungskugeln  ein  hohes  Maß  von  Selbstdifferen- 
zierungsfähigkeit zukommt,  gleicht  der  Keim  einem  „Mosaik"  ver- 
schiedenartiger embryonaler  Bausteine.  „Die  Entwickelung  ist 
Mosaikarbeit"  (Roux). 

Nun  wissen  wir,  daß  die  Eigenschaften  des  Kindes  die  Resultante 
der  Eigenschaften  von  Vater  und  Mutter  sind.  Die  Ursachen  für  den 
Verlauf  des  Furchuugsprozesses,  welcher  ein  Mosaik  verschiedenartiger 
Zellen  erzeugt,  können  somit  nicht  einseitig  in  der  Beschaffenheit  der 
Eizelle  begründet  sein,  sondern  müssen  ebenso  sehr  auf  Rechnung 
des  Spermatozoon  gebracht  werden.  So  wird  es  l)egreiflich,  warum 
Roux  so  großen  Wert  darauf  legen  muß,  daß  die  Lage  der 
ersten  Furchungsebene  und  damit  auch  die  Lage  aller 
folgenden  nicht  ausschließlich  von  der  Beschaffenheit 
der  Eizelle  abhängt,  sondern  auch  von  dem  Einfluß  des 
e  i  n  d  r  i  n  g  e  n  d  e  n  S  p  e  r  m  a  1 0  z  0  0  n.  Wir  haben  schon  früher  gesehen, 
daß  Roux  sich  mit  Bestimmtheit  dagegen  ausgesprochen  hat,  daß  die 
bilaterale  Symmetrie  des  Embryonalkörpers  schon  vor  der  Befruchtung 
festgelegt  sei.  Vielmehr  soll  dies  erst  beim  Eindringen  des  Sper 
matozoon  geschehen,  indem  die  Symmetrieebene  durch  eine  Ebene  be- 
stimmt werde,  welche  zugleich  durch  den  Mittelpunkt  des  Eies  und 
die  Kopulationsbahn  des  Spermatozoon  verlaufe. 

Die  evolutionistische  Autfassungsweise  der  Entwickelungsgeschichte, 
welche  zahlreiche  Verteidiger  gefunden  hat.  wurde  auf  das  lebhafteste 
von  0.  Hertwig  (1892,  1892,  1893,  A.  L.  I  1898)  und  Driesch 
(1892,  1895,  1901)  bekämpft,  bis  zu  einem  gewissen  Grad  kann  auch 
Pflüger  (1883)  als  ihr  Gegner  angesehen  werden.  Nach  der  Ansicht 
Pflüger's  ist  das  Ei  anfänglich  „isotrop",  d.  h.  es  besteht  aus  Teilen, 
die  untereinander  gleichartig  sind,  so  daß  jeder  Teil  für  jedes  spätere 
Organ  benutzt  werden  kann.  Während  nun  Pflüger  annimmt,  daß 
die  Isotropie  des  Eies  unter  dem  Einfluß  der  Schwer- 
kraft schwindet  und  einer  zur  0  r  g  a  n  b  i  1  d  u  n  g  f  ü  h  - 
reu  den  Differenzierung  der  Teile  Platz  macht,  läßt 
Hertwig  die  Isotropie  während  des  Furchungsprozesses  fortbestehen 
und  erst  als  Endresultat  des  Entwickeluugsprozesses  die  Verschieden- 
artigkeit der  Organe  auftreten.  Auch  Driesch  nimmt  eine,  wenn  auch 
nicht  komplete  Isotropie  an.  Beide  nähern  sich  in  dieser  Hinsicht  der 
Theorie  K.  F.  Wolff's  und  können  den  „N  eo-Evol utio nisten" 
als  „Neo-Epi  genetiker"  gegenübergestellt  werden. 

Nach  der  neuen  Lehre  von  der  Epigenesis  hat  der  Furchungs- 
prozeß nur  die  Aufgabe,  den  einheitlichen  Lebensherd  des 
Eiesiu  viele  kleineLebensherde  abzuteilen.   Diese  können 


fe 


582  R.  Hertwig, 

vermöge  verschiedenen  Dotterreichtunis,  Pigmentgehalts  etc.  ver- 
schieden aussehen;  sie  liefern  im  Lauf  der  Entwickelung  thatsächlich 
auch  verschiedenerlei  Organe,  sie  haben  „verschiedene  pro- 
spektive Bedeutung";  gleichwohl  haben  sie  „gleiche  pro- 
spektive Potenz"  (Driesch)  oder  gleiches  „entwickelungs- 
mechanisches  Vermögen"  (Roux);  d.  h.  in  Bezug  auf  die  Möglichkeit 
Organe  zu  bilden  sind  sie  untereinander  gleich  oder  „äquipotent'\ 
Das  ganze  Ei  ist  ein  „äquipotentielles  System". 

Während  die  Evolutionisten  eine  „erbungleiche  Teilung"  postu- 
lieren, muß  jede  Teilung  nach  der  Lehre  der  Epigenesis  „erbgleich" 
sein.  Das  Ei  besitzt  ein  bestimmtes  Quantum  von  „Idioplasma", 
einer  Substanz,  welche  potentiell  die  Eigenschaften  des  Organismus 
enthält  abzüglich  der  Modifikationen,  welche  durch  äußere,  während  der 
Entwickelung  wirkende  Einflüsse  hervorgerufen  werden.  Dieses  Idio- 
plasma nimmt  während  der  Furchung  zu,  wird  aber  während  jeder 
Teilung  gleichmäßig  geteilt,  so  daß  jede  Zelle  in  der 
Beschaffenheit  ihres  Idioplasma  der  den  Ausgangspunkt 
bildenden  Eizelle  gleicht.  Daß  trotz  ihres  äquipotentiellen  Cha- 
rakters die  Zellen  verschiedenerlei  Orgaue  liefern,  daß  gewisse  Zell- 
gruppen sich  zur  Haut,  andere  zu  Muskeln,  Nerven,  Bindegewebe  um- 
wandeln, ist  0.  Hertwig  zufolge  vornehmlich  eine  Konsequenz  ihrer 
verschiedenen  Lagerung  im  Ganzen.  Zu  dieser  „räumlichen  Determi- 
nation" geselle  sich  eine  zeitliche,  die  darin  zum  Ausdruck  komme,  daß  die 
verschiedenen  Zellgruppen  „eine  verschiedene  Geschichte  erhalten",  daß 
früher  durchlaufene  Zustände  des  Wachstumsprozesses  in  ihnen  nach- 
wirken. Und  so  wird  der  besondere  Charakter  der  Gewebszellen  nicht 
durch  Entwickelung  besonderer,  sie  von  den  Nachbarzellen  unterschei- 
dender Eigentümlichkeiten,  durch  „Selbstdifferenzierung"  gewonnen, 
sondern  ist  eine  Folge  „abhängiger  Differenzierung";  er  wird 
hervorgerufen  durch  die  W^echselwirkung,  welche  zwischen  dem  ein- 
zelnen Zellherd  und  dem  Zellmaterial  des  gesamten  Organismus  besteht. 
Die  Kontinuität  der  Entwickelung  bringt  es  naturgemäß  mit  sich,  daß 
„jede  ältere  Z  e  1 1  g  r  u  p  p  e  sich  auf  eine  vorausgegangene 
jüngere  Gruppe  und  so  schließlich  bestimmte  Körper- 
teile auf  bestimmte  F  u  r  c  h  u  n  g  s  z  e  1 1  e  n  zurückführen 
lassen"  (0.  Hertwig)  und  daß  demgemäß  auch  gewisse  Hauptebenen 
des  Körpers  (Sagittalebene,  Frontalebene  etc.)  im  großen  und  ganzen 
mit  gewissen  primären  Furchungsebenen  korrespondieren.  Aber  diese 
Beziehungen  bestimmter  Körperteile  zu  bestimmten  Furchungszellen, 
bestimmter  Hauptebenen  zu  bestimmten  Furchungsebenen  sind  nur 
so  lange  vorhanden,  als  die  Entwickelung  unter  gleichen  Bedingungen 
verläuft;  sie  ergeben  sich  nicht  mit  innerer  Notwendigkeit  aus  dem 
Charakter  der  Furchungszellen  und  können  daher  modifiziert  werden, 
wenn  man  in  den  Verlauf  der  Entwickelung  abändernd  eingreift. 

Ich  habe  hier  die  beiden  Auffassuno-en  der  Entwickelnne;  der  Tiere 
in  ihren  extremen  Vertretern  einander  gegenübei^gestellt.  Selbstverständ- 
lich sind  vermittelnde  Stellungnahmen  möglich :  daß  die  Blastomeren 
zunächst  äquipotent  sind  und  sich  infolge  „abhängiger  Differenzierung" 
entwickeln,  daß  sie  später  verschiedenartig  werden  und  die  Fähigkeit 
zur  Selbstdifferenzierung  gewinnen,  daß  dieser  Uebergaug  von  abhängiger 
zu  selbständiger  Differenzierung  in  der  Entwickelung  der  einzelnen  Tier- 
arten sich  auf  verschiedenen  Stadien  vollziehen  kann.  Zu  den  Forschern, 
welche  in  dieser  Weise  eine  extreme  Stellungnahme  vermeiden,  gehört 
Wilson,  in  gewisser  Hinsicht  auch  Rabl  (1899).    Letzterer  hat  für  das  ver- 


Furchungsprozeß.  583 

schiedene  Verhalten  der  Eizellen  eine  eigentümliche  Erklärung  gegeben, 
welche  ihn  schließlich  doch  als  einen  entschiedenen  Anhänger  der  evo- 
lutionistischen  Lehre  charakterisiert.  Die  Eizellen  der  verschiedenen  Tiere 
sollen  ihrem  Differenzierungsgrad  nach  nicht  vergleichbar  sein.  Bei 
vielen  Tieren  soll  das  Ei  eine  relativ  geringe  Zahl  von  Teilungen  erleiden, 
ehe  es  zur  Organbildung  kommt ;  bei  diesen  seien  schon  die  ersten 
Blastomeren  ungleichwertig.  Bei  anderen  Tieren  wiederum  sei  die  Zahl 
der  Teilungen  bis  zum  Zeitpunkt  der  organologischen  Differenzierung 
eine  sehr  große ;  darum  werde  noch  einige  Zeit  nach  der  Befruchtung 
während  der  ersten  Furchungsstadien  der  indifferente  Charakter  der 
Blastomeren  beibehalten,  bis  auf  einem  vorgerückten  kStadium  der  Teilung 
ein  Grad  der  Differenzierung  erreicht  wird,  welcher  bei  Eiern  der  ersten 
Kategorie  gleich  von  Anfang  an  vorhanden  ist. 

Um  die  erörterten  Streitfragen  zu  klären,  Avurden  von  den  Ver- 
tretern der  verschiedenen  Richtungen  Beobachtungen  gesammelt 
und  Experimente  angestellt.  Durch  genaueste  Beobachtung  mußte 
zunächst  die  ^'orfrage  entschieden  werden ,  ob  in  der  That  unter 
normalen  Verhältnissen  ein  gesetzmäßiger  Zusammen- 
hang zwischen  Orientierung  der  F  u  r  c  h  u  n  g  s  e  b  e  n  e  n , 
Eintrittsstelle  des  S p e r m  a z o o n  und  Lage  der  Sym- 
metrieebenen des  tierischen  Körpers  besteht.  Eine 
Uebereinstimmung  in  den  Resultaten  ist  hierbei  nicht  erzielt  worden, 
wie  wir  zum  Teil  bei  Besprechung  der  Befruchtungsvorgänge  bei 
Amphibien  schon  gesehen  haben,  zum  Teil  bei  der  Darstellung  der 
Eifurchung  noch  kernen  lernen  werden.  Ebensowenig  haben  auch  die 
Experimente  vermocht,  die  Gegensätze  der  Anschauungen  auszu- 
gleichen. 

Die  Experimentatoren  haben  vier  verschiedene  Wege  eingeschlagen. 

1)  Pflüger,  Born,  0.  Hertwig,  Driesch,  Roux,  0.  Schultze 
u.  a.  haben  versucht,  die  Formen  der  Furchung  abzuändern.  Dies 
kann  geschehen,  indem  man  den  Teilungsmechanismus  durch  chemische 
und  thermische  Einflüsse  verändert  oder  durch  Druck  die  Gestalt  des 
Eies  und  damit  auch  die  Verteilung  von  Kern  und  Protoplasma 
modifiziert.  Bei  dotterreichen  Eiern  kann  man  außerdem  noch  das 
verschiedene  specifische  Gewicht  von  Bildimgs-  und  Nahrungsdotter 
ausnutzen  und  Störungen  herbeiführen,  indem  man  die  Schwerkraft 
in  abnormer  Weise  auf  die  Anordnung  der  Eibestandteile  wirken 
läßt,  sei  es  in  übermäßiger  Weise  durch  Verwendung  der  Centrifugal- 
kraft  (Hertwig),  sei  es  in  einer  abnormen,  von  der  Xatur  nicht  vor- 
gesehenen Richtung  (Pflüger  u.  a.).  Man  kann  in  dieser  Weise  die 
Aufeinanderfolge  der  Furchen  vollkommen  verändern,  gewisse  Furchen, 
z.  B.  die  Aequatorialfurche  bei  Eiern,  denen  sie  im  gewöhnlichen 
Verlauf  zukommt,  gänzlich  unterdrücken,  in  anderen  Fällen,  wo  sie 
normalerweise  fehlen,  sie  hervorrufen.  Es  ist  ganz  erstaunlich,  zu 
sehen,  wie  hochgradig  abgeändert  eine  Blastula  sein  und  trotzdem 
einen  normalen  Embryo  liefern  kann,  obwohl  dabei  mehr  oder  minder 
ansehnliche  Teile  des  Einiaterials  eine  ganz  andere  Verwendung  finden 
müssen,  als  es  bei  normalem  Verlauf  der  Entwickelung  der  Fall  ge- 
wesen wäre.  Alles  das  spricht  zunächst  zu  Gunsten  der  Epigenesis- 
theorie  und  läßt  sich  mit  der  Theorie  der  Evolution  nur  vereinbaren, 
wenn  man  komplizierte  Hilfsliypotheseu,  auf  die  ich  sogleich  noch  zu 
sprechen  komme,  einführt. 


584  R.  Hertwig, 

2)  Ein  zweiter  Weg,  den  die  Experimentatoren  eingeschlagen 
haben,  besteht  darin,  daß  man  einzelne  Blastomeren  sich  ge- 
trennt von  den  übrigen  entwickeln  läßt  nnd  verfolgt, 
was  aus  ihnen  wird.  Isolierte  Aufzucht  der  Blastomeren  kann 
man  erzielen,  wenn  man  einen  Keim  auf  den  Zwei-,  Vier-,  Acht-  u.  s.  w. 
Zellen  Stadium  in  seine  Komponenten  auflöst  oder  einen  Teil  derselben 
durch  Abtöten  aus  der  Entvvickekmg  ausschaltet.  Sind  alle  Blasto- 
meren äquipotentiell  und  somit  eine  jede  für  sich  in  ihrer  Konstitution 
dem  Ei  vergleichbar,  so  müssen  sie  bei  isolierter  Aufzucht  ein  voll- 
kommenes, wenn  auch  an  Masse  kleineres  Tier  liefern,  sofern  nur  das 
zur  Entwickelung  nötige  Minimum  an  Material  vorhanden  ist.  Sind 
dagegen  die  Furchungskugeln  untereinander  verschieden  und  dem- 
gemäß eine  jede  nur  befähigt,  einen  bestimmten  Teil  der  Organisation 
zu  bilden,  so  müssen  sie  auch  im  isolierten  Zustand  immer  nur  den 
betreffenden  Teil  des  Tieres  erzeugen  können.  Nach  beendigter  erster 
Furche  müßte  eine  Blastomere  nicht  einen  ganzen  Embryo  von  halber 
Größe,  einen  „H  emiholob  lasten"  (Roux),  sondern  die  der  Blasto- 
mere jedesmal  entsprechende  Hälfte  des  Embryo,  diese  aber  von 
normaler  Größe,  einen  „Hem  iembry  o",  erzeugen.  Eine  auf  dem 
Stadium  der  Vierteilung  isolierte  Blastomere  dürfte  in  entsprechender 
Weise  nur  den  Quadranten  eines  Tieres  bilden. 

In  den  Fällen,  in  welchen  es  in  der  That  gelang,  die  Blastomeren 
vollkommen  zu  trennen,  sind  die  Experimentatoren  je  nach  den  zur 
Untersuchung  gewählten  Objekten  zu  verschiedenen  Resultaten  ge- 
kommen. Die  ältesten  in  dieser  Richtung  angestellten  Experimente 
stammen  von  Chabry  (1887),  welcher  durch  Anstich  einzelner  Blasto- 
meren von  sich  furchenden  Ascidieneiern  Larven  mit  lokalisierten 
Defekten  erzielte;  sie  sind  so  vieldeutig,  daß  sie  sowohl  von  Evolutio- 
nisten  wie  Epigenetikeru  als  Beweismittel  für  ihre  Ansichten  heran- 
gezogen werden.  Das  Gleiche  gilt  von  den  Experimenten  an  Frosch- 
eiern, auf  die  wir  in  der  Folge  noch  zurückkommen  werden.  Die 
präciseren,  an  anderen  Objekten  gewonnenen  Resultate  haben  zu 
Widersprüchen  geführt.  Furchungskugeln  von  Amphioxus,  welche 
Wilson  (1893)  auf  dem  Stadium  der  Zwei-  und  Vierteilung  iso- 
lierte, teilten  sich  in  demselben  Rhythmus  wie  ganze  befruchtete  Eier 
und  lieferten  entsprechend  kleinere,  im  übrigen  aber  normale 
Gastrulae;  Blastomeren,  auf  dem  Stadium  der  Zweiteilung  isoliert, 
entwickelten  sich  sogar  zu  jungen  Larven.  Isolierte  Blastonieren  ver- 
hielten sich  demnach  von  Anfang  an  wie  Eier,  welche  eine  Einbuße 
an  Substanz  erlitten  hatten.  Dasselbe  gilt  nach  Zoja  und  Maas  für 
die  Eier  verschiedener  Medusen.  —  Für  die  Eier  von  Seeigeln  fand 
Driesch,  daß  isolierte  Blastomeren  sich  zunächst  weiter  furchten, 
als  ob  sie  noch  Teile  des  alten  Ganzen  seien.  Eine  auf  dem  Stadium 
der  Zweiteilung  getrennte  Blastomere  lieferte  die  entsi)rechende  Hälfte 
einer  Blastula  von  gewöhnhcher  Größe,  die  sich  aber  allmählich  zu 
einer  normal  gebauten,  um  die  Hälfte  kleineren  Blastula  schloß,  aus 
welcher  weiter  eine  Zwerggastrula  und  schließlich  ein  Zwergpluteus 
hervorging.  Wir  haben  hier  also  zunächst  eine  Teilbildung,  einen 
„Hemiembryo'',  später  eine  Ganzbildung  von  halber  Größe,  einen 
„Hemiho loblasten".  —  Einen  dritten  Fall  bilden  die  Eier  von 
Clenophoren  (Chun,  Fischel,  Driesch,  Morgan).  Isolierte  Blasto- 
meren teilen  sich  hier  in  derselben  Weise  weiter,  als  ob  sie  nach  wie 
vor  Teile   des  Ganzen   wären,    und   liefern  auch  später  Teilbildungen. 


Furchuugsprozeß.  585 

Je  nachcleiii  die  Isolation  auf  dein  Stadium  der  Zwei-  oder  Vierteilung 
vorgenonmien  worden  war,  entstand  die  Hälfte  oder  ein  Viertel  einer 
Ctenopliore.  ein  Tier,  welches  von  den  8  Ruderreihen  nur  4  oder  nui' 
2  besaß,  wenn  auch  der  Magen  sich  zu  einem  Rohre  schloß,  anstatt 
auf  dem  Stadium  der  Teilbildung  zu  verharren.  Die  Bildung  der 
Ruderplättchen  unterblieb,  wenn  man  die  unter  normalen  Verhält- 
nissen sie  erzeugenden  Mikromeren  entfernte.  Streng  lokalisierte 
Defekte  erzielte  in  analoger  Weise  Conklin  bei  einer  Schnecke 
Ilyanassd.  Bei  derselben  unterblieb  die  Bildung  des  Mesenchyms. 
wenn  nach  der  Vierteilung  die  dotterreichste  der  4  Blastomeren  ab- 
getötet oder  auch  nur  der  Dotterlappeu  derselben  entfernt  wurde. 

Der  verschiedene  Verlauf  der  Experimente  ist  Ursache  geworden, 
daß  viele  Forscher,  wie  schon  hervorgehoben  wurde,  zwischen  der 
Epigenesis-  und  Evolutionstheorie  eine  vermittelnde  Stellung  ein- 
genommen haben.  Die  Hauptvertreter  der  beiden  einander  gegenüber- 
stehenden Theorieen  haben  dagegen  versucht,  die  ihrer  Ansicht  scheinbar 
widersprechenden  Experimente  durch  geeignete  Interpretation  der- 
selben mit  der  Theorie  in  Uebereinstimmung  zu  bringen. 

Roux,  welcher  sich  am  meisten  bemüht  hat,  die  Resultate  ex- 
perimenteller Forschung  zur  Begründung  der  Evolutionstheorie  aus- 
zunutzen, schuf  zu  dem  Zweck  die  Hilfshypothesen  der  Post- 
g  e  n  e  r  a  t  i 0  n  und  der  korrelativen  Anpassung  der  F  u  r  - 
chungsku  geln.  Das  typische  Verhalten  sei  in  den  Furchungszellen 
der  Ctenophoren  gegeben,  bei  Ämphioxus  und  den  Echinodermen  werde 
das  typische  Verhalten  in  verschiedenem  Grade  durch  das  Hinzutreten 
der  Postgenerat iou  verdeckt.  Wie  alle  Organismen  im  ent- 
wickelten Zustand,  wenn  auch  in  sehr  verschiedenem  Grade,  die 
Fähigkeit  haben,  verloren  gegangene  Teile  zu  regenerieren,  so  kann 
auch  das  Ei  erlittene  Verluste  ersetzen.  Was  bei  Entfernung  von 
Blastomeren  verloren  wird,  sind  keine  Organe,  sondern  nur  die  An- 
lagen zu  solchen.  Hierin  sei  ein  Unterschied  zu  den  gewöhnlichen 
Regeneratiousvorgängen  gegeben,  welcher  eine  besondere  Namengebung 
erfordert.  Roux  spricht  daher  von  „Postgeneration",  er  unter- 
scheidet zwei  Arten  von  Postgenerationen :  im  einen  Fall  kommt  es  zu 
einer  Neubildung  von  Zellmaterial  durch  Proliferation  der  an  den 
Defekt  angrenzenden  Zellen ,  hier  wird  der  Verlust  wie  bei  den 
gewöhnlichen  Regenerationsvorgängen  entwickelter  Tiere  gedeckt;  im 
anderen  Falle  wird  das  vorhandene  Zellmaterial  unmitttelbar  durch 
Umdifferenzierung  verwandt,  so  daß  nicht  nur  die  an  den  Wundrand 
angrenzenden  Zellen,  sondern  auch  weit  davon  entfernte  Zellen  zur 
Bildung  neuer  Teile  verwendet,  also  entsprechend  umdilferenziert  und 
umgeordnet  werden.  Die  letztere  Form  der  Postgeneration  beginnt 
beim  Amphioxus  sehr  früh,  indem  schon  beim  ersten  Teilungsakt  die 
Blastomere  sich  zu  einem  Ganzen  umformt.  Beim  Seeigelei  beginnt 
sie  später  auf  dem  Blastulastadium.  Mit  Recht  hat  Driesch  Roux 
gegenüber  hervorgehoben,  wie  gänzlich  unhaltbar  der  Begriif  „Post- 
generation durch  Umdifferenzierung''  speciell  in  seiner  Anwendung 
auf  die  vorliegenden  Fälle  sei.  Denn  wenn  wir  auch  den  Amphioxus 
außer  acht  lassen,  bei  welchem  der  Begriff  Postgeneration  auch  in  seiner 
dehnbarsten  Fassung  nicht  anwendbar  ist,  so  ist  zu  beachten,  daß 
bei  der  Umgruppierung  der  Halbblastula  eines  Seeigels  zu  einer  Ganz- 
blastula  von  halber  Größe  eine  jede  einzelne  Zelle  die  ihr  durch  den 
Anfangsverlauf   der  Furchung  übertragene  Bedeutun«-  für  die   Organ- 


586  R.  Hertwig, 

bildung  des  zukünftigen  Organismus  verändert;  es  fehlt  der  von  Roux 
der  Theorie  zuliebe  gemachte  Unterschied  zwischen  Altem  und  Neuem, 
zwischen  postgenerierendem  und  i)ostgeneriertem  Material. 

Um  die  Lehre  von  der  Evolution  und  Postgeneration  mit  den 
herrschenden  Anschauungen  über  Vererbung  im  Einklang  zu  bringen, 
ist  Roux  genötigt,  in  jeder  Zelle  zweierlei  „Idioplasma" 
anzunehmen,  ein  H  a  u  p  t  i  d  i  o  p  1  a  s  m  a ,  welches  bei  direkter 
Entwickelung  den  Charakter  der  Zelle  bestimmt  und 
sich  vom  Idioplasma  des  befruchteten  Eies  dadurch 
unterscheidet,  daß  es  nur  bestimmte  Qualitäten  des- 
selben bewahrt  hat,  und  ein  Reser  veidiopla  sma  für  die 
Fälle  der  Postgeneration,  Dieses  Reser v ei diop las ma 
soll  alle  Qualitäten  des  Eiidioplasma  noch  besitzen  und 
die  Zelle  zur  Postgeneration  befähigen;  es  ist  für  gewöhn- 
lich unthätig  und  muß  jedesmal  „aktiviert"  werden.  Momente  zu  einer 
derartigen  Aktivierung  sind:  1)  eingetretene  Defekte,  2)  Störungen 
der  Zellanordnung.  Die  Wirkungsweise  eingetretener  Defekte  haben 
wir  schon  besprochen.  Das  zweite  Moment  (Störung  der  Zellanord- 
nung) kommt  nicht  nur  bei  experimentellen  Veränderungen,  sondern 
auch  im  Laufe  von  normalem  Geschehen  vor.  Die  erste  Furchungs- 
ebene  soll  das  Material  von  linker  und  rechter  Körperhälfte  trennen. 
Der  weitere  Furchungsverlauf  (besonders  die  Bildung  von  Brechungs- 
furchen) bedingt  aber  häufig  Verschiebungen  des  Zellmaterials,  so  daß 
Abkömmlinge  der  rechten  Blastomere  auf  die  linke,  der  linken  auf 
die  rechte  Seite  zu  liegen  kommen.  Diese  verlagerten  Zellen  können 
sich  nicht  durch  Selbstdifferenzierung  entwickeln,  sondern  müssen 
„abhängiger"  Differenzierung  unterliegen.  Ihnen  muß  ein  neuer 
Charakter  durch  Beeinflussung  von  selten  ihrer  Umgebung  unter 
Aktivierung  von  Teilen  des  Reserveidioplasma  aufgeprägt  werden. 

Ungleich  einfacher  und  naturgemäßer  erscheint  die 
einheitliche  Erklärung  der  verschiedenartigen  Ver- 
such s  r  e  s  u  1 1  a  t  e  im  Licht  der  E p i  g e n e s i s t h e o r i e.  Dieselbe 
nimmt  an,  daß  die  Furchungszellen  gleiche  prospektive  Potenz  besitzen 
und  in  ihrem  Charakter  nur  durch  die  relative  Lagerung  im  Ganzen  und 
auf  späteren  Stadien  durch  die  Nachwirkung  vorausgegangener  Lagever- 
schiebungen bestimmt  werden.  Die  Lagerung  im  Ganzen  wird  durch 
den  Verlauf  des  Furchungsprozesses  bedingt,  welcher  seinerseits  wieder 
eine  notwendige  Folge  der  Verteilung  und  Wechselwirkung  von  Kern  und 
Protoplasma  ist.  Eine  auf  dem  Zweizellenstadium  isolierte  Blastomere 
besitzt  zwar  die  Fähigkeit  (das  Idioplasma),  einen  ganzen  Organismus 
aus  sich  heraus  zu  erzeugen  („Totipotenz"),  dagegen  im  Moment  der 
Isolierung  die  Anordnung  der  Zellteile,  welche  nötig  ist,  um  die  für 
die  Hälfte  eines  Organismus  bestimmte  Gruppierung  des  Zellmaterials 
hervorzurufen.  Was  nun  thatsächlich  aus  der  Blastomere  werden 
wird,  hängt  ausschließlich  von  der  Stabilität  des  Zellgefüges 
ab.  Hier  sind  zwei  Extreme  möglich:  1)  Das  Zellgefüge  ist  äußerst 
labil  und  fügt  sich  sofort  den  durch  die  Isolation  gegebenen  neuen 
Raumbedingungen.  Die  Blastomere  gleicht  ihre  Form  zur  Form  der 
Mutterzelle  des  Eies  aus  und  verhält  sich  daher  im  weiteren  Verlauf 
wie  ein  auf  die  Hälfte  verkleinertes  Ei :  Amphioxus.  2)  Das  Zellgefüge 
ist  starr  und  behält  die  durch  die  Anwesenheit  des  Partners  bedingte 
Anordnung  der  Teile  auch  nach  Verlust  desselben  dauernd  bei.  Die 
Zelle   furcht    sich    dann   weiter,   als   ob    der  Partner   noch   vorhanden 


Furchungsprozeß.  587 

wäre,  und  liefert  nur  den  Teil  eines  Organismus:  Ctenophoren.  3)  Da- 
zwischen ergeben  sich  alle  nur  denkbaren  Uebergänge;  ein  solcher 
Uebergang  wird  durch  das  Seeigelei  repiäsentiert.  Ich  habe  absichtlich 
von  starrem  und  labilem  Zellgefüge.  nicht  von  starrer  und  labiler 
Protoplasma-  und  Kernanordnung  gesprochen.  Denn  die  Beständigkeit 
der  Zellstruktur  braucht  nicht  von  den  beiden  genannten  Zellteilen 
abzuhängen.  Es  ist  wohl  zweifellos,  daß  die  Starrheit  des  Ctenophoren- 
eies  von  der  Zähtlüssigkeit  des  Dotters  bestimmt  wird,  also  einem 
Moment,  Avelches  für  den  Charakter  der  Zelle  ganz  nebensächlich  ist, 
äußerst  wichtig  alier  für  ihre  Gestalt  und  dadurch  auch  für  ihre  Ent- 
wickelungsmögiichkeit.  Damit  stimmt  auch,  was  wir  durch  die  Beob- 
achtung über  die  Konsistenz  des  Eidotters  der  Ctenophoren  wissen, 
welche  es  mit  sich  bringt,  daß  die  Anordnung  des  Protoplasma  und  die 
Lage  der  Kernspindel  in  den  Furchungskugeln  durch  Ablösung  derselben 
aus  dem  Zellverband  nicht  abgeändert  wird  (Ziegler  1895).  Ferner 
stimmt  damit,  daß  die  Furchungskugeln  sich  auch  unter  gewöhnlichen 
Verhältnissen  in  ganz  lockerem  Zusammenhange  entwickeln ;  endlich 
stimmt  damit  ein  interessantes,  von  Driesch  und  Morgan  (1895) 
gemachtes  Experiment.  Die  beiden  Forscher  schnitten  aus  befruchteten, 
aber  noch  nicht  geteilten  Eiern  Stücke  heraus  und  ließen  dieselben 
sich  weiter  entwickeln ;  dabei  stellten  sie  fest,  daß  an  den  Larven 
Defekte  auftraten,  ähnlich  denen,  welche  man  durch  Ablösen  einer 
oder  mehrerer  Blastomeren  erzielt.  Bei  diesem  Experiment  bleibt  das 
Protoplasma  der  nicht  verletzten  Seite  in  der  Anordnung  erhalten, 
welche  ihm  von  Hause  aus  zukommt.  Da  diese  Anordnung  im  wesent- 
lichen die  gleiche  ist,  welche  bei  normaler  Entwickelung  des  unver- 
letzten Eies  das  Protoplasma  der  Blastomeren  zeigt  abzüglich  der 
Blastomeren,  welche  dem  erzeugten  Defekt  entsprechen,  so  muß  sich 
das  Ei,  obwohl  es  einen  dem  gesamten  Keim  entsprechenden  Kern 
besitzt,  wie  eine  ^j^,  '/2  oder  '^U  Bildung  entwickeln,  je  nach  der 
Größe  des  ausgeschnittenen  Stückes. 

Die  Beschaffenheit  des  Protoplasmagefüges  wird  nicht  auf  allen 
Stadien  des  Furchungsprozesses  die  gleiche  sein,  sondern  sich  in 
gleichem  Maße  ändern,  als  der  Furchungsprozeß  fortschreitet  (Driesch). 
Je  mehr  Furchungskugeln  gebildet  sind,  um  so  mehr  verschiebt  sich 
das  Mengenverhältnis  des  dichten  Rindenprotoplasmas  zur  weichen 
Marksubstanz,  und  zwar  zu  Ungunsten  der  letzteren.  Daher  ist  von 
vornherein  zu  erwarten,  daß  allmählich  die  Fähigkeit  der  Blastomeren, 
im  isolierten  Zustand  sich  zu  einer  Ganzbildung  umzuformen,  eine 
geringere  werden  wird,  was  mit  den  Erfahrungen  auch  übereinstimmt^ 

Die  Thatsache,  daß  die  Anordnung  des  Dottennaterials  auf  die 
Entwickelung  des  Eies  einen  sehr  bedeutungsvollen  Einfluß  ausübt,  hat 
auch  Roux  nicht  in  Abrede  stellen  kennen.  ,,Die  in  den  letzten  Jahren 
entdeckten  neuen  Thatsachen",  sagt  er  1895  (Nachwort  zu  den  ge- 
sammelten Abhandlungen),  „haben  uns  also  darauf  hingewiesen,  daß  dem 
Dotter  der  ersten  Furchungszellen  ein  wesentlich  größerer  Anteil  an  der 
Bestimmung  mancher  wichtiger  Gestaltverhältnisse  der  Ontogenese  zu- 
kommt, als  wir  früher  anzunehmen  Veranlassung  hatten.''  Daraus  darf 
aber  nicht  gefolgert  werden,  daß  der  Dotter  das  allein  die  Entwickelung 
Bestimmende,  und  zwar  nicht  bloß  das  ,, Auslösende",  sondern  auch  das 
die  „Detailausführung  Bewirkende"  sei.  Roux  ist  daher  nach  wie  vor 
geneigt,  das  Bestimmende  nur  im  Kerne  zu  sehen  und  dem  Protoplasma 
nur   „auslösende"   Bedeutung  zuzuerkennen. 


588  R.  Hertwig, 

Wenn  man  die  Protoplasmastruktur  lieranzieht  um  die  verschiedene 
Umbildungsfähigkeit  isolierter  Blastomeren  zu  Ganz-  oder  Teilbildungen 
zu  erklären,  so  kann  man  an  verschiedenerlei  Verhältnisse  denken.  Im 
Vorhergehenden  habe  ich  nur  gröbere  Protoplasmastrukturen  im  Auge 
gehabt:  Festigkeit  des  protoplasmatischen  Gefüges,  Gruppierung  und 
Zähigkeit  des  Nahrungsdotters  etc.  Eine  ähnliche  Auffassung  hat  offenbar 
BüVEiii  (1901),  wenn  er  die  Furchungsweise  isolierter  Blastomeren  davon 
abhängig  macht,  ob  eine  dem  Zustand  im  ganzen  Ei  entsprechende 
Schichtung  wiederhergestellt  wird  oder  nicht.  Er  geht  aber  einen 
Schritt  weiter  und  hält  es  für  wahrscheinlich,  daß  das  Plasma  der 
Eurchungszellen  allmählich  verschiedene  Potenz  gewinnt,  wodurch  den 
isolierten  Blastomeren  eine  Regulation  zum  Ganzen  entweder  unmöglich 
gemacht  oder  erschwert  wird.  Wenn  bei  den  Ctenophoren  kein  isolierter 
Teil  des  Plasma  das  Ganze  zu  vertreten  vermöge,  so  erblickt  Boveri  (1902) 
den  Grund  hierfür  in  einer  hoch  differenzierten  Eistruktur.  Driesch 
(1899,  1900)  sucht  den  Grund  der  verschiedenen  Regulationsfähigkeit 
der  Blastomereii  in  der  Molekularstruktur :  das  Eiplasma  besitzt  eine 
polar-bilaterale  Orientierung  seiner  Teilchen.  Bleibt  diese  Anordnung 
im  Raum  in  den  Blastomeren  erhalten,  so  furchen  sich  letztere  wie  Teile 
eines  Ganzen.  Umordnung  nach  Art  eines  ungeteilten  Eies  führt  zu 
Ganzfurchung. 

Wir  haben  bei  den  bisherigen  Darstellungen  vorausgesetzt,  daß 
die  zur  isolierten  Aufzucht  verwandten  Blastomeren  vollkommen  von- 
einander getrennt  wurden.  Selbstverständlich  werden  sich  auch  Fälle 
ergeben,  in  denen  der  Zusammenhang  nicht  aufgehoben,  sondern  nur 
■  gelockert  ist.  Dann  können  Zwei-  und  Dreifachbildungen  entstehen, 
deren  Entwickelungsweise  ebenfalls  für  die  Klärung  der  hier  erörterten 
Fragen  manche  Aufschlüsse  geliefert  hat. 

3)  Wir  wenden  uns  zu  einer  dritten  Gruppe  von  Experimenten. 
Bei  denselben  wird  die  Integrität  des  Keimes  gewahrt,  doch  wird  durch 
geschickte  Verwendung  des  Druckes  das  L  a  g  e  v  e  r  h  ä  1 1  n  i  s 
der  B 1  a s  1 0 m  e r  e n  im  Keim  verändert.  Driesch  ^)  preßte  einen 
Seeigelkeim,  so  daß  sämtliche  Blastomeren  auf  dem  8-Zellenstadium  in 
eine  Ebene  zu  liegen  kamen ;  er  trug  Sorge,  daß  sie,  wenn  sie  beim 
Nachlassen  des  Druckes  wieder  sich  in  2  Schichten  übereinander  stellten, 
eine  Rückverlagerung  an  die  den  einzelnen  Blastomeren  zukommende 
Stelle  wenigstens  für  einen  Teil  unterblieb  und  so  für  diesen  Teil  ein 
Austausch  eintrat,  wie  wenn  man  Billardkugeln  durcheinander  schüttelt. 
Gleichwohl  entstand  ein  normaler  Pluteus,  indem,  um  es  allgemein 
auszudrücken,  die  Blastomere  a  mit  der  Stelle  zugleich  auch  die  organ- 
bildende Thätigkeit  von  b  übernahm  u.  s.  w.  Bei  der  Meduse  Aegineta 
flavescens  erzielte  Maas  (1901)  noch  weitergehende  Verlagerungen, 
als  es  Driesch  bei  Seeigeln  geglückt  war.  In  einem  Falle  wurden 
die  Furchungskugeln   auf  dem    12-zelligen  Stadium  zu  einer  einzigen 


1)  Nach  einer  Notiz  BovERi's  (1902,  p.  84  Anni.)  scheint  Driesch  neuerdings 
das  Experiment  wiederholt  und  zu  anderen  Resultaten  gekommen  zu  sein.  Boveri 
selbst  hat  „aus  verlagerten  Blastoraerenbaufen,  falls  die  eingetretenen  Verschieliungen 
nicht,  wie  es  oft  geschieht,  rückgängig  gemacht  wurden,  keine  normalen  Larven, 
sondern  Larven  mit  doppeltem,  ja  selbst  dreifachem  Urdarm,  solche  mit  starken 
Deformationen  und  Skelettmißbildungen  erhalten".  Ungleichwertigkeit  der  Furchungs- 
kugeln im  Seeigelei  kam  auch  darin  zum  Ausdruck,  daß  auimale  (völlig  pigmentlose) 
Fragmente  des  Strongylocentrotuseies  sich  in  keinem  Fall  über  das  Blastulastadium 
hinaus  entwickelten,  während  alle  zur  Kontrolle  gezüchteten  pigmentierten  Fragmente, 
darunter  bedeutend  kleinere,  Plutei  ergaben.  Boveri  schließt  aus  seinen  Versuchen, 
daß  der  Echinideukeim  nichts  weniger  als  ein  äquipotentielles  System  ist. 


Furchungsprozeß.  589 

Reihe  ausgezogen,  schließlich  lieferten  auch  sie  eine  normale  Meduse. 
Bei  den  \'erlagerungsexi)erimcnten  gaben  die  Ctenophoreneier  (Fischel) 
abermals  entgegengesetzte  Resultate.  Wurden  die  Mikromeren,  welche 
bei  normalem  Verlauf  die  Sinneskörper  und  die  Ruderplättchen  liefern, 
verlagert,  so  entstanden  letztere  an  falschen  Stellen,  nämlich  an  den 
Stellen,  nach  denen  ihr  Bildungsmaterial  verschoben  worden  war.  Die 
Sinneskürper  konnten  dabei  verzwei-,  drei-  und  vierfacht  werden,  weil 
das  Material  für  dieselben,  anstatt  sich  zu  einem  einheitlichen  Organ 
zusammenzuschließen,  in  2,  3  oder  4  Teile  auseinandergerissen  wurde. 
Wie  die  Erklärung  dieser  Erscheinungen  im  Licht  der  Epigenesis- 
theorie  und  im  Licht  der  Evolutionstheorie  verschieden  ausfallen  muß, 
bedarf  keiner  Erläuterung;  es  kann  hier  ohne  weiteres  früher  Gesagtes 
sinngemäß  übertragen  w^erden. 

4)  Wie  man  die  Gleichwertigkeit  der  Furchungskugeln  durch 
Trennung  und  gesonderte  Aufzucht  der  Isolationsprodukte  erweisen 
kann,  so  kann  man  auch  den  gleichen  Beweis  führen,  indem  man  den 
umgekehrten  Weg  einschlägt  und  getrennte  Keime  zur  Verschmelzung 
bringt.  Schon  0.  Hertwig  (1892)  hatte  die  ^'ermutung  ausgesprochen: 
es  möchten  zwei  eben  befruchtete  und  aus  ihren  Hüllen  befreite  „Ei- 
zellen, wenn  sie  nach  Art  der  ersten  Furchungshalbkugeln  zusammen- 
gefügt und  mit  einer  gemeinsamen  Hülle  umgeben  w^erden  könnten,  sich 
zu  einem  einfachen  Embryo  entwickeln".  Ganz  in  dieser  Weise  ist  das 
Experiment  noch  nicht  durchgeführt  worden,  aber  in  ähnlicher,  nicht 
minder  bedeutsamer  Weise.  Zur  Strassen  brachte  durch  Kälte- 
wirkung Ascariseier  vor  der  Befruchtung  zur  Verschmelzung.  Wenn 
dieselben  sich  nach  der  Befruchtung  weiter  entwickelten,  lieferten  sie 
jedesmal  ein  einziges  Riesentier.  Driesch  (1900)  erzielte,  unter 
Benutzung  eines  von  Herbst  stammenden  Verfahrens,  Verschmelzung 
von  Seeigelblastulae,  von  denen  eine  jede  sich  aus  einem  normal  be- 
fruchteten Ei  entwickelt  hatte.  Bei  einem  Teil  bildeten  sich  einheitliche 
Riesenlarven  mit  Darmanlagen  von  doppelter  Größe  und  mit  der  dop- 
pelten Zahl  von  Mesenchymzellen,  die  sich  ganz  normal  bis  zum  Pluteus- 
stadium  entwickelten.  Es  ist  klar,  daß  in  diesen  Entwickelungsformen 
die  einzelnen  Zellen  eine  ganz  andere  Verwendung  haben  finden  müssen, 
als  wenn  jede  Blastula  für  sich  eine  Larve  geliefert  haben  würde. 

Die  vorstehenden  Darlegungen  haben  nur  den  Zweck,  den  Leser 
über  die  wichtigen  Fragen,  zu  denen  das  Studium  des  Furchungs- 
prozesses  geführt  hat,  im  allgemeinen  zu  orientiern.  Auf  vielerlei 
Details  w^erden  wir  bei  Besprechung  der  einzelnen  Wirbeltierklassen, 
besonders  der  Amphibien  noch  zurückkommen  müssen.  Zugleich  sollten 
die  Darlegungen  zeigen,  wie  schwierig  es  ist.  bei  den  herrschenden 
Gegensätzen  der  Auffassung  und  der  Komplikation  der  Probleme  jetzt 
schon  eine  feste  Auffassung  durchzuführen.  Immerhin  kann  man  es 
als  sehr  unwahrscheinlich  bezeichnen,  daß  auf  frühen  Furchungsstadien 
„erbungleiche  Kernteilung''  den  Blastomereu  einen  verschiedenen 
Charakter  verleiht.  Es  scheint  die  Struktur  des  gesamten  Zellleibs, 
die  Anordnung  von  Kern,  Plasma  und  Dotter  den  Verlauf  des 
Furchungsprozesses  ausschließlich  zu  bestimmen,  auch  in  den  Fällen, 
in  denen  eine  „determinierte  Furchung"  (Coxklin),  d.  h.  eine  in  be- 
sonders charakteristischen  Zügen  verlaufende  Furchung  vorliegt.  Da 
es  sich  nun  kaum  annehmen  läßt,  daß  auch  die  Gewebszellen  (der 
Bindegewebs-,  Knochen-.  Muskel-,  Nervenkörperchen)  noch  „totipotent" 
sind,  so  müssen  allmählich  die  gleichartigen  Furchungskugeln  in  ver- 
schieden   beschaffene    Organzellen    übergeführt   werden,    etwa   in    der 


590  R.  Hertwig, 

Weise,  wie  Boveri  für  die  Ascariseier  eine  an  den  Kernen  zum 
Ausdruck  kommende  Differenzierung  der  Geschlechts-  und  Soma- 
zellen  nachgewiesen  hat.  Wie  und  wann  diese  Differenzierung  ge- 
schieht, bedarf  der  Untersuchung. 

Litt  erat  vir 

(mit  Ansschlu/s  der  sich  auf  Wirbeltiere  heziehemlen,  am  Sehlufs  t/e.s-  Kapitels  aufgeführten 

Litteratur) . 

Boveri,   Th.      Ueber   die    Polarität    des   Seeigeleies.      Verh.   Phys.-med.    Gesellsch.   Würz- 
hurg.  N.  F.  Bd.  XXXIV.  p.   145  —  176.  1901. 

—  Die  Polarität  von  Ooocyte,  Ei  und  Larve  des  Strongylocentrotus  lividus.    Zool.  Jahrb. 

Bd.  XIV.  p.  630—653.     Mit  S   Tfln.  1901*. 

—  Ueber    mehrpolige   Ilitoscn    als    Mittel    svr   Analyse    des    Zellkerns.      Verh.    Phys.-med. 

Geselhch.    Wärsb^irg.  X.  F.  Bd.  XXXV.  p.  67—90.  1902. 
Chabry,   L.     Contributions  ä  l'embryologie  normale  et  pathologique  des  ascidiens  simples. 

Jou.rn.  Anat.  et  Phys.  1887. 
Coiikfin,     JE,     G. ,     Cleavage    and    Differentiation.       Biological    lectures    dclivered     at 

Woods  IIoll  1SQ6  u.  97.    Boston  1898. 
Crampton,    H.    E,       Experimeiital    stndies    on    Gastrojwd   development.       Arch.    Entw. 

Mech.    Vol.  III.  p.  1—19.    Mit  4   Tfln.     1896. 
Chun,    C.      Die    Dissogonie    eine    neue   Form    der   geschlechtlichen  Zeugung.     Festsch.    f. 

Letickart.  Leipzig  1892. 

—  Bemcrknnqcii    Über    den  Aufsatz    ro7i    Driesch   >i.  Morgan:     Von  der  Entwickelung  etc. 

Arch.  Entw.-Mech.  Bd.  IL  1895. 
Driesch,    H.      Eniwickelungsmechanische    Studien,    erschienen    in    Zeitschr.    wiss.    Zool. 
Bd.  LIII  u.  LV,  Mitteil.  zool.  Stat.  Neajiel.  Bd.  XI.  1892—1895. 

—  Zur    Verlagerung    der  Blastomeren   des  Echinideneies.     Anat.  Anz.  Bd.    VIII.  p.  348 

—S57.  1893. 

■ —    Von    der    Entivickelung    einzelner    Ascidienblastomeren.       Arch.  Entiv.-Mech.    Bd.    I. 
p.  398—418.     3Iit  1   Tfl.  1895. 

—  Zur    Analysis    der   Potenzen    embryonaler  Organzellen.     Ebenda  Bd.  IL  p.   169 — 201. 

1890. 

—  Bemerkungen  zu    den    von  Morgan   und   mir    angestellten    Versuchen    an    Ctenophoren- 

eiern  und  ihre  Kritik.     Zool.   Anz.  Bd.  XLX.   1890'. 

—  Betrachtungen  über  die  Organisation  des  Eies  und  ihre  Genese.    Arch.  Entwick.-Mech. 

Bd.  IV.  p.   75—125.  1896. 

—  Die  Lokali^sation   morphogenetischer   Vorgänge.     Ein  Beiceis   vitalistischen  Geschehens. 

Arch.  Entw.-3Iech.  Bd.    VLLL  p.  35—112.  1899. 

—  Resultate  und  Probleme  der  Entun.ckcliingsj)hysiologie  der   Tiere.     Ergebnisse  Anat.   u. 

Entw.-Gesch.  Bd.    VLLL  1899. 

—  Die    isolierten    Blastomeren    des  Echinidenkeims.      Arch.    Entw.-Mech.    Bd.  X.   p.  361 

—411.  1900. 

—  Studien    über     das    Regulationsvermögen     der    Organismen.      Die     Verschmelzung    der 

Lndividualifät  bei  Echinidenkeimen.     Ebenda  Bd.  X.  p.  4II — 435.  1900. 
Driesch  und  Morgan,   Zur  Analysis  der  ersten  Entwickelungsstadien  des  Ctenophoren- 

eies.     Arch.  Entw.-Mech.  Bd.  IL  1895. 
Fischet,    A.      E.rperitnentelle     Untersuchungen    am    Ctenophorenei.      Arch.    Entir.-  Mech. 

Bd.    VI  u.    VII.  1897,  1898. 
Gold  Schmidt,   H.,    Untersuchungen  aber  die  Eireifung,  Befruchtung  und  Zellteilung  bei 

Polystomum  integerrimum.     Zeitschr.  wiss.  Zool.  Bd.  LXXL.  p.  397 — 444-  1902. 
Herbst,    C.      Ueber    das    Auseinandergehen   von   Fiirrhungs-    und  Getvebszellen    in    kalk- 

freievi  Medium.     Arch.  Entw.-Mech.  Bd.  IX.  1900. 
Hertwig,    O.      Welchen  Einßu/s  übt  die  Schwerkraft  auf  die   Teilung  der  Zellen  f    Jena 

188~t  (auch  Jenaische  Zeitschr,  Naturw.  Bd.  XVIII.  p.  175—206). 

—  Das  Problem  der  Befruchtung  und  der  Isotropie  des  Eies.     Ebenda.  Bd.  XVIII. 

—  Aeltere  tind  neuere  Entwickelungstheorien.     Berlin  1892. 

—  Urmund  und,  Spina  bifida.     Arch.  mikrosk.  Anat.   Bd.  XXXIX  p.  353 — 503.  1892'*. 

—  Zeit-  imd  Streitfragen   der  Biologie.     Jena   1897. 

—  Die  Zelle  und  die   Gewebe.  Bd.  IL  1898. 

Heider,  C,  Ueber  die  Bedeutung  der  Furchung  gepreßter  Eier.  Arch.  Entw.-Mech. 
Bd.    V.  1897. 

—  Das  Determinations-Problem.     Verhandl.  Deutsch,  zool.  Ges.   Bd.  XL  p.  45 — 97.  1900. 

His,  W.  Das  Prinzip  der  organbildenden  Keimhezirke  und  die  Verwandtschaft  der  Ge- 
webe. Historisch-kritische  Bemerkunge^i.  Arch.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abteil,  p.  307 
—338.     Jahrg.  1901. 


Fuichungsprozeß.  591 

Korscheit  »nd  Heidev,  Lehrbuch  der  vergleichenden  Enttoickelu.vgxgeschichtc  der 
icirbelloseu  Tiere.  Allgemeiner  Teil.  Lief.  I.  Jena  1902.  (Giebt  eine  ausgezeichnete 
und  sehr  vollständige   Uebersicht  der  das  Furchungsproblem  behandelnden  Arbeiten). 

Maas,  O.  E.rperimentelle  Untersiichiingen  über  Eifurchung.  Sitzungsber.  Ges.  3Iorph. 
Phys.  München.  Bd.  XVIT.  p.  14—S4.  1901. 

Morgan,   T.  H.     Experimental  studies  on  Echinoderm  eggs.    Anat.  Am.  Bd.  IX.  1894. 

—  Studies  on    fhe  partial  Larvae  of  Sphaerechinus.      Arch.  Entw.-Mech.    Bd.  II.    1895. 
Rabl,    C,   Homologie  und  Eigenart.      Verhandl.   Deutsch,  path.   Ges.   Bd.  II.  1899. 
Roujc,     W.      lieber  die    Selbstordiiung  (Ci/totaxis)  sich    berührender    Furrhungszellen    des 

Froscheies    durch  Zellenzusammenfüguiig,    Zellentrennung   und    Zellengleiten.      Arch. 
Entw.-Mech.  Bd.  III.  p.  381—468.  1896. 

—  lieber  die  Bedeutung  „geringer"  Verschiedenheiten  der  relativen   Grö/se  der  Furchungs- 

zellen  für   den  Charakter   des  Furchungsschemas  nebst  Erörterung   über  die  nächsten 

Ursachen  der  Anordnung  und  Gestalt  der  ersten  Furchungszellen.     Ebenda  Bd.  IV. 

p.  1—75.  1897. 
zur  Strasseti.     lieber  die  Riesenbildung  bei  Ascaris-Eiern.    Arch.  Entiv .-3Iech.  Bd.    VII. 

1898. 
Wilson,   E.   B.     On  clearage  and  mosaik  work.     Arch.  Entw.-Mech.  Bd.  III.  p.  19 — 26. 

1897. 

—  The  cell  in  developrnent  and  inheritance.     II.  Edition.  1900. 

Zoja,  lt.  Stdlo  sviluppo  dei  blastomeri  isolati  delle  uova  di  alcune  Meduse  e  di  altri 
organismi.     Arch.  Entxr.-Mech.    Bd.  I.  p.  578—596,    mit  3  Tfln.   und  Bd.  II.  1893. 

Ziegler,  H.  E.  lieber  Furchung  unter  Pressung.  Verh.  Anat.  Gesell.  Vers.  Strafsbanj. 
p.  132—156.  1894. 

—  Experimentelle    Studien    über    die    Zellteilung.     III.    Die    Furchungszellen   von    Beroi' 

orata.     Arch.  Entw.-Mech.  Bd.   VII.  p.  S4—64.     3Iit  2  Tfln.  1898. 


I.    Acraiiier. 

Vom  Fiirchiiussprozeß  des  Ämphioxus  hatte  zuerst  Hatschek 
(A.  L.  III,  1,  1881)  eine  eingehendere  Schilderung  gegeben.  Derselben 
zufolge  sollte  das  Ei  durch  2  aufeinander  folgende  und  zueinander 
senkrecht  stehende  meridionale  Furchen  in  4  vollkommen  gleiche 
Stücke  zerlegt  werden;  durch  die  dritte  „äquatoriale'',  thatsächlich  aber 
ein  wenig  aus  dem  Aequator  heraus  nach  dem  animalen  Pol  ver- 
schobene Furchungsebene  sollten  4  etwas  kleinere  Zellen  am  ani- 
malen Pol.  4  etwas  größere  am  vegetativen  Pol  entstehen.  Indem 
die  vorhandenen  8  Zellen  noch  einmal  durch  meridionale,  die  so  ge- 
bildeten 16  Zellen  dann  durch  latitudinale  (dem  Aequator  parallele) 
Furchen  geteilt  werden,  entstehen  4  Kreise  von  je  8  regelmäßig  über- 
einander gestellten  Furchungskugeln,  von  denen  die  8  am  vegetativen 
Pol  gelagerten  sich  von  den  übrigen  durch  besondere  Größe  aus- 
zeichnen und  daher  Makromeren  heißen :  sie  zeigen  auch  noch  die 
Besonderheit,  daß  sie  die  folgende  Teilung,  welche  dem  regelmäßigen 
Pthythmus  entsprechend  abermals  eine  meridionale  ist.  nicht  mitmachen, 
so  daß  der  Keim  aus  3  Kreisen  von  16  Mikromeren  und  einem  Kreis 
von  8  Makromeren  besteht.  Wohl  aber  schnüren  sie  durch  latitudinale 
Furchung  8  weitere  Mikromeren  ab,  die  bald  durch  meridionale  Teilung 
in  16  zerlegt  werden.  Daher  man  jetzt  4  Kreise  von  16  Mikromeren  und 
einen  Kreis  von  8  Makromeren  beobachtet.  Man  kann  nun  noch  eine  Ver- 
mehrung der  Furchungskugeln  durch  meridionale  Furchen  (jeder  Kreis 
von  16  Zellen  zerfällt  in  32)  und  latitudinale  Furchen  (Steigerung  der 
Zahl  der  Zellkränze  auf  10)  feststellen,  aber  mit  abnehmender  Deutlich- 
keit, indem  die  Zellen  sich  verschieben  und  ihre  regelmäßige  Anordnung 
verwischen.  Dabei  bleibt  die  Achtzahl  der  Makromeren,  welche  somit 
die  meridionalen  Teilungen  auch  weiterhin  nicht  mehr  mitmachen,  am 
vegetativen  Pol  erhalten.  Man  kann  sie  noch  erkennen,  wenn  im 
übrigen  Keim  die  Anordnung  in  regelmäßigen  Kreisen  geschwunden  ist. 


592 


R.  Hertwig, 


Nach  Hatschek  wäre  somit  der  Keim  während  der  Furchung 
radialsym  m  e  trisch,  insofern  nur  eine  Achse  (die  Verbindungs- 
linie zwischen  animalem  und  vegetativem  Pol)  differenziert  wäre.  Diese 
Angabe  wird  neuerdings  bestritten.  Nach  Wilson  (1893),  der  die 
Eifurchung  des  Amphioxus  zum  Gegenstand  einer  besonderen  Unter- 
suchung gemacht  hat,  verläuft  der  Vorgang  überhaupt  nicht  bei  allen 
Eiern  in  der  gleichen  Weise.  Es  lassen  sich  drei  in  der  Natur  freilich 
durch   vielerlei  Uebergänge   vermittelte  Modifikationen   unterscheiden: 


II 


III 


IV 


VII 


9r'M 


IX 


X 


XT 


XII 


yy'  -    >. 


Fig.  201.  Eifurchung  von  Amphioxus  (nach  WiLSOX,  XI  und  XII  nach  Hat- 
schek). 1 — III  radialer  TVi^us,  IV  spiraler  Typus,  V— VIII  bilateralsymmetrischer 
Typus.  I,  III,  IV,  VII  vom  oberen,  V,  VI,  VIII,  IX  vom  unteren  Pol  gesehen, 
li,  X,  XI,  XII  in  seitUcher  Ansicht.     Vergr.  180 : 1. 


1)  der  radialsymmetrische  Typus,  welchen  Hatschek  allein 
beschrieben  hat,  2)  der  spirale,  wie  er  bei  wirbellosen  Tieren,  z.  B. 
den  Anneliden,  eine  weite  Verbreitung  besitzt,  3)  der  bilateral- 
symmetrische. Alle  drei  Modifikationen  führen  früher  oder  später 
zu  bilateralsymmetrischer  Anordnung  der  Zellen ,  welche  auf  dem 
Stadium  von  32 — 64  Furchungskugeln  die  allgemein  herrschende  ist, 
auf  noch  weiter  vorgerückten  Stadien  (256 — 512  Kugeln)  dagegen 
einer  unregelmäßigen  Anordnung  Platz  macht.  So  sollen  zur  Zeit 
der  8-Teilung  noch  ^/^^  der  Eier  radialsymmetrisch  sein,  auf  dem 
nächstfolgenden  Stadium  nur  noch  wenige,  und  selbst  bei  diesen  macht 
sich  die  Bilateralität  an  den  8  Makromeren  bemerkbar. 

Was   die   radialsymmetrische   Furchung   anlangt,    so"  be- 
stehen Hatschek's  Angaben  zu  Recht  mit  Ausnahme,  daß  die  4  ersten 


rurcliungsprozeß.  593 

Fiirchungskugeln  nur  selten  alle  gleichmäßig  in  der  Längsachse  des 
Keimes  zusammenstoßen.  Gewöhnlich  treffen  an  den  Polen  nur  2 
einander  opponierte  Blastomeren  zusammen,  so  daß  Brechungsfurchen 
entstehen,  welche  selten  an  beiden  Polen  gleich  gerichtet,  meist  recht- 
winklig gekreuzt  sind. 

Für  die  spirale  Furchung  ist  charakteristisch,  daß  bei  Bil- 
dung der  Aequatorialfurche  die  Kernspindeln  eine  mehr  oder  minder 
ausgesprochene  Schrägstelhing  erhalten.  Kommt  es  dann  zur  Teilung, 
so  sind  die  4  unteren  Zellen  gegen  die  4  oberen  im  Sinne  einer  rechts- 
seitigen Spirale  verschoben.  Die  Meridionalfurchen  der  oberen  Zellen 
bilden  mit  den  entsprechenden  Meridionalfurchen  der  unteren  Zellen 
Abweichungswinkel,  die  bis  zu  45°  betragen  können  (Fig.  201  IV). 

Für  die  Entwickelung  der  bilateralen  Symmetrie  sind  auf 
dem  8-Zellenstadium  die  4  unteren  Zellen  (die  primären  Makromeren) 
bestimmend  (Fig.  201  V).  Zwei  derselben,  selten  alle  4,  können  so 
auseinanderweichen,  daß  die  erste  Meridionalfurche  zu  einem  Spalt 
erweitert  wird,  während  in  der  zweiten  Meridionalfurche  der  Kontakt 
der  Zellen  erhalten  bleibt.  Auf  dem  16-Zellenstadium  gewinnen  dann 
gewöhnlich  sowohl  die  8  unteren  Zellen  (die  Makromeren),  als  auch 
die  8  obei-en  Zellen  (die  Mikromeren)  eine  bilaterale  Anordnung,  weil 
die  Teilfurcheu  die  betreffenden  Mutterzellen  nicht  wie  beim  radialen 
Typus  meridional,  sondern  vertikal  nahezu  oder  vollkommen  parallel 
den  primären  Meridianebenen  durchschneiden.  Da  die  Teilfurchen  für 
die  oberen  Zellen  parallel  der  ersten  Meridianebene  angeordnet  sind, 
bilden  die  8  Mikromeren  zwei  Querreihen  (VII).  Aehnlich  bilden  die 
8  Makromeren  zwei  in  sagittaler  Richtung  gestellte  Reihen  (Fig.  201  VIII). 
Weil  aber  die  sie  erzeugenden  Teilfurchen  nicht  genau  der  zweiten 
Meridianebene  parallel  verlaufen,  sondern  etwas  schräg  gestellt  sind, 
wird  das  Bild  nicht  so  regelmäßig.  Auch  unterscheiden  sich  die  4  dicht 
um  den  Pol  stehenden  Makromeren  (M.  1.  Ordnung)  von  den  4  übrigen 
(M.  2.  Ordnung)  durch  bedeutendere  Größe.  In  manchen  Fällen  kann  die 
bilaterale  Anordnung  der  Makromeren  noch  deutlicher  sich  ausprägen, 
wenn  nämlich  von  den  2  Paar  sekundären  Makromeren  nur  ein  Paar 
an  das  Ende  der  Sagittalachse  zu  liegen  kommt,  das  andere  dagegen 
durch  das  dazwischen  geschobene,  benachbarte  primäre  Makromeren- 
paar  von  der  Medianebene  getrennt  wird  (Fig.  201  VI). 

Für  das  5.,  6.  und  7.  Furchungsstadium  ist  im  allgemeinen  charakte- 
ristisch, daß  die  8  Makromeren  durch  ungleiche  latitudinale  Teilung  — 
gleiche  Teilungen  sind  Ausnahme  —  zu  den  vorhandenen  Mikromeren 
weitere  Mikromerenringe  der  2.,  3.  und  4.  Ordnung  abschnüren,  daß  die 
Mikromeren  sich  durch  abwechselnd  horizontale  und  senkrechte  (meri- 
dionale)  Teilung  vermehren.  Doch  verlieren  schon  um  diese  Zeit  die  Tei- 
lungen ihren  regelmäßigen  Charakter,  sowohl  was  ihre  Anordnung  als 
ihren  zeitlichen  Verlauf  anlangt  (Fig.  201  X).  Die  anfänglich  vorhandene 
Synchronie  der  Teilungen  wird  immer  undeutlicher.  Ab  und  zu  ist 
Synchronie  der  Teilungen  noch  bei  256  Furchungskugeln  erkennbar. 
Dagegen  verwischt  sich  die  regelmäßige  Zellanordnung  der  Mikromeren 
schon  früher,  und  auch  die  der  8  Makromeren  erhält  sich  nur  aus- 
nahmsweise über  das  8.  Furchungsstadium  (256  Zellen,  Fig.  201) 
hinaus. 

Noch  mehr  als  Wilson  weicht  Samassa  (1898)  in  seiner  Schil- 
derung des  Furchungsprozesses  von  Hatschek  ab;  es  soll  zwar  die 
Synchronie  der  Teilungen  bis  in  das  Stadium   von   128  Furchungskugeln 

Handbuch  der  Entwickelangslehre.  I.  38 


594  R.  Hertwig, 

(niemals  aber  über  dieses  Stadium  hinaus)  gewahrt  bleiben,  dagegen  seien 
die  Eiclitungen  der  Teilebenen  außerordentlich  variabel,  so  daß  z.  B.  von 
8  Mikromeren  (Stadium  der  IG  Furchungskugelnj  5  meridional,  3  latitu- 
dinal  geteilt  werden.  Daraus  ergebe  sich  von  selbst  die  Unmöglichkeit, 
daß  die  Zellen  in  der  von  Hatschek  beschriebenen  Weise  sich  in  Kränzen 
übereinander  anordnen.  —  Es  sei  an  dieser  Stelle  noch  einmal  auf  die 
Empfindlichkeit  der  Amphioxus-Eier,  welche  wir  schon  bei  Besprechung  der 
Befruchtung  kennen  gelernt  haben,  aufmerksam  gemacht.  Wir  müssen  daher 
mit  der  Möglichkeit  rechnen,  daß  die  erheblichen  Unterschiede,  welche 
in  der  Darstellung  des  Purchungsverlaufes  zwischen  den  verschiedenen  Au- 
toren bestehen  und  sogar  zwischen  den  Beobachtungsergebnissen  des- 
selben Autors  vorkommen,  durch  verschiedene  Grade  von  Schädigung 
oder  Störung  des  Eimaterials  bedingt  wurden. 

Frühzeitig,  nach  Hatschek  schon  auf  dem  4-Zellenstadium, 
kommt  es  durch  Auseinanderweichen  der  centralen  Zellenden  zu  einer 
Furchungshöhle,  welche  zunächst  an  beiden  Polen  offen  ist,  dann  sich 
am  animalen  Pole  schließt,  während  eine  Oeflfuung  am  vegetativen 
Pole  sehr  lange  bestehen  kann,  manchmal  bis  in  die  Anfänge  der 
Gastrulation,  wo  sie  dann  den  Grund  des  Gastrulasäckchens  einnimmt. 

Exi)erimeiitelle  Untersuchungen.  Die  sich  furchenden  Eier  von 
Amphioxus  wurden  von  Wilson  (1893)  und  Morgan  (1896)  zum  Gegen- 
stand experimenteller  Untersuchungen  gemacht.  Durch  vorsichtiges 
Schütteln  wurden  Furchungskugeln  auf  dem  Stadium  von  2  oder  4  Blasto- 
meren entweder  vollkommen  isoliert  oder  mehr  oder  minder  voneinander 
getrennt,  so  daß  die  Blastomeren  sich  völlig  oder  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  unabhängig  voneinander  entwickeln  konnten.  Sorge  wurde  ge- 
tragen, daß  Furchungskugeln,  die  beim  Isolationsprozeß  verletzt  worden 
waren  und  einen  Teil  ihrer  Substanz  eingebüßt  hatten,  von  der  Beobach- 
tung ausgeschlossen  blieben.  Die  isolierten  Furchungskugeln  teilten  sich 
im  allgemeinen  in  derselben  Weise  wie  befruchtete  ganze  Eier  und  lie- 
ferten Mikroholo  blasten,  Larvenstadien,  welche  wie  normale 
Larven  gebaut  waren,  aber  nur  72  oder  V4  so  groß  waren,  je  nachdem 
der  Isolationsprozeß  auf  dem  Stadium  der  2-  oder4-Teilung  vorgenommen 
worden  war.  Immerhin  kamen  Abweichungen  von  der  normalen  Ent- 
wickelung  vor,  und  zwar  häufiger  bei  '/4  Blastomeren,  als  bei  V2  Blasto- 
meren. So  konnte  die  zweite  Teilung  schon  eine  inäquale  sein  und 
der  Verschluß  der  Furchungshöhle  sich  verzögern.  Die  Zwerglarven 
von  halber  Größe  erreichten  das  Stadium,  auf  dem  die  erste  Kiemen- 
spalte angelegt  wird,  sie  waren,  abgesehen  von  ihrer  Größe,  normal 
gebaut,  nur  in  der  Schwanzregion  etwas  abnorm.  Bei  den  '/d  Zwergen 
war  die  Entwickelung  nur  bis  zur  Gastrula  normal.  Wenn  die  Larven 
bis  zur  Anlage  von  Chorda  und  Neuralrohr,  einmal  sogar  bis  zur 
Bildung  der  ersten  Kiemenspalte  weiterlebten,  waren  sie  abnorm 
(kein  Mund,  kein  After,  abortiver  Enddarm  etc.).  Blieben  vom  Viei'er- 
Stadium  die  Furchungskugeln  paarweise  vereint  (zwei  ^4  Blastomeren), 
so  entwickelten  sie  sich  wie  Furchungskugeln,  die  auf  dem  Zweier- 
Stadium  getrennt  wurden  (V>  Blastomeren).  War  die  Trennung  der 
Furchungskugeln  eine  unvollkommene,  so  entstanden  Zwillings-,  Dril- 
lings- und  Vierlingsbildungen  in  verschiedenen  Graden  der  Trennung, 
die  im  großen  und  ganzen  sich  so  weit  entwickelten  wie  die  in  Größe 
ihnen  entsprechenden  Zwerge.  Die  Körperachsen  der  untereinander  ver- 
wachsenen Zwillinge,  Drillinge  etc.  konnten  miteinander  alle  möglichen 
Winkel  bilden;   ihre  Orientierung   hing   von  der  Lage  ab,    w^elche  die 


F  Lirchungsprozeß. 


595 


isolierten  Furchungskugeln  zu  einander  eingenommen  hatten.  Anderer- 
seits hatte  der  Grad  der  Trennung  der  Furchuugskugeln  Einfluß  auf 
den  Verlauf  der  Furchung.  War  die  Trennung  der  2,  resp.  4  Blasto- 
ansehnliche,  so  furchten  sie  sich  unabhängig  voneinander, 


meren  eine 


wie  völlig  isolierte  Kugeln  ;  war 

so  furchte  sich   eine   oder  auch   alle 


sie 
dagegen 


die  Trennung 
Blastomeren   wie 


e  eine  geringere. 


Halbbildungen. 


C 


Fig.  202.  Vier  Doppelgastrulae  von  AmpMoxus  (A,  B,  C,  D),  entstanden  durch 
Schütteln  des  Eies  auf  dem  Stadium  der  Zweiteilung,  7  Stunden  nach  der  Be- 
fruchtung.   Nach  Wilson. 

m',  w^  Nach  verschiedenen  Eichtungen  orientierter  Urmund  der  zwei  aus  je 
einer  Eihälfte  entstandenen  Gastrulae,  u  Gemeinsamer  Urmund  zweier  Gastrulae. 


Wurden  von  acht  Furchungskugeln  einzelne  isoliert,  so  traten 
neue  Erscheinungen  auf,  wobei  es  ziemlich  gleich  blieb,  ob  die  be- 
treffende Furchungskugel  eine  Makro-  oder  Mikromere  war.  Die 
Teilung  erinnerte  an  die  normale  Eifurchung,  ohne  mit  ihr  jedoch 
völlig  übereinzustimmen.  Stets  war  die  zweite  Furchung  eine  inäquale, 
so  daß  nach  Erledigung  der  dritten  äquatorialen  Furchung  sowohl  die 
4  Mikro-  als  auch  die  Makromeren  untereinander  ungleich  waren. 
Niemals  kam  es  zur  Gastrulation ;  es  entstanden  platte  oder  konkave 
deren  Krümmung  so  stark  sein  konnte,  daß  Blastulae 
Blastoporus  resultierten,  welche  mit  Flimmern  herum- 
Unregelmäßige  Zellenhaufen  und  Zelleuplatteu  endlich 
wenn    auf  dem  Stadium    von    16 


Furchungskugeln 


einige 


Zellscheiben, 

mit  kleinem 

schwammen. 

entstanden, 

der  letzteren  sich  isoliert  entwickelten. 

Ans  allen  diesen  Beobachtungen  ergiebt  sich  nach  Wilson  das  Ge- 
samtbild, daß  die  ersten  Furchungskugeln  des  Amphioxus  noch  äquipotent 
sind  und  bei  ihrer  normalen  Entwickelung  nur  durch  ihr  wechselseitiges 
Lageverhältnis  bestimmt  vs'erden  (abhängige  Differenzierung  0.  Hertwig), 
daß  sich  erst  im  Laufe  des  Furchungsprozesses  eine  Selbstdifferenzierung 
im  Sinne  Roux's  immer  mehr  bemerkbar  macht,  welche  es  verhindert, 
daß  auch  auf  späteren  Stadien  eine  isolierte  Furchungskugel  eine  voll- 
kommene Larve  erzeugt.  Die  Selbstdifferenzierung  ist  auf  dem  Stadium 
der  8  Furchungskugeln  deutlich  ausgesprochen,  kann  aber  schon  auf  dem 
vorangegangenen  Stadium  angedeutet  sein.     Wilson  sucht  somit  das  ver- 

38* 


596 


,  R.  Hertwig, 


schiedene  Verhalten  jüngerer  und  älterer  Blastomeren  aus  verschiedenen 
Graden  idioplasmatischer  Differenzierung  zu  erklären.  Dazu  liegt  kein 
Grund  vor.  Wenn  Blastomeren  des  8-  und  16-zelligen  Stadiums  sich 
nicht  zu  einer  Ganzbildung  umregulieren  können,  so  erklärt  sich  das 
hinreichend   aus  der  größeren  Starrheit  ihres  Zellgefüges  (vergl.  p.  587).. 

II.  Cyclostomeii. 

a)  Hyperoartien  (Petromyzonten). 

Vom  Furchungsprozeß  der  Neunaugen  hat  Max  Schultze 
(A.  L.  III,  2,  1856)  die  erste  genaue  Schilderung  gegeben,  welche  in 
ihren  Grundzügen  auch  jetzt  noch  Geltung  besitzt.  Die  erste  Furche 
ist  meridional,  beginnt  am  weißlichen  animalen  Pol,  ungefähr  6  Stunden 
nach  der  Besamung  der  Eier,  und  schneidet  langsam  nach  dem  Gegen- 
pol durch.  Die  zunächst  sich  kugelig  abrundenden  Blastomeren  fügen 
sich  nach  einiger  Zeit  wieder  zusammen  und  platten  sich  gegenseitig 
ab.  Dann  tritt  8M2  Stunden  nach  der  Besamung  die  zweite,  ebenfalls 
meridionale,  zur  ersten  senkrecht  stehende  Furche  auf,  deren  Beginn 
und  Verlauf  die  Verhältnisse  der  ersten  wiederholt.  Nach  Kupffer 
(A.  L.  III,  2,  1890)  bilden  sowohl  bei  der  ersten  wie  bei  der  zweiten 


II 


ni 


III 


Fig.  203.    Furchung  des  Neunaugeneies,  Petromyson  Planeri  (nach  M.  feCHULTZE). 
I,  II,  IV  Eier  in  schiefer  Stellung;    III  Ansicht  vom  animalen  Pol.     Vergr.  22  :  1. 


meridionalen   Furchung 


die    oberen    Enden 


vorübergehend 


konische, 
später  wieder  verstreichende  Höcker ,  in  welche  das  bei  der  Be- 
fruchtung in  die  Tiefe  verlagerte  Polplasma  samt  den  eingeschlossenen 
Kernen  eintritt,  eine  lichte  Stelle  verursachend,  die  bei  der  Abflachung 
der  Kegel  sich  wieder  in  die  Tiefe  zurückzieht.  Die  meisten  Forscher 
(Kupffer,  Shipley  [A.  L.  III,  2,  1887],  Owsjannikow,  Nuel 
[A.  L.  III,  2,  1881J,  Mc  Clure  [1893])  stimmen  den  Angaben 
Max  Schultze's  bei,  daß  die  4  ersten  Furchungskugeln  von  gleicher 
Größe  sind  oder  nur  geringfügige  Unterschiede  zeigen. 

Nur  Eycleshymer  (1895)  und  Calbbrla  (1877)  berichten  von  er- 
heblichen Abweichungen.  Nach  ersterem  sollen  schon  die  beiden  ersten 
Furchungskugeln  ab  und  zu  ungleich  groß  sein,  noch  häufiger  soll  ungleiche 
Größe  der  Furchungskugeln  im  Gefolge  der  zweiten  Furchung  auftreten. 
Bei  letzterer  soll  es  sogar  vorkommen,  daß  nur  die  eine  der  beiden 
Blastomeren  meridional,  die  andere  äquatorial  geteilt  werde.  Calberla 
läßt  das  Petromyzonei  bei  der  ersten  Teilung  in  eine  kleine  animale  und 
eine  große  vegetative  Blastomere  zerlegt  werden  und  deutet  demgemäß  die 
erste  Furche  als  Aequatorialfurche.  Es  kann  wohl  keinem  Zweifel  unter- 
liegen,   daß    den    abweichenden  Angaben    der  genannten  beiden  Forscher 


Furchungsprozeß. 


597 


geschädigtes 


Eimaterial 
Abweichuuo-en    von   der 


zu  Grniide  gelegen  hat,  und  daß  der  Grad  der 
oben  geschilderten  Norm  nur  einen  Maßstab  für 
die  Schädigung  abgiebt,  welche  die  Eier  erfahren  haben.  Scott 
(A.  L.  III,  2,  1882),  welcher  Gelegenheit  hatte,  das  Material  Calberla's 
nachzuuntersuchen ,  fand  als  Regel  den  von  Schultze  beschriebenen 
Furchungsmodus,  daneben  inäquale  Zwei-  und  Dreiteilungen.  Im  fol- 
genden werden  daher  die  Angaben  Calberla's  und  Eycleshvmer's  keine 
weitere  Berücksichtigung  finden. 

Den  beiden  meridionalen  Furchen  folgt  nach  M.  Schultze  als 
dritte  die  „äquatoriale"  Furche,  welche  infolge  des  Dotterreich- 
tums der  vegetativen  Eihälfte  bei  Neunaugen  stark  nach  dem  animalen 
Pole  verschoben  ist.  Es  unterscheiden  sich  nun  die  4  Zellen  des 
animalen  Poles  von  denen  des  vegetativen  durch  geringere  Größe, 
ferner  durch  lichtere  milchige  Färbung  und  im  weiteren  Verlauf 
durch  raschere  Teilung.  Die  4  lichter  gefärbten  Zellen  Averden 
durch  eine  latitudinale  Furche  in  8  Zellen  geteilt,  und  diese  8  Zellen 


geteilt, 

beginnen  schon  durch  meridionale  Furchen  in  16  zu  zerfallen,  ehe  an 
den  4  großen  Zellen  der  unteren  dunkleren  Sphäre  eine  latitudinale 
Furche  auftritt. 

Der  von  M.  Schultze  geschilderte  Verlauf  der  dritten,  vierten 
und  fünften  Furchungsperiode  scheint  nun  öfters  je  nach  den  einzelnen 
Arten,  vielleicht  sogar  nach  lokalen  Varietäten,  vielleicht  auch  unter  dem 
Einfluß  bestimmter  Existenzbedingungen  abzuändern.  Nach  Shipley 
folgt  auf  die  äquatoriale  Furchung  nicht  eine  latitudinale  der  oberen 
Blastomeren,  sondern  eine  Periode  meridionaler  Furchen,  die  zuerst 
die  oberen,  dann  erheblich  später  die  unteren  Blastomeren  in  8  teilen, 


** 


Fig.  204.     Drei  Furchungsstadien  voq  Petroiuyzon  marinus  (nach  Mc  Clure). 
Die  Zahlen  bezeichnen  die  Reihenfolge  der  Furchen. 


ehe  latitudinale  Furchen  am  oberen  und  unteren  Zellkranz  auftreten. 
KuPFFER  fand  beiderlei  Arten  der  Furchung  bei  demselben  Material, 
zugleich  aber  auch  Unregelmäßigkeiten  insofern,  als  manche  Furchen 
sich  unvollkommen  entwickelten,  d.  h.  an  einigen  Blastomeren  auf- 
traten, an  anderen  nicht.  Noch  erheblichere  Verschiebungen  im  zeit- 
lichen Auftreten  der  Furchen  sind  nach  Mc  Clure  (1893)  für  die  Eier 
von  P.  marinus  charakteristisch  (Fig.  204).  Hier  folgen  unmittelbar  auf 
die  2  ersten  meridionalen  Furchen  2  weitere  meridionale,  welche 
allerdings  sehr  langsam  gegen  den  vegetativen  Pol  vordringen,  so 
daß,  noch  ehe  sie  denselben  erreichen,  schon  die  verspätete  äquatoriale 
Furchung  aufgetreten  ist  und  den  oberen  und  unteren  Zellenkranz 
gesondert  hat.  Beachtenswert  ist.  daß  die  äquatoriale  Furche  mehr 
als  bei  anderen  Petromyzonten  nach  dem  animalen  Pol  verschoben  ist, 


598  R.  Hertwig, 

was  auf  größeren  Dotterreichtum  deutet.  Es  wäre  ganz  gut  denkbar, 
daß  dieser  größere  Dotterreichtuni  die  zeitliche  Verschiebung  im 
Rhythmus  der  Furchen  bedingt  hat.  Desgleichen  ist  er  wohl  Ursache 
zu  einer  weiteren  Moditikation,  daß  nämlich  öfters  die  dritten  Furchen 
nicht  durch  die  Pole  verlaufen,  sondern  Vertikalfurchen  werden,  welche 
nahezu  senkrecht  zur  zweiten  Furchungsebene  einfallen  und  demgemäß 
der  ersten  Furchungsebene  fast  parallel  gestellt  sind. 

Daß  letztere  Art  der  rurchung,  welche  Ungleichheit  der  Blastomeren 
bedingt,  besonders  häutig  bei  Eiern,  die  bei  niederer  Temperatur  kul- 
tiviert werden,  auftritt,  ist  eine  interessante  Erläuterung  zu  den  Aus- 
einandersetzungen, welche  im  allgemeinen  Teil  über  den  Einfluß  der 
Temperatur  auf  den  Verlauf  der  Furchung  gemacht  wurden.  Am  Schluß 
der  zweiten  Meridionalteilung  haben  wir  die  Kerne  in  der  Nachbarschaft 
der  zweiten  Furche  zu  erwarten.  Soll  die  dritte  Teilung  abermals 
meridional  verlaufen,  so  muß  der  Kern  sich  zunächst  in  die  Mitte 
zwischen  erster  und  zweiter  Meridionalfarche  einstellen,  d.  h.  er  muß 
seinen  Platz  ändern  und  sich  in  der  Richtung  der  ersten  Meridional- 
furche  verschieben.  Ist  die  Thätigkeit  des  Protoplasma  herabgesetzt  und 
die  EinsteUung  des  Kernes  dadurch  behindert,  so  tritt  die  Kernteilung- 
früher  ein,  als  die  Einstellung  beendet  ist.  Die  Konsequenz  muß  dann 
notgedrungen  das  Auftreten  von  Vertikalfurchen  sein,  bei  welchen  die 
an  die  erste  Meridionalfurche  grenzenden  Blastomeren  größer  sind  als 
ihre  Schwesterzellen. 

Nach  Ablauf  der  vierten  Furchungsperiode  wird  die  Teilung  eine 
unregelmäßigere,  wenn  auch  im  allgemeinen  nach  wie  vor  latitudinale 
und  meridionale  Furchen  miteinander  alteruieren.  Dabei  ist  die 
Teiluugsenergie  im  oberen  Eiabschnitt  so  viel  größer  als  im  unteren, 
daß  ersterer  schon  64  Zellen  zählt,  wenn  letzterer  nur  16  enthält 
(M.  ScHULTZE).  Auch  treten  jetzt  tangentiale  Teilungen  ein,  d.  h. 
Teilungen  mit  radial  gestellten  Spindeln,  bei  denen  jede  Furchungs- 
kugel  in  einen  centralen  und  einen  peripheren  Abschnitt  zerfällt 
(Kupffer).  Frühzeitig  entwickelt  sich  eine  Furchungshöhle,  die  ober- 
halb des  Aequators  zwischen  dem  kleinzelligen  und  dem  großzelligen 
Abschnitt  des  Furchungsmaterials  liegt.  Beide  Abschnitte  sind  in- 
folge der  Tangentialteilungen  bis  zur  Zeit  der  Gastrulatiou  aus 
mehreren  Schichten  zusammengesetzt;  nur  Calberla  und  Shipley 
geben  an,  daß  das  kleinzellige  Material  sich  frühzeitig  zu  einer 
Zellenlage  gruppiere,  während  alle  übrigen  Beobachter  von  3  Lagen 
sprechen.  Innerhalb  des  großzelligen  Materials  beschreibt  Calberla 
große,  central  gelegene  Dotterzellen,  welche  später  nicht  zum  Aufbau 
von  Organen  direkt  verwendet,  sondern  resorbiert  werden  sollen,  eine 
Beobachtung,  welche  von  keinem  anderen  Autor  bestätigt  worden  ist 
und  abermals  dafür  spricht,  das  Calberla  mit  pathologischem  Material 
gearbeitet  hat.  Schließlich  bezieht  sich  noch  ein  Ditferenzpunkt  auf 
die  späteren  Stadien  der  Blastula,  die  zur  Gastrulation  überleiten. 
Nach  Max  Schultze,  dem  die  meisten  späteren  Forscher  sich  an- 
geschlossen haben,  soll  das  durch  weißliche  Färbung  ausgezeichnete 
kleinzellige  Material  allmählich  das  großzellige  gelbe  umwachsen. 
Diese  Epibolie  soll  in  einem  bestimmten  Meridian,  der  späteren,  jetzt 
zum  erstenmal  erkennbar  werdenden  Sagittalebene,  an  einem  (dem 
vorderen)  Ende  rascher  sich  vollziehen  als  am  anderen.    Dabei  sollen 


Furcliuügsprozeß.  599 

die  Zellen    sich   dichter   zusammenfügen   und   eine   epitheliale  Anord- 
nung gewinnen.    Kupffer  stellt  jede  Epibolie  in  Abrede;    es  handle 
sich  nur  um  die  Umordnung  der 
oberflächlichsten       Zelllage      zu  ^--'~~^^ 

einem  Cylinderepithel.    Die  Um-         /^  ^\ 

Ordnung  soll    nicht  am  aninialen       / 
Pol,    sondern    im   Aequator   des      /      .  .^    j 

Eies   auf  einer  Seite,    die  später      l    ^-'      ..^K'  / 
zum  Rücken  wird,  beginnen.  \  ^^m  / 

Fig.  205.     Umwachsen    der   großen 
Dotterzellen  durch  die  kleinen  animalen  Zellen  beim  Neunauge  (nach  M.  Schultze). 
Vergr.  22  :  1. 

Kxi)erimeiitelle  Untersuchungen.  Wie  schon  seit  längerer  Zeit 
die  Eier  der  Amphibien,  so  sind  auch  neuerdings  die  Eier  der  Neun- 
augen zu  experimentellen  Untersuchungen  verwandt  worden.  Bataillon 
(1901)  übertrug  Eier  von  P.  fluviatilis  auf  dem  Stadium  der  Vier- 
teilung für  Stunden  teils  in  1-proz.  Kochsalzlösung,  teils  in  10-proz. 
Zuckerlösung.  Der  Furchungsprozeß  wurde  so  zum  Stillstand  ge- 
bracht, wahrscheinlich  durch  den  Wasser  entziehenden  Einfluß  der 
angewandten  Lösungen ;  er  begann  von  neuem,  als  die  Eier  ins  Wasser 
wieder  zurückgelangten,  oft  dann  ganz  unregelmäßig.  Gewisse  Eier, 
an  w'elchen  die  erste  Meridionalfurche  besonders  stark  ausgeprägt, 
die  zweite  dagegen  verwischt  war,  entwickelten  sich  zu  Mehrfachbil- 
dungen, manchmal  zu  2  gut  ausgebildeten  Tieren,  öfters  auch  zu  3  Larven, 
von  denen  dann  eine  kräftig  war,  die  2  anderen  in  der  Entwickelung 
zurückgeblieben.  Hatte  sich  das  Ei  bei  der  ersten  Furche  in  zwei 
gleich  große  Stücke  geteilt,  so  waren  auch  die  zum  Vorschein 
kommenden  beiden  Larven  von  gleicher  Größe.  Dagegen  war  eine 
Larve  kleiner,  die  andere  größer,  wenn  das  Ei  sich  in  ungleiche 
Blastomeren  geteilt  hatte.  —  Ein  3  Tage  zuvor  gestrichenes  Neunauge 
lieferte  noch  nachträglich  einen  kleinen  Rest  von  Eiern,  welche  be- 
fruchtet wurden ;  unter  diesen  zeigte  ein  relativ  großer  Prozentsatz 
(40  Proz.)  die  beschriebene  eigentümliche  Beschaffenheit  der  Furchen 
und  entwickelte  sich  demgemäß  auch  zu  Zwillingen.  Bataillon  ver- 
mutet, daß  das  längere  Verweilen  in  dem  salzreichen  Ovar  Ursache 
der  Mißbildung  gewesen  sei. 

b)  Hyperotreten  (Myxinoiden). 
Die  außerordentliche  Größe  der  Eier  sämtlicher  bekannter  Myxi- 
noiden machte  es  von  jeher  wahrscheinlich,  daß  eine  diskoidale  P\irchung 
hier  vorhanden  sein  müsse.  Diese  Ansicht  hat  denn  auch  durch  die 
Untersuchungen  Bashford  Dean's  (A.  L.  III,  2,  1899)  an  Bdellostoma 
Stouti  volle  Bestätigung  erfahren.  An  den  ca.  22  mm  langen  und  ca. 
8  mm  breiten  Eiern  dieses  Tieres  ist  die  Keim  Scheibe  ein  kegel- 
förmiger Aufsatz  am  Mikropylpol  des  Eies;  sie  ragt  in  eine  kleine, 
dicht  unter  der  Mikropyle  gelegene  Ausbuchtung  des  Schalenraumes 
hinein  und  ist  lange  Zeit  allein  Sitz  des  Furchungsprozesses,  welcher 
sich  von  hier  aus  erst  ganz  allmählich  nach  dem  entgegengesetzten 
Elende  ausbreitet,  das  Blastoderm  erzeugend.  Die  ersten  2  Furchen 
sind  meridional  und  kreuzen  sich  in  der  Weise,  daß  eine  Brechuugs- 
furche  entsteht,  sie  verflachen  sich  nach  der  Peripherie.    Die  nächsten 


600 


R.  Hertwig, 


Furchen  sind,  wie  es  scheint,  Vertikalfurchen. 
P'iirchungsprozeß   einen  unregelmäßigen  Charakter 
mit  Rücksicht  auf  die  spärlichen,  zur  Zeit 
einer  Schilderung  Abstand  genommen  werden  kann 


Frühzeitig 
an,   so 


vorliegenden 


nimmt  der 
daß,    zumal 
von 


Angaben 


Drei  Furchungsstadien  von  Bdellostoma  Stoutl  nach  Bashford  DEAif. 


III.  Amphibien. 

Die  Amphibien  sind  diejenige  Abteilung  des  Tierreichs,  bei  welcher 
zum  erstenmal  der  Furchungsprozeß  des  Eies  beobachtet  Avurde  (durch 
Prevost  und  Dumas).  Auch  in  späterer  Zeit,  bis  in  die  letzten 
Jahre  hinein,  hat  sich  das  Amphibienei  als  Lieblingsobjekt  der  Forscher 
behauptet,  als  es  galt,  prinzipielle  Fragen  zum  Austrag  zu  bringen,  wie 
die  Frage  nach  der  histologischen  Beurteilung  der  Eifurchung,  ob  sie 
als  Zellteilung  aufzufassen  sei  oder  nicht,  weiter  die  Frage  nach  der 
morphologischen  Bedeutung  der  einzelnen  Furchen  und  nach  ihrem 
Verhältnis  zur  Organbildung,  Fragen,  deren  Lösung  zum  Teil  auf 
dem  Wege  des  Experiments,  zum  Teil  durch  intensive  Beobachtung 
angebahnt  wurde.  So  ist  es  gekommen,  daß  wir  bis  in  geringfügig 
erscheinende  Einzelheiten  hinein  eine  genaue  Kenntnis  der  Vorgänge 
gewonnen  haben,  wie  an  wenig  anderen  Objekten. 

Macht  schon  das  Gesagte  eine  etwas  eingehendere  Behandlung 
notwendig,  so  emptiehlt  sich  dieselbe  noch  aus  einem  weiteren  Gesichts- 
punkte. Die  Amphibien  haben  — ■  wahrscheinlich  mit  Ausnahme  der 
Gymnophionen  —  noch  holoblastische  Eier,  aber  Eier  von  großem 
Dotterreichtum.  Derselbe  erreicht  in  den  einzelnen  Abteilungen  ver- 
schiedene Grade.  Am  wenigsten  mit  Dotter  beladen  sind  die  Eier 
unserer  einheimischen  und  wohl  auch  der  meisten  außereuropäischen 
Anuren.  Ihnen  reihen  sich  am  nächsten  an  die  Eier  der  Wasser  be- 
wohnenden Salamandrinen  (Tritonen),  welche  im  allgemeinen  nicht 
größer  sind  als  die  Anuren-Eier,  gleichwohl  ihnen  an  relativem  Dotter- 
gehalt überlegen  sind,  wie  nicht  nur  die  Vorgänge  bei  der  Befruchtung, 
sondern  auch  bei  der  Teilung  erkennen  lassen.  Erheblich  dotterreicher 
scheinen,  die  Eier  sämtlicher  .PerennibranchicUen  incl.  der  Amhlystomen 
zu  sein.    Leider  ist  zu  bedauern,  daß  wir  abgesehen  vom  Axolotl  über 


die 


Eifurchung 


dieser 


Tiere  nur  spärliche  Kenntnis  besitzen.  Der 
größte  Dotterreichtum  herrscht  endlich  bei  den  lebendig  gebärenden 
Salamandrinen,  unter  denen  S.  atra  ebenfalls  noch  der  Untersuchung 
harrt.  Man  kann  nun  an  den  Amphibien  verfolgen,  wie  der  zunehmende 
Dotterreichtum  immer  mehr  den  Charakter  der  Furchung  verändert, 
bis  schließlich  bei  den  Eiern  von  Salamandra  maculosa,  welche  vorüber- 


Furchungsprozeß.  601 

gehend  für  meroblastisch  gehalten  wurden,  Anklänge  an  die  diskoidale 
Furchung  auftreten.  So  sind  die  Amphibien  für  das  Verständnis  der 
Furchung  meroblastischer  Eier  von  der  größten  Wichtigkeit. 

Unter  den  euroj^äischen  Änuren  nimmt,  was  Eigröße  anlangt,  Älytes 
obstetricans,  die  Geburtshelferki-öte,  eine  Ausnahmestellung  ein.  Wäh- 
rend die  Eier  unserer  Frösche  ungefähr  2  mm  groß  sind,  die  mancher 
Kröten  sogar  noch  ei-heblich  kleiner,  haben  sie  einen  Durchmesser  von 
3 — 5  mm.  Noch  erheblichere  Eigrößen  wurden  in  den  letzten  Jahrzehnten 
von  tropischen  Batrachiern  bekannt.  Gew^öhnlich  handelt  es  sich  hierbei 
um  Formen,  welche  in  der  Eihülle  ihre  Metamorphose  beenden  und  daher 
auf  eine  für  lange  Embryonalentwickelung  berechnete  Masse  von  Xahrungs- 
dotter  angewiesen  sind.  Die  Eier  von  Xenorhina  rostrata  sind  3,5  mm, 
von  Mantopkryne  lateralis  (im  Ovar  gemessen)  4,3 — 5  mm  groß,  GnatJio- 
phryne  rohiista  6,3  mm  breit,  7  mm  lang.  Die  größten  Eier  w^urden  bisher 
von  einigen  Batrachiern  der  Salomousinseln  durch  Boulexger  gemessen ; 
sie  sind  bei  Rana  Opisthodon  6 — 10  mm,  bei  Nototrema  fissipes  nach  Weix- 
LAXD  10  mm,  doch  ist  aus  den  Angaben  nicht  mit  Sicherheit  zu  entnehmen, 
ob  bei  den  Maßen  die  Eihüllen  mit  einbegriffen  sind  fvergl.  auch  p.  541). 

Der  verschiedene  Dottergehalt  erklärt  uns  zahlreiche  Modifikationen, 
die  der  Furchungsprozeß  bei  den  Amphibien,  von  Art  zu  Art  verglichen, 
erfährt;  er  erklärt  sie  aber  nicht  alle;  er  erklärt  z,  B.  nicht,  warum 
bei  einer  und  derselben  Art  der  Furchungsprozeß  so  außerordentlich 
abändert,  so  daß  nicht  nur  die  Angaben  verschiedener  Autoren  für 
dasselbe  Objekt  ganz  verschieden  lauten,  sondern  auch  der  einzelne 
Autor  oft  hat  darauf  verzichten  müssen,  eine  bestimmte  Darstellung 
zu  geben.  Bei  manchen  Arten  verlangt  bei  der  Erklärung  dieser  Er- 
scheinung der  Umstand  Berücksichtigung,  daß  bei  Eiern  derselben  Art 
der  Dottergehalt  und  demgemäß  auch  die  Größe  erheblichen  Schwan- 
kungen unterworfen  ist.  So  wechselt  die  Eigröße  beim  Axolotl  (Fick) 
zwischen  1,5  und  3  mm,  bei  Bufo  lentiginosus  (King)  zwischen  0,6 
und  1,5  mm. 

Bei  anderen  Arten  fehlt  diese  Variabilität  der  Eigröße.  Hier 
kommen  offenbar  die  weiteren  Momente  in  Betracht,  auf  welche  ich 
im  allgemeinen  Teil  schon  hingewiesen  habe:  Einflüsse  der  Tem- 
peratur nicht  nur  auf  die  Beschleunigung,  sondern  auch 
auf  den  Verlauf  der  Teilung  und  verschied  engra  d ige 
Aktivität  des  Protoplasma,  wie  sie  durch  wechselndes 
Alter  d  e  r  E  i  z  e  1 1  e ,  E  i  n  w  i  r  k  u  n  g  g  e  r  i  n  g  f  ü  g  i  g  e  r  S  c  h  ä  d  1  i  c  h  - 
k  e  i  t  e  n  herbeigeführt  wird.  Offenbar  sind  bei  Amphibien  —  und 
dasselbe  gilt  auch  von  den  im  Charakter  des  Furchungsprozesses  den 
Amphibien  sehr  nahestehenden  Ganoiden  und  Dipneusten  —  durch 
den  Dotterreichtum  sehr  labile  Zustände  geschaffen,  so  daß  auf  gering- 
fügige Modifikationen  hin  schon  sehr  erhebliche  Abänderungen  zu  stände 
kommen.  —  Daher  müssen  wir  von  vornherein  darauf  verzichten,  ein 
bestimmtes  Furchungsschema  oder  auch  selbst  mehrere  Schemata  auf- 
zustellen. Wir  können  vielmehr  nur  von  einer  selten  erreichten  idealen 
Grundform  ausgehen,  welche  mit  dem  Wachstum  der  Dottermasse 
immer  seltener  wird  und  bei  den  Endgliedern  der  Reihe  völlig  schwindet. 
Es  braucht  kaum  hervorgehoben  zu  werden,  wie  wenig  diese  Verhält- 
nisse mit  der  Lehre  Roux's  harmonieren,  daß  jede  Teilung  bei  der 
Sonderung  der  Materialien  für  die  verschiedenen  Organe  eine  ganz 
bestimmte  Aufgabe   habe. 


602  R-  Hertwig, 

Der  verschiedene  Dottergehalt  der  Eier  ist  auch  Ursache,  daß  die 
Zeit,  welche  die  einzelnen  Teilungsstadien  in  Anspruch  nehmen,  je  nach 
den  zur  Untersuchung  verwandten  Arten  verschieden  ist.  So  fand 
0.  Hertwig  (1898),  daß  bei  Rana  temporaria  vom  Beginn  der  ersten  zur 
zweiten  Teilung  1  Std.  10  Min.,  von  Anfang  der  zweiten  bis  zum  Anfang 
der  dritten  1  Std.  25  Min.  verflossen,  und  zwar  bei  einer  Temperatur 
von  15 ''  C.  Chiarugi  (1900)  dagegen  bestimmte  für  Salamandrina  per- 
spicillata  bei  gleicher  Temperatur  die  entsjDrechenden  Zeiträume,  den 
ersten  auf  etwas  mehr  als  3  Std.  im  Durchschnitt,  den  zweiten  auf 
2  Std.  30  Min.  Ebenfalls  2  Std.  30  Min.  dauerte  es  von  dem  Beginn 
der  achten  Teilung  bis  zum  Beginn  der  zehnten  Teilung.  Aehnliche 
Unterschiede  zwischen  Änuren  und  Urodelen  fanden  Jokdan  und  Eycles- 
iiYMBR  (1893),  welche  eine  sehr  interessante  Tabelle  über  die  einschlägigen 
Intervalle  für  Bana  und  Bufo  einerseits,  Amblystoma  und  Diemydylus 
andererseits  geben. 

Am  gleichförmigsten  verlialten  sich  beim  Fiirchimgsprozeß  die 
meisten  einheimischen  Aimreii ;  sie  schließen  sich  anfs  engste  den 
Cyclostomen  nnd  ebenso  ancli  den  Acraniern  an.  Als  Beispiele  für 
sie  werden  die  bei  uns  einheimischen  Frösche  Bana  temporaria  (fusca) 
lind  B.  esculenta  gewählt,  von  denen  der  erstere  im  Beginn  des  Früh- 
jahrs (März),  also  bei  sehr  niederer  Temperatur,  der  zweite  gegen 
Ende  des  Frühjahrs  (Mai,  Juni)  laicht. 

Die  Eier  beider  Froscharten  zeigen  nach  Ablauf  der  Befruchtung, 
wie  wir  gesehen  haben  (p. 535),  eine  sehr  charakteristische  sym- 
metrische Pi  gm  ent  Verteilung  ,  nicht  nur  daß  wie  bei  vielen 
anderen  Amphibien  die  nach  oben  gewandte  Seite  pigmentiert,  die 
nach  abwärts  gewandte  Seite  weißlich  ist ;  es  grenzen  sich  auch  die 
beiden  verschiedenfarbigen  Partieen  des  Eies  in  einer  ganz  besonderen, 
eine  frühzeitige  Orientierung  ermöglichenden  Weise  gegeneinander  ab. 
Auf  der  einen  Seite  reicht  die  weißliche  Partie  bis  an  den  Aequator 
{B.  temporaria)  oder  über  ihn  hinaus  (B.  esculenta)  und  kommt  bei 
letzterem  bei  der  Betrachtung  von  oben  zum  Vorschein,  auf  der  ent- 
gegengesetzten Seite  überschreitet  das  Pigment  den  Aequator  nach 
abwärts.  Verbindet  man  den  Mittelpunkt  der  pigmentierten  Seite  und 
den  Mittelpunkt  der  lichten  Seite  durch  eine  gerade  Linie,  so  erhält 
man  eine  durch  das  Centrum  des  Eies  gehende  Gerade,  die  sekundäre 
Eiachse.  Dieselbe  bildet  mit  einer  Linie,  die  man  bei  der  natür- 
lichen Haltung  des  Eies  lotrecht  durch  das  Eicentrum  zieht,  und  die 
wir  die  primäre  Eiachse  oder  die  Furchungsachse  nennen  wollen, 
einen  Winkel  von  ungefähr  45^.  In  einiger  Entfernung  vom  oberen 
Ende  der  Furchungsachse  liegt  die  Fovea  germinativa. 

Die  „erste  m  e  r  i  d  i  o  n  a  1  e"  T  e  i  1  u  n  g  s  f  u  r  c  h  e  beginnt  am 
oberen  Pol  der  Furchungsachse  und  schreitet  langsam  über  die  pig- 
mentierte Hälfte,  noch  langsamer  über  die  lichte  Partie  des  Eies  und 
erreicht  erst  nach  1  ^4  Stunde  den  unteren  Pol.  Da  sie  sich  nur  ganz 
allmählich  vertieft,  kommt  es  erst  spät  zu  einer  völligen  Durch- 
schnürung  zu  einer  Zeit,  in  der  die  zweite  Teilung  schon  beginnt.  Die 
erste  Teilfurche  geht  sowohl  durch  die  Furchungsachse  als  auch  durch  die 
Eiachse  und  teilt  das  Material  nicht  nur  in  gleich  große,  sondern  auch  in 
symmetrische  Stücke,  wie  aus  der  Pigmentverteilung  hervorgeht.  Das 
Pigment  ist  zur  Teilungsebene  symmetrisch  angeordnet,  da  die  Ebene  so- 
wohl durch  den  tiefsten  wie  den  höchsten  Punkt  der  Pigmentgrenze  geht. 
Die  Stelle,  an  welcher  die  Richtungskörperbildung  sich  vollzogen  hat, 
fällt  nicht  in  die  Teilungsebene;  vielmehr  geht  die  Teilungsebene  an  dem 


Furchungsprozeß. 


603 


Richtungsfleck,  dessen  Centrum  der  Punkt  der  Richtungskörperbildung 
ist,  vorbei  oder  schneidet  ihn  excentrisch.  Nach  dem,  was  im  Kapitel 
über  Befruchtung  über  die  Einstellung  der  Eier  gesagt  worden  ist, 
braucht  kaum  besonders  hervorgehoben  zu  werden,  daß  auf  dem  Stadium 
der  Zweiteilung  wie  auf  allen  späteren  Furchungsstadien  die  Eier  eine 
ganz  bestimmte  Orientierung  beibehalten,  mag  man  den  Froschlaich 
drehen  und  wenden,  wie  man  will;  stets  drehen  sich  die  Eier  in  der 
Weise,  daß  die  dunkle  Hemisphäre  nach  aufwärts  schaut. 

Wie  bei  allen  Furchen,  die  das  Froschei  in  größere  Stücke  zer- 
legen, zeigt  auch  die  erste  Meridionalfurche  den  sogenannten  Falten- 
kranz,  eine  Menge  feiner  Fältchen,  die  jederseits  60—100  an  Zahl 
links  und  rechts  von  der  Furche  und  senkrecht  zu  ihr  angeordnet 
sind  und  in  die  Furche  münden,  Sie  sind  beim  Entstehen  der  Furche 
am  deutlichsten  und  schwinden  allmählich,  wenn  sie  tiefer  einschneidet. 
Es  ist  am  wahrscheinlichsten,  daß  der  Faltenkranz  der  Ausdruck  einer 
Kontraktion  des  Protoplasma,  nicht  einer  Faltung  der  Dotterhaut  ist. 

Untersucht  man  das  zweigeteilte  Froschei  in  seiner  natürlichen 
senkrechten  Stellung  erst  von  der  einen,  dann  von  der  anderen  Seite 
des  Furchungsmeridians,  so  ist  die  eine  fast  ganz  dunkel,  wir  wollen 
sie  mit  Rücksicht   auf  die   spätere  Orientierung  des  Embryo   in  Ein- 


la 


Illa 


Ib 


IIb 


Illb 


Fig.  207.  I — III  3  Furchungsstadien  von  Eana  temporaria,  jedes  Ei  einmal 
von  vorn  (a)  und  von  hinten  (b)  gesehen,  um  zu  zeigen,  daß  das  lichtere  Feld  auf 
allen  3  Entwiclrelungsstadien  auf  der  hinteren  Seite  des  Embryo  mehr  Raum  ein- 
nimmt als  auf  der  vorderen.    (Nach  O.  Schultze.) 


klang  mit  den  meisten  neueren  Forschern  (0.  Schultze,  Kopsch)  die 
caudale  (Roux  nennt  sie  umgekehrt  cephale)  nennen ;  die  andere  Seite 
ist  vorwiegend  hell ;  sie  möge  nach  ihrem  weiteren  Schicksal  die 
cephale  (Roux  caudale)  heißen.  Die  eine  Furchungskugel  ist  dann 
die  linke,  die  andere  die  rechte  (Fig.  207  I). 

Wie  bei  der  Befruchtung,  so  treten  auch  wähi-end  der  Teilungen 
Pigmentfiguren  auf,  welche  bei  den  pigmentreichen  Eiern  der  Anuren 
besonders  auffallend  sind  (Van  Bambeke,  1896).    Pigmentierung  begleitet 


604 


R.  Hertwig, 


die  einzelneu  Phasen  der  Karyokinese,  indem  z.  B.  die  Hantelfigui'  des 
Kernes  durch  eine  entsprechende  Anordnung  schwärzlicher  Pigmentkörnchen 
hervorgehoben  wird  (Fig.  208  b).  Eine  zweite  Pigmentfigur  (a)  liegt  zwischen 
Kernspindel  und  Eioberfläche,  sie  stammt  vom  subcorticalen  Pigment  ab 

und    hat    die    Ciestalt  einer    Doppel- 
klammer.    Endlich  sieht  man  bei  jeder 
Teilung     die     Purchungsebene      sich 
frühzeitig  durch    eine    Pigmentplatte 
markieren,  welche  von   dei'  eben  auf- 
tretenden    Oberflächenfurche      durch 
den  Zellkörper  hindurchzieht  und  der 
Zellplatte  der  sich  teilenden  Pflanzen- 
zelle    verglichen     worden     ist.       Die 
Pigmentplatte    spaltet    sich    bei    der 
Teilung    in    ganzer     Länge ,     worauf 
die  Furche  durchschneidet.     Es  liegt 
nahe,  die  Pigmentplatte  durch  Wan- 
derung vom  Rindenpigment  abzuleiten. 
Ihre    Entstehungsweise     soll     gegen 
diese  Ansicht  sprechen,    da  die  Pig- 
mentlage aus   dem   Innern    des    Eies 
herauswachsen  soll.     Man  muß  daher, 
wie    man    es    auch   bei  den    Sperma- 
straßen   gethan    hat,    an    eine    Neu- 
bildung von  Pigment  denken. 
Wenn    die  erste  Meridionalfurche    den  höchsten    und  tiefsten  Punkt 
der  kreisförmigen  Begrenzung  der  weißen  Hemisphäre  durchschneidet,  so 
wird  durch  sie  die  pigmentierte  Oberfläche  symmetrisch  halbiert  werden. 
Diese  von  den  meisten  Beobachtern   beschriebene  Erscheinung  wird  auch 
von    dem    neuesten  Autor    auf  diesem  Gebiete,    Moszkowski   (1902),    be- 
stätigt; sie  wird  dagegen  von  Morgan  und  Ume  Tsada  (1893)  in  Abrede 
gestellt.    Nach  Morgan  bildet  die  nach  der  Pigmentverteilung  bestimmte 
Symmetrieebene    des  Eies    bei  R.  temporaria    mit  der   ersten 


Fig.  208.  Querschnitt  durch  ein  in 
Zweiteilung  begriffenes  Ei  von  Bufo 
vvlgaris  senkrecht  zur  Teilungsebene. 
(Nach  Bambeke.) 


Eurchungs- 


ebene  stets   einen  Winkel, 
ist,  in  25   Proz.   ca 


450 


welcher  in  ca 
10  Proz 
bei   frischen  Eiern 


65  Proz.   der  Fälle  sehr 
sogar  noch  mehr  beträgt. 


äußerst    selten, 


gering 
Nach 
daß  die 


Symmetrieebene  abweicht ;  dagegen  ist  die 
Eiern,  Eiern,   welche  lans'e  im  Uterus  ver- 


in 
0.  ScHULTZE  (1899c)  ist  es 
erste  Eurchungsebene  von  der 
Erscheinung  bei  „stark  reifen' 
weilt  haben,  bevor  sie  befruchtet  wurden,  häufig;  es  kann  der  Winkel 
beider  Ebenen  hier  sogar  90"  betragen,  was  gleichbedeutend  damit  ist,  daß 
die  zweite  Eurche  vor  der  ersten  auftritt. 

Die  zweite  meridionale  Furche  entwickelt  sich  wie  die 
erste;  sie  steht  zu  ihr  senkrecht  und  geht  gewöhnlich  ebenfalls  durch 
die  Furchungsachse,  so  daß  die  entstehenden  4  Quadranten  unter- 
einander gleich  groß  sind,  doch  kommt  es  hier  schon  zu  Abweichungen, 
indem  die  zweite  Meridionalfurche  nach  der  Gegend,  wo  die  lichte  Ei- 
partie  nach  oben  über  den  Aequator  übergreift,  verschoben  ist,  so  daß 
die  auf  dieser  Seite  gelegenen  Blastomeren  kleiner  sind  (Fig.  209). 
Dieses  Verhalten  scheint  bei  Buna  esculenta  die  Regel  zu  sein  (New- 
PORT,  Roux),  aber  auch  bei  R.  temporaria  öfters  vorzukommen  (0. 
Schultze).  Weit  verbreitet  sind  bei  allen  Anuren  Verschiebungen 
der  Furchungskugeln,  gegen  einander,  wodurch  es  zur  Ausbildung  von 
Brechungslinien  kommt.     In  der  Regel  ist  dann  die  Brechungslinie  am 


animalen  Pol  senkrecht  zu  der  am 


vegetativen 


Pol  orientiert. 


Furchungsprozeß. 


605 


Die  dritte  oder  äquatoriale  Furche  erinnert,  wie  die 
bisher  betrachten  zwei  Furclien.  bei  den  Änuren  noch  sehr  an  die  uns 
von  Amphioxus  her  bekannten  Verhältnisse,  nur  daß  sie  aus  dem 
Aequator  nach  dem  Hauptpol  zu  verschoben  ist.  Die  8  Furchunfrskugeln 
sind  daher  von  sehr  ungleicher  Größe,  die  4  Mikromereu  des  Hauptpols 
erheblich  kleiner  als  die  4  Makromeren  des  Gegenpols.  Der  Grad  der  Ver- 
schiebung der  äquatorialen 
Furchungsebene  läßt  sich 
nach  der  Lage  des  Schnitt- 
punkts bestimmen,  in  wel- 
chem die  Ebene  von  der 
Furchungsachse  durchbohrt 
wird.  Bei  genau  äquato- 
rialer Lage  müßte  der 
Schnittpunkt  mit  dem  Cen- 
trum des  Eies  zusammen- 
fallen und  somit  die  Achse 
halbieren.  Bei  Rana  beträgt 
sein  Abstand  vom  Pol  mehr 
als  ^/a  der  Eiachse,  bei  Pelo- 
bates  wurde  er  von  Bam- 
BEKE  genau  auf  ^/g  be- 
stimmt. Es  ist  das  ziemlich 
genau  der  Abstand,  den  der 
fruchtung  vom  Eipol   einhält 


Fig.  209.    2 


Furcliungsstadien  von  Kana  es- 


culenta  (nach  Roux).  Die  beiden  Linien  in  jeder 
Figur  bezeichnen  die  Richtung  der  ersten  Fur- 
chungsebene (8agittalebene  der  Larve),  die  zweite 
zu  ihr  senkrechte  Furchungsebene  hat  das  Ei  in 
ungleiche  Teile  zerlegt. 


Furchungskern 


Der 


für  den    relativen 
um  so  kleiner  ist 


Dotter  geh  alt  des 


Abstand 
Eies   ab 


der  Dotterreichtum. 


nach 
giebt 
je 


Abschluß 
ein 
der 


uns 
größer 


der   Be- 
gutes Maß 
Abstand. 


Fig.  210.  Furchungs- 
stadien  des  Froscheies 
nach  Max  Öchültze. 


Genauere  Untersuchungen  haben  nun  ergeben,  daß  .in  der  Bildung 
der  Aequatorialfurche  die  Abw^eichungen  von  der  Norm  schon  etwas  er- 
heblicher   werden    als    bei    den    bisher    betrachteten  zwei  Furchen.     Der 


Umstand,   daß  die  sogenannte  Aequatorialfurche, 


streng- 


genommen, 


aus  4 


606  II.  Hertwig, 

gleich  gerichteten  Furchen  besteht,  kommt  oft  darin  zum  Ausdruck,  daß 
die  4  Teile  unabhängig  voneinander  entstehen.  Gewöhnlich  beginnen 
die  4  Stücke  der  Furche  in  der  Nachbarschaft  der  ersten  Meridian- 
furche (C.  E.  V.  Baer  1834),  die  einen  oft  früher  als  die  anderen. 
Zu  den  Zeitunterschieden  können  sich  Lageunterschiede  gesellen.  So 
können  auf  einer  Seite  die  Teilfurchen  höher  auf  die  Achse  einfallen  als 
auf  der  anderen,  Ungleichheit  imter  den  Mikromeren  veranlassend  oder 
eine  etwa  von  früher  her  vorhandene  Ungleichheit  steigernd.  Auch  eine 
Verschiebung  des  Makromerenkranzes  gegen  den  Kranz  der  Mikromeren 
(spirale  Furchung,  cfr.  Acranier)  kann  eintreten  (Roux,  Kopsch  1900). 
Dadurch  wii'd  der  Verlauf  der  anfangs  einheitlichen  Meridianebenen  ge- 
stört :  die  zwischen  den  Makromeren  liegenden  Teile  der  Meridianebenen 
und  die  zwischen  den  Mikromeren  befindlichen  sind  um  einen  größeren 
oder  kleineren  Winkel  (20 — 45^)  gegeneinander  verschoben. 

Außerordentlich  wechselnd  fallen  die  Bilder  bei  dem  4.  u  n  d  5. 
F  u  r  c  h  u  n  g  s  s  t  a  d  i  u  m  aus,  welche  wir  gemeinsam  besprechen  wollen. 
Sind  diese  Stadien  von  großer  Regelmäßigkeit,  was  sehr  selten  der 
Fall  zu  sein  scheint,  so  entstehen  zunächst  2  weitere  Meridional- 
furchen,  welche  die  Winkel  der  vorhandenen  Furchen  halbieren ;  sie 
sind  schon  an  den  Mikromeren  vollkommen  entwickelt,  ehe  sie  auf  die 
Makromeren  übergreifen,  und  erzeugen  je  8  Mikro-  und  Makromeren 
2.  Ordnung.  Dann  treten  2  latitudinale  Furchungsebenen  auf, 
welche  jeden  Kranz  von  8  Blastomeren  in  2  übereinander  liegende 
Kränze  zerlegen.  Der  Zeitunterschied  zwischen  dem  Erscheinen  der 
oberen  und  der  unteren  Latitudinalfurche  ist  ein  sehr  erheblicher, 
wie  denn  überhaupt  von  jetzt  ab  die  Teilung  im  Umkreis  des  Haupt- 
pols rascher  fortschreitet  als  auf  der  Seite   des  Gegenpols  (Fig.  210). 

Gehen  wir  jetzt  zu  den  Abänderungen  der  geschilderten  Norm 
über,  welche,  wie  gesagt,  viel  häufiger  sind  als  die  Norm  selbst.  Den- 
selben ist  gemeinsam,  daß  die  Meridionalfurchen  die  Pole  nicht  treifeu, 
sondern  in  einiger  Entfernung  von  ihnen  auf  die  2  ersten  Meri- 
dionalfurchen stoßen  [Polflucht  (!)  Rauber's].  Die  Meridional- 
furchen werden  damit  zu  Vertikalfurchen.  Völlig  asym- 
metrische Bilder  resultieren,  wenn  jede  der  4  so  entstehenden 
Vertikalfurchen  an  einem  anderen  Halbkreis  der  beiden  primären  Meri- 
diane endet  (Modifikation  I).  Im  allgemeinen  herrscht  jedoch  eine 
Tendenz  zur  Symmetrie.  Für  R.  esculenta  z.  B,  ist  die  Regel  (Roux), 
daß  die  neuen  Vertikalfurchen  innerhalb  der  kleineren  Mikromeren  sich 
der  ersten  Meridionalfurche  annähernd  parallel  stellen  und  daher  auf  die 
zw  eite  Meridionalfurche  in  größerer  oder  geringerer  Entfernung  vom  Pol 
treffen,  daß  sie  dagegen  innerhalb  der  größeren  Mikromeren  sich  mehr 
der  Richtung  der  zweiten  Meridionalfurche  anschließen  und  geneigt  zur 
ersten  Meridionalfurche  verlaufen  (Modifikation  II,  Fig.  209).  Es  können 
auch  in  sämtlichen  Mikromeren  die  vertikalen  Furchen  die  gleiche  Orien- 
tierung zeigen  und  in  besonders  regelmäßigen  Eiern  einer  der  beiden 
Meridianfurchen  genau  parallel  verlaufen  (Modifikation  III,  Fig.  210). 
Welche  von  den  3  Modifikationen  die  häufigere  ist,  darüber  lauten  die 
Angaben  der  Autoren  ganz  verschieden.  Während  Roux  für  R.  es- 
culenta die  Modifikation  II  als  Regel  hinstellt,  sind  nach  Rauber  es 
die  Modifikationen  I  und  IL  Klarheit  kann  hier  nur  durch  methodische 
Untersuchungen  gewonnen  werden,  welche  die  äußeren  Bedingungen, 
unter  denen  die  Entwickeluug  vor  sich  geht,  namentlich  die  Tem- 
peratur  genau  berücksichtigt. 


Fureliuugsprozeß.  607 

Aehiiliche  Verhältnisse,  wie  wir  sie  soeben  für  die  Mikromeren 
kennen  gelernt  haben,  gelten  auch  für  die  Makromeren,  nur  kann 
man  nicht  von  ersteren  einen  Rückschluß  auf  letztere  machen,  da  die 
Orientierung  der  Furchen  bei  ihnen  in  ganz  anderem  Sinn  erfolgt 
sein  kann. 

Aus  dem  HERTWio'schen  Furchungsschema  ergiebt  sich  mit  Not- 
wendigkeit, daß  von  der  Anordnung  der  Furchen  des  4. 
Stadiums  auch  die  Anordnung  der  Furchen  des  5.  Sta- 
diums abhängt.  Das  ist  in  der  That  auch  der  Fall.  Je  mehr  jene 
vom  meridionalen  Verlauf  abweichen  und,  sich  einer  der  ersten  Meri- 
dionalfurchen  parallel  stellend ,  zu  Vertikalfurchen  werden ,  verlieren 
diese  den  Charakter  von  latitudinalen  Furchen  und  lenken  mehr  und 
mehr  ebenfalls  in  den  Verlauf  vertikaler  Furchen  ab.  Im  Extrem 
stellt  sich  heraus,  daß  das  4.  und  5.  Furchensystem  nach  demselben 
Prinzip  orientiert  sind  (vertikal  und  parallel  einer  der  primären  Meri- 
dionalfurchen),  nur  daß  das  eine  dem  ersten,  das  andere  dem  zweiten 
Meridian  parallel  ist.  Es  resultiert  eine  rechtwinklige  Kreuzung  aller 
Furchen,  auf  welche  bekanntlich  Prevost  und  üumas  im  Gegensatz 
zu  C.  E.  V.  Baer  und  in  der  Neuzeit  wieder  Rauber  besonderen 
Wert  gelegt  haben  (Fig.  210). 

Bei  den  sehr  dotterreichen  Eiern  der  Änure  Rhacopkorus  Schlegeli  hat 
Sakeyira  Ikeda  (1902)  als  Regel  gefunden,  daß  die  dritten  Furchen 
vertical  und  nahezu  parallel  zur  ersten  Meridionalfurche  verlaufen  und  daß 
die  vierten  gemeinsam  ein  Oval  beschreiben,  welches  die  drei  ersten  Fur- 
chensysteme  rechtwinklig  schneidet,  wie  wir  es  später  für  Ämia  kennen 
lernen  werden.  Die  Furchen  werden  im  Bereich  der  vegetativen  Ei- 
hälfte  sehr  undeutlich,  was  besonders  für  vorgerückte  Entwdckelungs- 
stadien  gilt.  So  wird  das  Bild  einer  partiellen  (discoidalen)  Furchung 
vorgetäuscht.  Aehnliches  scheint  bei  Alytes  ohstetricans  der  Fall  zu  sein, 
für  welche  Vogt  (A.  L.  III,  7,  1842)  und  De  l'Isle  (1876)  discoidale 
Furchung  beschrieben  haben,  während  eine  Nachprüfung  durch  Gtassek 
(A.  L.  III,  7,   1882)  inäquale  Furchung  nach  Art  von  Bomhinator  ergab. 

Ehe  wir  in  der  Darstellung  des  Furchungsprozesses  der  Anuren 
fortfahren,  wollen  wir  erst  die  entsprechenden  Zustände  der  Urodelen 
schildern,  dabei  aber  die  besonders  dotterreichen  Eier  von  Salamandra 
maculosa  zunächst  noch  außer  Spiel  lassen. 

Die  befruchteten  Eier  der  Urodelen  besitzen  mit  Ausnahme  der 
pigmentlosen  Molge  cristata  den  Unterschied  einer  aufwärts  gewandten 
pigmentierten  und  einer  abwärts  schauenden  pigmentlosen  Seite,  lassen 
aber,  sofern  die  in  der  Litteratur  vorliegenden  Angaben  erschöpfend 
sind,  im  übrigen  in  der  Pigmentverteilung  nicht  die  bestimmte 
Orientierung  erkennen,  welche  oben  von  den  Froscheiern  beschrieben 
wurde.  Wohl  aber  sind  sie  zur  Zeit  der  Eiablage  häufig  oval,  wie 
dies  0.  Hertwig  (1893),  v.  Ebener  (1893),  C.  E.  v.  Baer,  Grön- 
Roos  (1890)  für  Molge  cristata,  Gasco  (1880*)  für  M.  alpestris,  Jor- 
dan (A.  L.  III,  7,  1893)  für  Diemyctylus  viridescens  beschrieben  haben. 
Auch  die  umgebenden  Hüllen  zeigen  eine  ovale  Gestalt  und  gestatten 
eine  gewisse  Orientierung  auch  dann  noch,  wenn  die  Eier,  was  ge- 
wöhnlich zutrifft,  einige  Zeit  nach  der  Befruchtung  oder  während  der 
Furchung  sich  abrunden. 

Entsprechend  dem  größeren  Dotterreichtum  furchen  sich  die  Eier 
aller    Urodelen    erheblich    langsamer    als   die   der   Anuren.    besonders 


'O"- 


608 


R.  Hertwig. 


greifen  die  Furchen  viel  langsamer  von  der  aninialen  auf  die  vege- 
tative Seite  über.  Ihr  erstes  Auftreten  wird  ständig  von  dem  schon 
besprochenen  Faltenkranz  begleitet.  Die  erste  Meridionalfurche  steht 
bei  ovalen  Eiern  stets  senkrecht  zur  Längsachse  des  Ovals,  wenn  nur 
die  Eikapsel  oval  gestaltet  ist,  senkrecht  zu  deren  Längsausdehnung. 
Die  charakteristische  Stellung  der  ersten  Meridionalfurche  wird  aucli 
erreicht,  wenn  ausnahmsweise  einmal  die  Furche  am  Ende  des  Ovals 

sie  die  Richtung 


die  Oberfläche,  bis 
hat.      Gewöhnlich    sind 


die    beiden 


beginnt,    sie   wandert   dann  über 

der    kürzesten    Achse     erreicht 

Blastomeren  untereinander   gleich,    doch   gehören    Größenunterschiede 

nicht    zu    den    Seltenheiten    (Gasco  :    M.    alpestris ,     Eycleshymer 

(1895)  Amhlystoma) ;  bei  Diemyctylus  scheinen  sie  sogar  die  Regel  zu 

bilden  (Jordan). 


IV  0 


Fig.  211.  Eifurchung  von  Tri  tonen  (nach  Grönross),  I — V  Molge  cristata. 
I  Bildung  der  dritten  Furchen  von  der  zweiten  beginnend.  II  Die  dritten  Furchen 
verlaufen  annähernd  äquatorial.  IIIo  Von  den  dritten  verläuft  eine  annähernd 
äquatorial,  die  3  anderen  nahezu  senkrecht.  IIIh  Dasselbe  Ei  vom  unteren  Pol. 
IVo  Alle  dritten  Furchen  vertical,  IVw  dasselbe  Ei  vom  unteren  Pol.  Vo  In  den 
linken  2  Quadranten  waren  die  dritten  Furchen  vertikal,  die  vierten  infolgedessen 
äquatorial  angelegt,  in  den  rechten  2  Quadranten  umgekehrt,  die  dritten  annähernd 
äquatorial,  die  vierten  dementsprechend  vertikal.  V«  Dasselbe  Ei  von  unten.  VI  Eier 
von  Molge  alpestris,  vergleichbar  dem  Ei  V  von  Molge  cristata,  nur  daß  die  4 
Furchen  noch  nicht  entwickelt  sind. 


Während  die  zw^eite  Meridionalfurche  im  wesentlichen  sich  wie 
bei  Anuren  verhält  (Häufigkeit  der  Brechungsfurchen),  beginnen  mit 
der  dritten  (äquatorialen)  Furche  erhebliche  Abweichungen.  Die  4  Stücke 
derselben  nehmen  nicht  an  der  ersten  sondern  an  der  zweiten  Furchungs- 
ebene  ihren  Ausgangspunkt.  Wenn  sie  sämtlich  in  einer  Ebene  liegen, 
so  ist  der  Schnittpunkt,  den  diese  Ebene  mit  der  Furchungsachse  bildet, 
dem  Hauptpol  bis  zu  ^4  oder  V«  der  Eiachse  genähert,  Avas  zur  Folge 
hat.  daß  die  Mikromeren  verhältnismäßig  viel  kleiner  sind  als  bei  den 
Anuren. 

Wo  dieses  für  Anuren  typische  Verhalten  vorkommt,  pflegen  dann 
auch  die  nächsten  Furchen  wie  bei  den  Anuren  aufzutreten,  es  sind 
Meridionalfurchen,  die  vom  xiequator  aus  nach  den  Polen  verlaufen  und 
die  8-Teilung  zunächst  der  Mikro-  und  sehr  viel  später  der  Makromeren 
bedingen.  Für  sie  gilt  ebenfalls  die  Regel,  daß  sie  selten  wirklich 
meridional  sind.  Meist  zeigen  sie  den  bei  Anuren  ausführlicher  be- 
sprochenen Verlauf  von  Vertikalfurchen.    Viel  häufiger  kommt  es  aber 


Furchungsprozeß.  609 

vor,  (laß  die  4  Teile  der  sogenannten  Aeqnatorialfurche  gar  nicht 
horizontal  verlaufen,  sondern  von  ihrem  Ausgangspunkt  an  der  zweiten 
Meridionalfurche  die  Richtung  nach  abwärts  einschlagen  und  somit  auf 
die  erste  Meridionalfurche,  sei  es  in  der  Gegend  des  Aequators,  sei  es 
noch  tiefer  im  Bereich  der  unteren  Sphäre  des  Eies,  in  extremen 
Fällen  sogar  in  der  Gegend  des  Gegenpols  aufstoßen,  Sie  nehmen 
dabei  immer  mehr  den  Charakter  von  Vertikalfurchen  an,  besonders 
dann,  w'enn  ihr  Ursprung  an  der  zweiten  Meridionalfurche,  was  sich  mit 
der  geschilderten  Abänderung  zu  kombinieren  pflegt,  nach  dem  Haupt- 
pol zu  verschoben  ist.  üa  die  4  Stücke  der  „Aeqnatorialfurche"  von- 
einander unabhängig  sind,  können  sie  in  den  einzelnen  Quadranten  ein 
verschiedenes  Verhalten  zeigen,  z.  B.  in  einem  Quadranten  horizontal, 
in  3  anderen  mehr  minder  vertikal  verlaufen  (Fig.  211  IIIo),  oder  sie 
verlaufen  in  2  Quadranten  vertikal,  in  2  weiteren  horizontal  (VIo). 
Diese  teilweise  und  verschiedengradige  Umbildung  von  Aequatorial- 
furchen  in  Vertikalfurchen  ist  von  großer  Bedeutung  für  Beantwortung 
der  Frage,  inwieweit  man  ein  Recht  hat,  jeder  Furche  einen  ganz 
bestimmten  typischen  Charakter  zuzuschreiben  (Roux),  Ich  komme 
hierauf  später  zurück.  Die  Erscheinung  ist  auch  für  den  weitereu 
Verlauf  des  Furchungsprozesses  von  Wichtigkeit.  Denn  selbst- 
verständlich ist  es  jetzt  nicht  mehr  denkbar,  daß  beim  nächsten 
Teilungsschritt,  wie  es  sein  sollte,  meridionale,  resp.  vertikale  Teilungen 
und  nach  diesen  wieder  latitudinale  Teilungen  auftreten.  Vielmehr 
treten  Furchen  auf,  w^elche  die  verschiedensten  Winkel  zur  Horizontal-, 
resp.  Vertikalebene  bilden.  Am  verständlichsten  ist  noch  der  extreme 
Fall,  bei  welchem  die  4  Teile  der  dritten  Furche  nahezu  vertikal  ver- 
laufen. Die  nächste  Furche  holt  dann  nach,  was  die  vertical  ab- 
gelenkte dritte  Furche  hätte  leisten  sollen,  sie  ist  latitudiual,  liegt  aber 
dem  Hauptpol  viel  näher,  als  die  normal  entwickelte  Aequatorialfurche 
zu  liegen  pflegt. 

Es  scheint,  als  ob  die  Tendenz,  von  dem  bei  den  Anuren  be- 
schriebenen Ausgängsschema  abzuweichen  bei  den  einzelnen  Arten 
der  wasserbewohnenden  Salamandrinen  eine  verschiedene  ist.  Am 
regelmäßigsten  ist  der  Furchungsprozeß  unzweifelhaft  bei  Molge 
alpestris  (Gasco),  der  Tritonart,  welche  sehr  kleine  Eier  hat,  und 
Sulammidrina  perspicillata  (Chiarugi  1899).  Nächstdem  wären  die 
Amhlystomen  zu  nennen :  Amhlystoma  ügriniim  (Eycleshymer)  und 
der  Axolotl,  A.  mexicanum  (Van  Bambeke).  Am  abweichendsten 
scheint  sich  Molge  cristaia  zu  verhalten,  ein  Salamandrine  mit  be- 
sonders großen  Eiern.  Große  Verschiedenartigkeit  herrscht  bei 
Biemyctylus  (Jordan),  bei  welchem  aber  auch  die  Eigröße  sehr 
variabel  ist.  Eine  interessante  Zusammenstellung  der  wichtigsten 
Variationen  des  Furchungsprozesses  haben  Jordan  und  Eycleshymer 
gegeben  (1883). 

Die  genaue  Kenntnis  des  Furchungsprozesses  von  Salamandrina 
2Jerspicillata  verdanken  wir  Chiarugi  (1899).  Die  Eier  haben  einen 
Durchmesser  von  ungefähr  1,8  mm.  doch  ist  die  Eiachse  etwas  kürzer 
als  der  Durchmesser,  welchen  man  in  horizontaler  Richtung  durch  sie 
hindurchlegen  kann.  Die  obere  Seite  des  Eies  ist  mehr  oder  minder 
intensiv  pigmentiert.  Der  so  zustande  kommende  Pigmenthof  hat  eine 
ovale  Gestalt  und  umschließt  etwas  excentrisch  die  meist  ebenfalls  ovale 
lichtere  Fovea  germinativa.  Die  erste  Furche  teilt  das  Ei  in  Stücke 
von  ungleicher  Größe,  wobei  gewöhnlich   das  pigmentierte  Feld  ungleich 

Handbuch  dtr  Entwickelungslehre.    I.  39 


610  R.  Hertwig, 

abgeteilt  wird,  und  die  Fovea  unter  Umständen  von  der  Furche  gar 
nicht  getroffen  wird.  Iin  letzteren  Fall  liegt  die  Fovea  fast  stets  auf 
der  pigmentreicheren  Eihälfte.  Wird  sie  von  der  Furche  geschnitten,  so 
streckt  sie  sich  senkrecht  zu  dieser  zu  einem  Oval  und  nimmt  beim 
Durchschneiden  der  Furche  die  Figur  einer  8  an.  Die  Ränder  der  ein- 
schneidenden Furche  sind  durch  intensiver  gefärbte  Pigmentstreifen  be- 
zeichnet, welche  sich  beim  tieferen  Einschneiden  der  Furche  zu  der  der 
Furche  vorauseilenden  Pigmentlamelle  vereinen,  die  durch  den  Dotter 
hindurch  zum  unteren  Pol  gezogen  ist.  Die  zweite  Furche  steht  senkrecht 
zur  ersten,  die  dritte  meist  senkrecht  zu  den  vorhergehenden ;  letztere 
ist  daher  im  großen  und  ganzen  latitudinal,  doch  können  ihre  einzelnen 
Stücke  von  der  Horizontale  zur  Schrägstellung  abweichen.  Die  vierte 
Teilung  ist  meist  vertikal ;  sie  entwickelt  sich  beträchtlich  früher  im 
Bereich  der  Mikromeren. 

Ueber  das  Verhalten  der  Kernteilung  zur  Zellteilung  macht  Chiarugi 
folgende  Angaben,  welche  in  treffender  Weise  erläutern,  wie  die  Kern- 
teilung der  Zellteilung  vorauseilt.  Ehe  die  erste  Meridionalfurche  den 
Aequator  erreicht,  ist  die  Kernspindel  mit  Aequatorialplatte  schon  für 
die  zweite  Teilung  fertiggestellt.  Wenn  die  zweite  Meridionalfiu-che  den 
vegetativen  Pol  erreicht,  ehe  aber  noch  die  Aequatoriallürche  sichtbar 
wird,  ist  die  zu  letzterer  gehörige  Karyokinese  schon  beendet  und  sind 
die  Kerne  im  Ruhezustand  angelangt. 

Eine  auffallende  Erscheinung,  die  wohl  mit  ungleicher  Größe  der 
beiden  ersten  Furchungskugeln  zusammenhängt,  besteht  bei  S.  per- 
spicillata  darin,  daß  öfters  das  Ei  zu  Anfang  in  3  gleich  große  Blasto- 
meren geteilt  wird,  welche  dann  durch  die  Aequatorialfurche  in  6  Blasto- 
meren zerlegt  werden. 

Ob  eine  genaue  Proportionalität  zwischen  Unregelmäßigkeit  der 
Furchung  und  Größe  der  Eier,  resp.  Dottergehalt  derselben  besteht, 
läßt  sich  zur  Zeit  noch  nicht  mit  Bestimmtheit  aussagen,  da  wir  noch 
nicht  wissen,  welchen  Einfluß  auf  den  verschiedenartigen  Charakter 
der  in  der  Litteratur  mitgeteilten  Untersuchungsresultate  verschieden- 
artige Temperatur,  verschiedenartige  Reife  etc.  ausgeübt  haben.  Immer- 
hin kann  man  jetzt  schon  sagen,  namentlich  wenn  man  Anuren  und 
Urodelen  miteinander  vergleicht,  daß  bei  Amphibien  mit  wachsendem 
Dottergehalt  die  Tendenz  zunimmt,  den  vertikal  verlaufenden  Furchen 
größere  Bedeutung  einzuräumen.  Dies  kommt  darin  zum  Ausdruck, 
daß  die  horizontalen  Furchen  verspätet  auftreten,  manche  sogar  ganz 
unterdrückt  werden.  Während  bei  Anuren  diese  Tendenz  in  der 
Regel  erst  bei  der  zweiten  Horizontalfurche  (der  Latitudinalfurche)  sich 
geltend  macht  und  auch  da  nur  bei  einem  Teil  der  Eier,  betrifft  sie 
bei  den  Urodelen  schon  sehr  häufig  die  erste  Horizontalfurche,  die 
Aequatorialfurche.  Außerordentlich  deutlich  wird  die  Erscheinung, 
wenn  wir  uns  nunmehr  zu  den  dotterreichsten  bisher  untersuchten 
Urodeleneiern,  den  Eiern  von  Salamandra  maculosa,  wenden. 

Der  Furchungsprozeß  von  Salamandra  maculosa  ist  so  eigentüm- 
licher Natur,  daß  Leydig,  allerdings  nur  auf  Grund  ungenügender 
Abbildungen  Rusconi's,  die  Eier  für  meroblastisch  halten  konnte.  Als 
dann  später  Kupffer  (1879),  Beneke  (1880)  und  Grönroos  (1895) 
fanden,  daß  das  gesamte  Ei  geteilt  werde,  stellten  sich  gleichwohl  viele 
Anklänge  an  die  diskoidale  Furchung  von  Reptilien  und  Vögeln  heraus. 


Furchungsprozeß.  611 

Wie  wir  gesehen  haben,  zeigt  das  befruchtete  Ei  sowohl  bei 
Flächenansichten  wie  noch  mehr  auf  Sagittalschnitten  eine  ziemlich 
scharfe  Sonderung   in    eine  gelbliche,    dotterreiche  Hauptmasse  und  eine 

I  II  III 


/ 


Fig.  212.  Erste  Entwickelung  des  Eies  von  iSalamandra  maculosa  (nach 
Gröxroos).  I  Ei  mit  FurchungskerQ  auf  dem  Längsschnitt,  Keimscheibe  und 
Dotter  scharf  abgesetzt.  II  Ein  ähnhches  Ei,  vom  oberen  Pol  aus  gesehen.  III  Pol- 
ansicht eines  Eies  mit  erster  Furche. 

derselben  am  Hauptpol  eingelagerte  weißliche,  vorwiegend  protoplas- 
matische Scheibe.  Die  erste  Meridionalfurche  sondert  zunächst  die 
Scheibe  in  symmetrische  Teile,  greift  aber  dann  auch  auf  den  gelben 
Dotter  über.  Ehe  sie  noch  den  Gegenpol  erreicht,  ist  schon  senkrecht 
zu  ihr  die  zweite  Meridionalfmxhe  aufgetreten ;  letztere  kann  so  früh 
entwickelt  werden,  daß  sie  mit  der  ersten  ein  auf  die  weiße  Scheibe 
beschränktes  Kreuz  bildet  (Bekeke).  Die  Vereinigung  der  Meridional- 
furcheu  am  Gegenpol  ist  sehr  variabel.  Die  erste  Meridionalfurche  wird 
in  der  Regel  noch  verhältnismäßig  frühzeitig  fertig  gestellt  und  schneidet 
auch  tief  ein.  Ehe  aber  sämtliche  4  unteren  Enden  der  beiden  Meridional- 
furchen  sich  treffen,  sind  gewöhnlich  schon  weitere  Furchensysteme  zweiter 
und  dritter  Ordnung  am  Hauptpol  aufgetreten.  Die  Vereinigung  selbst 
erfolgt  selten  in  Form  einer  Brechungsfurche,  wie  wir  sie  bisher  kennen 
gelernt  haben,  meist  entstehen  sehr  imregelmäßige  Figuren. 

Der  nächste  Furchungsschritt  ist  nur  zu  verstehen,  wenn  wir  berück- 
sichtigen, daß  schon  bei  den  Amphibien  mit  weniger  dotterreichen  Eiern 
die  einzelnen  Stücke  der  Aequatorialfurche  eine  Tendenz  haben,  sich 
unabhängig  zu  entwickeln  und  ferner  in  der  Richtung  von  Vertikal- 
furchen abzulenken.  So  ist  das  offenbar  in  der  Abbildung  213  A  der 
Fall :  von  den  4  durch  die  ersten  Meridionalfurchen  erzeugten  Seg- 
menten haben  2  mittelst  stark  polarwärts  verschobener  Aequatorial- 
furchen  2  kleine  Stücke  am  animalen  Pol  abgeschnürt ;  bei  2  anderen 
Stücken  ist  die  Umformung  der  Aequatorialfurche  in  Vertikalfurchen 
eingetreten. 

Nach  den  Abbildungen,  welche  Grönroos  gegeben  hat,  scheinen  Ab- 
weichungen von  der  gewöhnlichen  Furchungsnorm  noch  früher  auftreten  zu 
können.  Die  Furchung  der  beiden  in  den  Figg,  213  B  u.  C  abgebildeten 
Eier  ist  mir  so  zu  verstehen,  daß  die  erste  Meridionalfurche  (//)  un- 
gleiche Stücke  voneinander  treinite,  daß  die  zweite  Meridionalfurche  (I) 
infolgedessen  nur  auf  einer  Seite  (der  in  der  xlbbildung  nach  abwärts 
gewandten")    sich    in    regelrechter    Weise    entwickelte    und   die    Stücke   C 

39* 


612  R.  Hertwig, 

lind  D  lieferte,  so  daß  ähnlich,  wie  es  oben  von  Salamandrina  perspidllata 
geschildert  wurde,  ein  dreigeteiltes  Ei  resultierte,  eine  Erscheinung,  welche 
bei  der    discoidalen    Eurchung  sehr   häufig    ist.     Dagegen  unterblieb  die 


A'j 

i 

B^        - 

T 

D 

I 

C 

D 

n 

ß 

TT 


C2  -\  ^ 


JT  I 


B 


AB  AB 


Fig.  213.  Drei  Furchungsstadien  von  Salamandra  maculosa  (nach  Grönroos), 
in  der  oberen  Reihe  vom  oberen,  in  der  unteren  Reihe  vom  unteren  Pol  aus  be- 
trachtet. A  Von  den  4  Quadranten  .-1,  B,  C,  D  sind  A  und  B  durch  Aequatorialfurchen 
in  a  und  A,  b  und  B  geteilt,  gleichzeitig  D  und  C  durch  Vertikalfurchen  in  Z)\ 
J»-  und  C\  C*.  B  Zweite  Meridionalfurche  einseitig  ausgebildet,  ebenso  in  C.  Wahr- 
scheinlich sind  die  Figuren  so  zu  deuten,  daß  I  die  zweite,  II  die  erste  Meridian- 
furehe  bezeichnet. 

Trennung  von  A  und  B  und  schnürte  dieses  einheitliche  Stück  AB  durch  eine 
Aequatorialfurche  das  kleine  Stück  ab  ab.  Durch  weitere  meridionale 
Eurchen  wurden  dann  A  und  B  gesondert  und  D  in  D^  und  D^,  C  in  C^ 
und  C^  geteilt.  Bei  dem  zweiten  Ei  ist  dann  noch  ab  in  a  und  b  geteilt. 
Da    somit    schon    während    der    3    ersten  Eurchuno-sstadien  die  Eier 


r 


les  Eeuersalamanders  vom  normalen  Verlauf  der  Amphibienfurchung 
ganz  erheblich  abweichen,  ist  es  begreiflich,  daß  in  der  Eolge  Bilder 
von  einer  geradezu  verwirrenden  Unregelmäßigkeit  zustande  kommen. 
Wollte  man  sie  deuten,  so  müßte  man  im  Zusammenhang  verfolgt  haben, 
wie  sie  entstanden  sind.  Das  ist  bisher  nicht  geschehen  und  wird  auch 
in  Zukunft  auf  Schwierigkeiten  stoßen,   da   S.  maculosa  vivipar  ist. 

Die  besprochenen  Furchungsstadien  der  Amphibien  haben  zu  einer 
Reihe  von  Streitfragen  Veranlassung  gegeben,  auf  die  wir  nunmehr 
eingehen  müssen.  Zunächst  haben  wir  die  Frage  zu  erörtern:  Was 
istUrsache,  daß  die  ersteFurchungsebene,  vonweicher 
alle  späteren  T e i  1  e b e n e n  in  ihrer  Anordnung  bestimmt 
werden,  unter  normalen  Verhältnissen  eine  ganz  I)  e  - 
stimmte  Orientierung  sowohl  im  Raum  wie  im  Körper 
der  Eizelle  besitzt. 

Es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  die  senkrechte 
Stellung  d  e  s  e  r  s  t  e  n  F  u  r  c  h  u  n  g  s  m  e  r  i  d  i  a  n  s  d  i  e  n  o  t  w  endige 
Folge  der  Einwirkun  g  der  Schw  erkraft  ist  (Pflüger).  Denn 


Furchungsprozeß.  613 

wenn  man  Froscheier  nach  der  schon  früher  besprochenen  Pflüger- 
schen  Methode  (p.  538)  oder  zwisclien  zwei  in  geeiii^neteni  Abstand 
befestigten  Objektträgern  in  Zwangslage  kultiviert  und  das  Präparat 
bahl  nach  der  Befruchtung  in  der  Weise  dreht,  daß  die  hellere  Si)häre 
ganz  oder  mit  einem  größeren  oder  kleineren  Abschnitt  dauernd  nach 
aufwärts  schaut,  erfahren  die  Meridianfurchen  keine  der  Drehung  des 
Eies  entsprechende  Lageverschiebung  im  Raum,  sondern  werden  nach 
wie  vor  vertikal  angelegt.  Demgemäß  fällt  der  Kreuzungspunkt  der 
beiden  meridionalen  Furchen  nicht  wie  sonst  annähernd  mit  dem  Ceu- 
trum  des  schwarzen  Feldes  zusammen,  sondern  mit  dem  höchsten 
Punkt  des  Eies,  selbst  wenn  man  das  Ei  so  gedreht  hatte,  daß  die 
Mitte  des  hellen  Feldes  nach   oben   zu  liegen  kam  (Pflüger,   Born. 

ROUX,   HeRTW'IG,  0.  SCHULTZE   u.   a.). 

Wie  haben  wir  uns  nun  diese  W i r k u n g s w e i s e  de r 
Schwerkraft  vorzustellen?  Pflüger  (1883)  nahm  einen  un- 
mittelbaren Einfluß  der  Schwerkraft  auf  die  Eisubstanz  (ihre 
formativen  Teile)  an :  diese  sei  anfänglich  isotrop,  d.  h.  nach  allen  Ptich- 
tungen  des  Raumes  gleichartig  beschaffen :  durch  den  andauernden 
Einfluß  der  Schwerkraft  würden  ihre  Teilchen  in  der  Richtung  der  Meri- 
dianebenen polarisiert  und  so  der  Unterschied  von  animalem  oder 
Hauptpol  und  vegetativem  oder  Gegenpol  hervorgerufen.  Nach 
dieser  Auf  fassun  g  würde  eine  normale  Ent  Wickelung  des 
Froscheies  ohne  die  Einwirkung  der  Schwerkraft  nicht 
möglich  sein.  Die  Unhaltbarkeit  dieser  Autfassung  der  Schwerkraft- 
wirkung suchte  Roux  (1884)  durch  ein  Experiment  nachzuweisen, 
welches  eine  dauernde  gleichgerichtete  Einwirkung  der  Schwerkraft  un- 
möglich machen  sollte.  Roux  befestigte  Drahtkästchen,  in  welchen 
befruchtete  Eier  in  feuchter  Watte  verpackt  waren,  auf  einem  vertikalen 
Rad,  welches  so  laugsam  rotierte,  daß  die  Einwirkung  der  Schwerkraft 
nicht  durch  die  Wirkung  der  Centrifugalkraft  ersetzt  wurde,  immerhin 
rasch  genug,  daß  die  Eier  nach  Roux's  Angaben  nicht  Zeit  hatten,  bei 
ihren  durch  die  Umdrehung  bedingten  beständigen  Lageveränderungen 
im  Raum  ihre  Achsen  in  der  Richtung  der  Schwerkraft  einzustellen.  In 
dem  Moment,  in  welchem  man  behufs  Kontrolle  das  Rad  zum  Still- 
stand brachte,  fand  Roux  in  der  That  auch  die  Achsen  der  einzelnen 
Eier  ganz  verschieden  gestellt.  Obwohl  somit  die  Richtung,  in  welcher 
die  Schwerkraft  auf  das  Ei  wirkte,  beständig  wechselte  und  eine  po- 
larisierende Wirkung  derselben  aufgehoben  war,  entwickelten  sich  die 
Eier  in  normaler  Weise,  und  zwar  so,  daß  die  erste  Furche  wie  auch 
sonst  in  der  pigmentierten  Sphäre  am  Hauptpol  begann. 

Ein  weiteres  Experiment  bestand  darin,  daß  ein  mit  Eiern  zur 
Hälfte  gefülltes  verschlossenes  Röhrchen  an  einer  Achse  des  Rades  be- 
festigt wurde.  Dasselbe  mußte  bei  der  Rotation  des  Rades  beim 
Passieren  des  höchsten  Punktes  genau  die  entgegengesetzte  Stellung 
einnehmen  wie  beim  Passieren  des  tiefsten  Punktes.  Die  Eier  mußten 
somit  zweimal  gestürzt  und  in  ihrer  Lagerung  gestört  werden.  Auch 
diese  Eier  entwickelten  sich  normal. 

Durch  weitere  Untersuchungen  von  Born  und  0.  Hertwig  wurde 
in  überzeugender  Weise  nachgewiesen,  daß  die  Einwirkung  der 
Schwerkraft  beim  Froschei  eine  vermittelte  sei  und  nur 
dadurch  zur  Geltung  komme,  daß  das  Amphibienei  aus  Substanzen 
von  verschiedenem  specifischem  Gewicht  bestehe ,  aus  schwererem 
Nahrungsdotter  und  leichterem  Bildungsdotter  (Kern  -\-  Proto])lasma). 
Wie   im    Kapitel    über    Eireife    und    Befruchtung    auseinandergesetzt 


614  R.  IIertwig, 

wurde,  sind  beiderlei  Substanzen  am  reifen  befrucliteten  Ei,  wenn 
auch  nicht  vollkoninien,  so  doch  schärfer  als  am  unreifen  Ei  gesondert, 
und  zwar  so,  daß  die  pigmentierte  Seite  den  Kern  und  größere  Mengen 
Protoplasma,  die  lichtere  Seite  mehr  Nahrungsdotter  enthält.  Die  pig- 
mentierte Seite  muß  bei  freier  Beweglichkeit  des  Eies  vermöge  ihres 
geringeren  specifischen  Gewichtes  stets  nach  aufwärts  schauen ;  sie 
muß  den  Ausgangspunkt  der  Furchung  abgeben,  da  hier  die  für  die 
Teilung  des  Eies  wichtigen  Bestandteile,  der  Kern  und  die  Hauptmasse 
des  Protoplasma,  liegen.  Die  Erscheinung,  daß  auch  bei  Eiern,  welche 
in  Zwangslage  mit  dem  hellen  Pol  nach  aufwärts  fixiert  werden,  die 
Furche  am  oberen  Pole,  diesmal  somit  am  helleren  Pol  auftritt,  erklärt 
sich  aus  einer  unter  dem  Einfluß  der  Schwerkraft  sich  vollziehenden 
inneren  Umlagerung  der  Teile,  welche  ebenfalls  oben  schon  besprochen 
wurde;  sie  ist  Ursache,  daß  Kern  und  Protoplasma  wieder  an  den 
oberen  Eipol  gelangen,  wenn  auch  die  Pigmentanordnung  nicht  in  der 
alten  Weise  wiederhergestellt  wird.  Bei  den  Roux'schen  Rotations- 
experimenten wirkt  die  Schwerkraft  nicht  dauernd  in  der  von 
Pflüger  geforderten  gleichgerichteten  fördernden  Weise,  aber  auch 
nicht  dauernd  in  einer  eine  Umordnung  der  Teile  bewirkenden  Weise, 
wie  bei  ruhig  stehenden,  in  abnormer  Lage  zwangsweise  befestigten 
Eiern.  So  bleibt  die  einmal  gegebene  Anordnung  erhalten,  und  die 
Teilung  beginnt  am  pigmentierten  Pol,  weil  er  der  kern-  und  proto- 
plasmahaltige  ist,  wenn  er  auch  vorübergehend  infolge  der  Rotation  nicht 
nach  aufwärts  schaut.  Bei  dieser  Auffassung  der  Schwerkraftwirkung 
wird  es  begreiflich,  daß  sie  bei  dotterarmen  Eiern  anderer  Tiere  gar 
nicht  zum  Ausdruck  kommt,  und  daß  hier  die  ersten  Teilfurchen  auch 
unter  normalen  Verhältnissen  mit  der  Vertikalen  alle  Winkel  bilden 
können  (0.  Hertwig). 

Durch  die  Experimente  und  Erwägungen  von  Born,  Hertwig 
und  Roux  ist  die  PPLtJGER'sche  Lehre  von  der  polarisierenden  Wir- 
kung der  Schwerkraft  endgiltig  widerlegt.  Dagegen  bleibt  nach  wie 
vor  der  Satz  unanfechtbar,  daß  das  Amphibienei  vermöge  seiner  Zu- 
sammensetzung aus  Teilen  von  verschiedener  specifischer  Schwere, 
die  vermöge  der  Plasticität  des  Materials  gegeneinander  verschiebbar 
sind,  von  der  Einwirkung  der  Schwerkraft  in  hohem  Maße  abhängig 
ist,  daß  die  Schwerkraft  auf  seinen  Entwickelungsgang  einen  großen 
Einfluß  ausübt.  Darüber,  wie  mau  sich  im  genaueren  diesen  Einfluß 
vorzustellen  hat,  ist  eine  lebhafte  Kontroverse  entstanden,  bei  welcher 
Roux  das  eine,  Oscar  Schultze  das  andere  Extrem  vertritt.  Roux 
ist  der  Ansicht,  daß  ein  Froschei  sich  ganz  normal  entwickeln  würde, 
wenn  man  die  Schwerkraftwirkung  ganz  ausschalten  könnte.  Das  Ei 
würde  dann  aus  eigenem  inneren  Antrieb  alle  die  zur  Entwickelung 
nötigen  Materialumlagerungen  bewirken ;  der  gesamte  Entwickelungs- 
gang des  Eies  beruhe  auf  „Selbstdiflferenzierung". 

0.  Schultze  (1894,  1899,  1900)  dagegen  ist  der  Ansicht,  daß  ohne 
die  Einwirkung  der  Schwerkraft  eine  normale  Entwickelung  nicht  mög- 
lich sei.  Sie  ist  nötig,  „um  die  durch  die  Lebensvorgänge  im  Eierstock 
bedingte  Struktur  des  befruchteten  Eies  zu  erhalten''.  Aus  Schultzens 
Darstellung  ist  ferner  zu  entnehmen,  daß  er  die  Einwirkung  der  Schwer- 
kraft für  nötig  hält,  um  die  mit  Verlagerung  des  Schwerpunktes  einher- 
gehenden und  daher  zu  Rotationen  der  gesamten  Eikugel  führenden 
Zellverschiebungen  bei  der  Gastrulation  zu  ermöglichen. 

Welche  Vorstellungen  sich  0.  Schultze  von  der  Art  der  Schwer- 
kraftwirkung  macht,  ist,  wie  das  schon  von  anderen  Forschern  hervor- 


Furchungsprozeß.  615 

gelioben  wurde,  nicht  recht  klar.  Er  knüpft  mit  seinen  Ausführungen 
an  die  Arbeiten  Pflüger's  und  an  die  Lehre  von  Sachs  über  die 
ßaryniorphosen  bei  den  Pflanzen  an.  Daraus  könnte  man  schließen, 
daß  der  Verfasser  an  einen  unmittelbaren  EinÜuß  auf  die  den  Ent- 
wickelungsgang  bestimmenden  aktiven  Bestandteile,  Kern  und  Proto- 
plasma, denkt."  Seine  Ausführungen  im  einzelnen  würden  sich  dagegen 
sehr  gut  mit  der  Anschauung  vertragen,  daß,  wie  es  oben  auseinander- 
gesetzt wurde,  der  Einfluß  der  Schwerkraft  nur  durch  die  Anwesen- 
lieit  des  schweren  Dotters  bedingt  würde,  daß  die  richtige  Anordnung 
und  Umlagerung  desselben  nur  durch  die  unterstützende  Wirkung  der 
Schwerkraft  ermöglicht  werde.  Im  letzteren  Falle  würde  sich  seine 
Anschauung  mit  der  Anschauung  0.  HertW'Ig's  decken. 

Zur  Verteidigung  ihrer  Ansicht  berufen  sich  sowohl  Roux  wie 
ScHULTZE  auf  Experimente.  Die  Experimente  Roux's  haben  wir 
schon  kennen  gelernt.  Es  fragt  sich:  ist  bei  denselben  in  der  That 
jegliche  Wirkung  der  Schwerkraft  aufgehoben?  Von  verschiedenen 
Forschern  [Keibel  (1902),  Morgan  (1901,  1902)],  auch  von  solchen, 
die  sachlich  mit  Roux  übereinstimmen  (Kathariner),  wird  diese 
Frage,  und  zwar  mit  Recht,  verneint.  Da  das  die  Eier  tragende  Rad 
in  einer  bestimmten  Ebene  rotiert,  so  würde  zunächst  kein  Grund 
vorliegen,  daß  eine  etwaige  symmetrische  Beschaffenheit  des  Eies  auf- 
gehoben würde ;  es  würde  vielmehr  zu  erwarten  sein,  daß  das  Ei  sich 
mit  seiner  Symmetrieebene  in  die  Rotationsebene  des  Rades  einstelle. 
Auch  muß  in  einem  Teile  des  Umganges,  welcher  je  nach  dem  Ort, 
an  den'^  man  die  Rotation  beginnt,  ein  verschiedener  sein  würde,  die 
Schwerkraft  in  normaler  oder  nahezu  normaler  Richtung  wirken.  In 
dem  anderen  Teile  des  Umganges  wird  aber  die  nunmehr  entgegen- 
gesetzte Wirkung  nicht  zur  vollen  Geltung  kommen,  Aveil  das  in  seinen 
Hüllen  frei  bewegliche  Ei  etwas  seine  Einstellung  verändern  wird, 
wejin  ihm  auch  die  Zeit  fehlen  wird,  eine  völlig  normale  Einstellung 
zu  erzielen.  Am  wenigsten  wird  das  bei  den  sogenannten  „Ueber- 
schlagseiern"  der  Fall  sein.  Aber  auch  hier  wird  sicherlich  ein  Rest 
normal  wirkenden  Schwerkrafteffekts  übrig  bleiben. 

Unter  diesen  Verhältnissen  beschloß  Kathariner  (1901.1902), 
einen  anderen  Weg  des  Experimentierens  einzuschlagen;  er  ließ  die 
Eier  durch  einen  starken  in  das  Wasser  eingepumpten  Luftstrom 
beständig  herumwirbeln.  In  ähnlicher  Weise  experimentierte  Morgan 
(1902).  Die  Versuchsanordnung  beider  Forscher  stimmt  im  Prinzip 
mit  einem  auch  von  Roux  angestellten  Experiment  überein,  nur  daß 
Roux  zum  Herumwirbeln  der  Eier  einen  Wasserstrahl  benutzte.  Die 
Eier  entwickelten  sich  in  allen  diesen  Fällen  normal,  nur  in  dem  be- 
wegten Wasser  langsamer,  was  Kathariner  auf  Rechnung  der  durch 
stärkere  Verdunstung  bewirkten  Abkühlung  zurückführt.  Ob  indessen 
bei  dem  regellosen  Herumstrudeln  die  Eier  in  der  That  so  sehr  ihre 
Stellung  zur  Richtung  der  normalen  Schw^erkraftwirkung  verändern, 
daß  letztere  jedes  Einflusses  beraubt  würde,  muß  abermals  fraglich 
erscheinen.  Und  so  kann  man  wohl  mit  Moszkowski  sagen,  daß 
durch  keines  der  genannten  Experimente  ein  zwingender  Beweis  für 
die  Roux'sche  Ansicht  erbracht  ist. 

Das  Gleiche   gilt  aber   noch   in    höherem  Maße   von    den  Gegen 


a 


beweisen,  welche  die  Notwendigkeit  des  richtenden  Einflusses  der 
Schwere  darthun  sollten.  Hierbei  kommen  besonders  zwei  Experimente 
0.  Schultze's  in  Betracht.  0.  Schultze  befestigte  Eier  in  normaler 
Stellung  in   vollkommener,  jede   Rotation   verhindernder   Zwangslage. 


610  R.  Hertwig, 

Die  erste  Zeit   ging   die  Eiitwickelung   normal    vor   sich,    später  aber, 
wenn  die  Gastrulation    kommen    sollte,    trat  ,,Dotterdurclibruch''    ein:- 
am  nnteren  Pol  verloren  sich  die  Zellgrenzen,   indem  die  Furchungs- 
kngeln    untereinander  verschmolzen,  und  der  schwere  Nahrungsdotter 
die    uni)igmentierte    Plasmarinde    des    Eies    durchbrach.      Schultze 
deutet   den  Versuch    in  der  Weise,    daß  bei  beginnender  Gastrulation 
Lageverschiebungen  des  Zellmaterials  eintreten  müssen,  welche  nur  ein- 
treten können,  wenn  die  Eier  sich  unbehindert  dem  richtenden  Einfluß 
der  Schwerkraft  anpassen  können.     Tliatsächlich   handelt  es  sich  aber 
beim  Experiment  nicht  um  eine   Ausschaltung  der  normalen  Wirkung 
der  Schwerkraft,  sondern  um  Verwendung  der  Schwerkraft  in  abnormer, 
schädigender  Weise.    Lageverändei'ungen,  welche  sich  im  Ei  vollziehen 
sollten,  werden  unmöglich  gemacht,  weil  der  schwere  Nahrungsdotter  in 
seiner  ursprünglichen  Stellung  durch  die  Schwerkraft  festgehalten  wird. 
Noch   klarer   ist  es   beim   zweiten  Experiment,    daß  hier  nur   der 
Nachweis  gebracht  ist,  daß    die  Verwendung   der   Schwerkraft  in   ab- 
normer Weise  die  Eier   schädigt,    wodurch  natürlich   ihre  Notwendig- 
keit für   eine   normale  Entwickelung   nicht  erwiesen  ist.     Dieser  Ein- 
wurf ist   daher   auch   von  den   verschiedensten  Seiten   schon  gemacht 
worden    (Boveri,    Roux,    Kathariner,    Moszkowski).      Schultze 
ließ  Eier,  in  Zwangslage  befestigt,  an  einem  Klinostaten  (einem  senk- 
recht  sich    umdrehenden    Rad)    so    langsam    rotieren ,    daß    innerhalb 
4  Stunden  eine  Umdrehung  beendet  wurde.    Die  Eier  verfärbten  sich 
grau  und  starben  sehr  frühzeitig  ab.    Dieses  Resultat  ist  nicht  wunder- 
bar.   Denn  indem  die  Schwerkraft  auf  die  Gruppierung  der  im  Ei  ver- 
teilten   ungleich  schweren  Massen  in   beständig  wechselnder  Richtung 
wirkte,  mußte  ein  völliges  Durcheinanderrühren  der  Teile  bewirkt  und 
somit  jede  Entwickelung  unmöglich  gemacht  werden.    Und  so  kommen 
wir  zum  Endresultat,  daß  die  vielen  angestellten  Experimente  und  die 
an  sie  geknüpften  Erörterungen  und  scharfen  Polemiken  zu  keinem  be- 
stimmten Entscheid  geführt  haben,  außer  demeinen,  daß  ein  polari- 
sierender  Einfluß    auf  die    aktiven    Z e  1 1  b e s t a n d t e i  1  e   im 
Sinne  Pflüger's   nicht   angenommen  werden  kann.     Da  im 
Ei  Substanzen  von  verschiedener  specifischer  Schwere  enthalten  sind, 
so  gewinnt  die  Schwerkraft  Einfluß  auf  ihre  Anordnung  und  ihre  Um- 
lagerungen.     Ob    aber   die  Schwerkraft   für   diese  Prozesse    nötig   ist, 
ob    das  Ei    in    einem    der  Schwerkrafts Wirkung   entzogenen  Raum  die 
specifischen  Anordnungen    und  Umlagerungen   nicht   aus   sich   heraus 
bewirken  könnte,  ist  unentschieden,  freilich  auch  eine  Frage  von  unter- 
geordneter Bedeutung,  da  es  sich  im  besten  Falle  nur  um  Anpassungs- 
erscheinuugen  dotterreicher,  telolecithaler  Eier,   nicht  um  ein  das  Or- 
ganische beherrschendes  Fundamentalprinzip  handeln  würde. 

Indem  durch  die  Einwirkung  der  Schwerkraft  eine  bestimmte  Ein- 
stellung des  Eies  und  unter  Umständen  sogar  eine  der  Schwerkrafts- 
wirkung conforme  Umgruppierung  seiner  Bestandteile  herbeigeführt 
wird,  der  Art,  daß  die  specifisch  leichteren  Substanzen  nach  aufwärts 
(animaler  oder  Hauptpol),  die  schweren  nach  abwärts  gewandt  sind 
(vegetativer  oder  Gegenpol),  ist  ein  bestimmter  Durclimesser  des  Eies 
als  Furchungsachse  festgelegt.  Durch  die  Furchungsachse  sind  aber 
zunächst  zahllose  Teilungsmeridiane  möglich.  Und  so  fragt  sich 
weiter:  welche  Momente  entscheiden  über  den  tliatsächlich  zur  ^'er- 
wendung  kommenden  Meridian V  Ist  es  der  Zufall,  oder  ist  es 
eine  konstante,  bilateral  symmetrische  Struktur  des 
E  i  e  s  V      Im    letzteren    Falle    wäre    dann    weiter    zu    e  n  t  - 


Furchungsprozeß.  617 

scheiden,  ob  diese  bilaterale  Symmetrie  schon  ^•  o r  der 
B e f  r  u c h  t iin  g  v o i- h a  n  d e  n  ist  oder  erst  durch  das  Ein- 
dringen des  Spermatozoons  hervorgerufen  wird. 

Durch  Beobachtung  läßt  sich  mit  Sicherheit  ausschließen,  daß  die 
Reifungs Vorgänge  irgendwelchen  bestimmenden  Einfluß  ausüben. 
Der  Ort.  an  welchem  die  Richtungskörper  gebildet  werden,  ist  bei 
Froscheiern  noch  lange  Zeit  nach  der  Befruchtung  an  der  Fovea  ger- 
minativa  zu  erkennen.  Diese  aber  hat  ein  sehr  wechselndes  Lage- 
verhältnis zur  ersten  Teilfurche,  indem  sie  bei  manchen  Eiern  in 
verschiedener  Weise  von  der  Furche  durchschnitten  wird,  bei  anderen 
Eiern  abseits  von  ihr  liegt.  Nach  Roux  (1S87)  wird  die  Lage 
der  e  r  s  t  e  n  M  e  r  i  d  i  0  n  a  1  f  u  r  c  h  e  durch  d  i  e  B  e  f  r  u  c  h  t  u  n  g  be- 
stimmt, und  zwar  soll  der  erste  F  u  r  c  h  u  n  g  s  m  e  r  i  d  i  a  n . 
wie  schon  oben  kurz  angedeutet  wurde  (p.  510)  einmal 
durch  die  E  i  m  i  1 1  e ,  zweitens  durch  die  K  o })  u  1  a  t  i  o  n  s  - 
bahn  des  Spermatozoons  verlaufen.  Die  Berechtigung  dieses 
Satzes,  welcher  durch  Beobachtungen  Wilson's  am  Seeigelei,  also  an 
einem  ganz  anderen  Objekt,  eine  kräftige  Stütze  erfährt,  läßt  sich  bis 
zu  einem  gewissen  Grad  von  Sicherheit  durch  direkte  Beobachtung 
kontrollieren,  da  der  Weg  des  eindringenden  Spermatozoons  im  Ei 
durch  eine  Pigmentstraße  bezeichnet  wird,  welche  sich  noch  lange  Zeit 
während  der  Eifurchung  erkennen  läßt.  In  der  That  sind  Roux  (1887) 
und  ScHULTZE  (1899c)  zu  dem  Resultat  gekommen,  daß  bei  Eiern, 
welche  in  der  Richtung  der  beginnenden  Meridianfurche  geschnitten 
W'Urden,  die  Pigmentstraße  der  Kopulationsbahn  in  den  dem  Furchungs- 
mei'idian  entsprechenden  Schnitten  enthalten  war.  Ja,  selbst  auf  vor- 
gerückten Blastulastadien  soll  die  Pigmentbahn  des  Spermatozoons, 
nunmehr  auf  viele  Zellen  verteilt,  noch  erkennbar  sein  und  in  die 
Symmetrieebene  der  Blastula  fallen,  welche  ihrerseits  wieder  mit  der 
ersten  Furchungsebene  identisch  sei  (0.  Schultze).  Andere  Forscher 
bestreiten  die  allgemeine  Giltigkeit  dieser  Angaben  :  es  soll  die  Pigment- 
straße des  Spermatozoons  die  Furchungsebene  kreuzen  können;  auch 
sei  der  Endabsclmitt  der  Bahn  eine  diffuse  Pigmentmasse,  an  der  man 
keine  bestimmte  Richtung  erkennen  könne;  ferner  verlaufe  der  letzte 
Teil  des  Weges  des  Spermakernes  außerhalb  der  Pigmentstraße,  so  daß 
die  Richtung  derselben  keinen  Schluß  auf  die  Richtung,  in  welcher  Ei- 
und  Spermakern  zusammenstoßen,  gestatte  (Michaelis  1897*).  Aber 
auch  wenn  wir  die  Allgemeingiltigkeit  der  von  Roux  und  Schultze 
gemachten  Angaben  einräumen,  so  würde  dadurch  der  bestimmende 
Einfluß  der  Befruchtung  noch  nicht  erwiesen  sein.  Es  wäre  sehr 
wohl  denkbar,  daß  die  Koincidenz  der  Ebene  der  Kopulationsbahn 
und  der  Furchungsebene  durch  einen  dritten  Faktor  bestimmt  ist. 
die  bilateral  symmetrische  Struktur  der  Eizelle.  Eine  der  Befruchtung 
vorausgehende  bilaterale  Symmetrie  des  Eies  ist  für  Rana  esculenta 
bekannt,  noch  auffälliger  ist  sie  bei  den  etwas  langgesti'cckten  Eiern 
der  Tritonen.  Da  bei  letzteren  die  erste  Furche  fast  stets  senkrecht 
zur  Längsachse  durchschneidet,  ist  ihre  Lage  schon  vor  der  Befruchtung 
bestimmt.  Unter  diesen  Verhältnissen  ist  es  von  der  größten  Wichtig- 
keit, die  Resultate  der  sogenannten  „lokalisierten  Befruchtung",  welche 
Neavport  und  Roux  bei  Fröschen  ausgeführt  haben,  erneut  auf  ihre 
Beweiskraft  hin  zu  prüfen  und  die  Methode  auch  an  anderen  Objekten 
zu  erproben.  Die  genannten  Autoren  impften,  wie  in  dem  Kapitel 
..über  Befruchtung"  auseinandergesetzt  wurde,  mit  einer  (ilaskanüle 
Samen  bis  in  die  nächste  Nachbarschaft  des  in  normaler  Lage  fixierten 


618  R.  Hertwig, 

Eies  in  die  Gallerte  ein  und  glaubten  damit  die  Eintrittsstelle  des 
Spermatozoons  lokalisiert  zu  haben.  Die  erste  Furche  soll  dann  stets 
in  der  Richtung  nach  dem  Ort  der  lokalisierten  Befruchtung  verlaufen  : 
es  sei  damit  dem  Expeiimentator  ermöglicht,  durch  die  "Wahl  des 
Befruchtuugsmeridians  die  Lage  der  Furchungsebene  im  voraus  zu 
bestimmen.  Indessen  selbst  für  den  Fall,  daß  dieses  Ergebnis  voll- 
kommen sichergestellt  sein  sollte,  so  würde  nicht  erwiesen  sein,  daß 
die  Befruchtung  als  solche  es  ist,  welche  das  Ergebnis  bewirkt  und 
nicht  vielmehr  mit  dem  Experiment  verbundene  Begleiterscheinungen. 
Es  wäre  sehr  gut  denkbar,  wie  Moszkowski  (1901,  1902)  annimmt, 
daß  die  Art  des  Experimentierens  eine  Neigung  der  Eiachse  nach  der 
Impfstelle  verursacht  und  dadurch  dem  um  diese  Zeit  noch  in  Zwangslage 
befindlichen  Ei  einen  „Strömungsmeridian"  (Born)  aufnötigt,  welcher 
Befruchtungsebene  und  Symmetrieebene  gemeinsam  bestimmt  (vgl.  p.541). 

Außer  dem  Impfverfahren  bediente  sich  Roux  noch  zweier  anderer 
Methoden.  1)  Er  schnitt  in  einem  bestimmten  Meridian  die  Gallerte  mit 
einer  Scheere  ein  und  übertrug  mittelst  eines  Pinsels  Sperma  in  den 
Grund  der  Furche.  2)  Er  legte  einen  Seidenfaden  auf  die  Gallerte  eines 
senkrecht  mit  der  Axe  fixierten  Eies,  so  daß  er  in  einem  Meridian  nahe 
zum  schwarzen  Pol  reichte ;   der  Faden  wurde  dann  mit  Samen  befeuchtet. 

Wie  schon  früher  gelegentlich  allgemeiner  Erörterungen  aus- 
einandergesetzt wurde,  ist  die  Frage,  ob  der  Furchungsmeridian 
durch  die  Befruchtung  bestimmt  werde,  für  die  Evolutionstheorie  von 
der  allergrößten  Bedeutung.  Denn  wenn  durch  die  erste  Teilung 
eine  Sonderung  in  qualitativ  verschiedene  Teile  herbeigeführt  wird, 
so  muß  auf  diesen  für  die  gesamte  Organogenese  äußerst  wichtigen 
Vorgang  die  männliche  Geschlechtszelle  den  gleichen  Einfluß  ausüben 
wie  die  weibliche.  Wir  werden  mit  diesen  Erwägungen  auf  eine  zweite 
viel  umstrittene  Frage  geführt,  auf  die  Frage  nach  der  Beziehung 
der  F  u  r  c  h  u  n  g  s  e  b  e  n  e  n  zur  Organisation  des  ausgebil- 
deten Tieres.  Bekanntlich  haben  die  Eier  der  Amphibien  im  Streit 
der  Epigenetiker  und  Neo-Evolutionisten  eine  wichtige  Rolle  gespielt 
und  das  am  häufigsten  verwandte  Untersuchungsmaterial  geliefert,  als 
es  zu  entscheiden  galt,  ob  das  Ei  durch  die  einzelnen  Furchungs- 
schritte  in  Teile  von  verschiedener  Qualität  zerlegt  werde 
(Evolutionstheorie,  Theorie  der  organbildenden  Keimbezirke)  oder  in 
gleichartige  Teile,  deren  späteres  Schicksal  durch  die  re- 
lative Lagerung  im  Keim  bestimmt  werde  (Theorie  der  Epi- 
genesis).  Zunächst  mußte  durch  Beobachtung  festgestellt  werden,  ob 
ein  gesetzmäßiger  Zusammenhang  zwischen  der  Lage  der  Furchungs- 
ebenen  und  der  späteren  Anordnung  der  Organe  nach  den  Haupt- 
ebenen des  Tieres:  Sagittalebene,  Frontal-  und  Trausversalebene 
existiert.  Für  Anuren  hat  sich  herausgestellt,  daß  im  allgemeinen 
die  erste  Furchungsebene  in  ihrer  Lage  der  Sym  metrie- 
ebene  des  ausgebildeten  Tieres  entspricht.  Von  den 
beiden  Blastomeren  liefert  somit  die  eine  vorwiegend  das  Material  für 
die  linke,  die  andere  für  die  rechte  Seite  (Pflüger,  Newport,  Roux, 
0.  ScHULTZE  u.  a).  Die  zweite  zur  ersten  Ebene  und  zur  Horizontal- 
ebene senkrechte  Furchung  würde  —  so  nahm  man  lange  Zeit  an  — 
die  cephale  und  caudale  Region  des  Körpers  sondern  und  somit  eine 
Transversalebene  sein.  Nun  läßt  sich,  wie  oben  gezeigt  wurde, 
wenigstens  im  Ei  unserer  einheimischen  Frösche  schon  am  be- 
fruchteten Ei  (vielleicht  sogar  schon  am  unbefruchteten)  ein  Unter- 
schied  nicht   nur  zwischen  Links  und  Rechts,  sondern  auch  zwischen 


Furchungsprozeß.  619 

Vorn  und  Hinten  erkennen.  Die  eine  Seite  des  Eies  ist  dadurch 
charakterisiert,  daß  hier  die  Befruchtungsstelle  gelegen  ist,  die  andere 
dadurch,  daß  1)  die  helle  durch  das  graue  Feld  vergrößei'te  Sphäre 
höher  hinaufreicht  als  am  entgegengesetzten  Ende,  2)  die  zweite  Furche 
öfters  nacli  ihr  zu  aus  der  Mitte  heraus  verschoben  ist,  was  zur  Folge 
hat,  daß  die  dem  betreffenden  Ende  angehörigen  Blastomeren  nicht 
nur  auf  dem  Stadium  der  Vierteilung,  sondern  auch  auf  vorgerückten 
Blastulastadien  kleiner  sind  als  die  genau  entgegengesetzten.  Welche 
von  den  beiden  Seiten  ist  nun  die  caudale,  welche  die  craniale?  New- 
PORT  und  0.  ScHULTZE  erklären  die  kleinzelHge,  durch  das  graue  Feld 
charakterisierte  Seite  für  die  caudale,  die  Eiachse  für  dorso-ventral.  Roux 
(1883)  vertrat  ursprünglich  die  gleiche  Auffassung,  verließ  dieselbe  aber 
später  (1887,  1888b)  und  behauptete,  daß  das  caudale  Ende  im  Sinne 
Schultze's  das  craniale  sei,  daß,  was  dieser  für  dorsal  erkläre,  thatsäch- 
lich  ventral  liege.  In  den  letzten  Jahren  hat  noch  eine  dritte  von  Kopsch 
(1900)  zuerst  geäußerte  Ansicht  Anhänger  gefunden  (H.  V.  Wilson, 
Helen  King  (vergi.  Gastrulation)  Ikeda  1902).  Nach  ihr  würde  die 
Furchungsachse  mit  der  dorso-ventralen  Mittellinie  des  Embryo  einen 
Winkel  beschreiben  der  Art,  daß  sie  von  caudal  oben  nach  cranial  unten 
verlaufen  würde.  Spemann  (1902)  geht  auf  Grund  von  Untersuchungen 
an  Tritoneiern  sogar  noch  w^eiter ;  nach  ihm  würde  die  Meridionalfurche 
der  Anuren,  welche  Roux  und  0.  Schultze  übereinstimmend  mit  der 
Transversalebene  identifizierten,  die  Frontalebene  bezeichnen,  so  daß  das 
durch  sie  gesonderte  Material  nicht  cranialen  und  caudalen,  sondern  dor- 
salen und  ventralen  Teilen  entsprechen  würde.  Diese  Widersprüche 
hängen  mit  einer  verschiedenen  Auffassung  des  Gastrulationsvorganges 
zusammen,  worüber  erst  in  einem  späteren  Kapitel  gesprochen  werden 
kann. 

Roux  folgert  nun  weiter,  daß,  wie  durch  die  erste  Meridional- 
furche das  Links  und  Rechts,  durch  die  zweite  das  \'orn  und  Hinten 
bestimmt  sei,  so  mit  jeder  weiteren  Teilung  ein  bestimmtes  Zell- 
material für  ganz  bestimmte  Orgaue  individualisiert  werde,  und  nicht 
nur  das  Zellmaterial,  sondern  auch  die  für  die  betreffende  Organ- 
bildung nötigen  „gestaltenden  und  differenzierenden  Kräfte"'. 

Genauere  Untersuchungen  haben  die  Tragweite  dieser  Verall- 
gemeinerungen sehr  abgeschwächt.  Roux  (1887,  1894)  kam  selbst 
zum  Resultat  und  wurde  in  dieser  Ansicht  von  Bataillon  (1897)  unter- 
stützt, daß  bei  Eiern,  welche  sich  im  gepreßten  Zustand  (Born  1893) 
oder  in  Zwangslage  entwickeln,  die  erste  Furchnngsebene  gewöhnlich 
zu  der  späteren  Symmetrieebene  senkrecht  steht,  also  nach  seiner  An- 
sicht eine  Transversalebene  ist.  Roux  deutet  diese  Erscheinung  durch 
die  Annahme,  daß  ein  „Anachronismus"  der  Furchen  vorliege:  jede 
der  beiden  Meridionalfurchen  habe  auch  in  diesen  Fällen  ihren 
typischen  Charakter:  nur  der  Zeitpunkt  ihrer  Entstehung  könne  ab- 
geändert werden.  Indessen  dieser  Annahme  widersprechen  die  Unter- 
suchungen Pflüger's  (1883),  0.  Hertwig's  (1893)  und  Born's  (1894); 
denn  diese  Forscher  fanden,  daß  bei  gepreßten  Eiern  die  erste  Meridian- 
furche mit  der  späteren  Symmetrieebene  jeden  beliebigen  Winkel  bilden 
könne.  Born  fand  bei  seinem  Material  weiterhin,  daß  die  Symmetrie- 
ebene des  Embryo  mit  der  Ebene  des  Strömungsmeridians  des  Eies  zu- 
sammenfalle, d.  h.  mit  der  Ebene,  welche  bei  Eiern,  die  in  Zwangs- 
lage gehalten  werden,  die  Richtung  der  Strömungen  bezeichnet,  welche 
die  Umgruppierung  der  Eimaterialien  von  verschiedener  Schwere 
konform  der  Einwirkung  der  Schwerkraft  bewirken.    Wenn  bei  Eiern, 


620  R.  Hertwig 


die  sich  unter  normalen  Bedingungen  entwickeln,  die  Symnietrieebene 
des  Embryo  auch  mit  der  ersten  Furcliungsebene  identisch  ist,  so  hat 
das  darin  seinen  Grund,  daß  die  letztere  dann  ebenfalls  vom  Strömungs- 
nieridian  bestimmt  wird.  Wird  diese  Uebereinstimmung  von  Eurchungs- 
und  Strömungsmei'idian  aufgehoben,  so  ist  der  letztere  für  die  Sym- 
metrieebene maßgebend  ^). 

Indessen  ist  es  auch  unter  normalen  Verhältnissen  keineswegs 
ausgemacht,  daß  Symmetrieebene  und  Ebene  der  ersten  Meridianfurche 
vollkommen  zusammenfallen.     Im  Gegenteil! 

Durch  Verbesserung  der  Beobachtungsmethoden,  welche  das  Lage- 
verhältnis der  Symnietrieebene  des  Embryo  zur  ersten  Meridianfurche 
des  Eies  bestimmen  lassen,  kam  Kopsch  zu  dem  von  Roux  allerdings 
angefochtenen  Resultat,  daß  nicht  unbedeutende  Abweichungen  vor- 
kommen können,  welche  bei  den  von  ihm  beobachteten  Eiern  von 
R.  temporftria  auf  dem  Gastrulastadium  bis  zu  63^  betrugen.  Dies 
Resultat  steht  in  Uebereinstimmung  mit  den  Beobachtungen,  welche 
wir  später  bei  Teleostier-Eievn  kennen  lernen  werden.  Dazu  kommt 
ein  zweites !  Verfolgt  man  das  Schicksal  der  ersten  Teilfurche  wäh- 
rend der  weiteren  Stadien  des  Furchungsprozesses,  so  verliert  sie 
sehr  bald  den  Charakter  einer  glatt  durchschneidenden  Ebene,  wie  es 
die  Symmetrieebene  ist.  Durch  Bildung  von  Brechungsfurcheu,  durch 
ungleichen  Verlauf  der  Teilung  auf  der  einen  oder  anderen  Seite 
treten  Verschiebungen  ein,  so  daß  ursprünglich  links  gelegenes  Ma- 
terial auf  die  rechte  Seite  zu  liegen  kommt  und  umgekehrt.  In 
Würdigung  dieser  Verhältnisse  haben  die  Anhänger  der  Evolutions- 
theorie sich  zur  Hilfshypothese  von  den  „regulatorischen  Kräften'' 
entschließen  müssen.  Wenn  linksseitiges  Material  auf  die  rechte  Seite 
zu  liegen  kommt,  wird  sein  Charakter  umgeprägt.  Unter  dem  Einfluß 
seiner  neuen  Umgebung  verliert  es  seine  „selbständige  Diffe- 
renzierung", vermöge  deren  es  linksseitige  Organe  geliefert  haben 
würde,  und  erzeugt  infolge  „abhängiger  Differenzierung" 
rechtsseitige  Organe,  vielleicht  sogar  Organe  von  ganz  anderem  physio- 
logischem Charakter.  Noch  schwieriger  gestalten  sich  die  Verhält- 
nisse bei  der  zweiten  Meridionalfurche.  Wer  in  dem  einen  Quadranten- 
paar die  Anlage  der  vorderen,  in  dem  anderen  die  Anlage  der  hinteren 
Körperhälfte  erblickt,  läßt  die  Verschiebungen  außer  acht,  welche  bei 
der  Gastrulation  entstehen  und  durch  rotierende  Bewegungen  des 
Zellmaterials  Ursache  werden,  daß  Abkömmlinge  der  vorderen  ßlasto- 
meren  in  die  hintere  Hälfte,  der  hinteren  Blastomeren  in  die  vordere 
Hälfte  geraten  (0.  Hertwig,  Kopsch). 

Wenden  wir  uns  von  den  Anuren  zu  den  Urodelen,  so  fanden 
Ebener  (1895)  und  0.  Hertwig  (1893),  daß  die  erste  Teilungsebene, 
welche  senkrecht  zur  längsten  Achse  des  meist  etwas  ovalen  Eies 
verläuft,  in  der  Regel  das  „Vorn"  und  „Hinten"  (rsp.  „Craniodorsal" 
und  „Ventrocaudal"  Kopsch,  „Dorsal"  „Ventral"  Spemann)  trennt, 
während  die  Ebene  der  zw^eiten  Teilung  zur  Sagittalebene  des  Embryo 
werde.  Endres  (1895)  dagegen  kam  zum  Resultat,  daß  die  gleichen  Ver- 

1)  Welchen  geringen  Einfluß  die  Lage  der  ersten  Furchungsebene  für  sich 
allein  auf  die  Orientierung  des  Keimes  hat,  wurde  neuerdings  von  Boveri  (cf.  Lit- 
teratur  p.  592  1891)  für  Seeigeleier  bewiesen.  Diese  besitzen  eine  in  einer  bestimmten 
Pigmentverteilung  zum  Ausdruck  kommende  Polarität.  Durch  Deformierung  des  Eies 
kann  man  erzielen,  daß  die  ersten  Furchen  ,,zur  Eiachse  jeden  beliebigen  Winkel 
einnehmen ;  die  Polarität  der  Larve  ist  aber  unter  allen  Umständen  mit  der  des 
Eies  identisch".  Wie  die  Bilateralität  der  Amphibieularve,  so  wird  also  auch  die 
Polarität  des  öeeigelpluteus  nicht  von  dem  Furchungsrhythmus,  sondern  von  der 
Struktur  des  Eies  bestimmt. 


« 


Furchungsprozeß.  621 

hältnisse  wie  bei  den  Anuren  lieirscheii,  daß  die  erste  Teilfuiclie  in  der 
Richtuno-  der  späteren  Symmetrieebene  durchschneidet,  daß  Ausnahmen 
von  der  Regel  selten  sind  und  gewöhnlich  durch  äußere  Einflüsse 
hervorgerufen  werden.  Spemann's  Ergebnisse  (1901)  vermitteln 
zwischen  Ebener  und  Hertwig  einerseits,  Endres  andererseits, 
chließen  sich  abei-  mehr  den  ersteren  an,  indem  sie  lehren,  daß  die 
erste  ^Meridianfurche  häutiger  (in  Vs~^!i  aller  Fälle)  nicht  mit  der  Sa- 
gittaleliene  zusammenfällt.  Spemann  beobachtete  außerdem  Fälle,  in 
denen  die  erste  Furche  zwischen  Transversal-  und  Sagittalebene  eine 
vermittelnde  Stellung  einzunehmen  schien. 

Um  die  Befunde  bei  Urodelen  mit  denen  bei  Anuren  in  Einklang 
zu  bringen,  hat  man  abermals  auf  die  Lehre  vom  „Anachronismus 
dei-  Furchen''  zurückgegritten.  Jede  der  beiden  Meridionalfurchen 
habe  bei  beiden  Amphibiengruppen  in  Bezug  auf  die  spätere  Organ- 
bildung den  gleichen  Charakter.  Wie  bei  gepreßten  Anuren-Eiern, 
so  entstehe  auch  bei  Urodelen-Eiern  aus  uns  unbekannten  Gründen  in 
der  Regel  die  zweite  Furche  zuerst.  Diese  Ansicht  setzt  voraus,  daß 
es  sich  bei  der  Entwickelung  der  einzelnen  bestimmt  charakterisierten 
Teilfurchen  um  ein  ..Entweder-Oder"  handle.  Das  trifft  aber  that- 
sächlich  gar  nicht  zu.  Vielmehr  sind  die  hierbei  ins  Auge  gefaßten 
Möglichkeiten  nur  zwei  extreme,  allerdings  am  häufigsten  vorkommende 
Fälle,  zwischen  denen  es  die  verschiedensten  Uebergänge  giebt 
(KoPSCH  für  Anuren,  Spemann  für  Urodelen).  Aus  dieser  Sach- 
lage erwachsen  der  Roux'schen  Ansicht  große  Schwierigkeiten.  Die- 
selben vergrößern  sich,  wenn  man  versucht,  bei  den  enorm  dotter- 
reicheu  Eiern  von  Salamandra  maculosa  die  Symmetrieebene  des  Em- 
liryo  auf  die  ersten  Furchungsebenen  zurückzuführen.  Wenn  auch 
über  diesen  Punkt  noch  keine  zusammenhängenden  Beobachtungen  vor- 
liegen, so  läßt  doch  die  große  Unregelmäßigkeit,  welche  häutig  schon 
bei  der  Bildung  der  ersten  Meridionalfurchen  herrscht  und  zu  einer 
auffälligen  Asymmetrie  der  ersten  Blastomereu  führen  kann,  es  jetzt 
schon  aussichtslos  erscheinen,  einen  gesetzmäßigen  Zusammenhang 
zwischen  den  ersten  Meridionalfurchen  und  der  Symmetrieebene  des 
Embryo  nachzuweisen.  Noch  hofl'nungsloser  würde  der  Versuch  sein, 
auch  in  den  dritten,  vierten  etc.  Furchungsstadien  nicht  nur  von 
Salamandra,  sondern  auch  aller  übrigen  Urodelen  ein  typisches  Ge- 
schehen zu  erkennen.  Das  dritte  Furchungsstadium  bei  den  Amphibien 
kann  durch  eine  Aequatorialfurche,  oder  durch  meridionale  oder  durch 
vertikale  Teilungen  repräsentiert  werden.  Es  können  aber,  wie  be- 
sonders die  Urodelen  lehren,  auch  Mittelformen  vorkommen.  Zur  Er- 
läuterung dieser  Verhältnisse  halje  ich  für  die  Tritoneier  durchgeführt, 
wie  die  einzelnen  Stücke  der  Aequatorialfurche  gleichsam  die  Tendenz 
besitzen,  vom  horizontalen  zum  vertikalen  Verlauf  abzulenken,  und 
zwar  häufig  in  den  einzelnen  Quadranten  desselben  Eies  in  ganz  ver- 
schiedener Weise,  so  daß  in  einem  Quadranten  noch  eine  horizontale 
Furche,  in  einem  zweiten  eine  schräg  verlaufende  Furche,  in  einem 
dritten  und  vierten  vielleicht  sogar  eine  vertikale  Furche  zustande 
kommen  kann,  was  dann  wieder  die  Anordnung  der  späteren  Furchen 
in  entscheidender  Weise  beeinflußt. 

Wer  ohne  Voreingenommenheit  alle  diese  Beobachtungen  auf  sein 
Urteil  wirken  läßt,  wird  zum  Resultat  kommen,  daß  zwischen  Furchung 
und  Furchungsprodukt  ein  notwendiger  Zusammenhang  besteht  — 
das    ist  ja    selbstverständlich  er   wird    aber   diesen    notwendigen 

Zusammenhang  nicht  so  formulieren,  daß  jeder  Furchungsschritt  eine 


622  R.  Hertwig, 

ganz  bestimmte  Aufgabe  in  der  ([ualitativen  Soiiderung  des  Keim- 
materials zu  erfüllen  hat.  Die  Aufgabe  des  Furchungsprozesses  ist 
vielmehr  ausschließlich  die  Zerlegung  des  Eies  in  kleinere  Stücke. 
Wie  dies  geschieht,  ist  für  das  normale  Zustandekommen  der  Ent- 
wickelung  von  untergeordneter  Bedeutung;  es  ist  nur  die  Folge  der 
in  und  außer  dem  Ei  gegebenen  Entwickelungsbedingungen.  Ver- 
schiedene Masse  und  verschiedene  Anordnung  des  Nahrungsdotters, 
wechselnde  Temperatur  und  wechselnde  chemische  Beschaftenheit  der 
Umgebung  werden  den  Verlauf  der  Furchung  modifizieren,  ohne  daß 
man  ein  Recht  hat,  von  Abnormitäten  zu  sprechen.  Und  so  entsteht 
die  bunte  Mannigfaltigkeit,  welche  wir  oben  kennen  gelernt  haben. 

Experimentelle  Untersucliuns^en.  Eine  noch  größere  Mannig- 
faltigkeit des  Furchungsprozesses,  als  sie  in  der  Natur  existiert,  kann 
durch  künstliche  Beeinflussung  des  Vorganges  herbei- 
geführt werden.  Wir  werden  hiermit  auf  die  zweite  Methode, 
welche  benutzt  worden  ist,  um  über  die  morphologische  Bedeutung 
des  Furchungsprozesses  in  Klarheit  zu  kommen,  übergeleitet,  die  ex- 
perimentelle Untersuchung. 

In  sehr  wirksamer  Weise  kann  man  den  Furchungsprozeß  durch 
Veränderung  der  Gestalt  des  Eies  abändern.  Namentlich  bei 
telolecithalen  Eiern,  wie  die  Eier  der  ÄmpMhien  sind,  werden  dadurch 
tiefgreifende  Veränderungen  in  der  Massenverteilung  von  Protoplasma 
und  Nahrungsdotter  herbeigeführt,  welche  nach  dem  HERTWia'schen 
Schema  auch  in  der  Anordnung  der  Teilfurchen  zum  Ausdruck  kommen 
müssen.  Pflüger  (1884),  Roux  (1883,  1894).  0.  Hertwig  (1893), 
Born  (1893,  1894*)  und  in  der  Neuzeit  auch  Bataillon  (1897)  ver- 
änderten die  Gestalt  des  Froscheies,  indem  sie  die  Eier  zwischen 
Glasplatten  zusammenpreßten,  entweder  in  der  Richtung  der  Haui)t- 
achse  oder  senkrecht  zu  derselben,  indem  sie  sie  ferner  in  enge  Röhr- 
chen einsaugten,  die  vertikal  oder  horizontal  gestellt  wurden.  In 
keinem  Fall  wurde  der  Druck  so  stark  gewählt,  daß  die  Drehfähigkeit 
des  Eies  vollkommen  aufgehoben  gewesen  wäre.  Aus  der  Fülle  der 
sich  hierbei  ergebenden  Modifikationen  können  nur  einige  wenige, 
welche  das  Prinzip  der  Abänderung  des  Furchungstypus  am  klarsten 
erkennen  lassen,  ausgewählt  werden. 

Verkürzung  der  Eiachse  durch  Druck  horizontal  gestellter  Glas- 
platten   (Fig.    A)    oder   zu  enger   Glasröhrchen    (B)    führte   zu   einer 

A  B 

Fig.  214.     Eier  von  Eana  temporaria 

auf  dem  3.  Furchungsstadium,  vom  ani- 
''  I  ■  '  malen    Pol    aus    gesehen,    A   zwischen 

'  horizontal    gestellten     Glasplatten    ge- 

1  i         presst,   B    in    ein   horizontal    gestelltes 

"■■  1  I        enges  Rohr  gesaugt.     (Nach  O.  Heet- 

-.  -i,„  -  WIG.) 

scheibenförmigen  oder  cylinderischen  Ausbreitung  des  Eies  und 
demgemäß  zu  einem  an  die  meroblastischen  Eier  der  Knochenfische  er- 
innernden Furchungstypus  (Verspätung  der  Aequatorialfurchuug). 
Es  entstanden  zunächst  2  gekreuzte  Meridionalfurchen,  von  denen  die 
erste  bei  Eiern  in  horizontalen  Röhrchen  stets  senkrecht  zur  Röhrchen- 
achse stand.  Dann  folgten  2  der  ersten  Meridioualfurche  parallele 
Vertikalfurchen.  Nachdem  so  8  in  zwei  Reihen  nebeneinander  stehende 
Blastomeren  geschaffen  waren,  trat  die  Aequatorialfurclie  auf. 


Furchimgsprozeß. 


623 


Bei  Pressung  zwischen  senkrechten  Glasplatten  und  in  senkrechten 
Röhrchen  und  dadurch  liedingter  Verlängerung  der  Eiachse  wird  um- 
gekehrt die  Aequatorialfurche  verfiüht.  Ich  berücksichtige  nur  Eier, 
welche  zwischen  Glasplatten  kultiviert  wurden.  Die  erste  Furche  ist 
meridioual.  (Fig.  210  la),  zeigt  abei-  eine  Tendenz  zur  Abweichung  vom 
vertikalen  Verlauf,  so  daß  oft  die  beiden  ersten  Furchuugskugeln  ungleich 
sind  (Fig.  215  II  u.  III).  Die  zweite  Furche  ist  äquatorial  (la).  kann  aber, 
wenn  die  erste  Furche  zur  Schrägstellung  abgelenkt  ist,  senkrecht  zur 
ersten  einfallend,  auch  einen  schrägen  Verlauf  einschlagen,  wodui'ch 
das  Ei   in    eine  kleinere,    2  mittlere    und    eine    große  Elastomere   ab- 


la 

B         A 


IIa 

B         , 


V 


Ib 


'  A 


B 


Fig.  215  I — III.  Furchuug  vou  Froscheiern,  welche  zwischen  senkrecht  gestellten 
Platten  gepreßt  wurden.  la  Stadium  der  Vierteilung  in  seitlicher  Ansicht.  Ib 
Stadium  der  Achtteilung,  vom  animalen  Pol  gesehen.  IIa  und  IIb  beginnende  und 
beendete  Vierteilung  bei  schräg  gestellter  Meridionalfurche  in  seitlicher  Ansicht.  Illa 
Achtteilung  bei  schräg  gestellter  Meridionalfurche  in  seitlicher  Ansicht.  Illb  dasselbe 
Ei,  vom  animalen  Pol  gesehen.     (Nach  O.  Hertwig.) 

geteilt  wird  (IIb).  Sind  die  ersten  2  Furchen  von  der  vertikalen -und 
horizontalen  Anordnung  nur  wenig  abgewichen,  so  sind  die  nächsten 
Furchen  wieder  vertikal,  aber  nicht  senkrecht  zur  ersten,  sondern  der- 
selben i)arallel,  d.  h.  eine  zweite  Meridionalfurche,  nächst  der  ersten 
die  konstanteste  Furche  im  Teilungsprozeß  des  Eies,  kommt  gar  nicht 
mehr  zur  Ausbildung  (Ib).  Noch  komplizierter  werden  die  Verhält- 
nisse bei  Schrägstellung  der  beiden  ersten  Furchen.  Denn  nun  werden 
durch  eine  Furche,  welche  in  ihrem  Verlauf  am  meisten  noch  einer 
Aequatorialfurche  verglichen  werden  könnte,  die  große  und  die  beiden 
Blastomeren  von  mittlerer  Größe  in  ungleiche  Stücke  geteilt  (Illa).  Die 
kleinste  polständige  Blastomere  wird  durch  eine  Meridionalfurche  in 
gleichwertige  Stücke  zerlegt  (Illb).  Man  sieht,  daß  man  durch  geeignete 
Anwendung  des  Druckes  und  der  Schwerkraftwirkuug  und  dadurch  be- 
dingte Veränderung  der  Dotteranordnung  Furchungstypen,  die  vom 
Normalen  völlig  abweichen,  ganz  nach  Belieben  erzielen  kann.  Gleich- 
wohl erhält  man  normale  Larven  wenn  die  Eier  rechtzeitig  aus  ihrer 
Zwangslage  befreit  werden. 

Dem  Experimentator  stehen  noch  eine  Reihe  weiterer  Mittel  zur 
Verfügung,  um  die  Furchung  des  Froscheies  abzuändern :  es  sei  über 
dieselben  hier  nur  mit  wenigen  Worten  referiert,  da  sie  ein  untergeord- 


624  K.  Hertwig, 

netes  Interesse  besitzen.  Ich  beginne  mit  den  Schwerkraftwir- 
kungen oder  Mech  an  omori)h  OS  en  (0.  Hertwig  1897,  1898*).  Man 
kann  die  Wirkung  der  Schwerkraft  durch  die  Wirkung  der  Centrifugal- 
kraft  ersetzen  und  letztere  so  sehr  steigern,  daß  die  Sonderung  des 
schwereren  Nahrungsdotters  und  des  leichteren  Protoplasma  das  Maß  des 
Normalen  überschreitet.  Man  kann  so  schließlich  die  Verliältnisse  eines 
meroblastischen  Eies  erzielen :  an  einem  Pol  konzentriert  sich  das  Proto- 
plasma zu  einer  Art  Keimscheibe,  nach  dem  anderen  Pol  zu  sammelt 
sich  der  Nahrungsdotter.  Dann  teilt  sich  nur  die  plasmatische  Scheibe, 
während  die  aus  Nahrungsdotter  bestehende  Hauptmasse  des  Eies  un- 
geteilt bleibt.  Nur  in  dem  an  die  abgefurchte  Scheibe  angrenzenden 
Abschnitt  des  Dotters  liegen  Kerne,  vergleichbar  den  Dotterkernen  der 
Teleostiereier.  Trotz  dieser  ganz  enormen  Abänderung  des  Furchungs- 
prozesses  entstehen  Larven,  die  im  vorderen  Abschnitt  im  ganzen  normal 
entwickelt  sind.  Nur  das  hintere  Ende  ist  mißgebildet,  weil  hier  die 
Dottermasse  lagert,  welche  einem  normalen  Ablauf  der  Entwickelung  ein 
mechanisches  Hindernis  in  den  Weg  setzt. 

Annäherung  an  den  Furchungstypus  meroblastischer  Eier  kann  man 
auch  diuxh  anderweitige  Schädigungen  des  Eies  erzielen,  wenn  dieselben 
auf  den  mit  Nahrungsdotter  beladenen  Abschnitt  rascher  wirken  und 
dessen  Abfurchung  verhindern  oder  verlangsamen,  während  der  proto- 
plasmareichere Teil  sich  weiterentwickelt.  Solche  Schädigungen  können 
durch  chemische  Agentien  sowie  durch  Temperatureinflüsse  hervor- 
gerufen werden.  Als  schädlich  wirkende  Lösungen  wurden  Kochsalz- 
lösung (Morgan  1893,  0.  Hertwig  1895),  Zuckerlösung  (Bataillox 
1901),  Lösungen  von  Lithionsalzen,  Nicotin  etc.  (Gurwitsch  1896)  benutzt. 
Bei  der  Wirkungsweise  vieler  dieser  Stoffe  ist  an  einen  chemischen 
Einfluß  sicher  nicht  zu  denken.  Wahrscheinlich  hat  Bataillon  recht, 
welcher  zur  Erklärung  osmotische  Vorgänge  heranzieht  und  die 
Herabsetzung  der  Lebensthätigkeit  der  Zelle  auf  Wasserentziehung 
(Anhydrisie)  zurückführt;  Bataillon  fand,  daß  eine  10-proz.  Zucker- 
lösung wie  eine  1-proz.  Kochsalzlösung  wirkt,  daß  die  Wirkungsweise 
in  gleicher  Weise  bei  Anwendung  9-proz.,  8-proz.  Zuckerlösung  herab- 
gesetzt wird,  wie  bei  <»,9-proz.,  0,8-proz.  Kochsalzlösung.  Er  schließt,  daß 
„isotone"  Lösungen  immer  den  gleichen  Effekt  haben.  In  anderen  Fällen, 
wie  z.  B.  bei  den  auch  auf  Seeigeleier  einen  ganz  merkwürdigen  Ein- 
fluß ausübenden  Lithionsalzen  (Herbst),  muß  wohl  an  einen  specifischen 
Einfluß  der  Lösungen  gedacht  werden,  zumal  als  die  Schädigungen,  welche 
während  der  Furchung  hervorgerufen  werden,  je  nach  den  angewandten 
Lösungen  an  verschiedenen  Organen  zum  Ausdruck  kommen  (Gurwitschl 
Eine  völlige  Unterdrückung  der  Teilung  auf  der  vegetativen  Seite,  wäh- 
rend am  animalen  Pol  die  Furchung  fortschreitet,  scheint  durch  die  an- 
gewandten Lösungen  nicht  erzielt  zu  werden,  nur  eine  Verlangsamung. 
So  fand  0.  Hertwig  bei  Eiern,  die  in  0,3 — 0,8-proz.  Kochsalzlösung 
kultiviert  wurden,  schon  eine  kleinzellige  Masse  am  animalen  Pol,  zu 
einer  Zeit,  in  der  am  vegetativen  Pol  8  große  Zellen  lagen. 

Lieber  den  Einfluß,  welchen  Temperatur  Veränderungen  auf 
den  Fortgang  der  Furchung  ausüben,  lauten  die  Angaben  nicht  voll- 
kommen übereinstimmend.  Sicher  ist,  daß  Temperatursteigerungen  über 
das  gewöhnliche  Maß  zunächst  den  Entwickelungsgang  beschleunigen, 
bis  ein  Grad  erreicht  wird,  wo  sich  intensive  Schädigungen  bemerkbar 
machen  (0.  Hertwig  1898).  Die  schädigende  Temperatur  liegt  für  die  im 
Sommer  laichende  R.  esculenta  höher  (32 — 33  ^  C)  als  für  die  im  Frühjahr 
laichende  B.  temporaria  (26  °).    Bei  den  genannten  Temperaturen  bleibt  die 


Furchungsprozeß.  625 

vegetative  Seite  nahezu  oder  völlig  ungeteilt,  die  animale  entwickelt  sich  da 
gegen  rasch,  ein  Furchungstypiis.  der  für  einen  Teil  der  Eier  von  R.  tem- 
poraria  schon  mit  24*^  erreicht  wird.  Daß  die  Embryonen,  welche  sich  aus 
derartigen  pathologiscli  abgefurchten  Eiern  entwickelten,  nicht  normal 
waren,  ist  selbstverständlich.  Abgesehen  davon,  daß  die  ungefurchte 
Dottermasse  die  als  Spina  bifida  bekannte  Mißbildung  hervorrief,  waren 
auch  sonst  vielfache  Verkrüppelungen  wahrnehmbar  (0.  Hertw^ig). 

Die  Frage  nach  der  Wirkungsweise  der  Kälte  ist  eine  kompliziertere, 
sie  wurde  gleichzeitig  von  0.  Hertwio  (1894,  1896)  und  0.  Scuultze  (1895) 
für  dasselbe  Objekt,  die  Eier  von  R.  temporaria,  geprüft.  Beide  fanden, 
daß  man  durch  Kultur  in  Wasser  von  0^  den  Entwickelungsprozeß 
zum  Stillstand  bringen  kann  und  daß  er  von  neuem  anhebt ,  wenn 
man  die  Eier  allmählich  erwärmt.  Nach  0.  Schultze,  der  freilich  keine 
Eier  zur  Zeit  der  Furchung,  sondern  auf  dem  Gastrulastadium  benutzte, 
ist  die  auf  die  Abkühlung  folgende  Entwickelung  eine  völlig  normale, 
selbst  wenn  sie  14  Tage  lang  durch  Kälte  sistiert  worden  war.  0. 
Hertwig  dagegen,  welcher  frisch  befruchtete  Eier  benutzte,  fand,  daß 
schon  24-stündige  Abkühlung  genüge,  um  Schädigungen  hervorzurufen, 
er  sucht  (1898)  diesen  auffallenden  Unterschied  durch  zwei  Momente  zu 
erklären:  1)  daß  die  Eier  auf  verschiedenen  Stadien  der  Entwickelung 
verschieden  empfindlich  sind,  2)  daß  die  Abkühlung  der  von  ihm  be- 
nutzten Eier  rascher  erfolgt  sei.  Beide  Vermutungen  bedürfen  der 
Prüfung.  Denn  man  sollte  eher  erwarten,  daß  eine  Hemmimg  der  Ent- 
wickelung um  so  weniger  schädlich  wirken  wird,  je  rascher  sie  einsetzt 
und  je  mehr  daher  unkoordinierte  Entwäckelungsprozesse  von  Kern  und 
Plasma  verhindert  werden.  Wenn  Kern  und  Protoplasma  gleichzeitig- 
äußer  Thätigkeit  gesetzt  werden,  liegt  auch  kein  Gfrund  vor,  daß  die 
Eier  auf  verschiedenen  Stadien  ein  verschiedenes  Reaktionsvermögen 
zeigen  sollten. 

Von  der  soeben  besprochenen  Wirkungsweise  der  Kälte  ist  sehr 
wohl  eine  zw^eite  zu  unterscheiden,  wenn  nämlich  die  Abkühlung  nicht 
so  bedeutend  ist,  daß  sie  die  Entwickelung  aufhebt,  sondern  nur  eine 
Verlangsamung  eintritt.  Schon  bei  1,0 — 2,5**  C  ist  bei  R.  temporaria 
Entwickelung  möglich ,  aber  die  Teilungen  treten  um  viele  Stunden 
später  ein  als  normalerweise.  Erst  12  Tage  nach  der  Befruchtung  beginnt 
die  Gastrulation,  und  am  30.  Tage  ist  noch  der  Urmund  als  kleiner 
weißer  Punkt  zu  sehen  (0.  Hertwig).  Da  bei  solchen  Kältehemmungen 
Kern  und  Protoplasma  nicht  gleichmäßig  betroffen  werden,  so  sind  bei 
ihnen  auf  die  Dauer  Störungen  der  Entwickelung  zu  erwarten.  In 
diesen  Fällen  wird  auch  der  Zeitpunkt,  in  welchem  die  Kälteeinwirkung 
einsetzt,  von  Wichtigkeit  werden:  besonders  muß  in  den  Zeiten  der  Be- 
fruchtung nach  allen  unseren  Erfahrungen  die  Entwickelungsverlangsamung 
das  Ei  sehr  schädlich  beeinflussen.  0.  Hertwig  (1898)  hat  denn  auch 
in  einem  Fall  frühzeitiger  Kältewirkung  erhebliche  Störungen  des 
Furchungsprozesses  beobachtet :  es  unterblieb  die  Bildung  der  Furchungs- 
höhle,  und  die  Eier  gingen  ohne  zu  gastrulieren  zu  Grunde.  In  einem 
zweiten  Fall,  in  welchem  die  Kältewirkung  später  begonnen  und  lang- 
samer gesteigert  wurde,  so  daß  die  Abkühlung  auf  1,5**  C  erst  auf  dem 
Stadium  der  Zweiteilung  erreicht  wurde,  war  bis  zum  Gastrulastadium 
keine  Schädigung  bemerkbar. 

Zu  Eesultaten,  welche  mit  den  hier  mitgeteilten  bei  R.  temporaria 
gewonnenen  Befunden  wenig  übereinstimmen,  kam  Chiarugi  (1897)  bei 
Salamandrina  perspicillata.  Chiarugi  brachte  die  Eier  frühzeitig,  kurz 
nach  der  Befruchtung  oder  zur  Zeit  der  ersten  Teilung,  allmählich  unter 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  40 


626  li.  Hertwig, 

den  Einfluß  von  Temperaturen,  welche  die  Entwickelung  sistieren  ( —  1  '^ 
=  0°).  Wenn  er  dann  durch  allmähliche  Erwärmung  die  Entwickelung 
wieder  einleitete,  blieben  manche  Eier  ungeteilt,  andere  teilten  sich 
abnorm,  wenige  normal.  Der  Prozentsatz  der  Eier,  welche  normale 
Larven  gaben,  war  größer  als  der  Prozentsatz  der  normal  gefurchten 
Eier.  Was  aber  besonders  sich  schwer  mit  den  für  R.  temporaria  ge- 
wonnenen Erfahrungen  vereinigen  läßt,  war  der  Umstand,  daß  die  Dauer 
der  Eutwickelungshemmung  einen  großen  Einfluß  ausübte,  insofern  von 
je  31  Eiern  bei  einer  Kälteeinwirkung  von  5 — 12  Stunden  24  sich  zu  nor- 
malen Embr3^onen  entwickelten,  bei  einer  Dauer  von  21 — 28  Stunden  nur  11. 

W^ie  ungenügend  die  bisherigen  Untersuchungen  über  die  Einwirkung- 
niederer  Temperaturen  auf  die  Entwickelung  der  Amphibieneier  sind,  geht 
am  besten  daraus  hervor  daß  0.  Schultze  bei  Erneuerung  seiner  Unter- 
suchungen (1899)  zu  ganz  anderen  Ergebnissen  als  früher  gekommen  ist : 
daß  die  Entwickelung  durch  Temperaturen  von  O — 1 "  C  nicht  zum 
Stillstand  gebracht,  sondern  nur  außerordentlich  verlangsamt  wird,  daß 
Eier,  welche  unmittelbar  nach  der  Befruchtung  in  Kälte  kultiviert  werden, 
bei  dieser  verlangsamten  Entwickelung  Störungen  erfahren,  welche  jedoch 
wieder  ausgeglichen  werden,  wenn  die  Kälteeinwirkung  nicht  über  14 
Tage  ausgedehnt  wird.  Wurden  Blastuiae  (bis  zu  5  Wochen)  und  Ga- 
strulae  der  Kälteeinwirkung  unterworfen,  so  entwickelten  sie  sich  ver- 
langsamt und  normal  weiter.  Zu  den  betreffenden  Versuchen  hatte  0. 
Schultze  die  gepaarten  Frösche  im  Eisschrank  aufb)ewahrt,  um  das 
Laichgeschäft  hinauszuziehen.  Es  ist  für  den  Verlauf  des  Experiments 
nun  sicherlich  nicht  gleichgiltig,  ob  vor  dem  Versuch  die  Eier  bei  0  '^ 
oder  10  oder  vielleicht  sogar  15  **  gehalten  wui-den,  ein  Punkt,  der  offen- 
bar bei  allen  Temperaturversuchen  nicht  die  genügende  Berücksichtigung 
erfahren  hat  und  dessen  Würdigung  manche  Widersprüche  aufklären  wird. 

Wir  haben  bisher  die  vielen  Modifikationen,  welche  der  Furchungs- 
prozeß  bei  den  Amphibien  in  der  Natur,  sowie  unter  künstlich  abge- 
änderten Bedingungen  erkennen  läßt,  besprochen,  um  auf  diesem  Weg 
seine  physiologische  Bedeutung  näher  kennen  zu  lernen  und  auf  den 
morphologischen  Wert  der  Blastomeren  Rückschlüsse  zu  machen. 
Letzteres  Problem  ist  nun  einer  noch  viel  unmittelbareren  experimentellen 
Prüfung  zugängig,  worauf  wir  jetzt  noch  einzugehen  haben.  Es  ist 
das  große  Verdienst  von  Ptoux,  die  experimentelle  Prüfung  des  den 
einzelnen  Furchungskugeln  der  Amphibien  zukommenden  morpho- 
logischen Wertes  zuerst  in  die  Hand  genommen  zu  haben.  Später 
beteiligten  sich  an  der  Lösung  der  Frage  Born,  0.  Hertwig,  0. 
Schultze,  Herlitzka,  Morgan,  Endres,  Spemann,  K.  Ziegler 
(1902)  u.  a.  Roux  (1888)  suchte  zuerst  zu  entscheiden,  was  auf  dem 
Stadium  von  zwei  Blastomeren  aus  der  einen  Blastomere  wird,  wenn 
man  die  andere  aus  der  Entwickelung  ausschaltet.  Da  es  ihm  nicht 
gelang,  die  eine  Blastomere  durch  Anstechen  und  Ausspülen  ganz  zu 
entfernen,  ohne  die  andere  zu  schädigen,  begnügte  er  sich  damit,  1) 
durch  Anstich  einen  Teil  der  Substanz  der  Furchungskugel  zu  ent- 
fernen, 2)  sie  durch  Einstechen  mit  einer  glühenden  Nadel,  wenn 
möglich  ohne  Schädigung  ihres  Partners,  abzutöten.  Substanzverluste 
auf  dem  Stadium  der  Zweiteilung  oder  auch  noch  später,  selbst  wenn 
dieselben  '  /^  des  Eies  ausmachten,  vertrugen  die  Eier  im  allgemeinen 
gut;  es  entstanden  normale,  etwas  verkleinerte  Embryonen,  bei  denen 
häufig,  aber  keineswegs  immer  lokale  Defekte  bemerkbar  waren. 
Dagegen  entstanden  interessante  Bildungen,  wenn  nach  Abtötung  oder 
intensiver  Schädigung   einer  Furchungskugel   durch  Hitze   die   zweite 


Furchungsprozeß. 


627 


erhalten  blieb  und  sich  weiterentwickelte.  In  besonders  klaren 
Fällen  l)ildete  sich  je  nach  der  operierten  Hälfte  eine  linke  oder  rechte 
Seniiniorula,    später   eine   Seniiblastula,    Semigastrula   und   schließlich 


Fig.  210. 


Fig. 


217, 


V  D 

Semigastrula  lateralis,  schräger  Längsschnitt. 
Semiblastula  vertiealis,  senkrechter  Mediauschnitt. 
In  beiden  Figuren :  F  Furchungshöhle,  Ee  Ektoblast,  En  Entoblast,  U  Urdarm, 
K  Kerne  der  operierten  Hälfte,   V  Vakuolen.     (Nach  Roux.) 


Fig.  216. 
Fig.  217. 


ein  Hemiembiyo,  welcher  nur  eine  Hälfte  der  Hirnblasen,  eine  Reihe 
von  Urwirbeln,  einen  halben  Urdarm  und  eine  Chorda  von  halber 
Dicke  ausbildete  (Hemiembryo  lateralis).  Eine  Weiterentwickelung 
bis  zur  Anlage  des  Gefäßsystems  wurde  nicht  versucht.  Lag  bei  dem 
operativen  Eingriff  ein  „Anachronismus  der  Furchen''  vor,  und  war 
die  füj-  die  Transversalebene  bestimmte  Furche  zuerst  entstanden,  oder 
war  auf  dem  Vierzellenstadium  operiert  und  dabei  das  vor  resp.  hinter 
der  Querfurche  gelegene  Material  zerstört  worden,  so  ergab  sich  die 
„gleiche  Selbständigkeit  der  Entwickelung  auch  der  vorderen  und  der 
hinteren,  resp.  der  beiden  vorderen  und  der  beiden  hinteren  Furchungs- 
kugeln  und  der  Gesamtheit  ihrer  Derivate ''.  Das  kann  nur  so  ver- 
standen werden:  es  entstand,  je  nachdem  die  craniale  oder  die  caudale 
Hälfte  eines  Embryo  zerstört  worden  war,  ein  Hemiembryo  an- 
terior oder  posteri.or,  wobei  die  Existenz  eines  Hemiembryo 
posterior  jedoch  recht  zweifelhaft  ist.  Roux  spricht  sich  hierüber 
immer  mit  großer  Reserve  aus;  was  um  so  wichtiger  ist,  als  alle 
anderen  Experimentatoren  behaupten,  nie  H.  posteriores  gesehen  zu 
haben.  Dagegen  giebt  er  mit  Bestimmtheit  an,  „nach  Zerstörung  von 
3  der  4  ersten  Furchungszellen  Viertelgastrulae  erhalten  zu  haben. 
Roux  (1888,  1892)  folgert  aus  seinen  Befunden :  „Jede  der  beiden 
ersten  Furchungszellen  enthält  alle  wesentlichen  ge- 
staltenden und  differenzierenden  Kräfte"  für  die  be- 
treffende Hälfte  eines  Embryo.  Die  Entwickelung 
„jeder  der  ersten  F  u  r  c  h  u  n  g  s  z  e  i  1  e  u  und  des  Komplexes 
ihrerDerivate"  ist  „Selbstdifferenzierung  zu  einem  be- 
stimmten Stück  des  Embryo",  sie  ist  nicht  eine  „Folge 
der  Zusammen  Wirkung  aller  Teile",  keine  „Folge  dif- 
ferenzierender Wechselwirkungen".  „Die  Furchung 
scheidet    den   die  direkte  Entwickelung  des  Individuums 

40* 


628  R.  Hertwig, 

voll  ziehen  den  Teil  des  Zellleibs  und  besonders  des 
K  e r  n  ni a t e r  i a  1  s  nach  Qualität  u  n  d  (^)  u  a n  t i  t ä t  in  typi- 
scher Weise."  „Die  En  twickelung  der  Fro  schgastrula 
und  des  zunächst  daraus  hervorgehenden  Embryo  ist 
von  der  zweiten  Furchung  an  eine  Mosaikarbeit,  und 
zwar  aus  mindestens  vier  vertikalen,  sich  selbständig 
entwickelnden  Stücken." 

Was  nun  den  Zustand  der  von  der  Entwickelung  ausgeschlossenen 
.,operierten"  Elastomere  anlangt,  so  war  sie  auch  auf  vorgerückteren 
Stadien  „nicht  in  Zellen  zerlegt,  noch  mit  normalen  Kernen  versehen"; 
auch  waren  in  ihr  „weder  Organe  noch  Keimblätter  regulär  oder 
irregulär  angelegt";  sie  bestand  „aus  einer  zum  Teil  blasig  zei'setzten 
Dottermasse",  welche  „mit  weit  über  eine  Zelle  großen  abnormen,  in 
unregelmäßigen  Gruppen  zusammenliegenden,  rot  imbibierten  Massen, 
event.  abnormen  Kernmassen  durchsetzt  war".  So  war  es  jedoch  nur 
in  wenigen  ganz  besonders  typischen  Fällen.  In  den  meisten  Fällen 
„war  mit  der  Bildung  eines  linken  oder  rechten  halben  Embryo  die 
Leistungsfähigkeit  der  unversehrten  Eihälfte  nicht  erschöpft,  sondern 
es  war  aus  den  speciellen  Befunden  zu  schließen,  daß  von  ihr  aus, 
in  vielen  Fällen  eine  Ueberwanderu  ng  von  Kernen  und 
vielleicht  auch  anliegenden  Protoplasniateilen  (inkl.  Centrosomen)  in 
die  anstoßende  getötete  Eihälfte  stattfand;  diese  Kerne  verteilten  sich 
in  der  großen  Dottermasse,  und  darauf  erfolgte  später  eine  Zerlegung, 
der  operierten  Hälfte  in  Zellen,  und  zwar  nicht  wie  bei  der  normalen 
Teilung  eine  Zerlegung  der  ganzen  Massen  zunächst  in  zwei  annähernd 
gleich  große  Zellen  und  danach  wiederum  in  je  zwei  entsprechend 
kleinere  etc.,  sondern  die  Abgliederung  erfolgte  zugleich  in  kleinere 
Zellen  wie  bei  der  Nachfurchung  Waldeyer's  und  der  normalen 
Dotterfurchung  H.  Virchow's."  Selten  soll  auch  der  „nicht  voll- 
kommen getötete  ursprüngliche  Kern  der  operierten  Eihälfte  einen 
wesentlichen  Anteil  an  der  nachträglichen  Bekernung  der  operierten 
Eihälfte"  genommen  haben.  „Häufig  entwickelte  sich  die  nachträglich 
bekernte  und  cellulierte  Eihälfte  ganz  oder  zum  größeren  Teile" ;  es 
trat  eine  „nachträgliche  Ergänzung  der  ursprünglichen  seitlichen  Halb- 
bildung zu  einem  vollkommenen  Individuum",  eine  „Postgene- 
ration", ein. 

Bei  der  Postgeneration  müssen  die  aus  der  Cellulation  hervorge- 
gangenen indifferenten  Dotterzellen  zu  Keimblättern  dift'erenziert  wer- 
den. Dies  geschieht  von  den  Punkten  aus,  wo  die  Keimblätter  der 
normal  entwickelten  Hälfte  mit  freien  seitlichen  Rändern,  einer  „Unter- 
brechungsfläche", an  die  Dotterzellen  anstoßen,  und  schreitet  von  hier 
aus  in  die  cellulare  Masse  fort.  Daraus  geht  hervor,  daß  die  „für  die 
normale  Entwickelung  denkbare  Annahme,  daß  an  typischen  Orten 
immer  typisches,  zu  bestimmter  selbständiger  Entwickelung  befähigtes 
Material  gelagert  sei,  und  daß  deshalb  eine  ordentliche  Keimblatt- 
bildung vor  sich  gegangen  sei,  in  diesem  Falle  nicht  zulässig  er- 
scheinen kann.  Sondern  wir  müssen  schließen,  daß  die  Ursache 
für  diese  ty  pis  che  W  eiterbildung  der  Keimblätter  der 
entwickelten  Hälfte  innerhalb  der  noch  unentwickelten 
Eihälfte  auf  Kräften  beruht,  welche  von  den  Blättern 
der  entwickelten  Hälfte  ausgehen''.  Die  Postgeneration  be- 
ruht somit  auf  „abhängiger  Dift'erenzierung". 

Als  Vorläufer  für  die  der  Postgeneration  vorausgehende  Cellula- 
tion  der   operierten  Eihälfte   haben  wir  (abgesehen  von  den  Teilungs- 


o 


Furchungsprozeß.  629 

Vorgängen  des  ihr  zugehörigen  Kernes)  die  „Nucleimigration",das  Ueber- 
treten  von  Kernen  aus  der  sich  entwickehuleu  Hüllte  in  die  operierte, 
kennen  gelernt.  Roux  unterscheidet  noch  zwei  weitere  Prozesse,  die  viel- 
leicht auf  Reorganisation  der  o])erierten  Eihälfte  hinarbeiten,  von  denen  er 
es  aber  dahingestellt  sein  liißt,  ob  sie  die  Postgeneration  einzuleiten  ver- 
mögen :  1)  das  Ueberwandern  ganzer  Zellen  (zweiter  Modus),  2)  die  Um- 
wachsung des  geschädigten  Materials  durch  Zellen  der  normalen  Hälfte, 
welche  sich  über  die  Oberfläche  der  operierten  Hälfte  hinüberschieben 
(dritter  Modus).  Derartige  Proliferationsprozesse  spielen  eine  wichtige 
Rolle  in  den  Fällen,  in  welchen  die  geschädigte  Hälfte  zur  Anlage  des 
Embryo  überhaupt  nicht  benutzt  wird  und  das  Material  der  normalen 
Hälfte  daher  für  sich  allein  schon  einen  vollkommenen  Embryo  er- 
zeugt, welcher  dann  aber  von  halber  Größe  ist,  (hemiooplastische  Post- 
generation). 

Roux  fand  nämlich,  daß  in  seltenen  Fällen,  namentlich 
dann,  wenn  durch  Druck  von  außen  die  abgetötete  Ela- 
stomere von  der  gesunden  gelockert  wurde,  letztere 
einen  Mikroholoblasten  erzeugen  konnte,  d.  h.  eine  voll- 
kommene Larve,  welche  aber  entsprechend  dem  ge- 
ringeren, in  ihren  Körper  einverleibten  Z e  1 1  m a t e r i a  1 
kleiner  war  als  normal.  Indessen  soll  auch  hier  zunächst  ein 
Hemiembryo  gebildet  werden,  welcher  erst  sekundär  das  Fehlende 
neu  bilde ;  selten  soll  diese  Neubildung,  welche  ebenfalls  Postgeneration 
genannt  wird,  schon  auf  dem  Gastrulastadium,  meist  erst  später,  ein- 
setzen. Es  soll  unmöglich  sein  zwischen  den  besprochenen  ver- 
schiedenen   Formen  der  Postgeneration  eine  Grenze  zu  ziehen. 

Von  großer  Bedeutung  für  das  Resultat  aller  Experimente,  welche 
auf  die  Erzeugung  von  Hemiembryonen  hinauslaufen,  ist  nach  Roux 
die  Zeit,  in  welcher  man  experimentiert.  Am  Anfang  der  Laich- 
periode soll  die  Postgenerationsfähigkeit  der  Eihälften  eine  sehr  große 
sein  und  daher  sehr  frühzeitig  in  Wirksamkeit  treten,  so  daß  man  die 
geringe  Verspätung  in  der  Entwickelung  der  operierten  Hälfte  leicht 
übersieht.  Kurz  vor  Ende  der  Laichi)eriode  tritt  die  Postgeneration 
erst  ein,  wenn  der  erste  Medullarwulst  schon  ausgebildet  ist.  Am 
Ende  der  Laichperiode  bleibt  sowohl  die  Postgeneration  aus,  als  auch 
stirbt  die  nicht  operierte  Eihälfte  rasch  ab. 

Bei  der  Postgeneration  liefern  nach  der  Darstellung  Roux's  Zellen 
unter  dem  Zwang  äußerer  Verhältnisse  Organe,  für  welche  sie  bei 
normalem  Entwickelungsverlauf  nicht  bestimmt  waren.  Bei  Operation 
der  rechten  Furchungskugel  liefern  Abkömmlinge  der  linken,  welche 
ihrer  Lage  nach  linksseitige  Organe  in  der  Nachbarschaft  der  Körperachse 
gebildet  haben  würden,  lateral  gelegene  Teile  der  rechten  Seite.  Dies 
geschieht  nach  Roux  durch  Aktivierung  des  „Reserveidioplasma'% 
welches  durch  „erbgieiche  Teilung"  aus  dem  Idioplasina  der  befruch- 
teten Eizelle  entstanden  ist  und  daher  die  Fähigkeit  zur  Bildung  jed- 
weder Teile  bewahrt  hat;  dagegen  kommt  das  für  die  direkte  Ent- 
wickelung bestimmte  Idioplasma,  welches,  durch  „erbungleiche 
Teilung"  entstanden,  nur  die  Fähigkeit  hat,  Organe  und  Gewebe  der 
linken  Seite  zu  erzeugen,    nicht  zur  Geltung   (vergl.  p.  585  u.  f.). 

Roux's  Versuche  sind  wiederholt  nachgemacht  worden,  aber  mit  ver- 
schiedenem Erfolg.  Endres  und  Walther  (1895,  1896)  haben  die  Re- 
sultate Roux's  in  jeder  Hinsicht  bestätigt:  daß  sich  bei  Abtötung  einer  der 
beiden  ersten  Furchungskugeln  die  andere  zu  einem  Hemiembryo  ent- 
wickelt, welcher  früher  oder  später  durch  Postgeneration  ergänzt  wird; 


630  R.  Hertwig, 

sie  schließen  sich  auch  in  ihren  theoretischen  Auffassungen  Roux  voll- 
kommen an.  Zu  ganz  entgegengesetzten  Resultaten  gelangte  0.  Hert- 
wig (1893).  Derselbe  benutzte  zum  Abtöten  der  einen  Eihälfte  nicht 
nur  das  Einstechen  einer  erhitzten  Nadel,  sondern  aucli  die  Einwirkung 
von  Induktionsschlägen  und  eines  starken,  konstanten  Stromes.  Bei 
seinen  Versuchen  war  stets  ein  Teil  des  Eimaterials  vollkommen  ab- 
getötet und  lag  daher  dauernd  neben  dem  in  Zellen  abgefurchten 
Abschnitt,  von  ihm  mehr  oder  minder  scharf  abgesetzt,  wenn  auch 
oft  von  ihm  eine  Strecke  weit  umwachsen.  Frühzeitig  trat  eine  Xer- 
lagerung  beider  Teile  ein,  die  unverletzte  Furchungskugel  furchte  sich 
ab  und  entwickelte  eine  Furchungshöhle;  ihr  Material  erfuhr  daher 
eine  Auflockerung,  wurde  specifisch  leichter  und  schob  sich  über  den 
abgetöteten  oder  stark  geschädigten  Abschnitt;  sie  lagerte  auf  ihm  wie  die 
Keimscheibe  eines  meroblastischen  Eies  über  dem  Dotter.  Niemals 
entstanden  Halbgastrulae  oder  Halbembrj'onen.  Stets  legten  sich 
linke  und  rechte  Seite  gleichzeitig  an,  wenn  auch  die  der  operierten 
Elastomere  entsprechende  Embryonalhälfte  größere  Defekte  aufwies 
als  die  andere,  weil  das  aus  der  Entwickelung  ausgeschaltete  Dotter- 
material in  ihre  Entwickelung  stärker  eingriff.  Am  meisten  beein- 
trächtigt erwies  sich  die  ventrale  Seite,  besonders  nach  dem  hinteren 
Ende  der  Larve  zu.  Oft  kam  es  zu  Befunden,  welche  an  die  Spina 
bifida  erinnerten,  indem  linke  und  rechte  Seite  getrennt  angelegt 
(ein  linker  und  rechter  Medullarwulst,  eine  linke  und  rechte  Halb- 
chorda) und  durch  eine  breite  Dottermasse  an  der  Vereinigung  ver- 
hindert wurden. 


Fig.  218.  Eier,  bei  denen  eine  Elastomere  durch  Hitze  getötet  worden  war.  Das 
Material  derselben  ist  nach  abwärts  geglitten.  Die  gesunde  Blastomere  hat  sich  als 
Ganzbilduug  weiter  entwickelt,  links  bis  zur  Blastula  (Querschnitt),  rechts  zur  Ga- 
strula  (Längsschnitt).     Nach  Ü.  Heetw^ig. 

Die  auffallenden  Unterschiede,  welche  zwischen  den  Angaben  und 
Abbildungen  von  Roux,  Walther  und  Endres  einerseits  und  0. 
Hertwig  andererseits  bestehen,  veranlaßten  Morgan  (1897),  die 
Experimente  nachzumachen  unter  Benutzung  einer  Erfahrung  0. 
Schultze's,  auf  welche  wir  sogleich  noch  zu  sprechen  kommen 
werden,  daß  die  Blastomeren  eines  zweigeteilten  Eies  sich  zu  Zwillingen 
oder  Doppelmißbildungen  entwickeln,  wenn  man  das  in  Zwangslage 
befindliche  Ei  nach  beendeter  Zweiteilung  mit  dem  hellen  Pol  nacli 
aufwärts  wendet  Von  einer  größeren  Zahl  zweigeteilter  Eier,  bei 
denen  eine  Blastomere  abgetötet  worden  war,  drehte  er  einen  Teil 
mit  dem  hellen  Pol  nach  aufwärts,  den  anderen  Teil  beließ  er  in  seiner 
Stellung:  erstere  erfuhren  infolge  der  Umdrehung  die  durch  Born"s 
Untersuchungen  zuerst  genauer  nachgewiesene  LImgruppierung  de)- 
Dottersubstanzen  ihrer  Blastomeren  und  entwickelten  ganze  Embryonen 


Furchiingsprozeß.  631 

von  lialbor  Größe  im  Sinne  0.  Hertwig's  (Hemiooholoblasten), 
letztere  behielten  ihre  ursprüngliche  Beschaffenheit  bei  und  lieferten 
Halbl)il(lungen  im  Sinne  Roux's. 

Die  neuesten  Untersuchungen  über  die  Entwickelung  von  Frosch- 
eiern, bei  denen  eine  Furchungskugel  getötet  oder  schwer  geschädigt 
wurde,  stammen  von  Curt  Ziegler  (1902).  Derselbe  verfolgte  die 
Furchung,  die  Blastulation  und  Gastrulation  sowie  frühe  Stadien  der 
Embryonalentwickelung ;  er  fand  in  der  Regel  auf  allen  Stadien  Halb- 
bildungen. Doch  zeigen  seine  Figuren,  vorausgesetzt,  daß  sie  nornuil 
orientiert  sind,  öfters  die  von  0.  Hertwig  beschriebene  Erscheinung, 
daß  die  eine  Hälfte  des  Eies  sich  über  die  andere  hinüberschiebt. 
Audi  wurde  öfters  Spina  bifida  beobachtet. 

Aus  den  mitgeteilten  Arbeiten  geht  wohl  mit  Sicherheit  hervor, 
daß  in  vielen  Fällen  sich  eine  der  beiden  Elastomeren  eines  zwei- 
geteilten Froscheies  zu  einein  Halbembryo  entwickelt,  wenn  die  andere 
getötet  oder  schwer  geschädigt  wird.  Besonders  mit  Rücksicht  auf 
die  Angaben  Morgan's  kann  man  wohl  jetzt  schon  sagen,  daß  solche 
Halbbildungen  immer  dann  eintreten  werden,  wenn  die  unverletzte 
Blastomere  sowohl  ihre  Gestalt  als  auch  ihre  Stellung  unverändert 
beibehält.  Ist  das  nicht  der  Fall,  so  kann  sie  sich  zu  einem  Ganz- 
embryo von  halber  Größe  und  völlig  normaler  Beschaffenheit  ent- 
wickeln, oder  sie  liefert  einen  pathologischen  Ganzembryo,  bei  welchem 
das  geschädigte  Material  in  mehr  oder  minder  die  Entwickelung  be- 
hindernder Weise  in  das  gesunde  Material  eingefügt  ist.  Ein  Hemi- 
ooholoblast  wird  entstehen,  wenn  die  lebende  Furchungskugel  sich 
von  der  getöteten  so  völlig  ablöst,  daß  sie  die  Möglichkeit  hat,  sich 
umzuformen  und  die  Anordnung  der  Teile  des  ungefurchten  Eies 
zu  gewinnen.  Dagegen  wird  ein  geschädigter  Ganzembryo  sich 
bilden .  wenn  die  unverletzte  Blastomere  zwar  eine  Umgruppierung 
ihrer  Dotterbestandteile  erfährt,  aber  im  übrigen  an  die  operierte 
Blastomere  angefügt  bleibt,  wie  es  beim  Abgleiten  der  letzteren 
unter  die  erstere  eintritt.  Alles  das  sind  Verhältnisse,  die  mit 
der  in  der  Einleitung  auseinandergesetzten  Auffassung  vollkommen 
harmonieren  ,  daß  eine  Furchungskugel  an  und  für  sich  „toti- 
l)Otent"  ist ,  daß  sie  aber  eine  bestimmte,  ihr  durch  vorherge- 
gangene Teilungsprozesse  aufgenötigte  Entwickeiungsrichtung  bei- 
behält, solange  die  Anordnung  von  Kern  und  Protoplasma  erhalten 
bleibt,  welche  aus  der  vorangegangenen  Teilung  resultiert.  Vor- 
aussichtlich würde  eine  jede  Furchungskugel  für  sich  einen  Hall)- 
embryo  entwickeln,  und  nicht,  wie  0.  Hertw^ig  annimmt,  einen  Ganz- 
embryo von  halber  Größe,  wenn  es  möglich  wäre,  zwischen  beide 
Furchungskugeln  eine  isolierende  Scheidewand  einzuziehen.  Denn 
jede  Furchungskugel  würde  auch  dann  ihre  auf  Halbbildung  ein- 
gestellte Anordnung  der  Teile  beibehalten,  obwohl  sie  von  ihrer 
Nachbarin  im  übrigen  nicht  mehr  würde  beeinflußt  werden  können. 
Und  so  sprechen  die  Ergebnisse  der  referierten  Experimente  gegen 
die  Evolutionstheorie,  zu  deren  Gunsten  sie  von  Haus  aus  angestellt 
wurden. 

Wie  steht  es  nun  mit  der  Lehre  von  der  Postgene- 
r  a  t  i  0  n  V 

Wer  die  Darstellung  Roux's  kritisch  liest,  wird  zu  dem  Resultat 
kommen,  daß  dieselbe  auf  einem  sehr  unsicheren  Fundament  aufgebaut 
ist  und  daß  es  unzulässig  ist,  es  als  eine  „Thatsache"  zu  bezeichnen, 
..daß  von  der  auf  dem  Wege  der  Selbstdifterenzierung  primär  gebildetea 


632  R.  Hertwig, 

Hälfte  des  Embryo  aus  die  fehlende  Hälfte  durch  abhängige  Diffe- 
renzierung aus  einem  selbst  nicht  diff'erenzierungsfähigen  Eimaterial 
nachgebildet  werden  kann".  Wie  es  sich  von  selbst  versteht,  wurden 
die  einzelnen  die  Postgeneration  vor])ereitenden  und  bewirkenden  Voi- 
gänge  nicht  direkt  beobachtet,  sondern  ihre  Existenz  aus  einer  Reihe  auf- 
einanderfolgender abgetöteter  Stadien  erschlossen.  Wenn  nun  schon  bei 
normalen  Entwickelungsprozessen  derartige  Schlüsse  leicht  zu  Irrtümern 
führen,  um  wie  viel  mehr  muß  diese  Gefahr  bei  Vorgängen  vorliegen, 
welche  außerhalb  des  Rahmens  normaler  Entwickelung  verlaufen, 
zumal  wenn  sie  durch  Eingriffe  verursacht  werden,  welche  in  ihrer 
Wirkungsintensität  so  wenig  genau  bemessen  werden  können,  wie  es 
bei  den  Roux'schen  Experimenten  zutriff't. 

Doppelte  Vorsicht  in  der  Beurteilung  ist  al)er  ge1)0ten,  wenn  Vor- 
gänge, wie  die  ,,Nucleimigration",  angenommen  werden,  welche  von  vorn- 
herein höchst  unwahrscheinlich  sind,  weil  sie  unseren  übrigen  Erfahrungen 
nicht  entsprechen.  So  weit  sind  wir  in  unseren  Kenntnissen  vom  Zellen- 
lebeu  vorgeschritten,  daß  wir  es  als  undenkbar  bezeichnen  können, 
daß  ein  Kern  aus  lebendem  Protoplasma  in  totes  Material  über- 
wandere und  dasselbe  belebe.  Mit  Recht  hal)en  sich  daher  0.  Hertwig 
und  C.  Ziegler,  gestützt  auf  eigene  Präparate,  gegen  die  Annahuie 
der  „Nucleimigration''  gewendet.  Die  einzige  Möglichkeit,  in  welcher 
Kerne  aus  der  nichtoperierten  Eihälfte  in  die  operierte  hineingelangen 
können,  wäre  die  von  0.  Hertwig  in  Betracht  gezogene:  daß  infolge 
des  schädigenden  Eingriff's  die  beiden  Blastomereu  und  dire  Ab- 
kömmlinge lange  Zeit  durch  eine  Brücke  verbunden  bleiben,  daß  bei 
der  fortschreitenden  Teilung  der  gesunden  Seite  vielfach  Kernteilungen 
ohne  Protoplasmateilungen  zustande  kommen  und  so  schließlich  auch 
Kerne  in  die  verbindende  Brücke  hineingeraten.  Abei-  es  ist  ganz 
undenkbar  oder  wenigstens  höchst  unwahrscheinlich,  daß  in  dieser  Weise 
so  viele  Kerne  in  die  operierte  Hälfte  hineingelangen  könnten,  wie  Roux 
für  seine  nachträgliche  Cellulatiou  nötig  hat.  Und  so  kommen  Hertwig 
und  Ziegler  zum  Resultat,  daß  die  meisten  Kerne,  welche  man  später 
in  der  operierten  Eihälfte  lindet,  Abkömmlinge  des  der  Eihälfte  von  Haus 
aus  zugehörigen  Kernes  sind.  Die  Hälfte  ist  bei  den  Roux'schen 
Versuchen  nicht  getötet,  sondern  nur  in  verschiedenem  Grade  durch 
die  Hitze  geschädigt  \vorden.  Eine  geschädigte  Blastomere  kann  sich 
aber  erholen  und  weiterentwickeln.  So  muß  mit  der  Möglichkeit  ge- 
rechnet werden,  daß  die  sogenannte  Postgeneration  nur  ein  verspätetes 
Eintreten  der  geschädigten  Hälfte  in  die  Entwickelung  bedeutet.  Der 
Eintritt  wird  früher  gelingen  und  energischer  sein  an  Stellen,  welche 
von  der  Einstichstelle  abseits  liegen,  d.  h.  meistens  an  den  Enden 
des  Eies,    was  gut  mit  den  Angaben  Roux's  übereinstimmt. 

Außer  dieser  verspäteten  Entwickelung  der  geschädigten  Eihälfte 
muß  wohl  noch  angenommen  werden,  daß  von  der  gesunden  Seite 
aus  proliferierende  Zellen  auf  die  operierte  übertreten  und  eine  Ueber- 
häutung  derselben  bewirken.  Ob  aber  dabei  eine  Reorganisation  des 
Dotters  eintreten  kann,  bleibt  fraglich,  da  gerade  in  diesen  Fällen 
weder  Roux  noch  Gurt  Ziegler,  welche  beide  den  Ueberhäutungs- 
prozeß   studiert  haben,  ein  solche  beobachten  konnten. 

Die  Methode,  eine  der  Blastomeren  durch  Abtöten  aus  der  Ent- 
wickeluug  auszuschalten  um  so  den  formativen  Wert  der  anderen  zu 
bestimmen,  ist,  wie  wir  soeben  gesehen  haben,  nicht  einw^andsfrei: 
erstens  giebt  sie  keine  Garantieen,    daß  die  operierte  Furchungskugel 


Furchungsprozeß.  633 

in  der  That  auch  in  allen  ihren  Teilen  abgetötet  ist  und  die  übrig 
bleibende  keine  Schädigung  erfahren  hat;  zweitens  bleibt  die  operierte 
Furchungskugel  in  ihrer  Form  und  Masse  erhalten  und  übt  einen  be- 
stimmenden Einfluß  auf  die  Gestalt  ihrer  Nachbarin  aus  wie  auch  auf 
ihre  Struktur  (Grupijierung  von  Kern ,  Protoplasma  und  Nahrungs- 
dotter). Solange  die  operierte  Furchungskugel  ihre  Lagerung  beibe- 
hält, entwickelt  sich  die  überlebende  unter  ähnlichen  Bedingungen  wie 
die  isolierte  Elastomere  eines  zweigeteilten  Ctenophoreneies ,  d.  h.  in 
einer  auf  Halbbildung  eingestellten  Struktur. 

Viel  sicherer  würde  es  sein ,  beide  Elastomeren  durch 
T  e  i  1  u  u  g  0  d  e  r  D  u  r  c  h  s  c  h  n  ü  r  u  n  g  des  Eies  von  einander 
völlig  zu  trennen.  Hertwig  versuchte  daher,  wenn  auch  nicht 
bei  Froscheiern,  so  doch  bei  den  hierfür  besser  geeigneten  Eiern 
von  Tritonen  {Molge  cristata  und  M.  taeniata),  zur  Zeit  der  ersten 
Furche  und  in  der  Richtung  derselben  mit  einem  zu  einer  Schlinge 
zusammengelegten  Seidenfaden  die  Sonderung  zu  bewirken.  Der 
Versuch  einer  völligen  Trennung  mißlaug;  es  glückte  nur,  eine  mehr 
oder  minder  beträchtliche  Einschnürung  zu  erzielen,  welche  aber  nicht 
verhinderte,  daß  jede  Elastomere  sich  weiter  teilte,  als  ob  die  Ein- 
schnürung nicht  erfolgt  sei.  Es  trat  die  zweite  Furche  meridional, 
die  dritte  äquatorial  auf.  Daher  entstanden  auch  keine  Doppel- 
bildungen. Die  sich  entwickelnden  Embryonen  waren  so  orientiert, 
daß  ihre  Symmetrieebene  senkrecht  zur  ersten  Furche  stand,  wie 
das  bei  Tritonen  die  Regel  ist.  Im  übrigen  unterschieden  sie  sich 
voneinander,  indem  bei  einem  Teile  der  Eier  Chorda  und  Medullar- 
rohr  sich  über  das  Areal  der  beiden  ersten  Furchungskugeln  erstreckten, 
bei  einem  anderen  Teile  auf  das  Areal  einer  Furchungskugel  beschränkt 
waren,  während  die  von  der  anderen  Furchungskugel  ausgebildeten 
Zellen  nur  das  Material  für  die  Bauchgegend  lieferten.  Demnach 
würde  die  Furchungsebene  in  einem  Falle  cephale  und  caudale  Teile, 
im  anderen  Falle  Rücken  und  Bauchseite  getrennt  haben. 

GlückUcher  als  0.  Hertwig  waren  bei  der  Sonderung  der  beiden 
ersten  Blastomeren  des  Tritoneies  mittels  eines  durchschnürenden 
Fadens  Endres  (1895),  Herlitzka  (189.ä,  1897)  und  Spemann  (1901. 
1902).  Zum  Teil  ist  das  günstigere  Resultat  dem  Umstand  zuzuschreiben, 
daß  das  Abschnüren  vorsichtiger  ausgeführt  wurde,  vielleicht  auch  in 
einem  günstigeren  Zeitpunkte.  Denn  es  scheint,  als  ob  in  letzterer 
Hinsicht  erhebliche  Unterschiede  existieren ,  als  ob  es  am  zweck- 
mäßigsten ist,  mit  dem  Anziehen  des  Fadens  der  aktiven  Durchschnü- 
rung  des  Eies  durch  die  erste  Furche  gleichsam  zu  folgen.  Zum  Teil 
wurde  der  Erfolg  herbeigeführt  durch  die  Kombination  der  Durch- 
schnürungsmethode  mit  der  Roux'schen  Methode  der  heißen  Nadel. 
Dabei  wurde  in  einem  Teil  der  Fälle  die  kurz  vor  dem  Durchschneiden 
der  Furche  übrig  bleibende  Brücke  versengt,  so  daß  l)ei(le  Blastomeren 
erhalten  blieben;  in  anderen  Fällen  wurde  nur  eine  Elastomere  erhalten, 
die  andere  mit  der  heißen  Nadel  angestochen  und  zum  teilweisen  Aus- 
fließen gebracht.  Wenn  nur  eine  Elastomere  erhalten  blieb,  ent- 
wickelte sich  dieselbe  zu  einer  Larve,  die,  abgesehen  von  einigen  Defekten, 
welche  aber  nicht  auf  eine  Seite  beschränkt  blieben,  wohlgebildet  war. 
Wurden  beide  Blastomeren  zu  getrennter  Fortentwickelung  gebracht,  so 
kam  es  vor,  daß  beide  normale  Larven  lieferten ;  häutiger  aber  ereignete 
es  sich,  daß  nur  eine  bis  zur  Larve  heranwuchs  während  die  andere 
sich  zunächst  weiterentwickelte,  nach  einiger  Zeit  aber  —  wahrschein- 
lich auf  dem  Gastrulastadium  —  die  Fortbildung  einstellte. 


634  R.  Hertwig, 

Spbmann  (1901)  stellte  die  Hypothese  auf,  daß  das  verschiedene  Resultat 
der  obigen  Versuche  durch  den  Umstand  bedingt  werde,  daß  die  erste 
Eurclmngsebene  bei  Tritonen  in  manchen  Fällen  in  sagittaler,  in  anderen 
in  transversaler  —  richtiger  frontaler  —  Richtung  durchschneide,  daß  bei 
der  Durchschnürung  daher  bald  linke  und  rechte ,  bald  vordere  und 
hintere  —  richtiger  doi'sale  und  ventrale  —  Blastomeren  getrennt  würden. 
Die  linke  und  rechte  Elastomere  hätten  gleiche  prospektive  Potenz 
und  lieferten  daher  gleiche  Produkte,  zwei  Mikroholoblasten.  Dagegen 
hätte  von  den  durch  transversale  Eifurchung  gesonderten  Blasto- 
meren nur  die  obere  die  Fähigkeit  zur  GJ-anzbildung,  nicht  die 
untere ,  welche  daher  nur  unvollkommene  Embr^-onen  zu  liefern  ver- 
möge. Spemaxn  verweist  auch  auf  die  Resultate  Bataillon's  bei  Petro- 
myzon.  Wenn  sich  hiei-  infolge  Kochsalzwirkung  aus  einem  Ei  zwei  Em- 
bryonen entwickeln  (vergi.  p.  599)  so  sollen  nicht  immer  beide  zu  Larven 
werden,  sondern  ebenfalls  einer  der  Embryonen  häufig  frühzeitig  die  Weiter- 
entwickelung einstellen. 

In  allerletzter  Zeit  ist  Spemann  (1902)  noch  einmal  anf  das  uns  be- 
schäftigende Problem  in  einer  sehr  umfangreichen  Abhandlung  zurückge- 
kommen. In  ihr  wird  in  unzweideutiger  Weise  bewiesen,  daß  bei  den 
früheren  Experimenten ,  bei  denen  die  beiden  Blastomeren  einen  ver- 
schiedenen Grad  der  Entwickelung  erreichten,  in  der  That  eine  Durch- 
schnürung in  querer  Richtung  stattgefunden  hatte,  in  einer  Richtung, 
die  nunmehr  bestimmt  als  frontal  (dorsale  und  ventrale  Teile  sondernd)  be- 
zeichnet wird.  Spemaxx  hatte  Eier  zur  Zeit  der  ersten  Furche  und  in  der 
Richtung  derselben  mittelstark  oder  stark  eingeschnürt  (aber  nicht  durch- 
schnürt !)  und  im  eingeschnürten  Zustand  weiter  gezüchtet.  Bei  starker 
Einschnürung  kommt  es  schließlich  auf  dem  Gastrulastadium  sehr  oft  zu 
einer  völligen  Sonderung  des  Enibr3onalmaterials  in  einen  oberen  Teil, 
der  sich  zu  einem  Mikroholoblasten  weitei'  entwickelt,  und  einen  unteren 
Teil,  welcher  gastruliert  und  auch  Mesoderm  bildet,  aber  keine  Medullar- 
platte,  keine  Urwirbel,  keine  Chorda  erzeugt,  ganz  in  der  Weise  wie  nach 
früheren  Untersuchungen  sich  die  eine  der  beiden  auf  dem  Stadium  der 
Zweiteilung  isolierten  Blastomeren  entwickelt.  W^urde  ein  mittelstark  ge- 
schnürtes Ei,  welches  sich  aus  eigenem  Antrieb  nicht  in  zwei  Anlagen 
getrennt  haben  würde,  auf  dem  Gastrulastadium  vollkommen  durchschnürt, 
so  entstehen  selten  zwei  Mikroholoblasten ;  meist  ist  die  untere  Embrj'o- 
nalhälfte  verschiedengradig  unvollkommen,  gewöhnlich  bringt  sie  es  nur 
zu  einer  mit  Mesodermanlage  versehenen  Gastrula.  Auf  Grund  dieser 
Ergebnisse  hält  Spemaxx  die  verschiedene  Potenz  der  durch  Frontalteiluns; 
entstehenden  Tritonblastomeren  wenn  auch  nicht  wie  früher  für  bewiesen, 
so  doch  für  höchst  wahrscheinlich.  Die  ventrale  Blastomere,  resp.  der 
abgeschnürte  ventrale  Teil  des  embryonalen  Materials  würde  im  Vergleich 
zu  dem  dorsalen  totipotenten  Teil  eine  beschränkte  Potenz  besitzen.  Die 
Erscheinung  daß  die  auf  dem  Gastrulastadium  abgeschnürten  unteren 
Stücke  ab  und  zu  einen  völligen  Mikroholoblasten  erzeugen  oder  Zwischen- 
formen zwischen  ihm  und  einem  unvollkommenen  Entwickelungsprodukt, 
würde  sich  nach  Spejiaxn  am  wahi-scheinlichsten  aus  geringen  Varia- 
tionen des  Ortes  der  Abschnürung  erklären,  insofern  in  einzelnen  Fällen 
ein  größeres,  oder  geringeres  Quantum  des  totipotenten  oberen  Materials 
dem  unteren  beigefügt  worden  sei.  Bei  dieser  Hypothese  würde  es  nur 
wunderbar  sein ,  daß  bei  Zerstörung  einer  Blastomere  (Exdkes)  immer 
gerade  die  totipotente  Blastomere   erhalten  worden  wäre. 

Ich  glaube,  daß  diese  Erklärungsversuche  Spe.maxn's  sich  in  falschen 
Bahnen  bewegen.     Spemanx  läßt  ganz  unberücksichtigt,   daß   eine  an  und 


Furchungsprozeß.  635 

für  sich  totipotenteFurchungskugel  an  der  ßealisierung  ihrer  Entwickelungs- 
inöglichkeiten  durch  hemmende  Einflüsse  verhindert  werden  kann.  Offen- 
bar gehen  solche  hemmende,  den  Unterschied  des  Blastomeren  erklärende 
Einflüsse  vom  Xahrungsdotter  aus.  Vielerlei  spricht  dafür,  daß  derselbe 
in  der  unteren  Elastomere  reichlicher  ist.  Erfolgt  die  Entwickelung  des 
Eies  unter  starker  Einschnürung ,  so  tritt  bei  der  Gastrulation ,  wie 
Spemann  selbst  auseinandersetzt,  eine  Aufstauung  im  Zellenmaterial  ein; 
diese  kann  nur  so  erfolgen,  daß  dotterreiche  Zellen  in  der  unteren  Hälfte, 
dotterärmere  Zellen  in  der  oberen  Hälfte  zurückgehalten  werden.  Die 
hierin  gegebene  Entwickelungshemmung  kommt  in  Wegfall  oder  wird  ge- 
mildert, wenn  die  Gastrulation  unter  mäßiger  Einschnürung  ei'folgt  und 
dann  erst  die  untere  Hälfte  abgeschnürt  wird.  Daher  die  günstigen  Re- 
sultate bei  dieser  zweiten  Art  des  Experimentierens !  Eür  die  hier  von 
mir  vertretene  AeCj[uipotenz  der  beiden  Blastomeren  spricht  die  von 
Herlitzka  beobachtete,  von  Exdres  allerdings  bestrittene  Erscheinung, 
daß  beide  Furchungskugelu  sich  in  ganz  derselben  Weise  furchen,  näm- 
lich beide  nach  Art  eines  eben  befruchteten  Eies  auch  in  den  Fällen, 
in  denen  die  untere  Kugel  später  in  der  Entwickelung  nicht  wesentlich 
über  das  Morula-  und  Gastrula-Stadium  hinauskommt. 

Einen  dritten  Weg  zur  Erforschung  des  morphologischen  Werts 
der  ersten  Blastomeren  beim  Frosch  betrat  0.  Schultze  (1894), 
dessen  Resultate  später  von  Wetzel  (1900)  für  das  gleiche  Ob- 
jekt, von  Chiarugi  (1898)  für  Salamandrina  perspicillata  und  von 
ToNKOFF  (1900)  für  Tritoneier  in  den  Grundzügen  bestätigt  wurden ; 
er  brachte  normal  eingestellte  Froscheier  auf  dem  Stadium  der 
Zweiteilung  in  Zwangslage  durch  Pressung  zwischen  zwei  Glas- 
platten und  drehte,  nachdem  so  die  Möglichkeit  der  Rückdrehung 
vollkommen  ausgeschlossen  war,  das  Präparat  um  180",  so  daß  das 
helle  Feld  nach  aufwärts  schaute.  Nach  etwa  20  Stunden  wurde 
die  Zwangslage  aufgehoben  und  das  Ei  der  freien  Entwickelung  über- 
lassen. Nach  der  Drehung  trat  die  bekannte,  durch  Aufsteigen  des 
Pigments  bedingte  Verfärbung  des  lichten  Poles  ein  und  die  vom 
lichten  Pol  beginnende,  im  übrigen  normale  Furchung.  Während 
viele   Eier   abstarben,   entwickelten   sich   andere   zu  Doppelbildungen, 


/ 


Fig.    219.  Fig.  220.  Fig.  221. 


ti-  X. 


Fig.  219.  Blastulastadium  eine.-?  in  Zwangslage  auf  dem  Stadium  der  Zweiteilung 
um  l.SO"  gedrehten  Eies  von  Baua  tempnraria.  Ansicht  von  oben.  Das  helle  Feld  hat 
sich  zu  einem  hellen  Streifen  in  der  Richtung  der  ersten  Furche  ausgezogen.  Nach 
0.  Schultze. 

Fig.  220.  Aus  einem  Ei  hervorgegangene  doppelte  Embryonalanlage  mit  ent- 
gegengesetzt gerichteten  Kopf  teilen.    Nach  O.  Schultze. 

Fig.  221.  Typischer  Dicephalus,  von  ().  Schultze  aus  einem  Froschei  gezüchtet, 
welches  auf  dem  Stadium  der  Zweiteilung  mit  dem  hellen  Pol  aufwärts  gedreht 
worden  war. 


636 


R.  Hertwig, 


Riclituiig  der   ersten  Furche   ausgezoi>eneii  Streifen 
In  der  Richtung  desselben  entstand  s])üter  eine  cirkuläre  (lastru- 


einmal  sogar  (Wetzel)  zu  einer  Dreifachbihlung.    Häufig  bildete  sich 
auf  dem  Blastulastadiuni  das  immer  noch  lichter  gefärbte  obere  Feh 
zu  einem    in    der 
aus 

lationsfurche,  und  links  und  rechts  von  der  Furche  entwickelten  sich 
die  Medullarplatten.  Die  Art,  wie  die  Doppelbildungen  entstehen,  ist  sehr 
verschieden.  Sehr  häufig  ist  die  Dui)licitas  anterior:  die  entlang  der 
Gastrulationsfurche  entwickelten  Medullarfalten  schließen  sich  zu  einem 
einheitlichen  Medullarrohr,  welches  aber  am  vorderen  Ende  in  zwei 
Hirnanlagen  ausläuft.  So  entstehen  zwei  Köpfe,  von  denen  ein  jeder 
sein  Material  nur  aus  dem  Gebiet  einer  Blastomere  bezogen  haben 
kann.  Selten  kommt  es  vor,  daß  zwei  Hirnwülste  entstehen,  die  nach 
entgegengesetzten  Richtungen  schauen.  Eine  weitere  Möglichkeit  ist, 
daß  jede  Seite,  sowohl  die  der  Blastomere  a  wie  die  der  Blastomere  b 
je  zwei  hal1)e  Embryonalanlagen  erzeugt.  Die  vier  Halbembryonen 
können  dann  in  verschiedener  Weise  zur  Bildung  von  Zwillingen  ver- 
wachsen:  1)  jedesmal  '/a^  mit  ^j.A)  oder  2)  72^  i^it  Va^.  7-2^  mit 
V2  b.  Je  nachdem  die  Verwachsung  in  der  einen  oder  anderen 
Weise  vor  sich  geht,  sind  die  Zwillinge  mit  ihren  Rücken-  oder  ihren 
Bauchseiten  verwachsen.  Bei  Tritonen  soll  nach  Tonkoff  die  Ver- 
einigung der  Embryonen  mittels  der  Bauchseite  allein  vorkommen. 
Wählt  man  für  die  Ausführung  des  Umkehi-experiments  spätere  Stadien, 
Eier,  die  schon  viergeteilt  sind,  so  ist  der  Erfolg  des  Experiments 
nicht  so  sicher.  Bei  Tritonen  fand  Tonkoff  auch  dann  noch  Doppel- 
bildungen, während  für  Froscheier  0.  Schultze  beobachtete,  daß  Eier, 
welche   auf  späteren  Stadien, 


d.  h.  nach  Beendigung   der  Zweiteilung 
gedreht  werden,  zu  Grunde 


Fig.  222. 


gehen. 


Viergeteilte  Eier 


er- 


Fig. 


223. 


/ 


4n  I        in' 


gaben  dabei  das  interessante 
Resultat,  daß  die  dritte 
Furche  genau  im  Aequator 


Fig.  222.  Aus  jeder  Hälfte 
sind  zwei  halbe  Embryonalan- 
lagen entstanden ,  welche  paar- 
weise verwachsen.  Seitliche 
und  8oheitelansicht.  Nach  O. 
Schultze. 

Fig.  223.  Ein  nach  der  Me- 
thode O.  Schultze's  aus  einem 
Ei  erzogener  Doppelembryo. 
Beide  Embryonen  hängen  am 
Rücken  mittels  gemeinsamen 
Dottermaterials  zusammen,  wel- 
ches an  l:)eiden  den  Verschluß 
der  Medullarwülste  {m.  w*)  ver- 
hindert, h  Hirn.    Nach  Wetzel. 


verlief  jund  das  Ei  in  8  vollkommen  gleiche  Stücke  zerlegte.  Die 
Verschiebung  der  Aequatorialfurche  erklärt  sich  leicht  daraus,  daß  eine 
Verlagerung  des  schweren  Dotters  nach  abwärts  zwar  begonnen,  aber 
nicht  zu  Ende  geführt  war,  was  zur  Folge  hatte,  daß  die  vier  Quadranten 


am  animalen  Pol  ebenso  reich  an  Nahrungsdotter  waren  w^ie  am 


vege- 


tativen.    Damit  waren  ähnliche  Bedingungen  wie  bei  einem  äqual  sich 
furchenden  Eies  hergestellt. 


Furcliungsprozeß.  637 

MoszKowsKi  (1902)  ist  es  geglückt  auch  aus  Eiern,  welche  nach  Ab- 
schluß der  Zweiteilung  oder  auf  dem  Stadium  der  Vierteilung  in  Zwangs- 
lage um  180*^  gedreht  wurden,  normale  Einzellarven  zu  erhalten;  man 
muß  nur  niedere,  die  Entwickelung  verlangsamende  Temperaturen  (-\-  2*^  C) 
anwenden.  Dann  wird  Zeit  gewonnen,  so  daß  in  den  Blastomeren  die 
Umlagerung  der  schweren  und  leichten  Bestandteile  zu  Ende  geführt 
werden  kann,  ehe  weitere  Teilungen  eintreten.  Bei  der  Teilung  furcht 
sich  der  lichte  Pol  in  kleinzelliges,  der  nach  abwäits  gewandte  dunkle 
Pol  großzellig,  womit  ein  vor  längerer  Zeit,' von  Pflüger  (1884)  gemachte 
Angabe  Bestätigung  findet.  Bei  aufgehobener  Zwangslage  rotiert  dann 
das  Ei  auch  nicht  in  die  Ausgangsstellung  zurück.  Selbstverständlich  ist 
die  Ausnahme  von  dem  Eurchungschema  des  Amphibieneies  nur  schein- 
bar. Thatsächlich  ist  das  pigmentiei'te,  dotterarme  Protoplasma  auch 
hier  am  oberen  kleinzelligen  Pol,  nur  ist  es  von  einer  lichten  Dotter- 
rinde überzogen,   und  das  Umgekehrte   gilt  vom  Gegenpol. 

Wie  es  kommt,  daß  die  vollkommene  Umdrehung  zweigeteilter, 
in  Zwangslage  gehaltener  Eier  so  oft  zur  Doppelbildung  führt,  ist  bei 
dem  Stand  unserer  Kenntnisse  leicht  zu  verstehen.  Wie  wir  es  früher 
für  das  befruchtete  Ei  durchgeführt  haben,  so  veranlaßt  auch  hier  die 
Drehung  ein  Abwärtssinken  des  Nahrungsdotters  und  ein  Aufsteigen 
des  Protoplasma  und  des  Kernes.  Offenbar  wird  dabei  nicht  genau  die 
alte  Dotterverteilung  bewirkt,  sondern  es  läßt  sich  erwarten,  daß  der 
längs  der  Teilfurche  sich  abwärts  bewegende  Dotter  hier  reichlicher  sich 
anhäuft  und  so  eine  physiologische  Sonderung  der  beiden  Blastomeren 
verursacht,  ähnlich  der  völligen  Sonderung,  wie  sie  durch  Einschnürung 
herbeigeführt  werden  kann,  (Roux,  0.  Hertwig,  W^etzel).  Es  ist 
klar,  daß  diese  Experimente  in  hohem  Grade  für  die  Totipotenz  der 
beiden  ersten  Furchungskugeln  sprechen,  zumal  wenn  wir  l)erück- 
sichtigen,  wie  die  Dop})elbildnng  im  einzelnen  in  ganz  verschiedener 
Weise  zustande  kommen  kann,  so  daß  dieselben  Eiteile  ganz  ver- 
schiedenene  Organe  liefern  müssen,  je  nachdem  die  Embryonen 
(V2  a  +  V2  ^)  of^öi"  (V2  ^  +  V2  b)  zustande  kommen,  die  Koptenden 
nach  gleichen  oder  nach  verschiedenen  Richtungen  schauen,  die  Zwillinge 
mit  dem  Bauch  oder  dem  Rücken  verwachsen  sind.  Auch  das  wunder- 
bare Resultat,  daß  bei  so  tief  einschneidenden  Veränderungen  im 
Entwickelungsgang  noch  normale  Organismen  gebildet  werden  oder 
wenigstens  die  Tendenz  zu  ihrer  Bildung  besteht,  spricht  dafür,  daß  die 
Entwickelung  auf  dem  Zusammenwirken  aller  Teile  beruht,  daß  die  ein- 
zelne Zelle  sich  nur  in  Abhängigkeit  vom  Ganzen  zu  differenzieren 
vermag,  daß  dagegen  die  Umbildung  der  Furchungszellen  keine  Selbst- 
diflferenzierung  von  Zellen  oder  Zellengruppen  (Mosaikarbeit)  ist.  Die 
meisten  Forscher,  welche  Doppelbildungen  gezüchtet  haben,  haben  daher 
ihre  Resultate  in  diesem  Sinn  verwandt,  mit  Ausnahme  Spemann's, 
dessen  Erklärungsversuch  oben  erwähnt  wurde,  und  von  Endres, 
dessen  Verallgemeinerungen  in  einem  ganz  unvermittelten  Kontrast 
zu  seinen  Ergebnissen  stehen. 

Eine  interessante  Erage,  welche  sich  bei  näherer  Untersuchung  der 
Doppelbildungen  ergiebt,  wurde  von  Herlitzka  zu  lösen  versucht :  Wie 
verhält  sich  die  Größe  der  Zwillinge  zur  Größe  eines  aus  einem  Ei  aus- 
schlüpfenden Einzeltieres '?  Wie  verhält  sich  ferner  Größe  und  Zahl  der 
Zellen  in  den  einzelnen  Organen  des  ersteren  zu  den  betreifenden  Teilen 
bei    letzterem?     Herlitzka  fand  den  Einzelzwilling   erheblich  größer  als 


638  R.  Hertwig, 

die  halbe  Größe  einer  normalen  Larve.  Er  sucht  die  auffallende  Größe 
der  Zwillinge  durch  ausgiebigere  Ausnutzung  der  im  Dotter  vorhandenen 
Kraftquellen  zu  erklären.  Die  Zahl  und  Grüße  der  Zellen  im  MeduUarrohr 
sei  bei  einem  Zwilling  ungefähr  die  gleiche  wie  bei  einem  Einzeltier.  Da- 
gegen soll  die  Zellenzahl  im  Darm  und  in  den  Myotomen  eine  geringere 
sein.  Letzteres  würde  mit  den  Resultaten  Dhiesch's  bei  Zwerglarven  der 
Echinodermen  übereinstimmen,  welcher  fand,  daß  die  Zahl  der  Zellen, 
dagegen  nicht  ihre   Größe  verringert  werde. 

Bildung'  der  ßlastuln.  Der  Unterschied  zwischen  der  oberen 
und  unteren  Sphäre  des  Amphibieneies,  welcher  schon  von  Anfang  des 
Furchungsprozesses  an  vorhanden  war,  prägt  sich  im  weiteren  Verlauf 
immer  mehr  aus.  Die  protoplasmareichen  Blastomeren  am  animalen 
oder  Hauptpol  teilen  sich  rascher  als  die  dotterreichen  am  vegetativen 
oder  Gegeni)oI,  so  daß  jeder  neue  Furchungsschritt  am  Hauptpol 
beginnt  und  nach  dem  Gegenpol  fortschreitet.  In  der  Umgebung  des 
letzteren  erlahmt  die  Teilungsenergie,  so  daß  hier  größere  Blastomeren 
liegen  können,  die  sich  viele  Stunden  lang  nicht  verändern,  während 
alle  übrigen  Zellen  sich  mehrfach  geteilt  haben.  Selbst  an  den  Eiern 
des  Frosches,   die   unter   den  Ampliibien   mit   am  dotterärmsten    sind 


Fig.  224.     3  Furchungsstadien    von  8alamandra   maculosa   auf  Längsschnitten 
(nach  Grönroos). 

glauben  Morgan  und  Ume  Tsuda  (LS93)  auf  sehr  späten  Blastulastadien 
nachweisen  zu  können,  daß  der  vegetative  Pol  durch  4  große,  über 
das  Kreuz  gestellte  Zellen  gekennzeichnet  ist.  Besonders  auffallend 
ist  der  Unterschied  beider  Pole  bei  Salamandra  maculosa.  Hier  kann 
am  Hauptpol  die  Sonderung  schon  zu  20—30  Furchungskugeln  vor- 
geschritten sein,  ohne  daß  am  Gegenpol  nur  die  4  ersten  Blastomeren 
abgegrenzt  wären.  Eine  Steigerung  des  verschiedenen  Aussehens  beider 
Eihälften  wird  bei  Salamandra  noch  dadurch  herbeigeführt,  daß  am 
Gegenpol  die  Furchen  zunächst  nicht  vollkommen  durchschneiden  ;  es  ent- 
stehen somit  vielkernigeDotterkörper.  Auffallend  ist  hierbei,  daß  die  Kerne, 
welche  zu  den  Makromeren  und  deren  Al»kömmlingen  gehören,  lange  Zeit 
in  ihrer  Verbreitung  auf  die  obere  Hälfte  des  Eies  beschränkt  sind.  Sie 
liegen  von  der  Gegend,  in  welcher  sich  die  zugehörigen  Furchen  bilden, 
weit  entfernt  und  innerhalb  einer  zusammenhängenden  Dottermasse. 
Wenn  die  Furchung  in  diese  Dottermasse  vordringt,  entstehen  gewaltig 
große  Zelli)yramide"n.  deren  Basen  nach  der  Eiperipherie,  deren  kern- 
haltige Spitzen  nach  dem  Centrum  gewandt  sind.  Erst  allmählich 
gelangen  Kerne  in  die  Region  des  Gegenpols,  und  zwar  auf  dem  Wege 
von  Teilungen  mit  senkrecht  oder  radial  gestellten  Spindeln.  An  den 
großen  Pyramiden    schnüren  sich   die  spitzen  Enden  von  den  basalen 


Furchungsprozeß.  639 

Stücken  ab.    So  bildet  das  Salamander-Ei  einen  vollkommenen  Ueber- 
gang  zu  den  meroblastischen  Eiern  der  Reptilien. 

Wähi'end  der  Furcliung  entwickelt  sich  bei  allen  Amphibien  ein 
innerer  von  Flüssigkeit  gefüllter  Raum,  die  Für chungshöhle.  Ihr 
Entdecker  C.  E.  v.  Baer  brachte  sie  in  Zusammenhang  mit  einem 
centralen  Hohlraum,  der  im  un gefurchten  Ei  vorhanden  und  durch 
einen  Kanal  mit  der  Fovea  germinativa  verbunden  sei  und  von  dem 
die  einzelnen  Teilfurchen  ihren  Ausgang  nehmen  sollen.  Ein  derartiger 
Raum  wird  von  allen  neueren  Autoren,  mit  Ausnahme  von  Moquix 
Tandon  (187(5),  der  ihn  am  Krötenei  gesehen  haben  will,  in  Abrede 
gestellt,  während  ältere  Autoren  (Xewport,  Ecker  und  Remak)  Baer 
beigestimmt  haben.  Vielleicht  findet  sich  im  Amphibienei  eine  an  die 
Latebra  des  Vogeleies  erinnernde  Struktur,  eine  wenig  differenzierte, 
an  erhärteten  Eiern  nicht  mehr  auffallende  weichere  Partie ;  sie  findet 
sich  sicher,  wie  wir  sehen  werden,  bei  (hjmnophionen.  Mit  der  Furchungs- 
höhle  kann  sie  selbstverständlich  nicht  genetisch  zusammenhängen. 
Immerhin  tritt  die  Furchungshöhle  sehr  früh  auf,  schon  zur  Zeit,  wo 
nur  'S  Elastomeren  vorhanden  sind.  Sie  ist  auch  im  Ei  von  Saln- 
mandra  vorhanden  (Grönroos  1898),  wo  sie  Kupffer  (1879)  vermißte; 
sie  liegt  im  obersten  Abschnitt  des  Eies,  lange  Zeit  oberhalb  der  Dotter- 
masse, welche  so  auffallend  spät  eine  Zerklüftung  erfährt.  Anfänglich 
ist  die  Höhle  von  einer  einzigen  Lage  grol^er.  namentlich  nach  dein 
Gegenpol  zu  gewaltiger  Zellen  umgeben.  Durch  tangentiale  Teilungen 
mit  radial  gestellten  Kernspindeln  wird  die  Wand  der  Furchungshöhle 
vielschichtig.  Beim  Frosch  sollen  die  Tangentialteilungen  nach  Morgan 
auf  dem  Stadium  von  32  Zellen  beginnen. 

Die  (xyinnophioneil  unterscheiden  sich  wie  in  ihrem  Bau,  so  auch 
in  der  Beschaffenheit  ihrer  Eier  so  sehr  von  allen  übrigen  Amphibien^ 
daß   sie  am  besten  in  einem  Anhang  besonders  abgehandelt  werden.     Ihre 

Eier  erinnern  noch  mehr  als  die  von 
Salamandra  durch  Größe  und  Dotterreich- 
tum an  die  Eier  der  Reptilien.  Schon  im 
Ovar  sind  sie  bei  IcJähyophis  glutinosa  6  mm 
/MqO'.  ;  breit  und  9  mm  lang  (Sarasin,    A.  L.  III 

^'Posh'o  *         1887).      Eine    keimscheibenartige,    feinkör- 

M^^'^'^cicy^''^''o^        ^^^g^>     protoplasmareiche     und     auch      das 
'  -  T?^''' ' :-]        Keimbläschen  umschließende  Partie  ist  ziem- 


'ioo. 


\ 


lO 


/         lieh  scharf   vom    grobkörnigen   Dotter    ab- 
i'.  gesetzt.     Von    der    Keimscheibe    erstreckt 

^Xic-_^  :^::-^  Fig.  225.     Schnitt  durch  das  Eierstocksei  von 
-^                               Ichthyophis  glutinosa  (nach  ÖARASIX). 

sich  ein  feinkörniger  Strang  zum  Eicentrum  und  schwillt  liier  zu  einer 
Art  Latebra  an  (cf.  Fig.  225).  Umgeben  ist  das  Ei  schon  innerhalb  des 
Ovars  von  einem  festen   Chorion   fD  o  1 1  e  r  h  a  u  t ,  Sauasin). 

In  den  (Ovidukten  rundet  sich  das  Ei  ab  und  wird  mit  anderen 
Eiern  in  einen  Gallertstrang  (Eiweiß  Sarasin)  eingeschlossen,  der 
den  einzelnen  Eiern  entsprechend  rosenkranzartig  anschAvillt.  Die  innerste, 
unmittelbar  auf  das  Chorion  nach  außen  folgende  Lage  ist  derber  und 
erstreckt  sich  als  ein  spiral  gewundener,  den  Chalazen  des  Vogeleies 
nicht   unähnlicher  Strang  von  Ei  zu  Ei.     Das  Weibchen  von  Ichthyophis 


640  R.  Hertwig, 

wickelt  nach  der  Gebui't  den  viele  Eier  enthaltenden  Strang  zu  einem 
Knäuel  zusammen  und  verkriecht  sich  mit  ihm  iu  feuchte  Erde.  Die 
üallertwindungen  verkleben  und  erhärten  zugleich  zu  einer  bräuidichen 
Masse.  Um  die  unentwirrbare  Masse  rollt  sich  die  Mutter  auf,  zum  Teil 
wohl    des  Schutzes    halber,    zum  Teil    wohl  aber  auch   behufs   Ernährung 

1  II  III 


Fig.  226.  Gelege  von  Ichthyophis  glutinosa  (nach  Sarasin)  I  frisch  gelegter, 
II  embryonenhaltiger  Eierknäuel,  beide  ^;^  natürl.  Größe;  III  einzelnes  Ei  mit  seinen 
Hüllen,  vergrößert,    l  Eiweißschicht,  -•'  Membrana  chalazifera,  S  Chalazen. 

der  jungen  Brut.  Denn  im  Laufe  der  Bebrütung  wachsen  die  Eier  auf 
das  Doppelte,  die  Embryonen  wiegen  schließlich  das  Vierfache  des  frisch 
abgelegten  Eies,  eine  Zunahme,  die  vielleicht  aber  auch  nur  durch  Flüssig- 
keitsaufnahme  zu  erklären  ist  (Brauer,  A.  L.  III   1899). 

Die  Befruchtung  der  Eier  und  ihre  Eurchung  verläuft  im  Eileiter. 
Frisch  abgesetzte  Eier  enthalten  schon  eine  aus  vielen  Zellen  bestehende 
vom  Dotter  undeutlich  abgesetzte  Iveimscheibe.  Der  unter  der  Keim- 
scheibe gelegene  Dotter  ist  in  allen  seinen  Teilen  von  Kernen  durchsetzt, 
im  übrigen  aber  anfangs  nicht  abgefurcht.  Allmählich  scheinen  sich 
dotterhaltige  Zellen  vom  Dotter  abzulösen  und  in  die  Keimscheibe  ein- 
zutreten. Man  kann  daher  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  annehmen,  ob- 
wohl die  Furchungsstadien  bisher  noch  nicht  beobachtet  worden  sind : 
daß  die  Eier  d  e  i-  Gymnopltionen  meroblastisch  sind  und  eine 
d  i  s  k  0  i  d  a  1  e  F  u  r  c  h  u  n  g  erleiden. 

IV.  Gaiioiden  und  Dipiieusten. 

Unter  allen  Wirbeltier-Abteilungen  stehen  Ganoiden  und  Dipneu- 
sten  im  Charakter  des  Furchungsprozesses  einander  am  nächsten  und 
schließen  sich  zugleich  den  Amphibien  an.  Gemeinsame  Merkmale 
sind  darin  gegeben,  daß  die  Furchen  nur  langsam  von  der  Oberfläche 
des  Eies  gegen  das  Centrum  vordringen.  Lange  Zeit  erhält  sich  hier 
ein  ungeteilter  Rest,  besonders  im  Bereich  der  großen  Zellen  des 
vegetativen  Poles.  Selbst  bei  den  relativ  kleinen  Eiern  von  Ceratodu 
(Semon,  A.  L.  III  1901)  sind  die  vegetativen  Zellen  auf  dem  zehnten 
Furchungsstadium  (1024  Blastomeren)  noch  durch  eine  Dottermasse 
untereinander  verbunden.  Ein  weiteres  gemeinsames  Merkmal  ist 
das  langsame  Uebergreifen  der  am  animalen  Pol  beginnenden  Furchen 
auf  die  abgewandte  Eiseite  und  ihre  verspätete  Vereinigung  am  vege- 
tativen Pol.  Bei  Lepidosiren  (Graham  Kerr,  A.  L.  III  IDUO)  liegen 
um  den  animalen  Pol  schon  7  Blastomeren,  ehe  die  erste  Meridional- 
furche  den  Gegenpol  erreicht.  Den  extremsten  Fall  in  dieser  Hinsicht 
bilden  Amia  und  Lepidosteus.   Bei  beiden  Ganoiden  wurde    bis  in  die 


,s 


Furchungsprozeß. 


G41 


Neuzeit  gestritten,  ob  ihre  Eier  noch  holobhistisch  oder  meroblastisch 
sind.  Man  kann  den  Streit  wold  jetzt  als  entschieden  betrachten. 
Amin  ist  noch  holoblastisch,  wenn  auch  die  beiden  ersten  Meridional- 


furchen  erst  zur  Zeit,  wo  82 

banden  sind,   am  Gegenpol  zusammenstoßen. 


Furchungskugeln 


am  animalen  l*ol  vor- 
Dagegen  sind  die  Eier 
von  Leindosteiis  nach  den  neuesten  Untersuchungen  meroblastisch, 
unterscheiden  sich  aber  von  anderen  meroblastischen  Eiern  dadurch, 
daß  die  vertikalen  Furchen  vielfach  bis  zum  Ae(iuator  vordringen 
oder  ihn  sogar  überschreiten  (Eycleshymer). 

Wie  bei  den  Amphibien,  äußert  sich  die  Veränderung,  welche  die  An- 
ordnung der  Furchungen  durch  Zunahme  des  Dotters  erleidet,  vor  allem 
im  Verhalten  der  Aequatorialfurche.  Eine  typische  Aequatoriall'urche  tritt 
nur  noch  bei  den  relativ  kleinen  Eiern  von  Cerutodus  (Semon)  auf,  sie  ist 
aber  auch  hier  verspätet  (Fig.  227).  Nachdem  die  beiden  ersten  Meridio- 
nalfurchen  angelegt  sind,  werden  ihre  Winkel  durch  zwei  weitere  meridio- 
nale  Furchen  halbiert ;  dann  erst 

entsteht     die     Aequatorialfurche  '  ^  ^  -^ 

und  trennt  acht  kleinere  und 
acht  größere  Blastomeren.  Diese 
16  Blastomeren  werden  dann 
durch  zwei  Latitudinalfurchen  in 
32  Teile  zerlegt.  Bei  dem  zweiten 
Dijineusten,  dessen  Furchung 
bekannt  ist,  Lepidosiren  (Kerr), 
fällt  die  Aequatorialfurche  aus ; 
der  Furchungsprozeß  erinnert 
an  Salnmandra  maculosa. 


/ 


Fig.  22t.    lö-zelliges  Furchungsstadiuni 
von    Ceratodiis   Forateri  nach  SeMON. 


ganz 


Die 


vier  durch  die  Meridionalfurchen 
abgegrenzten  Quadranten  sind  von  ungleicher  Größe  und  verhalten 
sich  daher  im  weiteren  Verlauf  oft  untereinander  ungleich:  es  ent- 
stehen Vertikalfurchen,  welche  aber  den  vorhandenen  Furchen  nicht 
genau  parallel  angeordnet  sind  und  mit  ihnen  konvergieren  können. 
Unter  Umständen  kann  eine  solche  Furche  ganz  zu  einer  Aequatorial- 
furche abgelenkt  sein,  wie  Fig.  228  lehrt,  bei  welcher  auf  der  linken 
Seite  die  dritten  Furchen  Vertikalfurchen  sind,  während  sie  auf  der 
rechten  Seite  sich  verschieden  verhalten  :  der  eine  größere  Quadrant   ist 


genau  meridional  geteilt,  der  kleinere 


dagegen 


äquatorial  (Furche  /). 


\     / 


^ 


Fig.  228.  FnrchuDgsstadien  von  Lepidosiren  paradoxa  nach  Keee.  A— C  vom 
animalen  Pol  gesehen,  D  in  seitlicher  Ansicht.  A  Zweites  Furchnngsstadium,  B — C  ver- 
schiedene Formen  des  dritten  Furchungsstadiums,  B  dritte  Furchen  nur  vertikal,  C  dritte 
Furchen  auf  der  linken  Seite  vertikal,  auf  der  rechten  teils  meridional,  teils  äqua- 
torial (7). 


D  vorgerücktes  Stadium  in  seitlicher  Ansicht. 


Bei  den  (xaiioideii  sehen  wir  sich  allmählich  Zustände  vorbereiten, 
welche    schon    bei  Amphibien   auftreten,    zur  Herrschaft  aber    erst  bei 


Handbuch  der  Entwickelungslehre.  1, 


41 


642 


11.  IIertwig, 


Teleostiern  gelangen.  Nachdem  die  beiden  ersten  Meridionalfurchen 


dem 

das    charakteristische 


Kreuz   am 


sich    auf    den    übrigen    Eidotter 


animalen    Pole 
ausbreiten ,    en 


erzeugt 


System  vier  Vertikalfurchen,  von  denen  nur 
eine  oder  die  andere  durch  den  Pol  verläuft, 
sie  in 


einiger 


haben  und 
en  als  drittes 
ausnahmsweise  die 
Gewöhnlich  treffen 
Entfernung  vom  Pol  auf  eine  der  vorhandenen  Mei'i- 
dionalfurchen,  wahrscheinlich  stets  die  erste,  indem  sie  der  anderen  mehr 
oder  minder  parallel  verlaufen.  Das  vierte  Furchensystem  entspricht  der 
Aequatorialfurche  von  Ceratodus,  ist  aber  dem  animalen  Pol  sehr  genähert, 
so  daß  die  acht  um  den  Pol  gruppierten  Blastomeren  sehr  klein  sind.  Man 
spricht  daher  besser  von  einer  Latitudinalfurche.  Diese  hat  eine  Tendenz, 
sich  senkrecht  zur  zweiten  Mei'idionalfurche  und  den  Vertikalfurchen 
dritter  Ordnung  anzuordnen  und  somit  einen  zur  ersten  Meridional- 
furche  möglichst  parallelen  Verlauf  einzuhalten ;  dieser  Tendenz  ent- 
sprechend kann  sie  keinen  Kreis  bilden,  sondern 
der  ersten  Furche  gestelltes  Oval  (Fig.  229). 
noch   eine   weitere    Steigerung,   so   löst   sich   die 


ein  in  der  Richtung 
Findet  die  Tendenz 
Latitudinalfuiche   in 


zwei  Furchen    auf,    welche   der   ersten    Meridionalfurche   parallel    ver- 


A 


B 


C 


Fig.  229.  Fnrchungsstadien  von  Amia  calva  nach  Eycle.shymer.  Obere  Reihe 
Seitenansicht  mit  schwacher  Neigung  der  Eiachse,  untere  Reihe  reine  Polansichtcn, 
bei  C  vom  unteren  Pol  gesehen.  A  drittes,  B  viertes,  0  vorgeschrittenes  Furchungs- 
stadium. 

laufen  und  daher  mit  ihr  nicht  mehr  zur  Schneidung  kommen,  sondern 
nach  dem  Gegenpol  weiterwachsen,  bis  sie  an  irgend  eine  der  vor- 
handenen Vertikalfurchen  Anschluß  finden.  Als  Konsequenz  dieses 
Furchungsniodus  entsteht  folgendes,  sehr  charakteristisches  Bild:  un- 
mittelbar im  Umkreis  des  Pols  vier,  oberflächlich  wenigstens,  allseitig 
umgrenzte  Blastomeren,  nach  außen  von  denselben  12  keilförmige  Stücke, 
Avelche  lange  Zeit  nach  dem  vegetativen  Pol  zu  noch  zusammenhängen. 
Würde  die  Furchung  in  regelmäßiger  Weise  fortschreiten,  so  würden  von 
den  12  Keilen  die  dem  animalen  Pol  zugewandten  Enden  durch  eine 
Latitudinalfurche  abgeschnürt  werden.  Ein  solcher  regelmäßiger  Verlauf 
gehört  aber  zu  den  Ausnahmen.     Zwischen   den    beiden  besprochenen 


Furcliungsprozeß.  643 

F'iirchungstjpen  giebt  es  vielmelir  so  viele  Uebergänge,  daß  eine  iiii- 
gelieure  Mannigfaltigkeit  der  Bilder  entsteht,  bei  der  es  schwer  ist, 
eine  Gesetzmäßigkeit  herauszuerkennen. 

Wir  haben  bisher  nur   die  OberÜächenbilder    berücksichtigt;    die- 
selben  erfahren   eine   Ergänzung   durch    Untersuchung    der    Eier    auf 
Querschnitten.    Dabei  stellt  sich  heraus,  daß  die  Abfurchung  der  Eier 
noch  mehr  verzögert  ist,   als    man    bei  Flächenbetrachtung   annehmen 
mcichte.     Selbst    bei    den  kleinen  Eiern  von  Ceratodus   (Semon,  A.  L. 
III  1901)   dringen   sowohl    die   vertikalen,    als   auch   die   latitudinalen 
Furchen  zunächst  nicht  weit  gegen  die  Eiachse  vor;  sie  machen  Halt 
an  einer  der  Teilung  offenbar  Schwierigkeiten  bereitenden  Masse  grob- 
körnigen Dotters,  welche  etwas  excentrisch  gegen  den  vegetativen  Pol 
verschoben  ist,   so   daß  vorübergehend  Anklänge   an   die   superticielle 
Furchung  auftreten.     Erst  wenn    der    Keim    oberflächlich   in    1(3   oder 
sogar  (34  Teile  zerlegt  ist, 
dringt    die    Aequatorial- 
furclie    so  weit  vor,   daß 
die  Zellen  des   animalen 
Poles    voneinander    voll- 
kommen    gesondert  v^  ^**]K 
werden.    Zwischen  ihnen      |  ^ 
und    der    noch     einheit- 
lichen, nur   oberflächlich 
eingeschnürten      Dotter- 
masse  bildet    sich    dann 
die  Furchungshöhle.    Sie 

liegt     stark      excentrisch,  Fig.  230.      Ei  von   Acipenser  sun-io    auf   dem   8- 

nach  dem    'inimalen    Pol      "^^'^*^  l(j-zelligeii  Stadium.     Nach  Bashford  Deax. 

verschoben.      Indem     in 

die  unvollkommen  geteilte  Dottermasse  der  vegetativen  Seite  Furchen 
von  der  Furchungshöhle  aus  einwachsen,  wird  schließlich  der  gesamte 
Keim  in  Zellen  zerlegt. 

Wie  bei  Ceratodus,  so  wird  auch  bei  den  Äcipenseriden  die  vege- 
tative Sphäre  des  Eies  schließlich  in  kleinzelliges  Material  ab  gefurcht, 
nur  daß  der  Prozeß  noch  mehr  verlangsamt  ist  und  daß  in  seinem 
Verlauf  vorübergehend  riesige  vielkernige  Zellen  entstehen.  Bei  Amia 
(Eycleshymer)  dagegen  ist  dieser  an  Amphibien  erinnernde  Vorgang 
nicht  mehr  vorhanden.  Gehen  wir  von  dem  Stadium  aus,  auf  welchem 
durch  die  erste  Latitudinalfurche  das  Ei  in  acht  den  Hauptpol  um- 
gebende kleinere  Stücke  und  acht  große  Keile  abgeteilt  ist,  so  hängen 
die  äußerlich  gut  abgegrenzten  acht  kleiuen  Blastomeren  mit  dem 
centralen  Dotter  noch  zusammen  und  sitzen  auf  ihm  wie  kleine 
Höcker  (Fig.  231,  III).  Sie  werden  erst  bei  der  nächsten  Teilungs- 
periode zu  selbständigen  Zellen,  indem  ihre  Kerne  vertikal  gestellte 
Spindeln  liefern,  die  Teilfurche  daher  der  Eioberfläche  parallel  verläuft 
und  die  peripheren  Enden  der  Höcker  abschnürt.  Gleichzeitig  werden 
die  acht  Keile  infolge  tangentialer  Spindelstellung  in  16  Stücke  zerlegt, 
von  deren  oberen  Enden  durch  weitere  latitudinale  Furchen  kleine, 
den  abgefurchten  Keim  vergrößernde  Blastomereu  geliefert  werden. 
Das  Ei  besteht  schließlich  aus  einer  Art  Keimscheibe  und  einer  dieselbe 
tragenden  Masse,  welche  aus  16  keilförmigen,  in  ihrer  Gestalt  an  Apfel- 
sinenscheibeu  erinnernden  Stücken  besteht.  Diese  können  durch  weitere 
vertikale  Furchen    zerlegt   werden,    aber   eine    Umwandlung    in    kleiu- 

41* 


644 


R.  Hertwig, 


zelliges  Dottermaterial  findet  nicht  statt,  so  daß  sich  noch  auf  späteren 
Enibryonalstadien  große,  mehrere  Kerne  enthaltende  Dotterschollen  finden. 
Demgemäß  ist  auch  die  Furchungshöhle  klein ;  sie  entsteht  wahrscheinlich 
durch  Zusammenfließen  von  Lücken,  welche  zwischen  den  abgefurchten 
Zellen  auftreten  (Sobotta,  A.  L.  III189G),  nicht  durch  Vereinigung  von 
Vakuolen,  welche  nach  Whitman  und  Eycleshymer  im  Dotter  auf- 
treten sollen. 


Fig. 

HYMER. 


231.     Furchungsstadien  von   ^bnia   auf   Längsschnitten.      Nach   Eycles- 


Dem  Gesagten  zufolge  bildet  das  Ei  von  Aniia  einen  wundervollen 
üebergang  von  der  inäqualeu  zur  diskoidalen  Furchung.  Leider  sind 
die  Verhältnisse  im  einzelnen  noch  nicht  genügend  untersucht, 
noch  mehr  vom  Ei  des  Lejjidosteus  gilt,  bei  welchem  im  äußeren 
lauf   noch    die    größte    Aehnlichkeit    mit   Amia    gewahrt    bleibt, 


was 
Ver- 
eine 


Abfurchung 


des   Dotters    aber    nicht    mehr    zu    stände 


vollkommene 
kommt. 

Die  Eier  von  Amia  und  Lepidosteus  sind  ausgezeichnete  Objekte, 
um  zu  entscheiden,  in  welchem  Verhältnis  die  ersten  Furchungsebenen 
zur  Symmetrieebene  des  ausgebildeten  Fisches  stehen.  Denn  da  die 
Eier  oval  geformt  sind  und  der  Keim  an  einem  Ende  der  Längsachse 
gebildet  wird,  sind  rotierende  Bewegungen  des  Eies  um  seine  Quer- 
bei  Amphibien  die  Orientierung  so  sehr  erschweren, 
Auch  hat  sich  herausgestellt,  daß  die  Eier  in  ihrer  Ent- 
len  Einwirkungen  der  Schwerkraft  ziemlich  unabhängig 
bei  jeder  Lagerung  in  gleicher  Weise  sich  abfurchen. 


achse,   wie   sie 
ausgeschlossen. 
Wickelung  von 
sind  und  daher 

Genauere  Untersuchungen  nach  dieser  Richtung  wurden  bisher  nur 
am  Ei  von  Amia  angestellt;  sie  führten  zu  dem  Resultat,  daß  der  erste 
Furchungsmeridian  mit  der  späteren  Symmetrieebene  alle  möglichen 
Winkel  bilden  kann  (Eycleshymer).  Es  ist  also  so  gut  wie  ausge- 
schlossen, daß  durch  die  erste  oder  zweite  Meridionalfurche  das  Ei- 
material  qualitativ  gesondert    w^erde. 


V.  Teleostier. 

Während  sich  mit  den  Befruchtungsvorgängen 


wenige  Forscher 
Tagen 


seit   den 


beschäftigt 
Vogt's   (A. 


der  Teleostier  nur 
haben,  ist  die  Eifurchung  dieser  Tiere 
L.  III,  4  1842)    und  Coste's    (A.  L.  II, 


Fuichungsprozeß.  645 

1847 — 1859)  der  Gegenstand  zahlreicher  Untersuchungen  gewesen.  Die 
Ergebnisse  derselben  stimmen  untereinander  in  ganz  auffälliger  Weise 
überein,  soweit  sie  sich  auf  die  Beschreibung  der  die  Keimscheibe  ab- 
teilenden Furchen  beziehen,  ein  Zeichen,  daß  die  Furchung  bei  den 
Knochenfischen  im  Allgemeinen  einen  typischen  Verlauf  einhält.  Denn 
die  Objekte,  welche  zur  Beobachtung  gewählt  wurden,  stammten  von 
Fischarten,  welche  den  verschiedensten  Ordnungen  angehören  und 
unter  den  verschiedensten  äußeren  Bedingungen  sich  entwickeln,  von 
See-  und  Süß^vasserformen,  Tieren,  welche  Brutpflege  ausüben  ( Gaste- 
rosteus)  oder  die  Eier  ihrem  Schicksal  überlassen,  bei  denen  die  Eier 
pelagisch  frei  flottieren  oder  auf  dem  Grunde  des  Wassers  lose  liegen 
oder  an  Steinen  und  Wasserpflanzen  angeklebt  werden. 

Der  Grund  zu  dieser  Erscheinung  ist  in  der  im  Verlauf  der 
Befruchtung  sich  entwickelnden  scharfen  Scheidung 
von  Bild ungsdotter  und  Nahrungsdotter  gegeben.  Wenn 
es  auch  nicht  richtig  ist,  was  von  manchen  Seiten  betont  wurde,  daß 
die  Keimscheibe  bei  Beginn  der  Furchung  keine  protoplasmatischen 
Fortsätze  mehr  in  die  Dotterkugel  aussendet,  so  ist  doch  letztere  so 
arm  an  Protoplasma  und  andererseits  die  Keimscheibe  so  frei  von 
Dotter,  daß  eine  große  Unabhängigkeit  beider  Teile  besteht.  Nur  so 
ist  es  zu  verstehen,  daß  der  Typus  der  meroblastischen  Furchung 
auch  bei  einer  Größe  der  Eier  beibehalten  wird,  welche  bei  Wirbel- 
tieren sonst  noch  inäquale  Furchung  gestattet  (vergl.  hierüber  die 
Maßangaben  auf  p.  542).  Die  Sonderung  von  Bildungs-  und  Nahrungs- 
dotter scheint  übrigens  nicht  bei  allen  Eiern  gleich  ausgesprochen  zu 
sein.  Bei  größeren  Eiern,  wie  den  Eiern  der  Salmoniden,  ist  sie 
offenbar  geringer  als  bei  kleineren  Eiern,  besonders  den  pelagischen 
Eiern  mariner  Fische.  Man  kann  das  aus  dem  Charakter  des  Fur- 
chungsprozesses  erschließen.  Bei  kleineren  Eiern  ist  der  Typus  der 
Teleostieifurchung  am  klarsten  ausgeprägt,  weil  das  Protoplasma  hier 
zu  einer  gleichförmigen  Masse  von  Gestalt  einer  plankonvexen  oder 
bikonvexen  Linse  angeordnet  ist;  bei  den  Eiern  der  Salmoniden  da- 
gegen machen  sich  schon  größere  Unregelmäßigkeiten  bemerkbar. 

Die  beiden  ersten  Furchen  sind  nieridional  und  stehen  senkrecht 
zu  einander.  Ihrer  Bildung  geht  jedesmal  eine  Streckung  des  zu 
teilenden  Protoplasmas  in  der  Richtung  der  Kernspindel  voraus,  also 
senkrecht  zur  Teilfurche.  Besonders  auffällig  ist  die  Streckung  der 
gesamten  Keimscheibe  zu  einem  Oval  bei  der  ersten  Teilung.  Ehe 
die  Teilfurche  sich  auf  der  Oberfläche  der  Keimscheibe  bemerkbar 
macht,  soll  sie  auf  der  Dotterseite  eine  von  unten  in  die  Keimscheibe 
vorspringende,  später  wieder  verstreichende  Kerbe  erzeugen  i  Agassiz 
und  Whitman,  A.  L.  III,  4,  1889).  Auch  wurde  der  von  den 
Amphibien  her  uns  bekannte  Faltenkranz  beobachtet.  Das  dritte  Teilungs- 
stadium wird  durch  zwei  vertikale,  aber  nicht  mehr  meridionale  Furchen 
repräsentiert;  dieselben  verlaufen  in  der  Regel  der  ersten  Meridional- 
furche  parallel  links  und  rechts  von  ihr;  in  entsprechender  Weise  sind 
auch  die  beiden  vierten  Furchen  vertikal,  aber  parallel  zur  zweiten  Meri- 
dionalfurche  orientiert.  Ob  bei  manchen  Arten  die  Aufeinanderfolge 
dieser  beiden  Furchen  variiert  und  die  dritten  Furchen  parallel  der  zweiten 
Meridionalfurche,  die  vierten  dagegen  parallel  der  ersten  orientiert  sind 
(KuppFER,  A.  L.  III,  4,  1878;  Hexneguy  A.  L.  III.  4,  1888)  oder 
ob  nur  zufällig  Abnormitäten  den  abweichenden  Beobachtungen  zu 
Grunde  gelegen  haben,  sei  dahingestellt.      Das  Endresultat  ist  jeden- 


646 


R.  Hertwig, 


falls  das  gleiche,  eine  „schachbrettartige"  (Kopsch  1900)  Anordnung 
der    16  Furchungskugeln,   4   im   Centrum,    darum    ein  Kranz   von    12 


r-f^^^.  i- 


.^ 


Fig.  232.  Fiirchung  des  Teleostier-Eies  (Crenihihms  pauo)  nach  List;  Fig.  1 — 4 
vom  animalen  Pol,  Fig.  5  uud  6  von  der  Seite  gesehen.  1  und  5  Stadium  der  Zwei- 
teilung, 2  Vierteilung,  3  Achtteilung,  4  Sechszehn teilung,  6  vielzelliger  Keim.  Vergr.  82: 1, 

randständigen  Stücken,  ein  Bild,  welches  wir  schon  als  einen  gelegent- 
lichen   Befund   von    Ganoiden   und    Amphibien  kennen    gelernt   haben. 

Beim  fünften  Teilungsschritt,  der  Teilung  der  beschriebenen  16 
Furchungkugeln  in  32,  scheint  nur  ausnahmsweise  noch  eine  regel- 
mäßige Anordnung  der  Teilfurchen  gewahrt  zu  werden.  Nach  Wilson 
(A.  L.  III,  4,  1891)  soll  sie  bei  50  Proz.  der  Eier  von  Serranus 
atrarius  in  folgender  Weise  zum  Ausdruck  kommen.  Die  vier  centralen 
Zellen  teilen  sich  durch  tangentiale  Furchen  in  je  zwei  übereinander 
liegende  Stücke;  die  vier  den  Ecken  des  Schachbretts  entsprechenden 
Zellen  werden  meridioual  geteilt;  die  acht  übrigen  durch  Furchen, 
welche  je  ein  centrales  und  ein  peripheres  Stück  voneinander  trennen, 
Furchen,  die  man  „äquatoriale"  genannt  hat  (Kopsch,  Wilson).  Der 
Ausdruck  ist  niclit  zu  rechtfertigen,  da  die  Furchen  eher  nach  Art 
von  vertikalen  Furchen  der  Eiachse  parallel  verlaufen,  als  daß  sie 
wie  eine  Aequatorialfurche  senkrecht  zu  ihr  gestellt  sind.  Wohl  aber 
kann  man  von  cirkulären,  d.  h.  dem  Rande  der  Keimscheibe  parallelen 
Furchen  sprechen.  Vielleicht  ist  das  von  Wilson  beobachtete,  don 
räumlichen  Verhältnissen  der  Keimscheibe  trefflich  entsprechende 
Schema  häufiger,  als  man  bisher  annimmt,  wenn  man  Eier  in  besonders 
guter  Verfassung  unter  Abhaltung  äußerer  Störungen  kultiviert. 
Vielleicht  sind  aber  auf  diesem  Stadium  die  inneren  Ungleichheiten 
der  Zellen,  die  sich  aus  der  Ungleichheit  des  lebenden  Materials 
früher  oder  später  ergeben  müssen,  in  der  Regel  schon  groß  genug, 
um  Unregelmäßigkeiten  in  der  Anordnung  der  Furchen  zu  veran- 
lassen. Vom  sechsten  Teilungsschritt  ist  das  sicher  allgemein  der 
Fall ;  ausnahmsweise  kann  es  schon  vor  dem  fünften  Stadium  eintreten. 

Abweichungen  von  dem  geschilderten  Furchu-ngsschema  (ungleiche 
Größe  selbst  der  ersten  Furchungskugeln,    Asymmetrie  der  Keimscheibe) 


Furchungsprozeß.  647 

finden  sich  natürlich  auch  bei  Teleostiern^  ohne  daß  dadurch  eine  normale  Ent- 
wickelung-  unmöglich  gemacht  würde  (Eycleshymer,  Raubeu)  ;  sie  scheinen, 
wie  schon  hervorgehoben  wurde,  besonders  bei  großen  Eiern  voi'zukommen. 
So  ist  die  Eurchung  von  BatracJms  tau  modifiziert,  insofern  die  Eurchungs- 
kugeln  von  ungleicher  Größe  sind  (BiiooK  1886;  Clapp,  A.  L.  III,  4, 
1891).  Bei  Salmoniden  ist  die  Unregelmäßigkeit  öfters  so  groß,  daß  Stkickek 
(1865)  von  einer  regellosen,  mit  der  Furchung  anderer  Tiere  gar  nicht 
vergleichbaren  Eaiospung  hat  reden  können.  Xach  Oellachek  (A.  L. 
III,  4,  1872)  und  Henkeguy  ist  jedoch  das  8-Zellenstadium  meist  noch 
in  typischer  Weise  zu  erkennen,  wenn  auch  oft  asymniPtrisch  entwickelt. 
Das  16-Zellenstadium  zeigt  dagegen  einen  unregelmäßigen  Zellenhaufen 
Es  muß  hier  berücksichtigt  werden,  daß  Salmoniden-^ier  sehr  empfind- 
liche, zugleich  auch  schwierig  zu  untersuchende  Objekte  sind.  —  Eine 
interessante,  weil  an  die  Eurchung  holoblastischer  Eier  erinnernde  Ab- 
weichung vom  regelmäßigen  Verlauf  der  Eurchung  haben  "Wii>sox  bei 
Serramis  airarius  und  Eisaki  bei  Crisiiceps  argentatus  beidesmal  als  Selten- 
heit beobachtet :  es  folgten  auf  die  zwei  ersten  Meridionalfurchen  zwei 
weitere  ebenfalls  meridionale,  welche  die  vorhandenen  vier  rechten  Winkel 
halbierten  und  acht  keilförmige   Stücke  erzeugten. 

Während  die  Verhältnisse  so  weit  als  geklärt  gelten  können, 
kommen  wir  jetzt  zu  einer  Reihe  kontroverser  Fragen.  Giebt  es 
eine  Aequa torialfurche  bei  den  Teleobtiem,  und  wann  bildet 
sich  dieselbe  aus ?  In  welchem  Verhältnis  stehen  die  F u r - 
c h  u  n  g  s  k  u  g  e  1  n  zum  unterliegenden  D  o  1 1  e  r  V  Wann  und  in 
welcher  Weise  lösen  sie  sich  von  demselben  ab?  Mit  diesen  Fragen 
steht  eine  weitere  im  engsten  Zusammenhang.  In  dem  spärlichen 
Protoplasma,  welches  sicli  außerhalb  des  Areals  der  Keimscheibe 
findet  und  besonders  als  eine  dünne  Rindenschicht  die  Dotterkugel 
umhüllt,  treten  auf  vorgerückteren  Stadien  Kerne  auf. 
welche  sehr  verschiedene  Namen  erhalten  haben.  Agassiz  und 
Whitman.  welche  die  betreffende  Protoplasmaschicht  „Periblasf  ge- 
nannt haben,  sprechen  von  „Peri  blas  tkernen";  His  nannte  sie 
„Parablastker  ne"  ;  von  Balfour,  Virghow,  Kopsch  und  den 
meisten  übrigen  Forschern  wurden  sie  „Dotterkerne'^  bezeichnet. 
Ich  werde  den  Namen  „Dotter  kerne''  anwenden  und  die  Kerne 
samt  dem  umhüllendem  Protoplasma  „Dotter syncyti um''  nennen, 
wenn  auch  gegen  diese  von  H.  Virghow  stammende  Bezeichnung  mit 
Recht  eingewandt  worden  ist,  daß  die  betreffende  Masse  sich  nicht  durch 
Verschmelzung  vorher  getrennter  Zellen  entwickelt.  Nach  ihrer  Lage 
zwischen  Keim  und  Dotterkugel  wird  das  Dottersyncytium  auch 
„intermediäre  Schicht"  genannt.  Für  die  Dotterkerne  war 
lange  Zeit  über  alles  s  1 1-  i  1 1  i  g :  Wie  sie  entstehen,  und 
was  ihr  weiteres  Schicksal  ist?  Ob  sie  am  Aufbau  des 
Embryo  beteiligt  sind  oder  nicht?  Auch  jetzt  ist  noch 
manches  kontrovers. 

Einige  Ansichten  über  die  Entstehung  der  Dotterkerne  haben  nur 
noch  historisches  Interesse.  Kupffbr  (A.  L.  III,  4,  1868),  welcher  die 
von  Leijeboillet  ungenügend  beschriebenen  Kerne  bei  Eiern  vom  Stich- 
ling  auf  weit  vorgerückten  Eurchungsstadien  zum  erstenmal  beobachtete 
und  zwar  zu  einer  Zeit,  in  welcher  die  neueren  Untersuchungen  über 
Kernteilung  noch  nicht  erschienen  waren,  nahm  eine  freie  Kernbildung 
an,  eine  Vermutung,  für  welche  sich  später  auch  Brock  (1885),  Kleix 
(1872),  Vax  Bexedex  (K.  L.  III,  4,  1877)  ausgesprochen  haben.  Hi.s 
(1873)  brachte  die  Kerne  mit  den  Dotterkugeln  des  unbefruchteten  Eies 


648  R.  Hertwig. 

in  Zusammenhang;  iiidem  er  von  ihnen  den  Bindesubstanzkeim  ableitete, 
und  die  Dotterkugeln  als  von  den  mütterlichen  Geweben  eingewanderte 
Zellen  deutete,  erblickte  er  hierin  eine  willkommene  Stütze  seiner  „Para- 
blasttheorie".  Er  hat  später  (1900)  seine  Deutung  selbst  zurückgezogen. 
Ebenso  hat  auch  Hoffmann  (A.  L.  III,  4,  1881)  seine  erste  Darstellung 
von  dei-  Entstehung  der  Dotterkerne  in  sj^äteren  Untersuchungen  als  iri-- 
tttmlich  bezeichnet;  er  gab  anfangs  an,  daß  die  erste  Furchungsspindel  sich 
in  die  Richtung  der  Eiachse  einstelle.  Es  komme  nun,  ehe  noch  die 
Meridionallürchen  auftreten,  zu  einer  äquatorialen  Teilung,  durch  welche 
das  Material  der  Keimscheibe  und  das  der  Dotterkugel,  ein  jeder  Teil 
mit  einem  Kern  ausgerüstet,  voneinander  getrennt  werden.  Vom  Kern 
der  Dotterkugel  sollen  sich  die  Dotterkerne  ableiten.  Nicht  glücklicher 
als  dieser  erste  Versuch  Hoffmann's,  das  Auftreten  der  Dotterkerne  zu 
erklären,  war  der  zweite  (A.  L.  III,  4,  1884).  Nachdem  durch  die 
beiden  Meridionalfurchen  die  Keimscheibe  viere'eteilt  ist,  soll  wie  beim 
Amphibienei  eine  Aequatorialfurche  auftreten ;  dieselbe  teile  vier  Blasto- 
meren vollkommen  von  vier  mit  der  Dotterkuo-el  verbundenen  Stücken  ab. 
w^elch  letztere  die  intermediäre   Schicht  samt  ihren  Kernen  liefere. 

Die  oben  aufgeworfenen  Fragen  lassen  sich  nur  bei  gleichzeitiger 
Anwendung  der  Schnittmethode  auf  das  sich  abfurchende  Ei  ent- 
scheiden. Nur  so  läßt  sich  mit  Sicherheit  bestimmen,  wie  tief  die 
Furchen  in  das  Ei  vordringen,  ob  sie  bis  zur  Dotterkugel  durch- 
schneiden oder  hier  eine  unter  der  Keimscheibe  hinziehende  und  mit 
der  Eirinde  im  Zusammenhang  stehende  Periblastschicht  übrig  lassen, 
ferner  welche  Elastomeren  schon  vollkommen  isoliert  sind  und  welche 
noch  mit  dem  Dotter  in  Zusammenhang  stehen. 

Ohne  Anwendung  von  Schnitten  hatte  Kupffer  (A.  L.  III,  4, 
1887)  und  nach  ihm  List  (A.  L.  III,  4.  1887)  angegeben,  daß  mit 
der  ersten  Meridionalfurche  zugleich  eine  Ablösung  des  Keimes  vom 
Dotter  erfolge  und  daß  darin  das  Aequivalent  einer  Aequatorialfurche 
gegeben  sei.  Brook  läßt  die  Ablösung  (Aequatorialfurche)  in  gleicher 
Weise,  jedoch  erst  mit  der  zweiten  Meridionalfurche  beendet  werden. 
Beides  ist  unhaltbar.  Denn  wie  schon  Fusari  (1892)  und  Sobotta 
(1896,  1897)  betont  haben,  kann  man  von  Aequatorialfurchen  nur  dann 
reden,  wenn  eine  besondere  karyokinetische  Kernteilung  sich  mit  der 
Furchenbildung  kombiniert.  Das  ist  aber  hier  sicher  nicht  der  Fall.  Bei 
■den  zwei  ersten  Meridionalteilungen  ist,  wie  sich  das  besonders  schön  an 
pelagischen  durchsichtigen  Eiern  erkennen  läßt,  immer  nur  eine  Spindel 
vorhanden,  jedesmal  die  zu  der  nieridionalen  Teilung  gehörige.  Die 
Bilder,welche  die  irrtümliche  Ansicht  verursacht  haben,  verlangen  viel- 
mehr eine  andere  Deutung:  Bei  allen  Teilungen  besitzt  der  protoplasma- 
tische Körper  der  Zelle  die  Tendenz  sich  abzurunden.  Diese  Eigentüm- 
lichkeit bringt  es  mit  sich,  daß  die  Keimscheibe  bei  den  ersten 
Teilungen  in  ihrer  Umrandung  steiler  gegen  den  Dotter  abfällt  und 
sogar  sich  gegen  ihn  durch  eine  ringförmige  Furche  abgrenzt  (His). 
Eine  Trennung  wird  jedoch  hierdurch  nicht  bewirkt. 

Die  Tiefe,  bis  zu  welcher  die  Meridionalfurchen  und  später  auch 
die  Latitudinalfurchen  vordringen,  reicht  nach  den  Angaben  der  meisten 
Forscher  nicht  bis  zum  Deutoplasma  herunter,  sondern  läßt  eine  dünne 
Plasmaschicht  ungeteilt  (Lereboullet,  Ryder,  Kupffer,  Wilson. 
Oellacher,  Ziegler,  Brooks,  Fusari,  His,  Kopsch),  welche  inter- 
mediäre Schicht  oder  „disque  huileux"  genannt  wird.  Der 
letzte  Name  bezieht  sich    auf  den  Umstand,    daß   in  ihr   häutig  feine. 


Furchungsprozeß. 


f)49 


aus  Erweichimg  der  Dotterkugelii  stammende  Oeltröpfchen  auftreten. 
Manchmal  hndet  sich  unter  jeder  Elastomere  ein  solcher  Erweichungs- 
herd in  Eorm  einer  Anhäufung  von  Oeltröpfchen  (Kupffer).  Die 
Schicht  hat  offenbar  die  Aufgabe,  die  Resorption  des  Deutoplasma  und 
die  Ernährung  der  Keimscheibe  zu  vermitteln.  So  wird  die  enorme 
Größenzunahme  der  letzteren  im  Lauf  des  Furchungsprozesses  ver- 
ständlich ;  sie  wurde  von  Kupffer  für  das  Heringsei  genauer  bestimmt 
und  beträgt  die  Hälfte  der  ursprünglich  vorhandenen  Masse.  Genauere 
Angaben  über  den  zeitlichen  Verlauf  des  Wachstums  der  Keimscheibe 
hat 


gegeben. 


His  (1875)  für  Lachseier 

Im  Gegensatz  zu  der  gegebenen  Darstellung  lassen  andere 
Forscher  (Coste,  Haeckel,  Van  Beneden,  Cunningham,  Hoffmann, 
Henneguy)  die  Furchen  bis  auf  den  Dotter  durchschneiden  mit  Aus- 
nahme des  Randes,  wo  andauernd  ein  Ringw^ulst  von  Protoplasma 
die  peripheren  Stücke  der  Keimscheibe  untereinander  verbinde.  Der 
Gegensatz  zu  der  ersten  Auffassung  wird  einigermaßen  gemildert, 
wenn  wir  lesen,  daß  der  Ringwulst  sich  später  unter  der  Keimscheibe 
diaphragmaartig  vorschieben  und  so  sekundär  die  intermediäre  Schicht 
erzeugen  soll.  Es  wäre  ganz  gut  denkbar,  daß  sich  verschiedene 
Fischarten  in  dieser  Hinsicht  verschieden  verhalten. 

Nehmen  wir  an,  w^as  wahrscheinlich  den  natürlichen  Verhält- 
nissen entspricht,  daß  die  intermediäre  Schicht  von  Anfang  an  ein 
zusammenhängendes  und  nirgends  unterbrochenes  Stratum  bildet,  so 
müssen  eine  Zeit  lang  ihr  die  Blastomeren  wie  Knospen  aufsitzen,  und 
es  muß  ein  Moment  eintreten,  auf  dem  die  einzelnen  Blastomeren 
sich  von  ihrer  Unterlage  ablösen.  Dies  tritt  nach  Kopsch's  (1900) 
sehr  genauen  Untersuchungen  bei  vielen  Fischen  auf  dem  Stadium 
von  16  Blastomeren  zum  erstenmal  für  die  4  das  Centrum  bildenden 
Stücke  ein.  Die  dritten  und  vierten  Vertikalfurchen  bewirken  die  durch 
die  beiden  ersten  Meridianfurchen  schon  vorbereitete  Ablösung,  in- 
dem sie  wahrscheinlich  nicht  genau  senkrecht  zur  Dotterobertläche 
stehen,  sondern  etwas  schräg  nach  den  Meridionalebenen  einfallen  und 
sich  mit  ihnen  schließlich  verbinden.  Dagegen  gehen  die  12  peripheren 
Blastomeren  kontinuierlich  in  den 


Ringwulst 
Uebergang 


über,  welcher  den 
der  Keimscheibe  in 
den  „Periblast"  bewerkstelligt, 
welcher  um  diese  Zeit  noch  kern- 
los ist  und  daher  von  His  (1898) 
„Properiblast'"  genannt  wird.  In- 
dessen sind  die  Randzellen  nicht 
mit  ihrer  ganzen  Basis  dem  Ring- 
wulst   aufgepflanzt ;   die    in    bei- 


stehender 


Figur 


licht 


gehaltene 


Fig.  233.  Flächenansicht  der  Keitn- 
scheibe  von  Betone  actis  vou  oben.  Die 
Verbindungszone ,  d.  h.  die  Partie,  in 
welcher  die  Randsegmente  mit  dem  un- 
gefurchten Periblast  zusammenhängen, 
ist  durch  dunkle  Farbe  hervorgehoben. 
Nach  KoPSCH.    Vergr.  7."):1. 


einwärts    gewandte    Partie    ihrer    Basis    ist 


Schicht  abgehoben. 


Diese  Anordnung  bringt  es 


von    der    intermediären 
mit  sich,  daß  bei  allen 


()50 


R.  Hertwig, 


cirkulären  Teilungen  (Teilungen  mit  radialer  Orientierung  der  Si)in(Iel- 
achse)  jede  Randzelle  in  eine  centrale  allseitig  abgegrenzte  und  eine 
mit  dem  Randwulst  in  Verbindung  l)leibende  Tochterzelle  zerfallen 
muß.  Steht  die  Spindel  dagegen  dem  Rand  der  Keiinscheibe  parallel 
cirkulär  und  die  Teilfurche  meridional,  so  unterbleibt  die  Ai)lösung; 
sie  wird  unvollständig  bei  intermediären  Si)indelstellungen.  Auch  im 
weiteren  Entwickelungsverlauf  können  wir  Randzellen  und  centrale  ab- 
gelöste Blastomereu  unterscheiden.  Erstere  schnüren  am  centralen 
Ende  neue  Blastomeren  al),  letztere  vermehren  sich  ebenfalls  durch 
Teilung.  Dieses  geschieht  häutig,  wie  wir  es  schon  von  den  4  inneren 
Stücken  des  16-Zellenstadiums  kennen  gelernt  haben,  durch  tangentiale 
Teilung,  oft  auch  durch  schräg  gestellte  Teilungsfurchen,  So  wird  die 
Keimscheibe  zweischichtig  (nach  Kopsch  bei  Belone  ncus  auf  dem 
Stadium  von  32  Blastomeren),  weiterhin  dreischichtig  (auf  dem  Stadium 
von  256  Blastomeren),  schließlich  vielschichtig.  In  der  vielschichtigen 
Keimscheibe  platten  sich  die  oberflächlichsten  Zellen  ab  und  erzeugen 
die  ,,D  eck  Schicht",  unter  der  die  übrigen  Zellen  als  kugelige  Ele- 
mente liegen.  Die  Sonderung  der  Deckschicht  fällt  ungefähr  in  die 
Zeit,  w'o  1000 — 2000  Furchungskugeln  gebildet  sind. 

In  der  geschilderten  Weise  wächst  somit  die  Zahl  der  völlig  abge- 
lösten Blastomeren  durch  zwei  Vorgänge:  1)  durch  Teilung  der  vorhan- 
denen, 2)  durch  Zuwachs  von  außen.  Der  zweite  Vorgang  hört  allmählich 
auf.  Die  vom  Periblastlager  als  kleine  Höcker  vorragenden  Raudzellen, 
die  „Plastochören"  (His),  verlieren  die  in  der  Höckerbildung  zu  Tage 


,^T 


^ 


E. 


B 


Fig.  234.  Querschnitte  durch  Keimscheiben  von  Knochenfischen.  A — 0  von 
Ctennlahrvs  nach  Agassiz  und  Whitman,  Ver<iT.  210:1,  D  von  Belone  acus  nach 
Kopsch,  Vcr^r.  100:1.  /  Randzellen,  die  den  peripheren  Periblast  bilden.  7/ cen-^ 
traler  Periblast. 


Furchungsprozel».  G51 

tretende  Tendenz  zur  Individualisierung  von  ihren  Naclibarzellen,  sei 
es,  daß  die  Höcker  untereinandei-  verschmelzen  —  so  ist  die  gewöhn- 
liche Darstellung;  Kopscii,  welcher  den  Blastomeren  Membranen  zu- 
schreibt, läßt  behufs  Verschmelzung  die  einseitig  gebildeten  Membranen 
resorbiert  werden  — ,  sei  es  daß  die  Höcker,  was  mir  das  Wahrscheinlichere 
ist,  sich  abtlachen  und  so  in  die  Periblastschicht  zurücksinken.  Da- 
mit entsteht  ein  einheitlicher.  Kerne  enthaltender  P  e  r  i  - 
b  1  a  s t w u  1  s t ,  im  Umkreis  der  vielzelligen  K e i m  s c h e i b e , 
welche  fortan  sich  im  wesentlichen  nur  n o c h  d u r c h 
"Wachstum  und  Teilung  der  in  ihr  liegenden  Zellen  ver- 
größert. Die  Kerne,  welche  im  Periblastwulst  verbleiben,  müssen 
von  jetzt  ab,  da  sie  von  der  Anteilnahme  am  Aufbau  der  Keimscheibe 
ausgeschlossen  sind,  mit  besonderen  Namen  belegt  werden ;  e  s  s  i  n  d 
die  Dotterkerne.  Sie  vermehren  sich  nach  wie  vor  lange  Zeit 
über  karyokinetisch.  Später  treten  unregelmäßige  Teilungen  ein.  viel- 
polige  Mitosen.  Schließlich  wachsen  die  Kerne  zu  gelappten  Riesen- 
kernen heran,  die  sich  nur  noch  durch  Abschnürung  ausgebuchteter 
Paitieen  vermehren  und  Nester  kleinerer  Kerne  liefern.  Zugleich  ver- 
breiten sich  die  Dotterkerne  vom  Rand  centralwärts  unter  der  Keim- 
scheibe in  der  intermediären  Schicht  und  gewinnen  hier  eine  durch 
ihre  Beziehung  zur  Darmanlage  bestimmte  Anordnung.  Die  Haupt- 
masse verbleibt  jedoch  im  Raudwulst  (peripheres  Dotters3'ncytium), 
Dieser  Ring  von  Dotterkernen  schiebt  sich  in  der  Dotterrinde  nach 
dem  Gegenpol  in  gleichem  Maße  vorwärts,  als  die  Umwachsung  durch 
die  Keimscheibe  sich  vollzieht.  Der  Ring  von  Dotterkernen  und  der 
Rand  der  Keimscheibe  rücken  gemeinsam  voran.  Ersterer  gelangt  so 
in  den  Bereich  des  Dottersacks,  wo  mau  ihn  noch  beim  ausgeschlüpften 
Plschchen  tiudet. 

Die  Darstellung,   welche  hier  von   der  Ent- 
stehung   der    Dotterkerne    gegeben    wurde,    ent- 
spricht   in    ihren    Grundzügen    der    Auffassung,  ^^; 
welche  von  Räuber  (1883)    angebahnt   und  von                       /f^'"^         >- 
AoAssiz  und  AYhitmax  zuerst  aufgestellt  wurde.                   J^^./-    - 

Ihr  haben  sich  Cunningham    (A.  L.  III,  4,  1887,  jS^}^' 

1889),  FrsARi,  ZiEULER  (1896),  Raffaele(A.  L.        "        r'  ; 

III,  4,  1888)  angeschlossen.    In  ihren  Einzelheiten  ,? 

ü'iebt    die  Darstellung  die  Beschreibi;ng  wieder. 


P 


Fig.  235.     Querschnitt  durch  den  Rand  der  Keim- 
scheibe von  Leuciscus   rutilus    nach  Vax  Bambeke.     a         d    — — ^  ,  .^ 
Keimscheibe,    ji  Periblastwulst.    d  Dotterkugel.  "" 

Avelehe  Kopsch  für  die  Eier  von  Belone  acus  geliefert  hat.  Eür  dieses 
Material  macht  Kopsch  genaue  Zeitangaben  über  die  Entstehung  der 
Dotterkerne.  Demnach  würde  das  IX.  Teilungsstadium,  auf  welchem  aus 
dem  Eurchungskern  512  Tochterkerne  entstanden  sind,  das  letzte  sein, 
bei  welchem  Blastomeren  sich  von  den  Randzellen  ablösen.  Schon  der 
X.  Teilungsschritt  der  im  Randprotoplasma  verbliebenen  Kerne  dient  zur 
Vermehrung  der  Dotterkerne.  Nur  ausnahmsweise  schnürt  sich  noch  hie 
und  da  ein  Kern  mit  Protoplasma  ab,  um  das  Material  der  Keimscheibe  zu 
vermehren.  Man  kann  die  einzelnen  Phasen  so  scharf  aliseinanderhalten, 
Aveil  bis  zum  XL  Teilungsstadium  alle  Mitosen  im  wesentlichen  synchron 
verlaufen.     Dann    werden    sie    für    die    Blastomeren    unregelmäßig,    doch 


652  R.  Hertwig,   . 

bleibt  die  Synchronie  für  die  Dotterkeiiie  noch  bis  zum   XIII.   Teilungs- 
vorgaiig  gewahrt. 

Hier  tritt  uns  nun  die  Frage  entgegen,  ob  der  besprochene  Fur- 
chungsmodus,  wie  er  für  die  pelagischen  Eier  von  Labrax  lupus 
(Ziegler),  Belone  acus,  Cristicejis  (Fusari),  Cienolahrus  (Agassiz 
und  Whitman)  u.  a.  hat  festgestellt  werden  können,  für  alle  Tele- 
ostier  gilt,  ob  vor  allem  die  Bildung  der  Dotterkerne  unter  früh- 
zeitiger totaler  Abschnürung  der  centralen  Blastomeren  auf  die  Peripherie 
beschränkt  ist,  oder  ob  nicht  bei  einem  Teil  der  Plsche  der  Zusammen- 
hang der  Fiirchungskugeln  mit  der  Periblastschicht  der  Dotterkugel 
auch  in  der  Mitte  der  Keimscheibe  längere  Zeit  erhalten  bleibt.  Letzteres 
würde  zur  Folge  haben,  daß  auch  hier  Dotterkerne  entstehen  könnten, 

und    daß   central    gelagerte 

A  Dotterkerne  nicht  notwendig 

^^^«.'%>-a^^„^  von    der   Peripherie    einge- 

,vsy-:v"  on  "-^»"''■v  wandert    sein    müßten."    M. 


pe  o    o„  --.e, 


e. 


V.  KOWALEWSKI    (A.  L.  III, 

f  ,-•=',  %'h^^^ 4,  188())  hat    versucht,  den 

c)^"i;  Nachweis    zu    führen,    daß 

<*'.i%;  '' •■■  V  ^     '  "       ,•/  '    ;  '  '"  l^öi  Eiern,    bei  welchen  vor 

.    ^             AS£%C*^-a^  der     Furcluing     eine    voll- 

t^-    ,,                "            ^"^  ..,  m/  kommene  Konzentration  des 

'^^.e.    '     r    ''  Protoplasma     eintritt,     die 

^  Bildung     der     Dotterkerne 
auf  die  Peripherie  der  Keim- 


\\ 


._  Fig.  236.    A  Keimscheibe  und 

'^T-                                    'i^V  darunter    lajrerndes  Dottersvncv- 

-'"  ■"                                    '^y  tiiun     vom    Lachs    nach    HoFF- 

.„,.-  MANX.    Vero-r.  35:1.    ß  Teil   des 

,1^  »A^", ,  Dottersyncytium     genauer      dar- 

\%%''^f:~S^^  gestellt.'     In   beiden  Fällen  sieht 

''     '^5^?t3'.  wvAW  Zellen,  von  denen  es  strittig 

"^v  ^  ist,  ob  sie  vom  Dottersyncytium 

1:  abgefurcht  werden  oder  sekundär 
mit  ihm  verschmelzeu. 

Scheibe  (peripheres  D  o  1 1  e  r  s  y  n  c  y  t  i  u  m)  beschränkt  bleibt  {Poly- 
ncantJms  viridiauratus,  Gohius),  daß  dagegen  bei  Arten,  bei  welchen 
die  Konzentration  bis  in  die  Zeit  des  Furchungsi)rozesses  verschleppt 
ward  {Carassms  auratus),  die  Blastodermzellen  in  der  ganzen  Ausdeh- 
nung mit  der  „couche  inter  m  ed  iaire"  verbunden  bleiben  und 
daher  auch  in  den  centralen  Partieen  Dotterkerne  entstehen  können 
(centrales  D  o  1 1  e  r  s  y  n  c y  t  i  u  m).  In  der  That  liegen  in  der  Litteratur 
eine  ganze  Zahl  von  Angaben  vor,  welche  zu  Gunsten  der  hier  vor- 
getragenen Vermutung  sprechen.  Für  die  Salmoniden  wird  angegeben, 
daß  zur  Zeit,  in  welcher  die  Keimscheibe  in  8  dem  Dotter  aufsitzende 
Stücke  zerlegt  ist,  diese  durch  eine  der  Oberfläche  parallele  Furche  in 
8  vollkommen  abgetrennte  Blastomeren  und  8  Blastomeren,  welche  mit 
dem  Dotter  an  der  Basis  verbunden  bleiben,  geteilt  wird  (Henneguy. 
Hoffmann,  Ziegler,  Samassa  [1896]).  Manchmal  tritt  diese  äqua- 
toriale Teilung  schon  auf  dem  4-zelligen  Stadium  ein  (Samassa).  Nach 
Bataillon  teilt  sich  in  ähnlicher  Weise  das  Ei  von  Leuciscus  jaculus 
zur  Zeit  der  16  Furchungskugeln  in  16  mit  dem  Dotter  verbundene  und 
16  völlig  abgelöste  Teile.    Wenn  diese  Angaben  sich  bestätigen  sollten. 


Furch  uiigsprozeß.  653 

würde  sich  die  Möglichkeit  ergeben,  daß  auch  im  Centruin  der  Keini- 
scheibe  sich  Furchungskugehi  abh'isen.  Indessen  sind  die  Bihler,  welche 
von  manchen  Seiten  als  Beweise  für  eine  Nachfurchung  des  Dotters 
verwandt  werden,  von  anderer  Seite  in  ganz  anderem  Sinne  gedeutet 
worden,  wie  wir  jetzt  weiter  darzustellen  haben. 

[Bei  der  Korrektur  der  Druckbogen  habe  ich  noch  Gelegenheit, 
eine  Arbeit  von  Kopsch  (1902)  zu  berücksichtigen,  welche  nach  meiner 
Ansicht  die  hier  aufgeworfene  Frage  vollkommen  aufklärt.  Kopsch 
untersuchte  den  Furchungsprozeß  an  Forelleneiern,  welche  in  Zwischen- 
zeiten von  einer  Stunde  an  den  ersten  3  Tagen  nach  der  Befruchtung 
abgetötet  worden  waren.  Er  fand,  wie  vor  ihm  His,  daß  die  ersten 
vertikalen  Furchen  die  Keimscheibe  nicht  bis  zu  ihrer  Basis  durch- 
schneiden ;  sie  erreichen  nicht  den  scharf  gezogenen  Grenzkontur, 
welcher  sich  im  Lauf  der  Befruchtung  entwickelt  (vergl.  p.  544),  Dotter 
und  Keimscheibe  von  einander  trennt  und  mit  Unrecht  als  eine  Mem- 
bran gedeutet  wird  (vergl.  auch  ihr  Vorkommen  im  Petromyzon-FA). 
Noch  auf  dem  16-zelligen  Stadium  hängen  daher  alle  Blastomeren  mit 
der  nach  außen  von  der  „Membran"  gelegenen  kontinuierlichen  Plasma- 
schicht zusammen.  Durch  den  5.  Teilungsschritt  wird  eine  Sonderung 
in  zwei  Lagen  bewirkt:  1)  eine  oberflächliche  Lage  vollkommen  abge- 
furchter Blastomeren,  2)  eine  untere  „syncytische  Lage",  deren  Bau 
von  His  (1898)  vollkommen  richtig  beschrieben  wurde  (vergl.  auch  die 
oben  referierten  Angaben  Bataillon's  über  Leuciscus).  Die  syncytische 
Lage  besteht  aus  Blastomeren,  welche  noch  kontinuierlich  unter  einander 
zusammenhängen  („Plasmochören''  His),  deren  Territorien  aber  durch 
lichtere  Randpartien  („Diastemmen"  His)  unvollkommen  gegen  einander 
abgegrenzt  werden.  Bei  den  fortgesetzten  Teilungen  werden  nun  von 
dieser  unteren,  die  ganze  Keimbasis  einnehmenden  Lage  fortdauernd 
neue  Zellen  abgegebeu.  Mit  dem  11.  Teilungsstadium  ist  die  Nach- 
furchung der  Hauptsache  nach  abgeschlossen  und  damit  das  Dotter- 
syncytium  im  wesentlichen  fertig  gestellt,  indem  nunmehr  eintretende 
Kernteilungen  in  der  Regel  nicht  mehr  von  Plasmateilungen  begleitet 
sind,  sondern  zur  Vermehrung  der  Dotterkerne  dienen.  Zwischen  der 
9.  und  11.  Teilung  vollzieht  sich  die  Sonderung  des  bis  dahin  einheit- 
lichen Syncytium  in  einen  centralen  und  peripheren  Teil,  indem  inner- 
halb einer  immer  breiter  werdenden,  dem  Randwulst  parallel  ver- 
laufenden Zone  alle  Dotterkerne  zur  Bildung  von  Blastonieren  auf- 
verbraucht werden.] 

Der  Ansicht,  daß  die  Dotterkerne  Kerne  sind,  welche  beim  Er- 
lahmen der  Furchungsenergie  des  Eies  im  Dotter  zurückblieben,  steht 
die  zweite  Ansicht  gegenüber,  daß  die  K  e  r  n  e  i  n  d  i  e  i  n  t  e  r  m  e  d  i  ä  r  e 
Schicht  erst  sekundär  hineingeraten,  indem  a  b  g  e  f  u  r  c  h  t  e 
Zellen  neuerdings  mit  dem  Dotter  verschmelzen.  Am 
konsequentesten  hat  Sobotta(1896.  1897)  diese  Auffassung  durchgeführt, 
welcher  die  Eier  von  5  verschiedenen  marinen  pelagischen  Tdeostiem 
untersuchte.  Nach  ihm  führt  die  Befruchtung  zu  einer  völligen  Scheidung 
von  Bildungs-  und  Nahrungsdotter.  Alle  Furchen  schneiden  daher  glatt 
bis  auf  den  letzteren  durch,  bis  auf  die  mehrfach  erwähnte  Grenzmem- 
bran, auf  deren  Anwesenheit  bei  Teleostiem  Sobotta  mit  Unrecht  so 
großen  Wert  legt,  da  sie  auch  bei  den  sich  total  furchenden  Eiern  von 
Petromyzon  vorkommt.  Der  Nahrungsdotter  wird  erst  später  zellig  or- 
ganisiert, indem  mehrere  Reihen  von  Blastomeren,  eine  nach  der  anderen, 
am  Rande  mit  ihm  verschmelzen.  Bei  Belone  actis  sollen  successive 
etwa  8  solche   Zellreihen  von  der  Keimscheibe   aus  dem   Dotter  ein- 


(;54 


R.  Hertwig, 


verleibt  worden.  Da  Betone  dasselbe  Objekt  ist,  bei  welchem  Kopsch 
zu  einem  ^anz  entgegengesetzten  Resultat  gekommen  ist,  muß  eine 
der  beiden  Darstellungen  irrtümlich  sein.  Wir  besitzen  vom  Furchungs- 
prozeß  von  Belone  acus  noch  eine  dritte  Darstellung,    Dieselbe  stammt 


D 


.'^^^ 


:■■  •••.■■  .  •T^  ■7f"'*)v^  ..■•••.,    •     .  •  .  ■  • 


Fig.  237.  Entwickelung  des  Dottersyncytiuni  von  Scrranus  atrariu^  nach  Wil- 
son. In  allen  Figuren  ist  nur  ein  Teil  der  Keimseheibe  dargestellt,  a  völlig  ab- 
gei'urchter  Teil  der  Keimscheibe,  p  Periblast  (Dotterkerne).  A  abgefurchte  Keini- 
scheibe.  B  Verschmelzung  von  Zellen  zur  Bildung  des  Periblasts.  C  Verschmolzmig 
vollzogen,  erste  Eeihe  von  Periblastkernen  entwickelt.  D  Karyokiuetische  Vermeh- 
rung der  Periblastkerne. 


von  Wenckebach  (A.  L.  III,  4,  1886*)  und  nimmt  eine  Mittelstellung 
ein.  Nach  derselben  soll  die  erste  Reihe  von  Dotterkernen  in  der  Art, 
wie  Agassiz,  Whitman,  Ziegler,  Kopsch  u.  s.  w.  angeben,  entstehen, 
indem  die  Abfurchung  der  Randzellen  unterbleibt,  die  weiteren  Kern- 
reihen dagegen  sollen  sich  durch  Verschmelzung  von  Blastomeren  mit 
der  Dotterkugel  bilden.  Da  Wenckebach  und  Sobotta  an  lebendem 
Material  beobachteten,  muß  die  Möglichkeit  erwogen  werden,  ob  nicht, 
durch  den  Druck  des  Deckgläschens  veranlaßt,  Furchungszellen,  welche 
unter  normalen  Verhältnissen  getrennt  geblieben  wären,  aufs  neue  in 
abnormer  Weise  miteinander  verschmolzen  sind. 

Wie  für  Belone  acus,  so  wird  von  Wilson  (A.  L.  III,  4,  1891)  für 
Serranus  atrarius  (Fig.  237),  ferner  auch  von  vielen  Forschern  für  Sal- 
moniden augegeben,  daß  getrennte  Blastomeren  mit  der  anfänglich  kern- 
losen intermediären  Schicht  verschmelzen  und  so  ein  Sjaicytium  im 
strengsten  Sinne  des  Worts  erzeugen.  Samas.sa  giebt  an ,  daß  die 
Verschmelzung  peripher  beginne  und  nach  dem  Centrum  fortschreite. 
Oellac'her  spricht  dabei  von  einem  ,,Eingraben"  der  Blastodermzellen 
in  den  Dotter.  Die  Lehre  von  der  Verschmelzung  gründet  sich  für 
die  Salmoniden  auf  Beobachtungen  an  abgetötetem  Material;  die  Ver- 
schmelzung wurde  daher  nicht  direkt  beobachtet,  sondern  nur  erschlossen. 
Dieselben  Bilder,  welche  von  anderen  als  Beweise  einer  nachträglichen 
Abfurchung  angesehen  werden,  wurden  auf  Konkrescenz  gedeutet.  Beide 
Vorgänge  müssen  ja   dieselben  Bilder  erzeugen. 

Unzweifelhaft  paßt  die  Darstellung,  welche  Agassiz  und  Whitman, 
Kopsch  u.  s.  w.  vom  Verlauf  des  Furchungsprozesses  des  Teleostier- 
eies  gegeben  haben,  viel  besser  in  den  Rahmen  unserer  Kenntnisse 
vom  Furchungsprozeß  bei  Wirbeltieren,  als  die  Angaben  ihrer  Gegner. 
Die  Ganoideii  lehren  uns  Schritt  für  Schritt,  wie  der  Furchungs- 
charakter   der   inäqualen  Eier,   z.  B.  der  Eier    von  Petroniyzonten  und 


Fiu'chungsprozeß.  655 

Amphibien,  durch  die  Zunahiiie  und  Lokalisation  des  Dotters  in  der 
einen  Hälfte  des  Eies  nach  der  Richtung  der  meroblastischen  Furchung 
abgeändert  wird.  Amin  und  noch  mehr  Lepidosteus  bilden  den  Ueber- 
gang.  Die  Keimscheibe,  der  protoplasmatische  Teil  des  Eies,  bietet 
hier  auf  dem  IG-Zellenstadium  im  wesentlichen  dasselbe  Bild  wie  die 
Keimscheibe  eines  Knocheutisches  nach  Kopsch  und  Whitman.  Die 
dotterreiche  Partie  des  Eies  ist  bei  Amia  nur  in  wenige  große  Stücke 
zerlegt,  bei  Lepidosteus  bleibt  sie  nach  den  neuesten  Untersuchungen 
Eycleshymer's  einheitlich ,  wenn  auch  die  Teilungsfurchen  weit 
über  den  Aequator  des  Eies  sich  über  seine  Oberfläche  ausbreiten. 
Eine  weitere  Abnahme  der  Teilungsenergie  würde  die  Zustände  der 
Teleostier  zur  Folge  haben.  Die  Teilfurchen  greifen  auf  den  nahrungs- 
reichen Abschnitt  des  Eies  anfangs  nur  wenig  über,  später  verstreichen 
sie  ganz.  Da  nun  die  Ganoideneier  in  dem  unvollkommen  abgefurchten, 
dotterreichen  Eiabschnitt  Kerne  enthalten,  liegt  gar  kein  Grund  vor. 
daß  die  Dotterkugel  des  Teleostiereies  vorübergehend  ganz  kernfrei 
und  demgemäß  von  der  zelligen  Entwickelung  ausgeschlossen  sein 
sollte,  zumal  als  auf  vorgerückten  Stadien  auch  im  Dotter  des 
Teleostier-Eies  wieder  Kerne  in  großer  Zahl  vorhanden  sind. 

Wie  über  die  Herkunft  der  Periblastkerne.  so  gingen  auch  über 
ihr  späteres  Schicksal  die  Ansichten  der  Forschei-  weit  auseinander. 
Solange  His  seine  Parablasttheorie  vertrat,  leitete  er  von  der  inter- 
mediären Schicht  und  ihren  eingestreuten  Kernen  Blut,  Lymphe 
und  Bindesubstanz  ab.  Wenn  er  auch  inzwischen  die  Theorie 
autgegeben  hat,  so  ist  er  doch  auch  in  seiner  neuesten  Publikation 
der  Ansicht,  daß  die  Dotterkerne  für  die  spätere  Entwickelung  von 
Bedeutung  sind.  Auch  Kupffer.  Hoffmann,  v.  Kowalewski, 
FusARi,  Henneguy  u.  a.  räumten  den  Kernen  Anteil  am  Aufbau 
des  Embryo  ein ;  namentlich  richtete  sich  das  Augenmerk  auf  das 
Entoderm,  so  daß  man  von  einem  Dotterentoderm  sprach.  Es  sollte 
eine  Xachfurchung  des  Dotters  eintreten,  die  Kerne  mit  umgebendem 
Protoplasma  sich  knospenartig  abschnüren  und  in  das  Keimmaterial 
übertreten,  wo  sie  längere  Zeit  durch  besondere  Färbung  erkennbar 
seien.  Fusari  ließ  die  Nachfurchung  auf  die  Zeit  bis  zur  Gastrulation 
beschränkt  sein;  Hoffmann  dagegen  behauptete,  daß  die  Kerne  später 
wieder  die  Fähigkeit  zur  Karyokinese  gewännen  und  dann  selbst  in  der 
Zeit  der  Mesoblast-  und  Chordabildung  noch  Anteil  am  Aufbau  des 
Embryo  nähmen.  Jetzt  neigt  man  immer  mehr  der  Auffassung  zu,  daß 
von  dem  Zeitpunkt  an,  wo  in  der  oben  näher  bezeichneten  Weise  die 
Dotterkerne  zu  besonderen  Elementen  des  Embryo  sich  entwickelt 
haben,  nur  ausnahmsweise  noch  eine  Ablösung  einiger  Zellen  vom 
Dottersyncytium  eintritt.  Im  allgemeinen  jedoch  seien  sie  von  der 
Organbildung  ausgeschlossen ;  sie  haben  nur  eine  vorübergehende 
Funktion  auszuüben,  nach  deren  Beendigung  sie  zu  Grunde  gehen. 
Die  Anfänge  absteigender  Entwickelung  äußern  sich  in  den  pluripolaren 
Mitosen,  die  in  Ptiesenkernbildung  und  amitotische  A'ermehrung  über- 
gehen. Man  vermutet,  daß  diese  Rolle  darin  besteht,  dem  Protoplasma 
die  Assimilation  des  Dotters  zu  ermöglichen  (Ziegler,  Wenckebach, 
SoBOTTA,  Kowalewsky,  Hoffmann).  L^m  diesem  Gedanken  be- 
stimmteren Ausdruck  zu  geben,  hat  H.  Virchow  (1892)  die  Bezeichnung 
Dotterorgan  eingeführt,  unter  welchem  Namen  er  das  kernhaltige, 
ungefurchte  Protoplasma  meroblastischer  Eier  versteht.  Das  „Dotter- 
organ"   wäre    eine   Konsequenz    der    enormen    Anhäufung   des   Nähr- 


()5G  R.  Hertwig, 

materials,  oine  Anpassungserscheinung  meroblastischer  Eier,  für  welche 
die  holoblastischen  Eier  kein  Analogon  besitzen. 

Noch  widersprechender  als  die  Angaben  über  die  Dotterkerne  sind 
die  Ansichten  der  Forscher  über  die  „Aequatorialfurche"  des 
Teleostiereies.  Wir  haben  oben  schon  einige  Versuche,  eine  Aequatorial- 
furche  bei  Teleostiern  aufzufinden,  kennengelernt;  sie  basierten  sämt- 
lich auf  Beobachtungen,  w^elche  sich  in  der  Folge  als  irrig  herausgestellt 
haben.  Wir  kommen  jetzt  zu  Versuchen,  denen  das  zu  allgemeiner 
Anerkennung  gelangte  Furchungsschema  zu  Grunde  liegt.  Nach 
Rauber  wäre  die  Aequatorialfurche  bei  Teleostiern  verloren  gegangen. 
Agassiz  und  Whitman  sind  geneigt,  bei  der  Homologisierung  von 
Furchen  nur  die  Zeit  ihrer  Entstehung  zu  benutzen,  nicht  ihre  An- 
ordnung, und  nehmen  daher  an,  daß  die  Aequatorialfurche  der  Ami)hibien 
bei  den  Teleostiern  zu  einer  vertikalen  geworden  sei.  Sobotta  ver- 
tritt den  entgegengesetzten  Staudpunkt.  Er  sucht  das  Charakteristische 
der  Aequatorialfurche  oder,  wie  er  sie  mit  Rücksicht  auf  die  polare 
A'erlagerung  nennt,  der  „Latitudinalfurche"  in  ihrem  Lageverhältnis 
und  nennt  daher  Aequatorialfurche  die  Furche,  weiche  auf  dem  1(5- 
Zellenstadium  die  4  centralen  Blastomeren  nicht  nur  von  den  12 
Randzellen,  sondern  auch  vom  Dotter  loslöst.  Nun  besteht  diese 
Furche  aus  4  getrennt  für  sich  auftretenden  Stücken,  den  centralen 
Partieen  der  2  Paar  Vertikalfurchen  (Furche  III  u.  IV).  Somit  würde 
die  Aequatorialfurche  in  ihren  einzelnen  Abschnitten  sich  zu  ganz 
verschiedenen  Zeiten  anlegen.  Fusari  verlegt  die  äquatoriale  Furche 
noch  später,  sie  soll  zu  stände  kommen,  wenn  das  16-zellige  Blasto- 
derm  in  16  centrale  völlig  abgelöste  Blastomeren  und  16  Randzellen 
zerlegt  wird.  Bei  Salmoniden  wiederum,  welche  in  ihrer  Furchungs- 
weise,  wie  schon  hervorgehoben  wurde,  vieles  Besondere  haben,  werde 
die  Aequatorialfurche  durch  die  vierte  Teilung  gegeben,  indem  die 
s  Furchungskugeln  der  dritten  Teilung,  in  zwei  übereinander  liegende 

Lagen  zerlegt  werden  (Henneguy, 

^_^      Hoffmann,    Ziegler,    Samassa), 

doch  soll  es  auch  vorkommen,  daß 
schon  die  8  ersten  Blastomeren  in 
2  Lagen  angeordnet  sind  (Fig.  238). 


^ 


\  "'"    /     '^  Fig.  238.     Aequatoriale  Furchung  des 

i'';iyH-'t''S"^-'M:rJjj^.-.:!^';'^  Lfit'hseies  auf  dem  8-Zellenstadium.    Nach 


Hoffmann.    Vergr.  35: 1. 

Es  hat  keinen  Zweck,  hier  die  verschiedenen  Versuche,  eine 
Aequatorialfurche  im  Teleostierei  nachzuweisen,  genauer  zu  besprechen. 
Die  Frage  nach  der  Aequatorialfurche  gehört  wahrscheinlich  zu  den 
Fragen,  welche  nicht  beantwortet  werden  können,  weil  die  Fragestellung 
eine  falsche  ist.  Die  Fragestellung  setzt  als  bewiesen  voraus,  daß  in 
der  Entwickelungsgeschichte  der  Wirbeltiere  eine  Ae(iuatorialfurche  oder 
ein  Aequivalent  derselben  vorkommen  müsse.  Das  ist  nun  aber  ganz 
und  gar  nicht  der  Fall.  Es  würde  der  Fall  sein  müssen,  wenn  jeder 
Furchungsschritt  in  der  Wirbeltierentwickelung  eine  ganz  besondere 
Aufgabe  hätte  und  im  Sinn  Roux's  eine  qualitative  Sonderung  des 
Materials  bewirken  würde.  Wir  haben  aber  oben  gesehen  und  werden 
noch  weitere  Beweise  dafür  beizubringen  haben ,  daß  ein  solcher 
specifischer  Charakter   den    einzelnen  Furchungsstadien   fehlt,   daß  die 


FurcLungsprozeß.  G57 

Furchiiiii^'  nur  die  Aufgabe  hat,  das  Embryonaliiiaterial  in  kleine 
Stücke  zu  zerlegen.  Wie  das  geschieht,  ob  dabei  unter  anderem  auch 
eine  äquatoriale  Teilung  vorkommt,  hängt  von  der  Anordnung  der 
zu  teilenden  Masse  ab.  Diese  Anordnung  ist  aber  bei  der  flächen- 
haften Ausbreitung  des  Teleostierkerns  eine  für  die  Aequatorial- 
furchuug  äußerst  ungünstige,  und  zwar  ungünstig  in  verschiedenem 
(irade,  so  daß  in  manchen  Fällen  (Salmoniden)  Furchen,  die  Aelin- 
lichkeit  mit  der  Aeiiuatorialfurche  der  Amphibien  haben,  zustande 
kommen,  in  anderen  Fällen  wieder  nicht ^). 

Experimentelle  Uiitersuchiingeii.  Für  die  geäußerte  Auf- 
fassung kann  man  ein  sehr  interessantes  Experiment  Morgan's  an- 
führen. Derselbe  entfernte  von  dem  widerstandsfähigen  Ei  von 
Fimduhis  die  Hälfte  bis  -7;i  des  Nahrungsdotters.  Die  Folge  war, 
daß  die  Keimscheibe  sich  zu  einer  Kugel  abrundete,  ja  sogar  sich 
senkrecht  zu  ihrer  ursprünglichen  Hauptausdehnung  kegelartig  erhob. 
Eine  w'eitere  Folge  war,  daß  der  Furchungsmodus  völlig  umgeändert 
wurde.  Häufig  folgte  auf  die  zwei  ersten  Meridionalfurchen  eine 
äquatoriale,  ja  es  konnte  sogar  an  die  erste  Meridionalfurche  sich 
direkt  eine  Aequatorialfurche  anschließen.  Andererseits  konnte  es 
vorkommen,  daß  von  den  4  (^)uadranten,  die  nach  Ablauf  der  ersten 
2  Meridionalfurchen  entstehen,  einer  die  vertikale  Furchuug  des 
Teleostiereies  beibehielt,  die  anderen  sich  äquatorial  teilten.  In  den 
meisten  Fällen  entstanden  normale  Embryonen,  ein  sicherer  Bew^eis^ 
daß  die  Art,  wie  das  Keimmaterial  geteilt  wird,  keinen  Einfluß  auf 
das  Zustandekommen  eines  normalen  Embryo  hat. 

Für  die  Frage  nach  dem  qualitativen  Wert  der  einzelnen  Teil- 
furchen ist  endlich  ihr  Verhältnis  zu  den  Hauptebenen  des  ausge- 
bildeten Fisches  von  großer  Bedeutung.  Viele  Forscher  haben  sich 
vergeblich  bemüht,  hierüber  ins  klare  zu  kommen.  Andere  geben 
an,  daß  durch  die  erste  Meridionalfurche  die  Lage  der  Sagittalebene 
bestimmt  werde,  andere  wieder  kamen  zu  dem  Resultat,  daß  die  erste 
Furchungsebene  die  Längsachse  des  Fischchens  senkrecht  durch- 
schneidet, aber  je  nach  den  Individuen  an  sehr  verschiedenen  Punkten 
derselben  (Bataillon  1897). 


1)  Im  Ansclüuß  an  obige  Auseinandersetzungen  erwähne  ich  eine  die  gleichen 
Fragen  in  älmlichem  Sinn  behandehide  Arbeit  Geönroos's  (1899),  Avelche  mü-  erst 
bei  der  KoiTektur  dieses  Druckbogens  zu  Gesicht  gekommen  ist.  Gköxeoos  geht  von 
seiner  von  mir  ausführlich  Ijerücksichtigten  Darstelhmg  der  Furchmig  des  Salamander- 
und  Triton-'Eies  aus  imd  A\endet  sich  gegen  die  vielfaclien  Versuche,  bei  den  Teleostiern 
ein  Aequivalent  der  Aequatorialfurche  zu  finden,  sowie  gegen  die  Lehre  vom  Ana- 
chronisnnis  der  Furchen  und  die  dieser  Lehre  zu  Grunde  liegende  Auffassung,  daß 
die  Furchungsebenen  „zu  d(^w  Hau])trichtungen  oder  zu  sonstigen  Formationen  des 
Embryonalkörpers"  bestimmte  ,,inori)hologisch  genetische  Beziehimgen  haben";  es 
sollen  nicht  einmal  „geometrische  Beziehimgen  zwischen  den  beiderlei  Gebilden  vor- 
liegen". „Die  Furchen  seien  hinfällige  Erscheinungen,  deren  Bedeutung  sich  je  auf 
einen  kurzen  Abschnitt  der  Furchungsjjeriode  beschränke,  und  von  denen  im  embryo- 
nalen Küiper  keine  bestinnnten  Derivate  existieren".  Soweit  mit  Geöneoos  in  Uelier- 
einstinimung,  kann  ich  mich  seinen  weiteren  Auseinandersetzmigen  nicht  anschließen, 
in  denen  er  versucht,  eine  „Homologie  der  Furchen"  auf  die  Descendenz  der  Kerne, 
zwischen  denen  sie  durchschneiden,  zu  begründen:  „Homolog  sind  diejenigen  Furchen, 
welche  je  zwei  zu  gleichnamigen  Kerngenerationen  gehörige  Geschwisterkerne  trennen 
oder  getrennt  haben".  ]\lir  scheint  hier  der  Begriff  „Homologie",  welcher  in  der 
vergleichenden  Anatomie  der  Organe  einen  guten  Smn  hat,  weil  man  bei  jedem  Or- 
gan zwischen  einem  moi-phologischen  imd  einem  physiologischen  Charakter  unter- 
scheiden kann,  in  emer  Weise  verwandt  zu  werden,  welche  ihn  zu  einem  inhaltlosen 
Wort  macht.  Was  Gröneoos  will,  würde  im  Wesentlichen  auf  ein  rationelles  Xume- 
rieren  der  J\irchen  hinauslaufen:  tlaß  man  die  Furchen  nicht  nach  der  Zeit  ihres 
Auftretens,  sondern  nach  der  Zeit  der  zugehörigen  Karj-okinese  bezeichnen  sollte. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  42 


658  R.  Hertwig, 

Methodische  Untersuchungen  haben  zu  dem  Resultat  geführt,  daß 
keine  der  beiden  letztgenannten  Anschauungen  richtig  ist.  Bei 
Batiachus  tau  fand  Cornelia  Clapp  (A.  L.  III,  4,  1891),  daß  bei 
einigen  wenigen  Eiern  die  erste  Meridionalfurche  und  die  Sagittal- 
ebene  zusammenfallen,  daß  in  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle 
jedoch  beide  Ebenen  einen  größeren  oder  kleineren  Winkel  mit- 
einander bilden.  Der  Winkel  kann  einem  rechten  Winkel  nahezu  gleich 
w^erden.  doch  kommt  es  nicht  vor,  daß  volle  90"  erreicht  werden  und 
damit  die  Sagittalebene,  wie  Bataillon  annimmt,  in  die  Richtung 
der  zweiten  Meridionalfurche  zu  liegen  kommt. 

Sprechen  diese  Verhältnisse  zu  Gunsten  der  Auffassung,  daß  die 
beiden  ersten  Blastomeren  untereinander  vollkommen  gleich  sind,  so 
wird  dieselbe  noch  weiter  bewiesen  durch  Experimente,  bei  denen 
eine  der  beiden  Furchungskugeln  nicht  nur  durch  einen  heißen  Draht 
abgetötet,  sondern  weiterhin  auch  vollkommen  entfernt  wurde  (Morgan). 
Die  übrig  bleibende  Blastom  er  e  rundete  sich  dann  i;on 
neuem  ab  und  lieferte  einen  vollkommenen  Embryo. 
Von  einer  Postgeneration  kann  hierbei  keine  Rede  sein.  Denn  die 
Elastomere  beginnt  nach  der  Abrunduug  sofort  sich  nach  Art  einer 
unverletzten  Keimscheibe  abzufurchen :  es  bilden  sich  zunächst  zwei 
Meridional-,  dann  später  die  vier  den  Meridionalfurchen  parallelen 
Vertikalfurchen  aus.  Wenn  der  aus  der  halben  Keimscheibe  ab- 
stammende Embryo  später  hinter  der  Größe  eines  aus  der  ganzen 
Keimscheibe  entwickelten  Embryo  nicht  um  die  Hälfte  zurückbleibt, 
sondern  erheblich  größer  wird,  so  ist  das  ganz  begreiflich.  Steht  ihm 
doch  der  gesamte  Dotter  zu  seinem  W\achstum  zur  Verfügung. 

Blastula.  Das  Endresultat  des  Furchungsprozesses  ist  die  Bildung 
einer  vielschichtigen  Keimscheibe,  die  allmählich  den  Dotter  umwächst. 
Am  Rande  der  Keimscheibe  liegt  der  Periblast  oder  das  Dotterorgan, 
eine  ungesonderte  Protoplasmamasse  mit  zahlreichen  eingestreuten 
Riesenkernen,  welche  mit  dem  Vorrücken  des  Keimscheibenrandes 
ebenfalls  nach  abwärts  rückt.  Der  Rand  der  Keimscheibe  ist  zum 
„Keimwulst"  verdickt,  auf  einer  Seite  mehr  als  an  den  übrigen 
Stellen.  Dadurch  wird  eine  bestimmte  Orientierung  in  der  Keim- 
scheibe ermöglicht,  indem  die  verdickte  Stelle  des  Keimwulstes  den 
Teil  der  Embryonalanlage  bezeichnet,  aus  welchem  sich  später  das 
hintere  Ende  des  Embryo  entwickelt. 

Die  einseitige  Verdickung  des  Keimwulstes  bedingt  eine  excentrische 
Lage  der  Keimhöhle.  Diese  findet  sich  als  ein  ansehnlicher  Hohl- 
raum zwischen  dem  Zellmaterial  der  Keimscheibe  und  der  Oberfläche 
des  Dotters,  resp.  der  diesen  bedeckenden  Periblastschicht.  Ueber 
ihre  Bildungsweise  lauten  die  Angaben  verschieden.  Manche  Forscher 
unterscheiden  zwischen  Furchungshöhle  und  Keimhöhle,  die  beide  mit- 
einander nichts  zu  thun  haben  sollen.  Die  Furchungshöhle  soll  während 
des  Furchungsprozesses  als  ein  Hohli-aumsystem  innerhalb  des  Haufens 
der  Furchungskugeln  entstehen  und  schwinden,  wenn  die  Keimhöhle, 
die  nicht  innerhalb,  sondern  unterhalb  der  Keimscheibe  liegt,  als 
eine  Neubildung  entsteht.  Richtiger  ist  es  wohl,  zu  sagen,  daß  die 
Furchungshöhle  allmählich  in  die  Keimhöhle  übergeht,  indem  die 
locker  gruppierten  tieferen  Furchungskugeln  sich  allmählich  den 
epithelartig  gefügten  oberen  Blastomeren  anschließen. 


Furchungsprozeß.  G59 


VI.  Elasiiiobranchier. 

In  dem  Kapitel  über  Reife  und  Befruchtung  hatten  wir  gesehen, 
daß  das  Ei  der  Selachier  eine  Keimscheibe  erkennen  läßt,  welche 
namentlich  nach  Ablauf  der  Befruchtung  vom  Xahruugsdotter  scharf 
abgesetzt  ist  und  sich  von  ihm  durch  besondere,  meist  orangegelbe 
Farbe  unterscheidet.  Vom  grobkörnigen  Dotter,  der  Hauptmasse  des 
Nahrungsdotters,  wird  die  Keimscheibe  durch  einen  lichten  Hof  ge- 
trennt, welcher  aus  feinkörnigem  Dotter  besteht  und  „Keim  wall" 
(besser  „  Do  tter  wall")  genannt  wird.  Die  Keimscheibe  umschließt 
den  aus  Kopulation  von  Ei  und  Spermakern  entstandenen  Furchungs- 
kern  und  mehr  oder  minder  zahlreiche  Nebenspermakerne,  für  welche 
wir  im  folgenden  den  von  Rückert  eingeführten  Namen  „Merocyten- 
kerne"  beibehalten  wollen. 

Im  Gegensatz  zu  allen  bisher  betrachteten  Fur- 
chungs  weisen  besteht  gleich  von  Anfang  zwischen 
Kernteilung  und  Verlauf  der  Furchung  keine  Koinci- 
denz.  Die  Kernteilung  eilt  der  Abfurchung  voraus,  so  daß  aus  dem 
P'urchungskern  schon  4.  selbst  8  Tochterkerne  entstanden  sein  können, 
ehe  die  erste  Furche  auftritt.  Wie  der  Furchungskern,  so  teilen  sich 
auch  die  Nebenspermakerne  karyokinetisch,  aber  im  Vergleich  zu  ihm 
langsamer,  so  daß  sie  sich  in  den  Prophasen  befinden,  wenn  jener 
schon  zur  Spindel  geworden  ist.  Auch  innerhalb  der  Merocytenkerne 
ergeben  sich  Unterschiede,  indem  die  Kerne  im  Umkreis  des  Fur- 
chungskerns  ein  rascheres  Tempo  der  Entwickelung  einhalten  als  die 
peripheren.  Daß  für  das  verschiedene  Verhalten  der  Merocytenkerne 
die  Nachbarschaft  des  Furchungskerns  maßgebend  ist,  nicht  etwa  die 
Nähe  des  Keimscheibencentrums,  geht  aus  den  Fällen  hervor,  bei 
denen  der  Furchungskern  excentrisch  lagert,  indem  dann  die  Mero- 
cytenkerne im  Umkreis  des  Furchungskerns,  nicht  diejenigen,  welche 
dem  Centrum  der  Keimscheibe  benachbart  liegen,  in  der  Entwickelung 
voran  sind. 

Für  die  Entwickelung  der  Furchen  sind  nur  die 
Furchungs kerne  und  ihre  Teilungen  maßgebend;  die 
Merocytenkerne  können  schon  deswegen  keine  Rolle  spielen,  weil  sie 
im  Lauf  der  Furchung  aus  der  Keimscheibe  austreten  und  in  den 
Dotter  gelangen,  wie  das  später  noch  besprochen  werden  soll.  Die 
erste  Furche,  welche  entsteht,  ist  stets  eine  meridionale;  sie  tritt 
nicht  selten  stark  excentrisch  auf  und  breitet  sich  nur  langsam  gegen 
den  Rand  der  Keimscheibe  aus.  Dieser  ist  sehr  häufig  gegen  den 
Keimwall  durch  eine  Einkerbung  abgesetzt,  die  Grenzfurche  Sobotta's, 
welche  vielleicht  dadurch  veranlaßt  wird,  daß  um  diese  Zeit  die 
Merocytenkerne  aus  der  Keimscheibe  auf  den  Keimwall  übertreten. 
Zu  einer  solchen  Vermutung  giebt  die  Wahrnehmung  Veranlassung, 
daß  auch  sonst  die  Merocyten  auf  das  Oberflächenrelief  des  Keimes 
einen  bestimmenden  Einfluß  ausüben  (Fig.  240).  Es  entstehen  kleine 
Höcker,  welche  sogar  wie  Furchungskugeln  sich  abschnüren  können.  Da 
sie  Merocytenkerne  enthalten,  sind  sie  zweifellos  durch  den  Einfluß  der- 
selben hervorgerufen.  Für  den  Verlauf  des  Furchungsprozesses  haben 
diese  Vorgänge  keine  Bedeutung,  da  die  Grenzfurchen  wie  die  Höcker- 
bildungen nicht  konstant  auftreten  und  im  weiteren  Verlauf  wieder 
verstreichen ;  auch  liegen  sie  außerhalb  des  Bereichs  der  Keimscheibe. 

42* 


(160 


11.  IIertwig, 


Die  erste  Furche  scheint  bei  den  einzehien  Arten  zu  verschiedenen 
Zeiten  aufzutreten ;  Rückert  fand  sie  bei  IHstiurus  zum  erstenmal 
bei  einer  Keimsclieibe  mit  zwei  aus  dem  Furchungskern  hervorge- 
gangenen Spiudehi  (also  l)ei  beginnender  zweiten  Teilung  des  Furchungs- 
kerns),  bei  Torpedo  noch  später  bei  Keimscheiben  mit  4.  <S  und  mehr 
Tochterkei-nen  (Fig.  239  I).  Dies  ist  wichtig,  um  die  mancherlei  Al)nor- 
mitäten  der  zuerst  auftretenden  Furche  zu  verstehen  ;  sie  kann  entweder 
der  ersten  Furche,  oder  der  zweiten  Furche  holoblastischer  Eier  ent- 
sprechen, was  daraus  hervorgeht,  daß  sie  in  einem  Falle  Kerne  trennt, 
welche,  wie  aus  ihrer  Lagerung  mit  Sicherheit  geschlossen  werden  kann, 
aus  der  ersten  Teilung   des  Furchungskerns   hervorgegangen  sind,  im 


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Fig.  239.  Keimscheibeii  von  Torpedo 
nach  Schnittserien  rekou.strniert  mit  einge- 
zeichneten Kernen  (letztere  im  Verhältnis  zu 
groß  gezeichnet),  h  Furchungskerne.  vi  Mero- 
cytenkerne.  k  Keimscheibe,  d  feinkörniger 
Nahrungsdotter.  I  erste  Teilung  des  Fur- 
chungskerns. II  Furchungskern  viergeteilt, 
einige  der  Tochterkerne  lassen  die  Sonderung 
in  männliche  und  weibliche  Substanzen  er- 
kennen. III  Furchungskerne  in  Mitose,  Mero- 
cytenkerne  in  den  Nahrungsdotter  übergetreten. 


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anderen  Falle  Kerne,  welche  nur  Produkte  der  zweiten  Teilung  sein 
können,  Oefters  ist  die  Furche  T-förmig  und  entspricht  somit  einer  Kom- 
bination dei'  ersten  und  zweiten  Furche,  Die  T-förmige  Furche  kann  in 
ihren  Schenkeln  unregelmäßig  entwickelt  sein,  so  daß  die  Keimscheibe, 
wie  z.  B.  die  in  Fig.  239  III  dargestellte,  mit  8  Spindeln  versehene,  in 
3  völlig  ungleichwertige  Stücke  zerlegt  wird,  ein  großes  Stück,  welches 
einer  ersten  ungeteilten  Elastomere  entspricht  und  4  Spindeln  enthält, 
ein  mittleres  mit  3  und  ein  kleines  Stück  mit  1  Spindel.  Letztere  beiden 
Stücke  entsprechen  gemeinsam  der  zweiten  Elastomere.  Ihre  Sonderung 
in  ungleiche  Teile  läßt  erkennen,  daß  der  sie  trennende  Schenkel  der 
T-Furche  nicht  der  zweiten  Meridionalfurche  entspricht,  sondern  einer 
Furche  des  IV.  Teilungsstadiums.  Wir  stehen  hier  vor  Erscheinungen, 
wie  sie  bei  geschädigten  holoblastischen  Eiern  vorkommen,  bei  denen 


Fiirchungsprozeß. 


661 


auch  die  Kernteilungen  den  Zellteilungen  vorauseilen,  so  daß  letztere 
dann  nicht  mehr  genötigt  sind,  den  normalen  Rhythmus  einzuhalten. 
Das  schädigende  Moment  ist  in  der  Einlagerung  des  enormen  Dotter- 
materials gegeben,  welches  mit  der  Keimscheibe  enger  verbunden 
ist  als  bei  den  Teleostiern  und  die  Bewegungen  derselben  viel  hoch- 
gradiger behindert.  Immerhin  lassen  die  Eier  der  Selnchier  noch  ein 
an  die  Teleostier  erinnerndes  Merkmal  erkennen,  durch  welches  sie 
sich  von  den  meroblastischen  Eiern  der  Smiropsiden  unterscheiden, 
daß  nämlich  die  Furchen,  wenn  auch  später  als  bei  Teleostiern,  so  doch 
sehr  viel  früher  als  bei  Sauropsiden  bis  zum  Rand  der  Keimscheibe 
durchschneiden.  Schon  auf  dem  V.  oder  VI.  Furchungsstadium  wird 
der  Rand  der  Keimscheibe  erreicht.  Hierin  spricht  sich  eine  größere 
Unabhängigkeit  des  Keimes  vom  Dotter  aus,  als  sie  bei  Sauropsiden 
vorhanden  ist. 
Wenn    schon 


auf  den   allerersten   Stadien    sich   die   Neigung 


zu 


A 


B 


C 


1) 


Fig.  240 


Oberfläclienansic'htea 
von    8  Fnrchimgskernen, 


E  F 

xon    Furehmigsstadien   von    Torpedo    ocellata. 

erste    Furche.      B    8  Fiircliungskerne,  Kreuz- 

Biklnno-  der  ersten  Vertikalfurchen;     D  16  Furchungs- 


A   Stadiiuu 

furche.     C  8  Furchungskerne 

kenie,  Bildung  der  zweiten  Yertikalturchen.     E  Stadium  von   145  Fiirchimgskugehi. 

F  ^leridionalschnitt  durch  ein  ausgereiftes  Ei  von  Torpedo  marmorata  nach  RtJCKERT. 


662  R.  Hertwig 


einem  variablen,  von  der  Norm  abweichenden  Verlauf  der  Furchung 
bemerkbar  macht,  so  kann  Regelmäßigkeit  noch  weniger  von  den 
weiteren  Stadien  erwartet  werden ;  und  so  erwecken  die  meisten  Bilder, 
welche  von  Obertiächenansichten  von  Selachierkeimscheiben  gegeben 
worden  sind,  den  Eindruck  größter  Unregelmäßigkeit.  Immerhin 
kommt  gelegentlich  der  Furchungsrhythmus  zum  Ausdruck,  welcher 
die  Folge  der  scheibenförmigen  Ausbreitung  des  Keimmaterials  ist 
und  darin  besteht,  daß  auf  die  beiden  ersten  Meridionalfurchen  ein 
drittes  und  viertes  System  von  Vertikalfurchen  folgt.  So  giebt 
Fig.  240  B  das  durch  die  ersten  Meridionalfurchen  bedingte  Kreuz 
(ein  auch  von  Gerbe  und  Balfour  abgebildetes  Stadium),  Fig.  C  die 
Vertikalfurchen  des  III.  Furchungsstadiums,  wie  wir  sie  von  Teleostiern 
kennen,  wenigstens  auf  einer  Seite  der  Keimscheibe  in  regelmäßiger 
Weise  entwickelt.  (Samassa  [1894]  bildet  eine  Keimscheibe  von 
Scyllium  catulus  ab,  bei  welcher  die  Vertikalfurchen,  wenn  auch  un- 
regelmäßig, so  doch  in  typischer  Zahl  beiderseits  entwickelt  sind.) 
Fig.  D  zeigt  die  4  centralen,  von  keilförmigen  Stücken  umgebenen 
Blastomeren,  welche  entstehen,  wenn  die  Vertikalfurchen  des  IV.  Stadiums 
die  meridioualen  und  vertikalen  Furchen  der  früheren  Stadien  kreuzen, 
nur  daß  unvollkommene  Entwickelung  der  letzteren  Ursache  ist,  daß 
die  Zahl  der  peripheren  Keile  anstatt  12  nur  10  beträgt.  Die  Ab- 
grenzung der  4  centralen  Stücke,  welche  in  ganz  gleicher  Weise  auch 
von  Gerbe  (1872)  beobachtet  worden  sind,  ist  jedenfalls  nicht  auf 
eine  Aequatorialfurche,  wie  der  französische  Forscher  annimmt,  zurück- 
zuführen. Eine  Aequatorialfurche  kommt  wie  bei  allen 
flächen  haft  ausgebreiteten  Keimen  nicht  zur  Ent- 
wickeln n  g. 

Noch  deutlicher  als  durch  die  Anordnung  der  Furchen  werden 
die  in  Rede  stehenden  Verhältnisse  durch  die  Anordnung  der  Kern- 
spindeln während  der  ersten  Mitosen  erläutert.  Dieselben  liegen  nach 
Rückert's  Untersuchungen  bis  zum  Stadium  von  16  Blastomeren 
nahezu  horizontal,  d.  h.  der  Oberfläche  parallel.  Demgemäß  sind  in 
der  Regel  zur  Zeit  der  vierten  Kernteilung  noch  sämtliche  Furchungs- 
kugeln  mit  dem  Dotter  an  ihrer  Basis  verbunden  (Fig.  241 1),  wenn 
es  auch  vorkommt,  wie  Samassa  beobachtet  hat,  daß  einzelne  der 
centralen  Kugeln  schon  jetzt  sich  abschnüren ,  wahrscheinlich  un- 
abhängig von  Kernteilungen.  Erst  zur  Zeit  der  V.  Teilung  stellen 
sich  einige  der  Spindeln  vertikal  ein,  und  zwar  sind  es  die- 
jenigen, welche  den  centralen  Blastomeren  angehören.  Wenn  die 
Teilung  zum  Austrag  kommt,  zerfallen  diese  centralen  Blastomeren 
jedesmal  in  eine  oberflächliche,  vollkommen  abgeschnürte  Zelle  und 
eine  tiefe,  mit  dem  Dotter  verbunden  bleibende  Zelle.  Damit  beginnt 
die  Keimscheibe  zweischichtig  zu  werden,  was  auf  dem  folgenden  Sta- 
dium (64  Furchungskerne)  noch  deutlicher  wird  (Fig.  241 III).  Eine 
oberflächliche  Lage  von  Blastomeren  ist  völlig  abgeschnürt,  eine  tiefere 
an  der  Basis  mit  dem  Nahruugsdotter  verbunden.  Zwischen  beiden 
Lagen  liegt  ein  Hohlraum,  die  „Furchungshöhle".  Um  diese  Zeit 
ungefähr  wird  Synchronie  von  Zell-  und  Kernteilung  erreicht,  so  daß 
etwa  gleichviel  Furchungskerne  wie  Blastoineren  vorhanden  sind.  Wie 
wir  gesehen  haben,  wird  auch  die  Keimscheibe  der  Teleostier  auf 
dem  V.  Teilungsstadium  zweischichtig,  in  der  Regel  jedoch  mit  dem 
Unterschied,  daß  die  Zweischichtigkeit  auf  das  Centrum  beschränkt 
bleibt   und    daß    hier    beide    Zellenlagen    vom  Dotter    getrennt    sind, 


Furchungsprozeß. 


G63 


während  die  i)eripheren 
Blastomeren  einschichtig 
sind  und  in    den   Dotter 


überoehen. 


Immerhin 


giebt  es 


Teleostier  {Sal- 
moniden), bei  denen  ähn- 
liche Verhältnisse  wie 
bei  SelacJtiern  herrschen. 


zusammenfließen 
schließlich ,     nach 


die 

ge- 

Va- 


Ueber  die  Bildung 
der  Vertikalfurchen  hat 
Kastschexko  (1888) 
auffällige  Angabe 
macht,  daß  zunächst 
kuolen   entstehen,    welche 

und 
außen 

durchbrechend,  die  Fur- 
chen erzeugen.  Nach 
RüCKERT  dagegen  ent- 
stehen die  Furchen  von 
Anfang  an  als  Einker- 
bungen der  Oberfläche, 
welche  sich  in  die  Tiefe 
als  Demarkationslinien, 
aber  zunächst  noch  ohne 
Trennung  des  Zusammen- 
hangs verfolgen  lassen. 
Am  Grund  dieser  Demar- 
kationslinien sollen  nun 
in  der  That  unabhängig 
von  der  Oberflächenein- 
furchung  Vakuolen  ent- 
stehen ,  hervorgerufen 
durch  die  Attraktion, 
welche  der  Kern  auf  das 
Protoplasma  ausübt  (Fig. 
241) ;  sie  sollen  erst  se- 
kundär mit  den  Furchen 
in  Verbindung  treten. 

Die  besprochenen 
Fnrchungsstadien  sind 
zeitlich      leicht     ausein- 


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II 


III 


IV 


Fig.  241.  ]\Ieiidioiial- 
schnitte  durch  Keinischeiben 
I,  III,  IV,  V  von  Torpedo 
ocellata,  II  von  Scyllinm  cani- 
cula.  1  8  Furchungskerne.  II 
32,  III  64  Furchungskerne. 
IV  imd  V  Bildung  der  Keün- 
höhle,  das  hintere  embryonale 
Ende  der  Keimscheibe  nach 
rechts  gewandt  (n.  Rückert). 


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664  R.  IIertwig, 

aiulei'znhalteii,  weil  die  Kerne  aller  Furchuii<isku,i;'elii  von  j^leicheiii  Alter 
zieiiilicli  L-leichzeitig  in  Teilung  tieten  und  sich  daher  immer  ungefähr 
auf  gleichem  Stadium  der  Mitose  befinden.  Geringfügige,  leicht  in 
Rechnung  zu  ziehende  Unterschiede  treten  zwischen  den  centralen  und 
randständigen  Blastomeren  auf,  indem  bei  letzteren  die  Teilung  ein 
wenig  verzögert  ist.  Diese  Synchronie  aller  einem  und  demselben 
Stadium  angehörigen  Kernteilungen  soll  nach  Sobotta  und  Samassa 
frühzeitig  aufhören ;  nach  RIjckert  soll  sie  dagegen  bei  Torpedo  sich 
bis  zum  IX.  Furchungsstadium.  zum  Teil  sogar  bis  zum  X.  Stadium 
erkennen  lassen.  Allmählich  wird  dabei  die  Keimscheibe  vielschichtig 
und  bildet  eine  bikonvexe  in  eine  Mulde  der  Dotterkugel  eingebettete 
Zellmasse.  Die  im  Dotter  enthaltenen  Furchungskerne  werden  Aus- 
gangspunkt der  „Nachfurchung",  d.  h.  es  bilden  sich  Kerne  enthaltende 
Höcker,  welche  sich  abschnüren  und  als  selbständig  gewordene 
Furchungszellen  die  Keimscheibe  vergrößern  helfen  (241 IV). 

Innerhalb  der  Keimscheibe  verlangt  die  verschiedene  Größe  der 
Blastomeren  Beachtung,  weil  es  sich  hierbei  um  eine  ganz  regelmäßige 
Struktur  handelt :  1)  die  c  e  n  tr  a  I  e  n  B 1  a  s  t  o  m  e  r  e  n  s  i  u  d  k  1  e  i  n  e  r 
als  die  peripheren;  2)  durch  e  i  n  e  L  i  n  i  e ,  welche  der  spä- 
teren T  r  a  n  s  V  e  r  s  a  1  a  c  h  s  e  entspricht,  kann  m  a  n  d  i  e  K  e  i  m  - 
Scheibe  in  zwei  Hälften  zerlegen,  von  denen  die  eine 
im  Durchschnitt  größere  Zellen  enthält  als  die  andere. 
Da  der  erläuterte  Größenunterschied  der  Blastomeren  schon  zu  einer 
Zeit  auftritt,  in  welcher  die  Synchronie  der  Teilungen  noch  gewahrt 
ist,  kann  er  nicht  durch  das  verschiedene  Teilungsalter  der  Zellen 
hervorgerufen  sein,  wenn  dasselbe  später  auch  beitragen  mag,  vor- 
handene Unterschiede  zu  steigern.  Dagegen  ist  es  äußerst  wahr- 
scheinlich, daß  die  verschiedene  Beschaffenheit  der  Keimscheibe  mit 
der  oft  sehr  ausgesprochenen  excentrischen  Lage  des  Furchungskerns 
zusammenhängt  derart,  daß  der  Teil  des  Keimes,  nach  welchem  hin 
die  Verschiebung  des  Furchungskerns  stattgefunden  hat,  das  klein- 
zellige Material  liefert. 

Der  Größenunterschied,  welchen  die  Zellen  in  den  verschiedenen 
Abschnitten  der  Keimscheibe  erkennen  lassen,  ward  auch  für  andere 
Wirbeltiergruppen  mit  meroblastischen  Eiern  beschrieben ;  er  erinnert 
ferner  an  das,  was  wir  früher  schon  vom  Ei  der  Amphihien  kennen 
gelernt  haben.  Wie  bei  den  Amphibien,  so  läßt  sich  auch  bei  den 
Selachiern  nachweisen,  daß  der  kleinzellige  Teil  der  Keimscheibe  dem 
hinteren  Ende  entspricht,  dem  „embi'yonalen"  Rand,  dem  Rand,  von 
welchem  aus  die  Anlage  des  Embryo  beginnt.  Dieser  hintere  Rand  ist 
um  diese  Zeit  schon  durch  zwei  weitere  Merkmale  vom  vorderen  unter- 
schieden:  1)  er  ist  dadurch  ausgezeichnet,  daß  in  seiner 
Nachbarschaft  die  Keim  höhle  zuerst  auftritt  und  auch 
später  sich  ansehnlicher  entwickelt;  2 )  er  ist  viel 
lockerer  mit  dem  u  n  t  e  i- 1  i  e  g  e  n  d  e  n  Dotter  v  e  r  1 )  u  n  d  e  n  als 
der  vordere,  weil  an  diesem  die  Abfurchung  langsamer  vor  sich 
geht.  Infolgedessen  hebt  sich  die  Keimscheibe  am  hinteren  Ende  leicht 
vom  Dotter  ab,  was  Rückert  jedoch  auf  ungenügende  Konservierung 
zurückführt.  In  dieser  Hinsicht  ist  His  (1897)  anderer  Meinung,  welcher 
angiebt,  daß  am  hinteren  Rand  die  Keimscheibe  normalerweise  vom 
unterliegenden  Dotter  getrennt  sei  und  die  Keimhöhle  daher  hier 
nach   außen  klaffe.     Die  Oeffnung  soll  zu  stände  kommen,   indem  die 


Furchungsprozeß.  Gß5 

am  liiuteren  Rand  des  Blastoderms  ,<>elagerteii  Fuichuiigskiigeln  mit 
dem  Dotter  verscimielzen  und  die  Dotterkerne  liefern.  Die  His'sche 
Ansicht  verlangt  Beachtung,  da  auch  für  die  Vogelkeim  Scheibe  be- 
hauptet wird,  daß  die  Keimhöhle  nach  außen  kommuniziert. 

Was  nun  die  Keim  höhle  anlangt,  so  ist  die  Bildungsweise 
derselben  strittig:  es  stehen  sich  hier  dieselben  beiden  Auffassungen 
gegenüber,  welche  uns  bei  den  Untersuchungen  über  die  übrigen  diskoidal 
sich  furchenden  Wirbeltiereier  entgegentreten.  Schon  frühzeitig,  wenn 
die  Blastomeren  sich  in  zwei  Lagen  sondern,  in  eine  oberflächlich  voll- 
kommen abgeschnürte  und  eine  tiefere,  welche  mit  dem  Dotter  ver- 
bunden bleibt,  ist  zwischen  beiden  eine  Spalte  erkennbar,  welche 
wir  ..Furchangshöhle"  bezeichnet  haben  (Fig.  241  III).  Manche  Forscher 
sind  der  Ansicht,  daß  diese  Furchungshöhle  schwindet  und  die  Keim- 
höhle als  eine  völlige  Neubildung  entsteht.  Xach  Kastschenko  und 
Samassa  soll  letztere  durch  Erweichung  des  Dotters  entstehen,  daher 
der  Name  „Resorptionshöhle''.  Andere  lassen  die  eine  Höhle 
in  die  andere  übergehen :  sie  nehmen  eine  allmähliche  Verschiebung 
der  Furchungshöhle  an:  indem  immer  neue  Zellen  vom  Dotter  abge- 
schnürt werden  und  sich  der  obersten  Blastodermschicht  anschließen, 
rückt  der  Spalt  tiefer  und  nimmt  schließlich  die  Lage  der  Keimhöhle 
ein.  wenn  die  Dotterabfurchung  beendet  oder  wenigstens  nahezu  be- 
endet ist.  Damit  kommt  der  Raum  zwischen  Dotter  und  Keimscheibe 
zu  liegen.  Anfangs  ein  enger  Spalt  in  der  Nähe  des  hinteren  Randes, 
breitet  sich  die  Keimhöhle  zu  einem  ansehnlichen  Hohlraum  aus,  der 
allmählich  sich  auch  nach  vorn  ausdehnt  (Fig.  241  V). 

Um  die  Besprechung  des  Blastulastadiums  zu  Ende  zu  führen, 
sei  schließlich  noch  hervorgehoben,  daß  die  anfänglich  gleichförmig 
abgerundeten  Blastodermzellen  sich  in  zwei  Lagen  sondern:  eine  ober- 
flächliche Zellschicht  von  epithelialem  Charakter  und 
einen  darunter  gelegenen  Haufen  von  Zellen,  welche  zunächst 
das  alte  (iefüge  beibehalten.  Wenn  nun  die  Keimscheibe  über  den 
Dotter  wächst,  indem  sie  ihren  Durchmesser  vergrößert  und  ihre 
bikonvexe  Linsengestalt  zu  einer  dünnen  Scheibe  abplattet,  muß  die 
epitheliale  Schicht  sich  gewaltig  ausdehnen.  Zum  Teil  geschieht  dieses 
Wachstum  durch  Teilung  der  vorhandenen  Zellen,  zum  Teil  dadurch, 
daß  sich  neue  Zellen  von  unten  aus  dem  lockeren  Zellenhaufen  her- 
aus in  den  epithelialen  Verband  einfügen,  ein  Zeichen,  daß  auf  diesem 
Zeitpunkt  von  einer  LTnterscheidung  der  Keimblätter  Ektoblast  und 
Entoblast  noch  nicht  die  Rede  sein  kann. 

Wir  müssen  nunmehr  noch  das  Schicksal  der  aus  den  Neben- 
spermatozoen  hervorgegangenen  Merocyten kerne  nachtragen  und 
das  Verhältnis  derselben  zu  dem  Dotter  besprechen.  Wir  haben  gesehen, 
daß  dieselben  sich  wie  der  Furchungskern  karyokinetisch  vermehren, 
mit  der  Zeit  aber  aus  der  Keimscheibe  ausscheiden  und  in  den  Dotter 
gelangen.  Ihre  Verlagerung  ist  offenbar  eine  passive;  sie  werden 
aus  der  Keimscheibe  verdrängt,  je  mehr  der  Furchungskern  Herr- 
schaft über  das  Protoplasma  derselben  gewinnt;  sie  treten  daher  am 
frühesten  an  Stellen  aus,  wo  der  Furchungskern  oder  seine  Abkömm- 
linge dem  Keimscheibenrand  genähert  sind,  was  nicht  selten  zutrifft, 
da  der  Furchungskern  oft  von  Anfang  an  excentrisch  lagert.  Um  die 
Zeit,  wo  der  Furchungskern  seine  dritte  Teilung  beendet  hat,  sind 
bei  Torpedo  in  der  Regel  alle  Merocytenkerne  schon  im  Dotter  ange- 


666  R.  Hertwig, 

langt;  sie  treffen  hier  Kerne  vor,  welche  von  Spermatozoen  stammen, 
die  direkt  in  den  Dotter  eingedrnngen  waren. 

Innerhalb  des  feinkörnigen  Dotters  des  Keimwalles  verlieren  die 
Merocytenkerne  an  Vitalität ;  sie  vermehren  sich  zwar  noch  eine  Zeit 
lang  und  erzeugen  Kernnester,  welche  durch  successive  Teilung  eines 
Mutterkerns  entstanden  sind;  allein  ihre  Mitosen  werden  unregelmäßig; 
es  entstehen  pluripolare  Spindeln,  ferner  Spindeln,  deren  Seitenplatten 
nicht  genügend  auseinanderweichen,  so  daß  die  Tochterkerne  später  dicht 
bei  einander  lagern,  vielleicht  sogar  wieder  untereinander  verschmelzen. 
Im  weiteren  Verlauf  bilden  sich  Kerne  mit  klumpigem  Chromatin  oder 
locker  strukturierte  Riesenkerne.  Gelegentlich  nehmen  dieselben  wie 
die  im  Dotter  verbliebenen  Furchungskerne  an  der  Nachfurchung  An- 
teil; sie  liefern  dann  mit  dem  sich  ihnen  anschließenden  Protoplasma 
große  Zellen,  die  Mega Sphären,  welche  sich  durch  ihren  Dotter- 
gehalt von  den  übrigen  Furchungszellen  unterscheiden,  an  der  Organ- 
bildung aber,  wie  jetzt  im  Allgemeinen  angenommen  wird,  sich  nicht 
beteiligen. 

In  den  genannten  Merkmalen  —  karyokinetische  Vermehrung  mit 
abnehmender  Vitalität,  Umbildung  zu  Riesenkernen,  Einlagerung  in  den 
Dotter,  gelegentliche  Abfurchung  zu  Megasphären  —  gleichen  die  Me- 
rocytenkerne den  Dotterkernen,  wie  wir  sie  bei  Teleostiern  schon  kennen 
gelernt  haben  und  bei  SauroiJsiden  noch  weiter  werden  besprechen 
müssen.  Man  findet  auch  bei  Selachiern  auf  vorgerückten  Entwicke- 
lungsstadien  dasselbe  Dottersyncytium  wieder  wie  bei  Vertebraten  mit 
meroblastischen  Eiern. 

In  diesen  Analogieen  zu  den  Dotterkernen  anderer  Wirbeltiere  war 
nichts  Wunderbares  gegeben,  solange  man  den  Merocytenkernen  der 
Selachier  gleiche  Entstehung  wie  diesen  zuschrieb  und  je  nach  der 
Auffassungsweise  durch  freie  Kernbildung  oder  durch  Teilung  von 
Furchungskernen  ableitete.  Der  Name  „Merocyten"  stammt  aus 
dieser  Zeit.  Rückert  (1885),  der  ihn  in  die  Litteratur  einführte,  leitete 
damals  die  Merocyten  noch  von  dem  P'urchungskerne  ab :  es  sollten 
im  Laufe  der  ersten  Entwickelung  des  Selachiereies  vollkommen  abge- 
furchte Zellen,  „H  o  1  o  c  y  t  e  n",  entstehen  und  mit  dem  Dotter  verbundene 
Zellen,  „Merocyten".  Erst  allmählich  würden  letztere  zu  Holocyten 
abgefurcht  und  wie  diese  zum  Aufbau  des  Embryo  verwandt.  Theo- 
retische Schwierigkeiten  entstanden  erst,  als  Kastschenko  und 
bald  darauf  auch  Rückert  nachwiesen,  daß  zahlreiche  Kerne  schon 
zu  einer  Zeit  im  Dotter  vorhanden  sind,  in  welcher  der  Furchungs- 
kern  noch  einheitlich  und  die  Keimscheibe  noch  ungefurcht  ist. 
W^enn  auch  Kastschenko  selbst  noch  an  der  Möglichkeit  der  Ab- 
leitung vom  Furchungskern  festhielt,  so  wies  jedoch  Rückert  bald 
den  genetischen  Zusammenhang  mit  Kebenspermatozoen  nach,  eine 
Auffassung,  welcher  sich  auch  Beard.  Samassa  und  Sobotta  an- 
schlössen und  die  nach  der  ausführlichen  Darstellung  Rückert's 
(vergl.  Befruchtung  p.  555)  wohl  kaum  in  Zweifel  gezogen  werden 
kann. 

Beim  derzeitigen  Stand  der  Beobachtungen  sind  drei  Auffassungen 
möglich. 

1)  Die  aus  Spermatozoen  entstandenen  Merocyten  Vikariieren  für 
die  Dotterkerne  der  übrigen  Wirbeltiere;  obwohl  verschiedenen  Ur- 
sprungs, übernehmen  sie  doch  die  gleichen  physiologischen  Leistungen, 


Furchungsprozeß.  607 

die  Leistungen  des  .,Dotteiorgans";  da  diese  nicht  im  Aufbau  von 
bleibenden  Organen  des  Embi\yo  bestehen,  scheint  diese  Auffassung 
zunächst  auf  keine  größeren  tlieoretischen  Bedenken  zu  stoßen,  wie 
RÜCKERT  hervorhebt. 

2)  Eine  zweite,  von  Sobotta  und  \'irchow  vertretene  Auffassung 
nimmt  an,  daß  die  Neben si)ermakerne  der  Sehicliier  sich  eine  Zeit  lang 
zwar  weiter  entwickeln,  dann  aber  wie  bei  den  Amphibien  zu  Grunde 
gehen,  daß  an  ihre  Stelle  echte  Dotterkerne  treten,  die  wie  sonst  vom 
Furclnmgskerne  abstammen.  Sobotta  vermutet,  daß  bei  der  Ab- 
furchung  des  Eies  ein  Teil  der  Kerne  im  Dotter  zurückbleibt  und  das 
unter  der  Keimscheibe  gelegene  Syncytium  liefert.  In  der  Peripherie 
sollen  sogar,  ähnlich  wie  bei  Teleosiiern,  unvollkommen  abgefurchte 
Elastomeren  wieder  mit  dem  Keimwall  verschmelzen,  worauf  es  zurück- 
zuführen sei,  daß  auf  einem  bestimmten  Stadium  der  Entwickelung 
die  Abgrenzung  der  Keimscheibe  vom  Dotter  sich  verwische.  Nur 
durch  die  Annahme,  daß  die  Dotterkerne  ilbkömmlinge  des  Furchungs- 
kerns  sind ,  sei  es  zu  erklären ,  daß  ihre  Zahl  bei  allen  Eiern 
ungefähr  die*  gleiche  sei,  während  der  Grad  der  Polyspermie  außer- 
ordentlich schwanke.  Von  dieser  Auffassungsweise  würden  sich  die 
Resultate,  zu  denen  His  gekommen  ist,  nicht  allzu  sehr  entfernen : 
daß  nämlich  völlig  getrennte  Blastomeren  sekundär  mit  dem  Dotter 
verschmelzen  und  so  ein  echtes  Syncytium  liefern.  Denn  es  würde 
auch  hier  die  Grundauffassung  gewahrt  sein,  daß  die  Dotterkerue  nicht 
von  Nebenspermatozoen,  sondern  vom  Furchungskern  abstammen.  Die 
Bilder  freilich,  auf  welche  His  (1897)  sich  stützr,  kommen  auf  die 
Bilder  hinaus,  welche  auch  Rückert  gegeben  und  auf  verspätete  Ab- 
furchung  bezogen  hat.  So  fundamental  verschieden  die  Prozesse  sind, 
so  lassen  sie  sich  durch  Untersuchung  abgetöteten,  in  Schnitte  zer- 
legten Materials  oft  schwer  auseinanderhalten. 

o)  Eine  dritte  Möglichkeit  wäre  endlich,  daß  das  Dottersyncytium 
verschiedener  Abstammung  ist  und  Merocytenkerne  und  Furchungs- 
kerne  zugleich  enthält. 

Rückert,  welcher  die  ersten  Entwickelungsvorgänge  im  Se- 
lachierei  am  ausführlichsten  untersucht  hat,  beschränkt  sich  in  seiner 
letzten  Veröffentlichung  darauf,  festzustellen,  daß  bis  zu  einem  Stadium 
kurz  vor  der  Bildung  der  Keimhöhle  Merocytenkerne,  d.  h.  Kerne  um- 
gewandelter Spermatozoen,  und  Furchungskerne  scharf  auseinander- 
gehalten werden  können  und  daß  bis  dahin  keinerlei  Furchungskerne 
in  das  Merocytenlager  übergetreten  sind :  dagegen  läßt  er  es  unent- 
schieden, wie  das  später  vorhandene  Dottersyncytium  aufzufassen  ist. 
Da  unzweifelhafte  Furchungskerne  noch  auf  späten  Furchungstadien 
im  Dotter  enthalten  sind,  muß  mit  der  Möglichkeit  gerechnet  werden, 
daß  sie  an  der  Bildung  von  Dotterkernen  beteiligt  sind  oder  gar  unter 
Schwund  der  Merocytenkerne  sie  allein  liefern.  Letzeres  muß  wohl 
beim  derzeitigen  Stand  unseres  Wissens  als  das  Wahrscheinlichste 
bezeichnet  werden,  da  bei  den  polyspermen  Eiern  der  Amphibien  und 
wahrscheinlich  auch  der  Beptilien  die  Nebenspermakerne  zu  Grunde 
gehen.  Zu  gleichem  Resultat  führt  folgende  Ueberlegung.  Zwischen 
den  dotterhaltigen  Blastomeren  der  Amphibien  und  dem  Dottersyncytium 
der  Wirbeltiere  mit  meroblastischen  Eiern  giebt  es  alle  Uebergänge, 
was  die  Auffassung  unanfechtbar  macht,  daß  die  Elemente  des  Dotter- 
syncytiums  Embryonalzellen  sind,  welche  in  Anpassung  an  den  Dotter- 


{]6S  R.  Hertwig, 

reichtum  des  Eies  die  Möglichkeit,  sich  am  Aufbau  des  Enibi-yonal- 
körpers  zu  beteiligen,  eingebüßt  und  die  Funktion  der  Dotterver- 
arbeitung übernommen  haben.  Es  sind  also  immerhin  Embrvonalzellen, 
welche  in  ihrer  Funktion  durch  anderweitiges  Material  ersetzt  worden 
wären,  wenn  die  Nebenspermakerne  zu  Dotterkernen  w^ürden. 

Im  Laufe  des  verflossenen  Jahres  hat  Bashford  Dean  (1901)  über 
eigentümliche  Bilder  berichtet,  welche  er  an  den  Eiern  von  Heterodontus 
(Cestracion)  japonicus  beobachten  konnte  und  als  eine  „Erinnerung  an  die 
holoblastische  Furchung"  deutet.  Die  4 — 5  cm  großen  Eier  zeigen  auf 
ihrer  Oberfläche  ein  auf  größei-e  Entfernungen  hin  sichtbares  System  von 
Linien,  welche  vollkommen  der  Zeichnung  gleichen,  welche  ein  2()fach 
vergrößertes,  in  Abfurchung  begriffenes  Lepidosteus-'Eii  ergiebt.  Von  der 
Keimscheibe  aus,  welche  bei  frisch  abgelegten  Eiern  eine  deutliche  Fel- 
derung  erkennen  läßt,  erstrecken  sich  Furchen  auf  der  Eioberfläche, 
welche  bei  jungen  Stadien  bis  zum  Aequator  vordringen,  bei  älteren 
diesen  überschreiten,  von  denen  manche  sogar  den  entgegengesetzten  Pol 
erreichen.  Anfänglich  noch  etwas  unsicher  in  der  Deutung  seines  Be- 
fundes, spricht  sich  B.  Dean  in  einem  Nachtrag  ganz  bestimmt  für  die 
Auffassung  der  Linien  als  Furchen  des  in  Abfurchung  begriffenen  Dotters 
aus,  weil  er  beim  Abpräparieren  der  Keinischeibe  sich  überzeugen  konnte, 
daß  die  Grenzen  der  Blastomeren  sich  in  die  Furchen  hinein  fortsetzten. 
Ein  entscheidender  Beweis  durch  Untersuchung  gehärteter  Eier  auf  Quer- 
schnitten und  Nachweis  von  Kernen  im  Dotter,  die  den  einzelnen  Fur- 
chungskeilen  entsprechen  würden,  ist   bisher  leider  nicht  geführt  worden. 

VII.  Reptilien  und  Vögel  (Sauropsiden). 

Die  Eifurchung  der  Reptilien  und  Vögel  teilt  so  viele  Charakter- 
züge mit  der  Eifurchung  der  Selachier,  daß  man  versucht  sein  könnte, 
beide  gemeinsam  abzuhandeln.  Wenn  ich  es  nicht  thue,  so  geschieht 
es,  um  gewisse  Unterschiede  hervorzuheben,  die  durch  das  verschiedene 
Verhalten  der  Keimscheibe  zum  Nahrungsdotter  veranlaßt  werden. 
Beide  Teile  sind  bei  den  Selachiern  deutlich  gegeneinander  abgegrenzt, 
wenn  auch  nicht  ganz  so  scharf  wie  bei  Teleostiern;  bei  den  Saur- 
opsiden ist  die  Grenze  verwischt.  Schon  beim  Vogelei  treten  in  der 
Keimscheibe  gegen  den  Rand  zu  und  in  den  tieferen  Schichten  gröbere 
Granulationen  auf,  durch  welche  ein  allmählicher  Uebergaug  zum 
weißen  Dotter  vermittelt  wird.  In  noch  höherem  Maße  gilt  dies  von 
den  Reptilien  und  unter  diesen  wieder  besonders  von  Sauriern  und 
Op)hidiern.  Läßt  sich  doch  sogar  bei  Lacerta  agilis,  wie  Sarasin  (1883) 
gezeigt  hat,  die  konzentrische  Schichtung  der  Dotterkugel  in  die  Keim- 
schicht hinein  verfolgen.  Auch  Oppel  (1892)  hält  es  für  unmöglich, 
Keimscheibe  und  Dotter  scharf  gegeneinander  abzugrenzen.  Bei  den 
Reptilien  ist  die  auffallende  relative  Größe  der  Keimscheibe,  auf  welche 
besonders  Sobotta  (1897)  in  seiner  zusammenfassenden  Darstellung  des 
Furchnngsprozesses  der  Wirbeltiere  aufmerksam  gemacht  hat,  wohl 
ebenfalls  auf  ihren  ansehnlichen  Gehalt  an  Dottermaterial  zurück- 
zuführen. Während  das  Größenverhältnis  der  Durchmesser  von  Keim- 
scheibe und  Dotterkugel  sich  bei  Vögeln  ebenso  wie  bei  Selachiern 
verhält  —  1  :  10  beim  Hühnerei  [Kölliker].  wie  beim  Ei  von  Tor- 
pedo [Rückert]    — .    beträgt   der    Durchmesser   der   Keimscheibe   bei 


rurchungS|)rozeß.  (309 

Schildkröten  und  Krokodilen  die  Hälfte  der  Eilänge,  bei  Schlaugeu 
und  Eidechsen  mancliinal  noch  mehr. 

Das  Eindringen  von  Dotterelenienten  in  die  Keimscheibe  ist 
die  Ursache,  daß  die  Abfnrchung  mehr  als  bei  anderen  meroblastischen 
Eiern  behindert  ist.  Lange  Zeit  sind  die  Furchen  auf  die  centralen 
Teile  der  Keimscheibe  beschränkt.  Während  bei  T  e  1  e  o  s  t  i  e  r  n  die  erste 
Furche  gleich  bei  ihrer  Entstehung  bis  zum  Rande  durchgeführt  wird, 
bei  Selachiern  die  Furchen  schon  auf  dem  Stadium  von  4  oder  8 
Blastomeren  den  Keimwall  erreichen,  ist  bei  Sauropsiden  der  Rand 
der  Keimscheibe  noch  ungeteilt,  wenn  im  Centrum  schon  sehr  viele 
kleine  Blastomeren  durch  allseitige  Furchen  gegeneinander  abgegrenzt 
sind  (SoBOTTA  1^!97). 

Es  ist  außerordentlich  wahrscheinlich,  daß  die  Teilung  des  Fur- 
chungskernes  wie  bei  Selachiern  namentlich  in  den  Anfangsstadien  der 
Protoplasmateilung  vorauseilt,  wie  wir  dies  von  den  vom  Nahrungs- 
dotter ganz  durchsetzten  Eiern  der  Insekten  und  ferner  von  Eiern, 
die  durch  Schädlichkeiten  in  ihrer  Aktivität  behindert  sind,  zur  Genüge 
wissen.  Leider  fehlen  hierüber  alle  genauen  Untersuchungen,  wie 
denn  überhaupt  die  Furchung  des  Sauropsideneies,  das  Vogelei  ein- 
begritfen.  so  unvollkommen  untersucht  ist,  daß  eine  die  Erscheinungen 
in  ihrem  natürlichen  Zusammenhange  schildernde  Darstellung  unmöglich 
ist.  Tod  ARO  beschreibt  für  das  Ei  von  Seps  cJialcides  8  dem  Ceutrum 
benachbarte  Kerne  schon  zur  Zeit  der  Vierteilung,  außerdem  viele 
periphere  ..periblastische  Kerne",  welche  nach  seiner  Ansicht  ebenfalls 
vom  Furchungskern  abstammen  sollen,  nach  allen  neueren  Erfahrungen 
aber  auf  Xebenspermakerne  bezogen  werden  müssen.  Oppel  (1892) 
fand  wiederholt  bei  Keimscheiben  von  Anguis  fragilis  und  Tropidonotus 
natrix.  welche  noch  keine  Furche  aufwiesen,  schon  2  Furchungskerne, 
bei  einer  Keimscheibe  von  Lacerta  viridis  mit  der  ersten  Furche 
4  Furchungskerne.  Diese  aphoristischen  Mitteilungen  sind  die  ein- 
zigen auf  Querschnitten  basierenden  Angaben,  welche  ich  über  die 
uns  beschäftigende  Frage  in  der  Litteratur  habe  finden  können. 
Gleichwohl  wird  es  nur  durch  das  Studium  der  Aufeinanderfolge  der 
Kernteilungen  möglich  sein.  V^erständnis  für  den  Rhythmus  der  Teilungen 
zu  gewinnen.  Denn  die  Art,  wie  die  Furchen  auf  der  Oberfläche  auf- 
treten, giebt  uns  nach  dem,  was  ich  für  das  Selachierei  durchgeführt 
habe,  einen  ganz  unzulänglichen  Maßstab  für  den  Verlauf  der  Teilungen, 
welche  sich  an  den  Kernen  abspielen.  Bei  der  hochgradigen  Be- 
hinderung, welche  der  Bewegungsfähigkeit  des  Protoplasma  durch 
die  Art  der  Dotterverteiluug  bereitet  wird,  sind  offenbar  ganz  gering- 
fügige Momente  ausreichend,  um  das  rechtzeitige  Zustandekommen 
von  Furchen  zu  verhindern,  welche  dann  erst  später  entstehen .  zu 
einer  Zeit,  wo.  durch  weitere  Teilungen  veranlaßt,  Verschiebungen  der 
zugehörigen  Kerne  eingetreten  sind,  welche  eine  Entwickelung  der 
Furche  in  ihrer  ursprünglichen  Richtung  unmöglich  machen. 

Durch  das  gütige  Entgegenkommen  meines  verstorbenen  Kollegen 
V.  KuPFFER.  dem  ich  leider  hierfür  meinen  besten  Dank  an  dieser 
Stelle  nicht  mehr  abstatten  kann,  stehen  mir  zahlreiche  Abbildungen 
von  Furchungsstadien  von  Lacerta  agilis,  L.  viridis,  Tropidonotus 
natrix,  Testudo  graeca  zur  Verfügung,  von  denen  ich  nur  einige 
wenige  hier  zur  Ablüldung  bringe.  Dieselben,  wie  die  Figuren,  welclie 
in  dei-  Litteratur  vorliegen    von    Coste    (A.    L.    IL    1847 — 1859j    und 


G7U  R.  Hertwig, 

KÖLLiKER  (A.  L.  II,  1884)  vom  Huhn,  von  Agassiz  und  Clark  (A. 
L.  II,  8,  1857)  von  Ghjptemps  insculpta,  von  Sarasin  (1883)  von 
Lacerta  agilis.  von  Oppel  (1892)  von  Änguis  fragilis,  lassen  zunäclij^t 
eine  verwirrende  Mannigfaltigkeit  von  Bildern  erkennen.  Ininierliin 
kommt  in  ihnen  für  die  ersten  Stadien  ein  gewisser  an  die  Zustände 
der  Ganoiden  erinnernder  Typus  zum  Ausdruck,  welcher  voraussichtlich 
bei  einem  Studium  der  Kernteilungen  sich  nocli  klarer  verfolgen  lassen 
würde. 

ABC 


m  m 


a 


f 


j  w  in 


Fig.  242.    Furchungsstadieu  von  Lacerta  ngüis  (nach  unpublizierten  Zeichnungen 
von  Kupffer).  J.  //,  in  erste,  zweite,  dritte  iFurchen. 

Der  Typus  würde  folgender  sein :  zunächst  bilden  sich  die  beiden 
Meridionalfurchen  —  zwei  von  Kupffer's  Zeichnungen  lassen  das 
von  ihnen  gebildete  Kreuz  in  typischer  Weise  erkennen  — ;  auf  sie 
folgen  2  Vertikalfurchen,  welche  zu  einer  der  Meridionalfurchen  nahezu 
senkrecht,  zur  anderen  nahezu  parallel  gestellt  sind.     Daß  diese  Xer- 


Fig.  24H.     Furchungsstadieu  von  Gly2)temys  mculpta  (nach  Agassiz  u.  Clark). 

tikalfurchen  jemals  durch  den  Eipol  verlaufen  und  somit  meridioual  an- 
geordnet sein  sollten,  wie  Todaro  (1893)  angiebt,  ist  sehr  unwahr- 
scheinhch.  Todaro's  eigene  Abbildungen  lassen  die  gewöhnliche  ver- 
tikale Anordnung  erkennen,  was  auch  Sobotta  hervorhebt.  Wahr- 
scheinlich folgt  als  No.  4  eine  Teilung,  welche  latitudinal  ist  und 
die  centralen  Enden  der  8  radialen  Keile  abtrennt.  Selten  scheint 
es  bei  Sauropsiden  vorzukommen,  w^as  bei  den  Teleostiern  die  Regel 
ist,  daß  die  Latitudinalfurche  in  2  zu  den  vorhandenen  Vertikalfurchen 
senkrechte,  abermals  vertikal  verlaufende  Furchen  umgeformt  wird. 
Daß    es    aber    vorkommt,    geht    daraus    hervor,    daß    manchmal    die 


Furchungsprozeß.  07 1 

charakteristischen  4  kreuzförmig  gestellten,  ringsum  abgegrenzten  cen- 
tralen Blastomeren  l)eobachtet  werden,  welche  dieser  Furchungsweise 
ihre  Entstehung  verdanken  (vgl.  Fig.  230,  240  D). 

In  der  Xatur  ist  das  geschilderte  Furchungsschema  nur  selten 
in  typischer  Weise  realisiert;  viel  häutiger  sind  Abweichungen, 
welche  meist  sich  bis  in  die  Zeit  der  zwei  ersten  Meridionalfurchen 
zurück  verfolgen  lassen,  indem  eine  derselben  —  bei  dem  jetzigen 
Stand  unseres  Wissens  läßt  sich  nicht  entscheiden,  welche  von  beiden, 
oder  ob  es  vielmehr  nicht  bald  die  eine,  Ijald  die  andere  ist  —  rudi- 
mentär ist  oder  nur  einseitig  oder  überhaupt  nicht  ausgebildet  wird. 
Beispiele  für  einige  dieser  Möglichkeiten  geben  die  Figuren  242. 
243.  Wird  trotz  vorangegangener  Kernteilung  eine  der  beiden 
Meridionalfurchen  ganz  oder  teilweise  unterdrückt,  so  werden  die 
nunmehr  auftretenden  nächsten  Vertikalfurchen  eine  andere  Vertei- 
lung des  Protoplasma  vorfinden ,  als  es  der  Fall  sein  sollte,  und 
daher  eine  abnorme  Anordnung  gewinnen.  Eine  besonders  häufige 
Abweichung  sei  hier  hervorgehoben ;  sie  tritt  auch,  wie  ich  nach- 
träglich noch  erwähnen  möchte,  bei  Elasmohranchiern  auf  (Rückert 
1899) ;  sie  beruht  darauf,  daß  auf  dem  3.  Furchungsstadium  eine 
meridionale  und  eine  vertikale  Furche  konvergieren  und,  zusammen- 
treffend, schon  um  diese  Zeit  eine  oberflächlich  allseitig  abgegrenzte 
Elastomere  erzeugen.  Der  Vorgang  kann  sich  links  und  rechts  von 
der  ersten  Meridianfurche  vollziehen.  Die  Folge  ist,  daß  auf  dem 
Stadium  der  Achtteilung  nur  7  oder  auch  nur  (5  Randsegmente  vorhanden 
sind,  weil  das  achte  oder  auch  das  achte  und  siebente  Segment  zu  ab- 
gegrenzten Blastomeren  geworden  sind.  In  seinen  Anfängen  ist  dieser 
Prozeß  in  Figur  242  B  zu  erkennen.  Teilen  sich  die  2  Blastomeren 
rascher  als  die  Segmente,  was  bei  ihrer  geringeren  Größe  a  priori 
wahrscheinlich  ist,  so  entstehen  abermals  4  centrale  Blastomeren.  aber 
auf  einem  anderen  Weg,  als  es  bei  Teleosüem  die  Regel  ist ;  sie  sind 
umgeben,  wie  es  Sarasin  von  der  Eidechse  abbildet,  von  6  Rand- 
segmenten. 

Wenn  man  nun  erwägt,  daß  auch  einzelne  Vertikalfurchen  in  ihrer 
Entvvickelung  unterdrückt  sein  können,  so  wird  man  verstehen,  daß  be- 
sonders die  radialen  Blastomeren  ungleich  groß  ausfallen,  unregelmäßige 
Formen  annehmen  und  daher,  wenn  sie  weiter  abgefui'cht  werden,  in 
einer  gar  nicht  mehr  genauer  analysierbaren  Form  geteilt  werden.  Es 
hat  daher  keinen  Zweck,  über  die  Anordnung  der  Furchen  sich  weiter 
zu  verbreiten,  zumal  da  sie  höchst  wahrscheinlich  gar  nicht  der  Anord- 
nung der  wichtigeren  im  Innern  sich  vollziehenden  Teilungsvorgänge 
der  Kerne  entspricht.  Mau  kann  daher  nur  sagen,  daß,  je  mehr  der 
Furchungsprozeß  fortschreitet,  die  radialen  Furchen  sich  auf  die  peri- 
pheren Partieeu  der  Keimscheibe  ausbreiten,  und  das  Centrum  in  immer 
kleinere  Elemente  abgeteilt  wird. 

Vergleicht  man  die  Art,  wie  dieses  Fortschreiten  des  Furchungs- 
prozesses  bei  Selachiem  und  Teleosüem  einerseits,  Sauropsiden  anderer- 
seits erzielt  wird,  so  ergiebt  sich  ein  bemerkenswerter  Unterschied, 
auf  den  Sobotta  nachdrücklich  aufmerksam  gemacht  hat :  eine  Scheibe 
kleinzelliger  Blastomeren  wird  bei  den  Sauropsiden  von  einem  Kranz 
gewaltiger  keilförmiger  Stücke  eingefaßt,  den  Randsegmenten,  die  in 
den  ungefurchten  Abschnitt  der  Keimscheibe  übergehen ,  während 
der  Größenunterschied  der  Randsegmente  und   der   abgefurchten  Bla- 


672  II.  IIertwig, 

stonieren  bei  SelacJiiern  und  Teleosiiern  wenig  ausgesi)ro(;hen  ist.  Auch 
hier  erinnert  das  Sauropsiden-FÄ  an  die  Eier  der  durch  Dotterreiclituni 
besonders  ausgezeichneten  Ganoiden  {Amia,  Lepidosteus)  zum  Zeichen, 
daß  die  Sonderung  der  Keimscheibe  vom  Dotter  nocli  nicht  so  weit 
gediehen  ist  wie  bei  den  beiden  genannten  Ordnungen  der  Fische. 

An  der  Keimscheibe  des  Vogeleies  kann  man  während  der  Ije- 
schriebenen  Stadien  noch  das  vom  reifen  ungefurchten  Ei  iil)ernoni- 
mene  Aussehen  erkennen,  im  Centrum  den  lichten  PANDER's(;hen  Kern, 
nach  der  Peripherie  einen  an  den  Nahrungsdotter  grenzenden  dunklen 
Hof.  Ursache  des  PANDER'schen  Kernes  ist  der  von  der  Latebra  auf- 
steigende unter  der  Keimscheibe  sich  trichterförmig  verbreiternde  Strang 
weißen  Dotters. 

Die  Hj'pothese,  daß  die  Kernteilung  der  Zellteilung  vorauseilt  und 
diese  daher  einen  arhythmischen  Charakter  annimmt,  könnte  vielleicht  die 
von  Vay  bestätigten  Angaben  Sarasin's  (1883)  erklären,  daß  die  8au- 
rierfurchung  ein  Knospnngsprozeß  ist,  bei  dem  in  ganz  unregelmäßiger 
Weise  am  Grrnnde  der  tieferen  Furchen  größere  und  kleinere  Blastomeren 
abgeschnürt  werden.  Indessen  ist  Vorsicht  in  der  Verwendung  von  auf- 
fälligen Angaben,  besonders  Avenn  sie  aus  früherer  Zeit  stammen,  geboten. 
Man  kann  nie  sicher  sein,  ob  sie  nicht  auf  jjathologisch  entwickeltem 
oder  durch  ungenügende  Konservierung  geschädigtem  Material  beruhen. 
Letztere  Annahme  ist  mir  im  vorliegenden  Fall  die  wahrscheinlichere. 
Denn  es  ist  kaimi  denkbar,  daß  in  einigen  Fällen  ganze  Nester  von 
kleinen  Furchungskugeln  am  Gfrunde  der  größeren  Furchen  sich  bilden 
sollten,  wie  Sakasin  es  schildert,  und  daß  derartige  Knospen  vorwiegend 
peripher,  manchmal  sogar  ohne  Zusammenhang  mit  den  übrigen  Furchen 
entstehen  sollten.  Was  diese  peripheren  scheinbaren  Furchungskugeln 
anlangt,  so  muß  noch  mit  einer  weiteren  Möglichkeit  gerechnet  werden, 
daß  die  in  der  Peripherie  der  Keimscheibe  vorhandenen  Nebensperma- 
kerne  bei  ihren  Teilungen  kleine,  an  Blastomeren  erinnernde  Höcker, 
wenn  auch  nur  vorübergehend,  hervorrufen  können.  Die  Möglichkeit 
verdient  um  so  mehr  Beachtung,  als  Hakper  (1902)  für  die  Eier  der 
Taube  nachgewiesen  hat,  daß  die  Nebenspermakerne  in  der  Peripherie 
der  Keimscheibe  eine   „accessorische  Furchung"   veranlassen. 

Ich  habe  noch  einen  besonderen  Gfrund,  dieser  Vermutung  hier  Eaum 
zu  geben.  Aehnliche  Dinge,  wie  sie  Sarasix  beschreibt,  finde  ich  auf 
den  zahlreichen  Bildern  von  Furchungsstadien  der  Lacerta  agüis,  welche 
mir  KuPFFER  zur  Benutzung  übergeben  hatte,  dargestellt.  Es  sind  kleine 
Höcker,  die  einzeln  oder  zu  zwei  sich  aus  dem  Niveau  der  Keimscheibe 
erheben,  und  zwar  aus  radialen  Furchen,  die  zumeist  einen  kurzen  Ver- 
lauf haben.  Die  Furchen  stehen  manchmal  mit  dem  centralen  Furchen- 
system in  Zusammenhang;  häufiger  jedoch  sind  sie  von  ihm  unabhängig: 
sie  liegen  vielfach  in  der  Peripherie  zu  einer  Zeit,  in  welcher  der  Furchungs- 
prozeß  noch  auf  das  Centrum  der  Keimscheibe  beschränkt  ist.  Ich 
finde  die  merkwürdigen  Bilder  auf  eine  ganz  bestimmte  Zeit  des  Fur- 
chungsprozesses  beschränkt ;  sie  fehlen  bis  zur  Zeit  der  di-itten  Furchen 
imd  sind  nicht  mehr  vorhanden,  wenn  eine  größere  Zahl  centraler  Bla- 
stomeren durch  cirk^lläre  Furchen  abgeschnürt  sind.  Das  ist  nun  die 
Periode,  in  welcher  wahi'scheinlich  das  Auswandern  der  Spermakerne  aus 
der  Keimscheibe  in  den  umgebenden  Dotter  vor  sich  geht.  Denn  für 
eine  Keimscheibe  der  Blindschleiche  aus  dem  IV.  Teilungsstadium  hat 
Oppel  (^1892)  festgestellt,    daß  die   Spermakerne   in   großer  Zahl    noch    in 


Furchiingsprozeß.  67 


o 


ihr  enthalten  sind.  Offenbar  erfolgt  die  Verdrängung  der  überzähligen 
Spermakerne  im  Reptilienei  vermöge  seines  größeren  Dottergehaltes  später 
als  im  Selachierei.  Wie  ich  nachträglich  sehe,  erwägt  auch  Oppel  die 
Möglichkeit,  die  merkwürdigen  Befunde  von  Sarasix  über  Knospungs- 
vorgänge  der  .Sf/MnVr-Keimscheibe  auf  Xebenspermatozoen  zurückzuführen. 
Er  denkt  an  veränderte  Befruchtungstrichter  (vergl.  p.  559),  was  aber 
wenig  wahrscheinlich  ist,  da  auf  so  vorgerückten  Stadien  diese  Struk- 
turen wohl  schwerlich  noch  vorhanden  sind. 

Als  eine  Frage  von  allgemeinerem  Interesse  ist  vielfach  erörtert 
worden,  ob  nicht  schon  auf  den  frühesten  Stadien  der  Furchung  eine 
bestimmte  Orientierung  des  Keimes  nachweisbar  ist.  Für  das  Vogelei 
hat  sich  herausgestellt,  daß  in  ca.  75  Proz.  der  Fälle  die  Embryo- 
nalanlage folgende  ganz  bestimmte  Lagebeziehung  zum  Gesamtei 
erkennen  läßt.  Legt  man  das  Ei  mit  seinem  stumpfen  Pol  nach  links 
und  dem  spitzen  nach  rechts,  so  wendet  der  zur  Längsachse  des  Eies 
senkrecht  gestellte  Embryo  sein  hinteres  Ende  dem  Beschauer  zu. 
In  circa  25  Proz.  wich  die  Achse  des  Embryo  ein  wenig  von  dieser 
Pachtung  ab,  sei  es  nach  links  oder  nach  rechts,  (lanz  außerordent- 
lich selten  kommt  es  vor,  daß  der  Embryo  in  die  Längsachse  des  Eies 
eingestellt  ist  oder  daß  er,  von  der  Normallage  um  180^  abweichend, 
dem  Beobachter  sein  vorderes  Ende  zuwendet. 

Leider  läßt  diese  Art  der  Orientierung  den  Untersucher  im  Stich, 
wenn  es  sich  um  Furchungsstadien  handelt ;  denn  es  fehlt  um  diese 
Zeit  je  nach  dem  zur  Untersuchung  kommenden  Stadium  das  Eiweiß 
gänzlich  oder  zum  Teil,  vor  allem  ist  die  Schale  noch  nicht  vorhanden 
und  damit  auch  eine  feste  Gestalt  der  Eiumhüllungen.  Duval  (1884) 
glaubte  diese  Schwierigkeit  beseitigt  zu  haben,  indem  er  zu  seiner 
Untersuchung  abgelegte  Eier  verwandte,  von  denen  er  annahm,  daß 
sie  nicht  befruchtet  seien,  weil  die  Hennen  lange  Zeit  vom  Hahn  ge- 
trennt gehalten  waren.  Er  nahm  an,  daß  die  Furchung  dann  trotz 
mangelnder  Befruchtung  eintrete  und  nur  langsamer  verliefe,  wie 
Oellacher  (1870)  es  angegeben  hatte;  in  der  That  erhielt  er  auf 
diese  Weise  aligelegte  Eier  mit  früheren  Furchungsstadien,  als  es  sonst 
der  Fall  gewesen  sein  würde.  Die  Untersuchung  stößt  auf  schwerwiegende 
Einwände.  Alle  neueren  Untersucher  sind  zum  Resultat  gekommen, 
daß  den  Vogeleiern  auch  der  geringste  Grad  parthenogenetischer  Ent- 
wickelungsfähigkeit  mangelt.  Hennen,  welche  niemals  begattet  wurden, 
(virginale  Hennen,  Barfurth),  legen  Eier  ohne  irgend  welche  Anzeigen 
von  Furchung.  So  ist  es  wahrscheinlich,  daß  die  von  Duval  unter- 
suchten, sowie  alle  in  der  Litteratur  erwähnten  „parthenogenetischen 
Eier''  befruchtet  waren,  aber  nicht  in  normaler  Weise,  und  infolge  der 
Abnormität  in  der  Befruchtungsweise  sich  nur  bis  zu  einem  bestimmten 
Stadium  entwickelten.  Das  Abnorme  der  Befruchtung  sucht  man  ge- 
wöhnlich darin,  daß  in  den  Geschlechtswegen  der  Henne  alternde 
Spermatozoen  mit  geschwächter  befruchtender  Kraft  enthalten  waren. 
Es  ist  aber  auch  die  andere  Möglichkeit  gegeben,  daß  bei  der  geringen 
Zahl  von  Spermatozoen  die  Eier  lange  Zeit  warten  mußten,  ehe  sie 
befruchtet  wurden,  und  daher  gelitten  hatten.  Wir  kennen  nämlich 
bisher  mit  Sicherheit  nur  abnorme  Befruchtungen  infolge  von  Schädi- 
gung der  Eier.  Waren  die  Spermatozoen  geschädigt,  so  befruchteten 
sie  entweder  überhaupt  nicht  mehr:  oder  wenn  sie  noch  befruchteten, 
so  verursachten  sie   stets  eine  normale  Entwickelung.     Wie  man  nun 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  43 


674  R.  Hertwig, 

auch  die  Erklärung  fassen  mag,  jedenfalls  hatte  Duval  kein  normales 
Material  vor  sich ;  es  ist  aber  sehr  bedenklich,  von  abnormem  Material 
Rückschlüsse  auf  normale  Vorgänge  zu  machen. 

Vielleicht  sind  die  Eier  anderer  Vögel  für  die  Entscheidung  der 
aufgeworfenen  Erage  günstiger  als  die  Hühnereier.  Die  Eier  der  Vögel 
werden  nämlich  nicht  immer  auf  einem  so  weit  vorgerückten  Entwicke- 
lungsstadium  abgesetzt  Avie  das  Hühnerei ;  das  Ei  des  Canarienvogels 
z.  B.  erheblich  früher  (Rauber  1876).  So  könnte  ein  Objekt  gefunden 
werden,  bei  dem  die  Schale  und  demgemäß  auch  die  Crestalt  des  Eies 
auf  einem  frühen  Furchungsstadium  genügend  entwickelt  wäre,  um  eine 
Orientierung  zu  ermöglichen.  Für  Saurier  wird  eine  Oiientierung,  wie 
sie  für  Vögel  bisher  vergeblich  versucht  wurde,  durch  anderweitige  Ver- 
hältnisse erschwert;  wie  Kupffer  und  Bexeke  (1878)  mitteilen,  hat 
hier  die  Keimscheibe  eine  sehr  wechselnde  Lage  auf  dem  ellipsoid  ge- 
stalteten Dotter ;  bald  trifft  man  sie  auf  einem  Pol,  bald  in  der  Nähe 
desselben,  bald  entsprechend  dem  Endpunkt  der  kurzen  Achse.  Aehnliche 
Angaben    macht  Vav    (1893)    für   Trojndonotus  natrix. 

Wenn  es  nun  auch  nicht  geglückt  ist,  für  frühe  Furchungsstadien 
eine  sichere  Orientierung  zu  gewinnen,  so  sind  doch  folgende  Punkte 
sichergestellt:  1)  Sehr  häufig  erfolgt  die  Furchung  excentrisch  zur 
Keimscheibe.  Unter  22  Abbildungen  Kupffer's  von  frühen  Fur- 
chungsstadien von  Reptilien  (meist  Eidechsen)  zeigen  fast  -1^  eine 
deutliche  excentrische  Lage  der  Anfangsfurchen.  Vielleicht  ist  sogar 
die  excentrische  Lage  des  Schnittpunktes  der  beiden  Meridioual- 
furchen  stets  vorhanden,  wenn  auch  nicht  immer  so  deutlich,  daß  sie 
sofort  zu  erkennen  wäre.  2)  In  vielen  Fällen  haben  die  Beobachter 
sich  überzeugt,  daß  die  eine  Hälfte  der  Keim  Scheibe  kleinzelliger  ist 
als  die  andere.  Daher  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  was  Duval  auch 
beobachtet  haben  will,  daß  bei  Sauropsiden  das  hintere  Ende  der 
Keimscheibe  frühzeitig  nach  der  excentrischen  Lage  des  Schnitt- 
punktes der  Furchungsmeridiane  und  später  nach  der  kleinzelligeren 
Beschaffenheit  des  Furchungsmaterials  bestimmt  werden  kann.  Auch 
bei  den  Nattern  ist  nach  Vay  die  sich  zum  hinteren  Ende  ent- 
wickelnde Partie  der  Keimscheibe  frühzeitig  durch  kleinzellige  Be- 
schaffenheit gekennzeichnet. 

Wie  alles  dies  an  die  Selachier  erinnert,  so  auch  die  Lage  der 
Keimhöhle  :  es  entstehen  im  Keim  2  Hohlräume,  welche  wir  zunächst 
wieder  als  Furchun  gshöhle  und  Keim  höhle  auseinander  halten 
und  deren  Entwickelung  wir  im  Zusammenhang  mit  der  Ablösung  der 
Blastomeren  vom  Dotter  besprechen  wollen. 

Beim  Beginn  der  Furchung  hängen  alle  Furchungskugeln  noch 
mit  den  tieferen,  nicht  abgefurchten  Partien  der  Keirasclieibe  zusam- 
men. Wann  bei  Sauropsiden  die  ersten  tangentialen  Teilungen  auf- 
treten, welche  vollkommen  freie  Blastomeren  und  mit  dem  Dotter 
verbunden  bleibende  Stücke  voneinander  trennen,  ist  bei  der  ge- 
ringen Zahl  von  Keimscheiben,  welche  auf  frühen  Stadien  mittelst 
der  Querschnittsmethode  untersucht  worden  sind,  nicht  mit  Sicher- 
heit zu  sagen.  Todaro  läßt  bei  Se2)s  chalcides  schon  bei  der  Tei- 
lung der  8  Blastomeren  in  16  Stücke  die  Sonderun g  vor  sich  gehen. 
Wahrscheinlich  giebt  diese  Angabe  den  Zeitpunkt  zu  früh  an.  Min- 
destens bei  Vögeln  erfolgt  die  Trennung  später,  da  weder  Duval  noch 


Furchungsprozeß.  675 

KÖLLiKER  (A.  L.  II,  1884)   sie   bei  Hühnerkeimscheiben    mit    ca.   20 
oberflächlich  abgeteilten  Blastomeren  vorfanden. 

Nach  den  übereinstimmenden  Darstellungen  Duval's  und  Kionka's 
(1804)  für  Hühner  und  Todaro's  für  Saurier,  welche  wiederum  mit 
den  bei  Selachieni  gewonnenen  Resultaten  gut  harmonieren,  kann  man 
es  als  sicher  annehmen,  daß  zugleich  mit  der  Ausbildung  der  Tan- 
gentialteilung  auch  ein  Spaltraum  zwischen  den  beiden  Zellschichten 
deutlich  wird,  die  Furch unushöhle.  Im  weiteren  Verlauf  werden 
durch  fortgesetzte  Tangeutialteilungen  von  den  mit  dem  Dotter 
verbundenen  Blastomeren  weitere  Zellen  abgeschnürt,  welche  nach 
DuvAL  unterhalb  der  Furchungshöhle  verbleiben  sollen,  während 
KiONKA  in  derselben  Weise  wie  Rückert  bei  Selachiern  eine  all- 
mähliche Verschiebung  der  Furchungshöhle  nach  abwärts  annimmt, 
indem  die  neugebildeten  Zellen  sich  immer  wieder  der  ersten  ober- 
flächlichen Schicht  dicht  anfügen.  Nachdem  die  Keimscheibe  durch 
fortgesetzte  Teilung  und  Abfurchung  eine  bikonvexe  Linse  geworden 
ist,  läßt  DuvAL  zwischen  dieser  Zellenlinse  und  dem  ungefurchten 
Dotter  einen  neuen  Spaltraum  entstehen,  die  Keimhöhle  (von  ihm 
„cavite  subgerminale"  genannt),  in  welcher  er  die  erste  Anlage  der 
Darmhöhle  erblickt.  Auch  Kionka.  der  eine  Verschiebung  der  Seg- 
mentationshöhle  annimmt,  so  daß  diesell)e  stets  zwischen  Blastoderm 
und  Dotter  liegen  muß,  läßt  die  Keimhöhle  als  eine  Neubildung  ent- 
stehen, nachdem  die  kurz  zuvor  an  gleichem  Ort  gelegene  Furchungs- 
höhle geschwunden  sei.  In  der  Deutung  der  Keimhöhle  stimmen 
DuvAL  und  KiONKA  überein,  indem  sie  dieselbe  für  die  Anlage  der 
Darmhöhle  erklären. 

Wie  DuvAL  und  Kionka  für  das  Hühnchen  die  Unterscheidung 
von  Furchungs-  und  Keimhöhle  (Subgerniinalhöhle)  durchführen,  so 
Mehnert  (1891)  für  die  Schildkröten  ;  er  läßt  die  Keimhöhle  durch 
Verflüssigung  des  Dotters  entstehen  und  von  der  Furchungshöhle 
durch  eine  Zellenlage  stets  getrennt  sein.  Sobotta  dagegen  schildert 
die  Verhältnisse  so,  wie  es  oben  für  Selachier  geschehen  ist,  und  läßt 
die  Keimhöhle  aus  der  Furchungshöhle  unmittelbar  hervorgehen. 
Auch  Vay  stellt  den  Unterschied  zwischen  Furchungshöhle  und  Sub- 
germinalhöhle  in  Abrede. 

Nach  Duval's  Angaben,  welche  auch  in  den  Abbildungen  Köl- 
liker's  Bestätigung  finden,  scheint  die  Keimhöhle  zuerst  excentrisch 
und  zwar  im  Bereich  des  kleinzelligen  Teiles  aufzutreten,  was  aber- 
mals die  Auffassung  stützt,  daß  der  kleinzellige  Teil  dem  hinteren 
Embryonalende  entspricht. 

Allmählich  dehnt  sich  die  Keimhöhle  unter  der  Keimscheibe  aus; 
zugleich  vergrößert  sich  die  Keimscheibe,  indem  sie  über  den  Dotter 
herüber  wächst.  Dabei  wird  ihr  Zellmaterial  über  einen  größeren 
Raum  ausgebreitet  und  zu  einer  dünnen  Haut  umgewandelt,  an  welcher 
man  eine  oberflächliche  Schicht  nach  Art  eines  kubischen  Epithels  an- 
geordneter Zellen  und  eine  Lage  locker  angeordneter  rundlicher  Zellen 
unterscheiden  kann.  Nur  am  Rande  ist  die  Keimscheibe  zum  Keim- 
wall —  ,,bourrelet  blastodermique"  —  verdickt,  und  zwar  durch 
lokale  Anhäufung  der  unteren  locker  gefügten  Zellen. 

Wir  kommen  schließlich  noch  zur  Besprechung  des  Dotter- 
syncjtiums,  welches,  wie  bei  allen  Wirbeltieren  mit  meroblastischen 
Eiern,  so  auch  bei  den  Sauropsiden  vorhanden  ist. 

43* 


676  R.  Hertwig, 

Obwohl  keine  den  Prozeß  genauer  verfolgenden  Beobachtungen 
vorliegen,  so  kann  doch  kaum  ein  Zweifel  sein,  daß  man  von  Dotter- 
kernen erst  reden  kann,  wenn  die  letzten  freien  Blastomeren  durch 
karyokinetische  Teilung  von  den  mit  dem  Dotter  verbunden  bleibenden 
Stücken  abgeschnürt  werden.  Dies  ist  auch  die  Ansicht  der  Forscher, 
welche  auf  die  betreffende  Frage  eingehen  (Rauber  1H76,  Strahl 
1887,  Todaro,  Sobotta  1897  u.  a.).  Der  Prozeß  vollzieht  sich  an 
allen  Stellen,  an  denen  die  Keimscheibe  dem  Dotter  aufruht,  so  daß 
sowohl  ein  centrales  als  auch  ein  peripheres  Syncj'tium  gebildet  wird. 
Immerhin  ergeben  sich  Unterschiede  im  einzelnen ;  in  den  Randpartien 
unter  dem  Keimwall,  im  Bereich  des  Dotter walls  scheinen  reich- 
lichere Dotterkerne  aufzutreten  als  an  anderen  Stellen  der  Keimscheibe; 
innerhalb  des  Dotterwalls  wiederum  scheint  die  Bildung  von  Dotter- 
kernen in  der  vorderen  Region  reichlicher  zu  sein  als  in  der  hinteren. 
Vorn  ist  daher  der  Zusammenhang  von  Keimscheibe  und  Dotterwall 
ein  innigerer  als  am  entgegengesetzten  Ende,  wodurch  abermals  eine 
Möglichkeit  zur  Orientierung  in  der  Keimscheibe  gegeben  sein  würde. 

Die  lockei^e  Vei'bindung  der  Keimscheibe  mit  dem  unter  ihr  liegenden 
Dotter  an  einem  Ende  des  Keimes  ist  Ursache,  daß  sich  erstere  hier 
leicht  von  letzterem  abhebt.  Duval  hält  diese  Ablösung  für  eine  nor- 
male Erscheinung ;  er  giebt  an,  daß  die  äußere  Schicht  (Ektoblast) 
durch  Umschlag  hier  in  die  innere  Schicht  (Entoblast)  übergeht,  und  be- 
trachtet diesen  Vorgang  als  Gastrulation,  die  hierdurch  eröffnete  Keim- 
höhle als  Gastrulahöhle.  Duval  steht  in  dieser  Auffassung  allein,  da 
alle  übi'igen  Autoren  in  der  lokalen  Ablösung  der  Keimscheibe  ein  Kunst- 
produkt erblicken. 

Die  Abfurchung  der  Keimscheibe  zieht  sich  bei  Sauropsiden  länger 
hinaus  als  bei  irgend  einem  anderen  Wirbeltier  mit  meroblastischen 
Eiern,  weshalb  es  auch  spät  zu  einer  Abgrenzung  der  Keimscheibe 
zumal  gegen  den  in  der  Peripherie  angrenzenden  Dotter  kommt.  Bei 
der  Abfurchung  auf  der  unteren  Seite  des  Keimes  werden  immer  neue 
Teile  der  ungefurchten  Keimscheibe  in  den  Prozeß  hineinbezogen. 
Schließlich  findet  man  bei  Vögeln  abgelöste  Blastomeren  sogar  an 
Stellen,  wo  früher  der  weiße  Dotter  war.  Ob  man  dies  Verhältnis 
ausdrückt,  indem  man  von  einer  Abfurchung  des  weißen  Dotters 
(Goette)  oder  indem  man  von  einer  Umwandlung  des  weißen  Dotters 
in  Keimscheibenmaterial  (Kölliker)  spricht,  kommt  im  Endresultat 
auf  dasselbe  hinaus.  In  den  Endstadien  dieser  Abfurchung  entstehen 
vielfach  große,  dotterreiche  Gebilde,  „M  egasp hären"  (Rückert), 
„Clasmocyten"  (Mehnert),  über  die  gestritten  wird,  ob  sie  schließlich 
noch  zu  gewöhnlichen  Blastodermzellen  umgewandelt  werden  (Duval, 
Kölliker),  ob  sie  eine  besondere  Rolle  spielen  (Blutbildung  nach 
Goette)  oder  nach  einiger  Zeit  zu  Grunde  gehen. 

Ich  habe  die  Dotterkerne,  der  herrschenden  und  wohl  auch  be- 
rechtigten Auffassung  folgend,  ausschließlich  als  Furchungskerne  ge- 
deutet, welche  bei  der  Loslösung  der  Blastomeren  im  Dotter  zurück- 
geblieben sind.  Sie  würden  daher  mit  den  Dotterkernen  der  Tcle- 
ostier  identisch  sein,  dagegen  nicht  mit  den  Dotterkernen  der  Elasmo- 
hranchier,  sofern  wir  für  diese  die  Darstellung  Rückert's  annehmen. 
Vollkommen  klargestellt  sind  jedoch  die  Verhältnisse  nicht;  es  bedarf 
der  Nachprüfung,  ob  nicht  auch  überzählige  Spermakerne,  wenn  auch 
nur  vorübergehend,  in  den  Dotterkerneu  mit  inbegriffen  sind.    Oppel 


Furchungsprozeß.  677 

vertritt  zwar  die  Ansicht,  daß  die  Speniiakerne  während  der  Furchung 
zu  Grunde  gehen.  Er  hat  aber,  wie  mir  sclieint,  das  Verschwinden  der 
Kerne  in  der  Keimscheibe  auf  Aufh'isung  derselben  bezogen,  ohne 
genügend  die  Möglichkeit  in  Anrechnung  zu  bringen,  daß  die  Erschei- 
nung durch  den  üel)ertritt  der  Kerne  in  den  Dotter  bedingt  sein 
könne.  Die  Angaben  Harper's  für  das  Taubenei  weichen  von  Oppel's 
Angaben  für  Reptilien  ab.  Nach  Harper  geraten  die  Nebensperma- 
kerne  in  den  Dotter  und  teilen  sich  später  als  Dotterkerne  auf 
amitotischem  Wege. 

Säugetiere. 

1)  Monotremen.  Rücksichtlich  der  Furchungsstadien  der  Mono- 
tremen  sind  wir  auf  die  äußerst  dürftigen  Angaben  Caldwell's 
(A.  L.  III,  10,  1887),  vor  allem  aber  auf  die  Darstellung  Semon's 
(A.  L.  III.  10,  1894)  angewiesen,  welch  letzterer  ein  sehr  beschränktes 
Material  behandelt,  was  bei  der  Schwierigkeit  der  Materialbeschaffung 
begreiflich  ist,   dasselbe  aber   in   vortrefflicher  Weise   ausgenutzt   hat. 

Im  Uterus  wächst  das  Ei  der  Monotremen  durch  Resorption 
von  Nahrung  erheblich  heran.  Während  Caldwell  die  Größe  des 
Ovarialeies  auf  2,5 — 3,0  mm  bestimmte,  fand  er  frisch  abgelegte  Eier 
15  mm,  seltener  nur  13  mm  lang  und  12  mm  breit.  Semon  giebt 
etwas  größere  Maße,  3,5 — 4  mm  für  das  reife,  resp.  in  der  ersten  Ent- 
wickelung  begriffene  Ei,  eine  Länge  von  15 — 167-i  min  für  das  ab- 
gelegte. Der  Größenzunahme  entspricht  eine  Gewichtszunahme  von 
0,02  g  auf  0,12.  Alle  Maßangaben  beziehen  sich  auf  das  Ei  oder  den 
Embryo  nach  Abzug  der  Schale. 

Die  Furchung  ist  eine  diskoidale.  Die  ersten  2  Furchen  stehen 
senkrecht  aufeinander  und  teilen  die  Keimscheibe  in  4  gleich  große 
Stücke  (Semon),  während  Caldwell  angiebt,  daß  schon  die  ersten 
2  Blastomeren  ungleich  seien,  daß  demgemäß  bei  der  folgenden  Teilung 
ein  Paar  größere  und  ein  Paar  kleinere  Furchungskugeln  entstehen. 
Auf  dem  Stadium  von  24  Blastomeren  sind  diese  noch  sämtlich  in 
einer  Schicht  angeordnet.  Später  wird  die  Keimscheibe  mehrschichtig 
und  nimmt  die  Form  einer  bikonvexen  Linse  an,  deren  stärkste 
Wölbung  in  den  Dotter  eingegraben  ist.  Daß  man  auf  diesem 
Stadium  nicht,  wie  Caldwell  will ,  von  Ektoblast  und  Eutoblast 
sprechen  kann,  weist  Semon  durch  die  Untersuchung  späterer  Stadien 
nach,  auf  denen  das  Zellmaterial  sich  wieder  zu  einer  einzigen  Lage 
epithelartig  angeordneter  Zellen  umgruppiert  hat.  Diese  dünne  Zellen- 
lage schiebt  sich  über  den  der  Keimscheibe  unterlagernden  weißen 
Dotter  hin,  von  ihm  durch  keine  subgerminale  Höhle  getrennt,  höch- 
stens hie  und  da  durch  Flüssigkeitsräume,  welche  offenbar  durch  Er- 
weichung des  Dotters  entstanden  sind. 

Sehr  auffallend  ist  die  scharfe  Scheidung  von  Blastoderin  und 
Dotter.  Auch  auf  vorgerückteren  Entwickelungsstadien  fand  Semon 
keine  Dotterkerne,  wie  sie  sonst  bei  diskoidal  gefurchten  Eiern  be- 
obachtet wurden. 

2)  Mar supialier.  Die  ersten  Entwickelungsstadien  der  Beutel- 
tiere wurden  bisher  nur  von  E.  Selenka  (A.  L.  III,  10,  1886)  im 
Zusammenhang  untersucht.  Als  Untersuchungsmaterial  wurde  /las 
Opossum,  Bidelphys  virginiana,  verwandt. 


()78  II.  Hertwig, 

Die  Eifurchung  beginnt  auffallend  spät  nach  der  Begattung,  näm- 
lich nach  5  Tagen.  Die  Eier  sind  in  dieser  Zeit  schon  durch  die 
Eileiter  gewandert  und  in  das  von  seriiser  Flüssigkeit  stark  gedehnte 
Uterushorn  eingetreten ;  sie  sind  von  einer  undeutlichen  Zona  radiata 
umhüllt.  Nach  außen  von  derselben  liegt  ein  gewaltiger  Eiweißmantel, 
welcher  unregelmäßig  konzentrisch  geschichtet  ist;  nach  außen  von 
diesem  wiederum  folgt  ein  einschichtiges  Epithel  von  Granulosazellen, 
welche  im  oberen  Abschnitt  des  Eileiters  in  der  Zeit  der  Befruchtung  noch 
deutliche  Protoplasmakörper  mit  Kernen  sind,  später  aber  zu  einer  zu- 
sammenhängenden, von  Kernen  durchsetzten  Membran,  der  Granulosa- 
membran,  umgewandelt  werden.  Es  ist  dies  offenbar  dieselbe  Mem- 
bran, welche  von  Caldwell  als  kernlos  beschrieben  und  als  Aeijuivalent 
der  Eischale  der  Monotremen  gedeutet  wird.  Ein  Perivitellinraum 
ist  anfangs  schwach  entwickelt,  dehnt  sich  aber  während  der  Fur- 
chungsstadien  enorm  aus,  um  später,  wenn  die  Embryonalanlage  sich 
vergrößert,  aufs  neue  eingeengt  zu  werden. 

Das  Stadium  von  4  Furchungskugeln  erinnert  außerordentlich  an 
das  korrespondierende  Stadium  von  Amphibien  und  ist  offenbar  durch 
das  Durchschneiden  von  2  Meridionalfurchen  entstanden.  Die  4  Bla- 
stomeren sind  untereinander  von  gleicher  Größe,  jede  einzelne  ist  nach 
dem  einen  Ende,  dem  animalen,  etwas  verjüngt  und  enthält  hier  den 
Kern,  während  die  vegetative  Seite  dotterhaltig  ist.  Der  Dotterreich- 
tum der  Zellen  in  dem  nach  dem  vegetativen  Pol  zugewandten  Teil 
der  Zellen  veranlaßt  auf  späteren  Stadien  eine,  wenn  auch  nicht  sehr 
ausgeprägte,  Ungleichheit  der  Furchungskugeln.  Dieselbe  fehlt  noch 
auf  dem  Stadium  von  8  Furchungskugeln  mit  der  einzigen  Ausnahme, 
daß  eine  Blastomere  etwas  kleiner  ist  als  die  übrigen,  kommt  aber  auf 
dem  Stadium  von  42  Furchungskugeln  in  der  Weise  zum  Ausdruck,  daß 
die  Zellen  vom  animalen  zum  vegetativen  Pol  allmählich  an  Größe 
zunehmen.  Eine  Furchungshöhle  ist  um  diese  Zeit  vorhanden,  sie 
kommuniziert  nach  außen  noch  durch  einen  am  vegetativen  Pol  gelegenen 
Blastoporus.  In  der  Furchungshöhle  liegen  außer  einem  zarten  Ge- 
rinnsel kleine  kernlose  Dotterballen  und  eine  einzige  aus  dem  Blasto- 
derm  herausgetretene  Zelle,  deren  Austritt  aus  dem  Niveau  der 
übrigen  Zellen  vielleicht  die  Bildung  des  Blastoporus  veranlaßt  hat. 
Auf  dem  Stadium  von  Qd>  Blastodermzellen  ist  der  Blastoporus  ge- 
schwunden, und  es  beginnt  nunmehr  das  Gastrulastadium  sich  vorzu- 
bereiten. 

Von  den  Angaben  Selexka's  vi^eiclit  in  ganz  auffälliger  Weise  das 
Wenige  ab,  was  Caldwell  über  die  Eifurchung  von  Phascolardos  cinereus 
sagt.  Trotz  seiner  Kleinheit  (0,3  mm)  soll  das  Ei  eine  diskoidale  Fur- 
chung  besitzen  :  auch  sollen  die  2  ersten  Meridionalfurchen  die  Keim- 
scheibe derart  abteilen,  daß  nicht  4  gleiche,  sondern  2  größere  und  2 
kleinere  Blastomeren  gebildet  v^erden.  Pliascolardos  soll  auf  diesen  Ent- 
wickelungsstadien  sich  ganz  wie  die  Monotremen  verhalten.  Auch  die 
Schilderung,  welche  Selexka  in  einer  vorläufigen  Mitteilung  (1883)  ge- 
geben hat,  stimmt  nicht  ganz  mit  seiner  späteren  ausführlicheren  Dai*- 
stellung  überein.  In  jener  heißt  es :  „Die  Eier  halten  die  Mitte  zwischen 
den  meroblastischen  und  holoblastischen.  Während  der  Furchung  sam- 
melt sich  nämlich  am  aplastischen  Eipole  ein  Nahrungsdotter  an,  welcher 
anfangs  ganz  außerhalb  des  Ektoderms  liegen  bleibt,  3  Tage  später 
jedoch  durch  benachbarte  Ektoderm-  undMesodermzellen  umwuchert  wird." 


Furchungsprozeß.  679 

3)  Placentalier.  Wie  bei  den  beiden  anderen  Sängetierord- 
nungen,  so  ist  anch  bei  den  Plarenialieni  die  Sclnvierigkeit  der  Ma- 
terialbeschattiing  nnd  die  Unmöglichkeit,  die  Vorgänge  am  lebenden 
Organismus  zu  verfolgen  und  ein  Stadium  aus  dem  anderen  hervor- 
gehen zu  sehen,  Ursache  geworden,  daß  wir  nur  unvollkommen  über 
den  Verlauf  des  Furchungsprozesses  unterrichtet  sind.  So  fehlt  es 
noch  immer  an  einer  gut  begründeten  einheitlichen  Autiassung  der 
einschlägigen  Vorgänge. 

Eine  einheitliche  Auffassung  hat  zuerst  E.  Van  Beneden  (1875, 
1880)  versucht,  dem  wir  die  erste  zusammenhängende  Darstellung 
des  Furchungsprozesses  verdanken,  nachdem  zuvor  nur  isolierte  Be- 
obachtungen von  Barry  (A.  L.  III  10,  1838)  Bischoff  (A.  L.  III  10) 
beim  Kaninchen  (1842),  beim  Hund  (1845),  Meerschivemchen  (1852), 
Reh  (1854),  von  Reichert  beim  Meerschweinchen  (A.  L.  III  10  1862) 
gesammelt  worden  waren.  Nach  Van  Beneden  soll  sich  das  Ei  des 
Kaninchens  in  2  Blastomeren  von  meist  ungleicher  Größe  teilen,  von 
denen  die  kleinere  in  ihrer  späteren  Eutwickelung  den  Entoblast,  die 
größere  den  Ektoblast  liefern  soll.  Die  Ektoblastzelle  unterscheidet 
sich  von  der  Entoblastzelle  durch  geringere  Durchsichtigkeit  und 
stärkere  Färbbarkeit  in  Osmiumsäure  und  Karmin ;  sie  geht,  wie  in 
einer  späteren  mit  Julin  (1880)  gemeinschaftlich  veröffentlichten  Arbeit 
über  die  Eutwickelung  der  Fiedermäuse  hervorgehoben  wurde,  in 
ihrer  Teilung  voraus,  so  daß  vorübergeheud  ein  Stadium  von  3 
Blastomeren  erreicht  wird.  Auf  dem  Stadium  der  4  Blastomeren 
steht  eine  Linie,  welche  die  Centren  der  „ektodermalen"  Tochter- 
zellen verbindet,  senkrecht  zu  einer  in  gleicher  Weise  durch  die 
..Entoblastzellen''  gezogenen  Liuie.  Mit  der  folgenden  Furchung  tritt 
eine  Verschiebung  der  Zellen  ein  derart,  daß  eine  Entoblastzelle 
in  das  Centrum  tritt  und  auf  einer  Seite  von  4  Ektoblastzelleu,  auf 
der  anderen  von  den  3  übrigen  Entoblastzellen  umgeben  wird. 
Indem  nun  auf  den  folgenden  Furchungsstadien  die  Ektodermzellen 
immer  etwas  den  Entodermzellen  vorauseilen ,  werden  letztere  von 
ersteren  immer  mehr  umwachsen,  bis  schließlich  das  Stadium  der  „M eta- 
gast rula"  erreicht  wird,  w^elchem  Van  Beneden  eine  große  Be- 
deutung beimißt.  Es  besteht  aus  einem  soliden  Haufen  entoblastischer 
Zellen,  welcher  von  einer  epithelartig  angeordneten  Lage  ektoblastischer 
Zellen  unüiüUt  wird.  Die  äußeren  Zellen  sind  kleiner  und  lichter, 
die  inneren  größer  und  trüber.  An  einer  Stelle  ist  die  Ektoblast- 
schicht  ein  wenig  unterbrochen,  so  daß  hier  die  Entoblastschicht  die 
Oberfläche  erreicht.  Dieser  Punkt  soll  den  Gastrulamund  repräsen- 
tieren und  der  Stelle  entsprechen,  nach  welcher  hin  die  Ektoblast- 
umwachsung  vor  sich  gegangen  ist. 

Die  Auftassuug  Van  Beneden's,  daß  bei  der  Eifurchung  der  Säuge- 
tiere frühzeitig  eine  Sonderung  in  Entoblast  und  Ektoblast  eintrete 
und  auf  dem  Stadium  der  Metagastrula  klar  zum  Ausdruck  komme, 
hat  vorübergehend  lebhafte  Zustimmung  gefunden,  ist  aber  aus  Grün- 
den, welche  zum  größten  Teil  erst  in  dem  die  Gastrulation  behandeln- 
den Kapitel  entwickelt  werden  können,  von  den  meisten  Forschern 
wieder  preisgegeben  worden.  E.  Van  Beneden  (1899)  selbst  hält 
nicht  mehr  an  ihr  fest.  Dagegen  hat  sie  Duval  (A.  L.  III,  10,  1895) 
neuerdings  wieder  aufgenommen  und  durch  Untersuchungen  an  Fle- 
dermäusen versucht  den  Beweis  zu  erbringen,  daß  schon  auf  dem 
ersten  von  ihm  untersuchten  Stadium,   dem  Stadium  der  Vierteilung, 


680 


R.  Hertwig, 


zwei  sich  dunkler  färbende  Entoblastzellen  und  zwei  lichtere  Ekto- 
blastzelleu  unterschieden  werden  können.  Nur  darin  weicht  er  von 
Van  Beneden  ab,  daß  er  die  Entoblastzellen  die  größeren  sein 
läßt.  Mit  fortschi'eitender  Teilung,  bei  welcher  die  Ektoblastzellen 
immer  den  Entoblastzellen  voraus  sind,  tritt  die  Umwachsung  der 
ersteren  durch  die  letzteren  ein.     Den  Punkt,  an  welchem   schließlich 


Fig.  24:].     Furcliung   des   Flederinauseies    bis    zur    Bildung   der    Metagastrula 
nach  DüVAL. 


der  Verschluß   des   umwachsenden    Entoderms   vor    sich    geht, 
DuvAL  am  entgegengesetzten  Pol  wie  Van  Beneden.    Letzterer 
die  Verschlußstelle  an  dem  Pol,  an  welchem   bei   der 
Keimes  zur  Vesicula  blastodermica  der  zur  Bildung   der 


findet 

suchte 

des 

Keimscheibe 


Umbildung 


betreffenden 


in    die  Neuzeit 
Punkte : 


dienende  Zellenhaufen  liegt,    Duval   sucht   dagegen    den 
Punkt  an  dem  von  der  Keimscheibe  abgewandten  Pol. 

Wenn  auch  Van  Beneden  seine  Deutung  der  Säugetierfurchung 
als    einer   frühzeitigen  (lastrulation   preisgegeben  hat,   so  hat  er  doch 
die  Giltigkeit   seiner  Befunde   für   das  Kaninchen   bis 
beibehalten  unter  besonderer  Hervorhebung  folgender 

1)  daß  die  Furchung  von  Anfang  an  inäqual  ist; 

2)  daß  sich  während  der  Furchung  eine  Epibolie  vollzieht,  indem 
eine  Kalotte  lichterer  Blastomeren  bestrebt  ist,  eine  Gruppe  dunklerer 
Blastomeren  zu  umwachsen  ; 

3)  daß  bis  zum  Ende  der  Furchung.  manchmal  sogar  bis  in  die 
Zeit,  in  welcher  sich  der  Keim  zur  Vesicula  blastodermica  aushöhlt, 
eine  Oeffnung  in  der  äußeren  Hülle  besteht,  welche  schließlich  voll- 
kommen geschlossen  wird.  Dies  ist  die  Oeffnung,  welche  Van  Be- 
neden früher  Blastoporus  genannt  hat. 

Indessen  auch  die  dr'ei  soeben  hervorgehobenen  Punkte  sind  nicht 
unbestritten  geblieben.  Van  Beneden  (1899)  selbst  hat  bei  Fleder- 
mäusen sich  nicht  mit  Sicherheit  von  einer  Epibolie  überzeugen  können  ; 
er  hat  nur  Andeutungen  eines  derartigen  Prozesses  entdecken  können ; 
er  ist  immerhin  geneigt,  eine  Epibolie  anzunehmen,  da  Duval  l>ei  dem 
gleicheir  Untersuchungsobjekt  glücklicher  gewesen  sei  und  sich  von 
der  Gegenwart  der  Epibolie  habe  überzeugen  können.  Jedenfalls  sei 
auch  bei  den  Fledermäusen  ein  centraler  Kern  von  Zellen  von  einer 
oberflächlichen  Zelllage  umhüllt.  Es  sei  jedoch  kein  Blastoporus, 
ein  Ort,  an  dem  die  inneren  Zellen  zu  Tage  treten,  differenziert. 
Was  Duval  als  Blastoporus  abbilde,  sei  ein  durch  Verletzung  ent- 
standenes Artefakt. 

Heape  (A.  L.  III,  10,  1883),  wohl  der  erste,  welcher  die  Lehre 
Van  Beneden's  von  der  Metagastrula  als  irrtümlich  bekämpft  hat, 
fand,  daß  die  Eifurchung   beim  Maulwurf  ganz    unregelmäßig   sei,   so 


Furchungsprozeß.  ß81 

daß  z.  J].  die  beiden  ersten  Blastonieren  bald  i-leich  jiroß,  bald  nngleich 
im  letzten  Fall  bald  wenig,  bald  erheblich  in  der  Größe  unter- 
schieden seien.  Auch  auf  späteren  Stadien  seien  größere  und  kleinere 
Zellen  durcheinander  gemischt.  Zum  Schluß  der  Furchung  sei  eine 
Sonderung  des  Keimniaterials  in  eine  äußere  lichtere  Zellschicht  und 
eine  innere  an  einer  Stelle  (Blastoporus  Van  Beneden's)  an  der  Ober- 
fläche hervortretende  trübere  Masse  ~  welche  nach  Heape  sowohl 
Ektoblast  als  auch  Entoblast  liefert  —  vollzogen ;  aber  das  ver- 
schiedene Aussehen  der  Zellen  habe  sich  ei'st  allmählich  entwickelt, 
indem  von  den  anfänglich  gleich  aussehenden  Blastomeren  die  ober- 
flächlich gelegenen  sich  aufgehellt  hätten. 

Wohl  die  ausgedehntesten  Untersuchungen  über  die  Furchung 
des  Säugetiereies  verdanken  wir  Asshetox,  welcher  Kaninchen  (1894), 
Schaf  (1898a)  und  Sclnvein  (1898bj  untersucht  hat.  Er  ist  ebenfalls 
zu  dem  Resultat  gekommen,  daß  auf  Unterschiede  in  der  Größe  und 
in  der  Färbbarkeit  der  Zellen  während  der  Furchungsstadien  kein 
Wert  gelegt  werden  könne.  Beim  Kaninchen  sind  bei  den  ersten  zwei 
Blastonieren  meist  geringfügige  Größenunterschiede  vorhanden ;  da 
aber  auch  im  weiteren  Verlauf  Größenunterschiede  zwischen  den  Ab- 
kömmlingen einer  und  derselben  Mutterzelle  vorkommen,  die  Tei- 
lungen außerdem  nicht  synchron  verlaufen,  ist  es  unmöglich,  auf  vor- 


'  -  Fig.  244.     Furchungsstadien 


des  Sctiafes  nach  Asshetox. 


gerückteren  Stadien  für  die  Furchungskugeln  auf  Grund  ihrer  Be- 
schaffenheit festzustellen,  auf  welche  der  beiden  primitiven  Blasto- 
meren sie  zurückgeführt  werden  müssen.  Für  das  Schwein  bildet  Asshe- 
TON  ein  Stadium  der  Zweiteilung  ab,  auf  dem  beide  Teilprodukte 
untereinander  gleich  sind,  nicht  nur  in  Größe,  sondern  auch  in  Ge- 
halt an  Nahrungsdotter.  In  beiden  Blastonieren  bildet  der  Nahrungs- 
dotter eine  ölige  Masse,  welche  eine  schmale  Rindenschicht  und  eine 
vom  Kern  eingenommene  lichte  Mitte  frei  läßt. 

Färbungsunterschiede  in  den  Elastomeren  fand  Assheton  beim 
Schaf  auf  vorgerückteren  Furchungsstadien:  nämlich  größere  lichte 
Zellen  neben  kleineren  dunkler  gefärbten.  Erstere  gehörten  der 
Innenschicht  der  soliden  Morula  an.  bildeten  dieselbe  aber  nicht  allein, 
da  auch  die  zweite  Zellenform  an  ihr  beteiligt  war,  so  daß  die  Unter- 
scheidung zwischen  lichten    und   dunklen  Zellen    sich    nicht,   wie  ^'AN 


682  R.  Hertwig, 

Beneden,  Duval  und  Heape  angeben,  mit  der  Unterscheidung- 
äußerer  und  innerer  Zellen  decken  würde. 

Die  Lehre  Van  Beneden's,  daß  schon  beim  ersten  Teilungsschritt 
ungleiche  Blastomeren  resultieren,  hat  eine  weitere  Erschütterung  er- 
fahren durch  die  Untersuchung  Keibel's  (1888)  über  den  Igel,  Ta- 
FANi's  (1888,  1889)  und  Sobotta's  (1893,  1895)  über  die  31aus.  Die 
drei  genannten  Forscher  fanden,  daß  die  beiden  ersten  Furchungs- 
kugeln  nach  soeben  beendigter  Teilung  untereinander  gleich  seien. 
tSoBOTTA  fand  aber  zugleich  die  Erklärung  für  die  immer  wieder 
mit  aller  Bestimmtheit  auftretende  Angabe,  daß  eine  der  Furchungs 
kugeln  größer  sei  als  die  andere:  nach  beendeter  Teilung  wächst 
die  eine  Furchungskugel  heran,  gewinnt  ein  lichteres  Aussehen 
ihres  Protoplasma  und  teilt  sich  früher  als  die  andere,  was  zur  Folge 
hat,  daß  man  so  häutig  ein  aus  3  Zellen  bestehendes  Furclmngssta- 
dium  findet.  Der  Teilung  der  herangewachsenen  Blastomere  folgt 
nach  einiger  Zeit  die  Teilung  der  zweiten  Blastomere,  und  zwar 
in  einer  ganz  merkwürdigen  Richtung.  Die  Spindel  liegt  nicht,  wie 
es  sonst  beim  Furchungsprozeß  der  Wirbeltiere  zu  sein  pflegt,  der 
Ebene  parallel,  in  welcher  die  Spindel  der  ersten  Furchungskugel  bei 
ihrer  Teilung  eingestellt  war,  sondern  steht  senkrecht  zu  ihr,  so  daß 
Tafani  (1889)  von  einer  „Aequatorialfurche"  hat  reden  können.  Das 
Resultat  dieser  Teilungsweise  ist,  daß  die  Furchungskugeln  des  vierzelligen 
Stadiums,  wie  es  auch  Tafani  und  Assheton  abgebildet  haben,  nach  Art 
von  Kanonenkugeln  aufeinander  liegen;  drei  liegen  in  einer  Ebene,  die 
vierte  liegt  darüber.  Nunmehr  teilen  sich  die  zwei  zuerst  entstandenen, 
inzwischen  wieder  herangewachsenen  Blastomeren  aufs  neue,  später 
die  zwei  kleineren ;  aber  auch  bei  diesem  Furchungsakt  sind  die  Ebenen 
nicht  gleichartig  orientiert,  sondern  die  Teilebene  der  einen  Blastomere 
steht  senkrecht  auf  der  Teilebene  der  anderen.  Offenbar  findet  schon  auf 
diesen  frühesten  Stadien  der  Entwickelung  eine  Ernährung  des  Säuge- 
tierkeimes statt,  welche  bei  den  einzelnen  Blastomeren  nicht  in  gleicher 
Weise  vor  sich  geht.  Da  einige  Blastomeren  rascher  wachsen  als 
andere,  und  ihre  Teilung  dadurch  beschleunigt  wird,  entstehen  Grup- 
pierungen ganz  anderer  Natur  und  dementsprechend  auch  ganz 
andere  Bedingungen  der  Teilung,  als  wir  sie  sonst  bei  Wirbeltieren 
treffen.  Die  Folge  hiervon  ist,  daß  im  Lauf  der  Furchung  Zahlen  der 
Blastomeren  entstehen ,  wie  wir  sie  sonst  nicht  zu  treffen  pflegen 
außer  den  Zahlen  2,  4,  8  etc.,  Zahlen  3,  6,  12,  manchmal  auch 
7,  9,  10  etc.,  daß  ferner  die  Furchen  in  ihrer  Anordnung  gar  keinen 
Vergleich  mit  den  gewöhnlichen  Furchen  (meridionalen ,  äqua- 
torialen, latitudinalen  etc.)  gestatten.  Wir  finden  ähnliche  Erschei- 
nungen bei  den  sogenannten  „zusammengesetzten  Eiern''  der  Platt- 
würmer, bei  denen  auch  das  kleine  dotterarme  Ei  von  den  Dotter- 
zellen aus  frühzeitig  ernährt  wird  und  daher  einen  ganz  abnormen 
Furchungstypus  entwickelt.  Unter  diesen  Verhältnissen  ist  es  ganz  be- 
greiflich, wenn  Sobotta  zu  dem  Resultat  gelangte,  daß  bei  der  Maus 
gar  kein  Zusammenhang  zwischen  der  Lage  der  Furchungsebene  und 
der  Symmetrieebene  des  späteren  Embryo  vorhanden  sei. 

HuBREciiT  (1902)  hat  neuerdings  abermals  versucht,  der  verschie- 
denen Größe  der  Furchungskugehi  eine  verschiedene  j)rospektive  Be- 
deutung zuzuschreiben.  Er  spricht  als  Vermutung  aus,  es  möge  die 
größere  Zelle,  die  auch  durch  besondere  Größe  des  Kernes  ausgezeichnet 
sei,   die  Anlage  des  „Trophoblasts",  die  kleinere  dagegen  die  Anlage  des 


Purchungsprozeß.  683 

„Embryonalknotens"  sein  (vergl.  das  Kapitel  überGastrulation).  Ich  glaube, 
man  kann  jetzt  schon  sagen,  daß  diese  Vermutung  alle  Wahrscheinlich- 
keit gegen  sich  hat. 

Während  der  Furchungsstadien  wandern  die  Eier  durch  den 
Ovidukt,  je  nach  den  einzelnen  Arten  mit  verschiedener  Geschwindig- 
keit, l^oi  der  Maus  langt  das  Ei  3  Tage  nach  der  Befruchtung  zur 
Zeit,  wo  die  16  Zellen  zu  32  werden,  im  Uterus  an,  manchmal 
etwas  später,  seltener  früher.  Aehnlich  verhalten  sich  Meerschwein- 
chen und  Kaninchen.  Bei  anderen  Säugetieren  geht  die  Wanderung 
rascher  zu  Ende;  heim  Igel  z.B.  fandKEiBEL  das  Stadium  von  2  Zellen 
schon  im  Uterus;  desgleichen  Van  Beneden  bei  Fledermäusen  und 
Hubrecht  (18i^t5)  bei  dem  Insektenfresser  Tupaja  javanica:  bei  dritten 
P'ormen  wiederum  gelangt  das  Ei  später  in  den  Uterus,  beim  Hund 
8—10  Tage  nach  der  Begattung.  Die  Eier  von  Tarsius  spectrum 
erreichen  nach  Hubrecht  (l<.>U2j  noch  im  Eileiter,  und  zwar  in  dem 
Endabschnitt   desselben,    das  Stadium   von  48—64  Teilstücken. 

Aehnliche  Variabilität  herrscht  bezüglich  der  Eihüllen.  Wenn 
das  Ei  am  Anfang  des  Ovidukts  befruchtet  wird,  besitzt  es  (vergl. 
p.  564)  noch  Reste  des  Discus  proligerus  in  Form  der  „Corona  ra- 
diata'\  Allmählich  schwinden  die  Granulosazellen,  welche  bei  zwei- 
geteilten Eiern  nur  selten  noch  in  Resten  vorhanden  sind.  Die  Zona 
pellucida  bildet  dann  zunächst  die  einzige  Eihülle;  sie  kann  lange 
Bestand  haben  und  sogar  durch  Auflagerung  von  Eiweißschichten 
noch  eine  Verstärkung  erfahren,  wie  beim  Kaninchen.  Beim  Ei  der 
Maus  schwindet  sie  schon  auf  dem  8-Zellenstadium,  so  daß  von  da 
ab  der  Keim  völlig  hüllenlos  ist  (Sobotta  1902);  doch  kann  auch 
die  Eihülle  bei  Eiern  mit  16-18  Blastomeren  noch  vorhanden  sein 
(Sobotta  1902).  Wie  bei  den  Nagern,  so  herrschen  auch  bei  den 
Inseliiivoren  ■  große  Unterschiede.  Bei  Sorex  (Hubrecht)  und  Tal2m 
(Heape)  ist  die  beginnende  Keimblase  noch  von  einer  kräftigen  Zona 
pellucida  umhüllt;  bei  Tupaja  konnte  sie  Hubrecht  (1895)  aus- 
nahmsweise noch  auf  vorgerückteren  Stadien  finden,  in  der  Regel  ver- 
mißte er  sie  schon  auf  frühen  Furchungsstadien ;  und  zu  dem  gleichen 
Ergebnis  (keine  Zona  pellucida  selbst  bei  Befruchtungsstadien,  ab  und 
zu  Persistenz  derselben  in  vorgerückter  Eutwickelung)  gelangt  er  bei 
Tfirsius  spectrimb  (1902).  Van  Beneden,  dem  die  verschiedenen  Be- 
funde rücksichtlich  der  Zona  ebenfalls  aufgefallen  waren,  suchte  sie 
aus  verschiedener  Konservierung  zu  erklären  auf  Grund  der  Wahr- 
nehmung, daß  Säuren  die  Zona  lösen.  Hubrecht  und  Sobotta  sind 
nicht  dieser  Ansicht,  da  sie  die  Unterschiede  auch  bei  Material  be- 
obachteten, welches  ohne  Säuren  konserviert  war. 

Nur  noch  historisches  Interesse  besitzen  zwei  Angaben  Bischoff's 
(1852,  1854).  Beim  Meerschweinchen  und  Reh  glaubte  derselbe  beobachtet 
zu  haben,  daß  alle  Fnrchungskugeln  im  Uterus  wieder  untereinander  ver- 
schmelzen, ehe  die  definitive  Zellbildung  erfolgt.  Beim  Meerschiveinchen 
beobachtete  er  gemeinsam  mit  Leuckart  Rotationen  des  Eies  und  glaubte 
daß  dieselben  durch  Flimmerung  hervorgerufen  seien.  Es  liegt  nahe  an 
anklebende  Flimmerzellen  des  Eileiters  zu  denken. 

Im  Lauf  der  Furchung  entwickelt  sich,  wie  wir  oben  gesehen 
haben,  ein  solider  Zellenhaufen,  welcher  aus  wenigen  centralen  Zellen 
und  einer  Umhüllung  von  ebenfalls  wenigen  Zellen  besteht.  Dieses 
von  Van  Beneden  und   später    von  Duval   als   epibolische  Gastrula 


684  R.  Hertwig, 


gedeutete  Morulastadinm  wächst  durch  Teilung-  der  äußeren  und 
inneren  Zellen  heran;  es  entwickelt  sich  zur  131astula,  indem  sich  ex- 
centrisch  ein  mit  Flüssigkeit  eifüllter  Hohlraum  bildet ,  sei  es 
<lurch  Zusammenfließen  mehrerer  anfangs  getrennter  (intercellularerV) 
Flüssigkeitsansammlungen  (Van  Beneden,  Sobotta,  1902),  sei  es  durch 
Dehiscenz,  indem  auf  einer  Seite  zwischen  der  inneren  Zellenmasse 
und  der  Rinde  ein  Spaltraum  entsteht  (Hubrecht).  So  wird 
eine  einschichtige  Zellenblase  erzeugt,  deren  Wand  an  einem  Pol  zum 
Embryonalknoten  (Hubrecht)  verdickt  ist.  Ihre  Umbildung 
zur  Gastrula  soll  im  nächsten  Kapitel  besprochen  werden. 


Geschichtliches  über  den  Fiiichuiigsprozeß. 

Wie  schon  in  der  Einleitung  hervorgehoben  wurde,  ist  der  Furchungs- 
prozeß  von  Prevost  und  Dkmas  (A.  L.  I  1824)  am  Proschei  entdeckt 
worden.  Man  hat  zwar  ausfindig  gemacht,  daß  schon  Swammkrdam  die 
Zweiteilung  des  Prosclieies  beschrieben  und  abgebildet,  und  daß  auch 
RöSEL  v.  RosENHOF  (A.  L.  I  1758)  die  gleiche  Erscheinung  beim  Ei 
des  Laubfrosches  aufgefunden  hat.  Wie  wenig  aber  auf  diese  fragmen- 
tarischen Beobachtungen  Wert  gelegt  Averden  kann,  geht  daraus  hervor, 
daß  SwAMMBRDAM  (A.  L.  I  17.37 — 38),  in  den  Vorstellungen  der  Präfor- 
mationstheorie befangen,  in  der  Teilung  des  Eies  eine  Teilung  des  kleinen 
Pröschchens  durch  eine  Palte  in  zwei  Teile  erblickte,  und  daß  Rösel 
V.  RosEXHOF  von  den  Eiern  andei'er  Batrachier  hervorhebt,  daß  ihr  Dotter 
sich  nicht  verändere.  Und  so  bleibt  denn  den  französischen  Gelehrten 
die  Ehre  unbenommen,  die  Erscheinung  zum  erstenmal  im  Zusammenhang 
und  in  ihren  verschiedenen  Phasen  beschrieben  zu  haben,  und  zwar  in 
einer  Weise,  daß  das  Interesse  der  Forscher  dem  Vorgang  von  run  an 
dauernd  gewahrt  blieb. 

Während  Prevost  und  Dumas,  deren  Angaben  von  Ruscoxi 
(A.  L.  III  7,  1826)  bestätigt  wurden,  sich  mit  der  Schilderung  des 
Furchenbildes  genügen  ließen,  gelangte  C.  E.  v.  Baer  (A.  L.  I  1834) 
zu  der  wichtigen  Erkenntnis,  daß  die  Furchen  durch  die  Eikugel  durch- 
schneiden und  sie  schließlich  in  zahlreiche  kleine,  infolge  tangentialer 
Teilung  in  mehreren  Schichten  um  einen  Hohlraum  gruppierte  Teile  zer- 
legen. Er  faßt  den  Furchungsprozeß  als  die  Zerlegung  einer  lebendigen 
Kugel  in  zahlreiche  Individualitäten  auf,  aus  denen  sich  dann  ein  neues 
Individuum  aufbaut,  und  vermutet,  daß  der  gleiche  Vorgang  sich  bei 
allen   Organismen  Aviederfinden  werde. 

Diese  Vermutung  wurde  vollkommen  bestätigt,  und  zwar  zunächst 
durch  Untersuchungen  an  Säugetieren  und  Fischen.  Für  die  Säugetiere 
wiesen  nahezu  gleichzeitig  Bischoff  (1838)  auf  der  Naturforscherversamm- 
lung zu  Freiburg  und  Barry  (A.  L.  III  20,  1838—1840)  den  Furchungs- 
prozeß in  einer  dem  Furchungsprozeß  der  Amphibien  ähnlichen  Form  nach, 
Bischoff  vor  allem  an  einer  ganzen  Reihe  von  Arten  (A.  L.  III  1842 
— 1854).  Die  Untersuchungen  an  Fischen  (Rusconi,  A.  L.  III  4,  1836, 
C.  Vogt,  A.  L.  III  4,  1842)  forderten  zugleich  die  wichtige  Erkenntnis,  daß 
hier  nur  ein  Teil  des  Eies,  die  Keimscheibe,  geteilt  werde,  eine  Erkennt- 
nis, welche  durch  Kölliker's  (A.  L.  II  1844)  Untersuchungen  über  die 
Entwickelung  der  Ceplialopoden  erweitert  und  vertieft  wurde  und  denselben 
zu  der  Unterscheidung  der  „partiellen-'  und  „totalen"  Eifurchung  ver- 
anlaßte.  luden  Jahren  1848 — 1859  erschien  dann  das  große  Werk  Coste's 
über  die  allgemeine  und  specielle  Entwickelungsgeschichte  der  organisierten 


Furchungsprozeß.  685 

Wesen,  in  dem  die  jiartielle  Furchung  auch  für  das  Hühnerei  erwiesen 
wurde.  Am  S]jätesten  wurde  der  Furchungsprozeß  für  die  Reptilien  ge- 
nauer beschrieben  und  abgebildet,  und  zwar  durch  Agassiz  und  Clark 
am  Ei  der  Schildkröten  (A.  L.  III  8,  1857).  Doch  hatte  schon  vorher 
Köi.LiKEK,  wie  Leydki  (1848)  mitteilt,  an  einem  Eidechsenei  die  Anwesen- 
heit von  6  Furchungsh (igeln  festgestellt.  Wie  in  der  gleichen  Zeit  auch 
der  Furchungsprozeß  in  den  verschiedensten  Abteilungen  wirbelloser  Tiere 
aufgefunden  wurde,  dies  zu  besprechen  liegt  außerhalb  des  Rahmens  dieser 
Darstellung. 

Die  Unterscheidung  von  Eiern  mit  partieller  und  solchen  mit  totaler 
Furchung  führte  zu  der  Aufstellung,  daß  in  ersteren  Substanzen  ver- 
schiedener Bedeutung  enthalten  seien.  Reichert  (1846)  nannte  dieselben, 
um  ihre  Funktion  zu  charakterisieren,  B  i  1  d  u  n  g  s  d  o  1 1  e  r  und  Nahrungs- 
dotter; später  nannte  Remak  (A.  L.  I  1850 — 1855)  die  Eier  mit 
totaler  Furchung  holoblastisch,  die  Eier  mit  partieller  Furchung 
meroblastisch.  Nachdem  A^ax  Bexeden  (1870)  die  Bedeutung  des 
Nahrungsdotters  für  den  Furchungsprozeß  genauer  erläutert  hatte,  ent- 
warf Haeckel  (A.  L.  I  1875)  ein  übersichtliches  Schema  der  ver- 
schiedenen Arten  der  Furchung ;  er  .  unterschied  unter  den  holobla- 
stischen  Eiern  solche  mit  „äqualer"  und  „inäqualer"  Furchung,  unter 
den  meroblastischen  Eiern  solche  mit  „diskoidaler"  und  ,,superficieller" 
Furchung.  Für  die  verschiedene  Anordnung  des  Dotters,  welche  diesen 
Formen  der  Furchung  zu  Grunde  liegt,  führte  Balfour  (A.  L.  II  1880) 
die  Namen   „alecithal",   „telolecithal",   „centrolecithal"    ein. 

Viel  interessanter  als  die  Darstellung  des  Entwickelungsgangs,  den 
unsere  Kenntnisse  vom  Verlauf  des  Furchungsprozesses  genommen  haben, 
ist  die  Geschichte  der  Auffassungen  von  der  Bedeutung  des 
wichtigen  Vorgangs.  C.  E.  v.  Baer  sprach  die  Vermutung  aus,  daß 
der  Furchungsprozeß  den  Zweck  habe ,  die  Wirkungsweise  der  Be- 
fruchtung zu  erhöhen,  indem  er  durch  Zerteilung  der  Eimasse  in  viele 
kleine  Stücke  diese  in  viel  innigere  Beziehung  mit  der  befruchtenden 
Flüssigkeit  bringe.  Mit  Recht  lehnte  Ruscoxi  diese  Auffassung  ab  mit 
der  Begründung,  daß  der  Furchungsprozeß  eine  Folgeerscheinung,  keine 
Vorbereitung  der  Befruchtung  sei.  Im  weiteren  Verlauf  wandte  sich  das 
Interesse  der  Forscher  von  dieser  physiologischen  Betrachtungsweise  ab 
und  mehr  der  Frage  nach  der  morphologischen  Bedeutung  der  Furchung  zu. 
Die  Uebertragung  der  Zelltheorie  auf  das  Tierreich  durch  Schwann 
(A.  L.  I  1839)  nötigte  auch  die  Embryologen,  sich  mit  dem  Problem 
auseinanderzusetzen,  in  welcher  Weise  das  Ei  und  die  Furchuno-skueeln 
vom  Standpunkt  der  Zellenlekre  aus  zu  beurteilen  seien.'  Schwann  selbst 
hatte  zwei  Möglichkeiten  in  Erwägung  gezogen:  entweder  ist  das  Keim- 
bläschen die  Zelle,  der  Keimfleck  der  zugehörige  Kern,  oder  das  ganze 
Ei  ist  als  Zelle,  das  Keimbläschen  als  Kern,  der  Keimfleck  als  Kern- 
körjDerchen  zu  deuten.  Von  der  Entscheidung  dieser  Frage  würde  dann 
weiter  die  Auffassung  der  Furchungskugeln  abhängen.  In  einer  Nach- 
schrift zu  seinem  Epoche  machenden  Werk  neigt  sich  Schwann,  freilich 
nicht  auf  Grund  eigener  Untersuchungen,  sondern  gestützt  auf  die  An- 
gaben R.  Wagener's  über  die  Oogenese  der  Insekten,  der  zweiten  Auf- 
fassung zu  („Die  Deutung  des  Keimblächens  als  Kern  der  Eizelle  scheint 
mir  daher  kaum  zweifelhaft-'). 

Im  Verlauf  der  vierziger  Jahre  des  verflossenen  Jahrhunderts  haben 
beide  von  Schwann  als  möglich  hingestellten  xlnffassungen  ihre  Ver- 
treter gefunden,  ohne  daß  es  geglückt  wäre,  für  die  eine  oder  die  andere 


G8ß  R.  Hertwig, 

triftige  Beweise  bei/ubringen.  Die  Gründe  hierfür  sind  in  den  beiden 
Fundamental -Ii'rtümern  des  Schwann -ScuLEiDEN'schen  Zellbea'riffs  zu 
suchen,  1)  daß  das  Wichtigste  an  der  Zelle  ihre  Membran  sei,  und  2) 
daß  eine  Zelle  sich  innerhalb  einer  Zelle  (endogen)  oder  außerhalb  einer 
solchen  (exogen)  im  Cytoblastem  neubilde  auf  eine  Weise,  welche  man 
als  eine  Urzeugung  der  Zelle  bezeichnen  könnte.  Daß  die  Furchungs- 
kugeln  sich  durch  Teilung  vermehren,  eine  Erscheinung,  welche  für  uns 
jetzt  ein  sicherer  Beweis  ihrer  Zellnatur  ist,  war  bei  den  damals  herrschen- 
den Auffassungen  ein  Hauijthindernis,  ihre  Zellnatur  zu  erkennen.  Dazu 
kam,  daß  man  an  ihnen  keine  Membran  nachweisen  konnte ,  was  aber- 
mals mit  dem  Zellbegriff  unvereinbar  zu  sein  schien.  Wer,  eingelebt  in 
den  durch  die  Protoplasmatheorie  völlig  umgewandelten  Zellbegriff',  an 
das  Studium  der  Furchungslitteratur  der  ersten  Hälfte  des  vorigen  Jahr- 
hunderts herantritt,  wird  große  Schwierigkeiten  empfinden,  sich  in  den 
Gedankengang  der  damaligen  Zeit  einzuleben. 

Der  hauptsächlichste  Vertreter  der  Richtung,  welche  in  den  Kernen 
der  Eizelle  und  der  Furchungskugeln  die  eigentlichen  Zellen  erblickte 
und  die  Blastomeren  als  „Umhüllungskugeln"  deutete,  mit  denen  der 
Dotter  bei  der  Furchung  die  Embryonalzellen  umgiebt,  war  Kölliker 
(1843).  Bei  seinen  ausgedehnten  Untersuchungen  über  die  Eifurchung- 
wirbelloser  Tiere  wurde  er  durch  Beobachtungen  an  den  Eiern  eines 
Bothryocephaliden  irregeführt.  Bei  demselben  ist,  wie  wir  jetzt  wissen,  das 
eigentliche  Ei,  die  Keimzelle,  äußerst  klein  und  von  einem  Mantel  von 
Dotterzellen  umgeben  (zusammengesetztes  Ei) ;  lange  Zeit  über  wurde 
irrtümlich  die  Keimzelle  dem  Keimbläschen  oder  Eikern  der  übrigen 
Tiere  verglichen,  infolgedessen  die  Hülle  von  Dotterzellen  dem  Körper 
der  Eizelle.  Köllikek  fand  nun,  was  ja  auch  ganz  richtig  ist,  daß  aus 
der  von  ihm  ebenfalls  dem  Keimbläschen  verglichenen  Keimzelle  ein 
Haufen  von  Embrj'onalzellen  hervoi-geht,  dei'  sich  in  die  Larve  ver- 
wandelt und  dabei  den  Dotter  aufverbraucht.  So  solle  nun  auch  bei  den 
übrigen  Tieren  aus  dem  Keimbläschen  eine  Generation  von  Embrj'onal- 
zellen  (das  sind  nach  unserer  Auffassung  Kerne  der  Furchungszellen) 
entwickelt  werden,  nur  mit  dem  Unterschied,  daß  jede  Embryonalzelle 
gleich  bei  ihrer  ersten  Entstehung  auf  dem  Wege  des  Furchungsprozesses 
mit  einer  Umhüllungskugel  von  Dottermaterial  umgeben  werde.  Einige 
Beobachtungen  an  Nematoden-^iBrn  machten  es  Külliker  wahrschein- 
lich, daß  die  „Embryonalzellen",  wie  es  die  ScnwANN'sche  Theorie  ver- 
langte, endogen  in  Mutterzellen  entständen  und  durch  Auflösung  der- 
selben frei  würden.  Demnach  würde  nach  Külliker's  Auffassung  der 
Furch ungsprozeß  in  folgender  Weise  verlaufen:  Im  Keimbläschen  entstehen 
2  Tochterzellen,  diese  werden  frei  und  liefern  die  ersten  Embryonalzellen, 
welche  sich  mit  Umhüllungskugeln  umgeben  (l.Furchung)  u.  s.w.  Noch  in 
seiner  Monographie  der  Cephalopodenentwickelung  hat  Kölliker  (1846) 
an  dieser  Deutung  festgehalten.  Ganz  phantastisch  lauten  die  Angaben 
Carl  Vogt's  (A.  L.  III,  4,  1842,  7,  1842),  welcher  zu  seinen  Unter- 
suchungen über  den  Furchungsprozeß  Eier  mit  multinukleolären  Keim- 
bläschen gewählt  hatte ;  er  kam  zu  einer  Einschachtelungstheorie.  An- 
schließend an  Ansichten  Barry's  entwickelte  er  die  Auffassung,  daß  das 
Keimbläschen  eine  Zelle  sei,  in  welcher  eingeschlossen  eine  Generation 
kleiner  Zellen,  die  Keimflecke,  liege.  Wenn  das  Keimbläschen  sich 
auflöst,  werden  die  Keimflecke  frei.  Diese  sind  die  ersten  Embryonal- 
zellen, um  welche  sich  andere  Zellen  bilden,  das,  was  wir  jetzt  Kerne 
nennen ;   um  diese  grenzen  sich  als  die  letzten  Zellen  die  Dotterkugeln  ab. 


Furchungsprozeß.  687 

Unseren  jetzigen  Auffassungen  steht  Eeichekt  (1841)  näher,  insofern 
er  sich  für  die  zweite  von  Schwann  aufgestellte  Alternative  eiklärte, 
daß  die  „Dotterkugeln"  die  Zellen,  ihre  bläschenförmigen  Einschlüsse 
die  Kerne  seien.  Um  diese  Auffassung  durchzuführen  ohne  mit  dem 
ScnwAxx'schen  Zellbegriffzu  brechen,  sah  sich  Eekiieut  allerdings  genötigt, 
den  Beobachtungen  Gewalt  anzuthun :  im  Widerstreit  mit  allen  übrigen 
Beobachtern  ließ  er  die  Furchungskugeln  von  Membranen  umhüllt  sein. 
Und  um  au<;h  die  Entstehung  von  Zellen  im  C^'toblastem  aufrecht  er- 
halten zu  können,  ließ  er  im  Eroschei  die  Kerne  schon  lange  vor  der 
Eurchung  auftreten  und  sich  mit  Zellen  umgeben,  so  daß  alle  Eurchungs- 
zellen  schon  vor  der  Eurchung  im  Ei  enthalten  seien  und  durch  den 
Eurchungsprozeß  nur  ganz  allmählich  aus  den  Hüllen  ihrer  Mutterzellen 
herausgeschält  oder,  wie  er  sich  ausdrückt,  „entschachtelt"  würden.  Diese 
letztere  ganz  willkürliche,  allen  Beobachtungen  widersprechende  Anschauung 
gab  Eeichert  (1846  A.  L.  III  10,  1861)  später  preis,  als  er  Naegeli's 
Lehre  von  der  „Entstehung  von  Zellen  um  Inhaltsportionen"  kennen  lernte. 
Nach  unseren  modernen  Anschauungen  bedeutet  diese  Lehre  Naegeli's 
die  Lehre  von  der  Teilung  der  Zellen.  Denn  dieselbe  besagt,  daß 
zunächst  .Kern  und  Zellinhalt  sich  teilen ,  daß  dann  um  jedes 
Teilungsprodukt  (Inhaltsportion)  die  Zelle,  d.  h.  die  neue  Zellmembran 
gebildet  werde.  Reichert  glaubte  diese  Vorgänge  genau  so,  wie 
Naegeli  es  geschildert  hatte,  an  den  Eiern  von  Strongylus  auricularis 
zu  finden,  nur  ließ  er  vor  der  Teilung  den  Kern  sich  auflösen  und 
später  zwei  neue  Kerne  entstehen :  er  hatte  ja  auch  hierin  im  ganzen 
Recht,  mit  Ausnahme,  daß  er  das  Unsichtbarwerden  des  Kerns  auf  dem 
Spindelstadium  als  Auflösung  deutete,  w^oraus  ihm  kein  Vorwurf  gemacht 
werden  kann,  und  daß  er  Zellmembranen  der  Theorie  zuliebe  beschrieb, 
wo  keine  vorhanden  waren. 

In  diesem  Zustande  befand  sich  die  Lehre  von  der  morphologischen 
Deutung  des  Eurchungsprozesses  am  Ende  der  ersten  Hälfte  des  19.  Jahr- 
hunderts. Leydig  (1848)  hat  von  dem  damaligen  Stande  der  Anschau- 
ungen ein  vortreffliches  Bild  in  einem  Aufsatze  der  „Isis"  entworfen.  Die 
Diskussion  des  Problems  war  auf  einem  toten  Pimkte  angelangt,  über 
den  hinaus  ein  Eortschritt  nur  durch  einen  Bruch  mit  der  Schwann- 
ScHLEiDEx'schen  Zelltheorie  zu  erzielen  war.  Dies  geschah  durch  die 
Protoplasmatheorie,  welche,  abgesehen  von  hervorragenden  Botanikern, 
durch  Leydig,  Virchow,  Brücke,  Bealb,  vor  allem  aber  Max  Schultze 
ano-ebahnt  wurde.  In  dem  erwähnten  Aufsatze  vertrat  Leydig  die  Am- 
sieht,  daß  die  Bläschen  in  den  Eurchungskugeln  Kerne  seien,  welche 
sich  wie  die  Eurchungskugeln  durch  Teilung  vermehren,  aber  er  trägt 
Bedenken,  die  Eurchungskugeln  Zellen  zu  nennen ;  es  seien  Gebilde  ohne 
Membran,  welche  durch  Umbildung  der  oberflächlichen  Schicht  zu  einer 
Membran  zu  Zellen  weiter  entwickelt  würden,  eine  Auffassung,  welche 
in  ähnlicher  Weise  auch  von  Leuckart  in  dem  Artikel  „Zeugung"  des 
Handwörterbuchs  der  Physiologie  ausgedrückt  worden  ist.  Viel  be- 
stimmter äußert  sich  Leydig  in  seiner  9  Jahre  später  erschienenen 
Histologie,  in  welcher  er  die  Eifiu'chung  als  Zellteilung  schildert,  die 
Earchungskugeln  Zellen  nennt  und  bei  der  Begriffsbestimmung  der  Zelle 
sich  begnügt  zu  sagen,  daß  meistens  eine  Membran  vorhanden  sei.  Den 
gleichen  Standpunkt  hatte  schon  früher  M.  Schultze  in  seiner  Entwicke- 
lungsgeschichte  des  Neunauges  (A.  L.  III  1855)  eingenommen.  In  die 
Zwischenzeit  fällt  eben  der  Umschwung  der  Meinungen,  wenn  es  auch 
noch  Jahre  bedurfte,  bis  die  durch  die  Protoplasmatheorie  gewonnene 
neue  Eassung  des  Zellbegriffs  allgemeine  Anerkennung  fand. 


688  R.  Hertwig, 

Für  das  richtige  Verständnis  des  Furchungsprozesses  war  es  weiter 
von  fundamentaler  Bedeutung,  Klarheit  über  das  Verhalten  der  Kerne 
zu  bekommen,  ob  sie  vor  jeder  Teilung  aufgelöst  und  nach  ihr  neu  ge- 
bildet werden,  oder  ob  sie  sich  wie  die  Zellen  selbst  teilen.  Die  Dar- 
stellung, in  welcher  Weise  sich  die  Lehre  von  der  Kernteilung  ent- 
wickelt hat,  muß  den  Lehrbüchern  der  Histologie  überlassen  bleiben. 

Nachdem  die  Anschauungen  über  die  morphologische  Bedeutung  des 
Furchungsprozesses  nach  allen  Richtungen  geklärt  waren,  gewann  die 
physiologische  Forschung  aufs  neue  die  Oberhand.  Dieselbe  hatte  seit 
den  Zeiten  Baer's  so  gut  wie  ganz  geruht.  Zwar  hatte  Newport  (1854) 
wichtige  hier  einschlagende  Fragen  (Einfluß  lokalisierter  Befruchtung^ 
Beziehungen  der  Fnrchnngsebeuen  zur  SAanmetrieebene  der  Larve)  auf- 
geworfen und  zu  lösen  versucht.  Seine  Arbeiten  blieben  aber  ohne 
Einfluß  auf  den  Entwickelungsgang  der  Forschung,  gei'ieten  in  Vergessen- 
heit und  fanden  erst  die  gebührende  Beachtung,  als  sich  in  den  letzten 
zwei  Jahrzehnten  des  verflossenen  Jahrhunderts  das  Interesse  abermals 
physiologischen  Fragestellungen  zuwandte.  Diese  neue  Periode  physio- 
logisch-entwickelungsgeschichtlicher  Untersuchung  nahm  ihren  Ausgangs- 
punkt von  den  Arbeiten  Pflügbr's  (1883),  welcher  den  Einfluß  der 
Schwerkraft  auf  das  befruchtete  Amphibienei  untersuchte  und  zum  Re- 
sultat kam,  daß  die  Anordnung  der  ersten  Teilfurchen  und,  da  diese  in 
bestimmter  Lage  zur  fertigen  Organisation  stehen,  auch  die  letztere  von 
der  Schwerkraft  bestimmt  werde.  Die  Arbeiten  fanden  Widers])ruch  von 
Seiten  Borx's,  Eoux's,  0.  Hertwig's.  Es  entwickelten  sich  Probleme 
der  mannigfachsten  Art,  über  die  im  Obigen  so  ausführlich  berich'tet 
wurde,  daß  auf  eine  geschichtliche  Darstellung  an  dieser  Stelle  verzichtet 
werden  kann. 

Litteratur 

(außer  den  in  dem  allgemeinen  Litteraturverzeichnis  und  im  Anschluß  an  dieses  £xi])itel 

[aiifgeßUu'ten  Arheiten). 

1)  Van  Beneclen,  Mdonard,  Becherches  sur  la  composition  et  la  signification  de  l'oeuf. 
3Iem.  cour.  Acad.  Boy.  Sc.  de  Belgique.  Bd.  XXXIV.  1S70. 

2)  KölHkev,  A.,  Ueber  die  ersten  Entioickelungsvorgänge  im  befi'uchteten  Ei.  Arch. 
Anat.  Bhys.  p.  68— H2.     Mit  2  Tfln.     1S43. 

S)  Leydig,  Franz,  Die  Dotterfurcliung  nach  ihrem  Vorkommen  in  der  Tierwelt  und 
nach  ihrer  Bedeutung.  Eine  von  der  medizinischen  Fakultät  in  Würzburg  im  Jahre 
1S47  gekrönte  Breisschrift,     Isis.  p.  160 — WS.  1848. 

4)  lleicliert,    C.  B.,    Ueber  den  Furchxmgsprozeß  des  Batrachier-Eies.    Arch.  Anat.  Bhys. 
p.   52S—542.  1841. 
)  —  Der  Furchungsprozeß  und  die  sogenannte  Zellbildung  um  Inhaltsportionen.    Ebenda 


0 


p.  196—283.     3Iit  1    Tfl.     184:6. 


Litteratur  zum  I.  und  II.  Teil  des  II.  Kapitels. 

(außer  den  in  dem  allgemeinen  Litteraturverzeichnis  zitierten  Arbeiten). 

Assheton,  B,       A    Ee-investigation   into    the   Early   Stages   of  the    Development   of  the 
Babbit.  Quart.  Journ.  mia:  Sc.  X.  S.  Vol.  XXXVII.  p.  113—164.  5  Taf.  1894. 

—  The  Segmentation  of  the   Ovum  of  the  Sheep>  with  Observations    on    the  Ilypothesis   of 

the  Hyjwblastic  Origin  for  the   Trophoblast.     Ebenda.  X.  S.    Vol.  XLI.   p.    205 — 262. 
4    Taf.   1898a. 

—  The  Development    of  the  Big    during    the  First  Ten  Days.    Ebendas.  N.  S.    Vol.  XLI, 

p.  329—361.  4   Taf.  lS98b. 
V.   Baer,    C.   E,      Untersuchungen  über    die  Entwickelungs-Geschichte  der  Fische.  52  pp. 
1   Taf.  Leipzig  1835. 

—  Die  Metamorphose  des  Eies  der  Batrachier  vor  der  Erscheinung  des  Embryo  und  Fol- 

gerungen aus  ihr  für  die   Theorie    der  Erzeugung.    Arch.  f.    Anat.    u.    Bhys.    1834, 
p.  481—510. 


Eireife  uii'l   Befruchtung.     Furchungsprozeß.  689 

Van  liainbelce.     Sur  les  trous  vilelUns  que  presentent  les  a'vjs  fecondes  des  Amphibiens. 
Bull.  Acad.  roy.  des  sciences  de  ReUjique.  Ser.  2.   T.  XXX.' p.  58-71.  1  Taf.  1870. 

—  Recherckes   stir   l'embryologie    des   Batruciens.     Ebenda.    Ser.  2.    T.  XLI.   p.  97 — 135. 

2  Taf.  1876. 

—  Nouvelles  recherches  sur  l' embryolog ie  des  Batruciens.     Arch.  biol.   T.   I.  j)-  305 — 380. 

4   Taf.  1880. 
■ —  Remarques  sur  la  reproduclvm  de  la  Blennie  vivipare  (Zoarces  viviparus  Cvv.).    Bullet. 
Acad.  royale  de  Belgiquc.  Ser.  3.   T.  XV.  1888. 

—  Swr  un  groupement  de  granules  pigmentaires  dans  l'oeuf  en  segmentation  d' Amphibiens 

anoures    et   du  Crapaud  commtm  en  jjarticulier.     Bull.  Acad.    roy.    des   sciences   de 
Belgique.  Ser.  3.   T.  XXXI.  p.  29—46.  1896. 
Bavfuvth,    Iß,     Regeneration  und  Involution.   Jährliche  Berichte  in  Jferkel   u.  Bonnet, 
Ergebn.   Anat.,   Enlwükehingsgesch. 

—  Experimentelle   Untersuchungen   über   die  Regeneration   der  Keimblätter   bei    den   Am- 

phibien.    Anat.  Hefte.  Abt.  I.  H.  IX.  1894. 
liataillon,  E.     Nouvelles  recherches   sur   les   mecanismes    de   l'evolution :    Les  premiers 
Stades  du  developpement   chez   les  poissons    et    les   amphibiens.     Arch.  d.  Zool.    exp. 
gen.  Ser.  3.   T.    V.  p.  281—317.  2  Taf.  1897. 

—  La   2>i'essio7i    osmotique  et  les  grands  problhnes  de  la  biologie.     Arch.  f.  Entu\-Mech. 

Bd.  XI.  p.  149.   1901. 
Bellonci,    Giuseppe.    Blustoporo  e  linea  'primitira  dei  Vertehrati.    Atti  della  R.  Accad. 
dei  Lincei.  Cl.  fis.,  mat.  e  nat.    Vol.  XIX.  p.  83-126.   6  Taf.  1884=. 

—  Del  fuso  direzionale  e  della  formasione  di  im  globido  polare  nell'ovulo  orarico  di  al- 

cuni  mammiferi.     Ebenda.  Rendiconti.    Vol.  I.  p.  285.  1885. 
Behrens,    G.     Die   Reifunq   und   Befeuchtung   des   Forelleneies.      Anat.   Hefte.    Bd.  X. 

p.  227—285.  6  Taf  1898. 
Benecke,    B.      lieber  Reifung   und   Befruchtung   des   Eies   bei   der  Fiedermatts.     Zool. 

Anz.  Bd.  IL  p.  304—305.  1879. 

—  Ueber  die  Entivickelung  des  Erdsalamandeis.     Zool.  Anz.  Bd.  III.  1S80. 
Beneden,   E.    Van.     La  maiuration  de  l'ceiif  la  fecondation  et  les  premilres  phases  du 

developpement  embryonnaire  des  mammiff-res.     Bull.  AcaA.  roy.  de  Belgique.  Ser.  2. 
T.  XL.  1875.  '  , 

—  A   contribution  to  the  history  of  the  embryonic  development  of  the  Teleosteans.   Quart. 

Jozirn.  micr.  Sc.  X.  S.    Vol.  XVIII.  p.  41—57.  1   Taf.  1878. 

—  Recherches  sur  rembryologie  des  Mammiferes.     Arch.    biol.   T.  I.   p.  137 — 224.  3  Taf. 

1880. 

—  Recherches  sur  les  premiers  Stades  du  developpement   du  ßlurin  (Vespertilio  murinus) 

Anatom.  Anz.  Bd.  XVI.  p.  305—334.  1S99. 

—  et   Julin.      Observations  sur   la   maturation,    la  fecondation    et   la   segmentation    de 

l'ceuf  chez  les  Chiropteres.     Arch.    biol.   T.  I.  p.  551—571.   2  Taf.  1880. 
Berent,    W.     Zur  Kenntnis    des  Parablastes   und   der  Keimblätter differenzierung   im   Ei 

der  Knochenfische.     Jenaisch.  Zeitschr.  Bd.  XXX.  p.  291— 349.'  3  Taf.  1896. 
Berg.     Fxirchung   und  Parablastbildung   bei  Esox   lucius.      Nachr.   Gesellsch.  Freunde  d. 

Xatiirk.    Univ.  3Ioskau.  Bd.  LXXXVI.  p.  29—52.  1899. 
Bischoff,   L.    W.     Bestätigung  des  von  Dr.  Neioport  bei  den  Batrachiern  und  Dr.  Barry 

bei  den  Kaninchen  behaupteten  Eindringens  der  Spermatozoiden  in    das  Ei.     10  pp. 

Gießen  1854. 

—  Neue  Beobachtungen   zur  Entw. -Gesch.    des   Meerschioeinchens.     Abh.    math.-phys.   Kl. 

Akad.  Mihich.  Bd.  X.  p.  117 — 166.  1870. 
Blanc,   H.     Etüde    .nir   la  fecondation    de   l'oeuf  de  la  Truite.     Ber.   Naturf.   Gesellsch. 
Freiburg.  Bd.    VIII.  p.  163—191.  1   Taf.  1894. 

—  A  propos  de  la  fecondation  de  l'ceuf  de  la  Truite.    Bibliogr.  anat.  j)-  ^^^ — -35,  1898. 
BoeJini,   A.  A.      Ueber  die  Befruchtung    des  Netmaugeneies.     Sitzungsber.   math.-physik. 

Kl.  Akad.  d.   Wiss.  München.  Bd.  XVII.  p.  53-68.  1887. 

—  Ueber  Reifung  und  Befruchtung    des   Eies    von    Petromtjzon  Planeri.     Arch.   f.   mikr. 

Anat.  Bd.  XXXII.  p.  613—670  mit  2  Taf.  1889. 

—  Die     Befruchtung    des    Forelleneies.       Sitzungsber.    Ges.    Morph.    Physiol.     München. 

Bd.    VII.  p.   63—73.  1891. 
Born,    G,      Ueber   Doppelbildungen    beim   Frosch   und    deren   Entstehung.     Brest,   ärztl. 
Zeitschr.  No.  I4.  188^. 

—  Beiträge    zur    Bastardierung    der   einheimischen    Anurenarten.      Arch.    ges.   Physiol. 

Bd.  XXXII  1883. 

—  Ueber   den    Einflufs    der   Schwere   auf  das   Froschei.     Bresl.    ärztl.   Zeitschr.   No.    8. 

1884. 

—  Ueber  die  inneren   Vorgänge  bei  der  Bastardbefruchtung  der  Froscheier.     Bresl.  ärztl. 

Zeitschr.  No.  16.  1884*. 

—  Biologische    Untersuchungen.     I.    Ueber   den  Einflufs   der  Schwere    auf  das  Froschei. 

Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXIV.  p.  475—548  mit  2  Taf.  1884  f. 
Handbuci  der  Entwickelungslehre.    I.  44 


690  R.  Hertwig, 

liovn,    G.     IT.    Weitere  Beitrüge  zur  JinslarrNennifi  der  einheimischen  Annren.  Ebenda. 
Bd.  XXVII.  p.   193—271.   2   T<if.  ISSa. 

—  Ueher  die  Furrhunfj  de.'s  Eie.i  bei  Doppelbildungen.    Brcsl.  ärztl.  Zeü.ichr.  No.  15.  18S7. 
■ —  Die  Reifung  des  Amj)hibieneies  und   die  Befruchtung  unreifer  Eier  bei  Triton  tae- 

niatus.     Anat.  Anz.  Bd.    VII.  p.   772—781  u.  p.  SOS— Sil.  1802. 

—  Ueber    Druckrersuche  an  Froscheiem.     Anat.   Anz.  Bd.    VIII.  p.   609.  ISO.'i. 

—  Die  Struklitr    des  Ä'eimbläschens    im    Ovariald    von    Triton    taeniatu.s.      Arch.    f. 

mikr.  Anat.   Bd.  XLIII.  p.   1—79.  4   Taf.  1S94. 

—  Neue  Kompressionsversuche  an  Froscheiern.    Jahresber.  Schi.   Gesellsch.  Zool.-bot.  Sekt. 

Maiheft.   1S94. 
Rouin.   Ilistogew'se  de  la  glande  fem  eile  chez   Bann  temporaria.  Arch.  biol.   T.  XVII.  1900. 
Bonlenger,    G.   A.      On    the  Rep)tiles    and  Butrachians    of   Salomon  Islands.      Trunsact. 

Zool.  Soc.  London.    Vol.  XII.  p.  35 — 62.  1S90. 
Brooh,    George.     Preliminary  account  of  the  development  of  Trachinus  vipera.     Journ. 

Linn.  Soc.   (Zool.)    Vol.  XVIII.  p.  274—290.  4   Taf.  1884:. 

—  On  the    origin   of  the    hypoblast    in   pelagic   Teleostean    ova.      Quart.  Journ.  Micr.  Sc. 

N.  S.    Vol.  XXV.  p.  29—37.   1   Taf.  1885. 
■ —  The  fonnation   of   the   germinal   layers    in    Teleostei.     Trans.    Roy.    Soc.   Edinburgh. 

Vol.  XXXIII.  p.  199—239.  8  Taf.  1886. 
Braus,   H.      Ueber    Zellteilung   und    Wachstum    des    Tritoneies   mit    einem  Anhang    über 

Amitose  und  Polyspermie.     Jen.  Zeitschr.  Bd.  XXIX.  p.  443—512.  5   Taf.  189.~i. 
Budgett.      Notes  on  Batrachians  of   the    Parar/uayan  Chaco.      Quart.    Journ.    micr.   Sc. 

N.  S.    Vol.  XLII.  p.  305—833.  5  Taf.  1899. 

—  On  the  Breeding  Habits    of  some   West  African  Fishes,   lüith   an  Account    of  the  F.v- 

ternal   Features  in  Development  of  Protopterus  annectens,    and  a   Description    of  the 

Larva  of  Polypterus  laparedii.    Transact.  Zool.  Soc.  London.    Vol.  XVI.  Pt.  2.  p.  115 

—  136.  2  Taf.  1901. 
Calherla,  E.     Der  Befruchtungsvorgang  heim  Ei  von  Petromyzon  Planeri.    Ein  Beitrag 

zur  Kenntnis  des  Baues  und   der   ersten  Entwickelung    des   Wirbeltiereies.     Zeitschr. 

f.  rviss.  Zool.  Bd.  XXX.  p.  437—486.  3   Taf.  1877.  ' 
Cai'noy,  «/".   B.,   et  Lebrun,   H.     La  vesicule  germinatire  et   les  glolules   polaires   chez 

les  Batraciens.     Premier    memoire:     Salamandre    et    Pleurodile.  La    Cellule.   T.  XII. 

Heft  2.  1897. 

—  II.  memoire  :  A.volotl  et   Tritons.     Ebenda.   T.  XIV.  Heft  1.   1898. 

—  III.  memoire:   Les    globules  polaires    des   UrodHes.     Ebenda.   T.  XVI.  Heft  2.  1899. 

—  IV.  memoire:  Les  Änoures.     Ebenda.   T.  XVII.  Heft  2.  1900. 

V.  Chauvaln,    Marie.      Die    Art    der  Fortpflanzung    des  Proteus    anguineus.     Zeitschr. 

f.  'Wiss.  Zool.   Bd.  XXXVIII.  p.  671— 6Sö.  1   Taf  1883. 
Chiartigi,    Gitilio.     II  raflredamento  come  causa  di   anomalie    di   sviluppo    delle    uova 

di  Anfibi.     Arch.  di  Biologia.    Vol.  LI.  p.   1 — 12.  1897. 

—  Produzione  sperimentale  di  duplicita  embrionali  in  xuiva  di  Salamandrina  pterspicillata. 

Monit.  zool.  Ital.    Vol.  IX.  Heft  5.   1898. 

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von  Rana  esculenta,  sowie  theoretische  Folgerungen  aus  beiden   Versuchsreihen.  Eben- 
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—  u.  Walter,  H.   E.   Anstichversuche  an  Eiern  von  Rana  fusca.  1.   Teil.   Arch.  f.  Enttv, 

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Golovine,    E.     Sur  le  periblaste    des   poissons  osseux.     Bull.  Acad.  Sc.  St.  Petersbourg. 

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Grönroos,   H,      Ueber  die  Eifurchung  bei  den  Tritonen.    Diss.  inaug.  Helsingfors  1890. 

—  Zur  Entwickelungsgeschichte  des  Erdsalamanders  (Salamandra  maculosa  Laur.).  I.  Fort- 

pflanzung,   Ovarialei,  Furchung,  Blastida.    Anat.  Hefte.  Abt.  I.  Bd.  VI.  p.  155 — 242. 
4  Taf.  u.  3  Textfig.  1895. 

—  Zur  Frage  nach  der  Homologie  imd  dem  sogennannten  Anachronismus  der  Furchungs- 

sy Sterne  bei  der  Eifurchung.  Helsingfors  1899. 
Gv,rxvitsclt,   A,      Ueber    die    Einwirkung   des    Lithionchlorids   auf  die  Entwickelung  der 
Frosch-  und  Kröteneier.     Anat.  Am.  Bd.  XL    1895. 

—  Ueber  die  formative  Wirkung  des  veränderten  chemischen  ßlediums  auf  die  embryonale 

Entwickelung.      Versuche    an    Frosch-   und  Kröteneier.     Arch.  Entw.-3Iech.   Bd.  III. 

1896. 
Haacke,  W,    Meine  Entdeckung  des  Eierlegens  der  Echidna  hystrix.    Zool.  Am.  Bd.  VII. 

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Harper,    E.   H.      Fertilisation  in  the  Pigeon's  egg.     Science  N.  S.    Vol.  XV.    Xo,  379, 

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44* 


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R.  Acad.  sc.  Paris  1877. 

—  Notes    sur    quelques   faits    relatifs    aux   premiers   phenomenes    du    developpemenl    des 

Poissons  osseux.     Bull.  Soc.  philomat.  Paris  18S0. 

—  Formation  du  germe  dans  l'ceuf  des  Poissons  osseux.     Bull.  Soc.  Biol.  1880. 

—  Formation  des  cellules  enibryonnaires  dans  le  parablasle  des  Poi.isons  osseux.     Ebenda. 

1882. 
Hcrfort,    Karl.     Der   Reifung^froze/s    im   Ei  von   Petromyzon  fluviatiiis.     Anat.  Anz, 
Bd.    VIII.  p.  721.  1893. 

—  Die  Konjttgation  der  Vorkerne  und  die  erste  Furchung sspindel  im  Ei  von  Petromyzon 

fluviatiiis.     Ebenda.  Bd.  XVI  p.  369—376.  1899. 

—  Die  Reifung    und  Befruchtung    des  Eies    von  Petromyzon  fluviatiiis.     Arch.  f.    mikr. 

Anat.  Bd.  LVII.  p.  54—95.  S  Taf.  1901. 
Herlitzka,   A.      Contributo  allo  studio  della  capiacitä  evolutiva  dei  due  primi  blastomeri 
nell'uovo  di  tritone  (Triton  cristatusj.     Arch.  f.   Entir.-ßlech.  Bd.  II.  p.  352.  1895. 

—  Sullo  sviluppo    di  embrioni    completi    da    blastomeri    isolati    di  uovo  di  tritone  (3Iolge 

cristata).     Ebenda.  Bd.  IV.  p.  62^.  1897. 
Hertwiff,    O.      Urmund  und   Spina   bifida.     Arch.  f.  mikr.  Anat.   Bd.  XXXIX.    1892. 

—  1)  Experimentelle    Untersuchungen    über    die  ersten  Teilungen   des   Froscheies  und  ihre 

Beziehungen     zur    Organbildung    des     Embryo.      Sitz.-Ber.     Akad.     Berlin.     1893. 
p.  385—392. 

—  2)    lieber   den    Wert    der    ersten    Furchungszellen  jür    die    Organbildung    des   Embryo. 

Experimentelle  Studien  am.  Frosch-  und  Tritonei.     Arch.  f.  mikr.  Anat.     Bd.  XLII. 
1893. 

—  lieber  den  Einflufs  äufserer  Bedingungen  auf  die  Entwickelung  des  Fvcscheies.    Sitz.- 

Ber.   Akad.    Wiss.  Berlin  1894:. 

—  Beiträge  zu,r  experimentellen  Morphologie  und  Entwickelungsgeschiclite .    Die  Entivicke- 

lung  des  Froscheies  unter  dem  Einflujs   schwächerer  und  stärkerer  Kochsalzlösungen. 
Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XLIV.  p.  285— 3U-  -3  Taf.  1895. 

—  lieber  den.  Einflujs   verschiedener  Temperaticren    ntf  die  Entwickelung  der  Froscheier. 

Sitz.-Ber.  Akad.    Wiss.  Berlin.  189(i. 

—  Heber  einige  am  befruchteten  Froschei  durch   Centnfug alkraft  hervorgerufene  3Iechano- 

morphosen.     Ebenda,  p.  14 — 18.  1897. 

—  Ueber     den    Einflujs     der    Temperatur    auf   die    Entwickelung    von    Rana  fusca    und 
Rana  esculenta.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  LI.  p.  319 — S81.  1   Taf.  1898. 

—  Ueber  einige  durch  Centrifug alkraft  in  der  Entwickelung  des  Froschei.es  hervorgerufene 

Veränderungen.     Ebenda.  Bd.  LIil.  p.  415— 444.  2  Taf  1898. 
His,  W.     Unter suchunycn  über  das  Ei  und  die  Entivickelung  bei  Knochenfischen.   54  pp. 
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—  Untersuchungen    über    die  Entwickelung  von  Knochenfischen,  besonders    über  diejenige 

der  Salmen.     Zeitschr.  f.  Anat.  u.   Entw.  Bd.  I.  p.  1 — 40.  2  Taf.  1875. 

—  Ueber  den  Keimhof  und  den  Periblajit  der  Selachier.     Arch.  f.  Anat.   n.  Entw.    1897. 

—  Lecithoblast  und  Angioblast  der   Wirbeltiere.    Eine  histogenetische  Studie.    Abh.  math.- 

phys.  Kl.  Sachs.  Akad.  Leipzig.  Bd.  XXVI.  p.  173—328.  1900. 

—  Ueber   Zellen-    und   Syncytienbilduug,    Studien    am    Sahnonidenkeim.     Abh.    K.  Sachs. 

Gesellsch.   Wissensch.  Bd.  XXIV.  1898. 

—  Protoplasmastudien  am  Sahnonidenkeim .     Ebenda.   Bd.  XXVIII.    p.  h'i9 — 218.    3  TaJ. 

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—  Ueber    die    Reifung    der   Eizelle    bei    den    Säugetieren.      Ebenda.    Bd.    (II    Abt.    III. 

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Kohlbrtigge.     Die  Entwickelung  des  Eies  vom  Primär dialstcidium-  bis  zur  Befruchtung, 

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Kupffer.     Die    Entwickehmg    des   Henngs    im    Ei.     .Tahresber.  d.  Kamm.    z.    unssensch. 
Unters,   der  deutschen  Meere  in  Kiel.  p.  175 — 226.  4    Taf.  1878. 

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p.   520,   593,    612. 

—  Ueber  aktive    Beteiligung    des    Dotters    am    Befrtbchtungsakt    bei    Bufo    variabilis    und 

vulgaris.     Silz.-Ber.  Akad.   Wüs.    3Lünchen.    Math.-phys.  Kl.    Bd.  XLL.   p.  608 — 618. 
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Knpffer,  C,  und  Benecke,  B.  Der  Vorgang  der  Befruchtiing  am  Ei  der  Netmaugen. 
Herrn  Theodor  ScMcann  als  Festschrift  gewidmet  von  der  medizinischen  Fakultät 
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Lehrun,     H.      La    vesicule    germinative    et    les    globules   polaires    chez    les    Batraciens. 

C in  quiime   memoire.     Les  cincses  sexuelles  chez  les  Anoures.     T.  XLX.  Heft  2. 

Sixieme  memoire.     Les   cineses   se.nielles   chez   Diemyctylus  torosus.      La  Cellule. 

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LerebouHet,   M,    Xourelles   recherches   sur  la  formalion  des  premieres  cellnles  embryon- 

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Loyez,    Marie.     Sicr   les    transformations    de    la  vesicule  germinative  chez  les  Sauriens. 

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Lubosch,    W.      Ueber   die  Nukleolarsubstanz    des   reifenden  Tritoneneies  nebst   Betrach- 

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5   Taf.   1902. 


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Massart,  «J.      Sur  la  j)enetration  des  spermatozoides  dans  l'wiif  de  In  grenouille.     Bull. 

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Part  2.  p.  283—291.  1853;  c)  ebenda  1854. 
Nicolas,  A.      Contributions  ä  l'etude  de  la  segmentation  des  Reptiles.     Volume  jubilaire 

du  cinquantenaire  Soc.  Biol.   de  Paris,  p.   328 — 332.  1899. 

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1   Taf.  1900. 

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Oellacher,    Jos.       Untersuchung  über  die  Furchung   und  Blätterbildung   im   Hühnerei. 

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der  Zellteilung.     Ebenda.  Bd.  XXXIV.  1884. 


Eireife  und  Befruchtung.       Furchungsprozeß.  695 

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Developpement  de  l'ceuf  des  Batraciens.    Ann.  Scienc.  nat.  T.  II.  p.  100—121,  129 — 

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—  Zur    Kenntnis    der   Eichtungsspindeln    in    degenerierenden    Säugetiereiem.      Ebenda. 

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—  Mehrkernige  Eizellen  und  mehreiige  Follikel.     Arch.  mikr.  Anat.    Bd.  LIV.   p.  421 — 

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—  Neue   Grundlegimgen  zur  Kenntnis  der  Zelle.     Morph.  Jahrb.  Bd.    VIII,  p.  2S,i — S38. 

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—  Ftrchung  und  Achsenbildung  bei   Wirbeltieren.     Zool.  Ans.  Bd.    VI.  1883. 

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—  II  niicleo  nelle  uova   dello  Spelerpes  fu^cus  e   Geotriton  fuscus.      Sperimentale,    Mctrso 

1890. 

—  L'oolisi  dello  Spelerpes  fuscus.     Sperimentale.  Novembre  1892. 

—  Contributo  allo  studio  della  maturazione    e    della    distruzione    delle    uova    degli    Anfibi 

(Salamandrina  persjnciUata  e   Geotriton  fuscicsj.      Pubbl.  R.   Istit.  di  studi  super,  in 
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—  Ueber  die  Bestimmung  der  Hauptrichtungen  des  Froschembryos    im  Ei    und   über  die 

erste  Teilung  des  Froscheies.     Ebenda.  1885. 

—  Zur  Orientierung    über   einige  Probleme  der  embryologischen  Entwickelung.     Zeitschr. 

Biol.  1885. 

—  Die  Bestimmung  der  3Iedianebene    des  Froschembryos    durch    die   Kopulationsrichtung 

des  Eikernes  und  des  Spermakernes.     Arch.  mikr.  Anat.  Bd.  XXIX.  1887. 

—  Ueber   die    künstliche  Hervorbringung    halber  Embryonen  durch  Zerstörung   einer   der 

beiden  ersten  Furchungszellen,  sowie  über  die  Nachenticickelung  (Postgeneration)   der 
fehlenden  Körperhälfte.      Virchoio's  Arch.  Bd.   CXIV.  1888a. 

—  Ueber  die  Lagerung  des  Materiales  des  Medullarrohres  im  gefurchten  Froschei.     Verh. 

Anat.   Ges.   Würzburg.    Bd.  III,  1888b. 

—  Zur  Frage  der  Achsenbestimmung  des  Embryos  im  Froschei.    Biol.  Centralbl.  Bd.  Vidi. 

p.   399— 4IS.  1889. 

—  Ueber  Jlosaikarbezt  tind  neuere  Entwickelung.'shypothesen.    Anat.  Hefte.  Bd.  II.  1892. 

—  Ueber  das  enttvickelungsmechanische   Vermögen  jeder  der  beiden  ersten  Furchungszellen 

des  Eies.     Verh.  Anat.   Ges.    Vers,  zu   Wien.  p.  22 — 60.  1892. 

—  Ueber   die   ersten  Teilungen    des  Froscheies  und  ihrer  Beziehungen  zur  Organbildung 

des  Embryos.     Anat.  Anz.  Bd.    VIIl.  1893. 


696  R.  Hertwig, 

Roiioc,    W,      Ueber  die  Specilikalian  der  FurchungsseUcn  und  über  die  bei  der  Postgene- 
ration und  Regeneration  anzunehmenden  Vorgänge.    Biol.  Centralbl.  Bd.  XIII.  1893. 

—  Die  Methoden  zur  Ilervorbringung    halber  Froschembryonen    nnd    zum  Nachweise    der 

Beziehung  der  ersten  Furchungsebenen  des  Froscheies  zur  Medianebene  des  Embryos. 
Anat.  Anz.  Bd.  IX.  p.  348—281.  1894. 

—  Gesammelte  Abhandlungen  über  Entwickelungs in echanik  der  Organismen.   Leipzig  1895, 

—  Ueber  die  verschiedene  Entirickelwng  isolierter  erster  Blastomcren.    Arch.  Enlw.-Mech. 
Bd.  I.  p.   596.    1895. 

—  Bemerkungen  zu   0.  Schultzens  neuen  RotcUionsversuchen  nn  Froscheiern.     Arch.  Entv;.- 

Mech.  Bd.   V.  1897. 

—  Bemerkungen  zu.  0.  Schnitze' s  Arbeit:    Ueber  die  Notivendigkeit  der  freien  Entwickelung 

des  Embryos,  sotvie  der  „normalen  Gravitationswirkung"  stir  Entwickelung.    Ebenda. 
Bd.  IX.  p.  479—49S.  1900. 

—  Berichtigung  zu   0.  SchuHze's  Arbeit:    Ueber  das  erste  Auftreten  der  bilateralen  Sym- 

metrie im    Ferlatfe  der  Entwickelung.     Ebenda,  p.  494 — 4^9.  1900. 

—  Berichtigung  zu   0.  Schultze's  jüngstem  Aufsatze:     Ueber    die  Bedeutung  der    Schwer- 

kraft für   die  Entivickelung  des  tierischen  Embryos   und  anderes.      Ebenda.   Bd.   X. 
p.  S44—255.  1900. 

—  Das  Nichtnötigsein  der  Schwerkraft  für    die    Entivickelung    des    Froscheies.     Ebenda. 

Bd.  XIV.  p.  SOO—SO4.  1902. 

—  Bemerkun(/en    über   die    Achsenbeslimmung    des   Froschembryos    und    die    Gastrulation 

des  Froscheies.     Ebendas.  Bd.  XlV.  p.  000— 624.  1902. 
Riickert,    J.      Zur   Keimblattbildung    bei   Selachiern.      Sitz.-Ber.    Ges.  Morph,   u.  Phys. 
ßlünchen.   Bd.  I.  p.  47—104.  1885. 

—  Weitere  Beiträge  zur  Keimblattbildung   bei  Selachiern.      Anat.  Aus.  Bd.  IV.  p.  35 S — 

S74.   1    Taf.   1889. 

—  Ueber  die  Entstrhung    der    Parublast-  oder  Dotterkerne    bei    Elasmobranchiern.     Sitz.- 

Ber.   Ges.   Morph,   n.  Phys.  Bd.   V.  1890. 

—  Ueber  die  Befruchtung  bei  Elasmobranchiern.      Verh.  Anat.  Ges.  1891a. 

—  Zur  Befruchtung  des  Selachiereies.     Anat.  Anz.  Bd.   VI.  p.  308 — 322.  1891b. 

—  Ueber    physiologische    Polyspermie    bei    meroblastischen     Wirbeltiereiern.      Anat.    Anz. 

Bd.    VII.  p.  320—333.  1892  a. 

—  Zur  Entn^ickelungsgeschichte  des   Ovarialeies  bei  Selachiern.     Ebenda  Bd.    VII.  p.  107 

158.  1892  b. 

—  Ueber  die  Verdoppelung  der  Chromosouien   im  Keimbläschen  des  Selachiereies.    Ebenda. 

Bd.    VIIL  p.  44—52.  1893. 
. —  Die  erste-  Entwickelung  des  Eies  der  Elasmobranchier.    Festschrift  für  Kupß'er.  p.  581 

—704.  9   Taf.  1899. 
Ryder,     dTohn  A,     Development    of   the    spaihish    mackercl    (Cybium    maculatum). 

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—  On  the  nuclear  cleavage  figures    devrloped    during    the    segmentation   of  the   germinal 

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zool.   Gesellsch.  1895. 

—  Studien  über  den  Einflujs  des  Dotters    auf  die   Gastrulation  und  die  Bildung  der  pri- 

mären    Keimblätter    der     Wirbeltiere.    I.    Selachier.      Arch.   f.    EntUJ.-Mech.    Bd.    II. 
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—  Studien  etc.  IIL   Teleostier.     Ebenda.  Bd.  III.  p.   191—218.  S   Taf    1896. 

—  Studien  etc.  IV.  Amphio.cus.     Ebenda,  p.  1 — 33.  3  Taf.  1898. 

Sampson,    Lilian    V.       Unusual   modes   of   breeding   and   development   among  Anura. 

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Sarasin,    C.    F.       Reifimg    und  Furchung    des    Reptilieneies.      Inaug.-Diss.     Würzburg. 

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Schill ts f    A.       Zw    Entwickelnngsgeschichtc     des    Selacliiereies.      Arch:   f.    mikr.    Anat. 

Bd.  XL  p.  569—582.  1   Taf  1875. 

—  Beitrag  zur  Entwickelungsgrschiehte  der  Knorpelßsche.    Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XIII. 

p.  465—478.  1   Taf.  1870. 
Schnitze,    Majc.      lieber   den  Bau    der  Gallertscheibe    der  Medusen    und    über  die  Ent- 
nuckelunq    von    Petromyzon   Planeri.     Sitzungsber.    Naturf.    Ges.    zu  Halle.    Bd.  III. 
1855. 

—  Ohservationes    nonnullac    de  ovorum  ranarum  segmentatione,  quae  „Furchungsprozefs" 

dicitur.  17  pp.  2   Taf.  Bonn  1863. 
Schnitze,    Oscar.      Ueber   Reifung   und   Befruchtung    des    Amphibieneies.      Anat.  Anz. 
Bd.  L  p.  149—152.  1886. 

—  Untersuchunge7i    über    die    Reifung    und    Befruchtung    des    Amphibieneies.      Zcitschr. 

wissensch.  Zool.   Bd.  XLV.  p.   177—226.  3  Taf.  1887. 


Eireife  und  Befruchtung.      Furchungsprozeß.  697 

Schnitze)  Oscar.  Zur  ersten  Enlwickelung  des  braunen  Grasfrosches.  Festschr.  Alhert 
V.  Kölliker  zur  Feier  seines  70.  Geburtstages  gewidmet  von  seinen  Schülern,  p.  265 
— 380.  Leipzig.  1S87. 

—  Ueber   Achsenbcstimmmig   des    Froschembryo.     Biol.  Centralbl.    Bd.    VII.  p.  .577 — 588. 

1888. 

—  Ueber    die    tmbedinytc  Abhängigkeil    normaler    tierischer  Gestaltung  von  der   Wirkung 

der  Schtverkraft.      Verh.  d.  Anat.  Gesellsch.  p.  117-^132.  1894. 

—  Die    künstliche  Erzeugung   von  Doppelbildungen  bei  Froschlarven  mit  Hilfe  abnormer 

Gravitationsnnrkung.     Arch.  f.  Entu'.-3Iech.  Bd.  I.  p.  269 — ä05.  1894. 

—  Ueber    die    Bedeutung    der    Schmerkraft    für     die     orga^iische     Gestaltung.      Verhandl. 

Phys.-med.  Gesellsch.    Würzburg.  N.  F.  Bd.  XXVIII.  p.  23 — 44.  1894. 

—  Ueber    die   Einwirkung    niederer    Temperaturen    auf   die  Entwickelung    des  Frosches. 

Anat.  Anz.  Bd.  X.  p.  291.  1894. 

—  Die  Notioendigkeit  der  richtenden   Wirkung  der  Schiverkraft  für  die  Entwickelung  des 

Froscheies.     Sitz.-Ber.  phys.  med.   Ges.    Würzburg.  1897. 

—  Ueber    die    Eintvirkung    niederer    Temperatur    auf   die    Entwickelung    des    Frosches. 

Anat.  Anz.  Bd.  XVI,  1899. 

—  Die  bilaterale  Symmetrie  des  Amphibieneie.t.      Verh.  Anat.   Ges.  p.  23.  1899<i. 

—  Ueber  die  Notwendigkeit  der  freien  Entwickelung  des  Embryos.     Arch.  f.   mikr.  Anat. 

Bd.  LV.  p.  202—203.   1899b. 

—  Ueber    das    ei'ste  Auftreten   der  bilateralen  Symmetrie    im    Verlauf  der   Entunckelung. 

Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  LV.  p.  171—201.  2  Taf.  1899c. 

—  Zur  Frage   von   der  Bedeutung    der  Schwerkraft  für  die  Entwickelung    des  tierischen 

Embryos.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  LVI.  p.  309 — 334.  1900. 
Selenkiif   Emil.      Ueber   die  Entwickelung  des  Opossum  (Didelphys  virginiana).  Biolog. 

Centralbl.  Bd.    V.  p.  1.  1883. 
Sohottu,   <J.      Die  Befruchtung   und  Fnrchum/  des  Eies  der  Maus.     Arch.  f.   mikr.  Anat. 
Bd.  XLV.  189.-*. 

—  Die  Befruchtung    des  Eies    vom  Amphio.cus    laaceolatus.     Anat.    Anz.  Bd.  IX.  1895. 

—  Ztir  Entwickelung  von  Belone  acus.     Verh.  Anat.   Gesellsch.  Berlin.  1896. 

—  Die  Reifung   und  Befruchtung   des  Eies    von   Amphioxus   lanceolatus.     Arch.  f.  mikr. 

Anat.  Bd.  L.  p.  15—71.  4   Taf.  1897'^. 

—  Die  Furchung  des   Wirbeltiereies.     Ergebnisse  Anat.  und  Entwickelungsgesch.  Bd.  VI. 

p.  493—593.  38  Abbild.  1897t. 

—  Ueber  die  Bedeutung    der  mitotischen  Figuren   in    den  Eierstockseiern  der  Säugetiere. 

Ein    Beitrag    zur   Kenntnis    der   ersten    Richtungsspindel   der    Säugetiere.      Festschr. 
Phys.-med.   Gesellsch.    Würzburg.  p.  187 — 192.  1   Taf. 

—  Ueber  den   Uebergang  des  befruchteten  Eies  der  3Iaus  aus  dem  Eileiter  in  den  Utei^s, 

die  ersten   Veränderungen    des  Eies   in    der  Gebärmutter   und  seine  Beziehungen  zur 
Uterusivand.     Sitzungsber.  Phys.-med.   Ges.    Würzburg.  p.  23 — 27.  1901. 

—  Die  Entwickehtng    des  Eies    der  Maus    vom  Schlüsse    der   Furchungsperiode    bis    zum 

Auftreten    der   Amniosfalten.      Arch.  f.    mikr.    Anat.  Bd.  LXI.   p.  274 — ^SO.  2   Taf. 
1902. 

Spemann,  Hans.  Experimentelle  Erzeugung  zweiköpfiger  Embryonen.  Sitzungsber. 
Phys.-med.   Ges.   Würzbwg.  1901. 

—  Entwickelungsphysiologische    Studien    am    Tritonei.      Arch.  f.    Entw.-Mech.    Bd.    XII. 

p.  224—264.  1   Taf.  1901. 

—  Entwickelungsphysiologische    Studien    etc.    IL  Ebenda.    Bd.    XV.   p.    44^ — ^^4-     ^>^it 

5   Taf  1902. 
Spuler.   A.      Lieber  die   Teilungserscheinungen  der  Eizellen  in  degenerierenden  Follikeln 

des  Säugerovariums.     Anat.  Hefte.  Bd.  XVI.  p.  85 — 115.  1    Taf.  1901. 
Strahl,  H.     Die  Dottersachvand  und  der  PaixMast  der  Eidechse.     Zeitschr.  wiss.  Zool. 

Bd.  XLV.  p.  288—307.  1   Taf  1887. 

—  und  Krantstrimk,    T.      Ueber  frische    Entioickelungsstadien    von   Lacerta  vivipara. 

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Stricker,  S,  Untersuchungen  über  die  Entwickelung  der  Bachforelle.  Sitzungsber.  math. 
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Tafani,    A,     La  fecondazione  e  la  segmentazione  studiate  neue  uova    dei   Topi.   1888. 

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—  I  primi  momenti  dello    sviluppo    dei  3Iammiferi.     Pubbl.  R.  Istit.  Stud.    sup.  Firenze. 

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Todaro,    Franc.     Sulla    struttura,    la    maturazione    e    la    fecondazione   dell'ovo    della 
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698        R.   HertwIG,  Eireife  und   Befruchtung.      Furchungsprozeß. 

Todaro,  Ft^anc.     Sopra  lo  svüuppo    della  Seps    clialeides.     Ricerche  Lab.  Anat.  Roma. 
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Keimfihlätter    hei    Sepa    c  ha  l  ei  des.      Mole.fchott's     Untersuchungen    zur  Natvrlehre. 

Bd.  XV.  p.  .520 — .')34.  1895.  (Auch  Mitteil.  XI.  intern,  med.  Kongress  Rom.) 
Tonkoff,    W.     Experimentelle  Erzenqung  von  Doppelbildungen   bei  Triton.     Sitzungsher. 

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Vay.   Fr.     Zur  Seqmcntfition    ron   Tropidonotus   natrix.     Anat.    HeHe.    Bd.  II.    Heft  Jf. 

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Virchotv,   Hans.     Da.s   Dotterorgan   der    Wirbeltiere.      Arch.   f.   mikr.   Anat.    Bd.   XL. 

p.  39—101  und  Zeitschr.  f.  tviss.  Zool.  Bd.  LIII.  Suppl.  p.  161 — 206.  1892. 

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—220.  1892. 

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1896. 

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1896. 

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—441.  190Ö. 
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Whittnan,    C.    O.,    und   Eycleshymer,    A,    C.      The   egg    nf  Amia    and    its  cleavage. 

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Wilson,   E,   B.     Amphioxus  and  the  mosaic  theory  of  development.    .lourn.  3Iorph.  Bost. 

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—  Die  Entstehung  des  Periblastes  bei  den  Knochenfischen.     Anat.  Anz.  Bd.  XII.  p.  353 

—370.  1896. 
Ziegler,    Curt.     Zur  Postgenerationsfrage.       Anat.    Hefte.    Abi.   I.    Heft   61.   p.    1  —  57. 
'  14    Textfig.   1902. 


Drittes  Kapitel. 

Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 

Von 
Professor  Oscar  Hertwig-^). 

Geschichte  der  Blättertheorie  und  einige  einleitende 

Betrachtungen. 

Eines  der  wichtigsten  Kapitel  in  der  Entwickelungsgeschichte  ist 
die  Lehre  von  den  Keimblättern.  Darunter  versteht  man  die  erste 
Anordnung  der  durch  den  Furchungsprozeß  gebildeten  Embryonal- 
zellen in  einzelne  Schichten,  aus  welchen  dann  weiter  nach  bestimmten 
besetzen  alle  Organe  und  Gewebe  ihren  Ursprung  nehmen.  Die 
tierischen  F  u  n  d  a  m  e  n  t  a  1  o  r  g  a  n  e  hat  daher  C.  E.  v.  Baer  die  Keim- 
blätter mit  Recht  genannt.  Ihre  Erforschung  in  den  einzelnen  Klassen 
der  Wirbeltiere  und  die  Vergleichung  und  Deutung  der  oft  sehr  ab- 
weichenden Befunde  ist  mit  nicht  geringen  Schwierigkeiten  verknüpft. 
Eine  nicht  nur  an  Umfang,  sondern  auch  an  Widersprüchen  sehr 
reiche  Litteratur  ist  entstanden.  Bis  zur  Gegenwart  weichen  die  Ur- 
teile der  Embryologen  noch  in  den  wichtigsten  Fragen  auseinander. 
Doch  wird  auch  hier  endlich  Licht  in  die  bestehenden  Differenzen  durch 
die  vergleichende  Entwickelungslehre  gebracht  werden,  welche  bisher 
schon  ihre  schönsten  Erfolge  auf  diesem  Gebiet  erzielt  hat. 

Da  die  Blättertheorie  für  das  Verständnis  der  tierischen  Form- 
bildung von  der  weittragendsten  Bedeutung  ist  und  der  Zellentheorie 
als  ebenbürtig  zur  Seite  gestellt  werden  kann,  gehe  ich  gleich  zu  An- 
fang auf  ihre  Geschichte  näher  ein,  werde  aber  hierbei  nur  die  allge- 
meinen Umrisse  entwerfen  und  speciellere  Fragen  den  Abschnitten  über 
die  Keimblattbildung  in  den  einzelnen  Klassen  der  Wirbeltiere  vorbe- 
halten. 


1)  Da  das  Manuskript  schon  ein  Jahr  vor  Beginn  der  Drucklegung  abge- 
schlossen Avar,  sind  einige  Nachträge  mit  Eücksicht  auf  mehi-ere  neu  erschienene 
Untersuchungen  notwendig  geworden  und  als  Nebentext  an  verschiedenen  Stehen 
eingeschoben  AAorden. 

Bezüglich  der  zitierten  Litteratur  ist  zu  bemerken,  daß  Schi-il'ten,  die  m  der 
allgemeinen  Litteraturübersicht  (p.  71—85)  aufgeführt  sind,  im  Citat  kenntlich  ge- 
macht sind  durch  die  Buchstaben  A.  L.  I,  A.  L.  II.  A.  L.  III,  dagegen  die  am 
Schluß  des  Kapitels  III  zusammengestellten  Schiiften  durch  die  Buchstaben  L.  K.  III. 


700  0.  Hertwig, 

Die  Begründung  der  lilättertheorie  ist  an  die  berühmtesten  Namen 
auf  dem  Gebiete  der  Entwickelungsgescliiclite  geknüpft,  an  Caspar 
Friedr.  Wolff,  Pander,  C,  E.  v.  Baer.  —  Wolff  (A.  L.  I  1768 
und  1>'12).  der  Entdecker  der  Metamorphose  der  Pflanze,  zeigte  in 
seiner  ausgezeichneten  Abhandlung  über  die  Biklung  des  Darmkanals 
im  bebrüteten  Hühnchen,  daß  der  Darm  anfängUch  als  ein  blattförmiges 
Gebilde  auf  der  Dotterkugel  angelegt  wird,  daß  dieses  sich  darauf  zu 
einer  Halbrinne  einkrümmt  und  endlich  zu  einem  Rohr  umgestaltet. 
Er  sprach  die  Vermutung  aus,  daß  in  ähnlicher  Weise  die  übrigen 
Organsysteme  entstehen  möchten.  (Vergl.  hierüber  auch  die  historische 
Einleitung  p.  30  und  31.  ^ 

An  Wolff  anknüpfend,  haben  dann  in  unserem  Jahrhundert 
Pander  und  C.  E.  v.  Baer  unter  Anregung  und  Leitung  ihres  berühm- 
ten Lehrers  Döllinger  die  Keimblattlehre  weiter  ausgebaut  (S.  p.  38 
— 40).  Pander  (A.  L.  1  1817)  unterschied  am  Hühnerei  zu  Anfang 
der  Bel)rütung  2  dünne,  voneinander  trennl)are  Lamellen  als  seröses 
Blatt  und  als  Schleimblatt  und  war  der  erste,  welcher  klar  erkannte, 
daß  die  Keimblätter  „durch  den  einfachen  Mechanismus  des  Faltens  den 
Leib  und  die  Eingeweide  des  Tieres  bilden".  C.  E.  v.  Baer  (A.  L.  1 1828), 
die  Forschungen  Pander's  fortsetzend,  unterschied  das  seröse  und  das 
Schleimblatt  als  animales  und  als  vegetatives;  er  ließ  jedes  sich  später 
in  2  Schichten  spalten,  das  erstere  in  Hautschicht  und  Fleischschicht, 
das  vegetative  in  Schleimschicht  und  in  Gefäßschicht,  so  daß  jetzt  4 
sekundäre  Keimblätter  entstanden  sind. 

Durch  Schwann's  Zellentheorie  wurden  neue  Gesichtspunkte  auch 
in  die  Keimblattlehre  eingeführt.  Es  ist  eines  der  Hauptverdienste 
von  PtEMAK  (A.  L.  I  1850),  in  seinem  Fundamentalwerk  „Untersuchungen 
über  die  Entwickelung  der  Wirbeltiere''  die  histogenetischen  Leistungen 
der  Keimblätter  in  ziemlich  zutreffender  Weise  festgestellt  zu  haben. 
(S.  p.  50 — bl.)  Hinsichtlich  der  Entstehung  der  4  sekundären  Keim- 
blätter w^eicht  Remak  von  Baer  ab.  Aus  den  beiden  primären  Blättern 
läßt  er  zunächst  ein  drittes,  das  mittlere  Keimblatt,  hervorgehen,  und 
zwar  leitet  er  dasselbe  einzig  und  allein  durch  Abspaltung  vom 
unteren  Keimblatt  ab.  Nach  ihren  Leistungen  bezeichnet  er  die  3 
Schichten  als  das  obere  oder  sensorielle,  als  das  mittlere  oder  motorisch- 
germinative  und  als  das  untere  oder  trophische  Keimblatt.  Erst  da- 
durch, daß  später  das  Mittelblatt  sich  wenigstens  in  seinen  seitlichen 
Abschnitten  (Seitenplatten)  abermals  in  Hautfaserblatt  und  Darmfaser- 
blatt spaltet,  wodurch  die  Brust-  und  Leibeshöhle  entsteht,  kommen  die 
4  sekundären  Keimblätter  Baer's  zu  stände. 

In  seinen  Angaben  nähert  sich  Remak,  dem  eine  Zeit  lang  die 
Majoiität  der  Embryologen  folgte,  dem  wahren  Sachverhalt  mehr  als 
C.  E.  V.  Baer  ;  doch  irrten  beide  in  gleicher  Weise  darin,  daß  sie  die 
Entwickelung  der  Keimblätter  immer  als  einen  Sonderungs-  und 
Spaltungsprozeß  auffaßten.  Ueberhaupt  ist  die  Frage  nach  der  ersten 
Genese  der  Keimblätter  die  Klippe,  an  welcher  die  Untersuchungen 
der  zahlreichen  Forscher  in  den  nächsten  Decennien  nach  Remak  ge- 
scheitert sind;  sie  war  für  die  höheren  Wirbeltiere,  welche  meist  als 
Untersuchungsobjekte  gedient  haben,  vorzüglich  aber  für  das  Hühnchen, 
sehr  schwierig  zu  entscheiden.  Es  war  hier  keine  Sicherheit  darüber 
zu  gewinnen,  ob  das  mittlere  Blatt  sich  nur  aus  dem  unteren  (Remak) 
oder  nur  aus  dem  oberen  oder  aus  beiden  zugleich  (C.  E.  v.  Baer) 
entwickelt. 


Die   Lehre  von  den  Keimblättern.  701 

In  die  E  n  ts  tehu  n  ,ii'  der  Keimblätter  hat  erst  die  ver- 
gleich e  n  d  e  M  e  t  h  0  d  e  Li  i  c  h  t  g  e  b  r  a  c  h  t.  Ausgehend  vom  Studium 
niederer  Wirbeltiere  und  der  Wirbellosen,  haben  Huxley  und  Ko- 
WALEVSKY,  Haeckel  uud  Ray  Lankester  die  Keimlilattlehre  mächtig 
gefördert. 

Schon  im  Jahre  1.S49  unterschied  der  geistvolle  englische  Zoologe 
Huxley  (L.  K.  III  ',  1849)  bei  den  Medusen  zwei  Membranen,  ein 
Außen-  und  ein  Innenblatt,  aus  welchen  sich  ihr  Körper  allein  auf- 
baut, und  si)rach  hierbei  den  glücklichen  Gedanken  aus,  daß  sie  nach 
ihren  physiologischen  Leistungen  den  beiden  primären  Keimblättern 
der  Wirbeltiere  gleichwertig  seien.  Für  die  Schichten  der  Cölenteraten 
führte  bald  darauf  Allman  (L.  K.  III  S  1853,  p.  368)  die  jetzt 
so  viel  gebrauchten  Namen  „Ektoderm''  und  „Entoderm"  ein,  deren  man 
sich  später  auch  zur  Bezeichnung  der  embryonalen  Blätter  bedient  hat. 

Ein  noch  größerer  Fortschritt  ist  durch  den  russischen  Zoologen 
Kowalevsky  (L.  K.  IIP ,  1871  etc.)  angebahnt  worden,  der  in  zahlreichen 
vorzüglichen  Untersuchungen  uns  mit  einer  Fülle  wichtiger  Thatsachen 
aus  der  Entwickelungsgeschichte  der  Würmer,  Cölenteraten,  Mollusken. 
Brachiopoden.  Tuuicaten,  Arthropoden  bekannt  gemacht  hat.  Er  zeigte, 
daß  bei  allen  Wirbellosen,  die  er  untersucht  hatte,  am  Anfang  der 
Entwickelung  sich  2  Keimblätter  bilden,  daß  in  vielen  Tierabteilungen, 
wenn  sich  der  Furchungsprozeß  abgespielt  hat,  eine  Keimblase  ent- 
steht, und  daß  diese  sich,  indem  ein  Teil  der  W^and  eingestülpt  wird, 
in  einen  Doppelbecher  umwandelt ,  dessen  von  2  Keimblättern 
umgrenzter  Hohlraum  durch  eine  Oeffnung  nach  außen  kommuniziert. 
Bei  dieser  Gelegenheit  sei  auch  noch  der  Verdienste  einiger  anderer 
Embryologen  gedacht,  welche  die  Becherlarve  und  ihre  Entstehung 
durch  Einstülpung  noch  früher  in  einzelnen  Fällen  beobachtet  haben. 
RuscoNi  (A.  L.  III  s  1826)  und  Remak  (A.  L.  I  1850)  haben  die 
Becherlarven  von  Amphibien,  Gegenbaur  (L.  K.IIP,  1855)  von  den  Sa- 
gitten,  Max  Schultze  (A.  L.  III  ^  1856)  von  Petromyzon  beschrieben. 

Die  einzelnen  Beobachtungen  zu  einer  zusammenfassenden  Theorie 
über  die  Genese  der  beiden  primären  Keimblätter  verwertet  zu  haben, 
ist  das  besondere  Verdienst  von  E.  Haeckel  (A.  L.  I  1874 — 1875), 
und  Ray  Lankester  (A.  L.  I  1873.  1877).  Beide  wurden  gleich- 
zeitig uud  unabhängig  voneinander  durch  die  Thatsachen  zu  ähn- 
lichen Ideen  geführt,  beide  auf  dem  durch  Darwin's  Auftreten  neuge- 
festigten Boden  der  Descendenztheorie  stehend  und  dabei  von  dem 
Gesichtspunkt  ausgehend,  daß  die  einzelnen  Stadien  der  individuellen 
Entwickelungsgeschichte  eine  Rekapitulation  der  Stammesgeschichte 
sind  (Biogenetisches  Grundgesetz). 

Haeckel  verötfentlichte  seine  Ideen,  welche  bei  ihrem  ersten  Er- 
scheinen von  vielen  Seiten  angefeindet,  jetzt  ihrem  wichtigsten  all- 
gemeinen Inhalt  nach  Anerkennung  gefunden  und  den  Anstoß  zu 
zahlreichen  Untersuchungen  gegeben  haben,  in  2  Aufsätzen  in  der 
Jenaischeu  Zeitschrift  1)  Die  Gastraeatheorie.  die  phylogenetische  Klassi- 
fikation des  Tierreichs  und  die  Homologie  der  Keimblätter,  und  2) 
Nachträge  zur  Gastraeatheorie.  In  ihnen  suchte  Haeckel  wahrschein- 
lich zu  macheu,  daß  in  der  Entwickelung  der  verschiedenen  Tierklassen 
von  den  Spongien  bis  zum  Menschen  hinauf  eine  Keimform,  die 
Gastrula,  auftritt,  und  daß  die  2  Keimblätter,  aus  denen  sie  besteht,  bei 
den  Embryonen  aller  Metazoen  einander  vergleichbar  oder  homolog 
sind.  Die  Gastrula  stellt,  wie  Haeckel  durchzuführen  suchte,  im  einfach- 


702  0.  Hertwig, 

sten  Zustand  einen  Doppelbeclier  mit  einer  Urdarmhöhle  und  einem 
Urmund  dar,  kann  aber  dadurch,  daß  im  Ei  Dottermaterial  abgelagert 
wird,  wie  bei  den  meisten  Wirbeltieren  in  hohem  Grade  abgeändert 
werden,  so  daß  die  ursprüngliche  Grundform  kaum  noch  zu  erkennen 
ist.  Je  nach  der  Art  der  Abänderung  wurden  verschiedene  Formen 
der  Gastrula  als  Glocken-,  Hauben-,  Scheiben-  und  Blasengastrula  von 
Haeckel  unterschieden  und  durch  einen  Einstülpungsprozeß  aus  einer 
noch  einfacheren  Grundform,  aus  der  Keimblase  (Blastula)  hergeleitet. 

Aehnlichen,  aber  in  einer  etwas  anderen  Weise  ausgeführten  Ideen- 
gängen begegnen  wir  in  2  wichtigen,  interessanten  Schriften  von  Ray 
Lankester:  1)  On  the  primitive  cell-layers  of  the  embryo  as  the 
basis  of  genealogical  Classification  of  animals.  und  2)  Notes  on  the 
embryology  and  Classification  of  the  animal  kingdom ,  comprising  a 
revision  of  speculations  relative  to  the  origine  and  significance  of  the 
germ-  layers.  Wie  Haeckel  die  G  a  s  t  r  a  e  a ,  so  nimmt  Ray  Lankester 
die  Planula  als  eine  Grundform  an.  aus  welcher  sich  alle  Tierstämme 
entwickelt  haben,  weshalb  er  seine  Theorie  auch  als  die  Planula- 
theorie  der  Gastraeatheorie  gegenübergestellt  hat.  Unter  Planula 
versteht  er  eine  sack-  oder  blasenförmige  Larve,  deren  Wand  aus  2 
Zellenblättern  aufgebaut  ist  und  einen  Hohlraum,  die  Magenhöhle,  um- 
schließt. Die  2  Schichten  können  sich  nach  Ray  Lankester  auf  eine 
doppelte  Weise  entwickeln.  Der  ursprüngliche  Vorgang  ist  der,  daß 
die  einfache  Zellenschicht,  welche  die  Wand  der  Blase  bildet,  sich  durch 
Spaltung  (Delamination)in  eine  äußere  und  eine  innere  Lage,  in  Ektoderm 
und  Entoderm,  sondert.  Infolge  einer  Durchbrechung  der  Wand  an 
einer  Stelle  entsteht  erst  eine  in  die  Magenhöhle  führende  Oeffnung, 
der  Urmund.  Im  zweiten  Falle  wird  die  doppelblätterige  Planula  durch  In- 
vagination,  durch  Einstülpung  einer  einfachen  Zellenblase  in  der  von  Hae- 
ckel gelehrten  Weise  gebildet.  Der  Magenraum  hat  daher  hier  gleich  eine 
Oeffnung  nach  außen, den  Blastoporus.  Nach  Lankester's  Meinung  kommt 
die  Bildung  der  Gastrula  durch  Invagination  nicht  in  der  von  Haeckel 
gelehrten  allgemeinen  Verbreitung  vor.  Das  Ursprüngliche  ist  die  Ent- 
wickelung  der  beiden  primären  Keimblätter  durch  Delamination  aus 
einer  einfachen  Zellenschicht.  Die  Gastrulation  durch  Einstülpung  ist 
dagegen  ein  erst  sekundär  entstandener,  abgeleiteter  Prozeß.  Der 
Aufbau  der  Tiere  aus  2  oder  3  Keimblättern  ist  auch  in  den  Augen 
von  Ray  Lankester  von  großem  Wert  für  eine  natürliche,  genealo- 
gische Klassifikation.  Nach  diesem  Prinzip  wird  das  Tierreich  in  3 
verschiedene  Gruppen  eingeteilt,  in  die  Homoblastica  (Protozoen), 
Diploblastica  und  Triploblastica. 

So  anregend  und  fruchtbar  nun  auch  immerhin  die  Gastraea-  und 
Planulatheorie  für  die  Blätterlehre  waren,  so  ließ  sich  ihnen  doch  mit 
Recht  vorwerfen,  daß  der  Grund,  auf  dem  der  Bau  errichtet  war.  im 
ganzen  noch  ein  sehr  unsicherer  war.  Wenn  wir  von  den  W^irbellosen 
absehen,  so  waren  sowohl  Haeckel  als  Lankester  den  sicheren 
Nachweis  schuldig  geblieben,  wie  in  den  meisten  Klassen  der  Wirbel- 
tiere, bei  Fischen,  Reptilien,  Vögeln  und  Säugetieren,  der  zweiblätterige 
Zustand  in  W^irklichkeit  entsteht,  wie  bei  ihnen  die  Entwickelung  der 
Gastrula  oder  Planula  vor  sich  geht.  Bei  eingehenderer  Untersuchung 
entsprach  ihre  Darteilung  häufig  nicht  den  thatsächlichen  Befunden. 
Um  die  Feststellung  und  Klärung  zahlreicher,  in  der  Gastraeatheorie 
unerledigt  gebliebener  oder  falsch  beantworteter  Fragen  haben  sich 
zahlreiche  Embrvologen  durch  genauere  Erforschung  dieser  grundlegen- 


Die    Lehre  von  den   Keimblättern.  703 

den  Entwickelungsprozesse  wesentliche  \'erdienste  erworben.  Wenn 
auch  das  nähere  Eingehen  hierauf  den  einzelnen  Abschnitten  über  die 
Keiniblattbildung  in  den  einzelnen  Klassen  der  Wirbeltiere  vorbehalten 
bleiben  muß,  so  seien  doch  hier  noch  einige  besonders  wichtige  Ent- 
deckungen kurz  zusanimengestellt,  durch  welche  ein  besseres  Ver- 
ständnis der  Keiniblattbildung  ermöglicht  worden  ist.  Als  eine  solche 
erwähne  ich  die  lieobachtung  von  Kow^alevsky  (A.  L.  III  '',  1870 
und  A.  L.  III  1  .  1877),  daß  bei  den  Stören,  bei  Amphioxus  und 
anderen  Wirbeltieren  dei-  Rest  des  Urmuudes  in  das  Ende  des  Nerven- 
rohrs bei  seiner  Ent Wickelung  mit  aufgenommen  wird  und  einen  C  a n  a  1  i  s 
n  eur  entericus,  eine  offene  Verbindung  zwischen  Nerven-  und 
Darmrohr,  herstellt.  Von  A.  Rauber  (L.  K.  III  \  1876)  wurde  der 
wichtige  Gedanke  ausgesprochen,  daß  die  Primitivrinne  der  Vögel  und 
Säugetiere  dem  Urniund  niederer  Wirbeltiere  entspreche.  Er  gewann 
2  Jahre  später  eine  wichtige  Stütze  durch  Gasser  (L.  K.  III  *,  1878), 
welcher  bei  Gänseembryonen  auf  einem  bestimmten  Stadium  ihrer  Ent- 
wickelung  am  vorderen  Ende  des  Primitivstreifs  ebenfalls  einen  engen, 
Nerven-  und  Darmrohr  verbindenden  Canalis  neurentericus  nachwies. 
KuPFFER  und  Benecke  (L.  K.  III',  1878)  entdeckten  bei  Reptilien  im 
hinteren  Bezirk  des  Embryonalschildes  eine  kleine  Einstülpung,  die 
sie  als  Urdarm,  und  eine  äußere  Oeffnung,  die  sie  als  Prostoma  deu- 
teten und  der  Primitivrinne  der  Vögel  verglichen. 

Lieberkühn  (L.  K.  III '^  1882)  beobachtete  bei  Säugetieren  den 
Chordakanal,  und  Van  Beneden  (L.  K.  III  ^,  1888),  der  ihn  bei  der 
Fledermaus  sehr  stark  entwickelt  fand  und  feststellte,  daß  seine  untere 
Wand  sich  bald  in  die  Keimblasenhöhle  öffnet,  verglich  ihn  dem  Ur- 
darm. 

Einen  ähnlichen  Wandel,  wie  die  Frage  nach  der  Entwickelung 
der  beiden  primären  Keimblätter,  machte  die  Frage  nach  der 
Entwickelung  der  mittleren  Keimblätter  durch.  Wie  für 
jene  in  der  Gastraea-  und  Planulatheorie,  wurde  für  diese  eine  neue 
Grundlage  in  der  Cöl  o  mtlieorie  gewonnen. 

Haeckel  w^ar,  w'as  die  Entstehung  der  mittleren  Keimblätter  an- 
betraf, auf  dem  überlieferten  Standpunkt  stehen  geblieben,  indem  er 
sich  am  meisten  der  Ansicht  C.  E.  v.  Baer's  zuneigte,  daß  sich  das 
Hautfaserblatt  vom  primären  äußeren  und  das  Darmfaserblatt  vom 
inneren  Keimblatt  abspalte.  Dagegen  huldigten  die  meisten  Embryo- 
logen, welche  sich  mit  der  Entwickelungsgeschichte  der  Wirbeltiere 
beschäftigten,  der  Ansicht  Remak's  und  ließen  das  ganze  mittlere 
Keimblatt  sich  durch  Delamination  vom  unteren  bilden.  Die  Leibes- 
höhle betrachteten  sie  als  einen  Spaltraum  im  mittleren  Keimblatt  und 
stellten  sie  anderen  lymphatischen  Hohlräumen,  wie  sie  an  verschiedenen 
Stellen  des  Körpers  ira  Bindegewebe  auftreten,  an  die  Seite. 

Einen  wichtigen  Fortschritt  in  genauerer  Feststellung  des  Sach- 
verhaltes führte  KÖLLiKER  (A.  L.  II  1879)  durch  genaueres  Studium 
der-  Blätterbildung  bei  dem  Hühnchen  und  bei  Säugetieren  herbei. 
Er  zeigte,  daß  bei  ihnen  das  mittlere  Keimblatt  sich  nicht  einfach  vom 
unteren  abspaltet,  sondern  von  einem  beschränkten  Bezirk  der  Keim- 
haut, von  der  Primitivrinne  aus,  durch  eine  Wucherung  des  äußeren 
Keimblattes  entsteht.  Von  hier  aus  läßt  er  es  zwischen  die  beiden 
primären  Keimblätter  als  eine  solide  Zellenmasse  hineinwachsen  und 
dann  später  in  ihm  die  Leibeshöhle  durch  Spaltung  in  2  Blätter  sicht- 
bar werden. 


704  0.  Hertwig, 

Ein  durchgreifender  Wandel  wurde  aber  auch  hier  erst  durch  die 
vertileichende  Metliode,  durch  das  Studium  anderer  Wirbeltiere  und 
selbst  der  Wirbellosen  herbeigefiUirt.  Metschnikoff  (L.  K.  III  ', 
1869,  1870,  1874)  und  Kowalevsky  (L.  K.  III  ',  1871)  machten  beim 
Studium  der  Entwickelung  von  Echinodermeu,  Balanoglossus,  Chaeto- 
gnathen  und  Brachiopoden  die  wichtige  Entdeckung,  daß  bei  ihnen 
die  W^mdungen  der  Leibeshöhle  durch  Ausstülpungen  des  Darmkanals 
gebildet  werden.  Besonderes  Aufsehen  erregte  der  1871  von  Kowa- 
levsky erbrachte  Nachweis,  daß  bei  Sagitta  (L,  K.  III  \  1871)  der 
Urdarm  der  Gastrula  durch  2  Falten  in  3  Räume,  in  die  sekundäre 
Darmhöhle  und  in  die  Leibeshöhlen,  abgeteilt  wird,  was  später  durch 
Untersuchungen  von  Bütschli  (L.  K.  III  ^  1873)  und  Oscar  Hert- 
wig (L.  K.  III  \  1880)  volle  Bestätigung  fand.  Em  ähnlicher  Vorgang 
Avurde  hierauf  von  Kowalevsky  auch  bei  dem  niedersten  Vertreter 
der  Wirbeltiere,  beim  Amphioxus  (A.  L.  III  ',  1877)  nachgewiesen,  bei 
welchem  das  innere  Keimblatt  ebenfalls  Ausstülpungen,  die  Ursegmente 
liefert,  von  denen  sich  weiterhin  die  Leibeshöhle  herleitet. 

Durch  diese  ungemein  wichtigen  und  interessanten  Beobachtungen 
wurden  Huxley,  Ray  Lankester,  Balfour,  Oscar  und  Richard 
Hertwig  zu  theoretischen  Betrachtungen  über  den  Ursprung  der 
Leibeshöhle  und  der  mittleren  Keimblätter  im  Tierreich  angeregt. 

Huxley  (L.  K.  III  ',  1875,  1877)  unterschied  drei  nach  ihrer  Ent- 
stehung verschiedene  Arten  der  Leibeshöhle :  1 )  ein  Enterocöl,  welches 
wäe  bei  den  Pfeilwürmern  etc.  von  Ausstülpungen  des  Urdarms  ab- 
stammt, 2)  ein  Schizocöl,  welches  sich  durch  Spaltbildung  in  einer 
zwischen  innerem  und  äußerem  Keimblatt  entstandenen  Stützsubstanz 
entwickelt.  3)  ein  Epicöl,  das  durch  Einstülpung  der  Körperober- 
fläche, wie  der  Perithorakalraum  der  Tunicaten  angelegt  wird.  Letzterer 
Art,  meinte  Huxley,  entspräche  vielleicht  auch  die  Pleuroperitoneal- 
höhle  der  Wirbeltiere.  Im  Gegensatz  zu  Huxley  giebt  Ray  Lan- 
kester (A.  L.  I  1877),  bis  nicht  entscheidende  Beweise  für  eine 
verschiedenartige  Genese  der  Leibeshöhle  beigebracht  worden  seien, 
der  Hypothese  eines  bei  allen  Tieren  einheitlichen  Ursprungs  den 
Vorzug;  als  Grundform  betrachtet  er  das  Enterocöl,  das  wie  bei 
den  Echinodermen  aus  2  Ausstülpungen  des  Urdarms  (Parentera)  ent- 
steht. Von  ihm  leitet  er  durch  Umbildung  das  Schizocöl  in  der 
Weise  ab,  daß  die  2  Ausstülpungen  des  LTrdarms  bei  ihrer  ersten  An- 
lage den  Hohlraum  eingebüßt  haben  und  daher  als  solide  Zellenmassen 
auftreten,  die  erst  nachträglich  wieder  eine  Höhlung  gewinnen. 

Balfour  (A.  L.  II.  1881)  beschränkt  sich  in  seinen  Abhandlungen 
mehr  auf  die  Erklärung  des  mittleren  Keimblattes  der  Wirbeltiere, 
ohne  aber  zu  einer  einheitlichen  Gesamtauffassung  in  Bezug  auf  den 
Ursprung  desselben  zu  kommen.  In  seiner  Monographie  der  Selachier- 
entwickelung  (A.  L.  III  ^,  1878)  machte  er  die  Entdeckung,  daß  das 
mittlere  Keimblatt  von  den  Rändern  des  Urmundes  aus  in  2  getrennten 
Zellenmassen  entsteht,  welche  nach  vorn  zwischen  die  2  primären 
Keimblätter  hineinwachsen.  Da  in  jeder  Zellmasse  bald  eine  ge- 
sonderte Höhle  auftritt,  bezeichnete  er  die  Leibeshöhle  als  eine  von 
Anfang  an  paarige  Bildung  und  verglich  sie  den  beiden  Leibessäcken, 
welche  sich  bei  Wirbellosen  durch  Ausstülpung  vom  Urdarm    bilden. 

Durch  ähnliche  theoretische  Gesichtspunkte  wie  die  englischen 
Morphologen  geleitet,  versuchten  darauf  Oscar  und  Richard  Hert- 
wig (A.  L.  I,  1879,  1881  und  L.  K.  III  ',  1883),  die  Frage  nach  der  Ent- 


Die   Lehre   von   den  Keimblättern.  7^)5 

Wickelung  der  Leibesliöhle  und  der  mittleren  Keimblätter  durch  plan- 
mäßige, in  den  Studien  zur  Blättertheorie  veröffentlichte  Unter-, 
suchungen,  welche  sich  auf  Wirbellose  und  Wirbeltiere  erstreckten, 
durch  Vergleichung  entwickelungsgeschichtlicher ,  histologischer  und 
anatomischer  Verhältnisse  zu  einer  Lösung  zu  führen.  Die  Resultate 
dieser  Untersuchungsreihen  wurden  in  2  Schriften  veröffentlicht :  1)  in 
der  „Cölonitheorie.  Versuch  einer  Erklärung  des  mittleren  Keimblattes", 
und  2)  in  der  „Entwickelung  des  mittleren  Keimblattes  der  Wirbel- 
tiere". 

Behufs  Klärung  der  Verhältnisse  wurde  dem  Begriff  „Keimblatt" 
eine  schärfere  Fassung  gegeben.  Als  solches  wurde  eine  Lage  embryo- 
naler Zellen  bezeichnet,  die  wie  ein  Epithel  angeordnet  sind  und  zur 
Oberflächeubegreuzung  des  Körpers  dienen.  Nach  Ablauf  des  Furchungs- 
prozesses  ist  nur  ein  Keimblatt  vorhanden,  nämhch  das  Epithel  der 
Keimblase.  Aus  ihm  leiten  sich  die  übrigen  Keimblätter  durch  den 
Prozeß  der  Ein-  und  Ausstülpung  ab.  Das  innere  Keimblatt  bildet 
sich  durch  die  Gastrulation,  die  beiden  mittleren  Keimblätter  durch 
die  Leibeshöhlenbildung  (Cölomation),  indem  sich  aus  dem  Urdarm 
2  Leibessäcke  ausstülpen  und  zwischen  die  beiden  i)rimären  Keim- 
blätter trennend  hineinwachsen.  Es  giebt  erstens  Tiere,  die  sich  nur 
aus  2  Keimblättern  entwickeln  und  nur  eine  durch  Einstülpung  ent- 
standene Höhle,  einen  Urdarm,  in  ihrem  Körper  besitzen,  und  zweitens 
Tiere  mit  4  Keimblättern,  einem  sekundären  Darm  und  einer  aus  dem 
Urdarm  entstandenen  Leibeshöhle,  einem  Enterocoel.  —  Ferner  wurde 
der  Versuch  gemacht,  nachzuweisen,  daß  man  seither  unter  dem  Be- 
griff „mittleres  Keimblatt"  2  Dinge,  die  genetisch,  morphologisch  und 
histologisch  ganz  verschiedenartig  sind,  zusammengeworfen  hat.  Außer 
den  durch  Einstülpung  entstandenen  epithelialen  Zellenlagen  hat  man 
zum  mittleren  Keimblatt  auch  Zellen  gerechnet,  die  sich  von  den  Keim- 
blättern an  diesen  und  jenen  Stellen  einzeln  absondern  und  die  Stütz- 
substanz und.  wo  solches  vorhanden  ist,  auch  das  Blut  zwischen  den 
Epithellagen  des  Körpers  erzeugen.  Derartige  embryonale  Zellen,  die 
durch  Auswanderung  in  den  von  den  Keimblättern  begrenzten 
Zwischenraum  gebildet  werden ,  nannten  die  Gebrüder  Hertwig 
Mesenchymkeime  und  das  von  ihnen  gelieferte  Gewebe  das  Mes eu- 
ch ym.  Es  findet  sich  sowohl  bei  zwei-  als  auch  bei  vierblätterigen 
Tieren. 

Einen  ähnUchen  Versuch,  die  Bestandteile  des  mittleren  Keimblattes 
zu  trennen,  hatte  schon  früher  His  (A.  L.  I  1865,  A.  L.  III  ^  1868. 
L,  K.  III  ^  1882)  unternommen  in  seiner  Pa  rablasttheorie,  wo- 
bei er  allerdings  von  anderen  Gesichtspunkten  ausgegangen  und  auch 
zu  einem  etwas  abw^eichenden  Ergebnis  gelaugt  war. 

Der  Erfolg  der  Cölonitheorie  war  ein  ähnlicher  wie  bei  der  Ga- 
straea-  und  Planulatheorie.  Es  war  der  Weg  zu  einer  einheitlichen  Auf- 
fassung der  Genese  der  mittleren  Keimblätter  gewiesen,  im  einzelnen 
dagegen  war  die  Art  uud  Weise,  wie  der  Prozeß  in  dieser  und  jener 
Klasse  der  Wirbeltiere   sich  abspielt,  noch  nicht  genügend  festgestellt. 

Besonders  bei  den  Reptilien,  Vögeln  und  Säugetieren  gab  es  noch 
eine  größere  Anzahl  strittiger  Punkte.  Anhänger  und  Gegner  traten 
bald  für,  bald  wider  die  Lehre  auf,  die  auch  dadurch  klärend  uud 
anregend  wirkte.  Die  Darstellung,  w^ie  sich  dies  im  einzelnen  vollzog, 
muß  auf  die  historisch-litterarischen  Exkurse  in  den  folgenden  Ab- 
schnitten verschoben  werden. 

Handbuch  der  Entwickeluagslehre.    I.  45 


706  0.  Hertwig, 

In  dem  allgemeinen  Ueberblick  über  die  Geschichte  der  Blätter- 
lehre ist  noch  auf  zwei  sehr  wichtige  Auffassungen  einzugehen,  welche 
sich  einzelne  Forscher  auf  Grund  verschiedener  Beobachtungen  über 
die  Entwickelungsweise  der  in  der  Achse  des  Embryos  gelegenen 
Primitivorgane   gebildet  haben,  Autfassungen,  welche  mit  den  Namen 

„K  0  n  k  r  e  s  c  e  n  z  t h  e  0  r  i  e''  und  ,,U  r  m  u  n  d  t  h  e  o  - 
rie''  charakterisiert  werden  können. 

Fig.  246.  Schema  zur  Erläuterung  der  Konkrescenztheorie 
von  HiS.  u  vorderstes  Kopfende  i,  2,  S,  ^  u.  s.  w.  symme- 
trische Teile  des  Kandringes,  welche  sich  bei  der  Bildung  des 
Embryos  in  der  Mittellinie   zusammenlegen.     Xach  Kopsch. 

Der  Begründer  der  Konkrescenztheorie  ist  His  (A.  L.  II  1874 
L.  K.  III '',  1876,  L.  K.  III  ^,  1877),  nachdem  schon  vorher  Lereboullet 
(L.  K.  IV,  1863)  ähnliche  Gedanken  geäußert  hatte.  Durch  Studien  an 
Knochenfischen  und  Selachiern  war  in  His  die  Ueberzeugung  gefestigt 
worden,  daß  ihre  Achsenorgane  durch  Verschmelzung  zweier  getrennter 
Anlagen  in  der  Medianebene  des  späteren  Körpers  zu  stände  kommen. 
An  der  Keimhaut  der  Fische  sei  das  Material  zur  Rumpfanlage  (Fig.  1) 
im  Randwulst  aufgespeichert  und  gelange  dadurch  an  seinen  Ort,  „daß 
jeweilen  die,  dem  hinteren  Ende  des  bereits  abgegliederten  Embryos 
zunächst  liegenden  Strecken  (:?,  2,  3,  4,  5  ^tc.)  an  diesen  sich  heran- 
schieben und  ihn  nach  rückwärts  verlängern".  His  bezeichnete  dem- 
zufolge die  Anlage  des  Körpers  als  einen  platten  Ring  (bourellet  em- 
bryogene  von  Lereboullet),  dessen  2  Seitenhälften  sich  successiv 
aneinander  legen  und  sich  als  symmetrische  Körperhälften  vereinigen. 
Später  hat  His  (L.  K.  III  S  1891)  in  einem  Vortrag  „Zur  Frage 
der  Längsverwachsung  der  Wirbeltierembryonen"  die  Konkrescenz- 
theorie auch  auf  die  höheren  Wirbeltiere  zu  übertragen  versucht;  er 
glaubt  bei  ihnen  als  die  Stellen,  an  welchen  eine  Längsverwachsung 
von  Axialgebilden  vorkommt,  die  Primitivrinne  und  den  neurenterischen 
Kanal  bezeichnen  zu  können.  Bei  dieser  Ansicht  stellte  His  aber 
eine  Beziehung  der  Primitivrinne  und  des  neurenterischen  Kanals  zum 
Urmund  (Blastoporus  niederer  Wirbeltiere»  in  Abrede,  da  der  Canalis 
ueurentericus  gleich  Mund  und  After  eine  sekundäre  Durchbruchs- 
örtnung  sei.  So  löste  denn  His  auch  in  diesem  Versuch  seine  Konkres- 
cenztheorie von  der  Urmundfrage,  die,  wie  wir  gleich  sehen  werden,  für 
sie  von  grundlegender  Bedeutung  ist,  ganz  ab ;  er  machte  zum  Aus- 
gangspunkt seiner  Konkrescenzlehre  „eine  Embryo  bildende  Falte", 
die  auf  der  Keimhaut  entsteht,  und  faßte  seine  Theorie  in  die  Sätze 
zusammen  : 

„Bei  allen  kranioten  Wirbeltieren  legt  sich  das  Kopfende  des 
Körpers  als  eine  hufeisenförmige  Falte  des  Ektoblasten  an.  Zwischen 
beiden  Schenkeln  des  Hufeisens  liegt  die  Primitivrinne.  Die  embryo- 
bildende Falte  kann  vom  Rand  ausgehen  und  das  Keimrandgebiet  in 
der  Folge  teilweise  oder  ganz  in  ihren  Bereich  ziehen  (Fische  und 
Amphibien),  oder  sie  kann  vom  Keimrand  entfernt  auftreten  (Amnioten). 
In  dem  einen  wie  in  dem  anderen  Falle  wirken  verschiedene  Kräfte  in 
schräger  mediokaudaler  Richtung  auf  die  primäre  Faltenanlage;  der 
Embryo  wird  absolut  schmäler  und  zugleich  unter  Hinzunahme  von 
mehr  seitwärts  gelegenen  Teilen  länger.    Bei  niederen  und  bei  höheren 


Die   Lehre  von  den  Keimblättei-n.  707 

Wirbeltieren  findet  eine  Verlötnng  der  Axialgebilde  aus  2  Seitenhälften 
statt,  und  so  ergiebt  sich  damit  die  Längsverwachsung  in  der  Mittel- 
ebene als  ein  durchgreifender  Vorgang  für  sämtliche  Wirbeltiere.  Unter 
den  Wirbellosen  findet  der  ^'organg  seine  Parallele  in  der  Keim- 
streifenver\vachsnng  von  Würmern  und  von  Arthropoden/' 

Die  Konkrescenztheorie  von  His  wurde  seit  ihrem  Erscheinen 
von  den  meisten  Embryologen,  wie  z.  B.  von  Balfour  (A.  L.  II  1881) 
lind  Rabl  (L.  K.  III  ^  1889)  als  unhaltbar  bezeichnet.  Einige  sprachen 
sich  zu  ihren  Gunsten  aus,  wie  Räuber,  Roux,  Sedgwick  Minot. 
Räuber  (L.  K.  IV,  1877 — 1883)  erklärte  in  ansprechender  Weise  die 
Doppelmonstra  von  Knochenfischen  aus  der  Art,  wie  sich  die  Keimwülste 
zusammenlegen.  Ihm  kommt  das  Verdienst  zu,  daß  er  den  ganzen  Vor- 
gang als  Urmundschluß  zu  deuten  versucht  hat.  Roux  (L.  K,  III\  1888*) 
fand  die  Lehre  von  His  in  Uebereinstinimung  mit  den  Folgerungen, 
die  sich  aus  seinen  Versuchen  am  Froschei  ergeben  haben,  Sedgwick 
Minot  (L.  K.  III  \  1889)  endlich  erblickte  auch  in  den  Verwachsungs- 
rändern die  Urmundlippen  und  schrieb  der  Gastrula  der  Wirbeltiere 
einen  sehr  in  die  Länge  gezogenen  Urmund  zu,  der  sich  während 
der  Entwickelung  von  vorn  nach  hinten  schließt,  „Concrescence  is 
then  a  moditied  method  of  uniting  the  lips  of  a  greatly  elongated 
gastrula  mouth." 

Durch  Untersuchungen  von  Froschmißbildungen  ist  Oscar  Hert- 
wiG  in  der  Schrift  „Urmund  und  Spina  bifida^'  (L.  K,  IV,  1892)  zu 
der  Ueberzeugung  geführt  worden,  daß  in  der  Konkrescenztheorie  von 
His  ein  richtiger  Kern  enthalten  ist,  daß  der  Verwachsungsprozeß 
aber  morphologisch  erst  verständlich  wird,  wenn  er  auf  die  Urmund- 
ränder  bezogen  wird,  was  von  His  nicht  erkannt  war;  hauptsächlich 
dadurch  leidet  die  Darstellung  von  His  an  manchen  Unrichtig- 
keiten. Die  Konkrescenz  wird  erst  verständlich,  wenn  genau  unter- 
sucht wird,  was  in  den  einzelnen  Klassen  der  Wirbeltiere  als  Urmund 
zu  bezeichnen  ist,  was  seine  ]\ferkmale  sind,  wie  er  zuerst  entsteht 
und  sich  während  der  aufeinander  folgenden  Entwickelungsstadien  ver- 
ändert. Die  Konkrescenzlehre  findet  so  ihre  Beantwortung  in  der 
Urmundtheorie.  Indem  Hertwig  die  oben  aufgeworfenen  Fragen 
prüfte,  kam  er  zu  dem  Ergebnis:  ,,Was  man  auf  einzelnen  Stadien 
als  Urmund  bezeichnet,  ist  nicht  ein  und  dasselbe  unverändert  ge- 
bliebene Organ ;  es  sind  nur  verschiedene  Strecken  eines  sich  durch 
Wachstum  am  hinteren  Ende  in  demselben  Maße  ergänzenden  und 
erneuernden  Organs,  als  es  nach  vorn  durch  Verwachsung  und  Organ- 
differenziernng  aufgebraucht  wird.  Die  einzelnen  Entwickelungsstufen 
eines  Wirbeltierkeims  zeigen  uns  immer  nur  einen  kleinen,  der  je- 
weiligen Stufe  entsprechenden  Abschnitt  des  Urmunds  geöffnet.  Wollen 
wir  uns  eine  Vorstellung  von  seiner  Gesamtausdehnung  verschaffen, 
so  müssen  wir  uns  alle  die  Stellen,  wo  vom  Beginn  der  ersten  Ein- 
stülpung an  eine  Verschmelzung  der  L^rmundränder  stattgefunden  hat, 
geöffnet  denken.  Ist  dies  geschehen,  dann  dehnt  sich  der  Urmund, 
weit  vorn  in  der  Kopfgegend  an  einer  Stelle  beginnend,  die  sich  zur 
Zeit  in  ihrer  Lage  zu  den  entwickelten  Orgauen  nicht  genauer  be- 
stimmen läßt,  bis  zum  After  aus,  geht  also  fast  in  ganzer  Länge  durch 
die  spätere  Rückengegend  des  Embryos  hindurch". 

Die  in  der  Urmundtheorie  behandelten  Fragen  sind  in  hohem 
Maße  auch  der  experimentellen  Untersuchung  zugänglich.  Durch  ge- 
eignete Eingriffe  in  frühe  Stadien  der  Entwickelung  kann  der  Experi- 

45* 


708  0.  Hertwig, 

mentator  den  normalen  Verschluß  des  Urniundes  verhindern  iiiid  füi- 
längere  Zeit  eine  künstliche  Urmundspalte  oder  S])ina  bifida  er/,eu,i;eu 
(Hertwig  L.  K.  IV,  1892,  Urniund  und  Si)ina  bifida;  Kollmann 
L.  K.  IV,  1893).  Ferner  kann  man  sich  einen  genaueren  Einblick 
in  die  Beteiligung  des  Urmundrandes  an  dem  Aufbau  des  Embryos- 
und in  die  frühesten  Wachstunisprozesse  der  Achsenorgane  dadurch 
zu  verschaffen  suchen,  daß  man  an  geeigneten  Objekten  (Frosch-. 
Fisch-.  Hühnereiern)  eine  bestimmte  Stelle  des  Urmundrandes  durch 
Anstich  mit  der  erwärmten  Nadel  oder  auf  elektrolytischem  Wege  zer- 
stört und  die  dadurch  hervorgerufenen  Störungen  verfolgt.  Roux, 
Kastschenko.  PiüCKERT,  namentlich  aber  Kopsch  sind  in  der  experi- 
mentellen Kichtung  mit  Erfolg  thätig  gewesen,  worüber  im  4.  Kai)itel 
noch  eingehender  gehandelt  werden  wird.  (Siehe  Litteratur  zu  Ka- 
pitel IV.) 


gehen,  einige  einleitende  Bemerkungen  in  Bezug  hierauf  vorausschicken 


Der  Litteratur  über  die  Keimblätter  hat  man  mit  Recht  vorge- 
worfen, daß  sie  so  überaus  reich  an  Widersprüchen  sei.  Sehr  häufig 
beruhen  aber  diese  Widersprüche  weniger  auf  Verschiedenheiten  in 
den  Untersuchungsergebnissen  als  auf  ihrer  Deutung.  Zuweilen  sind 
auch  manche  Gegensätze  nur  scheinbare,  insofern  sie  durch  eine 
andere  Namengebuug  oder  durch  eine  verschiedene  Festsetzung  be- 
grifflicher Unterscheidungen  hervorgerufen  sind.  Behufs  Herbeiführung 
einer  einheitlichen  Auffassung  in  der  Keimblattlehre,  sowie  überhaupt 
zur  Vermeidung  von  Mißverständnissen  ist  daher  eine  Verständigung 
über  einige  allgemeine  Begriffe  und  Definitionen  erforderlich:  daher 
ich  denn ,  ehe  wir  an  die  Darstellung  der  Einzelverhältnisse 
gehe 
will. 

Unter  einem  Keimblatt  verstehe  ich  eine  Lage  embryo- 
naler Zellen,  die  untereinander  zu  einer  Art  Epithel 
verbunden  sind  und  zur  Begrenzung  von  K  ö  r  p  e  r  o  b  e  r  - 
flächen  dienen.  Solange  daher  die  durch  den  Furchungsprozeß 
entstandenen  Embryonalzellen  noch  kugelig  sind  und  locker  zusammen- 
liegen, wie  auf  dem  Maulbeerstadium,  sollte  man  auch  nicht  von  einem 
Keimblatt  sprechen.  Ein  solches  bildet  sich  erst  auf  dem  Keimljlasen- 
stadium  aus,  wenn  mit  der  Entwickelung  einer  centralen  Höhle  die 
sie  umgebenden  Zellen  sich  zu  ihrer  Begrenzung  fester  verl)inden. 

Wenn  später  kompliziertere  Embryonalformen  entstehen,  werden  am 
Keimblatt  mehrere  Bezirke,  die  eine  verschiedene  Lage  gegeneinander 
einnehmen,  als  äußeres,  inneres  und  mittleres  Keimblatt  (Ektoblast,. 
Entoblast,  Mesoblast  oder  Ektoderm,  Entoderm,  Mesoderm)  unter- 
scheidbar. Nach  der  Gastraea-  und  Cölomtheorie  sind  sie  durch  Ein- 
und  Ausstülpung,  überhaupt  durch  Faltenbildung  der  ursprüngliclien 
Epithelmembran  hervorgerufen  worden  und  dienen  zur  Auskleidung 
centraler  Hohlräume,  des  Urdarms  und  der  Leibeshöhle. 

V  0  n  einem  äußeren,  i  n  n  e  r  e  n  u  n  d  mittleren  K  e  i  m  1)  1  a  1 1 
kann  man  so  lange  nicht  sprechen,  als  nicht  die  neuen 
Lagebeziehungen  und  Schichtenverhältnisse  einge- 
treten sind.  Hiergegen  wird  häufig  gefehlt;  z.  B.  tragen  einige 
Forscher  kein  Bedenken,  die  vegetativen  und  die  animalen  Zellen  an 
der  Keimblase  der  Amphibien  als  inneres  und  äußeres  Keimblatt  zu 
benennen,   während  dies  nach  unserer  Meinung  erst  statthaft  ist,  wenn. 


Die   Lehre  von  den  Keimblättern.  709 

durch  die  Gastiulation  ein  Teil  der  Keinihlasenwaud  wii'klicli  zu  einem 
inneren  Blatt  und  zur  Begrenzung  eines  Darniraunis  geworden  ist. 

Sehr  wichtig  ist  es  ferner,  zu  beachten,  daß  im  Laufe  der  Ent- 
wickelung  sich  fortwährend  neue  Lagebeziehungen  der  Zellen  durch 
Wachstumsverschiebunoen  und  AVanderungen  ausbilden ,  daß  daher 
auch  die  Keimblätter,  namentlich  am  Anfange  i  h  r  e  r  E  n  t- 
w  i  c  k  e  1  u  n  g ,  v  e  r  ä  n  d  e  r  1  i  c  h  e  G  r  ö  ß  e  n  u  n  d  nicht  s  c h  a  i*  f  g e  g e n- 
ein  ander  abgegrenzt  sind.  Zellen,  die  auf  früheren  Stadien 
der  Gastrulation  im  äußeren  Keimblatt  liegen,  werden  auf  späteren 
Stadien  durch  Einstülpung  am  Urmundrand  zu  Bestandteilen  des 
inneren  oder  mittleren  Keinil)lattes.  Aeußeres,  inneres  und 
mittleres  Keimblatt  zeigen  also  nur  einen  Gegensatz  in 
der  Lage  der  Zellen  an,  die  sich  zu  verschiedenen  Zeiten 
der  Entwickelung  verändert  und  die  auch  in  den  ein- 
zelnen Klassen  der  Wirbeltiere  in  etwas  verschiedener 
Weise  z  u  S  t  a  n  d  e  kommen  kann.  Wenn  man  dieses  im  Auge  be- 
hält, dann  wird  man  finden,  daß  manche  anscheinend  wichtige  Differenzen 
in  den  Angaben  einzelner  Forscher  sich  als  nebensächlicher  Art  er- 
weisen und  Gegensätze  betreffen,  welche  nur  durch  ihre  Darstel- 
lungsweise und  ihre  Definitionen  geschaffen  sind,  im  Lichte  der  ver- 
gleichenden Embryologie  aber  ihre  Lösung  finden.  So  verhält  es 
sich  in  gewisser  Beziehung  mit  den  Streitfragen,  ob  das  mittlere  Keim- 
blatt vom  inneren  oder  vom  äußeren  abstamme,  ob  die  Chorda  ein 
entodermales,  mesodermales  oder  ektodermales  Gebilde  sei. 

Gehen  wir  z.  B.,  was  die  erste  Frage  betrifft,  von  der  Entwickelung 
des  Amphioxus  aus.  Bei  ihm  wird  die  ganze  vegetative  Hälfte  der  Keim- 
blasenwand gewissermaßen  in  einem  Zuge  eingestülpt,  1)  das  Zellen- 
material, welches  den  bleibenden  Darm  und  2.  das  Material,  das  die 
Leibessäcke  auskleiden  wird.  Erst  nachdem  das  Gastrulastadium  einige 
Zeit  bestanden  hat.  sondert  sich  durch  Faltung  das  eingestülpte 
Zellenblatt  in  die  dorsal  gelegenen  Cölonisäckchen  und  in  den  uni)aaren 
ventral  gelegenen  Hohlraum,  der  zum  bleibenden  Darm  wird.  Hier 
wird  Niemand  einen  Augenblick  zögern,  das  mittlere  Keimblatt 
durch  Sonderung  vom  inneren  abzuleiten.  Nehmen  wir  nun  aber  an, 
der  Prozeß  verliefe  l)eim  Amphioxus  in  der  Weise,  daß  anfangs  nur 
der  Teil  des  Zellenniaterials  der  Keimblasenoberfläche  eingestülpt 
würde,  welches  später  zur  Auskleidung  des  Darmes  diente,  und  daß 
erst  nach  einer  Pause  das  übrige  Zellenmaterial,  welches  zur  Begrenzung 
der  Cölomsäcke  verwandt  wird,  nachfolgen,  sich  aber  jetzt  von  dem  zu- 
erst eingestülpten  Material  schon  während  der  Einstülpung  in  2  Aus- 
sackungen absondern  würde,  dann  wird  eine  andere  Darstellung  mög- 
lich: dann  kann  man  sagen,  daß  das  mittlere  Keimblatt  durch  Einstül- 
pung von  Zellen  des  äußeren  Keimblattes  seinen  Ursprung  nimmt.  Nach 
der  eben  gegebenen  Darstellung  sind  die  zwei  verschiedenen  Eut- 
stehungsweisen  des  mittleren  Keimblattes  unwesentliche  Modifikationen 
eines  und  desselben  Grundvorganges,  eines  Invaginations-  oderFaltungs- 
l)rozesses.  der  zur  Darm-  und  Leibeshöhlenbildung  führt.  Werden 
dagegen  in  polemischer  Form  die  nackten  Endergebnisse  einander 
gegenübergestellt,  daß  nach  der  einen  Meinung  beim  Amphioxus 
das  Mesoderni  aus  dem  inneren  Keimblatt,  nach  einer  anderen  aus 
dem  äußeren  Keimblatt  entstehen  solle,  so  wird  der  Leser  hierin 
einen  unbegreiflichen  Widerspruch  erblicken,  während  ein  solcher  in 
Wirklichkeit  gar  nicht  vorliegt. 


710  0.  Hertwig, 

Der  zweite  Vorgang,  welchen  ich  hier  für  den  Amphioxus  nur  als 
einen  möglichen  angenommen  habe,  findet  sich  in  der  Natur  bei  den 
Reptilien,  Vögeln  und  Säugetieren  realisiert.  Wenn  daher  bei  den 
Amnioten  das  mittlere  Keimblatt  aus  einer  ektodermalen  Wucherung 
des  l'rimitivstreifens,  die  zwischen  die  Grenzblätter  hineinwächst, 
seinen  Ursprung  nimmt,  so  ist  dies  Ergebnis  mit  der  beim  Am- 
phioxus  ermittelten  einfacheren  Entstehungsweise  unschwer  in  Ein- 
klang zu  bringen.  Entoderm  und  Mesoderm  stammen  ja  beide  von 
Zellbezirken  an.  die  einmal  der  Oberfläche  der  Keimblase  angehört 
haben.  Ob  beide  in  einem  Tempo  eingestülpt  werden  (primäres  Ento- 
derm) und  sich  erst  dann  in  sekundäres  Entoderm  und  Mesoderm 
weiter  voneinander  sondern  (Amphioxus),  oder  ob  erst  ein  Teil  des 
Zellmaterials  einwandert  und  der  andere  später  nachfolgt,  dann  aber 
gleich  sich  als  Mesoderm  von  ersterem  abgrenzt,  kommt  im  End- 
resultat auf  genau  dasselbe  hinaus  und  ist  daher  eine  nebensächliche 
Verschiedenheit. 

Eine  andere  Streitfrage,  ob  die  Chorda  vom  äußeren  oder  inneren 
oder  mittleren  Keimblatt  abstammt ,  ist  ähnlicher  Art.  Die  Chorda 
nämlich  entwickelt  sich  aus  einer  Stelle  der  Embryonalanlage,  an 
welcher  zeitweise,  wie  am  Urmund  der  Selachier  und  Amphibien  und 
am  HENSEN'schen  Knoten  der  Amnioten,  alle  3  Keimblätter  zusammen- 
stoßen und  ineinander  übergehen.  Und  so  kann  man  nach  der  Her- 
kunft der  Chordazellen,  nach  ihren  Nachbarschafts-  und  Lagebeziehungen 
Gründe  für  jede  der  3  Behaui)tuugen  beibringen :  für  ihre  Abstammung 
aus  dem  Ektoderm  den  Grund,  daß  der  Primitivstreifen  durch  eine 
Wucherung  des  Ektoderms  entsteht;  für  ihre  Zugehörigkeit  zum  Meso- 
derm die  Thatsache,  daß  das  Zellenmaterial  in  derselben  Schicht  wie  die 
mittleren  Keimblätter  liegt;  für  ihre  Zugehörigkeit  zum  primären 
Entoderm  dagegen  die  Thatsache,  daß  die  Zellschicht,  welche  zur 
Chorda  wird,  anfangs  und  für  längere  Zeit  die  Decke  des  Urdarms 
bildet  und  daher,  wenn  man  alle  den  Urdarm  begrenzenden  Zellen 
wie  beim  Amphioxus  primäres  Entoderm  nennt,  auch  zu  diesem  hin- 
zugerechnet werden  muß.  Ueber  die  nackten  Thatsachen,  welche  bei 
dem  gegenw^ärtigen  Stand  der  embryologischeu  Untersuchungsmethodeh 
leicht  festzustellen  sind,  werden  sich  die  verschiedenen  Forscher  leicht 
einigen,  der  Streit  aber  darüber,  ob  man  die  Chorda  besser  als  eine  ento- 
dermale,  mesodermale  oder  ektodermale  Anlage  auffassen  soll,  läßt 
sich  beseitigen,  wenn  man  das  Zellenmaterial  für  die  Bildung  der 
Chorda,  sowie  es  sich  bestimmt  abgrenzen  läßt  und  seine  charakte- 
ristische Lage  eingenommen  hat.  überhaupt  nicht  mehr  zu  einem 
der  3  Keimblätter  hinzurechnet,  sondern  als  eine  eigene  Anlage  be- 
zeichnet und,  wie  ich  es  vorgeschlagen  habe,  Chordaanlage  nennt. 
Dieses  Auskunftsmittel  möchte  sich  auch  noch  insofern  empfehlen, 
als  dadurch  zugleich  ein  anderer  Gordischer  Knoten  zerschnitten 
und  in  einfachster  Weise  gelöst  wird.  Ich  meine  den  Streit,  ob 
das  mittlere  Keimblatt  eine  u n p a a r e  oder  paarige  An- 
lage sei.  Wenn  mau  nach  meinem  Vorschlag  eine  besondere  Chorda- 
anlage annimmt,  so  kann  das  mittlere  Keimblatt  nicht  anders  als 
eine  paarige  Anlage  bezeichnet  werden.  Denn  es  besteht  aus  einer 
linken  und  rechten  Hälfte,  die  durch  die  Chordaanlage  voneinander 
getrennt  sind.  Hierzu  kommt,  daß  auch  später  nur  paarige  Organe 
aus  ihm  entstehen,  die  Ursegmentpaare,  und  aus  diesen  wieder  die 
Skierotome,  Myotonie,  Nephrotome  und  die  paarigen  Seitenplatten, 
die  sich  ebenfalls  wieder,  in  lauter  paarige  Organe  differenzieren. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  711 

Da  es  sich  bei  den  zahlreichen  Widersprüchen  in  der  Keimblatt- 
litteratur,  wodurch  dieselbe  zu  einer  wenig  erfreulichen  gemacht  wird, 
häufig  um  ähnliche  Verhältnisse  wie  die  angeführten  handelt,  so  wird 
in  der  folgenden  Darstellung  ein  besonderes  Gewicht  auf  eine  scharfe 
Definition  der  angewandten  Benennungen  gelegt  werden. 

Um  zu  richtigen  Urteilen  in  allgemeinen  Fragen  der  Blätter- 
theorie zu  gelangen,  ist  ferner  nicht  außer  acht  zu  lassen,  daß  Stadien 
von  embryonalen  Prozessen  sich  in  vielfacher  Hinsicht  von  phylogene- 
tischen sehr  wesentlich  unterscheiden  nnd  nicht  ihnen  als  gleichwertig 
betrachtet  werden  dürfen.  Die  Ontogenie  der  Säugetiere  lehrt  uns 
z.  B.,  daß  Oberhppe,  Oberkiefer  und  Gaumen  durch  Verschmelzung 
von  Fortsätzen  entstehen.  Daraus  darf  aber  nicht  der  Schluß  ge- 
zogen werden,  daß  Tierformen  existiert  haben  könnten,  bei  denen 
Oberlippe,  Kiefer  und  Gaumen  beiderseits  von  Spalten  durchsetzt  und 
dadurch  die  Nasenhöhlen  in  breiter  Verbindung  mit  der  Mundhöhle 
gewesen  wären .  wie  es  bei  den  Mißbildungen  der  Lippen-Kiefer- 
Gaunien spalte  nicht  selten  eintritt.  Ein  solcher  Zustand  hat  wohl  in 
dei-  Tierreihe  niemals  existiert :  denn  wenn  eine  Lippenspalte  dauernd 
vorhanden  ist,  wie  bei  den  Haifischen,  sind  die  Geruchshöhlen  noch 
wenig  weit  nach  hinten  entwickelt,  so  daß  diese  Spaltbildung  noch 
nicht  die  Gaumengegend  ergriffen  hat.  Findet  aber  die  weitere  Aus- 
dehnung der  Geruchshöhlen  nach  hinten  statt,  wie  bei  den  Amphibien 
und  Amnioten,  so  hat  sich  zuvor  schon  ein  zusammenhängender  Lippen- 
und  Kieferrand  durch  Verwachsung  der  die  Lippen-  und  Kieferspalten 
begrenzenden  Teile  gebildet.  Hemmung  eines  normalen  ^'organges 
oder  Stehenbleiben  der  Entwickelung  auf  einer  früheren  Stufe  er- 
giebt  eine  Mißbildung,  aber  kein  Bild  eines  phylogenetischen  Zustandes. 
Ein  solches  kann  auch  schon  deswegen  meistens  nicht  entstehen,  weil 
die  durch  Verschmelzung  gebildeten  Lippen-.  Kiefer-  und  Gaumen- 
gegenden ja  auch  später  noch  weiterwachsen  und  Veränderungen 
mannigfachster  Art  in  Form,  Größe  und  Lage  häufig  eingehen. 

Die  Nutzanwendung  von  diesem  Beispiel  läßt  sich  in  der  Keini- 
blattlehre  bei  der  Konkrescenz-  und  Urmundtheorie  machen.  Aus 
der  Lehre,  daß  die  ganze  Rückengegend  des  Embryos  vom  Kopf  bis 
zum  Schwanzende  durch  Verschmelzung  der  Urmundränder  zustande 
gekommen  sei,  darf  man  nicht  etwa  die  Folgerung  auf  ein  phylogene- 
tisches Stadium  ziehen,  in  dem  ein  langgestreckter  Wirbeltierleib  dem 
Rücken  entlang  durch  einen  Urmundspalt  geöffnet  gewesen  söi.  Denn 
einmal  gehört  die  Urmundbildung  einem  sehr  frühen  Stadium  an.  auf 
welchem  die  eigentlichen  Wirbeltiermerkmale  überhaupt  noch  nicht 
ausgeprägt  sind,  und  dann  gilt  auch  hier  das  früher  Gesagte,  daß  durch 
das  fortschreitende  Wachstum  ganz  andere  Verhältnisse  geschaffen 
werden  ,  als  zur  Zeit  des  Urmundes  und  seiner  Verwachsung  be- 
standen. Es  nimmt  der  Wirbeltierleib  durch  ein  von  seinem  hinteren 
Ende  ausgehendes  Wachstum  successive  an  Länge  zu,  wobei  sich  auf 
frühen  Entwickelungsstadien  auch  der  Urmund  immer  weiter  nach 
hinten  ausdehnt.  Während  aber  dies  geschieht,  sind  seine  vorderen 
Abschnitte  schon  längst  wieder  verändert.  Eine  Eröffnung  des  Urmundes 
seiner  ganzen  Länge  nach  kann  daher  nichts  anderes  als  Mißbildungen 
liefern ,  wie  solche  hier  und  dort  als  Spina  bifida  bei  Wirbeltieren 
beobachtet  worden  sind.  Der  absonderliche  Charakter  der  Mißbildung 
wird  noch  dadurch  gesteigert,  daß  die  Spalte  in  späteren  Stadien  der 
Entwickelung  nicht  mehr  von  den  einfachen  Urmundrändern,  sondern. 


712  0.  Hertwig, 

da  der  Entwickelunssprozeß  fortschreitet,  von  Organen  begrenzt  wird, 
die  sich  aus  den  Uriiiundrändern  und  ihrer  Umgebung  entwickelt  hal)en, 
also  von  den  lialbierten  Teilen  des  Rückenniarks  und  des  Achsen- 
skeletts und  der  oberen  Darniwand. 

Aehnlich  verhält  es  sich  mit  einem  anderen  später  darzustellen- 
den Ergebnis  embryologischer  Untersuchung,  wonach  sich  der  Schwanz 
der  Wirbeltiere  durch  A'erschmelzung  zweier  Schwanzknospeii  aus 
der  vor  dem  After  gelegenen  Urmundstrecke  entwickelt.  Auch  hier 
wäre  es  verfehlt,  aus  solcher  Entstehungsweise  einen  Rückschluß 
auf  doppelschwänzige  AVirbeltiere  zu  machen,  da  die  Verschmelzung 
der  Urmundrändei'  in  der  späteren  Schwanzgegend  ein  viel  älteres  Er- 
eignis als  die  Bildung  des  Wirbeltierschwanzes  ist.  Doppelsjchwänze, 
wie  sie  in  der  Entwickelung  der  Wirbeltiere  zuweilen  beobachtet 
werden,  sind  Hemmuugsmißbildungen,  die  sich  aus  den  entwickelungs- 
geschichtlichen  Verhältnissen  in  der  Schwanzgegend  leicht  erklären 
lassen  und  für  die  i)aarige  Natur  der  Anlagesubstanz  sprechen,  aber 
darüber  hinaus  sich  nicht  weiter  phylogenetisch  verwerten  lassen. 

Noch  in  vielen  anderen  Beziehungen  tragen  embryonale  Prozesse, 
zumal  in  den  frühesten  Stadien,  häufig  ihr  besonderes  (lepräge,  wo- 
durch Haeckel  zur  Unterscheidung  einer  Cenegenese  veranlaßt  worden 
ist.  Diesem  Umstand  muß  in  richtiger  Weise  Rechnung  getragen 
werden,  wenn  man  sich  von  größeren  Reihen  entwickelungsgeschicht- 
licher  Verhältnisse  eine  Gesamtvorstellung  in  einer  Theorie  bilden  will. 
So  ist  es  eine  sehr  häufig  zu  beobachtende  Erscheinung,  daß  Organe, 
von  denen  man  erwarten  sollte,  daß  sie  ihrer  späteren  Natur  nach 
als  Hohlorgaue  angelegt  werden  müßten ,  als  solide  Zellenmassen 
entstehen.  Drüsen,  die  ihr  Sekret,  wenn  sie  später  secernieren,  in 
Hohlräume  entleeren  und  durch  Ausführgänge  nach  außen  treten  lassen, 
wachsen  nicht  als  Röhren  oder  Schläuche  oder  Säcke,  sondern  als 
solide  Stränge  aus  einem  der  primären  Keimblätter  hervor.  In  vielen 
Fällen  legt  sich  das  Centralnervensystem  als  Rinne  und  als  hohles 
Rohr,  in  andei'en  wieder  als  solide  Zellenleiste  an,  die  sich  zu  einem 
soliden  Zellenstrang  abschnürt  und  erst  später  im  Innern  aushöhlt. 

Bei  einigen  Wirbeltieren  findet  man  eine  primäre  Augenblase 
und  ein  Hörbläschen,  wo  bei  anderen  Vollorgane  beobachtet  werden, 
die  sich  erst  in  späterer  Zeit  aushöhlen.  W^er  solche  Erfahrungen  bei 
Beurteilung  von  embryonalen  Prozessen  berücksichtigt,  wird  die  solide 
Anlage  der  mittleren  Keimblätter  und  den  Umstand,  daß  erst  relativ 
spät  durch  ihre  Spaltung  in  Darm-  und  Hautfaserblatt  die  Leibes- 
höhle auftritt,  nicht  als  einen  Beweis  gegen  die  Theorie  benutzen, 
daß  die  mittleren  Keim])lätter  die  epithelialen  Wandungen  von  durch 
Ausstülpung  entstandenen  Leibessäcken  seien.  Denn  ein  solcher  Be- 
weis ist  von  vornherein  hinfällig  angesichts  der  sehr  zahlreichen 
Fälle,    wo  Hohlorgaue   als  Organe   ohne  Höhlung   entAvickelt   werden. 

Ich  schließe  daher  diesen  einleitenden  Abschnitt  mit  der  Be- 
merkung: Zu  einem  befriedigenden  Verständnis  der  Entwickelungsprozesse 
kann  die  genaue  Feststellung  der  nackten  Thatsachen  in  vielen  Fällen 
allein  nicht  führen ;  es  muß  noch  die  erschöpfende  Vergleichung  der 
Thatsachen  untereinander  und  ihre  richtige  Beurteilung  hinzukommen, 
welche  sich  auf  eine  umfassende  Kenntnis  der  Eigentümlichkeiten 
embryonaler  Prozesse  gründet. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


13 


Die  Keimblätter  des  Ainpliioxus  laiiceolatus. 

Für  das  Studium  der  Entwickelung  der  Wirbeltiere  ist  eines  der 
wichtigsten  und  vorzüglichsten  Objekte  das  Ei  von  Amphioxus  lanc. 
Bei  ihm  spielen  sich  alle  Vorgänge  in  einer  so  einfachen  und  klaren 
Weise  ab,  wie  in  keinem  anderen  bisher  bekannt  gewordenen  Fall, 
so  daß  sie  uns  als  Ausgangspunkt  und  Grundlage  für  eine  ver- 
gleichende Untersuchung  der  Keimblattbildung  dienen  können. 

Das  Verdienst,  die  Embr3'ologen  mir  diesem  wichtigen  Untersuchungs- 
objekt zuerst  bekannt  gemacht  zu  haben,  hat  sich  A.  Kowalevsky  (A. 
L.  III  ',  1867)  erworben,  welcher  seine  erste  grundlegende  Arbeit  über 
die  Amphioxusent Wickelung  1867  veröifentlichte  und  ihr  eine  zweite 
1877  nachfolgen  ließ.  Wenige  Jahre  später  gab  B.  Hatschek  (A.  L.  III  i, 
1881)  seine  ausgezeichneten  „Studien  über  Entwickelung  des  Amphioxus" 
heraus,  in  welchen  er  die  meisten  Angaben  von  Kowalevsky  bestätigte, 
zugleich  aber  die  ersten  Stadien  sowohl  am  lebenden  Tier,  als  auch  zum 
erstenmal  durch  Anfertigung  von  Schnittserien  bis  ins  einzelnste  so  gründ- 
lich untersuchte ,  daß  er,  was  die  Keimblattbildung  betrifft ,  seinen 
Nachfolgern  nur  wenig  Neues  hinzuzufügen  übrig  ließ. 

Mit  einzelnen  Stadien  der  Amphioxusentwickelung  und  einzelnen 
strittigen  Fragen,    wie  dem  Verschluß  des  Urmundes,  haben  sich  später- 


hin   LwoFF,    Ei 


SMOXD,    Sobotta,    Klaatsch,    Mac  BpaDE,  Morgan,  Gar- 


BowsKi,  Samas.sa,  Willev  beschäftigt.     (S.  L.  C.  III   ^.) 

Nachdem  der  Furchungsprozeß,  der  schon  auf  p.  591  dar- 
gestellt wurde,  in  wenigen  Stunden  beendet  ist,  geht  aus  dem  Haufen 
der  zahlreich  und  klein  gewordenen  Embryonalzellen  die  erste  typische 
Embryonalform.  die  Keim  blase  oder  Blastula,  hervor  (Fig.  247). 
Ihre  Wand  ist  aus  einer  einfachen  Schicht  cylindrischer  Zellen  zu- 
sammengesetzt, die  mit  ihren  Seitenflächen  dicht  aneinanderschließen 
und  einen  von  Flüssigkeit  prall  gefüllten  Hohlraum,  die  Keimblasen- 
höhle (Blastocöl),  nach  außen  allseitig  abschließen.     Im  histologischen 


/:// 


Fig.  247 


Fig.  248. 


Fig.    24(.      Keimbla.se   des   Amphioxus    nach    Hatschek,    Taf.    II,    Fig.   21. 
kh  Keimblasenhöhle,     vz  vegetative  Zehen.     (Vegetativer  Bezirk.)  . 

Fig.  248.    Junges  Gastrulastadium  vom  Amphioxus  nach,;  Hatschek,  Taf.  II, 
Fig.  22.     kh  Keimblaseuhöhle.     nd  Urdarm. 


714 


0.  Hertwig, 


Allfang 


System  bezeichnet  man  eine  derartige  Anordnung  der  Zellen  als  ein 
Epithel,  und  in  der  Embryologie  nennt  man  die  nach  Al)lauf  des 
Furchungsprozesses  zuerst  entstehende,  epithelartige  Zellenschicht  das 
primäre  Keimblatt,  welches  beim  Amphioxus  das  einzige  Substrat 
für  alle  weiteren  Entwickelungsvorgänge  abgiebt.  Denn  wie  schon 
Hatsciiek  bemerkt  hat,  werden  wir  im  folgenden  sehen,  „dal^  durch 
Faltungen  und  Verwachsungen  der  einfachen  Epithelschicht  die  wesent- 
lichsten Organe  zur  Sonderung  gelangen.  Es  tritt  nirgends  eine 
Mehrschichtigkeit  des  Epithels  und  Spaltung  desselben  ein". 

Die  Keimblase  des  Ami)hioxus  (Fig.  247)  läßt  von  allem 
an  eine  Ungleichinäßigkeit  in  der  Beschafit'enheit  ihrer  Wandung  er- 
kennen. Ein  Bezirk  {v0)  nämlich,  der  etwa  ein  Drittel  der  Oljer- 
fläche  ausmacht  und  als  vegetativer  vom  übrigen  größeren  oder  dem 
animalen  Bezirk  unterschieden  zu  werden  pflegt,  wird  von  etwas 
größeren  und  dunkleren  Zellen  gebildet,  die  mehr  Dotterkörnchen 
enthalten.  Von  ihm  geht  der  Anstoß  zu  einer  weiteren  Veränderung 
aus,  die  zur  Entstehung  einer  zweiten,  außerordentlich  charakteristischen 
und  fundamentalen  Embryonalform,  der  Gastrula,  führt.  Der  vege- 
tative Bezirk  {vs)  beginnt  sich  bald  etwas  abzuflachen,  weiterhin  in 
die  Keimblasenhöhle  ikli)  einzubuchten  (Fig.  248),  sie  mehr  und 
mehr  zu  verdrängen  und  sich  so  der  animalen,  von  kleineren  und 
helleren  Zellen  gebildeten  Wandschicht  zu  nähern,  welcher  sie  sich 
endlich  dicht  anlegt  (Fig.  249).  Der  ganze  Keim  hat  jetzt  die  Form  einer 
Mütze  oder  flachen  Schüssel,  an  welcher  Hatschek  bereits  eine 
bilaterale  Symmetrie,  ein  vorderes  und  ein  hinteres  Ende  feststellen 
konnte.     Der   durch  Einstülpung   neu   entstandene   Hohlraum   ist  der 

Urdarm  {ud),  seine  weite  Oeff- 
nung  wird  als  Urmund  (Bla- 
stoporus),  die  eingestülpte 
Schicht  größerer  Zellen  als 
das  innere  Keimblatt  (ik  Ento- 
blast  ,    Entoderm) ,    die   nach 


Fig.  249.  Schüsseiförmiges  Ga- 
strulastadium  des  Amphioxus,  nach 
Hatschek,  Taf.  II,  Fig.  24.  ud  Ur- 
darm, ul  Urmimdhppe.  nk,  ik  äußeres 
lind  inneres  Keimblatt. 


r^r0\-^ '■'-■■'■-'  ■"■■  ■■  ■ 


grenzung 
liegen 


außen  gelegene  Schicht  animaler  Zellen  als  das  äußere  Keimblatt  {(iJi) 
Ektoblast,  Ektoderm)  bezeichnet. 

Außer  den  größeren  dotterreichen  Zellen  schieben  sich  aber  auch 
kleinere  Elemente,  wie  Lwoff  nachgewiesen  hat,  von  dem  Einstüliuings- 
rand  aus  in  die  Gastrulahöhle  hinein ;  sie  tragen  besonders  zur  Be- 
ihrer  dorsalen  Wand  bei,  während  erstere  ventralwärts  zu 
kommen. 

Auf  den  nächsten  Stadien  nimmt  die  Gastrula  mehr  die  Form 
eines  Bechers  an,  wobei  sich  der  Urmund  in  erheblichem  Maße  ver- 
kleinert (Fig.  250  u.  251);  gleichzeitig  wird  die  eine  Wand  des  Bechers, 
welche  der  späteren  Rückengegend  entspricht,  mehr  abgeplattet.  Noch 
ältere  Embryonen  strecken  sich  immer  mehr  in  die  Länge;  der  sehr 
eng  gewordene  Urmund  kommt  an  ihr  hinteres  Ende  zu  liegen,  wo 
er  sich  an  der  Rückenfläche  öft'net  und  noch  auf  ziemlich  vorgerückten 
Stadien  beobachtet  werden  kann. 


Die  T^elire   von   den  Keimblättern. 


715 


Wie  die  Umwandlung  des  weiten,  sehr  umfangreichen  in  den  zu- 
letzt außerordentlich  engen  Urmund  zu  stände  kommt,  ist  eine  seit 
mehreren    Jahren   lebhaft   diskutierte   Frage.     Namentlich  handelt  es 


Fig.  250. 
xul  ak  ik    dl 


ik  ß  vi 


Fig.  2.10.  Becherförmiges  Gastrulastadium  des  Amphioxus,  nach  Hatschek, 
Taf.  III,  Fig.  29. 

Fig.  2r)'l.  Gastrula  des  Amphioxus  mit  engem  Urmiind,  Taf.  III,  Fig.  ;!3. 
dl,  vi  dorsale  und  ventrale  Urmundlippe.  ak,  ik  äußeres  und  inneres  Keimblatt. 
tid  Urdarm. 


Verengerung, 


die    allmählich 
konzentrisch   oder 


sich    darum,    zu    entscheiden,    ob    die 

fast   zu   einem   vollständigen    Verschluß   führt, 

exzentrisch  erfolgt. 

Konzentrisch  kann  der  Verschluß  heißen,  wenn 
rand    in    seinem   ganzen    Umfang   ähnlich    wie  ein 
ring   gleichmäßig   zusammenzieht,    so  daß  die  spätere  kleine 
etwa   der   Mitte  der  ursprünglichen  Ausdehnung  entspricht. 


sich  der 
gedehnter 


mit 
die 


der  Bezeichnung  eines  exzentrisch 


Urmund- 

Gummi- 

Oeftnung 

Dagegen 


folgende 


Vorstellung 


erfolgenden  Ur- 


oval 


geformten 


Urmundes   geht 

des 

gelegenen 


verbindet  man 
mundschlusses 

Die  Verkleinerung  des  weiten, 
von  einer  ganz  bestimmten  Stelle  aus,  welche  dem  Kopfende 
späteren  Embryos  entspricht.  Die  links  und  rechts  von  ihr 
Zellen  des  Randes,  an  welchem  sich  das  äußere  in  das  innere  Keim 
blatt  umschlägt,  wachsen  einander  entgegen  und  vereinigen  sich  all- 
mählich in  einer  Linie,  welche  mit  der  Medianebene  des  Embryos  zu- 
sammenfällt. Es  schließt  sich  also  der  Urmund  von  vorn  nach  hinten 
bis  auf  einen  kleinen  Rest,  welcher  sein  hinterster  oder  kaudaler  Ab 
schnitt  ist.  In  Fig.  251  z.  B.  ist  nach  dieser  Ansicht  die  Verkleinerung 
des  Urmundes  im  Verhältnis  zu  Fig.  250  dadurch  zustande  gekommen, 
daß  sich  die  zwischen  Ä  und  B  gelegene  Strecke  der  Becherwand  in 
der  angegebenen  Weise  neu  gebildet  hat.  Durch  Verwachsung  (Kon- 
krescenz)  des  Urmuudrandes  entsteht  die  Rückengegend  des  Embryos, 
aus  welcher  sich  Chorda,  Nervenrohr  und  Ursegmente  entwickeln.  Es 
liegt  auf  der  Hand,  daß,  je  nachdem  man  einen  konzentrischen  oder 
einen  exzentrischen  Verschluß  des  Urmundes  annimmt,  die  Achsen 
der  Gastrula  zu  den  späteren  Hauptachsen  des  wurmfürmig  gewordenen 
Embryos  eine  sehr  verschiedene  Orientierung  erhalten. 

Die    Frage,     in    welcher    Art    der    Verschluß    des    Urmundes    beim 


Amphioxus  vor  sich 


geht, 


ist  schon  von  Hatschek  aufgeworfen  worden. 


716  0.  Hertwig, 

Während  Kowalev.skv  ainiahm,  daß  die  den  animalen  und  vegetativen 
Pol  verbindende  Linie  der  Längsachse  des  Embr^'os  entspreche  und 
daß  der  Urmund  von  Anfang  an  sein  hinteres  Ende  bezeichne,  adaubte 
Hatschek  auf  Grund  seiner  Untersuchungen  eine  andere  Orientierung 
der  einzelnen  Entwickelungsstadien  zueinander  in  Bezug  auf  ihre  Achsen 
vornehmen  zu  müssen.  Nach  seiner  Ansicht,  in  welcher  er  die  Lehre 
vom  exzentrischen  Verschluß  des  Urmundes  zuerst  aufgestellt  hat,  ge- 
hört der  Grastrulamund  ganz  der  späteren  Rückenseite  an,  und  bezeichnet 
sein  hinterer  Rand  das  Hinterende  des  Embryos.  „Die  Schließung  des 
Gastrulamundes  geht  von  dessen  vorderem  Rande  aus,  während  der 
hintere  Rand  stets  unverändert  bleibt.  Die  Verwachsung  der  Ränder 
erfolgt  in  einer  Linie,  welche  den  größeren  hinteren  Teil  der  sjjäteren 
Rückenlinie  bildet  Der  hinterste  Rest  des  Gastrulamundes  bleibt  als 
eine  kleine,  dorsal  am  Hinterende  des  Rückens  gelegene  Oeffnung  dann 
noch  lange  bestehen."  Den  in  diesen  Sätzen  beschriebenen  „Modus  der 
Gastrulaschließung"  bezeichnete  Hatschbk  mit  Recht  als  „den  einfachsten, 
mechanischen  Prozeß,  durch  welchen  die  eine  Form  des  urmundes  in 
die  andere   übergeführt  werden  könne". 

%*Auch  Davidoff  (L.  K.  III  i,  1891)  ist  in  seiner  Arbeit  über  die  Ent- 
wickelung  der  Distaplia  zum  Schluß  gekommen,  ,,daß  die  Rückenorgane  der 
Ascidien  und  des  Amphioxus  aus  zwei  seitlich  symmetrischen,  anfangs 
durch  die  ganze  Breite  des  Blastoporus  voneinander  entfernten  Anlagen 
entstehen ,  welche  in  der  dorsalen  Medianlinie  immer  näher  aneinander 
rücken  und  vorn  zuerst,  später  in  der  ganzen  Medianlinie  des  Rückens 
zur  Vereinigung  kommen". 

Der  Hypothese  von  Hatschek  bin  ich  (L.  Iv.  IV,  1892)  gleichfalls 
beigetreten,  gestützt  auf  Untersuchungen  an  Amphibienembryonen  und  auf 
vergleichende  Erwägungen,  welche  auf  p.  707  dieses  Handbuches  be- 
sprochen sind ;  ich  halte  sie  auch  jetzt  noch  für  die  wahrscheinlichste  trotz 
des  Widerspruches,  den  Rabl  (L.  K.  III  i,  1896,  p.  XVI),  Lwoff,  So- 
KOTTA,   KlaÄtsch,   Gakbowski  dagegen  erhoben  haben  (siehe  L.  K.  III*). 

SoBOTTA  (L.  K.  III  2j  1897)  und  andere  Forscher  verlangen,  daß  wenn 
die  Ansicht  von  Hatschbk  richtig  ist,  man  die  Verwachsung  des  Ur- 
mundrandes  noch  an  einer  Nahtlinie  erkennen  müsse  und  daß  „haupt- 
sächlich an  Querschnitten  durch  den  hinteren  Teil  der  Gastrula  dicht 
vor  dem  Urmund  diese  Naht  in  Gestalt  einer  beide  Keimblätter  durch- 
setzenden Linie  oder  eines  feinen  Spaltes  sichtbar  sein  müßte". 

Dem  Einwui'f  kann  aber  immer  entgegnet  werden,  daß  die  Nahtlinie 
sich  der  Beobachtung  entzieht,  weil  die  Verwachsung  nur  sehr  allmäh- 
lich erfolgt,  weil  sie  nur  eine  kleine,  von  wenigen  Cylinderzellen  ge- 
bildete Strecke  des  Urmundrandes  betrifft  und  weil  der  Verschmelzung 
in  der  Nahtlinie  nach  kurzer  Zeit  eine  Abtrennung  des  äußeren  von  dem 
inneren  Keimblatt  auf  dem  Fuße  folgt.  Eine  Untersuchung  dieser  Ver- 
hältnisse an  Querschnittserien  hätte  auch  dann  nur  einige  Aussicht  auf 
Erfolg,  wenn  sie  an  isolierten,  richtig  orientierten  Gastrulae  ausgeführt 
würde,  Avas  auf  Schwierigkeiten  stößt  und  bis  jetzt  noch  von  keinem 
Forscher  vorgenommen  worden  ist.  Morgan  (Kap.  III  2,  1900)  diskutiert 
die  verschiedenen  Möglichkeiten  wie  der  Urmund  sich  verengern  und 
seine  Lage  verändern  könne,  ohne  aber  für  eine  derselben  entscheidende 
Beobachtungen  beibringen  zu  können. 

Zur  Zeit  liegt  also  die  Frage  so,  daß  beim  Amphioxus  ein  sicherer 
Beweis  für  die  exzentrische  Verwachsung  noch  fehlt ,  wie  denn  auch 
Hatschek  von  vornherein  seine  Ansicht  nur  als  eine  Hypothese  bezeichnet 


Die   Lehre  von  den  Keimblättern. 


<  1  i 


hat.     Das  Gleiche 


gilt 


aber  mit  Fu"-   und  Recht  auch    für    die    ebenfalls 


ganz 


unbewiesene  Annahme,  daß  der  Urmundschluß  konzentrisch  erfolge, 


oder  in  der  von  Rabi,  vermuteten  Weise  (1.  c.  p.  XVI).  Ueberhaupt  ist 
flu-  diese  Entscheidung  Amphioxus  wohl  ein  weniger  geeignetes  Material, 
als  andere  Wirbeltiere,   auf  welche  später  eingegangen  werden  wird. 

Die  Angabe  Hatschbk's,  daß  der  hintere  ventrale  Rand  des  Urmundes 
immer  durch  die  Anwesenheit  zwe: 
Mesoderms  nennt,    ausgezeichnet     f 
Wii.sox.   Lwoi'F  und   S()H(>TTA,  keine  Bestätigung   gefunden. 


großer  Zellen,  die  er  Polzellen  des 
hat    durch    andere    Forscher,    wie 


Iin  weiteren  Verlauf  der  Entwickelung  nehmen  aus  den  2  Keim- 


wichtige 


Organe 


blättern  der  Gastrula  fast  gleichzeitig  4  bleibende, 
ihren  Ursprung:  das  centrale  Nervensystem,  das  mittlere  Keimblatt 
mit  den  Ursegmenten.  die  Chorda  nnd  das  Darmrohr.  Da  die  4  Ent- 
wickelnngsprozesse  anf  das  innigste  ineinander  greifen,  müssen  sie  im 
Zusammenhang  betrachtet  werden,  wobei  wir  mit  der  Bildung  des 
Nerven rohres  beginnen  wollen. 

Wie  schon  oben  erwähnt .  wird  die  Rückenfläche  der  Gastrula, 
welche  nach  der  Hypothese  von  Hatschek  durch  Verschmelzung  der 
Urmundränder  entstanden  ist,  abgeplattet  (Fig.  251)  und  dadurch 
von  der  gekrümmten  Bauchgegend  unterscheidbar.  In  ihr  sondert 
sich  ein  breiter  Streifen  von  vorn 
nach  hinten  als  Nerven-  oder 
M  e  d  u  1 1  a  r  p  1  a  1 1  e  (Fig.  252  mj)) 
ab,  indem  in  ihrem  Bereich  die 
Zellen  etwas  höher  werden,  seitlich 
von  ihr  sich  dagegen  etwas  ab- 
platten und  als  Hornblatt  'hb)  be- 
zeichnet werden. 


Fig.  252.  Querschnitt  vou  einem 
Amphioxusembryo,  bei  welchem  sich  das 
erste  Ursegraent' bildet.  Nach  Hatschek. 
ak,  ik,  Utk  äußeres,  inneres,  mittleres  Keim- 
blatt, hb  Hornblatt,  mp  Medullarplatte. 
eh  Chorda.  *  Ausstülpmig  der  ITrdarmhöhle. 


Auf  einem  nächsten  Stadium  senkt  sich  die  Nervenplatte  nach 
dem  Urdarm  zu  als  Rinne  ein,  wobei  sich  ihre  Zellen,  die  Geißeln 
tragen  und  flimmern,  verlängern,  keilförmig  werden  und  den  Zusammen- 
hang mit  den  flacheren  Elementen  des  Hornblattes  verlieren.  Letztere 
(Fig.  252  hb)  beginnen  sich  von  links  nach  rechts  her  über  die  Ränder 
der  Rinne  herüberzuschieben,  sie  allmählich  vollständig  zu  überwachsen 
und  eine  dünne  Deckplatte  herzustellen,  durch  welche  die  Rinne  zu 
einem  engen  Kanal  geschlossen  wird  (Fig.  254).  Die  Ueberwachsung 
beginnt  von  hinten  am  vorderen  Ende  des  Urmundes  und  schreitet 
nach  vorn  vor,  wo  sich  indessen  noch  längere  Zeit  eine  weite  Oeflfnung 
erhält,  der  Neuroporus  (Fig.  253  N).  Auf  einem  noch  vorgerückteren 
Stadium  krümmt  sich  die  Nervenrinne  mit  ihren  Seitenwänden  noch 
mehr  zusammen  (Fig.  256  mp),  senkt  sich  nach  den  Urdarm  zu  ein 
und  wandelt  sich  durch  Zusammenneigen  und  Verwachsen  ihrer  Ränder 
unter  der  Decke  des  Hornblattes  zu  einem  Rohr  um  (Fig.  257).  Auch 
hierbei  schreitet  die  Verwachsung  von  hinten  nach  vorn  vor. 

Da  der  Urmund  das  hintere  Ende  der  Rückengegend  einnimmt, 
wird  seine  Umgebung   auch   mit   in    die  Differenzierung   der  Nerven- 


718 


0.  Hertwig, 


platte  hineingezogen, 


wenn  diese  sich  von  vorn  nach  hinten  vergrößert. 
Auf  diese  Weise  wird  der  Rest  des  Urmiindes  von  einer  Art  Nerven- 
ring umgeben  und  wird  später,  wenn  die  Medullarplatte  sich  auch  hier 
zu  einem  Rohr  schließt,  in  sein  hinteres  Ende  mit  aufgenommen,  wo 
er  längere  Zeit  eine  Verbindung  zwischen  Nerven-  und  Darmrohr  dar- 
stellt (Fig.  253).  Beide  zusammen  bilden  einen  aus  zwei  Schenkeln 
bestehenden  Kanal,  dessen  Form  sich  einem  Heber  vergleichen  läßt. 
Die  Umbiegungsstelle  der  beiden  Schenkel  des  Hebers  oder  der  ürmund- 


ik  il/i   iV  mä'  wa-A   n 


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cn 


*-;2id£i]"'^Iril^gt**°'^'^''^''^'°  '^^^^Elg^rn 


Fig.  253.  Opti.scher 
Längsschnitt  durch  einen 
Amphiosusembryo  mit 
fünf  Ursegmenten.  Xach 
Hatschek.  V  vorderes, 
H  hinteres  Ende.  ik-.  mk 
inneres,  mittleres  Keim- 
blatt. IUI  Darmhöhle,  n 
Nervenrohr.  cn  Caualis 
neurentericus.  «.«>  erstes 
Ursegment.  ush  L'rsegment- 
höhle. 


teil,  welcher  die  Verl)indung  zwischen  Rückenmark  und  Darm  ver- 
mittelt, heißt  Canalis  neurentericus  (cn),  eine  mori»hologisch  sehr 
wichtige  Bildung,  welche  uns  auch  in  der  Entwickelung  der  ül^rigen 
"Wirbeltiere  wieder  begegnen  wird. 

Den  Veränderungen  an  der  OberÜäche  geht  eine  Reihe  von  Er- 
scheinungen am  inneren  Keimblatt  parallel,  welche  sich  an  Quer- 
schnitten leicht  verfolgen  lassen.  Dadurch,  daß  bei  der  Bildung  der 
Nervenriune  die  Decke  der  Gastrula  in  die  Urdarmhöhle  hinabgedrückt 
wird,  entstehen  zu  beiden  Seiten  eines  median  vorsi)ringenden  Kieles 
zwei  Ausbuchtungen  des  Urdarmes,  die  Cölomtaschen  (Fig.  252 
u.  254  //?)  oder  die  Mesodermfalten  Hatschek's.  Sie  grenzen  sich 
bald  auch  nach  abwärts  besser  ab.  weil  an  der  Seitenwand  der  Gastrula, 
etwas  über  ihrer  Mitte,  sich  das  innere  Keimblatt  vom  äußeren,  dem 
es  sonst  dicht  angeschmiegt  ist,  etwas  abhebt  und  eine  kleine  Falte 
liefert,  die  wir  fortan  mit  dem  Namen  der  Urdarm falte  (elf)  be- 
legen wollen.  Der  zwischen  beiden  Cölomtaschen  befindliche,  als  Kiel 
nach  unten  vorspringende  Streifen  des  inneren  Keimblattes  (ch) 
liefert  das  Zellenmaterial  für  die  spätere  Chorda  dorsalis  und  kann 
daher  als  Chordaanlage  (ch)  bezeichnet  werden.  Die  Wandung  der 
Cölomtasche  besteht  aus  Zellen ,  die  sich  durch  geringere  Größe 
von  den  hohen  Cylinderzellen  der  übrigen  Urdarm  wand  auszeichnen 
(Lwoff).  Somit  läßt  sich  jetzt  am  inneren  Keimblatt  eine  neue 
wichtige  Anlage  unterscheiden,  das  mittlere  Keimblatt  {mk>,  (Mesoblast 
oder  Mesoderm).  Der  von  ihm  umschlossene  Hohlraum  wird  zur 
Leibeshöhle  (Ih).  Der  übrige  größere  Teil  des  Urdarmes  kann,  nach- 
dem sich  die  Cölomtaschen  von  ihm  abgesondert  haben,  der  sekundäre 
Darm  (dh)  heißen. 

Nur  kurze  Zeit  l)leiben  beim  Amphioxus  die  Cölomtaschen  in 
der  beschriebenen  Weise  bestehen ;  bald  lassen  sie  neue  Bildungen, 
die  Ursegmente,  aus  sich  hervorgehen .  und  zwar  durch  Faltungs- 
prozesse, die,  am  Kopfende  beginnend,  sich  vielfach  in  der  gleichen 
Weise   von  vorn   nach    hinten    wiederholen    (Fig.   255).      In    geringei' 


Die   l^ehre   von   den  Keimblättern. 


19 


Entfernung  vom  Kopfende  der  Cölonitasche  beginnt  ihre  Wand  eine 
zur  Längsachse  des  Embrj-os  quer  gestellte  Falte  zu  bilden ,  welche 
von  oben  lier  nach  abwärts  in  die  Leibeshöhle  und  von  der  Seite  her 


Fia-.  251. 


ak 
liij) 

mk   -■- 


■:^,. 


-^Mr-    II, 


Fig.  255. 
V 


!k 


Fig.  250. 


-  Ih 


ik 

dh 


ik 
ak 


mk 
ud 


Fig.  254.  Querschnitt  von  einem  Amphioxusembryo,  an  welchem  das  fünfte 
Ursegment  in  Bildung  begriffen  ist.  Nach  Hatschek.  ak,  ik,  mk  äußeres,  inneres, 
mittleres  Keimblatt,  mp  Medullarplatte,  ch  Chorda,  dh  Darmhöhle,  Ih  Leibeshöhle 
oder  Ursegmenthöhle  {ush  tler  Fig.  255),  df  Urdarmfalte.  '■  Eingang  in  die  Coelom- 
taschen. 

Fig.  255.  Amphioxusembryo  mit  fünf  Paar  Ursegmenten,  im  optischen  Durch- 
schnitte vom  Rücken  gesehen.  Nach  Hatschek.  Es  sind  die  Oeffnungen  der  ür- 
segmenthöhlen  in  die  Darmhöhle,  welche  bei  tieferer  Einstellung  zu  sehen  sind,  an- 
gedeutet. T^  vorderes,  H  hinteres  Ende,  ak,  ik;  mk  äußeres,  inneres,  mittleres  Keim- 
blatt, us^   erstes  Ursegment,  ush  Ursegmenthöhle,  vd  Urdarm. 

Fig.  256.  Querschnitt  durch  einen  Amphioxusembryo  mit  fünf  wohl  ausge- 
bildeten Ursegmenten.  Nach  Hatschek.  ak,  ik,  mk  äußeres,  inneres,  mittleres 
Keimblatt,  mp  Medullarplatte,  ch  Chordarinne,  dh  Darmhöhle,  //;  Leibeshöhle. 

nach  der  Chordaanlage  zu  vorwächst.  In  derselben  Weise  entstellt 
alsbald  jederseits  in  geringer  Entfernung  hinter  der  ersten  eine  zweite, 
hinter  der  zweiten  eine  dritte,  vierte  Querfalte  und  so  fort  in  dem- 
selben Maße,  als  sich  der  embryonale  Körper  in  die  Länge  streckt 
und  sich  gleichzeitig  die  beiden  Cölomtaschen  nach  hinten,  nach  dem 
Urmund  zu,  durch  Zuwachs  vergrößern.  So  wird  gleich  nach  ihrer 
ersten  Anlage  jede  Cölonitasche  beim  Amphioxus  in  eine  Reihe  kleiner, 
hintereinander  gelegener  Säckclieu  zerlegt  (Fig.  255  usli).  Eine  Zeit 
lang  bleiben  ihre  engen  Höhlungen  durch  feine  Oeffnungen  mit  der 
Urdarmhöhle  in  Verbindung  (Fig.  255),  später  schließen  sie  sich,  wobei 
die  Ursegmente  ihren  Zusammenhang  mit  der  Chordaanlage  und  dem 
inneren  Keimblatt  durch  Abschuüruug  vollkommen  verlieren  (Fig.  256). 


720  0.  Hertwio, 

Noch  vor  der  vollständigen  Abschnürung  der  Ursegniente  beginnt 
auch  die  zwischen  ihnen  gelegene  Chordaanlage  (Fig  252  ch)  sich  zu 
verändern :  sie  krümmt  sich  in  entgegengesetzter  Richtung  als  die 
Medullarplatte  zu  der  nach  abwärts  geöffneten  Chordarinne  ein. 
Ihre  Ränder  oder  die  Chordafalten  biegen  kontinuierlich  in  die  mediale 
Wand  der  Cölomtaschen  um  (Fig.  254*).  Auf  dem  nächsten  Stadium 
(Fig.  256)  löst  sich  diese  Verbindung.  Es  wachsen  jetzt  die  fi-eien 
Ränder  der  Urdarmfalte  und  der  Chordafalte  einander  bis  zur  Be- 
rührung entgegen  und  verschmelzen  hier,  worauf  sich  der  Mesoblast- 
teil  jeder  Falte  vom  anderen  Falteublatt,  welches  den  Urdarm  be- 
grenzt, durch  einen  Spalt  abtrennt.  Auf  diese  Weise  werden  einmal 
die  Ursegniente  in  vollständig  geschlossene  Säckchen  umgewandelt,  und 
zweitens  kommt  nunmehr  die  Chordaanlage  unmittelbar  in  die  dorsale 
Wand  des  sekundären  Darmes  zu  liegen,  an  welchem  sie  dorsalwärts 
gegen  die  Medullarrinne,  resp.  gegen  das  Medullarrohr  vorspringt 
(Fig.  256).  Sie  wird,  wie  man  häufig  zu  sagen  pflegt,  in  die  dor- 
sale Darm  wand  eingeschaltet.  Hier  wandelt  sich  alsdann  die 
Chordarinne  in  einen  aus  2  Reihen  von  Zellen  aufgebauten  Strang 
um  dadurch,  daß  sich  die  linke  und  rechte  Wand  der  Rinne  einander 
nähern  und  fest  zusammenlegen.  Doch  l)ald  löst  sich  auch  diese  Ver- 
bindung; die  Chordaleiste  schnürt  sich  von  der  Darmwand  bei  Em- 
bryonen mit  8  Ursegmenten  ab,  gewinnt  eine  scharfe  untere  Begrenzung 
und  wandelt  sich  in  einen  ringsum  isolierten,  auf  dem  Querschnitt 
rundlichen  Zellenstrang  um.  Vorübergehend  ist  sie  in  die  obere 
Darmwand,  wie  sich  Hatschek  ausdrückt,  förmlich  eingekeilt. 

Schließlich  wird  noch  der  Chordastrang,  indem  sich  von  links 
und  rechts  her  die  Darmzellen  nach  der  Medianebene  vorschieben  und 
zu  einer  Art  dorsaler  Darmnaht  verschmelzen  (Fig.  257),  ganz  von 
der  Begrenzung  des  Darmlumens  ausgeschlossen. 

Nach  der  Darstellung  von  Hatschek  wird  von  dem 
Zellenmaterial  der  ursprünglichen  Chordaanlage  nur 
der  mittlere  Teil  für  die  Chorda  selbst  verwandt,  die 
s  e  i  1 1  i  c  h  e  n  T  e  i  1  e  d  a  g  e  g  e  n  w  e  r  d  e  n  i  n  d  i  e  0  b  e  r  e  B  e  g  r  e  n  z  u  n  g 
des  sekundären  Darmes  m  i  t  a u f  g e n  o m  m e n. 

Das  Endresultat  aller  dieser  Vorgänge  zeigt  uns  der  Querschnitt 
Fig.  257.  Der  Urdarm  der  Gastrula  hat  sich  durch  die  beschriebenen 
Faltungsprozesse  in  mehrere  voneinander  vollständig  getrennte  Räume 
gesondert:  in  den  ventral  gelegenen  bleibenden  Darm  und  in  die 
dorsal-  und  lateralwärts  von  ihm  befindlichen  Höhlungen  der  Urseg- 
niente. Dazwischen  hat  sich  noch  als  stützender  Stab  die  Chorda  ein- 
geschoben, an  welche  unten  der  Darm,  oben  das  Nervenrohr  angrenzt. 
Die  durch  Abschnürung  vom  Urdarm  sich  sondernden  Zellen,  die  in  den 
Figuren  (254,  256,  257)  dunkler  schattiert  sind  und  die  Ursegmenthöhlen 
(Ih,  ush)  begrenzen,  bilden  das  mittlere  Keimblatt  (mk).  Seine  dem 
äußeren  Keimblatt  anliegenden  Zellen  lassen  sich  als  das  parietale 
Mittelblatt,  seine  an  Nervenrohr,  Chorda  und  Darm  angrenzenden 
Zellen  als  das  viscerale  Mittelblatt  zusammenfassen. 

In  ihrer  Entwickelung  zeigen  die  vordersten  Segmente,  welche  aus 
den  Cölomtaschen  ihren  Ursprung  nehmen,  einige  Besonderheiten,  mit 
welchen  sich  Mac  Bride  (L.  K.  III  ^,  1898  und  1900)  eingehender  be- 
schäftigt hat.  Mac  Bride  unterscheidet  1)  head  ca\äties,  2)  collar  ca- 
vities,  und  3)  die  eigentlichen  Ursegniente  oder  Somiten.     In  Bezug  auf 


Die  Lehre  von  fleii   Keimblättern. 


721 


die  Unterschiede    bei  ihrer  Entwickelung  und  auf  ihi-  späteres  Schicksal 
wird  auf  die  beiden  Abhandlungen  verwiesen. 

Iin  weiteren  Fortgang  der  Entwickelung  stehen  mit  der  Keim- 
hlattlehre  noch  3  Reihen  von  Vei'ändernngen  in  so  innigem  Zusammen- 
hang, (laß  eine  Besprechung  gleicli  an  dieser  Stelle  am  zweckmäßigsten 
erscheint:  1)  die  Ausdehnung  der  Ursegmente  und  ihre  Sonderung 
in  einen  dorsalen  und  ventralen  Abschnitt,  von  welchen  letzterer  die 
Leibeshöhle  einschließt,  2)  das  Verhalten  der  bisher  differenzierten 
Organe  beim  Längenwachstum  des  Körpers,  3)  das  Schicksal  des 
Canalis  neurentericus  und  die  Bildung  von  After  und  Schwanz. 


Fig.  257. 


Fig.  258. 


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^  ■=? 


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Fig.  257.  Querschnitt  durch  die  Mitte  des  Körpers  eines  Amphioxusembryos 
mit  elf  Ursegmenten.  Nach  Hatschek.  ak,  ik,  mk,  äußeres,  iuneres,  mittleres 
Keimblatt,  dh  Darmhöhle.  n  Nervenrohr,  us  Ursegment,   ch  Chorda,  Ih   Leibeshöhle. 


Amphioxuslare  mit  9  Ursegmenten  im  optischen  Längsschnitt.    Ur- 
segmente und  vorderes  Darmdivertikel  sind  eingezeichnet.   Nach  Hatschek,   Fig.  50. 


Fig.  258. 


Was  den  ersten  Punkt  l)etrifft,  so  breiten  sich  die  Ursegmente 
zwischen  äußerem  und  innerem  Keimblatt  von  oben  nach  unten  immer 
weiter  aus,  wie  die  Vergieichung  der  Durchschnitte  Fig.  256  und  257 
oder  die  Vergieichung  der  seitlichen  Ansicht  zweier  Embryonen  mit 
5  und  9  Ursegmenten  lehrt  (Fig.  253  und  258).  Endlich  treffen 
sie  ventralwärts  in  der  Medianebene  zusammen  und  erzeugen  hier 
durch  Vereinigung  ihrer  Wandungen  eine  dünne,  aus  2  Zellenblättern 
gebildete  Lamelle,  ein  ventrales  Darmgekröse  oder  Mesenterium,  welches 
sich  zwischen  Darmwand  und  Rumpfwand  ausspannt.  Es  ist  wichtig, 
weil  in  ihm  bald  auch  die  ersten  Anlagen  der  Blutgefäße  sichtbar 
werden. 

Bisher  sind  die  hintereinander  gelegenen  Ursegmente  durch  dünne 
Zellhäutchen.  die  den  Dissepimenten  der  Anneliden  vergleichbar  sind, 
voneinander  getrennt,  wodurch  die  Höhle  zwischen  Darm-  und  Rumpf- 
wand in  ebenso  viele  Abschnitte  zerfällt.  Hierin  erfolgt  in  dieser 
Periode  auch  ein  allmählicher  Wandel,  indem  die  Dissei)imente  in 
der  ventralen  Körperhälfte  einreißen  und  rückgebildet  werden,  so  daß 
sich  die  einzelnen  Höhlen  zu  einer  einheitlichen  Leibeshöhle  verbinden. 
Nur  die  dorsalen  Abschnitte  der  Ursegmente  erhalten  sich  zu  beiden 
Seiten  von  Chorda  und  Rückenmark  getrennt,  wie  sie  sich  auch  später 
noch  vom  ventralen  einheitlich  gewordenen  Abschnitt  der  mittleren 
Keimblätter  (der  Seitenplatte  der  übrigen  Wirbeltiere)  vollständig  ab- 
lösen. Sie  können  jetzt  als  sekundäre  Ursegmente  bezeichnet  werden. 
Hatschek  nennt  sie  Urwirbel,  ein  Name,  den  ich  für  unzweck- 
mäßig und  irreführend  halte,  da  die  Hauptleistung  der  fraglichen  Ge- 


Handbuch der  Entwickelungslehre.    I. 


46 


722  0.  Hertwig. 

bilde  die  Entwickelung  der  quergestreiften  Körpermuskulatur  ist  und 
da  zumal  beim  Amphioxus  eine  Wirbelbildung-  am  Achsenskelett  über- 
haupt nicht  stattfindet. 

Nach  der  obigen  Darstellung  ist  die  Leibeshöhle  von  den  Höhlungen 
der  Ursegmente  abzuleiten,  welche  selbst  wieder  als  Teile  der  Urdarm- 
höhle  genetisch  aufzufassen  sind.  Daher  wurde  Ami)hioxus  nebst  den 
Wirbeltieren  überhaupt  von  Oscar  und  Richard  Hertwig  (A.  L.  I. 
1881)  zur  Gruppe  der  Enterocölier  gestellt. 

Gegen  diese  Deutung  iind  Auffassung  von  der  Genese  der  Leibeshöhle 
hat  LwoFF  (L.  K.  III  2,  1892,  p.  740j  auf  Grund  eines  meiner  Ansicht 
nach  sehr  wenig  stichhaltigen  Argumentes  polemisiert.  Wie  Lwoff  näm- 
lich in  Uebereinstimmung  mit  den  Angaben  von  Kowalevsky  und  Hat- 
SCHEK  beobachtet  hat,  schwinden  einige  Zeit  nach  Abschnürung  der  Ur- 
segmente ihre  Höhlen,  und  niu'  ein  undeutlicher  Streifen  zeigt  die  Stellen 
an,  wo  sie  vorher  waren.  Später  treten  wieder  durch  Auseinander- 
weichen der  Zellblätter  Höhlungen  in  den  Ursegmenten  hervor,  die  dann 
unmittelbar  in  die  Leibeshöhle  übergehen.  Wegen  des  vorübergehenden 
Schwundes  der  Höhle  wird  Lwoff  zu  dem  Schluß  verleitet,  daß  die 
Leibeshöhle  beim  Amphioxus  mit  den  vermeintlichen  Urdarmdivertikeln 
nichts  zu  thun  habe,  da  sie,  wie  bei  allen  Wirbeltieren,  durch  Ausein- 
anderweichen der  Zellen  gebildet  werde,  daß  ferner  die  Mesodermfalten  mit 
ihren  Höhlen  nur  eine  ,,zu fällige"  Erscheinung  darstellen,  der  man 
keine  besondere  phylogenetische  Bedeutung  zumuten  könne,  daß  daher 
eine  Enterocölie  in  Wirklichkeit  nicht  existiere. 

Darauf  ist  zu  erwddern,  daß  die  Bedeutung  von  Höhlungen  im 
Organismus  nach  den  Zellschichten,  von  denen  sie  begrenzt  werden,  be- 
stimmt wird.  Die  Pleurahöhle  ist  ein  Hohlraum,  der  entsteht,  wenn 
parietales  und  viscerales  Blatt  der  Pleura  voneinander  entfernt  werden ; 
wenn  der  Hohlraum  durch  feste  Zusammenlagerung  der  Blätter  schwindet, 
später  aber  durch  Auseinandei'weichen  wieder  sichtbar  wird,  so  wird 
wohl  niemand  behaupten,  daß  jetzt  ein  „anatomisch"  neuer  Hohlraum 
entstanden  sei,  obwohl  er  vorübergehend  nicht  vorhanden  war.  Nichts 
anderes  aber  behauptet  Lwoff  von  der  Leibeshöhlenbildung  beim  Am- 
phioxus. Wie  jeder  weiß,  bestehen  parietales  und  viscerales  Blatt  der 
Oölomtaschen  und  der  Ursegmente,  wie  überhaupt  alle  Epithelblätter  beim 
Amphioxus,  nur  aus  einer  einzigen  Lage  von  Zellen.  \¥enn  daher  ein 
Hohlraum,  der  zwischen  beiden  Blättern  der  Ursegmente  vorhanden  war, 
in  einer  folgenden  Periode  schwindet,  um  in  einer  dritten  wieder  auf- 
zutreten, so  wird  er  jedesmal  von  denselben  Zellschichten  begrenzt  und 
ist  daher  dieselbe  anatomische  Bildung,  wie  die  Pleurahöhle,  die  man 
durch  Zusammenpressen  und  Entfernen  des  visceralen  und  parietalen 
Pleurablattes  willkürlich  zum  Schwund  bringen  und  wieder  hervor- 
rufen kann. 

Kowalevsky  und  Hatschek  sind  daher  auch  beide  zu  einer  anderen 
Auffassung  als  Lwoff  gelangt.  „Jedenfalls",  bemerkt  Kowalevsky,  „was 
die  Bildung  des  mittleren  Blattes  resp.  seiner  beiden  Haut-  und  Darm- 
platten überhaupt  betrifft,  so  ist  seine  Entstehung  beim  Amphioxus  dem 
ganz  ähnlich,  was  von  mir  für  die  Sagitta,  Brachiopoden  und  von 
Metschnikoff  für  die  Echinodermen  bewiesen  ist."  Obwohl  es  ihm  nicht 
gelungen  war,  das  weitere  Schicksal  der  Urwirbelhöhle  zu  verfolgen,  so 
hält  er  es  doch  für  sehr  möglich,  daß  dieselbe  zu  dem  Spalt  wird,  welcher 
■das  Darmrohr  mit  seinem  Peritoneum  und  Mesenterium  von  der  Leibes- 
wand trennt,   also  zur  Leibeshöhle.    Was  Kowalevsky  nicht  bis  zu  Ende 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  723 

durch  Beobachtung  feststellen  konnte,  hat  dann  Hatsciiek  durch  Unter- 
suchung der  felilenden  Zwischenstadieu  bewiesen,  nämlich  die  Entstehung 
der  Leibeshöhle  durch  Rückbildung  der  Dissepimente  aus  den  Ursegment- 
höhlen,  die  abgeschnürte  Cölomtaschen  sind.  Mithin  ist  die  Leibeshöhle 
des  Amphioxus  ein  Enterocöl,  und  Amphioxus  selbst  ein  Enterocölier. 

Als  zweiten  Punkt,  der  noch  zu  besprechen  ist,  hatte  ich  das 
Längenwachstum  des  Körpers  aufgeführt.  Von  Stunde  zu  Stunde 
streckt  sich  die  Larve  mehr  in  die  Länge.  Dabei  tritt  jetzt  ein  für 
das  Wachstum  der  bisher  besprochenen  Organe  wichtiger  Gegensatz 
zwischen  vorderem  und  hinterem  Körperende  ein,  der  sich  bis  zur  Er- 
reichung der  vollen  Größe  erhält.  Während  vorn  die  ersten  Ur- 
segmente  und  die  Chorda  schon  angelegt  und  in  weiterer  Ausbildung 
begriffen  sind,  zeigt  der  Körperteil  dicht  vor  dem  ürmund  die  ein- 
facheren ursprünglichen  Verhältnisse  noch  lange  Zeit  erhalten  und 
stellt  eine  N  e  u  b  i  1  d  u  n  g  s  z  o  n  e  dar.  durch  deren  ^'ermittelung  das 
Längenwachstum  des  Körpers  und  seiner  Organe,  der  Chorda  und  des 
Darmes,  und  die  Neubildung  zahlreicher  weiterer  Ursegmente  vor  sich 
geht.  Vor  dem  L^rmund  findet  man  immer  noch  eine 
Strecke  unzer  legten  Urdarmes  (Fig.  2bb  ud):  etwas  weiter 
nach  vorn,  hinter  dem  letztgebildeten  Ursegment  kann  man  dieselben 
Veränderungen  verfolgen,  die  oben  für  das  Kopfende  schon  beschrieben 
wurden;  man  sieht  die  Ausbildung  zweier  Cölomtaschen  und  zwischen 
ihnen,  in  der  Verlängerung  der  schon  strangförmig  gewordenen  Chorda 
eine  Chordarinue.  die  etwas  weiter  nach  hinten  in  eine  platte  Chorda- 
anlage übergeht. 

Infolgedessen  lassen  sich  an  Schnittserien  durch  ältere  Embryonen, 
wenn  man  in  die  Xeubildungszone  gelangt  ist,  die  gleichen  Prozesse 
studieren,  die  schon  früher  beschrieben  wurden,  die  Anlage  neuer  Ur- 
segmente, ihre  Abschnürung,  die  Umwandlung  der  Chordaanlage  in 
die  Chordarinne  und  der  Piinne  in  die  strangförmige  Chorda.  Dabei 
geht  die  Zunahme  der  Ursegmente  sehr  rasch  vor  sich  derart, 
daß  ihre  Zahl  bei  einer  nur  24  Stunden  alten  Larve  schon  etwa  auf 
17  Paar  gestiegen  ist.  Während  hinten  die  Neubildung  fortschreitet, 
wodurch  das  Längenwachstum  mit  bewirkt  wird,  werden  vorn  die  Ur- 
segmente und  die  Chorda  weiter  differenziert,  und  zwar  ist  ihre 
Differenzierung  um  so  größer,  je  näher  am  Kopfende  sie  liegen,  also 
je  früher  sie  entstanden  sind.  Die  Chorda  differenziert  sich,  indem 
in  den  plattgedrückten  Zellen  sich  Flüssigkeitsvakuolen  ausbilden. 
Die  Ursegmente  aber  beginnen  Muskelfibrillen  auszuscheiden,  worüber 
das  Nähere  das  erste  Kapitel  im  IIL  Bande  bringt. 

Endlich  wäre  noch  zu  erwähnen,  daß  von  einem  bestimmten 
Zeitpunkt  an  eine  Art  abgekürzte  Ent Wickelung  eintritt; 
die  Cölomtaschen  nämlich  und  ebenso  die  Chordaanlage  schnüren  sich 
von  der  Wand  des  Urdarmes  ganz  ab  und  bilden  dann  3  Zellen- 
stränge, durch  deren  Vermittelung  sich  die  Sonderung  immer  neuer 
Ursegmente  und  das  Längenwachstum  der  Chorda  noch  bis  in  das 
spätere  Larvenleben  hinein  vollzieht. 

Die  an  dritter  Stelle  noch  zu  besprechende  Entstehung  des  Afters 
ist  in  ihren  Einzelheiten  weniger  genau  erforscht,  als  bei  den  Amphibien, 
Vögeln  und  Säugetieren.  Wie  Ko^valevsky  und  Hatschek  in  überein- 
stimmender Weise  beschrieben  haben,  geht  sie  zu  der  Zeit  vor  sich,  wo 
am  hinteren  Ende  die  Schwanzflosse  als  „eine  kammförmig  ausgezogene 
Epithelerhebung^' (Hatschek)  angelegt  wird  (Fig.  259  I.Fl).  Zu  dieser 

46* 


724  0.  Hertwig, 

Zeit  löst  sich  der  Zusaninienhang,  der  nach  hinten  vom  undifferenzierten 
Chordaende  zwischen  Nerveiirohr  und  Darnirohr  bestand  und  als  Ca- 
nalis   neurentei'icns  früher  beschrieben  wurde.    Vorübergeliend  umfaßt 

noch  nach  der  Trennung  das  Nerven- 
rohr die  Chorda  hakenförmig  (Fig.  259)^ 
liickt  aber  bald  beim  weiteren  Wachstum 
der  Larve  und  mit  der  Ausbildung  der 
Chorda  ganz  auf  ihre  obere  Seite,  wo 
es  noch  lange  die  Form  „einer  kleineren 
Blase  behält"   (Kowalevsky  A  L.  III  ^. 

Fio-  -^50  Hinterende  einer  ^^^^^^  l^"  ^^^'^-  ^^^  Darmrohr  aber  ge- 
Larve von  Amphioxus,  an  welcher  ^vinnt  bei  diesen  Veränderungen  eine 
die  2.  Kiemenspalte  eben  durch-  unter  der  Flosse  gelegene  Oeffnung  nach 
gebrochen  ist.  Nach  Hatschek,  außen,  den  After  (Fig.  259  Ä).  Daß  der 
^'§-  *^^^*  After   vom    letzten    Rest   des   Urmundes 

abstammt,  ist  nach  den  Befunden  bei 
Amphibien  (s.  p.  704)  wahrscheinlich,  für  den  Amphioxus  jedoch  noch 
nicht  nachgewiesen.  Hatschek  (A,  L.  III  S  1881,  p.  79)  spricht  nur 
von  einem  Durchbruch  des  Afters  und  faßte  ihn  daher  wohl  früher 
als  eine  vollkommene  Neubildung  auf. 


'O 


Die  Keimblätter  der  Cyclostomcii. 

(P  e  t  r  0  m  y  z  0  n  t  e  n  und  M  y  x  i  n  o  i  d  e  n.) 

Zwischen  Petromyzonten  und  Myxinoiden  bestehen  in  ihrer  Ent- 
wickelung  so  tiefgreifende  Unterschiede,  daß  eine  getrennte  Be- 
sprechung notwendig  wird. 

Unter  allen  Wirbeltieren  Ineten  wohl  die  Petromyzonten  in 
der  Anlage  ihrer  Keimblätter  die  meisten  Anknüpfungspunkte  an  die 
beim  Amphioxus  beobachteten  primitiven  Verhältnisse  dar,  während  sie 
in  anderer  Richtung  einen  Uebergang  zu  den  Ganoiden  und  Am- 
phibien vermitteln.  Wie  bei  diesen  gehört  ja  auch  bei  ihnen  das  Ei 
dem  holoblastischen  Typus  an  und  macht  eine  totale,  aber  inäquale 
Furchung  durch.  Leider  sind  die  Eier  der  Petromyzonten,  von  denen 
man  sich,  wie  bei  den  Amphibien,  durch  Vornahme  der  künstlichen: 
Befruchtung  leicht  vollständige  Entwickeluugsserien  verschaffen  kann, 
keine  sehr  dankbaren  Untersuchungsobjekte.  Die  Zellen  sind  mit 
kleinen ,  außerordentlich  stark  das  Licht  brechenden  Dotterkörnern 
durch  und  durch  erfüllt,  wodurch  die  scharfe  Abgrenzung  der  Zellen 
und  Keimblätter  gegeneinander  beeinträchtigt  wird.  Bei  der  Klein- 
heit der  Eier  erhält  man  in  einer  Serie  neben  vielen  Schnitten,  die 
schräg  zur  Oberfläche  der  Keimblätter  geführt  sind,  nur  eine  geringe 
Anzahl  reiner  Querschnitte,  von  welchen  man  allein  eine  einigermaßen 
deutliche  Abgrenzung  der  Keimblättter  gegeneinander  erwarten  kann. 

Mit  der  Entwäckelung  der  Petromyzonten  hat  sich  schon  eine  gi'ößere 
Anzahl  von  Forschern  beschäftigt.  Max  Schultze  (A.  L.  III  ^,  1856), 
OwsjANNiKow  (A.  L.  III  2,  1870). '  Calbeela  (L.  K.  III  3,  1877,)  Nuel 
(A.  L.  in  2,  1881),  Scott  (A.  L.  i'iI  2,  1882),  Shipley  (A.  L.  III«,  1887) 
und  endlich  Kupffer  (A.  L.  III  2,  1890)  und  Goette  (A.  L.  III  2  1890). 

M.  Schultze  entdeckte  in  seiner  von  der  holländischen  Societät  zu 
Haklem  gekrönten  Preisschrift  die  Entwickelung  von  Urmund  und  Ur- 
dann    der    Petromyzonten,    welche    er  noch  als  Ruscoxi'schen   After  und 


Die  Lehre  von  den  Keimblättei-n, 


725 


welche  anfangs 
augeordnet 


Nahrnngshöhle  bezeichnete  und  den  entprechenden  Bildungen  der  Am- 
phibien verglich.  Calhehla  beschrieb  zuerst  genauer  die  Entstehung 
der  Chorda  und  des  Rückenmarkes,  das  hier  aus  einer  strangförmigen 
Anlage  ohne  Centralkanal  hervorgeht.  Die  genauesten  Angaben  über 
die  Entwickelung  der  Keimblätter  verdanken  wir  Kupffer  und  Gtoette, 
über  welche  namentlich  der  letztere  in  einer  größeren  Monographie  mit 
vielen  Abbildungen  handelt. 

Als  Ausgangspunkt  unserer  Darstellung  nehmen  wir  die  Keim- 
blase vor  Beginn  der  Gastrulation.  Infolge  inä([ualer  Furchung  be- 
steht dieselbe  in  ähnlichei'  Weise  wie  bei  den  Ampliibien  in  ihrer  einen 
Hälfte  aus  großen,  vielfach  übereinander  liegenden  vegetativen  Zellen, 
in  ihrer  anderen  Hälfte  aus  kleinen  animalen  Zellen. 
in  2 — 3,  später  in  einer  einfachen  Lage  nebeneinander 
sind.  Die  große  Keimblasenhöhle  liegt  exzentrisch:  ihre  dünne  Decke 
geht  allmählich  durch  Vermittelung  der  Randzone,  welche  aus  mehreren 
Schichten  animaler  Zellen  besteht,  in  den  verdickten  Boden  über.  An 
einer  Stelle  der  Randzone  tritt  etwa  50^60  Stunden  nach  der  Be- 
fruchtung eine  ([uere,  halbmondförmige  Furche  auf.  welche  nach  der 
späteren  Rücken-  und  Kopfseite  des  Eies  zu  von  einer  wulstigen  Lippe 
begrenzt  wird.  Teils  durch  Einstülpung ,  teils  durch  Um  wachsung 
egetative  in  die  animale  Hälfte  der  Keimblase  ganz  aufge- 
Bei  der  Betrachtung  des  lebenden  Objektes  kann  man  diesen 
zum  Teil  verfolgen ,  weil  die  animale  Blasenhälfte  sich 
durch  eine  intensivere  weiße  Farbe  vor  der  vegetativen,  mehr  gelb 
gefärbten  Hälfte  auszeichnet.  Dabei  erhebt  sich  der  Rand  der  Ein- 
stülpungsöff'nung  helmartig  und  rückt  über  die  untere  gelbliche  Hälfte 
vor.  Wenn  die  Einstülpung  der  letzteren  beendet  ist,  hat  das  Ei 
wieder  eine  ovale  oder  birnförmige  Gestalt  angenommen  und  ist  mi^ 
einer  rundlichen  Einstülpungsöffnung  oder  einem  Urmund  versehen 
welcher  Kopfwärts  von  einer  wallartig  vorspringenden  Lippe  begrenz  • 
wird,  nach  hinten  dagegen  allmählich  verstreicht  (Fig.  263.  264  GM)^ 
An  Durchschnitten,  welche  auf  verschiedenen  Stadien  der  Gastru- 
lation senkrecht  zur  Urmundlippe,  also  in  sagittaler  Richtung,  durch 
das  Ei  hindurchgelegt  werden,  läßt  sich  verfolgen,  wie  die  oben  be- 
schriebene Rinne  allmählich  tiefer  in  die  verdickte  Zellenmasse  unter- 
halb der  Randzone  einschneidet  und  sie  nach  innen  drängt,    wie    sich 


wird  die 
nommen, 
Vorgang 


FJo-.  260. 


Fig.  261. 


Fig.  262. 


Fig.  260.     Medianschnitt  durch  eine  Gastrula  von  Petromyzon   auf  einer  mitt- 
leren Stufe  ihrer  Ausbildung.     Erste  Periode  nach  Goette  (1890,  Taf.  I,  Fig  4). 

Fig.  261.    Medianschnitt  durch  eine  fertige  Gastrula  von  Petromyzon;   zweite 
Periode  nach  Goette  (1890,  Taf.  I,  Fig.  5). 

Fig.  262.    Medianschnitt  durch  einen   Embryo  von  Petromyzon  am  Beginn  der 
Streckung;  dritte  Periode  nach  Goette  (1890,  Taf.  I,  Fig.  6). 


(26 


0.  Hertwig. 


dadurch  eine  nach  der  Keiniblasenhöhle  zu  eingestülpte  Tasche  (Fig.  260 
GH)  bihlet,  wie  diese  Schritt  für  Schritt  tiefer  wird  und  die  Keim- 
blasenhöhle (FH)  schließlich  ganz  verdrängt,  indem  sich  die  Wand 
der  Tasche  an  die  animale  Hälfte  der  Keimblase  dicht  anlegt  (Fig.  261 
und  262).  Ans  der  inä([ualen  Keimblase  ist  jetzt  auch  eine  inäquale 
Gastrula  hervorgegangen.  Während  bei  Anii)hioxus  (Fig.  250)  das 
einstülpte  innere  Keim])latt  überall  nur  eine  einfache  Schicht  bildet, 
zeigt  es  bei  Petromyzon  entsprechend  der  späteren  Bauch-  und  Rücken- 
tläche  des  Embryos  sehr  erhebliche  Unterschiede.  Ventralwärts  ist  es  sehr 
verdickt  durchdie  in  einem  mächtigen  Haufen  zusammengelagerten  Dotter- 
zellen, welche  die  Urdarmhöhle  bis  auf  einen  engen,  dorsal wärts  ver- 
drängten Spalt  fast  vollständig  ausfüllen  (Fig.  261  und  262).  Nach 
oben  verdünnt  es  sich  allmählich  und  besteht  zu  Anfang  der 
Gastrulation  an  der  Decke  des  Urdarmes  vorübergehend  aus  2  bis  3 
Lagen  rundlicher  Zellen  (Fig.  261).  Blastula  und  Gastrula  der  Cyclo- 
stomeu  sind  von  Anfang  an  deutlich  bilateral  symmetrisch  gebaut  wie 
bei  den  Amphibien,  bei  denen  auf  diese  Verhältnisse  noch  ausführ- 
licher eingegangen  werden  wird.  Der  Urmund  nimmt  nach  vollzogener 
Einstülpung  des  Dotters  das  hintere,  dorsale  Ende  des  Embryos  ein. 
Die  nächste  Periode  ist  durch  die  gleichzeitig  vor  sich  gehende 
Entwickelung  des  Centraluervensystems,  der  Chorda  und  des  mittleren 
Keimblattes  ausgezeichnet  und  ergiebt  mancherlei  Anknüpfungspunkte 
au  die  von  Amphioxus  beschriebenen  Vorgänge.  Bei  Untersuchung 
der  Oberfläche  sieht  man  jetzt  die  dorsale  Seite  des  Embryos  sich 
innerhalb  eines  schmalen  Streifens  abflachen  (Fig.  263),  und  bald  darauf 
in  seiner  Mitte  entsprechend  der  Medianebene  die  „Rückeurinne"  (ß) 
auftreten,  welche  in  geringer  Entfernung  vom  Urmund  (GM)  aufhört 
und  von  ihm  durch  eine  quere,  wulstförmige  Verdickung  der  vorderen 
Urmundlippe  getrennt  wird.    Noch  etwas  später  (Fig.  264)  erhebt  sich 


Fig.  264. 


Fig.  263.  Embryo  von  Petromyzon 
Planeri  mit  ßückenrinne.  die  den  ßla- 
stoporus  nicht  erreicht.  Nach  Kupffer 
(1890,  Taf.  XXVII,   Fig.  13). 

Fig.  264.  Embryo  von  Petromyzon 
Planeri  mit  Rückenrinne  auf  der  wulst- 
förmigen  Embryonalanlage.  Nach  KuP- 
ffer'(1890,  Taf.  XXVII,  Fig.  14). 

GM  Urmimd,  B  Eiickenrinne. 


die  Umgebung  dei'  Rinne  ein  wenig  über  die  Oberfläche  des  Embryos 
empor,  was  mit  der  Anlage  des  Centraluervensystems  zusammenhängt 
und  zur  Bildung  eines  vom  Kopfende  bis  zum  Urmund  sich  erstrecken- 
den schmalen  Wulstes  führt,  der  in  seiner  Mitte  die  seichte  Rinne  (R) 
trägt  und  durch  sie  halbiert  w'ird. 

Wie  Querschnitte  lehren,  entwickelt  sich  das  Rückenmark  nach 
einem  Modus,  der  von  dem  gewöhnlichen  Hergang  bei  Amphioxus 
und  den  meisten  Wirbeltiern  erheblich  abweicht  und  sich  nur  bei  den 
Knochenfischen  wiederfindet.  Im  Bereich  der  Rückenrinne  wird  das 
einschichtige  äußere  Keimblatt  etwas  verdickt  (Fig.  265  und  266)  und 
später  in  einen  soliden  Mednllarstrang  umgewandelt,  der  kielartig  nach 
dem  Urdarm  zu  vorspringt  (Fig.  267  n).  Nach  einiger  Zeit  löst  sich  der 
Mednllarstrang  vom  äußeren  Keimblatt  ab  und  kommt  so  als  isolierte 
Anlage  unter  die  Oberhaut  zu  liegen.     Wie  Goette,  Calberla   und 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  727 

KuPFFER  gezeigt  haben,  ist  der  bei  Cyelostomen  und  Teleostiern  be- 
obachtete Modus  der  Anlage  des  Nervenrohres  leicht  von  dem  gewöhn- 
lichen Hergang  abzuleiten.  Anstatt  einer  nach  außen  hervortretenden 
Faltenbildung  des  Ektoderms  mit  einer  offenen  und  breiten  Medullar- 
furche  handelt  es  sich  hier  um  eine  nach  innen  gerichtete 
F  a  1 1  e  n  b  i  1  d  u  n  g ,  w  0  b  c  i  d  i  e  f  r  e  i  e  n  0  b  e  r  f  1  ä  c  h  e  n  d  e  r  F  a  1 1  e  n  - 
blätter  fest  aufeinander  gepreßt  werden.  Wie  Kupffer 
(1890)  bemerkt,  „ist hier  die  Falte  des  Ektoderms  eine  geschl  ossene, 
indem  beide  Blätter  median  in  Kontakt  miteinander  sind.  Die 
mediane  KontaktHäche  entspricht  der  offenen  Medullarfurche  bei  an- 
deren Klassen''.  Erst  auf  einem  erheblich  weiter  vorgerückten  Stadium 
tritt  in  dem  solid  angelegten  Medullarstrang  ein  enger,  später  sich 
ausweitender  Centralkanal  hervor.  Er  entsteht  nach  obiger  Erklärung 
einfach  in  der  Weise,  daß  die  bei  der  „geschlosseneu  Einstülpung" 
aufeinander  gepreßten  Flächen  der  2  Epithelwände  auseinander  weichen 
und  dadurch  erst  die  Höhle  hervortreten  lassen,  die  bei  dem  gewöhn- 
lichen Modus  der  Faltenbildung  von  Anfang  an  vorhanden  ist. 

Unter  der  nach  dem  Urdarm  zu  kielförmig  vorspringenden  Anlage 
des  Centralnervensystems  verändert  jetzt  auch  das  innere  Keimblatt 
seine  Beschaffenheit  genau  in  gleicher  Weise  wie  beim  Amphioxus. 
Das  am  Anfang  dicke  innere  Keimblatt  (Fig.  2(i0)  verdünnt  sich  und 
wandelt  sich  in  eine  einfache  Lage  fest  zusammenschließender  Cylinder- 
zellen  um  (Fig.  261  u.  262),  in  die  Chordaanlage,  welche  der  unteren 
Fläche  des  Medullarstraugs  fest  anhaftet  und  durch  ihn  nach  abwärts, 
wie    beim   Amphioxus,    herabgedrängt  wird   (Fig.  265—267   ch).     Die 


Cxp 


Fig.  265.  Fig.  2(j(i 

ulk  mk  n 


\ 


csp 


Fig.  26  r.  CSV       dh    eil 


,  _  Fig.  265.     Querschnitt  durch  einen  mit 

\       ■''  '  '  „^yr.  Medullarrinue  versehenen  Embryo  von  Petro- 

\  i  .-  myzon  fhiv.  der  zweiten  Periode  nach  Goette 

\  X      udf  (1890,  Taf.  IL  Fig.  22).     ch  Chorda,  mk  mitt- 

„-^  leres  Keimblatt,  csp  Cölomspalte. 

'  ^         ^  Fig.  266.    Querschnitt  durch  die  Vorder- 

"l^;-''""  hälfte  des  Rumpfes  eines  Embryos  von  Petro- 

mvzon  fhiv.  der  dritten  Periode  nach  Goette 

(1890,  Taf.  II,  Fig.  26).     n  Nervenstrang,    dh 

*'-''"[  Darmhöhle.    Andere  Bezeichnungen  wie  oben. 

Fig.  267.  Querschnitt  durch  einen  Embryo  von  Petromyzon  fluv.  der  vierten 
Periode  nach  Goette  (1890,  Taf.  III,  Fig.  31).  Bezeichnungen  wie  in  Fig.  263 
und  264.  ndf  Urdarmfalte. 

zu  beiden  Seiten  von  den  Anlagen  der  Chorda  und  des  Medullar- 
stranges  gelegenen  Zellen  des  inneren  Keimblattes  sind  durchschnittlich 
etwas  kleiner  als   weiter   ventralwärts   und   bilden   zwei  Streifen,   die 


728  0.  Hertwig. 

nach  oben  etwas  vors})nngen.  Sie  werden  zum  mittleren  Keimblatt 
und  sind  daher  von  Goette  als  die  Mesodermplatten  bezeichnet 
worden  (P^ig.  2()ö— 267  mJc).  Sie  lassen  sich  in  den  Figg.  265  u,  26C) 
von  der  Zellenmasse,  die  später  zum  sekundären  inneren  Keimblatt 
wird,  nach  abwärts  noch  nicht  scharf  abgrenzen,  wie  denn  überhaupt 
die  Querschnittsbilder,  welche  aus  verschiedenen  Stadien  der  Ent- 
wickelung  des  mittleren  Keimblattes  von  Scott,  Shipley  und  in  be- 
sonders großer  Anzahl  von  Goette  abgebildet  worden  sind,  schärfere 
Abgrenzungen  zwischen  den  sich  differenzierenden  Teilen  vermissen 
lassen.  Es  hängt  dies  mit  der  schon  oben  erwähnten,  ungünstigen 
Beschaffenheit  des  Untersuchungsobjektes  für  Herstellung  klarer  Demon- 
strationspräparate zusammen.  Wenn  auch  dadurch  die  Deutung  der 
Entwickelungsvorgänge  erheblich  erschwert  wird,  so  läßt  sich  doch 
immerhin  an  manchen  Merkmalen  erkennen ,  daß  sie  sich  im  allge- 
meinen in  ähnlicher  Weise  wie  beim  Amphioxus  abspielen  und  auf 
das  dort  festgestellte  Schema  zurückführbar  sind.  Selbst  Goette, 
welcher  sonst  die  Lehre  von  der  Entstehung  des  mitteren  Keimblattes 
aus  Cölomtaschen  liekämpft,  sieht  sich  zu  der  Bemerkung  veranlaßt, 
„es  läßt  sich  nicht  leugnen,  daß  die  Mesodermbildung  von  Amphioxus 
sehr  bedeutsame  Uebereinstimnumgen  mit  derjenigen  von  Petromyzon 
und  anderen  Wirbeltieren  enthalte". 

Eine  Uebereinstimmung  zwischen  Petromyzon  und  Amphioxus 
läßt  sich  in  folgenden  Punkten  erkennen,  wobei  wir  uns  auf  die  Dar- 
stellung und  Abbildungen  von  Goette  und  Kupffer  stützen.  Erstens 
läßt  sich  in  den  Figg.  265,  266  und  267  die  unter  der  Chordaanlage  (ch) 
gelegene  kleine  ürdarmhöhle  nach  beiden  Seiten  in  unregelmäßig  ge- 
staltete Hohlräume  (csp)  verfolgen,  welche  in  die  zur  Anlage  des 
mittleren  Keimblattes  bestimmten  kleinzelligen  Massen  eindringen  und 
daher  den  Cölomtaschen  des  Amphioxus  (Fig.  254)  entsprechen.  Goette 
bestreitet  diese  Deutung ;  er  läßt  die  seitlichen  Hohlräume ,  die 
er  Submesodermalspalten  nennt,  nicht  in,  sondern  unter  seinen 
Mesodermplatten  liegen,  also  Derivate  der  Keimblasen-  und  nicht  der 
Ürdarmhöhle  sein.  Dagegen  sprechen  aber,  abgesehen  von  der  gleich 
zu  erwähnenden  Untersuchung  Kupffer's,  nicht  nur  einige  der  von 
Goette  selbst  gegebenen  Abbildungen,  sondern  noch  ein  zweiter  Um- 
stand, welchen  auch  Goette  als  eine  offenbare  Uebereinstimmung 
mit  Amphioxus  anerkennt.  Die  Chordaanlage  (Fig.  265,  266  267  ch) 
nämlich  geht  an  ihren  beiden  Seiten  durch  Vermittelung  keilförmiger 
Zellen  unmittelbai-  in  die  oberste,  1 — 2  Zellen  dicke  Lage  der  Meso- 
dermplatten (mk)  übei-,  welche  sich  über  den  vorhin  erwähnten  Hohl- 
räumen befinden.  Goette  legt  auf  die  Feststellung  dieses  Verhält- 
nisses Gewicht ,  er  bezeichnet  den  Uebergang  der  aufgebogenen 
Chordaränder  in  die  Mesodermplatten,  welche  sich  eben  vom  Ento-. 
derm  abzuspalten  beginnen,  als  einen  vollkommenen  und  nennt 
wiederholt  die  Chordaanlage  mit  den  zu  ihren  beiden  Seiten  ge- 
legenen Teilen  „eine  ununterbrochen  zusammenhängende  und  nur 
3-fach  ausgebogene  Platte".  Nun  findet  beim  Amphioxus  (Fig.  254)  ein 
kontinuierlicher  Uebergang  der  Chordaanlage  nur  in  das  parietale  Blatt 
des  mittleren  Keimblattes  statt,  während  das  viscerale  Blatt  außer 
Kontinuität  mit  ihm  steht.  Somit  hätten  wir  nach  den  Grund- 
sätzen der  vergleichenden  Anatomie  in  den  seitlichen  Abschnitten  der 
3-fach  ausgebogenen  Platte  auch  nur  das  parietale  Blatt  des  mittleren 
Keimblattes  zu  erblicken,  sowie  in  den  darunter  gelegenen  Hohlräumen 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


729 


nicht  ,,siibiiieso(lermale  Spalten",  wie  Goette  angiebt,  sondern  Urdarm- 
divertikel,  die  nach  unten  noch  von  einer  Lage  Zellen  begrenzt  werden, 
die  als  viscerales  Blatt  sich  erst  später  von  der  Masse  der  Dotter- 
zellen schärfer  absetzen. 

Ferner   stimmt    mit    der   Entwickclung 
weitere    \'erlauf   bei    Petromyzon    übei'ein. 
krümmt  sich  hier  ebenfalls  zu  einer  Rinne 
Zellenstrang,  der  sich  von  den   „Mesodermplatten"  ganz  al)trennt  und 
vorübergehend  in  die  Decke  des  Darmrohres  eingeschaltet  ist  (Fig.  2ßS). 


des  Anii)liioxus 

Denn    die 
zusammen    und 


auch   der 

Chordaanlage 

zu    einem 


ml: 


Fig-.  208. 


/ 


Fis.^.  269. 


f 


nk 


ch 


ik 


n 


ink 


-  cup 


-ik 


Fig.  268.  Querschnitt  durch  die  Mitte  des  Rumpfes  eines  Embryos  von  Petro- 
myzon fluv.  der  dritten  Periode  nach  Goette  (1890,  Tat.  II,  Fig.  27).  Bezeichnungen 
wie  in  Fig.  265 — 267. 

Fig.  269,  Querschnitt  durch  den  Kopf  eines  Embryos  von  Petromyzon  Planeri 
aus  der  zweiten  Periode  (nach  Kupffer,  1890,  Tai  XXVIII,  Fig.  34).  Bezeichnungen 
wie  in  Fig.  26rj — 267.      d  Darm,  ak,  ik  äußeres,  inneres  Keimblatt. 


Auch  diese  Verbindung  geht  dann  bald 


erfolgende  Abschnürung 


verloren,  indem  von  links  und 
rechts  die  Darmblattzellen  einander  entgegenwuchern  und  die  defini- 
tive Decke  des  Darmes  herstellen.  In  dieser  Zeit  erhalten  auch  die 
Mesodermplatten  eine  scharfe  Abgrenzung  nach  unten  gegen  die 
größeren  Dotterzellen  durch  Auftreten  einer  scharfen  Spalte,  ein  Vor- 
gang, der  sich  w^ohl  als  eine  von  der  Seite  her 
deuten  läßt  (Fig.  268). 

Im  Gegensatz  zu  Goette  leitet  denn  auch  Kupffer  (1890)  das 
mittlere  Keimblatt  bei  Petromyzon  von  Cölomtaschen  ab.  Nach 
Kupffer  „vollzieht  sich  der  Vorgang  verschieden  in  Kopfregion  und 
Rumpf.  Dort,  wo  der  Darm  von  Dotterzellen  nicht  umlagert 
bildet  das  Entoderm  hohle  dorsale  Mesodermfalten  (Fig.  269  csp), 
bei  Amphioxus,  die  sich  durch  sekundäre  Einfaltung  abschnüren, 
liegt  hiei-  ein  völlig  klarer  Fall  von  Enterocölie  vor 
man  für  die  Rumpfregion  der  Meinung  sein,  daß  da  ein  von 
ersteren  wesentlich  verschiedener  V 
Ausdruck  Schizocölie  mit  einigem  Rechte 
seits  von  den  Achseuorganen  gelegenen  massiven  Wülste 


ist, 
wie 
Es 
könnte 


organg 


dem 

abläuft,   auf  den  sich  der 

anwenden  ließe.    Die  beider- 

von  Dotter- 


zellen wandeln  sich  allmählich  in  Mesoderm  um,  erhalten  einen  Cölora- 
spalt  und  trennen  sich  von  der  ventralen  Masse  der  Dotterzelleu. 
Dieser  auf  den  ersten  Rlick  überraschende  Unterschied  erklärt  sich 
aus  der  Anwesenheit,  resp.  dem  Fehlen  der  dem  Entoderm  zuzurechnen- 
den Dotterzellen  in  beiden  Regionen,  dadurch  also,  daß  der  Kopfteil 
mit  dem  Vorderdarm   aus  dem  Bereiche  der  Dotterzellen  frei  hervor- 


730  0.  Hertwig, 

gewachsen  ist.  Iin  Kopf  hat  der  Darm  eine  einfache,  im  Rumpf  eine 
geschichtete  Wand,  indem  Dotterzellen  seitlich  dem  Darm  aufgelagert 
sind.  So  geht  dann  die  offene  Mesoderm falte  des  Darmes"  im 
Kopfe  allmählich  unter  Wandverdickung  und  Abnahme  des  Hohl- 
raumes in  den  massiven  Mesodermwulst  des  Rumpfes  über.  Es  sind 
zwei  Modifikationen  desselben  Prozesses,  die  in  ihren  Unterschieden  durch 
das  verschiedene  Verhalten  der  Urdarmlichtung  und  Urdarmwand  in 
Kopf  und  Rumpf  bedingt  sind." 

In  Uebereinstimmung  mit  Kupffer  läßt  auch  Hatta  (L.  K. 
III  ^  1892)  im  Kopfteil  das  mittlere  Keimblatt  aus  einer  Einfaltung 
der  Urdarmwand  angelegt  werden. 

Was  die  weiteren  Veränderungen  betrifft,  so  breitet  sich  das 
mittlere  Keimblatt,  nachdem  es  dorsal  entstanden  ist,  zwischen  Horn- 
blatt und  Dotterzellen  allmählich  weiter  ventralwärts  aus,  ohne  irgend 
welche  Bestandteile  von  letzteren  aufzunehmen,  wie  Goette  auf  das 
bestimmteste  behauptet,  im  Gegensatz  zu  Scott  (A.  L.  III  ^  1882),  der 
sich  Dotterzellen  abspalten  und  zu  einem  ventralen  Mesoderm  ver- 
binden läßt.  Also  auch  in  diesem  Punkt  besteht  wieder  Ueberein- 
stimmung mit  Amphioxus. 

Dann  beginnt  die  Ursegmentbildung,  hinsichtlich  derer  sich 
ein  wichtiger  Unterschied  gegenüber  dem  Amphioxus,  dagegen  eine 
Uebereinstimmung  mit  allen  übrigen  Wirbeltieren  geltend  macht.  Sie 
bleibt  nämlich  bei  Petromyzon  nur  auf  die  mediale  Gegend  der 
mittleren  Keimblätter  zu  beiden  Seiten  von  Chorda  und  Nervenrohr 
beschränkt,  während  die  seitlichen  Partieen  ungegliedert  bleiben  und 
sich  als  Seitenplatten  abgrenzen.  Die  Entwickelung  der  Ursegmente 
läßt  sich  ebenfalls  auf  einen  Faltungsprozeß  zurückführen,  auf  welchen 
bei  den  Amphibien  noch  genauer  eingegangen  werden  wird.  Die 
ersten  Ursegmente  entstehen  in  der  hinteren  Kiemeugegend  aus  der 
anfangs  soliden  Mesodermplatte  und  werden  dann  hohl;  später  erfolgt 
die  Quergliederung  im  Kopfe  und  im  übrigen  Rumpfe  und  zeigt  in 
beiden  Regionen  eine  geringe  Verschiedenheit.  Im  Kopf  hat  sich 
schon  vor  der  Ursegmentgliederung  das  mittlere  Keimblatt  in  pari- 
etales und  viscerales  Blatt  gespalten.  Infolgedessen  haben  vorn 
die  Ursegmente  gleich  bei  ihrer  ersten  Anlage  kleine  Höhlen  in  ihrem 
Innern,  die  Ursegmenthöhlen,  welche  ventralwärts  eine  Zeit  lang  in 
die  Leibeshöhle  einmünden.  Später  wird  die  Verbindung  aufgeholfen, 
indem  sich  die  Ursegmente  auch  von  den  Seitenplatten  abschnüren. 
Kaudalwärts  dagegen  erfolgt  die  Abtrennung  der  Ursegmente  und 
der  Seitenplatten  früher  voneinander,  als  die  Leibeshöhle  in  letzteren 
sichtbar  wird  (Goette). 

Veränderungen  am  hinteren  Körperende  in  der  Umgebung  des 
Urmundes  führen  zur  Entstehung  von  Schwanz  und  After.  Schon 
frühzeitig  (Fig.  264)  springt  die  dorsale  Urmundlippe  „dach-  oder 
kapuzenartig"  nach  hinten  vor,  während  die  ventrale  Lippe  nur  eine 
quere  wulstige  Kante  bildet.  Wenn  man  nun  zur  Zeit,  wo  der  Vor- 
sprung am  meisten  ausgeprägt  ist,  einen  Querschnitt  durch  ihn  hin- 
durchlegt (Fig.  270),  so  gewinnt  man  ein  Bild,  welches  außerordent- 
lich dem  später  zu  besprechenden  Querschnitt  (Fig.  369)  durch  den 
sogenannten  Kaudallappen  eines  Haifischembryos  gleicht.  Das  äußere 
Keimblatt  ist  in  der  Mitte  zum  soliden  Medullarstrang  (n)  verdickt 
und  schlägt  sich  seitwärts  an  der  seitlichen  Urmundlippe  in  das 
innere  Keimblatt  um.    An  diesem  ist  eine  mittlere,  an  den  Medullär- 


Die  Lebi'e  von  den  Keimblättern. 


731 


Strang  angrenzende  Zellenniasse  als  Choi'daanlage  (cli)  zn  unterscheiden, 
ferner  zwei  Zellenmassen  (mk),  welche  lateral  von  der  Chordaanlage  in 
den  Zwischenraum  zwischen  den  beiden  Grenzblättern  hineingewachsen 
sind  und  das  mittlere  Keimblatt  liefern.  Derartige  Befunde  am  Schwanz- 
ende lassen  sich  ebenfalls  wieder,  wie  bei  den  Selachiern,  als  Cölom- 
taschen  mit  aufeinander  gepreßten  Wandungen  deuten. 

Infolge  der  keilförmigen  Anlage  des  Rückenmarkes  kommt  es  bei 
den  Petromyzonten  nicht  zu  einem  offenen  neurenterischen  Kanal, 
sondern  zu  einem  soliden  Strang. 


Fig.  270. 


Fig.  271. 

C7l 


Fig.  272. 


y> 


ml: 


-.-^_    d 


:^ 


dz 


!k 


Fig.  270.  Querschnitt  dunh  das  Schwanzende  eines  Embryos  von  Petromyzon 
der  vierten  Periode,  nach  Goette  (1890,  Taf.  IV,  Fig.  39).  mk  *  Stelle,  wo  das  mittlere 
Keimblatt  aus  dem  inneren  Keimblatt,  d,  hervorwächst,  dz  Dotterzellen.  Andere 
Bezeichnungen,  wie  in  Fig.  266 — 269. 

Fig.  271.  Medianschnitt  durch  das  Schwanzende  von  Petromyzon  fluv.  der 
vierten  Periode,  nach  Goette  ;1890,  Taf.  VI,  Fig.  72).  Der  Nervenstrang  hängt 
durch  einen  Zellstrang,  der  dem  neurenterischen  Kanal,  cn,  entspricht,  mit  dem 
inneren  Keimblatt,  ik,  zusammen. 


Fig. 


•210. 


(1890,  T.  I.  Fig.t8). 


Embryo  von  Petromyzon   aus   der  fünften  Periode,   nach   Goette 


Aus  der  dorsalen  ürmundlippe  entwickelt  sich  das  Schwanzende 
der  Petromyzonlarve  (Fig.  271  u.  272)  in  ähnlicher  Weise,  wie  bei  den 
Amphibien,  bei  denen  der  Vorgang  eine  genauere  Besprechung  finden 
wird.  Die  darunter  gelegene  Urmundöffnung  {A)  wird  später  immer 
enger,  geht  aber  nie  ganz  verloren  und  wird  zu  dem  unter  der  Schwanz- 
wurzel gelegenen  After  {A),  w-as  schon  von  Max  Schultze  (A.  L. 
III  2,  1856)  erkannt  worden  ist. 


Von  den  Petromyzonten  unterscheiden  sich  die  Myxinoiden 
in  ihrer  Entwickelung  sehr  wesentlich ,  wde  wir  durch  die  schönen 
Untersuchungen  von  Price  (A.  L.IIIM896),  Doflein  (A.L.IIP  1899). 
namentlich  aber  von  Bashford  Dean  (A.  L.  IIP  1899)  wissen.  Den  drei 
genannten  Forschern  glückte  es,  sich  das  schwierig  zu  erlangende  Ei- 
material  von  Bdellostoma  Stouti  auf  verschiedenen  Stadien  zu  ver- 
schaffen. Die  Eier  sind  beträchtlich  große ,  langgestreckte  Cylinder 
(Fig.  273  -  275),  sehr  dotterreich,  von  einer  festen  Schale  eingeschlossen ; 
sie  machen  eine  partielle  Furchung  durch,  ähnlich  den  meroblastischen 
Eiern  der  Teleostier  und  Elasmobranchier,  und  bieten  dadurch,  sowie 
durch  den  sich  hieraus  ergebenden  Ablauf  der  Gastrulation  eine 
fundamentale  Abweichung  von  den  Eiern  der  Petromyzonten  dar.  Die 
Keimscheibe    entsteht    an    einem    Pol    des   Cylinders   (Fig.  273)    und 


732 


0.  Hertwig, 


breitet  sich  als  Keimhaut  von  hier  alhnählich  ül)er  den  Dotter  aus 
(Fig.  274  u.  275).  Die  Gastrulation  (Dean  1S99.  p.  252)  beginnt  an 
einer  Stelle  des  Randes,  der  sich  verdickt  und  bei  Fläclieubetrachtung 
als  weißer   Streifen   erscheint.     Ein  Sagittalschiütt   durch   die   dorsale 


Fig.  273. 


Fig.  274. 


Fig.  27 


Fig.  273-275.  3  frühe  Ent- 
wickelungsstadien  von  ßdellostonia 
nach  Dean  (1899,  Taf.  XVLl,  Fig. 
22,   24,   28). 

Fig.  273.  Gastnila,  welche  die 
erste  Anlage  des  Embryos  an  der 
dorsalen  Lippe  zeigt. 

Fig.  274.  Junger  Embryo,  wahr- 
scheinlich von  einer  ungewöhnlichen 
Form,  da  er  die  Schwanzregion  ge- 
teilt zeigt.  Die  Keimhaut  umschließt 
\'.,  der  Eioberf lache. 

Fig.  275.     Die  Keimhaut   um- 


schließt 


der  Eioberfläche.     Die 


ersten  Kiemen  spalten  sind  angelegt. 


Urmundlippe,  welchen  Dean  von  einem  schon  etwas  weiter  vorge- 
rückten Stadium  abbildet,  (Fig.  276)  zeigt  uns  2  deutHch  ge- 
sonderte Keimblätter,  die  am  ßlastoporus  ineinander  umbiegen.  Das 
äußere  Blatt  ist  kleinzellig  und  breitet  sich,  allmählich  dünner  werdend, 
über  die  vordere  Kuppe  des  Eicylinders  aus.  Das  untere  Keimblatt, 
das" von  Dean  als  „Mesentoderm"  bezeichnet  wird,  besteht  aus  größeren, 


sz 


Fig.  276.  Sagittalschnitt  durch  ein  Gastrulastadium  nach  Deax  (1899,  Holz- 
schnitt p.  252).  Es  ist  nur  die  dorsale  Urmundlipj^e  abgebildet.  S  Zellen  an  der 
Oberfläche  das  Syncytiums  (&),  T  Zellen  innerhalb  der  Lage  des  Syncytiums. 


locker  zusammenliegenden  Zellen  und  hört  in  einiger  Entfernung  vom 
Umschlagsrand  auf.  Es  liegt  unmittelbar  einem  Dottersyucytium  (S) 
auf,  das  den  Boden  des  Urdarmes  bildet,  welcher  auf  einen  kaum 
sichtbaren  Spalt  reduziert  ist.  Das  Dottersyucytium  oder  der  Periblast 
von  Dean,  läßt  2  Schichten  erkennen,  1)  eine  Lage  abgeplatteter, 
spindeliger  Zellen  (S)  und  2)  eine  dünne  Protoplasmaschicht  mit  ein- 
gestreuten Kernen  (Merocyten). 

In  der  Anlage  des  Embryos  bestellt  eine  große  Uebereinstimmuug 
zwischen  Bdellostoma  und  den  Teleostiern.  An  den  Kopfteil,  der  in 
der  Gegend  der  ersten  Einstülpung  gebildet  wird  (Fig.  273),  schheßen 
sich   allmählich   die   übrigen  Körperregionen   an   in   demselben   Maße, 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


TOP 


als  sich  die  Keiiuhaut  über  den  Dotter  weiter  ausbreitet  (Fig.  274,  275), 
und  bleibt  dabei  der  Embryo  mit  seinem  jeweilijL'  hinteren  Ende  am 
Rande  des  Blastodernis  oder  an  der  dorsalen  Urniundlippe  ange- 
heftet. Eine  Vorstellung  hiervon  giel)t  uns  Fig.  277,  in  welcher  die 
in  Fig.  275  als  langer  Streifen  sichtbare  Embryonalanlage  (Keim- 
streifen) bei  stärkerer  Vergrößerung  und  auf  einem  noch  etwas  jüngeren 
Stadium  abgebildet  ist.  In  der  Embryonalachse  sind  bereits  54  Ur- 
segmentpaare  angelegt.     An  das  letzte    schließt    sich   eine    kurze   un- 

geht. 


differenzierte  Wachstumszone  an,  welche  gleich  in  den  Keimring  über 
An  der  Anheftungsstelle  ist  eine  kleine  Einkerbung  zu  sehen,  welche 

ihr 


Oeft'nung 


der  dorsalen  Urniundlippe   entspricht.     Kurz   vor 
mündet  das  Rückenmark   mit    einer   kleinen 
(Cn)   aus,  so  daß  hier   für   ein    späteres    Stadium    die 
Vorbedingung  für  das  Zustandekommen   eines   echten 
Canalis  neurentericus  gegeben  ist. 

Die  Myxinoiden  weichen  nämlich  in  ihrer  Entwicke- 
lung,  wie  Dean  gefunden  hat,  von  den  Petromyzonten 
in  sehr  auffälliger  Weise  auch  darin  ab,  daß  ihr  Cen- 
tralnervensystem  nicht  als  solider  Medullarstrang,  son- 

von    Medullarfalten    ähnlich 
Amphibien    gleich    als   hohles   Rohr 


dern   unter  Entwickelung 
bei   den 


wie 
gelegt 


an- 


wird. 


Dean  läßt  es  in  seiner  Untersuchung  dahingestellt, 
bis  zu  welchem  Grade  der  Embryo  sich  vom  Keimring 
aus  durch  Verschmelzung  der  Urmundränder  (Kon- 
krescenz)  entwickelt.  Für  eine  solche  spricht  ein  in 
Fig.  274  reproduzierter  Fall  von  Spina  bifida,  welcher 
in  Dean"s  Abhandlung  auf  Taf.  XVII,  Fig.  24,  und 
Taf.  XXI,  Fig.  80  abgebildet  ist.  Weitere  Auskünfte 
hierüber,  sowie  überhaupt  genauere  Details  über  die 
Embryobildung  sind  noch  vom  zweiten  in  Aussicht 
stellten  Teil  der  Untersuchungen  von  Dean 
warten,  in  welchem  die  an  Serienschnitten 
Ergebnisse  mitgeteilt  werden  sollen. 

Die  vollständige  Umwachsung  des  Dotters  durch 
die  Keimhaut  und  der  Verschluß  des  Blastoporus  er- 

Fig.  277.  Embryonalanlage  mit  etwa  54  Ursegmenten  von 
Bdellostoraa  von  einem  Ei,  an  welchem  die  Keimhaut  den  Dotter 
noch  nicht  so  weit  wie  in  Fig.  27.")  umwachsen  hat  (nach  Dean 
1899,  Taf.  XXLl,  Fig.  92).  Au  Hörbläschen.  Hz  Herz.  Cn 
Ausmündung  des  Nervenrohres.  ÄTi'  Keimring. 


ge- 
zu    er- 
gewonnenen 


\%-' 


folgt  vis-ä-vis  dem   Ort, 
wurde,  am  vegetativen 
erst    sehr   spät,    nämlich 


Kiemenspalten  angelegt  ist;   der 
an  die  von  Teleostiern  bekannten 


an  welchem  die  Keimscheibe 'zuerst  angelegt 

Pol  des  cylindrischen  Eies  (Fig.  275)  und  tritt 

zur   Zeit    ein,    wenn    die   normale    Zahl   der 


Verlauf 
Verhältnisse. 


ganze 


erinnert  ebenfalls  sehr 


Die  Keimblätter  der  Amphibien^). 

Für  das  Studium   der  Keimblätter  bieten  die  Amphibien    wichtige 
Untersuchuugsobjekte  dar.     Denn  sie  nehmen   eine  Mittelstellung   ein 

1)  Da  in   der  Gastrulation    und    Keimblattbilduug    die  Amphibien.   Dipneusten 
und  Ganoiden  wegen   des  geringen  Dottergehaltes  ihrer  sich   total    furchenden   Eier 


734  0.  Hertwig, 

zwischen  den  Eiern  mit  totaler  und  mit  i)artieller  P\irchung,  zeigen 
eine  typische  Blastula  und  Gastrula  und  liefern  in  der  Entwickelung 
des  mittleren  Keimblattes  und  der  Chorda  Befunde,  welche  einerseits 
an  Ampliioxus  und  die  Cyclostomen ,  audei-erseits  an  die  Amnioten 
Anknüpfungen  gestatten  und  so  zwischen  beiden  vermitteln.  Dazu 
kommen  noch  als  weitere  Vorzüge,  daß  von  vielen  Amphibienarten 
die  Eier  sehr  leicht  zu  erhalten  sind,  daß  sie  sich  auf  künstlichem  Wege 
befruchten  lassen  und  gegen  alle  möglichen  Eingriffe  außerordentlich 
widerstandsfähig  sind.  Daher  gehören  sie  zu  den  wenigen  embryo- 
logischen Objekten,  welche  sich  gleich  den  Eiern  der  Echinodernien 
und  des  Amphioxus  zu  physiologischen  Experimenten  vorzüglich  eignen 
und  eine  gewisse  Berühmtheit  in  dieser  Hinsicht  erlangt  haben. 
,,Experimentelle  Kleinodien"  nennt  sie  Oscar  Schultze  (L.  C.  IIP. 
1900,  p.  171). 

Nachdem  in  früheren  Jahrhunderten  schon  Swajimerdam  (A.  L.  I 
1737),  Spallanzani  (A  L.  I  1786),  der  die  künstliche  Befruchtung 
zuerst  ausführte  ,  und  Eüsel  von  Rosenhof  (A.  L.  I  1758)  sich  mit 
der  Entwickelung  von  Frosch  und  Triton  beschäftigt  hatten ,  folgten 
in  der  ersten  Hälfte  unseres  Jahrhunderts  die  wichtigen  Untersuchungen 
von  Prevost  und  Dcmas  (A.  L.  I  18241,  von  Ruscoxi  (A.  L.  I  184t), 
A.  L.  III  ^  1826,  1836,  1854),  C.  E.  v.  Baer  (A.  L.  I  1834)  und  Remak 
(A.  L.  I  1850 — 1855).  An  Schnittserien  wurde  die  Keimblattbildung 
bei  den  Amphibien  zum  erstenmal  genauer  untersucht  von  Gobtte 
(L.  K.  III  ^  1878),  dessen  Darstelhingen  sich  später  Oscar  Schultze 
(L.  K.  III 4,  1887,  1888)  in  einer  Reihe  von  Arbeiten  im  großen  und 
ganzen  angeschlossen  hat.  Oscar  Hertwki  (L.  K.  III',  1883)  machte 
in  einer  vergleichenden  Studie  auf  die  Ueberein Stimmung  aufmerksam, 
welche  die  Tritonen  tmd  Anuren  in  der  Anlage  des  mittleren  Keim- 
blattes und  der  Chorda  mit  Amphioxus  darbieten,  und  führte  die  schon 
früher  in  der  Cölomtheorie  (A.  L.  I  1881)  ausgesprochenen  Ansichten 
weiter  aus.  Seiner  Darstellung  stimmte  Schwink  (L.  K.  III"*^,  1889)  fast 
in  allen  Einzelheiten  bei,  während  Oscar  Schultze  und  Goette  an  der 
älteren  Lehre  der  Abspaltung  festhielten.  Mit  der  Frage  der  Keim- 
blattbildung bei  Amphibien  beschäftigten  sich  in  England  und  Amerika 
Assheton  (L.  K.  III 4,  1894)  und  RoBmsoN  (L.  K.  III 4.  1891),  Scott 
(L.  K.  III  ^  1879),  A.  Johnson  (L.  K.  III*,  1884,  1886),  in  Belgien  und 
Frankreich  Bambeke  (L.  K.  III  *  1868,  1880,  1893),  Houssay  (L.  K.  III  *, 
1888),  MoQuiN  Tandon  (L.  K.  III*,  1876).  Die  Entwickelung  des  Erd- 
salamanders studierte  Gtrönroos  (L.  K.  III*,  1898),  die  Entwickelung 
der  G-ymnophionen  Sarasin  (A.  L.  III '^,  1885,  1887)  und  Brauer 
(A.  L.  III  ^,  1897,  1899).  Zu  experimentellen  Untersuchungen  benutzten 
das  Froschei  Roux  und  Born,  Oscar  Hertwig,  Oscar  Schultze,  Kopsch, 
Wetzel  und  Morgan,  und  faßte  letzterer  (A.  L.  II  1897)  die  hierbei  ge- 
wonnenen Ergebnisse  in  einem  Lehrbuch  zusammen :  The  development 
of  the  frog's  egg,   an    introduction  to  experimental  embrvolog}'. 

(Längere   Zeit  nach  Abschluß  des  Manuskripts    vom  Kapitel  III    ist 


einfachere  Verhältnisse  als  die  Elasmobranchier  und  Teleostier  darbieten  ,  folge 
ich  in  diesem  Kapitel  aus  Zweckmäßigkeitsgrüuden  der  Darstellung  nicht  der 
üblichen  Reihenfolge  der  Klassen  des  Systems  der  Wirbeltiere,  sondere  weise  ihnen 
-einen  früheren  Platz  bei  der  Besprechung  an.  Die  Amphibien  stelle  ich  voran,  weil 
sie  wegen  der  leichteren  Beschaffung  des  Untersuchungsmateriales  viel  gründlicher 
und  häufiger  untersucht  worden  sind,  so  daß  sie  die  Grundlage  für  viele  allgemeine 
theoretische  Fragen  der  Keimblattlehre  bilden. 


Die   Lehre  von  den  Keimblättern.  735 

eine  wichtige,  sehr  eingehende  Untersuchnng  von  Bhachet  (L.  K.  III*, 
1902)  über  die  Entwickelnng  des  Keimblattes  von  Siredon  pisciformis 
nnd  E,ana  temp.  erschienen.  In  seinen  Dentnngen  weicht  Brächet  mehr- 
fach von  der  auch  im  vorliegenden  Kapitel  gegebenen  Darstellung 
0.  Hertwig's  ab.  In  einem  Nachtrag  wird  auf  die  wesentlichen  Er- 
gebnisse seiner  Abhandlung  noch  eingegangen  werden). 

Im  folgenden  soll  die  Entwickelnng  der  geschwänzten  und  un- 
geschwänzten Amphibien  gemeinsam  und  im  Anschluß  an  sie  die  Ent- 
wickelnng der  Gymnophionen  gesondert  besprochen  werden ,  wobei 
uns  wieder  das  Blastulastadium  als  Ausgangspunkt  dienen  wird. 

Wie  bei  den  Cyclostomen,  Accipenseriden  und  Dipneusten  ist 
die  Keimblase  der  Urodelen  und  Anuren  aus  zwei  ungleichen  Hälften 
zusammengesetzt,  aus  einer  dünnen  Decke,  die  stets  nach  oben  ge- 
kehrt ist,  und  aus  dem  Boden  der  Keimblasenhöhle,  der  aus  größeren, 
locker  zusammenliegenden  Dotterzellen  besteht.  Nach  den  Angaben 
von  Scott  und  Osborx  (L.  K.  III  ^  1879).  sowie  von  Jordan  ist 
bei  den  von  ihnen  untersuchten  Arten  —  (Jordan  (L.  K.  III  ^,  1893) 
nntersuchte  Diemyctylus  iridescens)  —  die  Decke  so  verdünnt,  daß 
sie  wie  bei  Petromyzon  nur  aus  einer  einzigen  Lage  dicht  zusammen- 
gefügter, cylindrischer  Zellen  besteht.  Bei  Triton  taeuiatus  dagegen  ist 
sie  2  Zellenlagen  dick,  wie  Bambeke  (L.  K.  III  ^  1880)  und  0.  Hert- 
wiG  (L.  K.  III  \  1883)  beschrieben  haben  und  wie  neuerdings  die  von 
RÖTHiG  (L.  K.  III  ^,  1901)  augefertigten  Schnittserien  ebenfalls  lehren. 
Erst  während  der  Gastrulation  vollzieht  sich  in  diesem  Fall  eine  Ver- 
dünnung, indem  die  tiefer  gelegenen  Zellen  sich  zwischen  die  oberfläch- 
lichen hineinschieben,  wodurch  dann  das  aus  einer  einfachen  Lage 
cylindrischer  Zellen  gebildete  äußere  Keimblatt  zustande  kommt. 

Bei  den  Anuren,  speciell  beim  Frosch,  ist  die  Decke  der  Keim- 
blasenhöhle (Fig.  278)  aus  mehreren  Zellenlagen  zusammengesetzt, 
von  welchen  die  äußerste  von  kubischen  oder  niedrig  cylindrischen, 
schwarz  pigmentierten,  fest  aneinander  gefügten  Zellen  gebildet  w^ird 
und  sich  schärfer  von  den  darunter  gelegenen,  mehr  polygonalen 
Elementen   absetzt.     Nach   der   genauen   Darstellung  von    Schultze 

Fig.  278.  Fig.  279. 


Fig.  278.  Keimblase  von  Rana  fusca,  nach  einem  Präparat  des  anatomisch- 
biologischen Instituts. 

Fig.  279.  Sagittalschnitt  des  Eies  von  Rana  fusca  mit  erster  Spur  der  ürmund- 
anlage,  nach  Oscar  Schultze.  d  Dotterzelleu,  die  sich  an  der  Decke  emporschieben. 
h  hintere,  dünnere  Wand  der  Keimblase,  an  welcher  die  Urmundbilduug,  u,  be- 
ginnt.    V  vordere,  diciiere  Wand,    rz  Randzone. 


736  0.  Hertwig, 

(L.  K.  III',  1900,  p.  185)  ist  die  Keimblase  bilateral  symmetrisch 
gebaut  (Fig.  279).  Eine  Stelle  des  Daches  der  Blastula,  welche  der 
Eintrittsstelle  des  Samenfadens  entspricht,  ist  konstant  viel  dicker 
(v)  als  die  gegenüberliegende  Stelle  (h),  an  welche  sich  der  Urmund 
(u)  anlegt.  Sogar  auf  dem  Morulastadium  ist  die  bilaterale  Symmetrie 
schon  deutlich  wahrzunehmen  an  einer  ungleichen  Größe  der  Zellen. 
Wie  ScHULTZE  (1900.  p.  182)  ausführt,  „nimmt  auf  ein  und  dem- 
selben Parallelkreise  die  Größe  der  Zellen  von  der  hinteren  Seite  des 
Eies  nach  der  vorderen  kontinuierlich  zu.  Die  kleinsten  Zellen  liegen 
also  bei  der  Morula  auf  der  hinteren  Seite  des  Eies  von  dem  oberen 
Pol  bis  zu  dem  höchsten  Punkt  des  Pigmentrandes,  d.  h.  über  der 
Anlagestelle  des  Urmundes.  Hier  liegt  also  das  auf  dem  Morula- 
stadium der  Lage  nach  schon  erkennbare  Material  für  die  zuerst  auf- 
tretenden Embryonalorgane,  vor  allem  für  das  Centralnervensystem, 
auf  einen  verhältnismäßig  kleinen  Raum  zusammengedrängt.'' 

Der  äußere  Verlauf  der  Gastrulation  ist  am  häufigsten  und  am 
genauesten  au  dem  zu  Experimenten  besonders  geeigneten  Froschei 
untersucht  worden.  Die  über  längere  Zeit  sich  erstreckende  Be- 
obachtung an  ein  und  demselben  Ei  wird  am  besten  in  der  Weise 
ausgeführt,  daß  man  es  in  mäßiger  Weise  zwischen  2  Glasplatten 
komprimiert  und  ein  wenig  abplattet,  um  die  Drehungen  der  Kugel 
in  der  Gallerthülle  zu  erschweren  und  so  das  Beobachtungsobjekt  in 
eine  Zwangs-  und  Ruhelage  zu  bringen.  Zu  dem  Zweck  wird  das 
Froschei  bald  nach  der  Befruchtung  auf  eine  horizontale  Glasplatte 
übertragen,  auf  welcher  sich  in  wenigen  Minuten  das  weiße  Dotterfeld 
nach  abwärts  kehrt.  Es  wird  hierauf  in  geeigneter  Weise  durch  Auf- 
legen einer  zweiten  Glasplatte  ein  wenig  platt  gedrückt  und  zugleich 
in  seiner  Lage  festgehalten.  Durch  den  Eingriff  wird  die  weitere  Ent- 
wickehmg  nicht  gehemmt,  sofern  man  nur  mit  einiger  Vorsicht  ver- 
fährt. An  einem  derartig  zwischen  2  Objektträgern  fixierten  Ei  kann 
man  die  Entwickelung  des  Urmundes  von  seinem  ersten  Auftreten  an 
kontinuierlich  verfolgen,  indem  man  von  Zeit  zu  Zeit  die  nach  ab- 
wärts gekehrte  Fläche,  an  der  sich  die  fraglichen  Entwickelungs- 
prozesse  abspielen,  nach  oben  kehrt  und  unter  dem  Mikroskop  unter- 
sucht. Auch  kann  man  mit  Tusche  Marken  auf  der  Glasplatte 
anbringen,  um  die  ursprüngliche  und  die  spätere  Lage  des  Urmundes  zu 
bezeichnen.  Noch  empfehlenswerter  ist  es,  die  in  geringer  Zwangslage 
befindlichen  Eier  vollkommen  unberührt  zu  lassen  und  zum  Studium 
der  Veränderungen  bei  der  Urmundbildung  von  Zeit  zu  Zeit  photo- 
graphische  Aufnahmen  der  Unterseite  mit  einem  hierfür  besonders 
konstruierten  Apparat  der  Firma  Zeiss  zu  machen,  wie  es  von  Oscar 
Hertwig  (L.  K.  III  ^,  1902)  geschehen  ist. 

Man  sieht  dann,  daß  die  Einstülpung  (Fig.  280  C)  an  einer  kleinen 
Stelle  an  der  unteren  Fläche  des  Eies  am  Uebergang  der  Decke  in 
den  Boden,  der  sogenannten  Randzone  Goette's,  also  dort  auftritt, 
wo  bei  Rana  fusca  das  helle  Dotterfeld  allmählich  in  den  größeren 
pigmentierten  Teil  der  Oberfläche  übergeht;  und  zwar  entsteht  sie 
hier  an  einer  Stelle,  an  welcher,  wie  schon  oben  hervorgehoben  wurde, 
nach  den  Untersuchungen  von  Schultze  die  Wand  der  Keimblase 
(Fig.  279)  am  dünnsten  ist.  Es  erscheint  zuerst  eine  kleine,  schwarz 
pigmentierte,  sichelförmige  Rinne;  sie  bezeichnet  das  vorderste  Ende 
des  Urmundes  und  zugleich  das  Kopfende  des  Eies ;  denn  nur  in  ge- 
ringer Entfernung  vor   ihr  bildet  sich,    wie  an  dem  fixierten  Ei  leicht 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


737 


festzustellen  ist.  und  auch  die  Experimente  von  Kopsch,  Wilson  etc. 
lehren,  im  weitereu  Verlauf  der  Entwickelun.u  der  vordere  quere  Hirn- 
wulst. Eine  auf  die  Sichelrinne  senkrecht  errichtete  Linie  fällt  etwa 
mit  der  Längsachse  des  späteren  Embryos  zusammen. 

Vom  Ort  ihres  ersten  Ursprunges  dehnt  sich  die  rinnenförmige 
Einsenkung  nach  links  und  rechts  weiter  aus  fFig.  280  A),  im  Bogen 
der  Randzone  Goette's  folgend 
und  das  Dotterfeld  umfassend.  Bald 
gewinnt  sie  die  charakteristische 
Form  eines  Hufeisens.  Seine  freien 
Enden  fahren  fort,  sich  durch  wei- 
tere Ausdehnung  der  Rinnenbildung 

Fig.  280.  Zwei  Froscheier  auf  2  ver- 
schiedenen Entwickehingsstadien.  (A  und  C 
am  Beginn  der  Gastrulation,  B  und  D 
am  Abschluß  derselben.)  Sie  wurden  bald 
nach  der  Befruchtung  zwischen  horizon- 
talen Glasplatten  koinpriroiert  und  dadurch 
in  ihrer  Lage  fixiert.  B  älteres  Stadium 
von  A,  D  älteres  Stadium  von  C  u  LFr- 
mund,  *  Kopfende,  +  späteres  hinteres 
Ende  des  Eies. 


nach  hinten  zu  vergrößern ;  sie  vereinigen  sich  schließlich  an  dem 
hinteren  Rande  des  Dotterfeldes  vis-ä-vis  dem  Punkt,  wo  die  Ur- 
mundrinne  zuerst  entstanden  war,  und  schließen  das  Hufeisen  zu 
einem  Ring.  Während  dieser  Vorgänge  verändert  auch  der  mittlere, 
pigmentierte  vordere  Rand  der  Rinne,  welchen  man  als  vordere  Ur- 
mundlippe  bezeichnet,  allmählich  seine  Lage,  wie  man  bei  Anbringung 
von  Marken  mit  Tusche  auf  der  Glasplatte  kontrollieren  kann :  er 
w^ächst  von  vorn  nach  hinten  über  das  weiße  Dotterfeld  hinüber. 
So  kommt  es,  daß  der  ringförmig  gewordene  Urmund,  der  an- 
fangs weit  ist  und  einen  ansehnlichen  Teil  des  Dotterfeldes  als 
RuscoNi'scher  Pfropf  umschließt,  später  durch  eine  von  vorn  nach 
hinten  sich  vollziehende  Ueberwachsung  des  Dotterfeldes  (Fig.  280  D) 
immer  enger  ward;  noch  später  wandelt  er  sich  in  einen  kaum 
wahrnehmbaren  Spalt  um,  der  mit  der  Längsachse  des  Embryos  zu- 
sammenfällt (Fig.  280  B). 

So  wandert  gewissermaßen  der  Urmund  am  fixierten  Froschei, 
wie  sich  durch  Beobachtung  ein-  und  desselben  Objektes  feststellen 
läßt,  vom  ersten  Orte  seiner  Entstehung,  welcher  am  Kopfende  des 
Eies  liegt,  allmählich  über  einen  großen  Teil  der  unteren  Fläche  der 
Dotterkugel  nach  dem  entgegengesetzten  Rande  des  Dotterfeldes  zu 
und  kommt  dadurch  nunmehr  an  das  spätere  hintere  Ende  des  Embryos 
zu  liegen.  Bei  diesem  Vorgang,  der  sich  mit  der  gleichzeitig 
stattfindenden  Einstülpung  von  Zellmaterial  kombi- 
niert, Avird  durch  Ueberwachsen  von  selten  der  Urmundränder  das 
weiße  Dotterfeld  in  den  Urdarm  aufgenommen  und  über  ihm  der 
Teil  der  Gastrulawand  hergestellt,  welche  zum  Rücken  des  Embryos 
wird.  Denn  es  entstehen  hier,  wie  sich  durch  weitere  Beobachtung 
der  in  ihrer  Lage  fixierten  Eier  nachweisen  läßt,  die  Medullarwülste 
(Fig.  280  B).  In  der  Entwickelung  des  Amphioxus  wurde  bei  der 
Erörterung   der  Frage,   wie   sich  der  weit 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     1.  zJ:7 


angelegte  Urmund  verengt, 


738  0.  Hertwig, 

der  hier  zuerst  beim  Froschei  nachgewiesene  Vorgang  als  der  ex- 
zentrisch erfolgende  Urmundschlu'ß  bezeichnet  (vergl.  p.  715). 
^H  Wenn  der  Urniund  zu  einem  kleinen  Loch  geworden  ist,  aus 
\velchem  nur  noch  ein  geringer  Rest  weißen  Dotters,  der  RuscoNi^sche 
Pfropf,  hervorsieht,  so  läßt  sich  bei  äußerer  Betrachtung  an  der  späteren 
Rückenfläche  des  Eies  eine  feine,  von  vorn  nach  hinten  zum  Urmund- 
rest  verlaufende  Furche  bemerken,  die  sogenannte  Rückenrinne.  Deut- 
licher als  bei  den  Auuren  ist  sie  noch  bei  den  Urodelen  (Fig.  281  A  u.  B) 

Fig.  281.  Fig.  282. 

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Fig.  281.  Zwei  Eier  von  Triton  taeuiatus  mit  deutlich  entwickelter  Rückenrinne, 
A  vom  ürmund  aus  gesehen,  B  vom  Rücken  aus  gesehen.  53  Stunden  nach  künst- 
licher Befruchtung.  Nach  Hertwig  (1883,  Tai  I,Fig.  5  u.  6).  r  Rückenrinne,  wn  Ür- 
mund.    w  Wulst  zwischen  Urmund  und  Rückenrinne. 

Fig.  282.  Ei  von  Triton  taeniatus  mit  deutlich  entwickelten  Medullarwülsten 
und  Rückenrinne.  60  Stunden  nach  künstlicher  Befruchtung.  Nach  O.  Hertwig 
(1883,  Taf.  1,  Fig.  8).  mj}  MeduUariilatte.     mw  MeduUarwülste.    r  Rückenrinne. 

ausgeprägt,  wo  sie  zuerst  von  Bambeke  beschrieben  und  der  Primitiv- 
rinne der  Vögel  verglichen  worden  ist,  ein  Vergleich,  der,  wie  wir 
später  sehen  werden,  sich  nicht  aufrecht  erhalten  läßt.  Bei  den 
Urodelen  reicht  die  Rückenrinne  indessen  nicht  bis  an  den  spalt- 
förmig  gewordenen  Rest  des  Urmundes  heran  (Fig.  281),  sondern 
bleibt  von  ihm  durch  einen  queren  Wulst  getrennt.  Auch  später, 
wenn  die  Medullarplatte  angelegt  ist,  läßt  sie  sich  noch  leicht  nach- 
weisen und  trennt  die  letztere  in  ihrer  ganzen  Länge  in  zw^ei  symmetrische 
Hälften  (Fig.  282). 

Gegen  die  oben  gegebene  Deutung  der  Experimente,  welche  an  den 
zwischen  2  Platten  komprimiei^ten  oder  in  anderer  Weise  in  Zwangslage 
gehaltenen  Froscheiern  angestellt  worden  sind,  hat  sich  Oscar  Schultze 
(L.  K.  in  4,  1900*,  p.  217,  218)  erklärt.  Er  giebt  zwar  zu,  daß  in  vielen 
Fällen  an  komprimierten  Eiern  der  Urmund  über  die  untere  Hemisphäre 
wandert  und  daß  die  Medullarplatte  genau  nach  unten  zu  liegen  kommt ; 
er  stellt  aber  die  Beweiskraft  dieser  Experimente  in  Abrede  aus  dem 
Grund,  weil  seiner  Ansicht  nach  „gar  keine  vollständige  Zwangslage  des 
Eies  existiere".  Es  bleibe  dahingestellt,  inwieweit  dieser  Einwurf  ein 
berechtigter  ist. 

In  die  Zellbewegungen  und  in  die  Lageveränderuugen  des  Ur- 
mundes, die  im  Verlauf  der  Gastrulation  stattfinden,  hat  man  am 
Amphibienei  auch  noch  auf  zwei  anderen  Wegen  einen  Einblick  zu  ge- 
winnen versucht:  1)  durch  Anbringung  kleiner  Marken  an  der  Ober- 
fläche der  Eikugel  und  2)  durch  wiederholte  photographische  Aufnahmen. 


Die  Lehre  von  den   Keimblättern. 


739 


Marken  liat  man  in  der  Weise  angebracht,  daß  man  auf  dem 
Blastulastadiuni  oder  bei  Beginn  der  [Jrmundbilduug  mit  der  scharf 
zugespitzten  Nadel  einen  kleinen  bestimmten  Bezirk  der  Oberfläche 
verletzt  und  durch  Zerstörung  einer  Anzahl  Zellen  ein  Gerinnsel 
(Extraovat)  hervorgerufen  hat.  Durch  wiederholte  Beobachtung  suchte 
man  dann  festzustellen,  in  welcher  Weise  sich  der  Abstand  zwischen 
der  künstlichen  Marke  und  der  dorsalen  Urmundlippe  verändert. 
(Roux,  Oscar  Schultze,  Morgan.  Assheton,  Wilson,  Dean 
King  etc.)  Leider  sind  auch  auf  diesem  Wege  die  Experimentatoren 
zu  keiner  einheitlichen  Auffassung  gelangt.  Doch  stimmen  die  meisten 
darin  überein,  daß  die  dorsale  Urmundlippe  in  mehr  oder  minder 
hohem  Grade  über  die  weiße  Dotterfläche  von  vorn  nach  hinten 
hertiberwandert. 

H.  V.Wilson  (L.  K.  III  ^,  p.  224),  einer  der  letzten  Untersucher,  faßt 
seine  Experimente  in  den  Satz  zusammen  :  ,.The  results  of  my  numerous 
pricking  experiments  lead  me  to  believe,  that  in  the  normalh^  placed 
egg,  the  dorsal  lip  is  not  stationary,  but  that  both  dorsal  and  ventral 
lips  move  across  the  yolk  to  the  centre  of  the  (originally)  lower  sur- 
face.  Also  an  examination  with  the  inverted  microscope,  of  the  per- 
fectly  normal  egg.  leads  to  the  conclusion  that  the  dorsal  lip  travels 
at  any  rate  over  a  part  of  the  white  surface." 

In  einer  soeben  erschienenen  Abhandlung  kommt  H.  Dean  King 
(L.  K.  III  ^,  1902)  aus  zahlreichen  Anstichsversuchen  am  Krötenei  zu  fol- 
genden Ergebnissen :  ,,1)  Die  dorsale  Blastoporuslippe  bewegt  sich  über 
den  Dotter  von  einem  Punkte  unterhalb  des  Eiäquators  aus  bis  jenseits 
des  Centrums  der  weißen  Hemisphäre.  2)  Bildungsmaterial  von  der 
Aequatorialregion  des  Eies  bewegt  sich  gegen  die  Mittellinie  hin,  um 
sich  an  der  Bildung  der  mittleren  Rückenpartie  des  Embryos  unter 
Verwachsungsvorgängen  zu  beteiligen.  3)  Die  ventrale  Blastoporuslippe, 
welche  am  entgegengesetzten  Rand  des  Dotterfeldes  entsteht,  rückt 
über  den  Dotter  gleichfalls  vor,  im  Vergleich  zur  Verschiebung  der 
Dorsallippe  aber  nur  eine  kurze  Strecke  weit." 

In  die  Lageveränderungen  des  Zellmaterials  am  Amphibienei  mit 
Hilfe  der  Photographie  einen  genaueren  Einblick  zu  gewinnneu,  hat  zuerst 
KopscH  versucht.  An  Axolotl-  und  Froscheiern,  die  sich  im  Stadium  der 
Gastrulation  befanden,  hat  er  (L.  K.  III  ^, 
1895,  p.  184)  durch  photographische  Auf- 
nahmen von  der  Unterseite  eines  und  des- 
selben Eies,  indem  er  die  Exposition  auf 
20—30  Minuten  ausdehnte,  Zellenbewe- 
gungen auf  der  Platte  zur  Darstellung 
bringen  können  (Fig.  283).  „Während  der 
Gastrulation  findet  an  der  dorsalen  Ur- 
mundlippe —  so  heißt  es  in  der  Schil- 
derung von  KopscH  —  ein  Umschlag  von 
Zellen  statt,  welcher  am  beträchtlichsten 
ist  an  den  freien  Enden  des  Blasto- 
porus,  nach  der  Mitte  desselben  allmäh- 
lich abnimmt  und  dort  am  geringsten  ist. 
Die  Makromeren  bewegen  sich,  von  allen  Fig.  283.  Schema  der  Gastru- 

Seiten  her  andringend,  auf  den  Blasto-  S  Slf dt  mcCnrefdTr 
porus  zu.  Da  derselbe  nun  im  \  erhalt-  Zellbewegungen  angedeutet  wird, 
nis   zu   der  Menge  der  hinzuströmenden     Nach  Kopsch  (1895,  Fig.  2). 

47* 


740  0.  IIertwig 


Zellen  sehr  eng  ist,  so  ist  die  Bewegung  der  Makronieren  am  schnell- 
sten an  denjonigen  Stellen,  welche  sich  dicht  vor  dem  Rlastoporus  l^e- 
finden,  widirend  in  größerer  Entfernung  die  Bewegung  um  so  lang- 
samer ist,  je  weiter  die  betreffende  Stelle  vom  Urmund  entfernt  ist." 

In  neueren  Untersuchungen  spi'icht  Kopsch  (L.  K.  III  \  190Q) 
die  Hoffnung  aus,  daß  mit  Hilfe  der  Photographie  und  durcli  planmäßige 
Verwertung  des  experimentellen  Rüstzeuges  man  mit  der  Zeit  wohl 
die  Lageveränderungen  der  einzelnen  Zellen  kennen  lernen  werde. 
Den  Weg,  welchen  die  dorsale  Blasto]»oruslippe  über  die  untere  Hälfte 
der  Eikugel  zurücklegt,  schätzt  er  —  worin  ihm  auch  Moszkowski 
(L.  K.  III  ^  1902)  beistimmt  —  im  Mittel  auf  75"  im  Gegensatz  zu 
Pflüger  und  Roux,  welche  170^  dafür  angegeben  haben. 

Um  die  Drehungen  der  Eikugel  während  der  Gastrulation  bis  zu 
einem  gewissen  Grade  auszuschließen,  habe  ich  in  der  früher  angegebenen 
Weise  Eier  von  Rana  fusca  ein  wenig  komprimiert  und  mit  einem 
für  den  Zweck  von  der  Firma  Zeiss  besonders  konstruierten  Apparat 
photographische  Aufnahmen  der  unteren  Seite  in  Zwischenräumen  von 
4 — 6  Stunden  gemacht.  Es  läßt  sich  deutlich  nachweisen,  daß  die 
vordere  Urmundlippe  als  kleine,  konkave,  dunkelschwarze  Linie  in 
geringer  Entfernung,  die  Kopsch  auf  25  ^  Moszkowski  auf  .80^ 
schätzt,  unterhall)  des  Eiäquators  auftritt  und  von  hier  allmählich 
sich  über  das  helle  Dotterfeld  herüberschiebt.  Denn  einmal  wird 
der  Abstand  des  Urmundrandes  von  der  Eii)eripherie,  wenn  eine  feste 
Ruhelage  des  Eies  infolge  der  Komi)ression  und  Abplattung  .  an- 
genommen werden  darf,  successive  größer,  und  zweitens  nimmt  in 
entsprechendem  Maße  der  Abstand  von  dem  entgegengesetzten  Rande 
des  hellen  Dotterfeldes  ab.  An  den  Photogranimen  kann  man  die 
Größe  der  Vorwärtsbewegung  der  vorderen  Urmundlippe  unschwer 
messen,  zumal  einige  im  Dotterfeld  zufällig  vorhandene  i)igmentierte 
Linien  und  Flecke  als  feste  Marken  verwertbar  sind. 

Bei  frei  im  Wasser  schwebenden  Froscheiern  wird  die  Messung 
der  Bewegung  der  vorderen  Urmundlippe  dnrch  den  Umstand  er- 
schwert, daß  infolge  der  Materialverlagerung  bei  der  Einwanderung 
von  Zellen  am  Urmund  sowie  infolge  der  Bildung  der  Gastrulahöhle 
sich  der  Schwerpunkt  des  Eies  sehr  verschiebt  und  eine  allmähliche 
Drehung  desselben  hierdurch  hervorgerufen  wird.  Um  von  diesen  Vor- 
gängen eine  Vorstellung  zu  geben,  hat  Kopsch  einige  schematische 
Zeichnungen  entworfen,  die  auch  hier  einen  Platz  finden  mögen,  wenn 
sie  auch,  wie  ich  glaube,  nur  annähernd  richtig  sind. 

Fig.  284  ist  ein  Sagittalschnitt  durch  das  Achtzellenstadium.  Die 
punktiei'te  Linie  bezeichnet  die  Grenze  des  hellen  Feldes.  Die  schraffierte 
Seite  ist  nach  Roux  die  kraniale,  nach  0.  Schultze  die  kaudale. 
Die  folgenden  Sagittalschnitte  zeigen,  wie  nach  der  Auffassung  von 
Kopsch  sich  das  in  Fig.  284  schraffierte  Material  während  der  Gastrula- 
tion verlagert.  Während  in  den  Figg.  285  und  286  sich  die  dorsale 
Urmundlippe  nach  abwärts  geschoben  hat,  ist  sie  in  den  Figg.  287 
und  288  infolge  einer  erheblichen  Drehung  des  Eies  wieder  nach  oben 
gerückt  und  liegt  nun  dorsal  am  Kaudalende  des  Embryos. 

Die  Zellverschiebungen  während  der  Furchung  und  die  Material- 
verlagerungen während  der  Gastrulation  muß  man  auch  beachten, 
wenn  man  sich  ein  Urteil  über  die  von  Roux  aufgestellte  Behaui)tung 
bilden  will,  daß  die  3  ersten  Furchungsebenen  den  3  Hauptebenen 
des  embryonalen    Körpers  entsprechen.     Man  wird  dann  mit  Kopsch 


Die  T^elire  von  den  ^t^eimblättern. 


741 


u.  a.  zu  dem  Erjicbnis  koniinen  :  „1)  Die  von  Pol  zu  Pol  gezogene 
Achse  des  Furcliungsstadiunis  wird  nicht  zur  dorsoventralen  Achse. 
2)  Beim  Ei  von  Rana  fusca  bestehen  keine  strengen,   sondern  nur 


Fig.  284. 


Fig.  285. 


Fig.  286. 


Fig.  287. 


Fig.  288. 


Fig.  284—288.     Darstellung  der  Drehung  des  Froscheies  während  der  (lastru- 


lation.     (Nach  KoPSCH  1900.) 


Die  Pfeile  geben  die  verticale  Richtung  an. 


innerhalb  einer  gewissen  Breite  schwankende  Beziehungen  zwischen 
der  ersten  Furchungsebene  und  der  Medianebeue  des  Embryos. 
3)  Die  zweite  Furchungsebene  scheidet  nicht  kraniale  und  kaudale, 
die  dritte  nicht  dorsale  und  ventrale  Abschnitte  des  Embryos,  viel- 
mehr sind  die  dorsoveutrale  und  kraniokaudale  Achse  des  Embryos 
erst  nach  Beendigung  der  Gastrulation  bestimmt."  Man  vergleiche 
auch  Kapitel  II,  p.  618 — 631. 

So  wertvoll  auch  immerhin  die  Ergebnisse  der  Oberflächenbetrach- 
tung sind,  so  läßt  sich  ein  genauer  Einbhck  in  den  Gastrulationsvor- 
gang  doch  allein  an  Durchschnitten  durch  die  einzelnen  Stadien,  und  zwar 
am  besten  an  solchen  gewinnen,  die'  in  sagittaler  Richtung  geführt 
sind.  Dabei  ergiebt  sich,  daß  die  Eier  der  verschiedenen  Amphibien- 
arten, Triton,  Frosch,  Alytes  obstetr.,  Salamandra,  Cöcilien ,  nach 
ihrem  Dotterreichtum  verschiedene  Modifikationen  darbieten,  die  sich 
in  einer  Reihe  anordnen  lassen  und  für  das  Verständnis  mancher 
Befunde  bei  Reptilien  und  Vögeln  sehr  wichtig  sind. 

Den  primitivsten  Befund  bietet  das  Tritonei.  Bald  nach  Beginn  der 
Gastrulation  führt  die  an  der  Oberfläche  sichtbare,  kleine,  grubenförmige 
Vertiefung  des  Urmundes,  wie  der  Sagittalschnitt  (Fig.  289)  lehrt,  in 
einen  engen  Spalt  (ud) ,  welcher  in  eine  nach  der  Keimblasenhöhle 
(kh)  zu  eingestülpte  Zellenmasse  tief  eindringt  und  sie  in  eine  dünnere 
dorsale  und  eine  dickere  ventrale  Lage  teilt.  Am  Grunde  der  einge- 
stülpten Masse  liegen  nach  der  Keimblasenhöhle  zu  einige  vereinzelte 
Dotterzellen   (ds)   sehr   locker   zerstreut.     Die   Keiniblasenhöhle   wird 


742 


0.  Hertwig, 


bei  Triton  nur  von  einer  einschichtigen  Lage  (aJc)  cyiindrischer  Zellen 
begrenzt.  Auf  einem  etwas  weiter  vorgerückten  Stadium  der  Gastrulation, 
während  dem   der  Urmuiid  bei  Oberflächenansicht  Hufeisenform  ange- 


Fig.  289. 
kh      dz  ak 


Fig.  2<)0. 


ik  dul    dm 

Fig.    289.      Medianschnitt 
did  dorsale  Urraundlippe. 


durch   ein    Tritonei    am    Beginn    der    Gastrulation. 
iid  Urdarm.     dz  Dotterzellen  in  der  Keiinblasenhöhle  kh. 
ak  die  einfache   Lage  kubischer  Zellen,   welche  die  Declie  der  Keimblase  bildet,     ik 
inneres  Keimblatt,     dm  noch  freiliegendes  Dotterfeld. 

Fig.  290.  Sagittalschnitt  durch  eine  vollständig  entwickelte  Gastrula  von  Triton, 
bei  welcher  sich  bereits  der  Mesoblast  zu  bilden  beginnt.  Nach  Hertwig,  (1883, 
Taf.  II,  Fig.  4).  ak,  mk  äußeres,  mittleres  Keimblatt,  ch  Chordaanlage,  dz  Dotter- 
zellen. II d  Urdarm.  dtd,  vnl  dorsale,  ventrale  Urmundlippe.  H.pf  ßuscoNi'scher 
Dotterpfropf. 


nommen  hat,  hat  sich  auf  Kosten  der  immer  enger  werdenden  Keim- 
blasenhöhle die  eingestülpte  Tasche  erheblich  ausgedehnt.  Ihre  dorsale 
Wand  hat  sicli  besonders  in  der  Medianebene  verdünnt,  die  ventrale  dicke 
Wand,  welche  die  Hauptmasse  der  größeren  Dotterzellen  enthält,  ist 
durch  eine  quere  tiefe  Furche  in  einer  für  Triton  charakteristischen 
Weise  in  2  kugelige  Partieen  (vergl.  auch  Fig.  290)  gesondert,  in  eine 


größere  am  Urmund  und  eine  kleinere  mehr  nach  vorn 


gelagerte. 


Auf  dem  letzten  Stadium  der  Gastrulation  (Fig.  290)  zur  Zeit, 
wo  sich  der  Urmund  zum  Ring  umgebildet  hat,  ist  der  Rest  der 
Keimblasenhöhle  ganz  geschwunden;  die  Wand  der  eingestülpten  Tasche 
hat  sich  überall  dem  äußeren  Keimblatt,  das  jetzt  durchweg  eine  ein- 
fache Lage  von  Cvlinderzellen  darstellt,  eng  angelegt.  Der  Urdarm 
(ud), 


der  anfangs  nur 


geweitet 


enger  Spalt  auftrat,  hat  sich  erheblich  aus- 

längs 


als 
seine  dorsale  Wand  ist  stärker  verdünnt  und  bildet 
eines  medianen  Streifens  unter  der  äußerlich  sichtbaren  Rückenrinne 
auch  nur  eine  einzige  Lage  von  Cylinderzellen  (ch).  Ventralwärts 
findet  sich  die  Hauptmasse  der  Dotterzellen,  welche  den  Boden  der 
Keimblase  eingenommen  hatten,  und  schieben  sich  in  den  ringförmigen 
Urmund  als  Zapfen  vor,  den  RuscoNi'schen  Dotterpfropf  {R.pf)  bildend. 
Die  dorsale  Urmundlippe  (dul)  ist  verdickt,  entsprechend  dem  äußer- 
lich sichtbaren  Wulst,  durch  welchen  die  Rückenrinne  vom  Urmund 
getrennt  bleibt. 

Das  etwas  größere,  dotterreichere  Froschei  bietet  hiervon  einige 
interessante  Abweichungen  dar.  Den  Beginn  der  Gastrulation  unter- 
sucht man  am  leichtesten,  w^enn  man  in  der  früher  (p.  736)  ange- 
gebenen Weise  die  Eier  komprimiert,  weil  man  so  das  erste  Auftreten 
der  Gastrularinne  (Fig.  280  C)  am  Rande  der  Dotterfeldes  am  bequemsten 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


r43 


feststellen  und  an  den  etwas  platt  gedrückten  Objekten  nach  der 
Härtung  auch  die  Schnittrichtung  genauer  orientieren  kann.  Wie  eine 
Abbildung  von  Schultze  (Fig.  279)  zeigt,  beginnt  die  Gastrularinne 
an  der  dünnsten  Stelle  der  GoETTE'schen  Randzone.     An   einem  nur 


wenig 


weiter   vorgerückten    Stadium    (Fig.  291)    ist   im    Vergleich    zu 


Triton  die  interessante  Abweichung  zu  bemerken,  daß,  während  die 
Gastrularinne  (gr)  nur  wenig  tief  in  die  Dottermasse  einschneidet,  doch 
an  der  ihr  entsprechenden  Stelle  der  Boden  der  Keimblase  schon  sehr  weit 
keilartig  ix)  in  das  Blastocöl  hineingedrängt  ist.  Vergleicht  man  die  rechte 
mit  der  linken  Seite  des  Durchschnittes,  so  geht  an  jener  die  Decke 
in  den  Boden  vermittelst  der  Randzone  über,  links  dagegen  springt 
vom  Boden  ein  nach  oben  gerichteter,  keilförmiger  Fortsatz  (x)  von 
Dotterzellen  vor ,  der  sich  eine  größere  Strecke  weit  der  Decke 
anlegt  und  von  ihr  durch  einen  schmalen  Spalt  getrennt  ist.  Soweit 
sich  dieser  Fortsatz  gebildet  hat,  ist  die  Embryonalform  doppel- 
blätterig   geworden.     Im    weiteren    Verlaufe  (Fig.   292)    wandern    die 


Fig.  291. 


Fig.  291.  Sagittalschnitt  durch  ein 
Ei  von  Eana  fusca,  welches  bald  nach 
der  Befruchtung  zwischen  2  horizontal 
gelagerten  Glasplatten  gepreßt  wurde. 
Beginn  derGastrulation.  Nach  O.  Hert- 
wiG  1893,  Taf.  XL,  Fig.  19).  yr  Ga- 
strularinne, .(•  in  die  Keimblasenhöhle 
keilartig  vorspringende  Masse  der  Dotter- 
zellen. 


Fig.  292. 
kh  ak 


ihd    pf 


Fig.  292.  feagittalschnitt  durch  ein  Ei  von  Eana  fusca.  Nach  einer  Photo- 
graphie eines  Präparates  des  anatomisch-biologischen  Instituts,  kh  Keimblasenhöhle. 
;<■  der  Decke  entlang  sich  schiebender  Keil  von  Dotterzellen,  dvl,  vul  dorsale  und 
ventrale  Urmundlippe.  pf  Dotterpfropf,  ak  äußeres  Keimblatt. 


Dotterzellen  immer  weiter  an  der  Decke  nach  dem  animalen  Pol  empor, 
wobei  man  am  oberen  Rand  hie  und  da  auch  einzelne  abgelöste  isolierte 
Dotterzellen  bemerkt.  Gleichzeitig  vertieft  sich  von  der  Oberfläche 
her  die  Gastrularinne,  schneidet  «ewissermaßen  in  den  vorgeschobenen 
Keil 
und 


schneidet  gewissermaßen 

der  Dotterzellen  hinein  und  trennt  ihn  in  2  Blätter,  in  die  dorsale 

die  ventrale  Wand  des  Urdarmes. 

An  der  Fig.  292,  in  welcher  dieses  Stadium 
man.  Avie  klein  noch  der  spaltförmige  Urdarm 
dem  an  der  Decke  der  Keimblase  weit  vorgeschobenen 
Dotterzellen.  Während  bei  Triton  (Fig.  289)  von  Anfang 
förmige  Urdarm  so  weit  reicht,  wie  die  Dotterzellen  in  die  Keimblasen- 
höhle hinein  vorgeschoben  sind,  vergrößert  er  sich  beim  Frosch  erst 
allmählich  nach  dem  Rand  der  vorgeschobenen  Dottermasse  zu. 


dargestellt  ist,  beachte 
ist  im  Verhältnis  zu 
Streifen  der 
an  der  spalt- 


744  0.  Hertwig, 

Durch  das  Studium  derartiger  Bilder  sind  Moquin  Tandon  (L.  K.  III  ^, 
1876)  und  Houssay  (L.  K.  III  *,  1890)  sowie  Robinson  und  Asshetox 
(L.  K.  III 4,  1891)  veranlaßt  worden,  eine  Entstehung  des  Urdarmes 
durch  Einstülpung  beim  Erosch  überhauiDt  in  Abrede  zu  stellen.  „The 
archenteron  of  the  anura  is  not  formed  b}^  invagination,  but  by  a  process 
of  Splitting  amongst  the  yolk  cells  (Houssay).  No  portion  is  formed  b}^ 
invaginated  epiblast"   (Robinson,  L.  K.   III*,    1891,   p.   465). 

Demgegenüber  ist  zu  bemerken,  daß  die  Bildung  der  Urdarmhöhle 
doch  immer  von  der  Oberfläche  aus  vor  sich  geht,  daß  fortwährend 
kleine,  pigmentierte  Zellen  um  die  Blastoporuslippe  nach  innen  einwandern 
und  vorwiegend  das  Material  zur  Begrenzung  der  dorsalen  Wand  des 
Urdarmes  liefern,  daß  aber  ebenso  auch  oberflächlich  gelegene  vegetative 
Zellen,  nach  den  beweisenden  Beobachtungen  von  Kopsch  (L.  K  III*,  1895), 
ventral  von  der  Urmundrinne  in  das  Innere  hineinwandern.  Daher  ist,  wie 
schon  von  Gobtte  richtig  angegeben  worden  ist,  auch  bei  Anuren  der  ganze 
Vorgang  als  eine  Grastrulation,  als  eine  Urdarmbildung  durch  Einstülpung 
zu  bezeichnen,  wobei  allerdings  der  Einstülpungsprozeß  dem  primitiven 
Verhalten  von  Amphioxus  gegenüber  durch  die  Anhäufung  von  Dotter- 
material modifiziert  ist.  Die  verschiedene  Deutung  derselben  Bilder  beim 
Erosch,  welche  sich  auf  einen  relativ  einfachen  Vorgang  beziehen ,  ist 
sehr  lehrreich,  weil  man  daraus  sieht,  wie  schwierig  am  Schnittpräparat 
Invagination  und  Delamination  voneinander  zu  unterscheiden  sind ! 

Das  Hinaufwandern  der  Dotterzellen  vom  Boden  nach  oben  unter 
die  Decke  der  Keim  blase  kann  schon  einige  Zeit  beginnen,  ehe  äußer- 
lich überhaupt  eine  Einstülpungsrinne  bemei-kbar  wird,  besonders  bei 
sehr  großen,  dotterreichen  Eiern.  Sehr  deutlich  scheint  dies  nach  den 
Untersuchungen  von  Gasser  (A.  L.  III ',  1882)  bei  Alytes  der  Fall  zu 
sein.  „Es  schieben  sich  hier"  —  so  berichtet  Gasser  —  „größere  Dotter- 
zellen, vom  Boden  der  Furchungshöhle  kommend,  allmählich  in  die 
Höhe,  der  Unterseite  jener  Decke  entlang  ihren  Weg  nehmend ,  von 
derselben  aber  durch  eine  hinlänglich  genaue  Grenzlinie  scharf  ge- 
trennt. Sie  erreichen  dabei  anfangs  die  Mitte  der  Decke  noch  nicht 
oder  nur  in  vereinzelten  Exemplaren,  während  sie  später  dort  eine 
vollständig  zusammenhängende  Schicht  darstellen.  Nach  abwärts  gehen 
sie,  an  Zahl  und  Größe  zunehmend,  in  die  Dotterzellenmasse  über.  Nach- 
dem diese  Stufe  der  Entwickelung  erreicht  ist,  beginnt  die  Einstülpung" 
(1882,  p.  77).  Derartige  Erscheinungen  bei  den  Amphibien  sind  be- 
achtenswert, weil  sie  für  das  Verständnis  der  Gastrulation  der  Amnioten 
sich  verwerten  lassen. 

Was  den  weiteren  Verlauf  beim  Frosch  betrifft,  so  wird  in  dem- 
selben Maße,  als  sich  die  zuerst  gebildete  Urmundrinne  zum  Hufeisen 
umwandelt  und  dieses  sich  zum  Ring  schließt,  das  Material  in  immer 
größerem  Umfang  der  GoETTE'schen  Randzone  entlang  in  das  Blastocöl 
vorgeschoben.  Und  so  ist  in  Fig.  292,  einem  Medianschnitt  durch  ein 
Ei,  in  welchem  der  Blastoporus  eben  ringförmig  geworden  ist,  das 
Dottermaterial  auch  von  der  noch  ganz  seichten  ventralen  Urmund- 
rinne aus  (vul),  an  der  Seite  des  Keimblasendaches,  welche  dem  ersten 
Auftreten  der  Urmundrinne  gegenüber  liegt,  als  keilförmiger  Fortsatz 
in  die  Höhe  gedrängt.  An  dem  dünnen  Dach  der  Keimblase  ist  die  Grenze, 
bis  zu  welcher  der  zugeschärfte  Rand  der  Dotterzellen  reicht,  häufig 
durch  eine  schon  von  Remak  beobachtete,  ringförmige  Furche  markiert, 
welche  Schultze  (L.  K.  III  *,  1887,  p.  12;  1888,  p.  2)  als  Gastrula- 
furche  wieder  genauer  beschrieben  und  der  Furche  verglichen  hat,  mit 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


745 


der    Rand    des 


abgrenzen  läßt. 


welcher  sich  auch  bei   der  Keiniblase   des  Kaninchens 
inneren  Keimblattes  bei  seiner  Umwachsung  äußerlich 

Im  Endstadium  der  Gastrulation  sind  bei  den  Froscheiern  zwei  ver- 
schiedene Modifikationen  beobachtet  worden,  die  vielleicht  von  einem 
verschiedenen  Dotterreichtum  oder  anderen  noch  unbekannten  Faktoren 
abhängen.  In  dem  einen  Fall,  welcher  der  häufigere  zu  sein  scheint, 
gelangt  die  Gastrulation,  in  ähnlicher  Weise  wie  beim  Triton  zum  Ab- 
schluß. Von  dem  Orte  ihrer  ersten  Entstehung  aus  schiebt  sich  die 
eingestülpte  Dottei'masse  am  raschesten  an  der  Decke  der  nrsprüng- 
lichen  Keimblasenhöhle  entlang;  es  schneidet  die  Urdarmspalte  von 
außen  immer  tiefer  in  sie  hinein  und  weitet  sich  dabei  durch  Aus- 
einanderweichen der  beiden  Wände  immer  ansehnlicher  aus;  infolge- 
dessen wird  das  Blastocöl  zusehends  kleiner.  Zuletzt  (Fig.  293)  hat 
sich  überall  das  eingestülpte 
Dottermaterial  der  Keim- 
blasendecke angelegt,  und 
der  Urdarm  ist  so  weit  ver- 
größert, daß  auch  der  letzte 
Rest  des  Blastocöls  verdrängt 


enger 


gewor- 


ist.    Aus  dem 
denen  Blastoporus  sieht  noch 
von  der  ventral  angehäuften 
Dottermasse  ein  Pfropf  nach 
außen  hervor. 

Bei  der  zweiten  Modifi- 
kation, aufweiche  Schültze 
beim  Froschei  die  Aufmerk- 
samkeit gelenkt  hat,  treffen 
die  nach   allen  Seiten  vom 
ringförmig  gewordenen  Bla- 
stoporus aus  vorwachsenden 
eingestülpten     Dotterzellen 
(Fig.  294)  an  der  ursprüng- 
lichen Decke  der  Keimblase 
schon   zu   einer   Zeit   zusammen, 
noch   von  geringer  Ausdehnung 
groß   ist.     Letzteres   wird   daher 
In  diesem  Fall  wird  — 
de 


i —  dul 


—  vul 


Fig. 
gebildete 


293.     Mediauschuitt    durch    eine    aus- 
Gastrula   des    Frosches.     Photographie 
eines  Präparates   des  anat.-biol.  Inst.     Bezeich- 
nungen wie  in  Fig.  292.     ik  inneres  Keimblatt. 


geben 


artigen   Verteilung   des   eingestülpten 


wo  die  Urdarmhöhle  (Fig.  294  ud) 
und  das  Blastocöl  (kh)  noch  ziemlich 

jetzt  ringsum  von  Dotterzellen  um- 
wahrscheinlich infolge  einer  anders- 
Dottermaterials    —  der  LTrdarm 


(Fig. 
von 


294  ud)  bei  seiner  Ausweitung  nur  durch  eine  dünne  Membran 
Dotterzellen  (seh)  gegen  das  Blastocöl  (kh)  abgetrennt.  Und  nun 
tritt  ein  Zeitpunkt  ein,  wo  die  dünne  Wand  (srh)  einreißt  (Fig.  295) 
und  so  sich  der  Urdarm  {tcd)  direkt  durch  Einverleibung  der  Keim- 
blasenhöhle (kh)  vergrößert.  Der  Vorgang  ist  besonders  wichtig  und 
beachtenswert,  weil  er  manche  Eigentümlichkeiten  in  der  Keimblatt- 
bei  den  Amnioten  aufklärt. 
Die  durch  Zerreißen  einer  Zwischenwand  herbeigeführte  Ver- 
des  Urdarmes  mit  dem  Blastocöl,  welche  beim  Frosch 
nur  m  manchen  Fällen  vorkommt,  scheint  bei  Amphibien  mit  sehr 
großen,  dotterreichen  Eiern  die  Regel  zu  sein.  Van  Bambeke  (A.  L.  III  ', 
1868)  berichtet  es  als  konstantes  Vorkommnis  von  Pelobates  fuscus.  Bei 
Alytes  obstetr.  hat  Gasser  (A.  L.  III  ^  1882,  p.  81)  außer  dem  gewöhn- 
lichen Verhalten  „eine  Reihe  unzweifelhafter  Fälle  gefunden,  in  denen 


bildung 


Schmelzung 


i46 


0.  Hertwig, 


die  Scheidewand  zwischen  beiden  Höhlen  entweder  teilweise  —  und 
dann  in  der  Medianlinie  —  oder  ganz  verschwand,  also  beide  Höhlen 
sich  vereinigten" , 


Fig.  294. 

luJ  seh  l:h 


Fig.  295. 


Fig.  294.  Medianschnitt  durch  eine  Gastrula  des  Frosches.  Photographie 
eines  Präparates  des  anat.-biol.  Inst,  ak  äußeres  Keimblatt,  dd  u.  vd  dorsal  und 
ventral  vorgeschobener  Keil  von  Dotterzellen,  kh  Keiniblasenhöhle.  seh  Scheidewand. 
ud  ürdarm. 

Fig.  295.  Medianschnitt  durch  eine  Gastrula  des  Frosches.  An  Fig.  294  sich 
anschließendes  Btadium.  Photographie  eines  Präparates  des  anat.-biol.  Institutes. 
ak  äußeres  Keimblatt,  df  noch  frei  liegendes  Dotterfeld,  dd  u.  cd  dorsal  und 
ventral  vorgeschobener  Keil  von  Dotterzellen,  dul  dorsale  Urmundlippe.  kh  Keira- 
blasenhöhle.     v.d  Urdarm.     seit  Scheidewand. 


In  sehr  großem  Maßstabe  ist  die  Furchnngshöhle  bei  Salamandra 


niaciilata  an  der  Urdarmbildung  beteiligt,  wie  Grönroos  (L 
p,  458)    an    Schnittpräparaten   nachgewiesen 
Auftretens    hat   die  Gastrularinne   (Fig.  296) 


Fia-.  296. 


Fig.  297. 


.  III  \  1898, 
hat.  Am  Anfang  ihres 
welche  sich  etwa  in  der 
Mitte  zwischen  animalem 
und  vegetativem  Pol  ])il- 
det,  einen  rein  latitudi- 
naleu  Verlauf  und  erreicht 
bald  etwa  V5  tles  Eium- 
fanges.  Aehnlich  vei-hält 
es  sich  nach  Gasser 
(1882,  p.  78)  bei  Alytes. 
Zur  Zeit,  wo  sie  noch 
wenig  in  den  Dotter  ein- 
schneidet, sieht  man  an 
Durchschnitten  einzelne 
grobkörnige  Dotterzellen, 
welche  an  der  Innenfläche 
des  Daches  der  Keim- 
blasenhöhle em  i)orr  ücken. 
Mit  der  Vertiefung  der 
Furche  erreicht  dieser  Verschiebungsprozeß  immer  größere  Ausdehnung 
derart,  daß  schon  auf  dem  Stadium  der  Fig.  296  die  Innenfläche  des 
Daches   des  Blastocöls   zum  größten  Teil  mit   Dotterzellen   beleat  ist. 


Fig.  296.  Latitudinaler  ürmundspalt  eines  Eies 
von  Salam.  mac.  nach  GrÖnroos  ^1898,  Fig.  1). 

Fig.  297.  Bogenförmig  gekrümmter  Ürmund- 
spalt. Ansicht  von  hinten  und  etwas  von  unten. 
Nach  Grönroos  (1.  c.  Fig.  2). 


Die  Lehre  von   den   Keimblättern.  747 

Allmählich  breitet  sich  der  Gastrulaspalt  weiter  aus  und  erhält  ein 
größeres  Lumen.  Dabei  geht  die  latitudinale  Urmundrinne  in  die 
Hufeisenform  über  (Fig.  297).  Die  Trennungswand  zwischen  Gastrula- 
höhle  und  Blastocöl  lockert  sich  und  reißt  ein,  so  daß  jetzt  beide  voll- 
ständig in  einen  Raum  zusammenfließen.  ,,Der  weitaus  größte  Teil 
der  primitiven  Darmhöhle  geht  bei  Salam.  mac."  —  so  faßt  Grönroos 
seine  Befunde  zusammen  • —  „aus  der  modifizierten  Furchungshöhle 
hervor;  die  eigentliche,  von  außen  her  eindringende  Gastrulaeinstülpung 
spielt  in  dieser  Hinsicht  nur  eine  untergeordnete  Rolle."  Schon  vor 
Grönroos  hatte  auch  von  Kupffer  (L.  K.  III  \  1879,  p.  594)  gesehen 
und  beschrieben,  daß  bei  Salam.  mac.  die  beiden  Höhlen  infolge 
Durchbruches  der  Trennungswand  in  eine  zusammenfließen. 

Das  Endglied  in  der  eben  dargestellten  Reihe  bilden  die  Gynino- 
phionen,  über  deren  Entwickelung  die  wichtigen  Untersuchungen  von 
den  beiden  Sarasins  (A.  L.  III  \  1885, 1887)  und  von  Brauer  (A.  L.  III  \ 
1897)  vorliegen.  Ihre  Eier  zeichnen  sich  vor  allen  Amphibien  durch  einen 
so  großen  Dotterreichtum  aus,  daß  der  Furchungsprozeß  bei  ihnen  sogar 
zu  einem  partiellen  geworden  ist.  Sie  gehören  zum  meroblastischen 
Typus.  Auf  einer  ungeteilten  Dottermasse,  in  welche  einzelne  Kerne 
(Merocyten)  eingebettet  sind,  liegt  eine  Keimscheibe  von  Embryonal- 
zellen. Diese  sondert  sich  alsbald  1)  an  der  Oberfläche  zu  einer 
Schicht  fest  zusammengefügter,  cylindrischer,  auimaler  Zellen  und  2)  in 
unregelmäßig  und  locker  zusammenhängende,  vegetative  Zellen,  zwischen 
denen  sich  größere  und  kleinere  Lücken  finden,  die  zusammen  die 
Keimblasenhöhle  ausmachen.  Weiterhin  entsteht  am  hinteren  Rande 
der  Scheibe  eine  breite,  quere  Urmundrinne,  an  welcher  ein  Umschlag 
der  animalen  Zellen  zuerst  senkrecht  nach  unten,  dann  nach  vorn 
erfolgt.     Es  bildet  sich  am  hinteren  Ende  des  Embryos  (Fig.  298)  ein 

kb  vz 


ud 
Fig.  298.  Seitlicher  Längsschnitt  durch  einen  Embryo  von  Hypogeophis  rostratus 
am  Beginn  der  Gastrulation,  nach  Brauer  (1897,  Tat'.  XXXV,  Fig.  46j.  dul  dor- 
sale Urmundlippe.  lul  Urdarm.  kh  Keimblasenhöhle,  die  später  mit  dem  durch 
Einstülpung  entstandenen  Teil  des  Urdarmes  verschmilzt.  az  animale  Zellen. 
vz  vegetative  Zellen. 

kleiner  Blindsack,  dessen  obere  Wand  von  den  am  Umschlagsrand 
nach  innen  gewanderten  animalen  Cylinderzellen,  dessen  Boden  aber 
vom  Dotter  und  von  vegetativen  Zellen  umgrenzt  wird. 

Währenddem  beginnen  im  vorderen  Bereich  der  Keimscheibe  die 
Dotterzellen  sich  im  Anschluß  an  die  Einstülpung  an  die  aus  Cylinder- 
zellen bestehende  Decke  der  Keimblase  anzulegen  und  zu  einem 
regelmäßigen  Blatt  anzuordnen,  infolgedessen  auch  das  Blastocöl  an  Aus- 


748 


0.  IIertwig, 


dehnung  gewinnt.  Es  sind  daher  jetzt  im  Bereich  der  Keimscheibe 
zwei  Hohh-äume  vorhanden,  1)  ein  vorderer  allseiti.u  abgeschlossener, 
die    Keimbhisenhöhle    (Fig.   298  kh) ,     und    2)    ein    lunterer   Ivleinerer, 

durcli  direkte  P^instülimng 
entstandene!'  und  durch  den 
Urmund  {dul)  nach  außen 
geöffneter  Raum  (ud) ;  beide 
werden  durch  eine  schmale 
Scheidewand  getrennt,  wel- 
che aus  den  bei  der  Ein- 
stülpung nach  innen  ge- 
drängten, vegetativen  Zellen 
zusammengesetzt  ist.  Wie 
es  beim  Frosch  in  Aus- 
nahmefällen, regelmäßig  bei 
Pelobates  und  Salamandra 
geschieht,  wird  später  die 
Scheidewand  (Fig.  299) 
durchbrochen  und  ein  ein- 
heitlicher Raum  hergestellt, 
an  dessen  Decke  man  aber 
auch  jetzt  und  längere  Zeit 
noch  deutlich  die  Entstehung 
aus  zwei  Abschnitten  (az  u. 
vz)  an  der  verschiedenen 
Form  und  dem  verschie- 
denen Dottergehalt  der 
Zellen  erkennen  kann.  Denn 
hinten  besteht  die  Decke 
aus  einer  einfachen  Lage 
höherer  Cylinderzellen  {az) 
mit  wenigen  und  kleineren 
Dotterkörnchen,  vorn  aus 
einer  Schicht  größerer,  mehr 
abgeplatteter ,  dotterreiche- 
rer, etwas  locker  angeord- 
neter Zellen  {vz).  Ganz 
nach  vorn  bleiben  die  vege- 
tativen Zellen  lange  Zeit 
ungeordnet  und  fügen  sich 
allmählich  der  dorsalen  Ur- 
darmwand  im  Verlauf  ihrer 
fortschreitenden  Ausdeh- 
nach vorn  ein. 
An  den  meisten  Prä- 
paraten fand  Brauer  die 
Grenze  zwischen  beiden 
Teilen  an  Durchschnitten 
immer  scharf  markiert  (Fig. 
299  x).  Er  konnte  dabei- 
durch  Rekonstruktion  aus 
der  Schnittserie  die  Form  und  Größe  der  Höhle,  sowie  die 
der  beiden  Abschnitte  feststellen  und  in  der  Fig.  300  zur 


nung 


Beteiligung 
Darstellung 


Die   Lehre   von   den  Keimblättern. 


749 


bringen.  In  ihr  ist  der  kleinere  pnnktierte  Teil  durch  Invagination 
entstanden  und  an  der  Decke  von  Cylinderzellen  ausgekleidet,  der 
schraffierte  größere  Teil  stammt  von  der  Keiniblasenhöhle  ab  und 
wird  von  vegetativen  Zellen  bedeckt.  Am  Boden  finden  sich  überall 
nur  Dotter  und  Dotterzellen. 

Auch  bei  den  merobla- 
stischen Eiern  der  Gymno- 
l»hionen  macht  der  Urmund 
dieselben  A'eränderungen  wie 
bei  den  Eiern  der  übrigen 
Am])hibien  durch.  Die  gerade 
quere  Rinne  krümmt  sich  später 
zum  Hufeisen  ein ;  diese  schließt 
sich  zum  ringförmigen  Blasto- 
porus,  der,  anfangs  weit,  später 
enger  wird  und  sich  schließlich 
in  einen  Längsspalt  umwandelt. 
Der  Blastoporus  wird  vom 
Dotterpfropf  ausgefüllt. 

Fig.  300.  Durch  Eekonstruk- 
tion  hergestelltes  Schema  von  der 
dorsalen  Urdarmwand  eines  Em- 
bryos von  Hypogeophis  alternans. 
uz  animale,  vz  vegetative  Zellen,  hl 
Blastoporus.  Xach  Bkaüer  (1.  c. 
Textfig.  Hj. 


Die   E  n  t  w  i c k e  1  u n  g   v  o n    de m     mittleren   K e i m b  1  a 1 1 .   von 

Chorda  und  Rückenmark. 

Geraume  Zeit,  bevor  die  Keimblasenhöhle  verdrängt  und  die  Ein- 
stüli)ung  beendet  ist,  beginnt  sich  schon  das  mittlere  Keimblatt  anzu- 
legen und  zwar  dadurch,  daß  Zellen  am  Urmundrand  von  außen  nach 
innen  eindi'ingen  und  sich  zwischen  die  beiden  primären  Keimblätter 
hineinschieben.  fJei  Urodelen.  Anuren  und  Gymnophionen  bieten  sich 
uns  3  Modifikationen  des  Prozesses  dar  und  lassen  sich  in  eine  Reihe 
anordnen,  deren  Anfangsglied  sich  an  die  Befunde  bei  Petromyzon 
und  Amphioxus  anknüpfen  läßt,  während  das  Endglied  zu  den  Ver- 
hältnissen bei  Reptilien  überleitet.  Da  ganz  am  Anfang,  wo  sich  das 
mittlere  Keimblatt  zu  bilden  beginnt,  die  Bilder  auf  Durchschnitten 
weniger  deutlich  ausfallen,  als  später,  wo  schon  eine  dickere  Schicht 
angelegt  ist,  so  wollen  wir  mit  einem  etwas  weiter  vorgerückten  Stadium 
beginnen. 

Zur  Zeit, 
und    dann 


Den  einfachsten  Befund  liefern  die  Eier  von  Triton, 
wo  der  Urmund  sich  schon  zu  einem  kleinen,  engen  Ring 
zu  einem  kurzen  Längsspalt  umgewandelt  hat  und  auf  der  Dorsal- 
fläche eine  kurze  Rückenrinne  (Fig  281  B)  erkennbar  wird,  ist  das  mitt- 
lere Keimblatt  in  größerer  Ausdehnung  angelegt.  Auf  einem  Quer- 
schnitt durch  den  Urmund  (Fig.  301,  302)  sieht  man  in  der  L^mgebung 
der  Urmundlippe  (//)  links  und  rechts  eine  Schicht  kleiner  polygonaler 
Zellen  sich  zwischen  das  äußere  Keimblatt,  eine  einfache  Lage  cylin- 
drischer  Zellen  und  das  Dottermaterial  hineinschieben.  Im  Bereich  des 
Urmundes  ist  die  Schicht  am  dicksten  und  durch  einen  vom  Urdarm 
eindringenden  Spalt  in  2  Lamellen  gesondert,  von  denen  die  äußere  (so) 


750 


0.  Hertwig, 


am  Urmnndrand  in  den  Ektoblast  umbiegt  und  die  parietale  Lamelle  des 
mittleren  Keimblattes  darstellt,  während  die  innere  Lamelle  (sp)  median- 
wärts  in  die  Masse   der  Dotterzellen    übei'geht.     Etwas    vom|Urmund 


Fig.  301. 

m/'       rf 

w  ■ 


Fiii-.  302. 


Fig.  301.  Frontalsclinitt  durch  eine  vollständig  entwickelte  Gastrula  von 
Triton,  bei  welcher  sich  der  Mesoblast  bereits  zu  bilden  beoinnt,  nach  Hektwig 
(1883,  Taf.  II,  Fig.  9). 

Fig.  302.  Frontalschnitt  durch  ein  etwas  weiter  entwickeltes  Ei  von  Triton  mit 
ßückenrinne,  nach  Hertwig  (1883,  Taf.  II,  Fig.  lUj. 

e  inneres  Keimblatt.  Ec  äußeres  Keimblatt,  so,  a-p  parietale  und  viscerale 
Lamelle  des  mittleren  Keimblattes,  mf  Dotterpfropf,  rf  seitliche  Urmundlippen, 
\o  ürmund.     nd  Urdarm. 


entfernt,  ist  der  Spalt  nicht  mehr  erkennbar  und  sind  parietales  umi 
viscerales  Blatt  zu  einer  Schicht  verschmolzen ,  die  sich  nach  den 
Rändern  schHeßlich  zu  einei"  einfachen  Lage  von  Zellen  verdünnt. 

Nach  vorn  vom  Urraund  breitet  sich  das  mittlere  Keimblatt  als 
gastraler  Mesoblast  (Rabl)  weiter  aus.  Hiermit  kommen  wir  zu  einer 
für  einige  embryologische  Fragen  sehr  wichtigen  Gegend.  Denn 
Schnittserien  durch  dieselbe  liefern  bei  den  Amphibien  Bilder,  welche 
für  die  Lehre  von  der  Urmundnaht  und  von  der  Entstehung  des 
gastralen  aus  peristomalem  Mesoblast  außerordentlich  beweisend  sind. 
Zum  Studium  dieser  wichtigen  Verhältnisse  gebe  ich  aus  einer  Schnitt- 
serie Abbildungen,  welche  direkt  von  Balsampräparaten  auf  photo- 
graphischem Wege  gewonnen  worden  sind  von  einem  Ei,  welches  nur 
wenig  weiter  entwickelt  ist  als  das  in  Figur  281  B  dargestellte.  Auf  dem 
ersten  Schnitt  der  Serie  (Fig.  303)  sind  beide  Urmundlippen  [u\)  nur 
durch  einen  sehr  feinen  Spalt  {um)  getrennt:  einige  Schnitte  weiter 
nach  vorn  liegen  sie  mit  ihren  Oberflächen  dicht  aneinander,  doch 
deutet  noch  eine  feine  Linie  eine  Sonderung  in  die  linke  und  rechte 
Hälfte  an.  In  der  jetzt  folgenden  Figur  304  ist  mit  dem  Schwund 
dieser  Linie  ein  medianer  Zellstreifen  [n)  entstanden ,  in  welchen 
von  außen  und  innen  eine  Ptinne  (/)  einschneidet.  Das  Bild  entspricht 
dem  Durchschnitt  von  der  Incisura  neurenterica  am  Caudallappen 
eines  Selachiers.  Und  wieder  einige  Schnitte  weiter  nach  vorn 
(Fig.  305,  306)  bildet  sich  mit  immer  größerer  Deutlichkeit  in  dem 
Zellenstreifen  eine  Spalte  aus,  durch  welche  er  in  ein  äußeres  und 
ein  inneres  Blatt  getrennt  wird.  Das  sind  eine  Reihe  von  Verände- 
rungen, wie  sie  sich  immer  an  Nahtstellen,  wo  Faltenränder  ver- 
schmelzen, abzuspielen  pflegen.     Daher  scheint  uns  auch  keine  andere 


Dio  Lehre  von  den  Keimblättern. 


751 


Deutung  dieser  Befunde  möglich,  als  daß  vor  dem  offenen  Stück 
des  Urmundes  eine  geschlossene  Strecke  desselben  sich  befindet,  das 
heißt,  eine  Strecke,  in  deren  Bereich  die  Urmundränder  durch  Naht 
verschmelzen  und  sich  dann  nach  vorn  in  ein  äußeres  Blatt  (Ektoblast 
oder  speciell  Medullari)lattej  und  in  ein  inneres  Blatt,  die  Chordaanlage, 
spalten. 

Aehnliche  Befunde  erhält  man  auch  von  älteren  Embryonen,  bei 
denen  sich  schon  eine  Medullarrinne  und  sogar  ein  geschlossenes 
Medullarrohr  gel)ildet  hat.  wenn  man  die  Strecke  vor  dem  offenen 
Rest  des  Urmundes  auf  Schnittserien  untersucht.  Hieraus  läßt  sich 
folgern,  daß  sich  der  Prozeß  der  Nahtbildung  über  einen  längeren  Zeit- 
abschnitt ausdehnt.     Somit  liefert  das  Studium  von  Querschnittserien 


Fig. 


303. 


Fig.  304. 
f  n 


U7n  ul 


Fig.  305. 


Fig.  306. 


11  d 


ik     ^mk  ak 


ch     iid 


Fig.  303 — 306.  Vier  Bilder  aus  einer  Schnittserie  eines  Tritoneies  mit  Rücken- 
rinne aus  der  Gegend  unmittelbar  vor  dem  Blastoporus.  Photographieen  eines  Prä- 
parates von  RöTHiG.  um  Urmund.  ul  Urmundlippe.  mk  mittleres  Keimblatt,  d  Dotter. 
/  Furche  in  der  Nahtstelle.  /;  Naht,  iid  Urdarm.  a  k  äußeres,  ik  inneres  Keimblatt. 
ch  Chordaanlage. 


immer   neue   Beweise  für   die   auch   aus   anderen   Beobachtungen   er- 
schlossene Annahme  eines  exzentrischen  Urmundschlusses. 

Wenn  man  die  Schnittserie  eines  Eies,  das  sich  auf  dem  Stadium 
der  Figur  281  befindet,  noch  weiter  nach  vorn  verfolgt,  so  kommt 
man  in  das  Bereich  der  Rückenrinne  (Fig.  307).  Die  Decke  des  Ur- 
darmes  besteht  hier  längs  eines  schmalen  medianen  Streifens,  der  bei 
stärkerer  Ausprägung  der  Rückenrinne  nach  innen  zuweilen  vorge- 
buchtet ist  (Bambeke)  (Fig.  308),  aus  zwei  durch  einen  Spalt  getrennten 
Lagen  cylindrischer  Zellen,  welche  eine  vollständige  Uebereinstimmung 
mit  den  von  Amphioxus  (Fig.  252)  erhalteneu  Bildern  darbieten.    Die 


752 


0.  Hertwig, 


äußere,  dem  Ektoblast  aiigeliörige  Lage  enthält  das  Zellenniaterial  für 
die  Medullarplatte.  Die  darunter  gelegene  Schicht  ist  Chordaanlage 
(ch).     Beide    gehen  nach  hinten  in  die  beiden  Blätter  über,  in    welche 


Fis-.  H07. 


Fi^-.  308. 

rr 

>> 

..  m 

™v|. 

-^ 

-..»i 

.  ■    IllOi 

'    ^    1 

-^J^ 

rh 

eil. 

Fig.  307.  Querschnitt  durch  einen  Embryo  von  Triton  mit  schwach  ausge- 
prägter Eückenrinne  nach  Hertwig  (1883).  ak,  ik  äußeres,  inneres  Keimblatt.  //*/;*, 
ink-  parietale  und  viscerale  Lamelle  des  mittleren  Keimblattes,  ch  Chordaanlage. 
dh  Darmhöhle. 

Fig.  308.  Querschnitt  durch  die  Eückenrinne  eines  Eies  von  Triton  alpesrris 
f4.  Stadium),  nach  Bambeke(1893,  Fig.  4).  rr  Rückenrinne,  m^^  Medullarplatte.  cA  als 
Wulst  vorgetriebene  Chorda,  en,  mes  Entoderm,  Mesoderm. 


sich  an  der  Naht   der   durch  Verschmelzung   der  Urmundränder   ent- 
standene   Zellstreifen    spaltet.      Zu    beiden    Seiten    der    Chordaanlage 


übernehmen  die  Begrenzung  des  Urdarmes 


größere. 


dotterreiche.  dui'ch 


ihre  abweichende  Form  deutlich  unterschiedene  Zellen  des  Darmdrüsen- 
blattes (Fig.  307)  (ili).   Zwischen  ihnen  und  dem  äußeren  Keim1)latt  hat 


Gegend 


ausgebreitet   und    besteht 

denen   die   äußere 

Lage  Anschluß  an 

Rand   links   und 


der  Entwickelung 


eni- 


die 


sich  der  Mesoblast   auch   in  dieser    v..^5^v.x.v.   ^.^^^ 
aus  zwei  Lagen  kleiner,  rundlicher  Elemente,   von 
Lage  sich  in  die  Chordaanlage  fortsetzt,  die  innere 
das   Darmdrüsenblatt  findet,   wo    dieses   mit    freiem 
rechts  von  der  Chordaanlage  aufliört. 

Auf  Grund  der  mitgeteilten  Befunde  läßt  sich  von 
des  mittleren  Keimblattes  bei  den  Urodelen  —  und  dies  würde  dann 
auch  für  die  übrigen  Amphibien  nachzuweisen   sein  —    folgende 
heitliche  Autfassung  gewinnen. 

Einige  Zeit,  nachdem  die  Gastrulation  begonnen  hat,  und 
großen  vegetativen  Zellen  sich  vom  Boden  der  Keimblasenhöhle  an 
der  Decke  nach  oben  emi)orgeschoben  und  eine  zweite  Schicht  unter 
ihr  gebildet  haben ,  wandern  an  dem  so  entstandenen  LTrmundrand 
noch  kleinere  Elemente  in  geschlossener  Schicht  in  den  Spalt  zwischen 
äußerem  Keimblatt  und  Darmdrüsenblatt  hinein  und  erzeugen  zwischen 
beiden  eine  trennende  Mittelschicht,  den  Mesoblast.  Seiner  Entstehung 
gemäß  geht  dieser  in  der  Umgebung  des  Urmundes  nach  außen  in 
das  äußere  Keimblatt,  nach  innen  in  das  Darmdrüsenblatt  über.  Wir 
wollen  diese  Uebergangsstellen  als  Urmundlippen  und  Urdarmlippen 
bezeichnen.  Zwischen  beiden  Lippenbildungen  dringt  bald  mehr,  bald 
minder  deutlich,  bald  mehr,  bald  minder  weit  ein  schmaler  Spalt  vom 
Urdarni  in  das  mittlere  Keimblatt  hinein    (wie  bei  den  Selachiern  die 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


753 


Cölombucht  oder  Mesodermbildungsrinne)  und  zerlegt  es  iu  ein  visce- 
rales  und   parietales    Blatt.     Das   mittlere   Keimblatt 
in  der  Umoebung   des    Urmundes   als 


das  heißt,  ab 


entsteht  somit 
eine  geschlossene  Falte, 
IS  eine  Falte,  deren  Blätter  dicht  aufeinander  liegen.  Wenn 
wir  uns  die  Falte  wietler  geöffnet  denken,  erhalten  wir  eine  Grund- 
form (Fig.  309),  von  welcher  sich  die  Entwickclung  des  mittleren  Keim- 
blattes der  Wirbeltiere  ableiten  und  an  welcher  sie  sich  leicht  ver- 
ständlich machen  läßt. 

Aus  dem  peristomalen  entwickelt  sich  hierauf  der  gastrale  Mesoblast 
durch  eine  von  vorn  nach  hinten  fortschreitende  Verwachsung  der 
Urniundränder.  Dies  soll  durch  das  zw^eite  Schema  (Fig.  310)  ver- 
anschaulicht werden,  welches  man  erhält,   wenn  man  sich  in  Fig.  309 


Fig.  309. 


Fig.  310. 


•ud 
Ih 


Fig.  309  u.  310.  Schemata  für  die  Eutwickelung  der  mittleren  Keimblätter 
und  der  Leibeshöhle  bei  den  Wirbeltieren. 

Fig.  309.  Querschnitt  durch  den  Urmund  eines  Embryos.  %  Urmund.  ud  Ur- 
darm.  //*  Leibelhöhle,  d  Dotter,  ak  äußeres  Keimblatt.  '  »»/;*,  mk-  parietale  und 
viscerale  Lamelle  des  mittleren  Keimblattes. 

Fig.  310.  Querschnitt  vor  dem  Urmund.  mp  Medullarplatte.  ch  Chorda- 
anlage, ak,  iL  äußeres,  inneres  Keimblatt,  mk'-,  mk'^  parietale  und  viscerale  Lamelle 
des  mittleren  Keimblattes,  d  Dottermasse  mit  Dotterkernen.  dh  Darmhöhle. 
Ih  Leibeshöhle. 


die  Urniundränder  verschmolzen  und  darauf  in  der  Nahtlinie  das 
äußere  und  innere  Blatt  abgespalten  denkt.  Die  beiden  Schemata 
sind  leicht  in  die  Bilder,  wie  sie  Schnittserien  ergeben,  zu  verwandeln, 
wenn  parietales  und  viscerales  Blatt  des  Mesoblasts  bis  zu  voll- 
ständiger Berührung  einander  genähert  werden.  Von  diesem  Stand- 
punkt aus  lassen  sich  die  mittleren  Keimblätter  phylogenetisch  als 
die  Epithelwandungen  zweier  Leibessäcke  erklären,  welche  sich  durch 
einen  Faltungsprozeß  aus  dem  ursprünglichen  Urdarm  zu  beiden 
Seiten  des  bleibenden  Darmes  hervorgebildet  haben.  Ein  Unterschied 
zwischen  Amphioxus  und  den  Amphibien  besteht  vornehmlich  in  der 
Zeit,  in  welcher  sich  die  Urdarmdivertikel  anlegen.  Bei  Amphioxus 
ist  die  Gastrula  beendet,  bevor  die  Cölomtaschen  auftreten,  die  sich 
demgemäß  durch  Faltenbildung  der  LTrdarmwandung  entwickeln.  Bei  den 
Amphibien,  wie  überhaupt  bei  allen  übrigen  Wirbeltieren  ist  infolge 
des  langsameren,  durch  den  Dottergehalt  des  Eies  bedingten  Ablaufes 
der  Gastrulation  diese  noch  in  vollem  Gange  zur  Zeit,  wo  schon  die 
Leibessäcke  sich  anlegen  aus  einem  Zellen material,  das  auch  von  außen 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  48 


754 


0.  Hertwig, 


nach  innen  einwandert.  So  erscheint  jetzt  die  Entwickelung  der  mittleren 
Keimblätter  gewissermaßen  als  eine  zweite  Phase  der  Gastrula- 
t i on.  In  der  ersten  Phase  werden  hauptsächlich  die  Dotterzellen,  welche 
zur  Begrenzung  des  sekundären  Darmes  dienen,  in  der  zweiten  Phase 
kleinere  Zellen,  die  aus  der  Gegend  der  animalen  Hälfte  der  Keim- 
blase  stammen,  eingestülpt  derart,  daß  sie  sich  vom  seitlichen  und 
liinteren  Rand  des  Urmundes  aus,  also  in  einem  Halbbogen,  der  kopf- 
wärts  offen  ist,  in  den  Spalt  zwischen  dem  zuerst  eingestülpten  Dotter- 
material und  dem  äußeren  Keimblatt  hineinschieben. 

Der  weitere  Verlauf  der  Entwickelung  zeigt  bei  den  Urodelen 
eine  so  frappante  Uebereinstimmung  mit  den  von  Amphioxus  und 
den  Cyclostomen  ausführlich  dargestellten  Verhältnissen,  daß  eine 
kurze  Zusammenfassung  genügt.  Mesoblast,  Chorda-  und  Darmanlage 
sondern  sich  bald  vollständig  voneinander,  während  gleichzeitig  an 
der  Oberfläche   das   Nervenrohr   gebildet  wird  (Fig.  311  A — C).     Der 


mf 


mf 


B 


m/r 
ik 


mf 


int 


c 


=A_ 


Fig.  311.  Drei  Querschnitte  aus  einer  Schnittserie  durch  ein  Ei  von  Triton, 
an  welchem  die  MeduUarwülste  hervorzutreten  beginnen,  nach  Hertwig  (1883).  ak, 
ik,  mk\  mk-  wie  oben,  inp  Medullarplatte.  mf  MeduUarfalten.  ch  Chorda. 
Ih  Leibeshöhle. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  755 

Soiulerungsprozeß  wird  dadurch  eingeleitet,  daß  sich  die  Chorda- 
platte (ch)  einkrümmt  und  zur  Chor(hirinne  wii'd.  Indem  sie  sich 
hierbei  an  ihren  Rändern  kontinuierlich  in  die  parietale  Lage  des 
mittleren  Keimblattes  fortsetzt,  entstehen  an  der  Decke  des  Urdarmes 
die  beiden  kleinen  Chordafalten,  welche  die  Rinne  zwischen  sich  fassen. 
Sie  stoßen  mit  ihrem  Rand  an  den  Rand  der  Urdarmlipi)en  an,  an 
welchen  die  viscerale  Lamelle  des  mittleren  Keimblattes  in  das  Darm- 
drüsenblatt umbiegt.  An  der  Obertläche  des  Rückens  ist  mittlerw^eile 
der  Gegensatz  zwischen  Medullarplatte  und  Hornblatt  deutlicher  ge- 
worden, indem  dort  die  Zellen  zu  langen  Cylindern  ausgewachsen 
sind,  hier  dagegen  kubisch  und  später  noch  platter  zu  werden  be- 
ginnen. Durch  die  Rückenrinne  wird  die  Medullarplatte  deutlich  in 
eine  linke  und  eine  rechte  Hälfte  geschieden.  Noch  schärfer  setzt 
sie  sich  darauf  von  ihrer  Umgebung  dadurch  ab ,  daß  sich  ihre 
Ränder  mehr  und  mehr  über  die  Oberfläche  erheben  und  so  zwei  Falten, 
die  beiden  Medullarwülste  {mf),  bilden,  die  in  Fig.  311  B  u.  C  in  ihrem 
ersten  Auftreten  zu  sehen  sind. 

Zur  Zeit,  wo  an  der  Oberfläche  sich  die  Kerven-  oder  MeduUar- 
rinne  markiert,  beginnt  im  Innern  das  mittlere  Keimblatt  einmal  in 
den  Spalt  zwischen  äußerem  und  innerem  Keimblatt  weiter  ventralwärts 
hineinzuwachsen,  bis  beide  Hälften  in  der  Medianebene  zusammen- 
stoßen: zweitens  löst  es  sich  dorsalwärts  aus  dem  Zusammenhang  mit 
den  umgebenden  Anlagen  (Fig.  311  A— C);  seine  parietale  Lamelle 
trennt  sich  von  der  Chordaanlage,  desgleichen  seine  viscerale  Lamelle 
vom  Darmdrüsenblatt,  und  beide  verschmelzen  hierauf  mit  ihren  ab- 
gelösten Räudern  untereinander.  Das  mittlere  Keimblatt  oder  die 
Anlage  des  Leibessackes  hat  sich  somit  von  seiner  Umgebung  ab- 
geschnürt. 

Gleichzeitig  hat  sich  die  Chordarinne  in  einen  soliden  Zellstrang 
umgewandelt  und  sich  dabei  in  den  Raum  zwischen  den  freien  Rändern 
des  Darmdrüsenblattes  ebenfalls  wieder  in  genau  derselben  Weise  wie 
beim  Amphioxus  hineingeschoben.  Die  Chorda  nimmt  daher  jetzt  eine 
Zeitlang  au  der  oberen  Begrenzung  des  Darmes  teil  und  erscheint 
wie  eine  Verdickung  seiner  oberen  Wand. 

Auch  dieses  Stadium  „der  Einschaltung  der  Chorda  in  den  Darm" 
verändert  sich  rasch  durch  einen  zweiten  Sonderungsprozeß.  Die 
Chorda  wird  wie  beim  Amphioxus  von  der  Begrenzung  des  Darmes 
und  aus  jedem  Zusammenhang  mit  ihm  ausgeschlossen  dadurch,  daß 
die  aus  großen  Dotterzellen  zusammengesetzten  Hälften  des  Darm- 
drüsenblattes einander  entgegenwachsen  und  in  einer  medianen  Naht 
verschmelzen  (Fig.  311  C).  Schluß  des  bleibenden  Darmes  an  der 
Rückenseite,  Abschnürung  der  beiden  Leibessäcke  vom  inneren  Keim- 
blatt und  Entstehung  der  Chorda  dorsalis  sind  somit  bei  den 
Ami)hibien,  wie  beim  Amphioxus,  Prozesse,  die  auf  das  innigste  in- 
einander greifen.  Auch  hier  beginnt  die  Abschnürung  der  genannten 
Teile  am  Kopfende  des  Embryos  und  schreitet  langsam  nach  hinten 
fort,  wo  noch  lange  Zeit  bei  allen  Wirbeltieren  eine  Xeubildungszone 
bestehen  bleibt,  durch  deren  Vermittelung  das  Längenw-achstum  des 
Körpers  bewirkt  wird. 

Aehnlich  wie  bei  Triton  vollzieht  sich  nach  der  Angabe  von 
Gasser  (A.  L.  III  ',  1882,  p.  88)  die  Entwickelung  der  Chorda  bei 
Alytes.  Wenn  die  Chordarinne  sich  schließt,  kommt  es  hier  sogar 
zur  Ausbildung  eines,  wenn  auch  nur  rudimentären  Kanals,  eines 
Chordakanals". 

48* 


756 


0.  Hertwig, 


Hierauf  geht  auch  die  Umbildung  der  Nervenrinne  zum  Rohr  bei 
Triton  ihrer  Vollendung  entgegen,  in  einer  Weise,  welche  für  die 
Ami)hibien.  die  Elasmobranchier  und  die  Aninioten  typisch  ist.  (Fig.  312 
A   u.  Bj.     Die   Medullarwülste  sind  über   die  Oberfläche  weit  hervor- 


A 


B 


\ 

i(yh 

"l"'^-^ 

■     •;     --f, 

-  //; 

t 

Fig.  312.  Querschnitte  diircli  die  Rückenhälfte  von  2  Tritonlarven.  A  Quer- 
schnitt durch  ein  Ei,  dessen  Meduilarfurche  dem  Verschluß  nahe  ist.  B  Querschnitt 
durch  ein  Ei  mit  geschlossenem  Nervenrohr  und  wohlentwickelten  Ursegmenten. 
mf  INIeduUarfalten.  mp  Meduliarplatte.  n  Nervenrohr,  ch  Chorda,  ep  Epidermis 
oder  Hornblatt.  7nk  mittleres  Keimblatt,  mk^  parietales,  mk-  viscerales  Mittelblatt. 
ik  inneres  Keimblatt,     ush  Ursegmenthöhle. 


getreten,  sie  legen  sich  dann  mit  ihren  Rändern,  an  denen  die  dicke 
Meduliarplatte  sich  in  das  Hornblatt  umschlägt,  nach  der  Medianebene 
um,  wachsen  einander  entgegen,  treffen  sich  und  verschmelzen  längs 
einer  breiten  Verwachsungsnaht,  dem  intermediären  Substanzstreifen, 
in  welchem  sich  1)  linker  mit  rechtem  Rand  der  zusammengekrümmten 
Meduliarplatte  und  2)  Hornblatt  mit  Hornblatt  verbindet.  Hieran  schließt 
sich  senkrecht  zur  NahtÜäche  eine  Abspaltung  zwischen  Hornblatt  und 
Medullarrohr,  welches  dadurch  in  die  Tiefe  unter  das  Hornblatt  als 
ein  vom  äußeren  Keimblatt  abgeschnürter  Teil  zu  liegen  kommt. 

Während  der  Entwickelung  von  Chorda  und  Nervenrohr  ist  auch 
bei  den  Embryonen  der  Tritonen  der  Zeitpunkt  eingetreten,  auf 
welchem  die  Leibeshöhle  deutlich  zu  erkennen  ist  (Fig.  311  C,  312). 
Im  mittleren  Keimblatt  bildet  sich  ein  immer  größerer  Spalt  zwischen 
seinem  parietalen  und  visceralen  Blatt  aus,  zuerst  am  Koi)fende 
und  zu  beiden  Seiten  der  Chorda,  und  vergrößert  sich  von  hier  kaudal- 
und  ventralwärts.  Vom  Standpunkt  der  Cölomtheorie  weichen  jetzt 
die  auf  früheren  Stadien  dicht  aufeinander  gepreßten  Wandungen  der 
Leibessäcke  auseinander. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  757 

Gegen  die  zuerst  von  Oscak  Hiortwig  gegebene  Darstellung  der  Meso- 
blastbildung  bei  Triton  hat  sich  ohne  eigene  Untersuchungen  Sedg.  Mixot 
in  seinem  Lehrbuch  der  Entwickelungsgeschichte  ausgesprochen  und  be- 
merkt, „die  Figuren  sind  offenbar  schematisch  und  gerade  in  dem  Punkte, 
auf  welchen  es  bei  Hektwig's  theoretischer  Auffassung  hauptsächlich  an- 
kommt, ungenau".  Hierzu  sei  bemerkt,  daß  Schwixk  bei  seiner  L^nter- 
suchung  von  Triton  genau  die  gleichen  Bilder  wie  Hertwig  erhalten  und 
veröffentlicht  hat,  wie  er  denn  auch  in  seiner  Darstellung  und  Deutung 
der  Befunde  sich  mit  ihm  in  voller  Uebereinstimmung  befindet  (L.  K.  III 4, 
1881),   p.   11). 

Die  Entwickelung  des  mittleren  Keimblattes  giebt  bei  den  An  ur  en , 
von  einigen  unwesentlichen  Modifikationen  abgesehen,  eine  Reihe  ähn- 
licher Befunde,  wie  bei  den  Urodelen.  Daß  auch  hier  die  Verhältnisse 
vielfach  in  verschiedener  Weise  dargestellt  und  gedeutet  werden,  wird 
den  nicht  verwundern,  der  aus  eigenem  Studium  weiß,  welche  Ver- 
wirrung  die  Geschichte  der  Keimblattlehre  darbietet.  Dazu  trägt  bei 
den  Anuren,  wie  schon  bei  den  Urodelen  hervorgehoben  wurde,  nicht 
wenig  der  Umstand  bei,  daß  sich  gerade  auf  dem  frühesten  Stadium 
der  Mesoblast  nicht  so  scharf,  wie  etwas  später,  von  den  Dotterzellen 
abgrenzen  läßt.  Ein  Erklärungsgrund  hierfür  scheint  mir  naheliegend. 
Solange  die  Zellen,  wenn  die  Schichteubildung  im  Gange  ist,  sich  in 
stärkerer  Weise  aneinander  verschieben  und  ihren  Ort  verändern,  sind 
sie  weniger  fest  zusammengeschlossen  und  markieren  sich  daher 
weniger  als  fest  abgegrenzte  Schichten,  als  später,  wo  die  Zellen- 
verschiebungen mehr  zur  Ruhe  gekommen  sind.  Da  man  nun  an 
dem  toten  Untersuchungsobjekt  und  an  Schnitten  die  Richtungen,  in 
welchen  sich  die  Zellen  aneinander  vorbeibewegen,  nicht  direkt  wahr- 
nehmen kann,  so  muß  man,  um  hierüber  zur  Klarheit  zu  kommeö, 
sich  ein  Urteil  durch  Vergleichung  und  Kombination  verschiedener 
Stadien,  verschiedener  Merkmale,  verschiedener  Tierarten  verschaffen. 
Wenn  man  die  ganze  Reihe  der  Wirbeltiere  im  Auge  hat,  wird  man 
das  Wesentliche  des  Vorganges  eher  und  richtiger  erfassen,  als  bei 
Beschränkung  auf  ein  Objekt.  Bei  erneuter  Prüfung  des  Thatbestandes 
komme  ich  denn,  wie  schon  früher,  zu  dem  Ergebnis,  daß  bei  den 
Anuren  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  den  Urodelen  eine  Schicht  pig- 
mentierter animaler  Zellen  bald  nach  Beginn  der  Gastrulation  vom 
Urmund  aus  (mit  Ausnahme  seines  zuerst  entstandenen  vorderen  Be- 
zirkes) zwischen  Dotterzellen  und  äußeres  Keimblatt  als  Anlage  des 
Mesoblasts  hineinwächst. 

Die  älteren  Untersucher  der  Amphibien  (Remak,  Stricker,  Goette  u.a.) 
lassen  sich  das  mittlei-e  Keimblatt  vom  primären  Entoderm  einfach  ab- 
spalten. Sedg.  Minot  hält  den  entodermalen  Ursprung  des  Mesoblasts 
für  bewiesen  (A.  L.  II  1894,  p.  194),  erklärt  es  dagegen  für  unsicher,  ob  der 
Mesoblast  allein  von  der  Primitivachse  her  aus  wachse  und  sich  dann 
selbständig  durch  Vermehrung  seiner  Zellen  ausbreite,  oder  ob  er  an  der 
Peripherie  durch  Dotterzellen  verstärkt  werde  (1.  c.  p.  176).  Eine  wesent- 
lich andere  Darstellung  hat  0.  Hektavig  (L.  K.  III  ^,  1883)  zuerst  gegeben. 
Von  ihr  bemerkt  0.  Schultze,  L.  K.  III "*,  1888,  p.  21  :  „Hertwig  gebührt  das 
Verdienst,  zuerst  deutlich  ausgesprochen  zu  haben,  daß  die  Anlage  des 
Mesoblast  schon  während  der  Gastrulation  erfolge  und  von  dem  Urmund 
ausgehe."  „Er  leitet  das  Mesoblast  in  richtiger  Weise  von  dem  Ekto- 
blast  ab,  indem  er  sagt  (1.  c.  p.  22) :  „Der  Pigmentgehalt  ist  hier  ent- 
scheidend   und    weist    uns    darauf  hin,    daß  die  Mesoblastzellen  von  den 


758 


0.  Hertwig, 


Elementen  der  animalen  Hälfte  der  Blastula  abstammen  müssen  und  daß 
nur  vom  Ektoblast  aus  eine  Anlagerung  neuer  Elemente,  ein  weiteres 
ausijehen    kann.      Die    pigmentfreien    Zellen 


Hineinwachsen, 


des 


entoblast  sind  hierbei  jedenfalls  unbeteiligt."     0.   Schultze 


glaubt 


Darm- 

(p.  8) 

eine  irgendwie  wesentliche  Beteiligung  des  inneren  Keimblattes  an  der 
Bildung  des  mittleren  ausschließen  und  den  Mesoblast  unbedingt  vom 
Ektoblast  ableiten  zu  müssen.  Ebenso  läßt  Lwoff  (L.  K.  III  ^,  1894)  den 
Mesoblast  von  der  Einwanderung  animaler  Zellen  in  der  Umgebung  des 
Urmundes  entstehen. 

Wie  bei  den  Urodelen,  kommt  es  dann  auch  bei  den  Anuren  zu 
einer  Verwachsung  der  Urmundränder,  was  sich  an  jüngeren  und 
älteren  Stadien,  an  Eiern  mit  rundem  Blastoporus,  wie  an  Embryonen 
mit  Medullarplatte,  mit  tiefer  Medullarrinne  und  mit  sich  schließendem 
Nervenrohr 
lehren. 

Fig. 


auf  Schnittserien  nachweisen  läßt,  wie  die  Figg.  313 — 319 


»14  ist  ein  Frontalschnitt,  etwas  vor  der 


lippe  eines  Eies  mit  rundem  Blastoporus  (Fig. 


313) 


vorderen  Urmund- 
In  der  Median- 


Fig.  313. 


Fjg.  314. 


ak 
11,1: 


Fig.  313  u.  314.  Zwei  Schnitte  durch  den  Urmund  und  die  vor  dem  Urmund 
gelegene  Verwachsungsoaht  eines  Eies  von  Rana  fusca  mit  engem  Blastoporus  und 
kleinem,  rundem  Dotterpfropf,  nach  Hertwig.  ak,  ik,  mk  äußeres,  inneres,  mittleres 
Keimblatt,  d  Dotter,  dpf  Dotterpfropf,  n  Naht,  ul  UrnumdHppe.  •■■  Umschlag- 
steile  der  Darmlippe  (Cölombucht). 


ebene  findet  sich  eine  einzelne,  ziemlich  breite,  kleinzellige  Masse 
(Fig.  314  n),  deren  untere,  den  Urdarm  begrenzende  Fläche  ebenso 
dunkel  pigmentiert  ist,  wie  die  ektodermale  Deckschicht.  Seitwärts 
davon  ist  die  Wand  durch  das  Auftreten  feiner  Spalten  deutlich  in 
3  Keimblätter  gesondert ;  das  innere  ist  eine  einfache  Lage  von  Dotter- 
zellen, welche  sich  durch  den  Mangel  von  Pigmentkörnchen  sowohl  von 
den  pigmentierten  Mesoblastzellen,  als  auch  von  der  eben  erwähnten,  noch 
dunkler  pigmentierten  unteren  Zellenlage  des  Nahtstreifens  scharf  ab- 
heben. Die  Grenze  gegen  letztere  entspricht  an  den  Durchschnitten 
durch  Tritoneier  der  Stelle,  die  als  Darmlippe  bezeichnet  wurde.  Daß 
durch  die  Verschmelzung  der  Blastoporuslippen  ein  Bild,  wie  das  eben 
beschriebene,  zu  stände  kommen  muß,  wird  man  leicht  verstehen,  wenn 
man  einen  Schnitt  durch  den  offenen  Teil  des  Blastoporus  (Fig.  313) 
näher  betrachtet  und  seine  Ränder  sich  zusammengelegt  vorstellt.  Die 
Urmundlippen  {ul),  zwischen  welche  der  kleine  Dotterpfropf  ((li>f) 
hineingewachsen  ist,  bestehen  in  großer  Ausdehnung  aus  einer  Masse 
kleiner,  pigmentierter  Zellen.  Besonders  stark  pigmentiert  ist  die 
Deckschicht,  welche  auch  auf  die  innere  und  untere  Seite  der  Lippe 
sich   fortsetzt   bis   zu  einer  Stelle,    wo   die  Wand    der  Gastrula  durch 


Spalten  deutlich  in  3  Blätter 
Keimblatt    eine   einfache 


Lage 


gesondert  ist. 


Von  diesen  ist  das  innere 


heller,    ziemlich 


pigmentfreier 


Zellen. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


759 


Die  Stelle,  wo  es  unterschcidbar  wird,  entspricht  der  oben  er- 
wälinten  Dannlippe,  deren  freier  Rand  sich  an  die  untere  Fläche 
der  Urmundlippe  fest  anlegt,  und  bezeichnet  die  peristomale  Urspriings- 
linie  des  mittleren  Keimblattes. 

An  älteren  Embryonen    werden    in   der  Gegend    der  Urmundnaht 
diese  Verhältnisse  immer  deutlicher  und  wird  namentlich    die  Lippen- 
bildung noch  viel  schärfer  aus- 
geprägt ;  ich  verweise  zum  Be-                                 um 
leff  auf  die  Durchschnitte  von  


Froscheiern,  bei  denen  sich  die        ../""^ 

Fig.  31').     Schnitt   durch  den 
Urmund  eines  Eies  mit  Rückenwül- 
sten von  Rana  fusca,  nach  O.  Heet- 
wiG  (188:?,  Taf.  VII,  Fig.  12).   Buch-        .^^  _    a . 
stabenerklärung  wie  in  Fig.  813.    nm        ^ 
l'rmnnd.    dl  Darmlippe.  '^' 


-^ak 


mk 


.jt'f^ 


dl 


Medullarwülste  zu  erheben  beginnen  (Fig.  3L5).  und  von  solchen,  wo  .sie 
schon  zum  Rohr  sich  zusammenlegen  (Fig.  .316—319).  Hier  sind  die 
Lippenbildungen  sehr  viel  deutlicher  als  früher  ausgeprägt,  sowohl  in  der 
Umgebung  des  Blastoporus,  als  auch  am  Nahtstreifen,  der  auf  diesen 
Stadien  kürzer  als  früher  ist.  Zwischen  Urmundlippe  und  Darnilippe 
(Fig.  315  u.  316)  dringt  eine  kleine  Strecke  weit  eine  ziemlich  tiefe,  meist 
von  stark  pigmentierten  Zellen   umgebene  Spalte  *  (wie  die  Cölombucht 

Fig.  317. 


dl     ch 


mk 

:—    ik 


dl 


Fig.  318. 


Fig.  319. 


vip 

mk 


Fig.  316 — 31i).  "Vier  Schnitte  durch  den  Crmund'^und  die  vor  dem  Urmund  ge- 
legene üifferenzierungszone  von  einem  Ei  mit  hoch  erhobenen  Medullarwülsten,  die 
sich  zum  Verschluß  zusammen  neigen,  nach  Hertwig  (1883,  Taf.  VIII,  Fig.  1—4). 
Buchstabenerklärung  wie  in  Fig.  313.  dl  Darmlippe,  rh  Chordaanlage,  mp  Me- 
dulJarplatte.  uvi  Urmund.  r  Rinne  zwischen  den  verschmolzenen  Urmundllppcn. 
*  Cölombucht. 


760 


0.  Hertwig, 


bei  den  Selacliiern)  in  das  mittlere  Keimblatt  hinein.  Die  vorspringen- 
den Darmlipi)en  {dl)  zeigen  an  ihrem  Rand  einen  Umschlag  der  Dotter- 
zellen des  Darmdrüsenblattes  in  die  pigmentierten  Zellen  des  Meso- 
blasts. 

Schnitte  vor  dem  Blastoporus  (Fig.  317)  ans  der  Serie,  welcher 
auch  Figur  316  angehört,  zeigen  die  Verschmelzung  der  Urmundränder 
zum  Nahtstreifen.  In  Figur  317  schneidet  in  die  verschmolzene  Zellen- 
masse (n)  von  oben  noch  eine  tiefe  Rinne  (/)  ein.  An  der  unteren 
Seite  der  Naht,  welche  sich  durch  größeren  Pigmentreichtum  aus- 
zeichnet, springen  links  und  rechts  die  Darmlippen  (dl)  wie  am  offenen 
Teil  des  Blastoporus  (Fig.  316  dl)  hervor;  auch  eine  Cölombucht 
ist,  w^enn  auch  etwas  schwächer  (Fig.  317*)  noch  zu  erkennen ,  und 
dringt  von  ihr   aus   eine   schwarz  pigmentierte    Linie  in  Verlängerung 

der  pigmentierten  unteren 
Seite    des    Nahtsti'eifens 
den    Meso- 
trägt 


trennend    in 

blast    hinein    und 

zur    schärferen    Markie 


rung 
bei. 


der   Lippenbildung 


mk 


-  ik 


Bei  Verfolgung   der 
nach     vorn 


Fig.  321. 

inr  mj) 


■  mk 


■ik 


Schnittserie 
sieht  man,  mögen  nun 
jüngere  oder  ältere  Sta- 
dien untersucht  werden, 
wie  sich  das  Zellenmate- 

Fig.  32(1.  Querschnitt 
durch  einen  Embryo  von 
Rana  fusca  mit  breiter  Me- 
duilarrinne.  (ßuchstabenerklä- 
rung  wie  in  Fig.  321.) 

Fig.  321.  Querschnitt 
durch  ein  älteres  Stadium 
als  in  Fig.  320  von  Rana 
fusca  mit  sich  schließender 
MeduUarrinne.  ak,  mk,  ik 
äußeres ,  mittleres,  inneres 
Keimblatt,  ch  Chorda,  dl 
Darmlippe.  d  Dotter,  fl 
flügelförmigc  Seiten  fortsätze 
der  Chorda.  ■■■■  Cölombucht. 
mp  MeduUarplatte.  mr  Me- 
duUarrinne.   ud  Urdarm. 


rial  der  Nahtlinie,  der  intermediäre  Substanzstreifen,  in  MeduUarplatte 
und  Chorda  sondert,  wde  ferner  der  Mesoblast  sich  median  abgrenzt,  und 
wie  die  Chorda  in  die  Wand  des  Darmrohres  eingeschaltet  und  wieder 
ausgeschaltet  wird.  Der  ganze  Prozeß  ist  im  wesentlichen  derselbe 
wie  bei  den  Urodelen.  Als  Beweis  sei  auf  die  Durchschnitte  durch  die 
betrettende  Gegend  von  verschieden  alten  Embryonen,  Fig.  308—321, 
hingewiesen.  Die  beiden  ersten  Figuren  sind  Kopieen  aus  meiner 
älteren  Abhandlung  von  1883,  die  Figuren  320  u.  321  Photographieen 
nach  neu  angefertigten  Präparaten,  welche  meine  ältere  Darstellung 
wieder  bestätigen.  Eine  Besonderheit  zeigen  die  Anuren  nur  darin .  daß 
die  Chordaanlage  (ch)  anstatt  aus  einer  einfachen  Schicht  von  Cylinder- 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  761 

Zellen  aus  mehreren  Zellenlagen  besteht,  daß  die  Darmlippen  (dh  zu- 
mal auf  jüngeren  Stadien  weiter  auseinanderliegen,  und  daß  der  verdickte 
mittlere  Teil  der  Chordaanlage  links  und  rechts  mit  einer  dünnen 
Platte  i)igmentierter  Zellen  wie  mit  zwei  fiügelförmigen,  parachordalen 
Fortsätzen  {fl)  an  sie  heranreicht.  An  der  Stelle,  wo  sie  sich  treffen 
finden  sich  gewöhnlich  ziemlich  tief  einschneidende,  parachordale 
Rinnen,  welche  die  früher  erwähnte  Cölombucht  (Fig.  320  u.  321* j  nach 
vorn  verlängern.  Endlich  ist  noch  als  eine  Besonderheit  der  Anuren 
zu  erwähnen,  daß  die  parachordalen  Flügel  sowie  überhaupt  die  unterste 
Schicht  der  Chordaanlage  zum  dorsalen  Abschluß  des  Darmrohres  mit- 
verwandt und  von  der  Chorda,  wenn  sie  sich  vom  Darmrohr  aus- 
schaltet, abgespalten  werden. 

Die  Thatsachen ,  welche  in  den  Figg.  313 — 321  dargestellt  sind, 
wurden  außer  mir  auch  von  mehreren  anderen  Forschern  beobachtet,  so 
die  Lippenbildung  zur  Seite  der  Chordaanlage  von  Goette,  Calberla, 
O.  ScHULTZE,  ScHwiNK  u.  a.,  der  Nahtstreifen  von  Schultze,  sie  wurden  aber 
von  ihnen  mit  Ausnahme  von  Schwixk  als  etwas  Nebensächliches  be- 
trachtet. 

Die  Entstehung  der  parachordalen  Rinnen  und  der  Darmlippen 
suchten  Goette  und  0.  Schultze  aus  mechanischen  Verhältnissen,  z.  B. 
aus  dem  Druck  zu  erklären,  den  die  sich  entwickelnden  Ursegmentplatten 
mit  ihren  Kanten  auf  das  Darmblatt  ausüben.  Ihnen  hat  sich  in  seinem 
Lehrbuch  Sedg.  Mixot  angeschlossen  (A.  L.  II  1894,  p.  194).  Wenn  Minot 
die  parachordalen  Rinnen  als  nur  vorübergehende,  unwesentliche  Bildungen 
bezeichnet,  so  ignoriert  er,  daß  sie  vom  Amphioxus  an  in  jeder  Klasse 
der  Wirbeltiere,  soweit  genaue  Beobachtungen  vorliegen,  haben  nachge- 
wiesen werden  können,  und  daß  die  dargestellten  Befunde  eine  Reihe 
von  Stadien  eines  Entwickelungsprozesses  bilden,  in  welchem  der  frühere 
für  den  Eintritt  des  späteren  notwendig  ist.  Wie  ScHwaNK  schon  mit  Recht 
hervorgehoben  hat  (L.  K.  III^,  1889,  p.  47),  hat  „0.  Schultze  seine  Schlüsse 
einzig  aus  der  Beobachtung  von  Rana  gezogen.  Eine  volle  Würdigung 
der  Bilder  ist  jedoch  nur  möglich  bei  Berücksichtigung  der  Entwickelung 
auch  anderer  Tiere,  speciell  der  La-odelen.  Dann  erst  kommt  man  zu 
dem  Resultat,  daß  die  Vorgänge  bei  Anuren  in  den  späteren  Stadien 
keine  nebensächliche  Erscheinung  darbieten,  sondern  eine  sehr  beachtens- 
werte." 

Die  vor  dem  Urmund  gelegene  Naht  hat  Oscar  Hertwig  (L.  K.  III  ^, 
1883)  abgebildet  und  beschrieben;  ihre  allgemeine  Tragw^eite  aber  erst 
später  bei  Aufstellung  seiner  Urmundtheorie  (L,  K.  IV  1892)  erkannt. 
Oscar  Schultze  hat  den  Nahtstreifen  bei  Anuren  dem  Primitiv- 
streifen der  Amnioten  verglichen,  aber  dabei  insofern  geirrt,  als  er  den 
Streifen  nicht  von  einer  Verschmelzung  der  Urmundränder,  sondern  von 
einer  linearen  Verwachsung  abgeleitet  hat,  welche  sich  unabhängig  von 
dem  La^mund  und  vor  ihm  zwischen  dem  zuvor  getrennt  gewesenen  Ekto- 
blast  und  Mesoblast,  von  hinten  nach  vorn  fortschreitend,  ausbilden  soll. 
Der  Vergleich  ist  meiner  Ansicht  nach  nur  mit  einer  Einschränkung 
richtig.  Denn  da  schon  der  Blastoporus  der  Amphibien  dem  Primitiv- 
streifen der  Amnioten  nebst  Primitivrinne  homolog  ist,  so  kann  die  durch 
Verwachsung  seiner  Ränder  entstandene  Nahtstelle  nur  einer  bestimmten 
Gegend,  am  vorderen  Ende  des  Primitivstreifens,  entsprechen,  welche 
dieselbe  Reihe  von  Erscheinungen  wie  bei  den  Amphibien  darbietet.  Daß 
eine  solche  Stelle  bei  den  Amnioten,  z.  B.  bei  den  Säugetieren  am 
HExsEx'sch'en  Knoten  und  an  einer  kleinen,  sich  nach  vorn  anschließenden 
Strecke  vorhanden  ist,  wird  später  nachgewiesen    werden. 


7G2 


0.  Hertwig. 


Zum  Schluß  noch  einige  Worte  über  die  MesoblastbiUlung  bei  den 
Gyninopliionen,  über  welche  allein  die  Untersuchungen  von  Brauer 
vorliegen.  Brauer  schliei^t  sich  in  seiner  Deutung  an  Lwoff  und 
ScHULTZE  an.  Die  von  ihm  mitgeteilten  Beobachtungen  (Fig.  322 
— 324)  sind,  wie  mir  scheint,  mit  meiner  Darstellung  auf  den  voraus- 
gehenden Seiten  recht  wohl  vereinbar.  Mit  Bestimmtheit  giebt  er  an, 
daß  Chorda  und  mittleres  Keimblatt,  wie  wir  es  auch  bei  den  übrigen 
Amphibien  gefunden  haben,  n  u  r  v  o  n  a  n  i  m  a  1  e  n  Z  e  1 1  e  n  abstammen, 
die  in  geschlossener  Schicht  vom  Urmundrand  nach  innen  einwandern. 
Wie  beim  Frosch  die  Mesoblastzellen  durch  stärkere  Pigmentierung, 
so  unterscheiden  sie  sich  hier  durch  geringere  Größe ,  durch  Fehlen 
von  Dottereinschlüssen,  größere  Durchsichtigkeit  und  festere  Aneinander- 
fügung gegenüber  den  vegetativen  Zellen,  die  von  größeren,  in  Osmium- 
säure sich  schwarz  färbenden  Dotterkügelchen  durchsetzt  sind.  Während 
ich  au  der  zwischen  Ektoblast  und  Dotterzellen  ausgebi'eiteten 
Schicht  animaler  Zellen  (Fig.  322  und  325)  einen  medianen  Streifen 
als  Chordaanlage  und  zwei  seitlichen  Bezirke  als  die  paarigen  Meso- 
blastanlagen  bezeichne,  nennt  Brauer  sie  die  Mittelplatte  und  die 
Seitenplatten.  Ihre  Zusammensetzung  aus  Zellen  ist  die  gleiche  wie  bei 
den  Urodelen.  Denn  ,,die  Mittelplatte,  welche  die  Anlage  der  Chorda 
bildet  —  also  die  Chordaanlage  (Hertwig)  —  besteht  aus  einer  einfachen 
Lage  von  Cylinderzellen,  während  die  Seitenplatten,  welche  das  gastrale 
Mesoderni  liefern  —  oder  die  paarigen  Mesoblastanlagen  (Hertwig)  — 
aus  mehrschichtig  gelagerten,  polyedrischen  Zellen  zusammengesetzt 
sind''.  Wie  bei  Triton  krümmt  sich  später  die  anfangs  platt  ausgebreitete 
Chordaanlage  zur  Chordarinne  ein,  trennt  sich  dabei  von  den  Seiten- 
platten und  wird,  während  sie  sich  zu  einem  soliden  Strang  umbildet, 
vom  Darmdrüsenblatt  unterwachsen.  Wie  ferner  die  Querschnitte  von 
Brauer  lehren,  findet  sich  auch  bei  den  Gymnophionen  eine  Region 
vor  dem  Blastoporus,  in  deren  Bereich  äußeres  Keimblatt  und  Chorda- 
anlage untereinander  verschmolzen  sind,  also  ein  Nahtstreifen  (Fiü.  322 
u.  323). 


Dagegen  besteht  eine  wichtige  Abweichung 


Brauer  in  Bezug 


in  der  Darstellung  von 


auf  das  Verhältnis  zwischen  mittlerem  und  innerem 
Keimblatt.  Brauer  läßt  das  mittlere  Keimblatt  zu  Anfang  seiner 
Ent Wickelung  die  Decke  des  Urdarmes  bilden  und  darauf  von  der 
Seite  her  durch  die  am  Boden  des  Urdarmes  gelegenen  vegetativen 
Zellen  unterwachsen  werden.     Er  nähert   sich   somit   der  Darstellung. 


wie  sie  Will 
schnitt).     Die 


für  den  Gecko 


gegeben 


hat  (vergl.    den 


Abbildungen,  auf  welche  diese  Ansicht  begründet 


späteren  Ab- 
wird. 


Flg.  822.  Querschnitt  durch  einen  Embrvn  von  Hypogeophis  alternans  dicht 
vor  dem  Blastoporus.  Nach  Brauer  (A.  L.  III',  1897,  p.  424,  Fig.  L  c).  In  den 
Figuren  :)22— 325  bedeuten:  nd  Urdarm.  eyi  inneres,  ms  mittleres  Keimblatt. 
dj>  Dotterpfropf.  «ij;i  Mittelplatte  =  Chordaanlage,  sp  Seiteni3latte=  mittleres  Keindjlatt. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


l6;\ 


geben  niir  indessen  zu  einigen  Zweifeln  Anlaß, 


So  ist  mir  die  Angabe 
auffallend,  daß  in  Figur  i^22  der  Urdarni  sich  seitwärts  von  der  iS'aht 
bis  an  den  zugeschärften  Rand  des  Mesoblasts  ausdehnen  soll.  Mir 
scheint  hier  infolge  ungenügender  Konservierung  der  dotterreichen 
Eier  eine  Verbindung,  und  zwar  seitlich  von  den  am  Boden  des  Ur- 
darmes  eingezeichneten  Rinnen  zwischen  inneiem  und  mittlerem  Keim- 
blatt eingerissen  zu  sein,  eine  Verbindung,  wie  sie  bei  Triton 
(Fig.  307  u.  311  A)  besteht  und  beim  Frosch  (Fig.  315  u.  321  dl)  als  Rand 
der  Darmlippen  beschrieben  wurde.  Sie  wird  auch  bei  den  Gyninoi)hionen 
bei  weiteren  Untersuchungen  gewiß  noch  gefunden  werden.  Denn 
eine  derartige  Ausdehnung  des  Urdarmes  unter  dem  ganzen  Mittel- 
blatt entlang  bis  an  das  äußere  Keimblatt  ist  mir  von  keinem  anderen 
Objekt  bekannt. 

In    derselben  Weise    scheinen    mir   die  Querschnitte   durch  einen 
etwas  älteren  Embryo  (Fig.  323  und  324)  beurteilt  werden  zu  müssen. 


'/fi/i 


V  i-' 


Fig. 


323   lind  324.     Zwei  Querschnitte  durch  einen  Embryo  von  Hypogeophis 
alteruans,  nach  Brauer  (1.  c.  p.  432,  Fig.  S  a  und  b). 


In  Fig.  323  ist  das  Mittelblatt  links  und  rechts  von  einer  einfachen 
Lage  vegetativer  Zellen  überzogen,  von  denen  nur  die  untere  Seite 
der  Chordaanlage  frei  gelassen  wird.  Auch  der  dazu  gehörige  Schnitt 
durch  den  Blastoporus  selbst  (Fig.  324)  zeigt  schon  am  Rand  der 
Urmundlippe,  an  welchem  sich  das  äußere  in  das  mittlere  Blatt  deut- 
lich umschlägt,  daß  an  diesem  das  Darmdrüsenblatt  beginnt.  Die 
Bilder  entsprechen  vollständig  den  vom  Triton  und  Frosch  beschriebenen, 
bis  auf  den  einen  Umstand,  daß  Brauer  das  Darmdrüsenblatt 
mit  einem  freien  Rand  enden  und  haarscharf  vom  Mittelblatt  getrennt 
sein  läßt,  so  daß  der  Zwischenspalt  sich  in  den  Urdarm  öffnen  würde. 
Spätere  Untersucher  mögen  ihr  Augenmerk  darauf  richten,  ob  nicht 
auch  hier  ein  Zusammenhang  und  Uebergang  in  Form  einer  Darm- 
lippe, wie  bei  den  übrigen  Amphibien,  vorhanden  ist. 

Endlich  diene  noch  zum  Vergleich  mit  Fig.  307  u.  311 A  von  einem 
Tritonembryo  ein  Schnitt  durch  die  Cxegend  vor  dem  Nahtstreifen 
(Fig.  325)  aus  derselben  Schnittserie,  der  Fig.  322  angehört.  Die  Ueber- 
einstimmung  ist  ebenfalls  wieder  eine  vollständige,  bis  auf  den  einen 
Punkt,   daß   Brauer   das   Darmdrüsenblatt   mit   freiem  Rand    seitlich 


764 


0.  Hertwig, 


von  der  Chordaaulage  aufhören  läßt  an  der  Stelle,  wo  ein  organischer 
Zusammenhang  mit  dem  Mittelblatt  in  Form  einer  Lijjpenbildung  nach 
meiner  Darstellung  vorhanden  sein  müßte. 


Flg.  325.  Querschnitt  in  größerer  Entfernung  vor  dem  Urmund  durch  einen 
Embryo  von  Hypogeophis  altei  nans  aus  derselben  Schnittserie,  der  Fig.  322  an- 
gehört, nach  Brauer  (1.  c.  p.  426). 

Alles  in  allem  scheinen  mir  die  Eier  der  Gymnophionen  ein  sehr 
günstiges  Untersuchungsobjekt  zu  sein,  das  eine  sehr  große  Ueber- 
einstimmung  mit  den  Urodelen  aufweist  und  vor  ihnen  den  großen 
Vorteil  hat,  daß  infolge  der  bedeutenderen  Größe  der  Eier  man 
leichter  tadellose  Querschnittserien  erhalten  kann. 


Die  Entwickelung  von  After  und  Schwanz. 

Ueber  das  letzte  Schicksal  des  Urmundrestes,  über  die  Ent- 
stehung des  Afters  und  des  Schwanzes,  sind  gerade  bei  den  Amphibien 
zahlreiche  Untersuchungen  von  Schanz,  Goette,  Erlanger,  Robinson, 
Ziegler,  von  mir  und  Brauer  angestellt  worden  und  haben  zu  ziem- 
lich übereinstimmenden  Ergebnissen  geführt,  durch  welche  die  Ver- 
wirrung, die  in  der  Frage  nach  der  Afterentwickelung  herrschte,  be- 
seitigt worden  ist.  Bekanntlich  machten  sich  hier  drei  verschiedene 
Ansichten  geltend.  Nach  der  älteren  Auffassung  soll  der  After  wie 
der  Mund  eine  Neubildung  sein  und  dadurch  entstehen,  daß  sich  am 
hinteren  Körperende  die  Haut  zu  einer  Grube  einsenkt  und  später  in 
den  Enddarm  durchbricht.  Nach  einer  zweiten  Ansicht,  die  durch 
das  Studium  von  Petromyzon  und  Amphibien  gewonnen  wurde,  soll 
der  ganze  Urmund  direkt  zum  After  werden.  Eine  dritte  Gruppe 
von  Forschern  endlich  (Schanz,  Bonnet,  Goette,  Erlanger,  Robin- 
son, Ziegler,  Hertwig,  Brauer  etc.)  nimmt  zwar  auch  eine  Be- 
ziehung des  Urmundes  zum  After  an,  aber  nur  zum  hintersten  Teil 
desselben.  Sie  läßt  sich  den  Urmund  in  2  Oelfnungen  zerlegen, 
in  eine  vordere,  welche  in  das  hintere  Ende  des  Nervenrohres  auf- 
genommen wird  (Canalis  neurentericus,  Chordablastoporus)  und  in  eine 
hintere    Oeft'nung,   die   zum  After   wird  (Afterblastoporus,  Afterkanal). 

Die  Richtigkeit   der  dritten  Ansicht  ist  bei  den  Amphibien  leicht 


zu  bestätigen. 


Wir 


beginnen    von    dem   Stadium,    wo  der  offene  Teil 


des  Urmundes  am  Froschei  einen  kleinen  Ring  bildet,  aus  welchem 
der  Dotterpfropf  als  helle  Masse  nach  außen  hervorschaut  (Fig.  326  A). 
Von  jetzt  ab  geht  im  Laufe  weniger  Stunden,  wie  sich  an  einem  und 
demselben  Ei  bei  kontinuierlicher  Beobachtung  leicht  verfolgen  läßt, 
die  ringförmige  in  eine  spaltförmige  Oeft'nung  (Primitivrinne)  über, 
indem  linker  und  rechter  Urmundrand   einander  entgegenwachsen.    In 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


765 


der  Mitte  der  Rinne  verdicken  sich  die  beiden  Urnumdränder,  ver- 
wachsen miteinander  nnd  zerlegen  die  Rinne  dadurch  in  eine  vordere 
und  in  eine  hintere  kleine  Oelihung  (Fig.  326  B).  Die  vordere  wird 
zum  Canalis  neurentericus,  die  hintere  dagegen  zum  After.  Die  sie 
trennende,  durch  Verwachsung  gebildete  Brücke  liefert  die  Anlage  des 
Schwanzes,  an  dessen  Wurzel  der  After  zu  liegen  kommt;  sie  kann 
daher  als  S  c h  w  a  n  z  k  n  o  s p  e  bezeichnet  werden. 

Das  in  der  Schwanzknospe  enthaltene  Zellenmaterial  ist  seiner 
Entstehung  nach  ursprünglich  auf  zwei  durch  den  Urmund  getrennte 
Hälften    verteilt   gewesen    und   hat  sich  erst  durch  Verschmelzung  zu 


E 


Fig.  32G  A— E.     Oberflächenbilder  von  Rana  temp.,  nach  Ziegler,  1892. 


weitere    Entwickelung    von    Canalis   neurentericus,    Schwanz 


einer  unpaaren  Knospe  vereinigt.  Es  erklären  sich  hieraus  interessante 
Mißbildungen,  bei  denen  zuw^eilen  eine  Verdoppelung  des  Schwanzes 
mit  einer  ausgedehnten  Urmundspalte  verbunden  ist,  worüber  im 
4.  Kapitel  noch  besonders  gehandelt  werden  wird 

Die 
und  After  gestaltet  sich  nun  folgendermaßen :  Indem  sich  die  Medullar- 
wülste  weiter  nach  hinten  ausdehnen,  kommt  der  Canalis  neurentericus 
bald  in  ihr  Bereich  zu  liegen  und  wird,  wenn  sie  sich  zum  Nerven- 
rohr schließen,  von  außen  nicht  mehr  sichtbar  (Fig.  326  C  — E).  Es 
tritt  jetzt  der  von  Kowalevsky  und  von  Goette  zuerst  beschriebene 
Zustand  ein,  wo  Nervenrohr  und  Darmkanal  zusammen  ein  U-förmig 
beschaft'enes  Rohr  bilden,  an  dessen  Umbiegungsstelle  der  Canalis 
neurentericus  gelegen  ist.  Auf  diesem  Stadium  ist  an  der  Obertiäche 
des  Embryos  als  letzter  auf  den  Urmund  zurückzuführender  Rest  nur 
noch  der  After  als  ein  kleines  Grübchen  zu  sehen  (Fig.  326  E).   üeber 


ihn    wächst    die    Schwanzknospe,   welche 
Körpers  bezeichnet,  als  Höcker  herüber, 

Hervorgegangen 
aus  einer  Ver- 
schmelzung     eines 

Bezirkes     der     Ur-  _         c7r 

pn.. 


jetzt 
an 


das 


Länge 


hintere    Ende  des 
rasch  zunehmend. 


Fig.  327.  Längs- 
schnitt durch  einen 
älteren     Embryo      von 

Bombinator  (nach 
<jOETTE).  m  Muud. 
anh  After,  l  Leber,  ne 
Canalis  neurentericus. 
mc  Medullarrohr.  ch 
Chorda,  pn  Zirbeldrüse. 


mundränder,  enthält   die  Schwanzknospe   auch  das  Anlagematerial  für 
die  in  der  Umgebung  des  Urmundes  entstehenden  Organe,  für  Nerven- 


im 


0.  Hertwig, 


röhr  und  Chorda,  sowie  auch  mittleres  und  inneres  Keimblatt  in  ihre- 
Zusammensetzung  mit  eingeht.  Das  innere  Keimblatt  wächst  nach  rück- 
wärts vom  After,  in  demsell)en  Maße,  als  sich  der  Schwanz  veilängert, 
in  einen  dünnen  Strang  aus,  dei-,  wie  die  Abbildung  von  Bombinator 
(Fig.  327)  nach  Goette  zeigt,  längere  Zeit  eine  kleine  Höhle  ein- 
schließt. Der  Strang  wird  in  der  Litteratur  als  Schwanzdarm  oder 
])  ostanaler  Darm  bezeichnet  und  geht  durch  den  Canalis  neu- 
rentericus,  der  mit  der  Verlängerung  des  Schwanzes  bis  an  sein  Ende 
mitgewandert  ist,  in  das  hintere  Ende  des  kaudalen  Nervenrohres 
über.  Später  schwindet  der  Zellenstrang,  nachdem  er  seine  Höhlung 
verloren  hat,  und  löst  sich  in  andere  Gewebe  auf. 

Das  Längenwachstum  des  Schwanzes  geschieht  in  derselben  Weise, 
wie  der  ganze  Körper  in  die  Länge  gewachsen  ist.  Von  einer  Wachs- 
tumszone aus,  welche  an  der  Schwanzspitze  in  der  Umgebung  des  Canalis 
neurentericus  liegt  und  an  welcher  wie  am  Urmundrand  äußeres, 
mittleres  und  inneres  Keimblatt  zusammentreffen  und  eine  klein- 
zellige Masse  bilden,  empfängt  das  Nervenrohr  und  die  Chorda  neuen 
Zuwachs,  und  setzt  sich  von  hier  aus  wie  bei  der  Verlängerung  des 
Rumpfes  Ursegment  an  Ursegment  an. 

In  der  weiteren  Entwickelung  des  Afters  lassen  sich  bei  den  Am- 
zwei  Moditikationen  unterscheiden.  Im  einen  Fall  (Fig.  o2S 
B)  bleibt  der  zum  After  werdende  Urmundrest  immer  durch- 
gängig. Es  läßt 
sich  dieser  Zustand 
beim  Frosch  durch 
künstliche  Eingriffe 
hervorrufen,  durch 
welche  sich  ein  ab- 
norm   großer   Rus- 


phibien 
A  und 


<r 


:s. 


Fig.  328.  Vier 
Schemata  um  die  Um- 
wandluug  des  letzten 
Restes  des  Urmundes 
in  den  After  zu  veran- 
schaulichen. 


coNi'scher  Dotterpfropf  auch  auf  späteren  Stadien  erhält.  Die  einzige 
Veränderung  besteht  hier  darin,  daß  sich  der  Urmundrand  (Fig.  328  A) 
in  Afterrand  (Fig.  328  B)  umwandelt.  Der  Urmundrand  ist  charak- 
terisiert durch  2  Lippen,  die  an  ihm  zusammentreffen,  durch  die  Ur- 
mund-  und  durch  die  Darmlippe,  welche  durch  eine  Einkerbung  von- 
einander gesondert  sind.  An  der  Urmundlippe  schlägt  sich  das  äußere, 
an  der  Darmlipi)e  das  innere  Keimblatt  in  den  Mesoblast  um.  Damit 
der  definitive  Afterrand  zu  stände  kommt,  muß  sich  das  mittlere  Keim- 
l)latt  von  den  beiden  Grenzblättern  ablösen.  Dadurch  werden  die 
Leibessäcke  in  dieser  Gegend  geschlossen ;  äußeres  und  inneres  Keim- 
blatt gehen  direkt  ineinander  über. 

Bei  Alytes  stellt  diese  erste  Modifikation  die  Norm  dar.  Nach 
Gasser  (A.  L.  III ',  1882,  p.  85)  wird  hier  „der  ursprünglich  ange- 
legte Blastoporus  direkt  zum  bleibenden  After  des  Tieres",  „Ein 
Verschluß,  wie  er  von  Goette  für  den  Bombinator  angegeben  wird, 
und  ein  späterer  Durchbruch  des  eigentlichen,  bleibenden  Afters  kommt 
hier  nicht  zur  Beobachtung.'' 


Die  Lehre  von  cl^en  Keimblättern.  767 

Im  zweiten  Fall,  welchei'  der  gewöhnliche  zu  sein  scheint,  ver- 
löten die  Urnuindränder  in  der  späteren  Aftergegend,  wenn  auch  nur 
vorübergehend,  miteinander  (Fig.  328  C).  Dann  löst  sich,  wie  im 
ersten  Fall,  das  mittlere  Keimblatt  von  den  Grenzblättern  ab  (Fig.  328  D). 
Auf  diese  Weise  bildet  sich  in  der  Aftergegend  eine  kleine  Grube, 
die  nur  durch  eine  dünne  Epithellamelle,  die  Af  term  embran,  vom 
Enddarm  getrennt  ist.  Die  Aftermembran,  in  deren  Bereich  das 
mittlere  Keimblatt  fehlt,  ist  aus  zwei  einfachen  Lagen  von  Ektoderm- 
zellen  und  von  Entodermzellen  zusammengesetzt.  Der  After  wird 
hier  erst  auf  einem  si)äteren  Entwickelungsstadium  dadurch  durch- 
gängig, daß  die  Verschlußmembran  in  ähnlicher  Weise  wie  am  Boden 
der  Mundbucht  atrophiert  und  einreißt. 

Nachtrag.  Nachdem  das  Manuskript  von  Kap.  III  schon  in  die 
Druckerei  gegeben  war,  ist  noch  eine  umfangreiclie,  gründliche  und  gute 
Abhandlung  von  A.  Brächet  (L.  K.  III  ^,  1902)"  über  die  Entwickelung 
der  Keimblätter  bei  Siredon  pisciformis  und  Rana  temporaria  erschienen. 
Ich  nehme  daher  Gelegenheit,  da  es  noch  möglich  ist,  in  einem  Nach- 
trag auf  einige  Hauptpunkte  der  Arbeit  näher  einzugehen. 

Im  großen  und  ganzen  stimmt  Brächet  in  seinen  Ergebnissen  mit 
der  von  mir  gegebenen  Darstellung  überein,  in  mehreren  wichtigen 
Punkten  aber  ist  er  zu  erheblich  abweichenden  Ansichten  gekommen. 
Allerdings  scheint  mir  auch  hier  die  Abweichung  weniger  auf  einer  Ver- 
schiedenheit der  durch  Serienschnitte  erhaltenen  Befunde,  als  auf  einer 
verschiedenen  Deutung  zu  beruhen. 

Was  zunächst  die  Gastrulation  betrilft,  so  unterscheidet  Brächet 
an  ihr  zwei  Phasen  und  zwei  sehr  verschiedene  Prozesse.  Die  eine  Phase 
und  den  einen  Prozeß  bezeichnet  er  als  „clivage  gastruleen".  Der  Prozeß 
besteht  darin,  daß  an  der  Eandzone  Goette's  eine  oberflächliche  Lage 
von  Zellen,  während  sie  durch  fortgesetzte  Teilung  kleiner  werden,  sich 
von  den  tiefer  gelegenen  und  größeren  Dotterzellen  durch  einen  Spalt 
abgrenzt.  Brächet  nennt  den  Vorgang  „auch  eine  Pseudoinvagination 
der  Zellen  am  Boden  der  Furchungshöhle  und  eine  Pseudoepibolie  der 
Zellen  von  der  Decke",  und  er  betrachtet  als  „das  Endergebnis  hiervon 
die  Bildung  einer  umhüllenden  Zellenlage  und  einer  eingehüllten  Masse. 
Die  Uebergangsstelle  beider,  welche  die  Form  eines  Ringes  hat,  deutet 
er  als  einen  virtuellen  Blastoporus,  der  später  mit  der  Entstehung  der 
Urmundlipj)en  in  einen  reellen  Blastoporus  umgewandelt  wird. 

Es  ist  richtig,  daß  bei  den  Amphibieneiern  ein  Prozeß,  wie  ihn 
Brächet  als  „clivage  gastruleen"  beschrieben  hat,  stattfindet.  Er  ist, 
je  dotteri'eicher  die  Eier  sind,  iim  so  mehr  ausgeprägt,  am  meisten  daher 
an  den  großen  Eiei'n  von  Salamandra  mac.  Hier  ist  er  von  Grönroos 
(L.  K.  III  *,  1898)  beobachtet  worden.  Eine  noch  größere  Ausdehnung 
gewdnnt  er  bei  den  meroblastischen  Eiern,  wie  die  spätei-e  Darstellung 
lehren  wird.  Denn  in  demselben  Maße,  wie  sich  bei  diesen  der  Rand 
der  Keimscheibe  auf  der  Dottermasse  ausbreitet,  weitet  sich  auch  die 
Furchungshöhle  seitlich  aus  und  spaltet  an  der  Peripherie  eine  klein- 
zellige zusammenhängende  Zellenlage,  die  schließlich  äußeres  Keimblatt 
wird,  von  der  den  Boden  bildenden  Dottermasse  ab. 

Während  ich  so  in  der  Konstatieruug  der  nackten  Thatsachen  voll- 
kommen mit  Brächet  übereinstimme,  kann  ich  auf  der  anderen  Seite 
seine  Deutung  und  Namengebung  nicht  zu  der  meinigen  machen.  In  der 
„clivage  gastruleen"   erblicke  ich  eine  Fortsetzung  des  Prozesses,  welcher 


768  0.  Hertwig, 

vom  Beginn  der  Furchung  an  zur  Bildung  einer  Furcliungs-  oder  Keim- 
blasenhüble  (eines  Blastocöls)  durch  Auseinanderweichen  der  Embryonal- 
zellen geführt  hat.  Die  Keimblasenhöhle  dehnt  sich  als  Spalte  bei  dotter- 
reichen Eiern  seitwärts  und  ventralwärts  immer  weiter  aus.  In  Konsequenz 
dieser  Anschauung  kann  ich  ferner  auch  nicht  in  der  Uebergangsstelle 
der  abgetrennten,  kleinzelligen  Decke  in  den  großzelligen  Boden  der  Keim- 
blase einen  virtuellen  Blastoporus  erblicken  in  der  von  Brächet  ge- 
äußerten Weise;  und  hiermit  hängt  es  wieder  zusammen  daß  ich  stets 
denjenigen  Autoren  entgegengetreten  bin,  welche  den  Keimscheibenrand 
der  meroblastischen  Eier  zum  Urmundrand  gestempelt  haben,  was  auch 
die  Meinung  von  Brächet  ist.  Ich  habe  hierfür  den  Namen  „Umwachsungs- 
rand"  eingeführt.  Ich  halte  in  der  Erage  an  dem  Grundsatz  fest,  den  ich 
in  der  Einleitung  auf  p.  708 — 709  besj^rochen  habe. 

In  seiner  Darstellung  der  zweiten,  von  ihm  unterschiedenen  Phase 
der  Gastrulation  schließt  sich  Brächet  dem  Standpunkt  von  Moc^'in' 
Tandon,  Houssay,  Assheton  an,  den  ich  schon  früher  beschrieben  habe. 
(p.  744).  Er  glaubt,  den  Vorgang  nicht  als  eine  Einstülpung  bezeichnen 
zu  können.  „II  n'y  a  pas  trace  d'invagination",  bemerkt  er  in  seinem 
Resume  vom  Axolotlei  (p.  27),  „la  fente  archenterique  se  creuse  au. 
milieu  des  grosses  cellules  vitellines."  „II  n'est  pas  douteux  que  la 
fente  archenterique  se  soit  creusee  par  delamination  (par  orientation 
cellulaire  dans  l'endoblaste)."  Demgegenüber  hebe  ich  noch  einmal  aus- 
drücklich hervor,  daß  die  Bilder,  wie  sie  Serienschnitte  durch  ver- 
schiedene Stadien  der  Gastrulation  liefern,  mir  deutlich  dafür  zu  sprechen 
scheinen,  daß  ein  Einwärts  wandern  von  Zellenmaterial  gleichzeitig  mit 
der  Bildung  der  dorsalen  Urmundlippe  stattfindet,  daß  die  Zellen  sich 
in  ausgiebiger  Weise  aneinander  verschieben  und  vorbeigieiten  und  daß 
hierbei  ein  von  außen  nach  innen  sich  mehr  und  mehr  einsenkender 
enger  Spaltraum  erscheint,  der  sich  bald  zur  Urdarmhöhle  ausweitet. 
Ein  solches  Geschehen  muß  ich  eine  Invagination  nennen  und  dem 
Vorgang,  wie  sich  beim  Amphioxus  die  Keimblase  in  einen  Becher 
umwandelt,  für  prinzipiell  gleichwertig  halten. 

Bei  der  Stellungsnahme  Brachet's  zum  GastrulationsjDrozeß  kann  es 
nicht  wunder  nehmen,  daß  er  von  einer  Entwickelung  des  mittleren 
Keimblattes  der  Amphibien  nach  dem  Prinzip  der  Cölomtheorie  erst 
recht  nichts  wissen  will.  Aus  seiner  Darstellung  zieht  Brächet  viel- 
mehr den  Schluß :  „Le  mode  de  developpement  du  mesoblaste  tel  que 
nous  •  venons  de  le  decrire  est  en  effet  radicalement  different  de  celui 
admis  par  Hertwig."  Doch  räumt  er  ein,  daß  man  auf  Grund  späterer 
Befunde  und  selbst  auch  mancher  Bilder  frühzeitiger  Stadien  zu  einer 
Deutung,  die  der  Cölomtheorie  entspricht,  gelangen  könne,  wofür  Bellonci 
als  Beispiel  angeführt  ward.  „Si  l'on  n'avait  sous  les  yeux  que  des 
Stades  avances  du  developpement,  on  croirait  facilement  que  le  meso- 
blaste et  la  voüte  de  l'archenteron  procedent  d'une  invagination  des 
cellules  du  feuillet  externe"  (p.  75).  Als  einen  Befund  von  einem  frühen 
Stadium,  der  irreführen  könnte,  verweist  Brächet  auf  seine  Fig.  27, 
die  ich  absolut  naturgetreu  in  Fig.  329  reproduziert  habe  und  die  einem 
Durchschnitt  durch  ein  gleich  altes  Stadium  von  Triton  (Fig.  301)  ent- 
spricht. Es  ist  ein  Durchschnitt  durch  eine  Gastrula  vom  Axolotl  mit 
rundem  Blastoporus,  von  welchem  bemerkt  w^ird :  „Le  seul  examen  de 
la  fig.  27  pourrait  faire  croire,  que  les  fentes  archenteriques  s'enfoncent 
dans  le  mesoblast  et  que  la  description  et  l'interpretation  d'O.  Hert- 
AviG  se  trouvent  ainsi  justifiees'    (p.  76).    Dagegen  hebt  Brächet  hervor,. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


769 


Fig.  329.  Frontalschnitt  durch  eine  Gastrula 
vom  Axolotl  vom  Stadium  VIII,  nach  Brächet  (1902, 
Taf.  IJ,  Fig.  27).  Bl  Blastoporus.  A  Urdarm.  E 
Ektoblast.     H  Endoblast.     J/  Mesoblast. 


daß  die  Urdarmspalten  {Bl)^  welche  in  ihrer  Verlängerung  in  den  Mesoblast 
einzudringen  scheinen,  vielmehr  in  den  Spaltraum  führen,  der  mittleres 
nnd  inneres  Keimblatt  voneinander  trennt,  eine  Ansicht,  die  auch  von 
GoETTE  für  Petrom^'zon 
und  von  Bkauer  für 
Gymnophionen  geäußert 
worden  ist.  Was  ich 
früher  in  Bezug  auf  diesen 
Punkt  gegenGoETTE  (p.728 
u.  729)  und  Brauer  (p.  763 
u.  764)  geltend  gemacht 
habe,  muß  ich  auch  gegen- 
über Brächet  aufrecht 
halten.  In  Fig.  329 
würde  eine  Verlängerung 
des  den  Dotterpfropf  um- 
gebenden Spaltraumes  Bl 
in  die  linke  und  rechte 
Mesoblastwucherung  hin- 
ein zu  verlegen  sein  und 
so  die  geschlossene  Mesoblastfalte  in  eine  offene  verwandeln. 

Brächet  läßt  das  mittlere  Keimblatt  der  Amphibien  durch  De- 
lamination  an  der  Oberfläche  des  Endoblasts  der  Gastrula  und  ausschließ- 
lich auf  Kosten  der  Elemente  dieses  Blattes  entstehen.  Wie  er  bei  der 
Gastrulation  eine  clivage  gastruleen,  so  unterscheidet  er  bei  der  Meso- 
blastentwickelung  eine  clivage  mesoblastique  i^p.  191):  „Le  mesoblaste 
commence  ä  se  separer  de  dehors  au  dedans  par  un  veritable  clivage 
des  cellules  dont  il  provient,  tout  en  restant  largement  en  continuite 
avec  la  voüte  de  la  fente  archenterique"  (p.  66).  Wegen  weiterer  Be- 
gründung seiner  Auffassung  von  der  Mesoblastbildung  muß  auf  die 
Originalabhandlung  verwiesen  werden.  Doch  möchte  ich  zur  Erklärung 
des  abweichenden  Standpunktes  von  Brächet  noch  einen,  wie  mir  scheint, 
sehr  wesentlichen  Punkt  hervorheben.  Nach  meiner  Meinimg  berück- 
sichtigt Brächet  hier  ebenso  wie  bei  seiner  Darstellung  des  Gastrulations- 
prozesses  zu  wenig,  daß  die  Zellen  auf  den  frühen  Embryonalstadien 
nicht  an  den  Stellen,  wo  wir  sie  an  Durchschnitten  fixiert  finden,  auch 
früher  gelegen  haben,  sondern  daß  in  ausgedehntem  Maße,  wie  ich  aus 
manchen  Umständen  schließe,  Verschiebungen  der  embryonalen  Zellen 
aneinander  und  Wanderungen  (oft  in  entgegengesetzten  Richtungen  in 
den  nebeneinander  liegenden  Schichten)  stattfinden. 

Nachdem  ich  zuerst  die  Dififerenzpunkte  zwischen  Brächet  und  mir 
besprochen  und  gezeigt  habe,  daß  sie  vorwiegend  auf  einer  verschiedenen 
Deutung  sonst  ähnlicher  Befunde  beruhen,  will  ich  nicht  unterlassen,  auch 
auf  vielfache  Uebereinstimmungen  aufmerksam  zu  machen.  So  konnte 
Brächet,  wie  es  Rüthig  und  mir  gleichfalls  bei  Tritoneiern  ergangen 
ist,  beim  Axolotl  die  von  Semox  bei  Ceratodus  und  von  Braus  bei  Triton 
beschriebene  Bückennaht  oder  ektodermale  Mediannaht  nicht  auffinden 
(p.  109).  Den  peristomalen  Mesoblast  läßt  er  in  der  von  mir  dargestellten 
Weise  im  weiteren  Verlauf  der  Entwickelung  in  gastralen  Mesoblast 
übergehen.  Ferner  stimmt  er  mit  mir  darin  überein,  daß  bei  den  Am- 
phibien eine  Konkrescenz  der  Urmundlippen  stattfindet  und  daß  nur  die 
Ausdehnung  der  durch  Verwachsung  gebildeten  Körperstrecken  noch 
strittig    sein    könne.      Mit    Recht    hebt    er    gegen    Kopsch    hervor    ,,que 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.    I.  ^Q 


770  0.  Hertwig, 

d'apres  ses  observations  meme,  il  y  a  en  realite  une  concrescence,  moins 
etendue  certes,  que  Rotrx  et  Hrutwki  iie  l'admettent,  mais  qui  ii'en 
existe   pas  moins"   (p.   IGl). 

Brächet  unterscheidet,  wie  ich  es  oben  gethan  habe,  auf  späteren 
Stadien  eine  vor  dem  offenen  Teil  des  Urmundes  gelegene,  kurze,  ge- 
schlossene Strecke  und  nennt  sie  den  Primitivstreifen  des  Froscheies 
(p.  184).  „Cette  courte  ligne  primitive  parait  etre  la  trace  de  la  fer- 
meture  du  blastopore  et  les  dispositions  sont  telles  que  si  les  levres 
laterales  s'etaient  fusionnees  sur  la  ligne  mediane"  (p.  184).  „Elle  doit 
en  effet  etre  interpretee  comme  etant  la .  trace  du  cheminement  et  de 
la  soudure  des  levres  blastoporales.  Au  sur  et  ä  mesure  que  le  blasto- 
pore se  ferme,  les  parties  anterieures  de  la  ligne  primitive  se  differen- 
cient.  La  corde  dorsale  a  avec  les  levres  blastoporales  des  relations 
genetiques  certaines"  (p.  187).  „La  region  blastoporale  constitue  une  veri- 
table  Zone  de  croissance"  (p.  199).  Brächet  wendet  sich  daher  auch 
gegen  die  von  Goette,  Lwoff,  Brauer,  Schultze  etc.  vertretene  An- 
sicht, daß  die  Chorda  ihren  Ursprung  aus  dem  Mesoblast  nehme.  Er 
bezeichnet  sie  als  eine  Bildung  „d'origine  blastoporale"   (p.  217). 

Die  Dipneusten. 

Ueber  die  Entwickelung  der  Dipneusten  haben  uns  die  wichtigen 
Untersuchungen  von  Semox  (A.  L.  III  «i,  1901)  und  Kerr  (A.  L.  III  6,  1900) 
einige  Aufschlüsse  gebracht.  Beide  Arbeiten  bilden  eine  Ergänzung  zu 
einander.  Semox  hat  Ceratodus  Forsteri,  Kerr  hat  Lepidosiren  paradoxa 
untersucht;  leider  liegen  von  Kerr  bisher  nur  die  Beschreibungen  der 
Oberflächenbilder  vor,  während  die  Schnittuntersuchung  für  später  in 
Aussicht  gestellt  ist.  Doch  läßt  sich  auch  schon  hieraus  ersehen ,  daß 
die  Keimblätterbildung  in  ihren  großen  Zügen  mit  den  von  Petromyzon, 
den  Accipenseriden  und  Amphibien  bekannten  Verhältnissen  vielfach 
übereinstimmt. 

Die  totale  inäqiiale  Furchung  führt  bei  den  Dipneusten  zu  einer 
Keimblase,  an  deren  unterer,  unpigmentierter,  vegetativer  Fläche  der 
Urmund  etwas  unter  dem  Aequator  als  ein  querer  Spalt  angelegt  wird. 
Bei  Ceratodus  nimmt  derselbe  später  die  Form  eines  Halbkreises,  zu- 
weilen auch  eines  Hufeisens  an,  dessen  Konvexität  nach  dem  animaleu 
Pol  gerichtet  ist.  Indem  die  Enden  der  Einstülpungsrinne  nach  ab- 
wärts wachsen  und  sich  vereinigen,  kommt  ein  geschlossener,  entweder 
kreisförmiger  oder  elliptischer  Blastoporus  zu  stände,  von  welchem 
eine  Gruppe    großer   vegetativer  Zellen    als  Dotterpfropf  umschlossen 

wird.     Dann    wandelt    sich    der 
elliptische     Urmund     in     einen 
Ctr  ^"'        '^^^        Längsspalt  um  (Fig.  330).  welcher 

die  Zellen  des  Dotterpfropfes 
nicht  mehr  nach  außen  hervor- 
treten läßt. 

Fig.  330.  Spätes  Gastrulastadium 
von  Ceratodus  mit  spaltförmigera  Ur- 
mund. *'  von  hinten,  a'  vom  Rücken  aus 
gesehen,  nach  Semon  (A.  L.  III  ^  1893). 

Einen  etwas  anderen  Verlauf  bietet  Le  pidosiren  dar.  Es  bildet 
sich  eine  Einstülpungsrinne,  die  V3  des  Eiumfanges  beträgt  und  bald 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


771 


eine  Krümnumg  erfährt,  deren  Konvexität  aber  liier  nach  dem  animalen 
Pol  zu  gekehrt  ist.  Anstatt  sich  weiterhin  zu  vergrößern ,  wird  die 
Einstülpungsrinne  im  Gegenteil  auf  einen  kleineren  Bezirk  einge- 
schränkt. Von  dieser  Stelle  oder  der  dorsalen  Urmundlippe  abgesehen, 
gehen  der  kleinzellige  und  der  großzellige  Teil  der  Eieroberfiäche 
längere  Zeit  ohne  scharfe  Abgrenzung  ineinander  über.  Zum  Ring 
schließt  sich  die  Einstülpungsöffnung  erst  sehr  spät  unter  Ausbildung 
einer  ventralen  Urmundlippe.  Kerr  ist  daher  der  Meinung,  daß 
Lepidosirennach  der  Art  seiner  Gastrulation  eine  Mittelstellung  zwischen 
Amphibien  und  Elasmobranchiern  einnimmt. 

Auch  in  der  Entwickelung  des  Centralnervensystems  bieten  Cera- 
todus  und  Lepidosiren  einige  Unterschiede  dar. 

Ceratodus  schließt  sich  ganz  an  die  Amphibien  an.  Wenn 
der  Blastoi)orus  (Fig.  331b)  zu  einem  engen  Schlitz  geschlossen  ist. 
bilden  sich,  durch  einen  weiten  Abstand  voneinander  getrennt,  zwei 
stark  über  die  Oberfläche  vorspringende  Medullarwülste  aus  (Fig.  331bi) 
und  wandeln  sich  (Fig.  332 — 333)  durch  Verwachsung  ihrer  Ränder 
in  ein  Medullarrohr  um,  das  von  Anfang  an  mit  einer  Höhle  ver- 
sehen ist. 


Fig.  332. 


Fig.  333. 


Fig.  331.  Ei  von  Ceratodus  mit  Medullarplatte ;  b  vom  spaltförniigen  ürmund, 
b,   vom  Rücken  aus  gesehen,  mit  Eückenrinne,  nach  Semon. 

Fig.  332.  Ei  von  Ceratodus  mit  weit  entwickelten  MeduUarwülsten,  nach 
Semon. 

Fig.  333.  Ei  von  Ceratodus  mit  MeduUarwülsten,  die  sich  zum  Rohr  zu 
schließen  im  Begriff  sind,  nach  Semon,  1.  c. 

In  der  Mitte  der  Medullarplatte  und  in  ihrer  ganzen  Länge  hat 
Semox  in  seiner  ersten  Veröffentlichung  über  Ceratodus  eine  „lineare  Naht'' 
(Fig.  331bb,,Fig.  332)  beschrieben  und  sie  als  Urmundnaht  bezeichnet, 
davon  ausgehend,  daß  sie  durch  ein  von  vorn  nach  hinten  fortschreiten- 
des Verwachsen  der  Urmundränder  entstanden  sei.  Von  dieser  Deutung 
istSE.MOxin  seiner  zweiten,  soeben  veröffentlichten  Arbeit  (A.  L.  III  ^,  1900) 
auf  Grund  einer  Untersuchung  von  Durchschnitten  zurückgekommen.  „Die 
ektodermale  Mediannaht",  heißt  es  jetzt  daselbst,  „ist  ein  Ektodermspalt, 
der  sich  von  der  dorsalen  Lippe  des  Urmundes  aus  in  gewissen  Stadien 
diuT-h  die  ganze  Länge  der  Medullarplatte  bis  in  die  Gegend  des  queren 
Gehirnwulstes  erstreckt.  Die  darunter  befindliche  dorsale  Urdarmwand 
Avird  von  dieser  Spaltbildung  nicht  betroffen.  Obwohl  die  Bildung  also 
in  den  Urmund  ausläuft  und  auch  ihrer  Entstehung  nach  in  einem  ge- 
wissen ursächlichen  Zusammenhang  mit  ihm  steht,  darf  sie  doch  nicht 
als  nahtförmig  geschlossener  Urmund  bezeichnet  uiid  Urmundnaht  benannt 
werden ,  wie  ich  es  früher  gethan  habe.  Bis  nicht  weitere  Beobach- 
tungen über  die  Entwickelung  der  Naht  am  lebenden  Objekt  und  er- 
gänzende Experimente  vorliegen,  bleibt  ihi^e  Entstehunggweise  hypothetisch" 

49* 


772  0.  Hertwig, 

(1900,  p.  328).  Semon  hebt  in  seiner  Arbeit  (1900,  p.  318)  noch  hervor, 
daß  derselbe  Spalt  in  der  Medullarplatte  wie  bei  Ceratodus  auch  bei 
Amphibien  wahrscheinlich  vorkomme  und  von  Braus  (1895)  auch  bei 
Triton  nachgewiesen  worden  sei,  wo  er  natürlich  nicht  mit  der  bekannten 
HERTWia'schen  Rückenrinne  (sillon  median  Van  Bambekb)  zu  verwechseln 
sei".  Nun  ist  aber,  wie  ich  mich  neuerdings  wieder  überzeugt  habe  und  auch 
von  RöTHiG  (L.  K  III  ^,  1901)  hervorgehoben  worden  ist,  das  Gebilde,  das 
Braus  nach  Flächenbetrachtung  von  Tritoneiern  beschreibt,  nichts  anderes 
als  die  Rückeni'inne  oder  der  sillon  median ;  es  ist  kein  Spalt,  sondern 
nur  eine  Rinne  im  Ektoderm,  wie  Querschnitte  zeigen ;  und  ich  möchte 
vermuten,  daß  das  bei  Ceratodus  beschriebene  Gebilde  auch  nichts  an- 
deres ist  als  die  Rückenrinne  der  Amphibien,  welcher  sie  nach  ihrer 
Lage,  ihrer  Ausdehnung  und  der  Zeit  ihres  Auftretens  vollkommen  ent- 
spricht. 

Bei  Lepidosiren  treten  zwar  auch  Medullarwülste,  doch  weniger 
ausgei)rägt  auf;  dabei  wächst  gleichzeitig  die  Medullarplatte  als  ein 
solider  Kiel  nach  unten  hervor.  Im  Kiel  entsteht  der  Ceutralkanal 
erst  durch  sekundäre  Aushöhlung.  In  dieser  Weise  kombinieren  sich, 
wie  Kerr  hervorhebt,  bei  der  Entstehung  des  Centralnerven  Systems 
von  Lepidosiren  Züge,  welche  für  die  gewöhnliche  Entwickelung  mit 
Faltenbildung  charakteristisch  sind,  mit  den  Eigentümlichkeiten, 
welche  bei  den  Teleostiern,  bei  Lepidosteus  und  bei  Petromyzon  in 
der  Kielbildung  beobachtet  werden. 

Die  große  Uebereinstimmung  in  der  Entwickelung  zwischen  Cera- 
todus und  den  Amphibien  tritt  auch  bei  der  Untersuchung  von  Durch- 
schnitten hervor,  wie  die  zweite  Arbeit  von  Semon  (1900)  lehrt.  Die 
Keimblase  (Fig.  334)    ist  ähnlich  derjenigen  der  Tritonen,  indem  ihre 


FIk.  334. 


'<<>-<? 


um 


Fig.  334.  Meridionalschnitt  durch  eine  Keimblase  von  Ceratodus  Forsteri  nach 
Semon  (1900,  Tat.  XXXI,  Fig.  15). 

Fig.  335.  Medianschnitt  durch  eine  üastrula  von  Ceratodus  Forsteri  nach 
Semon  (1900,  Taf.  XXXII,  Fig.  18).  ß-h  Keirahöhle.  (/strh  Gastrulahöhle.  ;A-  inneres 
Keimblatt.     (Ju  dorsale  Frmundlippe.    um  Urmund. 

Decke  aus  einer  einfachen  Lage  cjdindrischer  Zellen  besteht.  Dasselbe 
läßt  sich  von  der  Gastrula  sagen  (Fig.  335).  Von  ihr  hebt  Semon 
ausdrücklich  hervor,  daß  er  eine  Verschmelzung  des  Urdarmes  und 
der  Keimblasenhöhle  durch  Einreißen  der  trennenden  Zwischenwand, 
wie  es  für  Salamandra  mac.  und  für  Gymnophionen  beschrieben  worden 
ist,  nicht  habe  beobachten  können. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  773 

In  Bezug  auf  die  Eiitwickelung  des  mittleren  Keimblattes  und 
der  Choi-da  des  Ceratodus  schließt  sich  Semon  im  wesentlichen  an  die 
Darstellung  an,  wie  sie  für  die  Petromyzonten  und  Amphibien  von 
GoETTE,  0.  ScHULTZE,  LwoFF  uud  Brauer  im  Gegensatz  zu  Cal- 
BERLA,  Hertwig,  Schwink  u.  a.  gegeben  worden  ist.  Er  stellt 
hierüber  die  Thesen  auf:  „1)  Aus  der  dorsalen  Decke  des  Urdarmes 
(dorsales  Entoderm  Goette's,  dorsale  Platte  Lwoff's)  bildet  sich  die 
Chorda  und  das  axiale  Mesoderm.  2)  Chorda  und  axiales  Mesoderm 
entwickeln  sich  also  aus  einer  ursprünglich  vcUlig  einheitlichen  Anlage. 
Die  Aufteilung  derselben  ist  ontogenetisch  ein  sekundärer  Vorgang. 
Es  scheint  mir  kein  einziger  Grund  vorzuliegen,  von  einer  paarigen 
Anlage  des  Mesoderms  zu  reden.  3)  Das  Epithel  der  dorsalen  Wölbung 
des  bleibenden  Darmes  wird  dadurch  gebildet,  daß  die  dorsale  Decke 
des  Urdarmes,  aus  der  Chorda  und  axiales  Mesoderm  werden,  durch 
Entodermzellen  unterwachsen  wird.  4)  Der  Blastoporus  wird  bei 
Ceratodus  dadurch,  daß  seine  seitlichen  Lippen  sich  an  einer  mittleren 
•Strecke  aneinanderlegen  und  verschmelzen,  in  2  Kanäle  geteilt :  den 
Canalis  neurentericus  uud  ventral  von  diesem  den  After.'' 

Nachtrag.  Da  inzwischen  von  Kbri:  (L.  K.  III  ^*,  1902)  eine  weitere 
Mitteiluno-  erschienen  ist,  in  welcher  die  friihesten  Enibrvonalstadien  von 
Lepidosii-en  und  Protopterus  auf  Schnittserien  untersucht  worden  sind, 
stelle  ich  in  einem  Nachtrag  noch  die  hierbei  erhaltenen  wichtigsten  Er- 
gebnisse zusammen. 

Kerr  findet  eine  sehr  große  Aehnlichkeit  in  der  Entwickelung 
zwischen  Lepidosiren  iind  Protopterus  einerseits  imd  den  Petromyzonten 
und  urodelen  Amphibien  auf  der  anderen  Seite.  Die  Gastrulation  ge- 
schieht durch  eine  w^ahre  Einstülpung.  Sagittalschnitte  liefern  ähnliche 
Befunde,  wie  sie  z.  B.  in  den  Fig.  260—262  oder  Eig.  335,  349  u.  s.  w. 
von  anderen  Wirbeltierarten  dargestellt  sind.  Der  Rest  der  Keimblasen- 
höhle schwindet  in  einer  sonst  nirgends  beobachteten  Weise,  indem  vor 
ihrem  völligen  Schwund  vom  Boden  und  von  den  Seiten  kleine  Dotter- 
zellen in  sie  einwandern  und  sich  zu  einem  schwammartigen  Xetzwerk 
vereinigen. 

Das  Centralnervensystem  entwickelt  sich  genau  in  derselben  Weise 
wie  bei  Petromyzon  als  eine  kielförmige  Verdickung  der  äußeren  Keim- 
blätter. Es  liegt  hier  ein  auffälliger  L^nterschied  im  Vergleich  zum 
Ceratodus  (Fig.  332,  333)  vor.  Auch  das  mittlere  Keimblatt  und  die 
Chordaanlage  geben  auf  den  ersten  Entw^ickelungsstadien  Bilder,  welche 
den  von  Petromyzon  erhaltenen  sehr  ähnlich  sind.  Kerr  stellt  über  die 
Mesoblastentwickelung  eine  besondere  Ansicht  auf,  die  er  an  einigen 
Schematen  auf  p.  34  seiner  Abhandlung  erläutert  und  in  dem  Satz  zu- 
sammenfaßt :  ,,The  mesoderm  grows  outwards  on  each  side  b}'  delami- 
nation  from  the  large  yolk-cells". 

Die  Keimblätter  der  Oaiioideii. 

Ueber  die  Keimblätterbildung  bei  den  Ganoiden  liegen  w4e  über- 
haupt über  ihre  Entwickelung  bis  jetzt  nur  wenige  Untersuchungen  vor, 
die  an  einem  Knorpelganoiden,  Acipenser  ruth.,  und  an  zwei  Vertretern 
der  Knochenganoiden,  an  Lepidosteus  osseus  und  an  Amia  calva,  aus- 
geführt wurden.  Mit  Acipenser  haben  sich  besonders  russische  Zoologen, 
KowALEVSKY,  OwsjANXiKOw,    Wagner  (A.    L.  III 5,   1870)  und  Salexsky 


774 


0.  Hertwig. 


(A.  L.  III  5j  1880,  1881),  sowie  der  Amerikaner  Bashfoud  Dean  (A.  L. 
III  ^,  1895)  beschäftigt,  mit  den  Ivnocheniischen  englisclie,  amerikanische 
und  deutsche  Embrvologen  wie  Balfour  und  Parker  (A.  L.  III  ^,  1882), 
Beard  (A.  L.  III  sJ  1889),    Mark  (A.    L.  III 5,    1890),    Basiiford    Dean 


H.    ViRCHOW,     FüLLEBORN 


und  SoBOTTA   (A.  L. 
noch    zur    Zeit 


III  5, 


sind. 


(A.  L.  III 5,   1896), 

1896).      So    unvollständig  unsere  Kenntnisse    auch 

so  läßt    sich    doch    das    eine    schon  deutlich  erkennen,  daß   die  Ganoiden 

in  manchen  Beziehungen  mit  den  Cyclostomen  und  Amphibien,  in  anderen 

Beziehungen    wieder    mehr    mit    den    Teleostiern    in    ihrer    Entwickelung 

Uebereinstimmungen   darbieten.    Dabei  zeigen  die  Knorpel-  und  Knochen- 


ganoiden    untereinander    wieder    so    wesentliche 
eine    getrennte   Besprechung  erforderlich  ist. 


Verschiedenheiten,    daß 


kh 


'f^>'^^.„     -  az 


.,•> 


A.  Acipenser. 

Mit  den  Amphibieu  stimmt  Acipenser  in  dem  Besitz  einer  totalen, 
inäqualen  Furcliung  überein,  doch  fallen  die  Größenunterschiede  zwischen 
animalen  und  vegetativen  Zellen  beträchtlicher  aus.    Infolgedessen  ist 
auch  an  der  Keim  blase  (Fig.  336),  in  welcher  eine  große  Höhle  ent- 
wickelt  ist,    der   Gegensatz 
Fig.  336.  zwischen  der  nach  oben  und 

der  nach  unten  gekehrten 
Hälfte  oder  zwischen  der 
Decke  und  dem  Boden  ein 
größerer  als  beim  Frosch. 

Die  Gastrulation 
erfolgt  im  wesentlichen  in 
derselben  Weise  wie  beim 
Frosch  und  bei  Petromyzon. 
An  einem  Punkt  der  Rand- 
zone bildet  sich  eine  rinnen- 
förmige  Einstülpung  mit 
einem  dorsalen  Urmund- 
rand,  an  welchem  sich  das 
äußere  in  das  innere  Keim- 
blatt umschlägt  (Fig.  337). 
Je  mehr  sich  die  Einstül- 
pungshöhle vergrößert,  wird 
die  Keimblasenhöhle  kleiner 
und  zuletzt  ganz  verdrängt 
(Fig.  338). 

Die  Aufnahme 
großen  Dotterzellen 
langsamer  als  bei  der 
strulation  des  Frosches  vor 
sich.  Daher  ist  denn  auch 
der  Blastoporus  noch  weit 
geöffnet,    zur  Zeit,  wo  sich 

Fig.  336.  Keimblase  von 
Acipenser,  nach  Salensky. 

Fig.  337.  Jüngeres  Gastrula- 
stadium  von  Accipenser,  nach 
Salensky. 


Fig.  337. 


---ik 


der 

geht 

Ga- 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


775 


schon  die  Medullarplatte  am  äußeren  Keimblatt  deutlich  unterscheiden 
läßt  (Fig-.  m9). 

Nach  der  Darstellung  von  Salensky  erscheint  am  2.  Tag  der  Ent- 
Avickelung.  wenn  das  äußere  Keimblatt  etwa  vier  Fünftel  der  Eiober- 
rläche    bedeckt,    die  Medullarrinne   (Fig.   339),    zu  beiden    Seiten   von 


Fig. 


338. 


ak 


mk^^- 


Fig.  338.  Aelteres  Gastrulastadiuni 
von  Acipenser,  nach  Salensky. 

Für  die  Fig.  336-338  gelten  fol- 
gende Bezeichnungen:  az  animale Zellen 
oder  Decke  der  Keimblase,  rz  vege- 
tative Zellen,  Boden  der  Keimblase,  kh 
Keim  blasenhöhle,  ak,  ik,  mk  äußeres, 
inneres,  mittleres  Keimblatt,  fipf  Dotter- 
pfropf, ud  Urdarm.  wd*  Urdarmspalt 
unter  der  ventralen  Urmundlippe. 


Fig.  339. 


dp/--' 

Fig.  339.     Gastrula  von  Acipenser,  vor  deren  dorsaler  Urmundlippe  die  Medullar- 
rinne E  entstanden  ist,  nach  Salexsky.    DP  Dotterpfropf. 


Wülsten  begrenzt  f^Fig.  340),  welche  sich  nach  vorn  vereinigen.  Nach 
hinten  geht  die  Medullarrinne  in  den  Blastoporus  über  derart,  daß 
ihre  Wülste  sich  nach  links  und  reclits  in  die  Urmundlippen  fortsetzen 
(Fig.  339).  An  dieser  Stelle  zeigt  die  Urmundlippe  eine  kleine  Ein- 
ziehung (echancrure),  auf  welche  die  Rückenrinne  mit  ihrem  hinteren 
Ende  trifft.  Sie  ist  der  Incisura  neurenterica  der  Elasmobranchier 
vergleichbar. 

Wenn  auf  späteren  Stadien  sich  der  Urmund  verkleinert,  nimmt 
er  die  Form  einer  Birne  an  (A.  L.  III  ^  Salensky  1881,  p.  281),  deren 
spitzes  Ende  sich  in  die  Rückenrinne  fortsetzt;  endlich  wird  er  eine 
Längsspalte.  Die  Medullarwülste  beginnen  alsdann  zuerst  in  der  Mitte 
ihres    Verlaufes   mit   ihren    Rändern    zu   verschmelzen.     Rückenmark 


Rf 


Mp 


ak 


Syp 


Fi. 

dullarrohr. 
Lrsegment, 


340. 


En         Ch  Syp  6p 

Querschnitt   durch   das   Kopfende    eines   Acipenserembryo.     Ff  Me- 
Medullarplatte.   Wg  Vornierengang.  En  Darmepithel.  C/t  Chorda.  Syp 
Sp  Seitenplatten,     ak  äußeres  Keimblatt. 


776 


0.  Hertwig, 


und  Gellini  werden,  wie  bei  den  Aini)liibien,  von  Anfang  an  als  ein  hohles 
Rohr  angelegt;  auch  bleibt  dieses  an  seinem  hinteion  Ende,  wie  Kowa- 
LEVSKY  hier  ermittelt  hat.  mit  dem  Darm  durch  einen  Canalis  neu- 
rentericus  längere  Zeit  in  Verbindung.  Sehr  deutlich  ist  dies  aus  einer 
Abbildung  von  Dean,  einem  Medianschnitt  durch  das  Hinterende 
eines   58  Stunden  alten  Embryos  von  Acipenser  zu  sehen.     Schwanz- 


sn 


SiLil- -xiaggA' 


.  ak 
nr 
eh 


Fig.  341.  Medianschnitt  des 
Hinterendes  eines  58  Stunden  alten 
Embryos  von  Acipenser  sturio.  Der 
Blastoporus  ist  geschlossen  und  der 
Schwanzknopf  gebildet,  ch  Chorda. 
cn  erweitertes,  unteres  Ende  des 
CanaUs  neurentericus.  d  Dotter- 
zellen, ak,  ik  äußeres  und  inneres 
Keimblatt,  nr  Nervenrohr,  (j  Darra- 
höhle.  xn  Schwanzknopf.  Nach  Deax. 

und  Afterbildung  erfolgt  wie  bei  den  Amphibien,  bei  welchen  diese 
Verhältnisse  ausführlich  erörtert  worden  sind.  Von  den  einzelnen 
Stadien  in  der  Entwickelung  der  Chorda  giebt  Salensky  keine  ge- 
nauere Darstellung,  sondern  hebt  nur  hervor,  daß  sie  sich  auf  Kosten 
einer  axialen  Verdickung  des  mittleren  Keimblattes  bildet. 


B.  A  m  i  a  und  L  e  p  i  d  o  s  t  e u  s. 

Während  Acipenser  in  seiner  Entwickelung  mehr  Beziehungen  zu 
den  Amphibien,  bieten  Amia  und  Lepidosteus  solche  zu  den  Knochen- 
fischen dar.  Zwar  ist  der  Furchungsprozeß  anfänglich  auch  ein  totaler  und 
inäqualer ;  denn  die  ersten  Furchen  schneiden,  allerdings  sehr  langsam  und 
erst  zu  einer  Zeit,  wo  am  animalen  Pole  schon  viele  kleine  Zellen  ent- 
standen sind  (Fig.  342),  auch  durch  die  vegetative  Hälfte  des  Eies  hindurch 
und  zerlegen  sie  in  einzelne  sehr  große,  unregelmäßige  Dotterstücke. 
Dann  aber  hört  hier  die  weitere  Zerlegung  auf;  der  Teilungsprozeß 
bleibt    nur    auf   die   animale   Hälfte   des  Eies   beschränkt  und  nähert 

Fie.  343. 


Fig.  342. 


Fig.  342.  Späteres  Furchungsstadiura  von  Amia  calva,  nach  Sobotta  (1896, 
Fig.  2).    D  Dotterzellen. 

Fig.  343.  Oberflächenbild  des  Eies  von  Lepidosteus  nach  Entfernung  der 
Membranen,  vom  3.  Tage  nach  der  Befruchtung,  nach  Balfoür  (A.  L.  II  1881, 
Fig.  58). 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern 


i  i  i 


sich  dadurch  in  seinem  Endresultat  wieder  mehr  dem  meroblastischen 
Typus,  indem  der  kleinzellige  Abschnitt  (Fig.  o4;})  fast  wie  eine  Keim- 
haut (Blastoderm)  von  den  wenigen  vegetativen  Stücken  absticht.  Vom 
oberen  Ende  der  letzteren  schnüren  sich  noch  einzelne  größere  dottcr- 
Zellen   ab   (Fig.   344)   und   bilden   so   eine 


haltige 


Uebergangsschicht 


Fig.  344. 


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Fig.  345. 


Fig.  344.  Kleinzelliges  Furchungsstadiuiu  von  Amia  calva,  nach  Bashford 
Dean  (A.  L.  III  s,  1896,  Taf.  XXXI,  Fig.  29).    ez  animale  Zellen,    dk  Dotterkerne. 

Fig.  34.5.  Entwickelungsstadiuni  von  Amia  calva,  in  welchem  eine  spaltförmige 
Höhle  in  der  Scheibe  kleiner  Zellen  am  animalen  Pol  auftritt,  nach  Sobotta  (189(5, 
Fig.  4). 


Teilung   ge- 


z  wischen   dem    ab  gefurchten    und   dem    in   der   weiteren 
hemmten  Abschnitt  des  Eies.    Sie  führen  später  meist  mehrere  Kerne, 
ein  Zeichen,  daß  Kernteilungen  noch  ohne  nachfolgende  Zellteilungen 
stattgefunden  haben. 

Am  Ende  des  Furchungsprozesses  schließen  sich  die  oberfläch- 
lichen Zellen  der  Keimhaut  fester  zu  einer  Deckschicht  zusammen; 
ferner    bildet   sich,  wie  Sobotta  von  Amia  beschreibt  (Fig.  345),  ein 


feiner    Spalt   in    der  animalen  Hälfte    des 
obersten    Lagen    kleiner,    animaler    Zellen 
größerer,   dotterhaltiger  Zellen  ab.     Ob  die 
spricht,    ist    noch    nicht   ganz    klargestellt. 


Angaben 


Eies  aus  und  trennt  die 
von  den  unteren  Lagen 
Höhle  dem  Blastocöl  ent- 
scheint mir  aber  der  Fall 
die  Gastrulation  erst  nach  ihrem 


zu  sein,  da  nach  Sobotta's 
Auftreten  beginnen  soll. 

Nachdem  noch  die  animalen  Zellen  durch  Vergrößerung  der 
Furchungshöhle  nach  unten  sich  von  den  vegetativen  Zellen  bis  in  die 
Gegend  des  Aequators  abgespalten  haben,  beginnt  die  Gastrulation 
am  Rande  der  Keimhaut  (vergl.  Fig.  346  von  Lepidosteus).  Eine 
feine  Spalte  (KR)  dringt  hier  in  den  Keim  ein.  Bei  der  Gastrulation 
von  Amia  bleibt  hierbei  eine  Lage  von  Dotterzellen,  wie  Sobotta  und 
Dean  gezeigt  haben,  auf  dem  nur  teilweise  durchfurchten  Nahruugs- 
dotter  als  Boden  der  Urdarmhöhle  zurück. 

Die  dorsale  ürmundlippe  läßt  bald  nach  ihrer  Entstehung  bei 
Amia  (Fig.  347)  3  Blätter  unterscheiden,  was  besonders  durch  den 
verschiedenen  Gehalt  der  Zellen  an  Dotterköruern  und  durch  eine  ver- 
schiedene Größe  der  letzteren  ermöglicht  wird.  „Während  das  Ekto- 
derm  (ec)  nur  ganz  feine  Dotterkörner  in  seinen  Elementen  aufweist, 
sind  die  des  Mesoderms  (ni)  erheblich  größer.  Die  Zellen  des  Ento- 
derins  (en)  schließlich,  welche  die  dorsale  Urdarmwand  bilden,  sind 
mit  ganz  groben  Dotterkörnern  dicht  beladen,  w^elche  dieselbe  Größe 
und  dasselbe  Aussehen  haben,  wie  die  der  oberflächlich  an  der  ventralen 
Urdarmwand   gelegenen  Dotterzellschichten''  (Sobotta  1896,  p.  HO). 


n< 


0.  Hertwig, 


Vom  Ort  seines  Auftretens  setzt  sich  der  Gastrulationsprozeß  all- 
niählifh  wie  bei  den  Anii)hil)ien  ventrahvärts  um  den  ganzen  Rand  der 
Keinihaut  herum  fort  und  führt,  wenn  das  Ei  ungefälir  zu  zwei  Dritteln 
umwachsen   ist,   zur   Biklung   der   ventralen    Urmundlippe   (Fig.  347). 


Fio-.  346. 


Fig.  347. 


Fiii-.  348. 


Fig.  346.  Ei  von  Lepidosteus  am  Beginn  der  Gastrulation ,  nach  Deax 
(A.  L.  III  '',  1895.    Kl'  Rand  der  Keinihaut  mit  dorsaler  Urmundlipi)c. 

Fig.  347.     Jüngeres    Gastrulastadium    von   Amia,  nach  Sobotta  (1.  c.  Fig.  4). 

Fig.  348.     Aelteres  GasLrulastadiura  von  Amia,  nach  Sobotta  (1.  c.  Fig.  6). 

Bezeichnungen  für  Fig.  347  n.  348:  dl.  Dotterpfropf.  I)  grolJe  Dotterzelleu.  ec 
Ektoderm.  en  Entoderm.  g  Gehirnteil  der  MeduUarplatte.  m  ]\Iesoderm.  ud  Ur- 
darmhöhle. 

Der  Urdarm  hat  sich  währenddem  sowohl  nach  vorn  weiter  aus- 
gebreitet als  auch  —  besonders  in  seinem  hinteren  Teil  —  erheblich 
ausgeweitet,  während  er  im  Bereich  der  ventralen  Urmundlippe  spalt- 
förmig  bleibt.  Wenn  später  der  weite  Blastoporus  sich  allmählich  zu 
einem  ganz  kleinen  Loch  zusammengezogen  hat  (Fig.  348),  dringt  ein 
Fortsatz  der  Dottermasse,  entsprechend  dem  RuscoNi'schen  Dotter- 
pfropf des  Frosches,  in  ihn  hinein.  Etwas  abweichend  von  der  Figur 
Sobotta's  (Fig.  348)  sieht  der  Sagittalschnitt  aus,  welchen  Dean  von 
einer  Gastrula  der  Amia  gegeben  hat  (Fig.  349). 

Zur  Zeit,  wo  bei  Amia  ungefähr  V.n  fl^s  Eies  von  der  Keimhaut 
umwachsen  sind,    tritt  auf  ihr  die  Embryonalanlage   vor  der  dorsalen 

Urmundlippe  auf. 
-;;:■  DIb  Eutwickelung  von  Hirn 

und  Rückenmark  verläuft  bei 
Amia  und  Lepidosteus  ähnlich 
wie  bei  Petromyzon  und  den 
Knochentischen.  Es  entstehen 
keine  über  die  Oberfläche  vor- 
springende   Rückenwülste,    viel- 


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ik 


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ik     ak 


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ik 


du 

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P'ig.  349.  Medianschnitt  durch 
die  Gastrula  von  Amia  calva,  nach 
Bashford  Dean  (1896,  Taf.  XXXII, 
Fig.  33).  ak,  ik,  7nk  äußeres,  inneres, 
mittleres  Keimblatt,  d  Deckschicht  von 
ak.  du  und  vv  dorsale  und  ventrale 
Frmundlij^pe.  h  Hirnplatte,  t  Rand 
der  Urmundlippe ,  an  welchem  alle  3 
Keimblätter  zusanuuenhängen.  *  Grund 
des  Urdarms. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


779 


mehr  wird  die  ]\lediilhxri)hatte  als  ein  solider  Kiel  weit  nach  abwärts 
gegen  den  Dotter  vorgedrängt.  Der  Kiel  entwickelt  sich  bei  Le- 
pidostens  (Fig.  350)  einzig  und  allein  durch  Wucherung  der  unteren 
Schicht  des  äußeren  Keimblattes.  Balfour  konnte  auch  keine  Spur 
einer  Andeutung  dafür  linden,  daß  die  oberflächliche  Schicht  der  Epi- 
dermis wie  es  Calberla  für  Petromyzon  und  die  Knochenfische  irr- 
tümlicher Weise  behaui)tet  hatte,  in  irgend  einer  Periode  an  der  Bil- 
dung des  „Medullarstranges"  irgend  welchen  Anteil  nimmt.  Auch 
in  Bezug  auf  die  anderen  Teile  ist  der  Querschnitt  sehr  teleostier- 
ähnlich :  1)  die  Chorda,  welche  durch  den  Kiel  nach  unten  vorgedrängt 
und  von  einer  dünnen  Lage  von  Zellen,  dem  inneren  Keimblatt,  über- 


Fig.  350  A.  Querfjchnitt  durch  einen  Lepidosteuserabryo  vom  5.  Tage  nach  der 
Befruchtung,  nach  Balfour  (A.  L.  II  1881,  Fig.  ü(J).  J/C  MeduUarstrang.  ^e^^  Epi- 
dermis,    ch  Chorda,     hy  inneres  Keimbhitt.     3Ie  mittleres  Keimblatt. 


ein    sehr   lehrreicher   Querschnitt 
hinteren   Ende   der   Rumpfregion 


mst 


zogen  ist,  2)  der  Mesoblast.  der  links  und  rechts  von  Medullarstrang 
und  Chorda  zwei  dicke  Zellenmassen  bildet,  die  sich  dann'[seitwärts 
rasch  verdünnen. 

Von  besonderem  Interesse  ist 
(Fig.  350 B),  welchen  Dean  vom 
eines  Lepidosteusembryos  mit  7  Ur- 
segmenten  erhalten  und  abgebildet 
hat.  Er  entspricht  den  Befunden, 
wie  sie  uns  die  Urmundnaht  der 
Amphibien,  z.  B.  Fig.  3LS  vom 
Frosch,  geliefert  hat.  Medullarstrang 

Fig.  350  B.  Querschnitt  durch  die 
hintere  Rumpfregion  eines  80  Stunden  ent- 
wickelten P^mbryos  von  Lepidosteus  mit 
7  Uvsegmenten.  '  Nach  Dean  (A.  L.  III  ^, 
1895).  ak,  ik,  mk  äußeres,  inneres,  mitt- 
leres Keimblatt,  ch  Chordaanlage,  mst  Me- 
dullarstrang aus  der  (legend  der  Naht. 


ak 
mk 


.-if^ 


ü2S::XSSi£s. : 


ch 


(mst),  Chordaanlage  (ch)  und  inneres  Keimblatt  (ilc)  sind,  wie  dort, 
zu  einem  medianen  Streifen  ohne  Abgrenzung  verbunden.  Nach 
unserer  Deutung  ist  vom  Schnitt  die  Region  vor  dem  Blastoporus 
getroffen,  in  welchem  die  Konkreszenz  der  seitlichen  Urmundlippen 
stattfindet. 

Nicht  minder  interessant  ist  an  dem  Präparat  der  links  und 
rechts  von  der  Chordaanlage  zu  beobachtende  Zusammenhang  zwischen 
innerem  und  mittlerem  Keimblatt,  Es  besteht  hier  eine  Stelle,  die 
an  anderen  Wirbeltierklassen  Mesodermbildungsrinne  oder  Cölomrinne 
benannt  worden  ist.    Es  liegen  also  gleiche  Verhältnisse  vor  wie  beim 


780  0.  Hertwig, 

Ampliioxus  (Fig.  254*)  und  bei  den  Amphibien  (Fig.  ollA  u.  Fig.  )]\x, 
321),  Verhältnisse,  denen  wir  noch  öfters  bei  Ehisniobranchiei'n,  bei 
Teleostiern,  Reptilien,  Vögeln  und  Säugetieren  begegnen  werden. 

In  der  Schwanzregion  verlieren  der  Medullarstrang,  die  Chorda 
und  das  innere  Keimblatt,  wo  sie  aneinander  grenzen,  ihren  scharfen 
Kontur  und  verschmelzen  untereinander  zu  einem  Zellstrang,  dei' 
dem  neurenterischen  Ivanal  entspricht. 

Wenn  sich,  vom  Kopfende  beginnend,  die  kielförmige  Anlage  des 
Hirnes  und  Rückenmarkes  von  der  Epidermis  abschnürt,  beginnt  sie 
auch  im  Inneren  eine  Höhle  durch  Auseinanderweichen  der  centralen 
Zellen  zu  erhalten ;  nach  hinten  zu  bleibt  der  Strang  noch  längere 
Zeit  solid. 

In  dem  Besitz  einer  strangförmigen  Verbindung  zwischen  Darm 
und  Medullarstrang  stimmen  die  Knochenganoideu  mit  den  Teleostiern 
überein,  während  die  Acipenseriden  (Fig.  341  cn)  wie  die  Amphibien 
einen  hohlen  Canalis  neurentericus  aufweisen. 

Die  Keimblätter  der  Elasniobraiicliier. 

Nächst  dem  Studium  des  Amphioxus  hat  die  l'ntersuchung  der 
Elasmobranchier  über  viele  entwickelungsgeschichtliche  Vorgänge  bei  den 
Wirbeltieren  in  den  zwei  letzten  Jahrzehnten  mit  am  meisten  Licht 
verbreitet.  Kein  Wunder,  daß  sich  diesem  Objekt  trotz  größerer 
Schwierigkeiten  der  Materialbeschaffung  die  embryologischen  Forscher 
mit  Vorliebe  zugewandt  haben  und  daß  Keimscheiben  und  Embryonen 
von  Haifischen  einen  der  gesuchtesten  Gegenstände  der  verschiedenen 
zoologischen  Stationen  ausmachen.  Daß  die  Selachier  so  dankbare 
Untersuchungsobjekte  abgeben,  hat  man  immer  durch  den  Umstand 
zu  erklären  gesucht,  daß  sie  eine  besonders  primitive  Stellung  unter 
den  Wirbeltieren  einnehmen.  Balfour  scheint  hierdurch  namentlich 
zu  seinem  eingehenderen  Studium  ihrer  Entvvickelungsgeschichte  ver- 
anlaßt worden  zu  sein,  wie  er  denn  in  dem  Vorwort  zu  seiner  Mono- 
graphie der  Elasmobranchier  bemerkt:  „It  is  sufficient  for  my  purpose 
that  the  Elasmobranch  fishes  be  regarded  as  formin g  one  of  the  most 
primitive  groups  among vertebrates,  a  view  whichfinds  ample  confirmation 
in  the  importance  of  the  results  to  which  Prof.  Gegenbaur  and 
his  pupils  have  been  led  in  this  brauch  of  tlieir  investigation" 
(A.  L.  III 3,  1878,  p.  VI). 

Mir  scheint  hier  eine  gewisse  Täuschung  vorzuliegen.  Aus  der 
systematischen  Stellung  einer  Tiergruppe  allein  ist  von  vornherein 
noch  kein  Schluß  zu  ziehen,  ob  das  Studium  ihrer  Entwickelung  ein 
besonders  empfehlenswertes  und  lehrreiches  werden  wird.  Denn  dies 
hängt  von  vielen  a  priori  nicht  zu  berechnenden  Faktoren  ab:  von 
der  Größe  der  Zellen,  von  der  größeren  oder  geringeren  Deutlichkeit, 
mit  der  sich  die  einzelnen  embryonalen  Schichten  voneinander  sondern, 
von  der  Beschaffenheit  des  Dotters,  von  der  Größe  der  Eier  und  der 
Beschaffenheit  ihrer  Hüllen,  lauter  Verhältnissen,  die  mit  der  Stellung 
im  System  direkt  nichts  zu  thun  haben.  Die  Cyclostomen  stehen  in 
ihrem  Bau  dem  Amphioxus  gewiß  in  sehr  vielen  Beziehungen  näher 
als  die  Elasmobranchier.  Trotzdem  bilden  sie  kein  dankbares  Objekt 
für  entwickelungsgeschichtliche  Studien  und  stehen  in  dieser  Beziehung 
hinter  den  letzteren  sehr  zurück.  Ob  die  Dipneusten ,  Ceratodus, 
Lepidosiren  etc.  uns  mehr  Aufschlüsse  über  entwickelungsgeschichtliche 
Prozesse  geben  werden  als    unsere  einheimischen  Amphibien,  oder  ob 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  781 

Hatteria  leliri-eicher  sein  wird  als  eine  andere  Reptilienart,  ist  a  i)riori 
imberechenbar.  Bei  manchen  \'ertretern  der  Cülenteraten  ,  die  man 
doch  ihrer  ganzen  Organisation  nach  als  verschieden  modifizierte 
Gasträatiere  bezeichnen  kann ,  ist  die  Gastrulabildung  (z.  B.  bei 
Geryonia  u.  a.)  viel  weniger  deutlich  ausgeprägt  als  bei  Vertretern 
der  Wirbeltiere,  bei  Amphioxus,  bei  Cyclostomen  und  Amphibien.  Und 
auf  derartige  Ueberraschungen  muß  man  sich  in  der  vergleichenden 
Entwickelungsgeschichte  überall  gefaßt  machen.  f]ins  aber  läßt  sich 
voraussagen,  daß,  je  mehr  die  Untersuchung  auf  die  verschiedensten 
Tierklasseu  und  Tierarten  ausgedehnt  werden  wird,  man  bald  an  diesem, 
bald  an  jenem  Objekt  einen  besseren  Einblick  in  die  Entwickelung 
dieses  oder  jenes  Verhältnisses  gewinnen  wird.  Daher  das  vergleichend- 
entwickeluugsgeschichtliche  Material  nicht  groß  genug  sein  kann. 

Was  nun  die  Entwickelung  der  Keimblätter  bei  den  Haifischen 
betrifft,  so  ist  sie  für  den  Typus  der  meroblastischen  Eier  ganz  be- 
sonders lehrreich:  auch  ist  sie  Gegenstand  einer  Reihe  vortrefflicher 
Untersuchungen  geworden. 

Die  erste  Kenntnis  verdanken  wir  Alexander  Schiltz  (L.  K.  III  ^, 
1875  und  1877)  und  His  (L.  K.  III 5,  1877),  besonders  aber  Pkancis 
Balfouu,  welcher  in  seinem  ausgezeichneten  Buch :  A  Monograph  on  the 
development  of  elasmobranch  Fishes"  (A.  L.  III  ^,  187G  — 1878)  ein  eben- 
so grundlegendes  Werk  wie  die  Amphioxusentwickelung  von  Kowalev.sky 
und  von  Hatschek  geliefert  hat.  Balfour's  Untersuchungen  über  die  Ent- 
wickelung der  Keimblätter  und  der  Chorda  wurden  allerdings  in  der 
Folge  an  Genauigkeit  noch  weit  übertroffen  durch  die  auf  diesen  ein- 
zelnen Gegenstand  besonders  gerichteten  Untersuchungen  von  Swaen 
(L.  K.  III 5,  1885,  1887),  Rückbut  (L.  K.  III 5,  1887,  1889,  1899),  Hoff- 
MANx  (A.  L.  III 3,  1896),  Kastschexko  (A.  L.  III 3,  1888),  Rabl 
(L.  K.  IUI,  1892)  und  Ziegler  (L.  K.  III 5,  1892 1.  Von  mehr  unter- 
geordneten Punkten  abgesehen,  ist  durch  diese  Forscher  eine  so  erfreu- 
liche Uebereinstimmuno-  erzielt  w^orden.  daß  die  Keimblattbildung-  bei  den 
Selachiern  nächst  derjenigen  des  Amphioxus  als  die  mit  am  besten  be- 
kannte bezeichnet  w^erden  muß.  Besonders  empfehlenswertes  Unter- 
suchungsmaterial scheinen  die  Eier  von  Torpedo  und    Pristiui-us  zu  sein. 

In  den  sehr  dotter- 
reichen Eiern  nimmt  der 
Keim  zur  Zeit,  wo  sich  in 
ihm  die  Blastulahöhle  aus- 
gebildet hat,  nur  einen  sehr 
kleinen  Bezirk  ein  (Fig.  351 


dk  kz  dk 


FiK.351.  Medianschnitt  durch  -^^i^--  ■■::-'^- -:■'"' :''','^^Mi&^  .4^iS^v 


1^.  o.ji.   iUeuiaiiscuniLi;  uuicii    o - 
eine   Keimblase    von    Pristiurus. 


Nach  RÜCKERT.   Rechts  liegt  das  i?^^^;     :-.  :K. :  '::^^m^^r=^:rs(am&^Wfsi^^ 

embrvonale    hintere     Ende.      B  ^^'■'oÄ.|ooo^:ri:^|•,%%i■;;:/:;•■^•^■^'■  :' ■■   ;  ;^'^;Vi;^^'^'CÄ'5|'^~ 

Keiniblasenhöhle.  c/yt  Dotterkerne.  ''     '^'"'•''^'t^e^t-rV.v-iv  w:^.^.;;- ;  ^c?^ 

kz  KeimzeUen.  '    "-'^^''''-"^^'^'l^S^^:^- 


u.  352).  Die  Decke  der  Keim  blase  besteht  aus  vielen  Lagen 
kleiner  Embryonalzellen ,  die  nach  der  Höhle  zu  rund  sind  und 
locker  zusammenliegen ,  an  der  Oberfläche  dagegen  kubisch  oder 
cylindrisch  werden  und  dicht  aneinander  schließen.  Den  Boden 
der  Höhle  bildet  Dottermasse  (dj,  in  deren  Oberfläche  große,  gelappte 
Kerne  {dk)  [Merocyten,  RückertJ  zerstreut  liegen.  Schon  auf  diesem 
Stadium    läßt   sich   ein  vorderer   (v)   und    ein    hinterer  Rand    (/«)    am 


782 


0.  Hertwig, 


sclieibeuföniiigen    Keim 
als    auf  Durchschnitten 


sowohl    bei 
unterscheiden. 

1,  <i 


Betrachtung   von    der    Oberfläche 


.5 


Denn  vorn  {v)  ist  auf  den 
früheren  Stadien  der  Bla- 
stula  die  Decke  dicker  und 
zellenreicher ;  nach  hinten  ( h) 
verdünnt  sie  sich  und  wird 
daher  durchscheinender,  so 

Fig.  352.  Länesschnitt  durch 
Embryonalraud  der  Keirablase 
von  Pristiurus  nach  RCckert 
(1899.  Taf.  LVII,  Fig.  63).  r 
vorderer,  A  hinterer  Teil  der 
Keimblasendecke.  dk  Dotter- 
kerne, Merocyten.  dz  Zellen  am 
Boden  der  Keirablase.  d  Dotter 
am  Boden  der  Keimblase. 


daß  man  bei  der  FJächeuansicht  ein  helleres,  sichelförmiges  Feld  dem 
hinteren  Rand  entsprechend  wahrnimmt. 

Noch  deutlicher  wird  die  Unterscheidung  mit  Beginn  der  Gastrulation. 
Denn  es  grenzt  sich  der  hintere  zellige  Rand  gegen  den  nicht  in  Zellen 
zerlegten  Nahrungsdotter  durch  eine  nach  vorn  konkave  Sichel- 
rin  n  e  schärfer  ab  (Fig.  o5o  u.  354) ;  zugleich  wird  die  Keimblattbildung' 

im     hinteren      Bezirk 

Fig.  353.  eingeleitet.     Während 

V  en  en  ek  ui        voru  iv)  im  verdickten 

Abschnitt  der  Decke 
die  oberflächlichen  ku- 
bischen Zellen  nach 
unten  kontinuierlich 
in  das  Lager  der 
Rundzellen  übergehen, 
ist   hinten  schon  eine 

Fig.  353.  Längsschnitt 
dnrch  den  Embryonalrand 
des  Keimes  von  Pristiurus 
am  Beginn  der  Gastru- 
lation,  nach  Rückert 
(J899,  Taf.  LVII,  Fig.  64). 
Bezeichnungen  wie  in 
F'ig.  352.  Außerdem:  kh 
Keim  blasenhöhle,  en  u.  ek 
in  Bildung  begriffenes 
inneres  und  äußeres  Keim- 
blatt. (//  sich  markierende 
Urmundlippe. 

Fig.  354.  Längsschnitt 
durch  den  Embryonalrand 
eines  Keimblasenstadiums 
von  Pristiurus  mit  be- 
ginnender Gastrulaeinstiil- 
pung,  nach  Ritckert  (1899, 
Taf.  LVII,  Fig.  65).  sr 
Sichelrinne. 


dz 


Sonderung 

und 

flächlichsten  Zellen 


in    2    Schichten,    die    erste 
inneren    Keimblattes    {en), 


Anlage 


eingetreten 


(Fig 


eines 

,   352). 


sind  hoch   und  cvlindrisch 


geworden 


äußeren  (ek) 
Die  ober- 
ihre  Kerne 


Die  Lehre  von   den   Keiniblättern 


783 


bilden  ebenfalls  nahe  an  der  Oberfläche  eine  einzige  Reihe,  sie  sind 
so  zu  einer  einfachen  epithelialen  Schicht  angeordnet,  die  nach  vorn 
allniählich  in  den  verdickten  Teil  der  Decke  übergeht;  nach  unten  sind 
sie  durch  einen  deutlichen  Spalt  von  einer  besonderen  Schicht  locker 
verbundener  Rundzellen 


Anhäufung   bilden    und 
(RÜCKERT  1890,  p.  094). 
inneren  Keimblattes  vor 


getrennt,  die  am  hinteren  Rand  eine  dickere 
nach  vorn  zu  allmählich  spärlicher  werden 
Man  hat  in  ihnen  das  erste  Auftreten  des 
sich,  Zellen,  die  durch  eine  vom  hinteren 
Rand  ausgehende  Einstülpung  unter  der  Lage  der  Cylinderzellen,  dem 
äußeren  Keimblatt,  von  hinten  nach  vorn  vorgeschoben  werden. 

Li  den  Prozeß  der  Gastrulation  giebt  uns  eine  Reihe  von  Durch- 
schnitten durch  verschieden  weit  vorgerückte  Stadien  einen  ziemlich 
erschöpfenden  Einblick.  Wir  betrachten  getrennt  die  Veränderungen 
in  der  hinteren  und  in  der  vorderen  Hälfte  der  Scheibe,  an  ihrem 
hinteren  und  an  ihrem  vorderen  Rand.  Hinten  bildet  sich  die  Ein- 
stülpungshöhle, der  Urdarm  (Fig.  354  u.  355  ud).  Die  Sichelrinne 
am  Rande  der  Scheibe  wird  tiefer  (Fig.  354  sr).  Die  Zellen  ordnen 
sich  hier  zu  einen  Epithel  fester  zusammen,  das  nach  unten  dem  Dotter 
dicht  anliegt.    Dann  dringt  die  Rinne  etwas  unter  den  Rand  der  Scheibe 


vorn  (Fig,  355),  hebt  sie  vom  Dotter 
kleinen  Hohlraum  her,  den    ersten 
Rand  aus  bildet  sich  dabei  immer 
aus,    in    welchem    die    Zellen 
ähnlicher  Weise  wie  im  Ek- 


ab  und  stellt  zwischen  beiden 
Anfang  des  Urdarmes  (iid). 
deutlicher  ein  zweites  Keim- 


nach 
einen 
Vom 
blatt 
sich  in 

toblast  zu  einem  wohlgeordneten 
Epithel  (en)  fest  aneinander  fügen. 
Es  setzt  sich  nach  vorn  ohne  scharfe 
Grenze  in  die  schon  oben  erwähnte 
Lage  mehr  rundlicher  und  locker 
angeordneter,  embryonaler  Zellen 
fort.  Diese  kriechen  zum  Teil  auf 
dem  Nahrungsdotter  entlang,  der 
den  Boden  der  Keimblasenhöhle 
bildet,  zahlreiche  Kerne  einschließt 
und  daher  von  H.  Virchow  als  cen- 
trales Dottersyncytium  unterschieden 
wird  (Fig.  356).  Rückert,  Swaen  und  Ziegler  haben  beide  Ab- 
schnitte mit  verschiedeneu  Namen  belegt  und  den  epithelial  gebauten, 
an  der  Decke  des  Urdarmes  gelegenen  Teil  (fw)  als  gastraleuEn- 
t  0  b  1  a  s  t .  dagegen  die  Lage  lockerer,  den  Urdarm  selbst  nicht  be- 
grenzender Zellen  (e^i)  als  Dotterento  blast  oder  subblastocöles 
Entoderm  (Ziegler)  bezeichnet.  Der  Umschlag  des  äußeren  in  das 
innere  Blatt  ist  die  dorsale  Urmundlippe  {ul). 

g  fh  vr 


Fig.  355.  Längsschnitt  durch  den 
ürmundrand  eines  sehr  frühen  Ga- 
strulastadiums  von  Pristiurus,  nach 
RÜCKERT  (L.  K.III%  1899,  Tai  LVII, 
Fig.  66).  ucl  Urdarm.  en  gastraler 
Entoblast.    en '   Dotterentoblast. 


k  d.  p 

Fig.  3r)6.  Medianschnitt  eines  Blastoderms  von  Torpedo  oceüata  im  Beginn 
der  Gastrulation.  g  Gastrulahöhle.  .;"//  Kcimblasenhöhle.  vr  vorderer  Rand  der 
Keimhaut,    k  Kerne  des  Dottersyncytiunis.    p  Dottersyncytium.  d  Dotter. 


784  0.  Hertwig, 

An  dem  in  Fig.  ;557  abgebildeten  etwas  älteren  Stadinm  ist  der 
Urdarm  und  seine  dorsale,  aus  2  Ei)ithelblättern  aufgebaute  Wand 
erheblich  größer  als  in  Fig.  356  geworden.  Es  läßt  sich  hierbei  die 
Frage  aufwerfen,  wie  diese  Vergrößerung  des  Urdarmes  und  seiner 
dorsalen  Wand  zu  stände  gekommen  ist.  Drei  Fälle  sind  möglich. 
Einmal  kann  der  gastrale  Entoblast  sich  dadurch  vergrößern,  daß  die 
Einstülpung  sich  nach  vorn  hin  weiter  vertieft  und  die  Rundzellen 
sich  vom  Dotter  abtrennen   und  im    Anschluß   an   das   erst    gebildete 


ik  ak  td 


ds  eis 

Fig.  357.  Medianschnitt  durch  das  in  Fig.  359  abgebildete  Stadium  von 
Torpedo,  nach  Zieglek.  ak  äußeres  Keimblatt,  ik  inneres  Keimblatt,  ud  Urdarm. 
ds   Dottersyncytium.     id  Urmundlippe.     ms  Mesenchym. 

Epithel  selbst  eine  epitheliale  Anordnung  annehmen.  In  diesem  Falle 
könnte  man  von  einer  Entstehung  des  Urdarmes  durch  eine  wirkliche 
Einstülpung  sprechen ;  der  gastrale  Entoblast  würde  sich  auf  dem 
Dotterboden  entlaug  mit  seinem  Ansatz  immer  weiter  nach  vorn 
schieben  und  dadurch  vergrößern.  Zweitens  könnte  sich  die  Gastru- 
lation  aber  auch  in  der  Weise  abspielen,  daß  der  Ansatzpunkt  des 
gastralen  Entoblasts  an  dem  Dotter  sich  nicht  nach  vorn  verschiebt, 
dagegen  der  dorsale  ürmuudrand  sich  weiter  nach  hinten  über  den 
Dotter  ausdehnt  und  so  die  Vergrößerung  des  Urdarmes  bewirkt. 
Drittens  könnten  beide  Vorgänge  kombiniert  stattfinden. 

Eine  Prüfung  der  Wachstumsvorgänge  spricht  am  meisten  zu 
Gunsten  der  zweiten  und  der  dritten  Annahme.  Denn  es  findet  ja 
auf  allen  Stadien  der  Gastrulation  ein  starkes  Wachstum  des  Keimes 
in  der  Fläche  statt.  Die  Scheibe,  die  am  Beginn  des  Blastulastadiums 
sehr  klein  ist,  nimmt  bald  den  doppelten  und  den  dreifachen  Umfang 
ein.  Wie  nach  vorn  und  seitlich  wird  diese  Ausdehnung,  wenn  auch 
vielleicht  in  geringerem  Maße,  nach  hinten  vor  sich  gehen.  Ist  dies 
aber  der  Fall  —  was  wir  zumal  im  Hinblick  auf  Beobachtungen 
an  anderen  Wirbeltierklassen  nach  der  ganzen  Sachlage  als  ziemlich 
sicher  glauben  annehmen  zu  müssen  —  so  fällt  der  Umschlagsrand  der 
dorsalen  Urmundlippe  auf  späteren  Stadien  der  Gastrulation  nicht  mehr 
mit  der  Stelle  der  zuerst  entstandenen  Sichelrinne  zusammen,  sondern 
kommt  infolge  des  Flächenwachstums  des  Keimes  immer  weiter  nach 
hinten  von  dieser  Stelle  zu  liegen.  Der  Urdarm  entsteht  also  seinem 
größeren  Umfang  nach  nicht  durch  eine  wirkliche  Einstülpung,  sondern 
durch  eine  Ueberwachsung  des  Dotters.  An  diese  Auffassung  vom 
Zustandekommen  der  Gastrulation  läßt  sich  noch  eine  weitere  Theorie 
anknüpfen,  auf  welche  indessen  erst  später  näher  eingegangen  werden 
soll. 

Mit  der  Vergrößerung  des  Urdarmes  breitet  sich  auch  die  Sichel- 
rinne dem  Rand  des  Keimes  entlang  weiter  nach  vorn  aus  und  um- 
faßt schließlich  die  ganze  hintere  Hälfte  der  Scheibe.  Es  bildet  sich 
eine  Art  Umschlagsrand  aus,  der  aber  nur  eine  geringe  Ausdehnung 
erreicht  und  eine  nur  wenig  tiefe  Rinne  bedeckt.  Nach  vorn  verliert 
er  sich  allmählich,  indem  auch  die  Rinne  schwindet. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


785 


schwindet  Schritt 
wie   früher 


für 


einge- 
iiii  hinteren  Bezirk  ge- 


Anderen    Veränderungen    begegnet   man    in    der    vorderen    Hälfte 
der  Enibryonalaiihige.    Die  hier  anfangs  bestehende,  früher  beschriebene 
Verdickung  an  der  Decke  der  Keinil)lasenhühle 
Scliritt,    bis  schließlich   das   umgekehrte  Verhall 
treten  und  die  Keimhaut  vorn  viel  dünner  als 

^Yorden  ist.  Die  früher  vorhandenen  Rundzellen  nehmen  mehr  und 
mehr  an  Menge  ab.  Wahrscheinlich  geschieht  dies,  wie  Ziegler  be- 
merkt, in  der  Weise,  daß  sie  sich  bei  der  Flächenvergrößerung  der  Keim- 
haut teils  nach  der  Oberfläche,  teils  nach  der  Peripherie  zu  bewegen 
und  sich  in  die  oberflächlichste  Zelleulage  mit  ihrem  sich  immer 
schärfer  ausprägenden,  epithelialen  Gefüge  einordnen.  Schließlich  be- 
steht nach  vorn  die  Keimhaut  aus  einer  einfachen  Lage  fest  zusammen- 
schließender, kubischer  Zellen,  dem  äußeren  Keimblatt;  je  mehr  nach 
hinten,  um  so  höher  werden  die  Zellen  und  gehen  so  in  ein  ausge- 
prägtes Cjdinderepithel  über.  Nach  dem  vorderen  Rand  zu  verdickt  sich 
das  Blatt  ein  wenig  und  wird  aus  mehreren  Lagen  von  Rundzellen  zu- 


sammengesetzt 


an    den 


Nahruugsdotter 


Umschlagrandes 
hier  auch  eine  Rinnenbildung. 


die    ohne    Bildung   eines 

ngrenzen.   Daher  fehlt 

Eine    weitere   Veränderung    betrifft   endlich    noch    die    oben   als 

Dotterentoblast   (subblastocöles   Entoderm)   bezeichneten   Zellen.     Sie 

breiten    sich     vom    Grund    der    Urdarmhöhle    {ud    Fig.   357   u.    358) 


en 


Fig.  358.  Querschnitt  durch  eine  Embryonalanlage  von  Torpedo  ocellata 
(Stadium  B  Balfour),  durch  vorderes  Ende  des  Urdarmes,  nach  Ziegler  (Taf.  III, 
Fig.  12  V.). 

weiter  nach  vorn  und  seitlich  als  eine  dünne  Schicht  auf  dem  Dotter 
aus,  die  Keimblasenhöhle  verdrängend  bis  auf  einen  kleinen  Rest,  der 
sich  nahe  dem  vorderen  Rande  lange  Zeit  erhält.  Die  Stelle  ist  bei 
Betrachtung  der  Keimhaut  von  der  Oberfläche  leicht  und  bis  in  ziemlich 
späte  Stadien  der  Entwickelung  hinein  zu  erkennen  (Fig.  359),  weil 
daselbst  das  äußere  Keimblatt  blasenartig  nach  außen  vorgestülpt  ist. 
Ziegler  nennt  den  schon  von  Schultz  beschriebenen  Rest  der 
Furchungshöhle  die  „Blastocölblase"  und  giebt  von  ihr  an,  daß  man 
in  ihr  einige  große  und  viel  Dotter  enthaltende,  isolierte  Zellen  antrifft 
(L.  K.  III 5,  1892,  p.  62).  Schließlich  stellt  der  Dotterentoblast  unter  dem 
dünnen  äußeren  Keimblatt  eine  zusammenhängende  lockere  Schicht  dar. 
Zu  seiner  Flächenausbreitung  und  seinem  Wachstum  haben  wahrscheinlich 
auch  die  locker  verbundenen  Rundzellen  von  mehr  embryonalem  Charakter 
am  vorderen  Keimscheibenrand  beigetragen.  Vorübergehend  „führt 
der  Dotterentoblast  vorwiegend  längliche,  besonders  spindelförmige 
Elemente,  zwischen  denen  vereinzelt  runde,  oft  auffallend  große,  dotter- 
reiche Zellen  sich  finden,  und  zwar  außerhalb  sowie  namentlich  inner- 
halb der  Keimhöhle".  Rückert  heißt  sie  Megasphären  und  giebt 
von  ihnen  an,  daß  sie  sich  von  den  übrigen  Zellen  durch  einen  un- 
gewöhnlichen Keruinhalt  auszeichnen  und  wohl  sicher  als  abgefurchte 
Merocyten  anzusehen  seien.  Später  nimmt  nach  der  übereinstimmen- 
den   Darstellung  von   Rückert,   Swaen   und   Ziegler   der   Dotter- 


Handbuch  dfr  Eatwickelan^slehre.  I. 


50 


786 


0,  Hertwig, 


entoblast  eine  m  es enchy  in  ähnliche  Beschaffenheit  an,  dadurch  dal5 
die  Zellen  Fortsätze  aussenden  und  sich  durch  ihre  Verniittelung  ver- 
binden. Viele  haben  mehr  als  zwei  Fortsätze,  sind  also  sternfönnig. 
Da  der  Rand  des  scheibentVirniigen  Keimes ,  wie  die  Durch- 
schnitte (Fig.  357  u.  358)  gelehrt  haben,  auf  dem  Stadium  der  Gastru- 
lation  vorn  und  hinten  einen  verschiedenen  Bau  besitzt  und  auch 
später  einen  solchen  noch  längere  Zeit  erkennen  läßt,  so  empfiehlt  es 
sich,  die  zwei  Abschnitte  mit  verschiedeneu  Namen  zu  belegen.  Der 
hintere  Rand,  soweit  der  Umschlag  stattfindet  und  eine  Rinne  sich 
ausbildet,  die  in  den  Urdarm  führt,  seitwärts  aber  an  Tiefe  verliert 
und  schließlich  verstreicht,  kann  zweckmäßigerweise  als  Urmund- 
rand  oder  embryobildender  Rand  bezeichnet  werden.  Durch 
den  zweiten  Namen  soll  ausgedrückt  werden,  daß  nach  einer  später 
zu  besprechenden  Theorie  ihm  die  Hauptaufgabe  bei  der  Bildung  des 
embryonalen  Körpers  zufällt.  Der  vordere  Umfang  der  Scheibe  da- 
gegen kann  der  Umwachsungsrand  heißen.  Denn  er  bleibt  bei  der 
Entstehung  des  embryonalen  Körpers  ganz  unbeteiligt.  Er  breitet 
sich  nur  allmählich  über  immer  größere  Abschnitte  des  Dotters  aus 
und  überzieht  sie  mit  einer  dünnen  Keimhaut.  Er  bildet  auf  diese 
Weise  nur  die  Wand  des  Dottersacks  durch  den  einfachen  Vorgang 
einer  U  m  wachs  ung.  Eine  Einstülpung  und  Bildung  einer  Urdarm- 
höhle  kommt  dagegen  hier  nicht  zu  stände. 


Das  Auftreten    der   mittleren  Keimblätter,  der  Chorda- 
anlage und  der  Nervenplatte. 

Das  nächste,  sehr  wichtige  Stadium  in  der  Entwickelung  des 
Selachierkeimes  ist  gekennzeichnet  durch  das  Auftreten  des  mittleren 
Keimblattes ,  die  erste  Anlage  des  Centralnervensystems  und  der 
Chorda.  Die  Befunde  sind  so  außerordentlich  klar,  daß  in  ihrer  Be- 
schreibung die  verschiedenen  Beobachter  übereinstimmen.  Schon  bei 
Betrachtung  der  Oberfläche  sind  jetzt  mehr  Einzelheiten  wahrzu- 
nehmen (Fig.  359).  Der  hintere  Rand  zeigt  in  seiner  Mitte  eine  gut 
ausgeprägte,  bedeutungsvolle  Einziehung,  die  unter  dem  Namen  der 
Rand  kerbe  bekannt  ist.  Vor  ihr  erhebt  sich  eine  knötchenförmige 
Verdickung,    die   Embryonal  anläge;   sie   ist   dadurch    entstanden, 


Fig.  359. 


Fio-.  HöO. 


Fig.  359. 
(1892,  Fig.  3). 


Embryo  von  Torpedo  im  Stadium  B  von  Balfour,  nach  Ziegler 
hh  Rest  der  Keirablasenliölile.    mk  verdickter  Randwulst.     rk  Rand- 
kerbe,    h  Hirnplatte,    seh  Lage  des  Querschnittes  von  Fig.  3(J1. 

Fig.  360.    Ei  von  Scyllium  canicula  mit  Keimhaut  auf  Stadium  B.  Photogramm 
des  anat.-biol.  Instituts  nach  einem  Präparat  des  Herrn  Dr.  Jabloxowski. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


787 


daß  ein  Abschnitt  des  äußeren  Keimblattes  sich  etwas  verdickt  und 
zur  Nervenplatte  differenziert  hat.  Indem  die  Platte  mit  ihren  Rändern 
sich  nach  vorn  und  seitlich  über  das  Niveau  der  Keimliaut  ein  wenig 
emporhobt  (Fig.  359),  erhält  sie  in  ihrer  Mitte  eine  seichte  Furche, 
die  nach  hinten  in  die  Randkerbe  ausläuft,  ..die  Rücken-  und  Medullar- 
furche".  Ihre  JJegreuzung  nach  vorn  biklen  der  (juere  Hirnwulst 
und  nach  der  Seite  die  beiden  Medullarwülste.  Nach  vorn  ist  nahe 
dem  Rande  der  Keimhaut  ein  kleiner  Hügel,  die  schon  früher  be- 
sprochene Blastocölblasc.  zu  bemerken.  Auch  zu  dieser  Zeit  ist  der 
eigentliche  Keim  im  \^erhältuis  zum  mächtigen  Nahrungsdotter  noch 
sehr  klein,  wie  das  nach  einer  photographischen  Aufnahme  reprodu- 
zierte Bild  des  langgestreckten  ovalen  Eies  eines  Scyllium  in  instruk- 
tiver Weise  zeigt.  Auffallend  ist  die  stark  exzentrische  Lage  des 
Keimes,  und  nicht  minder  beachtenswert  ist  der  Umstand,  daß  die 
Längsachse  der  Embryonalanlage  weder  mit  dem  Längs-  noch  Quer- 
durchmesser des  Eies  zusammenfällt. 

An  Querschnitten  ist  jetzt  das  erste  Auftreten  des  mittleren  Keim- 
blattes nachzuweisen.  Es  nimmt  seinen  Ursprung  längs  des  Urmundes. 
an  dessen  hinterer  Cirkumferenz  es  sich  zuerst  entwickelt  und  von 
hier  nach  vorn  allmählich  ausdehnt.  Nur  im  Bereich  der  Rand- 
kerbe  zeigt  es  eine  Unterbrechung  und  wird  dadurch  in 
eine  linke  und  eine  rechte  Hälfte  zerlegt.  Etwa;?,  nach  ein- 
wärts von  der  Umschlagsstelle  des  äußeren  in  das  innere  Keimblatt 
sieht   man   in   dem  Querschnittsbild  (Fig.  361)  eine  kleinzellige  Masse 


ak 


ch 


mk 


Tnk     ak 


£Sä^%w 


Fig.  361.     Querschnitt   durch   den 
sprechend  der  Linie  sc/>,  nach  Ziegler. 
Keimblatt,     mk  mittleres  Keimblatt. 
Keimblatt  einwächst. 


in  Fig.  359  abgebildeten  Selachierkeim  ent- 
rli  Chordaentoblast.  «A-  äußeres,  ik  inneres 
Mesodermrinne,  von    welcher   das    mittlere 


sich  in  den  Raum  zwischen  die  beiden  primären  Keimblätter  hinein- 
schieben, und  zwar  längs  einer  tiefen  Rinne,  welche  von  Rückert  als 
„C  ö  1 0  m  b  u  c h  L',  von  Ziegler  als  „M  e  s  o  d  e  r  m  b i  1  d  u  n  g s  r  i  n  n  e" 
beschrieben  worden  ist  und  welche  der  Einkerbung  an  dem  Urmund- 
rand  der  Amphibien  (vergl.  p.  759)  entspricht.  Wie  Rabl  (L.  K.  III  K 
LS92,  p.  6)  besonders  hervorhebt,  finden  sich  „im  Grunde  der  Grube  oder 
nicht  weit  davon  entfernt  häutig  Teilungstiguren,  mit  der  Achse  gegen 
die  Grube  gerichtet.  Es  kann  nicht  zweifelhaft  sein,  daß  von  dieser 
Stelle,  wie  bei  den  Amphibien,  die  Bildung  des  Mesoderms  erfolgt". 
Durch  die  Cölombucht  wird  die  infolge  des  Auftretens  des  mittleren 
Keimblattes  sehr  verdickte  Urmundlippe  gewissermaßen  in  2  kleinere 
Lippen  zerlegt,  von  welchen  die  obere  weiter  nach  außen  vorspringt 
als  die  untere.  Wenn  von  der  Cölombucht  aus  eine  Spalte  noch  tiefer 
in  das  mittlere  Keimblatt  einschneiden  und  es  schon  jetzt  in  das  erst 
später  sich  trennende  parietale  und  viscerale  Blatt  zerlegen  würde, 
so  erhielte  mau  2  links  und  rechts  von  der  Randkerbe  gelegene 
Säcke,  welche  die  Grundlage  für  die  spätere  Leibeshöhle  bilden. 

50* 


788 


0.  Hertwig, 


Das  von  der  Cölombucht  am  Urimiiidrand  ausgehende  mittlere 
Keimblatt  ist  seinem  Ursprung  nach  von  Rückert  als  peripheres , 
von  Rabl  als  p  e  ri  s  t  o  m  a  1  e  s  bezeichnet  worden.  Dazu  gesellt  sich  noch 
ein  zweites  Ursprungsgebiet,  das  mit  dem  Wachstum  des  embryonalen 
Körpers  an  Ausdehnung  gewinnt  und  als  axiales  (Rückert)  oder 
gastrales  (Rabl)  unterschieden  wird.  Es  nimmt  nämlich  an  der 
Decke  des  Urdarmes  seinen  Ursprung.  Hier  tritt  in  ähnlicher  Weise 
wie  bei  Amphioxus  und  den  übrigen  schon  besprochenen  Wirbeltier- 
klassen eine  Sonderung  in  verschiedene  Zonen  ein.  Unter  der  Me- 
dullarrinne  grenzt  sich  von  den  seitlichen  Teilen  des  inneren  Keim- 
blattes ein  schmaler  Streifen  cylindrischer  Zellen  ab  (Fig.  361  ch), 
der  von  vorn  nach  der  Randkerbe  verläuft  und  später  zum  Aufbau 
der  Chorda  verwandt  wird.  Wir  nennen  ihn  daher  die  Chorda- 
anlage im  Unterschied  zu  den  seitlichen  Teilen  oder  dem  Darmento- 
blast  {ik).  Beide  Abschnitte  werden  mit  der  Entwickelung  des  axialen 
oder  gastralen  Mesoblasts  schärfer  gegeneinander  abgesetzt.  Wie  die 
Querschnitte  (Fig.  362)  lehren,  ist  zu  beiden  Seiten  der  Chordaanlage  (ch) 


d  dk 

Fig.  362.  Querschnitt  durch  eine  Embryonalanlage  von  Pristiurus  melanostomus 
(Btadium  B  Bai.four)  aus  der  vorderen  Hälfte,  nach^RABL  (1892,  Taf.  VII,  Fig.  3). 
ak,  ik,  mk  äußeres,  inneres,  mittleres  Keimblatt,  mk,  mk^  i^eripherer,  gastraler  Meso- 
soblast.  vif  Medullarfalten.  mr  Medullarrinne.  kI  Urmundlippe.  •■■*  Mesoderm- 
ursprungsrinne.     d  Dotter,     dk  Dotterkerne,     ch  Chordaanlage. 


in    genau  derselben 
entstanden,    der   man 


Weise  wie  am  Urmundrand  eine  tiefe  Rinne  (**) 

den   Namen   einer  Cölombucht  oder 

kann.     Denn   auch   hier  nimmt  von  ihr 


gleichfalls 


Mesodermbildungsrinne  geben 
eine  ansehnliche  Zellen  Wucherung  ihren  Ausgang,  welche  sich  lateral- 
wärts  zwischen  äußeres  und  inneres  Keimblatt  hineinschiebt,  das  oben 
erwähnte  axiale  oder  gastrale  Mesoderm  (mk^). 

Von    dieser  Stelle   giebt  Rabl   ebenfalls  an,    daß  sich  im  Grunde 


der    Grube   oder   in 


gastrale  Mesoderm 

giebt 
geringer  Entfernung 


davon   häufig  Kernteiluu 


gs- 
figuren  vorfinden,  deren  Achsen  so  stehen,  daß  sie  ungefähr  gegen  die 
Gruben  hinzielen. 

Stellt  man  sich  vor,  daß  von  der  Cölombucht  sich  eine  Spalte  in 
den  Mesoblast  fortsetzt  und  ihn  in  ein  parietales  und  viscerales  Blatt 
zerlegt,  so  erhält  man  links  und  rechts  genau  wie  beim  Amphioxus 
2  vom  Urdarm  ausgehende  Taschen  zu  beiden  Seiten  der  Chorda- 
anlage.   „Man  kann  sich  leicht  überzeugen",  bemerkt  Rabl,  „daß  hier 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


789 


insofern  eine  Kontimiitätstrennnng  des  Entoderms  l^esteht,  als  Chorda- 
entoderm  und  Darnieutoderm  nicht  unmittelbar  ineinander  übergehen, 
sondern  beide  sich  ins  Mesoderm  fortsetzen/'  Dazu  ist  noch  hinzu- 
zufügen, daß  die  Chordaanlage  sich  in  das  parietale  Blatt  des  Mesoblasts 
fortsetzt,  der  Darmentoblast  aber  sich  an  einer  Stelle,  die  ich  Urdarni- 
lijjpe  genannt  habe,  ins  viscerale  Blatt  umschlägt  und  mit  ihm  zu- 
sammen eine  Art  Urdarmfalte  liefert.  —  Links  und  rechts  von  der 
Randkerbe  (Fig.  359  rk)  geht  der  gastrale  in  den  peristomalen  Meso- 
blast  kontinuierlich  über. 

Den  Befund  können  wir  daher  dahin  zusammenfassen,  daß  der 
Mesoblast  seiner  Anlage  nach  eine  paarige  Bildung  ist.  Er  besteht 
aus  einer  linken  und  einer  rechten  Hälfte,  die  durch  die  Chordaanlage 
voneinander  getrennt  sind.  Jede  Hälfte  schiebt  sich  als  ein  zusammen- 
hängendes Blatt  von  zwei  Ursprungsstellen  her,  1)  von  dem  Urmund- 
rand,  und  2)  seitlich  von  der  Chordaanlage  zwischen  die  Grenzblätter 
hinein.  Ihr  nach  vorn  gerichteter  Rand  ist  halbmondförmig.  Daher 
treffen  Querschnitte  (Fig.  362)  vorn  das  mittlere  Blatt  doppelt,  indem 
hier  der  vom  Urmund  und  der  seitlich  von  der  Chordaanlage  ent- 
springende Teil  durch  einen  Zwischenraum  getrennt  sind.  Je  mehr 
man  aber  in  der  Querschnittsserie  nach  hinten  geht,  um  so  kleiner 
wird  der  Zwischenraum,  bis  schließlich  der  peristomal  und  gastral  ge- 
legene Mesoblast  in  eine  Schicht  zusammenfließen. 

An  etwas  älteren  Keimen,  die  sich  etwa  auf  dem  Stadium  C  von 
Balfour  befinden,  spielen  sich  die  uns  schon  bei  Amphioxus  und 
anderen  Objekten  bekannt  gewordenen  Veränderungen  in  derselben 
Reihenfolge  ab,  so  daß  nach  dem  Kopfende  zu  die  Organdifferenzierung 
schon    weiter  fortgeschritten  ist,    während  sie,  je  näher  dem  Urmund- 


dargestellt. 


rand,  sich  um  so  mehr  noch  im  Rückstand  befindet.  Von 
fläche  gesehen  ist  Stadium  C  in  Fig.  363 
Hirnwulst  oder  die  Kopffalte  Balfour's,  sowie 
die  Medullarwülste,  in  welche  sie  sich  nach 
hinten  fortsetzt,  springen  über  die  Oberfläche 
weiter  hervor  und  umfassen  die  tiefer  gewordene 
Medullarrinne.  Die  Randkerbe  ist  noch  weit 
auffälliger  und  dadurch  so  tief  geworden,  daß 
der  hintere  Teil  der  Scheibe  in  Gestalt  der  beiden 


der 
Der 


Ober- 
quere 


Fig.  363.     Embryo   von  Torpedo 
Balfour,  nach  Ziegler  (L.  K.  III  ^ 


im  Stadium  C  von 
1892,  Fig.  4). 


Schwanz-  oder  K  a  u  d  a  1 1  a  p  p  e  n  (tail  swellings  von  Balfour)  rück- 
wärts über  den  Dotter  herüber  gewachsen  ist. 

An  einer  Schnittserie  treten  nun  von  hinten  nach  vorn  folgende  Ver- 
änderungen ein.  Ein  Querschnitt  durch  die  Schwanzlappen  (Fig.  364  A) 
zeigt,  daß  sie  vollkommen  frei  dem  Dotter  aufliegen.  Da  sie  ringsum 
vom  Urmundrand  begrenzt  sind,  ist  derselbe  zweimal  getroffen  und  mit 
ihm  die  Ursprungslinie  des  Mesoblasts,  an  welcher  wir  eine  mediane 
{cm)  und  eine  laterale  Strecke  {cl)  unterscheiden  können.  Etwas  nach 
vorn  von  der  Randkerbe  liefert  der  Querschnitt  (B)  ein  Bild,  welches  kaum 


em  getretenen 


anders  als  aus  einer 
läppen    zu    erklären   ist.     In   ihre 
oben  und  unten  Furchen  ein.   von 
die  Medullarfurche,   die   untere  in 


Verschmelzung  der  beiden  Kaudal- 
Nahtstelle  (»^)  schneiden  noch  von 
denen  sich  die  obere  nach  vorn  in 
die  Chordarinne  fortsetzt.    Ebenso 


790 


0.  Hertwig, 


geht  nach  vorn  zu  die  verschmolzene  Zellniasse  einerseits  in  die  Me- 
dullarplatte  ,  andererseits  in  die  Chordaanlage  über.  Die  seitwärts 
von  der  Naht  gelegenen  Abschnitte  gleichen  in  ihrem  Bau  den  Kaudal- 
lappen.   Auch  die  an  diesen  unterschiedenen  medianen  Cölomrinnen  {cm) 


«^rrge^T^^^^'  nj>;i . 


'*^ 


cm 


n 


cm 


cl 


c 


D 


eil 
Fig.  364.  Querschnittserie  durch  das  hintere  Ende  eines  Scyllium- Embryos. 
Photogr.  d.  anat.-biol.  Inst.  No.  10.  Der  Embryo  steht  in  der  Entwickelung  zwischen 
den  Stadien  C  und  D  von  Balfoijr.  A  Schnitt  durch  den  Sulcus  neurentericus.  B 
durch  die  Naht  der  Kaudallappen,  C  durch  eine  weiter  nach  vorn  gelegene  Stelle 
der  Naht,  D  durch  die  Trennung  von  Medullär-  und  Chordaplatte,  ch  Chorda. 
n  Naht  des  Urmundes.     cl,  cm  laterale  und  mediane  Cölombucht. 


sind  noch  links  und  rechts  von  der  Naht  ausgeprägt.  Doch  hat,  da 
der  Schnitt  nicht  genau  quer  geführt  ist,  auf  der  linken  Seite  sich  das 
mittlere  Keimblatt  schon  von  seiner  medianen  ürsprungslinie  abgelöst. 
Im  dritten  Querschnittsbild  (C)  ist  die  Loslösung  auch  rechterseits  er- 
folgt. An  der  Nahtstelle  beginnt  sich  der  zur  Medullarplatte  gehörige 
Teil  der  verschmolzenen  Zellenmasse  schon  von  der  Chordaanlage 
besser  abzugrenzen.  Noch  ein  paar  Schnitte  weiter  nach  vorn  (D)  ist 
die  Abtrennung  vollständig  geworden.  Während  das  mittlere  Keim- 
blatt seinen  medianeu  Ursprung  an  diesem  Präparat  bald  nach  dem 
Eintritt  der  Verschmelzung  der  Kaudallappen  verloren  hat,  ist  da- 
gegen seine  periphere  Verbindung  am  Urmundrand  an  der  lateralen 
Cölombucht  noch  auf  vielen,  weiter  nach  vorn  gelegenen  Schnitten  der 
Serie  anzutreffen.  Nach  ihrer  Abtrennung  von  der  Nahtstelle  ist  die 
Chordaanlage  ich)  auf  eine  längere  Strecke  direkt  mit  dem  Darmblatt 
verschmolzen    (Fig.  364  D)  oder,   wie  man  zu    sagen  pflegt,   in  dieses 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


791 


eingeschaltet.  Sie  bildet  an  der  Decke  des  Darmes  eine  solide  Leiste 
(Fig.  365  ch),  die  sich  erst  weiter  kopfwärts  vom  Darmblatt  gänzlich  ab- 
schnürt   und   nun   auf  dem  Querschnitt  einen   runden  Stab  zwischen 


ak 


mp 


mr 


1 

\ 

Ih    a 

ik  mk 

ch 

ch 

In  cb    me       mk 


Fig.  365.  Querschnitt  durch  eine  Embryonalanlage  von  Pristiurus  (Stadium 
C  B^LFOUE),  nach  Eabl  (1892,  Taf.  VII,  Fig.  4).  ak,  ik,  mk  äußeres,  inneres  und 
mittleres  Keimblatt.  (7.*  Dotterentoderm.  ch  Chorda,  ehr  Chordarinne,  d  Darm. 
//(  Leibeshöhle,  cb  laterale  Cölombucht.  In  lateraler  Urmundrand.  mp  Medullar- 
platte.     mr  Medullarrinne.     me  Merocyten. 


den  beiden  Hälften  des  gastralen  Mesoblasts  darstellt.  Auch  an  diesem 
ist  noch  eine  Veränderung  zu  verzeichnen.  Während  nach  hinten 
gastrales  und  peristomales  Mesoblast  zusammenhängen  und  eine  ge- 
schlossene Schicht  darstellen,  weichen  sie  nach  vorn  auseinander,  da 
wie  es  schon  auf  dem  jüngeren  Stadium  (Fig.  362)  der  Fall  war,  der 
kopfwärts  gerichtete  Rand  tief  sichelförmig  ausgeschnitten  ist.  Der 
gastrale  Mesoblast  ist  daher  im  ganzen  vorderen  Bereich  des  Embryos 
durch  einen  immer  größer  werdenden  Zwischenraum,  in  welchem  die 
Grenzblätter  unmittelbar  übereinander  liegen,  vom  peristomalen  Meso- 
blast getrennt.  Letzterer  wird,  je  weiter  nach  vorn,  immer  schmäler 
und  unbedeutender  und  hört  schließlich  auf.  worauf  der  vordere  Rand 
der  Keimhaut  die  früher  geschilderte  Beschaffenheit  des  Umwachsungs- 
randes  annimmt.  Im  gastraleh  Mesoblast  beginnt  zu  dieser  Zeit  end- 
lich auch  die  Leibeshöhle  (Fig.  365///)  aufzutreten,  indem  parietales  und 
viscerales  Blatt  auseinanderweichen. 

Aus  der  vorstehenden  Darstellung  geht  die  große  Uebereinstimmung 
in  den  wesentlichen  Vorgängen  zwischen  den  Elasmobranchiern  und 
Amphioxus  hervor.  Fast  alle  Forscher,  Balfour,  Hertwig,  Rückert, 
Rabl,  Swaen,  Ziegler  haben  dies  anerkannt.  Ich  führe  als  Beleg 
hierfür  die  Worte  von  Swaen  an,  in  welchen  er  das  Hauptergebnis 
seiner  Untersuchungen  zusammenfaßt:  „La  paroi  dorsale  de  l'embrj'on 
se  developpe  chez  la  torpille  comme  chez  l'amphioxus.  —  L'epithelium 
qui  constitue  la  paroi  superieure  de  la  cavite  gastrulienne  forme  les 
deux  moities  du  mesoblaste  et  la  corde  dorsale  par  des  processus 
semblables  ä  ceux  qui  lui  donnent  uaissance  chez  Tamphioxus.  La 
marche  de  ces  processus  est  identique  au  fond;  la  ditference  essen- 
tielle qui  existe  entre  les  deux  consiste  en  ce  fait  que  les  diverticules 
mesoblastiques  creux  chez  rami)hioxus  sont  pleins  au  contraire  chez 
la  torpille,  du  moins,  au  moment  de  leur  formation.'' 

Betreffs  der  Frage  der  Konkrescenz  vergl.  auch  die  in  Kap.  IV 
besprochenen  Hemmungsmißbildungen  mit  Spina  bifida,  die  in  verschiedener 
Weise  angestellten  Experimente  und  endlich  die  Zusammenfassung  der 
Hauptergebnisse  von  Kap.  III  und  IV. 


792 


0.  IIertwig, 


Weitere  S  o  lul  e  r  u  n  g  der  Keimblätter.  Entstehung  v  o  n 

Schwanz  und  After. 

Auf  dem  Stadium  D  von  Balfour  (Fig.  360)  hat  die  Keimhaut 
an  Umfang  weiter  zugenommen ;  die  Embryonalanlage  selbst  ist  länger 
und  deutlicher  geworden.  Die  Medullarwülste,  eine  breite  Rinne 
zwischen  sich  fassend,  erheben  sich  weit  über  die  Oberßäche.  Vorn 
ist  das  Kopfende  des  Keimes  schon  vom  Blastoderm  eine  Strecke  weit 
abgeschnürt ;  hinten  treten  die  beiden  Schwanzlappen ,  von  der  tief 
einschneidenden  Randkerbe  getrennt,  noch  weit  mächtiger  über  den  Rand 
als  Vorsprünge  hervor.  Die  Medullarrinne  biegt  sich  an  der  Rand- 
kerbe in  eine  Rinne  an  der  Decke  des  Darmes  um  und  wird  an 
dieser  Strecke  von  His  als  I  ncisura  n euren terica,  von  Ziegler 
als  rinnenförmiger  Canalis  neurentericus  bezeichnet. 

Auf  einem  erheblich  weiter  vorgerückten  Stadium,  das  Balfour 
durch  den  Buchstaben  F  unterschieden  hat  (Fig.  o67) ,  ist  in  der 
vorderen  Hälfte  des  Embryos  die  Medullarrinne  zum  Rohr  geschlossen 
und  das  Kopfende  als  Höcker  in  noch  größerer  Ausdehnung  von  der 
Keimhaut  abgeschnürt.  Die  Umwandlung  der  Rinne  zum  Rohr  er- 
folgt in  derselben  Weise  wie  bei  den  Amphibien  und  Amnioten.  Die 
Verwachsung  der  medianwärts  eingekrümmten  Medullarwülste  beginnt 


Fig.  36(5. 


Fig.  367. 


Fig.  366.  Torpedoembryo  auf  dem  Stadium  D  von  Balfour  aus  Ziegler 
(1892,  Fig.  7). 

Fig.  367.  Torpedoembryo  auf  dem  Stadium  F  von  Balfour,  aus  Ziegler 
(1892,  Fig.  8).  ri 

etwa  in  der  Mitte  des  Keimes  und  schreitet  von  da  nach  beiden  Enden 
fort.  Vorn  bleibt  allerdings  zunächst  noch  längere  Zeit  eine  kleine 
Stelle  offen  und  ])ildet  den  vorderen  Neuroporus,  auf  welchen  im 
Kapitel  über  das  Nervensystem  genauer  eingegangen  werden  wird.  In 
der  hinteren  Hälfte  ist  die  sehr  tief  gewordene  Medullarfurche  noch 
offen ;  die  Schwanzlappen  sind  eher  noch  größer  und  schärfer  vom 
Keimhautrand  abgesetzt  als  früher.  Hinter  der  Kopfregion  ist  eine 
weitere  wichtige  Veränderung  wahrzunehmen ,  die  Sonderung  des 
mittleren  Keimblattes  in  eine  größere  Anzahl  von  Ursegmenten,  deren 
Grenzen  durch  die  Oberhaut  hindurchschimmern. 

Bei  noch  älteren  Embryonen,  die  sich  auf  dem  Studium  G — J  von 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  793 

Balfour  befinden,  werden  die  beiden  Caudallaiti)en  vollständig  zum 
Schwanzende  umgebildet.  Nachdem  dieser  Vorgang  schon  von  Balfour 
im  ganzen  richtig  dargestellt  worden  ist,  hat  er  neuerdings  durch 
Schwarz,  Ziegler  und  Virciiow  eingehende  Untersuchungen  er- 
fehreu,  welche  zu  übereinstimmenden  p]rgel)nissen  geführt  haben. 
Ihren  Abschluß  findet  die  Schwanzentwickelung  durch  eine  dreifache 
Nahtbildung,  eine  axiale,  eine  dorsale  und  eine  ventrale,  wie  sie 
A'iRCHOW  bezeichnet  hat.  Durch  die  axiale  Naht  werden  die  beiden 
medianen  Ränder  der  Caudallappen  in  der  schon  früher  beschriebenen 
Weise  bis  zur  Schwanzspitze  vereinigt.  Die  dorsale  Schwanznaht  hängt 
mit  der  Ausdehnung  der  Medullarrinne  nach  hinten  zusammen.  Die 
Medullarwülste  erheben  sich  schließlich  auch  am  Schwanzende  und  ver- 
schmelzen in  einer  dorsalen  Naht.  Hierbei  kommt  ein  Canalis  neuren- 
tericus  zu  stände,  indem  die  früher  schon  besprochene  Rinne  zwischen 
den  Enden  der  Caudallappen,  die  Incisura  neurenterica,  durch  Ver- 
schmelzung der  Medullarwülste  in  das  Hinterende  des  Nervenrohres 
mit  aufgenommen  und  zum  Canalis  neurentericus   umgewandelt  wird. 

Die  ventrale  Schwanznaht  entsteht  durch  die  Verschmelzung  der 
lateralen  Ränder  der  Caudallappen.  Sie  bildet  sich  im  Anschluß  an 
die  dorsale  von  der  Spitze  der  verschmolzenen  Caudallappen  bis  zu 
ihrer  Wurzel  am  Blastodermrand :  sie  schreitet  im  Gegensatz  zur 
dorsalen  von  hinten  nach  vorn  vor.  Eingeleitet  wird  sie  durch  eine 
veränderte  Stellung  der  Caudallappen.  Während  diese  anfangs  in 
horizontaler  Richtung  flach  ausgebreitet  waren,  nehmen  sie  allmählich 
eine  verticale  Stellung  ein,  indem  sich  ihr  lateraler  Rand  nach  unten 
krümmt  (Fig.  368).  Auf  diese  Weise  wird  die  Darmrinne  immer  tiefer 
und  wandelt  sich  schließlich  dadurch  in  ein  Rohr  um,  daß  ihre  Ränder, 
an  denen  das  Mesoderm  (Fig.  373  M  V)  in  der  bekannten  W^eise  seinen 
Ursprung  nimmt,  sich  aneinander  legen  und  von  der  Schwanzspitze 
aus  nach  vorn  zu  verwachsen  beginnen.  Wie  durch  die  dorsale  Naht 
aus  der  Medullarrinne  das  Medullarrohr  oberhalb  der  Chorda,  so  ist 
unterhalb  derselben  jetzt  ein  zweites  Rohr  aus  der  Darmrinne  durch 
die  ventrale  Naht  am  Schwanzende  entstanden.  Beide  Röhren  biegen 
in  dem  Schwanzknopf  durch  den  Canalis  neurentericus,  der  durch 
Verschluß  der  gleichnamigen  lucisur  gebildet  ist,  wie  bei  Amphioxus 
und  den  Amphibien  in  einander  um,  eine  Thatsache,  die  durch  Kowa- 
LEVSKY  auch  für  dieses  Objekt  zuerst  festgestellt  worden  ist.  Das 
ventrale  Rohr  wird  als  Schwanzdarm  oder  postanaler  Darm  unter- 
schieden, bis  zu  der  Stelle,  wo  sich  an  der  Wurzel  des  Schwanzes 
der  After  anlegt. 

Durch  die  Verschmelzung  der  hintersten  Enden  der  Caudallappen 
wird  ein  kleinzelliges  Gewebe  geliefert,  in  welchem  inneres  und  mitt- 
leres Keimblatt  ineinander  von  beiden  Seiten  übergeben.  Es  ist  eine 
Wachstumszone,  welcher  Ziegler  den  Namen  Schwanzknopf  gegeben 
hat.  Durch  seine  Vermittelung  gewinnt  der  Schwanz  schon  bei  jungen 
Embryonen  eine  sehr  erhebliche  Länge  (Fig.  368)  und  springt  als 
Fortsatz  nach  hinten  frei  über  die  Oberfläche  der  Keimhaut  weit 
hervor.   — 

Wir  wollen  jetzt  an  Querschnitten  durch  Embryonen  vom  Stadium 
D — H  die  eben  besprochenen  Nahtbildungen  noch  genauer  unter- 
suchen und  dabei  unseren  Einblick  in  die  an  den  Keimblättern  vor 
sich  gehenden  Sonderungen  vervollständigen.  Wir  beginnen  mit  4  Fi- 
guren   (369 — 372)    aus    einer    Querschnittserie    von    Stadium    D.     In 


(94 


0.  Hertwig. 


Fig.  360  ist  die  axiale  Naht  der  beiden  iiocli  horizontal  gestellten 
Caudallappen  vor  der  Incisura  neurenterica  zu  sehen ;  sie  bildet 
den  Boden  der  bis  zum  hinteren  Ende  sich  jetzt  erstreckenden, 
sehr  tiefen  Mcdullarrinne.  Auch  beiderseits  von  der  Urniundnaht 
ist  das  mittlere  Keimblatt  sowohl  mit  der  Wand  der  MeduUarrinne 
als  auch  mit  dem  Darmdrüsenblatt  zu  einer  kleinzelligen  Masse 
verschmolzen.  Es  ist  hier  die  dem  hinteren  Rand  der  Caudallappen 
entlang  verlaufende  und  zu  beiden  Seiten  der  Urniundnaht  sich 
nach  vorn  fortsetzende  Cölombucht  getroffen.  Bei  Verfolgung  der 
Schnittserie  nach  vorn  sieht  man  sich  die  Sonderung  der  verschiedenen 
Anlagen   aus   der  indifferenten  Zellenmasse   vollziehen.     In   Fig.    370 


Fig.  368. 


Fig.  369. 


Fig.  371. 


Fig.  368.  Embryo  von  Tor- 
pedo im  ^Stadium  J— K  von  Bal- 
FOUR,  n.  Ziegler  (1892,  Fig.  9). 

Fig.  369—372.  4  Figuren  aus 
einer  Quersclinittserie  von  einem 
Öcylliumembryo,  der  in  seiner  Ent- 
wickelung  etwas  weiter  vorge- 
schritten ist  als  der  in  Fig.  366 
abgebildete  Embryo  des  Stadiums 
D  von  Balfoür,  nach  Hertwig, 
Photogr.  d.  anat.-biol.  Inst.  »iNaht. 
mk  mittleres  Keimblatt  ch  Chorda. 
d  laterale  Cölombucht. 

Fig.  369.  Schnitt  durch  die 
Nahtstelle  der  beiden  Caudal- 
lappen. 

Fig.  370.  Einige  Schnitte 
weiter  nach  vorn. 

Fig.  371.   Schnitt  durch  die  Gegend,  wo  sich  in  der  Nahtstelle  die  Chorda  von 
der  Medullaranlage  abspaltet. 

Fig.  372.    Trennung  der  Chorda  vom^Darmdrüsenblatt. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


795 


Id 

ist 

Dur 


hat  sich  die  Chordaanlage  durch  Spalten  schon  teilweise  vom  mittleren 
Keimblatt  abgegrenzt,  geht  aber  nach  oben  noch  in  den  Boden  der 
Medullarplatte,  nach  unten  in  das  Darmdrüsenblatt  über, 
einem  etwas  weiter  nach  vorn  gelegenen  Schnitte  (Fig.  371) 
die  Abgrenzung  von  der  Medullarplatte  ganz  durchgeführt  und 
nach  abwärts  ist  die  Chorda  noch  in  das  Darmdrüsenblatt  eingeschaltet; 
einige  Schnitte  weiter  nach  vorn  (Fig.  372)  ist  sie  allseitig  isoliert. 
Nachdem  sich  das  mittlere  Keimblatt  in  der  medianen  Cölombucht 
aus  der  Verbindung  mit  den  Nachbarorganen  getrennt  hat,  zeigt  es 
eine  kurze  Strecke  weit  den  Zusammenhang  an  der  lateralen  Cölom- 
buclit  (Fig.  371  d)  mit  dem  äußeren  und  inneren  Grenzblatt.  In  Figur  372 
ist  auch  dieser  Zusammenhang  gelöst.  Dagegen  sieht  man  jetzt  sich 
die  Souderung  in  einen  dickeren,  zellen reicheren,  zu  beiden  Seiten  der 
Chorda  gelegenen  Teil,  die  Ursegmeutplatte,  und  in  die  dünne,  aus 
zwei  Lagen  platter  Zellen  bestehende  Seitenplatte  sich  vollziehen. 

Von  einem  nächst  älteren  Stadium,  auf  welchem  auch  in  der 
Schwanzregion  des  Embryos  die  Medullarrinne  sich  zum  Rohr  zu 
schließen  beginnt,  giebt  uns  Figur  373  einen  Querschnitt.  Der  Schnitt 
fällt  soweit  vor  den  neureuterischen  Canal .  daß  in  der  axialen  Naht 
bereits  die  Abtrennung  der  Chorda  nach  allen  Seiten  stattgefunden  hat. 
Dagegen  ist  noch  die  dorsale  und  die  ventrale  Schwanznaht  zu  sehen. 
Die  letztere  ist,  wie  man  sich  leicht  vorstellen  kann ,  dadurch  ent- 
standen, daß  die  Caudallappen  aus  der  horizontalen  in  die  verticale 
Stellung  übergegangen  sind  und  sich  unter  Bildung  des  Schwanz- 
darmes mit  ihren  lateralen  Rändern  aneinander 
gelegt  haben.  Da  an  diesen  sich  die  lateralen 
Cölombuchten  linden,  sieht  man  an  der  ven- 
tralen Schwanznaht  das  mittlere  Keimblatt  mit 
beiden  Grenzblättern  in  Zusammenhang,  und 
zwar  an  einer  Stelle,  welche  sich  am  Querschnitt 
des  Schwanzdarmes  durch  eine  kleine  Einker- 
bung, die  nichts  anderes  als  die  Cölombucht 
ist,  deutlich  markiert.  Die  weiter  nach  rück- 
wärts folgenden  Querschnitte  der  Serie,  von 
denen  sich  in  der  Arbeit  Virchow's  keine 
Abbildungen  linden,  müssen  in  der  axialen 
Naht  ähnliche  Bilder  ergeben  wie  in  den  Fi- 
guren 


des  vorausgehenden  jüngeren  Stadiums 


Fig.  373.  Querschnitt  durch  das  hintere  Körper- 
ende einer  Raja  alba  von  20  Ursegmenten,  nach  ViR- 
CHOW  (1895,  Fig.  6).  Mv  ventraler  (früher  lateraler) 
Mesodermursprung. 


My 


oder   in   der   Querschnittserie  durch   das    Schwanzende   eines    älteren 
Embryos,  zu  deren  Besprechung  ich  jetzt  übergehe. 

Der  Embryo  gehört  dem  Stadium  G  von  Balfour  an,  bei  welchem 
der  Schwanz  ganz  ausgebildet  ist  und  an  seinem  hinteren  Ende  den  neur- 
euterischen Kanal  einschließt.  Einen  Querschnitt  durch  den  letzteren 
giebt  Figur  375,  in  welcher  das  Nervenrohr  nach  unten  in  das  Darni- 
rohr  geöffnet  ist.  Eigentümlich  ist  in  der  Figur  die  Trennung  des 
Darmlumens  in  zwei  Abteilungen  durch  eine  ventralwärts  vorspringende 
Zellenmasse.    Dieselbe  ist  offenbar  dadurch  zu  stände  gekommen,  daß 


die    ventralen    Nahtränder    nach    ihrer 


Vereinigung 


noch   etwas   nach 


796 


0.  Hertwig. 


innen  gewuchert  sind.  Das  ist  auch  auf  den  noch  weiter  nach  hinten 
folgenden  Schnitten  (Fig.  374)  der  Fall,  an  denen  vor  der  Nahtlinie 
an  der  Schwanzspitze  eine  Scheidewand  den  inneren  Hohlraum ,  der 
nach  oben  in  der  Verlängerung  des  Nervenrohres  nach  unten  in  der 
Verlängerung  des  Schwanzdarmes  liegt,  vollkommen  in  2  Hälften  ge- 
trennt hat.  Während  an  der  ventralen  Schwanznaht  sich  das  äußere 
Keimblatt  schon  abgespalten  hat,  bewahrt  hier  das  mittlere  noch  längere 
Zeit  seinen  Zusammenhang  mit  dem  Epithel  des  Darmrohres ;  auch  mit 
seinem  medialen,  resp.  oberen  Kand  ist  es  wenigstens  auf  der  rechten  Seite 
der  abgebildeten  Querschnitte,  die  offenbar  ein  wenig  schräg  zur  Längs- 
achse geführt  sind,  durch  eine  Brücke  mit  dem  inneren  Keimblatt  ver- 
bunden an  einer  Stelle,  die  der  medianen  Cölombucht  der  jüngeren 
Stadien  entsprechen  würde.  Weiter  nach  vorn  verfolgt,  zeigt  die 
Schnittserie  vor  dem  neurenterischen  Kanal  die  axiale  Nahtbildung 
(Fig.  376).  Aus  der  Nahtstelle  sondert  sich  nach  vorn  in  der  früher 
beschriebenen  Weise  allmählich  die  Chorda  und  spaltet  sich  von  der 
ventralen  Wand  des  Nervenrohres  und  der  dorsalen  Wand  des  Darmes 
ab  (Fig.  377  u.  378).  Auch  an  den  weiter  nach  vorn  gelegenen  Quer- 
schnitten (Fig.  378)  bis  zur  Schwanz wurzel  ist  die  ventrale  Naht  noch 
aufzufinden,  zeigt  aber  hier  im  Unterschied  zu  den  mehr  nach  hinten 

daß  an  der  Nahtstelle  sich  auch 


gelegenen 


Schnitten 


die  Veränderung, 


das  äußere  Keimblatt  noch  nicht  aus  dem  Zusammenhang 


gelöst  hat. 


Ein  Querschnitt  durch  den  neurenterischen  Kanal  auf  dem    noch 


älteren    Stadium   H    ist  in  Figur  379 


abgebildet. 


Fig.  374. 


Fig.  37.^. 


Er   zeigt,   wie   das 

Fig.  376. 


Fis 


Fi«.  378. 


Fig.  379. 


Fig.  3(4 — 378.   5  Figuren  aus  einer  Querschnittserie  eines  Scylliumembryos,  der 
sich  auf  dem  Stadium  Gl  befindet. 

Fig.  374.     (Schnitt  nahe  dem  Schwänzende  hinter  dem  CanaUs  neurentericus. 
"'  Schnitt  durch  den  Canalis  neurentericus. 

Schnitt  durch  die  axiale  Naht  vor  dem  Canalis  neurentericus. 
Beginn  der  Differenzierung  der  Naht  in  Chorda  ixnd  Medullarrohr. 
Vollständige  Isolierung  der  Chorda  von  Nervenrohr  und  Darmrohr. 
Querschnitt  durch  die  Verbindung  von  Nervenrohr  und  Schwanz- 
darm durch  den  Canalis  neurentericus  eines  Torpedoembryos  auf  dem  Stadium  H, 
nach  ZiEGLKR  (1892,  Fig.  24*).  mr  Nervenrohr,  mk  mittleres  Keimblatt,  d  Darm- 
rohr, j  Verschmelzungsstelle  von  innerem  und  mittlerem  Keimblatt  an  der  ven- 
tralen Schwanzuaht. 


Fig.  375. 
Fig.  376. 
Fig.  377. 
Fig.  378. 
Fig.  379. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  797 

mittlere  Keimblatt  auch  noch  jetzt  eine  Strecke  weit  mit  der  ventralen 
Darmwand  verschmolzen  ist  und  sich  von  da  in  zwei  tlügelförmigen 
Fortsätzen  nach  oben  schiebt,  wie  in  den  Figuren  o74 — iMii. 

Wenn  wir  die  verschiedenen  mitgeteilten  Befunde,  welche  die 
{Querschnitte  durch  das  hintere  Ende  jüngerer  und  älterer  Selachier- 
embryouen  darbieten,  vergleichend  überblicken,  so  kann  es  wohl  keinem 
Zweifel  unterliegen,  daß  sie  in  hohem  Maße  zu  (iunsten  der  Urmund- 
theorie  sprechen  und  aus  ihr  leicht  iln'e  Erklärung  linden.  Daher  hat 
denn  nicht  nur  His  die  Selachier  als  eine  Hauptstütze  für  seine 
Konkrescenztheorie  benutzt,  sondern  auch  H.  Virchow  hat  auf  (irund 
seiner  Untersuchungen  die  Erklärung  abgegeben  (L.  K.  III  ■'  1895,  p.  118) : 
„Mir  scheint  es  auch,  daß  die  ^'orstellung  einer  Konkrescenz  der  axialen 
Teile  bei  Selachiern  wahrscheinlich,  ja  ich  muß  sagen,  es  scheint  mir. 
daß  sie  zwingend  ist."  Sehr  beweisend  ist  namentlich  die  von  His 
und  Virchow  (1895,  p.  114)  gemachte  Beobachtung,  daß  an  ihrem 
hinteren  Ende  die  Chordaanlage  sich,  in  zwei  Hälften  gespalten,  in  die 
Seitenwände  des  Canalis  neurentericus  bei  Embryonen  verschiedener 
Stadien  verfolgen  läßt. 

Noch  ein  paar  Worte  über  die  Veränderungen,  welche  das  mittlere 
Keimblatt  in  den  Stadien  D — H  eingeht.  Bald  nach  seiner  Abtrennung 
von  der  zu  jeder  Seite  der  Chorda  gelegenen  Cölombucht  bildet  sich 
in  ihm  ein  enger  Spaltraum  zwischen  seinem  parietalen  und  visceralen 
Blatt  aus  (Fig.  o()5///).  In  der  Embryonalanlage  zuerst  auftretend, 
breitet  er  sich  von  da  bald  auch  peripherwärts  aus.  In  der  Größe 
der  Zellen  prägt  sich  immer  deutlicher  ein  Unterschied  zwischen  dem 
an  Chorda  und  Nervenrohr  angrenzenden  und  dem  mehr  lateral  ge- 
legenen Abschnitt  des  mittleren  Keimblattes  aus;  ersterer  wird  als 
Ursegmentplatte,  letztere  als  Seitenplatte  unterschieden  (Fig.  365). 
Dort  werden  die  Zellen  cylindrisch,  hier  abgeplattet.  Die  Gliederung  in 
die  Ursegmente  beginnt  in  der  Halsgegend,  indem  von  der  oberen  medialen 
Kante  der  Ursegmentplatte  beginnend  sich  Querfurchen  ausbilden,  die 
in  das  parietale  und  viscerale  Blatt  von  außen  einschneiden  und  es 
«infalten ;  so  entstehen  lauter  kleine  Abteilungen,  deren  Zahl  von  vorn 
nach  hinten  zunimmt.  Sie  schnüren  sich  dann  von  vorn  nach  hinten 
vollständig  voneinander  ab,  bleiben  aber  noch  längere  Zeit  nach  ab- 
wärts und  seitlich  mit  der  Seitenplatte  in  Zusammenhang.  Ihre  Hohl- 
räume oder  die  Ursegmenthöhleu  kommunizieren  daher  auch  nach  ab- 
wärts mit  der  nicht  segmentierten  Leibeshöhle.  Man  kann  zu  dieser 
Zeit  den  Befund  auch  so  darstellen,  daß  man  sagt :  die  Leibeshöhle 
ist  nach  dem  Rücken  des  Embryos  zu  mit  einer  Reihe  dicht  hinter- 
einander gelegener,  kleiner,  sackartiger  Ausstülpungen  oder  Taschen 
besetzt.  Wie  später  die  Epithelwandungen  der  Taschen  sich  umbilden, 
und  wie  sie  sich  von  den  Seitenplatten  abschnüren,  ist  bei  den  Selachiern 
in  besonders  instruktiver  Weise  zu  verfolgen  und  wird  in  Bd.  III, 
Kap.  1  und  2  näher  dargestellt  werden. 

Als  letzter  Punkt  ist  endlich  noch  die  Entwickelung  des  Afters 
und  die  Anlage  des  Schwanzdarmes  zu  besprechen.  Die  Bildung  des 
Afters  hängt  mit  den  Vorgängen  zusammen,  die  sich  an  der  ventralen 
Nahtlinie  abspielen,  wo  alle  3  Keimblätter  anfangs  verschmolzen  sind 
(Fig.  373,  377).  Dann  trennt  sich  zunächst,  wie  schon  früher  be- 
schrieben wurde,  das  äußere  Keimblatt  als  eine  besondere  Schicht  ab. 
von  hinten  beginnend  und  nach  vorn  fortschreitend. 

Mesoblast  und  Entoblast  bleiben  dagegen   an  der  ventralen  Seite 


798  0.  Hertwig, 


des  Darmrohres  in  der  Umgebung  des  Canalis  neurentericus  und  eine 
Strecke  weit  vor  demselben  noch  in  Verbindung.  Auf  dem  Quer- 
schnitt erscheint  hier  der  Mesoblast  in  der  Form  zweier  flügelartiger 
Auswüchse  des  Dai-nirohres  (Fig.  ))7()  u.  879).  Weiter  nach  vorn  da- 
gegen trennt  sich  der  Mesoblast  dann  auch  vom  Darmrohr  längs  der 
Naht  ab.  An  einer  Stelle  nahe  der  Schwanzwurzel  kommt  es  hierbei 
zur  After  anläge.  Die  Stelle  wird  dadurch  kenntlich,  daß  hier, 
wenn  sich  die  Abspaltungen  vollziehen,  das  Epithel  des  Schwanzdarmes 
eine  kurze  Strecke  mit  dem  äußeren  Keimblatt  in  direkte  Berührung 
tritt  und  'es  etwas  nach  außen  hervortreibt,  während  es  nach  hinten 
und  nach  vorn  durch  einen  größeren  Zwischenraum  getrennt  bleibt. 
Wie  bei  anderen  W^irbeltieren,  kann  diese  Stelle  als  Aftermembran 
bezeichnet  w' erden ;  eine  Oeflfnung  fehlt  noch  und  wird  erst  auf  einem 
verhältnismäßig  späten  Stadium  durch  Zerreißung  der  Aftermembran 
sichtbar. 

Nach  vorn  von  der  Aftergegend  und  der  Schwanzwurzel  setzt 
sich  nach  Formierung  des  Schwanzes  die  Nahtbildung  auf  die  an- 
grenzenden Ränder  des  Blastoderms  (Fig.  o68)  weiter  fort.  Es  wachsen 
nämlich  bei  der  Ausbreitung  des  Blastoderms  auf  dem  Dotter  seine 
Ränder  unter  dem  Schwanz  des  Embryos  einander,  entgegen  und  ver- 
schmelzen hier  im  Anschluß  an  die  ventrale  Schwanznaht  in  einer 
Dottersacknaht  (Virchow),  die  nun  wieder  von  vorn  nach  hinten 
fortschreitet,  bis  die  Umhüllung  des  Nahrungsdotters  ganz  beendet  ist. 

Ueber  das  endgiltige  Schicksal  des  postanalen  Darmes  sind  wir  schon 
durch  Balfour  (A.  L.  III  ^  1878,  p.  219)  genauer  unterrichtet  worden. 
Mit  dem  Schwanz,  der  sehr  in  die  Länge  wächst,  nimmt  er  ebenfalls 
an  Länge  zu,  erhält  aber  ein  engeres  Lumen  als  der  vor  der  After- 
membran liegende  Darmabschnitt.  An  der  Schwanzspitze,  wo  er 
durch  den  -Canalis  neurentericus  in  das  Nervenrohr  umbiegt,  weitet 
er  sich  ansehnlich  aus  und  bildet  das  zuerst  von  Balfour  beschriebene 
(1878,  p.  -219)  Schwanzbläschen  (caudal  oder  terminal  vesicle).  Am 
hinteren  Ende  bleibt  das  mittlere  Keimblatt  noch  längere  Zeit  mit 
dem  Darmrohr  und  dem  Schwanzknopf  in  Verbindung.  Dieser  liefert 
das  Zellenmaterial  zur  Verlängerung  der  Mesodermstreifen.  Er  ist, 
wie  Ziegler  (L.  K.  III  ^  1892,  p.  96)  hervorhebt,  stets  ein  Ort  leb- 
hafter Zellvermehrung,  und  werden  Mitosen  häutig  an  ihm  getroffen. 
Im  Schw^anz  ist  keine  Leibeshöhle  mehr  in  dem  Mesoblast  entwickelt. 
Vor  dem  Canalis  neurentericus  fließt  die  Chorda  mit  dem  Entoderm 
und  dann  mit  dem  Medullarrohr  zu  einem  kurzen  Streifen  un- 
differenzierten Gewebes  zusammen. 

Bei  noch  älteren  Embryonen  verdünnt  sich  der  postanale 
Darm  immer  mehr  und  verliert  bald  ganz  seine  Höhlung;  der  solide 
Epithelstrang  löst  sich  dann  in  einzelne  Stücke  auf,  die  noch  später 
verschwinden.  Ebenso  schließt  sich  der  Canalis  neurentericus.  Die 
Aftermembran  reißt  ein,  so  daß  der  Enddarm  nun  hier  sein  definitives 
Ende  mit  der  Oeff"nung  nach  außen  erhält. 


'»T' 


Die  Kciml)lätter  der  Teleostier. 

Ueber  die  Teleostierentwickelung  liegen  sehr  zahlreiche  Arbeiten 
vor.  Sind  doch  von  vielen  Arten  die  Eier  leicht  in  großer  Menge  zur 
Untersuchung  zu  beschaffen;  auch  kann  an  ihnen  die  künstliche  Be- 
fruchtung ausgeführt   werden,   so   daß   der  Forscher   in    der  Lage  ist. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  799 

sich  lückenlose  Serien  der  aufeinander  folgenden  Stadien  zu  konservieren. 
Leidet  bietet  das  Objekt  in  anderer  Hinsicht  manche  Schwierigkeiten 
dar.  Der  Nahrungsdotter  wird  durch  die  konservierenden  Reagentien 
und  l)ei  Einbettung  in  Paraffin  so  hart,  daß  er  sich  nicht  schneiden 
läßt.  Aber  auch  der  Keim  liefert  auf  Schnitten  leider  nicht  die 
klaren  und  leicht  zu  deutenden  Bilder,  wie  Durchschnitte  durch  die 
Iveimscheibe  eines  Selachiers.  Es  liegt  dies  hauptsächlich  daran,  daß 
die  Keimblätter  sich  wenig  scharf  gegeneinander  abgrenzen,  indem 
trennende  Zwischenräume  und  Spalten  fehlen.  Daher  hat  unser  Ein- 
blick in  die  allgemeinen  Gesetze  der  Wirbeltiereutwickelung  durch 
dieses  Objekt  trotz  seiner  leichten  Beschatfung  und  der  großen  An- 
zahl der  mit  ihm  beschäftigten  Forscher  w^eniger  Förderung  erfahren, 
als  durch  das  Studium  der  Selachier  und  Amphibien. 

Auf  die  älteren  Abhandlungen  von  Ruscoxi  i^A.  L.  III  18.36j  und 
Vogt  (A.  L.  III  ^  1842),  welche  die  partielle  Furchung  am  Eischei  ent- 
deckten, folgten  die  grundlegenden  Untersuchungen  von  Lereboullet 
(A.  L.  Uli  1854,  1863)  und  Oellachek  (A.  L.  III ^  1872,  187.3),  von 
denen  der  erstere  sich  mit  dem  Hechtei,  der  letztere  mit  dem  Forellenei 
in  langjährigen  Studien  beschäftigte.  Neue  wichtige  Gesichtspunkte  stellten 
darauf  His  und  Goette  auf.  His  (A.  L.  II 1874,  1875)  wurde  durch  messende 
Untersuchungen  am  Lachsei  zu  seiner  Konkrescenztheorie  geführt,  die 
bis  jetzt  den  Gegenstand  vielfacher  Kontroversen  gebildet  hat.  Goette 
(L.  K.  III  ^  1873)  führte  an  Schnittpräparaten  den  Nachweis,  daß  bei  der 
Forelle  das  untere  Keimblatt  nicht  durch  eine  Spaltung  des  Keimes  in 
zwei  Schichten,  wie  früher  allgemein  gelehrt  wurde,  sondern  durch  einen 
wirklichen  „Umschlag"  des  hinteren  Keimi'andes  seinen  Ursprung  nimmt. 
Als  einen  Gastrulationsprozeri  versuchte  auch  Haeckel  (A.  L.  I  1875),  aus- 
gehend von  Beobachtungen  eines  nicht  näher  bestimmten  Ganoideneies,  die 
Bildung  des  unteren  Keimblattes  darzustellen,  wich  aber  hierbei  von  der 
richtigen  Angabe  Goette's  darin  ab,  daß  er  die  Keimscheibe  sich  ihrem 
ganzen  Umfang  entlang  umschlagen  und  die  so  entstehende  untere  Schicht 
von  überall  her  nach  dem  Centrum  zu  einem  geschlossenen  Blatt  zu- 
sammenwachsen ließ.  Die  aus  2  Blättern  zusammengesetzte  Scheibe, 
welche  wie  ein  Uhrglas  dem  Dotter  aufliegt,  nannte  Haeckel  eine  Disco- 
g  a  s  t  r  u  1  a.  Er  ließ  den  Nahrungsdotter  die  Urdarmhöhle  vollständig 
ausfüllen  und  zugleich  aus  ihrer  Mundöffnung  noch  weit  hervorragen. 
Zur  Erklärung  fügte  er  hinzu:  „Stellen  wir  uns  vor,  die  ursprüngliche 
Glockengastrula  wolle  einen  kugeligen  Nahrungsballen  verschlucken, 
der  viel  größer  ist,  als  sie  selbst,  so  wird  sie  sich  beim  Versuche  dazu 
in  derselben  Weise  scheibenförmig  auf  letzterem  ausbreiten,  wie  es  hier 
der  Fall  ist." 

Es  folgen  eine  Beihe  kleinerer  Arbeiten  von  Bambeke  und  Vax 
Benedex,  von  Kupffer,  der  die  Aufmerksamkeit  auf  die  nach  ihm  be- 
nannte Blase  lenkt,  von  Raxsom,  Stricker,  Ziegler  u.  a.  Daran  schließen 
sich  die  umfassenden,  auf  vieljährigen  Studien  fußenden  Untersuchungs- 
reihen von  Hoffmaxx  (A.  L.  III*  1881,  1884)  und  insbesondere  Hexneguy's 
Recherches  sur  le  developpement  des  poissons  osseux,  embryogenie  de  la 
truite  (A.  L.  III*  1888).  Die  Entwickelung  mariner  Teleostier  hat  in 
dem  letzten  Jahi-zehnt  eine  besondere  Pflege  in  England  und  Amerika 
gefunden.  Dort  waren  es  Cuxnixgham,  Brock,  Fullerton,  Mc  Intosh, 
hier  Alexander  Agassiz  und  Whitmax,  Rvder,  Hexry  Wilsox,  Corxelia 
Klapp,  welche  viele  Arten  mariner  Fische,  wie  Seranus,  Batrachus  tau, 
Pleuronectes,  auf  ihre  Entwickelung  untersuchten  (s.  Litteratur  K.  III  ^). 


»00  0.  Hertwig, 

Endlich  wurde  in  letzter  Zeit  die  von  His  aufgeworfene  Fi'age  der 
Konki'escenz  von  neuem  einer  Prüfung  unterzogen  durch  Vikchow,  Kopsch 
und  Jabi.onowski.  Kopsch  suchte  auf  experimentellem  Wege  an  Sal- 
monidenkeimen eine  Entscheidung  herbeizuführen.  Jablonoavski  hat 
durch  sorgfältiges  Studium  von  Serienschnitten  verschieden  weit  ent- 
wickelter Keimscheiben  einige  Verhältnisse  der  Keimblattbildung  und 
der  Entstehung  des  Rückenmarkes  genauer  festgestellt. 

Bei  der  Darstellung  der  Keimblattbildung  gehen  wir  vom  Keim- 
blasenstadium aus.  Ein  solches  läßt  sich  am  Ende  des  Furchungs- 
prozesses  auch  bei  den  Teleostiern  deutlich  unterscheiden,  indem  sich 
zwischen  den  Massen  der  immer  kleiner  und  zahlreicher  werdenden 
Embryonalzellen  und  dem  Dottersyncytium  (Virchow)  oder  dem 
Periblast  (Agassiz  und  Whitman,  Ziegler)  eine  Höhle,  gleich  wie 
bei  den  Selachiern,  bildet.  Der  Keim,  der  sich  jetzt  immer  weiter 
auf  dem  Nahrungsdotter  ausbreitet  und  die  Form  einer  mäßig  ge- 
krümmten Scheibe  annimmt,  läßt  sich  mit  einem  Uhrglas  vergleichen, 
das  mit  seinen  Rändern  dem  Nahrungsdotter  fest  aufsitzt  und  im 
Centrum  von  ihm  durch  die  oben  erwähnte  Keimblaseuhöhle  getrennt 
ist.  Seinem  Rand  entlang  ist  das  Dottersyncytium  etwas  verdickt 
und  als  „Keimwall"  von  His  unterschieden  worden.  (Peripheres 
Dottersyncytium  von  H.  Virchow.)  Auch  ist  jetzt  früh  schon  ein 
vorderer  und  hinterer  Bezirk  an  der  Keimscheibe,  sowie  die  Längs- 
und Querachse  des  späteren  Embryos  zu  bestimmen.  Es  beginnt  sich 
nämlich  die  Keimscheibe  bei  ihrer  Ausbreitung  über  dem  Dotter  in 
ihrer  vorderen  Hälfte  und  im  Centrum  immer  mehr  zu  verdünnen 
und  durchsichtiger  zu  werden,  während  sie  im  hinteren  Randbezirk, 
der  etwa  die  Form  eines  Halbmondes  hat,  verdickt  und  dunkler  er- 
scheint. An  konservierten,  vom  Dotter  abgelösten  und  mit  Karmin 
gefärbten  Präparaten  sind  diese  Unterschiede  bei  der  Flächenbetrach- 
tung deutlich  wahrzunehmen.  Dadurch  wird  der  Forscher,  wie  schon 
GoETTE  erkannt  hat  (L.  K.  III  ^  1873,  p.  687)  in  den  Stand  gesetzt, 
die  Durchschnitte  an  verschiedenen  Keimen  entweder  in  sagittaler 
oder  in  transversaler  Richtung  genau  anzufertigen,  was  für  das 
Studium  der  Keimblattbildung  sehr  wichtig  ist.  Außerdem  ist  der 
Rand,  namentlich  auf  bestimmten  Stadien,  in  seinem  ganzen  Umfang 
etwas  zellenreicher  und  dicker  als  die  Scheibe  in  ihrer  Mitte,  so  daß 
vielfach  für  ihn  der  Name  Rand  wu  Ist  (Goette,  His)  gebraucht  wird. 

Eine  charakteristische  Eigentümlichkeit  des  Teleostierkeimes  tritt 
jetzt  schon  frühzeitig  an  Durchschnitten  hervor.  An  der  aus  mehreren 
übereinander  geschichteten  Lagen  von  Zellen  zusammengesetzten  Wand 
ist  die  oberste  Lage  von  den  tieferen  deutlich  unterscheidbar.  Ihre 
Zellen  werden  im  weiteren  Verlauf  der  Entwickelung  immer  stärkei" 
abgeplattet  und  sind  untereinander  zu  einer  Art  Membran  fester  ver- 
bunden, wodurch  eine  Anzahl  von  Eigentümlichkeiten  in  der  Ent- 
wickelung der  Teleostier  im  Gegensatz  zu  den  übrigen  Wirbeltieren 
hervorgerufen  wird.  Die  oberste  einfache  Lage  wurde  von  Goette 
als  Deckschicht,  die  darunter  gelegenen  Zellen  als  Grundschicht  be- 
zeichnet, eine  Benennung,  welche  im  folgenden  beibehalten  werden 
wird. 

Der  Verlauf  der  G  a  s  t  r  u  1  a  t  i  o  n  ist  ein  sehr  ähnlicher  wie 
bei  den  Selachiern.  Vom  hinteren  verdickten  Randbezirk  aus  bildet 
sich  das  innere  Keimblatt  durch  einen  Umschlag  des  Keimscheiben- 
randes (Fig.  o80)    oder    durch   eine  Art    von    Einstülpung   der  Keim- 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  801 

blasenwand.  Der  Vorgang  ist  zuerst  von  Goette  (187oj  richtig  er- 
kannt und  von  späteren  P'orschern  (Haeckel,  Henneguy.  Ziegler, 
Wilson,  Hoffmann  etc.)  vielfach   bestätigt  worden.     In   letzter  Zeit 


■;ff)0  c^O  o 
I 

X 

Fig.  380.    Längssclinitt  durch  einen  Salmouidenkeim  im  Beginn   der  Gastru- 
lation  nach  Jablonowski  (1898,  Fig.  1). 

hat  Jablonowski  (L.  K.  III  ^  1898)  von  der  Gastrulation  der  Teleostier 
die  genaueste  Darstellung  gegeben,  so  daß  ich  sie  dem  Folgenden  zu 
Grunde  lege. 

In  Fig.  380  ist  auf  einem  Längsschnitt  das  allererste  Auftreten 
des  Umschlages  zu  beobachten.  Die  halbmondförmige  Verdickung  des 
hinteren  Kandwulstes,  welche  schon  bei  der  Flächenbetrachtung  zu 
erkennen  ist,  wird  hauptsächlich  dadurch  hervorgerufen,  daß  eine 
Strecke  weit  durch  Einhaltung  des  Randes  oder  durch  centripetale 
Wanderung  der  Zellen  in  das  Innere  der  Keimblasenhöhle  unter  dem 
äußeren  ein  zweites  inneres  Keimblatt  entstanden  ist ;  beide  sind 
durch  einen  deutlichen  Spalt  voneinander  getrennt.  Der  Schnitt  liefert 
ein  Pendant  zu  dem  Medianschnitt  durch  einen  Selachierkeim  im 
ersten  Stadium  der  Gastrulation  (Fig.  355).  An  der  Einstülpung  ist 
die  oben  besprochene  Deckschicht,  wie  es  später  auch  bei  anderen 
Organanlagen  geschieht,  nicht  beteiligt.  Sie  setzt  sich,  getrennt  von 
der  Grundschicht,  welche  den  Umschlag  besorgt,  über  die  Einstülpungs- 
rinne hinweg  direkt  in  das  Randsyncytium  fort.  Das  so  in  erster 
Anlage  begriffene  innere  Keimblatt  zeigt  jetzt  und  noch  längere  Zeit 
einen  freien,  nach  vorn  gerichteten  Rand,  an  welchen  sich  einzelne, 
locker  verbundene  Zellen  anschließen.  Infolgedessen  geht  auch  der 
schmale  Spaltraum  zwischen  ihm  und  dem  Dottersyncytium,  welchen 
wir  als  Urdarmhöhle  deuten  müssen,  nach  vorn  in  die  Keimblasen- 
höhle kontinuierlich  über,  nach  rückwärts  dagegen  wird  er  durch  die 
Deckschicht  nach  außen  -abgeschlossen.  Der  Umschlagsrand  ist  die 
dorsale  Urmundlippe. 

Auf  einem  etwas  weiter  vorgerückten  Stadium  der  Gastrulation 
beginnt  sich  allmählich  die  Embryonalanlage  bei  Ansicht  der  Ober- 
seite der  Keimscheibe  in  auffallendem  Lichte  zu  markieren.  Bei  ihrer 
Darstellung  halten  wir  uns  an  die  von  Kopsch  gegebenen  Abbildun- 
gen (siehe  auch  Bd.  I  -,  Kap.  6.  p.  34). 

In  der  Mitte  des  hinteren  Randwulstes  (Fig.  381)  tritt  ein  kleiner, 
über  die  Oberfläche  und  nach  hinten  vorspringender  Höcker  auf,  der 
Knopf  oder  die  S  c h  w  a  n  z  k  n  o  s  p  e  (Oellacher).  Einige  Zeit  später 
verändert  sich  das  Oberflächenbild  des  unmittelbar  vor  dem  Knopf 
gelegenen  Feldes  mit  der  Entwickelung  des  vorderen  Teiles  des 
Centralnervensystems  (Fig.  382  u.  384).  Im  äußeren  Keimblatt  entsteht 
eine  Verdickung  von  der  Form  eines  Rhombus,  dessen  hintere  Ecke  mit 
dem  Knopf  zusammenhängt  und  bildet  das  „Em  bry  onalschild"  von 
Kupffer  und  Oellacher  oder  die  Embryonalanlage.  In  der  Mitte 
zeigt  sie  eine  kleine  Vertiefung.    Auf  noch  späteren  Stadien  wird  die 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.  1.  51 


802 


0.  Hertwig, 


Eutfernung  zwischen  clem  vorderen  Rand  der  Embrj^onalanlage,  Avelcher 
dem  queren  Hirnwulst  bei  anderen  Wirbeltieren  entspricht,  und  dem 
Endknopf  immer  größer.  Die  seichte  Vertiefung  in  der  vorhin  be- 
schriebenen rhombischen  Figur  verlängert  sich  dabei  in  eine  feine 
Rinne,  die  in  einiger  Eutfernung  vor  dem  Endknopf  verstreicht. 


Fig.  382. 


Fig.  381. 


Fio-.  383. 


Fig.  384. 


o'^7 


Fig.  381.  Keimscheibe  der  Forelle  auf  Stadium  I  nach  KoPSCH  (L.  K.  III  « 
1898,  Taf.  X,  Fig.  1). 

Fig.  382.  Oberflächenansicht  der  Forellenkeimscheibe  auf  Stadium  II  nach 
KoPSCH  (1898,  Taf.  X,  Fig.  2). 

Fig.  383.  Profilansicht  der  auf  dem  Dotter  liegenden  Keimscheibe  von 
Fig.  381  nach  Kopsch  (1.  c.  Taf.  X,  Fig.  2a). 

Fig.  381.  Oberflächenansicht  der  Forellenkeimscheibe  auf  Stadium  IV  nach 
Kopsch  (1.  c.  Taf.  X,  Fig.  4). 

Auf  Sagittalschnitten  durch  Keimscheiben,  die  auf  diesen  ver- 
schiedenen Stadien  stehen,  sieht  man  das  innere  Keimblatt  sich  immer 
mehr  vergrößern  und  den  hinteren  Bezirk  der  Keimhaut  in  größerer 
Ausdehnung  doppelblätterig  werden.  Welche  Lageveränderungen  der 
Zellen  finden  hierbei  statt?  Dringen  am  Umschlagsrand  einfach  neue 
Zellen,  die  ursprünglich  an  der  Oberfläche  lagen,  nach  unten  und 
vorn  vor  und  schieben  den  freien  Rand  des  in  Entwickelung  be- 
grifl"enen  unteren  Keimblattes  der  Fig.  380  auf  dem  Boden  der  Keim- 
blasenhöhle weiter  nach  dem  Centrum  der  Keimscheibe  vor?  Bildet 
sich  also  das  innere  Blatt  nur  durch  fortdauernde  Einstülpung  vom 
Urmundrand  aus?  Oder  ist  der  Hergang  ein  komplizierterer?  Daß 
letzteres  der  Fall  ist,  läßt  sich  aus  mehreren  Erscheinungen  schließen : 

Einmal  vergrößert  sich  ja  fortwährend  die  ganze  Keimhaut  in 
der  Fläche;  der  Randwulst  schiebt  sich  auf  dem  Nahrungsdotter  vom 
animalen  Pol    aus   immer   mehr  nach  dem  Aequator  der  Eikugel  vor. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


803 


Für  die  Annahme,  daß  der  hintere  Rand  mit  dem  Endknopf  an  dieser 
Bewegung  nicht  beteiligt  sei  und  gewissermaßen  ein  Punctum  fixum 
darstelle,  von  welchem  nur  eine  centripetal  gerichtete,  das  innere 
Keimblatt  liefernde  Zellenverschiebung  ausgehe,  läßt  sich  kein  triftige)- 
Grund  anfüliren.  Dagegen  geht  aus  Experimenten  und  Erfahrungen, 
die  man  an  anderen  Objekten  gemacht  hat,  klar  hervor,  daß  sich  am 
dorsalen  ürmundrand  zwei  Prozesse  koml)iniert  abspielen.  Neben  der 
auf  Einstülpung  beruhenden,  centripetalen  Zellenbewegung  vollzieht 
sich  gleichzeitig  eine  entgegengesetzte,  centrifugale  Verschiebung  des 
Urmundrandes,  wodurch  dann  eine  weitere  Vergrößerung  des  inneren 
Keimblattes  in  der  Fläche  zustande  kommen  muß. 

Für  letztere  Ansicht  sprechen  namentlich  wichtige  Befunde,  welche 
zuerst  von  Jablonowski  für  das  Forellenei  festgestellt  worden  sind 
und. welche  zugleich  lehren,  daß  die  Verschiebung  des  Urmundrandes 
nach  dem  Aequator  zu  sich  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  den  Selachiern. 
nämlich  unter  Entstehung  einer  medianen  Nahtlinie  abspielt. 
Denn  auf  einer  Serie  von  Sagittalschnitten  bieten  die  der  Medianebene 
zunächst  geführten  einen  etwas  anderen  Befund  dar  als  die  etwas 
mehr  lateral  gelegenen.  Nur  bei  letzteren  (Fig.  385 B)  geht  ein  trennender 

A  ß 


^  oo  •  o"   rw~^ 


Fig.  385.  Zwei  Längsschnitte  durch  eine  etwas  ältere  Keimscheibe  vom  Lachs 
als  Fig.  381  zwischen  Stadium  I  und  II  nach  Kopsch.  A  Medianschnitt,  B  etwas 
mehr  lateral  geführt.     Nach  Jablonowski  (L.  K.  III''  1898,  Fig.  2  u.  3). 


Spalt  zwischen  äußerem  und  innerem  Keimblatt  bis  nahe  an  den  Um- 
schlagsrand heran.  In  der  Medianlinie  dagegen  „sind  die  beiden 
Blätter  vom  Centrum  nach  der  Peripherie  nur  in  einer  Ausdehnung 
getrennt,  die  ungefähr  der  Länge  der  gesamten  unteren  Schicht  in 
in  Fig.  380  entspricht''. 

Jablonowski  unterscheidet  demnach  jetzt  im  Bereich  der  Em- 
bryonalanlage zwei  Bezirke,  einen  vorderen,  älteren,  in  dem  obere 
und  untere  Schicht  von  Anfang  an  durchgehends  getrennt  sind,  und 
einen  hinteren  Bezirk,  der  sich  als  Zuwachs  zu  jenem  betrachten  läßt. 
In  diesem  sind  die  beiden  Blätter  in  der  Medianlinie  verschmolzen, 
seitlich  davon  aber  voneinander  getrennt.     So  viel  als    der   Zuwachs 


beträgt,    hat  sich  der  Ürmundrand   über  den  Dotter 
abwärts  verschoben. 


centrifugal 


nach 


An 


Sagittalschnitten 


durch   ältere    Stadien    sieht   man    nun    fort- 


B 


~r^' 


Fig.  386.  Zwei  Längsschnitte  durch  eine  noch  etwas  ältere  Keimscheibe  vom 
Lachs  nach  Jablonowski  (1898,  Fig.  4  u.  5).  A  Medianschnitt,  B  etwas  mehr 
lateral  geführter  Längsschnitt. 

51* 


804 


0.  Hertwig, 


während  den  aus  2  Keimblättern  bestehenden  Bezirk  der  Keiniliaut 
umfangreicher  werden ;  und  dabei  macht  sich  stets  zwischen  den 
medianen  und  den  mehr  seitlich  davon  geführten  Schnitten  der  Unter- 
schied   geltend,    daß   auf  ersteren   äußeres   und   inneres   Blatt   längs 

lateralwärts 


eines    axialen    Streifens    auf   das 


innigste 


verschmolzen, 


davon  aber  bis  auf  den  Umschlagsrand  voneinander  getrennt  sind. 

Dieselbe  Beobachtung  wie  Jablonowski  hat  auch  schon  Goro- 
NOwiTSCH  gemacht  und  in  den  Sätzen  ausgesprochen:  „Im  Bereiche 
des  Embryonalfeldes  ist  das  verdickte  Ektoderm  von  dem  ventral 
liegenden  primären  Entoderm  durch  eine  deutliche  Grenze  getrennt, 
die  aber  auf  dem  Medianschnitt  nicht  so  weit  nach  hinten  sich  er- 
streckt, wie  es  an  den  seitlichen  Sagittalschnitten  der  Fall  ist."     „Die 


axiale,  noch    nicht   in  Keimblätter 
Schildes   nenne  ich  aus  später  zu 
Achsenstrang'^  (L.  K.  III  «,  1885, 
An    Querschnittserien   ist   die 
schnitten  nachzuweisen.     Als 


getrennte 


Beleg 


Strecke  des  Embryonal- 
erörternden Gründen  den  hinteren 
p.  386). 

Naht   ebenso   gut   wie   an 
können    die   von  Goronowitsch 


Sagittal- 


veröffentlichten  Figuren  387  u.  388  dienen,  von  denen  die  erstere  einen 
Schnitt  durch  die  Nahtstelle,  die  letztere  einen  Schnitt  etwas  vor  ihr 
darstellt. 

Wie  kommt  die 
Jablonowski   mir    mit 


Bildung 


des  axialen  Streifens    zu 
Piecht    zu   bemerken    scheint, 


Stande? 
„ist    die 


Wie 
Vor- 


ds     ak 


Fig.  387. 


Fig.  388. 


Ha.v 


^2> 


ds     ak 


sp 


Vax 


•■."Jl 


/-- 


-M'^i 


.^v 


■..(» 


'  ik  4   nik 

ik  -\-  mk 

Fig.  387.  Sclinitt  aus  der  Schwanzknospeugegend  eines  Embryos  von  Salmo 
salar  von  1  mm  Länge.  Zu  beiden  Seiten  des  Achsenstranges  Heu  beginnt  die 
Grenze  (sjij)  zwischen  Ektoderm  (ak)  und  primärem  Entoderm  (ik  +  mk)  deutlich  zu 
werden,     ds  Deckschicht,  nach  Goronowitsch  (Taf.  XX,  Fig.  14). 

Fig.  388.  Querschnitt  etwas  weiter  nach  vorn  als  Fig.  387,  von  demselben 
Embryo.  Die  mediane  Verschmelzung  zwischen  Ektoderm  und  Entoderm  ist  ge- 
i^chwunden.     Vax  vorderer  Achsenstrang,  nach  Gorokowitsch  (Taf.   XX,  Fig.  lo). 


Stellung  kaum  von  der  Hand 
Nahtbildung  handelt,    welche 
legener   Bezirke   des 
Scheibe  bedingt  ist''. 


anläge  angrenzenden 


zu  weisen, 

durch 
Urmundrandes   nach 
„Es  wären  dein  gern  äl 
Keimhautrande    zwei 


daß    es  sich 


Zusammenschiebung 


dabei   um    eine 

seitlich    ge- 

der   Mittellinie   der   Keim- 

in  dem  an  die  Embryonal- 

Piichtungen    der  Zellenver- 


schiebung 
des 


5  anzunehmen.     Eine  derselben  entspricht   dem  Fortschreiten 
während    die  andere   gegen    die  Mittellinie   gerichtet 


Umschlages 


Die  J^ebre   von  den   Keimblättern.  805 

ist.  Als  Resultante  aus  beiden  Kräften  ergiebt  sich  die  Verlängerung 
des  embryonalen  Bezirkes  nach  hinten  unter  Bildung  eines  medianen 
Streifens,  welcher  den  Zusammenhang  von  oberer  und  unterer  Schicht, 
d.  h.  den  Bau  des  Randes  aufweist''.  Oder  anders  ausgedrückt,  der 
mediale  Streifen  entsteht  wie  bei  den  Selachiern  durch  eine  von  vorn 
nach  hinten  sich  vollziehende  Verschmelzung  des  linken  mit  dem 
rechten  Urmundrand  und  kann  daher  als  Urm  und  naht  bezeichnet 
werden. 

Der  eben  begründete  Satz  bedarf,  um  eine  erschöpfende  Auslegung 
der  Befunde  zu  geben,  noch  eines  Zusatzes.  Denn  wenn  die  Urmund- 
naht  von  ihrem  ersten  Auftreten  an  unverändert  bliebe,  so  müßte  sie, 
da  sie  schon  auf  dem  Stadium  der  Figur  o85  uns  zum  erstenmal 
entgegentrat,  auf  älteren  Stadien  (Fig.  386)  immer  länger  werden  und 
fast  die  ganze  Keimhaut,  soweit  sie  doppelblätterig  geworden  ist.  von 
vorn  nach  hinten  durchsetzen.  Das  ist  aber  nicht  der  Fall.  Die 
Nahtstelle  hat  auf  Längsschnitten  eine  Ausdehnung,  welche  auf  den 
sich  folgenden  Stadien  (Fig.  385  und  386)  ziemlich  gleich  groß  ist, 
während  sie  doch  eigentlich  einen  neuen  Zuwachs  erfahren  sollte.  Da- 
gegen nimmt  auch  in  der  Medianebene  jetzt  der  Spalt  zwischen 
innerem  und  äußerem  Keimblatt  an  Länge  beständig  zu.  (Man  vergl. 
Fig.  385  mit  Fig.  386.)  Eine  Erklärung  findet  dieses  \'erhalten  in  der 
Annahme,  daß  einige  Zeit  nach  Eintritt  der  Urmundnaht  in  derselben 
Weise,  wie  es  auch  bei  anderen  Nahtbildungen  gewöhnlich  geschieht, 
der  Verschmelzung  der  Unischlagsränder  (Fig.  387)  eine  Trennung 
der  äußeren  von  den  inneren  Faltenblättern  (Fig.  388)  auf  dem  Fuß 
nachfolgt.  In  der  Naht  löst  sich  also  die  Verbindung  zwischen  äußerem 
und  innerem  Keimblatt  von  vorn  nach  hinten,  so  daß  der  hinten  statt- 
findende Zuwachs  vorn  wieder  durch  Abtrennung  aufgewogen  wird. 

Ehe  die  weitere  Sonderung  der  Keimblätter  näher  besprochen 
wird,  ist  hier  wohl  der  geeignete  Platz,  eine  zusammenfassende  Skizze 
von  der  Ausbreitung  der  Keimhaut  auf  der  Dotterkugel,  von  dem 
Längenwachstum  und  der  äußeren  Veränderung  der  Embryonalanlage 
zu  geben,  und  auf  die  verschiedenen  Theorieen  einzugehen,  die  hierüber 
aufgestellt  worden  sind.  Schritt  für  Schritt  rückt  der  Randwulst  vom 
animalen  gegen  den  vegetativen  Pol  zu  vor  (vergl.  die  Fig.  381,  382, 
393,  394  und  die  Schemata  A — D  der  Fig.  397)  und  nimmt,  bis  er 
den  Aequator  des  Eies  erreicht,  an  Umfang  entsprechend  zu.  Die 
Keimhaut  verdünnt  sich  hierbei  (Fig.  399)  zu  einer  sehr  dünnen 
Membran  stark  abgeplatteter  Zellen,  welche  dem  Dotter  mit  seiner  ober- 
flächlichen Syncytiumschicht.  nur  durch  einen  feinen  Spalt  getrennt, 
aufliegt.  Mit  Ueberschreitung  des  Aequators  (Fig.  397  C,  Fig.  394) 
beschreibt  der  Randwulst  einen  immer  kleiner  werdenden  Kreisumfang 
und  stellt  schließlich  die  Umrandung  eines  Loches  (Fig.  389  und 
Fig.  397  D)  dar,  welches,  am  hinteren  Ende  des  mittlerweile  mehr  in 
die  Länge  gewachsenen  embryonalen  Körpers  gelegen,  noch  ein  kleines 
Stückchen  des  Nahrungsdotters  frei  zu  Tage  treten  läßt.  Aus  später 
zu  erörternden  Gründen  kann  jetzt  die  Oeffnung  als  Blastoporus,  der 
Randwulst  als  ringförmige  Urmundlippe  bezeichnet  und  der  ähnlichen 
Bildung  des  Amphibieneies  mit  dem  Dotterpfropf  verglichen  werden. 
Die  Ausbreitung  der  Keimhaut  über  den  Dotter  scheint  in  ver- 
schiedenen Bezirken  ihres  L'mfanges  mit  etwas  verschiedener  Intensität 
vor  sich  zu  gehen,  am  vorderen  Rand  rascher  als  am  hinteren.  Der 
hintere  Rand  nämlich  steht  in  engster  Beziehung  zur  Embryonalanlage 


806 


0.  Hertwig, 


welche  an  ihm  zuerst,  wie  Rauber  sich  au syed rückt  liat,  als  eine 
Art  von  Vorstoß  erscheint,  an  ihm  mit  dem  früher  beschriebenen 
Knopf  endet  und  sogar  noch  etwas  weiter  nach  hinten  vorspringt 
(Fig.  381  u.  o82).  Das  Längenwachstum  der  Embryonalanlage  geht  in 
der  Weise  vor  sich,  daß  an  den  zuerst  gebildeten  Abschnitt,  welcher 
der  Hirnplatte  des  Kopfes  ents])richt  (Fig.  382),  sich  successive  die 
nachfolgenden  Teile  anschließen,  und  daß  hierbei  der  jüngste  und  am 


wenigsten 


differenzierte  Teil   immer    seinen  Zusammenhang   mit   dem 


Randwulst   beibehält   und   an   ihm   als    Knopf  oder   Randknospe   vor- 
springt (Fig.   390 — 392).     Wie   bei  den   Selachiern   ist   auch   bei   den 


Fig.  389. 


Fig.  390. 


Fig.  391. 


Fig.  392. 


^Mi 


Fig.  389.     Forellenkeim  auf    dem  Stadium  IX,  nacli 
KopscH  (1898,  Fig.  9). 

Fig.  890.     Oberflächenbild  vom  Stadium  VI  des  Fo- 
rellenkeimes, nach  KopsCH  (1.  c.  Fig.  6). 

Fig.  391.     Oberflächenbild  vom  Stadium  VII  des  Fo- 
reUenkeimes,  nach  Kopsch  (1.  c.  Fig.  7). 

Fig.    392.     Oberflächenbild   vom   Stadium    VIII   des 
Forellenkeimes,  nach  Kopsch  (1.  c.  Fig.  8). 


Teleostiern  die  Embryonalaulage  eine  r and  stand  ige.  In  demselben 
Maße,  als  der  hintere  Randwulst  bei  der  Ausbreitung  des  Blasto- 
derms  nach  dem  vegetativen  Pole  zu  vorrückt,  hat  die  Embryonal- 
anlage sich  nun  ein  Stück  in  ihrer  Länge  vergrößert  und  ist  der 
Abstand  zwischen  dem  zuerst  angelegten,  queren  Hirnwulst  und  dem 


Fig.  393. 


Fig.  394. 


/■v 


.1 


Fig.  393.   Hechtei  mit  Embryonalanlage,  nach  Jablonowski  (L.  K.  III  e,  Fig.  2). 

Fig.  394.     Etwas  weiter  entwickeltes  Hechtei  als  Fig.  393,  nach  Jablonowski 
(Fig.  3). 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


807 


jiTößerer    ^ 


ganz 
ist. 


geworden.     Dies 
unnvachsen  und  der 


Verhältnis  dauert  so  lange,  bis 


oben   beschriebene   Blastoporus 


Knopf  ein 
der  Dotter 
entstanden 

Zum  Vergleich  mit  dem   großen  Forellen-  und   Lachsei 
der  Untersuchung  von  Jablonowski  2  Stadien    des    etwas 


sind   aus 
kleineren 


Abbildungen 


den 


viel  größerer  Teil 


Hechteies   in 
sprechen   etwa 
Im    Verhältnis   zum 
Hecht  schon  ein 
umwachsen. 

Hand  in    Hand 
werden  bei 
ausgeprägt.     In  der 
Hirnwulstes   (Fig.   384)    wird 
und  391)  unterscheidbar,  der 
sich  zu  seinen  beiden  Seiten 


reproduziert 
Stadien  IV  und 


(Fig.   393   u. 


Ausbildungsgrad 


394).     Sie   ent- 

VI  der  Forelle  (Fig.  384  u.  390). 

der  Embryonalanlage   ist   beim 

der  Dotterkugel  als  bei  der  Forelle 


mit 
Flächenbetrachtung 


dem  Längenwachstum    der  Embryonalanlage 

einzelne  Organe  in  ihr  immer  schärfer 

des   zuerst   entstandenen    vorderen 

ern   dunklerer    Zellenstreifen   (Fig.   390 

bis  zum  Knopf  heranreicht.   Dann  lassen 

die  an  Zahl  allmählich  zunehmenden  Ur- 


Verlängerung 


Segmente 
anläge 


erkennen  (Fig.  392).  Im  vordersten  Teil  der  Embryonal- 
aber  sondern  sich  einzelne  Hirnteile  schärfer  ab  (Fig.  390—392). 
Die  so  auffälligen  Beziehungen  der  Embryonalanlage  zum  Rand- 
wulst hat  His  (A.  L^  II 1874,  L.  K.  III «,  187G.  L.  K.  III  %  1877  u.  1894) 
durch  seine  vielbesprochene  Konkrescenztheorie  erklären  wollen.  Nach 
seiner  Ansicht,  welche  er  aus  dem  Verlauf  der  Entwickelung  und  durch 
Messungen  zu  begründen  versucht  hat,  ist  „das  Material  zur  Paimpf- 
anlage  im  Randwulst  aufgespeichert  und  es  gelangt  dadurch  an  seinen 
Ort,  daß  jeweilen  die  dem  hinteren  Ende  des  bereits  abgegliederten 
Embryos  zunächst  liegenden  Strecken  an  diesen  sich  heranschieben 
und    ihn    nach    rückwärts  verlängern.''     „Figur    395    veranschaulicht 


schematisch  den 
folge  der  in  der 


Hergang,  und  die  Pfeile  bezeichnen  dabei  die  Reihen- 
Richtung  von  hinten  nach  vorn  aufeinander  folgen nde 

gleichwertigen  Teile."     „Es  ist  sonach 

die  Uranlage  des  Körpers   ein  platter 

Ring,  dessen  Breite  und  Dicke  an  einer 

Stelle,  dem  zukünftigen  Kopfende,  ein 

Maximum,     am     gegenüberliegenden, 


deiu  Schwanzende, 
sitzt.     Successiv 


em 
legen 


Minimum    be- 
sieh  die   zwei 


Fig.  395.  Ei  eines  Salmoniden.  Umwach- 
sung aes  Dotters  durch  den  Randwulst, 
nach  His.  d  Dotter.  K  Kopf,  kh  Keimhaut. 
riv  Randwulst. 


-"■■—^k-h 


)■■)!■ 


Seitenhälften   des   Ringes  aneinander  und 


verernrgen 


sich  als  symme- 


trische Körperhälften.   Dabei  bedürfen  das  Kopfende  und  das  äußerste 
Schwanzende  keiner  Verwachsung,  weil  ihre  Seitenhälften  von  Anfang 
an  verbunden    sind."      Zur   Erläuterung    der  Konkrescenztheorie   von 
His  kann  auch  das  von  Kopsch  entworfene  Schema 
(Fig.  396)  dienen. 

Fig.  396.  Schema  zur  Erklärung  der  Konkrescenztheorie 
von  His.  w  vorderstes  Kopfende.  1,  2,  3,  4,  0  u.  s.  w.  sym- 
metrische Teile  des  Randringes,  welche  sich  bei  der  Bildung 
des  Embryos  in  der  Mittellinie  zusammenlesen,  nach  Kopsch 
(1896,  Fig.  1). 


808 


0.  Hertwig. 


Schon  vor  His  hat  Lereboullet  (hmi  Randwulst,  den  er  aucli 
„bourrelet  enibryogone''  nennt,  eine  wichtige  Rolle  bei  der  Bildung  des 
Embryos  zugewiesen  und  hieraus  in  zutreffender  Weise  eigentüm- 
liche Mißbildungen  des  Hechtes  zu  erklären  gesucht,  auf  welche  im 
4.  Kapitel  noch  besonders  eingegangen  werden  wird. 

Die  Konkrescenztheorie  von  His  hat  überzeugte  Anhänger  ge- 
funden, ist  aber  noch  mehr  auf  heftigen  Widerspruch  gestoßen.  Ich  selbst 
halte  ihren  Grundgedanken,  daß  ein  Verwachsungsprozeß  bei  der  Ent- 
Avickelung  der  Achsenorgane  des  Wirbeltierkörpers  stattfindet,  für 
richtig,  dagegen  nicht  zutreffend  die  Darstellung  des  Vorganges  im 
einzelnen,  welche  bei  His  eine  zu  schematische  ist.  Es  wird  in  der 
Konkrescenztheorie  nicht  berücksichtigt,  daß  der  Randwulst  der  Keini- 
hant  in  seinen  einzelnen  Abschnitten  und  auf  verschiedenen  Stadien 
ein  veränderliches  Gebilde  ist  und  daß  daher  die  Annahme  eine  falsche 
ist,  als  ob  in  dem  Randwnlst  das  Material  für  linke  und  rechte  Körper- 
teile enthalten  sei,  welches  nur  nach  der  Medianebene  zusammenge- 
schol)en  und.  wieHis  sich  ausdrückt,  in  einer  „ A  u  frei h  u  n  g s  p  e r  i  o  d e" 
von  vorn  nach  hinten  untereinander  zur  Verwachsung  gebracht  würde. 
Eine  Analyse  des  Keimscheibenrandes  aber  scheint  mir  zu  folgenden 
Vorstellungen  zu  führen. 

Wie  bei  den  Selachiern,  kann  man  am  Keimscheibenrand  der 
Teleostier  zwei  Bezirke  unterscheiden  (Fig.  399):  erstens  einen  Bezirk, 
an  welchem  die  Urmundbildung  eingetreten  ist,  und  zweitens  einen 
Bezirk,  welcher  noch  den  ursprünglichen  Charakter  der  Randzone  des 
Amphibieneies  besitzt.  Ich  habe  den  einen  als  Urmuudrand  (tir^,  ur'^), 
den    anderen    als  Umwachsungsrand  (mv)    bezeichnet    und    in    den    4 


Fig.  397.  Schemata,  um  die  Bildung  eines  Lachsembryos  durch  Zusammen- 
rücken und  Verwachsen  der  Urraundränder  und  um  das  Verhältniss  des  Urmund- 
randes  (w-)  zum  Umwachsungsrand  (mv)  zu  zeigen,  nic  Umwachsungsrand.  Durch 
die  Zahlen  l — 4  werden  die  einzelnen  Stadien  seines  Vorrückens  bezeichnet,  d  Dotter. 
«j'i  Urmundrand,  der  sich  in  der  Urmundnaht  zusammengelegt  hat.  vr-  Urmuud- 
rand, der  mit  der  Peri23herie  der  Keimscheibe  zusammenfällt,  n  After,  sk  Schwanz- 
knospe. 


Schemata  der  Fig.  397  durch  schw'arze  und  punktierte  Linien  unter- 
schieden. Vom  Urmundrand.  an  welchem  eine  Einstülpung  von  Zellen- 
material und  Bildung  von  innerem  und  mittlerem  Keimblatt  statt- 
findet (Fig.  399  dl),  unterscheidet  sich  der  Umwachsungsrand  (uw) 
durch  das  Fehlen  derartiger  Prozesse.  Die  Veränderungen,  die  sich 
an  ihm  vollziehen,  bestehen  vorwiegend  darin ,  daß  sich  der  zellige 
Rand  durch  Vermehrung  seiner  Elemente  über  einen  immer  größeren 
Abschnitt  der  Dottermasse  ausbreitet  und  ihn  mit  äußerem  Keimblatt 
überzieht  (Fig.  399  uw). 

Ein  Vergleich  zwischen  Fisch-  und  Amphibieneiern  wird  meine 
Auffassung  noch  klarer  machen.  Auf  dem  nebenstehenden  Durch- 
schnitt   durch    eine   Triton gastrula   (Fig.   398)   entspricht  die   kürzlich 


Die  Lehre   von  den  Keimblättern. 


809 


gebildete  vordere  Urmundlippe  (dl)  dem  Urmimdrand  der  Keinischeibe 
eines  Selachiers  (Fig.  oöT)  und  Teleostiers  (Fig.  'M}[)  dl),  die  bei  Triton 
noch  frei  zu  Tage  liegende  Masse  der  Dotterzellen  (das  Dotterfeld) 
entspricht  dem  noch  nicht  von  den 

Keimblättern  umwachsenen  Nah-  v:;^??/®5Si:Q?)s!ti:?Öfe:;- «/>• 

rungsdotter  des  Fischeies :  die  mit 
einem  Stern  (Fig.  39S  *)  bezeich- 
nete Stelle  endlich,  an  welcher  bei 

<len     Amphibien    die    ehemalige  -S^Cv^v»  K'/o^-^r^'^'/'/AS^äüW--'''« 

animale  Hälfte  der  Keimblase  in 


P"'ig.  398.  Längsdurchschnitt  durch 
eine  Keim  blase  von  Triton  mit  be- 
ginnender Gastrulaeinstülpung.  ak,  ZA- 
äußeres,  inneres  Keimblatt.  //;  Keim- 
blasenhöhle, ud  Urdarm.  n  Urraund. 
dz  Dotterzellen,  dl,  vi  dorsale,  ventrale 
Lippe  des  Urmundes.    »  Randzone. 


fi 


dl 

rl 

dz 


den  Haufen  der  Dotterzellen  übergeht,  oder  die  Randzone  Goette's, 
ist  dem  Umwachsungsraud  der  meroblastischen  Eier  zu  vergleichen 
(Fig.  399  uiü).  Wie  bei  den  Amphibien  sich  die  erst  kleine  Urmund- 
rinne  allmählich  an  beiden  Enden  ausdehnt  und  erst  spät  zu  einem 
Ring  schließt  (Fig.  290),  so  geht  ein  ähnlicher  Prozeß  bei  den  Fisch- 
eiern vor  sich,  ist  aber  über  einen  viel  längeren  Zeitraum  wegen  des 
relativ  größeren  Gehaltes  an  Nahrungsdotter  ausgedehnt. 


D  dl 


V 


Fig.  399.  Längsschnitt 
durch  die  Keimhaut  eines 
Salmonideneies  einige  Tage 
nach  Beginn  der  Umwach- 
sung.  H  hinterer,  V  vor- 
derer Rand.  ak  äußeres, 
ik  -\-  mk  inneres  und  mitt- 
leres Keimblatt,  n  Kerne 
des  Syncytiums.  0  Oel- 
tropfen.  dl  Urmundlippe. 
uic  Umwachsungsraud.-  D 
Deckschicht. 

Somit  kann  ich  weder  der  ursprünglichen  Darstellung  von  Haeckel 
in  Hinsicht  auf  die  Entstehung  seiner  Discogastrula  noch  der  Lehre  von 
Hans  Virchow  beistimmen,  wenn  er  angiebt,  daß  bei  der  Forelle  die 
Urmundbildung,  bald  nachdem  sie  am  hinteren  Rand  der  Keimscheibe 
begonnen  habe,  auch  am  vorderen  Rande  eintrete.  Zwar  ist  es  richtig, 
daß  sich  schon  bei  relativ  kleinen  und  jungen  Keimscheiben  eine  gering- 
fügige Einbiegung  des  Scheibenrandes  auch  vorn  bemerkbar  macht.  Die- 
selbe ist  aber  nicht  nur  sehr  unbedeutend,  sondern  läßt  sich  den  Vor- 
gängen, die  sich  am  hinteren  Rande  abspielen,  nicht  vergleichen.  Dies 
lehren  ganz  otfenbar  Sagittalschnitte  durch  Keimhäute,  w^elche  über  die 
Zeit,  wo  schon  am  vorderen  Rand  die  Urmundbildung  nach  Virchow. 
eingetreten  sein  soll,  weiter  hinaus  entwickelt  sind.  An  einem  in  Fig.  399 
abgebildeten  Sagittalschnitt  durch  einen  Forellenkeim  ist  der  Unterschied 
zwischen  hinterem  (vi)  und  vorderem  (uw)  Rand,  zwischen  hinterem  und 
vorderem  Bezirk  der  Keimhaut  sehr  deutlich  ausgeprägt.  Am  hinteren 
Rand  ist  ein  wirklicher  Umschlag  vorhanden,  an  welchem  das  äußere 
Keimblatt    in    ein    von    ihm    deutlich    gesondertes    und    o'ut  entwickeltes 


810 


0.  Hertwig, 


unteres  Blatt  {ik-\-mk)  umbiegt.  Der  vordere  Rand  (uw)  ist  zwar 
etwas  verdickt,  aber  es  fehlt  zwischen  äußerem  Keimblatt  und  Dotter 
ein  zweites  Blatt.  Hätte  eine  Einstülpung,  wie  H.  Virchow  meint,  am 
vorderen  Rand  schon  auf  jüngeren  Stadien  begonnen,  meinetwegen  zui- 
Zeit,  als  er  erst  bis  zu  der  durch  ein  Kreuz  (4-)  bezeichneten  Stelle 
reichte,  so  müßte  sich  auf  dem  älteren  Stadium,  wenn  sich  die  Keimhaut 
noch  weiter  ausgedehnt  hat,  auf  der  Strecke  zwischen  Kreuz  und  dem 
Aveiter  gewachsenen  Rand  das  durch  Umschlag  gebildete  Blatt  finden. 
Wie  aber  ein  solches  an  unserem  Präparat  fehlt,  so  fehlt  es  auch  an 
noch  älteren  Keimen  an  der  Stelle,  wo  jetzt  in  Fig.  399  der  etwas  ver- 
dickte vordere  Rand  liegt.  Folglich  hat  sich  auch  jetzt  noch  nicht  durch 
Umschlag  ein  zweites  Keimblatt  gebildet.  Es  wird  also  die  Dotterkugel 
vom  vorderen  Keimhaiitrand  aus  nur  mit  äußerem  Keimblatt  überzogen. 
Erst  wenn  die  Umwachsung  ziemlich  vollendet  und  der  ursprünglich 
vordere  Rand  der  Keimhaut  nahe  an  das  hintere  Ende  des  mittlerweile 
schon  weit  entwickelten  embryonalen  Körpers  gelangt  ist,  ändert  sich 
seine    Beschaffenheit    (Fig.  400  E^)^    er    erfährt    eine    beträchtliche  Ver- 


Fig.  400.  Schnitt  durch  das  hintere  Ende  eines  Salmonideneies  am  Ende  der 
Umwachsung  des  Dotters,  nach  VIrchow  (L.  K.  III "  1894,  Fig  .5).  E^  verdickter  Rand 
der  hinteren  ürmundlippe.  U^  unteres  und  mittleres  Keimblatt.  D  Deckschicht 
über  dem  Dotterloch,  n  Kerne  des  Syncytiums.  K  KuPFFER'sche  Blase.  O  Oel- 
tropfen. 

dickung;  es  bildet  sich  durch  Umschlag  ein  weiteres  und  zwar  das 
mittlere  Keimblatt,  welches  sich  eine  Strecke  weit  nach  hinten  vom 
Embryo  auf  dem  Dotter  ausbreitet;  mit  einem  Wort,  es  ist  erst  jetzt 
ein  hinterer  Urmundrand  entstanden,  wie  bei  den  Amphibien,  wenn  sich 
die  hufeisenförmige  Urmundrinne  zum  ringförmigen  Blastoporus  schließt. 
Man   vergleiche  in  dieser  Beziehung  Fig.   290  mit  Fig.  400. 

Eine  Ansicht,  nach  welcher  die  Lehre  von  der  Verwachsung  der 
Urmundränder  halb  angenommen,  halb  abgelehnt  wird,  haben  einige 
Forscher  ausgesprochen,  wie  z.  B.  Kopsch  (L.  K.  IV  1896,  p.  121).  Bei 
den  Knochenfischen,  meint  er,  werde  die  Kopfgegend  durch  Verschmelzung' 
des  linken  mit  dem  rechten  Urmundrand  gebildet,  und  auch  der  früh 
sich  bildende  Knopf  entstehe  durch  Vereinigung  einer  linken  und  rechten 
Anlage  des  Urmundrandes.  Nachdem  aber  einmal  der  Knopf  angelegt 
sei,  stelle  er  ein  selbständiges  Wachstumscentrum  der  Embryonalanlage 
dar,  welches  das  Zellenmaterial  für  das  Längenwachstum  des  Körpers 
liefere.  Bei  dieser  Fassung  finde  ich  nur  die  Vorstellung  nicht  richtig, 
daß  der  einmal  angelegte  Knopf  auf  den  jüngeren  und  späteren  Stadien 
der  Entwickelung  immer  ein  und  dasselbe  Gebilde  sei,  vielmehr  ist  er 
nach  meiner  Auffassung  aller  einschlagenden  Verhältnisse  ein  transitorisches 
Gebilde,  nämlich  die  sich  als  Verdickung  markierende  Verwachsuugsstelle, 
die  sich  einerseits  nach  vorn  in  die  Achsenorgane  des  Embryos  differen- 
ziert   und    ihr  Längenwachstum  vermittelt,    andererseits  aber  von  hinten 


Die  Lehre  von  den  Keimblärtern. 


.SU 


her  sich  immer  wieder  ergänzt  durch  Vereinigung  des  weiter  rückwärts 
ffeleeenen  Teiles  der  Urmundränder,  bis  schließlich  der  hinterste  Rest 
des  Urmundes  in  die  Afteranlage  übergeht.  Von  dieser  Interpretation 
weicht  übrigens  die  Ansicht  von  Kopsch  im  Grunde  genommen  nicht 
viel  ab.  Denn  auch  er  läßt  den  hinteren  Körperabschnitt  vom  Knopf 
aus  gebildet  werden  „unter  Zuhilfenahme  von  Randring-  bezw. 
L^rmundmaterial".  Kopsch  setzt  also  an  Stelle  der  klaren  Fassung, 
gegen  welche  er  polemisiert,  nur  den  unbestimmten  und  dehnbaren  Be- 
griff der  „Zuhilfenahme  von  Randring-  bezw.  ürmundmaterial"  und  schafft 
einen  künstlichen  Gegensatz  zwischen  dem  Entwickelungsmodus  der  vorderen 
und  der  hinteren  Körperhälfte. 


Die  erste  Anlage  von  Rücken  mark,  Chorda  und  mittlerem 

K  e  i  m  b  1  a  1 1. 

In  der  Entwickehmg  des  Centralnervensystems  zeigen  die  Teleostier 
vielfache  Uebereinstimmung  mit  den  Cyclostomen.  Bei  der  Betrach- 
tung von  der  Fläche  erscheint  das  äußere  Keimblatt  längs  eines 
medianen  Streifens  verdickt  (Achsenplatte)  und  von  einer  seichten 
Rinne  halbiert  (Fig.  oOO  u.  394) :  aber  es  kommt  nicht  zur  Erhebung 
zweier   Medullarwülste.    wodurch   sich    bald    bei   den    meisten  Wirbel- 


tieren   die   Anläse    des    Centralnervensystems 


gegen 


das    Hornblatt 


mk 


mst 


d 


Fig.  401. 
mst  ds        ak 


Fig.  402. 
ds  inst 


ak 


mk 


mst  — -^-r.- 


'""-  d    mk   — 


d.^ 


mk 


-  ds 


/. 


eil     ik 


ik 
Fig.  401.     Querschnitt  aus  der  Mitte  einer  Embryonalanlage   von   Syngnathus 
mit  erster  Anlage  des  Medullarstranges.    Xach  Calberla  (Tat.  XII,  Fig.  2).  ds  Deck- 
schicht des  Ektoderms.    ak  das  ganze  Ektoderm.    mst  MeduUarstrang.    ik  Entoderiu. 
mk  Mesoderm,     ds  Zellen  des  Dottersyncytiums.     d  Dotter. 

Fig.  402.  Querschnitt  aus  der  Mitte  einer  Embryonalanlage  von  Synguathus 
acc,  dessen  primitive  Gehirnabteilungen  völlig  ausgebildet  sind  und  dessen  MeduUar- 
strang sich  abgeschnürt  hat.  Xach  Calberla  (Taf.  XII,  Fig.  4).  ch  Chorda. 
Andere  Bezeichnungen  wie  in  Fig.  401. 


812  0.  IIertwig, 

schärfer  abgrenzt.  Dagegen  findet  eine  Einstiilpnng  des  Zellniaterials. 
welches  das  Nervenrohi-  liefeit,  in  entgegengesetzter  Richtung  nach 
dem  unteren  Keimblatt  zu  statt  (Fig.  401  u.  402)  und  erzeugt  unter 
der  am  Rücken  sichtbaren  Rinne  einen  nach  unten  vorspringenden 
medianen  Kiel,  welcher  bei  seiner  ersten  Anlage  einer  Höhlung  ent- 
behrt. Anstatt  eines  Medullarrohres  entsteht  bei  den  Knochenfischen 
ein  M  e  d  u  1 1  a  r  s  t  r  a  n  g. 

Hierin  ist  indessen,  wie  auch  schon  bei  den  Cyclostornen  her- 
vorgehoben wurde,  kein  prinzipiell  neuer  Vorgang,  sondei'u  nur  eine 
Modifikation  der  gewöhnlichen  Entwickelungsweise  des  Centralnerven- 
systems  zu  erblicken,  was  zuerst  von  Goette  (1878)  klar  hervor- 
gehoben wurde.  Goette  läßt  die  Achsenplatte  nach  unten  gewisser- 
maßen eine  geschlossene  Falte  schlagen  und  findet  eine  Andeutung 
hiei'für  noch  in  der  vergänglichen,  oberfiächlichen  Furche.  Er  be- 
merkt hierzu :  ..Indem  der  anfangs  unkenntliche  Faltenraum  in  dem 
sich  von  dem  übrigen  Keimblatt  oder  der  Oberhaut  abschnürenden 
Kiel  in  Gestalt  einer  Spalte  erscheint  und  so  diese  solide  Anlage  des 
Centralnervensystenis  in  eine  röhrenförmige  verwandelt,  ergiebt  sich 
deren  Uebereinstimmung  mit  deijenigen  der  übrigen  Vertebraten: 
Die  offene  Medullarfurche  der  letzteren  ist  bei  den  Teleostiern  in 
eine  geschlossene  Falte  verwandelt,  deren  Blätter  erst  nach  der  Ab- 
schnürung von  der  Oberhaut  auseinandertreten''  (L.  K.  III  ^,  1878, 
p.  146). 

Von  der  Bildung  des  Medullarstranges  bleibt  die  oberflächlichste 
Zellanlage  des  äußeren  Keimblattes  ausgeschlossen.  Sie  hat  sich  in 
eine  Deckschicht  {ds)  von  ganz  platten,  schüppchenartigen  Elementen 
umgewandelt,  welche  später  zu  Grunde  gehen.  Und  wie  sie  vom  Be- 
ginn der  Gastrulation  an  sich  am  Rand  der  Keim  Scheibe  über  die  Ein- 
stülpungsrinne zum  Dotter  herttberspannt,  ohne  selbst  miteingestülpt 
zu  werden  (vergl.  p.  800),  so  wächst  sie  auch  in  die  innere  Zellenmasse 
des  Kieles  nicht  mit  hinein.  Die  Angaben  von  Calberla  (L.  K.  III  ^, 
1877),  nach  welchen  ein  solches  Einwachsen  bei  Petromyzon  und  be- 
sonders bei  Syngnathus  sich  sollte  nachweisen  lassen,  beruhen  nach 
allen  späteren  auf  diesen  Gegenstand  gerichteten  Untersuchungen  von 
Goette,  Goronowitsch,  Henneguy,  Wilson,  Jablonowski  auf 
einem  Irrtum.     (Vergleiche  p.  727.) 

Geringe  Abweichungen  von  dem  eben  dargestellten  Verlauf  bietet 
die  Entwickeluug  des  Centralnervensystenis  vom  Hecht  dar,  wie  Go- 
ronowitsch (L.  K.  III  ^  1885)  und  Jablonowski  (L.  K.  III  ^  1899)  in 
gleicher  Weise  gefunden  haben.  Die  Abweichung,  welche  bei  ausge- 
dehnteren Untersuchungen  vielleicht  auch  noch  einige  andere  Fischarten 
zeigen  werden,  ist  besonders  deswegen  von  Interesse,  weil  durch  sie 
eine  Art  Uebergang  zu  der  gewöhnlichen  Bildung  des  Nervenrohres  bei 
Amphibien,  Reptilien  etc.  vermittelt  wird.  Wie  bei  diesen  beobachtet 
man  beim  Hechtei  anfangs  eine  plattenförmige  Medullaranlage,  welche 
verhältnismäßig  lange  horizontal  ausgebreitet  bleibt  und  sich  gegen 
ilas  übrige  Hornblatt  schärfer  als  bei  Lachs  und  Forelle  abgrenzt. 
Ihre  Umbildung  zum  Medullarstrang  gestaltet  sich  etwas  verschieden, 
je  nach  den  Regionen  des  Leibes. 

Vorn  im  Bereich  der  Mittel-  und  Vorderhirnregion  erhält  man 
Bilder,  welche  sich  als  eine  echte  Falten  bild  ung  deuten  lassen 
(Fig.  40o).  Die  seitlichen  Abschnitte  der  MeduUarplatte  richten  sich 
über  die  Ol»erfläche  empor  und    beginnen   sich    dabei  in  der  Median- 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


813 


ebene  zusammenzulegen.  Zugleich  wird  die  Mitte  der  Platte  nach  unten 
als  ein  nur  mäßig  entwickelter  Kiel  vorgedrängt;  von  außen  aber 
schneidet  eine  zwar  schmale,    aber  tiefe  Furche   etwa   bis   zur   Hälfte 


Fig.  403.     Querschnitt  durch  die  Mittelhirnregion  eines  Hechtembrvos.     Nach 
jABLOJrowsKi  (L.  K.  III  «,  1899,  Fig.  i>3). 


in  ihn  ein.  Die  mediane  Spalte  wird  von  der  Deckschicht  überl)rückt, 
welche,  wie  bei  der  Forelle,  bei  der  Entwickelung  des  Centralnerveu- 
systems  unbeteiligt  bleibt.  Solche  Befunde  lehren,  daß  man  es  im 
Bereich  des  Hirns  beim  Hecht  mit  einem  echten  Faltungsprozeß  zu 
thun  hat,  welcher  einen  Uebergang  zwischen  der  röhrenförmigen  und 
der  strangförmigen  Bildungsweise  des  Rückenmarks  vermittelt. 

Bei  älteren  Embryonen  schwindet  der  Hohlraum  mehr  und  mehr 
(Fig.  404).  Der  Kiel  tritt  schäi-fer  nach  unten  hervor  und  gewinnt 
die  Gestalt  eines  fast  gleich- 
seitigen Dreiecks.  Auf  seiner 
Oberfläche  findet  sich  unter 
der  Deckschicht  noch  ein 
deutlicher  Rest  der  Me- 
dullarrinne  und  setzt  sich 
nach  abwärts  in  der  Median- 
linie in  einen  sehr  schmalen, 
hellen  Streifen  fort,  welcher 
die  obere  Hälfte  des  Kieles 
durchsetzt  und  von  spind- 
ligen,  plattgedrückten,  dor- 
soventral  gerichteten  Zellen 

begrenzt  wird.  JablONOWS-        ,      Fig.  404.     Querschnitt  durch  den  Medullär- 

'^      i  r  1  +     •        1  1     11  Strang    emes    Hechtembrvos    mit   o  Paar  Urses- 

KI    erDllCKt    in    dem    Hellen      menten.    Nach  Jablonowski  (1899,  Textfig.  o). 


Streifen  die  letzte  Spur  des  bei  jüngeren  Embryonen  deutlich  wahr- 
nehmbaren Spaltes.  Noch  später,  wenn  die  Abtrennung  vom  Horn- 
blatt erfolgt,  ist  dann  auch  beim  Hecht  der  Teil  des  Medullar- 
strangs,  der  den  Hirnblasen  zur  Grundlage  dient,  vorübergehend  eine 
solide  Bildung,  wie  bei  den  übrigen  Teleostiern :  doch  schließt  sich 
bald  an  das  Stadium  des  soliden  Stranges  die  Aushöhlung  der  ein- 
zelnen Hirnblasen  durch  Auseinanderweichen  der  seitlichen  Wandun- 
gen an. 

Nach  hinten  tritt  immer  mehr  eine  Uebereinstimmung  in  der 
Entwickelung  des  Centralnervensystems  beim  Hecht  und  bei  den  Salmo- 
niden ein.  Es  bildet  sich  von  Anfang  an  ein  geschlossener  Kiel,  der 
sich  zu  einem  soliden 
Höhlung  erhält. 

Infolge  der  eigentümlichen  Kielbildung  werden  bei  den  Knochen- 


Medullarstrang 


abschnürt   und  erst  später  eine 


814  0.  Hertwig, 

tischen  die  angrenzenden  Zcllschichten,  Chorda,  mittleres  und  unteres 
Keimbhitt,  nach  dem  Dotter  zu  weit  hervorgedrängt  (Fig.  401  —  404), 
so  daß  hier  abermals  der  Medianebene  entlang  eine  von  vorn  nach 
hinten  ventrahvärts  vorspringende  Leiste  entsteht,  im  Gegensatz  zu 
den  Amphibien,  Vögeln  und  Säugetieren,  wo  die  Entstehung  des 
Nervenrohres  eine  Hervorwölbung  des  Hornblattes  dorsalwärts  l)e- 
dingt.  In  besonders  hohem  Grade  scheint  die  Kielbildung  nach  den 
Abbildungen  von  Calberla  (Fig.  401,  402)  bei  Syngnathus  ausge- 
prägt zu  sein. 

Die  Entstehung  des  mittleren  Keimblattes,  des  se- 
kundären Darmdrüsenblattes  und  der  Chorda  ist  bei  den 
Knochenfischen  viel  schwieriger  zu  verfolgen  als  bei  den  Selachiern 
und  den  anderen  bisher  besprochenen  Wirbeltieren.  Es  hängt  dies 
damit  zusammen,  daß  alle  Keimschichten  außerordentlich  dicht  auf- 
einander gepreßt  sind  und  keine  trennenden  Spalten,  wie  bei  den 
Selachiern,  hervortreten  lassen.  Das  innere  Blatt,  welches,  durch  Um- 
schlag am  hinteren  Rande  entstanden,  mehrere  Lagen  von  Zellen  dick 
ist,  enthält  das  Anlagematerial  sowohl  für  den  Mesoblast  als  für  das 
sekundäre  Darmdrüsenblatt,  und  wird  daher  in  der  Litteratur  gewöhn- 
lich als  primäres  Entoderm  bezeichnet.  Bald  nach  seiner  Entstehung 
grenzt  sich  die  unterste  Lage  von  Zellen,  welche  dem  Dottersyncvtium 
aufliegt,  immer  deutlicher  als  ein  besonderes  Keimblatt,  als  „sekundäres 
Entoderm",  ab.  Bilder,  welche  ein  Einwachsen  des  Mesoblasts  von 
der  Urmundlippe  aus  lehren,  wie  sie  bei  den  Selachiern  erhalten 
w^erden,  sind  von  keinem  Teleostier  beschrieben  worden.  Es  wird 
daher  gewöhnlich  in  der  Litteratur  die  Sonderung  des  primären  Ento- 
derms  in  Mesoderm  und  Darmdrüsenblatt  als  eine  Delamination  be- 
zeichnet, wofür  ja  auch  die  Befunde  auf  den  ersten  Blick  am  meisten 
sprechen:  „The  conclusion  is  forced  upon  us".  bemerkt  Wilson 
(A.  L.  III'',  1891,  p.  229),  „that  in  certain  vertebi'ates  evagination 
has  been  replaced  by  delamination  in  the  formation  of  the  mesoderm". 

Dagegen  fehlt  es  auch  nicht  an  Forschern,  welche  die  Befunde 
in  Uebereinstimmung  mit  den  Vei'hältnissen  bei  den  übrigen  Wirbel- 
tieren zu  deuten  suchen.  So  erklärt  Goronowitsch  :  „Die  Meso- 
dermplatten  sind  als  zwei  seitlich  von  der  Medianlinie  enstandene 
solide  Auswüchse  des  Entoderms  zu  betrachten,  die  sich  allmählich 
vom  Endoderm  abgrenzen."  Auch  Henneguy  glaubt  eine  Ueber- 
einstimmung mit  Amphioxus  wohl  erkennen  zu  können  (A.  L.  III  ^, 
1888,  p.  555):  „La  formation  simultanee  de  trois  replis  endodermiques, 
chez  Tamphioxus,  dont  le  median  devient  la  corde  dorsale  et  les  deux 
lateraux  sont  l'origine  du  mesoderme,  prouve  que,  chez  les  Teleosteens, 
le  developpement  de  ces  parties  suit  une  marche  identique :  mais 
chez  ces  animaux  ce  sont  des  masses  cellulaires  pleines  qui  se  sepa- 
rent  de  Tendoderme,  tandis  que  chez  l'amphioxus.  le  mesoderme  et 
la  corde  dorsale  sont  des  evaginations  creuses  du  feuillet  interne." 

Auch  weisen  folgende  wichtige  Befunde  auf  eine  bedeutungsvolle 
Uebereinstimmung  hin :  Die  Anlage  der  Chorda  erscheint  zuerst  als 
ein  medianer  Streifen  von  Zellen  unter  der  ersten  Anlage  vom  Me- 
dullarstrang  und  ist  nach  beiden  Seiten  vom  Mesoderm  und  Darm- 
drüsenblatt, wenn  diese  sich  lateralwärts  voneinander  zu  sondern  be- 
ginnen, nicht  abgegrenzt.  Dann  wird  von  Gorono\vitsch  (L.  K.  III  '', 
1885)  ein  Stadium  (Fig.  405)  abgebildet,  wo  die  Chorda  sich  von  dorsal  her 


Die   Lelire  von  eleu  Keimblätteni. 


815 


mit  Spalten    gegen  die  linke   und   rechte  Mesodernihälfte   absetzt:   es 
würde    dies    etwa    beim    Amphioxus    etc.    dem   Vorgang    entsprechen, 
wenn    sich    die    Chordaplatte    znr    Rinne    zusammenfaltet    (Fig.   254). 
Auch  bildet  Goronowitsch 
auf     einer      Seite      seines 
Schnittes    noch    einen    Zu- 

sammenhang       zwischen 
Darmdrüsenblatt  und  Meso- 
derm   lateral  von    der   sich 
jetzt  schärfer  abgrenzenden 


ds 


uk 


Fig.  405.  Querschnitt  durch 
Stadium  III  (Kopsch)  eines  Em- 
bryos von  Salmo  salar,  aus  dem 
hinteren  Drittel.  Nach  GoRO- 
KOWiTSCH(l8S5,Taf.XX,Fig.l8). 
ük,  mk,  (1- äußeres,  mittleres,  inneres 
Keimblatt,  ch  Chorda,  ds  Dotter- 
kerne,    ds  Deckschicht. 


•.*•<' 


cfi 
mk 

ik 
dz 


ch 


m 


Chorda    ab.      Ein  derartiges    Bild   würde    etwa    entsi)rechen    den 
Fig.  311  A  u.  320  dargestellten  Befunden  von  Amphibieneiern. 

Einen  genau  entsprechenden  Befund  beschreibt  und  bildet  Sumner 
von  Noturus  ab  (L.  K.  III  •=,  1900,  p.  60) :  „The  relation  of  the  gut  epi- 
thelium  to  the  notochord  is  also  au  interesting  problem.  For  some  time 
after  the  chorda  has  separated  from  the  neural  axis  above  and  the 
mesoblastic  plates  on  each  side,  there  persists  a  continuity  between 
it  and  the  gut-hypoblast."  Ebenso  bildet  Sumner  zu  beiden  Seiten 
der  Chorda,  besonders  linker  Hand  (Fig.  40(5),  einen  Zusammenhang 
zwischen  Darmdrüsenblatt  und  der  unteren  medianen  Kante  der  Meso- 
blastplatte  ab  mit  der  Bemer- 
kung: „The  relations  of  gut- 
hypoblast  to  mesoblast  and  chorda 
are  suggestive," 


Fig.  406.  Querschnitt  durch  die 
hintere  Hälfte  eines  Embryos  von  No- 
turus, etwas  vor  der  KuPFFER'schen 
Blase.    Nach  JSumner  (1900,    Fig.  20). 

Drittens  endlich  finden  sich  auch  bei  den  Teleostiern  Stadien, 
die  als  Einschaltung  der  Chorda  in  das  Darmdrüsenblatt  und  nach- 
folgende Ausschaltung  bezeichnet  werden  müssen.  So  behauptet 
Wilson  (A.  L.  III  ^  1891).  daß  bei  Serranus  die  Chordazellen  (Fig.  407. 
ch)  zuerst  au  der  Decke  des  Urdarms  entlang  der  dorsalen  Medianlinie 
liegen,  wie  bei  Amphioxus  und  den  Amphibien,  und  er  hält  es  nicht 
minder  für  sichergestellt,  daß  etwas  später  das  Darmdrüsenblatt,   das 


Fig.  40(.  Querschnitt 
durch  das  hintere  Ende 
der  Embryonalanlage 
von  Serranus,  ;30  Stun- 
den entwickelt.  Nach 
Wilson  (A.  L.  III «, 
1891,  Taf.  XCV,  Fig. 
54). 


/.  \ 


816 


0.  Hertvvig, 


in    der  Mittellinie  fehlt   (Fig, 
rechts  her  unter  die  Chorda 
j-auni  ausschaltet  (Fig.  409). 
stage",  fügt  Wilson  hinzu. 


Fig.  4U8.     Querschnitt  durch 
wickelten    Embryo    von    Serranus. 
Taf.  XCV,  Fig.  o6). 


40S),  mit  freiem  Rand  von  links  und 
wächst  und  sie  so  sekundär  vom  Darni- 
„The  exact  State  of  affairs  in  the  earlier 
„was  likewise  often  difticult  to  determine, 

but  the  bestsections 
were  such  as  I  liave 
drawn.  After  a  ca- 
reful  study  I  feel 
safe  in  saying  that 
the  lateral  sheets 
of  entoderm  grow 
under  the  chorda 
cells  and  meet  in 
the  middle  line, 
thus  completing  the 
layer.  Agassiz  and 
Whitman  State  the 
same  for  Cteno- 
labrus." 


einen    25  Stunden  ent- 
Nach   Wilson   (1.  c. 


Fig. 
wickelten 


409.     Querschnitt   durch 
Embryo    von    Serranus. 


rh      mst 

einen    29  Stunden  ent- 
Nach    Wilson   (1.  c. 
407—409. 
ds  Deck- 


Taf.  XCV,  Fig.  61).  Bezeichnungen  für  Fig, 
ak,  ik,  mk  äußeres  inneres,  mittleres  Keimblatt, 
Schicht,     ch  Chorda,     mst  MeduUarstrang. 


Ein  für  die 
Teleostier  charak- 
teristisches, viel  be- 
sprochenes Gebilde 
ist  die  KuPFFER- 
sche  Blase  (A;).  auf 
deren  Entstehung 
und  Bedeutung  hier 
noch  besonders  ein- 
zugehen ist.  Sie 
tritt  bei  allen  Arten 
in  der  kleinzelligen,  undifferenzierten  Masse  des  Endknopfes  auf,  in 
welchen  die  Embryonalanlage  an  dem  vorderen  Rand  des  Blasto- 
porus  übergeht,  und  ist  am  deutlichsten  zur  Zeit,  wo  sonst  der  Blasto- 
porus  schon  zu  einem  recht  kleinen  Loch  geworden  ist  (Fig.  400). 
Bei  Forellenembryonen  mit  3  Ursegmenten  (Sobotta)  ist  sie  schon 
gut  erkennbar,  läßt  sich  aber  nach  Henneguy,  Gregory  und  Kopsch 
(L.  K.  III  '\  1900,  p.  501)  noch  etwas  früher  nachweisen,  nämlich  bevor 
die  Gliederung  in  Ursegmente  begonnen  hat.  Bei  verschiedenen  Arten 
erreicht  sie  eine  verschieden  große  Ausdehnung,  wird  am  mächtigsten 
nach  der  Umwachsung  des  Dotters  zur  Zeit  des  Blastoporusschlusses, 
ganz  besonders  bei  Trutta  iridea  (Sobotta,  L.  K.  III'\  1.S9!^,  p.  117) 
und  bildet  sich  hierauf  allmählich  zurück.  Bei  Forellenembryonen 
von  40  Urwirbeln  z.  B.  ist  ihre  Rückbildung  schon  ziemlich  weit  vor- 
geschritten. 

Der  Hohlraum  entsteht,  indem  die  Zellen  vor  dem  Endknopf 
auseinander  weichen  (Fig.  410/0.  Seine  dorsale  Wand  wird  von  dem  ver- 
dickten, hintersten  Ende  der  Chorda  {ch)  begrenzt,  welche  sich  hier  nach 
rückwärts  in  dem  Keimgewebe  des  Endknopfes  (e)  oder  der  Schwanz- 
knospe späterer  Stadien  verliert.  Nach  hinten  wird  daher  auch 
die  KuPFFER'sche  Blase  von  undifferenziertem  Gewebe  begrenzt,  in 
welchem  sich  ebenso  wie  die  Chorda  auch  der  darüber  gelegene  Me- 
duUarstrang hmt)   nach  rückwärts    verliert.      Auf   Grund    dieser    Be- 


Die   Lehre  von   den   Keimblättern. 


SIT 


Ziehungen  haben  Sobotta, 
hinten  von  der  P)hise  gelegen 
und  Mednlhirstrang  verlieren, 
übrigen  \\'irl)elticre  verglichen 
ebenso  wie  die  dorsale  Anlage 
entbehrt,  ah 


s  n  e  u  r  e  n  t  e  r  1  s  c 

Fig.  41 

Blase    wird    bei    der    Forelle 


zeigt  ihn  im  Median- 


Gregory  u.  a.  den  dorsal  und  nach 
en  Zellstrang,  in  welchem  sich  Chorda 
dem  Canalis  n  eu  renter  i  cu  s  der 
und  haben  ihn,  da  er  bei  den  Teleostiern. 
des  Centralnervensystems,  einer  Höhlung 
hen  Strang  bezeichnet.  Fig.  410  ws^ 
1   im  Querschnitt.    Die  untere  Wand  der 


etc.    gleichfalls    von    Zellen    (Fig.   410 


ak 


ds 


mst 


m.sl 


l'.'^ 


ik  mk\ 

Fig.  410.  Medianschnitt  durch  einen  13  Tage  alten  Forcllenembrvo  mil4;Ur- 
segnienten.  Nach  Gregory  (L.  K.  III  ,  1899,  Taf.  LX,  I'ig.  6).  Bezeichnungen  wie 
in  Fig.  411.    Außerdem:  e  Endknopf,     mr  Merocyten.     ch  Chorda. 

Fig.  411.  Querschnitt  durch  die  KuPFFER'sche  Blase  eines  19  Tage  alten 
Forellenembryos.     Nach   Gregory  (1890,   Taf.   LXI,  Fig.  11).    ak,   mk,   >k  äußeres. 


mittleres,  inneres  Keimblatt, 
sehe  Blase. 


Is  Deckschicht,  mst  neurenterischer  Strang.    /;  Kupffer- 


(IS 


u.  411),  bei  anderen  Arten  (Fig.  412)  indessen  von  der  Dottermasse 
und  dem  peripheren  Dottersyncytium  begrenzt.  Dies  ist  nach  den 
Angaben  von  Sobotta  (189s',  Fig.  118.  119)  bei  Coregonuseiern  und 
bei  Belone  acus  der  Fall. 

Von  ihrem  Entdecker  Kupffer    wurde   die   Blase   der  Allantois 
der   Amnioten   verglichen    und    als    das   Rudiment   einer   solchen   ge- 
deutet.    Während   der   Befund   von   allen   nachfolgenden  Beobachtern 
bestätigt  wurde,  gingen  die  Meinungen 
über  ihre  Deutung   sehr   auseinander. 
Die  KuPFFER'sche  Ansicht    fand   nur 
wenige    Anhänger:     andere    Forscher 
erblickten  in  ihr  den  Urdarm  der  Te- 
leostier,  so  in  den  letzten  Jahren  So- 
botta und  Gregory:    Balfour  (A. 

Fig.  412.  Querschnitt  durch  die  Krp- 
FFER'sche  Blase  eines  Embryos  von  Belone 
acus  mit  ca.  30  Ursegmen'tpaaren.  Nach  iSo- 
BOTTA  (L.  K.  III«,  1898,  Fig.  7). 


L.  II.  1S8].  p.  67,  68),  dem  sich  die  Mehrzahl  der  Embryologen  an- 
schloß, verglich  sie  dem  postanalen  Darmabschnitt  nebst  der  Endblase 
der  Selachier. 

Wie  KopscH  (L.  K.  III  ^  1900,  p.  501)  mit  Recht  ausgeführt  hat,  ist 
die  BALFOUR'sche  Ansicht  die  am  besten  begründete:  Ein  Unterschied 
besteht  nach  Kopsch  (p.  502)  nur  darin,  „daß  bei  den  Knochenfischen 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.  I.  52 


818  0.  Hertwig, 

die  KuPFFER'sche  Blase  frühzeitig  erscheint  und  verschwindet,  während 
sie  bei  Selachiern  später  auftritt  und  später  verschwindet.  Das  frühzeitige 
Auftreten  bei  den  Knochentischen  und  das  spätere  bei  Selacliiern  ist 
bedingt  durch  die  frühe  Entstehung  der  einheitlichen  Schwanzknospe 
der  Teleostier  und  durch  die  bei  den  Selachiern  erst  auf  sjjäteren 
Stadien  erfolgende  Verschmelzung  der  beiden  Caudallappen  zu  einer 
einheitlichen  Wachstumszone/' 

VIII.  Die  Keimblätter  der  Reptilien. 

Wie  es  nach  ihrer  Stellung  im  System  zu  erwarten  ist,  zeigen 
Reptilien,  Vögel  und  Säugetiere  in  der  Entwickelung  ihrer  Keimblätter 
mannigfache  Uebereinstimmungen  untereinander,  dagegen  wichtige 
Unterschiede  zu  den  übrigen  bisher  besprochenen  Wirbeltierklassen. 
Ihre  Gastrulation  verläuft  \veder  in  der  Weise  wie  bei  Cyclostomen, 
Amphibien  und  Dipneusten,  bei  welchen  durch  Einstülpung  der  Keim- 
blase eine  vom  Darmdrüsenblatt  ausgekleidete,  geräumige  Urdarmhöhle 
gebildet  wird,  noch  auch  nach  Art  der  Elasmobranchier  und  Teleostier. 
bei  denen  sich  vom  Rand  der  Keimhaut  durch  Umschlag  das  innere 
Keimblatt  anlegt.  Wir  lernen  hier  einen  dritten  Hauptmodus  in  der 
Entwickelung  der  Keimblätter  bei  den  Wirbeltieren  kennen,  und  zwar 
in  drei  Variationen,  durch  welche  sich  die  3  Klassen  der  Amnioten 
voneinander  unterscheiden.  Auch  nach  der  Art  ihrer  Keimblattbildung 
lassen  sich  Reptilien,  Vögel  und  Säugetiere  in  einer  Reihe  anordnen, 
in  welcher  die  ersteren  wieder  die  primitivsten  Befunde  aufweisen. 
Daher  erleichtert  die  genaue  Kenntnis  der  Reptilienentwickehing  außer- 
ordentlich das  Verständnis  der  Keimblattbildung  bei  Vögeln  und  Säuge- 
tieren und  zeigt  uns  den  Weg  an,  auf  welchem  die  bei  diesen  stark 
abgeänderten  Verhältnisse  zu  erklären  sind. 

Desgleichen  läßt  sich  auch  von  den  Reptilien  noch  am  leichtesten 
eine  Brücke  zu  den  Amphibien  und  unter  diesen  am  leichtesten  zu 
den  Gymnophionen  schlagen. 

Das  Studium  der  früliesten  Entwickelungsprozesse  bei  Reptilien  war 
lange  Zeit  vernachlässigt  worden.  Ein  regeres  Interese  hierfür  wurde  erst 
erweckt,  als  Kupffer  und  Bexeke  (L.  K.  III '',  1878)  an  den  Keimscheiben 
von  Lacerta  und  Emys  eine  Einstülpungsöifnung  nachwiesen,  welche  sie 
als  Urmund  (Prostoma),  desgleichen  einen  kleinen  Blindssck,  den  sie  als 
Urdarm  deuteten.  Hatten  sie  hiermit  eine  wichtige  Anknüpfung  an  niedere 
Wirbeltiere  gewonnen,  so  stießen  sie  doch  auch  gleich  auf  schwieriger 
zu  erklärende  Verhältnisse.  Denn  unter  dem  Blindsack,  dessen  Zell- 
auskleidung Kupffer  als  Entoderm  bezeichnete,  fand  er  noch  eine  be- 
sondere Zellenlage  auf  dem  Dotter,  die  er  P  a  r  a  d  e  r  m  oder  Dotter- 
blatt  nannte.  Die  durch  Einstülpung  entstandene  Höhle  endlich  ließ 
er  zur  Anlage  der  AUantois  werden. 

Gegen  diese  Deutung  erklärte  sich  Strahl  (L.  K.  III  ^),  der  von  1882  an 
in  einer  Reihe  von  Untersuchungen  sich  mit  der  Entwickelung  von  Lacerta 
beschäftigte  und  in  mehreren  Punkten,  z.  B.  auch  in  betreff  des  Paraderms, 
zu  einer  anderen  Auffassung  als  Kupffer  kam,  wie  er  denn  auch  vom 
Einstülpungssäckchen  hervorhob,  daß  es  nicht  die  Auskleidung  der  Darm- 
höhle, sondern  mittleres  Keimblatt  und  Chorda  liefere.  An  Schnittserien 
verfolgte  er  genau  die  Bildung  der  Chorda  und  die  Umwandlung  im 
Bereich  des  Canalis  neurentericus.  Gleichzeitig  erschien  die  sorg- 
fältige   Arbeit    über    Eidechsenentwickelung     von    Weldon    (L.    K.  III '', 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  819 

1883),  8  Jalu-e  später  die  zwar  kurze,  aber  ihrem  Inhalt  nach  be- 
deutungsvolle Mitteilung  über  die  Gastrulation  der  Eidechse  von 
Wenkebach  (L.  Iv.  III',  1891).  In  ihr  wurde  ein  Gedanke,  den 
zuerst  HuBRECHT  (.L  K.  III '^j  1888  und  1892)  für  die  Säugetierent- 
wickelung ausgesprochen,  und  auf  welchen  unabhängig  von  ihm  aiich  Keibel 
(A.  L.  III  1",  1894,  p.  105 — 112)  gekommen  war,  des  näheren 
durchgeführt,  der  Gedanke  nämlich,  daß  man  bei  der  Eidechsenentwicke- 
lung  zwei  zeitlich  geti'ennte  Phasen  der  Gastrulation  unter- 
scheiden müsse,  eine  erste  Phase,  in  welcher  das  Darmdrüsenblatt  oder 
Kipffer's  Paraderm,  und  eine  zweite  Phase,  in  welcher  mittleres  Keim- 
blatt und  Chorda  gebildet  werden.  Beide  gesondert  auftretenden,  aber 
bald  innig  miteinander  verwachsenden,  durch  Einstülpung  entstandenen 
Lagen  unterscheidet  Wexkebach  (1.  c.  1891,  p.  75)  als  cenogenetisches 
und  als  palingenetischesEntodermin  Anlehnung  an  eine  gleich- 
zeitig von  Hubkecht  vorgeschlagene  Nomenklatur. 

Durch  Ausdehnung  der  Forschung  auf  mehrere  andere  Vertreter 
des  Reptilienstammes  erfuhr  unsere  Kenntnis  eine  ei'freuliche  Erweiterung 
nach  mehreren  Eichtungen.  Mitsukuri,  Mehnert,  Will  (s.  L.  K.  III ''),  be- 
arbeiteten die  Entwickelung  der  Schildkröten,  der  erstere  an  mehreren  Arten 
uud  in  besonders  eingehender  und  erfolgreicher  Weise.  Große  Förderung 
erfuhr  das  Studium  der  Reptilienentwickelung  durch  Will,  welcher  drei 
verschiedene  Arten  vei'gleichend  untersuchte,  die  Schildkröte,  Eidechse  und 
den  Gecko  (P 1  at ydactj^lus),  von  denen  der  letztere  manche  inter- 
essante Modifikationen  darbot.  Diu'ch  seine  Untersuchung  wurde  Will 
zu  der  Auffassung  geführt,  daß  das  mittlere  Keimblatt  sich  w*eniger 
durch  Ausstülpung  als  vielmehr  durch  Unter  w  a  c  h  s  u  n  g  aus  Urdarm- 
f alten  anlege. 

In  jüngster  Zeit  wurde  endlich  auch  die  Entwickelung  der  Kroko- 
dile durch  VöLTZKow  (L.  K.  III  ^,  1901,  A.  L,  III  s,  1893,  1899), 
die  Entwickelung  der  merkwürdigen  und  auf  wenigen  Inseln  noch  ver- 
breiteten Hatteria  durch  Schauinsland  f'A.  L.  III  s,  1899),  Dexdv 
(A.  L.  III«,  1899)  und  Thilenius  (A.  L.  III  §,  1899),  die  Entwickelung 
der  Keimblätter  der  Schlangen  durch  Will  (L.  K.  III 7,  1898,  1899)", 
Ballowitz  (L.  K.  III '^,  1901),  Gerhardt  und  0.  Hertwig  (L.  K.  III  ^, 
190U)  in  Angriff  genommen. 

Die  im  folgenden  zusammenzufassenden  Ergebnisse  lassen  sich 
am  zweckmäßigsten  in  4  Abschnitte  einteilen.  Zunächst  wird  die 
erste,  alsdann  die  zweite  Phase  der  Gastrulation,  drittens  die  Bildung 
von  Chorda.  Kervenrohr  und  Ursegmenten,  viertens  die  Entstehung 
von  Schwanz  und  After  besprochen  werden.  Der  Darstellung  sollen 
besonders  die  Verhältnisse  bei  der  Natter  und  der  Eidechse  zur  Grund- 
lage dienen,  weil  ich  mich  durch  eigene,  mit  Herrn  Gerhardt  vor- 
genommene L'ntersuchungeu  mit  ihnen  genauer  bekannt  -gemacht 
habe.  Diese  haben  zu  ähnlichen  Befunden  an  Flächenbildern  uud  an 
Durchschnitten  geführt,  wie  sie  in  den  Abhandlungen  von  Will  und 
Ballowitz  (11)01)  beschrieben  werden.  Im  Anschluß  hieran  werden 
die  entsprechenden  Befunde  beim  Gecko,  bei  Hatteria  und  den  Schild- 
kröten erörtert  werden. 

a)  Erste  Phase  der  Gastrulation. 

An  dem  Zellenmaterial  der  Keim  Scheibe,  welches  aus  dem  Furchungs- 
prozeß  hervorgegangen  ist,  beginnen  sich  auf  dem  Stadium,  welches 
man  als  Blastula  bezeichnen  kann,  die  oberflächlichen  Zellen  zu  einer 

52* 


820  0.  Hertwig, 

Membran  dichter  /usaimnen  zu  schließen ;  die  dai'unter  gelegenen  größeren 
Zellen  dagegen  liegen  lockerer  und  sind  durch  ansehnliche  Zwischenräume 
getrennt.  Im  weiteren  Verlauf  ordnen  sich,  besonders  bei  Schlangen, 
die  lockeren  Zellen  unter  erheblicher  Vergrößerung  der  Zwischenräume 
zu  verzweigten  Strängen  an,  die  später  noch  eine  nähere  Besprechung 
linden  werden.  Infolge  dieser  eigentümlichen  Verhältnisse,  wie  sie 
bei  anderen  Wirbeltierklassen  nicht  wieder  beobachtet  werden,  läßt 
sich  bei  den  Schlangen  —  und  wohl  überhaupt  bei  allen  Reptilien  — 
die  Keimhaut  auch  nach  der  Härtung  der  Eier  vom  geronnenen  Dotter 
leicht  und  ohne  Verletzung  abheben  und  dann,  auf  einer  schwarzen 
Glasscheibe  ausgebreitet,  mit  Vorteil  untersuchen.  Denn  es  treten  jetzt 
auf  dem  dunklen  Grunde  die  durchsichtigeren  und  die  weniger  durch- 
sichtigen Abschnitte  der  Keimhaut,  sowie  die  unter  der  oberflächlichen 
Zellhaut  gelegenen  Stränge  mit  größerer  Deutlichkeit  hervor. 

Ferner  ist  jetzt  bald  ein  sehr  wichtiger,  tiefgreifender  Unterschied 
in  der  Keimblattbildung  zwischen  den  meroblastischen  Eiern  der  Rep- 
tilien einerseits  und  der  Elasmobranchier  und  Teleostier  andererseits 
festzustellen.  Während  bei  diesen  die  Prozesse,  die  zur  Ausbildung 
des  embryonalen  Körpers  führen,  vom  Rande  der  Keimhaut  aus 
ihren  Ursprung  nehmen,  spielen  sie  sich  bei  den  Reptilien  mehr  oder 
minder  annähernd  in  ihrer  Mitte  ab.  Infolgedessen  ist  im  ersteren 
Fall  das  hintere  Ende  des  Embryos  bis  zur  Zeit,  wo  die  Schwanz- 
knospe auftritt,  immer  mit  dem  Rande  der  Keimhaut  verbunden;  der 
Embryo  entwickelt  sich,  wie  man  das  Verhältnis  kurz  ausdrücken  kann, 
randständig,  und  zwar,  wie  wir  gesehen  haben,  unter  Beteiligung 
des  Zellenmaterials  des  Randes,  welcher  zugleich  die  Urmundlippe 
darstellt.  Im  zweiten  Fall  spielt  bei  der  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g 
des  Embryos  der  Rand  der  K  e  i  m  h  a  u  t  g  a  r  k  e  i  n  e  R  o  1 1  e 
und  besitzt  überhaupt,  wie  später  noch  genauer  auseinandergesetzt 
werden  wird,  ganz  andere  Eigenschaften  als  bei  den  Elasmobranchiern 
und  den  Teleostiern,  bei  denen  er  Urmundrand  ist.  Der  Embryo 
bildet  sich,  um  das  Verhältnis  wieder  durch  ein  Schlagwort  zu  be- 
zeichnen, mittelständig. 

Die  mittelständige  Bildung  des  Embryos  findet  sich,  was 
gleich  jetzt  schon  festgestellt  sei,  wie  bei  den  Reptilien,  so  auch  bei  den 
Vögeln  und  den  Säugetieren ;  sie  ist  also  überhaupt  für  alle  Amnioteu 
charakteristisch.  Auf  diesen  fundamentalen  Unterschied  in  der  Keim- 
blattbildung zwischen  den  Amnioteu  und  den  niederen  Wirbeltieren 
mit  meroblastischen  Eiern  ist  die  Aufmerksamkeit  zuerst  durch  Balfour 
in  seinem  Handbuch  der  vergleichenden  Embrj^ologie  (A.  L.  II  1881, 
Bd.  II,  p.  258)  gelenkt  worden. 

Durch  kombinierte  Untersuchung  von  Flächenbilderu  und  Durch- 
schnitten, ist  folgender  Thatbestand  festzustellen.  In  der  Mitte  der 
vom  Dotter  abgehobenen  Keimhaut  ist  eine  etwas  weniger  durchsichtige 
Stelle  (Fig.  413—415  schj  entstanden,  welche  bei  Untersuchung  auf 
schwarzem  Grund  weißlich  erscheint.  Sie  ist  in  Anknüpfung  an  die 
bei  Säugetieren  eingeführte  Terminologie  als  das  E  m  b  r  y  o  n  a  1  s  c  h  i  1  d 
von  KuPFFER  bezeichnet  worden.  Der  Unterschied  im  Aussehen 
gegen  die  Umgebung  wird  dadurch  hervorgerufen,  daß  im  Bereich 
des  Embryonalschildes  die  zum  Epithel  zusammengefügten  Zellen  der 
Keimhaut  höher  werden,  erst  kubisch,  schließlich  cylindrisch,  während 
umgekehrt  in  der  Peripherie  die  Zellen  sich  immer  mehr  abflachen 
und   dadurch   durchsichtiger   werden.     Bald   ist  an  dem  ovalen  Schild 


Die  Lehre  von  den  Keimljlärtern. 


821 


auch  ein  vorderer  und  ein  hinterer  Rand  zu  erkennen.  Die  Befunde, 
die  Will  (L.  K.  IIP,  1H95)  von  der  Eidechse  erhalten  hat  (Fig.  413), 
kann  ich  für  die  Ringelnatter  vollauf  bestätigen. 


Fig.  413. 


Fi-r.  414. 


um 


Fig.  413.    Embrvonalschild  mit  Primitivplatte  vom  Embryo  von  Lacerta  muralis, 
nach  Will  (L.K.  III',  1895,  Taf.  I,  Fig.  1).  scA  Embryonalschild,  pr  Primitivplatte. 

Fig.  414.     Embryonalschild  mit  Primitivplatte  und  dellenförmiger  Einstülpung 
von  Lacerta  niurahs,  "nach  Will  (18i).D,  Taf.  I,  Fig.  5).     >im  Urmund. 


r 


Fig.  41.5A.  Keimhaut  der  Natter  mit  Embryonalschild  und  grubenförmig  ver- 
tiefter Primitivplatte.  Photogr.  Natter  1  des  anat.-biol.  Inst. 

Fig.  41."')B.  Keimhaut  der  Natter  mit  schärfer  sich  markierender  Urmundöffnug, 
die  in  ein  kleines  Mesoderm säckchen  führt.     Photogr.    Natter  2  des  anat.-biol.  Inst. 

Am  zukünftigen  hinteren  Rand  des  ovalen  Embryoualschildes  (scli) 
wird  eine  kleine  und  weiß  erscheinende  Stelle  ipr)  wahrnehmbar,  welche 
als  Vorsprung  in  den  verdünnten  Teil  der  Keimhaut  weit  hineinreicht, 


der 


sogenannte 


Primitiv  knoten   von  Mehnert,   die  Primitiv 


822 


0.  Hertwig, 


platte  von  Will,  der  Ausgangspunkt  und  das  Centrum  für  alle 
weiteren  Bildungsvorgänge.  Denn  nach  einiger  Zeit  erscheint  auf 
seiner  Oberfläche  eine  ganz  flache  Delle  (Fig.  414Mmund  Fig.  415A  und 
B),  welche  sich  dann  bald  zu  einer  kleinen  Grube  vertieft,  zu  dem 
von  KuPFFER  entdeckten  Urmund.  Noch  ehe  derselbe  deutlicher 
ausgeprägt  ist,  hat  die  Primitivplatte  eine  Verlagerung  erfahren, 
welche   in   derselben    Weise   wie   von   mir   bei   der  Natter  (Fig.  415), 


Fig.  41().  Medianer  Längsschnitt  durch  die  Keimhaut  von  Lacerta  Litfordi, 
an  welcher  eine  Primitivplatte  noch  nicht  äußerlich  zu  erkennen  ist,  nach  Will 
(1895,  Taf.  IV,  Fig.  28a).  ak,  ih  äußeres,  inneres  Keimblatt,  'p''  Priraitivplatte.  seh 
Epithel  des  Schildes.  , 


j)r 


S^&^SP>.°x^: 


dl 


Fig.  417.  Medianschnitt  durch  eine  Keimhaut  mit  Primitivplatte  ohne  Ein- 
stülpung von  Lacerta  muralis,  nach  Weldon.  pr  Primitivplatte,  dl  dorsale  Ur- 
mundlippe. 


pr' 


*'    ©^    ^L^:       -^ 


*^  _?■-.&" 


'^    'S  -.     .  .  <B'^ 


Fig.  418.  Sagittalschnitt  durch  den  Embryoualschild  und  die  Primitivplatte 
eines  Embryos  von  Platydactylus  facetanus  mit  eben  beginnender  Einstülpung,  nach 
Will,  ^^r  Priraitivplatte  mit  Grube,  dl  dorsale  L^rmunülipi3e.  pr^  hinterer  Teil  der 
Primitivplatte. 


2»'     dl 


ik     ak 


~:wiS^^i^ 


Fig.  419.  Längsschnitt  durch  die  Keiiuhaut  der  Natter  mit  kleiner  Delle  am 
hinteren  Rande  des  Embryoualschildes.  Photogr.  Natter  32*  des  anat.-biol.  Inst. 
pr  Primitivplatte,  dl  dorsale  Urmundlippe.  ak,  ik  äußeres,  inneres  Keimblatt,  sub- 
germinale  Zellstränge  des  inneren  Keimblattes. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  823 

von  Will  beim  Gecko,  bei  der  Schildkröte  und  der  Eidechse  (Fig.  414) 
beobachtet  und  genau  beschrieben  worden  ist;  anfangs  hinter  dem 
Schild  gelegen,  rückt  sie  sehr  bald  in  ihn  hinein,  so  daß  sie  vorn  und 
seitlich  von  ihm  umfaßt  wird. 

Das  Sichtbarwerden  der  Primitivplatte  ist  ein  sicheres  Zeichen, 
daß  die  erste  Phase  des  Gastrulationsprozesses  begonnen  hat.  Längs- 
schnitte, die  ich  wegen  der  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  von  der 
Eidechse  (Fig.  416  und  417),  dem  Gecko  (Fig.  418)  und  der  Natter 
(Fig.  419)  nach  verschiedenen  Autoren  abbilde,  lehren,  daß  das  Embryo- 
nalschild und  die  Primitivplatte  sich  wesentlich  in  ihrem  Bau  von- 
einander unterscheiden.  Dort  beruht  die  Trübung  auf  einer  Umwand- 
lung eines  Bezirkes  der  Keimhaut  in  ein  Cylinderepithel,  hier  in  einer 
sehr  lebhaften  Wucherung  und  Vermehrung  der  oberflächlichen  Zellen, 
die  von  unregelmäßiger  Form  sind  und  in  vielen  Schichten  teils  fester, 
teils  lockerer  übereinander  liegen.  Die  Primitivplatte  ij)r)  zeigt  uns  da- 
her ein  Wachstumscentrum  an,  welches  im  weiteren  Verlauf  an  Ausdeh- 
nung und  Dicke  immer  mehr  zunimmt.  Ferner  läßt  sich,  je  älter  die 
Keimhäute  mit  Primitivplatte  werden,  um  so  deutlicher  verfolgen, 
daß  sich  im  Anschluß  an  die  durch  Wucherung  entstandene  verdickte 
Stelle  die  angrenzenden,  in  der  Keimhöhle  zerstreuten  Dotterzellen  zu 
einer  zweiten  Schicht  unter  der  Decke  der  Keimblase  zusammenfügen 
(Fig.  417  und  Fig.  419  ilc).  Sie  sind  meist  abgeplattet,  von  unregel- 
mäßiger Form  und  verschiedener  Größe  und  liegen  lockerer  als  in  der 
oberflächlichen  Schicht  (a/.:),  von  welcher  sie  nur  durch  einen  schmalen 
Zwischenraum  getrennt  sind.  Die  ueuentstehende  Schicht  ist  das 
Paraderm  oder  Dotterblatt  Kupffer's,  das  cenogenetische  Entoderm 
Wenkebach's  (Lecithophor  von  Van  Beneden)  oder  das  sekundäre 
Entoderm  Will's.  Wir  halten  alle  diese  verschiedenen  Namen  in  der 
Litteratur  für  überflüssig  und  werden  im  folgenden  die  untere  Schicht 
einfach  als  unteres  oder  inneres  Keimblatt  bezeichnen;  denn  als  solches 
giebt  es  sich  sowohl  durch  seine  Lage  als  auch  durch  seine  weitere 
Bestimmung  zu  erkennen. 

Aeußeres  und  inneres  Keimblatt  sind  durch  einen  Spalt  getrennt 
bis  auf  die  Primitivplatte,  durch  deren  gewucherte  Zellmasse  sie  fest 
untereinander  zusammenhängen.  In  dieser  Beziehung  zeigt  die  Primitiv- 
platte ein  Verhalten,  wie  der  Urmundrand  bei  den  bis  jetzt  unter- 
suchten Wirbeltieren.  Daß  sie  ihm  entspricht,  lehrt  der  weitere  Ver- 
lauf, und  zwar  besonders  der  Umstand,  daß  bald  eine  Delle,  die  sich 
zur  Grul)e  vertieft,  in  ihr  auftritt  (Fig.  418  und  Fig.  419),  daß  die 
Uebergangsstelle  des  Embryonalschildes  in  die  Platte  nach  vorn  zu 
deutlich  das  Aussehen  einer  Urmundlippe  (Fig.  419  dl  und  Fig.  418)  an- 
nimmt und  daß  von  hier  aus  lange  Zeit  Zellen  von  außen  nach  innen 
einwandern  und  das  Material  für  Chorda  und  Mesoblast  liefern.  An 
Längsdurchschnitten  durch  die  Primitivplatte  der  Natter  (^Fig.  419), 
sowie  an  vielen  entsprechenden  Figuren  vom  Gecko  (Fig.  418)  etc.  kann 
man  sehen,  wie  am  Grund  der  Delle  die  Zellen  in  die  Länge  gezogen 
und  in  Kurven  gestellt  sind,  in  gleicher  Weise  wie  am  Urmundrand 
der  Elasmobranchier  und  Amphibien. 

Will  bezeichnet  die  Primitivplatte  als  Entoderm.  Ebensowenig 
wie  andere  Autoren,  möchte  ich  mich  dieser  Bezeichnung  anschließen, 
sehe  vielmehr  in  ihr  ein  inditterentes  Zellenmaterial,  welches  man 
seiner  Lage  nach  weder  dem  äußeren  noch  dem  inneren  oder  mittleren 
Keimblatt   hinzurechnen    kann,    ebenso   wie   man  ja  an   der  Urmund- 


824  0.  Hertwig, 

lippe  nicht  angeben  kann,  wo  das  eine  Keimblatt  anfängt  und  das 
andere  aufhört,  da  eine  Uebergangsstelle  vorliegt. 

Wenn  wir  die  untere  Zellschicht  ihrer  Lage  und  ihrer  späteren 
Bestimmung  nach  als  inneres  Keimblatt  bezeichnet  haben,  so  muß 
hervorgehoben  werden,  daß  seine  Entstehung  bei  den  Reptilien  eine 
andere  als  beim  Amphioxus  ist,  wo  eine  klar  ausgesprochene  Inva- 
gination  und  eine  weit  nach  außen  geöti'nete  Urdarmhöhle  vorhanden  ist. 

Dieser  wohl  durch  den  Dotterreichtum  des  Eies  hervorgerufene 
Unterschied  wird  indessen  unserem  Verständnis  etwas  näher  gerückt 
durch  Berücksichtigung  der  bei  verschiedenen  Amphibienarten  beobach- 
teten Moditikationen  der  Gastrulation,  welche  mir  eine  Brücke  zu  den 
Amnioten  zu  bilden  scheinen.  So  konnte  beim  Frosch  (Fig.  2U1  und 
und  292)  festgestellt  werden,  daß  schon  zur  Zeit,  wo  äußerlich  die 
Urmundrinne  kaum  einschneidet,  die  Dotterzellen  sich  von  unten  nach 
oben  an  der  Decke  der  Keiml)lase  zur  Formation  des  inneren  Blattes 
ausgebreitet  haben  und  eine  geschlossene  Schicht  bilden,  unter  welcher 
noch  die  Keimhöhle  sich  befindet.  Mit  der  Zunahme  des  Dotterreich- 
tuines  der  Eier  (bei  Salamandra  und  den  Cöcilien,  Fig.  21)8)  scheint 
die  Einstülpungshöhle  noch  mehr  zurückzubleiben  und  ein  immer 
größerer  Teil  der  Keimblasendecke  von  den  Dotterzellen  unter- 
wachsen  zu  werden.  Man  kann  dies  auch  so  ausdrücken,  daß  die 
vegetativen  Zellen,  welche  zum  Boden  der  Keimblase  ursi)rünglich  ge- 
hören, sich  jetzt  ihrer  Decke  dicht  anfügen.  Bei  den  Amphibien  läßt 
also  die  unter  dem  äußeren  Keimblatt  gelegene,  geschlossene  Schicht 
von  Dotterzellen  zwei  Abschnitte  unterscheiden,  einen  je  nach  dem 
Dotterreichtum  des  Eies  immer  kleiner  werdenden  Abschnitt,  der  den 
Urdarm  begrenzt  und  als  Wand  einer  Einstülpung  direkt  entstanden 
ist,  und  eine  zweite  Abteilung,  die  im  Anschluß  an  die  Einstülpung 
durch  ^Vanderung  der  Dotterzellen  entlang  der  Decke  der  Keimblase 
gebildet  worden  ist  und  die  Keimblasenhöhle  begrenzt.  Beide  Al)- 
schnitte  werden  voneinander  getrennt  durch  eine  Masse  von  Dotter- 
zellen, welche  sich  zwischen  Einstülpungs-  und  Keimblasenhöhle  da- 
zwischenschiebt. 

Gewissermaßen  das  Endglied  in  dieser  Reihe  von  Veränderungen 
stellen  die  Eier  der  Reptilien  dar.  Wenn  bei  ihnen  die  Stelle  der 
Keimhaut,  von  der  die  Gastrulation  ausgeht,  sich  eben  erst  durch  eine 
Zellenwucherung  als  Primitivplatte  kenntlich  macht,  beginnt  schon  die 
Unter  wach  sun  g  der  Keirab  las  endecke  durch  Dotterzellen, 
und  es  wird  so  schon  ein  inneres  Keimblatt  hergestellt  zur  Zeit,  wo 
äußerlich  erst  eine  tiache  Delle  oder  ein  wenig  tiefes  Gastrulasäckchen 
zu  sehen  sind.  Inwieweit  bei  diesen  Materialverlagerungeu  auch 
eine  Einwanderung  oberflächlich  gelegener  (animaler)  Zellen  aus  der 
Decke  der  Keimblase  beteiligt  ist,  dürfte  schwer  festzustellen  sein. 
Doch  ist  eine  vordere  Urmundlipi)e  (Fig.  418  und  410  dl),  welche  der 
Lippenbildung  am  Froschei  vergleichbar  ist,  und  an  welcher  die  Ein- 
wanderung stattfinden  könnte,  an  der  Primitivplatte  schon  ziemlich 
früh  ausgeprägt. 

Die  hier  gegebene  Erklärung  von  der  Entwickeluug  des  Darm- 
drüsenblattes  oder  der  ersten  Phase  der  Gastrulation  erhält  eine 
kräftige  Stütze  in  den  weiteren  Vorgängen,  welche  zur  zweiten  Phase, 
der  Gastrulation,  führen  und  ihr  angehören.  Ehe  wir  uns  aber  zu 
dieser  wenden,  ist  noch  näher  auf  die  schon  oben  erwähnten,  den 
Reptilien  eigentümhchen  Zellstränge  einzugehen.  Auch  in  ihnen  werden 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


825 


durch  Teilung  die  Zellen  kleiner  und  haften  dann  fester  zusammen. 
Die  ziemlich  langen  Stränge  (Fig.  420  st  und  428)  verästeln  sich  und 
hängen  untereinander  zu  einem  lockeren  Netzwerk  zusammen  ;  hie  und 
da  zeigen  sie  knoteuartigc  \'erdickuiigen,  die  mit  dünnen  Strecken  ab- 
wechseln. Unter  dem  Darmdrüsenblatt,  wenn  dieses  entstanden  ist. 
ausgebreitet,  hängen  sie  hie  und  da  mit  ihm  zusammen,  als  ob  sie 
durch  Sprossung  nach  Art  verzweigter  Drüsenschläuche  aus  ihm  horvor- 


ak  ek 


y"*«.*-  l 


.^  -»Oife^»^- 


Fig.  42<J.  Querschnitt  durch  den  vorderen  Teil  des  Einbryonalschildes  von  der 
Natter,  das  in  der  Fig.  4L5A  von  der  Fläche  abgeljildet  ist.  ak,  ek  äußeres  und 
inneres  Keimblatt,  st  Entodermstränge.  dh  Darmhöhle.  Photogr.  Natter  1  des 
anat.-biol.  Inst. 


gewachsen  seien.  Bei  den  Schlangen  besonders  sind  die  entodermalen 
Zellstränge  sehr  mächtig  entwickelt,  sind  aber  auch  bei  anderen  Rep- 
tilienarten, wenn  auch  in  schw^ächerer  Ausbildung  beobachtet  worden, 
so  daß  es  nicht  unwahrscheinlich  ist,  daß  sie  überhaupt  eine  Eigen- 
tümlichkeit der  ganzen  Klasse  darstellen. 

Die  entodermalen  Zellstränge  sind  schon  von  Kupfper  (L.  K.III',  1882) 
bei  den  Schlangen  beobachtet    worden,    der    irrigerAveise    von  ihnen  ver- 
mutete,   daß  sie  sich  weiter  zu 
Blutgefäßen  entwickelten.    Cor- 
KiNG  (L.  K.  III 7,  1890)  hat  sie 
in   einer  kleinen  Mitteilung  be- 
schrieben.     Strahl    und    Will 
erwähnen  sie  in  ihren  Arbeiten 
über  Eidechsen  und   Schlangen        /' 
und  erkannten,   daß  sie  mit  der 
Bildung  von  Blutgefäßen  nichts 

zu    thun  haben.       Bei  Hatteria  i;.  -.   -  ii 

(Eig.  421)  hat  sie  ScHAuixsLAXi)  i  r-  \ 

(A.  L.  III 8,  1899)  nachgewiesen. 


-■   ■■■Jr   ;V 


Fig.  421.  Etwas  älteres  Sta- 
dium eines  Embryonalschildes  von 
Hatteria  mit  dreieckiger  Urmund- 
öffnung  und  Eückenrinne,  von  unten 
gesehen.  Man  sieht  Entoderm knöpf, 
Chordarinne  und  Entoderrastränee. 
Nach  SCHAUINSLAND  (A.  L.  III**, 
1899,  Taf.  II,  Fig.  2b). 


r> 


/ 


826 


0.  Hertwig, 


1).   Zweite  Phase  der  Gastrulation. 


Das  Charakteristische  der  zweiten  Phase  ist  eine  Wucherung  und 
Einwanderung  von  Zellen,  welche  von  der  Priniitivplatte  ausgeht  und  das 
Material  zur  Anlage  der  Chorda  und  dei-  mittleren  Keimblätter  liefert. 
Die  zweite  Phase  läßt  bei  den  Reptilien  zwei  Modifikationen  erkennen, 
Die  eine  ist  ausgezeichnet  durch  das  nachträgliche  Auftreten  einer 
weit  ausgedehnten  Einstülpungshöhle.     Sie   findet   sich    am    stärksten 

und  Kreuz- 
Lacerta   etc.   beob- 


ausgeprägt  beim  (iecko    und  bei  Schlangen 


(Ringelnatter 


geringen  Dimensionen 


Otter).     Bei  der  zweiten  Modifikation,    welche    Ijei 
achtet  wird,  ist  die  Einstülpungshöhle  von  sehr 

und  stellt  einen  engen  Kanal  dar,  der  dem  Choi'dakanal  der  Säuge- 
tiere sehr  ähnelt  und  ihm  von  Strahl  mit  Recht  verglichen  worden  ist. 
Wir  beginnen  mit  den  an  der  Oberfläche  sichtbar  werdenden  Er- 
scheinungen, welche  für  beide  Typen  gleichartig  sind.  An  der  Primitiv- 
platte ,  welche  in  den  hinteren  Bezirk  des  Embryonalschildes  jetzt 
ganz  aufgenommen  ist,  hat  sich  die  Delle  in  ein  tiefes  Grübchen  um- 
gewandelt, dessen  Oeffnung  entweder  eine  dreiseitige  oder  eine  ovale 
Form  hat  (Fig.  422).  Der  vordere  Rand  oder  die  vordere  Urmund- 
lippe  ist  schärfer  ausgeprägt  und  springt  stärker  nach  außen  hervor, 
während  nach  hinten  zu  das  Grübchen  sich  mehr  allmählich  verliert. 
An  älteren  Keimhäuten  ist  die  Urmundölfnung  weiter  ausgedehnt 
und  stellt  einen  queren  Schlitz  dar  (Fig.  424  u.  425).  Er  führt  in 
ein  nach  vorn  gerichtetes  geschlossenes  Einstülpungssäckchen,  dessen 
Ausdehnung  man  bei  Betrachtung  der  Keimhaut  von  ihrer  unteren 
Fläche  (Fig.  423)  deutlich  feststellen  kann.  Noch  später  krümmt  sich 
die  vordere  Urmundlippe  halbmondförmig,  begrenzt  also  wie  bei  den 
Ami)hibien  ein  nach  hinten  geöffnetes  Hufeisen  und  umfaßt  einen 
kleinen,  nach  außen  vorspringenden  Höcker,  welcher  sich  dem  Rus- 
coNi'schen  Dotterpfropf  der  Amphibien  vergleichen  läßt. 


Eine  sehr  genaue  Beschreibung  der  Formveränderungen  des  Ur- 
mundes  bei  der  Schildkröte  (Fig.  42())  hat  Mitsukuri  gegeben  und  an 


Fio-.  422. 


FiiT.  42;5. 


,scA 


■M- 


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sck 

-fh 

-ms 


Ulli  - 


Fig.  422.  Rückenansicht  eines  Keimes  von  Chelonia  caouana  wenige  Stunden 
nach  der  Eiablage.     Nach  Mitsukuri  (L.  K.  III'  1894,  Taf.  VI,  Fig.  1). 

Fig.  423.  Ventrale  Ansicht  eines  Keinaes  von  Chelonia  caouana  etwa  2  Tage 
nach  der  Eiablage.  Nach  MiTSUKum  (1894,  Taf.  VI,  J'ig.  3a  bis),  seh  Schild. 
um  Urmund.     fh  Fruchthof.     ms  Mesoderiusäckchen. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


827 


7  Diagrammen  illustriert  (L.  K.  III  ^  1896,  p.  14).  Als  Stütze  für  ihre 
Richtigkeit  führt  er  an,  daß  die  Zeichnungen  in  bestimmten  Intervallen 
von  Eieiii  ein  und  derselben  Ablage  angefertigt  wurden  und  daß  die 
Form  Voränderungen  auch  an  anderen  Serien  wieder  gefunden  wurden. 


Fig.  424A.  Oberflachenhild  der  Keimhaut  der  Natter  mit  Urnuind  imd  großem 
Mesodermsäckcheii,  von  dem  in  Fig.  429  ein  Längsschnitt  abgebildet  ist.  (Photogr. 
Natter  ö  des  anat.-biol.  Instituts.) 

Fig.  424  B.  Oberflächenbild  der  Keimhaut  der  Natter  mit  breiter  Urmund- 
spalte  auf  einem  etwas  älteren  Stadium  als  Fig.  424  A,  da  das  Mesodermsäckchen 
schon  im  Durch  brach  begriffen  ist.     (Photogr.  Natter  6  des  anat.-biol.  Instituts. )J 

Zuerst  ist  der  L^rmund  eine  weite,  offene,  in  querer  Richtung  ver- 
breiterte Höhle.  Dann  verwandelt  er  sich  in  einen  halbmondförmigen 
queren  Spalt,  dessen  Konkavität  nach  vorn  gewandt  ist.  In  Diagramm  3 
ist  der  Spalt  fast  eine  grade  quere  Linie  mit  einer  leichten,  nach  hinten 

Fig.  425. 


-f 


-7 


7- 


Fig.  425.  Embryo  von  Platydactylus  facetanus  mit  vollständig  ausgebildetem 
Urdarm^  dessen  Bodeii  schon  weit  durchgebrochen  ist.  Ansicht  vom  Eücken.  Nach 
Will  (L.  K.  III '  J893'  Tat.  II,  Fig.  7a,  7b).  .vcA  Schild,  um  Urmund.  ms  Meso- 
dermsäckchen. 

Fig.  426.  7  Stadien  von  der  Veränderung  des  Urmundes  der  Schildkröte 
nach  MiTSüKUKi  (L.  K.  III '  1896,  Holzschnitt  V). 


828 


0.  Hertwig, 


offenen 
(Fig-.  424) 


Einkerbung 
In  den 


förmigen 


in  der 
Diagramnien 


Mitte.    Ebenso  sieht  er 
4  und  ;")  sind  die 


Oeffnung  gerade  nach  hinten 


nun    rückwärts   sieht, 
nonimen    und   ist   in 


In 


Diagramm 


Diagramm 


bei  der  Natter  aus 
;)  sind  üie  Enden  der  schlitz- 
gewandt, so  daß  die  Konkavität 
()    hat    die    Konkavität    zuge- 
7    in  eine   tiefe  Hufeisenform    über- 


gegangen. 

Bei    der 
ersten  Typus  beginnen 
Stadien    der 


Beschreibung   der 

Fig 


Ausbihlung 


Durchschnitte    wollen    wir    mit    dem 

427--429  geben  uns  auf  verschiedenen 

Medianschnitte    durch    die    Einstülpung    der 


Fig.  427.     Längsschnitt   durch  ein  Gaslrulastadiuni    der   Natter    mit    kleinem, 
geschlossenem  Mesodermsäckchen.     (Photogr.  Natter  44''  des  anat.-biol.  Instituts.) 
Bezeichnxingen  siehe  Fig.  428. 


d      (Ih  sttr 

Fig.  428.  Längsschnitt  durch  ein  Gastrulastadium  der  Natter  mit  geschlossenem 
Mesodermsäckchen.  (Photogr.  Natter  4P  des  anat.-biol.  Instituts.;  Flächenbild 
entspricht  Fig.  41.5  B. 

ms  Höhle  des  Mesoderm säckchens,  hms  Boden  des  Mesodermsäckchens.  p?-  Pri- 
mitivplatte.  ik  inneres  Keimblatt,  str  subgerminale  Zellstränge  desselben.  «/  vordere 
Urmundlippe.     d  Dotter,    dh   Darmhöhle,     hl  Spalt,  der  dem  Blastocoel   entspricht. 


Natter,  welche  wir  aus  später  zu  erörternden  Gründen  das  Mesoderm- 
säckchen nennen  wollen.  Die  in  der  Primitivplatte  auftretende  Höhlung 
nimmt  bei  ihrer  weiteren  Ausdehnung  gleich  eine  Richtung  nach 
vorn.  So  entsteht  eine  Tasche,  welche  sich  in  den  Spaltraum  zwischen 
äußerem  und  innerem  Keimblatt  hineinschiebt  und  deren  blinder 
Grund  sich  kopfwärts  befindet.  In  Fig.  427  u.  428  noch  klein,  hat 
das  Säckchen  sich  auf  dem  Medianschnitt  durch  eine  ältere  Keimhaut 


(Fig.  429)  um  mehr  als  das  Doppelte 


vergrößert. 


Seine   Decke  be- 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


829 


steht  aus  langgestreckten,  teils  cylindrischen,  teils  spindeligen  Zellen, 
die  in  einem  festen,  epithelialen  Gefüge  ähnlich  wie  die  Ektoderm- 
zellen  des  Embryonalschildes  miteinander  verbunden  sind.  In  diese 
gehen  sie  auch  am  Eingang  in  die  Tasche,  am  vorderen  Urmund- 
oder  Einstülpungsrand,  kontinuierlich  über.  Der  Boden  des  Säck- 
chens wird,    je  größer  er  wird,  um  so  mehr  verdünnt  (Fig.  42i)j  und 


grobem 


Fig.  429,     Längsschnitt    durch    ein    Gastrulastadium    der  Natter    mit 
Mesodermsäckchen  kurz  vor  dem  Durchbruch  von  dem  im  Flächenbild  424A  abge- 
bildeten Objekt.     (Photogr.  Natter  5^  des  anat.-biol,  Instituts.) 


besteht  schließlich  aus  einer  Lage  platter  Zellen,  unter  welcher  sich, 
durch  einen  Spalt  getrennt,  das  schon  früher  entstandene  und  bereits 
beschriebene,  innere  Keimblatt  (Paraderm)  ausbreitet.  Zwischen  diesem 
und  dem  Boden  der  Einstülpung  kommt  es  später  im  vorderen  Be- 
reich zur  Verschmelzung.  Wie  Mehnert  sich  ausdrückt,  ,,wird  der 
Urdarmkanal''  —  das  ist  unser  Mesodermsäckchen  —  „in  das  Paraderm 
eingeschaltet"  (L.  K.  III '  1891,  p.  411j.  Nach  hinten  geht  der  Boden  des 
Säckchens  in  den  hinter  dem  Urmund  gelegenen  Teil  der  Primitiv- 
platte über,  an  welchem  die  Zellen  sich  durch  Wucherung  noch 
stärker  vermehrt  haben  und,  in  netzförmig  verbundenen  Strängen  zu- 
sammenliegend, einen  breiten  Hügel  bilden.  An  seinem  Fuß  hat  sich 
jetzt  das  untere  Keimblatt  durch  einen  schmalen  Spalt  als  eine 
fache  Lage  platter  Zellen  scharf  abgesetzt,  während  nach  außen 
gegen    die    obertlächliche    Zellenlage    fehlt.      Unter 


em- 
eine 
dem 


sich  bei  den  Schlangen  in  den  subgerminalem 
des   Nahruugsdotters    die   vorher   erwähnten 


Abgrenzung 

Darmdrüsenl)latt  breiten 

Raum   über    dem  Boden 

Zellstränge  aus  und  setzen  sich  hie  und  da  breit  an  die  untere  Fläche 

des  Darmdrüsenblattes  an  (Fig.  428  u.  429). 

[Ganz  entsprechende  Verhältnisse  hat  ScnArixsLAXD  i'A.  L.  III^  1899, 
p.  314)  bei  der  Hatteria  beobachtet.  Er  bezeichnet  das  Bild  ihres  Embryonal- 
schildes als  sehr  auffällig  dadurch,  daß  sich  an  der  ventralen  Seite  (Eig.  421) 
regelmäßig  ein  Netzwerk  von  mehr  oder  weniger  röhrenförmigen  Strängen 
vorfindet :  dieselben  nehmen  vom  Entoderm  (oder  doch  von  Zellen,  welche 
später  dazu  werden)  ihren  Ursprung  und  hauptsächlich  von  den  peri- 
pheren Teilen  desselben,  oft  weit  bis  in  die  Area  pellucida  hinein- 
reichend, und  finden  sich  in  desto  größerer  Anzahl,  je  jünger  die  Em- 
brvonalancje  ist,    um  später    fast    gänzlich    zu    verschwinden.      An    Qner- 


") 


schnitten  sieht  man,   daß 
und    bisweilen    geradezu 
unter  dem  Embryonalschild 
von  Blut  und  Gefäßen  haben 


sie  meistenteils 
gefäßartig    sind. 


gelegene  Höhle 


zu 

die  Gestalt  von  Röhren  besitzen 
Sie  erstrecken  sich  in  eine 
hinein.    Mit  der  Entstehung 


sie 


übrigens 


durchaus  nichts  zu  thun.j 


830 


0.  Hertwig, 


Auf  einem    iiocli  weiter  vorgerückten  Stadium  (Fig.  430  u.  431), 
auf  welchem  das  Mesodermsäckchen    an  Länge  zugenommen   hat 
der    Urnmnd   eine   (juere    Spalte    (Fig.   424)    darstellt,    tritt   ein 
interessanter  Prozeß   ein.     Sein  Boden,    soweit  er 
Membran  abgeplatteter  Zellen  besteht,   welche  sich 
dünnen  Darmdrüsenblatt   innig   angeschmiegt   hat, 


wichtiger  und 
einer  dünnen 
nicht  minder 


und 
sehr 

aus 
dem 
wird 


an  einer  oder  mehreren  Stellen  durchbrochen,  so  daß  die  Invaginations- 


höhle   sich  in  den  Raum  unter 
Zellstränge,  die  eine  Zeit 
und  die  in 


Fig. 


dem  Darmdrüsenblatt    öffnet.     Einige 

als  Reste  des  Bodens  bestehen  bleiben 

430  u.  431  auf  dem  Durchschnitt   zu  bemerken  sind, 


lang 


um 


cn    rh 


ch 


rh 


Fig.  430.  Längsschnitt  dnrch  ein  späteres  Gastrulat^tadium  der  Natter,  auf 
welchem  der  Boden  des  Mesodennsäckchens  in  Durchbruch  begriffen  ist.  FJächen- 
bild  der  Keinihaut  ähnlich  wie  in  Fig.  424  B  nahe  der  Medianebene.  (Präparat 
Natter  29^  des  anat.-biol.  Instituts.)     Bezeichnungen  siehe  Fig.  431. 


pr   bms  ul 


Fig. 


ch      (Ul     ch  rh     udf  ik 

431.  Längsschnitt  durch  ein  noch  etwas  älteres  Stadium  nahe  der  Median- 
ebene. Flächenbild  "ähnlich  wie  in  Fig.  424  A.  (Präparat  Natter  38'  des  anat.-biol. 
Instituts. ) 

pr  Primitivplatte,  geht  nach  vorn  über  in  den  Boden  des  Mesodermsäckchens 
hms,  der  nach  vorn  durchgebrochen  ist.  rh  strangförmige  Beste  des  Bodens,  udf  Ur- 
darmfalte.  ch  Chordaanlage,  ul  vordere  Urdarmlipi^e.  mp  Medullarplatte.  ms  Höhle 
des  Mesodermsäckchens.     cn  Canalis  neurentericus.     um  ürmund. 


bilden  sich  später  noch  ganz  zurück;  an  der  Decke  des  so  entstandenen, 
weiten,  einheitlichen  Raums,  welcher  durch  den  Urmund  nach  außen 
geöffnet  ist,  läßt  sich  noch  längere  Zeit  auf  dem  Medianschnitt 
(Fig.  431)  an  der  Beschaffenheit  und  Anordnung  der  Zellen  deutlich 
festsetzen,  welcher  iVbschnitt  aus  der  ersten  und  welcher  aus  der 
zweiten  Phase  der  Gastrulation  herrührt.  Auch  springt  an  der  Ueber- 
gangszelle  nicht  selten  eine  kleine  Falte  (Fig.  431  wf//")  hervor,  die 
sich  als  Rest  vom  Boden  des  Säckchens  erhalten  hat.  Von  der  Zer- 
störung bleibt  beim  Durchbruch  des  Mesodermsäckchens  ferner  der- 
jenige Abschnitt  des  Bodens  verschont,  welcher  aus  der  kleinzelligen 
Wucherung  des  nach  hinten  vom  Urmund  gelegenen  Teiles  der  Primitiv- 


Die   Lehre  von  den   Keimblättern. 


831 


platte  besteht.  Er  verlängert  sich  auf  dem  Medianschnitt  (Fig.  4o0 
u.  4'-U)  in  einen  zungenförniigen  Fortsatz,  der  sich  eine  Strecke  weit 
nach  vorn  nntoi-  die  vordere  Urniundlippe  schiebt   und  mit  ihr  einen 


Fi^.  432.  Medianer  Längsschnitt  durch  ein  Gastrulastadium  vom  Gecko, 
dessen  Urdarmeinstülpung  die  Richtung  nach  vorn  nimmt.  Stadium  III  nach 
Will  (L.  K.  III'  1SU2,  Taf.  VII,  Fig.  48).  Bezeichnungen  nach  Will:  .s  Em- 
bryonalschild, y  vordere  Urniundlippe.  z  hintere  Urdarndippe.  x  Grenze  zwischen 
Urdarmplatte  und  Entoderm pfropf  (Priniitivplatte  nach  Hertwig).  ai  Area  inter- 
media, kf  der  sich  später  zum  LTrdarm  aushöhlende  Kopffortsatz.  </  Dotter. 
dz  Dotterzellen,     a  u.  h  erste  Anfänge  eines  sekundären  Entoderms. 


Fig.  433.  Medianer  Längsschnitt  durch  einen  Embryo  des  Gecko  (Platydactylus) 
mit  bereits  nach  vorn  gerichteter  Einstülpung.  Nach  Will  (1891.  Fig.  3|.  Bezeich- 
nungen nach  Will:  s  äußeres  Keimblatt  des  Schildes.  U  desgleichen  der  Area 
opaca.     e'  Urdarmblatt.     r"  Dotterblatt. 


^T^^ss^s^^s 


Fig.  434.  Medianer  Längsschnitt  durch  einen  Embryo  vom  Gecko  in  der 
zweiten  Phase  des  Gastrulastadiums.  Nach  Will  (1891,  I'ig.  4).  Bezeichnungen  wie 
in  Fig.  483. 


Fig.  43.J.  Medianer  Längsschnitt  durch  einen  Embryo  vom  Gecko,  dessen 
Einstülpung  im  Durchbruch  begriffen  ist.  Nach  Will  (1891,  Fig.  5).  Bezeich- 
nungen nach  WiiiL  wie  in  Fig.  433.  Außerdem:  kg  KuPFFER'seher  Gang  (Canalis 
neurentericus),  bei  x  ein  vorläufig  stehen  gebliebener  Rest  der  unteren  Wand  des 
Chordakanals  (Mesodermsäckchenj. 

längeren  engen  Spalt  erzeugt,  durch  welchen  man  von  außen  in  die 
geräumige  Darmhöhle  gelangt.  Wegen  seiner  Beziehungen  zu  dem 
sich  später   bildenden  Nervenrohr   führt   er   den    Namen    des    Canalis 


832  0.  Hertwig, 

neurentericus  (cn) ;    aiicli  wird  er  öfters  als  KuPFFER'scher  Gang  be- 
schrieben. 

Die  an  dem  Ei  der  Natter  hier  genauer  verfolgten  Vorgänge  sind 
seit  einer  Reihe  von  Jahren  auch  bei  anderen  Re})tilienarten  in  ähn- 
licher Weise  beschrieben  worden  (L.  K.  III  ^):  beim  Gecko  von  Will 
(1S92),  bei  Schildkröten  von  Will  (1.^93),  Mehnert  (1X91)  und 
MiTSUKURi  (ISSC),  1S93),  bei  der  Eidechse  von  Wenkebach  (1891) 
und  Will  (1895),  bei  Hatteria  von  Schauinsland  (A.  L.  IIP,  1899). 
Die  Abweichungen  bestehen  nur  in  unwesentlichen  Modifikationen. 

Den  größten  Umfang  erreicht  das  Mesodermsäckchen  beim 
Gecko,  W'O  es,  „von  der  vorderen  Urmundlippe  an  gerechnet,  eine 
Länge  von  ca.  1,08  mm  und  dabei  auch  eine  sehr  respektable  Breite 
erreicht"  (Will,  L.  K.  III  '^  1894,  p.  132).  Die  aus  Will's  Untersuchungen 
kopierten,  etwas  schematisierten  Figuren  (Fig.  432 — 435)  geben  einen 
Einblick  in  die  verschiedenen  Stadien  der  Keimblattentwickelung, 
welche  in  der  für  die  Natter  dargestellten  Weise  verläuft.  Der  Durch- 
bruch des  Einstülpungssäckchens  in  die  Subgerminalhöhle  erfolgt, 
ebenso  wie  bei  der  Natter,  von  mehreren  Stellen  aus.  In  die  so  ent- 
stehende, netzförmige  Beschaffenheit  des 
Bodens  gewinnt  man  einen  guten  Ein- 
blick auch  bei  Betrachtung  der  abge- 
hobenen Keimhaut  von  der  unteren  Seite 
(Fig.  436). 

Fig.  436.  Die  vom  Dotter  abgehobene  Keim- 
haiit  vom  Gecko,  die  in  Fig.  425  vom  Rücken 
abgebildet  ist,  in  der  Ansicht  von  unten.  Nach 
Will  (1892,  Taf.  II,  Fig.  17b).  oe  durch  Durch- 
bruch entstandene  Oeffnungen  im  Boden  des  Ein- 
stülpungssäckchens. sl  stehen  gebliebene  Zell- 
stränge, cn  untere  Wand  des  Canalis  neuren- 
tericus. 

Bei  der  Eidechse  fällt  das  Mesodermsäckchen  viel  kleiner  aus, 
und  seine  Ausdehnung  ist  namentlich  in  der  Quere  sehr  wenig  ent- 
wickelt, wie  die  Querschnitte  (Fig.  450,  451)  lehren.  Von  dem  zweiten 
Stadium  der  Gastrulation  hat  Wenkebach  die  nebenstehenden  Figuren 
geliefert,  deren  Richtigkeit  durch  Will  bestätigt  wird.  In  Fig.  437 
sieht  man  eine  kleine  Einstülpung  sich  in  die  Primitiv])latte  ein- 
senken ,  an  deren  unterer  Fläche  auf  diesem  Stadium  das  innere 
Keimblatt  als  getrennte  Schicht  hinzieht.  Vom  Grunde  der  Ein- 
stülpung aus  schiebt  sich  zwischen  beide  Blätter  eine  kleine  Zellmasse 
nach  vorn  hinein,  welche  auf  einem  weiteren  Stadium  (Fig.  438)  durch 
Ausdehnung  der  Einstülpung  nach  vorn  sich  aushöhlt.  In  Fig.  439 
u.  440  endlich  ist  der  Boden  der  Einstülpung,  nachdem  er  sich  dem 
inneren  Keimblatt  eng  angeschmiegt  hat,  im  vorderen  Bereich  durch- 
gebrochen und  mit  der  Darmhöhle  in  Verbindung  getreten.  „Dabei 
bleibt  oft  noch  hier  und  da  eine  kleine  Gewebsbrücke  zeitweilig  be- 
stehen. Durch  die  Bilder  wird  Wenkebach  lebhaft  an  die  Eröffnung 
des  Chordakanales  im  Säugetierei  erinnert''    (L.  K.  III  ^  1891,  p.  Ol). 

Die  wichtigsten  Befunde,  welche  bei  allen  genauer  untersuchten 
Reptilien  in  gleicher  Weise  beobachtet  worden  sind,  lassen  sich  ohne 
weiteres  wieder  mit  Befunden  der  Amphibienentwickelung,  wie  sie 
vom  Frosch  (Fig.  294,  295),  Salamander,   Ichthyophis  (Fig.  298—300) 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


833 


gewonnen  wurden,  in  Parallele  stellen.  Hier  wie  dort  sind  an  der 
Decke  der  Gastrulahölile  im  Endstadium  zwei  Abschnitte  zu  unter- 
scheiden. Der  eine,  kopfwärts  gelegene  Abschnitt  leitet  sich  aus  vege- 
tativen Zellen  her,  die  an  der  Begrenzung  der  Oberfläche  der  Keim- 
blase nicht  teilgenommen  haben  und  sich  von  dem  Boden  des  Blasto- 
cöls  abstammend  an   der  Decke    ausl)reiten  und  ein  inneres  Keimblatt 


Fig.  437. 


Fig.  438. 


Fig.  439. 


Fig.  440. 


Fig.  441. 


Fig.  437 — 441.  5  mediane  Durchschnitte  durch  Keimhäute  von  Lacerta  agihs, 
die  verschiedene  Stadien  der  Entwickelung  des  Mesodermsäckchens  und  des  Durch- 
bruches in  die  Darmhöhle  zeigen.  NachWENKEBACH  (L.K.  III'  1891,  Holzschnitt 2— 6). 

allmählich  herstellen.  Der  zweite,  nach  hinten  befindliche  Abschnitt 
entsteht  bei  der  Gastrulation  als  Wand  einer  typischen  Einstülpung. 
Hier  wie  dort  sind  die  beiden  Abschnitte  ursprünglich  getrennt.  Ihre 
Höhlen   (Blastocöl  und  die  durch  den  Urmund   nach   außen  geöffnete 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.    I.  qQ 


834 


0.  Hertwig, 


Einstüli)ungsliölile)  werden  durch  P^inreißen  eines  dünnen  Zellhäutchcns 
zu  einem  einlieitliclien  großen  Hohlraum  vereinigt.  Während  bei  den 
Amphibien  die  beiden  Prozesse  der  Einstülpung  und  Ausbreitung 
der  Dotterzellen  am  Dach  der  Keimblasenhöhle  sich  mehr  gleichzeitig, 
vollziehen  und  mehr  ineinander  greifen,  sind  sie  bei  den  Reptilien 
schärfer  gesondert  und  lassen  sich  daher  in  i)assender  Weise  als  erste 
und  zweite  Phase  der  Gastrulation  auseinanderhalten.  Auf  diese 
Uebereinstimmung  ist  bereits  von  Brauer  (A.  L.  III  ^  1897)  hinge- 
wiesen worden. 

Eine  wesentliche  Erweiterung  erfährt  unsere  Kenntnis  von  den 
Vorgängen  in  der  Umgebung  der  Primitivplatte  und  des  Mesoderm- 
säckchens  an  Querschnitten.  Wir  wollen  hierbei  wieder  unseren  Aus- 
gang von  einer  Querschnittserie  durch  eine  Keimhaut  der  Natter 
nehmen  auf  dem  Stadium  (Fig.  424  B),  wo  die  Vereinigung  beider  Hohl- 


mV 


Fig.  448. 
um 


mk 


d  <1      il- 

Fig.  442—447.  Sechs  Bilder  nach  Photogrammen  aus  einer  Querschnittserie 
der  Natter,  deren  Keim  sich  auf  einem  Gastrulastadium  ähnlich  dem  in  Fig.  424  B 
dargestellten  befand.  Präp.  Natter  27  des  anat.-biol.  Inst.    Siehe  Bezeichn.  Fig.  447. 

Fig.  442.     Querschnitt  durch  die  Primitivplatte  hinter  der  Urmundgrube. 

Fig.  443.  Querschnitt  durch  die  Urmundgrube,  umgeben  von  den  lateralen 
Urmundlippen. 

Fig.  444.  Einige  Schnitte  vor  dem  Urmund,  durch  die  auf  mehreren  Schnitten 
ausgebildete  Urmundnaht. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


835 


räume  eben  erfolgt  ist.   Auf  einem  Schnitt  ein  wenig  hinter  der  vorderen 
ürmundlippe  (Fig.  443),  ist  die  grubenfih-mige  Einscnkung   getroffen, 

Fig.  445. 

w.«       ch  mh  ml:    niii 


Fig.  446. 


<Jf       eil 


ik      ml: 


Fie.  44^ 


ch        ilJi   "Jf  iJ:         tnl: 

Fig.  44.J.  Querschnitt  durch  das  Mesodermsäckchen  einige  Schnitte  vor  dem 
vorderen  Ende  der  Urmundnaht. 

Fig.  446.  Querschnitt  durch  den  Durchbruch  des  Bodens  vom  Mesodermsäck- 
chen in  den  Darmraum. 

Fig.  447.  Einige  Schnitte  weiter  nach  vorn  als  Fig.  446,  durch  die  von  Ur- 
darmfalten  begrenzte  Chordarinne,  ik  inneres,  mk  mittleres  Keimblatt,  mp  Medullar- 
platte.  ms  Höhle  des  Mesodermsäckchens.  ch  Chordaanlage,  d  Dotter,  udf  Ur- 
mrmfalte.  dh  Darmhöhle,  ul  seitliche  Ürmundlippe.  lun  Boden  des  Urmundes. 
pr  Primitivplatte. 

die  nach  vorn  in  das  Mesodermsäckchen  führt,  beiderseits  umgeben 
von  den  nach  außen  vortretenden  Urmundlippeu,  an  denen  das  äußere 
Keimblatt  stark  verdickt  ist,  während  es  sich  in  geringer  Entfernung 
von  ihnen  zu  einer  dünnen  Zellenlage  im  hellen  P'ruchthof  abplattet. 
Den  Boden  der  Grube  bildet  eine  kleinzellige  Masse,  die  von  der 
Primitivplatte  abstammt  und  von  welcher  das  untere  Keimblatt  durch 
einen  feinen  Spalt  deutlich  getrennt  ist.  An  der  Stelle,  wo  die  seit- 
lichen Urmundlippen  in  die  Primitivplatte  übergehen,  schiebt  sich 
links  und  rechts   eine  Schicht   kleiner  Zellen,   das   mittlere  Keimblatt 

53* 


83(;  0.  Hertwig, 

{mk),  in  den  Si)altrauin  zwisclien  die  beiden  Grenzblätter  hinein  und 
hört,  auf  eine  einzige  Zellenlage  verdünnt,  in  geringer  Entfernung  vom 
Urmund  auf.  Bei  ^'erfolgung  der  (^)uerschnittserie  nach  hinten 
(Fig.  442),  sieht  man,  wie  die  Urmundli])))en  verstreichen,  wie  die 
Primitivplatte  sich  flach  ausbreitet  und  wie  auch  von  ihr  aus  das 
mittlei'e  Keimblatt  noch  eine  kleine  Strecke  weit  zwischen  die  Grenz- 
blätter hineindringt.  Da  dasselbe  auch  nach  hinten  vom  Urmund  ge- 
schieht, wie  Längsschnitte  lehren,  kann  man  sagen,  daß  rings  um  den 
Urmund  herum  seitlich  und  nach  hinten  das  mittlere  Keimblatt  als 
eine  von  der  Priniitivplatte  ausgehende  selbständige  Schicht  in  den 
Spalt  zwischen  äußeres  und  inneres  Keimblatt  hineinwächst. 

Wenn  man  die  Querschnittserie  nach  vorn  verfolgt,  ward  man 
bemerken,  wie  sich  die  Urmundlippen  mit  ihren  Rändern  einander 
nähern,  in  der  Medianebene  aneinander  legen  und  zur  dorsalen  Lippe 
verschmelzen.  Auf  einer  größeren  Zahl  von  Schnitten,  die  durch  den 
hinteren  Abschnitt  des  Mesodermsäckchens  hindurch  gehen .  erhält 
man  dann  Bilder,  wie  ein  solches  in  Fig.  444  dargestellt  ist.  Zwischen 
Embryonalschild  und  Darmdrüsenblatt  liegt  das  Einstülpungssäckchen, 
das  im  Längsschnitt  in  den  Figuren  429  u.  430  zu  sehen  ist  und  im 
Querschnitt  einen  ([uergestellten,  breiten,  spaltförmigen  Hohlraum  zeigt. 
Seine  aus  hohen,  schmalen  Zellen  zusammengesetzte  Decke  ist  längs 
eines  Mittelstreifens  mit  dem  Embryonalschild  zu  einer  Naht  ver- 
schmolzen, wie  sie  schon  bei  den  verschiedensten  Amphibien  beschrieben 
und  als  Urmundnaht,  hervorgegangen  aus  einer  Konkrescenz  der  Ur- 
mundränder,  gedeutet  wurde.  Schließlich  erfahren  wir  aus  dem  Schnitt 
noch  die  wichtige  Thatsache,  daß  sich  zu  beiden  Seiten  von  den  Wan- 
dungen des  Säckchens  auch  hier  die  mittleren  Keimblätter  (mk)  wie 
zwei  flügeiförmige  Fortsätze  in  den  Spalt  zwischen  den  Grenzblättern 
ausbreiten  und  überall  haarscharf  von  ihnen  getrennt  sind.  Auf  den 
nächstfolgenden  Schnitten,  mehr  nach  vorn  vom  Urmund,  verdünnt  sich 
dann  rasch  die  Naht  zwischen  Embryonalschild  und  Decke  des  Säck- 
chens, bis  beide  durch  einen  Spalt  ganz  voneinander  getrennt  sind 
(Fig.  445). 

Bei  weiterer  A'erfolgung  der  Serie  kommt  man  in  die  Gegend, 
wo  die  Eröffnung  des  Säckchens  vor  sich  gegangen  ist  (Fig.  44(5 '. 
Zuerst  verdünnt  sich  sein  Boden  in  der  Mitte,  dann  trennt  er  sich 
durch  einen  Spalt  in  eine  linke  und  rechte  Hälfte,  —  es  kommen 
dadurch  zwei  deutliche  Lippen  (udf)  zu  stände,  an  denen  das  Darm- 
drüsenblatt in  das  mittlere  Keimblatt  kontinuierlich  übergeht  und  in 
denen  wir  nach  ihrer  Lage  und  ihren  sonstigen  Beziehungen  die  Ur- 
darmlippen  wiedererkennen,  wie  sie  von  anderen  Objekten  mehrfach 
beschrieben  wurden.  Indem  sie  auf  den  nächsten  Schnitten  auseinander 
weichen,  erhält  man  schließlich  den  in  Figur  447  reproduzierten  Be- 
fund, der  für  den  ganzen  vorderen  Bereich  der  Einstülpung  charakte- 
ristisch ist.  Unter  deni  Embryonalschild  (mj))  zieht  sich  eine  schmale 
Platte  hoher  cylindrischer  Zellen  (ch}  hin,  die  Chordaanlage,  welche 
die  Decke  der  Chordarinne  bildet:  zu  beiden  Seiten  geht  sie  in  die 
mittleren  Keimldätter  (mk)  über,  welche  in  derselben  Ausdehnung  wie 
weiter  hinten  auch  hier  vorgefunden  werden.  Unter  ihnen  liegt  als 
dünnes,  aus  einfachen  Plattenzellen  bestehendes  Häutchen  das  Darm- 
drüsenblatt (ik),  überall  durch  einen  Spalt  wohl  abgegrenzt  bis  auf  die 
Ränder  der  Chordarinne,  wo  es  in  das  mittlere  Keimblatt  ebenso  wie 
die  Chordaanlage  übergeht.     Endlich    führt   uns   die  Durchmusterung 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  837 

der  Schilittserie  in  die  Gegend,  wo  das  Einstülpungssäckchen  aufliört. 
Mit  der  Chordaanlage  schwinden  auch  die  mittleren  Keimblätter.  Das 
Blastoderm  im  vordersten  Bereich  des  Embrvonalschildes  besteht  nur 
aus  den  beiden  ])riinären  Keimblättern,  von  denen  das  äußere  noch 
ziemlich  hohe  Cjlinderzellen  aufweist,  während  das  innere  aus  platteren 
und  noch  locker  verbundenen  Elementen  besteht  und  hie  und  da  mit 
den  Zellsträngen  zusammenhängt,  welche  für  manche  Reptilien,  be- 
sonders für  die  Schlangen  eigentümlich  sind  und  sich  als  Netz  in  dem 
weiten  Hohlraum  zwischen  Keimhaut  und  Dotter  ausbreiten.  Nach 
vorn  vom  Embryonalschild  verdünnt  sich  das  Ektoderm,  seine  Zellen 
werden  erst  kubisch  (ähnlich  wie  in  Fig.  420),  dann  abgeplattet,  die 
Zellstränge  werden  dünner  und  bilden  weitere  Maschen. 

Durch  das  Studium  der  Querschnittserien  und  ihren  Vergleich 
mit  den  Längsschnitten  gewinnt  man  erst  einen  vollen  Einblick  in  die 
Bedeutung  der  Einstülpung  für  die  Blätterbildung.  Denn  wir  erfahren, 
daß  aus  ihren  Wandungen  sich  die  Chorda  und  die  mittleren  Keim- 
l)lätter  entwickeln.  Schärfer  als  bei  Ami)hibien  ist  hier  der  Nachweis 
zu  führen ,  daß  die  mittleren  Keimblätter  weder  vom  inneren  noch 
äußeren  Keimblatt  durch  Abspaltung  herrühren ,  sondern  durch  ein 
in  der  Umgebung  des  Urmundes  stattfindendes  Einwachsen  von  Zelleu- 
niassen,  durch  eine  Livagination.  Da  das  Säckchen  zur  Auskleidung 
der  Darmhöhle  nichts  beiträgt,  diese  vielmehr  von  einem  Zellenblatt 
begrenzt  wird,  das  schon  in  einer  früheren  ersten  Phase  der  Gastrulation 
entstanden  ist,  kann  die  Einstülpungshöhle  nicht  schlechtweg  als  Ur- 
darni  bezeichnet  und  der  Einstülpung  beim  Amphioxus  und  den  Am- 
phibien verglichen  werden.  Es  besteht  zwischen  beiden,  wenn  wir  uns 
eines  Ausdrucks  der  vergleichenden  Anatomie  bedienen,  nur  eine  in- 
komplette Homologie.  Denn  die  Wand  des  Säckchens  der  Reptilien 
entspricht  nur  dem  dorsalen  Abschnitt  vom  Urdarm  des  Amphioxus, 
von  welchem  Chordaanlage  und  Mesoblast  abstammen.  Das  ist  auch 
der  Grund  gewesen,  warum  ich  die  Einstülpung  der  Reptilien  anstatt 
Urdarm  besser  als  Mesodermsäckchen  nach  dem  wichtigsten  Bestand- 
teil, den  es  liefert,  zu  bezeichnen  vorgeschlagen  habe ;  und  ebenso 
ziehe  ich  es  vor,  anstatt  von  Urentoderm  und  palingenetischem  Ento- 
derm  zu  sprechen,  seine  beiden  Bestandteile,  welche  von  früh  an  sich 
nach  ihrer  Lage  scharf  charakterisieren  lassen,  als  Chordaanlage  und 
mittleres  Keimblatt  zu  unterscheiden. 

Wenn  wir  ferner  die  Keimljlattbildung  bei  Amphibien  und  Rep- 
tilien miteinander  vergleichen ,  so  beobachten  wir  zwischen  beiden 
den  interessanten  Unterschied,  daß  der  Charakter  der  Invagination  bei 
ersteren  während  der  Bildung  des  inneren,  bei  letzteren  während  der 
Bildung  des  mittleren  Keimblattes  deutlicher  ausgeprägt  ist.  Auch 
greifen  bei  den  Amphibien  Ijeide  Vorgänge  mehr  ineinander,  bei  den 
Reptilien  sind  sie  schärfer  voneinander  gesondert,  indem  der  durch 
die  zweite  Phase  der  Gastrulation  entstandene  Hohlraum  durch  eine 
Durchbrechung  seines  Bodens  mit  dem  Hohlraum  ,  der  vom  Darm- 
drüsenblatt umschlossen  wird,  sekundär  in  Verbindung  gesetzt  werden 
muß.  Chordaanlage  und  Mesoblast  werden  dadurch  in  die  Decke  des 
Urdarmes  nachträglich  eingeschaltet.  Erst  nachdem  dies  geschehen  ist, 
erhält  man  wieder  bei  Reptilien  Querschnittsbilder,  die  mit  denen  der 
Amphibien  vollständig  übereinstimmen. 

Strahl  (L.  K.  III  ^  1882,  p.  264)  hat  zuerst  bei  seinen  Untersuchungen 
au  Lacerta  deutlich  ausgesprochen,  daß  aus  den  Wänden  der  Einstülpung 


838  0.  Hertwig, 

Chorda  und  Mesoderin  hervorgehen,  und  hat  sich  aus  diesem  Grund  gegen 
den  von  Ki'pffkr  gezogenen  Vergleich  mit  dem  Urdarm  niederer  Wirbel- 
tiere erklärt  und  auch  geltend  gemacht,  daß  schon  vor  seinem  Auftreten 
ein  zweiblätteriger  Zustand  existiert.  Daraus  schließt  er  mit  Recht : 
„Es  wäre  demnach  die  Bedeutung  der  Einstülpung,  aus  welcher  später 
der  Canalis  neurentericus  wird,  eine  andere  als  die  derjenigen,  welche 
bei  dem  niederen  Wirbeltier  den  Urdarm  bildet.  Ich  glaube  daher  nicht, 
daß  wir  die  Wände  der  Einstülpung  mit  dem  Namen  Entoderni  belegen 
dürfen,  wenn  dies  geschehen  soll,  um  eine  Uebereinstimmung  mit  anderen 
Tierformen  dadurch  anzudeuten." 

Eine  etwas  andere  Auffassung,  als  sie  hier  entwickelt  worden  ist, 
hat  sich  Will  bei  seinen  Reptilienstudien  von  der  Entstehung  der 
mittleren  Keimblätter  gebildet,  veranlaßt  durch  einige  Befunde  beim 
Gecko,  denen  er,  wie  ich  glaube,  eine  zu  weitgehende  Bedeutung  bei- 
gemessen hat.  Er  ist  daher  auch  geneigt,  die  Verhältnisse  bei  der 
Natter,  welche  ihm  erst  zuletzt  bekannt  geworden  sind  und  welche 
in  den  Rahmen  seiner  Theorie  nicht  gut  hineinpassen  wollen,  als  eine 
Abweichung  vom  Typischen  zu  betrachten.  „Das  gasti^ale  Mesoderm", 
meint  er,  „hat  bei  der  Natter  einen  besonderen  Charakter,  indem  es 
mehr  als  bei  anderen  Reptilien  aus  den  soliden  seitlichen  Flügeln  des 
Urdarmes  entsteht."  Den  Gi'und  hierfür  ei'blickt  er  darin,  daß  bei  der 
Natter  der  Urdarm  eine  viel  geringere  Breite  als  beim  Gecko  besitze 
und  daß  infolgedessen  nur  ein  kleiner  Teil  des  Mesoblastes  durch  Unter- 
wachsung  der  beiden  Urdarmfalten  hervorgehen  könne  (L.  K.  III ''  1898, 
p.   617). 

Den  Vorgang  beim  Gecko,  durch  welchen  Will  seine  neuen  Ge- 
sichtspunkte für  die  Bildung  des  Mesoderms  gewonnen  hat,  beschreibe 
ich  mit  seinen  eigenen  Worten  aus  der  zusammenfassenden  Uebersicht 
über  die  Keimblattbildung  der  Anmieten  (L.  K.  III  i  1894,  p.  297):  „Die 
Bildung  des  gastralen  Mesoderms  vollzieht  sich  in  äußerst  charakteristischer 
Form  und  beginnt  etwa  um  die  Zeit  des  Urdarmdurchbruches.  Vor  dem 
Eintritt  des  letzteren  sehen  wir  auf  einem  Querschnitt  vor  der  Primitiv- 
platte (Fig.  448  A),  daß  der  Urdarm  jederseits  2  solide  Fortsätze  besitzt, 
in  welche  sich  das  Lumen  nicht  hinein  erstreckt.  Diese  werden  nach 
dem  Durchbruch  direkt  zur  ersten  Anlage  des  gastralen  Mesoderms 
(Fig.  448  B,  C  mgr)^  welche  demnach  nicht  unmittelbar  rechts  und  links 
neben  der  Chordaverdickung  auftritt,  sondern  von  ihr  durch  einen  recht 
ansehnlichen  Teil  der  dorsalen  Urdarmwand  ,  der  Z  w  i  s  c  h  e  n  p  1  a  1 1  e 
e\x/p)^  getrennt  ist.  Die  beiderseitigen  Mesodermplatten  gehen  nach  hinten 
direkt  in  das  prostomiale  Mesoderm  über.  Die  zweite  Phase  des  Pro- 
zesses besteht  nun  darin,  daß  die  an  den  Rändern  des  Urdarmes  in- 
serierten Mesodermplatten  anfangen,  der  Mittellinie  des  Embryos  entgegen 
zu  wachsen,  um  sich  mit  ihrer  Insertionsstelle  mehr  und  mehr  der 
Chordaanlage  zu  nähern.  Da  die  Mesodermplatten  jederseits  eine  leichte 
Erhebung  des  Schildes  verursachen,  muß  sich  das  successive  Vorwachsen 
der  ersteren  auch  im  Oberflächenbilde  ausprägen.  Dieses  Vorwachsen 
der  ursprünglichen  Mesodermanlage  wird  dadurch  bewirkt,  daß  sich  an 
der  Insertionsstelle  der  Mesodermanlage  eine  Urdarmfalte  erhebt,  welche 
unmittelbar  unter  der  dorsalen  Urdarmwand  sich  gegen  die  Chorda  vor- 
schiebt (Fig.  448  D,  E)  und  aus  2  Lagen  besteht,  deren  obere  vom 
primären  Entoderm  gebildet  wird,  während  die  untere  als  Dotterblatt 
zu  deuten  ist.  Durch  das  Vorwachsen  der  Falte  entsteht  zwischen 
dieser  und  der  unterwachsenen  Zwischenplatte  ein  feiner  Spalt  [cö),    die 


Die   Lehre  von  den  Keimblättern. 


839 


erste  Anlage  des  Cölomspaltes,  welcher  als  abgeschnürter  Teil  des  Ur- 
darmlumens  aufzufassen  ist ;  die  Zwischenplatte  wird  zu  dem  somatischen, 
die  obere  Schicht  der  Urdarmwand  zum  splanchnischen  Blatt  des  gastralen 


ec 


Fig.  448 A — E.  Querschnitte  durch  die  vordere  Urdarmregion  eines  Embryos 
vom  Gecko  auf  5  verschiedenen  Entwickelungsstadien.  Nach  Will,  ec  äußeres 
Keimblatt,  ud  dorsale,  vd  ventrale  Urdarmwand.  e'  Urdarmblatt.  e"  Dotterblatt 
des  Entoderms.  sp  solide  Seitenplatte  des  Urdarmes,  welche  die  erste  Anlage  des 
gastralen  Mesoderras  darstellt,  mp  Chordaanlage,  e'(sp)  Zwischenplatte  der  dorsalen 
Urdarmwand.  mgr  mittleres  Keimblatt,  .so  parietales,  sp  viscerales  Mittelblatt. 
CO  iSpalte  der  Leibeshöhle. 


Mesoderms,  während  die  aus  dem  Dotterblatt  gebildete  untere  Schicht 
der  Falte  (e")  das  Darmepithel  zu  bilden  hat.  Bilder,  wie  die  in 
Fig.  448  E,  sind  es  ausschließlich,  welche  den  Vertretern  der  Hertwig- 
schen  Lehre  der  Entstehung  des  Mesoderms  durch  Divertikelbildung  ge- 
dient haben.  Diese  aber  stellen,  wie  aus  der  Schilderung  hervorgeht, 
nicht  den  Anfang,  sondern  vielmehr  eine  der  letzten  Phasen  des  Pro- 
zesses dar."  „Die  Anlage  des  Mesoderms  geht  daher  nicht  im  Hert- 
wio'schen  Sinne  durch  Entstehung  eines  Divertikels  vor  sich,  welcher 
neben  der  Chorda  entsteht  und  nach  der  Peripherie  fortschreitet,  sondern 
in  genau  umgekehrter  Weise  durch  Erhebimg  einer  septenartigen  Ur- 
darmfalte,  welche  an  den  äußersten  Seitenteilen  des  Urdarmes  entspringt 
und  gegen  die  Achse  sich  vorschiebt"  (1.  c.  p.  299).  Zu  diesen  Aus- 
führungen fügt  Will  an  anderer  Stelle  (L.  K.  III  '  1893,  p.  104)  hinzu : 
„Der   richtige  Grundgedanke  der  HERxwio'schen  Lehre,   die  Leibeshöhle 


840  0.  Hertwig, 

als  einen  abgegliederten  Teil  der  Urdarmhölile  aufzufassen,  erleidet  liier- 
durcli  nicht  eine  Beeinträchtigung,  sondern  vielmehr  eine  weit  bessere 
Begründung."  Will  bezeichnet  den  Vorgang  als  Bildung  des  mittleren 
Keimblattes  durch  Unterwachsung  der  Zwischenplatte. 

Dagegen  hat  schon  MiTsuKUKi  (L.  K.  TW  180.S,  p.  434),  ein  ausge- 
zeichneter Kenner  der  Reptilienentwickelung,  hervorgehoben,  daß  praktisch 
kein  großer  Unterschied  zwischen  Divertikelbildung  und  Septenbildung  be- 
steht und  daß  Hertwig's  Theorie  der  Mesoblastbildung  auf  Gecko  und 
Clemnws  genau  anwendbar  ist.  „Will's  objection  to  the  Hbrtwio's 
theory  ma}^  therefore  be  only  an  apparent  one." 

Daher  habe  ich  auch  in  meinem  Lehrbuch  der  Entwickelungsgeschichte 
im  allgemeinen  bemerkt,  daß  Will's  Befunde  (p.  151)  ein  neues  und  schätz- 
bares Material  von  Thatsachen  zu  Gunsten  der  von  mir  vertretenen  Theorie 
liefern,  „daß  die  Cölomsäcke  als  abgeschnürte  Teile  des  Urdarmlumens 
aufzufassen  sind".  Im  besonderen  aber  scheint  mir  auf  Grund  meiner 
bei  Reptilien  neu  angestellten  Untersuchungen,  daß  Will  seinen  Be- 
funden beim  Gecko  eine  zu  allgemeine  Tragweite  gegeben  hat.  Seine 
Angaben  nämlich  beziehen  sich  nur  auf  Querschnitte  durch  die  vorderste 
Urdarmregion  von  verschiedenen  Geckoembryonen,  also  auf  eine  Gegend, 
wo  die  mittleren  Keimblätter  ihr  vorderes  Ende  erreichen ;  weiter  nach 
hinten,  nach  dem  Urmund  zu,  wird,  wie  ich  glaube,  auch  beim  Gecko  zu 
keiner  Zeit  der  Entwickelung  ein  so  großer  Abstand  zwischen  beiden 
Mesoblasthälften  zu  beobachten  sein,  sondern  werden  die  Lippen  der 
Urdarmfalten  von  Anfang  an  bis  an  den  Rand  der  Chordaanlage,  wie 
es  in  E  dargestellt  ist,  heranreichen :  die  Zwischenplatten  werden  also 
ganz  fehlen,  so  daß  eine  Unterwachsung  derselben  gar  nicht  in  Frage 
kommen  kann. 

Aehnliche  Befunde,  wie  Will  vom  Gecko,  hat  auch  Strahl  im 
vordersten  Bereich  der  Chordaanlage  bei  der  Eidechse  erhalten.  Auch 
an  diesem  Objekt  findet  er  die  Chordaanlage  als  eine  direkt  leisten- 
förmige  Verdickung  des  Darmdrüsenblattes,  das  sich  seitlich  eine  Strecke 
weit  direkt  unter  dem  äußeren  Keimblatt  als  Zwischenplatte,  wenn  wir 
der  Terminologie  von  Will  folgen,  ausbreitet,  ehe  sich  die  nach  vorn 
immer  unscheinbarer  werdenden  mittleren  Keimblätter  trennend  da- 
zwischen schieben.  Die  mittleren  Keimblätter  sind  also  kopfwärts  durch 
einen  viel  weiteren  Abstand  voneinander  getrennt  als  nach  dem  Urmund 
zu.  Noch  weiter  nach  vorn  wurden  sie  in  der  Querschnittserie  von 
Strahl  ganz  vermißt,  während  die  Chordaanlage  als  breite,  leistenartige 
Verdickung  des  inneren  Keimblattes  noch  vorhanden  war. 

Ein  Gleiches  werden  wir  später  auch  bei  den  Säugetieren  kennen 
lernen.  Hierdurch  sind  manche  Forscher,  wie  Strahl,  veranlaßt  worden, 
für  den  hinteren  und  für  den  vordersten  Abschnitt  der  Chorda  eine  ver- 
schiedene Entstehungsweise  anzunehmen,  für  ersteren  eine  mesodermale 
aus  der  Decke  des  Einstülpungs-  oder  Mesodermsäckchens,  für  letzteren 
eine  entodermale  aus  dem  Teil  des  inneren  Keimblattes,  mit  welchem 
sich  bei  seiner  Eröffnung  das  Mesodermsäckchen  mit  seinem  vorderen 
Rande  in  Verbindung  setzt. 

Die  Lehre  von  der  Bildung  des  mittleren  Keimblattes  durch  Unter- 
wachsung läßt  sich  endlich  in  keiner  Weise  in  Einklang  bringen  mit 
den  Verhältnissen  in  der  Umgebung  des  Urmunds  und  des  Canalis  neu- 
rentericus,  aus  welcher  Gegend  Will  Schnitte,  die  für  seine  Ansicht 
verwertbar  wären,  weder  abbildet  noch  beschreibt.  Aus  solchen  Er- 
wägungen schließe  ich,  daß  Will  Vorgänge,  die  sich  vielleicht  in  der 
Kopfgegend  des  Embryos  abspielen  mögen,  mit  LTnrecht  verallgemeinert  hat. 


Die   J^elu-e   von   den   Keimblättern. 


841 


Noch   mehr   als   an    Längsschnitten    bietet    die  Eidechse    eine   in- 
teressante Modifikation  des  Einstiilpnngsvorganges  und  der  Mesoblast- 


bildung  an  Qiierschnittserien 
Höhle  der  Einstülpung 
ist  auf  ein  Minimum  re- 
duziert, ja  oft  an  einzel- 
nen Stellen  kaum  mehi' 
zu  erkennen  (Fig.  450. 
451).  Nach  der  Eröff- 
nung des  Säckchens  in 
den  Darm  räum  kann  ihr 
hinterer  Rest  als  Meso- 
dermkanal  oder  gleich 
auch  als  Canalis  neur- 
entericus.  der  direkt  aus 
ersterem  entsteht,  be- 
zeichnet werden.  2)  Die 
Entwickelung  des  mitt- 
leren Keimblattes  beginnt 
erst  auf  einem  späteren 
Stadium  als  bei  anderen 
Reptilien,  namentlich  bei 
den       Schlangen.         In 


Fig.  4411—4,03.  Quer- 
schnittserie durch  eine  Keim- 
haut von  Lacerta  muraUs  mit 
Urmund.  Photogr.  Lacerta 
46^  u.  46'^  des  anat.-biol.  In- 
.stituts. 

Fig.  440.  Quersclmitt 
durch  die  Primitivpiatte  mit 
ürmuudöffnung. 

Fig.  450.  Querschnitt 
durch  die  Nahtstelle  der  Ur- 
mundlippen. 

Fig.  451.  Einige  Schnitte 
vor  der  Naht  durch  den  Me- 
sodermkanal. 


dar.      Diese    zeigen    zweierlei:    1)    Die 


Fig. 


Af)2.  Querschnitt 
durch  die  Eröffnung  des  Me- 
soderrakanales. 


Fig.    453.      Querschnitt 
durch  die  Chordarinne. 

il-,  ak,  mk  inneres,  äußeres, 
mittleres  Keimblatt,  ms  Me- 
sodermkanal.  'pr  Primitiv- 
platte, iil  Urmundlippe.  // 
Urmundnaht.  udf  ürdarm- 
falte.  rhr  Chordariune.  cli 
Chordaanlage. 


ik  mk 


Fig.  450. 


;;  ///>■ 


P'ig.  4n2. 
ik  mk  udf  citr 


Fig.  453. 
ak  rh 


Fig.  449  ist  der  Eingang  in  den  Mesodermkanal  getrotten,  eine  Grube 
in  einer  einen  Knoten  bildenden  Wucherung  der  Keimhaut,  von  deren 
unterer  Fläche  das  Darmdrüsenblatt,  das  sich  seitwärts  als  gesonderte 


842  0.  Hertwig, 

Schicht  ausbreitet,  nicht  scharf  abgesetzt  ist.  Nur  vereinzelte  Zellen 
schieben  sich  von  hier  in  den  Spaitraum  zwischen  den  Grenzblättern 
hinein,  f'lügclförniige  Fortsätze  des  Mesoderms,  wie  bei  der  Natter 
(Fig.  443),  fehlen  noch.  Fig.  450  ist  ein  Schnitt  gleich  vor  der 
vorderen  Blastoporuslipi)e  mit  einem  sehr  engen  dreiseitigen  Hohlraum, 
der  sich  schon  auf  dem  nächsten  Schnitt  zu  einem  kaum  sichtbaren 
Querspalt  verengt  hat.  In  beiden  Schnitten  ist  die  Nahtstelle  in) 
getroffen,  in  welcher  die  Decke  des  Mesodermkanales  noch  mit  dem 
äußeren  Keimblatt  verschmolzen  ist.  Auf  den  nächsten  Schnitten 
(Fig.  451)  vollzieht  sich  die  Trennung  des  Mesodermkanales  vom 
Entoderm  in  der  Nahtstelle,  und  auf  dem  21.  Schnitt  vor  dem  Ur- 
mund  (Fig.  452)  liegt  die  Durchbrechungsstelle,  an  welcher  sich  die 
Eröffnung  des  Mesodermkanales  in  den  Raum  unter  dem  Darmdrüsen- 
blatt vollzogen  hat.  begrenzt  von  zwei  lippenartigen  Vorsprüngen  (udf). 
Die  Wandung  des  Mesodermkanales  ist  zellenärmer  und  dünner  ge- 
worden. Seine  Decke  geht  von  der  inneren  Ausmündung  an  in  eine 
rinnenförmig  gebogene,  schmale,  dicke  Zellenplatte  (Fig.  453  cA)  über, 
die  sich  durch  eine  größere  Anzahl  von  Schnitten  hindurch  verfolgen 
läßt  und  der  Chordaanlage  der  Natter  entspricht:  auch  hier  fehlen 
die  Mesodermflügel ;  seitwärts  findet  ein  direkter  Uebergang  in  die 
abgeplatteten  Zellen  des  Darmdrüsenblattes  statt.  Wahrscheinlich  hat 
sich  der  Mesodermkanal  auf  früheren  Stadien  so  weit  nach  vorn  er- 
streckt als  die  Chordaanlage  reicht,  welche  durch  Schwund  des  Bodens 
direkt  in  das  innere  Keimblatt  eingeschaltet  worden  ist.  Nach  dem 
vorderen  Rand  des  Embryonalschikles  zu  fehlt  die  Chordaanlage,  und 
breitet  sich  unter  dem  Ektoderm  das  Darmdrüsenblatt  als  eine  gleich- 
mäßige Schicht  aus. 

An  älteren  Keimscheiben,  von  denen  Strahl  (L.  K.  III "'  1884)  eine 
ziemlich  lückenlose  Entwickelungsserie  an  Flächen-  und  Querschnitts- 
präparaten untersucht  hat,  hat  dieser  Forscher  verfolgen  können,  wie 
sich  das  mittlere  Keimblatt  von  den  Seitenwänden  des  Mesoderm- 
kanales und  seiner  Eingangspforte  aus  als  abgegrenzte  Lage  in  den 
Spalt  zwischen  den  Grenzblättern  hineinschiebt  und  sich  nach  allen 
Richtungen  mit  Ausnahme  der  Kopfregiou  der  Keim  Scheibe,  die  zwei- 
blätterig bleil)t,  allmählich  ausbreitet.  Auch  hat  Strahl  auf  allen 
Schnittserien  durch  die  verschieden  alten  Keirascheiben  Abbildungen 
von  der  Nahtstelle  vor  der  Urmundöffnung  gegeben. 

Schon  weit  entwickelt  wird  das  mittlere  Keimblatt  an  Keim- 
scheiben angetroffen,  an  denen  man  bei  Flächenbetrachtung  die  Me- 
dullarplatte  und  in  ihiem  vorderen  Bereich  die  Medullarwülste  wahr- 
nimmt (Fig.  454—458).  An  5  einem  solchen  Embryo  angehörigen 
Querschnitten,  von  denen  der  2te  durch  den  Eingang,  der  3te  durch 
die  Mitte,  der  4te  und  5te  durch  die  innere  Ausmündung  hindurchgelegt 
sind,  sieht  man  das  mittlere  Keimblatt  als  vielzellige  Schicht,  die 
nach  den  Rändern  zu  schmäler  wird,  sich  in  der  oben  beschriebenen 
Weise  vom  Urmund  und  vom  Mesodermkanal  aus  ausbreiten.  Der 
ürmund  stellt  jetzt  eine  in  der  Medianebene  verlaufende  kurze,  aber 
tief  einschneidende  Rinne  dar  (Fig.  455),  zu  beiden  Seiten  von  den 
zellenreichen  Urmundlippen  (ul)  eingefaßt.  Nach  dem  Dotter  zu  ist 
die  Rinne  durch  eine  zellenreiche  Brücke  geschlossen,  welche  sich 
nach  vorn  in  den  Boden  des  Mesodermkanales  fortsetzt.  Im  hinteren 
Teil  der  Rinne  (Fig.  454)  erhebt  sich  vom  Boden  ein  Fortsatz  (clpf), 
der   auf  einer   größeren  Anzahl   von    Schnitten   angetroffen  wird    und 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


843 


nach    Lage    uiul    Aussehen     dem     RuscoNi'scheii 
Amphihieneier  entspricht.     Er   scheint   von    einem 
an  bei  allen  Reptilien  zur  Ausbildung  zu  gelangen 
ihn    vom   Gecko,    läßt    ihn   aus    dem    hinteren    Teil 


Dotterpfropf    der 

gewissen  Stadium 

Will  beschreibt 

der  Primitivplatte 


Fig.  4.")4. 


ik 


mk 


Fig.  405. 

ul  um 


**>%»*■,. 


Fig.  407. 


n    mp 


Fig.  454— 4r)8.  Qucr- 
.schnittserie  durch  eine 
ältere  Keimhaut  von  La- 
certa  muralis  mit  Dotter- 
pfropf im  Urmund  und 
sich  abgrenzender  Medul- 
larplatte.  Photogr.  Lacerta 
48  des  anat.-biol.  Instituts. 

Fig.  454.  Querschnitt 
durch  die  Urraundrinne 
mit  Dotterpfropf. 

Fig.  455.  Querschnitt 
durch  die  Urmundrinne 
vor  dem  Dotterpfropf. 

Fig.  456.  Querschnitt 
durch  den  Mesodermkanal 
und  die  Urmundnaht. 

Fig.  457.  Querschnitt 
durch  die  Eröffnung  des 
Mesodermkanales  und  das 
hintere  Ende  der  Urmund- 
naht. 

Fig.  458.  Einige  Schnitte 
weiter  nach  vorn,  wo  Me- 
dullär- und  Chordaplatte 
sich  voneinander  durch 
Spaltung  der  Urmundnaht 
ganz  getrennt  haben. 

ak,  ik,  mk   äußeres,  in- 
neres, mittleres  Keimblatt. 
dpf  Dotterpfropf.     ///  seit- 
liche Urmundlippe.     um  Urmund.    mp  Medullarplatte.     «  Naht 
udf  Urdarm falte.     »*.>.•■■■  untere  üeffnung  des  Mesodermkanales. 


ik    mk 


udf  ms-'' 
Fig.  458. 

eil  udf  mit 


^''^.^^ii^Jr-'  i 


ms  Mesodermkanal. 


844 


0.  Hertwig, 


entstellen  und  nennt  ihn  Ento(lernii)froi)f  (L.  K.  III  '^  18*.)5=^\  p.  124). 
SciiAUiNSLAND  (A.  L.  III«  1S<)'.),  }).  31:5)  hat  ihn  bei  Ilatferia  (Fig.  421) 
beobachtet;  er  tindet  ,,an  der  unteren  Lipi)e  der  ventralen  Urdarm- 
niündung  einen  kugeltVh-inigen,  mehr  oder  weniger  langgestielten  Knopf". 
Später  liegt  er  entweder  an  der  ventralen  Mündung  des  Canalis 
neurentericus  oder  er  wird  in  ihn  sell)st  hineingezogen  und  erscheint 
schließlich  an  der  äußeren  Ui'niundüff'nung  als  „Dotterpfropf"  (p.  323). 
Von  der  Schildkröte  bilden  Mehnert,  Will  und  Mitsukuri  den  Dotter- 
pfropf ab.  MiTSUKURi  (L.  K.  III  '  1896,  p.  31)  hebt  von  ihm  hervor,  daß  er 
während  der  Embryonalentwickelung  seine  Lage  von  vorn  nach  rückwärts 
verändert.  Zuerst  zwischen  den  Schenkeln  des  hufeisenförmigen  Blasto- 
porus  gelegen  (Fig.  459),  wird  er  darauf  zwischen  die  hinteren  Enden 


der  Medullarfalten,  wenn  diese  sich  bilden, 

Fig.  459. 


eingeschlossen 


Fig.  4()0. 


(Fig.  4()0) 


Fig.  459.  Rückenansietit  eines  Embryos  von  Chelonia  caouana  D'/a  Tage  nach 
der  Eiablage  mit  vorderer  Amnion faite  und  hufeisenförmigem  ßlastoporus  und  Me- 
dullarfalten.   Nach  Mitsukuri  (L.  K.  III'  1896,  Taf.  1,  Fig.  1). 

Fig.  460.  Rückenansicht  eines  Embryos  von  Trionix  japonicus  BVo  Tage  nach 
der  Eiablage  mit  vorderer  Amnioufalte  und  Medullarrinue.  Nach  MiTSukupa  (1896, 
Taf.  III,  Fig.  16). 


und  wird  von  ihnen  seitlich  zusammengepreßt  und  in  die  Höhe  ge- 
hoben. Bei  seiner  Rückwärtswanderung  hinterläßt  er  bei  Chelonia 
und  Clemmys  auf  seiner  Spur  sozusagen  eine  (jrube,  welche  den 
hintersten  Teil  des  Medullarkanales  mit  dem  Graben  in  der  Umgebung 
des  Dotterpfropfs  verbindet.  Mitsukuri  nennt  sie  die  Primitivgrube. 
Sie  wurde  auch  oben  von  der  Eidechse  beschrieben.  Wenn  später 
der  Schwanz  sich  bildet,  wird  bei  den  Schildkröten  der  Dotterpfropf 
in  ihn  nicht  mit  eingeschlossen  und  kommt  in  einiger  Entfernung 
hinter  ihn  zu  liegen.  Durch  dieses  Verhältnis  wird  Mitsukuri  be- 
stimmt, die  den  Dotterpfropf  der  Schildkröten  umgebende  Oeffnung, 
wie  ich  ineine  mit  Unrecht,  für  homolog  dem  Dotterblastoporus  der 
Selachier  zu  erklären. 

Auf  Querschnitten  dui'ch  die  Gegend  des  Dotterpfropfes  sind  bei  ver- 
schiedenen Reptilienarten  ähnliche  Bilder,  wie  sie  auch  bei  Amphibien 
(Fig.  301  u.  302)  vorkommen  und  uns  später  wieder  bei  den  Säugetieren 
begegnen  werden,  von  Will  beobachtet  worden.     Beim  Gecko  (Fig.  461 


Die   Lehre   von  den   Keimblätteni 


845 


u.  4(>"2).  bei  der  Schildkröte,  bei  der  Eidechse  u.  rs.  w.  kann  man  sehen, 
wie  sich  zu  beiden  Seiten  des  bald  größeren,  bald  kleineren  Dotter- 
pfropfes {dpfi  das  äußere  Keimblatt  an  den  Urmundlippen  in  das  parietale 
Blatt  des  Mesoblasts  fortsetzt  und  wie  dieses  mehr  oder  minder  deutlich 
durch  eine  feine  Cölomspalte  vom  visceralen  Blatt  getrennt  ist.  Mit 
letzterem  aber  hängt  ähnlich  wie  beim  Triton  (Fig.  302)  beiderseits  die 
kleinzellige  Masse  zusammen ,  welche  den  Boden  der  Primitivgrube 
bildet  und  nach  außen  den  Dotterpfropf  entsendet.  Je  nachdem  der 
Schnitt  weiter  nach  vorn  oder  nach  hinten  hindurchgelegt  wird,  ist  das 
innere  Keimblatt  entweder  mit  dem  Rest  der  Primitivplatte,  welche  den 
Boden  der  Primitivrinne  bildet  und  den  Dotterpfropf  entsendet,  ver- 
schmolzen oder  durch  einen  Spalt  als  besondere  Schicht  getrennt. 


Fig.  461  u.  4(j2.  Zwei 
Querschnitte  durch  den  Pri- 
initivstreifen  eines  Geckoeni- 
brvos  aus  dem  Stadium  VIII, 
nach  Will  (L.  K.  III '  1895*, 
Fig.  N  I  u.  II). 

Fig.  461.  Zwei  Schnitte 
hinter  der  vorderen  Urmund- 
lippe. 

Fig.  462.  Zwölf  Schnitte 
dahinter,  nk  äußeres  Keim- 
blatt. mk\  mk-  parietale  und 
viscerale  Lamelle  des  mitt- 
leren Keiiublattcs.  dpj  Dotter- 
pfropf. ''■'  Umschlagstelle  des 
äußeren  in  das  innere  Blatt  der 
Urmundlippe. 


Fig.  461. 


m 


Fig.  462. 


ak 


ak 
mk'- 


mk^ 


In  ihrem  vordersten  Teil  enthält  die  Rinne  bei  der  Eidechse  keinen 
Dotterpfropf  (Fig.  455);  sie  geht  jetzt  gleich  auf  einem  der  nächsten 
Schnitte  nach  vorn  in  den  Mesodermkanal  (Canalis  neureutericus)  über, 
der  offenbar  dadurch  entsteht,  daß  die  lateralen  Urmundlippen  sich 
medianwärts  nähern  und  verschmelzen  und  nur  noch  einen  außerordentlich 
unscheinbaren  Hohlraum,  so  groß  etwa  wie  eine  Zelle,  frei  lassen 
(Fig.  456  ms).  Um  diese  kleine  Höhle  sind  die  angrenzenden  Zellen  radiär 
herumgruppiert.  Auf  die  Entstehung  durch  Verschmelzung  weist  wieder 
das  Vorkommen  einer  Naht  (w)  hin,  durch  welche  äußeres  Keim- 
l)latt  und  Mesodermkanal  in  breiter  Ausdehnung  zusammenhängen; 
auch  schneidet  noch  von  oben  in  die  Naht  eine  seichte  Rinne  ein, 
welche  etwa  nur  ein  Drittel  des  Tiefe  von  der  Primitivrinne  besitzt. 
Der  Kanal  ist  so  lang,  daß  er  etwa  auf  7  Schnitten  augetroffen  wird. 
Dann  mündet  er  nach  unten  in  den  Darmraum  aus.  Hier  findet  man 
auf  dem  (^lerschnitt  (Fig.  457)  seinen  Boden  durch  einen  feinen  Spalt 
in  zwei  seitliche,  lippenartig  vorspringende  Hälften  (udf)  getrennt,  an 
denen  sich  jetzt  das  innere  in  das  mittlere  Keimblatt  umschlägt.  Wir 
können  daher  sagen,  daß  wie  die  äußere  Mündung  von  den  Lippen 
des  Urmundes,  so  die  innere  von  den  Lippen  der  Urdarmfalten  be- 
grenzt wird.  Auf  allen  durch  den  Mesodermkanal  gelegten  Schnitten 
ist  die  Naht  an  seiner  Decke  vorhanden,  verschmälert  sich  aber  nach 
vorn  und  hört  über  der  inneren  Ausmündung  oder  wenige  Schnitte 
vor  ihr  (Fig.  458)  auf.  Ueberall  in  der  Umgebung  der  Urmundrinne 
und  des  Mesodermkanals  breitet  sich  jetzt  das  mittlere  Keimblatt,  wie 


846 


0.  Hertwig, 


bei  der  Natter  schon  auf  einem  früheren  Stadium,  mit  tiügelförmigen 
Fortsätzen  seitwärts  zwischen  den  Grenzblättern  aus,  nach  der  Peripherie 
zu  allmählich  dünner  werdend. 

Ueber  die  Veränderungen,  welche  der  Mesoderm-  oder  neuren- 
terische  Kanal,  wie  wir  ihn  auf  späteren  Stadien  lieber  nennen  wollen, 
bei  der  Eidechse  auf  verschiedenen  Entwickelungsstadien  erfährt,  hat 
Strahl,  gestützt  auf  das  Studium  zahlreicher  Querschnittserien 
jüngerer  und  älterer  Embryonen  (L.  K.  III  ^  1883,  p.  30 — 33),  genaue 
Angaben  gemacht.  Er  hat  festgestellt,  daß  im  Laufe  der  Entwickelung 
der  neurenterische  Kanal  kürzer  wird,  indem  die  innere  Ausmündung 
immer  mehr  in  die  Nähe  der  äußeren  rückt,  bis  sie  schließlich  direkt 
unter  ihr  steht  und  mit  ihr  zusammen  auf  demsell)en  Querschnitt  ge- 
troffen wird  (Fig.  463  A).  Es  geschieht  dies  zu  der  Zeit,  wo  die  Medullar- 
wülste  sich  vorn  geschlossen  und  auch  hinten  sich  über  die  Oberfläche 
weit  erhoben  haben  und  den  Rest  des  Urmundes  umfassen.  Wenn 
noch  etwas  später  auch  hier  die  Medullarwülste  mit  ihren  Rändern 
sind,  ist  die  äußere  Mündung  von  außen  nicht  mehr  sicht- 
in das  Nervenrohr  aufgenommen  ist,  während  nach  dem 
noch  die  Verbindung  längere  Zeit  fortbesteht  (Fig.  464  A). 


verwachsen 
bar,  da  sie 
Urdarm  zu 


B 


Fig.  463.  Stadium  F  nach  Strahl.  A  Kanal  geht  seukreeht  durch  den 
längsgespaltenen  Medullarstrang.  B  Die  Medullart'urche  ist  unten  noch  nicht  deutlich 
gegen  die  Chordaaulage  abgegrenzt.     C  Chorda  völlig  abgegrenzt. 


B 


C 


Fig.  464.  Stadium  G  nach  Strahl.  A  Das  Rückenmark  ist  nach  außen  ge- 
schlossen, nach  unten  durch  den  Canalis  neurentericus  geöffnet.  B  Rückenmark  nach 
unten  in  Zusammenhang  mit  der  Chorda,  Spalt  auch  bis  auf  diese  reichend.  Zu- 
sammenhängender Entodermüberzug.     C  Verhalten  wie  weiter  nach  porn. 


Die  von  Strahl  nachgewiesene  Verkürzung  des  Mesodermkanals 
vollzieht  sich  in  leicht  verständlicher  Weise  dadurch,  daß  „seine  untere 
Wand"  wie  Strahl  sich  ausdrückt  (L.  K.  IIP  1882,  p.  251),  „in  der 
Richtung  von  vorn  nach  hinten  verloren  geht"  oder  daß  sie  sich,  wie  ich 
den  Hergang  ausdrücken  würde,  durch  Spaltung  in  die  Lippen  der  zwei 
Urdarmfalten  nachträglich  wieder  öffnet.  Komplizierter  wird  der 
Prozeß  indessen  noch  dadurch,  daß  daneben,  namentlich  auf  jüngeren 
Stadien ,   auch    eine   Verlängerung    des   Mesodermkanals    nach   hinten 

Urmundlippen    in   der   früher   be- 

und  dadurch  immer  neue,  jüngere 

Die  Decke  vergrößert  sich 

der   Boden    verkürzt    sich 

zwar  später 


lateralen 


einhergeht,  da  sich  die 
sprochenen  Urmundnaht  verbinden 
Abschnitte  seiner  Decke  erzeugen, 
also  von  vorn  nach  hinten 
d  u  r  c  h 


E  r  ö f f  n  u n  g  in  derselben  R i c h t u  n  g,  u n  d 


in  rascherem  Tempo,  als    die 


Verlängerung 


der   Decke 


Die  Lehre  von   den  Keimblättein,  847 

geschieht.  In  demselben  Maße,  als  der  Embryo  an  Länge  znnimmt, 
rückt  die  Urmundgegend  (Piimitivstreifeu,  Mesodermkanal  etc.)  nach 
hinten  und  liefert  das  Zellenmaterial,  mit  dessen  Hilfe  die  Längen- 
zunahme von  Medullarrohr  und  Chorda  stattfindet.  Somit  harmonieren 
diese  Verhältnisse  wieder  auf  das  beste  mit  der  von  mir  aufgestellten 
Urmundtheorie. 

Zu  einer  Auffassung,  die  mit  der  Urmundtheorie  harmoniert,  ist  durch 
seine  objektiven  Untersuchungen .  die  durch  keine  Theorie  beeinflußt 
wurden,  Strahl  geführt  worden.  Er  bemerkt  (L.  K.  III  ^  1883,  p.  264,  u. 
1881,  p.  153):  „Bei  Lac.  agilis  macht  der  Kanal  später  eine  Wanderung 
in  der  Richtung  von  vorn  nach  hinten  durch  den  ganzen  hinteren  Teil 
des  Embryonalkörpers  durch.  Dies  würde  geschehen,  indem  sich  der 
Kanal  fortwährend  vorn  öffnet  und  weiter  nach  hinten  zu  von  neuem 
schließt.  Er  würde  somit  bei  dem  Längenwachstum  von  Rückenmark, 
Chorda  und'  Darm  beteiligt  sein,  indem  der  oberste  Teil  seiner  Wände 
zum  Rückenmark,  der  mittelste  zur  Chorda,  der  untere  zum  Darm  ver- 
wandt wird."  Strahl  erschließt  diese  Wanderung  unter  anderem  auch 
daraus,  daß  trotz  des  zunehmenden  Wachstums  des  Embryonalkörpers 
die  Zahl  der  Schnitte,  welche  man  hinter  dem  Kanal  durch  die  Schwanz- 
spitze legen  kann,  immer  kleiner  wird."  „Während  der  Kanal 
zuerst  den  ganzen  Primitivstreifen  hinter  sich  hat,  liegt 
er  zuletzt  fast  am  äußersten  Körper  ende"   (1881,  p.   153). 

Die  weitere  Ent  Wickelung  von  Medullär  platte,  Chorda- 
anlage, M  e  s  0  b  1  a  s  t  und   innerem  Keimblatt. 

Die  Prozesse,  die  zur  Entstehung  von  Nervenrohr,  Chorda.  Darm- 
rohr etc.  führen,  vollziehen  sich  im  allgemeinen  bei  den  Reptilien  in 
genau  derselben  Weise  wie  bei  den  Amphibien.  Es  genügt  daher,  von 
ihnen  einen  kurzen  Abriß  zu  geben  unter  Hinweis  auf  charakteristische 
Querschnittsbilder,  aus  denen  der  Leser  sofort  den  hohen  Grad  von 
üebereinstimmung  ersehen  wird. 

Die  Medullarplatte,  aus  gestreckten  cylindrischen  Zellen  zusammen- 
gesetzt und  durch  eine  feine  Rückenrinne  in  zwei  Hälften  geteilt, 
grenzt  sich  wie  bei  den  Amphibien  gegen  das  Hornblatt  schärfer  ab, 
wenn  sich  seine  Ränder  zu  den  Medullarwülsten  erheben.  Dann 
schließt  sich  die  Rinne  allmählich  von  vorn  nach  hinten  zum  Rohr 
dadurch,  daß  die  stärker  hervortretenden  Wülste  sich  mit  ihren  Rändern 
nach  der  Medianebene  umlegen,  sich  bis  zur  Berührung  nähern  und 
in  einer  Naht  verbinden.  Die  Chordaanlage,  welche  anfangs  (Fig.  445  ch) 
einen  schmalen  Streifen  an  der  Decke  des  Mesodermsäckchens  bildet 
und  gleich  der  Medullarplatte  aus  einer  einfachen  Lage  gestreckter 
Cylinderzellen  besteht,  erhält  nach  der  Eröffnung  des  Säckchens 
(Fig.  447,  452,  453)  ihre  Lage  an  der  Decke  des  Darmraums,  an  dessen 
Boden  sich  der  Dotter  findet.  Erst  von  diesem  Moment  an  sind  Lage 
und  Beziehung  zu  den  Nachbarteilen  dieselben  wie  bei  den  Amphibien 
und  Elasmobranchiern.  Denn,  wie  Strahl  in  seiner  Untersuchung 
der  Eidechsenentwickelung  (1882,  p.  259)  sagt,  „steht  die  Chordaanlage 
mit  dem  nach  den  Seiten  gelegenen  Mesoderm  ohne  Abgrenzung  in 
Zusammenhang".  In  Fällen,  wo  au  dem  mehrschichtigen  Mesoblast 
sein,  parietales  und  viscerales  Blatt  sich  schon  voneinander  unter- 
scheiden lassen,  ist  speciell  der  Uebergang  in  ersteres  nachweisbar. 
Das  Darmdrüsenblatt,  welches  auf  diesem  Stadium  unter  der  Chorda- 


848 


0.  Hertwig, 


anläge  selbst  fehlt,  tritt  als  gesonderte  Lage  platter  Zellen  erst  zu 
beiden  Seiten  derselben  auf.  Zuweilen  erzeugt  es  hier  mit  seinen 
Rändern  deutlich  vorspringende  Lippen  (Fig.  446  u.  447  udf),  indem 
es  in  die  viscerale  Lage  des  Mesobla1^ts  umbiegt.  Auch  ist  hie  und  da 
eine  kleine  Cölombucht  oder  ein  feiner  Cölomspalt,  welcher  zwischen 
parietales  und  viscerales  Mesoblast  eine  Strecke  weit  eindringt,  be- 
obachtet  worden. 

Von  einer  Gegend,  die  einen  derartigen  Befund  darbietet  und  in 
Entfernung  vor  dem  Canalis  neurentericus  gelegen  ist,  aus- 
kann man    bei   Eml)ryonen,   die    sich    auf   dem    Stadium    dei' 


geringer 
gehend. 


Medullarplatte,  der  Medullarrinne  oder  des  eben  geschlossenen  MeduUar- 
rohres  befinden,  verfolgen,  daß  sich  die  Chordaanlage  allmählich 
schärfer  durch  einen  von  oben  nach  unten  vordringenden  Spalt  gegen 
den  Mesoblast  abzusondern  l)eginnt,  daß  sich  die  Platte  dabei  in  einen 
ovalen  oder  rundlichen  Strang  umwandelt,  und  daß  dieser  sich  in  den 
Zwischenraum  zwischen  den  Rändern  des  Darmdrüsenblattes  einlagert 
und  vorübergehend  mit  ihnen  verbindet.  Zu  dieser  Zeit  hat  das 
mittlere  Keimlilatt  tiberall  eine  scharfe  Abgrenzung  wie  von  der  Chorda, 
so  auch  von  den  oben  erwähnten  Lippen  des  Darmdrüsenblattes 
erhalten.  Es  ist  dies  das  Stadium  der  Einschaltung  der  Chorda  in 
das  Darmdrüsenblatt,  so  daß  sie  direkt  als  eine  leistenartige  Ver- 
dickung an  ihm  erscheint.  —  Zuletzt  wird  sie  vom  Darmdrüsenblatt 
unterwachsen  und  von  der  Begrenzung  der  Darmhöhle  ausgeschlossen. 
Man  kann  dies  in  einer  Serie  an  Schnitten  (Fig.  4(35 — 467)  verfolgen, 


Fi  er.  4(i5. 


Fig.  467. 


mk    ik    <h 

Fig.  465 — 467.  Drei  Durchschnitte  durch  die  Chordaanlage  von  Lacerta  agilis 
auf  dem  Stadium,  wo  sie  vom  inneren  Keimblatt  unterwachsen  wird,  nach  Strahl 
(L.  K.  III '  1882,  Taf.  XV,  Fig.  36,  38,  39j.  rh  Chordaanlage,  mp  Medullarplatte. 
ik,  mk  inneres  und  mittleres  Keimblatt. 


welche  der  Arbeit  von  Strahl  entnommen  sind;  es  schiebt  sich,  wie 
Strahl  für  die  Eidechse  (L.  K.  III  '  1882,  p.  256)  genau  beschreibt,  „das 
Entoderm  von  den  beiden  Seiten  her  unter  die  Chorda  herunter.  Es  ist 
dies  deutlich  auf  Schnitt  4  (Fig.  466)  der  Fall.  Hier  treten  von  jeder 
Seite  her  etwa  3  Zellen  als  unmittelbare  Fortsetzung  des  Entoderms 
unter  die  Chorda  herunter.  Zwischen  den  beiden  Enden  des  Entoderms 
liegt  die  Chorda  auf  eine  kurze  Strecke  noch  frei.  Auf  den  nächsten 
Schnitten  rücken  diese  freien  Enden  des  Entoderms  immer  näher  an- 
einander. Auf  Schnitt  13  ist  die  Chorda  auf  ihrer  unteren  Fläche 
(Fig.  467)  von  Entoderm  völlig  überzogen." 

Auch  an  noch  älteren  Embryonen  kann  man  in  einer  kleinen 
Strecke  vor  dem  Canalis  neurentericus,  der  sich  lange  Zeit  erhält, 
entsprechende  Umwandlungsstadien  der  Chordaanlage  in  die  allseitig 
zum  Strang  abgegrenzte  Chorda  beobachten. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


849 


Die    1)11  (hing   von    Schwanz   und   After    und   das    spätere 
Verhalten  des  Canalis  neurentericus. 

Die  genauesten  Angaben  über  die  Entwickelung  des  Schwänzendes 
bei  Reptilien  hat  Mitsukuri  mitgeteilt  in  seiner  Schrift  ..On  the 
fate  of  the  blastopore,  the  relations  of  the  primitive  streak  and  the 
formation  of  the  posterior  end  of  the  embryo  in  Chelonia".  Er  gewann 
sie  durch  das  Studium  von  Flächenbildern  und  Querschnittserien  von 
Schildkrötenembryonen  von  5 — 18  Ursegmeten.  Die  Veränderungen 
spielen  sich,  wie  bei  den  Amphibien  am  Blastoporus,  so  hier  an  der  Ur- 
mundregion  oder  der  Primitivplatte  ab.  Hierbei  tritt  aber  ein  inter- 
essanter Unterschied  zu  Tage.  Bei  den  Amphibien  sondert  sich  der 
Blastoporus  in  drei  Abschnitte,  in  den  Canalis  neurentericus,  in  die 
Schwanzanschwellung  und  in  den  After.  Bei  den  Schildkröten  aber 
gesellt  sich  hinzu  noch  ein  vierter  Abschnitt,  indem  hinter  der  Schwanz- 
anschwellung und  dem  After  ein  verkümmerter  Rest  der  Primitivplatte 
sich  fortsetzt  und  den  Dotterpfropf  einschließt. 

Der  Darstellung  soll  ein  Schildkrötenembryo  von  16  Ursegmenten 
zur  Grundlage  dienen,  dessen  Befunde  Mitsukuri  als  besonders  wichtig 
hervorhebt.  Bei  ihm  ist  schon  ein  bis  auf  das  hintere  Ende  geschlossenes 
Nervenrohr  vorhanden,  und  der  Körper  ist  bis  auf  die  hinterste  Rumpf- 
das  Amnion    eingehüllt.     Das  Nervenrohr  öffnet  sich  nach 


gegen d   in 


Fig.  468. 


Fig.  469. 


Fig.  470. 


ch 


^      *-*^'xJt^t^ 


cn  ch 


on 


Fiff.  471. 


Fig.  472. 


Fig.  473. 


Fig.  468 — 478.  Sechs  Querschnitte  aus  einer  Schnittserie  eines  Embryos  von 
Chelonia  caouana  mit  etwa  16  Paar  Ursegmenten,  lOV^  Tag  nach  des  Eiablage,  nach 
MiTSUKU_Ri  (1896,  Taf.  VIT,  Series  IX,  Fig.  b,  d,  e,  g,  h,  n).  ch  Chordaanlage. 
cn  Canalis  neurentericus.  dpi  Dotterpfropf.  *  Stelle, "wo  mittleres  und  inneres 
Keimblatt  zusammenhängen  (Mesodermbildungsrinne). 

Fig   468.     Zwei  Schnitte  vor  der  Ausmündung  des  Canalis  neurentericus. 

Fig.  469.  Zwei  Schnitte  hinter  468,  durch  die  untere  Oeffnung  des  Canalis  neur- 
entericus. 

Fig.  470.  Xeun  Schnitte  hinter  469,  durch  die  Stelle,  wo  sich  die  untere  Oeffnung 
wieder  schließt. 

Fig.  471.  Fünf  Schnitte  hinter  470,  durch  die  Stelle,  wo  das  Nervenrohr  nach 
außen  geöffnet  ist. 

Fig.  472.  Vier  Schnitte  hinter  471  durch  die  Primitivrinnc  vor  der  Schwanz- 
anschwellung. 

Fig.  473.     Schnitt  hinter  der  Schwanzanschwellung  durch  den  Dotterpfropf. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.    I.  54:     • 


8ÖÜ  0.  Hertwig, 

hinten  in  den  Canalis  nenrentei'icus,  der  ein  wenig  schi'äg  von  vorn 
nach  hinten  die  Keinihaut  durchsetzt.  Kurz  vor  der  Einmündung 
(Fig.  468)  sieht  man  die  Abgrenzung  zwischen  Nervenrohr  und  Chorda  (ch) 
und  Chorda  und  Darmdriisenblatt  verschwinden,  d.  h.  alle  drei  Gebikle 
vereinigen  sich  nach  liinten  in  der  vorderen  Wand  des  Canalis  neur- 
entericus,  in  welchem  sie  das  Centrum  für  ihr  Längenwachstum  haben. 
Die  untere  spaltförmige  Ausmündung  desselben,  welche  durch  10  Schnitte 
der  Serie  hindurchgeht,  ist  in  den  Fig.  469  und  470  (cn)  abgebildet,  von 
welchen  die  eine  die  Verhältnisse  am  vorderen,  die  andere  am  hinteren 
Ende  des  Spaltes  zeigt.  In  Fig.  469  ist  durch  die  Gruppierung  der 
Zellen  in  der  Wand  des  Canalis  neurentericus  schon  angedeutet,  welcher 
Bezirk  sich  nach  vorn  in  das  Nervenrohr  und  welcher  sich  in  die 
Chorda  ich)  fortsetzt.  Das  Anlagematerial  der  letzteren  ist  durch  den 
Canalis  neurentericus  (cn)  gewissermaßen  in  zwei  Chordahälften  (cli) 
gespalten,  die  vor  dem  Kanal  (Fig.  468  ch)  miteinander  verschmelzen. 
An  dem  anderen  Schnitt  (Fig.  470)  ist  das  mittlere  Keimblatt  viel 
stärker  als  vorher  entwickelt  und  mit  der  Wandung  des  neurenterischen 
Kanals  an  der  mit  einem  Stern  bezeichneten  Stelle  (Mesodermbildungs- 
rinne)  verschmolzen. 

Während  die  untere  Oeffnung  sich  schließt,  tritt  an  mehren  Schnitten 
die  dorsale  Mündung  auf.  Der  in  Fig.  471  dargestellte  Schnitt  zeigt 
die  Verhältnisse  der  Primitivplatte,  die  man  auf  späteren  Stadien  auch 
Primitivstreifen  heißen  kann,  da  sie  schmäler  und  länger  als  am  An- 
fang geworden  ist.  Ein  kleinzelliges,  in  Wucherung  begriffenes,  in- 
differentes Gewebe  schließt  einen  ziemlich  tiefen,  vertikalen  Spalt,  die 
Primitivgrube  wie  bei  Lacerta,  ein  und  geht  am  Rand  derselben  in 
das  äußere  Keimblatt  über,  während  es  seitlich  mit  dem  Mesoblast  und 
nach  unten  mit  dem  Darmdrüsenblatt  verschmolzen  ist,  so  daß  hier 
alle  3  Keimblätter  in  einer  indifferenten  Zellwucherung  zusammen- 
fließen. Weiter  nach  hinten  (Fig.  472)  schw^indet  die  Primitivgrube. 
Ihre  dicken  Wandungen  verschmelzen  zu  einem  auf  dem  Querschnitt 
rundlichen,  dicken  Zellenstrang,  welcher  sich  auf  5  Schnitten  hindurch- 
verfolgen läßt.  In  der  Verlängerung  des  Rückenmarkes  erzeugt  er 
einen  über  die  Oberfläche  der  Keimhaut  weit  vorspringenden  Hügel, 
den  Endwulst.  Er  ist  der  Teil  des  Primitivstreifens,  welcher  sich 
in  den  Schwanz  umwandelt  und  daher  auch  Schwanzanschwellung 
oder  Seh  w  a  n  z  k  n  o  s  p  e  genannt  wird.  Die  paarige  Anlage,  die 
bei  den  Amphibien  so  deutlich  verfolgt  werden  konnte,  prägt  sich  bei 
den  Schildkröten  noch  in  einer  seichten  Rinne  aus,  welche  in  der 
Verlängerung  der  Primitivrinne  in  die  obere  und  hintere  Fläche  des 
Endwulstes  einschneidet.  Eine  kleine  Strecke  hinter  dem  Schwanz- 
höcker setzt  sich  der  Primitivstreifen  noch  in  rudimentärer  Form  fort 
und  umschließt  an  seinem  Ende  (Fig.  473)  einen  Rest  des  Dotter- 
])fropfes. 

An  noch  älteren  Embryonen  wächst  der  Schwanzhöcker,  indem  er 
sich  beträchtlich  verlängert,  weit  über  die  Oberfläche  hervor.  Der 
Canalis  neurentericus,  dessen  äußere  Oeffnung  sich  schließt,  rückt 
immer  mehr  in  die  Spitze  des  Schwanzes  hinein,  in  welchem  sich  in 
demselben  Maße  Rückenmark  und  Chorda  und  eine  Verlängerung  des 
Darmrohres  als  Schwanzdarm  hinein  fortsetzen.  Der  Rest  der 
Primitivrinne  an  seiner  Oberfläche  verschwindet.  An  seiner  unteren 
Fläche  nahe  der  Schwanzwairzel  ist  bei  Embryonen  von  16  Tagen 
nach  der  Eiablage  der  After  entstanden  in   einer  Weise,   über  welche 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


851 


MiTSUKURi  keine  genaueren  Angaben  macht.  Die  veränderten  Ver- 
hältnisse giebt  Diagramm  Fig.  474  wieder,  in  welcher  die  punktierten 
Linien  den  Teil  des  Primitivstreifens,  der  jetzt  ganz  geschwunden  ist, 
und  nur  die  schwarz  gehaltenen  Stellen  die  erhalten  gebliebenen  Reste, 
die  Afteranlage  und  den  Dutterpfropf  bezeichnen.  Den  letzteren  ver- 
gleicht MiTSUKURi  seiner  Lage  nach  dem  Dotterblastoporus  der  Se- 
lachier  und  knüpft  hieran  eine  Hypothese,  welche  im  Original  (1.  c.  1896, 
p.  88—92)    naclizulesen    ist.     In    Fig.  47G   ist   auf  einem  Querschnitt 


Fig.  475. 


Fig.  474. 


f 


-■ich 


amh  - 


jl—n 


.^ 


-«/ 


'Jpf 


kbc 


am 


am" 


Fig.  474.  Schema  über  Schwanz  und  Afteranlage  der  Schildkröten  nach  MiT- 
SUKUKI  (L.  K.  III'  1896,  Holzschnitt  IX).  c/;)/ Dottcrj^fropf.  ot"  After.  äcA  Schwanz- 
knosi^e.     n  Urmuudnaht. 

Fig.  475.  Querschnitt  durch  den  Schwanzhöcker  und  den  Rest  des  Dotter- 
pfropfes eines  Embryos  von  Chelonia  caouana  mit  18  —  19  Ursegmenten,  nach  MiT- 
SUKURi (1896,  Taf.  X,  Series  XIII  m).  am  Amnion,  am'  Epithelschicht  und  am"^ 
Bindegewebsschicht  desselben,  amh  Amnionhöhle.  kbc  Keimblasen cölom.  n  Naht 
des  Amnion,     dpf  Dotterpfropf. 

die  Lage  des  Dotterpfropfes  unterhalb  des  vom  Amnionsack  rings  ein- 
geschlossenen Schwanzendes  zu  sehen. 

Auf  späteren  Stadien  hat  Strahl  die  Sonderungsprozesse  an  der 
Schwanzknospe  bei  Lacerta  agilis  verfolgt.  Noch  bei  einem  4  mm 
langen  Embryo  findet  er  einen  neurenterischen  Kanal,  der  in  Fig.  476  A 


B 


C 


D 


cn 


nr 


nr 


schd 


seh  d 


schd 


Fig.  476  A— D.  Vier  Querschnitte  durch  das  Schwanzende  von  einem  Embryo 
von  Lacerta  agiUs  mit  Canalis  neurentericus  und  Schwanzdarm,  nach  Strahl  (1882, 
Taf.  XV,  Fig.  43,  44,  45  und  47).  A  Querschnitt  durch  Canalis  neurentericus,  ß 
durch  Rückenmark  und  Schwanzdarm,  der  nächste  Schnitt  vor  A;  C  der  vierte 
Schnitt  weiter  nach  vorn,  wo  der  Schwanzdarm  seine  größte  Ausdehnung  erreicht 
hat ;  D  weiter  nach  dem  After  zu  gelegener  Schnitt,  wo  der  Schwanzdarm  seine 
Höhlung  verloren  hat.  cn  Canalis  neurentericus.  nr  Nervenrohr,  schd  Schwanz- 
darm,   bl  Blutgefäß. 

54* 


852  0.  Hertwig, 

auf  dem  Querschnitt  getroffen  ist,  an  der  Schwanzspitze  als  Verl)in- 
dung  des  hinteren  Endes  des  Nerven-  und  Darnirohres.  Die  untere 
Wand  des  letzteren  geht  ohne  Abgrenzung  —  und  dasselbe  gilt  wohl 
auch  für  die  ganze  Wand  des  Canalis  neurentericus  —  in  ein  kleinzelliges 
Gewebe  über,  welches  das  Schwanzende  ausfüllt  und,  wie  der  Priniitiv- 
streifen,  undifferenziertes  Material  darstellt,  welches  zum  Wachstum 
von  Nervenrohr,  Chorda,  Darm  und  Ursegmenten  dient.  Auf  einem 
der  nach  vorn  nächstfolgenden  Schnitte  (Fig.  476  B)  haben  sich  die 
Wände  des  neurenterischen  Kanals  in  ihrer  Mitte  zusammengelegt 
und  sind  zu  einer  Zellmasse  verschmolzen,  aus  welcher  sich  wieder 
nach  vorn  (Fig.  476  C)  die  Chorda  differenziert,  während  oben  und 
unten  zwei  kleine  Hohlräume  die  Lichtungen  des  Nerven-  und  Darmrohres 
sind.  Auf  dem  9.  Schnitt,  von  der  Schwanzspitze  an  (Fig.  476  C)  gerechnet, 
sind  Rückenmark,  Chorda  und  Darmrohr,  an  welchem  2  Blutgefäße  ihren 
Weg  nehmen,  deutlich  voneinander  und  von  der  Umgebung  gesondert. 
Die  ziemlich  ansehnliche  Höhle,  welche  der  Schwanzdarm  auf  dem 
Schnitt  zeigt,  verkleinert  sich  indessen  nach  vorn  sehr  rasch,  bis  sie 
schließlich  überhaupt  geschwunden  ist  (Fig.  476  D).  An  Stelle  des 
Darmrohres  findet  man  jetzt  eine  Strecke  weit  in  der  Schnittserie 
einen  kleinen  soliden  Zellstrang,  „welcher  weit  nach  vorn  immer  mehr 
an  Dicke  abnimmt  und  endlich  ganz  schwindet,  so  daß  die  Schnitte 
nur  noch  das  Rückenmark  und  die  Chorda  enthalten". 

„Es  bestätigen  diese  Durchschnitte'',  bemerkt  Strahl  (1882,  p.  270), 
„die  bereits  früher  gemachte  Beobachtung,  daß  der  letzte  Teil  des 
Schwanzdarmes  sich  noch  bis  in  die  späten  Entwickelungsstadien  er- 
hält und  dann  allmählich  in  der  Richtung  von  vorn  nach  hinten  ein- 
geht, indem  einerseits  das  Lumen  des  Rohres  sich  schließt,  dann  aber 
auch  die  Zellen  der  Wand  in  dem  umgebenden  Gewebe  aufgehen.  In 
Durchschnitten  durch  die  Schwanzspitze  von  erheblich  älteren  Embryonen 
von  Lacerta  vivipara,  welche  eine  Länge  von  fast  2  cm  haben,  fehlt 
der  Schwanzdarm  und  damit  auch  der  Canalis  neurentericus  gänzlich. 

Die  Keimblätter  der  Vögel. 

In  der  Geschichte  der  Blättertheorie  hat  das  Ei  des  Hühnchens 
eine  große  Rolle  gespielt.  Nicht  nur  ist  es  das  klassische  Objekt, 
bei  dessen  Untersuchung  die  Idee  der  Keimblätter  von  Caspar  Friedr. 
WoLFF  zuerst  gefaßt,  von  Pander  und  C.  E.  v.  Baer  fester  be- 
gründet und  von  Remak  genauer  durchgeführt  wurde,  sondern  es 
ist  lange  Zeit  hindurch  das  einzige  Objekt  aus  der  Klasse  der  Vögel 
gewesen,  welches  immer  wieder  von  neuem  sorgfältig  untersucht  wurde. 
Erst  in  den  letzten  zwei  Jahrzehnten  hat  man  begonnen,  das  Studium 
auch  auf  andere  Vertreter  auszudehnen,  auf  Schwimmvögel,  auf  den 
Wellensittich,  auf  Finkenarten  etc.,  doch  ist  auch  jetzt  noch  die 
hierüber  entstandene  Litteratur  eine  relativ  geringfügige,  während  das 
Hühnerei  infolge  der  Leichtigkeit  seiner  Beschaffung  immer  wieder 
neue  Forscher  zur  Bearbeitung  anlockt.  Trotz  der  zahlreichen  älteren 
und  neueren  Untersuchungen  sind  gleichwohl  die  allgemeinen  Fragen 
der  Blätterlehre,  welche,  durch  die  vergleichende  Embryologie  gestellt, 
seit  Decennien  im  Vordergrund  des  wissenschaftlichen  Interesses 
stehen,  durch  das  Vogel-  resp.  Hühnerei  nur  wenig  gefördert  worden. 
Denn  leider  ist  dasselbe  eines  der  am  schwierigsten  zu  untersuchen- 
den Objekte,  was  die  frühen  Stadien  anbetrifft,  und  die  wichtige  Frage 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  853 

nach  der  Entstehung-  der  Blätter  bereitet  hier  nicht  unbeträchtliche 
Schwierigkeiten,  so  daß  sie  sich  immer  noch  nicht  in  jedem  Punkt 
mit   der  wünschenswerten  Sicherheit   und    Klarheit    beantworten    läßt. 

Die  älteren  Forscher,  wie  Pandek,  Baek  und  Bemak,  ließen  den 
durch  Furchung  entstandenen  zelligen  Keim  sich  durch  Spaltung  in 
2  primäre  Keimblätter  sondern  und  leiteten  aus  diesen  dann  die  mittleren 
Blätter  ebenfalls  wieder  durch  Spaltung  her.  Doch  machten  sich  über 
letzteren  Punkt  von  vornherein  verschiedene  Ansichten  geltend,  unter 
denen  die  Ansicht  von  Remak  (A.  L.  III  ^  1855)  die  meisten  Anhänger 
fand.  Danach  sollte  sich  vom  unteren  Blatt  das  mittlere  abspalten  und 
später  durch  Entstehung  der  Leibeshöhle  sich  in  Haut-  und  Darmfaser- 
platte (parietalen  und  visceralen  Mesoblast)  abermals  scheiden.  Bei  der 
Untersuchung  der  frühesten  Stadien  beschrieb  schon  Baeij  den  Primitiv- 
streifen, Reichert  die  auf  ihm  sich  zeigende  Primitivrinne.  Zum  Gegen- 
stand eines  besonderen  Studiums  wurden  diese  wichtigen  Gebilde  zum 
ersten  Male  durch  DrRSv  (L.  K.  III  ^  1867)  gemacht,  aber  für  etwas  Neben- 
sächliches gehalten,  da  aus  ihnen  kein  Teil  des  Embiyos  hervorgehen  sollte. 

In  einer  Reihe  von  Untersuchungen  beschäftigte  sich  His  (A.  L.  III  ^ 
1868,  L.  K.  III  s  1876  u.  1877)  mit  der  Entwickelung  des  Hühnchens,  vor- 
wiegend von  entwickelungsphysiologischen  Gesichtspunkten  geleitet.  An 
RE>rAK"sche  Bestrebungen  anknüpfend,  unterschied  er  neben  dem  mitt- 
leren Keimblatt  noch  einen  besonderen  Blut-  und  Bindesubstanzkeim. 
In  seiner  P  ar  ab  1  a  s  t-Theorie,  welche  auf  allseitigen  Widerspruch  stieß 
und  später  in  ihrer  ursprünglichen  Form  auch  von  ihrem  Autor  fallen 
o-elassen  wurde,  unterschied  His  im  Hühnerei  einen  Haupt-  und  Neben- 
keim (Archiblast  und  Parablast).  Jener  erfäkrt  allein  den  Einfluß  der 
Befruchtung,  liefert  die  Embryonalzellen  und  baut  die  Keimblätter  auf, 
dieser  hat  seinen  Ursprung  im  weißen  Dotter,  welcher  nach  der  Hypothese 
von  His  aus  Zellen  der  mütterlichen  Granulosa,  die  ins  Ei  einwandern, 
bestehen  und  so  eine  ,.rein  mütterliche  Mitgift"  bilden  soll.  Die  Ele- 
mente des  weißen  Dotters  aber  sollen  während  der  Bebrütung  in  den 
Archiblast  einwandern  und  die  sichtbar  werdenden  Lücken  zwischen 
den  Keimblättern  ausfüllen  luid  dort  zu  Blut-  und  Bindegewebe  werden. 
(Vergleiche  hierüber  auch  Kapitel  V.)  —  Gründlichen  Aufschluß  über 
Bau  und  Bedeutung  des  Dotterorganes  bei  den  Vögeln  haben  wir 
H.  ViRCHOw  (L.  K.  III 8  1874,  1875,  1891)  in  einer  Reihe  von  Unter- 
suchungen zu  verdanken,  in  denen  ältere  irrtümliche  Angaben  richtig- 
gestellt wurden. 

Fruchtbringende  neue  Gesichtspunkte  w^urden  in  das  schwierige 
Studium  der  Keimblätter  der  Vögel  durch  die  vergleichend  -  embryo- 
logische Richtung  gebracht.  Die  Frage,  wie  entstehen  die  Keimblätter 
beim  Hühnchen,  was  für  eine  morphologische  Bedeutung  haben  sie  und 
die  Primitiviinne,  erhielt  jetzt  ein  ganz  neues  Gesicht,  als  sie  in  An- 
knüpfung an  die  bei  anderen  Wirbeltieren  gesammelten  Erfahrmigen 
aufgeworfen  wurde.  Goette  (L.  K.  III  ^  1874),  durch  Erfahrungen  geleitet, 
welche  er  durch  Untersuchung  der  Entwickelung  von  Amphibien  und 
Knochenfischen  gewonnen  hatte,  suchte  die  Annahme  wahrscheinlich  zu 
machen,  daß  das  untere  Keimblatt  sich  nicht  diu-ch  Spaltung  des  Keimes, 
sondern  durch  Umschlag  des  Randes  der  Keimhaut  und  durch  Ver- 
schiebungen und  centripetale  Wanderungen  der  Embryonalzellen  anlege. 
Haeckel  in  seiner  Gastraeatheorie  erklärte  den  zweiblätterigen  Hühner- 
keim für  eine  Discogastrula  und  seinen  Rand  für  die  dmxh  Aufnahme 
des  Dottermateriales  ausgeweitete  Urmundlippe.  Fosteii  und  Balfour 
(A.  L..  II    1874)    erblickten    in    dem    Primitivstreifen    „ein    unbrauchbar 


854  0.  IIertwig 


gewordenes  Erbstück  von  Ahnen";  aber  erst  Eauj?er  sprach  in  dem  Aufsatz 
„Primitivrinne  und  IJrmund"  (L.  K.  III^  1876)  den  fruchtbaren  Gedanken 
aus,  daß  die  Primivrinne  dem  zu  einem  Längsspalt  umgewandelten  Ur- 
mund  niederer  Wirbeltiere  entspreche.  Da  er  gleichzeitig  auch  an  der 
Anschauung  Haeckbl's,  daß  der  Iveimscheibenrand  Urmund  sei,  festhielt, 
machte  er  den  Versuch,  die  Primitivrinne  vom  Keimrand  durch  Ab- 
schnürung herzuleiten,  und  kam  so  zur  Aufstellung  von  verschiedenen 
Abschnitten,  in  welche  der  Urmund  niederer  Tiere  bei  den  Eiern  der 
Vögel  etc.  zerlegt  werden  solle.  Rauber's  Ansicht  wurde  von  einem 
großen  Teil  der  Embryologen  angenommen,  von  Balfour  (A.  L.  II  1880) 
in  seinem  Lehrbuch  der  vergleichenden  Embryologie,  von  Kupffer  (L.  K. 
III  s  1882),  der  ihr  durch  seine  Entdeckung  des  Prostoma  der  Reptilien 
und  durch  die  Vergleichung  desselben  mit  der  Primitivrinne  der  Vögel 
eine  wichtige  Stütze  schuf. 

In  den  neu  gewonnenen,  vergleichend  -  embryologischen  Gesichts- 
punkten war  ein  großer  Antrieb  zur  Vornahme  erneuter  Studien  der 
Blätterentwickelung  und  der  Primitivrinne  gegeben,  zumal  auch  die  Ver- 
wendung der  jetzt  feiner  ausgebildeten  L^ntersuchungstechnik  an  dem 
schon  viel  untersuchten  Objekt  doch  noch  neue  Ergebnisse  erhoffen  ließ. 
Das  Studium  der  Serienschnitte  beginnt.  G-asseu's  (L.  K.  III  ^  1878)  Mono- 
graphie des  Primitivstreifens  führte  zur  wichtigen  Entdeckung  des  C  a  - 
nalis  neurentericus,  durch  welche  eine  weitere  Anknüpfung  an 
die  Verhältnisse  der  niederen  Wirbeltiere  und  ein  neuer  Beweis  für  die 
Urmundnatur  des  Primitivstreifens  gewonnen  wurde.  Das  Verständnis 
von  der  Entwickelung  des  mittleren  Keimblattes  wurde  w^esentlich  ge- 
fördert durch  den  von  Kölliker  erbrachten  Nachweis,  daß  seine  Bildung 
vom  Primitivstreifen  ausgeht,  an  welchem  eine  lebhafte  Neubildung  von 
Zellen  stattfindet,  die  sich  als  eine  kompakte  Lage  zwischen  die  Grenzblätter 
hineinschieben  und  nach  der  Peripherie  ausbi^eiten.  Oscar  Hertwig 
(L.  K.  IUI  1881,  1883,  L.  K.  IV  1892)  erblickte  hierin  ebenfalls  ein  Mo- 
ment, welches  für  die  Urmundnatur  des  Primitivstreifens  sprach,  und 
zeigte  zugleich  den  Weg,  auf  welchem  es  möglich  war,  auch  die  Ent- 
wickelung des  mittleren  Keimblattes  bei  den  Vögeln  in  den  Rahmen 
seiner  Cölomtheorie  einzufügen.  Indem  er  ferner  nachwies ,  daß  der 
Keimscheibenrand  der  Sauropsiden  nicht  länger  als  Urmundrand  ge- 
deutet werden  könne,  fühi'te  er  die  schärfere  Unterscheidung  zwischen 
Urmundrand  und  Um  w  a  chs  ungsr  an  d  ein  und  machte  auf  die 
zwischen  beiden  bestehenden  Unterschiede  aufmerksam. 

Als  verdienstvolle  Untersuchungen  in  den  letzten  Decennien,  weil 
sie  auf  einem  umfassenden  Beobachtungsmaterial  beruhten  und  mit  guten 
Untersuchungsmethoden  ausgeführt  wurden,  sind  die  Arbeiten  von  Koller 
(L.  K.  III 8  1879,  1882)  und  besonders  von  Duval  (L.  K.  HI  8  1878,  1884) 
hervorzuheben  :  „Etiides  sur  la  ligne  de  l'embryo  du  poulet"  und  „De  la  for- 
mation  du  blastoderme".  Sie  zeigten  aber  auch  zugleich,  daß  selbst  bei 
den  verbeßserten  Untersuchungsmethoden  das  Verständnis  von  der  aller- 
ersten Anlage  des  inneren  Keimblattes  und  der  Entstehung  des  Primitiv- 
streifens noch  auf  manche  Schwierigkeiten  stößt.  Daher  stimmten  denn 
auch  weder  Koller  und  Duval  in  ihren  allgemeinen  Ergebnissen  über- 
ein, noch  konnten  jüngere  Forscher,  wie  Kionka  (L.  K.  III  ^  1894), 
Schauinsland  (A.  L.  III  §  1899)  und  Nowak  (L.  K.  III  »  1902)  in  einer 
gründlichen  Abhandlung,  manche  Angaben  von  Duval  bestätigen. 

So  ist  trotz  aller  aufgewandten  mühsamen  Arbeit  hervorragender 
Embryologen    auch    heute    noch    die  Entwickelung    der    Keimblätter    des 


Die  Lehre  von  den  Keiinljlättern.  855 

Hühnchens  keineswegs  nach  allen  Richtungen  genügend  geklärt.  Um 
so  gebieterischer  tritt  die  Aufgabe  heran,  zu  sehen,  inwieweit  durch  das 
Studium  anderer  Vogelarten,  die  vielleicht  hier  und  da  kleine  Vorteile 
bieten  und  klarere  Bilder  von  diesem  imd  jenem  Vorgang  liefern,  also 
durch  planmäßig  durchgeführtes  vergleichendes  Studium,  die  Lücken  in  der 
Erkenntnis  auszufüllen  sind.  Der  Anfang  zu  solchen  vergleichenden 
Untersuchungen  ist  schon  zum  Teil  mit  gutem  Erfolg  gemacht.  BitArN 
(A.  L.  III  *  1882)  studierte  die  Embryonalentwickelung  des  Wellen- 
papageis (Melopsittacus).  Kupffer,  Duval  etc.  imtersuchten,  wenn  auch 
weniger  eingehend  als  den  Hühnerkeim,  die  Eier  von  Ente,  Gans,  Taube, 
Sperling,  Star,  Finkenarten  etc.  Hoffmanx  (L.  K.  III  ^  1 883)  zeigte,  daß  die 
Keime  der  Wasservögel  für  manche  Verhältnisse  klarei'e  Bilder  liefern 
als  das  vieluntersuchte  Hühnerei.  Ueber  sehr  zahlreiche  Vogelarten 
(Fregatta  aquila,  Diomedea,  Puffinus,  Sula,  Haliplana  etc.)  hat  Schau- 
rNSLAXD  (A.  L.  III  ^  1899)  seine  vielversprechenden  LTntersuchungen  aus- 
gedehnt, von  welchen  er  leider  bisher  nur  eine  kurze  Mitteilung  veröffent- 
licht, aber  in  ihr  schon  festgestellt  hat,  daß  bei  einzelnen  Arten  nicht 
unwichtige  Modifikationen  in  der  Entwickelung  haben  beobachtet  werden 
können. 

Die  Entwickelung  bespreche  ich  in  derselben  Reihenfolge  wie  bei 
den  Reptilien  in  4  Abschnitten  mit  denselben  Ueberschriften. 

Die  erste  Phase  der  Gastrulation. 

Das  unbebrütete  Ei  und  das  Ei  in  den  ersten  Stunden  der  Bebrütuug. 
Die  Untersuchung  des  Vogel-  und  besonders  des  Hühnereies 
während  der  frühesten  Stadien  der  Keimblattbildung  ist  mit  be- 
sonderen Schwierigkeiten  verknüpft.  Zu  dieser  Zeit  läßt  sich  die 
Keimscheibe  wegen  ihrer  geringen  Größe  und  ihres  innigen  Zu- 
sammenhanges mit  dem  ungeteilten  Nahrungsdotter  von  diesem  nicht 
abtrennen,  wie  es  später  geschieht,  ohne  dieses  und  jenes  Verhältnis 
zu  zerstören  oder  zu  verändern.  Es  muß  daher  der  große  Eidotter 
im  ganzen  geliärtet  und  nach  der  Härtung  die  Keimscheibe  mit  dem 
nächst  angrenzenden  Dotter  zur  weiteren  Untersuchung  mit  dem 
Rasiermesser  abgetrennt  werden.  Bei  dem  Studium  der  Oberfläche 
mit  der  Lupe  sind  aber  an  dem  so  gehärteten  Ei  wenig  klar  ausge- 
prägte, feinere  Organisationsverhältnisse,  an  denen  man  sich  über 
vorderen  und  hinteren  Rand  der  Scheibe  orientieren  könnte,  wahrzu- 
nehmen in  der  Zeit,  die  vor  dem  ersten  Erscheinen  des 
Primitivstre  if  ens  liegt.  Das  ist  aber  wieder  ein  großes  Hindernis 
für  die  Anfertigung  brauchbarer  Schnittserien.  Denn  für  das  erfolg- 
reiche Studium  von  Durchschnitten  ist  es  wichtig,  daß  sie  entweder 
genau  in  dei-  Längs-  oder  in  der  Querrichtung  durch  den  Keim  hin- 
durchgelegt sind. 

Um  dies  trotzdem  zu  erreichen,  haben  DrvAL,  Xowak  u.  a.  sich 
eines  Kunstgriffes  bedient.  Für  das  Hühnerei  kann  man  nämlich,  ohne 
die  Kalkschale  zu  öffnen,  nach  einer  aus  vielen  Erfahrungen  ge- 
zogenen Regel  (Kupffer,  Koller,  Gerlach,  Duval)  mit  großer  Wahr- 
scheinlichkeit angeben,  was  für  eine  Lage  der  sich  entwickelnde  Embryo 
auf  der  Dotterkugel  einnehmen  wird.  Wenn  man  ein  Ei  so  vor  sich 
hinlegt,  daß  der  stumpfe  Pol  nach  links,  der  spitze  nach  rechts  sieht, 
so  zerlegt  eine  die  beiden  Eipole  verbindende  Linie  die  Keimscheibe  in 
eine  dem  Beobachter  zugekehrte  Hälfte,    welche  zum  hinteren  Ende  des 


856  0.  Hertwig, 

Embryos  wird,  und  in  eine  vordere,  zum  Kopfende  sich  entwickelnde 
Hälfte.  Mit  Rücksicht  hierauf  hat  man  au  dem  richtig  orientierten  Ei 
vorsichtig  die  Ivalkschale  von  oben  eröfitnet  und  an  der  freigelegten 
Dotterkugel  eine  Marke  nahe  dem  Rand  der  Keimscheibe  angebracht, 
welcher  nach  der  oben  angegebenen  Regel  voraussichtlich  der  vordere 
oder  hintere  sein  wird.  Einfacher  und  bequemer  als  das  Verfahren, 
welches  Duval  (L.  K.  III  ^  1878)  empfohlen  hat,  ist  das  von  Nowak  be- 
nutzte. Nowak  hat  einen  spitzen  Igelstachel  in  die  Dotterkugel  in  der 
Nähe  des  voraussichtlich  hinteren  Randes  eingestochen,  bei  welcher 
Operation  das  Austreten  von  Dotter  bei  einiger  Vorsicht  vermieden  werden 
kann.  Hierauf  hat  er  die  Dotterkugel  in  physiologischer  Kochsalzlösung 
vorsichtig  von  der  Eiweißhülle  befreit,  in  toto  gehärtet,  darauf  den 
Dotterbezirk,  der  die  Keimscheibe  enthält,  mit  dem  Rasiermesser  so 
umschnitten ,  daß  ein  spitzwinkliges  Dreieck  entsteht ,  dessen  Spitze 
nach  der  Igelnadel  gerichtet  ist.  In  dieser  Weise  läßt  sich  nach  der 
Einbettung  des  Stückes  in  Paraffin  bestimmen,  ob  die  Schnittserie  in 
der  Längs-  oder  in  der  Querrichtung  angefertigt  wird. 

Wie  Oellacher,  Duval  (L.  K.  IIP,  1884,  p.  30),  Kölliker 
(A.  L.  II  1871»),  His(A.  L.  IIP  1868,  p.  12)  und  andere  Forscher  her- 
vorheben, steht  das  uubebrütete  Ei  nicht  immer  auf  gleichem  Entwicke- 
lungsstadium,  weil  je  nach  der  Temperatur,  in  der  es  sich  nach  der  Ab- 
lage befindet,  die  Entwickelung  entweder  ganz  zum  Stillstand  gebracht 
wird  oder  mehr  oder  minder  verlangsamt  fortschreiten  kann.  So  kann  es 
in  warmen  Sommermonaten  oder  in  einem  warmen  Zimmer,  in  welchem 
es  aufbewahrt  wird ,  auch  ohne  Bebrütung  weitere  Veränderungen 
durchmachen.  Außerdem  scheinen  aber  auch  noch  andere  Faktoren 
darauf  hinzuwirken,  daß  die  Befunde  am  unbebrüteteu  Ei  so  ver- 
schieden ausfallen.  So  glaubt  His  wohl  nicht  mit  Unrecht  (1.  c. 
p.  12),  daß  die  Zeitdauer,  in  welcher  die  Eier  die  verschiedenen  Ab- 
schnitte des  weiblichen  Geschlechtsapparates  durchwandern,  sicherlich 
individuellen  Schwankungen  unterw^orfen  ist,  die  sich  auf  mehrere 
Stunden  belaufen  mögen.  Er  erklärt  hiermit  die  auffallende  Er- 
scheinung, daß  er  unter  den  letzten  im  Herbst  gelegten  Eiern  solche 
fand,  die  in  ihrer  Entwickelung  viel  weiter  vorgerückt  w^aren  als  die 
Sommereier,  da  sie  bereits  ein  vollständiges,  vom  oberen  im  Zusammen- 
hang ablösbares  unteres  Keimblatt  besaßen.  Da  sich  am  Ende  der 
Legesaison  die  Eier  in  größeren  Intervallen  folgen,  durchlaufen  sie 
wahrscheinlich  die  Abschnitte  des  Ausführungsganges  langsamer. 

Bei  auffallendem  Licht  betrachtet,  erscheint  die  Keimscheibe  als  ein 
weißer  Fleck  von  etwa  SVg  mm  Durchmesser  (Kölliker,  Duval, 
1884,  p.  31).  Er  besteht,  wie  Duval  angiebt,  aus  einem  noch  w^eißeren 
Randbezirk  von  der  Form  eines  Ringes,  der  nach  hinten  zu  ein  wenig 
dichter  als  vorn  ist  und  eine  centrale  Partie  von  etwas  hellerer  Farbe 
einschließt ;  endlich  sieht  man  in  der  Mitte  dieser  Partie  den  Pander- 
schen  Kern  durchschimmern,  welcher  gemäß  seiner  größeren  Dichte 
den  Anblick  eines  undurchsichtigen,  weißen  Körpers  erzeugt,  der 
unter  der  durchsichtigen  centralen  Partie  der  Keimhaut  liegt.  Alle 
diese  Bilder  sind  im  übrigen  sehr  wechselnd.  Von  vielen  Forschern 
werden  schon  jetzt  das  hellere  Centrum  und  der  weniger  durchsichtige, 
weiße  Rand  der  Keimhaut  als  heller  und  dunkler  Fruchthof  (Area 
pellucida  und  A  opaca)  unterschieden,  während  Duval  diese  Bezeich- 
nungen   erst    von    einem    vorgerückteren   Stadium,    wenn    infolge   der 


Die  Lehre   von  den  Iveimblüttern,  857 

Bebrütung  sich  in  der  Mitte  unter  der  Keinihaut  ein  größerer,  mit 
Flüssigkeit  erfüllter  Hohlraum  gebildet  hat,  gelten  lassen  will. 

Auf  dem  Durchschnitt  untersucht,  besteht  die  Keimhaut  aus 
mehreren  Zellenlagen,  die  sich  in  ihrer  Beschatfenheit  voneinander  unter- 
scheiden. Die  an  der  Oberfläche  angrenzenden  Zellen  sind  zu  einer 
festen  Membran  untereinander  verbunden,  sie  sind  kul)isch  oder  cylin- 
drisch  und  sind  in  dem  mittleren  Bezirk  der  Keimhaut  durch  einen 
feinen  Spalt  von  den  tieferen  Zellenlagen  getrennt,  nach  dem  Rand- 
bezirk dagegen  nicht  scharf  von  ihnen  abzugrenzen.  Die  darunter 
gelegenen  Zellen  zeigen  ein  minder  beständiges  Verhalten  und  ver- 
schiedene Form  und  Größe;  viele  sind  kugelig;  je  mehr  das  Ei  in  der 
Entwickelung  noch  zurück  ist,  um  so  lockerer  und  unregelmäßiger 
liegen  sie  zusammen,  in  kleinen  Gruppen  und  in  Strängen,  die  eine 
Art  Netzwerk  bilden.  In  der  Mitte  der  Scheibe  ist  die  untere  Schicht 
dünner  und  breitet  sich  über  einer  kleinen  Höhle  aus,  die  sie  vom 
weißen  Dotter  des  PANDER'schen  Kernes  trennt  und  Keimhöhle  oder 
subgerminale  Höhle  (cavite  sous-germinale  Duval)  heißt.  In  der  Höhle 
finden  sich  vereinzelte  größere  und  kleinere,  runde  Furchungskugeln, 
die  zum  Teil  dem  weißen  Dotterboden  aufliegen.  Letzterer  schließt 
eine  Anzahl  Kerne  ein ,  die  dem  centralen  Dotter syncyti um 
ViRCHOw's  angehören.  Nach  dem  Randbezirk  zu  (Area  opaca)  wird 
die  untere  Schicht  dicker  und  liegt  unmittelbar  dem  weißen  Dotter 
auf,  in  welchem  ebenfalls  Kerne  eingestreut  sind  und  das  periphere 
Dott  er  sy  ncytiu  m  (H.  Virchow)  bilden.  Den  gesamten,  etwas 
verdickten  zelligen  Rand  der  Keimhaut  hat  man  Rand  wulst  (Götte), 
oder  Keimwulst  (Kölliker  A.  L,  II  1879,  p.  66),  (bourrelet  blasto- 
dermique  Duval,  L.  K.  III-  1884,  p.  30)  genannt.  Der  Randwulst  ist 
in  dem  Teil  der  Peripherie  der  Keimhaut,  welcher  dem  späteren  hinteren 
Ende  des  Embryos  entspricht,  nicht  unerheblich  dicker  als  im  vorderen 
Umfang. 

In  dem  unter  der  ganzen  Keimhaut  ausgebreiteten,  weißen  Dotter 
finden  sich  außer  den  schon  besprochenen  Kernen  des  Syncytiums  so- 
wohl central  als  peripher  größere  und  kleinere,  mit  eiweißreicher 
Flüssigkeit  erfüllte,  einer  Membran  entbehrende  Hohlräume,  die 
Dotter  Vakuolen  von  His;  „sie  sind  als  Zeichen  der  beginnenden 
Verflüssigung  des  Nahrungsdotters  aufzufassen"  (Köllikerj. 

Können  die  beiden  oben  beschriebenen  Schichten  der  Keimhaut 
schon  als  äußeres  und  inneres  Keimblatt  aufgefaßt  werden?  Remak 
hat  dies  zuerst  gethan,  und  die  meisten  späteren  Forscher  sind  seinem 
Beispiel  gefolgt,  während  Pander  und  C.  E.  v.  Baer  die  Spaltung 
des  Keimes  in  2  Keimblätter  erst  auf  ein  späteres  Stadium,  einige 
Zeit  nach  Beginn  der  Bebrütung  verlegt  haben.  Doch  heben  His, 
Kölliker,  Duval  u.  a.  hervor,  daß  die  nur  unvollkommen 
vereinigten  oder  selbst  noch  ganz  getrennten,  tieferen 
Zellelemente  vor  der  Bebrütung  sich  von  dem  späteren 
Zustand,  in  welchem  sich  eine  einfache  Lage  fest  zu- 
sammen häng  ender,  abgeplatteterZellen  vorfindet,  nicht 
unwesentlich  unterscheiden.  Um  dies  hervorzuheben,  hat 
ihnen  Duval  den  Namen  eines  „entoderme  primitif  (1.  c.  p.  33) 
gegeben  mit  der  Bemerkung:  „cet  entoderme  est  encore  mal  diffe- 
rencie,  presente  ä  sa  face  inferieure  des  spheres  de  segmentation  plus 
grosses  que  les  autres  cellules  qui  le  composent,  et  il  se  dedoublera 
plus  tard,  au  moins  en  certaines  regions,  en  mesoderme  et  en  ento- 
derme proprement  dit." 


858 


0.  IIertwig, 


Mir  scheint  es  richtiger  zu  sein,  von  einem  inneren  Keimblatt  erst 
von  dem  Zeitpunkt  zu  reden,  wenn  sich  die  zuvor  locker  veiteilten 
und  meist  kugeligen  Zellen  zu  einem  wirklichen  Blatt  zusammenge- 
ordnet haben,  wobei  sie  schüppchenartig  werden.  Zuweilen  kann  diese 
Umwandlung  schon  vor  der  Bebrütung  ihren  Anfang  nehmen,  in  an- 
deren Fällen  ist  sie  ihre  erste  Folge,  Wir  meinen  daher,  daß  die 
Hühnereier  für  gewöhnlich  gleich  nach  der  Ablage  sich  am  Ende  des 
Blastulastadiums  befinden,  daß  die  obere,  fester  gefügte  Schicht  kubischer 
Zellen  der  aus  animalen  Elementen  zusammengesetzten  Decke  der 
Keimblase,  der  enge  Spalt  unter  ihnen  der  Furchungs-  resp.  Keim- 
blasenhöhle  und  die  locker  unter  ihr  und  auf  dem  weißen  Dotter 
liegenden,  vegetativen  Zellen  dem  Boden  der  Keimblase  zu  vergleichen 
sind.  Wie  aus  diesem  Stadium  beim  Hühnerei  sich  das  innere  Keim- 
blatt entwickelt  und  inwieweit  dieser  Vorgang  als  eine  Gastrulation 
aufgefaßt  werden  kann,  ist  eine  noch  strittige  und  schwer  zu  beant- 
wortende Frage.  Der  objektive  Befund,  der  sich  einige  Zeit,  nachdem 
die  Entwickelung  des  inneren  Blattes  begonnen  hat,  dem  Beobachter 
auf  Längs-  und  Querdurchschnitten  darbietet,  ist  folgender: 

Im  hinteren  Bereich  des  hellen  Fruchthofes  (Fig.  477  und  478) 
findet  sich  bald  in  geringerer,  bald  in  größerer  Ausdehnung  unter  der 
Lage  kubischer  odei-  cylindrischer  Zellen,  dem  äußeren  Keimlilatt,  durch 
einen  scharfen  Spalt  von  ihm  getrennt,  ein  dünnes  Häutchen  abge- 
platteter Zellen,  w^elches  dem  Darmdrüsenblatt  (Paraderm)  der  Rep- 
tilien entspricht.     Zwischen  ihm   und  dem  Dotterboden    liegen    in  der 


r 


cd-  ik 


Fig.  477.  Sagittaler  Diirchschnitt  durch,  die  Keimhaut  eines  Hühnchens  einige 
Stunden  nach  Beginn  der  Bebrütung.  al-,  ik  äußeres  und  inneres  Keimblatt.  r~  iso- 
lierte vegetative  Zellen,  a^•'  Bezirk  des  äußeren  Keimblattes,  in  dem  das  innere  noch 
fehlt. 


Urdarmhöhle  zerstreut  einzelne  kugelige  Embryonalzellen,  darunter 
auch  größere,  dotterhaltige  Kugeln,  die  Megasp hären  von  His. 
Letztere  haben  nicht  den  Formwert  einer  Zelle,  da  Kerne  auf  keine 
Weise  in  ihnen  sichtbar  zu  machen  sind,  wie  von  Gasser  (L.  K.  III  ^ 
1884,  p.  54)  und  anderen  Beobachtern  festgestellt  worden  ist.  Sie 
sind  daher  nur  vom  darunter  liegenden  Dotter  losgelöste,  kugelige 
Ballen,  die  wohl  allmählich  zur  Ernährung  der  Zellen  der  Keimblätter 
aufgebraucht   werden.     Auch   im    Raum   zwischen    den    beiden    Keim- 


blättern kommen 


wenige 


vereinzelte  Zellen  vor.     Wie   sich  an  Längs- 


)^l?'55f^Pl- 


■"J-ig,!    W   :'  !^i)5>i    It!!  Vi  'ry^r^pifiji 


vs  ■ 


Fig.  478.     Ein  Stück  der  Keimhaut  aus  dem  Bezirk,   wo  das  innere  Blatt  mit 
freiem  Rand  aufhört,  stärker  vergrößert,    vz  vegetative  Zellen. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  859 

schnitten  feststellen  läßt,  hängt  nach  hinten  zu  das  innere  Blatt  mit 
(lern  Randwillst  zusammen,  etwa  der  Gegend  entsprechend,  wo  heller  und 
dunkler  Fruchthof  ineinander  übergehen,  so  daß  von  hier  an  die  Unter- 
scheidung zweier  Keimblätter  nicht  mehr  möglich  ist.  Nach  vorn  hört 
das  untere  Blatt  mit  freiem,  unregelmäßigem  Rand  auf  (Fig.  477  u.  478), 
so  daß  im  vorderen  Bereich  des  hellen  Fruchthofes  das  Ektoderm  sich 
unmittelbar  über  einer  Höhle,  die  man  als  Keimblasenhöhle  bezeichnen 
und  nach  hinten  in  die  Urdarmhöhle  verfolgen  kann,  bis  zum  vorderen 
Randwulst  ausbreitet.  Wie  auf  früheren  Stadien  liegen  unter  ihm 
und  auf  dem  Dotterboden  einzelne  Embryonalzellen  und  Megasphären 
bald  spärlicher,  bald  reichlicher  zerstreut. 

Entsprechende  Verhältnisse  lernt  man  auch  durch  Untersuchung 
einer  Querschnittserie  kennen ;  denn  vorn  findet  man  nur  das  Ektoderm 
über  einer  Keimhöhle,  in  welcher  zerstreute  Zellen  liegen,  im  hinteren 
Bereich  des  Fruchthofes  dagegen  zwei  deutlich  gesonderte  Blätter  von 
der  oben  angegebenen  Beschaffenheit.  In  einigen  Fällen  zeigte  die 
Querschnittserie  zu  dieser  Zeit  kleine  Einstülpungen  und  Rinnenbil- 
dungen des  äußeren  Keimblattes,  namentlich  in  der  Gegend,  wo  die 
zwei  Blätter  nach  dem  Rand  zu  zusammenhängen.  In  einem  Falle 
nimmt  die  im  Querschnitt  zweimal  getroffene,  weil  bogenförmige  Rinne 
eine  solche  Lage  ein,  daß  sie  der  von  Koller  beschriebenen  Sichel- 
rinne entsprechen  könnte.  Da  der  Befund  nicht  konstant  ist,  wage 
ich  nicht  zu  entscheiden,  ob  er  eine  größere  Bedeutung  und  was  für 
eine  er  hat.  Auf  mehreren  Längsschnitten  bildet  Koller  auch  rinnen- 
förmige  Einsenkungeu  des  Ektoderms  an  der  inneren  Grenze  des 
hinteren  Randwulstes  ab,  in  der  Gegend,  wo  beide  Keimblätter  zu- 
sammenhängen. Desgleichen  zeigen  seine  Figuren  mit  voller  Deut- 
lichkeit, wie  das  innere  Blatt  nach  vorn  in  der  oben  von  mir  be- 
schriebenen Weise  mit  freiem  Rande  aufhört.  Ferner  vergleiche  man 
ein  Querschnittsbild  von  Kupffer  durch  eine  12  Stunden  bebrütete 
Hühnerkeimhaut  mit  eigentümlichen  Rinnenbildungen  und  einem  inneren 
Keimblatt,  das  nur  in  dem  kleinen  Bezirk,  wo  die  Rinnen  sich  finden, 
entwickelt  ist  (L.  K.  III «  1882,  Taf.  IX,  Fig.  10).  Mit  meiner  Darstellung 
stimmen  die  Angaben  von  Schauinsland  (A.  L.  III  ^  1899,  p.  325)  in 
seinem  vorläufigen  Bericht  überein.  Auch  er  findet  nur  im  hinteren 
Teil  der  Keimhaut  ein  einschichtiges  Entoderm  von  zusammenhängenden, 
platten  Zellen,  dagegen  im  vorderen  Bezirk  „nur  locker  neben-  und 
übereinander  liegende  sternförmige  (mesenchymatöse)  Zellen". 

Die  Frage,  in  welcher  Weise  hat  man  sich  das  innere  Blatt  ent- 
standen zu  denken,  ist  nach  den  zur  Zeit  vorliegenden  Untersuchungen 
schwer  zu  beantworten.  Doch  können  wir  wohl  so  viel  sagen,  daß 
die  blattartige  Anordnung  der  zuvor  locker  verteilten  Zellen  von  dem 
hinteren  Umfang  des  Randwulstes  ausgeht,  und  zwar  von  seinem 
inneren  Rand,  wo  der  helle  Fruchthof  beginnt,  und  daß  sie  von  hier 
allmählich  nach  vorn  fortschreitet.  Bei  Untersuchung  anderer  Vogel- 
arten wäre  besonders  darauf  acht  zu  geben,  ob  diese  Ursprungsstelle 
regelmäßiger  als  beim  Hühnchen  durch  eine  rinuenförmige  Einsenkung 
gekennzeichnet  ist.  Die  L^rsprungsstelle  ist  wohl  der  Primitivplatte 
der  Reptilien  zu  vergleichen ,  wie  denn  überhaupt  die  Befunde  bei 
den  Vögeln  sich  vou  den  Befunden  bei  den  Reptilien  (vergl.  Fig.  41H 
—419)  werden  herleiten  lassen.  Die  Ausbreitung  des  inneren  Keim- 
blattes mit  seinen  freien  vorderen  und  seitlichen  Rändern  erinnert  an 
das   gleiche   Verhältnis    bei   den    Säugetieren.     Wollen    wir   die   ange- 


860  0.  Hertwig, 

deutete  Bildungsweise  des  inneren  Blattes  eine  Gastrulation  nennen, 
was  ich  für  statthaft  halte,  so  ist  jedenfalls  der  Vorgang,  wie  schon 
bei  den  Reptilien,  ein  stark  modifizierter. 

Ueber  die  Grastrulatiou  des  Vogeleies  sind  viele  widersprechende 
Ansichten  aufgestellt  worden.  Die  ursprüngliche  Lehre  von  Goette, 
Haeckel,  Raubek,  daß  die  untere  Schicht  sich  wie  bei  Knochenfischen 
durch  einem  Umschlag  vom  Rand  aus  entwickele,  ist  unhaltbar  geworden, 
da  sich  ein  solcher  Vorgang  nicht  beobachten  läßt  und  da  der  Randwulst 
mit  dem  peripheren  Dottersyncytium  zu  allen  Zeiten  fest  verbunden  ist. 
Die  Darstellungen  von  Koller  und  Duval  beruhen  ohne  Frage  auf  sehr 
gründlichen  Untersuchungen,  stimmen  aber  sowohl  untereinander  nicht 
überein,  als  auch  haben  sie  in  letzter  Zeit  vielfachen  Widerspruch  er- 
fahren. 

Nach  der  Darstellung  von  Koller  ist  am  unbebrüteten  Hühnerei 
(Fig.  479)  die  Grenze  zwischen  hellem  {hf)  und  dunklem  Fruchthof  (df) 
(Keimring)  nach  vorn  zackig  und  verwischt,  in  der  hinteren  Hälfte  aber 
erscheint  sie  als  eine  scharfe  Kontur  (s).  Hier  zeichnet  sich  auch  der 
innere  Saum  des  Keimrings  durch  weißliche  Färbung  und  Undurchsich- 
tigkeit  aus,  was  auf  eine  Wucherung  der  Zellen  und  dadurch  hervorge- 
rufene   Verdickung    zurückzuführen    ist ;    er    stellt    eine  halbmondförmige 

Fig.  479.  Fig.  480. 


Fig.  479.  Dieunbebrütete  Keimscheibe  eines  Hühnereies,  nach  Kollee.  df,  /i/ dunk- 
ler, heller  Fruchthof.    s  Sichel. 

Fig.  480.  Keimscheibe  eines  Hühnereies  in  den  ersten  Stunden  der  Bebrütung, 
nach  Koller,  df,  hf  dunkler,  heller  Fruchthof.  s  Sichel,  sk  Sichelknopf.  Es  Em- 
bryonalschild. 

oder  sichelförmige  Figur  dar  {s).  In  den  ersten  Stunden  der  Bebrütung 
wird  in  der  Sichel  eine  tiefe  Furche,  die  Sichelrinne,  bemerkbar ,  durch 
welche  heller  und  dunkler  Fruchthof  am  hinteren  Ende  der  Keimscheibe 
noch  schärfer  voneinander  gesondert  sind.  Außerdem  bildet  sich  in  der 
Mitte  der  Sichel  eine  Verdickung  aus,  der  Sichelknopf  (Fig.  480  sk), 
der  erste  Anfang  des  später  zu  besprechenden  Primitivstreifens.  Koller 
und  KuPFFER  haben  die  Sichelrinne  des  Hühnchens  dem  Prostoma  der 
Reptilien,  dem  Urmund  niederer  Wirbeltiere,  verglichen ;  doch  ist  von 
anderer  Seite  das  regelmäßige  Auftreten  der  erwähnten  Rinne  und  ihre 
Bedeutung  in  Frage  gezogen  worden. 

Duval  (L.  K.  III*  1884)  läßt  schon  auf  einem  frühen  Stadium  des  Fur- 
chungsprozesses  in  dem  Keim  der  Vögel  sich  eine  Furchungshöhle  bilden 
in  Form  eines  sehr  schmalen  Spaltes,  durch  welchen  von  den  tieferen 
Zellen  eine  oberflächliche  Lage  abgetrennt  wird,  die  sich  später  ins 
äußere  Keimblatt  umwandelt  (Fig.  481).  Wenn  die  Segmentation  bis 
in  eine  gewisse  Tiefe  des  weißen  Dotterz  vorgedrungen  ist,  bilden  sich, 
vom    hinteren  Rand    beginnend,    Furchen    in    äquatorialer    Richtung    aus 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


861 


und  trennen  die  am  tiefsten  gelegenen  Embryonalzellen  vom  weißen 
Dotter  ab,  in  welchem  einzelne  Kerne  zurückbleiben.  Indem  alle  diese 
einzelnen  Teilungsebenen  zusammenfließen,  erzeugen  sie  eine  gi'ößere  Spalte, 
über  welcher  die  Scheibe  der 

Fig.  481. 

VW  dw     fh 


Embryonalzellen  und  unter 
welcher  der  Dotter  mit  freien 
Kernen  liegt  (Fig.  482).  Du- 
VAL  erblickt  in  der  Spalte 
das  Homologon  der  Urdarm- 
hühle  der  Amphibien  oder 
der  Gastrulaeinstülpung  nie- 
derer Wirbeltiere ;  er  nennt 
sie  Subgerminalhöhle  (cavite 

Fig.  481.  Durchschnitt  durch 
die  Keimscheibe  eines  frisch  ge- 
legten ,  nicht  befruchteten  (?) 
Hühnereies,  nach  Düval.  fh 
Furchungshöhle  wd  weißer 
Dotter.  VW  untere  Zellschicht. 
dw  obere  Zellschicht  der  Keim- 
blase. 

Fig.  482.  Längsschnitt  durch 
die  Keimscheibe  eines  nicht  be- 
fruchteten (?)  Eies  vom  Zeisig, 
nach  DuvAL.  ak,  ik  äußeres, 
inueres  Keimblatt,  wd  weißer 
Dotter,  dk  Dotterkerne,  ud  Ur- 
darm.  vi  vordere,  hl  hintere  Lippe 
an  der  Einstülpungsstelle. 


wd 


-^•-v.x-lofrSQfeSC 


,  q  o  ^       '    r    -    <=        o 


Fig.  482. 
t'l  hl  ud  ak  ik       wd  dk 


dk 


fS^«*'?,*'^«;  öc  =-  ?, 


y^w. 


sous-germinale)  und  läßt  sie  sich  in  ähnlicher  Weise  wie  am  Ei  der 
Knochenfische  und  Selachier  von  hinten  nach  vorn  bilden.  Am  frisch 
gelegten  Hühnerei  ist  daher  der  Gastrulationsprozeß  nach  Duval 
schon  abgelaufen  und  sind  schon  2  Keimblätter  an  ihm  angelegt,  ein 
Ektoderm  und  eine  „masse  entodermique  primitive''  oder  wenn  sie  sich 
beim  Weiterwachsen  mehr  in  die  Fläche  ausgebreitet  hat,  ein  „entoderme 
primitif"  ;  durch  den  Zusatz  „primitif"  will  Duval  anzeigen,  daß  man  es 
mit  einer  Lage  zu  thun  hat,  welche  sich  erst  noch  weiter  in  Mesoderm 
und   definitives  Entoderm  zu  sondern  hat. 

Der  Darstellung  Duval 's  war  ich  in  meinem  Lehrbuch  längere  Zeit 
gefolgt,  halte  sie  aber  jetzt  nicht  mehr  für  richtig  und  glaube,  daß  die 
in  Fig.  482  am  hinteren  Rand  der  Keimhaut  abgebildete  Spalte  zwischen 
Embryonalzellen  und  peripherem  Dottersyncytium  durch  die  Härtung  oder 
beim  Schneiden  künstlich  erzeugt  ist  und  mit  einer  Gastrulation  nichts 
zu  thun  hat.  Auch  von  Kioxka  imd  Schauixsland  sind  Bedenken  gegen 
die  Angaben  von  Duval  erhoben  worden.  Schauinsland  (A.  L.  III  ^  1899, 
p.  326)  erklärt :  ,,Ich  leugne  ausdrücklich ,  daß  die  Bildung  der  beiden 
primären  Keimblätter  und  die  Entwickelung  des  Primitivstreifens  sich 
auf  die  Weise  vollzieht,  wie  Duval  und  Koller  darstellen.  Unter 
Tausenden  von  Keimscheiben  der  verschiedensten  Vogelspecies  habe  ich 
auch  nicht  einmal  etwas  derartiges  gefunden." 


Zweite  Phase  der  Gastrulation. 

Wir  beginnen  mit  den  Veränderungen,  die  an  der  Oberfläche  der 
bebrüteten  Keimhaut  wahrzunehmen  sind  und  die  sich  um  so  leichter 


862  0.  Hertwig, 

verfolgen  lassen,  je  länger  die  Bebrütnng  gedauert  hat.  Denn  in  dem- 
selben Maße  läßt  sich  die  Keiinhaut  ohne  Verletzung  vom  Xahrungs- 
dotter  mit  immer  größerer  Leichtigkeit  abpräparieren,  da  in  der  Mitte 
unter  ilir  der  weiße  Dotter  mehr  und  mehr  verflüssigt  und  die  sub- 
germinale  Höhle  vergrößert  wird,  wenn  auch  niemals  in  dem  Maße 
wie  bei  manchen  Reptilien,  z.  B.  den  Schlangen.  Eine  zweite  Folge 
dieser  Veränderungen  ist,  daß  an  der  abpräparierten  Keimhaut  der 
schon  früher  erwähnte  helle  und  dunkle  Fruchthof  sich  schärfer  gegen- 
einander absetzen.  Der  erstere  hat  zuerst  eine  breit-ovale  Form; 
später  aber  überwiegt  der  Längsdurchraesser  immer  mehr  den  breiten 
Durchmesser,  und  besonders  nach  hinten  verlängert  sich  der  helle 
Fruchthof  in  einen  dünneren  Fortsatz.  Die  wichtigsten  Veränderungen 
aber  spielen  sich  in  seiner  Mitte  und  in  seiner  hinteren  Hälfte  ab.  — 
Ueber  dieselben  gebe  ich  einen  Ueberblick  nach  photographisch  auf- 
genommenen Oberflächenbildern  (Fig.  483—486)  verschieden  weit  ent- 

Fig.  484. 

Fig.  483.  W"-       -^-  — ^-----V'«! 


pr 


Fig.  483.  Kurzer,  in  Bildung  begriffener  Primitivstreifen  einer  8  Stunden  be- 
brüteten Keimhaut  vom  -Hühnchen,  hk  HENSEN'scher  Knoten  am  vorderen  Ende 
des  Primitivstreifens,  pf  Primitivfalten,  pr  Primitivrinne.  Photogr.  No.  36  des 
anat-biol.  Inst. 

Fig.  484.  Erheblich  längerer  Priraitivstreifen  mit  kurzem  Kopffortsatz  einer 
26  Stunden  bebrüteten  Keimhaut  vom  Hühnchen,  kf  Kopffortsatz,  hk  Hensex- 
scher  Knoten,  pr'  hinterer  seitwärts  gekrümmter  Teil  der  Primitivrinne.  Photogr. 
No.  36  des  anat.-biol.  Inst. 

wickelter  Keimhäute  des  Hühnchens,  die  in  ihrem  normalen  Zusammen- 
hang mit  der  ganzen  Dotterkugel  gehärtet  worden  waren.  Zur 
Ergänzung  füge  ich  Abbildungen  von  Keimhäuten  einiger  anderer 
Vogelarten  hinzu,  welche  vom  Dotter  abpräpariert,  in  durchfallen- 
dem Lichte  gezeichnet  und  mir  in  liebenswürdiger  W^eise  von  Herrn 
Schauinsland  für  das  Handbuch  zur  Verfügung  gestellt  worden  sind 
(Fig.  487—492).- 

Von  der  8. — 14.  Stunde  der  Bebrütung  markiert  sich  mit  größerer 
Deutlichkeit  ein  für  die  weitere  Entwickelung  außerordentlich  wichtiges 
Organ,  der  Primitivstreifen  (Achsenplatte  von  Remak)  [Fig.  483]  eine 


Die  Lehre  von  den  KeimljUittern. 


863 


in  der  Medianebene  und  in  dem  hinteren  Bezirk  des  hellen  Frucht- 
hofes gelegene,  streifenartige  Trübung,  die  sich  nach  hinten  etwas 
verbreitert  und  bis  nahe  an  den  Rand  des  dunklen  Fruchthofes 
heranreicht. 


Fig.  485. 


mf  — 


M: 
Pf 


Fig.  48Ü. 


Fig.  485.  Keimhaut  des  Hühnchens  nach  33  Stunden  Bebrütung.  hk  Hexsen- 
scher  Knoten,  pf  Priiuitivfalte.  r  ßückenrinne.  mf  vordere  MeduUarfalte.  Photogr. 
No.  38  des  anat.-biol.  Inst. 

Fig.  486.  Keimhaut  des  Hühnchens  nach  36  Stunden  Bebrütung.  mf  Me- 
duUarfalte. mr  MeduUarrinne.  jyst  Primitivstreifen,  pf  Primitivfalten.  pr  Primitiv- 
rinne.    /(/,  df  heller,  dunkler  Fruchthof.     Photogr.  No.  29  des  anat.-hist.  Inst. 


Fig.  487. 


Fig.  488. 


df 


elf  _. 


Tr 


.■^■■'  \. 


kf 


■pr 

1)1' 

hf  --- 


Fig.  487.  Keimhaut  vom  Sperling  mit  Fruchthöfen  (d/ und  hf)  vor  Auf- 
treten des  Primitivstreifens,  nach  Schauikslajnd.  Der  dunkle  Fleck  {Tr)  in  der 
Area  pellucida  (hf)  wird  durch  die  Beschaffenheit  des  Entoderms  hervorgerufen,  das 
hier  aus  mehrschichtigen  Lagen  von  losen  Zellen  besteht. 

Fig.  488.  Keimhaut  vom  Sperling  mit  wenig  entwickeltem  Primitivstreifen 
{pr),  nach  Schauinsland,    df,  hf  dunkler,  heller  Fruchthof. 


In    diese    erste    Entstehung    des   Primitivstreifens   gewähren   uns 
auch  einen  Einblick  die  Figg.  487  und  488  vom  Sperling  und  Fig.  489 


864 


0.  Hertwig, 


und  490  von  Haliplana.    Die  Keimhaut  vom  Si)erling  zeigt  uns  dabei 
eine  Eigentümlichkeit,  welche  Schauinsland  als  besonders  beachtens- 


Fig.  489. 


Fig.  490. 


,4. 


-kf 
-pr 


hf 

-  pr 


Fig.  489.  Keimhaut  von  Ha li plana  mit  dem  frühesten  Auftreten  des  Primitiv- 
streifens (pr),  nach  Schauinsland,     df,  hf  dunkler,  heller  Fruchthof. 

Fig.  490.  Keimhaut  von  Haliplana  mit  weiter  entwickeltem 'Primitivstreifen 
(jo/i,  nach  Schauinseand.  s  sichelförmige  Verbreiterung  von  pr.  hf,  df  dunkler, 
iieller  Fruchthof. 


Fig.    lOL 


Fig.  492. 


¥ 
hk 

pr 
hf 


: 

~ — n 

j-                                        V- 

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i 

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hk 
gr 


pr 

Pf 


-   hl 


Fig.  491.  Keinihaut  vom  Sperling  mit  weit  entwickelter  Primitivrinne  {pr). 
Sichelrinne  (s),  HENsEN'schem  Knoten  mit  tiefer  Einstülpung  (hk)  und  Kopffort- 
satz (kf),  uach  SCHAUINSLAND.    s  Sichel,     df,  hf  dunkler,  heller  Fruchthof. 

Fig.  492.  Keimhaut  von  Diomedea  mit  Primitivrinne  (pr),  ÜENSEN'schem 
Knoten '  (hk)  mit  tiefer  Einsenkung  {j/r),  Kopffortsatz  (kf),  nach  Schauinsland. 
pf  Primitivfalten,     bl  Blutgefäße. 

wert  beschrieben  hat.  Der  Primitivstreifen  (|jr)  entwickelt  sich  hier 
nämlich  im  Bereich  des  hellen  Fruchthofes  selbst  (Fig.  488)  und  nicht, 
wie  es  vom  Hühnchen  und  auch  sonst  stets  angegeben  wird,  an  der 
hinteren  (jrenze  des  hellen  Fruchthofes,  am  Uebergang  in  den  dunklen 
Hof,  wo  er  bei  Haliplana  (Fig.  490)  eine  sichelförmige  Verbreiterung 
(s)  darbietet. 


Die  Lehre  von  den  Keimblüttern.  865 

Bis  zum  Ende  des  1.  Brüttages  nimmt  der  Primitivstreifen 
an  Deutlichkeit  und  auch  an  Länge,  die  etwa  2  mm  erreicht,  zu,  und 
dabei  tritt  in  seiner  Glitte  eine  feine  Furche  auf.  die  Primitivrinne, 
die  in  seiner  vorderen  Hälfte  tiefer  als  nach  hinten  ist  (Fig.  484,  491, 

491  pr).  Sie  wird  eingesäumt  von  den  schmalen,  nur  wenig  über  die 
Obertläche  vortretenden  Primitivfalten  (Fig.  484  und  492  ^^f)-  Selten 
ist  das  axiale  Embryonalgel)ilde  ganz  gerade  gestreckt,  meist  ist  es 
etwas  gebogen:  namentlich  häufig  ist  sein  hinteres  Ende  etwas  zur 
Seite  gekrümmt  (Fig.  484  ^r'),  zuweilen  auch  in  2  kurze  divergierende 
Aeste  gespalten.  Das  vordere  Ende  des  Primitivstreifens  soll  als 
Knoten  {hJc)  bezeichnet  werden,  da  es  besonders  an  älteren  Keim- 
häuten (Fig.  .484,  485,  491  und  492)  eine  kleine,  nach  außen  hügelig 
vorspringende  Verdickung  darbietet,  an  welcher  die  Primitivrinne  ihre 
größte  grubenartige  Vertiefung  zeigt  (Fig.  491  und  492  gr).  Die 
Stelle  ist  morphologisch  besonders  wichtig,  wie  das  Studium  von  Quer- 
und  Längsschnitten  lehren  wird.  Sie  entspricht  dem  HENSEN'schen 
Knoten  in  der  Keimhaut  der  Säugetiere.  Besser  als  beim  Hühnchen 
ist  die  Grube  nach  den  Angaben  von  Schauinsland  bei  einigen 
anderen  Vogelarten  ausgeprägt,  wie  beim  Sperling  (Fig.  491j,  bei 
Diomedea  (Fig.  492)  und  anderen. 

Eine  neue  wichtige  Veränderung  vollzieht  sich  beim  Hühnchen 
(Fig.  484)  in  der  16. — 24.  Stunde  der  Bebrütung.  Vor  dem  Knoten 
in  der  Verlängerung  der  Primitivrinne  nach  vorn  wird  ein  kurzer, 
dichterer  Streifen  (Fig.  484  /./)  bemerkbar.  „Er  erscheint  —  bemerkt 
KÖLLiKER  (A.  L.  II  1879,  p.  107)  —  als  ein  vorderer  Anhang  des  Pri- 
mitivstreifens und  soll  der  Kopffortsatz  desselben  heißen."  Er  ragt 
halbierend  in  den  Bezirk  der  Area  pellucida  hinein,  den  Duval  als 
die  Zone  tergale  unterscheidet.  Das  Stadium  des  Kopffortsatzes  zeigen 
auch  die  Abbildungen  vom  Sperling  und  von  Diomedea  (Fig.  491  und 

492  kf). 

Auf  einem  noch  späteren  Stadium,  am  Ende  des  L  und  am 
Anfang  des  2.  Tages  erfährt  die  Zone  tei'gale  eine  noch  schärfere 
Gliederung  (Fig.  485);  es  erscheint  ein  wenig  hinter  der  Grenze  des 
dunklen  Fruchthofes  eine  halbmondförmige  Rinne  (Fig.  485  mf)  mit 
nach  hinten  gerichteter  Konkavität,  eine  Rinne,  durch  welche  sich  das 
Kopfende  der  Embryonalanlage  abgrenzt;  ferner  ist  jetzt  auch  im  vorderen 
Bezirk  eine  ihn  halbierende,  in  der  Achse  verlaufende  Furche  (r)  wahr- 
nehmbar, die  nach  dem  Knoten  (hk)  der  Keimhaut  zu  gerichtet  ist;  vorn 
ist  sie  tiefer,  nach  hinten  verstreicht  sie.  Sie  halbiert  die  Medullarplatte, 
die  jetzt  im  äußeren  Keimblatt  in  Ausbildung  begriffen  ist.  Ich  be- 
zeichne sie  als  Rückenrinne  (r),  wie  sie  denn  dem  gleichnamigen  Ge- 
bilde bei  den  Amphibien  ihrer  Lage  nach  genau  entspricht.  Auf 
diesem  Stadium  bietet  die  Keimhaut  einen  Anblick  dar,  als  ob  sich 
2  hintereinander  gelegene  Primitivstreifeu  auf  ihr  entwickelt  hätten. 
Rücken-  und  Primitivrinne  liegen  gewöhnlich  nicht  in  einer  geraden 
Linie  hintereinander,  sondern  so,  daß  das  hintere  Ende  der  ersteren 
vor  dem  Knoten  etwas  zur  Seite  weicht. 

Schon  Rabl  (L.  K.  III  ^  1889,  p.  133)  hat  auf  diese  von  mir  häufig 
beobachtete  Asymmetrie  aufmerksam  gemacht.  ..Wir  finden  nämlich", 
bemerkt  er,  „daß  die  Mittellinie  der  hinteren  Hälfte  der  Keimscheibe, 
also  desjenigen  Teiles,  der  den  Primitivstreifen  trägt,  nicht  der  Mittel- 
linie der  vorderen  Hälfte,  welche  den  Kopffortsatz  einschließt,  ent- 
spricht.   Es  setzt  sich  also  die  Rückenrinne  auch  nicht  einfach  in  die 

Handbuch  der  EntvvicUelungslehre.     1.  55 


806 


0.  IIertwig, 


der  Längsachse  gestreckt  und  die 
angenommen,    deren  spitzes  Ende  nach  hinten  ge- 


Priniitivrinne  fort,  sondern  diese  beginnt  etwas  nach  links  von  der 
hinteren  ^'erlängernng  der  Mitte  des  Bodens  der  Rückenrinne.''  (Vgl. 
auch  KÖLLiKER  [A.  L.  II  LS79,  Fig.  29].) 

Die  letzte  hier  zu  erwähnende  Veränderung  endlich  wird  dadurch 
hervorgerufen,  daß  die  Ränder  der  Medullarplatte  (Fig.  480)  sich  als 
Wülste  inif)  zu  beiden  Seiten  der  Rückentiäche  erheben  und  so  die 
viel  breitere  Nerven-  oder  Medullariinne  (mr)  umsäumen.  Die  Erhebung 
beginnt  vorn  am  Kopfende,  schreitet  nach  hinten  weiter  fort  und  faßt, 
wenn  sie  in  der  Gegend  der  Primitivrinne  angelangt  ist,  das  vordere 
Ende  derselben  und  den  Knoten  zwischen  sich  (Fig.  480). 

Während  aller  dieser  Veränderungen  hat  sich  natürlich  die  Keim- 
haut auf  dem  Dotter  in  der  Fläche  sehr  stark  ausgedehnt,  und  ist  auch 
der  helle  Fruchthof  erheblich  größer  als  am  Anfang  der  r)ebrütung 
geworden,  auch  hat  er  sich  mehr  in 
Form  einer  Birne 
richtet  ist. 

Als  eine  nebensächliche  Bildung  sei  noch  erwähnt,  daß  sich  in 
der  Primitivrinne  zuweilen  reihenförmig  hintereinander  angeordnete 
Dotterkügelchen  vortinden.  Sie  bilden  eine  Art  von  Faden,  den  schon 
V.  Baer  gesehen  und  für  die  Chorda  gehalten  hat.  Dursy  hat  (L.  K. 
III  ^  1867,  p.  35)  diese  irrtümliche  Deutung  aufklärend,  den  Namen 
Achsenfadeu  des  Primitivstreifens  (filament  epiaxial,  Duval)  eingeführt 
und  von  ihm  erwähnt,  daß  er  bei  durchfallendem  Licht  durch  seine 
Dunkelheit,  bei  auffallendem  durch  seine  blendende  Weise  hervor- 
steche. 

Zur  Untersuchung  von  Schnittserien  übergehend  wollen  wir  2  Stadien 
unterscheiden,  1)  die  Entwickelung  des  Primitivstreifens,  2)  das  Stadium 
seiner  vollen  Ausbildung  mit  Primitivrinne  und  Kopffortsatz. 

Erstes  Stadium.  Querdurchschnitte  durch  Keimhäute,  in  denen 
sich  die  Anlage  des  Primitivstreifens  als  eine  axiale  Trübung  bemerklich 
macht,  lehren,  daß  die  Trübung  einzig  und  allein  durch  eine  lebhafte 
Zellenwucherung  im  äußeren  Keimblatt,  die  längs  der  axialen  Linie 
stattfindet,  hervorgerufen  wird.  In  einem  bestimmten  Bezirk  be- 
obachtet man  sehr  zahlreiche  Kernteilungsfiguren.  Während  seitwärts 
von  der  Wucherung  das  Entoderm,  wie  im  gesamten  Bereich  des 
Embryonalschildes,  aus  Cylinderzellen  besteht,  ist  es  längs  der  Mittel- 


linie (Fig.   493   und   494) 


mehrschichtig 


geworden,  und  zwar  so,  daß 


Fig.  493.  Querschnitt  durch  den  Primitivstreifen  einer  Keimhant  des  Hühn- 
chens in  der  ersten  Zeit  seines  Auftretens.  W  Wucherung  im  äußeren  Keimblatt. 
az  amöboide,  auswandernde  Entodermzellen.  m  Megasphären.  ak,  ik  äußeres, 
inneres  Keimblatt,     sp  Spalt  zwischen  beiden. 


€ine  über  die  untere  Fläche  nach  dem  Entoderm  zu  vorspringende 
Leiste  entstanden  ist.  Es  scheiden  nämlich  die  infolge  der  Wucherung 
neugebildeten  Elemente  aus  dem  Niveau  des  äußeren  Keimblattes  aus 
und  treten,    wie   sich   aus   der  Form  der  Zellen  schließen  läßt,  durch 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


867 


amöboide  Bewegung  (Fig.  493  az)  in  den  Spaltiaum  {sp)  zwischen 
den  beiden  Grenzblättern  hinein.  Denn  die  Zellen  liegen  jetzt  viel 
lockerer  als  im  Gefüge  des  Ektoderms  nebeneinander,  haben  eine  rund- 
liche oder  polygonale  Form  angenommen  und  sind  zum  großen  Teil 
mit  kurzen  amöboiden  Fortsätzen  versehen.  A  n  d  e  m  W  u  c  h  e  r  u  n  g  s  - 
p r 0 z e ß  ist  das  innere  Keimblatt  (//.;)  nicht  in  der  ge- 
ringsten Weise  beteiligt.    Bei  Durchmusterung  der  Querschnitt- 


■;*&:äe«^ 


pr  ik  ak 

Fig.  494.     Querschnitt    durch   die   Mitte   des  Primitivstreifens  der  in  Fig.  487 
abgebildeten  :|Keiinhaut  des  Sperlings,  nach  Schauinsland. 

Serien  sieht  man  von  der  Wucherung,  die  den  Primitivstreifen  hervorruft, 
das  Darmdrüsenblatt  («7.'),  eine  einfache  Lage  außerordentlich  abgeplatteter 
Elemente,  die  wie  Endothelien  aussehen,  überall  durch  einen  Spalt  auf 
das  deutlichste  gesondert.  In  dieser  Beziehung  besteht  eine  vollständige 
Uebereinstimmung  in  der  ersten  Anlage  zwischen  dem  Mesodermsäck- 
chen  der  Reptilien  (Fig.  428,  429)  und  dem  Primitivstreifen  der  Vögel, 
mit  ^velchem  wieder,  wie  sich  später  zeigen  wird,  der  Primitivstreifen  der 
Säugetiere  übereinstimmt.  An  Längsschnitten  durch  junge  Primitiv- 
streifen läßt  sich  ferner  leicht  feststellen,  daß  die  Wucherung  von 
seinem  vorderen  bis  hinteren  Ende  in  ganzer  Länge  erfolgt  und  daß 
dabei  die  Zellen  aus  dem  äußeren  Keimblatt  haufenweise  austreten. 
Wie  ferner  die  Untersuchung  etwas  älterer  Stadien  lehrt,   breitet 


mf      IV   j)?' 


Fig.  495  A.  Querschnitt  durcn  den  J'rimitivstreifen  einer  Keimhaut  des  Hühn- 
chens nach  10  Stunden  Bebrütung.  Photogr.  No.  27"  des  anat.-biol.  Inst.  m/Meso- 
dermflügel.  pr  Primitivrinne,  w  Zellwucherung,  ak,  ik  äußeres,  inneres  Keimblatt. 
d  Dotter. 


ak 


2}r  w 


mf 


Fig.  495  B.  Querschnitt  durch  einen  etwas  weiter  als  in  Fig.  495A  entwickelten 
Primitivstreifen  einer  Keimhaut  des  Hühnchens,  gleichfalls  nach  10  Stunden  Be- 
brütung.    Photogr.  No.  4111  (jgg  anat.-biol.  Inst.    Bezeichnung  wie  Fig.  495A. 

55* 


868  0.  Hertwig, 

sich  die  längs  eines  ziemlich  schmalen  Streifens  aus  dem  Ektoderm 
entstandene  Zellenmasse  später  nach  beiden  Seiten  hin  in  dem  Si)alt- 
raum  zwischen  den  beiden  Grenzblättern  aus  (P'ig.  494  und  495).  Auf 
diese  Weise  kommen,  wie  bei  dem  Mesodermsäckchen  der  Reptilien 
(Fig.  444),  zwei  flügelartige  Fortsätze  (mf)  zu  stände,  die  zu  beiden 
Seiten  vom  Primitivstreifen  (pr)  breit  entspringen,  sich  nach  dem  Rande 
zu  verschmälern  und  schließlich  in  eine  einfache  Zellenlage  auslaufen. 
Es  sind  die  Anlagen  der  mittleren  Keimblätter.  Von  ihrem  centralen 
Ursprung  aus  breiten  sie  sich  immer  weiter  in  der  Peripherie  aus,  je 
ältere  Stadien  man  untersucht.  So  erreichen  sie  schließlich,  wenn 
wir  dem  nächsten  Abschnitt  schon  vorgreifen,  bei  ihrer  peripheren 
Ausbreitung  die  Grenze  zwischen  hellem  und  dunklem  Fruchthof  und 
breiten  sich  von  da  ab  im  Bereich  des  letzteren  noch  weiter  aus, 
immer  in  einen  dünnen  Rand  auslaufend. 

Die  Eutwickelung  des  mittleren  Keimblattes  erfolgt  demnach,  wie 
das  Studium  der  Schnittserien  auf  das  klarste  lehrt,  einzig  und  allein 
durch  eine  Wucherung,  die  längs  eines  Streifens  vom  Ektoderm  aus- 
geht und  in  den  Spaltraum  zwischen  den  Grenzblättern  eindringt, 
sowie  durch  eine  weitere  Vermehrung  dieser  ausgeschiedenen  Zellen. 
Eine  Beteihgung  des  inneren  Keimblattes  durch  Abspaltung  von  Zellen 
oder  eine  Abspaltung  aus  noch  anderen  peripheren  Bezirken  des  äußeren 
Blattes  kann  für  die  Vögel  ebensogut  wie  für  die  Reptilien  als  aus- 
geschlossen gelten.  Allerdings  liegen  im  Spaltraum  zwischen  den 
Grenzblättern  noch  von  der  frühesten  Zeit  der  Keimblattentwickelung 
her  einzelne  kugelige  Zellen,  sowie  runde  kernlose  Dotterkugeln 
(Fig.  493  m)  zerstreut.  Letztere  werden  zur  Ernährung  der  Zellen 
wohl  aufgebraucht.  Erstere  sind  an  Zahl  so  unbedeutend,  daß  sie  bei 
der  Frage  kaum  ins  Gewicht  fallen  (vgl.  hierüber  auch  Kölliker, 
A.  L.  II  1879,  p.  97).  Somit  können  wir  die  von  Kölliker  zuerst  be- 
gründete Lehre,  daß  das  ganze  Mesoderm  vom  Primitivstreifen  ab- 
stammt und  ganz  und  gar  ein  Erzeugnis  des  äußeren  Keimblattes  ist, 
in  vollem  Umfang  bestätigen. 

Ein  historischer  Rückblick  auf  die  Lehre  von  der  Ent- 
wickelung  des  mittleren  Keimblattes  gewährt,  wie  His  sich  ausdrückt 
(1877,  p.  178)  1)  den  Anblick  eines  schwer  zu  entwirrenden  Chaos ;  be- 
sonders gilt  dies  für  die  bei  Untersuchung  des  Hühnchens  gewonnenen 
Ergebnisse.  Die  ältere  Ansicht  von  Rbmak,  daß  sich  das  mittlei'e  Keim- 
blatt durch  Abspaltung  vom  primären  inneren,  bereits  am  frisch  ge- 
legten Hühnerei  vorhandenen  Keimblatt  entwickele,  war  lange  Zeit  die 
vorherrschende.  Sie  wurde  im  allgemeinen  von  Oellacher,  His,  Goette 
u.  a.  geteilt,  aber  dabei  in  dieser  und  jener  Weise  etwas  modifiziert. 
Einen  neuen  Gedanken,  der  aber  von  den  thatsächlichen  Verhältnissen 
weit  abweicht,  führten  Pbremeschko  (1868)  und  Stricker  (1866)  aus. 
Von  der  richtigen  Beobachtung  ausgehend,  daß  die  embryonalen  Zellen 
amöboide  Bewegungen  ausführen  können,  lehrten  sie,  daß  das  mittlere 
Keimblatt  sich  aus  Zellen  bilde,  die,  ursprünglich  am  Boden  der  Keim- 
höhle gelegen,  vom  Rande  der  Keimscheibe  her  zwischen  die  Keimblätter 
einwandern.  Goette  (1874,  p.  169)  bestreitet  durchaus  eine  Teilnahme 
des  oberen  Keimblattes  an  der  Bildung  des  mittleren  und  sucht  in 
mechanischer  Weise  das  Zustandekommen  des  Primitivstreifens  durch 
eine  Zusammenschiebung  von  Zellen,  die  vom  Rande  aus  nach  der  Mitte 
einwandern,   zu  erklären. 


1)    Die  den    Autoren    beigefügten   Jahreszahlen   beziehen   sich,    wenn   es  nicht 
anders  angegeben  ist,  auf  L.  K.  III*. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  869 

Erst  von  Köllikeu  (  A.  L.  II 1879,  p.  92)  wurde  eine  richtige  Darstellung 
des  Sachverhaltes  gegeben,  die  in  Koller's  Arbeiten  eine  Bestätigung 
fand  und  der  ich  in  meinem  Lehrbuch  beigetreten  bin,  wobei  ich  zugleich 
ausführte,  wie  sich  das  Einwachsen  des  mittleren  Keimblattes  von  der 
Primitivrinne,  dem  Urmund,  aus  mit  den  Verhältnissen  bei  anderen 
Wirbeltieren  gemäß  der  Cölomtheorie  in  Einklang  bringen  ließ.  Von 
anderer  Seite  erfuhr  die  Darstellung  Kölliker's  mehrfach  auch  Wider- 
spruch, so  von  His  (1877,  p.  172),  der  das  Vorhandensein  einer  selb- 
ständigen, aller  Gestaltung  vorausgehenden  Mesodermanlage  für  eine 
unanfechtbare  Thatsache  erklärte  und  Kölliker's  Lehre  darauf  zurück- 
führte, daß  er  zu  späte  Stadien  untersucht  habe.  Im  allgemeinen  aber 
wurde  bei  erneuten  L'^ntersuchungen  immer  häufiger  bestätigt,  daß  der 
Primitivstreifen  der  Hauptort  ist,  von  wo  aus  sich  das  mittlere  Keim- 
blatt anlegt,  und  es  wurde  nur  darüber  gestritten,  ob  dasselbe  nicht 
auch  noch  von  anderen  Stellen  einen  Zuwachs  erfahre.  Da  bald  nach 
seiner  Entstehung  mit  dem  Primitivstreifen  auch  das  innere  Keimblatt 
eine  Strecke  weit  verschmolzen  ist,  so  sollte  das  letztere  auch  durch 
Abgabe  von  Zellen  zu  seinem  Wachstum  beitragen.  Eine  solche  ge- 
mischte Entstehung  aus  Zellen  dei-  beiden  primären  Keimblätter  glaubten 
aus  verschiedenen  Gründen  Duval  fl878,  1884),  Balfouk  und  Deigthon 
(1882),  Gasser  (1878),  Zumstein  (1887)  annehmen  zu  müssen.  Duval  faßt 
seine  Ansicht  in  den  Satz  zusammen :  „Cette  disposition  permet  de  penser 
que  le  feuillet  moyen  se  forme  par  de  processus  differents  dans  chacune 
de  ces  regions :  dans  la  zona  tergale  il  proviendrait  du  feuillet  interne, 
dans  la  region  de  la  ligne  primitive  il  proviendrait  du  feuillet  externe  etc." 
In  ähnlicher  Weise  äußern  sich  Balfouk  und  Deigthon  (1882):  „The 
first  part  of  the  mesoblast  to  be  formed  is  that  which  arises  in  connection 
with  the  primitive  streak.  This  part  is  in  the  main  formed  b}"  a  pro- 
liferation  from  an  axial  strip  of  the  epiblast  along  the  line  of  the  primi- 
tive streak,  but  in  part  also  from  a  simultaneous  differentiation  of 
hypoblast  cells  also  along  the  axial  line  of  the  primitive  streak.  The 
second  part  of  the  mesoblast  to  be  formed  is  that  which  gives  rise  to 
the  lateral  plates  of  mesoblast  of  the  head  and  trunk  of  the  embryo. 
This  part  appears  as  two  plates,  which  arise  by  direct  differentiation 
from  the  h3'poblast  in  front  of  the  primitive  streak." 

Außer  einem  axialen  Ursprung  im  Primitivstreifen  iinter  Beteiligung 
von  Elementen  des  Ektoderms  und  Entoderms  nehmen  Gasser  (1878) 
und  ZuMSTEix  (1887)  auch  noch  peripherische  Anlagen  sowohl  im  Be- 
reich des  hellen  als  des  dunklen  Eruchthofes  an.  Hiergegen  hat  sich  Rabl 
(L.  K.  IUI  1889)  in  seiner  Theorie  des  Mesoderms  mit  derselben  Ent- 
schiedenheit wie  KöLLiKER  ausgesprochen.  „Außer  im  Kopffortsatz  und 
im  Primitivstreifen  findet  er  nirgends  eine  Verbindung  des  Mesoderms 
mit  den  primären  Blättern :  an  der  Peripherie  hört  das  Mesoderm  mit 
scharfem  Rande  zwischen  Ektoderm  und  Entoderm  auf"  (1889,  p.  135). 
„Gerade  in  der  Peripherie  der  Area  pellucida,  an  der  Grenze  gegen 
die  Area  opaca,  nehmen  die  Entodermzellen  Charaktere  an,  durch  welche 
sie  sich  sehr  scharf  von  den  über  ihnen  hinwegziehenden  Mesodermzellen 
unterscheiden.  Die  andere  Angabe  Gasser's,  daß  auch  aus  dem  Keim- 
wall neue  Mesodermelemente  entstehen,  beruht  allem  Anschein  nach  auf 
einer  Verwechselung  der  ersten  Blutanlagen  mit  Mesodermzellen"  (1.  c. 
p.  137).  Nach  den  Forschern,  die  sich  zuletzt  mit  dem  Gegenstand 
beschäftigt  haben,  Schauixsland  (1899)  und  Nowak  (1902),  entsteht 
das  Mesoderm  einzig  und  allein  durch  Wucherung    des    Ektoderms    vom 


870 


0.  Hertwig, 


Primitivstreifen 
mehr  die  Form 


ans,  der  bei  einigen  Vogelarten,  wie  bei  Fregatta  aquila, 
einer  Platte  hat,    „und  zwar  ohne   jede  Beteiligung   des 


Entoderms''   uSoiiauinslani),  A.  L.  III  ^  189U,  p.  325). 


größere 


Uebereinstiiiimimg 


der 


Zweites  Stadium.  Eine  weit 
verschiedenen  Forscher  herrscht  über  die  Ergebnisse  der  Querschnitt- 
serien durch  den  fertig  entwickelten  Primitivstreifen  mit  gut  ausge- 
prägter Primitivrinne  und  einem  Kopffortsatz.  Namentlich  kann  ich 
durch  neu  ausgeführte  und  auf  ein  großes  Material  basierte  Unter- 
suchungen Punkt  für  Punkt  die  P'iguren  und  die  Darstellung  von  Rabl 
(L.  K.  III  ^  1889)  und  Schauinsland  (A.  L.  IIP  1899)  bestätigen.  Be- 
ginnen wir  mit  dem  wichtigsten  Punkt,  mit  dem  Knoten  (Itk)  der 
Keim  haut  (Fig.  497,  500,  502B),  von  welchem  aus  ^Yir  die  Schnitt- 
serien einmal  nach  hinten  und  zweitens  nach  vorn  verfolgen  wollen. 
Am  Knoten  hängen  alle  3  Keimblätter  auf  das  innigste  untereinander 
zusammen.  Das  innere  Keimblatt,  welches  seitlich  durch  einen  deut- 
lichen Spalt  als  einfache  Lage  endothelartiger  Zellen  vom  Mesoderm 
scharf  abgegrenzt  ist,  läßt  im  Bereich  des  Knotens  eine  Abgrenzung 
nicht  mehr  erkennen.  Da  es  auf  frühen  Stadien,  wie  sicher  festge- 
stellt ist,  in  ganzer  Ausdehnung  isoliert  war,  muß  nachträglich  sich 
eine  Verbinduno;   an  der  beschränkten  Stelle   ausgebildet   haben.      So 


bemerkt  auch  Schauinsland  (1 
eine 


c.  1899,  p.  325):  „Erst  später  kann 


Verschmelzung  des  Primitivstreifens  mit  dem  Eutoderm  statt- 


Pf  ffr     Pf 


Fig.  496. 


Fig.  497. 


mp    kf 


Fig.  498. 


Fig.  490 — 498.  Querschnitte  durch  Primitivstreifen  und  Kopffortsatz  einer 
Hühnerkeimhaut  nach  2ö  Stunden  Bebrütung.  Photogr.  No.  30  des  anat.-biol. 
Instituts. 

Fig.  496.     Schnitt  dicht  hinter  dem  Knoten  durch  die  Primitivgrube. 

Fig.  497.     Schnitt  durch  den  Knoten. 

Fig.  498.     Schnitt  dicht  vor  dem  Knoten  durch  den  Anfang  des  Kopffortsatzes. 

ak,  mk,  ik  äußeres,  mittleres,  inneres  Keimblatt,  gr  Primitivgrube,  pf  Primitiv- 
falte, pf  weiter  vorspringende,  die  A.symmetrie  des  Knotens  bedingende  Primitiv- 
falte,    kf  Kopffortsatz,     mp  Medullarplatte.     ?j  Naht. 


Die  Lehre  von   don   Keimblättern. 


871 


finden.  Die  Zeit  des  ersten  Auftretens  dieser  Verlötung  und  die 
Dauer  derselben  ist  verschieden,  je  nach  der  Vogelart,  zeigt  aber 
auch  individnolle  Schwankungen."  Das  Ektoderm,  das  hier  wieder 
viele  Kernteilungstiguren  enthält,  geht  gleichfalls  nach  unten  in  das 
Mesoderm  über  und  zeigt  in  der  schrägen  Stellung  der  Zellen  eine 
Anordnung,  als  ob  zwei  Faltenränder  (Fig.  ÖOO  pf  u.  pf),  an  denen  ein 
Umschlag  stattfindet,  im  Knoten  zusammengetroffen  und  verschmolzen 
wären.  Ferner  bildet  es  an  dieser  Stelle  nach  außen  einen  hügeligen 
Vorsprung,  der,  wie  schon  von  Rabl  hervorgehoben  worden  ist,  von 
der  Symmetrieebene  nach  einer  Seite  etwas  abweicht  und  zugleich 
stärker  nach  außen  hervortritt   (Fig.  41>7,   500,   502B).     Es  kommt  so 


Pf       pr       P.f 


Fig.  499. 


Fia-.  500. 


kf  mp 


Fig.  501. 


Fig.  401) — .jUI.  Querschnitte  durch  Primitivstreifen  und  Kupttortsatz  einer 
Hühnerkeimhaut  nach  21  Stunden  ßebrütung.  Photogr.  No.  40  des  anat.-bioh 
Instituts. 

Fig.  499.     Schnitt  hinter  dem  Knoten  durch  den  Anfang  der  Primitivrinne.j 

Fig.  500.     Schnitt  durch  den  HENSEX'schen  Knoten. 

Fig.  501.     Schnitt  dicht  vor  dem  Knoten  durch  den  Kopffortsatz. 

Bezeichnungen  wie  bei  Fig.  496 — 498.     pr  Primitivrinne. 


ein  deutlich  asymmetrisches  Verhältnis  zu  stände,  das  fast  an  allen 
Schnittserien  in  ähnlicher  Weise  wiederkehrt  und  daher  von  Konstanz 
zu  sein  scheint.  Hiermit  hängt  auch  das  bei  der  Flächenbetrachtung 
schon  beschriebene  Verhalten  (Fig.  485  u.  p.  865)  zusammen ,  daß 
Rückenrinne  und  Primitivrinne,  die  am  Knoten  zusammentreffen  und 


872 


0.  Hertwig, 


durch  ihn  unterbrochen  werden,  nicht  in  einer  geraden  Linie  hinter- 
einander liegen.  Wenn  unsere  Deutung,  daß  am  Priniitivknoten  zwei 
Falten  verschmolzen  sind,  richtig  ist,  so  läßt  sich  die  Asymmetrie  in 
der  Weise  erklären,  daß  die  eine  Falte  (pf)  etwas  stärker  nach  außen 
hervortritt  und  sich  über  die  andere  (pf)  bei  der  Nahtbildung  ein 
wenig  lierüberschiebt. 

Verfolgt  man  die  Schnittserie  nach  hinten,  so  kommt  man  bald 
in  das  Bereich  der  Primitivgrube,  die  hinter  dem  Knoten  ihre  größte 
Tiefe  erreicht  (Fig.  496,  499,  502 A),  so  daß  jetzt  in  der  That  zwei 
Falten  {pf  u.  pf)  entstanden  sind,   an  denen  sich  das   äußere  Keim- 


A 


T>f'  n 


B 


Fig.  502  A  u.  B.  Zwei  Querschnitte  durch  die  Priniitivgrube  und  den  Knoten 
des  Primitivstreit'ens  einer  Hühnerkeimhaut  nach  33  Stunden  Bebrütung.  Photogr. 
No.  33  des  anat.-biol.  Instituts,  n  Naht  im  Knoten.  <lh  Darmhöhle,  d  Dotter. 
^jr  Primitivrinne.    Andere  Bezeichnungen  wie  in  Fig.  4i)8. 


blatt  in  die  Zellenmasse  des  Primitivstreifens,  welche  den  Grund  der 
Rinne  bildet,  umschlägt.  Wie  am  Knoten,  sind  auch  hier  Entoderm 
und  Mesoderm  nicht  voneinander  zu  sondern,  während  seitwärts  davon 
alle  3  Keimblätter  durch  einen  Spalt  getrennt  sind.  An  einer  Schnitt- 
serie drang  von  der  Primitivgrube  aus  ein  kleiner,  enger  Blindsack 
nach  vorn  in  den  Knoten  hinein ;  er  entspricht,  wenn  wir  einen  Ver- 
gleich mit  den  Säugetieren  anstellen,  dem  Anfang  eines  rudimentären 
Chordakanals  oder  dem  Hohlraum  im  Mesodermsäckchen  der  Reptilien, 
in  einem  außerordentlich  reduzierten  Maßstabe. 
Viel  besser  als  beim  Huhn,  wo  ich  sie  nur  selten  getroffen  habe, 
ist  die  Primitivgrube  und  ihre  nach  vorn  gerichtete  Fortsetzung  nach 
den  Untersuchungen  von  Schauinsland  (1.  c.  1899,  p.  326)  bei  einigen 
Vögeln,  Diomedea  [Fig.  50()-5081,  Puffinus,  Sula  [Fig.  503— 505J, 
Haliplana  etc.,  ja  selbst  beim  Star  und  Speiling  entwickelt.  Die 
Grube  auf  dem  Knoten  ist  stark  vertieft  (Fig.  504,  500,  507)  und 
ragt   in    den    später   zu   besprechenden    Kopffortsatz    (Fig.    503—508) 


allerdings 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


873 


als  en^es  Röhrchen  hinein,  das  von  Schauinsland  einem  rudimen- 
tären Urdarm  und  dem  Chordakanal  der  Säugetiere  mit  Recht  ver- 
wird.    Die  Grube  bleibt  in  diesen  Fällen  lange  bestehen   und 


glichen 


Fig. 


503. 


Fig.  504. 


Icf  ik 

Fig.  503  u.  504.     Zwei  aufeinander  folgende  Schnitte  durch  das  vorderste  Ende 
des  Primitivstreifens  von  Sula  cyanops.     Nach  Schauixsland. 
pf,  gr,  ms,  kf,  n  wie  in  Fig.  506 — 508. 


ik  dpf      ik 

Fig.  505.  Schnitt  durch  die  Mitte  des  Primitivstreifens,  welchem  auch  die 
Schnitte  der  Figuren  503  u.  504  angehören,  von  Sula  cyanops.  Nach  SCHAUINS- 
LAXD.    pf  Primitivfalte,     dpf  Dotterpfropf,     ik  inneres  Keimblatt. 


ist  ohne  Unterbrechung  in  allen  Entwickelungsstadien,  selbst  wenn 
sich  die  Medullarwülste  über  sie  zusammenfalten,  deutlich  zu  beob- 
achten bis  zur  Entstehung  des  neurenterischen  Kanals.  Die  Bilder 
sprechen  auch  wieder  für  die  Ansicht,  daß  am  Knoten  eine  Naht- 
bildung zwischen  den  beiden  Primitivfalten  zu  stände  kommt  und  daß 
dadurch  auch  der  dem  Chordakanal  vergleichbare  Hohlraum  entsteht. 
Dasselbe  Querschnittsbild,  wie  unmittelljar  hinter  dem  Knoten, 
kehrt  in  ähnlicher  Weise  im  ganzen  vorderen  Bereich  des  Primitiv- 
streifens wieder,  abgesehen  davon,  daß  die  Rinne  sich  etwas  verflacht. 
Weiter  nach  hinten  ändert  sich  das  Bild.  Das  untere  Keimblatt  läßt 
sich  von  jetzt  ab  bis  zum  Ende  des  Primitivstreifens  auch  unter  ihm 
als  isolierte  Schicht  abgrenzen  (Fig.  505?/.;),  während  Mesoderm  und 
Ektoderm  ihren  früheren  Zusammenhang  auch  noch  weiter  bewahren. 
Im  Vergleich  zu  vorn  ist  an  den  meisten  der  untersuchten  Keimhäute 
der  Primitivstreifen  in  seiner  hinteren  Hälfte  breiter,  Ektoderm  und 
Mesoderm  sind  in  größerer  Ausdehnung  untereinander  verschmolzen, 
d.  h.  die  Wucheruugszone  im  Ektoderm  ist  eine  ansehnlichere.     Erst 


874 


0.  Hertwig, 


hinter  dem  Priinitivstieifen  sind  alle  3  Blätter  getrennt ;  das  Ektoderm 
besteht  aus  kubischen  Zellen  und  flacht  sich,  je  weiter  nach  hinten, 
um  so  mehr  ab.     Das  Mesoderm  ist  dünner  geworden    und   läßt   sich 

als    gesonderte    zusammen- 


Fig.  506. 
pf   gr 


Fig.  507. 


n 


um, 

km 


kf      vts 


Fig.  508. 
mp 


X.-n::i~- 


hängende  Schicht  noch  eine 
Strecke  weit  über  das  Ende 
des  Primitivstreifens  hinaus 
in  den  dunklen  Fruchthof 
hinein  verfolgen,  das  innere 
Keimblatt  verändert  seine 
Beschaffenheit  und  geht  in 
das  später  noch  genauer  zu 
beschreibende  Dotterento- 
deim  über. 


Fig.  506—508.  Drei  Schnitte 
durch  das  vordere  Ende  des  in 
Fig.  492  abgebildeten  Primitiv- 
streifens von    Dioraedea.      Nach 

SCHAüINSLAND. 

Fig.  506.  Vorderstes  Ende 
der  Primitivrinne. 

Fig.  507.  Der  nach  vorn 
nächstfolgende  Schnitt. 

Fig.  508.  Noch  2  Schnitte 
weiter  nach  vorn. 

g7-  Primitivgrube,  pf  Primitiv- 
falten, ak,  mk,  ik  äußeres,  mitt- 
leres, inneres  Keimblatt.  »  Naht- 
linie, in  welcher  sich  die  Primitiv- 
falten zusammengelegt  haben.  /./ 
Kopffortsatz,  ms  Mesoderm kanal. 
7np  Nerven  platte. 


In  entgegengesetzter  Richtung  führt  uns  die  Durchmusterung  der 
Schnittserie  in  den  Bereich  des  Kopffortsatzes,  der  im  Flächen- 
bild schon  beschrieben  wurde  (Fig.  484,  491  u.  402  kf).  Auch  über 
den  Knoten  hinaus  nach  vorn  breitet  sich  das  mittlere  Keimblatt  in 
der  ,,Zone  tergale"  von  Duval  aus,  und  zwar  je  älter  der  Embryo  ist, 
über  eine  um  so  größere  Strecke.  Wie  hinter  dem  Knoten  ist  es 
längs  eines  medianen  Streifens  verdickt,  wodurch  eben  bei  der  Flächen- 
betrachtung (Fig.  484,  491,  492)  das  Bild  des  Kopffortsatzes  entsteht. 
Nach  vorn  verdünnt  sich  derselbe,  wie  überhaupt  das  mittlere  Keim- 
blatt nach  seinen  Rändern  zu  in  eine  1  bis  2  Zellen  dünne  Platte  aus- 
läuft. In  einem  wichtigen  Punkte  aber  sind  die  Verhältnisse  nach 
vorn  vom  Primitivknoten  gewissermaßen  die  umgekehrten  wie  in  der 
hinteren  Hälfte  des  Primitivstreifens.  Denn  hinten  ist  die  mediane 
des  mittleren  Keimblattes  mit  dem  Ektoderm  auf  das 
zum  Primitivstreifeu  verschmolzen,  aber  durch  einen  Spalt 
vom  einschichtigen  Entoderm  scharf  getrennt,  vorn  (Fig.  501,  509  hf) 
dagegen  ist  sie  umgekehrt  vom  Ektoderm  durch  einen  Spalt  geschieden 
und  vom  Entoderm  nicht  zu  sondern,  mit  welchem  zusammen  sie  den 
Kopffortsatz  erzeugt.   Zwischen  beiden  Abschnitten  liegen  der  Knoten 


Verdickung 


innigste 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


875 


und  die  vordere  Hälfte  des  Primitivstreifens,  an  welchen  Stellen  alle 
.'>  Keimblätter  in  der  ]\Iedianebene  verschmolzen  sind.  Seitlich  ver- 
dünnt sich  der  Kopffortsatz  und  geht  wie  der  Primitivstreif  in  das 
ihm  wie  2  Flügel  ansitzende,  mittlere  Keimlatt  über,  das  wenigstens  2 
Zellenlagen  dick  ist  und  erst  am  Rand  sich  in  eine  Zellenlage  ver- 
dünnt. Unter  ihm  breitet  sich,  durch  einen  Spalt  getrennt,  das  Ento- 
derm  als  ein  aus  i)latten  Zellen  bestehendes  feines  Häutchen  bis  zum 
dunklen  Fruchthof  aus,  wo  es  seine  Beschaffenheit  ändert.  Während 
ferner  hinter  dem  Knoten  die  Primitivrinne  einschneidet,  ruft  der 
Kopffortsatz  im  Gegenteil  eine  kurze  Strecke  weit  eine  kleine  Vor- 
wölbung des  äußeren  Keimblattes  hervor  (Fig.  498  u.  501). 


kf  hk 


Fig.  509.  Läncrsschnitt  durch  ein  frühes  Stadium  des  Primitivstreifens  einer 
Hühnerkeimhaut,  kf  Kopffortsatz,  hk  Knoten,  pr  Primitivstreifen,  jpr"^  hinterer 
Teil  desselben,     dh  Darmhöhle.     ik  inneres  Keimblatt. 


Lehrreich  sind  auch  median  gelegene  Längsschnitte.  Ein  solcher 
ist  in  Fig.  509  von  einem  frühen  Stadium  dargestellt  und  zeigt  deut- 
lich, wie  nach  vorn  von  dem  Knoten  (hk),  wo  alle  3  Keimblätter 
verschmolzen  sind,  der  Kopffortsatz  (kf)  als  eine  schnabelartige,  nach 
vorn  sich  verjüngende  Verlängerung  ausgeht,  getrennt  vom  Ektoderm, 
verschmolzen  mit  dem  Entoderm.  —  Von  einem  noch  viel  weiter  ent- 
wickelten Primitivstreifen  des  Sperlings  hat  Schauin slaxd  einen 
Medianschnitt  abgebildet  (Fig.  510  A  u.  B).  Der  Kopffortsatz  (kf), 
über  welchem  das  äußere  Keimblatt  zur  Medullarplatte  {mp)  verdickt 
ist,  hat  eine  erhebliche  Länge  erreicht ;  an  seinem  hinteren  Ende  liegt 
der  Knoten  (hk)  mit  der  beim  Sperling  sehr  tiefen  Primitivgrube 
(gr);  dann  beginnt  der  Primitivstreifen  (pr),  der  ebenfalls  sehr  lang 
ist  und  aus  einer  gewucherten  Zellmasse  besteht,  in  welcher  Ektoderm 
und  Mesoderm  verschmolzen  sind,  während  sich  nach  hinten  das  Ento- 
derm (Fig.  510  B  ik)  immer  deutlicher  abzugrenzen  beginnt.  Sein  hinteres 
Ende  wird  wieder  durch  die  beim  Sperling  deutlich  ausgeprägte  Sichel- 
rinne [sr)  markiert.  Mit  ihr  beginnt  dann  die  Region,  in  welcher  sich 
das  unpaare  mittlere  Keimblatt  {mk)  überall  von  den  Grenzblättern 
getrennt  ausbreitet. 

Die  Beschreibung  dieses  Stadiums  schließe  ich  ab  mit  einigen 
Worten  über  die  übrigen  Veränderungen,  die  sich  noch  an  der  Keim- 
haut und  in  ihrer  L^mgebung  vollziehen.  Ihnen  hat  namentlich  Duval 
ein    sorgfältiges  Studium    zu    teil    werden    lassen,    seine    Darstellung 


allen  Punkten 


bestätigen. 


kann  ich  in 
flächlichsten  Schicht  des  weißen  Dotters 
als  auch  nach  der  Tiefe  mit  der  Dauer  der 
nale  Höhle  wird  dementsprechend  größer 


Die  Verflüssigung  der  ober- 
nimmt sowohl  in  der  Fläche 
Bebrütung 


zu. 


Die  subgermi- 


und  tiefer  und  ist,  wenn  die 


Keimhaut  abgetrennt  worden  ist,  von  einem  Ring  noch  festen  Dotters, 
dem  D  0 1 1 e r  w  al  1,  eingefaßt  (Fig.  512  dw).  Der  helle  Fruchthof  nimmt 
an  Ausdehnung  zu,  aber   in   noch   viel   höherem  Grade  hat   sich   der 


876 


0.  Hertwig, 


??- 


?:- 


a 


—  ,??• 


3 
crq' 


> 


.j?- 


Fig.  511. 


dunkle  Frudithof  auf 
der  Dotterkugel  aus- 
gebreitet und  dabei 
zugleich  in  seiner  Zu- 
sammensetzung 
wesentliche  Verände- 
rungen erfahren.  Denn 
früher,  auf  dem  ersten 
Stadium,  ist  der  Rand 
der  Keimhaut  zum 
R  a  n  d  w  u  1  s  t  (bourre- 
let  blastodermique) 
verdickt,  eine  mehr- 
schichtige Lage  von 
Embryonalzellen,  wel- 
che dem  Randsyncy- 
tium        des       weißen 

Fig.  510.  Medianschüitt 
durch  den  ganzen  Enibryo- 
nalschild  der  in  Fig.  491 
abgebildeten  Keimhaut 
vom  Sperling.  Nach 
SCHAriNSLAND.  ak,  ik, 
nik  äußeres,  inneres,  mitt- 
leres Keimblatt,  ik-  ver- 
dickter, im  Bereich  der 
Area  opaca  gelegener  Teil 
des  inneren  Keimblattes, 
Dotterentoderm.  hk  Hen- 
SEif 'scher  Knoten.  kf 
Kopffortsatz,  gr  Primitiv- 
.  grübe,  sr  Sichelrmne.  mj) 
Medullarplatte.  pr  Primi- 
tivstreifen. 

Fig.  511.  Durchschnitt 
durch  den  Rand  der  Kemi- 
haut  eines  6  Stunden  be- 
brüteten Hühnereies,  nach 
DuVAL.  ak  äußeres  Keim- 
blatt, dz  Dotterzellen,  dk 
Kerne  des  Dottersyncy- 
tiums.     dw  Dotterwall. 

Fig.   512.     Querschnitt 
durch  die  einige  Stunden 
bebrütete  Keimhaut    eines 
Hühnereies,  nach  Koller. 
Der    Schnitt    geht    durch 
das  vordere  Ende  des  Em- 
bryonalschildes, wo- 
hin   zu    dieser   Zeit 
noch  kein  mittleres 
Keimblatt       vorge- 

iil-    drangen  ist.     "/.-,  ik 

,1^     äußeres,         inneres 

Keimblatt  in  Bereich 
des  Embryoualschil- 
des  (spätere  Medul- 
larplatte). dz  Dotter- 
zellen, in  Mega- 
sphären,  Dotter  ku- 
geln, dir  Dotterwall. 


dw 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  877 

Dotters  ohne  trennenden  Spalt  fest  aufliegen.  Das  innere  Keimblatt 
war  nocli  unvollständig  ansgebildot,  als  eine  einfache  Lage  al)gei)latteter 
Zellen,  welche  nach  hinten  ebenfalls  in  die  Zellenniasse  des  Rand- 
wulstes überging,  während  es  nach  vorn  und  seitlich  in  einiger  Ent- 
fernung von  der  Grenze  des  hellen  Fruchthofes  mit  freiem  Rande  auf- 
hörte (Fig.  477  u.  478).  Bei  der  raschen  Größenzunahme  der  Keini- 
haut  infolge  der  Bebrütung  trennen  sich  die  obei'flächlichsten,  fester 
untereinander  verbundenen  Zellen  allmählich  nach  der  Peripherie  fort- 
schreitend als  äußeres  Keimblatt  von  der  tieferen  Schicht  ab,  die  mit 
dem  Dotterwall  (dw\  rempart  vitellin  Duval)  verbunden  bleibt  (Fig.  511 
u.  512).  Man  kann  diesen  \'organg  auch  so  darstellen,  daß  man  sagt, 
die  Furchuugs-  oder  Keimblaseuhühle  dehnt  sich  seitwärts  weiter  aus 
und  spaltet  dadurch  vom  Randwulst  das  äußere  Keimblatt  vollständig 
ab.  Beide  Schichten  wachsen  nun  getrennt  weiter.  Die  tiefer ,  mit 
dem  Dotterwall  verbundene  Schicht  nennt  Duval  den  bourrelet  ento- 
dermo- vitellin.  Sie  besteht  1)  im  Umkreis  der  subgerminalen  Höhle  aus 
größeren  und  kleineren,  kugeligen,  dotterhaltigen  Zellen;  2)  aus  einem 
nach  außen  von  ihnen  und  unter  ihnen  gelegenen,  kernhaltigen  Dotter, 
dem  peripheren  Dottersvncytium  (Virchow)  welches  noch  weiter 
peripherwärts  3)  in  kernlosen  Dotter  übergeht.  Mit  ihm  verbindet 
sich  der  ursprünglich  (vergl,  p.  859)  frei  auslaufende,  vordere  und  seit- 
liche Rand  des  inneren  Keimblattes,  wenn  es,  in  der  Fläche  an  Aus- 
dehnung zunehmend,  schließlich  auf  den  Dotterwall  stößt  (Fig.  512  dw). 
Sein  Wachstum  geschieht  wohl  einfach  in  der  Weise,  daß  die  im  Rand- 
bezirk in  der  subgerminalen  Höhle  liegenden  Rundzellen  zu  seiner 
Vergrößerung  beitragen  und  sich  in  i)latte  Elemente  umwandeln. 

Wie  Duval  hat  auch  G-asseu  (L.  K.  III  ^  1883,  p.  53)  von  den  Ver- 
änderungen im  Randbezirk  der  Keimhaut  eine  im  ganzen  zutreffende  Dar- 
stellung gegeben.  Er  unterscheidet  ein  primäres  und  sekundäres  Stadium  in 
der  Ausbreitung  des  Keimwalles.  Im  ersten  Stadium  sind  in  ihm  beide 
Keimblätter  zu  einer  undifferenzierten  Masse  der  Furchungszellen  ver- 
schmolzen, oder  richtiger  gesagt,  die  Randmasse  der  embryonalen  Zellen 
hat  sich  noch  nicht  in  zwei  Lagen  gesondert,  welche  zur  seitlichen  Aus- 
breitung der  beiden  primären  Keimblätter  dienen.  Im  zweiten  Stadium 
ist  das  Ektoderm  von  Keimwall  abgetrennt.  Der  „sekundäre  Keimwall" 
stellt  dann  allein  den  verdickten  Randbezirk  des  inneren  Keimblattes  dar. 

Unter  den  zahlreichen,  von  mir  studierten  Schnittserien  konnte  ich 
einige  Male  beobachten,  daß  die  Verbindung  des  plattzelligen  Entoderms 
mit  dem  Dotterwall  nur  auf  einer  Seite  in  normaler  W^eise  erfolgt,  auf 
der  anderen  aber  unterblieben  w^ar,  so  daß  zw^ischen  beiden  noch  eine 
breite  Lücke  bestand.  Selbst  bei  älteren  Embryonen  mit  mehreren  Ur- 
wirbeln  wurde  diese  Abnormität  beobachtet.  Daß  eine  Trennung  durch 
Zug  bei  der  Präparation  künstlich  erzeugt  sein  sollte,  glaube  ich  nicht 
annehmen  zu  sollen,  da  auf  eine  Veiietzung  nichts  hindeutete.  Ob  später 
die  Störung  noch  ausgeglichen  wird,  kann  ich  nicht  angeben:  übrigens 
dürfte  dieselbe  auf  den  weiteren  Verlauf  der  Entwäckelung  kaum  von 
Einfluß   sein. 

Den  Randbezirk  des  inneren  Keimblattes,  welcher  dem  Dotter  auf- 
liegt (Fig.  511  u.  512),  wollen  wir  vom  centralen,  dem  hellen  Frucht- 
hof angehörigen,  aus  Plattenzellen  zusammengesetzten  Bezirk  (iJc)  als 
D  0 1 1  e  r  e n  1 0  d  e  r m  unterscheiden.  Dasselbe  dient  hauptsächlich  zur 
Resorption    des  Dottermaterials,   dessen  Kügelchen    in  die  Zellen  auf- 


878  0.  Hertwig, 

genommen  und  verflüssigt  werden.  Es  stellt  daher  ein  wichtiges 
Bindeglied  zwischen  dem  zu  ernährenden  Embryo  und  dem  Nahrungs- 
dotter her.  Auf  späteren  Stadien  nehmen  seine  Elemente  rasch  an  Höhe 
und  Größe  beträchtlicli  zu  und  werden  zu  langen,  mit  Dotterkügelchen 
vollgepfropften  Cylinderzellen,  die  zu  einem  dem  Nahrungsdotter  auf- 
liegenden Epithel  verbunden  sind.  Dem  Dotterentoderm  eilt  in  der 
Flächenausbreitung  das  äußere  Keimblatt  weit  voraus,  worauf  Duval 
und  Gasser  zuerst  die  Aufmerksamkeit  gelenkt  haben.  Dabei  werden 
seine  Zellen,  die  im  Bereich  des  Embryonalschildes  (Fig.  512)  hohe 
Cylinder  waren,  nach  dem  dunklen  Fruchthof  zu  zuerst  kubisch  und 
schließlich,  je  näher  dem  Rand,  um  so  mehr  zu  dünnen  Plättchen  um- 
gewandelt, die  als  feines  Häutchen  noch  eine  Strecke  weit,  wo  das 
Dotterentoderm  schon  aufgehört  hat,  den  kernfreien  Dotter  bedecken. 
Das  mittlere  Keimblatt  folgt,  wenn  es  sich  von  dem  Primitivstreifen  und 
Kopffortsatz  aus  in  der  Fläche  ausbreitet,  den  Grenzblättern  noch 
langsamer  nach.  Von  seinem  Ursprungsort  aus  schiebt  es  sich,  vom 
Ektoderm  und  Entoderm  überall  vollständig  getrennt,  in  den  Spalt 
zwischen  beiden  hinein,  zuerst  im  Bereich  des  hellen  Fruchthofes, 
später  im  dunklen  Fruchthof,  wo  es  das  äußere  Keimblatt  vom  Dotter- 
entoderm abhebt.  Bei  seiner  Ausbreitung  bleibt  ein  kleiner 
Bezirk  vor  dem  Kopffortsatz  mesodermfrei  bis  in  ziem- 
lich späte  Stadien  der  Ent Wickelung  hinein.  In  diesem 
mesodermfreien  Bezirk  legt  sich  später  die  vordere  Amnionfalte  an; 
infolgedessen  bestehen  ihre  beiden  Blätter  bei  ihrer  ersten  Entstehung 
aus  Ektoderm  und  Entoderm.  Van  Beneden  und  Julin  sind  hier- 
durch veranlaßt  worden,  die  vordere  Falte  alsProamnion  zu  unter- 
scheiden (s.  Kai)itel  VII  von  Bd.  I). 

Nach  der  Darstellung  der  thatsächlichen  Verhältnisse  bleiben  uns 
jetzt  noch  mehrere  allgemein  wichtige  Fragen  zu  erörtern :  1)  die 
Frage  nach  der  Bedeutung  und  der  Entstehung  von  Primitivstreifen 
und  Primitivrinne  und  ihr  Verhältnis  zu  entsi)recheuden  Bildungen 
der  übrigen  Wirbeltiere,  2)  die  Frage  nach  der  Entstehung,  Bedeutung 
und  Vergleichbarkeit  des  Kopffortsatzes. 

1)  Wie  jetzt  wohl  alle  Embryologen  übereinstimmend  annehmen, 
ist  die  P  r  i  m  i  t  i  V  r  i  n  n  e  der  Vögel  dem  U  r  m  u  n  d  niederer 
Wirbeltiere  homolog. 

Es  ist  diese  Ansicht  zum  erstenmal  von  Rauber  in  einer  Reihe 
von  Schriften,  besonders  in  dem  Aufsatz  „Primitivrinne  und  Urmund"  (L.  K. 
III  ä  1876)  vertreten  worden.  Allerdings  hielt  Rauber  die  Primitivrinne  nur 
für  einen  Teil  des  Urmundes,  da  er  noch  auf  dem  Boden  der  Goette- 
ÜAECKEL'schen  Lehre  von  der  Discogastrula  stand ,  deren  Rand  für  den 
Eingang  in  den  durch  Dotter  ausgefüllten  Urdarm  gehalten  wurde.  Er 
stellte  die  Hypothese  auf,  daß  der  Primitivstreifen  am  Rande  der  Keim- 
scheibe, von  einer  zuweilen  auch  später  noch  angedeuteten  Randkerbe 
(p.  572)  aus  entstehe,  und  zwar  durch  eine  nach  vorn  gerichtete  Längs- 
ausstülpung, deren  Ränder  untereinander  zum  Primitivstreifen  verschmolzen 
sein  sollten. 

Dabei-  nennt  er  die  Primitivrinnenränder,  die  er  sich  von  vorn  bis 
zum  Rand  der  Keimscheibe  und  bis  in  die  Keimhöhle  hinein  gespalten 
denkt,  „einen  nach  vorn  gezogenen  Abschnitt  des  großen  ursprünglichen 
Urmundrandes,  zu  dessen  Peripherie  auch  sie  gehören".  Und  da  der 
Embrj'onalköi'per  sich  in  der  Umgebung  des  Primitivstreifens  entwickelt, 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  879 

deutet  er  ihn  „als  den  Embryonalteil  des  Urmundrandes,  die  Primitiv- 
rinne als  Embr3'onalteil  des  Urmundeinganges"  und  „die  Entstehung  des 
Embryos  als  eine  stomatogene".  Vom  Primitivstreifen  als  dem  Enibryonal- 
teil  des  Urmundrandes  wird  der  Iveimscheibenrand  als  Dotterblastoporus 
unterschieden  (1876,  p.  573). 

Eine  ähnliche  Ansicht  hat  sich  auch  Balfour  in  seinem  Lehrbuch 
der  vergleichenden  Anatomie  gebildet.  Für  ihn  ist  ebenfals  der  Primitiv- 
streifen „in  Wirklichkeit  nichts  anderes  als  ein  rudimentärer  Teil  des 
Blastoporus  von  gleicher  Natur  wie  der  lineare  Streifen  hinter  dem 
Elasmobranchierembrj^o ,  welcher  durch  Verwachsung  der  Blastoderm- 
ränder  entsteht,  obgleich  bei  den  Amnioten  ein  solcher  ontogenetischer 
Vorgang  wie  die  Verwachsung  bei  den  Elasmobranchiern  nicht  vorkommt" 
(A.  L.  IT  1881,  p.   139). 

Eine  wichtige  Stütze  erhielt  die  Auffassung  durch  den  von  Gasser 
und  Braun  entdeckten,  in  späterer  Zeit  im  Primitivstreifen  auftretenden 
Canalis  n eur enter icus,  sowie  endlich  durch  Kupffbu's  Entdeckung 
des  Prostoma  der  Reptilien,  welches  er  dem  Pi-imitivstreifen  der  Vögel 
verglich. 

Lidern  ich  in  meinem  Lehrbuch  der  Entwickelungsgeschichte  der 
Deutung  der  Primitivrinne  als  Urmund  beitrat,  führte  ich  3  Punkte  als 
Beweise  für  die  Richtigkeit  an  (A.  L.  II  1886,  p.  100) :  „Erstens  ist  der 
Primitivstreifen,  auch  wenn  eine  offene  Kanalbildung  fehlt,  der  einzige 
Ort  in  der  ganzen  Keimscheibe  an  welchem  jeder  Zeit,  wie  am  Urmund 
der  Amphibien,  ein  Zusammenhang  aller  Keimblätter  stattfindet.  Zweitens 
entwickeln  sich  bei  den  höheren  Wirbeltieren  die  einzelnen  Hauptorgane 
des  Körpers,  wie  Chorda,  Nervenrohr,  Urwirbel  in  derselben  Weise  vor 
dem  Primitivstreifen,  wie  bei  dem  Amphioxus  und  den  Amphibien  vor 
dem  L^rmund.  Drittens  kann  man  in  den  Oeffnungen,  die  als  Canales  neur- 
enterici  im  Primitivstreifen  auf  einem  früheren  oder  späteren  Entwicke- 
lungsstadium  bei  Vögeln,  Reptilien  und  Säugetieren  nachgewiesen  werden, 
noch  einen  Hinweis  darauf  erblicken,  daß  hier  von  Anfang  an  eine  offene 
Verbindung  zwischen  äußerem  und  innerem  Keimblatt  vorgelegen  hat 
und  nur  durch  Verlötung  der  Urmundränder  geschwunden  ist."  Dagegen 
trat  ich  der  Aiiffassung  entgegen,  daß  außerdem  auch  noch  der  Keim- 
scheibenrand Urmund  sei.  Als  solchen  wollte  ich  nur  diejenige  Stelle 
des  Keimes  gelten  lassen,  an  welcher  wirklich,  wie  bei  der  Gastrula- 
bildung  des  Amphioxus  und  der  Amphibien,  eine  Einstülpung  von  Zellen 
stattfindet.  Ein  solcher  Prozeß  finde  am  Keimscheibenrand  der  Reptilien 
und  Vögel  nicht  statt,  sondern  nur  eine  Neubildung  von  Zellen  durch 
eine  Art  Nachfurchung,  eine  dadurch  heibeigeführte  Vergrößei-ung  des 
Randteiles  und  Umwachsung  des  Dotters  durch  die  Keimblätter.  Daher 
schlug  ich  den  Namen  „Um  w  a  ch  sungsr  an  d  der  Dotterkugel" 
vor.  Von  einer  besonderen  Oelfnung  oder  einem  Dotterblastoporus  zu 
reden,  hielt  ich  schon  aus  dem  Grunde  für  falsch,  weil  der  Dotter  zum 
Keim  organisch  hinzugehört,  wie  er  denn  auch  in  den  gefurchten  Teil 
desselben  vermittelst  der  Dotterkerne  kontinuierlich  übergeht.  Meine 
Unterscheidung  ist  jetzt  wohl  von  den  meisten  Embryologen  angenommen 
worden,  am  frühesten  von  Rabl  in  seiner  Theorie  des  Mesoderms,  in 
welcher  er  ebenfalls  „den  Keimscheibenrand  lediglich  als  L^mwachsungs- 
rand  bezeichnet  und  jede  Homologie  desselben  mit  dem  Urmund  in  Ab- 
rede stellt"  (L.  K.  lili  1889,  p.   166). 

Größere  Schwierigkeiten  als  die  Frage  nach  der  Homologie  des 
Primitivstreifens  hat  die  genauere  Feststellung  seiner  ersten  Entstehung 


880 


0.  Hertwig, 


bereitet.  Untersuchungen  von  Kollkr  und  Duval  haben  eine  Zeitlang 
vielen  Anklang  gefunden,  bis  die  Richtigkeit  ihrer  Befonde  und  Deutungen 
von  mehreren  Seiten  in  Zweifel  gezogen  wurde.  Koller  leitet  die  Primiv- 
rinne  von  seiner  schon  früher  besprochenen  Sichelrinne  ab,  an  welcher 
er  nach  den  ersten  Stunden  der  Bebrütung  in  ihrer  Mitte  eine  Ver- 
dickung (Fig.  513  A  sk)  durch  Wucherung  des  äußeren  Keimblattes,  den 
Sichelknopf,  entstehen  läßt.  Es  ist  die  erste  Anlage  des  Priniitiv- 
streifens,  sie  vergrößert  sich  weiterhin,  indem  sie  nach  dem  Centrum 
des  hellen  Fruchthofs  vorwächst  (Fig.  513  B  ^^r)  und  zum  Ausgangs- 
punkt für  die  Entwickelung  des  mittleren  Keimblattes  wird. 

Mit  den  von  Koller  veröffentlichten  Flächenbildern  haben  die 
Figuren  von  Duval  eine  große  Aehnlichkeit.  Gleichwohl  besteht  zwischen 
den  Angaben  beider  Forscher  in  einem  Punkt  ein  fundamentaler  Unter- 
schied. Während  Koller  die  Sichelrinne  und  den  Primitivstreifen  sich 
in  einiger  Entfernung  vom  Rand  der  Keimscheibe  an  der  Grenze  des 
hellen  und  dunklen  Fruchthofes  bilden  läßt,  verlegt  Duval  den  Aus- 
gangspunkt der  Gastrulation  ganz  an  den  hinteren  Rand  der  Keimscheibe 
(Fig.  482)  imd  gelangt  zu  einem  Standpunkt,  welcher  dem  RAUBEß'schen 


Fig.  513  A. 


B 


df 
¥ 
'pr 


Fig.  514. 


. ; :  I 


A 


B 


c 


Fig.  513  A  und  B.  Zwei  Hühnerkeime  in  den 
ersten  Stunden  der  Bebrütung,  nach  Koller.  A  frü- 
heres, B  späteres  Stadium.  (7/,  hf  dunkler,  heller 
Fruchthof.  s  Sichel,  sk  Sichelknopf,  es  Embryonal- 
schild,    'pr  Primitivstreifen. 

Fig.  514.  Schemata,  um  die  Bildung  der  Pri- 
mitivrinne zu  veranschaulichen,  nach  Duval.  Mit 
punktierten  Kreislinien  ist  die  zunehmende  Größe  der 
Keimhaiit  im  Laufe  der  Entwickelung  angedeutet.  Die 
schwarzen  Linien  bezeichnen  die  Sichelrinne  und  die 
aus  ihr  durch  Verwachsung  der  Sichelränder  entstehende 
Primitivrinne.      • 


entspricht.  Nach  seinen  Ansichten  entsteht  in  der  Mitte  des  halbmond- 
förmigen Ui'mundrandes ,  an  welchem  sich  das  äußere  in  das  innere 
Keimblatt  umschlägt,  eine  kleine,  nach  vorn  reichende  Ausbuchtung ; 
dieselbe  vergrößert  sich  allmählich  zu  einer  mit  der  späteren  Längsachse 
des  Embryos  zusammenfallenden  Rinne,  indem  linke  und  rechte  Hälfte 
der  Urmundlippe  mit  dem  an  die  erste  Ausbuchtung  angrenzenden  Teil 
einander  entgegenwachsen  und  sich  in  der  Medianebene  zusammenlegen 
in  demselben  Maße,  als  die  Scheibe  in  die  Fläche  Avächst.  Eine  Zeit- 
lang stellt  so  der  Urmund  eine  kurze  Längsrinne  dar,  welche  an  ihrem 
hinteren  Ende  in  2  kurze,  quergestellte  Sichelhörner  umbiegt.  Schließ- 
lich sind  auch  diese  geschwunden;  sie  sind  auch  nach  der  Medianebene 
einander  entgegengewachsen  und  haben  so  um  ein  weiteres  Stück  zur 
Verlängerung  der  Primitivrinne  nach  hinten  beigetragen.  Der  ganze 
Urmund  ist  nun  aus  einem  Querspalt  zu  einem  Längsspalt  geworden.    Zur 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


881 


Veranschaulichung  dieses  Prozesses  hat  Duval  die  nebenstehenden  Schemata 
(Fig.  514  A — C)  entworfen.  Durch  punktierte  Linien  wird  der  Zuwachs 
angedeutet,  welchen  die  Iveinischeibe  auf  den  verschiedenen  Stadien  er- 
fahren hat.  Die  halbmondfürmige  Urmundlippe  des  Keimscheibenrandes 
ist  als  dunkelschwarze  Linie  bezeichnet.  In  den  Figg.  514  A,  B,  C  sieht 
man,  wie  mit  der  zunehmenden  Ausdehnung  der  Keimscheibe  sich  linke 
und  rechte  Hälfte  der  L^rmundlippen  in  immer  größerer  Ausdehnung  in 
der  Medianebene  zusammenlegen  und  die  Primitivrinne  bilden.  Einige 
Querschnitte  durch  kurz  bebrütete  Keimscheiben,  welche  Diival  ver- 
öffentlicht hat,  scheinen  zu  Gunsten  seiner  Darstellung  zu  sprechen,  so 
Fig.  515,  welche  einen  etwas  schräg  geführten  Querschnitt  durch  das 
hintere  Ende  der  Primitivrinne  darstellt,  wie  sie  mit  einem  Ausschnitt 
in  den  sichelförmigen  Teil  des  Urmundes  am  Keimhautrand  übergeht. 
Die  zwischen  die  seitlichen  Urmundlippen  hineinreichende  Dottermasse 
mit  Kei'nen  wird  mit  dem  Ruscoxi'schen  Dotterpfropf  der  Amphibjeneier 
verglichen.  Ein  etwas  weiter  nach  vorn  hindurchgeführter  Querschnitt 
durch    dieselbe    Keimhaut    zeigt    die    in    Fig.    515    getrennten    seitlichen 


Fig.  515. 


ak     ik  ud 


ul     dp 


id 


Fig.  516.        d 


ik    ak    pr 


»^^ft^s^ÜfeKM^^I^ 


Fig.  515  und  516.  Etwas  schräg  getührte  (4uerschnitte  durch  die  Primitiv- 
rinne eines  2 — 6  Stunden  befruchteten  Hühnereies,  nach  DrVAL.  Fig.  516  zeigt 
einen  nur  wenig  weiter  vor  Fig.  515  gelegenenen  Schnitt,  ak,  ik  äußeres,  inneres 
Keimblatt,  pr  Primitivrinne,  d  Dotter,  dp  Dotterpfropf,  nl  Urmimdlippe.  ud 
Ilrdarm. 


zum    Primitivstreifen 


(Fig. 


'516)    mit    Primitivrinne    ver- 


Urmundlippen 
schmolzen. 

Der  auf  ausgedehnten  Untersuchungen  beruhenden  Darstellung  Duval's 
habe  ich  mich  in  mehreren  Auflagen  meines  Lehrbuches  angeschlossen, 
aber  sie  später  wieder  aufgeben  müssen,  da  sie  in  den  Untersuchungen  von 
KioxKA,  Sc'HAuixsLAXD,  NowAK  Und  bei  eigener  Prüfung  keine  Stütze  fand. 

Wenn  ich  nach  diesem  historischen  Exkurs  den  augenblicklichen 
Stand  der  Frage  noch  kurz  zusammenfasse,  so  ist  wohl  als  sicher  ge- 
stellt zu  betrachten,  daß  weder  die  allerfrüheste  Urmundeinstülpung 
noch  auch  der  Primitivstreifen  vom  Keimhautrand  ausgeht,  sondern 
in  größerer  Entfernung  vor  ihm  entsteht.  Einen  untrüglichen  Beweis 
hierfür  liefern,  wie  Schauinsland  hervorhebt,  einige  Vögel,  wie  der 
Sperling   (Fig.   488)   und  Star,    „bei   denen   sich   der   ganze   Vorgang, 

Handbuch  der  Entwickelnngslehre.     I.  56 


882  0.  Hertwig, 

auch  die  Sichelbildung,  innerhalb  der  Area  pellucida  abspielt".  Außer- 
dem sprechen  hierfür  die  l)ei  Reptilien  gewonnenen  Befunde,  nach 
denen  das  Prostoma  weit  entfernt  vom  Rand  der  Keimhaut  auftritt. 
Auf  Grund  der  systematischen  Verwandtschaft  muß  num  aber  von 
vornherein  erwarten,  daß  die  E  n  t  w  i  c k  e  1  u  n  g  s  v  o  r  g  ä  n  g  e  bei 
den  ^'ögeln  sich  an  diejenigen  bei  Reptilien  zunächst 
werden  anschließen  u  n  tl  von  ihnen  aus  werden  erklärt 
werden  müssen.  Hierbei  ist  zu  berücksichtigen,  daß  im  allgemeinen 
alle  Entwickelungsprozesse  bei  geeigneten  Vertretern  der  Reptilien  viel 
ursprünglichere  und  leichter  verständliche  sind  als  bei  den  Vögeln,  bei 
denen  die  erste  Entstehung  des  Primitivstreifens  und  seine  Beziehungen 
zu  dem  Ort.  von  welchem  aus  das  innere  Blatt  angelegt  wird,  noch 
genauere  Untersuchungen  erfordern. 

Meierlei  Vergleichspunkte  bieten  sich  uns  zwischen  Reptilien  und 
Vögeln  dar.  Wie  bei  den  Reptilien,  ließen  sich  auch  bei  den  Vögeln 
2  Phasen  der  Gastrulation  unterscheiden.  Die  Entwickelung  des  inneren 
Keimblattes  ist  von  der  Entwickelung  des  mittleren  zeitlich  schärfer 
getrennt.  Die  erste  Phase  ist  viel  schwieriger  als  die  zweite  als 
Gastrulationsprozeß  zu  deuten,  da  weder  eine  Einstülpungsöft'nung 
noch  eine  Höhle  von  vornherein  zu  beobachten  ist.  Der  Prozeß  ist 
jedenfalls  stark  abgeändert:  bei  Reptilien  geht  er  von  der  Primitiv- 
platte, bei  den  Vögeln  von  dem  zellenreicheren  hinteren  Bezirk  der 
Keimhaut  entweder  an  der  Grenze  der  Area  opaca  und  pellucida 
(Huhn  etc.)  oder  im  hinteren  Teil  der  letzteren  (Sperling  etc.)  vor 
sich.  Hier  und  dort  besitzt  das  innere  Keimblatt  bei  seiner  Anlage 
nach  vorn  und  seitlich  einen  freien  Rand,  an  welchem  es  weiterwächst, 
bis  es  den  Dotterwall  erreicht  und  sich  mit  ihm  verbindet. 

Auf  dem  zweiten  Stadium  der  Gastrulation  entspricht  der  Primitiv- 
platte der  Reptilien  der  Primitivstreifen  der  Vögel,  der  von  vornherein 
stark  in  die  Länge  gezogen  ist.  Während  aber  dort  der  Charakter 
der  Einstülpung  noch  deutlich  zu  erkennen  ist.  tritt  er  hier  kaum  noch 
hervor.  Der  Vergleich  läßt  sich  noch  mehr  ins  einzelne  durchführen, 
indem  sich  auch  für  die  einzelnen  Abschnitte,  die  als  Kopffortsatz, 
Knoten,  Primitivgrube,  Primitivfalten  unterschieden  wurden,  die  Ver- 
gleichsobjekte bei  den  Reptilien  nachweisen  lassen.  Denn  der  vor  der 
Primitivgrube  gelegene  Knoten,  an  welchem  alle  3  Keimblätter  ver- 
wachsen sind,  entspricht  der  Naht  (Fig.  444)  im  Bereich  der  dorsalen 
Urmundlippe  der  Reptilien,  die  Primitivgrube.  an  welcher  später  der 
neurenterische  Kanal  entsteht,  ist  vergleichbai-  dem  Eingang  ins  Meso- 
dermsäckchen  der  Reptilien  (Fig.  443),  wie  sich  denn  zuweilen  von  ihr 
aus  eine  röhrenförmige  Fortsetzung  in  den  Knoten  hinein  verfolgen  läßt. 
Der  Kopffortsatz  der  Vögel  ist  nichts  anderes  als  der  vordere  Ab- 
schnitt vom  Mesodermsäckcheu  der  Reptilien  (Fig.  445)  von  der  Stelle 
an ,  wo  sich  vor  der  Xaht  die  Ablösung  der  Chordaanlage  von 
den  verschmolzenen  Urmundrändern  vollzogen  hat.  Die  Primitiv- 
falten entsprechen  den  seitlichen  Urmundlippen.  welche  die  Primitiv- 
platte der  Reptilien  hinter  dem  Eingang  ins  Mesodermsäckcheu  einfassen. 
Bei  Reptilien  wie  Vögeln  läßt  sich  das  mittlere  Keimblatt  bald  nach 
seiner  Entstehung  in  einen  peristomalen  und  gastralen  Bezirk  ein- 
teilen. Der  peristomale  Bezirk  schiebt  sich  bei  ersteren  zur  Seite 
der  lateralen  Urmundlippen  von  der  Primitivplatte  aus,  bei  letzteren 
zur  Seite  der  Primitivfalten  vom  Primitivstreifeu  aus  wie  2  Flügel 
zwischen   die    Grenzblätter   hinein.     Der   gastrale   Bezirk   breitet  sich 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  883 

bei  ersteren  zu  beiden  Seiten  des  Mesodernisäckcliens,  bei  letzteren 
zur  Seite  des  Kopffortsatzes  aus.  Im  hinteren  Bezirk  von  Primitiv- 
platte  und  Priniitivstreifen  ist  das  innere  Keimblatt  unter  ihnen  als 
getrennte  Lage  vorhanden,  während  nach  vorn  am  Primitivknoten,  am 
Kopffortsatz  und  am  Boden  des  Mesodermsäckchens  eine  sekundäre 
Verschmelzung  erfolgt  ist.  Der  Durchbrechung  des  Bodens  des  Meso- 
dermsäckchens der  Rejjtilien  entspricht,  wie  auch  Schauinsland  her- 
vorhebt (A.  L.  III''  1899,  p.  326),  die  Eröftnung  des  Canalis  neur- 
entericus  in  die  Darmhöhle ;  sie  tritt  aber  bei  den  Vögeln  erst  auf 
einem  viel  späteren  Stadium  als  bei  den  Reptilien  hervor. 

Dem  Prostoma  der  Reptilien  hat  Kupffer  die  Primitivrinne  der 
Vögel  zuerst  verglichen,  worin  ihm  die  meisten  Embryologen  gefolgt  sind. 
Rabl  bezeichnet  (L.  K.  III  ^  1889,  p.  165)  das  Stadium  des  Primitivstreifens 
geradezu  als  Vogelgastrula,  ein  Vergleich,  der  insofern  eingeschränkt 
werden  muß,  als  das  Stadium  nur  der  zweiten  Phase  der  Gastrulation 
entspricht,  wo  das  Material  für  das  mittlere  Keimblatt  eingestülpt  wird. 
Auch  in  diesem  Punkt  finde  ich  mich  in  Uebereinstimmung  mit  Schauixs- 
iiA\D,  wenn  er  bemerkt  (1.  c.  1899,  p.  327) :  „In  der  Bildung  des  Primitiv- 
streifens, der  Sichel,  des  HEXSEx'schen  Knotens,  des  Kopffortsatzes,  der  Ein- 
stülpung in  denselben  sehe  ich  einen  und  denselben  Gastrulationsvorgang, 
der  allerdings  nur  zur  Entwickelung  des  Mesoderms  führt." 

2)  An  zweiter  Stelle  ist  noch  die  Entstehung,  Bedeutung  und 
Vergleichbarkeit  des  Kopffortsatzes  zu  besprechen.  Um  meine  An- 
sicht gleich  in  einen  kurzen  Satz  zusammenzufassen,  ist  der  Kopf- 
fortsatz  nichts  anderes  als  der  vordere  umgewandelte 
Teil  des  P  r  i  m  i  t  i  v  s  t  r  e  i  f e  n  s.  ^Yie  bisher  in  allen  daraufhin 
untersuchten  Klassen  der  Wirbeltiere  nachgewiesen  werden  konnte, 
findet  an  der  vorderen  Lippe  des  Urmunds  eine  Verwachsung  in  der 
Urmundnaht  statt;  dann  jfolgt  in  der  Nahtlinie  eine  Trennung  der 
verschmolzeneu  äußeren,  ektodermalen  Faltenblätter  von  den  ver- 
schmolzenen inneren  Blättern,  worauf  aus  jenen  die  Medullarplatte, 
aus  diesen  die  Chordaanlage  hervorgeht.  Einen  entsprechenden 
Prozeß  glaube  ich  an  dem  vordersten,  tiefsten  Ende  der  Primitivrinne 
nachgewiesen  zu  haben.  Die  Primitivfalten  bilden  hier  durch  Ver- 
schmelzung den  Primitivknoten  (Fig.  496 — 498 .  Fig.  499  u.  500. 
Fig.  502,  Fig.  503  u.  504,  Fig.  506-508).  In  der  Nahtlinie  erfolgt 
dann  einige  Schnitte  weiter  nach  vorn  (Fig.  498  u.  501)  die  Ab- 
trennung des  Ektoderms  von  dem  tieferen  Teil  des  Knotens,  der  das 
Material  für  die  Chordaanlage  enthält  und  seitlich  den  Mesoderm- 
flügel  hervorgetrieben  hat.  Beim  Vergleich  mit  den  Reptihen  ent- 
spricht der  Kopffortsatz  der  Vögel  dem  vor  der  dorsalen  Urmundlippe 
gelegenen  Teil  des  Mesodermsäckchens. 

Wenn  diese  Ansicht  richtig  ist,  wenn  der  Kopffortsatz  nur  der 
umgewandelte  vorderste  Teil  des  Primitivstreifens  ist,  so  folgt  daraus, 
daß  der  von  ihm  ausgehende  Bezirk  des  mittleren  Keimblattes,  den 
man  später  seiner  Lage  nach,  also  topographisch,  als  gastrales  Meso- 
derm  unterschieden  hat,  seiner  Entstehung  nach  von  dem  nach  hinten 
gelegenen  oder  peristomalen  Mesoderm  nicht  abweicht;  denn  er  ist 
ebenfalls  peristomal  vom  Primitivstreifen  aus  —  also  vom  Urmund- 
rand  aus  —  entstanden.  Und  so  haben  wir  auch  in  diesem  Punkt  wieder 
eine  Uebereinstimmung  mit  den  Reptilien  und  den  niederen  Wirbel- 
tieren.   Noch  überzeugendere  Beweise  für  eine  derartige  Umwandlung 

56* 


884 


0.  Hertwig, 


wird   uns   die  Untersuchung-   älterer   Stadien    liefern    und   uns  Veran- 
lassung geben,  auf  die  wichtige  Frage  noch  einmal  zurückzukommen. 


'ti- 


Die  w  e  i  t  e  r  e  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g  v  o  n  M  e  d  u  1 1  a  r  p  1  a  1 1  e ,  Chorda- 
anlage,    Mesoblast     und    innerem    Keimblatt.       Canalis 

neurentericus. 

Im  weiteren  Verlauf  der  Entwickelung  vollzieht  sich  die  Um- 
wandlung der  Medullarplatte  zum  Rohr,  die  Entstehung  der  Chorda 
und  der  Ursegmente  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  den  Reptilien,  so  daß 
auf  diese  Verhältnisse  nur  kurz  eingegangen  werden  soll;  dagegen 
muß  ausführlicher  das  den  einzelnen  Stadien  entsprechende  Verhalten 
des  Primitivstreifens  und  seine  Bedeutung  für  das  Längenwachstum 
des  Embryos  erörtert  werden,  da  es  sich  hierbei  um  wichtige  Grund- 
fragen der  Wirbeltiermorphologie  handelt. 

Ueber  die  ^'eränderungen,  die  bei  Flächeubetrachtung  der  Keim- 
haut wahrzunehmen  sind,  geben  die  Figuren  486  und  517—522  Aus- 
kunft. Fig.  48()  u.  517  zeigen,  wie  in  der  Region  vor  dem  Primitiv- 
streifen die  Ränder  der  Medullarplatte  sich  zu  den  Medullarwülsten 
erheben  und  eine  breite  Rinne  zwischen  sich  fassen.  Bei  durchfallen- 
dem Licht  kann  man  auf  diesen  und  noch  mehr  auf  späteren  Stadien 

verfolgen,  daß  die  Keimhaut 
Fig.  517.  Fig.  518.         Fig.  519.      zu  beiden  Seiten  der  Chorda- 

anlage undurchsichtiger  als 
weiter  lateral  aussieht,  in- 
folgedessen His  beide  Re- 
gionen voneinander  als 
Stamm  Zone  und  Pari- 
eta 1  z  o  n  e  unterschieden 
hat.  Die  Trübung  rührt 
daher,  daß  sich,  wie  die 
(^Hierschnitte  lehren  werden, 
das  mittlere  Keimblatt  in 
der  Stammzone  verdickt  und 
die  Ursegmentplatten  gebil- 
det hat,  die  sich  von  den 
seitlichen,  mehr  dünneren 
Teilen,  den  sogenannten 
Seiten  platten,  immer  schär- 
fer abgrenzen. 

In  den  Ursegmentplatten 
differenzieren  sich  zu  dieser 
Zeit  auch  die  ersten  Lirsegmente,  indem  am  2.  Tage  der  Bebrütung 
etwa  in  der  Mitte  der  Embryoualanlage  etwas  vor  dem  Knoten  des  Pri- 
mitivstreifens links  und  rechts  von  der  Chordaanlage  helle  Querspalten 
sichtbar  werden  und  das  erste,  dann  das  zweite,  dritte  Ursegmentpaar 
etc.  abtrennen  (Fig.  518).  Gleichzeitig  erheben  sich  die  Medullar- 
wülste  auch  weiter  nach  hinten  bis  zum  Anfang  des  Primitivstreifens. 
Der  vor  dem  Knoten  gelegene  Teil  der  Embryonalanlage  hat  jetzt 
etwa  dieselbe  Länge  wie  der  Primitivstreifen  erreicht  (Fig.  518).  Später 
dreht  sich  das  Verhältnis  um.  Das  Primitivstreifengebiet  wird  im 
Verhältnis  zum  übrigen  Abschnitt  des  mehr  an  Länge  zunehmenden 
Embryos  relativ  immer  kleiner.      Bei  ihrer  Ausdehnung   nach   hinten 


Fig.  517 — 519.  Drei  verschieden  alte  Hühner- 
embryonen  mit  Medullarrinne  und  Primitivrinne 
zur  Illustrierung  ihres  gegenseitigen  Verhaltens. 
Nach  Keibel  und  Abraham. 


Die  Lehre   von  den  Keimblättern. 


885 


beginnen  die  Medullarwülste  den  Priniitivstreifen  von  vorn  nach  hinten 
allmählich  zu  unnvachsen,  so  daß  er  in  die  Mitte  des  hinteren  Endes 
der  verlängerten  Medullari)latte  zu  liegen  kommt  (Fig.  519  u.  520). 
Lehrreiche  Bilder,  wie  solche  von  Schauinsland  geliefert  worden 
sind,  kommen  bei  den  Vogelarten  zu  stände,  bei  denen  eine  tiefe 
Primitivgrube  gefunden  wird.  So  sieht  man  bei  Embryonen  mit 
5—7  Ursegmentpaaren  von  Diomedea  (Fig.  520),  von  Haliplana 
(Fig.  521),  vom  Star  (Fig.  522)  den  schon  kürzer  gewordenen  Primitiv- 
streifen mit  einer  auffallend  deutlichen  Grube  beginnen,  welche  in 
der  Mitte  der  breiten  und  nach  hinten  verstreichenden  Medullarfurche 
liegt.  Wenn  sich  diese  später  durch  Zusammenlegen  der  Wülste 
zum  Nervenrohr  schließt,   wird  in  dasselbe  die  Primitivgrube,   welche 


Fig.  520 
mkf 


Fig.  521. 


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Fig.  522. 


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Fig.  520.  Keimhaut  von  Diomedea  mit  7  Paar  Ursegmenten,  Gefäßhof, 
MeduUarrinne  und  MedixUarwülsten,  die  nach  hinten  den  Primitivstreifen  und 
den  Canahs  neurentericus  umfassen.    Nach  Schauinsland. 

Fig.  521.  Hinteres  Ende  von  einem  Embryo  von  HaHplana  mit  Medullar- 
wülsten,  die  den  Primitivstreifen  und  die  Primitivgrube  imifassen.  Nach  Schau- 
insland. 

Fig.  522.  Hinteres  Ende  von  einem  Embryo  vom  Star  mit  5—7  Ursegmenten 
und  MeduUarwülsten,  die  den  Primitivstreifen  und  die  Primitivgrube  iimfassen. 
Nach  Schauinsland. 

Bezeichnungen  für  Fig.  520 — 522:  cn  Canaiis  neurentericus  (Primitivgrube). 
pr  Primitivrinne,  pr^  hinterstes  Ende  derselben,  g  Gefäßanlagen,  mu-  Medullar- 
wülste. (Je  der  vom  mittleren  Keimblatt  noch  nicht  überzogene  Teil  des  Dotler- 
entodernis.  mkf  mesodermfreier  Bezirk  der  Keimhaut,  aus  dem  das  Proamnion  ent- 
steht,    mkh  Mesoderrahörner. 


uns  Fig.  52o, 


dem   Canaiis  neurentericus   der   Reptilien   etc 

nommen.     Ein  solches  Stadium 

durch  einen  48  Stunden  bebrüteten  Hühnerembryo 

kanntlich  die 

sehr  wenig  ausgeprägt  ist. 

gr,   die  etwa   nur  bis  zur 


entspricht,    mit   aufge- 


Einsenkung 


em  Medianschnitt 

bei  welchem   be- 

Primitivgrube    im   Vergleich  zu  anderen  Vogelarten  nur 

Nach  vorn  von  der  kleinen,  trichterförmigen 

bis  zur  Hälfte   in    den   Primitivstreifen 


886 


0.  Hertwig, 


eindringt,  liegt  der  Knoten,  bestehend  aus  einem  noch  indifferenten 
Zellenmaterial,  das  sich  nach  vorn  in  die  ventrale  Wand  des  Nerven- 
rohres und  in  die  Chordaanlage  trennt;  nach  hinten  beginnt  der  schon 


Fig.  523.  Medianschnitt 
durch  das  hintere  Ende  eines 
Hühnerembryos  nach  48-stün- 
diger  Bebrütung.  Photogr. 
des  anat.  -  biolog.  Instituts. 
f/r  Primitivgrube  (Eingang  in 
den  CanaHs  neurentericus). 
2»'  Primitivstreifen,  ch  Chorda. 
mr  Höhle  des  Medullarrohres. 
mr^  seine  untere  und  mr'^ 
seine  obere  Wand,  ak  äußeres 
Keimblatt. 


verkürzte,  aber  sehr  zellenreiche  und  dicke  Primitivstreifen,  der  in 
seiner  hinteren  Hälfte  noch  nicht  in  das  Nervenrohr  eingeschlossen, 
wenn  auch  zu  beiden  Seiten  von  den  Medullarwülsten  begrenzt  ist. 


usp      st     us^ 


Fig.  524.  Längsschnitt  durch  einen  2  Tage  alten  Hühnerembryo  durch  die 
Gegend  der  letzten  Ursegmente.  Photogr.  des  anat.-biol.  Instituts,  ak,  ik  äußeres, 
inneres  Keimblatt,  us  Ursegment.  usp  Ursegmentplatte.  st  Abschnürungsstrang  des 
letzten  Ursegmentes  us^. 

Währenddem  hat  die  Zahl  der  Ursegmente  weiter  zugenommen, 
indem  sich  immer  neue  würfelförmige  Körper  von  der  Ursegment- 
platte abschnüren.  Hierüber  giebt  ein  Längsschnitt  Auskunft  durch 
ein  2  Tage  bebrütetes  Hühnerei  (Fig.  524).  Das  letzte  Ursegment 
{us^)    sendet   nach  hinten  noch  einen  kurzen  Stiel  {st)   aus,    den   Rest 


/I.e. 


Fig.  525.  Querschnitt  durch  die  Rückengegend  eines  Hühnerembryos  von 
45  Stunden.  Nach  Balfour.  Der  Schnitt  zeigt  das  mittlere  Keimblatt  teilweise 
gesondert  in  das  Ursegment  (Pr)  und  die  Seitenplatte,  welche  die  Leibeshöhle  (pp) 
zwischen  sich  faßt.  3Ic  Medullarrohr.  Pv  Ursegment.  So  Rumpfplatte.  Sp  Darm- 
platte,  pp  Leibeshöhle,  eh  Chorda.  A  äußeres,  C  inneres  Keimblatt,  ao  Aorta. 
V  Blutgefäß.     Wd  WoLFF'scher  Gang. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


887 


der  Abschnüriiiigsstelle.  Die  Verinehriingszone  findet  sich  wie  früher 
immer  etwas  vor  dem  Knoten  des  Primitivstreifens,  zn  dessen  beiden 
Seiten  stets  die  ürsegmcntplatte  ungeghedert  angetroffen  wird. 

Wie  Querschnitte  lehren,  hängen  die  Ursegmente  zur  Zeit,  wo 
sie  sich  durch  Querspalten  voneinander  getrennt  haben,  noch  durch 
Zellstränge  mit  den  Seitenplatten  zusammen  (Fig.  525),  welche  sich 
jetzt  durch  einen  Spalt,  die  Leibeshöhle,  in  Darm-  und  Hautfaserblatt 
gesondert  haben.    Ueber  die  weiteren  Umwandlungen  der  Ursegmente 


Fig.  526. 


Fig.  52  (. 


ck     hk 


Fig.  528. 


ch  mp 


Fig.  520. 


Fig.  526 — 529.  Vier  Quersclinitte  aus  einer  Serie  einer  Keimhaut  mit  Meduilar- 
rinne  vom  Hühnchen  nach  33  Stunden  Bebrütung.  Photogr.  No.  88'  des  anat.- 
biol.  Instituts,  ak,  mk,  ik  äußeres,  mittleres,  inneres  Keimblatt,  d  Dotter,  dk  Dotter. 
dk  Dotterkugelu.  dh  Darmhöhle,  ch  Chorda,  hk  Hexsen 'scher  Knoten,  gr  Pri- 
mitivgrube,    mp  MeduUarplatte.     pf  Primitivfalte,    pr  Primitivrinne. 

Fig.  526.     Schnitt  durch  den  vorderen  Teil  der  Primitivrinne. 

Fig.  527.     Schnitt  durch  die  Primitivgrube. 

Fig.  528.     Schnitt  durch  den  Primilivknoten. 

Fig.  529.     Schnitt  in  einiger  Entfernung  vor  dem  Knoten. 


888  0.  Hertwig, 

und  ihrer  Verbindungsstränge  mit  der  Wand  der  Leibeshölile  handeln 
spätere  Kapitel  (Bd.  III,  Kap.  I  u.  II),  auf  welche  verwiesen  wird.  — 

Ein  genaueres  Studium  verlangen  jetzt  noch  die  Prozesse,  die 
sich  an  Keimhäuten  mit  Medullarrinne,  mit  sich  schließendem  und 
mit  geschlossenem  Medullarrohr,  am  Primitivstreifen  und  in  der 
Gegend  vor  ihm  abspielen.  Dazu  sollen  die  Photogramme  von  Quer- 
schnitten aus  o  Serien  (Fig.  52(3 — 545)  dienen. 

Die  erste  Serie  (Fig.  526—529)  rührt  von  einer  33  Stunden  be- 
brüteten Hühnerkeimhaut  ähnlich  dem  in  P'ig.  486  u.  Fig.  517  abge- 
bildeten Flächenpräparat  mit  wohl  ausgeprägter  Medullarplatte,  welche 
im  Kopfbereich  Medullarwülste  entwickelt  hat.  Der  in  seiner  höchsten 
Ausbildung  stehende  Primitivstreifen  mit  Rinne  ist  viel  zellenreicher 
geworden  und  zeigt  in  seinem  vorderen  Teil  (Fig.  526)  eine  Ver- 
schmelzung aller  3  Keimblätter.  Von  diesen  ist  das  äußere  zur 
Nervenplatte  verdickt  und  das  mittlere  ebenfalls  dicker  als  auf  frühereu 
Stadien.  (Vergleiche  Fig.  406  u.  41)9.)  Fig.  527  u.  52S  sind  2  Schnitte 
durch  die  Gegend  der  Primitivgrube  (gr)  und  des  Knotens  (hk).  Die 
erstere  zeigt  wieder  die  schon  früher  hervorgehobene  Asymmetrie, 
indem  die  eine  Urmundlipi)e  ipf)  wulstartig  und  höher  als  die 
andere  nach  außen  hervortritt.  In  Fig.  52(8  ist  die  Grube  ver- 
schwunden und  hat  einer  knotenartigen  Verdickung  der  Keimhaut 
Platz  gemacht  mit  einer  dorsalen  und  ventralen  Vorwölbung.  Auf 
den  nächsten  Schnitten  dringen  die  schmalen  Spalten  zwischen 
äußerem  und  mittlerem  Keimblatt  tiefer  in  den  Knoten  hinein  und 
zerlegen  ihn  in  einen  äußeren  Zellstreifen ,  der  entsprechend  der 
Lage  der  vorderen  Kommissur  die  beiden  Hälften  der  Medullarplatte 
(Fig.  529  m;j)  verbindet,  und  in  einen  unteren  Streifen  {ch),  die  Chorda- 
anlage. Diese  hat  sich  gleichzeitig  mit  dei-  Abspaltung  vom 
äußeren  Keimblatt  auch  zu  beiden  Seiten  durch  Spalten  vom  Meso- 
blast  abgesetzt,  bleibt  dagegen  in  das  Darmdrüsenblatt  noch  auf  einer 
Reihe  von  Schnitten  eingeschaltet.  Der  Vorgang  gleicht  also  seinem 
ganzen  Wesen  nach  der  Darstellung,  welche  von  der  Urmundnaht 
auf  früheren  Stadien  gegeben  wurde. 

Die  zweite  Serie  betrifft  eine  ältere,  dem  Flächenpräparat  Fig.  518 
etwa  entsprechende  Keimhaut  von  40  Stunden  Bebrütung,  an  welcher 
sich  schon  das  Kopfende  schärfer  absetzt  und  die  Medullarwülste  sich 
vorn  zum  Rohr  zu  schließen  beginnen.  Am  Primitivstreifen  ist  ein 
hinterer,  dünnerer  und  ein  vorderer,   dickerer  Teil   zu    unterscheiden. 


Fig.  530. 


Fig.  530—535.  Sechs  Querschnitte  aus  einer  Serie  einer  Keimhaut  vom  Hühn- 
chen mit  sich  schließendem  Nervenrohr  nach  40  Stunden  Bebrütung.  Photogr. 
No.  47'  des  anat.-biol.  Instituts. 

2)r  Primitivstreifen  mit  Primitivrinne,  gr  Primitivgrube,  mp  Medullarplatte. 
ch  Chordaanlage,  ak-,  ml-,  ik  äußeres,  mittleres,  inneres  Kemiblatt.  dh  Darmhöhle. 
dk  Dotterkugeln.     (/  Dotter. 

Fig.  530.     Schnitt  durch  den  hintersten  Teil  des  Primitivstreifens. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


889 


Der    erstere    zeigt    ganz    hinten    nur    eine   Verschmelzung    zwischen 
äußerem    und   mittlerem    Keimblatt    (Fig.  530);    das   Darmdrüsenblatt 


Fig.  531. 


Fig.  532. 


gr 


mp 


Fig.  533. 


Fig.  534.         -H 


ch  III  p 


'.^ 


mp         ch 


Fig.  535. 


i»: 


Fig.  531.     bchnitt  etwa  »luroh  die  Mitte  desselben. 

Fig.  532.     Schnitt  durch  den  vordersten  Teil  des  Primitivstreifens   im   Bereich 
der  Medullarplatte. 

Fig.  533.     Schnitt  durch  die  Primitivgrube. 

Fig.  534.     Schnitt  vor  der  Primitivgrube. 

Fig.  535.     Schnitt  noch  etwas  weiter  nach  vorn. 


890  0.  Hertwig, 

ist  durch  einen  ziemlich  breiten  Spalt  ebenso  scharf  abgetrennt  wie 
bei  der  ersten  Anlage  des  Primitivstreifens.  Nach  vorn  (Fig.  531) 
wird  das  mittlere  Keimblatt  dicker  und  beginnt  auch  mit  dem  Darm- 
drüsenblatt am  Primitivstreifen  zu  verschmelzen,  an  dessen  äußerer 
Fläche  sich  die  Rinne  schärfer  markiert.  Einige  weitere  Schnitte 
führen  uns  in  das  Bereich  der  Medullarplatte,  die  sich  durch  ihre 
viel  erheblichere  Breite  sofort  vom  Primitivstreifen  unterscheidet  und 
seitwärts  schon  durch  zwei  kleine  Falten  vom  Hornblatt  abzugrenzen 
beginnt.  Gleichzeitig  befinden  wir  uns  aber  auch  noch  im  Primitiv- 
streifengebiet, was  sich  daran  erkennen  läßt,  daß  die  untere  Fläche 
der  Medullari)latte  in  breiter  Ausdehnung  in  einen  Zellenstreifen  über- 
geht, in  welchem  alle  3  Keimblätter  verschmolzen  sind.  In  Fig.  533 
ist  die  Primitivrinne  erheblich  tiefer  geworden  und  kann  daher  jetzt 
als  Primitivgrube  (gr)  bezeichnet  werden,  zumal  auch  gleich  nach 
vorn  von  ihr  wieder  die  Abspaltungsprozesse  beginnen,  die  zur 
Sonderung  von  Medullarplatte,  Chorda  und  mittlerem  Keimblatt  führen 
(Fig.  534  u.  535).  Gegen  jüngere  Stadien  ist  im  Abspaltungsmodus 
jetzt  aber  eine  Modifikation  insofern  eingetreten,  als  sich  die  Chorda- 
anlage (ch)  vom  mittleren  Keimblatt  (mk)  schon  vollständig  zu  einer 
Zeit  abgrenzt,  wo  sie  nach  oben  noch  mit  der  Medullarplatte  und 
nach  unten  mit  dem  Darmdrüsenblatt  zusammenhängt  (Fig.  534).  In 
Fig.  535  endlich  beginnt  sich  auch  dieser  Zusammenhang,  und  zwar 
gleichzeitig  nach  oben  und  nach  unten,  zu  lösen,  womit  dann  der 
Sonderungsprozeß  der  Achsenorgane  beendet  ist. 

Die  dritte  Schnittserie  ist  einem  Hühnerembryo  nach  48-stündiger 
Bebrütung  entnommen,  bei  welchem  das  Nervehrohr  im  vorderen  Be- 
reich geschlossen  ist,  die  Augenblasen  ausgestülpt  und  die  Amnion- 
falten  angelegt  sind.  Der  hinterste,  dünne  Teil  des  Primitivstreifens 
liegt  noch  außerhalb  der  Medullarwülste  und  zeigt  auf  einer  Reihe 
von  Schnitten  eine  ziemlich  tiefe  Priniitivrinne  (Fig.  536),  welche  sich 
weiter  nach  vorn  abflacht  (Fig.  537).  Hinten  (Fig.  536)  ist  sie  von 
ziemlich  weit  vortretenden  Primitivfalten  eingefaßt,  die  nach  vorn 
(Fig.  537)  ebenfalls  niedriger  werden.  Das  Darmdrüsenblatt  ist  in 
dieser  Gegend  ebenso  wie  in  den  früheren  Serien  (Fig.  530)  durch 
einen  Spalt  vom  Primitivstreifen  deutlich  geschieden  (Fig.  536,  537), 
während  es  weiter  nach  vorn  (Fig.  538)  mit  ihm  untrennbar  ver- 
schmolzen ist.  Zugleich  führt  uns  die  Verfolgung  der  Schnittserie  in 
die  vordere  Hälfte  des  Primitivstreifens,  wo  er  erheblich  dicker  und 
zellenreicher  und  in  das  hier  zur  Rinne  sich  öffnende  Medullarrohr 
aufgenommen  wird.  Stadien  dieser  sich  allmählich  vollziehenden  Um- 
wandlung bieten  uns  die  Figg.  539—541  dar.  Während  man  bei  dem 
tiefen  schmalen  Einschnitt  der  Fig.  539  in  Zweifel  sein  kann,  ob  man 
ihn  als  den  tiefsten  Teil  der  Primitivrinne  oder  als  letzten  Ausläufer 
der  Nervenrinne  bezeichnen  soll,  erweitert  er  sich  auf  den  nächst- 
folgenden Schnitten  so  sehr  und  nimmt  dabei  eine  solche  Form  an 
(Fig.  540  mr,  Fig.  541),  daß  man  ihn  ohne  Bedenken  als  den  in  Verschluß 
begriffenen  Centralkanal  deuten  wird.  In  mehr  als  der  Hälfte  seines  Um- 
fanges  aber  geht  die  ventrale  Wand  dieses  Centralkanals  in  ein  klein- 
zelliges Gew^ebe  über,  welches  seitwärts  mit  dem  mittleren  Keimblatt, 
ventralwärts  mit  dem  Darmdrüsenblatt  zusammenhängt  und  daher  dem 
Primitivstreifen  angehört.  Also  hat  sich  hier  das  Nervenrohr  direkt 
aus  der  oberflächlichen  Schicht  des  Primitivstreifens  oder,  da  dieser 
nach   unserer   Deutung    die   verlöteten    Urmundlippen    darstellt,   aus 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


891 


ihrem  äußeren  Faltenblatt  entwickelt.  Im  Verhältnis  zu  früheren 
Stadien  ist  die  in  Fig.  540  u.  541  getroffene  Gegend  dem  Primitiv- 
knoten zu  vergleichen ;  denn  nach  vorn  von  hier  beginnt  der  Ab- 
spaltungsprozeß. Zuerst  löst  sich  der  Zusammenhang  mit  dem  mitt- 
leren Keimblatt  durch  eine  von  oben  nach  unten  fortschreitende  Ab- 
schnürung (Fig.  541—543).  Infolgedessen  hängt  jetzt  der  Boden 
des  Xervenrohres  nur  noch  durch  eine  schmäler  gewordene  Zellbrücke, 
welche  das  Bildungsmaterial  für  die  Chorda  enthält,  in  ähnlicher  Weise 
wie  es  schon  von  älteren  Froschembryonen  (Fig.  818)  beschrieben 
wurde,  mit  dem  Darmdrüsenblatt  zusammen  (Fig.  543).  Hierauf 
macht  die  Chordaanlage  die  schon  in  der  vorausgehenden  Schnittserie 
(Fig.  534  u.  535)  beschriebenen  Wandlungen  durch.     Sie  wird  zuerst 


jyf    2^^' 


Fig.  536. 


ik 


Fig.  537. 


* 

-# 


■■^ 


ft^ 


Fig.  538. 


pr 


Fig.  539. 


ak 


-.^^^... 


«t 


»  .'    * 


¥% 


-  dk 


Erklärungen  s.  u.  Fig.  545. 


892 


0.  Hertwig, 


aus  dem  Danndrüsenblatt  durch  Abspaltung  eines  dünnen  Zellen- 
häutchens  ausgeschaltet,  bleibt  aber  noch  mit  dem  Boden  des  Nerven- 
rohres verbunden,  obschon  seitlich  durch  Einkerbungen  von  ihm  ab- 
gegrenzt (Fig.  544);  sie  hängt  dem  Nervenrohr  im  Querschnitt,  um 
einen  Ausdruck  von  Braun  zu  gebrauchen,  wie  ein  Knopf  an.   Schließ- 


mr 


Fig.  540. 


Fig.  541. 


Fig.  542. 


vik 


pr 


Fig.  543. 


mk         rh 

Erklärungen  s.  u.  P'ig.  545. 


Die  Lehi-e  von   den  Keimblättern, 


893 


lieh  erfolgt  auch  hier  die  IsölieruujLi-  durch  Abspaltung  an 
durch  die  Einkerbungen  bezeichneten  Stelle  (Fig.  045). 


der   schon 


Fig.  544. 


mk     ik      ch 


rniv 


US 


Ih 


Fig. 


54n. 


u 


tk    c/i 


Fig.  536 — 545.  Zehn  Querschnitte  aus  einer  Serie  eines  Hühnererabryos  mit 
geschlossenem  Nervenrohr  imd  Augen  blasen  nach  48-stiindiger  Bebrütung  (Photogr. 
49  des  anat.-biol.  Inst.),  pr  Primitivstreiten  mit  Primitivrinne,  mr  Meduüarrinne. 
mw  Medullarwülste.  ch  sich  isolierende  Chordaanlage,  bl  Blutgefäße.  Ih  Leibeshöhle. 
ak,  mk,  ik  äußeres,  mittleres,  inneres  Keimblatt.  m.s  Ursegment.  'Ih  Darmhöhle. 
dk  Dotterkugeln. 

lieber  einen  wichtigen  Punkt,  über  den  in  allen  Wirbeltierklassen 
bis  jetzt  nachgewiesenen  Canalis  neuren  t  ericu  s,  giebt  die  Unter- 
suchung von  Hühnerembryonen  keine  befriedigende  Auskunft,  weil  bei 
ihnen  das  Gebilde  fast  ganz  rudimentär  geworden  ist.  Das  Einzige, 
was  man  an  der  Stelle,  wo  der  neurenterische  Kanal  liegen  sollte, 
nämlich  an  dem  vorderen  Ende  des  Primitivstreifens  hinter  dem  Knoten 
findet,  ist  eine  stärkere,  etwas  trichterartige  Vertiefung  der  Primitiv- 
rinne (Fig.  523  gr),  dagegen  scheint  es  hier  niemals  zu  einer  offenen, 
Rückenmark  und  Darm  verbindenden  Kommunikation  zu  kommen. 
Dagegen  ist  eine  solche  bei  anderen  Vogelarten  beobachtet  worden. 
Entdeckt  wurde  sie  zuerst  von  Gasser  bei  Gänseembryonen  mit  14 
bis  23  Ui'wirbeln;  auf  späteren  Stadien  soll  sie  wieder  verschwinden. 
Ein  enges  Rohr  führt  hier  vom  vorderen  Ende  des  dickeren  Teiles 
des  Primitivstreifens,  der  schon  in  das  Medullarrohr  aufgenommen 
worden  ist,  durch  den  Boden  desselben  und  durch  das  mit  ihm  ver- 
schmolzene, indifferente  Gewebe,  das  zur  Chordaanlage  wird,  in  den 
Darmraum  hinein.  Die  untere  Ausmündung  am  Darmdrüsenblatt 
läßt  sich  auch  schon  erkennen,  wenn  man  auf  dem  entsprechenden 
Stadium  die  Keimhaut  eines  Gänseembryos  von  der  unteren  Fläche 
betrachtet  (Fig.  546  cn).  Auch  läßt  sich  an  solchem  Präparat  der 
vordere  dickere  (pr^)  und  hintere  dünnere  (^jr^)  Teil  des  Primitiv- 
streifens im  durchfallenden  Licht  unterscheiden. 

Außer  bei  der  Gans  ist  ein  offener  Canalis  neurentericus  auch 
noch  bei  der  Ente  durch  Rauber,   bei  Melopsittacus ,    bei    der  Bach- 


894 


0.  Hertwig, 


stelze  durch  Braun,  bei  verschiedenen  Wasseivögeln,  welche  hierfür 
besonders  geeignete  Objekte  zu  sein  scheinen,  durch  Hoffmann  nach- 
gewiesen worden.  Schon  Gasser  hat  gleich  bei  seiner  Entdeckung  die 
richtige  Deutung  des  Befundes  gegeben  in  dem  Satz  (L.  K.  IIP  1878,  p.  83) : 


Fig.  546. 


Fig.  547  A. 


ch  cn  nr 


B 


•»^.•••.•»-•^ 


ch  cn 


pr- 


Fig.  546.  Keirahaut  eines  Gänseerabryos  mit 23  Ursegmenten,  unten  von  der  Bauch- 
seite gesehen,  nach  Gasser.  ch  Chorda,  cn  Canalis  ueurentericus.  ^jr^  vorderer 
dickerer,  j^r^  hinterer  dünnerer  Teil  des  Primitivstreifens. 

P'ig.  547.  Zwei  Querschnitte  durch  den  CanaHs  ueurentericus  eines  Entenembryos 
mit  fast  geschlossenem  Meduilarrohr.  A  durch  die  untere  Ausmündung.  In  der 
Wand  des  Canalis  ueurentericus  grenzt  sich  links  und  rechts  die  Chordaanlage  ab, 
die  somit  gespalten  ist.  B  Canalis  neurentericus  beginnt  sich  nach  vorn  zu  schließen, 
nach  iScHWARZ  (L.  K.  III  i  1889,  Tat.  XIV,  Fig.  76  u.  74j.  ch  Chordaanlage. 
cn  neurenterischer  Kanal,     nr  Nervenrohr. 


„Der  Blastoporus,  Urniund,  der  Vogelkeim  Scheibe  ist  zu  suchen  im 
Bereich  des  vorderen  Teiles  der  Primitivrinne ;  diese  stellt  an  sich 
gewissermaßen  einen  unvollkommenen  Blastoporus  dar,  der  bei  dem 
Zurückweichen  der  Rinne  deutlicher  wird  und  an  einer  bestimmten 
Stelle  bei  den  Gänseembryonen  zum  vollen  Durchbruche  zum  Darm- 
kanal führt." 

Interessant  und  wichtig  ist  auch  das  Verhalten  der  Chordaanlage 
zum  neurenterischen  Kanal.  Wie  Schw^arz  bemerkt,  kann  man  :bei 
Entenembryonen  (Fig.  547  A  u.  B)  auf  gewissen  Stadien  beobachten, 
daß  die  Verlängerung  der  Chorda  {ch)  seitlich  rechts   und    links   vom 


A 


B 


Fig.  548.  Zwei  Querschnitte  durch  einen  Entenembryo  des  Stadiums  VI  mit 
gespaltener  Chorda,  A  kurz  vor  dem  Canalis  neurent.,  B  durch  die  untere  Aus- 
müudung  des  Canalis  neurent.,  nach  Schwarz  (1889,  Taf.  XIV,  Fig.  85,  86). 


Die  Lehre  vou  den  Keimblättern.  895 

Kanal  (cn)  weiterschreitet,  so  daß  man  deutlich  eine  gespaltene  Chorda 
wahrnimmt.  In  einem  besonderen  Fall  (Fig.  548  A  u.  ß)  vereinigten 
sich  die  beiden  Chorduäste  (cli)  nicht  zu  einem  einzigen  Strang,  und 
ein  Verschluß  des  Spaltes  konnte  nicht  Platz  greifen.  Die  beiden 
Chordaäste  (Fig.  548  B  ch)  lagen  deutlich  gesondert  zu  Seiten  des 
sehr  langen,  spaltförmigen  neurenterischen  Kanals  (cn)  und  zeigten 
einzeln  zum  Primitivstreifen  das  gewöhnliche  Verhalten  (L.  K.  Uli 
1889,  p.  206). 

Eine  Chordaspaltung  am  neurenterischen  Kanal  ist  ja  auch 
bei  Reptilien,  und  zwar  bei  Schildkrötenembryonen,  durch  Mitsukuri 
nachgewiesen  und  in  sehr  deutlicher  Weise  abgebildet  worden  (Fig.  469). 

Nachdem  das  Verhalten  des  Primitivstreifens  auf  den  verschieden- 
sten Stadien  der  Entwickelung  genau  festgestellt  worden  ist,  bleibt 
noch  die  wichtige  Frage  nach  seiner  Beziehung  zum  Längenwachstum 
des  Embrvos  zu  erörtern.  Da  die  Befunde  bei  den  Vögeln  sehr 
ähnliche  sind  wie  bei  den  Reptilien,  Amphibien,  Elasmobranchiern  etc., 
wird  auch  die  Deutung  derselben  in  gleicher  Weise  ausfallen  müssen.  Alle 
Befunde  erklären  sich  nach  unserer  Ansicht  in  der  einfachsten  Weise  da- 
durch, daß  der  P r i m i t i v s t r e i f e n  sich  in  seinem  vorderen 
Abschnitt  in  d i e  A c h s e n o r g a n e  d e s  E m b r y  o s  umwandelt 
undinfolge  dessen  vorn  an  Längeverliert,  während  er  an 
seinem  entgegengesetzten  Ende  nach  rückwärts  weiter- 
wächst. Da  nun  der  Primitivstreifen  mit  seiner  Rinne  aus  den  schon  früher 
erörterten  Gründen  dem  Urmund  der  niederen  Wirbeltiere  entspricht, 
so  läßt  sich  der  Umwandlungsprozeß  auch  folgendermaßen  ausdrücken : 
Von  vorn  nach  hinten  vollzieht  sich  während  der  Entwickelung  eine 
Verschmelzung  der  Urmundränder  in  der  Urmundnaht.  Die  Stelle, 
wo  die  Naht  sich  gerade  ausbildet,  markiert  sich  auf  früheren  Stadien 
deutlicher,  später  weniger,  als  der  Primitivknoten.  Hinter  ihm  findet 
sich  bei  manchen  Vogelarten  noch  ein  bald  ganz,  bald  teilweise  durch- 
gängiger Abschnitt  des  ürmundes  als  Canalis  neurentericus  oder  als 
Primitivgrube,  während  nach  hinten  von  ihm  die  Ränder  der  Darm- 
falten zum  Primitivstreifen  verklebt  sind.  Nach  vorn  vom  Primitiv- 
knoten sondert  sich  die  Nahtstelle  von  vorn  nach  hinten  fortschreitend 
durch  Abspaltungsprozesse  in  die  Achsenorgane,  oder  in  anderer  Weise 
ausgedrückt:  es  trennen  sich  die  äußeren  von  den  inneren  Falten- 
blättern der  verwachsenen  Urmundränder  durch  eine  Spaltung  recht- 
winklig zur  Nahtebene;  hierdurch  wird  die  Medullarplatte  oder  die 
Medullarriune  oder  das  Medullarrohr,  je  nachdem  es  sich  um  jüngere 
oder  ältere  Embryonen  handelt,  von  der  Chordaanlage  abgespalten. 
Gewöhnlich  hat  sich  schon  vorher  das  mittlere  Keimblatt  von  seiner 
Ursprungslinie  am  Urmundrand  abgetrennt  und  sich  hierdurch  von  der 
Chordaanlage  und  dem  Darmdrüsenblatt  gesondert.  Auch  ist  noch 
die  Chordaanlage  vom  Darmdrüsenblatt,  in  welches  sie  während  eines 
längeren  Zeitraumes  eingeschaltet  ist,  isoliert  worden,  sei  es  daß  sie 
von  letzterem  unterwachsen  wird,  oder  daß  sich  von  ihr  die  unterste 
Zellenlage  zur  Ergänzung  des  Darmrohres  abspaltet,  wie  es  bei  den 
Anuren  der  Fall  ist.  Bei  den  Vögeln  läßt  sich  zwischen  diesen  beiden 
Möglichkeiten  kaum  eine  Entscheidung  treffen. 

Wenn  unsere  Ansicht  richtig  ist,  dann  folgt  daraus,  daß  das 
Zellen material,  welches  die  Wand  des  Canalis  neuren- 
tericus bildet,  auf  den  verschiedenen  Stadien  ein  ver- 
schiedenes   ist    und    daß    der    Kanal    selbst    seine    Lage 


896  0.  Hertwig, 

fortwährend  von  vorn  nach  hinten  verändert.  Während 
er  sich  n a c li  v o ]•  n  schließt,  m n ß  sich  nach  hinten  eine 
neue  Strecke  im  Primitivstreifen  öffnen. 

In  der  Litteratur  sind  schon  seit  mehreren  Decennien  zwei  entgegen- 
gesetzte Ansichten  über  die  Bedeutung  des  Primitivstreifens  für  das 
Längenwachstum  des  Embryos  geäußert  worden.  Dursy,  Balfour  u.  a. 
lassen  ihn  dabei  keine  Rolle  spielen,  sie  legen  das  Wachstumscentruni 
in  die  Zone  unmittelbar  vor  dem  Primitivstreifen  und  sehen  in  ihm  ein 
Organ,  das  während  der  Entwickelung  mehr  und  mehr  rudimentär  wird. 
Viele  andere  Forscher  dagegen,  wie  Waldbyer,  Gasser,  Braun,  Schwarz, 
interpretieren  ihre  Beobachtungen  in  ähnlicher  Weise  wie  es  oben  von 
mir  vorgetragen  wurde.  Waldever  bemerkt  (L.  K.  III^  1869),  daß  die  Achsen- 
organe des  Embrj'os  auf  Kosten  des  Primitivstreifens  in  die  Länge  wachsen 
in  ähnlicher  Weise,  wie  sich  die  Ursegmentplatten  in  immer  neue  Urseg- 
mente  differenzieren  und  dabei  allmählich  aufgebraucht  werden.  Gasser 
läßt  den  Primitivstreifen  kürzer  werden  und  sein  Vorderende  zurück- 
weichen ,  indem  es  sich  in  Bestandteile  des  Embryokörpers,  Chorda, 
Stammzone  des  Mesoderms  und  entsprechenden  Teil  des  Entoderms, 
differenziert. 

Am  meisten  aber  stimmt  mit  der  von  mir  gegebenen  Darstellung 
und  Deutung  Schwarz  überein.  „Von  Interesse  war  mir  zunächst",  ei-klärt 
er  (L.  K.  III^  1889,  p.  201),  „daß  der  Primitivstreifen  anfänglich  wächst  und 
dann  sich  verkürzt,  wobei  das  Vorderende  zurückweicht,  indem  sich  auf 
seine  Kosten  das  Hinterende  des  Embryos  verlängert."  Zutreffend  ist 
namentlich  auch  seine  Bemerkung,  daß  der  neurenterische  Kanal  sich 
gleichfalls  von  vorn  nach  hinten  verschieben  müsse  in  dem  Maße,  als 
Chorda  und  Mesodermstreifen  sich  auf  Kosten  des  Primitivstreifens  ver- 
längern (1889,  p.  206).  „Diese  Verschiebung  findet  in  der  Weise  statt, 
daß  der  Kanal  anfangs  sich  nach  hinten  hin  eröffne,  während  er  von 
vorn  her  sich  verschließe."  Die  Darstellung  von  Braun,  daß  im  Primitiv- 
streifengebiet außer  dem  von  Gasser  entdeckten  neurenterischen  Kanal 
noch  eine  zweite  und  dritte  Durchbrechung  (KuPFFER'scher  und  Hoff- 
MANN'scher  Kanal)  bei  manchen  Vogelarten  vorkommen,  weist  Schwarz  als 
nicht  zutreffend  zurück. 

Die  Bildung  von  Schwanz  und  After. 

Mit  der  Entwickelung  von  Schwanz  und  After  bei  den  Vögeln 
haben  sich  Bornhaupt  und  Gasser,  Kölliker  und  Schwarz  be- 
schäftigt. Da  die  Verhältnisse  denjenigen  der  Säugetiere  sehr  ähnlich 
sind,  über  welche  Untersuchungen  jüngeren  Datums  vorliegen,  so 
wollen  wir  uns  hier  nur  auf  das  Wesentlichste  und  vor  allen  Dingen 
auf  die  Punkte  beschränken,  welche  den  Vögeln  eigentümlich  sind. 

Wenn  der  Primitivstreifen  den  Höhepunkt  seiner  Entwickelung 
überschritten  hat,  beginnt  er  sich  Schritt  für  Schritt  zu  verkürzen,  was 
schon  bei  Hühnerembryonen  mit  10  Ursegmenten  sehr  deutlich  wahr- 
zunehmen ist.  Nach  Gasser  läßt  er  dann  einen  vorderen  dickeren  und 
einen  hinteren,  dünneren  Abschnitt  unterscheiden  (Fig.  540  pr^.  pf^). 

Ersterer  tritt  schon  am  Ende  des  2.  Bruttages  als  Schwanzhöcker 
(Endwulst,  Gasser)  etwas  über  die  Oberfläche  der  Keimhaut  hervor; 
der  dünnere  Teil  wird  zur  Anlage  des  Afters;  ob  er  hierzu  ganz  auf- 
gebraucht wird,  oder  ob  noch,  wie  es  von  der  Schildkröte  (p.  849) 
und  vom  Schwein  angegeben  wird,  ein  Rest  sich  über  die  Afteranlage 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


897 


hinaus  fortsetzt   und   später   verkümmert,    muß   noch  durch  eine  ein- 
gehendere Untersuchung  entschieden  werden. 


mr 


Fig.  549.  Längsschnitt  durch  das  hintere  Ende  eines  Gänseembryos  von  23  Ur- 
segmenten,  nach  Gasser  (1878,  Taf.  VIII,  Fig.  1).  (■//-  Canalis  neurentericus.  pr^, 
pr"^  verdickter  vorderer,  hinterer  dünnerer  Teil  des  Primitivstreifens,  ch  Chorda. 
mr  Centralkanal  des  MeduUarrohres.  mr*,  »ir-  untere,  obere  Wand  desselben.  aX-, 
ik  äußeres,  inneres  Keimblatt.  *  Ursprungsstelle  der  Chorda  an  der  vorderen  Wand 
des  Canalis  neurentericus. 


Beide  Abschnitte  des  Primitivstreifens  verändern  ihre  Lage  gegen- 
einander, teils  dadurch,  daß  das  ganze  hintere  Körperende  sich  etwas 
ventralwärts  umkrümmt,  teils  dadurch,  daß  der  Schwanzhöcker  immer 
mehr  als  Fortsatz  selbständig  nach  hinten  hervorwächst  und  sich  über 
den  Analteil  des  Primitivstreifens  herüberlegt.  Am  4.  Bruttag  ist  diese 
Lageveränderung  schon  weit  vorgeschritten.  Infolgedessen  kommt  jetzt 
der  Analteil,  welcher  eine  Zeitlang  das  hinterste  Ende  der  Embryonal- 
anlage darstellte  (Fig.  550  cJ.  Fig.  551  afm),  viel  weiter  nach  vorn  als 


'■\ 


\i 


afm 


Fig.  550.  Medianschnitt  durch  das  Schwanzende  eines  6  Tage  alten  Hühner- 
embryos, mit  Kloake  und  Kloakenmembran,  nach  Gasser  (1880,  Taf.  XII,  Fig.  5). 
mr  MeduUarrohr.  ch  Chorda,  d  Kloake,  d  Darm,  g  Gefäße,  u  Stiel  der  AUantois 
zur  Kloake.     Seh  Schwanz. 

Fig.  551.  Die  Cloakengegend  der  Fig.  550  ist  stärker  vergrößert,  nach  Gasser 
(1880,  Taf.  XII).     Bezeichnimgen  wie  Fig.  550.    afm  Afterraembran. 


die  Schwanzspitze  (seh)  und  unter  die  Schwanzwurzel  zu  liegen.  Da- 
bei geht  er  aus  der  ursprünglichen  horizontalen  in  eine  vertikale 
Stellung  über. 

Der   zur  Afteranlage   werdende  hinterste  Abschnitt  des  Primitiv- 
streifens   zeigt,    wie    es  ja   auch    auf  allen    vorausgehenden    Stadien 


(Fig.    530   und    536  pr) 

Handbuch  der  Entwickelungslehre. 


der    Fall    war,    ursprünglich 


nur    eine    Ver- 
57 


898  0.  Hertwig, 

Schmelzung  des  äußeren  und  mittleren  Keimblattes,  unter  welcher  das 
Entoderm  getrennt  hinzieht.  Von  einem  gewissen  Zeitpunkt  kommt 
es  auch  hier  zu  einer  sekundären  Verschmelzung  mit  dem  Entoderm, 
so  daß  in  der  Afteranlage  alle  3  Blätter  eine  Zeitlang  zusammenhängen. 
Hierauf  löst  sich  das  mittlere  Keimblatt  von  der  Nahtstelle  ringsum 
ab.  Infolgedessen  hängen  äußeres  und  inneres  Keimblatt  direkt  in 
einem  gemeinsamen,  ziemlich  dicken  Epithelstreifen  zusammen,  in  der 
After  leiste  von  (jtASSer  oder  der  Aftermembran  (Fig.  550  und 
551  afm).  Dieselbe  erhält  sich  beim  Hühnchen  lange  Zeit  geschlossen. 
Nach  den  Angaben  von  Gasser,  die  v.  Kölliker  bestätigt,  tritt  die 
Eröffnung  erst  nach  dem  15.  Bruttage  ein.  Im  Gegensatz  zu  anderen 
Tierklassen  erreicht  bei  den  Vögeln  das  Epithel  der  Aftermembran 
(Fig.  551  (lfm)  eine  nicht  unbedeutende  Dicke,  bildet  aber  keine  ganz 
kompakte  Schicht,  sondern  ist  früh  schon  hie  und  da  von  einzelnen 
Lücken  durchsetzt;  dabei  erfährt  das  Epithel  eine  histologische  Meta- 
morphose, welche  nach  Gasser  derjenigen  des  Schmelzorgans  der 
Zähne  ähnlich  ist.  „Hier  wie  dort",  bemerkt  Gasser  (1880,  p.  305), 
„unterliegen  die  central  gelegenen  Zellen  einem  Schwund,  der  bei  beiden 
dasselbe  Endbild  liefert,  das  Bild  von  ungemein  rarefizierten,  ver- 
ästelten Zellen  in  einer  bedeutend  vermehrten  Grundsubstauz,  wenn 
man  will,  eine  Verflüssigung  oder  gallertartige  Umwandlung  des  Ge- 
webes." An  der  Aftermembran  entsteht  die  für  die  Vögel  charak- 
teristische Bursa  Fabricii  als  eine  dorsal  gerichtete  Ausstülpung. 

Wie  bei  anderen  Wirbeltieren  setzt  sich  der  Darm  noch  weiter 
nach  hinten  über  die  Aftermembran  in  den  embryonalen  Schwanz 
hinein  fort  und  bildet  hier  den  Schwanz  darm  oder  die  Pars 
caudalis  intestini.  Seine  Höhlung  wird  gegen  die  Schwanzspitze 
zu  immer  enger-;  eine  Kommunikation  mit  dem  Medullarrohr  (Ganalis 
neurentericus)  konnte  zu  dieser  Zeit  weder  von  Gasser  noch  von 
Schwarz  (L.  K.  IIP  1889,  p.  212)  nachgewiesen  werden.  Nervenrohr, 
Chorda,  Schwanzdarm,  Mesoderin  verlieren  sich  nach  hinten  in  einer 
undifferenzierten  Zellmasse,  der  Schwanzknospe,  aus  welcher  sie  das 
Material  zu  ihrem  Längenwachstum  beziehen.  Später  geht  der  Schwanz- 
darm bis  zur  Kloake  ganz  zu  Grunde. 


©'• 


Die  Keimblätter  der  Säugetiere  und  des  Menschen. 

Die  größten  Schwierigkeiten  bereitet  den  Embryologen  die  Keim- 
blattbildung bei  den  Säugetieren  und  beim  Menschen  nicht  nur  wegen 
der  mühsamen  und  kostspieligen  Art  der  Materialbeschaffung,  sondern 
vornehmlich  auch  wegen  der  von  anderen  Wirbeltieren  stark  abweichen- 
den Befunde.  Obwohl  die  Eier  klein  und  dotterarm  sind  und  sich 
wie  beim  Amphioxus  äqual  furchen,  ist  doch  der  weitere  Verlauf  nichts 
weniger  als  ein  ursprünglicher  zu  nennen.  Auch  die  Kleinheit  und 
alecithale  Beschaffenheit  der  Eier  scheint  erst  ein  späterer  Erwerb  zu 
sein ;  denn  wie  noch  eingehender  gezeigt  werden  wird,  sprechen  viele 
Verhältnisse  dafür,  daß  die  Vorfahren  der  Säugetiere  gleich  den  Rep- 
tilien und  Vögeln  dotterreiche  Eier  mit  partieller  Furchung  besessen 
haben.  Erst  unter  dieser  Annahme  werden  die  ersten  Embryonal- 
prozesse unserem  Verständnis  näher  gerückt.  Ueberhaupt  ist  die  ge- 
naue Kenntnis  der  Sauropsidenentwickelung  unerläßlich,  um  die  Keim- 
blattbildung der  Säugetiere  mit  ihren  vielen  Eigentümlichkeiten  richtig 
zu  beurteilen.    Eine  Ausnahmestellung  unter  den  Säugetieren  nehmen 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


899 


die  Monotremen  ein.  indem  sie  einen  Uebergang  zu  den  Sauropsiden 
vermitteln.  Deswegen  und  wegen  der  selir  abweichenden  Art  ihrer 
Keimblattbildung,  deren  Kenntnis  leider  noch  sehr  lückenhaft  ist,  em- 
pfiehlt sich  für  die  Monotremen  eine  gesonderte  Besprechung.  Eine 
solche  ist  auch  wegen  der  großen  Seltenheit  des  Untersuchungsmaterials 
erforderlich.  Der  vorliegende  Abschnitt  zerfällt  daher  in  3  Unter- 
abteilungen. 


A.  Die  Monotreraen. 

Wie  Caldwell,  Haacke  und  Semon  festgestellt  haben,  sind  die 
Eier  der  Monotremen  ziemlich  dotterreich  und  ähnlich  wie  bei  den 
Vögeln  aus  einer  Keimscheibe  und  aus  weißen  und  gelben  Dotter- 
substanzen aufgebaut,  die  in  mehreren  alternierenden  Kugelschalen 
um  eine  centrale  Latebra  abgelagert  sind.  Ihr  Durchmesser  beträgt 
3V2 — -i  1^»!^  solange  das  Ei  in  der  Gebärmutter  verweilt,  was  nur 
sehr  kurze  Zeit  der  Fall  ist.  Von  einer  festen  Keratinschale  umhüllt, 
wird  es  nach  außen  abgelegt  und  in  die  Mammartasche  aufgenommen, 
wo  sein  größter  Durchmesser  15  bis 
I6V2  n^m-  der  kleinste  12 — 13  mm  be-  /■ 

trägt.      Die     Uebereinstimmung     mit  1 

dem  Sauropsidenei    geht   noch  weiter. 

Es  findet  eine  partielle  F  u  r  c  h  u  n  g  -_^'ß 

statt,   durch    welche  eine    kleine   viel-  ''i 

schichtige  Zellplatte  (Fig.  552  k)  ge- 
bildet wird.  Im  weiteren  Verlauf 
breitet  sich    dieselbe   auf   dem  Dotter 


Fig.  552.  Querschnitt  durch  eine  Keim- 
scheibe von  Ornithorhvnchus,  nach  8emox 
(1894,  Taf.  IX,  Fig.  34).     k  Keimscheibe. 


'^mm'^m^ 


# 


'*♦.• 


ik    bp 


,^^ 


Fig.  553.  Querschnitt  durch  einen  älteren  Keim  von  Echidna,  mit  beginnender 
Bildung  des  inneren  Keimblattes,  nach  Semox  (1894,  Taf.  IX,  Fig.  .33).  bp  Biasto- 
porus  (?).     ak   äußeres   Keimblatt.     (X-  Zellen  im  Dotter,  von    welchen  wohl  die  Ent- 

'        dk  Dotter ]i;ugehi. 


Wickelung  des  inneren  Keimblattes 


ausgeht. 


einschichtige 


Keim  haut 


wichtigsten 


Aufschlüsse 


weiter  aus   und  wandelt   sich   in  eine  dünne, 
(Blastoderm)  um  (Fig.  553  ak). 

Leider  konnte  Semon,  welchem  wir  die 
an  diesem  wertvollen  und  schwer  zu  erlangenden  Material  verdanken, 
die  Bildung  des  inneren  und  des  mittleren  Keimblattes  beim  Fehlen  der 
erforderlichen  Stadien  nicht  genauer  verfolgen.  Semon  giebt  nur  an, 
daß  etwa  in  der  Mitte  der  einschichtigen  Keimhaut  eine  kleine  Grube 
auftritt,    von    welcher  eine  in  den  Dotter  eindringende  Zellwucherung 

57* 


900  0.  HertwiCx, 

ausgeht,  von  welcher  er  auch  einen  Durchsclinitt  (Fig.  553  hi>)  ab- 
bihlet.  Er  vermutet,  daß  von  dieser  Wucherung  sich  das  Zellenmaterial 
für   das   innere  Keimblatt  herleitet.     An    einem    älteren    Ei  (Fig.  554) 

Fig.  554.    Querschnitt  durch  den 
peripheren  Bezirk  der  zweiblätterigen 
Keinihaut    eines    älteren     Stadiums 
d — ■ —  von   Echidna,    nach    Semon    (1894, 

~     9  Ml  -  m  Ä  :#'         '^^^'  ^^'    ^'^'  ^"^-*'     "^"'    ^^   äußeres, 

m*m^%^  ^Ä  •■*'*?  '^*  *Ä*^?         '""'''■^•'  Keimblatt,  d  flüssiger  Dotter 

(//.• -^)-^  ^     ■    *        "  4|f  ^'«(^^i)'^»'  unter  der  Keimhaut.  fZA:  Dotterkörner. 

fand  er  2  Iveiml)lätter  (ak  und  iL)  fertig  gebildet  und  giebt  von  ihnen, 
da  das  Enibryonalschild  bei  der  Präparation  zerstört  war,  einen  Durch- 
schnitt durch  den  peripheren  Bezirk.  Man  sieht  eine  einschichtige 
Lage  dünner  Ektodermzellen  (ak)  und  von  ihr  durch  einen  Spalt  ge- 
trennt und  dem  Dotter  (d)  aufliegend  eine  zweite  einfache  Lage  dünnerer 
Entodermzellen  {/k).  Es  ist  für  das  Verständnis  der  Säugetierentwicke- 
lung  dringend  zu  wünschen,  daß  wir  bald  durch  eingehendere  Unter- 
suchungen, die  ein  Gelehrter  an  Ort  und  Stelle  selbst  ausführt,  ein 
vollständigeres  Bild  über  die,  wie  es  scheint,  in  jeder  Beziehung  außer- 
ordentlich wichtige  und  interessante  Bildung  der  Keimblätter  der 
Monotremen  gewinnen. 


ö^ 


B.  Die  übrigen  Säugetiere. 

Als  Untersuchungsobjekt  für  den  Embryologen  nimmt  unter  den 
Säugetieren  das  Kaninchen  eine  ähnliche  Stellung  ein,  wie  etwa  das 
Hühnchen  unter  den  Vögeln.  Keimblasen  vom  Kaninchen  sind  leichter 
zu  beschaffen  und  bequemer  zu  untersuchen,  als  die  meisten  anderen 
Objekte.  Sie  sind  daher  auch  am  häufigsten  zum  Gegenstand  embryo- 
logischer Arbeiten  gemacht  worden,  von  Bischoff,  Hexsen  und  K()lliker, 
von  Rauber,  Van  Bexeden,  Strahl,  Rabl,  Assheton  und  Giacomixi. 

Je  mehr  man  den  Wert  der  vergleichenden  Forschungsweise 
schätzen  lernte,  um  so  mehr  wuchs  der  Eifer  der  Embryologen,  die  Forschung 
auf  viele  Ordnungen  und  Arten  der  Mammalia  auszudehnen  und  sich  auch 
selbst  in  den  Besitz  von  seltenerem  Untersuchungsmaterial  unter  Auf- 
wand erheblicher  Kosten  und  Mühen  zu  setzen.  Besonders  aus  der 
Ordnung  der  Nagetiere,  wo  man  die  interessante  Erscheinuno-  der 
sogenannten  „Umkehr  der  Keimblätter"  entdeckte,  wurden  viele  Ver- 
treter untersucht:  das  Meerschweinchen,  die  Maus,  die  Eatte  etc.  von 
Reichert,  Bischoff,  Lip:berkühn,  Hensen,  v.  Spee,  Selenka,  Kupffek, 
Fräser,  Duval  u.  a.  Die  Blätterbildiing  bei  den  Carnivoren  (Hund, 
Katze)  wurde  von  Bischoff,  Bonnet,  Fleischmann,  bei  den  Wieder- 
käuern (Reh,  Schaf)  von  Bischoff,  Bonnet,  Assheton,  bei  dem  Schwein 
von  Keibel  und  Weysse  bearbeitet.  Mit  den  Insectivoren  (Talpa,  Sorex, 
Erinaceus,  Tupaja)  beschäftigten  sich  Heape,  Keibel,  Hubrecht.  (Aus 
Versehen  ist  Hubrecht  in  der  historischen  Einleitung  [p.  59]  als 
Bearbeiter  der  Entwickelung  der  Nagetiere  aufgeführt  worden,  was  ich 
hierdurch  richtig  stelle.)  Die  Chiropteren  fanden  ihre  erfolgreichen  Be- 
arbeiter in  El).  Vax  Benedex,  Julix  und  Duval.  —  Selexka  unternahm 
ferner  die  mühselige,  aber  dankbare  Aufgabe,  sich  durch  Züchtung  ver- 
schiedener Beuteltiere  ein  kostbares  Untersuchungsmaterial  zu  verschaffen. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättei-n.  901 

Durch  Reisen  in  die  Tropen  gelangten  endlich  Hubuecht  und  Selenka 
auch  in  den  Besitz  wertvoller  früher  Entwickelungsstadien  von  Halb- 
affen (Tarsiuö)  und  mehrerer  Affenarten.  Trotzdem  durch  solche  müh- 
same Arbeit  nach  verschiedenen  Richtungen  das  Verständnis  von  der 
Keimblattbildung  bei  den  Säugetieren  gefördert  wurde,  geht  das  Urteil 
der  Forscher  in  Fragen  von  fundamentaler  Bedeutung  noch  weit  ausein- 
ander. 

Erste  Phase  der  Blä  tterbild  iing. 

Zur  Einführung  in  die  charakteristischen  Verhältnisse  der  Keim- 
blattbildung bei  den  Säugetieren  soll  uns  in  erster  Linie  die  Keim- 
blase des  Kaninchens  dienen.  An  diesem  Objekt  hat  Ed.  Van  Beneden 
das  unmittelbar  an  den  Furchungsprozeß  sich  anschließende  Stadium 
als  Metagastrula  gedeutet.  Er  beobachtete,  70  Stunden,  nachdem  das 
Kaninchen  belegt  worden  war,  an  den  aus  der  Gebärmutter  heraus- 
präparierten Eiern  eine  äußere  einfache  Lage  kubischer  Embryonal- 
zellen, welche  einen  central  gelegenen  Streifen  von  dunkleren ,  weil 
mit  Dotterkörnchen  reichlicher  durchsetzten  Zellen  umschlossen.  Er 
deutete  jene  als  Epiblast,  diese  als  Entoblast.  und  da  die  breiteren 
Zellen  an  einer  kleinen  Stelle  von 
der  helleren  oberflächlicheren 
Schicht  unbedeckt  blieben,  glaubte 
er  in  ihr  den  Blastoporus  er- 
blicken zu  müssen.  Wenn  nun 
auch  die  Beobachtungen  ohne 
Zweifel  richtig  sind,  da  Selenka 
und  Heape.  Hub  recht  und  Du- 
VAL  an  anderen  Objekten  Aehn- 
liches  gesehen  haben,  so  spricht 
doch  der  weitere  Verlauf  der  ""^ 
Entwickelung     gegen    die    Deu- 


tung, daß  schon  auf  einem  so  ''^'  ■ — "T"  ^  ■^•- ^  aX- 
frühen     Stadium     eine     Gastru- 

lation  bei   dem  Kaninchen  statt-  Y\g.  böb.  Kaninchenei  auf  einem  Sta- 

gefunden  habe.    Die  Deutung  ist  dium,  das  Vax  Beneden  als  Metagastrula 

daher  später  von  Van  Beneden  gedeutet  hat,  nach  Van  Beneden  (L.  K. 

selbst,  als  er  sich  mit  der  Unter-     "1'  ^^^^^•X^^'^fT;  ^'^"  yS/^  ^"^f'^'i 
,     '        ,  ,  p  ,  ,         r,,  tk  inneres   Kemiblatt.    um  Zeile  am  Kand 

suchung  der   nachfolgenden  Sta-     jes  Blastoporus. 
dien     eingehender     beschäftigte, 

wieder  aufgegeben  worden,  und  so  hätte  sie  auch  in  dieser  Darstelluug 
weniger  hervorgehoben  zu  werden  brauchen ,  wenn  nicht  Duval 
auf  Grund  seiner  Untersuchungen  der  Embryologie  der  Fledermäuse 
für  die  Lehre  von  der  Metagastrula  wieder  energisch  eingetreten  wäre 
und  sie  zur  Grundlage  seiner  Auffassung  von  der  Keimblattbildung 
der  Säugetiere  gemacht  hätte.  Trotz  der  von  Duval  angeführten 
Gründe  scheint  mir  aber  die  Lehre  auch  jetzt  nicht  durchführbar  zu 
sein  im  Hinblick  auf  den  weiteren  Verlauf  der  Entwickelung,  be- 
sonders im  Hinblick  auf  die  von  fast  allen  Forschern  gegebene  Dar- 
stellung, daß  die  trüben,  an  Dotterkörnern  etwas  reicheren  Zellen, 
welche  das  Entoderm  der  Metagastrula  darstellen  sollen,  zum  größten 
Teil  zur  Bildung  des  äußeren  Keimblattes  später  verbraucht  werden, 
und  daß  die  deutliche  Sonderung  eines  inneren  Blattes  erst  auf  einem 
viel  vorgerückteren  Stadium  bemerkbar  wird. 


902 


0.  Hertwig, 


Zu  diesem  Ergebnis  kommt  auch  Van  Beneden  in  seiner  neuesten 
Arbeit  über  die  Entwickelung  der  Fledermäuse  (L.  K.  III  •*  1899,  p.  317): 
„Je  crois  pouvoir  affirmer,  en  ce  qui  concerne  le  murin,  (jue  chez  ce 


■■'^ 


/■A 


Fig.  556.  Keimblase  eines  Kaninchens,  nach  E.  Van  Beneden,  e  Eiweiß- 
hüllen, sp  Zona  pelhicida.  w  aus  einfacher  Zellenlage  aufgebaute  Wand  der  Keim- 
blase, kk  Furchungshöhle,  die  sich  allmählich  zur  Keim  blasenhöhle  erweitert.  *  Haufen 
von  Embryonalzellen. 

Fig.  557.  Aeltere  Keimblase  eines 
Kaninchens,  nach  E.  Van  Beneden. 
zp  Zona  pellucida.  zv  einfache,  noch 
mehr  als  in  Fig.  556  verdünnte  Wand 
,:,.  der  Keimblase.  *  Haufen  der  Embryo- 
nalzellen von  Fig.  556,  abgeplattet  zu 
.  .;;;  einer  Scheibe,  die  den  abgeplatteten 
Zellen  der  Blasen  wand  w'  anliegt. 


zp 


Cheiroptere,  comme  chez  le  lapin, 
les  deux  feuillets  de  Tembryon 
procedent  Tun  et  l'autre,  eutiere- 
ment  et  exclusivement,  de  la 
masse  cellulaire  interne  de  l'oeuf 
Segmente,  que  la  couche  enve- 
loppante  n'intervient  en  rien  dans 
l'edification  de  Tembryon  proprement  dit." 

Die  Metagastrula  von  Duval  gehört  nach  unserer  Ansicht  noch 
zum  Furchungsprozeß,  an  welchen  sich,  ehe  es  zur  Keimblattbildung 
kommt,  erst  das  Stadium  der  Keimblase  anschließt.  Die  Vesicula 
blastodermica  bildet  sich  dadurch,  daß  zwischen  der  centralen  Zell- 
masse, dem  vermeintlichen  Entoderm  der  Metagastrula,  und  der  Schicht 
der  oberflächlichen,  fester  zusammenschließenden  Elemente  auf  einer 
Seite  ein  Spaltraum  entsteht,  sich  außerordentlich  rasch  vergrößert 
und  die  centrale  Zellmasse  an  die  Blasenwand  andrängt,  wo  er 
längere  Zeit  einen  vorspringenden  Hügel,  den  Furchungskugelrest  von 
Bischoff,  die  masse  entodermique  von  Duval,  den  Embryonal- 
knoten von  Hubrecht,  bildet  (Fig.  556  u.  557).   Die  das  Blastocöl  aus- 


Die  Lehi'e  von   den  Keimblättern. 


903 


füllende  Flüssigkeit  enthält  in  größerer  Menge  gelöste  Albuminate,  die 
nur  durch  Resorption  von  der  Schleimhaut  der  Gebärmutter  aufge- 
nommen sein  können  und  beim  Kochen  oder  bei  Zusatz  von  Säuren 
ein  weißes  Gerinnsel  liefern,  was  schon  Regnier  de  Graaf  bekannt 
war.  Mit  der  Ausdehnung  verdünnt  sich  die  Blasenwand  außerordent- 
lich und  besteht  schließlich  aus  einem  zierlichen  Mosaik  größerer,  poly- 
gonaler Elemente,  die  fast  so  fein  wie  Endothelzellen  sind.  Die  Ver- 
größerung geht  bei  manchen  Säugetieren  so  rasch,  daß  beim  Kaninchen 
am  7.,  8.  und  9.  Tag  das  ursprünglich  kaum  sichtbare  Ei  die  Größe 
einer  Erbse  oder  eines  GRAAP'schen  Bläschens  erreicht  hat,  und  da 
es  wie  dieses  mit  einer  gerinnenden  Flüssigkeit  erfüllt  ist,  w'ird  der 
Irrtum  Regnier  de  Graaf's  und  seiner  Nachfolger  leicht  erklärbar 
und  nicht  minder  wird  es  entschuldbar,  daß  sie  den 
förmigen  Follikel  des  Eierstockes  dem  Dotter 
glichen  und  für  das  Ei  der  Säugetiere  gehalten 
Bei  einigen   anderen  Säugetieren   bleibt  die 


ganzen  bläschen- 


des    Hühnereies   ver- 

haben. 

Keimblase  klein. 


wie 


bei  den  meisten  Nagetieren,  bei  Insectivoren  und  Chiropteren.  Wegen 
der  verschiedenen  Beurteilung  dieses  Stadiums  gebe  ich  zum  Vergleich 
mit  der  Keimblase  des  Kaninchens  noch  zwei  weitere  Abbildungen 
nach  Duval  und  Hubrecht:  1)  von  der  Keimblase  der  Fledermaus 
(Fig.  558)  und  2)  der  Spitzmaus  (Sorex,  Fig.  559).  In  allen  diesen 
Figuren,  deren  Zahl  sich  aus  der  Litteratur  noch  leicht  vermehren 
läßt,  stellt  der  Embryonal- 
knoten nichts  anderes  als 
eine  Verdickung  der  sonst 
einschichtigen    Blasenwand 


dar ;   die 


Bedeutung 


eines 


Fig.  558.  Keimblase  der 
Fledermaus,  nach  DüVAL  (A. 
L.  III '»  1899,  Taf.  I,  Fig.  32). 

Fig.  559.  Keimblase  von 
8orex  vulg.,  nacli  Hubrecht 
(L.  K.  III 9  1892,  Taf.  XXXVI, 
Fig.  7). 

besonderen  Keimblattes  kann  er  nicht  beanspruchen,  da  er  durch  keinen 
Spalt  von  der  oberflächlichen  Zellenhaut  abgetrennt  ist.  Zw'ar  bietet 
letztere  ein  etwas  abweichendes  Aussehen  dar ,  da  ihre  Elemente 
platter  sind  und  fester  hautartig  zusammenschließen.  Aber  das  ist 
eine  Erscheinung,  die  sich  in  ähnlicher  Weise  in  allen  W^irbeltierklassen 
auf  dem  Morula-  und  Blastulastadium  findet,  bei  Fischen,  bei  Amphibien, 
bei  Reptilien  und  Vögeln.     Sie  läßt  sich  daher  auch   nicht  verwerten. 


um    die    oberflächliche  Zellenlage 


wegen 


ihrer    besonderen   Diff'eren- 


zierung 


als   ein    eigenes  Keimblatt   vom  Embryonalknoten   oder:  dem 
Furchungskugelrest  zu  unterscheiden. 

W^enn  wir  nach  vergleichbaren  Punkten  in  der  Eutwickelung  der 
Säugetiere  und  der  Sauropsiden  suchen,  so  würde  ich  die  verdickte 
Stelle  ihrer  Keimblasenwand  der  zelligen  Keimscheibe  der  Reptilien 
und  Vögel  vergleichen.  Zu  Gunsten  dieser  Ansicht  sprechen  die  Be- 
funde, welche  Semon  am  Ei  der  Monotremen  erhalten  hat.  Die 
Höhle  der  Keimblase  würde  dann,  wenn  die  Ansicht  richtig  ist,  daß 
in  der  Vorfahrenreihe  die  Eier  der  Säugetiere  dotterreicher  gewesen 
sind,  einmal  von  Dotter  ausgefüllt  gewesen   sein,   wie   noch  jetzt   bei 


904  0.  Hertwig, 

den  Monotreiiieii.  Somit  kann  ich  auch  dem  Vergleich  von  Oscar 
ScHULTZE  nicht  zustimmen,  nach  welchem  der  Embryonalknoten  der 
Säugetiere  der  vegetativen  Hälfte  von  der  Keimblase  der  Amphibien 
entsprechen  würde,  wie  er  in  seinem  Lehrbuch  in  einer  Reihe  schema- 
tischer  Figuren  zur  Darstellung  gebracht  hat. 

Wie  schon  hervorgehoben,  erlangt  in  manchen  Säugetierordnungen 
die  Keimblase  sehr  frühe  eine  ganz  außerordentliche  Größe,  wälirend 
die  eigentliche  Embryonalanlage,  die  verdickte  Stelle  ihrer  Wand, 
immer  sehr  klein  bleibt;  dabei  nimmt  sie  eine  sehr  verschiedene 
Form  an,  welche  für  die  Vertreter  der  einzelnen  Sängetierklassen 
charakteristisch  ist.  Bei  den  Beuteltieren,  bei  denen  sie  von  Selenka 
beschrieben  worden  ist,  bei  den  Primaten,  beim  Menschen  u.  a.  be- 
hält sie  eine  einfache  kugelige  Gestalt;  beim  Kaninchen,  bei  Raub- 
tieren etc.  wird  sie  ellipsoid  oder  tonnenförmig;  bei  den  Wiederkäuern, 
Schweinen  u.  a.  wächst  sie  zu  einem  außerordentlich  langen  und 
feinen  Schlauch  aus,  der  sich  in  den  Hörnern  des  Uterus  bicornis 
einbettet.     Ein  solcher  ist  vom  Schaf  in  Fig.  560  auf  Vs    verkleinert 


Fig.  560.  Langer  EischJauch  des  Schafes  12  Tage  2'/^  Stunde  nach  der  Be- 
gattung, auf  2/^  verkleinert,  nach  Bonnet  (1884,  Taf.  XI,  P'ig.  3.7).  E  Embryonal- 
schild,    hl  blasenartige  Erweiterung  des  Schlauches  an  seinen  Enden. 

dargestellt,  nach  einem  Präparat  von  Bonnet,  welches  12  Tage  2 
Stunden  nach  der  Begattung  in  Kochsalzlösung  aus  dem  Uterushorn 
isoliert  wurde.  Noch  eine  viel  beträchtlichere  Länge  erreichen  die  fast 
fadenartig  werdenden  Eischläuche  beim  Schwein.  Wie  Keibel  be- 
merkt, gelingt  es  nur  bei  einiger  Uebung  und  viel  Geduld,  einen  so 
langen,  feineu  Schlauch  aus  dem  Hörn  der  Gebärmutter  heraus  zu 
präparieren.  Denn  sie  liegen  bei  solcher  Länge  nicht  gestreckt  in 
den  Uterusschläuchen,  sondern  sind  vielfach  gefaltet  und  in  Schlingen 
gelegt.  Noch  etwas  ältere  isolierte  Eischläuche  erreichten  sogar  eine 
Länge  von  mehr  als  1  m.  Unter  diesen  Umständen  wird  man  es 
begreiflicher  finden,  daß  Harvey  bei  Rehen  und  Hirschkühen,  Haller 
und  Kuhlemann  in  den  ersten  14  Tagen  nach  der  Begattung  weder 
Eier  noch  Embryonen  überhaupt  aufzufinden  im  stände  waren,  da 
sie  sich  an  gerade  besonders  schwierige  Objekte  herangewagt  hatten, 
während  Regnier  de  Graaf  bei  den  viel  leichter  aufzufindenden 
Keimblasen  des  Kaninchens  mit  Erfolg  belohnt  wurde,  ein  Beispiel, 
wie  bei  wissenschaftlichen  Erfolgen  auch  von  dem  Zufall  viel  mit  ab- 
hängt. 

Auf  den  folgenden  Blättern  wird  uns  jetzt  fast  ausschließlich  der 
kleine  Bezirk  der  Keimblasenwand  beschäftigen ,  welcher  durch  den 
Furchungskugelrest  zum  Embryonalknoten  verdickt  ist.  Denn  von  ihm 
allein  nehmen  alle  weiteren  Bildungsprozesse  ihren  Ausgang.  Die 
nächste  Veränderung  ist,  daß  der  anfänglich  mehr  lockere  Haufen 
der  Embryonalzellen  sich  unter  weiterer  Vermehrung  und  Größen- 
abnahme derselben  zu  einer  flachen  Scheibe  abplattet  und  daß  nach 
einiger  Zeit  an  der  inneren  Fläche  der  Scheibe  sich  ein  zweites  Keimblatt 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


905 


zu  entwickeln  be^iinnt.  Bei  Betrachtung  von  der  Fläche  setzt  sich 
die  Schoilje  (Fig.  ö(U)  sowohl  bei  frisch  untersuchten,  als  auch  bei 
gehärteten  und  gefärbten  Keimblasen  in- 
folge ihrer  größeren  Dicke  und  Undurch- 
sichtigkeit  von  ihrer  Umgebung  ziemlich 
scharf  ab :  meist  ist  sie  von  ovaler  Form  : 
zuweilen  läßt  sie  an  ihrem  hinteren  Rand 
eine  kleine  Einkerbung  erkennen,  wie  es 
Bonnet  an  Keimblasen  vom  Hund  (Fig.  561 
Ji)  öfters  beobachtet  hat.  Sie  soll  von  dei- 
Zeit  ab.  wo  sich  das  innere  Blatt  an  ihr 
zu  entwickeln  beginnt,  als  der  Embrj'onal- 
schild  (Area  embryonalis).  täche  embryon- 
naire  (Vax  Beneden i  bezeichnet  werden. 

Fio;.  öül.  Embryonalschild  mit  Randkerbe  (k) 
eines  Hundeeies  16  Tage  nach  der  letzten  Be- 
gattung, nach  BoNXET  (L.  K.  III « 1897,  Taf. XXXII, 
Tis.  lo). 


An  Durchschnitten  durch  den  zweiblätterigen  Embryonalschild 
(Fig.  562)  zeigt  sich  das  äußere  Keimblatt  bei  den  meisten  Säugetieren 
aus    kleinen    kubischen    oder    cylindrischen    Zellen    zusammengesetzt, 


.ich 


ak     ik 


Fig.  562.  Querschnitt  durch  den  Erabryonalschild  eines  Hundeeies  11  Tage 
nach  der  letzten  Begattung.  Nach  Bonnet  (1.  c.  Taf.  XXX,  Fig.  13).  ak,  ik  äußeres 
und  inneres  Keimblatt,     seh  Embrvonalschild.     /;  Höhlung  im  Schild. 


welche  nach  seinem  Rande  zu  niedriger  werden  und  so  in  die  außer- 
ordentlich abgeplatteten,  großen,  polygonalen  Elemente  der  übrigen 
Keimblasenwand  übergehen.  D  i  e  k  u  b  i  s  c  h  e  n  o  d  e r  c  y  1  i  n  d  r  i  s  c  h  e  n 
Ektoblastzellen  sind  es  einzig  und  allein,  welche  durch 
ihre  größere  Dicke  bei  Flächenbetrachtung  und  auf 
Durchschnitten  das  Bild  des  Embryonalschildes  her- 
vorrufen, welches  nur  so  weit  reicht,  als  eine  Ektoderm verdickung 
eingetreten  ist.  Das  unter  ihnen  entstandene  innere  Keimblatt  stellt 
von  Anfang  an  ein  sehr  zartes  und  dünnes  Häutchen  stark  abge- 
platteter, großer,  in  einfacher  Lage  nebeneinander  gefügter  Zellen  dai'. 
Diese  bieten,  bei  stärkerer  Vergrößei-ung  untersucht,  ein  zierliches  Bild 
dar,  wie  die  der  Abhandlung  Van  Beneden"s  (L.  K.  III''  1880,  p.  61 
bis  63)  entnommene  Fig.  563  lehrt.  Nur  in  unmittelbarer  Umgebung 
der  Kerne  ist  das  Protoplasma  etwas  reichlicher  angehäuft,  denn  nach 
der  Peripherie  geht  es  in  ein  Netzwerk  feiner  Fäden  über,  welches 
von  einer  Zelle  zur  anderen  eine  kontinuierliche  Verbindung  herzu- 
stellen scheint.  An  frischen  oder  mit  Osmium  säure  fixierten  Präparaten 
gewinnt  man  den  Eindruck,  als  ob  das  innere  Keimblatt  aus  einem 
Syncytium  bestände.  Das  ist  indessen  nicht  der  Fall:  denn  bei  der 
Behandlung  einer  frischen  Keimblase  mit  Argentum  nitricum  erhält 
man,  wie  bei  einer  Endothelhaut,  feine,  schwarze  Silberlinien,  durch 
welche  polygonale  Zellplatten  gegeneinander  abgegrenzt  werden. 


906 


0.  Hertwig, 


Bei  seiner  ersten  Anlage  ist  das  innere  Keimblatt  allein  auf  den 
Embryonalschild  beschränkt;  es  besitzt  in  seiner  Peripherie  in  ähn- 
licher   Weise,    wie    es    schon    für    das   Hühnerei    beschrieben    wurde, 


Fif?.  563. 


Fig.  564. 


Fig.  5^3.  Zellen  des  Entoblastes  eines  Kanincheneies  vom  zweiblätterigen 
Blastoderm.  Zellgrenzen  nicht  sichtbar.  Vakuohges  Protoplasma.  Nach  Van  Bene- 
DEN  (L.  K.  III «  1880,  Taf.  VI,  Fig.  9). 

Fig.  564.  Dasselbe  nach  Behandlung  mit  Argentum  nitricum.  Nach  Van 
Beneden  (1.  o.  Taf.  VI,  Fig.  10). 


einen  [freien  unregelmäßigen  Rand,  über  welchen  hinaus  die  Keim- 
blasenwand nur  vom  äußeren  Keimblatt  gebildet  wird.  Allmählich 
aber  breitet  es  sich  vom  Embryonalschild  aus  immer  weiter  nach  dem 
entgegengesetzten  Pol  zu  aus,  indem  von  seinem  Rand  aus  einzelne 
Elemente  gleich  Wanderzellen  weiter  vordringen  (Fig.  565—5(37). 
Schon  Bischoff  hat  in  seinen  Untersuchungen  der  Kaninchenent- 
wickelung in  trefflichen  Abbildungen  (Fig.  565  —  567)  gezeigt,  wie  die 


Keimblasen  wand  in  immer 
In   den   einzelnen 


größerer 


Säugetierordnungen 


Ausdehnung  doppelblätterig  wird, 
spielt  sich  dieser  Vorgang   mit 


Fig.  565. 


Fig.  566. 


seh    1 


zp 


Fig.  565.  7  Tage  alles  Kaninchenei  in  seitlicher  Ansicht.  Nach  Bischoff 
(A.  L.  III '»  1842,  Taf.  VIII,  Fig.  41 C). 

Fig.  566.  Dasselbe  von  oben  gesehen.  Nach  Bischoff  (1.  c.  Taf.  VIII,  Fig.  41  B). 
2  zweiblättriger  Bezirk  der  Blasenwand,  der  aus  äußerem  und  innerem  Keimblatt  be- 
steht. 1  einblättriger  Bezirk,  der  nur  aus  äußerem  Keimblatt  besteht,  seh  Schild. 
zp  Zona  pellucida. 


Die   Lehre  von  den  Keimblättern. 


907 


verschiedener  Geschwinditikeit  ab.  So  fand  Bonnet  (L.  K.  III  ■' 1897, 
j).  4(5;'))  beim  Schaf  und  Hunde  schon  die  ganz  jungen  Keimblasen  voll- 
kommen doi)i)elblätterig,  während  beim  Kaninchen,  der  Fledermaus  und 

das  innere  Keimblatt  sich  erst  sehr 


wohl  auch  bei  anderen  Säugetieren 


Fig.  568. 


Fig.  567.  Etwas  älteres  Kaninchenei  als  das  in  Fig.  565  dargestellte,  in  seit- 
licher Ansicht.  Nach  Bischoff  (1.  c.  Taf.  IX,  Fig.  42  C).  Bezeichnungen  wie  in 
Fig.  r)()ö. 

Fig.  568.  Längsschnitt  durch  eine  eiförmige  Gastrula  vom  Didelphys  virginica 
Nach  ÖELENKA  (A.  L.  III 1"  1886,  Taf.  XVIII,  Fig.  2).  ak,  ik  äußeres  und  inneres 
Keimblatt,  kh  Keimblasenhöhle,  die  zur  Urdarmhöhle  wird.  «  Urmund,  der  durch 
einen  Haufen  von  Entodermzellen  verschlossen  wird. 

spät  oder  gar  nicht  am  Gegenpol  der  Keimblase  schließt,  so  daß  diese 
in  letzterem  Fall  überhaupt  in  wechselnder  Ausdehnung  einblätterig 
bleibt. 

In  welcher  Weise  kommt  bei  den  Säugetiei-en  die  erste  Anlage 
des  inneren  Keimblattes  zu  stände?  Nach  der  Lehre  von  der  Meta- 
gastrula,  wie  sie  Duval  weiter  ausgebildet  hat,  soll  der  Furchungs- 
kugelrest  (masse  mesodermi(|ue)  schon  das  innere  Keimblatt  sein  und 
soll  sich  das  Zellenmaterial  nur  in  der  Fläche  mehr  auszubreiten  haben ; 
die  verdickte  Stelle  im  äußeren  Keimblatt,  welche  später  den  Em- 
bryonalschild ausmacht,  soll  von  einer  Wucherung  der  primären  ober- 
flächlichen oder  abgeplatteten  Zellen  herrühren.  Ich  kann  diese  An- 
sicht nicht  teilen,  einmal  weil  ich  in  den  früheren  Stadien  nach  den 
vorliegenden  Abbildungen  und  Darstellungen  eine  scharfe  Sonderung 
in  2  Blätter  überhaupt  nicht  erkennen  kann,  und  zweitens  weil  fast 
alle  Untersucher  der  Säugetierentwickelung  angeben,  daß  der  Furchungs- 
kugelrest  Zellenmaterial  für  jedes  der  sich  später  sondernden,  primären 
Keimblätter  liefert.  Wenn  letzteres  der  Fall  ist,  wie  ich  annehme, 
so  ist  die  Frage  zu  entscheiden :  Geschieht  die  Bildung  des  inneren 
Keimblattes  durch  Delamination  von  der  Innenfläche  des  sich  zur 
Scheibe  ausbreitenden  Furchungskugelrestes.  wie  von  mancher  Seite  an- 
gegeben wird,  oder  geschieht  sie  durch  eine  Art  von  Einstülpung  von 
einer  Stelle  der  Blasenwand  aus,  wie  von  anderen  Forschern  wahr- 
scheinlich gemacht  wird?  Ist  im  letzteren  Falle  eine  Stelle  am  Em- 
bryonalschild   vorhanden,    welche    als    Blastoporus    gedeutet    werden 


908 


0.  IIertwig, 


kann,  eine  Stelle,  an  welcher  sich  ein  Um  schlaft  des  äußeren  ins 
innere  Keimblatt  oder  wenigstens  ein  Zusammeiihanf?  beidei'  nach- 
weisen läßtV  Wie  bei  den  Vögeln  sind  aucii  bei  den  Säugetieren  die 
Untersuchungen  über  diese  Fragen  noch  sehr  wenig  /Aifriedenstellend, 
so  daß  ein  abschließendes  Urteil  über  die  Wege,  auf  denen  sich  das 
einblätterige  in  das  doi)pelblätterige  Stadium  umwandelt,  noch  nicht 
gefällt  werden  kann.  VVir  müssen  uns  daher  darauf  beschränken, 
aus  der  Litteratur  einzelne  Beobachtungen  von  Selenka,  Keibel, 
Heape,  Hubrecht  und  Bonnet  mitzuteilen,  welche  sich  zu  Gunsten 
der  zweiten  oben  ausgesprochenen  Ansicht  verwerten  lassen. 

In  seiner  Entwickelungsgeschichte  vom  Beuteltier  Didelphys  l)e- 
schreibt  Selenka  (A.  L.  III  ^^  1886,  p.  117)  8  Keimblasen,  die  er  10  Stun- 
den nach  Beginn  der  Furchung  bei  Eröffnung  eines  Weibchens  erhielt  und 
von  denen  er  angiebt,  daß  sie  sich  auf  dem  Gastrulastadium  befinden. 
Nach  dem  hinteren  Rande  des  durch  die  größere  Höhe  der  Ektoderm- 
zellen  kenntlichen  Embryonalschildes  nämlich  fiel  ihm  eine  kleine 
Stelle  auf,  welcher  von  innen  her  ein  Ballen  von  Gerinnsel  aufgelagert 
war  (Fig.  569).     In  3  Fällen  konnte  hier  eine  kleine  Oeffnung,    „eine 


zp  ik     ak 


kb 


Fig.  569.  Schnitt  durch  den  ßlastoporus  einer  Gastrula  von  Didelphys,  10 
Stunden  nach  Beginn  der  Furchung.  Der  Schnitt  geht  durch  die  Längsachse  des 
zukünftigen  Embryos.  Nach  Selenka  (1886,  Taf.  XVIII,  Fig.  3).  ak,  ik  äußeres 
und  inneres  Keimbiatt.  kb  Keirablasenhölile,  die  zur  Urdarnihöhle  wird,  u  Ur- 
tuund,  der  durch  ein  Gerinnsel  verschlossen  ist.     zp  Zona  pellucida. 


Zellenlücke",  nachgewiesen  werden.  Selenka  deutet  die  Stelle  als 
Blastoporus  und  bildet  von  ihr  auch  einen  Durchschnitt  ab,  an  welchem 
man  in  der  Gegend  des  Gerinnsels  ein  kleines  Loch  und  den  Ueber- 
gang  der  äußeren  in  die  innere  Zellenschicht  wahrnimmt.  Auch  be- 
merkt er,  daß  sich  mehrfach  karyokinetische  Figuren  in  den  dem 
Blastoporus  zunächst  gelegenen  Zellen  vorfanden.  Auf  etwas  weiter 
vorgerückten  Stadien  (Fig.  570),  auf  welchen  sich  das  innere  Keim- 
blatt an  der  Innenfläche  zu  einem  rings  geschlossenen  Sack  aus- 
breitet, ist  nach  den  Angaben  von  Selenka  der  Ort  des  Blastoporus 
für  einige  Zeit  nicht  mehr  erkennbar,  da  das 
rinnsei,  sowie  die  Oeffnung  verschwunden  ist. 
treten    des    Primitivstreifens    wird    wieder    eine 


früher  bemerkte  Ge- 
Erst  mit  dem  Auf- 
ais   Blastoporus    zu 


deutende  Stelle  erkennbar. 

Einen  ähnlichen  Befund  wie  Selenka  vom  Opossum  hat  Keibel 
(L.  K.  III  -'  1889,  p.  52)  in  einem  Fall  von  einer  5  Tage  alten  Keimblase 
vom  Kaninchen  erhalten,  die  zur  Hälfte  noch  einschichtig  war.    In  einem 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


909 


Stadiiiin.  welches  der  Bihlung  des  Priiiiitivstreifens  beträchtlich  voran- 
geht, konnte  er  eine  Verbiiuliing  der  beiden  Schichten  des  zwei- 
blätterigen Keimes,  und  zwar  an  einer  ganz  beschränkten  Stelle,  nach- 


Fig.  570.  Schnitt  durch,  die  Mitte  des  Embryonalschildes  einer  Gastrula 
von  Didelphys  virginica  24  Stunden  nach  Beginn  der  Eifurchung.  Nach  Selexka 
{1886,  Taf.  XIX,  Fig.  3).    ak,  ik  äußeres  und  inneres  Keimblatt,    sp  Zona  peilucida. 


weisen;  ,,es  scheint  hier",  bemerkt  dazu  Keibel,  „ein  Uebertreten 
von  Zellen  aus  der  oberen  in  die  untere  Schicht  stattzufinden.  Ich 
habe  dergleichen  Bilder  bis  dahin  nicht  wieder  erhalten  und  erwähne 
den  Befund  deswegen  hier  nur  anhangsweise,  da  ich  wohl  weiß,  daß 
ein  vereinzelter  Befund  nicht  beweisend  sein  kann;  aber  zusammen- 
gehalten mit  den  Bildern  vom  Opossum  bei  Selenka  und  vom  Maul- 
wurf bei  Heape,  erscheint  er  mir  doch  nicht  ganz  ohne  Wert." 

Der  Befund  von  Heape  (A.  L.  III  ^^  1883,  Sep.,  p.  17)  beim  Maul- 
wurf betrifft  ein  etwas  älteres  Stadium  kurz  vor  dem  Auftreten  des  Pri- 
mitivstreifens. Auf  dem  Längsschnitt  durch  den  ovalen  Embryonalschild 
(Fig.   571)    zeigt    sich   am    hinteren  Rande   eine   sehr  feine  Oeffnuug, 


// 


ah 

Fig.  571.  Medianschnitt  durch  den  Embryonalschild  eines  Maulwurfkeimes, 
und  zwar  durch  den  Teil,  in  welchem  sich  der  Primitivstreifen  zu  bilden  begonnen 
hat.  Nach  Heape.  u  Urmund.  ak,  ik  äußeres  und  inneres  Keimblatt.  V  vorderes, 
H  hinteres  Ende. 


welche  die  Keimblätter  durchbohrt.  An  ihrem  Rande  hängen  äußeres 
und  inneres  Keimblatt  untereinander  zusammen  und  beginnen  bereits 
auch  einige  Mesoblastzellen  aufzutreten.  Die  Oeffnung,  welche  von 
Heape  für  den  Vorläufer  des  neurenterischen  Kanals  gehalten  wird, 
ist  nach  innen  weiter  als  nach  außen,  Hubrecht  hat  einen  sehr 
deutlichen  Blastoporus  an  Keimen  von  Erinaceus  und  Sorex  beobachtet. 
Näheres  hierüber  ist  in  einem  Nachtrag  zum  Abschnitt  über  Säuge- 
tiere (p.  945)  nachzulesen. 

Endlich  hat  Bonnet  (L.  K,  IIP  1897,  p,  4G2)  an  jungen  Embryonal- 
schilden vom  Hund  Befunde  gemacht,  welche  sich  wohl  den  besprochenen 
anreihen  lassen.     Oefters    sah   er  am  hinteren  Rand    des   ovalen  Em- 
bryonalschildes (Fig.  572) 
eine  Einkerbung,    welche 
sprach,    ferner   in    einiger 
Durchmesser  haltende,  scharf  umrandete  Oeffnung,  welche  die  rosetten 


sah   er  am  hinteren  Rand    des 
eine  auffallend  sichelförmige 
dem    hinteren  Ende  seiner 
Entfernung  von  ihr    „eine  kleine,    10  u   im 


Trübung   und 
Längsachse  ent- 


förmig augeordneten  Ektodermzellen  mit  vollkommen 


glatten 


Flächen 


910 


0.  Hertwig, 


umgeben". 


Die  OeflFnunc;  führt   in    einen   kurzen,    allein   das   äußere 


Keimblatt  in  schräger  Richtung  durchbohrenden  Kanal,  der  sich  nach 
abwärts  trichterförmig  verengt.  Unter  ihm  geht  das  innere  Keimblatt 
geschlossen  hinweg,  ohne  zu  der  Perforation  in  irgend  eine  Beziehung 

zu  treten.  Solche  Oeffnungen 
hat  Bonnet  im  ganzen  3mal  an 
gleichaltrigen  Keimblasen  beob- 
achtet. Daß  sie  keine  Artefakte, 
etwa  Stichverletzungen,  sind,  hält 
er  für  bewiesen,  einmal  durch  ihr 
Vorkommen  bei  gleichen  oder 
nahezu  gleichen  Entwickelungs- 
formen,  weiter  durch  ihre  Klein- 
heit und  endlich  durch  die  voll- 
kommen glatten  Konturen  der  sie 
begrenzenden  Zellen. 

Fig.  572.  Das  hintere  Ende  des 
Schildes  (Fig.  561),  stärker  vergrößert. 
Nach  Bonnet  (1.  c.Taf.  XXXII,  Fig.  16). 
k  Randkerbe,     oe  Oeffnung. 

Ueber  die  Bedeutung  der  Befunde  hat  sich  Bonnet  mit  großer 
Reserve  ausgesprochen.  Indem  er  sie  mit  den  oben  beschriebenen 
Bildern  von  Selenka,  Keibel  und  Heape  vergleicht,  bemerkt  er: 
„Man  sieht,  die  Bedeutung  dieser  in  verschieden  weit  entwickelten 
Embryonalschildeu  des  Opossums,  Kaninchens,  Maulwurfs  und  Hundes 
beobachteten  Oeffnungen  ist  noch  nichts  weniger  als  vollkommen  klar- 
gestellt. Diese  Umstände  zwingen  zu  vorsichtiger  Reserve.  Ich  bin 
im  Zweifel,  ob  die  Oeffnungen  im  Hundeschild  mit  den  von  anderen 
Autoren  gesehenen  verglichen  werden  dürfen  und  was  sie  bedeuten" 
(L.  K.  IIP  1897,  p.  472). 

Wie  man  aus  den  zusammengestellten  Befunden  und  ihren  Deu- 
tungen ersieht,  ist  die  Bildungsweise  des  inneren  Keimblattes  bei  den 
Säugetieren  ebensowenig  wie  bei  den  Vögeln  in  überzeugender  Weise 
aufgeklärt.  Auf  eine  Ansicht  endlich,  nach  welcher  die  Gastrulation 
bei  den  Säugetieren  in  ein  noch  späteres  Stadium  der  Entwickelung 
fallen  und  die  hier  als  inneres  Keimblatt  gedeutete  Zellenlage  gar 
nicht  dem  inneren  Keimblatt  des  Amphioxus  und  der  Amphibien  etc. 
entsprechen,  sondern  ein  Paraderm  oder  Lecithophor  sein  soll,  wird 
erst  in  einem  späteren  Abschnitt  eingegangen  werden. 

Um  die  Beschreibung  des  zweiblätterigen  Keimes  noch  weiter  zu 
vervollständigen,  haben  wir  uns  zum  Schluß  noch  mit  Verhältnissen 
zu  beschäftigen,  welche  nur  für  einige  Ordnungen  der  Säugetiere 
charakteristisch  sind,  in  anderen  aber  fehlen ;  ich  meine  die  „Rauber- 
sche  Deckschicht"  und  die  durch  eigentümliche  Entwickelungs- 
prozesse  bedingte  „Umkehr  der  Keimblätter". 

Die  Deckschicht  und  die  Umkehr  der  Keimblätter. 

Während  bei  vielen  Säugetieren  der  Embryonalschild  von  der 
ersten  Zeit  seiner  Ausbildung  an  aus  kubischen  oder  cylindrischen 
Zellen,  meist  in  einfacher  Lage,  besteht,  wie  es  oben  für  Keim  blasen 
von  Didelphys  (Fig.  570)  und  vom  Hund  (Fig.  562)  beschrieben 
worden    ist,    findet   sich   in    anderen  Fällen   auf  der  Außenfläche  des 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


911 


Schildes  noch  eine  besondere  Schicht  großer,  ganz  abgeplatteter  Zellen, 
welche  den  C3dindrischen  oder  kubischen  Elementen  unmittelbar  an- 
geschmiegt sind  und  am  Rand  des  Schildes  sich  in  die  großen,  poly- 
gonalen Plattenzellen  der  ektodermalen  Keimblasenwand  fortsetzen 
(Fig.  573  u.  574). 


Fig.  573.  Schnitt  durch  den  Embryonalschild  eines  Kaninchens  5  Tage  nach 
der  Empfängnis.  Nach  Kölliker  (L.  K.'  III »  1882,  Tat'.  IV,  Fig.  28).  rz  Eauber- 
sche  Deckschicht,     ak,  ik  äußeres  und  inneres  Keimblatt. 

ak 


ik 

Fig.  574.  Querschnitt  durch  den  fast  kreisrunden  Embryonalschild  eines 
Kaninchenkeims  von  6  Tagen  und  9  Stunden  (Durchmesser  0,8  mm).  Nach  Bal- 
rouR.  ak,  ik  äußeres,  inneres  Keimblatt.  Der  Schnitt  zeigt  den  eigentümlichen 
Charakter  der  oberen  Schicht  mit  einer  gewissen  Anzahl  abgeplatteter,  oberflächlicher 
Zellen.     Es  ist  etwa  nur  die  Hälfte  der  ganzen  Breite  des  Schildes  dargestellt. 


A.  Rauber  (L.  K.  III  ^  1875,  p.  106)  hat  diese  Schicht  zuerst  an  Durch- 
schnitten durch  junge  Keimblasen  des  Kaninchens  entdeckt,  sie  der  Rei- 
CHERT'schen  Umhüllungshaut  verglichen  und  ihr  den  Xamen  Deckschicht 
gegeben.  Er  läßt  sie  ein  vergängliches  Gebilde  sein,  da  sie  auf  etwas  älteren 
Stadien  vermißt  wird  und,  wie  er  annimmt,  durch  Abstoßung  zu  Grunde 
geht.  Die  dadurch  freigelegte  Schicht  kubischer  Zellen  bezeichnet  er 
mit  Recht  als  das  bleibende  Ektoderm  des  Embryonalschildes,  Avelchem 
von  unten  her,  durch  einen  Spaltraum  getrennt,  das  dünne  Entoderm 
locker  anliegt. 

Unabhängig  von  Räuber  hat  E.  Vax  Bexeden  in  demselben  Jahr  (L.  K. 
III  ^  1875,  p.  40,  u.  1880)  die  Deckschicht  an  den  Keimblasen  des  Kanin- 
chens aufgefunden  und  auf  das  sorgfältigste  einmal  an  Flächenpräparaten 
mit  Hilfe  der  Versilberungsmethode,  sowie  an  Durchschnitten  studiert ; 
er  verfiel  aber  dabei  in  den  Irrtum,  daß  er  in  dei--  Deckschicht  allein 
das  äußere  Keimblatt  vor  sich  zu  haben  glaubte  und  den  zweiten  bleiben- 
den Bestandteil  desselben,  die  Lage  kubischer  oder  cylindrischer  Zellen, 
schon  für  den  erst  viel  später  auftretenden  Mesoblast  hielt.  Er  spricht 
daher  schon  auf  diesem  frühen  Stadium  von  einem  täche  embryonnaii^e  oder 
einem  gastrodisque  tridermique  (L.  K.  III  ^  1880,  p.  83).  Der  Sachverhalt 
WTirde  bald  darauf  durch  die  vortreffliche  Untersuchung  von  Kölliker 
(L.  K.  III 9  1882)  aufgeklärt  und  richtig  gestellt.  Nur  über  einen  neben- 
sächlichen Punkt  besteht  noch  eine  Meinungsverschiedenheit,  nämlich 
über  die  Art  und  Weise ,  wie  später  die  RAUBER'sche  Deckschicht 
schwindet.  Während  Räuber  und  Kölliker  die  Deckzellen  einzeln  zu 
Grunde  gehen  und  abgestoßen  werden  lassen,  geben  Balfour  für  das 
Kaninchen  und  Heape  für  den  Maulwurf  an,  daß  sich  die  platten  Zellen 
allmählich  umbilden,  cylindrisch  werden  und  sich  dabei  in  die  Schicht 
der  Cylinderzellen    einordnen   (Fig.  575).     Bald    nach    ihrer    Entdeckung 


912 


0.  Hertwig, 


wurde  die  RAüBEii'sche  Schicht  auch  noch  bei  anderen  Säugetierarten, 
besonders  aus  den  3  Ordnungen  der  Insektenfresser,  Chiropteren  und 
besonders    der   Nagetiere    aufgefunden :    so    von    Heape    beim    Maulwurf, 


Fig.  575.  Querschnitt  durch  einen  Kaninchenkeim  vom  7.  Tage.  Länge  des 
Schildes  ungefähr  1,2  mm,  Breite  desselben  0,86  mm.  Nach  Balfour.  Die  in 
Fig.  574  dargestellten,  abgeplatteten  Zellen  des  äußeren  Keimblattes  ak  sind  nicht 
mehr  vorhanden. 

von  KuPFFER  bei  Arvicola,  von  Selenka  bei  Maus,  Ratte  und  Meer- 
schweinchen, von  Hubrecht  bei  Erinaceus,  Tupaja,  Sorex  etc.  und  so 
auch  von  anderen  Forschern  (  Asshetox,  Rokixsox,  Fräser,  Duval)  teils 
an  den  gleichen,  teils  an  noch  anderen   Objekten. 

Eine  eigentümliche  Entwickelung  erfährt  die  Deckschicht  nach  Unter- 
suchungen von  Heape  (A.  L.  III  ^^  1883,  p.  10)  bei  der  Keimblase 
des  Maulwurfes.  Auf  frühen  Stadien  liegt  der  Furchungskugelrest  als  ein 
runder  Haufen  den  platten  Zellen  der  Keimblasenwand  an  (Fig.  576). 


Fig.  5i6. 


^=ia=^>^ 


Fig.  577. 


ak 


fk 


ak 


Fig.  578. 


dz 


ik       ak^ 


Fig.  576.  Durchschnitt  durch  den  Teil  der 
Keimblasenwand  des  Maulwurfes ,  welchem  der 
Haufen  der  Embryonalzellen  anliegt,  nach  Heape 
(A.  L.  III '«  1883,  Taf.  VII,  Fig.  17). 

Fig.  577.     Durchschnitt    durch   dieselbe  Stelle 
•„  .       einer  etwas  älteren  Keimblase  vom  Maulwurf,   nach 
Heape  (Taf.  VII,  Fig.  20). 

Fig.  578.  Durchschnitt  durch  eine  Keimblase 
vom  Maulwurf,  an  welcher  sich  der  Entoblast  abge- 
grenzt hat  und  die  Erabryonalanlage  zweiblätterig  wird,  nach  Heape  (Taf.  VII, 
Fig.  23).     Siehe  Bezeichnungen  Fig.  581. 

Wenn  sich  dann  der  Haufen  zur  Scheibe  abplattet,  erhält  sich  an  seiner 
Oberfläche  die  Lage  der  platten  Zellen  und  stellt  die  RAUBER'sche 
Deckschicht  dar  (Fig.  577).  Noch  etwas  später  läßt  sich  an  der  Innen- 
fläche der  Scheibe  eine  deutlich  abgesonderte  Lage  kubischer  Zellen 
als  inneres  Keimblatt  unterscheiden  (Fig.  578).  So  weit  gleichen  die 
Verhältnisse  den  vom  Kaninchen  beschriebenen.  Jetzt  aber  tritt  eine 
Abweichung  dadurch  ein,  daß  über  der  Scheibe  die  Deckzellenschicht 
zu  wuchern  beginnt  (Fig.  579j.  Die  früher  platten  Zellen  werden 
kubisch    und    setzen    sich   durch   Spalten,   die   mit  Flüssigkeit  gefüllt 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


913 


sind,  von  der  tieferen  Grundschicht  (dem  bleibenden  Ektoderm)  ab. 
An  noch  älteren  Keiniblasen  hal)en  sie  sich  zu  einem  Pfropf  stern- 
förmiger Zellen  vermehrt,  der  die  Grundschicht  ziemlich  weit  gegen 
die  Keimblasenhöhle  zu  einstülpt.  Im  Pfropf  kann  dabei  auch  ein 
ziemlich  großer  Hohlraum  entstanden  sein.  Schließlich  aber  wird  dieser 
eigentümliche  Wachstumsprozeß  rückgängig  gemacht,  indem  sich 
die  eingekrümmte  Grundplatte  wieder  flach  ausbreitet  (Fig.  580),    der 


Fig.  579. 


Fig.  580. 


dz  dz         ak^  ak 


Fig.  581. 


Fig.  579.  Durchschnitt  durch  eine  zweiblätterige  Embryonalanlage  vom  Maul- 
wurf mit  gewucherter  Deckschicht,  nach  Heape  (Tat.  VII,  Fig.  24). 

Fig.  580.  Durchschnitt  durch  eine  2-blätterige  Embryonalanlage  vom  Maul- 
wurf, die  älter  ist  als  in  Fig.  579  und  die  Deckschicht  in  Rückbildung  zeigt,  nach 
Heape  (Taf.  VII,  Fig.  27). 

Fig.  581.  Durchschnitt  durch  eine  2-blätterige  Embryonalanlage  vom  Maul- 
wurf mit  ganz  rückgebildeter  Deckschicht,  nach  Heape  (Taf.  VII,  Fig.  28). 

Bezeiehmuigen  für  Fig.  576—581:  ak  äußeres  Keimblatt,  ak*^  formativer  Bezirk 
desselben,  ik  mneres  Keimblatt,  dz  Deckzellen,  h  Höhle  unter  den  Deckzellen,  s 
Zona  peUucida.    fk  Furchungskugelrest. 

Hohlraum  (h)  schwindet  und  die  Deckzellen  wieder  als  platte  Gebilde 
der  freien  Fläche  unmittelbar  dicht  aufgelagert  werden.  Es  entsteht 
so  ein  Bild,  wie  es  ungefähr  auch  der  Embryonalschild  des  Kaninchens 
darbietet.  Auf  einem  noch  späteren  Stadium  ist  die  Deckzellenschicht 
ganz  geschwunden  (Fig.  581). 

Ein  ähnlicher  Vorgang,  nur  in  viel  ausgedehnterem  Maße,  spielt 
sich   bei  vielen  Arten  von  Nagetieren  ab,  bei  welchen  die  sogenannte 


Handbuch  der  Eiitwickelungslchre.     I. 


58 


914 


0.  IIertwig, 


Umkehr  der  Keimblätter  stattfindet.  Die  Wucherung  der  Deckschicht 
und  die  zapfenartige  Einstülpung  des  bleibenden  Ektoderms  erreicht 
dabei  viel  größere  Dimensionen  und  ^Yird  vor  allen  Dingen  nicht  wieder, 
wie  beim  Maulwurf,  rückgängig  gemacht. 

Drei  Modifikationen  sind  bei  den  Nagetieren  beobachtet  worden. 
Am  einfachsten  gestaltet  sich  der  Prozeß  bei  der  Feldmaus  (Arvicola 
arvalis,  Fig.  582—584),  bei  welcher  ihn  Kupffer  (L.  K.  III  •'  1882,  p.  621) 

Fis-.  582.. 


Fig.  584. 


Fig.  583. 


Fig.  582.  Durchschnitt  durch  eine  Keimblase  der  Feldmaus  mit  Embryonal- 
schild, das  in  RAüBER'sche  Deckschicht,  Grundschicht  des  äußeren  Keimblattes 
und  in  inneres  Keimblatt   gesondert   ist,    nach  Kupffer  (L.  K.  III  ■'  1882,  Fig.  3). 

Fig.  583.  Durchschnitt  durch  eine  Keimblase  der  Feldmaus,  an  welcher  durch 
Wucherung  der  Deckschicht  ein  Zapfen  entstanden  ist,  der  die  Grundschicht  des 
äußeren  Keimblattes  und  das  Entoderm  eingestülpt  hat.  Nach  Kupffer  (1882,  Fig.  4). 

Fig.  584.  Durchschnitt  durch  ein  älteres  Stadium  der  Blätterumkehr  der  Feld- 
maus, nach  Kupffer  (1.  c.  1882,  Fig.  5).  Bezeichnungen  von  Kupffer.  dz  ein- 
stülpender Zapfen  der  Deckzellen,  rc.  peripheres  Ektoderm  der  Keimblase,  ec'  Grund- 
schicht des  li^ktoderms,  die  eingestülpt  wird,     en  Entoderm.    h  Höhe  der  Keimblase. 


untersucht  hat.  In  der  Gegend,  die  dem  Enibryonalschild  der  übrigen 
Säugetiere  morphologisch  entspricht,  findet  eine  schärfere  Absonderung 
der  Deckschicht  von  der  Grundschicht  statt  (Fig.  582);  sie  führt  schließ- 
lich zur  Entstehung  eines  breiten  Spaltes  zwischen  beiden  (Fig.  583). 
Die  Deckschicht,  die  mit  dem  Uterusepithel  verwachsen  ist,  erfährt 
hierauf  an  dieser  Stelle  durch  Wucherung  der  Zellen  eine  erhebliche 
Verdickung  und  geht  in  einen  linsenförmigen  Körper  über,  den  soge- 
nannten Träger  von  Selenka,  in  dessen  Mitte  eine  kleine  Höhlung 
(Fig,  583)  entsteht.  Durch  seine  Entwickelung  wird  die  den  Embryonal- 
schild tragende  Hälfte  der  Keimblase  wie  bei  der  Gastrulation  ein- 
gestülpt, so  daß  nun  das  formative  Ektoderm  den  Hohlraum  des 
Bechers  auskleidet,  während  das  ihm  anliegende  Entoderm  nach  der 
Kernblasenhöhle  zu  konvex  vorgewölbt  ist.  In  dieser  Weise  sind 
Verlagerungen  des  formativen  Teiles  der  Keimblätter  entstanden,   die 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


915 


man  infolge  einer  irrtttmliclien  Deutung  der  Verhältnisse  als  Umkehr 
oder  Inversion  der  Keimblätter  bezeichnet  hat.  Im  weiteren  Verlauf 
der  Entwickelung  wird  die  Einstülpung  (Fig.  584)  noch  bedeutender, 
indem  die  Unsenförmig  verdickte  Deckschicht  als  hohler  Zapfen  tiefer 
in  die  Keimlilase  hineinwächst  und  das  formative  Ektoderm  vor  sich 
hertreibt.  Schließhch  zieht  sich  die  Deckschicht  aus  der  Höhle,  die 
später  zur  Amnionhöhle  wird,  zurück  und  bleibt  an  ihrem  Eingang 
als  ein  dicker  Wulst  von  Zellen  angehäuft. 

Eine  zweite  Modifikation  haben  uns  Selenka  (1883,  1884)  und 
Fräser  an  den  Keimblasen  der  Ratte,  Maus  und  Waldmaus  kennen 
gelehrt.     Bald   nachdem   die  sehr  kleine  Keimblase  (Fig.  585)  sich  an 


der  Uterusschleimhaut  festgesetzt  hat,  beginnt  die  Deckschicht  zu 
wuchern  und  einen  Zapfen,  den  Träger,  zu  bilden.  Durch  ihn  wird 
der  formative  Teil  des  Ektoblasts  nach  dem  Centrum  der  Blase  vorge- 
trieben, wobei  er  sich  in  eine  allseits  abgegrenzte  Epithelkugel  (Fig.  586) 


Fig.  587. 


a-"  - 


Fig.  588. 


am 


ak* 


Fig.  585.  Frei  in  dem  Uterus  liegeDde  Keimblase  der  Hausmaus,  nach  Seleijka 
(A.  L.  III  1«  1883,  Taf.  I,  Fig.  1). 

Fig.  586.  Eine  ältere  Keimblase  der  Hausmaus  mit  ausgehöhltem  Träger  und 
Ektoderrakugel  mit  Amnionhöhle,  nach  Selenka  (1.  c.  1883,  Tat.  I,  Fig.  12). 

Fig.  587.  Noch  ältere  Keimblase  der  Hausmaus,  in  welcher  die  falsche  Amnion- 
höhle des  Trägers  und  die  wahre  Amnionhöhle  der  formativen  Ektodermblase  ver- 
schmolzen sind,  nach  Selenka  (1.  c.  1883,  Taf.  II,  Fig.  20). 

Fig.  588.  Eine  ältere  Keimblase  der  Ratte  in  medianem  Längsschnitt.  Träger 
und  formative  Ektodermblase  sind  noch  nicht  verschmolzen.  Nach  Selenka  (1.  c.  1884, 
Taf.  XIV,  Fig.  29).  ^r  Träger,  /i  Höhle  im  Träger  (falsche  Amnionhöhle).  a/j  äußeres 
Keimblatt,  ak*  eingestülpter  Bezirk  desselben,  der  an  der  Bildung  des  Embryos  teil- 
nimmt, ik  inneres  Keimblatt,  ik^  durch  den  Träger  eingestülpter  Bezirk,  ik-  an 
der  äußeren  Keimblasen  wand  herumwachsender  Teil  desselben,  kb  Keimblasenhöhle, 
die  zur  Urdarmhöhle  wird,     am  wahre  Amnionhöhle. 

58* 


91G 


0.  Hertwig, 


umwandelt,  in  deren  Innerm  sich  eine  kleine  Höhle,  die  wahre  Anmion- 
hühle,  entwickelt.  Das  innere  Keimblatt  umzieht  zu  dieser  Zeit  deut- 
hch  gesondert  den  eingestülpten  Teil  des  ektodermalen  Zellenmaterials 
und  beginnt  sich  auch  vermöge  amöboider  Zellen  auf  der  entgegen- 
gesetzten Hälfte  der  Keimblase  auszubreiten,  welche  dem  Uterusepithel 
anliegt.  Weiterhin  entstehen  auch  im  Träger  Flüssigkeitsräume,  die 
untereinander  zu  der  falschen  Amuionhöhle  verschmelzen.  Dabei  be- 
ginnt die  vorher  deutlich  erkennbare  Sonderung  zwischen  den  Zellen 
des  Trägers  und  der  formativen  Ektodermkugel  zu  schwinden,  woran 
sich  eine  Verschmelzung  der  wahren  mit  der  falschen  Amnionhöhle 
anschließt  (Fig.  587  und  588).  Der  eingestülpte  Teil  bildet  daher 
jetzt  einen  ziemlich  langen  Schlauch,  welcher  bis  nahe  an  den  ent- 
gegengesetzten Pol  der  mittlerweile  größer  gewordenen  und  nament- 
lich mehr  in  die  Länge  ausgewachsenen  Keimblase  heranreicht.  Der 
Schlauch  besteht  aus  einer  inneren  Schicht  hoher  cylindrischer  Ekto- 
dermzellen  und  einem  äußeren  Ueberzug  von  Entoderm  und  läßt  zwei 
Abschnitte  unterscheiden,  den  von  der  Ektodermkugel  abstammenden 
Teil,  von  welchem  aus  sich  die  Embryonalanlage  ausbildet,  und  den 
durch  Aushöhlung  des  Trägers  entstandenen  Teil,  der  bis  zur  Placentar- 
stelle  heranreicht. 

Die   dritte  Modifikation   des   eigentümlichen  Prozesses  ist  endlich 


beim    Meerschweinchen   (Fig. 


589   und  590) 
Fig.  590. 


^^ 


lani 


beobachtet  worden.  Bei 
ihm  ist  anfangs  die  Keim- 
blase in  dieselben  Be- 
standteile wie  bei  den 
bisher  besprochenen  Na- 
getieren gesondert.  Wie 
bei  Maus  und  Ratte  zieht 
sich  das  formative  Ek- 
toderm  zu  einer  Epithel- 
kugel zusammen.     Wäh- 

Fig.  589.  Längsschnitt 
durch  eine  7  Tage  alte  Keim- 
blase  des  Meerschweinchens, 
nach  Selenka  (A.  L.  III  '' 
1884,  Taf.  XI,  Fig.  7). 

Fig.  590.  Längsschnitt 
durch  eine  etwa  9  Tage  alte 
längsgestreckte  Keimblase  des 
Meerschweinchens  ,  nach  Se- 
lenka (1884,  Taf.  XII,  Fig.13). 
tr  Träger,  h  Höhle  desselben. 
iam  Interaninionhöhle.  am 
Amnionhöhle  der  Epithelkugel. 
ak*  eingestülpter  Teil  des 
äußeren  Keimblattes,  der  an 
der  Em  bryobild  u  n  u  tei  Ini  m  m  t. 
ak  nicht  eingestülpter  Teil 
des  äußeren  Keimblattes.  /// 
als  Schlauch  eingestülpter  Teil 
des  inneren  Keimblattes,  kb 
Keimblasen-  resp.  Urdarm- 
höhle. 


rend     aber    ;dort    die    Epithelkugel    bei    ihrer    Einstülpung    mit    der 
Deckschicht  immer  in  Zusammenhang  bleibt,  entfernt  sie  sich  hier  von 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  917 

ihr,  indem  sich  ein  Hohlraum  ausbiklet,  der  als  Interamnionhöhle 
unterschieden  und  schließlich  sehr  groß  wird.  Das  eingestülpte  innere 
Keimblatt  stellt  somit  jetzt  einen  Schlauch  dar,  an  dessen  Grund  die 
formative  Ektodermkugel,  an  dessen  Eingang  die  mit  der  Uterus- 
wand verlötete  Deckschicht  liegt,  beide  voneinander  getrennt  durch 
die  geräumige  Interamnionhöhle.  Später  wird  die  Ektodermkugel  durch 
die  Entwickelung  der  Aiunionhöhle  in  eine  große  Blase  umgewandelt, 
in  welcher  sich  an  einer  Stelle  die  Embryonalanlage  zu  differenzieren 
beginnt..  Nachträglich  wächst  auch  noch  die  Deckschicht  oder  der 
Träger  als  Blase  mit  der  falschen  Amnionhöhle  in  den  Entodermschlauch 
hinein,  verschmilzt  aber  niemals  mit  der  von  der  Grundschicht  abge- 
leiteten Ektodermblase,  sondern  bleibt  von  ihr  immer  durch  die  an- 
sehnliche Interamnionhöhle  getrennt  (Fig.  590). 

Durch  die  hier  kurz  geschilderte,  eigentümliche  Einstülpung  der 
Keimblasenwand  kommt  der  kleine  Bezirk,  aus  welchem  der  Embryo 
entsteht,  also  die  Embryonalanlage,  ganz  in  das  Innere  der  Blase  zu 
liegen;  so  erhält,  abweichend  vom  gewöhnlichen  Verhalten,  das  äußere 
Keimblatt  eine  konkave,  das  innere  dagegen  eine  konvexe  Krümmung, 
wodurch  in  früherer  Zeit  die  Embryologen  von  einer  Blattumkehr  zu 
sprechen  veranlaßt  wurden. 

Die  Ursache  für  die  in  verschiedener  Weise  erfolgende,  auffällige 
Wucherung  der  Deckschicht  glaubt  Selenka  in  dem  Umstand  zu 
finden,  daß  bei  den  betreffenden  Nagetieren  die  Keimblaseo,  die  im 
Vergleich  zu  anderen  Säugetieren  auffallend  klein  bleiben,  sehr  früh- 
zeitig mit  dem  Epithel  der  Uterusschleimhaut  in  feste  \^erbindung 
treten  und  dadurch  besser  ernährt  werden.  Auf  die  Rolle,  welche  bei 
der  Ernährung  des  Embryos  die  oberflächliche  Schicht  der  Keimblase 
bei  den  Säugetieren  spielt  und  infolgedessen  andere  Differenzierungen 
als  bei  allen  übrigen  Wirbeltieren  eingeht,  hat  Hubrecht  ein  be- 
sonderes Gewicht  gelegt  und  hat  deswegen  der  Deckschicht  und  über- 
haupt der  ganzen  oberflächlichen  Lage  platter  Zellen  der  Keimblase  den 
Namen  Trophoblast  gegeben  (L.  K.  IIIM888,  p.  511,  1895,  p.  18) 
zum  Unterschied  vom  formativen  Epiblast,  welcher  am  Aufbau 
des  embryonalen  Körpers  allein  beteiligt  ist.  Die  verschiedene  Ent- 
wickelung des  Trophoblasts  bei  den  Säugetieren  hat  Hubrecht  in 
folgenden  Sätzen  kurz  zusammengefaßt: 

„Die  von  mir  Trojihoblast  genannte  Keimschicht  ist  für  die  An- 
heftung des  Säugetierkeimes  an  die  mütterlichen  Gewebe  in  erster  Linie 
bestimmt ;  dabei  entwickeln  sich  zu  gleicher  Zeit  in  der  mannigfaltigsten 
Weise  lokalisierte  oder  über  die  ganze  Oberfläche  sich  erstreckende 
W'^ucherungen,  welche  zur  Ernährung  des  Embryos  dienen."  —  „Der 
definitive  formative  Epiblast,  welcher  als  sogenannte  Keimscheibe  oder 
Embryonalschild  auf  der  oberen  Fläche  der  Keimblase  hervortritt,  ist 
zur  Zeit  seines  ersten  Auftretens  nie  an  der  Oberfläche  gelegen,  sondern 
immer  von  Trophoblastzellen  überlagert." 

„Die  Art  und  Weise,  wie  diese  Ueberlagerung  des  formativen  Epi- 
blastes  durch  Trophoblastzellen  ein  Ende  nimmt,  ist  sehr  verschieden ; 
entweder  entsteht  zwischen  Epiblast  und  Trophoblast  ein  persistierender 
Raum,  welcher  etwas  später  zur  Amnionhöhle  wird  (Erinaceus,  Arvicola), 
oder  es  tritt  eine  engere  Verwachsimg  von  den  Epiblasträndern  mit  dem 
Trophoblast  ein,  worauf  ein  Durchbruch  der  deckenden  Trophoblastzellen 
erfolgt,  welche  letztere  später  zu  Grunde  gehen  (Tupaja,  Talpa,  vielleicht 
auch    Fledermaus    uud    Sus    scrofa    domesticus),    oder    endlich ,    es  \vird 


918  0.  IIertwig, 

die  trophoblastische  Deckschicht  oberhalb  der  Keimscheibe  sehr  erheb- 
lich abgeflacht,  wodurch  der  formative  Epiblast  und  der  Trophoblast  dem 
Anschein  nach  in  engstem  genetischen  Verbände  stehen,  während  in 
Wirklichkeit  der  Verband  zwischen  dem  peripheren  Bezirk  des  Tropho- 
blastes  und  seinem  als  Deckzellenschicht  zu  bezeichnenden  Abschnitt  auch 
hier  die  primäre,  die  anfänglich  kontinuierliche  Verbindungsweise  gewesen 
ist  (Lepus,  Sorex)."  „Der  Entwickelungsgang  kann  eine  Abkürzung  erfahren, 
indem  die  Amnionhöhle  innerhalb  eines  vom  Trophoblast  verfrüht  abge- 
trennten Epiblastzellenhaufens  spontan  erscheint  (Cavia,  Pteropus)." 

Die  zweite  Phase  der  K  e  i  m  b  1  a  1 1  b  i  1  d  u  n  g. 
Ent  Wickelung  des  P  rimitiv  st  reife  n  s,  des  Primitiv- 
knoteus,   des   mittleren    Keimblattes   und  des  Kopffort- 
satzes. 

Im  Laufe  der  weiteren  Entwickelung  erfährt  der  Embryonalschild 
bei  den  Säugetieren  eine  Reihe  ähnlicher  Veränderungen  wie  bei  den 
Vögeln.  Dieselben  sind  am  genauesten  an  Kaninchen-  und  Hunde- 
Keimen  von  Van  Beneden,  Kölliker,  Rabl,  Bonnet  u.  a. 
untersucht  worden,  scheinen  sich  aber  in  durchaus  ähnlicher  Weise 
auch  bei  den  Beuteltieren  abzuspielen,  wie  aus  der  wichtigen  Ab- 
handlung von  Selenka  hervorgeht.  Das  Studium  gerade  dieser 
Stadien  ist  bei  vielen  Säugetieren,  wie  z.  B.  auch  beim  Kaninchen, 
eine  Zeitlang  mit  etwas  größeren  Schwierigkeiten  verknüpft.  Denn 
während  bisher  die  Keimblasen  sich  aus  der  Gebärmutter  leicht 
isolieren  ließen,  ist  dies  jetzt  nicht  mehr  so  leicht  möglich,  weil  das 
Ektoderm  der  Keimblase  an  einzelnen  Bezirken,  besonders  in  der  Um- 
gebung des  Embryonalschildes,  mit  dem  Uterusepithel  zu  verkleben 
beginnt  und  zur  Ablösung  besondere  Kunstgriffe  erfordert.  Die  Ver- 
wachsung geschieht  beim  Kaninchen  etwa  am  7.  Tage  nach  der  Be- 
gattuu  g. 

Die  Vorgänge  sollen  in  derselben  Weise,  wie  bei  Reptilien  und 
Vögeln,  zuerst  nach  den  Befunden  an  Flächenpräparaten,  alsdann  an 
Querschnittserien  beschrieben  werden. 

a)  Das  Studium  von  Flächenbildern. 

Der  Embryonalschild  nimmt  beim  Kaninchen  mehr  und  mehr  eine 
ausgesprochen  ovale  Form  an  mit  einem  breiteren  vorderen  und  einem 
spitzeren,  hinteren  Ende  (Fig.  591).  An  diesem  tritt  eine  sichelfömige 
Trübung  auf  und  verlängert  sich  allmählich  nach  vorn  in  einen  medianen, 
schmalen  ,  dunkleren  Fortsatz,  den  schon  am  Vogelei  beobachteten 
Primitivstreifen  (ps).  Bei  seinem  Auftreten  ist  der  Primitivstreifen  etwas 
verschwommen  und  kürzer,  später  wird  er  länger  und  deutlicher  aus- 
geprägt ;  er  beginnt  dann  etwas  über  der  Mitte  des  Embryonalschildes 
mit  einer  Anschwellung,  welche  sich  besonders  scharf  und  dunkel  im 
Flächenbild,  wie  z.  B.  in  Fig.  592,  der  Keimhaut  eines  Hundeeies, 
markiert  und  eine  besonders  wichtige  Stelle  in  der  weiteren  Entwicke- 
lung darstellt.  Die  Anschwellung  wurde  zuerst  von  Hensen  (A.  L.  III  ^^ 
1876,  p.  268)  beachtet  und  als  Knoten  beschrieben;  in  der  Litteratur 
wird  sie  meist  nach  ihrem  Entdecker  als  der  HENSEN'sche  Knoten  oder 
nach  Bonnet's  Vorschlag  (L.K.  IIP  1897,  p.  473)  als  P  rimitiv  knoten 
bezeichnet.  Je  mehr  der  Primitivstreifen  deutlicher  wird,  tritt  in  seiner 
vorderen  Hälfte  eine  Rinne  auf  und  endet  am  Primitivknoten  in  einer 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


919 


Vertiefung,  der  Priiiiitivgrube,  die  manchmal  im  Flächenbild  fast  wie 
ein  die  Keimliaut  durchbohrendes  Loch  aussieht  (s.  Fig.  593  vom  Kanin- 


,,  Fio-.  59L 


ps 
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Fig.  592. 


".•^•T'''"*jK*>V;-'iV-*w'.v-''t;>vJv'r>, 


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Fig.  591.  Birnförmiger  Embryonalschild  eines  Kaninchenkeimes  von  6  Tagen 
und  18  Stunden,  nach  KölliivEr!^  jjs  kurzer  Primitivstreifen.  hw  sichelförmiger 
Endwulst.     F,  B  vorderes,  hinteres  Ende. 

Fig.  592.  Embryonalschild  mit  Primitivstreifen  eines  Hundeeies,  nach  Bojtnet 
(L.  K.  fll''  1897,  Taf.  XXXII,  Fig.  18).  df  dunkler  Fruchthof.  jjk  Primitivknoten 
des  Primitivstreifens,     ck  Caudalknoten  desselben. 


chen).  Eine  Verdickung  und  Trübung  am  hinteren  Ende  des  Primitiv- 
streifens, wo  aber  eine  Vertiefung  fehlt,  nennt  Bonnet  den  Caudal- 
knoten (Endwulst,  Kölliker).  Entsprechende  Bilder  wie  vom 
Kaninchen  hat  Selenka  von  Didelphys  erhalten. 

Auf  etwas  weiter  vorgerückten  Stadien  gewahrt  man  bei  der  Flächen- 
betrachtung in  der  Verlängerung  des  Primitivstreifens  nach  vorn  vor 
dem  HENSEN'schen  Knoten  einen  schmalen,  dunkleren  Streifen,  durch 
welchen  das  vordere  Feld  des  Embryonalschildes  in  eine  linke  und 
rechte  Hälfte  zerlegt  wird,  den  in  Fig.  593  dargestellten  Kopffortsatz 
(kf).  Bald  erheben  sich  in  geringer  Entfernung  vor  ihm  die  beiden 
Medullarwülste,  eine  breite  Medullarfurche  einfassend.  Während  sie 
vorn  bogenförmig  ineinander  umbiegen,  weichen  sie  nach  hinten,  all- 
mählich niedriger  werdend,  etwas  auseinander  und  fassen  den  Anfang 
der  Primitivrinne  zwischen  sich.  Mittlerweile  ist  die  ganze  Embryonal- 
anlage nicht  unerheblich  in  die  Länge  gewachsen.  Aus  der  ovalen  ist 
sie   in    die  bekannte  sohlenartige  Form  übergegangen  (Fig  594). 


manchen  Säugetieren 
anläge   eine 


Bei 

Entfernung   von   der  Embryonal- 

Trübung  im  äußeren  Keimblatt  aufgetreten,  so  z.  B.  bei 


ist   m 


einiger 


dem  Hund.  Sie  rührt  daher,  daß  sich  hier  eine  Verklebung  mit  dem 
Epithel  der  Uterusschleimhaut  ausgebildet  und  infolgedessen  sich  die 
Beschaffenheit  der  Ektodermzellen  verändert  hat.  Gleichzeitig  werden 
im  Flächenbild  Veränderungen  in  der  Beschaffenheit  des  mittleren 
Keimblattes  sichtbar.  Indem  sein  Zellenreichtum  beiderseits  von  der 
unter  der  Medullarfurche  entstandenen  Chorda,  sowie  beiderseits  von 
der  Primitivrinne  erheblich  zunimmt,  während  die  Blätter  lateralwärts 


920 


0.  Hertwig, 


dünner  werden,  kommt  es  zur  Sonderuug  in  eine  Stammzone  und  eine 
Parietalzone  (His)  oder  mit  anderen  Worten :  in  eine  Ursegment-  und 
in  eine  Seiteuplatte. 


Fig.  593. 


Fig.  594. 


dO. 

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vä 


jtz^} 


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■al!f  Im^ 


ifr 


Fig.  593.  Embryonalanlage  eines  Kaninchens  mit  Priniitivstreifen,  nach  E. 
Van  Beneden,  jw  Primitivstreifen,  kf  Kopffortsatz,  hk  HENSEN'scher  Knoten. 
cn  Canalis  nenrentericus. 

Fig.  594.  Ein  Kaninchenembryo  mit  einem  Teile  der  Area  jJellucida  nach 
9  Tagen.  Vergr.  22mal.  Nach  Kölliker.  ap  Area  pellucida.  ao  Area  opaca.  h' 
Medullarplatte  in  der  Gegend  der  späteren  ersten  Hirnblase.  /("  dieselbe  in  der 
Gegend  des  späteren  Mittelhirns,  woselbst  die  Kücken  furche  (;;/")  eine  Erweiterung 
zeigt,  h'"  Medullarplatte  in  der  Gegend  der  s^jäteren  dritten  Hirn  blase,  hz  Anlage 
des  Herzens,     sa  Stammzoue.    j^t  Parietalzone.    pr  Rest  des  Primitivstreifens. 


Ferner    ent^Yickeln     sich 
segmentpaare,    auf   welche 
werden  wird. 


jetzt    nacheinander 
im    letzten   Abschnitt 


die   einzelnen    Ur- 
näher  eingegangen 


b)  Die  Ergebnisse  von  Q  u  er  schnitt  serien. 

Erste  Periode.  Querschnitte  von  Primitivstreifen  und  Kopf- 
fortsatz während  ihrer  ersten  Anlage. 

Indem  wir  zu  der  Untersuchung  von  Schnitten  übergehen,  wollen 
wir  mit  der  Beschaffenheit  des  Embryonalschildes  vor  dem  Auftreten  des 
Primitivstreifens,  also  am  Ende  der  im  ersten  Abschnitt  besprochenen 
Periode  beginnen.  Für  das  Kaninchen  geben  hier  wohl  alle  Forscher 
in  übereinstimmender  Weise  an,  daß  äußeres  und  inneres  Keimblatt 
überall  dui'ch  einen  Spaltraum  (Fig.  573  und  574)  deutlich  voneinander 
gesondert  sind.  So  bemerkt  Räuber  (L.  K.  IIP  1875,  p.  107):  „Die 
Verbindung  des  Entoderm  mit  dem  Ektoderm  ist  eine  sehr  lockere. 
Bei  vielen  meiner  Präparate  hat  sich  das  Entoderm  von  dem  Ekto- 
derm  über    weite  Strecken  hin,  ja  vollständig  getrennt,    ohne  daß  die 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


921 


Integrität  beider  Blätter  dadurch  irgend  gestört  worden  wäre.  Auch 
ist  an  keiner  Stelle  etwa  im  Centrum  der  Keimscheibe,  die  \'er- 
bindung  eine  festere,  sondern  überall  ist  das  eine  Blatt  dem  anderen 
zart  angelegt  oder  von  ihm  durch  einen  feinen  Spalt  geschieden.'' 
In  ähnlicher  Weise  spricht  sich  Kölliker  für  eine  durchgehende 
Trennung  aus.  Auch  Rabl  (L.  K.  III  ^  1892*)  bemerkt  von  seinen 
Untersuchungen  (3  Tage  alter  Kaninchenkeimblasen :  „Eine  Verbindung 
beider  Schichten  konnte  ich  an  meiner  Serie  nirgends  wahrnehmen. 
Meine  Beobachtungen  stimmen  also  in  allen  Punkten  mit  denen  Köl- 
liker's  überein''  (1.  c.  p.  29). 

Nun  wurden  aber  früher  von  mir  Befunde  an  jüngeren  Keim- 
blasen von  Kaninchen,  Maulwurf,  Didelphys  mitgeteilt,  nach  welchen 
auch  bei  Säugetieren  ein  Blastoporus,  also  eine  Stelle,  an  welcher 
äußeres  und  inneres  Keimblatt  durch  Umschlag  ineinander  übergehen, 
vorkommen  soll.  Wenn  diese  allerdings  noch  vereinzelten  Angaben 
richtig  sind,  so  müßte  im  Falle,  daß  später  überall  eine  scharfe  Trennung 
besteht,  der  einst  vorhandene  Zusammenhang  sich  wieder  gelöst  haben. 
Hierfür  sprechen  Angaben  von  Selenka  und  Heape.  Selenka  teilt 
mit,  daß  er  an  Keimblasen  eines  gewissen  Alters  die  durch  ein  Eiweiß- 
gerinnsel ausgezeichnete  Stelle  des  Blastoporus  nicht  mehr  habe  auf- 
linden können^  und  Aehnliches  meldet  Heape  vom  Maulwurf,  für  die 
Zeit,  wo  der  Primitivstreifen  sich  ausbildet,  vermutet  aber  dabei  zu- 
gleich, daß  der  an  seinem  vorderen  Ende  gelegene  HENSEN'sche  Knoten 
der  Ort  sei,  wo  früher  der  Blastoporus  vorhanden  gewesen  sei.  Um 
in  der  Frage  volle  Klarheit  zu  schaffen,  ist  noch  eine  besondere  auf 
sie  gerichtete  Untersuchung  notwendig,  welche  sich  auf  eine  größere 
Anzahl  verschiedener  Säugetierarten  erstreckt. 

Wenn  wir  nach  diesen  Vorbemerkungen  zur  Entwickelung  des 
Primitivstreifens  übergehen,  so  nimmt  dieselbe,  wie  Querschnitte  deut- 
lich zeigen,  vom  äußeren  Keimblatt  ihren  Ausgang.  Ueberall, 
wo  im  Flächenbild  eine  Trübung  aufgetreten  ist,  hat  eine  lebhaftere 
Vermehrung  der  Ektoblastzellen  stattgefunden.  Kernteilungsfiguren 
werden  in  diesem  Bezirk  des  Embryonalschildes  in  größerer  Anzahl 
angetroffen.  Gleichzeitig  findet  eine  Auflockerung  im  Verbände  der 
Ektoblastzellen    statt,    welche   amöboide  Formen   annehmen,   an    der 

Fig.  595. 


Fig.  595.  Querschnitt  durch  das  Embryonalschild  eines  Kaninchens  mit  dunklem 
Caudallinoten  und  sehr  kurzem  Primitivstreifen  (s.  Flächenbild),, 6  Tage  18V,  Stunden 
nach  der  Begattung).    Nach  Kölliker  (L.  K.  III »  1882,  Taf.  IV,  Fig.  32j. 

Fig.  596.  Schnitt  durch  den  Primitivstreifen  eines  birnförmigen  Embryonal- 
schildes von  Didelphys  virg.,  nach  öelexka  (A.  L.  Uli"  i.ssii,  Taf.  XIX,  Fig.  9). 
ak,  ik,  mk  äiüJeres,  inneres,  mittleres  Keimblatt,    ^jr  Primitivstreifen. 


922  0.  Hertwig, 

unteren  Fläche  des  äußeren  Keimblattes  heraustreten  und  dadurch  an 
ihr  eine  kielförniige  Verdickung  erzeugen  (Fig.  595).  Querschnitts- 
bilder dieses  frühesten  Stadiums  der  Primitivstreifenbildung  geben  uns 
Hensen  und  Kölliker  vom  Kaninchen  (Fig.  595),  Selenka  von 
Didelphys  (Fig.  596).  An  etwas  älteren  Embryonalschildern  hat  die 
Zellvermehrung  und  Verdickung  des  Primitivstreifens  zugenommen, 
gleichzeitig  aber  beginnt  zu  seinen  beiden  Seiten  das  neuproduzierte 
Zellenmaterial  sich  in  dem  Spaltraum  zwischen  den  beiden  Grenz- 
blättern auszubreiten  und  die  dritte  Schicht  des  Keimes  zu  erzeugen. 
Der  Mesoblast  besteht  ganz  am  Anfang  aus  einer  einfachen,  bald 
darauf  aus  einer  doppelten  Zellenlage  und  dringt  als  geschlossenes 
Blatt  von  seinem  Ursprungsort  aus  zwischen  äußeres  und  inneres 
Blatt  hinein,  überall  von  beiden  durch  einen  deutlichen  Spalt  getrennt. 
Mit  der  Vermehrung  der  Zellmasse  am  Primitivstreifen  schneidet  von 
außen  in  sie  eine  tiefe  Rinne  ein,  die  schon  im  Flächenbild  beschrie- 
bene Primitivrinne  (Fig.  593  2:^),  und  zerlegt  die  Zellwucherung  in  die 
Primitivwülste  oder  Primitivlippen.  Auch  dringt,  wie  Durchschnitte, 
besonders  durch  den  HENSEN'schen  Knoten  lehren,  am  Grund  der 
Rinne  noch  ein  feiner  Spalt  zwischen  die  beiden  Zellenlagen  des 
mittleren  Keimblattes  nach  links  und  rechts  eine  kurze  Strecke  weit 
hinein. 

Zur  Veranschaulichung  dieser  Verhältnisse  gebe  ich  einige  Quer- 
schnittsbilder durch  Primitivstreifen  vom  Kaninchen  und  vom  Schwein 
nach  Rabl  und  Keibel. 

Fig.  597  giebt  einen  Querschnitt  durch  den  HENSEN'schen  Knoten, 
welcher    eine    ansehnliche    Erhebung    am    Vorderende    des    Primitiv- 
streifens darstellt  und  in 
Fiti.  .')97.  der  Mitte  eine  sehr  deut- 

liche, ziemlich  tiefe,  aber 
sehr  schmale  Einsenkung 
oder  Grube  zeigt.    ,,Vom 


Fig.  597  und  598._    Zwei 
Querschnitte  durch    die    Em- 
bryonalanlage   eines    7    Tage 
Fig.  598.  ^  Stunden    alten   Kaninchen- 

-  "        '  keinis,     nach     Rabl     (1892, 

^  ,- .  '       ;Vi^  Taf.  IX,  Fig.  3  u.  4),  Fig.  597 

_ -^'^  */  I  *  öj -^- *-Ä^*|^^r-->-~,  durch     den      Primitivknoten, 

k*«^A»^^«%J!*  V*^2^^^  Flg.  598  durch  den  vorderen 

*^^J*^«         -^  ^j^I^**"^--^***^'^  Teil  des    Primitivstreifens,   13 

«»•.»....#  -^ "  "®^ '"^ --^ .J2£!  '*'•-  Schnitte  hinter  dem  Knoten. 

Boden  und  den  Wänden  dieser  Grube  erstreckt  sich  die  mittlere  Schicht, 
anfangs  2  Zellen  dick,  dann  über  die  Area  hinaus  sich  verdünnend  late- 
ralwärts."  13  Schnitte  weiter  nach  hinten  von  dem  Schnitte  durch  den 
HENSEN'schen  Knoten  giebt  Fig.  598  ein  Bild  von  der  Beschaffenheit 
des  Primitivstreifens.  Er  enthält  eine  wenig  tiefe  und  von  wenig 
vorspringenden  Primitivwülsten  eingefaßte  Primitivrinne,  mit  deren 
Boden  wieder  das  mittlere  Keimblatt  auf  das  innigste  zusammenhängt. 
In  der  hinteren  Hälfte  des  Primitivstreifens  ändert  sich  das  Bild  nur 
insoweit,  als  die  Rinne  ganz  schwindet.  Am  Caudalknoten  endlich 
ist  der  innige  Zusammenhang  zwischen  äußerem  und  mittlerem  Keim- 
blatt am  breitesten.  Auf  Grund  der  Durchmusterung  der  lückenlosen 
Querschnittserie,   welcher   die    Figuren   entnommen   sind,   sowie  einer 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  923 

Serie  durch  ein  etwas  jüngeres  Stadium  stellt  Rabl  einen  Zusammen- 
hang des  mittleren  Keimblattes  mit  dem  unteren,  aus  sehr  platten 
Zellen  bestehenden  Keimblatt  auf  das  bestimmteste  in  Abrede;  ein 
solches  sei  an  anderen  Stellen  der  Keim  Scheibe  ebensowenig  nach- 
weisbar gewesen,  wie  an  den  abgebildeten  Präparaten  (Fig.  597  u.  598). 
Auf  einem  entsprechenden  Stadium  vom  Primitivstreifen  des 
Schweines  (Fig.  599)  bildet  Keibel  ebenfalls  das  innere  Keimblatt 
als    eine    für    sich    selbständige 

Schicht  ab ;  zugleich  macht  er  auf  pr'  mk 

einen  Y-förmigen  Spaltraum  auf- 
merksam, der  sich  in  der  Mitte  der 

Fig.  599.  Qiier8chnitt  durch  die 
Keimscheibe  eines  öchweineeiiibryos  mit 
Primitivstreifen,  nach  Keibel  (L.  K. 
III 9  1894,  Taf.  I,  Fig.  6).  ak;  ik,  mk 
äußeres,  inneres,  mittleres  Keiml:)latt.    ^;»r'  Höhle  im  Primitivstreifen. 

Mesoblastmasse  in  der  Gegend  der  Primitivrinne  befindet.  „Von  den 
Schenkeln  dieses  Spaltraumes  ist  der  eine  der  OberHäche  der  Keimscheibe 
zu  gerichtet,  erreicht  sie  aber  nicht,  weil  in  der  Nähe  der  Oberfläche  die 
beiden  Ektoblastlagen  schon  zur  festen  Aneinanderlagerung  gekommen 
sind.  Die  beiden  anderen  Fortsätze  des  Spaltes  gehen  jeder  eine  Strecke 
seitlich  in  den  Mesoblast  und  teilen  ihn  so  in  eine  dorsale  und  eine 
ventrale  Masse."  Keibel  hält  es  für  naheliegend,  in  dieser  Anord- 
nung Reste  einer  typischen  Cölombildung  zu  sehen,  wie  er  auch  im 
seitlichen  Mesoblast,  ebenso  wie  Rabl,  „schon  frühzeitig  eine  Zellen- 
anorduung  nachweisen  kann,  welche  ohne  daß  ein  wirklicher  Spaltraum 
vorhanden  ist,  einer  Gruppierung  in  visceralen  und  parietalen  Meso- 
blast zu  entsprechen  scheint''. 

Hinsichtlich  des  Ursprunges  des  mittleren  Keimblattes  bei  den 
Säugetieren  stimmen  jetzt  wohl,  von  einzelnen  Ausnahmen  abgesehen, 
alle  Beobachter  der  Darstellung  bei,  welche  zuerst  Kölliker  gegeben 
hat.  Danach  ist  die  Bildungsstätte  des  mittleren  Keimblattes,  wie  bei 
den  Vögeln,  einzig  und  allein  der  HENSEN'sche  Knoten,  der  Primitiv- 
streifen und  der  Caudalwulst,  also  der  Bezirk,  in  dessen  Bereich  ein 
Zusammenhang  mit  dem  äußeren  Keimblatt  stattfindet  und,  wie  leicht 
festzustellen  ist,  sich  auch  zahlreiche  Teilungsfiguren  nachweisen  lassen, 
welche  einen  Rückschluß  auf  eine  sehr  lebhafte  Zellvermehrung  an 
diesem  Orte  zulassen.  Namentlich  aber  ist  der  HENSEN'sche  Knoten 
als  ein  Haiaptbildungsherd  zu  betrachten.  Von  diesem  centralen  Ur- 
sprung aus  breitet  sich  das  mittlere  Keimblatt  in  dem  Zwischenraum 
zwischen  den  Grenzblättern  Aveiter  nach  der  Peripherie  aus,  wobei  es 
nirgends  irgendwelche  neue  Bezüge  an  Zellmaterial  weder  vom  äußeren 
noch  vom  inneren  Blatt  bezieht. 

Von  dem  Kopffortsatz,  welcher  uns  jetzt  noch  näher  zu 
untersuchen  bleibt,  lehren  Querschnittserien,  daß  sein  Auftreten  durch 
ein  Zellmaterial  hervorgerufen  wird,  welches  sich  vom  HENSEN'schen 
Knoten  aus  nach  vorn  frei  in  den  Raum  zwischen  den  beiden  Grenzblättern 
ausgebreitet  hat,  ohne  zunächst  weder  mit  dem  einen  noch  mit  dem 
anderen  irgend  eine  Verbindung  einzugehen.  Ueber  letzteren  Punkt 
geben  zahlreiche  Forscher  übereinstimmende  Angaben  für  verschiedene 
Säugetiere:  Kölliker  (1882.  p.  35)  und  Rabl  (L.  K.  III  ^  1892*.  p.  32) 
für  das  Kaninchen,  Lieberkühn  (1882),  Strahl,  Carius,  Keibel 
(L.  K.  IIP  1889,  p.  19)   für   das  Meerschweinchen,  letzterer  auch  für 


U24  0.  Hertwig, 

das  Schwein,  Van  Beneden  (1888,  p.  ()75,  710)  für  die  Fledermaus, 
Bonnet  für  das  Schaf  (1889,  p.  G5).  Angaben  in  der  Litteratur,  daß 
der  Kopffortsatz  mit  dem  inneren  Keimblatt  verschmolzen  sei,  erklären 
sich  in  einfacher  Weise  daraus,  daß  die  betreffende  Untersuchung  sich 
auf  ein  späteres  Stadium  bezieht  und  das  erste  Auftreten  nicht  be- 
rücksichtigt hat. 

„Wenn  bei  manchen  Säugetierarten",  bemerkt  Keibel  (1889,  p.  18) 
mit  Recht,  „ein  freier  Kopffortsatz  noch  nicht  gefunden  ist,  so  werden 
wir  eben  auch  daran  denken  müssen,  daß  die  Zeit,  in  welcher  ein 
solcher  zu  finden  ist,  oft  eine  sehr  kurze  ist." 

Die  Fig.  (300  zeigt  uns  einen  (Querschnitt  durch  das  hintere  Ende 
des    Kopffortsatzes   vom  Kaninchen,   von    welchem   schon  früher  auch 


Fig.  600.  Querschnitt  durch  den  Kopffortsatz  eines  7  Tage  3  Stunden  alten 
Kaninchenkeimes,  welchem  auch  die  Figg.  597,  598  angehören.  Nach  Rabl  (L.  K. 
III 1   1892,  Taf.  IX,  Fig.  2). 

Durchschnitte  durch  den  HENSEN'schen  Knoten  und  Primitivstreifen  be- 
schrieben worden  sind.  Man  sieht,  wie  die  vom  HENSEN'schen  Knoten 
nach  vorn  gewachsene,  mittlere  Schicht  in  der  Mitte  erheblich  dicker 
ist,  als  an  den  Seiten.  Die  Verdickung  ist  eben  die  Partie,  welche 
im  Flächenbild  als  dunkler  Streifen  erscheint  und  als  Kopffortsatz  be- 
zeichnet wird.  An  ihm  lassen  nach  der  Darstellung  von  Rabl  (1892*, 
p.  32)  die  dorsalen  Zellen  einen  mehr  epithelialen  Charakter  erkennen 
und  bilden  eine  Art  Platte,  während  die  tieferen  und  zahlreicheren 
Zellen  unregelmäßigere  Formen  aufweisen.  „Zwischen  beiden  Teilen 
ist  ein,  übrigens  nicht  sehr  deutlicher,  schmaler  Spaltraum  vorhanden. 
Dieser  dürfte  wohl  als  erste  Andeutung  des  später  zu  ])esprechenden 
Chordakanales  aufzufassen  sein.  Die  Seiteuteile  der  mittleren  Schicht, 
welche  mehr  oder  weniger  deutlich  aus  2  Lagen  zusammengesetzt  ist, 
stehen  sowohl  mit  der  dorsalen  Platte  als  auch  mit  der  ventralen 
Zellmasse  des  Kopffortsatzes  in  Verbindung.  Ein  Zusammenhang  der 
mittleren  Schicht  mit  der  unteren,  aus  sehr  platten  Zellen  bestehen- 
den ist  hier  ebensowenig  wie  an  anderen  Stellen  der  Keimhaut  nach- 
weisbar. Je  weiter  man  den  Kopffortsatz  nach  vorn  verfolgt,  um  so 
niedriger  erscheint  er,  bis  er  nur  aus  2  Zelllagen  besteht  und  schließ- 
lich als  besonderer  Teil  der  mittleren  Schicht  verschwindet." 

Zweite  Periode.  Querschnitte  von  weiter  entwickelten  Primitiv- 
streifen mit  Kopffortatz. 

In  der  zweiten  Periode  vollzieht  sich  ein  sehr  wichtiger  Vorgang 
in  der  Entwickelung  der  Säugetiere.  Das  untere  Keimblatt,  welches  auf 
dem  vorausgegangenen  Stadium  von  den  über  ihm  gelegenen  Gebilden 
überall  getrennt  war,  beginnt  jetzt  mit  ihnen  in  einem  kleinen  Bezirk 
fest  und  untrennbar  zu  verschmelzen,  und  zwar  1)  am  HENSEN'schen 
Knoten  und  dem  vordersten  Ende  des  Primitivstreifens  und  2)  längs 
des  Kopffortsatzes.  Zahlreiche  Widersprüche  in  den  Litteraturaugaben, 
ob  inneres  und  mittleres  Keimblatt  an  den  genannten  Stellen  von- 
einander getrennt  oder  verschmolzen  sind,  erklären  sich  leicht  daraus, 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  925 

daß  die  widersprechenden  Angaben  sich  auf  jüngere  nnd  ältere  Stadien 
beziehen,  auf  denen  eben  der  Sachverhalt  ein  verschiedener  ist. 

Früher  ist  dieser  Umstand  nicht  in  Rechnung  gezogen  worden. 
So  bestritt  Kölliker  (1882,  p.  35,  36)  mit  Entschiedenheit  die  Angaben 
von  Hexsex  (1876,  p.  270  und  352)  und  Lieberküux,  daß  der  sich  ent- 
wickelnde Mesoblast  sowohl  mit  dem  äußeren,  wie  mit  dem  inneren 
Keimblatt  am  Primitivknoten  verschmolzen  sei,  gestützt  auf  die  jüngsten 
Stadien  der  Entwickelung  des  Primitivstreifens,  während  Hexsex  und 
LiEBERKüHx  die  anfangs  bestehende,  von  Kölliker  richtig  gesehene 
Trennung  nicht  erkannt  hatten.  Auch  in  den  verschiedenen  Auflagen 
meines  Lehrbuches  habe  ich  den  Umstand,  daß  man  in  der  Beziehung 
des  inneren  Keimblattes  zum  mittleren  ein  kurz  vorübergehendes  Stadium 
der  Trennung  und  ein  Stadium  der  Verschmelzung  unterscheiden  müsse, 
unberücksichtigt  gelassen. 

Als  erster  hat  Hexsex  (1876,  p.  270,  353)  den  wichtigen  Zusammen- 
hang beobachtet.  Von  Durchschnitten  durch  Embr3^onalanlagen  vom 
Kaninchen,  an  denen  zwar  schon  ein  langer  Kopffortsatz,  aber  noch  kein 
Ursegment  gebildet  worden  war,  giebt  er  an,  daß  sich  am  Knoten  das 
untere  vom  mittleren  Keimblatt  nicht  abgrenzen  lasse.  Auch  auf 
mechanische  Weise  durch  Präparation  des  Diu-chschnittes  war  es  nicht 
abzulösen.  „Es  haftete",  erzählt  Hexsex,  „so  fest  an  dem  ziemlich 
resistenten  Knoten,  daß  am  Hinterende  die  Keimhaut  wiederholt  ab- 
riß, und  als  dann  mit  dem  vorderen  Ende  des  Hypoblasts  der  Versuch 
fortgesetzt  wurde,  brach  er  am  Knoten  aus,  ohne  daß  sich  unter  diesem 
ein  Stratum  hätte  ablösen  lassen.  Ich  habe  nach  diesen  und  anderen 
Erfahrungen  die  Ueberzeugung  gewonnen,  daß  sowohl  äußeres  wie  inneres 
Keimblatt  mit  dem  an  genannter  Stelle  entstehenden  Mesoblast  untrennbar 
verwachsen  sind."  Ebenso  beschreibt  und  bildet  Heape  (A.  L.  III  ^^  1883) 
beim  Maulwurf  eine  Verschmelzung  aller  3  Keimblätter  im  vorderen  Bereich 
des  Primitivstreifens  ab,  und  auf  das  bestimmteste  hält  Lieberkühx  (L.  K, 
III 9  1882,  p.  405)  dem  Einwurf  von  Kölliker  gegenüber  die  That- 
sache  aufrecht,  daß  beim  Maiilwurf  am  Primitivstreifen  eine  Abgrenzung 
des  inneren  Keimblattes  nicht  vorhanden  ist;  selbst  für  die  stärksten 
VeroTößerunffen  sei  das  Bild  eben  ein  anderes  als  beim  Kaninchen.  Also 
bleibe  die  Thatsache  bestehen,  daß  eine  Verschmelzung  des  axialen  Meso- 
blasts  mit  dem  Entoblast  vorkommt  (1.  c.   1882,  p.  429). 

Den  Hergang  der  Verschmelzung  beschreibt,  wie  mir  scheint,  in  zu- 
treffender Weise,  Bonnet  (L.  K.  III "  1889,  p.  39,  41)  für  verschieden 
alte  Embryonalschilde  vom  Schaf.  „Am  12.  Tage  nach  der  Begattung", 
heißt  es  bei  ihm,  ,, entsteht  etwas  excentrisch  von  der  Schildmitte  und 
näher  dem  caudalen  Ende  desselben,  in  dem  noch  zweischichtigen 
Schilde  eine  kleine  knotenförmige  Ektoblastverdickung,  die  zunächst 
die  dorsale  Fläche  des  Entoblasts  noch  nicht  erreicht,  der  Primitiv- 
knoten. Nachträglich  verlötet  dessen  konvexe  untere  Fläche  mit  dem 
Entoblast.  Ueber  dem  Primitivknoten  findet  sich  eine  Ektoblastein- 
stülpung,  die  Primitiv  grübe.  Durch  die  sagittal-  und  caudalwärts 
vom  Primitivknoten  aus  in  linearer  Richtung  weiterschreitende,  leisten- 
förmige  Verdickung  des  Ektoblasts  bildet  sich  der  beim  Schafe  in 
craniocaudaler  Richtung  wachsende  Primitivstreif  etc."  „Seine  untere 
Fläche  verlötet  ebenfalls  in  craniocaudaler  Richtung  mit  dem  Darm- 
entoblast.  Letzterer  bleibt  jedoch  durch  die  scharfe  Abgrenzung  seiner 
Zellen    und   ihre  meist   intensivere  Tinktion  als  selbständige  Lage  er- 


926 


0.  Hertvvig, 


kennbar.  Nun  hängen  also  im  Bereich  des  Knotens  und  der  Gastrula- 
leiste  —  (so  nennt  Bonnet  auch  den  Primitivstreifen)  —  alle  in  der 
Achse  des  Embryos  gelegenen  Zellen  der  beiden  primären  Keimblätter 
und  des  Mesoblasts  untereinander  zusammen." 

Nachdem  die  Verbindung  einmal  hergestellt  ist,  bleibt  sie,  solange 
sich  noch  ein  Primitivstreifen  findet,  in  seinem  vorderen  Ende  (Hensen- 
scher  Knoten,  Canalis  neurentericus)  bestehen.  Die  Verhältnisse  liegen 
fortan  bei  den  Säugetieren  genau  so  wie  bei  Reptilien  und  Vögeln.  Als 
Beleg  verweise  ich  auf  die  Abbildungen,  die  Rabl  (L.  K.  III  ^  1892*,  p.  37) 
von  Querschnitten  durch  die  Embryonalanlage  eines  Kaninchens  mit 
5  Ursegmenten  giebt,  und  auf  seine  daran  geknüpften  Bemerkungen. 
An  einem  Schnitt  durch  den  HENSEN'schen  Knoten  (Fig.  601)  kann  es 


Fig.  ()01. 


Fig.  602. 


Fig.  601  und  602.  Zwei  Querschnitte  durch  den  Priniitivstreifen  eines  Kaninchen- 
keims mit  5  Ursegmenten,  nach  Eabl  (1892,  Taf.  IX,  Fig.  8  und  9).    Plg.  601  Schnitt 


durch  den  Primitivknoten,' 
des  Primitivstreifens. 


Fig.  602   durch    einen   weiter  nach  hinten  gelegenen  Teil 


für  ihn  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  hier  alle  3  Keimblätter  in  der 
innigsten  Verbindung  stehen.  „Dem  Ektoderm  fehlt  nicht  allein  eine 
scharfe  untere  Grenze,  sondern  es  wuchern  seine  Zellen  geradezu  in 
den  Knoten  hinein.  Das  Entoderm  zeigt  eine  Besonderheit,  insofern 
es  in  der  Mitte  von  unten  her  merklich  eingebuchtet  ist.  Gegen  diese 
Einbuchtung  konvergieren  die  Zellen  des  Mesoderms  in  der  in  der 
Figur  angegebenen  Weise.  Das  Mesoderm  steht  im  Bereiche  des 
Knotens  ebensow'ohl  mit  dem  Entoderm  wie  mit  dem  P^ktoderm  in 
Verbindung.  Die  geschilderten  Verhältnisse  sind  aber  nur  in  einer 
verhältnismäßig  kurzen  Strecke  zu  finden.  Ich  kann  sie  nur  an  höchstens 
10  Schnitten  der  betreffenden  Serie  sehen."  Nach  hinten  von  dieser 
Verwachsungsstelle  ist  im  größeren  Teil  des  Primitivstreifens  das  mittlere 
Keimblatt  einzig  und  allein  mit  dem  äußeren  verschmolzen  (Fig.  602). 
Der  Entoblast  zieht  unter  ihm  als  vollkommen  selbständige  Schicht 
hinweg,  durch  einen  deutlichen  Spaltraum  von  ihm  getrennt. 

An  Querschnittsserien  durch  ältere  Stadien  des  Primitivstreifens  er- 
hält man  bei  verschiedeneu  Säugetierarten  Befunde,  welche  für  die  Ansicht 
sprechen,  daß  dieses  embryonale  Organ  ein  in  die  Länge  ausgezogener 
Urmund  sei,  an  dessen  Rändern  die  verschiedenen  Keimblätter  durch 
Umschlag  ineinander  übergehen  und  dabei  teilweise  in  einer  Naht- 
linie verschmolzen  sind.  Einige  Beispiele,  auf  welche  ich  in  meinem 
Lehrbuch  der  Entwickelungsgeschichte  ein  besonderes  Gewicht  gelegt 
habe,  mögen  auch  hier  Platz  finden:  Nach  Untersuchungen  von  Heape 
am  Maulwurf  (Fig.  603)  schneidet  in  die  kleinzellige  Masse  des  Primitiv- 
streifens eine  Rinne  tief  hinein.  In  ihrer  Umgebung  sind  alle  3  Keim- 
blätter untereinander  verschmolzen ;  erst  seitlich  sind  sie  durch  deut- 
liche   Spalten    gesondert    und    ein   jedes    an    seiner   charakteristischen 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


927 


Zelleuart  kenntlich,  das  äußere  an  den  hohen,  das  untere  an  den 
stark  abgeplatteten  und  das  mittlere  an  den  kleinen,  mehr  kugeligen 
oder  polygonalen  Zollen. 

Durch  besondere  Klarheit  zeichnen  sich  namentlich  die  Bilder  aus, 
welche  Van  Beneden  von  Embryonalanlagen  des  Kaninchens  erhalten 
hat.     An  der  tief  einschneidenden  Primitivrinne  (Fig.  603)  hängen  alle 

pr 


ak 


mk 


ik 


Fig.  603.  Querschnitt  durch  die  Embryonalanlage  eines  Maulwurfes,  mit 
Medullarplatte  und  Primitivstreifen,  nach  Heäpe.  Der  Sclinitt  ist  durch  die  Primitiv- 
rinne geführt,     ak,  ik,  mk  äußeres,  inneres,  mittleres  Keimblatt,    pr  Primiti\Tinne. 


m^•'-  mk^ 


Fig.  604.  Querschnitt  durch  die  Primitivrinne  eines  Kaninchenkeims,  nach 
Ed.  Van  Bekeeen.  ak,  ik,  mk  äußeres,  inneres,  mittleres  Keimblatt,  mk^,  mk-  parie- 
tale und  viscerale  Lamelle  des  letzteren,  vi  Primitivfalten  (seitliche  Urmundlippe). 
pr  Primitivrinne. 


td     d 


mk 


ik  — 


Fig.  605.  Querschnitt  durch  die  Primitivrinne  des  Kaninchens  mit  Dotter- 
pfropf (d)  zvpischen  den  beiden  seitlichen  Urmundlippen  (id),  nach  Cärius.  ak  äußeres, 
ik  inneres,  mk  mittleres  Keimblatt. 


durch  eine  gemeinsame 


3  Keimblätter  eine  Strecke  weit  untereinander 

Zellenmasse  zusammen.  Dabei  kann  man  mit  ziemlicher  Deutlich- 
keit bemerken,  wie  das  äußere  Keimblatt  sich  an  der  Primitivfalte  in 
das  parietale  Mittelblatt  umbiegt,  während  das  viscerale  Mittelblatt  in 


das  einschichtige  Darmdrüsenblatt  übergeht.     In 


einigen 


Fällen  beob- 


achteten  Van  Beneden   und   Carius  bei  Embryonen  von  Kaninchen 


928 


0.  Hertwig, 


iieurentericus  bezeichnet 
dem  inneren  Keimblatt 
längs   dieser   Naht 


(Fig.  605)  und  Fledermäusen  sogar  einen  zapfenartigen  Vorsprung, 
welcher  vom  mittleren  Keimblatt  ans  in  den  Zwischenraum  zwischen 
den  beiden  Primitivfalten  wie  ein  Keil  hineinspringt  und  ein  Quer- 
schnittsbild erzeugt,  welches  eine  große  Aehnlichkeit  mit  dem  Dotter- 
pfropf der  Ami)hibien  darbietet.  Während  Van  Beneden  auch  diesen 
Vergleich  zieht,  hat  Keibel  allerdings  das  Bedenken  geltend  ge- 
macht, daß  bei  den  Amphibien  der  Dotterpfropf  vom  ventralen  Darm- 
entoderm  ausgehe  und  später  auch  in  die  Begrenzung  der  ventralen 
Darmwand  einbezogen  werde,  daß  dagegen  bei  den  Säugetieren  der 
in  die  Primitivrinne  eindringende  Fortsatz  vom  Mesoderm  abstamme 
und  keinesfalls  Material  für  die  ventrale  Darmwand  liefere. 

Wir  wenden  uns  jetzt  zu  den  wichtigen  V^eränderungen,  die  sich 
in  der  zweiten  Periode  am  Kopffortsatz  des  Primitivstreifens  ab- 
spielen und  ein  Pendant  zu  den  vom  Mesodermsäckchen  der  Reptilien 
beschriebenen  Befunden  liefern.  Die  Veränderungen  lassen  sich  kurz 
dahin  zusammenfassen:  Der  Kopffortsatz  bekommt  in  seinem  Innern 
eine  Höhlung,  die  meist  als  Chordakanal,   zuweilen   auch   als    Canalis 

wird;  seine  untere  Wand,  nachdem  sie  mit 
eine  Verschmelzung  eingegangen  ist,  reißt 
dadurch  wird  jetzt  der  Chordakanal  seiner 
nach  in  den  unter  dem  inneren  Keimblatt  gelegenen  Raum 
eröffnet.  Bei  den  einzelnen  Säugetierarten  machen  sich  kleine  \'er- 
schiedenheiten  in  dem  Ablauf  der  genannten  Vorgänge  bemerkbar, 
so  daß  man  zwei  Typen  unterscheiden  kann. 

In  dem  einen  Typus  bleibt  der  Chordakanal  eng  und  kurz  und 
stellt  eine  wenig  auffällige  Bildung  dar;  es  hängt  dies  wohl  haupt- 
sächlich damit  zusammen,  daß  gleich  auf  die  Verschmelzung  seiner 
unteren  Wand  mit  dem  inneren  Keimblatt  „die  Eröffnung  des  Chorda- 
kanals'' in  die  Darmhöhle  erfolgt.  In  dem  zweiten  Typus  ist  der 
Chordakanal  viel  weiter  und  zugleich  länger,  bleibt  während  eines 
größeren  Zeitraumes  bestehen  und  fällt  daher  bei  der  Untersuchung 
von  Querschnittserien  dem  Beobachter  sofort  als  eine  eigentümliche 
Bildung  auf;  es  wird  diese  Modifikation  wohl  hauptsächlich  dadurch 
hervorgerufen,  daß  der  Verschmelzung  mit  dem  Darmdrüsenblatt  die 
Eröffnung    des  Kanals   nicht  gleich   nachfolgt    und    daß    daher   zuvor 

auszuwachsen    und  sich 


ein 


Länge 


Kanals   nicht 
der  Kopffortsatz  Zeit  hat,  zu 
dabei  auszuhöhlen. 

Beispiele  der  ersten  Art 
ninchen,    Schaf,    Schwein    etc. 


gleich 
größerer 


nachfolgt 
Länge 


bieten  uns  Embryonalanlagen  von  Ka- 
dar.  Aus  einer  Querschnittserie,  die 
BoNNET  (L.  K.  III''  1884,  p.  217,  218;  1889,  p.  71)  vom  Embryonalschild 
eines  Schafes  mit  Kopffortsatz  ohne  Ursegmente  erhalten  hat,  sind  die 
Figuren  600— (308  entnommen.     Wenn   wir   mit   der  Durchmusterung 


P.R. 


Fig.  606—608.    Drei  Querschnitte  durch  den  Primitivstreifen  und  Kopffortsatz 
einer  Keimhaut  des  Schafes.   Nach  Bonnet  (L.  K.  III  •'  1884,  Taf.  XI,  Fig.  61,60,  58.) 
Fig.  606.     Schnitt  durch  die  Primitivgrube. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


929 


zei^t 


der  Serie  von  hinten  beginnen,   so 
schnitt   durch    den  HENSEN'schen    Knoten, 
rinne    sich   nach    unten    zu    einem    runden, 


uns   Fig.  600 

in    welchem 

von    radiär 


einen  Durch- 
die  Primitiv- 
angeordneteu 


Fig.  607. 
Chordakanal. 


Nachfolgender   Schnitt   durch   den    Knoten    mit   Urmundnaht    und 


Fig.   608,       Fünf    Schnitte   weiter   nach   vorn    durch  die   EröffnungssteUe  des 


Chordakanals. 


der  Anfang 


Epithelzellen  umgebenen  Hohlraum  erweitert;  dieser  ist 
eines  engen  Kanals,  \velcher  sich  auf  einer  kleinen  Zahl  von  Schnitten 
durch  den  Anfang  des  Kopffortsatzes  weiter  verfolgen  läßt,  wie  z.  B. 
in  Fig.  607.  5  Schnitte  weiter  nach  voi-n  (Fig.  608)  sieht  man  den 
engen  Chordakanal  sich  in  die  Darmhöhle  öffnen.  Eine  Rinne  springt 
jetzt  in  den  Kopffortsatz  ein,  der  sich  in  den  nächsten  Schnitten  der 
Serie  vorübergehend  noch  einmal  schließt,  um  sich  dann  abermals  zu 
öffnen.  Bei  manchen  Keimhäuten  war  zwar  ein  kurzer  Kanal  im 
Kopffortsatz,  aber  keine  Ausmündung  an  der  Obertiäche  des  Hensex- 

BüNNET  zieht  aus  seiner  Untersuchung 


ziemlich   frühem  Ent- 


er vergleicht  ihn  dem  Canalis  neurentericus  der  Reptilien 


sehen  Knotens  nachzuweisen. 

das    Endergebnis,    daß   auf   vorübergehendem, 

Wickelungsstadium    „ein  auf  der   Knotenoberfläche    sich    einsenkender, 

den  Kopffortsatz  des  Primitivstreifens  durchsetzender  Kanal,  w^enigstens 

auf  kurze  Zeit,    die  Darmhöhle    mit   der   später   in   die   Bildung   des 

Medullarrohres    einbezogenen    Knotenoberfläche    des    Primitivstreifens 

verbindet' 

und  Vög€ 

Beispiele  für  den  zweiten  Typus  liefern  uns  Meerschweinchen 
und  Fledermaus,  bei  denen  sich  der  Chordakanal  durch  ungewöhn- 
liche Länge  und  Weite  auszeichnet.  Vom  Meerschweinchen  beschreibt 
uns  LiEBERKÜHN  (18S2,  p.  412—415)  eine  Querschnittserie  durch 
einen  Embryonalschild  mit  Primitivstreifen  und  langem  Kopffortsatz 
vor  dem  Auftreten  des  ersten  ürsegraents  (Fig.  609—613).  Wenn 
wir  mit  der  Betrachtung  der  Serie  von  hinten  beginnen,  so  sehen  wir 
den  Kopffortsatz  (Fig.  609)  an  der  Stelle,  wo  er  aus  dem  Hensen- 
sclien  Knoten  hervorgeht,  vom  seitlichen  Mesoblast  schon  deutlich 
abgegrenzt  mit  einem  sehr  engen  Spalt  im  Innern,  der  von  radiär 
angeordneten  Zellen  umgeben  ist.  Eine  Ausmündung  desselben  an 
der  Oberfläche  des  Embryonalschildes,  wie  beim  Schaf,  ist  hier  nicht 
nachweisbar.  Das  innere  Keimblatt  ist  der  unteren  Fläche  des  Kopf- 
Handbuch  der  Entwickelungslehre.    I.  59 


930 


0.  Hertwig, 


fortsatzes  dicht  angeschmiegt,  aber  noch  abzugrenzen.  Einige  Schnitte 
weiter  nach  vorn  hat  sicli  der  Spalt  zu  einem  ansehnlichen  Kanal 
ausgeweitet  (Fig.  GIO),     Die   ganze   Bildung    sieht,    wie   Lieberkühn 


Fig.  609. 


Fi-,  (il 


'^=Crri 


ik     ink  ak 


rry^ftr^rSl  «* 


mk  ik         dl    ch 


Fig.  612. 


Fig.  610. 


ch  mk  ik   ak 


.■*-.  '. 


V: 


:>— 


.rvi^?:-'^ 


ik  ink         ch   dl 
Fig.  613. 


dl 


ch      ak 


Fig.  609—613.  Querschnitte  durch  den  Kopffortsatz  des  in  Fig.  614  abge- 
bildeten Embryonalschildes  vom  Meerschweinchen.  Nach  Lieberkühn  (L.  K. 
III 9  1882,  Taf.  XX,  Fig.  25—29). 

Fig.  609.     Anfang  des  Kopffortsatzes  dicht  vor  dem  HENSEN'schen  Knoten. 

Fig.  610.     Einige  Schnitte  weiter  nach  vorn.     Weiter  Chordakanal. 

Fig.  611  u.  612.  Eröffnung  des  Chordakanals  entsprechend  dem  großen  Fleck 
in  Fig.  6U. 

Fig.  613.     Verbreiterung  der  Chordaplatte  weiter  nach  vorn. 

ak,  ik,  mk  äußeres,  inneres,  mittleres  Keimblatt,  ch  Chorda,  dl  L'x'darmlippe. 

sich  ausdrückt,  der  des  geschlossenen  Medullarrohres  sehr  ähnlich. 
Dann  kommt  eine  Gegend,  wo  entsprechend  einer  schon  in  Fig.  G14  zu 
sehenden  Einkerbung  der  Chordakanal  sich  nach  unten  zu  einer  Rinne 
geöffnet  hat  (Fig.  611).  An  den  Rinnenrändern  {dl)  schlägt  sich  die 
eröffnete  Kanalwand  in  das  aus  abgeplatteten  Zellen  zusammengesetzte 
innere  Keimblatt  um.  Lieberkühn  bemerkt  hierzu,  „wenn  man 
nicht  anderweit  wüßte,  daß  es  sich  um  die  Eröffnung  einer  Röhre 
handelte,  so  würde  man  ebenso  gut  an  die  Schließung  einer  solchen 
denken  können;  das  Bild  erinnert  lebhaft  an  die  Schließung  der 
Rückenfurche".  Weiter  nach  vorn  (Fig.  612)  wird  die  Rinne  breiter, 
und  ihre  Wand  ist  vom  seitlichen  Mesoblast  nicht  mehr  abzugrenzen. 
Endlich  breitet  sich  die  Chordaanlage  (ch)  zu  einer  etwas  dünneren, 
breiten  Platte  aus,  die  seitwärts  mit  mittlerem  und  innerem  Keimblatt 
zusammenhängt  (Fig.  613). 

Wie  Lieberkühn  ferner  festgestellt  hat,  findet  beim  sehr  langen 
Chordakanal    des    Meerschweinchens    eine   Eröffnung    gleichzeitig    an 


Die  Lehre  von   den   Keimblättern. 


931 


verschiedenen  Stellen  statt.  Man  kann  das  schon  bei  schwacher  \ov- 
größerung-  am  Flächenbilde  des  Enibryonalschildes  sehen,  welches  in 
die  oben  beschriebene  (,)nerschnittserie  zerlegt  wni'de.  In  der  Fig.  ()14 
ist  der  Chordakanal  nach  der  Beschreibung  Lieberküiin's  ..nicht  mir 
in  erheblicher  Länge  in  der  Mitte  der  Keinischeibe  otüen  und  zur 
flachen  Kinne  geworden,  sondern  dicht  daran  ist  zunächst  eine  kleinere 
Oetinung  und  weiter  nach  vorn  wieder  eine  längere,  aber  schmale 
Spalte,  dann  folgt  eine  eben  solche; 
und  weiter  nach  vorn  erscheinen  noch 
o  kleine  Oeff'nungen  in  der  unteren 
Wand  in  einiger  Entfernung  vonein- 
ander. Dementsprechend  wechseln 
nun  auch  an  den  Durchschnitten 
Kanal,  Rinne  und  solide  Chordaanlage 
miteinander  ab;  nur  wird  die  Kanal- 
wand nach  vorn  immer  dünner  und 
der  Kanal  selbst  enger,  was  nament- 
lich im  Vergleich  zur  dicken  Medullar- 
platte  sogleich  in  die  Augen  fällt." 

Fig.  614.  Embrvonalschild  vom  Meer- 
scbweiüchen  mit  Primitivstreifen  und  Kopf- 
fortsatz, m  welchem  eine  Reihe  heller  Flecken 
die  Oeffnungeu  des  Chordakanals  in  die  Darm- 
höhle sind.  Nach  Lieberkühn  (L,  K.  III  ^  1882, 
Taf.  XX,  Fig.  30).  pr  Primitivstreifen,  ck  Cau- 
dalknoten.    o',  o',  o''  Oeffnungen  in  der  unteren  Wand  des  Kopffortsatzes. 


211' 


ck 


Bei  Vespertilio  murinus  (Fig.  610— 017)  ist.  der  Chordakanal  im 
Kopffortsatz,  wie  die  schönen  Untersuchungen  Van  Beneden's  lehren, 
wohl  von  einer  noch  größeren  Länge  und  zugleich  noch  dadurch  aus- 


ffä 


Fig.  615.  Medianschnitt  durch  den  Primitivstreifen  eines  Keimes  von  Vespertilio 
murinus.  Nach  Vax  Benedex  (L.  K.  III''  18S8,  Fig.  1).  Entstehung  des  Chorda- 
kanals im  Kopffortsatz.     Hü  hintere  Üeffnung  des  Kanals,     eh  Chordaplatte. 


Fig.  616.  Medianschnitt  durch  den  Chordakanal  eines  Keimes  von  Vespertiho 
murinus  vor  seiner  Eröffnung.  Nach  Van  Beneden  (1888,  Fig.  2).  J'S  vordere 
Oeffnung,  in  einer  Querspalte  bestehend.  Z>/^' Primitivstreifen.  Andere  Bezeichnungen 
wie  oben. 


gezeichnet,  daß  er  am  HENSEN'schen  Knoten  eine  besondere  Mündung 
nach   außen  besitzt.      Längsschnitte   durch    mehrere   Stadien,    die   wir 


.5!»=' 


932 


0.  IIertwig, 


Van  Beneden  verdanken,  geben  uns  darüber  den  besten  AufschlulL 
Auf  einem  jüngeren  Stadium  l)eginnt  der  Kopffortsatz  vor  dem  im 
Längsschnitt  getroffenen  Primitivstreifen  bei  den  Buchstaben  HO  und 


Fig.  617.  Medianschnitt  durch  den  in  großer  Ausdehnung  eröffneten  Chorda- 
kanal eines  Keimes  von  Vespertilio  murinus.  Nach  Van  Beneden  (1888,  Fig.  4). 
NC  neurenterischer  Kanal.  C  vorderer  persistierender  Teil  des  Chordakanals.  Pr 
Primitivstreifen.     Andere  Bezeichnungen  wie  oben. 


reicht  nach  vorn  bis  zu  den  Buchstaben  V8.  Der  ganzen  Länge  nach 
wird  er  von  einem  weiten  Chordakanal  durchsetzt,  der  sich  nach  hinten 
am  HENSEN'schen  Knoten  öffnet  und  an  den  Primitivstreifen  anschheßt. 

in    das  mittlere. 


Seine  Seitenwand  geht  beiderseits  ohne  Abgrenzung 


aus  2  Zellenlagen  bestehende  Keimblatt  über,  und  zwar  so,  daß  die 
Decke  des  Kanals,  eine  einschichtige  Platte  von  cylindrischen  Epithel- 
zellen, sich  in  die  obere  Mesoblastlage,  sein  aus  mehreren  Zellschichten 
zusammengesetzter  Boden  dagegen   in  die  untere  Lage  fortsetzt. 

Auf  einem  älteren  Stadium  öftnet  sich  der  Chordakanal  in  die 
Darmhöhle  durch  Oeffnungen  von  zweierlei  Art:  1)  durch  einen 
vorderen  Querspalt  (Fig.  617  VS),  2)  durch  mehrere  Oetfnungen,  die 
bald  zu  einer  einzigen  Längsspalte  zusammenfließen.  Die  Längsspalte 
beginnt  sich  in  der  Mitte  des  Kanals  zu  bilden  und  von  hier  nach 
vorn  und  nach  hinten  zu  vergrößern,  doch  so,  daß  an  beiden  Enden 
noch  längere  Zeit  ein  Stück  des  Bodens  erhalten  bleibt  (Fig.  (ilT). 
Ein  solches  findet  sich  am  vorderen  Ende  des  Kopffortsatzes  noch 
zur  Zeit,  wo  sich  schon  das  Vorderhirnbläschen  und  die  Kopf  beuge 
gebildet  haben.  Den  hinteren,  jetzt  noch  vorhandenen  Teil  des  Kanals 
bezeichnet  Van  Beneden  als  Canalis  neurentericus  und  vergleicht 
ihn  dem  entsprechenden  Gebilde  der  Sauropsiden. 

Nach  der  Eröffnung  des  Chordakanals  bietet  uns  die  Rücken- 
gegeud  des  Embryos  bei  den  Säugetieren  (Fig.  618  u.  619)  fast  genau 


ch 
Fig.  618.     Querschnitt    durch   die   Chordarinne  eines   Keimes    vom   Maulwurf, 
dem  auch   Fig.  603    angehört.     Nach   Heape.     ak,    mk,    ik    wie   oben,     ch    Chorda- 
anlage.    *  Urdarnifalte. 

die  gleichen  Befunde,  wie  beim  Amphioxus,  bei  den  Elasmobrauchiern, 
den  Amphibien  (Triton j  und  den  Reptilien.  Auf  diese  frappante,  für 
die  Cölomtheorie  so  wichtige  Uebereinstimmung  habe  ich  zuerst  in 
meiner  Abhandlung   über  das  mittlere  Keimblatt    der  Wirbeltiere   die 


Die  Lehre  von   den  Keimblättern. 


933 


Aufmerksamkeit  gelenkt  und  sie  dann  mit  Nachdruck  in  allen  Auf- 
lagen meines  Lehrbuches  der  Entwickolungsgeschichte  hervorgehoben. 
Wir  finden  jetzt  bei  Vertretern  der  aufgeführten  Wii'beitierklassen  in 

m/;'   ml:'-       ch 


Fig.  619.  Querschnitt  durch  die  Embryonalanlage  eines  Kaninchens.  Nach 
Vax  Benedex.  oA-,  i/:,  mk-  äußeres,  inneres,  mittleres  Keimblatt,  inh^,  v>/:-  parietale 
und  viscerale  Lamelle  des  mittleren  Keimblattes,     ch  Chorda.     *  Urdarmfahe. 


der  Medianebene  des  Rückens  unter  der  Medullarplatte  die  Chorda- 
anlage, eine  einfache  Lage  kubischer  oder  cylindrischer,  fester  zu- 
sammengefügter Ei)ithelzellen.  Sie  liefert  die  Decke  der  Chordarinne, 
welche  bei  den  Säugetieren  nach  Eröftnung  des  Chordakanals  gleich- 
falls deutlich  ausgeprägt  ist.  Links  und  rechts  geht  das  Chordaepithel 
kontinuierlich  in  das  parietale  Blatt  des  Mesoblasts  über,  das  aus 
mehr  abgeplatteten  Zellen  besteht.  Das  ihm  noch  dicht  angepreßte 
Blatt  des  visceralen  Mesoblasts  dagegen  schlägt  sich  am  Rand  der 
Chordaanlage  in  das  abgeplattete  Darmdrüsenblatt  um.  Die  Um- 
schlagsstelle, die  ich  auch  als  Firste  oder  Lippe  der  Urdarmfalte  (Fig. 
(JLS  u.  619  *)  bezeichnet  habe,  bildet  den  vorspringenden  Rand  dei 
Chordarinne. 

Historisches.  1882  hat  Lieberkühx  in  einer  ausführlichen,  sehr 
sorgfältigen  Untersuchung  (1882  und  1884)  zuerst  im  Xopffortsatz  von 
verschiedenen  Säuo-etierenibrvonen  einen  Hohlraum  entdeckt,  welchem  er 


den  Namen   Chorclakaual   crab.     Er   verfolgte 


genau 


die    „Eröffnung    des 


Chordakanals''  und  die  Entstehung  der  Chorda  aus  seiner  dorsalen  Wand. 
Zu  ähnlichen  Resultaten  kam  zu  derselben  Zeit  v.  Kölliker  (1882) 
durch  Untersuchung  von  Kaninchenembryonen.  Einen  neuen  Fortschritt 
führten  fast  gleichzeitig  und  unabhängig  voneinander  Heape  (1883j  und 
Boxnet  (1884,  1889)  herbei,  von  denen  der  eine  beim  Maulwurf,  der 
andere  beim  Schaf  die  Ausmündung  des  Chordakanals  am  HBXSEx'schen 
Knoten  entdeckten  und  ihn  dem  Canalis  neiu'entericus  der  Reptilien  und 
Vögel  verglichen.  Vax  Bexedex  (1886,  1888),  welcher  einen  sehr  langen 
Chordakanal  mit  xlusmündung  an  der  Primitivrinne  bei  der  Fledermaus 
nachwies,  verglich  ihn  der  Urdarmeinstülpung  der  niederen  Wirbeltiere, 
welcher  Ansicht  sich  auch  Rabl  (L.  K.  III  ^  1892)  anschloß.  Seitdem 
wurde  der  Chordakanal  und  die  Entwickelung  der  Chorda  bei  Säugetieren 
noch  öfteis  der  Gegenstand  eingehender  Untersuchungen  von  Graf  Spee 
(1888),  von  Giacomini   (1888),  von  Carius  fl888).  (Siehe  L.  K.  III ».) 

Bei  der  vergleichenden  Untersuchung  des  Kopffortsatzes  und  des 
Primitivstreifens  auf  verschiedenen  Stadien  ihrer  Entwickelung  ist  es 
mehieren  Forschern,  welche  besonders  sorgfältige  Untersuchungen 
hierüber  angestellt  haben,  aufgefallen,  daß,  während  der  Kojjffortsatz 
an  Länge  stetig  zunimmt,  der  Primitivstreifen  sich  verkürzt ;  sie  haben 
geglaubt,  hieraus  den  Schluß  ziehen  zu  können,  daß  sich  der  Primitiv- 


934  0.  Hertwig, 

streifen  an  seinem  vorderen  Ende  in  den  Kopffortsatz  umwandelt. 
Bei  der  großen  Wichtigkeit  dieser  Frage  für  die  erste  Entwickelung 
und  das  Längenwachstum  des  Säugetierkörpers  will  ich  die  hierauf 
bezüglichen  Angaben  kurz  zusammenstellen.  Der  erste  Embryologe, 
der  sich  näher  mit  der  Frage  beschäftigt  hat,  scheint  mir  Lieberkühn 
(1884,  p.  448 — 451)  gewesen  zu  sein.  Er  verglich  die  Länge  des  Kopf- 
fortsatzes und  des  Primitivstreifens  an  3  Querschnittserien  durch 
Embryonalanlagen  des  Meerschweinchens,  von  denen  die  erste  noch 
kein  Ursegment  zeigte,  die  andere  mit  2  und  die  dritte  mitO  Ursegmenten 
versehen  war.  In  dem  ersten  P'all  findet  er  eine  Länge  des  Primitiv- 
streifens von  0,79  mm,  im  zweiten  Fall  von  0,44  mm,  so  daß  demnach 
(abgesehen  vom  interstitiellen  Wachstum)  eine  Verkürzung  um  0,35  mm 
stattgefunden  hat.  Hierzu  bemerkt  Lieberkühn:  „So  viel  wie  sich 
der  Primitivstreifenteil  verkürzt  hat,  hat  der  Kopffortsatz  an  Länge 
zugenommen,  d.  h.  es  hat  sich  der  Primitivstreifen  in  Kopffortsatz 
umgewandelt."  Und  in  einer  Zusammenfassung  seiner  Resultate  stellt 
er  als  fünften  und  letzten  Paragraphen  seiner  Abhandlung  den  Satz  auf: 
„Aus  einer  Vergleichung  der  gesamten  oben  beschriebenen  Vorgänge 
ergiebt  sich,  daß  es  sich  hier  um  einen  von  vorn  nach  hinten 
ablaufenden  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g  s  v  o  r  g  a  n  g  handelt,  der  d  i  e  a  1 1  - 
mähliche  Differenzierung  der  Med  ullar  platte  und  der 
Chorda  aus  dem  Primitivstreifen  zur  Folge  hat." 

Zu  einem  gleichen  Resultat  ist  Bonnet  bei  Untersuchung  ver- 
schiedener Embryonalanlagen  des  Schafes  gelangt  (1899,  p.  77 — 82). 
Er  findet,  daß  die  Zellen,  welche  die  Primitivrinne  (Gastrularinne 
Bonnet's)  begrenzen,  „Cylinderform  annehmen,  sich  schichten  und 
sich  nachträglich  von  der  Gastrulaleiste  (darunter  versteht  Bonnet 
die  Zellenwucherung  unter  der  Primitivrinne,  also  den  tiefereu  Teil 
des  Primitivstreifensj  trennen".  Dadurch  wird  die  Primitivrinne  selbst 
„unter  allmählicher  Verbreiterung  und  Vertiefung  in  Medullarfurche 
umgewandelt."  Desgleichen  schließt  Bonnet  (1899,  p.  80)  aus  der  in 
2  verschieden  alten  Serien  hervortretenden  auffallenden  Verkürzung 
der  Gastrulaleiste  (Primitivstreifens)  auf  eine  Umbildung  ihres  cranialen 
Endes  in  Chorda.  „Die  Chordaanlage",  heißt  es,  „greift  in  caudaler 
Richtung  dadurch  weiter,  daß  die  Achse  der  Gastrulaleiste  direkt  in 
Chorda  umgebildet  und  vom  Ektoblast,  Entoblast  und  Mesoblast  (bei 
Bonnet  steht  hier  Mesenchym)  getrennt  wird." 

Endlich  hat  im  Anschluß  an  die  von  mir  (L.  K.  IV.  1892)  aufgestellte 
Urmundtheorie  Keibel  (A.  L.  III  ^^  1894,  p.  60—67)  eingehend  die 
Frage  der  Umwandlung  des  Primitivstreifens  in  den  Kopffortsatz  ge- 
prüft und  sowohl  Messungen  an  verschieden  alten  Embryonalanlagen 
des  Schweines  als  auch  in  Tabellen  zusammengestellte  Zählungen  der 
Kernteilungsfiguren  in  den  verschiedenen  Orten  vorgenommen.  Gegen 
ein  erhebliches  Eigenwachstum  des  Kopffoi'tsatzes  sprechen  die  nur 
spärlich  in  ihm  aufgefundenen  Kernteilungen.  Nachdem  noch  andere 
Möglichkeiten  erörtert  sind,  kommt  Keibel  zu  dem  Ergebnis,  das  ich 
mit  seinen  eigenen  Worten  wiedergebe :  „Der  Kopffortsatz  muß  auf 
Kosten  des  Primitivstreifens  gewachsen  sein.  Dies  Wachstum  müssen 
wir  uns  so  vorstellen,  daß  immer  der  vorderste  Teil  des  Primitiv- 
streifens sich  in  den  Kopffortsatz  umbildet,  und  damit  das  vordere 
Ende  des  Primitivstreifens  zurückweicht  etc."  „Ist  nun  aber  die  eben 
vertretene  Bildungsweise  des  Kopffortsatzes  resp.  der  Chordaanlage 
richtig,    und    ich    glaube,    man    wird   daran    nach   dem    vorgebrachten 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  935 

Beweismaterial  kaum  zweifeln  dürfen,  so  ergiebt  sich  daraus  unmittel- 
bar, daii  in  frühen  Stadien  der  Primitivstreifen  bis  an  das  vordere 
Ende  der  Chorda  und  somit  bis  an  das  vordere  Ende  des  Embryos 
überhaupt  reicht.  Es  hat  somit  das  Material  für  den  Koi)fteil  des 
Embiyos  seiner  Zeit  im  Primitivstreifen  und  zu  beiden  Seiten  des- 
selben gelegen.  Im  Moment,  wo  die  Aftermembran  deutlich  geworden 
ist,  kann  man  in  seinen  Schlüssen  noch'  weiter  gehen.  Wir  können 
dann  feststellen,  daß  das  Material  für  den  ganzen  Embryo 
sich  seiner  Zeit  im  Bereich  des  Primitivstreifens  be- 
funden hat.  Mit  anderen  Worten:  der  Primitivstreifen  durchsetzte 
einmal  den  Embryo  in  ganzer  Ausdehnung.'' 

^'^  e  r  g  1  e  i  c  h  zwischen  der  K  e  i  m  b  1  a  1 1  b  i  1  d  u  n  g  bei  den 
Säugetieren  und  den  übrigen  Wirbeltieren. 

Nachdem  wir  auf  den  vorhergehenden  Blättern  mit  der  Anlage  des 
Entoderms  und  des  mittleren  Keimblattes  bei  den  Säugetieren  bekannt 
geworden  sind,  ist  es  wohl  an  der  Zeit,  jetzt  auch  die  Frage  näher  zu 
erörtern,  inwieweit  ihre  Keimblattbildung  zu  den  gleichen  Vorgängen 
bei  den  anderen  Klassen  der  Wirbeltiere  Beziehungen  darbietet.  Hier 
kann  es  nun  wohl  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  die  meiste  Ueber- 
einstimmung  mit  den  bei  Reptilien  und  Vögeln  erhaltenen  Befunden 
besteht.  Als  solche  Uebereinstimmungen  führe  ich  an  1)  die  als 
erster  Akt  erfolgende,  von  der  Entstehung  des  Mittelblattes  scharf  ge- 
trennte Anlage  des  inneren  Keimblattes  und  sein  in  beiden  Fällen  er- 
folgendes Auswachsen  mit  freiem  Rand ;  2)  den  eine  Zeitlang  vollkommen 
fehlenden  Zusammenhang  zwischen  innerem  und  mittlerem  Keimblatt ; 
3)  den  vom  Rand  der  Keimhaut  entfernten,  mehr  central  gelegenen 
Ursprungsort  des  mittleren  Keimblattes.  Namentlich  zwischen  Vögeln 
und  Säugetieren  besteht  hier  eine  große  Uebereinstimmung,  indem  bei 
beiden  ein  HENSEN'scher  Knoten,  ein  Primitivstreifen  mit  Rinne,  ein 
Caudalknoten  unterschieden  werden  können.  Das  Ei  der  Säugetiere 
bietet  daher,  obwohl  es  klein  und  dotterarm  ist  und  eine  totale 
Furchung  durchmacht,  doch  keine  primitiven  Verhältnisse  in  seiner 
weiteren  Entwickelung  dar;  weder  seine  Gastrulation,  noch  die  Ent- 
stehung des  mittleren  Keimblattes  lassen  sich  direkt  an  die  bei  Am- 
phioxus  und  den  Amphibien  beobachteten  Verhältnisse  anschließen. 

Somit  lautet  die  Frage,  welche  jetzt  von  uns  zu  beantworten  ist: 
wie  kommt  es,  daß  die  dotterarmen  und  total  sich  furchenden  Eier 
der  Säugetiere  Erscheinungen  in  der  weiteren  Entwickelung  zeigen, 
welche  bei  Reptilien  und  Vögeln  nach  der  früher  gegebenen  Erklärung 
eine  direkte  Folge  des  großen  Dotterreichtums  ihrer  Eier  sindV  Die 
Antwort  hierauf  giebt  uns  eine  zuerst  von  Haeckel  aufgestellte  Hj'po- 
these,  daß  die  placentalen  Säugetiere  von  Vorfahren  abstammen,  welche, 
wie  Rei)tilien  und  Vögel,  große,  dotterreiche  Eier  besessen  haben  und 
ovipar  gewesen  sind. 

Zu  Gunsten  dieser  Hypothese  können  drei  Thatsachen  angeführt 
werden :  Erstens  sind  bei  den  niedersten  Säugetieren,  bei  den  Mono- 
tremen,  die  Eier  wirklich  noch  sehr  groß  und  dotterreich  und  machen, 
wie  auf  p.  899  besprochen  w'urde,  eine  partielle  Furchung  durch. 
Zweitens  haben  auch  die  Beuteltiere,  welche  sich  im  System  an  die 
Monotremen  zunächst  anschließen,  noch  größere,  dotterreichere  Eier 
als    die    placentalen    Säugetiere,    denen    sie    aber   sonst  in  der  totalen 


936  0.  Hertwig, 

Furchiiiig  gleichen.  Drittens  entwickeln  sich  die  Eihäute  bei  den 
Säugetieren  genau  so  wie  bei  Reptilien  und  Vögeln;  es  entsteht  auch 
ein  besonderer  Dottersack  und  ein  Blutgefäßsystem,  das  bei  den 
Saurojjsiden  für  die  Resorption  des  Dotters  bestinnnt  ist,  Organe,  die 
auch  bei  den  Vorfahren  der  Säugetiere  wohl  keine  andere  als  diese 
Aufgabe  besessen  haben  können.  Auch  läßt  sich  noch  bei  den 
Säugetieren  die  Ursache  wohl  erkennen,  warum  ihre  Eier  den  Dotter- 
reichtum, durch  den  sie  sich  bei  früheren  Vorfahren  ausgezeichnet 
haben,  wieder  eingebüßt  haben.  Der  Dotterschwund  hängt  offenbar 
damit  zusammen,  daß  die  Eier,  anstatt  nach  außen  abgelegt  zu  werden, 
in  der  Gebärmutter  weiterentwickelt  wurden.  Denn  hiermit  war  für 
den  werdenden  Keim  eine  neue  und  ergiel)igere,  weil  unbeschränkte 
Quelle  der  Ernährung  gefunden  in  Substanzen,  die  von  den  Wandungen 
der  Gebärmutter  ausgeschieden  wurden.  Die  Mitgift  des  Dotters  war 
hiermit  überflüssig  geworden.  Das  dotterarm  gewordene  Ei  konnte 
sich  wieder  total  teilen,  weil  das  Hindernis  der  Teilung  entfernt  war; 
dagegen  bliel)en  die  abgeänderte  Keimblätterbildung  ebenso  wie  die 
Hüllbildungen,  die  durch  den  Dottergehalt  der  Eier  ursprünglich  ins 
Dasein  gerufen  worden  waren,  erhalten,  weil  sie  unter  Wechsel  ihrer 
Funktion  in  den  Dienst  der  Ernährung  durch  die  Gebärmutter  traten 
und  dem  entsprechende  Abänderungen  erfuhren. 

Eine  viel  komjjliziertere  Hypothese  hat  Rabl  zur  Erklärung  dieser 
und  anderer  Verhältnisse  bei  der  Keimblattbildung  der  Wirbeltiere  auf- 
gestellt. Er  glaubt,  daß  im  Laufe  der  Stammesgeschiclite  der  AVirbel- 
tiere  bei  den  Vorfahren  von  einigen  der  jetzt  unterschiedenen  Klassen 
der  Nahrungsdotter  mehrmals  erworben  und  auch  wieder  verloren  worden 
sei.  Er  stützt  sich  bei  seiner  Annahme  hauptsächlich  darauf,  daß,  wenn 
man  die  Eier  nach  ihrem  Dottergehalt  in  holoblastische  und  meroblastische 
teilt,  und  wenn  man  nach  dieser  Einteilung  auch  die  einzelnen  Wirbeltier- 
klassen systematisch  gruppieren  wollte,  man  zwei  Gruppen  erhalten  würde, 
deren  Glieder  in  keiner  VVeise  verwandtschaftlich  zusammengehören.  Da- 
gegen hält  er  sich  für  berechtigt,  auf  Grund  der  systematischen  Ver- 
wandtschaft, wie  man  sie  aus  vergleichend-morphologischen  Gründen  für 
wahrscheinlich  hält,  ßückschlüsse  auf  einen  Wechsel  im  Dottergehalt  der 
Eier  machen  zu  dürfen. 

Zum  Beispiel,  weil  nach  der  üblichen  Annahme  die  Selachier  als  die 
Stammform  der  Amphibien  betrachtet  werden,  die  Eier  der  ersteren  aber  mero- 
blastisch sind,  zieht  Rabl  den  Schluß,  daß  die  Vorfahren  der  Amphibien 
noch  dottei'reichere  Eier  als  die  jetzt  lebenden  Nachkommen  und  eine 
partielle  Furchung  besessen  haben  müssen.  Da  nun  nach  der  geläufigen 
Hypothese  von  amphibien-ähnlichen  Vorfahren  wieder  Reptilien  und  Vögel 
abstammen,  die  wieder  heutzutage  dotterreiclie  Eier  haben,  so  müsse  hier 
zum  zw^eiten  Male  ein  Erwerb  von  Dottermasse  neu  eingetreten,  bei  den 
Säugetieren  also  dann  konsequenterweise  zum  zweiten  Male  verloren 
worden  sein.  Seine  Hypothese  faßt  Rabl  in  den  Satz  zusammen :  „Wenn 
wir  die  Eier  des  Amphioxus  und  der  Cyclostomen  als  primär  dotter- 
arme Eier  mit  totaler  Furchung  bezeichnen  dürfen,  so  müssen  wir  die 
Eier  der  Ganoiden  und  Amphibien  als  sekundär  dotterarme  und 
diejenigen  der  placentalen  Säugetiere  als  tertiär  d  o  1 1  e  r  a  r  m  e  be- 
zeichnen. W'enn  wir  ferner  die  Eier  der  Selachier  —  da  sie  in  der 
Reihe  die  ersten  sind,  die  eine  pai'tielle  Furchung  zeigen  — ■  primär 
dotterreiche  nennen  dürfen,  so  müssen  wir  diejenigen  der  Teleostier, 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  937 

Sauropsiden  und  Monotremen  sekundäi-  dotter reiche  und  ihre 
Furchung  eine  sekundär  partielle  nennen ;  aber  auch  hier  haben  wir 
wieder  die  Eier  der  Knochenfische  wohl  von  denen  der  Sauropsiden  und 
Monotremen  zu  scheiden/' 

Den  von  Rabl  eingenommenen  Standpunkt  kann  ich  nicht  teilen. 
Seinem,  auf  die  systematische  Verwandtschaft  gestützten  Beweisverfahren 
läßt  sich  leicht  eine  andere  Fassung  geben,  welche  sogar  den  Vorteil 
hat,  daß  dann  die  Ei-klärung  für  den  verschiedenen  Dottergehalt  der  Eier 
eine  viel  einfachere  wird.  Aus  der  Annahme,  daß  die  heute  lebenden 
Selachier  und  Amphibien  gemeinsame  Vorfahren  besessen  haben,  kann 
man,  anstatt  des  Schlusses,  daß  auch  die  Amphibien  einmal  so  große 
Eier  wie  die  heutigen  Selachier  und  partielle  Farchung  besessen  haben, 
mit  gleichem  Recht  auch  den  Schluß  ziehen,  daß  die  gemeinsamen  Vor- 
fahren dotterärmere  Eier  mit  totaler  Furchung  gehabt  haben  und  daß 
ihnen  in  diesem  Punkt  die  heutigen  Amphibien  mehr  als  die  heutigen 
Selachier  gleichen,  bei  welchen  letzteren  erst  ein  Erwerb  des  Dotters 
und  dadurch  bedingte  Abänderung  der  ersten  Entwickeluugsprozesse 
eingetreten  ist.  Diese  Art  des  Schlusses  hat  sogar  den  Vorzug,  daß 
an  den  Anfang  der  Phylogenese  das  einfachere  Verhältnis  verlegt  wird, 
wie  man  es  a  priori  erwarten  sollte.  In  der  Amjjhibienentwickelung 
selbst  ist  ja  auch  nicht  der  geringste  Umstand  aufzufinden,  welcher 
darauf  hindeuten  könnte,  daß  die  Eier  einmal  dotterreicher  rmd  partiell- 
gefurcht etc.  gewesen  seien.  Im  Gegenteil  hat  man  bisher  in  der  Bil- 
dung ihrer  Blastula  und  Grastrula  eine  direkte,  von  dem  primitiveren 
Zustand  beim  Amphioxus  leicht  ableitbare  EntAvickelungsweise  erblickt. 
Von  diesem  Standpunkt  aus  liegt  auch  kein  Grund  zu  der  Annahme  vor, 
nach  welcher  Rabl  die  Eier  der  Säugetiere  als  tertiär  dotterarme  be- 
zeichnet. 

In  dem  Urteil,  daß  die  Keimblattbildung  der  Säugetiere  und  der 
Sauropsiden  viele  gemeinsame  Züge  darbietet,  stimme  ich  mit  den 
meisten  Embryologen  überein,  mit  Balfour,  Van  Bexedex,  PcABl, 
Keibel,  Bonnet,  Schauinsland  u.  a. ;  in  der  Deutung  vieler  ein- 
zelner Verhältnisse  aber  und  besonders  in  der  Vergleichung  mit  den 
niederen  Wirbeltieren  machen  sich  recht  verschiedene  Auffassungen 
geltend.  —  Ich  werde  daher  meinen  Standpunkt  jetzt  noch  ein- 
mal kurz  zusammenfassen  und  anderen  gegenüber  näher  begründen. 
Ein  besonders  charakteristisches  Merkmal  in  der  Keimblattl)ildung 
aller  o  Klassen  der  Amnioten  erblicke  ich  in  der  scharfen  Sonderung. 
welche  bei  der  Entwickeluug  des  Darmdrüsenblattes  und  des  mittleren 
Keimblattes  eingetreten  ist.  Während  bei  dem  Amphioxus  durch  die 
Gastrulation  ein  primäres  inneres  Keimblatt  gebildet  wird,  welches 
sich  erst  nachträglich  durch  Ausstülpung  wieder  in  ein  sekundäres 
inneres  und  in  ein  mittleres  Blatt  sondert,  kommt  es  bei  den  Amnioten 
gar  nicht  zur  Anlage  eines  primären  inneren  Blattes,  vielmehr  tritt 
die  Sonderung  verfrüht  gleich  bei  der  ersten  Anlage  ein,  indem  für 
sich  das  Zellenmaterial  zur  Bildung  des  Darmdrüsenblattes  und  etwas 
später,  deutlich  getrennt  vom  ersten  Prozeß,  das  Zellenmaterial  für 
das  mittlere  Keimblatt  aus  der  Wand  der  Keimblase  oder  der  Keim- 
haut entwickelt  wird.  Wer  den  ganzen  Vorgang  als  Gastrulation 
bezeichnen  will,  kann  mit  Hubrecht,  Keibel  und  Wenkebach  (siehe 
p.  819)  sagen,  daß  sie  bei  den  Amnioten  in  zwei  getrennte  Phasen 
zerlegt  sei. 


ö 


938  0.    llERTWIG, 

Eine  hervorstechende  Eigentümlichkeit  in  dev  Keiniblattbihlung' 
bei  den  Amniotcn  sehe  ich  zweitens  (hirin,  düii  in  der  ersten  Phase 
der  GastrulatioM  eine  Einstülpnngsliöhle  vollkonniien  fehlt,  wodurch 
sich  die  xVninioten  von  den  Aninionlosen  in  aulfallender  Weise  unter- 
scheiden. Während  bei  letzteren  gerade  die  Anlage  des  inneren 
Keimblattes  durch  Einstülpung  sehr  deutlich  ist,  bedarf  es  bei  ersteren 
einer  Interpretation,  um  eine  Anknüi)fung  an  die  einfacheren  Vor- 
gänge zu  ermöglichen.  In  dieser  Beziehung  kann  man  darauf  hin- 
weisen, daß  auch  bei  den  Amnioten  das  innere  Blatt  sich  von  einem 
kleinen  Bezirk  der  Keinihaut  aus  bildet,  daß  es  sich  von  diesem  Be- 
zirk aus,  wo  ein  Zusammenhang  mit  dem  äußeren  Blatt  lange  Zeit 
bestehen  bleibt,  nach  der  Peripherie  mit  freiem  Hand  ausbreitet,  bis 
es  den  antiembryonalen  Pol  erreicht  hat,  daß  diese  Ausl)reitung  wohl 
auf  einer  Zellenwanderung  beruht,  welche,  von  einem  Punkte  aus  er- 
folgend, sich  als  Ersatz  dem  Vorgang  der  Invagination  an  die  Seite 
stellen  ließe.  Bei  den  Reptilien  ist  der  Ort,  von  welchem  die  Ent- 
wickelung  des  inneren  Blattes  ausgeht,  die  Primitivplatte,  bei  den 
V^ögeln  ein  Bezirk  im  hinteren  Abschnitt  der  Keimhaut  am  Ueber- 
gang  des  hellen  in  den  dunklen  Fruchthof,  bei  den  Säugetieren  der 
Embryonalknoten, 

Im  Gegensatz  hierzu  ist  in  der  zweiten  Phase  der  Keimblattbildung 
bei  den  Amnioten  der  Charakter  der  Invagination  viel  besser  ausge- 
prägt als  bei  den  meisten  Anamniern.  Es  läßt  sich  deutlich  zeigen, 
daß  Chorda  und  mittleres  Keimblatt  durch  Einstülpung  von  Zellen- 
material entstellen,  welches  von  einer  scharf  begrenzten  Einstülpungs- 
stelle her  aus  dem  äußeren  Keimblatt  hervorwuchert,  sich  in  den 
Spalt  zwischen  die  primären  Keimblätter  hineinschiebt  und  peripher- 
wärts  ausbreitet.  Bei  den  Reptilien  entspricht  die  Einstülpungsstelle 
dem  Ort,  von  dem  aus  sich  auch  das  innere  Blatt  gebildet  hat.  Auch 
bei  Vögeln  und  Säugetieren  wird  ein  Zusammenhang  zwischen  beiden 
Anlagestellen  bestehen,  welche  zusammen  dem  Urmund  der  Anamnia 
entsprechen  würden.  In  der  zweiten  Phase  der  Keimblattbildung 
kommt  es  sogar  zu  einer  Einstülpungshöhle,  die  bei  einzelnen  Ver- 
tretern der  Amnioten  fast  ebenso  deutlich  ausgeprägt  ist  wie  die  Ga- 
strulahöhle  bei  den  Anamniern  während  der  Entwickelung  des  innei'en 
Keimblattes.  Besonders  ist  dies  bei  dem  Mesodermsäckchen  der 
Reptilien  der  Fall.  Mehr  reduziert  ist  die  Höhlung  in  dem  soge- 
nannten Chordakanal  der  Säugetiere,  ganz  oder  fast  ganz  geschwunden 
in  dem  Primitivstreifeu  und  Kopffortsatz  der  Vögel,  von  denen  nur 
einzelne  Arten  und  meist  nur  auf  vorübergehenden  Stadien  ihrer  Ent- 
wickelung Reste  von  Höhlungen,  einen  verkümmerten  Chordakanal 
und  Canalis  neurentericus  erkennen  lassen. 

In  Zusammenhang  mit  der  zeitlich  getrennten  Anlage  des  inneren 
und  mittleren  Keimblattes  sind  bei  den  Amnioten  die  von  beiden  um- 
schlossenen Hohlräume  eine  Zeitlang  voneinander  getrennt,  worin 
wieder  eine  bemerkenswerte  Abweichung  von  den  Verhältnissen  der 
Anamnia  gegeben  ist;  doch  wird  auf  sekundäre  Weise  die  Verbindung 
schließlich  wiederhergestellt  dadurch,  daß  bei  den  Reptilien  das 
Mesodermsäckchen  durch  Einreißen  seines  Bodens,  bei  den  Säuge- 
tieren der  Chordakanal,  bei  den  Vögeln  der  Canalis  neurentericus  sich 
in  den  Raum  unter  dem  Darmdrüsenblatt,  also  in  die  Darmhöhle, 
eröffnet.  Erst  hiernach  ist  in  den  Lagebeziehungen  der  Keimblätter 
bei  den  Anamniern  und  den  Amnioten  wieder  ein  völlig  gleichartiges 


Die  Lelire  von  den  Keimblättern.  939 

Verhältnis  hergestellt.  Es  besteht  üariii,  daß  vom  Ainphioxus  bis  zu 
den  Sänneticren  eine  Zeitlang  an  der  Decke  des  ursi)rünglichen 
Darniraunies  die  Cliordaplatte  liegt,  beiderseits  begrenzt  von  den 
Firsten  der  beiden  Urdarnifalten. 

Wenn  wir  die  Keiniblattbildung  der  Aninioten  und  des  Amphioxus 
miteinander  vergleichen,  so  besteht  zwischen  dem  i)rimären  inneren 
Keimblatt  des  letzteren  und  der  unteren  Schicht  (Paraderm,  Lecitho- 
phor)  der  zweiblätterigen  Keimhant  der  Amnioten  eine  Homologie; 
dieselbe  muß  aber  in  der  Sprache  der  vergleichenden  Anatomie  als 
eine  inkomplette  bezeichnet  werden  ;  denn  die  Uebereinstimmung  er- 
streckt sich  bloß  auf  das  innere  Keimblatt  des  Amphioxus  mit  Aus- 
schluß des  dorsal  gelegenen  (und  also  auch  später  eingestülpten)  Be- 
zirks, aus  welchem  sich  die  Chorda  und  das  mittlere  Keimblatt  (die 
Cölomsäcke)  bilden.  Dieser  Bezirk  des  Am])hioxus  ist  homolog  der 
Zellenmasse,  welche  bei  den  Amnioten  in  der  zweiten  Phase  (unter 
Bildung  eiues  Mesodermsäckchens  bei  den  Reptilien)  eingestülpt  wird. 
(Vergleiche  auch  das  hierüber  in  der  Einleitung  auf  p.  709  Gesagte.) 

V^^ie  sich  aus  obiger  Zusammenstellung  ergiebt,  weiche  ich  in 
mehreren  wichtigen  Punkten  von  Anschauungen  ab,  welche  sich  KupffeRj 
Vax  Bexeden,  Eael,  Bonnet  u.  a.  gebildet  haben.  Nach  ihnen  ist  die 
bei  Eeptilien  auftretende  Einstülpung  das  Gastrulasäckchen,  welchem 
bei  den  Vögeln  und  Säugetieren  der  Primitivstreifen  und  Kopffortsatz 
entspricht.  In  der  Litteratur  findet  man  daher  häufig  die  Höhle  des 
Mesodermsäckchens  oder  den  Chordakanal  als  ürdarm  (Vax  Bexedex, 
BoxxET  etc.;  und  den  Primitivstreifen  der  Vögel  als  (xastrulaleiste 
(Boxxet)  bezeichnet.  Bei  dieser  Auffassung  wird  die  schon  vor  der 
vermeintlichen  Gastrulation  vorhandene  Zellenschicht,  w'elche  ich  als 
inneres  Keimblatt  beschrieben  habe,  als  eine  den  Amnioten  eigentüm- 
liche Bildung  hingestellt,  und  ist  ihr  daher  der  Name  Paraderm  (Kupffer) 
und  Lecithophor  (Van  Bexedex)  gegeben  worden. 

Am  deutlichsten  und  konsequentesten  hat  sich  hierüber  Van  Beneden 
sowohl  in  seinem  Aufsatz  aus  dem  Jahre  1888  als  1899  ausgesprochen. 
„Es  ist  klar",  bemerkt  er,  „daß  das  sogenannte  zw^eiblätterige  Stadium 
der  Säugetiere  der  G.astrulation,  d.  h.  der  Einstülpung,  die  man  von  der 
Epibolie  auseinanderhalten  muß,  vorangeht  und  daß  die  2  Schichten  dem 
Ektoderm  und  Entoderm  des  Amphioxus  nicht  entsprechen.  Dieser 
Schluß  geht  schon  daraus  hervor,  daß  nicht  allein  die  Organe  des  Epi- 
blasts,  sondern  auch  die  Chorda  und  der  ganze  Mesoblast  aus  der  äußeren 
Schicht  sich  bilden."  Der  letzteren  giebt  daher  Van  Beneden  den  be- 
sonderen Namen  „Blastophor"  und  homologisiert  sie  der  oberen  gefurchten 
Halbkugel  der  Amphibien.  Die  untere  Schicht  aber,  Avelche  der  unteren 
weniger  gefurchten  Halbkugel  der  Amphibien  entsprechen  soll,  heißt  er 
Lecithophor  (Paraderm  von  Kupffer).  In  derselben  Weise  beurteilt  ei- 
die  beiden  primitiven  Schichten  der  Eeptilien  und  Vögel.  An  der  1888 
entwickelten  Auffassung  hält  Vax  Benedex  auch  noch  1899  fest  in  dem 
Satz:  „Les  deux  couches  de  l'embrA'on  didermique  ne  sont  pas  homologues 
aux  feuillets  primordiaux  de  l'Amphioxus  et  ce  serait  enlever  aux  mots 
epiplaste  et  hypoblaste,  ectoderme  et  entoderme,  tont  sens  morphologique 
que  de  designer  sous  le  nom  d'ectoderme  la  couche  externe  de  l'Am- 
phioxus qui  represente  seulement  l'ebauche  de  l'epiderme  et  du  sj^steme 
nerveux,  et  la  couche  externe  de  l'embryon  didermique  des  Sauropsides 
et  des  Mammiferes,  qui  produit  non  seulement  l'epiderme  et  le  Systeme 
nerveux,    mais    encore    l'archenteron .    la    plaque    notochordale    et  tout  le 


940  0.  Hertwig, 


mesoblaste.      Cest   pourquoi    j'ai  cree    les    nonis  ,blastophore'   et  ,lecitlio- 
phore'." 

Mit  Van  Beneden  stimmt  auch  Rabl  in  seiner  Auffassuiiff  üV)erein, 
von  welcher  er  selbst  sagt,  „daß  sie  in  allen  wesentlichen  Punkten  den 
Erörterungen  entspreche,  die  Van  Benedbn  an  seine  Beobachtungen  über 
die  Keimblätterbildun^  der  Säugetiere  geknüi^ft  hat"  (L.  K.  III  ^  18Ü2, 
p.  172).  Es  gellt  dies  auch  aus  dem  von  ihm  entworfenen  Schema  einer 
Amniotengastrula  (Eig.  620)  hervor,  in  welchem  cb  das  durch  Gastrulation 


Fig.  620.    Schema  der  Amniotengastrula  im  medianen  Durchschnitt,  nach  Eabl. 

gebildete  Entodermsäckchen  und  de  das  Paraderm  (Lecithophor)  ist,  welches 
den  am  Boden  der  Blastula  gelegenen  Dotterzellen  der  Amphibien  ver- 
glichen wird. 

Gegen  diese  Auffassung  der  Gastrulation  haben  sich  schon  früh 
Hubrecht  und  Keibel  ausgesprochen,  indem  sie  zwei  Phasen  derselben 
wie  auch  später  Wenkebach  bei  den  Reptilien,  unterschieden  haben. 
„Ist  es  nicht  wahrscheinlicher",  bemerkt  Hubrecht  1888,  „daß  in  der 
That  die  Chordahöhle  nicht,  wie  es  Van  Beneden  will,  dem  Archenteron, 
sondern  nur  einem  Teil  desselben  entspräche,  und  daß  der  andere  Teil  vom 
primitiven  Hypoblast  umschlossen  ist?"  (L.  K.  III -'  1888*,  p.  911).  Den 
zuerst  gebildeten  Teil  bezeichnet  er  als  cenogenetischen,  den  vom  Primi- 
tivstreifen aus  entstehenden  Teil  als  den  palingenetischen  Hypoblast.  Auch 
Keibel,  indem  er  die  Schlußfolgerungen  Van  Beneden's  zu  widerlegen 
sucht,  ist  unabhängig  von  Hubrecht  zu  der  Annahme  zweier  Phasen 
der  Gastrulation  geführt  worden.  Auf  der  ersten  Phase  wird  das  Dotter- 
entoderm  als  Auskleidung  des  Dottersacks,  auf  der  zweiten  Phase  werden 
die  Chordaanlage,  die  Chordahöhle  und  die  mittleren  Keimblätter  ange- 
legt. Durch  8  Schemata  hat  Keibel  seine  Auffassung  deutlich  zu 
machen  gesucht  (A.  L.  III  •  »    1894,  p.   105—117  u.  Fig.  42—48). 

In  den  verschiedenen  Auflagen  meines  Lehi'buches  habe  ich  immer 
an  der  Ansicht  festgehalten,  daß  das  Paraderm  Kupuper's  und  der  Le- 
cithophor Van  Beneden's  dem  inneren  Keimblatt  der  niederen  Wirbel- 
tiere entspricht  und  daß  die  Chordahöhle  nur  einem  kleinen,  dorsalen 
Abschnitt  des  Urdarms  vergleichbar  ist. 

Die  weitere  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g  der  Chorda-  und  Medullär- 
platte,     des    mittleren    Keimblattes,     die     Bildung    von 

Schwanz  und  After. 

Wir  hatten  die  Entwickelung  der  Achsenorgane  auf  dem  Stadium 
verlassen,  auf  welchem  die  Keime  aller  Wirbeltiere  die  größte  Ueber- 
einstimmung  untereinander  erkennen  lassen  und  welches  in  Fig.  610 
dargestellt  ist.  Die  weiteren  Veränderungen  vollziehen  sich  in  der 
nächsten  Periode  bei  den  Säugetieren  nach  demselben  Prinzi}),  das 
wir  schon  so  oft  kennen  gelernt  haben.  Es  erfolgt  jetzt  die  Ab- 
trennung der  Chordaanlage  vom  parietalen  Mesoblast,  Zusammen- 
krümmung   der    Platte    und    Umwandlung    in    einen    Strang,    Unter- 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  941 

wachsung  des  letzteren  vom  Darnidriisenblatt,  das  sich  ebenfalls  an 
der  Firste  der  Urdarnifalte  vom  visceralen  Mesoblast  ablöst.  Auf  ver- 
schiedenen Stadien  der  Entwickeiung  kann  die  von  vorn  nach  hinten 
fortschreitende  Chordabildung  geringe  Modihkationen  darbieten,  je 
nachdem  der  eine  oder  andere  Vorgang  etwas  früher  oder  später  ein- 
setzt. Den  ganzen  Vorgang  hat  man  die  „Ausschaltung  der 
Chorda  aus  dem  Entoderm"  benannt.  Keibel,  der  sich  nach  Lieber- 
KtJHN  besonders  eingehend  mit  der  Entstehung  der  Säugetierchorda 
beschäftigt  hat,  faßt  seine  Ergebnisse  in  die  Sätze  zusammen  (L.  K. 
III''  1S89,  p.  38): 

„Die  Chorda  kann  sich  aus  dem  Verbände  des  Entoblasts  sowohl 
durch  einfache  Uuterwachsung  als  durch  direkte  Einfaltungsprozesse 
ausschalten.  Im  ersteren  Falle  erhalten  wir  eine  platte  Chorda,  wie 
sie  z.  B.  aus  dem  KÖLLiKER'schen  Handbuch  bekannt  genug  ist ;  im 
zweiten  hat  die  Chorda  alsbald  eine  Gestalt,  welche  ihrer  definitiven 
gleich  ist  oder  ihr  doch  nahe  kommt.  In  den  Fällen  nun,  in  welchen 
die  Chorda  zunächst  einfach  aus  dem  Entoderm  ausgeschaltet  wird, 
erfolgt  noch  nachträglich  eine  Umordnung  der  Chordazellen,  welche 
einem  Einfaltungsvorgang  gleichzusetzen  ist.  In  beiden  Fällen  kann 
nachträglich  noch  ein  Kanal  im  Innern  der  Chorda  auftreten,  welchen 
ich  als  , sekundären  Chordakanal'  bezeichnen  will." 

Ergänzend  zu  unserer  Darstellung  sind  jetzt  noch  einige  Sätze 
über  das  vorderste  Ende  der  Chorda,  welche  schließlich  bis  zur  Rachen- 
haut heranreicht,  hinzuzufügen.  Es  wird  nämlich  von  einigen  Forschern, 
besonders  aber  von  Bonnet  (L.  K.  III''  1889,  p.  68—72),  wie  mir 
scheint,  nicht  ohne  Grund,  behauptet,  daß  dasselbe  nicht  vom  Kopf- 
fortsatz, sondern  direkt  vom  inneren  Keimblatt  abstamme,  welches 
die  Kopfdarmhöhle  auskleidet  und  von  der  ersten  Phase  der  Gastrula- 
einstülpung  herrührt.  Wie  Van  Beneden  für  die  Fledermaus  auge- 
geben hat,  öifnet  sich  nach  vorn  der  Chordakanal  durch  einen  queren 
Spalt,  und  geht  dann  seine  Decke,  die  Chordaanlage,  kontinuierlich 
nach  vorn  in  das  Darmdrüsenblatt  ohne  Abgrenzung  weiter  fort.  Nach 
der  Darstellung  von  Bonnet  sondert  sich  hier  noch  in  der  Verlängerung 
des  Kopffortsatzes  eine  breite  Entoblastplatte,  indem  in  ihrem  Bereich 
die  Zellen  etwas  höher  werden,  und  schnürt  sich  später  rinnenförmig 
vom  inneren  Keimblatt  zur  Chorda  ab. 

Anderer  Ansicht  ist  Keibel  (1.  c.  1889,  p.  27).  Er  hebt  zwar  selbst 
hervor,  daß  „in  der  Verlängerung  des  Kopffortsatzes  das  Entoderm 
schon  vor  der  Einschaltung  der  Chorda  verdickt  ist  und  daß,  nachdem 
die  Einschaltung  geschehen  ist,  sich  beim  besten  Willen  keine  Grenze 
mehr  zwischen  den  eingeschalteten  Zellen  und  dem  Entoblast  erkennen 
lasse".  Gleichwohl  glaubt  er,  daß  die  Chordabildung  allein  aus  dem 
Zellenmaterial  des  Kopffortsatzes  hervorgehe,  von  dem  er,  gestützt 
auf  Van  Beneden  und  Carius,  annimmt,  daß  er  sehr  weit  nach  vorn 
auswachse.  Das  craniale  Chordaende  reicht  nämlich  schließlich  bis  an 
die  Rachenhaut  heran,  wie  Strahl,  Carius  (1888)  und  Keibel  für 
Meerschweinchen  und  Kaninchen,  Bonnet  für  das  Schaf  nachgewiesen 
haben.  Die  Chorda  verschmilzt  hier  an  ihrem  vorderen  Ende  auf  das 
innigste  mit  dem  äußeren  Keiinl)latt,  gerade  hinter  der  Stelle,  wo  sich 
die  Hypophysentasche  anlegt,  und  ruft  hier  sogar  eine  kleine,  trichter- 
förmige Einziehung  hervor,  wie  aus  dem  lehrreichen  Längsschnit 
(Fig.  621)  deutlich  zu  ersehen  ist.  Die  Einziehung  ist  als  die  Seessel- 
sche  Tasche  oder  als  die  Gaumentasche  Selenka's   in    der  Litteratur 


942 


0.  IIertwig, 


bekannt.  Erst  einige  Zeit  nach  dem  Dnrchreißen  der  Rachenhaut 
löst  sich  die  Chorda  vom  F.pithel  der  eingerissenen  Rachenhaut  ab 
und  endet  dann  frei  im  Mesenchym,  oft  mit  hakenförmig  umgebogenem 
Ende  (Keibel,  Kann,  Carius). 

I  j  i  1 1  e  r  a  t  u  v.  Außer 
den  schon  früher  erwähnten 
Untersuchungen  überChorda- 
entwickehing  ist  noch  die 
1880  erschienene  zusammen- 
fassende AbhancUung  von 
Keibel 
o'eschichte 


6    «  f:  iB 


■.f 


-'j_<j 


„Zur  Entwickelungs- 
der    Chorda     bei 


e     Häugetieren"     zu 


Die 


Beziehungen 


erwähnen, 
des     vor- 


7: 


•.®; 
%     - 


Fig.  621.  Medianschnitt  durch 
das  craniale  Chordaende  eines 
Embrvos  vom  Schaf,  nach  Bon- 
net (1889,  Taf.  V,  Fig.  19).  Ch 
Chorda.  Hy  Hypophysentasche. 
IIB  Mundbucht.  EH  Rachenhaut. 


deren  Endes  der  Chordaanlage  zur  Rachenhaut  stellten  fest:  Selexka 
(1887)  beim  Opossum,  Kann  (1888),  Carius  (1888),  Bonnet  (1889),  Keibel 
(1889)  bei  mehreren   anderen 


Säugetieren. 


Die  Umbildung  der  Medullarplatte   zum    Rohr   braucht   nicht   für 
die  Säugetiere  besonders  geschildert  zu  werden,  da  sie  sich  in  wesent- 


lich derselben  Weise  wie  bei  den  Reptilien  und  Vögeln  (siehe  p 
884)  vollzieht. 

Dasselbe   gilt   von  der  Sonderung    des    mittleren    Keimblattes 


847, 


in 


Ursegment-  und  Seitenplatte.  Die  Gliederung  der  ersteren  in  Ur- 
segmente,  welche  ebenfalls  wieder  auf  einer  Abschnürung  beruht  (siehe 
p.  886),  beginnt  beim  Kaninchen  etwa  am  9.  Tage  nach  der  Befruchtung. 
Links  und  rechts  von  der  Medullarfurche,  die  um  diese  Zeit  noch 
nicht  geschlossen  ist,  bilden  sich  in  einiger  Entfernung  vor  dem  Hen- 
SEN'schen  Knoten  2  helle  Querspalten  in  der  Ursegmentplatte  aus  und 
sondern  aus  ihr  das  zweite  würfelförmige  Ursegmentpaar.     Das  erste 

wie  Rabl  (L.  K.  III  '  1892*,  p.  63)  hervorhebt, 

das 
Rabl's   An- 
unmittelbar   hinter  jener   Stelle   auf, 
an   der    sich   das  Gehörbläschen   bildet".      Alle  folgenden  Ursegmente 
entstehen  nacheinander  hinter  dem  ersten  (Fig.  594).    Davon,  daß  vor 
diesem  keine  Neubildung    später   mehr  erfolgt,    giebt    Rabl   an,    sich 

auf   das  bestimmteste  überzeugt 


liegt  vor  ihm  und  ist, 

nach  vorn  nicht  abgeschlossen,  sondern  geht  stets  kontinuierlich  in 

ungegliederte  Mesoderm    des  Vorderkopfes   über.      Nach 

gäbe 


.tritt   es   ausnahmslos 


durch  seine  eigenen  Untersuchungen 


zu  haben,  so  daß  alle 
ruhen.     Ferner 
des   Primitivstreifens 
sich  immer  in  einige 
Primitiv  Streifens   erhält 


gegenteiligen  Angaben 


greift  die  Urseginentbildung 


über, 


auf  einer  Täuschung  be- 
niemals   in    das    Bereich 
derselbe    besteht,    sondern    spielt 
ihm  ab.    In  der  Umgebung  des 
sich  also  auf  den    verschiedenen  Stadien    der 


solange 


Entfernung  vor 


Entwickelung  immer  der  primitive  Zustand  des  mittleren  Keimblattes. 

Wie    bei    allen    Wirbeltieren    nimmt    die    Entwickelung    des 

Afters  auch  bei  den  Säugetieren  von  dem  hinteren  Ende  des  Primitiv- 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


943 


Streifens  ihren  Ausgang,  in  entsprechender  Weise,  wie  es  vom  Ilülm- 
chen  dargestellt  wurde.  Die  einleitenden  Schritte  sind  bei  Embryonen 
zur  Zeit,  wo  sich  die  ersten  Ursegmente  ditterenzieren,  beobachtet 
worden.  An  einer  kleinen  Stelle  löst  sich  das  mittlere  Keimblatt  aus 
seinem  Zusammenhang  mit  dem  Primitivstreifen.  Es  entsteht  so  am 
Ende  der  Primitivrinne  ein  Epithelstrang,  der  eine  kleine  Strecke  weit 
direkt  (Uis  äußere  mit  dem  inneren  Keimblatt  verbindet,  der  After- 
strang. Nach  kurzer  Zeit  kommt  es  in  demselben  zu  einer  Quer- 
trennung, wodurch  ein  Teil  des  Afterstrangs  dem  Ektoderm,  der 
andere  Teil  dem    Entoderm    zugeteilt   wird    (Fig.   622).      Beide    Teile 


Fig.  622.  Querschnitt  durch 
Keimscheibe  3  eiues  Schweineem- 
bryos mit  beginnender  Ai'termem- 
brän,  nach  Keibel  (A.  L.  III  »" 
1894,  Tai  II,  Fig.  15).  uk,  ik,  mk 
äulieres,  imieres,  mittleres  Keimblatt. 
afm  Aftermembran.  pr-  Primitiv- 
rinne. 


.^ 


ak     mk 


ik 


pr 


QpQ^k^nJjK.^^      !  / 


afm 


legen  sich  dann  dicht  aneinander   und   stellen, 


..-^<^^?S_ 


nur  durch  eine  feine 
Grenzlinie  voneinander  getrennt,  zusammen  die  Aftermembran 
dar,  wie  sie  zuerst  von  Mihalcowics  genannt  worden  ist  (Fig.  623). 


al 


afm      am  pr 


Fig.  623.  Medianschnitt  durch  das  hintere  Ende  eines  16  Tage  alten  Schaf- 
embryos mit  5  Paar  Ursegmenten,  nach  Boxnet.  al  AUantois.  afm  Aftermembran. 
am  Amnion,  ah  Amnionhöhle.  ak  äußeres  Keimblatt  und  mk^  mittleres  Keimblatt, 
welches  an  der  Amnionbildung  beteiligt  ist.  np  Uebergang  der  Nervenplatte  in  den 
Priraitivstreifen.  pr  Primitivrinne  in  der  Gegend  des  Canalis  neurentericus.  ik  Darm- 
drüsenblatt,    mk'^  Darmfaserblatt,     d  Darmrohr. 


Zuweilen  sind  im  Afterstrang  deutliche  Spuren  einer  seine  Achse 
durchsetzenden  Lichtung,  z.  B.  beim  Kaninchen  (Kölliker,  Giaco- 
MiNi)  beobachtet  worden,  wodurch  Bonnet  einen  Afterkanal  oder 
A  f  terbla  stopor  US  zu  unterscheiden  veranlaßt  worden  ist. 

In  einem  Punkt  besteht  noch  zwischen  den  Forschern,  welche  die 
Afterentwickelung  untersucht  haben,  eine  Ditferenz,  welche  möglicher- 
weise auf  geringfügigen  Verschiedenheiten  zwischen  den  einzelnen  zur 
Untersuchung  verwandten  Säugetierarten  beruht.  Während  nach 
Bonnet  (1889.  p.  92)  beim  Schaf  die  Aftermembran  das  letzte  Ende 
des  Primitivstreifens  bezeichnet  (Fig.  623)  und  unmittelbar  hinter  ihr 


944 


0.  Hertwig, 


sich  die  hintere  Aiimionfalte  erhebt,  findet  Keibel  (A.  L.  III  ^'^  1894, 
p.  33}  bei  Schweineenibryonen,  daß  noch  nach  rückwärts  von  ihr  sich  der 
Priniitivstrcifen  in  verkünmierteni  Zustand  eine  kleine  Strecke  weit 
fortsetzt;    denn    er   sieht   noch   auf  einer    Anzahl   von    Schnitten    der 


Verschmelzung 


für  die 


zwischen 
Priniitiv- 


streifenbildung 


Serie  hinter  der  Aftermembran  wieder  eine 
äußerem  und  mittlerem  Keimblatt  auftreten,  was  ja 
allerdings  charakteristisch  ist. 
Ueber  die  Lage  der  Aftermembran  zum  Primitivstreifen  und  ihre 
Lageveränderung  im  weiteren  Verlauf  der  Entwickelung  geben  am 
besten  Längsschnitte  Aufschluß.  Noch  bei  einem  Schafembryo  mit 
f)  Paar  Ursegmenten  (Fig.  623)  ist  sie  ganz  dorsal  gelegen,  einerseits 
unmittelbar  hinter  dem  jetzt  schon  sehr  verkümmerten  Primitivstreifen, 
in  dessen  Bereich  alle  3  Keimblätter  zu  einer  einzigen  Zellenmasse 
verschmolzen  sind,  andererseits  vor  der  hinteren  Ursprungslinie  des 
Amnions,  welches  schon  das  Hinterende  des  Embryos  einscheidet. 
Unter  der  Aftermembran  liegt  der  Darmraum,  aus  welchem  nach 
unten  und  hinten  die  Allantois  eben  hervorzuwachsen  beginnt.  Spätei- 
kommt  die  ihrem  Ursprung  nach  rein  dorsale  Bildung  an  die  untere 
Fläche  der  Schwanzwurzel  zu  liegen.  Es  hängt  dies,  wie  schon  früher 
auseinandergesetzt  w'urde,  damit  zusammen,  daß  aus  dem  vor  dei- 
Aftermembran  gelegenen  Rest  des  Primitivstreifens  sich  der  Schwanz 
entwickelt.  Durch  lebhafte  Vermehrung  der  Zellen  tritt  ein  kleiner 
Höcker  dorsal  hervor,  die  Schwanzknospe,  und  legt  sich,  je  mehr 
er  in  die  Länge  auswächst,  über  die  Aftermembran  herüber  (Fig.  (J24j. 

Mehr  und  mehr  kommt  so  die  dorsal 
entstandene  Bildung  an  die  ventrale 
Seite  des  embryonalen  Körpers  zu 
liegen,  wo  sie  zwischen  der  Schwanz- 
wurzel und  der  Anlage  der  Allantois 
wird.       Die    Zerreißung 


aufgefunden 


Fig.  624a.  Medianschnitt  durch  das 
Schwanzende  eines  18  Tage  alten  Schafem- 
bryos mit  23  Ursegmentpaaren,  nach  Bonnet. 
srh  Schwanzknospe  oder  Endwulst,  am  Am- 
nion. wiX-' Hautfaserblatt  desselben,  «/'»i  After- 
membran, ventralwärts  und  nach  vorn  vom 
Endwulst  gelagert,  al  Allantois.   . 


der  Aftermembran 
bei  Embryonen,  die 

L  i  1 1  e  1'  a  t  u  i'. 
nincheuembrvoneD    mit 


erfolgt 


relativ 
als  24 


spät,    bei 
sind. 


Wiederkäuern   z.  B.   erst 
älter 

KüLLiKEU    wurde    an    Querschnittserien 
Ursegmenten    auf  einen   am    Ende 


durch  Ka- 
des  Primi- 
tivstreifens gelegenen ,  Ektoderm  und  Entoderm  direkt  verbindenden 
Epithelstrang  aufmerksam.  Darauf  hat  Strahl  (1886)  ebenfalls  beim 
Kaninchen    nachii'ewiesen,    daß    aus    dem    Epithelstrang    sich    die    After- 


membran bildet,   daß  diese  demnach 


ganz 


dorsal  aus  dem  hinteren  Ende 


des  Primitivstreifens  entsteht.  Zu  demselben  Ergebnis  gelangte  C.  Giaco- 
Mixi  in  seiner  Abhandlung  „Sul  canale  neurenterico  e  sul  canale  anale", 
1888.  Bonnet  (1889,  p.  90—95)  hat  die  Afterbildung  bei  Schaf- 
embryonen,   Keibel     (A.    L.    III  i  <•    1894,    p.    32)     bei    Embryonen    vom 


Schwein  untersucht.      [Bei 
anders  angegeben  ist.] 


den  Jahreszahlen  siehe  L.  K.  III  ^,  wenn  nicht 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  945 

Nacbtraji'.  Auf  die  Ende  1902  erschienene  Arbeit  Hubrecht's  über 
die  KeimbUltterbildung  bei  Tarsius  spectrnm  gehe  ich  in  einem  Nachtrag 
noch  etwas  näher  ein.  In  ihr  beschreibt  Hubkecht  einen  außerordent- 
lich deutlich  ausgeprägten  Blastoporus  in  der  zweiblätterigen  Keimhaut 
von  Erinaceus  und  giebt  von   ihm  eine  Abbildung,  die  ich  in  Fig.   624  b 


8 


r^ 


Ek 

Fi^.  624  b.  Ein  gebogener  EmbryonalschUd  vom  Igel  mit  etwas  geöffnetem 
Blastoporus  nach  Hübrecht  (L.  K,  III  ^  1902).  Ek,  En  äußeres,  inneres  Kehnblatt. 
b  Blastoporus.     tr  Trophoblast. 

reproduziert  habe.  Einen  ähnlichen  hat  er  auch  bei  der  Spitzmaus  be- 
obachtet und  so  die  Anzahl  der  auf  p.  908 — 910  aufgezählten  Befunde 
um  zwei  weitere  vermehrt. 

Eine  Darstellung,  die  von  den  anderweit  bekannten  Verhältnissen 
sehr  abweicht,  giebt  Hubrecht  von  der  Entwickelung  des  Mesoblasts. 
Er  nimmt  einen  mehrfachen  Ursprung  für  denselben  an  und  befürwoitet 
den  Voi'schlag  von  IvleixexberC4^  (L.  K.  III  ^  1886),  „den  Begriff  eines 
mittleren  Keimblattes  überhaupt  aufzugeben  und  am  Ende  des  Zwei- 
blätterstadiums nicht  nach  dem  Ursprung  eines  diitten  Blattes,  sondern 
nach  dem  Entstehen  der  verschiedenen  Organanlagen  zu  fahnden"  (1.  c. 
p.  84).  Früher  als  bei  anderen  Säugetieren  läßt  er  schon  einen  Teil 
des  Mesoblasts  noch  vor  der  Anlage  des  Primitivstreifens  als  eine  „ven- 
trale Mesoblastblase"  entstehen,  die  sich  neben  der  Nabelblase  vorfindet 
(1.  c.  p.   18—19). 

In  theoretischer  Hinsicht  hat  Hubrecht  seinen  Standpunkt  erheblich 
verändert.  Den  Amphioxus  hält  er  nicht  mehr  geeignet  als  Ausgangs- 
punkt für  eine  vergleichende  Ontogenese.  Die  von  ihm  selbst  mitbe- 
gründete Lehre  von  der  zweiten  Phase  der  Gastrulation  hat  er  jetzt  auf- 
gegeben. Als  Gastrulation  bezeichnet  er  nur  die  Entwickelung  des 
Darmdiüisenblattes  und  schlieijt  hiervon  die  zweite  Phase,  in  der  sich 
mittleres  Keimblatt  und  Chorda  bildet,  aus.  Für  sie  will  er  im  An- 
schluß an  LwoFF  die  Bezeichnung  „Notogenese"  einführen.  Bei  der 
Gastrulation  läßt  er  nur  das  Entoderm  der  Acrania  diirch  Invagination, 
dagegen  das  Entoderm  der  Cranioten  durch  Delamination  gebildet  werden. 

Infolge  seiner  Einschränkung  des  Begriffes  der  Gastrulation,  meint 
Hübrecht,  könne  bei  Sauropsiden  und  Säugetieren  „nicht  mehr  von  Ur- 
mund,  Urmundlippen,  Blastoporus  u.  s.  w.  geredet  werden,  an  der  Stelle, 
wo  wir  Rückenmark,  Chorda  und  Somiten  aus  einem  dorsalen  Bezirk 
der  Embryonalanlage  entstehen  sehen ;  dann  habe  der  Begriff  „Primitiv- 
streifen" mit  der  Gastrulation  nichts  zu  schaffen".  Infolge  dessen  ver- 
wirft er  auch    die  Vorstellung,    daß    die  Rückenregion    des    embryonalen 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.  I.  60 


D46 


0.  Hertwig, 


den    Schließungsprozeß    eines 
p.  81). 


Gastrula-Örniundes    zu 


Wirbeltieres  dui-cli 
Stande  komme  (1. 
Wie  aus  der 
einer  Betrachtungsweise  geführt  woi'den,  welche  von  dem  von  mir  ver- 
tretenen und  von  vielen  Embryologen  geteilten  Standpunkt  sehr  abweicht. 
Ob  seine  Vorstellungen  einfacher  und  einleuchtender  sind,  wie  Hubrecht 
hofft,  und  ob  die  Tarsiusentwickelung,  für  welche  die  Materialbeschaffung 
schon  so  außerordentlich  schwierig  ist,  ein  geeigneter  Boden  für  eine 
vollständige  Umarbeitung  der  Keiiublätterprobleme  ist,  wird  die  Zukunft 
lehren. 


c. 

kurzen  Darstellung  hei'vorgeht,  ist  Huijrecht  jetzt  zu 
geführt  woi'den. 


C.  Der  Mensch. 


In  die  Keimblattbildung"  beim  Menschen  einen  Einblick  zu  ge- 
winnen, ist  mit  der  größten  Schwierigkeit  verknüpft;  denn  es  geschieht 
außerordentlich  selten,  daß  menschliche  Keime  aus  so  früher  Zeit,  wo 
die  Keimblätter  sich  bilden,  in  gut  erhaltenem  Zustand  in  die  Hände 
des  Embryologen  geraten.  Ueber  einige  wichtige  Verhältnisse  sind 
wir  gleichwohl  aufgeklärt  worden  durch  die  sorgfältige  Untersuchung 
von  menschlichen,  etwa  der  jf.  Woche  angehörenden  Embryonen,  welche 
von  Graf  Spee,  Mall,  Kollmann,  Eternod  beschrieben  worden  sind. 
Namentlich  sind  die  Mitteilungen  von  Spee  über  eine  mensch- 
liche Keimscheibe  mit  offener  Medullarrinne  und  Canalis  neurentericus 

sehr  lehrreich.     Die  Embryonal- 
^ — -^..,.. —  ^  anläge  (Fig.  025)  ist  vom  weiten 

Dottersack  nur  wenig  abgegrenzt, 
^       schuhsohlenartig,  dorsalwärts  von 


<i& 


/.. 


/ 


j 


t 

V. 


dem  ziemlich   dicht   anliegenden 


ringsum 


einge- 


Amnionsack 
schlössen,  am  hinteren  Ende  durch 
einen  kurzen  Bauchstiel  mit  dem 
Chorion  verbunden.  Dicht  vor 
dem  Bauchstiel  ist  auf  der  Em- 
bryonalanlage eine  kurze  Pri- 
mitivrinne und  zwischen  ihr  und 
der  Medullarfurche  „ein  ring- 
förmiger Wulst  nachzuweisen,  der 
seiner  Lage  nach  dem  Hensen- 


pr  — 


bst 


^Jm[ 


\r 


-iW^. 


Fig.  625.  Menschliche  Schuhsohlen - 
artige  Embryonalanlage  mit  Dottersack. 
Das  Amnion  geöffnet,  Länge  2  mm. 
Dorsalansicht,  nach  Graf  Spee.  Aus 
Kollmann  (A.  L.  II  1898,  Fig.  33).  a 
Amnion.  b»t  Bauchstiel.  cn  äußere 
Mündung  des  Canalis  neurentericus. 
(/.-;  Dottersack,  mr  Medullarrinne.  pr 
Primitivstreifen. 


sehen  Knoten  entspricht"   und    ein    dreieckig-rundliches,    weites  Loch, 


die 


dorsale 
Ueber  die 


Ausmündung 


des  Canalis  neurentericus,  einschließt. 


Beziehungen  der  einzelnen  Teile  zu  einander 


giebt 


der 


Medianschnitt  (Fig.  626)  Auskunft ;  er  lehrt  namentlich,  wie  der  besonders 
gut  ausgeprägte  neurenterische  Kanal  die  Embryonalanlage  fast  senk- 
recht  durchbohrt  und   so  zwischen  Amnionhöhle  und  Dottersack  eine 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 


947 


weite  Verbindung  von  0,024  nini  Durchmesser  herstellt.  „Kein  Tier- 
eml)ryo",  bemerkt  hierzu  Graf  Spee,  ,,hat  mir  von  diesen  Verhältnissen 
so  klare  Bilder  geliefert,  wie  die  vorliegende  menschliche  Keimscheibe". 
Auf  einer  (>)uerschnittserie  wurde  sein  Lumen  4mal  geti'oifen.  An 
den  Durchschnitten  (Fig.  ()27j  sieht  man  den  Ektol)last,  welcher  im 
ganzen  Bereich  der  Keimscheibe  drei-  bis  vierscliichtig  ist,  unter  Bei- 
behaltung seiner  dicken  Beschaffenheit  ventralwärts  umbiegen,  die 
Wand  des  neurenterischen  Kanals  bilden,  hierauf  abermals  umbiegen 
und  ins  innere  Keimblatt  übergehen,  wobei  die  Zellenlage   sich  plötz- 


r.  .,^0^- 


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cliz 


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ch 


hz 


m» 


ms 


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bst 
pr 

al 


-  ik 


hl 


Fig.  626.  Medianschnitt  durch  das  menschUche  Ei  von  Fig.  625,  nach  Graf 
ÖPEE.  Aus  KoLLMAXN  (A.  L.  II  1898,  Fig.  36).  am  Amnion,  al  Allantoisgangim  Bauch- 
stiel, ch  Chordaanlage,  cho  Chorion.  chz  Chorionzotten,  bst  Bauchstiel,  hl  Blut- 
gefäße,    ds  Dottersack,     ik  Entoderm.     hz  Herzgegend,     ms  Mesoderm. 


ak 


mk    __!  — i< 


ik  — 


^Si^&ia: 


Fig.  627.  Querschnitt  durch  den  Canalis  neurentericus  des  menschlichens  Embryos 
von  2  mm,  nach  Graf  Spee.  Aus  Kollmann  (A.  L.  II  18'J8,  Fig.  50).  ak,  ik,  mk  äußeres, 
inneres,  mittleres  Keimblatt. 

60* 


948 


0.  Hertwig, 


Hell  verdünnt  und  in  ein  einfaches,  dünnes  Plattenei)itliel  umwandelt. 
Wälirend  so  äulk!res  und  inneres  Keimblatt  in  ununterl)rochener  Ober- 
Häclienverbindung  miteinander  stehen,  fehlt  im  seitlichen  und  vorderen 
Umfang-  des  Canalis  neurentericus  jede  Verbindung  mit  dem  Mesoderm. 
Nach  vorn  geht  das  äußere  Keimblatt  durch  Vermittelung  des  Canalis 
neurentericus  in  die  Chordaanlage  über.  Dieselbe  stellt  einige  Schnitte 
weiter  kopfwärts  von  der  Kanalwand  eine  einschichtige  Platte  kubischer 
bis  cylindrischer  Zellen  dar  und  bleibt  stets  dicht  an  die  untere  Fläche 
der  Meflullarplatte  angelagert.  Seitlich  von  ihr  ist  das  mittlere  Keim- 
blatt schon  Iteiderseits  abgetrennt. 

Auf  Schnitten  durch  das  vordere  Ende  des  Primitivstreifens,  in 
welche  sich  die  hintere  Wand  des  neurenterischen  Kanales  fortsetzt, 
ändert  sich  der  Zusammenhang  der  Keimblätter,  insofern  jetzt  das 
äußere  mit  dem  mittleren  in  direkte  Verbindung  tritt.  Graf  Spee  hat 
hierüber  ein  Querschnittsbild  (Fig.  628)  veröffentlicht,  welches  der  vom 
Ivaninchen  früher  mitgeteilten  Abbildung  (Fig.  604)  zum  Verw^echseln 
ähnlich  ist.  Man  bemerkt  eine  tief  einschneidende  Primitivrinne  und 
an  der  leicht  kenntlichen  seitlichen  Urmundlippe  (til)  den  Umschlag 
des  äußeren  Keimblattes  (ak)  in  das  parietale  Mittelblatt  (mk^).  Von 
diesem  ist  das  viscerale  Mittelblatt  eine  Strecke  weit  gut  gesondert; 
es  geht  unter  der  Primitivrinne  in  einen  medianen  Zellen  streifen  über, 
mit  welchem  auch  das  innere  Keimblatt  eine  Strecke  weit  verschmolzen 
ist.  Der  Zellenstreifen  ist  ferner  noch  „in  der  Medianlinie  zu  einem 
kleinen  Wulst  von  dreieckigem  Querschnitt  angeschwollen,  dessen  Spitze 

sich  zwischen  den  Ek- 
todermlippen  der  Pri- 

mitivrinne   einge- 
schoben hat''   und  so- 
mit seiner  Lage   nach 
einem  Dotterpfrojjf  zu 
vergleichen  ist. 

Fig.  628.  Querscliuitt 
durch  die  Priinitivrinne 
eines  menschlichen  Keimes 
hinter  dem  CanaHs  neur- 
entericus, nach  Graf  8pee. 
ak,ik  äußeres,  inneres  Keim- 
blatt. 7nk^,  jnÄ-'' parietales,  viscerales  Mittelblatt.;;?- Primitivrinne,  ul  laterale  Urmundlippe. 

Aehnliche  und  etwas  ältere  Stadien  menschlicher  Embryonen  hat 
in  letzter  Zeit  auch  Eternod  beschrieben.  Einer  von  ihnen  entsprach 
fast  Punkt  für  Punkt  dem  von  Graf  Spee  untersuchten  Embryo.  — 
Der  Bericht  von  Eternod  lautet:  „La  face  dorsale  de  l'embryon  fait 
voir:  les  premiers  rudiments  d'un  sillon  medullaire,  largement  ouvertj 
surtout  dans  la  region  cephalique;  une  fourchette  neurale ;  un  blasto- 
pore,  futur  canal  neurenterique,  perfore,  de  part  en  part,  mais  notable- 
raent  plus  petit  que  celui  signale  par  F.  Graf  v.  Spee  dans  son  embyon 
Gle;  une  ligne  primitive  allonge,  faisant  suite,  en  arriere,  au  blasto- 
pore;  enfin  deux  protuberances  caudales  saillantes."  „Les  trois 
feuillets  blastodermiques  primitifs  sont  partout  nettement  accuses  et 
bleu  distincts  les  uns  des  autres,  excepte  au  partour  du  blastopore  oü 
ils  se  fondent  en  une  masse  commune  et  indivise"  (A.  L.  III  ^\  1898, 
p.  186). 

An    Schnitten    durch   diesen,    sowie   einen    etw^as   älteren  Embryo 


ak  _. 


mk' 
mk^ 

ik 


—30^. 


Die  Lehre  von   den  Keimblättein. 


949 


mit 
der 


8  Urseüinenten    hat   Eternod   am    vorderen 


Cliordaaulaue  einen  Cliordakaual 


er   in    den    Canalis   neurentericus   über. 


nnd   hinteren  Ende 

^'ach  hinten  geht 

Zwischen    beiden  Enden  ist 


aufgefunden. 


die  Chordaanlage  eine  Platte  und  in  das  innere  Keimblatt  eingeschaltet. 


'S  ed.  <Chd 


■  i:>J-u.cl 


^e-.umß; 


EkritcJ-  /«• 


Fig.  629.  Eine  menschliche  Einbryonahinlage  von  2,12  mm  Länge,  vom  Rücken 
gesehen,  nach  Eröffnung  des  Amnion,  nach  Eteexod  (1S99,  Fig.  2). 

Nach  Eternod  entsprechen  die  Verhältnisse  beim  Menschen  den  Be- 
funden, welche  Lieberkühn,  Van  Beneden,  Carius  etc.  für  ver- 
schiedene Säugetiere  erhalten  haben ;  nach  seiner  Annahme  wird  auch 
beim  Menschen  zuerst  ein  geschlossener  Chordakanal  angelegt,  welcher 
sich  durch  Atro])hie  und  Einreißen  der  Bodenplatte  in  den  Dottersack 
öffnet.  Dann  wird  seine  Decke  als  Chordaanlage  in  das  innere  Keim- 
blatt eingeschaltet.  „II  y  a  positivement  chez  Thomme",  lautet  das 
Endergebnis  von  Eternod,  „ä  une  certaine  periode  de  son  deve- 
loppement.  les  vestiges  de  ce  que  on  est  convenu  d'appeler  un  canal 
chordal  ou  archenterique;  et  celui-ci  ne  differe  pas,  pour  ses  traits 
principaux,  de  ce  (\w\  est  connu  pour  d'autres  mammiferes"  (A.  L. 
III  i\  1899,  p.  142). 

Litteraturübersicht  zu  Kapitel  III  (L.  K.  III). 

V\  Schriften  über  die  Keimblätter  im  allgemeinen   'L.  K.  III  ').  L.  K. 

Außer  den  schon  A.  L.  II  aufgeführten  Lehrbüchern  und  A.  L.  I  citierten 
Schriften  von  Haeckel  1874,  1875,  His  1865,  1874,  Eay  Lankester  1873,  1877 
sind  noch  aufzuführen : 

Allitian.      On    thc    unatomy    and   physiology    of   Cordylophora.     Pliilos.    Trans.    R.    Soc. 

London.    Vol.  CXLIII.  1833. 
jisi^alcy,    G.      Origine  des  feuülets  hlastodermiqiies  chez  les  vertebn's.  Paris  ISSß. 
SaJfouv,   F.   M.     Comp,  of  tke  early  stages  in  developmeiif.  oj  vertebrate.i.    London  1S75. 

—  On  the  structure  and  homnln(iies  of  the  germinal  layers  of  the  embryo.     Quart.  Jowrn. 

micr.  Sc.    Vol.  XX.  1880.  ' 

—  Larval  forms :  their  nature,  origin  and  affinities.      Quart.  Journ.  micr.  Sc.    Vol.   XX. 

1880^. 
Sellonci,  G.    ßlastoporo  e  linea primitiva  dei  Vertebrati.    Atti  R.  Acad.  Lincei.   Transunti. 
Vol.    VIIL 

—  JBla.stoporo  e   linea  primitiva   dei    Vertebrati.      Atti    R.    .Accad.  Lincei.    Ser  8.    3Iem. 

Vol.  XIX.  X884:. 


950  O.  Hertwig, 

Jtofu,    G.      Erste  Entwickelungsvorgänge.    Anal.  Hefte.  Ergebnisse.  Bd.  I.  lSf)l.  Bd.  II. 

ISOXi. 

Braem,   F.      Was  ist  ein  Keimblatt f     Binl.   CentralU.  1S9~>. 

Bütschli,  ().     Zur  Entioickelungsgescliichtc   der  Sngitta.  Zeitsrhr.  wiss.  Zool.   Bd.  XXIII. 

isr.i. 

—  Bemerkungen  zur  Gastraeatheorie.     3Iorph.  Jahrb.  Bd.  IX.  ISSü. 
Choloilkoirslcy ,    N,      Ueber   einige    Formen    des  Blastoporus    bei  tncrobiastischen   Eiern. 

Zool.   Am.  1891. 
CUirK'e,   J,   L.      Eesearches    on    the  develojjment  of  the  spinal  chord  in  man,   mammalia 

and  birds.     Phil.   Trans.    Vol.   CLXII.  1SG2. 
Clans,    C.      Die   Typenlehre  und  Ilaeckels  sogenannte   Gastraeatheorie.    Wien  1874, 
V.   Daviiloff,    M.     Untersuchungen  zur  Entwickelungsgeschichle  der  Distapiia  magnilarva 

Della    Valle,    einer   zusammengesetzten  Ascidie.     2.  Abschnitt.     Allgemeine  Entwicke- 

lungsgeschichte  der  Keimblätter.     Mitt.   Z.   Slat.  Neapel.  Bd.  IX.   1891. 

—  Die    Urmundtheorie  etc.     Anat.  Anz.  Bd.    VIII.  j)-  397.  1893. 

Duval,  M.  La  signißcation  murphologique  de  la  ligne  2>rimitive.  L'Homme,  Journal 
des  sciences  anthropologiques.  1883.      (No.  15  et  16.) 

V.  Ebner,  V.  Urivirbel  und  Neugliederung  der  Wirbelsäule.  Wien.  akad.  Anz.  1888; 
Sitz.-Bcr.   Akad.    Wiss.    Wien.    1889. 

Ehlers,   E,      Nebendarm  und  Chorda  dorsalis.     Nachr.   Ges.   Wiss.   Göttingen  1885, 

Ehrlich,  F.     Ueber  den  peripheren  Teil  der  Uvvirbel.   Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XL  1816. 

Eistnond.  Ueber  die  Anlage  der  Urkeimbl älter.  Ber.  über  die  Thätigkeit  d.  Zool. 
Lahorat.  in    Warschau.  1892. 

Fellnet:      Zur  Lehre  von  der  Entwickelung  der  Kloake.      Wien  1875. 

Garbowslci.  Zur  Analyse  des  Keimblattbegriffes.  Verh.  k.  k.  zool.-bot.  Ges.  zu  Wien. 
Bd.  XLVIL  1897. 

Gegenbaur,  C,  Ueber  die  Entwickelung  der  Sagitta.  Abhandl.  d.  Naturf.  Gesellsch.  in 
Halle.  1856. 

Goette,  A.  Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte  der  Wirbeltiere.  I.  Keim  des  Forellen- 
eies.    Arch.  mikr.  Anat.     Bd.  LX.  1873. 

—  //.    Die  Bildung  der  Keimblätter  und  des  Blutes  im  Hühnerei.   Ebenda.  Bd.  X.  1874. 
■ —  III.    Ueber   die  Entwickelung   des  Centralnervensystems  der  Teleostier.     IV.   Ueber  die 

Sinnes'platte    der    Teleostier.      V.    Ueber   die    Entivickelung    der    Wirbelsäule    bei    Tele- 

ostiern  und  Amphibien.     Ebenda.   Bd.  XV.  1878. 
HaecUel,   E,      Nachträge  zur  Gastraeatheorie.     Jen.  Zeitschr.  Bd.  XL  1877. 
■ —    Ursprung  und  Entwickelung  der  tierischen  Gewebe.   Jen.  Zeitschr.  f.  Naturw.  Bd.  XVLLI. 

1884. 
Hatschek;   B.     Ueber  den  gegenwärtigen  Stand  der  Keimblättertheorie.     Verh.  d.  Deutsch. 

Zool.   Ges.  zu  Göttingen.   1893.    Leipzig.   1894. 
Heider,   K.     Ist   die  Keimblätterlehre    erschüttert  f     Zool.   Centralbl.     Jahrg.  /F.  1897. 

Hertwig,  Oscar.  Die  Chätognathen.  Lhre  Anatomie,  Systematik  und  Entwickelungs- 
geschichte.     Jena  1880. 

—  Die    Entwickelung    des    mittleren    Keimblattes    der     Wirbeltiere.      Jenaische    Zeitschr. 

Bd.  XV  u.  XVL  1882  u.  1883. 

—  Urmund   und    Spina    bifida.     Eine    vergleichend-morphologische,    teratologische    Studie 

an  inißgebildeten  Fr'oscheiern.     Arch.  mikr.  Anat.  Bd.  XXXIX.  1892 

—  Strittige    Punkte    aus    der    Keimblattlehre    der    Wirbeltiere.      Sitz. -Ber.    Akad.       Wiss. 

Berlin.  2.  Mai.  1901. 

—  Die  Rolle  des  Urmundes  bei  dem  Aufbau     des  Wirbeltierkörpers.    Verh.  d.    V.    intern. 

zool.   Congr.  zu  Berlin.  190t».  Jena  1902.  p.  4.23. 

Hertwig,    Oscar  u.  Richard.     Studien  zur  Blättertheorie.     Jena  1879 — 1881. 

— ■  —  Die  Cölomtheorie.  Versuch  einer  Erklärung  des  mittleren  Keimblattes  Jen.  Zeit- 
schrift f.  Natunv.  B,  XV.  1881. 

His,  W.  Die  Lehre  vom  Binde  substanzkeim  (ParcMast).  Rückblick  nebst  kritischer  Be- 
sp)rechung  einiger  neuerer  entwickelungsgeschichtlicher  Arbeiten.  Arch.  Anat.  u.  Phys. 
Anat.  Abt.  1882. 

—  Zur  Frage  der  Längenverwachsung  von  Wirbeltier embryonen.    Verh.  d.  Anat.  Ges.  1891. 

—  Ueber  mechanische  Grundvorgänge  tierischer  Formenbildung.    Arch.  Anat.  u.  Phys.  Anat. 

Abt.  1894, 

—  Lecithoblast  und  Angioblast  der   Wirbeltiere.     Aldi.  Kgl.  sächs.  Akad.  Wiss.  ßlath.-^^hys. 

Kl.  Bd.  XXVL  1900. 
Hoffmann,    C.   K.     Ueber  die  Entwickelungsgeschichte  der  Chorda  dorsalis.    Festschr.  .f. 

Henle.  1882. 
Hoiissay,   F.    Sur   la  theorie    des  feuillets  et  le  parablaste.     C.  R.  hebdomad.  de  l'Acad. 

des  seien.    T.   CXIV.  1892. 

—  Etudes  d'embryologie  sur  les  vertebres.     Arch.  de  zool.  exper.  et  gener.     1893, 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  951 

Huxley,     Th.    H.      On   the    anatomy    and    the    affinities    of  the  family  of  thc  Medusae. 
Fliü.   Trans.  R.  Soc.  London.    Vol.   CXXXIX.'  lS-t9. 

—  On   the  Classification  of  the  animal  kinijdom.     Quart.  Journ.  micr.  Sc.  Vol.  XV.  1S75. 

—  The  anatomy  of  invertebrated  animals.  1S97, 

Kacsftnder.     Ueber  die  Beziehungen  des  Medidlarrohres  zu,  dem  Primitivstreifen.    Wien. 

med.  Jahrb.  1886;     3Iitt.  embr.  Inst.    Wien.  Bd.  I.  1887. 
Keibelf   F.     Die   Gastrulation    und    die  Keimblattbildung  der   Wirbeltiere.     Ergebnisse  d. 

Anat.   und  Entwickelnngsgesch.  von  Merkel  u.  Bonnet.  Bd.  X.  IftOO.    Wiesbaden  1901. 
Klaatsch,   H.     Zur  Frage  nach  der  morphologischen  Bedeutung  der  Ilypochorda.    Morph. 

Jahrb.     Bd.  XXV.  1897. 

—  Ueber  den  jetzigen  Stand  der  Keimblattfrage  mit  Bücksicht  auf  die  Pathologie.    Münch. 

med.    Wochenschr.  Jahrg.  XLVI.  1899. 
Kleineiiherg,   N.     Die  Kntstehtmg    des  Annalids    aus   der  Larve  von  Lopadorhynchus. 

Zcitsrhr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  XLIV.  1886. 
V.   Koelliker,   A.      Ueber  die  Nichtexistenz   eines  embryonalen  Bindegeivebskeims   (Para- 

blastj.     Sitz.-Ber.  Phys.-med.   Ges.    Würzburg.  1881:. 

—  Die  embryonalen  Keimblätter  und  die   Gewebe.    Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  XL.  1884. 

—  Kollmann's  Akroblast,     Zeitschr.  f.  wiss.   Zool.  Bd.  XLI.   1885. 

KoLltnamif  J".     Der  Randioulst  und  der   Ursprung  der  Stützsidtstanzen.     Arch.  f.  Anat. 
u.  Phys.  Anat.  Abt.  1884:. 

—  Der  Jlesoblast  und  die  Entwickelung  der  Geicebe  bei  den  Wirbeltieren.    Biol.  Centrcdbl. 

Bd.  III.  1884. 

—  Gemeinsame  Entwickelungsbahnen  der  Wirbeltiere.    Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.    Anat.  Abt. 

1885. 

—  Ueber  Spina  bifida  und  Canalis  neurentericus.    Verhdl.  Anat.  Ges.  zu  Göttingen.  1893, 

—  Die   Geschichte    des   Primitivstreifens    bei  den  3Ieroblastiern.       Verh.  Nat.     Ges.    Basel. 

1886  u.    Tagebl.     58.    Vers.  Deutsch.  Naturf.  u.  Aerzte.  1886, 
Kopsch,  Fr.    Bildung  und  Bedetilung  des  Canalis  netirentericus.    I.  Amphibien,  Selachier, 
Knochenfische.     Sitz.-Ber.  naturforsch.  Freunde  zu  Berlin.  1896  u.  1897. 

—  Gemeinsame  Entwickelungsformen  bei  Wirbeltieren  und  Wirbellosen.      Verhdl.  d.  Anat. 

Ges.  Kiel  1898. 
Kowalevsky.     Entvickelunqsgeschichte  der  Sagitta.     Mem.  Acad.  des  seien,  de  St.  Peters- 

bourg.  Ser.   7.   T.  XVI.  1871, 
Kupffer,     C.      Die   Entstehung    der   Allantois   und  die   Gastrula  der   Wirbeltiere.     Zool. 

Anz.  Jahrg.  IL  1879, 

—  Die   Gastrulation    an    den   meroblastischen    Eiern    der   Wirbeltiere    und    die  Bedeutung 

des  Primitivstreifs.     Arch.  f.  Anat.  u,  Phys,  Anat.  Abt.  1882  u.  1884. 

—  Ueber    den    Canalis    neurentericus    der    Wirbeltiere.      Sitz.-Ber.    Ges.    Morph.    Phys. 

3Iünchen.  Bd.  III.  1887, 
IjWoff,   B,     Die  Bildung  der  primären  Keimblätter  und  die  Entstehung  der  Chorda  und 
des  Mesodernis  bei  den   Wirbeltieren.     Bull.  Soc.  Natural.  Moscou.   T.    VIII.  1894. 

—  Ueber  die  Keimblätterbildung  bei  den  Wirbeltieren.     Biol.  Centralbl.  Bd.  XIII  u.  Ann. 

Mag.  Nat.  Bist.    Vol.  XL  1893, 

Marchand.       Ueber    die    Beziehung    der   pathologischen    Anatomie    zur    Entwickelungs- 

geschichte,  besonders  der  Keimblattlehre.     Verhdl.  d.  Deutsch,  path.   Ges.  zu  München. 

1899, 
Metschnikoff,     Studien  über  die  Entwickelung  der  Echinodermen  und  Nemertinen.    Mem. 

Acad.  des  scienc.  de  St.  Petersbourg.  Ser.  7.   T.  XIV.  1869, 
— ■   Untersuchungen   über    die    Metamorphose    einiger   Seetiere.     Zeitschr.   uHssensch.  Zool. 

Bd.  XX.  1870, 
— •  Studien  über  die  Entivickelung  der  Medu^sen  und  Siphonophoren.     Zeitschr.  wissensch. 

Zool.  Bd.  XXIV.  1874. 
Mlnot,    Sedgwick.      On   the   recent   inv estig ations    of  embryologists  on  the  formation  of 

the  germinal  layers  and  the  p)henomena  of  impregnation  among  animals.  Proc.  Boston 

Soc.  of  Nat.  Bist.    Vol.  XIX.  1877. 

—  The  concrescence  theory  of  the  vertebrate  embryo.     Amer.  Nat.     Vol.  XXIV.  1889  u. 

1890, 

—  The  embryological  basis  of  pathology.     Science.  N.  S.    Vol.  XIII.  1901. 
Mitrophanow,      Ueber  den   Gastrulationsvorgang  bei  den  Amnioten.     Verh.  d.  Anat.  Ges. 

1898, 

—  Bildung    der  Keimblätter    bei   Vertebraten.    (Russ.)    Sitz.-Ber.    biol.  Sekt.  Naturf.   Ges. 

Warschau.   1891. 
Mitsiihuri,     K,      On    the   paired    origin    of    the    mesoblast    in    vertebrata.      Anat.    Anz. 

Bd.    VI.  1891, 
Per^nyi,  J.    Die  Entstehung  des  Mesoderms.    Mathem.  u.  naturw.  Berichte  aus  Ungarn. 

Bd.    VIII.  1891. 


952  0.  IIertwig, 

lliihl,  C.  lieber  die  Bildung  des  Mesodcrins.  Anat.  Anz.  Bd.  TTI.  1S88.  —  üeher 
die  Diß'eremierung  des  Mesoderms.    Anal.  Anz.  Bd.  III.  ISSS. 

—  Theorie'  des    Mesoderms.     Morph.  Jahrb.    Bd.  XV.   1889  n.   Bd.  XIX.  1892.      Auch 

als  Separatschrift  erschienen,  Eiigelmann.  1892'^. 

—  Vorwort  zum,  ersten  Bande  der  Theorie  des  Mesoderms.     Leipzig  189fi. 

Itauhev,  A.  Primitiv  streifen  und  Neurula  der  Wirbeltiere  in  normaler  und  patho- 
logischer Beziehung.     Leipzig  1877, 

—  Die   Gastrrda  der   Wirbeltiere  und  die  Alliuilois.     Zool.  Anz.    fll  Jahrg.   1880, 
Reniak,   It,      Ueber  die  genetische  Bedeutung  des  oberen  Keimblattes  im  Ei  der    Wirbel- 
tiere.     Müllers  Archiv.  1849  u.  1851, 

Reptachoff,    W,     Bemerkungen  über  die  Keimblätter  der  Wirbeltiere.     Zool.  Anz.  1883, 

—  Zur  Morjjhologie  des  Primitivstreifens.     Zool.  Anz.   188'i'^, 

—  Ueber    die    Gastrulation    der    Wirbeltiere    nebst  Bemerkungen    über    die    Homologie  der 

Keimblätter  der  Metazoen.  (Russ.)     3Iem.  Soc.   nat.  Nouv.   Rnssic.  1892. 
Ilobin,    C     Memoire  sur  Devolution  de  la  notochorde.     Paris  1SG8, 
Romiti,    G,      Contribtizione  allo  studio  dello  sviluppo  dei  foglietti  embrionali.    Rev.  clin. 

Bologna.   1873, 

—  Sur  l' origine    du  mesoderme    et  ses  rapports    avec  le  vitellus.     Arch.   ital.  biol.   T.  IL 

1882, 

—  De  l'  extremite    anterieure    de    la    corde  dorsale  et  de  son  rapjwrt  avec  la  poche  hypo- 

physa/ire  ou  de  Rathke  chez  l'  embryon  du  poulet.     Arch.  ital.  biol.  1886. 
Ryder,  J,   A,      The  archistome  theory.     Amer.  Naturalist.    Vol,  XIX.  1885, 
Saint-Iiemy,     Recherches  sur  l'e.vtremite  anterieure  de  la  corde  dorsale  chez  les  amniotes. 

Arch.  biol.   T.  XIV.  1895, 

—  Les  idees  actuelles  sur  la  valeurmorphologique  des  feuillets  germinatifs.    Revue  generale 

des  Sciences  pures  et  aj)pliquees,     Paris  1901, 
Samassa,     P.      Ueber    die    Bild\mg    der  primären  Keimblätter   bei    Wirbeltieren.      Verh. 
d.  Deutsch,  zool.   Ges.   in  Straßbitrg.   1895, 

—  Studien    über    den    Einfluß    des    Dotters    auf  die    Gastridation    und    die  Bildung  der 

jwimären  Keimblätter  der  Wirbeltiere.  Arch.  f.  Entw.-Mech.  Bd.  II.  1895  ;  Bd.  III. 
1896;  Bd.    VII.  1898. 

Schau  ins!  and,  H.  Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte  U7id.  Anatomie  der  Wirbel- 
tiere.    Zoologica.     Heft  SO.      Stuttgart  1903, 

ScJienk,   S.   L,     Die  Keimblattlehre.     Allg.   Wien.  med.   Wochenschr.  1878, 

Schniidt,  V.  Das  Schrvanzende  der  Chorda  dorsalis  bei  den  Wirbeltieren.  Anat  Hefte. 
Abt.  I.  Bd.  IL  1893. 

Schwarz,  1).  Untersuchungen  über  das  Schwänzende  bei  den  Embryonen  der  Wirbel- 
tiere.    Diss.  Straßburg  1889.    Auch  erschienen  in  Zeitschr.  wiss.  Zool.  Bd.  XLVLLL. 

Selenha.  Ueber  die  Gastridation  der  Knochenfische  und  der  Amnioten.  Anat.  Anz. 
1886.     Auch   Tagebl.  59    Vers,  deutsch.  Naturf.  u.  Aerzte.  1886. 

Vetter.     Die   Cölomtheorie  und  die  Entstehung  des  mittleren  Keimblattes.     Kosmos  1883, 

ViTchow,  H,    Dotterzellen  und  Dotterfurchung  bei  Wirbeltieren,     Verh.  Anat.  Ges.  1892. 

—  Zeitschr.  wiss.  Zool.  Bd.  LIII.  Suppl.  1892. 

—  Das  Dotterorgan  der   Wirbeltiere.     Arch,  mikr.  Anat.  Bd.  XL.  1892, 

—  Dottersyncytinm,  Keimhautrand  und  Beziehungsn  zur  Konkrescenzlehre.     Erg.  Anat,  u. 

Entw.  Bd.    TT.  1897, 
Waldeyer,    W.     Archiblast  und  Parablast.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXLL.    1883, 

—  Die  neueren    Forschungen    im  Gebiet    der  Keimblattlehre.     Deutsch,  med.    Wochenschr. 

1885. 
Wenkehach,   K.   F,    De  beteckenis  van  het  parablast.    Donders-Feestbundel  van  het  Ned. 

Tijdschrift  voor  Geneeskunde.  1888, 
Wijhe,   J,    W,      Ueber    den    vorderen  Neuroporus    und  die  phylogenetische  Funktion  des 

Canalis  neurentericus  der    Wirbeltiere.     Zool.  Anz.  1884. 
Will,     L.       Die   neuesten    Arbeiten    über   die  Keimblattbildung    der  Amnioten.     Zool.   C. 

,rahrg.  L.  1894/1895. 

—  Ueber    die    Urmundtheorie    und    ihre   Ariwendung  auf  die  amnioten    Wirbeltiere.     Arb. 

d.    Ver.  d.  Freunde  f.  Naturgesch.  in  Mecklenburg.     Jahrg.  XLIV.  1896, 
Wolff,  W,    Die  beiden  Keimblätter  und  der  Mittellceim.    Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXVIII, 

1886. 
ZiegJer,   E.       Ueber  das    Verhalten  der  Kerne  im  Dotter  der  meroblastischen    Wirbeltiere. 

Ber.  Xat.    Ges.  Freiburg.  Bd.    VIII.  1894, 

—  Ueber  den   derzeitigen  Stand  der  Cölomfrage.      Verh.  d.  Deutsch,  zool.   Ges.  1898, 

—  Lehrbuch  der  vergleichenden  Enl'wickelungsqeschichte  der  niederen  Wirbeltiere.  Jena 
1902, 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  953 

2.  Sclii-iften  über  die  Keimblätter  von  Amphioxus  iL.  K.  III 2).  j^_  ^ 

Außer  der  schon  in  A.  L.  III*  aufgeführten  Litteratur  sind  zu  nennen: 
Burchartl,    Hangen.      Beitruge   zur  Kenntnis    des    Amphioxus    lanceolatus    nebst   einem 

ausfilhriiclien    Verzeichnis    der    bisher    über   Amphlo.ius    verzeichneten  Arbeiten.     Jen. 

Zeitschr.  f.  Haturw.  ßd.  XXXIV.  N.  F.  Bd.  XXVII.  1900. 
Mlsmond,  Jos,     Zur  Ontogenie  des  Amphioxus  lanceolatus.     Biol.   Centralbl.  Bd.  XIV. 

IS  ff  4. 
Gafhowski,     Tacl,       Amphioxus    als     Grundlage    der    Mesodermtheorie.       Anat.    Anz. 

Bd.  XIV.  ISOS. 
Hatschek,   B.     Mitteihingen  über  Amphioxus.     Zool.  Anz.  Bd.    VII.  p.  517.  ISS-i. 

—  lieber  den  Schichtenbau  von  Amphioxus.     Anat.  Am.  Bd.  III.  p.  662.  1888. 
Klaatsch.   H.     Die  Intercellularstrukturen  an  der  Keimblase  des  Amphio.cus.     Sit.z.-Ber. 

Akad.    Wiss.  Berlin.  1898. 

—  Bemerkungen   über  die   Gastrida  des  Amphioxus.     Morph.  Jahrb.  Bd.  XXV.  1897. 
Kopsch,    Fr.     Bildwig    und    Bedeutung    des    Canalis    neurentericus.       II.     Amphioxus. 

Tunicaten.     Sitz.-Ber.  d.   Ges.  naturf.  Freunde  in  Berlin.  1897. 
JLivoff,   B.      Ueber  Bau  und  Enticickelung    der    Chorda   von    Amphioxus.     Mitt.  d.  Zool. 
Stat.  zu  Neapel.  Bd.  IX.  1891. 

—  Ueber  einige   wichtige  Punkte    in   der  Entwickelung    des  Amphio.rus.      Biol.   Centralbl. 

Bd.  XII.  1892. 

—  Ueber  den  Zusammenhang  von  Markrohr  und  Chorda  beim  Amphioxus    und   ähnliche 

Verhältnisse  hei  Anneliden.     Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.   Bd.  LVI.  1893. 
Morgan,   T.   H.      The  numbcr  of  cells  in  larvae  from  isolaied  blastomeres  of  Amphioxus. 
Arch.  f.  Entw.-Mech.  Bd.  HL  1896. 

—  and  Hasen,  Annah  Piitnant.      The  gastrulation  of  Amphioxus.    Journ.  of  3Iorph. 

Vol.  XVI.  1900. 
Mac  Bride,   E.    W.     Note  on  the  formation  of  the  germinal  layers  in  Amphioxus.     Pp. 
of  the   Cambridge  Phil.  Soc.    Vol.  IX.  1890. 

—  The  early  development  of  Amphioxus.     Quart.  .lourn.  micr.  Sc.    Vol.  XL.  1898. 

—  Further    remarks    on    the    development    of    Amphioxus.      Ebenda.    N.   S.     Vol.    XLIII. 

1900. 
Betzius,    G,     Das   hintere    Ende    des   Rückenmarks    2ind  sein    Verhältnis  zur   Chorda  bei 
Amjihioxiis.     Biol.   Untersuch.  Bd.    VII.  1895. 

—  Zur  Kenntnis  des  centralen  Nervensystems  von  Amphioxus  lanceolatus.    Ebenda.  N.  F. 

Bd.   IL  1890. 
Saniassa,   P.      Ueber  Furchung  und  Keimblätterbildung  bei  Amphioxus.     Verh.  Deutsch. 

zool.    Ges.   1898. 
Sobotta.       Beobachtungen    über    den    Gastrulationsvorgang    beim    Amphioxus.      Verh.    d. 

Phys.-med.   Ges.  zu   Würzburg.  N.  F.  Bd.  XXXI.  1897. 
Wille]},   Arthur.     Amphioxus  and  the  ancestry  of  the    Vertebrates.     1894. 
Wilson,    Ed.    B.      On    multiple    und    partial    derelopment    in    Amphioxus.      Anat.  Anz. 

Jahrg.    VLL.  1892. 

—  Amphioxus  and  the  mosaictheory  of  development.     .lourn.  of  Morph.    Vol.  VIII.  1893. 

3.  Schriften  über  die  Keimblätter  der  Cyclostomen  (L.   K.  III 3).  l_  p^ 

Außer  der  schon  in  A.  L.  III ■^  aufgeführten  Litteratur  sind  zu  nennen: 

Calberla.     Zur  Fntwickehmg  des  Medullarrohres  und  der  Chorda  dorsalis  der  Teleostier 

und  der  Petromyzonten.     Morph.  .lahrb.  Bd.  III.  1877. 
Hatta,   S.      On   the  formation  of  germinal  layers  m  Petromyzon.     Journ.  of  Coli,  of  Sc. 

of  the  Imp.   Univ.  in  Tokyo.    Vol.    V.  1892. 

—  On  the  relation  of  the  mctameric  segmentation  of  mesoblast  in  Petromyzon  to  that    in 

Amphioxus  and  the  higher  craniota.     Annotat.  Zool.  Japonenses.    Vol.    V.  1901. 
Scott,    W.   B.      The  emhryology  of  Petromyzon.     Amer.  Journ.  of  Morph.    Vol.  I.  1887. 
Shipley,   A,   E.      On  the  formatioti  of  the  mesoblast  and  the  jjersistance  of  the  blastopore 

in  the  lainprey  (Petromyzon  Planeri).      Proc.  R.  Soc.  London.   Vol.  XXXIX.    1885. 

4.   Scluiften  über  die  Keimblätter  der  Amphibien  (L.  K.  III*).  l,  k 

Außer  der  schon  in  A.  L.  III '  p.  79  und  L.  K.  III '  aufgeführten  Litteratur 
sind  zu  nennen : 

Adler,    W.      Die  Entwickelung    der   äußeren   Körperform    und    des    Mesoderms    bei   Bufo 
vulgaris.     Internat.  Monatsschr.  Anat.  u.  Phys.  Bd.  XVIII.  1901. 


954  0.  Hertwig, 

Assheton,  Rieh.  On  tha  qrowth  in  lenqth  of  the  frog  einhryo.  Quart.  Journ.  mici\ 
ISc.  JS.  S.    Vol.  XXX  Vli.  ISO,'). 

—  On  the  pheutjmena    of  the  fusion  of  epiblaxtic  layer.i  in  the  rabhit    and    in    the  frog. 

Ebenda.    Vol.  XXX'VII.   is93^. 

—  Xotes   on    the    ciliation    of   the    ectoderm    <f  the   amphibtan   embryo.      Ebenda.    Vol. 

XXXVIII.  1896. 
V.  Baer,   K,   E.     Die  Metamorphose  des  Eies  der  Batrachier.     Müller's  Arch.  f.    Anat. 

u.  Fhys.  1S3J=. 
Van  Banibeke,    Ch,    Recherches  sur  le  developpement  du  Felobatebrun.  Metn.  couronne» 

et  des  sav.  etrangcrs.   T.  XXXIV.  1S70. 

—  Nouvelles  recherches   siir    l'embryologie    des    Batraciens.      Arch.  de  biol.    T.  I.    18S0. 

—  Formation  des  feuillets  embryonnaires  et  de  la  notocorde  chez  les  urodeles.      Bull,  de 

l'Acad.  Roy.  de  Belg.  Ser.  2.   T.  L.  1880. 

—  Le  sillon  median  ou  raphe  gastridaire  du   Triton  alpestre.     Ebenda:  Ser.  3.   T.  XXV. 

1893:    Arch.  de  biol.   T.  XIII.  1895. 
Barfurth,   1).      E.rperimentelle    Untersuchungen    über   die  Regeneration    der    Keimblätter 
bei  den  Amjjhibien.      Anat.  Hefte.  Bd.  III.  1893. 

—  Ueber  organbildende  Keinibezirke  des  Amphihieneies.     Ebenda.  1893. 

Beneche,   B,     Ueber  die  Entivickelung  des  Erdsulaniandcrs.    Zool.  Am.  Bd.  III.  1880. 

Bertacchini,  P.  Slorfogenesi  e  teratogenesi  negli  Anfibi  anuri.  I.  serie :  Blastoporo 
e  doccia  midollare.  II.  serie  :  Blastoj)oi-o  e  organi  assili  dorsali  deW  embrione.  Ri- 
cerche  sperimentali.  Internat,  dionatsschr.  Anat.  u.  Phys.  Bd.  XVI.  1899  u. 
Bd.  XVII  1900. 

Born,    G.      Ueber  Druckversuche  an  Froscheiern.     Anat.  Am.  Bd.    VIII.  1893. 

—  Neue  Kompressiomvei-suche  an  Froscheiern.    Jahresber.  d.  Schles.  Ges.  f.  vaterl.  Kultur. 

iVai  1894. 
Brächet,   A.      Recherches  sur  l'ontogenese  des  Amphibiens  urodeles   et  anoures    (Siredon 

piscif.  —  Raiia   temp.J.     Arch.   de  biol.   T.  XIX.  Liege  1902. 
Brauer,   Aug.     Beiträge  zur  Kenntnis  der  Entwickelungsgeschichte   und   der   Anatomie 

der  Gymnophionen.     Zool.  Jahrb.  Anat.  Abt.  Bd.  X.  1897  u.  Bd.  XII.  1899. 
Braus,   H.    Riickenrinne  und  Riickennaht  der  Tritongastrida.    Jen.  Zeitschr.  f.  Naturiv. 

Bd.  XXIX.  N.  F.  Bd.  XXII.  1895.  ti.  Anat.  Am.    Bd.  XX.1901. 
Budgett,  J.   S.      Notes  on  the  batrachians    of   the    Paraguay  an  chaco,  with  observations 

upon  their  breeding  habits  and  development  espaciaUy  with  regard    to    Phyllomedusa 

hypochondrialis.      Quart.  Journ.  micr.  iSc.  N.  S.    Vol.  XLII.  1899. 
Chiarugi,    G.     Produzione  sperimentale  di  duplicitd  embrionali  in  uova  di  Salamandrina 

persp)icillata.     ßlonit.  Zool.  Ital.  Anno  IX.  1898. 
Burham,   H.   E.      Note  of  the  presence  of  a  neurenteric  canal  in  Rana.     Quart.  Journ. 

micr.  Sc.  Vol.  XXVL  1886. 
V.  Erlanger,  I{.      Ueber  den  Blasloporus    der   anuren  Amphibien,    sein   Schicksal    und 

seine  Beziehungen  zum  bleibenden  After.     Zool.  Jahrb.  Abt.  Anat.  u.  Ontog.  Bd.  IV. 

1891. 

—  Zur  Blastoporusfrage  bei  den  anuren  Amphibien.     Anat.  Am.  Jahrg.   VI.  1891:*. 
Eycleshymer,    A.     C.       The    early    development    of    Amblystoma    with   observations   on 

somc  other   Vertebrates.     Journ.  of  Jlorjjh.    Vol.  X.  1895. 

—  The  localisation  of  the  basis    of  the    Amphibian  embryo.      Ebenda.    Vol.  XIV.  1898. 

—  The  formation  of  the  embryo  of  Necturus  with  remarks  on  the  theory  of  concrescence. 

Anat.  Am.  Bd.  XXI.  1902.' 
Goette,   A.      Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte    der   Wirbeltiere.      V.    Ueber   die    Ent- 

tvickelung    der    Wirbelsaite    bei    Teleostiern    und   Amphibien.      Arch.   f.    mikr.    Anat. 

Bd.  XV.  p.  180—196.   Taf.  X.  1878. 
Golubeiv.     Beiträge    zur   Entwickelungsgeschichte    der  Batrachier.      (Das   Ei    von   Bitfo 

cinereus    zur  Zeit    der  Entwickelung  der  Rusconi' sehen  Höhle.)       Unters,  a.  d.  Inst. 

f.  Phys.  u.  Ilist.  in   Graz.  1870. 
Greenough,   H.   S.     Sur  les  hoiaologies  des  premiers  Stades  suivant  la  segmentation  chez 

les  batraciens.     Bull.  Soc.  zool.  de  France.  Annee  XVII.  1892. 
Grönroos,    HJ.     Die  Gastrula  und  die  primitive  Darmhöhle  des  Erdsalamanders  (Salam. 

mac).     Anat.  Am.   Bd.  XIV.  1898. 

—  Die  Ausbreitung    des    Ektoderms    über    die  untere  Eihälfte    bei    Salamandra  macidata. 

Verh.  d.  Anat.  Ges.  1898^. 
Gurwitsch,    A.      Ueber    die   formative   Wirkung    des    veränderten    chemischen    Mediums 

auf   die    embryonale  Entwickelung.      Versuche    am   Frosch-    und   Krötenei.       Arch.   f. 

Entw.-iVech.  Bd.  IIL  1896. 
Heron-Royer,      Rana  fusca  et    Rana  agilis  et  des  'prineipaux  caracteres  qui    les    diffe- 

rencient    de    la   periode    embryonnaire    et    branchiale.      Bull.    Soc.    zool.    de  France. 

T.  XL  1886. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  955 

Hei'ttvig,  <J.  Urmund  und  Spina  bifida.  Eine  vergleichend  moi-pkoloyisch-tei'atoloyifiche 
Studie  an  mißgebildeten  Froscheiern.     Ar  eh.  f.  mtkr.  Anal.    Bd.  XXXIX.  1892. 

—  E.vperimentelle  Erzeugung  tierischer  3Iißbildungen.     Festschr.  f.   ü.  Gegenbaur.   1S9G. 

—  lieber   eine   iieue    Vorrichtung    zum   Phologruphieren    der    Ober-  und   Unterseite    wage- 

recht liegender  kleiner  Objekte  und  über  eine  mit  Hilfe  derselben  angestellte  Unter- 
suchung von  einzelnen  Studien  aus  der  Entxvickelung  des  Froscheies,  Sitz.-Ber. 
Akad.    Wiss.  Berlin.  Heft  XXII.  1902. 

Hinkley,  Mary  H.  The  development  of  the  tree-toad  (Hyla  versicolor).  American 
Naturalist.    Vol.   XVI. 

Houssay.  Etudes  d'emhryologie  sur  les  vertebres.  L'axolotl.  1)  ßlecanicjue  de  la  segmen- 
tation.  Gastrula.  Jlesoblaste  et  chorde  dorsale.  2)  Origine  et  developpement  du 
Systeme  nerveux  peripherique.  3)  3Iorphologie  de  la  tele.  Arch.  zooL  exper.  Ser.  2. 
T.    VIJI.   1S90. 

—  et  Bataillon.     Formation  de  la  gastnda,  du  mesoblaste  et  de  la  chorde  dorsale  chez 

l'Axolotl.     Compt.  rend.   T.   CVII.  188S. 

—  —  Segmeritalion  de  l'oeuf  et  sort  du  blastopore  chez  l'axolotl.      C.  R.  Acad.   sc.  Paris. 

T.   CVII.  1888^. 
Ishikaira.     Zur  Entwickelungsgeschichte  von  Cryptobranchus  japonicus.      Togo   Gakuge- 

Zashi.  1900. 
tTolinsotif   A.     On  the  fate  of  the  blastopore  and  the  presence    of  a  primitive   streak  in 

the  neu't.     Quart.  Journ.  micr.  Sc.    Vol.  XXIV.  1884. 

—  and  Sheldon,   L.     Notes  on  the  development  of  the  neivt.    Ebenda.  X.  S.    Vol.  XXVI. 

ISSfi. 
tTordan,    E.     O.      The  habits    and    development    of   the  newt    (Diemyctyhis).      Journ.    of 

Morph.    Vol.    VIII.  1893. 
King,   Helen  Dean,     Experimental  studies    on    the   formation   of   the    embryo    of  bufo 

lentiginosus.     Arch.   f.    Entic.-JIech.    Bd.  XIII.    1901.      Auch    erschienen    in   Bryn 

JInrr  College  Monographs.      Vol.  I.  1902, 
Kojisch,      Ueber  die  Zcllbewegungen    während  des   Gastrulationsprozcsses    an    den    Eiern 

vom  A.volotl   und  vom  braunen  Grasfrosch.      Sitz.-Ber.    d.    Ges.    naturf.   Freunde    zu 

Berlin.  1895. 

—  Beitrüge  zur  Gu.Hnäation  beim  A.colotl  und  beim  Froschei.       Verh.    d.    Anat.   Ges.    in 

Basel.  1895». 

—  Ueber  das   Verhältnis  der  embryonalen  Achsen  zu  den  3  ersten  Furchungsebenen  beim 

Frosch  etc.     Internat.  Monatsschr.  Anat.  u.  Phys.  Bd.  XVII.  1900. 

Ktipffev,    C.     Die  Entstehung    der   Allantois    und    die    Gastrula    der   Wirbeltiere.     ZooL 

Anz.  Bd.  II.   1879. 
Lampert,  K.     Zur  Genese  der  Chorda  dorsalis   beim  Axolotl.      Sitz.-Ber.  d.  Phys. -med. 

Societät  zu   Erlangen.  1883. 
Maquin,   Tanxlon.    Eecherches  sur  les  premiers  phases  du  developpement  des  Batraciens 

anoures.     Annal.  d.  Sc.  nat.  Zool.  Ser.  6.   T.  III.  1876. 
Morgan,   T,   H,      The  formation  of  the  embryo  of  the  frag.     Anat.  Anz.  Bd.  IX.  1894. 

—  On  the  Ampthibian  blastopore.      Johns  Hopkins  Univ.   Circul.  1889  und  Studies  from 

the  Biol.  Lab.  Baltimore.    Vol.  IV.   1890, 

—  and  Tsuda.  The  orientalion  of  the  frog's  egg.  Quart.  Journ.  micr.  Sc.  Vol,  XXXV.  1894. 
Moszkotrski,  Max.     Zur  Frage  des   Urmundschlusses  bei  Rana  fusca.     Arch.    f.   mikr. 

Anat.  Bd.  LX.  1902. 

—  Ueber  den  Einflujs  der  Schwerkraft  auf  die  Entstehung  und  Erhaltung  der  bilateralen 

Symmetrie  des  Froscheies.     Ebenda.  1902  '. 
Newiioi't,  G,     Researches  on  the  impregnation  of  the  Ajnphibia  and  on  the  early  stages  of 

development  of  the  embryo.     Phil.   Trans.  1850 — 1854. 
JPevenyi,    J.     Die   Entstehung    des    3Iesoderms.      Math.  u.  nuturw.  Berichte  a.   Ungarn. 

Bd.    VIIL  1891. 

—  Die  Entuickelung  der  Keimblätter  und  der  Chorda  in  neuer  Beleuchtung.    Anat.  Anz. 

Bd.  IV.  p.  587.  1889. 

—  Blastoporus  bei  den  Fröschen.     Ber.  d.  Akad.  d.    Wiss.  zu  Budapest.    Bd.    V. 
Robinson    and   Assheton,    M,      The   formation   and  fate    of   the  primitive  streak  with 

ohseruations  on  the  archenteron    and   germinal   layers    of  Rana    tcmporaria.      Quart. 

Journ.  micr.  Sc.    Vol.  XXXII.  1891. 
Itoethig,    P,        Ueber    die    Rückenrinnc    beim    Ei    des     Triton    taeniatus.       Anat.    Anz. 

Bd.  XIX.  1901. 
Romitt.     Zur  Entirickelung  von  Bufo  cinereus.  Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  XXIII.  1873. 
Rossi,    Umberto.     Sulla  formasione    e    sid   destino    del    blastoporo  negli  Anfibi  urodeli. 

Arch.  f.  Entw.-Mech.  Bd.   V.  1897. 
Roux ,     W.      Ueber    die    Zeit    der    Bestimmung    der    Hauptrichtungen  des  Froschembryo. 

Leipzig  1883. 


956  0.  Hi'^RTWiG, 

Houjr,  W.    Beiträge  zur  Enticickelungsmechanik  des  Embryos.    Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  XXI. 

issa. 

—  0,  Schnitze.      Zur   ersten  Entwickehmg   des    braunen    Grasfrosches.     Biol.    Centralbl. 

Bd.    VIT.   1887. 

—  Zar  Frage  der  Achsenbestimmung  des  Embryo    im   Froschei.     Ebenda.    1888. 

—  lieber  die  Lagerung  des  Materials  des  MeduUarrnhres   im   gefurchten  Froschei.      Vcrh. 

d.  Anat.   Ges.  1888'^  u.  Anat.  Am.  Bd.   III.  1S88. 

—  Gesammelte  Abhandlungen  über  Entwickelungsmechanik  der  Organismen.  Leipzig  1805. 

—  Berichtigungen  zu  einigen  Aufsätzen  von  O.  Schnitze.     Arch.  f.    Entw.-3Ierh.    Bd.  IX 

u.  X.  1000. 

—  Bemerkungen  über  die  Achsenbestimmung  des  Froschembryo  und  die  Gastrulation  des 

Froscheies.     Arch.  f.  Entiv.-SIech.  d.   Org.  Bd.  XIV.  1902. 
SaUtiJiro,   Ikeda.      Coritributions  to  the  embryology  of  Amphibia.     The  mode  of  blnsto- 

pore  closure  and    the  position    of  the    embryonic    body.     .lourn.    of  the    Coli,  of  Sc. 

Imp.    Unit:   Tokyo.    Vol.  XVII.  1902. 
Schanz,   Fi:     Das    Schicksal    des    Blastoporus    bei    den    Amphibien.      .len.    Zeitschr.   f. 

Naturw.  Bd.  XXI.  1887. 
Schnitze,    O.     Beitrag  zur  Entwickelungsgeschichte  der  Batrachier.    Arch.  f.  rnikr.  Anat. 

Bd.  XXIII.  1884. 

—  Zur  ersten  Enttrickelung  des  braunen  Grasfrosches.     Festschr.  f.  A.  Kölliker.    Leipzig 

1887. 
■ —    Ueber  Achsenbestimmung  des  Froscheies.     Biol.   Centralbl.   Bd.    VII.  1887. 
- —  Die  Entwickelung  der  Keimblätter  und  der  Chorda  dorsalis  von  Rana  fusca.    Zeitschr. 

f.  wiss.  Zool.  Bd.  XLVIL  1888. 

—  Ueber  die  Entwickelung  der  3Iedullarplatte  des  Froscheies.      Verh.    d.  Phys.-med.   Ges. 

in   Würzburg.  N.  F.  Bd.  XXIII  1889. 

—  Ueber  das  erste  Auftreten    der    bilateralen    Symmetrie    im    Verlauf   der   Entmickelung. 

Arch.  f.   mikr.  Anat.  Bd.  LV.  1900. 

—  Ueber  die  Notwendigkeit  der  freien  Entwickelung  des  Embryo.     Ebenda.  1900---. 
SchwinTv,,   F.      Ueber  die   Gastrula,  bei  Amphibieneiern.     Sitz.-Ber.   Ges.  Morph,   u.  Phys. 

München.  Bd.  III.  1887  u.  Biol.   Centralbl.  Bd.    VIII.  1888. 

—  Ueber    die    Entivickelung     des    mittleren    Keimblattes    und    der    Chorda    dorsalis    der 

Amphibien.     München  1889. 
Scott,    W,  B.,    and    Osbovn,   H.   F.     On  some  points  in  the  earJy    development  of  the 

common  neivt.     Quart.  Journ.  micr.  Sc.    Vol.  XIX.  1879. 
Siclebothain,   H.     Note  on   the  jäte    of   the    blastopore    in    Rana    temp.      Quart.  Journ. 

micr.  Sc.  N.  S.    Vol.  XXIX.  1889. 
Solger,   B.     Studien  zur  Entwickelungsgeschichte  des  Cöloms  und  des  Cölomepithels    der 

Ampihibien.     Morjih.  Jahrb.  Bd.  X.  1885. 
Spencer,  W,  B.    On  the  fate  of  the  blastopore  in  Rana  temp.  Zool.  Anz.  Jahrg.  VIII.  1883. 
' —  Some    notes    on    the    early    development    of   the    Rana  temp).       Quart.  Journ.  micr.  Sc. 

Vol.  XXV.  Suppl.  1885. 
Thon,   K.      Ueber   die    Bionomie    und    Entwickelungsgeschichte    des    Laubfrosches    (Hyla 

arboren).      Verh.  d.    V.   intern,  zool.   Congr.  z.   Berlin   1901.  .Icna   1902.  p.   660. 
TVieclef^sheini,   R.      Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte   von  Salamandra  atra.     Arch. 

f.  mikr.  Anat.   Bd.  XXXVI.  1890. 
Wilson,   H.    V.     Foi'rnation  of  the  blasto2Mre  in  the  frag  etjg.     Anat.  Anz.  Bd.  XVIII. 

1900. 

—  Closure  oj  blastopore  in  the  normally  placed  frog  egg.     Ebenda.   Bd.  XX.  1902. 
Ziegler,   Fr.      Zur  Kenntnis    der    Oberflächenbilder    der    Rana-Embryonen.     Anat.  Anz. 

Jahrg.    VII.   1892. 

III  4a        4a.  Schriften  über  die  Keimblätter  der  Dipneusten  und  Ganoiden 

(L.  K.  III 4^). 

Außer  den  schon  in  A.  L.  III  ^  u.  "^  aufgeführten  Schriften  sind  noch  zu  nennen : 
Buclgett,   J.  S.      On  the  breeding  habits  of  some    West-African  Jishes   with  an  accomit  of 

the    external  features   in    development    of   Pr  o  t  op  terus    annectens    etc.      Trans. 

Zool.  Soc.  London.    Vol.  XVI.  1901. 
Kerr,    J.   Graham.      The   develojrmejit   of  Lepidosiren  parado.va.     With    a   note    upon 

the  corresponding  stages  in  the  develop>rn,ent  of  Protopterus  annectens.     Quart.  Journ. 

micr.  Sc.  N.  S.    Vol.  XLV.   1902. 
Senion,   Richard.     Die  „ektodermale  Mediannaht"  des  Ceratodus.    Arch.  f.  Entw.-Mech. 

Bd.  XI.  1901. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  957 

5.  Schriften  über  die  Keimblätter  der  Selachier  iL.  K.  III '').  L.  k. 

Außer  den  schon  in  A.  L.  III '^   aufgeführten  Schriften    sind  noch  zu  nennen: 
Beavcl,   J.      The  yolk-sac,  yolk  and  merocytes  in  Scylliuni  und  Lepidosteus.     Anat.  Am. 

Bd.  XII.  1896. 
Eistnotttl,    O.   P,      Ucber   die   Entwickehing   des   Perildasls   bei  Selachiern.      Ai-b.  a.  d. 

Zool.  Lid),   d.    Warschauer   Univ.  Bd.  XVIIl.  1S9S. 
Eininert.     Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte  der  Selachier  etc.     Anh.  f.  mikr.  Anat. 

Bd.  L  VT  u.  Diss.    Würzburg.  1900. 
Haswell,    IV.   A.      On  the  development  of  Ileterodonlus  (Cestradon)  Philippi.   Proc.  Linn. 

Soc.  X.-S.-Wales.    Vol.  XXII.  1897. 
His,    WUh.      Ueber   die  Bildung    der  Haifischembryonen.      Zeitschr.  f.    Anat.  u.  Entw. 

Bd.  IL  1877. 

—  liückenfurche    und  Primitivrinne    an    der   Kopfanlage    von    Selachiern    etc.      Verh.    d. 

Anat.   Ges.  in  StraJ'sburg.  1894. 

—  Sondsrung    und    Charakteristik    der    Entirickelungsstufen   junger    SelacM&rembryonen. 

Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt.  1891:'-. 

—  Ueber  die    Verivachsung    von    Selachicrkeiinen,    besonders    über    die   Untersuchung    von 

Urmimd  utid  Primitivstreifen.      Verh.  d.   Ges.  deutsch.  Naturf.   in   Wien.  189-t\. 

—  Ueber  den   Keimhof  oder  Periblast  der  Selachier.     Eine  histogenetische  Studie.     Arch. 

f.  Anat.   u.  Phys.  Anat.  Abt.  1897. 
Hoffniann,    C.    K.     Contributions  a  l'kistoire  dn  developpement  des  Plagio.stomes.    Arch. 
Xeerlandaises.   T.  XVL  1881. 

—  Sur  l'oriqine    de    fenillet  hlastodermique  moyen    chez  les  poi.isons  cartilagineux.     Ibid. 

T.  XVILL  1883. 
Kastschenko,   N.     Zur  Frage  über  die  Herkunft  der  Dotterkerne  im  Selachierei.    Anat. 
Anz.   Bd.  IIL  p.  2.5S.  1888. 

—  Aus  ivelchem   Teil  des  Blastoderms    bildet  sich  der  embryonale  Körper    der   Selachier? 

Tagebl.    d.    Zool.  Sekt.  d.   Ges.    d.  Liebhaber    d.    Natur,    in    ßloskau.    Bd.  IL    1895. 

(Russ.J. 
Kollmann.     Der  Randwulst   und    der   Urspriing   der    Stützsubstanzen.      Arch.  f.    Anat. 

u.  Phys.   Anat.  Abt.  1884. 
Kopsch,   Fr.     Experimentelle   Untersuchungen   am  Primitivstreifen   des    Hühnchens   und 

an  Scylliumembryonen.      Verh.  d.  Anat.   Ges.  12.  Vers.  1898. 
Iiocy,   A,    W.       The  formation    of    the    medullary    groove    and    some    other  features    of 

embryonic  development  in  the  elasmobranchs.      Journ.  of  3Iorph.  Boston.    Vol.    VIII. 

1893. 
Mitroplianow.  JP.     Etüde  embryogenique  sur  les  selaciens.     A.  d.  Zool.  expcr.    et  gen. 

Ser.   3.   T.  I.  1893. 
Pereiiyi,  «/.     Entwickelung  der  Chorda  dorsalis  bei  Torpedo  marmorata.    Ber.  d.  Akad. 

d.    Wiss.  zu  Budapest.  Bd.  LV  u.    V.  1887. 
Perugia,   A.     Note  sidlo  srilii2}po  deW  Acanthias   vidi/.     Ball.  d.  Soc.  Adr.    di   sc.  nat. 

in   Trieste.    Vol.    V.   1879. 
Jtiickertf   J.      Zur  Keimblattbildung  bei  Selachiern.      Ein  Beitrag   zur  Lehre  vom  Para- 

blast.     Sitz.-Ber.   Ges.  ßlorph.  u.  Phys.  München.  1885. 

—  Ueber  die  Anlage  des  mittleren  Keimblattes    und    die   erste    Blutbildimg    bei    Torpedo. 

Anat.   Anz.  Jahrg.  II.  1887. 

—  Weitere  Beiträge  zur  Keiinblattbildung  bei  Selachiern.     Ebenda.  Jahrg.  IV.   1889. 

—  Die   erste  Entivickelung   des   Eies    der  Elasmobranchier.      Festschr.  z.   70.   Geburtstage 

V.   C.  V.  Kupffcr.  1899. 
Schultz,    Alex.      Zur  Entwickelungsgeschichte  des  Selachierei  es.     Arch.    f.    mikr.    Anat. 
Bd.  XL  1S7.J. 

—  Beitrag  zur  Entwickelungsgeschichte  der  Knorpelfische.     Ebenda.  Bd.  XIIL  1877. 
Sedgu'ick,   Adam.    Notes  on  elasmobranch  development.    Quart.  Journ.  micr.  Sc.  N.  S. 

Vol.  XXXIII.  1892. 
Swaen,   A.     Etüde  sur  le  developpement  des  feuillets  et  des  premiers  Hots  sangilins  dans 
le  blastoderme  de  la  torpiUe.     Bidl.  Acad.  med.  Belg.   Ser.  3.   T.  IX.   1885. 

—  Etudes  sur  le  developpement  de  la  torpille  (Torpedo  ocellata).     Arch.  de  biol.   T.  VII. 

1887. 
Virchoiv,    H.       Ueber    die    Schwanzbildung    bei    Selachiern.      Sitz.-Ber.    d.   Ges.  naturf. 
Freunde  zu  Berlin.  No.  6.  1893. 

—  Ueber  Dottersacknaht  und  piriinären  Kreislauf  bei  Scyllium.     Ebenda.  1897. 

—  Lieber   Unterschiede  im  Syncytium  der  Selaclner  nach    Ort,  Zeit  und   Genus.     Ebenda. 

1897'K 

—  Ueber  Oberflächenbilder  von    Selachierkeimen   und   Mesodermursprungszone.      Verh.    d. 

Anat.   Ges.  zu  Kiel.  1898. 


958  0.  Hertwig, 

Ziegler,  H.  E.,  vml  Ziegler,  Fr.  Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte  von  Torjiedo. 
Arch.  f.   mlkr.  Anat.  Bd.   XXXIX.  1S02. 

1116       T).  Schriften  über  die  Keimblätter  der  Knochenfische   fTi.  K.  III '^). 

Außer  der  schon  in  A.  L.  III*  auffieführten  Litteratur  sind  noch  zu  nennen: 

Sataillon,  Engtne.  Le  bJastoderme  et  la  parahluste  chez  Irti  poissons  osseux.  Asso- 
ciation frun(;aise  pour  l'avancement  des  sciences.    C.  R.  1000. 

Berent,  Waclaiv,  Zur  Kenntnis  des  Parahlasts  und  der  Keimhlätterdifferenzierung  im 
Ei  der  Knochenfische.  Jen.  Zeitschr.  f.  Natiinv.  Bd.  XXX.  N.  F.  Bd.  XXIII. 
IS  Od. 

Boeke.  On  the  development  of  the  entodcrm,  of  Ktipffer's  vesicle  of  the  mesodenn  oj 
the  head  and  of  the  infundibulum  in  JIiiraeiioYds.  Koninklijke  Akad.  van  Wetensch. 
te   Amsterdam.  1902. 

Boyei',  E,  B,  The  mesoderm  in  Teleosts.  Bidl.  of  the  3Ivseum.  of  comp.  Zool.  at 
Harvard  College.    Vol.  XXIII.  1892. 

Brook.  George.  The  formation  of  the  germuial  layers  in  Teleostei.  Trans.  Roy.  Soc. 
Edinb.    Vol.  XXXlil.  1SS6. 

—  On  the  oriqin    of   the    hypobla.^t    in   pelagic   Teleostean  ova.      Quart.  .Journ.  micr.  Sc. 

X.  S.    Vol.  XXV.  ISSÖ. 
Corning,     H.    K.      Merocyten    und     Umwachsungsrand     bei    Teleostiern.       Festschr.    f. 
C.    Gegenbaur.  Bd.  II.  1896. 

—  Ueber  die  SteUnng  der  3Ierocyten  zum   Umwachsungsrand  beim  Lachs.     Verh.  d.  Anat. 

Ges.  1890  . 
Cunninghani,    JT.    T.      The   significance    <f   Kupffer's   vesicle,    ivith   remarks   on    other 
questions  of  Vertebrate  morphology.      Quart.  Journ.  micr.  Sc.    Vol.  XXV.  188i5. 

—  On  the  relations  of  the  yolk    to  the  gastrula    in    Teleosteans    and    in    other    Vertebrate 

types.     Ibid.  N.  's.   Vol.  XXVI.  1886. 

—  On  soine  disputed  jjoints    in    Teleostean    embryology.     Ann.    and   Mag.    of   Xat.    bist. 

Ser.  6.    Vol.    VII.   1891. 
Dean.      Gastrtdatioyi  of  Teleosts.     Science.  N.  S.    Vol.  III.  1896. 
Fusari,      Sur    les    premieres   p/hases    de    dereloppement    des    Teleosteens.      Arch.    ital.    de 

biol.   T.  XVIII.  1893. 

—  Sülle  prime  fasi  di  sviluppo  dei  Teleostei.     Atti  Accad.  Linrei  Ilem.  Vol.  VII.  1891. 
Genscli,   H.      Das  sekundäre  Entoderm  und  die  Blutbildung  beim  Ei  der  Knochenfische. 

Diss.  Königsberg  1882. 
Goette,   Alex.     Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte  der   Wirbeltiere.     1.  Der  Keim-  des 

Forelleneies.     Arch.   f.  mikr.  Anat.  Bd.  IX.  1873. 
-   —    Ueber  die  Entivickelung  des  Centralnervensystems    der    Teleostier.      Ebenda.    Bd.  XV. 

1878. 
^  Gorono  witsch,     Studien  über  die  Entwickelung  des  Mediälar sträng  es  bei  Knochenfischen 

nebst  Beobachtungen    über    die    erste    Anlage    der    Keimblätter    und    der    Chorda    bei 

Salmoniden.     Morph.  Jahrb.  Bd.  X.  1885. 
Gregory,   E,     Die   Kupffer'sche    Blase    bei    der   Forelle.      Festschr.  z.  70.    Geburtstag    v. 

K.   r.  Kupffer.  Jena  1899. 
Henneguy ,   L.   F.      Sur  la  ligne  jyrimitive  des  poissons  osseux.     Zool.  Anz.  1885. 

—  Sur  le  mode  d'accroissement  de  l'embryon  des  pioissons  osseux.     Compt.  rend.    T.  CIV. 

1887. 

—  Recherches    sur    le    developpement    des   poissons    osseux.      Embryogenie    de    la    truite^ 

Journ.  de  l'anat.  et  phys.  Annee  XXIV.  p.  J^IS.  1888. 
Hls,   W.     Untersuchungen  über  das  Ei  und  die  Entwickelung  bei  Knochenfischen.    Leipzig^ 
Vogel,   1873. 

—  Untersuchungen  über  die  Entwickelung    von  Knochenfischen,    besonders    über    diejenige 

des  Salmens.     Zeitschr.  f.  Anat.  u.  Entw.  Bd.  I.  1876. 

—  Untersuchungen  über  die  Bildung  des  Knochenfischembryo.     Ebenda.  1878. 

—  Ueber  Zellen-   und  Syncytienbildung  am  Salmonidenkeim.     Abh.   K.  sächs.    Ges.    Wiss. 

Math.-phys.  Kl.  Bd.  XXIV.  1898. 
Hoffmann,    C.   K.    Zur  Ontogenie  der  Knochenfische.     Verh.  Akad.  Wetenscli.  Amsterdam. 
Vol.  XXI.  1881  u.   Vol.  XXIII.  1883. 

—  Zur  Ontogenie  der  Knochenfische.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXIII.   1884:, 

—  Ueber    den     Ursprung    und    die     Bedeutung    der    sogenannten    freien    Kerne    in    dem 

Nahrungsdotter  bei  den  Knochenfischen.     Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.    Bd.  XL  VI.     1888. 
Jahlonowskif  J.      Ueber  einige    Vorgänge    in   der  Entwickelung  des  Salmonidenembryos 
etc.     Anat.  Anz.  Bd.  XIV.  p.  5S2.  1898. 
i  —    Ueber    die    Bildung    des    Medtdlarstranges    beim   Hecht.       Abhandl.  u.  Ber.  d.  zool.  u. 
anthrop.-ethnogr.  3Ius.  zu  Dresden.  Festschr.  No.  8.  1899. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  959 

Klein.     Researchcs  on  the  ßrst  stages  of  the  dcvelopnient  of  the  common  traut.    3Ionthly 
micr.  Journ.   187'J. 

—  Obaervations  on  the  early  development  of  the  common  trout.     Quart.  .Tourn.  micr.  Sc. 

y.  s.  i'oi.  XVI.  isre. 

Koehler,  Jt.,  et  Bataillon,  E.    Recherches  sur  l'extension  du  blastoderme  et  l'orientation 
de  l'embryon  dans  l'onif  des  Teleosteens.     Campt,  rend.   T.   CXVII.  1893. 
-  K.oiiSch,   Fr,      E.rjierim enteile   Untersuchinr/en  über  den  Keimhautrand   der  Salmoniden. 
Vcrh.  d.  Änat.   Ges.  p.  113.  ISOG. 

—  Die   Organisation  der  Memididyini    und  Anadidyriii    der   Knochenfisclie   und    ihre    Be- 

deutung für  die  Thearieen    über   Bildung   und   Wachstum    des    Knachenfi-schembryas. 
^  Internat.' Monatsischr.  Anal.  u.  Phys.  Bd.  XVI.  1S99. 

—  Homologie     und   phylogenetische    BedetUung    der    Kupjf'er' sehen    Blase.      Anat.    Anz. 

Bd.  XVII.  1900. 

—  Die  Entstehung  des  Bottersackentobla.sts  und  die  Furchung  bei  Betone  acus.    Internat. 

Monatsschr.  Anat.  u.  Phys.  Bd.  XVIII.   1901. 

—  Art,   Ort  und  Zeit  der  Entstehung  des  Dottersackentoblastes  bei  verschiedenen  Knochen- 

fischarten.    Internat.  Monatsschr.  f.  Anat.  u.   Phys.  Bd.  XX.   1902. 
V.  Kowalewski,  M.     Die  Gastridation  tmd  die  sogenannte  Allantois  bei  den  Teleastiem. 

Sitz.-Ber.  Phys.-med.  Soc.  Erlangen.  1886. 
V —   Ueber  die  ersten  Entuickelungsprazesse  der  Knochenfische.  Zeitschr.  f.  Zool.  Bd.  XLIII. 

188ßK 
List,  tT.   H.     Zur  Herkunft    des   Periblasts   bei   den    Knochenfischen.     Biolog.    Centralbl. 

Bd.    VIL   1888. 
Morgan,    T.   H.      The  formation  of  the  fish  embryo.     Journ.  of  3Inrph.    Vol.  X.    1895. 

—  Regeneration  in   Teleosts.     Arch.  f.  Entic.-Mech.  Bd.  X.  1900. 

Oellachcr.      Beitrüge    zur    Entivickelungs<ieschirhte    der   Knochenfische.      Zeitschr.    wiss. 
Zool.  Bd.  XXII.  1872  u.  Bd.  XXIIL  1873. 

—  Terata  mesodidyma  von  Salmo  Sah.  nebst  Bemerkungen  über  einige  andere  an  Eischen 

beobachtete     Doppehni/sbiJ düngen.       Sitz.-Ber.    d.    k.    k.    Akad.    zu     Wien.     Abt.    I. 

Bd.  LXVIII.  1873. 
Owsjannikoic.    Ueber  die  erstell  Vorgänge  der  Entivickelunq  in  den  Eiern  des  Coregonus 

lavuretus.     Bull,  de  l'Acad.  des  scienc.  de  St.  Pelersb.   T.  XIX.  1874:. 
Jtaffaele,   Fed.      Osservazioni   sul  foglietto    epidermico   superficiale    degli   embrioni   dei 

Pesci  ossei.     Mitt.   Zool.  Stat.  Neaptel.  Bd.  XII.  1893. 

—  Osservazioni  intorno  al  sincizio  perilecitieo  delle  uova  dei  Teleostei.    Boll.  Soc.  Xatur. 

Xapoli.    Vol.  XII.  1899. 
Rauher,  A.     Ueber  Doppelmifsbildungen   bei  Wirbeltieren.    Arch.  pieith.  Anat.  Bd.  LXXI. 
1877. 

—  Die  Theorieen  der  excessiven  Monstra.     Ebenda.  Bd.  LXXIII.  1878  u.  Bd.  LXXIV. 

1878. 

—  Giebt  es  Stockbildungen  bei  den  Vertebraten?  y  Morph.  Jahrb.  Bd.    V.  1879. 

— •  Formbildunq    und    Formstörung    in     der     Enlvirkehmg     von     Wirbeltieren.      Ebenda. 

Bd.    V,  1879  u.  Bd.    VI.  1880. 
Reinhard,    W.      Entwickelung  der  Keimblätter,  der  Chorda  und  des  Mitteldarms  bei  den 

Cyprinoiden.     Zool.  Anz.  Jahrg.  XI.  1888. 

—  Die  Bedeutung  des  Penblasts  und  der  K^ipfier' sehen  Blase   in   der  Entwickelung    der 

Knochenfische.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  LH.  1898. 
Rienech;       Ueber    die    Sckichtung    des    Forellenkeimes.      Arch.   f.    mikr.    Anat.    Bd.    V. 

18(i9. 
Ryder,  JF.  A.     On  the  formation  of  the  embryonic  a.vis  of  the  Teleostean  embryo  by  the 

concrescence  of  the  rim  of  the  blastoderm.      American  Naturalist.    Vol.  XIX.    1885. 

—  On  the  Position  of  the  yolk  blastopore  as  determined  by  the  size  of  the  vitellus.    Ibid. 

Vol.  XIX.  1885». 
Schapringer.    Ueber  die  Bildung  des  Medullarrohres  bei  den  Knochenfischen.    Sitz.-Ber. 

d.  K.   Akad.   Wien.  Bd.  LXIV.  1872. 
Sobotta,   J'oh.      Zur  Entwickelung  von  Belone  acus.      Verh.  d.  Anat.   Ges.  1896. 

—  Die  morphologische  Bedeutung  der  Kupffer'schen  Blase.    Ein  Beitrag  zur  Gastrulation 

der  Teleostier.      Verh.  Phys.-med.  Ges.    Würzburg.  Bd.  XXXII.   1898. 
Sumner,   Francis  Bertody.      Kupfi'er's  vesicle   and   its   relation    to   gastrulation    and 
concrescence.     ßlem.  New   York  Acad.  of  Sc.    Vol.  II.  P.  2.  1900. 

—  The   Teleost  gastrula  and  its  modifications.     Science.  N.  S.    Vol.  XI.  1900-'''. 
Yirchow,    H.      Ueber    das    Dottersyncytium    und    den    Keimhautrand    der    Salmoniden. 

Verh.  d.  Anat.   Ges.  in  Stra/sburg.  1894. 

—  Ueber  den  Keimhautrand  der  Salmoniden.      Verh.  d.  Anat.  Ges.  Basel.   1893. 

Wallace,    Louise,     The  germ  ring  in  the  egg  of  the  toad-fish  (Batrachus  Tau).    Journ. 
of  Morph.    Vol.  XV.  1898. 


III 7 


960  0.  Hertwig, 

Wilson,    Henry    V.      The  cmbryology    of  the  sea-bass  (Serranus    atrarms).     Bulletin  of 

the    Unit.  Stat.  fish  Commisato».    Vol.  IX.  1S91. 
Ziegler,  H.  E.      Uetier    Gastrulati<in    der    Teleostier.      Anat.    Am.  1SS7    n.    Biol.   Cen- 

tralhl.  Bd.    VII.  1SS7. 

—  Die  embryonale  EntiHckelnng  von  Salmo  salar.     Inaug.-Diss.  Freiburg  1SS2. 

—  Die  Entstehung  des  Periblasts  bei  den  Knocltenßschen.     Anat.    Am.    Bd.  XII.    ISOG. 

7.  Schriften  über  die  Keimblätter  der  Reptilien    ( L.  K.  III  ^j. 

Außer  der  schon   in  A.  L.  III**,    j).  80  aufgeführten  Litteratur  sind   noch    zu 

nennen : 

Baljour.  Oti  the  carly  development  of  the  Lacertilia,  together  ivith  sorne  obscrvations 
on  the  nature  and  relations  of  the  primitire  streak.  Quart.  Journ.  of  microsc.  Science. 
Vol.  XIX.  Xo.  5.  1879. 

Ballowits,  JE.  Ein  Kapitel  aus  der  Entrcickelungsgeschichte  der  Schlangen.  Die  Schick- 
sale des  Urmundes  bei  der  Kreuzotter  und  der  Ringelnatter.  Verh.  d.  Anat.  Ges. 
1901. 

—  Die   Gastrulation  der  Ringelnatter  bis  zum  Auftreten  der  Falterform   der  Embryonal- 

anlage.     Zeitschr.  f.  iviss.  Zool.  Bd.  LXX.  1901^'. 

—  Ueber  Epithel absto/sung  am   Urmund.    Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  XXVII.  19 Olj. 
Corning,   H.,   K.      Zur  Frage  der  Blutbildu.ng  aus  dem,  Entodcrm.    Arch.  mikrosk.  Anat. 

Bd.  XXXVI  1890. 
Davenpovt,     G.,    G.      The   primitive  streak  and    notochordaJ  chanal  in  chelonia.     Rad- 

clijj'e  College  Monograph  No.  8.  Boston  1896. 
Davidoff,  M.  von     Ueber  praeoralen  Darm  und  die  Enticickelung  der  Praemandibular- 

höhle  bei  den  Reptilien  (Platydactylus  und  Lacerta).    Festschr.  Kupß'er.    Jena  1899. 
Gerhardt.      Die    Keiinblattbildnng    bei    Tropidonotus    natrix.     3Iit    einem    Vorwort    von 

Oscar  Hertwig.     Anat.  Anz.  Bd.  XX.  1901. 
tlanosik,,   J.      Quelques  remarques  sur  le  devcloppemeut  de  Lacerta  agilis.  Bibliogr.  Anat. 

J.   6.  Paris  1898. 
Junglow,   H.       Ueber    einige    Entwickeln ngsvorgänge    bei    Reptilien-Embryonen.      Anat. 

Hefte  (Merkel  u.   Bonnet)  Bd.  II.  1892. 
Krautstrunlc,    Tillmann.     Beiträge  zur   Entwickelung    der    Keimblätter    von  Lacerta 

agilis.     Anat.  Hefte.  Bd.  XVIII.  1902. 
Kupffer,    C.     Die   Gastrulation   an  den  meroblastischen  Eiern   der   Wirbeltiere   und    die 

Bedeutung  des  Primitivstreifs.     Arch.  f.  Anat.  n.  Phys.  Anat.  Abt.    1882  u.  1884. 
Kupffer  und  Benecke.     Die  ersten  Entwickelungsvorgänge  am  Ei  der  Reptilien.  Königs- 
berg 1878. 
Mehnert,   E.      Gastrulation  und  Keimblätterbildung    der  Emys  lataria  taurica.     3Ior2)h. 

Arb.  Bd.  I.  1891. 

—  Zur  Frage  nach  dem   Urdarrndurchbruche  bei  Reptilien.     Anat.  Am.  Bd.  XI.    189ö. 

—  Eine  Erwiderung  nach  2  Jahren.     Ebenda.  1895'. 

Mitstiktiri,  K.  Further  studies  on  the  formation  of  the  germinal  layers  in  Chelonia. 
Journ.   Coli.  Sc.  Imp.    Univ.  Japan.    Vol.    V.   Tokyo  1891. 

—  On  the  paired  origin  of  the  mesoblast  in  veo'tebrata.     Anat.  A)tz.  Bd.    VI.   1891^. 

—  Preliminary  note  on  the  process  of  gastrulation  in  Chelonia.  Ebenda.  Bd.  VIII.  1893. 

—  On  mesoblast  formation  in   Gecko.     Ebenda.  1893'''. 

—  On  the  process  of  gastrulation  in  Chelonia.    (Contributions  to  the  embryology  of  Rep- 

tilia.  IV.)     Journ.  of  the   Coli,  of  Sc.    Imp.    Univ.  Japan.     Vol.    VI.    1893.     Tokyo 
1894. 

—  On  the  fate  of  the  hlastopore,  the  relations  of  the   primitive  streak  and  the  formation 

of  the  posterior  end  of  the  embryo  in  Chelonia  together  with  remarks  on  the  nature 
of  meroblastic  Ova  in    Vertebrates.     Ebenda.    Vol.  X.  P.  I.    Tokyo  1896. 

—  Experimental  study  of  mesoblastic  vertebrate  eggs.     Anal.  Anz.  Bd.  XI.  p.  4O6.  1896. 

Mitsukuri,  K.  and  Ishikau-a,  C.  On  the  formation  of  the  germinal  layers  in  Che- 
lonia. Journ.  of  the  Coli.  Sc.  Imp.  Univ.  Japan.  Vol.  I.  Tokyo  1886.  4^uch  er- 
schienen im   Quart.  Journ.  micr.  sc.    Vol.  XXVII.  1886. 

Ostroumoff,  A.      Ueber  den  Blastoporus  und  den  Schwanzdarm  bei  Eidechsen  und  Se- 

lachiern,  Zool.  Anz.  Jahrg.  12.  1889. 

Ravn,  Ed.  Bemerkungen  über  die  mesodermfreie  Zone  in  der  Keimscheibe  der  Ei- 
dechsen. Anat.  Anz.  Bd.  IV.  p.  löö.  1889. 

Strahl,   H.  Ueber    den    Primitivstreifen  der  Eidechse.  Sitz-Ber.   Ges.  Beförd.    Naturw. 

Marburg  1881. 

—  Ueber  die  Enticickelung  des  Canalis  myclo-entericus    und    der  Allantois  der  Eidechse. 

Arch.  f.  Anat.  v.  Phys.,  Anat.  Abt.  1881. 

—  Beiträge  zur  Entwickelung  von  Lacerta  agilis.     Ebenda.  1882. 

—  Beit7'äge  zur  Entwickelung  der  Reptilien.     Ebenda.  1883. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  961 

Strahl,  H.    Ueber  Canalisnenrentericus  and  AUantois  bei  Laccrla  viridis.  Ebenda.  1SS3'^'. 

—  Ueber  frühe  Entwickelungsstadien  von  Lacerta  agilis.     ZwA.  Am.  188''i\. 

—  Ueber   Wachstumsrorgänge    an  Einhrijonen   von  Lacerta  agilis.      Abh.  d.  Senckenberg. 

natnrf.   Ge.v.   1S84:. 

—  Die  Dottersackwand  und  der  Parablaxt  der  Eidechse.  Zeitschr.  f.  tviss.  Zool.  Bd.  XLV. 

isso: 

—  Zur  Kenntnis  der  Reptilienentwickehmg.     Ergebn.  d.  Anal.  u.  Entu\  Bd.  IV.  1S94. 
Virc7ioiv,   II.      Das  Dotterorgan  der   Wirbeltiere.     Arch.  f.  riiikr.  Anat.  Bd.  XL.  1S92. 

^Voeltzkotv,  A.  Beiträge  zur  Enticirkclungsgeschichte  der  Reptilien.  II.  Die  Bildung 
der  Keimblätter  von  Podocnemis  madagascariensis  Grand.  IV.  Keimblätter,  Dotter- 
sack und  erste  Anlage  des  Blutes  und  der  Gefäfse  bei  Crocodilus  madagascariensis. 
Abh.  d.  Senckenberg.  naturf.   Ges.  Bd.  XXVI.  1901. 

Weldon,  W.,  F.,  H.  Note  on  the  early  derelopment  of  Lacerta  rnnralis.  Quart.  Journ. 
3Iikr.  sc.  Vol.  XXIII.  1SS3.  Auch  abgedruckt  in  Stndies  frorn  the  Morphol.  laborat. 
in  the   University  of  Cambridge.   Vol.  II.  1884. 

Wenkebach,  K.,  F.  Der  Gastrulation.sprozejs  bei  Lacerta  agilis.  Anat.  Am.  Bd.  VI. 
1891. 

Will,   L.     Zur  Entu-irkrlung.ygeschichte  des   Geckos.     Biol.   Centralbl.  Bd.  X.  1890. 

—  Zur  Kenntnis  der  Schildkrötcngastrula.     Ebenda.  1892. 

—  Beiträge    zur  Entwickelurigsgeschichte    der  Reptilien.    1)  Die    Anlage    der   Keimblätter 

beim  Gecko  (Platydactyhis  facet).     Zool.  Jahrb.  Bd.   VI.  1893. 

—  Die  Anlage    der  Keimblätter    bei    der   nienorguinischen    iSumjf Schildkröte    (Cistudo  lu- 

taria).     Ebenda.  1893'K 

—  Zur  Frage   nach  der  Entstehung  des  gastralcn   Jlesoderms  bei  Reptilien.      Anat.  Anz. 

Bd.    VIIL   1893-\. 

—  Ueber  die   Gastridation  von   Cistudo  und  Chelonia.     Ebenda.  1893^. 

—  Ergebnisse    einer     Untersuchung    des     Gastrulutionsprozesses     der    Eidechse    (Lacerta). 

Sitz. -Bei',  d.  Kgl.  Preu/s.  Akad.   d.    Wiss.  Berlin  1895. 

—  Zur  Enticickelungsgeschichte    der  Reptilien.     3)  Die    Anlage    der  Keimblätter    bei  der 

Eidechse  (Lacerta).     Zool.  Jahrb.  Bd.  IX.  1893''-. 

—  Ueber  die    Verhältnisse    des   Urdarms  und.    des   Canalis  neurentericus    bei    der  Ringel- 

natter (Tropidon.   natri.v).     Sitz.-Ber,  Akad.  Wiss.  Berlin,  ßlath.-phys.  Cl.  1898  und 
Biol.   Centralbl.   Bd.  XIX.  1899. 

8.   Schriften  über   die  Keimblätter  der  Vögel  (L.  K.   111^). 

Außer   der   schon   in   A.  L.  III»,   p.  91  aufgeführten  Litteratur  sind  noch  zu 
nennen: 

Abraham,    K.     Beiträge    zur  Entwickelungsgeschichte    des    Wellensittichs.     Anat.  Hefte. 

Bd.  XVII.  1901. 
Assheton.     An  experimental  examination  info  the  growth  of  the  blastoderm  of  the  chick. 

Proceed.  of  the  Royal  Soc.    Vol.  LX.  1896. 
Balfour.      The  development    and  growth  of  the  layers  of  the  blastoderm.      Quart.  Journ. 

micr.  Sc.    Vol.  XIII.  1873.     Auch  Stud.  from   the  Physiol.  Lab.   Cambridge  1873. 

—  On  the  disappearance  of  the  primitive  groove  in  the  embryo  of  the  chick.     Quart.  .lourn. 

micr.  Sc.    Vol.  XIII.  1873.      Auch  stud.  from  the  Physiol.    Lab.   Cambridge.  1873. 

—  and  Deighton.     A  renewed  .'study  of  the  germinal  layers  of  the  chick.     Quart.  Journ. 

mircr.  Sc.  X.  S.    Vol.  XXIL  1882. 
Banchi,    TJ.     Le    anomalie    della    linea   ptrimitiva    negli  embrioni  di  pollo.      Monit.  zool. 

ital.    Vol.    VIIL  1897. 
Barfurth.       Versuche   über   die   parthenogenetische    Furchung  des  Hühnereies.     Arch.  *'. 

Entw.-Mech.  Bd.  II.  1895. 
Blanc,   L.     Note  sur  l'influence  de  la  lumiere  sur  l' orientation  de  l'embryon  dans  l'oiuf 

de  poule.     C.  R.  Soc' biol.     Paris.   T.  IV.  1892. 
Bticlge,  A.      Ueber  ein  Kanalsystem  im  Mesoderm  von  Hühnerembryonen.    Arch.  f.  Anat. 

u.  Entw.  Anat.  Abt.  1880. 
Cadiat,     Sur  l'epoque    de  formation  du  cloaque  chez  l'embryon  du  poulet.     C.  R.  Acad. 

sc.  1878. 
Danski/    u.   Kpstenitsch.      Ueber   die  Enftvickehing.sgeschichte   der  Keimblätter  und  des 

Wolß''schen    Ganges    im  Hühnerei.     3Iem.    del'Acad.  Imp.  des  seien.  St.  Petersbourg. 

Ser.  7  T.  XXVII.  1880. 
I)exlei\      The  somiies  and  coelome  in  the  chick.     Anat.  Anz.  Bd.    VI.  1891. 
Disse.      Die  Enticickelung  des  mittleren  Keimblattes    im  Hühnerei.     Arch.  f.  mikr.  Anat. 

Bd.  XV.  1878. 
Drasch.     Die  Bildung    der  Somatopleura  und  der  Gefäße  beim  Hühnchen.     Anat.  Anz. 

Bd.  IX.  1894. 

Handlpuch  der  Entwickeluiig- lehre.  I.  Q\ 


962  0.  Hertwiü, 

Vursy,   Emil.      Der  Frimitivstreif  des  ITühnchens.     3   Taf.  Lahr  1867. 

—  Mc.'<smi(jen    an    Hühner evihryonen    und    Bildungsabweichungen    des    Schwänzendes  des 

rriiiiitirsirrifens.     ZcUschr.  ration.  Mediz.  lSß7. 
Vuval,  Malhiits.    La  segmcntation  et  la  formaiinn   du.  hlastoderme.     liluslula  et  gustrula. 
Ann.   GynecoL  obstetr.   T.  XLVI. 

—  Lindes  sur  la  Ugne  de  l'embryon   du  poidet.     Ann.  d.  scienc.  nut.  Ser.  6.  Zool.  T.   VLL. 

1S7S. 

—  De  la  formation  da  blustoderine  daits  l'iruf  d'oiseau.    Ann.  d.  scienc.  nat.  Ser.  6.  Zool. 

T.  XVLIL  1SS4:. 
Eismond.      Ueber  den  Canalis  neurentericus  bei  den  Vögeln.     Sitz.-Ber.  der  Mol.  Sektion 
d.    Warsch.   Ges.  d.  Naturj.  1S91. 

—  Beitrag   zur    Gastrulation  heim  Lliihnchcn.     Ber.    d.  biol.  Sektion  d.    Wai'sch.  Naturf.- 

Ges.  JSf)J.   (Rass.). 

—  Ueber  Gastrulation  bei    Vögeln.     Arb.  zool.  Labor.    Wurschait.  lSi)4.   (Iluss.) 
Fasola,    G.     De  quelques  anomalies  de  la  Ugne  primitive  dans  le  poulet.     Arch.   ital.  de 

biol.   T.  XIJL.  1S90. 

—  Di  alcune  anomalie  della  line.a  primitiva  nel  pollo.    Arch.  sc.  med.  Torino.    Vol.  XIIL. 

1S90. 
Fol,    H.     Rccherches    siir    Ic    developpement    des  protovertrbres    chez  l'embryon  du  j)oulet. 

Arch.  d.  scienc.  phys.  et  nat.   Geyieve.   T.  LL.  ISS-i. 
Gasser.     Beiträge  zur  Entivi ckelung  der  Allantois,  der  MiUlerschen  Gänge  und.  des  Afters. 

Habilitationsschrift.  Frankfurt  a.  M.  1S74. 

—  Ueber  den  Pritnilivstreifen  bei    Vogelembryonen.     Sitz.-Ber.  d.   Ges.  z.  Beförd.  d.  ges. 

Naturw.  zu  Marburg.  1877. 

—  Der  Primitivstreifen  bei  Vogelembryonen  (Huhn  u.  Gans).    Schriften   d.   Ges.  z.  Beförd. 

d.  ges.  Natxhrtn.  zu  Marburg.  Bd.  XL.  Suppl.-Heft  1.  1879. 

—  Die    Entstehung    der   Kloakenöffnung    bei  Hiihnerembryonen.     Arch.  f.  Anat.  u.  Phys. 

Anat.  Abt.  1880. 

—  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Vogelkeimscheibe.     Arch.  f.  Anat.  u.  Entw.  Anat.  Abt.  1882. 

—  Der  Parablast   und  der  Keivitvall    der   Vogelkeimscheibe.     Sitz.-Ber.  d.    Ges.  z.  Bejörd. 

d.   ges.  Naturw.  zu  Marburg.  1883. 

—  Eierstocksei    und  •Eileiterei  des    Vogels.     Sitz.-Ber.  d.   Ges.  z.  Beförd.   d.  ges.  Naturw. 

zu  Marburg.  188J^. 
Gerlach,     Leo.      Ueber    die    entodermale    Entstchungsweisc    der  Chorda    dorsalis.     Biol. 

Centralbl.     Jahrg.  1.  1881. 
Goette,   A.     Zur  Entwickelungsgeschichte  der  Wirbeltiere.     Centralbl.  f.  med.  Wiss.  1869. 

—  Beiträge    zur    Entiüickelu)igsgeschichte    der    Wirbeltiere.     LL.    Die    Bildung    der    Keim- 

blätter und  des  Blutes  im  Hühnerei.     Arch.  f.   mikr.  Anat.  Bd.  X.  1874:. 
Haswell,      Observation«  on  the  early  stages  in.  the   development  of  the  Emu  (Dromacus). 

Proceed.  Linn.  Soc.  New  South   Wales.      Vol.  LL.  p.  579.  1887, 
His,    W.     Der  Keimwall  des  Hühnereies  und  die  Entstehung  der  parablastischen  Zellen. 

Arch.  Anat.  u.  Entiv.  Bd.  L.  1876. 

—  Nette    Untersuchung    über   die  Bildung    des    Hühnerembryo.      Arch.  f.  Anat.  u.  Entw. 

Anat.  Abt.  1877. 

Hoff  mann,  C.  K.  Die  Bildung  des  Mesode.rms,  der  Anlage  der  Chorda  dorsalis  imd 
die  Entwickelung  des  Canalis  neurentericus  bei  Vogelembryonen.  Veröffentl.  d.  Kgl. 
Akad.  d.    Wiss.  zu  Amsterdam.  1883. 

tTahlonowski,  Jos.  Beiträge  zur  Beurteilung  des  Primitiv  Streifens  des  Vogeleies.  Lnaug.- 
Diss.   Berlin  1897. 

J^anosik,  J.  Beitrag  zur  Kenntnis  des  Keimtvulstes  bei  Vögeln.  Sitz.-Ber.  Akad.  Wiss. 
Wien.  3Lath.-p>hys.  AI.  Bd.  LXXXLV.  1881. 

Kaestne)',  S.  Ueber  die  Unterbrechung  der  Bebrütung  von  Hühnereiern  als  ßLethode 
zur  Erzeugung  von  Mißbildungen.      Verh.  der  Anat.   Ges.  1896, 

Kidd,  P.  On  some  jioi'nts  in  the  early  development  of  the  hen's  egg.  Quart.  Journ. 
of  micr.  Soc.    Vol.  XVLL.  1877. 

Kionka,    H.      Die  Furchung  des  Hühnereies.     Anat.  Hefte.  Bd.  LLL.  1894, 

Klein.  Das  mittlere  Keimblatt  in  seinen  Beziehungen  zur  Entwickelung  der  ersten  Blut- 
gefäße und  Blutkörperchen  im  Hühnerembryo.  Sitz.-Ber.  d.  Wien.  Akad.  d.  Wissensch. 
3Lath.-nat..  Kl.  Bd.  LXLLL  1871. 

Koller,  C,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  LLühnerkeims  im  Beginne  der  Bebrütung.  Sitz.- 
Ber.  d.    Wien.  Akad.  cL    Wiss.  Bd.  LXXX.  Abt.  ILL  1879. 

—  Untersuclrnngen  über  die  Blätterbildung  im  Hühnerkeim.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XX. 

1882. 
Kölliker.       Zur    Entwickelung    der    Keimblätter    im  Hühnerei.       Verh.    Phys.-med.    Ges. 

Würzburg.  Bd.    VILL  1875. 
Kolltitann,    JT,      Ueber    Spina  bifida   und    Canalis    neurentericus.      Verh.    d.  Anat.   Ges. 

auf  der  7.    Versamml.  in  Göttingen.  1893, 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  963 

Kopsch,  Fr.  Experimentelle  Untersuchungen  am  Primitivstreifen  des  Hühnchens  und 
an  Scyllimn-Emhryonen.      Verh.  d.  anat.   Ges.  in  Kiel.  189S. 

—  lieber  die  Bedeutiing  des  Primitiv  Streifens  beim  Hühnerembryo  und  über  die  ihm  homo- 

logen   Teile    hei    den     Embriionen     der    niederen    Wirbeltiere.      Intern.     Wochenschr. 

f.  Anat.  II.    Phys.   Bd.   XIX.    1902.     Desgl.   in    Verh.    d.   V.  intern.  Zoologenkongr. 
^        Berlin  lff02. 
Kiipff'er,    C.     Die    Gastrulation   an   den   meroblastischen  Eiern   der   Wirbeltiere  und  die 

Bedeutung  des  Primitivstreifs.    2.  Vögel.    Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.  Anat.  Abt.  18S2. 
Lavtlonshy,   M.,   u.  TiscIiutUin,  N.     Von  den  Beziehungen  der  Dotterelemente  zu  den 

Keimblattzellen.     Biol.   Centralbl.  Bd.  XIX.  1899. 
Mitrophanow,    JP,   J.      Ucbcr   die  Anfangsentwickelung    der   Strauße.     Arb.    zool.  Lab. 

Warschau.  1892. 

—  Teratogenetische  Studien.  I.  (Mißbildungen  der  Keimscheibe  des  Hühnchens.)     Arch.  f. 

Eniu'.-Mech.  Bd.  I.  1895. 

—  Ueber  ein  frühes  Entwickelungsstadium  des  Straußes.     Bibliogr.  anat.  1897. 

—  Teratogenc  Studien.  II.    Experimental-Beobachtungen    über   die   erste   Anlage  der  Pri- 

mitivrinne der   Vögel.     Arch.  f.  Enttv.-3Icch.  d.   Organismen.  Bd.    VI.  1898. 

—  Ueber  den  Ga^U'ulationsvorgang  bei  den  Amnioten.   Verh.  d.  Anat.  Ges.  zu  Kiel.  1898*. 

—  Beobachtungen  über  die  erste  Entivickelung  der   Vögel.    Anat.  Hefte.  Bd.  XII.  1899. 

—  Notes  emhryologiques  et  teratogeniques.     Compt.  rend.  de  l' Association  des  anat.  Sess.  1. 

Paris  1899*. 

—  Beitrüge  zur  Entwickehmg  der  Wasservögel.    Zeitschr.f.  viss.  Zool.  Bd.  LXXI.  1902. 

—  Ueber   die  erste  Entivickelung   der  Krähe.     Zeitschr.  f.  iviss.  Zool.  Bd.  LXIX.  1901. 
Nassonow,    N.     Sur  l'embryologie  de  l'autruche  d'Afrique  (Strufhio  camelus).     Travaux 

du  laboratoire  zoologique  ä  l'universite  de    V^arsovie.  (Russ.)  1894/95. 

—  Ueber  die  Bildung  des  Canalis  nexirentericus  beim  Strauße.    Zool.  Anz.  Jahrg.  XVIII. 

1895. 

Nicolas,  A.  Sur  la  crete  et  la  gouttiere  hypochordales  des  embryons  d'oiseaux.  C.  R. 
Assoc.  Anat.  Sess.  1.  Paris  1899. 

Noivach;  Kurt.  Neue  Untersuchungen  über  die  Bildung  der  beiden  p>rimüren  Keim- 
blätter und  die  Entstehung  des  Primitivstreifens  beim  Hühnerembryo.  Inaug.-Diss. 
Berlin  1902. 

Oellacher.  Untersuchungen  über  die  Furchung  und  Blätterbildung  im  Hühnerei.  Studien 
aus  d.  Inst.  f.  experim.   Pathol.   Wien.  Bd.  I.  1869. 

—  Die   Veränderung    des   unbefruchteten  Keimes  des  Hühnereies  im  Eileiter  und  bei  Be- 

brütungsversuchen.     Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  XXII.  1872. 
Feehles,  Florence.    SoTne  e.vperiments  on  the  chick.  Arch.  f.  Entw.-JIech.  Bd.  VII.  1898. 
JPei^emeschko.      Ueber   die  Bildung    der  Keimblätter  im  Hühnerei.     Sitz.-Ber.  d.    Wien. 

Akad.  d.    Wiss.  Math.-nat.  Kl.  Bd.  LVII.  1868. 
Rabaudf   E.    Sur  le  parablaste  de  l'enloderme  ritellin  du  blastodei'me  de  la  jioule.    Compt. 

rend.  Acad.  Sc.  Paris.   T.  CXXIX.  1899. 
Maiiber,    A.       lieber   die    embryonale    Anlage     des   Hühnchens.      Centralbl.   f.    d.    med. 

Wiss.  Bd.  XII.  1875. 

—  Beiträge   zur   Keimblätterbildung   bei  den   Wirbeltieren.     Sitz.-Ber.  d.  Naturf.   Ges.  zu 

Leipzig.  1875^. 

—  Ueber  die  erste  Entwickehing  der   Vögel  und  die  Bedeutung  der  Primitivrinne.    Sitz.- 

Ber.  der  Naturf.    Ges.  Leipzig.  1876. 

—  Stellung  des  Hühnchens  im  Entivickelungsplan.     Leipzig  1876. 

—  Primitivrinne  und  Urmund.     Morph.  Jahrb.  Bd.  II.  1876. 

—  Primitivstreifen  und  Netirula  der   Wirbeltiere.     Leipzig  1877. 

—  Die  Lage  der  Keimpforte.     Zool.  Anz.  Jahrg.  II.  1879. 

—  Noch  ein  Blastoporus.     Zool.  Anz.  1883. 

Jtavn,   E.     Ueber  die  mesodermfreie  Stelle  in  der  Keimscheibe  des  Hühnerembryos.    Arch. 

f.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt.  1886. 
Hex,    Hugo.       Ueber    das    Mesoderm    des    Vorderkopfes    der   Ente.     Arch.    mikr.    Anat. 

Bd.  L.  1897. 
Homiti,    G.     De  l' extrem ite  anterieur  de  la  corde  dorsale  et  de  son  rap>port  avec  la  poche 

hypophysaire  ou  de  Rathke  chez  l'embryon  du  poulet.  Arch.  ital.  de  biol.  T.  VII.  1886. 

Samassa,  Paul.     Ueber  einen  Primitivstreifen  in  der  Area  opaca.    Diss.  München  1890, 
Schattinslatid.      Erneute    Untersuchungen    über    die   ersten   Entivickelungsvorgänge    am 
Vogelei.      Verh.  d.  Ges.  deutsch.  Naturf.  u.  Aerzte  zu  Bremen.  1891. 

—  Zur  Entwickelung  des  Pinguins.      Verh.  deutsch.  Naturf.  u.  Aerzte  zu  Bremen.  1891*. 

—  Beiträge    ziir   Biologie   und   Enttcickelung   der  Hatteria   nebst   Bemerkungen  über  die 

Enticickehmg  der  Saurojisidcn.     Anat.  Anz.  Bd.  XV.  1899. 

—  Beiträge     zur    Entwickehingsgeschichle     und    Anatomie    der    Wirbeltiere.       Zoologica. 

Bd.  XVI.  1903.     Auch  in  Verh.  d.   V.  intern.   Congr.  z.  Berlin  1901.   Jena  1902. 

61* 


964  0.  Hertwig, 

Stricker.    Beiträge  zur  Kenntnis  des  Hühnereies.    Sitz.-Ber.  d.  Akad.  d.   Wiss.  z.  Wien. 

Bd.  LIV.  Tl.  Abt.  ISOfi. 
Virchow,    H.     Beobachtungen    am   ITähnerei    über    das  dritte  Keimblatt  im,  Bereich  des 

Dottersackes.     Arch.  f.  path.  Anat.  Bd.  LXII.  1876. 

—  lieber  das  Epithel  des  Dottersackes  im  Hühnerei.     Inaug.-Diss.  Berlin  1S75. 

—  Der  Dottersack  des  Huhns.     Internat.  Beiträge  zur  iviss.  Med.  Bd.  I.  1891. 
Walcleyer,     Bemerkungen    über    die    Keimblätter   und  den  Primitivstreifen  bei  der  Ent- 

wickelung    des  Hüfmerembryos.     Zeitschr.   f.    rat.   Med.     III.    Reihe.    Bd.   XXXIV. 

p.  WO.  isao. 

Whittnun,  C  O.  A  rare  form  of  the  blastoderm  of  the  chick  and  its  bearing  an  the 
question  of  the  formation  of  the  vertebrate  embryo.  Quart.  Jotirn.  microsc.  Sc. 
Vol.  XXIII.  1883. 

Wilson,  H,  V.  Primitive  streak  and  blastopore  of  the  bird  embryo.  Journ.  of  the 
Elisha  Mitchell  scient.   Soc.  1893  u.  1894. 

Wolff,    W.      lieber  die  Keimblätter  des  Huhnes.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXI.  1882. 

Zunistein,  J.  J.      lieber  das  Mesoderm  der   Vogelkeimscheibe.     Diss.  Bern  1887. 

iJT9  8.  Schriften  über  die  Keimblätter  der  Säugetiere  (L.  K.  III  ^). 

Außer  der  schon  in  A.  L.  III'"  aufgeführten  Litteratur  sind  zu  nennen: 

Assheton,  R.  A  reinvestigation  into  the  early  stages  of  the  development  of  the  rabbit. 
Quart.  Journ.  mikr.  Sc.    Vol.  XXXVII.  1895. 

—  On  the  phenomenon  of  the  fusion  of  the  epiblastic  layers  in  the  rabbit  and  in  the  frog. 

Ebenda.  Bd.  XXXVII.  1S95K 

—  The  primitive  streak  in  the  rabbit  etc.     Ebenda.  Bd.  XXXVII.  1895'\. 

—  The  development  of  the   pig  during  the  first  ten  days.      Quart.  Journ.  micr.  Sc.     Vol. 

XLI.  1899. 

—  An  account  of  a  blastodermic  vesicle  of  the  sheep  on   the  seventh  day  with  twin  ger- 

rninal  arcas.     Journ.  Anat.  and  Phys.  London.    Vol.  XXXII.  1898'^'. 

—  The   segmentation   of  the    ovum   of  the    sheep,    etc.      Quart.    Journ.  micr.    Vol.  XLI. 

1899']: 
Van  Beneden,    E.     Sitr  la  maturation  de  l'a'vf,  la  fecondation  et  les  premieres  ^j/iases 
du  developpement  embryonnaire  des  mammiferes,  d,' apres  des  recherches  faites  chez  le 
lapin.     Bull,  de  l'Acad.  d.  scienc.  de  Belgiqiie.  1875. 

—  Recherches  sur  l'embryologie  des  Mammiferes.    La  formation  des  feuillets  chez  le  lapin. 

Arch.  de  biol.    Vol.  I.  1880. 

—  Erste  Entwickehmgsstadien  von  Säugetieren.     Tagebl.  d.  59.    Vers,  deutsch.  Xa(u7f.  u^ 

Aerzte  z.  Berlin.  1886  u.  Zool.  Anz.  Jahrg.  IX.  1886. 

—  Untersuchungen   über  die  Bläitei-bildung,    den  Chordakanal  und    die  Gastrulation  bei 

Säugetieren.     Anat.  Anz.  Bd.  III.  p.   709.  1888. 

—  Sur  la  presence  chez  l'homrne  d'un  canal  arch  enter  ique.     Ebenda.  Bd.  XV.  1899. 

—  Reponse  ä  la  reclamation  de  31.  Rauber.     Ebenda.  Bd.  XVI.  1899''-. 

—  Recherches  sur  les   premiers  Stades  du  developpement  du  murin  (Vespertilio  murinus). 

Ebenda.  Bd.  XVI.  p.  305.  1899-f. 
Biehringer,  J.      Ueber  die   Umkehrung  der  Keimblätter   bei  der  Scheermaus  (Arvicola). 
Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt.  1888. 

—  Ueber  die  Umkehrung  der  Keimblätter  bei  den  Nagetieren.   Biol.  Centralbl.  Bd.  X.  1891.. 
Bonnet,   R.      Ueber  die  Enttrickelung  der  Allantois  und  die  Bildung  des  Afters  bei  den 

Wiederkäuern  und  über  die  Bildiong  der  Primitivrinne  und  des  Primitivstreifens  bei 
den  Embryonen  der  Sätigetiere.     Anat.  Anz.  Jahrg.  III.  1888. 

—  Beiträge    ziir   Embryologie    des   Hundes.     Anat.  Hefte.    Bd.  IX.    1897.      Fortsetzung 

ebenda.  Bd.  XVI.  od.  Heft  51.  1901. 
Braun,  31.      Ueber   den  Schwanz  bei   Säugetierembryonen.     Dtsch.  Zeitschr.  f.  Tiermed. 
Bd.  IX.  1883. 

—  Entwickelungsvorgänge  am  Schwanzende  bei  einigen  Sätigctieren  mit  Berücksichtigung 

beim  Menschen.     Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt.  1882. 
Carius,   F.      Ueber  die  Ausbildung  des  hinteren  Körperendes  bei  Cavia.     Sitzungsber.  d. 
Ges.  z.  Bef.  d.  ges.  Nat.  z.  Marburg.  1888. 

—  Ueber  die  Eiitwickelung  der  Chorda  und  der  primitiven  Rachenhaut  bei  Meerschwein- 

chen und  Kaninchen.     Diss.  Marburg.  1888'^, 

—  Ueber    den   Kopffortsatz    des   Kaninchens.       Sitzungsber.    d.   Ges.  z.  Bef.  d.    ges.   Xat. 

Marburg.  188'8f. 
Cristiani.     L' Inversion  des  feuillets  blastodermiques  chez  Ic  rat  albinos.     Arch.  d.  Phys. 

Paris.  Annee  24.  1892. 
Duval,  M.     Etudes  sur  Pembryologic  des   Cheiropteres.     Journ.  de  l'anat.  et  de  la  phys. 

Annee  XXXI.  1895  et  Annee  XXXII.  1896. 


Die  Lehre  von  den  Keimblättern.  965 

Dural,    M.      Ktwles    sur   l'embryologie    des    Cheiropleres.     L'ovide,    la    qastnda,    le   bla- 

stodermc  et  l'origine  des  anne.ces  chez  le  murin.     Paris  1899. 
Fräser.      On  the  Inversion  of  the  blastodermic  layers  in  the  rat  and  mause.    Proceed.  of 

thc  Royal  Soc.   Vol.  XXXIV.  p.  430.  1883. 
Giacomlni,    C.     Sul  canale  neurenterico  e  sul  canale  anale  nelle  vesicole  blast.odermiche 

dt  coniglio.     Atti  Accad.    Turino.    Anno  LT.    1888.       Auch  erschienen  als:     Sur  le 

canal  neurenlerique  et  sur  le  canal  anal  dans  les  vrsic^des  blastodermiques  du  lapin. 

Arch.  Ital.  Biol.   T.  X.  1888. 
Gölte.     Zur  Entwickeln ngsgesckichte  des  Kaninchens.     Centralbl.  f.  d.  med.  Wiss.  p.  866. 

ISbff. 
Haddon,  A.  €.     Note  on  the  blastodermic  vesicle  of  Mammals.     Proc.  Roy.  Soc.  Dublin. 

Vol.  IV.  1886  u.  Ann.  Mag.  N.  H.    Vol.  XVL 
Henneguy ,    L.   F.     Sur   la  Constitution    de  l' endoderme  des  mammiferes.    C.  R.    hebdo- 

madaires  de  la  soc.  de  biol.    T.  IV.  Ser.  IX.  1892. 

—  Vortrag  über  die  Ableitung  der   Umkehr  der  Keimblätter  des  Meerschweinchens.    Verh. 

d.  phys.    Vereins  zu  Kiel.  1882. 
Mensen,    V.     Ein  frühes  Stadium  des  im   Uterus  des  Meerschtveinchens  festgetvachsenen 
Eies.     Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.   Anat.  Abt.  1883, 

—  Bemerktingen  betreffend  die  Mitteilungen  von  Selenka  und  Kupffer  über  die  Entwicke- 

lung  der  3Iäuse.     Ebenda.   1883'-'. 
His,    W.     Mitteilungen   zur   Embryologie    der   Säugetiere    und    des   Menschen.      Arch.    /. 

Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt.  1881. 
Hubvecht,     A.,     W.       Keimblötterbildung    u,nd     Placentation     des    Igels.       Anat.     Ans. 

Jahrg.  11 L   1888. 

—  Die  erste  Anlage  des  Hypoblasts  bei  Säugetieren.    Ebenda.  Jahrg.  III.  p.  906.  18SS-'-. 

—  Studies    in    Mammalian    Embryologie.     I.    Erinaceus    europäus.     II.    Sorex    vulgaris. 

Quart.  Journ.  Bd.  XXX.  1890  u.  XXXI.  1890. 

—  The  development  of  the  germinal  layers  of  sorex  rulg.     Studies  of  the  zool.  Labor.   Ut- 

recht.   Vol.  I.  1892. 

—  On  the  didermic  blastocyst  of  the  Mammalia.     Rep.  64  Met.  Brit.  Ass.  Adv.  Sc.  1895. 

—  Die  Phylogenese    des  Amnions   und   die   Bedeutung   des    Trophoblasts.      Verh.  d.  Kgl. 

Akad.  van   Wetensch.  te  Amsterdam.  Bd.  IV.  1895. 

—  Die  Keimblase  von  Tarsius.     Ein  Hilfsmittel  zur  schärferen  Definition  getcisser  Säuge- 

tierordnungen.    Festschr.  f.   C.   Gegenbaur.  Bd.  IL  1896. 

—  Ueber  die  Rolle   eines  embryonalen    Trophoblastes   bei  der  Placentation.       Vers,   dtsch. 

Naturf.  u.   Aerzte  zu  Braunschweig.  1897. 

—  Blattumkehr  im  Ei  der  Affen.     Biol.   Centralbl.  Bd.  XIX.  1899. 

—  Keimblattbildung    hei    Tarsius    spectrum.      Verh.    d.     V.    Internat.    Zoologen-Kongr.    zu 

Berlin.  Jena  1902. 
■-  Furchung    und    Keimblattbildung    bei    Tarsiu.i    spectrum.      Verh.    d.    Kgl.    Akad.    van 

Weten.wh.  te  Amsterdam.  Bd.    VIII.  1902^\ 
(Tenkinson,  JT.,    IV.     A    reinvestigation  of  the  early   .^tages   of  the    development    of  the 

mause.      Quart.  Journ.  micr.  Sc.  X.  S.    Vol.  XLIII.  1900. 
Kann,   Max.     Das  vordere  Chordaende.     Inaug.-Diss.  Erlangen.  1888. 
Keibel,  F.      Van   Benedens    Blastoporus  und  die   Rauber'sche  Deckschicht.      Anat.  Anz. 

Bd.  IL  1887. 

—  Die  Entwickelungsvorgänge  am  hinteren  Ende  des  Meerschweinchenembryos.     Ebenda. 

1888. 

—  Zur  Entwickelungsgeschichte  des  Lgels  (Erinaceus  europaeus).     Anat.  Anz.  Jahrg.  LLL. 

p.  681.  1888.'^ 

—  Zur  Entwickelungsgeschichte  der  Chorda  bei  Säugern  {MeerscMveinchen  u.  Kaninchen). 

Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt.  1889. 

—  Ueber  den  Schwanz  des  menschlichen  Embryo.     Ebenda.  1891  u.  Anat.  Ans.  Bd.  VI. 

1891. 

—  lieber  die  Entwickelungsgeschichte  des  Schweines.     Anat.  Anz.  Jahrg.    VI.  1891. 

—  Die  Entivickelung  des  3Iesoblasts  beim  Schaf.      Verh.  d.  .inat.  Ges.  in  Stra/sburg.  1894:. 

—  Zur  Entwickelungsgeschichte  des  Primitiv.'streifens  beim  Schtcein.     Ebenda.  1894^. 

■ —  Frühe  Entivickelung sstufen  des  Rehes  und  die   Gastrulation  der  Säuger.      Verh.  Anat. 
Ges.  Bonn  1901. 

—  Die  Entwickelung    des  Rehes    bis  zur  Anlage    des  3Iesoblast.     Arch.  f.   Anat.  u..  Phys. 

Anat.  Abth.  1902. 
Kollmann,  J.     Die  Entwickelung  der  Chorda  dorsalis  bei  dem  Menschen.     Anat.  Ans. 

Bd.    V.  1890. 
Kölliker,    A.      Ueber  die   erste  Entwickelung  von  Säugetierembryonen.      Verh.  d.  Phys. 

med.   Ges.  zu   Würsburg.  Bd.  IX.  1876. 

—  Die  Entwickelung  der  Keimblätter  des  Kaninchens.     Zool.  Anz.  1880. 

—  Die  Entwickelung  der  Keimblätter  des  Kaninchens.     Festschr.  stir  Feier  des  etc.  Univ. 

zu    Würsburg.  Leipzig  1882. 


966  0.  Hertwig,    Die  Lehre  von  den  Keimblättern. 

Kölliker,   A.      Ueher    die    Cliordahöhle  und    die  Bildiinrj    der    Chorda    beim  Kaninchen. 

Sitzuagsher.  d.    Würzb.  Phtjx.-med.  Ges.  ISS-i, 
Kniiffer,     Das  Ei  von  Arvieola  arvalis   %ind  die  vermeintliche   Umkehr  der  Keimblätter 

an    demselben.      Sitzunrjsber.  d.    Kgl.  bayr.    Akad.    d.    Wiss.   Sfath.-phys.  Kl.   p.  621. 

1882. 
Lieberkühn,    N.      lieber  die  Keimblase  der  Säugetiere.     Sitz.-Ber.  d.   Ges.  z.  Beförder. 

d.  ges.  Naturw.  zu  Harburg.  1875. 

—  Ueber  die  Keimblätter  der  Säugetiere.     Gratulationsschr.  f.  H.  Nasse.  Marburg   187(f. 

—  Zur  Lehre  von  den  Keimblättern  der  Säugetiere.     Sitz.-Ber.  d.  Marburger  Ges.  1880, 

—  Ueber  die  Chorda  bei  Säugetieren.     Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anal.  Abt.  1882  u.  1884. 
Martin ,   P.     Ein   F/erdeei   vom   21.   Tage.     Schweiz.    Arch.    f.    Tierheilk.    Bd.  XXXII. 

1800. 
Mall  Franklin,  P.    Development  of  the  human  coelom.    Journ.  Morpth.    Vol.  XII.  1897, 
Palaclino,    S.      Sur  les  piremiers  phenomenes  du  develop2)emcnt  de  quelques  mammiferes. 

Arch.   ital.  biol.   T.  IL  1882. 
Ilahl.      Ueber  die  Bildung  des  ßlesoderms.     Anat.   Anz.  Bd.  III.  p.  6'>4.  1888. 
llauber,   Ant.     Die  erste  Entwickelung  des  Kaninchens.    Sitz.-Ber.  d.  Naturf.  Gesellsch. 

in  Leipzig.  Jahrg.  LI.  p.  103.  1875. 

—  Ueber  sekundären  Dotter  in  der  Keimblase  der  Säugetiere.     Zool.  Anz.  1880. 

—  Ein    Wort  der  Entgegnung  an  Ed.    Van  Beneden.     Anat.  Anz.  Bd.  XVI.  1899. 
Mobinson,    Arthur.      Observations    on  the    development    qf  two  Rodents' ,    a    thesis  pre. 

sentcd  to  the  university  of  Edinburgh  for  the  degree  of  M.  D.  1890. 

—  Some   points    in    the    development   of   mus    muscidus    and    mus    decumanus.     British 

association  meeting  at  Cardiff.  1891, 

—  Obsevvations    upon    the  development    of  the    segmentation  cavity,    the  archenteron,    the 

germimil    layers    and    the    amnion    in    Mammals.     Quart.    Journ.    micr.  Seien.    N.  S. 
Vol.  XXXIII  1892. 

—  Observations    tipon  the  develoiynient    of  the  common  ferret.  Musiela  fcro.v.     Anat.  Anz. 

.lahrg.    VIII  1893. 
Syder'.      The  inversion  of  the  germinal  layers  in  Hesperomys.    Am.  nat.  Vol.  XXI.  1887, 
Schäfer,   E.  A.      Description  of  a  mammalian  ovum  in  an  early  condition  of  development. 

Proceed.  of  the  roy.  Soc.    Vol.  XXIV.  London  1870. 
Schmidt,    V.     Das  Schwänzende  der  Chorda  dorsalis  bei  den  Wirbeltieren.     Anat.  Hefte. 

Bd.  IL  1893. 
Selenka,   E.     Keimblätter  und  Gastrulaform    der  Maus.     Biol.   Centralbl.  Bd.  II.  1882. 

—  Blattumkehr  im  Ei  der  Affen.     Ebenda.  Bd.  XVIII.  1898. 

Sobotta,  Ueber  den  Gastrulationsvorgang  bei  Wirbeltieren.  Sitz.-Ber.  d.  Phys.-med.  Ges. 
Würzburg.  1897. 

—  Die  erste  Entwickelung  des  Mäuseeies  nach  der  Befru.chtung.     Aus    Verhandl.  d.  Anat. 

Ges.  1901. 

■ —  Die  Entwickelung  des  Eies  der  Maus  vom  Schlu/s  der  Furchungsperiod e  bis  zum  Auf- 
treten der  Amnionfalten.     Arch.  f.  mikrosk.   Anat.  Bd.  LXI.   1902. 

Spee,  F.  Graf.  Beitrag  zur  Entwickelungsgeschichte  der  früheren  Stadien  des  Meer- 
schweinchens bis  zur  Vollendung  der  Keimblase.  Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt. 
1883. 

—  Ueber    die  Entunckclungsvorgänge   vom   Knoten  aus    in  Säugetierkeimscheiben.     Anat. 

Anz.  Jahrg.  LLL.  p.  314.  1888. 
Strahl.     Zur    Bildung    der    Kloake    des    Kaninchenembryos.     Arch.    f.    Atiat.    u.    Phys. 
Ana,t.  Abt.  1886. 

—  Beiträge  ztir  Kenntnis    der  Entwickelung   von  Säugetierembryorien.     Sitz.-Ber.  d.   Ges. 

z.  Beförd.  d.  ges.  Naturw.  zu  Marburg.  1888. 

—  Durchschnitte  der  Area   em.bryona.lis    bei  Säugetierembryonen.      Anat.    Anz.    Bd.    III. 

p.  740.  1888'K 
■ —    Ueber  die  Ausbildung  des  hinteren  Körperendes  bei  Cavia.     Sitz.-Ber.  Marburg,  p.   65. 

1888f. 
Van  der  Stricht,     O.      La  premiere   apparition    de   la   cavite    coelomiqiie    dans   l'aire 

embryonnaire  du  lapin.     C.  R.  de  la  societe  de  biol.  Ser.  X.   T.  IL 

—  La  ßxation  de  l'oeuf  de  chauve-soiiris   ä    l'interieur    de   l'uterus     (V.    noctula).      Com- 

munication  p>reliminaire.      Verh.  Anat.   Ges.   Tübingen.  1899. 
Todai^o,   Franc.      Le  prime  fasi  dello  suihippo  dei  mammiferi.  1890. 
Weysse,    A,    W.     On  the  blastodermic  vesicle  of  Sus  scrofa.     Proceed.  Americ.  Acad.  of 

Arts  and  Sc.   Vol.  XXX.  1894. 
■ — •  On  the  blastodermic  vesicle  of  Sus  scrofa  domestic  Cambridge.  1894, 


Viertes  Kapitel. 

Missbildungen  und  Mehrfachbildungen, 

die  durch  Störung  der  ersten  Entwickeiungsprozesse 

hervorgerufen  werden. 

Von 
Professor  Oscar  Hertwig". 

Die  Entwickelung  eines  Eies  ist  auf  jedem  Stadium  von  zahl- 
reichen äußeren  Faktoren  abhängig,  über  welche  ich  im  zweiten  Band 
meiner  Grundzüge  der  allgemeinen  Anatomie  und  Physiologie  einen 
kurzen  Ueberblick  gegeben  habe.  Tritt  eine  irgendwie  erheblichei'e 
Veränderung  irgend  eines  Faktors  ein,  so  ist  eine  häufige  Folge  da- 
von eine  Störung  bald  leichteren,  bald  schwereren  Grades  und  eine 
Abänderung  des  normalen  Entwickelungsverlaufes  bis  zu  seinem  voll- 
ständigen Stillstand.  Daraus  entstehen  in  der  Natur  die  verschieden- 
artigsten Mißbildungen,  über  welche  uns  die  Teratologie  eine  syste- 
matische Zusammenstellung   giebt. 

Was  in  der  Natur  aus  meist  unbekannten  Ursachen  geschieht, 
kann  der  Experimentator  durch  künstliche  Eingriffe  in  die  Entwicke- 
lung geeigneter  Versuchsobjekte  willkürlich  hervorrufen.  Die  Erzeug- 
nisse seines  experimentellen  Geschicks  haben  aber  vor  den  terato- 
logischen  Naturprodukten  für  das  wissenschaftliche  Studium  den  großen 
Vorzug  voraus,  daß  man  eher  Gelegenheit  hat,  das  allmähliche  Zu- 
standekommen der  ]\Iißbildung  Schritt  für  Schritt  zu  verfolgen. 

Für  die  normale  Entwickelungsgeschichte  ist  auch  die  Störungs- 
entwickelung von  nicht  geringem  Interesse.  Denn  wenn  man  Gelegen- 
heit erhält,  einen  Prozeß  in  verschiedenen  Modifikationen  kennen  zu 
lernen,  so  erfährt  gewöhnlich  unsere  Kenntnis  von  seinem  Wesen  in 
dieser  und  jener  Richtung  Vertiefung  schon  dadurch,  daß  man  durch  Ver- 
gleichung  der  verschiedenen  Modifikationen  besser  Wesentliches  vom 
Unwesentlichen  unterscheiden  kann,  oder  dadurch,  daß  sich  uns  zuweilen 
ganz  neue  Gesichtspunkte  für  die  Beurteilung  eröffnen.  So  kann  das 
E  X  p  e  r  i  m  e  n  t  auch  für  den  E  m  b  r  y  o 1 o  g  e  n  ein  wichtiges 
Hilfsmitel  zu  tieferem  Eindringen  in  das  Wesen  ent- 
wickelungsgeschichtlicher  Vorgänge  werden. 

Zur  Erzeugung  von  tief  eingreifenden  Störungen  in  der  Entwicke- 
lung ist  am  geeignetesten  die  Periode  von  der  Befruchtung  des  Eies 
bis  zum  Abschluß  der  Keimblattbildung.  Daher  scheint  es  uns  ge- 
rechtfertigt, an  das  dritte  Kapitel  noch  einen  besonderen  Abschnitt 
über    die    Störungen    in   der   Keimblattbildung   anzuschließen,    welche 


968  0.  Hertwig, 

durch  experimentelle  Eingriffe  in  die  ersten  Entwickelungsstadien 
hervorgerufen  werden  können  oder  in  der  Natur,  aus  uns  unbekannten 
Ursachen  entstanden,  zu  Mißbildungen  und  Mehrfaehbildungen  führen. 
Eine  erschöpfende  Behandlung  des  Gegenstandes  liegt  nicht  in 
meiner  Absicht  und  würde  die  Aufgaben  dieses  Handbuches  über- 
schreiten. Aber  in  der  Weise,  wie  schon  im  zweiten  Kapitel  experi- 
mentell hervorgerufene  Störungen  des  Befruchtungs-  und  des  Furchungs- 
prozesses  beschrieben  und  besprochen  worden  sind,  soll  auch  hier, 
zum  Teil  in  unmittelbarem  Anschluß  und  in  Weiterführung  der  dort 
gegebenen  Darstellung,  wenigstens  eine  Auswahl  der  wichtigsten  Ver- 
hältnisse kurz  zusammengestellt  und  unter  besonderer  Berücksichtigung 
derjenigen  Punkte,  welche  für  Fragen  der  normalen  Entwickelungs- 
geschichte  von  größerem  Wert  sind,  in  4  Abschnitten  mit  folgendem 
Inhalt  besprochen  werden  :  1)  Experimentelle  Sonderung  des  Eies  in 
Keimscheibe  und  Nahrungsdotter.  2)  Beeinflussung  des  Gastrulations- 
prozesses.  3)  Beeinflussung  des  Urmundschlusses  und  künstliche  Er- 
zeugung der  Spina  bifida.  4)  Zerlegung  des  Eimateriales  derart,  daß 
Mehrfachentwickelung  die  Folge  ist. 

1.  Exi)erimeiitelle  Soiicleruiig  des  Eies  in  Keimsclieibe  und 

Nalirungsdottcr. 

Wie  uns  das  vergleichend-entwickelungsgeschichtliche  Studium  im 
dritten  Kapitel  gelehrt  hat,  ist  einer  der  wichtigsten  P'aktoren,  durch 
welchen  die  verschiedeneu  Arten  des  Furchungsprozesses  und  die  tief- 
greifenden Unterschiede  in  der  Keimblattbildung  bei  den  einzelnen 
Klassen  der  Wirbeltiere  bedingt  werden,  die  sehr  ungleiche  Ausstattung 
der  Eier  mit  Nährmaterialien  oder  Reservestoffen.  Je  mehr  sich  solche 
in  der  Eizelle  anhäufen,  um  so  mehr  bildet  sich  in  dieser  ein  Gegen- 
satz aus  zwischen  der  aktiven  Substanz  des  Protoplasmas  und  den  in 
ihr  aufgespeicherten  Pteservestoffen,  welche,  für  die  erste  Zeit  der  Ent- 
wickeluug  überflüssig,  mehr  einen  Ballast  vorstellen  und  den  Ablauf 
der  Furchung  (vergi.  auch  Kap.  II,  p.  571)  und  die  Gastrulation 
etc.  erschweren  und  verzögern.  Höhere  Grade  der  Ansamndung  von 
Reservestoffen  führen  schließlich  dahin,  daß  die  aktiven  und  passiven 
Substanzen  in  der  Eizelle  sich  mehr  oder  minder  scharf  voneinander 
sondern  und  zur  Entstehung  des  meroblastischen  Typus  führen.  Durch 
das  Experiment  gelingt  es  nun  bei  den  Am})hibieneiern,  die  relativ 
reich  an  Dotterplättchen,  aber  noch  nicht  schärfer  in  Bildungsdotter 
und  Nahrungsdotter  gesondert  sind,  eine  solche  Scheidung  künstlich 
herbeizuführen. 

Im  Froschei,  welches  zum  Experiment  diente,  sind  die  Dotter- 
plättchen, was  wohl  für  alle  Amphibieneier  gilt,  specifisch  schwerer 
als  die  protoplasmatischen  Substanzen  der  Zelle,  in  welchen  sie  von 
Haus  aus  in  etwas  ungleicher  Weise  angesammelt  sind,  nämlich  reich- 
licher am  vegetativen  Pol,  weniger  am  animalen  Pol,  der  infolgedessen 
auch  leichter  ist.  Wenn  man  nun  das  befruchtete  Froschei  sich  auf 
einem  Centifugalapparat  entwickeln  läßt,  so  kann  der  Experimentator 
durch  geeignete  Verwendung  der  Centrifugalkraft  den  Gegensatz  zwischen 
animaler  und  vegetativer  Eihälfte  nach  Belieben  vergrößern.  Der  Fur- 
chungsprozeß  bleibt  mehr  und  mehr  auf  die  animale  Hälfte  beschränkt, 
weil  die  Kerne  als  die  leichtesten  Teile  in  der  Nähe  des  animalen,  der 
Umdrehungsachse  zugekehrten  Poles  gewissermaßen  festgehalten  w^erdeu. 


Mißbildungen 


und  Mehrfachbildungen. 


969 


Man  Iv  a  n  n  auf  diesem  Wege  schließlich  das  h  o  1  o  - 
blas  tische  Frosch  ei  mehr  oder  minder  in  einen  mero- 
blastischen Typus  überführen.  Wenn  nach  24  Stunden  der 
Furchungsprozeß  unter  dem  Einfluß  der  Ccntrifugalkraft  genügend 
weit  fortgeschritten  ist,  findet  man  das  Froschei  (Fig.  6oO)  wie  das 
Ei  eines  Vogels  aus  einer  kleinzelligen 
Keimscheibe,  welche  später  die  Blastula- 
höhle  (kh)  einschließt,  und  einer  ungeteilt 
gebliebenen,  größeren  Masse  von  Nah- 
rungsdotter (d)  zusammengesetzt.    Beide 


Fig.  630. 
Centrifugalkraft 


Froschei,  durch  den  Einfluß  der 
während  der  Entwickelung  ge- 
sondert in  eine  Keimscheibe  und  in  eine  unent- 
wickelt gebliebene  Dottermasse  mit  einem  Dotter- 
syncytium.  kh  Keimhöhle,  «i  Kerne  im  Dotter 
(Merocyten).  d  ungeteilte  Dottermasse.  Nach 
Oscar  Hertwig. 


— -  -i 


sind,  wenn  das  Experiment  gut  gelungen  ist,  ziemlich  scharf  mit  einer 
ebenen  Fläche  gegeneinander  abgegrenzt.  Die  Uebereinstimmuug  geht 
sogar  so  weit,  daß  sich  in  der  subgerminalen  Schicht  des  Dotters  ver- 
einzelte Kerne  {m)  eingelagert  finden.  Dadurch  ist  eine  dem  Dotter- 
sjncytium  meroblastischer  Eier  vergleichbare  Schicht  entstanden. 

Wenn  Eier  mit  so  weit  gediehener  Sonderung  sich  noch  weiter 
entwickeln  würden,  so  müßten  natürlich  alle  weiter  folgenden  Prozesse, 
die  Gastrulation,  die  Keimblatt-  und  Embryobildung,  ein  Gepräge  er- 
halten, welches  vom  normalen  Befunde  sehr  abweicht.  Fortgesetzte 
Experimente  in  dieser  Richtung,  vielleicht  an  größeren  Amphibien- 
eiern, die  sich  noch  leichter  als  das  Froschei  in  den  meroblastischen 
Typus  überführen  lassen  werden,  scheinen  mir  Aussicht  auf  Erfolg  zu 
bieten. 


2.  Beeinflussung  des  Gastrulationsprozesses. 

Für  embryologische  Experimente  der  verschiedensten  Art  hat  sich 
bis  jetzt  das  Froschei  als  das  weitaus  geeigneteste  Objekt  erwiesen. 
Mannigfache  Abänderungen  des  Gastrulationsprozesses  sind  bei  ihm 
durch  diese  oder  jene  Eingriife,  chemische,  thermische,  mechanische  etc. 
leicht  und  sicher  hervorzurufen.  Es  soll  hier  nur  kurz  auf  die  Er- 
scheinungen eingegangen  werden,  welche  durch  mehrere  chemische 
Stoffe  bewirkt  und  von  Morgan  und  Tsuda,  von  mir,  von  Gur- 
wiTSCH,  von  Chas.  B.  Wilson  genauer  studiert  worden  sind. 


Kochsalzlösungen   von  0,6 — 1  Proz.,   in    welche  frisch  befruchtete 


Froscheier  gebracht  werden,  verlangsamen  ihren  Entwickelungsprozeß. 
und  zwar  proi)ortional  der  Konzentration  der  Lösung.  So  fein  reagiert 
das  Froschei  auf  geringe  Schwankungen  im  Kochsalzgehalt  der  Um- 
gebung, daß  schon  Unterschiede  von  0,1  Proz.  deutliche  Abweichungen 
in  der  Entwickelung  ergeben.  Noch  wichtiger  aber  ist  die  zweite,  leicht 
festzustellende  Thatsache,  daß  das  Ei  in  seinen  einzelnen  Abschnitten 
in  ungleichem  Maße  durch  die  Kochsalzwirkung  getroft'en  wird.  Denn 
die  vegetative  Hälfte  der  Eikugel  zeigt  sich  in  üirer  Entwickelung 
mehr  gehemmt  und  eventuell  auch  in  höherem  Maße  geschädigt  als 
die  animale.  ein  Unterschied,  der  sich  unserer  Ansicht  nach  wieder 
wie  bei  den  Ergebnissen  der  Centrifugalversuche,  aus 


dem  ungleichen 


970  0.  Hertwig, 

Protoplasinagehalt  der  beiden  Hälften  erkläien  läßt.  Denn  wenn  ent- 
sprechend der  Znnalinie  des  Kochsalzgehaltes,  um  mich  ganz  allgemein 
auszudrücken ,  die  Entwickelungsenergic  in  den  protoplasmatischen 
Substanzen  der  Zelle  bis  zum  vollständigen  Erlöschen  herabgesetzt 
wird,  so  muß  sich  die  Herabsetzung  da  am  meisten  äußern,  wo  das 
Protoplasma  am  spärlichsten  zwischen  den  mehr  passiven  Dotter- 
materialien verteilt  ist  und  daher  eine  größere  Arbeit  bei  der  Zell- 
teilung durch  Bewältigung  des  passiven  Materials  zu  verrichten  hat. 
So  werden  schon  durch  den  Furchungsprozeß  im  Froschei  durch 
relativ  sehr  geringe  Mengen  von  Kochsalz  Unterschiede  geschaffen, 
welche  in  dieser  Weise  im  normalen  Ei  nicht  vorhanden  sind  und  die 
ihrerseits  nun  wieder  die  Ursache  werden,  daß  auch  der  weitere  Ent- 
wickelungsverlauf  sich  zu  einem  von  der  Norm  abweichenden  ge- 
staltet. 

Durch  0,6-proz.  Kochsalzlösung  wird  die  Gastrulation  und  die 
damit  in  Zusammenhang  stehende  Embryobildung  sehr  wesentlich  ab- 
geändert. Die  Einstülpung  bleibt  längere  Zeit  auf  eine  kleine  Stelle 
der  Randzone  beschränkt  und  dehnt  sich,  was  namentlich  bei  Rana 
esculenta  der  Fall  ist,  nur  sehr  langsam  seitwärts  aus,  während  sie 
nach  der  Keimblasenhöhle  zu  sich  viel  rascher  vergrößert  und  sie  bald 
ganz  verdrängt  hat.  Vor  allen  Dingen  aber  kommt  es,  solange  die 
Embryonen  haben  beobachtet  werden  können,  überhaupt  nicht  zu  einer 
Aufnahme  des  Dotterfeldes  in  die  Urdarmhöhle,  wie  es  bei  der  nor- 
malen Entwickelung  durch  Kombination  zweier  Prozesse,  1)  der  Ein- 
stülpung und  2)  der  Ueberwachsung  durch  die  Urmuudränder  ge- 
schieht. Wie  es  bei  den  Teleostiern  und  den  Sauropsiden  während 
einer  langen  Periode  der  Entwickelung  der  Fall  ist,  bleibt  die  vege- 
tative Hälfte  der  Eikugel  in  großer  Ausdehnung  an  der  Oberfläche 
liegen.  Wenn  endlich  der  Urmundrand  sich  der  ganzen  Randzone 
des  Eies  entlang  entwickelt  und  zu  einem  Ring  geschlossen  hat,  ist 
ein  kolossal  weiter  Blastoporus  (Fig.  631  und  (332)  mit  einem  Dotter- 


Fig.  631  und  632.     Ei  von  ßana  fusca, 
^)^  rfi^raWÜH^^  dfis  nach  der  Befriichtüng-  in  einer  0,8-proz. 

Kochsalzlösung  gezüchtet  wurde.  Fig.  631 
vom  Eücken,  Fig.  632  von  der  Seite  ge- 
sehen. Nach  Oscar  Hertwig  (L.  K.  IV, 
1895,  Taf.  XX,  Fig.  3  und  4).  hw  Hirn- 
wulst, ur  Urmundrand.  dj  Dotterfeld. 
Fig.  631.  Fig.  632, 

pfropf  so  groß  wie  das  ganze  ursprüngliche  Dotterfeld  oder  wie  ^/g  der 
Eioberfläche  entstanden. 

Außerdem  ist  aber  auch  die  normale,  während  des  Gastrulations- 
prozesses  sich  vollziehende  Verwachsung  der  Urmundränder,  durch 
welche  das  Rückenfeld  gebildet  wird,  gehemmt  worden  oder  geht  viel- 
mehr in  verlangsamter  und  abgeänderter  Weise  vor  sich. 
Die  Folge  ist  eine  weitere  Uebereinstimmung  mit  der  Fischentwicke- 
lung, Der  quere  Hirnwulst  und  die  seitlichen  Medullarwülste  legen 
sich  zu  einer  Zeit  an,  wo  nur  eine  kleine  Strecke  vom  Rückenfeld 
des  Embryos  entstanden  ist.  Die  Entfernung  zwischen  querem  Hirn- 
wulst und  dorsaler  Urmundlippe  ist  eine  sehr  kleine,  und  dadurch  sieht 
die  Embryonalanlage  bei  ihrer  ersten  Anlage  ähnlich  wie  bei  den  Fischen 
aus,    bei   denen  sie  ja  auch  in  so  geringer  Entfernung  vom  Keimring 


Mißbildungen  und  Mehlfachbildungen.  971 

oder   rnnundrand   auftritt,    daß  Rauber  sie  deswegen  einen  Vorstoß 
desselben  genannt  hat.     (Vgl.  Fig.  ,'584  u.  39o.) 

Auch  bei  dem  Längenwachstum  des  embryonalen  Körpers  bleibt 
das  Dotterfeld  unbedeckt.  Es  nimmt  daher  der  Abstand  zwischen 
seinem  vorderen  Rand  und  dem  Ko])fende  des  Embryos  immer  mehr 
zu.  Da  nun  das  Material  zum  embryonalen  Längenwachstum  von  dem 
undifferenzierten  Teil  der  Urmundlipi)en  abstammt,  die  sich  inedian- 
wärts  zusammenschieben,  so  muß  die  Zellenbewegung  eine  von  der 
Norm  wesentlich  verschiedene  sein  (vgl.  hierüber  p.  737—745). 

Während  normalerweise  die  dorsale  Urmundlippe  bei  der  Kon- 
krescenz  über  das  Dotterfeld  nach  unserer  auf  p.  737  gegebenen  Dar- 
stellung herüberwandert,  ist  jetzt  von  einer  solchen  Bewegung  nach 
hinten  nichts  wahrzunehmen.  Es  muß  daher  durch  den  jüngst  ge- 
bildeten Rumpfabschuitt  der  ältere  Teil  in  entgegengesetzter  Richtung, 
also  nach  vorn,  gedrängt  werden. 

Endlich  entwickelt  sich  bei  den  in  Kochsalzlösung  gezüchteten 
Embryonen  das  Schwanzende  in  einer  Weise,  welche  an  die  bei  den 
Selachiern  beobachteten  Verhältnisse  erinnert.  Nachdem  schon  ein 
größerer  Teil  des  embryonalen  Körpers  entstanden  ist,  beginnt  an 
dem  das  Dotterfeld  einsäumenden  Urmuudring  der  Teil,  an  welchem 
der  Embryo  mit  seinem  hinteren  Ende,  wie  bei  den  Fischen,  ansitzt, 
sich  als  Höcker  von  dem  übrigen  Rand  abzugrenzen  und  wie  der 
Caudallappen  oder  die  Schwanzknospe  bei  den  Selachierenibryonen 
über  das  Dotterfeld  frei  hervorzuwachsen  (Fig.  633).  Während  bei  der 
normalen  Entwickelung  des  Frosches  hinter  dem  Schwanzhöcker  nur 
ein  kaum  bemerkbarer  Rest  der  LTrmundspalte  offen  bleibt  und  zum 
After  umgewandelt  wird,  erhält  sich  hier  eine  außerordentlich  weite, 
vom  großen  Dotterfeld  (df)  ausgefüllte  Oeftnung. 

Mit  einem  Wort,  durch  die  Einwirkung  von 
Kochsalz  in  bestimmter  Konzentration  auf  das 
Froschei  sind  die  Wachstums  Vorgänge  (Zellteilungen, 
Zellbewegungen  etc.)  so  beeinflußt  worden,  daß  die 
Gastrulation    und    Embryobildung    eines     holobla- 


Fig.  633.  Embryo  von  Eana  fusca,  welcher  nach  der 
Befruchtung  in  einer  0,6-proz.  Kochsalzlösung  4  Tage  lang 
gezüchtet  wurde,  halb  vom  Rücken  gesehen.  Nach  Oscar 
Hertwig  (L.  K.  IV,  1895,  Taf.  XX,  Fig.  16).  hp  Hirn  platte. 
s  Saum  des  Hornblattes  im  Umkreis  der  Hirnplatte,  seh 
Schwanzlappen,    ur  Urmundrand.     (//  Dotterfeld.  -~ ^' 

stischen  Eies  vielfache  Aehnlichkeiten  und  Uebereinstimmungen  mit 
dem  gleichen  Prozesse  des  meroblastischen  Eies  der  Fische  gewonnen 
hat. 

In  ähnlicher  Weise  wie  NaCl  wirkt  nach  den  von  Gurwitsch 
ausgeführten  Experimenten  Bromnatrium,  Lithiumchlorid,  Strychnin, 
(0,15 — 1  Proz.),  Coffein,  Nikotin  auf  die  Entwickelung  des  Frosch- 
eies ein.  Unter  ihnen  erwies  sich  „das  Lithiumsalz  als  das  am  stärksten 
formativ  einwirkende,  chemische  Medium". 

3.  Beeinflussung  des  TJrmundschlusses. 

L^ngleich  wichtiger  noch  für  das  Verständnis  embryonaler  Prozesse 
als  die  vorher  besprochenen  Abnormitäten  sind  Mißbildungen,  die  in 
der  Litteratur  als  Asyntaxia  medullaris  (Roux,  L.  K.  IV  1888)  oder  als 


972 


0.  IIertwig, 


Spina  bifida  (IIertwig,  L.  K.  IV  1892)  aufgeführt  werden.  Sie  sind 
bis  jetzt  in  der  Klasse  der  Amphibien,  der  Teleostier  und  Vögel  be- 
obachtet worden  und  kommen  zuweilen  sowohl  aus  uns  unbekannten 
Ursachen  in  der  Natur  zu  stände,  als  auch  können  sie  von  uns  experi- 
mentell durch  Vornahme  bestimmter  Eingriffe  hervorgerufen  werden. 
Nach  einer  1S92  näher  begründeten  Auffassung  entsteht  die  Spina 
bifida  dadurch,  daß  bei  Eiern,  die  vor  Beginn  der  Gastrulation  eine 
bestimmte  Schädigung  erfahren  lialjen,  in  der  Folgezeit  zwar  der  eine 
Teil  der  Gastrulation,  das  Einwandern  (Invagination)  von  Zellmaterial 


vor   sich   geht, 


dagegen 


der  Verschluß    des   Urniundrandes   entweder 


ganz 


oder  teilweise  unterbleibt.  Unter  diesen  Umständen  bilden 
die  Urmundränder ,  nachdem  sie  sich  in  ganzer  Ausdehnung  ent- 
wickelt haben,  z.  B.  bei  den  Amiihibien,  einen  großen  Ring,  welcher 
das  gesamte  Dotterfeld  einschließt  und  gleichsam  als  einen  enorm  ent- 
wickelten PtUSCONi'schen  Dotterpfropf  von  außen  am  Rücken  (Fig.  634, 

der  Hemmung  des  Urmund- 


635,   636)    sichtbar   bleiben  läßt.     Trotz 


Fig.  C34. 


Fig.  635. 


Fig.  636. 


Fig.  637. 


^  mir 


Fig.  634.  Mißbildung  von  Rana  fusca.  Während  am  Kopfende  sich  die 
Medullarwülste  entwickehi,  zeigt  das  hintere  Ende  einen  noch  weit  geöffneten  Ur- 
mund.  Nach  Hertwig  (L.  K.  IV  1892,  Taf.  XVI,  Fig.  27).  mir  Medullarwülste. 
um  Urmund  mit  Dotterpfroj^f. 

Fig.  635.  JVIißgebildeter  Froschembryo  mit  hochgradiger  Urmundspalte,  vom 
Eücken  aus  gesehen,  k  Kopf,  kd  Eingang  in  die  Kopf  darmhöhle,  nr  Urraund- 
rand.     ar  Afterrinne,     d  Dottermasse.     Nach  Hertwig. 

Fig.  636.  Mißbildung  von  Rana  fusca  mit  Verschluß  des  Urmundes  im  vordersten 
Abschnitt  des  Kopfes,  während  er  sonst  noch  in  großer  Ausdehnung  geöffnet  ist. 
Nach  Hertwig  (L.  K.  IV  1892,  Taf.  XVI,  Fig.  9).  /.•  Kopfende.  a\/ ^Eingang  in 
die  Kopfdarmhöhle,  vr  Urmundrand.  d  Freiliegender  Dotter,  sk  Schwanzknospe. 
ar  Afterrinne. 

Fig.  637.  Mißbildung  von  Rana  fusca  mit  Urmundspalte  vor  dem  Schwanz- 
ende, nach  Hertwig  (L.  K.  IV  1892,  Taf.  XVI,  Fig.  14).  Bezeichnungen  wie  in 
Fig.  635.    n  Naht. 


Schlusses,  durch  welche  die  ganze  Rückengegend  des  Embryos  nicht 
zustande  gekommen  ist,  gehen  die  Difterenzierungsprozesse  in  dem 
Zellenmaterial  der  Urmundränder,  welche  den  Rücken  durch  ihre  Ver- 
wachsung hätten  herstellen  sollen,  weiter  vor  sich;  nur  entsteht  jetzt 
auf  der  rechten  und  linken  Seite  des  Urmundringes  eine  halbe  Medullar- 
platte  (Fig.  638),  eine  halbe  Chordaanlage,  nur  eine  Reihe  von  Ur- 
segmenten  u.  s.  w.  Nach  dieser  Ansicht  beruht  also  die  Spina  bifida 
auf  einer  in  abnormer  Weise  fortbestehenden  Urmundspalte. 
Besonders  leicht  ist  die  Mißbildung  wieder 


auf  künstlichem  Wege 


Mißbildungen  und  Mehrfachbildungen.  973 

bei  Frosclieiern  liervorzunifen.  Oscar  Hertwig  erhielt  sie  in  großer 
Anzahl  zufällig  dadurch,  daß  er  Froscheier  vor  der  Befruchtung  in  dem 
Uterus  des  getöteten  Weibchens  in  der  feuchten  Glaskannner  längere 
Zeit  liegen  ließ  und  nach  1,  2,  3,  4  Tagen  eine  Portion  Eier  dem 
Uterus  entnahm  und  befruchtete.  Infolge  der  Schädigung  entwickeln 
sich  neben  normalen  Embryonen  in  immer  größerer  Menge  die  ver- 
schiedensten Abnormitäten,  darunter  besonders  auch  Embryonen  mit 
Spina  bifida,  die  man  auf  jüngeren  und  älteren  Stadien  zur  Unter- 
suchung konservieren  kann.  Auch  wenn  die  Froschweibchen  von  den 
Männchen  längere  Zeit  getrennt  werden,  so  daß  Ueberreife  eintritt, 
werden  die  Eier  nach  vorgenommener  Befruchtung,  wenn  auch  in  ge- 
ringerem Maße,  zur  Hervorbringung  der  Spina  bifida  prädisponiert. 

Noch  ein  anderes  Verfahren,  welches  Ftoux  angewandt  hat,  be- 
steht darin,  daß  mau  normale  Froscheier  nach  der  Befruchtung  auf 
irgend  einem  Teilungsstadium  oder  selbst  auf  dem  Stadium  der  Keim- 
blase und  auch  der  beginnenden  Gastrula  mit  der  erwärmten  Nadel 
am  vegetativen  Pol  oder  an  der  Randzone  oder,  wenn  die  Einstülpung 
schon  begonnen  hat,  in  ihrer  Nähe  vorsichtig  ansticht.  Je  früher  die 
Operation  geschieht,  eine  um  so  größere  Menge  von  Dotter  tiießt  an 
der  Operationsstelle  aus  der  Wunde  aus  und  bildet  ein  Extraovat. 
Auf  späteren  Stadien  wird  ein  kleiner  Zellenbezirk  zerstört.  Auch 
durch  derartige  Schädigungen  und  partielle  Zerstörungen  wird  im 
ziemlich  widerstandskräftigen  Froschei,  wenn  die  Entwickelung,  wie 
es  meist  geschieht,  ihren  Fortgang  nimmt,  Spina  bifida  (Asyntaxia 
medullaris)  erzeugt,  aber  verbunden  mit  Substauzdefekten ;  infolge- 
dessen kommen  anstatt  wohl  ausgebildeter  Embryonen  mit  Urmund- 
spalte  Embryonen  zu  stände,  denen  ein  Teil  des  Urmundringes,  ^/^ 
oder  gar  die  Hälfte,  fehlt  (Hemiembryones  laterales  oder  anteriores 
(Roux). 

Einen  Einblick  in  die  Natur  der  Mißbildungen  mit  Spina  bifida 
welche  im  einzelnen  mannigfache  Variationen  untereinander  darbieten, 
geben  die  Oberflächenansichten  (Fig.  ßoi — 637)  und  einige  Querschnitte 
von  jüngeren  und  älteren  Entwickelungsstadien  der  Urmundspalte 
(Fig.  638—639). 

Einen  geringeren  Grad  zeigt  Fig.  634,  die  Rückenansicht  eines 
Eies,  bei  welchem  am  ziemlich  normal  entwickelten  Kopfende  die 
Medullarwülste  sich  w^eit  über  die  Oberfläche  erhoben  haben  und  zum 
Verschluß  einander  zugeneigt  sind,  dessen  hintere  Hälfte  dagegen 
eine  Entwickelungshemmung  darbietet.  Denn  während  auf  diesem 
Entwickelungsstadium  der  Ürmund  so  weit  geschlossen  und  verengt 
ist,  daß  man  ihn  kaum  noch  erkennen  kann,  stellt  er  hier  ein  weites 
Loch  dar,  fast  von  der  Größe  des  ursprünglichen  Dotlerfeldes,  das 
jetzt  als  RuscoNi'scher  Dotterpfropf  aus  ihm  hervorsieht;  zugleich  ist 
er  ringsum  von  den  nach  hinten  fortgewachsenen  Medullarwülsten  ein- 
gefaßt, die  sich  in  geringer  Entfernung  von  der  Urmundlippe  aus 
dem  Ektoderm  im  Anschluß  an  die  Hirnplatte  entwickelt  haben.  Das 
Bild  läßt  sich  den  normalen  Befunden  bei  manchen  Vogelembryoneu 
(Fig.  522)  vergleichen,  bei  denen  am  Grunde  der  Medullarfurche  die 
hier  allerdings  außerordentlich  enge  Ausmündung  des  Canalis  neur- 
entericus  zu  erblicken  ist. 

Viel  erheblicher  weichen  die  in  den  Figg.  635 — 637  abgebildeten 
Mißbildungen  von  der  Norm  ab.  Es  läßt  sich  dies  auf  den  ersten 
Blick   schon   daran   erkennen,   daß   der  in  der  Mitte  des  Rückens  ge- 


974 


0.  Hertwig, 


legene  Dotterpfropf  sowohl  größer  als 
nach   dem  Koi)feiule   zu 

also   noch    mehr   den 

die   Embryonen,    mit 

älter  als  im  ersten 
Am  Kopfhöcker  hat  sich  schon  die  Medullarrinne  der  Figg.  684 

0:35  zum  Hirnrohr  (Fig.  630—687)  geschlossen;   die  Hörbläschen 


hier 

sind 

nach 

ziert. 

und 


vorgeschoben 
vordersten 
Ausnahme 


in  Fig.  684  ist  als  auch  weiter 
ist.  Die  Urmundspalte  betriti't 
Teil  des  Rückens.  Gleichwohl 
von  Fig.  686,  ihrer 


Ausbildung 


Fall.    Denn  ihre  Organe  sind  weiter  dift'eren- 

Figg. 


vom   Ektoderm    abgeschnürt.     Die  Plaftscheiben    sind  an 
des  Koptliöckers   angelegt;   am   hinteren  Ende   ist 


sind   bereits 

der  unteren   Seite 

der  Urmundrand  zu  2  Höckern  verdickt,  welche,  wie  die  weitere  Ent- 

wickelung  lehrt,   die  Schwanzknoten  {sk)  sind  und  eine  rinnenförmige 

Verlängerung  des  Blastoporus  zwischen  sich  fassen,  aus  welcher  später 

der  After  hervorgeht. 

An  der  Grenze  zwischen  Kopfhöcker  und  vorderem  Rand  des 
Dotterpfropfes  findet  sich  eine  tiefere  Rinne,  welche  man  an  Median- 
schnitten in  die  Kopfdarmhöhle  verfolgen  kann.  Auf  einem  Quer- 
schnitt (Fig.  688)  durch  die  Mitte  von  Fig.  635  sieht  man  die  Be- 
des  Dotterpfropfes   oder    die  seitlichen  Urmundränder  voll- 


grenzung 


ständiü-  in  die  Rückenorgane 


ditferenziert. 
eine 


Link.' 


s 


und  rechts  liegt  eine 
halbe  Medullarplatte,  darunter  eine  Chorda  und  an  beide  schließt  sich 
ventralwärts  links  und  rechts  das  mittlere  Keimblatt  an,  das  sich  schon 
in  Ursegmente  und  Seitenplatten  zu  sondern  beginnt.  Das  Anlage- 
material  für   Nervenrohr    und    Chorda,   welches  durch  das  Ausbleiben 


Fig.  638. 


Fig.  639. 


■"^^r- 


'/^^-^■^  Vir 
I  \m7&  -  US 


,V 


^^*=>=iia-rssi^'' 


Fig.  638.  Querschnitt  durch  das  hintere  Drittel  des  Eumpfes  der  in  Fig.  635 
abgebildeten  Mißbildung,  mp  Medullarplatte.  v  Verbindungsstelle  der  Medullar- 
platte mit  dem  Dotter,     ch  Chorda,     mk  mittleres  Keimblatt. 

Fig.  639.  Querschnitt  durch  das  vordere  Drittel  des  Eumpfes  im  Bereich  der 
Urmundspalte  der  in  Fig.  636  abgebildeten  Mißbildung  von  Eana  fusca,  nach  Hert- 
wig (L.  K.  IV,  1S92,  Tat.  XVIII,  Fig.  3).  mr  Medullarrohr.  ch  Chorda,  us  Ur- 
segment. 


des  Urmundschlusses  in  zwei  Hälften  gespalten  ist,  macht  trotzdem, 
je  älter  der  Embryo  wird,  Fortschritte  in  seiner  Entwickelung.  So 
hat  sich  beim  älteren  Embryo  der  Fig.  686,  bei  welchem  am  Kopf- 
ende sich  die  in  Fig.  685  noch  offene  Hirnplatte  zum  Hirnrohr  ge- 
schlossen hat,  auch  nach  rückwärts  in  dem  Umkreis  der  Urmundspalte 
die  halbe  Medullarplatte  zu  einem  Kervenrohr  geschlossen  (Fig.  689), 
das  vom  Hornblatt  bedeckt  ist.  Daß  dieses  Rohr  kein  normales  Rücken- 
mark ist,  erkennt  man  leicht  an  dem  Umstand,  daß  nur  seine  laterale 
Wand  verdickt  und  aus  spindeligen  Zellen  zusammengesetzt  ist,  die 
mediale  dagegen  nur  aus  einer  einfachen  Lage  platter  Zellen  besteht 
und  weiter  nichts  als  ein  Verschlußhäutchen  darstellt. 


Mißbildungen  und  Mehrfachbildungen. 


975 


Die  Embryonen  mit  Urmiinds])alte  haben  in  ihrer  Entwickelung 
noch  bis  zur  Äusl)ihlung'  der  Vorniere,  der  Kiemen  und  des  Schwanzes 
verfolgt  werden  können.  Interessant  ist  hierbei  zu  beobachten,  wie 
nachträglich  in  den  allermeisten  Fällen  doch  schließlich  eine  sehr  er- 
hebliche Verkleinerung  der  Urmundspalte,  zuweilen  sogar  ihr  voll- 
ständiger \'erschluß  eintritt.  \'om  Kopfende  aus  rücken  nämlich  die 
schon  weit  differenzierten  Rumi)fhälften  nach  der  Medianebene 
näher  aneinander,  indem  sie  über  den  Dotterpfropf  ähnlich  wie  auf 
einem  früheren  Stadium  und  unter  normalen  Verhältnissen  herüber- 
wachsen. Der  Abstand  zwischen  beiden  Medullarröhren  und  beiden 
Chorden  verkleinert  sich,  bis  ein  Epidermishäutcheu  zwischen  ihnen 
einen  Verschluß  herstellt  (Fig.  640).  Dann  legen  sie  sich  noch  weiter 
bis  zur  Berührung  aneinander.  Die  Höhlungen  der  zusarameuge- 
schmiegteu  halben  Medullarröhren  werden  jetzt  nur  durch  eine  dünne 
Scheidewand  getrennt,  die  durch  Verschmelzung  der  oben  erwähnten, 
dünnen  Verschlußhäutchen  entstanden  ist.  Später  reißt  auch  die 
Scheidewand  ein ,  es  fließen  beide  Hohlräume  in  einen  einzigen 
Centralkanal  zusammen.  Ebenso  kann  es  zu  einer  Verschmelzung 
der  linken  und  rechten  Chorda  kommen,  nachdem  sie  bis  zur  Be- 
rührung zusammengetreten  sind. 

Was  die  beiden  Schwanzknospen  betrifft,  so  beobachtete  ich  häufig 
während  längerer  Zeit  ein  getrenntes  Fortwachsen  derselben  (Fig.  641). 
Die  Folge  davon  ist  Spaltung  des  Körpers  nach  hinten  in  einen  Doppel- 
schwanz mit  Nervenrohr,  Chorda  und  Schwanzdarm,  aber  auch  hier 
kommt  es  gewöhnlich  noch  zu  einer  nachträglichen  Vereinigung,  die 
an  der  Schwanzwürzel  über  der  Aftergrube  beginnt  (Fig.  642).  Während 


Fig.  640. 


Fiff.  041. 


Fig.  642. 


Fig.  640.  Querschnitt  durch  eine  Mißbildung  von  Rana  fusca  mit  Urmund- 
spalte, etwas  vor  dem  Dotterpfropf,  nach  Hertwig.  ch  Chorda,  d  Darm.  ?ts 
Ursegment.  wg  WoLFF'scher  Gang,  r  Verbindung  zwischen  beiden  Eückenmarks- 
hälften  {mr). 

Fig.  641.  Mißbildung  von  Rana  fu.sca  mit  normal  entwickeltem  Kopfende,  Ur- 
mundspalte in  der  Mitte  des  Rückens  und  Auftreten  der  Schwanzknospen.  Nach 
Hertwig  (L.  K.  IV,  1892,  Taf.  XVI,  Fig.  13).  l-  Kopf,  d  im  Urmundspalt  frei- 
liegender Dotterpfropf,     ur  Urmundrand.     sk  Schwanzknospe,     ar  Afterrinne. 

Fig.  642.  Querschnitt  durch  das  Schwanzende  eines  Embryos  von  Rana  fusca 
mit  teilweise  rückgebildeter  Urmundspalte.  Nach  HERT^^^G'(L.  K.  VI,  1892, 
Taf.  XIX,  Fig.  24).  di  halbe  Chorda,  d  Darm,  us  Ursegment.  mr  halbes 
Medullarrohr.     ii  Flossensaum. 


äußerlich  ein  einfaches  Schwanzende  entsteht,  an  welchem  sich  dorsal 
und  ventralwärts  die  Haut  zu  einem  einfachen  Flossensaum  erhebt, 
können  im  Innern  noch  längere  Zeit  2  Nervenrohre  {mr)  und  2  Chorda- 
stränge {ch)  getrennt  nebeneinander  liegen.   In  anderen  Fällen  (^Fig.  643) 


976 


0.  Hertwig, 


scheint  die  Trennung  des  Schwanzes  in  zwei  Hälften  dauernd  erhalten 
zu  bleiben. 

Ein  häufiger  Befund  bei  älteren  niißbildeten  Embryonen  ist  der 
Fortbestand  eines  Restes  des  Urmundes  als  ein  kleines  Loch  in  der 
Lumbaigegend    vor    der   Schwanzwurzel   (Fig.   644).     Damit   ist   denn 


Fig.  ()48. 


IV,  1892,  Taf.  XVI,  Fig.  22). 
h  Haftnäpfe. 


Fig.  643.  Mißbildung  von 
Eana  fusca  mit  gespaltenem 
Schwänzende.  Nach  Hertwig 
(L.  K^  IV,  1892,  Taf.  XVI, 
Fig.  10-  T<i  Kiemen,  ar  After- 
rinne. Is,  rs  linke  und  rechte 
Schwanzhälfte. 

Fig.  644.  Weit  entwickelter 
Embryo    von     Rana    fusca    mit 

rechtwinklig  umgebogenem 
Schwanzende  und  einer  kleinen, 
kaum  sichtbaren  Oeffnung  am 
Rücken,  dem  Rest  einer  Urmund- 
spalte.  Nach  Hertwig  (L.  K. 
lim.  Rest  des  Urmundes.    a  After,    sf  Schwanzflosse. 


immer  auch  eine  Spaltung  des  Nervenrohres  in  der  betreffenden 
Gegend  in  eine  linke  und  eine  rechte  Hälfte  verbunden.  Aeußerlich 
sind  solche  Embryonen  leicht  daran  zu  erkennen,  daß  der  Schwanz 
unter  rechtem  Winkel  dorsalwärts  gebogen  und  mit  der  Spitze  dem 
Kopfende  genähert  ist.  Schon  auf  frühen  Entwickelungsstadien  be- 
ginnt sich  diese  eigentümliche  Krümmung  an  der  Rückenfläche  bei 
Froschembryonen  mit  Spina  bifida  bemerkbar  zu  machen. 

Zu  den  Mißbildungen  mit  Urmundspalte  rechne  ich  auch  die  von 
Roux  beschriebenen  Hemiembryones  laterales,  welche  durch  Anstich 
mit  der  erwärmten  Nadel  erhalten  wurden.  Weil  die  Schädigung  des 
Eies  infolge  des  Einstiches  mehr  auf  eine  bestimmte  Stelle  beschränkt 
ist,  an  welcher  der  Dotter  geronnen  und  ein  Extraovat  entstanden  ist, 
kann  sich  kein  ringförmiger,  geschlossener  Urmundrand  ausbilden.  Er 
zeigt  eine  Unterbrechung  an  der  besonders  geschädigten  Stelle.  So 
kommen  Embryonen  zu  stände,  bei  denen  nach  hinten  von  einem 
kurzen  Kopfende  nur  auf  einer  Seite  des  Dotterpfropfes  aus  dem  zur 
Ausbildung  gelangten  Teil  des  Urmundrandes  eine  halbe  Medullar- 
platte  und  Chorda  entstanden  ist,  während  auf  der  Gegenseite  ein 
Urmundrand  entweder  infolge  der  Zerstörung  gar  nicht  hat  entstehen 
können  oder  in  der  Entwickelung  weit  zurückgeblieben  ist. 

Eine  andere  Auffassung  als  die  hier  vertretene  über  das  Zustande- 
kommen eines  Hemiembryo  lateralis  hat  Roux  ausgesprochen.  Er 
glaubt,  daß  durch  die  ersten  Teilungen  schon  im  Ei  das  Anlagematerial 
für  die  linke  und  rechte  Körperhälfte,  für  Schwanz-  und  Kopfende 
voneinander  gesondert  würden  und  daß  Hemiembryonen  deswegen 
entstanden  sind,  weil  durch  den  Anstich  das  Anlagematerial  für  die 
eine  Hälfte  zerstört  worden  sei.  (Nähere  Auskunft  über  diese  Streit- 
frage findet  man  Kap.  II,  p.  626—633.) 

Außer  beim  Frosch  ist  ein  Embryo  mit  Urmundspalte  nur  einmal 
bei  Salamandra  maculata  beobachtet  und  von  Klaussner  ab- 
gebildet worden.  Kopf  und  Schwanz  sind  einfach  und  erheben  sich 
als  Höcker  senkrecht   über  die  Dotterkugel.     Der 


zwischen  ihnen  ge- 


Mißbildungen  und  Mehafachbildungen.  977 

legene,  wie  eiu  Sattel  eingekrümmte  Rücken  des  Rumpfes  ist  in  zwei 
Hälften  gespalten,  deren  jede  im  Halbbogen  die  sehr  ansehnliche,  von 
Dotter  ausgefüllte  Urmundspalte  umfaßt. 

Entsprechende  Mißbildungen,  wie  bei  den  Amphibien,  sind  schon 
viel  früher  bei  den  Knochentischen  von  Lereboullet  (L.  K.  IV,  1863) 
und  ÜELLACHER  (L.  K.  IV,  187o),  in  neuerer  Zeit  von  Rauber 
(L.  K.  IV,  1879)  beobachtet  und  endlich  von  Kopsch  (L.  K.  IV, 
1899)  auch  auf  experimentellem  Wege  dargestellt  worden. 

Lereboullet  hat  seine  grundlegenden  Untersuchungen  an  den 
verhältnismäßig  kleinen  und  durchsichtigen  Hechteiern  ausgeführt.  Bei 
der  künstlichen  Befruchtung  eines  wohl  nicht  mehr  ganz  normalen 
Materiales  erhielt  er,  abgesehen  von  ziemlich  zahlreichen  Mehrfach- 
bildungen mit  2  und  3  Köpfen,  auch  sehr  verkümmerte  Embryonen 
ohne  Kopf  und  endlich  die  uns  hier  interessierenden  Mißbildungen, 
die  in  jeder  Beziehung  den  eben  beschriebenen,  mißbildeten  Frosch- 
embryonen entsprechen.  Es  waren  Embryonen,  die  vorn  einen  ein- 
fachen Kopf  und  hinten  einen  einfachen  Schwanz  besaßen,  in  ihrer 
Mitte  aber  aus  2  Körpern  bestanden,  die  derart  voneinander  getrennt 
waren,  daß  sie  einen  mehr  oder  minder  großen,  elliptischen  Ring 
bildeten. 

Jede  Hälfte  des  Ringes  stellt  bei  genauer  Untersuchung  nur  die 
Hälfte  eines  Rumpfes  dar.  Denn  Lereboullet  fand  auf  jeder  Seite 
nur  eine  Rückenmarkshälfte  und  eine  Chordahälfte,  die  sich  jedoch 
nach  vorn  im  einfachen  Kopfteil  zu  einem  Noi'malrückenmark  und 
einer  Normalchorda  verbanden.  Ferner  bemerkte  er  auf  jeder  Seite 
eine  einfache  Reihe  von  Ursegmenten.  welche  die  äußere  Seite  jedes 
Halbringes  einnahmen,  so  daß  es  aussah,  als  ob  man  das  Resultat  einer 
Längsteilung  eines  einfachen  Embryos  in  zwei  symmetrische  Hälften  vor 
sich  habe.  Auch  besaß  der  einfache  Kopf  nur  2  Augen  und  2  Hör- 
bläschen. Dagegen  war  in  jeder  Hälfte  sehr  häufig  ein  besonderes 
Herz  aufzufinden,  eine  Verdoppelung,  welche  sich  ontogenetisch  ja 
sehr  leicht  aus  der  paarigen  Anlage  des  Herzens  erklärt. 

Fig.  646. 

Fig.  645.     Hechtembryo  mit  ^fT^ 

Spina  bifida  am  Ende  des  3.  Tages. 
Nach  Lereboullet.    d  frei  lie-  Fig.  645. 

gender,    die    Urmundspalte    aus- 
füllender Dotter.    US  Ursegmente.  ^        t-     ''■        ^^^         pjo-.  547, 

Fig.  646.  Hechtembryo  der 
Fig.  645  am  7.  Tage,  Nach  Lere- 
boullet. Dieselben  Bezeich- 
nungen wie  in  Fig.  645.  hb 
Hörbläschen,  m  Eückenmarks- 
hälfte  im  Umkreis  der  Urmund- 
spalte. 

Fig.  647.  Keimwulst  eines 
Hechteies  von  50  Stunden.  Kopie 
nach  Lereboullet  (L.  K.  IV, 
1863,  Fig.  32). 


Wenn  die  Embryonen  einige  Zeit  zu  leben  fortfahren,  so  nähern 
sich  die  beiden  Halbkörper,  ganz  wie  bei  der  Urmundspalte  des  Frosch- 
eies,   und   verschmelzen   in  der   Medianebene  so  weit,   daß  schließhch 

Handbuch  der  Entwickelungslehte.     I.  g2 


US 


978  0.  Hertwig, 

nur  nocli  eine  sehr  kleine,  ringförmige  Ocffnung  am  Ursprung  des 
Schwanzes  übrig  l)leibt.  „La  duplicite  embryonnaire",  schließt  daher 
Lereboullet,  „provieut  ici  de  la  Separation  des  parties  symmetriques 
de  l'embryon  normal.  C'est  ce  qui  m'a  fait  dire  que  les  deux  corps 
embryonnaires  dans  ces  anomalies  ne  sont  en  realite  que  des  demi- 
corps." 

Lereboullet  konnte  beim  Hecht  auch  die  erste  Entstehung  der 
Mißbildung  aus  dem  ringförmigen  Keimvvulst  (bourrelet  embryogene) 
beobachten  (Fig.  (547).  Bei  anomalen  Eiern  entwickelte  derselbe 
nur  eine  kurze  und  dicke  Kopfanlage,  die  sich  aber  zunächst  nicht 
weiter  nach  hinten  zum  Rumpf  verlängerte ;  dagegen  wurde  der  Keim- 
wulst selbst  (wenn  er  sich  in  den  Urmundrand  umwandelt),  in  ganzer 
Ausdehnung  außergewöhnlich  dick  und  zei'iiel  alsbald  in  eine  Reihe 
einzelner  Ursegmente  in  derselben  Weise,  wie  sie  sich  sonst  zur  Seite 
des  Medullarstranges  bei  einem  normalen  Embryo  anlegen.  Die  beiden 
Reihen  vereinigten  sich  später  nach  vorn  im  Anschluß  an  die  Kopf- 
anlage, nach  hinten  in  der  Region,  welche  später  dem  Schwanz  den 
Ursprung  giebt. 

Aehnliche  junge  Stadien  unserer  Mißluldung  hat  Rauber  gelegent- 
lich auch  bei  Eiern  der  Forelle  und  des  Salmens  aufgefunden  (Fig.  648 
und  649).     Nur  ein  bald  kleineres,   bald  größeres  Stück  der  vorderen 

Fig.  648.  Fig.  649. 


/ 


r    61 


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];/!•  /  ---V*/'  kr         u       mi      u 

u  u 

Fig.  648.  Spaltbildung  (Dehiscenz)  der  vorderen  Embryonalanlage  von  der 
Forelle,  16  Tage  nach  künstlicher  Befruchtung.  Nach  Rauber  (L.  K.  IV,  1879*, 
Taf.  XLI,  Fig.  20).  hl  dünner  Teil  der  Keimhaut,  a  Gegend  der  Augenblase. 
V  Kopfende,  ks  in  die  Rückenorgane  sich  sondernde  Urmundränder  (Keimstreifen). 
kr  Keimring  (Umwachsungsrand).  u  Haken  der  Embryonalanlage  oder  die  zum 
Knopf  entwickelte  Gegend  des  Urmundrandes.    mi  Membrana  intermedia. 

Fig.  649.  Spaltbildung  (Dehiscenz)  der  vorderen  Embryonalanlage  vom  Salmhng, 
16  Tage  nach  Befruchtung.  Nach  Rauber  (L.  K.  IV,  1879*,  Taf.  XLI,  Fig.  20). 
Bezeichnungen  wie  in  Fig.  648. 

Embryonalanlage  w^ar  normal  entwickelt,  das  sich  daran  anschließende 
Stück  des  Rumpfes  aber  gespalten  und  durch  einen  ansehnlichen 
Zwischenraum  in  zwei  Hälften  getrennt.  Zwischen  diesen  spannte 
sich  ein  feines  Epidermishäutcheu  über  den  Dotter  aus.  Rauber  er- 
klärt ebenfalls  die  Spaltbilduug  aus  einer  mangelnden  Konjunktion 
des  Keimrandes.  Linke  und  rechte  Hälfte  des  Keimringes  haben  sich 
in  Organe  schon  differenziert,  ohne  sich  in  der  Mittellinie  einander 
genähert  und  zur  normalen  Embryonalanlage  verbunden  zu  haben. 

Die  Beobachtungen  von  Oellacher  sind  besonders  dadurch  be- 
merkenswert, daß  sie  sich  auf  Embryonen  mit  Spina  bifida  beziehen, 
die  schon  auf  einem  weit  vorgerückten  Entwickelungsstadium  stehen. 
Oellacher   erhielt   seine   Mißbildungen,   die   er   Mesodidymi  nannte. 


Mißbildungen  und  Mehrfachbildungen.  979 

in  großer  Zahl  aus  einer  Zucht  von  Saiblingseiern,  die  er  künstlich 
befruchtet  hatte.  In  den  extremsten  Fällen  war  die  Spaltung  sehr 
tief  und  vom  Ohrbläschen  bis  in  den  Schwanz  hinein  ausgedehnt;  bei 
einem  anderen  Teil  war  sie  nur  auf  eine  kurze  Strecke  des  Leibes  be- 
schränkt. 

Bei  der  Untersuchung  auf  Querschnitten  wurden  die  paarigen 
Organe,  wie  Augen,  Hörbläschen,  Urnieren,  Brust-  und  Bauchtlossen. 
niemals  in  vermehrter  Anzahl  von  Oellacher  gefunden.  Verdoppelt 
fanden  sich  dagegen  alle  un})aaren,  der  Medianebene  angehörigen 
Organe,  in  erster  Linie  das  Rückenmark  und  die  Chorda,  außerdem 
aber  auch  noch  in  vielen  Fällen  der  Darmkanal  und  die  aus  ihm  her- 
vorsprossende Leber.  Von  einer  zur  anderen  Rumpfhälfte  schlägt 
sich,  den  kleinen  Zwischenraum  überbrückend,  sowohl  die  Epidermis 
als  auch  das  Darmdrüsenblatt  herüber,  letzteres,  indem  es  dem  Dotter 
unmittelbar  aufliegt.  Durch  die  Verdoppelung  von  Herz.  Darm  und 
Leber  herrscht  zwischen  Fisch-  und  entsprechenden  Frosch-Mißbildungen 
ein  bemerkenswerter  Unterschied,  der  sich  übrigens  leicht  aus  den 
Verschiedenheiten  erklären  läßt,  die  schon  bei  der  normalen  Entwicke- 
lung  von  Herz  und  Darm  zwischen  holoblastischen  und  meroblastischen 
Eiern  bestehen. 

Auch  bei  Fischembrvonen  kann  die  Spaltbildung,  welche  in  den 
Anfangsstadien  der  Entwickelung  entsteht,  später  mehr  oder  minder 
durch  nachträgliche  Verwachsung  wieder  rückgängig  gemacht  werden. 
So  stellte  Oellacher  an  Querschnittserien  durch  ältere  Embryonen 
fest,  daß  die  Verdoppelung  der  medianen  Organe  sich  noch  eine  Strecke 
weit  in  äußerlich  einfach  erscheinende  Körperteile,  Kopf  und  Schwanz, 
fortsetzt  und  dabei  allmählich  in  den  Normalzustand  übergeht.  Hierbei 
vereinigen  sich  zuerst  wieder  die  beiden  Darmschläuche  zur  einfachen 
Anlage,  dann  die  beiden  Rückenmarkshälfteu  und  zuletzt  die  beiden 
Chordastränge,  wie  es  ja  auch  bei  den  Froschembryonen  der  Fall  war. 

Die  Vereinigung  der  beiden  Körperhälften  war  bei  älteren  Miß- 
bildungen, die  nach  dem  Ausschlüpfen  aus  der  Eihülle  ihren  Dotter- 
sack schon  seit  1 — 2  Wochen  verloren  hatten,  äußerlich  vollständig 
durchgeführt.  „Niemand  würde  dieselben",  bemerkt  Oellacher,  „für 
Mesodidymi  halten,  der  nicht  die  eigentümlichen  Verkrümmungen  solcher 
in  früheren  Stadien  beobachtet  hat.  in  Stadien,  in  denen  die  innere 
Duplicität  noch  äußerlich  deutlich  erkennbar  war."'  Auch  dies  er- 
innert an  entsprechende  Zustände  von  älteren,  ausgeschlüpften  Frosch- 
larven (Fig.  044). 

Die  Parallele  zwischen  den  mißgebildeten  Frosch-  und  Fisch- 
embryonen läßt  sich  noch  weiter  durchführen.  Wie  bei  Froschlarven 
die  Spaltbildung,  auch  nachdem  nach  vorn  wieder  eine  nachträgliche 
Vereinigung  erfolgt  ist,  noch  am  Schwanzabschnitt  (Fig.  643)  fort- 
bestehen kann,  so  auch  beim  Saibling.  Den  Mesodidymi  hat  Oel- 
lacher solche  Formen  als  Katadidymi  (Fig.  650)  angereiht. 

Die  Frage,  ob  beim  Fischembryo  eine  Verwachsung  des  Keim- 
randes zu  Stande  kommt,  haben  Forscher,  wie  Rückert,  Kastschenko, 
Morgan  und  Kopsch,  auch  auf  experimentellem  Wege  zu  entscheiden 
gesucht.  Namentlich  hat  Kopsch  durch  geschickte,  operative  Ein- 
griffe an  Selachier-  und  Forellenkeimen  eine  größere  Reihe  von  Miß- 
bildungen erhalten,  ähnlich  den  von  Lereboullet,  Oellacher  und 
Rauber  gezüchteten  Formen.  Entweder  bevor  oder  bald  nachdem 
am  hinteren  Rande  der  Keimscheibe  die  Embryonalanlage  sich  differen- 

62* 


980 


0.  Hertwig, 


ziert  hatte,  zerstörte  Kopsch  auf  einer  Seite  derselben  bald  in  größerer,^ 
bald  in  geringerer  Entfernung  durch  eine  Operation  eine  kleine  Strecke 
des  Keiniringes.  Die  Ergebnisse  waren  sehr  wechselnde,  was  ver- 
ständlich ist,  da  der  operative  Eingriff  nicht  ein  wie  das  andere  Mal 
ausfällt.  Zuweilen  wurden  auf  diesem  Wege  Spaltbildungen  erhalten^ 
die  den  oben  beschriebenen  sehr  ähnlich  und  dadurch  besonders 
wichtig  sind,  daß  sie  auf  sehr  frühen  Stadien  konserviert  wurden. 


Fig.  651. 


Fig.  652. 


hb 


r 

US 


kn 


Fig.  650.  Katadidyrnus  eines  Embryos  vom  Saibling.  Nach  Oellacher  (L. 
K.  IV,  1873).  d  frei  liegender,  die  Urmimdspalte  aiisfüllender  Dotter,  c  die  nicht  zur 
Vereinigung  gelangten  Schwanzenden  des  Rumpfes. 

Fig.  651.  Embryo  von  Trutta  fario  mit  16  Ursegmenten.  Experimentell  er- 
zeugte hintere  Spaltbildung.  Nach  Kopsch  (L.  K.  IV,  1899,  Taf.  XV,  Fig.  1).  hh 
Hörbläschen,     ms  Ursegmente.     kn  Knopf,     r  Rückenmarkshälfte. 

Fig.  652.  Embryo  von  Trutta  fario  mit  16  Ursegmenten  der  linken,  18  Ur- 
segmenten der  rechten  Körperhälfte.  Nach  Kopsch  (L.  K.  IV,  1899,  Taf.  XVI, 
Fig.  9).     kn  Knopf,     us  Ursegmente.    r  Rückenmarkshälfte,     sp  Urmundspalte. 


gestellt 


Zwei  derartige  Embryonen  sind  in  den  Figg.  651  und  652  dar- 
Sie  wurden  dadurch  gew^onnen,  daß  ungefähr  24  Stunden 
vor  dem  Auftreten  des  Knopfes  genau  in  der  Medianlinie  der  erst 
später  erscheinenden  Embryonalanlage  die  Zellen  des  äußersten  Rand- 
ringabschnittes mittels  des  elektrischen  Stromes  behandelt  wurden, 
einer  Methode,  welche  ich  auf  das  Froschei  zuerst  als  Ersatz  der  von 
Roux  ausgebildeten  Operationsweise  des  Einstiches  mit  der  erwärmten 
Nadel  angewandt  hatte.  Der  eine  Embryo  (Fig.  651)  zeigt  nach  Durch- 
färbung und  in  auffallendem  Licht,  daß  die  beiden  Körperhälfteu  von 
der  Gegend  der  Gehörbläschen  an  voneinander  getrennt  sind  durch 
eine  Lücke,  welche  mit  dem  Dotterloch  zusammenhängt.  An  jeder  Hälfte 
sind  Medullarrohr,  eine  Urwirbelreihe  {us),  der  Knopf  {kn)  und  die  Reliefs 
am  Kopf  deutlich  zu  erkennen.  Beim  zweiten  Embryo  (Fig.  652)  ist 
die  Umwachsung  des  Dotters  weiter  vorgeschritten;  die  beiden  Körper- 
hälften liegen  näher  aneinander;  der  zwischen  ihnen  befindhche  Spalt 
und  auch  das  vom  Randring  umfaßte  Dotterloch  werden  von  einem 
Zellhäutchen,  der  Deckschicht,  überzogen,  unter  welcher  im  Dotter 
zahlreiche  rundliche  Kerne  des  Dottersyncytiums  liegen. 


Mißbildungen  und  Mehrfachbildungen.  981 

Andere  Experimente,  bei  welchen  in  geringer  Entfernnng  links 
oder  rechts  von  der  Mittellinie,  der  Gegend  der  ersten  Einstülpung, 
operiert  wurde,  lieferten  Embryonen,  welche  aus  einem  bilateralem 
längeren  oder  kürzeren  Kopfabschnitt  nebst  einem  daran  sich  anfügenden, 
halljen  Kunii)f  l)estanden.  Sie  entsprachen  also  den  Ilemiembryones 
laterales,  welche  Roux  mit  seiner  Anstichmethode  aus  Froscheiern  ge- 
züchtet hat. 

Auf  Grund  seiner  Experimente  am  Forellenei  ist  Kopsch  hin- 
sichtlich der  Entstehung  der  Rückenorgane  aus  Verschmelzung  der 
Urmundränder  zu  einer  Auffassung  gekommen,  von  welcher  meine 
Darstellung  etwas  abweicht.  An  dem  zelligen  Randring  unterscheidet 
er  zwei  Bezirke,  einen  embryobildenden,  den  schraffierten  Bezirk  der 
Fig.  653,  und  einen  nicht  direkt  embryobildenden,  den  nicht  schraffierten 

Figr.  653.' 

Fig.  654. 


Fig.  653.  Schema  einer  Forellenkeimscheibe,  24  Stunden  nach  der  Bildung 
des  ersten  Umschlages.  Der  embryobildende  Bezirk  ist  durch  Strichelung  bezeichnet. 
Nach  Kopsch  (L.  K.  IV,  1896). 

Fig.  654.  Stadium  der  rautenförmigen  Embryonalanlage  eines  Forellenkeims. 
Die  in  Fig.  653  und  654  sich  entsprechenden  Bezirke  sind  durch  gleichartige  Striche- 
lung ausgezeichnet.  Nach  Kopsch  (L.  K.  IV,  1896).  K  Kopfteü  des  embryobildenden 
Bezirks.    B  Knopf. 

Bezirk,  An  dem  embryobildenden  Bezirk,  welcher  an  der  Stelle  der 
ersten  Einstülpung  gelegen  ist,  unterscheidet  er  noch  weiter  einen  der 
Medianlinie  näher  gelegenen  Teil  {K),  aus  dessen  Zellen  der  Kopf 
des  Embryos  entsteht,  und  jederseits  lateral  von  diesem  Bezirke  Zellen- 
gruppen  {E),  welche  im  Laufe  der  Entwickelung  in  der  Medianlinie 
zusammenkommen  und  sich  zum  Knopf  vereinigen.  Den  Knopf  stellt 
er  sich  als  ein  Wachstumscentrum  vor,  von  welchem  Rumpf  und 
Schwanz  entwickelt  werden ;  hierbei  sollen  auch  Zeilen  des  nicht  direkt 
zum  Aufbau  des  Embryos  verwendeten  Teiles  des  Randrings  im  Laufe 
der  Umwachsung  des  Dotters  zum  Knopf  gelangen  und  dort  ebenfalls 
zur  Bildung  des  Embryos  benutzt  werden. 

Kopsch  glaubt  daher,  einen  Gegensatz  in  der  Bildung  des  Kopfes 
auf  der  einen  Seite  und  in  der  Bildung  von  Rumpf  und  Schwanz  auf 
der  anderen  Seite  feststellen  zu  können  (L.  K.  IV,  1896,  p.  121).  Der  Kopf 
entsteht  nach  seiner  Ansicht  aus  Verschmelzung  links  und  rechts  von 
der  Medianebene  gelegener  Zellgruppen  des  Keimringes,  Rumpf  und 
Schwanz  dagegen  aus  einer  Wachsturaszone,  dem  Knopf,  welcher  von 
seinem  ersten  Auftreten  an  das  hinterste  Ende  des  Embrvos  darstellt 


982  0.  Hertwig, 

und  Ideii  Canalis  neurentericus  enthält.  Seine  Ansicht  faßt  Kopsch 
(L.  K.  IV,  1899,  \).  .')9)  auch  in  den  Satz  zusammen,  daß  „der  Knochen- 
hschembryo  durch  das  Auswachsen  des  Knopfes  unter  Benutzung  des 
Randringmateriales  in  die  Länge  wachse''. 

Die  Ansicht  von  Kopsch  läßt  sich  auch  als  eine  Konkrescenz- 
theorie  mit  einigen  Modifikationen  bezeichnen.  Denn  wie  der  Kopf- 
abschnitt wird  ja  auch  der  Knopf,  der  dann  zu  Rumpf  und  Schwanz 
auswachsen  soll,  durch  Verschmelzung  zweier  seitlicher  Anlagen  ge- 
bildet, so  daß  im  Grunde  genommen  in  Bezug  auf  die  Verwachsungs- 
frage ein  Gegensatz  zwischen  vorderem  und  hinterem  Abschnitt  gar 
nicht  besteht.  Im  übrigen  sollte  man  bei  den  Experimenten  immer 
im  Auge  behalten,  daß  namentlich  im  Anfange  der  embryonalen  Ent- 
wickeln ng  die  Zellen  vielfach  ihre  Lage  gegeneinander  verändern,  was 
besonders  für  den  hinteren  Keimscheibenrand  oder  den  Urmundrand 
gilt,  an  welchem,  solange  die  Gastrulation  nicht  ganz  abgeschlossen  ist, 
fortwährend  Zellen  durch  Umschlag  ins  mittlere  Keimblatt  einwandern. 
So  läßt  sich  von  vornherein  erwarten,  daß  Zellgruppen,  welche  auf 
sehr  jungen  Stadien  am  Urmundrand  ihre  Lage  hatten,  nicht  denen 
entsprechen,  welche  später  in  der  Medianebene  zur  Ur mundnaht  zu- 
sammentreten. Wie  der  Urmundrand,  muß  aber  auch  der  sogenannte 
Knopf  in  der  Zusammensetzung  seiner  Zellen  als  ein  veränderliches 
Gebilde  betrachtet  werden ;  nach  meiner  Ansicht  ergänzt  sich  das  im 
Knopf  vereinte  Zellenmaterial  in  demselben  Maße,  als  es  sich  nach 
vorn  in  die  Achsenorgane  und  Ursegmente  diiTerenziert,  von  hinten 
her  aus  Zellen  des  Keimringes  oder  Urmundraudes.  Einen  solchen 
Zuwachs  nimmt  ja  auch  Kopsch  an,  wenn  er  von  einer  Benutzung 
von  „Randringmaterial"  spricht.  Es  kann  also  der  Knopf  als  ein  be- 
sonders ausgeprägter  Abschnitt  des  Keimringes  oder  des  vorderen 
Urmundrandes  definiert  werden,  an  welchem  von  hinten  her  Urmund- 
material  von  links  und  rechts  zusammentritt,  um  sich  dann  allmählich 
wieder  nach  vorn  in  verschiedene  Organanlagen  zu  difi'erenzieren  und 
dadurch  das  Längenwachstum  des  Embryos  zu  vermitteln. 

Dem  Knoten  der  Teleostier  entsprechen  bei  den  Selachiern  die 
beiden  Caudallappen,  bei  den  Amphibien  der  mittelste,  die  Nahtstelle 
zeigende  Abschnitt  der  vorderen  Urmundlippe,  bei  den  Sauropsiden 
und  Säugetieren  der  HENSEN'sche  Knoten. 

Anmerkung.  In  ihren  Untersuchungen  der  Mesodidymi  der  Forelle 
machen  Oellacher  und  neuerdings  auch  Kopsch  die  Angabe,  daß  in  jeder 
Sjjalthälf'te  außer  der  lateral  von  Chorda  und  Öemimedulla  gelegenen  Reihe 
von  Ursegmenten  einzelne  Rudimente  von  solchen  auch  median  zur  Aus- 
bildung gelangen  sollten.  Aehnliches  hat  Roux  auch  von  Troschembryonen 
mit  Spina  bifida  beschrieben  und  den  Vorgang  als  Postgeneration  be- 
zeichnet. Kopsch  erblickt  hierin  einen  Beweis  für  die  UmdilFerenzierung 
embryonaler  Zellen. 

Mir  scheint  die  Angelegenheit  noch  einer  Nachprüfung  zu  bedürfen, 
bei  welcher  für  den  Fall,  daß  eine  Reihe  medianer  Ursegmente  sich  wirk- 
lich entwickeln  sollte,  der  Voi-gang  und  die  Herkunft  der  Zellen  noch 
genauer  aufzuklären  wäre.  Denn  wenn  ich  auch  die  Ansicht  vertrete, 
daß  embryonale  Zellen  sich  je  nach  den  Bedingungen  in  verschiedener 
Weise  differenzieren  können,  so  habe  ich  doch  einige  Zweifel,  ob  die 
morphologischen  Bedingungen  für  die  Entstehung  von  Ursegmenten  an 
der  medianen  Seite  der  zu  einander  gehörigen  Spalthälften  gegeben  sind. 
Bei    den    entsprechenden    Mißbildungen    an    Froscheiern,    deren    ich  eine 


Mißbildungen  und  Mehrfachbildungen.  983 

große  Zahl  auf  Schnittserien  untersucht  habe,  kommt  etwas  derartiges 
ganz  bestimmt  nicht  vor,  und  würde  ich  es  hier  für  ein  Ding  der  Un- 
möglichkeit halten,  daß  aus  dem  der  Spaltliälfte  angelagerten  Dotter- 
material sich  Ursegmente  herausdifferenzieren  sollten. 

4:.  Zerlegung  des  Eimaterials  derart,  daß  Mehrfacheiitwickelnng 

die  Folge  ist. 

Wie  schon  Richard  Hertwig  im  2.  Abschnitt  des  2.  Kapitels, 
welcher  vom  Furchnngsprozeß  handelt,  näher  auseinandergesetzt  hat, 
sind  die  ersten  Embryonalzellen,  welche  durch  Teilung  des  Eies  ent- 
stehen, ihrer  Anlage  nach  gleich;  sie  können  getrennt  voneinander 
wieder  einen  vollständigen  Embryo,  wie  er  sich  normalerweise  aus 
dem  Ei  entwickelt,  auch  für  sich  hervorbringen ;  sie  sind,  wie  Driesch 
es  ausgedrückt  hat,  totipotent.  Hierdurch  ist  die  Möglichkeit  gegeben, 
daß  aus  einem  Ei  anstatt  eines  einfachen  Embr3'os,  wie  es  die  Norm 
ist,  sich  gleichzeitig  ihrer  mehrere  entwickeln.  Es  müssen  nur  ab- 
norme Bedingungen  in  der  Entwickelung  eintreten,  durch  welche  bei 
der  Furchung  des  Eies  die  Embryonalzellen  veranlaßt  werden,  sich 
anstatt  zu  einer  Einfachbildung  zu  einer  Mehrfachbildung  zusammen- 
zufügen. Bei  vielen  Wirbeltieren  ist  man  imstande  gewesen,  durch 
künstliche  Eingriffe  in  die  Befruchtung,  namentlich  aber  in  den  Fur- 
chnngsprozeß, solche  Bedingungen  zu  schaffen.  Richard  Hertavig 
hat  bereits  in  dem  von  ihm  bearbeiteten  Kapitel  über  mehrere  der- 
artige Fälle  berichtet,   die  ich  in  Kürze   noch  einmal  zusammenstelle. 

Wilson  (L.  K.  IV,  1893)  hat  durch  Schütteln  von  Eiern  des 
Amphioxus  auf  dem  Stadium  der  Zweiteilung  die  beiden  ersten  Em- 
bryonalzellen aus  ihrem  normalen  Zusammenhange  gebracht,  derart, 
daß  sie  an  ihren  Berührungsflächen  sich  mehr  oder  minder  vonein- 
ander trennten  oder  an  einander  verschoben  (vergl.  p.  594—596). 

Bataillon  erhielt  Mehrfachbildungen  aus  Eiern  von  Petromyzon 
fluviatilis,  wenn  er  sie  auf  dem  Stadium  der  Vierteilung  für  einige 
Zeit  in  1-proz.  Kochsalzlösung  oder  10-proz.  Zuckerlösung  brachte. 
Hier  ist  es  wohl  die  Wasserentziehung,  welche  das  feste  Zusammen- 
haften der  Embryonalzellen  an  den  Berührungsflächen  aufhebt  und 
eine  Lockerung  und  teilweise  Isolierung  derselben  von  einander  herbei- 
führt (s.  p.  599). 

Oscar  Hertwig  (L.  K.  IV,  1893),  Herlitzka  (L.  K.  IV,  1895 
u.  1897)  und  Spemann  (L.  K.  IV,  1902)  haben  durch  Umschnürung 
mit  einem  Seidenfaden  die  beiden  ersten  Teilhälften  von  Tritoneiern 
von  einander  teilweise  zu  trennen  gesucht  und  haben  auch  Herlitzka 
und  Spemann  in  einer  Zahl  von  Fällen 
Verdoppelungen  (Fig.  655)  zu  stände 
gebracht  (s.  p.  633—635).  ^' ^   \         ,_.,     ""  ^ 

Fig.  655.  Ein  Ei  von  Triton  cristatus, 
bei  welchem  auf  dem  Zweiteilungsstadium  die 
zwei  Zellen  durch  Umschnürung  mit  einem 
Seidenfaden  getrennt  wurden  und  sich  infolge- 
dessen zu  zwei  selbständigen  Embryonen  ent- 
wickelten.    Nach  Herlitzka. 

Durch  Benutzung  der  Schwerkraft  haben  0.  Schultze  (L.  K. 
IV,  1894),  Wetzel  (L.  K.  IV,  1895,  1896),  Chiarugi  (L.  K.  IV,  1898) 


984 


0.  Hertwig, 


und  ToNKOFF  (L.  K.  IV,  1900) 
läge  befindliche  Eier  von  Rana, 


gleiche  Ziel  erreicht. 


das 
Salamandrina 


und  Triton 


dem  Zweiteilungsstadium  umgekehrt,  so  daß  die  leichtere 


In  Zwangs- 
wurden  auf 
animale  Ei- 


hälfte  nach  abwärts  gerichtet  war.  Die  Folge  des  Eingriffes  war,  daß 
in  jeder  Teilhälfte  sich  wieder  die  leichteren  und  schwereren  Sub- 
stanzen ihrer  Schwere  nach  umzuordnen  suchten  und  daß  hierbei  im 


gegenseitigen  Zusammenhang  der  beiden  Hälften  eine  Störung  und 
Lockerung  hervorgerufen  wurde,  in  Folge  dessen  sich  jede  Teilhälfte 
zu  einem  Embryo  entwickelte  und  mit  der  andern  zu  einer  Doppel- 
verband (Fig.  656  u.  657)  [p.  635—637]. 


bildung 


Fig.  656. 


A 


Fig.  657. 


B 


Fig.  656.  Ei  von  Rana  fusca  nach  der  beschriebenen  Methode  behandelt.  Nach 
Wetzel.  Aus  jeder  Eihälfte  ist  ein  Embryo  mit  MeduUarwülsten  entstanden.  Beide 
Embryonen  zeigen  Rückenmark  und  Chorda  getrennt,  sind  dagegen  in  der  Bauch- 
gegend verschmolzen,  h  getrennte  Koi)fenden.  m  Medullarwülste.  c  Linie,  in  der 
die  median  gelegenen  Medullarwülste  zusammentreffen. 

Fig.  657  A  u.  B.  Zwei  Querschnitte  durch  die  in  P^ig.  656  abgebildete  Doppel- 
niißbildung.  Nach  Wetzel.  A  Querschnitt  durch  vorderes  Ende,  B  weiter  nach 
hinten  von  A.  o  Rinne  zwischen  beiden  Doppelembryonen,  ch  Chorda,  en  Darm- 
drüsenblatt, ek  äußeres  Keimblatt,  d  Darm,  mp  MeduUarplatte.  7nk  mittleres  Keimblatt. 


Mag  nun  durch  diesen  oder  jenen  Eingriff'  in  dieser  oder  jener 
Weise  der  normale  Zusammenhang  der  beiden  ersten  Embryonalzellen 
verändert  worden  sein,  das  Ergebnis  im  Laufe  der  weiteren  Entwicke- 
lung  ist  im  großen  und  ganzen  ein  ziemlich  ähnliches.  Aus  jeder  der 
beiden  ersten  Hälften  entsteht  durch  fortgesetzte  Teilung  ein  Haufen 
kleiner  Embryonalzellen,  der  eine  gewisse  Selbständigkeit  für  sich 
bewahrt  und  gewissermaßen  ein  eigenes  Bildungscentrum  darstellt. 
Dies  giebt  sich  im  weiteren  Verlauf  daran  zu  erkennen,  daß  in  jedem 
Zelleuhaufen  eine  eigene  Keimblasenhöhle  und  später  eine  eigene  Ga- 
strulaeinstülpung  entsteht  (Fig.  658).  Jede  Gastrula  wird  dann  zu 
einem  Embryo  mit  Nervenrohr,  Chorda  und  Ursegmenten. 

Die  in  eine   gemeinsame  Eihülle  eingeschlossenen  und  von 
einfachen    Eizelle   abstammenden    Doppelembryonen    können    in 
schiedener  Weise   zu  einander  orientiert    und    bald   in  größerer, 
geringerer  Ausdehnung  an  den  Berührungsflächen  untereinander 
wachsen    sein.      Es   wird    dies    von    der   verschiedenen    Art    der 


einer 
ver- 
bald 
ver- 
Ver- 


lagerung  der    ursprünglichen    beiden    Teilhälften    des  Eies   abhängen. 


Mißbildungen  und  Mehrfachbildungen. 


985 


Wie  verschieden  die  Lage  der  beiden  Komponenten  der  Doppelgastrula 
znm  Beispiel  sein  kann,  zeigt  eine  Zusammenstellung  der  Produkte, 
welche  4  auf  dem  Stadium  der  Zweiteilung  geschüttelte  Eier  vou 
Amphioxus  geliefert  haben  (Fig.  659).     Die  von  Wilson  aus  derartig 

verschiedenen  Doppelgastrulae  gezüchteten  

Doppelembrvonen  mit  Rückenmark,  Chorda 
und  vielen  Üi'segmenten  zeigen  auch  dem- 
entsprechende,  verschiedene  Lagen  zu  ein- 
ander. 

Fig.  658.  Schnitt  durch  ein  komprimiertes  und 
nach  Beginn  der  ersten  Furche  gedrehtes  Ei  von  Eana 
fusca  auf  dem  Blastulastadium  nach  Aufhebung  der 
Kompression.    Nach  Wetzel.     k  Keimhöhle. 


ausgestatteten 


Bei  den  kleinen,  mit  geringen  Mengen  von  Dotter 
Eiern  der  Wirbeltiere  sind   spontan  entstandene,    das  heißt,   ohne  ex- 
perimentelle  Eingriffe   veranlaßte    Mehrfachbildungen    außerordentlich 


Fig.  659  A — D.  Vier  Doppelgastrulae  von  Amphioxus  (A,  B,  C,  D)  entstanden 
durch  Schütteln  des  Eies  auf  dem  Stadium  der  Zweiteilung,  7  Stunden  nach  der 
Befruchtung.  Nach  Wilson  (L.  K.  IV,  1893).  ?/',  u^  nach  verschiedenen  Rich- 
tungen orientierter  Urmund  der  zwei  aus  je  einer  Eihälfte  entstandenen  Gastrulae. 
u  gemeinsamer  Urmund  zweier  Gastrulae. 


selten,  bei  manchen  Klassen  überhaupt  noch  nie  beobachtet  worden, 
dagegen  sind  sie  relativ  häufige  Befunde  bei  manchen  untersuchten 
Arten  von  Knochenfischen  und  Vögeln,  besonders  bei  der  Forelle  und 
beim  Hühnchen. 

Bei  Vergleichung  der  Mehrfachbildungen  der  verschiedenen  Wirbel- 
tierklassen untereinander,  läßt  sich  leicht  eine  Angabe  bestätigen, 
die  schon  Hunter  gemacht  hat,    „daß  jeder  Tierart   eine   eigene  Art 


von  Mißbilduno;   l)esonders  eiffentümlich  sei' 


Rauber  (L.  K.  IV, 


1877 — 1883)  hat  diese  Verschiedenheiten  mit  gutem  Erfolg  aus  Unter- 
schieden in  der  normalen  Entwickelung  zu  erklären  versucht.  „Die 
verschiedenen  räumlichen  Beziehungen  zwischen  Ei  und  Embryonal- 
anlage", bemerkt  er,  ,,die  Verschiedenheit  in  dem  Maße  der  Ver- 
wendung des  Keimrings  für  die  Embryonalanlage,  das  Vorhandensein 


986  0.  Hertwig, 

totaler  oder  partieller  Furchung,  diese  Verhältnisse  sind  es,  welche 
die  wesentlichen  Unterschiede  auch  der  Mehrfachbildungen  der  ver- 
schiedenen Wirheltierabteilungen  bedingen,  ohne  daß  das  Wesen  der 
Mehrfachbildungen  dabei  eine  Aenderung  erleidet."  In  ansprechender 
Weise  hat  Rauber  von  diesem  Prinzip  ausgehend  eine  Erklärung  für 
die  eigentümlichen  Charaktere  der  Mehrfachbildungen  bei  den  Knochen- 
fischen gegeben. 

Die  M  e  h  r  f  a  c  h  b  i  1  d  u  n  g  e  n  bei  Knochenfischen. 

Die  weitaus  häufigste  Form  von  Doppelmißbildung  bei  den  Te- 
leostiern  ist  die  Duplicitas  anterior.  Man  findet  in  einem  Ei 
einen  Embryo  zusammengesetzt  aus  2  vollständig  normal  entwickelten, 
mit  Kopf  versehenen,  vorderen  Körperenden,  die  sich  nach  hinten  in 
einen  gemeinsamen  einfachen  Paimpf-  und  Schwanzabschnitt  vereinigen 
(Fig.  660  C).  Hierbei  können  mannigfache  Unterschiede  vorkommen, 
je  nachdem  die  gemeinsame  einfache  Körperstrecke  des  Doppelembryos 
kleiner  oder  größer  ausgefallen  ist.     In  einem  extremen  Fall  sind  nur 

Fig.  660  A — C.  Schema  einer 
dojjpelten  Embryonalanlage  und 
einer  daraus  entstehenden  Dop- 
pelmißbildung mit  Duplicitas 
anterior  der  Forelle.  Nach  Rau- 
ber aus  Kollmann  (A.  L.  II, 
1898,  Fig.  84).  A  Doppelte  Em- 
bryonalanlage am  Randwust,  B 
Wachstum  von  A,  C  Vollendung 
der  Doi^jjelbildung. 

die  Köpfe  doppelt  und  sitzen  einem  äußerlich  einfachen  Rumpf  mit 
einfachem  Schwanzende  auf.  Im  anderen  Extrem  der  Duplicitas  an- 
terior sind  2  vollständig  normal  entwickelte  Embryonen  vorhanden, 
die  nur  mit  ihren  Schwanzenden  eine  kurze  Strecke  weit  zusammen- 
hängen. Zwischen  diesen  höheren  und  geringeren  Graden  der  Ver- 
schmelzung lassen  sich  alle  möglichen  Uebergänge  beobachten. 

Endlich  sind  bei  den  Knochenfischen,  allerdings  nur  selten,  noch 
Doppelbildungen  beobachtet  worden,  die  man  Gastrodidymi  oder 
Omphalodidymi  genannt  hat.  Man  findet  2  in  ihrer  ganzen  Länge 
getrennte,  vollständige  embryonale  Körper  mit  wohlentwickeltem  Kopf 
und  Schwanzende  entweder  von  gleicher  oder  etwas  verschiedener 
Größe;  untereinander  hängen  sie  nur  durch  einen  gemeinsamen  Dotter- 
sack zusammen.  Die  Verwachsung  beschränkt  sich  also  nur  auf  ihre 
Bauchfiächen.  Sie  sind  stets  so  zu  einander  orientiert,  daß  ihre  Kopf- 
und  Schwanzenden  in  der  gleichen  Richtung  liegen,  daß  die  Rücken- 
flächen voneinander  abgewandt,  die  Bauchflächen  einander  zugekehrt 
sind,  daß  sie  ferner  mit  ihren  Längsachsen  parallel  auf  entgegen- 
gesetzten Hälften  der  Dotterkugel  liegen. 

Eine  im  allgemeinen  gelungene  Erklärung  hat  Rauber  in  seiner 
Radiationstheorie  der  Mehrfachbildungen  gegeben,  ausgehend 
von  LIntersuchungen,  die  ihn  gelehrt  hatten,  daß  im  Ei  schon  auf  sehr 
frühen  Stadien  die  Bedingungen  für  2  oder  3  Anlagen  vorhanden  sind. 
W^enn  die  Keimscheibe  noch  sehr  klein  ist,  beobachtete  er  an  ihrem 
Rand,  welchen  er  in  ganzer  Ausdehnung  als  Urmund  betrachtet 
(Fig.  660  A),  das  Auftreten  mehrerer  Anlagen,  die  von  ihm  auch  „Vor- 
stöße  des  Keimrings"   genannt   werden   und   sich   zu    den  Kopfenden 


Miübildungen  und  Mehrfaelibildungen.  987 

der  Mehrfachbildiingen  entwickeln.  Indem  Rauber  die  Konkrescenz- 
theorie  von  His  annimmt,  nach  welcher  der  embryonale  Körper  durch 
Vereinigung-  des  Keimrings  (Konjunktion)  entsteht,  folgert  er  aus  ihr, 
daß  sich  (lie  2  oder  vielen  Anlagen  abweichend  vom  gewöhnlichen 
Entwickelungsverlauf  in  das  Keimscheibengebiet,  namentlich  aber  in 
den  Keimring,  bei  ihrem  weiteren  Wachstum  teilen  müssen.  Hierbei 
müssen  je  nach  der  Stellung,  welche  die  mehrfachen  Anlagen  am 
Keimring  einnehmen,  je  nachdem  sie  näher  oder  entfernter  vonein- 
ander liegen,  die  oben  erwähnten,  verschiedenen  Formen  der  Monstra 
hervorgehen. 

Bei  der  genaueren  Erklärung  dieser  Geschehnisse  bezeichnet 
Rauber  das  kleinere  Verbindungsstück  des  Keimrings  zwischen  2 
Embryoualanlagen  als  die  innere  Zwischenstrecke  von  dem 
übrigen  größeren  Teil,  der  äußeren  Z  w  i  s  c  h  e  n  s  t  r  e  c  k  e.  Ver- 
wachsung der  beiden  Embryonalanlagen  tritt  von  dem  Augenblicke 
ein,  wenn  infolge  des  konjunktiven  Wachstums  des  Keimrings  die 
innere  Zwischenstrecke  ganz  aufgebraucht  ist.  Je  näher  die  beiden 
Embryonalanlagen  am  Keimring  zu  einander  entstanden  sind,  je  kleiner 
also  die  innere  Zwischenstrecke  zwischen  ihnen  ausgefallen  ist,  um 
so  kleiner  fällt  der  verdoppelte  Körperabschnitt,  um  so  größer  der 
einfache  Körperabschnitt  aus,  und  umgekehrt.  Wenn  daher  die  Em- 
bryonalanlagen an  den  einander  diametral  entgegengesetzten  Rändern 
des  Keimrings  auftreten,  und  die  äußere  und  innere  Zwischenstrecke 
gleichgroß  sind,  so  wird  die  Hälfte  des  Keimrings  von  jedem  Em- 
bryo durch  Konkrescenz  aufgebraucht,  und  es  entwickeln  sich  auf 
diesem  Wege  die  oben  erwähnten,  vollständig  getrennten,  nur  durch 
den  Dottersack   verbundenen    Doppelembryonen,    die    Omphalodidymi. 

In  meinem  Aufsatze  ,,Urmund  und  Spina  bifida"  (L.  K.  IV,  1892), 
in  welchem  auch  die  Entstehung  der  Mehrfachbildungeu  eingehend 
besprochen  worden  ist,  habe  ich  die  Radiationstheorie  von  Rauber 
mit  einigen  Modifikationen  angenommen.  Die  Modifikationen  sind 
notwendig  geworden  dadurch,  daß  ich,  wie  schon  früher  auseinander- 
gesetzt wurde,  eine  andere  Stellung  als  Rauber  zur  Koukrescenztheorie 
von  His  einnehme  und  auch  eine  andere  Ansicht  als  er  von  der  Be- 
schaffenheit des  Keimringes  habe.  Rauber  betrachtet  den  ganzen 
Keimscheibenrand  als  Urmundrand.  Er  läßt  daher  die  Mehrfach- 
bildungen sich  aus  einer  einfachen  Gastrula  entwickeln,  aus  einer 
Gastrula,  an  welcher  sich  zuwider  dem  normalen  Verlauf  zwei  oder 
drei  Medullaranlagen  bilden.  An  mehreren  Stellen  seiner  grundlegenden 
Abhandlungen  erklärt  er  ausdrücklich:  ,,So  entwickelt  sich  bei  den 
Mehrfachbildungeu  aus  einer  einfachen  Gastrula  eine  mehrfache  Neu - 
rula." 

Dagegen  suchte  ich  die  Lehre  zu  begründen,  daß  die 
M  e  h  r  f  a  c  h  b  i  1  d  u  n  g  e  n  a  n  f  m  e  h  r  f  a  c  h  e  G  a  s  t  r  u  1  a  e  i  n  s  t  ü  1  p  u  n  g  e  n 
zurückzuführen  sind,  und  nannte  sie  daher  d  i  e  G  a  s  t  r  u  - 
lationsth  eorie  der  Mehr  fachb  ildun  gen.  Eine  Bestätigung 
erfuhr  meine  Auffassung  durch  die  Experimente  von  Wilson  und 
kürzlich  durch  eine  Beobachtung  von  Schmitt.  Die  Experimente  von 
Wilson  (L.  K.  IV,  1893)  beziehen  sich  zwar  auf  ein  anderes  Objekt, 
die  Eier  von  Amphioxus,  zeigen  aber  immerhin  so  deutlich  wie  sonst 
nirgends,  daß  schon  die  Doppelbildung  auf  dem  Gastrulastadium 
(Fig.  059)  vollkommen  ausgeprägt  ist,  und  daß  durch  die  Stellung  der 
Zwillingsgastrulae   zu    einander   verschiedene  Formen    der    Doppelem- 


'       '        1 

1       *        1 

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k^----^^:>^^y'y-'.h^ 

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b  t 

uv' 

988  0.  Hertwig, 

bryonen  zu  stände  kommen  müssen.  Eine  direkte  Bestätigung  meiner 
Ansicht  hat  dagegen  Schmitt  (L.  K.  IV,  1902)  gehefert,  welcher  an 
einer  sehr  jungen  Keimscheibe  der  Forelle  zwei  getrennte  Gastrula- 
einstülpungen  nachweisen  konnte. 

Um  zu  erläutern,  wie  durch  die  Gastrulationstheorie  der  Mehr- 
fachbildungen  die  KAUBER'sche  Lehre  modifiziert  wird,  bediene  ich 
mich  der  Schemata  Fig.  661. 

C  Fig.  661 A—C.  3 

, ^  Schemata  zur  Erläu- 

A  B  ,-''  ~~"v_  terung    der   Entste- 

/  \  hang  einer  Doppel- 

^-'''      ~~"-^  /         -'       "~-v^        \  mißbildung  des 

y'"'^^\  /     .. ,      '\  /       /       \       \  Lachses   uns  2   Ga- 

strnlaeinstülpiingen. 
k^,  k'-  rechte  und 
linke  Kopfanlage 
einer  Doppelbildung. 

e  Zwischenstück. 
Nach  Hertwig  (L. 
K.  IV,   1892). 

Im  Schema  A  sind  am  Keimhautraud  in  geringer  Entfernung  von- 
einander durch  Umschlag  zwei  Einstülpungen  entstanden  und  haben, 
indem  sich  ihre  Einstülpungsräuder  in  der  bekannten  Weise  in  der 
Richtung  eines  Radius  zusammengelegt  haben,  zwei  vordere  Embryonal- 
anlagen {/c^  und  k")  gebildet.  An  den  die  zwei  Gastrulaeinstülpuugen 
trennenden  Teilen  des  Keimhautrandes  der  inneren  (^)  und  der  äußeren 
Zwischenstrecke  von  Rauber  müssen  wir  wieder  unterscheiden  den 
an  jede  Embryonalanlage  angrenzenden  Abschnitt,  der  allmählich  in 
Urmundrand  umgewandelt  und  zur  Embryobildung  weiter  aufgebraucht 
wird,  und  den  Umwachsungsrand,  der  als  punktierte  Linie  dargestellt 
ist.  Je  geringer  nun  die  Entfernung  zwischen  den  zwei  in  Ausbildung 
begriffenen  Embryonalanlagen  ist,  um  so  früher  muß  die  innere  Zwischen- 
strecke zur  Vergrößerung  der  von  links  und  rechts  sich  ausdehnenden 
Urinundränder  aufgebraucht  und  letztere  zur  medianen  Vereinigung 
gebracht  werden,  infolgedessen  müssen  jetzt  auch  die  ursprünglich 
getrennt  entstandenen,  doppelten  Gastrulahöhlen  nach  hinten  in  einen 
gemeinsamen  Hohlraum  zusammenttießen,  und  ebenso  müssen  sich  die 
Embryonalanlagen  mit  ihren  hinteren  Enden  immer  mehr  nähern  bis 
zu  vollständiger  Vereinigung.  Aus  Schema  A  ist  Schema  B  hervor- 
gegangen. 

Im  weiteren  Verlauf  können  nun  die  Urmundränder  sich  auf 
Kosten  des  Umwachsungsrandes  nur  noch  auf  der  lateralen  Zwischen- 
strecke vergrößern;  sie  verhalten  sich  jetzt  genau  wie  die  Randteile 
einer  einfachen  G  a  s  t  r  u  1  a  und  legen  sich  dementsprechend  all- 
mählich in  der  Medianebene  zur  Ijildung  eines  einfachen  Rumpfteiles 
zusammen,  wie  in  Schema  B  und  C  dargestellt  ist. 

Gegen  die  RAUBER'sche  Theorie,  sowie  überhaupt  gegen  die  Kon- 
krescenztheorie  der  Doppelerabryonen  hat  sich  in  letzter  Zeit  F.  Schmitt 
(L.  K.  IV,  1902)  ausgesprochen.  Als  Gegengrund  führt  er  an,  daß, 
wenn  bei  Duplicitas  anterior  die  Verschmelzung  zu  einem  einfachen 
Rumpf  äußerlich  eingetreten  sei,  doch  ausnahmslos  noch  im  Innern 
bei  Untersuchung  auf  Schnitten  eine  partielle  Verdoppelung  nach- 
zuweisen sei,  welche  erst  allmählich  weiter  caudalwärts  schwinde. 
„Ich  habe  gesehen",  bemerkt  Schmitt,  gestützt  auf  die  Untersuchung 
von  Schnittserien    durch   30  Doppelembryonen,    ,,daß  die  Hinterenden 


Mißbildungen  und  Mehrfaclibil düngen.  989 

der  Embryonen,  sobald  sie  zusammentreffen,  miteinander  verwachsen, 
daß  alsdann  die  Keimblätter  des  einen  Embryos  in  der  Symmetrie- 
ebene ohne  Grenze  übergehoii  in  die  entsprechenden  des  anderen,  daß 
jeder  Embryo  nicht  als  Halbbildung,  sondern  als  Ganzbildung  nach 
rückwärts  weiterwächst,  und  daß  dann  alsbald  die  innenständigen 
Seiten,  besonders  die  innenständigen  Mesoderme,  beträchtlich  schwächer 
ausgebildet  werden  als  die  außenständigen." 

Ich  gebe  zu,  daß  die  von  Schmitt  hervorgehobenen  Thatsachen, 
sowie  auch  andere  durch  Kopsch  experimentell  ermittelte  Verhältnisse 
sich  mit  der  Koukrescenztheorie  von  His,  die  auch  Rauber  seiner 
Erklärung  zu  Grunde  gelegt  hat,  nicht  vereinbaren  lassen.  Die  Kou- 
krescenztheorie von  His  versagt,  weil  nach  ihr  sich  in  schematischer 
Weise  bestimmte  Punkte  des  Keimringes  der  einen  Seite  mit  solchen 
der  anderen  Seite  zur  Herstellung  bestimmter  Abschnitte  des  embryo- 
nalen Körpers  verschmelzen  sollen. 

Nach  der  Darstellung  jedoch,  die  ich  in  der  Urmundtheorie  ge- 
geben habe,  liegt  das  Verhältnis  wesentlich  anders.  Nach  ihr  findet 
ein  von  voi-n  nach  hinten  allmählich  fortschreitender  Umwandlungs- 
prozeß statt,  bei  welchem  das  an  den  Urmund  angrenzende  Zellen- 
material des  Umwachsungsrandes  zur  weiteren  Vergrößerung  desselben 
verwandt  wird,  bei  welchem  ferner  die  auf  das  jüngst  gebildete  Ende 
des  Embryos  folgende  Urmundstrecke  zum  Längenwachstum  desselben 
aufgebraucht  und  in  verschiedene  Organe  diff"ereuziert  wird.  Hierbei 
kann  das  Zellenmaterial  in  den  einzelnen  Fällen  je  nach  den  Bedingungen, 
in  die  es  gerät  und  die  bei  der  Entstehung  von  Mehrfachbildungen 
andere  sind  als  bei  der  normalen  Entwickelung,  in  sehr  verschiedener 
Weise  zur  Organdiff'erenzierung  dienen. 

In  meinem  Lehrbuch  ,,Die  Zelle  und  die  Gewebe"  (Teil  II,  p,  153) 
habe  ich  die  Doppelmißbildungen  mit  als  ein  sehr  wertvolles  Beweis- 
material für  die  Lehre  aufgeführt,  daß  die  Embryonalzellen  nicht  von 
vornherein  für  bestimmte  Aufgaben  im  Entwickelungsprozeß  specifiziert, 
sondern,  wie  sich  Driesch  ausdrückt,  totipotent  sind,  also  je  nach 
den  Umständen  zum  Aufbau  dieses  und  jenes  Organes  und  Gewebes 
verwandt  werden  können.  „Wer  nur  irgendwie",  bemerkte  ich  an  der 
angeführten  Stelle,  „mit  den  Grundprozessen  bekannt  ist,  durch  welche 
sich  die  Entwickelung  eines  Tieres  vollzieht,  wird  einsehen,  daß  die 
Gesetzmäßigkeiten,  welche  in  der  außerordentlich  regelmäßigen  Zu- 
sammenpassung der  korrespondierenden  Organe  der  linken  und  der 
rechten  Körperhälfte  auch  bei  den  Doppelmißbildungen  zu  beobachten 
sind,  sich  allein  aus  Wachstumskorrelationen  begreifen  lassen,  das 
heißt  aus  den  Beziehungen,  in  welche  die  vorhandenen,  bestimmt  ge- 
lagerten Embryonalzellen  durch  den  Entwickelungsprozeß  gebracht 
werden.  Alle  Präformationshypothesen  versagen  hier  ihren  Dienst  oder 
müssen  mit  Zusatzhypothesen  derart  beladen  werden,  daß  sie  auch 
dadurch  in  das  Gegenteil  verwandelt  werden." 

Von  meinem  Standpunkte  aus  läßt  sich  die  von  Schmitt  betonte 
Thatsache,  daß  jeder  der  beiden  Embryonen  noch  eine  Zeit  lang  nicht 
als  Halbbildung,  sondern  als  Ganzbildung  nach  rückwärts  weiterwächst, 
auch  nachdem  ihre  Hinterenden  zusammengetroffen  und  miteinander 
verschmolzen  sind,  leicht  erklären  und  steht  zu  meiner  Auffassung 
in  keinem  Widerspruch,  Beide  Embryonen  besitzen  ja  an  der  Stelle, 
wo  sie  zusammentreffen,  einen  gemeinsamen  Urmundrand,  der  sich,  wie 
Schema  Fig.  661  B  zeigt,  wie  ein  Keil  zwischen  die  jetzt  gleichfalls  näher 
aneinander  gerückten,  lateralen  Urmundstrecken  dazwischenschiebt. 


990  0.  Hehtwig, 

Der  Urmundrand  stellt  nun  eine  Wachstumszone  dar,  an  welcher 
alle  3  Keimblätter  zusammenstoßen  und  Zellen  liegen,  die  sich  in 
Rückenmark,  Chorda  und  Ursegmente  differenzieren.  Solange  also 
noch  ein  Stück  dieses  keilförmig  vorspringenden  Urmundrandes  be- 
stehen bleibt,  wird  es  nach  links  und  rechts  an  die  äußerlich  ver- 
einten beiden  Embryonen  Zellenmaterial  abgeben,  das  sich  mit  den 
lateral  gelegenen  Urmundstrecken  verbindet  und  zum  getrennten  Weiter- 
wachsen ihrer  Achseuorgane  verwandt  wird.  Ein  Ersatz  für  das  zum 
Organ  Wachstum  verwandte  Material  des  Keiles  kann  jetzt  freilich  nicht 
mehr  vom  Umwachsungsrand  her  herangezogen  werden,  da  er  an  der 
medialen  Zwischenstrecke  schon  vollständig  aufgebraucht  ist.  Aber 
eine  Ergänzung,  wenn  auch  in  unvollständiger  Weise,  kann  noch  durch 
fortwährende  Vermehrung  des  indifferenten  Zellenmaterials  des  keil- 
förmigen Urmundrestes  geschehen,  wobei  es  sich  vom  Dotter  her 
ernährt.  Dasselbe  findet  ja  auch  später  statt,  wenn  sich  die  Schwanz- 
knospen gebildet  haben,  die  ebenfalls  eine  von  der  Umgebung  isolierte 
Wachstumszone  darstellen,  von  welcher  das  spätere  Längenwachstum 
der  Achsenorgane  ausgeht  und  fortwährend  neue  Ursegmente  geliefert 
werden. 

Erst  von  der  Zeit  an,  wo  der  Urmundkeil  aufgebraucht  ist,  wird  das 
hintere  Ende  der  Duplicitas  anterior,  welches  äußerlich  schon  vorher 
einfach  geworden  war,  auch  innerlich  in  allen  seinen  Organen  einfach 
werden.  Denn  erst  von  diesem  Moment  an  können  linke  und  rechte 
laterale  Urmundlippe  zu  einfacher  Naht  zusammentreten.  Im  übrigen 
wird  wahrscheinlich  das  Einfachwerden  vom  Rückenmark  und  Chorda 
und  das  Ausfallen  der  beiden  medialen  Reihen  der  Ursegmente  sich 
zu  verschiedenen  Zeiten  vollziehen.  Somit  trifft  der  Einw^urf  von 
Schmitt  zwar  die  Konkrescenztheorie,  aber  nicht  die  Urmundtheorie 
der  Doppelmißbildungen  in  der  von  mir  gegebenen  Fassung. 

Außer  auf  seine  Beobachtungen  von  Doppelmißbildungen  beruft 
sich  Schmitt  bei  Erhebung  seiner  Einwürfe  auch  auf  das  Ergebnis 
der  Experimente,  welche  Kastschenko  (L.  K.  IV,  1888)  und  Rückert, 
Morgan  (L.  K.  IV,  1898)  und  Kopsch  (L.  K.  IV,  1896  u.  1898)  an 
Fischeiern  angestellt  haben.  „Morgan",  bemerkt  er,  „durchschnitt  an 
Eiern  von  Fundulus  den  Randwulst  an  einer  Seite  der  ersten  Embryonal- 
anlage oder  er  sengte  ihn  ab ;  auch  Kopsch  tötete  an  Forellenkeimen, 
deren  Randknospe  schon  deutlich  war,  die  entsprechende  Stelle  des 
Randwulstes,  so  daß  der  abgetrennte  Randwulst  sich  nicht  mehr  mit 
dem  anderen  in  der  Medianebene  des  Embryos  vereinigen  konnte.  Es 
entstanden  trotzdem  ganze  Embryonen,  es  waren  aber  bei  diesen  die 
Organe  der  operierten  Seite,  besonders  die  Urwirbel,  schw'ächer  aus- 
gebildet als  die  der  anderen  Seite"  (L.  K.  IV,  1892,  p.  79). 

Es  ist  daher  am  Platze,  auch  an  dieser  Stelle  noch  einmal  auf  die 
Experimente  zurückzukommen,  deren  schon  früher  (p.  980)  gedacht 
wurde.  Daß  sie  gegen  die  Konkrescenztheorie  in  der  I'assung  von 
His  sprechen,  gebe  ich  ohne  weiteres  zu  unter  Hinweis  auf  das  hier- 
über bei  den  Doppelbildungen  Gesagte  (p.  989).  Dagegen  stehen  sie 
zu  der  Urmundtheorie  in  der  von  mir  gegebenen  Fassung  so  wenig 
in  Widerspruch,  daß  sie  vielmehr  als  ein  Beweis  für  ihre  Richtigkeit 
verwertet  werden  können. 

Wenn  Kopsch  den  Keimscheibenrand  namentlich  auf  jüngeren 
Stadien  in  unmittelbarer  Nähe  der  Embryonalanlage  auf  einer  Seite 
zerstörte,  so  unterblieb  auf  der  operierten  Seite  das  Längenwachstum 


Mißbildungen  und  Mehrfachbildungen. 


991 


des  Embryos,  wälireiul  es  auf  der  unverletzten  Hälfte  einen  weiteren 
Fortgang  nahm.  Infolgedessen  wurde  der  nach  der  Operation  ent- 
wickelte Rumpfabsclinitt,  welcher  sich  an  den  normal  gebauten, 
bilateralen  Kopfabschnitt  anschließt,  eine  Halbbildung  oder  ein  Hemi- 
embryo  (Roux),  zusammengesetzt  aus  einem  halben  Rückenmark,  einer 
halben  Chorda,  einer  einzigen  Reihe  von  Ursegmenten.  Fig.  662 
liefert  so  ein  Beispiel  für  den  Erfolg  einer  derartigen  Operation  am 
Keim  eines  Scyllium,  Fig.  663  au  einem  Salmonidenkeim. 


Fig.  662. 


Fig.  663. 


Fig.  662.  Keimscheibe  von  Scyllium  canicula.  a  Stadium,  auf  welchem  ope- 
riert wurde.  Vergr.  10 :  1.  b  Derselbe  Embryo  3  Tage  nach  der  Operation.  Vergr. 
10  : 1.    Nach  KOPSCH  (L.  K.  IV,  1898,  Fig.  9). 

Fig.  663.  Salmonidenkeim,  operiert  am  Keimring  in  geringer  Entfernung  von 
der  Mittellinie  bald  nach  Ausbildung  der  ersten  Embryonalanlage  (innerhalb  des  in 
Fig.  653  durch  Schraffierung  bezeichneten  Bezirks).  Nach  KoPSCH  (L.  K.  IV,  1896, 
Fig.  7). 

Nach  der  Ausdrucksweise  von  Kopsch  ist  durch  die  Operation 
die  Wachstums  Zone  für  Rumpf  und  Schwanz  auf  der  einen 
Körperhälfte  zerstört  worden.  Morphologisch  ausgedrückt  ist  nun  aber 
die  Wachstumszone  von  Kopsch  nichts  anderes  als  der  noch  un- 
differenzierte Urmundrand.  Wenn  dieser  auf  der  operierten  Seite  voll- 
ständig zerstört  ist,  so  hört  hier  natürlich  die  Möglichkeit  einer  Um- 
wandlung in  Rückenmark,  Chorda  und  Ursegmente  auf,  während  auf 
der  anderen  Seite  der  erhalten  gebliebene  Urmund  sich  in  derselben 
Weise  wie  bei  Embryonen  mit  Spina  bifida  fortentwickelt,  also  eine 
halbe  Medullarplatte,  eine  halbe  Chorda  und  nur  eine  Reihe  von  Ur- 
liefert. 

Einen  Teil  der  von  Roux  und  mir  beschriebenen  Hemiembryonen, 
die  aus  Froscheiern  nach  Verletzung  oder  Zerstörung  einer  der  beiden 
ersten  Furchungskugelu  gezüchtet  wurden,  habe  ich  (L.  K.  IV,  1893) 
in  derselben  Weise  erklärt  (vergl.  auch  p.  976). 

Andere  Ergebnisse  erhielt  Kopsch  bei  der  Operation,  wenn 
Strecke    des    Keimscheibenrandes    in    größerer    Entfernung    von 
hinteren  Ende  der  in  Entwickeluns  begriffenen  Embryonalanlage 


Segmenten 


stört  wurde  (Fig.  664-666).    Dann 
hinten    als  Gauzbildung    weiter,    und 
Dotters   bildete   sich    ein  mehr   oder 
Defektes  aus. 


größerer 
ö  begriffenen 
vergrößerte 


nur   bei 
minder 


sich  der  Embryo 
der   Umwachsung 
Feld 


umfangreiches 


eine 

dem 

zer- 

nach 

des 

des 


992 


0.  Hertwig, 


In  diesen  Fällen  ist  die  Zerstörung,    wenn  ich  mich  der  von  mir 
eingeführten  Ausdrücke   bediene,    entweder   in   den    Bereich   des  Um- 


l    }(j|>st(t.4'J- 


^CL. 


b    ^^ 


Fig.  664.  Embryo  von  Scyllinm  canicula.  a  Stadium,  auf  welchem  der  Embryo 
b  operiert  wurde.  Die  üperationsstelle  ist  durch  Strichehing  bezeichnet.  Vergr.  10  : 1. 
b  Der  operierte  Embryo  2  Tage  nach  der  Operation.  Vergr.  10 :  1.  Nach  Kopsch 
(L.  K.  IV,  1898,  Fig.  7). 


Fig.  665. 


Fig.  666. 


Fig.  665.  Embryo  von  Scyllium  catulus.  a  Stadium,  auf  welchem  operiert 
wurde.  Vergr.  10 :  1.  b  Derselbe"  Embryo  5  Tage  nach  der  Operation.  Vergr.  10:1. 
Nach  Kopsch  (L.  K.  IV,  1891,  Fig.  8). 

Fig.  666.  Salmonidenkeim,  operiert  am  Keimring  in  größerer  Entfernung  von 
der  Mittellinie  (außerhalb  des  in  Fig.  653  durch  Schraffierung  bezeichneten  Bezirks) 
bald  nach  Ausbildung  der  ersten  Embryonalanlage.  Nach  Kopsch  (L.  K.  IV,  1896, 
Fig.  8). 

wachsungsrandes  oder  nur  in  einen  vom  Embryo  weiter  seitwärts  ge- 
legenen Teil  des  Urmundraudes  gefallen.  Mag  dieses  oder  jenes  erfolgt 
sein,  immer  geht  die  Embryonalanlage  beiderseits  noch  an  ihrem 
hinteren  Ende  in  undifferenzierten  Urmundrand  über,  also  in  Material, 
aus  dem  die  Kosten  der  Weiterentwickelung  bestritten  werden  können. 
Dabei  zeigt  sich  häufig,  daß  die  Ergänzung  des  Zellenmaterials, 
welches  durch  die  nach  vorn  erfolgende  Difterenzierung  des  Urmund- 
raudes aufgebraucht  wird,  zwar  auf  der  gesunden  Seite  durch  Heran- 
ziehung   neuer    Abschnitte    des    Umwachsungsrandes    in    ungestörter, 


Mißbild une-en  und  Mehrfachbildmififen.  993 


normaler  Weise  vor  sich  geht,  auf  dei'  operierten  Seite  dagegen  auf 
Schwierigkeiten  stößt.  Hier  liegt  dasselbe  Verhältnis  vor,  wie  bei  den 
Doi)i)elbildungen  an  dem  Teil  des  Urmundrandes,  welcher  sich  als  Keil 
zwischen  die  lateralen  Urniundgebiete  trennend  liiiicinschiebt  (Fig.  601). 
Man  beobachtet  häutig  eine  schwächere  Entwickelung  der  Enibryohälfte, 
welche  der  operierten  Seite  angehört,  namentlich  aber  eine  allmähliche 
Größenabnahme  der  Ursegmente.  Zum  Ersatz  reicht  eben  das  Eigen- 
wachstum der  unditterenzierten  Strecke  am  hinteren  Ende  des  Embr^^os 
nicht  vollkommen  aus,  die  Heranziehung  von  seitlich  gelegenem  Zellen- 
material aber  ist  durch  die  Operationsstelle,  wenn  nicht  ganz  unmöglich 
gemacht,  so  doch  wenigstens  erschwert  worden. 

Also  auch  hier  kann  ich  keinen  Widerspruch  zwischen  der  Theorie 
und  dem  Ergebnis  der  Experimente  erblicken.  (Man  vergl.  auch  die 
Bemerkung  auf  p.  982.) 

Die  M  ehr  fach  bildun  gen  bei  Vögeln  (Reptilien). 

Ein  ganz  anderes  Aussehen  als  bei  den  Fischen  bieten  die  häufig 
beobachteten  Mehrfachmißbildungen  bei  den  Vögeln  dar.  Der  Grund 
hierfür  ist,  wie  schon  früher  erwähnt  wurde,  in  der  großen  Verschieden- 
heit zu  suchen,  wie  sich  die  ersten  Entwickelungsprozesse  in  den 
beiden  Klassen  der  Wirbeltiere  vollziehen,  vornehmlich  aber  in  dem 
Umstand,  daß  der  Gastrulationsprozeß  der  Vögel  nicht  vom  Keimhaut- 
rand ausgeht. 

Wer  die  Beschreibungen  und  Abbildungen  von  Dareste  (L.  K. 
IV,  1877),  Panum  (L.  K.  IV,  1860),  Rauber  (L.  K.  IV,  1878),  Ger- 
lach (L.  K.  IV,  1882),  Klaussner  (L.  K.  IV,  1890)  und  anderen  näher 
durchsieht,  wird  finden,  daß  sehr  häufig  innerhalb  eines  gemeinsamen 
hellen  Fruchthofes  2  oder  3  voneinander  getrennte,  mehr  oder  minder 
weit  entwickelte  Embryonen  vorkommen.  Dabei  sind  stets  die  Köpfe 
nach  dem  Centrum  des  hellen  Fruchthofes,  die  Schwanzenden 
nach  dem  Keimscheibenrand  zu  gerichtet,  wie  es  dem  schon  von 
Rauber  betonten  Gesetze  ihrer  Entstehung  nach  der  Fall  sein 
muß.  Die  Achsen  der  Embryonalanlagen  können  zu  einander  den  ver- 
schiedensten Einstellungswinkel  zeigen.  Zuweilen  sind  sie  parallel  ge- 
richtet, wenn  sie  dicht  nebeneinander  liegen,  oder  sie  bilden  einen 
spitzen,  öfters  einen  stumpfen  Winkel  miteinander.  Endlich  können 
sie  auch  so  orientiert  sein,  daß  die  Achse  des  einen  in  die  gerade 
Verlängerung  des  anderen  fällt,  die  Köpfe  nach  dem  Centrum,  die 
Schw^anzendeu  nach  außen  gekehrt  (Oppositionsstellung). 

Mißbildungen  mit  vorderer  Verdoppelung  (einfacher  Rumpf  mit 
2  Köpfen),  welche  bei  den  Fischen  die  Regel  sind,  treten  bei  den 
Vögeln  gegenüber  den  anderen  Formen  an  Zahl  sehr  zurück. 

Ohne  Frage  wird  auch  bei  den  Vögeln,  an  welche  man  die  Rep- 
tilien und  Säugetiere  bei  einer  allgemeinen  Betrachtung  anschließen 
kann,  der  Grund  für  die  Entstehung  von  Mehrfachmißbildungen  in  ab- 
normen Verhältnissen  auf  sehr  frühen  Entwickelungsstadien  zu  suchen 
sein.  Vom  Hühnchen  sind  schon  öfters  Keimhäute  beschrieben  w^orden, 
in  deren  hellem  Fruchthof  2  oder  3  getrennte  Primitivstreifen  angelegt 
waren.  Bei  Lacerta  agilis  hat  Kopsch  (L.  K.  IV,  1897),  bei  der 
Ringelnatter  Wetzel  (L.  K.  IV,  19(X))  eine  Keimhaut  mit  Doppel- 
gastrula  beobachtet.  Also  auch  hier  ist  die  Vervielfältigung  bis  auf 
den  Gastrulationsprozeß  zurückzuführen,  und  aus  der  Eigentümlichkeit 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.  1.      '  63 


994  0.  Hertwig, 

desselben  wird  wie  bei  den  Knochenfischen  der  besondere  Charakter 
der  Mehrfachbihlung  abzuleiten  sein.  Da  indessen  genauere  Beobach- 
tungen zur  Zeit  noch  fehlen,  kann  hierauf  nicht  näher  eingegangen 
werden. 

Die  erste  Ursache  zur  Mehrfachentwickelung  ist  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  sogar  noch  in  der  Zeit  vor  der  Gastrulation  zu 
suchen.  In  dieser  Beziehung  sind  gelegentliche  Befunde  von  Inter- 
esse, welche  Wetzel  (L.  K,  IV,  1900)  bei  der  Präparation  zahlreicher 
frühester  Keimstadien  von  Tropidonotus  natrix  erhalten  hat.  Auf 
einem  gemeinsamen  Dotter  (Fig,  667)  beobachtete  er  4  dicht  bei  ein- 

/         B 


g 


.D 


Fig.  667.    Ei  einer  Ringelnatter  mit  4  Keimscheiben  auf  dem  groben  Furchnngs- 
stadium.     Vergr.  ca.  1 : 5.     ISach  Wetzel  (L.  K.  IV,  1900,  Fig.   1). 

ander  gelegene  Keimscheibeu,  die  sich  auf  dem  groben  Furchungs- 
stadium  befanden  und  durch  Bddungsdotter,  der  noch  nicht  in  Seg- 
mente zerlegt  war,  in  Verbindung  standen.  Es  ist  wohl  sicher 
anzunehmen,  daß  beim  weiteren  Verlauf  des  Furchungsprozesses  die 
4  Zellenscheiben  zu  einer  einzigen  verschmolzen  werden.  Denn  bei 
zweien  derselben  sieht  man  schon  jetzt  die  durch  Furchung  entstandenen 
großen  Randsegmente  ineinander  greifen,  wie  die  stärkere  Vergrößerung 
von  Ä  und  B  lehrt  (Fig.  668).  Wenn  das  Ei  sich  hätte  weiter  ent- 
wickeln können,  würde,  wie  man  wohl  mit  großer  Wahrscheinlichkeit 
zu  erwarten  berechtigt  ist,  die  aus  4  Furchungsmittelpunkten  angelegte 
Keimhaut  auch  4  Gastrulae  und  aus  diesen  wohl  4  Embryonen  hervor- 
gebracht haben. 

Zum  Schluß  sei  noch  auf  einen  anderen  auffälligen  und  inter- 
essanten Unterschied  zwischen  den  Mehrfachbildungen  von  Knochen- 
fischen und  von  Vögeln  die  Aufmerksamkeit  gelenkt.  Bei  den 
Knochenfischen  sind  niemals  Doppelbildungen  mit  sekundär  verschmol- 
zenem Kopfende  und  doppeltem,  getrenntem  Rumpf-  und  Schwänzende 
beobachtet  worden ;  bei  den  Vögeln  entwickeln  sie  sich  häufig.  Denn 
da  die  vorderen  Enden  der  Primitivstreifen  nach  dem  Centrum  der 
Keimscheibe  zu  dicht  zusammenliegen,  sind,  wie  Gerlach  (1882)  be- 
merkt, „vorzugsw'eise  die  Bedingungen  für  eine  Kollision  der  Kopf- 
enden   der  beiden  Embryonen   gegeben".     Demgemäß   findet  man    bei 


Mißbildungen  und  Melirfachbildungen.  995 

den  Doppelmißbildiingen  teils  eine  mehr  oder  minder  tiefgehende  Ver- 
schmelzung der  beiden  Köpfe,  wodurch  dieselben  sogar  als  ein  äußer- 
lich zwar  einfaches,   dagegen    in  hohem  Grade   mißgestaltetes  Gebilde 


Fig.  668.     Die   2    grob   gefurchten   Scheiben    Ä  und  B  des   in   Fig.  G67    abge- 
bildeten Eies  stärker  vergrößert,  ca.  1  :  12.    Nach  Wetzel  (L.  K.  IV,  1900,  Fig.  2). 

erscheinen  können ,  teils  aber  auch  nur  einen  mehr  oberflächlichen 
Zusammenhang  der  beiden  Köpfe,  ferner  der  Hals-  und  Brustgegend. 
Bei  den  opponiert  einstrahlenden  Embryonalanlagen  endlich  treffen 
im  Falle  einer  Verw^achsung  die  Köpfe  direkt  aufeinander,  woraus 
verschiedene  Formen  der  Craniopagen  resultieren.  Zwischen  der 
Verschmelzung  der  Kopfenden  zweier  Vogelembryonen  und  der 
Bildung  eines  einfachen  hinteren  Endes  beim  Doppelmonstrum  eines 
Lachses  besteht  ein  prinzipiell  ^Yichtiger  unterschied.  Dort  handelt 
es  sich  um  ein  sekundäres  Zusammentreten  bereits  vollständig  und 
normal  angelegter  Körperstrecken,  hervorgerufen  durch  Raummangel 
infolgedessen  sich  die  Organe  bei  ihrem  Wachstum  gegenseitig  be- 
einträchtigen. Hier  dagegen  handelt  es  sich  um  die  Verschmelzung 
zweier  Körperhälften,  die  sich  zu  einem  normal  beschatfenen  Körper- 
abschnitt ergänzen  und  insofern  als  Gegenstücke  zu  einander  gehören. 

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998  0.   Hertwig,    Mißbildungen  und  Mehrfachbildungen. 

lloux,  Willi .  Gesammelte  Abhandlungen  über  Enttvickelungsmechantk  der  Organismen. 
Leipzig  1895.     Besonders: 

—  Ueber  die    Icünstliche  Herrorbringung    lialber  Embryonen    durch  Zerstörung  einer  der 

beiden  eniten  Furchungskugehr.      Auch  ersch.  in    Virchoivs  Arch.   Bd.   CXIV.  188S. 

—  Ueber  die  Lagerung   des  ßlaterials  des  JTedullarrohrs  im   gefurchten  Froschei.      Verh. 

d.  Anat.   Ges.  1888*. 

—  Ueber  das  entivickelungsmechanische  Vermögen  jeder  der  beiden  ersten  Fi irchung stellen 

des  Eies.     Ebendas.  1S92. 

—  lieber  die  Mosaikarbeit  und   neuere    Entwickelungshyjpothesen.      Anat.  Hefte.   Bd.  II. 

1893. 

Schimkeivitschf  IV.  Ueber  die  Entwickelung  des  Hühnchens  unter  künstlichen  Be- 
dingungen.    Anat.  Anz.  Bd.  XX.  1902. 

Schnitze,  Oscav.  Ueber  die  Bedeutung  der  Schwerkraft  für  die  organische  Gestaltung , 
sowie  über  die  mit  Hilfe  der  Schwerkraft  mögliche  künstliche  Erzeugung  von  Doppel- 
mißbildungen.     Verh.  d.  Physik. -med.   Ges.  zu    Würzburg.  Bd.  XXVIII.  1894. 

—  Die  künstliche  Erzeugung  von  Dop>2>elbildungen  bei  Froschlarven   mit  Hilfe    abnormer 

Graritalionswirkung.     Arch.  f.  Entw.-3Iech.  Bd.  I.  189-J:--. 

—  Ueber  die  unbedingte  Abhängigkeit   normaler    tierischer  Gestaltung    von    der   Wirkung 

der  Schwerkraft.      Verh.  d.  anat.   Ges.  8.   Ve7's.  1S94:J. 

—  Zur  Frage  von    der    Entwickelung    der    Doppelbildu7igen.      Centralbl.  f.  allg.  Path.  u. 

path.  Anat.  Bd.  X.  1899. 

—  Zur  Frage  von  der  Bedeutung  der  Schiverkraft   für    die    Entivickelung    des   tierischen 

Embryos.     Arch.  f.  mikr.   Anat.  Bd.  LVI.  1900. 
Schmitt,   F.      Systematische    Darstellung    der    Dopjielembryonen    der   Salmoniden.     Arch. 
f.  Entw.-Mech.  Bd.  XIII.  1901. 

—  Ueber  die   Gastrulation   der  Doppelbildungen    der  Forelle,    mit   besonderer  Berücksich- 

tigung der  Konkrescenztheorie.      Verh.  d.  Deutsch,  zool.  Ges.  1902. 
Speniann,    H.      Experimentell    erzeugte    Doppelbildungen.      Verh.  des    V.   internat.   zool. 
Kongr.  zu  Berlin  1901.  p.  461.     Jena  1902. 

—  Entivickelungsj)hysioloqische     Studien    am    Tritonei.      Teil   II.       Arch.    f.    Entw.-Mech. 

Bd.  XV.  1902. 
Stoss.      Künstliche    Erzeugunq    von    Doppelbildungen.      Monatsschr.    f.    j;<ra/.;i.    Tierheilk. 

189.5. 
Strahl  u.   Grtinthnaun.      Versuche  über  das  Wachstum  der  Keimblätter  beim  Hühnchen. 

Anat.  Anz.   Bd.  XXI.  1902. 
Tonkoff,    W,      Experimentelle    Erzeugung    von    Doppelbildungen    bei    Triton.     Sitz.-Ber. 

Akad.    Wiss.  Berlin.  1900. 

—  Ueber  den  Einflu/s  von  Kochsalzlösungen   auf  die    erste  Entwickelung  des  Tritoneies. 

Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  LXII.  1903. 
Wetzet,    G.       Ueber    die    Bedeutung    der    cirkulären    Furche    in    der   Entwickelung     der 
Schütze' sehen  Doppelmij3bildunge7i  von  Rana  fusca.    Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XLVI. 
189.5. 

—  Beitrag    zum  Stadium  der  künstlichen  Doppelmißbildungen  von  Rana  fusca.     Inaug.- 

Diss.   1896. 

—  Drei  abnorm    gebildete  Eier   von    Tropidonotus   natrix    (Schlange).      Anat.    Aiizeiger. 

Bd.  XVIIL  1900. 
Wilson,    Amphioxus  and  the  mosaic  theory  of  development.    Journ.  of  ßlorph.  Vol.  VIII. 
1893. 

—  On  cleavage  and  mosaic-work.     Arch.  f.  Entw.-Mech.  Bd.  III.  1896. 

Wilson,  Charles  B.  Experiments  on  the  early  development  of  the  amphibian  embryo 
u.nder  the  infltience  of  Ringer  and  salt  Solutions.  Arch.  f.  Entw.-Mech.  Bd.  V. 
1897. 

Ziegler,   Kurt.     Zur  Postgenerationsfrage.     Anat.  Hefte.  Bd  XIX.  1901. 


Zusammenfassung  von  Kapitel  III  und  IV. 

Die  Ergebnisse  der  Keimblattlehre. 

Wie  uns  die  Darstellung  im  dritten  und  vierten  Kapitel  gezeigt 
hat,  gehen  auch  heute  noch  die  Ansichten  der  Forscher  bei  der  Deutung 
der  Prozesse,  durch  welche  die  Keimblätter,  die  ersten  Fundamental- 
organe des  Wirbeltierkorpers,  gebildet  werden,  weit  auseinander,  trotz 
der  zahlreichen  Untersuchungen,  die  über  jede  einzelne  Klasse  der 
Wirbeltiere  angestellt  worden  sind.  Das  Studium  dieser  Litteratur 
kann  leicht  den  Eindruck  erwecken,  daß  man  sich  in  der  Keimblatt- 
lehre einem  Chaos  unvereinbarer  Meinungen  gegenüber  befindet. 

Wie  bei  mehreren  Gelegenheiten  nachgewiesen  und  hervorgehoben 
wurde,  sind  es  weniger  die  nackten,  von  den  einzelnen  Forschern  er- 
haltenen Befunde,  als  vielmehr  die  an  sie  augeknüpften  Deutungen, 
welche  zu  den  Widersprüchen  geführt  haben.  Bei  den  Versuchen, 
die  Entwickelung  der  Keimblätter,  die  in  den  einzelnen  Klassen  der 
Wirbeltiere  zum  Teil  ein  sehr  verschiedenes  Gepräge  trägt,  unter 
einheitliche,  wissenschaftliche  Gesichtspunkte  zu  bringen,  ist  keine 
Einigung  erzielt,  eine  Keimblatttheorie  ist  noch  nicht  allgemein  an- 
genommen worden.  Um  so  mehr  scheint  es  mir  hier  am  Platze,  in 
einer  kurzen  Zusammenfassung  den  Versuch  zu  erneuern,  eine  Ver- 
ständigung über  einige  Hauptpunkte  herbeizuführen. 

Bei  allen  Wirbeltieren  haben  die  Entwickelungsprozesse,  welche 
sich  an  das  Furchungsstadium  anschließen,  ein  und  dasselbe  Ziel.  Es 
wird  zuerst  das  Material  der  Embryonalzellen  in  die  beiden  primären 
Keimblätter  angeordnet,  welche  als  Hohlraum  die  Darmhöhle  um- 
schließen; dann  werden  noch  2  neue  Keimblätter,  die  mittleren,  ge- 
bildet, welche  gewöhnlich  in  der  ersten  Zeit  ihres  Auftretens  einer 
Höhlung  entbehren,  später  aber  eine  solche,  nämlich  das  Cölom,  er- 
halten. 

Die  Wege  aber,  auf  denen  bei  den  verschiedenen  Wirbeltierklassen 
die  beiden  Ziele  erreicht  werden,  zeigen  Abweichungen  voneinander, 
meist  geringfügiger,  zuweilen  auch  sehr  eingreifender  Art.  Die  Ab- 
weichungen sind  schon  von  Anfang  an  in  nachweisbaren  Unterschieden 
der  Eizellen  begründet,  welche  den  einzelnen  Entwickelungsprozessen 
zum  Ausgangspunkt  dienen,  in  ihrer  ungleichen  Größe,  ihrem  sehr 
verschiedenen  Gehalt  an  Dottermaterial,  welches  im  Verhältnis  zum 
aktiven  Protoplasma  einen  passiven  Bestandteil  im  Ei  darstellt,  in  der 
sehr  verschiedenen  Art  und  Weise,  wie  die  aktiven  und  passiven  Be- 
standteile im  Eiraum  verteilt  sind,  und  in  dergleichen  Verhältnissen 
mehr.  Aufgabe  der  vergleichenden  und  experimentellen  Entwickelungs- 
lehre  ist  nachzuweisen,  wäe  durch  die  von  Anfang  gegebenen  Unter- 
schiede in  den  Eizellen  die  Wege  zur  Erreichung  der  gleichen  Ziele 
modifiziert  werden,  und  wie  diese  Modifikationen  sich  scldießlich  doch 


1000  0.  Hertwig, 

auf  einige  wenige,  typische,  entwickelungsgeschichtliche  Elementarpro- 
zesse zurückführen  lassen. 

In  der  orientierenden  Zusammenfassung  sollen  drei  Punkte  be- 
sprochen werden : 

1)  die  Entwickelung  der  beiden  ])rimären  Keimblätter, 

2)  die  Entwickelung  der  beiden  Mittelblätter, 

3)  die  Vorgänge  in  der  Umgebung  des  Urmundes. 

1.  Die  Entwickelung  der  beiden  primären  Keimblätter  oder  die 
erste  Phase  der  Gastrulation  (die  (xasträatbeorie). 

In  einfacher  Weise  spielt  sich  die  Bildung  der  beiden  primären 
Keimblätter  nur  beim  Amphioxus  ab,  dessen  Eier  dotterarm  sind,  keine 
bemerkenswerte  Sonderung  der  aktiven  und  passiven  Eibestandteile 
aufweisen,  einen  totalen,  äqualen  Furchungsprozeß  durchmachen,  welcher 
zu  einer  Keimblase  mit  einer  einfachen  Wand  cylindrischer  Zellen 
führt.  Dadurch,  daß  die  eine  Hälfte  der  Blase  gegen  die  andere  ein- 
gestülpt wird,  kommt  ein  Becher  zu  stände,  die  Gastrula,  deren  Wand 
aus  einer  doppelten  Zellschicht,  den  beiden  primären  Keimblättern, 
besteht,  mit  emem  centralen  Hohlraum,  dem  Ürdarm  (Fig.  247 — 251). 

Der  einfache  Prozeß,  den  man  Gastrulatiou  genannt  hat,  kehrt 
in  dieser  typischen  Weise  bei  keinem  anderen  Wirbeltier  wieder.  Bei 
den  Säugetieren  scheinen  allerdings  die  Bedingungen  für  eine  typische 
Gastrulation  gegeben  zu  sein,  da  ihre  Eier  auch  Avie  beim  Amphioxus 
dotterarm  sind,  sich  äqual  furchen  und  eine  dünnwandige  Keimblase 
liefern.  Gleichwohl  tritt  eine  Gastrulation  wie  beim  Amphioxus  nicht 
ein.  Für  ihr  Ausbleiben  lassen  sich  auch  bei  näherer  Prüfung  wichtige 
Gründe  auffinden.  Denn  aus  der  ganzen  systematischen  Stellung  der 
Säugetiere  und  aus  dem  weiteren  Verlauf  ihrer  Entwickelung,  welche 
mit  derjenigen  der  Reptilien  und  Vögel  Uebereinstimmungen  in  der 
Bildung  eines  Dottersackes  und  damit  zusammenhängender  Eihüllen, 
sowie  in  der  Bildung  eines  Dottersackkreislaufes  zeigt,  läßt  sich  die 
von  vielen  Embryologen  vertretene  Ansicht  begründen,  daß  die  Eier 
der  Säugetiere  nicht  primär  dotterarm  wie  diejenigen  des  Amphioxus 
sind.  Vielmehr  ist  die  Annahme  geboten ,  daß  die  Säugetiere  von 
Vorfahren  abstammen,  die  einmal  dotterreiche  Eier  wie  die  Reptilien 
besessen  haben. 

Außer  der  einfachen  Form  der  Gastrulation,  die  uns  allein  Amphioxus 
darbietet,  lassen  sich  bei  den  übrigen  Wirbeltieren  drei  verschiedene 
Typen  unterscheiden,  die  wir  nach  den  Tierformen,  bei  denen  sie  am 
klarsten  ausgeprägt  sind,  als  den  Amphibien-,  den  Selachier- 
und  den  R  e  p  t  i  1  i  e  n  t y  p  u  s  bezeichnen  können. 

Bei  den  Amphibien,  an  welche  sich  die  Petromyzonten,  Dipneusten 
und  einige  Ganoiden  anschließen,  ist  die  Keimblase  (Fig.  278,  279, 
334,  336)  infolge  einer  stärkeren  Ansammlung  von  Dottermaterial  im 
Ei  zu  einer  inäqualen  geworden ;  das  heißt,  die  eine  Hälfte  der  Blasen- 
wand, welche  beim  Amphioxus  zum  inneren  Keimblatt  eingestülpt 
wird,  ist  durch  große,  besonders  dotterreiche,  übereinander  gelagerte 
Zellen  sehr  erheblich  verdickt. 

Der  Einstülpung  (Invagination)  ist  dadurch  ein  großes  Hindernis 
gesetzt.  Zu  seiner  Bewältigung  beansprucht  der  Gastrulationsprozeß 
nicht  nur  eine  viel  längere  Zeit,  sondern  muß  sich  auch  den  ver- 
änderten Bedingungen    anpassen.     Er  beginnt  langsam   an  einer   sehr 


Die  Ergebnisse  der  Keimblattlehre.  1001 

kleinen  Stelle  der  Keiniblasenwand,  die  hierzu  besonders  prädisponiert 
zu  sein  scheint  (beim  Froschei  z.  B.  durch  ihre  geringere  Dicke  und 
die  geringere  Größe  der  Zellen)  und  greift  von  hier  aus  allmählich 
auf  die  angrenzenden  Bezirke  um  sich  (Fig.  260—2(52,  279,  280,  283, 
289—293,  296-298,  335,  337,  338).  Der  Vorgang  kann  zu  seiner 
Vollendung  viele  Stunden,  ja  Tage  beanspruchen.  Hierbei  tritt  der 
Charakter  einer  sackartigen  Einstülpung  mehr  oder  weniger  zurück. 
Ein  Keil  von  Zellen  (Fig.  291,  292*)  schiebt  sich  von  der  oben  er- 
wähnten Stelle  aus  an  der  Decke  der  Keimblase  entlang,  und  es  dringt 
in  ihn  am  Anfang  von  der  Oberfläche  her,  wo  die  erste  Spur  einer 
Urmundrinne  bemerkbar  wird,  nur  ein  enger  Spalt,  die  Andeutung 
einer  Einstülpungshöhle,  hinein,  je  nach  den  einzelnen  Amphibien- 
arten bald  mehr,  bald  weniger  tief. 

Es  giebt  nicht  wenige  Embryologen,  welche  den  eben  beschriebenen 
Vorgang  nicht  als  Einstülpung  gelten  lassen  wollen.  „II  n'y  a  pas 
trace  d'iuvagination"  erklärt  z.  B.  Brächet.  Sie  bezeichnen  den 
Hergang  bei  den  Amphibien  als  eine  Entstehung  des  Urdarmes 
durch  Delamination.  durch  eine  Aushöhlung  oder  Spaltbildung  inner- 
halb der  Masse  der  Dotterzellen.  Sie  übersehen  bei  der  Beurteilung 
des  Vorganges  die  Hauptsache,  auf  die  es  ankommt,  und  dies  ist,  daß 
von  einer  bestimmten  Stelle  der  Blasenwand  aus  eine  kompakte  Zellen- 
masse in  den  inneren  Hohlraum  hineingedrängt  wird,  und  daß  dieses 
Zellenmaterial  alsbald  zur  Umgrenzung  eines  neu  sich  bildenden,  nach 
außen  geöffneten  Hohlraumes,  des  Urdarmes,  verwandt  wird. 

Man   ist  berechtigt,   auch  einen    solchen  Vorgang,    selbst  für  den. 
Fall,   daß  einige  Zeit  überhaupt  jede  Spur   einer  Höhle  fehlen  sollte, 
was  ja  übrigens  bei  den  Amphibien  keineswegs  der  Fall  ist,  eine  Ein- 
stülpung zu  nennen. 

Mit  Recht  unterscheidet  man  in  der  Embryologie  zwischen  der 
Bildung  einer  gleich  offenen  und  einer  zunächst  geschlos- 
senen Tasche  und  betrachtet  die  letztere  nur  als  eine  Modifikation 
der  ersteren.  Wollte  man  in  anderer  Weise  verfahren,  so  w'ürde  man 
die  Entwickelung  von  keinem  einzigen  Organ  bei  den  Wirbeltieren 
auf  vergleichbare  Prozesse  zurückfüliren  können.  Denn  wie  bekannt, 
entsteht,  um  nur  einige  Beispiele  zu  nennen,  das  Rückenmark  in  vielen 
Fällen  aus  einer  Rinne  des  äußeren  Keimblattes  als  hohles  Nervenrohr 
(Fig.  312),  in  anderen  Fällen  aber  als  eine  Leiste,  die  sich  zu  einem 
soliden  Strang  abschnürt  (Fig.  267 — 269,  401,  402)  und  erst  später 
hohl  wird;  es  entsteht,  wie  sich  Götte  in  zutreffender  Weise  aus- 
gedrückt hat,  einmal  als  eine  offene,  das  andere  Mal  als  eine  ge- 
schlossene Falte. 

Aehnliches  wiederholt  sich  bei  vielen  anderen  Organen.  Hier 
entsteht  eine  Drüse  gleich  von  Anfang  an  als  ein  hohles  sich  ver- 
zweigendes Rohr,  dort  als  ein  solider,  sich  verzweigender  Zellenstrang, 
der  sich  erst  nachträglich  aushöhlt.  Hier  entwickelt  sich  das  Hör- 
bläschen aus  einer  grubenförmigen  Einsenkung,  dort  als  eine  kompakte 
Zellenwucherung  des  Ektoderms,  die  sich  von  ihm  abschnürt  und 
eine  Zellenkugel  liefert,  die  auf  einem  späteren  Stadium  hohl  wird. 
In  allen  diesen  Fällen  ist  die  an  zweiter  Stelle  aufgeführte  Entwicke- 
lungsweise  nur  eine  Modifikation  der  anderen. 

Die  Gastrulation  der  Amphibien  ist  ferner  noch 
durch  zwei  theoretisch  wichtigeVorgängeausgezeichnet. 

Der   eine  Vorgang  ist  der  D u r c h b r u c h    des  Urdarmes   in 


1002  0.  Hertwig, 

die  Keimblasen  höhle  (Fig.  294,  295) ;  er  ereignet  sich  bei  manchen, 
besonders  dotterreiclien  Ampliibieneiern,  wenn  der  Hohlraum  in  der 
noch  kleinen,  durch  Einstülpung  gebildeten  Tasche  sich  stärker  aus- 
zuweiten beginnt.  Hierbei  reißt  die  ventrale  Wand  der  Tasche,  welche 
Avie  eine  Scheidewand  zwischen  Urdarm  und  Blastocöl  anfangs  aus- 
gespannt ist,  ein  und  läßt  beide  zu  einem  größeren  Hohlraum  zu- 
sammenfließen. Infolgedessen  fehlt  letzterem  eine  Strecke  weit  eine 
Auskleidung  durch  das  innere  Keimblatt.  Dieselbe  kommt  erst  später 
dadurch  zu  stände,  daß  sich  die  vegetativen  Zellen  von  der  Durchbruch- 
stelle und  überhaupt  ringsum  vom  Boden  der  Keimblase  teils  in  ge- 
schlossener Schicht,  teils  auch  einzeln  an  der  noch  frei  gebliebenen 
Decke  entlang  schieben  und  allmählich  zu  einem  geschlossenen  Epithel 
vervollständigen. 

Wir  wollen  zur  schnelleren  Verständigung  den  Hergang  als  die 
Unter  wach  SU  ng  der  K  eim  blasen  decke  durch  Dotterzellen 
bezeichnen.  Wir  können  daher  au  der  Decke  des  Urdarmes  bei  vielen 
Amphibien  zwei  verschiedene  Regionen  unterscheiden ,  erstens  eine 
Region,  die  direkt  von  der  dorsalen  Wand  des  Einstülpungssäckchens 
abstammt,  und  eine  zweite  Region,  welche  durch  Unterwachsung  der 
Keimblasendecke  durch  Dotterzellen  entstanden  ist. 

Je  nach  dem  Dotterreichtum  der  Eier,  und  je  nachdem  der  Durch- 
bruch später  oder  früher  erfolgt,  ist  der  eine  oder  der  andere  Abschnitt 
der  ausgedehntere.  So  fällt  bei  den  sehr  großen  Eiern  von  Salamandra 
und  den  Gymnophionen  (Fig.  298-300)  der  Teil,  welcher  vom  nur 
.wenig  entwickelten  Einstülpungssäckchen  geliefert  wird,  sehr  klein  aus, 
während  bei  Tritonen  im  Gegensatz  hierzu  ein  durch  Unterwachsung 
von  Dotterzellen  gebildeter  Abschnitt  überhaupt  ganz  fehlt. 

Der  Vorgang  bei  den  Amphibien,  besonders  bei  Arten,  wie  den 
Gymnophionen,  ist  wichtig,  weil  er  uns  eine  Brücke  schlägt  zum  Ver- 
ständnis der  stark  abgeänderten  KeimblattbildungbeiReptilien, 
Vögeln  und  Säugetieren,  zu  deren  Besprechung  ich  daher  gleich 
übergehe. 

Weniger  als  bei  irgend  einer  anderen  Tierklasse  entsprechen  hier 
die  Befunde  der  Vorstellung,  welche  man  mit  dem  Worte  Gastrulation 
zu  verbinden  pflegt.  Denn  es  fehlt  oft  die  geringste  Spur  einer  Ein- 
stülpung. Von  einer  wenig  verdickten  Stelle  der  Keimhaut  aus  (von 
der  Primitivplatte  der  Reptilien  und  dem  Embryonalknoten  der  Säuge- 
tiere) beginnt  der  Keim  cloppelblätterig  zu  werden.  Bei  Reptilien  und 
Vögeln  geschieht  dies  dadurch,  daß  sich  in  der  Keimblasenhöhle  zer- 
streute oder  an  ihrem  Boden  auf  dem  Dotter  liegende  Zellen  von  der 
Primitivplatte  aus  zu  einem  Blatt  zusammenordnen,  das  nach  vorn 
und  seitwärts  mit  freiem  Rand  aufhört  und  an  ihm  weiterwächst 
(Fig.  416—419,  477,  478).  Bei  den  Säugetieren  geht  seine  Bildung 
vom  Furchungskugelrest  oder  dem  Embryonalknoten  aus  (Fig.  557—559, 
561-571). 

Der  Prozeß  ist  vergleichbar  der  Unterwachsung  der  Keimblasen- 
decke durch  Dotterzellen,  wie  er  in  den  Eiern  mancher  Amphibien, 
besonders  der  Gymnophionen,  beobachtet  wird.  Dagegen  fehlt  meisten- 
teils jede  Invagination  in  der  bei  Amphibien  oder  bei  Elasmobranchiern 
beobachteten  Weise.  Nur  die  Stelle,  wo  sie  stattfinden  sollte,  läßt 
sich  nachweisen  in  der  Primitivplatte  der  Reptilien,  die  gewöhnlich 
eine  kleine  Delle  zeigt  (Fig.  414,  415,  417—419).  und  in  dem  Embryonal- 
knoten der  Säugetiere  (Fig.  568,  569,  571,  624  B),  an  welchem  sogar  vor- 


Die  Ergebnisse  der  Keimblattlehre.  1008 

übergehend  eine  kleine,  später  wieder  schwindende  Oeffnuns  nach- 
weisbar wird.  Auch  prägt  sich  an  der  Delle  der  Reptilienpriniitiv- 
platte  ein  Unischlagsrand  oder  eine  vordere  Unnundlippe  aus,  in 
ähnlicher,  nur  noch  viel  mehr  reduzierter  Form  als  bei  den  Gymno- 
phionen.     (Man  vergleiche  Fig.  417 — 419  mit  Fig.  298.) 

Wie  bei  den  Ani])hibien  sich  der  Urdarm  nach  dem  Durchbruch 
in  die  Keiniblasenhöhle  auf  Kosten  derselben  vergrößert,  so  wird  bei 
den  Amnioten  die  Keimblasenhöhle  im  ganzen  zur  Urdarmhöhle.  wenn 
sich  in  der  oben  angegebenen  Weise  das  innere  Keimblatt  angelegt 
hat.  Wir  können  daher  sagen,  die  typische  Gastrulation  ist  hier  er- 
setzt durch  Umorduung  und  Anordnung  der  Dotterzellen  zu  einem 
Darmdrüsen blatt  in  der  Art,  wie  bei  den  Amphibien  ein  Teil  der 
Urdarmwand  entsteht.  In  dem  zunehmenden  Dottei'reichtum  der  Eier 
ist  die  Ursache  der  extrem  abgeänderten  Entwickelungsweise  zu  suchen. 

Beim  S  e  1  a  c  h  i  e  r  t  y  p  u  s  (Selachier,  Teleostier)  tritt  der  Charakter 
der  Einstülpung  wieder  deutlicher  hervor,  und  zwar  bildet  sich  hier 
das  innere  Keimblatt  durch  Umschlag  vom  hinteren  Rand  der  Keim- 
haut aus,  der  sich  dadurch  zur  Urmundlippe  umwandelt  (Fig.  854—357, 
380,  385,  386,  399).  Die  Umwandlung  beginnt  wie  die  Einstülpung 
bei  den  Amphibien  an  einem  kleinen  Bezirk,  dehnt  sich  darauf  immer 
weiter  zu  beiden  Seiten  aus,  bis  ein  ringförmiger  Blastoporus  (Fig.  389, 
400)  zu  Stande  gekommen  ist.  Selachier-  und  Amphibieutypus  gleichen 
sich  in  dieser  Beziehung. 

Solange  am  Keimhautrand  der  Selachier  und  Teleostier  noch 
keine  Lippenbildung  zu  stände  gekommen  ist,  unterscheide  ich  ihn 
vom  Urmundrand  als  U  m  w  a  c  h  s  u  n  g  s  r  a  n  d  (Fig.  397).  Die  Unter- 
scheidung ist  notwendig,  da  die  an  ihm  sich  abspielenden  Prozesse 
anderer  Art  als  im  Bereich  des  Urmundes  sind.  Mit  dem  Umwachsungs- 
rand  breitet  sich  die  Keimhaut  über  immer  größere  Bezirke  des  Dotters 
aus,  bis  er  schließlich  ganz  umhüllt  ist.  In  seinem  Bereich  vermehren 
sich  die  Zellen,  trennen  sich  vom  ungefurchten  Dotter  ab  und  tragen 
dadurch  zur  seitlichen  Vergrößerung  der  Keimblasenhöhle  bei.  Es 
ist  derselbe  Prozeß,  der  an  der  Randzone  des  Amphibieneies  vor  sich 
geht,  an  der  durch  fortgesetzte  Teilung  kleinere  Zellen  entstehen  und 
sich  als  eine  geschlossene  Schicht  von  den  größeren  vegetativen  Zellen 
abtrennen;  endlich  derselbe  Prozeß,  durch  welchen  sich  bei  den 
Amnioten  die  Keimhaut  allmählich  über  die  ganze  umfangreiche  Dotter- 
kugel ausbreitet. 

Nach  meiner  Meinung  sind  die  Prozesse,  die  sich  einerseits  am 
Urmundrand,  andererseits  am  Umwachsuugsrand  abspielen,  so  wesent- 
lich verschieden  voneinander,  daß  sie  nicht  in  eins  zusammengeworfen 
werden  sollten,  wie  es  früher  geschehen  ist  und  noch  immer  häutig 
geschieht.  Ich  habe  daher  auch  Brächet  nicht  beistimmen  können, 
wenn  er  die  Veränderungen  an  der  Randzone  des  Amphibieneies  als 
clivage  gastruleen  und  den  Uebergang  der  Decke  in  den  Boden  der 
Keimblase  (Fig.  278,  279,  334,  337)  als  virtuellen  Blastoporus  be- 
zeichnet hat,  wodurch  nur  zu  leicht  Mißverständnisse  hervorgerufen 
werden.  Auch  der  Keimscheibenrand  der  Reptilien  und  Vögel  kann 
nicht  als  Dotterblastoporus  betrachtet  werden.  Der  Xame  Urmund- 
rand ist  nur  auf  solche  Stellen  zu  beschränken,  an  denen  wirklich  eine 
Urmundlippe  existiert,  d.  h.  das  äußere  in  das  innere  oder  mittlere 
Keimblatt  durch  Umschlag  übergeht. 

In   der  Lage   des   sich   entwickelnden  Urmundes    zum   Rand   der 


1004  0.  Hertwig, 

Keinihaut  besteht  ein  durcli  greifen  der  Unterschied  zwischen  den  Se- 
lachiern  und  Teleostiern  einerseits,  und  den  Reptilien  und  Vögeln 
andererseits.  Bei  ersteren  entwickelt  sich  der  Urinund  an  einer  Stelle 
des  Keimscheibenrandes,  mit  welchem  in  der  Folgezeit  das  hintere 
Ende  des  Embryos  in  Verbindung  bleibt  (Fig.  389 — 395,  397);  bei 
Reptilien  und  Vögeln  dagegen  geht  die  Embryobildung  mehr  oder 
minder  in  der  Mitte  der  Keimhaut  vor  sich,  die  daher  nach  außen  nur 
einen  Unnvachsungsraud  hat.  Im  einen  Fall  kann  man  mit  Balfour 
von  einer  randständigen,  im  anderen  von  einer  mittelstän- 
digen Entwickeln ng  des  Embryos  sprechen. 

2.  Die  Entwickelung  der  beiden  Mittelblätter   oder  die  zweite 
Phase  der  (xastriilatioii  (die  Cölointbeorie). 

Das  mittlere  Keimblatt  bietet  in  seiner  Entwickelung  nicht  minder 
zahlreiche  Variationen  dar  als  das  innere.  Auch  hier  nimmt  Amphioxus 
wieder  eine  Ausnahmestellung  ein.  Durch  Faltenbildung  des  Darm- 
drüsenblattes  (Fig.  252,  254  —257)  entstehen  an  der  Decke  des  Ur- 
darmes  Divertikel,  die  sich  zu  Säckchen  abschnüren  und  dadurch  die 
Leibeshöhle  und  das  mittlere  Keimblatt  liefern.  Letzteres,  am  Rücken 
des  Embryos  entstanden,  schiebt  sich  von  seinem  Ursprungsort  aus 
allmählich  ventralwärts  zwischen  die  beiden  primären  Keimblätter 
hinein  (Fig.  257,  258). 

Bei  allen  übrigen  Wirbeltieren  sind  die  Vorgänge  wieder  von 
komplizierterer  Natur  und  haben  daher  ebenfalls  zu  sehr  verschiedenen 
Deutungen  Veranlassung  gegeben. 

Ein  wichtiger  Unterschied  vom  Amphioxus  beruht  darauf,  daß 
die  Mesoblastbildung  schon  zu  einer  sehr  frühen  Zeit  beginnt,  ehe 
noch  die  Gastrulation  zu  Ende  geführt  ist.  Beide  Vorgänge  greifen 
infolgedessen  mehr  ineinander. 

P'erner  wird  bei  allen  Wirbeltieren,  mit  Ausnahme  der  Reptilien, 
im  Gegensatz  zum  Amphioxus  ein  deutlich  entwickelter  Hohlraum 
bei  der  ersten  Anlage  des  mittleren  Keimblattes  vermißt.  Gleichwohl 
sprechen  gewichtige  Gründe,  die  ich  in  der  Cölomtheorie  zuerst  zu- 
sammengefaßt habe,  dafür,  daß  auch  bei  ihnen  wie  beim  Amphioxus 
der  Entwickelungsprozeß  als  eine  Taschenbildung  zu  deuten  ist  (Fig. 
309,  310). 

Nach  meiner  Meinung  führt  die  vergleichende  Untersuchung  der 
im  dritten  Kapitel  beschriebenen  Befunde  zu  zwei  Ergebnissen : 
Erstens :  die  mittleren  Keimblätter  leiten  sich  von  Zellenmassen  her, 
die  als  geschlossene  Schicht  vom  linken  und  rechten  Urmundrand  aus 
zwischen  die  beiden  primären  Keimblätter  hineinwachsen.  Zweitens: 
die  peristomal  entstehenden  Zellmassen  sind  als  die  Wände  zweier 
geschlossener  Taschen  zu  deuten,  die  bei  ihrer  Oeffnung  die  Leibes- 
höhle liefern. 

Was  den  ersten  Punkt  betrifft,  so  sind  die  Befunde  bei  den  Se- 
lachiern,  Reptilien,  Vögeln   und  Säugetieren    besonders  beweisend. 

Die  Forscher,  die  sich  mit  der  Elasmobranchierentwickelung  be- 
schäftigt haben,  stimmen  ohne  Ausnahme  darin  überein,  daß  das  mitt- 
lere Keimblatt  keine  weiteren  Bezüge  von  anderen  Stellen  der  primären 
Keimblätter  empfängt  (Fig.  361,  362,  364,  365).  Eine  Bildung  durch 
Delamination  ist  hier  völlig  ausgeschlossen.    Gleichwie  auf  einer  ersten 


Die  Ergebnisse  der  Keimblattlehre.  1005 


'o 


Phase  (las  innere  Keiml)latt  durch  Faltenbildiing  der  Keimhaut  längs 
ihres  Randes  entsteht  und  in  die  Keiniblasenhühle  hineinwächst,  so 
wird  auf  einer  sich  bald  anschließenden  zweiten  Phase  auch  das  mitt- 
lere Keimblatt  als  eine  Schicht  angelegt,  die  vom  Urmundrand  aus 
sich  zwischen  die  Grenzl)lätter  in  den  Zwischenraum  hineinschiebt,  der 
genetisch  vom  Plastocöl  abstammt. 

Nicht  minder  klar  liegen  die  Verhältnisse  bei  den  Amnioten,  wenn 
auch  abweichende  Ansichten  hier  häufiger  geäußert  worden  sind,  Ur- 
sprungsort des  Mesoderms,  nach  dem  von  mir  schärfer  gefaßten  Begriff, 
ist  hier  einzig  und  allein  die  Primitivi)latte  der  Reptilien  (Fig.  442 
bis  445,  454,  455),  der  Primitivstreifen  der  Vögel  (Fig.  494,  495)  und 
Säugetiere  (Fig.  595). 

Primitivplatte  und  Primitivstreifen  der  Amnioten  entsprechen  nun 
aber,  worüber  ja  jetzt  die  Embryologen  einig  sind,  dem  Urmuud  der 
übrigen  Wirbeltiere,  also  auch  dem  Urmundrand  an  der  Keimhaut  der 
Selachier.  Mithin  entwickelt  sich  auch  bei  den  Amnioten  das  mittlere 
Keimblatt  von  den  Urmundrändern  aus,  und  zwar  aus  einer  Wucherung 
des  äußeren  Keimblattes,  und  breitet  sich  als  zusammenhängendes 
Blatt  in  dem  Spaltraum  zwischen  den  primären  Keimblättern  vom 
Centrum  nach  der  Peripherie  des  Blastoderms  aus. 

Dieser  und  jener  Leser  könnte  einen  Widerspruch  darin  erblicken, 
daß  beim  Amphioxus  das  mittlere  Keimblatt  sich  durch  Faltenbildung 
aus  dem  Entoderm,  bei  den  Amnioten  dagegen  aus  einer  Wucherung 
des  Ektoderms  entwickeln  solle.  Warum  hierin  kein  unlösbarer  Wider- 
spruch zu  suchen  ist,  wurde  schon  in  der  Einleitung  auseinander- 
gesetzt (p.  709).  Der  Widerspruch  findet  seine  Lösung  in  der  Er- 
wägung, daß  beim  Amphioxus  das  primäre  Entoderm,  das  sich  bald 
nach  der  Gastrulation  durch  einen  Faltungsprozeß  in  Darmdrüsenblatt 
und  mittleres  Keimblatt  sondert,  ja  auch  eingestülpte  Keimblasenw^and 
ist,  also  von  Zellen,  die  zuerst  die  Oberfläche  begrenzt  haben,  ab- 
stammt. 

Bei  den  Amnioten  findet  die  Sonderung  schon  früher  und  in  einer 
abgeänderten  Weise  statt,  die  durch  den  größeren  Dotterreichtum  der 
Eier  veranlaßt  ist.  Es  bildet  sich  kein  primäres  Entoderm,  sondern 
in  einer  ersten  Phase  der  Gastrulation,  die  den  Charakter  der  Ein- 
stülpung nach  unserer  früheren  Darstellung  verloren  hat,  nur  ein  Ab- 
schnitt desselben,  das  Darmdrüsenblatt  aus,  und  erst  in  einer  zweiten 
Phase  stülpt  sich,  nun  gleich  als  eine  schon  räumlich  abgesonderte 
Masse,  das  mittlere  Keimblatt  vom  Blastoderm  aus  ein. 

Während  es  bei  Selachiern  und  Amnioten  nicht  schwer  ist,  den 
Nachweis  zu  führen,  daß  die  mittleren  Keimblätter  zwischen  die  beiden 
primären  vom  Urmundrand  aus  hineinwachsen  und  außer  von  dieser 
Verbindungsstelle  her  keine  weiteren  Bezüge  von  anderen  Orten  em- 
pfangen, liefern  Amphibien  und  Teleostier  Befunde,  die  sich  schwieriger 
deuten  lassen.  Die  Schwierigkeit  beruht  hier  darauf,  daß  sich  in  früher 
Zeit  die  Zellmassen,  die  zum  inneren  und  mittleren  Keimblatt  werden, 
eine  Zeitlang  nicht  scharf  voneinander  abgrenzen  lassen.  Beide  werden 
fast  gleichzeitig  eingestülpt  und  sondern  sich  hierbei  erst  allmählich 
schärfer  in  die  Zellschichten,  welche  einerseits  zur  Begrenzung  der 
Darmhöhle,    andererseits  der  Leibeshöhle  dienen    (Fig.  301,  302,  329). 

Die  Gastrulation  vollzieht  sich  bei  ihnen  gleich  als  eine  doppelte 
und  daher  kompliziertere  Einstülpung,  als  eine  Einstülpung,  die  den 
Darmraum,   und  als  eine  Einstülpung,   welche  die  beiden  Cölomsäcke 


1006  0.  Hertwig, 

liefert.  Die  erstere  besteht  im  großen  und  ganzen  aus  größeren  vege- 
tativen Zellen,  die  letztere  aus  kleineren  und  mehr  pigmentierten 
Elementen,  die  in  der  Umgebung  des  Urmundes  angehäuft  sind  und 
in  das  innere  Blatt  der  Blastoi)oruslii)pen  übergehen.  Beide  Bestand- 
teile grenzen  sich  erst  allmählich  durch  einen  von  außen  nach  innen 
eindringenden  Spalt  besser  voneinander  ab.  Brächet  nennt  den  Vor- 
gang eine  clivage  mesoblastique  und  deutet  ihn  als  eine  Delamination, 
während  ich  in  ihm  eine  Abfaltung  erblicke. 

Ob  man  die  Trennung  zweier  Zellmassen  voneinander  als  Spaltung 
oder  Abfaltung  richtiger  bezeichnen  muß,  läßt  sich  an  Schnitten  durch 
tote  und  fixierte  Keime  schwierig  und  oft  gar  nicht  entscheiden,  da 
man  im  einen  wie  im  anderen  Falle  nur  den  trennenden  Spalt  sieht, 
nicht  aber  mehr  die  Art  und  Weise  erkennen  kann,  wie  sich  der  Spalt 
gebildet  hat.  Hierauf  aber,  auf  die  Art  der  stattgehabten  Zellbewegungen 
und  Verschiebungen  kommt  es  für  die  richtige  Beurteilung  an. 

Einen  allgemeinen  Grundsatz  aber  glaube  ich  bei  dieser  Gelegen- 
heit noch  aussprechen  zu  sollen,  nämlich  den  Grundsatz,  daß  bei  den 
embryonalen  Prozessen  wirkliche  Spaltungen  nur  eine  geringe  Bolle 
spielen  und  selten  auftreten  im  Vergleich  zu  den  Abfaltungen  und 
Abschnürungen,  denen  wir  in  den  verschiedenartigsten  Modifikationen 
bei  der  Entwickelung  der  Organe  begegnen. 

Wer  sich  in  dem  von  mir  angegebenen  Sinne  entscheidet,  wird 
dann  auch  finden,  daß  die  Mesoblastentwickelung  bei  Amphibien  etc. 
von  derjenigen  der  Selachier  und  Amnioten  nicht  prinzipiell  verschieden 
ist.  Denn  auch  bei  den  Amphibien  handelt  es  sich  um  Zellmassen, 
die,  in  der  Umgebung  der  Urmundränder  entstanden,  sich  von  hier  aus 
in  den  Spalt  zwischen  Darmdrüsenblatt  und  Ektoderm  trennend  hinein- 
schieben und  nach  der  ventralen  Fläche  allmählich  ausbreiten. 

Bei  allen  Wirbeltieren  bewahren  die  mittleren  Keimblätter  lange 
Zeit  ihren  genetisch  begründeten  Zusammenhang  mit  den  Urmund- 
rändern,  und  zwar  so  lange,  bis  der  letzte  Rest  des  Urmundes  (Canalis 
neurentericus  und  Afterblastoporus)  geschwunden  ist. 

Nach  der  Cölomtheorie  sollen  die  mittleren  Keimblätter  ihrer 
Phylogenese  nach  Taschen  sein,  deren  Hohlraum  die  Leibeshöhle  ist 
(Fig.  309,  310).  Während  der  Entwickelung  würden  sie  nach  dieser 
Auffassung  zuerst  als  geschlossene  Taschen  oder,  wenn  Spuren  einer 
Höhle  vorhanden  sind,  als  halb  geöffnete  Taschen  angelegt  werden. 
Ich  stelle  die  Gründe  kurz  zusammen,  welche  sich  zu  Gunsten  dieser 
Ansicht  aufführen  lassen. 

Eine  wichtige  Stütze  liefern  die  Amnioten  und  unter  ihnen  be- 
sonders die  Reptilien.  Denn  bei  diesen  enthält  die  Anlage  des  mitt- 
leren Keimblattes  zuweilen  einen  ansehnlichen  Hohlraum,  der  sich  durch 
den  Urmund  nach  außen  öffnet  (Fig.  429,  433,  434,  437,  438,  444,  445). 
Früher  hielten  die  meisten  Embryologen  die  Einstülpung  für  die 
Gastrulahöhle.  Aus  den  früher  auseinandergesetzten  Gründen  (p.  837) 
ist  diese  Annahme  nicht  haltbar,  sie  zeigt  uns  aber,  daß  sich  die  Bil- 
dung des  mittleren  Keimblattes  durch  Einstülpung  in  ganz  ähnlicher 
Weise  vollzieht,  wie  die  Bildung  des  Darmdrüsenblattes  bei  der  Gastru- 
lation.  Ich  unterschied  daher  mit  Keibel,  Wenkebach,  Hubrecht 
und  anderen  zwei  Phasen  der  Gastrulation  und  nannte  bei  den  Rep- 
tilien das  Produkt  der  zweiten  Phase  das  Mesodermsäckchen. 

Die  Amnionlosen  und  die  Amnioten  stellen  in  ihrer  Keimblatt- 
bildung einen   interessanten  Gegensatz  dar.     Bei  jenen   tritt  während 


Die  Ergebnisse  der  Keimblattlehre.  1007 


■ö 


der  ersten  Phase  der  Gastrulation  eine  deutliche  Einstülpungshöhle 
hervor,  deren  Wand  vom  Darnidrüsenblatt  gel)ildet  wird.  P)ei  den 
Anmioten  dagegen  wird  eine  Einstüljjung  vermißt,  das  Darmdrüsen- 
blatt entsteht  in  stark  abgeänderter  Weise.  Umgekehrt  verhält  es  sich 
in  der  zweiten  Phase,  die  zur  Sonderung  des  mittleren  Keimblattes 
führt.  Bei  den  Amnionlosen  entwickeln  sich  die  mittleren  Keimblätter 
vom  Urmundrand  aus  als  geschlossene  Taschen,  bei  den  Reptilien 
dagegen  aus  einer  deutlichen  Einstülpung,  dem  Mesodermsäckchen. 
Bei  den  Säugetieren  ist  die  Eiinstttlpungshölde  sehr  reduziert  und  im 
Chordakanal  noch  erkennbar:  bei  den  Vögeln  ist  sie  vollkommen  ver- 
kümmert; an  die  Stelle  des  Mesodermsäckchens  ist  eine  geschlossene 
Tasche  getreten,  eine  Mesodermleiste  oder  der  Primitivstreifen. 

Zu  Gunsten  der  Cölomtheorie  sprechen  ferner  auch  in  hohem 
Grade  die  Befunde  an  der  Ursprungslinie  des  mittleren  Keimblattes 
in  der  Umgebung  des  Urmundes.  Wie  schon  früher  hervorgehoben 
wurde,  findet  hier  ein  Zusammenhang  des  mittleren  Keimblattes  sowohl 
mit  dem  äußeren,  als  auch  mit  dem  inneren  Keimblatt  statt.  Dabei 
dringt  häufig  eine  bald  mehr,  bald  minder  tiefe  Rinne  {^')  [Cölombucht, 
Mesodermbildungsrinne]  in  das  Mesoderm  hinein  und  zerlegt  es  in 
ein  parietales  und  viscerales  Blatt  (Fig.  315,  316).  Von  diesen  schlägt 
sich  das  parietale  Blatt  in  das  Ektoderm  um  und  erzeugt  mit  ihm  die 
Urmundlippe  (um),  das  viscerale  Blatt  dagegen  geht  in  das  Entoderm 
über,  eine  Darmfalte  (dl)  bildend. 

Solche  Befunde  werden  verständlich,  wenn  wir  in  den  mittleren 
Keimblättern  die  aufeinander  gepreßten  Wände  einer  Tasche  (Fig.  309) 
erblicken,  die  nur  an  ihrem  Ürspruugsort  etwas  geöffnet  ist  und  da- 
durch zu  den  beiden  Lippenbilduugen  die  Veranlassung  giebt. 

Die  Konstanz,  mit  w^elcher  die  Urmund-  und  Darmlippen  und  die 
von  ihnen  eingefaßte  Cölombucht  in  allen  Klassen  der  Wirbeltiere  auf 
früheren  und  späteren  Entwickelungsstadien,  auf  diesen  sogar  gewöhn- 
lich am  deutlichsten  ausgeprägt,  auftreten,  scheint  mir  schon  anzu- 
zeigen, daß  wdr  es  in  ihnen  nicht  mit  nebensächlichen  Bildungen  zu 
thun  haben.  Ich  verweise  auf  die  Befunde  bei  den  Selachiern  (Fig.  361, 
362*),  bei  den  Amphibien  (Fig.  313,  315,  316*,  301,  302),  bei  den 
Reptilien  (Fig.  461,  443),  Vögeln  (Fig.  496,  502  A,  503,  504)  und 
Säugetieren  (Fig.  599,  604,  605,  628).  Besonders  beweisend  sind  ein- 
zelne Befunde,  wo  die  Cölombucht  noch  eine  Strecke  weit  als  feiner 
Spalt  in  das  mittlere  Keimblatt  eindringt  und  es  in  eine  parietale  und 
viscerale  Lamelle  zerlegt. 

In  der  zusammenfassenden  Besprechung  des  mittleren  Keimblattes 
ist  endlich  noch  auf  einige  Verhältnisse  in  seiner  Ausbreitung  ein- 
zugehen. Das  Mesoderm  ist  bei  allen  Wirbeltieren  nach  seiner  Genese 
eine  dorsale  und  peristomale  Bildung. 

Die  letztere  Bezeichnung  bedarf  noch  einer  näheren  Erklärung. 
Es  entsteht  nämlich  das  Mesoderm  nicht  ringsum  am  Urmund  als  ein 
geschlossener  Ring,  sondern  zeigt  ausnahmslos  nach  vorn  eine  Unter- 
brechung. Die  Unterbrechung  rührt  daher,  daß  von  dem  zu  allererst 
entstehenden  Teil  der  Urmundlippe  kein  mittleres  Keimblatt  gebildet 
wird,  sondern  erst  seitlich  hiervon,  wenn  sich  allmählich  die  Urmund- 
lippen  nach  links  und  rechts  vergrößern.  Infolgedessen  muß  auch  das 
Mesoderm  seiner  ersten  Anlage  nach  als  eine  paarige  Bildung  bezeich- 
net werden. 

Der    mesodermfreie   Bezirk   des   Keimes,    welcher   sich    bei  allen 


1008  0.  Hertwig, 

Wirbeltieren  vom  Amphioxiis  an  findet,  bleibt  lange  Zeit  bestehen. 
In  ihm  legt  sich  später  die  Mundbucht  an ;  hier  entwickelt  sich  bei 
den  Amniüten  das  Proamnion, 

Wenn  der  Urmund  sich  mit  dem  Auftreten  der  ventralen  Ur- 
mundlippen  nach  hinten  zum  Ring  schließt,  verbinden  sich  auch  die 
seitlichen  Mesoblasthälften  caudalwärts  zu  einem  Halbring  durch  eine 
hinter  dem  Urmund  gelegene  Strecke,  die  man  durch  den  besonderen 
Namen  des  ventralen  oder  unpaaren  Mesoblasts  unterschieden  hat. 
Von  seiner  peristomalen  Ursprungslinie  wächst  das  mittlere  Blatt  in 
die  Bauchgegend  hinein  und  breitet  sich  namentlich  bei  den  mero- 
blastischen Eiern  auch  weiter  nach  vorn  in  Form  zweier  Flügel  aus, 
die  durch  den  oben  beschriebenen  mesodermfreien  Bezirk  getrennt 
sind  (Mesodermflügel  von  Schauinsland,  vergl.  Bd.  I,  2.  Teil,  p.  181, 
Fig.  91). 

Auf  die  Unterscheidung  eines  gastralen  und  peristomalen  Meso- 
blasts wird  besser  erst  im  Anschluß  an  die  Besprechung  des  Urmundes 
eingegangen,  zu  welcher  wir  uns  jetzt  wenden  wollen. 

3.  Die  Vorgänge  in  der  Umgebung  des  Urmundes  und  in  der  durch 
Urmundversehluß  gebildeten  Körperregion.  (Die  Urmundtheorie.) 

Als  Urmund  bezeichne  ich  die  Stelle  des  Keimes,  an  welcher  das 
äußere  Keimblatt  durch  Umschlag  entweder  in  das  innere  oder  in  das 
mittlere  Keimblatt,  und  zwar  in  die  parietale  Lamelle  des  letzteren 
übergeht.  Er  ist  also  durch  eine  Lippenbildung  gekennzeichnet.  Als 
Urmund  ist  daher  zu  betrachten  der  Blastoporus  der  Cyclostomen, 
Amphibien,  Dipneusten,  der  Keimscheibenrand  der  Selachier,  Teleostier, 
Ganoiden,  soweit  sich  an  ihm  ein  Umschlag  entwickelt  hat,  und  die 
Primitivrinne  der  Amnioteu.  Die  verschiedenen  anderen  Gebilde,  die 
man  sonst  noch  zum  Urmund  hinzugerechnet  hat,  wie  z.  B.  der  sog. 
Dotter  blastoporus,  gehören  nicht  hierher.  Auch  die  Unter- 
scheidung eines  virtuellen  Blastoporus  finde  ich  nicht  nur  über- 
flüssig, sondern  auch  leicht  irreführend.  Daher  nenne  ich  den  Ueber- 
gang  der  Decke  in  den  Boden  der  Keimblase  bei  Cyclostomen,  Amphi- 
bien (Fig.  278,  279,  291,  398  *)  und  Dipneusten  (Fig.  334)  die  Rand- 
zone (Goette);  desgleichen  unterscheide  ich  den  vorderen  Rand  der 
Keimhaut  bei  Selachiern  und  Teleostiern  (Fig.  397,  399  uw),  sowie 
den  gesamten  Rand  von  der  Keimhaut  der  Reptilien  und  Vögel  vom 
Urmundrand  als  Umwachsungsrand.  Durch  seine  Ausbreitung  wird 
der  Dotter   mit  einer  Zellenhaut,   dem  äußeren  Keimblatt,  überzogen. 

Der  Umwachsungsrand  besitzt,  solange  an  ihm  kein  Umschlag  in 
das  innere  Keimblatt  stattfindet  und  eine  Lippenbildung  fehlt,  nicht 
die  Eigenschaften  des  Urmuudrandes,  wie  ich  ihn  oben  definiert  hal)e. 
In  einen  solchen  kann  er  sich  allerdings  im  Anschluß  an  die  erste 
Anlage  des  Urmundes  successive  umbilden,  wie  es  bei  Selachiern  und 
Teleostiern  geschieht.  Auch  von  der  Randzone  der  Amphibieneier 
werden  nach  und  nach  neue  Strecken  in  die  Bildung  des  Urmundes 
hineingezogen.  In  dieser  Weise  können  sowohl  die  Randzone  der 
Amphibien,  als  auch  der  ganze  Umwachsungsrand  bei  den  Teleostiern 
schließlich  ganz  schwinden,  wenn  der  Urmundrand  sich  weiter  aus- 
breitet und  ventralwärts  zum  Ring  schließt  (Fig.  290  vul,  Fig.  389,  400). 

Ueber  die  Rolle,  welche  der  Urmund  bei  der  Organbildung  der 
Wirbeltiere  spielt,   gehen   die  Ansichten   der  Embryologen,   wie  in   so 


Die  Ergebnisse  der  Keimblattlehre.  1009 


vielen  anderen  Fragen  der  Keiniblattlehre,  noch  weit  auseinander. 
Durch  Untersuchungen,  in  denen  ich  mich  vor  Jahren  (1-^02)  mit  den 
einschlägigen  \'erhältnissen  eingehend  beschäftigt  habe,  bin  ich  zur 
Aufstellung  einer  Urnuindtheorie  geführt  worden,  die  manche  Be- 
rührungspunkte mit  der  Konkrescenztheorie  von  His,  aber  auch 
wichtige  Unterschiede  von  ihr  darbietet.  Hierüber  vergleiche  man  das 
in  der  Einleitung  (p.  706,  707)  und  im  Abschnitt  über  die  Teleostier 
(p.  807—811)  Gesagte. 

Rabl  hat  sich  in  seinem  Vorwort  zur  Theorie  des  Mesoderms  mit 
Eifer  gegen  die  Urnuindtheorie  ausgesprochen.  Er  bezeichnet  sie  als 
eine  zum  Schlimmen  verbesserte  Form  der  His'schen  Konkrescenz- 
theorie. Mit  Recht  fordert  er,  daß,  wenn  die  Urmundränder  ver- 
schmelzen, man  vor  dem  jeweiligen  Vorderende  des  sich  verkleinernden 
Urmundes  stets  eine  Verwachsungsspur,  ,.eine  Naht  —  und  möge  die- 
selbe auch  noch  so  vergänglich  sein  —  müsse  nachweisen  können". 
Wenn  er  nun  aber  behauptet,  daß  dies  nicht  der  Fall  sei,  so  hat  er 
übersehen,  daß  ich  das  Vorhandensein  einer  Nahtbildung  beim 
Amphibienei  schon  1892  nachgewiesen  und  ausführlich  beschrieben 
habe.  Auch  in  der  vorliegenden  Neubearbeitung  der  Keimblattlehre 
habe  ich  wegen  der  Wichtigkeit  der  Frage  auf  den  Nachweis  der 
Urmundnaht  in  den  verschiedenen  Klassen  der  Wirbeltiere  ein  be- 
sonders großes  Gericht  gelegt,  und  ich  glaube  ihn  so  überzeugend 
geführt  zu  haben,  daß  mir  Zweifel  kaum  noch  möglich  erscheinen. 
Man  vergleiche  hierüber  die  verschiedenen  Abschnitte  im  III.  Kapitel 
(p.  750-761,  769—770,  789-791,  793—798,  803—805,  807-811,  836, 
842,  846—847,  871-874,  883,  888-896,  926,  933-935  und  die  Figg. 
303—306,  313,  314,  316-319,  322,  364,  369,  370,  373,  374—377.  387, 
444,  450,  456,  457,  497,  498,  500,  502,  503,  528,  531—534,  538-544). 

Angesichts  dieser  Thatsachen ,  glaube  ich ,  daß  man  von  der 
Existenz  einer  Urmundnaht  mit  derselben  Sicherheit  sprechen  kann, 
wie  von  der  Naht  des  Nervenrohrs  durch  Verschmelzung  der  Medullar- 
w'ülste,  oder  von  der  Amnionnaht,  oder  von  der  Darmnalit  bei  der  Um- 
wandlung der  Darmplatte  zum  Darmrohr. 

Die  Thatsachen  sprechen  also  für  den  von  mir  gelehrten  Ver- 
schluß des  Urmundes,  während  umgekehrt  die  Annahme,  wie  Rabl 
ihn  zu  Stande  kommen  läßt,  in  der  Luft  schwebt.  Rabl  hält  nämlich 
auch  die  von  Hatschek  und  mir  vertretene  Auffassung  für  voll- 
kommen zutreffend,  daß  „der  Gastrulamund  anfangs  nahezu  den  ganzen 
Rücken  des  Embryos  einnehme,  daß  er  sich  in  der  Richtung  von  vorn 
nach  hinten  verkleinere  und  daß  sein  letzter  Rest  als  eine  kleine, 
dorsal  am  Hinterende  des  Rückens  gelegene  Oetfnang  noch  lauge  er- 
halten bleibe".  Nur  läßt  er  den  Urmund  nicht  durch  allmähliche  Ver- 
wachsung, sondern  in  der  Weise  kleiner  werden,  daß  seine  vorderen 
und  seitlichen  Ränder  gegen  einen  exzentrisch  gelegenen  Punkt  am 
hinteren  Ende  vorrücken.  Durch  den  Nachweis  der  Urmundnaht  halte 
ich  diese  Streitfrage  für  entschieden;  auch  will  mir  scheinen,  daß  der 
Unterschied  zwischen  den  sich  entgegenstehenden  Meinungen  von 
Rabl  und  mir  überhaupt  kein  großer  ist,  wenn  Rabl  selbst  zugiebt, 
daß  der  Urmund  die  ganze  Rückenliäche  des  Embryos  eingenommen 
hat.  Denn  hieraus  folgt,  daß  Rückenmark,  Chorda,  Ursegmeute  etc. 
im  ehemaligen  Urmundgebiet  angelegt  werden. 

Anmerkung.  Vollkommen  unverständlich  ist  mir  der  weitere 
Einwurf  von  Rabl,    daß    meine  Urmundtheorie    noch    an    einer  Halbheit 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     I.  (34 


1010  0.  Hertwig, 

leide,  weil  sie  bloß  eine  Verwachsung  des  Rückens,  nicht  auch  eine 
solche  des  Bauches  postuliere.  Die  Konkrescenztheorie  von  His  sei  in 
dieser  Hinsicht  viel  radikaler,  indem  sie  eine  Verwachsung  des  ganzen 
Embryos,  und  nicht  bloß  seines  Rückens,  verlange"  (L.  K.  III  i,  1896, 
p.  XVII).  Ich  war  immer  der  Meinung,  daß  diese  angebliche  Halbheit 
ein  Vorzug  meiner  Theorie  ist,  und  daß  ich  eine  Verbesserung  der  His- 
schen  Lehre  herbeigeführt  habe,  indem  ich  den  wertvollen  Teil  von  nicht 
haltbaren  Vorstellungen  getrennt  habe.  Auch  ist  es  Aufgabe  einer  Theorie, 
nicht  etwas  Radikales,  sondern  etwas  Richtiges  zu  schaffen,  durch  welche 
es  möglich  wird,  eine  Summe  verschiedener  Erscheinungen  unter  einen 
Gesichtspunkt  zu  bringen  und  zu  erklären. 

Zu  Gunsten  der  Urmundtheorie  legen  ein  wichtiges  Zeugnis  die 
Hemmungsmißbildungen  ab,  welche  ich  unter  dem  Namen  Spina  bifida 
beschrieben  habe  (vergl.  Kap.  IV,  p.  971  —  82).  Sie  sind  bei  Fischen 
und  Amphibien  beobachtet  worden  und  leicht  auf  experimentellem 
Wege  hervorzurufen. 

Das  Wesen  der  Spina  bifida  besteht  darin,  daß  der  Urmund  seine 
volle  Ausdehnung  beibehält  und  einen  weiten  Spalt  in  der  Rücken- 
gegend des  Embryos  noch  zu  einer  Zeit  darstellt,  wo  schon  die 
späteren  Organdifferenzierungen  in  Rückenmark,  Chorda,  Ursegmente 
etc.  erfolgt  sind. 

Nun  läßt  sich  an  jüngeren  und  älteren  Stadien  solcher  Hemmungs- 
mißbildungen leicht  nachweisen,  wie  aus  rechter  und  linker  Urmund- 
lippe  sich  je  eine  halbe  Medullarplatte  und  eine  halbe  Chordaanlage 
entwickeln,  die  eine  aus  dem  äußeren,  die  andere  aus  dem  inneren 
Faltenblatt  der  Lippe  (Fig.  638).  Wenn  dann  später  auch  noch  die 
Ursegmente  sich  aus  dem  mittleren  Keimblatt  zu  beiden  Seiten  des 
offen  gebliebenen  Urmundes  differenzieren,  erhält  man  Mißbildungen 
mit  einem  einfachen  Kopfende  (Fig.  637,  641),  aber  einem  Rumpf, 
dessen  Rückenorgane  der  Länge  nach  durch  einen  Spalt  getrennt  sind, 
der  in  die  Darmhöhle  führt.  Beim  höchsten  Grade  der  Mißbildung 
beginnt  der  Spalt  in  der  Gegend  der  Medulla  oblongata  und  der  Hör- 
bläschen und  geht  bis  in  die  Schwanzspitze  durch.  Das  vordere  Ende 
des  Hirns  kann  von  der  Spaltbildung  niemals  betroffen  werden,  weil 
ein  großer  Teil  der  Hirnplatte  aus  dem  Bezirk  der  Keimblase  ent- 
steht, welcher  vor  der  Stelle  liegt,  wo  der  Urmund  aufzutreten  beginnt. 

Ganz  besonders  aber  spricht  zu  Gunsten  der  Urmundtheorie  der 
Umstand,  daß  in  späterer  Zeit  noch  nachträglich  die  getrennten 
Rückenhälfteu  sich  durch  Verwachsung  oder  Nahtl)ildung  vereinigen 
können  und  daß  so  selbst  hohe  Grade  der  Spina  bifida  noch  einen 
leidlich  normalen  Embryo  liefern  können.  Wenn  dieser  Prozeß  be- 
gonnen hat,  kann  man  an  der  Nahtstelle  (Fig.  640)  dicht  nebeneinander 
zwei  Medullarröhren  sehen,  deren  Centralkanal  nur  durch  ein  dünnes 
Zellenhäutchen  vom  Nachbar  getrennt  ist;  man  kann  das  Einreißen 
des  Häutchens  und  die  Entstehung  eines  einheitlichen  Centralkanals 
feststellen ;  desgleichen  kann  man  verfolgen,  wie  in  der  Naht  zwei 
Chordahälften  nebeneinander  liegen  und  dann  zu  einer  gewöhnlich 
überuormal  großen  Chorda  verschmelzen.  So  ist  meiner  Meinung 
nach  die  Naht  der  Urmundränder,  die  infolge  einer  Hemmungsbildung 
sich  schon  in  die  Rückenorgane  (Medullarplatte,  Chorda)  differenziert 
haben,  keine  Annahme  mehr,  sie  ist  als  eine  ausgemachte  Thatsache 
zu  betrachten. 


Die  Ergebnisse  der  Keimblattlehre.  1011 


't> 


Im  Anschluß  an  die  eben  gegebene  nähere  Begründung  der  Ur- 
mundtheorie  gebe  ich  zum  Schluß  noch  einen  kurzen  Ueberblick  über 
die  Erscheinungen,  wie  sie  sich  im  Urmundgebiet  abspielen  und  wie 
sie  in  den  einzelnen  Klassen  der  Wirbeltiere  einander  vergleichbar  <>ind. 

Auf  dem  allerfrühesteu  Stadium  der  Urmundbildung  findet  an  der 
zuerst  auftretenden  dorsalen  Urmundlippe  ein  Umschlag  des  äußeren 
in  das  innere  Keimblatt,  wie  beim  Amphioxus,  statt.  So  bildet  sich 
in  allen  Wirbeltierklassen  ein  zweiblätteriger  Keimbezirk,  der  der 
Kopfregion  angehört,  lange  Zeit  mesodermfrei  bleibt,  ein  Bezirk,  in 
dem  sich  die  Mundbucht  und  bei  den  Amnioten  das  Proamnion  an- 
legt. Bei  den  Säugetieren  wird  auf  diesem  frühesten  Stadium  des 
Urmundes  zuweilen  eine  kleine  Oeffnung  an  einer  Stelle  der  zwei- 
blätterigen Embryonalanlage  beobachtet  (Fig.  568—571,  624b). 

Wenn  wir  vom  Amphioxus  absehen,  geht  das  erste  Stadium  des 
Urmundes  bei  allen  Wirbeltieren  sehr  früh  in  ein  zweites  über,  das 
daran  kenntlich  ist,  daß,  ehe  noch  das  Darmdrüsenblatt  und  die  Darm- 
höhle fertig  gebildet  ist,  sich  auch  schon  das  mittlere  Keimblatt  als 
geschlossene  Tasche  anzulegen  und  dadurch  den  Gastrulationsprozeß 
zu  komplizieren  beginnt.  Infolgedessen  findet  an  den  Abschnitten 
der  Urmundlippen,  welche  zu  dem  am  frühesten  angelegten  Teil  neu 
hinzutreten,  jetzt  ein  Uebergang  des  äußeren  in  das  mittlere 
Keimblatt  statt.  Dies  zeigen  die  Durchschnitte  durch  den  Keim  der 
Elasmobranchier  (Fig.  361,  362)  oder  das  Gastrulastadium  der  Am- 
phibien (Fig.  301,  302,  p.  750). 

Bei  den  Amnioten  setzt  sich  das  zweite  Stadium,  das  wir 
auch  als  zweite  Phase  der  Gastrulation  beschrieben  haben,  von  dem 
ersten  schärfer  ab,  indem  sich  bei  Reptilien  Primitivplatte  und  Meso- 
dermsäckchen,  bei  Vögeln  und  Säugetieren  Primitivstreifen  und  Primitiv- 
rinne scheinbar  außer  Zusammenhang  mit  einer  im  ersten  Stadium 
der  Gastrulation  vorausgegangenen  Einstülpungsöffnung  entwickeln. 
Sie  entwickeln  sich  an  der  Stelle  der  Keimhaut,  wo  die  beiden  primären 
Keimblätter  zusammenhängen  und  die  erste  Einstülpungsöffnung  für 
gewöhnlich  (abgesehen  von  dem  bei  einzelnen  Säugetierkeimblasen 
beobachteten  Loch  und  der  Delle  in  der  Keimhaut  der  Reptilien)  nicht 
mehr  nachweisbar  ist. 

An  den  Rändern  des  Mesodermsäckchens  der  Reptilien  (Fig.  443  m/, 
449,  454,  455,  461)  und  an  den  Primitivfalten  der  Vögel  (Fig.  495  B, 
496 ^j/",  502,  503,  505,  530,  531,  536—539)  und  der  Säugetiere  (Fig.  569, 
597—599,  604,  605,  628)  geht  daher,  wie  an  den  Urmundlippen  der 
Elasmobranchier,  Amphibien  etc.,  wenn  sie  im  zweiten  Stadium  ihrer 
Ausbildung  stehen,  das  äußere  in  das  mittlere  Keimblatt  über. 

Am  wichtigsten  ist  die  Stelle  des  Urmundes,  wo 
sich  die  Naht  vollzieht.  Sie  allein  giebt  einen  bei  allen 
Wirbeltieren  vergleichbaren  Punkt  ab.  Bei  den  Selachiern 
liegt  sie  vor  der  Randkerbe  (Fig.  359),  später  der  Incisura  neurenterica 
zwischen  den  vorspringenden  Kaudallappen  (Fig.  366,  367).  Bei  den 
Teleostiern  setzt  sie  sich  gegen  ihre  Umgebung  frühzeitig  als  ein 
kleinzelliger  Höcker,  als  Knopf  ab  (Fig.  381 — 384).  Bei  den  Am- 
phibien findet  sich  vor  der  dorsalen  Blastoporuslippe  gleichfalls  eine 
wulstförmige  Verdickung  (Fig.  281  Bw,  305,  314),  die  wie  ein  Wall 
die  Rückenrinne  vom  Blastoporus  trennt.  Bei  den  Reptilien  liegt  vor 
dem  Eingang  ins  Mesodermsäckchen  ebenfalls  eine  verdickte,  nach 
außen  etwas  vorgewölbte  Stelle  (Fig.  444,  450) ;  bei  Vögeln  (Fig.  484, 

64* 


101:^  0.  Hertwig, 

485  M,  491,  492,  497  »*,  500,  5025)  und  Säugetieren  (Fig.  592 /jA-, 
598  M,  597,  607)  ist  sie  als  der  HENSEN'sche  Knoten  besclirieben 
worden. 

Hinter  der  Nahtstelle  tritt  bei  den  Aninioten  ein  Durchbruch  des 
sekundären  Urnmndes  in  die  Darmhühle  ein  und  bildet  einen  Canalis 
neurentericus.  Der  Durchbruch  ist  not\yendig  geworden  durch  die 
scharte  Sonderung,  welche  bei  den  Aninioten  zwischen  der  ersten  und 
zweiten  Phase  der  Gastrulation  erfolgt  und  vorübergehend  den  Zu- 
sammenhang aufgehoben  hat,  welcher  bei  den  Amnionlosen  zwischen 
innerem  und  mittlerem  Keimblatt  und  zwischen  primärer  Darm-  und 
Leibeshöhle  besteht.  Erst  infolge  des  Durchbruchs,  der  am  Boden 
des  Mesodermsäckchens  der  Reptilien  (Fig.  429,  441,  445—447,  451, 
452)  und  am  Chordakanal  der  Säugetiere  (Fig.  609—612,  617)  gleich 
in  großer  Ausdehnung,  ferner  am  vorderen  Ende  des  Primitivstreifens 
hinter  dem  HENSEN'schen  Knoten  als  Canalis  neurentericus  erfolgt, 
werden  die  ursprünglichen  Zusammenhänge,  wie  sie  auf  bestimmten 
Phasen  der  Entwickelung  bei  den  Amnionlosen  gefunden  werden, 
auch  bei  den  Aninioten  wiederhergestellt.  Die  Chordaanlage  kommt 
auf  diese  Weise  auch  bei  ihnen  vorübergehend  an  die  Decke  des 
primären  Darmes  zu  liegen  und  wird  auf  beiden  Seiten  von  Urdarm- 
lippen  eingesäumt,  die  sich  hier  infolge  des  Durchbruchs  durch  die 
Verbindung  des  Darmdrüsenblattes  mit  dem  visceralen  Mittelblatt 
gebildet  haben  (Fig.  446,  447,  451,  452,  610—613). 

An  den  Canalis  neurentericus  schließt  sich  der  hintere  Teil  vom 
Boden  des  Mesodermsäckchens  der  Reptilien  und  vom  Primitivstreifen 
an,  au  welchem  infolge  der  abgeänderten  Entwickelung  der  Durch- 
bruch oder  die  Eröffnung  in  den  Darm  noch  nicht  erfolgt  ist,  sich 
aber  später  auch  noch  Schritt  für  Schritt  vollzieht.  Denn  in  dem- 
selben Maße,  als  am  HENSEN'schen  Knoten  die  Nahtbildung  fort- 
schreitet, gräbt  sich  nach  hinten  der  Canalis  neurentericus  in  den 
Boden  des  Mesodermsäckchens,  in  die  Primitivplatte  und  in  den 
Primitivstreifen  ein  und  eröffnet  in  ihnen  eine  neue  Strecke.  Der 
Eröffnung  geht  eine  Verwachsung  des  Bodens  des  Mesodermsäckchens 
und  des  Primitivstreifens  mit  dem  Darmdrüsenblatt  einige  Zeit  voraus. 

Mit  dem  Worte  Randkerbe,  Knoten,  Canalis  neurentericus,  Prinii- 
tivplatte,  Priniitivstreifen  etc.  bezeichnen  wir  also  Bildungen  des  Ur- 
mundgebietes,  welche  in  fortschreitender  Veränderung  oder  in  Um- 
wandlung begriffen  sind.  So  ist  z.  B.  das  Zellenmaterial,  aus  dem 
sich  der  Knoten  in  einem  früheren  Stadium  zusammensetzt,  ein 
anderes  als  in  einer  späteren  Zeit.  Nach  vorn  differenziert 
es  sich  in  Medullär jilatte  und  Chordaanlage,  während 
es  von  hinten  aus  der  angrenzenden  Strecke  der  Ur- 
mundränder  durch  Nahtbildung  wieder  ergänzt  oder 
neu  aufgebaut  wird. 

ElDenso  bildet  sich  bei  den  Aninioten  der  Canalis 
neurentericus,  während  er  sich  nach  vorn  schließt, 
nach  hinten  neu  dadurch,  daß  die  angrenzende  Strecke  vom  Boden 
des  Mesodermsäckchens  und  des  Primitivstreifens  durchbrochen  wird. 
(Vergl.  hierüber  auch  das  auf  p,  933 — 935  Gesagte.)  Bei  dieser  Um- 
wandlung bleibt  eine  Verkürzung  des  Primitivstreifens  so  lange  aus, 
als  er  den  Verlust  durch  eigenes  Wachstum  wieder  ausgleichen  kann ; 
von  einem  bestimmten  Stadium  aber  nimmt  er  an  Länge  Schritt  für 
Schritt  ab    und  wird  endlich  durch  die  Umwandlung  in    die   dorsalen 


Die 


Ergebnisse  der  Keimblattlehre. 


1013 


Achsenorgane  aufgebraucht,   bis  auf  den   letzten   unscheinbaren  Rest, 
der  zum  After  wird  ^).  — 

Bei  den  cranioten  Wirbeltieren  lernten  wir  ferner  denUrmund- 
rand  als  das  Ursprungsgebiet  des  mittleren  Keimblattes 
kennen,  das  ihn  in  einem  nach  vorn  geöffneten  Bogen  umgiebt.  Vorn 
liegt  ja  der  mehrfach  erwähnte,  mesodermfreie  Bezirk  des  Keimes.  Der 
peristomale  Ursprung  des  Mesoblasts  zeigt  die  Mesodermbildungsrinne 
oder  die  Cölbmbucht,  welche  einerseits  durch  die  Urmundlii)pen,  an- 
dererseits durch  die  Darmlippen  begrenzt  wird.  Beim  Verschluß  des 
Urmundes  wird  natürlich  auch  der  vorderste  Abschnitt  des  mittleren 
Keimblattes  in  neue  Lagebeziehungen  gebracht.  Er  kommt  rechts 
und  links  von  der  Naht  und  später  in  den  aus  der  Naht  sich  diffe- 
renzierenden Körperabschnitt  zu  liegen.  Hier  begrenzt  er  dann  die 
Chordaanlage  resp.  die  Chorda,  die  sich  vom  unteren  Blatt  der  ver- 
schmolzenen Urmundlippen  herleitet. 


1)  Nachtrag.  Für  die  Lehre,  daß  der  Primitivstreifen  sich  all- 
mälüich  in  den  embryonalen  Körper  umbildet,  hat  Kopsch  AvertvoUes 
Beweismaterial  auch  auf  experimentellem  Wege  beigebracht  und  in 
der  1902  erschienenen  Abhandlung:  ,,Ueber  die  Bedeutung  des  Primitiv- 
streifens beim  Hühnerembrvo  und  über  die  ihm  homologen  Teile  bei 
den  Embryonen  der  niederen  Wirbeltiere"  zusammengestellt.  Lehrreich 
scheint  mir  besonders  das  Experiment,  welches  durch  die  Figg.  669, 
670  erläutert  wird. 


Fig.  H69. 


Fig.  670. 


9 


Fig.  ()69.  Area  pellucida  und  Pri- 
mitivstreifen einer  24  Stunden  alten 
Keimscheibe  vom  Hühnchen  mit  ein- 
getragenen Operationsstellen  (20 : 1). 
^ach^KopscH  (L.  K.1V,  1902,  Fig.  12). 

Fig.  670.  48  Stunden  alter  Hühner- 
enibryo,  der  aus  der  operierten  Keim- 
scheibe, die  in  Fig.  669  abgebildet  ist, 
entstanden  ist  (20 :  1).  Nach  Kopsch 
(L.  K.  IV,  1902,  Fig.  13). 

Kopsch  hat  eine  24  Stunden  bebrütete  Hühnerkeimscheibe  operiert, 
die  einen  Primitivstreifen  von  2  mm  Länge  deutlich  erkennen  ließ 
(Fig.  669).    Er  operierte  mit  Elektroden,  die  einen  Abstand  von  genau 


1014  0.  Hertwig, 

Wie  im  offenen  Absclinitt  des  Unnundes,  findet  sich  auch  im 
geschlossenen  eine  Mesodermbildungsrinne  (*),  an  welcher  nach  unten 
die  Darmlippe  (dl)  zu  beiden  Seiten  von  der  Chordaanlage  (ch)  vor- 
springt (Fig.  254,  307,  311 A,  317,  318,  320,  321,  323,  325,  350  B,  362, 
3(34  B,  446,  447,  448,  611—613,  618,  619). 

Von  dieser  Zeit  an  kann  man  mit  Rabl  am  mittleren  Keim- 
blatt eine  topographische  Einteilung  in  zwei  Bezirke 
vornehmen,  einen  peristo malen  und  einen  gastralen 
oder  parachordalen.  Letzterer  wächst  fortwährend  an 
Ausdehnung  a u f  K o  s t e n  des  e r  s t e r  e n  ,  gerade  so  wie  die 
Achsenorgane  aus  dem  Zellenmaterial  des  sich  schlie- 
ßenden Urmundes  an  ihrem  hinteren  Ende  an  Länge 
zunehmen. 

Bei  allen  Wirbeltierembryonen  stellt  der  offene  Teil  des  Urmundes, 
der  Canalis  neurentericus  späterer  Stadien,  mit  seiner  Umgebung  eine 
Neubildungszone  dar,  von  welcher  aus  das  Längenwachstum  der 
Wirbeltierembryonen  geraume  Zeit  vor  sich  geht.  Je  weiter  nach 
vorn,  um  so  mehr  werden  die  Achsenorgane,  Rückenmark,  Chorda 
und  die  Derivate  des  mittleren  Keimblattes,  die  Ursegmente,  von- 
einander gesondert  und  differenziert.  Man  kann  daher  bei  verschieden 
alten  Embryonen  immer  in  einer  vor  dem  Urmund  gelegeneu  Zone 
identische  Bilder  von  der  Entwickelung  der  Achsenorgane  erhalten. 

Die  Reihenfolge  der  Prozesse,  die  sich  von  hinten  nach  vorn  zu 
verschiedenen  Zeiten  in  gleicher  Weise  abspielen,  sind :  Die  Urmund- 
ränder  verwachsen  in  der  Nahtstelle,  die  sich  in  den  einzelnen  Wirbel- 
tierklassen in  verschiedener  Weise,  meist  als  eine  kleine  knotenartige 


2  mm  hatten.  Dieser  Abstand  wurde  absichtlich  gewählt,  um  beim 
Aufsetzen  der  einen  Elektrode  auf  das  craniale  Ende  des  Primitiv- 
streifens sicher  zu  sein,  daß  die  andere  Elektrode  das  caudale  Ende 
desselben  trifft.  Eine  dritte  Verletzung  wurde  etwas  seitlich  vom 
Primitivstreifen  und  etwa  in  seiner  Mitte  angebracht. 

Als  nach  24  Stunden  abermaliger  Bebrütung  das  Ei  zur  Unter- 
suchung konserviert  wurde,  hatte  sich  der  in  Fig.  670  abgebildete 
Embryo  entwickelt,  der  links  12,  rechts  13  Ursegmente  besaß.  Die 
am  vorderen  Ende  des  Primitivstreifeus  angebrachte  Operationsstelle 
liegt  jetzt  am  Uebergang  der  primären  Augenblase  in  das  Mittelhirn, 
die  hintere  findet  sich  im  Gebiet  des  unsegmentierten  Körperabschnittes. 

KOPSCH  schließt  aus  diesen  und  anderen  Befunden,  „daß  der 
größte  Teil  des  Kopfes  durch  Umwandlung  des  vordersten  Endes  des 
Primitivstreifengebietes  entsteht"  (L.  K.  IV,  1902,  p.  1040)  Da  ferner 
„der  ganze  gegliederte  und  ungegliederte  Abschnitt  der  Embryonal- 
anlage im  wesentlichen  vor  der  hinteren  Operationsstelle  gelegen  ist", 
folgert  er  hieraus,  „daß  diese  Teile  entstanden  sind  durch  Umbildung 
des  Primitivstreifens,  welcher  während  dieser  Umformungsvorgänge 
an  Länge  zugenommen  hat,  wie  die  erhebliche  Längenzunahme  der 
Embryonalanlage  zeigt".  Da  nun  der  vordere  Teil  des  Primitivstreifens 
sich  in  Teile  des  Kopfes  umgewandelt  hat,  so  muß  vom  hinteren  Teil 
aus  die  Bildung  des  Rumpfes  erfolgen. 

Das  Ergebnis  des  Experimentes  stimmt  also  vollständig  zu  der 
Folgerung ,  zu  welcher  mich  vergleichende ,  embryologische  Unter- 
suchungen schon  1892  geführt  hatten,  daß  sich  das  Urmundgebiet, 
im  Bereiche  des  Kopfes  beginnend,  durch  die  ganze  Rückengegend 
des  Embryos  bis  zum  Schwanzende  erstreckt.  — 


Die  Ergebnisse  der  Keimblattlelire.  1015 

Verdickung  markiert  (Knopf  der  Teleostier,  HENSEN'scher  Knoten 
der  Amnioten) ;  der  peristoniale  wird  zum  parachordalen  Mesoblast, 
die  peristomale  Cölombuclit  und  Darmlippe  gelit  in  die  paraehordale 
über.  Alsdann  diiferenziert  sich  aus  dem  Zellenmaterial  der  Urmund- 
nalit  durch  Spaltung  in  horizontaler  Richtung  die  Medullarplatte  und 
die  Chordaanlage,  erstere  aus  dem  äußeren,  letztere  aus  dem  inneren 
Faltenblatt  der  Urmundlippe.  Vor  dieser  Region  wandelt  sich  die 
Medullarplatte  zum  Rohr  um ;  es  krümmt  sich  die  Chordaanlage  zur 
Chordarinne  ein  und  liefert  einen  Chordastrang,  der  sich  allmählich 
vom  links  und  rechts  angrenzenden,  mittleren  Keimblatt  abtrennt  und 
ins  Darmdrüsenblatt  eingeschaltet  wird  (Fig.  256,  268  cÄ,  306,  311  B,  C, 
319,  364  D,  365,371,  377,  406,  408).  Gleichzeitig  schwindet  die  para- 
ehordale Cölombucht,  indem  sich  das  mittlere  Keimblatt  von  der  Chorda- 
anlage und  vom  Rand  der  Darmlippe  abschnürt.  Zuletzt  wird  noch 
die  Chorda  vom  Darm  wieder  ausgeschaltet  und  vom  Darmdrüsenblatt 
unter  wachsen. 

Das  mittlere  Keimblatt  differenziert  sich  währenddem  in  die  Ur- 
segmentplatten,  die  sich  wieder  durch  Abschnürung  in  die  einzelnen 
Ursegmente  von  vorn  nach  hinten  sondern. 

Zum  Schluß  geht  noch  aus  dem  immer  kleiner  werden- 
den Urmundgebiet  der  Schwanz  und  die  Afteranlage  hervor. 

Unsere  Untersuchungen,  die  sich  auf  alle  Klassen  der  Wirbeltiere 
erstrecken,  führen  uns  also  zu  folgender  Gesamtauffassung  von  der 
Rolle,  welche  der  Urmund  in  der  Entwickelung  der  Wirbeltiere  spielt : 

Was  man  auf  den  einzelnen  Stadien  als  Urmund  bezeichnet,  ist 
nicht  ein  und  dasselbe  unverändert  gebliebene  Organ ;  es  sind  nur 
verschiedene  Strecken  eines  sich  durch  Wachstum  am  hinteren  Ende 
in  demselben  Maße  ergänzenden  und  erneuernden  Organs,  als  es  nach 
vorn  durch  Verwachsung  und  Organdifferenzierung  aufgebraucht  wird  ^). 

Die  einzelnen  Entwickelungsstadien  eines  Wirbeltierkeimes  zeigen 
uns  immer  nur  einen  kleinen,  dem  jeweiligen  Stadium  entsprechenden 
Abschnitt  des  Urmundes  geöffnet.  Wollen  wir  uns  eine  Vorstellung 
von  seiner  Gesamtausdehuung  verschaffen,  so  müssen  wir  uns  alle 
die  Stellen,  wo  vom  Beginn  der  ersten  Einstülpung  an  eine  Ver- 
schmelzung der  Urmundränder  stattgefunden  hat,  geöffnet  denken.  Ist 
dies  geschehen,  dann  dehnt  sich  der  Urmund  vom  vorderen  Ende  der  An- 
lage des  Nervensystems  und  der  Chorda  dorsalis  bis  zum  After,  also  durch 
die  ganze   spätere  Rückengegend  des  Embryos,  in  ganzer  Länge  aus. 

Ein  derartiger  spaltförmiger  Urmund,  der  zugleich  auch  noch 
von  einem  Nervenring  eingeschlossen  ist,  tritt  uns  in  dem  Tierreich 
bei  den  Anthozoen  entgegen.  Auch  findet  er  sich  auf  frühen  Ent- 
wickelungsstadien vieler  Wirbellosen,  bei  Anneliden,  bei  Peripatus  und 
Arthropoden,  bei  welchen  er  ebenfalb  vom'Centralnervensystem  ring- 
artig umgeben  wird.  Bei  Peripatus  nimmt  der  Urmund  die  ganze 
Länge  des  Rückens  ein  und  ist  noch  zu  einer  Zeit  geöffnet,  wo  schon 
an  seinen  Rändern  zu  beiden  Seiten  des  Spaltes  eine  Anzahl  von  Ur- 
segmenten  entstanden  ist. 


1)  Zu  demselben  Ergebnis  ist  Kopsch  durch  seine  experimentellen  Unter- 
suchungen an  der  Keimhaut  der  Vögel  geführt  worden,  wenn  er  bemerkt :  „daß  das 
Gebilde,  welches  wir  rein  deskriptiv  als  Primitivstreifen  bezeichnen,  zu  den  ver- 
schiedenen Zeiten  seiner  Entwickelung  nicht  ein  und  dasselbe  Gebilde  ist,  daß  viel- 
mehr von  der  Zeit  der  Entstehung  des  Kopffortsatzes  an  seine  prospektive  Bedeu- 
tung mehr  und  mehr  eingeschränkt  wird"  (L.  K.  IV,  1902,  p.  1053). 


Inhaltsverzeichnis  zu  Kapitel  III  und  IV. 


pag. 

Kapitel  ni .699-966 

Geschichte    der  Blättertheoiie   und    einige    einleitende    Betrach- 
tuno-en 699 


*&^ 


Die  Keimblätter  von  Amphioxus  lanceolatus 713 

Die  Keimblätter  der  Cj^clostomen 724 

a)  Petromyzonten 724 

b)  Myxinoiden 731 

Die  Keimblätter  der  Amphibien     . 733 

Die  Entwickelung  des  inneres  Keimblattes 735 

Die  Entwickelung  von  dem  mittleren  Keimblatt,    von  Chorda 

und  Rückenmark 749 

Die  Entwickelung  von  After  und  Schwanz 764 

Nachtrag.     Besprechung  von  Brachet's  Abhandlung     .     .     ;  767 

Die  Keimblätter  der  Dipneusten 770 

Die  Keimblätter  der  Granoiden 773 

A.  Acipenser 774 

B.  Amia  und  Lepidosteus 776 

Die  Keimblätter  der  Elasmobranchier .      .   780 

Die  Entwickelung  des  inneren  Keimblattes 782 

Das  Auftreten    der    mittleren  Keimblätter,    der  Chordaanlage 

und  der  Nervenplatte 786 

Weitere  Sonderung  der  Keimblätter.    Entstehung  von  Schwanz 
und  After 792 

Die  Keimblätter  der  Teleostier 798 

Die  Entwickelung  des  inneren  Keimblattes 800 

Die  Konkrescenztheorie 804 

Die    erste  Anlage    von    Rückenmark,    Chorda    und    mittlerem 

Keimblatt 811 

Die  Keimblätter  der  Reptilien 818 

a)  Die  erste  Phase  der  Gastrulation 819 

b)  Die  zweite  Phase  der  Gastrulation 826 

Mesodermsäckchen.     Eröffnung  desselben 828 


Inhaltsverzeichnis  zu  Kapitel  III  und  IV.  1017 

pag. 

c)  Die  weitere  Entwickelung  von  MeduUarplatte,   Chordaan- 

lage, Mesoblast  und  innerem  Keimblatt 847 

d)  Di.e  Bildung  von  Schwanz  und  After  und  das  spätere  Ver- 

halten des  Canalis  neurentericus 849 

Die  Keimblätter  der  Vögel 852 

Die  erste  Phase  der  Gastrulation 855 

Die  zweite  Phase  der  Grastrulation 861 

1)  Die  Entwickelung  des  Primitivstreifens.  Erstes  Stadium  •  866 

2)  Zweites  Stadium 870 

Die  weitere  Entwickelung  von  MeduUarplatte,   Chordaanlage, 

Mesoblast  und  innerem  Keimblatt.     Canalis  neurentericus  884 

Die  Bildung  von  Schwanz  und  After 896 

Die  Keimblätter  der  Säugetiere  und  des  Menschen     ....  898 

A.  Die  Monotremen 899 

B.  Die  übrigen  Säugetiere 900 

1)  Die  erste  Phase  der  Blätterbildung 901 

2)  Die  Deckschicht  und  die  Umkehr  der  Keimblätter       .  910 

3)  Die  zweite  Phase  der  Keimblattbildung.  Entwickelung 
des  Primitivstreifens,  des  Primitivknotens,  des  mittleren 
Keimblattes  und  des  Kopffortsatzes 918 

a)  Das  Studium  von  Flächenbildern 918 

b)  Die  Ergebnisse  von  Querschnittserien 920 

Erste  Periode 920 

Zweite  Periode.  Chordakanal.  Eröffnung  desselben  924 

Vergleich  zwischen  der  Keimblattbildung  bei  den  Säugetieren 

und  den  übrigen  Wirbeltieren 935 

Die  weitere    Entwickelung    der  Chorda    und  MeduUarplatte, 
des  mittleren  Keimblattes,   die  Bildung  A'on  Schwanz  und 

After 940 

C.  Der  Mensch 946 

Litteraturübersicht  zu  Kapitel  III 949 


Xapitel  IV 967—989 

Mißbildungen  und  Mehrfachbilduugen,    die    durch  Störung  der 

ersten  Entwickelungsprozesse  hervorgerufen  werden     .     .     .     967 

1)  Experimentelle  Sonderung  des  Eies  in  Keimscheibe    und 
iSTahrungsdotter '. 968 

2)  Beeinflussung  des  Grastrulationsprozesses 969 

3)  Beeinflussung  des  Urmundschlusses.  Embryonen  mit  Spina 

bifida ' 971 

a)  beim  Frosch 972 

b)  bei  Knochenfischen 977 

4)  Zerlegung  des  Eimaterials  derart,  daß  Mehrfachentwicke- 
lung die  Folge  ist 983 

Mehrfachbildungen  bei  Amphioxus,    Cyclostomen,    Am- 
phibien     " 983 


f 
1018  Inhaltsverzeichnis  zu  Kapitel  III  und  IV. 

pag. 

Mehrfachbildungen  bei  Knochenfischen    ......     986 

Mehrfachbildungen  bei  Vögeln  (Reptilien) 993 

Litteratur  zu  Kapitel  IV 995 


Zusammenfassung  von  Kapitel  III  und  IV 999 — 1015 

Die  Ergebnisse  der  Keimblattlehre 999 

1.  Die  Entwickelung  der  beiden  primären  Keimblätter  oder 

die  erste  Phase  der  Gastrulation.     (Die  Gastraeatheorie)   1000 

2.  Die  Entwickelung  der  beiden  mittleren  Keimblätter  oder 

die    zweite  Phase    der    Gastrulation.     (Die  Cölomtheorie)  1004 

3.  Die  Vorgänge  in  der  Umgebung  des  Urmundes  und  in 
der  durch  Urmundverschluß  gebildeten  Körperregion.  (Die 
Urmundtheorie) 1008 


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